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Full text of "Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale"

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MITTHEILUNGEN 


DER 


K.  K.  CENTRAL-COMMISSION 


ZUR 


ERFORSCHUNG  UND  ERHALTUNG  DER  KUNST-  DND  HISTORISCHEN  DENKMALE. 


HERAUSGEGEBEN       UNTER       DER     l_  E  I  T   U  N  C 

SEINER  EXCELLENZ  DES  PRÄSIDENTEN  DIESER  (MISSION 

I.)k.  JOSEPH  ALEXANDER  FREIHERRN  VON  HELFERT. 

XIII.  JAHRGANG. 

NEUE  FOLGE 

DER  MiTTHElLUNGEN  DER  K.  K.  CEN  MISSION  ZUR  ERFORSCHUNG  UND  ERHALTUNG  VON  BAUDENKMALE:;. 


REDACTEUR:  DR    KARL  LIND. 


WIEN,  1887. 

IN  COMMISSION  BEI  KUBASTA  UND  VOIGT. 


AUS  DER   K.   K.   HOF    UND  STAATSDRUCKEREI. 


THEJ. 


I 


INHALT 

DES  XIII.  BANDES    DER  MITTHEILUNGEN  NEUE  FOLGE. 


Seite 


Das   Fvangeliarium   Heinrichs  V.   in  der  Krakauer  Schloß-Kathedrale.  Nach  Vorarbeitung   von  Alfred  Weltmann,  befchrieben 

von  Moriz  Thaufing  und  Karl  Rieger.  (Mit  5  Tafeln  und  2  Text  Illuftrationen.) 1 

Ueber  Zutheilung  antiker  Bronzen.  Von  K.  B.  Hofmann 14 


Seite 
Die  Technik    der  Steinätzung   und   deren  Künftler  in 

der  Steiermark  im  16.  und  17.  Jahrhundert.   Von 

Jofeph  Waßler 1 

Der    Teppichfehatz    im    Befitze    des    Mährifchen    Ge- 

werbe-Mufeums   in    Brunn.  I,  II.  Von   Anguß  J'ro. 

top,    Profeffor,    Architekt  und   Mufeums  Director. 

(Mit  1  Tafel.) VI,  CXXI 

Grabftätten  deutfeher  Studenten  in  Italien.  Von  Arnold 

Lufchin  v.  Ebengreutk.   I  bi^  III.  (Mit  I  Tafel  und 

Kt  Illuftrationen.) VIII,  XCIX,  CXXV 

Ueber  einige  Madonnen  Bilder  Böhmens  aus  dem  14. 

und  15.  Jahrhundert.  Von  Karl  Chylil. XIX 

Schloß  Breitenfurt   bei  Wien.  Von  Dr.  Albert  /lg.  (Mit 

1  Tafel.) XXV 

Ein    neuer   römifcher    Meilenftein    in  Wien.    Von  Dr. 

Friedrich  Kenner XXX 

Ueber  die  römifchen   Straßen. Caftelle  und  Standlager 

in    Tyrol.   Vom  k.  k.  Confervator  Karl  Atz.  (Mit 

1  Text  Illuftration.) LXI 

Ein    Maffenfund     alter    Bronzen    bei    Ober- Vintl  '  im 

Pufterthale.  Von  L.  de  Campi.  (Mit  8  Text-Illuftra- 

tionen.) LXX1 

Das   Gräberfeld  zu   Frögg  im  Jahre  1886.   Befprochen 

vom  k.  k.  Confervator  Baron  Haufer.  (Mit  l4Text- 

Illuftrationen.)    LXXVI 

Der  alte  Dom  zu  Salzburg.  Vom   k.  k.  Confervator  V. 

Berger.    (Mit   1  Tafel    und   3   Text  Illuftrationen.)  LXXXI 

Die  jüngft  aufgefundenen  Meilenfteine  aus  Unter-Krain 

Befprochen  vom  Confervator  Karl  Defchmann. .  .  .        LXXXIV 
Ueber  den  Fund  in   einem  Bifchofsfarge,    gemacht  im 

Dome  zu  Spalato.  Vom  Correfpondenten  Profeffor 

S.  Rutar.  (Mit  1. Tafel  und  2  Text  Illuftrationen.) .      LXXXVII 
Die  Siegel  der  Stadt  Cäslau.  (Mit  4  Text-Illuftrationen.)  XCI 

Ueber  Bau-Denkmale  in  Krain.  Vom  k.  k.  Confervator 

J.  Franke.  (Mit  4  Text-Illuftrationen.) XCIV 

St.  Peter  im  Holze.  Von  F.  Pichler CHI 


Seite 
Beiträge   zu   einer   Ikonographie   des  Todes.  Von  Dr. 

Theodor  Frimmel.  VIII CXXXVIII 

Ueber  Funde  von  gallifchen  Münzen  und  anderen  Ge- 
genftänden  bei  Ober-Laibach.   Von    Karl   Difch- 

mann.  (Mit  3  Text-Illuftrationen.) CXLII 

Der  Fürftenhof  in  Brück  an  der  Mur.  Von  Dr.  Albert  flg.  CXLV 

Aus  dem  Reichenberger  Bezirke,  Bericht  des  k.  k.  Con- 

fervators  Braufewetter CXLVII 

Die  Schlüffel  aus  den  Ruinen  der  Vefte  Stubenberg  in 
Steiermark.  Von  Leopold v.  Beckh-Widmannßetter. 

(Mit  3  Text-Illuftrationen. ,1 CLIII 

Ueber  die  bedeutendften  limoufiner  und  rheinifchen 
Schmelzarbeiten  des  12.  und  13.  Jahrhunderts  auf 
der  kirchlichen  Ausftellung  in  Wien.  Von  Profeffor 

W.  A.  Neumann CLV 

Die  Wigalois  Bilder  im  Sommerhaufe  der  Burg  Run- 
gelftein.   Von   Ernß  Aar/   Grafen    Waldflein.   (Mit 

1  Text-Illuftration.) CLIV 

Archäologifche  Notizen  über  Laa  a.  d.  Thaja.  Vom 
Confervator  Wendelin  Boeheim.  (Mit  4  Text-Illu- 
ftrationen.)    CLXI 

Gefchichte  der  Befeftigungsbauten  des  Schloßberges 
und  der  Stadt  Grätz  im  16.  und  17.  Jahrhundert. 
I  und  II.  Von  Jofeph  Waßler.  (Mit  1  Tafel.)  .  CLXVI,  CXCVIII 
Die  Pfarrkirche  in  Cilli.  Aufgenommen  von  Sunko,  be- 
fchrieben von  Johann  Graus.  (Mit  10  Text-Illuftra- 
tionen.)   CXCI 

Eine   Silberplatte  mit   flavifcher  Infchrift.  Befprochen 

vom  Correfpondenten  A.  Midiner.  (Mit  I  Tafel.) .  CCXVII 

Schloß  Kurzweil CCXV1II 

Einiges  über  Antonio  Dario.   Von  Friedr.  Pirltmayer.  CCXX 
Notizen  von     I  bis  44   (Mit  32  Text  Illuftrationen  ).  .  .  XXXII 
Notizen  von  45  bis  So   (Mit  24  Text-Illuftrationen.).  . .  CVII 
Notizen  von  81  bis  137.  (Mit   5   Tafeln  und  31    Text- 
Illuftrationen.) CLXIX 

Notizen  von  138  bis  187.  (Mit  24  Text-Illuftrationen.).        CCXX  VI 


(Zufammen    16  Tafeln.' 


DAS    EVANGELIAR1UM  HEINRICHS  V. 


IN  DER 


KRAKAUER  SCHLOSS-KAT  HEDRALE. 

Nach  Vorarbeiten  von  Alfred  Woltmann,  beschrieben  von  Moriz  Thausing  und  Karl  Rieger. 

(Mit  5  Tafeln.) 

I.  Die  Handfchrift. 

ÜR  die  Gefchichte  der  mittelalterlichen  Malerei  diesfeits  der  Alpen 
haben  die  Miniaturen  eine  ganz  hervorragende,  ja  nahezu  einzige 
Bedeutung,  weil  von  den  nicht  zahlreich  vorhandenen  Wandmalereien 
der  romanifchen  Styl-Periode  hier  nur  fehr  wenig  und  das  wenige  in 
einem  elenden  Zuftande  erhalten  ift  und  weil  eine  befondere  Pflege 
der  Tafelmalerei  in  diefen  früheren  Jahrhunderten  nicht  beftand. 

Daher  belehrt  faft  ausfchließlich  der  malerifche  Inhalt  der 
kirchlichen  Prachtbücher  über  die  erften  Entwickelungsftufen  deutfcher 
Malerei,  namentlich  folcher  Prachtbücher,  welche  an  Höfen  oder  in 
kunftbefliffenen  Klöftern  für  Fürften  und  hochftehende  Perfönlichkeiten 
hergeftellt  wurden,  weil  ein  befonderer  Anfporn  und  Aufwand  der 
beften  Kräfte,  deren  die  Künftler  zu  diefer  Zeit  und  an  diefem  Orte 
fähig  waren,  in  folchen  Fällen  immer  vorausgefetzt  werden  darf.  Sobald 
nur  erft  einmal  eine  genügende  Anzahl  werthvoller  Miniaturwerke 
fachgemäß  befchrieben  und  ftylgerecht  publicirt  fein  wird,  erhält  der 
Kunfthiftoriker  durch  fie  allmählich  den  richtigen  Maßftab  zur  Beurthei- 
lung  des  jeweiligen  Kunftvermögens. 

Dazu  find  aber  vorerft  nur  wenige  Schritte  gethan.  Doch  ift 
es  vornehmlich  die  Aufgabe  gelehrter  Gefellfchaften,  welche  über  die 
entfprechenden  Mittel  verfügen,  ftreng  wiffenfchaftlichen  Publicationen 
vorzuftehen.  In  der  Abficht,  einen  weiteren  Beitrag  zur  Erkenntnis  der  Gefchichte  der  romanifchen 
Malerei  zu  liefern,  liegt  der  Zweck  der  vorliegenden  Arbeit,  die  in  ihrer  Ifolirung  wohl  nicht  alle 
Fragen  beantworten  wird,  die  fich  an  die  Unterfuchung  eines  Pracht-Codex  knüpfen  laffen,  die 
aber  im  Zufammenhalt  mit  anderen  ähnlichen  Publicationen  zu  viel  weiter  gehenden,  bisher  wohl 
ungeahnten  Folgerungen  und  Aufklärungen  dienen  kann.  Nur  in  diefem  Sinne  möge  der  Beitrag 
beurtheilt  werden. 


Bei  Anlegung  eines  Zettel-Kataloges  der  Handfchriften  der  Krakauer  Schloß-Kathedrale 

fand  der  fei.   Confervator  der  Archive  Weftgaliziens  Profeffor  Dr.  Jofeph  Szujski  ein  altes  Evan- 

geliarium,    deffen    moderner  Einband  auf  dem  Rücken  den  Titel  führt:    „Evangelia  fanc~ta  Manu- 

fcriptum."  Sonft  findet  lieh  weder  auf  dem  Buchrücken,  noch  auf  den  neuen   Deckblättern  irgend 

XIII  N.  F.  ' 


2  M.  THAU6ING  UND  K.  RlEGER. 

eine  nähere  Bezeichnung.  Die  Handfchrift  befteht  gegenwärtig  aus  zwanzig  Lagen  fchöner  weißer 
glatter  Pergament-Blätter;  achtzehn  davon  find  aus  vier  Bogen  —  unter  Bogen  ift  ein  in  der  Mitte 
einmal  gefaltetes  Blatt  zu  verftehen  —  alfo  aus  acht  Blättern  heutiger  Zahlung.  Die  erfte  Lage 
befteht  aus  einem,  die  letzte  aus  zwei  und  einem  halben  Bogen.  Die  Lagen  find  von  der  zweiten 
an  am  unteren  Rande  in  der  Mitte  urfpriinglich  mit  römifchen  Zahlen  bezeichnet,  und  zwar  die 
zweite  Lage  mit  römifch  I  und  weiter  die  folgenden  in  fortlaufender  Reihe  bis  XIX.  Einige  diefer 
Bezeichnungen  find  nur  mehr  theilweife  und  knapp  am  Rande,  die  der  Lagen  VII,  XIII  und  XIX 
gar  nicht  mehr  fichtbar,  weil  die  Ränder  der  Blätter  nachträglich  fcharf  befchnitten  worden  waren. 
Von  dem  Goldfchnitte,  mit  dem  diefelben  zugleich  verfehen  wurden,  find  noch  deutliche  Spuren 
vorhanden. 

Alle  Blätter  der  Handfchrift  find  von  gleicher  Größe,  und  zwar  üm\  fie  35-5  Cm.  hoch  und 
29  Cm.  breit.  Von  Lage  II  an  find  fämmtliche  Bogen  in  gleicher  Weife  und  nur  mit  geringer 
Al>weichung  linirt.  Jedesmal  wurde  das  Linienfchema  auf  der  Innenfeite  des  Bogens  mit  fcharfem 
Griftel  in  folgender  Weife  gezogen:  zuerft  oben  eine  durchgehende  horizontale  Linie,  von  welcher 
auf  jeder  Hälfte  des  Bogens  links  vier,  rechts  drei  fenkrechte  Linien  herabgeführt  wurden.  Von 
diefen  perpendiculären  Linien  flehen  die  äußeren  etwas  weiter  von  einander  ab,  während  die 
inneren  einander  näher  und  in  gleichmäßiger  Diftanz  von  einander  gezogen  find.  Zwifchen  den 
fenkrechten  verlaufen  die  25  für  die  Schriftzeilen  beftimmten  wagrechten  Linien.  Von  letzteren 
reichen  je  die  erfte,  zuweilen  auch  die  zweite  und  die  letzte,  unterfte  Linie  bis  an  den  Rand  des 
Blattes,  während  die  übrigen  bei  den  äußeren  perpendiculären  aufhören.  Zwifchen  den  fenk- 
rechten Linien  find  die  Capitelzahlen  und  die  Concordanzen  der  Evangelien  aneebracht;  zwifchen 
die  der  Schrift  zunächft  liegenden  Perpendiculären  find  die  Capitelzahlen  und  kleinere  Initialen 
eingefchrieben,  die  letzteren  ebenfo  wie  die  Anfänge  der  Capitel  in  rother  Farbe. 

Von  diefem  Linien-Schema  wird  auf  den  Seiten  13—16  der  erften  fignirten  Lage  und  auf 
den  Seiten  1 — 8  der  zweiten  Lage  abgewichen,  und  zwar  wegen  der  dort  eingefchalteten  Canones. 
Diefelben  find  in  drei  oder  vier  Columnen  angeordnet,  je  nachdem  nur  drei  oder  vier  Evangelien 
verglichen  werden.  Zwifchen  den  Columnen  fteigen  vier  oder  fünf  bunt  verzierte,  oben  mit  Rund- 
bögen gekoppelte  Zierfäulchen  auf.  Auf  den  Seiten  7 — 16  der  vorletzten,  mit  XVIII  bezeichneten 
und  auf  den  Seiten  4 — 6  der  letzten  Lage  befindet  fich  ein  Calendarium  von  je  zwei  durch  Zier- 
ftäbe  getrennten  und  flankirten  Columnen.  In  beiden  Fällen  bedingt  der  abweichende  Inhalt  der 
Handfchrift  eine  andere  Form  des  Linien-Schemas. 

Gegenwärtig  beginnt  der  Codex  mit  einem  großen,  die  ganze  erfte  Seite  füllenden  Königs- 
bilde. Die  zweite  Seite  ift  in  zwei  Hälften,  eine  obere  und  eine  untere  getheilt,  deren  jede  wieder 
durch  rundbogige  Arcaden  dreigetheilt  erfcheint,  unter  jeder  Arcade  fteht  fodann  eine  Figur.  In 
derfelben  Weife,  wie  diefe  zweite,  find  auch  die  dritte  und  vierte  Seite  mit  Miniaturen  gefchmückt. 
Die  erfte  Seite  der  mit  I  bezeichneten  Lage  ift  mit  dem  Bilde  des  heiligen  Emmeram  geziert;  die 
Rückfeite  des  Blattes  enthält  den  das  neue  Teftament  der  Vulgata  einleitenden  Brief  des  heil. 
Hieronymus  an  den  Papft  Damafus  und  darauf  den  „Prologus  IV  Evangeliorum".  Auf  der  13.  Seite 
diefer  Lage  beginnen  die  auch  noch  die  acht  erften  Seiten  der  mit  II  fignirten  Lage  füllenden 
zierlich  gefchriebenen  und  gefchmückten  Canones.  Das  auf  der  darauf  folgenden  Seite  flehende 
große  Miniaturbild  Hellt  den  thronenden  Chriftus  in  der  Mandorla,  die  Rückfeite  desfelben  Blattes 
den  Crucifixus  dar.  Darauf  folgt  fogleich  wieder  ein  bemaltes  Blatt  mit  der  Himmelfahrt  Chrifti 
und  drei  Heiligenfiguren  darunter  auf  der  Vorderfeite  und  mit  dem  Bilde  des  Evangeliften  Matthäus 
auf  der  Rückfeite.  Die  erfte  Seite  der  mit  VII  bezeichneten  Lage  ziert  wieder  eine  große  Miniatur; 
unter  den  letzten  Worten  der  Capitula  evangelii  S.  Marci  find  nämlich  in  der  üblichen  Weife,  nur 
in  größerem  Maßftabe,  drei  Gedenkbilder  von  Bifchöfen  angebracht.  Die  Rückfeite  des  Blattes  zeigt 


Das  Evangeliarium  Heinrichs  V.  3 

das  Bild  des  Evangeliften  Marcus,  deffen  Text  dann  folgt.  Daran  fchließen  fich  der  Prologus  und 
die  Capitula  evangelii  S.  Lucae  und  auf  der  vierten  Seite  der  Lage  X  deffen  bildliche  Darfteilung. 
Nun  folgten  der  Text  des  Prologus  und  die  Capitel  zum  Evangelium  S.  Johannis,  deffen  Bild  fich 
auf  der  erften  Seite  der  Lage  XV  befindet. 

Mit  der  fiebenten  Seite  der  Lage  XVIII  beginnt  das  Capitulare  evangeliorum  de  circulo 
anni,  zugleich  eine  Art  Calendarium  perpetuum.  Der  Verfuch  mit  Hilfe  der  Feftdaten  auf  die  Zeit 
der  Entftehung  der  Handfchrift  einen  Rückfchluß  zu  machen,  würde  nur  zu  irrigen  Folgerungen 
führen,  weil  für  keinen  Anfatz  alle  Daten  zutreffen,  und  einzelne  bewegliche  Fefte  nur  deshalb  in 
engere  Gränzen  gefetzt  wurden,  um  ihre  Stellung  zu  gewiffen  unbeweglichen  Kirchenfeften  erficht- 
lich  zu  machen.  Mit  diefem  Capitulare  endet  die  Handfchrift.  Sie  zählt  im  Ganzen  151  Blätter  von 
derfelben  Hand  gefchrieben,  und  zwar  in  einer  Schrift  des  ausgehenden  11.  Jahrhunderts.  Die  darin 
vorkommenden  Majuskel-Buchftaben  fetzten  die  etwa  feit  dem  Jahre  1000  übliche  Mifchung  des 
Capital-  und  Uncial-Alphabetes  voraus  und  die  ausgebildete  carolingifche  Minuskel  weift  alle  dem 
Ausgange  des  11.  und  dem  Beginne  des  12.  Jahrhunderts  eigenthümlichen  Züge  auf,  fowohl  in  der 
Behandlung  der  Schäfte  im  allgemeinen,  wie  in  der  Form  einzelner  Buchftaben,  als  z.  B.  des  a.  Ift 
fomit  fchon  aus  dem  Charakter  der  Schrift  für  die  Entftehung  des  Manufcriptes  mit  der  paläogra- 
phifchen  Beftimmungen  innewohnenden  Sicherheit  auf  die  Zeit  um  1100  zu  fchließen,  fo  ftimmen 
mit  diefem  Anfatz  auch  alle  anderen  aus  der  Handfchrift  felbft  gefchöpften  Folgerungen  genau 
überein. 

Vorausgefchickt  muß  ireilich  gleich  werden,  dafs  der  Codex  offenbar  nicht  in  Polen  ent- 
ftanden  ift,  fondern  aus  einer  deutfchen  Schreibfchule  herftammt,  wenn  anders  die  Angaben  über 
das  Alter  der  Schrift  zutreffen  follen.  Denn  für  den  Often  würden  fich  diefelben  allerdings  wefent- 
lich  modificiren. 

Die  ganze  Anlage  und  Befchaffenheit  des  Krakauer  Evangeliar-Codex  erinnert  an  die  in 
München  und  Bamberg  aufbewahrten  Pracht-Handfchriften  der  bayerifchen  Stifter  und  Klöfter  aus 
der  Zeit  Kaifer  Heinrich  II.  und  feiner  Nachfolger.  Der  Zufammenhang  mit  diefer  Gruppe  von 
Manufcripten  läßt  fich  fchon  bei  flüchtiger  Vergleichung  nicht  verkennen.  Und  ift  auch  die  Aus- 
führung der  Miniaturen  in  unferem  Codex  ungleich  roher,  als  die  künftlerifch  fo  vollendete  Klein- 
maierei  aus  der  Zeit  Kaifer  Heinrich  des  Heiligen,  fo  ift  doch  das  Beftreben  diefer  nachzuahmen 
deutlich  erfichtlich.  Gerade  die  nähere  Betrachtung  der  Miniaturen  wird  mit  vollkommener  Sicher- 
heit das  Klofter  St.  Emmeram  zu  Regensburg  als  den  Ort  der  Entftehung  des  Krakauer  Evan- 
geliariums  erkennen  laffen. 

IL  Die  Bildwerke. 

Dreizehn  Seiten  des  Krakauer  Evangeliarium  find  mit  figuralen  Bildwerken  gefchmückt,  und 
zwar  in  folgender  Reihenfolge. 

1.  Das  Repr'dfentalions-Bild  (Taf.  I),  gleich  auf  dem  Retto  der  erften  Seite,  das  Bildnis  Hein- 
rich V.  als  König,  wie  im  folgenden  genau  nachgewiefen  werden  wird.  Der  Monarch  fitzt  ganz  von 
vorn  gefchen  auf  dem  Faltftuhle,  deffen  fchräge  Beine  unten  in  große  Adlerklauen,  oben  in  kleine 
Vogelköpfe  —  es  follen  Adlerköpfe  fein  — ■  ausgehen.  Er  trägt  eine  kurze  bläuliche  goldgefäumte 
Tunica  und  ein  umgeworfenes  rothes  Pallium,  das  auf  der  rechten  Schulter  durch  eine  Agraffe 
zufammengehalten  wird,  grüne  Beinlinge  und  braune  Schuhe.  Der  jugendliche  Kopf  erfcheint  breit 
mit  fchmalen  gefchwungenen  Augenbrauen  und  langem  zugefpitzten  Schnurrbart.  Das  Haar, 
kaftanienbraun  wie  die  Schuhe  und  über  der  niederen  Stirn  gerade  abgefchnitten,  reicht  zu  beiden 
Seiten  bis  unter  die  Ohren  herab.  Die  Krone  ift  von  ähnlicher  Form,  wie  diejenige  auf  den  Bildern 
Heinrich  II.  in  Bamberg.  Sie   beftand  wohl  aus  vier  Metallplatten,  die  durch  Charniere  miteinander 

1* 


4  •  M  Thausing  und  K.  Rieger. 

verbunden  und  darin  beweglich  find.  In  diefen  Charnieren  flecken  die  Stiele  der  Knollen,  welche 
an  den  Seiten  verlängert  herabreichen  und  in  goldene  Gehänge1  ausgehen,  ähnlich  den  Bändern 
an  der  Mitra  der  Geiftlichen.  Beide  Hände  find  feierlich  emporgehoben,  die  Rechte  hält  mit  drei 
Fingerfpitzen  das  kurze  mit  einem  Vogel  i Adler)  gekrönte  Scepter,  die  Linke  den  Reichsapfel  mit 
dem  Kranze.  Die  Füße  ruhen  auf  einem  Schemel.  Die  Haltung  des  Korpers  ift  fteif  und  fymetrifch, 
die  Gewandung  fchematifch  geordnet,  wie  es  das  Ceremoniell  des  Hofes  wohl  erforderte.  Den 
Fußboden  bilden  grüne  Erdfchollen,  darüber  farbige  Streifen:  blau,  gold,  blau  und  grün.  Von  oben 
hängen  zwei  weiße  Vorhänge  herab,  die  beiderfeits  zurückgezogen  find.  Die  Umrahmung  des 
Ganzen  bildet  eine  Zierleifle,  in  welcher  fchlichtes  Blattwerk,  Akanthusmotive,  abwechfelnd  roth 
und  blau  angebracht  und  mit  Weiß  gehöht  oder  modellirt  erfcheint.  Alles  war  mit  der  Feder 
vorgezeichnet,  bevor  die  Temparafarben  aufgetragen  wurden.  Das  Gold  ift  mit  dem  Pinfel  auf  einen 
grünen  Grund  aufgefetzt,  der  aber  ftets  roth  umriffen  oder  gerändert  wurde,  wie  dies  gerade  auf 
diefem  ziemlich  befchädigten  Bilde  durch  ftellenweifes  Abfpringen  der  Farbe  fichtbar  wird. 

Dem  Repräfentations-Bilde  folgen  drei  Seiten  (2 — 4)  mit  je  zwei  Reihen  von  drei  Heiligen- 
Figuren  auf  Goldgrund,  welche  unter  fchlichten  auf  Säulen  ruhenden  Rundbogen-Arcaden  ftehen. 
Die  Namen  der  Heiligen  find  jedesmal  an  die  violett,  wohl  mit  Purpur  gefärbten  Archivolten 
gefchrieben.  Ihre  Nimben  find  filbern,  von  rothen  Rändern  eingefaßt  Die  Architektur  zeigt 
gebrochene  Farben,  meift  violett  oder  grünlich.  Die  Säulenbafen  find  nur  umgekehrte  Capitäle. 
Die  Zwickel  der  Arcaden  find  mit  Akanthusranken  gefüllt,  die  mit  der  Feder  in  zarten  rothen 
Linien  auf  den  Goldgrund  gezogen  find.  Die  Platten  an  den  Bafen  und  Capitälen  und  eine  Leifte 
im  Inneren  der  Umrahmung  der  ganzen  Blätter  find  von  Silber  mit  rothen  Rändern.  Diefe 
Umrahmung  entfpricht  derjenigen  des  erften  Bildes.  Dargeftellt  find  folgende  Heilige,  auf  dem 
Bilde  2  oben  die  drei  Erzengel  GABRIEL  ANGLS  —  MICHAHEL  •  ARCJt-  —  RAPHAEL  ■ 
AN  GL  •  Alle  drei  bloßfüßig,  machen  die  Geberde  der  Feier,  indem  fie  die  offene  Hand  vor  fich 
hinhalten,  und  zwar  Gabriel  und  Michael  die  linke,  Raphael  die  rechte ;  in  der  anderen  Hand  hält 
jeder  ein  filbernes  Buch.  Ihre  Tracht  befteht  aus  langer  Tunica,  kurzer  Schurztunica  und  dem  Mantel. 
Die  Farben  diefer  Gewänder  find  in  der  gleichen  Reihenfolge:  bei  Gabriel  grünlich,  violett,  zinnober; 
bei  Michael:  grüngrau,  gelbbraun,  violett;  bei  Raphael:  grünlich,  violett,  roth,  wobei  das  dem 
bläulichen  fehr  nahe  kommende  grünlich  wohl  weiß  bedeuten  foll.  Auch  die  Flügel  der  Eno-el  find 
verfchie  den  farbig,  und  zwar  fo,  dafs  der  Außenrand  des  Flügels  mit  der  äußerften  Schwungfeder 
und  endlich  die  Deckfedern  des  oberen  Flügeltheiles  mit  Ausnahme  des  Randes  jedesmal  eine 
andere  Farbe  zeigen. 

In  der  unteren  Reihe  desfelben  Bildes  erfcheinen  drei  Kirchenväter  und  Bifchöfe, 
•  S  •  GREGORIS  •  PAP  •  HIERONIM5  •  PBR  •  —  S  •  NYCOLAS  •  EFS  •  —  Alle 

barhaupt  mit  Tonfur,  jeder  ein  Buch  in  der  Hand,  Gregor  und  Nicolaus  auch  mit  dem  Hirtenftab 
in  der  Rechten  ;  Hieronymus  dagegen  mit  lateinifch  fegnend  erhobener  Rechten.  Sie  tragen  fchwarze 
Schuhe  und  weiße  Alben.  Sonft  find  ihre  Gewänder,  beftehend  aus:  Alba,  Stola,  Tunica,  Cafula 
und  Pallium  verfchiedenfarbig. 

In  der  oberen  Reihe  der  Bildfeite  3  fteht  Maria  zwifchen  Petrus  und  Johannes  dem  Täufer. 
•S-PETRVS- APLS  •  den  Schlüffel  in  der  Rechten  emporhaltend,  in  der  Linken  ein  Buch.  Er 
ift  bartlos  dargeftellt,  mit  der  Tonfur,  und  fteht,  etwas  fchwächlich,  mit  krummen  Beinen  da,  als  ob 
er  fich  bewegen  wollte.  In  der  Mitte  fteht:  SCÄ  ■  MARIA  •  als  Betende;  rechts  ■  S  •  IOHANNES  • 
BAPT  •  bärtig,  er  hält  in  der  Rechten  ein  kleines  filbernes  rothumriffenes  Agnus  Dei,  auf  welches 
er  mit  dem  langen  Zeigefinger  feiner  Linken  hinweift. 

1  Franzöfifch  fanon.  vom  mittelalterlichen  fano  oder  phano  und  diefes  wieder  vom  althochdeutfehen  fano,  Manipel,  Lappen, 
daher  Fahne. 


Das  Evangeliarium  Heinrichs  V  r 

In  der  unteren  Reihe  flehen  drei  heilige  Diakonen  und  Märtyrer.  -S  •  LAVRENT?DIAC  • 

-  -S- STEPHANS-  DlAC-  -   -S- VINCENTI  ?DlÄC  •    Jeder    hält   in   der   Rechten    eine 

Palme    und    hebt   mit    der  Linken    ein  Buch    empor.    Sie  tragen  gelbe  Prieflergewänder,    die  mit 

filbernen  rothgemullerten  Borden  verbrämt  find,   und  unter  denen  noch  die  rothe  Stola,  die  weiße 

Alba  und  ichwarze  Schuhe  fichtbar  werden. 

Auf  der  Bildleite  4  flehen  oben  drei  Könige  des  fränkifchen  Haufes:  HEINRIC?REX  • 
—  HEINRIC?IMP  •  --  CHONRAD?REX-  Sie  haben  keine  Nimben  und  halten  in  der 
Rechten  filberne  Reichsäpfel  mit  bunten  Vögeln  (Adlern)  darauf,  in  der  Linken  Scepter,  die  in 
Kugel  und  Kreuz  auslaufen.  Wie  im  Folgenden  nachgewiefen  werden  wird,  find  hier  Kaifer 
Heinrich  IV.  und  zu  feinen  beiden  Seiten  feine  beiden  Söhne,  die  Könige  Heinrich  V.  und  Conrad 
dargeflellt.  Der  Kaifer  in  der  Mitte  erfcheint  ehrwürdig  mit  großem  Vollbart  und  reichem  Haar- 
wuchfe  in  einer  längeren  Tunica  als  die  beiden  anderen.  König  Heinrich  trägt  kurz  gefchorenen 
Bart  und  Schnurrbart  bei  vielem  Haar,  er  blickt  fehr  ernfl.  Conrad  ill  bartlos,  hat  wenie  Haar  und 
etwas  Weichliches,  Kindliches  im  Ausdruck  des  Gefichtes,  feine  Tunica  ifl  die  kürzefle.  Die  Haar- 
und  Bartfarbe  von  allen  dreien  ifl  dunkelnußbraun,  nahezu  fchwarz,  wie  dies  bekanntlich  dem 
falifchen  Kaiferhaufe  eigen  war.  Jeder  trägt  die  gleiche  aus  vier  Platten  gebildete  Charnierkrone, 
jedoch  ohne  irgend  welche  Gehänge  oder  Fanonen.  Die  Kronen  find  von  Silber  mit  rothen  Linien. 
Die  Schuhe  find  bei  allen  dreien  fchwarz.  Ferner  befleht  die  Tracht  des  Kaifers  aus  zinnober- 
rothen  Beinlingen,  kirfchrother  Tunica  und  violettem  Mantel,  der  wohl  purpurn  gedacht  ifl.  Die 
Könige  haben  beide  violette  Beinlinge  und  graugrüne  Tuniken,  darüber  Heinrich  V.  einen  zinnober- 
rothen,  Conrad  einen  hellrothen  Mantel. 

In  der  unteren  Reihe  flehen  drei  Aebte:  EBERHARD?ABB-  S  •  RAMVOLDPABBAS  •  — 
ROTPERT?  ABB  •  —  baarhaupt,  mit  Tonfur  ohne  Nimbus,  den  Hirtenflab  in  der  Rechten,  ein 
Buch  in  der  Linken.  Sie  find  fämmtlich  bartlos  und  von  heitererem  Gefichtsausdrucke  als  die 
Königsbilder  oben;  Ramvold  in  der  Mitte  grauhaarig,  die  beiden  anderen  braun.  Sie  tragen 
fämmtlich  farbige  Talare  und  Mäntel.  Es  find  drei  Aebte  des  Kloflers  St.  Emmeram  zu  Reo-ensburg, 
von  deren  Perfönlichkeit  weiter  unten  die  Rede  fein  foll. 

Das  5.  Bild,  der  heil.  Emmeram  thronend  unter  der  Ueberfchrift :  SCS  EMMERAM  MS 
MARTYR  ET  PONTIFEX;  —  in  mitten  des  ganzen  Blattes  in  größerem  Maßflabe  grau- 
haarig mit  Tonfur  und  kräftigem  Schnurrbart,  während  der  Bart  fonft  nur  leicht  angegeben  ifl,  die 
Ohren  fitzen  hoch,  fad  an  den  Schläfen,  die  Stirn  ifl  niedrig,  die  Nafe  breit,  die  Wangen  fett,  fo  dafs 
es  fcheint,  als  ob  fich  ein  beflimmter  Typus  für  das  Bild  des  Heiligen  im  Klofler  gebildet  hätte, 
anknüpfend  vielleicht  mehr  an  ein  altes  Kunftwerk,  als  an  hiflorifche  Tradition.  Er  ifl  ganz  von 
vorn  gefehen,  mit  beiden  Händen  ein  offenes  Buch  vor  fich  hinhaltend,  angethan  mit  rother 
filberverbrämter  Tunica  unter  der  Alba  und  mit  grünem  Mantel.  Sein  Haupt  umgibt  ein  Silber- 
nimbus mit  rother  Einfaffung.  Zu  den  Füßen  des  Heiligen  knien,  in  kleinerem  Maßflabe,  links  ein 
Mönch,  rechts  eine  Nonne  mit  betend  geöffneten  Händen ;  fie  tragen  violette  Kutten,  deren  rothes 
Futter  an  den  Füßen  fichtbar  wird,  die  Nonne  noch  einen  weißen  Schleier.  Der  Hintergrund  ifl 
golden.  Am  Boden  erfcheinen  fehr  einfach  ftylifirte  Blumen;  die  zurückgefchlagenen  Vorhänge  oben 
find  röthlich  gefärbt.  Das  Ganze  umfchließt  ein  viereckiger  Rahmen  mit  abwechfelnd  grünen  und 
rothen  Stücken  von  Akanthusmuflern  zwifchen  einem  Silber-  und  einem  Goldflreifen. 

Das  6.  Bild:  der  thronende  Chrißus,  bartlos,  mit  filbernem  Kreuz-Nimbus,  in  dem  das  Kreuz 
in  roth  eingezeichnet  und  die  Silberfcheibe  mit  einem  rothen,  von  weißen  Kügelchen  befetzten 
Rande  eingefaßt  wurde.  Der  Kopftypus  Chrifti  erfcheint  trotz  der  Jugendlichkeit  eigenthümlich 
flreng,  länglich,  mit  fpitzer  gebogener,  obwohl  nicht  langer  Nafe  und  vollen  Lippen.  Sein  Haar  ifl 
braun,  eigentlich  röthlich,  mit  fchwarzen  Linien,  in  der  Mitte  gefcheitelt  und  glatt,  auf  den  Rücken 


6  M.  Thausing  und  K.  Rieger. 

herabfallend.  Die  Rechte  des  Herrn  fegnet  mit  zwei  erhobenen  Fingern,  die  Linke  ruht  auf  einem 
fchloffenen  filbernen  Buche.  Er  ift  angethan  mit  blauer  Tunica  und  rothem  Mantel,  beider  Lichter 
in  weiß  gebrochen.  Die  Gertalt  ift  von  einer  Mandorla  umfchloffen,  deren  Hintergrund  golden,  deren 
Ränder  filbern  find.  In  den  Zwickeln  des  Blattes  erfcheinen  in  bunten  Farben  auf  blauem  Grunde 
die  Attribute  der  vier  Evangeliften,  der  Engel  darunter  in  halber  Figur.  Der  Rahmen  diefes  Bildes 
ift  infofern  reicher  verziert,  als  das  Akanthusmotiv  fymmetrifch  abwechfelnd  roth,  blau  und  grün 
gefärbt  und  fowohl  mittels  weiß,  als  mittels  fchwarz  abgetönt  und  fo  plaftifcher  modellirt  ift. 

Das  7.  Bild:  Chrißus  am  Kreuze  zwifchen  Maria  und  Johannes  Evangelißa.  Chriftus 
erscheint  hier  bärtig  mit  röthlichbraunem  breiten  Vollbart  und  fpitzem  Schnurrbart,  mager  mit 
blauem,  weißgemufterten  Schurz.  Der  Nimbus  fcheint  golden  gewefen  zu  fein  mit  roth  eingezeich- 
netem Kreuze.  DerKreuzesftamm  ift  filbern,  eingefafst  mit  zwei  rothen Linien,  mit  einer  queroblongen 
Erweiterung  am  oberen  Ende  und  mit  einem  großen  Trittbrette  unten,  auf  welchem  die  Füße  des 
Gekreuzigten  flehen.  Sein  Körper  erfcheint  fomit  nicht  hängend,  eingeknickt  und  todt,  fondern  in 
gerader  heroifcher  Haltung  und  lebend;  die  noch  ziemlich  unförmlichen  Füße  find  nicht  von  Nägeln 
durchbohrt.  Trotz  der  ungefälligen  Formen  hat  der  Crucifixus  hier  nichts  schreckliches,  noch 
abfehreckendes,  vielmehr  einen  ehrwürdigen  milden  verföhnlichen  Ausdruck  im  altchriftlichen 
Sinne.  Ebenfo  feierlich  ift  die  Stellung  und  Gebärde  der  beiden  Heiligen  zu  feinen  Seiten.  Maria, 
zu  feiner  Rechten,  zur  Linken  des  Befchauers,  ift  ftehend,  mit  ausgebreiteten  Armen  als  Orans 
dargeftellt.  Johannes,  zu  unferer  Rechten,  hat  die  rechte  Hand  mit  geftrecktem  Zeigefinger  lehrend 
erhoben  und  hält  ein  Buch  in  der  Linken.  Beide  haben  Silbernimben  und  flehen  auf  Grashügeln, 
ähnlich  den  heraldifchen  Bergen,  hinter  ihnen  Goldgrund.  Maria  trägt  einen  blauen  Schleier,  eben- 
folche  Tunica  und  einen  rothen  Mantel,  Johannes  blaue  Tunica  mit  grünlichem  Mantel.  Oben  in  der 
Luft  erfcheinen  Sonne  und  Mond,  Sol  und  Luna,  als  je  eine  männliche  und  weibliche  Büfte,  weinend 
und  zu  ihren  Häupten  die  betreffende  Scheibe.  Sie  find  noch  nicht  in  Medaillons  eingefaßt  ;  die 
Sonne  roth,  der  Mond  grün  bekleidet.  Die  Umrahmung  des  Ganzen  wird  durch  abwechfelnde 
Stücke  von  blauen  und  grünen  Akanthusmotiven  zwifchen  zwei  rothen  Bändern  gebildet  (Fig.  2). 

Die  obere  Hälfte  der  achten  Bildfeite  füllt  Chrifli  Himmelfahrt  (Taf.  II).  Chriftus  hier 
bärtig,  mit  getheiltem  Bart,  gefcheiteltem  langen  Haar  und  heiterem  gefälligen  Gefichtsausdrucke, 
fchwebt,  die  beiden  Arme  ausbreitend,  auf  Silbergrund  in  der  Mandorla.  Der  Nimbus  um  fein  Haupt 
ift  blau,  mit  lichtem  Kreuze  darin.  Die  Umfchrift  der  Mandorla  in  weißen  Majuskel-Lettern  auf  einem 
Purpurftreifen  lautet:  -F  XPC  ■  ITER  ■  PANDIT  •  SANCTIS  ■  DVM  ■  CE  LICA-SCANDIT  ■ 
Seitwärts  fchweben  zwei  Engel  mit  ausgebreiteten  Armen,  bunten  Flügeln  und  Gewändern  und 
mit  Silbernimben  auf  Goldgrund. 

Auf  dem  unteren  Theile  des  Blattes  find  wieder  in  der  bereits  befchriebenen  Weife  drei 
heilige  ßi/chö/e,  unter  drei  Arcaden  ftehend,  dargeftellt:  SCS  ■  DYONISIVS  ARIOF-  — SCS  ■  EM 
MERAMM'-  EPS  •  —  SCS  ■  WOLF"K  ANG:  •  EPS  •  — ,  alle  drei  bartlos,  im  geiftlichen  Gewände,  mit 
filbernen  Nimben,  in  der  Linken  ein  Buch,  in  der  Rechten  den  Hirtenftab.  Der  mittlere,  S.  Emmeram, 
trägt  eine  rothe,  die  beiden  anderen  je  eine  grüne  Cafel.  Eigenthümlich  find  die  kugelförmigen 
Capitäle  der  zwei  mittleren  Säulchen,  welche  wohl  Würfelcapitäle  vorllellen  follen.  Durch  die  bunte 
Umrahmung  des  Blattes  läuft  ein  gebrochener  Stab  im  Zickzack  und  die  fo  entfliehenden  Dreiecke 
find  mit  halben  Akanthusblättern  gefüllt. 

Auf  der  Rückfeite  diefes  Blattes  befindet  fich  das  erfte  und  fchwächfte  der  vier  Evangeliften- 
bilder,  welche  je  eine  ganze  Blattfeite  einnehmen:  der  S.  Mathaeus,  das  neunte  Bild.  Der  bartlofe 
Evangelift  fitzt  auf  hohem  Throne,  vor  einem  Pulte  fchreibend.  Er  erfcheint  nach  links  hingewandt, 
wo  oben  der  Engel  aus  einer  bunten  Wolke  niederfchwebt.  Der  Heilige  hat  einen  goldenen  Nimbus. 
Er  fcheint  dem  nachzufinnen,  was  er  niederfchreiben   will.  Zu  feinen  Füßen   begießt  ein  kleiner 


Das  Evangeliarium  Heinrichs  V.  7 

nackter  als  Knabe  perfonificirter  Paradiefesfluß  aus  filberner  Urne  den  grünen  Grashügelboden. 
Der  Hintergrund  ift  mit  drei  Querftreifen  angelegt,  unten  und  oben  mit  Purpur,  in  der  Mitte 
mit  Gold.  Die  Einfaffung  bildet  ein  gelbes  Akanthusmotiv.  Diefes  erfte  der  Evangeliftenbilder 
ift  zugleich  in  Compofition  und  Ausführung  das  fchwächfte.  Insbeibndere  erfcheint  die  Figur  des 
h.  Mathaeus  zu  klein  für  den  durch  fie  zu  füllenden  Raum. 

Auf  der  zehnten  Bildfeite,  amSchluffe  der  Capitula  zum  Marcus-Evangelium  find  noch  einmal 
drei  heilige  Bifchöfe  dargeftellt,  diesmal  unter  größeren  Arcaden  flehend  mit  Tonfur,  mit  Buch  und 
Stab  in  der  Hand  auf  Goldgrund:  ■  S  ■  GAVBALD  r  EPS  ■  —  •  S  •  EMMERAMM  ?  EPS-  7M  • 
(episcopus  et  martyr)  -  -  SCS  •  TVTO  ■  EPS  — .  Der  mittlere,  S.  Emmeram,  hat  einen  filbernen 
Nimbus  und  lieht  auf  einem  braunen  Erdhügel,  die  beiden  anderen  haben  Goldnimben  und  ftehen 
auf  grünem  Grashügelboden.  Ihre  Köpfe  zeigen  nichts  Individuelles  und  nur  leife  Andeutungen  von 
Bart.  Dagegen  hat  der  h.  Emmeram  denfelben  individuellen  Kopftypus  mit  grauem  Bart  und  eben 
folchen  Haarlocken,  wie  auf  dem  großen  Bilde.  Das  hier  reicher  ausgeführte  architeftonifche  Zier- 
werk, welches  die  Figuren  umgibt,  befteht  aus  Säulen,  deren  Schäfte  roth  und  in  die  Rundung 
modellirt  find;  die  Capitäle  und  Bafen  find  aus  Akanthusblättern  gebildet,  blau  und  violett,  die 
Platten  von  Silber.  Unter  den  Capitälen  in  den  Zwickeln  der  Arcaden  ftehen  eine  Art  filberner 
Blumen,  Pinienzapfen  vergleichbar. 

Nun  folgen  die  drei  übrigen,  dem  heil.  Mathaeus  analogen,  doch  größer,  gefchickter  und 
forgfältiger  ausgeführten  Evangeliftenbilder:  S.  Marcus,  das  eilfte  Bild,  von  vorn  gefehen,  hat  den 
Anfchein,  als  fchicke  er  fich  gerade  zum  Schreiben  an,  er  hat  die  Linke  auf  das  Buch  gelegt,  in  der 
Rechten  hält  er  die  Feder  und  blickt  wie  laufchend  zu  dem  ihn  anfprechenden  Löwen  rechts  oben 
empor.  Er  hat  einen  filbernen  Nimbus;  der  Hintergrund  ift  in  Purpur,  Gold,  Purpur  quergeftreift 
wie  bei  Mathaeus.  Den  Rahmen  füllt  grünlichweißes  Blattmufter  auf  rothem  Grund. 

Das  zwölfte  Bild:  S.  Lucas,  ein  Mann  in  mittleren  Jahren,  mit  kurzem  braunen  Bart  und 
Haar,  fitzt  rechts  hingewandt,  mit  der  Feder  in  der  Rechten,  dem  Schabeifen  oder  Raforium  in  der 
Linken.  Er  hat  den  Kopf  rückwärts  gewendet,  wo  links  fein  Symbol  von  oben  herabfchwebt  mit 
einem  Schriftbande  in  den  Klauen.  Sein  Ausdruck  ift  der,  als  hätte  er,  fich  unterbrechend,  vom 
Schreiben  aufgeblickt  und  folge  nun  aufmerkfam  den  weiteren  Mittheilungen  des  Thieres.  Der 
Hintergrund  zeigt  wieder  drei  Querftreifen  und  zwar  unten  tiefes  Rothbraun,  darüber  Gold  und 
oben  violette  Luft,  die  nach  oben  hin  lichter  abgetönt  ift.  Den  Rahmen  füllt  ein  plaftifch  gehöhtes 
Akanthusmotiv  in  abwechfelnd  lichtrothen  und  lichtblauen  Stücken,  deren  freie  Anordnung  an  die 
Art  der  irifchen  Rahmenverzierungen  erinnert. 

Das  dreizehnte  Bild:  S.  Johannes,  fitzt  ähnlich  wie  Lucas  und  fchreibt  wirklich,  fcharf  auf 
das  Blatt  blickend.  Er  ift  als  Greis  mit  langem  weißen  Bart  und  Haar,  alfo  nach  der  altchriftlichen 
und  orientalifchen  Tradition  gemäß  dargeftellt.  Rechts  oben  erfcheint  fein  Symbol,  links  unten  der 
bräunliche  Flußgott,  halbentkleidet,  mit  Hörnchen  auf  dem  Kopfe.  Der  Hintergrund  ift  gleich  dem 
bei  S.Lucas.  Den  Rahmen  füllt  ein  buntes  Akanthusmufter,  beftehend  aus  je  einem  blauen  Mittelblatt 
und  rothen  und  grünen  Flügelblättern,  wie  immer  zwifchen  je  einer  Silber-  und  einer  Goldleifte. 

Die  Gewandung  aller  vier  Evangeliften  ift  die  antike,  in  reiches  Gefältel  gezogen,  doch 
etwas  fchematifch  behandelt.  Die  Gewänder  find  bunt,  aber  in  Schwarz  umriffen  und  in  Weiß  ge- 
brochen, zuweilen  mit  Andeutung  von  Muftern.  Der  erfindende  Geift  des  Malers  fcheint  in  diefen 
letzten  Bildern  am  freieften  gewaltet  zu  haben.  Mit  dem  ganzen  Behagen  des  Schreibkünftlers  werden 
in  den  vier  Figuren  die  verfchiedenen  Stadien  der  Schreiberei  deutlich  zur  Anfchauung  gebracht, 
indem  Mathaeus  vor,  Marcus  bei  Beginn  der  Thätigkeit,  Lucas  während  der  Unterbrechung  und 
Johannes  bei  der  wirklichen  Ausübung  dargeftellt  ift.  Ueberhaupt  fcheint  dasGefchick  des  Künftlers 
mit  dem  Fortfehreiten  und  gegen  den  Schluß  der  Arbeit  gewachfen  zu  fein;  denn  bei  der  ziemlichen 


S  M  Thausing  und  K.  Rieger. 

Gleichartigkeit  der  Arbeit  ift  es  kaum  nöthig,  verfchiedene  Hände  anzunehmen.  Von  den  byzanti- 
nifchen  Einrlülfen,  welche  unter  den  letzten  lachüichen  Kaifern  namentlich  in  die  höflichen  Miniato- 
renfchulen  eingedrungen  war,  ift  fo  gut  wie  nichts  mehr  zu  merken.  Die  Anordnung  der  Figuren  ift 
überall  zwar  von  ftrenger  fymetrifcher  Feierlichkeit,  aber  ihre  Hände  find  groß,  die  Füße  plump, 
die  Köpfe  rund  mit  kurzen  Nafen.  Ein  ausgefprochener  Zug  zur  Naturbeobachtung  macht  fich 
bemerkbar  Die  Ausführung  ift  fauber  und  forgfältig,  die  Farben  etwas  grell. 

Was  die  Typen  der  Figuren  betrifft,  fo  kommen  von  den  aus  der  Antike  überlieferten 
Allegorien  noch  die  allegorifchen  Darftellungen  von  Sonne  und  Mond  als  Zeugen  der  Kreuzigung 
vor;  fodann  find  auf  den  Evangeliftenbildern  die  kleinen  entblößten  Flußgötter  mit  den  Urnen  als 
Repräfentanten  der  vier  Paradiefesflüße  zu  nennen.  Chriftus  erfcheint  thronend  in  der  Mandorla. 
noch  im  altchriftlich  idealen  Sinne  bartlos  und  jugendlich,  dagegen  in  den  gefchichtlichen  Dar- 
ftellungen,  Kreuzigung  und  Himmelfahrt,  bereits  bärtig,  alfo  im  realiftifch  hiftorifchen  Sinne  auf- 
gefaßt. Doch  ift  der  Gekreuzigte  noch  kein  abfehreckendes,  übertriebenes  Marterbild,  er  fteht  noch 
mit  undurchbohrten  Füßen  auf  einem  breiten  Trittbrett  aufrecht,  lebend  und  ohne  befondere 
Leidensmiene;  auch  Maria  und  Johannes  zu  beiden  Seiten  find  feierlich  zeugend,  aber  nicht 
weinend  und  jammernd  hingeftellt.  Der  Evangelift  Johannes  erfcheint  noch  als  Greis  im  Sinne  der 
hiftorifchen  Ueberlieferung  der  byzantinifchen  Kirche  und  noch  nicht  in  feiner  aus  den  Evangelien 
später  abftrahirten  Jugendlichkeit.  Einem  neu  auftauchenden  Zuge  der  Individualifirung  und  Natur- 
wahrheit begegnen  wir,  abgefehen  von  den  Evangeliftenbildern,  in  den  drei  Darftellungen  des 
heil.  Emmeram  und  namentlich  in  den  vier  Königsbildern.  Dafs  der  Hauptheilige  von  Regensburg 
immer  wieder  mit  derfelben  Gefichtsform  und  Farbe  wiederkehrt,  erklärt  fich  nur  aus  der  Annahme, 
dafs  dem  Künftler  irgend  ein  altes  als  authentifches  Portrait  verehrtes  Bild  des  Heiligen,  vermuthlich 
eine  bemalte  Holzfculptur  vor  Augen  ftand,  von  deren  Zügen  er  fich  in  feinen  Abbildungen  nicht 
zu  weit  entfernen  durfte,  wenn  er  nicht  auf  Widerfpruch  ftoßen  wollte.  Noch  merkwürdiger  und 
von  hiftorifchem  Werth  ift  die  offenbar  dem  Leben  abgelaufchte  Charakterifirung  der  Königsbilder 
und  zwar  vornehmlich  auf  dem  kleinen  Dreifigurenbilde,  während  beim  erften,  dem  Repräfentations- 
bilde,  das  fteif  ceremoniöfe  zu  weit  überwiegt.  Auch  ift  dies  große  Bild  am  meiften  befchädigt  und 

0  0  0 

befleckt.  Schon  die  bloße  Thatfache,  dafs  in  einem  folchen  Codex  außer  dem  Empfänger,  dem  er 
beftimmt  war,  noch  andere  Lebende  abgebildet  werden,  ift  etwas  ungewöhnliches,  diesmal  aber 
fichergeftelltes. 

Offenbar  liegt  hier  kein  reifes  Producl  einer  wohlgefchulten  Hofkunft  vor,  fondern  ein  Werk 
einer  erft  zurückgebliebenen,  dann  aufftrebenden  Localfchule,  die  zwar  einen  gewiffen  Vorrath  von 
technifchen  und  formalen  Traditionen  überkommen  und  bewahrt  hat,  die  aber  zugleich  neue 
Gedanken,  Formen  und  Empfindungsweifen  in  ihre  Arbeiten  hineinzutragen  beftrebt  ift. 

III.  Verzierungen  und  Trachten. 

Die  Initialen  des  Codex  beftehen  meift  nur  aus  romanifchem  Bandwerk  und  Rankengewinde 
in  Gold,  zum  Theil  in  Silber,  jedesmal  roth  umriffen  auf  grünem  oder  blauem  Grunde.  Es  find  aber 
nur  wenige  Buchftaben  durch  Größe  und  Sorgfalt  der  Ausführung  ausgezeichnet,  fo  das  N  ovurm 
an  der  Spitze  der  Praefatio  des  h.  Hieronymus  auf  Blatt  3b  und  das  Liberi  am  Anfange  des 
Evangeliums  Matthaei  auf  171.  —  Die  häufigeren  kleineren  Initialen  find  zuweilen  von  ähnlicher 
Art,  meift  aber  find  es  blos  in  Roth  oder  Silber  der  Schrift  eingefügte  größere  Buchftaben. 
Abweichend  durch  Reichthum  der  Ausführung  und  durch  Uebergang  ins  Komifche  erfcheinen 
nur:  das  I  nitium)  am  Beginne  des  Marcus-Evangeliums  auf  521.  Es  wird  durch  einen  Pfauen 
gebildet,  der  nach  oben  aufgerichtet  ift  und  Blattwerk  in  feinem  Schnabel  hält;  das  Gefieder  ift 
von  Gold  und  Silber  mit  ein  wenig  Blau.  Im  Anfange  des  Lucas-Evangeliums,  auf  77*,  find  zwei 


Das  Evangeuarium  Heinrichs  V.  g 

mit  Rankenwerk  verzierte  Initialen  angebracht,  zum  i.  Vers:  Qiuoniaml,  zum  5.  Vers:  F(uit  in 
diebus  Herodis),  welch'  letzteres,  ein  Holzfchnitt,  als  Probe  an  die  Spitze  der  Abhandlung  geftellt 
ift.  Ironifch  i ft  endlich  wieder  das  I  an  der  Spitze  des  Johannes-Evangeliums  auf  115 b;  es  befteht 
aus  einem  Adler,  der  wie  hängend,  nach  oben  gerichtet  ift.  Die  Behandlung  ift  eine  fehr  fchema- 
tifche,  die  Färbung  Gold,  Silber  und  Roth,  welch'  letzteres,  Zinnober,  mit  der  Feder  einge- 
zeichnet wurde. 

Die  Architektur,  deren  bei  einzelnen  Bildwerken  bereits  Erwähnung  gefchah,  ift  im  allge- 
meinen einfach,  aber  bunt  gefärbt.  Die  cylindrifchen  Säulenfchäfte  tragen  korinthifche  Kelchcapitäle, 
deren  Blattwerk  meift  nur  wenig  angedeutet  ift.  Die  Bafen  find  nichts  als  umgekehrte  Capitäle  mit 
fchmäleren  Ringen  oben  und  einer  breiten  Platte  als  Plinthus  unten.  Eine  Ausnahme  bilden  blos 
die  zwei  kugelförmigen  Säulencapitäle  auf  i6a,  in  denen  ich  misverftandene  oder  ungefchickt 
wiedergegebene  romanifche  Würfelcapitäle  erkannte.  Die  Archivolten  find  nur  mit  Schrift  verziert. 
Reicher  als  bei  den  figürlichen  Darftelluntren  erfcheint  die  architektonifche  Verzierung  bei 
den  Canones  auf  c/ — i4b.  Zwifchen  deren  Columnen  fteigen  4  oder  5  mit  buntem  und  goldenem 
Ornament  bedeckte  fchlanke  Zierfäulchen  auf,  die  oben  mitteilt  überhöhter  Rundbögen  gekuppelt 
find  und  fchmale  Arcaden  bilden.  Das  Ornament  der  Schäfte  befteht  meift  aus  rudimentären 
Akanthusmotiven,  aber  auch  aus  geometrifchen  Motiven,  als  Zickzack,  Rauten,  Knollen  und  aus 
Combinirung  beider  Zieraten,  der  vegetabilifch-antiken  und  der  geometrifch-nordifchen.  Die  Säulchen 
tragen  vorwiegend  kelchförmige  Capitäle  von  korinthifirender  Form  mit  wenig  Blattwerk,  mehr  nur 
aus  Contur  zwifchen  Ring  und  Platte  oder  Abacus  und  die  Bafen  find  nur  durch  Umkehrung  diefer 
Form  gebildet.  Doch  erfcheint  an  mehreren  Stellen  auch  ein  ikonifches  Capital  in  Form  einer 
filbernen  Löwenfratze.  Ueber  den  Capitälen,  alfo  zwifchen  und  zur  Seite  der  Archivolten  fteigen 
abwechfelnd  treftielte  Blumen,  lilienähnlich  und  mehrftöcki^e  Thürmchen  mit  Giebeldächern  auf. 
Die  Färbung  ift  reich  und  bunt,  blos  auf  der  erften  Seite  der  Canones  9/  befchränkt  fie  fich  auf 
Gold  und  Roth. 

Die  zwei  Columnen  des  Calendariums  auf  den  letzten  Seiten  des  Codex  werden  blos  durch 
drei  fenkrechte,  oben  und  unten  in  die  gleiche  Kelchform  auslaufende,  nicht  gekuppelte  Zierftäbe 
eingefaßt. 

Die  Trachten  in  der  Handfchrift  find  theils  hiftorifch,  theils  typifch.  Hiftorifch  find  die 
Kaifer-Coftüme  und  die  Prieftertrachten.  Der  Kaifer  auf  dem  Repräfentations-Bilde  trägt  eine 
kurze  blaue  goldgefäumte  Tunica  und  ein  umgeworfenes  rothes  Pallium,  durch  eine  Agraffe  auf 
der  rechten  Schulter  zufammengehalten,  grüne  Beinlinge  und  braune  Schuhe.  Das  zweite  Kaiferbild, 
drei  Fürften  unter  Arcaden  darftellend,  zeigt  einige  Abweichungen.  Die  drei  Fürften  (Taf.  III)  haben 
eine  längere  Tunica  (u.  zw.:  die  längfte  der  Kaifer,  die  kürzefte  König  Konrad)  und  von  verfchie- 
dener  Farbe,  der  Kaifer  eine  kirfchrothe,  die  beiden  Könige  graugrüne;  darüber  tragen  fie  einen 
langen  Mantel,  an  der  rechten  Schulter  mit  einer  Agraffe  befeftigt.  Der  Mantel  des  Kaifers  ift  violett, 
des  Königs  Heinrich  zinnoberroth  und  des  Königs  Konrad  hellroth.  Der  Kaifer  hat  zinnoberrothe, 
die  beiden  Könige  haben  violette  Beinlinge  und  alle  Drei  fchwarze  Schuhe.  Die  goldene  Krone  auf 
dem  Dedicationsbilde  befteht  aus  vier  Metallplatten,  die  durch  Charniere  mit  einander  verbunden 
und  mit  goldenen  Gehängen  verfehen  find.  Silberne  mit  rothen  Linien  umfaßte  Charnierkronen 
ohne  Fanonen  tragen  die  drei  Herrfcher  auf  dem  zweiten  Bilde.  Alle  Scepter  find  kurz.  Auf  dem 
Repräfentationsbilde  hält  die  Rechte  das  goldene  mit  einem  goldenen  Vogel  (Adler)  gekrönte 
Scepter,  die  Linke  den  goldenen  Reichsapfel  mit  Kreuz;  auf  dem  anderen  Bilde  hält  die  Linke  ein 
filbernes  Scepter  mit  Kugel  und  Kreuz  darauf,  wohl  ein  misverftandenes  Lilienfcepter;  die  Rechte 
den  filbernen  Reichsapfel,  auf  dem  ein  Adler  mit  rothem  und  grünem  Gefieder  ruht.  Die  Kaifer- 
trachten  find  nach  Schnitt  und  Wurf  ähnlich  dem  Ornate  Kaifer  Heinrich  II.  in  den  Bamberger  und 

XIII.   N.   F.  2 


IO 


M.  Thai  sin«,  und  K.  Rieger. 


Regensburger  Prachthandichritten,    nur  fehlen   die  in  diefen  angedeuteten  byzantinifchen  Verzie- 
rungen hier  vollftändig. 

Die  Bifchöfe  (Tat  I\")  werden  in  der  Handfchrift  in  vollem  Ornate  dargeftellt,  jedoch  nach 
älterer  Sitte  ohne  Kopfbedeckung.  Sie  tragen  das  lange  Unterkleid,  die  Alba,  und  darauf  die  kürzere 
Tunica  oder  Dalmatica  mit  weiten  Aermeln,  welche  hie  und  da  noch  Ichmale  enganliegende 
Aermel  der  Alba  fehen  lauen.  Unter  der  Tunica  kommt  über  der  Alba  noch  die  Stola  zum  Vor- 
lchein.  Darüber  ift  die  Cafula  oder  Planeta,  der  ringsherum  gefchloffene  Mantel,  mit  dem  Ausfchnitt 
für  den  Hals,  angezogen.  Ueber  der  Cafula  fieht  man  das  Pallium.  Die  Alba  ift  immer  weiß,  Tunica, 
Stola,  Cafula  und  Pallium  verfchiedenfarbig.  Der  Mantel  ift  mit  farbigen  oder  filbernen  Bordüren 

befetzt.  Alle  Bifchöfe  haben  fchwarze  Schuhe.  Die  Diaconen  tragen 
gelbe  Prieftergewänder,  die  mit  filbernen  rothgeftreiften  Borden  ver- 
brämt  find,  darunter  find  die  rothe  Stola  und  die  weißen  Alba  fichtbar. 
Ihre  Fußbekleidung  bilden  fchwarze  Schuhe.  Die  drei  Aebte  tragen 
farbige  lange  Talare  und  offene  Mäntel,  welche  vorn  mit  einer  Agraffe 
zufammengehalten  werden.  Die  Kutten  des  Mönches  und  der  Nonne  auf 
dem  St.  Emmeram-Bilde  find  violett  und  haben  rothes  Futter,  der 
Schleier  der  Nonne  ift  weiß. 

Die  Chriftus-  und  Heiligen-Figuren  find  mit  antiken  Trachten, 
beftehend  aus  Tunica  und  Mantel,  bekleidet.  Zuweilen  ift  noch  eine 
Schurztunica  um  die  Hüften  gefchlagen.  Eine  folche  Schurztunica 
tragen  die  drei  Erzengel,  der  heilige  Petrus  und  Chriftus  am  Kreuze,  bei 
den  anderen  Figuren  ift  ein  Mantelftück  um  die  Hüften  gefchlungen.  Die 
Kleidungsstücke  find  verfchiedenfarbig,  Chriftus  und  'St.  Maria  haben 
blaue  Tunica  und  rothen  Mantel.  Die  antike  Gewandung  zeichnet  fich 
durch  reiche  Faltung  aus,  und  ift  im  Ganzen  ziemlich  fchematifch 
behandelt. 

Von  Geräthfchaften  find  nur  ein  Fallftuhl,  ein  Schemel,  mehrere 
Sitze  und  Schreibpulte  abgebildet.  Die  beiden  erften  find  auf  dem 
Repräfentations-Bilde.  Der  Fallftuhl  ift  kreuzbeinig,  oben  in  kleine 
Vogelköpfe,  unten  in  Adlersklauen  ausgehend.  Der  Schemel  befteht 
aus  einer  Mauer  über  Zinnen.  Die  Sitze  find  theils  in  der  Vorderanficht, 
wie  bei  St.  Emmeram  (Taf.  V)  und  dem  thronenden  Chriftus,  theils  in  der 
Seitenanficht  gezeichnet;  fie  find  von  Holz  und  gefchloffen,  und  beftehen 
aus  dem  halbcylindrifchen  Untergeftelle,  und  dem  breiteren,  in  Voluten 
auslaufenden  Sitze,  auf  den  ein  Polfter  gelegt  ift.  Bei  den  Schreibpulten  ruht  auf  dem  gewundenen, 
unten  kegelförmig  auslaufenden  Fuße  die  viereckige  Platte  zum  Schreiben;  fie  find  von  Silber  und 
roth  umrändert.  Der  Styl  diefer  Arbeiten,  fowie  die  hiftorifchen  Trachten  entfprechen  den  Dar- 
ftellungen in  den  Handfchriften  des  n.  Jahrhunderts. 


Fig.  i.   (St.  Emmeram. 


IV.  Urfprung  und  Gefchichte  der  Handfchrift. 

Für  die  Provenienz  der  Handfchrift  find  vor  allem  die  Bilder  felbft  von  größter  Wichtigkeit. 
Freilich  ift  wohl  zu  unterfcheiden  zwifchen  den  Heiligen-Figuren,  die  ftreng  locale  Bedeutung  haben 
und  der  nicht  geringen  Anzahl  Heiligengeftalten  der  allgemeinen  Kirche.  Die  letzteren  knüpfen 
offenbar  an  eine  allgemeine  Heiligenlitanei  an,  in  der  die  drei  Erzengel  und  die  drei  Diacone 
Stephanus,  Laurentius  und  Vincentius  je  eine  befondere  Gruppe  bilden,  fowie  Gregor,  Hieronymus 
und  Nicolaus  nebeneinander  vorkommen.  Auch  Maria,  Johannes  Baptift  und  Petrus  find  wohl  diefer 


Das  Evangeliakium  Heinrichs  V.  n 

Quelle  entlehnt.  Höchftens  für  die  Auswahl  diefer  Gruppen  könnten  locale  Motive  beftimmend  ge- 
wefen  fein.  Anders  fleht  es  mit  den  Localheiligen.  Vor  allem  weift  die  dreimalige  Darftellung  des 
St.  Emmeram  auf  die  Herkunft  des  Codex.  Die  mit  I  bezeichnete  Lage  bringt  als  Titelblatt  ein 
Gedenkbild  diefes  Heiligen  mit  der  Ueberfchrift:  Sanctus  Emmerammus  martyr  et  pontifex.  Das 
zweitemal  erfcheint  er  unmittelbar  vor  der  Darftellung  des  Matthaeus  in  der  Mitte  zwifchen 
St.  Dionysius  ariopagita  und  St.  Wolfkangus  (Fig.  i)  und  das  drittemal  unter  den  letzten  Worten 
des  Evangelium  St.  Marci  zwifchen  S.  Gaubaldus  und  S.  Tuto. 

Nur  für  das  dem  St.  Emmeram  geweihte  Klofter  zu  Regensburg  hat  die  abfichtlich  hervor- 
tretende Verherrlichung  des  Schutzpatrons  einen  folchen  Werth,  dafs  der  ausführende  Künftler  fich 
zu  wiederholter  Darftellung  veranlaßt  fühlte.  Und  nicht  nur  die  dreimalige  Erwähnung  des  Heiligen, 
auch  die  Gruppirung  bezeugt  den  Urfprung  im  Klofter  St.  Emmeram,  weil  fie  mit  der  Gefchichte  des 
Klofters  eng  zufammen  hängt.  Das  Bild  unter  den  letzten  Worten  des  Evangeliums  St.  Marci  ftellt 
den  Schutzheiligen  zwifchen  zwei  Bifchöfen  von  Regensburg  dar.  St.  Gaubaldus  war  der  erfte  Bifchof 
in  der  Reihe  der  ordnungsmäßigen  Vorfteher  des  Regensburger  Stuhles  und  waltete  von  739  bis 
zum  23.  December  761  feines  Amtes.  Unter  S.  Tuto,  welcher  von  893  bis  10.  October  930  Bifchof  von 
Regensburg  war,  foll  nach  der  Translatio  St.  Dionysii  Ariopagitae  und  nach  der  von  Kraus  mitge- 
theilten,  angeblich  dem  n.  Jahrhundert  angehörenden  Gedenktafel  (vgl.  Mon.  Germ.  SS.  XI,  3451 
der  von  Gifelbert  geftohlene  Leichnam  des  S.  Dionysius  Ariopagita  nach  Regensburg  gebracht 
worden  fein.  Schon  die  Erwähnung  des  Bifchofs  Tuto  führt  auf  die  im  Klofter  St.  Emmeram  feit  der 
Mitte  des  11.  Jahrhundertes  gehegte  Meinung  der  Translatio  St.  Dionysii  nach  Regensburg.  Noch 
beftimmter  weift  aufdiefe  und  zugleich  auf  ein  damit  zufammenhängendes  Ereignis  aus  der  Gefchichte 
des  Klofters  die  Darftellung  des  St.  Emmeram  zwifchen  St.  Dionysius  Ariopagita  und  St.  Wolfkangus 
episcopus.  Der  Bifchof  St.  Wolfgang,  welcher  dem  Bisthum  Regensburg  von  972 — 994  vorftand, 
löfte  das  Klofter,  welches  bis  dahin  ganz  unter  der  Herrfchaft  der  Bifchöfe  gewefen  war,  von  dem 
Bisthum  los  und  gab  ihm  in  Ramwald,  den  er  aus  St.  Maximin  berief,  einen  eigenen  Abt.  St.  Dionysius 
Ariopagita  war  ficherlich  nur  um  der  Behauptung  des  Klofters  willen,  den  Leichnam  diefes  Heiligen 
zu  befitzen,  dargeftellt  worden.  Den  Anlafs  zu  diefer  romanhaften  Translatio  gab  das  herrliche, 
870  für  Karl  den  Kahlen  gefchriebene  Evangeliar,  das  durch  Kaifer  Arnulf,  vielleicht  als  eine  Gabe 
König  Odos,  aus  St.  Denys  nach  St.  Emmeram  gekommen  war.  Dafs  auf  dem  Bilde  St.  Emmeram 
zwifchen  St.  Dionysius  und  St.  Wolfkangus  abgebildet  wird,  deutet  unverkennbar  auf  die  Abficht 
des  Künftlers,  ein  beftimmtes  hiftorifches  Ereignis  darzuftellen.  Ich  erkenne  hier  die  bildliche  Dar- 
fteilung einer  Begebenheit  des  Jahres  1052.  Im  Herbfte  diefes  Jahres  weilte  nämlich  Papft  Leo  IX. 
in  Regensburg,  celebrirte  bei  der  Beifetzung  der  Reliquien  des  St.  Wolfgang  und  entfchied  den 
Reliquienftreit  zwifchen  St.  Denys  und  St.  Emmeram  zu  Gunften  des  Regensburger  Klofters.  Die 
Erinnerung  an  die  feierliche  Beifetzung  des  St.  Wolfgang  bedeutete  für  das  Klofter  die  Feier  des 
Gedenktages  feiner  Selbftändigkeit.  Die  feierliche  Anerkennung  der  Anfprüche  des  Klofters  durch 
den  Papft  war  in  der  That  ein  großer  Triumph  für  St.  Emmeram.  Das  Bild  ift  demnach  ein  finniges 
Symbol  pietätvoller  Erinnerung  an  diefe  beiden  wichtigen  Thatfachen. 

Zugleich  ift  es  aber  auch  eine  officielle  Enunciation  der  Mönche  zu  Gunften  ihrer  Behauptung, 
welche  vor  dem  Jahre  1052  nicht  möglich  war.  Damit  wird  ein  Anhaltspunkt  zur  Datirung  des 
Codex  gegeben  und  die  weitere  Erklärung  der  Bilder  fichergeftellt. 

Unterhalb  der  drei  Kaiferbilder  befindet  fich  ein  Abt  Ramwald  zwifchen  den  Aebten  Eberhard 
und  Routpert.  Ich  gehe  gewifs  nicht  irre,  wenn  ich  in  Ramwald  den  erften  felbftändigen  vom  Bifchof 
St.  Wolfgang  eingefetzten  Abt  des  Klofters  St.  Emmeram  erblicke.  Dies  vorausgefetzt  find  auch  in 
den  beiden  anderen  Aebten  Vorfteher  des  Klofters  St.  Emmeram  abgebildet  worden.  In  den 
Abtsreihen  findet  fich  Abt  Eberhard  von  1066— 1070,  Routpert  von  1070 — 1095.  Ob  fich  diefe  beiden 


12 


M.  TiiAisiNc.  und  K.  Rieger. 


Aebte  befondere  Verdienfte  um  das  Klofter  erworben  haben,  ilt  mir  nicht  bekannt.  Allein  auch 
ohnedies  läßt  die  Darftellung  eine  Deutung-  zu:  Die  figürliche  Repräfentation  der  Abtsreihe  durch 
den  erften  und  die  beiden  letzten  Vorfteher  des  Klofters.  Da  nach  der  Sitte  der  Zeit  nicht  Lebende 
und  Todte  neben  einander  dargeftellt  werden,  fcheint  die  Annahme  wahrfcheinlich,  dafs  der  Codex* 
welcher  fchon  wegen  der  officiellen  Anführung  desDionysiusAriopagita  nach  1052  verfaßt  fein  muß, 
erft  nach  dem  Tode  des  Abtes  Routpert,  alfo  in  der  Zeit  feines  Nachfolgers,  des  Abtes  Reinhard, 
zwil'chen  1095 — 1110  entftanden  fei. 

Eine  nähere  Beftimmung  der  Abfaffungszeit  bieten  die  Bilder  der  drei  Fürften,  welche  fich 
ober  den  Aebten  befinden.  Sichergeftellt  ift,  dafs  der  Künftler  einen  alten  Kaifer,  umgeben  von  zwei 
jugendlichen  Königen,  darfteilen  wollte.  Bei  dem  ausgefprochenen  realiftifchen  Zuge  des  Malers  ift 
unzweifelhaft  der  Altersunterfchied  feilzuhalten,  nicht  aber  an  eine  Unterfcheidung  der  Würde  durch 
mehr  oder  minder  ehrwürdiges  Ausfehen  zu  denken.  Aber  felbft,  wer  von  der  letzteren  Anficht  aus- 
gehen wollte,  müßte  auf  Umwegen  zu  derfelben  Erklärung  kommen.  Denn  bei  der  ftrengen  Beob- 
achtung der  Titel  in  mittelalterlichen  Bildwerken  ift  für  die  beiden  Königsficruren  der  Gedanke  an 
alle  Kaifer  des  Namens  Konrad  und  Heinrich  ausgefchloffen.  Es  blieben  alfo  nur  die  Könige 
Konrad  I.  und  Heinrich  I.  übrig.  König  Heinrich  I.  anzunehmen  ift  jedoch  unmöglich,  weil  der 
Heinricus  rex  unter  den  Arcaden  mit  dem  Fürften  auf  dem  Dedicationsbilde  identifch  ift,  einem 
Fürften,  welcher  der  zweiten  Hälfte  des  11.  Jahrhunderts  angehört. 

Wird  daran  feftgehalten,  dafs  hier  ein  alter  Kaifer  mit  zwei  jungen  Königen,  alfo  ein  Vater 
mit  leinen  beiden  Söhnen  dargeftellt  erfcheint,  dafs  der  Kaifer  Heinrich,  die  beiden  Könige  Konrad 
und  Heinrich  heißen,  fo  kann  nur  Kaifer  Heinrich  IV.  mit  feinen  beiden  Söhnen  König  Konrad  und 
König  Heinrich  (V.)  hier  abgebildet  fein.  Auch  haben  die  drei  Fürften  die  dunkelbraune  Haar-  und 
Bartfarbe  der  falifchen  Kaifer.  Auf  dem  Bilde  erfcheinen  die  Söhne  neben  dem  Vater,  ähnlich 
wie  in  dem  Evangeliarium  zu  Paris  (Bibl.  nat.  lat.  8851)  neben  Otto  I.  Otto  II.  abgebildet  wird. 
Weil  Heinricus  noch  rex  heißt,  muß  die  Handfchrift  vor  der  Kaiferkrönung  Heinrich  V.,  alfo  vor 
im  abgefaßt  fein.  Für  Heinrich  V,  weil  er  noch  König  heißt  und  offenbar  auch  der  Fürft  des 
Repräfentations-Bildes  ift,  fteht  feft,  dafs  er  als  lebend  dargeftellt  ift.  Demzufolge  muffen  auch  noch 
die  beiden  anderen  Fürften,  als  fie  dargeftellt  wurden,  am  Leben  gewefen  fein.  Eine  folche  Dar- 
ftellung war  nur  in  einer  eng  begränzbaren  Zeit  möglich. 

Bekanntlich  ward  König  Konrad,  als  er  fich  durch  die  päpftliche  Partei  zum  Abfall  vom 
Kaifer  hatte  verleiten  laffen,  1098  der  deutfchen  Krone  verluftig  erklärt  und  ftarb,  von  allen  ver- 
geffen,  am  27.  Juli  1101  in  einfamer  Zurückgezogenheit.  An  feiner  Statt  wurde  der  fechzehnjährige 
Heinrich  zu  Mainz  gewählt  und  am  6.  Januar  1099  zu  Aachen  geweiht.  Zum  Ofterfefte  1099,  welches 
auf  den  10.  April  fiel,  traf  Kaifer  Heinrich  IV.  mit  dem  jungen  König  Heinrich  in  Regensburg  ein 
und  bereitete  den  um  ihn  verfammelten  Fürften  ein  großes  Hoffeft. 

Nach  diefen  Angaben  muß  der  Codex,  der  aller  Wahrfcheinlichkeit  nach  den  Kaifer  mit 
feinen  beiden  Söhnen  lebend  darftellt,  zwifchen  dem  Tage  der  Krönung  Heinrich  V.  und  dem 
Todestage  Konrad's,  alfo  zwifchen  6.  Januar  1099  und  27.  Juli  1101  vollendet  worden  fein.  Nicht 
unmöglich  ift  eine  Abfaffung  zur  Zeit  des  großen  Feftes,  welches  zu  Ehren  des  Königs  Heinrich  in 
Regensburg  im  April  1099  abgehalten  wurde.  Wenigftens  wäre  das  Hoffeft  eine  paffende  Gelegen- 
heit für  die  Mönche  von  St.  Emmeram  gewefen,  den  Codex  dem  jungen  Könige  zu  dedicieren.  In 
Regensburg  hatte  König  Heinrich  V.  feften  Fuß  gefaßt,  dorthin  entfloh  er  nach  der  erften  Ent- 
zweiung mit  dem  Kaifer.  Die  Handfchrift  ift  ein  äußeres  Zeichen  der  Beziehungen  des  Klofters  zum 
falifchen  Kaiferhaufe. 

Unerklärt  bleibt,  wie  der  Codex  aus  dem  Befitze  des  Königs  oder  deffen  Erben  nach  Polen 
gelangte,  wenn  auch  bei  den  vielfachen  Berührungen    des    deutfchen  Hofes    mit    den     polnifchen 


Das  Evangeliakium  Heinrichs  V. 


13 


Herzogen  eine  Schenkung  an  diefe  angenommen  werden  kann.  I  )as  Verhältnis  der  falifchen  Kaifer 
zu  den  Polenherzogen  war  feit  der  Vermählung  derSchwefter  Kaifer  Heinrich  IV.,  Judith,  welche  nach 
dem  Tode  (1087)  des  unglücklichen  Königs  Salomon  von  Ungarn  dem  Herzog  Wladislaw  von  Polen 
angetraut  war,  befonders  rege  geworden.  Daran  nahmen  auch  die  Zeitgenoffen  den  lebhafteften 
Antheil;  nicht  nur  über  die  zahlreichen  werthvollen  Stücke  des  Brautfchatzes,  fondern  auch  über  man- 
nigfache andere  Gefchenke,  die  ausgetaufcht  wurden,  berichten  die  Quellen.  Ueber  das  Schickfal  des 
Codex  fehlt  bisher  jede  Nachricht;  daher  verzichte  ich  auf  jede  weitere  gegenwärtig  erfolglofe 
Untersuchung. 

Nur  eine  rein  fubjeclive  Anficht  fcheint  mir  als  nicht  ganz  unintereffant  hier  am  Platze  zu 
fein.  Dergleichen  Dedications-Werke  find  meiftens  von  einem  Widmungsgedichte  begleitet,  in 
welchem  mitunter  die  Bedeutung  der  Bilder  erläutert  wird,  und  wenn  auch  die  in  derartigen 
Prachthandfchriften  übliche  Erklärung  der  Bilder  durch  die  kurzen  Ueberfchriften  erfetzt  fein  könnte, 
vermißt  man  immerhin  doch  die  zum  Repräfentations-Bilde  gehörige  Vorrede.  Dafs  YVidmungsverfe 
fehlen,  ift  auffallend,  wäre  aber  nicht  unmöglich.  Wahrscheinlich  waren  fie  auch  urfprünglich  vor- 
handen und  find  nur  von  den  Späteren  Befitzern  oder  Schon  bei  der  VerSchenkung  der  Handfchrift 
entfernt  worden.  Dafür  Sprechen  wenigstens  die  Unvollftändigkeit  der  erften  Lage  und  merkbare 
Spuren  gewaltfamer  Befeitigung  einzelner  Blätter. 

Doch  auf  diefe  Vermuthung  Soll  nur  hingewiesen  Sein.  Werthvoll  allein  ift  das  Sichere 
Ergebnis  der  Unterfuchung-,  dafs  das  befchriebene  Pracht-Evangeliar  der  Krakauer  Schloßkathedrale 
in  St.  Emmeram  zu  Regensburg  zwifchen  1099  und  1101  als  ein  Schönes  Zeichen  der  innigen  Bezie- 
hungen des  Klofters  zu  dem  falifchen  Kaiferhaufe  geschrieben  und  ausgeführt  worden  ift. 


Fig.  2. 


ÜBER  ZUTHE1LUNG  ANTIKER  BRONZEN. 

Von  K.  B.  Hofmann, 

Pro/effor  an  der    Univerßtät  zu   Graz. 

EM  Jahre  1882  ift  im  Sulmthale,  bei  dem  Orte  Goldes  ein  großer  Tumulus  (Durchmeffer 
E3    40  Ml  geöffnet  worden.  Man  fand,  vermengt  mit  Kohlenreften,  gegen  3000  Grm.  Bronze, 
die  zum  größten  Theile  in  formlofe  Klumpen  zufammengefchmolzen,  zum  Theil  zu  Ringen, 
Knöpfen  und  Gefäßen,  deren  Scherben  vorlagen,  verarbeitet  war. ' 

Einige  der  formlofen  Bronzeknollen  find  mir  von  dem  Vorftande  des  hiefigen  Münz-  und 
Antiken-Cabinetes,  Herrn  Profeffor  Fr.  Pickler,  mit  dem  Wunfche  Libergeben  worden,  ich  möchte 
ihre  Unterfuchung  vornehmen.  Ich  theile  das  Refultat  der  Analyfe  hier  mit. 

Die  zur  Arbeit  verwendeten  Stücke  waren  an  ihrer  Oberfläche  mit  einer  1  Mm.  dicken, 
vielfach  riffigen  mürben  Patina  von  graugrüner  Farbe  überzogen.  Während  einige  von  ihnen  unter 
der  Patina  nur  aus  einer  rothbraunen  fehr  fpröden  Maffe  (Kupferoxydul)  beftanden,  an  deren 
Bruchfläche  ftahlgraue  metallifch  glänzende  Flächen  fehr  kleiner  eingefprengter  Kryftalle  fich 
darftellen,  fand  fich  in  anderen  unter  der  Patina  eine  dünne  rothbraune  Schichte  und  darunter  das 
gelbe  harte  Metall,  das  hie  und  da  blafige,  an  der  Innenfläche  ebenfalls  mit  dem  erwähnten  roth- 
braunen Körper  überzogene  Hohlräume  zeigte.  Drei  folche  Metallkerne  find,  mit  einer  Stahlfeile 
blank  geputzt,  der  Analyfe  unterzogen  worden. 

I.   Es   lieferten    1*083  Grm.    der  Legirung  Zinnoxyd:   0*1603  Grm.,    was  0*1261   Grm.    oder 

11*64°  o  Zinn  entfpricht. 
II.   Aus  0*4332  Grm.  obiger  Probe  entftand  0*7199  Kupferrhodanür  =  0*3762  Grm.  Kupfer; 

aus  0*6498    Grm.    derfelben   Legirung    (des  zweiten  Metallkernes)    entftand  1  *  081   Grm. 

Kupferrhodanür  entfprechend  0*565  Kupfer. 


In  Procenten  I.  II.  Mittel 

Kupfer 86-84  86-96  86-90 

III.  Die  gefammten  1*083  Grm.  Bronze  enthielten  noch  0*0074  Grm.  oder  o*68°/c  Nickel  und 
Eifen,  aus  den  Oxyden  berechnet. 

IV.  Ein  zweites  Stück  Legirung  von  1*0545  Grm.  gab  mit  Salpeterfäure  oxydirt  0*1579  Grm. 
Zinnoxyd,  woraus  fich  0*1242  Grm.  gleich  11*77  °  Zinn  berechnet.  Wenn  man  aus  diefer 
Analyfe  und  der  Analyfe  I.  das  Mittel  nimmt,  fo  ift  der  Zinngehalt  11*71%. 

Die  Legirung  beftand  alfo  aus 

Kupfer.  . 80  90  Perc. 

Zinn 11-71      „  Die  Mengen  des  Phosphors  und  Antimons  waren  zur  Gewichts 

el,  Eifen o-68     „  beftimmung   zu    gering   und   find    darum  mit  dem  Blei  als  Differenz 

Blei,  Phosphor,  Antimon 0-71      „  aufgeführt. 

ioo-oo  Perc. 

'   Jahresbericht  des  landfehaftlichen  Joanneums  1883  und  Mittheilungen  der  Cei.tral-Comniiffion  18S3,  S.  LXVIII  ff. 


ÜBER  ZüTHEILUNG  ANTIKER  BRONZEN.  15 

An  das  mitgetheilte  Refultat  dürfte  die  Frage  geknüpft  werden,  welchem  Volke  diefe 
Bronze-Objecte  angehört  haben  können;  oft  wird  ja  die  Analyfe  nur  zur  Beantwortung  diefer  Frage 
verlangt.  Statt  einer  Antwort  biete  ich  im  Anhange  den  Archäologen  eine  Ueberficht  ähnlicher 
Legirungen. 

Wenn  man  fich  die  Mühe  nimmt,  aus  diefer  Tabelle  für  die  einzelnen  Beftandtheile  der 
Bronze  die  kleinften  und  größten  Werthe  auszuziehen  und  die  mittleren  Mengen  zu  berechnen  und 
dann  mit  der  Zufammenfetzung  unferer  Bronze  zu  vergleichen,  fo  findet  man: 

Minimaler  Maximaler  Mittlerer 

Wertli  Unfere  Bronze 

Kupfer 85-16                          87-95  86-86                          86-90 

Zinn 1022                           13-83  12-21                           11-71 

Eifen1  und  Nickel 0-05                              1-78  °'S7                              o'68 

Die  hier  zufammengeftellten  Refultate  von  42  Analyfen  habe  ich  aus  ungefähr  1000  mir 
bekannt  gewordenen  ausgewählt.  Bronzen  von  diefer  Legirung  bilden  alfo  mehr  als  4%  aller 
bisher  unterrichten.  Die  berechneten  Mittelwerthe  ftimmen  fehr  nahe  mit  den  Zahlen  unferer  Bronze 
überein;  die  einzelnen  Legirungen  fchwanken  in  ihrer  Zufammenfetzung  fo  wenig  um  diefe  Mittel- 
werthe, dafs  man  wohl  behaupten  darf,  bei  der  Art  der  alten  Bronzebereitung  mögen  die  ver- 
fchiedenen  Theile  der  Schmelze  ein  und  derfelben  Charge  unter  einander  in  der  Zufammenfetzung 
kaum  minder  ftark  fich  unterfchieden  haben. 

Welchem  Volke  gehörten  nun  diefe  fo  übereinftimmenden  Legirungen  an?  Wir  begegnen 
ihnen  bei  den  Griechen  und  Makedoniern,  bei  den  Römern  fo  gut,  wie  auf  Sicilien,  und  zwar  fowohl 
als  Münzmetall,  wie  auch  zu  Waffen-  und  Schmuckgegenftänden  verarbeitet. 

Wir  finden  fie  in  den  fkythifchen  Gräbern  Rußlands  nicht  minder,  als  in  den  keltifchen 
Schottlands  und  Frankreichs;  in  den  Kegelgräbern  Norddeutfchlands,  wie  in  Hügelgräbern  Bayerns 
und  in  den  Pfahlbauten  der  Schweiz. 

Es  wäre  ganz  ungerechtfertigt,  aus  der  chemifchen  Zufammenfetzung  eine  Zutheilung  der 
Bronze  zu  verfuchen. 

Mit  Hinweis  auf  diefes  Refultat  erlaube  ich  mir  einige  Bemerkungen  zu  machen,  die  den 
Zweck  haben,  eine  unter  den  Archäologen,  wie  es  fcheint,  noch  ziemlich  verbreitete  Meinung  zu 
berichtigen  —  die  Meinung  nämlich,  dafs  eine  genaue  quantitative  Beftimmung  der  in  fehr  geringer 
Menge  vorhandenen  Metalle  zu  weittragenden  Schlüßen  über  die  Herkunft  der  Bronze  berechtige. 

Keine  geringe,  vielleicht  die  hauptfächlichfte  Veranlaffung  zu  diefer  irrigen  Anficht  mag 
wohl  Göbel's  Schriftchen  „über  den  Einfluß  der  Chemie  auf  die  Erkennung  der  Völker  der  Vorzeit" 
gegeben  haben. 

Neben  manchen  intereffanten  Mittheilungen  enthält  fie  einige  fehr  gewagte  Schluß- 
folgerungen. Auf  den  geringen  Werth  der  Beftimmungen  haben  übrigens  auch  fchon  andere 
Chemiker  (Phillips,  Fellenberg)  hingewiesen;  indefs  meinte  Fellenberg,  dafs  wenigftens  Rückfchlüße 
auf  die  Orte,  woher  die  Alten  ihre  Erze  bezogen  haben,  möglich  wären.  Auch  dies  ift  aber  nur 
in  fehr  befchränktem  Maße  der  Fall.  So  ift  es  gewifs  intereffant,  wenn  man  bei  Analyfen  von  Blei  - 

1  Eifen  und  Nickel  habe  ich  zufammen  berechnet,  weil  fie  in  einigen  der  Analyfen  und  fo  auch  in  der  unfern  nicht  getrennt 
beftimmt  find;  in  einigen  ift  auf  fie  gar  keine  Rückficht  genommen,  fo  dafs  der  Mittelwerth  für  diefe  Metalle  nur  aus  37  Analyfen 
berechnet  ift.  Der  minimale  Werth  von  005  findet  fich  nur  einmal,  die  Menge  von  mehr  als  1%  nur  fünfmal;  fonfl  fchwankt  die  Menge 
zwifchen  03  und  og°/0. 

2  Aus  filberfreiem  Blei  beliehen  die  Reiterfigürchen,  die  in  einem  prähiflorifchen  Grabe  bei  Rofegg  in  Kärnten  gefunden 
worden,  und  von  denen  man  deshalb  vermuthet,  dafs  fie  aus  Bleiberger  Blei  angefertigt  find.  (v.  Hochftättcr,  Sitzungsb.  d.  Wiener  Akad. 
d.  Wiffenfch.  1884.)  Eine  mir  von  Herrn  Profeffor  F.  Pichler  übergebene,  aus  dem  Oberlaibacher  Funde  flammende  Glans  erwies  fich  als 
vollkommen  filberfrei.  Dagegen  waren  alle  andern  antiken  Bleiforten,  die  ich  bisher  zu  unterfuchen  Gelegenheit  hatte,  mehr  oder 
minder  filberhältig. 


i6 


K  B  Hofmann. 


kein  Silber  findet,  da  einerfeits  die  alten  Metallurgen  das  Silber  von  dem  Blei  fo  vollftändig  zu 
fcheiden  nicht  verftanden  haben,  anderfeits  Bleigruben,  die  nlberfreies  Erz  liefern,  nicht  zahlreich  find. 

Dafs  aus  den  „Nebenbeftandtheilen"  der  Bronzen  nur  feiten  eine  Vermuthung  auf  das  Volk, 
dem  fie  angehörten,  geftattet  ift,  lehrt  fchon  die  bloße  Erwägung  über  die  Wege,  auf  denen  diefe 
in  die  Bronze  eelaneen.  Wie  bekannt,  wird  auf  der  Halbinfel  Malakka  das  Zinn  in  Seifenwerken 
gewonnen,  und  ift  das  Seifenzinn  reiner,  als  das  Bergzinn.  Sofern  nun  das  indifche  Zinn1  zu  Bronzen 
verwendet  worden  ift,  haben  (liefe  um  eine  Quelle  der  Verunreinigung  weniger  gehabt.  In  Cornwall 
wird  das  Zinn  auch  auf  Seifenwerken  gewonnen,  aber  es  gibt  dafelbft  auch  Zinnfteinlager.  Das 
dorther  bezogene  Zinn  konnte  zinkhaltig  fein,  denn  der  dort  vorkommende  Zinnkies  enthält  Zink 
bis  zu  7°  0  des  Erzes.  Es  kann  alfo  eine  Bronzeforte,  für  welche  britannifches  Zinn  verwendet  worden 
ift,  eine  kleine  Menge  Zink  aufweifen,  ohne  dafs  diefes  zugefetzt  worden  wäre.  Goebels  Behauptung, 
dafs  fich  in  Gegenftänden  griechifchen  Urfprungs  kein  Zink  finde,  weil  fie  keines  gekannt  hätten, 
ift  übereilt.2  Kleine  Mengen  finden  lieh  in  der  That  fowohl  in  griechifch-makedonifchen,  als  auch 
in  großgriechifchen  Bronzen.  Erft  größere  Mengen  des  Metalls  find  von  Bedeutung  und  fcheinen 
griechifchen  Gegenftänden  nicht  eigen  zu  fein.  —  Ueberdies  enthält  der  Zinnftein  1*5 — 2 "5%  Eifen. 
Gediegenes  Kupfer,  das  in  früherer  Zeit  wohl  in  reichlicherer  Menge  vorhanden  war,  und  zuerft  von 
den  Völkern  des  Alterthums  aufgearbeitet  worden  ift,  enthält  oft  Spuren  von  Blei,  Silber,  Wismuth 
(o-i°/o)  und  bis  1%  Arfen.  Von  den  in  Betracht  kommenden  Kupfererzen  enthält  Cuprit  (Roth- 
kupfererz) Eifen  und  Antimon,  Kupferglanz  die  Metalle  der  Eifengruppe  (bis  zu  6*  5%),  das  Kupfer- 
fahlcrz  neben  Antimon,  Arfen  und  Eifen  auch  Zink  (bis  zu  6%)-  Wo  alfo  Fahlerz  verarbeitet  wurde, 
konnte  das  Zink  auch  mit  dem  Kupfer  in  die  Legirung  gebracht  werden. 

Eifen  und  Nickel  find  fchwer  vom  Kupfer  zu  trennen  und  die  Alten  vermochten  es  gewifs 
noch  fchwerer3;  fo  dürften  fich  beide  Metalle  wohl  in  den  meiften  forgfältig  unterfuchten  Bronzen 
in  kleiner  Menge  finden  und  haben  natürlich  keine  Bedeutung.  Spuren  von  Schwefel  gelangten  aus 
den  Kiefen  in  die  Legirungen. 

Da  fchon  Erze  felbft  eines  und  desfelben  Lagers  qualitativ  und  quantitativ  verfchieden 
zufammengefetzt  fein  können,  fo  wird  ein  Schluß  aus  der  Zufammenfetzung  der  Bronze  auf  die 
Grube,  welcher  das  Material  entnommen  war,  fehr  feiten  ftatthaft  fein.  Diefer  Schluß  wird  noch 
unzuverläffiger  dadurch,  dafs  unzweifelhaft  nicht  wenige  Lager  erfchöpft  worden  find,  und  uns 
alfo  nicht  einmal  die  Analogie  (wie  bei  Gruben,  die  noch  im  Betriebe  flehen)  in  der  Aufftellung 
unferer  Vermuthungen  zu  Hilfe  kommt. 

Nun  ift  aber  gerade  die  quantitative  Ausmittelung  fehr  kleiner  Mengen  von  Beftandtheilen 
ziemlich  zeitraubend,  und  die  Frage  des  Chemikers,  wozu  er  fich  der  Arbeit  unterziehen  foll,  fehr 
berechtigt.  Erft  wenn  fich  dem  Unterfuchenden  bei  der  qualitativen  Prüfung  die  Wahrnehmung 
aufdrängt,  dafs  die  Menge  des  einen  oder  andern  Elementes  zu  groß  fein  dürfte,  um  als  eine 
zufällige  Beimifchung  gelten  zu  können,   kann  die  quantitative  Analyfe  die   aufgewendete  Mühe 

1  Bafl.  Etain.  p.  5  nimmt  an,  in  der  I.  Periode  fei  Zinn  vom  Orient  nach  dem  Werten  eingeführt  worden.  Diefe  Annahme 
beruht  auf  einer  bloßen  Vermuthung;  une  phase   „pour  laquelle  nous  n'avons  guere  que  des  suppositions  a  enregistrer." 

!  Der  Zinkgehalt  fchwankt  zwifchen  0-3  und  o-7°/„,  kann  aber  bis  1%  betragen,  und  fteigt  bei  makedonifchen  Münzen  bis- 
weilen fogar  darüber.  Dafs  aber  zinkfreie  Bronze  fehr  häufig  gefunden  wird,  ift  richtig. 

Line  folche  forgfältige  Reinigung  durch  wiederholtes  Umfchmclzen  des  Kupfers  nimmt  Dr.  .!/«<-/;,  geftützt  auf  genaue  von 
Freih.  v.  Sommaruga  ausgeführte  Analyfen,  für  prähiftorifche  Völker  an.  Siehe  die  intereffante  Arbeit  „Die  Kupferzeit  in  Europa  und  ihr 
Verhältnis  zur  Cultur  der  Indogermanen"  in  den  Mittheilungen  derk.  k.  CentralCommiffion  Wien  1886,  2.  Heft  namentlich  p.  LXIX  u.  ff. 
—  Auch  Bibra  conftatirte  bei  feinen  Analyfen  eine  verfchiedene  Reinheit  des  Kupfers  in  den  Legirungen.  Während  die  römifchen 
Silbermünzen  (von  23  Stucken  fechsmal  unwägbare  Spuren,  fechsmal  zwifchen  o'07  bis  0*31  Grm.  Nickel  enthielten,  konnte  er  in 
16  griechifchen  Stücken  keines  finden  (Ueber  alte  Eifen  und  Silberfunde  S.  37  u.  40)  und  vermuthet  darum,  dafs  die  griechifchen 
Kupfererze  nickelfrei  gewefen  feien,  während  das  Element  in  die  römifchen  Silbermünzen  durch  Verwendung  nickelhältigen  Kupfers 
gelangt  fei.  Ebenfo  waren  5  Silbermünzen  Alexander  des  Großen  auch  von  Nickel  frei.  Dagegen  fehlte  es  in  den  Bronzen  äulierft  feiten. 
Vergl.  Bibra,  Die  Bronzen  und  Kupferlegirungen  S.  91. 


ÜBER   ZüTHEILUNG   ANTIKER   BRONZEN.  \n 

lohnen.  Anders  verhält  es  (ich  mit  gewiffen  Elementen  einzelner  Legirungen.  Die  Analyfe  der 
Silbermünzen  erheifcht,  wenn  fie  ihren  Zweck  ganz  erfüllen  foll,  die  genaue  Ausmittelung  felbft 
kleiner  Kupfer-  und  Bleimengen;  die  der  Goldmünzen  felbft  unbeträchtlicher  Silberquantitäten.  In 
diefen  Fällen  wiffen  wir,  dafs  die  genannten  Metalle  abfichtlich  zugefetzt  worden  find,  und  es  kann 
münzgefchichtliches  Intereffe  haben,  die  Menge  diefer  Zufätze  zu  kennen.  Eine  minutiöfe  Analyfe 
von  Metallen  bekannter  Abkunft  kann  culturgefchichtliches  Intereffe  bieten,  weil  wir  fo  erfahren, 
bis  zu  welcher  Reinheit  ihre  Darftellung  den  alten  Völkern  gelang;  etwa  auch  welche  Befchaffenheit 
manche  ihrer  Erze  hatten.'  Ob  dagegen  eine  Legirung  —  noch  dazu  unbekannter  Abkunft  — 
einige  Zehntel  Procent  Eifen  oder  Mangan,  Arfen  oder  Antimon  enthält,  ift  ganz  bedeutungslos. 


ImAnfchluße  an  diefe  chemifchen  Erörterungen  fei  es  geftattet,  einige  philologifch-hiftorifclv 
Angaben  beizubringen,  welche  beitragen  dürften,  Licht  auf  die  Gefchichte  der  bei  der  Darfteilung 
der  Bronze  verwendeten  Metalle  zu  werfen.  Bekanntlich  ift  die  Etymologie  der  Wörter:  Bronze, 
Spiauter,  Zink,  Cala'cm  fehr  zweifelhaft. 

Von  allen  Verfuchen,  das  fchon  zu  Beginn  des  14.  Jahrhundertes'-  gebräuchliche  Wort 
„bronzium"  zu  erklären,  dürfte  der  verunglücktefte  der  fein,  es  als  eine  hibride  Zufammenfetzung 
aus  dem  mittelhochdeutfchen  brün  und  dem  lateinifchen  aes  abzuleiten.  Abgerechnet  die  Monftro- 
fität  diefer  Verquickung  ift  ja  die  Bronze  in  Vergleich  mit  Kupfer  doch  kein  braunes,  fondern  eher 
ein  gelbes  Erz.  Nach  einer  gefälligen  Mittheilung  des  Herrn  Profeffor  Karabacek,  der  die  umfaffendftc 
Kenntnis  der  arabifchen  Literatur  und  der  culturgefchichtlichen  Beziehungen  des  großen  femitifchen 
Stammes  vereinigt,  führen  uns  die  Wortform  und  Wortbedeutung  der  Bronze  vielmehr  nach  dem 
fernen  Often.  Was  zunächft  die  erftere  betrifft,  fo  habe  man  in  dem  perfifchen  birindfch  die 
confonantifchen  Elemente  unferes  Wortes.  Birindfch,  das  heute  Meffing  bedeutet,  leitet  fich  von  dem 
altperfifchen  (parh)  barinz  ab.  Beide  find  nafalirte  Formen  von  der  Wurzel  baredfch,  die  fich  im 
Zend-Avefta  findet  und  dem  fanscrit.  bhrädfch  entfpricht,  dem  die  Bedeutung  von  „glänzen,  fchön 
fein''  eigen  ift.-  Man  wird  hierbei  an  die  Beziehung  des  griechifchen  und  altägyptifchen  Wortes 
für  Silber:  äpyupo?  und  hat'  (glänzend  weiß)  zu  der  gleichen  Eigenfchaft  erinnert.  Das  von  baredfch 
gebildete  paröberedfchya  „mit  Kupfer  verfetzt",  wird  im  Avefta  geradezu  von  Zinn  gebraucht, 
welches  in  diefer  Vereinigung  thatfächlich  die  Bronze  liefert. 

Ein  zweites  Wort,  deffen  Etymologie  viele  Schwierigkeiten  macht,  ift  „Spiauter".  Wir 
begegnen  in  keltifchen  Dialekten  einem  ähnlich  klingenden  (irifch  „peatar,  peodar",  gälifch  „peodar, 
feödar",  kymr.  „ffeudur").  Ihm  entfpricht  das  englifche  „pewter"3  in  der  Bedeutung  von  Britannia- 
metall  (Legirung  von  Zinn  und  Antimon)  und  das  franzöfifche  „piautre",  das  im  14.  Jahrhundert 
für  eine  Zinnlegirung  in  Gebrauch  ftand.  Diefen  zufammengehörigen  Formen  fleht  an  der  Seite 
die  fibilirte  niederdeutfche  Form  „Spialter"  (Brem.  Wörterb.  IV.)  mit  der  Bedeutung  von  Zink, 
neben  Zinn  und  Meffing.  Nach  Karabacek  ftände  nun  diefe  Form  in  Zufammenhang  mit  (i)sbiadär(i,) 

1  In  ähnlicher  Abficht  find  von  mir  (bisher  nicht  veröffentlichtel  Analyfen  pompejanifcher  Blei  Obje<£te  ausgeführt. 
-  nBronziuma  findet  fich  in  Chron.  Piacent,  zum  Jahre  1314  (/•>«  Gange.  G]ossar.  med.  et  infim.  latinitatis.  Nova  edit.  a  Favre.) 
3  Altenglifch  (um  1440  im  Proptorium)  „peutir";  die  latinifirte  Form  „peutreum"  dient  im  Jahre  13S2  zur  Bezeichnung  einer 
Art  Zinn  {Du  Cange.  V.  231b).  Die  Form  pestrum  findet  fich  fchon  1324  neben  plumbum  und  flannum  in  einer  Ordinat.  Carol.  IV.  {Du 
Cange.\.  22Öb).  Nach  Diezl33li  foll  das  gälifche  feödar  aus  pewter  entftanden  fein.  Seine  Vermulhung,  dafs  die  italienifche  und 
fpanifche  Form  peltro  und  peltre  aus  dem  prov.  em-peltar  „impfen,  pfropfen"  herrühre  und  damit  auf  eine  Art  Veredlung  des  Metalls 
gedeutet  werde,  ift  abenteuerlich.  Piclet.  I.  180  meinte,  das  Wort  Jjnauter  flamme  von  einem  Sanscritwort  „pätira"  und  fei  durch  die 
Zigeuner  nach  Europa  gebracht  worden.  Schade.  Altdeutfcli.  Wörterb.  S.  1264,  wendet  ein,  dafs  das  Wort  fchon  100  Jahre  vor  der  Ein- 
wanderung der  Zigeuner  im  Gebrauch  war,  und  dafs  pätira  in  der  Literatur  nicht  belegt  ift.  Für  letzteres  fpricht  auch,  dafs  es  Roth,  einem 
der  gründlichften  Kenner  des  Sanscrit  und  der  indifchen  Dialecle  überhaupt,  nicht  bekannt  ift.  (X.  B.  Hof  mann,  Zur  Gefchichte  des  Zinkes 
bei  den  Alten.  Berl.  Berg-  und  HUttenmännifche  Zeitung  XLI,  Nr.  51). 

XIII.  N.  F.  3 


jg  K.  B  Hofmann. 

das  er  in  einer  arabifchen  Kosmographie  des  13.  Jahrhunderts  gefunden  hat,  und  das  felbft  nur  die 
arabifirte  Form  des  pzrüich&n  fepidrüi  „im  Ausfehen  weiß-glänzend"  ift.'  Es  hat  auch  urfprünglich 
die  Bedeutung  von  Zinn;  die  Uebertragung  auf  Zink  wäre  fo  leicht  erklärlich,  wie  die  gemeinfame 
Benennung  „plumbum"  für  Blei  (nigrum)  und  Zinn  (candidum).  Ob  das  keltifche  Wort  mit  dem 
iranifchen  auf  eine  gemeinfame  Heimat  hinweift,  muß  ich  der  vergleichenden  Sprachforfchung  zur 
Entfcheidung  überladen;  unfere  deutfche  Form  „Spiauter"  hätten  wir  nach  Karabac.k's  Deutung 
dem  arabifchen  Einfluße  zu  danken.  Auch  das  Wort  „Galmei"  (neben  dem  auch  die  Form  „Gad- 
mei"  beftanden  hat) !  ift  nach  ihm  nicht  direct  aus  v.ivxiii  entftanden,  fondern  auf  einem  Umwege 
durch  arabifche  Entftellun-.  KaSfiela  finde  lieh  in  guten  Handfchriften  richtig  transferibirt:  '-.ji 
Abfchreiber  machten  daraus  durch  graphifches  Misverftändnifs  Ui  „Kalmeia",  weitere  Verder- 
bungen im  curliven  Zug  erzeugten  eine  dritte  Form  U>A*,  die  richtig  punktirt  UÜ  Kalimija,  fchlecht 
punktirt  WJ  Kalimina  lautet.  Diefe  letzte  Form  gab  dem  „lapis  calaminaris"  feine  Entftehung. 

Das  Wort  Zink  ift  von  „Zinken  =  Zacken"  abgeleitet  worden ;  wegen  des  zackigen  Bruches ! 
Diefe  Deutung  fcheint  mir  von  gleichem  Schlage,  wie  die  unglücklichen  etymologifchen  Erklärungs- 
versuche der  Griechen  und  Römer.  Karabacck  ift  geneigt,  auch  diefes  Wort  mit  einem  perlifchen 
Worte:  seng  „Stein,  Mineral,  Erz"  in  Beziehung  zu  bringen.  Man  würde  alfo,  was  die  Bronze-  und 
Meflingfabrication  betrifft,  zunächft  in  fprachlicher  Beziehung  auf  Perfien  hingewiefen.  Die  Araber 
würden  fprachlich  das  vermittelnde  Glied  zwifchen  ihnen  und  den  europäifchen  Völkern  bilden.  In 
der  That  nahmen  die  Araber  alles,  was  fich  auf  diefes  Gebiet  der  Kunftübung  bezieht,  zuerft  von  den 
Perfern  an,  wie  es  nach  Karabacek's  Angabe  ihr  größter  Gefchichts-Philofoph  Ihn  Chaldün  (f  1405) 
mit  unverhohlenen  Worten  bekennt.  Ich  möchte  hier  auf  eine  alte  Angabe2  hinweifen,  nach  der  fich 
im  Befitze  des  Darius  Trinkgefäße  aus  Chalkos  (Bronze  oder  Meffing)  befanden,  die  an  Schönheit 
den  goldenen  gleichkamen.  Die  alten  Perfer  bezogen  das  Zinn  insbefondere  aus  Hinterindien,  von 
Kala  auf  der  malayfchen  Halbinfel;  man  nannte  es  darum  kalaifches  Zinn,  woher  die  Bezeichne 
„calaem".  Für  die  Meffingfabrication  bezogen  die  Perfer  das  Zinkoxyd  vor  allem  von  Kirmän 
(füdperfifche  Provinz),  wo  die  Tuttia  künftlich  dargeftellt  ward. 

1  Das  perfifche  .fefidrü^  war  nach  Karabacek  eine  Legirung  von  4  Theilen  Kupfer  und  1  Theile  Zinn,  alfo  auch  eine  Art  V. 
kupfer. 

-   Vergl.  meine   in  Anmerkung  3  angezogene  Abhandlung  über  Zink. 

3  Pseudo-Aristot.  Mirab.  Aufcuit.  n.  49  (Ed.  U'eflermann.)  S.  Gefch.  d.  Zinkes  Berl.  Berg-  und  Hüttenmännifche  Zeitung  XLI 
Xr.  45.  S.  504. 


(An  der  Kirche  zu  Würflach,  X.  Ö.) 


Krakau . 


Tafel  I 


tUHsf-Kur! 


Krakau. 


Taf.  n. 


Krakau. 


Taf.  III 


Krakau.  Taf.  IV. 

■■■■■■■^■i^iHHIHHB 

pxfchc  dnfdictt  xbuno  corum  fcmdcndüobLxnoPaTopdicrcru 
Turum-  Orxaoncftüv  Traditio  mdcmdas- 

iVcco mdrtav  F ilxmfdwiiflbbAmbbx  ihm  Üxa^dLxrdcriiciftgcri 
drc^Pxflio  ihm  cKfepiilniKL  <*rtfnrrtaiociufcxmoraxif- 
fhrrtcnoncm  mxndxtx-  &x&mfw  cinfmcdif- 


Krakau. 


Taf.v. 


ÜBER    Zl'THEILUNG    ANTIKER   BRONZI-V 


19 


Anhang. 

Es  bedeutet  Cu  =  Kupfer,      Sn  =  Zinn,    Fe  =  Eifen,     Ni  =  Nickel,     A  =  andere  Elemente:    Blei  =  Pb,    Antimon  =  Sb, 
Zink  =  Zu,  Schwefel  =  S,  Silber  =  Ag. 

Römifchc  Bronze. 

Objecle  Cu  Sn  Fe  Ni  A 

1.  Münze  ;  Bibra.  (S.  52,  No.  5)    86-69  12-9-0  Spur  0-41  Spuren 

2.  Fibula  (Fellenberg.  151) s5'98  ij's3  °'°5  °'°9  °"°5 

Griechifche  Bronze. 

3.  Münzen  (Bibra.  S.  82,  No.  171 86-72  I2'33  Spur  022  0-73  (Pb) 

4.  Münze  (Bibra.  S.  82,  No.  30) 87-29  1  1  -29  0-12  0-40  öS     (Pb) 

5.  Münze  (Bibra.  S.  S2,  No.  38) 86-59  12-05  0-30  0-33  0-73  (Zn) 

6.  Münze  (Bibra.  S.  82,  No.  42)     85-16  12-09  °'20  0-28  0-15    Pb 

Makedoni/che  Bronze. 

7.  Münze  (Bibra.  S.  86,  No.  76) 8644  12*28  o-u  0-28  0*73  (Pb,  Zn) 

8.  Münze  iMonfe.  Bibra.  S.  87) 87-95  I  I  •  44 

9.  Münze  (Bibra.  S.  86,  No.  S5)    8639  12-73  °''3  0-22  0-53  (Pb) 

10.   Münze  (Phillips.  Bibra.  S.  87) 86-78  12-99  — 

Sicilifche  Bronze. 
u.  Münze  (Bibra.  S.  87,  No.  96) 85-71  12-73  °'°°  °'37  iij(Pb) 

Skythi/che  Bronze. 

12.  Pferdefchmuck  (Bibra.  S.  102,  No.  42) 86-86  12-73  Spur  °  27  0-07  (Sb) 

0-07  (Pb) 

Bronze  aus  Tanais. 

13.  Fibula  (Bibra  S.  102,  No.  47)    87-4  12-3  Spul  Spur  o'3     (Pb) 

Bronzen  aus  norddeutfehen  Kegelgräbern. 

14.  Wagenbecken  (Fellenberg.  81.  B,  S.  121) 87-20  12-75  °'°3  °'°2               — 

15.  Kopfring  (Fellenberg.  123.  B.,  S.  121) 86-47  12-78  012  0-43             0-2     (Pb) 

16.  Gewundener  Halsring  (Fellenberg.  124.  B,  S.  121)  ....   87-47  11   89  0-15  0-39               — 

17.  Schwert  (Fellenberg.  126.  B.,  S.  121)  .    8747  11-24  032  0-45             0-32  (Pb) 

18.  Handring  (Fellenberg.  127.  B.,  S.  121) 87-56  11-91  025  0-28 

19.  Armring  (Fellenberg.  129   B.,  S.  121) 87-71  11-89  °-I4  °"26 

20.  Schnnickkäftchen  (Fellenberg.  131.  Bd.,  S.  121) 86-52  1196  0-17  0-35                 — 

Bronze  aus  hannoverfchen  Hügelgräbern. 

21.  Lanzenfpitze  (Bibra.  S.  122,  No.  34) 87-39  i2-57  Spur  —  0-04  (Ag) 

22.  Armring  (Bibra.  S.  122,  No.  40) 87' °7  1251  „  062 

23    Diadem  (Bibra.  S.  122,  No.  47) S6'  10  13  50  „  0-40 

24.  Spiralring  (Bibra.  S.  122,  No.  51) 86-50  1 1  •  72  „  1-78 

25.  Dünnes  Blech  (Bibra.  S.  124,  No.  69) So -23  1336  0-39 

Bronze  aus  bayrifehen  Hügelgräbern. 

26.  Ring  (Bibra.  S.  128,  No.  130)    S6-86  12-00  0-02  0-31  o-8i  (Pb) 

27.  Armring  (Bibia  128.  B.,  S.  133) 87-58  11  "64  Spur  o-7S  — 

Hallßätter  Bronze. 

2S.   Haarnadel  (Fellenberg.  181.  B.,  131) S6'29               H'95  0-31  o-41  0-72  (Pb)  0-32  (Ag) 

29.  Armring  (Fellenberg.  183.  B.,  S.  131) 87-26              11  -6i  0-15  0-39  0-49  (Pb)  o- 10  (Ag) 

30.  Verzierung  (Bibra.  S.  130,  No.  160*1 Sö-So              11-79  Spur  031  0-97  (Pb)  o- 13  (Ag) 

Andere  mitteldeutfche  Bronzen. 

31.  Ring  (Fellenberg.  S.  145)    87-10  10-22  o- 16  I -02  1-5     (Pb) 

32.  Ring  (Bibra.  S.  127) £7- 10  11-64  0-24  o-66  — 

33.  Schale  (Bibra   S.  130,  No.  165     87-54  12-46  Spur  —  — 


20 


K.  B.  Hofmann.  Üi;er  Zutheiling  Antiker  Bronzen. 


Objecie                                                     Cu  Sn 

Fellenberg.  59.  B.,  S.  133    s7'4  "    -3 

'enberg.  155.  B..  S.  133  12    17 

30.  Fragmen:    Fellenberg.  191.  Bd.,  S                      Sy-Oj  1121 

37.  Klinge  (Fellenberg.  158.  B.,  S.  137) -      "  10-35 

bula  (Fellenberg.  27.  B..  S.  137) 57*21  10-25 

Schottifche  Br. 

39.  Beil  (Mallet.  B.  S.  140.  No.  307^1 So -9s  12-57 

40.  Lanzenfpitie  (Mallet.  B   S.  140.  No.  307': B6*28  12.74 

41     Meiler    Berlin.  B.  S.  142    -      .:    Su'55  l2-6o 

Gallifche  Bron 

Schwert  (Bibra.  S.  142,  No.  355) -  13-53 


Fe 

Ni 

A 

0-82 

o- 1 1 

0-7 

o- 19 

o-33 

0-29  (Pb)  010  (Sb) 

o-i; 

o-35 

0-04 

0-25 

154 

0-24  |Pb~l  o-  1  : 

■•39 

— 

0-97 

0-31 
0S5 


0-09 
o-S5 


o'37     * 

0-07  (Pb)  o-O'i 


(Prag.  Belvedere.) 


Die  Technik  der  Steinätzung  und  deren  Künftler  in  der 
Steiermark  im  16.  und  17.  Jahrhundert. 


Von  Jofeph  Waflter. 


IE  Technik  der  Steinätzung  zur  Herftellung  von 
Tifchplatten,  Kaiendarien,  Gedächtnis  tafeln  etc. 
I  ill  bisher  nur  in  Bayern,  dem  Vaterlande  des 
Solenhofer  Steines,  aus  welchem  in  der  Regel  derlei 
Tafeln  angefertigt  wurden,  nachgewiefen.  Trautmann  ' 
fuhrt  die  Namen  von  14  Künftlern  an,  welche  (Ich  mit 
diefer  Technik  befafsten,  von  denen  alle,  bis  auf  einen, 
in  Bayern  lebten  und  wirkten.  Wir  find  heute  in  der 
Lage,  die  genannte  Technik  auch  in  Steiermark  nach- 
zu  weifen. 

Vorerft  fei  uns  geftattet,  über  die  Technik  im 
allgemeinen  einige  Worte  vorauszufchicken.  Alle  uns 
bekannten  Platten  diefer  Art  find  aus  Solenhoferftein, 
auf  welchem  fich  die  Aetzung  leicht  ausführen  läßt, 
verfertigt,  und  zwar  können  wir  drei  Arten  der  Technik 
nachweifen.  Die  ältefte  dem  15.  Jahrhundert  angehörige 
Manier  ift  die,  wo  die  Contouren  der  dargeftellten 
Zeichnung  vertieft  (eingeätzt)  find.  Solcher  Art  ift 
z.  B.  eine  Tifchplatte  im  germanifchen  Mufeum  zu 
Nürnberg  (wohl  die  ältefte?),  mit  Zeichnungen  in  der 
Weife  des  Martin  Schongauer  aus  der  Zeit  von  1490. 
Die  zweite  Manier  nennen  wir  die,  bei  welcher  die 
Figuren  (menfchlicheGeftalten,  Thiere,  Ornamente  etc.) 
erhaben  gehalten,  der  Grund  durch  Aetzung  vertieft 
ift.  Zur  nöthigen  Schattirung  find  dann  in  den  Figuren 
Schraffirftriche  entweder  eingegraben  oder  eingeätzt. 
Die  dritte  jüngfteManier,  vorzüglich  im  17.  Jahrhundert 
geübt,  befteht  endlich  darin,  dafs  Contouren  und 
Schraffirftriche,  kurz  die  ganze  Zeichnung,  erhaben, 
der  Grund  vertieft  (geätzt)  erfcheint.  Nach  diefem  kann 
man  fich  die  Technik  der  Erzeugung  leicht  vorftellen. 
Bei  der  erften  Manier  wurde  die  ganze  Steinplatte  mit 
dem  fetten  Aetzgrunde  bedeckt,  mittelft  Griffel  die 
Zeichnung  in  den  Grund  eingravirt,  d.  h.  der  Stein  an 
der  betreffenden  Stelle  bloßgelegt,  dann  mit  der  Säure 
geätzt.  Bei  der  zweiten  Manier  wurden  die  ganzen 
Figuren,  Ornamente,  Buchftaben  etc.  mit  Aetzgrund 
bedeckt,  innerhalb  der  Figuren  die  Schraffirftriche 
mittelft  Griffel  angebracht  und  hierauf  geätzt.  Bei  der 
dritten  Art  wurde  die  Zeichnung  als  folche:  Contouren, 
Schraffirftriche  und  die  Schrift  mit  dem  Aetzgrund 
ausgeführt,  hierauf  geätzt,  wodurch  die  Zeichnung 
erhaben  erfcheint.  Die  Buchftaben  der  Schrift  find 
alfo  bei  den  zwei  letzten  Methoden  immer  erhaben 
und  gelegentlich  vergoldet.  Das  Figurale  und  Orna- 
mentale ift  in  der  Regel  mit  Oelfarbe  lafurartig  bemalt, 
und  zwar  find  die  Gegenftände  entweder  nur  mit  der 
Localfarbe  einfach  angelegt  oder  es  findet  eine  förm- 
liche, aber  ftets  mäßige  Schattirung  mit  den  Farben- 
tönen ftatt.  Bei  der  dritten  Manier  ift  alfo  die  Farbe 
über  Grund  und  Schraffirftriche  hinweg  aufgetragen, 
fo  dafs  letztere  durch  den  Schatten,  den  fie  werfen, 
fchattirend  wirken. 

1  Kund  und  Kunftgewerbe  vom  früheften  Mittelalter  bis  Ende  des  18.  Jahr- 
hunderts. S.  2. 

XIII.  N.  F. 


Die  uns  bekannten  Werke,  welche  fich  in  Grätz 
und  der  Steiermark  erhalten  haben,  oder  welche 
nachweisbar  vonGrätzer  Künftlern  ausgeführt  wurden, 
find,  chronologifch  geordnet,  folgende: 

Nr.  1.  Platte  von  125  Cm.  Lange,  114  Cm.  Breite 
und  nur  3  Mm.  Dicke  im  Antiken-Cabinet  des  Joanne- 
ums  in  Grätz.  Diefelbe  enthält  ein  Communionsgebet 
und  die  Jahreszahl  1550.  Sie  ift  ohne  alles  Ornament, 
die  Schrift  Fractur,  die  Buchftaben  erhaben. 

Nr.  2.  Wappentafel  in  der  dem  deutfehen  Ritter- 
orden gehörigen  Lechkirche  zu  Grätz  von  1570,  39  Cm. 
im  Quadrat.  Sie  enthält  im  Mittelfelde  das  Wappen 
des  damaligen  Landes-Comthurcn  zu  Grätz,  des  Herrn 
Leonhard  Formcntin  von  Tolmain  in  Verbindung  mit 
dem  Wappen  des  Ordens,  oben  die  Buchftaben 
G  V.  G.,  wahrfcheinlich  die  Initialen  eines  Wahl- 
fpruches.  Das  Mittelfeld  ift  von  zwei  Pfeilern  eingefaßt, 
auf  deren  Sockelfeldern  Phönix  und  Pelikan,  in  den 
Pfeilerfeldern:  links  die  Fortuna  auf  einer  Mufchel 
ftehend,  mit  aufgehifstem  Segel  dahinfahrend,  rechts 
die  Occasio  auf  der  geflügelten  Weltkugel  dargeftellt 
find.  Die  Architektur  der  Pfeiler  zeigt  fowohl  in  der 
Capitälbildung  als  in  der  Perfpeclive  das  charakteriftifch 
Naive  der  Früh-Renaiffance.  Unten  befinden  fich  auf 
breitem  horizontalen  Streifen  Infchrift  und  Jahreszahl. 
Das  Ganze,  mit  Ausnahme  des  Feldes,  auf  dem  fich 
das  Wappen  präfentirt,  ift  bemalt,  in  den  Winkeln 
der  Pfeilerfüllungs-Ornamente  und  der  Kronen  und 
Helme  find  Spuren  ehemaliger  Vergoldung  bemerkbar. 
Befonders  fchwungvoll  ift  das  Ornament  der  Helm- 
decke componirt.  Wie  die  Infchrift  fagt,  ift  die  heute 
in  der  linken  Kirchenfchiffmauer  eingemauerte  Tafel 
kein  Grabftein,  fondern  eine  Gedächtnistafel,  welche 
des  Ritters  von  Formentin  „Erb-  auch  Ambtsclainodt 
vnd  Wappen"  darfteilt.  Technik  der  Ausführung  in  der 
zweiten  Manier. 

Nr.  3.  Viereckige  Platte  eines  Spieltifches  im 
Antiken-Cabinet  des  Joanneums  vom  Jahre  1589. 
Sie  ift  gy  Cm.  lang,  j6  Cm.  breit  und  wurde,  wie  das 
öfterreichifche  und  bayerifche  Doppelwappen  zeigt, 
für  Erzherzog  Karl  II.  von  Steiermark  und  deffen 
Gemahlin  Maria  von  Bayern  verfertigt.  Von  einer 
Ecke  des  Tifches,  in  welcher  die  Fortuna  als  Spiel- 
göttin dargeftellt  ift,  läuft  ein  elliptifches  Band  in  zwei 
Windungen  gegen  ein  Mittelfeld.  In  letzterem  befindet 
fich  die  Infchrift:  „Das  kurtzweilige  Fortuna-Spill"  und 
eine  Erklärung,  wie  das  Spiel  gehandhabt  wird.  Auf 
dem  Bande  find  von  der  Ecke  mit  der  Fortuna  begin- 
nend, 63 Felder  mit  Nummern,  fortlaufend  von  1  bis  63 
bezeichnet,  welche  entweder  einfache  Blumen  oder 
andere  Darftellungen,  als:  Wirthshaus,  Brücke,  Ge- 
fängnis, den  Tod  etc.  enthalten.1  In  den  vier  Zwickeln 

1  Es  ift  das  heute  in  unferer  Kinderwelt  unter  dem  Namen  „Kennfpicl", 
im  Elfafs  unter  „Gänfefpiel"  bekannte  Gefcllfchaftsfpicl,  welches  mit  z». 
fein  gehandhabt  wird,  wo  der  Spieler  um    die   geworfene   Zahl  vorrückt,  oder 
bei  gewilTcn  Zahlen  zurückweichen  oder  Strafe  zahlen  muß  etc. 


II 


zwifchen  rler  Rundung  des  Bande-  und  den  geraden 
Linien  des  Tifches  befinden  fich  die  Vi  gel:  Adler, 
tuß,  Phönix  und  Pelikan;  außerdem  find  noch  das 
genannte  Doppehvappen  und  die  fünf  Stimmen  (Dis- 
cantus,  Altus,  Ouintus,  Tenor  und  Balkis  eine.-  Trink- 
liedes fammt  den  betreffenden  Noten  angebracht. ' 
Bemalung  findet  fich  an  derTifchplatte  nicht:  Technik 
der  Ausführung  die  zweite  Manier. 

Nr.  4.  \~iereckige  Tifchplatte,  fogenannter  Jagd- 
tifch,  99  Cm.  lang,  84-5  Cm.  breit,  im  Antiken-Cabinet 
des  Joanneum-,  früher  Eigenthum  der  k.  k.  Univerfil 
Bibliothek  zu  Gratz,  im  Jahre  1S22  durch  Tauich  er- 
worben. Das  oblonge  Viereck  ift  durch  ein  in  der 
Mitte  befindliches  Rechteck  und  zwei  die  Mitte  der 
gegenüberliegenden  Tifchfeiten  verbindende  Ürna- 
mentenbänder  in  fünf  Felder  getheilt.  An  den  vier 
Seiten  des  Tifches  lauft  ein  fchmaler  Streifen,  welcher 
mit  Yerfen,  die  verfchiedenen  Jagden  fchildernd, 
erfüllt  ift;  in  der  Mitte  diefer  Versftreifen  befindet  fich 
je  ein  kleiner  Wappenfchild:  der  öfterreichifche 
Bindenfchild,  der  bayerifche  Schild,  der  kaiferliche 
Doppeladler  und  der  Schild  mit  den  fünf  babenbergi- 
fchen  Adlern.  Im  großen  Mittelfelde  des  Tifches  find 
zwei  Wappen  der  Familie  v.  Thanhaufen  angebracht, 
darunter  folgende  Infchrift  in  zwei  Abtheilungen: 
.Dem  Wohlgebornen  Herrn  herrn  Conradten  Frey- 
herrn von  Thanhaufen  zu  ober  Flanitz  vnd  Auffenhoff 
Erblandt  Jägermaifter  in  Steir  auch  Erbtruchfes  des 
Ertzftiffts  Saltzburg  Für  .  dur.  Ertzhertzogen  Carls 
zu  Oefterreich  Rath  Camerer  vnd  derfelben  N.  Oe. 
Erbfürftenthumb  vnd  Landtobrifter  Jägermaifter"  — 
.Auch  Frauen  Torothea  von  Tanhaufen  geborne 
Freyn  von  Teuffenbach  Prefentirt  difen  Tifch  Ulrich 
Ebenhech  Für.  dur.  Hof  Jäger  vnd  Ridmaifter  zu  einen 
glückhfeligen  Newen  Jar  befchehen  den  Erften  January 
1589-. 

Auf  dem  linken  unteren  Felde  ift  eine  Bärenjagd, 
auf  dem  rechten  unteren  eine  Hirfchjagd  dargeftellt, 
auf  dem  linken  oberen  eine  gemifchte  Jagd  aufHirfche, 
Füchfe,  Luchfe  und  Wölfe,  auf  dem  rechten  oberen 
eine  Saujagd.  Die  Darftellungen  find  nicht  perfpec- 
tivifch  gehalten,  fondern  die  einzelnen  Figuren  'Jäger 
und  Thiere)  in  den  Plan  vertheilt,  aber  in  aufrechter 
Seitenanhcht  dargeftellt,  die  Zwifchenräume  durch 
Bäume,  Sträuche  und  Grasbüfchel  ausgefüllt,  ähnlich 
der  Art,  wie  es  bei  Situationsplänen  heute  noch 
üblich  ift.  Die  Technik  der  Darfteilung  ift  die  zweite 
Manier.  Die  Bäume  find  entweder  fo  behandelt,  dafs 
die  ganze  Krone  derfelben  erhaben,  die  Aefte  durch 
eingeätzte  Linien  in  Baumfchlagmanier  erfichtlich  ge- 
macht find,  oder  dafs  die  einzelnen  Zweige  fammt  den 
daran  befindlichen  Blättern  erhaben  erfcheinen.  Die 
Figuren  find  derb  gehalten,  aber  lebendig  in  den  Be- 
wegungen, die  verfchiedenen  Thiergeftalten  und  die 
einzelnen  Momente  der  Jagd  gut  und  nicht  ohneHumor 
charakterifirt. 

Xr.  5.  Viereckige  Tifchplatte  mit  Darßellung  einer 
Turken/chlacht,  109  cm.  lang,  83cm.  breit,  im  Schlöffe 
Guttenberg  bei  Weiz.  Oben,  derLangfeite  des  Tifches 
folgend,  ift  ein  fchmaler  Streifen  mit  Schrift  erfüllt: 
-Wahrhaftiger    kurzer    Bericht,    wie    er    fich    in    der 

'  An/elm  Hütttnbrcnnfr  hat  1829  die  Noten  in  die  gewöhnlichen  Stimm- 
SchlüfTcl  umgefetzt;  in  diefer  Form  wurde  das  Lied  von  C.  M.  v.  Savenau  im 
Leipziger  ,,Mufikalifchen  Central-Blatt"  \om  14.  Auguft  1884  veröffentlicht. 


Schlacht,  fo  in  oberen  Kreifs  Hungarn  Anno  ifJSS  gc- 
fchlagen  wurde,  etc.  etc."  Mit  Ausnahme  diefes  und 
eines  unten  befindlichen  breiteren  Streifens  ift  die 
ganze  Tifchfläche  von  der  Schlacht  ausgefüllt.  Auch 
hier  ift,  wie  bei  Nr.  4.  eine  Art  Yogelperfpective  mit 
normaler  Anficht  der  Figuren  angewendet;  die  wich- 
tigsten Partien  find  durch  Auffchriften  hervorgehoben. 
Links  oben  ein  brennender  Ort,  „der  Marck  Sixo,  fo 
die  Türken  angezunden",  rechts  unten  der  Markt- 
flecken Wada:  „Von  dielen  Marck  Wada  genannt  ift 
das  frifch  heuffl  Hungarn  herkhommen".  Zwifchen 
dielen  extremen  Punkten  liegt  das  Schlachtfeld,  auf 
welchem  in  einzelnen  Gruppen  die  verfchiedenen 
Epifoden  der  Schlacht  durch  hunderte  von  Figuren 
dargeftellt  find.  Die  Zeichnung  ift  roher,  als  bei  Nr.  4, 
der  Griffel,  mit  welchem  die  Contouren  in  den  Aetz- 
grund  gegraben  wurden,  ein  ftumpfer.  Der  breite 
Streifen  unter  dem  Schlachtfelde  ift  der  Länge  nach 
in  fieben  Felder  getheilt.  Am  äußerften  linken  befindet 
fich  ein  Wappen  mit  der  Infchrift:  „Martha  Frau  von 
Gerageborne  Frey  v.  Teuffenbach  zu  Mairhoffen" ; 
am  äußerften  rechten  Felde  ein  anderes  Wappen  mit 
der  Infchrift:  „Magdalena  Frau  von  Gera  geborne 
v.  W'ichfenftain  zu  Hainftadt  vnd  Kirchfchenvach  etc.- 
Im  2.,  3.,  5.  und  6.  Felde  findVerfe  angebracht,  welche 
die  Schlacht  fchildern,  durch  vielfache  Scheuerung 
kaum  leferlich;  im  4.,  dem  Mittelfelde  endlich  befindet 
fich  folgende  Infchrift:  „Dem  Edlen  vnd  geftrengen 
herrn  Georgen  von  Gera  auf  Straßfrid  Für  ■  Dur. 
Ertzhertzogen  Carls  zu  Oefterreich  Hofkhrigs  Rath  etc. 
Verehrt  difen  tifch  Michael  Holtzbecher  difs  1589  Jarr.- 
Die  Technik  der  Ausführung  ift  die  zweite  Manier. 
Auf  beiden  Tifchen  Nr.  4  und  Nr.  5  findet  fich  weder 
Bemalung,  noch  Vergoldung. 

Nr.  6.  Kalendarium,  19  Cm.  breit,  30  "5  Cm.  hoch, 
im  Antiken-Cabinet  des  Joanneums,  aus  einem  Wein- 
gartshaufe  in  der  Nähe  von  Gratz  flammend.  Außer 
dem  genanntenTitel  trägt  die  Platte  noch  eine  zweite 
Auffchrift:  „Manual  oder  Hand  Calender  mit  den 
zwölff  Monaten  vnd  ieren  Tagen  Etcc.-1,  ferner  die 
Sonntagsbuchftaben  und  dieBemerkung,  dafs  in  jedem 
Schaltjahr  „der  Monat  Februarius  29  Tag  in  fich 
befchleuft".  DerKalender  felbft  hat  die  12 Monate  und 
32  Tagrubriken  mit  nebenftehenden  Löchern  zum  Be- 
zeichnen des  betreffenden  Monats  und  Tages  durch  je 
ein  eingedecktes  Holzpflöckchen.  Der  Rand  rings- 
herum ift  durch  ein  reichverfchlungenes  Flächenor- 
nament verziert.  Unten  befindet  fich  in  ovalem  Felde 
die  Infchrift:  „Andreas  Pefchku  von  Benefchaw  aufs 
Behaim  macht  difs  Straubingae  Anno  1602".  Technik 
die  dritte  Manier,  ohne  Bemalung. 

Nr.  7.'  Kreisrunde  Tifchplatte  \m  Stifte  Kein  mit 
1  -37  M.Durchmeffer.  Diefelbe  enthält  in  concentrifchen 
Kreifen  folgende  Darftellungen:  Im  kleinen  runden 
Mittelfelde:  den  Globus,  im  nächften  Ringe  dieGeftal- 
ten  von:  Sol,  Luna,  Mars,  Mercur,  Jupiter,  Venus, 
Saturn;  im  nächftfolgeiulen  Ringe  in  Schrift:  die  fieben 
Tage  der  Woche,  Sonnenaufgang,  Tageslänge.  Dann 
die  12  Bilder  des  Thierkreifes  und  im  nächften  Ringe 
die  12  Kalenderbilder  der  Monate.  Diefem  inneren 
Kreife  fchließt  fich  ein  Kalender  auf  200  Jahre  an,  von 
1600  bis  1800,  welcher  fowohl  für  den  alten  als  neuen 

'  Nr.  s  und  7  befanden  fich  1883  auf  der  culturhiftorifchen  Ausfüllung 
zu  Gratz. 


III 


Styl  von  jedem  Jahre  die  goldene  Zahl,  die  Epakten, 
die  Römer-Zinszahl  und  den  Sonntagsbuchftaben  gibt. 
Außerdem  find  die  Namen  der  Sternbilder,  der  Tages- 
heiligen etc.  angebracht.  In  einem  die  Jaftreskreife 
trennenden  Durchmefferftrcifen  befindet  fich  ein  orna- 
mentirter  Obelisk  mit  dem  Monogramm  des  Kiinftlers: 
A.  P.  und  der  Jahreszahl  1607.  Das  Figurale  und 
Ornamentale  ift  colorirt,  die  Schrift  vergoldetj  Art 
der  Ausführung  die  dritte  Manier. 

Die  fchonePlatte  ift  von  einem (fpäteren) hölzernen 
Rahmen  eingefaßt,  auf  deffem  Rand  mit  weißer 
Oelfarbe  folgende  Infchrift  angebracht  ift: 

CALENDARIVM  ISTVD  AVTORE  ANDREAPLESCHKH 
PAEDAGOGIE  ET  ARITHMETIC/c-  GRACENS  •  MAGI 
STRO  CREDITVR  EFFECTVM  NAM  CALATVRAM 
EIVSDEM  REFERT  LAPIDEA  QVADRATA  TABVLA 
IN  AVLICO  GRÄCII  ARTIFICIORVM  PAPOSITORIO 
FERD-  II  A-  1610  DEDICATA- 

Nr.  8.  Viereckige  Tifchplatte,  103 '5  Cm.  lang, 
91  Cm.  breit  in  der  k.  k.  Ambrafer-Sammlung  in  Wien 
(V.  Saal,  Nr.  297).  Diefelbe  wurde  laut  Infchrift  im 
Jahre  1610  von  „Andre  Pefchkhu  Schuel  und  Rechen- 
meifter  in  Grat/."  für  den  Erzherzog  Ferdinand  (nach- 
mals Kaifer  Ferdinand  II.)  gearbeitet  und  befand  fich 
Ins  1765  in  der  Schatz-,  Kunft-  und  Rüftkammer  der 
k.  k.  Burg  zu  Grätz. !  Diefelbe  enthält  einen  Kalender, 
verfchiedene  Infchriften  und  Gefange,  an  den  vier 
Ecken  die  Evangeliften,  in  der  Mitte  der  Langfeiten 
die  Figuren:  Religio  und  Ecclesia.  Die  Figuren  colorirt, 
ausgeführt  in  der  dritten  Manier. 

Nr.  9.  Gerichtstafel  im  Rathhaufe  zu  Radkersburg 
vom  Jahre  1615,  wahrfcheinlich  für  den  Stadtrath  da- 
felbft  eigens  angefertigt,  ebenfalls  von  A.  Pefchku. 
Die  48  Cm.  hohe  und  34  Cm.  breite  Platte  enthält  im 
erften  Felde  die  Figur  der  Juftitia,  im  anderen  Felde 
die  Fortitudo.  Etwas  ober  der  Mitte  der  Platte  befindet 
fich  ein  kreisrundes  metallenes  Medaillon,  welches  in 
getriebener  Arbeit  das  Urtheil  Salomo's  darfteilt. 
Im  Nebenfelde  befindet  fich  folgende  Titelfchrift: 
„Memorial  oder  fchöneRithmi  fambt  einemEpigramma 
von  der  lieben  Jufticia  So  in  allen  Rath:  Rechts  vnd 
Gerichtsftuben  mag  gebraucht  vnnd  fürgeftelt  werden, 
Indifen  Stain  erhöbent  vnd  alles  vleifs  gemach  (t)"  und 
fchließt  in  einem  anderen  Felde  mit  folgenden  Worten: 
„Durch  Andre  Pefchku  Schul  vnd  Rechenmaifter  in 
Grätz  1615".  In  zwei  Feldern  befinden  fich  lateinifche 
auf  das  Richteramt  Bezug  nehmende  Epigramme,  in 
zwei  anderen  Feldern  endlich  deutfehe  Verfe,  welche 
wir,  da  fie  offenbar  den  „deutfehen  Schulmeifter"  felbft 
zum  Verfaffer  haben,  als  Proben  ehemaliger  deutfeher 
Dichtkunft  vollinhaltlich  anführen  wollen.   Sie  lauten : 

„Den  Ratgeben  ingemein. 

Ir  Ratgeben  fürdert  Gottes  ehr,  Das  fein  dienfl 
rein  gehalten  wer.  Gunft,  neid,  vnd  gfchickh  meidt 
vndter  euch,  Ein  Jedem  feit  im  Rechten  gleich.  Der 
Wittwen  wayfen  habt  guet  acht,  Die  noth  der  gfangen 
woll  betracht,  Den  aigen  nutz  laft  herfchen  nich(t)  So 
ftrafft  euch  Gott  nit  in  feim  glicht.  Die  tilgend  laft  nit 
onbelohnnt,  Die  Böfen  ftrafft,  der  Frommen  fchont. 
Seit  freundliche  vnd  doch  ernfthaft,  So  gefchiecht  aus 

1  Siehe  das  Inventar  diefer  Sammlung:  Mitlh.  der  k.  k.  Centr.-Comm. 
Jahrgang  VI,  neue  Folge,  Seite  CHI. 


lieh  als  was  ir  fchafft,  Dann  wie  ir  euch  halt  in  dem 
Rath,  Alfo  holt  lieh  die  ganze  Statt.  Auch  habt  guet 
acht  fecht  euch  woll  für,  Euer  vnglükh  warth  euch 
vor  der  thür,  Wann  ir  nit  folget  treu  ein  Rath,  Zelt  nur 
die  Stimm  vnd  wegt  nit  die  that,  So  folgt  euch  nichts 
Dann  fchimpff  vnd  fchadt,  Vndt  khumbt  ewer  Rew  vill 
zu  fpat.  Auch  wann  ir  gfatz  vnd  Ordnung  macht,  Vnd 
nit  drob  halt  werd  ir  verlacht,  Macht  ir  Ordnung  fo 
halts  auch  mit,  So  gibts  khein  fchelten  Brueder  nit. 
Gott  fürchten  bringt  weifsheit  vnd  fegen,  Kyrchen  vnd 
Schullen  foll  man  pflegen,  Befördern  vnd  erhalten  mit 
vleifs,  Den  lohn  empfangen  im  Paradeifs.  Wo  folches 
gefchiecht  im  Regiment,  Gibt  Gott  den  fegen  an  alle 
endt,  Will  mans  aber  verachten  vndkrenken,  WirdtGott 
ins  Hollifch  fewr  fencken,  Darfür  wollt  behuette  Gott, 
Das  man  daraus  treib  khein  fpot." 

„Jedem  Infonderheit. 

Stolzier  nit  fich  vor  wer  du  bift ,  dein  anfang 
fchleim  vnd  vnluft  ift,  Das  loben  fterblich  fchwach 
vnd  gefchwindt.  Gleich  wie  ein  wafser  plafen  rindt. 
Dein  ausgang  ift  der  Wurmen  fpeifs,  Erkhen  dich  felbft 
bift  anderft  weiß,  Je  höher  Du  in  Aembtern  bift,  Deft 
mehr  haft  neid  vnd  hinderlift.  Khein  freundtfehafft, 
feindtfehafft  brauch  im  Rath,  Khein  gunft,  khein  neid 
darin  hab  ftatt.  Sonder  das  rechte  vnd  billigkheit, 
Sonft  würdts  dir  ewig  werden  leidt,  Verhör  die  fach 
darnach  verdamb,  Erwigs  lob  vnd  ftraff  fie  dann.  Hör 
vnd  lafs  roden  beyde  thail,  Bedenkhs  vnd  föll  darnach 
vrtheil.  Den  ftrafft  Gott  dort  in  ewigkheit,  Wer  nit 
helt  die  gerechtigkheit.  Auch  wie  du  mich  richteft 
vnd  ich  dich,  So  wirdt  Gott  richten  dich  vnd  mich.  Vnd 
wie  die  Sonn  den  Schnee  vertreibt,  Vnnfer  kheiner 
Hie  auf  Erden  bleibt.  Wilt  handeln,  thues  mit  guetem 
rath,  Sonft  wirdts  dich  rewen  nach  der  that.  Da  wer 
ohn  forg  vnd  Rath  Regiert,  Gar  offt  durch  wahn  be- 
trogen wirdt,  Nit  vorbedacht  fondern  nachbetracht,  hat 
manche  zu  rew  bracht." 

Die  Zwickel  zwifchen  den  ovalen  Feldern  find  mit 
einem  ungemein  reich  verfchlungenen  Flächornament 
ausgefüllt,  welches  an  maurifche  Motive  mahnt.  Zum 
Schluffe  ift  zu  bemerken,  dafs  die  Figuren  colorirt, 
das  Metall-Medaillon  und  die  Schrift  vergoldet  find;  die 
Ausfuhrung  ift  in  der  dritten  Manier. 

Nr.  10.  Kleines  Sonnenuhrblatt  mit  Ornamenten, 
welche  als  Anfertigungszeit  den  Anfang  des  18.  Jahr- 
hunderts erkennen  laffen.  Ziffern  und  Zeichnung  er- 
haben, alfo  dritte  Manier. 

Nr.  11.  Kleines  Sonnenuhrblatt  ohne  figuralen  und 
ornamentalen  Schmuck,  deffen  Infchrift  als  Chrono- 
graphicon  die  Jahreszahl  1769  gibt. 

Die  beiden  letzten  im  Antiken-Cabinet  des  Joan- 
neums  befindlichen  Objecle  zeigen  uns,  dafs  fich  die 
Technik  der  Steinätzung  in  Steiermark  bis  über  die 
Mitte  des  18.  Jahrhunderts  erhalten  hat. 

Die  angeführten  Werke  machen  uns  zwei  in  der 
Technik  der  Steinätzung  arbeitende  Künftler  von  Grätz 
namhaft,  nämlich  Michael  Holzbecher  und  Andre 
Pefchku,  mit  welchen  wir  uns  nun  zu  befaffen  haben.  Die 
Tifchplatte  Nr.  5  nennt  einen  Michael  Holzbecher, 
welcher  1589  diefen  Tifch  dem  Georg  von  Gera  verehrt 
hat.  Um  nun  zu  erfahren,  ob  Holzbecher  auch  wirklich 
der  Verfertiger  des  Tifches  fei,  fuchten  wir  deffen 
Namen  in  den  Hofkammer-Aclen  der  fteirifchen  Statt- 
halterei   und  fanden    dafelbft  11   Actenftücke,    welche 


IV 


lieh  mit  Holzbecher  befallen.  Diefelben  geben  folgende 
Daten:  '  M.  Holzbecher  war  als  ..Lichtkammerer- 
am Hofe  Erzherzog  Karl  II.  in  Grätz  angeftellt.  Im 
Jahre  1574  wurde  ihm  das  Amt  eines  „Kaftners"  hinzu- 
gegeben und  auf  fein  Anfuchen  ihm  1577  das  Licht- 
kämmereramt abgenommen. 

Im  Jahre  15S5  dicht  er,  nachdem  er  bereits 
30  Jahre  gedient,  um  feine  Entlaffung  an.  Da  diefelbe 
nicht  genehmigt  wurde,  wiederholt  er  im  November 
15S9  das  Anfuchen  von  neuem  und  bittet  um  eine  Ab- 
fertigung von  1000  fl.  Diefer  Eingabe  liegt  ein  Gefuch 
an  den  Kammerer  und  F.  D.  Rath  Max  v.  Schratten- 
bach und  „dero  geliebten  gemachel"  bei  und  diefes 
ift  für  unfere  Frage  entfeheidend.  Holzbecher  fagt 
darin:  .Da  ich  vor  kurzem  drey  Marbl  fleinen  tifcli 
Auf  die  Parteien  Ihr.  F.  D.  ob  Inen  diefelbigen  gefillig 
zu  fehen,  fürgeftellt,  welche  bis  dato  alfo  verblieben 
vnd  wie  Ich  vernimb  Ihr.  F.  D.  diefelben  gefehen  auch 
meines  erachtens  an  denen  khein  misfallen  haben 
follen.  wehr  Ich  bedacht,  folche  meiner  genedigiften 
Frawen  (der  Erzherzogin  Maria  1  In  vnderthanigen 
gehorfam  zu  uerehren,  die  ich  zu  einer  Recreation 
meiner  Genedigiften  Jungen  Herrfchafft  mit  Vleifs  .rite- 
gericht  vnd  Ihr.  Durchl.  mein  genedigifte  Fraw  derfel- 
ben  Zuzuaignen  werden  wißen." 

Aus  diefem  Acte  geht  hervor ,  dafs  Holzbecher 
folche  geätzte  Steintifche  felbft  verfertigte,  und  dafs  er 
im  Jahre  15S9  drei  derfelben,  welche  er  zu  einer  Recrea- 
tion der  jungen  Herrfchaft  zugerichtet,  bei  Hofe  präfen- 
tirte.  Da  nun  derTifch  Xr.  3  im  Joanneum  die  Jahreszahl 
1589  und  das  bayerifche  und  öfterreichifche  Doppel- 
wappen trägt,  ferner  als  Spieltifch  mit  dem  rkurtzwei- 
ligen  Fortuna  Spill"  fich  in  der  That  zur  Recreation 
der  jungen  Erzherzoge  eignete,  fo  ift  außer  Zweifel, 
dafs  unfer  Object  Nr.  3  einer  von  den  drei  präfentirten 
Tifchen,  derfelbe  alfo,  fo  wie  Xr.  5  von  Holzbecher 
herrühre.  Da  nun  ferner  die  Fortuna  auf  dem  genann- 
ten Tifche  Xr.  3  in  .Anordnung,  Zeichnung  und  tech- 
nifcher  Ausführung  ganz  mit  der  Fortuna  auf  der  Wap- 

1   Wir  laßen   die  Acten  in  Regeftenform  folgen: 

1575  9.  Man  Nr.  49.  Holzbecher  welcher  feit  20  Jahren  dient,  bittet,  nachdem 
ihm  im  Vorjahre  der  „Kaftendienft"  zugegeben  wurde,  ihm  den  Licht- 
kammererdienft  abzunehmen,  ferner  ihm  die  200  fl.  Gehalt,  die  er  bis 
jetzt  bezogen,  zu  belaflen  und  zu  geftattt-n,  dafs  nach  feinem  Tode 
deflen  Erben  fo  lange  200  fl.  jährlich  eingeräumt  werden,  bis  fie  mit 
1000  fl.  „abgeledigt"  find. 

1575  December  Nr.  10.  Holzbecher  werden  für  je  100  Viertel  Getreide 
5  Viertel  bewil. 

1577  Februar  Nr-  38.  Holzbecher  bittet  neuerdings  um  Erlaffung  des  Licht- 
kämmererdienftes  und  um  beffere  Befoldung. 

1578  Juni  Nr.  60.  Eingabe  des  Holzbecher.  Er  fagt  darin,  dafs  er  27  Jahre  in 
erzherzoglichen  Dienften  ftehe,  dafs  er  „aber  nicht  foviel  erbringen 
mögen,  dafs  nach  meinem  Abfterben  mein  Weib  vnd  kleine  vnerzogene 
Kinder  eine  kleine  vnderhaltung  vill  weniger  fich  meiner  vnderthenigft 
volbrachten  Dienfte  zu  ergeizen  hetlen."  Er  habe  jetzt  in  allem  150  fl. 
Befoldung  und  erbittet,  dafs  nach  feinem  Tode  die  Kaftenamtsbef-ldung 
von  100  fl.  feinen  Erben  infolangc  jährlich  gereicht  werde,  bis  fie  ihnen 
mit  1000  fl.  abgeledigt  werde.  Die  Hofkammer  beantragt,  ihm  eine 
Provifion  von  100  fl.  zu  reichen. 

1580  6.  Jänner  Nr.  12.  Auftrag  an  die  Herren  Verordneten  von  Steiermark, 
dem  Holzbecher  aus  den  Türken  -Contributionsgefällen  „um  feiner 
Muhe  wegen,  fo  er  mit  der  Einnehmung  derfelben  gehabt",  zu  den 
en  100  fl.  noch  100  fl.  zu  geben. 

1580  September  Nr.  46.  Holzbecher  bittet  um  200  fl.  Gehalt  und  200  fl.  „zu 
einer  ergetzlichkeit".  Die  Hofkammerräthe  beantragen,  ihm  200  fl.  aus 
den  Contrabanden  und  Strafen  zu  reichen,  über  die  Gchaltsaufbefferung 
mögen  F.  D.  felbft  entfeheiden.  Erzherzog  Karl  bewilligt  300  fl.  Provifion. 

X584  Juni  Nr.  41.  hingäbe  des  Holzbecher  um  eine  Gnade,  da  ihn  ,,die 
Noth  niemals  fo  hoch  alß  diefes  Jar  betroffen,  weil  ich  lange  Zeit 
fammt  meiner  Hausfrau  feiig  vnd  Kindern  mit  langwierigen  Krank- 
heiten beladen  in  Schulden  geralhcn".  Er  bittet,  dafs  er  vom  Anfange 
feines  Dienens  jedes  Jahr  25  fl.  gerechnet  bekomme.  Erzherzog  Karl 
bewilligt  400  fl. 

1585  Juni  Nr.  7.  Holzbecher  fucht  wegen  hohen  Alters  um  Entlaffung  aus 
dem  Dicnft  an  und  bittet  um  1000  fl.  Abfertigung  und  jährlich  100  fl. 
Provifion.  Die  Hofkammer  fchlagt  vor:  500  fl.  Abfertigung  und  50  fl. 
Jahrespenfion. 

1589  November  Nr.  45.  Erneuertes  Anfuchen  in  obigem  Sinne  (Siehe  Text). 

1500  10.  Februar  Nr.  16.  Auftrag  an  die  Verordnelen,  dem  Holzbecher  aus 
dem  Zapfenmaßgefallen   100  fl.  anzuweifen. 


pentafel  Xr.  z  ubereinuimmt,  ferner  die  zwei  Figuren 
Pelikan  und  Phönix  der  Wappentafel  fich  am  Tifche 
wiederholen,  fo  nehmen  wir  keinen  Anftand  auch  die 
Wappenfafel  dem  Holzbecher  zuzufchreiben  Dafs  fie 
forgfaltiger  und  feiner  durchgeführt  ift,  ftimmt  ebenfalls 
mit  unferer  Annahme;  denn  als  Holzbecher  diefelbe  im 
Jahre  1570  verfertigte,  war  er  in  der  Vollkraft  feiner 
Jahre,  wahrend  er  15S9,  zur  Zeit  als  er  die  Tifche  an- 
fertigte, lieh  felbft  einen  altersschwachen  Mann  nennt. 
Schließlich  werden  wir  die  Tifchplatte  Xr.  4,  ebenfalls 
von  1589,  folange  dem  Holzbecher  zufchreiben  muffen, 
als  wir  nicht  einen  anderen  um  diefe  Zeit  in  Grat/. 
thätigen  Kunftler  nachzuweifen  vermögen.  Dielen  Tifch 
hat  der  Hofjäger  und  Riedmeifter  Ulrich  Ebenhech 
dem  Erbland-Jagermeifter  Freih.  v.  Tanhaufen  zum 
„neuen  Jahr"  15S9  präfentirt;  es  liegt  nahe,  dafs  er  ihn 
von  feinem  Collegen  im  Amte,  dem  in  der  Kunft  der 
Steinätzung  bewanderten  erzherzoglichen  Kaibier  Holz- 
becher anfertigen  ließ.  '  Außerdem  darf  nicht  unbe- 
rückfichtigt  gelaffen  werden,  dafs  die  grundrifsartige 
Anwendung  der  Figuren  bei  voller  Seitenanficht  derfel- 
ben, die  etwas  rohe  eine  alternde  Hand  erkennen 
laffende  Ausführung,  das  Nachhelfen  mit  Infchriften 
dort,  wo  bei  dem  gänzlichen  Mangel  an  Perfpcflive  die 
Deutlichkeit  im  Vortrage  leidet,  an  beiden  Tifchen 
völlig  identifch  ift.  Wir  können  fomit  die  Gilde  der 
Steinätzer  des  16.  Jahrhunderts  definitiv  um  einen  neuen 
Namen:  Michael  Holzbecher  vermehren  und  bringen 
unter  einem  vier  erhaltene  Werke  desfelben  bei. 

Was  den  „deutfehen  Schul-  und  Rechenmeifter" 
Andre  Pefchku  betrifft,  fo  beftehen  über  denfelben  als 
Steinätzer  umfoweniger  Zweifel,  als  derfelbe  fchon 
längere  Zeit  durch  feine  Werke  und  hinterlaffenen 
Schriftftücke  als  folcher  bekannt  ift.  *  Ueber  feine 
Lebensverhältniffe  können  wir  Folgendes  feftftellen. 
Er  ift  nach  eigener  Angabe  um  1570  geboren,  und 
zwar  —  saxa  loquuntur  —  wie  die  Tafel  Xr.  6  fagt,  zu 
Benefchau  in  Böhmen.  Xach  derfelben  Tafel  lebte  er 
1602  in  Straubing  und  fcheint  dort  feine  Kunft  von 
einem  der  bayerifchen  Meifter  erlernt  zu  haben.  Von 
1609  an  lebt  und  wirkt  er,  wie  aus  fpäter  anzuführen- 
den Actenftücken  hervorgeht,  bis  zu  feinem  Tode  in 
Grätz3;  an  welcher  Schule  er  angeftellt  war,  konnten 
wir  nicht  eruiren.  Er  heiratete  in  Grätz  am  14.  Juli  1613.* 
Seine  Ehe  fcheint  ziemlich  kinderreich  gewefen  zu  fein, 
denn  wir  finden  in  den  Sterbematriken  der  Stadtpfarre 
Grätz  folgende  Aufzeichnungen:  „den  i.  December 
1624  dem  Andre  Pefchku  fein  junges  Khindl  beftattet; 
den  29.  December  1629  des  Andre  Pefchku  in  der 
Schmiedgaffe  jüngftes  Söhnchen  Johannes  beftattet; 
den  12.  März  1644  Ignaz  Pefchku,  Junggefell,  Sohn  des 
Andreas  Pefchku  beftattet."  Am  4.  oder  5.  Oflober 
1641  ftarb  unfer  Meifter  felbft,  denn  er  wurde  am  6. 
zu  St.  Andrä  beftattet. 

In  den  Mußeftunden  feines  Schul-  und  Rechen- 
meilterdienftes  arbeitete  Pefchku  feine  geätzten  Stein- 
tafeln,  die   er,   wenn    fie   nicht  auf  fixe  Beftellung  ge- 

1    Die     über    Ebenhech    vorliegenden    Acten    geben    nicht  den   leifeften 
Anhaltspunkt,  dafs  er   felbft  den  Tifch  angefertigt   haben  könnte. 
:  Siehe  unfer  fteirifches   Künftlcr-Lexicon   S.   nS. 

*  Ein  Jacob  Pefchku,  wahrfcheinlich  Bruder  unferes  Andrea,  kommt  in 
Gratz  zwifchen  1631  und  1634  als  ,,landfchaftticher  Maler"  vor,  nicht  aber  1637, 
wie  Kümmel  (,. Kunft  und  Kunftler  in  ihrer  Förderung  durch  die  fteirifche 
Landfchaft"  im  XVI  Hefte  der  Beiträge  fteierm.  Gefctiichlsquellen |  angibt, 
denn  er  ftarb  laut  Malriken  der  Stadtpfarrc  bereits  am  4.  Februar  1634. 

*  So  zu  lefen  im  „Index"  der  Traumatriken  der  Stadtpfarre;  das  Trau- 
buch  felbft  beginnt  aber  erft  mit  1614,  daher  Name  und  Herkunft  feiner  Frau 
uns  unbekannt    bleiben. 


V 


macht  waren,  dem  erzherzoglichen  Hof  oder  den  Land- 
ftänden  anbot.  Die  drei  unter  Nr.  6,  8  und  9  ange- 
führten Werke  aus  den  Jahren  1602,  1610  und  1615, 
welche  durch  ausführliches  Signum  als  feine  Arbeiten 
beglaubigt  find,  fcheinen  die  einzigen  erhaltenen 
Werke  feiner  Hand  zu  fein.  Von  anderen  fpäteren 
Arbeiten  befitzen  wir  nur  arehivalifche  Nachrichten, 
und  zwar  überreichte  Pefchku  Ende  April  1624  der 
fteirifchen  Landfchaft  einen  Marmorftain,1  darauf  der 
Mainaidt  „exaltiert"  und  erhielt  dafür  50  Reichsthaler. 
Am  16.  Januar  1629  beftätigte  er  den  Empfang  von 
15  fl.  „wegen  eines  von  Marmorftain  verehrten  Calen- 
ders"  und  deßgleichen  12  fl.  am  8.  Janner  1637  für  „ein 
in  Marmorftain  exaltierten  Calender  vnd  Ehrentitl  zum 
neuen  Jar."  Zu  Beginn  des  Jahres  1638  wies  er  der 
Landfchaft  nach,  „zu  was  Würden  vnd  großem  Ansehen 
die  fchone  vnd  finreiche  Khunft  Arithmetica  wegen 
ihrer  Fruchtbarkeit  vnd  Nuzes  bey  den  Alten  vnd  Ge- 
lerten  gehalten  worden";  er  hege  keinen  Zweifel,  „dafs 
E.  G.  als  hochverftändigen  vnd  Liebhabern  der  frewen 
Khünften  folches  alles  vnuerborgen,  nemblich  das  der, 
fo  in  Rechnung,  khein  Erfahrung  hat,  zu  kheiner  richti- 
gen Handlung  oder  Ambtsfachen  zu  gebrauchen;  dage- 
gen offenbar,  das  guete  erfahrne  Rechner  zu  allen 
Sachen  vnd  Khünften  gefchickhter  feyen ,  als  andere, 
dahero  fich  die  Römer  aufs  hochfte  befliffen,  das  fie 
ihrKhinder  haben  rechnen  lehrnen  laßen."  In  Erwägung 
deffen  offerire  er  denn  „difesgegenwerdigeKunftftückh- 
lein  in  Marmorftain,  welichs  ein  Figur  der  arithmetifchen 
Progreffion  de  diftantiis  locorum  ift,  daraus  leichtlich 
vnd  nuzlich  zuwißen,  wieuil  Meillen  ein  Statt  von  der 
andern  ligt. "  43  Jahre  habe  er  nun  als  „teutfeher 
Schuelhalter  laborirt"  und  er  empfehle  fich  deßhalb 
einer  befondercnBerückfichtigung.  Sechs  Gulden  waren 
der  Lohn  für  das  finnreiche  „Kunftftückhlein".2 

In  den  Hofkammer-Adlen  fanden  wir  nur  einen 
einzigen  unferen  Künftler  betreffenden  Ac~t,  aber  diefen 
von  um  fo  größerem  Intereffe,  als  er  wichtige  Daten 
über  fein  Leben  enthält  und,  kurz  vor  feinem  Tode 
gefchrieben,  wahrfcheinlich  über  eines  feiner  letzten 
Werke  handelt.  Es  ift  eine  Eingabe  an  die  Hofkammer 
vom  Jänner  16403  folgenden  Inhaltes: 

Hochlöbl.  I.  Oe.  Hoff  Cammer! 

Gnedig  vnd  Gnedige  Herrn  der  Rom.  Khay.  May. 
u.  wollgeordnete  hindterlaffene  Herrn  Herrn  Gehaimbe 
Präfident  vnd  Räthe.  Denfelben  feye  hiemit  von  mir 
Nunmehr  in  die  31  Jahr  alhie  zu  Graz  laborierent  be- 
ftellten  Teütfchen  Schuel  vnd  Rechenmaifter,  ein  glückh- 
fee:  frolich  vnd  freudenreiches  Neves  Jahr  gewünfeht. 
Sintemallen  mir  nit  vnbewufst  Das  Eur.  G.  u.  Gnädige 
beförderer  vnd  Patroni  der  Khünften  fein,  vmb  fovil 
mehrer  Zueneugung  habe  ich  nit  wollen  Vndterlafsen, 
E.  G.  v.  G.  fament  vnd  fonders  difen  in  Marmorftain 
Elaborierten  Maineydt  oder  Exemplar  des  Falfch- 
fchwörens  (was  nemblich  der  falfche  Aydt  aufweift)  Zu 
praefendiern,  den  ich  Ja  felbften  ex  ipfo  Marmore 
elaboriert  vnd  exaltiert  habe  (quia  ars  non  habet  oforem 
nifi  ignorantem?)  Jedoch  hat  fy  in  alwegen  ihre  Patro- 
nes  und  Liebhaber  fo  fich  deren  Annehmen,  darnach 
vmbfehen,  vnd  darob  ein  G.  wollgefallen  trag  Eur.  G. 
v.  G.    undterthenigs   vleifs  bitt   vndt  Vlehen    von  mir 

1  Nach  der  damaligen  unpräeifen  Terminologie  wurden  die  Solen- 
hofer  Steine  immer  mit   „Marmorftein"  bezeichnet. 

2  Siehe:  Kümmel  a.  a.  O.  Seite  i;. 
i  H.  K.  A.  Janner  1640  Nr.  60. 


mit  gnaden  Zu  aeeeptiren  vnd  Anzunehmen.  Mich  auch 
nun  mehr  ober  70  Jahrigen  Mann  in  gnedigen  beuelch 
Zu  haben. 

Eur.  G.  v.  G. 

Undterthenigifter 

Andrea    Pefchku  Teutfeher 

Schuel  vnd  Rechenmaifter. 

Außen  lieht:  „Hofpfennigmeifter  foll  dem  A.  P. 
wegen  eines  in  Marblftein  gradirten  vnd  alher  präfen- 
tirten  Neuen  Jahrs  Zeichen  20  fl.  reichen.  10.  Jänner 
1640." 

Es  bleibt  nun  noch  Nr.  7:  die  große  kreisrunde 
Tifchplatte  des  Stiftes  Rein  zu  befprechen.  Obwohl 
die  auf  dem  Holzrand  angebrachte  lateinifchc  Infchrift 
fagt,  dafs  die  Tifchplatte  „wie  man  glaubt"  von  Andre 
Pefchku  angefertigt  fei,  fo  muffen  wir  diefelbe  dennoch 
unferem  Künftler  abfprechen  und  dem  Regensburger 
Andreas  Plieninger  zuweifen.  Die  Gründe  dafür  find 
folgende  : 

a)  Die  Tifchplatte  befand  fich  zweifellos  in  der 
Kunftkammer  der  k.k.  Burg  in  Grätz  und  wurde  bei  der 
im  Jahre  1765  erfolgten  Verfteigerung  der  nicht  nach 
Wien  gebrachten  Gegenftände  von  dem  Stifte  Rein 
zufammen  mit  einer  Serie  prächtiger  mathematifcher 
Inftrumente  und  anderen  Kunftgegenftänden  käuflich 
erworben.  Es  mag  damals  eine  neue  Holzein faffung 
angefertigt  worden  fein,  und  der  betreffende  Vorftand 
der  Reiner  Kunftfammlung,  welcher  natürlich  auch  die 
zur  felben  Zeit  nach  Wien  beförderte  Platte  Nr.  8  der 
Ambrafer-Sammlung  kannte,  und  zwifchen  beiden  eine 
gewiffe  Aehnlichkeit  fand,  mag  jene  Infchrift  ver- 
fafst  haben,  welche  die  Reinerplatte  dem  Künftler  der 
für  Erzherzog  Ferdinand  gearbeiteten  als  wahrfchein- 
lich oder  „wie  man  glaubt"  (iftud)  zufchreibt,  weil  das 
Monogramm  A.  P.  zufällig  auf  den  Namen  Andre 
Pefchku  pafst.  Dafs  der  Verfaffer  der  lateinifchen  In- 
fchrift nicht  ganz  ficher  in  feiner  Sache  war,  beweift, 
dafs  er  den  Namen  des  Künftlers  nicht  einmal  genau 
kennt,  denn  er  fchreibt  ihn  Plefchkh,  anftatt  Pefchku 
oder  Pefchkhu.  Wir  können  alfo  auf  diefe  nachträg- 
liche Datirung  kein  großes  Gewicht  legen. 

b)  Pefchku  hat  bei  allen  feinen  bekannten  Werken 
und  in  allen  von  ihm  vorliegenden  Schriftftücken  nie 
unterlaffen,  feinen  vollen  Namen  und  Titel  beizufügen, 
es  kann  daher  kaum  angenommen  werden,  dafs  er  bei 
einem  fo  großen  fchönen  Werke,  wie  es  die  Reiner- 
platte ift,  nur  mit  den  Initialen  A.  P.  fignirt  haben 
follte.  ' 

c)  Der  Hauptgrund,  warum  wir  die  Reinerplatte 
nicht  Pefchku  zufchreiben  können,  liegt  in  der  Tech- 
nik. Nicht  nur  das  Ornament,  auch  die  Figuren  be- 
handelt Pefchku  anders,  als  auf  der  Reinerplatte.  Die 
Figuren  der  letzteren  find  weit  flotter,  fluchtiger  und 
improvifirter  gezeichnet,  als  bei  Pefchku,  der  alles 
forgfältig,  ein  klein  wenig  mit  fchulmeifterlicher  Pedan- 
terie ausführt.  Sie  haben  einen  ganz  fpeeififeh  deutfehen 
Charakter,  während  bei  Pefchku  mehr  italienifcher  Ein- 
fluß vorwaltet  Auch  die  Fraclurfchrift  ill  bei  Pefchku 
anders;  die  Anfangsbuchftaben  find  einfacher  und  nicht 
fo  kunftreich  verfchnörkelt,  als  die  der  Reinerplatte. 

1  Am   Kalender  Nr.  6  hat  er  fogar  außer  feinem    vollen    Namci. 
burts-  und  Aufenthaltsort  noch  extra  in  den  Tagesrubriken   ein  kleine 
beigefügt. 


VI 


i  >ie  Reinerplatte  war  im  Befit/.c  des  Erzher 
Ferdinand  in  Grätz  und  trägt  die  Jahreszahl  1607. 
Nimmt  man  an,  dafs  die  Platte  dafelbft  entftanden 
ift,  dann  kann  fie  nicht  von  Pefchku  lein,  welcher  eril 
1609  nach  Grätz  kam.  Sie  wird  wahrfcheinlich  aus 
Bayern  (lammen  und  es  liegt  nahe,  dafs  fie  vom 
bayerifchen    Hofe    der   erften    Gemahlin    Ferdinands. 


.Maria  Anna,  welche  ja  eine  bayerifche  PrinzelTm  war, 
als  Gefchenk  nach  Grätz  gefchickt  wurde,  gleich  vielen 
anderen  Gegenftänden  der  Grätzer  Kunftkammer, 
welche  bayerifchen  Ürfprung  erkennen  laffen.  Ift  die 
Platte  aber  aus  Bayern,  dann  werden  die  Buchftaben 
A.  P.  kaum  einen  anderen  Künftler  als  Andreas  Plie- 
ninger  bedeuten  kennen. 


Der  Teppichfehatz  im  Befitze  des  Mährifchen  Gewerbe- 

Mufeums  in  Brunn. 

ßefclirieben  von  Augufl  Prokop,  k.  k.  Confervator  und  ProfelTor,  Architekt  und  Mufeum  Direclor. 


I.  Art  der  Erwerbung. 

JL'RCII  den  Ankauf  und  die  Schenkung  der 
-  w\>  1  ganzen  Wachsmanrifchen  Sammlung  s  feitens 
4tl*-^A   des   Cur atoriums- Mitgliedes    Herrn    Theodor 


Ritter  von  Offermann  wurde  dem  Mährifchen  Gewerbe- 
Mufeum  unteranderem  auchein  altergeftickterTeppich 
zugeführt,  der  nicht  viele  feines  gleichen  haben  dürfte; 
obwohl  dcrfelbe  fehr  defect  ift  und  fogar  zwei  große 
Partien  ganzlich  fehlen,  fo  ift  er  dennoch  von  großem 
kunftgefchichtlichen  und  kunftgewerblichen  Intereffe 
lowohl  wegen  des  Reichthums  der  figürlichen  und 
ornamentalen  Darftellnng  und  der  eigenthümlichen 
zeichnerifchen  Anordnung,  als  auch  durch  die  Art 
feiner  Durchführung  und  durch  die  höchft  effektvolle 
Farbenwirkung. 

.Maler  Wachsmann  hatte  diefen  und  einen  zweiten 
ahnlichen,  ab  er  weit  beffer  erhaltenen  Teppich  Anfangs 
der  fiebziger  Jahre  bei  dem  bekannten  Antiquitäten- 
händler Salanton  in  Dresden  gefehen,  welcher  angab, 
dafs  beide  Teppiche  aus  einem  Thurmgemache  der 
Domkirche  in  Hildesheim  herrührten.  Die  Anordnung 
oder  Gruppirung  des  zweiten  Teppiches  foll  eine 
ähnliche  wie  bei  unferem  vorliegenden  gewefen  fein, 
nur  fehlte  die  in  Kreisform  lieh  hinziehende  Arcaden- 
Architektur.  Als  Hauptdarfteilung  enthielt  diefer  Tep- 
pich neben  vielen  anderen  Figuren  die  des  Heilandes 
nach  derOffenbarungJohannis  Cap.  1,  Vers  12 — 20;  die 
ganze  Darftellnng  durfte  daher  der  Apokalypfe  ent- 
nommen gewefen  fein. 

Das  mährifche  Gewerbe-Mufeum,  welches  fich 
felbftverftandlich  heute  auch  um  den  Verbleib  diefes 
zweiten  Teppiches  intereffirte,  konnte  von  dem  ge- 
nannten Antiquitätenhändler  leider  nichts  weiteres 
erfahren.  Wachsmann  hatte  vorerfi  den  hier  zu  be- 
fprechenden  Teppich  copirt,  kaufte  fodann  nach  Jahr 
und  Tag  ein  Stück  diefes  Teppichs,  wie  ihm  dies  vom 
Befitzer  angetragen  worden  war,  wobei  die  Scheere 
eilt  eine  Theilung  vornehmen  mußte. 

Nach  weiteren  Jahren  endlich  gelangte  auch  der 
andere  bis  dahin  noch  nicht  verkaufte  zweite  Theil  in 
feinen  Bcfitz;  der  fodann  auf  eine  grobe  Leinwand 
aufgenähte  Teppich  zierte  nunmehr  den  Plafond  feines 
Wohnzimmers  durch  fall  ein  Jährzehend  hindurch. 

1  f'rie.irich    Wurhsmann    lebt  als    Maler  in  Prag,  wo  er  nebenbei  auch 
if  kunftgewerblichcm,  meift  rcligiofem  Gebiete  thätig  war  und   ift.  Seine 
feit  30  Jahren  angelegte  Sammlung  zahlte  bei  600  Nummern. 


II.    Allgemeine    Befchreibung    des    im    Befitze    des 

Mährifchen    Gewerbe-Mufeums    befindlichen 

Teppiches. 

Der  Teppich  des  mährifchen  Gewerbe-Mufeums 
ift  3' 50  M.  hoch  und  4*58  M.  breit;  er  zeigt  eine  ori- 
ginelle Anordnung  und  Hauptgruppirung;  wir  fehen 
nämlich  einMittelfeld  von  einem  Zirkelbande  umgeben; 
um  diefes  Itellen  fich  radial  zwölf  mit  Vollbögen  ge- 
fchloffene,  figurcngelchmückte  Felder  herum,  die  mit 
ihren  Säulen,  Capitälen  und  Rundbögen  eine  kreisför- 
mige Arcadenreihe  bilden. 

Diefe  Anordnung  gemahnt  in  der  Form  an  die 
großen  romanifchen  Radfenfter.  '  Um  diefe  in  Kreis- 
form geftellte  Arcadenreihe  zieht  fich  fodann  noch 
ein  zweiter  äußerer  Zirkel,  ein  zweites  Kreisband 
herum,  wahrend  die  vier,  refpeftive  hier  drei  Ecken 
des  Teppichs  reiche  feenifche  Bilder  ausfüllen ;  den 
ganzen  Teppich  aber  begränzte  eine  breite  Bordüre, 
gebildet  von  einem  um  einen  Stab  gewickelten  bunten 
Blatt-  und  Ranken -Werk ;  die  Blatter  von  grüner, 
blauer,  gelber  und  zwar  in  ftumpfen  Tonen  gehaltener 
Farbe  heben  fich  hier  von  einem  rothen  Fonde  ab. 

Der  Text  des  inneren  Ringes  ilt  in  Minuskelfchrift, 
der  Text  des  großen  äußeren  Zirkelbandes  aber,  fowie 
die  Buchftaben  aller  Spruchbänder,  dann  jene  der 
Vollbogen-Infchriften  und  der  Kreis-Arcaden  find  in 
Majuskel-Schrift  gehalten. 

Der  (mit  gelben  Sternen  bemusterte)  Fond  des 
Mitteltheiles,  der  zwölf  Bogenfelder  und  der  vier  Eck- 
partien ift  in  einem  ftumpfen  Dunkelblau  ausgeführt; 
die  in  den  Arcaden-Nifchen  angebrachten  zwölfFiguren 
erfcheinenftehend  über  einem  getäfelten,  in  den  Farben 
wechfelnden  Boden  angebracht;  der  blaue  Fond  der 
von  dem  äußeren  Kreisbande  abgehenden  Eckpartien 
(teilt  einen  Wiefenplan  dar,  in  welchem  allenthalben 
zahlreiche  Blumen  hervorfprießen  und  bildet  zugleich 
den  Boden  oder  den  Vordergrund  für  die  feenifchen 
Darftellungen  der  Ecken. 

Die  Säulen  der  Kreis-Arcaden  zeigen  fowohl  in 
den  Capitäl-Formen  als  auch  in  der  Art  des  geome- 

'  Die  Zahl  i-  die  hier  in  Betracht  kommt,  fowie  die  radförmige  Anord- 
nung, tritt  uns  bei  Darstellungen  der  chriftlichen  und  profanen  Kunft  in 
reien,  Sculpturen,  Stickereien  und  Webereien  fehr  häufig  entgegen; 
die  Zahl  12  finden  wir  bei  den  Abbildungen  der  12  Sohne  Jacobs,  der  12 
Stämme  der  [Craeliten,  der  ta  kleinen  Propheten,  der  12  Apoftcl,  der  12  Sibyllen, 
der  19  Pforten  Jeruralems,  der  12  Himmclszcichcn,  der  12  Monate  etc.  etc.  etc. 
Eine  gleiche  Radfcnfterform  fehen  wir  auch  noch  auf  dein  allegorifchen,  aus 
dein  15.  Jahrhundert  (lammenden  und  in  der  Akademie  der  fchonen  Künfte 
in   Florenz  befindlichen   Gemälde   des  frä  Angelico  etc. 


BR  CNN. 


F.  W.   BAÜI  K    W1KN 


VII 


trifclien  oder  ornamentalen  Decors,  welcher  (Ich  an 
den Säulenfchäften  hinzieht,  und  ebenfo  in  derFarben- 
wahl  die  größte  Reichhaltigkeit  und  Mannigfaltigkeit; 
die  Bogenzwickel  zwifchen  den  einzelnen  Vollbögen 
und  dem  äußeren  Kreisringe  füllen  gleichfalls  reiche 
Ornamente  in  den  verfchiedenften  Farben  aus.  Wir 
fchen  fomit  allenthalben  einen  reichen  Wechfel  in 
Zeichnung  und  Farbe;  auch  die  Abtönung  für  Licht 
und  Schatten  ift  in  mehrfachen  Abftufungen  durch- 
geführt; entweder  0Ä«e"Trennungslinie  hergeftellt,  oder 
und  zwar  zumeift  in  den  Contouren  und  Zwifchenlinien, 
befonders  bei  denen  des  Faltenwurfes  etc.  durch  eine 
dunklere,  aber  immer  zu  der  Hauptfarbe  paffende  Farbe 
markirt. 

Was  die  bei  diefemTeppichcverwendetenFarben 
betrifft,  finden  wir  neben  weiß  und  fchwarz  alle  Grund 
färben  und  diefe  in  verfchiedenen,  meift  gedämpften 
kalten  Abtönungen;  wir  fehen  z.  B.  carmin  und  Zinno- 
ber, ein  lichtbraun,  drapp  und  dunkelbraun,  licht-  und 
dunkelgrau,  blaugrau,  lichtblau,  dunkelblau,  gelbgrün, 
grün,  blaugrün  etc.,  alfo  eine  ungemein  reiche  wohl 
fortirte  Farben-Scala,  wobei  die  Farben  immer  gut 
zufammengeftimmt  find,  fo  dafs  trotz  der  Bunt-  und 
Vielfarbigkeit  des  Einzelnen  dennoch  ein  ruhiger 
harmonifcher  TotaleffecT:,  ein  nobles  Enfemble  erzielt 
ward. 

III.  Zeitfixirung  der  Herftellung  des  Teppichs. 

Durch  einen  Zufall '  find  wir  leider  nicht  mehr  in 
der  glücklichen  Lage,  eine  genaue  authenlifche  Zeit- 
fixirung des  Teppichs  zu  bringen ;  war  doch  derfelbe 
fogar  datirt ;  es  finden  fich  nämlich  am  linken  Rande 
desfelben  in  Minuskelfchrift  die  Buchflaben: 

„ iio  dni  sal ", 

alfo:  „anno  domini  salutis"  geflickt;  das  weitere  fehlt 
aber  leider;  die  hier  angeführt  gewefene  Jahreszahl 
der  Herftellung  ift  uns  fomit  verloren  gegangen. 

Dagegen  wird  uns,  was  die  Zeit  der  Herflellung 
anbelangt,  folgende  Betrachtung  zum  Ziele  führen.  Im 
erften  Momente  wird  man  den  Teppich  entfehieden  für 
weit  älter  halten,  als  er  thatfächlich  ift;  ja  man  könnte 
anfänglich  in  der  architektonifchen  Anlage  und  deren 
Details  fogar  romanifirende  Formen  zu  erblicken 
glauben,  die  durch  locale  Einflüffe,  begünftigt,  uns  hier 
als  traditionelle  Formen  entgegentreten;  richtiger 
erweifen  fich  felbe  aber  fchon  als  die  neuen  Formen 
der  Renaiffance.  Auch  die  Zeichnung  der  Figuren, 
die  Tracht,  die  vorkommende  Minuskelfchrift  etc., 
alles  diefes  weifet  auf  eine  weit  jüngere  Zeit,  auf  das 
Ende  des  Mittelalters  hin.  Nach  genauer  Erwägung 
aller  Umftände,  nach  Vergleich  mit  Abbildungen  von 
Trachten  etc.  werden  wir  auf  den  Anfang  des  16.  Jahr- 
hunderts hingegeführt,  oder  noch  genauer  fixirt,  auf  die 
Zeit  zwifchen  1480  — 1530  ;  einzelne  Figuren  erinnern 
auffallend  anBurgmaier,  andere  weifen  wieder  frappant 
auf  die    „Hochzeitstanzer'    von  Hans  Schäuflein  hin ; 

1  Oder  geschäftliche  Ablicht  eines  Antiquitäten-Händlers. 

(Redaction.) 


es  fcheinen  für  die  Zeichnung  des  Teppichs  in  der 
That  Vorbilder  verfchiedener  Meifter  benützt  worden 
zu  fein. 

Dafs  der  Teppich  diefer  Zeit  angehöre,  bestätigt 
auch  die  vorgefchrittenc  Art  der  technifchen  und 
künftlerifchen  Ausführung. 

Die  Lagerung  der  Fäden,  die  Kleinheit  und 
Dichtheit  des  Stiches  zeigen  uns  eine  beträchtliche 
Stufe  der  Vollendung  in  der  technifchen  Arbeit,  wie 
wir  dies  erft  z.  B.  bei  den  gediegenen  Nürnberger 
und  Flandrifchen  Arbeiten  zu  Ende  des  15.  Jahrhun- 
derts finden. 

Ebenfo  fleht  es  auch  mit  der  künftlerifchen  Durch- 
führung und  Behandlung,  was  Zeichnung,  Farben- 
ftellung  und  Abtönung  betrifft.  Im  12.  und  13.  Jahr- 
hundert zeigen  die  Gewandungen  oder  Gewandpartien 
derlei  Teppich-Stickereien,  den  damaligen  Miniaturen 
gemäß  (da  ja  die  Malerei  ftets  hier  wie  fpäter  das  Vor- 
bild für  die  Darftellungen  der  Textilkunft  abgab),  noch 
immer  nur  einen  Localton;  die  Schattirung  ward  hiebei 
einfach  durch  dunkle  Linien,  d.  h.  durch  eine  Linien- 
fuhrung  in  dunkelfarbiger  Wolle  in  Kettenftich  ausge- 
drückt oder  doch  angedeutet;  dagegen  fehen  wir  bei 
den  Teppichen  des  14.  Jahrhunderts  conform  der  in 
damaliger  Zeit  fchon  weiter  entwickelten  Malerei  die 
Schatten  der  Falten  etc.  bereits  in  durchgängigen,  d.  h. 
die  betreffende  Fläche  ganz  ausfüllenden  dunkleren 
Farbentönen  ausgeführt,  alfo  in  besonderen  Local- 
tönen  gehalten,  und  zwar  mit  und  ohne  Abgrenzung 
der  einzelnen  Flächenpartien  durch  dunklere  Linien. 
Dies  findet  fich  nun  auch  hier  bei  unferem  Teppiche 
vor.  Endlich  zeigt  auch  die  Zeichnung  in  den  einzelnen 
Darftellungen  nicht  mehr  die  bekannte  Unbeholfenheit 
und  die  Naivität  der  früheren  Perioden;  fie  deutet  viel- 
mehr auf  eine  fchon  ziemlich  entwickelte  Periode  der 
Kunft  hin ;  fo  finden  wir  einen  correcten  Faltenentwurf, 
meift  ausdrucksvolle  Gefichtszüge,  wobei  auch  der 
Verfuch  zu  individualifiren  offen  zu  Tage  tritt;  ebenfo 
fehen  wir  bei  den  feenifchen  Darftellungen  unzweifel- 
haft den  Verfuch  einer  perfpeftivifchen  Gruppirung, 
d.  i.  den  Verfuch  die  dargeftelltenPerfonen  verfchieden 
groß  hinzuftellen,  um  auf  diefe  Weife  Perfpeclive  in  das 
Bild  zu  bringen. 

Namentlich  verräth  aber  die  auf  die  rohe  Lein- 
wand vorgezeichnete,  fodann  in  fchwarzer  Farbe  fixirte 
Contur  etc.  eine  fo  correcle  elegante  Weife,  dafs  man 
begreift,  wenn  Wachsmatm  Seinerzeit  den  Ausfpruch 
that,  dafs  es  einem  faft  gelüften  könnte,  die  ganze 
Stickerei  abzulofen,  um  die  Originalzeichnung  vor  fich 
zu  haben.  Die  Technik  des  Stickers.  die  fteife  Wolle 
und  die  Unbeholfenheit  der  Stickerin  haben  lange 
nicht  die  Schönheit  und  Eleganz  der  Zeichnung  wieder- 
gebracht, wenn  wir  auch  in  der  Stickerei  hin  und 
wieder  eine  höchft  anmuthige  Haltung  der  Figuren 
und  bei  diefen  manchmal  auch  einen  recht  lieblichen, 
durch  fchwarze  oder  braune  Wolle  contourirten  Ge- 
fichtsausdruck  finden. 

Es  ift  fomit  reichlich  begründet,  dafs  wir  in  diefem 
Teppiche  ein  Bild,  refpe<5Hve  eine  Arbeit  aus  dem 
Anfange  des  16.  Jahrhunderts  vor  uns  fehen. 


(Fortfetzung  folgt.) 


VIII 


Grabftätten  deutfcher  Studenten  in  Italien. 


Von  Arnold  Lufchin  v.  Ebengreuth. 


IE  viel    deutfchcn  Blutes    liegt    auf  italifchem 
Boden!  Wie  manches  hoffnungsreiche  Leben 
hat   hier,    fern    der   theuern   Heimat,  vorzeitig 
geendet! 

Als  mich  diele  Gedanken  an  einem  fonnenhellen 
Odertage  zu  Bologna  im  Kreuzgange  von  St.  Domenico 
befchlichen,  da  hatte  ich  nicht  germanifche  Krieger 
im  Sinne,  deren  wuchtiger  Schritt  das  fchöne  Welfch- 
land  feit  den  Tagen  der  Volkerwanderung  fo  oft  er- 
fchütterte.  Ich  dachte  an  jene  Jünglinge,  welche  tief- 
innerlter  Wiffensdrang,  ungebändigte  Reifelud  oder 
auch  wohl  die  launifche  Göttin  Mode  aus  ihrem  nordi- 
fchen  Vaterlande  in  die  lachenden  Gefilde  Italiens 
führte.  Wer  zahlt  wohl  dieScharen  deutfcher  Studenten, 
welche  feit  den  Tagen  Kaifer Friedrichs  desRothbarts 
regelmäßig  Jahr  um  Jahr  nach  den  italienifchen 
Univerfitäten  wanderten?  Die  Matrikel  der  deutfehen 
Juriften  zu  Bologna  hat  uns  vom  Jahre  1289  herwärts 
auf  dreihundert  Jahre  bei  6000  Namen  erhalten.  Das 
ift  an  fich  eine  ftattliche  Menge,  die  jedoch  nur  den 
jährlichen  Zuwachs  von  durchfehnittlich  zwanzig 
deutfehen  Rechtshörern  für  diefe Stadt  umfafst,  während 
die  Zahl  der  gleichzeitig  anwefenden  deutfehen 
Scholaren  mitunter  weit  größer  war.  So  gab  es  in  den 
Tagen  des  berühmten  Rechtslehrers  Azo  (Ende  des 
12.,  Anfang  des  13.  Jahrhunderts',  wie  fein  jüngerer 
Zeitgenoffe  Odofredus  erzählt,  zu  Bologna  allein  über 
10.000  Jünglinge  und  Männer,  welche  fich  aus  ganz 
Europa  zufammengefunden  hatten,  um  des  Unterrichts 
im  römifchen  und  canonifchen  Recht  theilhaft  zu 
werden.  Ein  gut  Stück  darunter  find  Deutfche  gewefen. 
Aehnlich  verhielt  fich  die  Sache  zu  Padua,  Pavia, 
Siena,  Ferrara,  Perugia,  Pifa  und  an  andern  Pflege- 
llatten der  Rechtswiffenfchaft  in  Italien,  an  welchen  wir 
häufig  deutfche  Schüler  antreffen. 

Nicht  jedem  von  ihnen  war  glückliche  Heimkehr 
vergönnt.  Mancher,  der  hoffnungsfreudig  das  fchöne 
Italien  betreten  hatte,  erlag  dem  ungewohnten  Klima 
oder  der  veränderten  Lebensweife,  in  welche  er  fich 
nicht  zu  fchicken  wußte.  Andere  rafften  die  häufigen 
Seuchen  dahin,  wieder  andere  traf  tückifche  Mörder- 
hand oder  irgend  ein  unglücklicher  Zufall.  Es  vergingen 
darum  wenige  Jahre  für  die  deutfehen  Studenten  in 
Italien,  in  welchen  diefe  nicht  den  Tod  eines  oder 
mehrerer  aus  ihrer  Mitte  zu  beklagen  gehabthätten.  Da 
traten  dann  dieLandsleute  zufammen,  die  ohnehin  das 
Leben  in  der  Fremde  zu  engerem  Anfchluß  mahnte,  und 
erwiefen  ihrem  verdorbenen  Genoffen  die  letzte  Ehre. 
Sie  geleiteten  ihn  zu  Grabe,  fie  ordneten  feinen  Nach- 
lafs,  fie  gaben  feinen  Angehörigen  Nachricht  von  dem 
betrübenden  Ereignis.  Ein  Eintrag  in  die  Studenten- 
Jahrbücher  überliefert  des  Verewigten  Namen  dem 
Gedächtnis  nachkommender  Collegen,  ein  „Gnad  dir 
Gott  mein  lieber  Gefeile"  oder  fonft  ein  Beifatz  von 
Freundeshand  zur  eigenhändigen  Unterfchrift  in  der 
Nations-Matrikel,  empfiehlt  den  Todten  dem  frommen 
Angedenken. 


Selten  blieb  man  bei  dem  flehen.  Wo  die  Zahl 
der  deutfehen  Scholaren  durch  längere  Zeit  fo  be- 
deutend blieb,  dafs  fich  dergleichen  Trauerfalle 
häuften,  legte  man  nicht  blos  eigene  Todtenbücher  an, 
fondern  dort  mußte  auch  der  Wunfeh  erwachen,  die 
theueren  Abgefchiedenen  an  einem  Orte  vereinigt  zu 
wiffen.  In  Bologna,  Padua  und  Siena,  wohin  die 
deutfche  Studentenschaft  am  zahlreichsten  ftrömte,  iil 
es  daher  auch  zur  Erwerbung  eigener  Grüfte  für  die 
verdorbenen  Mitglieder  der  Nation  gekommen,  an 
welchen  u.  a.  jahrlich  das  Erinnerungs  -  Feft  des 
Allerfeelen-Tages  feierlich  begangen  wurde.  Sowohl 
an  diefen  Stätten  als  auch  anderer  Orten  haben  fich 
Grabdenkmale  deutfcher  Studenten  erhalten,  welche 
abgefehen  vom  Kunftwerth  auch  für  die  Familien- 
gefchichte,  zumal  des  deutfehen  und  öfterreichifchen 
Adels,  von  Intereffe  find. 

Im  Nachflehenden  biete  ich  eine  Befchreibung 
dieferDenkfteine,  foweit  mir  folche  bekannt  geworden 
find.  Die  Mehrzahl  derfelben  habe  ich  felbft  gefehen, 
wo  fie  dagegen,  wie  in  Padua,  größtentheils  verfch wun- 
den find,  mußte  ich  mich  auf  vorgefundene  Nachrich- 
ten befchränken. 

I.  Siena. 

An  diefem  Orte  befinden  fich  die  meiden  Grab- 
denkmale deutfcher  Studenten,  darunter  Monumente 
von  künftlerifcher  Ausführung. 

1. 

Die  Scholaren  des  Mittelalters  waren  mit  wenig 
Ausnahmen  Cleriker,  es  verfland  fich  darum  von  felbft, 
dafs  fie  ein  oder  die  andere  Kirche  zum  Verfammlungs- 
platz  ihrer  Nation  erkoren.  Diefer  Gebrauch  hatte  fich 
bis  ins  16.  Jahrhundert  erhalten,  obwohl  damals  im 
Stande  und  zum  Theil  auch  im  Religionsbekenntniffe 
der  deutfehen  Studenten  bedeutende  Veränderungen 
eingetreten  waren.  Was  lag  naher,  als  dafs  man  bei  der 
Erwerbung  eigener  Grabftätten  für  die  verdorbenen 
Landsleute,  oder  bei  der  Wiederherdellung  eingegan- 
gener Grüfte  an  jenen  Kirchen  fed  hielt,  in  welchen 
ohnehin  ein  feierliches  Seelenamt  zum  Gedächtnis  der 
Abgefchiedenen  die  Mitglieder  der  Nation  alljährlich 
vereinte.  So  fielen  feither  der  Sammelplatz  der  leben- 
den und  die  letzte  Ruhedätte  der  abgefchiedenen 
Collegen  zufammen. 

In  Siena  war  es  die  Kirche  von  San  Domenico,  ein 
gewaltiger  gothifcher  Backdeinbau,  deffen  Beginn  ins 
Jahr  1225  fallt.  Streng  wie  der  Orden,  war  auch  die  Ein- 
fachheit der  Anlage.  Liibke,  welcher  in  feinen  ..Reife- 
Notizen  über  die  mittelalterlichen  Kundwerke  Italiens"' 
im  Jahrgang  1860  diefer  Zeitschrift  auf  S.  195  eine  kurze 
Befchreibung  der  Kirche  und  einen  nach  Schritten 
ausgemeffenen  Plan  beibringt,  fchätzt  die  Gefammt- 
länge  auf  etwa  265  Fuß  (Fig.  i).  Davon  entfallen 
176  Fuß  auf  das  Langhaus,  das  aus  einem  einzigen 
Schiffe   von  65  Fuß  Breite  bedeht  und  außen  Anfatze 


IX 


beabfichtigter  Seitenfchiffe  zeigt.  An  das  ftark  über- 
höhte  Querfchiff  von  195  Fuß  Länge  und  51  Fuß  Breite 
fchließen  fieben  Chor-Capellen  von  annähernd  quadra- 
tifchem  Grundrifs  an.  Diu  mittlere  mit  dem  Hoch-Altar 
übertrifft  die  übrigen  nach  jeder  Richtung  bedeutend 
an  Ausdehnung,  fpringt  darum  nach  rückwärts  um 
mehrere  Meter  vor  und  erreicht  beinahe  die  Hohe  des 
Querfchiffs.  Die  drei  Nebencapellen  rechts  und  links  find 
etwa  von  der  Hohe  des  Langhaufes,  und  haben  nach 
der  von  mir  an  der  Barbara-Capelle  vorgenommenen 
Mel'l'ung  630  M.  Tiefe  bei  540  M.  Breite  im  Lichten. 
Nur  diefe  Capellen,  welche  fich  im  Spitzbogen  gegen 
das  Querfchiff  öffnen,  fowie  die  ans  Langhaus  angebau- 
ten Capellen  der  heil.  Katharina  und  del  Volto  find  mit 
Kreuzgewölben  überdeckt,  wogegen  das  Langhaus, 
fowie  das  Querfchiff  offenen  Dachftuhl  zeigen  (Fig.  1). 
1  He  fchmucklofen  Seitenwände  find  jetzt  licht  getüncht 
und  in  Abftänden  von  etwa  einem  Meter  mit  fchmalen 
fchwarzen  Querbinden  verfehen,  ein  Motiv,  welches 
den  fchwarzen  und  weißen  Marmorfchichtcn  der  Ka- 
thedrale von  Siena  nachgeahmt  wurde. 


6s' 


Fig.  1. 

Der  Raum  unter  den  Chor-Capellen  aut  dem 
gegen  die  Fontebranda  abdachenden  Abhang  diente 
1882  als  Militärftallung,  bildete  aber  früher  eine  Unter- 
kirche, ahnlich  wie  beim  Dom  und  bei  San  Francesco. 

Uebcrhaupt  zeigt  diefe  ftattlicheKirche  mancher- 
lei Spuren  des  Verfalles.  Der  ftolz  aufragende  Thurm, 
den  nochAbbildungen  aus  dem  17. Jahrhundert  zeigen, 
war  fchon  zu  Zeiten  Faluschi's  der  häufigen  Blitz- 
fchläge  wegen  bis  auf  den  heutigen  Stumpen  abge- 
tragen, '  die  Zahl  der  Priefter  bei  meiner  Anwefenheit 
bis  auf  drei  zufammengefchmolzen,  der  gewaltige 
Innenraum  menfchenleer,  fo  oft  ich  ihn  betrat.  Das 
war  vor  Zeiten  anders,  als  noch  die  deutfehe  Nation 
zu  Siena  florirte,  etwa  wenn  zu  Beginn  der  Studien- 
zeit der  Tag  der  heil.  Barbara,  der  Schutzpatronin  der 
Nations-Capelle  am  4.  December  herankam,  oder 
wenn  man  am  Schluffe  der  Collegien  das  Feit  der 
heil.  Maria  Magdalena  am  22.  Juli  mit  allem  kirchlichem 
Pomp   beging.    Da   wurden    Gerüfte   für  Mufiker   und 

1  Faluscki,  Brcve  Relazione  della  Cittä  di  Sicn:i  17S4,  S.  197.  —  Eine 
1832  im  Verlage  von  M.  Fcrri  anonym  erschienene  Guida  della  cittä  di  Siena 
verfetzt  die  Erbauung  des  Thurmes  ins  Jahr  1490,  die  Abtragungen  in  die 
Jahre   1704   und  1800,  pag.  176. 

X1I1.  X.  F. 


Sänger  aufgefchlagen,  eine  Orgel  herbeigefchafft  und 
ein  folennes  Hochamt  nebft  Predigt  vom  Beichtiger 
der  Nation  für  die  verfammelte  Studentenfchaft  abg< 

halten.  Und  wie  lebhaft  ging  es  erft  zu,  wenn  in  ge- 
hobenerStimmungGedenktage  der  Heimat  hier  in  der 
Fremde  gefeiert  wurden:  das  Namensfeft  des  Kaifers, 
die  Geburt  eines  kaiserlichen  Prinzen,  ein  Sieg  über 
die  Türken  u.  dgl.  m  Da  krachten  laute  Pöllerfchi 
und  der  Nationspedell  vertheilte  aus  gefpickter  Börfe 
an  der  Kirchcnthüre  reichlicher  als  fonft  Almofen  an 
die  Armen,  damit  auch  diefe  fich  des  Tages  freuen 
füllten. ' 

Wieder  andere  Male  vereinteTrauer  die  deutfehe 
Nation  an  gleicher  Statte.  .Man  verfammelte  fich  hier 
am  Allerfeelen-Tage  zur  kirchlichen  Feier  des  Gc- 
dächtniffes  aller  abgeftorbenenCollegen,  man  geleitete 
unter  Jahrs  ein  oder  den  anderen  trauten  Genoffen  zur 
letzten  Ruheftätte,  mit  dem  man  fo  manche  fröhliche 
Stunde  verlebt  hatte,  ehe  mörderifche  Krankheit,  ein 
unglücklicher  Steinwurf  oder  ein  Stich  in  einem  der 
vielen  Raufhändel  den  auf  Gefundheit  und  Lebens- 
muth  pochenden  Gefellen  gefällt  hatten.  Je  nach 
Stand  und  Vermögen  des  Abgefchiedenen  wurde  all 
das  duftere  Schaugepränge  entfaltet,  welches  die 
Landesfittc  bei  Begräbniffen  erheifchte.  Brennende 
Wachsfackeln  in  den  Händen  fchritt  dasTrauergcfolge 
den  Weg  nach  San  Domenico  hinan,  wo  in  der  Mitte 
derKirche  die  geöffnete  Gruft  des  neuen  Ankömmlings 
harrte. Nochmals  wurden  dieFackelnbeimTodtenamtc 
am  folgenden  Morgen  entflammt,  dann,  foweit  fie  nicht 
von  der  Geiftlichkeit  in  Anfpruch  genommen  wurden, 
wanderten  die  Stumpen  zum  Wachszieher  (Cerariol) 
zurück,  die  Rechnung  derLeichenkoften  aber  ging  mit 
einem  beweglichen  Schreiben  über  die  Umftände  des 
traurigen  Falles  und  mit  der  Aufforderung  zur 
Errichtung  eines  Gedenkfteines  für  den  Verdorbenen 
nordwärts  über  die  Alpen,  an  die  Verwandten  in 
Deutfchland. 

2. 

Grabdenkmale  deutfeher  Scholaren  aus  dem 
Mittelalter  wurden  zu  Siena  noch  im  vorigen  Jahr- 
hundert verzeichnet.  Mehrere  derfelben  zum  Theil  in 
flüchtigem  Umrifs  überlieferte  uns  das  große  Sammel- 
werk Peccis  Raccolta  univerfale  di  tutte  le  iferizioni 
armi  ed  altri  rnonumenti  si  antichi  come  moderni 
esistenti  in  diversi  luoghi  pubblici  della  cittä  di  Siena 

1  Aus  den   Rechnungsbüchern  der  deutfehen   Nation  zu  Siena     dcr/cir 
in   der  Biblioteca  Comunale)    Heft    5.    Fol.  58  (1695)    den    22.  (JulO  f 
Magdalena  Tutelarfeft    zu  celebriren   in  der  Sacrlftci   bei    den   Herrn   1' 
canern  wie  bräuchlich  bezalt 4  Scudi     6  Julier 

Item  4  Geiftlichen  und  3   Clericis  fo  mimftnrt  und 
das  Amt  gehalten •    •       I 

Item  weilen   die  Muflc  in  2  Chor  gehalten  und  alfo 

2  balchi  aufgemacht  worden 4       n  n 

Dann  for  die  Mufic  fo  in  2  balchis  gehalten  worden 
dem  Meifter  di   Capclla  for  alles  bezalt      ........     '3       1       — 

Almufen  an  dernfelben  Tag •    -    -    -  ^         3       - 

Dem    Beuchtvater,    ob    er    fchon    die     Oration     nit 
gehalten,  doch   aber   fich    darauf  praparirt   ein  Dobla  .    •      3       » 

Im  Jahre  1705  wurden  in  Fe.1o  f.  Barbarae  u.  A.  bezalt  dem  Sacriltau 
pro  Exornatione  2   Scudi,  7  Julier.  Pro   Mufica    Herr  Capellmaiftcr    S  Julicr, 

ift  6  Julier,  Organo  2  Scudi,  1  lulicr.  6  Violin,  2  Y'ioloni  und  2  Corneltl 
ä  4  Julier,  6  Vocaliflen   im   erden  und  ebenfoviel  im  zweiten  Chor  zu  4  und  zu 

3  Julier,  dem  Alzamantici  (Blafcbalgtrcter)  t  Julier,  dem  Beichtvater  3  Scudi. 

chnungsbuch  Fol.  70. 
1697,  20.  Oftober  wegen  der  in  Hungarn  wider  die  Türken  erhaltenen 

ric  (bei  Zcuta"!  Tc   deum  gehalten  und   die   Mufiquc    allein,    weil« 

lum  dem   Herrn   Confiliario  zu  Gefallen   umfonft  geliehen  worden 
auf  ein  palco  7  Scudi,  2  Julier,  4  Crazien.  Dem  Sacriftan  fui 
2  Scudi,    der    Kirchen     bei    f.   Domenico    wegen     der    Licht. 
1  Scudi,  36  Morteletti  Ladungen  a  J     I  udi,  5  Juliei 

Beim  Lcopoldi-Feft  17  >4  »erden  unter  Andern  denen  !  iifchof 

/u  tragen  7  Julier,  des   Kayfers   Contrcfait  a  f.  Dome::  1  «Den 

foviel  und  Almofen  9  Julicr  erwähnt,   VI,  fol.  69. 

b 


X 


fino  a  questo   presente   anno    1730,   das    im    dortigen 
rchiv  handfchriftlich  erliegt. ' 

S  •  PETRVS  •  DE  •  ELEGHASSO  •  DI  •  ALAMAGNIA 
MCCCCLW 

lautet  die  Infchrift  eine-  Steines  aus  der  Kirche 
Stephano  nächft  der  Lizza.  In  der  Sapienza 
Peter  Bart  von  Oppenheim  7  1474  begraben,  zu 
nenico  zunächft  der  Eingangsthür  der  1494 
verdorbene  Hegleiter  des  Herzogs  Fridrich  von  Sachfen, 
der  Leipziger  Doctor  Johann  Truchfefs  von  Wellers- 
wald.  Noch  andereDeutfche  umfehloßdie  fchondamals 
beliebende  gemeinfameBegräbni>ftatte  in  derBarbara- 
capelle  der  Dominicaner-Kirche.  Fall:  fchien  es  jedoch, 
diele  fromme,  mit  Ablafsbriefen  reichlich  ausge- 
ftattete  Stiftung  fchon  im  16.  Jahrhundert  eingehen 
follte.  Die  langen  und  verderblichen  Fehden,  welche 
dem  Untergang  der  Stadtfreiheit  vorangingen,  fchädig- 
ten  auch  die  Blüthe  der  Univerfität,  da  fie  den  Zuzug 
fremder,  zumal  deutfeher  Scholaren  verhinderten.  Erft 
mit  der  Einverleibung  Siena's  ins  Reich  der  Mediceer 
1557  befferten  fich  diefe  Verhältniffe,  da  Cosmus  I.  und 
feine  Nachfolger  in  jeder  Weife  das  Gedeihen  der 
Hochfchule,  felbft  auf  Körten  der  Schwerter- Anftalt  zu 
Fifa,  zu  befordern  fuchten.  Um  1570  war  die  Zahl  der 
deutfehen  Studenten  zu  Siena  wieder  größer  als  feit 
vielen  Jahren.  Mehrere  Todesfalle,  welche  fich  damals 
in  deren  Mitte  ereigneten,  gaben  Anlafs,  dafs  man  fich 
des  Yermächtniffes  der  Vorgänger  erinnerte  und  Geld- 
fammlungen  fowohl  zur  Wiederherltellung  der  Nations- 
gruft, als  auch  zur  Anfchaffung  von  Zierftücken  für 
die  Barbara-Capelle  veranftaltete.* 

Der  Gedächtnisftein  (Fig.  2),  welcher  damals  auf- 
geftellt  wurde,  liegt  heutzutage  im  Fußboden  der 
Capelle  unmittelbar  vor  den  Altar-Stufen.  Es  ift  ein 
weißer  Marmor  von  66  Cm.  Breite  und  //  Cm.  Höhe  mit 
dem  gekrönten  Doppeladler  in  der  Mitte.  Kopffcheine, 
Scepter,  Schwert  und  Reichsapfel  fehlen  ihm,  dagegen 
tragt  er  den  öfterreichifchen  Balkenfchild  auf  der 
Brüll.  Das  Feld  des  letzteren,  fowie  das  Futter  der 
Krone  find  roth  bemalt,  die  Metalltheile  und  Adler- 
fange ebenfo  gelb  ausgestattet  Fig.  2).  Der  Sockel, 
auf  welchem  der  Adler  fleht,  enthält  in  einfacher  Um- 
rahmung die  Infchrift: 

PIE  INSTAVRATA 
A-D  -CXDID  ■  LXX- 

Auf  der  untern  und  der  rechts  daranrtoßenden 
Randleifte  ift  ferner  nachgetragen: 

REINSTAVRATA-ETHINC-INFRAPOITA     A    1632. 

Der  Stein  gelangte  mithin  erft  1632  an  feine  jetzige 
Stelle.  Welchen  Platz  er  vorher  in  der  Capelle  einge- 
nommen hat,  ift  nicht  bekannt,  vermuthlich  ftand  er 
in  einer  Seitenwand,  etwa  dort,  wo  man  jetzt  das  1632 
errichtete  Denkmal  des  Laibacher  Andreas  Verbez 
ficht.  Den  Begräbnisraum  felbft  haben  wir  unter  dem 
Fußboden  der  Capelle  zu  fuchen. 

Der  erfte  oder  doch  einer  der  erften,  welcher  in 
diefer  erneuerten  Gruft  das  letzte  Ruheplätzchen  fand, 
war  der  Sohn  des  Franz  von  Teufenbach  zu  Teufen- 
back  und  Maßwt        •■-'     ,   doch  blieb   er  nicht   lang 

.-lebungsweife  die  ältere  und  weniger  genaue  Sammlung  des  Abbatc 
Galg  .  itrizio  Sanese  vom  Jahre  1715  ebendort:  Scpolti  in  s.  Dome- 

nico  di  Siena  et  altre  memorie  esistenti   in  detto  In«  . 

:  Vergl.  die  Actenftücke  Nr.   i,  2,  28  im  Anhang. 


allein,  da  ihm  binnen  wenig  Monaten  noch  „ander 
zwen  ftattliche  und  ehrliche  Gefeilen  in  bemelter 
Begräbnuß  fein  beigelegt  worden-  (Anh.  Nr.  28  .  Die 
ftille  Gefellfchaft  dort  unten  mehrte  fich  nun  rafch,  fo 
dafs  man  nach  wenig  Jahren  an  eine  Vergrößerung 
ilcs  verfügbaren  Raumes  denken  mußte.  Man  entfchlofs 
fich  zum  Neubau  einer  zweiten  Gruft  und  Freiherr 
Georg  Bernhard  v.  Herber  ßein  als  damaliges  Haupt 
der  deutfehen  Studenten  zu  Siena  leitete  tue  Arbeiten 
„für  das  neue  Grab  a  San  Domenico  fo  ein  lobliche 
Nation  zu  machen  hochnothwendig  erkhendt."  Der 
Stein  zur  Deckplatte  wurde  den  Jefuiten  um  fcchfthalb 
Kronen  abgekauft,  rdem  Steinmetzen  den  Adler  Grab- 
fchrift  und  Zuegehörung  zu  machen"  wurden  7  Kronen 
und  3  Libre  gegeben,  endlich  von  kleineren  Aus- 
gaben abgefehen  u  Kronen  Maurerlohn  verrechnet 
(Anh.  5  . 

Der  Platz,  welchen  die  Mönche  der  Nation  „zu 
unferer  neuen  Begrebnuß-  angewiefen  hatten,  befand 
fich  am  Ende  des  Hauptfchiffes  mitten  zwifchen  den 
gegenüberliegenden  Altaren  der  heil.  Rofa  und  der 
Geburt  des  Herrn.  '  Die  Gruftplatte  war  wie  es  fcheint 
aus  drei  Stücken  zufammen^efetzt,  ift  jedoch  nicht 
erhalten  Fig.  1  A  .  Nach  der  bei  Bielii  und  Pecci  gege- 
benen Abbildung  und  Befchreibung  trug  diefelbe  in 
einem  Schilde  den  gekrönten  Doppeladler  mit  dem  oller 
reichifchen  Balkenfchilde  auf  derBruft  und  mit  Schwert 
und  Scepter  in  den  Fangen  und  darunter  als  Infchrift: 

SEPVLTVRA  GERMANORVM  PVBIMPENEXSTRVC 
TA|SVB  ILLVSTRE  D  •  GEORGIO  BERNARDO  •  L  ■ 
BARONE  |  IN  HERBERSTAIN  CONSILIARIO  ■  D-  GE 
ORGIO  KIRCHPERGER-  |  PROCONSIL  -  ET  NOBILI 
D  •  IOANNE  MEINHARDO  j  A  SCHONEMBERG  ET  D- 
ANDREA  BARTH  AB  |  HARMATINGH-  PROCVRA 
TORIBVS  ANNO   SALVTIS  |  MDLXXV  MENS  •  IVL  • 

Als  Ueberfchrift  auf  dem  Theile  oberhalb  des 
Adlers  denke  ich  mir  das  Diftichon,  welches  Nathan 
Chytraus  3  in  feiner  Grabfchriftenfammlung  aus  San 
Domenico  ohne  nähere  Angabe  beibringt: 

IMPIA  MORS  RAPVIT  QVOS  HVC  GERMANIA  MISIT 
ET  DEDIT  HIS  REQVIEM  RELIGIONIS  AMOR- 

So  verfügte  denn  die  deutfehe  Nation  in  Siena 
über  zwei  Grüfte  für  ihre  Angehörigen,  und  es  wäre 
möglich,  dafs  die  gefellfchaftliche  Abfonderung  der 
Studirenden  aus  dem  Herrenftande  von  ihren  Collegen 
minderen  Herkommens,  welche  in  der  Matrikel  formell 
bis  zum  Jahre  1705  *  aufrecht  erhalten  blieb,  auch  auf 
die  Abgeftorbenen  ausgedehnt  wurde.  Wir  hätten  dann 
in  der  fpäter  errichteten  Gruft  „der  teutfehen  Nation 
gewöhnliche  Begräbniß-  Anh.  32)  vor  uns,  während 
tue  St.  Barbara-Capelle  (Fig.  1  B)  den  Standesperfonen 
vorbehalten  geblieben  wäre.  Dem  fei  wie  es  wolle, 
fo  fteht  doch   feft,    dafs    eine  ähnliche  Scheidung  bei 

kl    bezeichnet   (fc  Lage    fchlcchtweg    a    i.   Domenico 

vicino  la  capella  della  f.  Caterina,  Pecci  S.  365  genauer  Scpoltura  polta  in 
mezzo  della  chiefa  nel  luogo  che  accenna  la  pianta  al  N.  So  quäle  e  della 
Nazione  Alemanna  con  Arme  in  essa  della  medc^ima  Nazionc  et  a  pic  si  legge 
la  seguente  iscrizione  u.  f.  w.  Auf  dem  Plan  ift  dann  diefe  Dreitheilung  der 
Gruftdeckel  deutlich  lichtbar. 

:  Die  Abfchriflen  bei  Bicki  und  Pecci  lefen  Kiw-  (refp.1  Kirfperger  und 
Armaslingh,  bezichungsweife  Armatirigh. 

than  Chytraeus  Variorum  in  Europa  itinerum  deliciae  .  .  sev 
.  .  .  monumenta  quibus  passim  in  Itaita  .  .  .  tcmpla  .  .  .  etc  conspicua 
sunt,    Hcrbornac    Nassovtorum  S.    284,    Abtheilung    Scnensia,    ad 

Dominici. 

1    Die  gleiche  Scheidung  findet  fich  auch  in  den  Matrikeln  der  deutfehen 
n  zu  Bologna  und  Padua.  In  Padua  wurde  lic  aber  fchon  1605  aufgegeben. 


XI 


der  Aufteilung  der  Epitaphien  keineswegs  beobachtet 
wurde. 

Ueber  die  innere  Ausftattung  der  Nations-Capelle 
erfahren    wir    fo    manches    aus    Auffchreibungen    in 

Rechnungsbüchern.  Die  Nation  begann  wie  ein  guter 
Hauswirth  mit  der  Ausbefferung  des  Daches,  dann 
folgten  die  Fenfter,  welche  nicht  nur  durch  Einfügung 
von  zwei  Reichsadlern  geziert,  fondern  auch  durch  ein 
neues  Gitter  und  Drahtgeflecht  gefchützt  wurden. 
Der  Capellenraum  felbit  wurde  durch  ein  hölzernes 
Gitter  vom  Querfchiff  der  Kirche  abgefchloffen,  und 
dadurch  vergrößert,  dafs  man  den  alten  Altar  knapp 
an  die  Mauer  überfetzte.  Eine  längere  Infchrift,  deren 
Wortlaut  verloren  gegangen  ift,  gab  von  der  Widmung 
des  Ortes  Kunde.  Das  alles  gefchah  1573.  Die  folgenden 
Jahre  war  man  mit  der  Herftellung  der  neuen  Gruft 
befchaftigt,  kaum  war  jedoch  diefe  fertig  geworden, 
fo  ging  man  an  die  innere  Ausftattung  der  St.  Barbara- 
Capelle.  Ein  ledernes  Altartuch  befaß  man  fchon  von 
früher  her.  Nun  wurde  ein  zweites  von  „weißgeitrickter 
Arbeit"  erworben,  ein  gemalter  Leinwandvorhang  für 
denNations-Altar  beiteilt,  „Dappezerey  zu  derNation 
Tifch  und  Bank  a  San  Domenico"  angekauft,  und  ein 
Wandfchrank  zur  Verwahrung  folcher  Sachen  herge- 
richtet (Anh.  Nr.  3 — 7). 

Eine  gründliche  Umgestaltung  erfuhr  die  Capelle 
20  Jahre  fpäter,  als  es  zur  Aufstellung  des  prunk- 
vollen Grabmales  für  den  am  20.  März  1595  zu  Siena 
verfchiedenen  Cafßar  Freiherm  von  Windifch-Gräts 
kam. 

Die  Mutter  des  Verstorbenen,  Freifrau  Hypolita, 
eine  geborne  Grafin  Schlick,  hatte  in  ihrem  Schmerze 
um  den  verlornen  Sohn  die  Errichtung  eines  außer- 
gewöhnlich prächtigen  Denkmals  befchloffen  und  den 
Entwurf  eines  folchen  an  den  Vorftand  der  deutfehen 
Nation  zu  Siena  eingefandt.  Obwohl  diefe  Zeichnung 
verloren  gegangen  ist,  fo  laffen  die  überlieferten 
Nachrichten  doch  erkennen,  dafs  felbe  der  Ausführung 
in  einem  bestimmten  Material  keineswegs  angepafst 
war.  Die  besten  Meister  von  Siena,  welche  darüber 
befragt  wurden,  erklärten,  dafs  einzelne  Theile  wie  die 
auslaufenden  Schnörkel  oder  der  figurenreiche  Auf- 
fatz  (welcher  unter  anderm  die  Gestalten  der  vier 
Evangelisten  enthielt)  aus  Holz  gefchnitzt  oder  gemalt 
werden  müßten  und  dafs  das  Epitaphium,  wenn  das 
übrige  in  Stein  gemeißelt  werde,  auf  1000  Kronen  zu 
liehen  kommen  würde.  Bei  der  beträchtlichen  Größe 
des  Monumentes  (man  fchätzte  die  Höhe  auf  13,  die 
Breite  auf  8  Sienefer  Ellen)  wufste  man  dasfelbe  nur 
ober  dem  Altar  der  Nations-Capelle,  oder  auswärts 
derfelben  irgendwo  im  Kirchenraum   unterzubringen. 

Schon  zwei  Monate  nach  Abfendung  diefes  Be- 
richts befand  (ich  die  Anweisung  über  1000  Kronen 
in  den  Händen  derNation,  welche  die  Ausführung  des 
Auftrags  fich  ernstlich  angelegen  fein  ließ.  Da  die 
Sienefer  Meister  von  ihren  Anfchlagen  nicht  abgingen, 
fo  wurde  nun  der  erlte  Procurator  der  Nation  nebst 
einer  Vertrauensperfon  nach  Florenz  zu  Gian  Bologna 
entfandt,  um  defTen  Anrichten  einzuholen.  Diefer  er- 
klärte nach  reiflicher  Ueberlegung  den  Entwurf  für 
verfehlt  und  eher  für  ein  Gemälde  geeignet,  widerrieth 
die  ungehörige  Verbindung  von  Holz  und  Steinbild- 
werk und  meinte,  dafs  die  Herstellung  des  Ganzen  in 
Stein    „wegen    Menig   der   Figuren    und    Bilder   fo   in 


Marmor  zu  hauen   von  Nöten"    nicht    unter  3  — 4000 
Kronen  möglich  fei.  Dagegen  ließ  er  fich  bereit  finden, 
felbft  einen  Entwurf  auszuarbeiten,  welcher  alle  wefent- 
lichen  Stücke  aus  dem  früheren  beibehielt,  denGrößen- 
verhaltniffen  angepafst  war,   und  bei  Verwenduni; 
besten    Materials    nicht    über   1000   Kronen    gestehen 
follte.  Gleichzeitig  wies  er  die  Abgefandten  derNation 
an  einen  anderen  tüchtigen  Meilter,   da  er  felbft  durch 
Arbeiten  für  den  Großherzog  in  Aufbruch  genommen  fei. 
Die  Familie,  welcher  diefer  Gegenvorfchlag  über 
fchickt  wurde,  zögerte  mit  der  Antwort  und  entfehloß 
fich    erst    auf  wiederholte   Anfrage,    das    Ganze    dem 
Ermeffen  der  Nation  anheim  zu  stellen.  Sofort  (Septi 
ber  1596)  wurde  ein  Vertrauensmann  in  Florenz  aui 
fordert,   er  möge  der  Nation  zu  Gefallen  Johann  von 
Bologna  anreden,  damit  diefer  einen  fleißigen  Meister 


^•©■CXSO'ILXX- 


MIMST AY1ATA  BTfflC  IHMAPJMm 


<. 0,6e  m. ■> 

Fig.  2. 

für  diefe  Arbeit  nach  Siena  fchicke.  So  gefchah  es 
auch.  Den  Namen  des  Meisters'  verschweigen  leider 
die  Quellen,  doch  lobt  ihn  das  Werk,  für  welches  ihm 
im  Ganzen  750  Kronen,  darunter  100  Kronen  nach 
Einlangen  des  in  Rom  verfertigten  Kreuzbildes  bezahlt 
wurden.  20  Kronen  erhielt  der  Meister  ferner  für  Ver- 
änderung der  Epitaphien  und  50  nach  Vollendung  des 
Altars,  das  übrige  ging  auf  Auslagen  zu  würdigerer 
Ausstattung  der  Capelle,  die  mit  der  Errichtung  des 
Denkmals  nur  mittelbar  zufammenhingen:  auf  das 
Ausmalen  der  Gewölbe,  die  Beistellung  neuer  Bänke, 
welche  mit  dem  Doppcladler  gefchmückt  wurden,  die 
„Anfchaffung  von  Sammt"  zu  derNation  (Bahr-?)  Tuch 
u.  dgl.  m.  Soviel  über  die  Schickfale  der  Nationsgruft 
zu  Siena  im  Allgemeinen. 


Unter  den  erhaltenen  Denkmalen  deutfeher 
Studirender  zu  S.  Domenico  gebührt  dem  Monumente 
des  Freiherrn  Cafpar  von  Windifch-Grätz,  deflen  Ent- 
ftehungsgefchichte  oben  mitgetheilt  wurde,  unbedingt 
der  erfte  Platz.  Dasfelbe  ift  durchwegs  aus  verfehieden- 
farbigeni  Marmor  gearbeitet  und  nimmt  die  ganze 
Rückwand  der  Capelle  ein,   fo    zwar,    dafs   fogar  das 

b* 


XII 


Aufbau  einbezogen  ift,  welcher  erft  an 
Deckenwölbung  mit  einem   gekrönten  Kreuz  aus 
en  und  dem  V  \X  abfchließt.  Nach  dem 

würfe  Gian  Bolognas  erhielt  das  Ganze  die  Grundform 
eines  von  vier  jonifchen  Säulen  getragenen  gebroche- 
nen Giebels.  Das  in  der  Flucht  etwas  zurücktretende 
Mittelfeld  von  Verdeantico  mit  einer  Umrahmung  von 
gelbem  Marmor  umfchließt  ein  hochaufragendes  Kreuz 
von  weißem  Marmor  mit  dem  trefflich  gearbeiteten 
Bilde  des  rs.   Zu  Füßen  desfelben  kniet  rechts 

der  Verftorbene  in  antikifirender  Kriegerkleidung,  den 
abgenommenen  Helm  und  die  Handfchuhe  vor  fich  auf 
dem  Boden;  linker  Hand,  ihm  gegenüber,  erblickt  man 
das  Windifch-Grätzifche  Wappen  mit  drei  Helmen.  Vor- 
egt  und  mit  dem  Denkmal  in  inneren  Zufammenhang 
•  rächt  ift   der  Capellen- Altar,  welcher  die  Geftalt 
eines    von    Baluftern  getragenen   Marmortifches   hat, 
und   um   zwei  Stufen  über  den  Fußboden  erhöht  ift. 
Die    etwas    vorragenden    Seitenfelder    enthalten    in 
hen  die  Standbilder  der  heil.  Barbara  und  der  heil, 
dalena,  als  derjenigen  Heiligen,  deren  Fefte  von 
der    deutfehen    Studentenfchaft    zu    Siena  befonders 
feierlich  begangen  wurden.  Die  eigentliche  Grabfchrift 
auf  der  Evangelienfeite   unter   dem  Sockel   der  heil. 
Barbara  auf  einer  weißen  Marmortafel  lautet: 

D  •  O  ■  M  • 
ILLYSTRI  ET  GENEROSO  DOMINO  |  D  C ASPARO 
A  WINDISCHGRÄTZ  LIB  •  BARON!  IN  |WALTSTAIN 
ETTH\L  D  •INTRAYTM.NSDORFiM^GNO  DVC  |  STI 
RIA  STABVLI  MAGIST  -HEREDIT-  |  QYI.  VIRTVTI5 
CAVSSA  SECVNDVM  IN  ITALIA:  |  QVVM  GENVÄ 
SENAS  XI-  MARTII  ADPVLISSET.  |  AC  INDE  ROMAM 
NEAPOLINQ^COGITASSET:  IIMPROVISIS  EXANTPE- 
MATVM  INFLAMMA  |  TIONTB  •  OBRYTYS  |  XX-MENS- 
ANTEDICTI.  PIE  AC  PLACIDE  IN  CHRISTO  |  SAL 
VATORE  SVO  OBDORMIVIT.  |  ANN  P  ■  5  =:I3XCV 
A-TAT  •  SVA  XX- 
Tiefer  unten  in  gleicher  Höhe  mit  dem  Altartifche 
ift  das  Windifch-Grätzifche  Wappen  nochmals  ange- 
bracht (f.  die  TafeT.  In  ganz  entfprechender  Anord- 
nung findet  man  gegenüber  das  Schlickifche  Wappen 
und  zu  Füßen  der  heil.  Magdalena  eine  Schrifttafel 
mit  der  Widmung: 

HIPPOLITA  A\\TNDISHGRÄTZ^C;NATASCHLICKIA 
COMITISSA  Ä  PASSAVN  ET  WEISKIRCHEN  ÄC  |  MA. 
TER  LVCTVOSISS  |  FILIO  VNTCO  ATQVE  VNTCE 
CARO  |  MATERNT  ILLA-TVM  HOC  MONTMENTYM 
SEMPER  AMORISiCONTRA  VOTVM  PIETATIS  |PROH 
dolor:  i  non  sine  MVLTIS  LACRYMIS  I  COM. 
MYNT  -  NAT-GERM-APVD  SEN-OPERÄ-  |  STC  |  QVAE 
MATRI  QVONDAMDEBEBAS  MVNERA  NATVS  |  IPSA 
HEV  INFELIX  HOC  TIBI  DAT  TVMVLO- 
An  biographifchen  Nachrichten  über  den  Ver- 
ftorbenen  wäre  hier  zu  erwähnen,  dafs  Cafpar  der 
einzige  Sohn  dritter  Ehe  des  Freiherrn  Pancraz  von 
iifch-Grätz  mit  Hypolita  gebornen  Gräfin  von 
Schlick,  im  Jahre  1575  das  Licht  der  Welt  erblickte 
und  den  Taufnamen  nach  feinem  Großvater,  dem 
Grafen  Cafpar  von  Schlick,  erhielt. 

Seine  Mutter  war  eifrige  Proteftantin  —  bekannt 
ift  als  Epifode  aus  der  Gegenreformation  in  Steier- 
mark  die  Erftürmung   des  Schlöffe?  Waldftein    durch 


die  landesfürftlichen  Soldaten  io  April  1602^  wegen 
•  des  Unterftandes,  welchen  fie  dem  Prediger  Paulus 
Odontius  gewährte  —  und  auf  ihren  Antrieb  verließen 
162S  29  nicht  weniger  als  32  Mitglieder  der  Familie  Win- 
difch-Grätz  die  Heimat.  Italien  betrat  Freiherr  Cafpar 
fchon  im  Jahre  15  -  V  :n  erften  Januar  diefe>  Jahres 
lautet  fein  Eintrag  in  die  Herrenmatrikel  zu  Padua. 

Dafs  ihn  auf  einer  zweiten  Reife,  welche  er 
von  Genua  aus  nach  Rom  und  Neapel  unternehmen 
wollte,  zu  Siena  kurz  nach  feinem  Eintreffen  die  t 
liehe  Krankheit  befiel,  melden  uns  außer  der  Grab- 
fchrift noch  andere  Nachrichten  (Vergi.  Anh.  Nr.  12, 
14—19,21,  45- : 

Die  übrigen  Grabdenkmale  in  derNations-Capelle 
vertheilen  fich  auf  die  beiden  Seiten  wände  und  auf  den 

boden  Graf  Engl,  f  172;.  Xr.  21  .  Linker  Hand  ge- 
wahrt der  Eintretende  elf  Epitaphien  in  drei  Reihen 
übereinander,  zu  oberft  jenes  des  Johann  Staphylus 
t  1:80  Xr.  2,  darunter  drei:  Chriftoph  Ulrich  von 
Würzburg   f  1610.   Xr.    3  .    Friedrich   von    Lichtenau 

-4,  Xr.  4  und  Conrad  Rudt  (f  1501.  Xr.  5  ,  endlich 
zu  unterlt  Xr.  6:  Johann  Wilhelm  Schott  in  Fifchbach 
v  1590  .  7.  Leo  Barth  von  Harmating  f  15S6  .  8.  Johann 
Andreas  Geuder  -  2  ,.  Johann  Adam  von  Mucken- 
thal -r  1585  .  10.  Gabriel  Muffel,  t  1582  .  11.  Werner 
Schenk  von  Stauffenberg  (f  1577  und  12.  der  Lai- 
bacher Andreas  Verhetz  (f  1632V  Die  Wand  an  der 
Epiftelfeite  hat  in  zwei  Reihen  acht  Denkfteine  aufge- 
nommen: 13.  Carl  Breuner   f  1577  ,   14.  Andreas  Imhof 

IO),   15.  Joachim  Clewein     t  1629'    und    darunter 
16.  Wilhelm  Barland  fi597',  17-  Chriftoph  Kreß    f  15 
18.    Georg  Adam    Freyberger   (f  1592  ,    19.    Sebaftian 
Löffelholz  (f  1590'  und  20.  Johann  Sebaftian  Langen- 
mantel  vom  R   f  1596  . 

Xr.  2.  Johann  Staphylus.  Unter  dem  Wappen  auf 
einer  weißen  Marmortafel,  welche  von  zwei  fehr  ein- 
fachen Confolen  getragen  wird : 

D        •        O  M 

HEV  LEGE5  •  ET  ACERBA  TRIVM  •  DECRETA  •  SORO 
RVM-  |  ET  FAL5AS    HOMINVM   SPES   INTERCEPTAQ^ 
VOTA  •  |  FLET  PIETAS  •  LVGENT   CHARITES  •  SVSPI 
RIA  MVSÄ  |  CREBRA  TRAHVNT  -  THEMIS  ANTE  OES 
ÄQVISSIMA  PLANGIT  |  I ANE  TVOSOBITVS  ETIAM 
NVM  MCESTA  PERENNEM|  OSTENDES  ■  LACRYMISQ^ 
RIGANS  TVA  PRA-MIA  •  LAVRVM  |  DIGNA  ET   PRO 
MERITAM     SINERENT   AH    FATA     CORONAM  |  EN 
AGE  •  ET   HOS   FRATRV   GEMITVS  ■  PLANCTYMQsj 
TVORV  |   LONGINQVA    REGIONE    PROCVL    QVA 
MITTERE  POSSVNT  |  ANTE  DIEM  RAPTO- PVLCHRÄ 
SVB  FLORE  IWENTA  |  VLTIMA  LAM  CINERI  DOXA- 
EHEV  •  IRRITA  DONA-  |  ACCIPESIC  DIVOS  HABEAS 
IN  MORTE  SECVNDOS-  |  IOANNI  STAPHYLO 
GERMANO  F AMIGERATIS,  |  SIMI  CONTRA  HA.RETI 
COS  SCRIPTORIS  FRIDERICI  |  STAPHYLI  ■  S  ■  CA.S  • 
MAIES  CONSILIARIIFILIOQVII  OB  EXIMIAS  DOTES- 
QVIB  •  RARAM   DE  SE    EXPECTATIONE  |  CONCITA 
VERAT  ■  O.MNIVM    VOTIS    AD    REMPVB  •  DOMVM  | 
EXOPTATVSIRRITA  SPE   AD  CCELESTEM  PATRIAM  | 
COMMIGRAVrr-  I  FRATRES   GERMAN1   FRIDERICVS 
ET  ANDREAS  MCESTISSIMI|  PPDIEXVII IVLIIANNO 
PARTÄ.  SALVTIS  |  MD  LXXX 


XIII 


Das  Wappen,  in  einer  eiförmigen  Kartufche  mit 

eingerollten  Auslaufen,  befteht  aus  einem  roth  gemalten 
Schilde  mit  weißer  Querbinde,  welchen  ein  offener  ge- 
krönter Helm  mit  abfallenden  Decken,  aber  ohne  Hclm- 
kleinod  bedeckt. 

Johann  Staphylus,  mit  dem  am  II.  November  1578 
zu  Siena  eingetragenen  Johannes  Staflilaun  identifch, 
war  ein  Sohn  des  bekannten  Königsberger  Theologen 
Friedrich,  welcher  1553  zum  Katholicismus  übergetreten 
war  und  1564  als  kaiferlicher  und  herzoglich  bayerifcher 
Rath  und  Infpe&or  der  Univerfität  Ingolftadt  darb. 

Johann  bezog  im  Frühjahr  1579  die  Univerfität 
Perugia,  in  deren  Matrikel  er  zum  1.  April  1579  als 
Joannes  Staffilaun  Bavarus  erfcheint.  Vierzehn  Tage 
vorher  hatte  er  fich  mit  den  Worten  Joannes  Staffilus 
cum  insperato  Perusijs  optans  optanti  se  obtulisset 
16.  Martij  a.  1579  ins  Stammbuch  feines  Freundes  Fried- 
rich Rehlinger  eingetragen.  Bald  darauf  fcheint  er  zu 
Perugia  geltorben  zu  fein,  denn  Rehlinger  fügte  dem 
Namen  ein  Kreuz  und  die  Worte  bei:  Cui  deus  pro- 
pitius,  nam  obiit  Perusiis,  andere  Nachrichten  bezeich- 
nen jedoch  Siena  als  den  Ort  feines  Todes.  '  Der  in 
der  Grabfchrift  genannte  Bruder  Friedrich  hatte  fich 
fchon  1573  in  die  Nations-Matrikel  zu  Siena  einge- 
fehrieben. 

3.  Chrißoph  Ulrichvon  Würzburg.  Das  prunkvolle» 

aber  etwas  fchwerfalligc  Denkmal  befteht  aus  drei 
Theilen:  der  eigentlichen  Grabfchrift,  dem  darüber  be- 
findlichen Wappenfelde  und  den  krönenden  Giebel- 
figuren.  Auf  der  Schrifttafel,  deren  regellofe  Um- 
rahmung oben  und  unten  in  häfsliche  Fratzen  über- 
geht, lieft  man: 

A  ET^  PERPETV/c.  VITA-  FINISQVE  MEMORIA- 

REVERENDO  ET  NOBILISSIMO  DOMINO 

CHRISTOPHORO  VDALRICO- A- WIRTZBVtGCATH- 

ECCLES:  BAMBERG  •  ET  WIRTZBVRG  ■  CANONICO 

VTI  AVGVSTA.  EQVESTRIVM  FRANCIS  ORIEN 

TALIS   SVI  SANGVINIS  VIRORVM  PRINCIPVM 

AC  PRÄ-LATORVM  VIRTVTIS  •  AlMVLATOR 

ITA  DOMI  FORISQVE  AVGVSTE  EDITVS 

NEAPOLITANO  ITINERE  EXPEDITO  IPSO  D  • 

AVGVSTINI  FESTO  SENIS  IN  DOMINO 

OBDORMIVIT  •  AÖ  •  M  •  D  •  CX  •  AVTATIS 

SVA  XX  <— '  F  •  F  ■  HIERONIMVS  A 

WIERTZBVRG  E/RVNT  •  ECCLESIAV 

CANONICVS  HÄC  MASTIS 

SIMG  F  F  •  (sie). 

Aul  zwei  kräftigen  Confolen  erhebt  fich  darüber 
das  aus  der  Wand  ftark  hervortretende  Denkmal. 
Zwei  halbnackte  Hermen  mit  vielen  Brüften  nach 
Ait  der  Diana  von  Ephefus  tragen  einen  gebrochenen 
Giebel  mit  drei  Engeln.  Der  mittlere  von  diefen  fleht 
und  ftößt  in  zwei  Pofaunen.  Die  beiden  anderen  ruhen 
auf  den  fchrägen  Giebelftücken,  find  mit  brennender 


'  So    Val.   Rotmar    in    feinen  von   Mederer  herausgegebenen  Annalcs 
tadiensis  A<  ad«  niae   I        -     I  iannes   primum    praeterito   anno    15S0  in 
Itali  i  Senis  magno  tum  fratrum  tum  patronorum  desideris  moritui    Das  5l 
buch  Rehlinger'i  fiehe  im  Jahrbuch   der  Gefellfchaft  Adler  1876,  114.  Nr.  3-1- 

\  -  1    I.  endlich  J-  Gel      rten-Lexicon  IV,  Obei     Irabmal   lief 

noch  im  1  fahrhundert  die  Malerei  der  Capclle,  deren    1  Ri 

der  Studenten  gedacht  wird.  Die  Bi  1   hreibung    bi  1   / 

tii  I'     Sotto  la  pittura  •'■  di  s.  Barbara  in  cornii  Evangclii  vi  e 

un  depnsito  in  luo^o  piu  li  tutti  pli  ahn  u.  f.  w. 


Fackel  und  Todtcnkopf  ausgeftattet  und  halten  Täfel- 
chen mit  den  Worten: 

MEIMENTO  -MORI- 

Im  Mittelraum  erblickt  man  das  Wappen  des  Ver- 
dorbenen, das  mit  der  Abbildung  im  Siebmacherifchen 

Wappenbuch,  Band  I,  Taf.  105,  in  der  Zeichnung  bis 
auf  die  fehlende  I  lelmkrone  genau  übereinftimmt. 
Umgeben  wird  es  von  acht  Ahnen fchilden,  welche  an 
zwei  kraftigen  Mauerringen  mittelft  zweier  unten  ver- 
fchlungener  Bänder  befeftigt  find,  wahrend  uns  abge- 
kürzte Ucberfchriften  auf  kleinen  Täfelchen  die  Namen 
der  betreffenden  Familien  nennen.  Diefe  find  auf 
vaterlicher  Seite  von  oben  herab:  1.  W.BVRG  (Würz- 
burg,  Siebmacher  I,  105),  2.  EzDORF  (Etzdorf,  Sieb- 
macher I,  156,  jedoch  den  Ilirfch  nach  links  gerichtet', 
3.  W.EEL  (Wallenfels,  Siebmacher  I,  104),  4.  POS'ER 
(Pofter,  Siebmachcr  I,  56).  Mütterlicherseits  werden 
genannt:    5.    THVNA    (Thüna,    Siebmacher    I,    147), 

6.  GkkFen  STEin  (im  Schild  ein  fpringender  Widder) 

7.  EiNSIDeL    (Einfiedel,  Siebmacher  I,   153),  endlich 

8.  BRÄ.STilN  (Brandenftein,  Siebmacher  V,  138). 

Chriftoph  Ulrich  von  Würzburg  geboren  1590,  war 
ungeachtet  feiner  jungen  Jahre  fchon  Canonicus  von 
Bamberg  und  Würzburg,  als  er  nebft  feinem  altern  in 
der  Grabfchrift  gleichfalls  genannten  Bruder  Hierony- 
mus  Ende  November  1609  von  Neapel  nach  Siena 
kam.  Beider  Einträge  in  die  Nations-Matrikel  find  vom 
23.  November.  Im  folgenden  Jahr  wurde  eine  Reife 
nach  Neapel  unternommen  und  auf  der  Rückkehr  von 
diefer  ftarb  Chriftoph  Ulrich  am  28.  Auguft  1610  zu 
Siena. 

4.  Johann  Friedrich  von  Liechienau.  Sein  einfaches 
Grabmal  befindet  fich  knapp  unter  jenem  des  Johann 
Staphylus  und  ift  mit  feinem  oberen  Theil  geradezu  in 
den  Raum  eingepafst,  welcher  zwifchen  beiden  Trag- 
fteinen  freigeblieben  war.  Die  Infchrift  lautet: 
NOBILITATEATQJDOCTRINAEXCELL-DN-|IOES- 
FRIDERICVS  •  A  •  LIECHTENAVV  •  V  •  I  •  D  •   LONG  • 

DIVTVRNOQ^-  MORBO  •  CONFECTVS    TANDEM 

ATATIS  |  SVA  •  ANNO  •  XXV  •  X  •  IANVARII   ANNO 

CIDIOLXXXH-  EX-HAC-VITA  FOELICITER- MIGRA- 

VIT-CVI  |  PARENTES  MOESTI  HOC-M-  F-  C  •  II-MAI  •  j 

ANN-M-D-LXXXIIII- 

Die  darüberftehende  Marmorplatte  enthalt  in 
einem  Zierfchilde  das  Wappen  der  Liechtenaucr,  wie 
es  bei  Siebmacher  IV,  Taf.  116,  abgebildet  ift. 

Johann  Friedrich  von  LiecJitenau,  welcher  fich  als 
Auguftanus  am  10.  December  1581  zu  Padua  und  am 
lO.October  1582  zu  Siena  in  die  Nations-Matrikel  ein- 
trug, gehörte  wohl  jenem  fchwäbifchen  Gefchlechte  an, 
welches  man  bisher  nach  Hübner's  Angabe  (1  lift.  polit., 
VII,  S.  370)  fchon  1517  gänzlich  crlofchen  wähnte. 
Vergl  Gauhc,  Adelslexicon  II,  626.)  Das  Todesdatum 
enthält  entweder  einen  Felder  des  Steinhauers,  welcher 
unter  anderem  das  zweite  c  in  confectus  und  das  TA 
in  setatis  ober  der  Zeile  nachtragen  mußte,  oder  es  ift 
(ausnahmsweife  bei  dem  Grabftein  eines  Deutfcl 
nach  der  Florentiner  Rechnung  angefetzt,  und  würde 
dann  bei  uns  dem  10.  Januar  1583  entfprechen. 

5.  Conrad  Kult.  Schrifttafel  mit  eingerollten  Aus- 
laufen, welche  unten  in  eine  Maske  übergehen  und 
mit  Tüchern  behängt  find. 


XIV 


DOM 

CONRADO  RID  GERMANO  IVVENI 

NOBILI.  PIETATE  ERVDITIONE  AC 

VARIARVM  RERVM  COGNITIONE 

NVLLI  SECVNDO.  HAEREDES 

MOESTISSIMU  P  ■  P  • 

VIXIT  ARNOS  XXVIII  MENS.-!- 

DIES  XXV  OBIIT  HIC  SENIS. 

NEAPOLI  REDIENS.  FEBRI 

AC  DYSENTERIA  CORREPTVS, 

Vfi  OCTOBRIS  •  ANNO-MD-X-CI- 

Zwei  plumpe  Confolcn  zu  beiden  Seiten  der 
Schrifttafel  tragen  den  Wappenftein  zwifchen  zwei 
Pilaftern  und  zwei  gekröpften  Gefimfen.  Den  Abfchluß 
nach  oben  erhält  das  Denkmal  durch  einen  giebelför- 
migen  Zierat  mit  dem  Todtenkopf,  welcher  von  einem 
Kreuz  auf  einem  Dreiberg  überragt  wird.  Im  Ganzen 
ift  das  Werk  nicht  befonders  geglückt.  Die  ruhigen 
Linien  der  oberen  Hälfte  flehen  in  unfehönem  Gegen- 
fatz  zu  den  Verfchnörkelungen  des  Unterbaues,  die 
Ausfchmückung  durch  herabhängende  Tücher  ift  bis 
zum  Ueberdruß  oft  angebracht,  und  endlich  ift  auch 
der  Giebel  viel  zu  klein  ausgefallen.  Dagegen  ift  die 
Ausführung  des  Wappens,  zumal  die  Behandlung  der 
Helmdecken  zu  loben.  Das  Wappen  ift  redend  und 
zeii;t  in  einem  links  gefchrägten  Felde  eine  nach  rechts 
fpringende  Rüde  mit  einem  Knochen  in  den  Vorder- 
tatzen. Der  offene  und  gekrönte  Helm  wiederholt  die 
Schildfigur  wachfend  als  Kleinod. 

Ueber  die  adelige  Familie,  welcher  der  Verftor- 
bene  angehörte,  ift  nichts  bekannt.  Die  Rüd,  Rüdt  von 
Kollenberg,  führen  ein  ganz  anderes  Wappen  (Sieb- 
macher I,  1241,  ebenfo  die  fchwäbifchen  Riet  (a.  a. 
( >.  II,  88).  Er  felbft  fchrieb  fich  am  17.  Odober  1590 
zu  Padua  als  Conradus  a  Rudt  ein  (Freundeshand 
fetzte  Obiit  Sienae ,  bei).  In  der  Sienefer  Matrikel  er- 
fcheint  er  zum  25.  September  1591  mit  dem  Beifatz 
Boruflus.  Auch  Rudt  hatte  fich  gleich  Chriftoph  Ulrich 
von  Würzburg  (3)  den  Todeskeim  auf  einer  Reife  nach 
Neapel  geholt. 

6.  Johann  Wilhelm  Schott  von  Schottenßeiu, 
f  1610.  Erinnerungstafel  von  einer  flachen  Confole  mit 
dem  Todtenkopf  getragen,  darüber  ein  kräftig  aus- 
ladendes Gefims  mit  dem  Wappen  (Siebmacher  I,  102) 
zwifchen  zwei  niederen  Obelisken. 

•  D  •  O  •  M  • 

ET  MEMORIA.  TAM  PIETATE  QVAM  VIRTVTVM 

CENERE   NOBILISS    IVVENIS.   IOANNIS   GVILIELMI 

SCHOTT  IN  FISBACH.  ,>iC.  OB  STVDIVM  PERLV- 

STRANDI  EXOTICAS  NATIONES,  CVM  M  :  DVCIS 

HETRVRIA  COSMI  •  II  •  TRIREMIB  •  BARBARIÄ 

VERSVS  NAVIGANDO,  FORTE  FORTVNA  IN 

OPPVGNATIONE  CASTELLI  BESCHERI.  XVII -AVG: 

A  BARBARO  TELO  MISSILI  VVLNERATI 

DIE  XXVII  AVG:  POST.  VITAM  CVM  MORTE 

COMVTÄDO  IN  DEO  PLACIDEOBDORMIIT.  OSSA 

VERO  INSVLA-SARDINIA-PROPESPECVLAM  SiPETU 

RELIQVITCVI  FRATER  MOESTISS  :  HOC  AMORIS 

MONVMENTVM  P  •  CVRAVIT,  SENIS 

MENS:SEPT:  A:M-DCX 


IOAN  -  THEODORICVS  SCHOTT  IN 
FISCHBACH.  ETC: 

1  Kr  Name  des  Verftorbenen  kommt  meines 
Willens  in  den  Matrikeln  von  Padua  und  Siena  nicht 
vor,  wohl  aber  derjenige  feines  Bruders  Hans  Dietrich, 
welcher    fich   zu  Siena   im   Januar    1610    einzeichnete. 

Kriegerifche  Abenteuer,  wie  jenes,  welchem 
Johann  Wilhelm  Schott  zum  Opfer  fiel,  gehörten  da- 
mals zur  Würze  des  Studentenlebens.  Melchior  Gail, 
Nr.  23,  ift  den  Anftrengungen  einer  ftürmifchen  See- 
fahrt erlegen  und  das  Briefbuch  der  deutfehen  Nation 
überliefert  beifpielsweife  auf  Fol.  97  das  Bittgefuch 
der  Studentenfchaft  vom  15.  Juni  1605,  in  welchem  (ich 
jene  beim  Großherzog  für  den  Grätzer  Johann  Sigis- 
mund  Schörckl  verwendet,  defiderando  navigare  con 
le  galee  dell'  Altezza  Sua  Sereniffina  per  ornamento 
della  sua  gioventii. 

7.  Leo  Bart  von  Harmating,  f  15S6.  Viereckige 
Schriftplatte  oben  und  unten  ausgefchweift  und  einge- 
rollt: 

CLAVDITVR  HOC  SAXO  SAXV  QVE  MORTE  PEMIT 

SAXVM  CAVSA  NECIS,  FÖNS  ET  ORIGO  POLI 

BARTIVS  ETRVSCIS  CVI  DIRE  ILLVSIT  IN  ORIS 

FORTVNA -HIC   LACHRYMAS  TE  RETINERE   IVBET 

VIVIT  ENIM  VIVIT  SVBLIMI  CLARVS  OLYMPO 

TERRA  TEGIT  CORPVS  SPIRITVS  ASTRA  TENET 

NOBILI  •  D  •  LEONI  BARTH  AB  HARMATING 

MONACENSI  BAVARO  MASTI  PARENTES 

PIETATIS  CA  •  POS  •  A  •  D  •  M  •  D  •  LXXXVI- 

Der  Wappenftein  darüber,  mit  dem  D  •  O  •  M-  auf 
dem  Friefe,  wird  von  einem  gefchweiften  Giebel  mit 
aufragendem  Kreuze  bedeckt.  Das  gevierte  Wappen 
ift  mit  zwei  Helmen  ausgeftattet.  Das  1.  und  4.  Feld 
fowie  der  erfte  Helm  mit  feinem  Kleinod  entsprechen 
der  Abbildung  bei  Siebmacher  II,  42  (im  Schwarz  ein 
glatzköpfiger  weißgebarteter  Mannskopf),  fie  find  das 
alte  Abzeichen  des  Gefchlechts  (a.  a.  O.  III,  124). 
Feld  2  und  3  und  das  Kleinod  des  zweiten  Helms:  ein 
bärtiger  Kopf  mit  flatternden  Bändern  auf  einem  nach 
rechts  gekehrten  Löwenrumpf  find  wohl  bei  der 
Wappenbefferung  durch  Kaifer  Rudolph  II.  (1585  [fj 
17.  September:  Prag)  hinzugekommen.  —  Siebmacher 
a.  a.  O.  hat,  nach  einer  undeutlichen  Zeichnung,  diefen 
Kopf  auf  einen  Schweinsrumpf  gefetzt. 

Leo  Bart  kam  Ende  Auguft  15S4  nach  Siena  (fein 
Eintrag  mit  dem  fpäteren  Beifatz:  mortuus  est  Senis 
lautet  vom  28.  Auguft  d.  J.)  und  bekleidete  hier  vom 
10.  März  bis  zum  12.  Mai  1585  die  Stelle  eines  Procu- 
rators  der  deutfehen  Nation.  Am  8.  April  des  folgen- 
den Jahres  gcrieth  er  auf  einem  Spaziergang  mit  zwei 
Freunden  außer  der  Stadt  zwifchen  Porta  Camollia  und 
Porta  Ovile  mit  lombardifchen  Handwerkern  in  Streit, 
und  wurde  hiebei  durch  einen  Steinwurf  auf  die  Schläfe 
getödtet.  Die  Nation  veranlaßte  fofort  die  Verfolgung 
der  Thäter,  fowie  an  den  beiden  folgenden  Tagen 
die  Beifetzung  des  Erfchlagenen  und  die  Abhaltung 
eines  Seelopfers.  Ueberdies  wandte  fie  fich  am  11.  April 
mit  einer  Eingabe  an  den  Großherzog,  um  die  Strenge 
der  Gerechtigkeit  gegen  die  gemeinen  Leute  aufzu- 
rufen, welche  einen  Mann  wie  Bart  (gentilhuomo 
Bavaro  nobilissimo  ed  amatissimo  come  figlio  dalDuca 


XV 


di  Baviera)  getodtet  halten.  Erft  hierauf  erfolgte  die 
Benachrichtigung  der  Angehörigen:  man  erzählte  den 
Vorgang,  verzeichnete  den  vorhandenen  Nachlaß  und 
die  Schulden  (darunter  $6  Kronen  Begrabniskofi.cn) 
und  bat  um  baldige  Bezahlung  der  letzteren.  Dem 
wurde  fofort  entfprochen,  denn  die  Nation  konnte 
fchon  unterm  2S.  Juni  d.  J.  berichten,  dafs  fie  aus  dem 
eingelangten  Wcchfel  über  300  Kronen,  nach  Abzug 
der  Marken  Vermittlungsgebühren,  alle  Ausftände  mit 
212  Kronen,  17  Kreuzern  und  3  Vierern  beglichen  und 
noch  etliche  30  Kronen  behalten  habe,  welche  fie 
gemäß  der  mitfolgenden  Zeichnung  für  ein  Grabdenk- 
mal verwenden  mochte. 

Drei  Jahre  fpäter  kam  es  zu  einem  Nachfpicl.  Der 
Thater,  welcher  feinerzeit  den  Nachforfchungen  ent- 
gangen zu  fein  fcheint,  verfuchte  jetzt  mit  der  Nation 
und  der  Verwandtfchaft  Leo  Bart  s  gütlich  abzukom- 
men, um  nach  Siena  rückkehren  zu  können.  Kr  fand 
machtige  Gönner,  die  fich  feiner  annahmen,  bis  der 
Großherzog  die  Entfcheidung  der  Sache  dem  guten 
Willen  der  Nation  überließ.  Da  blieb  freilich  nichts 
übrig,  als  nachzugeben,  wie  dies  die  Nation  unterm 
21.  Februar  1589  in  einem  an  den  Großherzog  gerich- 
teten Briefe  erklärte.  ' 

8.  Johann  Andreas  Geuder,  f  1588.  Ober  der  von 
einem  Engelskopf  und  zwei  kleinen  Tragfteinen  ge- 
nützten Schrifttafel  der  Wappenllein  mit  einem  giebel- 
artigen Zierat  und  einem  Kreuze  auf  einem  Dreiberg 
als  Abfchlufs. 

IOH  ANDREA  ANT  •  F-SEB  •  N  •  NORIBERGA. 

EX  NOBILIET-PATRITIA  •  FAMLIA  •  GEVDERO- 

RVM  IN  HEROLZBERG  &C  •  ORTO,  PERLVSTRA 

TIS  GERMAN  :  GALL  =  ET  BRIÄNN  :  REGIONIBtSEMS 

STVDIOR  •  GRATIA  PROFECTO  IBIDEMQ^  PIE  IN 

CHRISTO  SED  IMMATVRA  MORTE  •  DEFVNTo 

PARENT  :  MOESTISS  :  PERENN  :  MEMOR  :  ERGO 

P  •  C  • 

VIXIT  ANNOS  XXIII-MENS:III-DIES  XXI  • 

OBIIT  AN  :  SAL  :  MDLXXXIIX  VIII  CAL  •  OCT  • 

Das  Wappen  ftimmt  mit  der  Zeichnung  bei 
Siebmacher  I,  205  überein,  nur  ift  die  Helmdecke  nicht 
au-gczaddelt,  fondern  als  ganzes  Tuch  behandelt.  Im 
Giebel  ober  dem  Wappen  die  Buchftaben: 

•  D  •  O  -M- 

Johann  Andreas  Geuder,  Sohn  des  Nürnbergers 
„Scptemvir"  Anton,  und  Enkel  des  Sebaftian  war  am 
3.  Mai  1565  geboren,  und  flammte  aus  dem  bekannten 
Nürnberger  Patrizier-Gefchlecht.  Gleich  feinem  Vater 
befuchte  er  auf  der  Länderreife  Padua  und  Bologna, 
und  zeichnete  fich  dort  am  24.  Oclober  1587,  hier  am 
17.  Mai  1588  ein.  Wenige  Tage  fpäter  (24.  Mai)  treffen 
wir  ihn  zu  Siena.  Er  muß  ein  Jüngling  von  vielver- 
fprechenden  Geiftesanlagen  gewefen  fein,  denn  in  der 
Matrikel  von  Padua  findet  man  bei  feinem  Eintrag  die 

1  Briefbuch  der  deutfehen  Nation  zu  Siena,  Kol.  10,  21,  i?S,  131,  zum 
Theil  hier  im  Anhang  Nr.  ;4  mitgetheilt.  Das  letzterwähnte  Schreiben  Kol.  10) 
lautet  in  feinen  wichtigften  Stücken:  Quelle.  Chi  comessc  il  uolontario  homi- 
eidio  gia  3  anni  sono  nella  Nobil  memoria  del  Sign.  Leo  Bart  Monacense 
domandando  pace  et  consenso  della  nostra  Natione  per  esser  rimesso,  ha 
presentato  un  rcscritto  da  V.  A.  S.  nel  quäle  cortesissima  al  Suo  solito  nc 
favorisee  con  las^.ir  tal  remissione  in  arbitrio  nostro.  De  tale  |  favorc  con 
ogni  debita  reuerenz.»    ringratiandola,  se  li  presenta    con    questa  il    consenso 

nostro  con  la  pace  de'  parenti  del  Sigr.  ucciso Et  con  questo  facen- 

doli  reucrenza  et  Le  offriamo  sicome  Le  siamo  et  sarä  sempre  in  Gcrmana 
fede  obbligatissimi  a  servirla  ...  Di  Siena  il  di  21.  Fcbruario   1589. 


Bemerkung:  Obiit  hie  adultus  optimus  et  nobilissimus 
in  ipso  aetatis  Höre  magno  suorum  hu  tu. 

y.  Johann  Adam  von  Muggenthal,  y  1585.  Der 
Unterbau  des  Denkmals  mit  der  [nfchrift  ftimmt  in 
der  Anlage  mit  dem  daneben  befindlichen  GeuderYchen 
überein,  nur  lind  noch  rechts  und  links  Baluller  zuge- 
geben, welche  je  einen  kleinen  Obelisk  tragen. 

Der  Stein  ober  der  Schrifttafel  enthalt  in  einfacher 
Umrahmung  Chriftum  aufGolgotha.  Maria  und  Magda 
lena  flehen  klagend  zu  Füßen  des  Kreuzes,  im  Vorder- 
grund kniet  der  Verflorbene  auf  einem  l'olller,  den 
Rofenkranz  in  den  erhobenen  Händen.  Zwei  weibliche 
Hermen,  Verkörperungen  der  forgenlofen  Jugend  und 
des  gramerfüllten  Alters  tragen  die  Bekrönung 
welche  aus  zwei  Bogen fegmenten  und  dem  Wappen 
gebildet  wird.  Letzteres  mit  dem  rechtsfpringenden 
Marder  entfpricht  bis  auf  die  verkehrte  Stellung  der 
Siebmacherifchen  Abbildung (I,  81).  Dielnfchrilt  beginnt 
mit  dem 

•D  ■  O  •  M- 

auf  dem  Friefe  und  fetzt  unten  fort: 

GENERIS  NOBILITATE,  AC  VIRTVTIBVS 

ORMTO  1VVENI  IOÄNI  ADAMO  A_MVC 

KENTHAL  GRAVISSIMI  VIRI  IOÄNIS 

ADAMI  ILLMI  VTRIVSQJBAVARIA  DVCIS  CO 

SILK"  •  ET  GVBEK-  I  •  RHAIN  EX  EVFROSINA  A 

STA1N  ■  FILIO  ■  QVI  DV  BIENIO  HIC  NA/A\AT 

OPÄ  LITRISJ>ESTIFERA  FEBRI  TFECTVS 

IMATViE  SVMO  LVCTV  SVORV  PATRIAQ^ 

ICOMODO  VTl  •  CA-  •  SEP  •  A°  ■  MDLXXXV  MORTy-ES'1  • 

Johann  Adam  v.  Muggenthal  kam  im  Jahre  1583 
von  Ingolftadt,  wo  er  feit  1577  ftudirt  hatte,  nach  Siena 
und  trug  fich  hier  am  4.  Juni  in  die  Nations-Matrikel 
ein.  Ein  Beifatz  von  Freundeshand  meldet:  mortuus 
Senis  14.  Augufl  85  magno  animi  luCtu  omnium.  Für 
die  Errichtung  des  Grabdenkmals  wurden  der  deut- 
fehen Nation  unterm  22.  September  1586  acht  und 
dreifsig  Kronen  zur  Verfügung  geftellt.  (Vgl.  Anh.  36.) 

IO.  Gabriel  Muffel  v.  Efchenau,  f  1582.  Schrifttafel 
von  einemEngelskopf  getragen,  darüber  der  Wappen- 
ftein,  überragt  von  zwei  Bogenftücken  und  einem 
Kreuze  auf  einem  Dreiberg.  Die  Infchrift  beginnt  auf 
dem  Friefe  mit 


D  •  O  •  M 


und  fetzt  unten  fort: 


NOBILITATE  •  ET  •  VIRTVTE  •  EXIMIA  •  IVVENI 

GABRIELI  MVFFELIO 

AB-ESCENNAW-ET-ECKENHEIDT-NORICO- 

QVI  ■  CVM  •  MAIORIS  ■  INGENII  •  CVLTVS  •  CAPE 

SCENDI  ■  ERGO  •  TRES-PLVS  ■  MINVS  •  MENSES 

PATRIA  •  ABFVISSET  •  IN  •  COELES"EM-PATRI 

AM  ■  VOCATVS  •  ARDENTI  ■  FEBRI  •  ANNO  -MDL 

XXXII -DIE  XXV  ■  A/GVSTI-  IN  HAC  VRBE  •  PIE 

MORTVVS  •  IN  •  HAC  •  Ä-DE  •  RIE  SEPVLTVS  EST 

MOESTISS  •  MAER  •  FRA'ERQVE  •  VNICVS  ■  ILLA 

FILIO  •  HIC  •  FRATRE  •  CARISS  •  VIDVI  • 

•L-P-ANNO  -MD-  LXXXIX  •  DIE 

•  Villi  •  MARTI1  • 


XV] 


Das  Wappen    (Siebmacher  I.    206    zeigt  fchcin 

bar  S  Felder,  ifl  aber  in  der  That  nur  geviert.  Feld  1 
und  4  enthalten  das  bei  SiebmacherV.  88  abgebildete 
Wappen  der  Muffel  von  Ermreut:  gefpalten  weißer 
Fifch  in  roth  und  gekrönter  fchwarzer  Lowe  in  Gold. 
Feld  2  und  3  find  ebenfalls  gefpalten  (blau  und  fchwarz) 
und  in  jeder  Hallte  mit  einem  gekrönten  goldenen 
Löwen  nach  rechts  belej  I  Dei  erfte  Helm  zeigt  wie 
bei  Siebmacher  einen  wachfenden  Hund,  der  zweite 
ebenfo  einen  geflügelten  Löwen,  die  rothen  Herzen 
auf  den  Flügeln  fehlen. 

Gabriel  Muffel,  Stieflöhn  desChriftoph  Kress  vom 
innern  Rath  zuNürnberg,  fchrieb  fich  fchon  am  11.  Juni 

in  die  Nations- Matrikel  zu  Siena  ein,  es  hatten 
darum  die  Worte  der  Grabfehriß  tres  plus  minus  men- 
ses  vermuthlich  tres  p.  m.  annos  lauten  follen.  Am 
2  September  1582  benachrichtigte  die  Nation  den 
Stiefvater,  dafs  Muffel  an  einem  Fieber  erkrankt  fei. 
zu  welchem  fich  die  fchwarzen  Blattern  oder  pettechie 
hinzugefchlagen  hatten,  dafs  er  fohin  am  24.  Auguft 
nach  Mitternacht  verfchieden  und  am  folgenden  Tage 
um  22  Uhr  in  der  fteinernen  Nationsgruft  in  der 
Dominicanerkirche  begraben  worden  fei.  Von  dem 
Anerbieten  der  Nation,  die  Herftellung  eines  Grabmals 
überwachen  zu  wollen  (vgl.  Anh.  33),  wurde  übrigens 
kein  Gebrauch  gemacht,  fondern  die  Ausführung  dem 
jüngeren  Bruder  Johann  Jacob  überlaffen,  welcher  etil 
um  den  24.  Mai  1588  nach  Siena  kam. 

11.  Werner  Selicnk  von  Stauffenberg,  f  1577.  Vier- 
eckige Schrifttafel  in  einer  mehrmals  gefchweiften 
Einrahmung  mit  eingerollten  Enden. 

DOM 

DWERNHERVS  SCHENCK  Ä  STAVFENBERG  • 

GERMANVS  •  SVEVVS  :  GRAVISSIMI  VIRI  ■ 

D  ■  ALBERTI,  CONSTANTIA  GVBERNATO// 

RIS-FILIVS.  1VVENIS.  TAM  SANGVINE-QVÄ 

VIRTVTIBVS,  ERVÜITIONEq^;  CLARISSIMVS: 

DVM  HAC  SENARVM  IN  VRBE  LITERARV 

STVDYS  VACARET,  ACVTA  FEBRE  CORREPTV 

CVM  GRAVI  ET  SVORV  ET  TOTIVS : 

NATIONIS  GERMCÄ-  HIC  TVNC  COMMORA 

TIS  LVCTV  MAGNOQ^PATRI/e.  INCOMMO- 

DO  ■  FATO  CESSIT  :  CVI  CHRISTOPHORVS  •  ET 

SEBASTIANVS  FRATRES  PYSSIMI.  QVI  ET  IP. 

SIVNA-SENIS- AGEBANT,  FRATRI  CHARISSI 

MO  ET  OPTIME  MERITO  PIETATIS  OFFICIO  PO 

SVERVNT  HOC  MONVMENTVM- 

DECESSIT  ANNO  XPI  ■  M  ■  D  •  LXXVII 

DIE  XXI  SEPT-  ANO  AT  ATIS  SV/t  XS 

I  »as Wappen  in  fchlichter  viereckigerUmrahmung 
ruht  unmittelbar  auf  der  Schrifttafel  aufundftimmt 
mit  der  Siebmacherifchen  Abbildung  I,  115,  überein,  nur 
find  beide  Löwen  nach  rechts  gewandt. 

Der  Verftorbene  kam  mit  feinen  obgenannten 
Brüdern  am  4.  Juli  1577  nach  Siena.  Nach  feinem  Tode 
(das  Datum  desfelben  ifl  auch  in  der  Matrikel  der  Ein- 
zeichnung  beigefetzt  reiften  die  Brüder  nach  Padua, 
wo  fie  fich  am  25.  März,  beziehungsweife  28.  November 
1578,  in  die  Nations-Malrikel  eintrugen. 

12.  Andreas  Verbez ,  f  1632.  Ovale  Schrifttafel 
mit  vielfach  gefchweifter  Umrahmung,  auf  welcher 
das   Wappen   zwifchen   zwei   Obelisken   aufruht.   Der 


Wappenfchild  ilt  gefpalten  und  zeigt  in  der  vorderen 
Hälfte  einen  flehenden  Mohren  mit  einem  Handfpiegel 
in    der   Rechten,   die  linke  Hälfte  iil  zweimal  getheilt 

und  enthalt  oben  einen  gekrönten  Drachen  nach 
rechts,  in  der  Mitte  ein  durchbrochenes  Dreieck 
und  unterhalb  zwei  Rechtbalken.  Auf  dem  offenen 
1  leime  eine  in  fünf  Kugeln  endigende  Adelskrone  und 
als  Kleinod  der  Mohr  mit  dem  Handfpiegel  zwifchen 
zwei  offenen  Hörnern,  aus  welchen  Pfauenfedern  her- 
vorgehen.   Die  I  leimdecken   find   lehr  fteif  behandelt. 

CVM   NOBILISS  :  ET  :  CLARISS  :  DN  :  AN 
DREAS  VERBECI9  I-VLICENTCARNLAB  PRA-CIPVIS 

ITAL:PARTIB9  LVSTRATIS  TRIENIOQ^SENIS 
STVDlORV  CAÄ  IMPESO  LÄT9  PATRIÄ  COGITARET, 
ACERBO  CASV  NOXIO  FERRO  LA.SVS  OCCVMBIT 
XXII  jiv|  VNY,  ALTATIS  XXVII  ANO  CVI  PIA.  RECOR 
DATI  ONIS  CAA  MCESTISSIMVS  PATRVELIS  BAL. 
THASA\  WIZ  A  GLEINIZ  SVO  SVORVM  Q^NOlE  HOC 
POSVIT  XXXSEPT:ANNOM:D:C:XXXII- 

Andreas  Verbezius  fchrieb  fich  am  31.  März  1629 
zu  Padua  als  J.  Y.  Licentiatus,  Carno-Lubianus  ein, 
fein  gleichlautender  Eintrag  zu  Siena  datirt  vom 
24.  November  1629.  Hier  harrte  er  auch  aus,  ungeach- 
tet der  Würgengel  der  Peft  Italien  in  den  Jahren 
1630 — 1631  auf  das  entfetzlichfte  verheerte  und  die 
meiden  fremden  Studenten  das  verfeuchte  Land  zu 
verlaffen  fuchten.  Vom  26.  Mai  1631  bis  zum  12.  April 
des  folgenden  Jahres  bekleidete  er  darum  zu  Siena  das 
Vertrauensamt  eines Procurators  der  deutfehen  Nation. 
Welchem  unglücklichen  Zwifchenfall  er  endlich  zum 
Opfer  fiel,  bleibt  unaufgeklärt,  vermuthlich  war  es  einer 
der  vielen  Raufhändel,  in  welche  die  Studirenden 
theils  untereinander,  theils  mit  den  Bewohnern  der 
Stadt  oft  verwickelt  wurden.  Sein  Vetter,  der  in 
Grabfchrift  gleichfalls  genannte  Balthafar  Wiz,  war  nur 
wenige  Wochen  vor  dem  unglücklichen  Ereigniß  (am 
3.  Juni  1632)  in  Siena  angekommen. 

Andreas  Verbez  dürfte  der  Sohn  des  Laibachcr 
Bürgermeifters  Johann  B*.  V.  gewefen  fein,  welcher 
diefe  Würde  in  den  Jahren  1623  und  1625—  1628  inne- 
hatte, und  deffen  Wappen  Valvafor  im  XI  Buch  feiner 
Ehre  des  HerzogthumsKrain,  S.  700,  wenn  auch  nicht 
ohne  Misverftändnifle,  mittheilt.  Vermuthlich  beliehen 
auch  verwandtschaftliche  Beziehungen  zu  jenem  Geor- 
gius  Verbez  Carniolanus,  welcher  feinen  Namen  am 
26.  Mai  1583  in  die  Matrikel  der  deutfehen  Artiften  zu 
Padua  eintrug-. 

Auf  der  Epiftelfeite    befinden   fich  in  der  Wand, 
und  zwar  in  der  oberen  Reihe  die  Grabfteine  von 
13.  Carl  Freiherrn  von  Brenner,  f  1577   (Fig.  3). 
D  •  O  •  M  •  S  • 
ILLVSTRI   ET    GENEROSO  ADOLES, 
CENTI  CAROLO   BREINERO   BARONI 
IN   STVBING  FLEDNITZ  ET  RABENSTAI 
GERMANO  INGENII  DOTIBVS  AM 
PL1SSIMIS  ORNATO,  SENIS  HERTRV 
RIA  ACVTA  FEBRE  ANNO  CHRI 
M  •  D  •  LXXVII  •  AETATIS  XV  •  OCTOB  . 
DIE  VIII  EXTINCTO  PARENTES 
MOESTISSIMI  HOC 
MFC 


SIENA. 


ABT.  UTK.  AB8TALT,  BUCH-  DKD  STEINDBÜCKEBE1  VON  STOCKIXOEB  *   SOBSUK.  WIES. 


XVII 


Der  Oberbau  dos  Denkmals  birgt  das  Wappen 
(vgl.  Siebmacher  I,  22)zwifchen  zwei  jonifchen Pilaftem 

von  grauem  Marmor  mit  weißen  Capitälen,  welche  auf 
hohen  und  flachen  Tragfteinen  zu  beiden  Seiten  der 
Schrifttafel  aufruhen.  Das  kraftige  Gcfims  von  zwei 
liegenden  Voluten  und  zwei  niedern  Obelisken  bedeckt, 
erhält  durch  das  Kreuz  ober  einem  überhöhten  und 
gleichfalls  mit  Voluten  gezierten  Sockel  einen  giebel- 
artigen Abfchluß. 

Der  Verftorbene  gehörte  der  fteierifchen  Linie 
feines  Gefchlechtes  an  und  befuchte  Italien,  wie  es 
fcheint,  in  Gefellfchaft  des  Grafen  Anton  von  Montfort. 
Der  Eintrag  zu  Padua  mit  dem  fpätern  Beifatz:  Gnadt 
dir  Gott  mein  lieber  Herr  Breiner,  datirt  vom  4.  April 
1576,  jener  zu  Siena  erfolgte  am  24.  April  1577. 

14.  Andreas  Tmhof,  f  1610.  Schrifttafel  von  einem 
Engelskopf  getragen,  darüber  der  VVappenftein 
zuil'chen  zwei  jonifchen  Pilaftem,  welche  mit  Ahnen- 
fchilden  bedeckt  find.  Auf  dem  Gcfimfe  ein  Zierfchild 
mit  D  •  O  •  M,  darüber  der  Todtenkopf,  an  den  Seiten 
je  ein  Engel  und  eine  Urne.  Die  Infchrift  lautet: 

D-O-M- 

ANDREAS  IN  CVRIA, 

AL  ■  IMHOF   ANDREA  •  SENAT  •  NORIB- 

ET  REGINAE  E  NOB-RHELINGERORVM 

Ä  WINDACH  FAM-OR-FIL-ANDREA  II-ETI- 

EIVSDREIPII-VIRVM  PRIMARIO-ft-N-ET  PRON- 

QVVM  VIRTVTIS  ET  LITERA-R-STVDIO, 

ACAD-PATRIA,  QVAE  EST  ALTORFI,  RELICTA, 

ITALIAM  ADIISET  PISISQ_-  AD  XIIX  MENSES 

SVBSTITISSET,  AC  INDE  SENAS  CONCESSISSET; 

ARDENTE  FEBRI  CVM  INFELICI  DYSENTERIA 

CORREPTVS,  IN  VERA  FIDE  ET  INVOCATIONE 

CERTAQ_-  FVTVRÄ.  •  RESVRRECTIONIS  SPE  • 

HANC  TERRESTREM  CÖLESTI   VITA  PERMVTAVIT- 


NATVS  •  AVG  •  VIND  •  POSTR  •  EID  •  APRIL  •  AN  ■  MDXC- 


DENATVS  XIV  •  KLD  •  IIXBR  AN  •  M-DCX 

VIXIT  AN  •  XX  •  M  •  V  •  D  fV  • 

CVIPARENTESMOESTISS-H-M-NON-SINELACRVMIS 

CONTRA  VOTVM  PIETATIS   PC- 

Der  halb  erhaben  gearbeitete  Wappenfchild  mit 
dem  nach  rechts  gekehrten  Imhoffchen  Seelöwen  wird 
von  einem  offenen,  aber  ungekrönten  Helm  bedeckt, 
auf  welchem  der  Seelöwe  als  Kleinod  wiederholt  ift. 
Ein  Schriftband  ober  den  Helmdecken  zeigt  die  Worte 

BEATI  IN  CHRISTO  -  PIE  DEMORTVI- 

Auf  den  Pfeilern  erblickt  man  paarweife  geftellt  die 
in  den  Stein  gegrabenen  und  gefchwarzten  Umriffe 
von  40  Wappenfchilden  der  directen  väterlichen, 
bezichungsweife  mütterlichen  Linie  auf  10  Generationen 
zurück.  Bezeichnet  man  diefelben  in  der  Richtung  von 
oben  nach  unten  mit  den  Ordnungszahlen  1 — 40,  fo 
erhalt  man  folgende  Ueberficht  über  die  Abdämmung 
des  Verftorbcnen:  Väterliche  Ahnen  1.  Reihe  = 
N.  1 — 10  Imhof  (der  Seelöwe  ift  hier  aus  Schönheits- 
rückfichten durchwegs  nach  links  d.  h.  der  Schildfigur 
des  Frauenwappens  zugekehrt).  Nr.  11- — 20  die  Frauen 
derfelben,  und  zwar  Nr.  n  geviert:  Rehlingcr  zu  Wind- 
ach (vgl.  die  Abbildung  in  Paul  v.  Stettcns  Gefchichte 
der  adeligen  Gefchlechter  in  Augsburg,  Taf.  IV,  15,  E; 
XIII.  N.  F. 


Siebmacher  I,  207,  Nr.  11),  i2.Schmidmer?(Siebmacher, 

I,  212,  Nr.  1,  hat  aber  die  drei  Rofen  gerade  umgekehrt 
alfo  fchräg  links  geftellt),   13.   Reiche]    (Siebmacher  II, 

158,  Nr.  10),  14.' Muffel  (Siebmacher  V,  88,  Nr.  2), 
15.  Cocler  (Siebmacher  I,  212,  Nr.  3),  16.  Neudung 
(Siebmacher  II,  162,  N.  10),  17.  Lemblein    (Siebma<  hi  1 

II,  158,  Nr.  11,  jedoch  das  Lamm  nach  rechts  gekehrt), 


D'ü ■  m-  s- 
lvstriEtOenrösoAdoles 
NT'i  CaroloBrei  neroBa  Ron 
'TvöngFlednizEtRabenstai 
bermanoIngeniiDotibvsam 

fUSSlMISORNAroSENiSHETRV, 
fel/E  ACV"T AFEBREAW  N  oCHJRI 
\ryV  L  XXVU-/ETATISXV-OCIÖE 

P;ieviii'EXI!inctoPare  Utes 

MOESTlSSlhlHOG 


Fig.   3- 

18.  Groß  (Siebmacher  II,  157.  Nr.  2),  19.  Gundelfinger 
(Ring  in  einem  einfarbigen  Felde,  wogegen  das  fpäter 
mit  dem  Imhoffchen  vereinigte  Wappen  bei  Paul  v. 
Stetten,  Taf.  VII,  Nr.  9,  B,  einen  gefpaltenen  weiß- 
rothen  Schild,  belegt  mit  dem  Ringe  in  verwcchfelten 
Farben  aufweift),  endlich  20.  mit  einer  fchrägen  Links- 
ftufe,  etwa  Aurberg  oder  l^infterlohe  (Siebmachcr  I,  81 
und  II,  75). 


XVIII 


Zur   G<-  fei   bemerkt,    dafs   Hans   Inihof, 

her  mit  Anna  Gundelfingerin  vermählt  war,  wie 
Paul  v.  Stetten  a.  a.  0.  S.  173  angibt,  im  Jahre  1202  zu 
Lauingen  lebte,  und  dafs  er  nach  Bucellini  Germania 
ftemmatographica  II,  Blatt  L  im  Jahre  1341  rtarb.  Sein 
Johann  lebte  zu  Nürnberg  (f  1389  und  war  mit 
Lucia  Groß  verheiratet.   Die  weiteren   genealogifchen 

n  Bucellini's  lauen  ficli  erft  von  jenem  Johann  her 
mit  der  Wappenreihe  des  Grablteines  in  Einklang 
bringen,  welcher  1528  ltarb  und  die  Catharina  Muffel 
zur  Ehefrau  hatte.    Die  drei  Andreas   Imhof,    die    nun 

11,  hatten  nach  derfelben  Quelle  die  Magdalena 
Reichin,  Urfula  Schidmayrin  und  Regina  Rehlingerin 
zur  Frau.  Damit  wären  wir  bei  den  Eltern  des  Verdor- 
benen angelangt. 

Die  mutterlichen  Ahnen  find  zunächft  zehn 
Rehlinger  mit  vier  verfchiedenen  Schildfiguren.  Die 
beiden  jüngften,  Xr.  21  und  22,  haben  das  bei  Stetten 
Taf.  IV.  15,  E  abgebildete  Wappen  nach  der  Vereini- 
gung 1503  mit  dem  Misbeck'fchen  Schilde.  23  —  25 
und  2;,  zi  entfprechen  der  Stetten  fchen  Form  D, 
welche  angeblich  Uhlrich  Rehlinger  1450  aufbrachte. 
Xr.  26  entfpricht  der  Wappenfigur  Conrads  (1335)  und 
29,  30  der  alterten  Geltalt  Stetten  a.  a.  O.  Wappen 
B  und  A  . 

Mehr  Schwierigkeiten  bietet  die  Ermittlung  der 
Frauenwappen.  Schild  3igeviert:  1,  4  ein  fchrägrechter 
Pfeil  von  zwei  Sternen  begleitet,  2,  3  der  nackte  Ober- 
leib eines  Menfchen  nach  rechts  mit  erhobenen  Händen 
und  flatternder  Kopfbinde  gehört  (wenn  die  Angaben 
Bucellini's  a.  a.  ü.,  Blattfolge  R,  richtig  find)  der 
Catharina  Soiterin  zu,  welche  fich  1558  mit  Carl  Wilhelm 
Rehlinger  vermählt  hatte.  Schild  32  mit  dem  rechts 
gekehrten  Oberleib  eines  Löwen  gemahnt  an  das  Ab- 
zeichen der  Xürnberger  Patrizier  Grundherr  iSieb- 
macher  I,  205,  Xr.  15  ,  foll  aber  der  Frau  des  Wolfgang 
Rehlinger,  Anna  Wielandin  (.1528',  zuzutheilen  fein.  ^ 
ill  zweifellos  der  Schild  der  Regina,  oder  wie  Paul  von 

ten  angibt,  Richardis  Misbeck  (1503).  34  foll  der 
Magdalena  Millerin  (1474)  zugehören,  der  Schild  fcheint 
den  Oberleib  eines  rechts  gekehrten  Mannes,  der  Klei- 
dung etwa  nach  eines  Jägers,  zu  enthalten,  während  die 
Augsburger  Müller  (Siebmacher  III,  198)  ein  redendes 
Wappen  führten.  35  ein  Blatt,  Frickinger  und  38,  Ring 
begleitet  von  3  Sternen,  Pfifter  (Siebmacher  V,  236, 
Xr.  10 — 12  und  I,  208,  Xr.  10)  find  ficher,  da  Clara 
Frickinger  und  Kunigunde  Pfifter  in  der  directen 
Almenreihe  der  Regina  Rehlinger  erfcheinen.  36  mit 
einem  Thierfchenkel  könnte  man  einer  Regensburger 
Haman  (Siebmacher  V,  222  Xr.  6)  zufchreiben,  würde 
aber  auch  der  älteren  Wappenfigur  der  Augsburger 
Egen  entfprechen  P.  v.  Stetten  Taf.  II,  19,  a).  37  mit 
drei  Löwenköpfen  nach  rechts  wird  wohl  eine  Ul- 
ftädter  fein.  Es  erübrigen  noch  die  beiden  alterten 
Schilde.  39  mit  einem  rechtsanfpringenden  Jagdhund, 
muß  der  Frau  des  Greinwald  Rehlinger  beigelegt 
werden,  welcher  um  1300  Pfahlbürger  der  Stadt  Augs- 
burg wurde.  Der  Gefchlechtsname  Windach  bei 
Bucellini  würde  zur  Schildfigur  beftens  paffen.  Endlich 
40  mit  dem  gevierten  Schilde  der  Rcichsmarfchälle 
von  Pappenheim  geht  auf  jene  Anna  zurück,  welche 
als  Stammmutter  der  Rehlinger  genannt  wird. 

Die  biographifchen  Xachrichten  über  den  Ver- 
dorbenen find  großentheils  aus  der  Grabfchrift  zu  ent- 


nehmen. Andreas  Imhof  wurde  am  14  April  1590  ge- 
boren und  befuchte  herangewachsen  die  von  Nürri- 
im  Jahre  1575  errichtete  Hochfchule  zu  Altdorf. 
Etwa  im  November  1608  treffen  wir  den  jungen  Stu- 
denten zu  Pifa,  wo  er  an  lS  Monate  verweilte,  ehe  er 
fich  nach  Siena  begab.  Sein  Beitritt  zur  hiefigen 
Nation  erfolgte  am  21.  Mai  1610.  Wenige  Monate 
fpäter  (18.  November  1610   fallt  fein  Todesdatum. 

1;  Joachim  Clewein,  f  1629.  Zwei  Pilafter  aus 
fchwarzem  Marmor  mit  weißeingelegter  Linienum- 
rahmung und  weißen  Capitälen  tragen  auf  kräftig  aus- 
ladendem Gefimfe  den  von  einem  Kreuze  überhöhten 
Stein  mit  dem  Cleweinifchen  Wappen  (Siebmacher  II, 
164,  Xr.  10).  Zwei  umgekehrte  Confolen,  welchen  je 
eineAfchenurne  und  ein  hoherObelisk  aufgefetzt  find, 
fchließen  zu  beiden  Seiten  an  und  geben  den  Uniriß- 
linien des  Oberbaues  die  Gertalt  eines  Rechteckes 
Die  Schrifttafel  ober  einer  mit  dem  Todtenkopfe  ver- 
fehenen  Confole  lautet: 

DOM- 

NOBIL  :  VIRTVTE  AC  ERVDITIONE  PRA- 

STANTISS   IOACHIMO  CLEWEIN  NORIB- 

QVI  POST  MVLTIFARIAM  SCIENTIAM 

IN  GERM  :  GALL  :  ANGL  :  ET  BELG  :  ACADE- 

MUS  ACQVISITAM.  REDITVM  EX  ITALIA 

IN  PATRIAM  PARANS,  IN  HAC  VRBE  FEBRI 

OPPRESSVS   DEIN    APOPLEXIA  CORREPTVS. 

PIE  DE  MORTE  COGITANS.  IN  PRIMO 

ATATIS  FLORE  LONGIORE  DIGNVS/vTTA 

FATO  CONCESSIT.  RELICTVS  IN  GEMITV 

PATER  HOC  MONVMENTVM,  PRO  TABVLIS 

DOLORVM,  FACIENDVM  STATVIT- 

VIXIT  ANNOS  XXIIIMENS:  VDIES  XVI- 

OBIIT  AN°  SAL  :  MDCXXIXDIEXXII-OCTOB- 

Joachim  Clewein  nach  der  Grabfchrift  1606  ge- 
boren, während  ihn  die  folgende  Nachricht  um  zwei 
Jahre  älter  erfcheinen  läßt,  wurde  am  24.  April  1624 
zu  Leyden  als  Jurift  immatriculirt  und  zeichnete  fich 
zu  Siena  am  24.  Mai  1629  in  Gefellfchaft  zweier  Lands- 
leute ein,  des  Gabriel  und  des  Johann  Jacob  Oelhafen 
von  Schölenbach. 

Untere  Reihe. 

16.  Wilhelm  v. Barland,  "i'1597.  Schrifttafel  zwifchen 
zwei  kräftigen  Confolen  aus  weißem  Marmor  mit 
fchwarzen  Einlagen,  darüber  der  Stein  mit  dem  Wappen 
abweichend  von  Siebmacher  IV,  33,  Xr.  4,  Schild  mit 
drei  Adlerfüßen,  offener  ungekrönter  Helm  mit  aus- 
gezackelten  Decken  und  einem  mit  den  Krallen  nach 
aufwärts  gerichteten  Adlerfuß  als  Kleinod'  zwifchen 
zwei  jonifchen  Pfeilern  aus  fchwarzem  Marmor  mit 
weißer  Bafis  und  weißem  Capital.  Auf  dem  Gefimfe 
ein  gefchweifter  Giebel  mit  einem  Kreuze  und  vor  dem- 
felben  ein  Engel,  mit  Frucht  und  Blüthen  in  den 
Händen.  Unten  erhalt  das  Denkmal  durch  einen  Engels- 
kopf feinen  Abfchluß.  Nach  Anlage  und  Ausführung 
dürfte  es  dem  nämlichen  Meirter  zuzufchreiben  fein, 
welcher  die  vier  folgenden  Monumente  verfertigt  hat. 

D  •  O  ■  M  •  S- 

MANIBVSQ^IVVENIS  NOBILISS- 

GVILIELMI  A  BARLAND,  ZEELANDI, 


XIX 


QVI  CVM  IN  ITALIAM  VELVT  AD 

MERCATVM  STVDIOR  ET  VIRTVTVM 

ESSET  ABLEGATVS,  EAMQ_-  RECTISS- 

INGENII  ET  DOCTRINA  IAM  TV  DARET 

SIGNIFICATIONEM.  VT  FACILE, 

QVALIS  OLIM  FVTVRVS  ESSET, 

AVGVRARENTVROMNES:MORS  INVIDA 

FLOREM  IN  HERBA,  CVM  SPE  FRVCTVS 

OBTRVNCAT-MATER  INFELIX 

ET  FRATER  IACOBVS  FILIO  ET  FRATRI 

CARISS  •  HOC  DOL  •  MON  ■  PP  •  VIXIT 

ANNOS      MENSES      DIES 

OBIIT  SENIS,  NEAPOLI  REVERSVS, 

A-  DCID  •  IDXCVII- 

DIE  IV  ■  NOVEMBRIS- 

Wilhelm  von  Barland,  Sohn  Johanns,   zu  Goes  in 

der  Provinz  Zeeland  geboren,  wurde  am  ig.  Mai  1597 

zu  Padua  in  die  Matrikel  des  Reftors  und  Tags  darauf 

in    jene    der    deutfehen    Nation    aufgenommen.    Nach 

kurzem  Aufenthalt  fetzte  er  die  Reife  nach  dem  Süden 

Italiens  fort,  denn  wir  treffen  ihn  am  6.  November  1597 

auf  der  Rückreifc  von  Neapel  zu  Siena,  offenbar  fchwer 

erkrankt.  Eine  Woche  fpäter  ftarb  er.  ' 

Mehrere  Jahre  darnach  befuchte  fein  Bruder  Jacob 
von  Barland  Siena  (1601,  27.  October  datirte  er  den 
Eintrag)  und  das  Grab  des  Verdorbenen,  das  bis  dahin 
eines  Denkmals  entbehrt  hatte.  Jacob  vereinbarte  mit 
einem  Bildhauer  die  Herftellung  eines  Epitaphiums 
zum  Preife  von  33  Kronen,  und  betraute  nach  feiner 
Abreife  die  Nation  mit  der  Ueberwachung  der  Aus- 
führung, wie  aus  dem  im  Anhange  unter  Nr.  52  mitge- 
theilten  A6tendück  hervorgeht. 

17.  Chrißopk  Krefs  von  Krefsenflein,  f  1591.  Vier- 
eckige Schrifttafel  zvvifchen  zwei  fchön  gearbeiteten 
Confolen,  oben  durch  ein  Gefims,  über  welches  der 
Rand  der  Tafel  nach  Art  eines  Zierfchildes  empor- 
drebt,  unten  durch  ein  reiches  Blumen-Ornament  ab- 
gefchloffen. 

1  Die  Angabc  der  Grabfchrift  IV.  Nov.  ift  entweder  ein  Verfehen  für 
XIV    Nov.,  oder  auf  den  Julianifchen  Kalender  zu  bezichen. 


CHRISTORHORVS  KRESS  A  KRESSENSTEIN 
IOACHIMI  FRIDERICI-  F-CHRISTOPHORINEP- 
PATRICIVS  NORIBERGIVVENIS  NOBILITATE 
GENERIS  CLARVS  OB  SINGVLAREM  PROBITA- 
TEM ATQ^SINCERITATEM  GIB,  CARVS  DVM 
VIRTVTIS.  ATQ^DOCTRINA  STVDIO  ITALIAM 
PERAGRAT  FEBRI  PESTILENTE  CORREPTVS 
VTI  PRÄMATVRE  ITA  PIE,  EX  HAC  IN  COE- 
LESTEM  VITAM  EMIGRAT,  SVMVM  SVI  DESI 
DERIVM   MATRI  MASTISS-ATQ^AMICIS   POST 
SE  RELINQVENS  ■  Ü  DIE  AVGVST  ANNO 
M-D-XCI  VIXIT  ANNOS  XXI,  MENSES    Hl 
DIES  vm 
TRIVMPHAT  AVTERNVM- 
Zwei   verzierte   jonifche    l'ilatter   mit    feitlich    an- 
fchließenden    Confolen    tragen    auf    einem    fchweren 
Gefims  den  maffigen  Giebel,   welchen    weder   die  feit- 
wärts    aufragenden   kleinen  Obelisken,   noch    die  Ein- 
rollungen in  der  Mitte  leichter  erfcheinen  lallen.    Den 
Eirfr  krönt  ein  Kreuz  auf  einem  Dreiberg.  Den  Mittel- 
raum    nimmt     das     zierlich     ausgeführte     Krefs'fchc 
Wappen  ein  (Siebmacher  I,  205,  Nr.  14),    während  die 
Pfeiler  je  zwei  Ahnenfchilde  aufweifen  und  zwar:  1.  das 
Schwert   der  Krefs,   2.    Haller,  wie  Siebmachcr  1,  205, 
Nr.  3,   nur  ift  die  untere  Hälfte  des    2.    und   3.    Feldes 
nicht  mit    einem  Löwen    bedeckt,    fondern   blos  da- 
mascirt;  3.  eine  Lilie,  Weifer  (Siebmacher  I,  207,  Nr.  3), 
4.  drei  Lilien  im  Dreipaß,  Stromer  (Siebmachcr  I,  205, 
Nr.  13). 

Chriftoph  Krefs  von  Krefsenflein,  Sohn  des  früh 
verdorbenen  Friedrich  Joachim  Krefs  von  Krefsenftein 
zu  Letten  und  der  Magdalena  Welferin,  wurde  1570 
geboren  und  trug  fich  im  Oftober  1589  in  die  Paduancr 
Matrikel  ein.  Er  muß  im  Kreife  feiner  Collegen  fehr 
beliebt  gewefen  fein,  denn  es  findet  fich  bei  feinem 
Namen  der  Zufatz :  „Viva,  e  chi  vuol  bene  a  Uli", 
freilich  auch  von  zweiter  Hand  der  Nachtrag:  „obiit 
Siena;".  Seine  Einzeichnung  zu  Siena  erfolgte  im  Mai 
1590. 

(Fortfetzung  folgt.) 


Ueber  einige  Madonnen -Bilder  Böhmens  aus  dem 

14.  und  15.  Jahrhundert. 


Von  Dr.  Karl  Chytil. 


||S  ift  wohl  recht  begreiflich,  dafs  fich  der 
marianifche  Cultus  auch  in  Böhmen  im  Ver- 
laufe des  Mittelalters  durch  Errichtung  von 
Bildern  und  Statuen  nach  außen  manifeftirte  und 
fomit  gewiffermaßen  greifbare  Beweife  feiner  Innigkeit 
und  Tiefe  hinterlaffen  hat.  Neben  Kaifer  Karl  IV., 
welcher  fad  allen  Heiligen  des  chriftlichen  Legenden- 
kreifes  die  fchuldige  Verehrung  angedeihen  ließ  und 
namentlich  infolge  einer  Vifion  die  Mutter  Gottes  in 
hohen  Ehren  hielt,  fehen  wir  den  Erzbifchof  Ernft  von 
I'ardubic  als  den  eifrigften  Verehrer  der  heil.  Jungfrau; 
von  der  Tradition  werden  ihm  zu  Ehren  Mariens  ver- 
fafste  Andachtsbücher,  von  dem  Volksglauben  fogar 
eigenhändig  ausgeführte  Marienbilder  zugefchrieben, 


und  der  unbekannte  Autor  feines  Nekrologes  weiß 
von  ihm  vorzugsweise  zu  rühmen,  dafs  er  Marienbilder 
zu  errichten,  und  fich  an  denfelben  in  devoter  Stellung 
mit  feinen  Amtsinfignien  zu  Füßen  abbilden  zu  laffen 
pflegte'.  Das  Beifpicl  des  erden  Kirchenfürften  blieb 
nicht  unbefolgt;  man  braucht  nur  in  den  Libri  crec- 
tionum  der  Präger  Metropole  nachzufchlagen,  um  zu 
erfahren,  welch  daunenswerthe  Menge  von  Altären 
im  Laufe  der  zweiten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  in 
den  Kirchen  Böhmens  errichtet  wurde,  und  wenn  man 
annimmt,  dafs  wohl  der  grüßte  Theil  diefer  Altäre 
durch  Heiligenbilder  bezeichnet  wurde,  fo  war  die 
Zahl   der   zu  jener  Zeit    in  Böhmen  erzeugten  Bilder, 

1   Fontes  rerutn  bohemicarum  I.  394. 


XX 


namentlich  aber  der  Madonnenbilder  eine  erstaunliche. 
In  dem  Veitsdome  können  wir   nach  den  aus 

dem  Ende  des  14.  und  dem  Anfange  des  15.  Jahr- 
hunderts flammenden  Verzeichniffen  ungefähr  an  zehn 
.Marienaltäre  zählen  und  außerdem  erfahren  wir 
.gentlich  von  Marienbildern,  welche  noch  hie  und 
da  in  dem  Dome  aufgehellt  waren.  '  Diele  Marienbilder 
wurden  meiftentheils  von  Privatpersonen  errichtet  und 
nicht  feiten  lefen  wir  von  Stiftungen  eines  ewigen 
Lichtes,  welches  zum  Heile  des  Stifter-  vor  dem 
Altare  brennen  Sollte.2  Jedoch  nicht  nur  in  der  Kirche, 
auch  im  Kirchenfchatze  wurden  Marienbilder  aufbe- 
wahrt, welche  bei  Proceffionen  herumgetragen  oder 
bei  befonderen  Fetten  in  derKirche  aufgestellt  wurden; 
fo  lefen  wir  in  dem  höchft  intereffanten  Codex 
Thomaeus,  dafs  fich  zu  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  in 
dem  Thomas-KloSter  unter  anderem  eine  „tabula  cum 
duabus  imaginibus,  refurrectione  et  St.  Mariae  cum 
puero-,  und  nichts  weniger  als  fünf  „imagines  SancStae 
Mariae  virginis  deligno,  tenentes  pueros  in  manibus  III. 
et  duae  geftantes  in  utero  puerum"  vorfanden.3  Es 
ift  nicht  zu  verwundern,  dafs  fich  aus  diefem  Vorrath 
bis  auf  unfere  Zeiten  eine  verhältnismäßig  bedeutende 
Anzahl  von  Marienbildern  und  Statuen  erhalten  hat. 
Eine  wichtige  Gruppe  diefer  Marienbilder  hat 
Herr  Dr.  J.  Neuwirth  in  feinem  intereffanten  und 
grundlichen,  im  1.  Hefte  des  Repertoriums  für  Kunft- 
wiffenfehaft  erfchienenen  Auffatze  zur  Gefchichte  der 
Tafelmalerei  in  Böhmen  behandelt.  Es  fei  bei  diefer 
Gelegenheit  nur  des  Umftandes  erwähnt,  dafs  der 
vorcarolinifche  Urfprung  diefer  Marienbilder,  welche 
zum  Theile  bereits  von  dem  verewigten  verdienstvollen 
Forfcher  Prof.  B.  Gruebcr  in  richtige  Zeiträume  ein- 
gereiht wurden,  unter  den  Fachmännern  keineswegs 
mehr  aufrechtgehalten  wird.  Vom  Herrn  Dr.  Neu- 
wirth werden  vier  Marienbilder  zu  einer  Gruppe 
zufammengeSaSst,  und  zwar  dasjenige  der  CiStercienSer- 
StiStskirche  zu  HohenSurt,  eine  in  der  Minoriten-Kirche 
zu  Krumau  befindliche  Madonna,  ein  Bild  der  Gemälde- 
Galerie  des  StiStes  HohenSurt,  und  ein  in  der  BudweiSer 
Dominicaner-Kirche  bestehendes  gleichartiges  Marien- 
bild. Drei  dieSer  Bilder  find  im  Typus  und  Haltung 
beinahe  identiSch  zu  nennen,  während  das  HohenSurter 
Galeriebild  aus  dieSer  Gruppe  lieber  auszuscheiden 
wäre,  da  es  nur  eine  entSernte  Aehnlichkeit  mit  den 
übrigen  befitzt.  Es  war  ein  unglücklicher  EinSall 
Grueber  s,  dieSe  Madonna  dem  MeiSter  Thomas  von 
Modena  zuzuSchreiben,*  mit  deSSen  Bildern  es  in  gar 
keinem  Vergleich  Steht;  der  verdienstvolle  ForScher, 
welcher  meistens  einen  richtigen  Blick  Sür  StyliStiSche 
Merkmale  zeigt,  hat  fich  in  dieSem  Falle  eine  Ober- 
flächlichkeit zu  Schulden  gemacht:  das  Sraglichc 
Monogramm,  auS  welches  Gruebcr  feine  Taufe  Stützt, 
ift  in  Wirklichkeit,  wie  auch  Herr  Dr.  Neuwirth 
richtig  bemerkt,    ein  Wappen,    deSSen   Zeichen   nicht 

'   Vergl.  die  Vcrzeichniflc    und    fonftige    nrchivalifchc    Belege  in  Prof- 
W.  W  Iclady  starcho  miscopisu  prazskeho  IV.  Theil,  S.  108  u.  IT. 

hat  z.  B.  im  Jahre  1385  ein  Bürger  Namens  Frcnczlinus  ein  Marien- 
Bild  in  dem  St.  Thomas-Klofter  geftiftet  (-quam  quidem  imaginem  idem 
zlo  propriis  expensis  pro  perpetua  memoria  comparavit.")  Im  Jahre  1391, 
heifst  es  dann  weiter:  „Frcnczlinus  mensator-  ....  legavit  duas  sx^.  j,-r. 
census  super  priori  et  conventui  monastcrii  S.  Thomae  in  Praga,  unam  vitle- 
licet  sxg.  pro  lampade  noctibus  singulis  inextingwibiliter  coram  imaginc 
riae  virginis  in  ambitu  ditti  monastcrii  arsura  .  .  .  Tomek  Zäklady. 
III.  Th..  S.  3S. 

wichtigften    Stellen    des    Codex  Thomacus    find  bei    Tomek  1.  c. 
abgedruckt, 

•  Grueier.  Die  Kunft  des  Mittelalters  in   Böhmen  III.  S.  113 


einmal  aus  Buchstaben  zuSammengeSetzt  ift,  indem  es 
oben  in  Art  eines  Spornes  durch  ein  Sternlein  beendet 
iSt.  Ich  muß  nur  dem  Herrn  Dr.  Neuwirth  beipflichten, 
wenn  er  dieSes  Bild  als  Schöpfung  einer  Spateren  Zeit 
bezeichnet,  obzwar  ich  ebensowenig  die  Eigentüm- 
lichkeiten WurmSer  >,  als  diejenigen  Mutinas  in  diefem 
Bilde  zu  erblicken  im  Stande  bin.  Meines  Erachtcns 
iSt  dasSelbe  in  die  erSte  Hallte  de-  15.  Jahrhunderts  zu 
Setzen;  es  bekundet  eine  Sichere  Hand,  eine  tüchtige 
Technik,  jedoch  eine  geuiffe  Trockenheit  Und  Nüch- 
ternheit in  der  AuffaSSung  und  Ausführung,  in  welchen 
fich  keineswegs  ein  Streben  nach  Selbständigkeit 
verläugnen  läSst. 

Mit  beSSerem  Fug  und  Recht  kann  man  jener 
Gruppe  von  Marienbildern  zwei,  auch  von  Herrn  Dr. 
Neuwirth  in  Betracht  gezogene  Bilder  einreihen, 
nämlich  das  Madonnenbild  der  Stephans-Kirche  in 
Prag,  und  das  vom  Herrn  Ritter  v.  Lanna  der  Galerie 
des  Kunllvereins  gewidmete  kleinere  Bild,  Sodann 
noch  ein  wenig  beachtetes  vortrefflich  erhaltenes  Bild 
in  der  kleinen  Spital-Capelle  der  heil.  Dreieinigkeit 
zu  Budweis;  alle  drei  Stimmen  bis  auS  wenige  neben- 
fächliche Abweichungen  mit  den  oberwähnten  gänzlich 
überein,  und  auch  das  in  der  Pfarrkirche  des  Marktes 
Hohenfurt  befindliche  leider  Stark  übermalte  Bild  reiht 
fich  diefer  Gruppe  ebenfalls  direct  an.  Mit  AusSchluß 
dieSes  letzteren  Bildes  find  alle  genannten  mit  einem 
Rahmen  verfehen;  dieSe  Einrahmung  iSt  als  ein  charak- 
teristisches Merkmal  einiger  böhmiScher  Bilder  zu 
bezeichnen,  wenigstens  findet  fich  meines  WiSSens  von 
Anwendung  derartiger  Rahmen  außerhalb  Böhmen 
keine  Spur.  Die  Einführung  dieSer  Rahmen-Decoration 
iSt  dem  Thomas  von  Modena  zugeSchrieben  worden, 
jedoch,  wie  ich  dafürhalte,  mit  Unrecht.  Wohl  iSt  das 
KarlSteiner  Bild  Mutinas  von  kleineren  Heiligenfiguren 
umgeben,  dieSelben  bilden  jedoch  keinen  Rahmen, 
indem  Sie  nur  an  den  LängSeiten  angebracht  find; 
auch  führte  zu  dieSer  Anficht  die  irrige  Annahme, 
dafs  die  mit  ähnlichem  Rahmen  verfehene  Veraikon 
des  Prager  Domes  vom  MeiSter  Thomas  herrühre, 
was  entschieden  nicht  der  Fall  ift.  Eine  völlige  Um- 
rahmung lag  der  italienischen  Kunft,  welche  die  Bilder 
eher  durch  dreieckige  oder  bogenförmige  Giebel  zu 
bekrönen  liebte,  gänzlich  Sern.  Man  muß  dieSe  Anord- 
nung, infofem  kein  neuer  Anhaltspunkt  vorgefunden 
werden  wird,  als  eine  fpecifiSch  böhmiSchc  Eigenart 
betrachten,  welche  vielleicht  in  der  Einrichtung  der 
Trag-Altäre  ihr  Vorbild  zu  Suchen  hat;  die  Platte  des 
Trag-Altars  wurde  gewöhnlich  durch  einen  Rahmen 
eingefafst,  wie  es  z.  B.  Admonter  Trag-Altar  des 
BiSchofs  Albert  v.  Sternberg  zeigt.  '  DaSs  ähnlich 
angeordnete,  meistens  jedoch  an  beiden  Seiten  be- 
malte Bilder  entweder  als  Trag-Altäre  oder  aber 
als  Schaubilder  bei  ProceSfionen  dienten,  bezeugt  der 
Codex  Thomacus,  und  als  BeiSpiel  dieSer  Art  kann 
auch  ein  kleines  TaSelgcmälde,  welches  aus  Süd- 
Böhmen  flammend  Sich  im  öflerreichiSchen  Mufeum 
in  Wien  befindet,  angeführt  werden;  dasSelbe  iSt  auS 
beiden  Seiten  bemalt,  indem  es  an  der  einen  eine 
Madonna,  mit  weiblichen  Heiligenfiguren  am  Rahmen, 
an  der  anderen  Seite  einen  der  Prager  Veraikon 
almlichen  Chriftuskopf  trägt.  Bei  diefem,  Sowie  auch 
bei  dem  Präger  Galcriebilde  ilt  der  Rahmen  nur  auf- 

'    Siehe   Mitth.  der  Ccntr.  Conm.    V.   S     23    X\lll     S     , 


XXI 


gemalt,  fonft  bildet  er  einen  eigenen  mit  dem  Mittel- 
ftück  künftlich  zusammengefügten  Beftandtheil,  welcher 
manchmal  auch  plaftifchcn  Schmuck  trug,  wie  es  der 
trefflich  gefclmitzte  im  Präger  Stadt-Mufeum  aufbe- 
wahrte Rahmen,  welchem  das  Mittclftuck  fehlt,  zeigt. 
An  diefen  Rahmen  wurden  außer  den  Engelsgeftalten 
mit  Spruchbändern  gewöhnlich  die  böhmifchen  Lan- 
despatrone, die  populärften  weiblichen  Heiligen,  wohl 
auch  Ordensheilige  abgebildet,  denen  fich  hie  und 
da  der  perfönliche  oder  der  locale  Schutzheilige  zuge- 
fellt;  bei  einigen  Marienbildern,  wie  z.  B.  dem  in  der 
Stephans-Kirche  zu  Prag  und  jenem  in  der  Domini- 
caner-Kirche zu  Hudweis,  find  esScenen  aus  dem  Leben 
der  Mutter  Gottes,  welche  am  Rahmen  Platz  finden. 
Durch  diefe  Rahmen-Decoration,  welche  dem  Zwecke 
des  Bildes  und  in  einigen  Fällen  auch  dem  Willen 
des  Donators  entfprechend  angeordnet  wurde,  unter- 
fcheiden  fich  die  Bilder  recht  bedeutend  untereinander, 
fonft  aber  find  die  Marienbilder  felbft  von  einer  folchen 
Uebereinftimmung,  dafs  fie  entweder  als  mehr  oder 
weniger  freie  Copien  eines  Bildes  aus  ihrer  Mitte,  oder 
Copien  eines  zur  Zeit  verfchollenen  Originals  gelten 
muffen.  Sie  flammen  keineswegs  aus  einer  und  der- 
felbenZeit,  fondern  dem  Styl,  der  Technik  und  anderen 
Merkmalen  nach  zu  urtheilen,  rühren  fie  aus  recht 
entfernten  Perioden.  Die  älteften  Exemplare  fcheinen 
das  Hohenfurther  Bild,  dasjenige  der  Stephans-Kirche 
und  das  der  Spital -Capelle  zu  Budweis  zu  fein;  das 
Prager  Galericbild  ift  in  die  erfte  Hälfte  des  15.  Jahr- 
hunderts zu  fetzen,  das  Krumauer  Bild  gehört  erwiefe- 
nermaßen  amfrüheften  dem  Anfange  der  zweiten  Hälfte 
des  15.  Jahrhunderts  und  ift  ungeachtet  der  fahlen 
Gefichtsfarbe  der  Mutter  Gottes  und  des  Schwächlichen 
Colorits  als  eine  fehr  gelungene  Copie  zu  betrachten; 
das  fpätefte  Exemplar  ift  offenbar  das  Bild  der 
Dominicaner-Kirche  zu  Budweis,  fehr  roh  und  ftumpf 
in  der  Ausführung,  und  wie  die  ganze  Technik  und 
das  Coftum  der  Rahmen-Figuren  beweift,  erft  aus  dem 
Ende  des  15.  oder  Anfang  des  16.  Jahrhunderts 
flammend,  alfo  ungefähr  um  ein  Jahrhundert  junger 
als  Dr.  Neuwirth  annimmt.  Es iß  bemerkenswert^  dafs 
die  drei  früheßen  Marienbilder,  welche  von  dem  letzt- 
erwähnten mindeflens  ein  ganzes  Säcidum  trennt,  auch 
die  beßen  find;  im  Verlaufe  des  15.  Jahrhunderts  ver- 
knöcherte die  Kunft  unter  dem  Drucke  desZunftwcfens 
und  die  Krumauer  und  Budweifer  Madonna  find  nichts 
anderes  als  mehr  oder  weniger  erbauliche  Leistungen 
von  Malerwerkftättcn,  welche  Sich  meiftentheils  auf 
gedankenloSes  Copiren  berühmter  Vorbilder  verlegten. 
Ein  Madonnenbild  „nach  bekanntem  Mufter"  war  die 
höchfte  Leiftung  der  Malerwcrkftätte,  wie  auch  noch 
durch  die  Statuten  der  MalerbruderSchaft  vom  Jahre 
1598  die  Anfertigung  eines  Madonnenbildes  alsMeifter- 
ftück  angeordnet  wurde. 

Wir  finden  jedoch  in  Böhmen  auch  in  der  zweiten 
Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  neben  den  Durchfchnitts- 
meiftern  derWerkftätte  hochbegabte  Künfllcr,  welche, 
wenn  fie  auch  meiftentheils  unter  dem  Einfluß  einer 
ausländischen  und  das  vorzugsweise  der  niederlän- 
dischen MalerSchule  flehen,  ihrer  Individualität  Aus- 
druck zu  verleihen  willen  und  Sich  zu  ganz  wunder- 
vollen Leiftungen  erheben.  Ich  verweife  nur  auf  die 
vortrefflichen,  erft  vor  einigen  Jahren  in  der  Barbara- 
Kirche    zu    Kuttenberg    aufgedeckten  Wandgemälde, 


deren  Schöpfer  Sichtlich  unter  dem  EinfluSSe  eines 
Rogier  van  der  Weyden  ftand,  wie  es  auch  aus 
der  Wahl  der  Gegenstände  (Kreuzigung,  Auguftus  und 
Sibylla,  Begegnung  Salomonis  mit  der  Königin  von 
Sabe,  Juftitia  Trajani)  hervorgeht.1  Nach  diefem  klei- 
nen Excurfe,  womit  nur  das  Unheil  des  Dr.  Neuwirt// 
über  die  Periode  des  im  Späteren  15.  Jahrhunderte  fich 
nach  den  Kriegsunruhen  in  Böhmen  wieder  einstellen- 
den Kunftlebens,  eine  Periode,  welche  ebenfo  intereffant 
wie  wenig  durchforfcht  ift,  ergänzt  und  modificirt 
werden  Soll ,  kehren  wir  zu  den  fraglichen  Madonncn- 
bildern  zurück. 

Was  den  Typus  und  die  ganze  Formenbildung 
anbelangt  hat  es  feine  Richtigkeit,  wenn  derfelbe  als 
von  dem  beim  Meißer  Theodorich  vorherrschenden 
Typus  gänzlich  verfchieden  bezeichnet  wird.  Es  gibt 
nicht  fobald  einen  größeren  Unterfchied  in  der  Gc- 
fichtsbildung  und  dem  Ausdrucke  wie  zwifchen  den 
Werken  Theodorich's  und  den  beSagten  Madonnen- 
bildern. Ebenfowenig  fcheint  diefer  Madonnentypus 
mit  jenem  des  Thomas  von  Mitlina  verwandt  zu  fein; 
bei  diefem  find  die  Züge  markanter,  die  Nafe  fein,  ein 
wenig  gebogen,  das  Auge  mandelförmig,  die  Augen- 
brauen ftark  markirt.  Aber  auch  mit  den  Köpfen  der 
dem  Nicolaus  Wurm/er  zugefchriebenen  Wandgemälde 
der  Karlfteiner  Himmelfahrt-Kirche  hat  diefer  Typus 
eine  nur  fehr  geringe  Aehnlichkeit.  Zum  Vergleich 
kann  hier  blos  die  große  herrliche  Madonna  der 
Epiftelfeite  dienen,  welche  mit  ihrer  Harken  Nafe,  den 
langaufgefchnittenen  offenen  Augen  und  dichten 
Augenbrauen  eher  den  Ausdruck  des  Majeftätsvollcn 
hat;  doch  kann  man  auch  hier  keinen  Sicheren 
Anhaltspunkt  finden,  da  das  Gemälde  leider  fehr 
Schadhaft  ift,  wie  denn  überhaupt  diefe  Wandmalereien 
durch  die  zur  Zeit  Rudolph  II.  unternommene 
Reftauration  und  Uebermalung,  als  auch  durch  den 
Zahn  der  Zeit  gelitten  haben.  Der  Zuftand  diefer 
Wandgemälde  läßt  uns  über  das  Detail  und  die  Be- 
handlungsweife fall  gänzlich  im  Dunkeln,  um  aus  ihnen 
weitere  Schlüffe  folgern  zu  können. 

Das  Charakteriftifche  jenes  Madonnentypus  liegt 
nun  darin,  dafs  in  dem  lieblichen  rundlichen  Gefichte 
die  großen  Flächen  der  gewölbten  Stirn,  der  vollen 
Wangen  dominiren,  während  die  einzelnen  Gefichts- 
glieder,  die  Seine  gerade  Nafe,  die  vollen  Lippen  des 
kleinen  Mundes  möglichft  geringen  Raum  einnehmen; 
das  Auge  Senkt  fich  wie  in  holder  Scham  und  wird  von 
den  Augenlidern  halb  überdeckt,  die  Augenbrauen 
find  nur  durch  eine  leife  Linie  angedeutet,  welche 
manchmal  gänzlich  verfchwindet.  Das  Geficht  hat 
einen  lieblichen  Ausdruck  voll  Unfchuld  und  Einfalt, 
welche  bisweilen  beinahe  an  Geiftesleere  glänzt.  Diefer 
Typus  fcheint  das  Schönheitsideal  einiger  Malerfchulen 
aus  dem  Ende  des  14.  und  der  erften  Hälfte  des 
15.  Jahrhunderts  gewefen  zu  fein,  wenigflens  erfreut  er 
fich  einer  allgemeinen  Verbreitung.  Wir  finden  (liefen 
Typus  wohl  auch  in  der  Kölnifchen  Schule  des  15.  Jahr- 
hunderts und  Meiller  Stephan  bedient  fich  desfelben 
noch  im  Dombilde  im  Antlitze  der  heil.  Urfula;  in  der 
Madonna  des  Genter  Altares  klingt  er  noch  aus,  wird 
jedoch  bald  in  der Eyck'fchen Schule  durch  individuelle 
porträtartige  Gesichtszüge  verdrängt.  Früher  fchon 
taucht  es  auch  in  einigen  Schöpfungen  der  Nürnberger 

'    S:  11   Bericht    in   dun   Mittheilungen  J.   1S81. 


XXII 


Schule  auf.  wie  z.  B.  in  dem  diefer  Schule  zugefchrie- 

benen  Bi  Sammlung  Przibram  in  Wien,  und  es 

anz  unintereffant,  dem  Urfprunge  und  der 

reitung  diefes  Typus  nachzuforfchen,  um  zu  er- 
fahren, welcher  Schule  er  urfprünglich  eigen  war,  ob 
er  etwa  aus  ofterreichifchen.  buhmilchen  oder  Iran- 
kifchen  Gauen  in  die  Rheinlande  oder  umgekehrt 
übertragen  worden. 

Ich  kann  nicht  umhin  die  unmaßgebliche  Meinung 
zu  äußern,  dafs  die  Gefchichte  der  Malerei  des  14.  und 
der  erden  Hallte  des  15.  Jahrhunderts  noch  lang 
nicht  fo  weit  vorgeschritten  ift  wie  die  der  fpäteren 
Perioden,  dafs  hier  trotz  der  umfallenden  Studien  eines 
Waagen.  Schnaafe  und  anderer  die  Specialforfchung 
noch  noth  thut,  und  dafs  auch  hier  noch  manche  zur 
Zeit  noch  aufrechtftehende  Anflehten  der  wackeren 
Boifferees,  die  ja  auch  auf  das  Studium  der  böhmifchen 
Malerei  beftimmend  einwirkten,  zu  ergänzen  und  zu 
reclificiren  find,  infolge  deffen  manches  Werk,  welches 
jetzt  den  Gattungsnamen  „Kolnifchc  Schule-  führt, 
einen  anderen  Namen  bekommen  dürfte. 

1  >ie  moderne  Kritik  macht  uns  für  charakteriflifche 
Merkmale  und  Unterfchiede,  welche  fonft  auch  dem 
geübteften  Auge  entgingen,  empfindfamer  und  es 
drangt  fich  uns  die  Ueberzeugung  auf,  dafs  die  ver- 
fchiedenen  Malerfchulen  Mitteleuropas  keineswegs  im 
Banne  der  kolnifchen  Schule  waren ,  fondern  dafs 
dasjenige,  was  fie  mit  derfelben  gemein  haben,  theil- 
weife  auf  Rechnung  des  allgemeinen  Charakters  der 
Zeit  ankommt,  theilweii'e  als  Refultat  wechfelfeitiger 
Beziehungen  zu  betrachten  ift.  Den  in  dem  allgemeinen 
Charakter  manchmal  gänzlich  verfchwindenden  Merk- 
malen und  Eigenheiten  einzelner  Schulen  nachzu- 
forfchen, ift  hier,  wo  die  Individualität  der  Künftler 
meillentheils  nur  in  geringem  Grade  ausgeprägt  war, 
eine  ungemein  fchwierige  aber  wichtige  Aufgabe, 
welche  nur  nach  Vergleichung  des  umfangreichen, 
meiftentheils  fchwer  zugänglichen  und  herbeizufchaf- 
fenden  Materials  zu  löfen  wäre. 

Zu  unferen  Madonnenbildern  zurückkehrend  er- 
laube ich  mir  die  Meinung  auszufprechen,  dafs  wenn 
etwa  hier  von  einem  EinflufTe  die  Rede  fein  foll,  es 
doch  rathfamer  wäre  auf  einen  Einfluß  der  näheren  in 
den  fränkifchen,  bayrifchen  oder  aber  öfterreichifchen 
Ländern  waltenden  Kunftrichtung  als  auf  den  Einfluß 
der  weitentlegenen,  wenn  auch  hochberühmten  Schule 
von  Kuln  zu  denken.  Denn  diejenigen  Merkmale, 
welche  als  für  den  Kolnifchen  Urfprung  entfeheidend 
vom  Herrn  Dr.  Neuwirth  angeführt  werden,  find  doch 
nicht  ganz  ausfchlaggebend :  das  Colorit  diefer 
Madonnenbilder  ift  überhaupt  fehr  verfchiedenartig 
und  der  zarte  Schmelz  der  drei  älteften,  namentlich 
aber  derjenigen  der  Budweifer  Spital -Capelle  ift  in 
hohem  Maße  auch  den  fränkifchen  Bildern  eigen, 
wobei  auch  zu  bemerken  ift,  dafs  fich  diefe  Madonnen- 
bilder meiftentheils  dureh  jenes  leuchtende  Rothgold 
auszeichnen,  welches  bereits  Waagen  als  ein  eigen- 
tümliches Merkmal  der  böhmifchen  Miniaturen  an- 
fuhrt; das  fo  beliebte  Hervorkehren  des  Futters  gegen 
den  ander.-farbigen  Oberftoff  war  ebenfalls  einer  der 
kleinen  Kunftgriffe  der  alten  Meifter,  welcher  allgemein 
verbreitet  auch  beim  Theodorich  wiederkehrt.  Man 
darf  eben  nicht  vergeffen,  dafs  diefer  Meifter  Theo- 
dorich   nur   eine   einzige,   wenn    auch    hervorragende 


Individualitat  der  böhmifchen  Malerfchule  ift:  er  kann 
wohl  in  Anbetracht  deffen.  dafs  er  der  königliche 
Maler  war,  dafs  man  feinen  Namen  mit  bedimmten 
bis  auf  unfere  Zeit  erhaltenen  Werken  verbinden  kann, 
und  dafs  er  lieh  in  denfelben  als  vom  fremden  Einfiuffc 
unberührt  zeigt,  als  Repräfentant  der  Prager  Schule 

n,  jedoch  fein  Einfluß  erftreckte  lieh  weder  auf 
alle  Zeitgenoffen,  noch  auch  auf  alle  folgenden  Gene- 
rationen. Neben  und  nach  ihm  fchuf  eine  ganze 
Schaar  von  Künftlern,  und  man  braucht  nur  in  den 
Regiftem  der  l'rager  Malerzeche  und  den  von  Prüf. 
Tomck  publicirten  Auszügen  von  Stadt-  und  Kirchen- 
büchern nachzulefen,  um  die  große  Zahl  der  Maler, 
welche  in  Prag  und  Böhmen  überhaupt  im  14.  und 
15.  Jahrhundert  thatig  waren,  zu  gewahren.  Man  kann 
hiebei  fchwerlich  den  Zweifel  aufkommen  laffen,  dafs 
jene  Mador.nenbildcr  in  Wirklichkeit  im  Lande  felbft 
entftanden  feien,  umfoweniger,  als  die  Rahmen-Deco- 
ration darauf  entfehieden  hinweift.  Das  Vorkommen 
der  böhmifchen  Landespatrone  auf  dem  Hohenfurter. 
der  Heiligen  des  Franciscaner  -  Ordens  auf  dem 
Krumauer  Bilde  liefert  den  Beweis,  dafs  fie  auf  directe 
Beftellung  gemalt  wurden,  und  es  ift  doch  mehr 
wahrfcheinlich,  dafs  man  fich  hiebei  auch  an  den  nachft- 
beften  renommirten  Maler  gewendet.  Einen  Umftand 
glaube  ich  nicht  unerwähnt  laffen  zu  dürfen.  Diefe 
Madonnenbilder  zeigen  uns  die  Himmelskonigin  mit 
einer  prachtvollen  Krone  gekrönt,  eine  Auffaffung, 
welche  in  den  Tafelmalereien  der  älteren  kolnifchen 
Schule  nicht  durchgehend  gang  und  gebe  ift;  die 
Kolner  lieben  es,  indem  fie  intimere  Seiten  berühren, 
die  Jungfrau  ohne  den  Kronenfchmuck  vorzuführen, 
oder  fie  pflegen,  wie  z.  B.  in  den  Paradiesbildern,  fie 
mit  einer  Blumenkrone  zu  fchmücken;  erft  in  den 
fpätern  Bildern,  wie  z.  B.  bei  Meifter  Stephan,  kommt 
die  Krone,  und  zwar  ein  der  Kaiferkrone  ähnliches 
Diadem  auf.  Die  Nürnberger  Schule  legt  fchon  früh- 
zeitig eine  prächtige  Königskrone  auf  das  liebliche 
Haupt,  und  ebenfowohl  auch  die  Prager  Schule;  die 
Form  diefer  Kronen  ift  ein  mit  Lilien  gefchmückter 
Reifen,  es  ift  fomit  jene  Form,  welche  dem  franzöfifchen 
Mufter  nachgebildet  gerade  in  Böhmen  feit  dem 
Anfang  des  14.  Jahrhunderts  gebräuchlich  war.  '  Da 
auch  die  italienifchen  Madonnen  ungekrönt  erfcheinen, 
könnten  wir  uns  veranlaßt  finden,  den  Kronenfchmuck 
als  eine  Eigenart  der  Nürnberger  und  Prager  Schule 
zu  betrachten. 

Wenn  künftlerifche  Beziehungen  zwifchen Böhmen 
und  den  benachbarten  Donauländern,  wie  es  ganz 
natürlich  ift,  in  reichem  Maße  gepflogen  wurden,  fo 
waren  doch  die  Einflöße  der  rheinifchen  Kunftthätig- 
keit  weit  geringer.  Auch  der  Einfluß  des  Meifters  Nico- 
laus Wurmfer  von  Straßburg  war  fchwerlich  tiefgehend 
Von  demkünftlerifchen  Charakter  Wurmfer  s  kann  man 
fich  leider  kein  gänzlich  ficheres  und  vollftändiges 
L'rtheil  bilden,  da  auch  die  Anficht,  dafs  er  die  Wand- 
gemälde der  Marien-Kirche  in  Karlftein  gemalt,  blos 
auf  einer,  allerdings  fehr  wahrfcheinlichen  Hypothefe 
beruht.  Aus  den  Schlußworten  der  Schenkungs-Ur- 
kunde „ut  pinget  loca  et  caftra"  geht  hervor,  dafs  es 
ein  fertiger  Maler  war  und  dafs  er  vorwiegend,  wie 
etwa   auch  der  Meifter  Wilhelm  von  Köln,  die  Wand- 

1   Vergleicht   die  gründliche  Abhandlung  des  Heim  Dr.  .  i  ■ 
Die  Kunftlhätigkcit  in  Prag  zur  Zeit  Karls  IV.  im  Jahresbericht  des  deutrehen 
Staas-Gymnafjums  in  Prag,  Allftadt  1884,   S.  7. 


XXIII 


maierei  übte.  Von  einem  Tafelgemälde  feiner  Hand 
willen  tue  urkundlichen  Nachrichten  nichts,  undfehwer- 
lich  ließe  (Ich  blos  dem  künlllerifchcn  Charakter  nach 
irgend  ein  Tafelbild  ihm  zufchreiben.  Das  von  Karl- 
Urin  herrührende  Bild  der  k.  k.  Kunftfammlurigen  in 
Wien  wird,  wie  ich  an  anderem  Orte  bewieferi  und 
wie  auch  Woltmdnn  conflatirt,  nur  falfchlich  Wurmfer 
genannt;  fonft  wurden  Wurmfern  auch  die  Wand- 
gemälde der  Wenzel-  Capelle  im  Prager  Dome  zuge- 
fchriebehj  welche  Anficht  Dr.  Ncutvirth  noch  feftzu- 
halten  fcheint,  wahrend  auch  Woltmann  mit  feinem 
Kennerblick  die  Unhaltbarkeit  diefer  Anficht  erkannte 
und  die  erwähnten  Wandmalereien  der  Kunftrichlung 
Theodorich's  zuwies.' 

Von  anderen  aus  den  Rheinlanden  flammenden 
Malern,  welche  in  Böhmen  gewirkt  hatten,  erfahren 
wir  weiter  nichts,  wohl  aber  begegnen  wir  hie  und  da 
einigen  Künftlern,  welche  aus  anderen  dem  Böhmer- 
lande benachbarten  Gauen  Deutfchlands  flammen.  So 
finden  wir  in  den  Regiftern  der  Prager  Malerzeche 
einen  „Mhafter  Hanric  von  Monichhen  und  einen  Per- 
toldus  de  Erfurdia",  bei  denen,  da  ihre  Bcfchäftigung 
nicht  näher  bezeichnet  ift,  es  immerhin  zweifelhaft 
bleibt,  ob  fie  Maler  gewefen;  fodann  fand  ich  in  den 
Regiftern,  in  welchen  die  Verleihung  des  Bürgerrechts 
auf  der  Altftadt  Prag  verzeichnet  wurde,  nebft  vielen 
einheimifchen  auch  einige  aus  Deutfchland  flammende 
Meiller;  am  fruhften,  nämlich  im  Jahre  1370,  kommt 
ein  1  Ienslinus  de  auspurk  piftor  vor,  fodann  im  Jahre 
1380  Johannes  didlus  Rogel  piclor  de  Halberfiat,  für 
i\cn  Wenceslaus  leuthomifchlenfis  als  Bürge  auftritt. 
Intereffant  ift  derUmftand,  dafs  fpäterhin  den  Künftlern 
auch  ohne  die  übliche  Bürgfchaft  das  Bürgerrecht  ver- 
liehen wurde,  was  nur  von  der  hohen  Verehrung,  welche 
die  Kunft  in  Prag  genoffen,  Zeugenfchaft  ablegt.  So 
heißt  es  z.  B.  im  Jahre  1391:  „Claus  de  Erfordia  reeepit 
jus  civile  sine  fideimoore,  quia  pictor."  2 

Hie  und  da  kam  auch  fonft  noch  irgend  ein  wan- 
dernder Gefelle  von  Deutfchland  her,  aber  erftens  ift 
die  Kunft  eines  folchen  nicht  hoch  änzufchlagen,  und 
zweitens  wurde  demfelben  fehr  bald  das  Handwerk 
gelegt;  es  wurde  nämlich  im  Verlaufe  des  15.  Jahrhun- 
derts durch  die  Satzungen  der  Malerbruderfchaft  aus- 
drücklich angeordnet,  dafs  niemandem,  außer  den 
Zechmitgliedern,  Beftellungen  entgegenzunehmen  er- 
laubt fei,  was  namentlich  auf  die  fahrenden  Gefellen 
aberefehen  war.3 


1  Gefchichte  der  Malerei  I.  S.  397. 

=  Ecifpiclsweife  führe  ich  hier   jene   Künftler  an,  welche  im  Jahre   1391 
1    1,,  n   dem   genannten   Claus  de   Erfordia  das  Bürgerrecht  erworben: 
Philippus    it.   jus  civüe    sine    lide    iussorc  etc.    (kommt    auch   im  Buche  der 

Prager  Malcrzechc  vor). 
Cunez   pildsniez  etc.  (gleichfalls). 
Nicolaus  gläfer  ete.  (gleichfalls). 

Petrus    Regenpogn  .     .  pictor  .     .  (ebenfalls   aus   dem    B.    d.  P.  M.   bekannt  . 
Georius  Polancr  de   Munftcrberg  pictor. 
Petrus  de  Tepla. 

Nicolaus    hr/ibsky. 

Thomas  pictor. 

V    olaus  de   Chotwors  pictor  (flehe  auch  das  B.  d.  P.    M. 

tpecher .    .  pictor  (dto.). 
Petrus  de   Pias   pictor  .    .    . 

hael  de  Pr.tg.i  pictor. 
Francs  glazer  pictor  Witkonis  fiüus  de  Praga  .    . 
Johancs  de  bosna  pictor  .    . 
Hodyko  de  kowars  etc. 

Die  Aufzeichnungen  befinden  fleh  im  Codex  Nr.  986  des  Pi 
Archivs  und   die  Kenntnis  derfelben   verdanke   ich  der  Güte   des   Herrn  Stadt- 
Archivars  Profeffor  I'r.  J.  Enüer. 

eifpiel        ife  im  Jahre  1461  die  Pra   ei  1 :  tiderfchaften 
die   in  der  Kelle    Bustevcs  arbeitenden   frei  I  ll'en   (Lore'ns  de   Mi 

Gabriel  de  Kilavia,  Kanufch  de  Lauff,  Ulricus  de  Vienna)  zu  recht  energifchen 
Maßregeln  gegriffen. 


Waä   nun   die  Zeitbeftitflrhung   des  Hohenfurther 

Hildes  anbelangt,  ftimme  ich  mit  dem  1  lerrn  Dr.  Neu- 
ivirtk  darin  überein,  dafs  dasfelbe  wohl  in  die  zweite 
Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  zu  fetzen  ift.  Ob  der 
Ablafsbrief  des  Erzbifehofs  Johann  von  Jenftein  vom 

Jahre  1384  auf  diefes  Bild  zu  beziehen  ift,  laffe  ich 
dahingt  Hellt ;  wenn  es  auch  nicht  der  Fäll  wart,  fö 
glaube  ich  doch,  dafs  jenes  im  Ablafsbriefe  genannte 
Marienbild  in  irgend  einer  Beziehung  zu  unferer 
Gruppe  ftand,  und  vielleicht  das  Original  aller  fpätereH 
Nachbildungen  abgegeben  hat.  Von  diefen  Nachbil- 
dungen ift  meines  Krachteils  das  Bild  in  der  Präger 
Stephans-Kirche  und  dasjenige  in  der  Budweifef 
Spitals-Capelle  um  die  Wende  des  14.  Jahrhunderts 
zu  fetzen,  eine  etwas  fpätere  Copic  ift  die  Madonna 
der  Galerie  des  Rudölphinüm  in  Prag,  während,  wie 
bereits  erwähnt  wurde,  das  Krumauer  Bild  der  zweiten 
Hälfte  des  15.,  das  Budweifer  fogar  dem  Anfange  des 
16.  Jahrhunderts  angehört. 

Es  ift  dies  nicht  der  einzige  Fall,  dafs  treffliche 
Madonnenbilder  als  wunderthatig  geehrt  und  durch 
Nachbildungen  vermehrt  wurden;  bemerkenswerth  ift, 
dafs  fich  der  Sinn  des  Volkes  von  einem  Kunftwcrkc 
angezogen  fühlte  und  fo  gewiffermaßen  mit  richtigem 
Verftändnis  Kritik  übte.  Eines  diefer  wundei  th  itigen 
Bilder  ift  jenes  Königsfaaler  Madonnenbild,  von 
welchem  in  der  Abhandlung  des  Herrn  Dr.  Neuwirlh 
Erwähnung  gefchieht.  Die  von  der  Tradition  über- 
lieferte  Nachricht,  dafs  diefes  Bild  ein  Gefchenk 
Königs  Wenzel  II.  gewefen,  fteht  augenfeheinlich  mit 
dem  kühftlerifehen  Charakter  des  Bildes  im  Wider- 
fpruch;  wie  Herr  Dr.  Nvuivirih  conftatirt,  befindet 
fich  die  diesbezügliche  Infchrift  nicht  auf  der  Rückfeite 
der  Holztafcl ;  es  wurde  dies  auch  nur  irrthiimlicher- 
weife  angenommen,  denn  die  fragliche  Infchrift  ift 
wohl  nichts  anderes  als  der  poetifche  Erguß  eines 
unbekannten  Dichters  des  17.  Jahrhunderts  und  bildet 
den  Anfang  eines  längeren  Lobgedichtes,  welches 
der  Madonna  in  dem  unter  dem  Namen  ..Phönix  inci- 
neratus"  die  Schickfale  des  Klofters  behandelnden, 
im  Jahre    1647  erfchienenen    Buche    gewidmet    wird. 

Neben  der  veralteten  Anficht  vom  vorcarolinifchen 
Urfprunge  einiger  Madonnenbilder  erfreute  fich  auch 
die  Ueberzeugung,  welche  alle  b eiferen  Schöpfungen 
der  Malerei  in  Böhmen  als  aus  Italien  flammend 
willen  wollte,  der  größten  Verbreitung;  auch  Herr  Dr. 
Nanvirth  hält  nach  dem  Vorgange  Grucbcr's  am 
italienifchen  Urfprunge  der  Königsaaler  Madonna  feil. 
Durch  die  ganze  Haltung,  durch  den  an  das  Hohen- 
furtcr  Bild  gemahnenden  Faltenwurf  documentirt  fich 
das  Bild  als  eine  Schöpfung  der  gothifchen  Kurift- 
richtung  Mitteleuropas,  wenn  fich  auch  in  allen 
Colorit-Reminifcenzen  an  Thomas  von  Mutina  erhalten 
haben  mögen.  Auch  in  der  Auffaffung  konnte  man 
wohl  italienifchen  Einfluß  erblicken:  die  Mutter  Gottes 
neigt  fich  zum  Chriftkindlein,  welches  mit  einem 
enganliegenden  Hemdchen  angethan  ein  Vogelchen 
in  feiner  Rechten  hält,  doch  fehen  wir  ähnliche 
genrehafte  Auffaffung  auch  auf  dem  Votiv-Bilde 
ücko  von  Vlasim  im  Rudolphinurri,  wo  Maria  ihrem 
Kinde  einen  Apfel  vorhält.  Sonft  zeigt  das  Königsadler 
Bild  einige  entfehiederie  Merkmale,  welche  es  mit 
der  vorher  besprochenen  Bildergruppe  gemein  hat: 
die  Krone,  den  Schleier,  unter  welchem  blonde  Locken 


XXIV 


hervorquellen,  den  complicirten  doch  fließenden 
Faltenwurf  des  mit  einer  Agraffe  zufammengehaltenen 
In  der  Gefichtsbildung  weicht  es  aber  von 
der  oberw  ahnten  Gruppe  bedeutend  ab,  und  halt  noch 
an  dem  Typus  feil,  welcher  dem  Meiiter  Theodorich 
'.  -    ift    diefelbe  Gefichtsbildung  mit    einem 

iiTen  morofen,  hier  eher  leidenden  Ausdruck,  und 
auch  die  Bildung  der  Hand  mit  den  dicken  Fingern 
ift  ganz  in  der  Art  Theodorich's.  In  der  kleinen  ent- 

nen  Kirche   des  heil.  Johannes  unter  dem  Felfen 

[van  unweit  Karlftein  wird  ein  ähnliches  Marienbild 
aufbewahrt,     welches    bei    befferer    Krhaltung    dem 

igsaaler  Bilde  gleichkommt,  fo  dafs  man  beinahe 
verlegen  fein  könnte,  welches  diefer  Bilder  als  Original 
zu  betrachten  wäre.  Andere  fpätere  Copien,  welche 
bis  in  das  17.  Jahrhundert  hinaufreichen,  find  äußerft 
zahlreich.  Man  wird  wohl  nicht  viel  fehlen,  wenn  man 
die  Kntftehungszeit  der  Madonna  von  Königsaal  und 
St   Johannes  an  die  Neige  des  14.  Jahrhunderts  anfetzt. 

Das  neben  diefer  Madonna  von  Herrn  Dr.  Xii/- 
:h  genannte,  in  der  Galerie  des  Stiftes  Strahov 
befindliche  Madonnenbild  zeigt  viele  Aehnlichkeit 
mit  derfelben,  nur  dafs  fich  in  der  Au>fuhrung  und 
Aufladung  ein  zur  Kntartung  gefteigerter  Manierismus 
nicht  verläugnen  läfst.  Das  Chriftkindlein ,  welches 
ebenfalls  einen  Vogel  in  der  Hand  hält  und  nur  mit 
einem  durchfichtigen  Schleier  bekleidet  ift,  ift  haftig 
bewegt,  der  Ausdruck  der  Madonna  mit  den  blonden 
bufchigen  Locken,  den  klotzenden  Augen  und  den 
üppigen  Lippen  ilt  beinahe  wild  zu  nennen,  und  unwill- 
kürlich erinnern  wir  uns  auf  ähnliche  Gebilde,  welche 
fich  unter  den  Miniaturen  der  in  der  k.  k.  Bibliothek 
zu  Wien  aufbewahrten  Goldenen  Bulle  befinden.  Die 
blonden  lockigen  Haartouren,  welche  fich  formlich  zu 
thurmartigen  Perrücken  aufbauen,  die  weit  aufgeriffe- 
nen  Augen,  die  maßlos  bewegten  Geftalten  der  Gol- 
denen Bulle  find  wohl  auf  Rechnung  des  Verfalles  der 
Sitten,  der  Mode  und  der  Kunft  in  den  letzten  Jahren 
der  Regierung  König  Wenzel  IV.  zu  fetzen;  das 
Wiener  Exemplar  der  Goldenen  Bulle,  deren  Miniaturen 
große  technifche  Vorzüge,  ja  da  wo  der  Maler  feinem 
Ungeftüm  eine  Gränze  fetzt,  auch  Schönheit  und  Kraft 
befitzen,  ftammt  aus  der  Zeit  um  das  Jahr  1400  und 
auch  das  Strahover  Bild  ift  wohl  als  ein  einheimifches 
Werk  in  den  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  zu  fetzen. 

Zu  den  befprochenen  Madonnenbildern  gefeilen 
fich  weiter  noch  einige,  welche  ebenfalls  auf  ein  Vor- 
bild zurückzuführen  fiud;  dies  Vorbild  mag  das  treffliche 
Bild  der  Kirche  zu  Goldenkron  fein,  ein  Bild,  welches 
die  Dimenfionen  der  Hohenfurther  Gruppe  ein  wenig 
uberfchreitet,  fonft  aber  eine  nicht  unähnliche  Auf- 
faffung  zeigt.  Die  Madonna  ift  zur  rechten  Seite 
gewendet,  und  trägt  das  Chriftkindlein  faft  aufrecht 
auf  den  Armen;  ein  genrehafter  Zug,  wie  das  Hafchen 
nach  der  Agraffe  bei  dem  Hohenfurther,  das  Spielen 
mit  dem  Vogel  in  dem  Königfaaler  Bilde,  wird  hier 
nicht  angetroffen;  das  völlig  nackte  Kindlein  ift  dem 
Befchauer  zugewendet,  es  fchaut  mit  einem  gänzlich 
en  face  gehaltenen  Köpfchen  aus  dem  Bilde  heraus 
und  hebt  feine  linke  Hand  wie  zum  Segen.  Es  ift 
ein  Andachtsbild  ernfteften  Charakters  ohne  jede 
genrehafte  Zuthat,  und  diefer  Auffaffung  nach  wäre 
man  geneigt,  es  als  das  ältefte  der  befprochenen 
Marienbilder  anzufeilen.  Die  Formgebung  weicht  auch 


hier  von  jener  Theodorich's  ganzlich  ab,  die  Gellalt  ift 
lichtlich  von  jener  der  gothifchen  Periode  eigentüm- 
lichen gefchwungenen  Stellung,  von  welcher  wir  auf 
den  Bildern  Theodorich's  keine  Spur  finden,  der 
Faltenwurf  des  blauen  Mantels,  welcher  in  drei  Enden 
vertical  herabfällt,  ift  äußerft  complicirt  und  diametral 
von  der  einfachen  Weife  Theodorich's  verfchieden, 
das  liebliche  rofige  Geficht  der  Madonna  mit  den 
klaren  Augen,  der  feinen  Nafe  und  den  weichen  Lippen 
hat  weder  mit  dem  Typus  Theodorich's  noch  mit  dem 
anfangs  befprochenen  Madonnentypus  etwas  gemein. 
Man  hat  hier  die  Schöpfung  eines  unbekannten  vor- 
trefflichen Künftlers  vor  fich,  welcher  die  Strenge 
eines  fo  zu  fagen  hieratifchen  Styls  durch  einen  ein- 
nehmenden Gefühlsausdruck  dämpft  und  durch  die 
ganze  Auffaffung  und  Behandlungsweife  einen  Ilatua- 
rifchen  Eindruck  macht.  Bemerkenswerth  bleibt,  dafs 
die  zwei  mir  bekannten  Nachbildungen  diefer  Madonna 
weder  in  den  Dimenfionen,  noch  im  Colorit  mit  der- 
felben übereinftimmen  und  blos  die  Stellung  und  Auf- 
faffung wiederholen.  Es  find  dies  weit  freiere  Nach- 
bildungen als  jene,  welchen  wir  in  der  zuerft  befpro- 
chenen Gruppe  begegnen. 

Erftens  ift  es  das  kleine  liebliche  Bildchen  in 
der  Sacriftei  der  Metropolitan-Kirche  zu  Prag,  das 
fonft  noch  einige  kleine  Abweichungen  von  dem  Vor- 
bilde zeigt;  das  Colorit  ift  hier  dunkler  gehalten, 
namentlich  ift  das  Blau  des  Mantels,  unter  welchem 
am  Haupte  Marias  noch  ein  weißer  gezackter  Schleier 
hervorfchaut,  bedeutend  tiefer.  Auch  die  Madonna 
der  Teyn-Kirche,  welche  aus  der  Kirche  ins  Depofit 
gewandert  ift,  lehnt  fich  an  die  von  Goldenkron  an; 
die  Tafel  hat  die  Größe  und  Anordnung  des  Hohen- 
further Galeriebildes  und  ift  mit  einem  Rahmen  ver- 
fehen,  auf  welchem  ebenfalls  oben  zwei  Engel  mit 
der  Krone  und  der  bekannten  Infchrift  ..Regina  coeli 
etc.",  unten  gleichfalls  Engel  mit  Spruchbändern, 
feitwärts  die  vier  entfprechenden  weiblichen  Heiligen 
Figuren,  angebracht  find.  Der  Mantel  ift  hier  von 
einer  noch  dunkleren  beinahe  fchwarzen  Farbe,  fonft 
aber  zeichnet  fich  das  Bild,  welches  flott  aber  leichtfer- 
tig gemalt  ift,  durch  ein  goldgelbes  Incarnat  aus,  welches 
faft  an  die  Venezianer  mahnt.  Das  Pendant  zu  diefem 
Bilde,  ein  zwifchen  zwei  Engeln  flehender  Ecce  Homo, 
ift  bei  der  uncorreften  Zeichnung  und  den  abflößenden 
Gefichtszügen  des  Heilands  eine  recht  unerfreuliche 
Leiftung.  Vermittelt!  der  Madonna  der  Tcyn-Kirchc 
wird  auch  das  Hohenfurther  Galeriebild  diefer  Gruppe- 
naher  gerückt,  wenigftens  lieht  es  derfelben  weit  naher 
als  der  zuerft  befprochenen  Gruppe. 

Die  Zufammengehörigkeit  jener  drei  Madonncn- 
bilder,  des  in  Goldenkron,  in  der  Dom-Kirche  und  der 
Teyn-Kirche  hat  auch  Grucber  erkannt;  doch  ift  er 
hiebei  zu  weit  gegangen,  wenn  er  fie  neblt  einigen 
anderen  einem  und  demfelben  Künftler  zufclneibt ', 
dagegen  fpricht  fchon  die  verfchiedenartige  Behand- 
lungsweife und  die  Unterfchiede  des  Colorits.  Grucber 
verfuchte  diefe  Bilder  mit  einem  bekannten  Künftler- 
namen,  nämlich  mit  jenem  des  königlichen  Malers 
Kuncz  in  Verbindung  zu  bringen,  doch  ift  diefer 
Verfuch,  wie  überhaupt  derartige  z.  B.  auf  den  Namen 
Mutina  und  Wurmfcr  unternommene  Taufen  Gruebers, 
völlig   misglückt.    Meiiter  Kuncz    erfcheint   in    einem 

1  Die  Kunft  des   Mittelalters  in   Uuhmcn  III.   S.   lai. 


XXV 


Verzeichnis  der  Zechbrüder  unter  dem  Namen  „miMr 
Kuncz  kralnow  malerz",  und  da  diefes  Verzeichnis 
keineswegs  aus  dem  Jahre  1348  oder  1352  wie  Grueber 
annimmt,  fondern  erft  etwa  aus  den  Dreißiger- Jahren 
des  15.  Jahrhunderts  herrührt,  kann  er  unmöglich  mit 
dem  Kunzel  bohemus,  welcher  im  Jahre  1310  in  Nürnberg 
auftaucht,  identifch  fein,  auch  die  fonftigen Folgerungen 
Gruebers  fallen  gänzlich  weg.  Die  Lebenszeit  Kunzeni 
fällt  fchon  in  die  Periode  Wenzels  IV.  und  der  Meifter 
war  fomit  der  Hofmaler  diefes  Königs,  alfo  ein  fpäterer 
Nachfolger  Theodorich's  im  Amte  und  der  Kunft. 
Auch  kommt  er  öfters  in  den  Stadtbüchern  vor  und 
zwar  1391  +  1400  als  Eigenthümer  eines  Kaufes  an  der 
Neuftadt,  fodann  1405 — 1429  eines  anderen  an  der 
Altftadt  und  im  Jahre  1433  finden  wir  ihn  nicht  mehr 
am  Leben;  '  er  hinterließ  einen  Sohn  Namens  Wenzel 
(Wenceslaus  natus  Cuncz  pictoris),  welcher  auch  in 
dem  Buche  der  Malerzeche  neben  feinem  Vater  als 
„Waniek  Kuncznow  fyn"  eingezeichnet  ift. 

Leider  finden  wir  keinen  Anhaltspunkt,  diefem 
Meiller,  welcher  ganz  gewiß  nicht  unbedeutend  war, 
wenn  er  aus  der  großen  Anzahl  von  Künftlern  zum 
königlichen  Maler  auserkoren  wurde,  irgend  ein  be- 
kanntes Werk  zuzufchreiben;  am  allerwenigften  könnte 
dies  der  Fall  fein  bei  der  Madonna  von  Goldenkron 
oder  jener  der  Domkirche,  da  fie  noch  aus  der  Zeit 
Karl  IV.  herrühren,  wahrend  das  Bild  der  Teyn-Kirche, 
welches  wohl  aus  der  Zeit  Wenzel  IV.  (lammen  mag, 
für  einen  königlichen  Maler  zu  unbedeutend  ift. 
Uebrigens  Münden  wir  bei  folchen  Zufchrcibungen  auf 
dem  unficheren  Boden  einer  nicht  einmal  durch  einen 
Scheinbeweis  geMützten  Hypothefe. 

Im  vorliegenden  Auffatze  wurden  nur  diejenigen 
Madonnen,    welche   als   BruMbilder    oder   KnieMücke 

1   Tamek,  Zaklady  I.  S.  78,  II.  S.  291. 


behandelt  find,  beruckfichtigt;  durch  Zuziehung  jener 
Bilder,  welche  die  Mutter  Gottes  in  ganzer  Geftalt 
zeigen,  und  Vergleichung  mit  den  Madonnen-Stand- 
bildern, wäre  hier  ein  außerordentlich  reiches  und 
intereffantes  Material  für  unfere  Kenntnis  der  Kunft- 
entwickelung  und  der  Ikonographie  geboten.  Der 
Umiiand,  dafs  einige  diefer  Madonnenbilder  nichts 
anderes  als  Wiederholungen  eines  Originals  find,  ill 
keineswegs  zu  überfehen;  er  erfchwert  zwar  einerfeits 
die  fichere  Datirung  der  Bilder,  anderfeits  läßt  er 
uns  jedoch  die  Wandlungen  der  Technik  leichter  er- 
kennen. Wenn  auch  diefer  UmMand  auf  die  Zähigkeit 
der  Tradition  hinweift,  fo  muß  man  fich  doch  die 
Entwickelung  der  Malerfchule  in  Böhmen  im  fortigen 
Wcchfcl  und  Fortfehreiten  denken;  der  zur  Zi  it 
Karl  IV.  angeregte  KunMauffchwung  blieb  keineswegs 
ftationär,  fondern  war,  wohl  auch  unter  dem  Einfluß 
der  deutfehen  und  italienifchen  KunM,  im  Meten 
Wechfel  begriffen.  Es  ift  doch  ganz  natürlich,  dafs  zur 
Zeit  Wenzel  IV.  eine  andere  Stylrichtung,  ein  anderer 
KunMgefchmack  vorherrschend  war,  als  einige  Decen- 
nien  vorher,  die  Schöpfungen  Theodorich's  können 
nicht  in  allen  Fällen  als  MaßMab  gelten.  Die  Wand- 
lungen des  Styls  können  wir  ja  ganz  klar  in  den 
Werken  der  Miniatur-Malerei,  welche  ja  größtenteils 
fichere  Anhaltspunkte  zur  genauen  Datirung  bieten, 
verfolgen  und  ebenfowohl,  wie  fich  das  Mariale  ArncMi 
vom  Psalterium  des  Kreuzherrn-Ordens,  dem  Libcr 
Viaticus  und  dem  Miffale  des  Olmützer  Bifchofs  und 
diefe  wieder  von  den  Schöpfungen  der  Zeit  Wenzel  IV., 
einer  Bilderbibel,  dem  Wilhelm  von  Oranfee  und  der 
goldenen  Bulle  unterfcheiden,  fo  gibt  es  auch  wefent- 
liche  Unterfchiede  zwifchen  den  Werken  Theodorich's, 
feiner  Zeitgenoffen  und  nachfolgender  Künftler- 
Generationen. 


Schlofs  Breitenfurt  bei  Wien. 


Von  Dr.  Albert  Jlg. 
(Mit  einer  Tafel.) 


|S  ift  eine  befondere  Seltenheit,  dafs  man  im 
Zeitalter  des  Barock-Styls,  während  welchem 
für  ländliche  Anfiedlungen,  Schlöffer  und  adelige 
Villen  fammt  ihren  Parken  faM  immer  nur  die  Ebene  als 
Territorium  gewählt  wurde,  einmal  auch  im  Walde,  im 
Hügellande,  in  einem  Thale  einer  derartigen  Schöpfung 
begegnet.  Um  Wien  liegen  alle  kaiferlichen  und  fonMi- 
gen  Landfchlöffer  aus  jener  Zeit  größtentheils  in  der 
Fläche,  fei  es  im  Donaubecken  füdlich  und  füdöftlich 
von  der  Stadt,  fei  es  nördlich  im  Marchfelde,  fo  Schloß- 
hof, Süßenbrunn,  Ekartsau  u.  A.  ErM  in  viel  fpäteren 
Tagen, unter  Jofeph  II ,  begann  die  Werthfchätzung  des 
Gebirges  und  der  Waldthäler  für  diefe  Gründungen, 
wovon  uns  Neuwaldegg,  Rodaun,  Hadersdorf  etc. 
lieifpiele  bieten.  Es  iM  hier  nicht  Raum  und  Gelegen- 
heit, auf  die  Gründe  einzugehen,  weshalb  dem  fo  in 
der  Barocke  und  anders  in  fpäterer  und  heutiger  Zeit 
fei,  nur  kurz  möge  angedeutet  werden,  dafs  die 
Schwärmerei  für  die  fogenannte  wilde  freie  Natur  fich 
crM  fehr  fpät  entwickelte,  dafs  der  ftrenge  gebundene 
Kunflfinn  der  früheren  Jahrhunderte  mit  den  Zufallig- 

XIII  N.  F. 


keiten  einer  natürlichen  Landfchaftsbildung  nichts 
zu  machen  wußte  und  ihr  eminent  ftyliftifches  Gefühl 
nur  ein  UebereinMimmen  der  Gartenanlage  mit  der 
Architektur  für  denkbar  und  vorMellbar  erkannte,  dafs 
das  Gebirge  und  alles,  was  mit  ihm  zufammenhängt, 
den  Begriff  des  Wilden,  Unwirrbaren,  Schrecklichen 
und  Uncultivirten  an  fich  trug,  und  die  fruchtbare 
bewohnte  und  bebaute  Fläche  daher  als  allein  mög- 
licher Aufenthalt  der  guten  Gefellfchaft  gedacht 
werden  konnte.  Auch  die  Gattung  der  damals  belieb- 
ten Jagden,  insbefondere  die  Falkenjagd,  bevorzugte 
die  Ebene;  der  Hauptgrund  ift  aber  wohl  der,  dafs 
demjenigen,  was  man  im  neumodifchen  GeiMe  Sinn  für 
die  Natur  nennt,  damals  ein  hoher  KunMfinn  entgegen- 
Mand,  der  es  verhinderte,  dafs  in  Gartencultur,  Villen- 
anlage und  dergleichen  ein  naturaliftifches  Wefen  über 
die  feit  Römertagen  beliebenden  Traditionen  von 
diefen  Dingen  hereinbräche. 

Wir  fagten,  es  ill  beachtenswerth,  dafs  trotzdem 
ein  Landfitz  in  der  Umgebung  der  KaiferMadt  fchon 
in    der    Zeit   Karls  VI.    ausnahmsweise    nicht    in    der 


XXVI 


e  fondern,  wenngleich  auch  nicht  der  modernen 
Vorliebe   entsprechend,   im   Bezirk   des   Schneeb« 
und  der  Raxalpe,  fo  doch   wenigftens  im  Hügelland 
Wienerwaldes,  in  einem  Thal  verfteckt,  ftatt  aul 

der  offenen  Flache,  angelegt  wurde.  Diefer  Anfitz  ift 
das  ehemalige  Schloß  von  Breitenfurt  im  Thale  der 
Liefing,  von  dem  wir  hier  im  kunftgefchichtüchen 
Betrachte  handeln  wollen. 

Die  einft  dichten  Walder  diefer  Gegend  waren 
feit  alten  Zeiten,  wohl  fchon  von  den  Babenbergern 
her,  imBefitz  der  Landesfürften.  Spärlich  angefiedelte 
Holzknechte  und  Forftarbeiter  bildeten  die  Bevölkerung 
der  einfamen  Thalgründe.  Von  einer  Gefchichte  des 
Ortes  ift  daher  keine  Rede.  Krft  zu  Ende  des 
i-  Jahrhunderts  verlautet  einiges  über  Einrichtungen 
der"  Förftverwaltung  in  Breitenfurt.  Jeder  Wiener 
kennt  das  alte  rühmlich  genannte Gafthaus  desStelzer, 
welches  neben  den  Reften  des  ehemaligen  Schloffes 
auf  der  gegen  Hochrotherd  führenden  Straße  auf 
der  Höhe  fteht,  felbft  aber  einen  Theil  der  einftigen 
Wirthfchaftsgebaude  desfelben  einnimmt.  Zu  jener 
Zeit,  alfo  noch  ehe  es  in  Breitenfurt  ein  Schloß  gab, 
ftand  an  der  Stelle  des  Gafthaufes  ein  Gehöfte,  welches 
einem  gewiflen  Chriftian  Rofenberger  gehörte.  Diefer 
Mann  war  ein  Beamter  des  Aerars  und  zwar  Rait 
Rechnungs-)rath  und  niederöfterreichifcher  Buchhalter. 

Man  nannte  darum  das  Anwefen  den  Rofenberger-, 
auch  wohl  den  Buchhalterhof.  Nach  Chriftians  Tode 
heirathete  feine  wohlhabende  Witwe  zum  zweiten- 
mal, 1712.  Ihr  neuer  Gatte  war  Gregor  Wilhelm  von 
Kirchner,  in  deffen  Befitz  nun  der  Hof  überging.  M. 
A.  Becker  (Topographie  von  Nieder-Oefterreich,  Wien 
1880,  II.  Bd.,  pag  203  ff.)  hat  eine  Reihe  höchft  werth- 
volle'r  gefchichtlicher  Nachrichten  über  das  Schloß 
Breitenfurt,  die  Kirchner fche  Stiftung  und  deren 
Schickfale  zum  eiftenmal  zufammengeftellt,  manches 
irrthümliche  Gerücht  damit  widerlegt  und  fich  unferen 
Dank  dadurch  verdient.  Wir  folgen  in  unferer  Arbeit 
feiner  Darftellung  vielfach  auf  dem  Weg  der  rein  ge- 
fchichtlichen  Daten,  bemerken  aber,  dafs  wir  auch 
altere  Angaben  berückfichtigen,  und  ferner,  dafs 
fowohl  Becker  als  alle  Uebrigen,  welche  bisher  über 
Breitenfurt  fchrieben,  das  kunfthiftorifche  Moment 
nicht  in  Betracht  gezogen  haben.  Diefer  Seite  des 
Gegenftandes  foll  aber  unfer  Verfuch  in  erftcr  Linie 
gewidmet  fein. 

Nach  Becker  erhielt  Kirchner  im  Jahre  17 12  die 
I  Iand  der  Witwe  Rofenberger,  wodurch  er  in  den  Befitz 
Hofes  und  wohl  überhaupt  erft  zu  Mitteln  gelangte. 
Wie  uns  der  hochwürdige  Herr  Pfarrer  von  Breitenfurt, 
Herr  Raab,  welcher  mit  wärmftem  Eifer  fich  für  die 
Gefchichte  feiner  Kirche,  der  einftigen  Schloß-Capelle, 
intereffirt,  mitthcilte,  lebt  noch  die  Sage  von  dem 
großen  Vermögen,  das  ihm  Gott  Hymen  zugewendet 
habe.  Nach  alldem  ift  alfo  nicht  anzunehmen,  dafs 
Kirchner  fchon  vor  feiner  Verheirathung  als  reicher 
Mann  in  Breitenfurt  anfaßig  gewefen  fei  und  den  Schloß- 
bau früher  fchon  unternommen  habe.  Schweickhart- 
Sickingcn  jedoch  (Darftellung  des  Erzherzogtums 
(  lefterreich  unter  der  Enns,  I.  Bd.  Viertel  unter  dem 
Wienerwald,  Wien  183;,  pag.  119)  berichtet,  Kirchner 
..erbaute  fich  im  Jahre  1696  hier  ein  Schloß,  dann  fpäter 
eine  Capelle  zum  heil.  Johannes",  was,  das  Schloß  be- 
treffend, Ad.  Schmidt  (Wien's  Umgebungen  etc.  Wien, 


1839,  III.  Bd.,  pag.  216)  wiederholt.  Da  uns  bis  zur 
Stunde  genauere  Nachrichten  fehlen,  bleiben  beide 
Angaben  vorläufig  in  einem  gewiflen  Gegenfatze.  Ich 

muß  geliehen,  dafs  mir  Beckers  Mittheilung,  fowie  die 
Localtradition  fehr  wahrfcheinlich  auf  eine  Erbauung 
des  Schloffes  nach  1712  [Becker  nennt  direel   das  Jahr 
[714    hinzudeuten  fcheinen,  jedoch  ganz  ohne  Urfachen 
kann    das  Datum   1696   doch    auch    nicht    fein.  Sollte 
vielleicht     fchon    das    erfte    Ehepaar,     Rofenberg 
Anfange  mit  einem  Bau  gemacht  haben?  Damit  wäre 
nun  zusammenzuhalten,   dafs   die   heute   noch   im  Ort 
lebende  Tradition  erzahlt,  Kirchner  habe  niederreißen 
laffen,    was   fchon   an    dem  Schlöffe    erbaut    war;    es 
konnte  alfo    fchon  ein  Beginn  der  Bauarbeiten  unter 
Rofenberger    angenommen    werden.  Es    ift    aber    die 
Frage,    ob    an   der  Stelle    des  Barock-Schloffes   nicht 
außerdem  auch  fchon  ein  mittelalterlicher  Bau  exiflirt 
haben  mochte;  denn, obwohlkcinehiftorifche Nachrieht 
davon  etwas  verkündigt,  muß   doch  bemerkt  werden, 
dafs  fich   in  den  Escarpe-Mauern  Werkftücke  finden, 
welche  fich  als  Stücke  von  Thür-  und  Fenftergewänden 
mit  Profilen  im  gothifchen  Styl  bekunden,  ja  fogar  Spitz- 
bogen-Fragmente follen  darunter  vorgekommen  fein. 
Wer  war  Gregor  Wilhelm  von  Kirchner?  Wie  ich 
finde,    flammte    er    von    Prag.    Die  Widmung    feiner 
Schloß-Capelle    an   St.  Johannes   von    Nepomuk   und 
die  Hervorhebung  böhmifcher  Heiliger  in  der  Compo- 
fition   des  dortigen  Kuppel-Frescos,  wovon  noch^  zu 
reden  fein  wird,    find  damit  zufammenhängende  Um- 
ftände.  Mit  dem  Kreuzherrenftifte  in  feiner  Vaterrtadt 
hatte  er  zeitlebens  Verbindungen.  In  Wien  bekleidete 
Kirchner  denRang  eines  Minifterial-Banco-Deputations- 
Hofbuchhalters   und,  wie    es  heißt,  Oberauffehers   der 
kaiferlichen  Wälder  und  Forfte.  Auch  diefe  Stellung 
mag  zu  feinen  Glücksumftänden  wefentlich  beigetragen 
haben;  dagegen  wurde  eine    andere  Meinung,  welche 
diefelben  zu  erklären  verflicht  hat,  fchon  von  Becker 
als  Fabel   bezeichnet.  Es    wurde   nämlich    viel   davon 
geredet,  Kirchner  fei  ein  natürlicher  Sohn  des  Kaifers 
Karl  VI.  gewefen,  was   fchon   deshalb    nicht  möglich 
ift,   weil    diefer  Monarch   um    15  Jahre  junger   als    der 
1670  geborne  Kirchner  war.  Die  Sage  entftand  ohne 
Zweifel   durch   die    noch  zu  erwähnende  Wachsbüfte, 
welche  nicht  nur  an  den  habsburgifchen  Typus  erinnert, 
fondern  demfelben  wirklich  frappant  ähnlic  hift.  Dazu 
kommt  ferner  die  mehr  als  gewohnliche  Pietät  Kirch- 
ner's  für  den  Kaifer,  den  er  in  einem  überaus  koftbaren 
lebensgroßen  Kunftwerk  durch  den  erften  Mcifter  der 
Zeit  im  preciofeften  Material  darftellen  ließ,  dem  er  in 
feinem  letzten  Willen  die  Prachtzimmer  feines  Schloffes 
für   feine  ..vorhabende   Jagdluft"    beftimmte.  All'    das 
läßt  fich  aberallcrdingsausbloßerLoyalitat,  Verehrung 
und    Dankbarkeit    gegen    Karl    auch    erklären    und 
beweift  freilich  nichts  für  jene  Sage.  Ucbrigens  muß 
auffallen,    dafs  Kirchner   weder   als  Gemal    der   Frau 
Rofenberger,   noch   durch    feine    amtliche  Stellung   fo 
große  Mittel  aulbringen  konnte,  um   ein  Prachtfchloß 
diefer  Qualität  fertigzustellen.  Dazvi  kommt,  dafs  bei 
demfelben  fchon  von  Anfang  auf  den  kaiferlichen  lt"l 
in    einer   folchen  Weife  Rückficht    genommen    wurde, 
dafs  ohne  nähere  Beziehungen  zu  demfelben  ein  fol<  hes 
Vorgehen  gar  nicht  denkbar  wäre.  Welche  diefelben 
gewefen,  können  wir  heute  freilich  nicht  mehr  genau 
feftftellcn. 


XXVII 


Der  reiche  Mann,  deffen  Ehe  kinderlos  geblieben 
war,  haftete  ein  Verforgungshaus  für  die  dürftige  Be- 
völkerung  der  Gegend,  in  welchem  Arbeitsunfähige 
Unterhalt  bekommen  follten;  auch  war  für  Entlohnung 
derjenigen  geforgt,  welche  in  den  Wäldern  der  Be- 
fchäftigung  nachgingen,  und  ferner,  wie  Andere  fagen, 
ein  Spital  für  verunglückte,  bei  ihrer  Arbeit  be- 
fchädigte  Holzknechte  eingerichtet.  Alle  zu  folchen 
Zwecken  erforderlichen  Ubicationen,  ferner  eine  Capelle 
und  die  prächtige  Wohnung  des  edeln  Wohlthäters 
felbft  folltc  ein  Gebäude,  das  heute  leider  nur  mehr 
in  einem  dürftigen  Reft  beftehende  Schloß,  umfaffen, 
welches  er  ganz  in  der  Nahe  feines  Rofenbergerhofes 
auf  dem  Hügel-Plateau  anlegte,  das  fich  über  den 
zerftreuten  Hütten  des  Oertchens  erhebt.  Sind  wir 
nun  auch,  wie  bemerkt,  über  den  Beginn  des  Baues 
nicht  ganz  genau  berichtet,  fo  fleht  doch  feft,  dafs  er 
noch  nicht  vollkommen  fertig  ftand,  als  der  Erzbifchof 
Graf  Kollonitfch  von  Wien  zur  Einweihung  am  6.  Sep- 
tember 1752  herauskam,  was  uns  belehrt,  dafs  damals 
die  Capelle  fchon  gewifs  vollendet  ftand.  Es  fcheint 
ferner,  dafs  aber  auch  der  kunftgezierte,  alfo  der 
Wohnungstheil  des  Schloffes  und  die  einft  prächtige 
Gartenanlage  um  genannte  Zeit  vollendet  war,  das 
Spital  aber  noch  nicht;  denn  erft  nach  Kirchners  1735 
eingetretenem  Tode  erfolgte  ein  kaiferlicher  Befehl, 
deffen  Bau  nach  dem  Willen  des  Stifters  fertigzuftellen. 
Es  bildete  den  linken  Theil  des  Gebäudes.  Ich  will 
mich  über  die  weiteren  Angelegenheiten  diefer  huma- 
nen Stiftung,  die  mit  der  kunfthiftorifchen  Seite  des 
1  .  genftandes  nichts  zu  thun  hat,  hier  nicht  eingehen- 
der beschäftigen,  fehr  gründlich  hat  ohnehin  Becker 
die  Sache  auseinandergefetzt.  Nur  kurz  fei  bemerkt, 
dafs  Kirchner  in  feinem  Teftamente  verfügt  hatte,  in 
der  Capellengruft  beerdigt  zu  werden  (feine  Leiche 
ift  heute  noch  die  einzige  dafelbft),  und  dafs  feine 
Gemächer  im  oberen  Stock  dem  Landesfürften  zur 
alleinigen  Benützung  bei  Jagden  „deteriorieret"  werden 
follen.  Maria  Therefia  bewilligte  fpäter  für  die  Inftand- 
haltung  diefer  kaiferlichen  Apartements  jährlich  2000 
Gulden,  bezüglich  des  Spitales  tauchte  aber  fchon 
damals  der  Gedanke  auf,  es  nach  Wien  zu  übertragen. 
Unter  Jofeph  II.  kamen  dann  die  Pfründner  1785  nach 
Mauerbach  ;  damit  war  aber  leider  auch  das  Los  des 
Schloffes  befiegelt  und  es  follte  das  mißlichfte  fein. 
Das  Gebäude  follte  verkauft  werden  und  der  Kaifer 
felbft  war  der  eifrigfte  Förderer  der  bedauerlichen 
Angelegenheit,  ja  felbft  gegen  den  Rath  der  Com- 
miffion,  welche  für  die  Stiftung  aufgeftellt  war.  Bei  der 
erften  Vcrfteigcrung  fand  blos  das  Gafthaus  einen 
Erfteher,  unterdeffen  meldete  fich  1788  ein  Anderer 
für  das  Schloß  und  es  erfolgte  der  Befehl,  es  ihm  fofort 
zu  übergeben,  „da  man  froh  fein  follte,  derlei  Gebäude 
anzubringen,  und  wenn  fie  auch  ohnentgeltlich  weg- 
gegeben werden  müßten."  Wahrlich,  der  fonft  große 
Jofeph  war  fo  klein  als  denkbar  in  Sachen  der  Erkennt- 
nis und  Werthfchätzung  alter  Kunft,  und  es  ift  ein 
trübfeliger  Erfatz  für  die  barbarifche  Verwüftung, 
welche  feine  Verfügungen  in  deren  damals  noch  un 
heueren  Schätzen  in  Oefterreich  anrichteten,  dafs  er 
feiner  zeitgenüffifchen,  nüchtern  und  fchwunglos 
gewordenen  Kunftproduction  durch  eine  beamten- 
mäßige Drillung  der  Akademie  unter  die  Arme  greifen 
zu  können  glaubte.  DieBehördcn  fetzten  es  aber  durch, 


dafs  das  herrliche  Schloß,  der  prachtvolle  Garten  mit 
feinen  Wafferkünften  und  die  reiche  Einrichtung  der 
Zimmer  nicht  einfach  „weggegeben"  wurden;  es  kam 
am  23.  September  1789  abermals  zu  einer  Auction,  bei 
der  jedoch  nur  die  Tapeten,  die  Gemälde,  Möbel  und 
fonftige  Einrichtungsftücke  Freunde  fanden,  das  Ge- 
bäude jedoch  wieder  verfchmäht  worden  war,  walir- 
fcheinlich  weil  man  es  laftig  fand,  dafs  der  künfl 
Befitzer  die  Schule  und  Pfarrerwohnung  darin  duli 
follte,  wie  der  Befehl  lautete.  Nun  ließ  der  Kaifer  die 
fchönen  Kaftanienbäume  nach  dem  Prater  bringen 
und  überließ  endlich  alles  übrige  einem  Brandweiner 
aus  Schottenfeld,  dem  noch  dazu  für  die  Unterbringung 
des  Pfarrers  und  der  Schule  ein  Beitrag  gezahlt  wurde; 
der  anderfeits  feine  Zahlungen  faft  gänzlich  fchuldig 
blieb  und  alles,  was  er  erlangen  konnte,  verwüfti  te, 
um  es  zu  Geld  zu  machen,  felbft  das  Dachkupfer,  die 
Gartenbäume  und  die  fteinernen  Einfaffungen  der 
Baffins!  Endlich  mußte  die  Behörde  einfehreiten  und 
im  Jahre  1796  wurden  das  Schloß  faft  gänzlich  niei 
geriffen  und  die  Gründe  verkauft!  Das  nannte  man  in 
der  klugen  rationaliftifchen  Epoche  der  Aufklarung 
in  Oefterreich  wirthfehaften  und  den  verfchwende- 
rifchen  Luxus  der  Vergangenheit  mit  nationalökono- 
mifchen  Principien  vertaufchen! 

Der  ehemalige  Traiteur  des  Kirchncr'fchen  Spitals, 
Franz  Stelzer,  hatte  fchon  1786  den  Theil  der  Gebäude 
erftanden,  welchen  heute  noch  das  bei  feiner  Familie 
verbliebene  Gafthaus  einnimmt;  von  dem!  lauptgebäude 
blieb  nur  die  Capelle  und  die  Wohnung  des  Pfarreis, 
fowie  diejenige,  welche  jetzt  dem  kaiferlichen  Forft- 
beamten  eingeräumt  ift,  ftehen.  Capelle  und  Pfarrers- 
Wohnung,  letztere  im  erften  Stocke;  im  Parterre 
befindet  fich  die  Sacriftei  und  Zimmer  der  Dienftleute 
des  Pfarrers  ftoßen  aneinander,  indem  hier  die  Capelle 
die  Mitte  der  Fagade  eingenommen  hatte.  Der  öftlich 
an  die  Capelle  flößende  kleine  Traft  der  Pfau 
Wohnung  wurde  aber  erft  fpäter  aufgebaut,  hier  ver- 
lief das  Schloß  noch  weiter,  um  mit  einem  Pavillon,  als 
Eckpunkt,  Gloriette  genannt,  zu  endigen.  Jenfeits  der 
Capelle  foll  es  fich  in  einem  weiten  Halbkreife  nach  der 
entgegengefetzten  Seite  erftreckt  haben,  in  der  Mitte 
der  ganzen  halbkreisförmigen  Anlage  lag  gegenüber 
der  noch  heute  erhaltenen  Allee,  die  den  Hügel  herauf- 
führt, in  der  Mitte  ein  impofantes  Portal,  und  am 
andern  Flügel  der  Capelle  gegenüber  ein  entfpre- 
chender  Prachtbau  des  Kaiferfaales  im  Parterre, 
welcher  die  Donner'fche  Statue  enthalten  follte  und 
noch  weiter  wieder  in  einem  Pavillon,  wie  der  gegen- 
überliegende Flügel,  feinen  Abfchluß  fand.  Somit 
blickte  die  Breitfeite  des  Schloffes  dem  Thalausgang 
entgegen.  Die  heutigen  minderen  Bauten  des  Spitals, 
des  jetzt  fogenannten  Schloffes  und  des  Gafthaufes, 
bildeten  als  Wirthfchafts-  und  Nebengebäude  nur  den 
Hintergrund  des  einfügen  Hauptgebäudes.  Merk- 
würdiger Weife  ift  kein  Kupferftich,  keine  Abbildung 
desfelben  auf  uns  gekommen.  In  der  Orts-Tradition 
hat  fich  auch  die  Erinnerung  an  einen  mit  Gold-  und 
Silberfifchen  befetzten  Teich  erhalten,  der  angeblich 
mit  Weißblech  (?)  ausgefuttert  gewefen  fein  foll.  Sonder 
bar  ift  auch  Folgendes:  Unter  dem  Raum  des  demo- 
lirten  Gebäudes  follen  weitläufige  Keller  und  Gange 
fein,  in  denfelben  mehrere  Portale  und  vermauerte 
Thüren,  von  denen  behauptet  wird,  dafs  hinter  Einer 


XXVIII 


rborgen  wäre.  Noch  bemerkt  Becker, 
dafs  nach  einer  Tradition  die  Löwen-Figuren  an  der 
Schloßbriicke  und  die  fchönen  Eifengitter  am  Haupt- 
tal von  Schönbrunn  aus  Breitenfurt  ftammen  follen, 
endlich  dafs  die  Kaftanienbäume  des  Augartens 
.  on  dorther  geholt  worden  waren.  Natürlich 
ift  all'  das  Fabel;  denn  jene  Löwen  (und  Sphinxen) 
wurden  von  dem  Hofftatuar  J.  W.  Beyer  für  die  Brücke 
verfertigt  und  zeigen  fchon  durch  ihren  Styl,  dafs  fie 
nicht  unter  Kirchner  entftanden  fein  können,  was 
letzteres  ebenfo  für  die  Gitter  gilt.  Die  Baume  betref- 
fend, liegt  eine  Verwechslung  mit  jenen  im  Prater  vor. 

Betrachten  wir  heute  zunächft  die  Umgebung 
des  Schloßgebäudes,  fo  finden  wir  nur  äußerft  fpärliche 
Spuren  der  alten  Einrichtung  mehr  vor.  Die  alte 
Schloßftraße  ift  noch  vorhanden,  welche  ganz  gerade 
den  kleinen  Hügel  emporführt,  natürlich  mit  jüngeren 
Alleebäumen  bepflanzt.  In  ihrem  oberen  Theil  fäumen 
fie  heute  noch  befchnittene  Hecken  ein,  was  wohl  auch 
noch  auf  eine  alte  Reminifcenz  zurückzuführen  fein 
dürfte.  Die  Gründe  zu  beiden  Seiten  waren  einft  der 
Park.  Wie  mir  der  Herr  Pfarrer  erzählte,  follen  fich 
hier  an  vielen  Stellen  die  Ueberbleibfel  von  Canälen 
und  Wafferleitungen  in  der  Erde  zeigen,  welche  zu 
den  einfügen  Wafferkünften  gehörten.  Auf  dem  Plateau 
angelangt,  fehen  wir,  der  Kirche  gegenüber,  eine 
jüngere  Gartenmauer  mit  einem  Thore,  deffen  Pfeiler 
dahin  übertragene  Sandfteingruppen  tragen;  je  ein 
Putto  ift  im  Kampf  mit  einem  Satyrknäbchen  dargeftellt. 
Das  Gafthaus  und  einige  benachbarte,  gleichfalls 
ebenerdige  Tracte  zeigen  den  einfachen  flattlichen 
Charakter,  in  welchem  jene  Zeit  Wirthfchaftsgebäude 
neben  einem  Herrenfitz  anzulegen  pflegte. 

In  dem  Pfarrhaufe,  alfo  einem  Theil  der  einftigen 
Herrfchaftsbehaufung,  gibt  es  zwar  eine  Reihe  geräu- 
miger Zimmer,  aber  nur  noch  zwei  Räume,  welche  an 
die  alte  Pracht  des  Ortes  gemahnen.  Das  Eine  ift  ein 
einfenftriges  Gemach  im  erften  Stocke,  oder  vielmehr 
der  Theil  eines  einftigen  Gemaches.  Denn,  wie  fich 
die  Ueberlieferung  erhalten  hat  und  auch  die  Ab- 
mauerung  der  Wand  bezeugt,  foll  bei  der  Demolirung 
die  verwüftende  Arbeit  fchon  bis  dahin  gediehen  fein, 
als  der  damalige  Beneficiat,  angeblich  noch  ein  Ver- 
wandter des  Schloßerbauers,  es  erreichte,  dafs  man 
ihm  den  Raum  laffen  möge.  So  ift  es  alfo  eigentlich 
ein  Drittel  eines  Zimmers,  Zeugnis  gebend  von  der 
Schönheit  desGanzen.  SeinSchmuckbefteht  in  reichen 
Stuccaturen,  welche  theils  in  Weiß,  theils  in  Vergoldung 
ausgeführt  find.  In  einem  großen  ovalen  Deckenfelde 
ift  die  Figur  der  Minerva,  umgeben  von  Trophäen  und 
Werkzeugen  der  Wiffenfchaft,  en  relief  dargeftellt, 
dazu  gefchmackvolle  Ornamentik  und  an  den  Laibun- 
gen der  Fenfternifche  reiches  Gitterwerk  von  ver- 
goldetem Stucco,  ganz  in  dem  Charakter  derjenigen 
des  Belvedere  und  des  Gebäudes  der  Ambrafer-Samm- 
lung,  fo  dafs  man  meinen  möchte,  es  feien  diefelben 
Stuccatoren  thätig  gewefen,  was  auch  ganz  möglich, 
ja  wahrfcheinlich  ift.  Auch  an  Schönheit  undKunftwerth 
flehen  fie  den  dortigen  keineswegs  nach.  Das  Zweite 
ift  die  Sacriftei  im  Erdgefchoß,  gleich  an  die  Capelle 
ftoßend,  ein  quadratifcher  Raum,  deffen  Schmuck 
hauptfächlich  in  den  polirten  eingelegten  Wand- 
fchränken  befteht,  welche  in  lichterem  Holze  Zeich- 
nungen   auf  dunklem   Grunde    darftellen.   Der    Herr 


Pfarrer  laßt  fie  jetzt  reftauriren.  Außerdem  ift  ein 
Wafchbecken  von  buntem  Marmor  vorhanden  und 
endlich  die  bereits  erwähnte  lebensgroße  Bulle 
Kirchners  aus  färbigem  Wachfe  in  einem  Glaskaften, 
die  Bruftpartie  mit  Kleidern  und  Spitzen  angethan, 
welche  jedoch,  wie  fie  heute  beftchen,  nicht  mehr  die 
urfprünglichen  find,  trotz  des  alterthümlichen  Schnittes 
den  fie  haben. 

Diefe  Büfte  nun  ift  ein  ausgezeichnetes,  ja  ge- 
radezu ein  hervorragendes  Kunftwerk,  wie  wir  aus 
jener  Periode  wenige  befitzen.  Sie  zeigt  uns  einen  etwa 
fechzigjährigen  Mann,  wie  es  Kirchner  um  die  Zeit  der 
Vollendung  der  Capelle  gewefen.  Den  Scheitel  be- 
decken natürliche  Haare,  wie  denn  alles  auf  eine 
feffelndc  packende  Wirkung  berechnet  ift.  Aber,  fo 
eminent  naturaliftifch  die  Technik  des  Gebildes  auch 
auf  uns  wirkt,  das  Werk  ift  gleichwohl  fern  von  jenem 
unangenehmen  Charakter,  den  derlei  Wachsarbeiten 
fonft  in  der  Regel  haben,  fern  vom  Leichenhaften, 
Ma-.kenartigen  diefer  Art  von  Plaftik.  Vielmehr  thut 
dem  Befchauer  eine  außerordentliche  Lebenswarmc, 
Lebenswahrheit  und  Frifche  wohl,  die  aus  demfelben 
entgegen  kommt,  fo  peinlich  minutiös  auch  jedes 
Detail  ausgedrückt  fein  mag.  Was  vor  allem  auch 
den  Laien  an  dem  Porträt  ergreifen  muß,  das  ift  die 
enorme  Schärfe,  mit  welcher  der  Ausdruck  des  inneren 
geiftigen  Lebens  den  Betrachter  faßt,  und  hierin 
fpricht  fich  unzweifelhaft  die  Wahrnehmung  aus,  dafs 
ein  bedeutender  Künftler  es  fei,  der  die  Büfte  geformt 
haben  muffe.  Aus  dem  Folgenden,  was  ich  von  der 
künftlerifchen  Ausftattung  der  Capelle  zu  berichten 
haben  werde,  dürfte  wenigftens  die  Vermuthung  als 
plaufibel  hervorgehen,  dafs  diefe  herrliche  Arbeit  ein 
Werk  Georg  Raphael  Donner  's  fein  könnte. 

Wir  kommen  nun  zur  Schilderung  der  Schloß- 
Capelle,  des  Schönften  der  gefammten  Anlage.  Sie 
kündigt  fich  auch  nach  außen  durch  eine  fchmale 
Facade  aus,  die  ein  Thürmchen  krönt,  die  Architektur 
ift  aber  fehr  einfach  mit  jonifchen  Flachpilaftern 
gehalten  und  nur  durch  das  hübfehe  Motiv  einer  Aus- 
trittsthür  in  Stockwerkhöhe  ausgezeichnet,  nach 
Innen  dem  Niveau  des  Orgel-Chores  entfprechend, 
welcher  eine  ftattliche  Balcon-Baluftrade  vorgelegt  ift. 
Der  Grundriß  der  Capelle  ftellt  fich  im  Innern  als  eine 
Ellipfe  dar,  deren  größere  die  Längenachfe  vom  Ein- 
gang zum  Haupt- Altar  ift;  an  die  Ellipfe  aber  find  an 
beiden  Enden  kleine  queroblonge  Vorlagen  ange- 
fchloffen,  deren  vordere  den  Eingang  und  den  Mufik- 
Chor  umfaßt,  deren  rückwärtige  für  den  Hoch-Altar 
beftimmt  ift.  Eben  folche  Vorlagen  oder  Annexe 
bilden  an  den  Enden  der  Ouerachfe  des  clliptifchen 
Raumes  die  Nifchen  der  beiden  Seiten-Altäre.  In  den 
gekrümmten  Wandflächen,  welche  fo  zwifchen  den 
drei  Altären  und  dem  Eingang  übrig  bleiben,  find  halb- 
runde Nifchen  für  Statuen,  darüber  öffnen  fich  ganz 
kleine  zum  Theil  von  den  Gemächern  des  Schloffcs 
zugängliche  Oratorien.  Den  Abfchluß  bildet  die  dem 
elliptifchen  Raum  entfprechende  Kuppel  mit  ihrem 
Fresco-Gemälde.  So  klein  diefes  Interieur  —  das 
Acußere  mißt  nur  Länge  14  M.,  Breite  10-5  M.  —  auch 
ift, '  fo  wohnt  ihm  dennoch  die  ganze  Großartigkeit  des 
Barock-Styles  innc.  Es  kann  wohl  ein  Kleinod  von 
Pracht-Decoration  diefer  Kunftrichtung  genannt  wer- 

1  Die  Kuppet  mißl  vom  Kirchenpflafter  la  M-,  vom  Gefimskranj  4  M 


XXIX 


den  und  iß  mit  Unrecht  faft  gar  nicht  gekannt  und 
beachtet.  Man  hat  immer  das  Gefühl,  in  einem  immen- 
fen  Saal  zu  ftehen,  obwohl  es  ein  winziger  Kaum  ift. 
Die  Wände,  Gefimfe,  Pilafter  und  Füllungen,  die 
Säulen  und  fonftige  Architektur  der  Altäre,  die 
Brüftungcn  und  Geländer  leuchten  im  Schimmer  von 
Stucco-Marmor,  wozu  auch  mäßige  Anwendung  des 
Goldes  kommt.  Der  Gcneralton  ift  ein  elfenbeinartiges 
triibes  Weiß,  aber  an  einzelnen  Theilen  ift  auch  Verde- 
und  Roffo-Antico  in  Stuckmarmor  imitirt.  Die  Kerzen- 
arme an  den  Wänden  fowie  das  Speisgitter  und  jene 
der  Hauptthüre  gehören  zu  dem  Berten  von  Schmiede- 
arbeit in  Eifen,  das  man  fehen  kann.  Die  großen 
Figuren  in  den  vier  Nifchen  und  neben  den  Altären 
find  Arbeiten  Giovanni  Giuliani  's,  darunter  befonders 
Johannes  Evangclift  in  der  erften  Nifche  rechts  und  die 
Cherubim  am  linken  Altar  fehr  fchön.  Im  Ganzen 
begegnen  folgende  Figuren:  der  todte  Johannes  Nep. 
unter  derMenfa  des  Haupt-Altars,  die  vier  Evangeliften 
in  den  Nifchen,  St.  Barbara  und  Margaretha  fowie 
zwei  Cherubim  an  den  Seiten-Altären.  Die  Sage,  dafs 
hier  Porträts  vorliegen,  ift  unhaltbar.  Die  drei  Altäre 
enthalten  große  Lein  Wandgemälde  3-2  X  l;8  M.  von 
Martina Altomonte.  Die  Almofenfpende  des  heil.  Johan- 
nes v.  Nep.  befindet  fich  auf  dem  Haupt-Altar,  rechts 
die  Verkündigung,  links  der  Gekreuzigte  (3X2  M.), 
Arbeiten,  die  zu  feinen  beften  gehören.  Den  Uebcr- 
gang  von  der  wirklichen  Architektur  der  Wände  zum 
Kuppelgemälde  bildet,  eine  prächtige  Scheinarchitek- 
tur, eine  gemalte  Galerie  mit  drei  Reliefs  aus  dem  Leben 
des  heil.  Johannes  v.  Nep.,  ganz  in  der  Art  des  Gaetano 
Fanti,  der  dergleichen  für  die  großen  Kuppelmaler 
feiner  Zeit  fo  oft  ausführte.  Das  Kuppelbild  felbft 
erftreckt  fich  über  die  ganze  Schalenfläche,  da  eine 
Laterne  nicht  vorhanden  ift,  und  hat  ebenfalls  den 
Vater  Altomonte  zum  Urheber.  Das  Sujet  ift  die  Auf- 
nahme des  Johannes  Nep.  in  die  Seligkeit  in  Gegen- 
wart zahlreicher  Heiliger  und  allegorifcher  Geftalten. 
Unter  Elfteren  fällt  die  Hervorhebung  feiner  Lands- 
leute, St.  Wenceslaus,  Ludmilla,  Cyrillus,  Methodius 
und  Anderer  auf.  Er  fchwebt  zur  Dreifaltigkeit  empor, 
vor  der  St.  Michael  die  Wage  hält.  Leider  ift  infolge 
der  Verwahrlofung  des  Baues  an  Einer  Stelle  Feuch- 
tigkeit durchs  Dach  eingedrungen  und  ein  ziemlicher 
Fleck  mit  Mörtel  überputzt. 

Die  Thätigkeit  der  beiden,  auch  an  anderen  Orten 
collegialifch  zufammenwirkenden  Künftler  Giidiano 
und  Martino  Altomonte  für  Breitenfurt  gibt  uns  einen 
neuen  Fingerzeug.  Sie  hängt  wohl  mit  deren  Aufenthalt 
in  dem  nahen  Stifte  Heiligenkreuz  zufammen,  wo  beide 
den  Schluß  ihrer  Lebens  als  Familiäres  des  Klofters 
zubrachten.  Indem  die  Schloß-Capelle  1732  fertig  war 
und  die  Maler-  und  Bildhauerarbeiten  an  einem  folchen 
Bau  das  letzte,  nicht  das  erfte  fein  muffen,  fo  können 
wir  annehmen,  befonders  bei  dem  Fa  prefto  der  dama- 
ligen Virtuofen,  dafs  fie  etwa  feit  1730  damit  befchäftigt 
gewefen  fein  werden.  Die  Beziehungen  des  kunft- 
finnigen  Schloßherrn  von  Breitenfurt  zu  dem  Stifte 
und  befonders  zu  Giuliani,  welcher  dafelbft  fchon  feit 
1694  arbeitete  und  feit  1710  als  Familiaris  lebte,  laffen 
uns  aber  verliehen ,  warum  auch  Georg  Raphael 
Donner  von  Kirchner  befchäftigt  wurde.  Der  größte 
Plaftiker  der  öfterreichifchen  Kunft  war  bekanntlich 
in  demfclbcn  Heiligenkreuz  jenes  Venezianers  Giuliani 


Schiller  gewefen,  allerdings  fchon  lang  bevor  das 
Breitenfurter  Schloß  entftand,  und  feitdem  in  feinem 
wenig  glücklichen  Erdenwallen  längft  nach  Wien, 
Linz,  Salzburg  I'reßburg  gekommen.  Aber  dies  fchließt 
nicht  aus,  dafs  Kirchner  doch  durch  den  alten  Lehrer, 
den  er  noch  um  1730  befchäftigte,  auch  auf  deffen 
großen  Schüler  aufmerkfam  geworden  fein  konnte. 
Donner  bekleidete  um  jene  Zeit  bereits  den  Porten 
eines  fürftlich  Efterhazy'fchen  Baudire&ors  und  Bild- 
hauers in  Preßburg,  kam  aber  wohl  nach  Wien  und 
arbeitete  auch  in  I'reßburg  für  diefe  Stadt. 

Ich  habe  bereits  die  Vermuthung  ausgefprochen, 
dafs  die  Waehsbüfte  ein  Werk  Donners  fein  dürfte. 
An  Giuliani  darf  man  dabei  nicht  denken,  diefer, 
übrigens  treffliche  Meifter,  fleckte  zu  tief  in  der  Mode- 
form decorativer  Barock-Plaftik,  als  dafs  er  fich  zu 
folcher  Naturaliftik  und  fcharfer  Charakteriftik  hätte 
verfteigen  follen;  überdies  wiffen  wir  auch  gar  nichts 
davon,  dafs  er  je  Porträts  gefchaffen  habe.  Sicher  ift 
Donner  s  Autorfchaft  eben  bei  der  großen  Marmor- 
Figur  Kaifer  Karls  VI.,  welche  feit  Jofeph  II.  im  Riefen- 
faal  des  oberen  Belvederes  aufgeftellt,  von  Kirchner 
aber  bei  dem  Künftler  für  fein  Schloß  Breitenfurt 
beftellt  worden  war.  Donner  vollendete  fie  kurz  vor 
dem  Ableben  des  Beftellers,  1734  in  Preßburg. 
Hagedorn  hat  um  1755  die  Sculptur  noch  in  Breitenfurt, 
„belle  maifon  de  plaifance",  gefehen.  Den  Garten 
fchildert  er:  „orne  des  plus  belies  cascades."  Von  der 
Statue  fagt  er:  „un  morceau  egalement  diftingue  dans 
son  espece.  On  diroit  que  le  marbre  feft  amole  fous 
le  eifeau  de  l'excellent  Sculptur"  (Lettre  d'un  amateur 
etc.  pag.  331).  Als  S.  Fuhrmann  feine  Hiftorifche 
Befchreibung  von  Wien  fchrieb,  1770,  (III.,  pag.  35), 
war  die  Figur  aber  fchon  im  Belvedere.  Er  fagt:  „die 
dem  Original  (  i.  e.  dem  Kaifer)  ganz  ähnliche  Statue 
aus  Maffa-Carrarifchem  Marmor  weyland  Kaifers 
Karl  VI.,  welche  vor  mehreren  Jahren  in  dem  Kirch- 
nerifchen  Luftfchloffe  Breitenfurt  geftanden,  und  von 
dem  berühmten  Bildhauer  Georg  Raphael  Donner, 
einem  Oefterreicher,  zu  Preßburg  in  Ungarn  verfertiget 
worden.  Dies  ift  dabey  zu  lefen:  G.  R.  Donner  Aufl. 
f.  Pofonii  Pann.  1734".  Wenn  daher  Füeßly  (Annalen, 
II.,  pag.  17)  meint,  es  fei  eine  der  früheren  Arbei- 
ten des  Meifters,  fo  ift  es  ein  Irrthum,  denn  Donner 
ftarb  fchon  heben  Jahre  darauf.  Das  Material  gibt 
auch  Füeßly  als  Marmor  von  Carrara  an,  während 
Tfchifchka  (Gefchichte  Wiens,  pag.  398)  es  als  tyro- 
lifchen  bezeichnet,  was  auch  im  Katalog  der  Belvedere- 
Galerie  fleht  und  auch  Schlager  behauptet.  Es  ift 
aber,  wie  ich  mich  durch  Bildhauer  verfichern  ließ, 
Carrara-Marmor  erfter  Qualität,  wenngleich  von 
grauen  Adern  durchzogen. 

Auf  dem  Poftamente  die  (gleichzeitige?)  Infchrift: 

CAROLVS  VI- 
ROMAN-IMPERATOR 
HISP  •  HVNG  •  ET  •  BOH  •  REX- 
ARCHIDVX  AVSTRIAE 
CONSTANTIA  ET  FORTITVDINE- 

Die  erfte  Abbildung  des  herrlichen  Werkes  habe 
ich  in  meinem  Album  Oefterreichifcher  Bildhauer- 
Arbeiten   des  18.  Jahrhundert.  Taf  8,    in    Lichtdruck 


XXX 


gebracht,'  wonach  dann  in  der  Wiener  Illuftrirten  Zei- 
inkographie  gegeben   wurde    Jahi 

gen,  mehr  oder  minder  unricl 

findet  man  bei:   Freddir,   Descrizione  di  Yienna.    II. 

:  —  Füeßly .  Nachtrag  zum  Künfller-Lexikon  I., 

;:  —  Schlager,  Leben  Donners.  2.  Aufl..  pag. 

- ;  —  Perger,  Kunftfchätze  Wiens,  pag.  406.  — 

Wut  Lex.  III..  p.  Sehr  unverläßlich. 

wurde  den  Zweck  diefer  Zeilen  iiberfchreiten, 

wenn   ich   mich  hier  in  eine   genaue  Würdigung   des 

'■[c\üc\\\crke>  Donners  einlaflen  wollte,  welches 

er  für  das  Breitenfurter  Schloß  gefchaffen  hatte.   I  las 

gehörte  in  eine  Monographie  über  jenen  Künftler,  hier 

handelt  es  fich  blos  um  eine  Erinnerung  an  die  einftige 

Bedeutung  Breitenfurt's    für    unfere  Kunftgefchichte. 

Nur  flüchtig  wollen  wir  bemerken,  dafs  unferes  Erach- 

tens  Donner  im  Mehlmarkt-Brunnen,  in  der  Pieta  des 

Gurker  Domes  und  in  diefer  Kaiferftatue  das  Herr- 

lichfte  all'  des  Herrlichen  geleiftet,  das  fein  begnadeter 

Meißel  hervorgebracht! 

Zu  meiner  Freude  brachte  mir  vor  kurzem  ein 
glücklicher  Fund  auch  über  den  Baumeifter  erwünfehte 
iricht,  welcher  das  fchöne  Schloß  errichtet  hat. 
Ich  fand  ihn  anläßlich  meiner  langjährigen  Forfchungen 
über  die  Fifcher  von  Erlach,  deren  Mithelfer  er  bei 
mancher  ihrer  Bauten  gewefen.  Es  ift  der  Wiener 
Baumeifter  Anton  Erhard  Martinelli,  ein  Glied  der 
fehr  verzweigten  Baumeifter-Familie  d.  N.  aus  Inns- 
bruck, welche  aber  mit  dem  berühmten  Architekten 
Abbate  Dominico  Martinelli  von  Lucca,  der  allerdings 
für  Wien  auch  große  Bedeutung  belitzt.  durchaus 
nichts  gemein  haben.  In  einem  Acte  der  Wiener  Ge- 

1   l>ie  beigegebene  Tafel  ift  demfelbcn  Werke    entnoamen,  für    deren 
gefällige  Ucberlaffung  beftens  gedankt  wird. 

Die  Redaktion. 


noffenfehaft  der  Baumeifter  und  Steinmetzer,  deffen 
Kenntnis  ich  der  befondern  Güte  ihrer  Vorftands, 
Herrn  Stadtbaumeifters  77/.  Hoppe  verdanke,  werden 
eine  große  Menge  Bauten  aufgezählt,  an  denen  Anton 
Erhard  beschäftigt  war,  und  darunter  heißt  es  auch: 
„in  Breitenfurt  für  Herrn  von  Kirchner."  Damit  ift 
freilich  auch  die  Annahme  geftattet,  dafs  er,  wie  faft 
überall,  wo  wir  ihn  treffen,  nur  der  technifche  Aus- 
führen des  Baues  gewefen  fein  kann.  Was  er  allein 
fchuf,  z.  1!.  das  Invalidenhaus  in  Peft,  ift  fo  nüchtern, 
dafs  man  ihm  die  phantafievollc  Pracht  des  Breiten- 
furter  Capellen-Interieurs  kaum  zutrauen  möchte, 
deffen  Erfindung  auf  einen  viel  größeren  Meifter  hin- 
deutet. 

Ohne  hiemit  eine  Behauptung  aufstellen  zu  wollen, 
möchte  ich  nur  daraufhindeuten,  dafs  die  Grundriß- 
Form  der  Schloßcapelle  und  befonders  die  Motive 
der  in  feichte  Vertiefungen  der  Wände  geftellten  Altäre 
fowie  der  vier  Nifchen  mit  den  Statuen  eine  merk- 
würdige Aehnlichkeit  mit  der  Kirche  des  Johannis- 
Spitals  in  der  Vorftadt  Mülleck  in  Salzburg  hat,  einem 
Bau  des  alteren  Fifcher  von  Erlach,  für  den  jener 
Martinelli  auch  fonft  als  Baumeifter  thätig  war.  Das 
Spital  war  1699  gegründet  worden.  Freilich  könnte 
ebenfogut  eine  fremde  Nachahmung  vorliegen. 

Zum  Schluffe  möchte  ich  an  Genealogen  noch 
die  Frage  richten,  ob  Michael  Achaz  Baron  Kirchner, 
kaif.  Geheimer  Rath  und  Gefandter  am  Utrechter 
Friedens-Congrefs,  geftorben  1734.  deffen  Bild  nach 
Kupetzky  von  Andreas  Geyer  geftochen  wurde,  ferner 
Maria  Anna  Therefia  Freiin  von  Kirchner,  des 
igen  Tochter,  zweite  Gemahlin  Antons  Franz 
Freiherrn  von  Buol,  derfelben  Familie  wie  unfer  Georg 
Wilhelm  angehören? 


Ein  neuer  römifcher  Meilenftein  in  Wien. 


!  (r.   Friedrith  Kenner. 


LR  einen  Neubau  im  Haufe  des  katholifchen 
Gefellenvereines  (6.  Bezirk,  Gumpendorfer- 
Straße  Nr.  39,  Ecke  der  Stiegengaffe)  wurde 
vor  Kurzem  ein  älteres  Wohnhaus  abgetragen,  deffen 
Oberbau  aus  dem  Jahre  1S24  flammt.  Im  Fundamente 
der  Hauptmauer  gegen  die  Stiegengaffe  zu,  neun  Meter 
von  der  Ecke  entfernt,  fand  man  am  17.  December 
1SN6  in  einer  Tiefe  von  drei  Meter  unter  dem  Materiale, 
aus  dem  die  Grundmauer  hergeftellt  war,  einen  Bruch- 
ftein  von  feltfamer,  faft  kreisrunder  Form,  ähnlich 
einer  Säulentrommel,  von  44  Cm.  im  Durchmeffer,  aus 
ilersdorfer  Stein  gemeifselt;  unter  der  anklebenden 
M  rtel-  und  Erdfchichte  fchimmerten  die  Refte  von 
Buchftaben  durch.  In  Folge  nachdrücklicher  Weifun- 
gen des  Architekten  Herrn  Direclors  Richard  Jordan, 
Correfpondenten  der  k.  k.  Central-Commiffion  und 
des  Baumeifters  Herrn  Jofeph  Schmalzhofer  an  die 
Bauleute,  auf  etwa  zu  Tage  tretende  Funde  die  gr 
Aufmerkfamkeit  zu  verwenden,  wurde  jenes  Fragment 
gereinigt  und  einer  durchden  erftgenannten  Herrn  ange- 
regten fachmännifchen  Prüfung  unterworfen,  welche 
der  Cuftos-Adjun<5t   der  Antikenfammlung  des  Aller- 


höchften   Kaiferhaufes   Herr  Dr.   A.  v.  Domaszewski 

vornahm.  Diefe  ergab  fofort,  dafs  hier  das  Bruchftück 
einer  römifchen  Meilenfaule vorliege,  von  deren  Infchrift 
vier  Zeilen,  und  zwar  die  wichtigften,  vollständig  lesbar 
find,  während  von  der  fünften  nurmehr  der  obere  Theil 
der  vorderen  I  lalfte  vorhanden  ift. 
Sie  lauten: 

rVP  CAS  C\'IB  TREBONIAN 
GALIA5  PF  AG  PMX  TR1B  POT 
COS  H  PROCOS  PP  "E  I.\P  c.ts 
AFINIVS  GALLNS  }£±H/ 


Imperator  Caefar  Cajus  Vibius  Trebonianu?  Gallus 
Pius  Felix  Auguftus  pontifex  maximus  tribuniciae 
poteftatis  conful  feeundum  proconful  pater  patriae  et 
Imperator  Caefar  (C.)  Afinius  Gallus  Yeklu  mintianus 
V(olufianus) 

Der  zweite  Confulat  des  Kaifers  Trcbonianus  Gal- 
lus begann  im  Jahre  252;  da  er  fowohl  als  fein  Sohn, 
der  Caefar  Yolusianus,   fchon  im  Jahre   253  ermordet 


XXXI 


wurden,  gehört  das  Denkmal  einem  diefer  beiden  Jahre, 
wahrfcheinlich  dem  erfteren,  an. 

Seinem  Aeußern  nach  kann  es  in  gewiffem  Sinne 
alsPalimpfelt  bezeichnet  werden,  cshat  zweimal,  zu  ver- 
fchiedenen  Zeiten,  als  Meilenfäule  fungirt.  Eine  altere 
Infchrift  ilt  weggerafpelt,  dann  die  Säule  umgedreht 
und  auf  ihrer  nun  nach  vorn  gerichteten  ehemaligen 
Rückfeite  die  neue  Infchrift  eingehauen  worden,  wobei 
es  kam,  dafs  die  Enden  der  längeren  Zeilen  des  neuen 
Textes  zum  Thcil  in  die  abgerafpelte  Stelle  hinein- 
reichen. Von  der  alteren  Infchrift  ilt  keine  Spur  mehr 
erhalten  geblieben;  doch  gewährt  die  neue  einen  Erfatz 
dafür  infofern,  als  die  Namen  des  Trebonianus  Gallus 
und  des  Volusianus  auf  den  Römer-Steinen  unferer 
Lander  überaus  feiten  zufammen  vorkommen;  bisher 
ift  dies  nur  zweimal,  auf  einem  Meilenfteine  von  Trei- 
bach (Kärnten)  mit  fall:  zerftörtem  Texte  und  auf  einem 
Meilenfteine  von  Vetzel  (Siebenbürgen)  beobachtet 
winden.  Nicht  minder  feiten  find  jene  Infchriften, 
welche  dem  Vater  oder  dem  Sohne,  jedem  für  fich, 
errichtet  wurden;  man  kennt  aus  dem  ganzen  Gebiete 
der  Donauländer  nur  zwei  Ehrendenkmale  des  Vaters 
Gallus  und  nur  eines,  das  feinen  Sohn  betrifft. 

Meilenfäulen  werden  diesfeits  der  Alpen  überhaupt 
nur  in  einer  lehr  geringen  Anzahl  gefunden,  die  in  gar 
keinem  Verhaltniffe  zur  weiten  Ausdehnung  derReichs- 
ftraßen  licht,  an  denen  fie  in  beftimmten  Zwifchen- 
räumen  zur  Erinnerung  an  ihre  Erbauung  oder  ihre 
Wiederherftellung  aufgerichtet  waren.  Um  ein  nahe- 
liegendes Beifpiel,  die  Umgebung  des  römifchen  Wien, 
anzuführen,  welche  fich  in  diefer  Hinficht  zufallig  eines 
größeren  Reichthums  erfreut  als  ihre  berühmte 
Schwefterftadt  Karnuntum,  fo  find  in  den  letzten  drei 
Jahrhunderten  nur  vier  derartige  Funde  bekannt  ge- 
worden; ja  innerhalb  der  heutigen  Linien  von  Wien 
wußte  man  bis  vor  kurzem  fogar  nur  einen  anzugeben, 
den  Meilenftein  vom  Rennweg;  fchon  im  16.  Jahrhun- 
derte wird  von  ihm  gefchrieben,  dafs  er  in  einem  Wein- 
garten nicht  weit  vom  Krankenhaufe  von  St.  Marx 
aufgefunden  worden  fei.  Der  bekannte  Sammler  Frei- 
herr Beckh  von  Leopoldsdorf  brachte  ihn  auf  feine 
Befitzung  nach  Ebreichsdorf,  wo  er  fpäter  verfchollen 
ilt.  Er  nennt  die  Namen  des  Valerianus  junior  (Caefar 
im  Jahre  254,  ermordet  259)  und  gibt  die  Entfernung 
von  Vindobona  auf  zwei  altrömifche  Meilen  {■=.  48  Minu- 
ten) Weges  an,  nebenher  bemerkt  ein  Zeichen,  dafs 
man  die  Diftanzen  vom  Hohen  Markte  aus,  dem  wich- 
tigften  Platze  des  römifchen  Wien,  zahlte. 

Dies  der  bisher  einzige,  ficher  beglaubigte  Meilen- 
ftein innerhalb  der  Linien  von  Wien.  Es  wird  dabei 
ein  anderes,  wahrfcheinlich  noch  früher  gefundenes 
Denkmal  nicht  in  Rechnung  gezogen,  deffen  an  diefer 
Stelle  Erwähnung  zu  thun  gleichwohl  nothwendig  ift. 
Einzelne  Fragmente  desfelben  fah  man  gleichfalls 
fchon  im  16.  Jahrhunderte  an  verfchiedenen  Stellen 
der  Wand  der  Pfarrkirche  von  Gumpendorf  einge- 
mauert. Der  Infchrift  nach  flammt  es  von  Kaifer  Tra- 
jan  aus  den  Jahren  103  bis  106  n.  Chr.  Geb.,  und  zwar 
gleicht  tue  Textirung,  die  überliefert  ift,  völlig  jener 
der  Meilenfteine.  In  der  Nähe  jener  Kirche  kommt  nun 
in  der  That  der  zweite  Meilenftein,  vom  Hohen  Markte 
aus  gerechnet,  zu  ftehen  —  und  es  ift  nicht  wohl  abzu- 
feilen, was  ein  öffentliches,  mit  dem  Namen  eines 
Kaifers  verfehenes  Denkmal,  deren  man  fonft  nur  auf 


den  wichtigften  Plätzen  einer  römifchen  Stadt  zu  finden 
pflegt,  in  fo  großer  Entfernung  von  diefer  \\w  einen 
Zweck  gehabt  haben  foll,  wenn  es  nicht  eben  ein 
Meilenftein  gewefen  wäre.  Diefe  Umftände  begründen 
die  Vermuthung,  dafs  in  fehr  alter  Zeit  in  jener  Gegend 
ein  folcher  gefunden  und  zerfchlägen  wurde  und  feine 
Fragmente  beim  erften  Haue  der  genannten  Kirche, 
wie  Fifcher  vermuthet,  fchon  im  14.  Jahrhunderte  in 
die  Wand  dcrfelben  eingefügt  worden  find. 

Die  anderen  Funde  ähnlicher  Denkmale  gehören 
der  weiteren  Umgebung  von  Wien  und  dem  \<>.  Jahr- 
hunderte an,  wie  der  Meilenftein  von  Vöfendorf  bei 
Laxenburg  (gefunden  im  Sommer  1820),  zwei  folche 
von  Kloßerneuburg  (gefunden  im  Jahre  1834),  dann  die 
betrachtlichen  Funde  von  Inzersdorf am  Wiener-Bi  1 
wo  man  in  den  Jahren  1841  und  1842  fünf,  und  von 
Klein-Schwechat,  wo  man  in  den  Jahren  1843  ur>d  [8  |  | 
fechs  Meilenfaulen,  die  älteften  an  beiden  Orten  von 
Antoninus  Pius  (138  bis  161),  die  jüngften  von  Valerian 
junior,  an  das  Tageslicht  gefordert  hat.  Mit  Ausnahme 
der  letzteren  zahlen  alle  von  Vindobona  aus;  unter 
ihnen  rechnen  die  Inzersdorfer  vier  Meilen  (=  96  Minu- 
ten) Weges,  auf  den  anderen  find  die  Diftanzziffern 
zerftört.  Dagegen  jene  von  Klein-Schwechat  rechnen 
von  Karnuntum  aus  und  geben  die  Entfernung  mit 
21  Meilen  (=  9  Wegftunden)  an.  Wenn  es  fich  durch 
weitere  Unterfuchungen  als  richtig  erweist,  dafs  die 
Meilenfteine  fo  weit  von  einem  und  demfelben  Orte 
aus  zählen,  als  fie  in  ihrem  Gebiete,  d.  h.  in  dem  Spren- 
gel ihrer  Adminiftration  und  Gerichtsbarkeit  liegen, 
fo  hat  das  Gebiet  von  Karnuntum  bis  Klein-Schwechat 
heraufgereicht,  wahrend  St.  Marx,  Vöfendorf,  Inzers- 
dorf und  Kloftcrncuburg  zum  Gebiete  von  Vindobona 
gehörten. 

Das  neugefundene  Denkmal  ift  alfo  für  das  Weich- 
bild von  Wien  eine  Rarität  erften  Ranges.  Es  hat  zu- 
dem eine  fehr  große  Wichtigkeit  für  die  Topographie 
des  römifchen  Wien. 

Schon  im  Jahre  1865  habe  ich  die  Anficht  ausge- 
fprochen,  dafs  jene  Militärftraße,  alfo  jene  Reichs- 
(nicht  Municipal-  oder  Vicinal-)  Straße,  welche  das 
Standlager  von  Vindobona  mit  dem  Hinterlande  ver- 
band, die  Richtung  der  heutigen  Gumpendorfer  Straße 
eingehalten  habe;  fie  fei  durch  die  porta  decumana 
(Trattnerhof  am  Graben)  aus  dem  Standlager  her- 
ausgetreten und  über  die  Bräunerftraße  und  den 
Jofephsplatz  in  einer  mehr  weniger  geraden  Linie 
in  der  Richtung  auf  den  Getreidemarkt  und  weiter 
auf  die  Gumpendorfer  Kirche  gegangen,  habe  alfo 
ebenfo  den  Lauf  in  der  Thalfohle  an  dem  einen  oder 
anderen  Wien-Ufer  fo  wie  jenen  über  den  Kamm  der 
Höhe  längs  der  Mariahilfer  Straße  verfchmäht.  Aehn- 
lichcs  kann  auch  in  anderen  Fällen  beobachtet  werden, 
man  wählte  unter  gleichen  Terrain-Verhältniffen  für 
eine  Straße  die  Linie  in  der  halben  Höhe  der  Ab- 
dachung als  die  gefchütztere,  um  auf  der  einen  Seite 
den  Hochwäffern  auszuweichen,  auf  der  anderen  einen 
Umweg  zu  erfparen.  Vor  zwanzig  Jahren  kannte  man 
nur  drei  archäologifche  Funde,  um  diefe  Anficht  zu 
begründen,  das  Grab  eines  Legionärs,  welches  in  der 
Bräunerftraße  aufgedeckt  wurde  —  Soldatengräber 
waren  meift  an  den  Militärftraßen  angelegt  — ,  ferner 
die  Grablteine  zweier  Reiter,  die  beim  Baue  der  Stall- 
burg (Ecke  der  Bräunerftraße  und  des  Jofephsplatzes) 


XXXII 


im  16.  Jahrhundert  zu  Tage  kamen,  endlich  die  fchon 
befprochenen  Bruchftücke  des  vermuthlichen  Meilen- 
ileines an  der  Kirche  in  Gumpendorf.  Da  die  Linie, 
welche    diefe    Fundftellen    verbindet,    in    ihrer  Verlän- 

ng  auf  den  Trattnerhof  am  Graben  trifft,  wo  aus 
eren  Gründen  die  porta  decumana  des  Standlagers 
angenommen  werden  muß,  fo  war  mit  den  gedachten 
drei  Tunkten  die  Richtung  der  Straße  gegeben. 

Der  neue  Fund  beftätigt  diefe  Annahme.  Mcilen- 
lleine  verbleiben  in  der  Regel  ander  Stelle,  an  welcher 
fie  gefunden  wurden,  oder  doch  in  der  nächften  Nahe. 
1  »enn  fie  find,  wenn  fie  als  Ganzes  aufgegraben  werden, 
von  folchem  Gewichte  und  von  folcher  Einfachheit 
und  Schmucklofigkeit  des  Aeußern,  von  einer  heute 
praktifch  fo  wenig  verwendbaren  Form  —  glatte  Säulen 
bis  21  ,  Meter  hocli  und  bis  60  Cm.  im  Durchmeffer  — 
dafs  fie  in  alterer  Zeit,  in  der  man  nicht  daran  dachte, 
fie  in  Mufeen  aufzubewahren,  tue  Koftcn  einer  Ver- 
fuhrung nicht  lohnten;  noch  weniger  war  dies  der 
Fall,  wenn  fie  zerfehlagen  gefunden  oder  nach  der 
Aufgrabung  in  einzelne  Stücke  zerfchnitten  wurden,  da 
letztere  nur  mehr  den  Werth  von  einzelnen  Bruch- 
fteinen  haben,  die  man  wohl  an  Ort  und  Stelle  verwen- 
den mag,  weiter  wegzuführen  aber  Bedenken  tragen 
wird.  Man  kann  alfo  mit  größter  Wahrfcheinlichkeit 
vorausfetzen,  dafs  unfer  jüngft  wieder  aufgegrabener 
Meilenftein  in  der  nächften  Nähe  des  Gefellen-Vereins- 
haufes  feinen  urfpriinglichen  Platz  gehabt  habe.  In  der 
That  kam  der  erfte  Meilenftein  vom  liehen  Markte  weg 
in  der  Richtung  der  Gumpendorferftraße  fehr  nahe  von 
dem  genannten  Haufe  zu  ftehen,  nach  meiner  Abmef- 
fung  in  die  Gegend,  in  welcher  die  Filgradergaffe  in 
die  Gumpendorferftraße  einmündet,  alfo  etwa  hundert 
Klafter  vom  Vereinshaufe  entfernt. 

Wenn  nun  hier  der  erfte  Meilenftein  oder  doch  ein 
Bruchftück  desfelben  zu  Tage  tritt,  fo  ift  der  Lauf  eines 
römifchen  Heerweges  längs  der  Gumpendorferftraße 
erwiefen,  und  es  fällt  daraus  ein  Licht  auch  auf  jene 
Bruchftücke,  die  man  einft  in  der  Gumpendorfer  Kirche 
eingemauert  fah,  in  deren  Nähe  die  zweite  Meile  von 
Vindobona  aus  endete  Die  Vermuthung,  dafs  fie  wirk- 
lich einem  Meilenfteine,  und  zwar  dem  zweiten,  ange- 
hört haben,  findet  in  dem  neuen  Funde  eine  weitere 
und  fehr  beträchtliche  Stütze. 

Wie  faft  alle  aus  den  Donauländern  flammenden 
Kaifer,  fo  hat  auch  Kaifer  Decius,  ein  gebürtiger  Pan- 
nonier,  mit  großer  Energie  die  Defenfiv-Anftalten  des 
Reiches,  namentlich  feiner  zunächft  bedrohten  Heimat, 
erneuert;  faft  fünfzig  Jahre  vorher  hatte  der  in  Kanuin- 
tum  proclamirte  Kaifer  Septimius  Severus  das  Gleiche 
gethan.   Ein   Zeichen  diefer  Thätigkeit  ift  das  häufige 


Vorkommen  der  Namen  beider  auf  Meilenfaulen;  in  der 
That  war  die  Herftellung  und  Instandhaltung  der  Heer- 
wege die  unausweichliche  Bedingung  eines  genügenden 
Vertheidigungszuftandes.  Davon  legen  auch  die  Meilen- 
faulen  des  Wiener  Bodens  Zeugnis  ab.  Man  liest,  um 
hier  \  <>n  Septimius  Severus  zu  fchweigen,  den  \amen 
des  Kaifers  Decius  auf  jenen  von  Klein-Schwech.it, 
Kloftemeuburg  und  Inzersdorf,  d.  h.  die  beiden  wich- 
tigsten I  leerwege  der  Gegend;  der  Limes  an  der  Donau 
und  die  Rückzugsftraße  gegen  Süden  wurden  unter 
ihm  einer  Reftauration  unterzogen,  die  im  erften  Regie- 
rungsjahre des  Kaifers  (249)  begonnen  hat  und  bezüg- 
lich des  Limes,  als  des  wichtigeren  Theiles,  auch  zum 
Abfchluffe  gebracht  wurde.  Dagegen  lind  die  Arbeiten 
an  der  Rückzugsftraße  von  Inzersdorf  weg,  wohl  durch 
den  Ausbruch  der  fchweren  Gothen-Kriege,  unter- 
brochen worden,  und  blieb  es  nach  Ausfage  des  neuge- 
fundenen Meilenfteines  feinem  Nachfolger  Trebonianus 
Gallus  vorbehalten,  die  kurze  Endftrecke  bis  Vindobona 
fertigzuflellen. 

Augenfcheinlich  befteht,  um  dies  zum Schluffe  noch 
zu  berühren,  ein  Zufammenhang  zwifchen  unferem 
Denkmale  und  jenen  Aufgrabungen,  welche  im  März 
1SS6  durch  die  Grundaushebimg  für  den  Neubau  in  der 
Jafomirgottgaffe  (Nr.  3  und  5)  veranlagst  worden  find. 
Wie  damals  in  diefen  Blättern  berichtet  wurde,  fand 
man  dort  die  Außenmauer  des  Standlagers  und  zwei 
parallel  laufende  Verstärkungen  derfelben  nach  innen, 
alle  drei  Mauern  im  unterften  Thcilc  von  der  erften 
Erbauerin  des  Lagers,  der  XIII.  Legion,  um  das  Jahr/o 
nach  Chrifti  Geburt  ausgeführt,  während  der  Oberbau 
durch  die  X.  Legion  unter  Kaifer  Valerian  (253 — 260) 
hergeftellt  worden  ift.  Unter  Letzterem  hat  alfo  eine 
tiefergreifende  Reftauration  des  Standlagers  ftattgefun- 
den,  welche  auf  alte  Schäden  hinweift,  die  ihre  Um- 
faffungsmauer  feit  längererZeit  erlitten  haben  und  deren 
Befeitigung  auch  längere  Zeit  in  Anfpruch  genommen 
haben  muß.  Es  ift  nun  durchaus  wahrfcheinlich,  dafs 
der  Plan  der  Ausbefferung  jener  Schäden  fchon  von 
Kaifer  Decius,  dem  Wiederherfteller  der  Defenfive,  ge- 
faßt, von  ihm  auch  wohl  fchon  im  Jahre  249  gleichzeitig 
mit  jener  der  Heerwege  begonnen,  von  Trebonianus 
Gallus  fortgefetzt,  aber  erft  von  Valerian,  den  man  zeit- 
lich als  des  Letzteren  unmittelbaren  Nachfolger  be- 
trachten kann,  zum  Abfchluffe  gebracht  worden  ift. 

Das  neugefundene  Denkmal  gelangte  als  Widmung 
des  katholifchen  Gefeilen- Vereines  in  die  kunfthifto- 
rifchen  Sammlungen  des  Allcrhöchften  Kaiferhaufes. 
Eine  Nachforfchung  nach  weiteren  Bruchftücken  blieb 
ohne  Erfolg. 


Notizen. 


1.  Der  Staats-Voranfchlag  des  Unterrichts-Mini- 
fteriumspro  1887  enthält  eine  Reihe  von  Ausgabepoften 
für  archäologifche  Zwecke,  die  vom  Standpunkte  der 
Aufgaben  der  Central-Commiffion  für  fie  von  hohem 
Intereffe  find. 

Die  Auslagen  gliedern  (ich  in  drei  Gruppen,  in 
folche    für    die    k.    k.    Central-Commiffion,    dann    für 


Reftaurirung  alter  Baudenkmale  und  für  Ausgrabungen, 

Subventionen    von    archäologifchen    Unterfuchungen 
und  fonftige  Auslagen. 

I.  Wenn  man  auch  nicht  auf  die  Einzelpofitionen 
der  Ccntral-Commiflion  felbft  eingeht,  fo  fei  doch  be- 
merkt, dafs  von  den  11.430  fl.  Auslagen  für  diefcs 
Inftitut    nur  8000    fl.    dcmfelbcn    unmittelbar   zugute 


XXXIII 


kommen,  während  der  Reft  per  3430  fl.  fich  auf 
Gehalte  für  Beamte  und  Diener,  Remunerationen, 
Kanzlei-Auslagen  und  Hauserforderniffe  zertheilt. 

II.  a)  Sehr  intereffant  find  die  Ausgabepoften  für 
Reflaurirung  alter  Haudenkmale.  Als  ordentlicher 
Paufchalcredit  erfcheinen  dafelbfl  2500  fl.  Wir  finden 
ferner  als  aufserordentliche  Auslage  verzeichnet  eine 
Subvention  von  2000  fl.  für  den  Wiener  Dombau- Verein 
und  begrüßen  diefe  feit  Jahren  vermißte  Ausgabepoft 
mit  lebhafter  Befriedigung.  Selbe  wird  in  folgender 
Weife  im  Staats-Voranfchlage  begründet:  „Die  vom 
Wiener  Dombau  Vereine  in  Ausficht  genommenen 
Reconflrudtions-  und  Reftaurirungs-Arbeiten  bezwecken 
nicht  nur  die  Ausfchmückung  des  St.  Stephans-Domes, 
fondern  auch  die  dauernde  Sicherung  des  Kirchen- 
gebäudes. Nachdem  eine  möglichft  rafche  Beendigung 
diefer  Arbeiten  nicht  nur  im  Intereffe  des  ungeftörten 
Verlaufes  der  gottesdienftlichen  Functionen,  fondern 
auch  aus  wirthfchaftlichen  Gründen  höchft  wünfchens- 
werth  ift  und  hic/.u  die  diefem  Vereine  zur  Verfügung 
flehenden  Mittel  nicht  ausreichen,  wird  obige  Subven- 
tion pro  1887  beantragt  und  eine  gleiche  Subvention 
für  die  Jahre  1888  und  1889  in  Ausficht  genommen". 

Als  weitere  Port  erfcheint  ein  Betrag  von  2500  fl. 
für  die  Renovation  und  Reconftru6tion  der  Mofaiken 
des  Domes  in  Parenzo.  Schon  feit  einer  Reihe  von 
Jahren  macht  fich  das  Bedürfnis  nach  einer  Reflaurirung 
diefes  hochwichtigen  Baudenkmales  geltend.  Der  Dom 
zu  Parenzo  bildet  in  feiner  Art  ein  Unicum  in  der 
Reihe  der  alten  Bauwerke  Oefterreichs.  Die  Central- 
Commiffion  hatte  bereits  wiederholt  Gelegenheit,  das 
Cultus-Minifterium  auf  die  Schäden  diefes  Denk- 
mals aufmerkfam  zu  machen;  Ober-Baurath  Freiherr 
v.  Ferßel  hatte  über  die  zur  Erhaltung  diefes  Domes 
nothwendigenMaßnahmen  ein  eingehendes Promemoria 
verfaßt  und  namentlich  war  es  der  Mofaik-Schmuck  im 
Innern  und  am  Giebel  der  Fagade,  der  von  jenem  Fach- 
nianne  als  arg  befchädigt  und  reftaurationsbedürftig 
bezeichnet  wurde.  Leider  ift  der  Verfall  an  der  letzt- 
genannten Mofaik-Decoration  feither  fo  rafch  vorge- 
fchritten,  dafsvon  der  Erhaltung  diefes  wohl  fchon  ganz 
abgefehen  werden  muß.  Dagegen  ift  es  höchft  erfreulich 
wahrzunehmen,  dafs  nunmehr  für  die  Renovirung  der 
Mofaiken  im  Innern  etwas  gefchehen  foll.  Nachdem  fich 
die  Herftellung  der  Mofaiken  an  der  Apfis  am  dringend- 
ften  herausgeftellt  hat,  foll  vorläufig  zum  Zwecke  einer 
Grundlage  für  die  Gefammt-Herftellungskoften  die 
Mofaik-Reconftructionamerften  Pfeiler  links  in  derApfis 
veranlaßt  und  mit  obigem  Betrage  durchgeführt  werden. 

Für  die  Confervirung  von  Baudenkmalen  finden 
fich  ferner  noch  zwei  Ausgabepoften  verzeichnet.  Die 
eine  mit  3570  fl.  betrifft  den  Dom  in  Spalato,  die  andere 
mit  2600  fl.  jenen  zu  Sebenico.  Im  Dome  in  Spalato  foll 
mit  diefem  Gelde  die  Umrahmung  des  Portals  nebft 
anderen  kleineren  Partien  ausgebeffert  werden,  nach- 
dem die  Reflaurirung  des  Innern  diefes  Domes  in  der 
Hauptfache  vollendet  ift,  und  nur  mehr  die  Aushelfe  - 
rung  der  Pflafterung  und  die  Herftellung  der  Kanzel 
erübrigen.  Seitens  des  Staats  wurden  zur  Reflaurirung 
diefes  Domes  bereits  96.000  fl.  aufgewendet. 

Die  Reftaurirungen  des  Domes  in  Sebenico 
wurden  im  Jahre  1885  mit  einem  Betrage  von  2600  fl. 
begonnen  und  ill  im  Jahre  1887  demfelben  Zwecke 
eine  gleiche  Summe  zugewendet. 

XIII  N.  F. 


I  iir  die  Fortfuhrung  des  Ausbaues  des  Prager 
Domes  ift  ein  Staatsbeitrag  von  15.000  fl.  in  Ausficht 
genommen.  Durch  diefe  gegen  das  Vorjahr  um  5000  fl. 
erhöhte  Staats  -  Subvention  ift  der  dem  Dombaue 
vom  Staate  zugewendete  Gefammtijetrag  bereits  auf 
290.000  fl.  erhöht.  Die  ltaatliche  Unterltützung  diefes 
Baues  begann  mit  dem  Jahre  1863  und  wurde  obiger 
Betrag  feither  in  ungleichen,  fich  zwifchen  10.000  fl. 
und  20.000  fl.  bewegenden  Jahresraten  feiner  Beftim- 
mung  zugeführt. 

II.  bj  Außerdem  find  für  bauliche  Zwecke  als 
aufserordentlicher  Aufwand  gewidmet: 

Zur  Vollendung  der  Abtragung  der  Thürme  der 
Haupt- Pfarrkirche  in  Wr.-Nevßadt%j$o  fl.;  zur  Angriff- 
nahme  diefer  Arbeit  waren  im  Jahre  1886  bereits 
10.000  fl.  bewilligt. 

Zur Einger 'üßung  der  Maria-  Sticgenkirclie  in  Wien 
4300  fl.  Bei  der  im  Jahre  1885  unternommenen  über- 
fichtlichen  Prüfung  der  baulichen  Verhältniffe  diefer 
Kirche  hat  fich  nämlich  die  Notwendigkeit  einer 
gründlichen  Unterfuchung  nach  diefer  Richtung  er- 
geben; zu  diefem  Behufe  ift  eine  vollftändige  Ein- 
rüftung  der  Kirche  nothwendig.  Das  Gerüfte  hätte  ein 
Jahr  liehen  zu  bleiben. 

Zur  Fortfetzung  der  Reflaurirung  der  St.  Peters- 
Kirche  in  Wien  10.000  fl.,  für  welchen  Zweck  bereits 
in  den  Jahren  1885  und  1886  je  10. OOO  fl.  bewilligt 
wurden. 

Zur  Inangriffnahme  der  Reparatur  des  Martnor- 
pflaflers  im  Dome  211  Salzburg  3000  fl.,  wofür  24.000  fl. 
als  Gefammtkoften  veranfchlagt  find. 

Zu    Bauherftellungen    am    Capuciner-K/ofler   und 
in  der  bezüglichen  Ordens-Kirche  in  Salzburg  6500  fl. 
Zu  Bauherftellungen  an  dem  Franciscaner- Kloßer 
fammt  Kirche  zu  Hundsdorf 1300  fl. 

Zur  Fortfetzung  der  Reconftruction  der  Kuppel 
am  Dome  in  Trient  20. OOO  fl. 

Für  die  Erhaltung  der  Kathedral-  Kirche  in 
Macarsca  210  fl. 

Die  Auslagen  für  Reflaurirung  alter  Baulichkeiten 
beziffern  fich  fomit  mit  74.220  fl. 

III.  Wir  kommen  nun  zur  dritten  Gruppe  der 
Staatsauslagen  für  Kunft-  und  archäologifche  Zwecke 
und  finden  zuerfl  genannt  das  k.  k.  Staats- Mufeum  in 
Aquileja,  welchem  für  Ausgrabung  von  Alterthümern 
und  zum  Ankaufe  von  Fund-Objeclen  1520  fl.,  dann 
zurRemunerirung  des  Confervators  und  Leiters  300  fl. 
und  für  den  proviforifchen  Auffeher  480  fl.  zugewendet 
werden.  Für  Dalmatien,  und  zwar  für  das  Mufeum  in 
Spalato,  werden  1400  fl.  und  für  die  Grabungen  in 
Salona  2000  fl.  in  Ausficht  genommen,  endlich  behalt 
fich  das  Unterrichts-Minillerium  die  Verfügung  über 
1500  fl.  zu  Gunften  von  Grabungen  und  Subventionen 
in  fämmtlichen  im  Reichsrathe  vertretenen  Königreichen 
und  Ländern  vor.  Die  Gefammtausgaben -Summe  für 
diefe  Gruppe  beziffert  fich  fomit  mit  7200  fl. 

Summii  t  man  die  fämmtlichen  Auslagen  für  Kunfl- 
und  archäologifchen  Zwecke,  fo  erfcheint  der  Betrag 
von  92.850  fl. 

2.  Bei  Cilli  wurde  ein  rohhergeftellter,  aus  Wür- 
feln, die  aus  kleinen  Dachziegeln  beliehen,  zufammen- 
gefetzter  römifcher  Mofaik-Boden  vorgefunden.  Bei 
weiterer  Grabung  fand  man  die  Ecke  eines  fehr  fchönen 


XXXIV 


aus  weißen  und  fchwarzen  Marmorwürfeln  hergestellten 
iik-Bodens.  Der  aus  zwei  fchwarzen  Streifen  auf 
weißem  Grunde  begehende  Rand  desfelben  wurde 
bereits,  wie  Correfpondent  Bergrath  Ritdl  berichtet, 
auf  2  M.  blo-  Ueber  den  Boden  lagen  Trümmer 

von  römifchen  Dachziegeln,  von  bemaltem  Mauerputz 
verftreut,  doch  fcheint  diefer  Mofaik-Boden  in  einer 
Veranda  angebracht  gewefen  zu  fein. 

3.  (Die  Vorzeit  Perjeris.) 

Von  welcher  Seite  Landeck  in  Tyrol  zuganglich 
ift,  find  es  rauhe  Sterile  Thäler,  welche  dahin  führen, 
wahrend  die  Niederung,  die  (ich  zwifchen  deren  Ver- 
einigung in  Form  eines  Dreiecks  hineinbettet,  wie  ein 
Juwel  in  rauher  Fällung  von  der  nächften  Umgebung 
wohlthuend  hervorglänzt,  fo  fonnig,  fo  mild  muthet 
die  Luft  uns  an,  fo  füdlich  fruchtbar  erweift  fich  der 
Boden,  der  den  prächtigfiten  Mais  des  Oberinnthaies 
reilt.  Am  meisten  concentriren  fich  diele  Vorzüge  in 
einer  Farcelle  von  Landeck,  der  kleinen  Häufergruppe 


Fig.    1.   (Landeck.) 

von  Perjen,  die  unter  den  fteilen  Gehängen  der  Schwarz- 
wand angefiedelt,  doppelt  von  der  vollen  Mittagsfonne 
und  deren  vom  Geftein  reflectirten  Strahlen  erwärmt 
wird.  Der  aus  dem  Vintfchgau  hervorbrechende  Inn 
ftößt  gerade  vor  fich  zur  Mündung  der  Sanna  am 
Bergabhang  und  vom  felfigen  Fuße  desfelben  ab- 
prallend, umfehreibt  er  Perjen  im  Halbkreis  bis  zur 
Stelle,  wo  er  zum  zweitenmal  an  den  Felfen  wühlt,  um 
von  da  aus,  durch  die  verengte  Thalfurche  gezwungen, 
feinen  Lauf  in  gerader  Richtung  einzuhalten. 

Perjen  fieht  fich  folchergeftalt  zwifchen  Fels  und 
Waffer  halbinfelförmig  eingefchloffen,  zum  denkbar 
günftigften  Refugium  prädisponirt,  welche  eine  vor- 
gefchichtliche  Bevölkerung  zu  finden  vermochte.  Das 
ift  die  Stätte  von  Perjen  denn  auch  unzweifelhaft 
gewefen  und  ich  möchte  behaupten,  diehervorragendfte 

lerlaffung  zu  gleicher  Zeit  zwifchen  Fern  und 
Finftermünz,  die  ftrategifch  wichtigfte  jener  Gegend, 
welche  als  fichere  Rückendeckung  der  flußabwärts 
gelegenen  Bronzeftationen  Völs  und  Hötting  den  Inn 
an  jener  vortrefflichen  Stelle  bewachte.  In  den  Kreis 
der  Vertheidigung  muß  auch  der  in  Form  einer  fteilen 
Pyramide  fich  erhebende  Hügel,  der  die  Vefte  Kron- 
burg trägt,  gezogen  werden,  wobei  es  keineswegs 
ausgefchloffen,  dafs  er  nicht  zugleich  die  Cultusftätte 
des  umwohnenden  Bronzevolks  war;  denn  das  Ferdi- 
nandeum  in  Innsbruck  verwahrt  ein  großes  Opfermeffer 
aus  Bronze  —  geradezu  ein  Unicum  —  das  innerhalb 
des  Schloffes  Umwallung  gefunden  wurde,  wahrfchein- 
lich  bei  Anlafs  von  Schatzgräbereien,  welche  fich  ganz 
vorwiegend  jene  Ruinen  zum  Angriffs-Obje6t  feit  alten 
Zeiten  gewählt  hatten. 


gegen   den  Griff  hin   bedeutend 
innerhalb  der  halbmondförmigen 


Diefes  vom  Griff  bis  zur  Spitze  41  Cm.  lange  Meffer 
befteht  aus  zwei  Theilen,  nämlich  dem  maffiv  gegöffenen 

Griff  und  der  in  denfelben  eingefügten,  durch  drei 
Nieten  feilgehaltenen  Klinge.  Die  ftarke  Anschwellung 
inmitten  des  Griffs  einerseits  und  das  weite  Hervor- 
treten von  Hügel  und  Knauf  andererfeits,  gab  der  Hand 

ungemein  fiehern  Halt  zur  Führung  eines  wuchtigen 
Hiebes,  für  den  auch  die  Klinge  entfprechend  einge- 
richtet ift:  wenn  auch  dünn,  befähigt  fie  doch  die 
8  Mm.  dicke  Rückenrippe  zu  großer  Wideiihindsfahig- 
keit.  Das  Blatt  ift  halbmondförmig  gekrümmt  und 
unterhalb  des  geraden  Bügels  tief  gekehlt;  es  mifst  an 
der  breiteften  Stelle  65  Mm.,  fammt  der  Rippe  70  Mm. 
(Fig.  1). 

Als  Zeuge  der  Bronzezeit  in  Ferjen  felbft  fei  der 
prachtvolle  Dolch  genannt,  veröffentlicht  und  abge- 
bildet in  den  Mittheilungen  der  anthropologifchen 
Gefellfchaft  in  Wien  (1884  Seite  96,  Fig.  ?;  .  Er  hat 
eine  Länge  von  370  und  eine  Breite  von  69  Mm.  und 
zeichnet  fich  durch  einen  vorzüglichen  Erhaltungs- 
zuftand,  fowie  prachtvolle  Patina  aus.  Nicht 
nur  der  Knauf,  fondern  die  ganze  Griffbe- 
kleidung ilt  von  Metall,  die  halbmondförmig 
über  die  Klinge  faßt  und  mitteilt  vier  Nieten 
an  diefelbe  befeftigt  ift.  Die  Klinge  hat  lan- 
zettförmige Geftalt,  endigt  in  fcharfer  Spitze, 
an  derfelben  nimmt  eine  kräftige,  aber  flach 
gerundete  Mittelrippe  ihren  Beginn,  welche 
dadurch,  dafs  fie  parallel  der  Schneide  ver- 
läuft, fich 
erweitert; 

Ausladung  trägt  er  gravirte Ornamente.  Das 
Blatt  ift  mit  feinem  Dorn  durch  den  ganzen  Griff 
gefchoben,  über  deffen  fchwach  gewölbte,  etwas  ver- 
zierte Knopfplatte  er  hervorragt. 

In  ihrer  Mehrzahl  findet  fich  diefe  Dolchform  im 
Süden  Deutfchlands  und  in  der  Schweiz,  aber  keines 
der  mir  bekannten  Exemplare  erreicht  an  Schönheit 
der  Geftaltung  die  Waffe  von  Perjen.  Ich  verfolgte 
ihre  Spur  bis  zu  den  beiden  Arbeitern,  die  fie  aus- 
gegraben, und  kann  mich  deshalb  verbürgen,  dafs  fie 
es  ift,  die  am  neuen  Innfteg  zwifchen  Perjen  und 
Bahnhof  Landeck  in  dem  hohen  LTerrain  derPerjener 
Seite  höchftens  60  Cm.  tief  gefunden  wurde.  Die 
Finder  fahen  das  Material,  in  dem  der  Dolch  gelegen, 
nicht  als  gewachfenen  Grund  an,  glauben  vielmehr, 
dafs  es  gelegentlich  einer  Fundamentaushebung  im 
Dorfe  an  jene  Stelle  überführt  worden  fei.  Gemein- 
fchaftlich  mit  dem  Dolch  wurde  noch  eine  14 — 15  Cm. 
lange,  mit  Grat  durchzogene  Schwertfpitze  dort  aus- 
gehoben, aber  als  werthlos  betrachtet,  verloren. 

Ein  gewiffer  Anton  Schauer  berichtete  mir  1881 
von  dem  Fund  eines  ganzen  Schwertes  aus  Bronze, 
den  er  in  den  70er  Jahren  gemacht  hatte,  was  auch  der 
von  mir  ermittelte  Händler,  der  die  Waffe  angekauft 
hatte,  beftätigte,  ohne  fich  mehr  der  Hand  zu  erinnern, 
in  welche  fie  überging.  Ihr  Fundort  liegt  in  jenen  Mais- 
feldern der  Ortfchaft,  deren  Erde  fich  gegenüber  allen 
andern  benachbarten  Aeckern  durch  eine  auffallend 
Schwärze  Färbung  unterscheidet.  Soweit  die  Befitzer 
es  mir  gematteten,  nahm  ich  im  April  vorigen  Jahres 
eine  Ausgrabung  vor,  die  fich  auf  eine  Fläche  von 
nahezu  100  D  M.  erftreckte.  Hier  das  Ergebnis:  An 
fünf  verfchiedenen  Orten  zeigten  fich  Begräbnisplätzc 


XXXV 


in  fehr  verfchiedencr  Ausbreitung,  wovon  drei  kleinere 
Grabflellen  mit  nur  i'/2 — ~  M-  <m  Durchmeffer  nebft 
zwei  großen  Maffengräbern  in  ovaler  Form  mit  Längs- 
axen  von  n  und  13  M.  Es  beftehen  diefe  Brandrede 
aus  erflaunlichen  Anfammlungen  gebrannter  Knochen 
in  den  verfchiedenften  Verhältniffcn  mit  Ruß  und 
Kohle  gemengt,  fo  dafs  es  bald  die  Knochen  find, 
welche  überwiegen,  bald  auch  der  Kuß;  diefe  Schichte 
beginntmanchenorts  20, an  andern  Stellen  40 — 60  Cm. 
unter  der  Oberflache  und  ihre  Mächtigkeit  wechfelt 
zwifchen  7  und  40  Cm.  Faft  durchwegs  erfcheinen  die 
Knochen  in  kleinern  und  größern  Splittern,  feltener  in 
grobem  Stücken.  Die  weitgehende  Zerfplitterung  und 
die  porzellanartige  Härte  der  Knochen  laffen  auf 
machtige  Feuer  beim  Leichenbrand  fchließen.  Thier- 
knochen  finden  fich  höchft  vereinzelt  vor. 

In  fteter  Begleitung  diefer  Brandreite,  meift  als 
Bedeckung  derfelben,  tritt  eine  Schicht  einander 
berührender  Feldfteine  der  verfchiedenften  Größe  auf, 


Fig.  2.  (Landeck.) 

kleinere  von  10 — 30  Klg.  Gewicht  bis  zu  großen  von 
2 — 40oKlg. ;  allein  ich  begegnete  auch  mitunter  einem 
Ueberlager    der    Knochen -Rußfchichte,    in    welchem 
Falle  fich  das  Steinlager  in  einer  Tiefe  von   I— I1/,  M. 
hinzog.  Mitten  in  Knochen  und  Kohlen,  unter  Steinen, 
fteckte    die    Klinge  eines  Eifenmeffers,  185  Mm.  lang 
mit  gekrümmter  Schneide,  die  zunächft  der  Stelle,  wo 
der  Griff  durch  zwei  noch  vorhandene  Nietköpfe  feft- 
gehalten  wurde,  ihre  größte  Breite    erreicht  (33  Mm.) 
Fig.  2.  Diefes  Werkzeug,  dann  eine  kleine  Eifenklam- 
mer  und  ein  fchlecht  gebrannter  Gefchirrfcherben,  im 
Bruch  grau  oder  fchwarz,  aus  einem   theils  Glimmer, 
theils Steinchen  enthaltenden  Material,  find  die  einzigen 
Gegenftände  aus  dem  Haushalt  des  Menfchen,  außer 
denen  keine  Spur  Metall  in   dem  großen  Knochenhau- 
fen  fich  fand,    der    einige   Säcke   angefüllt   hätte!  Es 
fcheint    alfo  eher   dem  Zufall,  als  der  Sitte  Beigaben 
ins  Grab  zu  legen,  das  Vorkommen  jenes  Meffers  zuzu- 
fchreiben  zu  fein. 

Die  überaus  vortheilhafte  Lage  Perjens  muß 
auch  den  Römern  nicht  entgangen  fein;  nicht  dafs  an 
eine  Anfiedlung  mit  feften  Wohnfitzen  zu  denken  ift, 
wohl  aber  an  einen  zeitweilig  benutzten  Lagerplatz, 
vielleicht  für  Truppenkörper,  die  von  Brigantium  über 
den  Arlberg  oder  von  Campodunum  über  den  Fern 
nach  dem  Etfchthal  oder  vice  verfa  gezogen  kamen. 
Zur  Stütze  diefer  Annahme  liegt  vorderhand  nur 
Staffier 's  Angabe  (Tyrol  und  Vorarlberg,  II.  Theil, 
1.  Band,  S.  227)  vor  über  Funde  von  Silber-  und  Kupfer- 
münzen der  Kalfer  Vespafian,  Diocletian,  Nero  u.  f.  w., 
von   Hausgeräthen   und  Waffen,  fogar  von  mehreren 


Statuetten  römifcher  Götter  im  Perjenerfelde(dasfelbc, 
wo  ich  die  Brandrefte  gefunden),  nach  welchen  dasfelbe 
von  der  Zeit  an  der  Götzenacker  genannt  wurde.  Die 
meiden  diefer  Romana  find  nach  genanntem  Autor  in 
die  Sammlungen  des  Ferdinandeums  in  Innsbruck 
übergegangen,  wo  fie  jedoch  nicht  mehr  aufzufinden 
find.  Vor  fünf  Jahren  lebte  aber  noch  der  alte  Mann, 
der  eines  der  Figürchen  im  Perjener  Acker  gefunden 
zu  haben  mir  beitätigte  und  mir  dasfelbe  als  nackte 
männliche  Figur  aus  gelb  glänzendem  Metall  befchrieb, 
vielleicht  ein  Jupiter,  Mars  oder  Mercur  aus  vergoldeter 
Bronze.  Sein  Nachbar  wollte  eine  große  Broche,  die 
Roß  und  Reiter,  roh  geformt,  darfteilte,  gefunden 
haben,  ein  Dritter  ein  Figürchen,  das  den  rechten  Fuß 
emporhob. 

Der  Zeitfchrift  des  Ferdinandeums  entnehme  ich 
folgende  Funddaten:  Eine  antike  Spange,  4  Zoll  lang 
aus  Bronze  und  eine  kleine  Fibula,  gefunden  beim 
Schlöffe  Schrofenftein  im  Jahr  1843  (il.  Bandchen);  ein 
kleines  Idol,  ein  Ring  ^Bronze)  und  7  Pfeilfpitzen 
(Eifen),  gefunden  auf  einem  Acker  in  Perjen  (13.  Heft, 
III.  Folge). 

Seit  Auffindung  des  Dolches  und  meiner  Aus- 
grabung in  Perjen  rückten  die  Spuren  der  Bronze- 
zeit bis  ins  Stanzerthal  an  den  Fuß  des  Arlbergs 
hinauf,  nachdem  vor  kurzem  in  Flirfch  bei  Funda- 
mentirung  eines  Fabrikgebäudes  in  der  Tiefe  von 
3  M.  ein  Speer  gefunden  wurde,  welcher  mir  durch 
gütiges  Entgegenkommen  der  Ferdinandeums-Lei- 
tung  in  Innsbruck  zu  befichtigen  geftattet  war. 
Damit  find  fich  die  Bronzefunde  Tyrols  und  Vor- 
arlbergs (Flirfch  undBludenz)  bis  auf  12  Gehftunden, 
den  Paßübergang  mit  eingerechnet,  nahe  gerückt 
und  es  gewinnt  von  nun  an  immer  mehr  an  Wahr- 
fcheinlichkeit,  es  habe  der  Arlberg  keineswegs  eine 
trennende  Schranke  zwifchen  dem  Bronze-Volk  diefs- 
und  jenfeits  gefetzt,  vielmehr  fchon  in  jener  fernge- 
le^enen  Zeit  einen  Weg  zu  Jagd-  und  Kriegszügen 
o-eboten,  fo  gut  als  der  hohe  Rhäticon  von  der  prä- 
hiftorifchen  Bevölkerung  desPrättigäus  und  Montavons 
überfchritten   wurde. 

Der  Flirfcher  Speer  ift  eine  ihrer  Erhaltung  nach 
prächtige,  in  ihrer  Ornamentik  hierlands  nichts 
ähnliches  findende  Waffe  in  Bronze.  Nach  Abrech- 
nung anhängender  Erdtheile  wiegt  er  circa  120  Grm.; 
feine  ganze  Länge  beträgt  215  Mm.,  wovon  172  Mm. 
auf  das  Blatt  entfallen,  welches  an  breitefter  Stelle 
35  Mm.  mißt;  diefe  Verhältniffe  ertheilen  dem  Speer 
eine  fehr  fchlanke  gefällige  Form.  Die  etwas  zufam- 
mengequetfehte  Tülle  hat  am  Rande  außen  einen 
Durchmeffer  von  21 — 23  Mm.  Das  auffallendfte  Merk- 
mal befteht  in  den  drei  erhabenen  Linien,  welche  auf 
der  Mittelrippe  faft  ihrer  ganzen  Lange  nach  fich 
hinziehen  und  fich  hart  über  den  Nagellöchern  mit 
den  Linien  der  anderen  Seite  in  Halbkreifen  ver- 
einigen; diefe  werden  durch  eine  fchwach  erhöhte 
LinTe  gefchnitten,  die  fich  von  den  Löchern  zum  Blatt- 
anfatz&  zieht.  Die  Speere  und  Lanzenfpitzen  aus  \ 
arlberg,  deren  fchon  7  Stück  vorliegen,  ebenfo  die  aus 
Bendern  und  dem  St.  Gallifchen  Rheinthal  zeigen 
durchwegs  glatte  Tüllen.  Um  Cannellirungen  wie  am 
Flirfcher  Speer  zu  finden,  muß  man  fchon  weiter 
gehen  und  zum  Vergleiche  Funde  herbeiziehen,  wie 
z.  B.  ein  Bronzebeil   aus  Brusznica   in   der  Bukowina 


XXXVI 


|  Antiqua  Tat".  XXXIII,  Fig.  6  ,  einen  Speer  aus  Ungarn 

..Untere    heidnifche    Vorzeit-    Bd.    2, 

eine  Gußform    aus    Erz  für  ein   Beil 

aus   La   Tene   ;Les  protoheloetes    par  Victor    Grofs 

Taf.  XXVII.,  Fig.  12   u.  f.  w. 

Ob  die  erhöhten  Linien  am  Speer  aus  Flirfch  der 
Abficht  zu  verzieren  entfprungen  find,  laffe  ich  dahin- 
:!lt,  fie  machen  auf  mich  weit  eher  den  Eindruck, 
ein  technifches  Hilfsmittel  zu  ficherem  Gelingen  des 
Gußes  zu  fein,  weil  fie  offenbar  der  gefchmolzenen 
Maffe  das  Eindringen  in  die  dünnften  Hohlräume,  wie 
fie  für  Schaft  und  Blatt  frei  bleiben,  erleichtern  muffen. 

J.  Jenny. 

4.  Confervator  Trapp   hat   zur  Kenntnis  der  k.  k. 
Central-Commiffion  gebracht,  dafs  ihm  der  Belltzer  der 
Herrfchaft  Czernahorna  in  Mahren,  Herr  Anguß  Graf 
Fries,  am  2S.  September  1886  anzeigte,  es  feien  auf 
deffen  Areale  nächft  der  Ortfchaft  Borftendorf  während 
des  Tiefackerns  nach   der  Rübenaushebung    prähifto- 
rifche    Funde    gemacht   worden.    Große    unbehauene 
Steine,  hievon  manche  60  Cm.  lang  und  40  Cm.  breit, 
bildeten    unter    der    Ackerkrume    in    unregelmäßiger 
Lage    Vj — 1  M.  tief  gelegen,  die  flache  Decke  diefer 
Urnengräber.  Und  folcher  Stellen  gab  es  einige.  Unter 
diefen  Steinen  lagen  zwifchen  Afche  und  Erde  gemengt 
viele  Schalen,  Topf-   und  Urnen-Scherben,  Knochen 
von  Pferden,  einzelne  Menfchengebeine,  kleine  Stück- 
chen von  Bronzenadeln  und  Ringen,  dann  eine  fchöne 
patinirte  Bronzepfeilfpitze,  doch  nur  drei  Stück  wohl- 
erhaltener Urnen,  jede  von  anderer  Form.  Es  ift  ganz 
erklärlich,    dafs    die    Hauptzahl    der    Gefäße    nur   in 
Scherben    vorgefunden    wurde,    da    die  Schwere    der 
ine  alles  erdrückte.  Von  den  Pferdeknochen  wurde 
ein  ganzer  Korb  gefüllt,  desgleichen  von  den  Scherben, 
welche  mit  und  ohne  Verzierung  fich  zeigen.  Nach  den 
Heften  find  es  ziemlich  umfangreiche  Gefäße  gewefen. 
Herr    Graf  Fries   hat    fammtliche    Gegenftände 
freundlichft  dem  Franzens-Mufeum  zugefprochen.  Dr. 
Wankel    hat     vor    mehreren   Jahren    im     Orte     Bor- 
ftendorf felbft,  wie  er  dies  in  feinen  r Bildern  aus  der 
mährifchen  Schweiz-    pag.  316  fagt,    eine   viereckige 
Stcinkifte  ausgegraben,  welche  mit  zugehauenen  Stein- 
platten gebaut  und  mit  verkohltem  Getreide  ausgefüllt 
war,    darin    fünf   Menfchenfchädel    und    ein    eifernes 
kleines  Meffer  mit  einem  Bronzebefchlag   eingebettet 
lagen.    Nicht   weit   von    diefem  Orte   find   dann    noch 
viele  Topffcherben   mit  weißen   wirteiförmigen  Thon- 
perlen    ausgegraben  worden,   die  Ornamente   trugen, 
welche   auf  ein  fehr   frühes  Jahrhundert  unferer   Zeit- 
rechnung fchließen  laffen 

5.  Durch  Herren  A.  Faß!  in  Teplitz  find  Gräber 
bei  Nofsomitz  aufgedeckt  worden,  worunter  namentlich 
eines  erwähnt  zu  werden  verdient,  welches  fchon  durch 
feine  abweichenden  GrößenverhältnilTe,  nochmehraber 
durch  feinen  Inhalt  von  Bedeutung  ift.  In  demfelben 
fanden  fich  nebft  verfchiedenen  Thongefaßen  und 
zahlreichen  Bruchftücken  von  folchen  noch  Steinwerk- 
zeuge, Thongewichte,  Spinnwirtel,  Rollfteine,  Wetz- 
fteine,  Mufcheln,  viele  thierifche  Knochen,  ein  goldener 
Ring,  Glasfchlacken,  Bronzegußformen,  endlich menfeh- 
liche  Knochen.   Letztere  fprechen   allerdings  für   ein 


Grab,  doch  ift  hier  zum  minderten  der  Inhalt  zweier 
Gräber  bunt  durcheinander  geworfen  worden,  aber 
die  zahlreichen  und  mannigfachen  Gegenftände,  na- 
mentlich die  vielen  thierifchen  Knochen  an  Zahnen 
allein  50  Stück)  machen  es  zweifelhaft,  ob  man  es 
wirklich  mit  regelrechten  Begräbniffen  zu  thun  habe. 
V  n  befonderem  Intereffe  find  die  zu  unterlt  geh 
nen  drei  Gußformen  für  einen  Bronze-Palrtab  und  für 
Sicheln.  Diefelben  find  wie  die  meiiten  Bronzeguß- 
formen aus  feinem  Sandftein  gearbeitet  und  unter- 
fcheiden  fich  auch  fonft  in  keiner  Weife  von  derartigen 
Vorkommniffen.  Auch  der  Umftand,  dafs  eine  Sand- 
fteinplatte  von  beiden  Seiten  als  Gußform  benützt 
wurde,  wie  eine  folche  dafelbft  gefunden  wurde,  ift 
fchon  wiederholt  beobachtet  worden.  Von  der  Gußform 
für  den  Palftab  fand  fich  nur  eine  Hälfte,  die  entfpre- 
chende  zweite  Hälfte  fehlt;  für  die  Sicheln  genügte  eine 
Form,  welche  lediglich  mit  einer  Steinplatte  zugedeckt 
wurde,  da  auch  die  Sicheln  auf  einer  Seite  flach  find. 

6.  (Wallburg  am  Praeov.) 

Mit  der  etwa  80  M.  über  dem  Chrudimka-Fluffe 
zwifchen  Nafferberg  und  Slatinan  fich  erhebenden 
Pracover  Anhöhe  findet  der,  bei  den  Burgruinen  Wild- 
ßein  und  Oheb  von  dem  Hauptrücken  des  Eifen- 
gebirges  füdöftlich  abzweigende  bewaldete  Höhenzug 
feinen  Abfchluß.  Ein  fchmaler,  aber  fteiler  Fahrweg 
fuhrt  an  der  Berglehne  des  linken  Chrudimka-Ufers 
nördlich  vom  nahen  Dorfe  Svidnic  zu  diefem  Hoch- 
Plateau,  wofelbft  am  örtlichen  Rande  der  äußerft 
fteilen  Felswand  die  gothifche  St.  Jacobs-Kirche  mit 
noch  hölzernem  Dache  und  Thurme  in  der  Mitte  eines 
kleinen  Friedhofes  fich  erhebt. 

Weiter  gegen  Welten  breitet  fich  das  gegenwärtig 
aus  fieben  Wirthfchaftsgebäuden  nebft  Pfarre  befte- 
hende  Dorf  Praeov  in  mäßiger  Steigung  und  einer 
Länge  von  circa  300  M.  aus.  In  den  alten  Jahrbüchern 
wird  des  Namens  Praeov  nie  erwähnt,  dagegen  wird 
die  St.  Jacobs-Kirche  ob  Svidnic  oder  St.  Jacob 
gegenüber  Stradov  öfters  genannt.  Am  Praeov  wurde 
vom  Jaros  Lacembok ,  dem  einfügen  Befitzer  der  etwa 
V4  Stunde  am  rechten  Chrudimka-Ufer  gegenwärtig 
in  Trümmern  liegenden  Burg  Stradov,  ein  Minoriten- 
Klofter  um  das  Jahr  1370  errichtet,  welches  im  Jahre 
1421  nach  der  Erftürmung  des  Benedictiner-Klofters 
zu  Podlazic  bei  Chrast  durch  die  Huffiten  von  den 
Chrudimer  Schaaren  eingenommen  und  gänzlich  ver- 
wüftet  wurde.  Die  fudliche  Seite  der  Kirche  wird  von 
den  älteren  Infaffen  als  die  einftige  Stelle  des  nunmehr 
keine  Spuren  hinterlaffenden  Klofters  bezeichnet.  Die 
ganze  Pracover  Anhöhe  umfafst  etwa  33  Hektare 
Flächenraum  und  bietet  gegen  Norden  über  die  Kune- 
ticer  Burgruine  bis  in  die  gefegneten  Fluren  von 
Königgrätz  eine  herrliche  Ausficht  dar.  Praeov  ift  von 
drei  Seiten  nicht  leicht  zugänglich,  und  zwar  ragt  die 
Granitwand  ottwärts  faft  fenkrecht  von  der  vorbei- 
ftrömenden  Chrudimka  empor,  längs  der  nördlichen 
Seite  durchfließt  das  in  die  Chrudimka  unterhalb  der 
Kirche  einmündende  Bächlein  einen  tiefen  bewaldeten 
Thalgrund,  der  Norden  ift  theils  durch  eine  Berglehne 
und  der  Xordweft  durch  einen  tieferen  Quellengrund 
gedeckt;'  nur  die  weltliche  Seite  wäre  für  Praeov 
die  fchwächfte  geblieben,  aber  dafelbft  findet  fich  noch 
theilweifer  Steinwall  vor,  der  vom  füdlichen  Thalrande 


XXXVII 


bis  zur  nördlichen  Berglehne  unweit  der  Pfarre  im 
mäßigen  Bogen  und  einer  Länge  von  450  Schritt 
gezogen  ift.  Derfelbe  ift  aus  amorphen,  trocken  über 
einander  gelegten,  mit  Krde  durchmifchten  Steinen 
zufammengefetzt,  2  M.  hoch,  5  M.  an  der  Bafis,  oben 

3  M.  breit.  Aber  nur  fehr  fpärliche  Rede  find  noch 
hie  und  da  von  ihm  geblieben,  fo  dafs  delTen  ursprüng- 
liche Anlage  nur  mit  Mühe  und  Zuziehung  der  Ein- 
wohner conftatirt  werden  konnte.  Der  Wall  liefert  den 
Eigenthümern  reichlichft  Steine  zur  Umgränzung  der 
einzelnen  Parcellen  und  gute  Erde,  an  welcher  dafelbft 
Mangel  herrfcht,  und  fo  verfchwinden  nach  und  nach 
auch  die  geringeren  Refte.  Etwa  in  der  Mitte  des 
früheren  Steinwalles  befindet  fich  das  Gebäude  Nr.  1 
und  unmittelbar  zwifchen  diefem  und  dem  Walle  die 
Par Celle  453,  welche  feit  Jahren  als  Baumfchule  ver- 
wendet wird,  den  höchften  Punkt  Pracov's  bildet  und 
bisher  der  rcichlichfte  Fundort  von  Bronzen  war.  Im 
Laufe  der  letzten  20  Jahre  fand  der  Eigenthümer  Simon 
anläßlich  diverfer  Erdarbeiten  dafelbft,  fowie  im  Walle 
felbll  Scherben  von  Harken  glatten  Thongefäßen  und 
verfchiedene  Bronzegegenftände,  die  er  aus  ange- 
borner  Gutmüthigkeit  an  bekannte  Herrfchaftsbeamte, 
Förfler,  Pfarrer,  Lehrer  oder  die  dortige  Gegend 
befuchende  fremde  Gäfte  einfach  verfchenkte.  Auf 
diefen  Umftand  aufmerkfam  gemacht,  befuchte  ich 
voriges  Jahr,  fovvie  heuer  wiederholt  Pracov  und  ver- 
zeichnete möglich!!  alle  hierfelbft  vorgekommenen 
Funde  und  conftatirte  außer  den  bereits  oben  berühr- 
ten nur  geringe  Spuren  noch  hinterlaffenden  äußeren 
Wall,  noch  eine  innere  ovale,  4  M.  hohe,  durch  einen 
7  M.  breiten  Graben  getrennte  und  mit  einem  ebenfalls 

4  M.  hohen,  unten  7  M.,  oben  31/.,  M.  breiten  Walle  um- 
gebene Ebene,  deren  längere  Achfe  68,  die  kleinere 
26  Schritte  beträgt  und  die  wegen  Aufbau  von  zwei 
neuen  Wirthfchafts-  fammt  Nebengebäuden  gegen- 
wartig auch  nicht  mehr  intafl  ift.  Diefe  Befeftigungs- 
ftatte  ift  ebenfalls  aus  trocken  über  einander  gelegten 
Steinen  und  bloßer  Erde  zufammengefügt.  Alle  diefe 
.Anzeichen  deuten  darauf  hin,  dafs  am  Pracov  eine 
vorhiflorifche  Wallburg  beftanden  haben  mußte. 

Durch  zwei  Tage  ließ  ich  mit  fünf  Arbeitern  am 
Pracov  Grabungsverfuche  vornehmen,  und  zwar  ließ 
ich  auf  den  Parcellen  450  und  453,  im  Walle  felbft,  der 
bis  auf  den  Felfengrund  durchgebrochen  wurde,  fowie 
in  der  inneren  Wallburg  und  unweit  derfelben  füd- 
warts  nachgraben.  Das  Refultat  war  nicht  befonders 
günftig;  außer  einem  bronzenen  Ring  von  15  Cm. 
Durchmeffer,  3  Mm.  Stärke,  und  der  Hälfte  einer  bron- 
zenen verbogenen  Armfpange  auf  der  Parcelle  453, 
endlich  einigen  thönernen,  meift  ftärkeren,  jedoch  nicht 
ornamentirten  Scherben  auf  der  füdlichen  Seite  der 
Wallburg,  fand  fich  fonft  gar  nichts  Bemerkens- 
wertheres  vor;  dafür  erhielt  ich  von  einigen  Inwohnern, 
von  Fördern  der  Umgegend  und  von  dem  Schul- 
dirc6tor  in  Svidnic  diverfe  Eifen-  und  Bronzefachen, 
die  insgefammt  am  Pracov,  und  zwar  erftere  in  der 
Nähe  des  inneren,  diefe  des  äußeren  Walles  vorge- 
funden wurden  und  gegenwärtig  in  den  Sammlungen 
des  Pardubicer  Stadt-Mufeums  eingereiht  find.  Viele 
Bronzen  derfelben  Provenienz  fand  ich  noch  bei  ande- 
ren Befitzern  vor.  Die  fämmtlichen  Gegenftände  aus 
Eifen,  fowie  einige  Bronzen  ftammen  wohl  aus  dem 
Mittelalter,  wogegen  die  übrigen  und  meiften  Bronze- 


fachen prähiftorifchen  Urfprunges  find.  Nach  allem  zu 
fchließen  diente  die  bereits  beftandene  ovale  Wall- 
burg auch  den  Klofterbewohnern  im  Jahre  1421  zum 
Schutz  und  zur  Gegenwehr. 

Unterden  vorhandenen  Praeover  Bronzen  kommen 
folgende  Gattungen  vor: 

Schildbruftfpahge  mit  zwei  12  fpiraligen  Rofctten 
von  8'/2  Cm.  Durchmeffer  und  abgebrochener  Nadel. 
Der  wie  Blech  dünne  Schild  von  10  Cm.  Durchmeffer  ift 
mit  vier  dreifachen  engpunktirten  Halbkreilen  verziert. 
Gewicht  der  ganzen  Spange  280  Grm. ;  ein  370  Grm. 
fchwerer  Palftab,  zwei  Sicheln,  ein  glatter  Fußring  von 
9  Cm.  Durchmeffer  im  Lichten,  8  Mm.  ftark,  9  Mm. 
breit,  190  Grm.  fchwer,  ein  145  Grm.  fchwerer  Kelt  von 
8  Cm.  Länge,  12  Stück  theils  offene,  thcils  mit  Enden 
über  einander  reichende  Armfpangen  nebft  vielen 
Theilen  derfelben,  glatt  oder  nur  maßig  ornamentirt, 
ein  Pfeil,  zwei  Ringe  von  9  und  15  Mm.  Durchmeffer, 
ein  Stück  3  Mm.  ftarker,  8  Cm.  langer,  fchraubenartig 
gedrehter  Draht  und  der  untere  Theil  eines  Meffers. 
Diefe  Bronzen  w'eifen  viele  poröfe  Stellen  auf  und  find 
mit  glänzendem,  dunkelgrünem  Patina  überzogen. 

Aus  Eifen: 

Der  untere  Theil  eines  einfehneidigen  Schwertes, 
ein  Brandfpeil  und  eine  Lanzenfpitze;  einige  bron- 
zene diverfe  Schnallen  und  Ringe,  rundes  Blechftück 
mit  Oeffnung,  kleines  Crucifix  und  Medaillon  ftammen 
aus  dem  Mittelalter. 

Außer  diefen  noch  vorhandenen  Alterthümern 
wurden  am  Pracov  noch  ferner  gefunden:  20  andere 
bronzene  .Armfpangen,  eine  mittelgroße  bronzene 
Bruftfpange  ohne  Nadel,  viele  bronzene  und  eiferne 
Pfeilfpitzen,  eine  über  1  Kg.   fchwere  Bronzemaffe  etc. 

Divis-  Cißecky. 

7.  (Ucbcr  einige  Ausgrabungen  in  Prag  im  Jahre 
1886.) 

Im  Frühlinge  d.  J.  18S6  wurde  das  am  weltlichen 
Ende  der  Karpfengaffe  auf  der  Altftadt  Prag  gelegene 
Haus  Nr.  71  des  Herrn  Baumeifters  Sigmund  abge- 
tragen, um  einem  neuen  Zinshaufe  Platz  zu  machen. 
Bei  den  Grundgrabungen  zu  dem  letztern  wurden 
mehrere  intereffante  archäoloinfehe  Funde  gemacht, 
zu  deren  Würdigung  jedoch  einige  Andeutungen  über 
die  Lage  des  PTmdortes  erwünfeht  erfcheinen  dürften. 

Das  Haus  Nr.  71  (neu  2)  unter  dem  Namen 
,,Kocandau  bekannt,  lag  in  der  Nähe  des  längft  ver- 
fchwundenen  St.  Valentins-Thores,  an  welches  fich  in 
nördlicher  und  füdlicher  Richtung  die  einftige  Stadt- 
mauer anfehloß.  Neben  diefem  Haufe,  und  zwar  an  der 
Stelle  des  Haufes  Nr.  56,  befand  fich  die  Pfarrkirche 
St.  Valentin.  Sie  war  im  gothifchen  Style  gebaut, 
hatte  einen  Thurm  aus  Quadern  und  eine  fteinerne 
Kanzel,  wurde  aber  im  Jahre  17S4  aufgehoben  und  ift 
feitdem  fpurlos  verfchwunden.  Diefe  Kirche  war  von 
einem  Friedhofe  umgeben,  an  welchem  fich  der  Pfarr- 
hof, jetzt  Nr.  63,  anfehloß  und  es  erinnern  die  alter- 
thümlichen  Giebel  diefes  noch  beftehenden  Gebäudes 
allein  an  die  Vergangenheit.  Zwifchen  diefem  Gebä 
und  dem  Haufe  Nr.  56  fteht  das  Haus  Nr.  57,  ebenfalls 
dem  Baumeifter  H.  Sigmund  gehörig,  auf  einem 
Theile  des  alten  Friedhofes. 

Bei  den  erwähnten  Grundgrabungen  kam  man  in 
der  Mitte  des  Hofes  noch  auf  die  4  M.  Märken  Gründe 


XX  XVII I 


der  alten  Stadtmauer  und  nicht  weit  davon  auf  die 
Gründe  der  Friedhofsmauer.  Schon  im  Jahre  1875 
wurde  bei  Bauten  in  dem  nachbarlichen  Hofe  des 
Haufes  Nr.  57  eine  Maffe  menfchlicher  Knochen  aus 
graben,  welche  auf  vier  Fuhren  auf  den  .VoUaner 
Friedhof  geführt  wurden.  Bei  diefem  Anlaffe  wurde 
auch  ein  Skelett  gefunden,  deffen  Schädel  von  einem 
langen  Nagel  durchbohrt  war,  wahrend  zu  deffen 
Seite  ein  kurzes  verrofletes  eifernes  Schwert  lag.  Im 
heurigen  Jahre  fand  man  auf  diefem  alten  Friedhofe 
im  Hofraume  von  Nr.  71  abermals  viele  menfchliche 
Gebeine  und  es  verdient  bemerkt  zu  werden,  dafs  bei 
einem  der  ausgegrabenen  Skelette  in  vier  zufammen- 
gebackenen  Häufchen  $j  Stück  filberner  Bracleate 
lagen.  Diefelben  hatten  durch  Einwirkung  der  umge- 
benden Feuchtigkeit  eine  faft  fchwarze  Färbung 
angenommen  und  konnten  nicht  mehr  von  einander 
getrennt  werden.  Doch  war  fo  viel  erkennbar,  dafs 
diefelben  von  zweierlei  Prägung  waren,  deren  eine  das 
Bruftbild  eines  Königs  mit  Krone,  Scepter  und 
Reichsapfel,  die  andre  einen  Löwen  darfteilt.  Um- 
fchriften  waren,  wie  bei  der  Mehrzahl  der  Bracteaten, 
nicht  vorhanden.  Es  möge  hier  nur  bemerkt  werden, 
dafs  diefe  beiden  Typen  in  Böhmen  nicht  neu  find  und 
dafs  hier  für  die  Dauer  der  Bracteaten-Periode  das 
13.  Jahrhundert  angenommen  wird. 

Eine  befondere  Aufmerkfamkeit  verdient  jedoch 
die  Auffindung  von  unglafirten  Thongefäßen.  Man 
fand  nämlich  zuerft  außerhalb  der  Gründe  der  alten 
Stadtmauer  in  einer  Tiefe  von  4  M.  beifammen  drei 
derlei  Gefäße,  nämlich  zwei  topfförmige,  15  und  17  Cm. 
hohe,  ohne  Henkel,  und  einen  Krug  mit  Henkel  und 
Schnäutzchen,  18  Cm.  hoch,  alle  mitParallel-Linien  ver- 
ziert, dann  einen  Gefäßdeckel,  alles  von  fchwärzlichem 
Thonund  dem  fogenannten  Burgwall-Typus  angehörig. 
Später  machte  man  einen  ähnlichen  Fund,  und  zwar 
diesmal  innerhalb  der  alten  Stadtmauer  und  unterhalb 
der  Gräber  des  ehemaligen  Friedhofes  bei  der  St. 
ValentinsKirche.  Hier  (ließ  man  zunächft  in  einer 
Tiefe  von  21  2  M.  auf  eine  ummauerte  Stelle,  welche 
man  ihrer  Form  nach  für  einen  Brunnen  hielt.  Die 
Ummauerung  war  mehr  oval  als  rund  und  nicht  mit 
Kalk  gebunden.  Innerhalb  diefes  „Brunnens-  kam 
man  in  einer  weiteren  Tiefe  von  4  M.  auf  Thonfcherben 
und  auf  vier  mehr  oder  weniger  erhaltene  Gefäße. 
Alle  diefe  Gefäße  waren  henkellos,  eines  hatte  die 
Form  eines  ftark  ausgebauchten  Topfes,  10  Cm.  hoch; 
ein  zweites  ähnliches,  iö1/,  Cm.  hoch,  hatte  eine 
zierliche  fich  gegen  unten  zu  verjüngende  Geftalt  und 
ein  drittes,  16  Cm.  hohes,  machte  fich  durch  feine 
der  Kugelgeftalt  nahe  Form  bemerkbar.  Diefe  drei 
Gefäße  waren  von  fchwärzlicher  Farbe,  während  ein 
viertes,  mehr  fragmentarifches  von  gelblicher  Farbe 
war  und  fich  mehr  der  Geftalt  einer  Schüffei  näherte; 
Hohe  8'  8  Cm.  Diefe  Gefäße  waren  ohne  alle  Verzie- 
rungen, gehörten  aber  fonft  nach  der  Form  und  der 
Thonmaffe  dem  Burgwall-Typus  an.  Hiemit,  nämlich 
mit  dem  Funde  diefer  Gefäße  war  aber  der  Grund 
diefes  „Brunnens"  noch  nicht  erfchöpft,  es  konnte 
jedoch  leider  aus  baulichen  Rückfichten  nicht  weiter 
gegraben  werden.  Außer  den  befchriebenen,  an  zwei 
verfchiedenen  Stellen  beifammen  gefundenen  Thon- 
gefäßen fand  man  aber  auch  fonft  auf  dem  Bauplatze 
vereinzelt   größere  Theile   und  Scherben    von   Thon- 


gefäßen, unter  welchen  befonders  das  Randftück  eines 
fehr  großen  Gefäßes,  aus  mit  Graphit  gemifchtem  Thon, 
Erwähnung  verdient.  Es  hatte  nämlich  oben  eine 
Dicke  von  5  Cm.,  welche  fich  gegen  unten  auf  i1/,  Cm. 
verminderte;  außen  war  dasfelbe  mit  länglichen  und 
runden  Eindrücken  verziert.  Schon  aus  dem  Gefagten 
dürfte  fich  ergeben,  dafs  fich  an  der  Stelle  diefes  Bau- 
platzes eine  alte  heidnifche  Begräbnisftätte  befand, 
an  welcher  bei  dem  Baue  der  alten  Stadtmauer,  der 
St.  Valentins-Kirche  und  verfchiedener  Privatgebäude 
die  alten  Gräber  zerftört,  die  Grabgefaße  gebrochen 
und  ihr  Inhalt  verftreut  worden  ift.  Es  hängt  mit 
diefem  alten  Begräbnisplatze  wohl  die  Gründung  der 
St.  Valentins-Kirche  zufammen,  indem  Kirchen  be- 
kanntlich häufig  an  folchen  Orten  errichtet  wurden, 
welche  fchon  den  Heiden  als  Opfer-  oder  Begräbnis- 
plätze heilig  erfchienen. 

Diefe  Anficht,  dafs  nämlich  hier  ein  heidnifcher 
Begräbnisplatz  beftand,  findet  wohl  auch  durch  die 
Auffindung  anderweitiger  intereflänter  Obje<5le  an 
diefer  Stelle  ihre  Unterftützung,  während  auch  letztere 
wieder  hiedurch  ihre  Erklärung  erhalten.  Es  ift  hier 
zunächft  die  Auffindung  einer  großen  Menge  von 
bearbeiteten  Stücken  von  Geweihen  und  Knochen  zu 
erwähnen,  unter  welchen  befonders  bemerkt  zu  werden 
verdienen:  ein  vollkommen  glatter,  wie  polirt  aus- 
feilender ftarker  cylindrifcher  Ring  von  Bein,  38  Mm. 
im  Durchmeffer  und  von  brauner  Farbe;  die  Hälfte 
eines  größeren,  42  Mm.  im  Durchmeffer  haltenden 
Ringes  aus  Hirfchgeweih;  eine  runde  Scheibe  von 
36  Mm.  Durchmeffer  und  einer  runden  Oeffnung  in 
der  Mitte,  fowie  ein  niedriger  durchbohrter  Cylinder 
von  10  Mm.  Höhe  und  20  Mm.  Durchmeffer  von  dem- 
felben  Materiale;  ein  16  Cm.  langes  und  16  Mm.  breites 
Werkzeug  von  Bein  mit  dumpfer  Spitze,  ausgezeichnet 
durch  feine  aus  fieben  kleinen  concentrifchen  Kreifen 
beftehende  Ornamentirung  am  Griffe,  vielleicht  ein 
Inftrument  (Fig.  3)  zum  Glätten  beftimmt;  weiters 
ein  6'/8  Cm.  langes  Objefl  aus  Hirfchgeweih  mit  einer 
Oeffnung  wie  zur  Anbringung  eines  Stieles  in  der 
Mitte;  eine  vierfeitige  (Fig.  4^  21  Mm.  meffende 
Zierplatte  mit  einem  Kreuze  und  vier  kleinen  concen- 
trifchen Kreifen  in  der  Mitte.  In  einer  auffallenden 
Menge  wurden  abgefägte,  theilweife  auch  bearbeitete 
Zinken  und  Spitzen  von  Hirfch-  und  Rehgeweihen, 
über  30  Stück,  ausgegraben.  Von  Metall-Objecl:en 
muß  vor  allem  ein  offenes  Armband  aus  Kupferdraht 
erwähnt  werden.  Es  ift  aus  zwei  Drahten  gewunden, 
von  welchen  der  eine  wieder  aus  zwei  ganz  dünnen 
zufammengedrähten  Faden  befteht,  was  dem  Ganzen 
ein  ungewöhnliches  und  zierliches  Anfehen  verleiht. 
An  dem  einen  Ende  fchließt  das  Gewinde  mit  einer 
Schlinge,  während  an  dem  andern  Ende  der  be- 
kannte S-furmige  Schluß  das  Armband  charak- 
terilirt.  Von  den  bisher  in  Böhmen  gefundenen  ähnlich 
abgefchloffenen  Reifen  und  Ringen  ift  der  vorliegende 
wohl  der  fchönfte  und  in  feiner  Art  ein  Unicum.  Er 
wurde  in  einer  Tiefe  von  6  M.  gefunden  und  hat  einen 
Durchmeffer  von  8  Cm.  bei  einer  Dicke  von  4  Mm. 
(Fig.  5).  Von  Bronze  kamen  ein  gefchloffener,  etwas 
flacher  Ring  von  35  Mm.  Durchmeffer,  dann  eine  in 
der  Mitte  durchbohrte  Blechfcheibe  von  27  Mm. 
Durchmeffer  und  zwei  fchwere  und  ftarke  Köpfe  von 

ein  vor. 


XXXIX 


Von  den  vorgefundenen  verfchiedenen  eifernen 
Gegenftänden  können  wohl  nur  einige  Meffcrklingen 
Anfpruch  auf  ein  holies  Alter  machen. 


Fig   3- (Prag.) 

Häufig  kamen  vor  durchbohrte,  verfchieden  ge- 
formte Kugeln  und  Wirtel  aus  Thon  im  Durchmeffer 
von  15  —  25  Mm.,  von  denen  einer  ausnahmsweife  mit 
einer  röthlichgelben  Glafur  verfehen  war.  Auch  dürfte 
die  Auffindung  eines  Stückes  Graphit  in  der  Größe 
eines  kleinen  Apfels  nicht  unerwähnt  bleiben,  und 
endlich  das  Vorkommen  eines  ganz  eigenthümlichen 
Objectes  von  Glas,  welches  die  Form  einer  kleinen 
Schlange  oder  eines  S  hat,  von  durchfeheinender 
blauer  Farbe  ift  und  befonders  dadurch  auffallt,  dafs 
es  auf  der  einen  flachen  Seite  mit  zarten  weißen 
Streifchen  geziert  erfcheint,  wodurch  es  an  die  in 
prähiftorifchen  Gräbern  öfters  vorgefundenen  email- 
lirten  Glasperlen  erinnert.  Auch  ein  kreisförmiger, 
15  Cm.  im  Durchmeffer  haltender  Unterfatz  oder  Fuß 
eines  abgebrochenen  gläfernen  Gefäßes  dürfte  deßhalb 
Aufmerkfamkeit  verdienen,  weil,  wie  noch  zu  erwähnen, 
ganz  ähnliche  gläferne  Unterfatze  an  heidnifchen 
Begräbnisplätzen  auch  anderwärts  gefunden  wurden. 
Dafs  an  diefem  im  Laufe  der  Jahrhunderte  fo  oft 
durchwühlten  Bauplatze  auch  viele  mittelalterliche 
Gegenftände  gefunden  wurden,  ift  wohl  felbftverftänd- 
lieh.  Unter  diefen  verdienen  mehrere  mit  Thierköpfen 
und  Pflanzen-Ornamenten  gezierte  Eifen-Objecte, 
wahrfcheinlich  Beftandtheilc  eines  Pferdegefchirres, 
dann  Sculpturen  in  Bein,  Schlüffel  in  verfchiedenen 
alterthürnlichen    Formen    u.    f.    w.    einige    Beachtung. 


Fig.  4.    (Prag.) 

Alle  die  hier  erwähnten  Fundftücke  gelangten  in 
den  Befitz  des  Prager  ftädtifchen  Mufeums,  wo  fie  ihre 
entfprechende  Aufteilung  finden  werden.  Zum  Schluffe 
dürfte  noch  hervorzuheben  fein,  dafs  das  oben  be- 
fchriebene  Vorkommen  eines  brunnenförmigen  Grabes 
mit  Thongefäßen  ein  befonderes  Intereffe  zu  wecken 
geeignet  ift.  Derlei  Urnenbrunnen  find  nämlich  in 
Böhmen  wiederholt  beobachtet  worden,  und  zwar 
thcils  von  runder  Form,  mit  durch  Lehm  gebundenen 
Steinen  ausgemauert,  theils  vierfeitig,  mit  Balken  aus- 
gezimmert und  es  fanden  fich  in  denfelben  Gruppen 
von  Thongefäßen  fchichtenweife  über  einander  ge- 
ordnet in  ziemlicher  Menge  vor.  So  wurden  in  Chrudim 
im  Jahre  1858  nur  beim  Baue  des  Kreisgericht- 
Gebäudes  acht  derlei  Brunnen,  darunter  fieben  in 
Stein  und  einer  mit  Balken  gefaßt,  mit  einer  großen 
Menge  von  Gefäßen  ausgegraben.  Ebenfalls  im  Jahre 
1858  fand  man  in  Königgrätz  drei  folche  mit  Balken 
ausgezimmerte  Urnen-Brunnen  und  erfl  wieder  im  Jahre 


1885  einen  in  Nimburg.  Die  eingehende  Befchreibung 
diefer  Funde  befindet  fich  in  der  archäologifchen 
Zeitfchrift  Pamatky  Bd.  III,  233.  IV.  II.  4 1,  und  XIII.  140. 
Die  irgendwo  aufgehellte  Behauptung,  dafs  diefe 
Urnen-Brunnen    als  angelegte  Abfallsgruben 

anzufeilen  feien,  entfpricht  den  thatfächlichen  Um- 
lt. mden  durchaus  nicht;  die  mühfame  Herrichtung,  die 
große  Tiefe  (6 — 15  M.),  das  öftere  Beifammenftehen 
einer  größeren  Anzahl  dieferBrunnen  und  die  fchichten- 
weife Anordnung  zumeifl  erhaltener  und  zugedeckter, 
mit  Afche  und  Kohle  gefüllter  Gefäße  fprechen  allzu 
deutlich  für  einen  wichtigeren  Zweck  diefer  Anlagen 
und  laffen  fie  als  mit  den  heidnifchen  Gebräuchen  auf 
das  engfle  zufammenhängend  erfcheinen,  wenn  auch 
ihre  Entftehung  in  einer  in  das  Mittelalter  herüber- 
reichenden Zeit  nicht  zu  verkennen  ift.  Sonderbar 
erfcheint    die    Verwendung    von    Unterfatzen    enger 


Fig.  5.  (Prag.) 

abgebrochener  Glasgefäße  als  Deckel  der  in  diefen 
Brunnen  vorgefundenen  Thongefäße  und  es  ift  ihr 
Vorkommen  um  fo  auffallender,  als  man  felbe  fowohl 
in  Chrudim  als  in  Königgrätz  beobachtete  und  als 
man  ähnliche  nun  auch  in  Prag,  und  zwar  an  dem 
befchriebenen  Bauplatze  und  früher  bei  Grabungen  in 
dem  Haufe  „U  Lemonir'  in  der  Ferdinand-Straße 
gefunden  hat.  Eine  befriedigende  Erklärung  diefer 
Brunnen  wird  wohl  erft  nach  wiederholten  Beob- 
achtungen möglich  fein ;  doch  dürfte  fich  die  Anficht, 
dafs  man  es  hier  mit  Brandgräbern  zu  thun  habe,  im 
Ganzen  beftätigen.' 

Moriz  Lü/sner. 

8.  (Ein  Fund  aus  dem  neolitifclien  Zeitalter  bei 
Koudelov  näcliß  Caslau.) 

Im  Herbfte  des  Jahres  1885  ließ  die  Verwaltung 
des  Großgrundbefitzes  Filipshof  ihr  ausgedehntes 
Grundftück,  welches  „fto  zähonu''  (Hundert  Beete)  ge- 
nannt wird,  unweit  von  Koudelov  liegt  und  mit  der 
nördlichen  Gränze  den  Feldweg,  welcher  von  Caslau 
nach  Koudelov  und  Skovic  führt,  berührt,  mit  einem 
Dampfpfluge  ackern.  Die  dunkelfchwarze  tiefe  Acker- 
erde wurde  feit  undenklichen  Zeiten  zum  Ackerbaue 
benützt  und  in  der  örtlichen  Nachbarschaft  breiteten 

1  Bei  der  aufgedeckten  Fundftclle  diiifte  es  fich  nicht  um  eine  Grabflallc, 
fondern  um  eine  Wohnftattc  handeln,  wofür  die  zahlreichen  Bruchftückc, 
namentlich  die  deutlichen  Abfalle  menfehlicher  Bctriebfamkeit,  wie  z.B.  die 
bearbeiteten  Hörn-  und  Knochenftücke  fprechen.  Unerklärt  fcheinen  die 
feltfamen  Brunnen,  die.  wie  Confervator  l.ii/sner  mit  Recht  behauptet,  ficherlich 
keine  Abfallgrubcn  find.  Von  befonderem  Intereffe  ift  noch  das  der  chriftlichen 
Zeit  angehorige  Grab,  in  welchem  fich  ein  Skelett  befand,  welches  ein  eifernes 
Schwert  an  der  Seite  hatte  und  durch  deflen  Schädel  ein  langer  Nagel  getrie- 
ben war,  ein  nun  fchon  öfter  beobachtetes  Vorkommnis,  welches  mit  dem 
Vampyr- Aberglauben   in  Verbindung  lieht. 

Die  Redaction. 


X' 


fich  früher  feit  Urzeiten  mehrere  Teiche  aus,  welche 
aber  jetzt  ausgetrocknet  find. 

Wir  haben  Nachrichten,  dafs  in  der  Ziegelhütte 
bei  Koudelov  fteinerne  Hammer  und  Keile,  auch 
bronzene  Werkzeuge  gefunden  worden  find,  und  in 
den    Sammlungen    der  „Vcela    Caslavska-    wird    ein 

ner  Beilhammer  aus  Serpentin  aufbewahrt,  welcher 
bei  dem  Baue  der  Localbahn  an  einer  Stelle  zum 
Yorfchein  kam,  wo  die  Arbeiter  alltaglich  fchwarzliche 
Töpfchen  bei  dem  Abgraben  der  Ackererde  fanden, 
wovon  aber  gar  nichts  erhalten  worden  ilt. 

Bei  dem  oberw  ahnten  Ackern  brachte  der  Dampf- 
pflug die  Ackererde  bis  aus  der  Tiefe  von  35  Cm.  auf 
die  Oberfläche.  Ungefähr  in  der  Mitte  des  Ackers 
tand  man  ein  21  Cm.  langes  zugefchliffenes  Meffer, 
welches  aus  Amfibol-Schiefer  verfertigt  war,  einen 
hübfch  zugefchliffenen  Keil  aus  einer  grünlichen  Stein- 
i  Cm.  lang,  6  Cm.  breit)  und  drei  kleinere  Keile 
m.  lang  und  3-5  —  4  Cm.  breit',  aus  Thon- 
fchiefer,  welche  an  den  Seiten  beträchtlich  verletzt  und 
abgefchlagen  waren,  wie  auch  eine  größere  Anzahl 
Feuerfteine.  Homfteine  und  Bergkryftalle,  die  hin  und 
her  zerftreut  lagen  und  dem  Anfcheine  nach  abfichtlich 
abgefpalten  waren,  endlich  noch  zwei  grobe  Korn- 
quetfcher  aus  Quarz,  oder  wahrfcheinlicher  Glättlteine, 
da  deren  eine  Seite  zugefchlirTen  war. 

In  der  Folge  wurden  auf  diefem  Acker  fyftema- 
tilche  Grabungen  geführt,  wobei  man  ungefähr  in  der 
Mitte  des  Ackers  eine  Grube  im  Ausmaße  von  etwa 
4M.  aushob,  in  der  Ackererde  fanden  fich  hie  und 
da  Scherben  zerftreut.  In  der  Tiefe  von  40—50  Cm. 
war  die  Erde  ftark  gefetzt  und  die  Arbeit  ging  lehr 
fchwer  von  ftatten.  In  diefer  Schichte  entdeckte  man 
große  und  grobe  Bruchftücke  von  gut  gebrannten 
Gefäßen,  die  aber  durch  den  beträchtlichen  Druck  der 
Erde  zertrümmert  waren.  Manche  waren  mit  Nagel- 
abdrücken, die  dicht  neben  einander  fich  befanden, 
verziert.  Diefe  Gefäße  hatten  eine  bauchige  Form, 
waren  oben  zugeengt  und  in  der  braunen  Maue.  aus 
welcher  fie  verfertigt  waren ,  konnte  man  Spuren 
von  Glimmer  wahrnehmen.  Weiterhin  folgten  wieder 
Scherben  von  großen  aber  nicht  verzierten  Gefäßen; 
nur  einer  diefer  Scherben,  aus  der  größten  Wölbung 
des  Gefäßes,  hatte  einen  angeklebten  Wulft  mit  gro- 
ben fenkrechten  Einfchnitten.  Von  einem  kleineren 
bauchigen  Gefäße  fand  man  einen  ziemlich  erhalte- 
nen Theil,  welcher  am  Umfange  einen  Xabel  anftatt 
des  Henkels  hatte,  obwohl  beinahe  alle  hier  gefunde- 
nen Gefäße  mit  Henkeln  verfehen  find.  Einer  diefer 
Henkel,  grob  aus  einem  Stück  Thonerde  gebildet,  ift 
11  Cm.  lang,  hat  aber  nur  eine  enge  Oeffnung,  dafs 
man  kaum  einen  Finger  durchftecken  kann.  In  der 
Tiefe  von  60  Cm.  fand  man  eine  gelbe  Ziegelerde  und 
in  diefer  lagen  zerfprungene  Gefäße.  Unter  groben 
Scherben  wurde  ein  fchön  gebildetes  bauchiges  Gefäß 
gefunden,  deflen  Oberfläche  glatt  war.  Vom  Boden 
lauft  es  breit  aus  bis  zum  Durchmefier  von  14  Cm., 
wogegen  die  Breite  am  Hälfe  blos  10  Cm.  beträgt. 
Der  Rand  ift  zwar  abgefchlagen,  dennoch  kann  man 
aber  die  Höhe  beiläufig  auf  11  Cm.  beftimmen.  Diefes 
Gefäß  ilt,  wie  man  aus  den  Bruchftücken  erfehen  kann, 
aus  Scherben,  in  welche  es  vor  Zeiten  zerfallen  ilt, 
zufammengeklebt.  Früher  mußte  es  zwei  kleine  Hen- 
kelchen   gehabt   haben   und  beim  Hälfe    war    es    mit 


dreieckigen  Linien  -  Zeichnungen  verziert.  Ebenfo 
laufen  auch  drei  Linien  fünfmal  am  Umfange  vom 
Halle  bis   zum  Boden.   Die   Scherben    find   dünn  und 

h  ftark.  Gleich  daneben  in  weicher  Thonerde 
fteckte  ein  Gefäß,  deflen  Form  und  einigermaßen 
einem  abgeltumpften  etwas  gebogenem  Kegel  ähnlich 
ilt.  Der  Boden  des  Gefäßes  ilt  ein  wenig  gewölbt  und 
mifst  im  Durchmefier  12  S  Cm.,  in  der  Mitte  des 
Bodens  ilt  eine  gewölbte  Vertiefung,  welche  3  Cm.  im 
Durchmefier  hat.  Diefer  hübfch  verzierte  Becher  mußte 
früher  etwa  9  Cm.  hoch  fein,  jetzt  ift  aber  der  Rand 
überall  bis  zur  Hohe  von  7  Cm.  abgefchlagen.  In  diefer 
Höhe  mifst  der  Durchmefier  S  Cm.  Gleich  beim  Boden 
war  früher  ein  einziges  3  Cm.  hohes  Henkelchen  an- 
gemacht, welches  aber  jetzt  abgefchlagen  ift.  Verzie- 
rungen find  an  der  Oberflache,  welche  braun  gefärbt 
ilt,  keine  zu  fehen.  Der  Untertheil  ilt  dunkler  gefärbt, 
als  ob  er  im  Feuer  geftanden  wäre.  Der  obere  Theil 
ift  auf  den  Boden  aufgefetzt:  das  Gefäß  mußte  aus 
freier  Hand  geknetet  worden  fein,  gleichwie  alle  hier 
gefundenen  Gefäße.  Die  Wände  desfelben  find  fehr 
dünn  2  Mm.  und  zeichnen  fich  durch  einen  hübfehen 
Glanz  aus. 

Gleich  daneben  fand  ich  in  der  Thonerde  eine 
kleine,  aus  einem  röthlichen  Achat  verfertigte  5  Cm. 
lang  und  2-5  Cm.  breit)  Säge,  deren  Zähne  fehr  regel- 
mäßig find.  Wozu  ein  folches  Säglein  benutzt  wurde, 
ift  an  den  Geweihfproflen  zu  erfehen.  Man  hatte  mit 
ihm  nämlich  das  Geweih  fo  lang  gefägt,  bis  fich  die 
Sproffen  abbrechen  ließen.  Die  fämmtliche  Thonerde 
bei  dem  kefielartigen  Fundorte  war  fchwärzlich  und 
in  den  Gefäßen  waren  Spuren  von  weißlicher  Afche. 
An  einem  Scherben  war  auch  eine  grobe  Wellenlinie 
gezeichnet. 

Etwa  hundert  Schritte  von  diefem  Orte  wurde 
eine  neue  umfangreiche  Grube  gegraben.  Reichliche 
Rinds-,  Hirfch-  und  Eber-Knochen,  die  aus  der  oberften 
Schichte  ausgeackert  worden  find,  haben  unfere  Auf- 
merklamkeit  zu  diefer  Stelle  gerichtet.  Etwas  tiefer 
lag  ein  Auerochs-Schädel  mit  einem  26  Cm.  langen 
Hornzapfen,  dann  einige  Geweih-Sproffen  von  ftarken 
Hirfchen,  welche  16 —  28  Cm.  lang  und  entweder  ab- 
gebrochen oder  auf  oben  erwähnte  Weife  abgefagt 
waren.  Auch  einige  Stücke  zugefchnittener  Geweihe 
wurden  da  entdeckt.  Hier  nahmen  grobe  abgebrannte 
Scherben  überhand,  unter  welchen  Knochen  zerftreut 
lagen,  aus  denen  namentlich  der  Kinnbacken  eines  gro- 
ßen Schweines  unfere  Aufmerkfamkeit  erregte.  In  der 
lockeren  Erde,  welche  bis  zur  Tiefe  von  80  Cm.  ausge- 
worfen wurde,  entdeckte  man  eine  beinerne  Nadel, 
welche  länglichrund,  gleichmäßig  geglättet,  aber  am 
unteren  Ende  abgebrochen  war.  Diefelbe  ift  5'5  Cm. 
lang,  unten  blos  3  Mm.  ftark.  Es  ift  intereffant,  dafs 
gerade  in  folchen  uralten  Funden  forgfam  zuge- 
fchliffene  Nadeln  nicht  feiten  find,  wogegen  am  Hradek 
in  Caslau  in  der  oberften  Schichte  die  Ahlen  eine  viel 
gröbere  Form  haben  und  aus  den  Fußgelenkknochen, 
die  blos  am  Ende  zugefchliffen  find,  verfertigt  waren ; 
die  oberwähnte  Nadel  ift  aber  ganz  forgfam  abge- 
fchliflen. 

Andere  intereffante  Gegenftände  aus  diefer  Grube 
find:  Stücke  eines  Siebes  mit  kleinen  Löchern  im 
Boden  und  in  den  Seitenwänden.  DiefeLöcher  fcheinen 
mit   einer   folchen  kleinen  Nadel  durchbohrt  zu   fein. 


XLI 


Der  Seiher  hatte  einen  ebenen  Boden  und  breitete 
(ich  nach  oben  zu  kegelförmig  aus.  Er  ift  gut  roth- 
braun ausgebrannt  und  die  Wände  weifen  eine  Stärke 
bis  von  n  Mm.  aus.  Ob  man  durch  ihn  Quark  durch- 
feihete,  oder  zu  welchem  Zwecke  er  überhaupt  diente, 
können  wir  nicht  mit  Gewifsheit  beantworten.  Am 
Hradiste  bei  Stradonic  und  in  Vokovic  wurden  halb- 
kugelförmige,  mit  einem  Rande  verfehene  Siebe,  welche 
den  heutigen  blechernen  fehr  ahnlich  find,  gefunden. 
Am  Schlanberge  fand  man  wieder  ein  kegelförmiges 
Sieb,  deffen  Hoden  Halbkugelform  hatte.  Aehnliche 
Siebe,  wie  die  von  Koudelov,  kennen  wir  aus  der 
unterften  Schichte  am  Hrädek  und  aus  der  Brandftätte 
von  Urobovic.  In  der  erften 
Schichte  am  Hrädek  in  Caslau 
benützte  man  topfartige  Siebe 
mit  einem  durchbohrten  Boden. 
Unter  den  abgefchnittenen 
Geweihfproffen  befindet  fich 
eine,  welche  am  Ende  einen 
Quereinfchnitthat,  deffen  Zweck 
jedoch  unbekannt  ift.  Unter  den 
Knochen  waren  einige  Splitter, 
von  denen  manche  die  Form 
einer  nicht  zugefchliftenen  Ahle 
hatten  und  2 — 3  Cm.  unter  der 
Spitze  kann  man  Kerbe  bemer- 
ken, die  darauf  hinweifen,  dafs 
die  Ahlen  zu  einem  Stiele  zuge- 
bunden   werden    konnten.  Man 


ift  diefelbe  3  Cm.  hoch.  Sie 


fig-  7-  (Deutfchnofen.) 

konnte  fie  als  ergiebige  Spitzen  zu  Bogenpfeilen  be- 
nützen. Sehr  gewöhnliche  Gefährten  folcher  Funde 
pflegen  die  Spinnwirtel  zu  fein.  Hier  entdeckte  man 
zwei  folche,  die  beiderfeits  der  Durchbohrung  zu  kegel- 
förmig fich  erheben.  Beide  haben  in  der  Durchbohrung 
eine  Höhe  von  3  Cm.,  find  aus  derfelben  glimmer- 
reichen Thonerde  verfertigt  und  gut  gebrannt.  Aehn- 
liche kennen  wir  aus  Hradiste  bei  Stradonic  und  vom 
Hrädek. 

Einer  befonderen  Erwähnung  verdient  ein  Stück 
Geweih,  welches  zu  beiden  Seiten  in  der  Länge  von 
7  Cm.  glatt  zugefchnitten  ift.  Es  wäre  nicht  leicht,  fo 
einen  geraden  und  glatten  Schnitt  mit  einer  fteinernen 
Säge  zu  machen.  Obwohl  aber  alles  aufmerkfam 
durchgefucht  wurde,  von  Metall  fand  man  nichts,  da- 

XIII   N.  F. 


gegen  waren  Feuerfteinfplitter  überall  reichlich  zu 
rinden.  Manche  Sproffen  aus  den  Geweihäften  haben 
abgeglättete  Spitzen  und  es  feheint,  dafs  fie  durch 
Einwirkung  des  Feuers  fchwarz  geworden  find. 

Unter  den  Scher- 
ben find  Bruchftücke 
von  zwei  Schalen  ge- 
funden worden,  und 
zwar     einer     fchwarz 

angeftrichenen  mit 
fenkrechten  Kerben, 
die  zweite  zeichnet  fich 
durch  ihr  fchönes Pro- 
fil aus  (Fig.  6).  In  die- 
fer  Grube  ift  noch 
eine  irdene  rothgelbe 
ausgebrannte  Scheibe 
gefunden  worden,  die 
im  Durchmeffer  19  Cm. 
mifst,  beim  rollenartig 
durchgedrückten  Umfan^ 

konnte  gut  als  Unterfatz  für  die  Gefäße  am  Feuerherde 
verwendet  werden.  Steinerne  Scheiben  kennen  wir 
vom  Schlanberge  und  vom  Hrädek  in  Caslau  (oberfte 
Schichte). 

Endlich  wurde  eineProbenoch 
etwa  60  Schritte  örtlich  von  der 
elften  Grube  gemacht.  An  diefem 
Orte  brachte  der  Pflug  einen  Theil 
des  Scheitelknochens  aus  einem 
menfehlichen  Schädel  zum  Vor- 
fchein.  Unter  der  oberen  Acker- 
erde wurde  eine  4 — 5  Cm.  ftarke 
Schichte  weißlicher  Afche  entdeckt, 
viel  Kohle  und  verfchiedene  Rinds- 
knochenftücke.  Thonfcherben  wa- 
ren aber  nicht  da.  ,, 

Clemens  Cermdk. 

9.  Confervator  Deininger  hat 
über  Erfuchen  der  Central-Com- 
miffion  die  Kirche  in  Deutfchnofen 
befucht,  und  über  diefelbe  anher 
berichtet.  Die  Wandmalereien  be- 
fchränken  fich  auf  die  Darftellung 
eines  St.  Chriftoph,  deffen  Figur 
nur  mehr  in  fchwachen  Um 
erkennbar  ift,  fich  aber  über  die 
ganze  Giebelwand  der  Kirchen- 
Facade  (Fig.  7)  erftreckt.  Die  Malerei  war  nach  den 
wenigen  erhaltenen  Spuren  eine  ganz  conventionelle 
Darftellung  des  Heiligen.  Die  Kirche  felbft  (Fig.  8)  ift 
aus  röthlichem  Sandftein  in  gothifchem  Style  gebaut 
und  gut  erhalten;  fie  dürfte  um  1477  erbaut  worden 
fein  und  wurde  1862  reftaurirt.  Dabei  wurden  die  Qua- 
dern der  Außenwände  abgeftockt  und  es  feheint,  dafs 
damals  auch  das  Chriftoph-Bild  fo  gelitten  hatte.  Der 
Grundriß  zeigt  ein  Hauptfchiff mit  linkem  Seitenfchiffe 
und  den  Thurm  im  Annex:  zwifchen  diefem  und  dem 
Presbyterium-Ausbau  reiches  Netzgewölbe.  Das  Haupt- 
Portal  an  der  Fagade  mit  gedrungenem  Spitzbogen, 
die  Seiten-Portale  im  Kleeblattbogen.  Die  Thüren  alt, 
mit  nettem  gothifchen  Flach-Ornament.  Die  fchlanken 
Fenfter  im  Schiffe  zweitheilig  mit  Krönungs-Maßwerk, 


XL  II 


im  Presbyterium  eintheilig  und  ohne  Maßwerk.  Im 
erften  Gewölbejoch  der  jüngere  Orgel-Chor  mit  fchonem 
Renaiffance-Orgelkaften.  Der  Thurmabfchluß  gehört 
neuerer  Zeit  an,  ebenfo  die  Kanzel. 

IO.  ''Die  Rundkirehe  St.  Georg  in  Schönna  bei 
Mer 

Neben  den  alterten  kirchlichen Langbauten  treten 
in  Tyrol  auch  mehrere  Centralanlagen  auf.  Ihre  Um- 
fangsmauern  find  regelmäßig  u:n  einen  wenngleich 
meift  nur  gedachten  Mittelpunkt  gerichtet.  Ander- 
wärts dienten  fie  häufig  nur  zu  Nebenzwecken,  nämlich 
als  fogenannte  Karner  oder  Beinhäufer  auf  den  Fried- 
höfen. Diefer  Beftimmung  irt  merkwürdigerweife  in 
Tyrol  keine  der  Rundbauten  gewidmet,  fondern  fie 
verfolgen  alle  ihre  eigenen  und  felbftändigen  Zwecke. 
Wir  bleiben  für  heute  nur  bei  einer  diefer  interefianten 
Central-Anlagen  ftehen,  bei  St.  Georgen  in  Schönna 
und  fchauen  uns  diefe  alte  Kirche  fammt  ihren  Einzeln- 
heiten näher  an.  Südöftlich  vom  Dorfe  Schönna,  das 
I  Stunde  nordörtlich  von  Meran  gelegen  irt,  ragt  in 
einer   Entfernung  von  etwa  3  .    Stunden    ein    ziemlich 


Fig.  8.  (Deutfchnofen.) 

treier  Hügel  empor,  von  welchem  der  Blick  über  fehr 
fruchtbare  Berggelände  hin  rdas  Land  an  der  Etfch" 
weitum  beherrfcht.  Da  bauten  fich  die  Herren  von 
Schönna  ihr  Schloß.  Das  erftand  ungefähr  um  die 
Mitte  des  12.  Jahrhunderts,  denn  Ende  desfelben  waren 
fie  bereits  unter  die  ritterlichen  Dienftmannen  oder 
Minirterialen  des  Landesherrn  gezählt.  Zwifchen 
Reften  alter  Mauern  erhebt  fich  noch  jetzt  auf  dem 
genannten  ausfichtsreichen  Hügel  ein  Theil  von  der 
einftigenBurg  derfelben.Es  ift  ein  kleines  thurmart:. 
feftes  Vierecksgebäude  mit  fchönbehauenenEckfteinen 
aus  Granit.  Spuren  des  Randbefchlages  konnten  wir 
daran,  wie  an  den  meiften  alten  Burgfrieden,  nicht  im 
minderten  entdecken.  Jedenfalls  hat  diefes  Gebäude 
ein  höheres  Alter  als  dieBlüthezeit  diefes  Gefchlechtes, 
welche  um  1340  fallt  und  befonders  durch  den  viel- 
genannten Petermann  von  Schönna,  zugleich  Burggraf 


von  Tyrol,  vertreten  wird.  Die  Herren  von  Schönna 
bekundeten  das  Gefühl  ihrer  Macht  und  Größe  auch 
durch  den  Bau  einer  weit  in  der  Gegend  herum  ficht- 
baren interefianten  Capeüe  in  ihrer  Burg.  S^hr  wahr- 
fcheinlich  lag  fie  innerhalb  der  Kingmauern,  wenigftens 
der  äußeren,  denn  auf  einer  Seite  wäre  fie  dem  Feinde 
leicht  zuganglich  gewefen,  wie  heute  das  Terrain  uns 
noch  zeigt.  Fine  folche  Bloßftellung  des  Heiligthums 
hatten  fich  aber  diefe  edlen  Ritter  kaum  zu  Schulden 
kommen  laflen.  Auch  ihr  Patron,  als  welcher  St.  Georg 
ählt  wurde,  der  einftige  Landespatron  und  He- 
fchützer  des  Ritterthums  überhaupt,  weirt  nicht  un- 
wahrfcheinlich  auf  ihr  befondercs  ritterliches  Bewußt- 
fein  hin.  Selbrt  den  eigenen  Charakter  eines  „Denkmal- 
Baues"  wollten  fie  ihrer  Burgcapelle  aufdrücken  und 
wohl    deshalb     erhielt     fie     die     nur    ausnahmsweife 


F'g-  9-  (Schönna.) 

vorkommende  Rundform.  Man  glaubte  tang,  dafs 
diefe  Capelle  auch  zur  Begräbnißftätte  ihrer  Herren 
auserkoren  war,  aber  die  durch  Dr.  v.  Schönherr  vor 
einigen  Jahren  eigens  zu  diefem  Zwecke  vorgenom 
menen  Nachgrabungen  haben  diefe  Meinung  nicht 
beftätigt. 

1  »asAeußere  von  St.  Georg  ift  fchlicht  und  einfach; 
ohne  Sockel  fteigt  die  ringsum  verputzte  Mauer  un- 
gefähr 31  -,  M.  hoch  fchmucklos  empor  und  fehl: 
mit  einem  kräftigen,  ja  fchweren  Gefimfe  ab,  welches 
aus  einer  fchwachen  Hohlkehle  und  einer  Platte  befteht. 
Das  Ganze  irt  mit  einem  kegelförmigen  Bretterdache 


XL1II 


bedeckt.  Treten  wir  an  der  Südweftfeitc  in  das  Innere, 
fo  erfcheint  in  der  Mitte  ein  kreisrunder,  mehr  als  i  M. 
dicker  machtiger  Kundpfeiler,  von  welchem  in 
Kreuzesform  vier  65  Cm.  breite  Gurten  ausgehen. 
Zwifchen  ihnen  ift  ein  kuppeiförmiges  Gewölbe  ein- 
gefpannt  (vgl.  Fig.  9).  Kntfprechend  den  Gurten 
erheben  fich  an  den  Wanden  ebenfo  viele  Lefenen 
von  gleicher  Breite.  Die  Vermittlung  zwifchen  bei- 
den bildet  ein  Gefims,  beftehend  aus  einem  halben 
Rundftab  mit  einer  ftarken  Deckplatte  darüber.  Die 
Gurten  haben  keine  Profilirung  und  find  den  Lefe- 
nen ganz  gleich  gehalten;  fie  find  aus  Granit  wie 
der  Mittelpfeiler.  Diefer  hat  einen  Sockel,  durch  eine 
einfache  Fafe  abgefchloffen  und  diefelbe  Form  ift  ihm 
als  Abfchluß-Gefims  oder  Capital  gegeben.  Zwifchen 
diefem  und  den  Gurten  hat  der  Baumeifter  eine  Art 
Kämpfer  eingefetzt,  welcher    fich    durch   einen    Rund- 


Aclterc  urkundliche  Nachrichten  fehlen  über  St. 
Georgskirchen  gänzlich,  erft  feit  dem  Jahre  1439  »ß 
diefelbe  durch  eine  Meffenftiftung  der  Bartlma  Leher, 
refior  parochialis  in  Schena,  bekannt. 

Den  Schrein  des  Flügel-Altars  fchmücken  drei 
gut  gearbeitete  flehende  Figuren,  nämlich  Maria  mit 
dem  Kinde,  rechts  von  ihr  St.  Georg  und  links  St. 
Margareth  nebft  kleinen  muficirenden  Engeln  auf 
Säulchen  unter  Baldachinen  und  anderen  zweien  im 
Hintergrund,  welcher  durch  ein  fchön  gravirtes  groß- 
gehaltenes Granatapfelmufter  belebt  wird.  Die  Innen- 
feite der  Flügelthüren  zeigen  wie  gewohnlich  Flachrelief, 
hier  St.  Silvefter  und  Anton  vorteilend  Abt.  Unter 
dem  Mantel  des  letzteren  ftreckt  nahe  an  feinen  Füßen 
ein  niedliches  Schweinlein  mit  einer  Schelle  am  Hälfe 
den  Kopf  hervor.  Die  Verkündigung  Mariens  außen 
an  den  Flügeln  ift  fein  gemalt  und  großartig  compo- 
nirt.  An  der  Predella  fieht  man  Petrus  und  Paulus, 
als  Hauptgruppe  aber  St.  Urfula  und  ihre  Gefellfchaft. 


Fig.    10.  (Prag.) 

(lab  in  Verbindung  mit  Plattchen  nach  oben  zur  be- 
deutend vortretenden  Deckplatte  erweitert.  Das  ganze 
Innere  macht  bei  aller  Einfachheit  des  Baues  heute 
noch  eine  gute  Wirkung,  trotzdem  dafs  die  dazu 
paffenden  Einzelntheile  nicht  mehr  da  find.  So  hat  man 
z.  B.  die  charaktcriftifche  romanifche  Form  der  Fenfter 
zerftört,  indem  ihnen  eine  gefchmacklofe  Vierecksform 
.uifgedrängt  wurde.  Wer  die  kräftig  gegliederten  und 
figurenreichen  Portale  der  nahen  Zenoburg  und  des 
Schloffes  Tyrol  aus  derfelben  Zeit  kennt,  möchte 
zweifeln,  ob  das  urfprüngliche  Portal  von  St.  Georgen 
nicht  etwas  reicher  behandelt  war.  Heute  finden  wir 
hier  dasfelbe  in  einem  nur  durch  eine  fchwache  Fafe 
gegliederten  Rundbogen  abfchließend  und  als  deffen 
weiteres  Gewände  eine  einfache  Nifche  im  Stichbogen 
darüber  gefpannt.  In  der  gothifchen  Periode  führte 
man  an  der  Nordoftfeite  einen  Glockenthurm  mit 
Spitzhelm  auf,  wahrfcheinlich  zum  Erfatz  eines  zarten 
Dachreiters,  welcher  irgendwo  auf  dem  kegelförmigen 
Abfchluß  der  Capelle  gemüthlich  daroben  faß. 


Fig.  II.  (Prag.) 

Diefer  Altar  ftammt  ohne  Zweifel  ungefähr  aus  der 
Zeit  von  1520,  da  fich  bereits  der  Einfluß  der  Renaif- 
fance  an  einzelnen  Ornamenten  zeigt,  welche  übrigens 
noch  fehr  fein  gefchnitzt  find.  Der  Auffatz  in  reinen 
Renaiffanceformen  kam  wohl  erft  fpäter  dazu,  denn 
urfprünglich  dürfte  er  doch  noch  aus  einem  gewöhn- 
lichen Fialenbau  mit  Baldachinen  beftanden  haben. 
Ungefähr  mit  Beginn  des  15.  Jahrhunderts  wurde 
das  ganze  Innere  von  St.  Georg  prächtig  bemalt,  aber 
nachträglich  find  leider  alle  Bilder  übertüncht  worden. 
An  einzelnen  Stellen,  wo  die  Tünche  fich  leicht  abfehält, 
hat  man  Verfuche  zur  Bloßlegung  des  alten  Wand- 
fchmuckes  gemacht.  Infolge  deffen  läßt  fich  wahr- 
nehmen, dafs  die  Flächen  durch  fenkrechte  Bander 
in  kleine  rechteckige  Felder  getheilt  find  und  darin 
verfchiedene  Heilige  ftehen.  Zum  Abfchluß  nach  oben 
lauft  am  Beginn  der  Wölbung  ein  breiter,  ornamental 
gehaltener  Fries  herum,  auf  welchem  in  beftimmten 
Äbftänden  in  Vierpaßfeldern  Bruflbildcr  vonl'ropheten 
dargeftellt  find.  Ganze  Reihen  von  Heiligen  verfprechen 
die  durch  die  Tünche  fichtbaren  gravirten  Heiligen- 
fcheine  oben  am  Gewölbe.  Selbft  die  Gurten  fcheinen 
mit  Medaillons  bemalt  zu  fein.  Diefe  Gemälde  gehören 
zu  den  werthvollften  in  unferem  Lande,  obgleich 
einiges  an  den  unteren  Partien  der  flehenden  Einzeln- 

f* 


XL  IV 


ren  bereits  übermalt  fein  mag.  Ihrem  Charakter 
und  der  Ausführung  nach  gehören  diefe  Wand- 
reien  aber  nicht  mehr  dem  14.  Jahrhundert  an, 
man  fchon  oft  behauptet  hat.  Zu  dieferBeftimmung 
darf  man  nur  einen  Vergleich  mit  jenen  im  Chore  der 
Kirche  in  Terlan  ziehen,  ohne  an  jene  der  B 
Capelle  Tyrol,  St.  Katharina  in  Kaltem  oder 
Johannes  f  auf-Capelle  inBrixen  im  Chore^  zu  denken. 

Atz. 

11.  Bei  Vornahme  von  Adaptirungs-Arbeiten  im 
Haufe  N.  C.  144  auf  dem  kleinen  Altftätter  Ringplatze, 
wurde    Confervator    .  auf   einen    interei'fanten, 

ebenerdig  gelegenen  und  gewölbten  Raum  aufmerkfam 
gemacht,  welcher  gegenwartig  von  einer Eifenhandlung 
gemiethet  und  als  Magazin  verwendet  wird. 

Das  Gebäude  war  im  14.  Jahrhunderte  ein  Eck- 
haus und  ge  -4  Angelus  de  Florencie,  ehemals 


decorirt  Fig.  15,  14  .  Wandfäulen,  Rippen  und  Schluß- 
fteine  find  durchgehends  aus  bildlamem  Planer  Kalk- 
ftein  ,   _opuka-  genannt,  hergeftellt. 

12.  Seit  wenigen  Tagen  zeigt  fich  uns  das  große 
gothifche  Portal  an  der  ehemaligen  Minoriten-Kirche 


in     verjüngter    Geftalt.      Schon 


lang 


machten    fich 


Zeichen  argen  Verfalles  an  diefem  Portale  geltend 
und  eine  eingehende  Unterfuchung  conftatirte  unter 
Schmutz-  und  unter  der  Anftrichfchichte  tief  gehende 
Schäden,  die  nicht  allein  den  Beftand  des  Portales 
felbft,  fondern  auch  die  Paffanten  in  höchft  drohender 
Weife  gefährdeten.  So  blieb  nichts  anderes  übrig,  als 
diefes  fchöne  Denkmal  einer  eingehenden  baulichen 
Rcflaurirung  zu  unterziehen.  Diefelbe  wurde  von 
der  Vorftandfchaft  der  Kirchenverwaltung  durch  den 
Architekten  Heinrich  Liffeck  eingeleitet  und  bei  diefem 
Anlaffe  auch  auf  eine  würdige  Reftaurirung  des 
decorativen  Elementes  ausgedehnt. 

Der  Portalbau  felbft  bildet  eine  im  Spitzbogen 
abfchließende  Vorhalle  von  geringer  Tiefe,  mit  fich 
verengenden  Seitenwänden,  aber  von  beträchtlicher 
Hohe.  Die  Portal-Wand  ift  durch  einen  Mittelpfeiler 
getheilt,  wodurch  fich  zwei  Eingänge  mit  flachem 
Sturze  bilden.  Das  fpitzbogige  Feld  darüber  enthält 
ein  dreitheiliges  Tympanon,  darin  zu  oberft  der 
gekreuzigte  Heiland  nach  dem  Mufter  des  älteften 
Siegels  diefes  Minoriten-Conventes,  deffen  Kirche  dem 


Fig.  12.  'Prag. 

Apotheker  am  Hofe  Kaifer  Karl  IV.,  welchem  Befitzer 
auch  das  Wohngebäude  N.  C.  460  auf  dem  Altftädter 
Ringplatze    gehört   hatte. 

Im  Jahre  1427  überging  das  Gebäude  auf  den 
Erben  Angelus  Ludvici  de  Florencie,  damals  _Loyfa- 
oder  „Ludwig  Apotheker-  genannt.  Im  Jahre  1796 
nannte  man  das  Haus  zum  „Paradies"  und  waren 
Moritz  von  Maiersbach  und  Ledvinka  von  Adlerfels 
deffen  Befitzer. 

Der  viereckige  Ra  im  Fig.  10)  ift  mit  einem  fchönen 

Xetzgewolbe   Fig.  n  ,  welches  auf  kurzen  Wrandfäulen 

12    aufruht,  überfpannt,   in   den  Sch'.ußfteinen   ift 

ausfchließlich  nur  Weinlaub   angebracht.  Der  mittlere 

Schlußftein    mit    ftark    vortretendem    Strahlenkränze 


heil.  Kreuze  gewidmet  war,  und  in  den  beiden  fpitz- 
bogigen  Seitenfeldern  je  eine  Gruppe  in  Beziehung 
auf  den  Gekreuzigten  als  Relief  angebracht  ilt,  fo 
rechts  die  heil.  Frauen,  in  der  Mitte  die  zufammen- 
brechende  Maria,  links  der  romifche  Kriegs -Haupt- 
mann, dann  Johannes,  ein  Krieger  und  eine  Geftalt, 
deren  Kleidung  und  Kopfbedeckung  auf  eine  fürftliche 
Perfon,  vielleicht  den  Donator  des  Portales,  gedeutet 
werden  konnte. 

An  dem  Portal-Theilung.-pfoften  ift  eine  pracht- 
volle freiftehende  Marien-Gruppe  auf  Confol  und  unter 
einem  Baldachin  angebracht. 

Die  Seitenwände  find  reich  gegliedert  und  mit  je 
drei  Figuren  auf  Confolen  und  unter  Flach-Baldachinen 
geziert.  Wir  erkennen  rechts  die  beiden  Johannes  und 
Philippus,  links  St.  Urfula,  Margaretha  und  Helena. 
Endlich  ift  noch  zu  erwähnen,  dafs  die  äußere  Portal- 
umrahmung in  einen  reich  profilirten  Spitzbogen  mit 
Krabbenbefatz  abfchließt,  darauf  als  oberfter  Abfchluß 
eine  Kreuzblume  erfcheint.  An  beiden  Seiten  des 
l'Mrtalrandes  erfcheinen  die  correfpondirenden  Figuren 
des  englifchen  Grußes ,  ebenfalls  unter  Flach-Bal- 
dachinen. Als  Erbauer  des  Portales  wird  urkundlich 
genannt  Bruder  Jacob  aus  Paris.  'Scpulchrvm  fratris 
jacobi  parifienfis  confefforis  domini  ducis  Alberti  noftri 
amatoris,  atque  patris  et  matris  et  fratrum  fuorum. 
merito    debent    fuffragia   pro    ipfo   fratre   et    fuis,    qui 


XLV 


noftram  portam  pulchram  aeciificavit  et  multa  volumnia 
pro  bibliotheka  dedit.  Grabesftelle  bei  litera  K.)  Die 
Ruheftätte  diefes  Mannes  befand  fich  im  großen  Kreuz- 
gange, und  zwar  in  der  zweiten  Reihe  im  Flügel  gegen 
den  inneren  Kreuzgang.  Es  ift  anzunehmen,  dafs  unter 
jenem  Herzog  Albrecht,  dem  Freunde  des  Ordens,  der 
zweite  zu  verliehen  ift.  Bruder  Jacob  dürfte  um  die 
Mitte  des  14.  Jahrhundert  geftorben  fein.  Desgleichen 
ift  anzunehmen,  dafs  derfelbe  aus  Paris  über  Berufung 
der  Prinzeffin  Bianca,  der  Gattin  Herzog  Rudolph  III., 
kam,  die  eine  große  Gönnerin  des  Ordens  war.  Bruder 
Jacob  dürfte  daher  hochbetagt  geftorben  fein  und  die 
Frbauungszeit  des  fchönen  Portals  um  die  Mitte  des 
14.  Jahrhunderts  gefetzt  werden. 

Mit  dem  in  der  Ilauptfache  vollkommen  gelungen 
reftaurirten  Portale  hat  Wien  wieder  ein  mittelalter- 
liches Denkmal  zurückerhalten,  das  zu  den  Sehens- 
würdigkeiten der  Stadt  gezählt  werden  darf. 

Bei  der  Durchführung  der  Reftaurirung  diefes 
Denkmales  ilt  uns  bezüglich  des  Figur enfehmuckes 
aufgefallen,  dafs  die  Gruppe  des  englifchen  Grußes 
gewiß  nicht  für  ihren  heutigen  Standpunkt  intendirt 
war,  da  fie  in  den  Dirnen fionen  nicht  ganz  diefer  Stelle 
entfpricht  und  namentlich  die  Fußplatten  viel  größer 
find  als  die  Tragflachen  der  Confolen.  Auch  die  Figur 
der  heil.  Margaretha  paßt  nicht  ganz  in  die  Gruppe, 
fie  ill  etwas  kleiner  und  die  Figur  felbft  fchmächtiger. 
Die  bellen  Sculpturen  find  unzweifelhaft,  von  den 
Reliefs  abgefehen,  die  drei  männlichen  Heiligen  (die 
beiden  Johannes  und  Philippus)  die  aus  Einer  Künftler- 
hand  hervorgegangen  fein  dürften.  Die  Fialen- Abfchlüffe 
über  den  Baldachinen  mit  dem  englifchen  Gruße 
gehören  gewiß  nicht  der  urfprünglichen  Geftaltung 
des  Portals  an,  fie  dürften  vielmehr  bei  einer  Reftau- 
rirung, vielleicht  unter  Hohenberg,  entftanden  fein. 

Möchte  man  doch  mit  diefer  Reftauration  nicht 
abfchließen,  die  fchöne  Kirche  ift  auch  noch  ander- 
weitig fehr  fchadhaft  und  der  Reftaurirung  eben  fo 
würdig  als  bedürftig.  Eine  Freilegung  des  ganzen  Baues 
dürfte  dabei  nicht  überfehen  bleiben. 

13.  Kaifer  Ferdinand  III  hatte  dto.  Regensburg 
2.  Juli  1691  bei  dem  Umftande,  als  das  Bcneficium  s. 
Pancratii  in  der  Veflen  Lichtenftein  und  Mödlinger 
Burg  gelegen  fammt  allen  zugehörigen  Gülten,  Dienft, 
Einkommen,  Rechten,  Renten  und  Gerechtigkeiten 
durch  Ableben  des  Beneficiaten  Peter  Laufcha  frei 
geworden  war,  als  Landesfürft,  oberfter  Vogt  und 
Lehensherr  alleinig  zu  verleihen  berechtigt,  zur  Ehre 
Gottes  und  zur  Inltituirung  der  lieben  Jugend  dem 
Collegium  Soc.  Jefu  in  Wien,  und  zwar  dem  Seminar 
S.  Pankraz  auf  ewig  einverleibt  zur  befferen  Erhaltung 
der  dort  ftudirenden  Jugend  mit  der  Bedingung,  dafs 
felbige  den  Gottesdiciifl  im  Profefshaus  mit  Mufik 
zieren  helfen. 

14.  Der  tyrolifchc  Landes-Ausfchuß  hatte  die 
Gefälligkeit,  der  Central-Commiffion  mitzutheilen,  dafs 
von  drei  in  der  aufgelaufenen  Kirche  zu  „alle  laste-'  bei 
Trient  befindlichen  und  des  Erhaltens  werthen  Altaren 
zwei,  und  zwar  die  fteinernen  Seiten- Altare  an  die 
Kirche  zu  Lafitio  bei  Vezsano  abgegeben  wurden.  Ueber 
den  Hoch-Altar  wurde  noch  nicht  verfügt. 


15.  Laut  Mittheilung  des  hohen  Minifteriums  für 
Cultus-  und  Unterricht  wurde  auf  Grund  des  Ergeb- 
nifles  der  commiffionellen  Erhebungen  über  den  be- 
denklichen Bauzuftand  des  füdlichen  Thurmes  an  der 
Bafilica  zu  Seikau  deflen  theilweife  eventuell  ganze 
Abtragung  angeordnet. 

16.  Confervator  Großer  hat  an  die  Central-Com- 
miffion berichtet,  dafs  Profeffor  Winder  während  diefes 
Herbftes  an  der  Kirche  Marin  Saal  zwei  weitere  werth- 
volle  Wandgemälde  reftaurirt  hat. 

Das  eine  ift  neben  dem  Sud  Portale  in  der  Vor- 
halle und  zeigt  St.  Modeftus  mit  vier  Begleitern  vor 
dem  Throne  der  heil.  Maria. 

Das  andere  Bild  befindet  fich  in  der  Kirche  und 
zwar  neben  jenem  die  Anbetung  der  drei  Konige  vor- 
stellenden. Es  ftellt  Salomo's  Urtheil  vor.  Die  Reftau- 
rirung beider  Bilder  wird  als  gelungen  bezeichnet.  Wenn 
aber  diefe  wiederhergeftellten  Bildwerke  etwas  zu 
modern  erscheinen,  fo  ift  dies  bei  der  Unvollftändierkeit 


Fig.  14.  (Prag.) 

der  Kelle  kaum  zu  verdenken  und  die  Nothwendigkeit 
in  Rücklicht  zu  nehmen,  in  einer  flark  befuchten  Marien- 
Kirche  nicht  nur  hiftorifche  Objcclc.  fondern  zur 
Andacht  ftimmende  Pikier  zu  befitzen. 

17.  Laut  Mittheilung  des  Minifteriums  für  Cultus 
und  Unterricht  ift  die  Reparatur  an  der  Burg  Ha/egg 
bei  Hall  mit  möglichfter  Berücksichtigung  des  Projo' 
des  Confervators  Direflor  Deininger  durchgeführt 
worden  und  wurde  insbefondere  die  von  demfelben 
angeregte  Zinnenaufmauerung  ausgeführt. 

iS.  Das  Wiener  Dom- Vereinsblatt  Nr.  44  bringt 
aus  der  Feder  des  Ober-Baurathes  Freih.  v.  Schmidt 
Nachrichten  über  die  Reftaurations-Bauten  im  Dome 
wahrend  des  Jahres  1886.  Diefe  find  nunmehr  bis 
zum    vierten   Joche    im  Mittel-  und    füdlichen  Seiten- 


XLVI 


fchiffe  vorgedrungen.  Haupfachlich  befchäftigte  man 
fich  während  diefer  Zeit  mit  den  Gewölbe  im  dritten 
Joche  in  diefen  beiden  Schiffen  und  auch  noch  mit  den 

-.ehenden  und  Wandpfeilern  des  i.  und  2.  Joches. 
Der    Bauzuftand    der    Pfeiler    und    Gewölbe    an    der 

eite  des  Langhaufes  ergab  (ich  überhaupt  weit- 
aus ungünftiger  als  jener  der  Xordfeite.  Acht  große 
Capitäle  und  drei  Baldachine  mußten  eingreifenden 
Ausbefferungen  unterzogen  werden,  um  ihren  Beftand 
zu  fichern.  Eine  hochwichtige  und  fchwierige  Arbeit 
mußte  mit  dem  von  der  Hauptmauer  vollkommen  los- 

ften  Gewölbewiderlager  an  der  Fenfterfeite  des 
dritten  Joches  im  füdlichen  Seitenfchiffe  durchgeführt 
werden.  Die  Statuen  des  Mofes.  Erzengel  Raphael, 
des  Heiligen  Thomas  von  Aquino,  Kilian,  Severin, 
Stephan  und  einer  heil.  Maria  mit  dem  Gnadenmantel 
wurden  gereinigt  und  ausgebeffert.  Auf  dem  Pfeiler 
beim  Mariahilf- Altare  fanden  fich  Refte  alter  Bemalung, 


Fig.  14.  (Sebenftein.) 

dabei  die  Jahreszahl  1598.  Die  Epitaphien  des  Paul 
Empfinger  f  1566,  des  Ulrich  Pendtner  f  1646  und 
Joh.  Keckmann  f  1512.  wurden  gründlich  gereinigt.  Im 
füdlichen  und  nordlichen  Seitenfchiffe  wurde  in  je 
einem  Fenfter  ein  großes  Glasgemälde  eingefetzt. 

Die  alte  große  Domorgel  wurde  durch  eine  ganz 
neue  erfetzt,  doch  der  Karten  der  erfteren  wieder  ver- 
wendet. Die  kleine  Domorgel,  erbaut  1702,  wurde  nach 
dem  Projecle  des  Dombaumeifters  unter  Beibehaltung 
der  architektonifchen  Elemente  des  alten  Gehäufes 
erweitert,  umgebaut  und  in  anderer  Stellung  wieder 
neu  aufgeftellt.  Letzteres  ift  geradezu  eine  meifter- 
hafte  Reftaurirung. 


19.  Wir    wenden  juris    mit   nachflehenden    Zeilen 
neuerlich  den  Grabmalen  in  der  Pfarrkirche  zu  Sebcn- 


ßcin   zu,    davon   bereits    einige   in    den  Mittheilungen 
naher  gewürdigt  wurden. 

I.  In  der  Eingangshalle  der  Kirche  finden  wir  das 
in  Fig.  14  abgebildete  Monument,  eine  rothmarmorne 
aufrecht  geftellte  Platte,  darauf  die  lebensgroße  Geftalt 
einer  Frau  nach  vorn  gewendet,  die  Hände  gefaltet; 
fie  ift  mit  einem  weiten  geblümten  Kleide  angethan, 
das  mit  langen  herabfallenden  Aermeln  verfehen  ift. 
Aermel  und  Kleid  find  mit  Spangen  gefchloffen.  Um 
den  Hals  eine  breite  Kraufe,  auf  dem  Kopfe  über  den 
gefcheitelten  Haaren  eine  Stuarthaube,  unterm  Kopfe 
als  Unterlage  ein  Polfter.  Zu  deflen  beiden  Seiten  je 
ein  Wappen,  rechts  das  der  Familie  Kunig.-berg.  links 
der  Wag  von  Wagensperg.  Die  L'mfchrift  lautet: 

den  9.  Dag.  Marti.  A  .1594.  ift.  in.  Gott  .Selig  .  verfchi- 
den.die.wolgeborne  .  rrav.frav  .  magdalena  .  von  .  Kü- 
nigsperg  .Freiin  .  geborne  .  wagin  .  welcher,  leib.  alda. 
begraben .  ligt .  vnd .  wartet .  fampt .  allen .  auferwelten . 
der.frölichen  .  Zukunft  .  vnferes  .  erlöfers  .  iesv  .  chrifti. 
die .  vns  .  vnd .  allen  .  der .  barmhertizige  .  got .  mit .  gna- 
den .  verleihen  .  wolle  .  amen. 


Fig.  15.  (Sebenftein.) 

Frau  Magdalena  von  Kunigsberg,  t  1594.  war  die 
erfte  Gattin  des  Chriftoph  von  Kunigsberg,  der  1602 
ftarb.  Ihr  Vater  war  Joh.  Wag  von  Wagensperg,  ihre 
Mutter  Helene  von  Pottfchach.  Bei  der  im  Jahre  1733 
erfolgten  Eröffnung  ihres  Grabes  fand  man  wohl  Reite 
des  braunfeidenen  geblümten  Kleides,  doch  nichts  von 
Gebeinen. 

II.  Diefem  Steine  gegenüber  eine  rothmarmorne 
Platte.  Im  Bildfelde  fieht  man  eine  aufrechtftehende 
Frauengeftalt  in  reicher  zeitüblicher  Kleidung,  mit 
gefalteten  und  auf  einem  auf  der  Bruft  liegenden 
Gebetbuche  ruhenden  Händen.  Unter  dem  Haupte  ein 
Killen  zu  Füßen  das  behelmte  Teufenberg-Wappen 
(Fig.  15).  Die  Umfchrift  lautet: 

Hie  ligt  begraben  die  Wolgeborne  fr.  fraw  Hermina  von 
Neuhaufs  ein  geborne  freyin  von  und  Teuffenbach,  die 


XLVII 


ift  in  Gott  entfchlaffen  den  letzten  Nowembris  anno 
1615  Gott  fey  Ihrer  Seelen  gnedig  Amen. 

DieNachrichten  iiber  dicfeDame  find  fehrfpärlich, 
fie  war  mit  dem  I laufe  Königsberg  nur  infofern  in 
verwandtfehaftlicher  Beziehung  gellanden,  als  ihre 
Schwefter  Cordula  in  dasfelbe  geheiratet  hatte.  Man 
nennt  als  ihren  Gatten  den  Andreas  von  Neuhaus, 
doch  ilt  derfelbe  in  genealogifchen  Werken  nicht  zu 
finden. 

111.  In  der  Kirche  lieht  an  der  Wand  im  linken 
Seitenfchiffe  eine  rothmarmorne  Hatte,  in  deren  Bild- 
felde die  lebensgroße  Geftalt  einer  Frau  dargeflellt  ill. 
Sie  ift  in  ein  weites  Kleid  gehüllt,  das  vorn  nicht  ganz 
gefchloffen  das  Unterkleid  erkennen  läßt,  die  I  lande 
find  gefaltet  und  halten  einen  Rufenkranz.  Das  Haupt 
ruhet  auf  einem  größeren  Kiffen,  ift  jedoch  fo  weit  ver- 


tjiriiqtbfcjmbciiötcJWtoWQ 
lalOoi(|fntil)trJo^m,öonhmi^rf 


ifcux^iÄaqu^uiog 


=3 

CS 


Fig.    16.  (Sebenftein.) 

hüllt,  dafs  nur  das  Geficht  unbedeckt  blieb,  ein  faltiges 
Kopftuch  hängt  zu  beiden  Seiten  bis  zu  den  Knieen 
herab.  Die  Legende  befindet  fich  in  zwei  Zeilen  im 
oberen  Theile  der  Platte,  mit  einer  Zeile  links  herab, 
eine  Zeile  fteht  unten  und  fchließt  am  rechten  Rande 
in  halber  Höhe  ab.  Sie  lautet: 

Hie  ligt  begraben   die   Edl  fraw  urfvla  welczerin  her 

Jörgen    von    Kvnigffberg  gemahell    vnnd   yrrer   peder 

kinnd  fiere  die  geftorben  ift  anno  dorn  15x1  des  xxxjtag 

may  de  got  genad. 

Laut  diefer  durch  die  Schreibweife  merkwürdigen 
Infchrift  war  Frau  Urfula,  Tochter  des  Georg  Welzer 


von  Eberflein,  mit  Georg  von  Kunigsberg  t  I$T4  ver- 
malt. Zu  Füßen  der  Figur  das  behelmte  Welzer'fche 
Wappi  n    1  ig.  16). 

IV.  Im  linken  Seitenfchiffe:  Line  rothmarmorne 
Platte,  darauf  der  dii  Figur  einer  fall  nonnenartig 
gekleideten  und  verhüllten  Frau,  die  Hände  unterhalb 
der  Brüll  nach  abwärts  gekreuzt,  'inen  Rofenkranz 
haltend,  das  1  [aupt  auf  einem  Polder.  Das  Kopftuch  ill 
fo  gelegt,  dafs  nur  das  Antlitz  frei  bleibt.  Das  Bildfeld  ift 
am  oberen  Abfchluße  mit  Rankenwerk,  das  eine  Art 
fpitzbogenen  Baldachin  bildet,  abgefchlofTen.  Zu  Füßi  n 
die  Figur  des  unbehelmten  Wappens  der  Kunigsbei 
(rechts)  und  der  Pottendorfer   (links).   Di  chrift 

lautet: 

Anwdm -MCCCC-In  dem  CXXXV1II1  Jar  Am 
mantag  fand  Achaczn*tag  ift  geftorbe  dye  wol  gepon 

fraw  Maria   von  Pottedorf  herrn   hanfte   vo  Kunigspg 
gcmachel  der  gott  genad  an  ■ 


^tflW'&m^Ä-to^ 


^ttÄtp^arog-Tiotb® 


-j=» 


Fig.  17.  (Sebenftein.) 

Frau  Maria  war  die  erfte  Gattin  Johannes  von 
Kunigsberg,  der  1505  ftarb.  Für  Trachtenftudien  find 
die  vier  eben  befchriebenen  Monumente  von  nicht 
geringem  Intereffe,  zwei  diefer  Frauenbilder  zeigen 
fich  in  weltlicher  Kleidung,  bei  den  zwei  anderen  hat 
die  Tracht  fehr  vieles  von  der  Kleidung  von  Nonnen  an 
fich  (Fig.  17). 

20.  Fig.  18  u.  19  veranfehaulichen  die  Abbil- 
dung zweier  alter  Siegel  der  Stadt  Sebenico.  Beide 
Siegel  find  rund  und  erreichen  einen  DurchmelTer  von 
70  Mm.,  refpeftive  50  Mm.  Das  größere  fuhrt  folgende 
Umfchrift:  f  Sigillvmcomunis- civitatis,  fibenici .  das 
andere:  f  figillvm-comunis-fibenici-  Das  erflere  zeigt 
im  Bildfelde  eine  Burg  mit  rundbogigem  Eingänge, 
beiderfeits  ein  großes  folches  Fenftcr,  darüber  eine 
Reihe   von  fünf  kleineren  Fenftern.   Beiderfeits  je  ein 


XLY11I 


Quaderthurm.  Burg  und  Thürme  find  mit  einer  Thurm- 

gallerie    verfehen.    Hinter    dem    Gebäude    ragt    der 

Oberkörper     eines     nimbirten    Engels    mit    großen 

ein  empor.  Derfelbe  hält  einen  langen  Scepter  in 


18.    Sebenico.) 

der  linken  und  den  Reichsapfel  in  der  rechten  Hand. 
Ueber   der   Bruft   eine   gekreuzte    Stolla    und   langes 
Gewand.  Zu  Seiten  des  Hauptes  Stern  und  Mond.  Im 
Bildfelde   des  kleinen  Siegels  erfcheint  blos    der  nim 
birte  Engel  mit  Schwert  und  Apfel  im  langen  Kleide 


ein  unten  abgerundeter  Schild  mit  dem  görzifchen 
Wappen,  fchräg  rechts  getheilt  mit  drei  Querbalken 
und  einen  rechtsgewendeten  in  das  Balkenfeld  über- 
greifenden Löwen,  und  mit  einer  Rofe  belegt  im  elften 
Felde  unten.    Hie  Legende  ift  in  etwas  umgebildeten 


Fig.  19.  (Sebenico.) 

Lapidaren    gefchrieben,    befindet    fich   zwifchen    Perl- 
ftäben,  beginnt  rechts  unten  und  lautet: 

Sigillvm  X  civitatis  X  lvenncz. 

Fig.  22  bringt  die  Abbildung  des  Siegels  der  Stadt 
Falkenau  in  Böhmen.  Dasfelbe  ift  rund  mit  42  Mm.  im 
Durchmeffer  und  enthält  im  Bildfelde  innerhalb  eines 
gefchnörkelten  Schildes  einen  gegen  rechts  gewende- 
ten   Falken    mit    ausgebreiteten   Flügeln    auf   einem 


Fig.  20.  (Meran.) 


Fig.  21.  (Lienz 


Fig.  22.  (Falkenau 


aut  einem  Drachen  ftehend.  Die  beiden  Siegel  dürften 
im  14.  Jahrhundert  entftanden  fein,  doch  ift  das 
kleinere  etwas  jünger. 

In  Fig.  20  erfcheint  ein  Siegel  der  Stadt  Meran, 
das  noch  in  das  14.  Jahrhundert  gehören  mag.  Wir 
fehen  im  Bildfelde  auf  einer  aus  Quadern  über  einem 
Strome  aufgeführten  niedrigen  Brücke  mit  drei  rund- 
bogigen  Durchlaß- Oeffnungen  einen  gegen  rechts 
gewendeten  einköpfigen  Adler  mit  halb  ausgefpannten 
Fittichen  fitzen.  Die  Legende  diefes  in  vorzüglicher 
Weife  ausgeführten  Siegels  ift  in  Lapidaren  gefchrieben, 
befindet  fich  zwifchen  Perllinien  und  lautet :  f  Sigel- 
lvm  X  civitatis  X  merani  X  Das  runde  Siegel  erreicht 
im  Durchmeffer  45  Mm. 

Fig.  21  veranfehaulicht  das  fchöne  Wappen  der 
Stadt  Lienz  in  einem  in  das  16.  Jahrhundert  gehörigen 
runden  Siegel  von  42  Mm.  Durchmeffer.  Im  mit 
Ranken-Ornament  ausgefüllten  Bildfelde  befindet  fich 


Dreiberge  ftehend.  Die  in  Lapidaren  gefchriebene 
Legende  lautet:  f.  civitatis  .  falckonaw.  enfis.  Außen- 
rand durch  einen  Lorbeerkranz  gebildet  (17.  Jahrhun- 
dert). 

Das  letzte,  hier  unter  Fig.  23  abgebildete  Siegel 
gehört  der  Stadt  Brux  in  Böhmen.  Diefes  fehr  fchöne 
Siegel,  rund  mit  73  Mm.  im  Durchmeffer,  entftammt 
dem  15.  Jahrhundert.  Es  zeigt  im  Bildfelde  eine  aus 
Quadern  aufgeführte,  fich  ftark  erhebende  Brücke  mit 
drei  rundbogigen  Durchläffen,  davon  der  mittere  be- 
deutend großer  und  mit  Crenellirungen  an  beiden 
Seiten.  Auf  der  Brücke  zwei  polygone  über  Eck  ge- 
ftellte  Quader-Thürme  mit  offenen  Durchlaßthoren.  Im 
Stockwerke  fchmale  Fenfter,  oben  Crenellirungen  und 
Spitzdächer.  Zwifchen  den  Thürmen  der  gegen  links 
gewendete  aufzeigende  böhmifche  Lowe,  darüber  ein 
Mein.  Die  Legende  in  Lapidaren  zwifchen  Perllinien: 
f  .  S  .  civivm  .  civitatis  .  in  .  ponte. 


XLIX 


21.  (Holzkirchen  in  Mähren.) 

Die  llol/.kirche  in  Seitendorf 'ift  in  ihrer  Bau-Aus- 
führung und  ihrer  Grundrifs-Dispofition  mit  jener  von 
I  Ii it/.endorf,1  über  welcher,  nebenbei  bemerkt,  das 
Damoklesfchwert,  recle  die  Holzaxt  der  Demolirung 
fchwebt,  fehr  nahe  verwandt;  fie  ift  ebenfalls  in  Block- 


Fig.  23.  (Brüx.) 

bau  ausgeführt,  welcher  aber  außen  nicht  mit  Brettern, 
fondern  großen  Schindeln  verkleidet  ift ;  auch  fie  zeigt 
eine  im  Verhältniffe  zu  dem  faft  zur  Hälfte  mit  dem 
Mufik-Chore  überbauten  Schiffe  große  im  „Sechsort" 
gefchloffene    Chor-Anlage,    diefelbe    Anordnung    des 


Fig.  24.  (Seitendorf.) 
Dachftuhles,  welcher  einen  für  Chor  und  Schiff  ge- 
meinfamen  Firft  ermöglicht,  nur  dafs  fie  in  ihren 
Dimenfionen  etwas  größer  gehalten  ift,  und  außer  der 
Sacriftei  jedes  Ausbaues  und  der  Emporen  entbehrt. 
Der  wefenlichfte  Unterfchied  diefer  beiden,  in  der 
Luftlinie  von  einander  kaum  drei  Kilometer  entfernten 

1  Ucber  diefc  Kirche  f.  Mitth.  X.  n.  F.  CXXXI! 
XIII-  N.  F. 


Holzkirchen  an  ihrer  Außenfeite  ift  aber  der,  dafs  fich 
die  Ilotzendorfcr  ihr  altes  Gepräge,  ihren  alten  Holz- 
Charakter  erhalten  hat,  während  der  Seitendorfer 
Kirche  der  ihr  gewifs  einmal  eigenthümlich  gewefene 
..Dachreiter"  genommen  und  dafür  ein  maffiger  Stein- 
thurm  mit  Zwiebelhelm  vorgebaut  wurde,  wodurch 
fie  fo  ganz  und  gar  jedes  Reizes  ihrer  Eigenart  ent- 
kleidet wurde,  dafs  fie  fich  jetzt  nur  wie  ein  provi- 
forifcher  Nothbau  ausnimmt,  der  über  kurz  oder  lang 
der  gemauerten  Kirche  weichen  foll,  was  zweifellos 
auch  ihr  Schickfal  fein  wird  (Fig.  24  u.  25). 

Doch  fo  traurig  fich  auch  das  Aeußere  diefer, 
laut  erhaltener  Infchrift  nächft  dem,  noch  gothifches 
Befchläge  und  Spuren  einer  Polychromirung  zeigenden 
Seiten-Portale  der  Südfeite  im  Jahre  1488  eingeweihten 
Holzkirche  auch  im  Laufe  der  Zeit  geftaltet  hat,  noch 
viel  traurigeres,  ja  troftloferes  ift  von  ihrem  Innern  zu 
berichten. 


Tl 


Fig.   25.  (Groß-Karlowitzer.) 


Als  1881  die  Kirche  aufgenommen  wurde,  fand  man 
das  Innere  derfelben  (der  von  Wolfskron  erwähnte 
alte  fteinerne  Taufftein  von  einfacher  Form  ift  noch 
vorhanden)  an  allen  Wanden  und  der  Decke  mit  roher, 
in  allen  Farben  des  Spectrums  überfpritzter  Sacklein- 
wand vollkommen  überfpannt.  An  einer  Stelle  war 
aber  diefe  Leinwand  aufgetrennt  gewefen,  fo  dafs  — 
als  der  Vorwitz  diefen  Rifs  etwas  erweiterte  —  fich 
dem  Auge  eine  reiche,  fcharf  conturirte  figurale  Malerei 
offenbarte,  fo  dafs  die  oben  gefchilderte  gänzlich 
unfeheinbar  gewordene  äußere  Schale  einen  werth- 
vollen  Schatz  in  ihrem  Innern  barg. 

Dafs  man  in  freudiger  Erregung  den  damaligen 
Herrn  Pfarrer  auf  diefe  Wahrnehmung  aufmerkfam 
machte  und  ihm  die  Erhaltung  der  Holzkirche  und 
ihrer  innern  unter  der  rohen  Leinwand  wohl  gebor- 
genen Polychromirung  warm  ans  Herz  legte,  ift  felbft- 
verftändlich.  Doch  die  Freude  folltc  leider  von  nur 
allzukurzer  Dauer  fein,  denn  nicht  lang  darauf  ergab 
fich,  dafs  die  Seitendorfer  Kirche  ihre  reiche  gemalte 
und  direcT:  auf  das  Holz  zufolge  einer  Infchrift  aus  dem 
Jahre  1451  ftammende  Verzierung,  beftehend  aus  reli- 


Pen  Darftellungen  in  Aquarellfarben,  bis  auf  zwei 
Figuren  verloren  hatte,  welche  beide  Figuren  -der 
Mit-  und  Nachwelt  wenigftens  einen  Schluß  erlauben 
auf  die  Wichtigkeit  und  Schönheit  des  Uebrigen,  das 
hier  in  fo  reichlichem  Maße  wie  feltenwo  und  noch 
dazu  in  einer  Dorfkirche  uns  entgegen  getreten  war-, 
und  dafs  hier  ein  kunftgefchichtlicher  und  vaterländi- 
scher Schatz  für  immer  befeitigt  wurde 

Die  Groß-Kurloicitzi-r  Holzkirche  befitzt  eine  von 
der  Hotzendorfer  und  Seitendorfer,  fowie  von  den 
anderen  Holzkirchen  des  Kuhländchens  tWietrkowitz, 
Neffelsdorf,  Tichau)  total  abweichende  centralbau- 
ähnliche  Grundrifsanlage,  welche  eine  reichere  t'ymme- 
trifcheGruppirung  der  Außenfeiten  und  die  Möglichkeit 
der  Ausnützung  derKreuzform  im  Innern  in  der  Art  eines 
Dreifchiffes  zur  Folge  hat.  Ein  ganz  wefentliches  Merk- 
mal der  fpäteren  Bauzeit  ift  der  achtfeitige  Dachreiter 
über  der  Kreuzung   der  Schiffe  und  als  die  vielleicht 


Auszuge  diefer  Matrik  und  kleinen  Zettelchen,  welche 
der  erfte  Localcaplan  hinterlaffen,  ift  zu  entnehmen 
dafs  diefer  erfte  Seelforger  von  Karlowitz,  als  er 
feine  Stelle  am  24.  December  1752  antrat,  keine 
Wohnung  und  nur  eine  ganz  kleine  aus  Tannenhölzern 
gezimmerte  Capelle  wahrscheinlich  nur  ein  Glocken- 
Häuschen  vorfand  —  unter  welcher  fpäter  der  noch 
jetzt  beftehende  Pfarrkeller  erbaut  wurde  — ,  dafs  der 
Hau  der  jetzigen  Kirche  am  1.  Mai  1/52  von  „den 
Pfarrkindern0  in  Angriff  genommen,  und  in  derfelben 
am  15.  Auguft  1754  die  erfteMefle  gelefen,  am  21.  Auguft 
aber  —  und  hierauf  bezieht  fich  offenbar  die  obcitirte 
Infchrift  —  nach  der  Benediclion  das  erfte  Patrocinium: 
Marie  Virginis  ad  Nives  begangen  wurde. 

Als  immerhin  merkwürdige  oder  doch  auffällige 
Erfcheinung  bei  diefer  Holzkirche  fei  noch  erwähnt, 
dafs  bei  dem  auf  der  Zeichnung  fichtlichen  Seitenein- 
gange   ein    fteinerner    Grabftein   als  Vorlegftufe    ver- 


Fig.  26.  iGroß-Karlowitz.) 


intereffantefte  Neuerung  fallt  der  gänzliche  Mangel 
der  bei  älteren  Holzkirchen  üblichen  gedeckten  Um- 
gänge auf  (Fig.  26). 

Außer  den  urfprünglichen  Sacriftei-Annexen  ift 
diefer  Kirche  in  fpäterer  Zeit  ein  als  Windfang  dienen- 
der Vorbau  beim  Haupteingange  hinzugefügt  worden 
der  beffer  weggeblieben  wäre.  Der  Bau  felbft  ift  gleich 
allen  bereits  befprochenen  mährifchen  Holz-Kirchen 
aus  Blockwänden  hergeftellt,  welche  an  der  Außenfeite 
mit  großen  Schindeln  verwahrt,  im  Innern  aber 
18741  m't  weißer  Oelfarbe  angeftrichen  find.  Er  ift  bei 
22  2  Metern  totaler  Länge  205  Meter  breit  und  im 
Lichten  7  Meter  hoch  und  befitzt  eine  flache  Decke  mit 
Fugenleiften. 

Was  das  Alter  diefer,  wie  fich  das  Volk  erzählt, 
aus  an  Ort  und  Stelle  gerodeten  Bäumen  errichteten 
Kirche  betrifft,  fo  gibt  uns  hierüber  eine  über  der 
Innenfeite  des  Haupteinganges  ober  einem  Verfe  des 
Psalmes  121  erfichtliche  Infchrift:  „Leta  panc  1754  dne 
21.  srpna"  Kunde,  welche  auch  in  der  älteften  1753 
begonnenen   Matrik  ihre   Beftätigung    findet.    Einem 


wendet  ift,  auf  welchem  „noch"  der  Name  A.  J.  Telt- 
fcher  zu  lefen  ift. 

An  der  Straße,  welche  von  Neutitfchein  nach 
Stramberg  führt,  liegt  in  einem  lieblichen  Hain  halb 
verfteckt  das  kleine  weltvergeffene,  nur  aus  wenigen 
Nummern  beftehende  Tannendorf ,  deffen  altes  im 
Lichten  7  OO  Meter  breites,  1547  Meter  langes  und 
611  Meter  beziehungsweise  5-33  Meter  hohes,  der  heil. 
Barbara  geweihtes,  dem  Patronate  des  Therefianums 
unterftehendesKirchlein,  nicht  allein  feiner  malerifchen 
Wirkung  wegen,  fondern  auch  deshalb  intereffant  ift, 
weil  es  das  Uebergangs-Stadium  vom  Holz-  zum  Stein- 
baue fo  deutlich  und  klar  noch  erkennen  lafst  (Fig.  27). 

Das  Schiff  und  der  merkwürdiger-  und  unerklär- 
licherweife in  der  Axe  merklich  verrückte  Chor  find 
nämlich  fchon  in  maffigem  (115  M.)  Steinmauerwerk 
hergeftellt,  aber  die  Empore  über  der  niedrigen  Sacri- 
ftei  neben  dem  Chore  und  jene  längs  den  Innenwänden 
des  Schiffes,  der  auf  theilweife  fchon  gemauerten 
Pfeilern  ruhende  typifche  Umgang,  die  durch  profilirte 
Leiften  in  Caffetten  getheilte  horizontale  Decke,  fowie 


LT 


der  charakteriftifche  Dachreiter,  wie  endlich  die 
Umfriedung  des  Kirchhofes  mit  einem  großen  Thore 
und  einem  kleinen  Seitenpförtchen  find  noch  von  Holz 
gefertigt,  fo  zwar,  dafs  diefes  Kirchlein  unwillkürlich 
an  das  Küchlein  gemahnt,  das  noch  die  Eierfchale  auf 
feinem  Rücken  herumtragt. 

Aus  welcher  Zeit  diefe  Kirche  (lammt,  und  in 
welcher  die  Umgestaltung  der  einftmaligen  Holzkirche 
in  einen  theilweifen  Steinbau  zu  fuchen  ift,  laffen  uns 
die  in  der  Umgebung  flehenden  Holzkirchen  und  das 
einfache  Maßwerk  des  jetzt  vermauerten  Chor-Fenftcrs 
vermuthen,  es  wäre  dies  das  15.  und  16.  Jahrhundert. 

A.  Franz. 

21.  (Ein  Hungertuch  zu  Gurk  vom  Jahre  IJ58.) 
Gelegentlich  eines  kurzen  Aufenthaltes  in  Gurk 
zu  Oftern  vorigen  Jahres  fall  ich  dafelbft  ein  Hunger- 
tuch, welches  ich  zum  Zwecke  einer  fpäteren  ein- 
gehenden Bearbeitung  vollständig  aufgenommen  habe. 
Das  Hungertuch  ift  beftimmt,  während  der  Faften- 
zeit  vor  dem  Hoch-Altar  gehängt  zu  werden,  «eichen 
es  von  oben  bis  unten  verhüllt.  In  Gurk  wird  nämlich 
zu  diefer  Zeit  nur  am  Altar  vor  der  Krippe,  dem  Kreuz- 
Altar,  die  Mcffe  gefeiert. 


der  Gegenftände  und  der 
und    Künftlerinfchrift    be- 


Chriftus  auf,  und  zwar  find  die  Gegenftände  derart 
geordnet,  dafs  das  alte  Teflament  die  linke,  das  neue 
die  rechte  Hälfte  einnimmt.  Die  Gegenftände  find 
chronologifch  von  link-  nach  re<  hts  laufend  aneinander- 
gereiht; zahlreiche Infchriften,größtentheils  in  deutfeher 
Sprache,  erläutern  die  wenigen  bekannten  Gegenftände. 
Die  einzelnen  Darftellungen  lind  fall  durchwegs  fein- 
frei  componirt  und  für  die  Kunft  des  15.  Jahrhunderts 
in  jeder  Hinlicht  intereffant.  Diefer  vorläufige  Bericht 
muß  fich  auf  die  Aufzählung 
Mittheilung  der  Stiftungs- 
fehränken. 

Altes  Teßament;  Erfte  Reihe:  1.  Erfchaffung  der 
Welt.  2.  Erfchaffung  Adam-.  3.  Das  Gebot.  4.  Die  Ver- 
treibung aus  dem  Paradiefe.  5.  Adam  ackert.Eva  fpinnt. 
Zweite  Reihe:  6.  a)  Opfer  Kains  und  Abels,  b)  Abels 
Tod.  7.  Ein  Engel  führt  Hennoch  in  das  Paradies.  8.  Noe 
fendet  die  Taube  aus.  9.  Noe  trunken.  10.  Dei  Bau 
Babels.  Dritte  Reihe:  II.  Sodoms  Untergang  und  Flucht 
der  Familie  des  Loth.  12.  a)  Opferung  Ifaak-,  bj  Melchi- 
fedech  betend.  13.  Ifaak  fegnet  Jacob.  14.  Die  Himmels- 
leiter. 15.  Jofeph  wird  nach  Aegypten  verkauft.  Vierte 
Reihe:  16.  Jacob  kommt  zu  Jofeph  nach  Aegypten. 
17.  ^Pharao  läßt  die  Kinder  Israels  tödten,  ^/Auffindung 


*~~*%~ 


Fig.  27.  (T 

Das  Hungertuch  befteht  aus  zehn  der  Länge  nach 
zufammengereihten  Streifen  ftarker  Leinwand  von 
O  85  M.  Breite  und  zehnfacherLänge.  Die  fo  entftandene 
Fläche  bildet  ein  Quadrat,  deffen  Seite  alfo  gegen  9  M. 
beträgt.1  Zur  Aufhängung  find  oben  und  unten  elf 
Schlingen  von  ftarker  Leinwand  angenäht;  durch  die 
obere  ift  ein  Stamm  gezogen,  auf  welchem  das  Tuch 
hängt,  eventuell  aufgerollt  ilt. 

Die  ganze  Fläche  ift  bemalt.  Zunächft  ilt  jede 
einzelne  Naht  durch  eine  0-05  M.  breite  Bordüre 
markirt  und  jeder  einzelne  Streifen  der  Länge  nach 
durch  eben  folche  Bordüren  in  je  zehn  Quadrate  ein- 
getheilt,  fo  dafs  die  ganze  Fläche  in  hundert  folche 
Quadrate  zerfällt. 

Jedes  diefer  Quadrate  weift  eine,  bisweilen  zwei 
und  mehrere  Darfteilungen  der  Gcfchichte  vor  und  nach 

1  Genaue  Maßangaben  find  nicht  leicht  möglich,  da  die  Leinwand  fehr 
verzogen  ift. 


annendorO 

Mofis.  18.  Der  brennende  Dornbufch.  19.  Tödtung  der 
Erftgeburt.  20.  Der  Auszug  aus  Aegypten.  FünfteReihe: 
21.  Pharaos  Untergang.  22.  a)  Mannaregen,  b)  Mofes 
mit  den  Tafeln.  23.  Die  eherne  Schlange.  24.  Die  zwöll 
Ruthen  werden  in  das  heilige  Zelt  gelegt.  25.  Hiob  am 
Afchenhaufen.  SechfteReihe:  26.  Traum  Jeffes.  27.  Jofua 
tödtet  die  Könige.  28.  GidconsFell.  29.Samfon  erfchlägt 
die  Philifter  mit  dem  Efelskinnbacken.  30.  Samuel  falbt 
Saul  zum  König.  Siebente  Reihe:  31.  David  tödtet 
Goliath.  32.  a)  Davids  Vifion  mit  dem  Engel  während 
derPeft,  b)  Tod  Abfolons.  33.SalomonsUrt.heil.  34.Salo- 
mons  Tempelbau.  35.  Nabuchodonofor  erobert  Jerufalem 
Achte  Reihe:  36.  Elias  Himmelfahrt.  37.  Ifaias  wird  zer- 
fägt.  38.  Jeremias  Steinigung.  39.  Ezechiels  Feuertod. 
40.  Daniel  in  derLöwengrube.  Neunte  Reihe:  41.  Jonas, 
a)  ins  Meer  geworfen,  b)  ausgefpieen.  42  Judith  tödtet 
Holofernes.  43.  a)  Efther  vor  dem  König,  b)  Haman 
am  Galgen.  44.  Wiederbau  des  Tempels.  45.  Alexander 

g* 


lii 


huldigt  dem  Prieftcr.  Zehnte  Reihe:  46.  Judas  Makka- 
bäus'  Sieg.  47.  Tod  Caefars.  48.  Die  Tiburtinifche 
Sybille.  49.  Geburt  Maria.  50.  Maria  Opferung. 

es  Te flammt:  Erfte  Reihe:  51    Verkündigung. 

52.  Heimfuchung.  53.  Geburt  Chrifti.  54.  Befchneidung 

Chrifti.    55.  Die    heiligen    drei    Könige.    Zweite    Reihe: 

I  »arftellung  im  Tempel.  >;.  Flucht  nach  Aegypten. 

58.  Kindermord.  59.  Der  zwölfjährige  Jefus  im  Tempel. 
60.  Taufe  Jefu.  Dritte  Reihe:    61.  Jefus  in  der  Wiüfte. 

Jefus  vom  Teufel  verfucht.  63.  DerTeufel  trägt  Jefus 
auf  den  Berg.  64.  Hochzeit  zu  Canae.  6?.  Jefus  reinigt 
zehn  Ausfatzige.  Vierte  Reihe:  66.  Teufelsaustreibung 
67.  Krankenheilung  am  Schafteich.  68.  Verklärung. 
69.  Brotvermehrung.  70.  Fifchfang.  Fünfte  Reihe: 
71.  Zachäus  vor  Jefus.  J2.  Das  Weib  Jefu  die  Füße  fal- 
bend.  ji-  a)  Jefus  am  Jacobs-Brunnen,  b)  treibt  einem 
Weibe  den  Teufel  aus.  74.  Lazarus'  Auferweckung. 
75.  Magdalena  falbt  Jefu  die  Füße.  Sechitc  Reihe: 
76. Palmeinzug.  77. Tempelreinigung.  ~S.  a)  Abendmal, 
b)  Fußwafchung.  79.  Oelberg.  So.  Gefangennahme. 
Siebente  Reihe:  81.  Jefus  vor  dem  Hohen -l'riefter. 
-  _•  Yerfpottung.  85.  Jefus  vor  Pilatus.  84.  vorHerodes. 
Geißelung.  Achte  Reihe:  86.  Dornenkrönung. 
"    Ecce  homo.   88.    Pilatus   wäfcht   fich   die    Hände. 

59.  Simon  von    Kyrene   hilft   Jefu  das   Kreuz    tragen. 

90.  Jefus  wird  an  das  Kreuz  gefchlagen.  Neunte  Reihe: 

91.  Tod  Jefu.  92.  Kreuzabnahme.  93.  Auferftehung. 
94.  Jefus  erfcheint  Magdalena.  95.  Jefus  erfcheint  den 
beiden  Marien  Zehnte  Reihe:  96.  Thomas  befühlt  die 
Wundmale  Chrifti.  97.  Himmelfahrt.  98.  Ausgießung 
des  heiligen  Geiftes.  99,  100.  Das  Weltgericht. 

Der  Volkstradition  nach  hat  Hemma,  die  Stifterin 
von  Gurk,  diefes  Tuch  gefponnen;  glücklicherweife  ift 
uns  die  Infchrift,  welche  die  Zeit  der  Vollendung  angibt, 
wenigftens  in  den  Avichtigften  Theilen  erhalten.  Sie 
ift  am  Schluß  des  neuen  Teftamentes  angebracht, 
leider  fehr  zerriffen  und  abgetreten.  Diefelbe  lautet : 
Hoc  velum  comparatum  est  per  Laurentium  prepositum 

'   Odalricum  episcopum   prothonotarium    et 

archidiaconum  ecclesie  Gurcensis,  depiftumque  per 
providum  virum  magistrum  Cunradum  civem  Frisa- 
censem,  anno  domini  millesimo  quadringentesimo 
quinquagesimo  oftavo,  [ipfo]  die  Sancli  Ambrosii  epis- 
copi  completum.  Orate  pro  eo  deum. 

Das  Tuch  wurde  alfo  unter  Laurenz  vonFreiberger, 
Propft  von  Gurk  1469  —  1472,  dann  bis  1487  Bifchof 
dafelbft  und  Bifchof  Ulrich  III.  von  Sonnenberg  1455  — 
1469,  Prothonator  am  Hofe  des  römifchen  Königs 
Friedrich  angefchafft.  Die  Vollendung  des  Tuches  fallt 
auf  den  4.  April  1458. 

A.  Schnerich. 

23.  Prof.  Dr.  Oscar  Zingerle,  welcher  auf  die  Statue 

der  Maria  mit  den  drei  Rofen  aufmerkfam  gemacht  hat 

Mitth.  n.  F.  XII.  p.  CXXXV),  bemerkt  hierüber  weiter. 

Die  Ausfuhrung  des  Steinbildes,  das  ungefähr 
07  M.  Hohe  hat,  ift  einfach,  die  Behandlung  des  Mate- 
rials mit  Ausnahme  obiger  Kopfpartie  und  des  auf  dem 
linken  Arme  Mariens  fitzenden  Jefukindes,  das  faft  bis 
zur  Unkenntlichkeit  vcrftümmelt  ift,  ziemlich  flach.  Mit 
Rückficht  auf  das  hohe  Alter  —  Fachmänner  weifen 
fie  dem  12.  Jahrhunderte  zu  —  läfst  fich  aber  eine 
technifch  geübte  Hand  nicht  verkennen  und  auch  künft- 

'  Lücke  von  etwa  drei  Worten. 


lerifches  Vermögen   ift   dem   Verfertiger  nicht   abzu- 
fprechen. 

Ganz  befonders  hervorzuheben  und  intereffant 
fcheint  mir  die  Art  der  Darfteilung.  Maria  als  gekrönte 
Himmelskönigin  mit  dem  Kinde  auf  dem  Arm  hat  als 
typifche  Compofition  an  fich  wenig  beachtenswerthes, 
doch  finden  wir  bei  unferem  Bilde  drei  Rofen,  ein  Attri- 
but, das  demfelben  früher  nie  untergekommen  und 
worüber  auch  Kunfthiftoriker  keinen  Befcheid  zu  geben 
wufsten.  Bekannt  ift  einerfeits  wohl  die  Benennung 
Rofe  ohne  Dorn,  Rofe  vom  Stamme  Jeffe  oder  von 
Jericho  und  anderfeits  die  Vorftellung,  wie  Maria  im 
Rofenthal  fitzt,  mit  Rofen  bekränzt  ift,  Rofen  ftreut 
u.  f.  w.,  doch  daraus  gewinnen  wir  für  die  Erklärung 
keinen  Anhaltspunkt,  indem  unferm  Rofenzweige 
ficherlich  eine  andere  fymbolifche  Bedeutung  zu 
Grunde  liegt.  Nach  des Berichterftatters  Ueberzeugung 
follte  damit  die  Dreieinigkeit  Gottes  angezeigt  werden; 
diefe  Auffaffung  vermag  derfelbe  allerdings  nur  durch 
einige  Stellen  aus  Gedichten  des  14.  und  15.  Jahr- 
hunderts zu  belegen;  bei  weiterer  Umfchau  in  der 
geiftlichen  Literatur  des  Mittelalters  dürften  fich  indefs 
gewifs  ältere  Zeugniffe  beibringen  laffen.  Vorderhand 
fei  folgende  Strophe  aus  Harder'sLeich  guldin  fchillinc, 
der  das  Myfterium  der  Menfchwerdung  Chrifti,  refpec- 
tive  das  der  Empfängnis  Mariens  behandelt,  angeführt, 
(Colm.  Meifterlieder,  II,  56.): 

Ein  foum  fchrin  wert  entslozzen, 

diu  cleinät  legt  man  in  ein  lade, 

die  Kiften  fint  des  fchatzes  fchöne  erfüllet. 

Diu  Form  hat  fich  engozzen, 

dri  rofen  in  dem  tonwebade: 

daz  kint  wert  in  ein  wüllin  tuoch  gehüllet. 

Do  wert  diu  helle  irs  fchatzes  gar  beroubet. 

Adam  fin  trüren  gar  entsleif, 

do  er  dem  kint  fin  hendlin  greif, 

di  rümten  fie  der  helle  reif 

und  wart  den  alten  niuwe  freude  erloubet. 

Im  gleichen  Sinne  fpricht  Muskatblut,  I,  6,  VII 
von  den  drei  Blumen: 

O  muter  rein,  din  vader  eyn 

hat  dich  für  feen,  da  er  gond  fpehen 

in  dynem  wurtzegarten, 

Da  du  die  dry  blomen  hatfl  genomen 

ufz  fynem  cle,  mit  dem  aus 

kontftu  der  rofen  warten ! 

Jungffrau,  als  du  nu  fwanger  wurde, 

meit  werft  vor  ye  gewefen, 

jungffrau  belibeftu  in  der  bürde, 

meit  biftu  fin  genefen: 

noch  biftu  meit,  din  wirdicheit 

kan  nymant  gantz  folachten. 

24.  Confervator  Berger  hat  an  die  Central-Com- 
miffion  berichtet,  dafs  die  Reflaurirung  der  St.  Veits- 
Capelle  im  Stifte  St.  Peter  zu  Salzburg  im  vergangenen 
Herbfte  ihren  Abfchluß  fand.  Diefelbe  wurde  im  Sinne 
de-N  Confervators  durchgeführt,  das  Fragment  einer 
figuralen  Wandbemalung  im  Chorfchluße  (gekrönte 
heil.  Maria)  blieb  erhalten.  Außerdem  erhielten  die 
unteren  Wandpartien,  für  deren  frühere  Bemalung  fich 
übrigens  keine  .Anhaltspunkte  vorfanden,  rautenförmige 
Mufter.    Der  baroke  Haupt-Altar  und  ein  eben  folcher 


Uli 


Seiten-Altar  wurden  gereinigt   und  ausgebeffert.    Eine 
gothifclie  Madonna  mit  dem  Kinde  wurde  neu  übermalt. 

25.  Laut  Berichtes  des  Confervators  v.  Riewel 
wurden  im  Herbit  vergangenen  Jahres  in  einem  Depot 
hinterlegte  Grabfteine,  die  ehemals  in  der  großen 
Pfarrkirche  zu  Eferding  untergebracht  waren,  wieder 
dafelbft  aufgeteilt.  Dechant  Grienbergerhat  fich  darum 
verdient  gemacht.  16  Steine  find  theils  in  der  Kirche 
felblt,  theils  in  der  Vorhalle  und  in  der  Taufcapelle  an 
den  Wanden  aufgeftellt,  welche  Gedenkfteine  meiftens 
Geiftlichen  gewidmet  find.  Unter  den  Infchriften 
finden  wir  fo  manch  intereflanten  Familiennamen,  wie: 
Stephan  Schuttnagel  fammt  leinen  beiden  Hausfrauen 
Margreth  und  Urfula  f  1460,  Cafpar  Neuhaufer  von 
Reutting  f  ,  Triftram  von  Geimann  zu  Tratenegk  f, 
Cafpar  Rottaler  f  1460,  Wolfgang  der  Hellkampf 
t  1497,  Wilboldt  von  Pirching  zu  Sygharting  Ritter 
f  1536,  Michael  Tollinger  f  1516,  Margareth  des  Ulrich 
von  Abfperg  gelaffene  Tochter,  des  Jörg  Afpans  Witwe 
t  1545 

26.  Laut  Berichtes  des  Confervators  Stipperger 
wurden  die  Wiederherftellungs-Arbeiten  an  der  St. 
Leonhards-Kirche  im  Lavant-  Thale  wahrend  des  ver- 
gangenen Jahres  energifch  betrieben.  Die  zerftörten 
Kreuzgewölbe  fammt  den  Rippen  wurden  nach  dem 
alten  Mufter  wieder  hergeftellt,  die  Capitäle,  Dienftes- 
Confolen,  Sockel,  Thürgewände  ausgeputzt  und  ge- 
reinigt, die  Fenftermaßwerke  reparirt  und  die  farbigen 
Verglafungen  eingefetzt  und  vervollftändigt.  Die  alten 
Altare  find  ausgebeffert,  gothifche  Betftühle  auf- 
geftellt und  die  Grabfteine  an  den  Wänden  vertheilt. 
Die  Reparatur-Arbeiten  an  der  Außenfeite  find  wohl 
in  Angriff  genommen,  werden  aber  erft  1887  ihren 
Abfchluß  finden,  mit  Ausnahme  des  Thurmes,  der 
vorläufig  ein  Nothdach  trägt.  Die  Strebepfeiler  haben 
fo  weit  als  nöthig  fteinerne  Deckplatten  erhalten, 
die  Giebelanlaufe  erhielten  einfaches  Maßwerk  und 
Kreuzblumen;  Wafferfchlage,  Sockel  und  Stiegenftufen 
ftehen  in  Reparatur. 

27.  Confervator  Dr.  Petter  machte  die  Mittheilung, 
dafs  unweit  von  den  Ausgrabungen  in  Obernberg  bei 
Mattfee  über  feine  Veranlaffung  weitere  Nachforfchun- 
gen  im  vergangenen  Herbfte  vorgenommen  wurden. 
1  >as  bisherige  Refultat  ift  die  Bloslegung  der  füdlichen 
Seite  eines  Gebäudes  und  einzelner  Heizgewölbe  ent- 
fchieden  römifchen  Urfprunges  in  Melkham  zwifchen 
Obernberg  bei  Mattfee. 

28.  Das  hier  in  Fig.  27  abgebildete  Meffekleid  in 
der  Kirche  zu  Langenbruck  ftammt,  wie  Correfpondent 
Braufewetter  berichtet,  jedenfalls  aus  dem  Klofter- 
fchatze  am  Böfigberge  und  ift  einigermaßen  befchädigt. 
Die  lineare  Eintheilung  zeigt  Silberborden  auf  blr.ß- 
blauem  Seidengrunde.  Das  Ornament  befteht  aus 
Seidenftickerei  und  zeigt  in  ftarkem  Relief  gehaltene 
Blumen.  In  den  Rofen  find  auch  Goldfaden  verwendet, 
doch  find  gerade  diefe  Partien  der  Stickerei  am  meiden 
fchadhaft;  die  an  der  Stickerei  fonft  verwendeten 
Seidenfaden  find  von  ftrohgelber  und  drapbrauner 
Farbe  in  zwei  Schattirungen.  Die  Zeichnung  ift  außer- 
ordentlich wirkungsvoll,  die  Farbenanwendung  gelun- 


gen.  Auf  den  Flächen  des  Grundes  find  Silberflinzerl 
vertheilt.  Die  Stickerei  felbft  ift  nicht  befonders  genau. 

29.  Seitens  des  Correfpondenten  P.  Archangclus 
Simeoner  ifl  der  Central-Commiffion  die  Nachricht  zu- 
gekommen über  den  gegenwärtigen  Zuftand  d<  s 
ehemaligen  Edelfitzes  Ansheim  auf  der  Frag  bei  Kau- 
fen. Derfelbe  gehörte  im  14.  Jahrhundert  den  Herren 
von  Villanders  zu  Pradell,  kam  dann  an  die  Herren  von 
Wölkendem  und  an  die  von  Katzenloch,  von  welchen 
er  1506  an  die  Herren  von  Knzenbcrg  überging.  Noch 
bis  in  die  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  fanden  fich  her- 
vorragende Tyroler  Familien  im  Befitze  diefes  Edel- 
hofes,  fo  von  1604  bis  1647  die  fpäteren  Grafen  von 
Trojer,  welche  fich  auch  von  diefem  Anfitze  fchrieben. 
Weiterhin    finden    wir  in  deffen  Befitze   die   Lutz    von 


Fig.  27.   (^Langenbruck.) 

Glatfch,  die  Ingram  zu  Fragburg  u.  f.  w. ;  jetzt  ift  es 
ein  Bauerngut,  das  im  Hauptgebäude  Spuren  des 
ehemaligen  Glanzes  als  Zeugnis  des  Wohlftandes  und 
Kunftfinnes  feiner  erften  Befitzer  aufweift.  Im  Parterre 
findet  fich  ein  runder  Raum  mit  bemaltem  Rippen- 
gewölbe, leider  ziemlich  befchädigt,  an  einer  Stelle 
find  die  Rippen  ganz  zerftört  und  ift  der  Verputz  bis 
auf  die  glatten  Steine  abgefchlagen.  Von  der  Bemalung 
ift  wenig  mehr  beftimmbar.  Ueber  dem  Eingang  das 
Wappen  des  römifchen  Königs,  daneben  der  römifch- 
deutfehe  Kaifer-Doppeladler,  dabei  fleht:  „Ertzherl 
Ferdinand",  rechts  davon  das  ungarifche  Wappen. 
Dann  finden  fich  an  50  kleine  Felder  mit  Wappenreften, 
tiarunter  erkennbar:  z.  B.  Braunfchweig,  Augsburg, 
Mecheln,  faft  lauter  Städtewappen,  dazwifchen  Blumen. 
Eine  fchmale  Steinftiege  führt  in  das  Stockwerk, 
wofelbft  fich  der  Ilauptraum  befindet,  er  ift  mit  getäfel- 
ter Decke  und  derlei  Wanden  verfehen.  Doch  auch  hier 


LIV 


ift  der  Verfall  eingezogen,  denn  aller  Zierat  fehlt,  das 
Getäfelwerk  ift  fchadhaft.  Eine  ähnliche  Stiege  fuhrt  in 
weite  Stockwerk,  wo  fich  eine  fall  gleich  getafelte 
Stube  befindet,  die  jedoch  im  Ganzen  noch  fehl 
erhalten  wäre,  wenn  man  nicht  alle.-  mit  Kalktünche 
überzogen  hatte.  Hier  finden  lieh  alte  Thüren,  fie  tragen 
die  Jahreszahl  1598  und  die  Auffchrift  „Kafpar  von 
und  zu  Annzhaim-.  Einige  Nebenzimmer  find  gewölbt 
und  mit  Erkern  verleben.  Alles  leider  in  fchlechtem 
Zuftande. 

30.  1  ig.  28  gibt  die  Anlicht  des  bronzenen  Spring- 
brunnens, der  fich  im  kaiferlichen  Garten  am  Hradcin 
in  Prag  befindet.  Es  ift  ein  Meillerwerk  des  Bronze- 
guße-,  in  edelfter  italienifcher  Renaiffance   ausgeführt, 

das   den   bellen  Arbeiten    diefer  Art   in  Italien   nicht 


4»t 


Fig    28.  (Prag.) 

zurückfteht  und  flammt  von  Meiller  Thomas  JaroS  aus 
Brunn,  k.  Büchfenmeifter,  der  von  1554  bis  1559  daran 
arbeitete :  den  Guß  beforgte  der  bekannte  G.  Löffler. 
Auf  niedrigem  am  Rande  gezierten  Sockel  erhebt  fich 
(tänderartig  eine  kurze  gedungene  Unterlage  aus  einer 
phantaftifchen  Figurengruppe  gebildet  für  die  weit 
ausladende  geriefte  Schale,  die  mit  reichdecorirtem 
Rande  verfehen  ift,  darin  Masken  und  Palmetten  ab- 
wechfeln.  In  der  Mitte  der  Schale  erhebt  fich  nun  ein 
hoher    fchlanker   Stander,    deffen    untere    Partie     mit 


Reliefs  —  Jagdfcenen  —  geziert  ift;  der  obere  Theil 
ift  vafenartig  gebildet  und  tragt  eine  kleinere  Rund- 
fchale,  deren  Außenfeite  durch  Feftons  und  Kinder- 
köpfe im  Relief  ebenfalls  reich  geziert  ift.  Als  Abfchluß 

fleht  auf  niedrigem  Säulenfockel  in  der  Mitte  diefer 
Schale  ein  Putto,  der  in  ein  lange-  Hörn  blast. 

31.  Correfpondent  Simeoner  berichtete  an  die 
Central -Commiffion,  dafs  im  Klofter  Süden  durch- 
greifende bauliche  Reftaurirungen  vorgenommen  wer- 
den. Das  alte  Schloß  Saben  wurde  1535  durch  Brand 
ganz  zerftort.  Auf  die  von  Feuer  fehr  befchädigten 
Mauern  hatte  man  fpäter  das  Kloftcrgebäude  gefetzt. 
das  1635  fertig  wurde.  Im  Laufe  der  Zeit  merkte  man, 
dafs  bald  die  eine,  bald  die  andere  Mauer  wanke,  und 
fo  mußte  wohl,  um  einen  Abfturz  des  ganzen  Gebäudes 
zu  verhüten,  eine  ausgiebige  bauliche  Reftaurirung 
durchgeführt  werden.  Man  vergaß  dabei  jedoch  nicht 
das  hiflorifch  Merkwürdige  und  Altehrwürdige  zu 
berückfichtigen.  So  blieb  der  fogenannteCaffiansthurm, 
der  vom  erwähnten  Feuer  nicht  befchädigt  wurde, 
vollftändig  intacL  ebenfo  die  Kreuz-Kirche.  Was  am 
Hauptgebäude  irgend  welche  antiquare  Bedeutung  hat 
und  zu  erhalten  war,  blieb  unberührt. 

32.  Ueber  die  im  Kreuzgange  der  Domkirche  zu 
Brixen  aufgefundenen  Fresco-Gemälde  anlaßlich  deffen 
baulicher  Reftaurirung  hat  Canonicus  Johann  Stippler, 
welcher  vom  hochw.  Fürftbifchofe  von  Brixen  mit  der 
Oberaufficht  der  baulichen  Arbeiten  betraut  wurde,  an 
die  Central-Commiffion  berichtet.  An  den  nicht  mit 
Gemälden  gezierten  unteren  Theilen  der  Wände  ift  der 
Mörtel  auswendig  und  auch  aus  den  Steinfugen  entfernt 
worden,  fo  dafs  die  Mauer  jetzt  ringsum  in  gleicher 
Höhe  bloßgelegt  ift,  wobei  es  fich  zeigte,  dafs  an  Stellen, 
wo  auch  nur  einzelne  Ziegelftücke  eingefugt  waren,  die 
Feuchtigkeit  und  der  Mauerfraß  argen  Schaden  ange- 
richtet habe.  Außerhalb  des  eigentlichen  Kreuzganges, 
nämlich  im  weltlichen  Eingange  zu  demfelben,  wo 
bisher  kein  Gemälde  fichtbar  war,  find  folgende  aufge- 
funden worden: 

a.  Das  Grabmonument  des  Dom-Bencfiziaten 
Johannes  Rötl  an  der  Nordfeite  des  in  den  Kreuzgang 
hereinragenden  Chores  der  Frauenkirche. 

Dasfelbe  ift  gegen  2  M.  hoch  und  nicht  ganz  i1  ,  M. 
breit  und  ftellt  den  knieenden  Stifter  im  Chorgewande 
dar  zwifchen  den  zwei  ganzen  Figuren  des  heil.  Stepha- 
nus  und  der  heil.  Barbara.  St.  Stephanus  legt  die  Hand 
auf  die  Schulter  des  Stifters.  Das  Spruchband  erfcheint 
unbefchrieben  und  zieht  fich  vom  Stifter  gegen  das 
Haupt  der  heil.  Barbara  hinauf.  Links  oben,  theil- 
weife  über  den  Rand  des  Gemäldes  herabreichend, 
fteht  folgende  gut  leferliche  Infchrift:  Anno  Domini 
M.CCCC.LXI.  Die  seeunda  mensis  Marcii  Obiit  Dfis 
Johannes  Rotl.  alias  dictus  miles.  Capellanus  Sancti 
Stephani.  Cujus  Anima  requiescat  in  pace. 

Was  den  Zuftand  des  (iemäldes  betrifft,  ift  die 
untere  Hälfte  ftark  zerfreffen,  jedoch  nicht  brüchig;  der 
obere  Theil  ift  gut,  Gewand,  Kopfe  und  Kronen  find 
erhalten.  Diefer  Caplan  hat  auch  im  St.  Jacobs-Kirch- 
lein  in  der  Mahr  bei  Brixen  ein  Monument,  das  Prof. 
Semper  im  Tyrolerboterj  befchrieben  und  dem  Maler 
Jacob  Semper  zugefchrieben  hat.  Der  Stifter  ift  in  der 
Mahr  und   im   Kreuzgange  ganz    gleich,    da-  Gemälde 


LV 


verfchieden,  die  Infchrift  gleich  mit  Ausnahme:  „Obiit 

Honorabilis  Diuts  Johannes  Milcs,  alias  dichis  1< <  «t  1  .... 
Aus  zwei  im  Capitel-Archive  befindlichen  ( )riginal- 
Stiftbriefen  des  nämlichen  Rötl  vom  Jahre  [457  ill  zu 
entnehmen,  dafs  er  aus  Bruneck  (lammt  und  zu  gleicher 
Zeit  Beneficiat  von  St.  Stephan  im  Dome  und  von  St. 
Jacob  in  der  Mahr  war. 

b.  Neben  diefem  Gemälde  erfchien  ein  anderes  am 
Pfeiler,  von  dem  aber  nur  der  oberfte  Theil,  eigentlich 
nur  der  Rand,  bloßgelegt  werden  konnte,  weil  der 
untere  Theil  ganz  fortgefchlagen  und  dann  übermörtelt 
wurde,  offenbar  nur,  um  den  Pfeiler  auf  diefer  Seite 
anzuebnen.  Sichtbar  ilt  ein  fchöner  Chriftuskopf,  an  ein 
Kreuz  gelehnt,  mit  kleinen  Halbfiguren  von  Engeln  und 
Heiligen  links  und  rechts.  Sehr  niedliche  Geftalten. 

c.  Ein  weiteres  Gemälde  befindet  fich  in  einer 
Nifche  unter  der  Lichthaube  links  im  Eingange  und 
konnte  bisher  nicht  ganz  bloßgelegt  werden,  weil  die 
Hauptfigur  unter  der  Mauer  der  Lichthaube  fortläuft. 
Unten  find  fichtbar  und  ziemlich  gut  erhalten  Heben 
Halbfiguren  von  niedlichen  betenden  Engeln.  Rechts 
kniet  der  Stifter  in  Chorkleidung,  oben  wieder  zwei 
Figuren.  Von  der  Hauptfigur  ift  bisher  fichtbar  eine 
Hand  mit  Sceptcr.  Vom  Stifter  geht  ein  Spruchband 
aus,  das  ich  noch  nicht  entziffert  habe.  Das  Ende  der 
Schrift  dürfte  lauten  „in  Sion".  Ohne  Zweifel  ein  Grab- 
monument. Leider  geht  mitten  durch  das  Bild  ein 
Mauerftreif,  der  ruinirte  Stellen  des  Gemäldes  ausfüllt. 

d.  An  der  nordlichen  Mauer  der  Frauenkirche 
einige  Schritte  vom  letzterwähnten  Gemälde  entdeckte 
man  hinter  einem  großen,  an  die  Mauer  in  neuerer 
Zeit  angelehnten  marmornen  Grabfteine  die  heiligfte 
Dreifaltigkeit.  Oben  der  heil.  Geift,  dann  Gott  Vater 
mit  einer  infulartigen  Kopfbedeckung,  den  Querbalken 
des  Crucifixes  haltend;  an  demfelben  fieht  man  noch 
den  Kopf  und  die  ausgefpannten  Arme,  das  übrige  ift 
durch  den  Grabftein  verdeckt.  Derfelbe  kann  entfernt 
werden;  ob  aber  das  Gemälde  der  Mühe  und  Arbeit 
vverth  fei,  ift  zweifelhaft.  Es  hat  ftark  gelitten  und  dürfte 
kaum  mehr  dem  16.  Jahrhunderte  angehören.  Salvo 
meliori! 

33.  Confervator  Als  hat  in  einem  längeren  Be- 
richte an  die  Central-Commilfion  die  große  Sammlung 
von  Glasgemälden  im  Klofter  Gries  bei  Bozen  befpro- 
chen,  davon  im  Nachgehenden  ein  gedrängter  Auszug 
gegeben  wird. 

Der  um  die  chriftliche  Kunft  verdienftvolle,  vor 
mehreren  Jahren  verdorbene  P.  Leodegar  Krezlegte  im 
Benediftiner-Klofter  Muri  in  der  Schweiz  eine  Samm- 
lung von  Glasgemälden  an.  Bei  Aufhebung  diefes  Stiftes 
im  Jahre  1844  beließ  man  diefem  eifrigen  Kunftfreund 
die  meift  fchön  gemalten  Scheiben  als  Privateigenthum, 
wahrend  er  von  jenen  prachtvoll  bemalten  Glastafeln 
im  Kreuzgange  des  Stiftes  kein  Erinnerungszeichen 
mitnehmen  durfte.  Diefe  hob  die  Cantonregierung  ans, 
verpackte  fie  in  Kiften  und  erft  feit  wenigen  Jahren 
find  die  meiften  in  der  Staats-Bibliothek  zu  Aarau  auf- 
geftellt.  Die  Patres  von  Muri  erhielten  unterdeffen 
durch  die  Großmuth  unferes  Allcrhöchften  Kaifer- 
haufes,  von  welchem  die  Gründung  ihres  Stiftes  her- 
rührte, ein  neues  Heim  zu  Gries  bei  Bozen,  wo  fie  im 
Jahre  1845  das  feit  Beginn  diefes  Jahrhunderts  aufge- 
hobene   Auguftiner-Stift    in    Befitz    nahmen.  Für   die 


gefammelten  Glasgemälde  des  genannten  Pater  Leo- 
degar fchienenFenfteröffnungen  im  oberen  Kreuzgang1 
einen  geeigneten  Platz2  zu  bieten. 

Jedes  Fenfter  erhielt  4-6  Tafeln  mit  Gemälden, 
was  den  altehrwürdigen  Gängen  eine  hübfehe  Zierde 
bereitet.  Es  find  ungefähr  50  kleinere  Stücke  von 
15 — SS  Cm.  Größe,  in  Rund-  oder  Vierecksform.  Di< 
älteften  Scheiben  reichen  in  das  Ende  des  15.  Jahr- 
hunderts ihrem  Charakter  nach  zurück,  Jahreszahl 
tragen  fie  keine  angefchrieben ;  die  übrigen,  meift  mit 
dem  Jahre  ihres  Entftehens  verfehen,  gehören  dem 
16.,  17.  und  [8.  Jahrhundert  an.  Ferner  tragen  diefe 
häufig  eine  Auffchrift,  welche  die  Stifter3  des  Gemäldes 
angibt. 

Die  Glasgemälde  find  mit  befonderer  Vorliebe 
und  reicher  Phantafie,  die  architektonifchen  Einfaffun- 
gen  in  befferer  Renaiffance  und  in  oft  regellofem  Zopf- 
Styl  faft  durchwegs  ausgeführt.  Man  fieht  Säulen  mit 
jonifchen  und  karinthifirenden  Capitälen,  durch  Ban- 
der, Fruchtfchnüre  u.  dgl.  verzierten  Schäften,  Atlan- 
ten, Gebälke  mit  goldenen  Relief-Friefen,  mannigfaltig 
gebaute  und  gebogene  Architrave,  zugleich  in  einer 
faft  ängftlich  gefuchten  Abwechslung  von  den  brillan- 
tenen Farben,  gelb,  violet,  roth,  grün.  An  den  Ecken, 
Poftamenten  und  zu  oberft  als  Abfchluß  auf  den  Ge- 
fimfen  kehren  meift  geflügelte  Putten  in  verschiedenen 
Stellungen  wieder,  theils  als  Schilder-  und  Frucht- 
gehänge-Träger beftellt,  theils  als  müßige  Zufchauer. 
So  ift  fchon  an  der  architektonifchen  Umrahmung 
aller  Reichthum  der  Formen,  alle  Pracht  der  Farben- 
Harmonie  in  anziehendfter  Mannigfaltigkeit  höchft 
befriedigend  erfchöpft.  Neben  und  über  den  Wappen 
der  Stifter  erfcheinen  einzelne  Heiligenbilder  als  Be- 
gleiter, auch  figurenreichere  Compofitionen  biblifcher 
und  legendarifcher  Scenen.  Daran  fchließen  fich 
fowohl  am  Sockel  als  auch  oben  über  dem  Bogen  wun- 
derliebliche kleine  Darftellungen ,  in  welchen  fich 
die  verschiedenen  geiftigen  Intereffen  der  Zeit  aus- 
fprechen.  Als  Wappen-  und  Schildhalter  treten  auf: 
zarte  Frauengeftalten  in  reichfaltigen  Gewandern, 
Engel;  felbft  St.  Michael  zugleich  als  Seelenwäger 
befchäftigt.  Einmal  begegnet  uns  ein  grau  behaarter 
Waldmenfch  mit  einem  Baumftamm.  Neben  den  feinft 
und  fchwungvoll  damascirten  Hintergründen  fehlt  es 
nicht  an  lieblichen  landfehaftlichen  Anflehten,  wobei 
die  Seelandfchaft  den  Vorrang  behauptet.  An  den 
Heiligen  zeigt  fich  hin  und  wieder  das  elegante  und 
reiche  Zeitcoftüm,    wie   Häubchen,    weit    vorragender 

1  Das  Geb. unk'  enthält  zwei  Kreuzgänge  übereinander.  Der  untere,  mit 
Begräbnisltätten,  zeigt  romanifche  Säulen  mit  Itark  ausladendem  Kampfer 
darüber;  fie  tragen  enge  und  abgefafstc  Rundbogen  aus  Mauerwerk.  Die  Ein- 
wolbung  mit  einfachen  Gräten  aus  M  irtel,  welche  Sternform  bilden,  gefchah 
felbftverflandlich  wie  öfter  erft  nachträglich,  etwa  in  den  Zwanziger-  oder 
Dreißiger- Jahren  des  lö.  Jahrhunderts.  Sonder  Zweifel  blieb  bis  dahin  der 
Krenzgang  mit  einer  Dachen  Decke  verfehen.  Zugleich  bei  diefer  fpäteren 
Ueberwölbung  oder  fchon  etwas  früherbaute  man  auch  einen  zweiten  Krenz- 
gang unmittelbar  darüber  mit  ganz  gleicher  Einwölbung,  die  ihn  aber  etwas 
gedrückt  macht.  Die  Lichtöffnungen  für  diefe  Hallen  wurden  fpatcr  einfach 
viereckig  gemacht. 

Zu  diefer    Beflimmung    fuchte   man    dei        I  mit  dem  Alter  der 

Gewölbe   und  der  bemalten   Scheiben  felbft  in   belferen  Einklang  zu  bringen 
indem  ihr  ein   fpitzbogiger  Abfchluß  gegeben,   fowie   das   Gewände  mehr  aus- 
gefchrägt  wurde.    Das  erforderliche    Maßwerk    wurde    proviforifch   aus 
hergeflellt. 

I      hat  fich  nämlich  in  der  Schweiz  ganz  befonders  wie  kaum  anderswo 
jene  Sitte  und  Liebhaberei    ausgebildet,  dafs   man   bei  Antritt  eines  Standes, 
Amtes,  bei  Vollendung  eines  Neubaues,  ja  felbft  bei  Gründung  einc> 
z.   li.  einer  Trink-  und   Gaftftubc,  den   betreffenden   mit  einer    bemalten   I 
fcheibe    befchenkte,    worauf  das   Wappen   des    (iefchenkgebers,   umgeben    von 
Heiligen,  Patronen,    auch  Jagdfcenen   u.   dgl.  angebracht    war.    So   hatte 
das  Klofter  Muri  viele  bemalte   Glaslafcln   im  Laufe   der  Zeit   ausgctheilt,  von 
welchen    bereits    obengenannter    Pater    Leodegar    manche    fammeltc,  die   nun 
rgeftellt  lind. 


LVI 


Kopfbund,  eine  Art  Mieder,  Baufchärmel  u.  f.  w.  Selbft 
der  Todtentanz,  diefes  in  der  Schweiz  fo  heimifche 
Thema,  ift  einigermaßen  angedeutet;  fo  z.  B.  führt  der 
Tod  als  Gerippe  in  einer  ganz  malerifchen  Stellung 
einen  Mönch  am  Arm  daher  und  ein  andermal  fleht 
derTod  im  Vordergrunde  einer  lachenden  und  üppigen 
Landfchaft  mit  wie  zum  begierigen  Fange  ausgeftreck- 
ten  Armen.  Endlich  fehlt  es  nicht  an  Darftellungen  der 
befonderen  Liebhaberei  jener  Zeit,  nämlich  an  Scenen 
von  Hirfch-  und  Treibjagden  oder  an  Turnieren.  Von 
vaterländifchen  Heldenthaten  ift  eine  wilde  Schlacht 
mit  Schießgewehren  dargeftellt.  Auf  einer  Scheibe  er- 
fcheint  auch  eine  Seefchlacht.  Hinfichtlich  der  Künftler 
dürften  einige  Buchftaben  als  Monogramme  angefehen 
werden. 

Die  einzelnen  gemalten  Glastafeln  lallen  fich 
lbwohl  nach  der  Zeit  ihrer  Entftehung  als  auch  nach 
ihrer  Behandlung  in  drei  Gruppen  zufammenftellen. 
Die  älteften,  wenige  Stücke  zahlend,  flammen  aus  dem 
15.  Jahrhundert  und  find  einfach  decorativ.  Sie  bilden 
Medaillons  im  Durchmeffer  von  15  —20  Cm.  und  ftellen 
dar:  St.  Benedict  den  Becher  mit  dem  vergifteten  Wein 
fegnend;  St.  Johannes  d.  T.  mit  dem  Lamm;  St. 
Alexius  unter  der  Stiege  im  Pilgeranzuge,  wie  der 
fchmutzige  Inhalt  eines  Gefäßes  über  ihn  ausgeleert 
wird  und  endlich  zwei  Frauengeftalten  als  Schildhälter, 
die  eine  in  einem  weiten  Gewände  von  weißer,  die 
andere  von  rother  Farbe,  in  offener  Landfchaft  auf 
einem  blumigen  Wiefengrunde  fitzend.  Der  eine  Schild 
zeigt  zwei  fich  durchfehneidende  Winkel  mit  einer 
Kugel  darüber,  der  andere  einen  Stern  und  zwei  fich 
durchfchlingende  Brode  in  Form  der  fogenannten 
Bretzeln. 

Daran  reihen  fich  prachtvolle  Ausfuhrungen, 
herrlich  in  der  Farbe  wie  in  der  Zeichnung  aus  der 
erften  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts ;  in  ihrer  Manier  der 
Durchführung  tritt  eine  Hinneigung  zu  einer  mehr 
plaftifchen  Auffaffung  auf,  vorzugsweife  in  den  Rahmen, 
welche  häufig  im  Renaifiance-Style  gehalten  find.  In 
der  weftlichen  Abtheilung  des  Kreuzganges  begegnen 
wir  z.  B.  zu  oberft  im  imitirten  Maßwerk  dem  heil. 
Erzengel  Michael,  wie  er  als  Seelenwäger  auftritt, 
ganz  weiß  gekleidet,  felbft  feine  großen  Flügel  find  von 
diefer  Farbe.  Seinen  Schild  ziert  die  gothifche  Initiale 
N,  in  Begleitung  von  zwei  Sternen.  Zunächft  darunter 
zeigen  fich  zwei  Benediktiner  -  Nonnen,  gar  liebliche 
Frauengeftalten  von  guter  Zeichnung,  urfprünglich 
ohne  Zweifel  zu  einem  größeren  Votivbilde  gehörend 
und  hier  nur  als  Lückenbüßer  eingefügt.  Diefes 
Fenfters  eigentliche  Zierde  bilden  die  folgenden 
etwas  größeren  Tafeln:  St.  Benedict  und  die  Gottes- 
mutter. Erfterer  in  vollftem  Prachtornat  als  Abt  mit 
violettem  Mantel,  fitzend  auf  einem  grünen  zart  ver- 
zierten Polfter,  der  auf  einem  fchönen  mit  reich 
gefchnitzter  Lehne  verfehenen  Throne  ruht.  In  der 
einen  Hand  wie  gewöhnlich  das  Pedum  haltend,  in  der 
anderen  das  bekannte  Gefäß  mit  dem  vergifteten 
Tranke.  Zu  feinen  Füßen  kniet  eine  zarte  junge  und 
eine  ältere  Frauengeftalt  in  weißer  und  fchwarzer 
Ordenstracht.  Noch  erhöhtere  Farbenpracht  gewahren 
wir  in  der  Madonna,  auf  einem  ähnlichen  Throne  wie 
St.  Benedict;  fie  hält  in  der  Linken  das  Sccpter,  in  der 
Rechten  das  Kindlein  leicht  umfchlungen.  Die  Tafel 
zeigt  die  Jahreszahl  1519.  Im   nächften  Fenfter  fpricht 


ein  Familienftück  aus  drei  Perfonen  beftehend,  jeden 
Befucher  des  Kreuzganges  auffallend  an.  Wir  finden 
die  kleine  Patrizierfamilie  in  einem  gemüthlichen  Bei- 

fammenfitzen.  Der  Hausvater  im  fchönften  Mannesalter 
mit  aufgeftülptem  Käppchen  auf  feinen  bereits  grauen 
Ilaaren,  an  die  fich  ein  langer  fchön  gepflegter  Bart 
anfchließt,  ruht  in  einem  hochrothen  Prachtmantel  vor 

einem  grünen  Vorhang.  Ihm  gegenüber  fitzt  vor  einem 
theilweife  offenen  Fenfterflügel  feine  Gemahlin,  eine 
gar  ftattliche  Frau  mit  weit  ringsum  vortretendem 
gelben  Kopfbund;  ihr  eng  anliegendes  und  am  Hälfe 
ftärker  ausgeschnittenes  Unterkleid  ift  von  violetter, 
das  Oberkleid  von  blauer  Farbe.  Sie  hält  ein  offenes 
Buch  vor  fich,  aus  dem  fie  vorzulefen  fcheint.  Das 
lebensfrohe  Kind,  ein  liebliches  Mädchen  fleht  zwifchen 
beiden,  feine  heiteren  Blicke  dem  Befchauer  zuge- 
wendet. 

Von  jenen  an  der  Nordfeite  des  Kreuzganges 
find  zu  erwähnen  das  Bildchen,  wo  Maria  Jefum  der 
Mutter  Anna  übergibt  und  diefe  dem  Kindlein  eine 
Frucht  darreicht.  Die  zart  gekräufelten  Haare  der  heil. 
Jungfrau  hält  ein  fchwarzes  Band  zierlich  zufammen 
und  den  fein  damascirten  Hintergrund  füllen  in  den 
oberen  Theilen  Gott  Vater  mit  dem  heil.  Geifte  aus. 
Links  unten  kniet  der  Donator  in  rothem  Kleide  mit 
Pelzkragen;  dabei  die  Infchrift:  „i^c3u  difer  zit  bilgery 
treydennen  geiftlich."  Eine  andere  Tafel  zeigt  die  ftatt- 
liche  Figur  von  St.  Oswald  mit  weißen  Bart-  und 
Haarlocken,  niedriger  Lilienkrone,  Pelzkragen  und  im 
kurzen  Rocke  mit  weiten  Aermeln;  Jahreszahl  1537. 

Aus  der  letzten  Gruppe  oder  dem  17.  und  18. 
Jahrhundert  fei  erwähnt  die  Darfteilung  des  letzten 
Gerichtes;  fie  ift  fehr  figurenreich.  Oben  erfcheint 
Chriftus  auf  der  Weltkugel  in  violettem  Mantel;  von 
feinem  Haupte  gehen  Lilie  und  Schwert  aus.  Unten 
erfcheint  die  Auferftehung  mit  der  bereits  erfolgenden 
Vollziehung  des  Richterfpruches.  Die  Verurtheilten 
nimmt  ein  grüner  Riefenrachen  eines  Ungeheuers  auf. 
Auch  an  Einzelfcenen  fehlt  es  nicht;  fo  ftellte  der 
Künftler  eine  Kranken-Communion  dar,  wo  der  Schutz- 
engel Wache  hält  und  daneben  eine  nackte  Frauen- 
geftalt den  Teufel  (in  grüner  Geftalt)  mit  Gewalt  bei 
Seite  reißt.  Das  Ganze  hat  ungemein  feine  Farben- 
gebung;  die  Jahreszahl  lautet  1635. 

34.  Correfpondent  P.  Arcliangelus  Simeoner  be- 
richtet über  das  Reliquiarium  von  Unterinn  Folgendes: 
Laut  Urkunde  vom  9.  Januar  1211  fchenkte  Bifchof 
Friedrich  II.  von  Trient  an  diefem  Tage  die  „St.  Lucia 
Pfarrkirche  am  Ritten''  dem  damals  emporblühenden 
deutfehen  Orden.  Ueber  die  Confecration  diefer  Kirche 
berichtet  uns  Friedrich  Schlegel,  „lateinifcher  Schul- 
meifter,  päpftlicher  und  kaiferlicher  Notar  zu  Bozen" 
in  feinem  Kirchenkalendarium,  das  er  1538  aus  dem 
Lateinifchen  ins  Deutfche  überfetzte,  dafs  die  Pfarrkirche 
zu  „Yenn  auf  dem  Ritte"  im  Jahre  1273  zu  Ehren  der 
heil.  Jungfrau  und  Martyrin  Lucia  fammt  dem  „Chor- 
Altar"  geweiht  wurde,  dazu  wurde  noch  ein  Altar  beim 
..l'redigtftul"  zu  Ehren  der  Apoftel  geweiht.  Daraus 
läßt  fich  nun  entnehmen,  dafs  die  Pfarrkirche  urfprünglich 
zwei  Altare  hatte  und  um  diefe  Zeit  (1273)  umgebaut 
wurde.  Im  Jahre  1500  kamen  dann  zwei  neue  Altäre 
dazu:  einer  zur  Ehre  Mariens  1502,  der  andere  zur 
Ehre  Sebaftians  1503.  Aus  einer  Jahrzahl  am  Maßwerk 


LVII 


der  Schallfenfter  des  Thurmcs  entziffert  man,  dafs  der 
Thurm  1536  vollendet  wurde.  Das  Inventar  von  1617 
fuhrt  ebenfalls  vier  Altare  an.  Bis  1724  blieb  die  Pfarr- 
kirche im  urfprünglich  gothifchen  Style.  Da  kam  eine 
Aenderung  vor.  Daniel  Mayr  war  nämlich  Anführer 
jener  Bauern,  welche  am  26.  Juni  1703  den  Richter 
Plankenfteiner  ermordeten.  Zur  Sühne  baute  er  1724  bis 
1729  die  gothifche  Pfarrkirche  um,  indem  die  Säulen, 
Altäre,  das  Gewölbe  und  die  gemalten  Fenfter  hinaus- 
gefchafft  wurden,  damit  die  Kirche  hoch  und  licht 
werde.  Die  nun  fo  verunstaltete  Kirche  ift  fo  geblieben, 
Ins  der  gegenwärtige  Pfarrer  Franz  Gruber  fie  reftau- 
riren  ließ.  Hei  diefer  Gelegenheit  nun  brach  der  Pfarrer 
den  urfprünglichen  alten  Hoch- Altar  ab  und  fand  im 
Sepulchrum  das  fehr  intereffante  Reliquiarium.  D.is 
Scpulchrum  war  wie  bei  den  alten  .Altaren  an  der  Vor- 
derfeite des  Altares  angebracht.  Vor  demfelben  war 
ein  Stein  \<>n  15  Cm.  Lange,  13  Cm.  Breite  und  4  Cm. 


Fig.   29     Ritten. 

Dicke.  Hinter  diefemStein  ltand  nun  das  Reliquiarium. 
Das  Gefäß  befteht  aus  Zinn  und  ift  gegoffen,1  hat  einen 
i'chuppenartigen  mit  kleinen  Buckeln  verfehenen 
Ueberzug  und  befitzt  die  Form  unferer  gläfernen 
Mefskännchen.  Die  Höhe  des  Gefäßes  beträgt  9  Cm., 
die  Tiefe  der  Höhlung  7  Cm.  Der  Hals  des  Kännchens 
und  des  Ausgußröhrchens  find  abgebrochen,  daher  die 
<  )effnung  formlos,  der  Fuß  lehr  fchadhaft.  Das  Geiaß 
ift  fehr  alt  und  gehört  in  die  romanifche  Zeit  (Fig.  29 
Das  Siegel  am  Gefäß  ift  aber  nicht  fo  alt,  und  ebenfo 
lind  die  Reliquien  erft  fpäter  hineingekommen.  Man 
fand  darin  22  Reliquien. 

Die  Reliquien  rühren  von  fogenannten  „alten" 
Heiligen  her.  Es  kommen  vor  Reliquien:  der  heil. 
Apoftel  Bartholomäus,  Barnabas,  Laurentius  u.  f.  w. 
Jede  Reliquie  ift  in  ein  Stück  Tuch  aus  grüner,  rother, 
brauner  oder  weißer  Seide  eingewickelt,  darauf  liegt 
ein  Stück  Pergament  mit  dem  Namen  der  Reliquie  und 

1  Rcg.-Rath  Dr.  Bauer  unterfuchte  über  Ertlichen  der  Central  Com  im  I  in 
iias  Materielle  und  fand  Zinn  uhne  Blei-  oder  Antimon-Zutat/.  Ita^c^en  haltet 
eine  gewiffe  Menge  Sand  fehr  feft  an  den  rauhen  Stellen  der  Obciflachc,  w*s 
a  >ch  von  der  Gußform  herftamnien  mag. 

XIII.  N.  F. 


all  dies  ift  mit  einem  Zwirnfaden  gebunden.  Die  Schrift, 
welche  die  Reliquien  nennt,  deutet  auf  das  13.  Jahrhun- 
dert. Das  Siegel  hat  die  fpitzovale  Form.  Den  obem 
Theil  des  Gefäßes  umkleidet  eine  feftc  Wachsmaffe 
hutförmig;  in  diefe  Wachsmaffe  ift  das  Siegel  hin- 
eingegoffen.  Die  Form  laßt  auf  das  15.  Jahrhundert 
fchließen.  Zur  Confecration  des  Altares  nahm  man  als 
Reliquiarium  diefes  uralte,  fchön  geformte,  vielleicht 
fchon  damals  fchadhafte  Gefäß  und  legte  obgenanntc 
Reliquien  hinein,  fo  dafs  das  Gefäß  allerdings  älter  ift 
als  die  Zeit,  in  der  der  Altar  geweiht  wurde.  Das  Siegel 
enthält  wohl  eine  Umfchrift,  die  aber  faft  unlcferlich  ift. 
Dafs  nicht  der  Diöcefan-Bifchof  felbft  die  Weihe  vor- 
nahm, fondern  ein  Delcgatus,  geht  daraus  hervor,  dafs 
auf  dem  Siegel  nicht  der  Adler,  das  Wappen  des 
FürltenthumsTrient  fteht,  fondern  cinBifchof  mit  einem 
Heiligenfchein,  in  der  Linken  den  Stab  haltend,  mit  der 
Rechten  fegnend,  dargeftellt  ift.  AlsRefultat  der  ganzen 
Unterfuchung  kann  fomit  folgendes  conftatirt  werden: 
die  Pfarrkirche  in  Unter-Inn  auf  dem  Ritten  wurde  12;^ 
umgebaut,  um  diefelbe  Zeit  wurden  zwei  Altare  fammt 
der  Kirche  geweiht,  in  einen  derfelbcn  wurde  das  oben 
genannte  Reliquiarium,  fammt  den  Reliquien  hinein- 
gelegt und  verfchlof- 
fen.   Der  Altar    beim 

Predigtftuhl    wurde 
ohne     Zweifel     früher 
entfernt,  denn  die  Pfar- 
re   hat   jetzt    nur  drei 
Altäre.  ' 

Fig.  30  gibt  die 
Abbildung  des  Orna- 
ments auf  der  Fuß- 
platte. 

35.    Confervator 
I.cpkovski  machte  die 
Mittheilung,   dafs    am 
21.    Januar    d.    J.    die 
Gräber    der    Königin 

Hedwig,  Gemahlin  des  Königs  Jagicllo  und  des  Cardi- 
nais Zbigniew  Olesnicki  im  Krakauer  Dome  commif- 
fionell  eröffnet  wurden.  Die  vernichteten  Särge  waren 
von  Holz,  von  Kleinodien  und  Kunftgegenftänden  fand 
man  keine  Spur,  die  Stoffe  waren  zerfallen.  Bei  der 
Leiche  der  Königin  fanden  fich  nur  Scepter  und  Reich- 
apfel von  Holz;  die  Graber  wurden  nach  ihrer  Unter- 
fuchung wieder  gänzlich  gefchloffen,  ohne  dafs  etwas 
aus  denfelben  entnommen  worden  wäre. 

l6.  Bartholmä  Petnik  berichtete,  dafs  er  gegen 
Schluß  des  vergangenen  Jahres  in  Großdorf  Nevio- 
dunumj  ein  gemauertes  Grab  gefunden  habe.  Es  ift 
135  M.  lang  und  faft  ebenfo  breit,  vzo  M.  tief  und 
enthielt  viele  verzierte  Scherben  von  Thongefaßen, 
dann  eine  kleine  filberne  Nadel  Auf  einem  Steine,  der 
die  Schwelle  in  den  eingefturzten  Grabraum  bildet, 
die  Infchrift  CLIBKK  1  VS.  Alle  Funde  kamen  in 
Laibacher  Mufeum. 


Fig.  30.    1  Ritten.) 


5/  ■ 


Confervator  Leinmüller  hat  an   die   Central- 
Commiflion   über   die  Pfarrkirche  in  Neudegg    K 
berichtet.  Sie  ift  Johannes  dem  Taufer  geweiht,  1498 

erbaut,    vielfach    umgeftaltet;  fo  erhielt    lie    1857    eine 

h 


LVIII 


Verlängerung  im  Schiffe,  um  den  Mufikchor  unterzu- 
bringen, dann  ein  Seitenfchiff  nordfeits  und  endlich 
einQuerfchiff  Die  Wölbung  des  urfprünglichen  Schiffes 
und  des  polygon  gefchloffenen  Presbyteriums  ift 
gothifch  mit  kräftigen  Holzrippen,  die  im  Langhaufe 
drei  Joche  bilden,  die  Fenfter  fpitzbogig  zweitheilig 
mit  Maßwerkbekronung,  großentheils  fehr  fchadhaft. 
Portal  fehr  defect. 

Confervator  Stipperger  berichtete,  dafs  die 
Reftaurirungs- Arbeiten  an  der  Dominicaner-Kirche  in 
F rief  ach  im  Jahre  1S86  in  Angriff  genommen  wurden. 
Man  begann  mit  den  beiden  Seitenfchiffen,  wo  fich 
fünf  fehr  fchadhafte  Gewölbe  vorfanden,  die  erneuert 
wurden,  dann  kam  das  Mittelfchiff  daran,  endlich  der 
feuchte  Verputz  der  Wände,  diefe  Arbeiten  kofteten 
über  6000  fl.  Auch  für  das  laufende  Jahr  find  noch 
conftruetive  Arbeiten  durchzufuhren,  wofür  9000  fl. 
zur  Verfügung  ftehen. 


Fig.   31.   (Altmünfter.) 

39.  In  Fig.  31  bringen  wir  die  Abbildung  des 
intereffanten  Tauffteins,  der,  wie  in  Mitth.  n.  F.  Bd.  XII, 
S.  LH  erwähnt,  fich  in  einer  Seiten-Capelle  der  Pfarr- 
kirche zu  Altmünßer  befindet.  Es  ift  unzweifelhaft,  dafs 
das  fteinerneWafferbecken  noch  der  romanifchen  Styl- 
Periode  angehört.  Es  ift  achteckig  und  befteht  aus  je 
acht  vorkragenden  und  darüber  fenkrechten  Flächen, 
die  abwechfelnd  mit  rohen  Sculpturen  verziert  find.  An 
den  oberen  Flächen  finden  fich  dargeftellt  ein  Fifch, 
ein  Bock  und  eine  Taube,  dann  ein  Menfch  —  bis 
zum  Unterleib  ausgeführt,  auf  einer  Schrägfläche  eine 
Schlänge  — ;  der  ebenfalls  achtfeitig  behandelte  ftei- 
nerne  Fuß  gehört  in  die  fpät-gothifche  Zeit. 

40.  Confervator  Prof.  Häuf  er  machte  die  Mit- 
theilung, dafs  bei  der  Bahn  von  Brück  a.  L.  nach 
Hainburg  bei  Petronell  in  einer  Nähe  von  13  bis  r;  M. 


und  im  LTmkreife  von  circa  25  M.  drei  Skelette  gefunden 
wurden,  fie  lagen  nur  in  bloßer  Erde.  Bei  einem 
Skelette  fand  man  einem  Armring  und  zwei  kleine 
Buckeln  aus  Silber,  Scherben  eines  Thongefäßes  aus 
grauem  Materiale,  bei  einem  anderen  einen  Armreif. 
eine  ftark  verroftete  Fibel  und  einen  einfachen  Reif 
aus  Bronze.  In  der  Nähe  davon  wurde  ein  einhenkeliger 
gelber  Thonkrug  von  doppelkegelförmiger  Geftalt  mit 
rohrenartigem  Hälfe  (34'/,  Cm.  hoch)  gefunden. 

41.  Ueber  Anregung  der  Central-Commiffion  hat 
fich  das  Unterrichts-Minifterium  im  Einvernehmen  mit 
dem  Minifterium   des  Innern   veranlaßt  gefehen,  zum 
Schutze  gegen  die  Raubgräberei  unterm  20.   Januar 
d.  J.  einen  Erlafs  an  die  Landes-Behorden  zu  richten, 
den  die  Central-Commiffion  als  eine  ebenfo  hochwich- 
tige, wie  für  die  Intereffen  derfelben  höchft  erfreuliche 
Kundgebung  bezeichnen  muß.  Der  Inhalt   diefes  Er- 
laffes  befteht  wefentlich  darin,  dafs  die  LandeMtellen, 
bei    dem    Umftande,    als    es    notorifch    ift,  „dafs   die 
wilYenfchaftlichen    Aufgaben     bei     Aufdeckung     von 
archäologifchen  Funden,  fei  es  aus  Unverftand  fei  es 
mit  Abficht,  häufig  nur  zu  ungenügend   durchgeführt 
werden,  namentlich  in  allen  jenen  Fällen,  wenn  Finder 
aus  gewinnfüchtigen  Motiven  oder  als  .Sammler'  nur 
beftimmten  archäologifchen  Objecten   ihre  Aufmerk- 
famkeit  zuwenden  und  auf  diefe  Weife  fo  mancherlei 
für  fie  Unwefentliches,  vom  Standpunkte  der  Wiffen- 
fchaft  aber  Wichtiges  beifeite  laffen  oder  fogar  ver- 
nichten," angewiefen  werden,  der  Raubgräberei  nach 
archäologifchen    Gegenftänden    hauptfachlich    durch 
Belehrung  und  Anregung  des  patriotifchen  Sinnes  und 
des  archäologifchen  Intereffes  im  Wege  der  Geiftlich- 
keit,  der  Lehrer  und  der  Local-Behörden  entgegenzu- 
wirken. Auch  fei  der  Bevölkerung  die  Anzeigepflicht 
einzufchärfen  und  darauf  zu  achten,  dafs  vorkommende 
Funde  von  jedermann,  befonders  von  den  Auffichts- 
Organen    der    bezüglichen    Arbeiten    fchleunigft   zur 
Kenntnis  der  Behörden,  der  Confervatoren  und  Landes- 
Mufeen  gebracht  werden.  Es  wird  in  diefem  Erlaffe  ein 
befonderes  Gewicht  daraufgelegt,  dafs  von  den  politi- 
fchen  Behörden  I.  Inftanz,  auch  wenn  an  fie  eine  Meldung 
feitens  der  Betheiligten  nicht  erfolgt  wäre,  alfo  auf  die 
bloße  wie  immer  erlangte  Nachricht  von  Funden,  be- 
fonders   von    folchen    an  Orten,   welche   bisher  nicht 
durchforfcht,  fomit  noch  unberührt  find,  der  betreffende 
Confervator  oder  bei  deffen  zu  großer  Entfernung  oder 
Verhinderung  die  nächfte  fachlich  tüchtige  Vertrauens- 
perfon  (Correfpondent)  alfogleich  und  zwar  unmittelbar 
in    Kenntnis    gefetzt    und    um    Abgabe    fachkundigen 
Rathes  erfucht  werde. 

Die  hohe  Wichtigkeit  diefes  Erlaffes  dürfte  allen 
Fachmännern  einleuchten,  aber  auch  die  entfernter 
flehenden  Kreife  dürften  deffen  Zweckmäßigkeit  nicht 
verkennen,  wenn  man  auf  einzelne  folche  Fälle  von 
Grabungen  in  unbefugter  Weife  hinweift.  Abgefehen 
von  der  in  diefe  Gruppe  unzweifelhaft  gehörigen 
Schädigung  der  Wurmlacher  Infchrift,  erzählt  z.  B. 
F.  Hoernes  in  feinem  Berichte  über  die  Ausgrabungen 
auf  dem  Grabfelde  von  St.  Michael  in  Krain,  dafs  eine 
merkwürdige  Grabesftelle  dafelbft  im  Winter  1SS6  auf 
eine  geradezu  barbarifche  Weife  durch  Raubgräberei 
befchädigt  wurde,  und  dafs  der  Schutz  der  Behörde. 
welchen  der  Eigenthümer  des  Feldes  wiederholt  anrief, 


LIX 


machtlos  blieb.  Von  diefer  fyrtematifchen  Verwüftung, 
welche  durch  Sondirung  mit  Eifenftangen  eingeleitet 

und  durch  Anfchürfung  von  engen,  in  die  Mitte  der 
Graber  führenden  Schlupflöchern  durchgeführt  wurde, 
konnte  man  fich  auf  Schritt  und  Tritt  überzeugen. 
Fall  in  jedem  ausgeraubten  Grabe  fanden  fich  Gegen- 
stände der  verfchiedenften  Art  zerflückelt  vor,  die, 
weil  fie  bei  dem  Antiquitätenhändler  keinen  Anwerth 
fanden,  unbeachtet  zurückgelaffen  blieben,  oder  als 
werthvolle  Objecle  überhaupt  gar  nicht  erkannt  wur- 
den. Da  aber  oft  gerade  folche  Dinge  unfeheinbarer  Ai  t 
wichtige  Auffchlüße  geben,  fo  ift  der  Schade,  den  die 
Willen fchaft  durch  diefe  Raubgräberei  erleidet,  nicht 
feiten  ein  unerfetzlicher.  In  ahnlicher  Weife  wurde  vor 
etlichen  Jahren  eine  Hohle  in  Mahren  geplündert, 
aus  der  man  ganze  Wagenladungen  von  Knochen  dilu- 
vialer Thierc  fortführte;  nicht  viel  beffer  war  es  mit 
den  Ausgrabungen  am  Hradisi  bei  Strakonic  in 
Böhmen,  wo  die  Sucht  aus  den  Funden  Gewinn 
zu  ziehen,  zuletzt,  als  eben  diefer  abnahm,  zu 
ausgedehnten  Fälschungen  führte,  die,  wenn- 
gleich fie  fchließlich  als  folche  erkannt  werden, 
doch  oftmals  Verwirrung  zu  ftiften  im  Stande 
find. 

Es  ift  daher  hochwichtig,  dafs  in  dem  obbe- 
rührten  Minifterial-Erlaffe  als  der  hauptfäch- 
lichfte  Zweck  für  die  Ingerenz  der  politifchen 
Organe  dieEinhaltung  eines  fyftematifchen Vor- 
ganges bei  folchen  Nachgrabungen  bezeichnet 
wird.  Die  rechtzeitige  Heranziehung  der  wiflen- 
fchaftlich  gebildeten  Organe  wird  den  politi- 
fchen Behörden  in  allen  fich  ergebenden  Fällen 
zur  Pflicht  gemacht,  und  insbefondere  wenn  es 
fich  um  Entdeckung  größerer  Fundftellen  han- 
delt, wie  von  Leichenfeldern,  ehemaligen  Fried- 
höfen, Grüften,  Pfahlbauten,  Architektur-Reften, 
verlaffenen  Bergwerksanlagen,  wo  die  Arbeit 
der  Aufdeckung  Tage  und  Wochen  oder  noch 
langer  dauern  kann. 

Die  politifche  Behörde  wird  nach  Einver- 
nehmen mit  dem  archäologifchen  Fachmannt 
die  in  ihrem  Wirkungskreife  gelegenen  weiteren 
Weifungen  und  Verfugungen  zu  treffen  und  fich 
hiebet  der  entfprechenden  Einflußnahme  des 
bezüglichen  Confervators  oder  feines  Stellvertreters 
auf  die  Leitung  und  Ueberwachung  der  Arbeiten  zu 
verfichern  haben.  Es  fleht  ihr  felbftverrtändlich  frei,  den 
genannten  Funcüonären,  wo  dies  nach  der  Natur  der 
bezüglichen  Arbeiten  zuläffig  erfcheint,  auch  felbft  die 
Leitung  und  Ueberwachung  zu  übertragen. 

Außer  der  Einhaltung  eines  fyftematifchen  Vor- 
ganges bei  den  Ausgrabungen  ilt  es  ein  weiteres 
nicht  minder  wichtiges  Intereffe  der  Wiffenfchaft,  dafs 
eine  fachmännifche  Aufnahme  aller  Beachtung  er- 
heifchenden  Nebenumftände  —  als  Situation  des  Fund- 
ortes, der  einzelnen  Fundftücke,  Inventar  und  Be- 
fchreibung  des  Fundes  —  ermöglicht,  ja  wo  möglich 
fchon  an  Ort  und  Stelle  vorgenommen  werde.  Auch 
hierauf  hat  die  politifche  Behörde  nach  Maßgabe  der 
fich  ergebenden  befonderen  Verhältniffe  entfprechen- 
den Einfluß  zu  nehmen. 

42.  Confervator  Griffs  hat  an  die  Central-Com- 
miffion  über  das  rotheHaus  mBöhmifch-Leipa  Fig.  32) 


berichtet,  ein  Gebäude,  «las  eine  hervorragende  Zierde 
der  genannten  Stadt  bildet.  Da-felbe  wurde  im  Jahn 
15S3  erbaut  1883  eingehend  und  pietätvoll  renoviert. 
Es  mag  feinen  Namen  wohl  durch  den  Volksmund, 
und  zwar  von  feinen  rothgemalten  Säulen,  Fenfter- 
und Thürumrahmungen  erhalten  haben,  welche  beider 
Renovation  ebenfalls  in  demfelben  Tone  gehalten 
blieben.  Die  Hauptfront  des  Gebäudes,  das  irt  die 
Seite,  wo  fich  die  Galerie  mit  dem  unterhalb  befind- 
lichen, fünf  Jagdbilder  darftellenden  Friefe  befindet, 
liegt  gegen  Süden,  gegenüber  dem  alten  Schi' 
worin  einft  die  Herren  Berkav.  Dauba  und  Lippa  ihren 
Wohnfitz  hatten.  Die  Eindachung  gefchah  mit  Ziegeln, 
welche  jedoch  der  neueren  Zeit  angehören.  Das  Mate- 
rial, welches  zu  dem  Baue  des  rothenl  laufes  verwendet 
wurde,  befteht  zum  großen  Thcile  aus  unregelmäßigen 
Bafaltltücken    und    auch     theilweife     aus    Sandftein. 


Fig.  32.  (Bölimifch-Leipa.) 

Sämmtliche  Räume  im  Erdgefchoffe,  fowie  im  erften 
Stockwerk  find  gewölbt,  ebenfo  die  Galerie,  welche 
zugleich  polychromirt  ift  und  grau  in  grau  gemalte 
Ornamente,  in  den  abgerundeten  dreieckigen  Zwickeln 
Blumenftücke  auf  mattem  gelben  Grunde  enthalt. 
Polychrom  war  auch  der  im  erften  Stockwerke  liegende 
,,Huldigungsfaal".  Die  fall  lebensgroß,  grau  in  grau 
ausgeführten  Figuren  lallen  in  den  Ueberreften  einen 
I  luldigungs-Act  erkennen,  wodurch  auch  die  Bezeich- 
nung des  Raumes  feftzuft eilen  ilt.  Derzeit  ift  der  frühere 
Saal  durch  eine  Scheidemauer  getheilt,  die  man  bei 
der  Renovirung  nicht  wegzunehmen  wagte,  da  das 
Gebäude  äußerft  fchadhaft  war  und  fchon  Ende  der 
Vierzigerjahre  den  Einfturz  der  ortlichen  Giebelmauer 
herbeiführte.  Bereits  damals  war  die  Malerei  des  Saales 
durch  mehrfache  Kalküberltreichungen  verdeckt  und 
durch  die  nothwendig  gewordenen  Maurerarbeiten 
befchädigt,  erhielt  jedoch  die  Schädigung  durch 

das  eigenmächtige  Gebahren  der  Arbeiter  im  Jahre 
1883,  welche,  ohne  die  geringfte  Mittheilung  zu  machen, 

h* 


LX 


l  .Tundenen  Malereien  abkratzten  und  vermeh- 
rt. Sämmtliche  Außenwände  einfchließlich  des  I 
bels  find  mit  Sgraffitos  decorirt  gewefen.  was  auch 
bei  der  Neuherftellung  ftreng  feilgehalten  wurde.  Die 
Jagdfcene  umfafst  fünf  Bilder:  i.  die  Hafenjagd;  -.  die 
Hirfchjagd,  bei  welcher  die  urfprüngliche  Zeichnung 
noch  erkennbar  war,  daher  feilgehalten  wurde;  3.  die 
Sauhatz,  fowie  4.  die  Hühnerjagd:  5.  eine  Landfchaft 
mit  Schäfer  und  Herde,  fowie  mit  einem  von  einem 
Schäfer  verfolgten  Wolfe,  der  ein  Schaf  geraubt  hat. 
Die  I  iber   den   Säulenknaufen  der  Galerie  des 

alten  Stockwerkes  enthalten  männliche  und  weibliche 
fe,  ebenfalls  in  Sgrafifito  durchgeführt,  wovon  das 
mitteilte  Bildnis  den  Dichter  Dante  darzuftellen  Icheint. 
woraus  zu  fchließen  ift,  dafs  italienifche  Arbeiter  dabei 
beschäftigt   gewefen   fein   mögen.   Die   Erbauung   des 
rpthen    Haufes    dürfte    dem    humaniftifch    gebildeten 
Btrka,  der  Italien  bereift  hatte,  zuzu- 
fohreiben    fein.  Im  17.   Jahrhundert,    als    Wallenftein's 
hter  den   Befitz   der  Herrfchaft    Neufchloß  Leipa 
übernahm,  fand  im  Saale  die  Huldigung  ftatt. 

L'cber  die  in  jüngfter  Zeit  in  M.  Oflrau,  dann 
in  Sl  nachten  Funde  find  vom  Confervator 

Trapp  der  Central-Commiflion  neuerliche  Nachrichten 
zugekommen. 

n  dem  letzteren  Funde  kamen  nämlich  an 
Mufeum  zwei  größere  Lind  eine  kleinere  Urne 
lammt  Deckel  und  dann  zahlreiche  Gefaßfeherben.  Die 
Urnen  fcheinen  auf  der  Drehfeheibe  erzeugt  und  zeigen 
an  ihrer  Ausbauchung  mehrere  wagrechte  Streifen. 
1  )as  Material  ift  grobkörniger  braunerThon.  Die  beiden 
:n  Urnen  habe  Cm.  Höhe,  die  Oeffnung 

erreicht  12  Cm.,  die  Au-bauchung  46  Cm.  im  Durch- 
meffer,  die  Fußplatte  aber  nur  7  Cm.  DL-  kleine  Urne 
ift  10  Cm.  hoch,  hat  34  Cm.  Umfang.  5  Cm.  Fußflache 
und  9  Cm.  Oeffnungsweite. 

Der  Staryhrad  ift  der  füdlichfte  Ausläufer  des 
Marsgebirges,  bildet  oben  eine  kleine  Fläche,  wofelbft 
ehemals  eine  jetzt  ganz  verfchwundene  Burg  ftand; 
nur  Gerolle  blieb  übrig.  1703  baute  dafelbft  Erdmann 
Chriftoph  Graf  Proskau  eine  Capelle.  Als  man  in 
neuefter  Zeit  dort  Weingärten  anlegte,  wurde  ein 
Theil  des  Mauerfchuttes  befeit;gt  und  die  Erde  bloß- 
gelegt: da  bemerkte  man  unter  dem  Schutte  die  ganze 
obere  Fläche  als  eine  mächtige  Kohlen-  und  Afchen- 
fchichte  mit  vielen  halbverbrannten  Tbier-Knochen- 
reften.  An  den  Abhängen  des  Berges,  wo  fchon  ältere 
Weingärten  beftehen,  finden  fich  allenthalben  Topf- 
fcherben.  Die  oberwähnten  Gefäße  wurden  am 
Südabhange  des  Berges  gefunden,  etwa  3  M.  tief  im 
Boden.  In  großen  Gefäßen  befanden  fich  kleinere.  Die 
großen  waren  faft  alle  zerdruckt,  auch  viele  kleine 
befchädigt.  Faft  alle  fanden  fich  umgeftürzt.  Der  Inhalt 
war  braungraue  Afche  mit  wenig  Kohlen,  darunter 
keine  Erde,  die  nur  oben  auflag,  da  die  Deckel  ver- 
fchoben  waren.  Wenige  Knochenrefte  fanden  fich 
neben  den  Topfen.  Es  fcheint,  dafs  die  Erdfchichten 
durch  den  Einfturz  der  Burgmauern  verfchoben 
wurden,  wobei  auch  die  Töpfe  zertrümmert  wurden. 
Nur  wenige  Töpfe  konnten  unverfehrt  erhoben  werden, 
darunter  die  Ein-angs  bemerkten. 


44.  Am  1.  März  1SS7  ftarb  der  Correfpondent  der 
Central-Commiffion  Anton  Widtcr  im  7$.  Lebensjahre. 
Fr  war  eine  überaus  merkwürdige  Krfcheinung.  Die 
Redaction  fühlt  fich  verpflichtet,  diefes  Mannes  mit 
einigen  Worten  zu  gedenken,  da  er  feit  einer  langen 
Reihe  von  Jahren  mit  der  Central-Commiflion  in  leb- 
hafter Verbindung  ftand  und  als  Correfpondent,  eine 
Zeit  lang  auch  als  Confervator  ganz  befonders  in  deren 
InterelTe  wirkte. 

Von  Jugend  auf  berufen,  fich  auf  industriellem 
Gebiete  zu  bewegen,  fand  fich  doch  bald  Gelegenheit, 
das  in  ihm  fchlummernde  Intereffe  und  Verftandnis  fiir 
die  Denkmale  der  Kunft  und  Gefchichte  zu  erwecken. 
Durch  eine  Zeit  lang  in  Schwechat  domicilirend,  hatte 
er  bald  feine  Aufmerkfamkeit  den  fich  häufig  erge- 
benden dortigen  Funden  zugewendet  und  bald  felbft 
auf  feine  Kolten  Grabungen  in  zweckmäßigster  Weife 
und  mit  glücklichem  Erfolge  durchgeführt.  So  mancher 
Römerftein  feines  Lapidariums  wurde  durch  ihn  felbft 
an  das  Tageslicht  gebracht.  Auch  die  römifche  Lager- 
Stätte  bei  Petronell  befchäftigte  ihn  in  der  Folge  ganz 
befonders.  Fr  war  einer  der  erften.  die  diefer  Stätte  in 
neuerer  Zeit  die  verdiente  Beachtung  widmeten,  ja  ihm 
die  erneuerte  allgemeine  Aufmerkfamkeit  zuwendeten. 
Der  Sogenannte  Triumphbogen  wurde  unter  feiner 
Leitung  und   faft   allein    mit   leinen  Mitteln   reflaurirt. 

n  nicht  das  römifche  Forfchungsgebiet  blieb  aus- 
schließlich dasjen  ge.  das  ihn  beschäftigte,  er  nützte  Seine 
geringe  verfügbare  Zeit  zu  Reifen  aus.  NiederOefter- 
reich  kannte  er  wie  nicht  bald  jemand.  Ober-Oefter- 
reich.  Steiermark,  Ungarn  durchzog  er  wiederholt. 
Deutschland,  Italien,  Dalmatien  und  Siebenbürgen  hat 
er  bereift. 

ne  glücklichen  Vermögens- VeihältniSSe  geltat- 
teten  ihm  Sammlungen  von  Münzen.  Medaillen,  Kupfer- 
ftichen,  werthvollen  Bibliotheksftücken  und  Antiqui- 
täten u.  f.  w.  anzulegen.  Was  er  er>varb.  war  nur  gutes, 
ja  vorzügliches.  In  feinen  Erwerbungen  zeigte  fich 
fein  befonderes  Verftandnis,  fein  reger  und  geläuterter 
Kunftfinn. 

In  feinem  Garten  erbaute  er  einen  offenen  Säulen- 
gang, zu  deffen  Arcadenträgern  die  Säulen  aus  dem 
bekannten  GrabenhauSe  verwendet  wurden.  Hier  finden 
Sich  zahlreiche  Römerfteine  und  Ziegel,  aber  auch 
mittelalterliche  Steindenkmale,  gothiSche  Fenfter  — 
darunter  eines  aus  der  St.  Clara-Kirche  zu  Wien.  au< 
einem  BeSeftigungsthurme  zu  Krems  —  Sculpturen. 
darunter  das  Portal-Tympanon  mit  den  Büftenreliefs 
des  Sigmund  von  Dietrichftein  und  der  Barbara  Rottal 
aus  Thalberg,  zahlreiche  mittelalterliche  Grabdenk- 
male, darunter  Solche  aus  der  Maria  Stiegen-  und 
Minoriten-Kirche,  das  eines  Solms,  mehrere  der  Neu- 
degger  u.  S.  w.  Auch  als  Photograph  war  Widter  thatig. 
Seine  Aufnahmen  zeichnen  fich,  abgeSehen  davon  dals 
Sie  überhaupt  vom  Standpunkte  der  Photographie  als 
Sehr  gelungen  bezeichnet  werden  müßen.  in  der  Wahl 
der  Objecte,  in  der  Art  der  Aufnahme  u.  f.  w.  aus  und 
charakterifiren  den  kunftverftändigen  Fachmann. 

Der  Kreis  der  Freunde  alter  und  mittelalterlicher 
Kunft  hat  mit  ihm  eine  bewährte  tüchtige  KraSt  aus 
Seiner  Mitte,  der  Kreis  Seiner  Freunde  einen  bereit- 
willigen, gelalligen  und  braven  Genoffen  verloren,  deffen 
Hintritt  allerorts  nur  tief  bedauert  werden  kann.      L. 


*3*  -  > . 


LXI 


Ueber  die  römifchen  Strafsen-Caftelle  und  Standlager 

in  Tyrol. 


Vun   k.   k.   Confervator   Karl  Alz. 


|AUM  waren  die  Römer  durch  die  Unterjochung 
( )ber  [taliens  die  nächften  Nachbarn  der  Rätier 
[ü:  geworden,  fo  fühlten  fie  bald  auch  Luft,  ihre 
fiegreichen  Adler  in  den  rätifchen  Alpenpäffen  aufzu- 
pflanzen, um  von  dort  aus  ihre  Macht  bis  zum  Strom- 
gebiet des  Rheins  und  der  Donau  auszudehnen.  Im 
Jahre  117  v.  Chr.  hatte  O.  Marcius  Rex  zwei  der  vielen 
Völkerfchaften,  in  welche  das  Land  getheilt  war, 
nämlich  die  Stoner  in  Judicarien  und  cl i <.-  Eugenäer  in 
Valfugana  befiegt  und  einen  Triumph  über  fie  gefeiert. 
Zum  zweitenmal  (113  —  101)  führte  die  Römer  der 
eimbrifch-teutonifche  Krieg  ins  Land,  wobei  fie  aber 
den  Kürzeren  zogen  und  flüchtig  aus  den  Gebirgen 
hinauseilen  mußten.  Erft  Cafar  richtete  als  Statthalter 
von  Illyrien  zueilt  wiederum  feine  Aufmerkfamkeit 
auf  die  Thaler  Tyrols,  die  hohe  Wichtigkeit  der  Alpen- 
päße  und  Alpenftraßen  wohl  fchätzend.  Ihm  fchreibt 
man  den  erften  Verfuch  einer  Römerftraßc  mitten  bis 
ins  Herz  des  Landes  zu,  jene  nämlich,  welche  von 
Aquileja  aus  über  den  Zuglio  und  die  Pleckeneralpe 
durch  das  Gail-  und  Drauthal  und  das  heutige  Pufter- 
thal  bis  Schabs  bei  Brixen,  Sterzing  und  Wüten  fich 
fortfetzte.  Wegen  angeblich  rauberifcher  Einfälle  ins 
römifche  Gebiet  von  Ober-Italien  gaben  die  Römer 
vor,  fofort  energifch  ganz  Rätien  unterjochen  zu 
müßen.  Sie  fchickten  16  v.  Chr.  Munatius  Plancus, 
welcher  wirklich  bis  Trient  vorrückte  und  zum  Danke 
feines  Sieges  dafelbft  dem  Saturnus  einen  Tempel 
erbaute. 

Im  Jahre  22  v.  Chr.  erfchien  dann  auf  Befehl  des 
Auguftus  der  Legat  Apulejus  in  Trient  und  baute  auf 
dem  freiftehenden  Felfenhügel  hart  am  nordweftlichen 
Ende  der  gegenwärtigen  Stadt  ein  Caftell,  Verruca 
mit  Namen  wegen  feiner  fteüen  Lage,  heute  aber  Dos 
di  Trento  genannt. 

Mit  dem  füdlichften  Stücke  des  Landes  begnügten 
fich  aber  die  Romer  noch  nicht,  fondern  gingen  gleich 
zu  einer  planmäßigenUnterwerfung  des  ganzen  Landes 
vor.  Auguftus  fandte  daher  im  Jahre  16  v.  Chr.  feinen 
Adoptivfohn  Drufus  in  die  tridentinifchen  Gebirge  und 
brachte  die  dortigen  Bewohner  in  harte  Bedrängnis. 
Indefs  follen  felbe  dennoch  in  demfelben  Jahre  neue 
Einfalle  in  Ober-Italien  gemacht  haben.  Da  fchickte 
der  Kaifer  feine  beiden  Adoptivföhne  Tiberius  und 
Drufus  gegen  die  fo  kühnen  Bewohner  Rätiens.  Beide 
hatten  gleichzeitig  im  Jahre  15  v.  Chr.  die  Feinde  anzu- 
greifen. Der  Einbruch  in  deren  Gebiet,  meint  man, 
gefchah  an  vielen  Punkten  zugleich,  theils  unter  un- 
mittelbarer Anführung  der  Oberbefehlsherren,  theils 
unter  Leitung  ihrer  Legaten.  Dr.  Egger  in  feiner 
Gefchichte  Tyrols,  Innsbruk  1872,  und  Andere  geben 
folgenden  Operationsplan  aufGrund  gediegener  Quellen 
an.  Tiberius  zog  wahrfcheinlich  von  Gallien  aus,  wo  er 
damals  Statthalter  war,  und  eröffnete  den  Kampf  am 
xm.  N.  F. 


Bodenfee  mit  einem  Angriff  auf  Vindelicien  und  ver- 
hinderte, da  er  im  Rucken  der  Rätier  erfchien,  eine 
Vereinigung  der  genannten  beiden  Volker.  Drufus 
drang  indefs  von  Trient  über  Salurn  in  das  mittlere 
Etfchthal  herauf.  Zur  felben  Zeit  brachen  einzelne 
Legaten  theils  über  Bagolino  ins  Judicarien,  theils  über 
den  Tonale  ins  Sulz-  und  Nonsthal  ein  und  näherten 
fich  der  Etfch.  Ein  ähnlicher  .Angriff  wird  von  Ollen 
her  über  Primier  ins  Fleimsthal  gefchehen  fein.  Bei 
Bozen  fetzten  fich  die  Riitier  zur  Wehr  und  boten  alle 
ihre  Kräfte  auf.  Es  kam  mit  Drufus  zu  einer  mörde- 
rifchen  Schlacht,  aber  die  römifchen  Adler  blieben 
Sieger.  Drufus  fchlug  eine  Brücke  über  die  Flüße  Etfch 
und  Talfer.  Diefe  erhielt  in  den  Augen  der  Römer  eine 
fo  große  Bedeutung,  dafs  fich  davon  auch  das  dort 
errichtete  Standlager  benannte,  nämlich:  Pons  Drufi. 
Von  einzelnen  Volksftämmen,  welche  Widerstand 
leifteten,  werden  die  Venoften  an  der  oberen  Etfch 
und  die  Genaunen  am  Brenner  genannt,  mußten  fich 
aber  ebenfalls  bald  ergeben.  Die  Gegenwehr  im  Inn- 
thal,  im  oberen  wie  im  unteren,  fcheint  nicht  mehr 
bedeutend  gewefen  zu  fein,  da  uns  davon  nichts 
bekannt  worden  ift.  Ganz  Vindelicien  war  bereits 
durch  Tiberius  erobert  worden,  daher  ließen  die 
freien  Rätier  ihren  Muth  linken  und  fügten  fich  dem 
Schickfale. 

Um  fich  den  Befitz  der  Alpenländer  zu  fiebern, 
bauten  die  Römer  fefte  Straßen  in  allen  Hauptthälern 
und  legten  Verbindungswege  in  den  Neb enthälern  an. 
Diefe  herzuftellen  und  in  gutem  Stande  zu  erhalten, 
bedienten  fich  die  Sieger  der  Anlegung  von  Colonien 
in  befeftigten  Standquartieren  und  kleinen  Befatzungen 
in  zerftreuten  Caftellen  und  Thürmen. 

Mehrere  Hauptftraßen  durchzogen  das  Land  von 
Süden  nach  Norden,  von  Offen  nach  Welten.  Bereits 
unter  Auguftus  wurde  eine  Hauptftraße  der  Etfch 
entlang  und  von  Bozen  aus  auch  dem  Laufe  des  Eifack 
folgend  zu  bauen  begonnen.  Sie  führte  einerfeits  links 
über  den  Finftermünzpaß  mit  einem  Seitenweg  nach 
Chur,  anderfeits  rechts  über  den  Brenner  ins  Innthal. 
Elftere  fetzte  fich  über  den  Arlberg,  letztere  über  die 
Scharnitz  bis  nach  Augsburg  fort.  Jede  diefer  Straßen 
hatte  von  Verona  bis  Augufta  Vindelicorum  eine 
Länge  von  ungefähr  350  römifchen  oder  70  deutfehen 
Meilen.  Vollendet  wurde  fie  erft  unter  Kaifer  Claudius, 
daher  Via  Claudia  Aitgußa  genannt.  Ihren  Beftand 
bezeugen  die  vielen  aufgefundenen  Meilenfteine.  In 
diefe  zwei  Hauptlinien  mündeten  dann  wichtigere 
Nebenlinien.  Die  eine  führte  von  Lago  d'Idrio  aus  über 
das  Ledrothai  nach  Riva  oder  durch  das  Sarcathal 
herauflaufend  und  mit  jener  aus  Judicarien  kommenden 
fich  vereinigend  weiter  über  Buco  di  Vela  nach  Trient 
(vom  Südweften  her).  Die  andere  kam  von  Ölten  her 
durch  das  uns  bereits  bekannte  Valfugan,   ausgehend 


LXI1 


von  Opitergium   (Oderzo   in  Friaul     und  über  Feltria 
,  eiter  gebaut.  Die  dritte  endlich  über  Pufter- 
thal  kennen  wir  bereits. 

Bei    näherer    Erforfchung   der    einzelnen    Militär- 
ftraßen  der  Römer  in  Tyrol  werden  wir  fehen,  wie  aus 
dem  Vorkommen  vieler  Baudenkmale  hervorgeht,  dafs 
auf  beiden  Seiten  in  den  größeren  Thälern  ein  befeftig- 
ter  Verbindungsweg  beftanden  haben  müße  und  wie 
faft  jede  Ausmündung  des  kleinften  Nebenthaies  durch 
ein  Caftell  gedeckt  war.  Einzelne  Warten  oderThürnie 
erhoben  fich  wie  Schildwachen  in  geringer  Entfernung 
von  einander  und  find  häutig  auf  fchönen  Ausfichts- 
punkten  errichtet  worden.  Von  4  bis  5  oder  6  Stunden 
Weges    wurde    ein    feftes    Lager    aufgefchlagen.    Die 
Straßen  waren  in  einer  gediegenen  Weife  ausgeführt. 
Die    Romer   pflafterten   fie    mit  großen   unbehauenen 
kuppigen    Steinen,    worauf   in    ebenen    und    weniger 
fteilen  Stellen  Schotter  ausgebreitet  wurde.   Einzelne 
Forfcher  halten  das  ähnlich  io  angelegte  Pflafter  zur 
Zenoburg  und  in  Algund    Ochfentod)  bei  Meran  und 
a.   a.  O.    als   einen  Ueberreft    der   alten  Romerftraße. 
Wir  durchgehen  nun  die  einzelnen  Straßenbauten, 
Lagerftattcn  und  Caftelle  und  bemerken,  dafs  wir  uns 
dabei  auf  eigene  Unterfuchung  und  meiftens  auf  die 
gütigen  Mittheilungen  des  P.  Flavian  Orgler  ftützen. 
Im  ticffteii  Süden  beginnend,  findet  lieh  bei  Sarnis 
oder  Palatium   die    erfte   romifche    Station   in  Ratien, 
die   dritte   von    Verona   aus.  Sie   lag   am    wahrfchein- 
lichflen  an  der  Stelle  des  heutigen  Avio.  Hier  hatten 
die  Romer  eine  Brücke  angelegt,  befchützt  von  einem 
Caftell,  aus  welchem  im  Mittelalter  die  mächtige  Burg 
Caftelbarco  erftand.  Theilweife  ift  fie   noch    erhalten. 
Im    Haufe    der    Herren    Brafavola    find    nach    Orfi's 
Trentino,    Roveredo    1880,    noch   zur   Erinnerung   an 
eine  romifche  Niederlaffung  ein  paar  um  1700  gefundene 
Grablteine  mit  korinthifirenden  Säulchen  eingemauert. 
1  )ie  Infchriften  lieh  bei  Mommfen  n.  4008  und  4009.) 
Beim   Dörfchen  Vo  Cafaro  [ad  vadum  =  Uebergang) 
einer    Fundftelle    von    einem     fchönen    Hermes    aus 
Bronze,  mehrerer  Münzen  u.  dgl.  trat  die  Straße  ans 
linke   Etfchufer    über,    zu    dem    bereits    angeführten 
Palatium.  Von  jeher   kennt   man   eine  Stelle  auf  den 
Feldern,   dei  palazzi  benannt,    und   bei  St.  l'ctcr    im 
Walde    kamen     nebft    einem    Meilenfteine     mit     der 
Zahl  XXIV   auch  Infchriften   {Mommfen  V.  Bd.),   ein 
Ziegel    mit    dem  Stempel    von    Galba,    eine  Lampe 
u.  f.  w.  ans  Tageslicht.  Das  Caftell,  fowie  ein  Grabftein 
mit  der  Infchrift:  C.  Mario   C.  R.  find  verfchwunden. 
Von    Sarnis    bis    Tridentum :    XX,    fpäter  XXII 
Meilen,  wo  nämlich  weLjcnUeberfluthungen  der  frühere 
einfache  Verbindungsweg  über  Mori,  Ifera  u.  f  w.   in 
eine  Straße  umgewandelt  worden  ift,  welche  nun  auf 
dem    rechten    Flufiufer    viele    Krümmungen    machen 
mußte    und    daher    leicht    ein    paar    romifche  Meilen 
länger  fein  konnte.  An  römifchen  Funden  ermangelte 
es  längs  beider  Straßen  ziige  nicht.  So  ftieß  man  bei 
Serravalle  am  linken  Etfchufer)  mit  einer  gleichnamigen 
Burg  im  Jahre  1857  beim  Eifenbahnbau  auf  einen  groß- 
artigen   Be^räbnisplatz  mit    Urnen,   Lampen    u.    dgl. 
Dasfelbe  gilt  von  San  Marco,  und  zwar  in  den  Feldern 
alla  Ghiffa,   alle  Chiufure,   alle  Risce   und   alle  Saline. 
Die  Burg  Lizziana  Licina  um  928)  hielt  das  Volk  ftets 
für   ein  „Heidenfchloß-4   und   heute   noch   nennt   man 
einige  Felfenkuppen  das  Caftello  pagano.  Unterhalb 


desfelben  fanden  (ich  wiederum  Ueberrefte  von  einem 
Begräbnisplatz.  Viele  der  Fundgegenftände  zeigt  man 
im  Mufeum  zu  Roveredo.  Zum  Be weife,  dafs  auch 
diefe  Stadt  auf  den  Trümmern  einer  bedeutenden 
römifchen  Niederlaffung  nacb  und  nach  erwachfen  ift, 
führt  Orfi  S.  19  eine  Menge  Fundfteller)  in  ihrem 
Weichbilde  und  der  n.ichiten  Umgebung  auf,  welche 
eine  reiche  Ausbeute  ergaben  und  den  Grund  zum 
ftädtifchen  Mufeum  legten.  Die  Gegenftände  gehörten 
zum  Gebrauche  des  gemeinen  Volkes  und  nur  wenige 
beftanden  aus  Silber  und  Gold  Ringe  mit  gefchnittenen 
Steinen  .  Ueber  die  Infchriftcnfteine  vgl.  Mommfen 
V.  Bd.  Da  der  alte  Ort  an  der  Mundung  eines  Neben- 
thales,  Valarfa  lag,  fehlte  gewiß  nicht  ein  Caftell,  dem 
das  heutige  Schloß  von  Roveredo  mit  feinem  eigen- 
thuinlichen  Rundthurme  vielleicht  auch  fein  Entliehen 
verdanken  dürfte.  Die  vielen  aus  Valarfa  flammenden 
Münzen,  von  Xero  bis  Commodus  weifen  auf  einen 
alten  Verbindungsweg  nach  Vicenza  hin. 

Die  jüngere  Straße  von  Sarnis  herauf  vertheidigten 
mehrere,  heute  leider  ganz  verfallene  Burgen,  wie  z.  B. 
in  Chizzola,  San  Giorgio,  Brentonico  und  Albano 
heute  Maria  monte  Albano.  bei  Mori.  Hier  begegnen 
wir  wiederum  einer  Ortfchaft,  um  welche  herum  von 
Zeit  zu  Zeit  reichliche  Ausgrabungen  gemacht  wurden. 
So  unter  anderen  an  den  Stellen  al  Colombo  und  al 
Perghen.  Bei  Mori  zweigte  eine  Xebenverbindung  ab 
über  Loppio,  Nago,  Torbole,  Riva.  Unter  der  Burg 
Loppio  fand  man  drei  filberne  Eingerringe,  von  denen 
einer  auf  einem  Steine  einen  Anker  zwifchen  zwei 
Fifchen  zeigte  und  wohl  fchon  auf  eine  chriftlich- 
römifche  Anfiedlung  hinweift.  Im  nahen  Thale  von 
Gardumo  mit  den  Burgen  San  Giuftina  und  Grefta 
wurde  im  Hauptorte  felbft  ein  Achat  mit  einem 
Hermes  vor  dem  Altar  entdeckt.  Panone  lieferte 
Töpfe  mit  vielen  Münzen,  ähnlich  wie  das  Schloß 
Xomelimo  und  der  Begräbnisplatz  auf  dem  Gute  des 
Herrn  Vettari  in  Manzano,  wo  fich  Antoninus  Pius 
bis  Valens  vorfanden.  In  Chienis-Ronzo  gab  es  Ringe 
mit  Steinen  und  Armbänder.  Neben  der  Feftung  von 
Xago  kam  1880  ein  reichhaltiger  Begrabnisplatz  zum 
Vorfchein,  und  es  konnten  viele  Lampen,  Schalen, 
Krüge  und  Fibeln  gefammelt  werden ;  viele  befinden 
lieh  im  Mufeum  zu  Roveredo.  Das  über  Xago  ftehende 
Schloß  Penede  wollen  Einige  in  Beziehung  mit  dem 
einftigen  Beftande  eines  Tempels  bringen :  penes aedem. 
In  Torbole  ließen  fich  bisher  nur  Münzen  der  Republik, 
auffinden.  Riva  hatte  eine  zu  gunllige  Lage  hart  am 
Gardafee,  dafs  es  nicht  fchon  die  Römer  zu  einer 
großartigeren  Niederlaffung  angelockt  hatte.  Zeugen 
hiefür  find  mehrere  auf  der  Nordfeite  des  Rathhaufes 
eingefetzte  Infchriftenfteine ;  ferner  die  um  1821  aus- 
gegrabenen pyramidenförmigen  Leichcnfteinc  mit 
allerlei  Gefäßen  und  einer  durch  das  Bildnis  eines 
römifchen  Kaifers  ausgezeichneten  Kupfermünze, 
welche  die  Infchrift:  Divus  Auguftus  Pat.  trug.  Hier 
gab  es  ein  Caftell:  Theodofio,  an  welchem  bei  deffen  Ab- 
tragung im  Jahre  1859  Goldmünzen  von  Theodofius  I. 
und  Valens  fich  vorfanden,  fowie  eine  Infchrift,  wo 
von  erfterem  die  Rede  war  und  der  Thurm  feine  Be- 
nennung herleitete. 

Die  nächfte  Umfriedung  der  nun  niedergeriffenen 
St.  Caffians-Kirche  (bei  Riva)  barg  eine  Begräbnisftätte 
von  Vornehmen,  wahrend    eine    Iblche    von   gemeinen 


LXIII 


Leuten  bei  San  Giacomo  entdeckt  wurde,  wo  uralte  Be- 
feftigungsmauern  geftanden  haben  follen.  Aus  ai  Campi 
fuhrt  Momntßn  V.  Bd.  mehrere  Infchriften  auf.  Beim 
Grundgraben  der  Kirche  zu  Varone  wurden  im  Jahre 
1X75  unter  mehreren  anderen  Gcgenftänden  auch  drei 
Bronzeftatuen  ausgegraben.  Arco  leitet  feinen  Namen 
ohne  Zweifel  von  der  ftets  darüber  thronenden  Burg 
her,  in  der  man  neblt  Münzen  auch  eine  Infchrift  fand, 
aus  welcher  hervorgeht,  dafs  dafelbft  ein  Tempel  der 
Göttin  Victoria  und  Tutelina  mit  einem  Priefter- 
collegium  (von  Seviren)  beftanden  hatte.  Dem  Lauf 
der  Sarca  entlang  weiter  nördlich  wandernd  erreichen 
wir  bald  über  Ceniga  hinaus  das  Dorf  Dro,  aus  welch' 
beiden  Münzenfunde  bekannt  find,  in  der  Sifinius- 
Kirche  des  letzteren  auch  ein  Leichenftein.  [Motntnfen 
V.  Bd.)  Hier  dürften  fich  auf  Grund  verschiedener 
Entdeckungen  zwei  Verbindungswege  gebildet  haben, 
von  denen  der  eine  dem  Fluß  folgte,  der  andere  rechts 
über  ein  Mittelgebirge  fich  zog,  bis  fie  hinter  dem 
See  Toblino  wiederum  zufammentrafen.  Das  hier  auf 
einer  Halbinfei  aufragende  Holze  Schloß  ruht  wahr- 
fcheinlich  aufrömifcher  Grundlage:  ein  Stein,  der  von 
einem  Tempel  fpricht:  Tatis  Fatabusque  ift  noch  da. 
Tommfen  V.  Bd.) 

Noch  weiter  die  Sarca  verfolgend  kommend  wir 
in  das  uns  bereits  bekannte  Judicarien,  wo  die  Stoni  fo 
frühe  befiegt  wurden.  Die  Hurgen  von  Stenico,  Grafilia 
bei  Berfone,  nun  zerftört,  Baftia,  Caramala,  zwei  bei 
Cimego,  eine  ob  der  Pfarrkirche,  die  andere  in  Caftello, 
Bocca  di  Genova,  Caftel  Maffimo,  Caderzone,  Feluco 
gelten  allgemein  als  Punkte,  welche  die  Römer  be- 
teiligt haben  und  zwar  auf  beiden  Thalfeiten.  Bei 
Contino  fpricht  man  von  einem  „Caftel  Romano"  und 
einer  „Bocca  pagana".  Im  Schloß  Stenico  zeigte  man 
noch  vor  wenig  Jahren  einen  Stein  mit  der  Infchrift : 
M.  Belli  :us  Vet.  Leg.  XXX  V.  V.  S.  Suis.  Bei 
St.  Stephan  im  Rendena-Thal  nennt  man  eine  Stelle: 
„Sopra  caftello"  und  rings  um  diefe  Kirche  gab  es  eine 
große  Menge  von  maffenhaften  Steinen,  die  von  nichts 
anderem  als  von  einer  Befeftigung  herrühren  können. 
Ins  Etfchthal  wiederum  zurückkehrend,  laßt  fich 
\  ermuthen,  dafs  von  Roveredo  ab  auf  beiden  Thalfeiten 
Verbindungswege  weiter  fortgeführt  waren.  Ob  man 
die  ältefte  Straße  am  linken  oder  rechten  Flußufer, 
wenigstens  bis  Calliano,  alfo  ungefähr  die  Hälfte 
Weges  bis  Trient,  gebaut  hatte,  dürfte  wohl  fchwer 
zu  entfeheiden  fein;  denn  Baurefte  und  andere  Funde 
fcheinen  hier  wie  drüben  gleich  bedeutungsvoll  zu 
werden.  Am  linken  Ufer  begegnet  uns  zunächft  in 
Volano  die  eigenthümliche  Benennung  eines  Hügels, 
nämlich:  Deftor  (ad  decem  turres).  Da  ftand  alfo  eine 
Befeftigung  mit  10  Thürmen.  Auf  allen  alten  Karten 
ill  ein  Caftell  immer  angegeben  und  heute  noch  findet 
man  Spuren  von  machtigen  Grundmauern  in  uralter 
Anlage  und  Bruchftücke  von  Ziegeln.  Infchriften  bietet 
der  V.  Bd.  v.  MomniJ'cn.  Um  das  Schloß  Befeno  und  in 
demfelben  förderte  man  mehrere  Münzen  an  das  Tages- 
licht, obgleich  hier  keine  römifche  Vefte  angenommen 
wird;  es  liegt  aber  an  der  Mündung  des  Nebenthaies 
Folgaria.  Nicht  ferner  liegt  das  Caftel  della  Pietra. 
Aehnliches  gilt  von  der  nun  in  jüngeren  Formen  erhal- 
tenen Burg  über  Matarello  nahe  bei  Trient. 

Am  rechten  Etfchufer  vonRoveredo  aus  wandelnd 
verdient  das  durch  viele  Funde  bekannte  Ifera   unfere 


Aufmerkfamkeit;  es  ift  befchützt  durch  zwei  Burgen: 
Prataglia  (heute  Predaglio)  und  Caftel  Corno;  wenig- 
ftens  beruht  erftere  aufrömifcher  Gründung,  wie  eine 
Tuniba  und  Münzen  nebft  anderen  Entdeckung*  n 
darthun.  Solche  kehren  auch  in  den  Orten  Lenzini. 1, 
Marano,  Braniolino (das  campo  pagano)  und  Sevignano 
wieder.  Ob  auch  einzelne  Grundmauern  der  nahen 
Burgen  Nagaredo,  Caftelenovo  und  Caftellano  römifch 
find,  hat  man  noch  zu  wenig  unterfucht.  Wir  kommen 
nun  nach  Chiofole  oder  einer  kleinen  Claufe,  zu 
welcher  von  dem  hoch  darüber  thronenden  Caftel- 
Barco  bis  zur  Etfch  eine  durch  einen  Thurm  verftärkte 
Mauer  fich  herabzog,  fo  dafs  die  Straße,  welche  von 
Trient  herabführt,  ein  Thor  paffiren  mußte.  Die  in 
Nähe  aufgetauchten  Ziegel  und  Münzen  (von  Auguftus 
bis  Probus)  lallen  auf  die  Wahrfcheinlichkeit  fchließen, 
dafs  bereits  zur  Römerzeit  irgend  eine  Befeftigung 
hier  beftand,  welche  dem  Mittelalter  zu  Gute  kam. 
Ueber  den  durch  Steinfärge  berühmten  Ort  Nomi 
hinaus  flößen  wir  bei  Covelo  wiederum  auf  eine  Art 
Engpaß  mit  Reften  fehr  alter  Verfchanzungen.  Endlich 
an  Romagnano  vorbei,  von  wo  nach  Motntnfen  V.  Bd. 
eine  Lampe  herrührt,  in  die  Nähe  von  Trient  vor- 
rückend, zeigen  fich  uns  auf  dem  Landgute  Catturana 
hart  unter  denn  Waffcrfall  von  Sardagna  deutliche 
Spuren  eines  Begräbnisplatzes  und  Infchriften,  die  fich 
auf  die  Mithras-Verehrung  beziehen. 

In  Trient  vereinigten  fich  die  beiden  aus  dem  fo 
eben  befchriebenen  und  nun  „Legarthal"  genannten 
Landestheile.  Franz  Ranzt,  Bauunternehmer,  notirte 
fich  alle  wahrend  feiner  30jährigen  Thätigkeit  an  vielen 
Ilaufern  Trients  vorgenommenen  Umbauten  und  Stra- 
ßencanälen  und  kam  zu  einem  fehr  intereffanten  Reful- 
tatc  für  Beftimmung  der  Anlage  feiner Vaterfladt  unter 
den  Römern.  Deren  Baurefte  lagen  4 — 5  M.  unter  dem 
heutigen  Straßenboden.  Dies  gefchah  in  Folge  einer 
großen  Feuerbrunft  und  der  Ueberfchwemmungen  von 
Seite  der  Etfch  und  des  Ferfinabachcs.  Letzterer  floß 
urfprünglich  gerade  da  an  der  Stadt  vorbei,  wo  jetzt 
die  füdliche  Mauer  vom  Schiffe  des  Domes  fich  hinzieht. 
Ranzt  veröffentlichte  1869  bei  Monauni  eine  Brofchüre 
mit  Plänen  über  alle  feine  Beobachtungen,  welchen 
auch  wir  in  unferer  Illuftration  (Fig.  1)  folgen.  Da 
zeigte  es  fich,  dafs  die  Romer  an  beiden  Ufern  der 
Etfch  ein  befeftigtes  Lager  angelegt  und  jenes  am 
linken  Ufer  mehrmals  vergrößert  haben.  Das  kleinere  in 
Rechtecks-Form,  wo  die  doppelte  Breite  deffen  Lang- 
ausmacht, fand  fich  hart  an  der  Südfeite  des  Verruca 
Hügels,  in  der  gegenwärtigen  Vorftadt  Piedicaftello. 
Die  örtliche  Mauer  zufammenfallcnd  mit  dem  Chor- 
fchluß  der  St.  Apollinaris-Kirche  war  240  M.  dick  und 
beftand  aus  Kalk-  und  Kiefelfteinen  von  mittlerer 
Größe  und  verfchiedener  Form  abwechfelnd  mit 
Ziegeln.  Diele  letzteren  waren  45  Cm.  lang,  30  breit 
und  10  dick.  Alle  diefe  Materialien  verband  ein  Uhr 
fefter  Mörtel  gemifcht  durch  kleine  Ziegelftückchen, 
wie  zu  einer  ganzen  Malle.  An  der  füdöftlichen  Ecke 
des  Lagers,  jetzt  bereits  im  neuen  Etfchbette,  fpricht 
unfer  Gewalusmann  von  einem  größeren  Gebäude, 
welches  wie  ein  ähnliches  an  der  diametral gegenül 
liegenden  nordweltlichen  Ecke  zum  Schutz  eines 
Thores  diente.  Diefes  Lager  hatte  fomit  zwei  1  höre. 
Die  füdweftliche  Ecke  vertheidigte  ein  kleinerer  Thurm, 
welcher  aus  fchönen  Haufteinen,  die  aber  mit  Zi< 

i  * 


LXIV 


in  oben  genannter  Größe  wechfelten,  lehr  folid  erbaut 
war.  Auf  der  Höhe  des  Schli  Dos  Trento  be- 

merkte Kaua  eine  Menge  von  Mauerreften,  Stücken 
von  Ziegeln  und  Tutfftein,  und  zwar  nahe  am  Rande 
aller  Seiten,  ausgenommen  die  weltliche.  Es  müßen 
nach  feinem  Urtheile  weitläufige  Gebäude  hier  be- 
fanden haben. 

Am  linken  Flußufer,  füdöftlich  dem  befchriebenen 
nüber,  entftand  ein  zweites  an  Form  und 
Größe  ähnlich,  mit  der  nördlichen  Schmalfeite  an  die 
Etfch  ftoßend  und  durch  eine  Brücke  über  diefe  mit 
erfterem  verbunden  Bereits  auf  der  Peitinger'fchen 
Tafel  tritt  Trient  mit  Mauern  umgeben  auf,  was  nicht 
bei    allen     romifchen  Städten    Italiens    angegeben    er- 


beiläufig mit  10  M.  im  Durchmeffer,  fpringen  nach 
außen  an  den  Mauern  nicht  vor,  nur  zwei  27,  28 
machen  eine  Ausnahme.  Sie  haben  Quadratform,  aber 
einer  1  ilt  ganz  und  ein  anderer  (2  zur  Hallte  rund. 
Ranzt  fuhrt  im  Ganzen  nicht  weniger  als  33  Thürme 
auf.  Mehrere  davon  erhielten  lieh  bis  heute,  wie  Nr.  1, 
2,  7,  9,  12,  16,  30,  31,  33.  Die  zwei  letzteren  wohl  nur 
in  fpäterer  Erhöhung.  Die  intereflanteften  find  1,  2,  30. 
Starke  der  Mauern  wurde  bis  2-50  M.  gefunden; 
fie  waren  aus  meift  großen  regelmäßigen  Kalkftein- 
quadern  abwechfelnd  mit  Ziegeln  aufgeführt.  Letztere 
haben  eine  Länge  von  0*59  M.  bei  einer  Breite  von  044 
und  Dicke  06  M.  Krieg  von  Hockfelden  will  dielen 
Wechfel  von  Baumaterial  nicht  romifch  finden,  doch 


Fig.  1.   (Ti 


fcheint.  Die  Richtung  der  Mauern  und  die  Grundfeftcn 
von  16  Thürmen  an  und  innerhalb  derfelben  konnte 
Ranzt  mit  Sicherheit  verfolgen.  Die  Sudfeite  der 
Stadt  reichte  bis  in  den  heutigen  Domplatz  hinein,  da 
bog  fie  fich  in  deffen  Mitte  rechtwinklig  und  fall  mitten 
durch  die  contrada  larga,  lief  fie  genau  auf  den  Glocken- 
turm des  Priefter-Seminars  und  bis  zur  Etfch  hin,  wo 
es  keine  Mauern,  fondern  nur  Thürme  zur  Verthei- 
Vgl.  Fig.  I,  A).  Oeftlich  kam  in  der  Folge 
ein  gleich  langes,  aber  breiteres  Rechteck  und  endlich 
ein  kleineres  der  Quere  nach  mit  3  —  4  Thürmen  an 
der  Südfeite  hinzu,  fo  dafs  der  jetzige  Dom  in  d(  (Ten 
Mitte   lieht   (Vgl.   Fig.    1,    B,    C).   Die   Thürme,  jedei 


hier  fcheint  er  unleugbar  vorgekommen  zu  fein.  Thore 
glaubt  Ranzi  mit  Recht  fechs  annehmen  zu  können, 
nämlich  auf  unferer  Illuftration  bei  Nr.  10,  11,  27,  24, 
21,  35.  Endlich  wäre  zu  bemerken,  dafs  die  Römer 
auch  gegen  Often  die  Stadt  außerhalb  des  La; 
befeftigt  haben,  und  zwar  durch  ein  Caftell  auf  einer 
kleinen  Anhöhe,  wovon  fich  noch  ein  mächtiger  Rund- 
thurm  im  Schloß  di  buon  configlio  erhalten  hat  (Vgl. 
Fig  1,  Nr.  [),  Von  diefem  Caftell  aus  zieht  fich  eine 
weitere  Umfängsmauer  in  Form  eines  verfchobenen 
Halb-  fall  Dreiviertelkreifes  um  die  erweiterte  Stadt. 
Sie  kann  auch  noch  von  den  Römern  herrühren,  oder 
doch   von  Theodorich,    von  dem   wir   Witten,    dafs   er 


LXV 


„Trient  mit  Mauern  umgeben"  hat;  auf  unferer  Illu- 
llration  ift  diefe  Mauer  durch  Punkte  angedeutet. 
Wollten  wir  im  Vorbeigehen  noch  anderer  römifcher 
Baudenkmale  gedenken,  fo  wäre  das  Amphitheater 
anzuführen.  In  der  Nahe  derSt.  Magdalena-Kirche  (nun 
Caferne),  fand  Baron  Crefceri  um  1750  nicht  weniger 
als  22  Häufer  fo  an  einander  gereiht,  dafs  fie  die 
I  fälfte  einer  Hllipfe  bildeten  (Fig.  1,  E).  Aus  diefer 
Lage  und  den  darunter  ans  Licht  tretenden  maffen- 
haften  Grundmauern  und  hohen  Stulln  nebft  Thier- 
knochen,  welche  Ranzi  fand,  fchloß  man  nicht  mit 
Unrecht  auf  das  einftige  Beftehen  eines  folchen 
Gebäudes,  wofür  die  Romer  in  jeder  größeren  Stadt 
nicht  unbedeutende  Vorliebe  bezeigten.  Auch  auf 
einen  Mofaik-Boden  (ließ  man  unter  dem  Haufe  des 
Apothekers  A.  Santoni,  beftehend  aus  weißem,  rothem 
und  fchwarzem  Marmor.  Momtnfen  führt  aus  Trient 
nicht  weniger  als  40  Infchriften  auf. 

Auch  die  höhere  örtliche  Umgebung  von  Trient 
dürften  die  Romer  befeftigt  haben.  Dahin  gehört  die 
„Oltre  caftello"  genannte  Gegend  oberhalb  Povo, 
wo  Viele  eine  fehr  alte  Burg  zumSchutze  des  Ueber- 
gangs  in  Suganathal  vermuthen.  Uen  Hügel  San 
R.OCCO  mehr  gegen  Süden,  wo  heute  wiederum  ein 
Fort  fich  erhebt,  haben  die  klugen  Eroberer  des 
Landes  kaum  außeracht  gelaffen.  Seine  Lage  ilt  zu 
fehr  herausfordernd;  an  feinem  Fuße  wenigstens  fieht 
man  noch  vielleicht  das  alte  Gemäuer,  „Covelo"  ge- 
nannt. Hier  fuhrt  ein  Verbindungsweg  durch  das  kleine 
Nebenthal  Valforda-Vattaro  an  Valfugana  vorbei  zu- 
nächft  nach  Vigolo,  mit  einer  uralten  Burg  gleichen 
Namens  und  hundert  von  römifchen  Gräbern  und 
Münzen. 

Die  wichtige  Nebenltraße  ins  Sugana-  oder 
Brentathal,  welche  eine  Hauptverbindung  mit  der 
venetianifchen  Provinz  der  Römer  bildete,  ging  wahr- 
scheinlich unmittelbar  vom  Caftell  Bon-Configlio  in 
Trient  aus  und  gleich  bergauf  über  Cognola,  Civezzano, 
wo  ein  fchöner  Kopf  aus  Thon  in  Naturgroße  gefunden 
wurde,  Pergine,  Tenna  (Fundort  eines  „Meilenfteines" 
Momtnfen  V.  Bd.),  Levico  (mit  einer  Infchrift)  nach 
Anfugum  oder  dem  heutigen  „Borgo."  Nach  der 
Angabe  des  Itinerarium  des  Antonin  von  30  Meilen- 
Entfernung  (von  Trient)  wäre  diefe  Station  näher 
beim  fogenannten  „Marter"  gelegen  gewefen.  Hier  gibt 
es  durch  die  Natur  (Gebirg  und  einen  nun  ausgetrock- 
neten See)  eine  zu  weiterer  Beteiligung  fehr  geeignete 
Stelle.  Die  Römer  bauten  da  „zwei  mächtige  Vierecks- 
thürme",  zwifchen  welchen  die  Straße  durchging,  und 
einen  kreisrunden  etwas  näher  gegen  Roncegno.  Von 
elfteren  erhielten  fich  karge  Ueberrefte,  letzterer  mit 
einem  Durchmeffer  von  6  M.  ilt  theilweife  erhalten  und 
aus  Granitquadern  aufgeführt.  Ringsum  entdeckt  man 
Bruchftücke  von  Mauern,  z.  B.  beim  Friedhof  von  No- 
valedo  und  Infchriften  bringt  Mommfen  Bd.  V.  Ob  der 
Name:  Marter  an  Mars  oder  an  etwas  anderes  erinnert, 
ill  noch  nicht  feftgeftellt.  Gegen  und  über  das  heutige 
Borgo  hin  liehen  die  Burgen  Tefobo,  Montebcllo, 
San  Pietro  und  Telvana.  Eine  von  diefen  foll  einft 
nCaftel  Ncrva"  geheißen,  fomit  eine  acht  römifche 
an Kaifer  Nerva  erinnernde  Benennung  gehabt  haben. 
Merkwürdig  ift,  dafs  man  nicht  weit  vom  Gipfel  des 
Berges  oberhalb  Roncegno,  in  der  Gegend  „Frauwart" 
genannt,  die  Spuren  einer  fchön   gepflafterten  Straße 


findet.  Möglich,  dafs  lieh  die  Römer  zwifchen  ihrem 
wichtigen  Anfugum  und  Tridentum  auch  über  das 
Gebirge  hin  eine  Verbindung  fiebern   wollten. 

Unterhalb  Borgo  i"  1  Grigno,  an  der  Ausmündung 
eines  gleichnamigen  Nebenthaies  gelegen  und  durch 
eine  Burg  befchützt,  wendete  fich  die  Straße  nach 
Mommfen  links  über  die  Gebirge  in  kürzefter  Linie  nach 
Feltria  (Feltre),  deffen  Entfernung  von  Anfugum  auf 
28  M.  angegeben  wird.  Andere  meinen,  dafs  lie  doch 
der  Brenta  folgte  über  Ospidaletto,  einer  Fundllelle 
von  römifchen  Gräbern  und  reichlichen  Beigaben, 
durch  den  langen  Engpaß  nach  Primolano  wie  heute 
fich  fortfetzte  und  von  da  erft  links  nach  Feltria  fich 
wendete. 

Von  Tridentum  bis  Pons  Drufi  •  Bozen)  XL  M.,  bis 
Endide  (Neumarkt)  XXIV  M.  Der  Name  des  erften  nur 
'/2  Stunde  von  Trient  entfernten  Ortes:  Gardolo  er- 
innert an  eine  Warte  oder  einen  fogenannten  Krcide- 
thurm  (Hilferuf)  zwifchen  Verruca  und  Vifione  auf 
der  Rochetta.  Zudem  fand  man  hier  einen  Ziegel  mit 
der  Infchrift:  Locei  aresis.  Im  hoher  gelegenen  Menno 
kamen  die  Trümmer  eines  Tempels  der  Gottin  Mania 
und  ihr  Bildnis  zum  Vorfchein.  In  dem  nur  eine  Stunde 
entfernten  Lavis  wurden  befonders  an  der  Stelle  „dei 
Sorni"  viele  Münzen  entdeckt;  doch  eine  Burg,  hier 
am  Eingange  ins  Cembra-Thal,  kennt  man  nicht  ein- 
mal dem  Namen  nach  mehr.  Der  nächfte  Ort  Sanft 
Michele  ilt  wegen  eines  gräberreichen  Todtenfeldes 
bekannt. 

Hier  müßen  wir  über  Mezzo-Tedesco  und  Mezzo- 
Lombardo,  beide  ebenfalls  wegen  Gräberfunde  bemer- 
kenswerth,  einen  Abftecher  in  das  an  Funden  noch 
reichere  Nonsthal  (Nonsberg)  oder  Anaunia  der  Romer 
machen.  Die  alte  Straße  längs  des  Berges hinterMezzo- 
Tedesco  ilt  heute  noch  als  „die  Römerftraße"  bekannt. 
Bald  kommt  man  zum  Fnpaß  Rochetta,  über  welchem 
rechts  hoch  oben  ein  Vierecksthurm  zur  Hälfte  noch 
fleht;  er  führt  den  Namen  Vifione  (Ausfichtspunkt)  und 
gilt  allgemein  für  ein  Römerwerk.  Vielleicht  war  auch 
jene  Burg  im  Engpaße  felbft,  welche  durch  das  ganze 
Mittelalter  in  der  Nähe  des  heutigen  Forts  Hand,  als 
folches  anzufeilen.  Gleich  hier  liefen  zwei  Verbindungs- 
wege über  die  Mittelgebirge  hinführend  auseinander.  Die 
uns  zunachft  begegnenden  Orte  find  links  Crefino  und 
Dercol  (deo  Erculi)  mit  prähiftorifchen  und  römifchen 
Funden,  und  etwas  hoher  die  Burg  Beiali  mit  ihrem 
fünfeckigen  Bergfried,  nach  unferem  Dafürhalten  ein 
römifches  Werk.  Von  da  geht  es  über  eine  fchöne 
Hügelgegend  hin  bis  zum  Hauptort  Cles.  Es  reiht 
fich  heute  noch  Dorf  an  Dorf  und  fall  in  jedem  find 
Erinnerungen  an  die  römifche  Herrfchaft  ans  Tag 
licht  gekommen  wie  Graber,  Münzen,  Statuetten  und 
Schmuckfachen,  z.  B.  in  Lovere,  Campo  di  Denno  (in 
deffen  Burgruinen  eine  ganze  Gruppe  von  Bronze- 
Statuetten,  auch  von  einem  Apollo),  Denno,  Flavon, 
Nan  (laut  feines  Namens  einftiger  Hauptplatz  der 
Anaunia?),  Burg  Valer  mit  achteckigem  Römerthurm, 
Tueno,Tafullo,  Mechel  und  Cles  mit  feinen  großartigen 
fchwarzen  Feldern,  die  fo  reiche  Ausbeute  in  jeder 
Beziehung  gaben  (vergl.  Mitth.  d.  k.  k.  Centr.-Comm. 
n.  F.  [869,  S.  153).  Den  Weg  von  der  Burg  Valer  zur 
Burg  Cles  nennt  das  Volk  gegenwärtig  noch  „die 
Römerftraße".  Somit  hätten  wir  vielleicht  mitten  durch 
das  Thal  eine  dritte  Verbindungslinie  zu  fuchen.  Seibit 


LXVI 


in  dem   links  fich   hinziehenden  Sulzthal    Val  <li  S 
mit  feinem  Uebergang  mons  Tonale  in  die  Lombardei 

len  Romerfunde  gemacht,  wie  in  Mali.-.  Mons- 
claflico,  Dimaro,  Offanna.  Weiter  über  Cles  hinaus  ilt 
vor  anderem  der  Glockenthurm  in  Revo  als  römifche 
Warte  bekannt,  während  Rumo,  Clotz,  Callelfondo 
und  Fondo  beinahe  am  Abfchluß  des  Xonsberges,  wie 
fchon  der  Name  andeutet,  mit  feinem  Uebergang  Gam- 
pen  nach  Maja  wegen  anderer  Fundgegenftände  einen 
Namen  haben.  —  Kehren  wir  auf  das  linke  Ufer  des 
Thalbaches  zurück,  fo  begegnet  uns  bald  die  Kirche 

Romeno  mit  einem  Römerfteine  und  einem  Satur- 
nus  Altar,  worauf  der  alte  Ortsname  Lumennum  ftand. 
Die  romanifche  Bartholomäus-Kirche  außerhalb  des 
Dorfes  enthält  fogar  Baurteine  mit  Infchriften.  Aehn- 
liches  gilt  von  Sanzeno,  Tavon.  Coredo.  Die  Burg 
Brughier  befitzt  mehrere  Infchriftfteine  in  ihrem  Innen- 
hofe. Das  bedeutend  höher  gelegene  Vervö  lieferte 
nicht  weniger  als  acht  Altar-Steine  Jupiter,  Mercur, 
Venus  u.  f.  w.]  In  der  Burg  gleichen  Namens  fanden 
fich  erft  vor  wenigen  Jahren  noch  Schmuckfachen  aus 
Gold,  bei  deren  Suchen  aber  die  Baureife  ganz  un- 
kenntlich gemacht  wurden.  Von  da  zog  fich  die  Römer. 
Itraße,  deren  Spuren  man  noch  in  jüngfter  Zeit  ver- 
folgen konnte,  hoch  im  Gebirge  hin,  vorbei  am  Schlöffe 
Thun,  ausgezeichnet  durch  Vertheidigungs - Thürme, 
welche  in  ihren  Unterbauten  für  römifch  gelten,  weiter 
zur  uralten  Burg  San  Pietro  mit  hohem  mächtigen 
Rundthurme  und  endlich  in  der  uns  bekannten  Vifione 
und  dem  Rochetta-Paß  ihren  Abfchluß  findend.  Ueber 
mehrere  Infchriftenfteine  fieh  Mommfen  V.  B.  Durch 
viele  Caftelle  muß  fich  das  Nonsthal  fchon  früher  aus- 
gezeichnet haben,  denn  Bifchof  Vigilius  von  Trient 
fchreibt  597,  dafs  der  Ort,  wo  feine  Glaubensboten 
Sifinius  und  Genoffen  den  Martyrtod  fanden,  rings  von 
Burgen  umgeben  gewefen  fei  (castellis  undique  poMti- 
in  coronam). 

Auf  der  Weiterwanderung  durch  das  Hauptthal 
Südtyrols  weiß  uns  gleich  die  Volksfage  zu  melden, 
dafs  die  Römerftraße  von  St.  Michele  an  der  ftattlichen 
Burg  Königsberg  mit  fünfeckigem  Bergfried  und  dem 
Dörfchen  Faedo  vorbei  über  den  „Geierberg"  fortge- 
führt worden  fei;  denn  die  alles  wohl  berechnenden 
Landeseroberer  hätten  die  fumpfige  Thalebcne  der 
Etfch  forgfältig  gemieden,  um  nach  Salum  zu  kommen. 
Ueber  diefem  Orte  ragt  auf  einer  freien  Felfenfpitze 
die  fogenannte  Hadernburg  noch  in  ihren  Ruinen 
großartig  empor.  Am  hohen  Thurme  fanden  wir  nur 
wenige  Spuren  von  Eckquadern  mit  der  Ruftica  oder 
dem  Randbefchlag  nach  römifcher  Sitte  und  über- 
haupt nur  an  einer  hohen  Untermauer  eine  tüchtigere 
Ausführung,  welche  übrigens  auf  diefem  uneinnehm- 
baren Orte  auch  nicht  fo  geboten  war.  An  die  Nieder- 
laffung  der  Romer  in  Salurn  erinnern  neuerdings  die 
in  diefem  Jahre  gemachten  Funde  am  fogenannten 
„Galgenbuhel-,  nicht  fern  von  einer  Claufe,  „auf  der 
Schanze-  genannt,  ein  feit  der  Völkerwanderung  her 
wichtiger  Poften,  deffen  fich  gewifs  auch  die 
Romer  frühzeitig  gefichert  haben. 

An  die  nur  2  Stunden  entfernte  römifche  Station 
Endide,  an  der  Stelle  des  heutigen  Neumarkt,  erinnern 
noch  drei  Burgen,  welche  Refte  von  den  maßigen 
Schutzcaftellen  diefer  Niederlaffungen  in  fich  bergen. 

nd  die  Burgen  Kaldiff,  Caftelfeder  [castellnm  vetus 


oder  foederis  undEnn  an  Kndide  deutlichlt  mahnend 
1  tiefes  ilt  noch  in  guten  Zuft ande  und  da  fanden  w  ir 
felblt  an  einem  Nebengebaude  mehrere  Quadern  mit 
der  Ruftica.  Diefe  faft  ficheren  Kennzeichen  römifcher 
Herkunft  an  Gebäuden  folideren  Ausfehens  entdeck- 
ten wir  auch  an  den  Grundmauern  der  Burg  Kntiklar, 
welche  durch  zwei  Thürme  ausgezeichnet  war.  Sie 
'  am  rechten  Ufer  der  Etfch  und  beweift,  dafs  auch 
dort  eine  von  Caftellen  befchützte  Straße  bei  Salurns- 
Claufe  abzweigend  über  die  Hügelgegend  am  Fuß  des 

delgebirges  bis  Pons  Drufi  führte  oder  vielleicht 
auch  unmittelbar  bis  nach  Maja.  Der  Hofraum  des 
Pfarrvidums  in  Kurtatfeh,  eine  imponirende  Anhöhe 
einnehmend,  ift  die  Fundftelle  jener  Mercur-Statue, 
welche  man  im  Mufeum  zu  Trient  bewundert.  An  der 
Melle  der  nahe  dabei  erbauten  Vigilius-Kirche  ftand 
wahrfcheinlich  ein  Caftell  entfprechend  jenem  auf  dem 

nannten  Caftlozerbühel  im  nahen  Tramin,  wo  wir 
als  Grundform  ein  abgeftumpftes  Rechteck  finden. 
Daran  reiht  fich  Altenburg  mit  Reden  einer  wirklich 
alten  Burg  und  Gräberfund;  der  Glockenthurm  zu 
St.  Anton  in  Kaltem  mit  vielen  Ruftica-Quadern  und 
einer  ihm  nahen  Entdeckung  von  Gräbern  und 
Schmuckfachen.  In  der  nahen  Gemeinde  Eppan  find 
es  die  Thürme  von  Freudenftein,  fowie  einer  zweiten 
Altenburg.  Ilocheppan  in  Fünfecksform  „und  deffen 
viereckigem  Burgftall". 

Drufus  fchlug  bei  der  Eroberung  des  Landes  wahr- 
fcheinlich bald  oberhalb  Endide,  bei  Auer,  nächft  dem 
durch  prähiftorifche  Funde  bekannten  Stadihof  eine 
Brücke  über  die  Etfch  und  zog  durch  einen  Einfchnitt 
des  Mittelgebirges,  fpäter  befchützt  durch  die  Burgen 
Laimburg  und  Leuchtenburg,  (letztere  gleich  einer 
Ellipfe  gebaut]  über  Kaltem  und  Girlan  herauf,  um  die 
rätifche  Veite  Formicaria  oder  das  heutige  Sigmunds- 
kron  zu  nehmen,  einen  wichtigen,  weit  ins  Thal  vorge- 
fchobenen  Punkt  mit  freier  Ausficht  von  Endide  bis 
Maja.  Ein  hoher  Vierecksthurm  und  manche  Mauerrefte 
auf  der  Spitze  des  weitläufigen  Schloßberges  dürften 
der  Zeit  feiner  erften  Eroberung  durch  die  Römer  noch 
nahe  flehen.  Andere  Erinnerungen  bieten  verfchiedene 
Funde,  darunter  auch  ein  Hermes  im  Mufeum  zu  Inns- 
bruck. Zum  weiteren  Vorrücken  bot  die  Breite  der 
Etfch  keine  Schwierigkeiten,  wohl  aber  die  umliegenden 
Sümpfe.  Hier  mußte  fomit  bis  zum  heutigen  Moritzing 
oder  Gries  eine  derartige  Brücke  hergertellt  werden. 
wie  fie  Cäfar  in  feinem  bello  gall.  7,  58  befchreibt.  Man 
fcheint  fie  wirklich  hoch  gefchätzt  zu  haben,  weil,  wie 
oben  bereits  bemerkt,  das  nächfte  Lager  fogar  von  ihr 
den  Namen  Pons  Drufi  annahm. 

Für  diefes  befertigte  Lager  wurde  nach  Architekt 
Vetter  in  Karlsruhe  und  P.  Flavian  Orgler  eine  fehr 
paffende  Stelle  ausgewählt,  nämlich  zwifchen  der  Ver- 
einigung zweier  Flüße :  der  T alfer  und  des  Eifacks.  wo 
heute  lieh  Bozen  ausbreitet.  Dasfelbe  bildete  ein  unge- 
fähr 250  M.  langes  Rechteck  mit  einem  Drittheil  des- 
felben  als  Breite  und  war  von  Werten  nach  Orten  ge- 
richtet. Thore  gab  es  je  eines  an  jeder  Schmalfeite 
und  zwei  kleinere  an  der  Längenfeite,  nicht  ganz  in  der 
Mitte,  fondern  mehr  gegen  Orten.  Nach  dem  heuti 
Plan  der  Stadt  Bozen  nahm  das  Römerlager  nur  die 
Laubengafle  ein,  fo  dafs  die  Silber-  und  die  Karncr- 
gafle  als  Graben  dienten.  Vor  den  Hauptthoren  lag 
ortlich  der  Dreifaltigkeit-  und  wertlich  der  Obftplatz. 


LXVII 


Von  den  Maliern  illkauin  mehr  eine  Spur  zu  entdecken, 
außer  etwa  ihre  Flucht  den  Häufern  entlang  in 
den  genannten  Gaffen;  von  den  Thürmcn,  welche  in 
größerer  Zahl  vorhanden  waren,  dürften  Ueberrefte  an 
einem  Haufe  in  der  Gummergaffe  mit  einzelnen  rohen 
Rufticaquaderfi  u\-\i.\  im  v.  Zallingerhaufe  (KarnergafTe) 
anzufehen  fein.  Ein  inneres  Nebenthor  in  fpäterer 
Umgeftaltung  lieht  man  in  der  Waaggafle.  Obgleich 
lieh  die  Form  der  Stadt  genau  nach  diefer  römifchen 
Mauereinfaffung  bis  linde  des  [3.  Jahrhunderts  erhielt, 
wo  fie  nämlich  Meinhard  II.  1290  niederwarf,  fo  macht, 
man  dennoch  keine  weiteren  Funde,  was  wohl  auf  eine 
bedeutende  Erhöhung  des  Bodens  mit  Recht  fchließen 
laßt,  wie  in  Trient.  Tief  in  den  Kellerräumen  fließ  man 
öfter  au\  Mauerrefte,  welche  aber  leider  noch  nie  naher 
unterfucht  wurden. 

Auch  weiter  herum  fcheinen  Befeitigungen  ange- 
legt gewefen  zu  fein.  Auf  dem  nahen  .,Virglberg"  läfst 
man  die  lehr  alte  Burg  Weinegg  auf  den  Ueberreften 
eines  Romercaftels  entstanden  lein;  die  Lage  fpricht 
für  diele  Anficht  lehr  überzeugend.  Zunächft  vor  der 
Siidfeite  des  Pons  Drufi  lag  die  Burg,  der  Wendelftem 
genannt.  Beim  Abbrechen  desfelben,  um  das  Capu- 
cinerklofter  zu  bauen,  zeigte  deffen  Thurm  (nun  unter 
der  füdweftlichen  Fcke  des  neuen  Gebäudes)  fehr 
maffive  Mauern  und  es  koftete  große  Mühe,  ihn  zu 
brechen.  An  der  Franciscaner-Kirche,  nördlich  vom 
römifchen  Lager,  entdeckt  man  mehr  als  ein  Dutzend 
Buckelfteine  eingemauert;  fie  flammen  ohne  Zweifel 
von  einem  nahe  geftandenen Thurm  her.  Weiter  nord- 
weftlich,  hart  an  der  Talfer,  begegnet  uns  eine  andere 
Veite,  nämlich  Maretfch,  jetzt  tiefliegend,  nach  älteren 
Chroniftcn  aber  einft  auf  einer  Anhöhe  fliehend.  Ihr 
1  Iaupttliurm  gilt  als  römifches  Werk;  er  ift  ähnlich  aus 
Porphyrkugeln  erbaut  wie  die  uns  nächll  begegnenden 
Thürme  in  Gries.  In  der  Nähe  muß  eine  Brücke  über 
die  Talfer  beftanden  haben ,  denn  der  Name  der 
Gegend  hüben  und  drüben:  „Ponteis,  Ponteifer-Lege" 
erinnert  daran. 

Der  Abfchluß  der  Drufusbrücke  im  gegenüber- 
liegenden Gries  fcheint  befonders  befeftigt  gewefen 
zu  fein.  Nahe  dem  jetzigen  Glockenthurme  des  dor- 
tigen Klofters  ftand  noch  im  vorigen  Jahrhunderte  ein 
anderer  gleich  machtiger  Thurm  mit  erfterem  durch 
eine  Mauer  verbunden,  in  welcher  ein  Thor  lag,  fo  dafs 
das  fpäter  hier  gebaute  Chorherren-Stift  den  Namen 
..dti  porlant  clau/am*  führte.  Beim  Baue  der  neuen 
Stiftskirche  (1789)  fließ  man  beim  Niederreißen  diefes 
zweitenThurms  auf  viele  als  „römifch"  erkannte  Mauer- 
refte. Früher  hieß  diefes  Thor  mit  feinen  anftoßenden 
Gebäuden  die  Burg  Pradein  (nach  Einigen  von  Prae- 
diurn  =  Landgut,  nach  Anderen  von :  Praefidium  Tibe- 
rii  .  Der  noch  flehende  mächtige  Glockenthurm  ift  über 
großartigen  Gewölben  aus  vierfachen  Schichten  großer 
Porphyrkugeln  aufgeführt,  welche  regelmäßig  gela- 
gert find. 

Wir  vermuthen,  es  könnte  hier  in  Gries.  in  diefer 
noch  mehr  als  bei  Trient  ausgedehnten  Thalebenc,  wie 
dort  ein  zweites  befeftigtes  Lager  jenem  an  der  Stelle 
vm  heutigen  Bozen  gegenüber  beftanden  haben. 
Thatfachc  ift,  dafs  man  überall  in  Gries  naher  dem 
Gebirge  uralten  Maucrrellen  und  Gewölben  begegnet, 
wenn  etwas  mehr  in  die  Tiefe  des  Bodens  gegraben 
wird,  was  auf  eine   weitläufige  Verbindung  hindeutet. 


Auch    römifche  Münzen    und   ein  2  M.    tief  liegendes 
Straßenpflafter  bei  Grundgrabung  des  Curhaufes  1 
find  gefunden  worden. 

Man  erzahlt  alteren  (ielchichtslVhreibern  na<  h, 
dafs  dieles  Präßdium  Tiberii  mit  Mauern  umgeben 
war  und  fünfThore  hatte.  Befonders  fcheint  man  beide 
Lager  gegen  die  Mündung  des  Sarnthales  hin  ftark 
und  vielfach  befeftiget  zu  haben.  Davon  haben  fich 
neblt  verfchiedenen  Mauerreften  zwei  höchfl  merk- 
würdige Thürme  erhalten.  Einer  fleht  von  jenem  an 
der  Klofterkirche  '/4  Stunde  entfernt  auf  einem  kleinen 
Hügel,  genannt  der  gefcheibte  Thurm  d.  h.  der  runde, 
nach  feiner  kreisförmigen  Anlage.  Der  Thurm  erfcheint 
anfehnlich  groß,  hat  ungefähr  30  Schritte  im  Umfa 
und  fteigt  ohne  Verjüngung  zu  einer  bedeutenden 
Höhe  empor.  Er  hat  keine  einzige  Lichtfchlitze,  fondern 
nur  auf  dem  Drittel  der  Höhe  vom  Boden  eine  etwa 
1  M.  breite  und  2  M.  hohe  rundbogige  Oeffhung  als 
Eingang.  Das  Mauerwerk  ill  aus  den  Porphyrkugeln 
des  nahen  Talferbaches  aufgeführt.  Diefe  liegen  durch 
Mörtel  kraftig  verbunden  in  fo  genauen  wagrechten 
Schichten  aufeinander,  dafs  man  fie  von  unten  bis  oben 
ohne  Mühe  zählen  kann.  Die  Dicke  der  Mauer  beträgt 
etwas  mehr  als  2  M.  Das  Innere  theilen  Balken  mit 
Bretterboden  in  mehrere  Stockwerke.  Das  Ganze  ift 
ein  Prachtwerk  von  Maß  und  Vollendung.  In  einem 
vermauerten  Loche  fand  fich  eine  kleine  Bronzefigur. 

Der  zweite,  ähnlich  folid,  ja  noch  feiner  nach 
römifcher  Art  aufgeführte  Thurm  fleht  tiefer  in  der 
Thalmündung  an  demfelben  (rechten)  Bachufer,  auf 
einem  vielleicht  fpäter  herabgeftürzten  großen  Felsblock 
und  bildet  heute  den  Bergfried  des  kleinen  Schloffes 
Ried.  Er  ragt  in  Vierecksform  ziemlich  hoch  empoi 
und  beliebt  aus  fall:  gleich  großen,  fleißig  bearbeiteten 
Werkft.ücken,  welche  alle  ausnahmslos  die  Ruftica  mit 
feinem  Randbefchlag  zeigen  und  fo  der  ganzen  Außen- 
feite ein  zierliches  Ausfeilen  geben.  Wahrfcheinlich 
trug  auch  der  ftark  vortretende  und  (teile  Felfenvor- 
fprung,  worauf  die  Burg  Runggclltein  thront,  irgend 
eine  Beteiligung  bereits  zu  Römerzeiten.  Ob  auch  die 
Thürme  von  Rendlftein  (nun  mit  einer  Baumwollen- 
fpinnerei  verbunden),  Klebenllein  (heute  St.  Anton 
genannt),  die  Schutzmauer  von  (liefern  letzteren  bis  zur 
darüber  liegenden  fehr  alten  St.  Peters-Kirche,  fowie 
gegenüber  Schwalbenftein  oder  Fingelerfchloß  in  fo 
hohe  Zeit  zurückreichen,  müßen  wir  einltweilen  dahin 
geftellt  fein  lallen.  Im  Sarnthale  felbft  beobachteten 
wir  am  hohen  Thürme  der  Vefte  Reineck  einzelne 
Ruftica-Quadern.  Welche  Wichtigkeit  der  freien  Offen- 
haltung des  Uebcrgangs  über  das  Pensjoch  zu  äußerft 
in  diefem  Thale  beigelegt  wurde,  beweift:  der  Umftand, 
dafs  (nach  Neeb)  nicht  allein  diefer  Berg,  welcher 
Mons  Jovis  hieß,  fondern  auch  der  daranftoßende 
[Jovis-]  Wald  dem  Jupiter  geweiht  und  flcts  im  fo 
nannten  Banne  war,  damit  die  Schneelawinen  nicht  fo 
leicht  den  Weg  verfchütten  können. 

Von  Pons  Drufi  bis  Sublavione,  XIII.  Meilen.  In 
Bozen  als  dem  Vereinigungspunkte  zweier  Hauptthäler 
des  Landes  kann  man  auch  den  Auslauf  zweier  Haupt- 
llraßen  zurVerbindung  mitDeutfchland  ohneBedenken 
annehmen;  doch  die  Antonin'fche  Reifekarte  läßt  das 
Eifackthal  bis  Sebatum  (heute  Schabs  bei  Brixen)  ganz 
leer.  Nun  meinen  Einige,  wie  z.  B.  Graf  v.  Giovanelli, 
in  feiner  Ära  Dianae,    das   auf  der  Peiting-Karte 


LXVI11 


nannte  Sublavione  wäre  ein  älterer  Name  von  Maja. 
:•  i.  g[cnd  Labers  noch  daran  erinnert,  anftatt 
i.ajen  im  Eifackthale.  Von  Maja  hatte  fich 
tue  Straße  über  den  Jaufen  iMons  Jovis  weiter  bis 
Vipitenum  fortgefetzt.  Für  einen  Straßenzug  durchs 
Eifackthal  tritt  aber  die  Benennung  und  Beilegung  der 
Anwohner  diefes  Fluffes  (der  Ifarci)  im  Trophaeum 
Alpin  um  und  nach  Neeb  ein  Stuck  gepflasterter  Straße 
bei  niedrigem  Wafferftande  des  Fluffes  nächft  der 
Bahnftation  Blumau  auf.  Zudem  war  dort  am  alten 
Zollhaufe  lange  Zeit  ein  Meilenftein  des  Maxentius, 
nun  im  Antiken-Cabinet  zu  Wien,  zu  fehen.  Verbin- 
dungswege führten  ohne  Zweifel  auch  über  die  Mittel- 
gebirge an  beiden  Thalfeiten  hin.  Da  die  Burg  Zwin- 
gendem am  linken  Lifackufer  ganz  zerftort  ift,  fo 
ien  wir  als  Beweis  für  eine  Straße  die  Funde  an 
deren  Ruinen  fowie  auch  jene  in  Lengftein  gelten 
laffen.  Gegenüber  erfcheinen  die  Thürme  bei  den 
Ruinen  von  Schenkenberg  und  Preffels  praßdium 
mit  Funden  von  Ringen  und  einem  Pofeidon  für 
römifch,  ebenfo  wie  Spuren  von  einer  gepflafterten 
Straße  unter  der  Erde  auf  dem  Wege  von  Völs  nach 
Kaftelrut  caßellum  riiptniii  um  9501  mit  einem  Thurm 
auf  dem  Schloßbühel,  der  durch  fchöne  Ruftica-Qua- 
dern  fich  hervorthut.  Können  auch  nicht  unerwähnt 
laffen,  dafs  die  Mündung  eines  jeden  Nebenthals  durch 
eine  alte  Burg  mit  einem  noch  alteren  Bergfried  ge- 
fchützt  wird.  So  das  Eggenthal,  gleich  hinter  Bozen 
durch  das  Schloß  Karneid,  Tiers  durch  jenes  in  Stein- 
eck,  Groden  durch  Trollburg,  Villnöß  durch  die  Som- 
mersburg mit  Buckel-Quadern  am  Eingangsthurme. 
Troftburg  mit  einem  alten  freifichenden  Thurme  über 
fich,  nach  Römerweife  gegen  den  Feind  halbrund, 
gegen  den  Berg  eckig,  diente  zugleich  als  höher 
flehende  Schutzwehr  der  darunter  bei  Waidbruck  und 
unterhalb  Laien  fich  ausbreitenden  Station  Sublavione. 
Alle  anderen  Baurefte  haben  die  ringsum  herftürmen- 
den  Gewäffer  zerftort,  als  Erinnerung  an  Sublavione 
bleiben  nur  mehrere  Münzen  und  ein  Stein  in  der  Troll 
bürg  mit  der  Infchrift:  Deo  Ifidi  Matri  et  Soli  Socio 
sacrum  Yalentinus  Secundianus  votum  solvit  lubens 
merito.  Jedoch  Albert  Jäger  und  andere  Gefchicht-- 
forfcher  lefen:  Subfabione  und  verfetzten  das  befeftigte 
Lager  nach  Klaufen,  alfo  unterhalb  Säben  (Sabione). 
Die  Lage  ift  auch  hier  zu  einer  Thalfpeere  fehr  geeignet 
und  auf  Sahen  gab  es  einen  berühmten  Ifistempel.  Hart 
am  Eifack  nördlich  von  der  Pfarrkirche  zu  Klaufen 
ftand  bis  vor  4  Jahren  noch  ein  maffiver  Vierecksthurm 
mit  Buckel-Quadern  und  oberhalb  diefe-  Städtchens  ilt 
an  jenem  der  Burg  Branzoll  dasfelbe  römifche  Kenn- 
zeichen   bemerkbar.    Letzterer    hatte   den   hier    allein 

liehen  Aufltieg  zur  hoch  gelegenen  Vefte  Säben  zu 
vertheidigen.  Von  den  oben  noch  erhaltenen,  vielen 
Befestigungen  legt  man  dem  fogenannten  St.  Kaffians- 
thurm  ein  hohes  Alter  bei,  befondere  Kennzeichen 
finden  fich  aber  an  ihm  nicht.  Brixen,  wohin  wir  nun 
bald  kommen,  hat  trotz  feiner  einladenden  Lage  für 
fehr  frühe  Bebauung  u.  dgl.  nur  einen  Venus-Rumpf 
aus  Marmor  als  Zeichen  für  römifche  Niederlaffung 
aufzuweifen.  Der  Fundort  ift  am  Krahkofel  mit  einer 
alten  Burg  gleichen  Namens. 

Bei  Schabs  trifft  der  uns  bekannte  Straßenzug 
Cäfars  von  Aquileja  nach  Augsburg  ein,  und  hier  war 
die  Station  Sebatum,  wiederum  XIII  Meilen  von  Sub- 


lavione entfernt.  In  Ermanglung  an  Baureiten  \  ..11 
diefeni  feiten  Punkte  ilt  ein  Stück  Straßenpflafter  im 
Stifflerwald  oberhalb  des  Wege-  nach  Rodanek,  wo 
wir  einen  Weiler  \"ill  villaj  und  die  fehr  alte  Burg 
Rotunch,  jetzt  Rodaneck  finden.  Somit  ging  über  diele 
Hügelgegend  die  Römerltraße,  auf  welcher  wir  bis  zur 
nächften  Station  : 

Litamum  im  Pufterthale  X1I1  Meilen  benöthigen. 
Nach  den  Ausgrabungen  zu  fchließen  lag  Litamum 
zwifchen  dem  heutigen  Lorenzen  und  Pflaurenz,  unter 
dem  Schutze  der  Burgen  Sonnenburg  (fpäter  Frauen- 
klofteri  und  Michaelsburg.  In  erlterer  fand  fich  ein 
Mofaikboden  und  unterhalb  an  der  Straße  ein  cylin- 
drifcher  Meilenftein,  der  noch  an  der  Stelle  einge- 
mauert ift.  Er  enthalt  nach  typ.  Peskoßa  eine  lange 
Infchrift  zum  Lobe  des  Kaifers  Antoninus.  ( >b  die 
Römer  nicht  auch  die  reizende  Lage  und  Tauferthal- 
Mündung  durch  eine  Vefte  auf  dem  Schloßberg  des 
heutigen  Bruneck  in  Verbindung  mit  Lambrechtsburg 
unter  einen  Wehrfchutz  geltellt  haben,  dürfte  kaum 
zu  bezweifeln  fein.  Von  Fund- Gcgcnltandcn  diefer 
Gegend  nennt  P.  Flav.  Orgler  einen  Siegelring  mit 
einem  oblongen  Achat,  in  dem  eine  Büfte  nebft  der 
Infchrift:  Carat  eingegraben  ift.  Vom  nicht  fernen 
Olang  und  Niederndorf  fuhrt  Mommfen  III.  u.  V.  Bd 
Infchriften  an. 

Eine  wichtigere  Station  war  das  von  Sebatum 
23  M.  entfernte  Agitation,  an  der  Stelle  des  heutigen 
Innichen.  Der  füdöftliche  Hügel  daneben  heißt  noch 
die  Burg.  Laut  des  Inhalts  von  ausgegrabenen  Steinen 
genoß  Aguntum  auch  die  üblichen  römifchen  Rechte. 
Venantius  Fortunatus  nennt  fie  im  6.  Jahrhundert!  die 
ftolze  Hügelftadt  und  auf  ihre  Befeftigung  deutet  der 
Ausdruck:  castrum  bei  Paul  Diacon  Her.  Long.  IV 
c.  11)  hin.  Von  den  Infchriftenfteinen  kamen  die  meiften 
ins  Klofter  Seon  am  Chiemfee,  nur  ein  Meilenftein 
erhielt  ("ich  vor  dem  Haupt-Portal  der  Stiftskirche 
eingemauert  mit  halberlöfchter  Infchrift:  Imp.  Mar. 
Antoni.  Cordianu>  XXIII.  Mommfen  verfetzt  Aguntum 
an  den  Devantbach  bei  Lienz? 

Loncium,  die  letzte  Manfion  Tyrols  erreichte  man 
nach  der  Antonin'fchen  Reifekarte  in  XVIII  M.  (von 
Aguntum  aus?).  Sie  breitete  fich  nordlich  von  Lienz, 
bei  Dollach  oder  von  Oberlienz  bis  Devant  aus,  wie 
Tinkhaufer  und  Flav.  Orgler  auf  Grund  verfchiedener 
Funde  von  Bogengängen, Säulen  u.  dgl.  meinen. Muchar 
in  feinem  römifchen  Noricum  und  Rofchmann  in  feinen 
reliquiae  aedf.  rom.  bieten  hierüber  intereflänteNotizen. 
Ob  der  hohe  Bergfried  des  Schloffes  Brück  bereits 
unter  den  Römern  als  fefter  Brückenkopf  diente  und 
überhaupt  bei  ihm  die  Straße  vorbeiführte,  ilt  nicht 
beftimmt.  Xach  Trient  ilt  die  Umgegend  von  Lienz  die 
reichfte  Fundgrube  von  Antiken  in  Tyrol.  Verbin- 
dungswege fcheinen  von  hier  nach  allen  Gegenden  hin 
geführt  zu  haben,  wie  die  Münzenfunde  bezeugen.  Auch 
lieht  man  nach  Tinkhaufer  jenfeits  des  Ifelberges  noch 
mehrere  Stucke  Wege-,  mit  eigens  behauenen  breiten 
Steinen  offenbar  Rette  einer  Romerftraße.  Ob  das  alte 
Loncium  ein  Bergfturz  nach  der  Volksfage  oder  tue 
wilden  Stamme  der  Wenden  Ende  des  6.  Jahrhundert*- 
zerftort  oder  beides  zufammengewirkt  hat,  läßt  lieh 
nicht  naher  beftimmen. 

Xach  diefer  Abfchweifung  zur  Straße  längs  d<  - 
Eifacks    zurückkehrend    zeigt    die  Antonin'fche    Karte 


LXIX 


von  Sebatum  bis  Vipitenum  XXIII  Meilen  und  weifl  fo 

iu  auf  die  Lage  des  Städchens  Sterzing  hin.  Di< 
vielen  Wildbäche  der  Umgegend  haben  die  Reite  des 
römifchen Lagers  hoch  überfchüttet;  denn  beim  Grund- 
graben der  gegenwärtigen  Pfarrkirche  im  Jahre  1497 
mußte  man  den  Hoden  tief  ausheben,  bis  der  noch 
an  der  Außenfeite  diefes  Gotteshaufes  eingemauerte 
römifche  Grabftein  gefunden  wurde.  Wie  vielleicht 
Welfenftein  an  der  Straße  bei  Mauls  das  Vipitenum 
en  Ollen  fchützte,  fo  befonders  Straßberg  gegen 
Norden.  Es  wäre  nicht  unmöglich,  dafs  den  wichtigen 
Höhen,  wo  fpäter  die  Burgen  Sprech enftein,  Reifen- 
dem, fowie  Marcit  und  Reifeneck  erbaut  wurden,  fchon 
damals  eine  Bedeutung  und  Befestigung  zuerkannt  war. 
Der  in  den  Wiener-Sammlungen  berühmte  Mithras- 
ltein  ftammt  aus  diefer  Gegend  (Mauls). 

Von  Vipitenum  bis  Matrejum  XXIII  .Meilen.  Am 
Paffe  Lueg  jenfeits  des  Brenners,  wo  die  Römer  wahr- 
fcheinlich  eine  Specula  oder  Warte  hatten,  war  ehe- 
mals ein  großer  runder  Meilenltein  von  Kaifer  Maxi- 
mian zu  fehen.  Infchrift  beiPallkaufen  S.29.  Den  Stand- 
ort des  alten  Matrejum  gibt  man  allgemein  zwifchen 
der  fogenannten  Altdadt  und  dem  Schlöffe  des  heuti- 
gen Dorfes  Matrei  an.  Eine  fefte  Burg  lag  auf  dem 
fogenannten  Laim-  oder  Rafpenbühel.  In  der  Nähe 
auf  dem  Spöttlacker  eine  Fundgrube  von  Afchen- 
krügen  und  Münzen.  Der  Meilenltein  des  Septimius 
Severus,  einft  hier  in  der  Altdadt,  findet  fich  nun  im 
Schloßhofe  von  Ambras. 

Von  Matrejum  nach  Veldidena  XVIII  Meilen.  Auf 
dem  Weg  dahin  kennt  Pall kaufen  einen  Meilenftein  am 
alten  Zollhaufe  zu  Oberfchönberg  von  demfelben 
Kaifer  und  deffen  Sohne  Marc  Aurel  mit  Angabe  der 
Entfernung  von  Auguda  Vindelicorum.  Ein  anderer 
war  nach  Staffier s  Topographie  von  Tyrol  bei  der 
Ruine  Sonnenburg  nächft  Natters  zu  fehen.  Die  In- 
fchriften  fieh  bei  Mommfen  III.  u.  IV.  Bd.  Die  weite 
Ebene  um  Innsbruck  id  von  den  Römern  gewiß  auf 
mannigfache  Weife  befeftiget  worden,  daher  auch  die 
verfchiedenen  Funde  in  Wüten,  Ambras,  Höttingu.  f.  w. 
Das  Hauptlager  verfetzt  man  auf  die  Wiltener-Felder 
und  zwar  auf  Grund  der  meift  etwas  tief  unter  der 
Erde  gemachten  Entdeckungen  von  Baureften,  Meilen- 
fteinen,  Urnen  und  einer  Menge  Münzen,  von  denen  die 
meiden  im  Mufeum  zu  Innsbruck  aufbewahrt  werden. 
Gegenüber  am  Inn  war  wohl  eine  befeftigte  Brücke 
unter  dem  Schutze  eines  Caftells,  von  dem  der  kreis- 
runde Glockenthurm  in  Hötting  ein  Ueberred  fein 
dürfte.  Nebd  Ambras  hat  etwa  auch  die  Hohenburg  in 
die  weitere  Umgegend  befchützt. 

Bei  einem  flüchtigen  Ueberblick  von  Unterinnthal 
follte  uns  an  dem  für  römifch  geltenden  Rundthurme 
von  Hall,  dem  Glockenthurm e  von  Ampaß  und  den 
Ruinen  vom  Schloß  Rettenberg  vorbei  nach  der  Ent- 
fernung zu  urtheilen  eine  Manfion  in  der  freundlichen 

end  von  Schwaz  begegnen.  Auf  dem  Hügel,  wo 
der  Thurm  der  Burg  Freundsberg  fich  erhebt,  fand 
man  auch  Münzen,  Öpfergeräthe  und  Waffen  unferer 
Landeseroberer;  jedoch  formlich  genannt  wird  eine 
folche  erd  nächd  Rattenberg  unter  der  Bezeichnung: 
Masciacum.  Daran  erinnern  der  Name  der  heuti 
Burg  Matzen  und  die  unteren  1  heile  ihres  Thurmes. 
Beim  Grundgraben  der  Kirche  in  Dorf  Reit  dieß  man 
auf  Mofaik-Böden   und   römifche  Münzen.   Zur  Befedi- 

XIII   N   F 


gung  der  Umgebung  dienten  die  Burgen:  Ratenb 
Kropl  b  und  Lichtwehr.  Ob  endlich  nicht  auch  den 
merkwürdigen  Schloßberg  von  Kufftein  die  klugen 
Romer  als  letzte  Station  in  unfereni  Fände  ausgenutzt 
haben,  müßen  wir  eindweilen  auf  fich  beruhen  laffen. 
Wegen  der  plötzlichen  \\  di     Fluffes  lim  hieß 

Kufdein   nach    Stoltn.   Raet.  1.   III.  c.  12:   Divertigium 
Oeni. 

Von  Veldidena  bis  Scaritia  XVII]  Meilen.  Pall- 
häufen  gedenkt  einer  Meilenfaule  von  Septimius  Seve- 
rus, welche  er  zwifchen  Keniaten  und  Völs  (am  rechten 
Inn-Ufer)  tief  in  der  Erde  decken  fah.  Das  Jagdfchloß 
Maxmilian's  auf  dem  Martinsbühel  laßt  man  mit  Re<  ht 
über  römifchen  Grundmauern  erbaut  fein;  denn  am 
wedlichen  Abhang  des  Hügels  wurden  viele  römifche 
Schmuckfachen,  Geräthe  und  Münzen  (Domitian  und 
Trajan  nach  P.  Flav.  Orgler)  gefunden.  Bis  hieher  lief 
fomit  die  römifche  Heerdraße  von  Veldidena  aus  am 
rechten  Inn-Ufer  und  der  befedigte  Martinsbühel  diente 
zum  Schutz  der  Brücke  (Mitth.  d.  Centr-Comm.  1882). 
Auch  die  nicht  weit  entlegene  Vede  Fragendem  dürfte 
zum  Schutze  der  Straße  dienen.  Hier  verließ  diefe  das 
Hauptthal  und  wendete  fich  rechts,  wie  fie  heute  nach 
Bayern  führt.  Beim  nächden  Dorfe  Reit  fand  fich 
wiederum  ein  Meilendein.  Mommferis  III.  Bd.  hat  eine 
Infchrift  aus  diefer  Gegend.  Den  befedigten  Paß  bei 
Scharnitz,  wohin  man  die  römifche  Station  Scartia 
verfetzt,  nannten  die  Gründer  derfelben:  Porta  Claudia, 
weil  diefer  Paß  von  Claudius  eröffnet  und  befediget 
worden  id.  Ob  fich  unter  den  Ruinen  der  Befeftigungen 
aus  verfchiedenen  Zeiten  an  diefem  Punkte  auch  noch 
Spuren  römifcher  Anlage  vorfinden,  ilt  bisher  zu  wenig 
genau  unterfucht  worden.  Die  nächde  römifche  Station 
in  Bayern  id  Parthenum   heute  Partenkirchen). 

Um  den  römifchen  Straßenzug  mit  feinen  Bau- 
denkmalen im  oberen  Etfchthale  und  Vindgau  zu  be- 
fchreiben,  dürfte  es  am  beden  fein,  zu  dem  früheren 
Standpunkt  Bozen  zurückzukehren.  Diefe  Straßenlinie 
wird  zwar  weder  auf  der  Reifekarte  des  Kaifers  Antonin 
noch  jener  des  Theodofius  aufgeführt,  doch  gibt  es 
Denkdeine,  welche  fogar  beweifen,  dafs  fie  unter 
Kaifer  Augudus  durch  Drufus  bis  über  Maja  hinaus 
eröffnet  und  angelegt  worden  war.  Wahrfcheinlich 
lief  fie  bis  ein  Stück  über  Maja  hinaus  dets  am  linken 
Etfchufer  hin,  obgleich  die  alten  Burgthürme  von 
Wolfsthurm  in  Andrian,  Wehrburg  in  Tifens,  Majenburg 
in  Völlan,  Leonburg  und  Brandis  über  Lana  mit  ihren 
Rudica-Ouadern  ein  hohes  Alter  beanfpruchend  für  eine 
gut  geebnete  Verbindung  am  anderen  Etfchufer  Zeug- 
nis ablegen.  In  der  Schwanburg  zu  Nals  werden  auch 
zwei  römifche Infchridendeine  aufbewahrt;  ob  fie  aber 
hier  gefunden,  oder  von  den  im  darüber  liegenden 
Pairsberg  wohnenden  Herren  gleichen  Namens  anders- 
woher gebracht  worden  find,  blieb  bisherunentfehieden. 
Indeffen  römifche  Funde  find  aus  der  Gegend  bekannt. 
In  Terlan  (am  linken  Etfchufer),  nicht  fern  von  der 
Pons  Drufi,  fcheinen  mehrere  Punkte  befedigt  gewefen 
zu  fein.  Die  folid  gebauten  Ruinen  von  Greifendem,  Neu- 
haus unten  an  der  Straße  und  oben  in  der  Höhe  ent- 
behren zwar  der  Rudica,  aber  die  Funde  von  römifchen 
Münzen  einer  Thonlampe  fprechen  für  frühe  Anfied- 
lung.  Am  Thurm  der  Herren  von  Geräut  treten  Buckel- 
deine  auf  und  am  Rauchbühelhof  zeigt  fich  Fifchgräten- 
Mauerwerk.   Höher  im  Gebirge  fand  man  diefer  Tage 

k 


LXX 


einen   fchonen  Pallltab  aus  Bronze.   Am  fogenannten 
llthurm  über  Gagazon  ilt  die  fchwach  auftretende 

Ruftica  nur  wiederum  dem  zu  Gebote  flehenden 
harten  Porphyr  zuzufchreiben.  Die  Ruinen  des  Schi 
Burgltall  im  Orte  gleichen  Namens  find  zu  fehr  zertrüm- 
mert, um  Einzeltheile  davon  näher  zu  beftimmen;  ihre 

ge  aber  ift  eine  thalbeherrfchende.  Wir  ziehen  nun 
nach  einem  Marfche  von  ungefähr  XI  römifchen  Meilen 
an  den  merkwürdigen  Ruinen  eines  vorrömifchen  Ring- 
walles vorüber,  und  liehen  vor  den  Thoren  der  erflen 
römifchen  Station  Maja.  Weit  und  breit  bezeichnen 
ihren  Umfang  alle  älteren  Gefchicht:~forfcher.  Nach 
ihnen  hatte  der  Supanthurm  nächft  der  heutigen  Pfarr- 
kirche,  in  deffen  Nebengebäude  allerlei  römifche 
enltande  fich  vorfanden,  mit  dem  Thurme  beim 
Mair  im  Hagen  nun  modernifirti  und  jenem  von  der 
g  Freiberg  jetzt  TrautmannsdorO  die  füdliche 
Wehrlinie  gebildet.  Wir  wellen  ihnen  nicht  wider- 
fprechen,  bemerken  aber,  dafs  wahrfcheinlich  auch 
hier    in    diefer    nicht    minder    breiten    und    wichtigen 

,end  als  bei  Trient  und  Bozen,  wie  dort  zwei  Lager 
an  den  Ufern  der  PalTer  entstanden.  Das  kleinere  und 
die  Hauptflütze  lag  in  der  Oberftadt  von  Meran 
(Steinach)  unter  dem  Schutze  des  fogenannten  Pulver- 
thurmes  und  der  nahen  Zenoburg.  An  erfterem  be- 
merkt man  Buckelquadern  und  einen  Graben  künftlich 
aus  dem  fehr  harten  Fellen  gehauen.  Der  Thore  find 
wahrfcheinlich  vier  gewelen,  wie  fie  Meran  noch  heute 
hat.  Zur  Zeit,  wo  Vindelicien  durch  die  Völkerwan- 
derung verloren  gegangen  war.  bildete  Maja  einen 
Hauptwaffenplatz derRömer  und  ein  eng  gefchlungener 
Kranz  von  Thürmen  umgab  denfelben.  Im  Xordolt 
beginnend,  find  es  die  Bergfriede  der  fpäter  daran 
gebauten  Burgen:  Planta,  Schönna,  Thurn,  Gojen, 
Labers.  Katzenftein,  Fragsburg;  dann  gegenüber: 
Lebenberg,  Forft,  Dürnftein,  Tyrol,  Brunnenburg  und 
Auer,  letztes  mit  Fifchgrätenwerk,  nebft  den  Baureiten 
am  Hofe  Mallaun.  Befonders  gedacht  wird  der  Burg 
Tyrol  unter  dem  Xamen:  Teriolis  in  der  Xotitia  digni- 
tatum  utriusque  Imperii,  vom  Kailer  Theodofius  II. 
Sie  erfcheint  hier  als  Sitz  des  Befehlshabers  der  Um- 
nd  und  zugleich  eines  Präfecten  für  Lieferung  von 
Lebensmitteln  und  anderen  Kriegsbedürfniffen.  An 
ihrem  Thurme  finden  wir  auch  beinahe  die  belte 
-rtechnik  im  Vergleich  zu  den  übrigen  Bauten 
diefer  Gegend.  Infolge  der  immer  wiederkehrenden 
Ucbermuhrungen  durch  den  Naiferbach  dürfte  das 
größere  Lager  von  Maja  frühe  fchon  faft  unhaltbar 
orden  fein,  wie  aus  dem  Leben  des  heil.  Valentin 
hervorzugehen  fcheint.  Seinen  gänzlichen  Untergang 
fetzt  man,  z.  B.  P.  Jufl.  Ladurner,  auf  das  Jahr  803. 

Weiter  nach  Vinftgau  führte  die  Via  Claudia 
Augufla  über  Algund  unter  der  Burg  Tyrol  vorbei, 
wo  man  noch  von  einer  Römerftraße  fpricht;  jedoch 
Einige  lallen  fie  fchon  bei  der  Burg  Forft  die  Etfch 
überfetzen  und  berufen  fich  auch  auf  einen  fehr  alten 
Brückenpfeiler  am  linken  Ufer  der  Etfch.  Bevor  man 
auf  die  Toll  [Telonium  der  Romer  gelangt,  überfetzt 
die  alte  gepflafterte Römerftraße  die  heutige  Poltttraße, 
und  zieht  fich  durch  den  Berg  und  durch  ein  uraltes 
Etfchbett  hin.  Die  Brücke  über  den  Fluß,  aus  Marmor- 
Quadern  feit  gebaut,  will  man  ebenfalls  für  römifch 
ausgeben.  Der  1552  in  der  Xähe  aufgefundene  Meilen- 
anzeiger von  Claudius  mit  Angabe  von    200  Meilen 


vom  Po  bis  zur  Donau  findet  fich  im  Toggenburg  - 
fchen  Garten  zu  Bozen.  Der  alte  Xaine  Nofturnum 
Naturns  weift  vielleicht  auf  eine  Zwifchcnftation 
drei  Wegftunden  von  Maja)  hin.  Die  alte  Burg  Hoch- 
naturns  kennzeichnet  ihr  Alter  durch  die  Ruftica 
Ausmündung  des  nahen  Schnallerthaies  hatte  die  Hoch- 
warte Juval  (turris  Jovis  zu  decken.  Bei  Latfch  Icheint 
die  Römerftraße  über  die  Etfch  gefetzt  zuhaben;  denn 
der  Thurm  der  alten  Burg  Latfch  und  jener  von 
Untermontani  dürften  kaum  nur  zum  Schutze  der 
Mundung  des  Martellthales  beftimmt  gewelen  zu  fein. 
Im  heutigen  Göflan  entdeckte  man  tief  gelegenes 
maffives  Mauerwerk,  welches  die  Etfchfluthen  ausge- 
wählt hatten.  Man  hält  es  für  die  letzten  Reite  einer 
römifchen  Manfion,  welche  hier  nach  Berechnung  der 
Entfernung  von  Naturns  gewefen  fein  muß.  Auch  in 
der  Volksfage  fpielt  Goflan  eine  große  Rolle ;  man 
fpricht  nämlich  von  einer  einfügen  größeren  Xiedcr- 
laffung,  welche  das  lange  Dorf  genannt  war.  Auf 
unferer  Weiterwanderung  fehen  wir  links  die  Schlucht 
zum  Uebergang  übers  Wormferjoch  nach  Italien  durch 
die  nahe  Tfchengelsburg  mit  ihrem  hohen  Rundthurme 
und  rechts  den  Eingang  ins  Matfcherthal  durch  die 
Churburg  mit  Buckelfteinen  beftens  gefichert.  Eine 
größere  XiederlalTung  dürfte  wiederum  auf  der  fanft 
anfteigenden  Anhöhe  beltanden  haben,  wo  jetzt  Mal- 
liegt. Zwilchen  diefem  Orte  und  Glurns  fand  man 
Denkfteine,  deren  Reite  an  der  Pfarrkirche  des  erlteren 
eingefetzt  find  und  davon  Mommferis  V.  Bd.  Infchriften 
enthält.  Großartig  find  die  Reite  zweier  Burgen  vom 
römifchen  Lager  an  diefer  Stelle;  nämlich  der  Troft- 
thurm  und  die  Fröhlichsburg  mit  einem  hohen  Rund- 
bau. In  dem  gegenüber  mündenden  Tauferer-  oder 
Münfterthal  haben  Reichenberg  und  Rotund,  letzteres 
mit  einem  kreisrunden  Thurm,  die  Schutzwacht  über- 
nommen. 

Eine  halbe  Stunde  über  Mals  hinaus,  nahe  dem 
Dorfe  Burgeis,  thront  eine  andere  Veite,  nämlich  Fur- 
ftenburg,  ein  unregelmäßiges  Vieleck  mit  vielen  Buckel- 
fteinen. In  6  Wegftunden  erreicht  man  Xauders  [Oeno- 
trium,  d.  h.  Uebertritt  des  Inns  von  einem  Thale  ins 
andere).  Hier  am  Eingange  in  die  Schweiz  dürften  an  der 
uralten  Burg  Xaudersberg  römifche  Unterbauten  mit 
Recht  vermuthet  werden.  Etwas  tiefer  bei  Finftermünz, 
wo  das  ganze  Mittelalter  hindurch  ein  fefter  Brücken - 
thurm  ftand,  überfetzten  bereits  Drufus'  Heere  den  Inn 
und  führten  ihre  Straße  bei  Tfchuppach  vor  Tofeii- 
über  das  Mittelgebirge  von  Serfaus,  Fiß  und  Ladis,  wo 
fie  am  Caltell  Laudeck  vorbei  wiederum  ins  Thal  zur 
Pontlatzerbrücke  'Pens  lateris  oder  Latii  hinunterftieg, 
um  Landeck  am  rechten  Ufer  zu  erreichen.  Hier  an  der 
Mündung  des  Rofanna-  oder  Stanzerthaies,  welches 
zum  wichtigen  Uebergang  des  Arlberges  'Wons  Arula) 
führt,  verfteht  fich  der  Standort  eines  römifchen  Lagers 
wie  von  felblt.  Die  hochthronende  Burg  Landeck,  aus- 
gezeichnet durch Ruftica-Ouadern,  erinnert  noch  daran. 
In  Perjen  (per  Oenuntj  war  unter  dem  Schutze  der  dar- 
überliegenden  Veite  Schrofenltein  eine  Brücke  gefchla- 
gen.  Von  hier  aus,  wo  man  fehr  viele  Funde  aller  Art 
machte,  führte  die  Straße  über  das  Dorf  Stanz  erin- 
nernd an  Statio)  nach  einer  alten  Volksfage  weiter 
nach  Grins,  eine  tiefe  Schlucht  überbrückend. 

Wie  heute  noch,  lief  wahrfcheinlich  die  ältefte 
Straße  immer  am  linken  Thalbach-Ufer  hin.  Am  Fuß 


LXXI 


des  Arlberges  und  in  der  heiteren  Gegend  von  Bludenz 
müßen  Ilaltpunkte  gegründet  worden  fein,  fo  verlangt 
es  die  gewöhnliche  Entfernung  der  römifchen  Stationen. 
Die  Vereinigung  der  beiden  Römer-Heere  konnte  eilt 
bei  Feldkirch  erfolgt  fein,  wo  in  der  Nahe  die  Station 
Chinin  fich  fand.  Ueber  die  Schlußftation  Brigantium 
an  der  Stelle  des  heutigen  Bregen/,  verweifen  wir  auf 
die  trefflichen  Berichte  und  Abbildungen  in  den  Mit- 
theilungen der  k.  k.  Ccntral-Commiffion  für  Kunftdenk- 
male  vom  Jahre  1873,  1877,  1880,  [885. 

Zum  Schluße    fei   noch   bezüglich    der   unberührt 

affenen    Stellen    im    Ober-Innthal    bemerkt,    dafs 

wenigstens  in  fpäterer  Zeit  eineRömerftraße  von  Land- 


eck bis  Zirl  beftand.  In  lmll  oder  nach  Anderen  im 
nahen  Tarren/,  wird  unter  dem  Schutze  der  Burg 
Alt-Starkenberg  und  dem  tiefer  (teilenden  Thurm 
(Gebrat lleinj  eineNiedcrlaffung  angenommen.  Bei  Dor- 
miz  [Dormitium,  Nachtlager)  wäre  dann  eine  Zwifchen- 
ftation  wie  bei  Naturns  gewefen.  Von  hier  hätte  aber 
eine  Nebenlinie  über  den  Miemingerberg  an  der  höchft 
romantifchen  Vefte  Klam  mit  feftem  kreisrunden  Berg- 
fried vorbei  eingemündet,  um  übi  r  den  Fernpaß  nach 
Reutte,  wo  Römermünzen  gefunden  wurden,  weiter 
nach  Füßen  zu  laufen.  Von  Imft  abwärts  find  die 
Burgruinen  Petersberg  und  Hörtenberg  mit  Ruftica- 
Quadern  an  ihren  Thürmen  bemerkenswerth. 


Ein  Maffenfund  alter  Bronzen  bei  Obervintl  im  Pufterthale. 


Von  Luigi  de   Campt. 


|M  die  Mitte  des  Monates  April  1S71  fand  man 
bei  Obervintl  am  rechten  Rienz-Ufer  gegen 
l^aBjj  Sigmund,  etwa  dreißig  Schritte  von  der  Poft- 
ftraße  entfernt,  bei  Gelegenheit  eines  Steinbruches 
eine  erhebliche  Anzahl  alter  Bronzen.  Der  Grund,  wo 
diefer  eigenthümliche  Fund  gemacht  wurde,  gehörte 
damals  einem  gewiffen  Jofeph  Kammerer,  genannt 
..<  Ibermeyer"  von  Obervintl,  und  diefer  Waldgrund 
heißt  im  Volksmunde  ..der  Galgen".  Noch  heutzutage 
herrfcht  der  Glaube,  dafs  aufdemfelben  in  früherer  Zeit 
die  Verbrecher  der  Jurisdielion  Obervintl  gerichtet 
h  -  irden  feien. 

Aus  dem  Fundberichte,  wie  derfelbe  im  Fer- 
dinandeum  zu  Innsbruck  verzeichnet  ift,  wo  auch  die 
Gegenftände  aufbewahrt  find,  läßt  fich  über  die  Um- 
(lande  und  über  die  Art  und  Weife  der  Entdeckung 
wenig  beftimmtes  entnehmen.  Mit  Gewißheit  kann 
angenommen  werden,  dafs  an  der  Stelle,  wo  der  Fund 
gemacht  wurde,  weder  Kohle  noch  Afche,  mithin  keine 
Spur  von  Brand  ("ich  vorfand.  Keine  Gebäuderefte, 
keine  TopfTcherben,  noch  weniger  Gebeine,  die  auf 
eine  Beilegung  oder  Beftattung  fchließen  lallen,  lagen 
hier  vor,  denn  fämmtliche  Gegenftände  waren  forg- 
fältig  zwifchen  den  Steinen  aufbewahrt. 

Charakteriftifch  bei  diefem  Funde  in;  das  Vor- 
kommen zweier  einzig  gut  erhaltenen  Gegenftände, 
eines Palftabes  und  Halsringes,  während  alles  Andere  in 
gebrochenem  Zuftande,  ja  zur  Unkenntlichkeit  zer- 
fchlagen,  zum  Vorfchein  kam.  Fs  lag  die  Frage  fehr 
nahe,  ob  nicht  etwa  diefe  Zerftörung  der  Schwere 
der  Steine  zuzufchreiben  fei;  allein  die  Fraciur  ift  bei 
allen  Objekten  fehr  alt,  dazu  ift  keine  Zerquetfchung  an 
denfelben  bemerkbar,  und  fomit  fällt  diefe  Frage  weg. 

Die  Bronzen  zeigen  fämmtlich  eine  gleichmäßige 
lichte  Farbe,  welche  eine  größere  Beimengung  von 
Zinn  verräth,  die  Patina  tritt  nur  unbedeutend  und 
auch  nur  ftellenweife  auf,  ein  Umftand,  der  auf  die 
günftige  Lage  der  Objecic  hinweift,  welche  unter  dem 
Steingerölle,  wo  das  Waffer  durchackert,  von  der 
Feuchtigkeit  wenig  oder  nur  ftellenweife  oxydirt  und 
angegriffen  werden  konnten. 

Nachdem  ich  nun  in  der  möglichften  Kürze  den 
Fundbericht  erllattet  und  auf  die  auffallenden  Merk- 
male der  Geräthfchaften  die  Aufmerkfamkeit  gelenkt 


habe,  gehe  ich  ohneweiters  auf  die  Prüfung  und 
Unterfuchung  des  intereffanten  Materials  über,  um 
fchließlich  das  Alter,  die  Natur  und  den  Charakter 
der  Entdeckung  zu  beftimmen. 

Da  das  ganze,  fonft  fehr  zahlreiche  Material  leider 
im  fragmentarifchen  Zuftande  zu  Tage  gebracht  wurde, 
wodurch  eigentlich  der  Charakter  des  Fundes  be- 
zeichnet wird,  fo  lallen  fich  manche  Gegenftände  nur 
annäherungsweise  beftimmen,  und  ich  finde  mich 
genöthigt,  diefe  gänzlich  zu  übergehen,  um  meine 
Aufmerkfamkeit  jenen  Objekten  zu  widmen,  die  wegen 
ihrer  Form  und  Geftalt  genauer  zu  beftimmen  find 
und  zu  gleicher  Zeit  die  Epoche  charakterifiren,  welche 
dem  ganzen  Funde  als  Signatur  dient. 

In  erfter  Reihe  treten  neun  Bruchtheile  jener 
eigenthümlichen  Beile  oder  Keile  mit  flacher  Schaft- 
bahn und  Lappen  auf,  die  wir  unter  dem  Namen  Pal- 
ftab  oder  Kelts  kennen,  das  charakteriftifche  und  weit 
verbreitetfte  Inftrument  der  Bronzezeit  und  der  eilten 
Eifenzeit.  Mit  Ausnahme  des  einen  Palftabs  kommen 
nur  Bruchtheile  vor,  die  auf  den  bezeichneten  Typus 
zurückzuführen  find.  Zwei  davon,  ebenfalls  mit  Schaft- 
lappen verfehen,  zeigen  am  Rande  ein  <  »ehr,  welches, 
wie  man  annimmt,  zum  Durchziehen  einer  Schnur 
gedient  haben  mag,  um  das  Inftrument  an  den  Stiel  zu 
binden.  Die  Brüche  an  diefen  Kelts  fcheinen  nicht 
zufällig  entftanden  zu  fein,  fondern  abfichtlich;  denn  es 
find  unverkennbare  Spuren  des  gewaltigen  Gebrauches 
eines  Schneid-Inftrumentes  vorhanden.  Auch  manche 
Biegungen  tragen  die  Merkmale  der  abfichtlichen  Be- 
schädigung und  angewendeten  Anltrengung.  Der  Pal- 
ftab  ift  um  die  Mitte  etwas  gebogen  und  dort  find  ftarke 
Einfchnitte  gewaltfam  hervorgebracht,  wie  wenn  das 
Inftrument  als  Ambos  gedient  hätte.  So  wie  bei  fämmt- 
lichen  Gegenftänden  ift  auch  auf  diefem  die  Patina  karg 
vertreten,  und  zwar  nur  ftellenweife  wie  Flecke. 

Fibeln.  Kein  Schmuck  ift  im  grauen  Alterthume 
fo  allgemein  als  die  Haftnadeln,  und  in  unterem  Funde 
find  gegen  hundert  Bruchtheile,  vorherrfchend  Fuß- 
ftiicke,  zu  verzeichnen,  und  trotzdem  keine  völlig  gleich 
find,  fo  läßt  fich  doch  der  Typus  leicht  errathen. 

Vor  allem  hervorgehoben  zu  weiden  verdient  ein 
Pracht-Exemplar  einer  „Bügelhafte"  oder  Rogenfibel, 
und  wie  wir  (ie  nennen  „adarco  femplice".  Der  Nadel- 

k* 


I.XXII 


halter  ift  ziemlich  breit  und  dünn  gehämmert,  mit 
Linien  bandftreifig  geziert:  der  Bogen  trägt  auf  einer 
Seite  eine  reiche  Ornamentirung,  beftehend  aus  con- 
centrifchen  Kreifen  Würfelaugen  ,  umrahmt  mit  einge- 
kerbten Liniengarben  '    Fig.  i  . 

Diefe  Form  kann  man  eher  als  eine  Seltenheit, 
einUnicum  nennen,  wenn  auch  Bogenfibeln  fehr  häufig 
in  Hallftadt  und  aus  den  italienifchen  Gräberfeldern 
hervorgetreten  find.  Die  Eigenthümlichkeit  der  Con- 
ftruetion  reiht  diefe  Fibel  unter  die  norditalienifchen, 
indem  eine  Abweichung  von  jenen  zu  Hallftadt  gefun- 
denen hervortritt.  Die  Hallftädter  Bügelhaften ,  die 
Dr.  Otto  TifchUr1  als  „Zweifchleifige"  näher  bezeich- 
net hat,  führen  am  Ende  vor  dem  Fuße  eine  gleiche 
Windung  wie  am  Dorne.  Wie  aus  der  Figur  ergeht, 
fehlt  unferer  Fibel  die  Spiralwindung  am  Nadelhalter, 
und  eben  diefe  Eigenthümlichkeit  fcheint  nach  Dr. 
Tifchler  für  die  Importation  aus  dem  Süden  zu  ent- 
fcheiden,  während  die  zweifchleifige  dem  Gebiete 
Hallftadt-Krain  angehört.  Es  ift  nicht  zu  verkennen, 
dafs  die  Technik  diefer  Fibel  einen  großen  Fortfehritt 
in  der  Kunft  und  in  dem  Gefchmacke  verräth,  welcher 
uns  berechtigt,  diefelbe  von  den  elementaren  Formen 
auszufchließen. 


Unter  den  Bügelhaften  find  auch  die  fogenannten 
Knotenfibeln  zu  verzeichnen.  Diefe  Gattung  dürfte  bei 
Obervintl  vertreten  gewefen  fein,  wenn  die  10  ■ —  12 
Bruchftücke  theilweife  mit  großen  und  mitunter  mit 
kleinen  Knoten  auf  Fibeln  zurückzuführen  find.  Ich 
kann  nicht  beftimmen,  ob  die  Knoten  mit  oder  ohne 
Eifenkern  verfehen  find,  ein  Umftand,  der  bei  den  Kno- 
tenfibeln von  Maria  Raft3,  von  Watfeh  und  St.  Marga- 
rethen*  beobachtet  wurde. 

In    Italien     findet    man,    meines    Wiflens,    <i 
Fibeln  fehr  feiten.5  Ich  habe  mich  bemüht,  gewiffenhaft 
Erkundigungen    einzuziehen;    allein    nur    die   Formen, 
deren  ziemlich  dicker  Bogen  mit  einer  Menge  Scheiben 

1  Eine  kreisförmige  Fibel  mit  Kreis-Ornamenten,  die  mitteilt  Stanzen 
in   den  Bronzering  cingcfchlagen  find,  kam  bei  Watfeh  zum  Vorfchcin  :   Vcrgl. 

]»ie    neueften  Gräberfunde    bei  W.itfch    und   St.  Margai 
in  Kr.iin.  Wien  1883,  Seite  8. 

Gurina  im  Ober-Gailthalc  ^Kärnten).  Dresden  1885. 

I  U'rncnfcld  von    .Maria   Raft.    Braunfchweig 

1879  (Taf.  I. 

•   1  hfi   '■         Die   Deuefteo  Gräberfunde   von  Watfeh   und   St.  Mar- 

garethen  in  Krain.  Wien  1883. 

■    ift  bei  Efte  eine  Knotenfibel  zum  Vorfchcin  gekommen, 
und  dies   ift  fehr  leicht   erklärlii  h,  weil  die  Gräber  von  Eft<-    uns  ■        I 
vorftellen,  welches  auf  eine  ähnliche  Cultur  mit  dem  krainifchen,  karnloei : 
und  küftenlandifclieii    N  ft ,  welche    alle   der  illyrifchen  Gruppe 

anzugehören  fchei; 


garnirt  iil  (fibula  a  grandi  e  piecole  cofte  .    mit   ftark 

geripptem  Bügel  können  als  ähnliche  gelten.  Diefe 
Fibel,  wie  bekannt,  entflammt  einer  oberitalifchen 
Localindullrie  und  findet  fich  bei  uns  ziemlich  häufig. 
Uebrigens  glaube  ich  ohne  Zogern  mich  der  Anficht 
Hochfietters  anfchließen  zu  dürfen,  «elcher,  ..in  den 
Formen  der  Fibeln  weniger  altere  und  jüngere  Stadien 
einer  fortlaufenden  Entwicklungsfolge,  als  auf  örtlich 
venchiedenen  Gebieten  durch  befondere  Gefchmacks- 
richtung  entftandene  Localformen"  lieht.  ..die  jedoch 
durch  den  Handel  eine  größere  Verbreitung  gefunden 
haben".1 

So  wie  die  Bugelhaften  oderBogenfibeln,  vielleicht 
gegen  Knde  der  Bronzezeit,  vom  Orient  nach  Italien 
verpflanzt  wurden  und  in  dem  Hallltadter  Culturkreis 
als  zweifchleifige  erscheinen,  fo  durften  die  gerippten 
Fibeln,  die  jetzt  ihre  größte  Verbreitung  in  Ober- 
Italien  fanden,  in  Krain  und  inTyrol  in  Knoten-Fibeln 
verwandelt  worden  fein.  Der  Maffenfund  bei  Dercolo* 
brachte  uns  eine  gerippte  Fibel,  verfchiedene  Gehäng- 
ftücke  in  Knotenform,  und  manche  Bruchtheile,  von 
welchen  nicht  ausgefchloffen  ift,  dafs  fie  zu  Knoten- 
fibeln gehört  haben  können. 

Durch  \"erdickung  des  Bügels  entwickelten  fich 
zunächft  in  Italien  aus  den  Bogenfibeln  die  fogenannten 
kahnförmigen,  a  navicella,  wenn  hohl,  und  vielleicht 
früher,  wenn  maffiv,  a  fanguivuga,  die  eine  Quelle  für 
reichhaltige  Formentwickelung  füdlich  und  nördlich 
der  Alpen  abgeben. 

Bei  Obervintl  fand  man  fowohl  maffive,  als  hohle 
Kahnfibeln,  fämmtliche  aber  mit  langem  Fuß.  Von  den 
erfteren  find  ungefähr  16  Stück  durchgehends  mit 
eingravirten  Linien  am  Bügelkopfc  und  am  Fuße;  fie 
haben  einen  langen  Nadelhalter,  offene  Oefe  oder 
Falz  und  enden  in  einer  Kugel.  Hohle  Kahnfibeln 
gleicher  Conftruclion  find  3  Stück  vorhanden,  gleich- 
falls mit  eingravirten  oder  eingefeilten  Linien.  Dazu 
kommen  noch  etwa  30  Nadelhalter  in  eine  Kugel 
ausgehend,  von  den  kleinften  Dimenfionen  bis  zu  den 
größten,  welche  zuMonftrefibeln  dienen  mußten.  Ueber 
die  Verbreitung  diefer  Fibelgattung  zu  fprechen  hieb 
es  einen  großen  Theil  der  Funde  der  erften  Eifenzeit 
erwähnen.  Unferein  Funde  am  nächften  find  zwei 
große  Stücke  aus  Val  di  Non,  ebenfalls  im  Mufeum  zu 
Innsbruck,  verfchiedene  enthält  die  Sammlung  Trients, 
bei  Mechel  kamen  einige  Exemplare  zum  Vorfchcin; 
im  Gebiete  von  Verona  find  die  zu  Oppeano,  dann  die 
großen  von  Lodi,  die  von  Golafecca,  und  endlich  die 
von  Efte  und  diefe  die  iudlichen,  an  diefe  reihen  fich 
Gurina  in  Kärnten,  Watfeh  und  Hallftadt. 

Unter  den  Kahnfibeln  mochte  ich  ein  Exemplar 
erwähnen,  welches  nebft  eingefeilten  Linien  auf  dem 
Bogen  eingegrabene  Punkte  aufweift,  die  mit  einer 
weißen  Pafta  gefüllt  find.  Ich  kenne  bis  jetzt  eine  von 
Golafecca3  und  eine  zweite  aus  Mechel,  welch'  letztere 
aber  zweigliederig  ift.  und  die  gallifche  Spiralrollc 
aufweift    Fig.  2). 

Eine  Abweichung  von  den  kahnförmigen  bilden 
die  Fibeln  mit  flachem  dünnen  Bügel  und  langge- 
strecktem Nadelhalter.  Zwei  davon  find  am  Bügel  reich- 

Hochfletttr,  I.  c.  p.  34. 

.  1  i . >   «1  c  1 1 a   ct.i  del   ferro   Iroval  ■    a     Di 
Aicli.  I  1883   und   in  I  ilungen  der  k.  k.  Central-Commiffion 

Jahrgang  1^ 

1   della  prima  etä  del   ferro  nella   necropoli 

da  Golafecc.  I  li     II.  1876. 


LXXIII 


haltig  ornamentirt  mit  Würfelaugen,  Linienverzierung 
und  Tremolirftich,  und  dürfen  trotz  des  fchmalen Bügels 
doch  zu  den  Kahnfibeln  gerechnet  werden  und  nicht 
viel  fpäter  entftanden  fein. 

Gleichzeitig  mit  den  kahnförmigen  tritt  die 
Schlangen fi bei  auf,  welche  vielfache  Varietäten  in 
unferem  Funde  aufweift.  Wir  bezeichnen  folche  mit 
und  ohne  runde  Kopffcheibe,  einige  find  am  Höhe 
punkt  der  Biegung  durchbohrt  und  tragen  eine  Achfe, 
andere  führen  ein  gezalintes  mit  Höckern  verfehenes 
Rädchen  und  wiederum  manche  tragen  die  Ingenannten 
Fühler  (nach  Montelius  Hornfibeln  genannt1;  wahrend 
Exemplare  vorhanden  find,  die  am  Hügel  eine  Platte 
angebracht  haben,  auf  welcher  concentrifche  Kreife 
eingravirt  wurden.  Die  Schlangenfibel  ift  weit  in  Italien 
und  Mittel-Europa  verbreitet;  man 
fand  fie  in  Bologna,  in  Golafecca, 
zw  citePeriode1  mit  den  Kahnfibeln  mit 
langem  Fuß  und  Kugel  am  äußerllen 
Ende,  in  Oppeano  Veronefe,2  bei 
Efte,3  bei  Görz,*  bei  Cles5  etc.  Etwa 
über  zehn  verfchiedene  Fragmente 
weift  der  Fund  von  Obervintl  auf, 
darunter  zwei  bandförmige;  folche 
Exemplare  trifft  man  in  Iftrien  und 
ausnahmsweise  in  meiner  Ausgrabung 
(1885)  bei  Mechel. 

Die  Schlangenfibel  muß  eine  der 
beliebteften  Formen  gewefen  und 
lang  im  Gebrauch  behalten  worden 
fein,  und  wenn  man  auch  viele  Exemplare  in  Hallftadt, 
in  Krain  und  in  Kärnten  (Gurina)  gefunden  hat,  fo 
glaubt  doch  Dr.  Tifchler,  dafs  ihre  Entftehung  wohl 
eine  italienifche  und  nicht  dem  Norden  eigenthüm- 
lich  fei,  welche  aber  nordlich  der  Alpen  mit  uner- 
schöpflicher Laune  variirte.  Wir  haben  früher  er- 
wähnt, dafs  etwa  30  Nadelhalter  mit  langem  Falz  und 
mit  Endkugel  gefunden  wurden,  welche  vermuthlich 
zu  kahnförmigen  und  Schlangen- 
fibeln angehört  haben  dürfen. 
Die  Schlangenfibel  mit  End- 
kugel tritt  in  Italien,  zur  Zeit  der 
größten  Entfaltung  der  etrus- 
kifchen  Macht  auf. "  Da  aber 
Wfy-^'  Schlangenfibeln  mit  gleichem 
Fußftuck  bei  Obervintl  vorge- 
funden wurden,  fo  ift  die  Mög- 
lichkeit nicht  auszuschließen, 
ilifs  manche  Schlußftücke  diefer  Fibelgattung  ange- 
hört haben. 

Von  Armbruftfibeln  mit  gerade  zurücktretendem 
Schlußftücke,  wie  fie  Tifchler  nennt,  fand  man  ein 
Exemplar.7  Diefe  Fibelgattung,  fagt  der  Gelehrte, 
rangirt  nicht  in  den  italifchen  Entwicklungsgang  ein, 
und  da  fie  hingegen  nordlich  der  Alpen  fo  häufig  ill, 
fo  glaubt  er,   dafs  fie  hier  entftanden  fei,  und  zwar  zu 

'  P.  Caßtl/ranco,  1.  c.  Taf.  III.  Fig.  25,  26. 

'  »ggetti  della  prima  eta  del    ferro    fcoperti    in  Oppeano   Vero- 
nefe. Bull.  1  ,878. 

/,   I.e  necropoli  euganee  ed  im  :     1     nvenuti 

in  Efte,  Bul.  Pal.  I    \  I    1880. 

R  |  oftiglio  di  bronzi  preflo  Gorizia.  Bull.  Pal.  Ii.   III.  1S77. 
(T/M-Fundflatiftik   der   vorrömifchen   Mctallzeil    Im   klicingebiete. 
Stultgarl 

'•  Ztinnviii :  Gli  i-  i\  i    della  Ccriofa  di  Bologna  führt  keilm 

inden,    und  r:  Ccl  :  lico    giardino  —  Arnoaidi  I  e 

II.    Si 

r  Afej  I'.  c.  pag.  18. 


Ende  der  1  lallftädter  Periode,  kurz  vor  dem  Erfcheinen 

der  gallifchen  Cultur.  Vollkommen  fremd  lind  den 
italienifchen  Nekropolen  diefe  Fibelgattungen  nicht, 
denn  man  kennt  ein  Exemplar  aus  Tolentino '  und 
einige  aus  Mechel. 

Auch  die  Certofa  Fibeln  lind  in  unferem  Funde 
vertreten.  Von  den  7  Fragmenten  zeigen  einige  am 
Fuße  concentrifche  Kreife,  andere  am  Bügel  eingravirte 
Linien,  und  was  die  Form  anbelangt,  reihen  fie  fich 
unter  den  jüngften  Typen  ein.  Eine  zweiglii  di 
Armbrufl -Fibel,  deren  Bügel  und  Schlußftück  voll- 
kommen an  die  Certofa-Fibeln  erinnert,  mit  langer 
Spiralrolle  und  unterer  Sehne,  wie  fie  häufig  in  Iftrien, 
in  den  jüngften  Certofa-Gräbern,  vereinzelt  bei  uns 
Calliano),  in  Xordtyrol  bei  Wörgel  und  ähnliche 
Exemplare  in  Hallftadt  (Taf.  XIV,  Fig.  7)  erfcheinen, 
ift  in  einem  niedlichen  gut  erhaltenem  Exemplare 
auch  bei  Obervintl  angetroffen.  Diefe  Form  dii 
beinahe  dem  Schluffe  der  Hallftädter  Cultur  einzureihen 


»•'ig.  3- 

fein,  wenn  nicht  fchon  ein  gallifcher  Einfluß  zu  ver 
zeichnen  ill.  Für  unfern  Fund  und  für  die  Mellimmung 
desfelben  ift  das  Vorkommen  einer  Certofa-Fibel  und 
eines Schlußftückes  einer  kahn-  oder  fchlangenförmi 
Fibel,  welche  die  Ungleichheiten  der  Schmelzung  an 
fich  tragen,  von  hoher  Wichtigkeit.  Wenn  wir  fpäter 
über  die  Natur  und  Befchaffenheit  des  Fundes  unfere 
Vermuthung  ausfprechen  werden,  fo  wird  auch  diefer 
Umftand  näher  gewürdigt. 

Schließlich  zur  Beftimmung  des  Alters  di 
Fundes  kommt  uns  eine  La  Tenc-Fibel  zu  Hilfe.  Sie 
gelmrt  den  fruheften  Formen  an  und  entspricht  voll- 
kommen jenem  nicht  gewöhnlichen  Typus,  den  man 
bei  uns  in  Dercolo  ^Mufeum  zu  Innsbruck)1  und  in 
Mechel  gefunden  hat. 

Ringe,  insbefonders  Armringe,  kommen  ver,. 
dene   vor,    darunter    dürften    zum  Halsfchmucke    der 

1  poli  di  Tolentino.  Bulletlino  di  I 

1        [I,  Fig.  5. 


LXXIV 


:enring  und  der    fpiralförmig    gedrehte 

ftarke  Bronzeftab  gedient  haben,  welch  letzterer  in 
Maria  Ralf  und  in  Bismantova1  parallele  findet.  Man 
hat  im  Laufe  diele?  Auflatzes  jene  Bronzefragmente 
mit  Knoten  mit  den  krainifchen  Knoten-Fibeln  in 
Bezug  gebracht,  da  jedoch  kein  ein/ige-  dazu  paffendes 
Schlußftiick  oder  Dornfpirale  gefunden  wurde,  fo  laffen 
fich  jene  Fragmente  ebenfo  gut  als  Theile  von  Hals-  oder 
Armringen  auffallen.  In  diefem Falle  finden  wir  ähnliche 
Exemplare  bei  Görz,  refpective  in  der  Gußftätte  von 
S.  Pietro. 3  welche  eine  Gußform  für  Knotenringe 
ergab,  und  manche  Berührungspunkte  mit  den  krai- 
nifchen und  kärntnerifchen  Xekropolen  aufweift ;  mit 
Ausnahme  eines  einzigen  gut  erhaltenen  Halsringes, 
alle  anderen  find  offenbar  in  zwei  oder  mehrere 
Stücke  auseinander  gebrochen.  Betreffs  des  ganzen 
Halsringes,4  welcher  aus  einer  dünnen  noch  gegen- 
wärtig lehr  elaftifchen  fchmalen  Bronzeplatte  beftand 
und  um  die  Mitte  an  der  Vorderfeite  in  einen  runden 
Stab  übergeht,  geziert  mit  eingefchlagenen  Wiirfel- 
augen,  mochte  ich  beinahe  die  Provenienz  bezweifeln. 
Ein  gleiches  fowohl  in  der  Geftalt  wie  auch  in  der 
Größe  kam  aus  einem  Grabe  bei  Cloz  in  Val  di  Non 
zum  Vbrfchein.  Wenn  auch  erwiefener  Weife  bei  den 


Römern  das  Tragen  von  Halsringen  nicht  üblich  war, 
fo  konnte  ich  nicht  umhin,  nach  den  anderen  Beigaben 
jenes  Grab  als  der  römifchen  Zeit  angehörig  zu  be 
trachten,  und  aus  diefem  Umftande,  wie  auch  aus  dem 
Grunde,  dafs  gerade  ein  fo  zarter  und  leicht  gebrech- 
licher Gegenftand  in  einem  Funde  angetroffen  ward, 
wo  durchgehends  fragmentarifche  Objecte  zum  Vor- 
fchein  kamen,  fchöpfte  ich  über  deffen  Provenienz 
Verdacht. 

L  nter  den  Armbändern  fand  fich  ein  fehr  zierliches 
und  elegantes  Exemplar,  beftehend  aus  maffivem 
Bronzeftab.  Hohl  ift  hingegen  an  einem  Ende,  und 
zwar  an  dem  ftärkeren  der  Ring,  während  das  andere 
dünnere  Ende  maffiv  ift. 

Ein  einziger  Fingerring  ift  unter  diefem  Maffen- 
funde  vertreten,  und  diefer  fcheint  ein  mißlungener 
Guß  zu  fein,  wie  die  Ungleichheiten  an  der  Schmelzung 
es  beweifen. 

Welche  Verwendung  der  dicke  runde  Bronzeftab 
gefunden  haben  mag,  ift  mir  nicht  klar.  War  es  viel- 
leicht ein  Maßftab?  Die  um  den  ganzen  Stab  herum 
in  gleicher  Entfernung  angebrachten  ftärkeren  Linien 
abwechfelnd    mit    fchwächeren,   die  nur  bis  zur  Mitte 

1  »f.    IV.    | 
:  Ckierici.   II    fep  p,„l|    pa|ct.    It.    1883   Taf    VI 

•  Mittheilungen  der  k.  k.  Central-Commiffion   1885,  Seite  CXIV 


*v* 


der  Rundung  gelangen,  berechtigen  uns  diefen  Stab 
als  ein  Mefsinftrument  zu  vermuthen  und  aufzufaffen. 
Vollkommen  der  Form  und  Geftalt  eines  Schreib- 
griffels   ftilus^  entfpricht  ein  anderer  Gegenftand. 

Aber  bei  weitem  ein  höheres  Intereffe  erwecken 
die  Bronzebleche.  In  der  Geftalt  eines  Dreiecke? 
kommt  ein  einziges  Blech  vor,  welches  vermuthlich  von 
einer  Kette  herabhangen  durfte,  wie  es  der  Ring  be- 
weift, der  noch  daran  haftet  Fig.  4  .  Geradezu  allge- 
mein find  derlei  Bleche  fowohl  in  Hallftadt  wie  in  den 
italifchen  Xekropolen,  hauptfachlich  in  Efte,  I.  und  II. 
Periode,  und  bei  uns  hat  Mechel  eine  erhebliche  Anzahl 
ergeben. 

Unter  den  fcheibenförmigen  Blechen  erwähne  ich 
ein  fchalenartiges  und  ein  zweites  mit  erhabenem  Mit- 
telbuckel (Fig.  5  .  wie  man  fie  ziemlich  häufig  als  Griff 
knauf  an  den  Schwertern  der  Bronzezeit  antrifft.  Vor 
Allem  hervorzuheben  ift  die  große  Scheibe 
aus  zwei  verfchiedenen  Stücken  zufam- 
mengefetzt,  geziert  mit  ausgefchlagenen 
Punkten  oder  Perlen  Fig.  6).  Derlei 
Scheiben  ergaben  die  Gräber  von  Bologna, 
wie  auch  die  fchweizerifchen.1 

Man  hat  zuerft  vermuthet.  dafs  fie  als 
Schildverzierung  gebraucht  worden  feien, 
allein  ob  der  Schwäche  der  Platte  und 
wegen  der  geringen  Dimenfionen  find 
vorläufig  diele  Scheiben  als  Gehängftücke 
zu  betrachten,  vornehmlich  als  Mittelftück 
zum  Schmucke  der  Bruft  oder  Schulter, 
an  welchem  Ketten  und  andere  Anhängfei 
hafteten,  wie  bei  der  Scheibe  von  Der- 
colo,2  die  mit  unferer,  fei  es  in  der  Tech- 
nik, fei  es  in  der  Form  und  Zeichnung, 
vollkommen  übereinftimmt.  Für  uns  ift  es 
von  nicht  geringem  Werthe  feftfetzen  zu 
können,  dafs  ganz  ahnliche  Zierrathen  auf 
dem  fchönen  Schilde  von  Klein-Glein  vor- 
kamen, •'  wodurch  entfcliieden  eine  arti- 
ftifche  Gemeinfchaft  und  auch  möglicher 
Weife  eine  gleiche  Provenienz  hergeleitet 
werden  kann.  Diefer  Umftand,  verbunden 
mit  der  nun  herrfchenden  Anficht,  dafs 
die  Gruppe  der  illyrifchen  Alterthümer  auf 
Unter-Steiermark,  Kärnten  und  Krain  fich 
erftreckt ,  würde  das  Erfcheinen  ganz 
gleicher  Gegenftände  in  Tyrol  für  die  großen  Bezie- 
hungen diefes  Landes  mit  Illyrien  und  mit  dem  Gebiete 
der  Veneter  fprechen. 

Gürtelbleche  und  Bronzegürtel.  Das  Grabinven- 
tar der  meiften  Funde  aus  der  erften  Eifenzeit,  wie  die 
(iräberfelder  dervenetianifch-illyrifchen  Gruppe  führen 
Gürtelbleche  auf,  während  ganze  Bronzegurtel  bis 
jetzt  eine  Specialität  der  Hallftadter  Nckropole  und 
der  krainifchen  Gräber  zu  fein  fcheinen. 

Der  MalTenfund  von  Obervintl  ergab  acht  Blech- 
Fragmente,  und  zwar  folche,  die  auf  Gürtelbleche  und 
andere  wiederum,  die  auf  Bronzegürtel  zurückzuführen 
find,  und  diefe  letzteren  gehören  betreffs  der  Technik 
und  der  Verzierung  vollkommen  dem  Hallftadter 
Culturkreife  an.  Zu  den  erfteren,  das  heißt  zu  den 
Gürtelblechen,    die    als    Endftücke    lederner    Gürtel 

ueil  d'antiquites  Siiiffes  Taf.  XIV,  Fig.  3. 
riintr,  I.   c.    Taf.    II.    Fig.   3. 
I  MittheUungen  <ics   Uiftorifchen  V  «.reines  für  Steiermark  1S65. 


httm 


Fig.  S. 


LXXV 


verwendet  wurden,  rechnen  wir  zwei  Stucke  (Fig.  7 
und  8).  Drei  andere  Bleche,  44  Mm.  breit,  find 
ebenfalls  reich  ornamentirt  mit  bandförmig  geordneten 
Perlenreihen,  oder  mit  geometrifchen  Figuren  geziert. 

Ein  dritter  Knopf,  mit  einem  Kreuze  bezeichnet, 
diente  zur  Befeftigung  des  Ilakens.  Da  weder  von 
<.\cn  Knüpfen  noch  an  den  Funkten  eine  Gleichmäßig- 
keit in  der  Zeichnung  zu  beobachten  ill,  fo  läßt  fich 
annehmen,  dafs  zur  Wiederholung  diefer  Zeichnung 
offenbar  keine  dazu  gefertigte  Bunze  oder  Stempel 
benützt  wurde.  Ein  anderes  Blech,  von  welchem 
mir  im  befagten  Mufeum  mit  zuvorkommener  Freund 
lichkeit  ein  Gypsabguß  gewährt  wurde,  zeigt  ent- 
fchieden  den  Gebrauch  des  Stempels,  um  fchneller 
und  in  größeren  Abfchnitten  die  äußerft  zarte  geo- 
metrifche  Zeichnung  herzuftellen.  Mit  Ausnahme  des 
Endstückes,  welches  auf  den  Ilaken  vier  concen- 
trifche  Kreife  aufweift,  find  fammtliche  Stucke  in  ge- 
triebener Arbeit  theils  mit  der  Bunze,  thcils  aus  freier 
Hand,  und  theils  mit  Gravüren  und  Tremo- 
lirftich  bearbeitet.  Bei  allen  erfcheinen 
die  Conturen  fehr  fcharf  und  die  Linien- 
verzierung fehr  rein,  wozu  wahrscheinlich 
Stahlwerkzeuge  benutzt  wurden.'  Es  ift 
übrigens  nicht  das  erllemal,  dafs  bei 
Obervintl  ornamentirte  Bleche  gefunden 
wurden.  Prof.  Wie/er  brachte  ein  Frag- 
ment mit  figuralifchcr  Zeichnung,2  und 
erkennt  in  demfelben  eine  italifche  Pro- 
venienz. 

Schließlich  find  aus  diefem  Maffen- 
funde  noch  zu  verzeichnen:  Eine  erheb- 
liche Anzahl  von  Henkel  der  mannigfal- 
tigften  Formen,  an  denen  noch  Stücke 
von  dünnem  Bronzeblcch  befeftigt  find, 
welche  von  dem  Ganzen  nicht  abgebro- 
chen, fondern  mit  fcharfem  Inftrumente 
weggefchnitten  wurden:  einige  Knöpfe, 
die  an  ihrer  hohlen  Innenfeite  mit  einem 
Oehrchen  verfehen  find,  Bruchtheile  von 
Bullen  u.  f.  w . 

Ich  habe  nun  in  bündiger  Weife  die 
Ergebniffe  diefes  eigenthümlichen  Fundes 
vorgebracht  und  befchrieben;  indeffen, 
trotz  der  Verfchiedenheit  und  der  Mannig- 
faltigkeit des  reichen  Materials  können  wir 
doch  wenig  neues  verzeichnen.  Es  wiederholen  fich 
diefelben  Culturproductc,  die  wir  aus  den  ober- 
italifchcn  Graberfeldern,  aus  den  krainifchen,  kärnt- 
nerifchen  und  falzburgifchen  Nekropolen  zur  Genüge 
kennen.  Aber  einen  fo  ausgesprochen  einheitlichen 
'  harakter,  wie  bei  dem  Funde  von  Obervintl  wird  man 
feiten  antreffen  und  diefem  Umftande  verdanke  ich  die 
nähere  Beftimmung  des  Alters,  refpeclive  der  Cultur- 
Epoche.  Ich  übergehe  die  Prüfung  des  ganzen 
Materials  und  beschränke   meine  Untersuchungen  auf 


1  Nicht  nur  diefe  Bronzebleche,  fondern  auch  die  Fibeln  (Fig.  4  und  5) 
verrathen  den  Gebrauch  von  Stahlwcrkzcugcn,  und  diefer  1  mftand  würde 
i!  thefe  einer  allgemeinen  Kenntnis  und  Benützung  diefes 
Metalls  ftuizen,  ..Hein  fowic  in  Skandinavien  und  in  Deutf  hland  '  iräberfunde, 
die,  wiewohl  man  Eifcn  in  ihnen  fpürt,  doch  noch  zu  den  Bronzealter-Funden 
gerechnet  werden  müßen,  fo  hat  Undsrt  „Daserfte  Auftreten  des  Etfens  in 
uropa"  etc.)  angenommen,  dafs  fie  aus  füdlicheren  Landern,  wo  das 
Eifen   früher  in  Aufnahme  kam,  importirt  wurden. 

-Prof.  Wie/er.  Mittheilungen  der  Anthropologifchen  Gefellfchaft, 
Wien  1883.  Orfi:  Sui  centuroni  Italic!  dclla  la.  eta  dcl  ferro  e  fulla  decorazione 
geometrica  c  rapprefcntaliva  dei  bronzi  norditalici  dello  ftcffo  periodo. 
Modcna  1885. 


die  Fibeln,  welche  bis  jetzt  unvergleichlich  die  ficherften 
Anhaltspunkt'   gewähren. 

Die   ausgebildete   Form   der   Bogenfibel,  welche 

vielleicht    gleichzeitig    mit    den  kahn-  und    fchlangcn- 
förmigen  aufgetreten  lein  mag,  durfte,  um  nicht  zu  weit 
zurückzugreifen,  um  die  Mitte  des  erden  Jahrtaufend 
v.  Chr.    zu   verfetzen   fein    Das    Erfcheinen   hing' 
einer  einzigen  gallifchen  Fibel,   und   der  totale  Mangel 
anderer    Gegenstände    aus    der    La    Tene  -   Periode 
berechtigt  uns  zu  glauben,  dafs  diefer  Maffenfund  voi 
dei    Entwicklung  der  gallifchen  Cultur  bei  Obervintl 
deponirl  wurde  und  mithin  nicht  viel  fpäter  als  anfa 
des   4.    Jahrhunderts    v.    Chr.  Wenn    diefe  Auffafl 
nicht  auf  Irrthum  beruht,  durften  die  chronologischen 
Extreme  diefes  Fundes  zwifchen  dem  5.  und  4.  Jahr 
hundert  reichen. 

Eine  weitere  Frage  bezieht  fich  auf  die  Natur 
oder  Charakter  des  Fundes.  Es  wurde  fchon  im  An- 
fange diefes  Auffatzes  infolge  des  Mangels  an  Kohle, 
Afche  und  Gebeinen  die  Möglichkeit,  dafs  es  fich  hier 
um   eine  Grabftatte  handle,  ausgefchloffen.  Nun  aber, 


1  *,1  -  tä*H^4s  t 


Fig.  6. 

wenn  man  trotzdem  Kelle  einer  Grabftatte  angetroffen 
hatte,  was  übrigens  aus  dem  hundberichte  nicht  er- 
geht, fo  konnten  dennoch  diefe  etwaigen  Kelle  mit 
unferem  Funde  unmöglich  in  Beziehung  gebrachl 
werden;  denn  nur  Brandgrubengräber  aus  einer  relativ 
fehr  Späten  Zeit  weilen  in  Deutschland  ein  abfichtlich 
zerftortes  Inventar  auf. 

Indeffen  zu  welchem  Zwecke  hatte  man  eine 
folche  Quantität  von  Beigaben  dem  Beftatteten  oder 
Verbrannten  beigelegt,  und  wozu  die  mißlungenen 
Gußflücke  und  die  unförmlich  gefchmolzenen  Bronze- 
klumpen? Es  liegt  auf  der  Hand,  dafs  wir  hier  einen 
r  eigenthümlichen  Maffenfunde  vor  uns  haben, 
die  unter  dem  Namen  eines  „Handels-Depot"  bekannt 
find,  oder  eine  GußStätte,  wo  die  zerbrochenen  Bronzen 
zum  Einschmelzen  beitimmt  waren. 

Der  Charakter  des  Handels-Depots'befteht  jedoch 
darin,    dafs    die   Gegenstände,    wenn    nicht    neu    oder 


Kundftauflik   der  vorrömifchen   .Nr  . 
Stuttgart  1S84. 


Rhcingcbiclc 


LXXV1 


'ich  unbenutzt,  doch  in  einem  brauchbaren  Zu- 
stande aufbewahrt  wurden;  in  den  Gußftätten  dagegen 
fehlen,  nebft  zerbrochenen  Bronzen  zum  Einfchmelzen 
beftimmt,  fall  nie  die  Gußformen,  Schmclztiegel,  Guß- 
barren  und  Schlacken. 

Hei  unterem  Funde  fehlen  alle  die  Merkmale  eines 
ntlichen  Handels-Depöts,  und  zu  einer  Gußftätte 
vermiffen  wir  die  Gußformen.  Im  füdlichen  und  nörd- 
lichen Italien  kommen  in  i  Anzahl  freiftehende 
Funde  vor,  die  weder  zu  Wohnungen  und  noch  weniger 
zu  Grabfeldern  Beziehung  haben.  Es  find  theils  1  landels- 


Depöts  mit  durchgehends  neuen  Gegenftänden,  theils 
Hätten,  und  endlich  fogenannte  „riportigli",  /.er- 
brochene Gegenstände  mit  Bruchftiicken  von  Schmuck- 
fachen, die  von  wandernden  Händlern  zum  Zwecke 
des  Wiedereinfchmelzens  gekauft  oder  eingetaufcht 
wurden,  da  und  dort  verborgen,  um  nicht  mehr 
erhoben  zu  werden.  Ich  glaube  mich  nicht  zu  irren, 
wenn  ich  den  Maffenfund  von  Obervintl  zu  diefer 
letzten  Claffe  von  Depots  rechnen  werde,  und  dem 
Culturkreife  File  1  Iallltadt  aus  der  eilten  Periode  der 
Eifenzeit  zufchreibe. 


Das  Gräberfeld  zu  Frögg  im  Jahre  1886. 

Befprochcn  vom  k.  k.  Confervalor  A'atl  Baron  Haufcr. 


AS  Gräberfeld  zu  Frögg  lieferte  auch  im  Jahre 
neue  Proben  des  Formen  Keichthumes 
der  unbekannten  Bevölkerung,  welche  dort 
beftattet  ift.  Allein,  ilt  es  fchon  bedauerlich,  dafs 
der  karntnerifche  Gefchichts- Verein  nicht  die  Mittel 
befitzt,  fyftematifche  Ausgrabungen  vornehmen  zu 
lallen  und  zufehen  zu  mußen,  wie  Unberufene  die 
Gräber  durchwühlen  und  wichtige  FundStucke  in  allen 
Richtungen  der  Windrofe  verfchleppen,  fo  ift  es  nicht 

Nord 


schioli.  c  Liue!.  d  Frögg.  c  Thiergarten.  f  Lucas 


minder  zu  beklagen,  dafs  dem  Vereine  auch  Zeit  und 
Geld  mangeln,  die  wichtigen  Fragen,  die  fich  an  die 
bereits  bekannten  Funde  knüpfen,  einer  vielleicht 
nahe  liegenden  Löfung  zuzuführen.  Glücklicherweife 
führt  der  blinde  Zufall,  der  ja  auch  die  Entdeckung 
des  Gräberfeldes  felbft  veranlaßte,  immer  wieder  auf 
neue  Spuren  und  läßt  es  nicht  zu,  dafs  der  Eifer  der 
Forfchung  erkalte  und  der  Spaten  zur  Ruhe   komme. 


Zwei  Fragen  drangen  lieh  jedem  unabweislich 
auf,  der  das  Gräberfeld  befucht  und  die  im  Mufeum 
zu  Klagenfurt aufgeftellten  Fundftucke  betrachtet.  Wo 
mochte  die  Anfiedlung  geftanden  haben,  deren  Be- 
wohner auf  diefem  Gräberfelde  ruhen?  und  wie  kommt 
iafs  diefes  Gräberfeld  mit  Funden  aus  der  Iiall- 
ftädter  Periode  abfchließt  und  dafs  fich  keine  An- 
knüpfungspunkte an  fpätere  Cultur-Periodcn  finden : 
Es  find  in  beiden  Richtungen  Vermuthungen  aufgeteilt 
worden  und  erft  kürzlich  erhielt  die  Forfchung 
wieder  einen  bedeutungsvollen  Wink  vom 
Zufalle  zur  Beantwortung  der  letzteren  Frage. 
Als  die  anthropologifche  Gcfellfchaft  in 
Wien  vor  zwei  Jahren  in  Fröi;  abungen 

vornehmen  ließ,  welche  höchft  intereffante 
Ergebniffe  lieferten,  ftellte  Herr  J.  Ssombathy, 
der  damalige  Leiter  des  Unternehmens,  die 
gewiß  fehr  berechtigte  Vermuthung  auf,  dafs 
der  bewaldete  Höhenrücken  weltlich  des 
..Thiergartens"  Fig.  i,  c  wo  deutliche  Spuren 
von  Erdarbeiten,  Graben  und  Wälle  fichtbar 
find,  der  Anfiedlungsplatz  jener  Leute  gewefen 
fei,  welche  in  den  Grabhügeln  von  Frögg  be- 
ftattet worden  find.  Er  ließ  an  verfchiedenen 
Orten  graben,  allein  es  fand  fich  nicht-,  was 
diefe  Vermuthung  beftätigte.  Gleichwohl  cr- 
fuchte  er  mich  im  letztvergangenen  Winter, 
eine  ganz  genaue  Vermeffung  und  Aufnahme 
der  fämmtlichen  auf  dem  Berge  oberhalb  des 
Brauers  Seidl  Lucas)  gelegenen  Walle.  Gra- 
ben etc.  vornehmen  zu  laffen,  eine  Arbeit, 
welche  fich  nur  im  Winter,  wo  das  Geftrüpp 
nicht  belaubt  ift,  löfen  ließe.  Leider  war  es  mir 
wegen  des  vielen  Schnees  und  fpäter  anderer 
Hinderniffe  wegen  nicht  möglich,  diefem 
Wunfche  für  diesmal  nachzukommen,  doch 
beabfichtige  ich  die  Ausführung  desfelben  bei 
nachfter  Gelegenheit  vorzunehmen.  Fs  liegt 
-ich  nahe,  dafs  der  Zugang  in  die  fruchtbare  Niede- 
rung, wo  die  Ortfchaften  Rofegg,  Duel  und  Frögg 
liegen,  die  von  drei  Seiten  durch  den  gewaltigen  Drau- 
fluß  gefchützt  ift,  von  ihren  einftigen  Bewohnern  gegen 
Südoften  durch  Befestigungen  auf  den  (teilen  Abhängen 
des  Thiergartens  und  der  Anhöhe  hinter  dem  „Luca-" 
gefchützt  wurde,  dafs  alfo  auf  diefen  beiden  Anhöhen 
die  Spuren  einer  prahiftorifchen  Anfiedlung  zu  fliehen 


LXXVII 


feien.  Hiezu  kommt,  dafs  die  heutige  Straße  nacli 
St.  Martin  gar  nicht  weit  von  diefem  uralten  Kirchlein 
an  eine-  Stelle  führt,  wo  ähnliche  Tumuli  wie  in  Frö 
liehen,  welche  allerdings  bisher  nicht  mit  Erfolg  durch- 
fucht  wurden,  und  dafs  man  in  diefer  Richtung  weiter 
zu  den  alten  Bleibergwerken  von  Rudnik  und  Petfch- 
nitzen  am  Fuße  des  Tabor  gelangt.  Im  Hinblicke  auf 
die  Kolten  einer  folchen  Aufnahme  lag  es  nicht  im 
Plane,  in  diefem  Sommer  für  den  Verein  Ausgrabungen 
in  Frögg  vornehmen  zu  laffen;  allein  es  kam  dennoch 
dazu. 

Im  letztvergangenen  Frühjahre,  als  der  Brauer 
Seid!  ein  zu  feinem  Haufe  gehöriges  Grundftück,  auf 
welchem  fchon  mehrere  Hügel  durchfucht  wordin 
waren,  zum  Fruchtbaue  herrichtete,  fand  er  an  einer 
vieldurchwühlten  Stelle  mehrere  ganz  beachtenswerthe 


Fig  2. 

enftände,  welche  er  vorläufig  als  Schauflücke  für 
feine  Sommergäfte  bei  fich  behalt,  am  Schluffe  der 
Saifon  aber  an  den  kärntnerifchen  Gefchichts-Verein 
zu  verkaufen  gedenkt.  Unter  diefen  Gegenftänden, 
meill  Bruchltücken  von  bronzenen  und  eifernen  Fibeln, 
Nadeln,  Mcfferchen,  einer  gebrochenen  Speerfpitze 
und  Spinnwirteln,  befanden  fich  auch  werthvollere 
Stucke.  Zu  letzteren  gehören  vor  allem  zwei  gut  er- 
haltene große  Kahnfibeln,  deren  eine  ungefähr  1/i  der 
naturlichen  Große  (Fig.  2)  dargeftellt  ill.  Ganz  befonders 
gut  erhalten  war  diefe  Fibel,  bis  eine  fremde  Dame, 
welche  die  Nadel  mit  der  Hand 
aufbiegen  wollte,  diefelbe  zerbrach. 
Diefe  Fibel  ill  fowohl  durch  den 
fchön  geformten  Knopf  am  Fuße, 
als  durch  das  zierliche  Muller  der 
Einritzungen  am  Bügel  bemerkens- 
werth.  Die  Höhlung  des  Bügels  ift 
nicht  nur  nach  unten  offen,  fondern 
j    .    ,  auch  an  der  Oberfläche  durch  ein 

rundes  Loch  erfichtlich.  Die  Patina 
ill  rauh  und  uneben.  Die  kleinere  Fibel  ill  weit  weniger 
[faltig  ausgeftattet ;  auch  fehlt  der  Schlußknopf  am 
Fuße,  welcher  jedoch  urfprünglich  vorhanden  gewefen 
fein  dürfte. 

Beachtenswerth  ill  auch  eine  lehr  große  durch 
Roll  fchadhafte  eiferne  Bogenfibel,  an  welcher  ein 
eiferner  King  hangt.  Ein  anderer  ringförmig  gebogener 
Bronzedraht  ift  an  jenem  Theile  durch  Roll  ange- 
schmolzen, wo  die  Spirale  der  Nadel  fein  follte,  und 
wo  nur  mehr  ein  rundes  Loch  zu  erkennen  ift. 

Zugleich  mit  dielen  Fibeln  fanden  fich  auch 
mehrere  größere  und  kleinere  platt  geformte  Bronze- 
fcheiben  (Fig.  3),  welche  an  einen  durch  diefelben 
gezogenen  Draht  gereiht  gewefen  fein  follen,   welcher 

XIII.  X.  F. 


Draht  aber  in  Trümmer  zerfallen  ift.  Diefe  Kügelchen, 
etwa  15  an  der  Zahl  und  zwifchen  25  Cm.  und  [8  ' 
imDurchmeffer.beftehen  aus  je  zwei  hohlen  Scheibchen, 
die  durch  irgi  nd  einen  Kitt  zufammengehalten  worden 
zu  hin  Scheinen,  und  wahrscheinlich  einen  llalsfchmuck 
bildeten. 

1  tiefe  Funde,  an  welche  fich  noch  andere,  meill 
von  Badegallen  aus  Velden  im  Monate  Mai  vorge- 
nommene Ausgrabungen  mit  mehr  oder  minderem 
Erfolge  fchloßen,  veranlaßten  den  kärntnerifchen 
fchichts- Verein  in  der  \\'<>che  vor  Pfingften  ebenfalls 
eine  Anzahl  Graber  in  Frögg  offnen  zu  laffen. 

Zuerft  wurden  zwei  I  lügel  auf  der  Parzelle  Schufter 
145K  1  nachft  dem  Grundltücke  des  Brauer-  Seidl, 
vom  Waldwege  welllich,  geöffnet.  Diefe  beiden  Grab- 
hügel hatten  6  —  7  M.  Durchmeffer,  keinen  Steinring 
und  waren  vorn  mit  brauner  Erde  aufgefchüttet.  Einer 
derfelben  hatte  am  Grunde  eine  30  Cm.  ftarke  Schichte 
von  Klaubfteinen.  Spuren  einer  Beftattung  fanden  fich 
nur  wenige,  nämlich  Knochenrefte,  Stücke  von  Broi 
draht  oder  Fibeln  und  Scherben  von  Thon 
aber  unter  diefen  letzteren  waren  auch  die  einer  dick- 
wandigen dunkelgrauen  Urne    von  befonderer  Gn 


Fig.  4-  5 

mit  fchönen  eingeritzten  Ornamenten.  Diefe  Scherben 
wurden  vom  Vereinsdiener  Kaifer  mit  feltenem 
Gefchicke  wieder  zufammengefügt  Fig.  4  und  es  ill 
bisher  in  Kärnten  noch  kein  fo  fchönes  Stück  gefunden 
worden.  Bemerkenswerth  ift,  dafs  die  Striche  der 
Ornamente  nicht  glatt  find,  fondern  mit  einem  Zahn- 
rädchen gemacht  worden  zu  fein  Icheinen;  auch  ill 
diefe  fchöne  Urne  nicht  auf  der  Drehfeheibe  erzeugt 
worden. 

Endlich  fand  fich  in  demfelben  Grabhügel  auch 
ein  ganz  kleines  Bronze-Meflerchen  von  3  —  4  Cm. 
Klingenlänge,  deffen  Angel  in  einem  vermoderten 
hölzernen  Heftchen  fleckte,  woranSpuren  eineseifernen 
Befchläges  waren.  Alles  zerfiel  aber  bei  der  leifeften 
Berührung  und  konnten  nur  Bruchftücke  aufbehalten 
werden.  Fünf  weitere  Grabhügel  wurden  ganz  am 
Höhenrücken  auf  der  Parzelle  Wauch  1502  naher  der 
Landftraße,  etwa  in  der  Mitte  des  Gräberfeldes  geöff- 
net. Diefe  ziemlich  nahe  aneinander  gelegenen  1 1 
zeigten  verfchieduie  Beftattungsweifen,  und  nur  einer 
derfelben  lieferte  eine  erwähnenswerthe  Ausbeute. 
Während  nämlich  drei  derfelben  unter  der  aufge- 
schütteten Erde  regellos  angehäufte  Bruchfteine  mit 
Spuren  von  Leichenbrand,  Thonfcherben  und  Theile 
ftark  zerfetzter  Bronze-  oder  Eifengeräthe  wiefen,  waren 
die  zwei  anderen  von  ganz  eigenthümlicher  Zufammen- 
fetzung,  indem  eine  Anzahl  von  größeren  und  kleineren 

I 


LXXV1II 


Schieferplatten   auf  den   fchmalen  Kanten   aufgeteilt 
einen  Kaum  von  1  40      2  M.  bildeten,  innerhalb  d< 
die  Leichenverbrennung  ftattgefunden  zuhaben  fcheint, 
wie  die  aufgefundenen  Kelle  und  der  braun  geröftete 

.n  fchließen  lauen.  Eines  diefer  Graber  war  be- 
fonders ergiebig  an  Funden,  welche  zwifchen  Steinen 

■1.  An  der  Südfeite,  etwa  30  Cm.  unter  der  Ober- 
flache  in  einer  Schichte  Leichenbrand  von  einem 
Meter  Ausdehnung  zerftreut  lagen  Bruchftücke  ftark- 
oxydirter  kleinerer  Reiterfiguren;  in  der  Mitte  am 
Grunde     eine    zerquetfehte     Urne     und     darin     unter 


Fi( 


Knochenreften  die  gut  erhaltene  Nadel  einer  Bronze- 
fibel;  nebenan  ziemlich  gut  erhaltene  Fußfchalen 
1  -  und  öfllich  metertief  wieder  zwei  große  mit 
Knochenreften  gefüllte,  ganz  zerdrückte  Urnen,  bei 
deren  einer  eine  ftarke  Baumwurzel  durch  den  Boden 
gewachfen  war.  Unter  den  Knochenreften  diefer  Urnen 
fanden  lieh  Trümmer  eines  eifernen  Mefferchens  und 
einer  Nadel,  ferner  zwei  Bronzeringe  von  je  4  Cm. 
Durchmeffer    mit    daran    hangenden    Kloben,    womit 


diefelben  wahrfcheinlich  an  ein  größeres  Gelaß  genietet 
waren  und  zehn  Stück  Rciterfiguren  aus  Blei  (Fig 
Diefe  kleineren  Reiter  find  von  einer  bisher  noch 
nicht  gefundenen  Gußform  und  ganz  befonders  ftark 
in  Metall,  welches  noch  fo  gefchmeidig  ift,  dafs  eine 
völlig  zufammengerollte  folchc  Figur  ohne  Bruch  glatt- 
gebogen werden  konnte.  Die  Formen  find  aber  wo 
möglich  noch  roher,  als  die  der  früher  gefundenen 
ren.  Namentlich  der  Kopf  der  Reiter  ift  unförm- 
lich. Die  Pferde  oder  Fiel,  denn  die  langen  Ohren  find 


auffallend  markirt,  haben  nur  zwei  Beine,  und  der 
Schwanz  ill  mit  den  Hinterbeinen  gleichgeformt.  Die 
Beine  der  Reiter  hingegen  lind  gänzlich  iiberfehen 
worden. 

In  demfelben  Tumulus  gab  es  überdies  noch 
mehrere  andere  Urnen,  und  zwar  befonders  viele  Fuß 
Uli. den,  vielleicht  deren  10  Stuck  verfchiedener  Größe, 
aber  völlig  zertrümmert. 

Endlich    wurden    noch    drei    Grabhügel    aul    der 
Parzelle  Hafner  (1496)  links  vom  Waldwt  inet, 

wo  das  Erdreich  (teil  gegen  Ölten  abfallt.  Diefelben 
hatten  7  —  S  M.  Durchmeffer  und  die  Auffchüttung 
beftand  aus  brauner  fandiger  Erde.  Nur 
einer  diefer  Hügel  hatte  im  Innern  einen 
Steinring,  jedoch  ohne  Steinbedeckung.  Er 
barg  nur  wenige  Spuren  einer  Brandbeftat- 
tung,  zerftreut  liegende  Thonfcherben  und 
Stucke  einer  eifernen  gefchwungenen  Melier- 
klinge, die  fall  in  keinem  Grabe  fehlt.  Dane- 
ben lagen  frei  im  Sande  zwei  völlig  gut  er- 
haltene bleierne  menfehliche Figuren  [Fig.  7 
von  gleichem  Guffe  wie  jene,  welche  im 
Jahre  [884  (Mitth.  der  Central-Commiffion 
für  Kunft  und  hiftorifchc  Denkmale,  n.  F. 
pag.  XXXV  unter  gleichen  Verhältniffen  in 
einem  diefer  Parzelle  ganz  nahe  gelegenem 
Grabe  vorkam.  Damals  war  das  gefundene 
Mannchen  in  fitzender  Stellung,  wahrend 
die  jüngft  gefundenen  völlig  ausgeftreckt 
find.  Die  Beine  find  bei  beiden  Figuren 
durch  einen  Bleiftreifen,  welcher  möglicher- 
weife vom  Guffe  flammt  und  nicht  beim 
Formen  beabfichtigt  war,  verbunden. 

Die   zwei   anderen   auf  diefer  Parzelle 
fneten  Tumuli  hatten  keinen  Steinring 
und  waren  mit  fehr  fpärlichen  Beftattungs- 
reften  ausgeftattet. 

Seit  dielen  Ausgrabungen  des  Vereines 
wurden  wieder  verfchiedene  Ausgrabungs- 
verfuche  von  Badegäften  aus  Velden  vor- 
genommen, jedoch  ohne  Frfolg;  nur  einer 
1  >ame,  welche  beim  Brauer  Seidl  auf  einer 
von  ihm  erft  kürzlich  im  füdlichen  Gräber- 
leide  erkauften  Parzelle  Ausgrabungen  vor- 
nehmen ließ,  glückte  es,  mehrere  fehr  gut 
erhaltene  Drahtfibeln,  einen  fchlangenför- 
mig  gewundenen  Armring,  einen  henkei- 
förmigen glatten  Halbbogen  und  andere 
Bronze-Gegenftände  zu  finden,  welche  fie 
mit  fich  nahm. 

Zuletzt  aber  kam  es  noch  zu  einem  fehr 
merkwürdigen  Funde,  der  durch  Zufall  in 
den  Befitz  des  Bräuers  Seid!  gelangte.  Die- 
fes  Fundftück  ill  eine  vorzüglich  gut  erhaltene  Klinge 
eines  La  Tene-Schw  ertes  (Fig.  8).  Alljährlich  kommen 
italienifche  Holzhändler,  „Malatiner"  genannt,  in  jene 
Gegend,  welche  von  den  Bauern  Holz  am  Stamme 
kaufen,  dasfelbe  abtreiben  und  in  Flößen  auf  der  Drau 
hinwegfehaffen.  Auf  einer  folchen  von  den  Italienern 
zum  Abftocken  erkauften  Waldparzelle  längs  des  Gra- 
bens, welcher  das  Gräberfeld  im  Südoften  abgränzt, 
wurde  nun  im  vorigen  Jahre  ein  Baum  aus  den  Wur- 
zeln gehoben  und  fand  fich  darunter  die  fragliche 
Klinge,    die   ein  Bauer  jüngft   um  geringe  Entlohnung 


I 

Fig.  8. 


LXXIX 


Fig.  9. 


dem  Bräuer  Seid!  zum  Kaule  anbot.   Diefe  zweifchnei- 

dige  Klinge  ift  von  vorzüglichem  Stahle,  jetzt  noch  trotz 
der  ftarken  Verwitterung  elaftifch;  fie  mißt  83  Cm.  in 
die  Länge  und  4  Cm.  in  die  Breite;  die  Angel  ift  13  Cm. 
lang  und  an  diefelbe  ilt  der  charakteriftifche  glocken- 
förmige Büge]  der  La  Tene-Schwcrter  angelöthet.  Es 
ill  zu  erwarten,  dafs  auch  diefes  interef- 
fante  Fundftück  feinerzeit  in  den  Befitz 
des  Vereins-Mufeums  gelangen  wird  ;  allein 
wenn  dies  auch  nicht  gcfchchcn  follte,  lo 
ill  die  Auffindung  diefer  aus  einer  bisher 
in  Kärnten  nur  äußerft  feiten  vertretenen 
Zeitperiode  (lammenden  Waffe,  und  zwar 
in  unmittelbarer  Nähe  der  ausschließlich 
der  Hallftädter-Zeit  angehörigen  Gräber, 
ein  Ereignis  von  großer  Bedeutung;  denn 
hoffentlich  wird  es  gelingen,  dort,  wo  jenes 
Schwert  gefunden  worden,  noch  andere 
Gegenftände  derfelben  Zeitperiode  aufzu- 
decken und  eine  Continuität  der  Befied- 
hing  jener  Gegend  von  der  Hallftädter 
bis  zur  Römer-Zeit  nachzuweifen. 

Allein  die  Auffindung  diefer  merk- 
würdigen Waffe  außerhalb,  wenn  auch 
zunächft  des  Gräberfeldes,  muß  auch  zur  forgfältigen 
Durchsuchung  der  anderen  Umgebungen  führen,  und 
es  werden  zunächft  jene  Tumuli,  welche  ziemlich 
abfeits  im  Werten  des  größeren  Teiches  im  Walde 
bemerkt,  aber  bisher  unbeachtet  gelaffen  wurden,  in 
<\va\  Kreis  der  Forfchung  der  Frögger  Nekropole 
gezogen  werden   müßen. 

Durch    die    Gewährung    einer    Subvention     von 
Seite    der    k.    k.    Central-Commiffion    für    Kunft    und 
hiftorifche    Denkmale    wurde    es    dem    kärntnerifchen 
Gefchichts-Vereine    möglich,    noch    in    diefem    Jahre 
eine    zweite    Ausgrabung    in    Frögg     bei 
Rofegg    vornehmen    zu    laffen.    Zunächft 
wurden  vier  Hügelgräber  am    nördlichen 
Rande  des  Gräberfeldes  gewählt,  wo  der 
Verein  im    Jahre    1883  feine  elften    Aus- 
grabungen    begonnen     und     unter    einer 
großen    Steinplatte    zwei    eiferne    Specr- 
fpitzen  gefunden  hatte  (Mitth.  d.  Centr.- 
Comm.  X,  n.  F.  p.  LXIV).  Sie  liegen  auf 
einer  abgeftockten  Waldparzelle  der  Frau 
M.  Bernold  und  fchienen  bisher  noch  nicht 
aufgegraben  worden  zu  fein.  Diesmal  fchien 
der  Erfolg  anfänglich  völlig  zu  fehlen;  denn 
drei  Gräber  nacheinander   enthielten    faft 
nichts  als  Steine  und  Erde  und  an  Bron- 
zen nichts  als  die  Nadel  einer  Fibula.  Erft 
der  vierte  entfehädigte  die  aufgewendete 
Arbeit   und  Koften.  Diefer  unanfehnliche 
Tumulus  war    plattgedrückt,    mit    Bufch- 
werk  bewachfen  und  maß  4  M.  im  Durch- 
meffer,    kaum   1  M,   Hohe.    Der   unregel 
Fig.   10        mäßige    Steinfatz     beftand    aus    ziemlich 
großen    Bruch-    und    Kugelfteinen,    war 
gegen    Nord    und    Oft    mit    völlig   winkelrecht    anein- 
anderftehenden    Flächen   begränzt   und    dabei  eigen 
thümlich    an    den    vier    Ecken    mit    großen    Steinen 
m. ul. iit      An    der  Oftfeite    lag   außerhalb    eine    ftarke 
Schichte  Brandafche,  welche  (ich  bis  in  das  Innere  des 
Hügels  zog. 


Nach  Hinwegräumung  der  mit  Thonfcherben 
durchmen  [ti  n  lade  fand  fich  in  halber  Tiefe  auf  einem 
großen  Kugelfteine  liegend  ein  Palftab  aus  Bronze, 
19  Cm.  18  Mm.  lang  und  5  Cm.  breit,  von  ausgezeich- 
neter Arbeit  (Fig.  9).  Derfelbe  gleicht  di  m  in  Hallftadl 
gefundenen  Palftabe  (Fig.  11,  Taf.  VII,  Sacken),  nur  ill 
er  länger  und  ift  die  über  die  .Schaftlappen  hinaus- 
reichende Randfläche  an  beiden  Ecken  durchbohrt. 
Eines  diefer  Bohrlöcher  ift  ausgebrochen.  Die  Schaft- 
lappen felbft  haben  vier  Querrippen  von  doppelten 
Reihen  eingerizter  Striche.  Die  Klinge  abi  1  ifl  beider- 
feits  oben  nächft  ilcw  Lappen  mitteilt  Tremolir- 
Strichen  durch  ein  Zickzack  zwifchen  geraden  Linien 
verziert.  Die  Ränder  der  Klinge  find  etwas  erhaben 
und  an  den  Schmalfeiten  fanft  gewölbt. 


Fig.   11. 

An  der  Patina  unter  den  Schaftlappen  haften  noch 
Fafern  des  Holzes,  woran  das  Beil  gefchiftet  war  und 
wovon  ein  Stückchen  außerdem  noch  erhalten  ge- 
blieben ift.  Eigenthümlich  ift,  dafs  innerhalb  des  Stein- 
fatzes  diefes  Grabes,  welches  ein  fo  vorzüglich  gear- 
beitetes Beil  barg,  fonft  faft  nichts    gefunden  wurde. 

Weltlich  nahe  am  Steinringe  in  halber  Tiefe  lag 
nur  der  Bügel  einer  ganz  kleinen  Bronzefibel,  und  ganz. 
am  Grunde  ein  flacher  eiferner  Ring  von  5  Cm.  Durch- 
meffer.  Erft  beim  Auseinandernehmen  des  Steinfatzes 
fanden  fich  zwifchen  großen  Steinen  Sorgfältig  gebettet 


Fig.  12. 

zwei  eiferne  Speerfpitzen  gegen  Ollen  gekehrt  liegend 
(Fig.  10).  Diefelben  find  gut  erhalten,  wenig  vom  Ri 
angegriffen,  31  Cm.  lang  und  26  Cm.  breit,  8  Cm. 
Dullenlange.  Von  den  früher  gefundenen  Speerfpitzen 
unterfcheiden  fie  fich  vornehmlich  durch  beiderfi 
6  Mm.  erhabene  Mittelrippen.  In  der  Schaftrohre  der 
einen  diefer  Speerfpitzen  fteckt  der  Kopf  eines  Bronze- 
nagels, womit  felbe  an  die  Stange  befeftigt  war. 

Schließlich  muß  noch  erwähnt  werden,  dafs  der 
Steinring  nicht  auf  dem  natürlichen  Grunde,  fondern 
30  Cm.  höher  auf  der  Aufschüttung  lag,  welche  letztere 

1* 


LXXX 


mit  Brandafche  gefchwärzt  war,  worin  ein  kleines  roh 
gearbeitetes  Töpfchen  von  bisher  nicht  vorgekom- 
mener Form 

Eine  weitere  Grabung  wurde  auf  dem  Abhänge 
einer  jenfeits  des  größeren  Teiches  etwa  300  Schritte 
weftlich  des  Graberfeldes  gelegenen  Waldanhöhe  an- 
gefleht, wo  3  Grabhügel  ganzlich  ifolirt  im  Dreieck, 
Schritte  von  einander  entfernt  liegen.  Auch 
von  diefen  war  nur  der  größte  ergiebig.  Er  war  9  M. 
im  Durchmeffer,  dicht  mit  Bäumen  bewachfen,  deren 
einer,  eine  26  Cm.  Harke  Fohre,  gerade  auf  deffen 
Gipfel  ftand  und  feine  Wurzeln  über  den  ganzen  Stein- 
fatz  ausbreitete.  Dieter  Stein fatz  beftand  aus  großen 
Schieferplatten,  welche  weder  horizontal,  noch  vertical, 


Fig.  13. 

fondern  fehief  gegeneinander  geftellt  und  mit  Bruch- 
undKugelfteinen  verbunden  wann.  NachwenigSpaten- 
ftichen,  nur  20  Cm.  unter  der  Oberfläche,  lag  auf  einer 
folchen  Platte  eine  gut  erhaltene  Bronzefibula,  welche 
nach  Dr.  TifcJiler  als  „fchmalbügelig  mit  langem  Fuße" 
ii.  bezeichnet  werden  kann.  (9  Cm.  Gefammt- 
länge  und  3!/2  Cm.  Länge  des  Fußes).  Eigentümlich 
find  die  kleinen  runden  Auflätze  in  der  Mitte  des 
lineal  gravirten  Rückens  der  Fibula.  In  dem  Grabe 
felbft  wurde  nichts  Erwähnenswerthes  gefunden  und 
erft  am  Grunde  desfelben,  nach  Hinwegräumung  der 
großen  Steine,  unter  denfelbcn,  lagen  vier  bleierne 
Reitergeftalten  von  derfelben  Gußform  wie  jene,  welche 
bei  der  erften  Ausgrabung  des  Jahres  1883  in  der  Mitte 
des  Gräberfeldes  vorkamen  (Fig.  12 

Von  den  beiden  anderen  Grabhügeln  diefer  YVald- 
parzelle  enthielt  der  eine  nichts,  der  andere  nur  einen 
Knopf  aus  Bronze,  ahnlich  einem  modernen  Chemifet- 
ten-Knopfe,  und  eine  Spirale  aus  plattgedrücktem 
Bronzedrahte  von  nicht  beftimmbarer  Verwendung. 

Somit  hat  fich  die  Hoffnung,  dafs  in  diefen  abfeits 
gelegenen  Gräbern  Funde  einer  fpäteren  Culturperii 
vorkommen  konnten,  nicht  bewahrt. 

Eine  dritte  Ausgrabung  wurde  endlich  auf  dem 
Hafner'fchen  Grunde  mitten  im  Graberfelde  vorge- 
nommen, wo  der  Verein  das  Recht  zur  Eröffnung 
dreier  anfehnlicher  Grabhügel  erworben  hatte. 

Allein  diefe  Grabung  war  ganzlich  erfolglos;  nur 

iffcherben,    wovon    bloß    zwei    Bruchtheile    einer 

rothen  mit  Graphit  bemalten  Schale  zufammengefiigt 

werden  konnten,  und  3  Stücke  eines  ftark  verrofteten 

eifernen    Mefferchens   waren   die   einzigen  ErgebnifTe. 


Zum  Schluffe  aber  wurde  noch  eine  fehr  inter- 
eflante  Entdeckung  gemacht,  dafs  nämlich  die  Wiefen 
und  Felder  oberhalb  Rofegg,  hinter  der  Pofl  und  dem 
Gafthaufe  der  Frau  Moro  bis  zur  Ziegelei  hin  Graber 
enthalten  dürften.  Es  hatte  der  Oberlehrer  von  Rol 
die  .Mittheilung  gemacht,  dafs  auf  einer  kleinen  Wiefe 
dort  Tumuli  fein  follten,  auch  war  in  der  Ziegelei  felbft 
im  vorigen  Jahre  eine  Armbruftfibula  (Fig.  13)  gefunden 
und  durch  den  Verein  erworben  worden.  Nachdem  die 
Felder  eben  abgeräumt  waren,  fchien  die  Gelegt  nheit 
zur  näheren  UnteiTuchung  günftig.  In  der  That  Hellte 
fich  heraus,  dafs  obige  Angabe  begründet  war,  auch 
dürfte  dort  ein  halbrund  vorfpringendes  Plateau, 
worauf Bufchwerk  fteht,  ein  Kingwall  gewefen  fein. 
Der  Vereinsdiener  Kaifer,  welcher  die  Ausgrabungen 
beauffichtigt  hatte,  ließ  demnach  oberhalb  di 
Walles  mit  Einwilligung  der  Grundbefitzerin  drei 
kleine  Hügel  aufgraben. 

Aufeinem  derfelben  lag  fchon  obenauf  eine  blaue 
Glasperle,  wie  deren  mehrere  im  Gräberfelde  gefunden 
worden   waren.  Fs  wurde  2  M.   weit  und  45  Cm.  tief 

iben.  Am  Grunde  lag  eine  große  115  M.  lange 
Steinplatte  nebft Brandafche,  Kohle  undThonfcherben. 

Gefunden  wurden  noch  zwei  blaue  Glasperlen, 
ein  7  Cm.  langes  Stück  Bronzedraht  und  kleine  re 
Bronzerefte. 

Der  zweite  Hügel  enthielt  ebenfalls  Steine  und 
Brandafche,  darunter  auch  Bronzetheile,  insbefondere 
die  Drahtfpirale  einer  Armbruftfibula. 

Im  dritten  Hügel  war  nur  etwas  Kohle 


FU 


'4- 


Am  Schluffe  diefes  Ausgrabungs-Berichtes  wird 
noch  die  Zeichnung  einer  großen  Urne  beigefchloflen 
Fig.  14),  deren  Bruchtheile  zwar  fchon  bei  einer  frühe- 
ren Ausgrabung,  nämlich  im  Jahre  1884  gefunden 
wurden  und  einem  Grabhügel  entflammen,  welcher 
vorzügliche  Funde  geliefert  hatte.  (Grabhügel  Nr.  11, 
Mitth.  d.  Centr.-Comm.  XI,  n.  F.  pag  XXXVI.  Es 
lang  jedoch  erft  jetzt,  die  einzelnen  Theile  zu  einem 
Ganzen  zufammenzufügen.  Diefe  fchönc  Urne  ift  ins- 
befondere durch  die  von  Innen  herausgetriebenen 
Höcker  bemerkenswerth,  deren  mehrere  und  zwar 
noch  viel  größere  in  I  funden  worden  find,  ohne 

dafs  die   dazugehörigen    Urnen-Formen   nachzuweifen 
gewefen  waren. 


LXXX1 


Der  alte  Dom  zu  Salzburg. 

Vom  k.  k.   Confei  i  »tot  ' 

Mil    .in.  i     I  .. ' .  I 


JN  derfelben  Stelle,  auf  welcher  fich  die  heutige 
•iWfÜ  Domkirche  in  Salzburg —  eine  der  hervor- 
iää&s  ragendften  Kirchenbauten  der  Spät-Renaif- 
aul  deutfehem  Boden  erhebt,  ftand  bis  in 
die  Zeiten  des  heil.  Virgil  (745—784)  zurück  das  alte 
Münfb  1 

Nach  den  Mittheilungen  der  Chroniften,  fowie 
nach  den  fpärlichen  urkundlichen  Nachrichten  wiffen 
wir  Folgendes  über  deffen  an  Brandunglücken  reiche 
Baugefchichte: ' 

1  )er  erftc  Bau  wurde  in  den  Jahren  j6j — 73 
[ — 74,      8of]  von  Bifchof  Virgil  geführt,  ging  im  Jahre 


erwiefen  und  den  Vorwand  zur  gänzlichen  Demolii 
des  Domes  geboten   haben  lullen,  welche  1599  begon 
neu  wurde  und  mehrere  Jahre  in  Anfpruch  nahm.  Im 
[ahre  1611  wurde  der  Grundftein  zu  einem  neuen  h 
auf  Grund  eines  großartig  gedachten  Entwurfes  Vin- 
cenzo    Scamozzis    gelegt,    1614     ein    zweitesmal    zur 
jetzigen,  nach    den   Planen   des   italienifchen  Meifters 
Santino  Solari  erbauten  Cathedrale. 

Aus  der  vorangeführten  Baugefchichte  kann 
gefchloffen  werden,  dafs  der  jetzigen  Domkirche  der 
Ilauptfache  nach  zwei  ältere  Dombauten  vorange- 
gangen   find:    Der   Hau    des    Bifchofs  Virgil    und    der 


845  [846,  844,  841?]    durch  Brand    zu  Grunde,    wurde      durch    Erzbifchof    Konrad    III.    im    Jahre    1181    [1182] 


nothdurftig  wieder  hergeftellt  und  gcrieth  neuerlich 
in  Verfall,  bis  im  Jahre  1020  durch  Widmungen  Kailer 
Heinrich  II.  die  Reftaurirung  ermöglicht  wurde. 
Im  Jahre  1128  [1127]  litt  der  Dom  neuerlich  durch 
Brand,  wurde  bis  1130  erneuert,  aber  noch  in 
demfelben  Jahrhunderte  (1167)  bei  einem  feind- 
lichen Uebcrfallc  der  Stadt  zum  drittenmale  cin- 
geäfchert.  Erft  »81  [1182]  konnte  nach  vorher- 
gegangenen nothdürltigen  Ausbefferungen  zu 
einem  Neubaue  gefchritten  werden,  zu  welchem 
nach  Befeitigung  der  alten  Mauern  Erzbifchof 
Konrad  III.  den  Grundftein  legte.  Einem  Dach- 
lluhlbrande  im  Jahre  1203  folgte  1270  bei  dem 
Einfalle  der  Bayern  ein  neuerlicher  großer  Dom- 
brand; doch  fchon  1274  konnte  die  Weihe  der 
wiederhergestellten  Domkirche  erfolgen.  Um  das 
Jahr  1312  fiel  das  Münfter  abermals  einem  ver- 
heerenden Brande  zum  Opfer,  der  viele  Wieder- 
herftellungen,  namentlich  unter  den  Erzbifchöfen 
Friedrich  III.  und  Ortolph,  nothwendig  machte. 
Das  Jahr  1383  [1380]  brachte  eine  große  Feuers- 
brunit  über  die  Stadt,  welche  auch  den  Dom 
zerftörte,  den  jedoch  Erzbifchof  Pilgrim  IL  in 
den  Jahren  [384  5  wieder  prachtvoll  aufbauen 
ließ.  Im  folgenden  Jahrhunderte  fanden  viele  Bau- 
hcrftellungen  ftatt:  Die  Eindeckung  der  Kirche 
mit  Blei  11454  begonnen,  aber  erft  1488  gänzlich 
vollendet);  die  Aufführung  eines  Pracht-Portales 
(1454  —  61?);  die  Erbauung  von  drei  runden 
Thürmen  (über  der  Vierung  und  an  den  Quer- 
fchiffenden)  durch  Erzbifchof  Burkard  (um  1461- 
Diefer  fo  ausgeftattete  Bau  blieb  durch  mehr  als  ein 
Jahrhundert  in  unveränderter  Geftalt  erhalten,  bis  in 
einer  Decembernacht  des  Jahres  1598  der  achte  Dom- 
brand den  Dachftuhl  und  die  Thürme  des  ehrwürdigen 
Baues  vollftändig  vernichtete  und  das  Gewölbe  arg 
befchädigte.  Der  bauluftige  Erzbifchof  Wolf  Dietrich, 
welchen  Gerüchte  der  Veranlaffung  des  Brandes  be- 
fchuldigten,  ließ  gleichwohl  nothdürftige  Wiedcrher- 
ftellungen  machen,  die  fich  jedoch  als  nicht  dauerhaft 

'   Die  Daten  für  die  Baugefchichte   find   den   Salzburgcr  Chroniken  von 
•  ■,   Duckhtr,    Zautter,   Hüöncr's  Topographie,    fowie    den   Dombefchrei- 

hungen  von  Schallhammer,  Pichler  u.  A.,  endlich  einer  handfchrifi 

fcli reihung  des  1 :s  aus  dem  Jahre  xooa     in    Befit: 

entnommen.  Die  den  Jahreszahlen  in  [     ]  beigefügten  Zahlen  lind  abweichende 

Angaben  gegenüber  den  vorai  Zeitdaten, 


begonnene    Neubau.    Die    zw  ifchcnliegenden    Bauher- 
Itelluns/en    bezweckten    entweder    nur    die    Behebung 


-66). 


von  Brandfehaden  oder  find  als  Umbauten  von 
größerem  oder  geringerem  Umfange  zu  betrachten: 
fo  der  Bau  unter  Konrad  I.  (bis  1130),  die  allem  An- 
fcheine  nach  bedeutenden  Herftellungen  unter  Erz- 
bifchof Friedrich  III.  (vor  1321  und  Ortolph  nach  [343  . 
endlich  der  weitausgreifende  Hau  unter  Erzbifi 
Pilgrim  II.  und  deffen  Nachfolgern  im  15.  Jahrhundert, 
begonnen  1384  5. 

Uebcr  den  älteften  Dombau  find  die  Nachrichten 
fo  fpärlich  und  unzuverläffig,  dafs  man  daraus  auf 
deffen  Geftaltung  wohl  fchwer  einen  Schluß  ziehen 
kann. 

Scheinbar  hat  wohl  eine  im  B  Mufeums 

Carolino-Augufteum   in    Salzburg    befindliche   Feder- 


I. XXXII 


Zeichnung,  welche  der  BenedicTiner  P.  Jacobus  Carolas 

erfte  Hälfte    des    17.    Jahrhunderts1!    als   Copie    einer 
eblich  im  erzbifchöflichen  Archive   befindlich  ge- 
_nen  Abbildung  der  erften  Domkirclie  angefertigt 
haben  foll.  Licht  in  diefe  Frage  gebracht.  Diele  Hand- 
zeichnung, welche  den  Grundriß  und  die  perfpeclivifche 
Anficht    einer    Kirche    enthalt,    und  —    wie    in    dem 
//'fchen     Werke     .Mittelalterliche     Schätze    aus 
Salzburg-     Salzburg  1845]    erzahlt  wird  —  uns  durch 
den  Sammlerfleiß  des  genannten  Benediktiners  erhalten 
wurde,1  hat  fchon  Dr.  Guflav  Hciticr  in  feinem  Werke 
„Mittelalterliche    Kunftdenkmale  in  Salzburg"    Wien 
5    47  auf  ihre  Vertrauenswürdigkeit  geprüft  und 
dielelbe  unter  Angabe  gewichtiger  Beweisgründe  in 
Abrede  geftellt,   welchem  Urtheile  fich   auch  andere 
Kunftverftändige  angefchloflen  haben. 

Von  dem  unmittelbaren  Vorgänger  des  heutigen 
Domes  —  dem  der  Hauptfache  nach  aus  dem  Ende 
des  12.  Jahrhunderts  flammenden  romanifchen Kirchen- 
baue —  haben  fich  nicht  nur  Schilderungen  der 
Chroniften  erhalten,  welche  auf  die  bauliche  Geftaltung 
einen  Schluß  ziehen  lallen,  fondern  auch  bildliche 
Darftellungen,  welche  zur  Beurtheilung  des  nicht 
mehr  beftehenden  ehrwürdigen  Bauwerkes  wefentlich 
l>ei/.utragen  geeignet  find.  An  folchen  dem  Schreiber 
I  tiefes  bekannten  Abbildungen  find  auf  uns  gekommen: 

1  gezeichnete  und  gemalte  Anficht  der  Stadt 
Salzburg  aus  dem  Jahre  1553,  im  Befitze  des 
Stiftes  St.  Peter  befindlich; 

b)  ferner  ein    bemalter   Holzfchnitt   aus   dem  Jahre 

;,  die  Stadt  Salzburg  darftellend,  ebenfalls  dem 
Stifte  St.  Peter  gehörig; 

c)  dann    ein    Holzfchnitt,    Salzburg    darftellend,    in 
Hartmann     Schedels     .Buch     der    Chroniken" 

rnberg  1492,  deutfeh  1493,  auf  Blatt  CL1I  bis 
CLIII  der  deutfehen  Ausgabe  Fig.  _  ; 
weiters  ein  Fresco-Gemälde  (Anficht  der  Stadt 
Salzburg)  aus  dem  Jahre  1531,  im  Caftell  zu  Trient 
befindlich  (Fig.  3  ;- 
e)  endlich  ein  holzgefchnitztes  vergoldetes  Modell 
des  Domes,  das  einft  einer  Statue  des  heil.  Yirgil 
al>  Attribut  beigegeben  gewefen  zu  fein  fcheint, 
im  Befitze  des  Mufeums  Carolino-Augufteum 
befindlich  (Fig.  1). 

In  den  unter  a)  und  b)  erwähnten  beiden  Stadt- 
anflehten  aus  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts,  welche 
vielfache  Uebereinftimmung  aufweifen,  nimmt  die 
Darflellung  des  von  der  Feftung  Hohen -Salzburg 
überragten  Domes  beiläufig  die  Mitte  des  Bildes  ein. 
Als  Standpunkt  des  Befchauers  ift  in  beiden  Fallen 
der  Capucinerberg  Imberg)  gewählt.  Von  dem  Holz- 
fchnitte  aus  dem  Jahre  1565,  für  welchen  wahrfcheinlich 
die  gezeichnete  Abbildung  aus  dem  Jahre  1553  als 
Grundlage  gedient  hat,  befindet  fich  eine  Copie  des 
Theiles  mit  dem  Dome  in  Heida' s  „Mittelalterliche 
Kunftdenkmale  in  Salzburg-,  S.   49.'''  Die  Abbildung 

1   In  dem   genannten  Pexolfkhcn  Werke   wird  auch  von  der  Auffindung 

einer  zweiten  Zeichnung  erzahlt  und  betrifft  diefe  die  Copie   eines  Planes  — 

angeblich  einen  AufrifS  der  alten  Stiltskirchc  St.  Peter  (Salz!  eilend 

khc  ebenfalls   von  dem  Bened  Carolus  angefertigt  fein 

foll,  und  fich  auch  im  Befitze  des  Mufeums  Carulin-j-Auguftcum  befindet. 

_-uftcum    in  diefeoi 

Fresco-Gemalde  eine  Aquarell-Copic  im    .  ilaßftabe  (Fi| 

;il  der  wünfehenswerthen 
.igkeit;  die  Abweichungen  beziehen   fich  jedoch  auf  keine  wefenllirhen 
Theile  des  Ba 


dem  Jahre  1553  ift  eine  auf  Papier  in  brauner 
Conturzeichnuog    mit    leichter     Bemalung     nur     die 

eldächer  find  durch  grelles  Deckroth  dargeflellt 
ausgeführte    Anficht     der     Stadt     in    verhältnism 

en  Dimenfionen    273  Cm.    Länge,  bei  einer  Höhe 
von  97  Cm.  :  auf  einem  flatternden  Schriftbande  fuhrt 
fie  die  Infchrift:  „Wahre  Abkundterfeckt  differ  St 
Saltzburg  ANN1  fie  wurde,  nachdem  fie  bereits 

viele  Schaden    aufwies,   im  Jahre   1885   in  verftändiger 
Weife  renovirt. 

Von  demjenigen  Theile  diefer  Abbildung,  welcher 
die  Darfteilung  des  Domo  enthalt,  ift  eine  Copie  in 
Conturzeichnung  1.  die  Tafel)  hier  beigegeben.  '  Die 
Darftellungsweife  des  Originales  zeit;t  von  keiner  künft- 
lerifchen,  aber  jedenfalls  von  einer  lehr  gewiffenhaften 
Hand.  Die  große  Bildfläche  ermöglichte  dem  Zeichner 
—  deffen  Name  nicht  bekannt  ift  —  eine  fehr  detai- 
lirte  Darftellung  von  großer  Ueberfichtlichkeit.  Wenn- 
gleich diefe  aufKoften  der  richtigen  Raumverhältniffe 
und  Perfpective  erzielt  wurde,  fo  gibt  fie  doch  der 
Abbildung  einen  hohen  Werth  für  die  F<>rfchung,  was 
fpeciell  vom  dem  alten  Uume  gefagt  werden  kann, 
deffen  äußere  Form  voll  und  ganz  vor  Augen  tritt. 

Darnach  war  der  wahrfcheinlich  vom  Erzbifchofe 
Konradlll.  im  Jahre  1181  [1182]  begonnene,  in  derFolge- 
zeit  mehrfach  ergänzte  und  umgeänderte  Dombau 
eine  im  romanifchen  Style  aus  Quadern  erbaute  drei- 
fchiffige  Bafilika  mit  Querfchiff  und  halbrundem  Chor- 
Schluß.  Ueber  den  Pultdächern  der  Seitenfchiffe  er- 
hoben fich  Strebemauern  als  Stützen  für  die  Wölbung 
des  Mittelfchiffes;  zwifchen  den  Streben  befanden  fich 
in  der  aufragenden  Wand  des  Mittelfchiffes  die  lür 
denen  Beleuchtung  dienenden  rundbogigen  Fenfter. 
Die  Weftfacade  des  orientirten  Baues  mit  ihrem  von 
einem  Kreuze  gekrönten  Giebel  war  von  zwei  vier- 
eckigen Thürmen  flankirt,  welche  durch  vier  Gefchoße 
(die  oberen  drei  mit  rundbogigen  Schailfcnftern:  auf- 
ragten und  ein  fteiles  pyramidales  Dach  trugen.  Ueber 
der  Vierung  erhob  fich  ein  mächtiger  runder  Thurm, 
deffen  aus  dem  Vierecke  in  die  Rundung  übergehende 
Mauer  unter  dem  Dachgefimfe  mit  einer  Bogengalerie 
abfehloß  und  ein  fteiles  Kegeldach  mit  dem  Wetter- 
hahne trug.  Den  Giebelfeiten  des  mit  dem  Mittelfchiffe 
gleich  hohen  Querfchiffes  waren  runde  Thürme  mit 
fteilem  Kegeldache,  Knauf  und  Kreuz  tragend,  vor- 
gebaut; diefelben  waren  fünfgefchoßig  mit  rundbogigen 
Fenftern.  Der  auf  die  Höhe  des  Mittel-  und  Quer- 
fchiffes fich  erhebende  Chorraum  wurde  an  den  beiden 
freien  Ecken  von  kleinen  viereckigen  Thürmchen 
flankirt,  zwifchen  welchen  fich  die  niedere  halbrunde 
Abfiele  ausbaute;  deren  Wand  fchloß  unter  dem 
Dachgefimfe  mit  einer  Bogengalerie  ab,  welche  fich 
an  dem  Chorraume  und  Querfchiffe  bis  zur  Stirnwand 
des  letzteren  fortfetzte.  Im  Chorraume  befanden  lieh 
unter  der  Galerie  rundbogige  Fenfter.  Die  Außenfeite 
der  Chorabfide  war  mit  einem  (Fresco-)  Gemälde,  den 
heil.  Chriftoph  darftellend,  geziert.  Ueber  die  Art  des 
Wandabfchluffes  der  Seitenfchiffe,  des  Mittel-  und 
Querfchiffes,  fowie  des  Chorraumes  unter  dem  Dach- 
gefimfe laßt  die  vorangeführte  Abbildung  im  Zweifel, 

n  der    Gefammlanficht  befindet  fich  eine  ReproducVion     ph 
phifcher  Steindruck!   int  verjüngten   MaOftabe     in   dem  von    der    ,,<  iefellfchaft 
1  undc'  zur  Feier  ihre   lunfundzwanzigjährigen    liefte- 

hens     herausgegebenen    Keftbuche    ,,Gefchichte    der    Sl  n    Dr. 

F.  l'.Zillntr  (Salzburg    1885)   als    Teitage. 


LXXXIII 


während   der    Holzfchnitt    vom    Jahre    1565    an    diefen 
Stellen  Rundbogenfriefe  aufweift. 

her  letztgenannte  Holzfchnitt  zeigt  außer  der 
perfpectivifch  richtigeren  Darftellung  des  Stadtbildes 
fonfl  keine  wefentlichen  Verfchiedenheiten  gegenüber 
der  Abbildung  vom  Jahre  1553.  Bezüglich  des  Domes 
fehen  wir  in  dem  llol/.fehnitte  den  dem  Befchauer  zuge- 
kehrten Weflthurm  im  oberften  Gefchoße  bereits  mit 
einer  Uhr  ausgestattet;  in  der  Chor-Abfide  find  rund- 
bogige  Fenfter  angebracht,  wahrend  das  Bild  des  heil. 
Chriftoph  verfchwunden  ift ;  die  Thürme  an  den  Stirn- 
feiten  des  Ouerfchiffcs  haben,  obwohl  fie  gleich  hoch 
wie  in  der  Abbildung  1553  gezeichnet  find,  Pechs 
(gegcniiber  fünf")  durch  Gefimfe  getrennte  Gefchoße, 
was  wohl  nur  auf  einen  fehler  des  einen  oder  anderen 
Zeichners  zurückzuführen  fein  wird.  Der  von  Dr. Heider 
in  ..Mittelalterliche  Kunftdenkmale  in  Salzburg",  S.  48, 


von  den  genannten Thürmen  (und  demVierungsthurme) 

aN  ..runden-  Thürmen  fprachen,  durfte  jeden  Zweifel 
vollends  beheben.  Gegen  diefe  Beweismittel  kann 
nicht  in  die  Wagfehale  fallen,  dafs  das  unter  e)  er- 
wähnte Holzmodcll  des  Domes  achteckige  <  _>uer- 
fchiflfthürme  zeigt.  Eine  Beweiskraft  kann  diefem  in 
rohen  Formen  ausgeführten  kleinen  Modelle  (das 
übrigens  auch  nicht  als  „Modell"  im  wahren  Sinne 
des  Wortes  aufgefaßt  werden  kann)  umfoweniger 
zugefprochen  werden,  als  es  gegenüber  den  bildlichen 
Darftellungen  manche  Verfchiedenheiten  aufweift, 
deren  Unrichtigkeit  augenfällig  ift,  fo  z.  B.  hat  der 
(auch  achteckig  dargeft eilte)  Vierungsthurm  keine 
über  das  Kirchendach  emporragende  Aufmauerung, 
fondern  es  fitzt  deffen  Dach  direci  auf  der  Kreuzung 
des  Mittel-  und  Querfchiffdaches  auf;  ferner  find  an 
den    Langfeiten    zwifchen  Weftthurm    und    Querfchiff 


■  ■       an   ■■ 


ä~^thjüüe 


,j&\/&  &f 


cojo.jS  rs&y. 


Fig.   2. 


angegebene  Unterfchied,  dafs  die  letztgenannten 
(Querfchiff-)  Thürme  im  Holzfchnitte  vom  Jahre  1565 
achteckig  dargeftellt  erfcheinen,  in  der  Abbildung 
von  1553  dagegen  rund,  kann  bei  genauer  Befichtigung 
des  Holzfchnittes  als  nicht  ftichhältig  bezeichnet 
werden.  Die  fcheinbaren  Kanten  follen  jedenfalls 
Lifenen  zwifchen  den  rundbogigenFenftern  darftellen,1 
denn  die  elliptifch  gezeichnete  Form  der  ringsum 
laufenden  Gefimslinien  weift  nicht  auf  achteckige, 
fondern  auf  runde  Grundrißform  und  überdies  fieht 
man  genau,  dafs  die  fcheinbaren  Kanten  zwifchen  den 
Begränzungslinien  der  Gefimfe  nicht  fortgefetzt  er- 
fcheinen, fondern  von  oben  und  unten  an  diefelben 
anftoßen.  Auch derweitere Umftand, dafs  dieChroniften 

'    l  >ic   Abbildung  von   1553  zeigt  verticale   Begleitlinien   neben   den Fen- 
ftern    der   riuerfchiffthürme,    welche    wahrfcheinlich    auch    Lifenen    darftellen 

füllen. 


nur  fünf  Fenlleraxen  angebracht  ftatt  deren  lieben  und 
endlich  zeigt  das  Modell  eckigen  (!)  Chorfchluß  an 
Stelle  der  gewiß  halbrund  gewefenen  Abfidc.  Dagegen 
kann  aus  diefem  Modelle  entnommen  werden,  dafs  außer 
dem  rundbogigen  Haupt-Portale  in  der  Weftfront  auch 
ein  rundbogiges  Seiten-Portale  vorhanden  war,  welches 
in  das  rechte  (füdliche)  Seitenfchiff  mündete;  ferner, 
dafs  dem  füdlichen  Seitenfchiffe  wahrfcheinlich  eine 
Capellenreihe  nach  außen  bis  in  die  Flucht  des  Weft- 
thurmes  vorgebaut  war.  Nach  der  Domanficht  vom 
Jahre  1553  ift  es  übrigens  nicht  unwahrfcheinlich,  dafs 
auch  dem  nördlichen  Seitenfchiffe,  anftoßend  an  das 
Querfchiff,  folche  Capellen  vorgelegt  waren. 

Auf  die  Stadtanfichten  von  1 ; -  >  und  1565  zurück- 
kommend, ilt  noch  zu  erwähnen,  dafs  dem  nordlichen 
(linken)    Seitenfchiffe    in    deffen    Mitte     ein    niederer 


I. XXXIV 


Sacrilleibau   angefügt   war:   vor   der  Nord-   und  Oft- 
fronte der  Kirche  erftreckte  lieh  der  von  einer  zinnen- 
inten  Mauer  umgebene  Friedhof,  in  deffen  nord- 
icher  Ecke  unweit  der  Chorabfide  ein  aus  Quadern 
geführter   Rundbau    mit   Laterne    und    Kegeldach 
lland,    welcher   jedenfalls    als    Karner     gedient     hat. 
Zwifchen  der  Sacriftei  und  dem  nördlichen Weftthurme 
befand    fich,    wie    die    Stadtanficht    von     1553    zeigt, 
eine  vom  Seitenfchiffe   auf  den    Friedhof  mundende 
kleine  rundb  .    orte.   Nach  der  handfehriftlichen 


— pO-Alfc 

-  jir 


-lAAflil 


>  ♦ 


co/*.Jf/387 


Dombefchreibung   vom  Jahre    1602    ill    im  Jahre   1588 

diefes  „Thurlein  vermauert  vnd  dafelbft  auf  den  Freit- 
hof hinauß  ein  Sagriftey  erbauth  worden  (fo  doch  in 
difem  1594  Jar  noch  nit  vollendet)"  —  wahrfcheinlich 
die  letzte  bauliche  Ungeftaltung,  welche  der  alte  Dom 
erfahren  hatte. 

Die  unter  c)  und  d)  angeführten  Stadtanfichten, 
von  welchen  namentlich  die  letztere  —  nach  der  Copie 


im  Mufeum  Carolin o-Augufteum   zu   fchließen  —  den 

Dom  nur  in  den  Hauptumriffen  kennzeichnet,  geben 
keine  neuen  Anhaltspunkte  für  die  Beurtheilung  feiner 
baulichen  Geftaltung.  Bei  beiden  Anlichten  ill  der 
idpunkt  de-  Befchauers  am  rechten  Salzachufer, 
flußabwärts  der  Stadtbrücke  (heutige  Staatsbri 
gewählt.  Von  jenem  Theile  des  Holzfchnittes  in 
Schcdcls  „Buch  der  Chroniken",  welcher  den  Dom 
und  feine  Umgebung  enthalt,  ill  die  hier  beigegebene 
Fig.  2  eine  Copie  in  Conturzeichnung.  Manche  An- 
ordnungen in  der  Zeichnung  laffen  vermuthen,  dafs 
diefe  Stadtanficht  nach  einer  flüchtigen  Skizze  mehr 
weniger  aus  dem  Gedächtniffe  entworfen  wurde;  nach 
der  Geftaltung  der  Feftung  Höhen-Salzburg  unterliegt 
es  überdies  keinem  Zweifel,  dafs  die  Anlicht  aus  einer 
früheren  Zeit  datirt,  als  das  Werk,  dem  fie  beigegeben 
ill.  Bemerkenswerth  ill  diele  Abbildung  durch  den 
l'mftand,  dafs  fie  (außer  dem  Vierungsthurme  von 
den  Thürmen  an  den  Giebelfeiten  des  Querfchiffes 
nur  einen  (den  fiidlichen)  enthält;  aus  der  wahrschein- 
lichen Erbauungszeit  diefer  Thürme  (um  1461  —  66)  zu 
fchließen  dürfte  alfo  diefe  Stadtanlicht  vor  dem 
Jahre  1466  von  dem  betreffenden  Zeichner  fkizzirt 
worden  fein.  Wohl  ill  vom  Vierungstliurme  links  (vom 
Befchauer  aus^  ein  zweiter  hochragender  (achteckiger) 
Thurm  zu  fehen,  welcher  aber  fichtlich  nicht  dem 
Dome  angehört  haben  kann,  fondern  einer  mehr  im 
Hintergründe  gelegenen  Kirche.  DerLage  nach  könnte 
dies  die  damals  im  Kai  beftandene  St.  Nicolaus-Kirche 
fein,  welche  im  Jahre  1782  gefchloffen  und  in  ein 
Wohnhaus  (Kaigaffe  2cVi  umgewandelt  wurde;  nach 
der  Anficht  von  1553  ift  die  Nicolaus-Kirche  jedoch  ein 
befcheidener  Bau  mit  niederem  Thurme.  Mit  Kucklicht 
auf  die  fchon  erwähnte  ideale  Auffaffung  de>  Zeichners 
der  Stadtanficht  in  Sc/iedefs  ..Buch  der  Chroniken" 
wird  es  auch  fchwer  fein,  die  auftauchenden  Zweifel 
vollends  zu  beheben. 


Die  jüngft  aufgefundenen  Meilenfteine  aus  Unter-Krain. 


Befprochen   vom  k    k.  Confervator  Karl  Defchmann. 


|M  vorigen  Herbfte  wurden  drei  römifchc  Mei- 
lenfteine vom  Bauer  Franz  Koritnik  auf  feinem 
Acker   am    rechten  Saveufer   gegenüber   dem 


an  der  Steinbrück- Agramer  Eifenbahn  gelegenen  unter- 
fteierifchen  Markte  Reichenburg  beim  Pflügen  für  die 
Winterfaat  aufgeackert. 

Die  Fundftelle  liegt  auf  krainifchem  Boden  in  der 
Steuergemeinde  Gurkfeld,  35  Kilometer  ober  der  gleich- 
namigen Stadt.  \(»n  der  in  der  General  Stabskarte  ein- 
gezeichneten Savcüberfuhr  in  Reichenburg  etliche 
500  Schritte  ftromaufwärts,  die  nächfte  krainifche  Ort- 
fchaft  weiter  hinauf  ift  Unter-Piaufchko.  In  diefer  ganzen 
Strecke  tritt  das  ziemlich  fteil  anfteigende  Gebirge  fall 
bis  zur  Save  heran,  nur  wenig  Raum  übrig  lallend  für 
die  den  Verkehr  zwifchen  Steinbrück  über  Ratfchach 
nach  Gurkfeld  auf  krainifcher  Seite  vermittelnde 
Bezirksllraße. 

Auch  die  einftige  Römerftraße  an  diefer  Stelle,  ein 
Paar   Meter   dem    Stromlaufe    naher    gerückt    als   die 


jetzige  Bezirksftraße,  wurde  bei  den  Nachgrabungen 
nebll  vielen  Bruchfteinen,  vielleicht  von  einem  dort 
beftandenen  Brückenkopfe  herrührend,  aufgedeckt. 

Durch  die  rechtzeitige  Anzeige  des  Barthelmä 
Pecnik  in  Gurkfeld,  der  von  diefem  Funde  Kenntnis 
erhalten  hatte,  war  es  möglich  die  vorhandenen 
Infchriftenrefte  für  das  Laibacher  Mufeum  „Rudolphi- 
num"  zu  acquiriren,  wo  fie  nunmehr  im  fiidlichen 
Corridor  des  Hoch-Parterres  aufgeftellt  find. 

Das  betreffende  Gellein  ill  neogener  Sandftein 
1..  ithakalk  der  Geologen  aus  Myriaden  von  Gehaulen 
meift  mikroskopifcher  Seethiere  zufammengefetzt,  die 
verwitterte  Oberflache  zeigt  unter  der  Lupe  eine 
außerordentliche  Mannigfaltigkeit  folcher  organifchen 
Kelle,  von  denen  jene  der  größeren  Röhrenwürmer 
meift  herausgefallen  lind  und  kreisrunde  Löcher  im 
Geftein  hinterließen,  die  man  an  Stellen,  wo  die  In- 
fchrift  angebracht  ill,  als  InterpuncTJons-Zeichen  zu 
deuten  veranlaßt  werden  könnte. 


LXXXV 


Die  nächfte  Lagerftätte  diefes  Kalkes,  von  wo  der 

Stein  herrühren  dürfte,  ift  jenfeits  der  Save  nicht  weit 
von  Reichenburg. 

Die  vorhandenen  Infchriftenrefte  gehören  zu  yer- 
fchiedenen  Zeiten  gefetzten  Meilenzeigern  an.  Zwei 
derfelben  beliehen  aus  längsgetheilten  Säulenhälften 
mit  der  Infchrift  auf  der  vordem  gewölbten  Seite;  die 
rückwärtige  Flache  derfelben  ill  roh  bearbeitet,  ohne 
irgend  eine  Spur  von  Buchftaben.  Von  der  dritten 
Meilenfäule  find  nur  zwei  nicht  zufammenhängendc 
Infchrift-Fragmente  dem  obern  Ende  angehörig  vor- 
handen, die  fehlenden  Zwifchenftücke  und  die  weitere 
Infchrift  konnten  trotz  wiederholter  Nachgrabungen 
an  befagter  Stelle  nicht  aufgefunden  werden. 

Das  befterhaltene  Stück  ift  68  Cm.  hoch,  der 
Durchmeffer  der  Säule  betragt  45  Cm.,  die  Breite  der 
gewölbten  Fläche  mit  der  Infchrift  62  Cm.,  die  untere 
unbefchriebene  .Säulenhälfte  von  beiläufig  gleicher 
Hohe  ift  an  Ort  und  Stelle  geblieben.  Die  Buchftaben 
find  alle  fchön  geformt,  mit  Sorgfalt  ziemlich  tief  ein- 
gemeißelt, die  Zeilen  gleichmäßig  vertheilt. 

Die  Legende,  an  der  linken  Seite  zum  Theil  ladirt 
lautet  alfo: 


P  ■  CAES  •  G  •  IVLIVS 
\XIM1NVS  •  PIVS  •  FEI 
IMVS  •  AVG  •  POr^IFRX 
TRIBVNI  •  PO~ES  •  CO 
S  •  IMP  •  BIS  •  "E-G-IVLIVS 
IMVS  -NOBILISSIMS 
STIS  •  DOMNI  •  INV- 
GARMA  •  MAX  •  A  •  CE 
M  ■  P  •  X 


im]p  .  Caes.  G.Julius  [Verus] 

Mjaximinus  pius  fel[ix]  Germa.] 

ma]xim]us  Aug.pontifex  [maxim.] 

p.  p.]  tribuni  .  potes  .  co[s  .  pro 
5        co]s.  imp.bis  et  G  .  Julius  [Verus] 

Majximus  nobillissim(u)s  [Caes.  princ. 
sie     iuvent?]ustis  Domni  inv.  [Aug. 

fil.]  Garma  ■  max .  a .  Ce[leiaj  ' 
m  .  p  .  XXXV. 

Es  ift  dies  fonach  ein  Meilenftein  aus  der  Regie- 
rungszeit des  Kaifers  Maximinus  235  bis  238  n.  Chr. 
Derfelbe  ift  für  unferLand  von  doppelter  Wichtigkeit, 
vorerft  weil  bisher  kein  Römerftein  mit  dem  Namen 
diefes  Kaifers  in  Krain  vorgekommen  ift  und  über- 
haupt die  Denkmäler  des  Maximinus  zu  den  felteneren 
gehörten,  fodann  mit  Rückficht  auf  den  in  der  Kriegs- 
gefchichteRoms  denkwürdigen  Rachezug  diefesKaifers 
aus  Pannonien  nach  Italien  im  Jahre  238  in  der  Abficht, 
den  Senat  in  Rom  für  feine  Achterklärung  und  die 
Erhebung  der  Gordiane  zur  Imperatorswürde  zu  züch- 
tigen, bei  welcher  Gelegenheit  auch  Emona  von  den 
Gräueln  des  Krieges  heimgefucht  wurde.   Nach  1  lero- 

'  1>.(  der  Steinmetz  tu  Zeile  8  ficher  Garma  nii  i)  verhauen  hat,  fo  ift 
wahrfcheinlich  der  unverftandliche  Wortfchluß  in  Zeile  7  VSTIS  wie  oben 
verflicht  zu   verbeffern  vergl.  auch  C.  J.  L.  3,  5742. 

XIII.  N.  F, 


diau  '  war  1  [<  ni.i  Emona  dii  erfte  Stadt  Italiens, 
welche  Maximinus  mit  feinem  Heere  betrat,  fie  war 
aber  menfchenleer,  alle  Einwohner  waren  geflohen, 
nachdem  fie  die  Thüren  der  Heiligthümer  und  Häufer 
in  Brand  gefleckt  und  alle  in  der  Stadt  oder  auf  dem 
Lande  befindlichen  Vorräthe  theils  fortgefchleppt  theils 
verbrannt  hatten,  fo  dafs  weder  für  Menfchen  noch  für 
Vieh  Nahrungsmittel  vorhanden  waren.  Das  Heer  über- 
nachtete tluils  in  der  Stadt  in  den  thürlofen  und  alles 
Hausrathes  beraubten  Haufern,  theils  aufoffenemFi 
um  mit  Sonnenaufgang  auf  die  Alpen  zu  marfchiren 
(den  jetzigen  Birnbaumer«  ald  ober  Loitfch  Longa- 
ticum),  die  es  zwar  glücklich  überftieg,  jedoch  vor  dem 
belagerten  Aquileja  der  Kriegsnoth  erlag,  wo  Maximi- 
nus nebft  dem  Sohne  Maximus  von  den  meuterifchen 
Soldaten  ermordet  wurde. 

Wir  finden  auf  diefem  Meilenzeiger  den  Namen 
des  Vaters  und  feines  Sohnes,  beide  mit  den  Bei- 
nahmen Gajus  Julius  (Verus),  letzteren  als  Nobiliffn 
Caefar)  bezeichnet,  ein  bei  den  als  .Mitregenten  erklär- 
ten Kaiferföhnen  übliches  Epitheton.  Der  kaiferlichen 
Wurde,  der  tribunicia  potestas  und  dem  Confulat  ift 
keine  Ziffer  beigefetzt,  wohl  aber  gibt  das  dem  Impera- 
tor in  der  fünften  Zeile  beigefügte  ..bis"  einen  Anhalts- 
punkt für  die  Zeitbeftimmung,  wann  diefer  Meilenftein 
gefetzt  wurde,  nämlich  nachdem  Maximinus  fchon  zum 
zweitenmal  von  feinen  Truppen  zum  Imperator  aus- 
gerufen worden  war,  was  im  Jahre  236  gefchah.  In 
Uebereinftimmung  damit  fleht  auch  deffen  in  der  vor- 
letzten Zeile  vorkommender  Beiname  Germanicus, 
welcher  auf  feinen  Münzen2  nach  den  über  die  Ger- 
manen erfochtenen  Siegen  feit  236  zu  lefen  ift. 

Die  letzten  Buchftaben  der  vorletzten  Zeile  A  ■  CE. 
bezeichnen  die  Stadt,  auf  welche  fich  die  Diftanz  der 
auf  dem  Meilenfteine  angeführten  35  römifchen  Meilen 
M(illia)  P(assuum)  XXXV  bezieht.  Unzweifelhaft  ift  CE 
in  CELEIA  zu  ergänzen,  was  mit  der  Meilenangabe 
übereinftimmt  und  auch  durch  den  zweiten  fpäter  zu 
befprechenden  Meilenzeiger  beftätigt  wird,  auf  welchem 
A- CELEIA  ganz  ausgefchrieben  ift.  Die  Entfernung 
des  Marktes  Reichenburg  von  Cilli  auf  der  Eifenbahn 
beträgt  52  Kilometer,  oder  in  römifches  Meilenmaß 
umgerechnet,  XXXV  M-P,  die  Einheit  des  letzteren 
Wegmaßes  mille  passuum  mit  14725  Kilometer  ange- 
nommen. 

Hieraus  ergibt  fich  ein  neuerBeleg  für  die  damalige 
Bedeutung  des  Municipiums  Celeia  im  füdlichen  Nori- 
cum  als  eines  der  wichtigsten  Mittelpunkte  der  römi- 
fchen Verwaltung  im  mittleren  Savegebiete.  Nicht  das 
nahe  gelegene,  von  obiger  Stelle  nur  86  Kilometer 
entfernte  Neviodunum  (jetzt  Dernovo  unter  Gurkfeld), 
auf  welches  Municipium  fich  die  beiden  bei  Pöfendorf 
und  Vikre  in  ünterkrain  geftandenen  Meilenzeiger3 
beziehen,  wurde  als  Ausgangspunkt  diefer  Meilen- 
zählung angenommen,  fondern  Celeia,  der  Sitz  des 
römifchen  Procurators  im  füdlichen  Noricum.  Diefer 
Meilenftein  conftatirt  den  Beftand  einer  Straßenver- 
bindung der  Stadt  Celeia  mit  Neviodunum  längs  dem 
Sanfluffe  und  weiter  abwärts  vom  heutigen  Steinbrück 
längs  der  Save.  Hiemit  hat  auch  eine  von  Dr.  Kenner* 


1  Herodi  in    Bu<  h  \  III    1. 

-  Ekhel.   Doctrina  nunimorum  veterum.   Vol.  VII,  pag.  291. 
1  Corpus  inscriptionum.  Vol.  III.  P.  t,  Nr.  y  v    und  4618. 
1   lii    Kenner    Noricum  und  Pannonia  in  den  Mittheiiungen 
thums-Vereins  zu  Wien.  Bd.  XI,  1S70,  S.  94. 


1  XXXVI 


ausgefprochene  Vermuthung  ihre  volle  Beftätigung 
erfahren,  dafs  nämlich  nach  den  mannigfachen  Römer- 
fpuren von  Cilli  abwärts  längs  dem  Laufe  de- 
flufles  bei  Trommersfeld,  Tuffer.  St.  Margarethen  zu 
fchließen,  der  Beftand  einer  Seitenftraße  durch  die 
fchmale  Sanfchlucht  zu  Römerzeiten  unzweifelhaft  ift. 

Es  il"t  anzunehmen,  dafs  an  der  Stelle  de- 
machten  Fundes  zu  Römerzeiten  eine  Brücke  über  die 
•  beftanden  habe  und  der  weitere  Verlauf  der  hier 
angedeuteten  Straße  der  nämliche  gewefen  fei.  den  jetzt 
die  Eifenbahn  verfolgt ;  denn  die  Bedingungen  für  eine 
ftärker  benützte  Fahrftraße  waren  am  linken  Saveufer 
viel  günftigere  als  am  rechten;  wahrend  dort  fchon 
unter  den  Römern  dichtere  Anfiedelungen  befanden, 
wie  dies  aus  den  aufgefundenen  Rümerfteinen  bei 
Reichenburg,  Lichtenwald  u.  f.  w.  zu  erleben  ift,  be- 
findet fich  in  der  gedachten  Strecke  auf  krainifcher 
e  der  einzige  namhafte  Ort  Ratfchach.  ein  Markt- 
flecken, von  wo  ein  Römerftein  bekannt  geworden  ift. 
Bereits  in  der  dem  Corpus  inscriptiorum '  beigegebe- 
nen Karte  von  Rätien,  Xoricum  und  Pannonien  ift 
zwifchen  Celeia  und  Xeviodunum  eine  Straßenverbin- 
dung in  der  angegebenen  Weife  angedeutet. 

Bei  dem  lebhaften  Schiffsverkehr  auf  der  Save, 
der  bei  der  Fahrt  ftromaufwärts  die  Beihilfe  von  Zug- 
vieh erheifchte.  dürfte  jedoch  auch  ein  für  die  Schifts- 
züge  beftimmter  YVeg  fchon  zu  Römerzeiten  beftanden 
haben,  und  es  ift  nicht  unwahrfcheinlich,  dafs  der  für 
die  Savefchifffahrt  höchft  wichtige,  in  der  Obforge 
eines  k.  k.  Xavigations-Amtes  geftandene  und  erft 
nach  Eröffnung  der  Südbahn  aufgelaufene  fogenannte 
„Treppelweg-  am  rechten  Saveufer.  welcher  in  Saloch 
nächft  dem  Einfluffe  der  Laibach  (Xauportus'i  in  die 
Save  endete,  in  jene  Zeiten  zurückreicht.  Eine  wichtige 
Etape  auf  diefer  Stromfahrt  bildete  fchon  damals  das 
heutige  Saudörfl,  von  wo  mehrere  der  Flußgöttin  der 
San  Adfalluta  gewidmete  Yotivfteine  bekannt  gewor- 
den find,  ferner  das  heutige  YVerneck  gegenüber  der 
Eifenbahnftation  Krefsnitz,  wo  fich  ein  Römerftein 
Divo  Savo  befindet. 

Mommfen1  bezieht  die  bei  Rotfchach  und  Sau- 
dörfl in  Krain  gefundenen  Römerfteine  in  den  ager 
Celeianus  ein,  auch  greift  die  in  der  oberu  ahnten  Karte 
gezogene  Gränzlinie  Xoricums  in  einer  Längsftrecke, 
welche  beiläufig  bei  Reichenburg  beginnt  und  bis 
gegen  Littai  reicht,  auf  das  rechte  Saveufer  über, 
während  das  ganze  fonftige  Savegebiet  vomUrfprunge 
des  Fluffes  bis  zu  deffen  Einmündung  in  die  Donau 
einen  Beftandtheil  Pannoniens  bildet.  Xach  diefer  ganz 
gerechtfertigten  Annahme  find  die  aufgefundenen 
Meilenzeiger  zugleich  als  Gränzmarken  zwifchen  bei- 
den gedachten  Provinzen  längs  dem  Laufe  der  Save 
anzufehen. 

Aus  Oefterreich  find  bisher  in  unferer  Reichshälfte 
nur  drei  Meilenfteine  mit  dem  Namen  des  Kaifers 
Maximinus  bekannt  geworden,  nämlich  einer  bei  Klein- 
Schwechat  auf  der  Straße  von  Carnuntum  nach  Vindo- 
bona,  dann  zwei  in  Stranitzen  bei  St.  Lorenzen  auf  der 
Straße  von  Celeia  nach  Poetovio  Pettau^.:i  Viel  reicher 
ift  diefer  Kaifer  in  der  ungarifchen  Reichshälfte  ver- 
treten,   dort  find  längs  dem  Laufe    der   Donau   von 


1    Corpus  inscriptiorum  Vol.   III,  P.  II. 

:  Corpus  inscriptiorum  Vol.  III,  P.  II,   pag.  629. 

J  Corpus  inscriptionum  Vol.  III.  I'    ;. 


«iran  über  Altofen  (Aquincum)  bis  Effeg  Murfa  nicht 
weniger  als  zwölf  Maximinifche  Meilenfteine  bekannt 
geworden,  von  denen  die  meiften  fich  nun  im  Peller 
Mufeum  befinden.  Der  Maximinus-Stein  bei  Reichen- 
burg an  der  YVertgranze  Pannonien-,  mit  jenen  Meilen- 
fteinen  an  der  Donau  in  Verbindung  gebracht,  er- 
fcheint  gleichfam  als  der  äußerfte  Yorpoften  des  dama- 
n  Primates  der  pannonifchen  Legionen,  welchem 
Maximinus  feine  Herrfchaft  verdankte. 

Mit  obigem  Meilenfteine  wurde  zugleich  ein  zweiter 
aufgedeckt,  welcher  jünger  zu  fein  und  wegen  Schad- 
haftigkeit einen  Erfatz  für  jenen  gebildet  zu  haben 
fcheint.  Es  wiederholte  fich  auch  hier  die  an  anderen 
1  »rten  conftatirte  Auswechslung  alter  Miliarien  durch 
folche  jüngeren  Datums,  wovon  nur  beifpielsweife  die 
in  den  Jahren  1717  bis  172;  beim  Dorfe  Neunitz  [v<  1 
hinter  Hohenegg  nordörtlich  von  Cilli  erfolgte  Aus- 
grabung von  acht  Meilenfteinen.  davon  fünf  mit  noch 
lesbaren  Infchriften,  erwähnt  werden  mag.1 


Diefer  zweite  Meilenftein  ift  ebenfalls  eine  der 
Länge  nach  halbirte  Säule,  deren  mit  der  Infchrift 
verfehene  vordere  Fläche  weniger  convex  ift,  als  jene 
bei  obigem;  ihre  Höhe  beträgt  85  Cm.,  die  größte  Aus- 
weitung der  befchriebenen  Fläche  45  Cm.;  der  obere 
rechte  Theil  mit  dem  Namen  des  Kaifers  und  deffen 
Titulaturen  fcheint  abfichtlich  weggemeißelt  zu  fein, 
die  flehen  gebliebenen  Buchftaben  find  ftark  aus 
wittert,  fchwer  leferlich,  feicht  eingemeißelt,  unregel- 
mäßig, die  Zeilen  nicht  parallel. 

Xach  den  vorhandenen  Buchftaben  -  Reftcn  ift 
kaum  ein  Zweifel  übrig,  dafs  diefer  Meilenftein  von 
Conftantius  Chlorus  und  Valerius  Maximianus  fowie 
deren  Caefaren  Severus  und  Maximinus  Daza  errichtet 
worden  ift.  Von  den  Namen  der  Letzteren  ift  SE  und 
in  der  folgenden  Zeile  MaXIMIno,  fowie  der  hierauf 
folgende  Beifatz  nobilisSIMIS  CaeSS  erkennbar.  1  >as 
leider  fchlecht  erhaltene  Denkmal  erhält  dadurch  einen 
fehr  großen  YVerth,  dafs  Meilenfteine  fo  fpäter  Zeit  in 
unferen  Ländern  zu  den  größten  Seltenheiten  gehören; 
er  flammt  aus  der  Zeit  beginnend  mit  1.  Mai  305,  an 
welchem  Tage  die  letztgenannten  die  Cäfar  Würde 
erhielten  bis  25.  Juli  306,  an  welchem  Tage  Conftantius 
(Chlorus)  ftarb  und  Severus  zum  Auguftus  ernannt 
wurde.  Y'ergl.  auch  Ephem.  epigr.  II  nr.  748. 

Am  beften  erhalten  und  ganz  gut  leferlich  ift  die 
Orts-  und  Diftanz-Angabe  A  CELEIA  xxxV.  eine 
Ziffer,  die  mit  jener  auf  dem  Meilenfteine  des  Maximinus 
übereinftimmt. 

A"«J.V  im  Archiv  der   'jftcrreichifchcn  Gefchichlsquellen  Bd.  26,  S.  66. 


LXXXVII 


Von  dem  dritten  Meilenfteine  find  nur  zwei  obere, 
Unfalls    einer   Säule   angehörige,    nicht   zufammen- 


hängende  Infchriftrefte  vorhanden.  Die  Buchftaben 
find  regelmäßig  gebildet,  um  ein  Drittel  länger  als 
beim  Maximinius-Steine.  Nach  der  zweiten  Zeih  di 
i  i  den  Stückes  GALL  und  der  erden  Zeile  des  zweiten 
Stückes  (VI)BIO  kann  man  ficher  C.  Vibius  Trebo- 
nianus  Gallus  (251  —  253)  als  den  hier  bezeichneten 
Kaifer  erkennen,  fei  es  dafs  er  für  fich  allein  oder 
zugleich  mit  feinem  Sohne  dem  Caefar  Volusianus  ge- 
nannt war. 


Ueber  den  Fund  in  einem  Bifchofsfarge,  gemacht  im  Dome 

zu  Spalato. 


Vom  Correfpondenten  Profeffor  S.  Rtitar. 


SHl'-I  Gelegenheit  der  Reftaurirung  des  Domes 
von  Spalato  —  des  gewefenen  Dioclctianifchen 
Maufolcums  —  und  feines  mittelalterlichen 
Glockenthurmes  ergab  fich  die  unabweisbare  Noth- 
wendigkeit,  diefen  monumentalen  Bau  zu  ifoliren  und 
die  ihn  formlich  verdeckenden  Gebäude  niederzureißen. 
Ilicbei  mußte  zuerft  an  die  Reihe  kommen  die  knapp 
.111  der  Domkirche  flehende  Capelle  des  heil.  Mathias, 
in  welcher  feit  Menfchengedenkcn  die  Sarkophage 
zweier  Er/.bifchöfe  von  Spalato  und  Metropoliten  von 
ganz  Dalmatien,  nämlich  Johanns  von  Ravenna  und 
Laurentius  des  Dalmatiners,  untergebracht  gewefen 
waren.  Johann  von  Ravenna  war  der  erfte  in  Spalato 
refidirende  Krzbifchof,  der  nach  der  Zerftörung  Salo- 
nas  die  flüchtigen  Einwohner  innerhalb  der  Mauern 
des  alten  Dioclctianifchen  Palaftes  verfammelte,  das 
Maufoleum  diefes  Kaifers  in  eine  chriftliche  Kirche 
umwandelte  und  der  Kirchengemeinde  von  Salona- 
Spalato  in  den  Jahren  639 — 668,  alfo  in  der  unruhigen 
Anfiedelungs-Periode  der  Slaven  in  Dalmatien,  vor- 
ftand.  In  eine  nicht  minder  bedeutende  Epoche  fällt 
das  Oberhirtenamt  Laurentius  des  Dalmatiners,  des 
33.  Erzbifchofs  von  Spalato,  nämlich  in  die  Jahre  1059 
bis  1097,  alfo  in  die  letzte  Periode  der  kroatifch-dalma- 
tinifchen  National-Könige,  als  die  Wogen  des  politi- 
fchen  Lebens  im  Lande  hoch  zu  gehen  anfingen  und 
die  Vereinigung  mit  Ungarn  bereits  im  Zuge  war. 

Da  die  Capelle  des  heil.  Mathias  niedergeriffen 
werden  mußte,  fo  übertrug  man  die  zwei  Bifchof-Sar- 
kophage  am  1.  October  1881  in  die  nicht  weit  davon 
cntfernteTaufcapelle  des  heil.  Johannes,  welche  einftens 
dem  Kaifer  Diocletian  als  Hauscapelle  gedient  hatte. 
Hier  wurden  dann  die  Sarkophage  am  3.  October  des 
nämlichen  Jahres  von  einer  „ad  hoc"  von  Sr.  Excellenz 
dem  Bifchof  von  Spalato  einberufenen  Commiffion 
geöffnet  und  deren  Inhalt  in  genauen  Augenfchein  ge- 
nommen. Auf  der  Vorderfeite  des  Johann'fchen  Sarko- 
phages  ftand  die  befcheidene  Infchrift  zu  lefen:  Hie 
requiescit  fragilis  et  inutilis  Joannes  peccator  Archie- 
piscopus.  Ueberdies  fand  man  auf  dem  Deckel  feines 
Sarkophages  noch  diefe  (griechifche)  Infchrift: 


HS 

"nh" 


XC 
KA 


liaouc  \'. 


\rj-'jC  vvta. 


Auf  dem  zweiten  Sarkophage,   nämlich    auf  dem 
Laurentifchen,  ftand  folgende  Infchrift  eingemeißelt: 


Oui  sim,  scire  venis,  qui  mortis  stringor  habenisr 
Pastor  er  am  turbis  huius  Laurentius  urbis, 
Quam  ego  dum  rexsi,  si  quid  minus  utile  gessi, 
Id  prece  te  flagito,  tergas  ut  opifice  Christo 
Crimine  te  sanetus  rex  purget,  virgine  natus. 

Die  von  Sr.  Excellenz  dem  gegenwärtigen  Bifchof 
von  Spalato  zufammenberufene  Commiffion  lies  die 
beiden  Sarkophage  öffnen  und  prüfte  dann  genau 
die  in  denfelben  vorhandenen  Ueberrefte.  Als  dies 
beendet  war,  fetzte  fie  tags  darauf  (am  4.  Oftober)  ein 
Protokoll  auf,  in  welchem  unter  anderem  hervorge- 
hoben wurde,  „dafs  man  im  Johann'fchen  Sarkophage 
nur  einen  einzigen  Körper  vorfand,  und  zwar  lagen  die 
einzelnen  Knochen  desfelben  an  ihrem  natürlichen 
Platze,  das  Skelet  blieb  alfo  trotz  der  Uebertragung 
unverfehrt,  das  Ganze  war  mitUeberreften  bifchöflicher 
Gewänder  von  feinem  Gewebe  bedeckt". 

Im  Laurentifchen  Sarkophage  hingegen  fand  die 
Commiffion  außer  einem  bifchöflich  angezogenen 
ganzen  Körper,  und  zwar  linker  Seits  neben  dem  Kopfe 
desfelben,  noch  einen  anderen  Schädel  und  einige 
Hauptknochen  eines  anderen  Körpers.  Deswegen  ließ 
man  den  bifchöflich  angezogenen  Körper  vorfichtig 
aus  dem  Sarkophage  heben  und  fand  darunter  eine 
Lage  fchwarzer  Humuserde.  Es  war  alfo  offenkundig, 
dafs  in  diefem  Sarkophage  neben  dem  unverfehrten 
Bifchofskörper  noch  die  Ueberrefte  eines  anderen  hin- 
eingelegt worden  waren.  Allein  die  Commiffion  war 
überzeugt,  dafs  der  unverfehrte  Körper  —  von  kleiner 
Statur  —  nur  dem  Erzbifchof  Laurentius  angehören 
könne,  da  diefer  nach  der  Zeugenfchaft  Farlatis '  von 
„parva  ftatura"  war.  Der  Schädel  und  die  andern 
Knochen  aber,  die  neben  dem  Bifchofskörper  vorge- 
funden wurden,  dürften  nach  der  Meinung  der  Com- 
miffion, „einem  anderen  vornehmen  Mann,  wahrfchein- 
lich  einem  Bifchof,  angehört  haben,  deffen  fterbliche 
Ueberrefte  vielleicht  in  einem  fchlechten  Sarkophage 
untergebracht  waren  und  daher  gelegentlich  in  jenen 
des  Erzbifchofs  Laurentius  hineingefchoben  wurden." 
Allein  diefe  Erklärungsweife  fchien  dem  bei  der 
Eröffnung  am  3.  October  1881  gegenwärtig  gewefenen 
1  lochwurdigen  Herrn  Franz:  Bulic,  dem  jetzigen  k.  k. 
Gymnafial-  und  Mufeal-Direftor,  fowie  Confervator  in 
Spalato,  nicht  plaufibel  und  es  regten  fich  in  ihm  Zwei- 
fel, ob  der  als  Bifchof  angezogene  Körper  im  Lauren- 
tifchen Sarkophage  auch  wirklich  diefem  Erzbifchofe 

1  Illyricum  Sacrum,  tum    III.  pag.  43—44;  59 — 60. 


LXX.W'Ill 


Nach    einem    gründlichen    Studium    dieler 
er  bald  zur  Ueberzeugung.  dafs  d 
nicht  der  Fall  fein  könne,   und   die   Beweife   i 

•.lichte   d  mnte  Herr  Direclor  zuerft  in 

illetons  der  in  Zara  erfcheinenden  Zeitfchrift 
a  Dalmacija,   dann   aber  in   einem   feparaten 
Werkchen    unter    dem  Titel    „Dva    sarkofaga    Ivana 
Ravenjanina   i   Lovre  Dalmatinca  spljetskih   nad  bis- 
kupa".  Zara  1882.  — Auf  diele  Publication  antwortete 
r    Hochwürdiglle   Canonicus  Devic  mit    einer 
kurzen  _Rettifica-,  aber  darin  konnte  er  tue  Identität 
des  Erzbifchofs  Laurentius  mit  dem  in   deflen  Sarko- 
phage   befindlichen    bifchöflich    ..  nen   Körper 
nicht  beweifen,  fondern  bekämpfte  nur  die  Hypothefe 
tor>  Bulic,  dafs  diefer  Körper  dem  im  Jahre 
-  während  einer  Peil  in  Spalato  verftorbenen  Erz 
bifchof  Dinaric  Dinaricius)  gehört  haben  konnte. 

Allein  diefe  Frage  ift  für  unfere  Unterfuchung  von 
untergeordneter  Bedeutung  und  wir  können  uns  getroft 
den  Beweifen  zuwenden,  welche  gegen  die  Identicität 
des  unverfehrten  Körpers  im  Laurentifchen  Sarko- 
phage mit  dem  diefes  Erzbifchofs  felbfl  fprechen. 

Die  genannten  Sarkophage  wurden  nämlich  im 
Jahre  iSöi  nicht  zum  erftenmal  geöffnet,  fondern 
wahrfcheinlich  fchon  öfters  in  den  früheren  Jahrhun- 
derten, gewifs  aber  im  Jahre  1700,  als  die  Capelle  des 
heil.  Mathias  reftaurirt  wurde.  Darüber  befitzen  wir 
eine  hiftorifch  verbürgte  Nachricht  bei  Farlati  am 
angeführten  Orte.  Dafelbft  wird  nämlich  erzählt,  dafs 
dem  Baumeifter  Georg  Galajjfo  im  Jahre  1700  aufge- 
tragen wurde,  die  zwei  Sarkophage  zu  öffnen  und  die 
die  darin  befindlichen  Bifchofskörper  jedermann  zu 
zeigen.  Die  Eröffnung  gefchah  ohne  Controle  und 
ohne  dafs  dabei  ein  Protokoll  von  Sachverftändigen 
aufgenommen  worden  wäre.  Erfl  24  Jahre  fpäter,  alfo 
im  Jahre  1724  ließ  der  damalige  Domherr  der  Spala- 
tiner  Erzkirche  Hieronymus  Bernardi  einige  bei  der 
Eröffnung  des  Jahres  1700  gegenwärtig  gewefene 
alten  Priefter  einvernehmen  und  ihre  Ausfagen  über 
den  Inhalt  der  Sarkophage  protokolliren.  Diele  Aus- 
fagen find  bei  Farlati  a   a.  O.  abgedruckt. 

Die  vernommenen  Zeugen  fagten  im  wefentlichen 
übereinftimmend  aus  und  ergänzten  fich  gegenfeitig. 
Vor  allem  conftatirten  fie,  dafs  die  Sarkophage  im 
Jahre  1700  zu  wiederholten  und  verfchiedenen  Malen, 
bald  einzeln,  bald  beide  zugleich,  geöffnet  wurden  und 
dafs  man  jedermann  freie  Einficht,  ja  wahrfcheinlich 
auch  ein  uncontrolirtes  Herumwühlen  mit  den  Händen 
in  denfelben  geftattete.  Die  Befucher  intereffirte  natür- 
lich viel  mehr  der  ältere  Sarkophag  des  Erzbifchofs 
Johannes,  während  den  Laurentifchen  nur  drei  von  den 
fünf  einvernommenen  Zeugen  erwähnen,  ohne  aber 
angeben  zu  können,  wie  die  Kleider  des  darin  befind- 
lichen Körpers  geflickt  waren  und  ob  die  Haut  im 
Gefichte  und  auf  den  Händen  noch  kenntlich  war  oder 
nicht.  Nur  foviel  bezeugen  alle,  daf-  die  beiden  Korper 
runverfehrt"  lincorruptai  waren,  d.  h.  dafs  alle  ihre 
Knochen  in  der  natürlichen  Verbindung  ftanden,  und 
dafs  fie  in  bifchöfliche  Gewänder  alten  Schnittes  und 
alter  Zeichnung  eingehüllt  waren.  Schließlich  geht 
aus  der  Ausfage  der  Zeugen  noch  hervor,  dafs  der 
K  rper  des  Erzbifchofs  Laurentius  von  kleiner  Statur 
war,  und  dafs  er  diefelben  bifchöflichen  Gewänder 
hatte,  wie  des  Johannes,  alfo  keinPluviale  das  auf  dem 


K    rper  im  Laurentifchen  Sarkophage    im   Jahre  1881 
gefunden  wurde. 

die  Sarkophage  zwifchen  den  Jahren  1700  und 
1881  wieder  geöffnet  wurden,  das  willen  wir  nicht, 
aber  wahrscheinlicher  ill  das  Ja,  als  das  Nein. 

Wie  aus  der  Zeugenausfage  des  Jahres  1724 
hervorgeht,  befanden  fich  die  Gewänder  der  beiden 
Körper  in  einem  fchon  ziemlich  vermoderten  Zuftande, 
fo  dafs  man  nur  an  jenem  des  Johanne-,  der  genauer 
betrachtet  wurde,  Spuren  von  alten  Stickereien,  die 
heil.  Apoftel  darfteilend,  bemerken  konnte,  während 
auf  den  Kleidern  des  Laurentifchen  Körpers  niemand 
etwas  Außerordentliches  bemerkt  hatte.  Der  Luftzutritt, 
der  infolge  jener  Eröffnung  öfters  Stattfinden  mußte, 
konnte  nicht  anders  als  noch  mehr  zerfetzend  und 
zerftorend  auf  die  Kleider  und  Korper  einwirken.  Man 
muß  daher  natürlicher  Weife  annehmen,  dafs  fich 
Körper  und  Gewänder  im  Jahre  1881  in  einem  viel 
fchlechteren  Zuftande  befunden  haben  mußten,  als  im 
Jahre  1700.  Und  doch  fcheint  aus  dem  Protokolle  der 
bifchöflichen  Commiffion  gerade  das  Gegentheü  her- 
vorzugehen, da  der  Korper  im  Laurentifchen  Sarko- 
phage im  Jahre  1881  viel  beffer  erhalten  vorgefunden 
wurde,  alsbei  der  vorletzten  Kröffnung.DieCommiffion 
konnte  nun  an  dem  Körper  diefes  Sarkophages  L,'anz 
deutlich  folgende  Kleidungsftücke  wahrnehmen: 

1.  Einen  feidenen  dunkclgelben  Mantel  (Pluviale 
mit  breiten  golddurchwirkten  Borden,  der  den  ganzen 
Körper  bedeckte. 

2.  Zwei  in  Seide  eingefaßte  Bleiplattchcn,  die 
wahrfcheinlich  als  Schnallen  für  den  Mantel  gedient 
haben,  da  fie  auf  der  Bruft  des  Körpers  vorgefunden 
wurden. 

3.  Eine  feidene  Dalmatica  und  eine  ebenfolche 
Tunicela,  die  bis  zum  Knie  reichten. 

4.  Einige  feidene  mit  goldenen  P"aden  durch- 
wirkte Schnüre,  die  zu  den  vorgedachten  Kleidungs- 
ftücken  gehörten. 

5.  Ein  geflicktes  bis  zu  den  Eüßen  reichendes 
Hemd. 

6.  Strümpfe  von  einem  ftarken  filberdurchwirkten 
Gewebe,  unter  den  Knien  mit  filbernen  Bandern  ver- 
bunden. 

7.  Seidene  Pantoffel  mit  Sohlen  und  Abfätzen  aus 
Kork. 

8.  Seidene  Handfchuhe  und  Manfchetten,  alles 
reich  verziert  und  mit  Bildern  bedeckt. 

9.  Einen  kleinen  goldenen  Ring,  an  deflen  kegel- 
förmiger Erhabenheit  eine  Granate  befeftiget  war. 

10.  Einen  goldenen  Knopf;  und  endlich 

11.  Eine  Spitzmütze  auf  dem  Kopfe.  Am  Scheitel 
des  Kopfes  fand  man  noch  ein  Büfchel  Haare  von 
kaftanienbraunerEarbe.  Die  Knochen  des  Verftorbenen 
waren  nicht  nur  vollzählig  vorhanden,  fondern  auch 
jeder  in  feiner  naturlichen  Lage  und  Stellung,  ja  fogar 
die  Zähne  ftaken  noch  alle  in  den  Kiefern.  Der  ganze 
Körper  maß  nur  1;  M. 

Demhingegen  fand  man  bei  der  Eröffnung  des 
Jahres  1881  den  Körper  des  Erzbifchofs  Johann,  wie 
auch  ganz  natürlich  ill,  in  einem  viel  fchlechteren 
Zuftande,  als  im  Jahre  1700.  Von  dem  prächtigen 
bifchöflichen  Gewände,  worauf  die  Bilder  der  heil. 
Apoftel  eingewirkt  waren,  fand  man  im  Jahre  188] 
kaum  einige  Ueberrelle,  welche,  obwohl  man  in  ihnen 


S  PA  LATO. 


Art-  Aimtslt  *nn  Stuck  Inffi'r  £  Momarfc,  «%i 


LXXXIX 


noch  die  Art  des  Gewebes  und  der  Stickerei  erkennen 
konnte,  doch  bei  der  leifeften  Berührung  mit  der  Hand 
gleich  in  Staub  zerfielen.  Von  einer  vorhandenen 
Bifchofsmütze  macht  die  Commiffion  gar  keine  Er- 
wähnung, wahrfcheinlich  weil  fie  fchon  ganz  vermodert 
war.  Hier  erkennt  man  alfo  deutlich  die  Wirkfamkeit 
der  Luft  und  der  Feuchtigkeit  während  des  Zeitraums 
von  [8l  Jahren,  die  zwifchen  den  beiden  Eröffnungen 
verftrichen. 

Warum  haben  diefe  zwei  mächtigen  Elemente 
nicht  auch  im  Laurentifchen  Grabe  diefelbe  Wirkfam- 
keit ausgeübt:  Warum  zerfielen  die  Gewänder  im 
Johann'fchen  Grabe  feit  1700  fall  gänzlich  in  Staub, 
und  warum  blieben  die  im  Laurentifchen  noch  fall 
ganz  unverfehrt,  ordnungsmäßig  übereinander  ge- 
fchlichtet;  fo  dafs  man  fie  ganz  genau  auseinander- 
halten, ihren  Stoff,  ihre  Arbeit  und  Farbe  unterfcheiden 
konnte?  Warum  hat  die  Zerfetzung  und  Vermoderung 
nicht  in  beiden  Gräbern,  innerhalb  desfelben  Zeit- 
raumes, gleichen  Schritt  gehalten? 

Aul  alle  (.liefe  Fragen  kann  uns  nie  eine  genugende 
-Antwort  zutheil  werden,  folang  wir  mit  der  bifchöf- 
lichen  Commiffion  daran  feil  halten,  dafs  der  im 
Laurentifchen  Grabe  vorgefundene  ganze  Korper  auch 
wirklich  dem  im  Jahre  1097  verdorbenen  Erzbifchof 
Laurentius  angehört.  Dafs  diefes  nicht  möglich  ift, 
dafür  haben  wir  zahlreiche  innere  und  äußere  Gründe, 
die  entweder  an  den  Gewändern  oder  an  dem  Körper 
felbft  haften,  vorhanden,  und  wir  wollen  diefelben  hier 
nach  der  Reihe  anfuhren. 

1.  Der  wahre  Körper  des  Erzbifchofes  Laurentius 
war  nicht  mit  dem  Pluviale  bedeckt,  wie  das  bei  dem 
im  Jahre  [881  gefundenen  Körper  im  Laurentifchen 
Sarkophage  der  Fall  ift,  da  die  Zeugen  der  Eröffnung 
des  Jahres  1700  nichts  davon  wiffen,  fondern  nur  von 
einem  altpriefterlichen  Gewände  fprechen,  was  alfo 
nicht  ein  Pluviale,  fondern  nur  die  Planeta  gewefen  fein 
konnte  Außerdem  ift  es  bekannt,  dafs  das  Pluviale 
zu  Laurentius'  Zeiten  noch  für  gar  keine  kirchliche 
Function  vorgefchrieben  war,  fondern  dafs  es  erft  im 
Jahre  1280  vom  Papft  Nicolaus  III.  bei  der  Vesper- 
andacht eingeführt  wurde. 

2.  Hatte  der  echte  Laurentifche  Körper  kein 
Pluviale,  fo  konnten  auch  die  zwei  Schließen  aus  Blei, 
mit  Seidcnftoff  überzogen ,  nicht  auf  dem  Körper  des 
Erzbifchofs  Laurentius  gelegen  fein.  Uebrigens  kommen 
folche  mit  Seide  überzogene  bleierne  Schließen  erfl  in 
der  neueren  Zeit  auf  dem  bifchöflichen  Pallium  vor. 

3.  Die  im  Laurentifchen  Grabe  vorgefundenen 
Dalmatica  und  Tunicela,  welche  nur  bis  zu  den  Knien 
reichen,  konnten  nicht  dem  Erzbifchof  Laurentius 
angehört  haben,  da  zu  feiner  Zeit  diefe  zwei  Gewänder 
faft  bis  zu  den  Knöcheln  reichten. 

4.  Die  Strümpfe  von  ftarkem  Seidenftoff  konnte 
nicht  der  Erzbifchof  Laurentius  getragen  haben,  da 
der  Gebrauch  folcher  Strümpfe  bei  der  Meffe  erft  feit 
dem  12.  Jahrhundert  in  Uebung  kam. 

5.  Seidene  Pantoffel  mit  Sohlen  aus  Kork  konnten 
nicht  dem  Erzbifchof  Laurentius  angehört  haben,  da 
die  Bifchöfe  zu  feiner  Zeit  und  noch  ein  ganzes  Jahr- 
hundert nach  feinem  Tode  lederne  Pantoffel  trugen. 

6.  Auch  die  von  der  bifchöflichen  Commiffion 
gefehenen  und  befchriebenen  Handfchuhe  auf  dem 
Körper  im  Laurentifchen  Grabe  konnten  nicht  jenem 


Erzbifchof  gehört  haben,  da  Handfchuhe  bei  den 
kirchlichen  Functionen  erfl  im  i_\  Jahrhundert  in 
Uebung  kamen  und  früher  kein  Schriftfteller  etwas 
von  ihnen  erwähnt,  hoch  waren  auch  die  Handfchuhe 
fchon  bei  Laurentius'  Zeiten  in  Uebung  gewefen,  fo 
konnten  die  1881  vorgefundenen  doch  nicht  unferem 
Erzbifchof  angehört  haben,  da  darauf  das  Bild  der 
heil.  Katharina  von  Alexandrien  eingeflickt  ift.  Die 
Verehrung  diefer  Heiligen  wurde  aber  erft  nach  dem 
zweiten  Kreuzzuge  (1148)  aus  dem  Oriente  in  den 
üeeident  verbreitet.  Zwar  wurden  die  Reliquien  diefer 
Heiligen  fchon  im  11.  Jahrhunderte  au-  dem  Klofter 
der  heil.  Helena  auf  der  Halbinfel  Sinai  nach  Konen 
in  Frankreich  übertragen;  aber  ihre  allgemeine  Ver- 
ehrung im  Abendlande  begann  erft  um  die  Mitte  des 
12.  Jahrhunderts  und  zwar  zuerft  in  Rom,  dann  in 
Frankreich  und  England,  und  fchließlich  auch  in 
andern  Landern  Europas.  Aber  ihr  Name  wurde  erft 
um  die  Mitte  des  nächften  Jahrhunderts  ins  römifche 
Martyrologium  eingetragen. 

7.  Als  innerer  Grund  gegen  die  Identität  des  im 
Laurentifchen  Grabe  gefundenen  Korpers  fpricht  un- 
wiederlegbar  der  Verwefungszuftand  der  beiden  erz- 
bifchöflichenKörper.  Es  ift  nämlich  natürlich,  dafs  jeder 
todte  Körper  unter  der  Einwirkung  der  Luft,  der  Warme 
und  der  Feuchtigkeit  in  Fäulnis  und  Verwefung  über- 
geht und  dafs  die  dabei  entftrömenden  Gafe  einen 
Geruch  verbreiten,  der  Mücken  und  andere  Infeclen 
hinzieht,  fo  dafs  diefe  Eier  darauflegen  und  die  daraus 
hervorkriechenden  Larven  an  dem  faulenden  Korper 
zehren  und  deffen  Vernichtung  bcfchleunigen.  So 
werden  alle  Theile  des  todten  Körpers,  mit  Ausnahme 
der  fefter  gebauten  Knochen,  in  kurzer  Zeit  (in  einem 
feftverfchloffenen  Sarkophage  fchon  nach  1  —  2  Jahren) 
in  einen  fetten  Humus  verwandelt.  Eben  diefes  gefchah 
auch  mit  den  Körpern  der  zwei  im  Spalatiner  Dome 
beigefetzten  Erzbifchöfe  und  wirklich  geht  aus  der 
Ausfage  der  im  Jahre  1724  vernommenen  Zeugen  her- 
vor, dafs  die  Fäulnis  die  Eingeweide  und  das  P'leifch 
der  beiden  Körper  fchon  ganz  vernichtet  hatte  (nur  die 
Knochen  befanden  fich  noch  in  ihrer  naturlichen 
Anordnung  neben  einander),  und  dafs  fogar  die 
bifchöflichen  Gewänder  fo  ftark  vermodert  waren,  dafs 
man  kaum  noch  die  darauf  befindlichen  Stickereien 
ausnehmen  konnte. 

Als  man  im  Jahre  1881  das  Laurentifche  Grab 
öffnete,  fand  man  den  ganzen  darin  gelegenen  Körper 
in  einem  viel  befferen  Zuftande  und  auch  feine  Kleider 
waren  nicht  nur  ganz,  fondern  noch  fo  feft,  dafs  man 
fie  mit  bloßer  Hand  und  ohne  Scheren  nicht  zertren- 
nen konnte.  Dahingegen  waren  die  Gewänder  im 
Johann'fchen  Sarkophage  fchon  fo  weit  vermodert, 
dafs  fie  bei  der  leifeften  Berührung  in  Staub  zerfielen. 
Woher  diefer  wunderbare  Unterfchied,  wenn  man  eine 
fpätere  Beifetzung  eines  fremden  Körpers  in  den  Lau- 
rentifchen Sarkophag  nicht  gelten  laffen  will? 

Beachtenswerth  ift  es  auch,  dafs  man  im  Lauren- 
tifchen Sarkophage  im  Jahre  1881  eine  Menge  Larven 
Kdte  vorfand,  welche  nur  aus  den  von  den  Mucken 
und  anderen  Infeclen  gelegten  Eiern  hervorgekrochen 
fein  konnten.  Dies  kann  aber  nur  wahrend  des  Ver- 
wefungs-Proceffes  gefchehen  fein  und  nicht  erll  fpäter, 
nachdem  etwa  der  Körper  bereits  zu  Humus  geworden 
war.  Der  Körper  des  Erzbifchofes  Laurentius  fing  aber 


xc 


fchon  kurz  nach  feinem  Tode  im  Jahre  1097  zu  faulen 
an  und  nicht  erlt  etwa  im  Jahre  1700,  oder  noch  fpäter. 
Die  damals  ausgekrochenen  Larven  mußten  (ich  aber 

•um  Jah  benfalls  in  Staub  und  Humus  ver- 

wandelt haben.  Woher  alfo  die  im  Jahre  18^1  bemerkten 
Larven,  wenn  nicht  von  einem  nach  dem  Jahre  1724  in 
den  Laurentifchen  Sarkophag  hineingelegten  Körper? 
Schließlich  hat  auch  die  wiffenfchaitliche  Prü- 
fung der  auf  dem  Korper  im  Laurentifchen  Sarko- 
phage vorgefundenen  Gewander  den  unwiderlegbaren 
Beweis  geliefert,  dafs  diele  nicht  dem  Ende  des  11.  Jahr- 
hunderts, fondern  einer  viel  fpäteren  Zeit  angehört 
haben  konnten.  Auf  Veranlaflung  des  k.  k.  Confer- 
vators  und  Directors  Fr.  Biilic  hat  lieh  nämlich  Se. 
Excellenz  der  gegenwärtige  Bifchof  von  Spalato  im 
Mar/  des  Jahres  1883  bewegen  1  äffen,  einige  charak- 
teriftifchere  Gegenflande  aus  dem  Laurentifchen 
Sarkophage  Fachmännern  zur 
Zeitbeftimmung  vorzulegen. 

Diefe  Gegenflande  wurden 
r/efchickt,  wo  der  Rath  ertheilt 


Prüfung  und  näheren 


nun  zuerft  nach  Rom 
wurde,  diefelben  nach 


Wien  zur  Prüfung  zu  fenden.  Aber  nahezu  ein  ganzes 
Jahr  lagen  die  gedachten  Gegenftande  in  Rom,  da  die 
italienifche  Poft  derlei  Artikel,  in  der  Meinung  fie 
waren  in  Italien  gefunden  worden,  nicht  aus  dem 
Königreiche  befördern  wollte.  Erft  auf  privatem  Wege 
erhielt  man  fie  zurück.  In  Wien  erweckten  diefe 
Objecte  ein  allgemeines  Intereffe  und  die  k.  k.  Central- 
Commiffion  delegirte  zur  genauen  Prüfung  derfelben 
ein  Sub-Comite,  welches  folgende  Erklärung  abgab: 
I.  Dafs  die  Email-Blättchen  aU  Verzierung  der  äußeren 
Handfläche  an  den  Handfchuhen  nach  der  Art  des 
Emails,  der  Zeichnung  der  Figuren,  insbefondere 
der  Chriftus-Figur  und  der  Randverzierung  ungefähr 
dem  Ende  des  14.  oder  Anfang  des  15.  Jahrhunderts 
:höre  Fig.  1  u.  2).  2.  Dafs  der  Fingerring  keine 
Merkmale  darbietet,  die  mit  Beftimmtheit  auf  eine 
altere  oder  jüngere  Zeit  bezogen  werden  konnten. 
3.  Dafs  der  Knopf  Fermaglio  keine  Merkmale  enthalt, 
aus  welchen  fich  eine  Zeit  beftimmen  läßt.  4.  Dafs  die 
geflickten  „Chirotheken-  nach  der  Anordnung  ge- 
mifchter  Charaktere  und  der  Gattung  derfelben  höch- 
ftens  dem  Ende  des  14.  Jahrhunderts  angehorten 
die  Tafel).  5.  u.  6.  Dafs  ebenfo  die  Franfen  und 
Schnüre  nach  ihren  technifchen  Merkmalen  einem  Ge- 
wände aus  der  genannten  Zeit  angehören.  7.  Die 
Fragmente  aus  gelbem  Seiden-Damaft  mit  kleinem 
Plattmufter  deuten  auf  die  gleiche  Zeit  hin  (fie  find 
ftellenweife  zufammengenäht).  8.  Die  gewirkte  Gold- 
borde mit  herzblattförmigem  Ornament  kann  mög- 
licherweife einer  früheren  Zeit  zugefchrieben  werden. 


9  Die  Schließe  aus  Blei  mit  SeidenftofF  überzogen 
deutet  auf  das  Vorhandenfein  eines  ..Pluvials"  Die  vor- 
gefundenen Rede  dürften  nach  dem  Gefagten  dem  Ende 

des  14.  oilcr  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  angehören." 

Aus  allem  hier  Angeführten  1  klar  hervor, 

dafs  der  im  Jahre  l^Si  im  Laurentifchen  Grabe  gefun- 
dene ganze  Körper  nicht  dem  im  Jahre  1097  verdor- 
benen Erzbifchofe  Laurentius  dem  Dalmatiner  gehört 
haben  kann,  fondern  dafs  in  den  genannten  Sarkophag 
erft  vor  nicht  langer  Zeit  ein  anderer  Körper  auf  den 
vom  Laurentius  herrührenden  Humus  und  auf  die 
wenigen  noch  vorhandenen  Knochen  desfelben  hinein- 
gebettet wurde. 

Director  Bulic  hat  nun  in  feiner  Schrift  zu  be- 
weifen  gefucht,  dafs  diefer  fpäter  hineingelegte  Korper 
dem  im  Jahre  1765  während  einer  Peft  in  Spalato  ver- 
dorbenen Er zbikhof  Nico/aus Dionarü  angehört  haben 
durfte,  da  die  Chroniften  nichts  Genaueres  über  deffen 
Beftattungsart  in  einer  Zeit,  wo  es  verboten  war,  in 
der  Stadt  zu  begraben,  anführen.  Allein  der  Canonicus 
DevüfhaX  in  feiner  anfangs  erwähnten  „Rettifica"  aus 
den  Sterbebüchern  des  Pfarramtes  Stadt  Spalato  nach- 
gewiesen, dafs  auch  diefer  Erzbifchof  wie  alle  anderen, 
im  Chore  des  Domes  beigefetzt  wurde.  So  bleibt  die 
Frage  über  die  Zugehörigkeit  des  im  Laurentifchen  Sar- 
kophage gefundenen  ganzen  K<  irpers  noch  immer  offen. 

Die  einzelnen  Stücke  der  commiffionell  geprüften 
Bifchofsgewänder  anlangend,  fo  haben  nur  die  Email- 
Plattchen  auf  den  Handfchuhen  und  die  Manfchetten 
einen  größeren  künftlerifchen  Werth. 

Die  feidenen  Handfchuhe  find  nämlich  auf  der 
Außenfeite  jeder  mit  einem  in  Silber  eingefafsten 
runden  Email-Plattchen  von  CVO47  M.  Durchmelier 
verziert.   Das  Email  ift  mit  Ausnahme  der  eingefaßten 

ren,  welche  fchwarz  find,  von  blauer  Farbe.  Die 
Contourlinien  find  vergoldet.  Das  Plattchen  auf  dem 
rechten  Handfchuhe  zeigt  das  Bild  des  Erlöfers  der  in 
der  Linken  das  Evangeliumbuch,  in  der  Rechten  aber 
die  Weltkugel  hält.  Auf  dem  Plättchen  des  linken 
Handfchuhes  ift  die  betende  Mutter  Gottes  dargeftellt. 

Auch  die  den  Handfchuhen  nach  damaliger  Sitte 
beigegebenen  Manfchetten  find  von  feinem  Seiden- 
gewebe. Beide  zeigen  in  feiner  Zeichnung  mit  filbernem 
gedrehten  Filigran  vertieft  je  eingeflickte  drei  Abbil- 
dungen mit  der  betreffenden  Infchrift  an  der  Seite.  Die 
rechte  Manfchette  tragt  in  der  Mitte  das  Bild  des 
Erlöfers,  rechts  davon  jenes  des  heil.  Petrus  und  links 
das  de>  heil.  Paulus.  Die  linke  Manfchette  hat  in  der 
Mitte  das  Bild  der  Mutter  Gottes  mit  der  Umfchrift: 
MHP  8E0T,  dann  rechts  jenes  der  heil.  Katharina  mit 
dem  Rad  und  links  das  der  heil.  Helene. 


(Spalato.) 


Kig.  2. 


XCI 


v 

Die  Siegel  der  Stadt  Cäslau. 


LS  war  am  16.  Juni  [883,  als  man  eine  Anzahl 
verfchwunden  geglaubter  Siegel  diefer  Stadt 
aufgefunden.  Am  genannten  Tage  fand  näm- 
lich der  ftädtifche  Polizei-Revifor  Gotth.  Bayer  in  einer 
Kammer  zwei  alte  (allen  von  Eifen,  die  am  Fuß- 
boden  angefchraubt  waren.  Nachdem  kein  vorhandener 
Schlüffel  diefelben  auffperren  konnte,  wurden  felbe 
erbrochen;  die  etile  war;  leer,  in  der  zweiten  befand 
lieh  eine  blecherne  Chatulle  und  darin  die  Stadt-Sir  /  I 
ftempel  in  zwei  Sackchen. 

Diefer  Fund  wurde  foglcich  protokollarifch  ficher- 
geftellt  und  die  Siegel  dem  ftädtifchen  Mufeum  ein 
verleibt. 

Man  wufste  zwar,  dafs  noch  im  Jahre  1750  die 
Stadt  im  Befitze  mehrerer  Siegelftöcke  und  zweier  fil- 
berner  Ketten  war;  doch  alles  Bemühen  diefelben  zu 
entdecken,  blieb  erfolglos,  fo  dafs  fchließlich  ange- 
nommen wurde,  dafs  bei  dem  am  Ende  des  vorigen 
Jahrhunderts  öfters  ftattgehabten  Magiftratswechfel 
und  hauptfachlich  nach  dem  Jahre  1850  diefe  Siegel- 
ftöcke verloren  gegangen  feien. 

Der  Wortlaut  des  Inventars,  laut  de  (Ten  diefe 
Siegelftöcke  in  die  Caffa  im  Jahre  1750  deponirt  wurden, 
und  welches  fich  im  ftädtifchen  Archiv  befindet,  lautet: 

Inventarium  der  Siegelftöcke,  fo  in  depofitorio 
gelegt  wurden: 

1.  Großes  alterthümliches  meffingenes  Siegel. 

2.  item  ein  meffingenes  Siegel  der  Directoren,  mit 
eifernem  Stöckl. 

3.  item  ein  großes  filbernes  Siegel  mit  eifernem 
Stöckl. 

4.  item  ein  kleines  filbernes  Siegel  mit  eifernem 
Stöckl. 

5.  item  ein  kleines  meffingenes. 

6.  item  zwei  filberne  Ketten. 

Actum  in  der  königl.  Kreisftadt  Caslau, 
am  26.  Martii  1750. 
Franz  Wenzel  Bojan,  Jof.    Ig.    Prochazka, 

ad  hoc  deputirter.  deputirter. 

In  der  einen  erbrochenen  Caffa  lag  auch  eine 
Urkunde  aus  dem  Jahre  1847,  von  A.  Lechner,  Magi- 
ftrats-Expeditor,  unterzeichnet.  Derfelbe  gab  an,  dafs 
er  (ich  erfinne,  wie  bei  dem  Begräbnis  des  Bürger- 
meifters  Johann  Maticka  diefe  Stadtfiegel  auf  einem 
Polfter  getragen  wurden,  was  auch  andere  glaubwür- 
dige Greife  bezeugen. 

Beginnen  wir  mit  der  Befchreibung  der  einzelnen 
Petfchaften  und  Siegel,  wie  diefelben  bei  der  Stadt  in 
Verwendung  waren. 

I.  Im  Jahre  1877  wurden  die  Sammlungen  des 
archäologifchen  Vereines  „Vcela  Caslavskä''  durch 
Inventar-Stücke  der  Genoffenfchaft  der  Töpfer  und 
Zimmcrleute  aus  der  Zeit  Kaifer  Karl  VI.  bereichert. 
Intel'  dielen  befand  fich  ein  abgerittenes  Siegel  in  einer 
Eichenholz-Kapfel  beigelegt,  das  feinerzeit  an  einer 
grünen  und  rothen  Seidenfchnur  an  die  Urkunde  ange- 
hängt war,  wie  die  Ueberrefte  der  gleichfarbigen  Schnur 
bezeugen.  Wie  groß  war  bei  näherer Befichtigung  diefes 


Sil  gels  die  Ueberrafchung,  als  man  darin  das  ältefte 
Siegel  der  Stadt  Caslau  erkannte,  deffen  Stempel  ver- 
fchollen  war,  und  von  dem  ein  zweiter  Abdruck  bisher 
nicht  bekannt  war. 

Diefes    Siegel    ill    in    rothem  Wachs  ausgepri 
welches   in  eine   fchön   gedrechfelte    hölzerne   Kapfei 
eingegoffen  wurde,  deren  Rand  mit  parallel  laufenden 
Kreislinien  in  rother  und  blauer  Farbe   bemalt  ill 
äußerfte  Rand  ill  vergoldet.   Das  Siegel  ill   kreisrund, 
mifst  im  Durchmeffer  8  Cm.  Die  Legende  lautet: 

-I-  SIGILVM  •  CIVIVM  •  DC  •  CSAZLAVIA:  (Majuskeln). 

In  der  Mitte  in  der  Kreisform  ficht  man  das 
Wappen  der  königl.  Stadt  Caslau,  d.  i.  eine  kreisrund 
umlaufende  Mauer  aus  Quaderfteinen  mit  Sein-  I 
fcharten.  Innerhalb  drei  Thürme,  dahinter  wieder  die 
Mauerzinnen.  In  der  Mitte  der  Mauer  ill  ein  offenes  zwei- 
flügeliges Stadtthor,  davor  eine  Brücke,  die  von  Wellen 
umfpült  wird.  Ober  dem  Thore  fieht  man  einen  engen 
Thurm  mit  einem  Fenfter,  das  im  Halbbogen  einge- 
wölbt ift,  in  deffen  Mauerkranz  der  untere  Theil  eines 
ausgebauchten  Spitzfchildes  eingefetzt  ift  mit  dem 
böhmifchen  Löwen  in  der  Art,  wie  derfelbe  auf  den 
Grofchen  des  Königs  Wenzel  II.  vorkommt.  Der  rechte 
Thurm  überragt  den  mittleren,  hat  zwei  Fenfter,  ge- 
theilt  durch  eine  Säule  und  mit  romanifchem  Gebälke, 
darüber  ein  Kleeblatt-Fenfter,  auf  der  Zinne  fleht  ein 
gegen  die  Mitte  gewendeter  Thurmwarter,  der  in  ein 
Horm  bläft.  Ebenfo  ift  der  linke  Thurm,  nur  dafs  hier 
ein  Vierblatt-Fenfter  angebracht  ifr,  und  unter  dem- 
felben  ein  einziges  größeres  Fenfter  mit  einem  Halb- 
kreis abgefchloffen  erfcheint.  Diefe  ganze  Darfteilung 
und  den  Rand  mit  der  Legende  umgibt  außen  eine 
breite  Umrahmung  mit  faltenartigem  Ornament.  Eigen- 
tümlich ift  die  blätterartige  ftrahlenförmig  ange- 
brachte Randverzierung  außerhalb  des  Schriftrahmens. 
Das  Ganze  zeigt  von  einem  guten  Gefchmack  des 
Stempelfchneiders  und  einer  tüchtigen  Fertigkeit  des 
Meifters,  ein  werthvolles  ObjecT  aus  dem  Anfange  des 
14.  Jahrhunderts.  Es  gibt  ficherlich  wenig  Städte,  die 
in  dem  erften  Stadtfiegel,  und  zwar  gleich  nach  der 
Erhebung  zur  Stadt,  ein  folches Kleinod  befitzen  (Fig.i 

Im  Monate  September  desfelben  Jahres  wurde 
der  Original-Siegelftempel  in  der  Depoliten-Kammcr 
des  ftädtifchen  Rentamtes  durch  den  Amtsdiener  auf- 
gefunden, und  zwar  zwifchen  alten  Documenten.  und 
diefes  Original  deckt  vollftändig  den  im  Mufeum  auf- 
bewahrten einzigen  Siegel-Abdruck,  wie  er  eben  be- 
fchrieben  ift.  Diefes  Siegel  ift  von  reinem  Silber,  hohl 
und  auf  der  Rückfeite  mit  einem  ornamentirten  Oehr 
zum  Einhängen  der  Kette  verfehen.  Diefes  Oehrchen 
ift  an  dem  Siegel  angelöthet  und  gleicht  vollftändig 
der  zweiten  Hälfte,  welche  in  den  zwei  filbernen 
Ketten  im  Juni  aufgefunden  wurde.  Auf  diefem  Ein- 
hängeöhr find  zwei  Delphine  kunlllerifch  ausgravirt, 
und  deren  Ornamentik  deutet  eher  auf  den  Renail- 
fance-Styl  als  auf  den  gothifchen,  aus  welch  letzterem 
diefes  Siegel  ftammen  dürfte. 


XCII 


II    Ein  meffingener  Stempel  mit  einem  länglichen 
^ocht    war,   damit   man    es   beffer 
anf.  :ie. 

•  der  Außenfeite   ficht   man  das  tief  gravirte 
I  mit  der  Majuskel-Umfchrift: 

llum -avium- de -csazlavia:  t 

fe    Umfchrift,    fowie  ,:ize    Darftellung 

itimmt  vollftandig  mit  der  Befchreibung  und  .Abbildung 
des  alterten  Siegels  in  den  Pamät.  archaol.  12.  Theil, 
edoch  fehlt  auf  derfelben  die  Blatt- 
verzierung am  Rande.  Auch  der  Durchmeffer  des 
Siegels  ift  gleich  dem  Original  mit  58  Mm. 

wichtig  muß  hier  noch  angeführt  werden,  dalV 
bei   genauer    Belichtigung    und    Prüfung    des    - 
einige  Einzelheiten   bemerkt  wurden,  welche  auf  dem 
-1-Abdrucke  aus  dem  Jahre  1724  nicht  erfichtüch 
find,  z.  B.  im  Thore  oben  ein  Fallgitter    Fig   _ 

III.  Der  Reihenfolge  nach  in  zu  erwähnen  das 
kleine  filbernc  Siegel  auf  eifernem  Stocket  mit  einem 

r  zum  Einhängen.  Es  mißt  im  Durchmeffer  24  Mm. 
Man  fieht  an  demfelben  bei  der  oberen  EinfalTung 
einen  Streifen,  der  gleich  einem  Hufeifen  von  einer 
Seite  des  in  der  Mitte  (ich  befindlichen  Schildes  zur 
andern  Seite  lauft  mit  der  Majuskel-Umfchrift :  „Sindicis 
civitat  czasl"  und  auf  einem  Stückchen  des  Streifens 
ober  dem  Schilde  _avie",  d.  i.  sigillum  judicis  civitatis 
czaslaviensis,  deutfch  Siegel  der  Schoppen  der  Stadt 
Caslau.  Das  Schildchen  hat  die  bekannte  Wladislawifche 
Form,  d.  h.  oben  ein  wenig  durchgebogen  mit  zwei 
fanften  Abfchnitten,  unten  eingebogen  in  einen  Halb- 
kreis, nach  links  weniger,  nach  rechts  mehr  au.-ge- 
fchnitten.  In  diefem  Schildchen  fieht  man  den  oberen 
Theil  des  böhmifchen  Löwen  nach  rechts  fich  aufrich- 
tend. Diefes  Siegel  gehört  zuverfichtlich  in  die  erfte 
Hälfte  des  15.  Jahrhunderts    Fig 

Welches  Stadtrichters  Wappen  das  im  Schildchen 
fein  foll,  läfst  fich  nicht  beftimmen. 

IV.  Nun  folgt  ein  filbernes  tief  gravirtes  Siegel 
im  Durchmeffer  von  41  Mm,  in  der  Mitte  mit  dem 
Landeswappen  im  Schilde,  fowie  das  früher  befchrie- 
bene  in  Form,  jedoch  unten  in  der  Mitte  ausgefchnit- 
ten.  Oberhalb  dem  Schilde  in  ein  fünfzinkiger  Mauer- 
kranz  gleich  einer  Krone.  Längs  des  Schildes  am  Rande 
ift  eine  künftlerifch  behandelte  EinfalTung,  3  Mm.  breit 
mit  der  |  Majuskel- 1  Umfchrift; 

S:min  vs:  civitatis:  czasla  vei 

Diefes  kleine  Siegel  wurde  zumein  bei  Zu- 
fchriften,  die  aus  dem  Stadtrath  an  andere  Gemeinden 
abgefendet  wurden,  benützt  und  zwar  fchon   im  Jahre 

und  dürfte  bis  zum  Anfang  des  16.  Jahrhunderts 
in  diefer  Verwendung  geftanden  haben  (Fig.  4  . 

V.  Mit  dem  vorhergehenden  Siegel  faft  gleich 
groß,  d.  i.  im  Durchmeffer  40  Mm.,  und  gleichfalls  an 
einem  länglichen  eifernen  Stöckel  angebracht,  ift  das 
filbernc-  Siegel,  welches  in  der  Mitte  in  einem  Kreife 
von  2j  ■  5  Mm.    Durchmeffer  das   Wappen    der   Stadt 

au  enthalt.  Das  Schild  ift  nach  oben  gerade, 
die  Seiten  gehen  im  rechten  Winkel  und  find  nach 
unten  zu  imHalbkreife  abgefchloffen.  Das  Stadtwappen 
unterfcheidet  fich  von  dem  älteften  in  der  Form  da- 
durch, dafs  die  Stadtmauer  unten  eine  eckige  Warte 
mit  einem    Mauerkranz    vorftellt,    das   Thor   ift    ohne 


Gitter  und  hat  drei  Thürmchen  ober  der  Mauer  mit 
m  Mauerkranze  und  nur  ein  Fenfterchen. 
1  >.is  mittlere  Thürmchen  ift  kleiner  und  ober  dem- 
felben fieht  man  in  einem  ausgefchnittenen  Schilde 
den  böhmifchen  Löwen,  gegen  den  zwei  Thorwärter 
mit  Trompeten  auf  den  beiden  Seiten  thürmchen 
flehend  gekehrt  find.  Oberhalb  dem  Schildchen  ift 
eine  Verzierung  gleich  einer  Krone,  ebenfo  auch  zu 
beiden  Seiten  und  unten  an  der  Thorfchwelle.  In  der 
Kandverzierung,  die  5  Mm.  breit,  lieft  man  in  lateini- 
fchen  Majuskeln: 

üum  maius  civitatis  Czaslavienfis. 

Am  Ende  ift  eine  lunfblattrige  Rofe  angebracht. 
Im  letzten  Worte  ift  da.-  A  mit  dem  V  in  einen  Buch- 
Itaben  verfchmolzen. 

Diei  el    dürfte  zu   der    filbernen   Kette  ge- 

hören, welche  1607  von  Jacob  Sil!  ze  Zviretina  zu  den 
ftädtifchen  Siegeln  gefchenkt  wurde. 

Es  findet  fich  diefes  Siegel  jedoch  fchon  beige- 
druckt auf  von  der  Gemeinde  gegen  Ende  des  16.  Jahr- 
hunderts ausgeftellten  Urkunden.  DaseiferneOehrchen 
zum  Einhängen  ift  jedoch  gegenwartig  abgefchlagen. 

Zu  diefem  Siegel  mag  nachAehende  Aufzeichnung, 
verzeichnet  in  Novellae  Declarat.  Nr.  18,  Bezug  haben: 
!  Von  dem  in  Verluft  gekommen  Siegel  der  Stadt 
Caslau. 

-Dazumal  war  Bürgermeifter  Sixt  Cikan,  es  war 
am  Jahresmarkte,  wo  er  in  feinem  Laden  Sachen  -.er- 
kaufte und  niemanden  beauftragte  zu  amtiren,  das 
Stadtfiegel  hatte  er  im  Beutel,  ging  öfter  in  fein  Laden 
und  diefer  Beutel  rifs  ihm  ab,  er  hatte  davon  keine 
Ahnung,  bis  er  fpater  nachfeilen  wollte  und  ihm  fchon 
diefer  Beutel  fehlte.  Gleich  in  aller  Eile  wurden  die 
Stadtthore  mit  je  zwei  Burgern  befetzt,  und  wer  aus 
der  Stadt  ging,  wurde  unterfucht,  fie  fanden  jedoch 
nichts.  Des  andern  Tages  früh  fanden  fie  am  Hofe  des 
Mikulas  Janova  die  Hälfte  des  Beutels,  die  andere 
Hälfte  hingegen  im  Haufe  der  Hanyka,  das  Siegel 
wurde  jedoch  nicht  vorgefunden.  Sogleich  fuhren  die 
Herren  nach  Prag  und  machten  die  Anzeige  beim  Land- 
tage und  ließen  verkünden  :  wenn  jemand  diefes  Siegel 
finden  würde,  fo  könnte  derfelbe  Urkunden  verabfaflen 
und  Schulden  der  Stadt  machen,  daher  dasfelbe  von 
nun  ungültig  fei. 

Spater  fand  man  diefes  Siegel  in  Zdislovic  beim 
Goldarbeiter,  und  der,  welcher  diefes  Siegel  verloren, 
hatte  dafür  keine  Befchwerden;  denn  er  hatte  einen 
guten  Fürfprecher  beim  König  Ferdinand,  und  zwar 
den  Herrn  Karl  von  Zcrotin.  denn  diefer  befreite  ihn-. 

VI.  In  die  gleiche  Periode  gehört  das  kleine  mef- 
fingene  Siegel,  23  Mm.  im  Durchmeffer.  In  der  Mitte 
fieht  man  ein  offenes  Thor  ohne  Gitter  und  ober  dem- 
felben in  den  Ecken  zwei  Thürmchen  mit  je  einem 
Fenfterchen  und  Mauerkranz.  Sowohl  das  Thor  als 
auch  die  Thürme  find  ftraffirt.  Rundherum  lauft  ein 
3  Mm.  breiter  Rand  mit  der  Umfchrift  in  lateinifchen 
Majufkeln: 

Sigillum  con :  czaslavienfis. 

Diefes  Siegel  benutzten  die  Schoppen  bei  der 
ftädtifchen  Gerichtsbarkeit. 

VII.  Schließlich  fand  man  ein  ftarkes  meffingciies 
1  in  der  Mitte  durchgebogen    mit    einem  eifernen 

Stöckel. 


XC1II 


Im  Inventare  vom  Jahre  1750  wird  es  das  „Din  1 
toren-Siegel"  genannt,  weil  dasfelbe  bei  der  Verwaltung 
der  Gemeindegüter  verwendet  wurde.  Es  wird  nach- 
ftehendbefchrieben:  „In  der  Mitte  des  Siegels,  mit  einem 
Durchmeffer  von  47  Mm,  befindet  ficli  in  einem  Schilde 
des  RenaifTance-Styles,  wo  die  oberen  Ecken  nach 
rückwärts  gerollt  find,  das ftädtifche Wappen,  und  zwar 
ein  offenes  Thor  mit  Fallgitter,  die  Mauer  ftraffirt  und 
eckig  mit  einem  Mauerkranz,  oberhalb  den  drei  gleich 
hohe   Thürmchen    mit   Fenfterchen   und   Mauerkranz 


&■  >• 


zu  feilen  find.''  Ober  den  Eck-Thürmchen  flehen  zwei 
Thorwärter  mit  Trompeten  gegen  das  Schildchen  des 
Mittel-Thurmes  gekehrt.  In  dem  Schildchen  ficht  man 
den  Löwen,  wie  derfelbe  auf  den  Münzen  Kaifer 
Karl  VI.  vorkommt.  Ober  dem  Schildchen  eine  Lilie. 
Die  Gravirung  ift  fein  und  feicht.  In  der  Perl-Rand- 
verzierung  lieft  man  nachftehende  Ueberfchrift  in 
großer  lateinifcher  Schrift: 

Sigillum  minvs  regiae  ac  districL  civitatis 
czaslaviae  ('t') 

Auf  das  eiferne  Stöckel  wurde  beim  Aufdrücken 
des  Siegels  auf  Schriften  mit  einem  Hammer  gefchla- 
gen,  wodurch  die  Mitte  des  Siegels  durchbogen  ift. 
Diefes  Siegel  gehört  in  den  Anfang  des  18.  Jahr- 
hunderts. ' 

Zu  diefem  Funde  gehören  noch  zwei  filberne 
Ketten  nebft  Anhangfein.  Die  eine  neuere  Kette  hat 
335  Mm.  Länge  und  befteht  aus  zweitheiligen  birnen- 
förmig zufammengedrückten  filbernen  Ringelchen,  die 
.111!  der  eitlen  Seite  in  einen  7  Mm.  breiten  Ringenden, 
auf  der  andern  Seite  aber  durch  einen  26  Mm.  breiten 
Ring,  der  2  Mm.  ftark  ift,  abgefchloffen  wird, 

1  In  dem  R.uhs  Protokoll  auf  das  Jahr  1738  lieft  man,  dafs   der  Primator 

Ro/enkrnntz  ein  neues  Siegel  brachte,  für  welches  dem  Graveur  5    fl     Halt  den 

verlangten  r2  (1.  bezahlt  wurden,  mit  dem  Bedeuten,  dafs    im  Falle  er  mit   dem 

Betrage    nicht    zufrieden,  die  Gemeinde   das   Wappen  abraliren   lafl'c   und   ihm 

egel  7111  ii.  kgebe. 


Aufdiefem  Ring  b<  rindet  (ich  ein  filbernes  Kleinod 

angebracht  mit  einem  Röhrchen,  das  in  eine  halb 
runde  Schließe,  die  durchbrochen  und  innen  mit 
5-artigem  Draht  verziert  war,  eingehängt   wurde. 

Diefes  Kleinod  hat  unten  31  Mm.  Breite  und  der 
1  Jurchmeffer  derhalbrunden  mifst  23  Mm.  Damit  ftimmt 
vollftändig  die  halbrunde  Schließe  zum  Einhängen 
Oben  ift  fie  verfeheii  mit  einem  fünfgliedrigen  Kettchen, 
unten  mit  einer  Charnier.  Auf  einer  Seite  lieht  man 
einen  gravirten  Anker  umfchlungen  mit  dem  Buch- 
ftaben  Z  und  zwei  Sternehen  zur  Seite  eingefafst.  Auf 
der  anderen  Seite,  die  am  Rande  gleichartig  gravirt  ift, 
befindet  ficli  in  der  Mitte  ein  filberner  elipfenartig 
geformter  Knauf,  auf  welchem  das  Wappen  der  I  ferren 
Sixt  von  Zvifetin  eingeprägt  ift,  daneben  ift  ein  Helm 


mit  den  Buchftaben  S  bis  Z,   Unten    auf  der   anderen 
Seite  des  Knaufes  ift  eingravirt:  Anno  HR  is:  MDCVII: 

das  H  ift  mit  dem  R  zufammengezogen. 


Fig-  3.  4- 

Daraus  kann  man  fchließen,  dafs  jemand  aus  der 
Familie  der  Sixte,  der  dazumal  in  der  Gemeinde  lebte, 
namentlich  Jacob  Sixt,  welcher  das  Bürgermeifteramt 
im  Jahre  1600  inne  hatte,  diele  Kette  der  Gemeinde 
fchenktc,  gleichfam  zur  Erinnerung  an  das  traurige 
Ereignis  des  Bürgermeifters  Sixt  Cikän  im  Jahre  1562. 

Die  zweite  Kette  hat  einfache  Glieder,  die  in  ein- 
ander greifen.  Man  trug  diefe  Kette  um  den  Hals,  und 
daher  ift  diefe  Kette  bei  den  Enden  verbunden.  Zu 
diefer  Kette  wurde  die  zweite  Hälfte  der  Verzierung, 
aut  der  Delphine  eingehängt  find,  und  zwar  bei  dem 
filbernen  größten  älteften  Siegel  verwendet. 


XIII.  x.  v. 


XCIV 


Ueber  Bau-Denkmale  in  Krain. 


lonfervator  J.  J 


tadt  Lack  hat  theilweife  noch  alterthüm- 
liches  Anfehen.  manche  Haufer  zeigen  noch 
deutlich  den  Urfprung  in  gothifcher  Zeit. 
Das  Schloß  zu  Lack  liegt  auf  einem  Yorfprung  der 
über  der  Stadt  fich  erhebenden  Berglehne,  ift  in 
zwei  Flanken,  gegen  Süden  und  Orten,  um  einen 
freirtehenden  mächtigen  Thurm,  welcher  die  übrigen 
Gebäude  überragt,  erbaut.  Dieler  Thurm,  im  Grundriß 
quadratifch  'Mauerdicke  :i  M.  ,  hat  unterhalb  des 
Daches  auf  großen  vorgekragten  Confolfteinen  einen 
Umgang,  vermuthlicb  ehemals  mit  Zinnenkranz.  Ueber 
dem  Hingangsthor  ins  Schloß  ift  eine  große  Steintafel 
mit  Wappen  und  Infchrift  in  lateinifchen  Majuskeln : 
-  in  dem  Jar  man  zalt  von  Crifti  unfers  Herrn 
Gepurdt  MVXI  am  26  Tag  Marcii  das  Schlos  dis  Orts 
durch  den  Erdpidem  eingefallen  irt  diefer  Pau  des 
Gefchlos  durch  den  hochwirdigen  hochgepornen 
Fvrrten  und  Herren  Herren  Philipfen  Bifchove  zu 
Freifing  Pfalzgrafve  bei  Rein  vnd  Herczogen  in  Beiern 
zx  in  dem  nachvolgenden  XIV.  von  Grvndt  angefangen 
vnd  in  dem  XVI.  Jarn  feiner  Gnaden  Stifst  Freifing  zu 
gut  volend  worden-. 

Im  füdlichen  halbrunden  Eckthurm,  der  als 
Capelle  eingerichtet  ift,  ift  außen  gleichfalls  ein  großer 
Stein  mit  renaiffanceartiger  Umrahmung  eingemauert. 
Infchrift  in  gothifchen  Minuskeln,  Jahreszahl  1527.  Das 
Schloß  ift  jetzt  Sitz  des  Bezirksgerichtes. 

Die  Stadt-Pfarrkirche,  dreifchiffige  Hallenkirche 
der  fpäteften  gothifchen  Periode,  ift  in  den  Bautheilen 


fall 


unverändert  geblieben. 


Die  Kirche  ift  zo  M.  lan°\ 


das  Schiff  14,  der  Chor  8  M.  breit.  Im  Schiff  find  6  acht- 
eckige Pfeiler,  an  den  Seitenwanden  entfprechende 
Halbpfeiler.  Die  Capitale  haben  über  einer  Reihe 
akanthusartiger  Blatter  eine  zweite  mit  der  unteren 
in  keiner  organifchen  Verbindung  ftehende  Reihe  von 
conventionell  gothifchen  Blättern.  Die  Schlußfteine 
des  Xetzgewölbes  find  theils  figural  iMadonna  und 
Heilige',  theils  tragen  fie  Schilder  oderDoppelrofetten. 
Auf  zwei  Schildern  des  Schiffsmittelgewölbes  find 
nebenftehende  Steinmetzzeichen  zu  fehen.  Das  Haupt- 
portal hat  reich  profilirte  Laibung  mit  Efelsrücken,  im 


Tympanon  ein  Relief.  Chriftus  am  Oelberg.  Am  Xord- 
thor  haben  die  Profildienfte  eigene  Baien.  An  den 
Seitenwänden  des  Chors  fchließen  die  beiden  kleinen 
Thüren  mit  geradem  Sturze  und  ausgebogenen  oberen 
Winkeln.  Das  Fenftermaßwerk  hat  Fifchblafen.  Der 
Chor,  hat  außen  ftarke  abgetreppte  Streben  aus 
Quadern.  Der  Thurm,  angefchloffen  an  die  Xordfeite 


des    Chors   hat    fünf   Abfatze    und    fpitzbogige,    nicht 
profilirte  Schallfenfter.  Die   an  die  Süd  feite  des  Chors 

baute  Capelle  hat  zwei  gemauerte  und  zwei 
fteinerne  halbrunde  Streben. 

Hinter  der  Kirche  ift  auf  dem  alten  Schulhaufe 
ein  bemaltes  Wappen  mit  der  Infchrift:  rGot  zu  Ehrn 
diefem  Vaterlant  vnd  deffeirjugent  zur  Wolfart  hat 
diefe  Schul  gefundirt  der  edel  und  feil  Herr  Michael 
Papier  zu  Maltenlager  in  Jahr  1627-. 

Filial-Kirche  in  SuAa,  Pfarre  und  Decanat  Altlack. 

Der  Chor,  circa  8  M.  lang  und  45  M.  breit,  hat 
Xetzgewolbe  auf  gemauerten  halbrunden  Dienrten  mit 
Capitälen,  drei  Fenfter  im  Schluffe  und  eines  auf  der 
Südfeite  mit  Maßwerk,  in  zweien  noch  Butzenfcheiben. 
Alle  Chorwände,  felbft  die  Dienfte  und  die  inneren 
Schmiegen  der  Fenfter,  find  bemalt:  o  5  M.  über  dem 
Boden  beginnt  die  Malerei  in  einem  breiten  Bande, 
weibliche  Bruftbilder  in  durch  Säulchen  abgetheilten 
Feldern.  Diefe  Bruftbilder  erfcheinen  faft  als  Wieder- 
holungen einer  und  derfelben  Vorlage.  Durch  ein 
Ornamentband  getrennt  find  darüber  in  gothifchen 
Xifchen  faft  lebensgroße  Heilige.  Im  Zwickel  an  der 
Nordwand  die  Befchneidung  und  die  Darfteilung  im 
Tempel,  an  der  füdlichen  Wand  Maria  und  der  Heiland. 
Auf  dem  Felde  des  Scheidebogens  das  jüngfte  Gericht : 
in  der  Mitte  Chriftus,  rechts  Maria,  links  ein  kniender 
Mann;  ein  Engel  mit  erhobenem  Schwert  treibt  nackte 
Verdammte  in  einen  großen  Rachen,  rechts  geleitet 
ein  Engel  die  Seligen  in  den  durch  ein  burgartiges 
Gebäude  angedeuteten  Himmel.  Unten  jederfeits  eine 
Heilige  mit  einem  Salbgefäß  in  der  Hand.  In  den 
Gewölbekappen  die  vier  Evangeliften  mit  Schrift- 
bändern, Gott  Vater,  der  Heiland  im  Ovale,  vier 
Engel  mit  Schriftband.  Die  Farbe  ift  kraftig,  die 
Gewandung  ftark  fchattirt.  Außer  den  fchwachen 
Sockelfiguren  verräth  die  Malerei  eine  gefchickte 
Hand  und  viel  Energie  des  Ausdruckes.  Am  fchönften 
find  die  Engel  mit  vertical  geftellten  Flügeln  am 
Gewölbe;  auch  die  Figuren  neben  dem  Gericht  haben 
milden  Gefichtsausdruck.  Das  Schiff  hat  flache  Holz- 
decke aus  dem  17.  Jahrhundert.  Das  Thor  ift  noch 
gothifch  mit  geradem  Sturz.  An  der  Nordwand  des 
Chors  fleht  der  Thurm,  in  delTen  Erdgefchoß  die 
Sacriftei,  durch  deren  Thüranlage  ein  Theil  der  Malerei 
zerftört  wurde.  Mauerfprünge  an  der  Chordecke  find 
mit  Mörtel  zugeftrichen ,  fonft  ift  die  Malerei  gut 
erhalten,  an  der  Decke  in  urfprunglicher  Kraft  und 
Frifche.  Das  Schiff  jetzt  eingewölbt,  die  Seitenmauern 
fammt  dem  neuen  Dache  wurden  zu  fehr  gehoben  und 
hat  das  Kirchlein  im  Aeußern  das  gute  Verhältnis  des 
Schiffes  zum  Chore  eingebüßt. 

Auf  dem  Wege  \>>n  Lack  nach  Ehrengruben, 
circa  a  ,  Stunden  von  der  Stadt  und  '/»  Stunde  von 
der  genannten  Kirche,  fleht  im  Walde  eine  kleine 
Capelle  von  folidem  Mauerwerk  und  quadratifchem 
Grundriß,  die  Außenfeite  mit  je  zwei  Xifchen  an  jeder 


xcv 


Wand.  Das  Kirchlein  ift  ganz  al  fresco  bemalt:  ver- 
fcliiedcne  gut  vorgebrachte  Darftellungen,  einzelne 
Heilige,  das  Wappen  der  Stadt  Lack,  doch  in  defo- 
latem  Zuftande.  Das  wenig  vorladende  Walmdach 
fchützte  nur  die  oberen  Theile,  eingekratzte  und 
gefchriebene  Namensunterfchriften  bedecken  die  er- 
reichbaren Flächen. 

Filial-Kirche  zu  Ehrengruben,  Pfarre  und  Decanat 
Altlack  (Fig.  i). 

1  liefe  Kirche  erfcheint  als  hochwichtiger 
Bau.  Sie  beftcht  aus  einem  dreifchiffigen  roma- 
nifchen  Schiffe  und  einem  mächtigen,  unorga- 
nifch  angefchloffenen  l'resbyterium.  Die  Vor-  * 
halle  diefer  Kirche  ift  vor  circa  30  Jahren  in 
wenig  gelungener  Gothik  angelegt.  Das  Schiff 
hat  Rippen  auf  einfachen  Confolen  aufruhend. 
Das  mittlere  Weftthor  fchließt  im  Efelsrücken  •> 
und  llimmt  mit  den  übrigen  Maueröffnungen  der 
Kirche  nicht  überein.  Vortretend  aus  dem 
maffiven  und  fchweren  Schiff  überrafcht  die 
graziöfe  Leichtigkeit  und  Lichtfülle  im  großen  1 
Chor  angenehm.  Die  Fenfter  find  hoch  und  für 
gothifche  ausnehmend  breit,  das  Maßwerk  von 
wechfelndem  Mufter.  Die  fchlanken  fechs  Pfeiler 
haben  Capitäle  aus  Eichenblättern,  darüber  ' 
Schilder  oder  Thierfiguren.  Die  Rofetten  in  den 
Schlüffen  reich  an  wechfelnder  Erfindung.  In  den 
Gewölbekappen  gemalte  Renaiffance-Ornamente 
von  1644,  die  den  Flindruck  des  Gebäudes  mehr 
ftören  als  heben. 

Der  mächtige  Thurm  an  der  rechten  Seite 
hat  zweiGlockenftuben  übereinander.  Die Schall- 
fenfter  der  unteren  haben  Doppelfäulchen  mit 
großem  Kämpfer    und  Rundbogen.  Nach  Süden 

an  der  Laibung  ift  eingemeißelt    Z^.    und  1551. 

Die  obere  Glockenftube  ift  eine  fchablonenhafte      ' 
Wiederholung  der  unteren. 

Die  Altäre  find  gute  Arbeit  des  17.  Jahrhun- 
derts, beffer  noch  zwei  Chorftühle  mit  Schnitze- 
rei und  ornamentalen  Intarfien. 

Filiale  Mitterdorf,  Pfarre  St.  Georgen,  Deca- 
nat Krainburg. 

Zwei  kleinere  gothifche  Kirchen  in  Entfer- 
nung einiger  Klafter  parallel  nebeneinader  ge- 
ftellt  innerhalb  einer  gemauerten  Einfriedung. 

Die  nördliche  hat  im  Chor  ein  Netzge- 
wölbe  auf  gegliederten  oder  figuralen  Confolen 
und  Rofetten  als  Schlüffe.  Die  drei  Fenfter  im 
Chor-Schluffe  haben  ungleiches  Maßwerk,  das 
mittlere  Fifchblafen.  Die  Decke  des  Schiffes  ift  flaches 
Tafelwerk,  das  einzige  Thor  an  der  Weftfeite  fpitz- 
bogig. 

Die  füdliche  Kirche  ift  dem  Anfchein  nach  jünger, 
das  Schiff  ehemals  flach  gedeckt,  umgeändert  und  eili- 
ge wölbt  vor  circa  30  Jahren.  Die  Rippen  des  gothifchen 
Chors  ruhen  auf  Dienften.  An  der  nördlichen  Schiffs- 
wand theilweife  von  der  Tünche  befreite  alte  Fresken 
gothifchen  Styls.  Oben  das  Leiden  Chrifti,  unten  eine 
zufammenhängende  Reihe  von  Bildern:  Patriarchen  in 
der  Vorhölle,  die  Könige  vor  Bethlehem  etc.  Die 
Malerei  ift  anfeheinend  von  geringem  W'erth. 

Filial-Kirche  in  Freithof,  Pfarre  Predaffel,  Decanat 
Krainbursr. 


Der  gothifche  Chor,  6  M.  lang,  5  M.  breit,  hat 
fchwere  Rippen  auf  Masken-Confolen,  Schlußfteine, 
Rofetten  und  Kopfe,  auch  einen  Engel  mit  Schriftband 
und  Jahreszahl  1512.  Die  Schiffdecke  ift  Tafelwerk 
mit  Malerei,  ins  bäuerifche  umgefetzte  Renaiffance, 
(1662),  aber  Holt  und  lieber  gemacht.  Die  reich  fculp- 
tirten  drei  Altäre  von  1680.  Das  Schiff  foll  in  Kürze 
erneuert  werden. 


Fig.    I. 


y>v, 


Pfarre    Höflein.   Decanat 


Filial-Kirche 
Krainburg. 

Der  gothifche  Chor,  6  M.  lang,  5  M.  breit,  hat 
central  gerippte  Decke.  In  den  beiden  Fenftern  der 
feitlichen  Chorfchlußwände — das  mittlere  ift  vermauert 
—  fchöne  alte  Glasmalereien,  fie  find  13  M.  hoch. 
C27  M.  breit  und  zeigen  je  zwei  Figuren  übereinander  in 
gothifchen  Nilchen  mit  zarten  Ornamenten.  Faltenwurl 
nicht  in  Brüchen,  fondern  in  weichen  Linien.  Das  Schiff 
hat  eine  fchöne  Holzdecke  in  dunkler  Naturfarbe,  ge- 
theilt  in  quadratifche  Felder  mit  Verkröpfungen  und 
vergoldeten  Rofettenzapfen  in  der  Mitte.  Ein  alter 
Glaslufter,  12  M.  hoch,  nach  dem  lauften  Ton  des 
Glafes  zu  urtheilen Fabrikat  ausMurano,  wurde  von  der 


n* 


XCVI 


Pfarrkirche  in  Höflein  erworben  und  ift  vor  den  Ag 

nur  durch  die  abfeiti,  '  »rtes  verborgen 

geblieben.  Bei  der    Pfarrkirche  von  Höflein    muß  man 

aus  dem  Grundriß  und  einzelnen  Merkmalen  Ichließen, 

lie  gothifch   gebaut   war   und    fpäter   wiederholt 

dert  wurde. 

Pfarrkirche  zu  Möfchnach  Mosnt  I  i  .mat 
früher  Vigaun).  Taufbuch  feit  1640. 

Das  Aeußerc  der  Kirche  macht  einen  ausnehmend 
alterthümlichen  und  ungewöhnlichen  Kindruck,  das 
hohe  und  breite  Kirchendach  reicht  an  den  Seiten  tief 
herab,  der  hohe  Giebel  der  Wertfeite  ift  ohne  Gliede- 
rung, eine  kleine  Vorhalle  über  dem  Thor  ift  fpäterer 
Zubau. 

Das  dreitheilige  Schiff  hat  vier  maffive,  aus  dem 
Quadrat  ins  Achteck  abgefaßte  Pfeiler,  der  Lange 
nach  durch  Kundbogen  verbunden.  Das  höhere  Mittel- 
fchiff  ift  mit  einem   Tonnengewölbe  mit   Stichkappen 


')      1    2     S     '• 


- 


Kig.   2. 

überdeckt.  Die  Unterfuchung  am  Mauerwerk  unter 
dem  Dach  läßt  die  Meinung  als  begründet  erfcheinen, 
dafs  die  urfprüngliche  Decke  flach  war.  Die  Höhe  vom 
Boden  bis  zum  Scheitel  der  Kappen  beträgt  56  M. 
Die  Seitenfchiffe  find  fehr  niedrig,  37  M.  und  haben 
gothifche  Gewölberippen  auf  einfachen  Confolen.  Die 
ausfpringenden  Seiten-Capellen  find  fpätere  Zuthat, 
die  Fenfter  modernifirt. 

Das  Gewölbe  des  kleinen  Chors  ift  recht  eigen- 
thümlich  conftruirt,  Tonnengewölbe  mit  Kappen  und 
durch  rundlich  flache  Rippen  in  Felder  getheilt,  die 
Kippen  find  durch  primitive  Ornamenteindrücke  geziert 
und  haben  keine  conftruetive  Function,  eine  nicht  gut 
verftandene  decorative  Anwendung  gothifcher  Ge- 
wölberippen. Die  Chorfenfter  find  vermauert. 

Die  gegenwärtige  Sacriftei  an  der  Südfeite  des 
Chors,  höher  als  das  Seitenfchiff,  war  urfprünglich  der 
Schluß,  refpective  Chor  desfelben;  ein  Fenfter,  fowie 
die  centrale  Anordnung  gothifcher  Gewölberippen  ift 
noch  vorhanden.  Als  man  bei  Verbreiterung  der  Treppe 


zur  Kanzel  einen  Theil  der  Scheidewand  zwifchen  der 
Sacriftei  und  dem  füdlichen  Seitenfchiff  abtrug,  wurde 
eine  Gewölberippe  bloßgelegt. 

Unter  Dach  irt  die  Vergrößerung  und  Erhöhung 
der  (weltlichen)  Giebelmauer  erfichtlich  und  irt  anzu- 
nehmen, dafs  das  Mittelfchiff  ein  eigenes  Dach  und 
die  Seitenfchiffe  Pultdächer  hatten     Fig    2 

Die  Pfarrkirche  zu  Neumarktl,  Decanat  Krainburg, 
zeigt  ihren  Urfprung  aus  der  gothifchen   Periode  nur 
mehr  am  Thurm,  deffen  ebenerdige  Halle  fpitzbo 
mit  Kippen  gewölbt  irt. 

Filiale  St.  Georg  bei  Neumarktl,  Pfarre  Kreuz, 
Decanat  Krainburg 

Der  Chor,  55  M.  lang,  4:  M  breit,  hat  in  den 
Fenftern  des  dreifeitigen  Schluffes  Maßwerk  von  fehr 
einfacher  Form.  Das  Schiff  hat  Holzdecke  von  1698 
mit  l-"ries,  alles  bemalt  Der  Grund  der  Felder  irt  weiß, 
die  Rofettenzapfen  blau,  das  Kahmenwerk  roth,  in 
den  Feldern  Akanthus-Ranken  mit  Rofen  und  Tulpen 
in  freier  Variation,  derbe  Handwerksarbeit,  aber  mit 
Sicherheit  und  gutem  Verftändnis  durchgeführt. 

St.  Georg  liegt  auf  einem  Vorhügel  der  Alpen, 
nahe  der  Burgruine  Katzenftein  auf  einer  Nafe  der 
hohen  Berglehne  felbft.  Eine  halbe  Stunde  weiter  auf 
der  Straße  von  Neumarktl  nach  Vigaun,  die  hoch  über 
dem  weiten  Thale  an  der  Alpenlehne  hinzieht,  ill  das 
Kirchlein  der  heil.  Agnes,  Pfarre  Rovor,  bemerkens- 
werth  durch  die  halbrunde  Chorapfis;  fonft  find  die 
Spuren  des  Alters  durch  Reparaturen  und  Umbauten 
verwifcht. 

Als  Thurm  dient  ein  viereckiger  überwölbter 
nach  Norden  offener  Bau  mit  hohem  Dach,  in  dem 
eine  Glocke  in  gothifchen  Minuskeln  die  Worte:  „Ave 
Maria  gratia  plena"  als  Infchrift  hat. 

Hinter  dem  Dorf  Vigaun,  in  der  Schlucht  des 
Baches,  die  ausgebreitete  Burgruine  Katzenftein  mit 
mehreren  Höfen,  fich  vom  Bache  quer  den  Berg 
hinaufziehend;  Befitzer  des  neuen  Schloffes,  jetzt  weib- 
liche Correctionsanftalt,  war  die  Familie  Lamberg. 

Filiale  St.  Peter  bei  l  'igaun,  Decanat  Veldes. 

Diefes  Bergkirchlein  hat  zwei  gleich  hohe  Schiffe. 
Die  Pfeiler  find  bis  zum  Capital  3  M.  hoch.  Die  Schluß- 
fteine  tragen  Rofetten,  Schilder  und  Figurales,  die 
Capitäle  haben  gothifches  Blattwerk  ,  alles  fchön 
gearbeitet,  leider  übertüncht.  Der  Chor  irt  entrippt 
und  hat  einen  guten  marmornen  Altar  der  Barockzeit. 

An  der  nördlichen  Chorwand  fcheinen  durch  die 
vor  20  Jahren  aufgetragene  Tünche  noch  die  alten 
Wandmalereien  durch.  Ein  bloßgelegter  Theil  zeigt 
recht  farbenkräftige  Malerei  gothifchen  Styls. 

An  der  Südwand  außen  ift  ftatt  eines  Gefims- 
fchluffes  unterhalb  des  Daches  ein  Fries,  Vielbogen 
mit  Lilienauslauf  gemalt  und  noch  gut  erhalten.  Die 
äußeren  Mauerecken  find  aus  guten  Quadern.  Zwifchen 
Thurm  und  W'ertfront  ift  die  Vorhalle.  Die  Schall- 
fenfter  haben  Theilungsfäule  mit  Kämpfer  und  Rund- 
bogen (Fig.  3). 

Filiale  Krtina,  Pfarre  Aich,  Decanat  Stein.  Drei- 
fchiffige  Hallenkirche  ohne  Chor.  Die  Oftwand  hat 
drei  jetzt  vermauerte  Fenfter,  die  übrigen  find  neu. 
Die  Pfeiler  mit  runder  profilirter  Baus  ohne  Capital, 
die  Rippen  und  Confolen  an  den  Langwanden,  meift 
Masken,  find  aus  Tuffrtein.  Der  Boden  der  Kirche 
war    urfprünglich    ohne    Erhöhung    vor    dem    Haupt- 


XCV1I 


Altar;  denn  das  neue,  um  zwei  Stufen  erhöhte  Stein- 
plattenpflafter  deckt  die  Bafen  der  Pfeiler  genau  um 
feine  Erhöhung  zu.  Ks  ift  demnach  naheliegend  zu 
fchließen,  dafs  auch  ein  Chor  projeetirt  war,  der  aber 
nicht  zur  Ausführung  kam  und  das  Schilf  proviforifch 
mit  der  Querwand  gefchloffen  wurde.  Das  Weftthor 
hat  Efelsrücken,  die  Seitenthore  haben  einfachen  Spitz- 
bogen (Fig.  4). 

1  »er  Thurm  fleht  frei  an  der  Nordfeite  der  Kirche, 
hat  große  Schallfenfter,  in  zweien  auch  die  Theilungs- 
fäule   mit  Kämpfer,  in  zweien  herausgefchlagen.  Um 


Fig.  3- 

Kirche  und  Thurm  ift  eine  3  M.  hohe  Mauer  mit 
Schießfeharten  geführt;  der  Platz  war  ein  Tabor,  ein 
befeftigter  Zufluchtsort  zum  Schutz  vor  Türken- 
Einfällen,  wozu  er  fich  durch  die  Lage  auf  einer 
ifolirten  Hügelkuppe  gut  eignete. 

Remalt  find  die  Oftwand,  die  Nord-  und  Südwand 
bis  zum  zweiten  Fenfter  von  erfterer  aus  gezählt.  An 
den  Langwanden  ift  zwifchen  den  beiden  Fenftern  je 
ein  großes  Bild,  in  Abtheilungen  ganz,  an  der  Oft- 
wand  theilweife  bloßgelegt,  indem  der  Hauptaltar  eine 
große  Fläche  verdeckt.  Das  Bild  an  der  nordlichen 
Seite  ftellt  in  der  unteren  Abtheilung,  circa  4  M.  hoch, 
den  Aufzug  der  heil,  drei  Könige  zu  Pferde  mit  Ge- 
folge dar,  rechts  vom  Befchauer  Maria  mit  dem  Kinde, 
nur  zur  Hallte  fichtbar.  Die  Einrahmung,  ein  patronir- 
tes  Ornament-Band,  ill  unten   und   oben  erhalten,   die 


verticale  an  den  Seiten,  durch  den  Umbau  der  Fenfter 
verfchwunden.  Links  nimmt  auch  die  Kanzel  etwas 
vom  Bilde  weg.  Den  Hintergrund  im  Gemälde  bilden 
Baulichkeiten.  In  der  oberen  Abtheilung,  dii  bi->  zum 
Gewölbeanfang  reicht,  Madonna,  knieend  vor  dem 
Chriftkinde,  anbetende  Engel,  rechts  heil.  Jofeph,  im 
Grunde  ein  Holzdach.  Die  Figuren  haben  */,  Lebi 
große.  Das  Bild  zwifchen  der  Confole  und  dem  Fenfter 
links  ift  faft  ganz  ruinirt,  rechts  erkennt  man  noch  die 
Darfteilung  von  Maria  Heimfuchung. 

An  der  Südwand  zu  oberft  Chriftus  in  den  Man- 
dorla,  daneben  Engel,  etwas  tiefer  männliche  Heiligt-. 
Figuren  gut  halb  lebensgroß.  Die  zweite  Abtheilung 
enthalt  in  der  Mitte  Maria  mit  Johannes  dem  Täufer, 
rechts  (vom  Befchauer)  die  Auferftehung  der  Bolen, 
links  der  Guten.  In  der  unterften  Abtheilung  in  der 
Mitte  der  heil.  Petrus  ge- 
leitet die  Seligen  zur  Him- 
melspforte,  einer  weibli- 
chen Geftalt  die  Hand  rei- 
chend. Rechts  ein  fratzen- 
hafter Höllenrachen  als 
Umrahmung  von  nackten 
Verdammten;  bei  einigen 
ift  ihr  irdifcher  Stand 
durch  die  Kopfbedeckung 
bezeichnet,  unter  andern 
ein  Papft  und  ein  Bifchof. 
Links  der  Aufenthalt  der 
Seligen  in  ruhigen  Stel- 
lungen, während  die  Ver- 
dammten ein  wahres  Ge- 
wimmel darfteilen.  Im 
Nackten  ift  alles  Inde- 
cente  vermieden.  Figuren 
inhalberLebensgröße.  Ein 
Stück  des  bemalten  3  bi> 
4Mm.  dicken  Verputzes  ift 
von  dem  letztgenannten 
Bilde  abgefallen  und  es 
kommt  der  untere  folide, 
mit  dem  Spitzhammer  behandelte  Verputz  zum  Vor- 
fchein. 

Beim  Entfernen  der  Tünche  wurden  viele,  nicht 
eben  nothwendige  Kratzer  gemacht,  die  Tünche 
haftet  noch  in  zahlreichen  kleinen  Flecken  an,  doch 
hat  man  eine  klare  Ueberficht  der  Bilder.  Die  Malerei 
ift  auf  fehr  glattem  Verputz  dünn,  aquarellartig  auf- 
getragen, die  Umriffe  und  Einzeichnungen,  auch  die 
Schatten,  find  mit  fpitzem  weichen  Pinfel  gezogen, 
der  Schatten  ift  fchwach,  es  erscheinen  die  Conturen 
mit  zarten  Tönen  ausgefüllt.  Der  Gegenftand  der 
Darfteilung  ift  klar  und  deutlich  vorgebracht,  an  der 
Nordfeite  gibt  es  mehrere  charakteriftifche  Köpfe,  die 
eine  gute  Naturbeobachtung  bekunden;  im  füdlichen 
Bilde  ift  der  obere  Theil  gelungener  als  der  untere. 
Die  Malerei  zeigt  gothifchen  Charakter.  Auf  der  <  Ml 
wand  oben  links  find  zwei  weibliche  Figuren,  mild  und 
fromm  im  Ausdruck,  gute  Arbeit. 

Der  Filialkirche  zu  Praprece,  Pfarre  Egg,  Dccanat 
Stein.  Langhaus  ift  dreifchiffig,  152  M.  lang,  14''  M. 
breit,  das  Mittelfchiff  im  Verhältnis  hoch,  die  Seiten- 
fchiffe  niedrig.  Sechs  maffive  aus  dem  Quadrat  ins 
Achteck  übergehende  Pfeiler,  die  Kippenconftrudtion 


I«a 


XCVIII 


einfach.  In  der  Wertwand  ein  großes  fpitzbogiges 
Fenrter  mit  fchönem  Maßwerk.  Der  Chor  lit  ;■:  M. 
lang,  62  M.  breit,  hat  drei  große  Fenrter  in  den  Schluß- 
wänden  mit  gutem  Maßwerk,  das  untere  Drittel  des 
Theilungsfäulchens  fehlt.  Die  Gewölberippen  ruhen  auf 
Halbfaulen  mit  Blättercapitäl,  über  diefem  ilt  ein  Stück 
um  ihreAchfe  gedrehter  Dienfte  mit  Riemchenabfchluß 
eingeletzt.  Am  Gewölbe  über  dem  Hoch-Altar  Maria 
ündigung,  gemalt  auf  der  Tünche,  jede  Figur  in 
einer  Kappe,  in  den  übrigen  Kappen  gothifche  Ranken- 
Ornamente  in  großen  farbigen  Rofetten  und  Blüthen 
auslaufend.  An  der  N'ordwand  des  Chors  lind  vier 
Bilder,  drei  in  einer  Reihe,  heilige  Manner  darrteilend. 
Darunter  ein  Mann  im  Mantel  mit  Pelzkragen  auf  einem 
Betpult  kniend,  mit  gefalteten  Händen,  zu  feinen  Füßen 
ein  Knabe,  beides  Porträtfiguren.  Wappen,  die  Schrift 
verblichen,  Jahreszahl  1522  kenntlich.  Auf  der  Südwand 
des  Mittelfchiffes  über  dem  Pfeiler)  ein  recht  gutes 
Wandbild:  Heil.  Andreas  und  heil.  Agnes,  auf  roth 
und  weiß  getäfeltem  Boden  knien  vor  den  Heiligen; 
Mann,  Frau  und  drei  Knaben  im  Zeitcoftüm,  Infchrift 
ohne  Leiter    nicht    lesbar,  Jahreszahl    1520.  .Auf   dem 


Gewölbe  des  füdlichen  Seitenfchiffes  ift  gothifches 
Maßwerk,  einige  Engel  und  die  vier  Evangeliften- 
Symbole  gemalt. 

1  »er  Thurm  irt  im  nördlichen  Seitenfchiff  ein- 
aut,  der  Chor  hat  außen  ftarke  Streben.  Conform 
dem  Terrain  ift  außen  der  Mauerfockel  abgetreppt, 
im  Innern  ift  der  Boden  des  Schiffes  zweimal  um  eine, 
der  Chor  um  drei  Stufen  erhöht.  Hinter  der  Kirche 
iah  Gefertigter  Stücke  von  aus  den  Fenftern  des 
Schiffes  entferntem  Maßwerk  Die  Schallfenfter  des 
Thurmes  haben  Theilungsfäulen  mit  Kampfer. 

Filiale  Gradise,  Pfarre  und  Decanat  Moräutfch 
Moravce).  Das  Schiff,  12  .s  M.  lang,  85  M.  breit,  hat 
halbrunde  Wandfaulen  —  Dienfte  —  ohne  Capital  als 
Rippenftützen;  die  Rippen  verlaufen  nach  der  Breite, 
in  der  Mitte  mit  Quadrat-,  an  den  Seiten  mit  Dreiecks- 
verband. Die  beiden  Fcnfter  der  Sudfeite  haben  Maß- 
werk mit  Theilungsftab.  Der  Chor,  7  M.  lang,  6  M 
breit,  hat  in  den  drei  Wanden  des  Schluffes  noch  die 
alten  Fenfter.  Der  Thurm  fteht  frei  an  der  Well- 
feite, deffen  Schallfenfter  haben  Theilungsfäulen  mit 
Kampfer. 


Grabftätten  deutfeher  Studenten  in  Italien. 


Von  Arnold  Lu/cliin  v.  Ebengreuth. 


II. 


18.  Georg  Adam  von  Freiberg,  f  1592.  Dies  Grab- 
mal ift  gleich  den  beiden  folgenden  offenbar  vom 
Meiller  des  Krefs'fchen  Nr.  17)  gearbeitet.  Alle  vier 
Monumente  zeigen  darum  fowohl  im  Entwurf  als  in 
Kinzelnheiten  mehr  oder  mindere  Uebereinftimmung, 
z.  B.  in  der  Urnenform  des  Kragrteines,  aufweichein 
die  Confole  des  Unterbaues  aufruht,  im  Einrollen  des 
oberen  Randes  der  Schrifttafel,  und  in  dem  Blumen- 
zierat als  unterem  Abfchluß.  Am  einfachften  ift  noch 
das  freibergifche  Epitaph  gehalten,  das  mit  einem 
gebrochenen  Giebel  bedeckt  ift,  aus  deffen  Mitte  das 
Kreuz  aufragt,  im  übrigen  aber  in  der  fchlichten  Form 
der  dunklen  Confolen  und  der  jonifchen  Pfeiler  mit 
weißen  Capitälen  an  das  Barlandifche  Grabmal  (Nr.  16) 
erinnert.  Die  Ausfuhrung  des  Wappens  [Siebmacher  I. 
112,  Nr.  8  ,  zumal  der  Helmdecken,  ift  weniger  zu  loben 
als  beim  Kreflifchen,  die  drei  Kugeln  in  der  unteren 
Hälfte  des  getheilten  Wappens  find  mit  gelbem  Marmor 
eingelegt. 

SVEVIA  ME  GENVIT  SENÄ-  RAPVERE.  SED  OSSA  |  ET 

CINERES  CLAVDVNT    HAEC    MONVMENTA  MEOS  | 

SPIRITVS.    AT    SVPERAS    HABITANS    FCELICIOR 

ARCES  |  PERFRVITVR  VVLTV,  LAETVS.  OVANS 

QVE   DEI    |    GEORGIO  ADAMO  FREYBERGERO 

NAT:N|-  GERM    nt  |  CONSR'o  VT  AVITO  GENERIS 

SPLENDORE  |  ITA  DOCTRINAE  ET  VIRTVTVM  OR 

NAMENTIS  |  NOBIIA1"    IN    IPSO   AETATIS    FLORE 

MORTVO  |  PARENTES   MCESTISN"    PIETATIS  ERGO 

PF  |  OBIITVCAL:OCTOB|  ANNO  CID-  IO-XCII- 

Der   Yerftorbene,   dem    fchwäbifchen   Gefchlecht 
der  Freiberg  angehörig,  war  der  Sohn  Johann  Gc< 


und  kam  in  Begleitung  feines  iilteren  Bruders  Philipp 
Adam  im  Jahre  1590  nach  Padua (Eintrag  vom  12.  März 
d.  J.:,  von  wo  beide  nach  wenig  Monaten  füdwärts 
zogen.  Am  18.  Juni  d.  J.  treffen  wir  fie  in  Bologna, 
und  zwei  Monate  fpäter  zu  Siena,  wo  fie  fich  als 
Philippus  et  Georgius  Adami  a  Freiberg  in  Achftet  et 
Prolinen  fratres  einzeichneten.  Im  Januar  1591  wurde 
Georg  Adam  zum  Procurator  der  deutfehen  Nation 
gewählt  und  im  Auguft  des  folgenden  Jahres  auf  den 
Pollen  eines  Confiliars  berufen,  in  welcher  Stellung  ihn 
der  Tod  am  27.  September  1592  erreilte. 

19.  Sebaßian  Löffelhoh  von  Kolbcrg,  t  1590.  Das 
Denkmal  ift,  bis  auf  das  Fehlen  der  Seitenconfolen  und 
bis  auf  den  Giebel,  eine  getreue  Wiederholung  des 
Krefs'fchen  Monumentes,  mit  welchem  es  nicht  nur 
die  Ahnenwappen  auf  den  Pfeilern,  fondern  auch  das 
Mufchel-Ornament  ober  drei  Pfeifen  und  die  Löwenfüße 
der  Confolen  gemein  hat.  Der  krönende  Auflatz  trägt  in 
der  Mitte  auf  verfchlungenem  Rankenwerk  einen  Zier- 
fchild  mit  D  ■  O  •  M  und  darüber  den  Todtenkopf  vor 
einem  Sarkophag,  deffen  gewölbter  Deckel  von  einer 
Vafe  überragt  wird.  Zu  beiden  Seiten  lehnen  in 
ruhender  Stellung  und  nach  außen  gewandt  zwei  Engel 
mit  erlofchener  Fackel    Fig.  4). 

SEBASTIANVS.  MATTHIA  ET  :  F  :  ET  NEP-NORIB 

EX  NOBILI    ET    PARICIA    FAM  :  LÖFFELHOLTZIOR 

A  KOLBERG  ORT,  :  IVVENIS  Ofl,  AIMI,  COR 

PORIS  FORTVNAQ^BONIS  CVMVLATISS 

DVM  VIRTVTIS  DOCTRINAq<_STVDIO  ET 

IMITATIONE  MAIOR  FELICEM  PERAGRAT 

ITALIAM,  FEBRI    ARDENTE  CORREPTVS 

IN  MEDIO  LAVDV  CVRSV  COEL'  REDDIDIT 


XCIX 


AIAM    HOSPITA  HVIC  TERRA  DEDIT  OSSA 
VIXIT  ANN  :  XXIII-MENS;  IV-VICIT  CIDIDXC 
MENSE  NOVEMBRI 
TRIVMPHAT  ATERNVM  • 
Der  Wappenftein   enthält   den   bekannten  Schild 
des  Gefchlcchts   geviert,  nur  ill  die  Stellung  der  Fel- 
der   und  Figuren   gerade   umgekehrt   gegenüber   der 


Fig.  4- 
Siebmacher'tchen  Zeichnung  (I,  206,  Nr.  4),  mithin 
1,  4  Lamm  nach  rechts,  2,  3  Rechtbalken  belegt  mit 
drei  Hüten.  Die  Ahnenfchilde  auf  den  Pfeilern  find: 
1.  Löffelholz,  2.  Volckamer  {Siebmacher  I,  205,  Nr.  8), 
3.  eine  Lilie  (Weifer?),  4.  Stromer  {Siebmacher  1,  205, 
Nr.  13). 


Sebaftian  Löffelholz  von  Kolberg,  Sohn  des 
Mathias,  geboren  am  20.  Juli  1567,  „wart  ein  langer 
gerater  Mcnfch,  fromb  aufrichtig"  ftudirte  in  den 
Jahren  1584 — 1586  zu  Altdorf,  befuchte  1587  Jena  und 
Leipzig,  verweilte  hierauf  15S8  — 1589  zu  Roftok  und 
wurde  am  24.  Mai  isKgnebft  feinem  Vetter  I  lieronymus  I. 
zu  Bologna  in  die  deutfehe  Nation  aufgenommen.  Zur 
Verewigung  ihres  Aufenthaltes  in  diefer  Stadt  hatten 
beide  „ihr  Wappen  dort  im  Garten  der  deutfehen 
Nation"  malen  laffen.  Vermuthlich  ging  die  Weiterreife 
von  hier  nacli  Rom,  welches  Sebaftian  1590  betrat, 
falls  dies  nicht  auf  einem  fpäteren  Ausfluge  gefchah. 
In  Siena,  wohin  der  Verflorbene  am  24.  April  1590 
gekommen  war,  erlag  derfelbe  einem  hitzigen  Fieber 
am  15.  November  1590.  (Nach  gütigen  Mittheilungen 
des  Freiherrn  Wilhelm  Löffelholz  von  Kolberg.) 

20.  Johann  Sebaßian  Langenmantel  vom  R.,  f  1596. 
Sein  Denkmal  ift  lediglich  eine  vergröberte  Wieder- 
holung des  vorhergehenden,  was  zumal  beim  Giebel' 
auffatz  erfichtlich  ift,  deffen  plump  gerathene  Engel 
durch  ihre  Stellung  und  die  Zugabe  einer  einhenkeligen 
Vafe  auf  jeder  Seite  die  giebelförmigen  Umrißlinien 
des  Vorbildes  zu  einem  Rechteck  umgeftalten.  Ebcnfo 
find  die  Seitenconfolen  der  Pilafter  weit  weniger  gc- 
rathen  als  jene  auf  dem  Kreffifchen  Denkmal.  Das 
Wappen  ftimmt  mit  Siebmacher  I,  207,  Nr.  2  überein. 
Die  Ahnenfchilde  find,  wenn  man  mit  dem  Pfeiler  zur 
Linken  des  Befchauers  beginnt:  i.  eine  Lilie  (Weifer? 
Siebmacher  I,  207,  Nr.  3),  2.  fpilzer  Hut  mit  drei  Fe- 
dern befleckt,  entfprechend  dem  Langenmantel'fchcn 
Kleinod,  doch  ohne  die  beiden  R,  3.  der  Langenman- 
tel'fche  Schild  mit  den  RR,  4.  abermals  eine  Lilie. 

DOM- 
NOBILI.  VIRTVTE   ET  DOCTRINA 
PRASTANTI   IVVENI 
IOANNI  SEBASTIANO  LANGENMANTLL 
XXI  OCTOB  •  A  •  M  •  D  •  XCVI   PMATVRA  MOR1 
SVBLATO  FRATRI  CHARISSIMO    HOC 
FRATERNI  AMORIS  MONVMENTVM 
POSVIT 
WOLFGANGVS   HENRICVS  LANGENMANTEL 
DIE  XV  •  IAN  •  A  •  M  •  DXCVIIII 
Johann   Sebaftian   Langenmantel    zeichnete    fich 
am    5.    Mai  1596  in  die  Nationsmatrikel  zu  Siena  ein. 
Ein  paar  Nachrichten,  welche  fich  auf  feinen  Nachlaß 
beziehen,  werden  im  Anhang  Nr.  13  und  15  mitgetheilt. 
Außer   diefen    in    die  Wand   eingelaufenen  Denk- 
malen befindet  fich   in   der  St.  Barbara-Capelle  dicht 
vor    der   Platte    des    allgemeinen    Nationsbegräbiü 
noch  folgender  Gruftftein: 

21.  Frans  Karl  Graf  Engel  von  und  zu  Wagrain, 
f  1725    Wappenfchild  des  Gefchlechts,  darunter: 

LVGE  VIATORI  VIATOREM  ENIM  EX  EPHEBAO 
CASAREO  |  PEREGRINVM  IN  ITALIAM  |  ILD  •  ET 
EXCELLMI  DD-  FRANCIS  •  GEORGY  SAC  :  CAIS  : 
MAY:  |  INTIMI  ACTVALIS  CONSILIARII  |  FILIVM| 
ILLVSTRISSIMVM  D-  DFRANCCAROLVM  COMI 
TEM  |  ENGL  AB  ET  IN  WAGRAIN  |  EXERCITIOj 
RVM  ET  STVDIORVM  |  PERITISSIMVM  IN  ANNO 
XXII  1  AVTATIS  SVÄ  DIE  1.  NOV-  |  MDCCXXV- 
MORS  PRACEPS  |  HIC  TVMVLATVM  REQVIES- 
CERE  VOLVIT- 


c 


Beim  .Austritt  aus  der  Nattons-Capelle  findet  man 
in  der  gegenüberliegenden  Wand  des  Querfchiffcs 
noch  mehrere  Grabdenkmale  von  Angehörigen  der 
deutfehen  Nation  und  zwar  wenn  man  linker  Hand  bei 
der  Ecke  beginnt  zunächft  jenes  des: 

22.  Adam  Ulrich  Bohdanecski,  1 1617 '.  Ober  einem 
on  gelbem  Marmor,  welcher  auf  weißen  Löwen- 
tatzen aus  der  Mauer  hervorragt,  das  Wappen  :  getheilt 
oben  in  rothem  Felde  ein  goldener  Goppel  ?  ,  unten  in 
Grün  ein  gebrochenes  Schwert.  Als  Kleinod  erfcheint 
der  Goppel  zwifchen  einem  offenen  Flug.  Infchrift  von 
weiß  eingelegten  Buchftaben  auf  fchwarzer  Tafel  mit 
weißer  Marmor-Einfaffung : 

•  D  •  O  •  M  • 
ADAMVS  VDALRICVS  BADANECZK1  NOBILITATE 
GE  |  NER1S  ILLVSTRIS  VT  HANC  IPSAM  NOBILI 
TATE-STVDIO iVIRTVTVM  ET  RERVM  EXPERIENTIA 
EXCOLERET  VARI  |  AS  REGIONES  PERAGRAVIT 
AC  TANDEM  SENAS  VENIT  |  SED  ACRI  MORBO 
CONSVMPTVS  IN  IPSO  IWENTVTIS  |  DECVRSV 
EXPIRAV1T  VIIDSEPTANDMDCXVI1  |MONIMEN 
TVM    HOC    DEFVNCTO    FILIO    MGESTI    PARENTES 

EREXERVNT- 

Leber  die  Familie  des  Verdorbenen,  w<. 
bohmifch  war,  fehlen  mir  Nachrichten.  Zu  Padua 
zeichnete  er  fich  am  11.  Mai  1617  ein  als  Adamus  Vdal- 
ricus  Bohdanetzky  Dominus  in  Hodkowa,  in  Ader- 
fpach  et  Merckelsdorff,  zu  Siena  um  den  15.  Auguft 
desfelben  Jahres  als  Adam  Ulrich  Pedanezky  von  Hod- 
kowa auf  Adersbach.  Ein  Georg  Bohdanetzky  von 
Polehrad  wurde  nach  Schimon  „Der  Adel  von  Böhmen, 
Mahren  und  Schienen-.  S.  12  U94  in  den  Adel  er- 
hoben Dem  Adam  Abraham  Bohdaneczky,  der  wohl 
der  Vater  des  Studenten  war,  wurde  wegen  feiner 
Betheiligung  am  bohmifchen  Aufftand  ein  Fünftel  der 
Herrfchaft  Adersbach  eingezogen.  ' 

Das  Denkmal  felbft  war  noch  zu  Peccis  Zeiten,* 
mit  Malereien  umgeben,  welche  feither  übertüncht 
wurden. 

23.  Melchior  Gail,  f  1625.  Aus  der  Mauer  hervor- 
ragender Sarg  von  gelbem  Marmor  zwifchen  zwei 
kleinen  Obelisken.  Auf  dem  Sarge  ein  Todtenkopf 
ober  gekreuzten  Knochen  und  ein  aufragendes  Kreuz, 
daneben  in  der  Wand  die  Wappen  der  Eltern  des  Ver- 
dorbenen. Das  väterliche  entspricht  der  Zeichnung  bei 
Siebmacher  V,  147,  Xr.  9,  das  mütterliche  enthalt  ober 
einer  Hürde  einen  wachfenden  Bock,  und  wiederholt 
denfelben  als  Kleinod  Lintlarr.  Die  Infchrift  auf  einer 
weißen  Marmortafel  lautet: 

DOM 
NOBILITATE    GENERIS    ILLVSTRIS     Vflßg    CLAR  • 
MELCHIOR  GAILL  COLONI  •  AGRIPPIN  .  |  VT  EXPERI- 
ENTIA ALIISQVE  DOTIB.<  NATIVÄ  NOBLTEM  ADOR- 
NARET  CVM  FRATRE|CARNA  :  EX  PATRIA  DIMISS: 

EXTERAS   PROVINCIAS   PAGRARE     HINC  POST 
BELGIA    |    FRANCIA     ITALIAM    TERRA     MARIQVE 
LVSTRATAM    HIC    MELITEM    VIDERE  COGITANS  | 
COMMODITATE    TRIREMFV    LIGORN£N-    ROMA   LI 

.—23  vergl.  ,f  Elvtrt  weitere   Beiträge  zur  Gcfch    der  böhn. 
der  im   17.  Jahrhundert    Brunn    1868,  S.   145  und  218. 

*  A- 1  0.  S.  387  fügt  vom  Denkmal'  „II  quäle  e  formato  di  marmi  gialli 
c  bianchi  et  altre  pitture  -iKdesimo." 


GORNV  VERS  NAV1GARE  A  FRATRE  |  DISIVNCT9 
CONTENDIT  AST  EHE\'  VEDIA  VIA  INFLVCTVANTIS 
MARIS   RETAR    |  DA  NAS  FRACTIS  ADVENIT 

VIRIB  VBI  CRESCENTE  MORBO  FATO  HEV|  NIMIVM 
IMMATVRO.  SP1RITVM  PIE  DEO  REDDIDIT  AO  • 
MDCXXV  ATA  SVÄ  |  XXV  CVI  MOESTI  PAREN  I 
FREQVENTIORIB.  LECTORV  PRECIB,  ILLVM  RE 
COM|MENDANTES  PER  FRATSWM  CARN  GASPA 
RVM  ITINERV  SEMPER  FIDELEM|COMITEM  MONVM- 
HOC  E-C-A-D  MDCXXVI  MENSIS  AGVS-DIE  XXXI  | 
OBIIT  VIII  NOVEMBR- 

Die  letzte  Zeile  ilt  von  kraftigerer  Schrift  und 
offenbar  nachgetragen.  Auch  dies  Denkmal  war  vor- 
dem mit  Malerei  umgeben.  Pecci  befchreibt  es  a.  a.  O. 
S.  386  mit  den  Worten:  »Fra  la  porta  di  Sagrestia  e 
quella  per  la  quäle  si  va  in  convento,  detta  la  porta 
dello  sdruciolo,  vi  e  un  altro  monumento  di  marmi 
bianchi  e  gialli  con  morti,  armi  c  morioni  e  croce  pur 
di  marmo.  E  Padiglione  dipinto  pure  a  guazzo  nel 
muro  che  fa  cappa  al  detto  monument<  >." 

Der  Verdorbene  dürfte  ein  Sohn  jenes  Melchior 
Gaill,  Ubius  fein,  welcher  im  Jahre  1589  zu  Padua 
ltudirte  und  zweifellos  aus  der  Familie  des  berühmten 
Rechtslehrers  Andreas  Gail  dämmen.  Nach  Siena  kam 
der  fchwer  Erkrankte  nur  wenige  läge  vor  feinem 
Ende.  Sein  Eintrag  in  die  Nationsmatrikel  tragt  das 
Datum  6.  November  1625. 

24.  Wolfgang  Georg  Khevenhüller ,  Freiherr, 
f  1610.  Auf  einer  kräftigen  Confole  eine  Schrifttafel 
von  fernvarzem  Stein,  umgeben  von  einer  verfchnorkel- 
ten  Umrahmung  aus  gelbem  Marmor,  von  welchem 
Tücher  herabhangen.  Oberhalb  die  weiße  Marmorbulle 
des  Verdorbenen  mit  weitabftehendem  Kragen,  zu 
beiden  Seiten  derfelben  je  ein  fitzender  Engel  mit 
einer  vergoldeten  Trompete  in  der  Rechten,  während 
die  Linke  auf  einem  Schädel  aufruht.  Ober  dem  Kopfe 
Khevenhüllers  und  von  einem  Engelskopf  aus  Stuck 
getragen  erfcheint  das  Familienwappen  aus  weißem 
Marmor  und  entfprechend  bemalt. 

WOLFGANGVS  GEORGIVS  CHEVENHVLLER  AB 
AICHELBERG  LBARO  |  IN  LANDSCRON  ET 
WERENBERG  DN  •  IN  HOHENOSTERWITZ  ET 
CARLSPERG  |  ARCHIDVCATVS  CARINTHIA 
EQVITVM  MAGISTER  HERE  DITARR  QVINQVE| 
LINGVARVM  PERITISS:  AT  ATE  QVIDEM  IVVENTS 
MORVM  A  ■  INTEGRITATE  |  ET  STVDIORVM  MA- 
TVRITATE  SENEX,  OIB-  GERMA    GALLIA  ITA 

LIA  SICILIAQVEÄ  |  PROVINCIIS  SVMMO  STVDIO 
ET    ALACRITATE    PERLVSTRATIS    EX   MELITA  | 

INSVLA  POST  MVLTOS  TERRA  MARIQVE  EXHAV 
STOS  LABORES  DEO  DVCE  |  HANC  IN  VRBEM 
CVM  SVIS  REDIENS  IN  ARDENTEM  INCIDIT 
FEBREM  QVA  IN  DIES  |  CRESCENTE  ET  ACCE 
DENTE  INSVPER  CATARRHO  VEHEMENT  ET 
FERE  SVFFOCATIVO  |  TANDEM  XXDIE  OCTOB  : 
POST  HORAM  XV  EX  HAC  VITA  IN  COELESTEM 
ET  ATERNAM  PIE  ET  PLACIDE  COMMIGRAVIT 
ÄÖ  CHRISTI  MD-  CX  AVTATIS  VERO  |  SVA.  XIX 
NON  INTEGRE  COMPLETO  •  VT  AVTEM  DIVTVR 
NIOR   |   IN    TERRIS    EIVS     MEMORIA     POS  ERIS 


CI 


RELINQVERETVR,  |  ILLMA  •  DNA  •  MATER  ET 
FRATER  GERM:DNS|  BARTHOLOM/c.'),  ITINERVM 
COMES  FIDELISS;  FILIO  |  ET  FRATRI  DILECTISS: 
MOESTISS:    EC-ÄO  SALVTIS  MDCXI  |  GRATA 
CVM  DEO  VI\£NTI  MORS- 

Zu  Zeiten  Pecci's  hingen  ober  dem  I  (enkmal  no<  h 
das  Schwert  und  die  Sporen,  fovvie  die  Trauerfahne 
mit  dem  Wappen  des  Todten, '  und  las  man  zu  Füßen 
auf  einer  Grabplatte: 

•D  •  O  •  M  ■  S- 
Inclytus  exigua  iacet  huc  Wolf(g)angus  in  Urna 
De  Chevenhullorum  sanguine  natus  eques 
Gallia  quem  sanum,  Trinacria  et  Aphrica  vidit 
Ilunc  reducem  Senis  mors  inopina  rapit. 
Exculti  studiis  linguarum  et  quinque  periti 
l'roh  dolor!  hie  gelidse  sunt  data  membra  neci 
Usq.  adeo  in  mundo  immundo  res  nulla  perennis 
Nam  modo  quod  viguit,  morte  jubente  perit. 
Dignus  erat  certe  juvenis  melioribus  annis. 
Sed  patienda  pie,  qua;  placuere  Deo 
Optima  pars,  reliquis  membris  hac  aede  sepultis 
Vivit  adhuc  nitido  conspicienda  Deo. 
In  memoria  eterna  erit 
Justus. 
Obiit  xx  Odobris  An  :  Sal :  MDCX. 

Die  Schlußzeilen: 

Dnu  S.  OPT.  officiosn;  Pietate 
G    •  M  ergo  meren  •  F  ■ 
Mar  •  Sturm9  Sil : 

find  verderbt,  laßen  aber  erkennen,  dafs  der  Schlefier 
Martin  Sturm  aus  Sagan,  welcher  am  gleichen  Tage  mit 
dem  Verftorbcnen  in  den  Nationsmatrikeln  zu  Padua 
und  Siena  erfcheint  und  fein  Pneceptor  gewefen  fein 
dürfte,  der  Verfaffer  diefer  Grabfchrift  war. 

Freiherr  Wolfgang  Georg,  geboren  1591,  war  ein 
Sohn  des  Freiherrn  Franz  und  der  Crescentia  von 
Stubenberg.  Er  kam  in  Gefellfchaft  des  Freiherrn  Otto 
von  Liechtenftein  zu  Murau,  geleitet  von  dem  obge- 
nannten  Martin  Sturm  am  3.  Juni  1609  nach  Padua, 
und  von  dort  am  28.  Juli  dcsfelben  Jahres  nach  Siena. 

Bei  Einhaltung  der  bisher  eingefchlagenen  Rich- 
tung trifft  man  nach  Durchquerung  des  Hauptfchiffes 
an  der  gleichen  Wand  des  Ouerfchiffs  noch  auf  drei 
Grabftellen  deutfcherStudenten,  und  zwar  zunächd  auf 
jene  des: 

25.  Johann  Wolfgang  von  Schönberg ,  f  1636, 
welche  durch  einen  in  die  Mauer  eingelaffenen  fchwar- 
zen  Stein  mit  der  Auffchrift: 

SEPVLTVRA  |  IOANNIS  WOLFGANGI  |  SCHONBERG 

Todtenkopf  bezeichnet  ift,  während  das  Grabmal  aus 
weißem  Marmor  weiter  nach  rechts  in  der  Ecke  fleht. 
Dasfelbe  zeigt  das  Löwenwappen  [Siebmacher  I,  152, 
Nr.  12)  und  darunter: 

A  •  M  •  D  •  G  • 
AVDI  ADVENA,  RES  TVA  AGITVR  VT  TV  |  MOR- 
TALIS  HIC   IACET   IOANNES  WOLFGANGVS   A 
SCHÖNBERG   IN   PVLSNITZ   EQVES    LVSATVS  | 

1  Sopr.i  il  monumciuo  con  armi  e  insigne  coloratc  second 
dono  con  eimicro  dorato   cd    argentato  speroni,    spada  c   ban  con 

armi,  a.  a.  O.  3^9. 

XIII.  N.  F. 


GENERIS  NOBILITATE  PIETATIS  INTEGRA  ALI 
ARVMQVE  |  VIRTVTVM  SPLENDORE  INSIGNIS  | 
QVI  GERMANIA.  BELGIA .  ANGLIA  ,  MAIORI 
ITALIA  |  PARTE  TERRA  MARIQVE  PERAGRATIS 
DVM  NEAPOLI  SENAS  |  REDIT  PATRIAM  COGI- 
TANS  FEBRI  ACVTA  CORREPTVS  |  IN  CHRISTO 
WI.VATORE  SVO  OBDORMVIT  III  KAL  •  OCT-  | 
AO  ATATIS  SVA  XXII  RECVPERATA  SAVTIS 
NOSTRÄ  |  MDCXXXVI- 1  TV  MORTALIS  MORTEM 
PENSITA  MORTVO  IMMORTALEM  |  GLORIAM 
APPRECARE  ET  ABI  SVBSISTE  ET  ID  E  MORTALI 
ADDISCE  |  CVSTODI  INOCENTIAM  ET  VIDE 
AQVITATEM  |  QVONIAM  |  SVNT  RELIQVI/k 
HOMINI  PACIFICI- 

Johann  Wolfgang  war  nach  den  Nachrichten  in 
Gaulic  s  Adclslexikon  (I,  1590)  entweder  ein  Sohn  des 
Landeshauptmannes  in  der  Oberlaufitz  Hans  Wolf  von 
Schönberg  auf  Pulsnitz,  Klixftruppen  etc.  oder  deffen 
Enkel  und  Sohn  des  1659  verdorbenen  Caspar  Rudolph 
auf  Bretnich.  Nach  Siena  kam  er  in  Begleitung  des 
Hans  Georg  von  Schönberg  im  Mai  1636.  Die  beiden 
Einträge  in  die  Matrikel  find  ohne  Datum,  fallen  aber 
auf  den  17.  oder  18.  Mai  1636. 

26.  Adolf  Wolf  genannt  Metternich,  f  1643.  Sein 
Grabmal  aus  weißem  und  gelben  Marmor  befindet  lieh 
zwifchen  den  foeben  erwähnten  Grabfteinen  des  Johann 
Wolfgang  von  Schönberg.  Der  Verdorbene  kniet  in 
ritterlicher  Rüftung  barhaupt  vor  dem  Maltheferkreuz, 
das  vor  ihm  frei  an  einem  Bande  hangt.  Zu  feinen 
Füßen  deht  der  abgenommene  Helm.  Unterhalb  liest 
man  anfeiner  weißen  Tafel  mit  einer  Umrahmung  von 
gelben  Marmor: 

ADOLPHVS  VVOLFF  DICTVS   METERNICH   |   IN 

GRAHT  ET  LANGENAVV  S  •  R  •  IMPERII  LIBER 

BARO  IN  ILLAM:  SA1'1 -IOANNIS  |  BAPTÄ  HIERO- 

SOLYMITANI    EQVESTRIS    MILITIA  ORDINEM 

IAM|ADMISSVS  DVM  MILITAM  TENDERET.    HIC 

SACRAMENTIS  OMNIBVS  |  MVNITVS  PIE  OBYT, 

HIC  IACET,  HINC  SVPEROS   ADYT  CELESTIS  | 

AVLA  FACTVS  EQVES  SEPTIMO  KAL  |  OCTOBRIS 

A  •  M  •  DCXXXXI  |  ANNOS  NATVS  XXIII-  |  FILIO 

QVAM  DILECTO  HOC  EPITAFIVM  MESTISSlVS 

PARENS,  IOANESI  ADOLPHVS  WOLFF  D  •  M  •  IN 

LANGENAW  ET  GRACHT,   SRIMPERY  |  LIBER 

BARO  S-CASAREA  MAIESTATIS  CONSILIARIVS, 

SERENISSMI-  ELECTORIS|COLON:  AVLA  MARE 

SCHALLVS  ET  ACONSILYS  STATVS,  NEC  NON 

IN  |  COMITYS  RATIS-BONENSIBg  LEGATVS  FIERI 

CVRAVIT- 

Darunter  das  Wappen  [Siebmacher  I,  190,  Nr.  14). 

Der  Verdorbene  trug  fich  am  5.  Juli  1641  mit  den 
Titeln  Adolphus  Wolff  dictus  Metternich,  Dominus  in 
Gracht  et  Stanweiler  in  die  Nationsmatrikel  ein.  Die 
kurze  Nachricht  über  feinen  Tod,  welche  den  Liber 
A6tionum  der  deutfehen  Studentenfchaft  zu  Siena 
enthalt,  wird  im  Anhang  unter  Nr.  56  mitgetheilt. 

Im  vorigen  Jahrhundert  war  das  Denkmal  noch 
von  iö  benannten  Ahnenwappen  umgeben,  welche 
feither  unter  der  Tünche  verfchwanden.  Ich  führe 
diefelben  nach  Pecci's  Angabe  an,  und  füge  Hinweife 


CII 


auf  s  Wappenbuch    fowie  Berichtigui 

der  entftellten  Namen  in  Klammern  bei.  Le  otto  arme 
della  parte  des: 

nant  [Wolf  genannt  Mettern  ich,  Siebmacher  I.,  190, 
Xr.  4  Hochetedem  ^Hochlleden  II,  114.  Nr.  2  Bufch- 
feld  dl,  119,  Xr.    4     Hatzfelt   (I,   130,   Xr.    5     Sclickom 

ickheim  im  Schildeshaupt  ein  Stern  Horrich  II. 
119,  Xr.  3  .  Forft  (gezinnter  Balken)  Hadef  Hart"  I.  123, 
Xr.  4  .  Le  altre  otto  arme  della  parte  sinistra  sono: 
Maria  Catarina  con  jux.  Hall  II,  ioS,  Xr.  1  .  Wal  bott 
I.  132,  Xr  2  Refeiradt  Xeffelrode  I,  125.  Xr.  7).  Gira- 
menich  (Gimnich  II,  104,  Xr.  11  .  Horrich  II.  119,  Xr.  3  . 
125,  Xr.  7).  Spies  I.  151,  Xr.  11  .  Boneardt 
Bongardt  II,  119,  Xr.  14  . 

Neben  dem  Wolf-Metternich'fchen  Denkmal  be- 
findet fich  endlich: 

27.  Der  Grabllcin  des  im  Jahre  1661  verdorbenen 
Johann  Wolj rg  n  Wolfsthal. 

ANNO  CHRISTI  MDCLXI  DIE  IV  AVGVSTI  |  AVTATIS 
XXI  PIE  IN  DOMINO  OBIIT  |  ILLVSET  REVMVS  B  • 
IOANNES WOLFGANGVS  |  A  WOLFFSTHAL.  NOBI 
LIS  GERMANVS  |  SDN-  ALEXANDRI  VII  DESIG 
NATVS  CAMERARIVS  |  ET  ORDINTS  TEVTONICI 
EQVES  ETC-  |  DEPOSITVS  IN  ECCLESIA  P  •  P  • 
PRÄDICATORVM  IN  CRYPTA  NATIONTS  GER.WA 
NICA  I  CVI  |  REQVIEM  ÄTERNAM  PRECATVS  | 
FRATER  GERMANVS  |  PHILIPPVS  GASTO  WOLFF  A 
WOLFFSTHAL  |  SERMI-  ELECTORIS  BAVARI A  CAME- 
RARIVS ACTVALIS  |  EPISCOPI  ET  PRINCIPIS  BAM- 
BERGENSIS  |  CONSILIARIVS  INTIMVS  ET  AVLICVS 
ETC-  |  NOBILITATIS  FRANCONIÄ  CAPJTANEVS  | 
DES  ORTHS  AM  STEIGERVVALDT  |  HOC  MONV- 
MENTVM  POSVIT  |  MDCLXXXXIII- 

Darunter  das  Gefchlechts- Wappen.  (Vergl.  Sieb- 
macker  I,  109,  Nr.  10.)  Beide  Brüder,  von  welchen  der 
Verdorbene  der  ältere  gewefen  fein  dürfte,  zeichneten 
fich  zu  Siena  um  den  10.  Mai  1661  in  die  Nations- 
matrikel ein,  und  zwar  als  immediati  ac  liberi  S.  R. 
Imperii  Nobiles  Francones. 

Auch  dies  Denkmal  war  ehedem  von  gemalten 
Wappen  umgeben.  In  der  Mitte  befand  fich  nach 
Pcccis  Abbildung  der  etwas  größere  Schild  des  Ver- 
dorbenen rechts  und  links  ftanden  in  zwei  Reihen  je 
vier  Ahnen  Schilde  und  zwar  von  unten  auffteigend. 
Die  Zeichnungen  bei  Pecci  find  nicht  immer  klar,  und 
die  Wappenfiguren  wiederholen  fich  zum  Theil  unterm 
fränkifch-fchwäbifchen  Adel,  zu  welchem  die  Wolf  von 
Wolfsthal  gehören.   Es  find  daher  nur  Vermuthungen 

ich.  Väterliche  Ahnen:  1.  Wolfsthal,  Siebmacher 

1,  109,  Xr.  10.  2.  Weyer,  1, 109,  Xr.  14.  3.  geviert,  1  und  4 
getheilt,  2,  3  je  drei  Reihen  Pelzwerk.   4.  Linkbalken 

YVildenftein  I,  102,  10,  oder  Stein  von  Oftheim  I,  103,  4, 
Weiler  I,  105,  14  .  Mütterlicherfeits:  1.  Wehingen  II,  90. 

2.  Zollner  uf  dem  Brand  I,  107,  12.  3.  abermals  der 
Linkbalken.  4.  zwei  verfchlungene  Hörner  mit  je  vier 
Lindenblattern  befleckt,  Saekendorf  I,  101,  1  oder 
Heinech  I,  105,  Xr.  4  oder  Reinhofen  II,  74. 

Damit  wären  die  in  der  Dominicaner-Kirche  noch 
vorhandenen  Denkmale  von  Mitgliedern  der  deutfehen 
Xation  aufgezählt.  Von  zwei  anderen,  welche  heutzu- 
tage verfchwunden  find,  haben  uns  Pecci.    beziehungs- 


weife  die  Sammlungen  des  Lorenz  Schröder  iMonu- 
mentorum  Italiae  Libri  IV,  Helmftadt  1592,  Folio)  und 
'mit  Chytraeus  (Deliciae,  seu.  .  .  .  inscriptionum.  .  . 
mönumenta,  Herborn;e  Xassouiorum,  1594,  8°)  die 
Kunde  erhalten. 

Johann  Truchfefs  von  Weilerswaide,  j  1494. 
Sein  Grabmal  lag  nach  Pcccis  Angabe  zunächft  dem 
Haupteingang  vor  dem  Altar  des  h.  Jacintus,  und  be- 
ftand  aus  einer  langgeftreckten  weißen  Marmortafel, 
auf  welcher  man  kaum  noch  ein  Adlerwappen  vgl. 
Siebmacher  I,  161.  Xr.  1    Iah  und  die  Infchrift  las:  ' 

IOANNES  TRVCHSESS  EX   WENDERSWALDE 

NOBILI  ORTVS  GENERE 

IVRIS  PONT  •  DOCTOR  HIC  SITVS  EST 

NVMERANS  ANNVM  SVA  AT  ATIS  XXXIII 

CVM  FRIDERICO  SAXONIA  DVCI  SENTS 

FA.MVLARETVR  DIEM  CLAVSIT  AN  •  SAL 

MCCCCLXXXX1III  IAN 

DIE  XXIII  PROSECVTVS  DOMINI  ET 

CIVIVM  ET  CONFAMVLORVM 

LACHRYMIS  PIISSIMIS- 

Kinige  Lebensumstände  des  hier  Begrabenen 
berichtet  Gauhe  in  feinem  Adelslexikon  I,  1920  .  Dem- 
nach fei  Truchfeß  1472  (mit  Rückficht  auf  die  Alters- 
angabe der  Grabfchrift  wohl  eher  1482)  der  Philofophie 
Baccalaureus  zu  Leipzig  geworden,  und  habe  auch 
hier  fpäter  das  Doctorat  im  canonifchen  Rechte  er- 
langt. Die  weiteren  Angaben,  dafs  er  fodann  mit  dem 
Herzog  Friedrich  von  Sachfen  nach  Siena  gezogen  und 
da  1494  geftorben  fei,  enthielt  auch  fein  Denkmal. 

29.  Ein  fideles  Haus,  deffen  Name  uns  verloren 
ging  (Schrader  Fol.  95  und  Chytraeus  S.  286  notiren 
blos  Germani  cuiusdam  Epitaphium),  foll  folgende 
Grabfchrift  in  der  Dominicaner-Kirche  befeffen  haben:2 

Vina  dedere  neci  Germanum,  vina  sepulcro, 
Funde   sitim  nondum  Finiit  atra  dies. 

Pecci  kennt  dies  Denkmal  nicht  mehr,  erwähnt 
aber  eines  andern  Trinker-Grabes  im  Stiegengang, 
welcher  vom  Klofter  in  die  Dominicaner-Kirche  führt. 
Dort  fehe  man  zwifchen  zwei  Wappenfchilden  (unter 
einem  Schildeshaupt  eine  flehende  Leiter  beiderfeits 
von  je  drei  Halbmonden  begleitet)  eine  Oeffnung  und 
daran  knüpfe  fich  die  Erzählung,  dafs  hier  ein  Mitglied 
der  Sienefer  Familie  Scotti,  oder  wie  andere  wollen, 
ein  Deutfcher  begraben  fei.  Diefer  habe  letztwillig 
die  Beftimmung  getroffen,  dafs  jeden  Montag  durch 
diefe  Oeffnung  eine  Flafche  Wein  aufs  Grab  gegoffen 
werde  und  zwar  deshalb,  weil  er  in  feiner  letzten 
Krankheit  fo  fehr  habe  Dürft  leiden  müßen. " 

1  Gedruckt  auch  bei  SshraJer,  Fol.  Q5  und  Chytraeus  S.  284. 
-  Ein    ähnliches    Epitaphium    potatons    las    man    zu   s.  Spirito  in  Siena 
(Chytraeus  S.  286J: 

Vina  dabant  vitam,  mortem  mihi  vina  dedere 
Sobrius  auroram  cerncre  non  potui 
■  merum  siüunt,  vino  consperge  sepulcrum 
Et  calice  epoto  care  viator  abi 
Valete  Potatores. 
1  Libro  terzo  f.  155.  Nr.  692.  Nella  scala,    che  dal  ciaustro  porta  nella 
chiesa  si  vede  un  sepolcro  dove  negli  scalont  vi  sono  duc  arme  degli  Scotti, 
famiglia  Sanese,    .     .   dove  dicc  il  Tizio  al  T.  2.  fol.   160  che  vi  fusse  sepolto 
uno  degli  Scotti,  che  lascio  per    tcslamcnto,   che  in  tutli   i  lunedi    di    eiaseun 
settimana  fusse  dal  suo  crede  versato   per  un  forame,    che  ancora  vi  si  vede 
dentro  al  sepolcro    un  fiasco  di  vino,   c  ciö    lo    faecsse    per   avere    nella    sua 
ultima  malattia  sopportato  la  setc.  Pictro  Nelli  perö  nelle  sue  Satire  dicc  che 
id  Tceesco  e  non  dagli  Scotti. 

(Schiuli  folgt.) 


cm 


St.  Peter  im  Holze. 


3'IKSKS  Pfarrdorf,  auf  dem  größtentheils  bewal- 
deten Hügelberge  knapp  an  der  breitfließenden 
Drau  nördlich,  bildet  mit  Fresnitz,  in  der  Niede- 
rung örtlich,  an  dem  von  Mitternacht  her  in  den  Fluß 
laufenden  Fresnitzbache,  das  Stadt-Pomoerium  von 
Teurnia.'  Die  meiftc  alte  Häufer-Verbreitung  fcheint 
hier  auf  dem  Nordabfalle  und  dem  Plateau  zu  liegen, 
nördlich  und  füdlich  von  der  Kirche,  größtentheils  in 
der  Längenrichtung  des  Flußlaufes.  Am  Wcflabhange 
find  die  Baurefte  nur  vielleicht  zu  wenig  verfolgt,  fie 
reichen  mit  etwas  Zufammenhang  wahrfcheinlich  noch 
l>N  Lehndorf,  nicht  wohl  als  Vorftadt  bis  Mühldorf.8 
Schon  ohne  diele  Weftfortfetzung  wurde  die  Ausdeh- 
nung in  der  Flußrichtung  eine  Viertelmeile  überfchrei- 
ten,  in  der  Senkrechten  darauf  die  Viertelmeile  bei- 
läufig erreichen. 

Anzunehmen  ift  aber,  dafs  die  alte  Heerftraße  mit 
dem  fresnitzer  Meilenftein  (Mo.  5713)  in  der  Richtung 
der  heutigen  Hauptftraßc  (nördlich  vom  Holzerberge, 
die  Bahnlinie  füdlich  von  demfelben)  die  Stadt  inmitten 
durchzogen  habe,  alfo  auch  der  Nordtheil  eigentlich 
noch  aufzudecken  ift.  Die  meiften  Baurefte  lagern  (von 
Nordweft  her  genannt)  bei  Gmeiner,  Raufcher,  Steiner, 
Watzinger,  Wallner,  Ertl,  Melcher,  Meßner,  Pfarrhof 
und  Kirche,  Klamer,  Lipp;  die  Fundllellen  gegen  und 
in  Lendorf  find  noch  völlig  ficherzuftellcn. 

Die  Refte  einer  Stadtmauer,  vielmehr  jener  der 
Hochftadt  oder  des  vermeintlich  römifchen  Caftells, 
will  man  in  den  nordweftlichen  Waldgehängen  gefun- 
den haben,  vor  dem  Straßenbogen  bei  Gmeiner  herauf, 
olllieh  unterhalb  der  Kirche;  ein  oberes  Hauptthor  bei 
Klamer-Melcher,  ein  unteres  am  Südoft-Ende  der  Um- 
faffung.  Das  Gebiet  für  die  Grabftätten  mag  an  der 
Oft-Terraffe  zwifchen  dem  Kirchweg  und  der  Fresnitz- 
Bahn  bei  Ertl,  beides  füdlich  von  der  Hauptftraße,  fich 
ausgedehnt  haben.  Aber  das  ift  nur  ein  oftfeitiger 
Theil.  Eine  Ueberbrückung  der  Drau,  eine  Verftreuung 
von  Landhäufern  bis  hinauf  ins  Möllthal  ift  immerhin 
zu  denken. 

Die  mit  Meilenfteinen  befetzte  Heerftraße  führte 
von  Sianücum  herauf  über  Spital  gegen  Sachfenburg: 
hier  ging  eine  gemeindliche  Seitenftraße  ins  Möllthal 
(Saumwege  nach  Malnitz,  nach  Heiligenblut)  der  Haupt- 
richtung nach  Aguontum    (Lienz)    und  Loncium  (Mau- 

1  Prunner,  Aelfchker  Hb.  d.  Gefch.  K.  Index  S.  1483.  Valv.  S.  61,  204. 
S.  9.  Rumcr-Studien.  Mamm/en  corp.  infer.  lat.  III.  2,  S.  1178,  593.  K  Mufeal- 
r  S.  24.  10  Hohenauer  K.Gefch.  Litt.  S.  V;  347,  5,  26  f.  Krones  Oefterr. 
Gcf.jh.  I.  11.7,  83,  85,  99,  227,  42,  43,  68,  316,  227.  Lazius  Respubl.  rom.  1598, 
S.  1046.  Hanfiz  Analecfta  1793,  S.  5,  69.  14  K.  Zeitfi.hr.  33,  4,  23.  29  Wieher 
Jahrbücher  Bd.  8,  242;  128,  180.  Muchar  Noricum  r.  3lo(Karle);  2,  54,  198,  242. 
278,  282.  289,  304,  305,  306,  310,  364.  Stmk.  Zeitfchrift  6,  153;  t,  46,  70;  3,  53. 
Ankcrshofen  I,  20.  23,  303.  493,  509— 515,  Note  261,  622,  633,  648.  Q.  S.  7,  21. 
28.  198.  Ank.  2,  88.  112,  350,  361,  4-'7  571  n  Jabornegg  S.  6,  187  Karte  4.  K 
bedeutet  Klagenfurt.  Rudolphinum.  J  bedeutec  das  Joanneum  in  Grätz.  Carin- 
thia  1814,  NTo.  17  ;  1838,152;  1849,151,358;  1871,310;  1873,  30,  172;  1876  \ 
■o;  1877,  140;  1882,  164.  Hermann  Text  210,  355.  Hermann  S.  89,  90.  Afkärnten 
1.  48,  12t,  125;  2,  147;  4,  148;  7,  28,  36;  11.  71  ;  12,  57  (Kelten  N'anien).  Afkög  9. 
14'  ;  3.  175  Kammel  28,  113,  135,  138,  198,  101.  Notizblatt  d.  Akad.  Wien  4,  193. 
Jung  58,  252.  S.i.ten  Hallft.itt  146,  Pijittr  Rep.  fteierm-  Münzkunde  1,  221, 
1  lt.  Krones.  H.  G.  5,  32,  205.  C  C  3,  1871  neu  S.  XCV;  6  u.  34;  1883,  S.  LXX1, 
No.  35,   Fig.   5   Situations-Plan   Mi    w.   Altcrthums-Verein  II,  135;   17,309. 

Römerftudien  Wien   1882.   II.   109,  86.  3,  21,  26. 

Nach  dem  heutigen  Stande  zahlt  St.  Peter  im  Holz  24  Häufer,  185 
Einwohner,  Fresnitz  12  Haufer,  75  Einwohner,  Lendorf  54  Haufer,  379  Ein- 
wohner, demnach  das  allernächrte  Stadtgebiet  90  Haufer,  639  Einwohner.  Man 
neht  wohl,  das  meiflc  Behaufungs-Beftreben  lic^t  in  Lendorf,  weftwärts,  in  der 

vor  dem  Hügel  für  Heillhümer  und  Schutzbauten,  etwas  ferner  dem 
Flußftrande. 


ten).  Diefe  Heerftraße  war  noch  im  Jahre  311  n.  Chr. 
gut  reftaurirt  und  hat  gewifs  fchon  zur  Zeit  des  anto- 
ninifchen  Reifebuches  (211—2171,  fowie  der  Peutinger- 
Tafel  (222 — 233)  beftanden.  Aber  auch  nördlich  von 
Holz  aufwärts  führte  eine  Straße  nach  dem  Glanz,  Karls- 
dorf, Litzeidorf,  rechtes  Liefer-Ufer,  Lieferhofen,  Ober- 
Allach,  Trebefing  nach  Gmünd,  Drehthal,  Sonnberg, 
Dentsdorf,  Pleßnitz,  Burgbach,  Ober-Burgftallberg, 
Schlaipf,  Krangl,  Rennweg,  St.  Georgen,  Frankenberg, 
Laisnitzhöhe  (Gränze),Taferneralm  (28  mp.  von  Teurnia), 
St.  Margarethen,  Mauterndorf  (45  mp.)  zur  Linie  Ji 
vum-Virunutn,  welche  von  Mauterndorf  bei  Begöriach 
einmündete.  Die  Bezeichnung  der  Zielftclle  iftT.fTafcr- 
neralm  No.  5714),  T  (St.  Gertrud  bei  Tamsweg  5715), 
T  (Tweng  5717),  Ni  (Radftätter-Tauern  5718),  T  (Tau- 
ernjoch  S722).  Die  derart  belegene  Stadt  Teurnia  gilt 
als  oppidum  in  Noricum,  unter  fieben  norifchen  Städten 
als  die  dritte,  gleich  nach  Celeia,  genannt;  fie  ift  nicht 
colon ia,  zahlt  gleich  Yirunum  zur  tribus  claudia  und 
heißt  daher  auch  munidpium  claudium  Teurnia. 

So  Plinius  III  4  (24,  146),  Jahr  j-j  n.  Chr.,  l'tole- 
mäus  II  14  (13,  3),  Jahr  138— 161  n.  Chr.,  kein  Reifebuch; 
ungeachtet  ausdrücklich  Meilenfteine  von  der  Stadt 
auslaufen  und  diefelbe  benennen  (Mo.  III  2,  S.  591,  593, 
597,  618,  622,  Index  S.  1178). 

Seit  den  Zeiten  Diocletian's  um  284 — 305,  fichcr 
feit  Jahr  311,  gehört  fie  in  das  Noricum  mediterraneum 
gleich  Juvavum,  Virunum,  Juenna,  Celeia  Flavium  fol- 
venfe.  Die  Stadt  war  nie  Standquartier  einer  Legion, 
niemals  als  Vcfte  eine  den  Römern  wichtige  Stätte 
und  entbehrt  daher,  wie  Virunum,  der  Lcgionsziegel. 
Jedoch  als  Handelsftadt  nicht  bedeutungslos  in  Bezug 
auf  Bauholz,  Steine  und  etwas  Edelmetalle,  vielleicht 
mehr  auf  Kupfer,  hatte  fie  ihren  ordo  (Millftatt  4741), 
ihre  duoviri  iure  dieundo  (Bernau  5568),  praefecti  (ebd.), 
aediles  (Frauenchiemfee  5569),  quaestores,  decurioncs 
(Dionyfen  5462),  deren  öffentliche  Bauten  neben  den 
Heiligthümern  etwa  des  Jupiter  optimus  maximus, 
des  Hercules,  der  Nemefis,  neben  kleinen  ftädtifchen 
Bädern  hier  aufgerichtet  waren. 

Gleichwohl  mag  die  Stadt  nur  ein  Siebentheil  von 
Virunum  benannt  werden,  wenn  es  erlaubt  ift,  aus  der 
Anzahl  der  Hauptdenkmäler  der  Stadtgebiete  unter 
gleichmäßigen  Umftänden  einen  Schluß  zu  ziehen  (35 
gegen  246  im  Jahre  1S76);  ein  Vierttheil  von  Celeia 
(154);  ein Dritttheil  von  Poetovio  (100),  etwa  ein  halbes 
Solva  (87). 

Von  auswärtigen  Teurnenfern  find  bekannt:  L. 
Tcrentius  Vcrus,  um  200  II  virTeurniae,  praefeclus  iure 
dieundo,  zu  Bernau,  (Mo.  5568,  Or.  498,  Kml.  82,  3; 
L.  Attonius  Adnomatus,  aedilicius  Teurniae,  um  150,  zu 
Frauen-Chiemfee,  (Mo.  5569,  Kml.  S6);  Atilius  Emeritus 
d(ecurio),  m(unicipii),  C(laudiae)  T(eurniae)  zu  Dionyfen 
beiBruckiMo.  5462);  C.  DomitiusMaternusausTeurina, 
um  100?  zu  Rom,  Kellermann  vigil.  103  Mo.,  S.  593. 

Nach  den  Kriegszügen  der  Alemanen  um  466  bis 
470,  der  Gothen  um  472  erhält  fich  die  Stadt  noch 
immer  als  Tiburnia,  als  welche  fie  in  der  zwifchen  509 
bis  512  gefchriebenen  vita  SeverinidesEugippius  auftritt 


CIV 


io  26,  c.  ie  war  Bifchoffitz  feit  350  [wie  man 

annimmt,  wahrfcheinlich  4001  bis  um  580,  überdauerte 
auch  den  Anfturm  der  Franken  um  556  und  gilt  fchon 
dem  Eugippius  trotz  der  gewifs  noch  nicht  demolirten 
Virunum  und  Celeia  als  metropolis  Norici.  Diefes 
mochte  fie  feit  etwa  450  immerhin  geworden  fein.  \ 
ort  der  norifchen  Taurisker,  deren  Stamm  als  Taurisci, 
Teurisci,  Taurini.  Teupiarou,  lehr  ftark  romanifirt,  auch 
fiidlich  der  Drau  bis  an  den  Ifonzo  fortging.  Aber  die 
Zer:  \quileias  452  mußte  ihr  allen  ficheren  Stand 

benommen  haben.  Möglich,  dafs  der  Slavenzug  von  ( >ft 
her  im  Jahre  592  in  feiner  antichrifllichen  Richtung 
dem  Stadtwefen  ein  nicht  unbedingt  rafches  Ende 
machte:  mindeftens  fchweigen  vom  Jahr  600  alle 
örtlichen  Nachrichten  und  erft  die  neuchriftlichen  Auf- 
richtungen laffen  uns  wieder  von  einem  Tyburnia  816, 
Liburnia  891  hören.  Es  erfolgte  fodann,  dank  den 
aquileier  und  gurzer  Befitzern,  jene  Ausbildung  der 
Graffchaft  Lurn   aus  Liburn),  welche,  dem  hierortigen 

Itfelde  den  Namen  gebend,  von  feudaler  und  kirch- 
licher Seite  den  urfprunglich  militarifchen  Gedanken 
der  Kömer  [in  Betreff  der  binnenländifchen  Referve- 
poften  in  concentrifchen  Linie  um  Aquileia)  abfehloß. 

Auf  den  Vorort  weift  am  meiften  der  weithin  die 
Gegend  dominirende  Polten  der  Dorfkirchc,  deren 
Bau  mit  753  wohl  zu  früh  angegeben  wird;  alsdann  der 
1  I  rfname  Debern,1  die  Menge  marmorner  Baufteine  in 
Kirche,  Pfarrhof,  Zugebäuden,  Kainmauern,  um  nicht 
von  dem  fpitaler  Schloßbaue  weitläufiger  zu  fprechen. 
Die  erften  Aufzeichnungen  flammen  vom  Antiquus 
Aultriacus,  Peutinger,  Auguftinus,  Choler,  Apianus, 
welchen  Lazius,  Gruber,  Megifer,  Valvafor  u.  a.  folgten, 
endlich  die  Neueren:  Kleinmayrn,  Lengauer,  Pococke, 
Eckhel,  Eichhorn  u.  f.  w.  Grabungsverfuche  find  im 
Jahre  1845,  1876— 1877  gemacht  worden;  die  übrigen 
Ergebniffe  werden  den  gelegentlichen  Bau -Unter- 
nehmungen wie  feit  dem  16.  Jahrhunderte  und  zuvor 
verdankt. 

Wir  wollen  eine  Andeutung  der  baulichen  Objefte 
den  Fundftücken  in  Bein,  Glas,  Metall,  Stein,  Thon 
u.  dgl.  voranfehicken.  Dem  Landes-Mufeum  zu  Klagen- 
furt ift  von  alledem  weniger  zugekommen,  als  feit 
42  Jahren  der  Unterfuchungen  fich  hat  vorausfetzen 
laffen. 

Bau. Mauerwände  mit  Verwurf.  Gewölbe  am  Hügel- 
abfalle füdöftlich,  mit  Thonröhren.  Gewölbe-Pfeiler 
des  Eftrich-Bodens,  an  die  Seitenmauer  angepaßt. 
Gewölbte  Zimmer,  unterirdifche  Gänge,  theils  fpitz- 
bogig.  Wuchtig  gefügtes  Steingemäuer  an  der  Fluß- 
feite mit  einem  äußerften  Winkel  gegen  den  Fresnitz- 
bach.  Ein  großes  Gebäude  an  der  Südoftfeite  mit  60 
Mauerfäulchen  im  Fußboden  unter  dem  Eftrich.  Trüm- 
mer kleiner  Säulen,  Architekturftücke,  Karnieße,  Qua- 
dern, kleiner  Säulenkopf  (bei  Ertl),  Platten,  Haufteine, 
Plättchen  von  grauem  Marmor  (1876).  Stucco-Karnicße 
mit  Blatt-  und  Blumen-Motiv,  Zahnfchnitt  (1876)  J.  K. 
Farbwandmuftcr  (1876)  K,  weißgelblich,  braunroth  ge- 
ftreift,  gelb  und  blau. 

Grabftätten.  Die  meiften  an  den  Oftterraffen  des 

eis  unter  der  großen  Umfangsmauer,  auch  weltlich 
hinter  dem  Kirchhügel.  Afchenfchichte  hoch  5  Cm.  (2"), 
Flächefchichte  35  QM.  (10  □  "),  Beigaben  von  Bronze, 

'Fehlt    im    neuern    Orts  •  Rcpcrtorium    der    ftatiflifchcn    Central  Com- 
mifrion   1883,  S.    116,   »o  doch  ]>cbar  bei  Steindorf,   Debar  bei  V.  1,1.  n   S.  11.  66. 
rniizen,  Uobcrsbcrg  udgl.  verzeichnet  flehen:  ebenfo  bei  Ehrt 


Eilen,  Thon,   theils   verfchmolzen,   i   Menfchenfchädel 

fammt  Unterkiefer,  die  Stirne  niedrig,  Schädelftücke, 
m.  Schenkelbein,   m.  Röhrenknochen,  Thierknochen, 

Zähne  von  Bär.  Ein  hohler  Stein  mit  Thierhörnern. 

(AfK.  i,  125,  139.  Hohenauer  K.-Gefch.  v.  K.  5). 

Glas.  Gefaßbodenfluck,  gelblich,  irifirend  (1S76), 
Gefaßtheile  in  den  Grabftatten  feit  1845,  (Jab.  S.  194). 

Metall.  Bronze:  Fibel,  mit  einer  Bronzemünze 
gefunden  im  Frühjahr  1845.  Eibel  1886)  aus  dem  Sar- 
kophage des  Ertl  Feldes  (1876).  Gefäßhenkel  mit  Draht- 
windung 1847  Geräthe,  Gefchmeide.  Handhabe  und 
Glöckchen,  ein  Hausidol  1876  .  Keffelhabe  klein.  Nadel 
[845).  Nadel  mit  Oehr  [1847).  Plattchen  dünn  (1876), 
Plattchen  wie  Hefchläg  der  Marke  (1876).  Radformiges 
Flachftück  von  Eibelf  (1847  ■  Riegel  oder  Reiber  (1876). 
Ring. 

Statuarifch:  Bulle  weiblich,  hoch  10  Cm.  (4"),  das 
Haar  aufgebunden,  Hohlguß,  mittelmäßige  Ausfuhrung 
184;  .  Thürklopfer    [876).  Waffen. 

AfK.  1,  124,  Car.  [845,  110,  Jab.  S.  194.  Bronze- 
Gegenftände  und  mehrere  Münzen,  Bronze-Gefaß,  kel- 
tifch,  römifch  K.  Car.  1885,  S.  127  . 

Eifen.  Bankeifen  (Mauerträger)  4  K.  dolchgriff- 
artiges  Stück  in  Kreuzform,  oben  beweglicher  Ring. 
Gußftiick?  1871  G<  laßboden  vom  DurchmefTer  20  Cm. 
(1847).  Hammerartiges  Stuck.  Hufeifen.  Kette  mit  Glie- 
dern oblonger  Vierecke.  Klammertheil.  Lanzenfpitze 
mit  Schaftröhre  (1847).  Mauerhaken  hammerförmig. 
Nägel,  vierfeitig,  breitköpfig  (1876).  Pfannförmigen 
Gefchirres  Untertheil  (1847).  Schlacken  gefchmolzener 
Gegenftände.  SchlülTel,  lang  7-5  Cm.  (1847).  Speerfpitze 
mit  Stiel  (1847).  Stab  umgebogen  mit  Ring  (1876  ; 
Stäbchen  mit  Ring  und  Kreuz  (1847).  Stäbchen  (1876), 
Thürbefchläge.  Thürhaken  mit  gelochtem  Scheib- 
chen (1876). 

Waffen  zu  Schutz,  etwa  von  Schildbuckel,  Ell- 
bogenfehiene,  Helm,  Harnifch,  gefunden  1845  in  der 
Afchenfchichte;  3  Helme,  Schwertftück  (1839)  Werk- 
zeuge. (AfK.  1,  124:  2,  147.  Car.  1840). 

An  Gold-  und  Silberfachen  hat  es  gewifs  nicht 
gefehlt,  Fibeln,  Nadeln,  Ringen  weniftens;  aber  ift  des 
Weges  gegen  Salzburg  und  Villach  vertragen  worden. 

Münzen.  Die  Reihe  beginnt  etwa  200  oder  169 
v.  Chr.  und  fchließt  565  n.  Chr. 

Griechen:  1  Goldftater  um  Alexander  III.  von 
Macedonien,  Zeit  um  324 — 169  v.  Chr.,  I Tetradrachme 
des  erften  Landtheiles,  Zeit  feit  169  v.Chr.,  gefunden 
um  1835  unter  dem  Meßnerftadl,  Befitz  A.  Oberlerchcr 
zu  Baidramsdorf. 

Kelten,  im  Curfe  feit  etwa  200  oder  170  v.  Chr., 
Funde  feit  1847:  Adna(ma),  Reiter,  1  Silber,  1863, 
Sammlung  Rainer  in  St.  Veit. 

Adnamati,  Reiter,  2  Silber,  Fundort  für  4  Stück 
der  Kirchhügel,  1876;  im  Pfarrhofe. 

Atta,  Reiter,  2  Silber  (i  K.  ,  Pfarrhof. 

Biatec,  Reiter,  1  Silber,  Rainer  in  St.  Veit. 

AEAAT,  Reiter,  1  Silber,  vor  1876,  K. 

AENET,  Reiter,  1  Silber  K.  (im  Ganzen  8  Groß- 
ftücke.  AfK.  1,  123  :  1  Rainer  in  St.  Veit,  1  Wien  k.  k. 
Münz-  und  Antiken-Cabinet? 

ENT,  wohl  NENET,  Reiter,  1  Silber,  Rainer  in 
St.  Veit. 

Eiinf  keltifche  Silber-Münzen  aus  Teurnia,  vor  1863 
in  Sammlung  Rainer  zu  St.  Veit. 


cv 


(PrunncrS.  9.  AfK.  1,  123;  4,  148.  Jab.  S.  l88,  194. 
AfkogQ.  9,  142.  Kml.  28,  34,  N.  2.  Rep.  I,  14S  und  Note, 
vergl.  154  f.,  N.  37,  39,  44,  74-  76,  78,  82;  S.  169,  171, 
177,  [82  . 

Römer:  1  Denar  des  Ti.  Min.  Augurinus,  Zeit 
zwifchen    [88   und   103  v.  Chr.,   Fund    1876.   Pfarrhof. 

1  Bronze-Münze  C.  Hot.  Rufus?,  1  ahnliche  1876.  Pfarr- 
hof. 

Von  den  32  Sorten  an  Kaiferraünzen,  Schluß 
527 — 565  find,  die  zahlreichften  aus  dem  3.  Jahrhun- 
derte. Vertreten  lind: 

Auguftus  1  Br.  (1876),  Pfarrhof  (jüngfther  alle  1\ 
Nero  1  Br.  (1876),  Pfarrhof.  Domitian  (K.  1845).  Vefpa- 
fian  2  S.,  K,  2  Br.  K.  Julia  Titi  1  Br.  K.  Nerva  1  Br.  K. 
Traian  1.  S.  (1876  .  Pfarrhof.  Hadrian  1  S.  K.  (Car.  1847, 
21  j  .  Crifpina  1  Br.K.  Pius?  1  Br.  (1876), Pfarrhof.  M.Aurel 

2  Pr.  (1876  Pf.',  2  Rainer  zu  St.  Veit.  Fauftina  2  S.  (1876) 
Pfarrhof.  2  Br.  K.  Plautilla  1  S.  (1876),  Pfarrhof.  Alexan- 
der 1  Br.  K.  11845).  Domna  1  Br.  K.  Gordianus?  1  Br. 

1X70  ,  Pfarrhof.  Gallienus  2  Br.  (1876  ,  Pfarrhof,  2  Br.  K. 
Salonina  1  Br.  11876),  Pfarrhof.  Treb.  Gallus?  Pfarrhof, 
Valcrianus?  Pfarrhof.  Aurelian  Br.  K.  (1845).  Claudius 
4  Br.  [876  ,  Pfarrhof.  Probus  2  Br.  K.  Maximian  1  Br. 
1876  .Pfarrhof.  Conftantin  1  Br.(i876),  Pfarrhof,  1  Br.K. 
Julianus?  1  Br.  K.  Conftans?  1  Br.  (1876),  Pfarrhof.  Con- 
ftantius  2  Br.  (1876),  Pfarrhof.  Gratianus  1  Br.  K  und 
;  Br.  barbarifche  Nachbildungen  der  Zeit  268  bis  383 
(1876)  Pfarrhof.  (AfK.  1,  125).  Leo  1  Gold  (1876),  Fund- 
ftelle der  Alexander-Münze  (fchwer  glaublich),  Pfarrhof. 
Zenoi  Gold  (1876),  Fundftelle  Ertl's  Acker  beim  Fresnitz- 
bache,  Pfarrhof.  Anaftafius,  victoria  auguftorum,  corr. 
ob,  Goldquinar  (AfK.  w.  o.  AfKög.  9,  141,  142.  Car. 
1X45,  70,  78,  79;  1846,  58;  1886,  S.  101),  endlich  Jufti- 
nian,  1  Gold  (1876),  Fundftellen  in  Klamer's  Obftgarten. 
Stein.  Außer  den  vorerwähnten  reichlich  aufge- 
fchichteten  verführten  zerkleinerten  Baufteinen,  Archi- 
tekturtheilen,  Säulenftücken  mit  lotosartigem  Laub- 
werke, theilweife  verbaut  in  der  Pfarrkirche,  in  Markt 
Spital  feit  etwa  1183  und  zuvor,  in  dem  Porzia-Schloffe 
bis  1542,  heben  wir  hervor  circa  14  Relief-,  16  Schrift-, 
2  ftatuarifche  Stücke. 

Reite/s:  Doppelbogen,  inmitten  eine  Säule.  Sar- 
kophag-Platte, gefunden  1845  aus  Ertl's  Felde;  jetzt 
über  Steiners  Hausthor  (Vergl.  Jab.  480).  Platte  mit 
Relief  zu  Afchenkifte,  Fund-  und  Standort  Pfarrhof 
[876).  Sarkophag  mit  dem  Schrift-  und  Relief-Deckel 
SYRASC,  Fund  mit  Gebein  und  kleiner  Eifenkette 
[1X25)  am  Ofthügel,  nachmals  verfchollen  (Jab.  zu  471). 
Ein  Steinfarg  mit  reliefirtem  Deckel  und  Unter-Kinn- 
backen, gefunden  1827  bei  Fresnitz;  ein  folcher  mit 
Deckel  und  Afche  am  Ofthang  des  Hügels  (1871)  K? 
Eine  Steinkifte,  klein,  im  Pfarrhofe,  gefunden  nächft  den. 
Bahnbaue  (Vergl.  W.  Jahrbücher  Bd.  51,  45).  Ornator 
ftehend,  rechts  Schlauch  (vor  1876?),  Pfarrhof.  Mann 
bekleidet,  rechts?  ein  Hippenmeffer,  Fundftelle?  Ueber 
Watzingers  Hausthor,  Hoffeite  (vor  1876).  Mann,  rechts? 
mit  Beutel,  Pfarrhof(Jab.478).  Diana  mit  Lorbeerkranz, 
Kocher,  links  Bogen,  die  ausgeftreckte  Rechte  auf  die 
Flamme  der  Ära,  hinter  diefer  recht-  drei  Männer  mit 
Geißeln,  Bär.  Steinkiftendeckel  Fund  1825  zwifchen 
Kirchhüge]  und  Poftftraße;  feit  1806"  in  Schloß  Spital 
(Jab.  471,  Taf.  13,  Kml.  97).  Weibliche  Geftalt,  links 
Korbchen,  Pfarrhof  (Jab.  478).  Männliche  und  weibliche 
Figuren,  Fund  um  1572,  auf  den  nach  Spital  gebrach- 


ten, dann  \  rlornen  Schriftfteinen  (z.  B.  Caius  Lolli 
(Vergl.  fab  473).  Großes  Relief,  Bacchus  und  Gotter, 
Spital  M.  C.  C.  2  n.  F.  p.  CIX  Hahn,  an  der  Wein- 
traube nafchend,  Pfarrhof  (Jab.  479).  Pfau,  gefunden 
vor  [850,  Haus  Steiner  1  Jab.  450).  Pferd  gehend,  Pfarr- 
hol    [8 

(  Mine  Zweifel  find  Cameen  und  Intaglien  auch 
hier  ausgefcharrt  worden,  doch  fehlt  jede  Nachricht. 

Von  den  S(  hriftdenkmälern  find  6  Weihfteine. 

CAVTI,  Ära,  um  210,  gefunden  1845.  Schloß  Spital 
(Jab.  4''''.  Mo.  47  1 

Ill'.RC.  Ära  um  220,  gefunden  vor  1845?  Pfarrhof 
.Jab.  468,  Mo.  47. 

LVTIANO,  Ära,  um  250,  gefunden  vor  1531,  Pfarr- 
hofftiege  l  fab.  477,  Mo.  4740). 

NHV,  Ära,  gi  funden  1X76,  Pfarrhof  (M.  C.  C.  3  n.  F. 
p.  Ol,  Aep.  2,  101). 

TTOL(LIVS),  Ära,  um  200,  gefunden  1870  in 
Lipps  Bergwalde,  Nordhang.  Nun  in  Lipps  Keufche; 
ein  Ara-Stück  im  Schutte  der  Kirchfeld-Mauer  (M. 
C.  C.  3  n.  F.  p.  CHI.  .Aep.  2,  101). 

SANCTIVS  bis  gratias  agit,  um  270,  gefunden 
1772—74  (Mo.  4739). 

(S)ATVRNINA,  um  150,  gefunden  1876,  Pfarrhof. 
M.  C.  C.  3  n.  F.  p.  CIL  Aep.  2,  ich,  Mo.  E.  4,  161,562.) 

SYRASC  und  NEMESL  Ciftentafel,  drei  Bären- 
kämpfer  und  Köcherträger,  Diana  opfernd  und  Ära 
mit  Schrift,  Zeit  um  250,  gefunden  1827  (1825)  auf  dem 
örtlichen  Kirchhügel  gegen  Fresnitz  und  die  Poftftraße, 
jetzt  (feit  1836)  Schloß  Spital  (Jab.  471,  Taf.  1?.  Mo. 
4738,  AfK.  1,  126,  M.  C.  C.  2  n.  F.  p.  CVIII,  CIX.  W. 
Jab.  46,  46). 

MAC,  um  200,  gefunden  vor  1752,  Pfarrhof  Thor- 
mauer. (Jab.  467,  Mo.  4742.) 

ATITONIx,  um  150,  gefunden  vor  1551,  Pfarrhof- 
Keller.  Jab.  474.  Mo.  4743. 

INGENVO,  um  200,  gefunden  vor  1752  am  Oll- 
hange des  Holzerwaldes,  Pfarrhof,  Thormauer  (Jab. 
469,  Mo.  4744.  W.  Jahrbücher  Bd.  51,  45  . 

L  IVNIO  L(F)X,  um  150,  gefunden  vor  1551,  im 
Altare?  (Jab.  475.  Mo.  4745). 

C  L0LL1VS,  zwei  Büften,  um  180,  gefunden  1572, 
Schloß  Spital  (Jab.  473,  Mo.  4746). 

.  II  MOG    CONS,    um    150,    gefunden  1772  —  1774 
(Mo.  4747). 

(AMBI'iDRA(PA)RENTI,  um  200,  gefunden  um 
1772  —1774,  Pfarrhof,  Thormauer  (Mo.  4750). 

M  EMMI,  Schrift  an  18  Cm.  (7"),  vor  100  v.  Chr.. 
gefunden  vor  1870,  Pfarrhof,  Stallthor.  (Jab.  470,  Mo. 
4751.  M.  C.  C.  3  n.  F.  p.  CID  .  Prätorianer  mit  Stadt- 
foldaten  aus  Teurnia,  Virunum,  überhaupt  Noriker, 
vergl.  Eph.  V,  159  militum  prov.  patria,  befonders 
180  Noricum. 

Statuarifch.  Einer  Koloffal-Statue  von  annehmbar 
180  Cm.  Höhe  angehörende  rechte  Hälfte  des  Knie- 
buges vom  rechten  Fuße;  feiner  Marmor,  Fundftelle 
der  Kirchhügel,  vor  1854  ((845 ?),  Pfarrhof  (Abbildung 
M.  C.  C.  3  n.  F.  p.  CIL)  Jetzt  bei  Ertl. 

Bruchftücke  einer  Koloffal-Statue  zuvor?  AfK. 
6,   116). 

Thon.  Grau:  Gefaßhenkel  und  andere  Theile, 
theils  mit  Kerblinie  mit  Band-  und  Reifzicr,  1876.  Pfarr- 
hof Stücke  grau,  grauroth  1877)  J;  ein  feines  Gefäß, 
Randftück  1876  K.  Urnen -Scherben. 


CVI 


Roth:  Gefaßtheile  1847.  Lampe,  mit  Relief  [873 
K.  Lampen-Seiten  wand  (1873  , Sigillata-Scherben  [847  , 

auch  mit  Reliefs:  Band  mit  Feftons,  Candelaber,  Me- 
daillons mit  Genien;  ein  Bodenftück  mit  FIRMIANVS 
geritzt    1876   K. 

Schwarz:  Gefaßfeherben  1847  .  Ziegel  in  und  bei 
den  Hauten  des  Kirchhügels  und  in  der  Ebene.  Ziegel, 
theils  mit  Wellenlinien,  befonders  im  Ertl-  und  Melcher- 
Feld  1876).  Schwarz.  Gefäßftücke  K.  Hohlziegel, Heiz- 
ziegel  AfK.  1.  \2--.  124.  139;  6,  115,  116). 

Das  Schriftwefen  in  Thon  ift  gar  zu  allermindefi 
bekannt. 

ACAIO  Sigillata-Boden    1 S 7 7 
APP<  )N  oder  N1PPOM  Gefäßboden  geritzt.  Mel- 
cherfeld  1877  J.  iSitzungsb.  d.  Akad.   1878.   O^j,  Aep. 
;,  54.    V  zu  Relief.  Lampe  roth,  groß  (Car.  1873,  172). 
CSRCAR  Amphora-Mundung  (1877)  J. 
YIRATE  Gefaßboden  geritzt.  Melcherfeld   (1877) 
I.  wie  Valtinianvs  geritzt  J. 

\'SIV  und  AM  Ziegel  (1877;  Sitzungsb.  Abbildun- 
gen 187S,  657.  Aep.  3,  54). 

Fallen  wir  fchließlich  das  Gebiet  von  Teurnia 
zufammen  in  dem  Sinne,  dafs  fein  Kern  liege  im  Flach- 
land der  Drau,  etwa  von  Feiftritz  aufwärts  bis  Sachfen- 
burg  oder  Kleblach-Lind,  zugerechnet  nördlicher  und 
füdlicher  Seitengau,  alfo  die  ganze  Linie  von  Liefer 
und  Moll  einerfeits,  Weißenbach  (mit  Weißenfee,  wenn 
man  will)  anderfeits,  fo  ift  damit  die  Angranzimg 
gegeben  an  die  auswärtigen  Gemeinde-Bezirke  von 
Sianiicum  und  Candalicae  örtlich,  Anisus  und  Voca- 
rium  fammt  Juvavum  nördlich,  Aguontum,  Loncium 
weltlich  und  dem  Unbekannten,  welches  bis  wieder 
gegen  Sianticum  eingelagert  ift.  In  diefem  Bereiche 
fchließen  wir  die  bekannten  Fund-  oder  Straßen-Orte 
in  alphabetifcher  Reihefolge  an: 

Altenmarkt,  Altersberg  (Ranke  Alpenreifen  S.  456), 
Amiach,  Baidramsdorf,  Danielsberg  'Car.  1883,  91), 
Döbriach,  Dortibaehera/m,  Duel (flehe  Gorz,  Nikelsdorf, 
Tragin,  Tfcherniheim),  Döllach  (Vergl.  Bidermann, 
Romanen  S.  202),  Fafchaunerth'orl  und  Frauenwandl, 
Fafchendorf,  Feicht,  Feißritz  (fiehe  Görz),  Ferndorf, 
Flattach,  Fleiß,  Frefach,  Fresnitz,  Fragant  (alteKupfer- 
fchmelze,  Geröllfeld  beim  Klaufenkofel,  Laas,  Mauer- 
trümmer  cylindrifch,  hoch  1  Klafter  über  Erdboden, 
Steinlage  verglaft,  ohne  Kalk.  Klagenfurter  Zeitung 
1884,  No.  61,  16  März  S.  521),  Gendorf,  Gmünd  (das 
Thal  ein  urzeitiger  See  in  Verbindung  mit  dem  Mill- 
ftätter-See,  bei  Kreufchlach  die  Felsufer  mit  Schiffs- 
ringen). Görz  bei  Feiftritz  (angebliche  Refte,  Slavendorf, 
Sarkophag  nach  Paternion,  ein  Römerftein  nach 
Nikolsdorf;  Weißenbach  Baurefle,  Goldwäfcherci, 
Fels  Hundskirche  mit  Schriftzeichen  M.  C.  C.  1884, 
p.  CXCVII).  Guldeck  bei  Spital  (Heidenloch),  Heiligen- 
blut  'Eiszeit  Sitzungsb.  nat.  Bd.  79,  S.  336:  Alter  Wei- 
ßenfec  in  der  Haderngaffe;  Göben).  Hohenberg,  Holz. 
Hühnersberg,  Ifelsberg,  Kamering,  Kanning,  Karls- 
dorf, Hohenburg  (neben  dem  Wirtshaufe  das  Heiden- 
loch,  halbverfchütteter  unterirdifcher  Gang),  Katfch- 
berg  Heerftraße),  Kellerberg  (R.  St.  3,  ^i  Kleblach, 
Kolbnitz,  Krems,  Kovesnock  bei  Bleiberg  (Bärenloch, 
Fr,  Seeland  in  Anthropol.  Ver.  Sammlung  1885,  Klagen- 


furter  Zeitung    1885,  S    1666),  Kreuzen,    Korntauern 
Car.  1883,  91  ,  Lattsnttz-Grabtn,  Lendorf,  Lind.  Leoben, 
St.  Leonhard,  Liefer  (nach  Obermayer  Kelt.  Wörter- 
buch   li    klein,    suir    Bach,    ganz    unpaffend    II.    253. 
Slavennamen:    Dobra,    Feiftritz,    Kreufchlach,    Perau, 
Plenz,  Plesnitz,   Ronach,  Saps,  Trcbefmg,  Zeneifchg, 
Zlattingi.    Lieferhofen,    Litzlhof,    Litzldorf,    Lumfeld 
(R.  N.  341.    (Bei  Obermayer   II.    274   größte    Häufung 
von  Unficherheiten  und  Unwahrheiten.  Ein  bronzener 
Löwenkopf,  Klagenfurter  Zeitung  1886,  S.  1241'.   l.urn- 
bichl.  Magdalenen-Capeüe  in  Lurnfelde.   (Die  Blutmul- 
den beim  Bauer  Partufch).  Malnitz    [Endmoräne  der 
Eiszeit.   Tauernflraße  Car.    1885,  119;  beim    Stapitzfee 
eine  Br.  Münze  Commodus  K,  Jahr  183,  Coli.  III.  177, 
794,  gef.   1885  am    Fußfleige   zum    Stapitzfee,    nächft 
dem    Sommerhaus    neben    dem   Getreidefelde,    darin 
öftere  Funde.)  Malta.  (Zwifchen  hohem  Steg  und  hoher 
Brücke  Gletfcherfchliffe  und  Rundhocker,  zahlreichftes 
Vorkommen  in  den  Oftalpen;    der  Steig   über   folche 
Schliffflächen,  die  Veidlbauer-Almhütte  auf  einem  Rund- 
höcker, hierher  die  Felswand  bei  hoher  Brücke).  Mal- 
tein,  Maria-TSüchel.  Millßatt  (Höhlen  gegen  Tfchirweg, 
Döbriach,   Rutfehflächen    im    Glacialfchicfer  bei  Lam- 
mersdorf.    Sitzungsb.    nat.   Bd    85,  86,   S.   389.  Relief 
Weinvafe    in    Villa    Lufchan:    Meilenftein    IMP   CAS- 
MOPELIlVS   und   5   bis  6  Zeilen,    aus    einem    Bauern- 
haufe;   in  Villa  Mittelbach  als  Tifchfuß.    Klagenfurter 
Zeitung  1883,  S.  1893.)  Molzbückl.  (Im  Kirchenpfiafter 
Steine   mit  Zier-Relief.   An  Pfarrhof- Stiege  ein  Relief, 
ein  Strator,  Kopf  fehlt,  Zierwerk;  TJlp.  dign.  I.  \6,  4, 
Ammian  29,  3.  Mirnock  (Eiszeit-Schotter  bis  6660  Fuß 
Höhe).  Möllbrucken,  Mühldorf  5  id.  30,  5.  C.  Klagen- 
furter   Zeitung   1885,   S.    652.   Morlfchach.    Nikelsdorf 
(Hundsfelfen,   Hundskirche   mit   fchriftartigen  Zeichen 
M.  C.  C.  1884,  p.  CXCIII  Strache,  Kreife.  Meyer  Gurina 
S.  95,   99.   Nöring  (Infchrift    wie  F_3  R.   bei   Eichhorn 
2,  16)    Ortenburg,   Obervallach,  Oberallach,  Patendorf, 
Paternion  fudlich  erratifche  Blöcke  R.  N.  22,  32.  Penk 
(K  Musführer   25),    Pufarnitz,   Plesnitz  (Heidentempel 
Höh.  356).  Radenthein,  Radigraben  (nephrit-ähnliches 
Geftein,  Hacquet  Reife  1784,  S.  317,  Mi.  m.  auth.  XV,  5). 
Rangersdorf,  Rennweg,  Rojach,  Rothenthurn  (Heiden- 
friedhof im  Schloßbercich  Eichhorn  I,  121;  Herrmann 
Text  1349),  Rubland,  Sachfenburg  (K,  MF.  26),  Sagritz, 
Scharnitzen  (K.  Mf.  21),    Sems/ach.   Sbbriach  (Heiden- 
tempel), Stall,  Stangalpe  (Königftuhl  Car.  18S6,  Urg. 
Stud.),  Steindorf,  Stockenboi.    Taferner  Alm  (R.  456), 
Teichel,  Tragin  bei  Paternion  (goldführender  conglo- 
merirter  Schotter,  Bergbau  und  Wafchung,  hohe  Berg- 
gänge,   nach    Richard  Canaval).    'Lebern,  (als  Teurnia 
bei  Linhart  2,  74,  ahnlich  Debar  bei  Steindorf,  Tabra 
bei  Eifcnkappel  als  Türkenfchanzc,   Tobrig   bei  Tref- 
fen   R.    456),    Tfcherniheimer  -  Thal    (Höllgraben    mit 
Hundskirche,  mit  Bild:  2  Hunde,  Schlange,  Reh,  Buch- 
ftaben.    Rabls  Führer  1884,  S.  93).  Welfsenfec  (Ober- 
mayers gwisge,  wisge  als  weiß  K.  Wörterbuch  III.  947, 
953,  Wizzanfee  in  Thüringen  953.  Lydit  im  Bachgeröll. 
Urform,  keine  Pfahlbauten,  bei  Hartmann  Welfsenfee 
1885),  U'eißenbaeh-Grabcn  (Megalodus),  Winklern.  Info- 
weit  das  Stadtgebiet  angedeutet. 

1  )r.  Fritz  Pichler. 


CVII 


Notizen. 


45.  Confcrvator  Leinmüller  berichtete  an  die 
Central-Commiffion,  dafs  feine  Bereifungen  von  Krain 
ihn  in  die  Lage  fetzen,  den  Hauptftraßenzug  von 
Siscia  nach  Aemona  mit  dem  zu  Neviodunum  ge- 
hörigen  Militär-Platz  unterhalb  der  Ortfchaft  Forft  am 
linken  Gurkufer  zu  conftatiren. 

Noch  weiter  ftromaufwärts  erkennt  man  bei 
Ober-Strufcha  einen  zweiten  von  Wällen  einge- 
fchloffenen  Lagerplatz.  Beide  Militärplätze  liegen 
knapp  am  Ufer  und  find  flußfeits  offen.  Die  Wälle  find 
wohl  fchon  meift  eingeackert,  aber  doch  noch  erkenn- 
bar. "Es  ift  nahezu  mit  Sicherheit  anzunehmen,  dafs 
fowohl  entlang  der  Save,  als  auch  entlang  der  Gurk 
an  beiden  Ufern  Straßenzüge  geführt  haben,  der  Haupt- 


mag, weil  fich  in  geringer  Tiefe,  viele  Baufehotterrefte 

vorfanden.  Man  ließ  Erde  bis  in  ziemlicher  Tiefe  bei 
diefem  Hügel  ausheben,  und  entblößte  auch  aufdiefe 
Art  Mauerrefte  (Fig.  1),  Ueberrefte  eines  Nebengebäu- 
des, in  welchen  die  veifchiedenen  Arten  von  Bädern 
enthalten  fein  mußten;  der  Canal  a,  b  theilt  fich  bei  c 
und  mündet  bei  d  und  e  in  die  viereckigen  Wärmö- 
leitungsröhren  aus,  um  diefen  die  heiße  Luft  mitzu- 
theilen,  welche  fich  innerhalb  der  Umfangswände  fort- 
pflanzte; die  aus  Thon  gebauten  Wärmeleitungsröhren 
find,  im  Lichte  4  Vi"  lang,  3"  breit  und  c///'  hoch. 
Die  Stärke  diefer  Rohren  beträgt  '/i  Zoll;  jede  folche 
Rohre  hat  an  jeder  Querfeite  eine  viereckige  Oeffnung, 
die  zwei  Zoll  lang  und  i'/2  Zoll  breit  ift. 


<#*f~_ 


£-  <ä 


Fig.  I.  (Grüble 


ftraßenzug  Siscia-Aemona  aber  bei  Tfchatefch,  wo 
die  Gurk  in  die  Save  mündet,  deren  rechtes  Ufer 
verläßt  und  am  rechten  Ufer  der  Gurk  bis  zur  Ueber- 
fetzung  derfelben  bei  Malenca,  von  da  ab  am  linken 
Ufer  fortzog  und  fodann  fich  davon  allmählich  entfer- 
nend bei  Deutfehdorf  in  das  Temenic-Thal  eintrat  und 
über  Treffen  nach  Großlack  weiterzog. 

Confcrvator  Leinmüller  befuchte  auch  die  Ort- 
fchaft Grüble  bei  St.  Bartholomä,  außerhalb  welcher 
im  Jahre  1840  die  Refte  eines  römifchen  Bades  durch 
den  ehemaligen  Kreis-Ingenieur  Dollhof  aufgenommen 
wurden. 

Am  Anfange  des  Ortes  befand  fich  ein  kleiner 
Hügel  in  runder  Form,  welcher  vermuthen  ließ,  dafs 
hier  ein  Tempel  oder  fonft  eine  Villa  geftanden  haben 


Da  nur  drei  folche  Röhren  in  den  Hauptcanal 
a,  b  eingreifen  und  die  Hitze  empfangen,  fo  haben  die 
an  den  Querfeiten  befindlichen  Oeffnungen  die  Be- 
ftimmung,  die  Wärme  weiter  fortzupflanzen  und  auf 
diefe  Art  die  Seiten  wände  zu  erhitzen.  Die  Haupt  - 
canäle  a,  b,  c,  d,  e,  in  welchen  die  Hitze  erzeugt  wird, 
find  im  Umfange  mit  Thon  ausgefchlagen,  und  der 
Boden  oberhalb  derfelben  war  mit  einem  feften 
Kalkanftrich  überzogen;  auch  fcheint  der  Canal  fort- 
gefetzt gewefen  zu  fein,  um  feine  Hitze  nach /unter 
dem  hohlen  Fußboden  abzugeben,  denn  diefes  Be- 
hältnis zeigte  keine  weiteren  Wärmecanäle,  fondern 
diefelben  hören  bei  h,  k  auf,  bis  wohin  die  glühenden 
Kohlen  gedrungen  fein  mögen,  um  den  Fußboden 
m,  q,  der    nicht    mehr    vorhanden    war,    zu    erhitzen, 


CVII1 


dann  die  weitere  Hitze  den  Wärmeröhren  /,  m  mitzu- 
theilen. 

Der  Bogen  ob  den  Pfeilern  //,  o  war  noch  vor- 
handen, Stürzte  jedoch  durch  die  Wegnahme  des 
Schotters  fogleich  ein.  Der  weitere  Raum  F  ift  rund 
und  hat  eine  Länge  von  2°  06"  und  eine  Breite  von 
1°  5'  und  obzwar  in  feiner  Tiefe  der  Heizcanal  a,  b 
geht,  fo  befinden  fich  doch  2- 10  Zoll  breite  und  6  Zoll 
tiefe  Aquaeducte,  die  fich  in  /  und  g  ausmünden,  bei 
r  und  j-  hingegen  abgefperrt  find,  und  daher  die 
Bestimmung  haben  mußten,  das  Waffer  aus  den  ober- 
halb befindlichen  Baffin  abzuführen.  Es  fanden  fich 
Bruchftücke  diefes  gemauerten  Wafferbeckens  theils 
vom   Fußboden,    theils    von    den    Seitenwänden    vor. 


Die  Gattungen  des  Marmors  find  der  bunte 
ordinäre  erbfenfteinartige,  von  Kalk  findet  fich  der 
Schmutzigweiße,  dann  der  weiß  und  grau  gefprengelte 
vor.  Die  vorhandenen  Bruchftücke  eines  groben  Mofaik 
beftehen  blos  aus  viereckig  gefchnittenem  ordinären 
weichen  thonhältigen  Stein,  in  Kalkftiick  unregulär 
eingelegt,  um  einen  feileren  Fußboden  zu  gewinnen, 
jedoch  war  der  Fußboden  nicht  mehr  vorhanden  und 
die  Bruchftücke  diefes  Eftrichs  von  grobem  Mofaik 
fanden  fich  in  dem  ausgegrabenen  Schotter. 

46.  Bartl.  Pecnik  machte  Mittheilung  über  einen 
römifchen  Infchriftftein,  der  bei  Alienmarkt  gefunden 

wurde.  Der  Stein  bildete  den  Deckel  eine-  gemauerten 


-r* — 5555a 


3KMmmv\m*wm,^^^^ 


Fig.  2.  (Grul.le.) 


Auch  ift  ein  weißer  Marmor  vorgefunden  worden, 
welcher  wahrscheinlich  zum  Pflafter  diente;  von  A  nach 
//,  und  vielleicht  weiter,  da  diefer  Raum  noch  nicht 
ausgehoben  ift,  befanden  fich  vier  neben-  und  überein- 
ander liegende  Wärmeleitungs-Röhren,  nach  obiger 
befchriebenen  Form,  welche  wahrfcheinlich  die  Be- 
ftimmung hatten,  diefes  nächstfolgende  Gemach  zu 
erwarmen,  wozu  ganz  wahrfcheinlich  auch  die  OeffnutiL; 
■  gedient  haben  mag,  um  den  Raum  H,  welcher 
noch  nicht  ganz  aufgedeckt  ift,  zu  erwärmen.  (Fig.  2  u.  3). 


Diefes  längliche  Gebäude  Stellt  nichts  anderes 
dar,  als  die  Refte  eines  römifchen  Bades,  in  deffen 
Mitte  das  Hypocauftum  F  und  w,  q;  im  zweiten  Heiz- 
Apparat  n,  k  die  Keffeln  fich  befanden,  um  das  Waffer 
zu  erhitzen,  und  diefes  Behältnis,  das  als  Schwitzbad 
diente,  weil  im  felben  die  Flamme  unmittelbar  mit  den 
Keffeln  in  Verbindung  gefetzt  und  der  Fußboden  Sowohl 
als  auch  die  Seitenwände  des  Gemachs  Sehr  erhitzt 
werden  konnten;  das  Nebengemach  F  hatte  keinen 
hohlen  Boden  und  dürfte,  für  das  lauwarme  Bad,  Tepi- 
dorium,  und  E  für  das  kalte  Bad,  Frigidorium,  gedient 
haben. 

In  der  Gegend  bei  A'fand  fich  eine  18"  in  Quadrat 
haltende  und  2'  tiefe  Oeffnung,  mit  4  großen  Falzzie- 
geln vor,  die  ein  römifches  Grab  darfteilte,  in  welcher 
Sich  eine  mit  Schwarzem  Firniß  überzogene  kleine 
thönerne  Urne  befand  und  Sich  noch  Spuren  von  ver- 
kalkten Gebeinen  vorfanden,  bei  welchen  ein  Obolus 
vom  Kaifer  Antonius  Pius  fich  vorSand.  Die  verschie- 
denen Gattungen  Ziegeln,  ihre  Größe  und  DimenSion, 
die  keilförmige  Geftalt  für  die  Gewölbungen  find 
ebenfo  merkwürdig  als  die  Bruchftücke  des  gefun- 
denen Mauerwerkes  und  des  mit  Enkauftik  überzoge- 
nen Mörtels;  allein  von  Kunftproducten,  Mofaik  oder 
Mahlerei  ift  keine  andere  Spur  vorhanden  als  einer 
ganz  ordinären  Bemalung. 


Grabes  und  lautet  die  Infchrift,  fo  weit  die  Fragmente 
zuSammengeSetzt  werden  konnten: 
T  VRCIO  NEPOTI 
VOT  F 
FE  (cti?)  So  RO  ri  (patrono)? 
VIVA  FE  cit 
LQMV 

Demnach  hat  nach  Meinung  Dr.  Kenner  Feftiva  (?) 
einem  Titus  Urcius  Nepos,  der  ihr  Bruder  oder  Patron 
war,  das  Grabmal  bei  ihren  Lebzeiten  errichtet. 
Die  letzten  vier  Buchstaben  bedeuten  Locus 
monumenti  quaqua  (sc.  parte)  vorsum,  d.  h.  der 
Platz  des  Grabdenkmales  mißt  nach  jeder  Seite 
hin  So  und  fo  viel  Fuß,  die  Ziffern  fehlen.  Ucber 
der  Infchrift  befindet  fich  in  einer  halbbogenför- 
migen Umrahmung  ein  Medufenkopf. 

47.  (Die  Funde  von  Civezzano  In- treffend.) 
Die  Funde  von  Civezzano1  haben  nun  auch  von 
anderer,  jedenfalls  fehr  berufener  Seite  eine  Bearbei- 
tung erfahren. 2  Es  Soll  gern  zugestanden  werden,  daSs 
dieSelbe  eine  äußerft  Sorgfältige,  der  großen  Bedeutung 
des  Fundes  vollkommen  entsprechende  ift  und  das  gilt 
Sowohl  von  den  Zeichnungen  als  von  den  dieSelben 
erläuternden  Worten.  Es  läßt  fich  nicht  in  Abrede 
Stellen,  daSs  die  den  Mittheilungen  des  Herrn  de  Campi 
beigegebenen  Abbildungen  ungenügend  find,  auch  die 
Richtigkeit  der  in  der  obeitirten  Abhandlung  vorge- 
nommenen Reconftruction  des  Sarges  foll  zugegeben 
werden;  die  Sargdecke  i iL  nämlich  keine  flache,  wie  Sie 
von  Herrn  de  Campi  angenommen  und  an  angeführter 
Stelle  in  Fig.  2  dargeftellt  wurde,  fondern  eine  dach- 
förmige, zu  einem  Scharfen  Firft  Sich  erhebende  (,1'ig.  4). 
Allein  Herr  de  Campi  hat  felbft  die  gezeichnete  Form 
als  eine  zweifelhafte  hingeftellt  und  ausdrücklich  bei- 
gefügt, dafs  die  Wahrscheinlichkeit  für  einen  Deckel  in 
der  Geftalt  eines  Daches  fpreche.  Für  fpätere  Unter- 
lucher war  es  naheliegend,  auch  diefe  Möglichkeit  in 

'  Siehe  Mitth.  d.  k.  k.  Ccntr.  Co  am.  XII.  Bd.,  S.  CXIX. 

-  Dr.  Fran*  Wie/er,  Das  longobardifche  Fürfteugrab  und  Reihengrä- 
berfeld von  Civezzano  Innsbruck  ]  welchen  Werke  obige  Abbildung  ent- 
nommen ift 


CIX 


Erwägung  zu  ziehen.  Ks  ift  übrigens  vielleicht  nicht 
einmal  fo  ganz  ausgemacht,  dafs  alle  Särge  diefer  Zeit 
dachförmig  abfchließen,  wie  z.  B.  ein  in  Pola  gefun- 
denes kleines  goldenes  Reliquiarium,  welches  gleich- 
falls der  Langobarden-Zeit  entflammt,  das  einem  Sarge 


Kig.   4.   (Civezzano.) 

nachgebildet  ift  und  in  vielen  Stücken  lebhaft  an  den 
Sarg  von  Civezzano  erinnert,  hat  einen  ganz  flachen 
Deckel. 

48.  Bartholomäus  Pednik  in  Gurkfeld  berichtete, 
dafs  er  am  2.  Juni  v.  J.  bei  Dernovo,  links  an  der  Straße 
gegen  Großdorf,  auf  einem  Acker  ein  gemauertes^ 
römifches  Grab  mit  Fresco-Bemalung  gefunden  habe. 
Das  Grab  war  im  Ganzen  gut  erhalten.  Im  Innern  lauft 
an  drei  Wandfeiten  eine  niedrige  fitzartige  Mauer 
herum,  die  innen  hohl  ift.  Auf  derfelben  find  je  drei 
Löcher  an  jeder  Wandfeite  angebracht,  von  beiläufig 
Handgroße.  In  jedes  diefer  Locher  war  eine  Urne  ein- 
gelaffen,    darin  verbrannte  Knochenrefte.    Drei   diefer 


zwei  größere  und  eine  kleinere  Urne  fammt  Deckel, 
dann  mehrere  Scherben  an  das  Franzens-Mufeum  in 
Brunn  als  Gefchenk  einlangten.  Die  Urnen  zeigen 
mehrlinige  gerade  wagrechte  Streifen  (Fig.  9  und  10), 
find  aus  gelbkörnigem  grauen  Lehm  fi  11  gi  brannt  und 
innen  mit  gelbem  Lehm  und  Kohlenp artikelchen  aus- 
gefüllt. Die  beiden  Urnen  haben  15  Cm.  Hohe  und 
46  Cm.  Ausbauchung,  der  Durchmefier  der  Oeffnung 
erreicht  12  Cm.,  der  der  Fußplatte  nur  7  Cm.  Die  kleine 
Urne  ift  nur  30  Cm.  hoch.  Eigentliche  prähiftorifche, 
vorchriftliche  Funde  wurden  bei  den  vorbefchriebenen 
Gefäßen  nicht  gemacht.  Die  Fundftelle  befindet  fich 
innerhalb  der  gänzlich  verfallenen  Burgftelle,  daher  es 
nicht  ficher  ift,  ob  diefe  Gefäße  aus  freier  Hand  gemacht 
worden.  Ks  ift  möglich,  dafs  diefe  Gefäße  der  mittel- 
alterlichen Zeit  angehören. 

51.  Confervator  Graus  hat  an  die  Central-Com- 
miffion  dieMittheilung  gemacht,  dafs  fich  in  der  Pfarr- 
kirche zu  AbflaU  bei  Spielfeld  ein  fchöner  zweifchiffiger 
Bau  erhalten  hat.  Die  Kirche  fpät-gothifchen  Charak- 
ters ift  über  24  M.  lang  und  über  6  M.  breit  im  Schiffe. 


Fig.  7,  S.  (Flii-fch.) 

Es  ift  kein  Zweifel,  dafs  der  Bau  noch  Refte  aus  dem 
12.  Jahrhundert  enthält.  Die  Nordwand  wurde  im 
15.  Jahrhundert  durch  vier  ganz  unregelmäßige  Durch- 
brechungen  geöffnet   und  mit  einem  daran  gebauten 


Fig.  5,  6.  (Dernovo.) 

Urnen  waren  ganz  (zwei  fchüffelformig,  eine  roth,  die 
andere  fchwarz,  die  dritte  Urne  war  topfformig  und 
rothfarbig),  die  übrigen  Urnen  waren  in  Folge  Einfturzes 
von  Gewölbetheilen  zerfchlagen  und  theilweife  die 
Urnenfcherben  durch  die  Löcher  in  den  Hohlraum  der 
Mauer  gefallen,  der  reichlich  mit  Afche  und  fchwarzer 
Erde  von  verbrannten  Leichen  angefüllt  war.  Die 
Wände  waren  in  kleinen  quadratifchen  Feldern  mit 
eincmBlatt-Ornament  bemalt.  An  der  Vorderwand  war 
das  Ornament  gelb  auf  rothlichem,  an  den  Seiten- 
wanden  roth  auf  weißem  Grunde  (Fig.  5  u.  6). 

49.  In  Fig.  7  und  S  geben  wir  die  Abbildung  jenes 
Speeres,  deffen  als  in  Flirfch  gefunden,  Confervator 
Dr.  Jenny  in  feinem  Berichte  über  die  Vorzeit  Perjens, 
ihn  ausfuhrlich  befprechend,  S.  XXXV  erwähnt. 

50.  Confervator  Trapp  machte  die  Mittheilung, 
dafs    von    den  prähiftorifchen  Funden    am    Staryhrad 

Mil.  N.  F. 


Fig.  '),  10.  (Staryhrad. 

Seitenfchiffe  verbunden,  das  570  M.  Spannweite  hat, 
mit  Strebepfeilern  verfehen  ift,  die  dem  Hauptfchiffe 
fehlen.  Das  aus  derfelben  Zeit  ftammendePrcsbyterium 
mit  drei    Jochen   fchließt   im   halben  Achteck  und   hat 


ex 


Rip:  :be.     Die    Gewölbe    der    Schiffe    mußten 

Kreuzgewölben  weichen,  der  Thurm  fleht  an  der  Nord- 
feite und  dient  in  feinem  unteren  Gefchoße  als  Sacriftei. 
Ein    fchönes  gothifches  Rundfenfter    mit    fpeichenför- 

migem  Maßwerk  und  eine  gothifche  Marien-Statue  am 
Seiten-Altare  find  bemerkenswerth. 

Derfelbe  Confervator  berichtet  ferner  über  die  auf 
der  Voralpe  gelegene  Wallfahrts-Kirche  Maria  Ofler- 
und  bezeichnet  üc  als  einen  nun  dreifchiffigen 
Bau,  von  welchem  der  der  Breite  des  Mittelfchiffes 
gleichkommende  Weftthurm.  das  Mittelfchiff  und  das 
Presbyterium  mit  aus  dem  Achteck  conftruirtem  Schluße 
der  gothifchen  Bauzeit  entflammen.  Rippengewölbe. 
Unter  dem  Thurme  findet  fich  ein  Sterngewölbe,  in  zwei 
Jochen  des  Schiffes  ein  Rautengewölbe,  in  den  drei 
Jochen  des  Presbyteriums  fieht  man  Kreuzgewölbe.  Im 
iS.  Jahrhundert  wurde  die  Kirche  dreifchiffig  gemacht 
und  ihre  innere  Breite  von  ;■:;  M.  auf  1565  M.  gebracht. 
Im  Thurm-Erdgefchoße  öffnet  fich  gegen  die  Kirche  ein 
hübfehes  Well-Portal  mit  gefchweiftem  Schluße  und 
flankirenden  Fialen,  letztere  leider  ftark  befchädigt. 
An  der  Nordwand  des  Presbyteriums  ift  ein  fteinerner 
Wand-Tabernakel  angebracht  mit  einem  Wimberge. 
Eine  mäßig  große  Thurmglocke  führt  folgende  Infchrift: 
in  prineipio  erat  verbum  et  verbvm  erat  apud  deum  et 
deus  erat  verbvm  hoc  erat  factum  M.CCCCVIII. 

52.  Ueber  die  Reftaurirung  des  Domes  zu  Mar- 
burg find  der  Central-Commiffion  interelTante  Nach- 
richten zugekommen.  Diefelbe  ifl  beinahe  fertig  und 
gut  ausgefallen.  Zu  erwähnen  ift  die  Ausmauerung  der 
großen  Chor-Strebepfeiler,  die  Sicherung  des  Gewölbe- 
Rippennetzes,  die  Einfetzung  fteinerner  Theilungs- 
pfoften  und  weniger  gelungenen  Maßwerke,  der  hübfehe 
Cement-Mörtelverputz,  die  Ausbefferung  der  Gcfimfe 
und  die  Färbelung  im  Innern.  Ueberflüffig  erfcheint  die 
äußerliche  Uniformirung  der  Barok-Capellen  zu  bei- 
läufiger Gothik,  die  Umgeflaltung  der  romanifch  rund- 
bogigen  Schiff-Arcaden  in  Spitzbogen  und  die  neue 
Dach-Galerie  etc. 

53.  Seitens  der  kärntnifchen  Landesregierung  ift 
anläßlich  eines  vorgekommenen  Falles,  dafs  bei  einer 
Thurm-Reftaurirung  den  Anträgen  des  Confervators 
nicht  genügend  Rechnung  getragen  wurde,  über  ein  von 
der  Central-Commiffion  geftelltes  Anfuchen,  dahin 
gehend  dafs  die  k.  k.  Bauämter  angewiefen  werden 
möchten,  in  Fällen  von  Kirchen-Reftaurirungen,  Demo- 
lirungen,  Um-  und  Zubauten  den  berufenen  Confer- 
vator vorerft  zuverftändigen,  damit  derfelbe  imlntereffe 
des  Baudenkmales  und  deffen  einzelner  Theile,  infofern 
fie  des  Erhaltens  werth  und  würdig  find,  und  infofern 
die  Neuerungen  pietätvoll  mit  thunlichfterSchonung  des 
Beftehenden  und  in  Harmonie  mit  demfelben  durch- 
geführt werden  follten,  zunächft  feines  Amtes  walten 
könne,  unterm  26.  März  d.  J.  eine  überaus  dankens- 
werthe  Weifung  an  alle  k.  k.  Bezirkshauptmann- 
fchaften  ergangen.  In  derfelben  werden  die  genannten 
politifchen  Behörden  neuerlich  angewiefen,  in  vorkom- 
menden Fallen  das  dem  obigen  Erfuchen  Entfpre- 
chende  zu  veranlaffen  und  fich  nicht  blos  mit  der  tech- 
nifchen  Begutachtung  des  Bauorganes  zu  begnügen, 
fondern  auch  die  Aeußerung  de^  genannten  Confer- 
vators einzuholen  und  die  dortämtliche  Genehmigung 


erft  dann  zu  ertheilen,  wenn  deffen  Vorfchläge  beach- 
tet worden  oder  darüber  eine  Vereinbarung  erzielt 
werden  ift. 

54.  Der   hochwürdige  Pfarrer   Edmund   Tvska  in 

Kloilerlc  hat  über  mehrere  Baudenkmale  im  nord  weit  - 
lichen  Böhmen  an  tue  Central-Commiffion  berichtet. 
Wir  entnehmen  daraus  Einiges  mit  befonderem  Inter- 
effe,  fo  z.  B.  über  die  St.  Joachim-Kirche  in  der  Berg- 
ftadt  Joachimsthal,  einem  Baue  aus  dem  Jahre  1534  mit 
anfpruchslofem  Aeußeren.  Das  Innere  ift  dagegen 
imponirend.  Der  fpätgothifche  Bau  hat  die  Anlage 
einer  dreifchiffigen  Hallenkirche  mit  beftimmten  Re- 
nailfance-Anklängen.  Fünf  Säulenpaare  tragen  die  Ge- 
wölbe, den  Säulen  entfprechen  außen  einfache  Strebe- 
pfeiler. Leider  hatte  die  Kirche  durch  Brand  fehreck- 
lich  gelitten,  wenn  fie  gleich  in  den  Jahren  1874  — 1876 
durch  den  Architekten  Mocker  moglichft  wiederher- 
geftellt  wurde,  allein  die  alte  Kirche  ill  fie  nicht  mehr. 

Die  Katharinen-Kirche  zu  Kontotau,  weicht 
glücklich  angelegt  ift,  dafs  fie  baulich  den  Rathhaus- 
platz  beherrfcht,  und  urfprünglich  Deutfch-t  »rdens- 
kirche  war,  wurde  unter  Kaifer  Jofeph  II.  gefchloffen. 
Sie  ift  das  ältefte  Gebäude  der  ehemals  an  alten 
Bauwerken  reichen  Stadt,  die  nun  gewaltig  modernil'irt 
ill.  Sie  ift  ein  Bau  aus  rothlichen  Quadern,  erreicht 
eine  ungewöhnliche  Höhe,  ill  von  frühgothifchem 
Charakter  mit  einfachen  Strebepfeilern  gegen  außen 
und  mit  fchmalen  zweitheiligen  Maßwerkfenflern. 

Die  Dechantei-Kirche  dafelbft  ift  ein  fpätgothi- 
fcher  Hallenbau,  wurde  1518  von  Jörg  Schremle  erbaut, 
enthält  drei  Paare  canellirter  Pfeiler,  darauf  die  Netzge- 
wölbe-Rippen unvermittelt  auffitzen.  Im  füdlichen  Sei- 
tenfehiffe  die  Empore,  dafelbft  alte  erft  jüngft  aufgefun- 
dene Wandmalereien.  Das  Presbyterium  fehr  nieder.  In 
einigen  Fenftern  noch  das  Maßwerk.  Fagade  fchmuck- 
los  mit  abgetrepptem  Giebel,  reiches  Portal-Fenflcr  mit 
zwei  kleinen  Nebenfenftern. 

Außer  diefen  findet  fich  in  Komotau  noch  eine 
dritte  Kirche,  dem  heil.  Ignatius  geweiht,  ein  hoher 
prächtiger  Bau  "der  Jefuiten. 

Mit  Ausnahme  von  Eger,  Kuttenberg,  Prachatic, 
Beraun,  Hohenmaiäh  und  etwa  Budweis  haben  die 
meiften  böhmifchen  Landftädte  ihr  alterthümliches 
Gepräge  verloren.  Mancher  alte  interelTante  Bau  ill 
dem  Alles  nivellirenden  Zuge  der  Neuzeit  und  dem 
modernen  Begriffe  der  Städteverfchönerung  zum  Opfer 
gefallen  und  nicht  wenig  unverzeihliche  Sünden  find  in 
diefer  Hinficht  begangen  worden.  Das  ruckliehtslofe 
Wegfegen  von  Allem,  was  dem  momentanen  Ziele  im 
Wege  lieht,  ift  leider  fo  fehr  zur  Mode  geworden,  dafs 
felbft  uralte  Städte  mit  reicher  Vergangenheit  fich  nun 
in  vollftändig  modernem  Gewände  präfentiren.  Wo  der 
Alterthumsfreund  ficher  vermeint,  etwas  zu  finden,  er 
wird  enttäufcht.  So  hat  beifpielsweife  Saaz  von  alten 
Profanbauten  nichts  mehr  aufzuweisen  als  ein  Stadtthor, 
Briix,  die  freundliche  Stadt  mit  drei  Ringplätzen,  mit 
feiner  herrlichen  Decanal-Kirche  hat  in  allerneucller 
Zeit  feine  fchönfte  Zierde  verloren,  fein  altes  in  Früh- 
renaiffance  erbautes  Rathhaus  mit  der  bemalten  Fagade, 
an  deffen  Stelle  nun  ein  vielfenftriger  langgeftreckter 
und  weißgetünchter  Utilitätsbau  fich  breit  macht. 
Ein  anderes  Beifpiel  bietet  Kaaden,  das  feinen  alter- 
tümlichen Eindruck  fall  ganz  eingebüßt  hat.  Obwohl 


CXI 


hier  noch  etliches  zu  finden  ift,  wie  die  fpätgothifche, 
1470  von  Peter  Bauer  aus  Eger  erbaute  Franciscaner- 
Kirche  mit  dem  ziemlich  intact  erhaltenen  Chor  und 
den  fchönen  Maßwerkfenllcrn,  einige  reiche  fpät- 
gothifche Wölbungen  in  den  Laubengangen  am  Markt- 
plätze, das  alte  Stadtthor  und  der  Rathhausthurm  mit 
feiner  Steinpyramide.  In  dem  kleinen  Thurmerker 
befand  fich  durch  lange  Zeit  das  Archiv  des  1553  fäcu- 
larifirtcn  aus  1236  flammenden  Ciftercienferklofters 
Grünthal  in  Sachfen,  das  in  der  Nähe  von  Kaaden 
Bcfitz  hatte.  Endlich  ift  noch  des  fogenannten  Heiligen- 
thurmes  zu  erwähnen,  ein  urfpriinglich  fortificatorifcher 


Fig.    ri.   (Minning.) 

Hau,  da  man  noch  im  fpitzbogigen  Portal  die  Ein- 
richtungen für  das  Fallgitter  erkennt.  Der  Thurm  ift 
über  30  M.  hoch,  prismatifch  angelegt  mit  fteil  auf- 
ragendem gothifchen  Dache,  trotzig  auf  die  Häufer  zu 
feinen  Füßen  herum  herabblickend.  Leider  fchlecht 
reftaurirt. 

55.  Im  Nachftehendcn  berichten  wir  über  einige 
mittelalterliche  Grabdenkmale : 

a)  Minning  im  Innviertel,  nahe  bei  Braunau 
gelegen,  h  it  eine  uralte  Pfarrkirche,  zu  Ehren  der 
Opferung  Maricns.  In  der  Mämlinger  Capelle,  im 
15.  Jahrhunderte  erbaut,  ilt  an    der  Wand  ein  Grab- 


flein  von  rothem  Marmor  7'  2"  hoch,  3'  9"  breit.  Die 
kräftige  fcharfe  Minuskel-Umfchrift  lautet:  Hie  ligt 
begraben  der  Edl  und  veft  f  |  Wolfgam;  von  Elreching 
zw  Meinung  der  geflorben  ift  am  Erichtag  nach  fand 
|  Bartholomeustag  Anno  domini  |  1.5.2.  |  .  jar  dem 
der  allmechtig  got  genadig  und  pannherzig  fein  well. 
Das  Bildfeld  des  Denkmals  ift  von  an  den  Enden  ge- 
kreuzten Leiftenftäben  umfafst  und  zu  beiden  Seiten 
mit  knorrigen  Baumftämmchen  umgeben,  welche  oben 
innen  in  einen  Bogen  von  Laubwerk-Arabesken  zufam- 
menftoßen.  In  der  Ecke  oben  links  das  Wappen  der 
Neidhart  vonHorneck,  rechts  das  Wappen  derBrecken- 
dorf.  Im  Felde  die  gewappneteFigur  des  Ritters  im  can- 
nellirten  Harnifche,  mit  auswärts  gebogenen  Stauchen, 
das   Haupt  mit   dem  Helme  bedeckt,   der   mit  fechs 


^itoSfthmb_ 


luoiii\3q^3Jrj]iU3^\l^ja^ 


Fig.    12.  (Efferding.) 

wallenden  Federn  gefchmückt  ill,  mit  offenem  Vifiere. 
Die  Rechte  hält  das  Panier,  die  Linke  liegt  am 
Schwertgriffe.  Die  Handfchuhe  find  gefinge!  t. 

Zu  feiner  rechten  Seite  fleht  der  Tartfchenfchild 
der  Elreching,  das  Eichhörnchen  mit  zwei  Büffels- 
hörnern als  Kleinod,  an  welchen  außen  zwei  Eichhörn- 
chen emporklettern.  Zu  feiner  Linken  das  Wappen 
der  Schwarzenftain,  der  Familie  feiner  Frau.  In  der 
Tartfche  eine  Zinne  mit  je  zwei  Stufen,  als  Kleinod 
ein  Mannesrumpf  mit  dem  Stulphut  bedeckt,  der  mit 
Federn  befleckt  ift  (Fig.  n). 

b)  In  der  Pfarrkirche  zu  Efferding  lag,  als  die  Grab- 
fleine  noch  an  ihren  Stellen  waren,  rückwärts  im  Fuß- 
boden ein  Grabftein  von  rothem  Marmor,  6'  9"  hoch, 
}' 4"  breit,  bereits   fchr   abgefchliffen    und    der   ob 


CX1I 


Thcil  der  Umfchrift  durch  einen  Bcichtfluhl  verdeckt, 
delTen  Minuskel-Umfchrift,  foweit  felbe  fichtbar  war, 
lauU 

Der  Edl  und  |  geftreng  Herr  Wilboldt  vo  pirhing 
zu  Sighartting  vö  Camer  |  werg  Ritter  ift  geftorben 
den  I  |  tag  des  monadts  May  im  1536  Jar,  dem  got 
genedig  fey. 

Im  vertieften  Felde  des  Steines  fleht  die  gehar- 
nifchte  Figur  des  Ritter-,  den  Helm  mit  aufgefchla- 
genem  Vifir  auf  dem  Haupte,  mit  Kinnreff  und  gefcho- 
benen  Hai-reifen,  hohen  nach  innen  gebogenen 
Stauchen  und  merkwürdigen  Ellbogen-Kacheln,  deren 
gekerbte  Rander  nach  außen  umgebogen  waren.  Die 
Handfchuhe  find  Fäuftlinge,  die  rechte  Hand  hält  das 
Panier,  die  linke  ruhet  am  Schwertgriffe,  die  übrige 
Ruftung  hat  nichts  auffallendes  an  fich  und  die  Knie 


HIELICTBECRABENDERW01GE3ORN 


Naa  isi  N3ayoi§3üMa 


Fig.  13.  (Ober-Thalheim.) 

kacheln  find  fchon  derart  abgefchliffen,  das  man  über 
eine  mit  den  Mäufeln  harmonirende  Form  nichts  mehr 
mit  Sicherheit  entfeheiden  kann. 

Drei  Wappen  fchmücken  den  Stein.  Oben  über 
des  Ritters  linker  Schulter  ift  eine  behelmte  Tartfche 
mit  den  drei  Wecken  der  Pirching,  welche  auf  dem 
Fluge  des  Kleinods  fich  wiederholen.  Unten  neben  dem 
linken  Fuße  find  im  getheilten  Schilde  drei,  zwei  und 
eins  geftellte  Sterne,  und  ein  Spruchband  über  dem 
Schilde  nennt  den  Namen  Freiberg.  Rechts  ift,  nach 
innen  gekehrt,  das  Einhorn  mit  der  Ueberfchrift : 
Nufsd* >rf   I  i      [2 

Willibald  von  1 "irching  war  in  erfter  Ehe  mit 
Urfula  von  Freiberg,  in  zweiter  Ehe  mit  Anna  von 
Nufsdorf  vermahlt  (Bucelini  III.  Fol.  178.  Hundt  IV. 
F.  22 


WeigVs  Wappenbuch  V.  1. 16,  bringt  da-  Wappen 
der  Pirching  gold  und  fchwarz,  fchräg  getheilt  mit 
wechfelnden  Farben.  Das  Freyberger  Wappen  W.  I. 
t  78  von  weiß  und  blau  getheilt,  in  Plan  drei  goldene 
Steine:  W.  I.  t.  ~~  enthalt  auch  da-  Wappen  der 
Nufsdorf,  in  fchwarz  das  filberne  Einhorn.  Nach  dem 
oberöfterreichifchen Urkundenbuche  gehören  die  Nufs- 
dorfer  zur  Familie  Maiffau  in  Unter-Oefterreich,  und 
fuhren  feit  1120  dasfelbe  Wappen  in  verfchiedenen 
Farben,  die  Maiflauer  in  Gold  das  fchwarze  Einhorn 
—  die  Nufsdorfer  in  fchwarz  das  Einhorn  von  Silber. 

c)  In  der  Grabcapelle  zu  Ober-Thalheim  ill  an  der 
Wand  in  rothem  Marmor  ein  fehr  fchön  gearbeiteter 
6'  3"  hoher  3'  I1  t''  breiter  Grabftein  mit  Umfchrift 
in  Lateinbuchflaben: 


ÄJerS-3lcnSrnH)Hfltntrcif|)fn3üwklifn"ijt 

Snrbnrayon'öii^n&cr^airafclyni^" 

§bri|'tlickriiÖciiecl)fniiHQtäifil;4flicbc= 

fromMfcl;offt4i^S;phitopIiiüm^itbrrVtr 

orkeKietfnfe(ittawfidi(li(^uffr[tfancii)frlfiln|)1flj 


&Ü 


Fig.  14.  (Kirchdorf.) 

HIE    LIGT    BEGRABEN    DER  WOLGEBORN  |  HERR 

HERR  SEIFRIDT  FREIHERR  ZV  POLHAM  VND  WAR- 

TEWVRG|  DER  GESTORBEN  IST  DEN  |  VOCTOBRIS 

IM-MD-LXXVI- IAR  DEM  GOT  GENAD  AMEN-| 

Im  vertieften  Felde  fleht  der  geharnifchte  junge 
Herr  mit  entblößtem  Haupte  und  Halskraufe,  ein  Monile 
an  der  Kette  auf  der  halben  Krebsbruft,  die  rechte 
Hand  auf  die  Hüfte  geftemmt,  an  welcher  der  Griff  des 
Dolches  fichbar  wird,  die  Linke  auf  dem  Schwertknaufe, 
mit  Querparirftange  und  Efelshuf,  neben  feinem  linken 
Fuße  fleht  der  mit  einer  Feiler  gezierte  Helm  mit  auf- 
geschlagenem Vifir.  Ueber  feiner  linken  Schulter  ift  in 
zirkelrunder  Faffung  das  doppelt  behelmte  bekannte 
Wappen  von  Pollheim  und  Wartenburg  engebracht. 


CXIII 


Seifriedw&r  derSohn  Weykart's  von  Pollheim  und 
Wartenburg  und  deffen  Gemahlin  Rofina  von  Pollheim 
zu  Partz.  Er  war  am  3.  Juli  [548  geboren  und  ftarb, 
noch  unvermält  im  28.  Jahre  feines  Lebens  (Fig.  13). 

dj  Kirchdor}  ill  einePfarreim  tnn\  irtel,  eineStunde 
von  Obernberg.  In  der  zu  Ehren  der  Himmelfahrt 
Mariens  geweihten  Pfarrkirche  ill  an  der  Wand  der 
Capelle  ein  Denkftein  von  rothem  Marmor  6'  5"  hoch, 
3'  1"  breit. 


^ai^ta^a! 


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¥ptiil#llj-i)J^iilB 


Fig.    15.  (Brixen.) 

Am  unteren  Theile  desfelben  ift  in  fchnecken-  und 
volutenreicher  Umrahmung  die  Infchrift  in  Kanzlei- 
fchrift  in  fünf  Zeilen  angebracht,  wie  folgt : 

Der  Edlen  Krnthugentreichen  Junckfrue': 
Barbara  von  und  zu  Hertzhaim  feiigen  zu 
Chriftlicher  Gedechtnufs  hat  Die  Adeliche 
Freundtfchafft  difs  Ephitaphium  hieher  ver 
Ordnet  deren  Gott  ain  fröliche  Auferftehung  verleihe 
A.1611, 

Unter  einem  von  eckigen  Säulen  getragenen  Rund- 
bogen,  an  deffen  heraldifch  rechter  Ecke  das  dreifach 


behelmte  quadrirte,  mit  einem  Herzfchilde  belegte 
Wappi  11  dei  Hertzhaim,  und  auf  deffen  linker  Seite  da: 
doppeltbehelmte  quadrirte  Wappen  der  Clofen  lieht 
wm\  deffen  in  Schneckenvoluten  aufgerollte  Mitte  mit 
geflügelten  Engel  köpf  .1  verziert  ill.  lieht  die  Jungfrau 
mit  entblößtem  Kopfe,  die  Haare  gefcheitelt  mit  runder 
gefalteter  Halskraufe  im  langen  zugeknöpften  Kleide, 
die  Knöpfe  mit  Spangen  verziert,  die  Hände  zum  Ge- 
bete gefaltet,  mit  langen  gefchlitzten  Aermeln,  an  einem 
Bande  ein  Crucifix,  nahezu  ein  Schuh  lang,  herabhan- 
gend. Barbara  von  Herczhaim  war  die  Tochter  Cuno's 
von  Herczhaim  und  der  Regina  von  Clofen  und  fank  in 
der  Blüthe  ihrer  Jahre  ins  Grab  (Fig.  14). 


e)  Im  Kreuzgange  des  Hochftiftes  zu  Brixen  be- 
findet fich  unter  den  zahlreichen  Monumenten  eine 
rothmarmorne  Platte,  die  folgende  umlaufende  Rand- 
Infchrift  trägt:  f  ano  .  doi .  millefimo.  |  cec  .  lxxviij  .vn  . 
die .  menfis  .  marci .  johan  ,  nes .  de .  frewnfp  |  erg .  canon . 
ecclefie  .  brixinenfis .  et . plebanus |  (an  der  Kopffeite  des 
Bildfeldes  in  zweiter  Zeile)  in.matray .  obyt. 


Fig.  17.  (Eibenfchitz.) 

Der  Domherr  Joaannes  v.  Freundsberg  ift  in  der 
Mitte  des  Bildfeldes  als  aufrecht  flehende  Figur  darge- 
llellt,  im  priefterlichen  Gewände  und  zwar  angethan 
mit  der  Glockencafel,  an  dem  linken  Arm  die  Manipel 
und  vor  fich  in  der  Brufthöhe  den  romanifchen  Kelch 
haltend.  Das  lockige  Haupt  ill  unbedeckt.  Zu  Füßen 
links  der  unbehelmte  fchräg  geftellte  Schild  (Fig.  15). 

56.  Das  hier  in  Fig.  16  beigegebene  Siegel  gehört 
der  mährifchen  Gemeinde  Eibenfchitz   an.   Da>  S; 
dürfte  im  16.  Jahrhundert  entftanden  fein,  ift  rund  mit 
44  Mm.  im  Durchmeffer  und  führt  auf  dem  von  Harken 
Stufenleiften  eingefaßten  Schriftrande  folgende  Infchrift: 

Sigillum .  civitatis .  de .  eywancitcz  (Ranken  . 


CX1V 


Im  runden  rankenbelegten  Bildfelde  der  Tartfchen- 

fchild    mit    an    der    rechten   oberen    Ecke    angefi;. 
fpiralformiger  Decoration.   Das  Schildfeld  ift  punktirt. 

und   zeigend  und  enthält   drei    eig 
thümlich  geftaltete  becherähnliche  Glocken,  davon  je 
eine    aufwar:  die    beiden    Ecken,    die    dritte 

abu  en  die  Mitte  des  Schildfußes  gerichtet  ift. 

Da-  andere  -  I  fpitzoval  mit  30  Mm. 


i\ 


Fig.  1  8. 

in  der  Breite  und  49  Mm.  in  der  Hohe,  gehurt  noch  dem 
15.  Jahrhundert  an  und  führt  folgende  Legende  auf  dem 
mit  Leiden  befäumten  Schriftrande:  t  S.  poris  :  znoy- 
men  ::  fis.frm  :  predicat:  Sigillum  prioris  znoymenfis 
fratrum  predicatcrum  Siegel  des  Priors  des  Domini- 
caner-Coin  ents  zu  Znaym.  Im  Bildfelde  der  gekreuzigte 
Heiland  umgeben  von  Maria  und  Johannes,  darunter 
eine  kleine  knieende  Figur.  Der  Dominicaner-Convent 
in  Znaim  erfcheint  fchon  1202. 

Ein  fehr  hübfehes  Siegel  führt  die  Stadtgemeinde 
Teltfch  in  Mähren.  Fig.  lS  bringt  eine  Abbildung 
davon.  Es  ift  rund  mit  39  Mm.  im  Durchmeffer  und 
fuhrt  folgende  innerhalb  zweier  Perlenreihen  ange- 
brachte Legende:  f.Sigillvm  .  civitatis  .  in  .  teltfch.  Im 
Bildfelde  erfcheint,  dasfelbe  ganz  ausfüllend,  die  fünf- 
blättrige Rofe  der  Rofenberge,  in  deren  kreisrundem 
Mittelpunkte  ein  gekröntes  M  fichtbar  wird.  Das  Siegel 
reicht  bis  in  das  15.  Jahrhundert  zurück  und  verdankt 
fein  Entftehen  der  damaligen  herrfchaftlichen  Befitzers- 
familie,  der  Herren  von  Rofenberg. 

Ein  anderes  Siegel  erfcheint  in  Fig.  19  abgebildet, 
gehört   der  Gemeinde    Simmering  bei  Wien  und 
ftammt    der   Stempel   aus  dem 
Jahre  1615.  Das  Siegel  ift  kreis- 
rund mit  30  Cm.  im  Durchmeffer 
und     enthält     im    Schriftrande 
zwifchen  einem    Lorbeerkranze 
und   einer    Stufenlinie   folgende 
in   Lapidaren  gefchriebene  Le- 
gende: f  .  S  .  DER  .  GMAIN  . 
ZV  .  SIMRING.     Im    Bildfelde 
erfcheint  ein  ftark   gefchweifter 
Schild,    darin    der  Buchftabe  S, 
knapp  über  dem  Schilde  die  obbezeichnete  Jahreszahl. 
Heute  fuhrt  die  Gemeinde  Simmering  den  heil.  Laurenz 
im  Wappen. 

In  Fig.  20  bringen  wir  die  Abbildung  des  Si 
der  Stadt  BluJens.   Das    Siegel   ift   rund,  hat  55  Mm. 
im  Durchmeffer.  fuhrt  in  kräftigen  und  ftylifirten  Lapi- 
daren zwifchen  Stufenrandern  ciie  Legende:  t  .  s.  civi- 
tatis .  in  .  blvdenz  .    lic  .    Im    Bildfclde,    das   durch    ein 


Fig.  19.   iSimnu 


fchräggeftelltes  Gitterwerk  mit  eingeftreuten  Blümchen 
gemultert   ift,    lieht    man    den    etwas    ausgebauchten 

zfchild,  darin  das  aufgerichtete  gegen  links  ge- 
wendete Einhorn.  Der  Stempel  dürfte  der  zweiten 
Hälfte  des  14.  [ahrhunderts  angehören.  Mitth.  n.  F 
IX.  p.  LXXXI.  " 

Zu  den  fchönften  mittelalterlichen  Siegein  gehört 
unftrciti.  -    gel  der  Stadt  Neuhaus  in  Böhmen.  Die 

21  veranfehaulicht  dasfelbe  in  Abbildung.  Ein  brei- 
ter Stufenrand  umfäumt  das  runde  Siegel,  das  einen 
Durchmeffer   von  54  Mm.  hat.    Im  Bildfelde   erfcheint 


Fig.  2o.j  «Bladenz. 

ein  unten  abgerundeter,  feitwärts  etwas  eingebogener 
und  in  feiner  Fläche  eingebauchter  Schild,  darin  zwei 
aufrechte  böhmifche  Löwen  gegen  die  Mitte  gew  endet 
die  fünf  blättrige  Rofe  der  Rofenberge  haltend.   Ueber 


Fig.  21.    N'euhaus.) 

demfelben  fchwebt  ein  gekröntes  YV.  Die  Legende  ift 
auf  einem  Spruchbande  vertheilt,  das  lieh  von  rechts 
über  den  oberen  Rand  gegen  links  fchlägt.  Sie  lautet : 
:  s  :  judicis  •  :  •  .  civivm  ■  :  •  :  civitatis  .  novedomvs. 
Der  Stempel  diefes  herrlichen  Siegels  mag  im  16.  Jahr- 
hundert aus  einer  fehr  kunftfertigen  Hand  hervor- 
gegangen fein. 

57:  Anbei  findet  fich  die  Abbildung  (Fig.  22  des 
in  der  Decanal- Kirche  zu  Pardubic  befindlichen  Tauf- 
beckens aus  der  Pernftein'fchen  Blüthezeit   1515  . 


(XV 


Das  auf  drei  zwar  maffiven,  aber  gefchmackvollen 
brou/.cnen  Füßen  ruhende,  ebenfalls  in  Kronzegegoffene, 
fehr  fchwere  Taufgefäß  von  57  Cm.  Durchmcffer,  deffen 
urfprünglicher  nun  in  Verluft  gcrathener  Deckel  gegen- 
wärtig durch  einen  modernen  aus  Kupfer  erfetzt  ift, 
trägt,  wie  Corrcfpondeiit  V.  Divis  mittheilt,  unter  dem 
äußeren  halbrunden  Rande  in  Hautrelief  an  vier  Stellen 
das  Pernftcin'fche  Wappen  (Auerochskopf,  deffen 
Nüftern  mit  einem  Ringe  durchzogen  lind),  unter 
welchen  (ich  zwifchen  je  drei  parallelen  Rundftäben  die 
böhmifche  Umfchrift : 

Wylem  z  Pernssteyna  a  na  Helfenssteynie  leta  Panie 

15  set  i5l,;ho. 

in  gothifchen  Minuskulen  zweimal  gleichlautend  wie- 
derholt. Die  Lettern  find  2-3  Mm.  hoch  und  hie  und 
da  \eritellt,  refpeflive  verwechfelt.  Die  Jahreszahl  ift 
gekürzt.  Maskenköpfe  bilden  die  Obertheile  der  Füße, 
welche  in  breite  Thierpratzen  endigen.  In  der  Mitte  ilt 
ein  einfaches  Kreuz  fichtbar. 

58.  (Ueber  die  neueflen  Grabungen  in  Salona.) 
In  den  letzten  Monaten  des  Jahres  1885  mußten 
an  der  chriftlichen  Bafilica  und  ihrer  Umgebung  zu 
Salona  zunächft  einige  Arbeiten  ausgeführt  weiden, 
die  nicht  auf  Ausgrabung  neuer  antiker  Gegenstände, 
fondern  blos  auf  die  Confervirung  bereits  aufgedeckter 
Objecte  zielten,  da  diefe  durch  die  winterlichen  Regen- 
güffe  neuerdings  mit  Erde  bedeckt  worden  waren. 
Diefe  Präfervirungs-  und  Confervirungs  -Arbeiten  wurden 
auch  in  den  erften  Monaten  des  Jahres  1886,  je  nach- 
dem es  die  Witterung  zuließ,  fortgefetzt.  Hierauf 
wurden  im  Monate  April  die  fyftematifchen  Ausgra- 
bungen wieder  aufgenommen. 

Nachdem  die  Verhandlungen  behufs  des  vorge- 
fchlagenen  Ankaufes  des  Grundes  Bottura,  worunter 
das  Atrium  der  Bafilica  liegt,  noch  nicht  zu  Ende 
geführt  wurden,  fo  bezweckten  die  Ausgrabungen 
die  vollftändige  Freilegung  fowohl  der  mit  der  Bafilica 
verbundenen  Nebengebäude,  als  auch  des  darunter- 
liegenden Friedhofes;  dann  auch  die  Feftfetzung  der 
Ausdehnung  diefes  gegen  Nordoft  und  Oft,  und 
fchließlich  auch  die  Einfriedung  der  Bafilica  mit  einer 
Umfaffungsmauer,  damit  diefe  durch  das  in  den 
früheren  Jahren  ausgegrabene  und  in  der  Nähe  aufge- 
fchüttete  Material  nicht  wieder  zugedeckt  werde. 
Gegen  Often  wurde  das  Erdreich  bis  zur  Entfernung 
von  28  M.  von  der  Hauptapfis  abgetragen.  Die  Sarko- 
phage, die  in  der  Nähe  der  Apfis  fehr  häufig  und  über- 
einandergefchichtet  erfchienen,  wurden  mit  dem  Fort- 
fchreiten  der  Ausgrabungen  immer  feltener  und  blieben 
endlich  ganz  aus.  Statt  diefer  fand  man  nur  noch 
einige  gewöhnliche  Gräber,  aber  auch  diefe  fehr  feiten. 
Auf  der  ausgegrabenen  Stelle  erfchienen  in  den  letzten 
Monaten  nur  zwei  Todtenkammern  mit  eingeftürzter 
Wölbung,  voll  Erde  und  abgebrochener  Steinftücke, 
darunter  in  der  einen  Kammer  Fragmente  eines 
marmornen  Sarkophages.  Die  erfte  Todtenkammer 
ift  2  M.  lang,  16  M.  hoch  und  185  M.  breit,  und  hat 
eine  069  M.  hohe  und  CV55  M.  breite  Oeffnung  zur 
Einführung  von  Leichen  in  die  Kammer.  Die  zweite  ift 
210  M.  lang,  riS  M.  breit,  150  M.  hoch  und  mit  einer 
051  M.  hohen,  0-40  M.  breiten  Oeffnung verfehen,  die, 
wie  bei  der  erften  Todtenkammer,  durch  eine  verfchieb- 


bare  Steinplatte  verfchloffen  war.  Neben  diefer 
Kammer  fand  man  eine  fchlecht  erhaltene  heidnifche 
Infchrift,  welche  wahrfcheinlich  vom  höher  gelegenen 
Abhänge  durch  Regengüffe  heruntergefchwemmt 
winde.  Im  abgetragenen  Erdreiche  fand  man  jene 
Infchriften-Fragmente,  welche  im  Juniheftc  des  „Bullet- 
tino"  zugleich  mit  einem  Berichte  über  die  Grabungen 
veröffentlicht  wurden;  dann  eine  bleierne  Todtentruhe 
mit  fehr  fchlecht  verbundenen  Kanten  und  ohne 
Deckel,  140  M.  lang,  040  M.  breit  und  030  M.  hoch; 
außerdem  noch  eine  Menge  kleiner  rechteckiger 
Ziegelfteine,  von  einer  mittleren  Größe  von  10x6  Cm. 
Um  zu  verhindern,  dafs  das  ausgegrabene  und 
feit  mehreren  Jahren  im  Norden  der  Bafilica  aufge- 
fchüttete Erdreich  nicht  wiederum  in  diefelbe  herunter- 
gefchwemmt werde,  wurde  an  derfelben  Seite  eine 
54  M.  lange  und  4  M.  hohe  Mauer  aufgeführt.  An   der 


Fig.  22.   (Pardubic.) 

untern  Seite  derfelben  wurden  zwar  auch  einige  Probe- 
grabungen gemacht,  aber  man  fand  nur  zwei  gewöhn- 
liche Gräber  mit  eingeftürzter  Wölbung,  welche  nichts 
weiter  als  Erde  und  wenige  Knochen  enthielten. 
Nachdem  an  diefer  Stelle  keine  bedeutenderen  Reful  täte 
erzielt  wurden,  fo  wurde  auch  nordwärts  in  der  ganzen 
Länge  der  Bafilica  und  der  angelehnten  Gebäude 
eine  fixe  Demarcationslinie  gezogen. 

In  der  Südmauer  des  Narthex  war  eine  14  M. 
breite,  in  der  Eile  zugemauerte  Thüre  bemerkbar. 
Jenfeits  derfelben  fah  man  einen  großen  Steinhaufen, 
worunter  nach  der  Behauptung  der  Bauern  die  fchon 
vor  vielen  Jahren  dafelbft  verfuchsweife  gegraben 
hatten,  antike  Gegenstände  vermuthet  wurden.  Um 
der  Wahrheit  auf  den  Grund  zu  gelangen,  entfernte 
man  den  Steinhaufen  und  machte  das  ganze  Terrain 
frei.  Da  fand  man  eine  kleine  Kammer  als  rechtsfeitige 
Verlängerung  des  Narthex  von  der  Ausdehnung 
6X5  M.  Außer  der  gedachten  in  den  Narthex  führenden 


CXVI 


Thüre  fand  man  noch  eine  andere  I  10  M.  brei- 
Often,  alfo  in  derfelben  Richtung,  wie  die  drei  aus 
dem  Xarthex  in  die  Schiffe  der  Bafilica  führenden 
Thüren.  Die  Wände  der  Kammer  ragen  Oj-r;  M. 
über  den  Boden,  der  mit  einem  rohen  Eftrich  be- 
deckt ift,  empor  und  zeigen  einen  groben  Anwurf.  \'on 
den  gehofften  Objecten  fand  man  aber  nichts  als  ein 
in  Stein  ausgemeißeltes  Kreuz. 

Gleichzeitig  mit  diefen  .Arbeiten  wurde  die  aus 
dem  Narthex  ins  Atrium  führende  Schwelle  befler  frei- 
gelegt und  man  fließ  dabei  auf  eine  Pflafterung.  Da 
man  aber  nicht  unter  dem  Grundftücke,  welches  erft 


Fig.  23.  (Xeuhaus.) 

gekauft  werden  muß,  weiter  graben  durfte,  fo  konnte 
man  auch  nicht  feftftellen,  ob  da?  Atrium,  wie  die 
Schwelle  mit  Steinplatten  gepflaftert  fei,  oder  wie  die 
Bafilica  nur  mit  einem  groben  Eftrich  bedeckt  war. 
Als  nun  alle  diefe  Arbeiten  in  der  Bafilica  ihrer 
ganzen  Ausdehnung  durchgeführt  waren,  da  man  das 
Atrium  noch  nicht  freilegen  konnte,  wurden  die  Aus- 
grabungs-Arbeiten vorläufig  eingeftellt. 

59.  In  der  nebenftehend  beigegebenen  Abbildung 
ift  der  Grundriß  der  St.  Johannes-Kirche  zu 
Neuhaus  wiedergegeben.  Es  ift  dies  ein  fehr  merkwür- 
diges  Baudenkmal   rein    gothifcher   Zeit.    Die   Kirche 
fcheidet  fich  in  das  Langhaus  und  Presbyterium.  Erfte- 


res  mißt  23*50  M.  letztere-  22  :;  M  in  der  Lange,  das 
Presbyterium  hat  demnach  eine  ungewöhnliche  Aus- 
dehnung. Das  Langhaus  zerfällt  in  ein  Hauptfchiff  von 
750  M  Breite  und  ein  rechtes  Seitenfchiff  von  3-50  M. 
Breite.  Letzteres  ift  durch  fechs  fpitzbogige  Arcaden 
mit  dem  Mittelfchiffe  verbunden,  fchließt  geradlinig  ab 
nur  eine  dreiseitige  Mauerblende  bildet  den  Altar 
Raum  und  ift  mit  fünf  Fenftern  gegen  Süden  verfehen. 
1  las  Mittelfchiffift  in  vier  Gewölbejoche  getheilt,  die  mit 
Sterngcwblben  in  abwechfelnder  Rippenftellung  über- 
deckt find.  In  den  fechs  Seitenfchiffjochen  erfcheinen 
einfache  Kreuzgewölbe  mit  Schlußfteinen.  Die  fünf 
Trennungspfeiler  der  beiden  Schiffe  find  zum  Theile  fehr 
ungleich.  Die  drei  letzten  gegen  Welten  haben  ein  qua- 
drates  Profil  mit  einer  dreifeitigen  Wandpfeiler-Vorlage 

n  das  Querfchiff  als  Quer-Rippenträger.  Der  vierte 
Pfeiler  conftruirt  fich  im  Profile  aus  dem  Achteck  mit 
vorgelegten  halbrunden  Dienften,  die  jedoch  gegen  das 
Mittelfchiff  keine  ordentliche  Verwendung  aL-  Rippen- 

er  finden.  Der  fünfte  Pfeiler  und  der  ihm  ent- 
fprechende  gegenüberftehende  Halbpfeiler  find  viel  zier- 
licher, reichlicher  profilirt  und  in  feinem  Durchfchnitte 
aus  dem  Viereck  mit  vorgelegten  Halbfaulen  conftruirt. 
Im  Mittelfchiffe  ift  der  Munkchor  eingebaut  und  nimmt 
faft  das  ganze  erfte  Joch  ein.  Er  bildet  zwei  ungleiche 
Bögen,  die  fich  auf  einen  Mittelpfeiler  ftützen.  Die 
Schneckenftiege  zur  Empore  ift  an  der  Innenfeite  der 
Well«  and  angebracht.  Das  Seitenfchiff  ift  um  ein  halbes 
Joch  länger  als  das  Hauptfchiff,  daher  das  Mauerwerk 
des  fpitzbogigen,  4  45  M.  Triumphbogens  die  letzte 
Seitenfchiff-Arcade  bis  zur  Hälfte  verdeckt.  Die  Fenfter 
des  Langhaufes  find  einfach  fpitzbogig,  die  vier  Ober- 
lichtfenfter  des  Mittelfchiffes  haben  Mittelpfoften  und 
Maßwerk  und  jenes  an  der  Facade  ift  viertheilig  mit 
reichem  Maßwerk.  Portale  finden  fich  an  der  Weftfeite 
und  gegen  Süden,  erfteres  ift  einfach,  letzteres  mit 
fich  gegen  innen  verengender  gegliederten  Gewandung 
ganz  befonders  reich  behandelt. 

Das  Presbyterium  liegt  um  eine  Stufe  höher  als 
das  Langhaus  und  hat  eine  Breite  von  765  M.,  es 
bildet  zwei  große  quadrate  Joche  und  den  großen  um 
eine  Stufe  höher  gelegenen,  aus  fünf  Seiten  des  Acht- 
eckes gebildeten  geräumigen  Chorfchluß,  der  mit  drei 
großen  zweitheiligen  Spitzbogen-Fenftern  verfehen  ift. 
An  der  Weftfeite  find  vier  ebenfalls  zweitheilige  reiche 
Maßwerkfenfter  angebracht.  Die  fpitzbogige  Ueber- 
\\ -1  lbung  ift  den  Jochen  entfprechend  mit  Quer-  und 
Kreuzrippen  fammt  Schlußfteinen  geführt  und  im  Chor- 
fchluße  gehen  gegen  die  Ecken  befondere  Rippenzüge. 
Die  Rippen  laufen  auf  reich  profilirten  Wandpfeilern  an, 
die  in  der  halben  Wandhöhe  abfchließen. 

\  ben  dem  Presbyterium  zunächft  desChorfchlußcs 
ift  rechts  die  Nicolaus-Capelle  angebaut.  Sie  ftcht  auf 
drei  Seiten  frei  und  ift  nur  gegen  Norden  mit  der 
Kirche  verbunden,  woher  fie  auch  den  Zugang  hat. 
Sie  befteht  aus  einem  zweitheiligen  Schiffe,  SiO  M. 
breit,  840  M.  lang,  bildet  vier  quadrate  Joche,  deren 
Haupttheilungsrippen  der  fpitzbogigen  Gewölbe  auf 
einer  freiftehenden  Mittelfaule  und  auf  den  entfprechen- 
den  Halbpfeilern  an  den  Wänden  auffitzen;  die  zwei 
rückwärtigen  Joche  find  mit  Kreuzgewölben,  die  vor- 
deren mit  unregelmäßigen  Rippengewölben  überdeckt. 
Da-  Presbyterium  befteht  aus  zwei  Jochen  und  dem 
aus  dem  Achteck  conftruirten  Schluße  und  ift  V26  M. 


CXVII 


lang  und  4'20  M.  breit.  Als  Rippenaufleger  erfcheinen 
halbrunde  Wandfäulen  mit  niedrigen  Capitälen  und 
hohen  Sockeln.  Die  Capelle  hat  gegen  Werten  zwei, 
gegen  Ollen  ebenfalls  zwei  und  im  Chorfchluße  drei 
fpitzbogige  Fenfter  ohne  Maßwerk.  Unter  der  Fenfter- 
fohlbank  umzieht  den  ganzen  Innenraum  eine  kräftige 
Gefimsleifte.  Sehr  reich  conftruirt  ift  der  mächtige  fpitz- 
bogige Triumphbogen.  An  der  Faqjade  ein  heraus- 
tretendes fall  krei-rundes  Treppenhaus. 

Die  Kirche  ift  leider  fehr  fchadhaft  und  bedarf 
dringend  einer  durchgreifenden  Reftaurirung. 

Unter  der  Tünche  bergen  die  Innenwände  reichen 
Freskenfchmuck,  davon  im  Jahre  1S81  einige  Partien 
aufgedeckt  wurden  Man  erkennt  die  Legende  des  heil. 
Franciscus,  Cliriflus  am  ( )elberge,  St.  Anna,  Maria  mit 
dem  Kinde,  den  Donator  u.  f.  w. 

Ueberdem  Hauptfchiffe  ein  gemauerter  Dachreiter. 

Die  Kirche  dem  Taufer  Chrifti  geweiht,  wurde 
1320  durch  [  'dalricli  III.  von  Neuhaus  erbaut  und  einem 
Minoriten-Convente  übergeben.  1434,  1607  und  1801 
wurde  fie  durch  Brand  arg  befchädigt.  Schon  nach  dem 
erften  Brande  verließen  die  Minoriten  die  Kirche  und 
wurde  diefe  alsdann  dem  Spitale  für  verarmte  Bürger 
beigegeben. 

Die  Kirche  ift  als  Bauwerk  höchft  beachtenswerth, 
da  alle  Ornamentpartien  mit  befonderer  Feinheit  durch- 
geführt find,  vornehmlich  gilt  dies  von  dem  Fenfter- 
maßwerk,  von  den  Capitälen  und  Con- 
folen;  der  noch  erhaltene  Kreuzgang 
macht  keinen  Anfpruch  auf  Bedeutung. 

60.  Wir  haben  im  XII.  Bande  der 
Mittheilungen  Neue  Folge  S.  XXXI  ein- 
gehende Nachrichten  über  die  intereffante 
Johannes-Kirche  zu  Bilkau  in  Mahren  ge- 
bracht. Die  Central-Commiffion  ift  nun  in 
der  Lage  zur  Erläuterung  jenes  Artikels 
eine  Darftellung  des  Grundrißes  diefes 
Baudenkmals  zu  bringen  und  führen  wir 
denfelben  unferen  Lefern  in  der  Abbildung 
Fig.  24  vor. 

61.  Die  Pfarrkirche  zu  St.  Rochus  und 
Sebtißian  im  3.  Bezirke  zu  Wien  wird  im  Laufe  diefes 
Jahres  einer  durchgreifenden  pietätvollen  und  ftylge- 
mäßen  Reftaurirung  unterzogen.  Zur  Durchführung 
diefer  dankbaren  Aufgabe  hat  fich  ein  fpecielles 
Comite  gebildet,  die  technifch-artiftifche  Leitung  wurde 
dem  k.  k.  Profeffor  Architekten  Julius  Dcininger  über- 
tragen. 

62.  Confervator  Graus  hat  an  die  Central-Com- 
miffion über  mehrere  von  ihm  in  der  Unter-Steiermark 
befuchte  Kirchen  berichtet  und  unter  anderen  auch 
der  Pfarrkirche  des  Marktes  St.  Lconhard  in  den  win- 
difchen  Bücheln  erwähnt.  Selber  fchildert  diefe  Kirche 
als  einen  einheitlich  veranlagten  fpät-gothifchen  Bau 
mit  einem  1030  M.  breiten  und  2220M.  langen  Schiffe, 
einem  1050M.  langen  und  6-2oM.  breiten  Presbyterium, 
das  mit  einem  Schluße  aus  dem  Achtecke  verfehen  ift. 
An  der  Chor-Nordfeite  fteht  der  Thurm.  Sämmtliche 
Rippengewölbe  find  theils  rautenförmig,  theils  ftern- 
förmig  verflochten.  Hübfehes  Seiten-Portal.  An  dem 
Schiffe    zwei  Capellen    in   neuerer  Zeit  angebaut   und 

XIII.  N.  F. 


.in  der  Weft-Fagade  unförmliche  Verdrehungen.  Am 
Thurme  Schießfeharten  und  eine  Pechnafe  über  den 
Eingang  dahin. 

Dreiviertelftunden  davon  entfernt  die  hochgelegene 
ßarok-Kirche  zur  heil.  Dreifaltigkeit,  ein  anfehnlicher 
Bau  mit  zwei  Fagade-Thürmen,  einfehiffig  mit  Seiten- 
Capellen  und  Emporen  darüber.  Hinter  dem  Presby- 
terium noch  ein  Thurm,  welcher  der  alten  nach  Ollen 
gerichteten  gothifchen  Kirche  angehört.  Die  Kirche  ift 
im  Innern  al  fresco  vom  Italiener  Brollo  ziemlich  gut 
bemalt 

Die  Filial-Kirche  von  6V.  Benediclen  zu  den  heil. 
Dreikonigen  ift  eine  dreifchiffige  fpät-gothifche  Kirche 
von  36  M.  Länge  und  19  M.  Breite  im  Schiffe.  6  Pfeiler 
mit  achteckiger  Grundform.  Das  Hauptfchiff  ilt  8  M. 
breit  und  etwas  höher  als  die  Seitenfchiffe.  Das  Presby- 
terium ift  10-15  M.  breit  und  an  deffen  Nordfeite  der 
Thurm  mit  einem  bis  in  das  Glockengefchoß  aufzei- 
genden Treppenthürmchen.  Diefer  aus  1558  flammende 
Kirchenbau  wird  intereffant,  weil  der  Meiller  in  das 
Gefüge  der  gothifchen  Architektonik  Detail-Formen 
der  Renaiffance  einfügte. 

So  finden  fich  noch  Strebepfeiler,  Rautengewölbe 
im  Chore,  Wanddienfte  als  Rippenträger,  achteckige 
Pfeiler,  Spitzbogen  in  den  Schiffs-Arcaden,  Maßwerk- 
fenfter  und  Portale  mit  durchdringendem  Stabwerk  im 
Gewände,    umlaufendes    Kaffgefims,    das    die    Portale 


(Bilkau.) 


überfetzt  und  an  den  Fenftern  fich  fenkt;  dagegen 
fehlen  im  Schiffe  bereits  die  Rippen  und  ift  das  Rauten- 
netz nur  durch  Mörtelgrate  nachgeahmt,  in  den  Abfei- 
ten Kreuzgewölbe  ohne  Rippen.  Die  Wanddienfte 
haben  Früh-Renaiffance-Capitäle.  Auch  findet  fich  in 
der  Kirche  ein  Flügel-Altar  (16.  Jahrhundert)  eigener 
Art.  Die  ganz  durchbrochene  Prädella  zeigt  den  Stamm- 
baum Chrifti  von  Abraham  an.  Im  Schreine  die  Hirten 
vor  dem  neugebornen  Heiland.  Auf  der  Rückfeite  des 
Schreins  ein  Gemälde,  die  Kreuzigung,  auf  den  Flügeln 
die  Verkündigung.  Zu  oberft  eine  Marien-Statue.  Wich- 
tig find  fünf  Altar-Auffätze  aus  dem  17.  Jahrhundert. 

63.  Confervator  Jenny  hat  an  die  Central-Commif- 
fion berichtet,  dafs  feit  einigen  Tagen  an  der  Bloß- 
legung von  Gebäudetheilen  in  der  Oberftadt  Bregen-, 
wo  das  Caftrum  geftanden  haben  feil,  gearbeitet  wird, 
die  einem  bisher  nicht  bekannten  römifchen  Baue 
angehören  dürften.  Es  fcheint  ein  Privatbad  in  äußerft 
befchränkten  Dimenfionen  gewefen  zu  fein,  nachdem 
das  halbkreisförmige  Frigidarium    nur    in    einen  Halb- 


CXVIH 


melier  von  '  tj  M.  conftruirt,  das  Sudatorium  nicht 
mehr  als  2'4"M  breit  und  3  Vi  M.  lang  erfcbeint. 
Sitzbank  und  die  beiden  tieferen  Tritte  ins  Kaltwaffer- 
bad  find  vorzüglich  erhalten.  Ein  kleines  Apodyterium 
ift  diefem  Raurm  dem  man  durch  eine 

fehr  fchmale  Thüröflhung  -  -nidatorium  und  von 
rem  wieder  in  das  Tepidarium  gelangt.  Im  halbrund 
vorgehenden  Anbaue  fieht  man  das  Labrum  von 
gleicher  Form  eingerichtet  und  was  lehr  merkwürdig 
ift.  im  Halbkreife  mit  Heizrohren  umgeben.  Die  Wan- 
dung der  Wanne  aus  Cement  ift  der  leichteren  Er- 
wärmung wegen  nur  7  Cm.  dick. 

Confervator    Bizarro   hat    an    die    Central- 
Commil'fion  über  einen    Fund  zu  Bot  Mutatio 

ad  formulos  berichtet.  Derfelbe  befteht  aus  einem 
Kruge  lichtrother  Thon  .  25  Cm.  hoch  und  64  Cm. 
breit,  zwei  faft  ganzen  Flachziegeln  mit  den  bekannten 
Stempeln:  C.  Tit.  Hermerot  und  L.  Stut.  Juft.,  dann 
vielen  Scherben.  Pferde-  und  Rinderknochen,  und  dem 
Refte  einer  Handmühle.  Der  Fund  ift  Schatzgräbern 
zu  verdanken,  welche  im  Februar  einen  verfchütteten 
Brunnen  durchftöberten. 

65.  Das  Minifterium  für  Cultus  und  Unterricht 
hat  für  die  Keconftructions-Arbeiten  am  Glockenturme 
der  St.  Marcu-Kirche  in  Curzola  eine  Staats-Subven- 
tion von  200  fl.  bewilligt  mit  dem  Beifügen,  dafs  die 
Arbeiten  im  Einvernehmen  mit  der  k.  k.  Central-Com- 
miffion  durchzuführen  find. 

66.  Das  Unterrichts-Minifterium  hat  der  Central- 
Commiffion  bekannt  gegeben,  dafs  die  hochwichtige 
ehemalige  Stifts-  und  Pfarrkirche  zu  Saar  in  Mähren 
einer  durchgreifenden  ftylrichtigen  Reftaurirung  unter- 
zogen werden  wird  und  dafs  hiebei  die  Anregungen 
der  Central-Commiffion  in  befondere  Rückfichtsnahme 
gelangen  werden. 

-  Confervator  Dr.  Hg  hat  an  die  Central- Com- 
miffion  über  den  Zuftand  der  Wandmalereien  an  der 
Kirche  in  Offenbach  bei  Wr.-Xeuftadt,  welche  er  als  im 
Style  des  italienifchen  Trecento  ausgeführt  und  weil 
auf  öfterreichifch-deutfehem  Boden  vorfindlich  als  höchft 
wichtig  bezeichnet,  auf  Grund  neuerlicher  Befichtigung 
berichtet,  und  findet  diefelben  in  verhältnismäßig  nicht 
allzu  fchlimmemZuftande.  Die  Wandfläche  ift  fteinartig 
feft  und  glatt,  die  Sprünge  und  Riffe  find  fämmtlich  alt, 
ganz  dünn  und  fchädigen  die  Confiftenz  des  Bewurfes 
nicht.  Solche  Sprünge,  welche  von  oben  nach  unten 
durch  das  Kreuzigungsbild  ziehen,  find  leider  bei  der 
letzten  Ausbefferung  der  Kirche  in  breitem  Ausmaße 
mit  grobem  Mörtel  überzogen  worden. 

Nicht  minder  arg  find  die  Kritzeleien,  mit  denen 
fich  einige  Kirchenbefucher  in  blöder  Weife  zu  ver- 
ewigen fuchen:  fo  find  im  unteren  Theil  de?  Drei- 
königsbildes allerlei  Figürchen  und  Namen  eingekratzt 
und  die  Contouren  einiger  Details  mit  Bleiftift  nach- 
gefahren. Sollten  diefe  Bilder  reftaurirt  werden,  fo  ift 
hiezu  nur  ein  tüchtiger  pietätvoller  und  felbftlofer 
Künftler  geeignet,  da  die  Bilder  ganz  befondere  Rück- 
ficht fordern  und  unbedingt  des  Erhaltens  werth  find. 
Vor  allem  find  Schutzgitter  nothwendig,  um  die 
Malereien  vor  unbefugten  Kritzlern   zu   wahren,    fowie 


das   bereits   beftehende    Vordach   den  Schutz    gegen 
en  und  Schnee  befor 

68.  Die  Central-Commiffion  hat  fich  durch  den 
Confervator  Jenny  bei  der  Gemeinde  Fraßanz  in 
\~orarlbirg    verwendet,    dafs    die     in    der    dort 

St.  Wendelins-Capelle  aufbewahrten  beiden  Waffen  an 
Bregen.  um   abgegeben  werden.  Die  Ge- 

meinde-Vertretung hingegen  befchloß  diefe  an  der 
Außenfeite  der  Capelle  angebrachten,  an  die  Schlacht 
von  1499  erinnernden  Watten  —  eine  Helmbarde  und 
ein  Schlachtichwert  —  an  ihrer  Stelle  zu  belaffen  und 
diefelben  als  verehrte  Reliquien  nicht  außer  die  Ge- 
markung zu  laden  ...A.terthumshändler  werden  diefe 
Wafien  nie  bekommen,  ehevor  würde  Fraftan/.  diefelbe  1 
dem  Landes  Mufeum  zu  Bregenz  zur  Aufbewahrung 
übergeben,-  erklarte  die  Gemeinde-Vertretung.  Doch 
wer  bürgt  für  Erhaltung  diefer  Meinung  für  die  Fo 
wer  fchützt  die  Waffen  in  ihrer  heutigen  A'ifftellung 
vor  unberufenen  Händen? 

69.  Die  Neue  Freie  Preffe  hat  in  ihrer  Morgen- 
nummer vom  15.  Mai  d.  J  das  Denkmal  an  die  Schlacht 
bei  Afpern  dortfelbft  in  einer  Notiz  befprochen  und  da— 
felbe  als  dem  Verfalle  entgegengehend  dem  Schutze  der 
Central-Commiffion  empfohlen.  In  Folge  deffen  wurde 
diefes  Denkmal,  ungeachtet  e~  vor  wenigen  Jahren 
bereits  Confervator  Newald  im  Auftrage  der  Central- 
Commiffion  befichtigt  hatte,  vom  Confervator  Boeheim 
neuerlich  einer  eingehenden  Befichtigung  unterzogen. 
Auch  jetzt  wurde  dasfelbe  in  einem  Zuftande  der  Con- 
fervation  befunden,  der  keine  Urfache  zur  Klage  gibt. 
Das  Denkmal  erfcheint  fichtlich  gefchont  und  zeigt,  nur 
die  ganz  natürliche  Auswitterung  des  Sandfteines  abge- 
rechnet, nicht  den  geringften  Schaden.  Das  Denkmal, 
einen  fterbenden  Löwen  vorftellend,  wurde  im  Jahre 
1S58  vom  Meifter  Fernkorn  angefertigt  und  hat  zum 
Materiale  einen  ziemlich  grobkörnigen  porofen  Sand- 
ftein.  Das  Verwittern  der  Oberfläche  des  in  coloffalen 
Dimenfionen  ausgeführten  Denkmales  ift  unabwendbar 
und  kein  Mittel  kann  diefen  fortfehreitenden  Procefs  auf- 
halten, und  dennoch  ift  derfelbe  noch  fehr  gering,  dank 
der  günftigen  Aufftellung,  gefchützt  gegen  die  Nord- 
weftwinde.  Außer  einem  fehr  mäßigen  Flechtenanfatz 
ift  nichts  zu  bemerken,  am  wenigften  von  kugelförmigen 
Vertiefungen  zum  Anfammeln  des  Waffers. 

Dafs  in  nahezu  30  Jahren  ein  Sandftein-Dciikmal 
Spuren  feines  Alters  zeigt,  ift  nicht  zu  wundern,  aber 
daraus  nicht  der  nahende  Verfall  zu  conftatiren.  Die 
Sculptur  ift  intact,  die  Fugen  find  gekittet,  die  Wirkung 
der  Oberfläche  in  der  paffenden  Entfernung  ift  den 
kiinftlerifchen  Anordnungen  vollkommen  entfprechend 
und  jede  Gefahr  für  da>  Denkmal  derzeit  ausgefchlofjfen. 
Uebrigens  ift  die  Sorge  für  das  Denkmal  dem  n.  öfterr. 
Landesausfchuffe  überlaffen,  der  fich  auch  dafür  redlich 
kümmert. 

70.  Wir  haben  S.  XXII  diefes  Jahrganges  eine 
eingehende  Zufammenftellung  der  im  Budget  des  öfter- 
reichifchen  Minifteriums  für  Cultus  und  Unterricht 
erfcheinenden  Auslagen  für  archäologifche  Zwecke 
inclufive  der  baulichen  Herftellungen  von  Denkmal- 
bauten gebracht  und  dafelbft  die  bezüglichen  Auslagen 
mit  92.850  fl.  beziffert.  Mittlerweile  hat  fich  das  Aus- 


CXIX 


gabenbudget  einigermaßen  erweitert,  indem  noch  Aus- 
lagen, unter  anderem  für  die  Renovirung  der  Stadt- 
pfarrkirche in  Lin/.  mit  5747  h\,  für  das  Dominicaner- 
Wolter  in  Ragufa  mit  1000  h\,  für  den  Ausbau  des 
Thurmhclmes  an  der  gothifchen  Stadtpfarrkirche  zu 
Steyr  /.weite  Kate)  mit  1165  fl.  hinzugekommen  find, 
wodurch  fich  die  obige  immerhin  fchon  fehr  beach- 
tenswerthe  Gefammtziffer  auf  108.672  fl.  fteigert. 
Außerdem  flehen  für  die  Reftaurirung  des  Glocken- 
thurmes  am  Dome  zu  Spalato  noch  ältere  Credite  im 
<  i<  l.tmmtbetragc  von  20.000  fl.,  für  die  Reftaurirung 
der  St.  Peters-Kirche  in  Wien  ein  folcher  mit  10.000  fl. 
und  für  Herrteilungsbauten  am  Mufeum  zu  Spalato 
400  fl.  zur  Verfügung. 

71.  Der  Alterthums -Verein  zu  Wien  hat  in  feiner 
General-Verfammlung  am  19.  April  1887  über  Antrag 
des  Direktors  Dr.  Ilg  den  einftimmigen  Befchluß  ge- 
fafst,  fich  dahin  auszufprechen,  dafs  er  es  als  allein 
zuläffig  erkenne,  dafs  die  Thürme  an  der  Frauenkirche 
zu  Wr.-Nenftadt  wieder  aufgebaut  werden,  und  zwar 
dafs  diefer  Bau  nach  dem  Mufter  der  ehemaligen 
Thürme  erfolge.  1  »er  Ausfchuß  erhielt  von  der  General- 
Verfammlung  die  Weifung,  diefen  Befchluß  zur  Kenntnis 
der  hohen  Regierung  zu  bringen.  De'mfelben  wurde  be- 
reits durch  zwei  Eingaben  —  eine  an  die  k.  k.  nieder- 
öfterreichifche  Statthalterei,  die  andere  an  das  hohe 
Minifterium  für  Cultus  und  Unterricht  —  entfprochen. 
Wir  können  diefem  Befchluße  und  Vorgehen  des 
Vereines,  welches  fo  ganz  den  Intentionen  der  Central- 
Commiffion  entfpricht,  unteren  lebhaften  Beifall  nicht 
verfagen. 

72.  Im  Stifte  Lilienfeld  wurde  ein  neues  Brunnen- 
haus an  der  Stelle  des  jetzigen  unförmlichen  nächft  des 
Kreuzganges  aufgebaut.  Architekt  Avanzo  hielt  fich 
dabei  an  die  in  den  aufgefundenen  Grundfeftereften 
gegebenen  Andeutungen  über  die  polygone  Anlage 
des  urfprünglichen  Brunnenhaufes  und  an  die  Formen 
des  Kreuzganges. 

73.  Die  CentralCommiffion  wurde  in  neuefter  Zeit 
auf  die  fpätgothifche  Kathedrale  in  Tarnow  aufmerkfam 
gemacht.  Die  Kirche  hat  ein  fchönes  Afhverk-Portal 
an  der  Südfeite,  Rautengewölbe  im  Hauptfchiffe,  Stern- 
gewölbe in  den  beiden  Seitenfchiffen.  Befonders  wichtig 
find  die  prächtigen  acht  Grabmale  aus  der  Periode 
der  Früh-  und  Hoch-Renaiffance.  Zwei  diefer  Denkmale 
fchmücken  die  Wände  des  Presbyteriums  und  haben 
eine  Höhe  von  nahezu  50  Fuß,  eines  ift  dem  Grafen 
Johann  Tarnowski,  f  1561,  das  andere  dem  Fürften  J. 
Oflrogski,  f  1630,  gewidmet.  Ein  anderes,  als  Kunft- 
werk  überaus  wichtiges  Grabmal  ift  jenes  der  Barbara 
Tenczynska,  Gattin  des  obbenannten  Feldherrn  Tar- 
nowski. 

74.  Ueber  Glocken-Infchriften  aus  Kärnten  be- 
richtet Confervator  Pfarrer  Gr'öfser: 

In  Dürenfeld  eine  Glocke  von  1 75 1 :  gloria  in 
excelsis  Deo  (Legende). 

In  Kranzeihofen:  1.  Glocke:  Ave  maria  gratia 
plena  dominus  tecum. 

In  Gottes  nahmen  bin  ich  gefloßen  mathias  lants- 
mann  hat  mich  goffen  167'' 


2.  Glocke:  o  f  rex  |  XRISTE  y  veni  f  cum 
f  pace  f  anno  f  doi  t  M°  f  CCCC  t  LVM°  f  faneta  fm 

7  X    dabei  das  Mcifterzeichen    yZ  . 

3.  Glocke  georig  fiernig  [617  jar. 

In  Offiach:  1.  a  fulgure  et  tempestäte  libera  nos 
domine 

SeMper  nonos  eLeCta  tVVs 

LaVDesqVe  sonarVnt 

[gnatz  Lorenz  Roder  gofs  mich 

in  Villach  anno  1725 

refVsa  MariaeqVe  Dejparae 

VJrgJLJo  praesVLe  saCrata 

t  ave  virgo  mater  Dci  ab  originali 

labe  praeservata  :  ave  repertrix  gra 

tiae  ave  aurora  ortus  est  sol  justitiae. 

2.:  ab  omni  malo  libera  nos  domine  Ignatz  Johann 
Röder  gofs  mich  in  Villach  anno  1794. 

HerkanJ  paroChJ  JVDJCJqVe  XaVerJJ  hjerzeg- 
ger  labore  et  pietate  eXsto. 

3.    y\  sandle  f  petre  f  ora  f  pro    nobis  f  ano 

domini  m.ccccc  f  im  sexten  f  jar. 

In  Ottmanach:  ecce  crucem  domini  fugite  partes 
adversae  vicit  leo  de  tribu  Juda  radix  David  alleluja. 

Vax  Mathias  Zechentcr  hat  mich  gegoffen  in 
clagenfurt  anno  1724  zu  gottes  ehr  bin  ich  geflohen. 

In  Saifnitz ;  f  magifler  nicholavs  me  fecit  (15.  Jahr- 
hundert). 

In  Metnits:  Benedict  Fiernig  hat  mich  gegoffen 
der  zeit  pfarrer  gebeffen  Antoni  Maniker  her  pfleger 
Ruep  (1585). 

In  St.  Martin  am  Krappfeld :  o.  s.  martine  infunde 
nobis  gratiam  tuo  supplicatu,  o  rex  glorie  veni  cum 
pace  anno  dni  1526. 

In  Hansdorf:  J.  Sebaftian  Zin  und  Glockengiffer 
vnd  pvrger  zv  wolfsperg  hat  mich  gegoffen.  Maxi- 
milian II.  d.  g.  ro.  hun.  bo.  rex.  1563. 

75.  Einen  neuen  Beitrag,  wie  vieles  Kunft  und 
Literatur  alten  unfeheinbaren  Bücherdeckeln  verdan- 
ken, lieferte,  wie  Confervator  Czerny  berichtet,  unlängft 
ein  Fund  in  der  Bibliothek  St.  Florian.  Auf  der  Ruck- 
feite des  Einbandes  der  mächtigen  Foliobibel,  welche 
Johann  Quentel's  Erben  im  Jahre  1571  in  Cöln  heraus- 
gegeben haben,  führte  der  hervorguckende  Holzfchnitt 
eines  Schweines  zu  weiteren  Unterfuchungcn,  in!" 
welcher  12  Folioblätter  bedeckt  mit  Spielkarten  von 
Hans  Forßer,  Kartenmaler  in  Wien,  abgeloft  wurden. 
Einige  Bögen  find  arg  von  Motten  benagt  worden;  die 
defecten  Vorflellungen  des  einen  werden  aber  durch 
beffer  erhaltene  des  andern  ergänzt.  Sie  repräfentiren 
Spielkarten  von  zweierlei  Format.  Von  dem  kleineren 
Formate  gehen  40  Karten  auf  ein  Folioblatt,  von  dem 
größeren  32.  Die  jetzigen  Folioblätter  bildeten  ur- 
sprünglich große  Foliobögen,  welche  durch  den  grau- 
famen  Buchbinder  gewaltfam  zerfchnitten  wurden, 
unbekümmert,  ob  die  Figuren  ganz  blieben  oder  ver- 
ftümmelt  wurden.  Die  kleineren  Karten  haben  62  Mm. 
Höhe,  48  Mm.  Breite,  Figurenhöhe  55  Mm.;  die 
größeren  77—80  Mm.  Höhe,  49—50  Mm.  Breite, 
Figurenhöhe  77.  Wir  fehen  an  den  Karten  das  alte 
deutfehe  Spiel,  wie  es  noch  jetzt  unter  dem  Volke  in 
Ober-Oefterreich  verbreitet  ift,  inEichel,  Grün,  Schelle, 

q* 


cxx 


Herz,  Ober,  Unter,  K  »ige  und  Affe  zerfallend.  Die 
Letzteren  prunken  auf  breiten  Fahnen ;  die  Könige 
paradiren  auf  ftolzen  aufzeigenden  Roffen,  die  Ober 
lOfficiere'i  mit  langen  Schwertern,  Partifanen,  Streit- 
kolben, Donnerbüchfen,  die  Unter  Hellen  Trommler, 
Pfeifer,  Fähnriche,  Hellebardiere,  alle  in  Landknechts- 
tracht vor.  Die  Figuren  find  kühn  und  ausdrucksvoll, 
von  trefflicher  Charakteriftik.  In  den  Blättern,  welche 
vom  Unter  herabfteigen  die  fogenannten  Farben), 
kommt  erft  der  derbe  Volkshumor  zur  Geltung.  Da 
fehen  wir  Nachteulen  Schellenfechs),  Geier,  Gänfe, 
Hunde,  Schweine,  Hirfche,  Steinbocke,  machtige 
Humpen  i. Herzfünf  uml  Her/acht  In  den  Thiergeftalten 
ift  nichts  kalt  und  trocken,  alles  in  lebendiger  Bewe- 
gung. Befonders  da-  Schwein  muß  zu  ergötzlichen 
Scenen  herhalten.  Oefter  erfcheint  das  Wappen  der 
Stadt  Wien  Herzvier)  oder  der  öfterreichifche  Binder- 
fchild  (Herzfechs),  ebenfo  die  Jahrzahlen  derEntftehung 
1565  und  1568  (Schellendrei).  Auf  einem  breiten  Bande 
in  Mitte  mancher  Folioblätter  ift  in  lateinischer  Capi- 
talfchrift  zu  lefen:  Hans  Forfter,  Kartenmaller  zu  Wien 
Der  Name  des  Künftlers  ift  auch  auf  Herzdrei  der 
Farbenblätter  zu  lefen.  Von  allen  Folioblattern  trägt 
nur  eines  Spuren  der  Bemalung. 

Schon  früher  einmal,  es  war  im  Jahre  1882,  wurde 
derfelbe  auf  Kartenblatter  in  den  Deckeln  des  koft- 
baren  Werkes  von  Wirrich,  Befchreibung  des  Beilagers 
und  Hochzeit  des  Erzherzogs  Karl  von  Steiermark  mit 
Maria  von  Bayern  Wien,  Blafius  Eber  1571)  aufmerk  - 
fam  gemacht.  Sie  wurden  forgfältig  abgelöft  und  er- 
gaben 6  Folioblätter  mit  je  16  Spielkarten.  Sie  find 
74  Mm.  hoch,  47  Mm.  breit,  die  Höhe  der  Figuren 
70 — 73  Mm.,  letztere  viel  fchärfer  frifcher  und  beffer 
erhalten  als  die  in  der  Foliobibcl  verfteckten.  Die  Ein- 
theilung  in  Affe,  Konige  u.  f.  w.  ift  wie  oben  gefchildert. 
Einzelne  Motive  kehren  aus  den  früheren  Blattern 
wieder,  doch  kommen  auch  ganz  neue  Figuren  oder 
veränderte  Aufladungen  vor,  welche  beweifen,  dafs 
dem  Maler  Forfter  im  Jahre  1573  (diefe  Jahrzahl  finden 
wir  auf  Schellendrei,  den  Namen  auf  breitem  Spruch- 
bandes an  Humor  und  Erfindungsgabe  nicht  ärmer 
geworden  fei.  Die  Verzierungen  auf  der  Rückfeite  find 
hier,  wie  bei  den  früheren  Karten,  franzöfifche  Lilien, 
jede  in  eine  Raute  geftellt. 

76.  Confervator  Sclimoranz  hat  der  Central-Com- 
miffion  einen  weiteren  Bericht  über  die  in  letzter  Zeit 
durchgeführten  Reftaurirungen  vorgelegt.  Bei  der 
Kreuzkirche  in  Chrndim  wurde  ein  neues  Friedhofthor 
mit  abgetreppten  Giebeln  aus  Quadern  aufgeführt.  Bei 
der  Michaeler  Kirche  in  derNeuftadt  zuChrudim  wurden 
ebenfalls  Reftaurirungen  vorgenommen  und  an  den 
Wanden  die  Grabfteine  aufgeftellt.  An  der  Pfarrkirche 
in  PfeUnu  wurden  einige  Reparaturen  durchgeführt  und 
die  Cramu/in'fchen  Fresken  gut  ausgebeffert. 

Weiter  berichtete  derfelbe  Confervator,  dafs  im 
Jahre  1886  die  Reftaurations-Arbeiten  an  der  Decanal- 
Kirche  in  Hohenmauth  rüftig  fortgeführt  wurden.  Befon- 
dere  Aufmerkfamkeit  mußte  dem  füdlichen,  fehr  fchad- 
haften  Seitenfchiffe  zugewendet  werden.  Man  erkannte, 


dafs  die  Mangel  in  der  fchadhaft  gewordenen  Fuiula- 
mentirung  zu  fliehen  find,  daher  die  hauptfächlichften 
Verficherungs  -  Arbeiten  dortfelbft  vorgenommen 
wurden.  Man  fand  bei  den  an  dem  Mauerwerk  vorge- 
nommenen Reparaturen  am  Seiten- Portal  dieromanifche 
Profilirung  und  fogar  zwei  verwendbare  Steinfchichten. 
Das  Portal  wurde  nun  nach  dem  gegebenen  Muller 
hergeftellt.  Die  Reftaurirungen  Collen  im  Jahre  1887 
fortgefetzt  werden. 

Die  kleine  Filial-Kirchc  zu  Rvaa  v  wurde  ebenfalls 
reftaurirt. 

yy.  Von  Seite  der  k.  k.  Statthalterei  in  Prag  kam 
der  Central-Commiffion  die  erfreuliche  Nachricht  zu, 
dafs  Veranlaflung  getroffen  wurde,  dafs  vom  Jahre  1 888 
an  ein  allmähliges  Auflaffen  de^  ärarifchen  Stein- 
bruches am  Fuße  der  Ruine  Kiuutic  erfolgen  wird, 
wodurch  wefentlich  zur  Erhaltung  diefer  merkwür- 
digen Ruine  beigetragen  werde,  da  diefelbe  bisher 
durch  die  Sprengungen  und  Abtragungen  wefentlich 
gelitten  hat.  Allein  einen  viel  ärgeren  und  fchädlichen 
Einfluß  übt  die  von  Seite  des  Besitzers  der  Domäne 
Pardubic  fortwährend  betriebene  Grabung  von  Straßen- 
fchotter  aus,  die  unmittelbar  unter  den  Mauern  der 
Burgruine  in  einem  umfangreichen  Steinbruche  be- 
trieben wird. 

78.  Der  Central-Commiffion  ift  feitens  des  hohen 
Minifteriums  für  Cultus  und  Unterricht  die  Mittheilung 
zugekommen,  dafs  das  für  die  Carolinum-Capelle  der 
Univerfität  zu  Prag  vom  Bildhauer  Etnanuel  Max 
Ritter  v.  Wachflein  angekaufte  Crucifix  in  feinem 
Beftimmungsorte  zur  Aufftellung  gebracht  wurde. 

79.  In  Betreff  der  Renovirungs-Arbeiten  an  der 
Stadt-Pfarrkirche  zu  Linz  erhielt  die  Central-Com- 
miffion feitens  der  k.  k.  Statthalterei  für  Ober-Oefter- 
reich  die  Mittheilung,  dafs  es  fich  hiebei  lediglich  um 
Reparaturen  am  Thurme,  den  Dachungen  und  der 
Außenfeite  handelte. 

80.  Correfpondent  Rttsingerh&t  die  Central-Com- 
miffion auf  die  Kirche  in  Afchach  bei  Steyer  aufmerk- 
fam  gemacht.  Selbe  wurde  1431  durch  den  Paffauer 
Weihbifchof  Mathias  geweiht.  1698  wurde  fie  nach 
Durchbrechung  der  Seitenmauer  rechts  mit  einer 
Seiten-Capelle  und  1710  durch  eine  folche  auf  der 
anderen  Seite  ergänzt.  Diefe  Capellen  find  derzeit  fo 
fchadhaft,  dafs  fie  behördlich  gefchloffen  werden 
mußten.  Mit  diefen  Reparaturen  wird  der  Zubau  einer 
Sacriftei  verbunden  und  hiebei  ganz  im  Sinne  der 
Central-Commiffion  vorgegangen.  Die  Kirche  befitzt 
wenig  Merkwürdiges.  Außer  einem  Tauffteine  aus  dem 
14.  Jahrhundert  waren  nur  noch  die  ganz  verloren 
gegangenen  Altarbilder  von  Röfelfeld  von  Wichtig- 
keit. Bei  den  Reftaurations-Arbeiten  fand  man  in  dem 
vermauerten  Haupteingange  der  Kirche  unter  dem 
Thurme  das  im  Jahre  1679  errichtete  Grabmal  des 
Leopold  Hollner  von  Fried-enszweig,  Bürgermeifters 
zu  Linz,  welcher    in  der  Kirche   einen    Altar    ftiftete. 


CXXI 


Der  Teppichfehatz  im  Befitze  des  Mährifchen  Gewerbe- 

Mufeums  in  Brunn. 

Befchriclien  von  Augufi  Prokop,  k.  k.  Confervator  und  ProfelTor,  Architekt  und  Mufeunis  Direclor. 


II. 


IV.  Vorwurf  oder  Darfteilung  des  Teppiches. 

Bezüglich  der  Klarftellung  des  bildlich  Gegebenen 
war  die  Löfung  nicht  fchwierig,  da  die  Umfchriften  der 
Bogen  und  dielnfchriften  der  zahlreichen  Spruchbänder 
reichliche  Anhaltspunkte  und  Aufklärungen  gaben. 
Schon  Wachsmann  hat  im  Großen  und  Ganzen  das 
richtige  angegeben. 

Die  Idee  nun,  welche  in  den  erhaltenen  bildlichen 
Darftellungen  und  Infchriften  des  geflickten  Klöfter- 
tuches  zum  Ausdrucke  kommt,  ift  die  meffianifchc 
Propethie,  fowohl  des  Heidenthums,  als  auch  des  alten 
lYltaments;  vornehmlich  find  es  aber,  in  das  Heiden- 
thum  tief  hineingreifend,  die  weisfagenden  Ausfprüche 
der  Sybillen,  welche  nebft  ihren  Trägerinen  an  der 
bemerkenswertheften  Stelle  des  Teppiches,  nämlich  in 
der  kreisförmig  angewendeten  Arcadenreihe  ihren 
Platz  fanden. 

Was  die  Anwendung  und  Darftellung  der  Sibyllen 
in  der  chriltlichen  Kunft  betrifft,  fo  waren  in  derfelben 
in  den  Kreis  myftifcher  Darfteilung  fogar  auch  die 
heidnifchen,  alfo  die  mit  der  mythologifchen  Götter- 
welt in  Verbindung  flehenden  Sibyllen,  die  fomit  nur 
in  der  Sage  exiftirenden  weiffagenden  Frauen  „als 
Trägerinen  evangelifcher  Vorverkündigung  in  der 
Heidenzeit"  mit  aufgenommen,  weil  nach  der  kirch- 
lichen Anfchauung  deren  Offenbarungen  fchon  den 
Einen  Gott  verkündet  und  die  Ankunft  Chrifti  und 
feines  Reiches  geweifsagt  haben.  Die  Alten  nannten 
alle  weisfagenden  Frauen  Sibyllen1;  Schriften,  in 
welchen  deren  Weisfagungen  aufgezeichnet  waren, 
nannte  man  bekanntlich  fibyllinifche  Bücher.  Von 
diefen  letzteren  fprechen  im  Intereffe  der  Kirche  fchon 
feit  Ende  des  erften  Jahrhunderts  diverfe Kirchenfchrift- 
fteller.  Die  griechifchen  Kirchenfchriftfteller  der  erften 
chriltlichen  Zeit  nannten  die  Sibylle  gradezu  eine 
Prophetin  und  räumten  den  Sibyllen  alfo  einen  Rang 
ein,  den  fie  dann  in  derTradition  der  Kirche,  vornehm- 
lich in  der  lateinifchen,  fo  befonders  im  13.  Jahrhunderte 
auch  behaupteten.  Die  aus  diefer  Zeit  flammenden 
fibyllinifchen  Bücher  wurden  theils  von  Juden,  theils 
von  Chriften  gedichtet  oder  zufammengetragen;  diefen 
fibyllinifchen  Büchern  haben  nun,  wie  erwähnt,  die  alten 
Kirchenväter  einen  großen  Werth  beigelegt,  daher 
denn  auch  den  Chriften  damaliger  Zeit  der  Spottname 
der  Sibylliflen  aufgebracht  wurde. 

Was  die  Zahl  der  Sibyllen  anbelangt,  wird  diefe  in 
verfchiedenen  Zeiten  und  auch  felbft  in  gleicher  Zeit 
verfchieden  angegeben.  Im  9.  Jahrhunderte  finden  wir 
z.  B.  durch  Plotius,  den  Patriarchen  von  Conftantinopel, 
die  Zufammenftellung  von  IO  Sibyllen  verbreitet,  wäh- 

1  Siehe  Ferdinand  Piper 's:  Mythologie  der  chriftlichen  Kunft.  Wei- 
mar  1847  etc. 

XIII.  N.  F. 


rend  im  Chronicon  pafchale  deren  12  aufgezählt  erfchei- 
nen,  wie:  die  Sibylla  Erythrea,  Hebräea,  Perfica,  Del- 
phica,  Cimeria,  Samia,  Rhodia,  Cumana,  Libyca,  Tro- 
jana,  Phrygia,  und  Tiburtina. 

Während  Plinius,  der  das  Wort  Sibylla  fogar  als 
Eigennamen  nimmt,  nur  eine  kennt,  variirt  bei  verfchie- 
denen Schriftftellern  und  Künftlern  deren  Zahl  alfo 
zwifchen  3  bis  12,  ja  fteigt  einmal  fogar  bis  auf  die 
Zahl  13  herauf. 

Von  allen  diefen  Sibyllen,  vornemlich  aber  von  der 
Erithräifchen  und  Cumänifchen  Sibylla  heißt  es,  dafs  fie 
den  Einen  Gott  vorherkündeten.  Eine  ganz  befondere 
Wichtigkeit  legte  man  aber  der  Tiburtinifchen  Sibylla 
bei,  welche  vor  dem  Kaifer  Oclavianus  Auguftus  Weis- 
fagungen gemacht  haben  foll.  Die  Sage  über  diefe 
Sibylla  wird  fchon  von  Schriftftellern  des  8.  Jahrhun- 
derts und  fpäter  (mit  Variationen)  auch  von  Schrift- 
ftellern des  13.  Jahrhunderts  erzählt;  bei  Thimotheus 
(8.  Jahrhundert),  bei  Gottfried  von  Viterbo  (zweite 
Hälfte  des  12.  Jahrhunderts),  dann  (in  der  zweiten  Hälfte 
des  13.  Jahrhunderts)  bei  dem  Verfaffer  der  legenda 
aurea,  bei  Jacobus  de  Voragine,  im  Speculum  salva- 
tionis  von  1324,  bei  Petrarca  u.  f.  w. 

Plotius  zählt  unter  feinen  zehn  Sibyllen  die  obigen, 
mit  Ausnahme  zweier,  der  Sibylla  Hebraea  und  Rhodia 
auf;  wo  endlich  dreizehn  Sibyllen  aufgezählt  wurden, 
finden  wir  noch  den  Namen  der  Sibylla  Europa, 
Agrippa  und  der  Nichaula,  Königin  von  Saba,  welch 
letztere  dem  Könige  Salomon  von  Chriftus  und  der 
Jungfrau  Maria  und  anderen  bis  zum  Ende  der  Welt 
reichenden  Wundern  geweisfagt  haben  foll. 

Was  das  Auftreten  der  Sibyllen  und  ihrer  Sage 
in  der  chriftlichen  Kunft  anbelangt,  fo  finden  wir  in 
der  früh-chrifllichen  Zeit,  fo  in  den  Katakomben  und 
deren  Gemälden,  Reliefs  etc.  noch  nichts  von  ihnen; 
desgleichen  läßt  fich  auch  keinerlei  diesbezügliche 
Darftellung  in  den  Mofaiken  vom  4.  Jahrhunderte 
angefangen  in  der  gefammten  Reihenfolge  bis  in  die 
Kunft  der  byzantinifchen  Mofaiciften  hinein,  nachwei- 
fen; dagegen  wurde  der  Zeit  und  der  Darftellung  nach 
die  Vorftellung  der  Sibyllen  der  fpäteren  abendländi- 
fchen  Kunft  defto  geläufiger  und  hat  felbe  nicht  feiten 
zur  Ausfchmückung  der  Kirchen  gedient;  im  12.  und  13. 
Jahrhundert  fand  diefe  Vorftellung,  durch  dogmatifchen 
und  hymnologifchen  Gebrauch  fogar  angeregt,  ein 
neues  erhöhteres  Intereffe. 

Insbefondere  ift  es  aber  die  Sage  von  der  Tibur- 
tinifchen Sibylla,  welche  ftets  und  immer  allgemeiner 
im  Umlauf  gefetzt  und  benutzt  wird;  fo  finden  wir 
felbe  vornehmlich  und  zuerft  wieder  in  der  erwähnten 
Kirche  auf  dem  Capitol  und  mehrmals  und  in  verfchie- 
denen Zeiten  dargeftellt,  und  fo  treten  uns  das  ganze 
Mittelalter  hindurch   bald  diefe  oder  jene,  bald  mehr 


•  XXII 


bald  S    ;      n  auf  Tafel-,  Fresco-  und  Glas-Ge- 

mälden, in  Staffelei-  und  Miniatur-Bildern  etc.  enl 

Wir  finden  diefe  Darfteilung  auch  in  den  gefchrie- 
benen  und  illuftrirten  bibliis  pauperum  und  in  vielen 
an  den  Kirchenwänden  gemalten  Darftellungen:  fo  ift 
auCl_  -  Ematts-Kirche  in  i 

Karl  IV.  flammende 
che  Darfl  Bekanntlich  ilt  der  Kreuz- 

gang ringsum,  ganz  in  der  Weife  der  biblia  pauperum, 
mit  Darfteilungen  aus  dem  alten  und  neuen  Telia- 
mente  bemalt.  Eine  ahnliche  Darfteilung  finden  wir 
unter  den  erft  in  neuerer  Zeit  entdeckten  Fresken  einer 
d£r  kor-Utnganges  der  Barbara- 

Kirche  in  Kuttenberg. 

In  fpäterer  Zeit  liebte  man  es  immer  mehr  und 
mehr,  das  Bild  einer  Sibylle  auszuführen.  Die  chriftliche 
Kunft  der  RenailTance  läßt  aber  die  Sibyllen  fallen; 
bald  nach  der  Zeit,  wo  auch  ein  Michelangelo,  ein 
Raphael  die  Vorftellung  und  Sage  der  Sibyllen  durch 
ihre  Kunft  verewigt  hatten,  war  nämlich  dadurch  eine 
Wendung  eingetreten,  dafs  man  Ende  des  16.  Jahr- 
hunderts die  Echtheit  der  llbyllinifchen  Orakel  beftrit- 
ten  und  nachgewiefen  hatte,  dafs  felbe  fämmtlich.  foweit 
fie  den  Einen  Gott  und  Chriftum  verkündigen  follten, 
unterfchoben  feien,  wodurch  fie  alfo  der  chriftlichen 
Kunftübung  entzogen  wurden,  wenn  auch  noch  im 
17.  und  18.  Jahrhunderte  für  die  Sibyllen  felbft  ein 
gewifies  Interefle  geblieben  war. 

Piper  führt  in  feinem  angezogenen  Werke  eine 
ganze  Reihe  von  künftlerifchen  Darftellungen  der 
Sibyllen  an,  wovon  hier  des  fpäteren  Vergleiches  wegen 
franzofifche  Holzfchnitte  und  auch  Tapeten  letztere  im 
Mufeum  Cluiiy,  vom  Anfange  des  16.  Jahrhunderts 
erwähnt  fein  mögen,  welche  die  Sage  derTiburtinifchen 
Sibylle  und  des  Auguftus  neben  anderen  biblifchen 
Darftellungen  zur  Anfchauung  brachten;  in  den,  in 
einem  Exemplar  in  der  k.  Bibliothek  zu  Berlin  befind- 
lichen .Zwölf  llbyllinifchen Weisfagungen  viel  wunder- 
barer Zukunft  vom  Anfang  bis  zum  Ende  der  Weif. 
Frankfurt  1531,  fehen  wir  die  zwölf  Sibyllen  mit  einem 
Spruchzettel  ausgeftattet,  in  Ouartgröße,  in  Holzfchnitt 
abgebildet.  Es  durfte  nicht  ohne  Intereffe  fein,  die  Art 
diefer  Darftellungen  der  Sibyllen  mit  jenen  auf  unferem 
Teppiche  in  Vergleich  zu  ftellen. 

Diefe  erfteren  Abbildungen  zeigen  uns : 
Sibylla  Perfica,  mit  Gold  geziert  und  gefchleiert. 
Libyen,  mit  einem  Rofenkranze  auf  dem  Haupte. 
Delphica,  fchwarz   bekleidet   mit   einem   Hörn   in   der 

Hand. 
Citneria ,    eine    hübfehe    Frauengeftalt     mit    langem 

blonden  Haar. 
Samia,    unter  den  Füßen  ein  Schwert,  eine  Hand  auf 

ihre  Bruft  gelegt. 
Cumana,  unbedeckten  Hauptes  mit  güldenem  Kleide, 

in  der  rechten  ein  aufgethanes  fubtiles  Buch. 
Hellefpontica,   als   altes  Weib  mit  beurifchem    Purpur- 
ande,  gebunden  mit  einem  alten  Weiler;  um 

ihre   Kehle  hat   fie  ein   alt  verworfen    Kleid  ge- 
wickelt. 
Pkrygia,   rothes  Kleid,  bloße  Arme,  die  Haare  offen 

über  den  Rücken  flatternd  mit  einem  Finger  nach 

oben  zeigend. 
Europa,  jung  mit  rothfarbig  fcheinendem  Angefleht, 

das  Haupt  umwickelt  mit  einem  feinen  Schleier, 


bekleidet  mit   roth   güldenem  Kleide,  mit  einem 
Brieflein  in  der  Hand. 

Ttburtina,  rothes  Kleid,  Bockhaut  von  oben  herab  auf 
dem  Hälfe  und  über  die  Schultern,  unbedecktes 
Haupt  mit  Haarlocken  und  Bücher  in  der  Hand. 

Erithrea,  die  edellte  Sibylla,  faft  alt  und  etlicher- 
maßen  unter  ihrem  Angefleht  betrübt,  mit  einem 
N  mnenkleide  angethan,  hat  einen  fchwarzen 
Weiler  auf  ihrem  Haupte,  ein  bloßes  Schwert  in 
der  Hand  und  unter  ihren  Füßen  einen  güldenen 
Ring,  geziert  mit  Sternen  als  Himmel. 
ippa,  war  faft  jung,  rofenfarb  Kleid  und  Mantel, 
halt  die  Hand  in  den  Schoß,  fieht  mit  Verwun- 
derung gegen  den  Himmel  und  halt  in  der  linken 
Hand  einen  Brief. 


V.  Detail-Befchreibung  des  Mufeal-Teppiches.' 

„Der  Vorwurf  der  ganzen  Darfteilung  bezieht  fiel),  wie  fchon  erwähnt- 

auf  die    diverfen   Cbyilinifchen  Prophezeiungen   über   die   Ankunft 

Erlöfers,  die  endlich  mit  dem  Siege  der  Kirche  ihre  Erfüllung 

finden,    welche    Idee    sagt nfcheinlich    auch    den   Mittelpunkt    der 

ganzen  Darfteilung  einnahm. - 

Es  find  zwar  in  der  Mitte  des  Teppiches  nur  fehr 
wenige  Anhaltspunkte  für  diefe  Darftellung  vorhan- 
den, da  das  Centrum  eben  fehr  gelitten  hat:  aber  das 
wenige  Erhaltene  und  die  Art,  wie  die  obige  Darftel- 
lung das  ganze  Mittelalter  hindurch  gebräuchlich  war, 
fprechen  dafür,  dafs  unfere  obige  Anfchauung  auch 
wirklich  die  richtige  fei.  Wir  finden  nämlich  links  die 
Spuren  einer  Figur,  von  deren  Haupte  eine  Krone  fallt 
und  deren  Hand  ein  Speer  entgleitet,  während  diefer 
Figur  gegenüber  die  Refte  einer  anderen  weiblichen 
Geftalt  hier  nur  Kopf  und  Hände)  zu  fehen  find,  die 
eine  Krone  auf  dem  Haupte  hat,  und  welche  mit  den 
Händen  ein  großes  Kreuz  umfaßt  hält;  diefes  und 
Spuren  eines  Ungethüms  des  Kopfes  desfelben)  zu 
den  Füßen  diefer  rechts  flehenden  Geftalt  laffen  felbe 
als  die  triumphirende  Kirche  deuten,  welche  zugleich 
den  Satan  überwunden  hat,  während  die  einmal  be- 
standene Figur  zur  Linken  die  finkende  befiegte 
Synagoge  vorgeftellt  hat. 

Der  Schrifttext  des  Spruchbandes  über  den  zwei 
Geftalten  deutet  gleichfalls  daraufhin.  Die  Worte  bei 
der  Geftalt  der  triumphirenden  Kirche  find  einem  aus 
dem  Briefe  des  heiligen  Apoftels  Paulus  an  die  Galater 
(6,  14)  entnommenen  Schrifttext  entlehnt:  _Mihi  absit 
gloriari  nisi  in  cruce  Domini  nostri  Jefu  Chrifti)  — 
Fern  fei  von  mir,  mich  zu  rühmen,  außer  im  Kreuze 
unferes  Herrn-,  während  das  Spruchband  über  der  die 
Synagoge  vorrtellenden  Figur  einen  Theil  aus  den 
Klageliedern  des  Propheten  Jeremias  (1,  16)  enthält, 
welcher  lautet:  -Ego  plorans  et  oculus  meus  deducens 

aquas Ich  weine  und  mein  Auge   gibt 

Wafler" 

Das  diefes  Mittelfeld  umziehende  Zirkelband  läßt 
die  Worte  erkennen:   -Isaias  cecinit,  sinagoga  memi- 

nit vatibus gentilibus  sibillis". 

Konnte  man  auch  bisher  die  fehlenden  Worte  nicht 
ergänzen,  fo  läßt  fich  doch  die  enge  Beziehung  der 
Infchrift  zur  oben  erwähnten  Haupt-Compofition  nicht 

1  Derfelbe  wir  bereits  r88s  im  k.  k.  <ifterreichifchen  Mufeum  für  Kunft 
und  Induftrie  ausseftelll,  auch  bei  der  Ausftellung  kirchlicher  Kunft  i88;  im 
felben  Mufeum  zur  Ausftellung  gelangt. 


CXXIII 


verkennen,  denn  neben  dem  Repräfentanten  der  in  der 
Synagoge  treu  bewahrten  Prophetie,  neben  Ifaias  wird 
hier  auch  der  Weifagung  des  Ileidenthums  durch  die 
Sibyllen  Erwähnung  gethan. 

Die  Entzifferung  der  Spruchband-Texte  war  nicht 
leicht,  weil  oft  viele  Worte  fehlen,  und  zur  Entzifferung 
und  Beftimmung  einzelner  Texte  eine  genaue  Kennt- 
nis der  kirchlichen  Symbolik  und  aller  kirchlichen 
Schriften  etc.  Vorbedingung  ift:  Bei  diefer  Arbeit 
wurde  ich  nun  vornehmlich  und  auf  das  freundlichfte 
von  Dr.  Hodr,  Profeffor  der  Theologie  in  Brunn,  unter- 
llut/t. 

In  der  um  das  Mittelfeld  kreisförmig  herum  grup- 
pirten  Arcadenreihe  finden  wir  in  den  Einzelnfeldcrn 
u  Sibyllenfiguren,  deren  Namen  in  den  Vollbögen  der 
Arcadenfelder  deutlich  zu  lefen  und  zu  erkennen  find; 
die  die  einzelnen  Figuren  umziehenden  Spruchbänder 
enthalten  durchwegs  meffianilche  l'rophetien;  die  erfte 
Sibylle  ift: 

i.  „Sibilla  Heritreau  (die  erythraifche  Sibylle), 
deren  Spruchband  den  Text  enthält:  „Jacebit  in 
Eeno  agnus  et  puellari  officio  educabitur  Deus  et 
homo  —  Es  wird  liegen  im  Heu  das  Lamm  und 
durch  den  Dienft  eines  Mägdleins  erzogen  werden 
der  Gottmenfch". 

Wir  finden  die  erythraifche  Sibylle  jung,  mit  lang 
herabwallendem  blonden  Haare,  mit  einem  gelben 
Unter-  und  einem  gelben  rothgefütterten  Oberkleide; 
in  der  linken  Hand  hält  fie  Blumen.  ' 

2.  „Sibilla  Cumana"  (die  Sibylla  von  Cumä) 
fpricht  nach  ihrem  Spruchbande :  „Jam  redit  virgo, 
redeunt  Saturnia  regna  —  Schon  kehrt  die  Jung- 
frau wieder  zurück,  es  kömmt  wieder  das  Reich  des 
Saturnus-',  hier  im  Sinne  des  himmlifchen  Reiches. 
Bekanntlich  hat  uns  diefen  Spruch  auch  Virgil  als 
Prophetie  der  cumänifchen  Sibylle  in  feiner  IV.  Ecloge 
wiedergegeben,  diefelbe  jedoch  willkürlich  auf  die 
Geburt  eines  Sohnes  des  Confuls  Afinius  Pollio 
bezogen. 

Das  Bildnis  der  Sibylle  präfentirt  fich  in  jugend- 
licher Geftalt,  das  Haar  in  Zöpfen  zu  einer  Frifur  auf- 
gebaut; das  Unterkleid  ift  von  grauer  Farbe,  das 
enganliegende  Oberkleid  von  grüner  Farbe  mit  einer 
gelben  Bordüre,  hat  Bruftlatz  und  Puffenärmel;  in 
den  Händen  hält  die  Sibylle  ein  aufgefchlagenes  Buch. 

3.  „Sibilla  Samia"  (die  Sibylle  von  Samos).  Die 
mit  einem  weißen  Kopftuche  verfehene  Frauengeftalt 
trägt  ein  rothes  Unterkleid,  darüber  einen  Mantel  von 
gelber  Farbe;  die  Sibylle  hält  in  beiden  Händen  eine 
Wiege.  Das  Spruchband  enthält  die  Worte:  „Nascetur 
de  paupercula  et  beftiae  gregis  adorabunt  eum  —  Er 
wird  von  einer  Armen  geboren  werden  und  die  Thiere 
der  Herde  werden  ihn  anbeten-'. 

4.  „Sibilla  Perfica"  (Die  perfifche  Sibylle)  eine 
fchöne  Frauengeftalt,  hat  lange,  vorn  und  rückwärts 
über  die  Schultern  herabhängende  Locken,  ein  eng- 
anliegendes graues  Oberkleid,  welches  unten  durch 
eine  vierfache  Bordüre  von  gelber  Farbe  verziert 
erfcheint;  über  die  Schultern  hat  die  Geftalt  ein  grün- 
gelbes rothgerändertes  Tuch  gefchlagen.  Sie  weifet 
mit  der  linken  Hand  in  die  Höhe,  während  die  rechte 

1  Die  Contourirung  der  Zeichnung,  die  Gewandfalten  und  die  Begrün- 
dung der  Schattenpartien  ift  der  Farbe  nach  roth,  grün,  gelb  etc.  je  nach  der 
Farbe  des  Localtoncs  der  Kleiderpartie. 


einen  glockcnähnlichen  Korb  oder  eine  Laterne  trägt. 
Im  Spruchbande  lefen  wir:  „Videbunt  omnes    regem 

viventium    teneb —  Es   werden  Alle   fehen   den 

König  der  Lebendigen.  .  .  \ 

5.  „Sibilla  Libica"  (die  lybifche  Sibylle)  ift  von 
blondem  Haar,  das  fie  unter  einem  braunen  lim.  hen 
in  Scheiteln  trägt;  das  Kleid  ift  von  rother  Farbe.  1  >ie 
Sibylle  halt  mit  beiden  Händen  einen  Speer.  Der  Text 

des  Spruchbandes  ift  nicht  zu  entziffern.  „Egredietur 

..  1 


6.  „Sibilla  Europa  (die  Sibylla  Europa)  erfcheint 
dargeftcllt  mit  einem  weißen  Kopftuche,  gelbgrünen 
Ober-  und  Untergewande,  welche  reichgefchmückte 
edelfteinbefetzte  Bordüren  zeigen;  außerdem  fehen 
wir  ein  lichtgraues  Unterkleid  vorftehen;  mit  der 
rechten  Hand  fcheint  fie  einer  Erklärung  Nachdruck 
geben  zu  wollen,  während  fie  in  der  rechten  ein  blankes 
Schwert  trägt,  liier  lefen  wir:  „Egredietur  Dominus 
de  utero  virginis  et  dominabitur  in  filencio  —  I 
wird  hervorgehen  der  Herr  aus  dem  Schöße  der  Jn 
frau  und  wird  herrfchen  mit  Schweigen". 

7.  „Sibilla  Cyemeria"  (die  eimmerifche  Sibylla) 
hat  ein  hübfehes  jugendliches  Geficht,  das  von  dem 
rothen  Befatze  einer  haubenartigen  Kopfbedeckung 
eingerahmt  erfcheint;  fie  trägt  ein  weitärmeliges  be- 
fetztes  Untergewand,  darüber  ein  lichtgraues  Ober- 
kleid, deffen  reiche  Bordüre  mit  Edelfteinfchmuck 
befetzt  ift.  Die  Figur  hält  beide  Hände  über  die  Bruft 
gelegt  und  trägt  in  der  linken  eine  Wirtel.  Im  Spruch- 
bande  fleht:    „Sedit   virgo    pulcra   nutriens    puerum, 

quem    gentes —  Es    faß    die   fchone    Jungfrau, 

während  das  Kind,  welches  die  Völker" 

8.  „Sibilla  Agrippa".  Die  Geftalt  der  Sibylla 
Agrippa  hat  ein  braunes  Kopftuch,  unter  welchem  die 
in  Flechten  gelegten  Haare  vortreten:  ein  lichtes 
röthlichbraunes  Unterkleid  wird  von  einem  grünen 
weitärmeligen  Oberkleide  überdeckt,  welches  am 
Rande  eine  gelblichgrüne  edelfteinbefetzte  Bordüre 
zeigt;  ihre  Rechte  trägt  eine  Doppelgeißel.  Der  Text 
des  Spruchbandes  läßt  fich  nur  theilweife  entziffern: 

„ bit  et  ab    hominibus    conculcabitur  — 

und  wird  von  den  Menfchen  getreten  werden". 

9.  „Sibilla  Tyburtina^ .  Die  Sibylle  vonTibur  zeigt 
ein  von  braunem  in  Flechten  gelegten  Haare  einge- 
rahmtes niedliches  Geficht,  der  Kopf  ift  mit  einem 
lichtbraunen  Hütchen  bedeckt.  Ein  gelblichbrauner 
rothgefütterter  Mantel  ift  über  das  lichtgrüne  am  Hälfe 
bordirte  Unterkleid  geworfen.  Die  Figur  hält  die  linke 
Hand  erhoben,  während  die  rechte  den  Mantel  zufam- 
menfaßt.  „Confilium  firmabitur  in  coelo,  et  annuncia- 
bitur  virgo  in  terris — -Es  wird  derRathfchluß  bekräftigt 
werden  im  Himmel  und  verkündet  werden  die  Jung- 
frau auf  Erden". 

10.  „Sibilla  Dclphica" .  Das  Spruchband  der 
delphifchen  Sibylle  zeigt  leider  keinen  Text  mehr. 
Die  fie  darfteilende  Figur  hat  fehr  langes,  frei  herab- 
wallendes blondes  Haar,  ein  graues  weitärmeliges 
bordirtes  Kleid,  darüber  einen  lichtbraunen  Ueber- 
wurf  gelegt,  de  hält  beide  Hände  vor  fich,  als  wenn 
fie  etwas  deuten  oder  erklären  wollte. 

11.  „Sibilla  (Hellcspontica)" ,  wie  fich  der  Eigen- 
namen ganz  beftimmt  ergänzen  läßt;  auch  hier  ift  der 

1  Nachdem  bislang  der  Text  der  Oracula  Sibyllina  nicht  zu  bekommen 
war,  konnten  obi^e  fehlende  Worte  von   Dr.  Horfr  nicht  ergänzt  werden 


iXXIV 


Text    des   Spruchbandes    verfchwunden.  Die    helles- 
pontifche  Sibylle  tragt  auf  dem  Kopfe   ein  enganlie- 

dcs  weißes  Tucli,  hat  ein  grünes  Kleid  und  ein 
rothes  Obergewand;  die  Geftalt  hält  mit  beiden 
Händen  ein  großes  Kreuz  vor  (ich. 

12.  „Sibilla  Frigeaa.  Im  Spruchbande  der  phry- 
gifchen  Sibylle  lefen  wir:  „Annunciabitur  Dominus  in 
Xalareth  et  nascetur  in  Betlehem  —  Der  Herr  wird 
verkündet  in  Nafareth  und  geboren  werden  in  Bet- 
lehem". Unter  einer  haubenartigen  Kopfbedeckung 
fehen  wir  das  Haar  in  Flechten  gelegt;,  die  Gellalt 
zeigt  ein  gelbes  Unterkleid,  darüber  ein  graues  roth- 
gefuttertes Obergewund.  deffen  grüner  Befatz  reich 
mit  Edelfteinen  geziert  ift.  In  der  linken  Hand  hält  fie 
eine  rothe  dreifach  getheilte  und  flatternde  (Kirchen- 
Fahne,  während  fie  die  rechte  wie  fegnend  von  fich 
ftreckt. ' 

Dies  wären  alfo  die  zwölf  Sibyllen.  Die  in  dem 
zweiten  äußeren  Zirkel-  oder  Kreisbande  angebrachte 
Infchrift  ift  leider  lückenhaft  und  ließ  fich  bisher  nicht 
entziffern,  doch  glaubte  Dr.  HoJr  aus  dem  wieder- 
kehrenden Reime  fchließen  zu  dürfen,  dafs  der  Text 
ein  Bruchftück  eines  Weihnachts-Hymnus  bilde:  Das 

Vorhandene    des  Textes    lautet:    vel   vetera   cur 

dam-^o)-naberis    gens    misera,    qu  (em)   docet   littera 

natum  considera  ipsum  genuit  puerpera littera 

enim  oeeidit  Spiritus  autem  vivificat  nam  si  ....  g.fa 
(gloria   ?)  est  multorum    ....  habenda  est  misterium 

infelix — oder    altes,    warum    wirft    du 

geftraft    werden,    elendes    Volk,    von    ihm    fagt    die 

Schrift,  dafs ihn  brachte,  erwäge,  eine  Kindbet- 

terin   zur  Welt denn  der  Buchftabe  tödtet,  der 

Geilt  belebt,  denn  wenn  ....  Ruhm  ift  vieler  .... 
befitzende  (habende)  ift  ein  unglückfeliges  Geheim- 
nis   

Nun  komme  ich  fchließlich  zur  Befchreibung  der 
feenifchen  Darftellungen  in  den  Ecken,  wovon  drei 
erhalten  find;  diefelben  laffen  fich  nach  den  Infchrif- 
ten  der  Spruchbänder  ebenfalls  ganz  genau  beftimmen. 

I.  Die  Darftellung,  ja  auch  das  ehemalige  Bild  in 
der  zu  Grunde  gegangenen  linken  oberen  Ecke  läßt 
fich  leicht  fixiren,  obwohl  hierfelbft  bis  auf  eine  Figur 
alles  fehlt;  wir  fehen  hier  nur  einen  Mann  in  einem 
lichtblauen  Rocke  mit  rothbraunem  Befatze,  über 
welches  er  ein  grünes  Obergewand  mit  weißem  Kragen 
gefchlagen  hat;  die  Füße  find  mit  rothbraunen 
Strümpfen  und  Schuhen  bekleidet;  der  Gegenftand, 
den  er  in  der  rechten  Hand  halt,  ift  nicht  zu  erkennen. 
Alles  andere  diefes  vierten  Eckbildes  fehlt  nun,  wie 
gefagt,  gänzlich. 

Man  wird  aber  kaum  fehl  gehen,  wenn  wir  als 
Vorwurf  diefes  erften  Bildes  eine  der  älteften  und 
bekannteften  Traditionen  über  Sibyllen  annehmen, 
und  zwar  die  Sage  der  cumänifchen  Sibylle,  welche 
dem  Könige  Tarquinius  Superbus  die  Sibyllinifchen 
Bücher  zum  Kaufe  angeboten  hatte.  Ihre  Weisfagungen, 
der  Lehre  der  Propheten  nahekommend,  verkündeten 
deutlich  nach  der  früheren  Annahme  die  Zukunft 
Chrifti.  Wir  können  uns  alfo  wohl  die  erfte  Ecke  in 
folgender  Art  ergänzt  denken:  Konig  Tarquinius,  auf 
dem  Throne  fitzend,  vor  ihm  die  Sibylla  mit  einem 
oder  mehreren  der  fibyllinifchen  Bücher;    eine  folche 

1  Dircclor  Dr.  Ilg  erkennt  in  den  diverfen  Beigaben  der  Figuren  die 
Marterwerkzeuge  des  Erlöfcrs. 


Darfteilung  würde  fich  den  folgenden  Darftellungen 
oder  den  Scenen  der  drei  übrigen  Ecken,  der  chronolo- 
gifchen  Reihenfolge  nach,  entfprechend  einfügen,  es 
würden  dann  nämlich  zweien  Darftellungen  aus  der 
heidnifchen  Zeit  zwei  Vorbilder  aus  der  altteftament- 
lichen  Zeit  folgen. 

II.  Denn  die  Ecke  rechts  oben  bringt  uns  die 
Sage  von  der  vor  dem  Kaifer  Auguftus  erschienenen 
tiburtinifchen  Sibylle  zur  Darftellung.  * 

Die  Infchrift  im  Spruchbande  legt  der  Sibylle 
die  bekannten  Worte  in  den  Mund  :  „Hie  puer  maior 
te  est,  Sibilla  tibi  —  Diefes  Knäblein  ilt  großer  als 
du,  fagt  dir  die  Sibylla" Auguftus  antwortet:  ,.Haec  est 
ara  Filii  Dei,  ergo  hie  te  adoro.  Haec  06lavianus.  — 
Dies  ilt  der  Altar  des  Gottesfohnes,  alfo  bete  ich  dich 
hier  an;  dies  fagt  0<5tavian". 

Wir  fehen  in  der  Darfteilung  den  Kaifer  Auguftus 
auf  den  Knien  liegend,  eine  (deutfehe)  Kaiferkrone  auf 
dem  Haupte,  einen  gelben  mit  blauen  Ornamenten  reich 
verzierten  Kronungsmantel  angethan,  der  den  Kragen 
und  die  weiten  Aennel  mit  Hermelin  befetzt  hat. 

Der  Kaifer,  vor  dem  ein  Scepter  liegt,  hat  beide 
Hände  zum  Gebete  gefaltet.  Links  von  ihm  fteht  die 
Sibylle  in  einem  grünen  roth  befetztem  Aermel- 
gewande,  über  welches  fie  ein  lichtgelbes  mit  einem 
[weiß  und  grau)  quadrirten  Stoffe  gefüttertes  Ober- 
gewand trägt;  das  fie  mit  der  Linken  zufammenhält, 
während  fie  mit  der  Rechten  dem  Kaifer  das  in  den 
Wolken  erfchienene,  von  Lichtftrahlen  umgebene 
Himmelsbild  weifet. 

III.  Nach  dem  Texte  der  Spruchbänder  der  in  der 
unteren  rechten  Ecke  dargeftellten  Scene  fehen  wir 
die  Königin  Efther  vor  uns,  wie  fie,  auf  den  Knien 
liegend,  den  König  Affurus  für  ihr  Volk  um  Gnade 
fleht;  Efther  erfcheint  uns  hier  als  das  Vorbild  der 
feligften  Jungfrau  Maria.  Dem  auf  einem  Throne 
fitzenden  Könige  werden  nach  dem  Texte  folgende 
WCrte  in  den  Mund  gelegt:  „Quae  est  petitio  tua, 
Helfer?  Si  dimidiam  partem  regni  mei  petieris  impe- 
trabis  —  Was  ilt  dein  Begehren,  Efther?  Wenn  du 
auch  die  Hälfte  meines  Reiches  verlangteft,  wirft  du  fie 
erhalten.-  Die  vor  dem  Könige  knieende  Efther  aber 
bittet:  „Si  inveni  gratiam  in  oculis  tuis,  o  rex,  dona 
mihi  animam  meam  et  populum  meum  —  Wenn  ich 
Gnade  gefunden  in  deinen  Augen,  o  König,  fo  fchenke 
mir  mein  Leben  und  mein  Volk".  Neben  Elther 
fteht  eine  zweite  Frauengeftalt  und  hinter  diefer  Aman, 
denn  in  dem  Spruchbande  oberhalb  diefer  Figur  fteht: 
„Hostis  et  inimicus  noster  pessimus  iste  est  Aman  — 
Unfer  Feind  und  Widerfacher  ift  diefer  bitterböfe 
Aman"  (Buch  Efther  7,  2 — 6). 

Wir  fehen  in  der  Darftellung  den  König  Affurus 
in  einem  grünen  Königsmantel,  deffen  Kragen  und 
Aermelränder  hermelinbefetzt  lind,  auf  einem  Throne 
fitzen,    wobei  er   die    mit  fchwarzen  Bundfchuhen  be- 


1  Von  Cacfar  Octavianus  heißt  es,  dafs  er  die  Tiburtinifche  Sibylla  zu 
fich  befchieden  habe,  um  fie  über  einen  vom  Senate  geftelltcn  Antrag,  nach 
welchem  ihm  gottliche  Ehre  erwiefen  werden  folltc,  zu  bt-fragen,  worauf  ihm 
die  Sibylla  geantwortet  habe,  dafs  vom  Himmel  derjenige  Konig  kommen 
werde,  welcher  es  dann  auch  in  Ewigkeit  bleiben  werde.  In  diefem  Momente 
habe  fich  vor  dem  Auguftus  der  Himmel  geöffnet  und  foll  ihm,  in  den  Wolken 
auf  einem  Altare  flehend,  eine  Jungfrau  von  herrlicher  Schönheit  mit  einem 
Knäblein  im  Arme  erfchienen  fein;  auch  eine  Stimme  ließ  fich  vernehmen: 
Haec  ara  filii  dei  etc.  —  Oclavianus  Auguftus  fiel  hierauf  betend  in  die  Knie 
und  gab  fodann  auch  dem  Senate  von  diefer  Vifion  Kunde.  Der  Sage  nach 
foll  fich  diefe  Vifion  in  dem  Gemache  des  Auguftus  ereignet  haben,  an  dcfl"en 
Stelle  fodann  de  noch  jetzt  ftehende  Kirche  St.  Maria  in  Capitolio  erbaut 
worden   fein  foll,   die  daher  auch  den  Namen   St.  Maria  Ara  codi  erhalten  hat. 


cxxv 


kleideten  Füße  vorgeftreckt  hat.  Der  gothifche  Thron- 
feffcl  ift  von  brauner  Farbe,  roth  gerändert  und  eigen- 
thümlich  geformt ;  die  Seite  und  hohe  Lehne  desfelben 
ift  mit  romanifirenden  doppelfenfterähnlichen  Oeff- 
nungen  verfelien,  fo  dafs  der  Thronfeffel  im  erften 
Momente  mehr  einem  Gebäude,  als  einem  Throne 
ähnelt. 

König  Affurus  hält  in  der  Rechten  das  Scepter, 
begrüßt  die  knieende  Kllher,  welche  beide  Hände 
bittend  vor  fich  gefaltet  halt;  fie  hat  ein  gelbes, 
mit  grünem  Ornamentwerk  damaftähnlieh  decorirtes 
Schleppkleid,  die  engen  Acrmel  desfelben  gepufft;  von 
der  rechten  Hüfte  hängt  ein  Täfchchen  herab.  Die 
hinter  ihr  ftehende  Frauengeftalt  trägt  ein  blaßblau- 
griines  Kleid,  darüber  ein  rothgerändertes  erdfarbiges 
Obergewand;  die  Schultern  bedeckt  ein  brauner 
Kragen,  während  ein  reicher  Halsfchmuck  bis  zum 
verzierten  Bruftlatz  herabhängt;  auch  diefe  Gen  alt 
hält  beide  Hände  vor  fich  und  dürfte  wohl  eine  der 
Hofdamen  der  Königin  vorftellen.  Aman's  Kopf 
bedeckt  ein  Baret;  er  zeigt  in  feiner  Edelmannstracht 
ein  rothes  Gewand  und  ein  blaurothes  wechfelfarbiges 
Beinkleid;  ein  brauner,  von  zwei  Horizontalftreifen 
durchgezogener  Mantel  hängt  leicht  von  feinen  Schul- 
tern herab;  während  die  Linke  den  Schwertknopf 
niederdrückt  (denn  das  Schwertende  ift  aufgerichtet), 
halt  er  die  Rechte  vorgeftreckt.  (Nach  diefer  Figur, 
welche  ihrer  Gewandung  nach  am  fpäteften  fällt,  muß 
der  Teppich  aus  der  Zeit  nach  1500  [1520]    fein). 

IV.  In  der  vierten  Ecke  (links  unten)  finden  wir 
den  König  Salomon,  da  auch  er  als  ein  Vorbild  des 
Mcffias  angefehen  wird.  Salomon  fpricht  folgende 
Worte:  ,,Appone  cor  ad  doftrinam  meam  quae  pulcra 
erit  tibi,  cum  servaveris  eam  —  Nimm  zu  Herzen 
meine  Lehre,  die  fchön  für  dich  fein  wird,  wenn  du  fie 
behältft"  (Spruch  Salomon  22,  17,  18).  Die  vor  ihm 
knicende  Nichaula,  Königin  von  Saba,  aber  fpricht: 
„Maior  est  sapientia  tua,    quam   rumor,  quem    audivi 


in  terra  mea  —  Größer  ift  deine  Weisheit,  als  das 
Gerücht,  das  ich  gehört  in  meinem  Lande"  (III.  Buch 
der  Könige  10,  6,  7). 

Im  Spruchbande  einer  Seitenfigur  liehen  folgende 
Worte:  „Thronus  ejus  i;i  aeternum  firmabitur  —  Sein 
Thron  wird  ewiglich  beftehen".  Alfo  auch  eine 
meffianifche  Weifagung. 

König  Salomon  fitzt  in  einem  mit  Hermelin  reich 
gefchmückten  Mantel  auf  einem  ahnlich  wie  früher 
geftalteten  Throne,  hält  in  der  Rechten  ein  Scepter, 
während  er  die  Linke  der  vor  ihm  knieenden  Konigin 
entgegenftreckt;  felbe  hat  ein  lichtgrünes  rothaufge- 
putztes Schleppkleid;  während  von  den  hinter  ihr 
knieenden  Frauen  die  eine  ein  lichtgrünes  Kleid,  dar- 
über einen  roth-  und  weißgeränderten  Kragen  ti 
hat  die  zweite  ein  grünes  Unterkleid  und  ein  licht- 
braunes wcitärmligcs  befetztes  Obergewand;  die  erfte 
hält  Blumen  in  der  Hand,  während  die  zweite  ein 
Käftchen  trägt. 


Im  Großen  und  Ganzen  läßt  fich  alfo  die  auf  diefem 
ehemaligen  Prunkteppiche,  der  feiner  Form  nach  als 
Fußteppich  gedient  haben  muß,  zur  Darftellung  ge- 
bracht- Idee  vollftändig  erklären,  wodurch  uns  der 
Teppich,  diefes  geflickte  Kloftertuch,  im  ehrwürdigen 
Alter  von  circa  400  Jahren  nur  um  fo  intereffanter 
erfcheint;  von  den  erwähnten  Defecten  abgefehen, 
fehen  wir  in  diefem  Teppiche  wegen  feiner  fonftigen 
ausgezeichneten  Confervirung  und  der  Seltenheit  der- 
artiger erhaltener  Stücke  wohl  unleugbar  einen  koft- 
baren  Schatz  der  Textilkunft  und  zwar  fowohl  in 
Bezug  auf  die  Darftellung  und  die  Art  derfelben,  als 
auch,  was  den  Reichthum  und  die  Fülle  der  Orna- 
mentik und  der  Decoration,  die  Menge  der  ange- 
brachten Figuren,  die  harmonifche  Farben-Gruppirung 
und  endlich  auch  die  Technik  betrifft. 


Grabftätten  deutfeher  Studenten  in  Italien. 


Von   Arnold  Lufchin  v.  Ebengreuth. 

III.  (Schluß.) 


30.  Des  Grafen  Joliawt  von  Martinitz,  f  1636  in 
der  Andreas-Kirche,  und  zwar  auf  der  Evangelienfeite. 

Unter  einer  neunzinkigen  Krone  erblickt  man  den 
Wappenfchild  (in  roth  zwei  filberne  aus  gemeinfehaft- 
licher  Wurzel  an  langen  Stielen  emporgewachfene  und 
einwärts  gekehrte  Seeblumenblätter,  zwifchen  diefen 
einen  goldenen  achteckigen  Stern)  und  in  weißfehwarzer 
Umrahmung  die  Infchrift: 

A  •  M  •  D  •  G 
IOA  •  IAROSLAVS    BORZITA  |  S  •  R  •  I  •   COMES   DE 
MARTINIZ  PRÄGEN-  |  tIAROSLAI  ILLIVS  FILIVS  |  QVI 
NON    ABIIT  IN   CONSILIO   IMPIORVM  |  ADEOQVE 
PER  FENESTRAS  AB  HARETICIS  EIECTVS  |  AT  SOS 
PES  EVECTVS  ESTl  |  ANGELICO  ANIMI  CORPORISQ^ 
PARIS  ACCEPTI    CANDORE  |  NOTABILIS  ET  SENIS 
APPARVIT  |VBI    DVODE  VIGESIMO  ANNO  |  PLENA 


HVMANA  PVBERTATE.   SPECIE   ANGELICA   PHILO 

SOPHICA  SCIENTIA,  |  GENVINAS  CVM  AQVILONA 

RIB  •  DRACONIB  •  PVGNAS  IMPENDIO  MOLIENS  | 

TAM    AD    CELESTES  TRIVMPHOS  |   ET   AD   SVA 

REGINA  REGNVM  EVETERI  EIVS  CIVITATE  VOCA 

TVS  |  AN   REVOCATVS    |  DVLCES  EXVVIAS,  DVLCE 

DECVS  NOBIS  RELIQVIT-  |  ]  [  •  VI  CAL  •  MART  • 

MDCXXXVI- 

Im  Fußboden  lafen  Ugurgieri  und  Pecci noch  auf 

der  Gruftplatte: 

A  .  M  .  D  .  G . 
Joanni  Jaroslao 
Borzitas  S.  R.  I.  Comiti 
de  Martiniz 
Juniores  fratres 
Posthumi  Advenaj 


CXXV1 


Posthumum  lapidem 
tristis  adventus  testem 
fraterni  amoris  lydium 
postremi  officii  terminum 

P.  P.  P.  P. 
Anniversaria  die 
]  [.  VII  Cal.  Mart.  MDC.XL. 

DerVerftorbene  trat  am  iS.  Juni  1635  der  deutfchen 
'ii  bei,  und  muß  hier  fehr  beliebt  gewefen  fein. 
Ein  Beifatz  zu  feinem  Namen  in  der  Herrenmatrikel 
meldet  nämlich:  „vixit  summa  cum  laude,  suorum 
dolore  sodalium  mortuus,  sepultus  Sienis  in  ecclesia  s. 
Andreae  apostoli,  cuius  memoria  ibidem  spectanda." 
Die  Jüngern  Brüder,  welche  den  Gruftftein  widmeten, 
find  der  Propft  von  Vysehrad  Ferdinand  Leopold 
Benno,  und  Maximilian  Valentin,  Grafen  von  Martiniz. 
Ihre  Einträge  in  die  deutfche  Herrenmatrikel  find  vom 
2S.  Odober  1 

31.  Des  Petrus  EJeghaffo}  1470  in  der  alten  Kirche 
s.  Stefano,  und  zwar  an  der  Schwelle  der  Sacrifteithür. 
Die  Infchrift: 

5-  PETRVS  •  DE  •  IOHAN 
NES  •  ELEGHASSO  •  DE- 
ALAMAGNIA-M 
CCCCLXX-  — 

ift  deutlich,  doch  offenbar  verderbt,  fie  gemahnt 
einigermaßen  an  den  Namen  Elgaft,  dem  wir  um  jene 
Zeit  wiederholt  in  der  Erfurter  Matrikel  begegnen. '- 
Der  Wappenfchild  ober  der  Schrift  zeigt  einen  nach 
rechts  gewandten  Falken  auf  einem  Dreiberg,  demnach 
eine  von  den  ufterreichifchen  Ellegalt   Siebmacher  III, 

gänzlich  verschiedene  Figur.  Der  Stein  liegt  im 
Fußboden,  ift  75  Cm.  hoch  und  50  Cm.  breit. 

Pecci  hat  ferner  in  Schrift  und  Bild  uns  Nachricht 
von  folgenden  Denkmalen  hinterlaffen,  welche  ich  nicht 
mehr  auffinden  konnte: 

32.  Des  Peter  Bart  von  Oppcnlieim,  f  1474  <vFol. 
128',  Nr.  553  .  Im  Convictsgebäude  der  Sapienza  im 
Pfiafter  der  Kirche  della  Misericordia  linker  Hand  vom 
Hoch- Altar: 

Gefpaltener  Schild  belegt  mit  einem  rechts- 
fehenden  bärtigen  Kopf  und  einem  geftürzten  Anker, 
unterhalb  in  6  Zeilen: 

S-d-PETRI-bART-aE-OPE  |  EHEY- aE  ALAMANIA  | 
IVR  •  PÖTIF1CII  •  SCOLA  |  RIS  -aObUT  •  ANO- DM 
M'CCCC   LXXIIIIDIE-XX-AVGVSTI-CVIVS  | 
AlAREuESCAT-I-PACE- 

33.  Im  Pfiafter  der  nämlichen  Kirche  befand  fich 
nach  Pecci 's  Angaben  eine  Gruftplatte,  mit  der 
Infchrift: 

RODVLFVS  IACET  HOC  LICE    Pecci  Lieh) 

NTIATVS  CZIGLER  MARMORE 
IVRIS  VTRIVSQVE.  HVNC  KK?H(Pecci  hoc) 
ORDIA  PREBVIT  DECOREM  [Pecci  Decomm) 
QVI  VIXIT  STVDVITQVE  OBIIT 
AN  M  III  D  X»  KAL 
IANVARII 

1   Z.  E.  1483,  3.  Nov.  Johannes  Elgaft  de  Nova  Civitate  oder  1491,  Petrus 
ü  de  Aldendorff.  V  Abdruck  der  A&en  der  Erfurter  Univerfitat 

!1!     Bande,   1     Ii,-.:]   der  GeichichUqoeUeil    der  Provinz  Sachfen.  Halle. 


der  Wappenfchild  darunter  zeigt  den  Hirfchkopf  der 
Erfurter  Patrizierfamilie  Ziegler  I  Siebmacher  V,  299, 
Nr 

Der  Verftorbene  wurde  nebft  feinen  Brüdern 
Johann  und  Sebaftian  im  Herbft  1496  in  die  Matrikel 
der  Univerfitat  Erfurt  aufgenommen,'  erlangte  hier 
den  Grad  eines  Licentiaten  beider  Rechte  und  begab 
fich  1497  der  weiteren  Vervollkommnung  wegen  nach 
Italien,  wo  ihn  der  Tod  am  23-December  des  nämlichen 
Jahres  zu  Siena  ereilte.  Die  Jahreszahl  ift  bei  Pecci 
wahrfcheinlich  correct  und  nicht  in  AN  MDI1IX°KAL. 
IANVARII  umzuftcllen,  fondern  nur  eine  weniger  ge- 
bräuchliche Abkürzung. 

34.  Des  Anton  Bi/er  van  der  Velden,  (f  1566  im 
iftinerklofter.  Der  Stein  war  fchon  zu  Peccis 
Zeiten  fo  abgetreten,  dafs  man  vom  Wappen  nur 
Spuren  wahrnahm,  und  dafs  auch  die  Copie  der 
griechifch-lateinifchen  Infchrift  vielfach  rathfelhaft  blieb. 
Eine  Nachprüfung  ift  heute  ausgefchloffen.  weil  das 
Grabmal  (möglicherweife  bei  der  durchgreifenden 
Umgeftaltung  der  Kirche  im  Jahre  1755  verloren  ging. 
Ich  gebe  darum  zunächft  die  Abfchrift,  die  fich  bei 
Pecci  findet,  ganz  unverändert,  ehe  ich  die  Emenda- 
tionsverfuche  wage. 

ANI  BISERIC  VLIRAIECT  :  q^_POSTO  |  I  CEL'-E 
BERR°L^VA  :  GIN  j  IVRCI :  ELÄ  CV  |  TTRIVRQ,. 
LIG  :  ATIQT  ET  HIST  :  CO  IVR  CGNIT  :  REPOR 
TA/IT,  VTI  D  PATa  |  VII  ADLESCES  M  RE.  VETE 
RIRC  ITER  [  PEETARE  T.  RB  :  ANEDOrEL  SEVE 
LIGA  |  DN  PCEPT^RI  BMFCVIX  :  ÄN-XX  ,  VII  • 
OB  AN  CID  IOLXVI-V  KL  AVG- 

BIIH  POI  NOMIKQN   MErA  KYAOI 

EYOP0NE0NTQH,  OrAoTEPOirP 
HN   fHPAAEOI  AENOON  -  TH   AEd> 
T^NIcDAAEPOYI  TYrEPAI  BIÖTOI° 

MEPIMNAI0HKE  AEMAI  YYXH 

ALL    APEAQKE  OEQ   GERFAKEBV^'; 

CID  •  IDLXVI  ■  V  ■  KL  •  AVG- 

Die  Entzifferung  des  griechifchen  Textes  ift  Herrn 
Prof.  Teza  in  Pifa,  welcher  zuerft  auf  die  Copie  bei 
Pecci  aufmerkfam  gemacht  hat,  beftens  gelungen.  Er 
lieft  mit  Beibehaltung  eines  grammatikalifchen  Ver- 
ftoßes,  den  der  Verfaffer  aus  Gründen  der  Metrik 
beging:  * 

Btaripog  vofiixüv  fiiya  xO$og  hifpoveövrutv 
öizT&zepos  yäp  r,v,  yyjpaXiog  ie    vi^v 
rr.or  Buy&w  aadkepoü  arvyepa.s  ßloroa  pcpC/xvacg 
^rf,/.£  Sifiag,  />"/';  oaXj  i-.  i/;j>v.i  %eta. 

Die  Schlußzeile  „Gerardus  Falkenburg,  1566,  V. 
Kai.  Aug."  erhält  ihre  Erklärung  durch  die  Paduaner 
Nationsmatrikel,  auf  welche  ich  fpäter  zurück  komme. 

Schwieriger  ift  die  Enträthfelung  der  lateinifchen 
Zeilen,  welche  Herrn  Prof.  Teza  nur  zum  Theile  gelang. 
Ich  glaube  demungeachtet  folgende  Lefung  ficherge- 
ftellt  zu  haben: 

Antonii  Biseri  Jurisconsulti,  Ultrajeftini,  qui  postquam 
in    celleberrimo    Lovaniensi    Gimnasio     juris     civilis 

1  A.  a.  O.  VIII,  2,  194:  1496  Michaelis,  Rudolphus,  Joannes  Scbaftianus 
Zcigelerenfes  Fratres. 

:  Alti  Hei  R.  Istituto  Veneto  di  scienze  etc..  Serie  VI.  Bd.  III.:  intorno 
a  due  iscrizioni  Senesi. 


CXXVII 


elementa  cum  utriusque  legis  antiquitatibus  et  historia 
condidit,  juris  Cognitionen!  reportavit,  uti  Doclor  Pata- 
vii  adolescens  niore  veterüm  juris  consultorum  inter- 
pretaret.  Robertus  a  Nedonchel  Seveligae  (?)  Dominus 
praeeeptori  bene  merito  faciendum  curavit.  Vixit  annos 
xxvn,  obiit  anno  MDLXVI, 
V.  Kaien  das  Augusti. 

Zur  Rechtfertigung  führe  ich  drei  Einträge  aus  der 
Matrikel  der  deutfehen  Nation  zu  Padua  an: 

S.  127.  Gerardus  Falkenburg,  Noviomagus,  1563, 
18.  Nov. 

S.  132.  Robertus  a  Nedonchel,  Artefius  —  und  un- 
mittelbar darunter:  Antonius  Biferus  van  der  Velden, 
Ultrajedlinus  7.  April  1565. 

Anton  Bifer  van  der  Velden  nach  den  bekannt 
gewordenen  Nachrichten  um  das  Jahr  1539  zu  Utrecht 
geboren,  ftudirte  zuerft  zu  Löwen.  Im  Jahre  1565 
treffen  wir  ihn  in  Gefcllfchaft  feines  Zöglings  Robert 
von  Nedonchel  zu  Padua,  wo  er  vom  1.  Jänner  bis  zum 
4.  Mai  1566  das  Amt  eines  Procurators  der  deutfehen 
Nation  bekleidete  und  die  Doctorswürde  erlangte.  Die 
Worte:  „uti  Doftor  Patavii  adolescens  more  veterum 
juris  confultorum  interpretaret"  laffen  eine  mehrfache 
Erklärung  zu.  Man  könnte  an  den  mos  italicus1  denken, 
an  die  Methode  der  italienischen  Rechtslehrer,  die  fich 
Bifer  angeeignet  habe;  allein  im  Hinblick  auf  die  zweite 
Zeile  des  griechifchen  Textes  fcheint  es  mir  wahr- 
fcheinlicher,  dafs  damit  dem  jugendlichen  Doclor  das 
gereifte  Urtheil  eines  alterfahrenen  Juriften  nachge- 
rühmt werden  follte.  Das  Lob  kann  fich  ferner  auf  die 
bei  Vertheidigung  der  Doclorthefen  bewiefene  Ge- 
wandtheit allein,  oder  auf  wirkliche  Lehrthätigkcit  be- 
ziehen, die  nicht  nothwendig  eine  private  war.  Bis  ins 
Jahr  1560  ftand  der  Studentenfchaft  zu  Padua  die  Be- 
fetzung  mehrererKanzeln  zu,  aufweiche  fie  gewöhnlich 
einzelne  aus  ihrer  Mitte  berief.  Nun  ift  es  zwar  richtig, 
dafs  der  venetianifche  Senat  damals  die  Aufhebung 
all  diefer  Stellen  mit  Ausnahme  der  Inftitutionenvor- 
träge  befchloffen  und  auch  diefe  von  feiner  Ernennung 
abhängig  gemacht  hatte,  aber  es  fcheint,  dafs  jenes 
Decret  (von  7.  Oflober  1560)  anfänglich  nicht  ftreng 
gehandhabt  wurde,  da  wir  noch  ein  paar  Jahre  fpäter 
deutfehe  Studenten  im  Befitz  von  Lehrkanzeln  an- 
treffen. 3 

Im  Frühjahr  1566  überfiedelte  Biferus  mit  feinem 
Zögling  nach  Siena,  wo  er  bald  darauf  (am  28.  Juli  1566) 
feinen  Tod  fand  und  bei  den  Auguftinern  begraben 
wurde,  weil  die  Nationsgruft  bei  den  Dominikanern  in 
Vergeffenheit  gerathen  war.  Sein  Freund  und  Lands- 
mann Gerhard  Falkenburg,  den  wir  auch  fonft  als  ge- 
wandten Helleniften  kennen,2  fetzte  ihm  die  griechifche, 
fein  Zögling  Nedonchel  die  lateinifche  Grabfchrift. 

35.  Nicolaus  Ribeifen,  (f  1552),  unter  deffen  Amts- 
führung 1551  die  Gruft  der  deutfehen  Juriften  bei  den 
Auguftiner  Eremiten  zu  Padua  vollendet  wurde,  fand 
nach  Jahresfrift  feine  letzte  Ruheftätte  in  der  Dom- 
kirche zu  Siena. 

D-O-M. 
Nobilis  ex  claro  majorum  sanguine  natus 

Nicholaus  Rybeisen  hac  requiefeit  humo 

\  ergl.  darüber  die  Ausführungen  bei  Stintzi*:        '  hte  der  dcul- 

feben  Rcchtswiffcnfchaft  I,  121  ff. 

5  Z.  B.  1562  den  Confiliar  Wolfgang  Caftncr  im  Befit.'  der  I.uclura  feudo- 
rum.  Vcrgl    Annalen  der  deutfehen    Nation  zu  Padua,  I.  fol.  73. 

■    f  157S,  brachte  es  fonderlich   111   der   grieohifchen    Literatur 
weit,  yöcAer  '  iclehrtcnlcx.  II,  507. 


Cui  fortuna  favens  dederat  naturaque  dextra 
In  magno  qua-  sunt,  cymque  petenda  viro. 

Oui  studii  longi  iamiam  petiturus  hon" 

Praeripitur  patrii  spesque  decusque  soli. 

Sed  mortalis  erat,  tumulus  mortalia  condit, 
Spiritus  in  Christi  vivil  agitque  sinu. 

N.  Rybeisen  Germanus,  Bavarus  decessit 

anno- 1  »ni'M'D-LU  XXIV.  -mensis  Aprilis •  aetatis 
suae  XXIII. 

Pecci  (I,  f.  98,  Xr.  516  Schrader  f.  94,)  und  auch 
Chytraeus,  (S.  284),  welche  uns  die  Grabfchrift  über- 
liefert haben,  bezeichnen  den  Verdorbenen  als  einen 
Bayer,  er  felbft  nannte  fich  Alfatus,  als  er  fich  unter 
den  Begründern  der  deutfehen  Nation  zu  Padua  am 
2.  April  1546  in  die  Matrikel  einfehrieb  und  ebenfo 
wurde  er  von  derfelben  Quelle  genannt,  als  er  1551  das 
Amt  eines  Confiliars  der  Deutfehen  bekleidete.  Ich 
dachte  darum  zuerft  an  jenes  Straßburger  Gefchlecht, 
welches  Siebmacher  V,  233,  Nr.  1  als  die  Reis'eifen 
anfpricht  und  mit  einem  Hufeifen  als  Griff  eines  Rei- 
hers (Gold  in  Schwarz)  ausftattet;  allein  die  Abbild 
feines  Schildes  bei  Pecci  weift  ihn  einer  anderen  nun 
nicht  weiter  bekannten  Familie  zu,  welche  als  redendes 
Wappen  ein  Küchen-Reibeifen  führte.  Begräbnisort 
und  Todesjahr  trugen  Freunde  Reibeifen's  (der  auch 
Ribeifen  heißt)  in  derMatrikel  nach.  Gnad  dir  Gott.  — 
Sepultus  Seriis.  —  Obiit  A.  1552  haben  drei  verfchie- 
dene  Hände  dem  Namen  beigefetzt.  Dafs  er,  23  Jahre- 
alt,  mitten  in  den  Vorbereitungen  zur  Erlangung  der 
Doctorswürde  vom  Tode  überrafcht  wurde,  meldet 
uns  feine  Grabfchrift.  Diefelbe  befand  fich  vor  Zeiten 
hoch  oben  in  der  rechten  Seitenwand  des  Doms,  und 
wurde  von  hier  in  die  nahe  Vorhalle  übertragen,  als 
man  die  neue  Seitenthür  durchbrach.1 

Die  Reihe  der  mir  bekannt  gewordenen  Grab- 
denkmale deutfeher  Studenten  zu  Siena  wäre  nun 
völlig  abgefchloffen.  Wie  lang  diefelbe  auch  fei,  fo 
befteht  kein  Zweifel,  dafs  die  Zahl  der  hier  begrabenen 
Deutfehen  ungleich  größer  ift.  Von  manchem,  der  da 
fein  letztes  Ruhebettlein  fand,  gab  feinerzeit  nur  ein 
Eintrag  in  das  amtliche  Todtenverzeichnis  Kunde,  von 
andern  eine  einfache  Auffchrift  in  der  Kirche,  die  bei 
der  nächften  Neutünche  verfchwunden  ift.  Auf  diefe 
Art  gingen  ja  die  Malereien  der  Nations-Capelle  zu 
Grunde.  Noch  um  1730  zeigten  mehrere  Denkmale 
malerifche  Ausfchmückung,  die  man  jetzt  vergeblich 
fucht  und  aus  dem  Sammelwerke  Pecci  s  erfehen  wir, 
dafs  nicht  nur  Beigaben  wie  beim  Khevenhüller'fchen 
Denkmal,  fondern  auch  große  Grabplatten  feither 
abhanden  gekommen  find.2  Ueberdies  haben  wir  den 
Verluft  jener  Liften  zu  beklagen,  welche  von  der 
Studentenfchaft  über  ihre  Todten  geführt  wurden. 
Demungeachtet  haben  die  dürftigen  Rede  des  Nations- 
archivs fo  manche  Nachricht  als  Beifatz  zum  Namens- 

'  Pecci  2..  a.  O.  bezeichnet  die  Lage  fra  la  capella  della   Madonn. 
Grazie  detta   in   ogsi   di   s.  Francesco   de  Sales  e  l'altare  di  s.  Antonio  Albate 
chiamata  adesso  di  s.  Caterina    di   Siena,  vi  era  la  seguente  arma  c  memoria 
assai   in   alto,  quäle  nell'  apprire  la  nuova  porta  di  fianco  fu  trasportata  nell' 
andito,  da  quello  si  va  in  chiesa 

^  Außerdem  befand  fich  im  AuguftincrKIoftcr  zu  Siena  noch  folgende 
Grabfchrift  eines  deutfehen  Soldaten,  die  uns  Chytraeus    S.  280)  und  Seh 
(f.  95)   mitth  ttori    deo,    pacis    1  ustodi.    Oenio,   manibus   et  umbrae 

Georgii  Ecard  {Schröder  „Eckar")  civis  Inspruchensis,  Erasmi  Macri  de  Fuch- 
stat, Viermanicae  cohortis  PracfeAi  primipili  Subccnturionis,  qui  Joanne 
Baptista  Archii  Comite,  Propraetore  Tribuno,  Sencnsi  hello  Caesans  secutus 
militiam  clarissimum  .Leus  sibi  suisque  peperit,  prelio  vero  quod  apud  Mar- 
cianum  depugnatum  est,  pro  sua  virili  Germanum  nomen  in 
stiüt  inviolal  pridie  kalends  letalis 

.nno  30  die  7   flcnles   P.   P,   commililoncs. 


C  XXVIII 


eintrag,  als  trockenen  Rechnungspoften  oder  ausfuhr- 
liche .Mittheilung,  an  die  Familie  des  Geltorbenen  uns 
überliefert,  welche  ich  hier  zur  Vervollfländigung  des 
früheren  VerzeichnilTes  zufammenftelle.  Der  leichteren 
erficht  wegen  wähle  ich  die  alphabetifche  Namens- 
folge. ' 

36.  Brauch  David,  Stuetgardianus,  fchrieb  fich  am 
2.  September  1605  in  die  Matrikel  ein  und  ftarb  vor 
Februar  des  kommenden  Jahres.  An  Einnahmen  ver- 
zeichnet das  Rechenbuch  (offenbar  mit  Einfchluß  einer 
Geldfendung  von  Haufe,  über  141  Kronen,  an  Ausgaben 
über  120.  Der  Ueberfchuß,  der  fich  durch  Verkauf 
von  Verlaffenfchaftsftücken  auf  nahezu  25  Kronen 
erhöht   hatte,   wurde   fchließlich  von  der  Familie    der 

■  n  zumGefchenk  gemacht.  'Anhang  Nr.  22.  24,  25 
Breda  Daniel,  PatriciusPragenfis  genannt,  kam 
Ende  December  1699  nach  Siena  und  war  hier  vom 
Februar  ab  Procurator  der  Nation.  Ein  Beifatz  befagt: 
mortuus  die  iS.  Nov:  1700. 

tkel,  Weichard  Albrecht  —  Eintrag  von 
1615,  18.  Oftober,  Sohn  des  Freiherrn  David,  ftarb 
1616  zu  Siena.  Hoheneck,  die  Herren  Stande  von 
Oberöfterreich  III,  149. 

38.  Carmsn  (oder  Carmon?  Laurentius,  Roftochi- 
Megapolitanus   Medicinae    ftudiosus    fchrieb    fich   am 

10.  März  1624  in  die  Matrikai  der  deutfehen  Artiften 
zu  Padua  und  am  7.  Juni  in  die  Nationsmatrikel  zu 
Siena  ein.  Der  erfte  Eintrag  hat  den  Zufatz:  obiit 
Senis  Ao    1624. 

39  Gindt,  Adam  —  „Ethlinganus",  zu  Padua  1590 
26.  Mai,  zu  Siena  im  Juni  des  gleichen  Jahres  einge- 
tragen, ftarb  vor  1595.  Anhang  Nr.  11,  44. 

40.  Gloyach,  Carolus  a  —  erfcheint  1628,  11.  Nov. 
zu  Padua  mit  dem  Zufatz:  Requiescat  in  pace  — 
mortuus  Senis.  —  Er  mag  wohl  der  großen  Peft  zum 
Opfer  gefallen  fein,  denn  fein  Eintrag  zu  Siena  mit  den 
Titeln  in  s.  Georgen  et  Neudorf  datirt  vom  II.  Mai  1630. 

41.  Gülger ,   Franciscus,  Juliacenfis.   Siena  1599, 

11.  Nov.  Fr  war  ein  Neffe  jenes  Mathias  Gülger,  welcher 
damals  Abt  zu  Wiener-Neuftadt  war  und  fpäter  Abt  zu 
Keun  in  Steiermark  wurde.  Franz  Gülger  ftarb  kurz 
vor  Erlangung  der  Doftorswürde.   Anhang  Nr.   54,  55. 

43.  Günther,  Mathes  —  ftarb  vor  Februar  1606. 
Anhang  Nr.  23,  2;. 

44.  Kollonitfch,  Ferdinand  Ernft  —  Graf  —  Sohn 
des  Grafen  Georg  Wilhelm,  ftarb  1706  auf  feiner 
Länderreife  zu  Siena.  Wißgrill,  Schauplatz  des  n.  ö. 
Adels.  V,  195. 

Liticli,  —  Melchior,  procurator  domini  Sigis- 
mundi  Valentini  I  Ieyrling.  —  Quamvis  maxima  infirmi- 
tate  impeditus  ipse  se  inscribere  nequiverit,  tarnen 
ad  ejus  petitionen  alius  eum  inhunc  librum  inseruit.  — 
Mortuus  21.  Nov.  A.  1602.  Eintrag  in  die  Nations- 
matrikel Ende  1602. 

46.  JMerfcldt,  Hermannus  — Monafterienfis,  Weft- 
phalus  Padua  1591,  23.  Oft;  Siena  1591,  30.  Oft.  einge- 
tragen, war  1593  fchon  todt.  —  Anhang  11. 

f  fuhrt  noch  zwei  Denkfteine  der  deutfehen  Nation  anderer  Art  an. 
Der  eine  in  der   Sapicnza  verherrlichte   die  Verdienfte   des    Freiherrn  Georg 
rilluftri    Dno.    Dno.  \  Georgio    Fuggero    L.    Baroni  |  in 
Lcrg  et  WciLenhorn  '  Re<5tori  suo  pracftantifTimo  |  universalis    Academia 
Scncn    |     insigniura    meritorum    ac    |    benefictorum    metnor    |    CI    I   OIOXCII 
cellarius);  das  zweite  bezog  fich  auf  die  Nations- 
Bibliothek    im    Dominii  welche     erft    1763    mit  der    Univerfilats- 
Bibliothek  vi  rfchmolzen  wurde.  (Inc.  Nat.  Germ,  j  Blbüothccam  |  pene  |  ncglec- 
lam   et   dclabcntem  |  aere  suo  restauravit  ]  Ernestus  Maximilianus  Lib.  1  Baro 
de  .S  1      ■                  Ins    Ao.    MDCCXXXI     .,     a.    O.  III,    130,  N"r.    558    und    153, 
Nr.  679. 


47  Mitter/ladt,  auch  Mutterftadt  genannt,  Gafparo 
M.  de  —  Chauallir  di  Terra  santa  e  s.  Giorgio  wurde 
zu  Siena  am  4.  Juli  1607  begraben.  Er  erfcheint  zu 
Padua  am  20.  Juni  1606  in  der  Sienefer  Herren- 
Matrikel  am  7.  Juni  1607  und  ftarb  gewaltfamen 
Todes.  „Amazato  in  Siena-  lautet  die  Bemerkung  in 
der  Paduaner  Matrikel  bei  feinem  Namen.  —  Anhang 

24.25. 

48.  Neuburger  zu  Kaltenftein  und  Pafing,  Bern- 
hard, —  war  ein  Sohn  des  Chriftoph,  kam  am  20.  April 

1590  nach  Siena  und  ftarb  hier,  wie  aus  einer  Anmer- 
kung im  Briefbuch  der  Nation  erfichtlich  ift.  Anhang  28. 

49.  Neuneck,  Johann  Conrad  von  —  aus  einem 
fchwäbifchen  Gefchlecht,  kam  Ende  Jänner  1590  nach 
Siena  und  machte  fpäter  eine  Reife  nach  Rom,  auf 
welcher  er  erkrankte.  Er  ftarb  zu  Siena  am  30.  Augult 

1591  und  wurde  tags  darauf  bei  den  Dominikanern  be- 
graben. Die  Zufchrift  der  Nation  an  feine  Vettern 
Wilhelm  und  Reinhard  von  Neuhaus,  fowie  das  Urtheil 
des  geiftlichen  Richters  über  die  Frage,  welchem 
Pfarrer  die  bei  diefer  Todtenfeier  entzündeten  Wachs- 
kerzen gebühren,  find  im  Anhang  Nr.  38,  39  zu  finden. 

50.  Ortenburg ,  Sebaftian  Graf  v.  —  des  älteren 
Gefchlechts ,  ftarb  1557  nächft  Siena. '  Hübner,  Genea- 
logifche  Tabellen,  II,  Tafel  561. 

51.  Pettri ,  Orlando  —  von  Etzihorr  oder  Etze- 
horn,  wie  er  ebenfalls  genannt  wird,  ein  Schwager 
des  Hamburger  Patriziers  Hans  Hefterbach  (Heftcr- 
berch?  Siebmacher  V,  288)  kam  mit  Geld  und 
Kleinodien  reich  verfehen,  um  den  10.  Juli  1579  nach 
Siena,  wo  er  bald  in  Studentenkreifen  fehr  beliebt 
wurde.  Am  3.  Mai  1580  gerieth  er  des  Nachts  in 
einen  Raufhandel  mit  etlichen  Weifchen,  bei  welcher 
Gelegenheit  ihm  das  linke  Bein  abgehauen  wurde.  Die 
Heilung  nahm  anfänglich  einen  günftigen  Verlauf,  bis 
mit  einemmal  am  40.  Tage  eine  folche  Verfchlim- 
merung  eintrat,  dafs  der  Verwundete  fejbft  nach  dem 
Beichtvater  verlangte  und  feine  letztwilligen  Verfü- 
gungen traf.  Am  14.  Juni  ftarb  er  und  wurde  dann  in 
der  Nationsgruft  begraben.  Der  Vorftand  der  Nation 
nahm  fich  nun  des  Nachlaffes  an,  verbürgte  fich  für 
die  Bezahlung  der  verbrannten  Wachskerzen  und 
löfte  die  verpfändeten  Juwelen  ein,  um  durch  deren 
Verkauf  oder  Verlofung  die  Schulden  zu  tilgen.  Dem- 
ungeachtet  war  nach  Jahresfrift  noch  ein  Betrag  von 
mehr  als  208  Goldkronen  zu  decken.  Anhang  Nr.  9, 
29,  31  und  der  Beifatz  zur  Unterfchrift  in  der  Matrikel: 
„obiit  14  Junii  A.  80  Senis-. 

52.  Refchelius,  Joannes  —  Suevus,  Eintrag  in  die 
Sienefer  Matrikel  am  3.  Mai  157S  und  Beifatz:  mortuus 
eft  Senis  Augufti  1578. 

53.  Rorbach,  Joannes  Chriftophofus  a  —  Auftrius, 
zu  Siena  1628  am  17.  Juni  eingetragen.  Fr  war  ein 
Sohn  Bernhards,  1610  geboren  und  ftarb  zu  Siena  1629. 
Hoheneck  III,  607. 

54.  Schillingius,  Heinricus — Francostenensis,  Sile- 
sius,  war  im  Mai  15S3  zu  Padua  und  im  Juli  darnach  zu 
Siena.  ..Obiit  Senis"  ift  der  Beifatz  zu  feinem  Namen  in 
der  Paduaner  Matrikel. 

55.  Schlüters  oder  Schlütters,  Johann,  ein  Bremer, 
ftarb  zu  Siena  am  9.  Juli  1591  und  wurde  tags  darauf 
begraben,  wie  vom  Confiliar  der  deutfehen  Nation 
unterm  11.  September  1594  beftätigt  wurde,  an  welchen 

'   Es   bleibt  zweifelhaft,  ob  er  nicht  als  Soldat  gleich  Georg  Eclard  fiel. 


CXXIX 


fich  der  Caplan  des  Statthalters  mit  dem  Erfuchen 
gewandt  hatte,  quo  obitus  diem  nobilis  d.  Joannis 
Schlütters  Bremenfis  Germani  ipsi  significaremus  pro 
officii  authoritate,  qua  fungimur.  Anhang  $7- 

56.  Schneeberger  in  Salthaus,  Johann  Zacharias  — 
ein  Tyroler,  kam  im  Juni  1591  nach  I'adua  und  anfangs 
September  1592  nach  Sicna.  Auf  einer  Reife,  welche 
er  im  Sommer  1593  nach  Rom  und  Neapel  machte, 
hatte  er  das  Unglück,  Raubern  in  die  Hände  zu  fallen, 
welche  ihn  vollftändig  ausplünderten.  Nach  feiner  Rück- 
kehr erkrankte  er  Ende  September  und  ftarb  nach 
anfeheinender  Befferung  eines  pützlichen  Todes  am 
7.  Oktober  1593.  Noch  am  nämlichen  Abend  wurde 
er  in  der  Nationsgruft  beftattet  und  Tags  darauf  das 
Todtenamt  gehalten,  „damit  man  nit  doppelte  Spefa 
in  den  Wachskerzen  aufwenden  dürfte".  Demütige- 
achtet  gingen  bei  diefem  Anlaß  über  54  Kronen  für 
Wachs,  Lichter  und  Fackeln  auf,  ungerechnet  13 '  2 
Kronen  an  den  Todtengräber  und  andere  Perfonen, 
die  man  bei  Begräbniffen  belohnt.  Einen  genauen 
Einblick  in  den  Stand  der  Verlaffenfchaft  ergeben  die 
Zufchriften  der  Nation  an  den  Vormund  des  Verftor- 
benen  Herrn  Paul  Kripp  zu  Grünberg  und  Aychen, 
erzherzoglichen  Pfannhausrath  zu  Hall  im  Innthal  — 
Anhang  Nr.  io,  40—42. 

57.  Schwarzenberg,  Carolo  Comte  de  —  Seigneur 
de  Hohenlandtsperg,  ein  Sohn  Wolfgang  Jacobs,  zeich- 
nete fich  in  die  Nationsmatrikel  zu  Padua  im  Mai,  zu 
Siena  am  27.  Dccember  1614  ein  und  ftarb  hier  am 
1.  Janner  1615  im  18.  Lebensjahr.  Hübner  Taf.  938. 

58.  Sclge  von  Gebeidehaufen  (auch  Giebelde- 
haufen),  Martin,  Eichsfeldiacus,  fchrieb  fich  am  19.  Mai 
1588  zu  Padua  und  am  28.  Mai  d.  J.  zu  Siena  mit 
den  Worten  ein:  armatac  juxta  et  literariae  militi;u 
studiosus  jam  tum  ex  strepitu  Gallici  tumultus  et  ser- 
vitio  Henrici  III.  Regis  Francis;  ad  pacatum  literariae 
militise  Studium  rediens.  Die  Einzeichnung  in  Padua  hat 
den  Zufatz:  Patavii  in  nobilem  hunc  Germanorum 
coetum  Germanum  eo  ipso  suum  profitendo  animum, 
nomen  suum  inseruit,  und  den  Nachtrag:  obiit  Senis  in 
Hetruria  15  Martii  (15)  90. 

59.  Steigenberger,  Wolfgangus  —  Tirolenfis,  war 
ein  Sohn  des  Schwätzer  Bergrichters  Georg  und  kam 
zu  Beginn  des  Studienjahres  1580  1  (am  2.  Nov.  1580) 
nach  Siena.  Am  7.  Juni  1582  nachts  wurde  er  auf  dem 
Heimweg  von  einem  Sienefer  Namens  Corti  und  zwei 
Begleitern  desfelben  ohne  erhebliche  Veranlaffung  mit 
blanker  Wehre  angefallen  und  fo  gefährlich  verwundet, 
dafs  er  nach  zwei  Stunden  ftarb.  Am  Abend  des  fol- 
genden Tages  wurde  er  „in  der  gewöhnlichen  der 
Nation  Begräbnuß''  beftattet.  Die  Nation  ließ  fich  die 
Verfolgung  der  Thäter  fehr  angelegen  fein,  fchrieb 
felbft  an  den  Großherzog  und  verübelte  es  dem  Vater 
fehr,  dafs  diefer  fich  mit  dem  erften  gegen  die  Mörder 
ergangenen  Urtheile  begnügte  und  nicht  alle  gefetz- 
lichen  Mittel  anwandte,  um  jedermann  zu  zeigen,  „wie 
die  Teutfche  Nation  ihre  unbillicher  und  mörderifcher 
Weis  entleibten  Glieder  mit  hohem  Ernft  in  Rechten 
zu  verfechten  und  zu  defendieren  gefließen".  Proto- 
koll der  Nation  Fol.  14,  69  —  74  und  hier  im  Anhang 
Nr.  9  und  32. 

60.  Stroliamer,  Francesco  Ignatio  —  Auftriacus, 
fchrieb  fich  im  Oftober  1685  in  die  Nation  ein  und 
war  nach  einer  Bemerkung  im  Rechenbuch  (V,  F.  $6) 

XIII.  N.  F. 


vor  Schluß  des  folgenden  Jahres  fchon  verftorben. 
Anhang  Nr.  26. 

61.  Suuanklerus,  Guilhelmus,  —  Bavarus,  kam  im 
Januar  1581  nach  Padua  und  im  September  nach  Siena. 
Hier  ftarb  er  am  I.  October  desfelben  Jahres.  Zufatz 
in  der  Paduaner  Matrikel,  und  das  im  Anhang  30  mit- 
getheilte  Schreiben  ad  amicos  Schwanckleri. 

62  Teuffenbach  zu  Teuffenbach.  Ein  Sohn  des 
Freiherrn  Franz  unbekannten  Namens,  Itarb  zu  Siena 
im  fahre  1570  und  war  wahrfcheinlich  dir  erfte,  welcher 
in  der  neu  hergerichteten  Nationsgruft  bei  den  Domini- 
kanern beftattet  wurde.   Anhang  28. 

6^.  Thanhaufen,  Georgius  Liber  Baro  a  —  in 
Gradenegg,  verweilte  in  den  Jahren  1580  (feit  21.  Mai) 
und  1581  zu  Padua,  erfcheint  am  2.  Juli  1583  zu  Bologna 
und  eine  Woche  fpäter  zu  Siena.  Ein  Nachtrag  zur 
letzten  Einzeichnung  befagt:  mortuus  est  Senis  die 
7.  Februarii  A.  84. 

64.  Thau,  Gerhardus  de  —  Vicnnenfis,  Auftriacus, 
ein  Sohn  des  Wiener  Burgermeiftets  Johann  von  Thau, 
kam  Mitte  Oktober  1578  nach  Siena  und  ftarb  hier 
um  1580—81.  Anhang  31  und  die  von  mir  in  den  Blät- 
tern des  Vereins  für  Landeskunde  von  Nieder-Oefter- 
reich  1884,  S.  432  mitgetheilten  Actenftücke. 

Endlich  noch  zwei  Diener  von  Studenten: 

65.  Zacharias  Dieffendrunk,  Nationspcdell,  f  1642 
6.  Februar  Anhang  57  und 

66.  Andreas  Reiter,  Diener  des  Ernft  von  Axt, 
geftorben  zu  Siena  am  3.  Sept.  1601,  Anhang  51. 

Anhang. 

1.  Auszug  aus  der  1574  gefchriebenen  Vorrede  zur 
Matrikel  der  deutfehen  Nation  zu  Siena  (derzeit  Cod. 
A,  XI,  13,  Fol.  1  der  dortigen  Stadtbibliothek).  Seit 
langem  hätten  fchon  die  Deutfehen  ihre  Söhne  der 
Studien  wegen  nach  Siena  gefchickt.  Sed  quoniam  ea 
lege  omnes  naseimur,  ut  semel  moriamur —  illi  Ger- 
mani, qui  ante  nos  —  hie  fuerunt  —  locum  aliquem 
religiosum  eligendum  esse  putaverunt,  ubi  —  hac  \  ita 
funeli  religiöse  sepelirentur.  —  Placuit  itaque  ad  Domi- 
nici  sacellum  seu  ut  vocant  capellam  D.  Barbane 
Dominicanorum  patrum  concessu  —  Germanica;  nati- 
onis  sepulturse  ac  devotioni  consecrare  —  quemad- 
modum  literae  pontificiae  plus  minus  centum  annorum 
decursu  confirmata;  lucullentissimis  verbis  testantur. 
Verum  cum  longis  et  gravissimis  bellis  —  omnia  in 
hac  florentissima  Etrurias  parte  prosternerentur,  ita 
ut  —  nee  Germani  nee  aliae  nationcs  exterae,  quarum 
frequentia  Gymnasium  Senense  omnibus  aliis  tota 
Italia  aliquando  antecelluit,  huc  confluxerint,  parum 
abfuit,  quin  etiam  praeclara  illa  nostrorum  majorum 
erga  religionem  et  pietatem  monimenta  —  ultima 
libertatis  Senensis  ruina  secum  traxisset  ac  perpetua 
oblivione  delevisset.nisi  annis  ab  hinc  tribusvelquatuor 
nobilium  ac  doftissimorum  aliquot  Germanorum  qui 
—  bonarum  artium  —  addiscendarum  causa  huc  missi 
erant  pietate  ac  munificentia  tanto  malo  suecursum 
fuisset,  qui  in  jam  diclo  sacelloD.  Barbarae  sepulchrum 
Germanorum  et  alia,  quae  ad  ejus  honorem  pertinere 
videbantur,  ornamenta  majoribus  —  impensis  restau- 
rarunt,  non  abs  re  fore  arbitrati,  si  quotquot  in  posterum 
Germani  Senas  accessuri  essent,  ad  gloriam  Dei  et 
honorem  illorum,  qui  hie  diem  suum  obierunt  Genua- 


cxxx 


norum,  ad  sepulturam  hancornandametconservandam 
hilari  vultu  atque  animo  conferant  et  quilibet  liberali- 
tatis  sua:  —  modum  sua  adscribat  manu.  —  Auf 
Fol.  2  folgt  fodann  ein  gleicher  Aufruf  zu  Beiträgen, 
fowie  zur  Einzeichnung  in  die  Matrikel  durch  den 
Confiliar  Sigisntimd  Freiherrn  von  Wolken/lein,  vom 
Jahre  1574. 

2.  Aus    den    Rechnungsbüchern    der    deutfchen 
Nation     Hiblioteca  Comunale  zu  Siena,  Cod.  Ms   A 
XI,  16 — 20  Rechnungsbuch  I   Cod.  .\.  XI. 

Fol.    6.  Rationes  Expensi.    Ertlichen    ift    zu   merken, 
dafs    am   3.    Tag  Decembris    d<  )  2     Jahrs   die 

Teutfche  Xation  fo  dasmal  in  Siena  gewell, 
zufammenkhommen  und  hat  (y  für  guet  angefe- 
hen  und  befchloßen,  daß  man  zwei  aus  der  Xation 
lulle  verordnen,  welche  was  zu  der  oftbemelten 
Nation  a  San  Domenico  vor  drei  oder  vier  Jahren 
renovirten  Begräbnus  gehörig  fein  wurde,  verforg- 
ten  und  was  ein  jedweder  Teutfcher,  edl  oder 
unedl,  geyftlichs  oder  weltlichs  Stands,  fo  her  gen 
Siena  Studierens  halben  oder  fonft  die  Sprach 
oder  ander  adeliche  Sytten  zu  lernen  khumen  wurde, 
zu  benannter  Begrebnus  zu  erhalten  und  zu  mehren 
freywillig  conferiern  oder  hergeben  thete,  einnehmen 
und  verrechnen  follen.  So  hat  es  zu  derfelben  Zeit 
einer  wolbemelten  Teutfchen  Xation  gefallen,  den 
ehrnveften  Georgen  Kirchberger  und  mich  (wiewol 
unwürdigem  Johannem  Gailkircherum,  Illustrium 
Baronum  in  Wolckenftein  praeceptorem  tanquam 
curatores  der  oftberührten  Begräbnus  anzufetzen". 
Da  er  nun  nach  Jahresfrift  12.  Dec.  1575'  aus  Anlaß 
feiner  bevorstehenden  Abreife  der  Nation  Rech- 
nung legen  wolle,  fo  muffe  er  zunächft  bemerken, 
dafs  die  Beiträge  von  14  benannten  Perfonen,  welche 
fchon  vor  3.  December  1572  eingezahlt  worden  waren, 
„in  unfer  Hand  nit  khommen,  fondern  ....  ad 
gloriamDei  in  honorem  inclytae  nobilissimaä  Nationis 
Germanicae  wol  angelegt  gewefen,  wie  dann  folches 
die  Ornamenta  fo  in  unfer  Capellen  a  S.  Domenico 
vorhanden  genuegfam  ausweyfen  und  Dr.  Wilhelmus 
Schrenk  Monacensis  J.  U.  Dr.  einer  hochlöbl.  teut- 
fchen Nation  fo  zu  derfelben  Zeit  allhie  zu  Siena 
gewefen,  verrechnet  hat."  Die  Rechnung  Gail- 
kirchers  enthält  nun  u.  a.  folgende  Porten: 

[573.  Einem  Maurer  fo  das  Dach  auf  den  Capellen 

gebeffert  8  Libre  für  ein  lidern  Altartuech  20  «. 

3.  Aus  der  Rechnung  des  Freiherrn  Sigismnnd 
von  Wolkenflein  und  Rodenegg  20.  Auguft  bis  Ende 
December  1574. 

Fol.  15.  Dem  Maurer  fo  in  der  Capellen  das  Altar  bis 

an  die  Mauer  gefetzt  4  fl.  3  kr. 
Die    Fenfter  in  der  Capellen   zu   machen  auch    zwen 

Adler  drin  zu  fetzen  7  fl.  30  kr. 
Item  für  das  Eifengitter  für  das  Fenfter  fampt  dem 

Rete  6  fl. 
Den  Schreinern  für  das  Gatter  zu  der  Capellen  auf  die 

Hand  geben  15  Kronen  (A)  =  22  fl.  30  kr. 
Item  noch  ihnen  geben  10  A  =  15  fl. 

4.  Rechnung  des  Confiliars  Albert  Belir  1574  Ende 
December  bis  3.  Februar  1575. 

Fol.  17.   Adi    23.   December    den    Schränern    geben 

10  A=i5  fl. 
Adi  1.  Januari  A"  etc.  7;  den  Schränern  geben  damit 

fie  par  bezalt  und  zufriden  fein  A  10  =  15  fl. 


Adi  29  ditto  dem  Maler,  fo  die  Buechftaben  auf  unfere 
Capellen  gemahlt  auf  Raitung  geben  1  A  =  i  fl.  30  kr. 

Adi  31.  dem  Maler  noch  auf  Rechnung  geben  56  kr. 

Adi  3.  Februar  noch  dem  Maler  geben,  damit  ihn  par 
zalt  vor  238  Buchitaben,  vor  ein  jeden  ain  Crazk 
die  Reft  alfo  12  Julier  =  1  fl.  36  kr. 

Noch  vor  den  Adler  zu  vergulden  3  Julier  =  24  kr. 

5.  Rechnung  des  Confiliars  Georg  Bernhardt 
Freiherrn  zu  Herberßein  vom  3.  Februar  bis  1.  Auguft 

Fol.  21.  Dem  Maurer,  dafs  er  zu  mermalen  das  Grab 
befehen,  und  ihme  zu  vormals  auch  etwas  fchuldig 
blieben,  geben  48  kr. 

Für  das  neue  Grab  a  S.  Domenico  fo  ein  löbliche 
Xation  zu  machen  für  hochnothwendig  erkhendt 
dem  Maurer  geben  11  A  id  est  16  fl.  30  kr. 

Für  den  Grabftein  fo  wir  von  den  Jefuitern  khauft, 
geben  51  \  A  id  est  8  fl    15  kr. 

Dem  Steinmetzen  den  Adler,  Grabfchrift  und  andere 
Zuegehörung  zu  machen,  geben  7  A  und  3  u  id 
est  11  fl.  6  kr. 

Die  Stain  von  den  Jefuitern  in  des  Stainmetzen  Haus 
zu  tragen  geben  24  kr. 

Den  München  von  s.  Domenico  am  Maria  Magdalena 
tag)  verehrt  ein  Saumb  Wein  per  3  fl.  32  kr. 

Brot  khauft  per  19  kr..  YYax  per  1  fl.  33  kr..  1  fl.  52  kr. 
und  ob  vielleicht  hierinn  etwas  merers  über  den 
gemainen  Brauch  ftattlichens  ihnen  verehrt,  ift 
folches  zu  Erzaichung  ainer  Dankbarkeit,  wegen  des 
fürnemen  uns  zu  unferer  neuen  Begräbnuß  ge- 
fchenkhten  Orts  befchehen ,  foll  derhalben  den 
Xachkhumenden  an  ihren  freyen  Willen  und  gueter 
Haushaltung  gar  nicht  praejudiciren. 

Von  den  Steinen  fo  a  S.  Domenico  von  den  Stain- 
metzen getragen  24  kr. 

6.  Rechnung  des  Confiliars  Michael  Teufel  Frei  - 
herrn  auf Gundersdorf 'vom  1.  Auguft  1575  bis  1.  Februar 
1576. 

Fol.  24.  Den  3.  Augufti  den  München  a  f.  Dominico  fo 

officium  pro  defunftis   gehalten  pro  elemofyna  mit 

Bewilligung  der  meiften  der  Nation  umb  Wein  und 

Brod  geben  2  fl.  9  kr. 
Item  khauft  zu   der  Nation  Capellen   Altar  zu  einen 

Furhang  30  Elln  Leinwat  die  Elln  pr.  8  kr.  4  fl. 
Den  Schneider  davon  zu  machen  geben  32  kr. 
Darvor  zu  malen  geben  2  fl.  28  kr. 
Umb  Ringl  und  Rebfchnur  damit  einzuhagen  9  kr. 
Dem  Schloffer,  fo  die  Stangen  daran  man  den  Furhang 

gemacht  zwier  erlengert  und  gebeffert  18  kr. 
Dem  Maurer  von  der  Stangen  einzumachen  12  kr. 
Item  an  der  Capellen    Gatter  ein    Schlofs   und    zwen 

Schlüffel  machen  Iaffen  darfür  bezalt  I  fl.  3  kr. 
Item  in  der  Capellen  zu  einem  Caften  darin  der  Pedel 

der  Nation  Dapezerei,   Balotierbüchfe   und   andere 

Notturft  behelt,  Schlofs  und  Schüffl  machen  Iaffen 

24  kr. 
Item  zu  der  Nation  Begrebnuß  ein  Stuckh  von  Mörmel 

fo   gemangelt   khauft,  dafür  fambt  dem  Tragerlohn 

bezalt  22  kr. 
Item  kauft  Dappezerey  zu  der  Nation  Tifch  und  Bank 

a  s.  Domenico   6  fl. 

7.  Rechnung  des  Confiliars  Georg  Chrißoph  Tenffl 
Freiherr)!  zu  Gundersdorf  vom  1.  Auguft  1576  bis 
I.  Februar  1577 


CXXXI 


Fol.  28.  Erftlich  khauft  ein  Altartuech  von  weifsge- 
ftrickhter  Arbeit  über  der  Nation  Capellen  Altar 
per  120  (7 4  fl.  12  kr. 

Item  mer  den  3.  Tag  September  hab  ich  in  Beyfein 
der  zweien  Viceprocuratoren  Sigr.  Michael  Pfers- 
felders  und  Sigr.  Zacharias  Köckhens  aus  der  Nation 
Khaften  mit  derfclbigcn  Bewilligung  genumen  10  A 
in  Gold  und  nachmals  die  6  Goldcronen  darzue 
gethan,  fo  man  von  einem  jedlichen  aus  der  Nation 
darzue  gefamblet.  Soliches  Gelt  hab  ich  in  Beyfein 
obgenanter  zwayer  Herrn  Viceprocuratorn,  auch 
des  wohlgebornen  Herrn,  Herrn  Michael  Teuffels, 
Freiherrn  zue  Gunderstorf  und  auch  eines  Gentil- 
huomo  Sanefe  mit  Namen  Mr.  Alphonfo  Capacci 
dem  Prior  zue  s.  Domenico  auf  ihr  Anhalten  und 
Supplication  erftlich  von  wegen  Erhaltung  und  Befie- 
rung  unferer  Capellen,  nachmals  auch  des  Kirchen- 
thurms  bey  s.  Domenico  Überantwort  nach  laut 
übergebener  von  ihme  Bekhantnus  fo  in  der 
Nation  Khaften  eingefchloffen.  Thuct  alles  10  A  in 
Golt  15  fl. 

NB.  6  A  nit  gerechnet 

9.  Rechnung  des  Confiliars  Sebaßian  von  Greyffen 
zu  Waldl$%2. 

Fol.  66.  20.  Juli.  Für  die  Seelmeß  fo  dem  Stcigen- 
berger  feel.  gehalten  worden,  geben  1  A  30  Jul. 

Item  den  15.  Mai  dem  Kherzler  wegen  Orlandi  feel. 
bezalt   10  A. 

Dem  Kherzler  wegen  Orlandi  feel.  bezalt  den 
21.  Juni  10  A. 

Rechnungsbuch  Nr.  2.  (Cod.  Ms.  A.  XI,  17.) 

10.  Rechnung  des  Confiliars  Paul  Hartman  Frei- 
herrn von  Gumppenberg  1594. 

Fol.  3.  Auf  des  verftorbenen  Johann  Zacharias  Schnee- 
pergers feel.  zwen  hinterlegten  Ringen  bleibt  der 
Nation  noch  ausftändig  3  A  3  Jul.  6  Cr. 

So  ift  auf  des  abgeworbenen  Sigr.  Mehrfelts  seel. 
gelaffene  Roba  vermög  Inventary  zur  Begräbnus 
hergeliehen  6  A  7  Jul.  1  Cr. 

11.  Rechnung  des  Confiliars  Eußachius  Luchs 
von  Boguslavitz  vom  10.  December  1594  bis  1.  Fe- 
bruar 1595. 

Fol.  21.  Depofita.XVegen  des  Verftorbenen  Merfelts  aus 
feiner  verkhauften  Roba  ift  vorhanden  neben  einer 
beyligenden  Verfchreibung  pr.  40  A     7  A  7  Jul.  5  Cr. 
Mehr  31  ungarifche  Ducaten  darvon  dem  verftor- 
benen Von  der  Leiden  zu  Neapolis  ein  Epitaphium  zu 
machen. 

Fol.  23.  Ausgab.  Dem  Cerariol  wegen  des  verftor- 
benen Adami  Ginten  feel.  hinderlaffenen  Schul- 
den, darvon  in  dem  alten  Rechenbuechlein  zu 
fehen  7  A. 
Item  einem  andern  Cerariol  obgedachten  Adami 
Gintten  wegen  3  A. 

12.  Rechnung  des  Confiliars  Georg  Seifried  Frei- 
Iierrn  von  Herberßein  vom  17.  Oclober  1595  bis  Fe- 
bruar 1596. 

Fol.  36.  An  Depofitis:  Wegen  des  Herrn  vonWindifch- 
grätz  Begrebnus  938  A  6  Jul. 

13.  Rechnung  des  Confiliars  Hieronymus  Fetzer 
von  Nidernberg  1596  5.  Auguft  bis  December. 

Fol.  4.  Auf  Obligationes  geben  . .  .  Von  des  verftor- 
benen Langenmantels  wegen  geben  dem  Sigr. 
Sper  39  A  2  Lire. 


14.  Rechnung  des  Confiliars  Conrads  J.  j.  Frei- 
herrn zu  Bemelberg  1596  December  bis  1597  Februar. 
Fol.  43.  Depofita.  Wegen  des  wolgebornen  allhie  und 

veriftorbenen  Herrn  von  Windifi  I  138  A  6  Jul. 

Fol.  45.  (Außgab  vom  Depofito.   —   Wegen   des  wol- 

eebornen  allhie  verftorbenen  Herrn  von  Windifch- 

grätz  dem  Bildhawer  geben  300  A. 
Item  aus  dem  Aerario  für  des  Steinhauers  Obligation 

zu  machen  dem  Celso  geben:  2  A. 

15.  Rechnung  des  Confiliars  Alexander  Huetflocker 
von  Fettn  1597  Februar  bis  Mai. 

Fol.  46.  Depofita,  Wegen  des  wolgebornen  Iierrn  von 
\\  indifchgrätz  alhie  abgeleybt  615  A  8  Jul.  2  Cr. 

Fol.  47.  Ausgab.  Dem  Apothekher  wegen  des  Langen- 
mantels feiigen  5  A  1  Jul.  4  Cr. 

Fol.  48.  Einnamb.  Wegen  des  alhie  abgeleibten  Lan- 
genmantels empfangen  30  A. 

16.  Rechnung  des  Confiliars  Dr.  Thomas  Ruef. 
1597  Mai  bis  Auguft. 

Fol.  51.  Dem  Steinmezen  von  den  615  A  2  Jul.  5  kr.,  fo 
ich  wegen  des  wolgebornen  Herrn  von  Windifchgrez 
feel.  Epitaphii  empfangen,  in  meinem  officio  geben 
150  A. 

17.  Rechnung  des  Confiliars  Wolf  Mathes Freiherrn 
von  Königsberg.  1597  Auguft  bis  Oclober. 

Fol.  53.  Ausgaben. —  Dem  Steinmetzen  von  den  465A 
2  Jul.  5  kr.  wegen  des  wohlgebornen  Herrn  von 
Windifch-Grätz  feel.  Epitaphii  geben  100  A. 

18.  Rechnung  des  Confiliars  Michael  Speer.  1597 
OrJtober  bis  1598  April. 

Fol.  56.  Ausgab.  —  Ertlichen  dem  Stainmeczen  als 
das  Crucifix  von  Rhom  kommen  erlegt  100  A. 

Item  wegen  Veränderung  der  Epitaphien  20  A. 

Item  als  der  Altar  fertig  worden  50  A. 

Dem  Maler  wegen  der  Capellen  zu  malen  40  A. 

Dem  Tifchler  wegen  des  Geftuels  in  bemcltcr  Capel- 
len 35  A. 

Für  Sammet  zu  der  Nation  Tuech  und  Macherlohn 
2  A  8  Jul.  4  Cr. 

Für  zwen  Adler  von  Holz  in  das  Geftuel  zu  fchnei- 
den,  zu  malen  und  das  Gehülz  für  den  Altar  zu 
richten  3  A3  Jul. 

Item  fo  ift  wegen  des  wolgebornen  Herrn  Herrn 
Casparn  von  Windifchgrätz  etc.  feel.  Gedecht- 
nus  zu  dem  Epitaphio  erlegten  IOOO  A  noch  vor- 
handen 120  A  2  Jul.  5  Cr. 

19.  Rechnung  des  Confiliars  Andreas  Gilleis  Frei- 
herrn zu  Sonnberg  1598  Oclober  bis  1599  Ende  Jänner. 
Fol.  65.  Ausgaben.  Oftober  (15)98,  26.  —  Dem  Stein- 
metzen   wegen    des    hinderftelligen    Reft    der    100 
Piafter  erlegt  90  A. 

Fol.  66.  Januar  1599  bis  8.  —  einem  Tifchler  wegen 
das  er  etliche  Sachen  an  der  Capell  al  s.  Dominico 
gemacht  1  A. 

20.  Rechnung  des  Confiliars  Albrecht  Saurmann 
von  Jackfchenaw  1599  März  bis  Ende  Mai. 

Fol.  70.  Dem  Steinmetz  5  A. 

21.  Rechnung  des  Georg  Teuffei  Freiherrn  von 
Gunderßorff,  1599  Oclober  bis  1600  Februar. 

Fol.  81.  Dem  Steinmetzen  wegen  des  hinderftelligen 
Refts  erlegt  5  A 

Rechnungsbuch  Nr.  3  (Codechs  A.  XI,  18). 

22.  Rechnung  des  Georg  Jacob  von  Auerfperg 
Freiherrn  auf  Purgßall,  1605  Auguft  — 1606  Februar. 


CXXXI1 


Fol.  60.  Einnam.  Item  10  A  von  dem  jungen  Zobelle 
Strafgelt,  welche  fein  den  Dominicanern  zur  Er- 
baung  des  Turn  verehrt  worden. 

Fol.  61.  Rechnung.  —  Aus  der  Verlaffenfchaft 
David  Brauchs  feiigen  erfllichen  an  Gelt  einge- 
nommen      130  A  6  (T   J  kr. 

Meer  aus  feiner  Verlaffenfchaft  fambt 
den  Ring  doch  ohne  die  3  Mentl  ift 

geleft  worden 10  A  2  ff  10  kr. 

Tuet  alles    141  A  2  «    O  kr. 

Davon  fein  die  Ausgaben  wie  zu 
fehen  ift  aus  demlnventario  in  den 
Archivis  beigelegt 120  A  5  ff   6  kr. 


Verbleiben  noch     20  A  3  fi?  6  kr. 

Dißes  ift  dem  Herrn  Confilier  zugeftellt  worden 
fambt  den  3  Schuldbriefen  und  polnifchen  Tütichen, 
filbern  Knopp  und  Stift  und  uneingefaßten  Jaspis  wie 
alles  zu  fehen  aus  dem  Inventario. 

Fol.  62.  Rechnung  aus  der  Verlaffenfchaft 
Mathes  Günther  feiigen  nach  richtiger  Abrechnung 
aller  Sachen,  der  Pfandten,  Intereffe,  Funere,  Priefter, 
Todtengreber.  Hauszins,  Balbierer  und  Apoteckher  ift 
verblieben  in  refiduo  27  A,  1  «  9  kr.,  welche  gleichfalls 
dem  Herrn  Confilier  fein  zuegeftellet  worden,  der  zum 
Theilen  Schein  in  Archivis'  zu  finden.  W(olfgangus) 
S  tar)  Proconfiliarius.  (1605  Auguft  bis  Ende  December. 

24.  Rechnuni;  des  Confiliars  Joacliim  Götz  von 
Olenhaufen  1.  Mai  bis  1.  Auguft  1607. 

Fol.  73.  18.  Mai  hat  man  aus  dem  Aerario  4  A  zu  des 
Brauchen  Erbfchaft  gelegt,  welche  dem  Herrn  von 
Frobergk  für  feine  Ausgab  für  die  Armen  heften 
follen  reftituirt  werden,  wofür  er  aber  einen  Mantel 
aus  des  Brauchen  Haeredität  angenommen. 

4.  Julii  fein  zu  des  Cavalliers  S.  Begrebniß  aus  dem 
Aerario  vorgeftreckt  worden  10  A.  wozu  fie  fpecia- 
liter  kommen,  findt  man  aufgefchrieben  in  Regifter, 
welches  fein  Freunden  mueß  zuegefchickt  werden. 

25.  Rechnung  des  Confiliars  Joh.  Ulrich  von  Prei- 
fing  1.  Auguft  1607  bis  Februar  1608. 

Fol.  75.  Mathias  Guntters  und  David  Brauch  Erb- 
fchaften.  Verlaffenfchaft  des  Herrn  Cavalliers  von 
Mutterftatt  feiigen1  fub  Nota  A. 

Verzeichnis  was  für  gedachten  Herrn  von  Mut- 
terftatt wegen  feiner  Begrebnus  ausgeben  und  guet- 
gefagt  ift,  fub  Nota  B. 

Fol.  76.  A°.  1607,  Auguft  21.  ift  von  David  Brauchs 
feeligen  Verlaffenfchaft  von  feinen  Erben  der  Nation 
verehrt  worden  in  Münz  die  A  pr.  7  ff  gerech- 
net 24  A  6  ii'  6  kr. 

Ausgeben  19.  September  wurden  dem  Pedell  zu  gut 
gerechnet  von  wegen  des  Cavalliers  feiigen  fo 
khunftig  aus  desfelben  Verlaffenfchaft  widerumb 
einzufordern  ift  2  A  2  ff. 

Fol.  j~.  7.  November  Mittwoch,  ift  aus  der  Nation 
Aerario  bezalt  worden  dasWaax,  fo  auf  aller  Seelen- 
tag bei  den  Dominicanern  verbrennt  worden  2  A  6  /?'. 

12.  Jänner  1608  ift  wegen  Cavaliers  von  Muetterftatt 
dem  Waxmacher  aus  der  Nation  Aerario  bezalt 
worden  30  A. 

Rechnungsbuch   Nr.    4    ging    verloren.   —   Nr.  5 

(Cod.  Ms.  A.  XI,  19  .    Rechnung  des   Confiliars   Carl 

Joachim  Grafen  von  Bedau  1686. 

1  amazato  in  Sicna.  Zufatz  der  Paduancr  Matrikel. 


26.  Fol.  36.  Dem  Sacriftan  bey  Begräbnus  des 
des  Herrn  Stroheimers  3  Paoli. 

Rechnungsbnch  Nr.  6  (1697  bis  1704)  Cod.  Ms. 
A.  XI,  20. 

2;.  Fol  86.  Schlußblatt.  Die  löbliche  Teutfch 
Nation  thut  folgende  Feft  celebriren: 

NB.  An  Allerfeelentag  kauft  die  Nation  auf  die 
Teutfche  Krupffte  vier  Fackl  und  fechs  Kertzn  auf  das 
Altar,  welche  in  der  Todtenvefper  und  Ambt  ange- 
zündet werden. 

An  diefem  Tag  wirdt  ein  Meß  gefungen  bei  dem 
teutfehen  Altar  vor  diefen  Coralgefang  nichts  gegeben 
wirdt,  nur  allein  aus  denen  Gegenwärtigen  giebt  ein 
jeder  ein  kleines  Offertorium  nach  Belieben  pro  Sacri- 
ftia,  v.  g.  jeder  3  oder  4  Paul  wenigft. 

Aus  dem  „Protocollum  Inclytse  Nationis  Germa- 
nica? Senis  degentis"  iBibl.  Comunale  zu  Siena,  Cod. 
Ms.  A.  XI),  Nr.  15. 

28.  1571,  20.  Eebruar,  Siena.  —  Schreiben  des 
Confiliarius  et  Procuratoris  Nationis  Germanica?  Senis 
agentis  an  den  Freiherrn  Franz  von  Teuffenpach.  — 
Nachdeme  dem  Herrn  wolbcwußt,  welchcrmaßen  im 
verfchinenen  70.  Jahre  deffen  geliebter  Sohn  aliliier 
in  Gott  dem  Herrn  entfchlafen  und  in  gemainer  der 
Teutfehen  NationBegrebnuß,  fo  fy  allhier  ftattlich  und 
mit  großen  Unkoften  aufgericht,  begraben,  haben  wir 
ihn  hiemit  freundlich  zu  verftändigen  nit  khünen  unter- 
laffen,  wie  gedachten  desfelben  Sohn  feiigen  feit  der 
Zeit  feines  allhier  Abfterbens  ander  zwen  ftattliche 
und  ehrliche  Gefeilen  in  bemelter  Begrebnuß  fein  bei- 
gelegt worden,  welcher  nächfteFreund  und  Verwandte 
jedwederem  fein  gebührends  Epitaphium  aufzurichten 
entfchloffen.  Im  Fall  nun  der  Herr  desgleichen  feinem 
Sun  ains  zur  Erzeignuß  der  letzten  veterlichen  Lieb 
ihme  zu  Gedechtnus  und  ainer  Nation  Begrebnus  zu 
mehrer  Zier  zu  machen  laffen  gedacht,  kann  er  folches 
gedachter  einer  löbl:  Nation  alliier  mit  dem  ehiften 
verftändigen  und  wasUnkheftens  er  darauf  zu  wenden 
entfchloffen  mit  gueter  Gelegenheit  hereinfehicken, 
follt  ime  darumb  guet  und  glaubwirdig  Raitung  geben 
und  alles  mit  dem  eheften  verricht  werden 

Fol.  4' mit  der  Randbemerkung:  „In  simili  mutatis 
mutandis  ift  Herrn  Chriftoffen  Barth  wegen  Ablei- 
bung  feines  Pflegefohns  Johann  Sebaftian  Langen- 
mantl  (sub  dato  1596,  3.  November,  Fol.  84')  und 
Herrn  Chriftoph  Neuburg  wegen  feines  allhie  verstor- 
benen Sohns  Bernhardt,  beeder  feeliger,  gefchrieben 
worden." 

29.  1581,  3.  Mai.  Schreiben  der  Nation  an  Hänfen 
Hefterbach  etc.  zu  Hamburg  mit  Wiederholung  von 
Nachrichten,  welche  fich  auf  denTod  feines  Schwagers 
Orlandi  Pettri  von  Eczikaw  beziehen,  da  die  früheren 
Briefe  verloren  gegangen  fein  dürften.  Pettri  fei  am 
3.  Mai  1580  „bei  nächtlicher  Weile  mit  einem  feiner 
gueten  Freundten  auf  der  Gaffen  alhier  in  Siena  unter 
etliche  Welfche  gerathen"  und  bei  dem  Raufhandel 
fei  ihm  das  linke  Bein  abgehauen  worden.  Tags  darauf 
habe  ihn  die  ganze  Nation  „weil  er  Herr  Orlando  der 
Matricula  fonderlich  ift  eingeleibt  gewefen"  befucht, 
feines  Unglücks  Leid  getragen,  keine  Erkundigung 
nach  den  Thätern  unterlaffen  „über  das  die  beften 
Medicos  und  Wundarzt  über  ihn  Orlando  beftellet." 
Ungeachtet  diefe  gute  Hoffnung  geben  und  die  Heilung 
anfanglich  günftig  verlief,  fei  doch  mit  dem   40.  Tage 


CXXXIII 


eine  fo  bedenkliche  Verfchlimmerung  eingetreten,  dafs 
der  Verwundete  felbft  nach  dem  Beichtvater  verlangte 
und  fodann  der  Nation  als  letzten  Willen  eröffnete,  wie 
durch  Auslöfung  einiger  Edelfteine,  welche  er  hie  und 
da  verpfändet  hätte,  feine  Schulden  bezalt  werden 
füllten.  Nach  dem  todtlichen  Abgang  hat  der  Herr 
Confiliarius  hochgemelter  teutfeher  Nation  wie  in 
folichen  Fällen  gebrauchig  die  Nation  zufammengefor- 
dert  und  oftermelten  Herrn  Orlando  feiigen  beklagt, 
daneben  alle  Teutfchen  ermanet,  die  leite  Ehre  ihm 
noch  zu  leillen,  welicher  Bitt  alle  Teutfche  genueg  ge- 
than,  zudem  den  Leichnam  teutfche  Herren  felbft  in 
die  Kirchen  getragen.  Nach  folichem  hat  fich  gebühren 
wollen  des  verftorbenen  Orlandi  Sachen  zu  inventiern, 
weliches  denn  der  Herr  Confiliarius  fambt  den  Procu- 
ratoren  übernahm.  Um  mehr  aus  dem  Verlaffe  zu  lofen, 
habe  der  Confiliar  die  Steine  nach  Florenz  und  Rom 
gefchickt,  jedoch  nur  ein  Stück  davon  verkaufen  können 
„weil  an  gemelten  beiden  Orten  foliche  Cleinater 
fonderlich  der  Schmaragdi,  weliche  zum  meiften  und 
auch  die  koftlichften  waren,  in  keinem  Wert  und  wegen 
der  Viele  nicht  geacht  werden.  Nun  befünd  fich  kein 
füglicheres  gemelte  Kleinat  hinzubringen  als  ein  Glücks- 
hafen aufzurichten,  weliches  dann  ein  hochlöbliche 
Nation  von  dem  Statthalter  alhie  in  Siena  alsbald  er- 
erlangt "  ;  doch  fei  die  Schätzung  fo  gering  ausgefallen, 
„dafs  niemand  für  rathfam  möcht  achten  von  fo  fchlecht 
und  geringer  Summa  wegen,  foviel  Muh  und  Unkoften 
darauf  zu  wenden."  Letztlich  haben  etliche  Herren 
einer  hochlöblichen  teutfchen  Nation  alhie  etliche  ge- 
löfet,  etliche  in  einen  Glückshafen  under  inen  gelegt 
allein  abzubezalen  darumb  die  Kleinater  fein  verfetzt 
gewefen,  noch  aber  die  zwei  gröft  Schmaragdi  bei  der 
hochlobl.  Nation  umb  81  Goltkronen  18  kr.  verfetzt 
liegen.  Zur  Bezahlung  der  übrigen  Schulden,  deren 
Verzeichnis  unter  Nr.  4  mitfolge,  feien  die  übrigen 
Kleinode  zu  gering,  daher  erfuche  man  ihn,  der  die 
Verwaltung  aller  Güter  des  Verftorbenen  in  den  Hän- 
den habe,  fo  bald  als  möglich  noch  208  Goltkronen  und 
18  kr.  hereinzufenden.  Schließlich  überfende  man  die 
Abfchrift  eines  Schuldfcheines  über  130  Kronen,  welchen 
ein  Engländer  oder  Schottländer  dem  Seeligen  aus- 
geftellt  hatte,  und  melde  man,  dafs  Orlando  einem 
andern  Engländer  namens  Samuel  Flet  ein  Kleinod 
eingehändigt  haben  folle,  „fo  bei  600  A  wert  gewefen, 
worüber  Erkundigungen  in  London  einzuziehen  feien." 
Datum  Senis  den  3.  May,  welcher  das  Jahr  erreicht,  da 
der  Verftorben  ift  verwundt  worden.  A°.  1581  (Fol. 
66' — 68.  Das  Einfehreiten  der  Nation  beim  Großherzog 
um  Geftattung  eines  Glückshafens  zur  Veräußerung 
der  von  Orlando  Pettri  hinterlaffenen  Edelfteine  eben- 
dort.  Fol.  21). 

30.  1581  .  .  .  Ende.  Literae  responsoriae  ad  amicos 
Schwanckleri.  Man  habe  deren  Schreiben  am  28.  Ofto- 
ber erhalten  und  daraus  erfehen,  vobis  coheredibus 
omnibus  placuisse,  quodrelictamhaereditatem  Wilhelmi 
Schuuanckleri  affinis  vestri  pise  memoria?  magister 
Georgius  Weinhart  ad  fe  reeiperet.  Da  diefer  fchon 
nach  Rom  und  Neapel  abgereift  fei  und  nicht  mehr 
über  Siena  komme,  fo  müße  eine  andere  Verfügung 
getroffen  werden.  Uebrigens  habe  fich  diefer  Tage  ein 
gewiffer  Marquard  Fifcher  als  Verwandter  Schwanck- 
ler's  vorgeftellt  und  zur  Uebarnahme  der  Verlaffen- 
fchaft  bereit  erklart.  Quod  ad  epitaphium  vestro  affin i 


erigendum  attinet,  speramus  vos  in  eo  quod  honorem 
Schwanckleri  convenit,  nihil  intermissuros.  Fol.  66. 

31.  1581,  [3.  Mai  —  Siena.  —  Noi  Consigliere,  Pro- 
consigliere  et  Procuratori  della  Illustre  Natione  Ale- 
manna confessiamo  che  la  detta  Natione  si  contenta 
di  pagare  a  M.  Adriano  et  Belisario  Balestri  et 
compagni  per  conto  della  cera  la  quäle  si  adoprö 
quando  furono  sepeliti  il  Sigr.  Orlando  Petri  et  il  Sigr. 
Gerhardo  a  Thau,  gentilhuomini  Alemani.  Gezalt  feien 
bereits  18  A  d'oro  il  seudo  di  lire  71  v  der  Kell  von 
40  A  werde  in  vier  dreimonatlichen  Raten  vom  1.  Juni 
d.  J.  ab  berichtigt  werden,  havendo  in  consideratione 
oltre  il  tempo  largo  giä  passato  che  i  sopra  nominati 
piü  presto  hanno  fatto  il  contratto  con  la  Natione  Ale- 
manna che  con  defunti,  havendo  dato  la  cera  sequendo 
la  fede  della  Nazione.  .  .Fol.  196'. 

32.  1582,  19.  Juni  —  Siena  —  Schreiben  der  Nation 
an  Georg  Steygenberger ,  Sr.  Durchl.  Erzherzogen 
Ferdinands  zu  Insbruck  Perckrichter  zue  Schwaz  mit 
der  Nachricht,  dafs  deffen  Sohn  Wolfgang  am  7.  d.  M. 
Nachts  von  einem  Sienefer  tödtlich  verwundet  worden, 
und  zwei  Stunden  darauf  geftorben  fei.  Den  Verftor- 
benen hat  die  ganze  Nation  den  felbigen  Abent  (8.  d. 
M.)  nach  Ordnung  der  chriftlichen  Kirchen  und  allem 
Gebrauch  der  teutfchen  Nation  alhie  in  Siena  zur 
Begrebnuß  beleyt,  und  in  der  gewöhnlichen  der  Nation 
Begrebnuß  zue  der  Erden  ehrlich  bertritten,  auch 
ettliche  Tage  hernach  imc  ein  Befingnuß  halten  lallen. 
„Die  Koften  für  Waxkerzen,  Fackhel,  Prifter,  Münch 
Schüler  und  anders"  hätten  zwei  Landsleute  Mathias 
Ulpianus  Mofer  und  Jeronymus  Höchftetter  theils  vor- 
geftreckt,  theils  verbürgt.  Und  ob  Ihr  euerm  geliebten 
Sohn  feiigen  ein  Epitaphium  woltet  machen  laffen  zu 
Ehren  und  Gedechtnuß,  wollet  uns  Bericht  zufchreiben. 
Fol.  69,  70. 

33.  Confiliarius  und  Procuratores  der  deutfehen 
Nation  zu  Siena  an  Herrn  Chriftoph  Kreß  des  innern 
Raths  zu  Nürnberg. 

1582,  2.  September  benachrichtigen  ihn,  dafs  fein 
Stieffohn.Gaörül  Muffel  in  ein  Fieber  gefallen  fei,  das 
fich  letztlich  die  fchwarzen  Blattern  oder  pettechie 
dazu  gefchlagen  hätten  und  dafs  er  fohin  am  24.  Auguft 
nach  Mitternacht  geftorben  und  am  25.  d.  M.  zu  Abent 
um  22  Uhr  begraben  worden  fei  (Fol.  74).  Auf  die 
Anfrage  des  Kreß  vom  17.  Oktober,  wo  Muffel  begra- 
ben worden  fei,  antwortete  die  Nation  am  9.  (19.)  No- 
vember 1582,  dafs  vielgemelter  Euer  freundlicher  Stief- 
fohn  feiiger  allhie  in  Siena  in  einem  Clofter  Domini- 
canerordens darinnen  die  lobliche  teutfche  Nation 
fowohl  andere  Gerechtigkheit  als  auch  ein  eigen  in 
Stein  eingeweihte  Begrebnuß  haben  criftenlicher  Ord- 
nung nach  und  allhie  gewöhnlichen  Ceremoni  zur  Erdt 
beftätigt  worden.  Ift  gedachte  Begräbnis  fo  faft  mitten 
in  der  Khirchen  allein  für  die  Membra  teutfeher  Nation 
aus  derfelbigen  aus  Gottes  gnadigen  Willen  von  die- 
fem  Jammerthal  abgefordert  und  nicht  für  andere 
deputiert.  Da  ihr  dann  ein  Epitaphium  oder  Gedacht- 
nuß verordnen  zu  laffen  gewillt,  wird  folches  unfers 
Erachtens  wol  gefchehen  mögen,  wie  wir  dann  auch 
für  unfer  Perfon  hierzue  mit  allen  hilflichen  Mitteln 
gern  erfcheinen  wollen.  Fol.  68. 

34.  1586,  12.  April.  Schreiben  der  Nation  an  Herrn 
Bartt  mit  der  Nachricht,  dafs  deffen  Bruder  Leo  am 
8.  d.  M.  außer  der  Stadt  mit  einigen  Lombardifchen 


C  XXXIV 


Handwerkern  in  Streit  gerathen  und  von  diefen  durch 
einen  Steinwurf  getödtet  worden  fei.  Fol.  i:S. 

In  einem  zweiten  Schreiben  vom  28.  Juni  d.  J. 
wird  der  Empfang  eines  Wechfels  über  300  Kronen 
zu  Abzalung  wolermelts  euers  Bruders  feiigen  Schul- 
den beftatigt.  Erhalten  habe  man  243  Kronen,  55  Kreu- 
zer, 2  Vierer,  welche  bis  auf  31  Kronen,  i~  Kreuzer, 
2  Fierer  aufg  n  feien,    die    man    „bis   zu   Eures 

Schwagers  Lerchenfelder  Erklärung  wegen  des  Epi- 
taphii-  wie  wir  dann  [da]zu  ein  Model  überfchickhen 
fo  in  allem  30  Goltkronen  koften  foll  verwahren 
werde.  Fol.  131. 

35.  15S6,  10.  Juli.  Confiliar  und  Procuratoren  be- 
kennen, dafs  Johannes  Ruef  von  Hagenau,  weil  er  vor 
Bafilium  Vorner  fidejubiert  im  Namen  und  anftatt 
ermelts  Bafilii  64  A,  9  kr.,  die  A  per  90  kr.  geraitet, 
erlegt,  welche  Summa  berührtem  Balllio  von  ainer 
hochl.  teutfehen  Nation  alhie  zu  Aufrichtung  eines 
Partuchs'  configniert  war. 

36.  1586,  22.  September,  Siena.  Confiliar  etc.  der 
deutfehen  Nation  bekennen,  dafs  wir  wegen  des  edeln 
und  veften  Hanns  Adam  Muckenthal  durch  Ordnung 
der  ernveften  Khrafterifchen  Erben  von  Alexandro 
Bonini  [und]  Ottavio  Ferrati  an  barem  Gelt,  welches  zu 
einem  Epitaphio  gehörig,  empfangen  haben  38  A,  pr. 
90  kr.  Fol.  198. 

37 ■.  1594,  II.  September.  Testimonium  Dno.  Pom- 
pilio  Travalio  Capellano  Illustrissimi  D.  Gubernatoris 
communicatum  in  causa  demortui  Johannis  Schlütters. 

Consiliarius  etc.  ..notum  ac  manifestum  faeimus 
praefatum  nobilem  Dominum  Joannem  Schlitters  Bre- 
mensem, Germanum,  die  nono  Julii  A°.  1591  hie  Senis 
debitum  natura:  absoluisse  ac  die  sequenti  corpus 
exanime  honorifice  terrae  mandatum  esse.  In  cuius 
fidem  hoc  testimonium  Inclytae  Germanica;  Nationis 
sigillo  confirmandum  censuimus.  Fol.  256. 

38.  1591,  12.  September.  —  Zufchrift  der  Nation  an 
Wilhelm  und  Reinhardt  von  Newhaufen  mit  der  Nach- 
richt, dafs  deren  Vetter  Hans  Cofiradt  von  Neuneckh 
aus  Rom  krank  nach  Siena  gekommen,  hier  am 
30.  Auguft  geftorben  und  Tags  darauf  „in  die  Kürch 
s.  Dominici  nach  altem  Gebrauch  begraben  worden" 
fei.  Letztlich  fügen  wir  euch  auch  zu  willen,  dafs  nach 
altem  Gebrauch  fich  wol  gebühren  will  zur  Gedachtniß 
des  Verftorbnen  allhie  in  der  Kirchen  zu  s.  Domenico 
ein  Epitaphium  aufrichten  zu  laffen  .  .  .  feind  wir  in 
diefem  alle  Fürderung  zu  thun  urbietig.  Fol.  78. 

39.  Aus  Anlafs  diefes  Leichenbegängniffes  erhob 
fich  ein  Streit  zwifchen  den  Pfarrern  s.  Donati  et  s. 
Johannis,  welcher  erft  am  27.  Mai  1594  durch  den 
Canoniker  MariusCoscius  als  geiftlichen  Richter  dahin 
entfehieden  wurde:  ceram  in  funere  dicti  Illuftris  D. 
Joannis  Conradi  a  Neuneck  ante  crucem  accensam  et 
alia  funeralia  penes  D.  Nicolaum  Carinum  ut  asseritur 
depositata,  speetasse  et  specStare,  pertinuisse  et  per- 
tinere  ad  ecclesiam  parochialem  s.  Donati  sub  qua 
decessit.  Fol.  200. 

40.  1593,  12.  October.  Siena.  Confiliar  und  Procu- 
ratoren der  deutfehen  Nation  benachrichtigen  den 
Paulus  Kripp    zu  Grünberg   und    Aychen,    erzherzogl 

1  Die  Handfchrift  hat  ,,Fartuchs",  allein  die  Rechnung  Vorner's  im  erften 
Rechenbuch  Fol.  87  bemerkt,  dafs  er  bei  einer  in  Angelegenheit  der  Nation 
zum  Theil  wegen  des  ßarthueches  nach  Florenz  unternommenen  Reife  4  .}, 
9  Julier  verzehre  habe. 


Pfannhausrath  zu  Hall  im  Innthal,  dafs  deffen  Mündel 
Johann  Zacharias  Schneeberger  um  den  25.  September 
d.  J.  erkrankt  und  nach  fcheinbarer  Befferung  am 
l£h>ber  Abends  plötzlich  verfchieden  fei,  ift  ver- 
mutlich er  hab  innerlich  apoftema  gehabt,  welches  zu- 
brechen und  ihn  erfteckht  habe.  Wenn  aber  nun 
Schneeberger  sei.  vergangen  Sommer  zu  Rom  und 
Neapolis  gewefen,  do  er  unterwegen  von  den  Panditen 
svalefiert  und  beraubet  ift  worden,  .  .  ift  .  .  .  khain 
Gelt  zu  feiner  Begrebnuß  vorhanden  gewefen.  .  .  .und 
da  fich  auch  des  Verdorbenen  Vetter,  Ludwig  von 
Schneberg  wider  Erwarten  geweigert  habe ,  diefe 
Koften  zu  tragen,  fo  hatte  fich  fchon  die  Nation 
refolviert,  des  Verdorbenen  Leichnam  ihren  Statuten 
gemäß  aus  chriftlicher  Lieb  und  Pflicht  mit  einem 
Elemosyna  aus  derfelben  Aerario  beftatten  zu  laffen, 
als  fich  Herr  Ludwig  eines  Beffern  befann  (angefehen 
dafs  er  der  ganzen  Freundfchaft  zur  Verkhleinerung 
geraichen  wurde)  und  die  Bezalung  der  Auslagen  ver- 
bürgte. Darauf  der  Verftorbene  felbiges  Abendt  der 
chriftlichen  Kirchenordnung,  auch  einer  löbl.  teutfehen 
Nation  altem  Gebrauch,  nach  ehrlich  zu  s.  Domenico 
in  der  Nation  Gruft  oder  Begräbnus  beftattet,  auch 
gleich  folgenden  Tag  hernach  ein  Befingnus  gehalten 
worden,  damit  man  nit  doppelte  Spefa  in  den  YVachs- 
kherzen  aufwenden  dorfte. 

Sein  Farnuß  und  Verlaffenfchaft,  die  obangedeuter 
dem  Verdorbenen  auf  der  Neapolitanifchen  Raiß  wider- 
farner  Beraubung  halber  faft  lchlecht  ift,  hat  E.  V. 
fambt  den  Schulden  darum  bis  dato  in  Eil  bewußt,  in 
der  Verzaichnus  sub  Lit.  A.  zu  vernemen.  Ob  E.  V. 
gedacht  war  dem  Verdorbenen  ein  Epitaphium  auf- 
richten zu  laffen,  erwarten  wir  aus  desfelben  Antwort. 

41.  Voigt  die  Verzaichnus  der  Verlaffenfchaft 
Herrn  Johann  Zacharias  Schneeberger  fei:  bedes  an 
Farnus  und  Schulden. 

Befchriben  den  8.  O&obris  (1593)  Vormittag  in 
Beifein  des  wolgebornen  Herrn  Herrn  Wolfen  Dietrichen 
von  Althan  Freyherrn  etc.  Confiliarii,  Herrn  Johann 
Weigl  und  Mauritii  Spechtn,  Procuratorn,  auch  etli- 
cher anderer  einer  löbl.  teutfehen  Nation  Einverleibten 
fo  fich  im  Original  mit  aignerHand  und  Namen  unter- 
fchriben. 

Und  zwar  erftlichen  Bücher:  Angelum  Mattheu- 
cium  in  jus  civile,  ungebunden  in  Folio:  Corpus  Juris 
civilis  Gothofredi  duobus  tomis  in  40,  Manuscripta 
scripta  in  Inftitutiones;  in  aliquot  titulos  et  leges  Codi- 
cis,  in  titulum  de  Juftitia  et  jure;  in  Conftitutionem  Atsi 
clerici,  4.  ext.  de  Judiciis  (alles  fchlecht  gebunden  in4°.) 
Ettlich  andere  gefchribene  Sachen  ungebunden  und 
ohn  Ordnung.  Etlich  juriftifche  Disputationes.  Etlich 
gefchriben  Lautenftuckh,  Kupferftich  14  Stuckh. 
Dicflionarum  italicolatinum.  Dictionarum  7  linguarum 
in  12°.  Paraphrasis  Buchanani  in  psal.  in  160.  Ein  Ge- 
fellen  oder  Stammbuch 

An  Kleidern  ift  anders  nichts  funden  worden  als 
ein  alter  fchwarzer  tücher  Mantel,  zwen  alte  weiße 
Unterleib;  ein  alts  Par  fchamlotene  Höfen,  1  alts  anders 
Par  Höfen  und  ein  Gasaggel  von  Burath;  ein  Kragen; 
ein  Wehr  und  Ghenk,  ein  Lauten. 

An  Gelt  ift  nichts  vorhanden  gewefen,  dann  er 
auf  der  Rais  nach  Neapolis  vergangen  Sommer  ver- 
richt  von  den  Panditen  angegriffen  und  fammt  ander 
feiner  Gefellfchaft    beraubt  ift   worden,   daher    er    nit 


cxxxv 


allain  nichts  in  Vorrath  gehabt,  fondern  die  volgende 

Schulden  gemacht  hat. 

Erftlich  hett   er  vor   feinem  Verraifen    bey    der 

Nation   verfetzt    /.wen  King   deren   ain  ain  Rubin   der 

ander  ein  Saphir  per ■     10  A  iÄ. 

Item  nachdem  er  wider  khumen  von 
Neapolis  entlehnt  er  wider  bei  der 
Nation  auf  Bürgfchaft  Herrn  Ludwigs 
feines  Vettern 10  A  60  kr. 

Item  hat   ihm  Herr  Jacobus  Lehndanus, 
Herrn  Georgen  Fuggers  Pr.eceptor  vor 
fein  Verraifen  geben 6  A  —    „ 

Item  hat  er  in  feiner  Krankheit  vermeldet, 
wie  er  von  einem  von  Adel  N.  Schilling 
genannt  zu  Rom  entlehnt  hab 9  A  12   ., 

Item  bleibt  er  Herrn  von  Pirring  vermüg 

Auszugs  Nr.  1   8  A    6   „ 

Dem  Sigr.  Eberhardt  Wert  vermög  Zet- 
tels mit  Nr.  2  bezaichnet i'/2  A  —    „ 

Seiner  gewölten  Patrona  vermög  des  Zet- 
tels fub  3  außer  deffen,  fo  man  ihr  umb 
gehabte  Mühe  verehren  will 9  A  —   „ 

Dem  Juden  Abraham    und    feinem    Sohn 

vermög  Zettls  zaichnet  Nr.  4 2  A  64   ,. 

Dem  Apodekher  laut  feines  Auszugs  fub 

Nr.  5 4  A  24  .. 

Dem  Medico 3  A  —   „ 

Dem  Schufter —  A  48  „ 

Item  einem  Maler  Nr.  8 —  A  32   „ 

Summa  der  Schulden ...     75  A  36  kr. 

Voigt  was  auf  die  Leicht  zur  Erden  zu  beftatten 
ift  aufgelaufen: 

Erftlich  für  Wachsliechter,  Torczen  ver- 
mög Auszugs  sub  Nr.  6 54  A  24  kr. 

Item  dem  Todtengraber  und  andern  Per- 
fonen  die  man  bei  Begrebnuffen  belohnt 

vermög  des  Zettels  Nr.  7 13  A  46   „ 

Summa  aller  jetzt  bewußter  und  obge- 

fetzter  Schulden  ift   143  A  22  kr 

NB.  Adi  29.  Dez.  A°.  93.  An  diefer  Summa  ift 
ausgenummen  des  Sigr.  Schillings  9  A  12  kr.,  dan  wider 
3  A  30  kr.  fo  die  Nation  dargelegt,  alles  bezalt  laut 
volgend  an  Herrn  Krippen  gethanes  Schreyben  Fol.  15 
(Fol.  146—148). 

42.  1594  7.  Jänner.  Diefelben,  demfelben.  Sein 
Schreiben  vom  20.  Nov.  habe  man  am  27.  Dec.  neben 
dem  verordneten  Wexl  der  100  fl.  empfangen  und 
da  überdies  Herr  Ludwig  von  Schneburg  vor  feiner 
Abreife  nach  Rom  in  die  60  und  etliche  Kronen,  bezalt 
habe,  darfur  er  fich  verpürgt,  fo  fei  alles  bis  auf  die 
9  A  an  Schilling  und  3  Ä  30  kr.  fo  die  Nation  darge- 
liehen, darumb  fie  aber  die  Ring  noch  beyhendig,  alles 
beglichen.  Hinlichtlich  desEpitaphii  erwarte  man  feine 
Vorfchläge.  Schließlich  bemerke  man,  dafs  der  Ver- 
dorbene auch  nach  feiner  Rückkunft  nach  Siena  und 
bis  an  feinen  Tod  in  adelicher  löblicher  Compagnia  ge- 
ftanden  und  mitfpendirt,  darzue  ihm  dann  feine  Herrn 
commenfales,  fonderlich  aber  Herr  von  Piring  wie  in 
der  Schuldzettel  zu  finden,  in  Verzug  feines  Wexls, 
auch  mit  darleihen  nit  gemangelt,  vil  weniger  das  er.  . 
in  feiner  Khrankheit,  do  jedermann  gueter  Leut  Hilf 
mer  als  fonft  bedarf,  an  Wartung  oder  Labung  ainigen 
Abgang  oder  Mangel  fol  gehabt  haben,    welches  wir 


fonderlich  feiner  betrübten  Mutter  halben  wie  der  Herr 
fchreibt,  nit  unvermeldet  lafsen  wellen.  Fol.  151  2. 

43.  1594,  28.  Juni  Siena.  Confiliar  und  die  Procura- 
toren  der  deutfehen  Nation  zu  Siena  beurkunden,  dafs 
fie  das  von  weiland  Hans  Georg  von  der  Leuten  bei 
ihnen  deponierte  Geld,  abzüglich  50  Silberkronen, 
welche  des  von  der  Leuten  Erben  ainer  löblichen 
Nation  alhier  .  .  verehrt,  auch  31  ducaten  Ungrifch  zue 
einem  Epitaphio  in  Neapolis  dem  Verdorbenen  da  er 
begraben  liegt  aufrichten  zu  lallen,  und  weiterer  30  Sil- 
berkronen zu  Bezalung  einer  nachgeladenen  Schuld, 
dem  ausgewiefenen  Vollmachtträger  der  Erben,  Theo- 
dor Adamius  ausgefolgl  hatten  und  zwar  100  A  in 
Gold,  20  Silberkronen  und  15  fl.  Rheinifch.  (Fol.  200/1.). 

44.  An  Adamen  Günten  fei.  Gedächtnufs  Vätern 
wegen  der  Nation  ausftehende  8  A  f o  fie  für  ine  bezahlet 
1595,  20.  Jänner.  Die  Nation  habe  ohnedies  für  die 
beftmögliche  Verwertung  des  Nachlaffes  Sorge  getra- 
gen und  beifpielsweife  das  Corpus  Juris,  in  welchem 
gleichwol  einDefectift,  per  10A  angenommen. (Fol.  158.) 

45.  Schreiben  an  die  wolgeboren  Frau  Hypolita 
vonWindifch  Grätz  geborne  Schlickhin  Grävin  zu  Paf- 
fan,  und  Weiskürch  etc.  Wittib,  wegen  des  Abfterbens 
ihres  Sohnes  allhie  zu  Senis.  1595,  21.  März  sub  Con- 
siliaris  D.  Jacobo  Braunn  et  Procuratoribus  Meliore 
Bonacker  atque  Simone  Rorbach. 

Deren  Sohn,  Cafpar  Freiherr  v.  Windifcli  Grätz 
fei  nebft  feinem  Hofmeifter,  „  Herrn  Johann  Schlegeln 
und  zugegebnem  Diener  den  11.  Martii  diefes  95  Jars 
alhie  zu  Senis  in  guter  frifcher  Laibsvermöglicheit 
angelangt,  in  volgenden  Tag  naher  Rom  zu  verraifen 
wüllens",  wäre  aber  „von  dem  getreuen  Gott  mit 
fchmerzlicher  unverfehenlicher  Krankheit  heimgefucht 
worden.  Obwol  aber  gedachter  fein  Hofmeifter  .  .  die 
vornemfte  Doftores  der  Arznay  in  gemelter  Stadt  ine 
ufs  fleifigift  zu  curiren  erfordert,  auch  an  forgfeltiger 
Chur  und  Infpe£tion  an  nichts  ermangeln  zu  geladen, 
fo  hat  doch  folches  alles,  weil  es  je  einmal  demHöchften 
alfo  gefallen,  nit  helfen  mögen,  fondern  — <  er  ~>  end- 
lichen den  20.  obgemeltes  Monats  ganz  ftill  und  fanft 
in  den  Herrn  feliglich  entfchlafen,  welchen  der  Höchfte 
neben  allen  chriftglaubigen  Seelen  und  uns  allen  zu 
feiner  Zeit  ein  fröliche  Urftend  verleihen  wolle  Amen. 

„Wie  hochfehmerzlich  Euer  Gnaden  diefer  Tod- 
fall, als  dadurch  fie  ihren  zeitlichen  Schatz,  rechten 
Troft  und  fteife  Saul  ihres  hergehenden  Alters  ver- 
loren, zu  Herzen  gehen  werde,  können  wir  leichtlichen 
bei  uns  ermeffen".  Sie  möge  fich  als  Chriftin  in  ihr 
Schickfal  finden.  „Die  Begrebnuß  entlichen  betref- 
fend, ift  felbige  der  verdorbenen  Perfon  Stand  gemäß 
ftattlichen  vollzogen  und  in  der  ehrngedachten  löb- 
lichen Nation  alhie  gewöhnlichen  Ort  der  Kirchen  bei 
den  Dominicanermönchen  ehrlichen  beftattet  worden. 
Da  nun  E.  Gn.  wie  wir  leichtlichen  vermuten  mögen, 
felbigen  ein  Epitaphium  in  maffen  von  Andern  zuvor 
allhie  befchehen,  aufzurichten  gewüllet,  erpieten  wir 
uns  zu  Befürderung  aines  folchen  löblichen  Werks 
ganz  willig  und  genaigt"  (Fol.  37). 

46.  1595,  9.  Nov.  Siena.  An  Herrn  Wilhelm  von 
YVindifchgrätz  Freyherrn.  „Derfelben  Schreiben  den 
19.  Septembris  zu  Graz  datirt,  ift  einer  hochloblichen 
teutfehen  Nation  alhier  den  6  jetz  laufenden  Monats 
überantwortet  worden  ^  feint  wirr-o  verftendigt,  wie 
dafs  die  wolgeboren  Frau  Frau  Hypolita  von  Windifch- 


CXXXVI 


grätz  r-j  ierem  vielgeliebten  feiig  allhie  entfchlafenen 
Sun,  Herrn  Cafparn  von  Windifchgrätz  ~  ein  ev 
Gedechtnus  mit  Aufrichtung  eines  anfehnlichen  Epita- 
phii  nach  eingefchloffener  und  von  uns  empfangen 
Form  zue  machen  Vorhabens  feye",  die  Nation  werde 
ihrerfeits  die  Ausführung  desfelben  nach  allen  Kräften 
unterftützen,  „hatte  auch  foliches  alsbald  ins  W'erkh  zu 
richten  angefangen,  da  fie  nur  von  E.  Gn.  und  Freund- 
lichkeit khleringer  wäre  verftändigt  worden,  ob  ge- 
dachtesEpitaphium  vonganzMarmel  oder  andern  Stein 
oder  aber  zum  Theil  von  Holz  und  an  was  Orten,  auch 
in  was  Breiten  und  Hoch  folle  aufgericht  werden.  .  .  . 
Wir  haben  zwar  uns  mehrer  Nachrichtung  und  Berichts 
halben  mit  etlichen  fürnemen  .Meutern  allhie  unterredt 
und  beratfchlagt,  nach  welcher  Yermainen  der  ganze 
obrifte  Theil  angezogenes  Epitaphii  darinnen  die 
4  Evangeliften  fampt  andern  Figuren  begriffen,  wie 
auch  die  aiferfte  Extremitates  an  den  undern  Theil 
von  Holz  mues  gefchnitzt  werden,  mit  Gebung  aller 
gebierenden  Farben  von  guetemGold  und  dergleichen, 
das  übrige  aber  von  ganzem  fchönen  Marmelftein  ge- 
arbeitet, ferner  die  Breiten  auf  acht  und  die  Hoch 
desfelben  auf  13  hiefiger  Ellen  fchätzen  thuen.  Ob  nun 
folicher  Form  E.  G.  und  Freundtlichkeit  annemlich 
oder  nit,  pitten  wier  mit  eheften  uns  zu  erinnern. 

„Den Wert  des  Epitaphii  nach  folichen  angedeiten 
Form  betreffend  haben  wir  nach  langer  Traclation 
entlich  diefes  von  denen  Maiftern  verftanden,  das  fy 
under  1000  Khronen  alles  und  jedes  über  fich  zu 
nehmen  und  völlig  zu  enden  ohne  ieren  Nachtel  und 
Schaden  mit  nichten  wollen,  noch  khinen. 

„Anlangend  letztlich  das  gebierende  Ort  zu  foli- 
chem  anfehnlichen  W'erkh,  erinnern  wir  E.  G.  und  Fr. 
hiemit,  warhaftig,  dafs  weilen  die  Capellen  und  Ort  zur 
Teutfchen  Nation  Begrebnus  in  der  Herrn  Domini- 
caner-Kirchen überaus  fehr  klein,  benebens  mit  anderer 
vieler  anfehnlicher  und  ftattlicher  teutfchen  Freiherrn 
Epitaphiis  alfo  erfetzt,  dafs  ohne  Herausnembung  der- 
felben  (welches  unferer  Nation  wegen  der  abgeftor- 
benen  Herrn  fürnemen  Freuntfchaften  bedenklichen 
falt)  zu  vorhabenden  jetzigem  fehr  großen  Epitaphio 
nit  genueg  Raum  und  Ort  in  diefer  Capellen  vorhan- 
ven  ift,  derowegen  fowol  eines  ganzen  löblichen  Con- 
vents  der  Dominicaner,  als  aller  Werkmeifter  wie  auch 
unfer  einhelliges  Iudicium  were  ~  das  foliches  fchöne 
zierliche  Werkh  auf  den  Altar  in  obgedachter  unfer 
Capellen  möchte  gefetzt  werden,  dann  es  ja  aller  Ver- 
mainen  nach  an  kheinem  riemlichern  Ort  der  ganzen 
Khierchen  da  es  von  mehrern  gelobt  und  gefehen, 
khinde  gefetzt  werden.  ~~>  Da  aber  im  Fall  folicher 
gethaner  Fürfchlag  E.  G-  und  Fr.  nit  fürtraglich  er- 
fchine,  würden  wir  alsdann '-^  kein  ander  Mittel  für- 
nemen khünen,  als  dafs  diefes  ~  Epitaphium  aufser  der 
teutfchen  Nation  Capellen  in  ein  ander  Ort  der  Kirche 
gefetzt  wurde. 

„Die  Infcription  und  Ueberfchrift  wird  entweder 
E.  G.  und  Fr.  nach  lerem  Gefallen  machen  oder  aber, 
da  es  unfer  Nation  heimgefetzt,  wollen  wirs  alfo  rüm- 
lich  und  wohl  vollbringen,  damit  auch  diesfalls  ein 
wolgeboren  Freundfchaft  an  unferm  Heiß  ^  billich 
nichts  erfordern  kann"    Fol.  3 

47.  1596, 10  Febr.  an  Herrn  Wilhelm  von  Windifch- 
gräz  Freyherrn  ...  Es  ift  den  8.  jüngft  verwichenes 
Monats  Januarii  einer  lobl.  Nation  allhie  E.  G.  und  Fr. 


Seiitfchreiben  neben  dem  vermachten  Wexel  der  be- 
werten IOOO  Cronen  überantwortet  worden-— 'als  allein, 
das  wegen  Abziehung  der  Kaufleut  gewöhnlicher  Pro- 
vifion zue  Venedig,  Florenz  und  Siena  uns  nicht  mehr 
als  938  Silberjcronen  darüber  4  Pfund  (wie  aus  dem  von 
uns  unterfchribnen  Wexelbrief  E.  Gn.  und  Fr.  erfchei- 
net  erlebt  und  zuegeftellt  worden,  zweifeis,  ob  wir 
diefes  Abgangs  künftig  werden  gereichen  mugen. 

Ferner  werden  fich  E.  Gn.  und  Fr.  noch  zu  erholen 
haben,  dafs  ~  wir  furnemlich  —  auch  diefes  vermelt, 
wie  das  die  allhiefige  Werkhmeifter  den  obern Theil  des 
überfendeten  Models  nicht  von  Marmel,  fundern  nur 
von  gefchnitzten  Holz  und  Gemalwerkh  umb  du  -* 
1000  Cron  zu  machen  fich  eingelaffen  haben,  fo  wider 
den  Inhalt  und  Verftandt  E.  G.  und  Fr.  Schreiben 
unteres  Erachtens  fein  thuet,  daher  wir  E.  G.  und  Fr. 
ai_, entlichen  Willen,  dafs  oft  angezogene  Epitaphii  nicht 
von  Holz  fondern  von  lauter  Märml  folle  aufgericht 
werden,  ernannten  Maiftern  fammt  und  funders  fürge- 
halten ~  hat  doch  nichts  früchtbarlichs  über  gehabte 
Bemieung  khunen  tractiert  werden  — <  haben  wir  nach 
gethaner  Beratfchlagung  unfern  primum  Nationis  l'r<>- 
curatorem  fampt  einer  andern  wolerfarnen  Perfon  nach 
Florenz  alsbald  abgefertiget,  fich  dafelbft  bei  anfeh- 
lichen  und  fürtrefflichen  Maiftern  und  fonderbarlich 
Joan  de  Bolonia  weliches  gleichen  ob  feiner  hoch  und 
weitberiembten  Khunft  in  Italia,  ja  fchier  ganz  Europa 
nit  gefunden  wirt)  zu  befragen,  ob  angezogenes  E.  G. 
und  Fr.  Modell  von  Mannelftain  und  mit  wasUnkhoften 
khindt  in  das  Werkh  gerichtet  werden.  Uns  aber  ift 
entlich,  nachdem  er  die  Sachen  drey  Tagsfrüft  wol 
nachgedacht,  diefes  von  ihme  zu  Befchaid  erfolgt:  dafs 
foliches  Model  und  Fuerm  mit  nichten  ihrer  Khunft 
gemäß,  als  viel  mehr  zu  einem  Gemahl  teiglig  fei, 
welches  er  mit  genuegfamen  Argumenten  dargethan, 
mit  nichten  dahin  ratend,  das  ein  Theil  von  Märml, 
der  ander  von  Holz  fein  follte,  weilen  difes  zu  des 
Epitaphii  Unzierligkheit  gereihet,  auch  das  Holz  mit 
der  Zeit  verfaulen  und  Feursgefahr  unterworfen  fein 
wuerde.  Da  es  aber  von  lautern  Marml  in  folte  aufge- 
richt werden,  thuet  er  wegen  Menig  der  Figuren  und 
Bilder  fo  in  Marmor  zue  hauen  von  Nöten  den  Wert 
und  Unkhoften  folichs  Epitaphii  auf  4  oder  aufs  ge- 
ringfte  3000  Cron  (mit  welichem  auch  andere  Maifter 
übereinftimmen)  aeftimieren  und  fchätzen.  Ueber  difes 
hat  ernennter  Johann  de  Bolonia  auf  unfer  Anhalten 
und  E.  G.  und  Fr.  Wolgefallen  das  verfchloffene  dis- 
segno  alles  Fleis  verzeichnet  fo  alle  Principalftuck  des 
vorigenModels  in  fich  begreift,  benebens  auf  angedeute 
Hoch  der  14  Ellen  und  Breiten  der  S  Ellen  gerichtet 
ift,  und  ob  es  gleich  von  dem  beften  Marml  gemacht, 
wurde  es  gleich  mit  dem  Unkhollen  nicht  über  die 
IOOO  Cron  laufen.  Und  weilen  er  felbft  wegen  des  fehr 
beriembten  und  theuern  W'erkh-  fo  der  Großherzog  zu 
Florenz  feinem  Vätern  durch  oft  gedachtes  des  Bolonia 
Mittel  aufrichten  thuet,  nit  abkhumen  kann,  hat  er  zu 
einem  gleichfalls  wolerfarnen  und  fürnemen  Meifter 
uns  gewiefen,  welicher  fich  mit  ihme  de  Bolonia  aner- 
boten, dafs  fie  fein  des  Herrn  vonW'indifchgrätz  feiigen 
Wappen  fampt  etwann  andern  nach  E.  G.  und  Fr. 
Gefallen  an  ein  Ort  des  ganzen  Epitaphii,  welches  fie 
dazue  auserlefen  gern  und  willig  von  Marml  fetzen 
wolt(en).  Aus  angeführten  Urfachen  hat  fich  ein  löbl. 
Nation  refolviert,  E.  G.  und  Fr.  nebenliegende  Epita- 


CXXXVII 


phii  Formb  zu  übcrfendcn  und  in  frcundlichkeit  zu 
erfuchen,  uns.. zu  berichten,  ob  inen  gegenwertig 
Model  angenem  und  gefellig,  auch 
was  darinnen  zu  verändern  oder 
hinzuzusetzen  fey  oder  aber  .  ob 
fie  bey  den  erften  verbleiben  und 
wie  vermelt  den  obriften  Thcil  umb 
erlegt  Gelt  von  Holz  und  Gemal- 
werk machen  zu  laffen  begem.  .  .  . 
Mit  der  Infcription  und  Erwählung 
eines  bequemen  Orts  foll  unfer 
gebührliche  Affeflion  zu  einer  wol- 
gebornen  Freundfchaft  und  ver- 
heißner  Fleiß  mit  nichten  defide- 
riert  werden.  Fol.  40/1. 

48.  Sub  Consiliario  nobili  et 
cl.  viro  Hieronymo  Fetzer,  Procu- 
ratoribus  Gerardo  Roeden  et  N. 
Bechlero  ift  widerumb  an  die  von 
Windifchgretz  Schreiben  ausgan- 
gen, dafs  fie  fich  erkleren  wolten, 
was  wegen  des  Epitaphii  zu  bauen 
ihr  Meinung  und  Willen  were,  den 
6.  Auguft  Äo.  96. 

49.  Ill  darauf  alsbald  im  Sep- 
tember Antwort  erfolget,  dafs  fie 
die  Sache  in  der  Nation  Hand 
geben  und  ihrer  Discretion  zu  voll- 
furen  heimftellen. 

50.  Ift  den  29.  September  als- 
bald darauf  an  Sigr.  Betz  gefchrie- 
ben  auf  Florents,  dafs  er  der 
Nation  zu  Gefallen  Johann  de  Bo- 
logna anreden  wollte,  dafs  er  auf 
der  Nation  Uncoften  einen  verften- 
digen  und  fleißigen  Meifter  herüber 
fchickte,  welcher  die  Arbeit  ins 
Werk  richtete.  Fol.  41. 

51.  1601,  6.  Sept.  Testimonium 
datum  nobili  viro  D.  Ernesto  ab 
Axt  de  factis  sumptibus  in  morbo 
et  funere  famuli.  —  Wir  Zdenko 
Freiherr  von  Waldftein  etc.  bekun- 
det, dafs  Zeiger  difes  der  edle  .  . 
Ernft  von  Axt  für  uns  kommen  und 
angezeigt,  dafs  ihme  den  3.  Sept. 
itzt  laufenden  1601  Jahrs  fein  Die- 
ner Andreas  Reitter,  welichen  er 
den  11  Martii  desfelben  Jahres  zu 
Padoa  aufgenommen,  alhie  inSiena 
von  diefer  Welt  abgefchieden,  auf 
welches  Krankheit  und  Begräbnus 
er  notwendig  12  Silberkronen  und 
'/8  Pfund  fpendieren  mußen.  —  Dies 
werde  als  wahr  beftätigt.  Fol.  271. 

52.  Exemplum  literarum  ad 
D.  Jacobum  a  Barland  de  epitaphio 
fratris  ipsius  —  1602,  24.  Mai. 

Redditae  sunt  nobis  literae 
tuae  .  .  numerataque  peeunia  33  & 
pro  erigendomonumentoDfio  fratri 
tuo  pie  hie  defunfto.  Statim  egimus 
ea  de  re  cum  statuario  itaque  uti  jam  ante  inter  vos 
convenerat.  Ab  initio  ipsi  persoluimus  15  A  daturi  rcli- 

XIII.  N.  F. 


quum  opere  perfefto.  Inscriptio  talis  ipsi  est  exhibita, 
qualem  hie  Uunsmittimus  eamque  te  probaturum  con- 


Fig.   5.   Grabmal  des  Chriftoph  Ulrich  von  Würzberg  f.  S.  XIII.  Nr.  j. 


fidimus.  Materiam   epitaphii  tua  delineatio  nobis  sup- 
peditavit    quanquam    manca,    neque    enim    quamdiu 


CXXXVII1 


vixerit  meminit,  operapretiumque  fuerit  ea  de  re  mature 
nos  reddere  certi 

Epitaphium  tale  est,  cuius  fit  mentio  in  literis: 

D.  O.  M.  S.  Manibusque  juvenis  nobiliss:  Dn. 
Guilielmi  a  Barland,  Zeelandi,  Goesani,  qui  cum  in 
Italiam  velut  ad  mercatum  studiorum  et  virtutum 
fuisset  ablegatus,  eamque  reäiss:  ingenii.  solidaeq. 
doctrinae  jam  tum  da:  "cationem.  ut  facile  qualis 

futurus  esset  augurarentur  omnes,  mors  invida  florem 
in  herba  cum  spe  fruetus  obtruncat.  Mater  infelix  et 
frater  Jacobus  filio  et  fratri  carissi:  hoc  dolor:  monum: 
cum  lacrymis  PP.  Vixit  annos  .  •  menses  .  .  .  dies  .  .  . 
Obiit  Senis  Xeapoli  reversus  anno  MDXCVD  die 
IV.  Novembris.     Fol.  1S7  8. 

Testimonium    Davidis    Gerardi    a   Mosse    ob 
expensas  faäas  in  funere  Guilielmi  Joannis  Barlaiuli. 

-  Consiliarius  etc.  notum  faeimus,  dnos.  Guiliel- 
mum    Joannis    Barlandium   et   Davidem    Gerardum   a 

se  non  equidem  commorandi,  sed  Romam  quam 
primum  proficiscendi  animo  huc  appulisse.  Den  er- 
krankten Freund  habe  Moffe  nicht  verlaffen  wollen  und 
auch  nach  dem  am  4.  November  ingetretenen 

Verfcheiden  die  deutfehe  Nation  erbeten,  ut  defuneti 
cadaver  communi  Germanorum  sepulturae  inferri  pate- 
remur  sumptuumque  funeralium,  qui  pro  InclytaeNatio- 
nis  nostrae  atque  defuneli  honore  requirebantur  testi- 
monium  ipsi  largiremur.  .quae  quidem  expensae  iis 
etiam  adjunclis,  quae  medico,  pharmacopolae,  pro 
victu  et  aliis  necessariis  debebantur  usque  ad  44  coro- 
natos  aureos  sese  extenderunt.  Haec  omnia  saepedic- 
tum    D.    Davidem    fideliter   exsolvisse  .  .  testificamur. 

265/6. 

54.  1602,  19.  Nov.  Schreiben  der  Nation  an  Mathias 
Gülger  Abt  zu  Wiener  Neuftadt  (und  fpäter  zu  Reun) 


in  causa  demortui  D.  Franzisci  Gülger  nepotis  sui.  — 
Die  Nation  habe  vor  wenig  Tagen  jene  IOO  Gulden  in 
Empfang  genommen,  welche  der  Abt  feinem  mittler- 
weile verftorbenen  Neffen  pro  laurea  in  utroque  jure 
suseipienda  durch  den  Venezianer  Kaufmann  Johann 
Schopper  gefandt  habe.  Sie  gedächten  diefe  Summe 
wie  in  ähnlichen  Fallen  zur  Bezalung  der  Leichenkoften 
und  der  Schulden  de-  Verstorbenen  zu  verwenden. 
Fol.  60,  61. 

55.  1602.  17.  Dez.  Diefelben  demfelben.  Zu  völliger 
Bezalung  der  Schulden  fei  noch  die  Nachfendung  von 
lS  A  8  kr.  erforderlich.  Das  Epitaphium  betreffend 
kann  man  nach  F..  F..  Wohlgefallen  aines  zuerichten 
lassen,  dann  das  allergeringft  under  24  Cronen  khaum 
gemacht  wirdet.  Die  was  ftattliches  haben  wellen 
mueffen  30  oder  40  cronen  spendiern.       Fol.  61. 

56.  III.  Aus  dem  Liber  Actionum  inelytae  Ger- 
manae  Nationis,  ereclus  Cal.  Augusti  [641  Foliant  im 
kgl.  Staatsarchiv  zu  Siena.  Abtheilung  Studio,  N.  IOO.) 

Acta  sub  Consiliario  111.  D.  Andrea  Sigismundo 
Podstazki  Procuratore  me  Abramo  Lay  J.  V.  C. 

56.  1641,  25.  Sept.  Abreptus  est  nobis  praenobilis 
D.  Adolfus  Wolff,  dictus  Metternich  praematura  nimis 
morte  .  .  quocirca  ultimum  solum  quem  potuit  hono- 
rem Dno.  a  Metternich  pie  memorie  contulit  Natio 
omnibus  ex  ordine  sacris  rite  perhibitis  Uli  honorificen- 
tissime  parentans,  tertio  insuper  die  apud  Dominica- 
nos  patres  solemni  in  praesentia  Nationis  decantato. 
Fol.  1. 

57.  Sub  eodem  Consiliario,  Procuratore  Friderico 
Langh.  J.  Dr.  1642,  6.  Januar  pidellus  nationis  nostrae 
nomine  Zacharias  Dieffendrung  in  Christo  expiravit.  . 
ac  7.  sequenti  praesente  Inclyta  Natione  .  .  apud  s. 
Dominicum  in  templo  sepultus.  Fol.  3. 


Beiträge  zu  einer  Ikonographie  des  Todes. 


Von  Dr.    Theodor  Frimmel. 

VIII. 


JIERFEN  wir  noch  einen  Blick  auf  die  Art  der 
§  rfl  Todesfiguren,  wie  fie  in  der  deutfehen  Plaftik 
des  16.  Jahrhunderts  gebräuchlich  waren.  Auch 
hier  fcheint  das  Skelet  und  das  Cadaver  fo  gut  wie  aus- 
fchließlich  dominirt  zu  haben.  Italienifche  Einflüffe 
werden  erft  fpät  auffallend.  Für  die  gewöhnliche  Auf- 
faffung  mögen  folgende  Fälle  als  Beifpiele  dienen. 

Zunächft  betrachten  wir  die  Figuren,  die  fich  auf 
den  WietsAauferi  fchen  Denkmälern  in  Wien  und  Nürn- 
berg finden.  Sie  find  befchrieben  und  abgebildet  in  den 
Mittheilungen  der  k.  k.  Central-Commiffion  im  III.  Bd. 
der  n.  F.  1877,  Artikel  von  Dr.  A.  Ilg  ,  weshalb  wir  uns 
hier  auf  die  Wiederholung  des  Wefentlichen  befchrän- 
ken  können.  Die  erwähnten  Denkmäler  find  jene,  welche 
Freiherr  Jobft  von  Wetzhaufen,  Landes  Comthur  des 
deutfehen  Ritterordens  der  Bailei  Oefterreich  zu  Wien 
in  der  Elifabeth-Kirche)  und  zu  Nürnberg  (in  der  Egloff- 
ftein  fchen  Capelle  der  Jacobs-Kirchei  hat  errichten 
laffen.  Beide  Denkmäler  find  vor  der  Mitte  des  16.  Jahr- 
hunderts  entstanden.   Jedes  zeigt  unter  anderem   eine 


Todesfigur,  welche  der  Geftalt  des  Stifters  gegenüber- 
geftellt  ift  und  ein  mittleres  Relief  begleitet,  auf  welchem 
der  Abfchied  Chrifti  von  feiner  Mutter  zu  Bethania  dar- 
geftellt  ift  in  allgemeiner  Anlehnung  an  Dürer  's  be- 
kanntes Blatt  aus  dem  Marienleben  .  Der  Tod  ift  beide- 
mal als  cadaverartiges  Skelet  aufgefaßt,  ausfehreitend 
und  mit  Pfeil  und  Bogen  zielend.  Der  Kopf  ift  fchädel- 
artig  geformt  aber  überhäutet  gedacht.  Auf  dem  Boden 
in  der  Mitte  fteht  ein  Stundenglas. 

Bald  nach  Beginn  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahr- 
huuderts  ift  eine  der  eben  befchriebenen  in  morpholo- 
gifcher  Beziehung  ähnliche  Todesfigur  entftanden,  die 
einen  pikanten  Schmuck  des  Grabmales  von  Erzbifchof 
Sebaftian  Heufenftamm  im  Dome  zu  Mainz  bildet.1  In 
H.  Emdens  „Dom  zu  Mainz"  (Mainz  1858)  findet  fich 
eine  Photographie  des  intereffanten  rcichgefchmückten 
Denkmals,  das  uns  den  Tod  als  kleine  Halbfigur  eines 
noch  überhäuteten  Skelettes  vorführt  (Tafel  29).  Senfe 

1  Verpl.  eine  Abbildung  in  „Deutfche  RcnaifTancc",  Leipzig,  Seemann, 
104.  Lieferung. 


CXXXIX 


und  Sanduhr  find  die  Beigaben.  Auf  dem  Poftament, 
das  die  Figur  des  Bifchofs  trägt,  ill  auch  ein  Putto  zu 
bemerken,  zu  deffen  Füßen  Schädel  und  Stundenglas 
liehen,  alfo  eine  Art  „Vanitas",  welche  auch  ihrerfeits 
nachdrücklich  an  die  Kürze  des  irdifchen  Dafeins 
erinnert. 

Etwa  ein  Jahr  fpäter  als  diefes  Denkmal,  das  man 
nach  der  Grabfchrift  zu  fchließen  in  das  Jahr  1555  oder 
die  unmittelbar  darauf  folgende  Zeit  verletzen  muß,  ill 
ein  Bifchofsgrabmal  entftanden,  das  fich  im  Capellen- 
kranz  des  Kölner  Domes  befindet  (Denkmal  des  Erz- 
bifchofs  Adolf  von  Schauenburg,  von  1556).  Diefes  ift 
uns  dadurch  interelfant,  dafs  es  nicht  etwa  eine  bc- 
fonders  auffallende  Todesfigur  bietet,  fondern  dadurch, 
dafs  es  in  ganz  unzweifelhafter  Weife  eine  Nachempfin- 
dung von  italienifchen  Vorbildern  repräfentirt,  von  Vor- 
bildern wie  fie  in  Andrea  Sanfovino's  Sforza-Grabmal 
in  Sta.  Maria  del  Popolo  zu  Rom  und  ähnlichen  Werken 
der  italienifchen  Hoch-Renaiffance  mit  liegenden 
Bifchofsfiguren  gegeben  find.  Eine  eigentliche  Reprä- 
fentation  des  Todes  kommt  auf  diefer  Art  von  Grab- 
mälern  überhaupt  nicht  vor.  Wir  heben  fie  nur  in 
negativem  Sinne  heraus,  um  damit  eine  italienifirende 
Richtung  der  deutfehen  Auffaffung  anzudeuten,  welche 
auch  an  reich  gefchmückten  Grabmälern  eine  Todes- 
figur vermeidet  und  fich  mit  Umfchreibungen  und  An- 
fpielungen  begnügt.  Der  liegende  Bifchof  ift  nicht  als 
Leiche  aufgefaßt.  Er  ftützt  das  Haupt  auf  die  Linke. 
An  fein  Hinfeheiden  erinnern  nur,  oben  zu  beiden 
Seiten  am  Denkmal  aufgeftellt,  zwei  nackte  Kinder- 
figuren, die  fich  auf  die  umgekehrte  Fackel  ftützen. 
Neben  ihnen  liegt  je  ein  Todtenfchädel.  In  einer  Nifche 
rechts  gewahrt  man  eine  trauernde  Figur,  zu  deren 
Füßen  ebenfalls  ein  Schädel  liegt. ' 

Ganz  ähnlich  angeordnet  ift  ein  zweites  Bifchofs- 
grabmal von  1561  in  demfelben  Capellenkranz  (in  der 
Engelbertus-Capelle). 

Eine  wirkliche  Todesfigur  treffen  wir  aber  gleich 
wieder  faft  zur  felben  Zeit  (1562)  auf  einem  Grabmal 
des  Mainzer  Domes,  und  zwar  auf  dem  Monument,  das 
Frzbifchof  Brendel  1562  für  feine  Verwandten  errichten 
ließ;  vergl.  die  Photographie  in  H.  Emden  s  „Dom  zu 
Mainz".  Der  Tod  erfcheint  hier  als  kleines  Skelet  und 
mit  einem  Bogen  bewaffnet.  In  zarterer  Weife  wird  an 
die  Sterblichkeit  durch  eine  zweite  Darftellung  auf 
demfelben  Denkmale  erinnert.  In  dem  bekrönenden 
Aufbau  ift  ein  Relief  angebracht,  das  einen  fchlafenden 
Knaben  mit  Todtenfchädel  zeigt. 

Um  wenige  Jahre  jünger  als  das  Brendel'fche 
Grabmal  in  Mainz  ift  das  feine  Denkmal  des  Dom- 
Geiftlichen  Johann  Segen  im  Dome  zu  Trier  (im  Vor- 
räume vor  der  Liebfrauen-Kirche,  die  bekanntlich  mit 
dem  Dom  in  Verbindung  fteht).  Mitten  im  Kranz- 
gefimfe  diefes  fchönen  Werkes  deutfeher  Renaiffance 
ift  der  Tod  in  halber  Figur  angebracht.  Nicht  Skelet, 
nicht  Cadaver,  aber  von  beiden  feine  Formen  ent- 
lehnend, zeigt  er  dichtes  wallendes  Haar  am  Scheitel. 
Hagere  knochige  Formen  ließen  die  Deutung  der 
Geftalt  nicht  zweifelhaft  erfcheinen,  auch  wenn  fie  nicht 
mit  Senfe  und  Pfeil  bewaffnet  wäre  und  nicht  mit  der 
Rechten  das  Stundenglas  hielte.  Eine  Schriftrolle  unter 
diefer  dreuenden  Geftalt  fagt  es  deutlich,  was  niemand 
gern    hört:   „Nemini   parco".  Unten  in   der  Mitte  ift 

1  Aeltcre  Notiz. 


dein  Tode  Adam  gegenübergeftellt,  durch  welchen 
die  Sünde  und  die  Sterblichkeit  in  die  Welt  kam.  Zur 
Erinnerung  daran  ift  ei  vorgeftellt,  wie  er  von  der  ver- 
botenen Frucht  ifst  und  die  Schlange  hält.  Vor  ihm 
gewahrt  man  einen  Todtenfchädel. ' 

Noch  weitere  Beifpiele  aus  der  zweiten  Hälfte  des 
16.  Jahrhunderts  wären  auf  dem  Gebiete  der  deutfehen 
Kunfl  wohl  nicht  fchwer  aufzufinden.  Nur  in  aller  Kürze 
erinnere  ich  an  das  monumentale  Epitaph  des  Erz- 
bifchofs  Friedrich  (von  Magdeburg)  im  Dome  zu 
Halberftadt,  welches  mit  1558  datirt  ift.  Der  Tod 
kommt  darauf  in  Form  des  Skeletes  vor.  Er  und  der 
Teufel  werden  von  Chriftus  überwunden.  Außerdem 
kommt  die  „mors"  an  demfelben  Grabmal  auch  noch 
in  dem  Reliefftreifen  an  der  Bafis  vor.  Der  Tod  als 
Skelet  etwa  im  Sinne  des  Holbein'fchen  Todes  fchiebt 
einen  Karren,  worauf  die  Bifchofsmütze  zu  bemerken 
ift.  Gegenübergeftellt  ift  diefe  Scene  einer  Allegorie 
der  „peccata".  Ergänzt  wird  das  Ganze  durch  eine 
Vanitas-Darftellung  (ein  Engelchen  und  einen  Todten- 
kopf). 

Auch  an  eine  fkeletartige  Todesfigur,  die  fich  auf 
einer  Holzfculptur  außen  an  einem  reichgcfchmückten 
Haufe  in  Hildesheim  befindet  (Hoher  Weg,  Ecke  der 
Stoben ftraße),  möchte  ich  hier  erinnern.  Der  rückfichts- 
lofe  Gefelle  hält  das  Stundenglas  einem  Greife  ent- 
gegen, der  neben  feinem  Bette  fitzt. 

Gleichfalls  als  Skelet  ift  eine  Todesfigur  gebildet, 
die  durch  den  Ort  ihrer  Aufftellung,  nämlich  an  einer 
Uhr,  ihre  befondere  Bedeutung  erhält.  In  der  Brüder- 
Kirche  zu  Braunfchweig  werden  die  Beftandtheile  des 
ehemaligen  Lettners,  darunter  auch  eine  große  Uhr 
vom  Ende  des  16.  Jahrhunderts2  aufbewahrt.  Neben 
dem  Zifferblatte  erblickt  man  den  Tod  in  der  ange- 
gebenen Form. 

Analoge  Figuren  wären  auch  noch  an  der  be- 
rühmten Strafsburger  aftronomifchenUhr  zu  erwähnen3 
(vollendet  1574),  fowie  an  den  großen  Uhren  der  Rath- 
häufer  zu  Olmüz  (von  1574)  und  zu  Prag  (gegen  1500). 
Von  den  beiden  letztgenannten  foll  noch  eingehend 
die  Rede  fein,  ebenfo  von  einer  Todesgeftalt  an  einer 
Augsburger  Uhr  in  der  kaif.  Schatzkammer  zu  Wien. 
Das  bayerifche  National-Mufeum  zu  München  bewahrt 
eine  auffallende  (ungefähr  lebensgroße)  Todesfigur 
diefer  Art,  ein  Skelet,  das  auf  einem  Löwen  reitet  und 
mit  einem  Femurknochen  die  Stunden  fchlägt.  Nach 
Angabe  der  officiellen  Ausgabe  des  „Führers  durch 
das  königl.  bayer.  National-Mufeum"  (2.  Auflage,  S.  37, 
Nr.  9)  bildete  die  Figur  ehemals  das  „Schlagwerk 
einer  Uhr  aus  der  Klofter-Kirche  zu  Heilsbronn  bei 
Ansbach''.  Diefe  Todesfigur  mag  aus  der  Zeit  um  1500 
(lammen.  Eine  kleine  dem  Todesbild  der  Straßburger 
Uhr  verwandte  Darfteilung  (wohl  aus  dem  17.  Jahr- 
hundert) befitzt  auch  das  Caffeler  Mufeum  (Vergl.  den 
„Leitfaden  für  den  Befuch  der  Sammlungen  in  dem 
Unterftock  der  neuen  Bildergalerie  zu  Caffel".  S.  18, 
Nr.  77). 

Ziemlich  feiten  dürfte  die  Auffalfung  des  Todes 
fein,   die  uns    an    dem    fchönen  Epitaph    des    Johann 

1    Das  ganze  Grabmal  ift  abgebildet  in  „Deutfche  Renaiffancc",  Heft  121. 

-  1594.  Reifenotiz,  bei  nicht  fehr  günftiger  Beleuchtung  des  Objcdtcs 
niedergefchrieben. 

3  l'ie  alte  Todesfigur  (ein  Cadaver,  das  einen  Obcrfchcnkclknochcn 
emporhalt,  mit  dem  es  die  Stunde  fchlug)  wird  gegenwärtig  im  Dom-Mufcum 
aufbewahrt.  Die  reiche  Literatur  über  diefe  Uhr  findet  fleh  zufammengeftcllt 
bei  /•'.  .V-  Kraus:  ,,Kunft  und  Alterthum  im  Unter-ElfaG"  S.  480  ff. 


CXL 


Wilhelm  von  Sachfcn  (geb.  1535.  gell:.  1573^  in  der  Stadt- 
Kirche  zu  Weimar  begegnet.  Der  Form  nach  fchließt 
fich  die  auf  diefem  Grabmale  vorkommende  Todes- 
figur an  die  Darfteilung  von  Verdorbenen  an,  wie  wir 
fie  in  auffallenden  Beifpielen  fchon  in  Lorch,  in  Rouen, 
Straßburg  u.  f.  w.  kennen  gelernt  haben. '  Denn  der 
Tod  ift  hier  als  zerfetztes  Cadaver  gebildet,  das  von 
Wurmern  durchwühlt  wird.  Die  Figur  fcheint  aber  hier 
nicht  einen  Verftorbenen,  fondern  den  Tod  zu  bedeuten, 
aus  welchem  wieder  neue.-  Leben,  das  ewige  Leben, 
emporwächft.  Diefes  ift  fymbolifirt  durch  einen  Baum, 
der  in  dem  Cadaver  wurzelt.  Außer  diefer  eigentlichen 
Todesfigur  finden  fich  auf  dem  Grabmale  dann  noch 
Anfpielungen  auf  die  irdifche  Vergänglichkeit,  fo  ein 
Kinderengel  mit  beigegebenem  Todtenfchadel  und  ein 
anderer  mit  dem  Stundeglafe.  Ueber  der  Schrifttafel 
des  Denkmals  gewahren  wir  ein  Engelchen  mit  Fleder- 
mausflügeln, eine  wie  es  fcheint  eigenartige  Zufammen- 
ftellung,  die  offenbar  eine  entfernte  Reminifcenz  an  die 
Fledermausflügel  italienifcher Todesbilder  enthält.  Line 
ähnliche  Reminifcenz  möchte  ich  auch  bei  den  Schädeln 
mit  Fledermausflügeln  annehmen,  die  in  der  Barokke 
an  unzähligen  Grabfteinen  zu  finden  find.3 

Die  letztgenannten  Denkmäler  haben  uns  ganz 
nahe  an  die  deutfehe  Kunft  des  17.  Jahrhunderts  heran- 
geführt. Sie  haben  uns  fchon  Beifpiele  von  jener  Neben- 
einanderflellung  gegeben,  wonach  wirkliche  Perfonirl- 
cationen  des  Tode-  mit  Umfchreibungen  und  Andeu- 
tungen desfelben  zugleich  an  einem  und  demfelben 
Monumente  vorkommen.  Hauptfächlich  bleibt  indefs 
das  Skelet,  welches  nun  mehr  und  mehr  realiftifch 
gebildet  wird,  die  Geftalt,  in  welche  die  Künftler 
Deutfchlands  im  17.  und  18.  Jahrhundert  den  Tod 
kleiden.  Line  allegorifche  Medaille  des  in  Bayern  und 

p 
Sachfen  thätigen  Monogrammiftenx      ,  zei^t   auf  dem 


Revers  ein  „Gerippe-.  Der  Avers  bringt  eine  ge- 
fchmückte  Frau.  Die  aus  dem  Jahre  1612  flammende 
Medaille  ift  in  A.  Er  man  s  -deutfehen  Medailleuren  des 
16.  und  17.  Jahrhundert--  Berlin  1S84,  S.  S6j  kurz  be- 
fchrieben.  Als  (fchlecht  gezeichnetes)  Skelet  mit  Pfeil 
und  Stundenglas  kommt  dann  der  Tod  wieder  vor,  in 
dem  1616  in  Nürnberg  erfchienenen  „ABC  der  Ehe" 
ibei  Peter  Ifelburg  .  Mine  Augsburger  Cafel  des  Stift- 
fchatzes  zu  Kremsmünfter,  die  mit  1630  datirt  ift, 
bringt  an  der  Rückfeite  den  Tod  wieder  als  realiftifch 
aufgefaßtes  Skelet  zur  Darfteilung.  Als  Sieger  über 
alles  Sterbliche  ift  er  hier  aufgefaßt.  Zu  feinen  Füßen 
gewahrt  man  Abzeichen  der  verfchiedenften  Stände: 
den  Reichsapfel,  den  Herzogshut,  den  Helm,  Speer, 
die  Trompete,  Pauke,  die  Mitra,  da-  Kreuz,  den 
Krummftab.  In  der  Bordüre  find  die  damals  fchon 
landläufigen  Embleme  des  Todes,  der  Schädel,  die  ge- 
kreuzten Femora,  dieSanduhr  und  anderes  angebracht. 
Das  Vordertheil  derfelben  Cafel  zeigt  innerhalb  einer 
entfprechenden  Bordüre  gleichfalls  Todtenkopf  und 
Stundenglas.  Die  Kupferftiche  des  „Viridarium  hiero- 


glyphico-morale"  (Frankfurt  1619,  S°)  zeigen  in  einer 
Reihe  von  20  Darftellungen  den  Tod  mehrmals  in 
Skeletform.  Seine  Attribute  find  die  Sanduhr,  die 
Wage,  der  Pfeil.  Er  fpielt  auf  diefen  Bildern  die  Rolle 
eines  Vermittlers  für  den  Teufel. ' 

In  die  zweite  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  fallen 
die  Todesdarflellungen  auf  den  Stichen  von  Joli. 
Seh.  zu    Dr.    Joh.     Tacken s    -Unvergeßlichem 

Cederbauirr  (dem  „kurzen  befchriebenen  Lebenslauf 

des  weiland Georgen  des  andern  Landgrafen  zu 

Helfen"  f  1661,  herausgegeben  von  der  Witwe  Sophia 
Eleonora).  Der  Todes-Typus  des  Joh.  Schweitzer  hält 
fich  ganz  innerhalb  der  gewöhnlichen  AuffalTung  jener 
Zeit.  Ein  geflügeltes  Skelet  aus  etwas  fpäterer  Zeit 
(nach  1673-  finden  wir  auf  einem  Stiche  von  Waldreich 
mit  der  Abbildung  des  Grabmales  des  Augsburger 
Patriciers  Chriftoph  von  Stetten  (f  16731.  1  unter  dem 
Wappenfchilde  blickt  der  Tod  hervor  (ein  geflügeltes 
Skelet  Die  nackten  Engelchen  links  und  rechts  bringen 
Schreck  und  Trauer  zum  Ausdruck.  * 

Dafs  die  Darfteilung  des  Todes  mit  Flügeln  ihren 
Urfprung  in  Italien  hat,  wurde  fchon  in  dem  Abfchnitte 
hervorgehoben,  der  von  der  deutfehen  Malerei  des 
16.  Jahrhunderts  handelte.  Wir  werden  diefem  Typus 
an  Denkmälern  des  17.  Jahrhunderts  noch  mehrmals 
begegnen. 

Ein  weit  über  lebensgroßes  Skelet,  das  wohl  kaum 
den  Verftorbenen  felbft  vorftellt,  ift  an  dem  Grabmal 
des  Bifchofs  Melchior  Otto  von  Bamberg  (von  1659) 
zu  finden,  das  ehemals  im  Bamberger  Dome  befindlich, 
gegenwärtig  in  der  dortigen  Michaels-Kirche  ange- 
bracht i(i.jfoac/ii»i  von  Sandrarf s  „teutfcheAcademie" 
enthält  mehrere  Todesdarftellungen,  die  den  unab- 
wendbaren Befieger  alles  Sterblichen  abermals  als 
Skelet  darfteilen.  So  kommt  er  vor  auf  dem  von 
Sandrart  erfundenen  und  geftochenen  allegorifchcii 
Blatte,  auf  welchem  in  bedeutungsvoller  Weife  der 
Sturz  der  antiken  Götter  und  ihre  Wiederauffindung 
zur  Darftellung  gebracht  ift.  Neben  der  allegorifchcii 
Figur  der  Zeit  kommt  (links  oben)  auch  eine  Todes- 
figiir  in  Form  eines  Skeletes  von  realiftifcher  Bildung 
vor.  Der  Schädel  ift  fkeletirt,  trotzdem  aber  dicht  be- 
haart. Als  Waffe  führt  der  Tod  hier  einen  großen  Pfeil. 
In  dem  erwähnten  Sandrartfchen  Buche  kommt  auch 
auf  der  anonymen  Schlußvignette  des  15.  Buches  (im 
„zweiten  und  letzten  Haupttheil",  Nürnberg  1679)  eine 
Todesdarftellung  vor,  die  ihrer  Geftalt  nach  einen  Be- 
weis  von  der  nachhaltigen  Wirkung  des  Holbei>i(c\\en 
Todes-Typus  liefert.  Der  Tod  erfcheint  auf  diefer 
Vignette,  die  eine  Art  Breugheliade  zur  Darftellung 
bringt,  als  Paukenfchläger.  3  Er  trägt  ein  Federbarett. 
Auf  einer  gleichfalls  unbezeichneten  Schlußvignette 
der  „teutfehen  Academie"  im  VII.  Bd.  S.  424  findet 
man  eine  fonderbare  Darfteilung.  Ein  Faun  fitzt  im 
Freien  vor  einer  Staffelei.  Er  malt  eine  Papelallee,  in 
welcher  ein  Skelet  mit  Senfe  fichtbar  ift.  Hinter  einem 
Baume  lauert  aber   der   wirkliche  Tod    (ein    nachläffig 


1  Auf  einem  anderen  Gebiete  von  Denkmälern  entfpricht  diefen  Grab- 
fteinen eine  Medaille,  und  zwar  die  auf  Wenzel  Beyer  (Arzt  ur.d  erfter  Schrift- 
ftcller  über  die  Thermen  von  Karlsbad  f  1528).  Vergl.  über  diefe  Medaille,  die 
auf  dem  Revers  ein  Cadaver  als  Erinnerung  an  d<  j  i.  Jof.  Bergmann: 

Medaillen  auf  berühmte  Oeftcrreicher  Taf.  VIII.    Nr    ;i  und  Text  I.  85  ff. 

:  Wohl  zu  unterfcheiden  von  dem  geflügelten  Todtenkopfc  der  Hoch- 
RenailTance.  Die  Fledcrmausflügel  vereinigen  lieh  unter  dem  Schädel  fchon 
zu  Beginn  des  18.  Jahrhunderts,  foweit  meine  Erinnerung  an  diefe  Kleinig- 
keit reicht. 


1  In  künftlcrifcher  Beziehung  find  diefe  Stiche,  die  ich  in  der  Leber'- 
fchen  Sammlung  zu  Rouen  gefehen  habe,  fchr  unbedeutend.  Die  Zeichnung 
der  Skeletc  ift  geradewegs  fchlecht.  Wie  fo  häufig  ift  das  Becken  und  der 
Bruftkaftcn  ganzlich  mißverltanden.  Beffer  aufgefaßt  ift  der  Schädel. 

-  Der  Stich  ift  mir  aus  einem  Sammelbande  in  der  Bibliothek  des 
Schottenftiftes  zu  Wien  bekannt  geworden,  der  culturgefchichtlich  von  großem 
Werth  ift.  Signatur  37  a   1. 

J  Mit  der  Trommel  finden  wir  ihn  im  South-Kenfington  Mufeum.  Elfen- 
bein-Figürchcn  (deutfeh  oder  flamifch.  17.  Jahrhundert)  Nr.  562  der  Münchencr 
Ausftellung  von   1876. 


CXLI 


gezeichnetes  Skelet),  der,  wie  es  fchcint,  fich   an   dem 
frechen  Spötter  gar  bald  rächen  wird. ' 

Ganz  elend  gezeichnete  Todesfiguren  finden  fich 
dann  auch  auf  dem  Titelbilde  zu:  „Norifcher  Chriften 
Freydhüfe  Gedächtnis"  (Nürnberg  1682).  Sie  zeigen  die 
gewöhnliche  Skeletform.  Zwei  tragen  die  Senfe,  zwei 
andere  eine  Fackel. 

Einige  monumentale  Todesfiguren  aus  dem  17. 
Jahrhundert  beherbergt  dann  wieder  der  Mainzer  Dom. 
Eines  der  auffälligftcnGrabmäler,  die  fich  dort  befinden, 
ilt  das  im  örtlichen  Chore  befindliche  Monument  des 
im  Jahre  1689  gefallenen  Generals  Karl  W.  von  Lam- 
bert; vgl.  die  Photographie  in  Herrn.  Emderis  „Dom 
zu  Mainz"  Taf.  36.  Neben  dem  Sarge  des  Generals 
lieht  der  Tod  als  etwa  „lebensgroßes"  Skelet.  Ein 
fchmaler  Gewandftreif  windet  fich  um  den  linken  Ober- 
arm und  um  die  Lenden  des  in  rcaliftifcher  Weife  ge- 
bildeten Knochenmannes. 

Sehr  beachtenswerth  ift  in  demfelben  Dome  auch 
noch  ein  zweites  in  anfehnlichen  Dimenfionen  aus- 
geführtes und  in  lebhafter  Bewegung  dargeftelltes 
Skelet  mit  Flügeln.  Es  kommt  auf  dem  Grabmale  des 
Kurfürften  Anfelm  Franz  von  Ingelheim  vor  (vom 
Jahre  1695;  vgl.  IL  Emden  a.  a.  O.,  Taf.  12).  Wie  es 
fcheint,  hat  der  Künftler  den  Eindruck  hervorbringen 
wollen,  als  ob  das  Skelet  im  Fliegen  das  große  Wappen 
des  Kurfurften  oben  über  dem  Baldachin  fchwebend 
erhalten  würde. 

Von  der  großen  Verbreitung,  die  lebensgroße 
Skclete  als  Zierde  von  Grabmälern  um  jene  Zeit  auch 
in  Deutfchland  fchon  gefunden  hatten,  gibt  auch  ein 
Epitaph  im  Capellenkranz  des  Domes  zu  Augsburg 
Zeugnis. 

An  dem  Grabmal  des  Bifchofs  Johann  Chrilloph 
von  Freyberg  (f  1691)  kommt  der  Tod  wieder  als 
Skelet  von  realiilifcher  Auffaffung  (aber  wenig  ver- 
ftändnisvoller  Durchbildung)  vor.  Er  hat  fich  mit  dem 
Überkörper  aus  dem  Leichentuche  hervorgearbeitet, 
und  deutet  mit  der  knochigen  Linken  nach  oben. 

Mit  Augsburg  in  Verbindung  fleht  auch  die  fchon 
andeutungsweife  erwähnte  Sanduhr 2  im  Habsburg- 
Lothringifchen  Hausfchatze  (Schatzkammer  zu  Wien), 
welche  unter  der  tempelartigen  Bekrönung  ein  Skelet 
zeigt.  Auf  der  Schaufel,  die  es  hält,  fleht  die  Signatur, 
welche  uns  das  forgfältig  ausgeführteElfenbeinfigürchen 
als  ein  Werk  Chr.  Anger meyer's  documentirt. 

Wenn  auch  nicht  ganze  Todesfiguren,  fo  finden 
fich  doch  Todtenfchädel  an  Uhren  oder  vielmehr  als 
Uhren  nicht  ganz  feiten  in  der  Periode,  die  wir  eben 
behandeln.  Mufee  Cluny  zu  Paris  bewahrt  ein  inter- 
effantes  Stück  diefer  Art,  einen  aus  Holz  gefchnitzten 
Schädel,  der  eine  kleine  Uhr  einfchließt;  vgl.  Nr.  5399 
des  Kataloges  von  1881.  „Tete  de  mort  en  bois  fculpte, 
renfermant  une  petite  horloge".  He  0.03  M"  heißt  es 
dort.'1  Vielleicht  hat  diefer  fauber  ausgeführte  Kunft- 
gegenftand  ehemals  zu  einem  Rofenkranz  gehört,  wie 
das  bei  einem  ähnlichen  Stück  im  Brüffeler  Alterthums- 
Mufeum   der  Fall   iil.  Die   kleine  Arbeit,   die  wir  hier 

1  Ich  kenne  diefe  Darfteilung  nur  aus  der  Ausgabe  von  1774  und  muß 
deshalb  die  Frage  offen  laden,  ob  fie  auch  in  der  erften  Ausgabe  vorkommt, 
von  der  mir  diefe  Partie   nicht  zur  Verfügung  fleht. 

2  Abgebildet  bei  Qitirin  v.  Leitner:  _L>ie  hervorragendften  Kunftwerke 
der  Schatzkammer  des  ofterreichifchen   rvaiferhaufes.*' 

1  'u-fes,  fowic  das  folgende  Beifpiel  dürften  allerdings  der  franzöfifchen 
Kunft  entlehnt  fein,  finden  aber  ihres  gegen ftand liehen  Zufainmcnhanges  wegen 
hier  am  beften  Platz. 


meinen,  ift  gleichfalls  ein  Uhrgchäufe  in  Form  eines 
Todtenfchädels  (aus  Silber)  und  hängt  an  einem 
Rofenkranze  aus  Bernftein  (18.  Jahrhundert).  I  >i  1 
Unterkiefer  ift  in  einer  Charnier  beweglich  (größter 
Durchmeffer  etwa  0-04  M.)  Das  vielleicht  fchünllc 
Exemplar  diefer  Art  befitzt  die  kaiferliche  Schatz- 
kammer in  Wien.  Es  ilt  eine  Tafchenuhr  in  form  eines 
menfehlichen  Schädels,  delicti  Unterkiefer  beweglich 
ift  und  die  Stunden  durch  Anfchlagcn  gegen  den 
Oberkiefer  markirt.  Diefe  intereffante,  wie  es  fcheint, 
deutfehe  Arbeit  aus  der  Zeit  um  1600  ift  in  Q.v.  Leittiers 
großem  Werke  über  die  Schatzkammer  abgebildet. 
Ein  vielleicht  noch  älteres  Beifpiel  diefer  Art  aus 
Privatbefitz  findet  fich  im  „L'Art"  von  1882  (II.  S.  17) 
abgebildet  („Montre  dans  une  boite  a  tete  de  mort  en 
argent  —  XVI.  fiecle"). 

Um  zu  den  eigentlichen  Todesbildern  der  deut- 
fchen  Kunft  des  17.  Jahrhunderts  zurück  zu  kehren, 
erwähne  ich  noch  eine  Holz-Statuette  im  Franzen- 
Mufeum  zu  Brunn  (Katalog  von  1882,  S.  32,  Nr.  22),  die 
den  Tod  als  mageres  Cadaver  und  die  Senfe  haltend 
zur  Darftellung  bringt.1 

Bezüglich  der  Ikonographie  des  Todes  bleibt 
18.  Jahrhundert  in  Deutfchland  fo  ziemlich  bei  den 
Typen  flehen,  die  es  im  Verlauf  des  15.,  16.  und  17.  Jahr- 
hunderts hat  entliehen  und  wachfen  gefehen,  fo  fehr  fich 
auch  die  ftyliftifchc  Behandlung  ändert.  Diefe  Aende- 
rung  ift  allerdings  fehr  bedeutend.  Sie  tritt  z.  B.  auf- 
fallend zu  Tage  an  den  Todesbildern,  die  1744  nach 
dem  Bafeler  Todtentanz  veröffentlicht  worden  lind 
unter  dem  Titel:  „Todten  Tanz,  wie  derfelbe  in  der 
löbl.  und  weltberühmten  Stadt  Bafel  als  ein  Spiegel 
menfehlicher  Befchaffenheit  künftlich  gemahlet  und  zu 
fehen  ift.  Nach  dem  Original  in  Kupfer  gebracht  nebfl 
einer  Befchreibung  von  der  Stadt  Bafel.  Zu  finden  bey 
Joh.  Rud.  Im-Hof  1744."  Mit  anderen  Ausgaben  desfel- 
ben  Todtentanzes  verglichen,  geben  diefe  Bilder  gute 
Beifpiele  von  der  Form-Auffaffung  des  Todes  um  die 
Mitte  des  18.  Jahrhunderts. 

Als  eine  mehr  eigenartige  Erfcheinung  aus  jener 
Zeit  können  wir  die  Schluß- Vignette  desfelben  Buches 
betrachten,  die  den  Tod  als  geflügeltes  Skelet  in  ein 
weites  Gewand  gehüllt  uns  vorführt.  In  der  Rechten 
hält  es  die  Senfe,  in  der  Linken  die  Sanduhr.  Die  Extre- 
mitäten, foweit  fie  fichtbar  find,  gleichen  denen  eines 
abgemagerten  Lebenden. 

Soweit  meine  Kenntniffe  über  die  deutfehe  Kunft 
des  18.  Jahrhunderts  bis  zur  Zeit  um  1790  reichen, 
kenne  ich  als  fall  einziges  Ausdrucksmittel  für  den  Tod 
das  Skelet  oder  den  abgezehrten  Menfchen.  So  finde 
ich  es  auf  den  Stichen  von  Joh.  Chph.  Kolb,  auf  denen 
von  Joh.  Gottfr.  Haid,  bei  Chodoiuiccki ,  fo  an  Grab- 
mälern in  deutfehen  Kirchen*  und  auf  Gemälden  der 
Zeit.3  Daneben  erhalten  fich  die  älteren  Umfchreibun- 
gen  und  Anfpiclungen,  welche  eine  eigentliche  Perfoni- 
fication  des  Todes  erfetzen  oder  nur  begleiten. 


1  Nach  gütiger  Angabe  von  Herrn  Direclor  A.  Hg. 

-  Als  Beifpiel  wäre  das  auffallende  Denkmal  mit  Reliefs  in  Stein  von 
1728  zu  erwähnen,  das  fich  außen  an  der  Martins-Kirche  in  BraunrcKwetg 
findet.  Es  ift  das  Grabmal  des  Poftmeiflers  Pjtul  Meitr.  Oben  ein  Engel  mit 
dem  Wappen.  Unten  lie^t  ein  Skelet  mit  Senfe.  Rechts  daneben  ftrht  ein 
Putto  mit  umgekehrter  Fackel. 

3  Eine  Todesfigur  in  Form  des  Skeletes  kommt  auf  Gemälden  u.  a.  vor 
auf  den  Deckenbildern  der  Dresdener  Hofkinhe  und  auf  einem  unbedeuten- 
den Gemälde  des  18.  Jahrhunderts  in  der  Micbaels-Kirche  zu  Bamberg.  (Der 
Tod  als  realiftifch  gebildetes  Skelet  zielt  mit  feinem  Pfeile  nach  einem 
Kranken.   In  der  Linken   halt  er  die  Sanduhr.) 


rXLH 


Da  tritt  Winke/mann  auf,  neben  ihm  die  Carlas, 
Gort,  Montfaucon,  Lifpcrt,  Piranefi  und,  der  uns  hier 
am  nächften  angeht,  Golth.  Ephr.  Leffing,  Sendbote  der 
Wiederbelebung  ernfter  Studien  über  das  claflifche 
Alterthum.  LefGng's  Sehrift  über  den  Tod  bei  den 
Alten  (erschienen  176g  ,  that  bald  ihre  Wirkung  in  der 
Literatur  und  der  Bildnerei:  der  Knabe  mit  der  umge- 
kehrten Fackel  befchäftigt  Phantafie  und  Hand  der 
bildenden  Künftler  von  neuem  und  nunmehr  viel  häu- 
figer als  je  zuvor.  Die  Meifter,  deren  Blüthezeit  um  die 
Wende  des  iS.  Jahrhunderts  fallt,  bilden  ihre  Todes- 
ren fall  nur  in  claflieiftifchem  Sinne.  Die  Gruppe 
der  Nacht  von  Carflens  fei  in  diefer  Beziehung  genannt, 
fowie  ein  weniger  bekanntes  Blatt  desfelben  Kundlers, 
da~  in  Fernow-Riegel's  Biographie  Carftens  als  im 
Befitze  des  Capitäns  Kaffka  befindlich  angeführt  ift: 
„die  vier  Alter  des  menschlichen  Lebens  ....  von 
es-Gottheiten  umgeben-   (zwifchen  1789  und  1795 


entftanden).  Canova,  ungefähr  um  drei  Jahre  jünger  als 
Carftens,  iil  fo  allgemein  als  ein  Hauptvertreter  der 
claffieiftifchen  Richtung  bekannt,  dafs  ich  wohl  davon 
abfehen  kann,  die  Beifpiele  aufzuzahlen,  in  denen  er 
deutlich  gezeigt  hat,  dafs  er  eine  Perfonification  des 
Todes    vermeidet    und   lieber   trauernde    Knaben  und 

linge  mit  umgekehrter  Fackel  auf  feine  Grabmäler 
hinftellt.  Dasfelbe  kann  von  Thorwaldfen  gelten.  Kaum 
in  weiteren  Kreifen  bekannt  dürfte  ein  im  Jahre  1786 
radirtes  Blatt  fein,  das  J.  C.  Reinhardt  zum  Autor  hat 
(Andrefen,  Malerradirer  des  19.  Jahrhunderts  Nr.  12  , 
„Der  Genius  des  Todes"  fleht  darauf  mit  umgeftürzter 
Fackel  neben  einer  dicken  Säule  in  einer  Landfchaft. 
Er  iil  geflügelt. 

Liefe  Auffüllung  reicht  noch  ziemlich  weit  ins 
19.  Jahrhundert  herein,  in  eine  Periode,  deren  Kunft 
uns  übrigens  hier  nicht  weiter  zu  beschäftigen  hat. 


Ueber  Funde  von  gallifchen  Münzen  und  anderer  Gegen- 

ftände  bei  Ober-Laibach. 


SN  Ober-Laibach  (Nauportum),  wo  fchon  im 
grauen  Alterthum  eine  Schiffsftation  beftand, 
aal  die  für  die  Schiffahrt  auf  dem  Laibachfluß 
■Nauportus)  und  der  Sa  a  ivus),  fowie  für  den  Güter- 
verkehr zwifchen  Aquileja  und  der  pannonifchen 
Niederung  eine  wichtige  Rolle  fpielte,  haben  fich  die 
an  dem  rechten  Laibach-Ufer  gelegenen  Aecker,  Dolge 
njive  genannt,  von  der  im  genannten  Orte  befindlichen 
Laibachbrücke  abwärts  in  einer  Strecke  von  etwa 
400  M.  bis  gegenüber  dem  dortigen  Bräuhaufe  als  eine 
ergiebige  Fundftätte  römifcher  Alterthümer  erwiefen. 
In  dem  Tagebuche  (Diarium)  desLaibacherRegierungs- 
und  Commerciens-Rathes  von  Reigersfeld  aus  dem 
vorigen  Jahrhunderte  wird  bemerkt,  dafs  ihm  von  dort 
die  Bauern  viele  römifche  Münzen  zugebracht  haben. 
Von  den  in  J/i////ur' s  ,:Emona"  angeführten  acht  Römer- 
fteinen  von  Nauportum  und  dem  um  eine  Stunde  davon 
entfernten  ehemaligen  Karthäuferklofter  Freudenthal 
(Bistra)  ift  das  einzige  noch  erhaltene  Grabdenkmal, 
ein  kleines  dorifches  Säulencapital  mit  den  Namen 
Catielus  Marcus  und  Cajus  Carpinus,  die  fich  dort 
ihre  Begräbnisftätte  gewählt  hatten,  an  befagter  Stelle 
aufgefunden  worden.  Beim  Tieferpflügen  auf  jenen 
Aeckern  ift  man  fchon  öfters  auf  Grundmauern  ge- 
ftoßen,  zwifchen  denen  fich  Mauerfchütt,  Refte  von 
bemaltem  Mörtel  und  architeclonifchen  Zierraten  aus 
Stein  nebft  anderem  vorfanden. 

Auch  aus  dem  Laibachfiuffe  find  in  jener  Strecke, 
bei  niedrigem  Wafferftand  und  wenn  die  fehr  üppige 
Vegetation  von  Wafferpflanzen  im  Flußbette  ver- 
fchwindet,  was  im  Winter  eintritt,  von  den  Ober- 
Laibacher  Fifchern  intereffante  Objecte  aus  Metall 
hervorgeholt  worden,  als:  gothifche  Schwerter,  von 
denen  das  Mufeum  fünf  Stücke  befitzt,  eiferne  Werk- 
zeuge, Harpunen,  Hacken,  Sicheln,  Thongefäße  u.  f.  w. 
Befonders  reich  war  das  Vorkommen  römifcher  und 
vielleicht  noch  älterer  Töpfe  und  Schöpfgefaße  aus 
Kupfer  und  Bronze,  hievon  gelangten  11  Stücke  in  den 


i 


Befitz  des  Landes-Mufeums;  ein  großer  kupferner  Topf 
trägt  die  von  Müllner  S.  285  angeführte  punktirte 
Infchrift  AVG  ■  NPECVL  ■  IPPVM.,  ein  bronzener 
Schöpfer  hat  auf  feiner  Handhabe  die  eingedruckte 
theilweife  verwifchte  Fabriksmarke:  POMP-    SER. 

Diefe  Umftände  veranlaßten  das  Landes-Mufeum, 
die  Durchforfchung  des  Flußbettes  vorzunehmen,  zu 
welchem  Zwecke  ihm  das  k.  k.  Kriegs- 
Minifterium  die  Verwendung  zweier  Tau- 
cher des  See-Arfenals  in  Pola  mit  dem 
Taucherapparat  geftattetc.  Die  durch 
14  Tage  fortgefetzten  Arbeiten  haben  zwar 
nicht  das  angehoffte  Refultat  ergeben, 
immerhin  find  einige  der  gemachten  Funde 
beachtenswerth.  Von  den  33  Fundftücken, 
meift  aus  Eifen,  gehörte  die  Mehrzahl  einer 
jüngeren  Zeit  an,  unbeftritten  von  römi- 
fcher Provenienz  waren  folgende:  eine 
große  ziemlich  gut  erhaltene  Amphora,  ein 
thönerner  zweihenkeliger  Krug  von  Mittel- 
größe, ein  kleiner  einhenkeliger  Krug,  ein 
fchweres  kugelartiges  Steingewicht  mit 
eifernem  Ring,  zwei  Bronzetöpfe,  zwei 
Bronzefchopfcr  und  ein  kleines  kupfernes 
Simpulum  mit  fiebartig  durchlöchertem 
Löffelöhre  am  Ende  des  langen  Hand- 
ftieles. 

Von  befonderem  Intereffe  waren  zwei 
eiferne  wurffpießartige  Waffen  (Fig.  I,  2), 
welche  man,  falls  fie  ein  größeres  Gewicht 
befaßen,  als  das  italifche  Pilum,  die  furcht- 
bare römifche  Angriffswaffe  zu  erklären 
verfucht  wäre.  Allein  fie  find  zufammen 
nur  beiläufig  ein  halb  Kilo  fchwer,  die 
Länge  des  einen  ift  ri  M.,  des  anderen 
1  M.  Bei  beiden  läuft  die  im  unteren  Theile 
vierkantige  nach  oben  drehrunde  Stange  in 
eine  boljenartige,  fcharf  viereckige  Spitze  zu.  Der  Griff 


CXLIII 


des  einen  trägt  einen  ovalen  Knopf,  beim  zweiten  ift  er 
flach  gehämmert  und  mit  zwei  Lochern  verfchen,  eine 
verfcWebbare  eiferne  Hülfe,  in  der  Form  einer  abge- 
nutzten vierfeitigen  Pyramide,  diente  zur  Befeftigung 
des  an  der  Handhabe  angebrachten,  nicht  mehr  vor- 
handenen Befchläges  aus  Holz  oder  Garn.  Es  ift  nicht 
unwahrfcheinlich,  dafs  man  es  mit  der  von  den  Römern 
fpiculum  genannten  Waffe  zu  thun  habe.  Die  in  Riclis 
Diclionär  der  römifchen  Alterthümer  unter  diefen 
Namen  vorkommende  Befchreibung  und  Abbildung 
ftimmt  mit  den  beiden  Fundftücken  ziemlich  iiberein. 
Im  November  1884  wurde  dem  Landes-Mufeum 
durch  den  Ober- Laibacher  Fifcher  eine  in  Doli;e 
njive  zum  Vorfchein  gekommene  Grundmauer  bekannt 
gegeben.  Der  dahin  entfendete  Präparator  Schulrj 
deckte  eine  Doppelmauer,  die  einen  oben,  offenen 
Canal  einfehloß,  in  einer  Länge  von  235  M.  auf,  ohne 
einen  nennenswerthen  Fund  zu  machen,  die  Mauer- 
höhe betrug  40  Cm.,  die  Breite  der  ganzen  Mauerung 
r6  M.,  die  Lichte  des  Canals  50  Cm.  Da  deffen  Ge- 
fälle nicht  gegen  den  Fluß,  fondern  landeinwärts  ange- 
legt war,   fo    muß  diefe   Anlage  eine  Wafferzuleitung 


Im  Jahre  1885  unterblieben  die  beabfichti^ten 
planmäßig  einzuleitenden  Nachgrabungen  in  Dolge 
njive,  weil  es  bei  den  reichen  von  Pecnik  in  Dernovo 
gemachten  Gräberfunden  gerathener  feinen,  die  dem 
Mufeum  zur  Verfügung  geftandenen  Geldmittel  auf  die 
Erforfchnng  diefer  letzteren  Fundftelle  zu  verwenden. 

Indes  hatte  fieh  ein  Confortium  von  Ober-Lai- 
bachern mit  Kaufmann  Gabriel  Zelovick  an  der  Spitze 
gebildet,  welches  mehrere  Parzellen  von  Dolge  njive 
behufs  Veranftaltung  planmäßiger  Nachgrabungen  nach 
Einbringung  der  Feldfrüchte  bis  zur  Beftellung  der 
Frühjahrsfaat  in  Pacht  nahm  und  mit  den  Aufdeckung!  n 
im  Herbfte  1885  begann. 

Man  legte  die  Grundmauern  mehrerer  Gebäude 
bloß,  in  dem  Mauerfchutt  kam  außer  etlichen  römifchen 
Münzen  nichts  Erhebliches  vor,  das  Mufeum  erhielt 
davon  zur  Einficht  einen  Silberdenar  der  Familie  Renia, 
auf  der  Reversfeite  mit  dem  Pallaskopf  dem  Zahlen- 
zeichen X,  auf  der  Reversfeite  mit  einem  von  zwei 
Böcken  gezogenen  Siegeswagen,  unten  im  Abfchnitte 
ROMA,  ober  dem  Strich  des  Abfchnittes  C'RENI., 
dann    einen    Silberdenar   der   Familie   Voluteja,    vorn 


bezweckt  haben,  ihr  Ende  gegen  den  Fluß  war  ganz 
zerftört,  das  andere  zugemauert.  In  2  M.  Tiefe  kommt 
dafelbft  der  Lettenuntergrund  vor. 

Etwa  30  Schritte  von  diefer  Stelle  wurde  eine 
viereckige,  einem  Wohnhaufe  angehörige  Grundmauer 
bloßgelegt.  Die  fchmälere  Seite  des  Grundriffes  betrug 
47  M.,  die  längere  mit  einer  1-3  M.  breiten  Oeffnung 
für  den  Eingang  9  M.  Die  Thürfchwelle  war  aus  Sand, 
Lehm  und  Kalk  feftgeftampft.  In  dem  Schutt  zwifchen 
den  vier  Wänden  wurden  ein  paar  nicht  bcfUmmbare 
römifche  Münzen,  bearbeitete  Steine,  welche  als  archi- 
tektonifche  Verzierung  dienten,  bemalte  kleine  Mörtel- 
ftücke,  Ziegel-Fragmente,  ein  kleines  rothes  Thongefäß, 
Eifennägel  n.  a.  m.  vorgefunden,  die  Lage  diefer  Schichte 
war  80  Cm.  unter  der  Oberfläche  des  Ackerboden s. 

Von  diefer  Stelle  etwa  100  Schritte  entfernt  wurde 
eine  15  M.  lange  Mauer,  28  Cm.  Mark,  ri  M.  hoch,  auf- 
gedeckt. An  der  Oftfeite  derfelben  etwa  in  ihrer  Mitte 
zeigte  fieh  rechtwinkelig  auf  diefelbe  geftellt  ein  Mauer- 
werk in  gleicher  Höhe;  diefer  Bau  ruhte  auf  Piloten, 
auch  grub  man  eine  Menfchenleiche  ohne  irgend 
welche  Beigaben  aus.  Die  Recognofcirungs-Arbeiten 
konnten  wegen  eingetretenen  fchlechten  Wetters  nicht 
fortgefetzt  werden. 


der  Kopf  des  Herkules  mit  der  Löwenhaut,  rückwärts 
der  erymanthifche  Eber  mit  M-  VOLTETF"  M.,  von 
den  fchlecht  erhaltenen  drei  Kupfermünzen  dürften 
zwei  dem  Domitian,  eine  dem  Hadrian  angehören. 

Der  überrafchendfte  Fund  war  eben  ein  großer 
Haufen  vieler  hunderte  bleierner  mit  weißem  Oxyd 
überzogenen  Schleudereicheln  (glandes),  ihr  Gefammt- 
gewicht  betrug  bei  36  Kilo.  Die  dem  Mufeum  über- 
laffenen  28  Stücke  haben  durchfehnittlich  ein  Gewicht 
von  75  Gramm,  fic  find  5  Cm.  lang,  fpindelförmig -wie 
eine  Doppelfpitzkugel,  an  der  größten  Ausweitung  in 
der  Mitte  von  einem  Durchmeffer  von  2  Cm.,  an  keinen 
derfelben  ift  eine  Infchrift  wahrnehmbar.  ' 

Von  noch  größerem  antiquarifchen  Intereffe  find 
die  in  einem  oben  offenen  ausgemauerten  Canal,  ähnlich 
dem  früher  angeführten,  aufgefundenen  kleinen  Silber- 
münzen, etliche  23  an  der  Zahl,  welche  ebenfalls  dem 
Mufeum  zur  Einficht  kamen;  die  am  heften  erhaltenen 
find  in  der  beifolgenden  Zufammenftellung  Fi 
bildet,    von    einigen    wurden   auch   Gypsabdrücke  ge- 

1  Es  find  dies  die  erften,  foviel  bekannt  ift,  in  Krain  aufgefundenen 
Schleudcreicheln  (glandes).  Erft  vor  kurzem  wurde  eine  folche  glans  auch 
auf  einem  Acker  bei  Obcrfchlcinitz,  zur  Gemeinde  Großlup  gehörig,  wo  auf 
dem  nahen  M.i^d.ilenenberge  viele  Hügelgräber  vorkommen,  in  deren  einem 
feinerzeit  auch  La  Tenc-r' unde  gemacht  wurden,  aufgefunden;  das  beticl- 
fende  dem  Mufeum  zugekommene  Stück  ift  etwas    länger  und    vierkam. a. 


CXLIV 


nommcn,  die,  falls  fie  gewünfeht  werden,  zur  Verfügung 
liehen.  Herr  Zelovick  war  fo  freundlich,  ficben  Stücke 
dem  Mufeum  zu  iiberlaffen. 

Die  Münzen  find  von  gutem  Silber,  meift  von  kreis- 
runder, jedoch  auch  von  ovaler  unregelmäßiger  Form, 
ihr  Durchmeffer  betragt  S  bis  g  Mm.,  ihr  Gewicht 
zwifchen  051  bis  065  Grm.  Die  Darstellung  auf  der 
meift  fchwach  gewölbten  Aversfeite  ift  bei  der  Mehr- 
zahl undeutlich,  auf  einigen,  ahnlich  einem  in  den 
Contouren  verwifchten  Schilde  oder  Kopfe,  am  Rande 
des  einen  Stuckes  glaube  ich  die  Buchftaben  ST  wahr- 
zunehmen. Xur  auf  fünf  Stucken  nämlich  tragen  die 
Aversfeiten  deutlich  erkennbare  Köpfe  mit  Pcrlen- 
fchmuck  und  Lorbeerkranz  in  der  Manier  der  Barbaren- 
münzen von  größerem  Typus.  Auf  einer  Münze  fcheint 
ein  behelmter  Kopf  dargeftellt  zu  fein,  es  ift  jedoch  nur 
der  Helm  gut  erkennbar,  das  Geficht  ganz  verwifcht. 
Auch  noch  bei  ein  paar  anderen  Stücken  fcheint  fich 
der  behelmte  Kopf  zu  wiederholen.  Die  Aversfeite  ift 
bei  allen  fchwach  fchüffelförmig  vertieft,  fie  trägt  bei 
einigen  die  Darftellung  eines  Pferdes  von  kräftiger 
Mu>culatur  nach  rechts  fchreitend,  nur  bei  einem  Stücke 
ift  deffen  Richtung  nach  links.  Auf  allen  übrigen  Münzen 
erfcheinen  mehr  oder  minder  gut  ausgedrückt  vier 
gekreuzte  Speichen  eines  Rades  mit  fünf  Punkten,  von 
denen  der  eine  an  derDurchkreuzungsftelle,  die  anderen 
zwifchen  den  Kreuzarmen  flehen ;  wegen  Excentricität 
der  Präge  fehlt  bei  manchem  Stücke  einer  der  Außen- 
punkte, die  Speichen  find  meift  durch  drei  erhabene 
Linien  angedeutet. 

Weiters  wurde  eine  größere  ftark  erodirte  filberne 
Barbarenmünze  an  befagter  Stelle  aufgefunden  mit 
ganz  verwifchter  Präge,  jedoch  auf  der  Rückfeite  mit 
der  Andeutung  eines  Reiters.  Sie  fcheint  mit  der  im 
Jahre  1884  bei  den  Ausgrabungen  des  Mufeums  in 
Dolge  njive  vorgekommenen  filbernen  Barbarenmünze 
identifch  oder  doch  derfelben  fehr  ähnlich  zu  fein. 

Diefe  letztere  gut  erhaltene  ift  fchon  in  Ekhcl's 
Catalogus  mufei  caefarei  Vindobonenfis  P.  I.  p.  290 
unter  Nr.  35  folgendermaßen  befchrieben:  Av.  Caput 
regis  laurentum.  Rev  AENET.  Eques  citato  curfu, 
dextra  hastam,  infra  astrum.  Die  Infchrift  ift  auf  unferer 
Münze  AEMET,  indem  M  und  E  figlirt  find. 

Das  von  Ekhel  als  Stern  bezeichnete  Ornament 
llimmt  mit  dem  auf  keltifchen  Bronzeblechen  und  auch 
auf  Thongefäßen  vorkommendenRade  überein,  welches 
fich  auf  derYYatfchcrSitula  und  als  eingedrücktes  Orna- 
ment auf  großen  römifchen  Thonfchüffeln  von  Nevio- 
durum  vorfindet.  Der  Reiter  trägt  einen  Helm  ähnlich 
jenem  \<>n  Negau  in  Steiermark,  von  welcher  Form 
bisher  in  Krain  zwei  Stücke  bei  Watfeh  und  eines  bei 
Lukovec  vorgekommen  find. 

Wenn  Eklicl  die  vom  Reiter  gefchwungene  Waffe 
als  eine  Lanze  erklärt,  fo  ftimmt  diefe  Auffaffung  mit 
dem  Umftandc  nicht  ganz  überein,  dafs  der  Reiter  auf 
der  Münze  die  Waffe  am  Ende  des  Schaftes  halt, 
während  doch  die  Lanze  in  ihrer  Mitte  gefaßt  werden 
müßte.   Es   ift  vielmehr  anzunehmen,   dafs  der  Reiter 

Waffe  fchwingt,  deren  Schwerpunkt  in  das  obere 
Ende  fallt;  jedoch  diefer  Theil  der  Waffe  in  der  Nähe 
des  die  Figur  umfäumendenPerlenkranzcs  und  die  Form 
des  Endftückes  der  Waffe  find  nicht  zu  entnehmen. 

Wohl  aber  erinnert  diefe  Darftellung  auf  der 
Aversfeite    an    ein    im    Befitze    Sr.    Durchlaucht    des 


Fürften  Ernfl  WinJifcligratz  befindliches,  von  Watfeh 
herrührendes  ausgezeichnetes  bronzenes  Gürtelftück, 
worauf  in  getriebener  Arbeit  zwei  kämpfende  Krieger 
zu  Pferd  mit  ihren  beiden  Schildträgern  zu  Fuß,  nehft 
einer  fünften  Perlon,  welche  im  talarartigen  Kleide  mit 
einem  Jefuitenhute  auf  dem  Kopf  den  Kampfern  den 
Rucken  zukehrend  weiter  fchreitet,  dargeftellt  find. 
Eine  Abbildung  diefer  werthvollen  Anticaglie  ift  in  der 
Abhandlung  lamentum  et  la  Cateia  sur  une  plaque  de 
ceinture  en  bronze  des  franzöfifchen  Archäologen 
Alexander  Bertrand  im  Februarhefte  der  Revue 
archeologique  Paris  1884  erfchienen.  Der  Reiter  recht--, 
in  ähnlicher  Weife  behelmt  wie  jener  auf  der  Barbaren- 
münze, fchwingt  mit  der  linken  Hand  eine  gedielte 
Hacke  vom  Typus  der  fogenannten  Kelte  oder 
Framern,  wovon  in  den  krainifchen  Grabhügeln  aus 
der  Hallftädter  Periode  einige  wenige  Stücke  aus 
Bronze,  jedoch  eine  große  Anzahl  aus  Eifen  vorge- 
funden worden  find;  eine  gleiche  Waffe  in  der  rechten 
Hand  hält  der  den  äußerften  Platz  in  der  Darftellung 
links  einnehmende  Begleiter  des  zweiten  kämpfenden 
Reiters.  Bertrand  erklärt  die  dargeftellte  Waffe  als  die 
in  den  römifchen  Schriftftellern  vorkommende  Cateia 
Virg.  Aen.  VII.  741.  Serv.  ad  loc.  Silius  III.  277, 
Jordanus  Orig.  XVIII.  7),  es  bedienten  fich  derfelben 
verfchiedene  Völker,  mit  denen  die  Römer  Kriege 
führten,  Scythen,  Gallier,  Spanier,  Afrikaner,  insbe- 
fonders  war  fie  bei  den  Galliern  und  Germanen  im 
Gebrauch.  Nach  obigem  dürfte  es  keine  zu  gewagte 
Annahme  fein,  den  auf  der  Münze  dargeftellten  Reiter 
als  einen  gallifchen  mit  einer  Kelte  bewaffneten 
Krieger  zu  deuten. 

Welcher  Nation  gehören  die  in  Ober-Laibach  ge- 
fundenen Barbarenmünzen  an  und  in  welche  Zeit  find 
fie  zu  verfetzen? 

Wir  aeeeptiren  für  diefelben  die  übliche  Bezeich- 
nung gallifche  Münzen,  zumal  in  Krain  in  jüngfter  Zeit 
Waffen,  Werkzeuge  und  Schmuckgegenftände  von  un- 
zweifelhaft gallifcher  Abkunft  gefunden  worden  find, 
die  mit  dem  La  Tene-Funde  in  der  Weftfchwciz  und  in 
Frankreich  ganz  übereinftimmen.  Für  die  krainifche 
Münzkunde  ift  der  Ober-Laibacher  Fund  der  kleinen 
Barbarenmünzen  deshalb  von  befonderer  Wichtigkeit, 
weil  bisher  hierlands  folche  Münzen  noch  nicht  vorge- 
kommen find,  während  man  nach  A.  B.  Meyerx  deren 
etliche  31  aus  Kärnten  kennt;  auch  aus  Steiermark  hat 
PicJüer  mehrere  in  feinem  Repertorium  der  fteierifchen 
Münzkunde  angeführt ;  ferner  foll  Riedl  n  folche  Stücke 
öftlich  vom  Bahnhof  bei  Cilli  gefunden  haben.  Die 
Ober-Laibacher  ftimmen  mit  denen  von  Gurina  im 
Ober-Gailthal  ganz  überein. 

Nach  Hcadi  gehören  diefe  kleineren  Münzen  als 
barbarifche  Nachahmungen  griechifcher  Typen  dem 
erften  oder  zweiten  Jahrhunderte  v.  Chr.  an  und 
bilden  diefelben  cinCharakterifticum  des  alten Noricum. 
Es  fragt  fich  nun,  ob  nicht  etwa  die  größere  AEMET- 
Münze  mit  analogerDarftcllung,  wie  fie  auf  den  Bronze- 
blechen aus  der  Blüthezeit  der  Hallftädter  Periode  vor- 
kommt, einer  viel  älteren  Zeit  der  gallifchen  Münz- 
prägung nach  griechifch-macedonifchen  Typen  zuzu- 
schreiben fei. 


,  Gurina  im  Obcr-G.tiJthal,  Dresden   1885.  S.  10. 
:  Mtycr,   1.   c.  S.    10. 


CXLV 


Beachtenswerth  ifl  ferner  das  gleichzeitige  Vor- 
kommen diefer  Münzen,  befonders  der  kleineren  mit 
römifchen;  auch  inGurina  war  dies  der  Fall.  Hingi 
wurde  bei  den  bisherigen  Aufdeckungen  der  vielen 
Gräber  aus  der  Hallftädter  Periode  in  Kram  keine 
einzige  der  größeren  filbernen  Barbarenmünzen,  von 
denen  dasLandes-Mufeum  mehrere  Stücke  hierländiger 
Provenienz  befitzt,  aufgefunden,  wohl  aber  Tollen  ein 
Paar  derfelben  in  der,  wie  es  fcheint,  der  La  Tene- 
Periode  angehörigen  Ansiedelung  nächfl  Adelsbcrg 
zum  Vorfchein  gekommen  fein. 

Schließlich  kann  an  diefer  Stelle  ein  ebenfalls  in 
Dolge  njive  gefundenes,  im  Befitze  des  Herrn  Zelovick 
befindliches  Stück  nicht  unerwähnt  gelaffen  werden. 
Es  ilt  dies  ein  ehernes  feepterartiges  Inftrument  von 

Cm.  Länge,  das  untere  Ende  der  Handhabe  läuft 
in   eine  Dulle   im   Durchmeffer  von   2-5  Cm.  aus,  am 


oberen  Ende  beiluden  lieh  vertical  geftellt  acht  <>  .Mm. 
breite  au  <  fchweifte,  in  eine  ftumpfe  Schneide  zulau- 
fende flügelartige  folide  Rippen,   ober  denen   fich   auf 

drei     i  ii    Anl.it/eii     als    Abfchluß  n/.cil    ein 

kleines   viereckiges    rhürmchen  erhebt.  Das  Gewicht 
beträgt   '  8  Kilo  u\u\  3  Dekagramm.  Dieles  Werkzeug 
wäre  ihn  h  feiner  S<  hwere  und  nach  den  ftarken  flu 
artigen  1  [i  r\  on  aguni  inem  Kopfe  ganz  geeigni  t, 

feine  Verwenduni;  als  Streitkolben  gefunden  zu  hab 
ji  doch  lieht  das  gegliederte  fchwächere,  bei  kräfti 
Schlagen  leicht  abbn  i  hendeEndftück  mit  einer  folchen 
Waffe  nicht  im  Einkl  i  nfo  widerfpricht  der  An- 

nahme, dafs  dies  ein  Scepter  oder  Commandoftab 
gewefen  fei,  die  Geringwerthigkeit  des  Metalls,  aus 
dem   diefes    Stück   angefertiget   wurde. 

Defchmann. 


Der  Fürftenhof  in  Brück  an  der  Mur. 


N  meinen  kunfttopographifchen  Keifenotizen 
(Mitth.  1878,  pag.  CXXXIH  f.)  habe  ich  über 
das  fogenannte  Fürftenhaus  in  Brück  au  der 
Mur,  auch  die  Herzogsburg  genannt,  ausführlicher  ge- 
handelt, einen  alteren  Artikel  über  diefen  Gegenlland 
von  Karl  Weif»  Mitth.  [862,  pag.  297)  zu  ergänzen  und 
insbefondi  re  die  ftylgefchichtliche  Pofition  des  fchönen 
Architekturwerkes  ins  rechte  Licht  zu  fetzen  gefucht. 
[ch  bezeichnete  es  dabei  als  fehr  wünfehenswerth, 
..dal-  ein  glücklicher  Umftand  über  die  Gefchichtc  des 
merkwürdigen  Baues  Aufhellungen  lieferte".  Dies  ilt 
nun  zumTheile  dem  fteierifchen  Landesarchiv-Director 
Regierungsrath  v.  Zahn  gelungen,  und  ich  glaube, 
dafs  in  den  Mittheilungen  der  k.  k.  Central-Commiffion 
von  dem  wefentlichften  Inhalt  desjenigen,  was  derfelbe 
über  den Gegenftand  foebenpublicirte, Notiz  genommen 
werden  folle,  indem  damit  die  Forfchungen  über  eines 
der  reizvollften  Denkmäler  öfterreichifch-mittelalter- 
licher  Kunft  fortgefetzt,  allerdings  noch  nicht  ab- 
gefchloffen  werden.  ZahnhsX  in  den  eben  erfchienenen 
..Beitragen  etc."  des  hiftorifchen Vereins  fürSteiermark 
feine  Funde  unter  dem  Titel:  „Ueber  den  fogenannten 
Fürftenhof  zu  Brück  an  der  Mur"  veröffentlicht.  Ich 
theile  hier  feine  neuen  Angaben  und  Wahrnehmungen 
mit,  welche  manche  ältere  berichtigen  —  allerdr 
nur  in  localhiftorifcher,  nicht  in  kunfthiftorifcher  Hin- 
ficht, in  welcher  ich  die  intereffante  Zwifchenftellung 
des  Bauwerkes  zwifchen  deutfeher  und  venezianifcher 
Gothik  bereits  endgiltig  erwiefen  habe. 

Zu  den  Abbildungen,  welche  Zahn  anfuhrt,  füge 
ich  noch  einen  guten  Holzfchnitt  (Vollbild)  in  der 
Leipziger  Gartenlaube  hinzu.  Der  Verfaffer  tritt  der 
(  Irts-Tradition  entgegen,  welche  den  ..Fürftenhof"  oder 
die  „Herzogsburg"  von  den  Iteierifchen  Lande  fürfti  n 
erbaut,  oder  wenigftens  beftändig  bewohnt  wiffen 
wollte.  Caefar  fpricht  fchon  1763  von  einem  herzoglichen 
Cabinet  dafelbft  und  will  von  ehemals  neben  einem 
Fenfter    angebracht     gewefenen    Hei  iren    aus 

Stein    wiffen.    Zahn    macht     diefen    Ueberlieferungen 
enüber    nun    aber    auf    ein   Wappen    aufmerkfam, 
welches  an  zwei  verfchiedenen Stellen  in  Stein  gehauen, 
XIII    n    f 


einmal  mit  der  Jahreszahl  1499,  einmal  mit  1505,  an 
dem  Gebäude  vorkommt;  es  ili  ein  fenkrecht  getheilter 
Schild,  fchwarz  und  weiß,  belegt  mit  einem  querge- 
ftellten  Halbmond  in  der  alternirenden  Tingirung.  Bei 
dem /weiten  derartigen  heraldifchen Schmu«  !.  begleiten 
den  Schild  und  das  Datum  noch  die  Buchftaben  PK, 
welche  Weifs  —  wie  fich  nun  ergibt,  —  irrthümlich 
auf  einen  anonymen  Architekten  bezog.  Auch  ich  bin 
diefem  Irrthum  in  meiner  Notiz  gefolgt,  was  ich  nur 
erklären,  nicht  entfchuldigen  will,  indem  ich  dazu  be- 
merke, dafs  injenemAull.it/.  das  gefchichtliche  Moment 
für  mich  nicht  die  Hauptfachc  bildete,  fondern  nur  das 
ftyliftifche.  Zahn  weift  nun  nach,  dafs  das  Wappen 
der  hervorragenden  Brucker  Familie  der  Kornmeffer 
angehöre  und  fich  hier  auf  Mitglieder  derfelben  als 
Bauherren  des  fogenannten  Fürftenhaufes  beziehe. 
Bereits  im  14.  Jahrhundert  erfcheinen  die  Kornmeffer 
urkundlich  als  Bürger  von  Brück  und  mit  dem  Halb- 
mond im  Siegel.  Von  1466  bis  gegen  1494  begegnet 
dann  öfters  ein  Peter  Kornmefs,  ein  wohlhabender 
Mann,  welcher  auch  längere  Zeit  Richter  in  der  Stadt, 
ferner  Amtmann  des  Stiftes  Admont  und  Pfandinhaber 
des  Landgerichtes  in  Brück  gewefen  war.  Er  ifl  vor 
1494  geftorben  und  hinterließ  einen  Sohn,  Pankraz, 
welcher  mit  dem  Halbmondfiegel  und  in  verfchiedenen 
urkundlichen  Erwähnungen  bis  1510  auftritt,  aber  nach 
Zahn  erft  kurz  vor  1513  geftorben  fein  dürfte.  Die  ge- 
dachten Jahreszahlen  1.499  und  1505,  neben  dem 
Wappen  und  mit  den  Chiffren  PK,  erweifen  fomit 
genannten  Pankraz  Kornmeffer  unzweifelhaft  als  den 
Bauherrn  des  fogenannten  Fürftenhofes.  Diefer  un- 
widerlegliche Nachweis  ill  Zahns  VerdienlL 

Nach  Pankraz  kennt  Zahn  nur  noch  deffen  Söhne 
Peter  und  Erhard,  dann  hören  die  Nachrichten  auf  l'm 
die  Errichtung  eines  fo  reichen  Kunftbaues  durch 

chlecht  w  ahrfcheinlich  zu  machen,  gibt  der  Ver- 
faffer ferner  noch  Nachweife  über  ihren  Vermögens- 
ftand,  der  ein  anfehnlicher  gewefen  zu  fein  fcheint.  Drei 
Kornmeffer  waren  Stadtrichter  gewefen;  fie  befaßen 
freie  Hofilätten.  Sägen,  Eifenfchmieden,  Tafernen, 
Becker  und  fonfti  1  rings  in  der  Gegend;  mit  dem 


I  XLVI 


reichen  Gewerken  und  Waffenfabrikanten  Sebald  P 

in  Thorl  bei  Aflenz  waren  fie  verfchwägert.  Pankraz 
lieh  1508  dem  Kaifer  3000  Gulden,  wofür  er  die  über 
der  S  legene  Burg  Landskron  und  das  Brucker 

Stadt-  und  Landgericht  zu  Pfand-  und  Pflegfchaft  be- 
kam. Es  fcheint  Zahn  nicht  unmöglich,  dafs  da>  fei 
Haus  fpäter  von  den  Kornmeffern  in  den  Befitz  der 
mit  ihnen  verwandten,  ebenfalls  lehr  wohlhabenden 
Mürzthaler  Familie  der  Pögel  übergegangen  fein 
könnte,  welche  auch  andere  Befitzthümer  jener  er- 
langten. 

h  ift  aus  Zahns  fchätzenswerthen  Mitthei- 
lungen Folgendes  zu  beachten.  Schon  von  Pankraz 
Vater,  Peter,  berichtet  1466  eine  Urkunde  des  Stiftes 

:ont.  dafs    er  die    -  wntsmannfehaft   in  Brück 

nebft  anderem  in  Pacht  genommen  habe  und  fich  zu- 

h  verpflichte,  100  Pfund  Pfennige  auf  das  Ad- 
monter  Haus  in  Brück  innerhalb  zwei  Jahren  zu  ver- 
bauen. Eben  diefes  Haus  nennt  in  derfelben  Urkunde 
Peter  aber  auch  fein  Haus  und  Zahn  bemerkt:  . 
diefes  Haus  von  Admont  fchließlich  durch  ftiftifche 
Lehenfchaft  oder  andere  Umftände  zu  dem  geworden, 
um  das  lieh  diefe  Abhandlung  bewegt,  ift  nicht  zu  be- 
legen, aber  auch  nicht  ausgefchloffen".  Das  heißt  wohl, 
etwas  deutlicher  ausgefprochen,  Zahn  hält  es  für 
denkbar,  dafs  der  fogenannte  Fürftenhof  urfprünglich 
ein  Admontifches  Haus  gewefen  fei,  an  dem  Peter 
Kornmeffer  als  Stifts-Amtmann  Veränderungen  vor- 
nahm, welches  endlich  in  den  Befitz  der  Familie  über- 
ging und  an  dem  1499  und  1505  fein  Sohn  Pankraz 
noch  weiteres  baute  oder  doch  ausfehmückte.  Ich 
muß  geftehen,  dafs  auch  mir  diefe  Auffaffung  fehr 
plaufibel  vorkommen  will.  Nach  all  dem  kommt  nun 
der  fleißige  Forfcher  zu  dem  Schluße,  _dafs  der  ge- 
fchichtlich  richtige  Name  jenes  Wohnhaufes  zu  Brück 
nur  der  des  Kornmefshofes  fein  kann",  und  fchon 
weiter  oben  fagt  er:  „Der  Name  Fürftenhof  ift  daher 
ein  unftatthafter,  und  wäre  dafür  Kornmefs-  oder 
Kornmefferhof  als  gefchichtlich  begründeter  anzu- 
nehmen". Dazu  muß  wohl  noch  eine  Anmerkung  ge- 
macht werden. 

Nach  den  Beweifen  der  Zahnic\\c\\  Abhandlung 
ift  es  ganz  klar,  dafs  weder  Ernft  der  Eiferne,  noch 
fonft  eine  fürftliche  Perfon  —  weder  in  dem  Stadium 
der  actuellen  Erfcheinung  noch  in  einer  älteren  oder 
jüngeren  —  mit  dem  Bau  des  Haufes  etwas  zu  thun 
hatte.  Von  folchem  Anlaffe  alfo  konnte  der  Name 
Fürftenhaus  u.  dgl.  feinen  Urfprung  nicht  herleiten,  wir 
willen  nur,  dafs  es  ein  Bürgerhaus,  vielleicht  noch 
früher  ein  geiftliches  Befitzthum  gewefen.  Woher  aber 
trotzdem  jeneBezeichnung,  weichein  der  Volkstradition 
und  in  der  älteren  Literatur  feftftehtr  Wir  haben  oft- 
mals die  Erfahrung  gemacht,  dafs  man  folche  uralte 
Ueberlieferungen,  Baufagen  u.  dgl.  nicht  fo  fchlechtweg 
als  Unfinn  verwerfen  dürfe.  Halten  ihre  Angaben  fchon 
der  urkundlichen  Unterfuchung  niemals  Stand,  fo  fteckt 
dennoch  ein  Kern  immer  in  ihnen,  den  man  beachten 
muß.  Die  volksthümliche  Tradition  ift  zuweilen  eine 
fehr  freie  phantaftifche  Dichterin,  aber  fie  erfindet  nie- 
mals Lügen.  Sie  knüpft  an  Thatfachliches  an  und  ent- 
ftellt  es  nicht  feiten  bis  zur  Erfcheinung  des  Märchen- 
bildes, jedoch  fie  beschäftigt  fich  kaum  je  mit  leeren 
finnlofen  Erfindungen.  Ich  gebe  zu,  dafs  die  wirkliche 
Exiftenz  des  „herzoglichen Cabincts"  und  der  fteinernen 


Herzogsbilder  an  dem  Gebäude,  von  denen  altere 
Nachrichten  erzählen,  heute  Schwer  erweisbar  fei;  aber 
folche  Gefchichten  —  und  wenn  fie  auch  Fabeln  fein 
füllten  —  entftehen  niemals  ganz  ohne  Grund.  Sollten 
Cabinet  und  Figuren  fogar  nie  exiftirt  haben,  ganz 
gewifs  nahm  die  Erzählung  ihren  Urfprung  von  dem 
Umftände,  weil  das  Kornmeffer  fche  Haus  von  jeher 
mit  dem  Gedanken  an  die  Landesfürften  in  einem  Zu- 
fammenhang  geftanden  haben  wird.  Friedrich  IV.  und 
fein  Nachfolger  haben  die  Familie  fehr  begünftigt  und 
rdert;  lehr  möglich,  daf>  in  dem  dereinft  ohne 
Zweifel  viel  reicheren  künftlerifchen  Schmuck  des 
Haufes,  plaftifch  oder  in  Malerei,  die  Befitzer  ihre  loyale 
und  dankbare  Gefinnung  irgendwie  zum  Ausdruck 
gebracht  hatten,  und  fo  ein  Furftenbild  allein  genügte 
dem  Volke  ja  fchon,  um  das  damit  gefchmückte  Hau-- 
zum  „Fürftenhof  zu  machen!  Endlich  gibt  Zahn 
felber  zu,  dafs  der  Landesfürft  (z.  B.  beim  Landtag 
von  1  j "  ■  fe  Behaufung  zum  Abfteigquartier  benützt 

haben  möge;  wir  denken,  daf>  das  auch  in  älteren 
Zeiten  bereits  gefchehen  fein  dürfte  und  für  fo  flüchtige 
Befuche  das  in  der  Stadt  belegene  wohleingerichtete 
Haus  eines  beliebten  reichen  Bürgers  dem  Fürften 
wohl  bequemer  gewefen  fein  dürfte,  als  die  wahrschein- 
lich mit  wenig  Comfort  verfehene  Pflegburg  oben  auf 
dem  Berge.  Solche  Befuche  fertigten  die  Bezeichnung 
des  Fürftenhaufes  aber  ganz  Sicher  und  wir  möchten 
daher  den  alten  Namen  keineswegs  milTen  Zahns 
Forfchungen,  die  wir,  wie  gefagt,  außerordentlich 
werthfehätzen,  haben  dargethan,  daSs  das  Brucker 
Haus  nicht  von  Fürften  gebaut  wurde  und  auch  nie  die 
officielle  Beftimmung  eines  fürftlichen  Wohnhaufes  be- 
faß —  ganz  gut.  Aber  eben  feine  Forfchungen  be- 
wiefen,  dafs  ein  von  den  Fürften  begünftigtes  Bürger- 
gefchlecht  feine  Erbauer  gewefen;  die  zeitweilige  Be- 
nützung der  Räume  als  Sürftliches  Abfteigquartier  ift 
wahrscheinlich;  die  Traditionen  von  den  hier  abge- 
haltenen Landtagen,  von  den  Herzogsfiguren,  von  dem 
herzoglichen  Cabinet.  lallen  fich  nicht  aus  der  Welt 
fchaffen  —  das  alles  find  Dinge,  hinter  denen  mehr 
fteckt  als  Träumerei,  und  „unftatthaff  fcheint  uns 
daher  der  volksthümliche  Name  des  Haufes  fo  ohne 
weiteres  nicht.  Urkundlich  liegt  nach  dem.  was  un- 
nun  Zahn  mittheilte,  nichts  vor,  was  nöthigte,  der 
Tradition  beizupflichten;  aber  es  fcheint  uns,  dafs  feine 
archivalifchen  Ergebniffe  umgekehrt  auch  durchaus 
nicht  zwingen,  von  denfelben  abzugehen;  denn  obwohl 
ein  Bürgerhaus  ift  es  im  Sinne  der  Volksüberlieferung 
doch  auch  ein  Fürftenhaus.  ..Das  Wort  fie  follen  laffen 
ftahn".  Wenn  alfo  Zahn  fagt,  dafs  auch  meine  Dar- 
legung der  Volksmeinung  keinerlei  Abbruch  thut.  fo 
muß  ich  hinzufetzen,  dafs  auch  nach  den  Aufhellungen 
feiner  Urkundenbeiträge  ich  nicht  daran  denke,  diefe 
Volksmeinung  zu  ignoriren.  Alles  was  wir  nun  Sicheres 
von  dem  KornmefSer-HauSe  wiSSen,  verfchlägt  gleich- 
wohl nicht,  dafs  die  Tradition  in  gewifSem  Sinne  in 
demfelben  ein  Fürftenhaus  erblicken  dürfe. 

Zur  Ergänzung  der  hiftorifchen  Angaben  bei 
Zahn  find  in  dem  Jahrbuch  der  kunfthiftorifchen 
Sammlungen  des  Allerhöchsten  Kaiferhaufes  Beiträge 
enthalten,  aufweiche  ich  hier  kurz  aufmerkfam  mache. 
Die  Waffenfchmiede  und  Büchfengießer  des  Namens 
Pögel  (auch  Pogci  am  Törlcin  kommen  in  den  dort 
publicirten    Urkunden    des   Hof-    und   Staats-Archivs, 


CXLV1I 


desReichsfinanz-Archivs  und  des  Statthalterei-Archivs 
in  Innsbruck  fehr  oft  vor.  Dabei  ftoßen  wir  auf  Peter, 
Sebald  und  Cordula  d.  N.,  welche  das  Gefchäft  fuhren 
und  für  die  Landesfürften  große  Mengen  von  Waffen 
und  Schießzeug  liefern.  Das  frühefte  Datum  ifl  1469. 
Am  30.  Juni  [478  nimmt  Kaifer  Friedrich  den  Peter 
als  feinen  Diener  mit  feinem  Vermögen  in  befonderen 
Schutz.  Aber  auch  auf  den  Namen  der  Konmiefs  ge- 
rathen  wir  in  jenen  Regelten.  Zu/in  kennt  bereits 
einen  Heinrich  Chornmezzer,  Bürger  zu  Brück,  gi 
Ende  des  14.  Jahrhunderts.  Die  Urkunde  3134  im 
|.  Hände  des  Jahrbuchs  aus  dem  Stadt-Archiv  von 
\\  r  -Neuftadt,  dafelbft  21.  April  1  i;i.  fuhrt  wieder  einen 
Heinrich  Kormeffer  auf,  der  dort  an  (affig  in  dem 
Teftament  des  Goldfchmiedes  Heinrich  Mayrhirfs  als 
deffen  Scliuldner  erfcheint.  Ibidem  Urkunde  3216,  datirt 
Neuftadt,  15.  Mar/.  1464:  Heinrich  Kornmefs  hat  Kleino- 
dien  der  Pfarrkirche,  welche  er  einbringen  foll.  Ibidem 
Urkunde    3367,    dat.    Neuftadt,    4.    September    1487: 


Heinrich  Kornmefs  hat  der  Pfarrkirche  geiftliche  Ge- 
wänder gefchenkt.  Endlich  fehlt  aber  auch  Pankraz 
nicht.  In  der  im  III.  Bande  publicirten  Urkunde  des 
Reichsfinanz-Archivs,    Nr.    2706,    dat.    Wr. -Neuftadt 

27.  Juni  1522,  fchreibt  Erzherzog  Ferdinand  an  alle 
Gewerke,  Knappen,  Schmelzer,  Bergleute  und  <i 
fchworenen  in  der  Steiermark,  er  habe  feinem  Bi 
richter  in  Unterfteiermark  Penngrecz  Kormuesz  (fic), 
eine  neue  Arbeit  des  Schmelzens  zu  probiren  und  auf- 
zurichten befohlen.  Derfelbe  werde  mit  einigen  dazu 
irdneten  Commiffarien  in  die  Breitenau  kommen, 
wobei  fic  in  allem  zu  unterltüt/.en  fein  follen.  Daraus 
ergibt  fich,  dafs  Pankraz  nicht  kurz  vor  1513  geftorben 
fein  dürfte,  wie  Zahn  meint,  fondern  1522  noch  am 
Leben  war,  dafs  er  diefelbc  Induftrie  betrieb,  wie  die 
verwandten  Pögel,  dem  Landesherrn  naheftand  und 
das  Amt  eines  Bergrichters  in  Unterfteiermark  inne- 
hatte. 

Hg- 


Aus  dem  Reichenberger  Bezirke. 


Bericht  des  k.  k.  Confervators  Braufewetter. 


[IESER  Bezirk,  welcher  in  feiner  Längenaus- 
dehnung von  der  Bahnlinie  Turnau  -  Zittau 
durchfehnitten  wird,  bietet  zwar  in  feinen  ganz 
das  moderne  Gepräge  tragenden  Städten  demForfcher 
wenig  Anhaltspunkte  für  das  Studium  einerbedeutenden 
gefchichtlichen  Vergangenheit  und  find  diefelben  auch 
ziemlich  arm  an  wirklichen  Baudenkmalen,  doch  haben 
fich  in  ihnen,  fowie  den  ifolirter  liegenden  Dorfern  noch 
manche  (Jbjecle  erhalten,  die,  theilweife  fremder  Pro- 
venienz, wohl  Beachtung  verdienen.  Mehrere  Urfachen 
bilden  die  leichte  Erklärung  für  diefen  bei  der  jetzigen 
Bedeutung  Reichenbergs  immerhin  auffälligen  Umftand. 

1.  Die  Zunahme  der  Bevölkerung  in  diefem  ftark 
gebirgigen  Diftricle  konnte  nur  den  Lauf  der  Neiße 
aufwärts  erfolgt  fein;  von  der  benachbarten  Laufitz 
aus  wurden  zunächft  die  fruchtbareren  Gegenden  um 
Grottau  und  Kratzau  oecupirt,  und  erft  die  fpäter 
kommenden  Anfiedler  zogen  weiter  hinauf  bis  nach 
Reichenberg  und  Gablonz  an  der  Neiße. 

2.  Reichenberg  felbft  befitzt  die  denkbar  ungün- 
Ite    Page    für    eine    größere    Anfiedlung,    da    das 

wafferarme  Jefchkengebirge  nicht  die  Bedingungen  für 
eine  größere  Stadtentwickelung  in  früheren  Jahrhun- 
derten bieten  konnte. 

3.  Die  alte  Handelsftraße  ging  von  Zittau  über 
Grottau,  Gabel,  Weißwaffer  nach  Prag,  berührte  fomit 
Reichenberg  felbft  nicht  und  lag  es  auch  im  Intereffe 
der  Zittauer,  ihre  Privilegien  zu  Ungunften  Reichen- 
bergs möglichft  lang  zu  behaupten,  fo  zwar,  dafs  fie 
felbft  Verbote  gegen  die  Befahrung  der  Görlitz- 
Reichenberger  Straße  gerichtet  zu  erwirken  wufsten, 
wodurch  dem  Handel  und  Wandel  in  Reichenberg  alle 
Lebensnerven  durchfehnitten  wurden.  Das  untere 
Neißethal  hat  eine  große  gefchichtliche  Blüthezeit  auf- 
zuweifen  und  befitzt  ein  Denkmal  aus  diefer  Epoche 
in  der  Burg  Grafenftein  bei  Grottau,  dem  Stammfitze 
der  Burggrafen  von  Dohna  im  13 — J7  Jahrhundert;  das 
obere  Neißethal    dagegen    blieb    unbedeutend,    einen 


kurzen  Intervall  zur  Reformationszeit  abgerechnet.  Die 
Namen  der  früheren  Befitzer  der  Herrfchaften  Reichen- 
berg, Seidenberg  und  Friedland,  der  Biberfteine  und 
der  Rädern  beleuchten  allein  die  Vergangenheit,  be- 
fonders  innig  verknüpft  mit  der  Blüthezeit  dcrfelben 
find  Melchior  und  Katharina  von  Rädern. 

Faft  alles,  was  Reichenberg  felbft  und  die  umlie- 
genden Ortfchaften  heute  dem  Alterthumsfreunde  noch 
bieten,  ift  damals  am  Ende  des  16.  und  zu  Anfang  des 
17.  Jahrhunderts  entftanden;  aus  früheren  Perioden 
ift  foviel  wie  nichts  vorhanden. 

Reichenberg.  Das  bedeutendftc  Baudenkmal  Rei- 
chenbergs ift  entfehieden  das  Rathhaus.  Dasfelbe 
flammt  aus  den  Jahren  1599  — 1603,  ift  in  den  Styl- 
formen der  deutfehen  Renaiffance  gehalten  und  befon- 
ders  intereffant  durch  den  in  der  Giebelfacade  domi- 
mirenden  Thurm,  das  einzige  charakteriftifche  Wahr- 
zeichen Reichenbergs.  Die  übrige  Architektur  desfelben 
ift  ärmlich  und  zeigt  eine  ftümperhafte  technifche 
Durchführung;  doch  ift  anzunehmen,  dafs  früher  auch 
an  den  Längsfronten  kleine  Giebelaufbauten  beftanden, 
die  wahrfcheinlich  erft  infolge  der  durch  Brände  im 
dreißigjährigen  Kriege  erlittenen  Befchädigungen  ab- 
getragen wurden.  Im  Inneren  desfelben  find  in  der 
großen  Rathsftube  fechs  in  die  Glasfeheiben  eingefügte 
Glasmalereien  zu  erwähnen  mit  den  Wappen  der 
Rädern,  Schlicke  und  de-  Stifter-,  der  Fenfter,  Cafpar 
Schürer  von  Waldheim,  einem  Abkömmling  der  be- 
rühmten Glasmacherfamilie  gleichen  Namen-  aus 
Falkenau,  die  erft  in  den  letztvergangenen  Jahren  in 
Kratzau  ausftarb.  Bis  zu  den  letzten  Jahren  wurden 
ferner  im  Rathhaufe  eine  Anzahl  Portrats  in  Leb 
große  aufbewahrt,  oder  richtiger:  verwahrloft,  von 
denen  einzelne  neben  dem  hiftorifchen  Werthe  durch 
die  künftlerifche  Behandlung  oder  die  im  Charakter 
ihrer  Zeit  coftümirtenPerfonlichkeiten  auffallen.  Wie  im 
Friedländer  Schloße,  fo  finden  wir  auch  hier  die  früheren 
Herrfchaftsbefitzer    von   Reichenberg;   ein/eine    Bilder 


CXLVII1 


find  directe  Copien   der   elfteren.    Die   bedeutendsten 

darunter  find  die  Porträt.-  von  Melchior  von  Kadern, 

Kathari:  n  und  Johanna  Emerentiana  von 

finGafchin-Rofenl  reblichen 

Por:  nini  und  Slavata  find  ohne  Werth. 

dein  weiteren  Ruine  ent- 
n.   werden  gewiffenhaft  von   dem   hiefigen  Maler 
reftaurirt   und   in   den   Räumen    der    Handels- 
kammer und  um-  in  Ehren  gehalten. 

len  Urkunden   der  Stadt  Reichenberg,  die 
fich  im  Rathhaufe  befinden,  ilt  das  bedeutendste  Schrift- 
stück ein  Privilegium  Rudolph  II.  aus  dem  Jahre  : 
durch  welches  Reichenberg  zur  Stadt  erhoben  und  der 
Gemeinde   die   Abhaltung    zweier    Jahrmärkte,    fowie 

twappen  und  Siegel  zugestanden  wird.  Reichen; 
fcheint   diefe  Auszeichnung  wohl    hauptfächlich   dem 
felbftlofen  Wirken  des  damaligen  rührigen  Stadthaupt- 
mani  kirn    Ulrich    von   ä  verdankt    zu 

haben,  welcher  unermüdlich  für  das  Wohl  der  Stadt 
und  feiner  Herrfchaft  bedacht,  überall  eingriff  und  den 
Grundftein    zum    Emporblühen    Reichenbergs     legte. 

ler  exiftiren  über  da^  Leben  diefes  Mannes  nur  lehr 
fpärliche  Aufzeichnungen,  eine  Seibitbiographie  aus 
dem  Jah  rechnet,  die  im  Thurmknopfe  der 

mal  Kirche  gefunden  wurde,  fein  Todesjahr  ilt 
unbekannt,  kein  Grabftein  gibt  die  Stätte  an,  wo  er 
ftarb;  nur  zwei  Dörfer,  Maffersdorf  und  Ober- W: 
befitzen  in  ihren  Kirchen  noch  Schenkungen  von  ihm, 
ein  zinnernes  Taufbecken  und  eine  große  Glocke,  die 
an  ihren  Infchriften  und  Wappen  fein  Andenken  der 
Nachwelt  überliefern. 

Im  Durchgänge  des  Rathhaufes  hangt  heute  noch 
eine  alte  Wage,  die  zwar  nur  mehr  feiten  benützt  wird, 
doch  die  alten  Traditionen  der  Stadt  als  Hauptort  der 
Wolleverarbeitung  verkörpert  und  auch  als  Leistung 
des  früheren  Kunstgewerbes  Beachtung  verdient.  Der 
hölzerne  Wagebalken  ist  im  richtigen  Verftändnis  feiner 
Functionen  nur  mit  ganz  zart  eingeftochenen  Orna- 
menten verleben,  die  zweifellos  früher  polychromirt 
waren.  Auf  der  einen  Seite  desfelben  ilt  die  Infchrift: 

HR.  Chriftian  Carl  v.  Platz 

Oberhaupt 
auf  der  anderen  Seite 
HR.    Andreas    Schöpffer 

Anno  1703 


und  Ehrenthaal 
mann 

Bürgermeifter 
M.  G.  W.  M. 


Befonders  gut  ftylifirt  ilt  die  Zunge,  deren  untere 
mit  dem  Wagebalken  durch  Rankenwerk 
in  trefflicherRundeifentechnik  vermittelt  ilt.  Die  Enden 
des  Balkens  find  mit  viertheiligen  Haken  verleben,  die 
nach  oben  mit  fchmiedeifernen  Knospen  abfchließen 
und  zum  Ganzen  gut  harmoniren. 

Das  jetzige  Schloß  in  Reichenberg  ilt  ein  nüchter- 
ner fchmucklofer  Bau  aus  dem  17.  Jahrhundert;  nur  die 
im  fpätgothifchen  Style  angebaute  Schlotf-tapetlc  mit 
einem  alten  Thurme  blieb  bei  dem  Brande  um  1615, 
der  das  frühere  jedenfall.-  bedeutendere  Schloß  ver- 
nichtete, verfchont  und  hat  auch  im  Inneren  noch  ihren 
urfprünglichen  Charakter  erhalten. 

Diefe Capelle,  von  Katharina  von  Rädern  1604  bis 
1606  erbaut,  befitzt  in  ihrem  Hoch-Altare,  dem  Ora- 
torium und  der  Kanzel  wahre  Werke  der  betten  deutfehen 
Renaiffance,  deren  vollständige  Erhaltung  umfo  er- 
freulicher ift,  als  in  Oelterreich  folch  vorzügliche  Holz- 


fchnitzereien,    die    auch    in    ihrer  Farbenftimmung 

harmonifch  wirken,  wohl  feiten  in  ahnlicher  Vollendung 
angetroffen  werden  mögen.  Jedenfalls  find  fie  das 
Werk  eine-  aus  dem  Auslande    Sachfen    herbeigezo- 

nKünftlers;  es  wird  zwar  von  einem  alten  Chroni- 
lten  Chriltoph  Erhard  von  Amsterdam  aus  Breslau  als 
Urheber  derfelben  genannt,  doch  darf  man  nur  einen 
vergleichenden  Blick  auf  das  authentifch  von  diefem 
Künltler  herrührende  Grabdenkmal  Melchiors  von 
Rädern  in  Friedland  werfen,  um  die  vollitändige  Gruiul- 
lofigkeit  diefer  Behauptung  zu  erkennen.  Die  Reichen- 
berger  Schloß-Capei!  t  in  ihrer  inneren  Aus- 
flattung  der  belten  Periode  deutfeher  Kunlt  an;  das 
Grabdenkmal  Melchiors  von  Rädern  zt  gen 
fchon  lehr  verdächtige  barocke  Anklänge  und  Theater- 
effeetc.  \"iel  mehr  Verwandtschaft  befteht  zwifchen 
den  Reichenberger  Arbeiten  und  einigen  Votivbildern 
in  Bohm.-Leipa,  fowie  dem  edel  durchgeführten  Grab- 
denkmal Wolfs  von  Salhaufen  in  Benfen,  die  allenfalls 
aus  einer  und  derfelben  Schule  flammen  dürften,  wenn 
auch  nicht  vom  felben  Meilter. 

Das  Oratorium  hat  im  Inneren  eine  cafTettirte 
Decke,  deren  Zeichnung  und  Farbenftimmung  lehr  gut 
erhalten  ilt,  ferner  einen  kleinen  Votiv- Altar  ;  der  Hoch- 
Altar  befitzt  polychromirte  Reliefdarftellungen  de- 
letzten Abendmahles  und  der  Kreuzigung  Christi.  Die 
Architektur  des  Hoch-Altares  ilt  nicht  vollftändig  aus 
einem  Guffe;  der  krönende  Auffatz  ilt  etwas  verküm- 
mert und  derb  gegenüber  der  kraftvoll  und  elegant 
entwickelten  Säulenftellung  des  unteren  Theiles,  der 
den  Rahmen  für  die  Hochreliefs  bildet  und  deffen 
Poftamentlöfung  befonders  originell  durchgeführt  er- 
fcheint.  Die  Menfa  diefes  Altares  zeichnet  fich  durch 
eine  vorzügliche  Seidenftickerei  aus. 

Ein  zweiter  Altar  befindet  fich  an  der  Wand 
gegenüber  dem  Oratorium;  derfelbe  ilt  bereits  barock, 
flammt  wahrscheinlich  aus  der  Zeit  der  Gallafe  um 
1700,  verdient  aber  wegen  der  meisterhaften  Behand- 
lung und  ftreng  gefetzmäßigen  Entwicklung  des  ver- 
fchlungenen  Laubwerkes,  das  in  der  Silhouette  ein 
Fünfeck  bildet  und  außer  dem  Altar-Bilde  noch  vier 
elliptifche  kleine  Bilder  enthält,  naher  gewürdigt  zu 
werden.  Die  Kanzel,  zwar  einfacher  als  Oratorium  und 
Haupt  Altar  und  weniger  durch  das  Relief  als  die  Farbe 
wirkend,  ftimmt  ebenfo  wie  die  elegant  profilirten 
Candelaber  aus  Holz  zum  Ganzen  recht  glücklich;  der 
Schalldeckel  ilt  achtfeitig,  gut  profilirt  und  in  einen 
zierlichen  Auffatz  ausklingend,  der  Spruch  _Ich  fcheme 
mich  des  Evangelii  von  Chrifto  nicht,  denn  es  ilt  eine 
Kraft  Gottes,  die  da  feiig  macht  alle",  im  Gefimfe 
angebracht 

Die  flache  Holzdecke  mit  ihren  gemalten,  leider 
aber  fchon  fehr  befchädigten  Feldern  paßt  zwar  nicht 
zu  der  Bauart  der  Capelle,  zu  den  gothifchen  Fenftern 
und  dem  richtigen  Chorfchluße;  doch  muß  angenom- 
men werden,  dafs  fie  zur  gleichen  Zeit  entstand  und  nur 
okonomifche  Gründe  für  ihre  Losung  maßgebend  waren. 

Die  jetzige  Decanal- Kirche,  ursprünglich  eine 
kleine  Capelle  wie  die  zu  Wiefe  im  Friedländer  Be- 
zirke, verdient  kaum  mehr  als  Denkmal  aus  früheren 
Zeiten  angeführt  zu  werden,  da  fie  durch  viele  Zubauten 
und  Restaurationen  ganz  den  ehemaligen  Charakter 
verloren.  Urkundlich  ill  nur  festgestellt,  dafs  fie  um  die 
bestehende  alte  Capelle,  inweicher  derGottesdienlt  ver- 


CXLIX 


richte  t  wurde,  in  größeren  Dimenfionen  hergeftcllt 
wurde  (1579).  Erft  nach  Fertigftellung  der  Kirchen- 
mauern wurde  die  alte  Capelle  abgetragen,  das  Pfeiler- 
werk aufgeführt  und  die  Einwölbung  der  drei  Schiffe 
vorgenommen,  tntereffant  Ül  es,  dafs  der  Name  des 
Baumeifters  Marcus  Spatz  von  Lantio  uns  erhalten 
blieb;  es  ill  derfelbe,  weil  her  die  Kanzel  in  der  Fried- 
lander Kirche  gefchaffen.  Das  fpätgothifche  Längs- 
fchiff  verlor  durch  die  im  Jahi  •  1635  vom  Grafen  Gallas 
durchgeführte  Vergrößerung  feinen  Chorfchluß  und 
erhielt  in  dem  jetzigen  Querfchiff  und  Presbyterium 
einen  (ehr  unpaßenden  Zuwachs,  indem  letztere,  im 
Barock-Style  gehalten,  die  Harmonie  vollftändig  auf- 
heben mußten.  Bei  diefem  Umbaue  verfchwanden 
wahrfcheinlich  auch  alle  früheren  Altäre  und  Kirchen- 
tthe  von  Kunlluerth.  Selbft  die  Glocken  find 
neueren  1  >atums;  nur  die  Glocke  im  Sanftus-Thürmchen 
flammt  aus  alterer  Zeit.  Ihre  Infchrift  ift:  „Gott  allein 
die  Ehre,  diefe  Glocken  hat  umbgieffen  lallen  Georg 
Hänifch,  Rathsverwandter,  Glas-  und  Steinfehneider  in 
Reichenberg  Anno  Chrifti  MDCXCI.  Martinus  Zorbe, 
Rath  und  Glockengießer  in  Zittau-  hat  mich  gegoffen." 
1  )ie  zweite  Kirche  Reichenbergs,  die  Kreuz-  Kirche, 
ill  ein  ganz  unbedeutender  Barockbau  mit  Doppel- 
thürmen,  deren  1  lehne  nach  dem  Müller  der  1  laindorfer 
Klofter-Kirche  ausgebildet  find.  Diefelbe  befitzt  nur 
ein  Ideines  werthvolles  Gemälde  auf  Holzgrund  aus  der 
altdeutfehen  Schule,  die  heil.  Anna  und  Maria  mit  dem 
Jefuskinde  in  einer  Landfchaft  mit  einer  Ritterburg, 
wahrfcheinlich  von  einem  Schüler  Albrecht  Dürer's 
aus  dem  16.  Jahrhundert  herrührend.  Die  Glocken  der 
Kreuz-Kirche  find  aus  den  Jahren  1789,  und  1820.  Die 
wenigen  charakteriftifchen  Holzbauten,  die  früher  Rei- 
chenberg befeffen,  lind  meift  verfchwunden  oder  durch 
Anftrich  verunftaltet ;  das  intereffantefte  ift  ein  Eck- 
haus am  Altftädter  Platze,  welches  früher  wohl  im 
Befitze  einer  adeligen  Familie  (Hans  von  Wolfsberg) 
war,  da  eine  Glasmalerei  mit  Wappen  in  den  Vierziger- 
Jahren  noch  hier  angebracht  gewefen,  jetzt  aber  leider, 
wie  fo  vieles  Andere  in  Reichenberg  fpurlos  ver- 
fchwunden ift.  Die  Ueberbleibfel  von  barocken  Bürger- 
häufern  in  Reichenberg,  gehören  alle  fchon  einer  fehr 
verderbten  Richtung  an.  Auf  dem  Friedhofe  ift  keine 
einzige  Reminifcenz  an  eine  hier  je  geübte  und  vom 
Volk*   feftgehaltene  Kunftthätigkeit. 

Kratzau,  ein  kleines  Städtchen  im  Neißethale 
befitzt  zwar  noch  einige  alte  Holzhäufer,  trägt  aber 
auch  den  Stempel,  der  durch  mehrere  Jahrhunderte 
etenen  Verwahrlofung;  die  frühere  Ilolzkirche 
dafelbft  mußte  einem  nüchteren  modernen  Baue 
weichen  und  nur  am  Friedhofe  verdienen  einige  Grab- 
fteine  Beachtung.  Die  meiden  derfelben  find  aus  dem 
16.  und  17.  Jahrhundert,  einige  mit  guter  Ornamentik, 
die  Infchriften  find  ziemlich  erhalten;  fie  nennen: 

1.  Kitter  Johann  von  Noftitz  Neukirch,  geboren 
[584,  llarb  in  der  Stadt  Kratzau  A.  1646. 

2.  Chriftoph  von  Hoberg  und  Kunnersdorf  anno 
1586  den  20.  September  auf  der  Hoeneck  (Hohenecke 
bei  Neundorf)  verfchieden. 

3.  Cafper  Wentzel,  Hauptmann  der  Trautmanns- 
dorf Herrfchaft  Gräflfenftein,  den  1.  Feber  1652  in  Gott 
entfchlafen  feines  Alters  45  Jahre. 

4.  1649  den  30.  Auguli  Anna  Maria  Wentzel, 
feine  Ehefrau  im    Alter  von  33  Jahren   20.  Tagen,  ihr 


ging    voran     ihr    Sohn     Camill     Joh.    Maximilian     alt 
16.  Wochen. 

5.  Des  Johann  Schürer  von  Waldtheim,  k.  k. 
Grenzzollinfpectors  und  Einnehmers  in  Kratzau  ver 
ftorbene  drei  Kinder   in     den  Jahren    1662,    [671,    (678. 

6.  1655  den  31,  März  Ritter  und  Herr  Johann  von 
Hehlern,  Herr  zu  Neundorf,  Mühlfcheibe  und  I  torfei, 
Ihr  fürftl.  Durchlaucht  zu  Neuenburg  Kammerrath, 
(feines  Alters  74  Jahre)  verfchieden. 

7.  1690  den  29.  Juli  entfchlafen  Frau  Sibilla  von 
Heiftern    geborene  Gannsfein,   ihres  Alters  7s  Jahre. 

Auf  der  Nordfeite  der  Kirche  befindet  fich  noch 
ein  altes  Wappm  mit  den  Bu<  hftab  n  A.  M.  G.  '/..  T. 
1651.  (Adam  Mathias  Graf  zu  Trautmannsdorf). 

Sammt liehe1    Grabdenkmäler    find  jetzt    gut 
fchützt  in  der  Friedhofmauer  angebracht.  Zwei  Grab- 
fteine  der  Biberfteine,  die  fchon  fehr  befchädigt  find, 
konnten  nicht  entziffert  werden. 

Grottau  an  der  Gränze  gegen  Sachfen  ift  wohl 
die  alterte  Stadt  im  Neißethale,  wurde  aber  im  15.  Jahr- 
hundert gänzlich  von  den  llufiten  zerftört,  bellt /t 
daher  auch  nur  aus  der  fpäteren  Zeit  einiges  Inter- 
effante.  Die  jetzige  Kirche  dafelbft  ift  ein  Bau  aus  dem 
18.  Jahrhundert  und  unbedeutend.  Im  Thurme  der- 
felben befindet  fich  eine  alte  Glocke  mit  gothifchen 
Schriftzeichen,  doch  ohne  Jahreszahl,  diefelbe  foll  vom 
Klofter  Marienthal  in  Sachfen  herrühren.  Ihre  Infchrift 
lautet:  „Ruf  Maria  aufGot  |  Maria  berot  |  als  das  wir 
begin  |  das  ein  gut  euch:  gewin"  (Bitte  für  uns  Maria, 
verwende  dich  für  uns,  Maria,  dafs  Alles,  was  wir  be- 
ginnen, ein  gutes  Ende  nehme.) 

Die  zweite  Glocke  tragt  den  Spruch:  Aus  Feuer 
bin  ich  geflohen,  Georg  Wefenraw  in  Zitaw  hat  mich 
gegoffen.  Ferner  Jodocus  Henricus  Ilertzog  von  Erfurt 
ift  itziger  Zeit  Pfarher  und  Priefter  hat  diele  Glocken 
durch  Eingebung  des  höchften  Gottes  geftifdet  anno 
1642  den  29.  July  Herr  Cafpar  Mentzel  Kretfchmer 
Burggraf  Herrn  Friedrich  von  Noftitz,  Reutfchreiber 
Thomas  Chriftöf  Ilertzog  von  Erfurt,  Schulmeil 
Mathaeus  Folkert,  Richter  Hans  Kirchof  Chriftol  lim 
waldt  Merten  Schinfalder  Kirchvater.  In  der  Todten- 
Capelle  befindet  fich  eine  Marien-Statue  aus  Holz  in 
vorzüglicher  Technik,  doch  durch  eine  moderne  I'oly- 
chromirung  entltellt;   im  Sockel   find  die  Buchitaben: 

E.H.S.C.C.I//  |  D.H.I.P.M.T.G  |  J.O.15//6. 
Die  vielleicht  auch  von  Marienthal  ftammt. 

In  der  Sacrillei  wird  noch  ein  wahrer  Schatz  von 
alten  Meßgewändern  aufbewahrt  und  auch  mit  Pietät 
gefchützt,  unter  denfelben  lind  befonders  zwei  gedickte 
und  ein  Antipendium  werthvoll.  Ein  zinnerner  Weih 
brunnkeffel  und  ein  Votivbild  (Maria)  geftiftet  von 
Friedrich  von  Noftitzt  aufs  dem  Haufs  Neunkirchen, 
Hauptmann  der  Herrfchaft  Gräffenftein  (655,  das  eine 
auf  Holz  gemalte  und  durch  guten  Umriß)  Iah  aus- 
zeichnende Umrahmung  hat,  find  noch  zu  erwähnen. 
.Arn  Friedhofe,  der  um  die  Kirche  fituirt  ift,  beftehen 
noch  einige  Grabrteine  der  Noftitze  und  von  Bürger- 
familien aus  dem  17.  Jahrhundert,  die  fich  durch  gute 
Ornamentation  und  ausdruckvolle  Behandlung  des 
figurlichen  Theiles  trotz  vieler  Beschädigungen  als 
beffere  Leiftungen  der  damaligen  Zeit  repräfentiren. 

Von  alten  Gebäuden  befitzt  Grottau  noch  das 
ehemalige  Schlots  aus  dem  14.  Jahrhundert  das  im 
\~ .    Jahrhundert    umgebaut    wurde  —  heute    die    alte 


CL 


Fabrik  genannt,  deren  Inneres  vielleicht  noch  einzelnes 
Intereffante  bergen  dürfte,  das  Aeußere  ilt  fchmucklos 
und  nur  durch  ein  Wappen  auffallend,  das  aber  auch 
bereits  aus  dem  iS.  Jahrhundert  ftammt.  fomit  aus  der 
Zeit  des  Niederganges  der  Herrfchaft  Grafenftein,  die 
unter  den  Burggrafen  Dohna  machtig  blühte. 

Eine  halbe  Stunde  von  Grottau  entfernt  liegt  der 
Ort  und  die  Burg  Grafenftein;  entschieden  das  be- 
deutendfte  Obicct  im  ganzen  Reichenberger  Bezirke. 
Impofant  auf  einer  Anhöhe  gelagert,  feffelt  dasfelbe 
besonders  durch  einen  mit  einer  fchmalen  Galerie  ver- 
fehenen  Thurm,  der  die  ganze  Gegend  beherrfcht.  Eine 
iffe  Aehnlichkeit  desfelben  mit  dem  in  Friedland  ilt 
unverkennbar.  Die  Burg  ftammt  aus  dem  n.  Jahrhun- 
dert, zu  welcher  Zeit  die  Berka  von  Duba  fie  inne 
hatten,  im  13.  Jahrhundert  kam  fie  in  den  Befitz  der 
Burggrafen  von  Dohna,  die  hier  durch  300  Jahre 
herrichten.  Die  jetzige  Geftalt  erhielt  das  Schloß  unter 
dem  darauffolgenden  Befitzer Georg  Mehl  von  Ströhlitz 
im  16.  Jahrhundert,  der  dasfelbe  umbauen  ließ  und  ins- 
befondere  die  durch  ihre  Malereien  fehr  bedeutende 
Schloß-Capelle  errichtete.  Nach  Mehl  von  Ströhlitz 
waren  die  von  Tfchirnhaus,  Später  die  Grafen  von 
Trautmannsdorf  Befitzer,  der  gegenwärtige  Eigen- 
thümer  ift  Graf  Clam  Gallas.  Durch  einen  Brand  im 
Jahre  1S43  wurde  das  Schloß  fehr  zerftört  und  mußte 
bei  der  Wiederherftellung  um  ein  Stockwerk  niedriger 
werden,  wahrscheinlich  wurden  auch  damals  die  präch- 
tigen Sgraffitomalereien  an  den  Außenmauern  durch 
Putz  verkleiftert,  der  jetzt  diefelben  verhüllt  und  nur 
an  den  vielen  losgelöften  Stellen  die  urfpriingliche 
Decoration  erkennen  läßt.  Aus  der  älteften  Zeit  diefer 
Burg  hat  fich  nur  am  Treppenthurme  ein  hiftorifch 
denkwürdiger  Rert  erhalten,  nämlich  eine  Treppen- 
ltufe.die  in  eingemeißelter  Arbeit  die  beiden  gekreuzten 
Eichenftäbe,  das  Wappen  derer  von  Duba  erkennen 
läßt  und  die  wahrscheinlich  bei  einem  Umbaue  hier 
eingefügt  wurde.  Die  Wände  des  oberen  Burghofes, 
an  denen  noch  Ueberrefte  von  Frescomalereien  zu 
fehen  Sind,  wurden  jedenfalls  durch  den  vorerwähnten 
Brand  ihres  Schmuckes  beraubt.  Verhältnismäßig 
wenig  verfehrt  ift  dagegen  die  Burg-  Capelle,  ein 
originell  gewölbter  oblonger  Raum  mit  Emporanlage 
auS  der  einen  Seite;  die  Malereien  der  Gewölbe  und 
Winde  Sind  zwar  etwas  verblaSst  und  durch  unge- 
schickte Reftaurirungen  verunstaltet,  haben  aber  trotz- 
dem noch  einen  bedeutenden  Kunftwerth.  Genial 
componirte  Figurengeftalten  beleben  die  keck  und 
Sicher  im  Charakter  der  deutschen  RenaiSSance  orna- 
mentirten  Flächen,  auch  die  Farbenftimmung  muß, 
nach  den  Stellen  zu  Schließen,  welche  der  Reftaurirung 
entgangen  find,  eine  vorzügliche  geweSen  Sein;  die 
Jahreszahl  1569,  die  noch  Sichtbar  ift,  gibt  uns  auch 
genau  die  Zeit  an,  zu  welcher  diefe  von  einer  Meister- 
hand herrührenden  Arbeiten  entstanden;  es  ift  die 
gleiche,  aus  welcher  die  beften  Leistungen  in  Süd- 
böhmen Stammen,  wo  der  Einfluß  des  benachbarten 
Bayern  Sich  mehr  geltend  machte.  Vollkommen  eben- 
bürtig dieSen  der  großen  Kunft  angehörenden  Fresco- 
malereien ift  nun  aber  auch  der  Capellenraum  in  feiner 
Ausstattung  mit  Betftühlen.  Diefelben  gehören  als 
kunstgewerbliche  Leistungen  der  damaligen  Zeit  zu 
dem  beften,  das  wir  in  Oefterreich  befitzen.  Weniger 
durch  eine  prunkvolle  und  koStbare  TiSchler-  und  Bild- 


hauerarbeit auffallend,  find  hier  durch  eine  gefchickte 
Uebertragung  und  Anwendung    des   [ntarfiafyftemes 

auf   die    Malerei    der    Füllungen    und    Friefe    bei    der 

teil  Mannigfaltigkeit  der  Motive,  Effecte  erzielt, 
die  den  Kenner  entzücken  müßen.  Die  Tifchlerarbeit 
bei  denfelben  ift  höchft  Schlicht  und  einfach,  die  ge- 
malten Füllungen  feffeln  dagegen  in  ihren  Stets  abwech- 
selnden Bandverfchlingungen  und  dem  zwifchen  diefe 
reizend  angeordneten  vegetabilischen  Ornamente  den 

iiauer  in  einem  Grade,  daSs  die  ordinäre  technische 
DurchSührung  derSelben  ganz  außer  Betracht  kommt. 
Die  Ornamente  find  nämlich  leider  nur  mit  Leimfarbe 
gemalt,  inSolge  defSen  natürlich  Schon  Stark  befchädigt 
und  bei  einzelnen  Sogar  nur  mehr  in  einer  Hälfte  die 
Zeichnung  zu  erkennen;  in  jedem  Jahre  Springen  die 
Farben  mehr  ab  und  Schließlich  wird  nichts  mehr  von 
dieSen  Mufterintarfien  übrig  Sein,  als  die  leeren  Holz- 
flächen. 

Der  MaierhoS  von  GraSenftein  trägt  über  den 
Portalen  die  Wappen  der  TrauttmansdorSf  und  die 
Buchstaben  A.  M.  G.  Z.  T..  Sowie  die  Jahreszahl  1656. 

Die  übrigen  DörSer  in  der  nächsten  Umgebung 
von  Grottau  und  Kratzau  datiren  ihren  Urfprung  nicht 
aus  dem  16.  Jahrhundert;  erft  gegen  das  Ende  des- 
selben, der  Glanzperiode  des  HauSes  Radern,  wurden 
die  in  denfelben  befindlichen  Kirchen  erbaut. 

Ober-Wittig,  eine  Stande  von  Kratzau  entfernt, 
verdankt  wahrscheinlich  feiner  ifolirten  Lage  und  der 
Armuth  des  KirchSpieles  die  Erhaltung  einiger  Ueber- 
bleibSel  aus  dieSem  Zeitalter.  Die  Kirche  wurde  [575 
vollendet  unter  der  Amtsverwaltung  Joachim  Ulrichs 
von  RoSenfeld;  der  Bau  derfelben  an  und  für  fich  bietet 
nichts  Bemerkenswerthes,  die  Glocken  dagegen  ver- 
dienen Beachtung.  Die  große  Glocke  trägt  unter  dem 
fchön  ftylifirten  Wappen  Rofenfeld's  die  Infchrift: 
Joachimus  Ulricus  a  Rofenfeldt  Praefectus  ditionis 
(Herrfchaft)  Reichenbergen fis.  Ferner:  Diefe  Glockhen 
ift  goSSen  durch  Brictyum,  Glockhengießer  von  Cin- 
perkh  (Zinnberg),  Bürger  auS  der  Newenftadt  zu  Prag 
zu  andechtigen  und  kryftlichen  Gebrauch  der  ErSamen 
Gemein  des  DorSs  Wittaw,  zu  der  Zeit  war  Richter. 
Johann  Frentzel,  dieElteften  der  Gemein  Gerge  Pufthel, 
Paul  Heider  und  KirchenSatter  Niclas  Resler  gefchehen 
ym  1575  Jahr   Gott  Sey  Lob  yn  Ewigkheit. 

Die  zweite  Glocke  mit  dem  Gallas'Schen  Wappen, 
Sehr  zarten  und  eleganten  Ornamenten  hat  die  Jahres- 
zahl 1667  und  die  Infchriften:  Franz  Ferdinand  Ignatz 
GraS  von  Gallas  Herzog  von  Lucera  und  Joannes 
Pricovey  Neo  Bolaislavienfis  Jung-Bunzlau)  me  fudit. 

Die  dritte  Glocke  hat  gothifche  Schriftzeichen 
und  keine  Jahreszahl,  diirfte  daher  eine  Widmung  von 
einer  anderen  reicheren  Gemeinde  fein,  vielleicht  von 
Grottau  oder  Kratzau. 

In  der  Kirche  SeSSelt  beSonders  ein  reizender  Silber- 
ner Kronleuchter  von  mäßig  großen  Dimenfionen, 
Doppeladler,  Sechs  Arme  mit  Dillen  oben  und  Sechs 
Arme  Sowie  KugelabSchluß  unten  durch  Seine  guten 
Verhältnisse  und  die  vorzügliche  Metalltechnik.  Der- 
selbe ftammt  wohl  aus  dem  17.  Jahrhundert,  Srüher  war 
er  in  dem  alten  Herrenhaufe,  dem  Sitze  der  herrschaft- 
lichen Amtsleute,  das  jetzt  zu  einer  Bauernwirthfchaft 
geworden.  Außen  am  Kirchthurm  befindet  fich  eine 
gut  erhaltene  In  SchriSttaSel  ausSandftein  mit  gut  Stylifirter 
Umrahmung,  Eng«  Isköpfchen  an  den  Seiten  um!  oben, 


CLT 


fowie  den  1  )oppelwappen  von  Frau/  Ferdinand  Mathias 
Reichsgrafen  von  Gallas  und  deffen  Gemahlin  Johanna 
Emerentiana  Gräfin  von  Gallas  1671. 

Neundorf,  ebenfalls  eine  Stunde  von  Kratzau  ent- 
fernt, ill  ein  wohlhabendes  Dorf,  das  zur  Zeil  dei 
Kadern  einen  großen  Maierhof,  eine  öffentliche  Bade 
Hube,  fowie  die  malerifch  an  der  Berglehne  liegende 
Kirche  erhielt,  welche  durch  einen  in  guten  Verhält- 
niffen  aus  dem  Viereck  ins  Achteck  übergeleiteten 
Kirchthurm  mit  ausdrucksvoller  Silhouette  des  Hein 
und  der  Laterne  fofort  das  Auge  des  Befchauers  feffelt. 
Am  Firfte  des  Kirchendaches  ill  an  Sülle  einesSanclus 
Thürmchens  eine abfchließende Krönung  aus  Schmied* 
eifen  angebracht,  die  in  ihrem  gefälligen  Linienfpiel 
auf  einen  tüchtigen  Meiller  fchlicßen  laßt  —  eine  der 
wenigen  guten  Schmiedearbeiten,  die  in  diefem  Bezirke 
exiftiren.  Der  Thurm  zeigt  in  feiner  Wetterfahne  heute 
noch  das  Wappen  der  Rädern,  in  deren  Befitz  das  Gut 
Neundorf  feit  1596  war;  Katharina  von  Rädern  wählte 
1612  dasfelbe  zu  ihrem  Witwenfitze  und  entfaltete  hier 
eine  fegensreiche  Thatigkeit.  Der  Kirchenbau  flammt 
vom  Jahre  1616.  Das  Innere  der  Kirche  ift  einfach, 
ohne  irgend  welche  bemerkenswerthe  Architektur; 
von  alten  Objeclcn  haben  fich  noch  erhalten:  der 
Taufftein,  zwei  gemalte  Glastafeln  mit  Wappen  und 
der  Jahreszahl  1618,  ähnlich,  doch  etwas  größer  als 
die  im  Reichenberger  Rathhaufe  und  ein  prächtiger 
achtarmiger  Meffinglufter  von  hohem  künftlerifchen 
Werthe.  Der  Taufftein  hat  ein  achteckiges  Becken, 
das  auf  den  quadratifchen  Fuß  übergeleitet  ift,  nach 
dem  guten  polychromirten  Wappen,  fowie  den  Buch- 
Itaben  D.H. V.L.  darüber  können  wir  fehließen,  dafs 
er  eine  Widmung  David  Ilain  vonLöwenthal's  gewefen. 
Der  Meffinglufter  hat  oben  einen  fehr  originellen  Ab- 
fchluß;  auf  einem  Adler  mit  ausgebreiteten  Flügeln 
reitet  ein  nackter  Mann,  deffen  Kopf  in  den  King  über- 
geht. Die  Arme  tragen  an  ihren  Enden  Mufcheln  mit 
den  Dornen  für  die  Kerzen. 

Im  Thurme  befindet  fich  eine  fchöne  Glocke  mit 
dem  Wappen  der  Rädern  und  darüber :  H.C.H. V.R. 
(Herr  Chriftoph  Herr  von  Rädern).  Die  Infchrift  lautet: 
Im  M  D.C.XIX  hat  der  wolgeborne  H.  H.  Chriftoph 
von  Rädern.  H.  auf  Friedl.  Reichenb.  und  Seitenb. 
Grofstelitz  Toft  und  Peiskratscam  Rom  Kays.  Maiet 
(Obrifter)  etc.  George  Wildt  zur  Zitaw  gos  mich. 

Die  übrigen  Dörfer  nächft  Kratzau  bieten  dem 
Forfcher  nur  fehr  fpärliches  Materiale;  nur  in  Weiß- 
kirchen (Eifenbahnftation)  ift  an  einem  Haufe  ein  altes 
Bergmannswappen,  eine  Wetterfahne  mit  der  Jahres- 
zahl 1518  angebracht,  das  Erwähnung  finden  möge. 
In  der  Kirche  dafelbft  ift  eine  fchöne  Glocke  von  1603, 
deren  <  >i  namente  gute  Behandlung  zeigen.  Dielnfchrift 
lautet:  „Kompt  liben  Leit  mit  Dank  vyr  Gottes  An- 
cht  und  mit  Pfalmen  lobiinget  unferin  Gott".  Dafs 
Weißkirchen  fehr  alten  Urfprunges  ift,  beweift  auch 
ein  Fragment  des  alten  Tauffteines,  welches  noch 
exiftirt  und  das  frühgothifche  Anklänge  zeigt. 

Nächft  der  Eifenbahnftation  Machendorf  bei 
Reichenberg  liehen  noch  auf  einem  (teilen  Felsrücken, 
der  auf  drei  Seiten  von  der  Neiße  umfioffen  wird,  die 
Trümmer  von  der  ehemaligen  Burg  Hammerßein,  dem 
Sitze  der  alten  herrfchaftlichen Burgvögte  zur  Zeit  der 
Biberfteine,  welche  von  hier  aus  bereits  im  14.  Jahr- 
hundert    das    Reichenberger    Territorium     verwalten 


ließen.  Hammerftein  ifl  gefchichtlich  befonder-  wegen 
der  um  den  Befitz  diefer  Burg  von  den  Biberfteinen 
gegen  die  Hufiten  geführten  Kämpfe  bemerkenswerth, 
die  heutigen  Burgüberrefte  flammen  wohl  aus  der  Zeit 
nach  den  1  [ufitenkriegen,  als  die  V(  fti  bereits  in  den 
Befitz  der  Dohna  von  Grafenftein  übergegangen  war. 
Unter  der  Herrfchaft  der  Kadern  war  Hammerftein 
fchon  eine  Ruine  und  heute  läßt  fich  kaum  mehr  die 
ehemalige  Grundrißanlage  aus  den  wenigen  Ueberreften 
erkennen.  Auffallig  ift  es,  dafs  felbft  hier  auf  diefem  in 
der  Gefchichte  bedeutenderen  Boden  fall  gar  k<  im 
Funde  gemacht  wurden,  trotzdem  zur  Zeit  des  Kahn- 
baues intenfive  Forfchungen  hier  angeftellt  wurden 
(die  nur  einen  verfchwindend  geringen  Erfolg  hatten). 
Zur  alten  Herrfchaft  Hammerftein  gehörten  im  14.  Jahr- 
hundert die  Kirchdörfer  Reichenberg,  Röchlitz  und 
Wratislawitz  (d.  h.  Maffersdorff ) ;  in  keinem  derfelben 
find  aber  heute  bedeutendere  Fragmente  aus  vor- 
hufitifcher  Zeit  zu  finden. 

Vom  Hammerftein  aus  führt  ein  Seitenthal  der 
Neiße  nach  Chrißophsgrund ',  einem  der  wenigen 
abgelegenen  Gebirgsdörfer  im  nördlichen  Böhmen, 
die  noch  im  Befitze  einer  Holzkirche  find.  Diefelbe 
flammt  aber  auch  fchon  aus  einer  fpäteren  Zeit  (1683) 
und  bietet  daher  in  ihrer  Architektur  nur  wenig  Be- 
merkenswerthes,  ebenfo  der  daneben  ifolirt  flehende 
Glockentriurm.  Dagegen  hat  fich  hier  noch  eine  re- 
fpeftable  Anzahl  von  guten  gewebten  Meßgewändern 
aus  dem  Ende  des  17.  und  18.  Jahrhunderts  erhalten, 
fowie  einige  alte  Meßbücher;  zwei  fchöne  Grabkreuze 
von  Schmiedeeifen  aus  dem  17.  Jahrhundert  müßen  be- 
fonders  hervorgehoben  werden.  Die  Glocken  find  un- 
bedeutend. 

Röchlitz,  eine  halbe  Stunde  von  Reichenberg 
entfernt,  befitzt  eine  Pfarrkirche  aus  der  Zeit  der 
Gegenreformation  mit  einem  gut  entwickelten  Thurme, 
der  in  feinem  Mauerwerk  auf  ein  älteresDatum  fchließen 
läßt.  Vom  Viereck  aufs  Achteck  übergeleitet,  ift  er 
heute  mit  einem  fchon  profilirten  Helme  gekrönt,  der 
in  feiner  Wetterfahne  Wappen  und  Namen  des  Grafen 
Franz  Ferdinand  von  Gallas  und  die  Jahreszahl  1692 
trägt.  Das  Schiff  wurde  mehrmals  umgebaut  und  ill  in 
der  Bauart  nüchtern,  befitzt  aber  in  dem  1709  geftifteten 
nicht  reizlofen  barocken  Hoch-Altar  ein  fchönes  Altar- 
bild von  einem  neapolitanifchen  Meifter.  Der  Taufftein 
aus  Stein  mit  Reliefdarfteilungen  des  Weinlaubs  ift  in 
feinem  Profile  bereits  ftark  barock  und  deutet  auf  die 
Mitte  des  18.  Jahrhunderts.  Eine  Seiten-Capelle  ift 
durch  ein  fchmiedeifernes  Gitter  abgefchloffen,  das  lieh 
noch  in  der  klaren  und  reinen  Linienführung  der  guten 
Renaiffance  bewegt  und  aus  dem  Ende  des  17.  Jahrhun- 
derts herrühren  durfte.  Dasfelbe  gilt  von  dem  Beicht- 
ilulil  in  feinen  einfachen  technifch  und  künftlerifch  gut 
aufgefaßten  und  angewendeten  Schnitzereimotiven. 
Die  Glocken  flammen  aus  dem  18.  Jahrhundert  und 
haben  keinen  Werth.  Unter  den  Meßgewändern  befinden 
lieh  noch  einige  belfere,  doch  ohne  Stickerei  aus  dem 
18.  Jahrhundert;  das  altetle  Objeet  in  der  Kirche  dürft. 
die  Monftranz  von  [666  fein,  eine  gute  Goldfchmi 
arbeit  der  ehemaligen  Zeit,  wahrfcheinlich  aus  Prag 
und  ein  theilweife  erhaltenes  altes  Meßbuch. 

Maffersdorf,  ebenfalls  eine  halbe  Stunde  von 
Reichenberg  entfernt,  hat  in  feiner  1700  durch  den 
Baumeifter   Marco    Antonio   Chanivalli    den   Urh< 


CL1I 


der  Kreuz-Kirche  in  Reichenberg)  erbauten  Pfarrkirche 
hichtlich  fehr  intereflantes  Obiect  bewahrt,  das 
mit  einer  fiir  die  hie:  id  immerhin  bemerk 

werthen    Pi  der   alten  Holzkirche   in  die  neu 

erbaute  übertragen  wurde.  Es  ift  dies  das  bereits 
früher  erwähnte  zinnerne  Taufbecken  mit  dem  Wappen 
Joachim  Ulrich  -  fenfeld,  des  Hauptmannes  der 

Herrfchaft  Reichenberg  unter  den  Kadern.  Das  Tauf- 
becken tragt  die  Infchriften:  „Anno  1563  ift  dies 
Werk  gemacht.  Amptmann  geweft  J.V.V.R."  Das 
Wappen  zeigt  auf  der  einenSeite  einen  Schwan,  auf  der 
anderen  ein  Querfeld  mit  drei  Rofen.  Am  unteren 
Rande  des  Beckens  ift  der  Spruch:  „Wer  da  glaubet 
und  getawet  wird,  der  wird  feiig.  Man 
bracht.  Unten  am   Fuße:   „l'aul  Y-  leifter  diefes 

Wer 

ßefonders  merkwürdig  find  ferner  zwei  holzge- 
fchnitzte  Heiligenfiguren,  die  in  der  Plaftik  fo\vi>hl  als 
der  Polychromirung  auf  die  fpätgothilche  Zeit  zurück- 
weifen, eine  Zeit,  aus  welcher  in  der  hiefigen  Gegend 
fall  nichts  erhalten  blieb,  in  der  ihre  Provenienz 
fomit  kaum  gefucht  werden  dürfte,  vielleicht  aus  dem 
g  flammend,  deflen  Inventar  zur  Zeit  Kaifer 
Jofeph  II.  an  diverfe  kleine  und  ärmere  Kirchgemeinden 
abgegeben  und  verftreut  wurde.  Diele  beiden  Figuren 
waren  früher  an  der  Orgel  in  Maffersdorf  angebracht, 
jetzt  liehen  he  in  der  Todten-Capelle;  urfprünglich 
fcheinen  fie  für  einen  Flügel-Altar  beftimmt  gewefen 
zu  fein.  Hie  thatfachliche  Exiftenz  einiger  Kirchen- 
ithe  vom  Böfig  in  den  benachbarten  Dorfern 
Langenbruck  und  Jerfchmanitz  gibt  zu  diefer  Ver- 
muthung  auch  einige  Berechtigung.  Wie  in  Röchlitz,  fo 
ift  auch  in  Maffersdorf  ein  fehr  gutes  Altarbild  aus  dem 
Anfange  des  iS.  Jahrhunderts,  ferner  ein  Beichtftuhl 
hervorzuheben;  die  vorhandenen  Meßgewänder  zählen 
mit  denen  von  Grottau  und  Chriftophsgrund  zu  den 
beflen  in  diefem  Bezirke  und  verdienen  die  pietätvollfte 
Schonu: 

Die  Glocken  find  aus  neuerer  Zeit. 

Langenbruck,  der  höchfte  Punkt  der  Reichcnberg- 
Turnauer  Bahn  am  Jefchkengebirge  ift  ein  wegen  der 
ungünftigen  Lage  und  einem  rauhen  Klima  fehr  wenig 
befuchtes  Dorf,  das  gleichwohl  bereits  im  14.  Jahr- 
hundert eine  eigene  Pfarrkirche  befaß;  die  jetzige 
Kirche  ift  ein  Bau  aus  dem  Ende  des  18.  Jahrhunderts 
und  nur  dadurch  bemerkensw  erth,  dafs  in  ihr  mehrere 
Stücke  des  Inventars  vom  Böfig  noch  exiftiren,  die  zur 
Zeit  Kaifer  Jofeph  II.,  als  der  Ort  wieder  eigene  Geift- 
liche  erhielt,  hieher  kamen.  Unter  diefen  find  zwei  fehr 
befchadigte  Altar-Bilder,  ein  Beichtftuhl,  zwei  Candc- 
laber  aus  Holz  mit  eingeftochenen  Ornamenten  und  ein 
Meßgewand  zu  erwähnen;  letzteres  zeigt  das  Granat- 
mufter  in  ftarker  Reliefftickerei  auf  blauem  Seiden- 
grunde, ift  zwar  fchon  ftark  befchädigt,  doch  noch  fehr 
werthvoll 

Die  Jerfchmanitzer  Kirche  befteht  auch  erft  f  it 
..  diefelbe  belltzt  zwei  Glocken,  einen  Beichtftuhl 
und  einige  andere  Geräthe  ohne  befonderen  Kunft- 
werth,  die  vom  Böfig  hieher  übertragen  wurden. 
Nach  den  Auslagen  der  dortigen  Pfarrer  follen  mehrere 
Kirchdörfer  im  Turnauer  Bezirke  reicher  bedacht 
worden  fein,  und  wäre  es  fomit  möglich,  in  denfelbcn 
noch  mehr  Schätze  zu  entdecken;  bei  der  großen 
Armuth  undgeringen  Bedeutung  der  beiden  erwähnten 


Geh  r    ift  es    erklärlich,    dafs    ihnen    nicht    die 

belferen  Stücke  des  Klofterfchatzes  zufielen. 

//,,■  bei  Reichenberg  mit  einer  Pfarrkirche 

und  einem  Meierhofe  aus  der    Zeit    der  Radern,  dem 

\6.  Jahrhundert,  fcheint  früher  wie  Neundorf  einer  der 

wichtigen  Vororte  gewefen  zu  fein,   durch  deren  An- 

fchlecht  der  Radern  mit   weifer  Fun 

Hmporblühen  ihrer  Städte  zu  fordern  und  zu  be- 
feftigen  fuchten.  Jetzt  ift  Habendorf  unbedeutend  und 
zu  Reichenberg  eingepfarrt.  In  der  Kirche,  deren 
Thurmanlage  nicht  ohne  malerifchen  Reiz  ift,  feffeln 
einige  gute  Meßgewänder  mit  Stickereien,  fowie 
Brocatgewebe  aus  der  Zeit  der  Gallafe  durch  ihre 
ftylvolle  Zeichnung;  ein  zinnernes  Wafchbecken  mit 
feitlichen  Handhaben  ift  auch  erwähnenswerth.  Das 
am  meiften  befriedigende  Fund-Object  ift  aber  die 
große  gut  ornamentirte  Glocke  mit  dem  Radern  fchen 
Wappen,  darüber  C.V.R.F.  (d.  h.Chriftoph  von  Rädern, 
Freiherr  und  die  Infchrift:  Georg  Wield  Glochengießer 
zur  Zittaw  gos  mich  den  4.  Oftobris  des  1600  Jares. 
I  '  Zeit  Pfarrherr  der  ehrwürdige  Herr  Andreas 
Heifche  G.H.S.L.  gottlicher  heiliger  Schrift  Lehrer 
Michael  Grüner  Richter  zu  Schwara  Gall  Rheil  Richter 
zu  Habendorf  etc.  Die  beiden  anderen  Glocken 
ftammen  aus  den  Jahren  1691  und  1700. 

Liebenau,  ein  Städtchen  von  circa  3400  Ein- 
wohnern an  dem  füdlichften  Ende  des  Reichenberger 
Bezirkes  und  gleichzeitig  der  böhmifch  - deutfehen 
Sprachgränze  gelegen,  ift  zwar  urkundlich  einer  der 
alterten  Orte  diefer  Gegend  und  w  ird  unter  dem  früher 
böhmi fchen  Namen  Hodkovice  bereits  im  12.  Jahr- 
hundert genannt,  ift  aber  heute  eine  Stadt  von  ganz 
modernem  Gepräge.  Die  Hufitenkriege,  der  drei 
jahrige  Krieg  und  mehrere  Brände  haben  den  urfprii 
liehen  Ort  total  vernichtet:  die  Kirche  allein  ift  ein 
Bau  aus  dem  Anfange  des  18.  Jahrhunderts,  die  ül  : 
Stadt  präfentirt  fich  in  dem  Gewände,  das  lie  nach 
dem  letzten  Brande  im  Jahre  1806  erhielt.  Bemerkens- 
werth  ift  bei  Liebenau  die  Thatfache,  dafs  es  im  1  1. 
Jahrhundert  auch  unter  der  Herrfchaft  der  Biberfteine 
ftand,  desfelben  Gefchlechtes,  das  die  Gegend  von 
Friedland  bis  Reichenberg  damals  inne  hatte  und  von 
dem  eine  Seitenlinie  noch  im  17.  Jahrhundert  auf  den 
benachbarten  Ofchitz  und  Devin  bei  Wartenberg 
I.eipaer  Bezirk    erwähnt  wird. 

1  He  Kirche  in  Liebenau  ift  ganz  fchmucklos  und 
verdiente  kaum  eine  Besprechung,  wenn  nicht  im  Inne- 
ren derfelben  Einiges  wäre,  das  befonderes  Intereffe 
erregen  muß.  Vor  allem  muß  auf  die  Sacrifteithur 
hingewiefen  werden,  ein  Unicum  in  ihrer  Art,  deflen 
Provenienz  zu  ergründen  wohl  der  Mühe  lohnte.  Diefe 
maffiv  aus  Eifen  gefchmiedete  Thür  ift  an  der  gegen 
die  Sacriftei  gerichteten  Seite  durch  aufgenu 
Blechftreifen  in  24  Felder  getheilt,  deren  jedes  ein 
verfchiedenes  Marienbild  enthält.  Auf  den  Blechftreifen 
find  in  einer  Schrift,  die  auf  das  16.  Jahrhundert 
fchließen  läßt,  die  zu  denfelben  gehörigen  Bezeich- 
nungen angebracht,  als:  Sa  Maria  von  Paffau,  Sa  Maria 
von  Kuttenberg.  Sa  Maria  von  Altbunzlau  etc.  Die 
Darftellungen  der  Maria  find  in  der  den  verfchiedenen 
Wallfahrtsorten  entfprechenden  conventioneilen  Weife 

ilten,  die  Malerei  ziemlich  gut  confervirt  und  zeigt 
diefelbe  bei  den  Bruftbildern  auch  künftlerifche  Auf- 
faffung.    Eine    infolge    diefes    Fundes    vorgenommene 


CL1I1 


genauere  Unterfuchung  di  i  gegen  das  Presbyterium 
gerichteten  Seite  diefer  Thür  ergab  nun  auch  die 
Refte  eines  großen  Vollbildes  „Chriftus  am  Kreuze", 
bei  welchem  die  Kopie  des  Chriftus,  der  Maria  und 
Magdalena  noch  theilweife  erhalten  und  zu  erkennen 
lind,  obwohl  das  Ganze  lehr  befchädigt  und  der  Zu- 
fammenhang  bei  den  vielen  losgebröckelten  Stellen 
der  Malerei  nur  fchwer  zu  rinden  ift.  Dafs  diefe  Thür 
nicht  immer  hier  gewefen  fein  kann,  liegt  auf  der  1  [and 
und  ill  auch  der  Beweis  hiefür  in  einem  am  unteren 
Ende  angeftückelten  Blechftreifen  vorhanden,  durch 
den  diefelbe  der  begehenden  Oeffnung  angepaßl 
wurde.  Woher  lie  aber  gekommen,  dafür  fehlen  alle 
Anhaltspunkte;  in  einer  Klofter- Kirche  war  fie  jeden- 
falls, die  am  nächften  liegende  Vermuthung  würde 
analog  mit  den  benachbarten  Orten  Jerfchmanitz  und 
Langenbruck  auf  den  Holig  weifen,  doch  bleibt  nicht 
ausgefchloffen,  dafs  diefelbe  bei  einer  Ausmufterung 
von  Prag  oder  felbll  Wien  hieher  übertragen  wurde, 
zumal  da  der  Zeitpunkt  ihrer  Adaptirung  für  die 
Liebenauer  Kirche  in  den  Erbauungsjahren  1717 — 1720 
gefucht  werden  muß,  wo  Liebenau,  Böhm.- Aicha  und 
Friedftein  im  Befitze  des  Klofters  der  Nonnen  zu 
St-  facob  in  Wien  waren,  dem  eine  Grafin  Ifolani  diefe 
1  lerrfchaften  zugebracht  hatte.  In  der  Sacriftei  be- 
finden fich  noch  eine  gut  profilirte  und  reich  ent- 
wickelte vergoldete  Monftranz  vom  Jahre  1713  mit  in 
Silber  aufgefetzten  Ornamenten,  Engelsköpfchen  und 
falfchen  Steinen,  ferner  ein  Crucifix  von  gleicher  ellip- 
tifcher  Bafis  aus  dem  Jahre  1735,  zwar  in  etwas  roher 


Arbeit,    doch   guter    Zeichnung,    zwei    gewebte   Meß- 
lem   [8.  Jahrhundert   und  ein  Meßbuch 
mit  Initialen  von  1627.  Das  zinnerm    Wafi  tibi  1  ken  und 
der  dazu  gehörende  kugelförmige  \\  her  mit 

Delphinkopf  find  genau  gleich  dem  in  der  Kirche  zu 
Habendorf (17.  Jahrhundert'.  In  der  Kirche  felbll  find 
nur  die  beiden  barocken  Seiten-Altare  von  eini 
Werthe,  in  der  Technik  find  diefelben  aber  auch 
fehr  mangelhaft.  Bemerkenswerth  find  die  Glocken 
der  Kirche.  Die  ältefte  flammt  nach  der  fnfehrift 
Anno  domini  millefimo  quincentefimo  XXXVII  vom 
Jahre  1537,  hat  gothifche  Buchftaben  und  Ziffern  und 
ift  in  Prag  gegoffen,  die  zweite,  dem  Kirchenpatron, 
dem  h.  Procop,  geweiht,  hat  1  im  böhmifche  Infchrift, 
die  Jahreszahl  M.C.C  C.C.C.L.I  und  ifl  in  Jungbunzlau 
gegoffen,  beide  befitzen  fonll  keinerlei  Ornamentirung. 
Am  Markte  von  Liebenau  fleht  eine  Peftfäule  von 
1710,  an  der  Saskaler  Straße  ein  Denkmal  mit  einer 
am  Kreuze  knieenden  Nonnengeftalt  als  Mittelfigur 
und  den  diefelbe  flankirenden  Statuen  des  Johannes 
und  Paulus  von  1750  in  vollkommen  gleicher  Durch- 
führung, wie  in  Böhm. -Aicha  und  Ofchitz,  die  damals 
zu  einer  Herrfchaft  gehorten.  Die  Peftfäufe,  das  Denk- 
mal und  die  fonll  in  Liebenau  befindlichen  Stein- 
Sculpturen  bei  der  Kirche  und  im  Orte  gehören  alle- 
dem fchon  ganz  verderbten  Barock-Style  an;  die  1 'ell- 
faule ift  vielleicht  erft  durch  die  Kcnovirungen  fo 
geworden,  wenigftens  zeigt  die  Baluftrade  noch  befferc 
charakteriftifche  Formen,  die  Figuren,  die  Säule,  fowie 
deren  Capital  find  aber  ftümperhaft  behandelt. 


Die  Schlüffel  aus  den  Ruinen  der  Vefte  Stubenberg  in 

Steiermark. 


Von  Leopold  v.  Beckh-Widmannßetttr. 


|US  den  Bergen  des  die  Gränze  zwifchen  Oefter- 
reich  und  Steiermark  bildenden  Wechfel  bricht 
die fchäumende Feiftritz  hervor, um  beiFürften- 
feld  die  Steiermark  zu  verlaffen  und  unter  St.  Gotthard 
lieh  mit  der  Raab  zu  vereinigen. 

Ihre  Ufer  fchmücken  eine  Zahl  von  Burgen  oder 
doch  die  Refte  folcher,  welche  die  ftolzen  Namen 
berühmter  Gefchlechter  des  Landes  tragen.  Den 
älteften  und  berühmteilen  unter  ihnen  wispeln,  nord- 
öftlich  des  weitfehauenden  Kulmberges,  die  Trümmer 
der  nur  mehr  in  der  Tradition  des  Volkes  lebenden 
alten  Veite  Stubenberg,  knapp  hinter  dem  gleichnami- 
gen Orte  auf  der  Krone  eines  Hügels,  dem  fogenann- 
ten  Kogerl. 

Diefe  Vefte  war  der  Urfitz  der  noch  zur  Zeit 
blühenden  fteierifchen  Dynalten  von  Stubenberg,  jenes 
in  Gefchichte,  Lied  und  Sage  verklarten  Adelshaufes, 
welches  feit  dem  Aufkommen  der  Gefchlechtsnamcn 
in  der  Vorderreihe  der  Fidlen  im  Lande  Steier  genannt 
wird.  Schon  im  Jahre  1170  werden  zwei  Stubenberger 
unmittelbar  hinter  machtigen  Grafen  in  der  Umgebung 
des  Kaifers  Friedrich  Barbaroffa  genannt. 

Die  Bedeutung  zu  fchildern,  welche  diefes  Haus 
von  da  an  in  den  nächften  Jahrhunderten  in   der  Ge- 

xra.  N.  F. 


fchichte  des  Landes  hatte,  ift  nicht  Zweck  diefes  be- 
fcheidenen  Auffatzes,  es  möge  genügen,  auf  die  in 
neuerer  Zeit  diesfalls  veröffentlichten  Schriften  zu 
verweifen.1 

Wohl  aber  gehört  es  zur  vorliegenden  Erörterung, 
dieStubenberge  zur  Zeit  desErlöfchens  der  fteierifchen 
Landesfürften  "aus  dem  edlen  Stamme  der  Baben- 
berger  im  Jahre  1246,  als  in  den  Ring  jener  mächtigen 
Landherren  der  fteierifchen  Mark  zahlend,  zu  kenn- 
zeichnen, in  welchem  mit  und  neben  ihnen  zunächft 
nur  die  Herren  von  Peckau-Pfannberg,  Pettau,  Kranich 
berg,  Teuffenbach,  Ehrenfels,  Liechtenftein  zu  Murau, 
Mahrenberg,  Offenburg,  Saldenhofen,  Schärffenbi 
Stadeck,  Weißeneck,  Wildon,  genannt  werden  können. 

Die  nicht  nur  durch  reichen  Grundbefitz  in  den 
Thalern  der  Mur.  Mürz  und  Feiftritz,  fondern  auch 
durch  vornehme  Familienverbindungen  begründete 
Machtfülle  der  Stubenberg  und  Kapfenberg  forderte 
von  ihren  Trägern,  in  den  wichtigen  politifchen  Han- 
deln der  Zeit  Partei  zu  ergreifen. 

1  l)r  C.  v.Wurxhach:  Biographifches  Lexikon  des  Kaiferthumes  Oeftcr 
reich,  XI..  Band  -'lie  Herren  und  Grafen  von  Stubcnl>crj;J  34  ff.  und  3  S: 
tafeln,  1879.  —  L.v.  Beckh-lVidmanßetteri  „Die  Porträts  in  Kupfcrftichen  der 
fteierifchen  Herren  und  1  Stubenberg"*  im  XXII.   Bande   der 

richte  unJ   Mittheilungen  des  Altcrthums-Vcrcincs  in    Wien-   1883. 


CLIV 


Diefe  Forderung  trat  befonders  nach  dem  Tode 
Friedrich  des  Streitbaren  heran,  wo  (ich  die  Männer 
aus  dem  Ringe  der  vornehmften  Edlen  vollbewußt 
„die  Haren  von  Steyeru  (d.  i.  vom  Lande  Steiermark) 
nannten  und  mit  jenen  Fürftlichkeiten,  welchen  fie 
damals  den  Herzogshut  de-  Landes  darboten,  klüglich 
um  das  Maß  von  Rechten  feilfehteu,  damit  die  Hoheit 
der  herzoglichen  Würde  den  Glanz  der  Gefchlechter 
nicht  zu  fehr  verdunkle.  Der  Pfemyslide  Otakar,  der 
nach  dem  Ausgange  des  Schiagens  bei  Kroißenbrunn 
am  Marchfelde'1260  die  Herrfchaft  über  die  Steiermark 
antrat,  ließ  aber   mit    fich   nicht  markten.   Und  daher 


Fig.  1. 

gewahren  wir  bald  einen  Umfchwung  in  der  Stimmung 
des  vornehmen  Adels,  welcher  die  Befchränkung  feiner 
Vorrechte  durch  den  kräftigen  König  beforgte.  Die 
Gefchichte  beladet  den  Pettauer  Friedrich  mit  dem 
Brandmal,  dafs  er  zu  Breslau  1268  dem  Könige  von 
diefem  Wechfel  der  Gefinnungen  Kenntnis  gab  und  als 
Häupter  der  Mißgcftimmten  die  Grafen  Bernhard  und 
Ulrich  von  Pfaunberg,  Hartuid  von  Wildon,  Wülfing 
(V.)  von  Stubenberg  und  den  Minnefänger  Ulrich  von 
Liechtenftein  benannte. 

Vor  den  König  entboten,  erklärten  fie  die  Anga- 
ben des  Pettauers  als  Verleumdung  und  forderten  den 
letzteren  zum  Zweikampfe.  Der  König  ließ  aber  alle  in 
ftrenge  Haft  nehmen  und  gab  ihnen  erft  dann  die 
Freiheit  wieder,  nachdem  er  die  Pfeiler  ihrer  Macht,  ihre 
fefteften  Burgen  hatte  fchleifen  laffen.  Den  Stubenberg, 
welcher  mit  Ulrich  von  Liechtenftein  auf  Burg  Klingen- 
berg in  Böhmen  verwahrt  worden  war,  traf  dies  Los 
hinfichtlich  feiner  Schlöffer  Kapfenberg,  Katfch,  Wül- 
fingftein  und  der  Stammburg  Stubenberg,  126S. 


Fig.  2. 

Heimkehrend  fahen  Wülfing  von  Stubenberg  und 
feine  Genoffen  nur  mehr  die  dachlos  emporftarrenden 
ausgebrannten  Mauertrümmer  ihrer  feilen  Burgen.  Im 
Gedenken  an  fie  keimte  der  Gedanke  an  Rache,  der 
nach  acht  Jahren  zur  That  wurde,  denn  die  Steirer- 
herren  waren  es  zunächrt,  welche  im  Jahre  1276  der 
böhmifchen  Herrfchaft  im  Lande  ein  rafches  Ende 
bereiteten. 

Doch  die  Vefte  Stubenberg  erftand  als  Schloß  zu 

itz  und   Trutz  nicht  wieder.  Diefe  Vefte  lag  abfeits 

von  den  Verkehrsadern  in  verborgenem  Thale.  während 

Kapfenberg  und  Katfch  knapp  an  der  Heerftraße  von 

Wien  über  den  Semniering  nach  Kärnten  und  Venedig 


weitaus  größere  Wichtigkeit  befaßen.  Diefe  winden 
daher  auch  als  feite  Wehrbauten  wieder  hergeftellt,  in 
Stubenberg  jedoch  wurde  nur  nächft  der  Pfarrkirche 
ein  kleineres  Amthau-  für  den  Verwalter  erbaut,  welches 
feither  mehrmals  feine  Gertalt  änderte,  das  letzte  Mal, 
wie  es  fcheint  im  16.  Jahrhundert,  wo  es  im  Style  jener 
Zeit  zu  einem  Schlöffe  erweitert  wurde,  deffen  Tage 
nun  auch  zur  Neige  gehen. 

An  der  Statte  der  Ruinen  der  alten  Vefte  Stuben- 
berg wurde  vor  mehreren  Jahren  ein  geschichtlich  nicht 
werthlofer  Fund  gemacht. 

Der  Sage  nach  fei  die  alte  Vefte  fo  umfangreich 
gewefen,  dafs  die  Befatzung  an  Sonn-  und  Feiertagen, 
um  in  der  Pfarrkirche  Platz  zu  finden,  in  zwei  Abthei- 
lungen zum  Gottesdienfte  geführt  werden  mußte.  Diefer 
Umrtand  erklärt,  dafs  bei  Grabungen  in  größerer  Tiefe, 
man  noch  heute  hie  und  da  auf  Mauerwerk  ftößt.  Im 
Jahre  1880  ließ  der  Befitzer  des  Grundes,  auf  welchem 
einft  die  alte  Burg  ftand,  der  Bauer  Patriz  Eiteljörg 
zum  Behufe  der  Anlegung  eines  Weingartens,  mehrere 
Umgrabungen  vornehmen.  In  der  Tiefe  eines  Meters 
deckte  er  an  einer  Stelle  die  Grundmauern  eines  Rund- 
thurmes  auf,  deffen  Innenraum  der  Größe  eines  ge- 
wöhnlichen Wohnzimmers  glich.  Die  Nachgrabung  in 
diefem  Räume  förderte  fchwarze  moderartige  Erde, 
gemengt  mit  Reften  von  verkohltem  und  verfaultem 
Holze  und  in  diefer  Maffe  drei  Schlüffel,  mehrere 
größere  Nägel,  endlich  ein  vom  Roft  völlig  zerrtörtes 
Schloß  zu  Tage. 


Offenbar  find  dies  Reliquien  aus  der  Zeit  der 
Zerftörung  der  Burg  im  Jahre  1268,  welche,  nach 
den  gefundenen  verkohlten  Reften  zu  urtheilen,  in 
Brand  gefleckt  worden  fein  muß.  Die  Schlüffel,  welche, 
obwohl  angeroftet,  noch  eine  gute  Erhaltung  aufwie- 
gen, gab  der  Finder  Patriz  Eiteljörg  dem  hochwürdigen 
Ortspfarrer  Herrn  Jofeph  Kneißl,  welcher  diefelben 
aus  Anlaß  eines  Befuches,  welchen  Frau  Gräfin  Anna 
von  Buttler,  geborne  Herrin  und  Gräfin  von  Stuben- 
berg, im  Herbfte  1885  der  Wiegenftätte  ihrer  Ahnen 
abftattete,  an  diefe  Dame  abtrat.  Letztere  gab  die 
Schlüffel  dem  fteiermärkifchen  Landes-Mufeum  ,Joan- 
neum"  in  Grätz  in  Verwahrung,  im  Geleite  einer  auf 
Pergament  gefchriebenen  Urkunde  vom  Lichtmeßtage 
des  Jahres  1887,  mittels  welcher  der  Stubenberger 
Pfarrherr  Jofeph  Kneißl  die  Provenienz  der  Schlüffel, 
wie  hier  erzählt,  bezeugt.  Die  neuerlichen  Bemühungen, 
aus  der  1268  zerftörten  Burg  noch  andere  Reliquien, 
insbefondere  Schloffer  zu  Tage  zu  fördern,  blieben 
ohne  Erfolg. 

Die  genannten  Schlüffel,  circa  i/3  hier  in  Abbildung 
beigegeben,  geben  fich  nach  dem  Vergleiche  mit  den 
zeitgenöffifchen  Stücken  der  rühmlich  bekannten 
Sammlung  von  Schlöffern  und  Schlüffeln  des  Herrn 
Andreas Dülinger  in  Wien  als  zweifellos  echteProducte 


CLV 


des  13.  Jahrhunderts.  Der  größte  (Fig.  1)  ift  20-3  Cm. 
lang,  hat  runden  Griff,  Ilohlmhr,  der  Bart  befteht  aus 
zwei  Lappen,  von  welchen  der  äußere  zwei,  der  innere 
einen  Einfchnitt  hat.  Her  nach  der  Große  nächft- 
folgende  (Fig.   2)    ift  19-5   Cm.   lang,   hat  compacten 


viereckigen  Stiel  mit  trapezförmigem  Griff,  im  breiten 
einfachen  Bart  innen  einen,  außen  zwei  Einfchnitte. 
Der  kleinfte  (Fig.  3)  ifl  19  Cm.  lang,  hat  ein  volles 
viereckiges  Köln-  mit  trapezförmigem  Griff,  der  Bari 
ift  jenem  des  Schlüffels  Fig.  1  gleich  gefchnitten. 


Ueber  die  bedeutendften  limoufiner  und  rheinifchen  Schmelz- 
arbeiten des  12.  und  13.  Jahrhunderts  auf  der  kirchlichen  Aus- 

ftellung  in  Wien. 


Von  Prof.  Dr.  IV.  A.  Nmmann. 


S  darf  als  eine  gefichertc  That fache  angenom- 
men werden,  dafs  fchon  in  jenen  Zeiten,  welche 
man  als  prahiltorifch  bezeichnet,  in  Mittel- 
Europa  das  wirkliche  Email  und  zwar  die  Gruben- 
fchmelzarbeit  bekannt  war  und  wollen  tue  Archäologen 
eine  Stelle  im  Virgil  und  eine  im  Donatus  von  dem 
Emailarbeiter  und  Taufchirer  auslegen.  Das  öfter- 
reichifche  Mufeum  befitzt  feit  neuefter  Zeit  Proben 
diefes  -prahillorifchen"  Emails.  Nicht  alfo  braucht 
ausfchließlich  von  Byzanz  die  Kenntnis  des  Emails  zu 
den  Völkern  der  Balkanhalbinfel  und  weiter  in  den 
Wellen  gedrungen  zu  fein;  nicht  braucht  die  Gruben- 
fchmelzarbeit  dadurch  entftanden  zu  fein,  dafs  man  für 
die  theuren  Goldemailwerke  der  Byzantiner  fich 
billigeres  heimifches  Surrogat  machte.  Die  Thatfache 
wird  vielmehr  anders  liegen.  Gerade  wie  vonPanticapea 
aus  die  Kenntnis  des  urfprünglich  aus  dem  fernen 
Often  ftammendenEmailwerkes  nachByzanz  vordrang, 
fo  haben  auch  die  barbarifchen  Völker  der  Balkan- 
halbinfel ihr  vom  byzantinifchen  abweichendes  Email- 
werk direel:  vom  Norden  her  erhalten;  denn  die  foge- 
nannten  bulgarifchen  Schmelzarbeiten  (die  erfte  Nie- 
derlaffung  der  Bulgaren  war  eben  am  Don  und  der 
Wolga)  gehören  zu  jenen  Grubenfchmelzwerken  (Emaux 
champleves),  welche  wir  oben  erwähnt  haben,  und 
welche  bei  den  Byzantinern,  foviel  wir  bis  heute  wiffen, 
nicht  geübt  wurden.  Auch  treffen  wir  bei  denSüdflaven 
die  Technik  des  Zellenemails  mit  Kupferlamellen  (fiehe 
Ausft.  Nr.  515),  während  das  feine  echtbyzantinifche 
Email  (man  vergleiche  die  Rückfeite  des  großartigen 
Ilohenfurterkreuzes  Nr.  511)  nur  auf  Gold  gefchmolzen 
wurde.  Wie  auch  jenes  barbarifche  Wandervolk  ge- 
heißen habe,  welches  fchon  die  Römer  mit  dem  Email 
bekannt  machte,  die  Heimat  des  Emails  darf  nicht  in 
Byzanz,  fondern  muß  bei  den  nördlichen  Barbaren  und 
noch  weiter  zurück  im  fernen,  auch  heute  noch  in 
der  Metallurgie  unerreichten  fernften  Orient  gefucht 
weiden.  Mag  ja  fein,  dafs  diefes  Wandervolk  von 
der  Macht  der  römifchen  Kaifer  nach  Afien  zurück- 
gedrängt, die  Kenntnis  des  Emails  Jahrhunderte 
lang  in  Mittel-Europa  verfchwinden  ließ:  ficher  find 
wahrend  und  nach  der  Völkerwanderung  in  Ungarn, 
am  Rhein,  an  der  Mofel  und  an  manchen  Funkten 
Galliens  Kunftwerke  entftanden,  welche  mit  Email 
geziert  waren,  und  fei  es  auch  nur  jenes  Email,  das  die 
Zellenwände  auf  kaltem  Wege  mit  gefchnittenen 
Stückchen  Glas  oder  mit  Halbedelfteinen  anfüllte,  um 
eine  bildähnliche  Zeichnung  auf  dem  Metalle  zu  er- 
halten. Denn  folchc  Mofaiken  in  Goldzellen  finden  wir 


im  Schatze  von  Ravenna,  im  ungarifchen  National- 
Mufeum,  an  den  goldenen  Kannen  des  Attila-Schatzes 
in  dem  k.  k.  Antiken-Cabinete  zu  Wien,  unter  den 
merovingifchen  Gräberfunden.  Daneben  aber  muß 
dort,  namentlich  wo  dieKunft  des  Glasmachens  geübt 
wurde,  immerhin  fich  jene  prähiftorifche  Emaillirkunll 
erhalten  haben,  die,  fobald  man  nach  ihr  begehrte,  auch 
gleich  wieder  aufblühte.  Wir  haben  deutfehe  Schmelz- 
werke des  IO.  Jahrhunderts,  welche  fchon  das  byzan- 
tinifche  feine  Goldemail  nachahmten,  wir  hören,  dafs 
St.  Eligius  feinen  Kelch  mit  Schmelzwerk  gefchmückt 
habe.  Vielleicht  war  dies  denn  doch  ein  anderes  als 
jenes  obige  merovingifche  kalte  Email?  Man  vergleiche 
das  Email  merovingien  bei  Viollei  le  Duc.  Mobil.  II. 
pl.  XXXIX  mit  den  prähiftorifchen  Emailen  des  öfter- 
reichifchen  Mufeums.  Am  Rheine,  wie  weit  drüben  im 
Weiten,  in  Limoges  können  ganz  unabhängig  von 
einander  fich  die  Refte  jener  uralten  Emailtechnik  er- 
halten haben,  die  fogleich  auflebten,  als  nach  ihnen  die 
Nachfrage  war.  Und  dafs  diefe  Nachfrage  nicht  ver- 
löfche,  das  bewirkte  die  Verbindung  der  Merovinger 
mit  Byzanz,  fo  dafs  einer  derfelben  fogar  koftbare 
heimifche  Werke  in  die  ftolze  Kaiferftadt  fenden 
konnte.  Aber  fei  es  dafs  die  Limoufiner  es  nicht 
wagten,  größere  Arbeiten  als  die  Medaillons  find  zu 
übernehmen,  fei  es  dafs  fie  keine  Kunde  von  dem  jetzt 
zu  Erzählenden  erhielten,  wir  erfahren  Folgendes: 

Als  im  Jahre  1144'  der  kunftfinnige  Abt  Suger 
von  S.  Denis  eine  koftbar  emaillirte,  mit  figuralifchen 
Darftellungen  aus  dem  A.  und  NT.  gefchmückte  Säule 
haben  wollte,  welche  dazu  beftimmt  war,  ein  kunftvoll 
gearbeitetes  Kreuz  zu  tragen,  feinen  ihm  in  ganz 
Frankreich  kein  Künftler  fähig,  diefen  Auftrag  zu  über- 
nehmen, fo  dafs  der  große  Förderer  der  Kunde  fich 
gezwungen  fah,  deutfehe  Künftler  zu  berufen.  Er  berief 
einige  Goldfchmiede  von  Lothringen,  welche  in  der 
Emailtechnik,  wie  fie  an  der  Mofel  und  am  Rheine  von 
uralten  Zeiten  überkommen  und  mit  Hilfe  byzan- 
tinifcher  Künftler  weiter  ausgebildet  war,  wohl  erfahren 
waren.  Was  die  Goldfchmiede  Deutfchlands  den  von 
der  Theophanu  mitgebrachten  byzantinifchen  Meiftem 
verdankten,  dasverdankten  die  franzöfifchenEmailleure 
den  deutfehen  Meiftem  aus  der  Rheingegend,  welche 
nun  Theophanu  nicht'  verließen.  Nun  die  Technik  ver- 
vollkommt  war,  die  Nachfrage  nach  Emailwerken  leb- 
haft wurde,  entftanden  in  Limoges  und  ficher  auch  in 

1  Dr.  Heider,  Emails  uns  dem  Schatze  des  St.  Stcphans-Üotnes  in  Wien 
1859.  (S.  A.)  S.  6  —  u ml  Heidtr,  l>cr  Altar-Anffatz  im  regnlirten  Chorherrn- 
(lifte  Klofterneuburg.  1860.  (Mitth.  des  Wiener  Alterthnms  Vereines  IV.)  S.  n. 


CLVI 


andern  Orten  des  füdlichen  Frankreich,  aber  auch  in 
l'aris  und  in  Flandern  Schulen  für  Email;  überall  dort, 
wo  die  Glasmalerei  blühte,  kann  nach  einer  Emailleur- 
fchule  gefucht  werden;  der  Goldkelch  des  heil.  Remi- 

mit  feinen  occidentalen  Cloifonnes  (jetzt  im  Dom- 
fchatze  von  Reims  kann  nicht  viele  Jahre  von  der 
deutfehen  Befruchtung  entfernt  fein.  Diele  Befruchtung 
darf  aber  keineswegs  als  eine  lehr  tiefgehende  da; 
(teilt  werden,  weil  fonlt  die  von  der  rheinifchen  lehr 
ftark  differirende  Limoufiner-Technik  und  Farben- 
ftimmung  nicht  erklart  werden  könnte. 

Ein  Opus  Lemovicenfe  erfcheint  zuerlt  in  einem 
;~0  nach  England  iiberfiedelten  Mönches 
Johannes  an  den  Prior  des  Klofters  S.  Viftor.  Kaum 
hundert  Jahre  nach  Gründung  der  Schule  von  Limoges 
waren  die  Erzeugniffe  derfelben  fo  berühmt,  dafs  jeder, 
der  nach  S.  Jago  di  Compostella  pilgerte,  feiner  Kirche 
einLimoufiner-Andenken  mitbringen  wollte.  Uebrigens 
dürften  folche  Arbeiten  auch  in  Bourges,  Touloufe, 
Clermont,  in  Paris  gemacht  worden  fein,  und  dürfte  nur 
dann  volle  Sicherheit  über  die  Provenienz  herrfchen, 
wenn,  was  ziemlich  leiten  ift,  der  Limoufiner  Meider 
feinen  Namen  auf  fein  Werk  gefetzt  hat. 

Die  werthvollften  Stücke  der  Limoufiner  Email- 
fchule  kamen  wohl  nicht  in  unfere  Lander,  fie  blieben 
in  Frankreich  oder  wanderten,  —  man  erinnere  fich, 
dafs  feit  1154  der  ganze  Weiten  Frankreichs  bis  an  die 
Pyrenäen  im  Befitze  der  englifchen  Konige  war  — 
nach    England.     Einzelne    diefer    höchft    werthvollen 

tze  haben  fich  in  Frankreich  noch  durch  die  Revo- 
lutionsfUirme  bis  heute  gerettet.  Aber  die  große  Menge 
der  Reliquiare  und  Weihrauchfaßchen  und  andere  mit 
Limoufiner  Schmelzwerk  gezierte  Geräthc  wanderten 
1701  wagenfuhrenweife  in  die  Münze,  fo  dafs  Frankreich 
eigentlich  im  Auslande  feine  Limoufiner  Werke  ftudi- 
ren  muß.1 

Wir  fagen  nicht  zu  viel,  wenn  wir  die  Wiener 
kirchliche  Ausftellung  als  die  bisher  reichfte  an  alten 
Limoufiner  Schmelzarbeiten  erklären;  nicht  oft  mehr 
wird  es  glücken,  fo  viel  (und  dazu  Meifterftücke  erften 
Ranges  1  Werke  diefer  Schule  zufammenzubringen.  De 
Linas  kennt  z.  B.  14  Stationskreuze,  welche  ziemlich 
zerltreut  find,  darunter  das  fchöne,  den  Limoufiner 
Charakter  deutlich  wiedergebende  Kreuz  von  St.  Paul 
in  Kärnten  'Kat.  Nr.  539),  dann  aus  dem  Kolner  Dom- 
fchatz,  von  Pfalzel  und  Nürnberg;  aber  unfer  Limou- 
finer Stationskreuz  vom  ruthenifchen  Nationalhaus  in 
Lemberg  (Nr.  513)  kennt  er  nicht,  auch  nicht  das  Kreuz 
von  der  Pfarre  Ludefch  (Nr.  526).  Wenn  aber  diefe 
Stücke  mit  dem  gekrönten  Chriltusleibe,  der  fo  über- 
trieben mager  gezeichnet  ift,  deffen  Füße,  obfehon  fie 
unter  dem  Knie  eng  auf  einanderliegen,  unten  doch 
fo  auseinandergehen,    dafs   jeder    Fuß    einen    eigenen 

el  hat,  wenn  diefe  Chriftus  mit  dem  emaillirten 
Lendentuche  und  den  eingefetzten  blauen  (auch 
rothen  Augen  Limoufiner  Arbeit  find,  weil  ihre  Kreuze 
Anzeichen  diefer  Schule  haben:  dann  müßen  auch 
andere  Chriftusgeftalten,  deren  Kreuze  eben  nicht 
erhalten  find,  wie  z.  B.  Nr.  542  (ohne  Email)  derfelben 
Fabrik  zugefchrieben  werden. 

ifine.  Paris  1 83'.'.  Extr.iit  du  Bulletin 
de  la  Soc.  d'art  et  d'h;:  ,  ,ine.  IV.)  —  Siehe  auch  in  Melanges 

d'art  et  d'archeol.  II  (18&7)  einen  kritlich-archäologifchen  Bericht  über  die 
Güldfchmied-  und  Etnailarbeiten  limoufiner  Provenienz  in  der  Ausftellung  von 
Limoges  1866. 


Wir    gehen,  um  die  Eigenheiten   der  Limoufiner 


Arbeiten  zu  illuftriren, 

der  hervorra 'cndlten 


in  Folgendem  die  Befchreibung 
Limoufiner  Stücke   diefer  Aus- 
ftellung, infofein  üv  nicht  fchon  oben  von  uns  erwähnt 

lind.  Es  find  das  Reliquiare. 

Diefe  Limoufiner  Reliquien  Kärtchen  zeigen  einen 
fehr  einfachen,  nur  auf  das  Anbringen  von  Schmelzwerk- 
platten berechneten  Aufbau,  ein  Coffret,  Kiltchen 
mit  Satteldach.  Auf  der  Rückfeite  befindet  (Ich  ein 
Thürchen,  welches  wie  bei  den  ehemaligen  Kaufladen 
herabzulaflen  iil ;  oder  aber  ift  der  Verfchluß  unten  auf 
dem  Boden,  feltener  vorne.  Auf  dem  Firlte  des  Daches 
findet  fich  —  nicht  bei  allen  —  ein  Kamm,  welcher 
auch  wohl  mit  Figuren,  oder  mit  emaillirten  Runden, 
auch  mit  Edelrteinen  geziert  ilt. 

Nr.  552  unferes  Kataloge-  iil  ein  folches  Kittchen 
aus  Holz  verfertigt,  mit  Kupferplatten  belegt.  F.-  ge- 
hört dem  Stifte  Krcmsmünfter.  Die  Vorderfeite  des 
leiben  zerfallt  wie  bei  faft  allen  Kaltchen  diefer  Pro 
venienz  in  drei  Felder:  das  mittlere  weilt  die  Paffions- 
gruppe  dar,  wahrend  in  den  zwei  Seitenfeldern  je  ein 

el  unter  rundbogiger  Architektur  fich  befindet. 
Der  ganze  Leib  des  Gekreuzigten,  fowie  die  Köpfe 
der  übrigen  Figuren  find  aus  Meffing  gegolten;  lein 
eifelirt  und  aufgelöthet.  Die  Figuren  der  Heiligen  und 
der  Kngel  find  immer  nur  aus  dem  Fonde  ausgefparl 
und  fo  Itark  gravirt,  dafs  fie  wie  eine  Art  Relief  aus- 
feilen. Chriftus  hat  den  Kreuznimbus,  deffen  Grund 
mit  welligen  Kreifen  bemalt  ilt.  Diefe  Wellenlinien 
im  Nimbus  gehören  zu  den  Charakterifticis 
Limoufiner  Emails.  Dazu  find  auch  die  verfchieden 
großen  gemalten  Rofetten  zu  rechnen,  welche  ohne 
irgend  beftimmte  Symmetrie  überall  dort  den  Grund 
beleben  follen,  wo  Platz  für  fie  ilt.  Das  Dach  der 
Vorderfeite  zieren  folche  Kreife  auf  dunkelblauem 
Grunde  mit  gekreuzten  lichtblauen  Fmailbändern,  ein 
Teppichmulter. 

Aehnlich  wie  die  vordere  Dachfläche  ift  die  rück- 
wärtige Hauptfläche  des  Reliquiars  geziert,  fo  dafs  es 
den  Anfchein  hat,  als  wäre  nur  der  Deckel  verkehrt 
befeftigt;  denn  die  rückwärtige  Dachfeite  entfpricht 
der  oben  befchriebenen  vorderen  Wandfiache:  hier  ift 
der  thronende  Welterlöfer  dargeltellt,  von  zwei  Engeln 
(St.  Michael  und  Raphael?)  begleitet,  der  Grund  ilt  mit 
dem  für  Limoges  charakteriftifchen  Ranken-  und  Blatt- 
werk geziert.  Den  Dachfirft  krönt  ein  Kamm  mit  zwei 
Relieffiguren  und  Brultbild.  An  den  beiden  Stirnfeiten 
befindet  fich  eine  jugendliche  Geftalt  in  einer Mandorla, 
wahrfcheinlich  Jefus  Chriftus.  Beide  Platten  find  aber 
geradezu  identifch,  zeigen  alfo  auf  fabriksmäßige  Arbeit. 
Der  blaue  Streifen  im  Grunde  fehlt  nicht.  Alter:  Ende 
des  12.  Jahrhunderts.1 

Aus  diefer  Schilderung  ift  zu  erfehen,  dafs  es  fich 
in  Limoges  zunächft  um  die  Belebung  des  Grundes  für 
die  ausgefparten  Figuren  handelt;  dafs  aber  weiter  der 
Limoufiner  Styl  fich  aus  dem  Bewußtfein  der  Limou- 
finer Künftler  von  der  Unhaltbarkeit  ihres  Emails  auf 
ißen  ununterbrochenen  Flächen  wie  mit  Naturnoth- 
wendigkeit  herausbildete.  Denn  einen  anderen  Zweck 
können  der  breite  horizontale  Streifen,  fo  wie  die 
Sterne    und    Quadrate  nicht    haben.    Ganz  anders  ilt 

1  Milth.  d.  k.  k.  Cenlral-Comm.  zur  Erforfchung  der  Baudenkmal'.,  XIII, 
pag.  C.WIII.  lltider  und  EitMergrr':  Mittelalterliche  Kunftdenkmalc  des 
öfterr.  Kaiferftaates,  I!d    II,  S.  61  ff. 


CLVII 


der  Hintergrund  der  deutfchen  Emailplatten  bearbei- 
tet; entweder  mit  Sternen  oder  mit  Bäumen  oder 
anderer  Scenerie  belebt.  In  der  Limoufmer  ■  Kunil 
kommt  dies  feiten  vor,  und  find  in  folchen  Fällen  die 
["otalität  der  Farbenftimmung  und  die  anderweitigen 
Kennzeichen  heranzuziehen. 

Wir  kommen  zu  den Reliquienkiftchen  vonKlofter- 
neubt 

Nr.  533.I  [auptanficht  ganz  analog  dem  de-  von 
Mitten  Chriftus  gekreuzigt,  auf  grüngemaltem  Kreuz- 
llamme  mit  ausgefpartem  Blattwerk  ;  der  Crucifixus 
ganz  relief,  mit  Kreuznimbus  und  Wellenlinien  im  Grunde 
des  Nimbus.  Neben  dem  Kreuze,  die  Hohe  des  Quer- 
balkens nicht  erreichend,  liehen  St.  Maria  und  Johan- 
nes, Figuren  aus  dem  Grunde  ausgefpart,  Hark  gravirt, 
Kopfe  hoch,  aufgelöthet.  Dunkelblauer  Grund  mit 
Ranken  und  Blumen  in  zwei  Farbenfcalen:  weiß,  blau, 
dunkelbraun  (?);  und  gelb,  grün,  roth.  Ober  dem  Quer- 
balken find  vier  Kreife  ausgefpart,  von  denen  zwei 
allerdings  Sonne  und  Mond  fymboliren  können.  Links 
und  rechts  von  der  Kreuzigungsgruppe  findetfich  unter 
Rundbogen  je  ein  Apoftel  (gravirt,  Kopf  aufgelöthet 
Oben  auf  dem  Dache  erfcheint  mitten  in  derMandorla 
Chriftus  auf  dem  Regenbogen  fitzend,  als  Weltrichter  ge- 
krönt, fegnend.  Der  ganze  Körper  nur  ausgefpart,  der 
Kopf  aber  hoch,  aufgelöthet,  der  Grund  ift  mit  Rank- 
werk ausgefüllt.  Links  und  rechts  unter  Rundbogen 
vier  Heilige:   zwei  mit  Buch  (Apoftel),  zwei  mit  Rollen 

ipheten).  Die  Rückfeite  ifl  fowohl  unten  als  an 
derDachfchrägemit  einem Stoffmufter  (Kreife)  emaillirt; 
bezeichnend  ift  die  fchmale  braune  Bordüre,  welche 
fall  den  Eindruck  des  fogenannten  Email  brun  macht, 
nur  hie  und  da  eine  andere  Grundfarbe  hat.  An  den 
beiden  Stirnfeiten  find  Heilige  mit  Rollen  in  den 
1  linden  in  mandelförmiger  Umrahmung,  Grund  blau 
mit  zwei  lichtblauen  Querftreifen,  belebt  mit  Runden: 
weiß,  blau,  dunkelbraun,  und  gelb,  grün,  roth.  Die 
Figuren  find  nur  gravirt. 

Katalog.  535:  Grund  dunkelblau,  Eintheilung  des 
Beides  mit  dem  gekreuzigten  Heiland  und  der  Kreuzi- 
gungsgruppe wie  oben.  Links  und  rechts  je  ein  Engel. 
Bios  der  Korper  des  gekreuzigten  Heilandes  in  Relief, 
foult  die  Figuren  nur  gravirt  und  der  Kopf  hoch, 
aufgelöthet.  Auf  der  Dachfchräge  Chriftus  als  Welt- 
richter auf  dem  (nicht  emaillirten)  ausgefparten  Regen- 
bogen, das  nimbirte  Haupt  gekrönt,  in  der  Linken  das 
Buch  des  Lebens,  mit  der  Rechten  fegnend.  An  den 
zwei  Stirnfeiten  je  eine  Heiligengeftalt.  Rofetten, 
R  mkenwerk  und  horizontale  Querftriche  im  Grunde 
wie  oben. 

Vergleicht  man  hiemit  das  Prager  Reliquiar,  bei 
Eitelberger:  Kunftdenkmale  II  Taf.  XII,  fo  erkennt  man 
deutlich, dafs  dies  in  die  Gruppe  derLimoufiner  Arbeiten 
gehören  muß.  Die  Limoufmer  Stücke  der  kaif.  Ambra- 
fer  Sammlung  find  nun  ebenfalls  leicht  als  folche  er- 
kennbar,   und    werden    kaum   mehr   der   „rheinifchen 

tule"  zugefchrieben  werden.  So  auch  die  paar 
Stücke,  welche  das  öfterreichifche  Mufeum  befitzt. 

Das  dritte  Kärtchen  vonKlofterneuburg(Nr.534)  ift 
größer,  es  hat  an  der  fenkrechten  Vorderfeite  in  einer 
Mandorla  Chriftum,  als  Weltrichter  fitzend  auf  dem  in 
Email  mit  einem  als  Zinnen-Mutter  deffinirten  Re 
bogen;  auf  dem  Haupte  die  Krone,  die  Rechte  fegnend; 
die  Linke   hält    ein    gefchloffenes  Buch,  er  hat  Tunica 


und  Pallium  an.  Die  ganze  Geftalt  gegoffen  und  auf 
den  Emailgrund  aufgenietet,  mit  fchwer  fichtbaren 
Bronzenägeln,  flark  gravirt.  Ihm  zur  Rechten  die  heil. 
Maria,  zur  Linken  St.  Johannes  in  mandelförmiger  Um- 
rahmung. Die  Zwickeln  zwifchen  den  drei  Mandorlen 
find  durch  die  Kopfe  dei  I  iftenfymbole   gravirt), 

die  vier  Zwickel  zwifchen  den  zwei  äußeren  Mandorlen 
und  dem  Gefammtrahmen  diefer  Platte  find  durch  far- 

Schildzeichnungen  belebt.  Aber  auch  fonfi  find, 
wo  irgend  Kaum  ift,  die  farbigen  Rofetten  und  Blatt- 
werk ohne  Rücklicht  auf  Symmetrie  vertheilt.  Der 
Grund  in  den  Mandorleh  ift  durch  dunkelblaue  I  [ori 
talftreifen  gegliedert,  welche  durch  farbige  Ranken  und 
Kreife  als  wie  mit  Edelfteinen  belebt  find.  Die  beiden 
Engel,  die  überdies  in  der  Vorderfeite  noch  fich  belin- 
den, find  ebenfalls  en  relief  und  aufgenietet.  In  derfelben 
Weife  find  die  drei  Kreife  auf  der  Vorderfeite  des 
I  '  "  lies  behandelt,  in  welchen  je  ein  Engel  dargeftellt 
ift,  jeder  mit  befonderer  Bewegung  der  rechten  Hand, 
während  die  Linke  ein  Buch  hält.  Die  ganze  Ruckfeite 
hat  ein  in  Metall  imitirtes  Stoffmufter  (Kreife,  KuxXarov  . 
die  feine  Bordüre  hat  braunen  Grund.  Die  beiden 
Stirnflächen  haben  in  mandelförmiger  Umrahmung  je 
einen  Apoftel:  Einen  bärtigen  und  einen  unbärtigen. 
Der  Querftreifen  fehlt  auch  hier  nicht. 

Auf  die  Zeit,  wann  diefe  drei  Reliquiare  entftan- 
den  find,  näher  einzugehen,  würde  entfehieden  zu  weit 
führen.  Es  genügt  zu  fagen,  dafs  man  mit  Recht  nicht 
jenen  alten  Angaben  unbedingt  nachfpricht,  welchen 
zufolge  jene  Kärtchen  unter  dem  zweiten  Propfte,  Otto 
von  Freifing  1122 — 1132  in  den  Bcfitz  des  Haufes 
kommen  fein  follen.  Es  fprechen  fich  gewichti 
Stimmen  für  das  Ende  des  12.  Jahrhunderts  aus. ' 

Nr.  537  des  Katalogcs  zeigt  uns  ein  kubifches 
Reliquiar  mit  vierfeitigem  Helmdach.  Die  oberen  vier 
Ecken  des  Kärtchens  find  mit  mehrfachen  Knäufen 
geziert,  der  Knauf  oben  auf  dem  konifchen  Dach  wächft 
aus  einem  Blattkelche  hervor.  Die  Nordfeite  zeigt  die 
Kreuzigungsgruppe,  wie  fie  oben  fchon  befchrieben  ift, 
nur  hat  das  Kreuz  diesmal  die  Infchrift:  1HS  XPS  und 
zwei  Engel  in  Bruftbild  über  den  Kreuzesarmen;  die 
Köpfe  aufgelöthet,  Figuren  ausgefpart  gravirt,  Leib 
Jefu  Chrifti  hoch;  die  Schienbeine  eng  gefchlolien, 
aber  die  Füße  felbft  fo  auseinander,  dafs  jeder  von 
einem  Nagel  durchbohrt  erfcheint.  Zwei  grünblaue 
Horizontalbänder.  Das  Dach  fchmückt  ober  derKreuzi- 
gungsfeene  eine  lange  hagere  flehende  Geftalt,  ficher 
Chriftus  mit  zwei  buchtragenden  Engeln.  Auf  der 
Aversfeite,  wo  ein  kleines  Thürchen  angebracht  ift, 
befindet  fich  unter  einem  Rundbogen  und  einzelnen 
Thurmzeichnungen,  welche  wohl  die  Stadt  Rom  dar- 
fteilen follen,  der  heil.  Petrus  auf  einem  kiffenbelegten 
Throne,  in  der  Rechten  die  Schlüffel,  in  der  Linken 
ein  Buch.  Er  hat  die  Pänula  mit  dem  Pallium  an,  wie 
ein  Bifchof.  Die  anderen  Seiten  zeigen  a)  die  Gottes- 
mutter in  einer  breiten  mandelförmigen  Umrahmung 
von  vier  Engel  in  den  vier  Ecken  umgeben,  darunter 
auf  dem  Dache  ein  Engel,  und  gerade  gegenüber 
bj  das  Grab  des  auferftandenen  Heilandes,  als  werth- 
voller  Stein  in  der  Zeichnung  gekennzeichnet,  das 
Laken  hängt  heraus.  Die  drei  Frauen  mit  Salben - 
büchfen  erfahren  vom  Engel,  der  ein  Scepter  in  einer 
etwas  fchwierigen  Stellung  hält,  dafs  der  Heiland  auf- 

'  .Mitth.  d.  k.  k.  Centr.-Comm.  Bd.  VI,  S.  241   ff. 


CLVIII 


erftanden  fei.  Ein  Ampel  hangt  herab.  Auf  der  Dach 
fläche   darüber  ein  Engel.  Ueberall,    wo    Platz  ift,  die 
bekannten  Rofetten  ohne  Andeutung  der  Scenerie. 

In  diefe  Reihe  gehört  auch  ein  im  felben  Karten  be- 
findliches kleines  Reliquiar.  Nr.  5  s  Furften  Liech- 
tenftein.  N  ;  dann  ein  Ciborium.  das  derSammlung 
XSx.Figdor  entflammt.  Nr.  544.  Hier  tritt  nebft  anderen 
Kennzeichen  der  Limoufiner  Fabriken  das  Merkmal 
hervor,  dafs  der  dreimal  wiederkehrende  Namen  Jefus 
durchNachläffigkeit  umgekehrt  geftellt  ift.SHL  Gerade 
durch  Nachläffigkeit  in  der  Epigraphie  zeichnen  Geh 
die  Limoufiner  Arbeiten  aus.  Aber  auch  die  Columba, 

von  Salzburg  hat  in  den  Farben  der  Federreihen 
jene  obigen  zwei  Nuancen,  die  an  den  Limoufiner  Blumen- 
Ornamenten  erkennbar  find:  weiß,  blau,  dunkel;  und 
gelb.  grün,  dunkelroth.  In  fchönfter  Vereinigung  fleht 
man  diefe  beiden  Farbenreihen  an  einer  Blume  in  der 
L-maillirten  Pedumkrümme  zu  Sens  bei  Viollet  U  Duc 
Mot.  II.  pl.  49.  Die  zwei  Weihrauchfchiffchen  549. 
;;o.  haben  die  Rofetten  der  Limoufiner;  wie  denn 
-  die  Limoufiner  Weihrauchfchiffchen  in  den  alten 
Schatzverzeichniffen  erfcheinen.  —  Es  ift  eine  reiche 
Sammlung  von  Limoges! 

Während  an  den  Limoufiner  Arbeiten  die  ein- 
zelnen Farbentöne  keck  und  fchroff  immer  ohne  den 
vermittelnden  Goldfaden  aneinander  gefetzt  find, 
finden  fich  folche  Schroffheiten  an  den  deutfehen 
Schmelzwerken  fehr  feiten.  Wenn  ja  auch  diefelben 
zwei  Farbenreihen:  weiß,  blau,  dunkel  ibraun,  oder 
fchwarzi  und  gelb,  grün  und  roth  fich  hie  und  da  auf 
rheinifchen  Emailen  finden,  fo  find  fie  nicht  fo  exelufiv, 
fondern  es  finden  fich  daneben,  namentlich  inBorduren, 
noch  andere  immer  zart  abgeftimmte  Farbenreihen. 
Hier  ift  alles  wohlerwogen,  die  ganze  Mache  höchft 
forgfältig,  wie  individuell  gearbeitet.  Es  find  eben  keine 
Dutzendwaaren,  welche  unter  größtmöglicher  Arbeits- 
theilung  fchnell  und  billig  fabrizirt  wurden,  was  in 
Limoges  gefchah,  fondern  in  den  allermeiften  Fällen 
fefte  Beftellungen.  Aber  auch  fonft  ergeben  fich  Unter- 
fchiede,  welche  der  aufmerkfame  Lefer  aus  unferer 
Befchreibung  eines  höchft  werthvollen  Stückes  rheini- 
fcher  Arbeit  felbft  herausfinden  wird. 

Es  ift  die  fchöne  Reliquientafel  des  St.  Stephans- 
Domes,  welche  wahrfcheinlich  nur  durch  die  Gering- 
werthigkeit  ihres  Materiales  davor  gerettet  worden 
ift,  mit  dem  anderen  Reliquienfchatze  eingefchmolzen 
zu  werden.'  Die  Tafel  Nr.  521  befteht  aus  vier  größeren 
und  zwei  kleineren  Feldern,  welche  figuralifche  Darftel- 
lungen in  Email  champleve  enthalten.  Die  Umrahmung 
jedes  einzelnen  Theiles  bildet  (abgefehen  vom  metal- 
lifchen  Rande  ein  aus  hellen  und  dunkleren  Streifen 
beftehendes  Band:  der  äußerfte  Streifen  ift  blaßblau  in 
zwei  Nuancen,  dann  folgt  ein  breiteres  dunkelblaues 
Band,  welches  auch  zur  Aufnahme  der  Umfchriften 
dient;  dann  folgen  Streifen  von  lichtblauer  und  grüner 
Farbe,  den  Schluß  nach  innen  bildet  ein  gelbes  Um- 
rahmungs-Ornament. So  forgfam  diefe  Umrahmung, 
ganz  verfchieden  von  der  Limoufiner  ift,  die  höchftens 
das  fchmale  braune  Leiftchen  mit  dem  textilen  Stern- 
mufter  kennt,  fo  eigenthümlich  wirkt  es,  dafs  die 
Nimben  derFiguren,  ihre  Füße,  dieEnden  ihres  Kleides 
u.  f.  w.  weit  in   diefen  Rahmen  hineinragen.  Die  vier 

1  Das  Verdienft,  diefes  künftlerifch  hochbedeutfame  Emailwerk  , ent- 
deckt" zu  haben,  gebührt  dem  R.  v.  Came/tna. 


eren  enthalten  Scenen  aus  dem  A.  T.  Auf  der  erften 
das  Opfer  Abrahams;  unten  der  Widder,  der  mit  den 
Hörnern  in  einem  Dornftrauche  fich  verfangen  hat; 
neben  ihm  die  Juftitia  als  nimbirte  Frauengeftalt.  in 
der  Rechten  eine  Wage;  Infchrift  oben:  Plena-  micant  ■ 
flenis  (!  fignisi:  aries,  Abraham,  puer,  ignis.  Grund 
blau,  um  die  Figuren  ausgefpart,  gravirt,  die  tiefen 
Stellen  der  Gravirung   mit    dunklem   (rothem  r    Email 

efüllt;  allb  diefelbe  Technik,  wie  an  den  Figuren 
desVerduner-Altars.1  Darunter  befindet  fich  die  zweite 
Tafel,  welche  den  greifen  Patriarchen  Jacob  vorftellt. 
wie  er  mit  kreuzweis  verfchränkten  Armen  feine  Enkel 
Ephraim  und  ManalTe  fegnet  i^Gen.  49,  14  .  Unterhalb 
des  Bildes  ift  die  Prudentia  mit  einer  Schlange  in  der 
Hand:  Randumfchrift :  Signa  notanda:  manus  com- 
mutat  quod  neteranus  ilies:  ueteranus).  Das  dritte 
Bild  oben  rechts  ftellt  den  Tau-Schreiber,  vom  Aus- 
zuge aus  Aegypten,  vor  Exod.  XII.  ~.  13  .  welcher 
diefes  Heilzeichen  hoch  auf  den  Giebel  eines  ftattlichen 
Haufes  fchreibt,  in  der  Linken  das  Hörn  für  die  Tinte; 
im  Thoreingange  fängt  eine  Geftalt  das  Blut  des  ge- 
fchlachteten  Lammes  auf;  im  Hintergrunde  fcheint 
eine  Geftalt  zu  fliehen:  Umfchrift  am  Rande:  Scribere 
quicurat  Tau,  vir  facra  figurat.  Die  vierte  Darfteilung 
rechts  unten  zeichnet  die  Rückkehr  der  Kundfehafter 
mit  der  Riefentraube  aus  dem  .gelobten  Lande-, 
Umfchrift:  Qui  cruce  portatur  botrus,  botro  typicatur. 
Die  Temperantia  fitzt  unten,  und  gießt  Waller  in  einen 
Wein  enthaltenden  Krug.  Da  diefe  vier  Bilder  an 
ihren  demCentrum  der  Bilder  nahen  Ecken  Ausfchnitte 
haben,  fo  entftehen  hier  zwei  dreifeitige  Feldchen, 
welche  mit  der  Darftellung  des  Aquilo  und  Aufler,  wie 
die  Infchriften  fagen,  ausgefüllt  find.  Diefe  Bildchen 
weichen  infofern  von  den  anderen  Emaux  ab,  als  die 
Gefichter  genau  in  der  Weife  bemalt  find,  wie  an 
den  Miniaturen,  wo  die  Lichtpartien  des  Fleifches 
in  einer  helleren  Lafurfarbe  aufgefetzt  find.  Die 
Genien  der  Winde  haben  Nimben  und  halten  in  den 
Händen  geflügelte  Köpfe,  aus  deren  Mund  der  Wind- 
hauch ausftrömt.  *  Das  Emaihverk  gehört  ins  12.  oder 
13.  Jahrhundert  und  dürfte  wohl  erft  im  15.  oder  16.  Jahr- 
hundert zu  diefem  Tafelreliquiair  zufammengeftellt  wor- 
den fein.3 

Zu  den  rheinifchen  oder  allgemeiner  deutfehen 
Grubenfchmelzwerken  gehört  auch  der  Fuß  der  Rotula 
von  Kremsmünfter*  und  der  mit  Email  gefchmückte 
Bifchofflab  (525   von  St.  Florian. 

Immer  diefelbe  gleichmäßige  ruhige  Stimmung  in 
den  Farbentönen,  wie  dasfelbe  Trennen  fcharfcontra- 
ftirender  Farben  durch  den  neutralen  Goldflreifen,  das- 
felbe Abwägen,  die  Anwendung  von  Infchriften,  der 
ruhige  Grund  ohne  Rofetten.  das  leife  Andeuten  der 
Scenerie.  Vergleichen  wir  damit  die  Limoufiner- 
Arbeiten,  fo  zeigt  fich  ein   fo  durchgreifender  Unter- 

'  Vom  Meifter  des  Verduner-Altars  flammt  höchft  wahrfcheinlich  das  in 
der  völlig  gleichen  Manier  gearbeitete  kokt  Ciborium  von  Kloftcrneuburg,  aber 
ich  möchte  in  feiner  Schule  auch  den  Meifter  unferer  Tafel  fuchen.  Ueber 
Xicotausvon  Verdun  üehe  „Annalcs  archeol.  lom.  XXII.  p.  200''  wo  auch  ein 
datirtes  Werk  (1305'  desfelben  angegeben  ift.  Der  Propft  Gweruer  von  Kloftcr- 
neuburg  hat  1 18z  dasfelbe  gethan.  was  Suger  von  Denis  1144.  Nur  dafs  Nicolaus 
Verdun  Klofterneuburg  wieder  verließ,  um  einem  ehrenvollen  Rufe  nach 
Tournay  zufolgte. 

:  Vergl.  dazu:  DiJrffn,  Annalcs  arch.,  III,  357  und  IX,  181. —  Ledebur, 
Leitfaden  für  die  k.  Kunftkammer,  S.  2. 

'  Mitth.  d.  k-  k.  Centr.-Comm.  UI.  Bd..  S.  38z  ff.  (Siehe  oben  Note  1, 
Seite  CLV.) 

'  Mitth.  d.  k.  k.  Centr-Comru.  VI.  Bd.,  S.  65  ff.  Wann  wird  einmal  die 
nichtsfagende  Benennung  ,, Rotula"  aufhören,  und  die  richtige  Bezeichnung 
„flabellenförmiges  Vortragekreuz"  zur  Anerkennung  kommen : 


CLIX 


fchied  in  der  Totalftimmung  der  Farben,1  in  der  Aus- 
füllung des  blauen  Grundes  mit  Kofetten-  undjRanken- 
werk,  in  dem  Vermeiden  der  Symmetrie,  in  der  kärg- 
lichen Anwendung  von  (oft  verfchriebenen)  Infchriften, 
in  der  Behandlung  der  Nimben,  dafs  der  gewöhnliche 
Erklärungsgrund  für  diefe  Verfchiedenheit  vom  rheini- 
fchen  Email  nicht  ausreicht.  Man  fagt  nämlich,  und 
/war  mitRecht,  dafs  die Limoufmer Schmelzwerke  unter 
größter  Arbeitstheilung  fabriksmäßig  erzeugt  worden 
feien,  wahrend  die  deutfehen  Emailleure  nur  auf  Be- 
ftellung   arbeiteten.  *  Aber   auch   die   feinen  Schmelz- 

1  (Jeber  das  Verhältnis  des  deutfehen  zum  Limoufiner  lüuail  fiehe: 
Vortrage  ^erncUU'*,  am  wiflenfchaftlichcn  Congrefs  von  I.imoges,  abgedruckt 
in  Cauinout:  Bulletin  Monumental,  Nr.  a,  Bd.  VI,  Serie  III.  fowic  ganz  befon- 
ders  die  Arbeiten  des  um  die  Kenntnis  des  Limoufiner  Emails,  hochverdienten 

OS,    deren    eine  Anzahl   im   Jahre   1886  in   einem  Sammelh le 

erschienen  find,  und  von  denen  eine  oben  in  Aum.  2  angezogen,  und  well  he 
in   durchgreifender  Weife  in   unferer  Arbeit   benützt   find. 

-  Siehe  die  Zeichnung  der  Grabplatte  lies  Bifchofs  Philipp  de  Dreux, 
bei  Viollct  le  Duc.  Mob.  II,  pl.  XLVII.  namentlich  den   Grund  derfelben. 


werke  von  Limoges,  die  nicht  fabriksmäßig  gemacht 
worden  find,  haben  denfelben  Charakter.  Es  müßen 
alfo  noch  andere  Gründe  jenen  Unterfchied  bedingen. 
Vielleicht,  dafs  der  feit  1 15.4  dauernde  I'.'  fitz  England  . 
etwa  die  nordifch  rauhe  normannifche  Kunft,  auf  (liefe 
Technik  Einfluß  übte?  Vielleicht,  dafs  wirklich  «1er 
engere  Zufammcnhang  von  Limoges  mit  dem  Oriente 
die  Frage  in  die  richtigen  Hahnen  hineinlenkt.  Die 
arabifirenden  den  cufifchen  Buchftaben  nachgebildeten 
Ornamente  am  Ciborium  des  Magifter  G.  Alpais  von 
Limoges  im  Mufeum  des  Louvre  konnten  vielleicht,  zu- 
sammengehalten mit  anderen  Stücken  franzöfifi  Im  n 
Urfprungs,  die  ebenfolche  cufifche  Buchftaben  zur  Zier 
verwendet  haben,  den  Weg  anzeigen,  wo  diefer  Kinfluß 
zu  finden  fei. 


Die  Wigalois-Bilder  im  Sommerhaufe  der  Burg 

Rungelftein. 


Von  Ernß  Karl  Gräfin    Waldpin. 


fS  fei  mir  geftattet,  die  Mittheilung  zu  machen, 
dafs  es  mir  gelungen  ift,  im  nördlichen  Traft 
der  Burg  Rungelftein  (Tyrol)  den  größeren 
Theil  einer  Reihe  von  bisher  zumeift  unberückfichtigt 
gebliebenen Fresco-Gemälden  zu  copiren,  welche  fowohl 
in  Betreff  ihrer  einftigen  künftlerifchen  Ausführung,  als 
auch  des  in  ihnen  behandelten  Stoffes  keineswegs 
hinter  den  im  darüber  liegenden  Stockwerke  befind- 
lichen Triftan-  und  Garelbildern  zurückftehen.  Indem 
ich  mir  die  Veröffentlichung  meiner  Zeichnungen  und 
die  eingehendere  Befprechung  derfelben  bis  auf  weite- 
res vorbehalte,  glaube  ich  mich  für  diesmal  nur  auf  eine 
kurze  Befchreibung  der  Bilder  befchränken  zu  dürfen. 

Diefelben  befinden  fich  in  jener  Bogenhalle,  die 
dem  Befucher  der  Burg,  fobald  er  den  Hofraum  be- 
treten hat,  fogleich  in  die  Augen  fällt  und  die  den  Hof 
in  feiner  ganzen  nördlichen  Breite  begränzt. 

Gleichwie  ehemals  im  darüber  liegenden  Stock- 
werke, theilte  auch  im  Erdgefchoße  eine  dünne 
Zwifchenwand  den  inneren  Raum  jener  Halle  in  eine 
ollliche  und  weftliche  Hälfte.  Deutliche  Spuren  diefer 
früheren  Zwifchenwand  find  noch  jetzt  an  der  Wand 
und    an    dem  Deckengebälke    der  Halle   zu    erkennen. 

In  der  örtlichen  Hälfte,  die  dem  darüber  liegenden 
Triftan-Saale  entfpricht,  konnte  ich  trotz  eifrigen 
Suchens  bisher  nicht  die  geringften  Anzeichen  einer 
etwa  früher  dafelbft  befindlichen  Malerei  entdecken. 
Wohl  aber  lohnten  die  Bilderrefte,  die  an  den  Wänden 
der  weltlichen  (unter  dem  Garel-Saale  befindlichen) 
llalfte  bei  genauer  Beobachtung  hervortraten,  meine 
Bemühungen  in  hohem  Maße. 

Obwohl  es  zuweilen  einer  gewiffen  Geduld  und 
Ausdauer  dazu  bedurfte, die  ftellenweife  fehr verblaßten 
Linien  mit  den  dunklen  Schattirungen  und  weiß  auf- 
getragenen Lichtern  zu  verfolgen  und  feftzuftellen, 
unterzog  ich  mich  dennoch  diefer  Aufgabe  um  fo  lieber, 
nachdem  ich  im  Frühling  1881  gleich  neben  den  Um- 


riffen  einer  Reiterfigur  den  erklärenden  Namen  „gravein  " 
entdeckt  hatte,  und  bald  darauf  auf  der  benachbarten 
Wandfläche  die  Geftalt  des  „Ritters  mit  dem  Rade"' 
mit  dem  darüber  flehenden  Namen  „vigelas"  zum  Vor- 
fchein  kam,  wodurch  mir  alfo  der  Beweis  erbracht  war, 
dafs  ich  hier  jene  Bilder  zu  Wirnt  von  Gravenberg  s 
„Wigalois"  vor  mir  hatte,  nach  denen  einft  ein  Saal  im 
„fumerhaws"  diefer  Burg  benannt  wurde  („Vigeles  fal" 
Schönherr,  das  Schloß  Rungelftein,  S.  52). 

Auf  grünlichem  Grunde  entworfen,  tragen  diefe 
Malereien  eine  ziemliche  Aehnlichkeit  mit  jenen  des 
Triftan-Cyclus  zur  Schau.  Doch  drängte  fich  mir  bei 
näherer  Betrachtung  die  Anficht  auf,  dafs  die  Zeichnung 
bei  den  Wigalois-Bildern  mehr  ihren  urfprünglichen 
Charakter  bewahrt  habe,  d.  h.  nicht  fo  oftmaligen 
fpäteren  Reftaurirungsverfuchen  unterworfen  war,  wie 
beifpielsweife  jene  der  vorher  genannten  Bilderreihe. 
Dafs  aber  auch  an  ihnen  mindeftens  einmal  eine  folche 
Auffrifchung  vorgenommen  wurde,  fchien  mir  durch 
das  bisweilen  doppelte  Vorkommen  desfelben  Namens 
bei  einer  und  derfelben  Figur  bewiefen.  Jedenfalls 
möchte  ich  dann  auch  das  gefchmacklofe  Hinzumalen 
von  rothen  Flammen  nnd  Blutftrömen,  wo  immer  es 
nur  halbwegs  zu  paffen  dünkte,  auf  die  Rechnung  des 
fpäteren  Reftaurators  fetzen. 

Die  urfprüngliche  Anzahl  der  Bilder,  die  durch 
weiß  aufgetragene,  etwa  zollbreite  Streifen  von  einander 
gefchieden  find,  läßt  fich  nun  wohl  nicht  mehr  genau 
beftimmen.  Nahezu  die  Hälfte  derfelben  ging  bereits 
gelegentlich  des  Hinwegräumens  jener  vor  der  er- 
wähnten Zwifchenwand,  und  fpäter  noch  bei  dem  im 
Herbfte  1868  erfolgten  Abfturz  eines  Theiles  der  nörd- 
lichen Hauptmauer  verloren. 

Ehe  ich  zur  eigentlichen  Befchreibung  der  Refte 
diefer  Bilderreihe  übergehe,  wie  ich  fie  zuletzt  im 
Sommer  des  Jahres  1882  zu  fehen  Gelegenheit  hatte, 
darf  ich  nicht  vergeffen,  noch   eine  Bemerkung  voraus 


CLX 


zu  fchicken.  Bald  nach  jenem  Ereigniflfe  des  Jahres  i 

war  innerhalb  der  Halle  längs  der  Abfturzftelle.  fowohl 
zum  Schutze  der  Baulichkeiten,  als  auch  zur  Sicherheit 
der  Bewohner  und  Befucher  Rungelfteins,  eine  Rie 
wand  aufgeführt  worden.  Durch  diefelbe  wurde  jedoch 
leider  auch  die  nordwellliche  Ecke,  fowie  der  daran- 
lloßende    bis    zur    Abfturzftelle    reichende   Theil    der 

imauer   von  dem    übrigen  Räume   der  Halle    . 
ftän  efchloffen,  und  der  Zutritt  zu  den  dafelbft 

noch  befindlichen  Malereien  nahezu  unmöglich  gemacht, 
wollte  man  denfelben  nicht  durch  einen  Sprung  über 
den  Abgrund  erzwingen.  Da  ich  vermuthcn  durfte,  bei 
einer  etwaigen  fpäteren  Reftaurirung  der  Burg,  die 
damals  fchon  in  den  Hereich  der  Wahrfcheinlichkeit 
getreten  war,  meine  KenntnilTe  in  Betreff  jener  Wand- 
flächen auf  weniger  fchwierige  Weife  bereichern  zu 
kennen,  begnügte  ich  mich   einftweilen  damit,  meine 

Pachtungen  von  einerkleinen  Oeffnung  der  befa. 
Riegelwand  aus  anzuftellen.  Von  hier  aus  war  ich  wohl 
in  der  Lage,  die  mir  gegenüber,  zunächfl  an  der  oft 
genannten  Abfturzftelle  befindlichen  Bilder  und  den  in 
ihnen  behandelten  Gegenftand  zu  erkennen,  vermochte 
aber  bei  den  anderen  Darftellungen,  je  weiter  fie  (ich 
der  oben  genannten  Ecke  näherten,  nur  einzelne 
Striche,  und  diefe  meifl  undeutlich,  wahrzunehmen. 
Ich  konnte  daher  auch  nicht  mehr  thun,  als  in  Folgen- 
dem zu  den  betreffenden  Nummern  nur  ein  einfaches 
^ezeichen  zu  fetzen,  und  muß  überdies  die  Möglich- 
keit zugeben,  dafs  fich  auf  jenen  Theilen  der  Wand- 
fläche, die  ich  mit  Nr.  5  und  20  bezeichne,  flatt  einer 
einzigen  je  zwei  gefonderte  Darftellungen  befanden. 
Die  Reihe  der  Bilder  beginnt  im  oberen  Theile  der 
weltlichen  Wand,  und  zwar  von  der  dem  Hofe  zunächft 
liegenden  Ecke  aus: 

Xr.  1.  König  Joram  überreicht  der  Königin  Gino- 
vere  den  Zaubergürtel.  —  Die  Ritter  der  Tafelrunde 
reiten  zum  Kampfe  um  diefen  Gürtel  aus. 

Nr.  2.  Gawein  leiftet  als  Befiegter  dem  König 
Joram  den  Eid  der  Treue  und  reitet  mit  ihm  in  fein 
Land. 

Nr.  3.  Gawein's  und  Joram's  Ankunft  vor  des 
Letzteren  Burg. 

Nr.  4.  Gawein  wird  dafelbft  bewirthet 

Nr    5 

Nr.  6.  ? 

Nr.  7.  Gawein's  'oder  Wigalois'  :i  Abfchied  von 
Florie.  Im  Hintergründe  eine  halb  in  byzantinifchem 
Style  gehaltene  Architektur,  von  deren  Zinne  eine 
weibliche  Geftalt  die  uns  der  beigefügte  Name  als 
„florye"  kenntlich  macht)  dem  unten  im  Vordergrunde 
erfcheinenden  Reiter  Lebewohl  zuwinkt. 

Hier  war  die  Reihe  der  Bilder  durch  den  Abfturz 
der  Mauer  unterbrochen,  daher  wir  uns  gleich  der  füd- 
lichen  Wand  der  Halle  zuwenden  müßen. 

Nr.  8  Wigalois'  Sieg  über  den  Herrn  des  Zeltes 
(Vers  3551— 35< 

Nr.  <).  Wigalois'  Ankunft  vor  der  Burg  Roymunt, 
feine  Begegnung  mit  dem  Truchfeflen. 

Xr.    10.  Wigalois   folgt   dem    rathfelhaften  Thiere 
rel"    in  die  Wildnis. 

Nr.  11.  Wigalois  ficht  das  Turnei  der  verzauberten 
Ritter  und  verthut  einen  Speer  mit  denfelben. 

Nr.  12.  Das  räthfelhafte  1  hier,  plötzlich  in  der 
Geftalt  eines  Königs  vor  ihm  flehend,  zeigt  ihm  den  in 


der  Burgmauer  fleckenden  Wunderfpeer  und  offenbart 
ihm  feine  (Wigalois*)  Abftammung. 

Nr  1 ;  Wigalois  fleht  die  Schaar  der  verzauberten 
Ritter  in  das  Burgthor  zurückziehen  und  winkt  dem 
nun  wieder  in  Thiersgeftalt  von  ihm  fcheidenden  Konig 
Lebewohl  zu. 

Nr.  14.  (Unter  dem  vorigen  Bilde,  fchon  zunächft 
an  der  Ecke.    Wigalois,  den  Wunderfpeer  in  der  Hand. 

Nr.  15.  (An    der    weltlichen  Wand    unter    Nr.    1 
Beleare  bejammert   eleu   Verluft   ihre.-    Gemahls,    des 
Grafen  Moral,  der  von  dem  Wurm  Pfetan  entfuhrt  wird. 
Neben  erfterer  Geftalt  der  Name  „belehar",  der  untere 
Theil  de-  Bildes  fehr  verwifcht  und  undeutlich 

Nr.    16.   (In   der  Nifche   des  Fenfters,   zur   linken 
Hand.    <i.  Wigalois,  Kampf  mit    dem  Wurm  Pfetan 
b.  (Gleich  neben  der  Fenfter Öffnung    Graf  Moral    die 
untere  Hälfte  des  Bildes  undeutlich 

Nr.  \~ .  Oben  an  der  Wölbung  der  Fenfternifche. 
Im  Hintergrunde  der  See  mit  dem  Fifchernachen.  — 
Vorn  links  Wigaloi-,  wie  er,  nach  dem  Kampfe  falt  zu 
Tode  ermattet,  von  dem  Fifcher  und  deffen  Weibe 
feiner  Rüftung,  Kleider  und  Waffen  beraubt  wird. 
Rechts  der  erlegte  Wurm  Pfetan,  der  in  den  Windungen 
feines  Schweifes  noch  das  Streitroß  des  Wigalois  um 
fchlungen  halt. 

Oberhalb  der  Fenfteröffnung  zwifchen  Nr.  16  b 
und  18  a  befinden  fich  die  Buchitaben: 


und  darunter  eine  kleinere  Infchrift,  die  zu  entziffern 
mir  bisher  nicht  möglich  war. 

Nr.  18.  (In  der  Fenfternifche  zur  rechten  Hand.) 
a)  (Gleich  neben  der  Fenfteröffnung)  Beleare  fucht 
mit  ihrem  Gefolge  den  Helden  Wigalois  auf.  b)  Der- 
felbe  hat  fich,  wieder  zum  Leben  erwacht,  au-  Schani 
über  feine  Nacktheit  in  einer  Höhle  verborgen  und 
rafft  Moos  und  Blätter  zufammen,  um  damit  feine  Blöße 
zu  bedecken.  —  Weiter  rechts  fein  Empfang  in  der 
Burg  des  Grafen  Moral.  —  Ganz  am  Rande  fein  Au>ritt 
zu  neuen  Thaten. 

Nr.  19.  Wigalois  als  Gefangener  des  Riefenweibes 
Ruel    \ 

Nr.  20.  ?. 

Nr.  21.  Wigalois  vor  dem  Burgthor,  deffen  Eingang 
ein  mit  „fcharfen  Schwertern  und  Kolben"  verfehenes 
Rad  verwehrte,  „daz  mit  kreften  umbe 

Nr.  22.  Wigaloi-  beilegt  das  Ungethüm  Marien. 
Link-  die  Geftalt  des  Helden,  recht-  das  vor  ihm 
flüchtende  Ungeheuer.  Die  Geltalten  beider  ziemlich 
verwifcht,  über  letzterer  jedoch  der  Name  „maryen" 
deutlich  erkennbar.) 

Hier  folgte  wieder  die  Abfturzftelle,  weshalb  dies 
Bild  für  uns  den  Schluß  der  ganzen  Reihe  bedeuten 
mußte. 

Leider  hielt  ich  an  meiner  Abficht  feit,  erft  nach 
Copirung  fämmtlicher  vorhandener  Bilder  irgendwelche 
Mittheilung  hievon  zu  machen  und  fand  die  letzten 
Jahre  hindurch  nicht  genügend  Zeit,  meine  Aufnahmen 
in  Rungelftein  fortzusetzen.  Als  ich  nun  vor  wenigen 
Wochen  zufallig  davon  Nachricht  erhielt,  dafs  man  bei 
den  jetzt  währenden  Reftaurirungs-Arbeiten  daran  fei, 
den  nördlichen  Theil  der  Burg  einer  Umwandlung  zu 
unterziehen,    reifte    ich    fogleich    dahin    ab.  Einerfeits 


CLXI 


erwartete  ich,  vielleicht  bei  diefer  Gelegenheit  näher 
an  jene  fraglichen  Malereien  herangelangen  zu  können, 
anderfeits  hegte  ich  den  Wunfeh,  die  gefammte  meines 
Wittens  bis  jetzt  wenig  bekannte  Bilderreihe  dem 
Schutze  der  mit  der  Bauleitung  betrauten  Perfönlich- 
keiten  zu  empfehlen.  Leider  fand  ich  bei  meiner  An- 
kunft dafelbft  bereits  die  Mauer  mit  den  Nummern  5,  6, 
7,  20,  21  und  22,  fowie  einem  Thcile  von  Nr.  4  und 
19  abgetragen,  da  die  Unficherheit  des  Felfengrundes 
ein  Zurückfchieben  der  Nordwand  erheifchte. 


Umbau  leitenden  Organe,  theils  galten    fie  ihnen,  wo 
die    Linien    etwas    erkennbarer    hervortraten,    info 
einer  unrichtigen  Ausfage  der  Rungelfteiner  Bewohner 
als  bereits  von  mir  copirt.  Sonft  wäre  bei  der  rühmens- 
werthen  Pietät,  mit  welcher  bei  den  do  arbeiten 

in  allem  und  jedem  vorgegangen  wird,  ficherlich  keine 
Muhe  gefcheut  worden,  diefe  Bilder  auch  fernerhin  zu 
erhalten. 

Vor  einiger  Zeit  wurde  ich  durch  einen  Artikel 
der  (Augsburger)  Allgemeinen  Zeitung  aus  der  Fi 
Oswald  Zingerle's  auf  eine  Mittheilung  J.  V.  Zingerle's 
(„Zu  den  Bildern  in  Rungelftein",  Germania  XXIII, 
Seite  28)  aufmerkfam  gemacht,  die  mir  vorher  nicht 
bekannt  war,  und  welche  ich  erft  in  den  aUerjüngften 
Tagen  zugefandt  erhielt.  Ls  heißt  darin  unter  Anderem: 
„In  der  reichgefchmückten  Bogenhalle  find  Bilder 
aus  einem  Artusromane,  nach  den  noch  kenntlich)  n 
Reften  fcheinen  fie  Wigalois'  Abenteuer  darzuftcllcn. 
Zu  diefer  Annahme  ftimmt  auch  die  Stelle  im  Inventar: 
Im  fumerhaws  in  Vigeles  fal  (Schönherr's  Rungelftein  52) 
und  die  Aufnahme  der  Ruel  unter  die  Riefenweiber" 


l  ig.    1.  (Rungelftein.) 


Während  die  im  oberen  Stockwerke  befindlichen 
Frefken  mit  großer  Vorficht  und  Mühe  in  Tafeln  von 
der  Mauer  gelöft  und  forgfältigfl:  aufbewahrt  worden 
waren,  entgingen  die  im  Erdgefchoffe  vorhandenen 
Gemälde   theils   vollftändig   der  Beachtung'    der    den 


(nämlich    die    an    der  Söllerwand   abgebildete   Triade 
derfelben). 

Zum  befferenVerftändniffe  über  die  Stelle,  wofelbft 
fich  die  Wandmalereien  befanden,  diene  der  in  Fig.  1 
beigegebene  Grundriß. 


Archäologifche  Notizen  über  Laa  a.  d.  Thaya. 


Vom  Confervator   Wendelin  Boeheim. 


|F.k  Punkt,  auf  welchem  die  alte  Vefte  Laa  fteht. 
ift  als  ein  ftrategifcher  anzufeilen,  nicht  allein 
dadurch,  weil  fich  hier  die  Niederung  in  nahezu 
nord-füdlicher  Richtung  von  Mähren  nach  Oefter- 
reich  erftreckt  und  die  kürzefte  und  bequemfte  Ver- 
bindung mit  Mähren  und  felbft  mit  Böhmen  darftellt, 
fondern  auch,  weil  hier  die  Thaya,  wobei  wir  fpeciell 
für  die  nähere  Umgebung  Laa's  natürlich  das  alte  Bett 

XU1.  N.  F. 


derfelben  im  Auge  haben,  am  weiteften  gegen  Süden 
vorfpringt,  fomit  jedem  Angreifer  diefe  Stelle  zu  er- 
reichen von  Wichtigkeit  erfcheinen  muß,  zumal  von  hier 
aus  in  kürzeller  Zeit  das  AngriffsobjecT:  Wien  zu  er- 
reichen ift.  Die  älteften  Nachrichten  über  Laa  befagen, 
dafs  dasfelbe  durch  Herzog  Leopold  den  Glorreichen 
oder  wenigftens  in  deffen  Zeit  erbaut  worden  fei.  Ohne 
die  Frage  zu  erörtern,  ob  ein  Wohnfitz  an  diefer  Stelle 


CLXII 


nicht  fchon  weit  vor  dem  12.  Jahrhunderte  beftanden 
habe,  vereinigen  fich  alle  örtlichen  Anzeichen  dahin, 
dafs  die  angedeutete  Tradition  vollkommen  richtig  ift. 
1  >  r  erfte  und  wichtigfte  Anhaltspunkt  zu  diefer  Ueber- 
zeugung  liegt  in  dem  Vergleiche  der  Configuration  der 
noch  vorhandenen  alterten  Wehrbauten  mit  folchen, 
welche  in  jener  Zeit  errichtet  und  welche  auch  con- 
ftatirtermaßen  Werke  diefes  Herzogs  find.  Wir  müßen 
hier  zum  Verftändnifle  de-  Folgenden  etwa-  weiter 
ausgreifen.  Die  „deutfehe"  Befeftigungskunft  ftand  im 
12.  fahrhundertnoch  ki  ii  eswegs  auf  jenerEntwicklui 
Hufe,  dafs  das  ftrategifche Moment  den  erften  und  wich- 
tigften  Fa£h>r  dargeftellt  hätte.  Wir  finden  von  der 
Berückfichtigung  desfelben  zwar  weit  früher  Spuren, 
daran  aber  find  deutfehe  Baumeifter  beftimmt  unbe- 
theiligt.  Die  Ausbildung  des  feudalen  Wefens,  die  Zcr- 
fpütterung  der  Territorien  fchloß  eine  Berückfichtigung 


NORD 


BöhmerTh 


218° 


Tlmmi 


Brudi 


Brauhaus 

Mafsstub  H 

Fig.   1. 

der  ftrategifchen  Frage  auf  einem  entfprechend  aus- 
gedehnten Kriegstheater  von  vornherein  aus.  So  ge- 
langte vom  Beginne  an  das  rein  tactifche  Moment 
in  den  Vordergrund,  nach  welchem  ganz  folgerichtig 
der  zu  fchützende  Punkt  für  fich  und  nicht  in  einem 
Verhältniffe  zu  einem  großen  Ganzen  betrachtet  wurde. 
Aber  auch  die  Ausnützung  der  örtlichen  Lage  war  bei 
den  deutfehen  Meiftern  eine  noch  höchft  primitive,  fie 
beschränkte  fich  lediglich  auf  die  Wahl  eines  (teilen 
üchft  unzugänglichen  Terrains  ohne  Anwendung 
künftlicher  Annäherungshinderniffe.  Mit  der  allmähligen 
Erftarkung  der  Herrfchermacht  beginnen  die  ftrate- 
gifchen Faftoren  zur  Herrfchaft  zu  n,  nach 
welchen  die  Wahl  des  zu  befeftigenden  Punktes  nach 
anderen  Principien  als  nach  der  taclifchen  Kunft  zu 
beurtheilen  war.  Dies  bedingte  aber  eine  weit  höhere 
Fähigkeit  in  der  Anwendung  künftlicher  Verflärkungs- 
mittel,  als  die  deutfehen  Baumeilter  zur  Zeit  befaßen, 
und  in  der  That  leiten  die  Spuren  dahin,  dafs  die  erften 
genieure  Italiener  gewefen  waren. 


Da  find  es  nun  zwei  Städte  in  Niederöfterreich, 
die  in  Bezug  auf  ihre  territoriale  Lage  Ähnlichkeiten 
aufzuweisen   haben,    Wiener- Neußadt  und  Laa .    beide 

find  auf  vollkommen  ebenem  Terrain  gelegen,  beide 
bedurften  zu  ihrer  Verftärkung  eines  künftlichen  An- 
näherungshinderniffes,  des  Waffer-.  Hatte  Neuftadt  die 
Aufgabe,  die  Bedrohung  der  Verbindung  zwifchen 
Oefterreich  und  Steiermark  von  Seite  der  Ungarn  zu 
hindern,  fo  bildete  Laa  einen  offenfiven  Brückenkopf 
auf  der  Linie  Mahren  und  Oefterreich  mit  feinem 
ftrategifchen  Repli:  Wien. 

Wir  wiffen,  dafs  Wiener-Neuftadt  1192  bis  1194 
von  Leopold  dem  Tugendhaften  gegründet  wurde, 
die  Anlage  feiner  Befeftigung  fallt  aber  erft  in  die 
Regierungszeit  Leopold  des  Glorreichen.  Betrachten 
wir  die  urfprüngliche  Befeftigung  diefer  Stadt,  fo  Hellt 
fich  uns  ein  Rechteck  dar  von  240  Klaftern  Breite  und 
360  Klaftern  Länge,  alfo  in  einem  Verhältniffe  der 
Seiten  von  2  zu  3.  Die  vier  Thore  befanden  fich  ziemlich 
in  der  Mitte  jeder  Seite.  Da-  ift  genau  die  Anordnung 
eines  römifchen  Caftrums  für  zwei  Legionen,  wie  es 
uns  Polybius  und  nach  ihm  Vegetius  XXIII.  befchreibt. 
Diefe  Anordnung  fetzt  eine  vollftändige  Kenntnis 
der  alten  Schriftfteller  römifcher  Kriegskunft  voraus, 
die  nur  einem  Italiener  zugemuthet  werden  kann. 
Die  Wahl  diefer  Form  ift  keineswegs  eine  verblaßte 
Erinnerung  an  die  römifche  Befeftigungskunft,  wie 
Gradt1  meint,  fondern  ein  vollftändig  fpontanes  Zurück- 
greifen auf  die  Antike,  fie  ift  eine  Wiederfpiegelung 
der RenauTan.ee in  Italien,  für  uns  eine  Proto-Renaiffance 
im  vollften  Sinne  des  Wortes.  Die  ausreichende  kunft- 
reiche  Verftärkung  der  Werke  durch  Waffer  ift  nicht 
in  Verbindung  mit  der  antiken  Caftrametation,  wenig- 
stens nicht  in  der  allgemeinen  Anwendung  zu  bringen; 
fie  ift  ganz  für  fich  das  Werk  eines  mit  den  phyfikali- 
fchen  Gefetzen  vertrauten  Ingenieurs,  der  den  Zufluß 
der  Leitha  auf  öfterreichifchem  Gebiete  nach  Neuftadt 
leitet,  um  deffen  Gräben  zu  füllen  und  den  Ungarn  zu 
ihrem  gewiß  nicht  geringen  Schrecken  ihren  Gränz- 
fluß  vollftändig  trocken  legt. 

Ganz  ähnliche  Verhältniffe  finden  wir  in  Laa,  ja 
die  Refultate  der  Beobachtung  find  geradezu  über- 
rafchend.  Auch  Laa's  Befeftigung  bildete  ein  Rechteck 

21S  Klaftern  Breite  und  363  Klaftern  Länge  (Fig.  1), 
letztere  ziemlich  gleich  mit  Neuftadt,  alfo  in  einem 
Verhältniffe  von  nahezu  5  zup.  Eine  kleine  Verfchiebung 
der  Winkel  und  die  fchwach  bogenförmige  Geftaltung 
der  beiden  Längsfeiten  waren  ficher  durch  die  hier 
fehr  Schwierigen  Terrainverhältniffe  geboten,  denn 
mehr  noch  als  Neuftadt  lag  Laa  auf  vollftändi 
Sumpfterrain  durch  die  vielen  Zuflüffe  von  Bächen 
dortfelbft  in  die  Thaya.  Das  Böhmer-Thor  ftand  in  der 
Mitte  der  Nordfeite  (die  Porta  Praetoria);  das  Staatzer 
Thor  an  der  Südfeite  war  wie  in  Neuftadt  etwas 
oftwärts  gerückt  die  Porta  Decumana),  damit  war  die 
Via  praetoriana  gegeben.  Wo  heute  die  Stadtmühle 
gelegen  ift.  da  ftand  im  13.  Jahrhundert  zweifelsohne 
die  Porta  Principalis  dextra  und  für  die  finiftra  dürften 
fich  nicht  unfehwer  Spuren  finden  laffen,  zumal  genau 
an  deren  Stelle  einft  ein  Wehrthurm  ftand.  Das  Brüder- 
Thor  ift  erft  in  Späterer  Zeit  ausgebrochen  worden.1 

1    In  feiner  fpäler  citirten  Abhandlung. 

ht  allein  in  Wicncr-Neuftadt  und  in  Laa,  auch  in  anderen  Städten, 
deren  Anlage  aus  der  Zeit  Leopold  VII.  dacirt,  finden  fich  ganz  deutliche 
Spuren  von  Nachahmung    antiker    Bauanlagc,    fo  in    der    dreifeitigen    Anhigc 


CLXIII 


In  der  Erforfchung  der  Baurefle  Laa's  muß 
man  fich  immer  gegenwartig  halten,  dafs  (liefe  Stadt 
im  Laute  der  Jahrhunderte  weit  öfter  als  irgend  eine 
Stadl  Oefterreichs  vollständige  Zerftörungen  erlitten 
hat,  es  ill  z.  B.  Thatfache,  dafs  man  im  inneren  der- 
felben  noch  auf  einer  Tiefe  von  2  Metern  im  Hoden  auf 
Sinnen  älterer  Bauanlagen  in  Ziegeln  und  Bruchfteinen 
flößt. '  Mit  der  Zerftörung  der  alten  foliden  Häufer 
des  Mittelalters  hat  auch  die  innere  Configuration  der 
Straßen  und  Plätze  zum  großen  Theile  fich  geändert. 
Trotzdem  findet  der  aufmerkfame  Beobachter  in  dem 
Zuge  der  heutigen  Straßen  noch  leife  Spuren  der  alten 
der  Antike  nachgebildeten  inneren  Eintheilung,  zu- 
nächfl  in  der  Stellung  des  Hauptplatzes  zum  Umfange, 
dann  in  der  allgemeinen  Straßenrichtung,  die  in  der 
nördlichen  Hälfte  überwiegend  weftöftlich,  in  der 
fiidlichen  nord-füdlich  verläuft,  was  dem  Normal-Typus 

Inneren  des  ('altrums  entfpricht.  Betrachten  wir 
die  Verftärkung  des  Umfanges,  fo  find  die  noch  ficht- 
baren  Spuren  deutlich  genug,  um  den  Schluß  zu  ziehen, 
dafs  Laa  eine  Waflerfeftung  erften  Ranges  gewefen 
Hl,  dafs  ihre  Bewäfferung  durch  das  vollftändige  Um- 
leiten der  wafferreichen  Thaya  um  die  Stadt,  zwar  im 
Hinblicke  auf  die  allgemeine  Anlage,  keine  fo  kimll 
reiche  gewefen  ill,  wie  jene  in  Neuftadt,  dafs  aber  die- 
felbe  im  Einzelnen  mit  ebenfoviel  Sorgfalt  als  richtigem 
Vcrllandniffc  zur  Regulirung  des  Wafler- 
ftandes  und  zur  Sicherung  der  Grabenrän- 
der ausgeführt  gewefen  war. 

Uebcr  die  Burg  und  die  Pfarrkirche 
haben  zwei  bewährte  Schriftlicher  J.  Gradt 
und  Dr.  K.  Lind1  eingehend  berichtet,  wir 
haben  zu  den  trefflichen  Abhandlungen  nur 

iglich  der  fogenannten  Burg  einige  Be- 
merkungen zu  machen,  die  zur  Feftftellung 
des  Alters  und  der  Urfache  ihrer  Anlage 
nii  ht  iiberflüffig  erfcheinen  dürften.  Aus 
dem  vorher  Bemerkten  ergibt  fich,  dafs  die 
laug  in  der  nordöftlichen  Ecke  der  Stadt 
keine  mit  der  urfprünglichen  gleichzeitige 
Wehranlage  ift.  Bei  ihrer  exponirten  Lage 
kann  fie  auch  nicht  als  Reduit  aufgefaßt 
werden,  fondern  als  eine  fpeciell  fortifica- 
torifche  Anlage,  welche  erft  fpäter  zu  einem 
abgefchloffenen  befeftigten  Wohnbau  adaptirt  wurde, 
der  feinem  Alter  nach  nicht  über  das  14.  Jahrhundert 
hinaufzurücken  ift.  Eine  genauere  Betrachtung  ergibt, 
dafs    die    beiden  Stadtmauern    mit   dem    viereckigen 

von  Hainburg,  die  in  dem  Grundrifl*e  ganz  römifchen  Vorbildern  folgt;  wenn 
derfelbe  auch  nicht  die  vierfeilige  Geftalt  befitzt,  welche  des  Terrains  halber 
hier  unanwendbar  gewefen  wäre,  fondern  die  dreifeitige,  wie  wir  fie  in  Semen- 
dri.t.  dem  alten  Tricornium  oder  Mons  aureus  wieder  finden.  Wer  immer  noch 
an  der  Thatfache  der  Nachahmung  der  Antike  in  der  Anlage  Neuftadts  und 
Hainburgs  zweifeln  und  ihre  der  römifchen  Bauweife  ahnlichen  Formen  einem 
Zufalle  zufchreiben  wollte,  den  belehrt  ficher  die  Thatfache,  dafs  wir  in  den 
1  mauern  beider  Städte  den  lateinifchen  Mauerverband  wiederholt  antref- 
Icn.  In  aller  Deutlichkeit  finden  wir  an  der  Weftfeite  Neuftadts  da 
rpi<  atum,  den  ährenförmigen  Mauerverband,  ebenfo  in  Hainburg  und  ficher 
wird  fich  dasfclbc  in  Laa  finden  laflen.  Leider  war  es  dem  Schreiber  diefer 
Notizen  nicht  möglich,  bei  feiner  nur  kurzen  Anwefenheit  in  Laa  hierüber 
eingehende  Forfchungen  anzuftellen.  Die  vierfeitige  Anlage  von  mittelalter- 
lichen Wchrbauten  tritt  übrigens  in  Niederöfterreich  häufig  auf,  fo  z.  B.  in 
Marchegg,  in   Eggenburg,  in  Ebenfurth  etc. 

ich  jeder  diefer  Zerftörungen    fcheint  man    fich   bemüht  zu  haben, 

den  Boden  durch  die  Ausgleichung    der  Bruchftückc  zu   erhöhen  und   fo  das 

Stadtinnere     durch  Auffchultung    aus    feiner    tiefen    vom   Waffer    gefährdeten 

zu  erheben   und  auch  gefunder  zu  geftaltcn.  Man  kann   daher   mit  Recht 

ulhen,  dafs  ein  anfehnlicher  Theil  der  fchönen  alten  Bauwerke  Laa's  ans 

Mittelalter  in   mehreren  Schichten   d        Bod  in    Bruchftückcn   liege 

-   J.    Gradt.    Die    mittelalterlichen    Baudcnkmale    der    Stadt    Laa  und 

deren   Umgebung.   Mitth.   d.  Centr.-Comm.  Bd.  XVTI,  pag.   186  IT. 

Dr.  A'.  Lind.  Archäologifche    Notizen    Ober  Niederöfterreich.  Mitthei- 
lungen des  Wiener  Altcrthums-Vercines  Bd.  XV,  pag.  65    ff. 


Thurme  in  den  unteren  Partien  noch  dem  13.  Jahr- 
hundert angehören  und  dafs  die  beiden  inneren  Burg- 
feiten fp  baut  wurden.  Von  dem  urfprünglichen 
Baue  hab  lieh  die  l'mfaffungsmauern  des  Haupt- 
walles erhalten,  alle  fpäteren  inneren  Wohnbauten, 
von  denen  noch  Spuren  an  den  Innenfeiten  zu  erfehen 
find,  fcheinen  einem  Urämie  /um  Opfer  gefallen  zu  fein. 
Der  runde  Thurm  mit  feiner  trigonalen  Abflachung  er 
innert  in  feinen  unteren  Partien  an  gleichzeitige  ita- 
lienifche  Bauten  aus  einer  Schule,  die  fpäter  Sammich  eli 
(1484 — 1549)  zur  vollen  Entwickluri  n  follte.  Der 
jetzt  in  der  Sammlung  A.  Widter  befindliche  Stein 
(Fig.  2)  mit  der  [nfchrift:  Her ■  Niclas •  febekh ■  vom  • 
febnftain  •  hauptmann  ■  ze  ■  laa  ■  hat -den  •  erften  -flam  ■ 
des 'paws* gelegt "ao'do*  mccccxm,  war  zweifelsohne 
urfprünglich  oberhalb  oder  in  der  Nahe  des  Tb 
des  Barbacans1  angeordnet,  der  an  die  Zwingermauern 
anfchließend,  einft  an  der  Stelle  ftand,  an  weh  her  jetzt 
einige  Ilaufer  fich  befinden. 

Von  der  Höhe  der  Tragfleine  des  Thurmes  an  i(t 
das  Mauerwerk  abgefetzt  (Fig.  3),  um  für  die  umlau- 
fende Galerie  mehr  Raum  zu  gewinnen,  eine  weitere 
Reihe  Tragfleine  zeigt  fich  oberhalb.  Ebenfo  ill  die 
UmfalTungsmauer  der  Burg  „gegen  die  Stadt  zu" 
abgefetzt  und  die  Tragfleine  beweifen,  dafs  auch  hier 
ein  Wehrgang  beiderfeits  gegen  die  anliegenden  Stadt 


mauern  zu  lief.  Keiner  der  genannten  Autoren  bemerkt 
aber  die  Auffälligkeit  der  Thatfache,  dafs  diefer  Wehr- 
gang  nach  außen  gegen  die  Stadt  zu  angebracht  ill. 
eine  Anordnung,  die  ganz  unltatthaft  gewefen  wäre, 
wenn  man  die  „fogenannte"  Burg  urfprünglich  als 
Reduit  betrachtet  hätte.  Die  Entftehung  der  Burg 
hatte  aber,  und  jeder  mit  der  Befeftigungskunft  Ver- 
traute wird  dies  zugeftehen,  ganz  andere  und  zwin- 
gende Urfachen.  Bei  der  tiefen  Lage  der  Stadt  war  die 
Anlage  eines  den  Ueberblick  über  das  Vorterrain  ge- 
stattenden Wartthurmes  unerläßlich;  die  Wahl  für  feine 
Anlage  unterlag  einer  rein  tactifchen  Beurtheilung. 
Man  konnte  ihn  in  der  Mitte  der  Stadt  aufrichten, 
dann  aber  war  die  äußcrll  wichtige  Verbindung  mit 
der  Wallbeiatzung  aufgehoben  und  die  rafche  Ver- 
mittlung mit  felb(  t.  Man  konnte  ihn  aber  an  der 
für  den  Augenblick  günftigften,  wichtigften  und  felbft 

1  Barba  .<>:.-,  rlundsbart,  ein  Terminus  der  italienifchen  Befefti 
kunft  des  Mittelall  itfchen;  Hundsktkle.  Mit  diefer  fachlich  erweij- 

baren  Ableitung  entfallen  alle  bisher  aufgetauchten  Vermuthungen  über  den 
Urfprung    und  die  Bedeutung  diefes  Wortes. 


CLXIV 


hrdetften  Stelle  zunachrt  hinter  dem  Stadtwalle 
felbft  anordnen  und  ihn  durch  geficherte  Commu- 
nicationen  mit  den  anliegenden  Stadtwällen  in  Verbin- 
dung bringen.  Beifpiele  der  erfteren  Anordnung  haben 
wir  in  Enns,  in  Korneuburg  und  a.  a.  O.  Hier  ift  die 
zweite  und  im  Detail  ganz  genialer  Weife  gewählt  und 
durchgeführt  worden.  Der  Wartthurm  Fig.  4  lieht  hier 
auf  ein  hundert  Schritte  zurückgezogen  durch  den 
Eckthurm  gedeckt.  Durch  zwei  ftarke  Mauern  mit 
gegen  das  Vorterrain  gedeckten  Wehrgängen  lieht  er 
in  Verbindung  mit  der  nördlichen  und  örtlichen  Stadt- 
mauer, welche  beide  als  die  gefahrdetfteii  anzufehen 
find,  da  fich  hier  auch  die  Stauwehre  für  die  Graben- 
bewäfferung  befand.  Dadurch  ift  eine  unmittelbare  und 
rafche  Verftändigung  mit  dem  Innern  der  Stadt,  ebenfo 
wie  mit  der  Wallbefatzung  erzielt  worden,  ohne  den 
AuM'ichtspunkt  zu  exponiren.  Es  liegt  nun  wohl  in 
der  Natur  der   Sache,    dafs  man  diefen  fo  gebildeten 


Stelle,  in  der  Burg  zu  Starhembcrg  bei  Wiener-  Neu- 
ftadt.  Der  ganz  ähnliche  und  der  gleichen  Periode  ange- 
hörige  Rundthurm  hat  hier  eine  fo  wohlberechnetc 
Pofition,  dafs  man  von  feiner  Höhe  aus  nicht  nur  das 
Pieftingthal  nach  Werten  in  bedeutender  Lange,  fon- 
dern und  ungeachtet  der  Thalwindungen  felbft  die 
Ebene  gegen  Often  in  einer  Strecke  von  etwa  200 
bis  300  Meter  zu  erblicken  vermag.  Ift  ja  der  Wart- 
thurm zu  Laa  auch  etwas  aus  der  Theilung 
Winkels  der  Stadtecke  gerückt,  um  beftimmte  Punkte 
im  Außenterrain  ins  Auge  f äffen  zu  können,  ohne  durch 
den  Eckthurm  vorn  gehindert  zu  fein;  von  diefem 
Calcul  war  die  Form  des  vicrfeitigen  Abfchluffes  ab- 
hängig. 

Diefes  Verkennen  der  urfprünglichen  Abficht 
führte  den  fonft  fehr  fcharf  beobachtenden  Gradt  auf 
vollkommen  irrige  Fährte.  Er  fieht  das  große  Fenftcr 
in  der  Richtung  gegen  den  Eckthurm  zu  und  fchließt 


Fig.  3- 


Abfchnitt  gegen  einen  Handftreich  gleich  vom  Be- 
ginne an  zu  fiebern  ftrebte,  in  den  hiedurch  gefchaffe- 
nen  Raum  Baulichkeiten  verlegte,  einen  Graben  rings- 
herum anordnete;  aber  alle  diefe  fich  als  praktifch  dar- 
ftellenden  Anordnungen  hatten  nur  einen  Nebenzweck 
und  eben  diefem  Nebenzwecke  verdankt  die  ganze 
Baulichkeit  den  Namen  Burg,  einen  Namen,  den  fie 
fpäterhin  im  15.  Jahrhundert  mit  vollerem  Rechte  für 
fich  in  Anfpruch  nehmen  konnte,  als  die  Befehlshaber 
aus  felber,  wie  fich  aus  Spuren  und  auch  aus  der 
Infchrifttafel  erkennen  läßt,  wirklich  einReduit  zu  bilden 
beftrebt  waren;  diefe  Maßregel  aber  bedeutete  einen 
bedenklichen  Rückfehritt  in  der  fortificatorifchen  Kunft 
in  jener  Zeit. 

DieAnlage  eines  Wartthurmes  hinter  und  zunächft 
der  allgemeinen  Wallumfaffung  und  in  Verbindung  mit 
felbem,  fteht  hier  nicht  vereinzelt  da;  wir  finden  die 
gleiche  Anordnung,   und  wieder  an  der  gefahrdetften 


aus  deffen  hübfeher  Kehlung,  dafs  fich  an  diefer  Stelle 
das  Lieblingsgemach  (!)  des  Burgherrn  befunden  habe. 
Diefes  (übrigensjüngereFenft er  ift  nun  der  Hauptpunkt 
für  dieBeobachtung  des  Außenterrains;  die  Verbindung 
mit  der  Galerie  und  den  Wällen  erfolgte  durch  die 
Pforte  an  der  Stadtfeite,  alfo  am  geficherteften  Punkte. 
Die  Beurtheilung  des  verticalen  Defilements  ergibt 
weiters,  dafs  der  Bolzen  einer  guten  Standarmbruft 
100  Schritte  vom  Stadtgraben  abgefchnellt  noch  gut 
durch  das  Fenfter  in  das  „Lieblingsgemach"  hätte 
dringen  können.  Mit  dem  Obengefagten  dürften  wir, 
wenn  auch  in  großen  Zügen  nur,  die  Genefis  der  Burg 
zu  Laa  aufgeklärt  haben. 

Die  Befchreibungen  der  Pfarrkirche  in  den  ge- 
nannten Abhandlungen  beider  Autoren  find  fo  vor- 
trefflich, fo  einander  ergänzend,  dafs  wir  den  gediegenen 
Ausführungen  nichts  hinzuzufügen  haben.  Vielleicht 
wäre  noch  erwähnenswerth,  dafs   fich    am  Wege   vor 


CLXV 


der  Kirche  wenige  Schritte  vom  Seiteneingange  das 
Bruchftück  eines  Grabfteines  findet,  auf  dem  folgende 
Infchrift  in  gothifchen  Minuskeln  zu  lefen  ift:  „anno. 
domini  •  mil  ■  quadringentefimo  ■  ift  ■  geftorbe-  der-edl- 
veft-vlrich-fad(ler)'ritag  nach-  •  •  •".  Zu  den  Befchrei- 
bungen  der  Kirche  fei  nebenher  erwähnt,  dafs  der 
ältefte  bekannte  Pfarrer  von  Laa  in  einer  Urkunde 
ddo.  g.  März  1290  erwähnt  wird,  in  welcher  Theodo- 
rich Bifchof  von  Olmüz  Wilhelm,  den  Sohn  des 
Pfarrers  Reicholf  von  Laa,  von  dem  defectus  natalium 
dispenfirt.1  In  einer  Urkunde  von  1304  erfcheint  ein 
Pfarrer  zu  Laa  Warmäd  als  Zeuge 

In  der  nordöstlichen  Ecke  des 
geräumigen  Dechanteihofes  ragt  ein 
aus  Stein  erbauter  pyramidenförmiger 
Schornftein  über  das  Dach  hinaus.  Es  ift 
der  Schornftein  eines  Backofens  und 
dürfte  dem  Anfange  des  14.  Jahrhunderts 
angehören. 

Die  Spital-Capelle  ift  ein  einfacher 
und  ziemlich  roher  Bau  aus  dem  Ende 
des  15.  Jahrhunderts.  Das  Presbyterium 
fetzt  mit  der  geraden  Poligonfeitc  an  das 
kurze  Schiff  an,  die  Rippen  find  fchwach 
gekehlt,  fonft  ift  die  nur  wenige  Schritte 
lange  Capelle  ohne  alle  Verzierung.  Am 
Triumphbogen    lieft    man   die    gemalte 


erhebt,  deren  Capital  von  der  Statue  der  heiligen  Jung- 
frau gekrönt  wird.  Das  Ganze  umgibt  eine  Steinbalu- 
ftrade,  an  deren  vier  Ecken  Engelftatuen  flehen, 
welche  Schilder  in  den  1  landen  halten,  die  Bibelverfc 
enthalten.  Die  ziemlich  lange  Infchrift  auf  dem  Sockel 
befagt,  dafs  diefe  Säule  am  6.  Juni  16S0  ex  voto  und 
zum  Dank,  dafs  die  Bewohner  Laa's  und  des  Dorfes 
Ilaniftail  von  der  1679  aufgetretenen  l'eft  verfchont 
geblieben  waren,  errichtet  worden  fei.  Die  Sculpturen 
an  der  Säule  find  etwas  breit  und  wulftig  und  erscheinen 
als  die  Arbeit  eines  über  das  gewöhnliche  Niveau  der 
damaligen  Landbildhauer  nur  mäßig  hervorragenden 


Infchrift :   „Dies ■  Gotshavs •  ift ■  von  ■  Chri- 


"~~ 


m 


itlllllllll'MMÜllllllii 


imiiiiHiiiiini 

ihillllilllulllinili 


ftoffen  •  Mangels-  feligcn  ■  noch  ■  in  feinem" 
Leben "hiezu- gebringen  "  Deputat  -das  ■ 
vbrige  •  aus  ■  gemainer  ■  Statt  ■  Verlag  • 
renovirt  -wordenn-  Anno- Dom -1602"  in 
Lapidarlettern,  die  fich  auf  eine  Reftau- 
ration  bezieht. 

In  den  kleinen  Gartenanlagen  füdlich 
der  Pfarrkirche  fleht  eine  Dreifaltigkeit- 
faule  mit  dreifeitigem  Unterbau,  auf 
welchem  fich  eine  dreifeitige  Pyramide 
erhebt.  Das  Ganze  iit  in  dem  Typus  der 
Wolkenfäulen  gehalten,  der  fich  an  kirch- 
lichen Denkmälern  zum  Andenken  an  die 
Peft  am  Ende  des  17.  Jahrhunderts  her- 
ausgebildet hatte.  Sowohl  die  fteinerne 
Ilaluftrade,  als  auch  der  Sockel  ift  mit 
Engelftatuen  in  ziemlich  handwerksmäßi- 
ger Ausführung  befetzt.  An  der  Pyra- 
mide zieht  fich  ein  Wolkenband  fpiral- 
förmig  nach  aufwärts,  innerhalb  welcher  Engelsköpfe 
fichtbar  werden.  Die  Gruppe  der  heil.  Dreifaltigkeit, 
welche  die  Pyramide  krönt,  ift  von  geringer  künftleri- 
fcher  Bedeutung.  An  dem  Unterbau  finden  fich  nebft 
ziemlich  rohen  Reliefs  die  nachflehenden  Infchriften: 
„Diefe  Säule  hat  geweihet  Herr  Jofeph  Antoni  Schiffer 
vonSchiflferftein,  infulirterProbft,  felbigerZeitDechant, 
Pfarrer  zu  Laa  auch  Fallbach  den  20.  May  1732-',  ferner: 
„Peft,  Hunger,  Krieg  behende,  o!  feligfte  Dreifaltigkeit 
abwende.  Alfo  feufzet  und  bittet  die  fußfallende  Erz- 
bruderfchaft  zu  Laa  1710." 

Am  Hauptplatze  an  der  Weftfeite  des  freiftehen- 
den  Haufes  der  Sparcaffe  fleht  ein  Steindenkmal,  der 
unbefleckten  Empfängnis  geweiht.  Es  befleht  aus 
einem  Sockel,  auf  welchem   fich   eine   einfache  Säule 

1  Dr.  H.  Zeibig.  Urkundcnbuch  lies  Stiftes  Kloftcrneulnirg.  Font.  rer. 
Auftr   Tom   X,    i     Wien  1857. 


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Wassergralen  ^ 

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Errfwaff 
l<.IUll||l|tlllttUUIIIIUlll'>>'lillllllllllllllllillllllltlll||l|IIHI||lHlllllill)|lllllll'<lllllll!iml!ll 

Fig.    4. 

Künfllers,  der  fich   an   dem  Gefimfe   des  Sockels   mit 
den  Worten:   „Jofeph   Mayeur  Lothringer  Pildhav 
bezeichnet. 

Eines  der  culturhiftorifch  intereffanteften  Denk- 
male Laa's  findet  fich  auf  dem  Hauptplatze,  und  zwar 
an  der  Oftfeite  des  obbezeichneten  Haufes,  ziemlich 
gegenüber  dem  Stadthaufe,  es  ilt  der  Pranger  oder 
wie  er  mit  Beziehung  auf  die  dargeftellte  Steinfigur 
im  Volksmunde  genannt  wird:  der  Prangerhan ^1. 
Auf  einem  niederen  Sockel  von  gewöhnlicher  Stufen- 
höhe erhebt  fich  eine  cylindrifche  etwa  3  M.  hohe 
Säule,  an  welcher  noch  die  eifernen  Ringe  zu  fehen 
find,  die  zum  Anketten  der  Uebelthäter  und  Ueber- 
treter,  vornehmlich  der  Marktgefetze,  gedient  hatten. 
Auf  der  Spitze  der  übrigens  ganz  glatten  und  ohne 
Capital  endenden  Säule  findet  fich  die  etwas  über 
lebensgroße  Steinfigur  eines  geharnifchten  Mannes.  Die 


CLXVI 


des  Harnifches  belehrt  uns  ganz  deutlich  über 
das  Alter  der  Statue,  wenn  auch  nicht  über  jenes  der 
Säule.  Der  Bruftharnifch  zeigt  bereits  den  Gansbauch, 
wie  auch  die  Achtel-  und  Schoßformen  verrathen, 
die  Sl  'ii  einem  nicht  talentlofen  Meiller  um  1570 

gefertigt  wurde.  Rückwärts  der  Statue  amFuße  findet 
hch  n  von  Laa1  vollplaftifch   dai 

ftellt.    Die    Maffe   desfelben    dient    zugleich   als   höchft 
nöthige  Verftärkung  der  unteren  Partien   der  Stal 
Leider  ift  diefelbe  rtark  fragmentirt,  es  fehlt  ihr  der 
Rücktheil  desKopfes,  der  mit  einer  offenen  Sturmhaube 

:ckt  war  und   der  Theil  der  beiden  Arme, 

deren  rechter  zweifelsohne  urfprünglich  ein  Schwert 
führte.  Die  Figur  befitzt  eine  ruhige  Stellung,  die  ein- 
zelnen Harnifch-  und  Gewanddetails  find  mit  vieler 
Genauigkeit  und  Sachkenntnis  bis  zu  den  kleinften 
Kiemchen  dargeftellt;  \~\c  ill  gegen  Ollen  gerichtet 
ill  aber  nicht  der  Kunftwerth,  der  bei  der 
Betrachtung  diefer  Säule  maßgebend  erfcheint,  als 
vielmehr  ihre  culturhiftorifche  Bedeutung  und  ihre  ört- 
liche Stellung  im  Verhältniffe  zu  ähnlichen  Denkmalen. 
Wir  wiffen,   dafs    eine    ziemlich   bedeutende  Zahl   von 

len  Säulen  in  gleicher  typifcher  Geftaltung  fich  in 
lerfachfens  findet,  fo  in  Halle.  Nordhaufen, 
Perleberg,  Beigern   bei  Torgau.    Brandenburg     1404  , 
Stendal    1528),    Zerbi  -      Halberftadt,    Heder 

[460)  und  die  größte  und  künftlerifch  reichft  ausge- 
ftattete  in  Bremen  nach  Einigen  von  1404  (?)  nach 
Anderen  von  1512).  Alle  diefe  Genannten  führen  den 
Manien  Roland- Säulen.  Ueber  den  Urfprung  diefer  Be- 
zeichnung und  ihre  Ableitung  find  in  der  Literatur 
verfchiedene  Meinungen  aufgetaucht.  Nach  Einigen 
wäre  das  Wort  Roland  oder  Unland  auf  das  alte  Rugi- 
1  and  zurückzuführen,  nach  Anderen  wäre  damit  Roth- 
land verftanden,  mit  welchem  Namen  angeblich  alle 
jene  Städte  bezeichnet  wurden,  welche  von  den 
deutfehen  Kaifern  mit  dem  Blutgericht  und  anderen 
Rechten  begabt  worden  waren.  In  der  überwiegenden 
Zahl  wendeten  fich  die  Gefchichtsforfcher  der  An- 
nahme zu,  dafs  fich  der  Name  von  einem  der  1  leiden 
der  Karlsfage  herleite,  von  Roland,  der  in  feinen 
Thaten  und  durch  feinen  Heldentod  verherrlicht,  in 
der  Volksfeele  fich  allgemach  zum  Typus  eines 
Wahrers  der  Gerechtigkeit  und  der  bürgerlichen 
Tugenden  herausgeftaltete.  Ganz  unvermuthet  und 
uberrafchend  trat  im  Verlaufe  die  Entdeckung  zu 
Tage,  dafs  fich  weit  weg  von  dem  deutfehen  Rechts- 

s  Wappen  von  Laa  befiehl  in  zwei  Zinnenlhürmcn ,  zwifchen 
welchen  der  Bindenfchild  erfichtlich  ift,  über  welch'  letzterem  ein  Kreuz 
erfcheint. 


gebiete,  in  Ragufa,  ein  Denkmal  von  ganz  gleicher 
typifcher  Geftaltung  finde,  welches  feinen  Namen 
tndo  fcheinbar  unabhängig  und  mit  weit  größerer 
Beftimmtheit  von  dem  Paladin  Karls  des  Großen  her- 
leitet. '  Der  Verfaffer  hatte  zuerft  Gelegenheit,  dit 
Denkmal  abzubilden,  zu  befchreiben  und  feiner  Ab- 
handlung alle  erreichbaren  hiflorifchen  Belege,  wie 
weiters  auch  die  am  felben  haftenden  Traditionen 
beizugeben,  die  alle  die  letztere  Annahme  nur  be- 
kräftigten. *  Wie  im  Norden  Deutfchlands,  fo  finden 
fich  Denkmaler  von  gleichem  Bildtypus  und  gleicher 
fymbolifcher  Bedeutung  auch  in  Oefterreich.  Sit-  waren 
zweifelsohne  einft  weit  häufiger  anzutreffen,  aber  noch 
laffen  fich  zwei  Gruppen  unterfcheiden,  die  fich 
nach  Böhmen  und  Niederöfterreich  vertheilen.  Erftere 
erftreckt  fich  längs  der  Elbe  und  wir  verzeichnen  in 
felber  Pr  Brunswikfäule),  Leitmeritz,  Arnau  etc. 
In  letzterer  find  fie  weit  zahlreicher  noch  anzutreffen, 
und  von  einigen  Orten  ift  wenigftens  die  ehemalige 
Exiftenz  von  derlei  Denkmalern  bekannt.  Wir  \  er 
zeichnen  in  diefer  Gruppe  nur  die  uns  bekannt 
wordenen,  als:  die  Schandfäule  zu  Altgrafendorf  bei 
Molk,  die  Pranger  zu  Sierndorf,3  zu  Hollenburg,*  zu 
Drofendorf, '  weiters  jene  zu  Stronsdorf,  zu  Eggenburg, 
zu  Hadersdorf  a.  K.  und  den  verfchwundenenzuPerfen- 
beug.  Alle  diefe  Denkmäler  in  Oefterreich  führen  andere 
Bezeichnungen,  die  meiften  den  Namen  Pranger,  als 
welche  fie  auch  benützt  wurden;  aber  es  ift  nicht 
ungereimt  anzunehmen,  dafs  diefelben  die  Bezeich- 
nung Rolandfäulen  im  Laufe  der  Zeit  verloren  haben 
Wie  in  Sierndorf  und  in  Drofendorf,  fo  machen  wir 
auch  hier  in  Laa  die  Wahrnehmung,  dafs  die  Säule 
felbft  weit  alter  als  die  auf  felber  flehende  Statue  ift 
und  fpäteftens  dem  15.  Jahrhundert  angehört,  und  ver- 
muthen  mit  Grund,  dafs  das  jet/>  bild  um 

als  Erfatz  eines  alteren  zu  Grunde  gegangenen  gefer- 
tigt wurde.  Immerhin  haben  wir  mit  (liefern  einfachen 
Kunft  werke  ein  bedeutfames  culturhiftoi  ifches  Denk- 
mal vor  uns,  das  uns  auch  die  politifche  und  com- 
mercielle Wichtigkeit  Laa's  im  Mittelalter  ganz,  deutlich 
\  or  Augen  Hellt. 

1  Heinrich  Zopfl  erwähnt  deffen  zuerft  in  feinen  Altcrthümern  des 
deutfehen  Reichs  und  Rechts  III.  1861.  „IJic  Rulandsfaule"  p.ig.  3x1  f.  nach 
einem  Berichte  in  einem  belletriftifchen  Blatte,  deffen  Titel  anzuführen  der 
Autor  n   uiilerlalTcn   hat.   Vergl.  auch:    Denkmale    der  Gefchichte 

und   Kunft  im  Bremen   1.  Abtheilung. 

r  Rolandftcin  in  Ragufa.  Mtlth.  d.  k.  k.  Ccntr.- 
Cotnm.  X  V  Jahrg.  1870  pag.  133  fl".  Dem  VcrfaflVr  war  /ur  Zeit  die  Thatfache, 
dafs  der  Rolandftcin  durch  Zöpfi  bereits  Erwähnung  in  der  Literatur  gefunden 
hatte,  noch  unbekannt. 

1  Mitth.  des  Wiener  Alterthums-Vcreines  Bd.  XX,  pag.   129. 

•   .Mitth.  d.  k.  k.   Ccntr.-Coimn.  Bd.   X,  188«. 

'   Mitth.  des  Wiener  Alterthums-Vcreines  Bd.  XX,  pag.  94. 


Gefchichte  der  Befeftigungsbauten  des  Schlofsberges  und 
der  Stadt  Grätz  im  16.  und  17.  Jahrhundert. 


Von  Jofeph  IVaflltr. 
I. 


|ER    hat  je  den  Gratzcr  Schloßberg   beftiegen, 
ohne    dem    Zauber    zu    unterliegen,     den    die 
herrliche  Ausficht  auf  Gebirge  und  villenbefäte 
Höhen,  der  prächtige   auf  dem  ehemaligen  Felsklotz 


erstandene  Park,  die  malcrifchen  Gruppen  von  üppiger 
Vegetation,  altem  Gemäuer  und  Bogenwerk  auf  das 
Gcmüth  des  Befchauers  ausüben?  Der  Fremde  muß 
fich    unwillkürlich   fragen:    Sind    diefe  Feftungsruinen, 


CLXVII 


welche  dem  rankenden  Epheu,  den  ragenden  Pappeln 
und  dem  grünen  Bufchwerk  eine  fo  wirkungsreiche 
Folie  verleihen,  vielleicht  in  einer  romantifch  veran- 
lagten Zeit  künftlich  gefchaffen,  wie  die  Ruinen  im 
Si  hönbrunnergarten,  in  Mödling  und  der  Brühl,  oder 
find  es  die  Keile  eines  wirklichen  befeftigten  Platzi 
I  »er  Kundige  weiß,  dafs  das  letztere  der  Fall  ill.  Aber 
vom  Standpunkt  der  Forfchung  ift  die  Frage  berech- 
tigt: ;,■,/////  und  von  wem  find  diefe  Fellungswerke, 
deren  malerifchen  Trümmern  heute  eine  fo  friedliche 
anmuthige  Beftimmung  zukommt,  erbaut  worden  ?  Und 
da  die  Topographien  von  Grätz  darüber  nur  fehr  un- 
vollkommene Auskunft  zu  geben,  anderfeits  aber  zu 
erzählen  Witten,  dafs  beim  Haue  diefer  Feftung  ge- 
fangene Türken  und  Elephanten,  ja  fogar  Mohren  mit- 
wirkten, '  fo  fteigert  lieh  unfer  Intereffe,  zu  erfahren, 
ob  denn  wirklich  diefes  bunte  Durcheinander  türkifch- 
ur i en t ali fcli er  und  aben dl. m difcher  Landsknecht ftal Fa 
jemals  exiftirte,  oder  ob  nicht  etwa  die  ganze  Romantik 
der  landläufigen  Vorftcllung  vor  einer  nach  Quellen 
geführten  Unterfuchung  in  ein  Nichts  zerfalle? 

Mit  einer  Arbeit  über  den  Beginn  der  Renaiffancc 
in  Steiermark  befchäftigt,  konnten  wir  felbftverftändlich 
nicht  umhin,  die  landfchaftlichen  Acten  über  die  von 
italienifelien  Baumeiftern  geführte  Schloßbergbefefti- 
gung  zu  durchftöbern.  Und  da  gab  es  denn  trotz  aller 
Lückenhaftigkeit  ein  fo  reiches  Materiale  und  einige 
höchft  interefiante,  bisher  völlig  unbekannte  technifche 
Daten,  dafs  wir  uns  angeregt  fanden,  den  vorliegenden 
Verfuch  einer  Gefchichte  der  Befeftigungsbauten  des 
Schloßberges  und  der  Stadt  Grätz  zu  wagen.  Was  wir 
bieten  können,  hat  den  Charakter  der  Unvollftändigkeit ; 
aber  gegen  das,  was  bisher  über  den  behandelten 
Gcgenftand  bekannt  war,  erfcheint  es  uns  dennoch  als 
bedeutfamer  Fortfehritt,  und  deshalb  unterzogen  wir 
uns  der  gewiß  nicht  mühelofen  Arbeit,  aus  den 
Taufenden  von  Quittungen  und  Rechnungen,  aus  den 
von  fahr  einem  Jahrhundert  vorliegenden  „Wochen- 
liften- der  Arbeiterlöhne  und  aus  einzelnen  in  allen 
möglichen  Theilen  des  Landes-Archives  zerftreuten 
Acten  die  Hauptmomente  des  Baues  herauszufchälen 
und  feftzuftellen. 

Die  Quellen,  aus  denen  wir  fchöpften,  find  vor 
allem  die  landfchaftlichen  Baurechnungen,  dann  die 
Ausgabenbücher  der  fteirifchen  Landfchaft;  beide  find 
lückenhaft.  Filiere  befinden  fich  mit  Ausnahme  einer 
•  ringen  Anzahl  von  Nummern,  die  unter  den  „Hand- 
fclirifteir'  eingereiht  find,  in  zahlreichen  Fascilqen  auf- 
bewahrt, aber  nicht  geordnet.  Die  Rechnungen  find 
im  großen  Ganzen  in  den  Fascikeln  nach  Jahrgängen 
gruppirt,  aber  nicht  feiten  kommt  es  vor,  dafs  mit- 
ten in  den  Rechnungen  eines  Jahres  folche  einer  um 
viele  Decennien  alteren  Periode  ftecken,  und  in  den 
Fascikeln  mit  der  Auffchrift  ,,Graz"  Rechnungen  von 
Fürftenfeld,  Marburg  etc.  vorkommen  und  umgekehrt. 
Von  manchen  Jahren  find  fanimtliche  „ Wochenliften ", 
die  mit  minutiöfer  Genauigkeit  geführt  find,  und  zahl- 
lofe  Rechnungen,  von  De  Lalio's  Quittungen   an   bis 


'   Siehe  l>r.  .1-  J.  l\<ljl  und  feine  Umgebungen,  1827,  S 

1      itz.     Ein     naturhiftorifch-ftatiftifch  •  topographif  h< 
tnälde.  1843,  S.  254  IT.  Ferner   Willi.  Freik.  v.  KtUckberg'.  1'  ■:hloß- 

berg  und  feine  Umgebung.  Graz  1856.    Der  letzte  Aul  „Es  muß 

intereffantei  iwährt  haben,  als  auf  diefer  Straße  hochbeh 

1  mit    ihren    brauneu    oder    fchwarzen    Führern    in    orientalifcber 

Tracht,  von  deutfehen  Landsknechten  bey!  Material  zu  dem  Feftungs- 

baue  trugen." 


herab  zu  den  „Spannzetteln0  der  geringften  Hand- 
werker vorhanden,  während  von  anderen  Jahren  nur 
fpärlichi  odei  ;ar  keine  Daten  vorliegen.  Wenn  uns 
daher  in  dem  Wufte  des  ungeordneten  Materia 
manche  wichtige  Angabe  entging,  fo  möge  uns  das  zu 
Gute  gehalten  werden.  \  enbüchei  n", 

welche    die    für   die    einzelnen    (  ll  msbezahlten 

Summen,  und  damit  auch  bekannt  geben,  wo  in  jedem 
Jahre  gebaut  wurde,  Und  nur  ungefähr  zwei  Dritttheili 
vorhanden.  Als  Ergänzung  .  u  dii  fi  m  I  )uellenmateriale 
benutzten  wir  ferner  die  i.  ö.   Hofkammer  Ai 
k.  k.  Statthalterei  in  Grätz  (citirt  mit  der  Abkürzung: 
II.    K.  A.),    welche   leider    erft    mit    dem   Jahre    i- 
beginnen,  das  „Gedenkbuch"  des  k.  k.  Reichs-Finanz- 
minifteriums  in   Wien   (citirt:   Gedenkbuch),    welches 
aus  der  Periode  Ferdinand  I.  Einiges  lieferte,  Auszüge 
aus   den    „i.  ö.   Kamm  erregiftraturs- Acten"    des  k.  k. 
Haus-,  Hof-  und  Staats-Archives  in  Wien  (citirt:  I.  Oe 
K.  R.  Acten),  für  deren  Anfertigung  wir  hiermit  d<  m 
I  Ierrn  H.  H.  und  St.  Archivar  Dr.  Guflav  Winter  unferen 
verbindlichften  Dank   ausfprechen,  ferner  die  „Hand- 
fchriften",  die    „numerirten    Acten",    die   fogenannten 
,.<Xi  Fascikel"  und  die  „Expeditbücher"  der  Landfchaft 
im  fteirifchen  Landes-Archive. 

Als  wir  unfere  Arbeit  fchon  faft  vollendet  hatten, 
erfuhren  wir  erft,  dafs  Herr  Felicetti  v.  Liebenfels, 
k.  k.  Hauptmann  i.  R.,  fchon  lang  vor  uns  denfelben 
Weg  gewandelt.  Der  genannte  Forfcher,  bekannt  als 
Autorität  in  Sachen  das  ,,alte  Graz"  betreffend,  Hellte 
uns  mit  feltener  Liebenswürdigkeit  feine  durch  eine 
lange  Reihe  von  Jahren  im  landfchaftlichen  Archive 
gefammelten  Auszüge  über  die  Befeftigung  von  Grätz 
zur  Verfügung,  und  fo  konnten  wir  nicht  nur  unfere 
Notaten  mit  diefem  Materiale  vergleichen,  und  manche 
Lücke  ausfüllen,  fondern  wurden  aufmerkfam  gemacht, 
dafs,  wie  auch  der  Archivs-Director  Herr  Regierungs- 
rath  Zahn  beftätigte,  in  der  mit  „Antiquum"  bezeich- 
neten, bis  jetzt  noch  ungeordneten  Abtheilung  111  des 
Landes-Archives  manches  Einfchlagige  zu  finden  fei. 
Und  fo  machten  wir  uns  denn  daran,  auch  noch  die 
114  Fascikel  diefer  Abtheilung  zu  durchftöbern,  was 
wahrlich  keine  geringe  Arbeit  war,  wenn  man  bedenkt, 
dafs  manche  diefer  Fascikel  eine  Dickleibigkeit  von 
40 — 50  Cm.  haben.  Wir  erfüllen  hiermit  eine  Pflicht 
der  Dankbarkeit,  indem  wir  Herrn  Felicetti v.  Liebenfels 
für  die  uneigennützige  Ueberlaffung  feines  Materiales 
und  den  gegebenen  Fingerzeig  unferen  wärmften  Dank 
ausfprechen.  ' 

Wie  die  Befeftigung  des  Schloffes  Grätz  unter 
den  Traungauern,  den  Babenbergern  und  den  früh 
Habsburgern  ausgefehen.wirdwahrfcheinlich  für  immer 
unbekannt  bleiben.  Aus  der  Zeit  Fruit  des  Eifernen 
wiffeii  wir  wcnigflcns,  dafs  von  derGegend  des  heutigen 
Uhrthurmes  (Bürgerthurm)  eine  Mauer  in  gerader 
Richtung  gegen  «In-  Mur  herab  lief,  fodann  parallel  mit 
dem  Fluffe,  jedoch  in  geringer  Entfernung  von  dem 
felben  lieh  füdwärts  wendete',  das  Minoriten-  (jetzt 
Franciscaner-)  Klofter  umfehloß,  hierauf  gegen  Often 
umbog,  bis  an  das  jetzige  Damenftift,  von  dort  nach 
Norden  zog,  die  herzogliche  Burg  umfaßte  und  in 
welllicher  Richtung  wieder  auf  den  Schloßberg  zurück- 

ii.n  h   Obigem    die   HauptruafTe   des  von    uns  Ocbrachtcn    au 
landfchaftlichen   Baurechnungen   (lammt,  fo  werden  wir  im  Texte  nur  doi 

nicht  der  Fall   ift,  d.  h.  wo  wir  die   eben  namhi 
machten  Acten   benutzten. 


CLXVIII 


kehrte.  '  Seit  älteften  Zeiten  aber,  wahrfcheinlich  fchon 
vor  den  Traungauern,  ftand  auf  dem  höchften  Plateau 

Berges  eine  Burg*,  ein  Schloß,  in  den  zwei  älteften 
bekannten  Anflehten  von  Grat/. :  der  im  Palazzo 
Vecchio  zu  Florenz  in  Frcsco  ausgeführten  von  1565 
und  in  dem  Stiche  von  Georg  Peham  von  1594  als 
luifeifenformiger  drei  Stock  hoher  Bau  erfichtlich, 
welcher  im  Jahre  1578  demolirt  wurde.'1 

Die  Befeftigung  diefes  SchlolTes  in  der  alten  Zeit 
wird,  wie  alle  anderen  Burgbefeftigungen  vor  Albrecht 
Dürer,  in  einfachen  Ringmauern  mitThürmen  beftanden 
haben.  Aus  der  Zeit  Friedrich  III.  befitzen  wir  nicht 
viel  mehr,  als  eine  ebenfo  fchwungvolle,  als  technifch 
flüchtige  Befchreibung  von  Stadt  und  Schloß  Grat/ 
aus  der  Feder  des  damaligen  apoftolifchen  Legaten 
Aeneas  Sylvius  Piccolomini,  Späteren  Papft  Pius  II., 
welche  lautet:  „An  den  Ufern  der  Mur  liegt  die  freund- 
liche Stadt  Grätz.  Hier  Iteigt  inmitten  einer  frucht- 
baren Ebene  ein  mächtiger  freiftehender  Hügel  empor, 
rings  in  ft eilen  Felfen  abftürzend:  fein  Gipfel  trägt  eine 
Burg,  die.  durch  Natur  und  Kunft  zu  einem  ftarken  Boll- 
werke  gefchaffen,  in  königlicher  Pracht  fich  erhebt"' 
Auch  die  Stadt  felbft  war  unter  Friedrich  III.  bereits 
mit  Mauern  und  Gräben  umgeben,  denn  wir  willen, 
dafs  im  Jahre  1479  die  Erneuerung  und  Vertiefung  des 
Stadtgrabens  durch  die  Bürgerfchaft  angeordnet 
wurde.5 

Die  häufigen  Türkeneinfälle  in  Steiermark  am 
Ende  des  15.  und  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  nöthigten 
zu  fortwährenden  Befeftigungs- Arbeiten  an  Stadt  und 
Schloß;  als  aber  1532  die  Gefahr  einer  Belagerung  durch 
das  200.000  Mann  ftarke  türkifche  Heer  drohte,  und 
nur  durch  die  perfönliche  Tapferkeit  Katziancr's 
glücklich  vereitelt  wurde,  da  fah  man  ein,  dafs  die 
mittelalterliche  Befefligung  der  Stadt  eine  gründliche 
Umänderung  nach  neueren  Principien  erfahren  müße. 
Am  29.  Juni  1543  berichten  die  Verordneten  an  den 
Kaifer,  fie  hätten  vom  Landes-Kriegsrath  die  Nachricht 
erhalten,  dafs  der  türkifche  Kaifer  im  Anzüge  fei,  und 
bitten,  da  ..die  Pasteyen,  weren,  thurnen,  graben"  und 
andere  Befeftigungen  „abschögig,  erfault,  niderge- 
fallen,"  alfo  im  fchlechteflen  Zuftande,  der  Kaifer  wolle 
befehlen,  dafs  die  Stadt  neu  befeftigt  werde.  Auch  der 
Landtag  von  1544  that  Schritte  an  den  Kaifer  und  fo 
erfolgte  endlich  der  Erlaß  Ferdinand  I.  ddo.  Prag 
10.  Juli  1544,6  welcher  fagt:  „Vnß  haben  jezo  vnnfere 
Landsleut  des  Fürftenthumb  Steir,  fouil  deren  auf 
jüngft  gehaltenen  Hoftäding  verfamlet  geweft  umb 
gnädigifte  Volziehung  des  hievorberatfchlagten  gepeu 
an  vnnferen  Schloß  vnd  Statt  Grätz,  auch  Profannd- 
tirung  vnd  Anndrer  verfehung  mit  gefchütz  in  anfehung 

1  S.  llviof  und  PtUrt:    Grätz,    Gefchichte  und  Topographie    der  Stadt 
und  ihrer  Umgebung.   S.   107. 

■  In  fämmtlichen  Acten  wird  diefe  Burg  fammt  allen  Baulichkeiten  des 
überges  das  „Schloß  Grätz"  oder  „Hauptfchloß  Gratz-  genannt,  im 
/■1  der.  wabrfebeinlich  erft  im  14.  oder  15.  Jahrhundert  enlftan- 
denen  landesfürftlichcn  -Burg"  in  der  eigentlichen  Stadt,  welche  Bezeich- 
nungen auch  wir  beibehalten  werden.  Kür  die  Befeftigungshautcn  der  Stadt 
ift  in  den  A<ften  durchwegs  das  W'ort  „Stadtgcpeu"  im  Gebrauche.  Unter 
Gepeu   ift  alfo  nicht  ein  Gebäude  im  mo<'-  fonderi]   überhaupt  eine 

Baulichkeit  verftanden,  daher  die  Ausdrücke:  Grabengcpeu,  I  peu  etc. 

1  feham  muß  demnach    nach    einer  vor    1578    ausgeführten    Zeichnung 
geftochen  haben. 

f.  a.  a.  O.  S.   120. 
4  S.    Mutt.tr:     Gefchichtc     des    Herzogthumes    Steiermark    VIII.    Bd., 

*  Gedenkbuch    1544. 


der  Türckhcn  nahänden   Nachtperfchafft   vnd   gegen- 
wartiger Sorgelichen  Lcuff  zum  Höchften   erfuechen 

vnd  anlanngen  laffen  ....  Vnd  weil  wir  dann  felbft  auch 
für  ain  fonder  hochnotturfften  achten,  das  bemell 
Schloß  vnd  Statt  Grätz  als  der  Hauptfleckhen,  darauf 
meniglich  Im  Lannde  fein  Anflehen,  etwas  pau  zu  der 
Weer  Zuegericht  vnd  befeftigt  werde",  fo  beauftragt 
er  Leonhard  von  Velss,  mit  den  Kriegsräthen  zu  ver- 
handeln, damit  diefe  zuflimmen,  dafs  von  den  jüngft 
von  den  Landern  bewilligten  I  lilfsgeldern  2000  oder 
3000  fl.  für  die  Befestigung  von  Schloß  und  Stadt  Gi 
verwendet  werde. 

Mit  dieü  in  kaiferlichen  Erlaß  war  der  Anftoß  zur 
durchgreifenden  Befestigung  der  Stadt  nach  dem  neuen 
Syfteme  gegeben.  Diefe-  Syftem  war  da-  fogenannte 
italienifche,  das  der  Bollwerke  oder  Baftionen,  und 
dasfelbe  wurde,  wie  überall  in  Europa,  fo  auch  in  Gr.it/ 
durch  italienifche  Baumeifter  etablirt.  Der  Mann,  den 
Ferdinand  I.  (oder  deffen  Kriegsräthe)  zum  oberften 
Leiter  der  Befeftigung  auserfehen  hatte,  war  Domenico 
de  Lalio,  damals  ,.k.  römifcher  Baumeifter  der  windifch- 
crabatifchen  Gränze'',  fpäter  mit  dem  Titel:  „Ihrer 
Rom.  K.  Maj.  Oberfter  Baumeifter  der  fünf  inner- 
öfterreichifchen  Lande".  Er  wird  wohl  identifch  fein 
mit  dem  „Domenico  Illalio  aus  Kärnten",  wie  ihn 
Tfchifchka  in  feiner  Gefchichte  der  Stadt  Wien  be-- 
zeichnet,  der  1544  an  der  Prediger  -Baftei  in  Wien 
baute. 

Schon  im  Jahre  1543  fcheint  De  Lalio,  wahrfchein- 
lich zur  Abgabe  eines  Gutachtens,  nach  Grätz  berufen 
worden  zu  fein,  denn  eine  Rechnung  vom  Jahre  154:; 
lautet:  ,JIch  Domenico  de  Lalio  bekhen  das  ich  vom 
andre  ftraffelder  paufchreiber  am  gslos  Grätz  empfai 
hab  an  meiner  Befoldung  von  wegen  des  geslos  gepei 
dafclbft  zu  Grätz,  wie  folgt.  Erfllich  war  ich  da  vom 
letzten  Tag  Augufti  pis  auf  den  5.  September  duet 
4  tag,  zu  andern  plib  ich  da  von  26  tag  November  pis 
auf  den  11  tag  December  dhuet  15  tag.  Im  44  Jar  Zum 
Dritten  plib  ich  da  von  den  7  tag  Januari  bis  auf  den 
10  erwenten  monats  duet  3  tag.  In  45  Jar  (abgerechnet) 
Summa  22  tag  macht  3  wochen  duet  15  gülden 
Rheinifch  den  fag  ich  in  hiemit  quit  vnd  los.  Zu  Vrkhunt 
meiner  hant  vnderfchreiben  vnd  furgedengkht  petfchai 
gefchehen  zu  Grätz  am  20  tag  Mai  Im  45  Jar. 

Domenico  de  Lalio 
manu  propria." 

Das  macht  alfo  im  Jahre  1543  19  Tage,  1544 
3  Tage,  zufammen  22  Tage.  In  Strafelder'sBaurechnung 
heißt  es  auch:  ,,Dom.  de  Lalio  ift  zu  3  malen  alher 
gen  Grätz  geritten  vnd  das  Paw  mit  Zeug,  Zügen  Weg 
vnnd  and.  nodturfft  angeordnet  vnd  dabey  gewefen."  ' 
Vom  Mai  1545  an  erscheint  der  Meifter  bereits  als 
Ober-Baumeiltcr  mit  einem  Monatsgehalt  von  20  uz 
fix  angefleht,  denn  es  finden  fich  im  Laufe  des  Jahres 
wiederholt  Quittungen,  theils  über  fein  Gehalt,  theils 
über  Summen  von  je  200  Fi,  die  er  „auf  Raittung"  von 
der  Landfchaft  erhält. 

1   I..ni,!cs-Archiv.Aclen   Nr.   1433. 

:  1  ff  Pfenning  =  8  f  Schilling)  =  240  J,  (Pfennige).  Das  Pfund  wurde 
fpatcr  Gulden  benannt  und   in  00  kr.  ä  4   Pfennig  cingcthcilt. 

I  01  tfetzung  f.. 


CLX1X 


Notizen. 


81.  Nachftehende  Perfönlichkeiten  wurden  von 
der  Central-Commiffion  zu  Correfpondenten  ernannt: 
Flies  Johann,   Confiftorialrath,  Spiritual  des  Clerical- 

Seminars  in  Laibach ; 
Schafchel  Johann,  Pfarradminiftrator  in  Alefic; 
Marchetti  Karl  v.,  M.  Dr.,  Direftor   des    ftädtifchen 

Mufeums  in  Trieft; 
Sebaldlvo,  Schatzmeifter  im  Stifte  Klofterneuburg; 
11  Uta  Jofeph,  Photograph  in  Wien; 
Friefs  Godfrid,    Dr.,    Gymnafial -  Profeffor  in   Seiten- 

ftetten; 
Theyer  Leopold,  Architekt   und    Fachfehuldirector  in 

Bozen  . 
Tamanini  Jacob,  Ingenieur   und    Fachfchuldireftor  in 

Riva  und 
Amman  Hartmann,  Gymnafial-Profeffor  in  Brixen. 

82.  Im  Pfarrhofe  zu  Ferfchnits  befindet  fich  ein 
Römerftein,  deffen  Kunde  kaum  noch  weit  verbreitet 
fein  dürfte.  Der  Stein  dämmt  aus  einem  Bauernhaufe 
und  gehört  zweifelsohne  in  die  Gruppe  jener  Alter- 
thümer,  die  feinerzeit  Richard  Strein  von  Schwarz.cn- 
berg  auf  feinem  Schlöffe  Freydegg  gefammelt  hatte. 
Der  Stein  ill  abgebrochen  und  nur  die  untere  Hälfte 
davon  vorhanden.  Die  darauf  erhaltene  Infchrift  lautet: 

A  VIMADVm 

VLGERMANVS 

ARMORVMCVST 

ET 

VAL-MARCIANE 

PARENTES- 

83.  (Prähißorifche    Grabßätte    bei    Slapanic    in 

Mala 

bei  den  Erdaushebungen  eines  Bahneinschnittes 
wurden  zufolge  eines  an  die  k.  k.  Central-Commiffion 
eingelangten  Berichtes  des  Herrn  Ingenieurs  Linke 
zwifchen  Baukilometer  9300 — 9330  der  Linie  Brunn- 
Vlarapafs  in  der  Zeit  vom  22.  bis  25.  November  1886 


Fig.  I.  (Schlapanic.) 

fechs  menfehliche  Gerippe   mit    Gefäßen  aus  grauem, 
und  andere  aus  rothlichem  fchwach  gebrannten Thone, 
letztere  mit  ganz  primitiven  Randverzierungen,  aufge- 
xin.  N.  F. 


fluiden.    Diefe   Funde    wann    i-o — 1*5  M.    unter    der 
Boden-*  >berfläche,  in  der   dort   vorfindlichen   Lehm- 
Formation  eingi  lagi  rt.   Zur  felben  Zeil  wurden  circa 
400  IM.  unterhall)  von  der  erfteren  Fundftelle  entfernt, 
bei   Aushebung    eines    bergfeitigen  Wafferabz 
bens  neben   dem  Bahndamme   zwifchen  Bauki 
9-680  und  9-730  drei  Gerippe  mit  ahnlichen  Thon- 
gefäßen,  jedoch  nur  0-4 — o-6  M.  unter  der  ( )1 
aufgefunden.    Die   beiden  Fundorte    find   amvfchwach 
geneigten    Thalabhange    vom    I  fochplateau  Slapanic- 
Turas  zum  Ricka-Thale,   und    zwar  die    erftgenannte 
Fundftelle  beiläufig  20  M.,  die  zweite  circa  10  M.  hoch 
über  der  Thalfohle  gelegen. 


Fig.  2.  (Schlapanic.) 

Die  bei  der  Aufdeckung  diefer  Graber  zu  1 
gekommenen  Gefäße  haben  zufolge  einer  Mittheilung 
des  Herrn  Confervators  Trapp  die  gewöhnliche  Be- 
fchafferiheit  des  Thones  vorgefchichtlicher  Töpfer- 
waare,  fie  find  mehr  oder  weniger  mit  Sand  gemifcht, 
gut  gebrannt  und  an  der  Außenfeite  meift  von  fchöner 
rother  Farbe.  Ihre  Form  ift  eine  kugelige  krugförmige; 
vier  diefer  Gefäße  find  mit  großen  Henkeln  verfehen, 
eben  diefe  ermangeln  jeder  Verzierung ;  Fig.  1  gibt  ein 
Beifpiel  derfelben.  Eine  befondere  Stellung  nimmt  das 
in  Fig.  2  dargeftellte  Gefäß  ein;  es  hat  einen  faft  kugel- 
förmigen verhältnismäßig  kleinen  Korper  mit  einem 
gefchweiften  faft  ebenfo  groß  geftalteten  Hälfe;  feine 
Höhe  beträgt  10  Cm.,  der  Durchmeffer  der  Oeffnung 
und  des  Bauches  13  Cm.;  ein  Henkel  fehlt,  dafür  ifl 
vom  Rande  bis  zum  Fuße  mit  Verzierungen  überdeckt, 
welche  aus  kleinen  quadratischen,  mit  einem  eigenen 
Geräthe  eingedrückten  Zellen  beliehen,  wodurch  ge- 
radlinige und  im  Zickzack  herumlaufende  Bänder  her- 
geftellt  werden,  üb  diefe  Zellen,  wie  fonft  gewöhnlich, 
mit  weißer  Maffe  ausgefällt  waren,  ill  im  Berichte  nicht 
gefagt.  Confervator  Trapp  fand  ähnliche  Gefäße  unter 
den  Funden  von  Mährifch-Kromau  vom  Jahre  1878; 
auch  fonft  kommen  fie  in  Mähren,  wenngleich  bisher 
noch  feiten,  vor.  Verwandte  Erscheinungen  zeigen  fich 

in/.  Norddeutfchland. 


i  LXX 


mz  zerfallen,  Metallrefte   ündcn   fich  hierbei 

//>/  berichte:  '  u/s- 

back  in  Mahren  auf  i  enthiim- 

r  Ducaten-Breiten"  führl 
d.  J.  be  i  im  lehr  naflen  Hoden  circa 

i   M.  tief  ein  vollkomme 

■  den  wurde.   Am    rechten  Handgelenk    fand   fich 
h   fchöner   ftarker  Goldr  bedeu- 

er  Schwere,   an  • .  n    je  ein  viermal 

vundene  reif,     ziemlich 

t,  fo  dafs  fich  kleine  Stucke 
patinirten  Meta!  n  den  Gebeinen 

find  viele  Theile  zerfallen;    der  Schädel   hat    ftark  ge- 
litten, an  den  Zahnen  fin  mailflächen  grünlich, 
die  Gebeine  haben  eine  intenfive  rothe  Farbe  und  find 
ganz  durchdrungen. 

In  unmittelbarer  Nahe  von  Hartheim  wurden 

laut  Bericht  er   im   Jahre 

italienifchen  Arbeitern,  welche  dortfelbfl  eine 

dei   in   Betrieb   fetzten,   verfchiedene   Fragmente 

-■    ngeräthen    und    eine  Menge    Topf- 

fcherben    ausgegraben,  jedoch    nicht    weiter   beachtet 

und  verworfen. 

Dem  Oekonomiebefitzer  Peter  Hitemer  fiel  die 
nartigkeit  der  Steine,  an  welchen  eine  kimftliche 
beitung  und  Zurichtung  für  Gebrauchszwecke 
deutlich  zu  erkennen  war,  fo  wie  die  nicht  gewohnliche 
Form  und  primitive  Mache  der  Topffcherben  auf;  er 
fammelte  von  den  verworfenen  Stücken  die  auffalligften 
und  nahm  fie  in  Aufbewahrte 

kürzlich  erf  rlautbarung  bezüglich  der 

Verpflichtung  zur  Anzeige  archäologifcher  Funde 
ver.ml.il  te  ihn,  dem  Linzer  Mufeum  von  dem  vorer- 
wähnten Funde  nachtraglich  Mittheilung  zu  machen 
und  demfelben  die  in  feiner  Verwahrung  befindlichen 
Fund-Objecte  zur  Verfugung  zu  (teilen. 

deffen  eingeleiteten  Erhebungen  über 

Zuftandekommen  diefes  Fundes  ergaben,  dafs  bei 

I.    !•.        für  die  Ziegelei  die  Arbeiter  in 

der  Tiefe  von  1*5  M.  an  drei  verfchiedenen   in  gerader 

Linie  liegenden   Stellen   auf  rothgebrannte  Thonerde 

bei  deren  Abraumung  und  Befeitigung  Afche, 

Holzkohlen,  bearbeitete  Meine  und  Gefäßfeherben  zum 

Vorfchein  kamen. 

Die  wefentlichften   d  >n  Peter  Huemer  ge- 

.  undftucke  find :  1.  Das  Kopfftückeinesdurch- 
ten  polirten  Steinhammers;  2.  die  Hälfte  eines  ftark 
abgeriebenei  Granit-Mahll  3.  ein  kugel- 

förmiger künfilich  zugerichteter  Quarzfchiefer-Reib- 
ftein,  an  zw.  engefetzten  Stellen  durch  vielen 

, rauch  flachg'  muthmaßlich  zu  obigem  Mahl- 

fteine   gehörig;    4.   verfchiedene  herben,   und 

zwar  a  Wandltück  mit  Oberrand  und  wagrecht  ange- 
fetztem Henkel  die  Henkelöffnung  hat  einen  Durch- 
meii  nur  1  Cm  ■  ■  »errandftiiek,  3  Cm.  unter 

Rande  1  -  fich  erweiternd, 

nftück,    dii  k,    mit    theilweifem   Wandfortfatz, 
.'.  ändftück  mit  zwei  großen  Buckeln,  e)  Scherbe  mit 
dembirni  Anfatz  zumAnfaffei 


Scherbe  mit  .  orfprung  anderer  Art, 

erziert  mit  acht  Parallellinien,  von  welchen 
eben  folche  Linien  in  fchräger  Richtung  auslaufen. 

Scherben,  welche  von  mittelgroßen  au-  freier 
Hai  1  herrühren,  find  aus  grobem 

mit  Quarzfand  und  Graphit  gemengtem  Materiale  her- 

11t,  fchwach  gebrannt  und  im  Bauche  faft  ganz 
fchv.  ternache  ift  auf  der  Außenfeite   rauh, 

auf  der  Innenfeite  ziemlich  forgfaltig  geglättet. 

Mit  Ausnahme  der  unter £>  angeführten  Scherbe, 
welche  aus  feincrem  Thon,  ohne  Beimengung  von 
Quarzkörnern  und  Graphit  geformt  und  auch  härter 
gebrannt  ift,  find  alle  Scherbenflücke  ohne  irgend 
welche  Verzierung. 

mmtliche  Fundltückefind  im  Mufeum Francisco- 
Carolinum  aufbewahrt. 

86.  Die  beigegebene  Illuftrati  igt  jenes 

Schwert,  das  als  Zeuge  der  vorarlbergifchen  Bronze- 
zeit ungefähr  ein  Meter  tief  an  der  Valduna-St 
bei  Rankweil  getroffen  wurde.  Von  den  Schwertern, 
die  in  \'orarlberg  gefunden  wurden,  gehört  jedes  einem 
andern  Typus  an.  Das  Schwert  von 
Mauern  zeigt  die  Griffzunge  zur 
Aufnahme  eines  Beleges  aus  Holz 
oder  Bein  eingerichtet,  das  bei  Blu- 
denz  hat  einen  Griff,  der  fchnecken- 
förmig  mit  der  Querftange  ai 
bogen  endet.  Das  jüngft  gefundene 
Schwert  endet  im  Griffe  mit  einer 
Scheibe  von  37—38  Mm.  Durcl;- 
meffer.  Aus  der  Mitte  treten  drei 
erhabene  Bander  hervor.  Die  Aus- 
ladung an  der  Klinge  fchließt  fich 
zur  richtigen  Breite  Di< 
Klinge  tragt  keine  Längerippen, 
verbreitert  fich  von  22  auf  31  Mm. 
an  der  Bruchftelle,  welche  fo  ziem- 
lich die  Mitte  der  Klingen! 
zeichnen  dürfte.  Die  fehr  zugefpitzte 
Ausbuchtung  beginnt  fchon  knapp 
unter  dem  Griffe  zufolge  eines  im 
Gebrauche  eingetretenen  Klingen- 
bruches, worauf  eine  neue  Ver- 
nietung nothwendig  wurde.  Diefe 
Reparatur  gefchah  durch  eine 
ungefchickte  Hand;  denn  nicht 
nur  laffen  die  Nieten  die  bei 
fchönen  Objecten  kaum  ficht- 
bare Einfügung  vermiffen,  fon- 
dern es  geräth  dadurch  die  Klinge 
in  auffallend  krummer  Richtung 
zum  Griff.  Das  Schwert  ift 
reichlich  ornamentirt  mitteilt  ver 
tiefter  Kreife  und  Halbkreife, 
denen  je  ein  zweiter  in  Punkte- 
parallel  lauft.  Die  drei  erhöhten 
Reifen  des  Griffes  tragen  fifch- 
gratformige    Cifelirung     innerhalb 

4s-    und   Querlinien    und    am    Rande  der    Klinge 

len  fich  drei  freigravirte  Linien  hin,  die  Zwifchen- 

räume  find  mit  Schrägftreifen  ausgefüllt.  Das  Schwert 

wurde    vom  Landes-Mufeum  in  Vorarlberg  erworben. 

Aus    einem    Berichte    des    Confervators   Dr.   Jenny. 


uern.) 


CI.XXI 


87.  Confen  nny  hat  in  den  Mittheilui 

XIII.  Hand,  pag.  XXXV  über  die  Vorzeit  Perjens  be 
richtet.    Da  manchi     G<    enftände   geradezu  berufen 
zu  fein  fcheinen,  das  Alter  jener  änderbaren  ai 
logifchen  Schichte  zu  beftimmen,   welche  das  Seil 
Schrofenflein    bei   Landeck   begränzt,   fo  überfendetc 
Corrcfpondcnt  L.  de  Catnpi  die  Zeichnung  jener  anti- 
ken   Bronze-Spange,     die     im    Jahre    [843    dafelbft 
gefunden  wurde.  Diefe  liier  in  Fig.  4  abgebildi  te  Fib 
ift  ein    Prachtexemplar  jener   ausnahmsweife    großen 


Fig.   4.  (Schrofenflein.) 

Spangen,  die  in  der  Certofa  häufig  auftreten  und  dem 
etruskifchenCulturcharakterzugefchrieben  werden.  I  I 
Fund  wurde  im  Steingerölle  in  der  Nahe  des  genannten 
Schloffes  gemacht;  die  Fibel  befindet  ficli  im  Mufeum 
zu  Innsbruck. 

Der  l'farrer  zu  Wullersdorf  P.  Bernhard 
Blafel  machte  die  Mittheilung,  dafs  dafelbft  in  einer 
Ziegelei  ein  großer  Thonkcffcl  gefunden  wurde;  darin 
man  vier  Glasftücke  auf  einem  Drahte,  einen  ge- 
fpaltenen  großen  Eberzahn  und  ein  Thongefäß  aus 
dem  Ende  der  Bronzezeit  oder  dem  Beginn  der  erften 
Eifenzeit  fand. 

Zweifelhaft  ift  das  Drahtftück  mit  den  aufgereih- 
ten vier  Perlen  von  farblofem  durchfichtigen  Glafe,  der 
Draht  ift  Meffing,  das  Ganze  kaum  von  hohem  Alter 
und  fleht  daher  nicht  im  Zufammenhange  mit  dem 
Thongefäße,  in  deffen  Nahe  es  nur  durch  Zufall 
gerathen  fein  durfte.  Der  Eberzahn  dagegen  mag 
immerhin  zum  Thongefäße  gehören,  doch  fehlen  alle 
Spuren  einer  Bearbeitung. 

89.  (Aus  Pola.) 

Nordöftlich  von  Pola,  kaum  eine  halbe  Stunde 
von  der  Stadt  entfernt,  im  Eichenwalde  Siana,  auch 
Kaiferwald  genannt,  erhebt  fich  ein  100  M.  hoher 
I  lügel  (St.  Daniele  ,  welcher,  da  er  in  der  bis  ober 
Dignano  fich  ausbreitenden  Ebene  die  einzige  Er- 
höhung bildet,  eine  wunderbare  Ausficht  gewahrt. 

Man  überfieht  von  hier  aus  das  Meer  mit  den 
brionifchen  Infein,  Rovigno,  Dignano,  Altura  etc.  mit 
dem  Monte  maggiore  als  Hintergrund,  örtlich  einen 
1  heil  des  Quarnero  mit  den  kroatifchen  Gebirgen, 
dem  Vellebich,  füdlich  die  Infel  Cherfo  mit  dem 
Monte  Oflero.  St.  Daniele  war  fchon  lang  als  ein 
fogenanntes  Caftellier  bekannt,  Schatzgräber  durch- 
wühlten diefen  Hügel  nach  allen  Richtungen,  es  wurden 
auch  wiederholt  Bronze-Gegenftände  gefunden,  von 
denen  Correfpondent  Schramm,  der  diefen  Bericht 
erftattet  hatte,  vor  Jahren  zwei  fchon  gearbeitete 
pmifche  Löffel  aus  Bronze  und  einige  Bronze-Schlüffel, 
eine  Lanzenfpitze  acquirirte.  In  diefem  Hügel  befin- 
den fich  mehrere  künftliche  Höhlen,  welche  für  prä- 
hiftorifche  Anfiedlungen  gehalten  wurden,  jedoch  nur 
Lager  von  Saldami    einem  Quarzfand,  aus  welchem  in 


Muraiio  Glas  1  rzeugt  wird    find,  di  r  um  P  ils  in 

Schichten,  theils  in  Neftern   hau!  ommt.  Diefe 

Höhlen  dienl  h  im  Anfange  diefe«  Jahrhund 

Malviventen  als  Schlupfwinkel;  die  Lei  mter 

Anführun  berüchtigten  fch  Bii    aus   der 

Roveria    wurde    Anfang      di  -    Jahrhunderts    von 
Franzofen  cii  n  und  erfchoffen. 

In  fpäteren  Zeiten  wurden  diefe  Hohlen  aus 
Furcht  vor  einer  kleinen  fehl  n  Viperngattung, 

welche  fich  dort  ein  nicht  weiter  unti 

Auf  der  Spitzi    diefi     Hügi  Is  waren  Spuren  einer 
byzantinifchen     Capelle      fichtbar,     es     wurden     im 
Jahre    187g    auch    dort    zwei   Infchriftficine    gefunden, 
diefe  jedoch   durch  einen  Bauer  verfchleppt,  well 
felbe  abarbeiten  und  zu  Tifchplatten  umgestalten 
nach   der  Befchreibung   der  Buchftaben    f<  heinen    fie 

<).  bis  11.  Jahrhundert  angehört  zu  haben. 

Im  Frühjahre  1884  wurde  auf  St.  Daniele  mit  dem 
Baue  eines  großen  Ports  begonnen. 

Der  frühere  Grundeigenthümer,  Herr  Bunder  aus 
Dignano,  refervirte  fich  beim  Verkauf  etwaige  Funde 
aus  Edelmetall. 

Di  m  Objects-Commandanten  Herrn  Hauptmann 
Othmar  Streichert  des  Genie-Stabes  ift  es  zu  ver- 
danken, dafs  jede  Spur  von  Alterthümern,  foweit  es 
der  Bau  zuließ,  verfolgt,  das  Gefundene  forgfältig  auf- 
bewahrt wun 


Fig.  5    <>.  (Pola.) 

Beim  Baue  eines  größeren  Forts  ift  eine  genaue 
Durchforfchung  des  Terrains  nicht  möglich,  da  Erd- 
bewegungen   in   großen    Maffen    vorkommen, 
wieder  unmittelbar  deponirt  werden  muffen,  um  Platz 
für  das  Mauerwerk   zu    gewinnen;    beim    Baue    dii 
Forts  war  dies  um  fo  fchwieriger,  als  die  Kuppe  des 

eis  nur  eine  geringe  Fläche  bildete  und  an  allen 
Seiten  zugleich  gearbeitet  werden  mußte. 

St.  Daniele  war  wie  alle  Hügel  Iftriens,  welche 
den  Namen  eines  Heiligen  führen,  eine  prähiftorifche 
Anfiedlung,  überall  findet  man  in  den  oberften  Schich- 
ten romanifche,  unter  denfelben  römifche  und  in  einer 
weiteren  Tiefe,  circa  3  M.,  prähiftorifche  Gegenstände, 
welche  mit  römifchen  häufig  gemifclit  find. 

Die  unterfte  Schichte  befteht  immer  aus  einer 
fetten  fchwarzen  Erde,  und  ift  von  der  oberen  fcharf 
abgegränzt. 

Beim  Abtragen   der  Kuppe  wurden  Fundami 
einer  kleinen    Capelle   aufgedeckt,    eine   nähere    .' 
nähme  war  nicht  möglich ;  diefe  Capelle  war  circa  4  M. 
lang,  21  ,  M.  breit,  hatte  gegen  Ollen  eine  Krypta 
wurden     hier    nachftehende     romanifche    Fragmente 
gefunden: 

Säulen-Poftament,  glatt.  Eine  Platte  mit  erha- 
benen geometrifchen  Verzierungen    in  Stücke 


CLXXII 


iter-Gitter  aus  Stein,  Thür-  und  Fenfter-Ver- 
kleidungen,  darunter  eini  51  ke  mit  Vogel-Orna- 
ment fches  Pignol-Capitäl. 

Einen  halben  Meter  tiefer  fließ  man  auf  Fragmente 
römifchc  le   aus  fpäter  Zeit,  auf  4  Stuck  kleine 

Töpfe  aus   ordinärem  Thon   ohn  rung,   kleine 

Bronzeklinge   und  6  Stuck  rörhifche   Bronze-Münzen, 
anderen  Stellen: 
Eine  Kupfermünze    :  n    römifchen 

en;  an   Einzelfunden:  zwei   Halstheile  einer  Am- 
phora,   vier  römifche    Ziegel     ohne    Marke,    5  Stück 
ifcheMünzen  Conftantinus-Auguftus,  eiferne  Lanze, 
elfpitze  aus  Bronze,  Bronzering  ohne  Verzier 
Kupferplattchen  mit  Loch,  verfchiedene  kleine  Köpfe, 
eiferne  Feldhaue,   ein  Seitenftück    eines  Pferdezaumes 
aus  Eilen,  mehrere  Scherben  mit  und  ohne  Verzierung. 
Etwas  entfernter  wurde  ein  römifcher  Steinbruch 
edeckt    und     mehrere     angefangene     Sculpturen 
e  Werth)  gefunden,  unter  andern  ein  ziemlich  gut 

gearbeiteter  Torfo  aus 
Kalkftein,  männliche  Figur 
unter  Lebensgröße,  Kopf 
und  Füße  fehlen,  diefer 
Torfo  ift  nicht  vollkom- 
men beendet. 
V  Ober   diefem    Stein- 

bruch wurde  einVotivftein 
mit    Infchrift      D  iogenes 
ano  Dom  1?)    [eftico] 
gefunden. 

Unmittelbar  an  der 
Kuppe  wurde  ein  Stollen 
ausgehoben  und  in  einer 
Tiefe  von  circa  3  M.  ein 
prähiftorifches  Gräberfeld 
entdeckt. 

In  einer  Tiefe  von 
circa  2  M.  fchon  wurden 
die  erften  Urnenfcherben 
gefunden,  diefe  lagen  in 
fchwarzerErde  und  es  war 
deutlich  erkennbar,  dafs 
diefer  Theil  des  Feldes 
fpäter  bebaut  war. 

In  einer  weiteren 
Tiefe  von  1  M.  mehrten 
(ich  diefe  Scherben  und  es 
kamen  hunderte  von  Urnen 
zu  50  —  60  Cent.i  zum 
chein,  welche  jedoch 
alle  zerdrückt  waren,  und 
fcheint  es,  dafs  eine  Sen- 
kung des  Terrains  gegen 
Süden  ftattgefunden  hat,  da  die  Urnen  alle  eine  fchiefe 
Lage  gegen  Süden  hatten. 

gelang  nur  mit  vieler  Mühe,  die  Scherben  einer 
Urne  zu  fammeln  und  zufammenzuftellen,  diefe  ift 
60  Cent,  hoch,  aus  dunklem  Thon  mit  der  Hand  gear- 
beitet. 

Es  wurde  viel  Leichenbrand,  jedoch  außer  ganz 

kleinen  Stückchen  Bronze  keinerlei  Beigaben  gefunden. 

Was    die    prähiftorifchen    Funde    im    befonderen 

betrifft,  fo  beliehen  diefe  vorwiegend  aus  keramifchen 

Reiten :  diefe  find  zumeift  Scherben,  nur  zwei  bis  drei 


Fig.  ; 


i  kugelicher   kru  Form    mit  über- 

eil Henk  ;  find  gut  erhalten,  ebei 

drei  kegelförmige  Spinnwirtel.  Unter  den  Scherben  ift 
eine  auffällig,  welche  unmittelbar  am  Rande  eine  in  die 
Wandung  vertiefte  Röhre  oder  Oefe  zur  Aufnahme 
einer  Schnur  ihnlich  fo  vielen  anderen,  welche 

in  den  Pfahlbauten  des  Laibaches  Moores  und  der 
oberöfterreichifchen   -  funden  werden.  Alle  Ge- 

find aus  freier  Hand  und  ohne  alle  Sorgfalt 
acht,  felblt  die  kleinerer,  haben  ein  rohes  Ausfehen, 
\\a-  fonft  feiten  der  Fall  ift.  Durch  diefe  Umftände, 
nämlich  die  krugförmige  Geftalt,  die  Art  der  <  >efe  und 
die  rohe  Herftellungsweife  werden  die  keramifchen 
Funde  einem  fehr  frühen,  der  Periode  der  genannten 
Pfahlbauten  nicht  mehr  fern  flehenden  Zeitabschnitte 
zugewiefen.  Eine  nähere  Beftimmung  erhält  derfelbe 
durch  den  Fund  eines  eigenthümlich  geftalteten  ein- 
fchneidigen  Bronzemeflers  J    Bronzemeffer  diefer 

Art  haben  nämlich  regelmäßig  eine  ftark  gefch weifte 
Schneide  und  eben  folchen  Rücken  und  befitzen  zur 
Befeftigung  des  Griffes  einen  kürzeren  oder  längeren 
Griffdorn  oder  eine  platte  Griffzunge,  während  bei  dem 
vorliegenden  Fundftücke  die  Schweifung  eine  ma. 
ift  und  Dorn  wie  Zunge  fehlen:  die  Klinge  fchließt  an 
ihrem  rückwärtigen  Ende  rund  ab  und  hat  hier  zwei 
her,  um  den  Griff  mittel>  Nieten  befeftigen  zu 
können.  Diefe  Art  der  Anbringung  des  Griffes  finden 
wir  bei  den  ältellen  bekannten  -zweifchneidL 
Meffern,  und  zwar  bei  den  kupfernen  aus  den  oben 
bezeichneten  Pfahlbauten  und  den  bronzenen  aus  dem 
Pfahlbau  von  Pefchiera  im  Gardafee  wieder,  was 
im  Einklänge  mit  den  Reften  der  Thongefäße  dahin 
führt,  den  gefammten  Fund  und  die  Grabftelle  felbft 
dem  früheften  Abfchnitte  der  Bronzezeit  zuzuweifen. 
Zwei  gleichfalls  dafelbft  gefundene  Klopf-  oder  Arbeits- 
fteine  find  nur  geeignet,  diefe  Anficht  zu  unterftützen. 
Beim  Baue  des  Forts  Caftellier  weftlich  von 
St.  Daniele  wurde,  wie  Correfpondent  H.  Schramm 
berichtet,  am  Campo  Varcton  ebenfalls  ein  Urnenfeld 
entdeckt.  Da  jedoch  diefes  Feld  bebaut  war,  t>e- 
fchränkte  fich  der  Fund  auf  einige  Topffcherben.  In 
diefem  Felde  wurde  ein  Stück  römifcher  Ziegel  gefun- 
den mit  der  Marke: 


l^CAVTP/VS/VA 


90.  {Vorgefchichtlicher  Fund  aus  Gurdau  in 
Mährt 

Herr  Karl  Frank,  Profeffor  an  der  Landes-Real- 
fchule  in  Aufpitz  berichtete  an  die  Central-Commiffion 
über  einen  bcachtensw  erthen  Fund  aus  der  La  Teiie- 
Zeit,  der  in  der  Gemeinde  Gurdau  bei  Aufpitz  gemacht 
wurde.  Man  fand  nämlich  in  der  Nähe  des  der  Ge- 
meinde gehörigen  ehemaligen  Fifchteiches  bei  Anle- 
gung eines  Dammes  behufs  Eisgewinnung  beim  Ab- 
fchlagen  des  Erdreich.-  von  der  benachbarten  Böfchung 
einen  irdenen  Topf  und  dabei  ein  Skelet.  Nach  den 
eingezogenen  Erkundigungen  war  der  Topf  ein  henkel- 
lofes  irdenes  Gefäß  mit  einem  Metallverfchluffe.  Von 
den  Arbeitern  wurde  der  Topf  ganz  wohl  erhalten  auf- 
gefunden, aber  aus  Neugier  nach  feinem  Inhalte  zer- 
fchlagen.    Einige    zufammengefuchte  Trümmer    laffen 


CLXXIII 


auf  eine  Bauchung  des  G<  fäßes  fchließen.  Der  Metall- 
verfchluß  wurde  von    den    Arbeitern    ins    Waffei 

h  i  'i  fen. 

Die  Fundftelle   liegt   von   der  Brücke   der    Land 

ftraßc,  die  nach  Bojaimvic  fuhrt,  längs  des  Gurdauer 
Bächleins  gemeffen,  circa  200  Schritte  nordwärts 
zwifchen  dem  Plankenberg  und  Zeifelgrund,  und  zwar 
am  linken  Ufer  des  Baches  am  Abhang  des  Zeifel- 
grundes.  Nach  demAbftich  des  Erdreiches  zumZwecke 
der  Wafferfchützung  war  der  Topf  nur  ['/,  Fuß  tief 
vergraben.  Weitere  Leitfpuren  konnten  aber  der- 
malen nicht  entdeckt  werden.  Der  Bach  lauft  knapp 
am  Fuße  des  Zeifelgrundes,  deffen  ftärkfte  Böfchung 
nach  Süden  und  Südu  eilen  zur  Straße  und  Brücke  auf- 
tritt, wahrend  er  nach  Nordweften  allmählich  zum 
Hache  (ich  lenkt.  Oberhalb  der  Fundftelle,  etwas  am 
Bache  aufwärts  nach  dem  fünften  Abfall  des  Zeifel- 
grundes iil  Ackergrund. 

Der  Topf  enthielt  zwei  vollkommen  gleiche  Arm- 
fpangen  ans  Bronze,  welche  mit  einer  hellgrünen,  meill 
lehr  rauhen  Patina  bedeckt  waren.  Diefelben   find   aus 
zwölf    eiförmigen    hohlen    Buckeln    zufammengefetzt, 
welche  mit  ihren  Breitfeiten  dicht  aneinander  gereiht, 
durch  ein   im  inneren  Umfange  herumlaufendes   Hand 
immengehalten  werden.   Jede  Armfpange  befteht 
aus  zwei  gleichen  Theilen,  deren  jeder  einevor- 
fpringende  Platte  hat,    welche  beim  Schließen 
der    Spange    in    den    Hohlraum    des    anderen 
Theiles  eingreift  und  hier  mittels  eines  in  die 
vorhandenen    Locher    einzuführenden    Stiftes 
feilgehalten     werden    kann    (Fig.    8).    Diefes 
Fundftück  verdient  übrigens  nicht  bloß  wegen 
feines  finnreichen    Verfchluffes,    fondern  auch 
wegen  feiner  Zeitftellung  einige  Beachtung;  es 
gehört    nämlich    der    fogenannten    La   Tene- 
Periode,  das  ift  den  letzten  Jahrhunderten  vor 
Be  .mn    unferer  Zeitrechnung   an,  und  ift  des- 
halb als  ein  willkommener  Beitrag  zur  Erhel- 
lung diefer   Zeit    zu  begrüßen,  weil   bisher   in 
unferen    Ländern    noch    wenig     einfehlägige 
Funde  bekannt  find.    Die   nächft  verwandten  Erfchei- 
nungen    haben  wir   in  Krain    zu   verzeichnen,    wo   bei 
Naffenfuß  ähnliche  Armbänder  in  Gefellfchaft    der  be- 
kannten   langen    keltifchen     und     kymbrifchen    Eifen- 
fchwerter  und  vieler  anderer  Gegenftände  diefer  Cultur- 
Periode  gefunden  worden  find. 

Vielleicht  gewinnt  der  Armfpangenfund  an  Inter- 
effe,  wenn  die  Mittheilung  hinzugefügt  wird,  dafs  un- 
mittelbar bei  Aufpitz  unweit  des  Aufpitzer  Baches 
auf  den  fogenannten  Wafferftuben  mitten  im  Letten- 
boden fchwarzes  Erdreich  fich  vorfindet,  das  fich  durch 
feine  Lockerheit,  fowie  durch  das  Vorkommen  ver- 
kohlter Holzftücke,  Pferdeknochen ,  Geweihreite  und 
Topffcherben  auszeichnet.  Die  Lagerung  der  Afchen- 
erde  weift  die  befondere  Eigenthümlichkeit  auf,  dafs 
felbe  nach  unten  (bis  auf  den  Lettenboden)  fich  zu 
trichterförmigen  Gruben,  und  zwar  in  einer  Tiefe  bis 
zu  fechs  Fuß  erweitert. 

91.  Profeffor  Benedetti  in  Mitterburg  hat  an  die 
Central-Commiffion  berichtet,  dafs  er  zufalliger  Weife 
auf  deutliche  Spuren  einer  römifchen  Straße  zu  Pifino 
und  Cherdofella  in  der  Richtung  gegen  Norden  ziehend 

gekommen  ift. 


92  Confervator  Berger  machte  die  erfreuliche 
Mittheilung,  dafs  die  hochwichtige  Gabriels-Capelle 
in  Mitte  di  bekannten  St.  Sebaftians-Friedhofes  zu 
Salzburg einer  fachmännifchen  Reftaurirung  mit 
werden  wird.  Der  Gemeinderath  der  Stadt  Salzburg 
hat  auf  Grund  eines  fachmännifchen  Gutachtens  di 
Reftaurirung befchloffen  und  in  munificenter  Weife  den 
Koftenvoranfchlag  von  mehr  als  2000  fl.  genehmigt. 
Die  Reftaurirungs-Arbeiten  werden  fich  auf  die  Auf- 
befferung  der  Dachung,  auf  Ergänzung  der  Majoh 
Thonplättchen  an  der  Innenwand  und  in  der  Kuppel, 
Auswechslung  der  die  Majolii  a  imitirenden  Malen  1 
auf  der  Evangelienfeite  der  Altarnifche  mit  wirklicher 
Majolica-Decoration,  wie  auf  der  Epiftelfeite  auf  ent- 
fprechende  Bemalung  der  heute  unfehön  bemalten 
cafettirten  Decke  der  Altarnifche,  auf  Auffrifchung  der 
Vergoldungen,  Reinigung  aller  Wände  und  auf  Aus- 
befferung  der  Holzeinrichtung  ausdehnen.  Es  ift  be- 
fonders  erfreulich,  dafs  bei  allen  diefen  Arbeiten  der 
Confervator  confultirt  werden  foll,  wie  denn  dies 
bereits  auch  gefchehen  ift.  Die  aus  einer  verfehlten 
Reftaurirung  im  Jahn-  [862  (rammenden  Zutha 
Collen  befeitigt  werden.  Diefe  Capelle  entftand  unter 
Erzbifchof  Wolf  Ditrich  gegen  Ende  des  16.  Jahrhun- 
derts  im   Style  italienischer  Hoch-Renaiffance   in  Gi 


Fig.  S.  (Gnrdau.) 

ftalt  eines  Rundbaues  und  ift    an  den  inneren  Seiten- 
Kuppelwänden  ganz  mit  Majolica-Fliefen  decorirt. 

93.  L^nter  den  in  Süd-Tyrol  vorkommenden  Bau 
werken  des  Mittelalters,  welche  mit  Wandmalerei  ge- 
fchmückt  find,  verdient  die  St.  Peters-Kirche  in  Cem- 
bra  wohl  einen  hervorragenden  Platz.  Der  einfache 
und  fchlichte  gothifche  Bau  lieht,  wie  Correfpondent 
Director  Nordio  an  die  Central-Commiffion  berichtet, 
mitten  im  Hauptorte  des  fruchtbaren  Cembra-Tha 
Dafs  diefe  Kirche  die  urfprüngliche  Pfarrkirche  war, 
ift  in  Folge  urkundlicher  Nachweifungen  kein  Zweifel. 
Die  Kirche  ift  in  ihrer  jetzigen  Geftalt  nur  einige 
Decennien  älter  als  die  gegenwartige  Pfarrkirche, 
welche  um  1440  erbaut,  aber  erft  1516  eingeweiht  wurde. 
Ueber  die  Entftehung  der  heutigen  Peters-Kirche 
exiftirt  keim  Urkunde,  nur  ilt  bekannt,  dafs  im  Jahre 
1406  der  alte  Hoch-Altar  durch  einen  neuen  im  felben 
[ahre  geweihten  erfetzt  wurde,  woraus  man  wohl 
fchließen  kann,  dafs  mindeftens  zu  Anfang  des  15.  Jahr- 
hunderts die  Kirche  baulich  bereits  vollendet  war. 

Die  Kirche  befteht  aus  einem  Langhaufe  von 
[3  40  M.  Länge  und  6-40  M.  Breite,  drei  Joche  bildend 
und  aus  einem  eben  f<>  breiten  fünffeil  hloffenen 


CLXXIV 


-byterium    mit    Stern.  Im 

Langhaufe  find  reiche  Netzgewölbe  gefpannt.  Zier- 
liche Confolen  mit  Engelsköpfen  tragen  die  darauf 
zufammenlaufenden  Rippen.  Dies  der  einzige  plaftifchc 
Schmuck  im  Innern  der  Kirche.  Hin  einfaches  Rund- 
fenfter  an  der  Stirnfeite  über  dem  Portale  und  vier 
»erk-Fenfter,  davon  drei  im  Presbyterium  vFig.  u 
u.  I2\  dann  zwei  in  neuerer  Zeit  ausgebrochene  ftyl- 
widrige  habliche  Fenfter  beiderfeits  des  Haupt-Portals 
geben  dem  Kirchenraum  nur  ungenügende  Beleuch- 
tung Zur  felben  Zeit  wurden  die  äußeren  Wandflächen 
der  Kirche  verputzt  und  das  urfprüngliche  fteile  Dach 
und  damit  auch  die  Strebepfeilerkrönung  abgetragen. 
Ein  neues  flaches  Dach  kam  an  die  Stelle  und  zugleich 
ftylwidrige  I-  l  .  i  '.*.•  Abfchluß. 


Fig.   9.  'Cem': 

Das  Portal  ift  fpitzbogig  angelegt,  deffen  Leibun- 
gen find  einerfeits  durch  einen  Löwen  und  Engel, 
anderfeits  durch  einen  Engel  und  ein  einfaches  Orna- 
ment gefchmückt.  Der  alte  Cementboden  im  Lang- 
haufe wurde  vom  Baumeifter  als  Reifsboden  ben 
indem  noch  jetzt  darauf  der  Aufrifs  des  Portals  felbft 
in  natürlicher  Größe  zu  fehen  ift.  Die  drei  Abftufungen 
der  fechs  Strebepfeiler,  davon  je  zwei  an  jeder  Ecke 
der  Vorderfeite  und  zwei  an  der  rechten  Langfeite, 
find  mit  einfachen  Steinplatten  ohne  Profilirung  belegt. 

Die  Hauptzierde  der  Kirche  befteht  in  deren 
Bemalung  an  Wanden  und  Gewölben.  Diefelbe  gehört 
hinfichtlich  des  Presbyteriums  und  der  Südwand  dem 

ihrhundert  an.  Sie  enthält  hauptfächlich  figürliche 
Darftellungen  von  gleich  vornehmer  Bedeutung  in 
künftlerifcher    wie  auch   architektonifcher  Beziehung. 


Sie  ift  in  Zeichnung  und  Farbe  meifterhaft  ausgeführt. 
Die  Bemalung  der  nordlichen  Wand  —  das  jüngfte 
Gericht  —  flammt  aus  dem  iS.  Jahrhundert.  In  den 
Netzgewölbe-Feldern  finden  lieh  zierliche  Ranken- 
Ornamente,  dabei  die  Jahrzahl  1549.  Die  beiden  Tafeln 
I  u  II  geben  ein  Schema  der  Bemalung  im  Chore 
und  an  der  fudlichen  Wand,  die 
fchrafnrten  Theile  bezeichnen 
entweder  fchadhafte  oder  fehlen- 
de Partien.  InTaf  III  ift  die  herr- 
liche Gewölbebemalung  theil- 
weife  veranfchaulicht. 

hließlich  ift  eines  der 
wichtigsten  Theile  der  Kirche 
zu  gedenken.  Es  ift  der  ftatt- 
liche  im  ftreng  romanifchen 
Style  gebaute  Thurm.  der  fich 
an  die  linke  Langfeite  anfchließt. 
Fr  ifl  durch  zwei  einfache  Cor- 
don-GeumfeindreiGefchoflc 
theilt. In  jedem  der  beiden  oberen 
öffnet   fich  eine  Fenftergruppe, 


mbra.) 


beftehend  aus  vier  oben  und  drei  unten]  rundbogigen 
zufammengekuppelten  Oeffnungen,  was  dem  Baue  ein 
ungemein  leichtes  und  doch  reiches  Anfehen  gibt.  Auf 
dem  viereckigen  gemauerten  Spitzhelme  finden  lieh 
Spuren  alter  Polychromie,  gebildet   aus  wechfelnden 


rothen  und  grünen  fchwarz  eingefafsten  Schuppen- 
Ziegeln.  Kugel,  Kreuz  und  Wetterhahn  bilden  den 
oberften  Abfchluß.  Der  Thurm  ift  der  einzige  Ueber- 
reft  der  alten  Peters-Kirche  und  mag  in  das  Ende  des 
12.  Jahrhunderts  zurückreichen. 


/5> 


CLXXV 


94.  Confervator  Smirich  machte  die  Mittheilung, 
dafs  die  Familie  Stermich  dem  Mufeum  -V.  Donato  in 
Zara  das  in  der  Chiefetta  S.  Domcnica  befindliche 
Relief    aus    dem   9.   Jahrhundert  vorftellend    die 

Geburt  Chrifti  und  die  drei  Könige  —  ein  Gegenftück 
desS.  LXXX,  Bd.  VI  n.  F.  befprochenen  und  S.  81.  im 
VIII.  Bande  der  n.  F.  abgebildeten  Reliefs,  ferner  ein 
Relief  des  iv  Jahrhunderts,  vorftellend  den  Propheten 
Simeon  und  Königin  Elifabeth  von  Ungarn  mit  Schild 


ration  des  als  Denkmal  hochwichtigen  Rathhaus- 
gebäudes  in  Sterzing  gefichert  ift  und  demnächft durch- 
geführt werden  kann.  Die  Koftcn  belaufen  fich  bei- 
läufig auf  [600  11.  Subventionen  fanden  fich:  eine 
allergnädigfte  Spende  Sr.  Majeftät  mit  300  fi.,  500  il. 
vom  Minifterium  für  Cultu^  und  Unterricht,  100  fl. 
von  der  Central-Commiffion,  200  fl.  vom  Lande  Tyrol, 
500  fl.  feitens  der  Stadt  Sterzing.  Confervator  Daum 
per  wurde  die  artiltifche  Leitung  übertragen. 


und  Helm  überladen  hat.  1  Ierr  Matteo  Lovric  fchenkte 
demfelben  Mufeum  anlaßlich  des  Umbaues  feines 
Haufes  ein  Doppelfenfter  im  Style  venetianifcher 
Renaiffance  des  16.  Jahrhunderts.  Die  Transportkoltcn- 
Begleichung  in  Betreff  diefer  Gefchenke  hat  ausnahms- 
weise die  Central-Commiffion  übernommen. 

95.    Der  Central-Commiffion  ilf  die  officielle  Ver- 
ftändigung  zugekommen,    dafs    nunmehr    die   Reftau- 


96.  Correfpondent  Direktor  Frans  Rostnacl  hat 
an  die  Central-Commiffion  über  die  bis  jetzt  noch  im 
Gebrauche  liehende  und  auf  dem  Friedhofe  zu  Wall 
Meferitfch  befindliche  Holzkirche  berichtet.  Diefelbe  ift 
bereits  fo  fehr  baufällig,  dafs  lie  kaum  mehr  von  langem 
Heilande  fein  wird.  Das  vom  Wellen  nach  Offen  ge- 
richtete Schiff  diefer  Kirche  ift  ein  durch  fein  Alter 
intereffanter,  mit  Schindeln  verkleideter  Blockbau,  mit 
einem  hol/einen  offenen  Umgang   an  der  Außenfeite. 


Cl  XXVI 


Dcrfelben  Bauzeit  gehört  auch  der  fechsfeitige 
hölzerne  Dachreiter  an  mit  Zwiebelhelm,  \wihrend 
das  Presbyterium  wohl  erft  in  neuerer  Zeit  entftanden 
iit   und   lieh  wohnlicher  Ziegelbau  repräfentirt. 

Beiderfeits  ein  höchft  einlacher  Capellenzubau.  davon 
einer    als    Sacrillei    dient.    1  las    Innere    der  Kirche    ill 

übertüncht.  Die  Gründung  diei'er  „Dreifaltigkeits- 
Kirche"  fallt  in  ilas  \6.  Jahrhundert.  Im  Chorraum  fteht 
ein  Grabftein  für  Jan  Ziernovsky  von  Ziernov,  Herrn 
der  Burg  Policna,  der  der  Kirchenftifter  fein  foll. 

ifervator  Pippicli  hat  iiber  die  St.  Johannes- 
Pfarrkirche  in  Dohalicka  bei  Horte  berichtet.  Nach- 
dem diefelbe  in  hohem  Grade  baufällig  ill  und  als 
Kunddenkmal  gar  keinen  Werth  hat.  wird  gegen  die 
Demolirung  derfelben  feitens  der  Central-Commiffion 
keine    Hinwendung   gemacht.  Wohl    aber    wäre  es  zu 


^liinotinmiifflarrüBömi 


^Qnawpiipii-acn 


cn 


Fijj.   10.   (Wien.) 

wünfehen,  wenn  der  der  Kirche  angebaute  Thurm,  der 
lifche  Charaktere  zeigt,  erhalten  bliebe.  Die  beiden 
Glocken  find  alt,  eine  datirt  von  1540,  die  andere  von 
1669.  Ebenfo  follten  die  zahlreichen  Grabmale  erhalten 
bleiben.  Da-  alteile  datirt  von  1483  und  ill  dem  Ritter 
Vaclav  Sädovsky  ze  Sloupna  gewidmet;  auch  werden 
darauf  deffen  Söhne  Adam  und  Bohuslav  genannt. 
Die  Ausführung  der  Reliefarbeit,  ein  Ritter  in  voller 
Rüftung,  mit  üblichem  Falten  würfe,  ift  vorzüglich 
erhalten  und  läßt  einen  tüchtigen  Meider  erkennen 
Wappen  ein  Handfchuh).  Außerdem  finden  fich  Grab- 
male aus  den  Familien  Dohalsky  von  Dohalic,  von 
Chlum,  von  Trefetic  und  von  Lefonic. 


Das   kärntnifche   Landes -Präfidium    hat 
nehmigt,  dafs  die  Sparcaffe-Direcüon  zu  Friefach  aus 
ihren  LJeberfchüfTen  des  Jahres  den  Betrag  von  500  fl. 

der  Stadt  Friefach  widmet,  um  derfelben  den  Ankauf 
des  Petersberges  mit  dem  ehrwürdigen  Donjon  zu 
ermöglichen. 

Die  in  der  Pfarrkirche  zu  Uteri  vor  Kurzem 
aufgeileckten  Wandgemälde,  welche  aus  der  Zeit 
zwifchen  1520  und  1530  dämmen,  werden  foeben  einer 
Reftaurirung  durch  Profeflbr  Winder  unterzogen.  Die 
Koften  weiden  durch  Sammlung  gedeckt  und  hat  die 
imiffion  hiezu  100  fl.  beigefteuert. 

100.  Wir  haben  bereits  im  X.  Bande  der  Mitthei- 
lungen neue  Folge    S.    CCXXID     Nachricht  gebracht, 

aus  des  Collegiat-Kirche  .St.  Giorgio  zu  Pirano 
eine  größere  Partie  Chorgeftühle  durch  Verkauf  in  das 
Ausland  wanderte.  Eine  Abtheilungswand  diefes 
ftühlwerkes  brachten  wir  dortfelbft  in  Abbildung.  Dil 
drei  weiters  hier  in  Abbildungen  beigegebenen  Zwilchen- 
wände  und  Wangenftücke  beftätigen,  dafs  mit  dem 
Verkaufe  diefes  großen  Schnitzwerkes  unfere  heimifchen 
Denkmale  einen  fchweren  Verluft  erlitten  haben.  Das 
Wangenftück  Fig.  13)  zeigt  einen  heiligen  Abt  aus  dem 
Benediftiner-Orden  in  einfacher  Schnitzerei.  Viel  reicher 
behandelt  find  die  beiden  Zwifchenwände  in  Fig.  1411.15. 
Die  Schnitzerei  der  einen  zeigt  das  Wunder  des  heil. 
Franciscus  Seraphicus,  zu  feinen  Füßen  ein  betender 
Ordensbruder,  in  der  Füllung  ein  heil,  Bifchof  (f.  Codo- 
vicus),  die  der  anderen  den  heil.  Sergius  mit  der  Lanze, 
zu  Pferd  und  in  der  Füllung  einen  betenden  Schüler  des 
Franciscaner- Ordens  (f.  Benedictus). 

101.  Die  hier  beigegebene  Abbildung  veranfehau- 
licht  den  Grabftein,  den  der  um  die  vaterländischen 
Denkmale  wohlverdiente  ehemalige  Confervator  Anton 
Widter,  geftorben  am  1.  März  d.  J.,  im  Brauhaufe  zu 
Pottendorf — und  zwar  in  fehr  profaner  Verwendung 
liebend  —  aufgefunden,  um  einen  namhaften  Betrag 
käuflich  erworben  und  feiner  Sammlung  in  Wien  ein- 
verleibt hat.  Es  ift  dies  der  Grabftein  des  Johann  I '. 
von  Liechtenflein,  der  um  1473  geftorben,  in  der  Maria 
Stiegenkirche  in  Wien  zur  Ruhe  gebettet  wurde.  Diefer 
adelige  Herr  hat  dadurch  eine  gewiffe  Berühmtheit 
erlangt,  dafs  er  mit  Bertha,  Tochter  des  Ulrich  von 
Rofenberg,  geb.  1424,  feit  1449  vermählt  war  und  dafs 
diefe  Dame,  die  nichts  weniger  als  glücklich  verehlicht 
war,  f  1476,  heute  die  weiße  Frau  benannt  wird,  welche 
in  den  Schlöffern  zu  Nathans  und  Krumau  durch  ihr 
Erfcheinen  wichtige  Familienereigniffe  ankündigt.  Der 
Grabftein  ift  in  dunkelrothem  Marmor  ausgeführt, 
ziemlich  gut  erhalten,  zeigt  im  Bildfelde  das  Liechten- 
ftein'fche  Wappen  und  führt  folgende  Legende: 

Anno  domini  nvccccund  im  Ixxm0  anvmontag-vor1 

Jacobi  •  ilt  ■  geftorben  ■  her  hans  ■  iun •  lichtenftain  von 
nicolspurg  ■  vnd  ■  leit  '  da-  begraben -dem-  got '  genad  ■ 

102.  (Grabmale  in  Ober-Oeßerreich.) 

Tauf  kirchen  ift  ein  Pfarrdorf  im  Innviertel,  an  dem 
Pramflüßi  hen,  unweit  des  ftattlichen,  von  einem  Teiche 
umgebenen  Schloffes  Gfchwent.  In  einer  Seiten-Capelle 
der  zu  Ehren  Maria  Verkündigung  erbauten  Pfarrkirche, 


CLXXVII 


ift  an  clor  Wand  ein  Grabdenkmal  von  rothem  Marmor 
8'  6''  hoch,  4'  6"  breit.  Die  Minuskelfchrift,  die  nur  drei 
Seiten  des  Denkmals  ausfiillt,  lautet:  Hie •  ligt •  begrabe 
der  •  ed  ■  ufi  |  Geftreng  ■  Kitter  ■  I  ler  •  Wernher  von 
Meffenbach  zu  Schwent  ift  geftorbe  |  MCCCCC  und 
jni  ■  XVIII.  Die  Ecken  find  mit  Tartfchen  ausgefüllt  und 
geben  eine  Ahnenprobe  auf  vier  Schilden.  Im  Felde 
lieht  nach  rechts  gewandt  der  Ritter  im  Feldharnifche, 
in  der  Rechten  das  Panier,  die  Linke  am  Schwertgriffe, 
Der  Kopf  ift  mit  einem  ftraußenfederumwallten  Helme 


Fig.   17     Taufkirchen.) 

bedeckt,  mit  offenem  Vifir,  an  dem  canellirten  Har- 
nifche  ift  ein  Stück  über  dem  Schwertgurte  aus 
brochen.  Zwilchen  feinen  Füßen  fitzt  ein  kleiner  Löwe, 
den  Zogel  zwifchen  den  Hinterfüßen  durchgeschlagen. 
Neben  feinem  rechten  Fuße  zwei  gekrönte  von  Decken 
umgebene  Spangenhelme,  mit  den  zum  Meffenbach- 
fchen  Wappen  gehörigen  Kleinoden,  Flug  und  Büffel- 
hörnern. Links  ein  Helm  mitFlug  und  Spitze,  in  welcher 
der  Affe  mit  dem  Spiegel  als  Kleinod  zum  Wappen 
der  Weichs  gehörig  ift.  Im  unteren  Theile  des  Feldes 
hält  ein  auf  dem  linken  Knie  ruhendes  Engelchen,  die 
gegen  einander  geneigten  Tartfchen,  rechts  das   qua- 

XIII.  N.  F. 


drirte  Wappen  der  Meffenbach,  links  die  Spitze    der 
Weichs. 

Wernher  von  Meffenbach  war  nach  Bucellini 
III.  A.  a.  3)  mitSufanna  von  Weichs  vermählt,  weil  he 
nach  feinem  1518  erfolgten  Tode  fich  in  zweiter  Ehe 
mit  Georg  von  Frauenhofen  vermählte,  der  felbll 
Witwer  und  bis  1531  in  erller  Ehe  mit  Veronica 
Fraunberg  vermählt  war. 


Fig.  iS.  lOberthalhaim 


Wernher's  Vater  war  Johannes  von  Meffenbach, 
vermählt  mit  Margaretha  von  Layming. 

Wernher's  Großvater  Georg  von  Meffenbach  war 
vermählt   mit  Urfula   (de  Pollhaim  W<  i    vidua). 

Man  follte  erwarten,  dafs  unter  den  Schilden  fich 
Ahnen   des  Verftorbenen  finden  würden.  Die  oberen 
zwei  Schilde   führen    rechts  das  Wappen    der  Jöi 
links  das  Wappen  der  Geymann,  die  in  keinem  Bezüge 
zu  dem  Probanten  flehen. 

Die  unteren  zwei  Schilde,  der  Lowe  der  Aheim 
rechts   und   die  Axt   der  Cammer   von  Cammerl 
gehören  entfehieden  zu  den  Ahnen  der  Sufanna  von 


CLXXVIII 


Weichs,  denn  ihr  Vater  Oswald  Weichs,  f  1470,  war 
vermählt  mit  Elifabeth  von  Cammer,  der  Tochter 
Georgs  von  Cammer.  der  in  erfter  Ehe  mit  Elife  von 
Pienzenau,  in  zweiter  Ehe  mit  Anna  Dietrichingen 
vermahlt  war. 

Der  Großvater  Sufanna's  Paul  von  Weichs  war 
in  erller  Ehe  mit  Kunigund  Zudmann.  in  zweiter  Ehe 
mit  Elifabeth  von  Ahaim    der  Großmutter  Sufanna's 
vermählt. 

Elifabeth  von  Ahaim  war  die  Tochter  Georg's 
von  Ahaim  und  der  N.  von  Preifing. 

Hiemit  find  die  zwei  unteren  Wappenfchilde  voll- 
kommen erklart.  Wir  hatten  diele  Abhandlung  nicht 
fo  ausgedehnt,  wenn  nicht  diefe  Ahnenprobe  fo  viel 

■alogifches  Intereffe  böte.  AusHoheneck  find  die 
Genealogien  der  Jörger, Geyman  und  Pollhaim  bekannt 
und  doch  läßt  Geh  aus  felben  keine  Beziehung  auf 
Wernher  von  Meffenbach  finden.  Und  nachdem  auch 
da?-  Wappen  feiner  Mutter  Margaretha  von  Zayming 
Buc.  VI.  141)  bekannt  ift  und  auf  dem  Grabfteine  nicht 


Felde  des  fehr  vertieften  Grabfteins  fteht  heraldifch 
rechts  die  geharnifchteGeftalt  des  Kitters.  mit  langem 
V "llbarte  und  entblößtem  Haupte,  zwei  Ketten,  die 
untere  mit  Monile  auf  der  Bruft.  Die  Kechte  umfchließt 
den  Griff  des  Dolches,  die  Linke  hält  das  mit  dem  Poll 
haimifchen  Wappen  und  am  Ende  mit  einer  Quarte  ge 
fchmückte  Panier.  Zu  feinen  Füßen  befindet  (ich  der 
mit  drei  Federn  befleckte  offene  Tournierhelm.  Zu 
feiner  Linken  fteht  feine  Gemahlin  mit  einem  I  laubchen 
auf  dem  Kopfe,  um  den  Hals  eine  fchrhale  Halskraufe, 
im  herabwallenden  Kleide  mit  engen  Aermeln,  darüber 
einen  langen  Ueberwurf  mit  Puff-Aermeln,  in  der  linken 
Hand  die  Handfchuhe  haltend,  mit  der  rechten  Hand 
den  Ueberwurf  zurückfchlagend.  In  der  Ecke  ober  ihr 
das  Bild  Gottes  in  Wolken,  in  der  linken  Hand  die 
Weltkugel,  die  Rechte  fegnend  erhoben.  In  den  Ecken 
des  Grabfteins,  die  Umfchrift  trennend,  ift  eine  Ahnen- 
probe auf  vier  Schilden  angebracht.  In  der  Ecke 
heraldifch  rechts  das  Wappen  feines  Vaters  Cyriac 
Freiherrn  vonPolhaim,  links  das  feiner  Mutter  Elifabeth 


Fig.  19.  (Lambach.) 

erfcheint,  fo  bleibt  diefe  Probe  auf  fechs  Schilde  für 
den  Genealogen  ein  um  fo  intereffanteresRäthfel,  wenn 
man  fieht,  dafs  der  Probant,  der  Verftorbene,  bei 
der  Probe  nicht  berückfichtigt  wird,  von  feiner  Frau, 
die  ihm  das  Denkmal  fetzte  —  zu  einer  Zeit,  in  welcher 
fie  wohl  fchon  in  zweiter  Ehe  mit  Georg  von  Fraun- 
hofen  vermählt  war. 

In  der  Pollhaim  fchen  Familiengruft  zu  Oberlhal- 
liaim,  von  welcher  wir  bereits  einige  Abbildungen 
brachten,  ift  in  der  Capelle  an  der  Wand  ein  fehr 
plaftifches  Denkmal  Fig.  181  von  rothem  Marmor  7'  10" 
hoch,  3'  9"  breit,  mit  kleiner  gedrungener  Minuskel- 
Umfchrift  nach  auswärts  geftellt  angebracht.  Sic 
lautet:  Hie  ligt  begrabn  der  wolgeborn  herr  herr 
Cafimirus  freiher  zu  Polhv  und  Wartenburg  d'  geftorb 
ift  an  St.  Mich-  |  elis  tag  a°  1565  und  Efemia  geborne 
--tubenberg  fein  eliche  gemacht  die  geftorb'  ift 
am  montag  in  de  heilig  Oftern  a°  1563  den  feel  got 
de  |  allmechtig  genedig  und  Bamherzig   fein  well.  Im 


Fig.  20.  (Benfen.) 

Gräfin  von  Oettingen,  unten  rechts  das  Wappen  feiner 
Großmutter    väterlicher    Seite    Johanna    von     Borfell 
Gräfin  von  der  Veer,  Gemahlin  feines  Großvaters  Wolf 
gang  von  Polhaim,  links  das  feiner  Großmutter  mütter 
lieber  Seite  Dorothea  Fürftin  zu  Anhalt,  vermählt  mit 
Johannes  Grafen  von  Oettingen.  Ueber  jeden  der  ein 
gebogenen  Wappenfchilde  ift  auf  einem  Spruchbande 
der  Name  der  wappenführenden  F"amilie  angebracht. 
Cafimir Freiherr  von  Pollhaim  war  den  13.  Novem- 
ber 1526   geboren   und   erhielt   den  Taufnamen    feines 
Pathen  de~  Markgrafen  Cafimir  von  Brandenburg.  Mit 
16  Jahren   kam  er  in  Dienfte  des   Churfürften   Johann 
Friedrich  von  Sachfen  und  gerieth  am  24.  April  1547 
in  der  Schlacht  bei  Mühlberg  auf  der  Lochauer  Hai  de 
in  Gefangenfchaft,  wurde  über  Verwendung  Erzherzog 
Maximilians   und   der  Churfürften    am  18.  Jänner    [548 
gegen  Revers  entladen  und  wurde  fpäter  Kaifer  Maxi- 
milian II.  Rath    und   Gardehauptmann.  Er  vermählte 
fich    am    7.  September    1550    im  Schlöffe  Polhaim    zu 


CLXXIX 


Wels  mit  Eufemia  von  Stubenberg,  und  als  diefe  1563 
ftarb,  vermählte  er  fich  zum  zweitenmal  mit  Barbara 
Gräfin  von  Pröfing.  Avis  erfter  Ehe  hatte  er  einen 
Sohn  Weickard  und  eine  Tochter  Sufanna,  welche 
fpäter  (ich  mit  Hanns  Friedrich  von  Zintzendorf  ver- 
mählte. Die  /weite  Ehe  blieb  kinderlos,  Cafimir  darb 
zu  Puchhaim  am  29.  September  1565  zwifchen  fechs 
und  fieben  Uhr  Früh,  39  Jahre  alt  und  wurde  zu  St. 
Anna  in  Oberthalhaim  beigefetzt. 

103.  (Mittelalterliche  Eifenarbeiten.) 

Wir  haben  in  den  Mittheilungen  unfere  Aufmerk- 
famkeit  den  hochintereffanten  Gebilden  diefes  Hand- 
werkes aus  älterer  Zeit   zugewendet   und  glauben  in 

Nachftehendcm  neuerlich  intereffante  Beifpiele  von 
Sclimiede-  und  Schloffer-Erzeugniffen  bringen  zu  kön- 
nen. Zunachft  geben  wir  in  der  beigegebenen  Abbil- 
dung (Fig.  19)  das  Bild  eines  Eifenleuchters,  davon  fich 
zwei  Exemplare  im  Klofter  Lumbach  erhalten  haben. 
Beide  Leuchter  zeigen  wohl  noch  romanifche  Styl- 
Reminifcenzen,  Mammen  jedoch  aus  gothifcher  Styl- 
Periode,  wenn  auch  aus  deren  Anfang.  Die  Geftaltung 
der  Leuchter  auf  den  vier  hochanfteigenden  Füßen  und 
der  gewundene  Mitteltheil  ill  fehr  gefchmackvoll  aus- 
geführt. 

In  Fig.  20  veranfehaulichen  wir  einen  Theil  des 
fehr  fchönen  gothifchen  Gartengitters  aus  dem  Stifte 
Admont  in  Böhmen,  das  befonders  beachtenswerth 
durch  das  fchöne  Blumen-Ornament  wird,  mit  welchem 
jede  einzelne  Volute  endigt.  Das  Ornament  ift  fo  frei 
behandelt,  dafs  es,  obgleich  es  fich  im  Grundgedanken 
wiederholt,  doch  nicht  monoton  wird. 

Ein  anderes  Gitter,  das  aber  weit  jünger  ift,  bringt 
Fig.  21.  Es  gehört  derfelben  Kirche  in  Benfen  an  und 
erfcheint  in  feiner  Zeichnung  nicht  minder  intereffant 
als  das  frühere,  namentlich  zierlich  macht  lieh  der  obere 
Abfchluß. 

Gitterwerk  im  allgemeinen  wurde  im  17.  Jahrhun- 
dert mit  befonderer  Sorgfalt  angefertigt  und  haben  fich 
uns  davon  zahlreiche,  mitunter  ganz  vorzügliche  Exem- 
plare erhalten.  Wir  vervveifen  beifpielsweife  auf  die 
fchmiedeifernen  Brunnenhäufer,  davon  wir  fehr  fchöne 
Exemplare  allenthalben  finden,  wie  im  Amalien-Hofe 
der  Wiener  Burg,  in  der  Stallburg,  am  Hauptplatze  zu 
Brück  a.  d.  M.,  im  Hofe  des  Stiftes  Neuklofter  und  zu 
Heiligenkreuz,  im  Hofe  der  Burg  Stixenftein  (aus  Neun- 
kirchen), Sebenftein,  Hollenegg  und  zu  Grafenegg. 
Diefes  letztere  ift  ein  ganz  koftbares  Ding.  Es  ftammt 
aus  dem  YVienerLandhaufe,  in  deffen  großem  Hofe  links 
vor  dem  Umbaue  in  den  Dreißiger-Jahren  derfelbe 
feinen  Standplatz  hatte.  Der  Wiener  Landhausbrunnen, 
der  lange  Zeit  im  Befitze  des  Malers  Amerling  war, 
gehört  zu  den  bedeutendften  Schlofferarbeiten  diefer 
Art  und  feiner  Zeit.  Auch  in  der  Stadt  Wr.-Neuftadt 
befand  fich  ein  Eifengitter-Brunnenhaus.  Die  Abbil- 
dung (Fig.  22)  —  nach  einer  Zeichnung  des  verftor- 
benen  Majors  v.  Frank  — zeigt  uns  leider  nur  mehr  das 
Gitter  unvollftändig,  indem  fchon  der  obere  Abfchluß 
fehlt,  doch  ift  derfelbe  auch  als  Fragment  fo  fehr  inter- 
effant, dafs  man  bedauern  muß,  dafs  diefer  Brunnen 
verfchwunden  ift. 


ade  der  Frandscaner-Kirche  in  Wien  war 

es   möglich,    nahen:    Kenntnis   zu    erhalten  von  jener 
räthfelhaften    Figur,    welche   die    Spil  Giebels 

abfchließt.  Der  gefchweifte  Giebel  fteigt  nämlich  in 
reizender  Silhouette  an  und  ill  auf  jeder  Seite  mi 
zwei  und  an  der  Spitze  mit  einer  Figur  geziert.  Wir 
fehen  zu  unterfl  zwei  Ordensheilige,  in  der  halben 
llnhc  die  beiden  Figuren  des  englifchen  Grußes  ein- 
ander gegenübergeftellt  und  endlich  fteht  zu  oberft 
die  Geftalt  eines  gekrönten  Greifes  mit  drei  Gefichtern, 
nämlich  eins  gegen  vorn  und  je  eines  gegen  jede  Si 
gi  ri<  htet  und  fo  conftruirt,  dafs  nur  vier  Augen  anzu- 


104.  Gelegentlich    der   übrigens    nicht 


forgfaltk 


durchgeführten 


genü- 


Kenovirung  der  hochintcr- 


(Benfen.) 


fertigen  nothwendig  war.  Vor  fich  hält  er  ein  Spruch- 
band, das  folgende Configuration  hat(Fig.  23).  Es  bildet 
ein  auf  die  Spitze  geftelltes  Dreieck  mit  Scheiben  in  den 
Ecken,  darin  in  einer  P  (Pater),  in  der  andern  F (Filius) 
und  in  der  dritten  unteren  SS  (Sanctus  Spiritus)  einge- 
hauen ift.  Die  drei  Scheiben  find  im  Dreieck  geftellt 
durch  Bänder  verbunden,  darauf  fteht  auf  jedem  Band: 
noii  est.  In  der  Mitte  des  Dreieckes  befindet  fich  eine 
vierte  Scheibe  mit  D  (Deus),  gegen  diefe  Scheibe  geht 
aus  jeder  der  drei  Ecken  ein  Band,  darauf  fteht:  est.  Es 


CLXXX 


ift  kein  Zweifel,  dafs  Geh  diefe  feltene  Darftellung  auf 
die  heil.  Dreieinigkeit  bezieht.  Die  Figur  trägt  am 
Sockel  die  Jahreszahl  1604. 

105.  Correfpondent  Simeoner  hat  an   die  Central- 
miffion  über  einen  von  ihm  aufgefundenen  alten 

Thurm  zu  Bozen  berichtet,  der  bereits  im  12.  Jahrhun- 
dert vorkommt  und  heute  noch  faft  intact  erhalten  ift. 

Der  Thurm  hat  eine  viereckige  Gellalt  und  ift  überaus 

maffiv  gebaut.  Sein  Durchmeffer  erreicht  über  5  M.  Er 

fleht  auf  dem  Dreifaltigkeits 

platze,  war  aber  urfprünglich 

ein  fortificatorifcher  Bau  am 

Ende  der  Laubengaffe,  nicht 

weit    vom   ehemaligen    fürft- 

bifchöflich   Trientifchen  Pa- 

lafte     gelegen.    Ringsherum 

find  nun  wohl  Häufer  gebaut. 

Man  i,rrub  in  letzter  Zeit  das 

Terrain    um  den  Thurm    ab, 

fand    aber    nur   Bachgerölle, 


fchloffen,  im  Ganzen  fchöne  VerhältnilTe.  Die  Schall- 
fenfter  des  Glockenhaufes  und  eines  Raums  darunter 
find  rundbogig  abgefchloffen  und  durch  Säulchen  mit 
Würfel-Capitälen  getheilt.  In  den  Thurmgiebeln  je  ein 
kleine-  Spitzbogen  -  Doppelfenfter.  Ein  fpitzbogiges 
Portal  mit  alter  Thure.  An  der  Giebelfront  ein  altes 
Gemälde  von  virtuofer  Fresco-Technik,  St.  Chriftoph 
vorftellend.  Das  Gemälde  ift  faft  ganz  erhalten,  ein 
Flugdach  fchützt  dasfelbe  vor  denWitterungseintlüffen. 
Neben  St.  Chriftoph  unten  rechts  ein  Mönch,  der  mit 

einer  Fackel  in  der  Hand, 
aus  einer  Felfenhöhle  her- 
vortritt. Die  ganze  Bild- 
fläche ift  von  einer  gemal- 
ten Hohlkehle  umrahmt, 
welche  mit  Heiligenfigu- 
ren unter  Baldachinen  (St. 
Nicolaus,  St.  .Maria,  St. 
Anna ,  St.  Georg)  ge- 
fchmückt  ift  und  oben  in 
ein      Spruchband:      anno 


ein  Beweis,  wie  fehr  Bozen  durch  Ueberfchwemmungen 
gelitten  hatte  und  mit  Schiebgeftein  angefüllt  wurde. 
Die  Hohe  des  Thurmes  läßt  fich  nicht  beftimmen,  weil 
man  bei  den  Bloßlegungen  noch  immer  auf  das  er- 
wähnte Material  kommt  und  dennoch  reicht  der  Thurm 
heute  noch  über  das  zweite  Stockwerk  der  Häufer 
hinaus;  befonders  fcheint  jene  Seite  ftark  angelegt  ge- 
wefen  zu  fein,  die  gegen  die  Wafferrichtung  ftand.  In 
den  Nachrichten  über  die  in  Bozen  1227,  132 1  und 
1526  ftattgefundenen  Erdbeben  wird  diefes  befeftigten 
Thurmes  als  befchädigt  erwähnt. 

106.  Confervator  Deininger  hat  an  die  Central- 
Commiffion  einen  eingehenden  Bericht  über  die  Kirche 
in  Albiwis  bei  Klaufen  inSüd-Tyrol  erftattet,  daraus  wir 
Nachftehendes  mittheilen.  Die  Kirche  ift  klein,  ein- 
fchiffig,  einfach  gothifch,  mit  drei  Jochen  im  Schiffe  und 
einem  einfachen  Netzgewölbe  im  Presbyterium  Im 
Fenftermaßwerke  Dreipäffe  und  Fifchblafen.  Der  qua- 
dratifche  Thurm  fleht  an  der  Nordfeite,  ift  aus  Qua- 
dern folid  erbaut  und  mit  einem  fpitzen  Helme  abge- 


domini  1496  ausläuft. 

In  der  Kirche  befindet  fich  der  St.  Georgs-Flii 
altar  in  gothifchen  Kunftformen  und  in  der  Auffaffung 

den  Details  des  erwähnten  Gemäldes  fehr  verwandt.  Er 


ill  von  mittlerer  Größe,  reich  mit  Sculpturen,  Ornamen- 
ten und  Malerei  geziert  und  bis  auf  die  fehlende 
Zinnen-Bekrönung  vollkommen  erhalten.  An  der  Pre- 
della in  Hoch-Relief  St.  Maria,  Magdalena  und  Johannes 


CLXXXI 


mit  dem  Leichnam  Chrifti.  Auf  den  Predella-Flügeln  in 

Reliefs:  ein  Heiliger  im  Hermelin,  einen  Knochen 
haltend,  und  eine  Nonne,  eine  Kette  tragend,  auf 
gemuftertem  Goldgrunde,  dann  ein  Ritter  mit  Fahne 
und  Todtcnkopf  und  ein  Heiliger  mit  Pilgerftab.  Die 
Außenfeiten  der  Predella-Flügel  find  bemalt,  ein  Hei- 
liger mit  zwei  Pfeilen  und  St.  Rochus  auf  blauem 
Grunde.  Im  Altar-Schreine  fteht  im  Hoch-Relief  St. 
Georg  zu  Pferde  mit  dem  Drachen  kämpfend,  links  im 
kleineren  Maßftabe  die  Jungfrau  mit  dem  Lamme,  im 
Hintergrunde  eine  Burg  mit  zwei  Figürchen  bei  den 
Fenftern,  die  Innenfeiten  der  Altar-Schreinflügel  mit 
Hoch-Reliefs:  St.  Anna,  Maria  und  das  Kind  und 
St.  Bartholomäus  auf  gemuftertem  Goldgrund,  außen 
in  Malerei:  St.  Nicolaus  und  Erasmus.  Der  einfache 
zierliche  Ausbau  des  Altars,  die  vorzügliche  Ausführung 
der  Reliefs  und  Gemälde  und  die  erhaltene  urfprüng- 
liche  Faffung  lehren,  dafs  man  es  hier  mit  einem  werth- 
vollen  Kunft-Denkmale  zu  thun  hat. 

107.  Auf  der  Straße  gegen  Gröden  befindet  fich 
ein  fteinernerBildftock,  von  viereckiger  Grundform  mit 
abgefaßten  Kanten  und  Blättercapitäl.  Am  Abacus  die 
fnfehrift:.  .3WLAIEN  |  MCCCCCIII  jar  |  MMR  PAVL. 
In  der  Mitte  des  Capitäls  von  longobardifch-mittelalter- 
lichem  Styl-Charakter  ein  Wappenfchild,  darin  ein 
Spaten.  In  den  Nifchen  neuere  Bilder,  der  Helm  von  Holz. 

108.  Ungefähr  zwei  Stunden  von  Bozen  entfernt 
liegt,  wie  Correfpondent  P.  Simeoner  berichtet,  ober- 
halb des  Dorfes  Leifers  ein  fehr  altes  Kirchlein, 
dem  heil.  Petrus  geweiht,  im  Volksmunde  „Peter 
Köfele".  In  demfelben  befindet  fich  ein  gothifcher 
Flügelaltar  aus  der  erflen  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts. 
Das  Mittelfeld  enthält  drei  Figuren:  die  Mutter  Gottes 
mit  dem  Kinde  am  Arme,  zwifchen  St.  Peter  und 
St.  Paul.  An  der  Mutter  Gottes  ift  befonders  der  Kopf 
zu  besprechen,  weil  in  der  Anordnung  der  Haare,  die 
von  einem  über  die  Schultern  zur  Bruft  herabfallenden 
Schleier  umgeben  find,  ein  feinfühliger  Gefchmack  her- 
vortritt. Ihr  Gefichtsausdruck  ift  ungemein  lieblich, 
der  der  beiden  Heiligen  ernft.  Auf  den  beiden  Flügeln 
findet  fich  je  ein  Gemälde  (St.  Johannes  B.  und 
St.  Erasmus).   Die  Predella  ift  mit  der  Darfteilung  des 

ulichen  Heilands  in  der  Kelter  geziert  (Chriftus 
dornengekrönt,  mit  dem  Purpurmantel  und  den 
Wundenmalen).  Der  Altar  macht  einen  wohlthuenden 
Eindruck.  Die  Figuren  find  in  Holz  gefchnitzt  mit 
großem  Fleiße.  Die  Außenfeite  des  Altarflügels  enthält 
zwei  Bilder  (St.  Laurenz  und  einen  heiligen  König).  Die 
Kirche  felbft  ift  ungemein  ftark  gebaut,  befonders 
maffiv  angelegt,  faft  feftungsartig,  die  Apfis  halbkreis- 
förmig. 

109.  Confervator  Lukfeh  machte  die  Mittheilung, 
dafs  die  Pfarrkirche  zu  Falkenau  (Station  der  böh- 
mifchen  Nordbahn  nächft  B.-Kamnitz)  mehrere  von 
Kennern  als  Kunftwerke  erklärte  Gemälde  befitzt, 
über  deren  Herkunft  fich  in  dem  Memorabilienbuche 
nur  die  Angabe  findet,  dafs  ein  aus  Falkenau  gebür- 
tiger Mfgr.  Anton  Gürtler,  Bifchof  von  Tiene  i.  part. 
und  Beichtvater  der  Königin  Karoline  von  Neapel, 
in  den  Achtziger-Jahren  des  vorigen  Jahrhundertcs 
diefelben  theils  in  Neapel,  theils  in  Rom  erworben  und 


der  Kirche  feines  Heimatsortes  zugewendet  habe.  Ein 
Monogramm  oder  dergleichen  findet  fich  bei  keinem. 
Eines  derfelben  (heil.  Magdalena)  wurde  „in  neuerer 
Zeit"  renovirt  und  gilt  als  Guido  Reni.  Ebendafelbft 
befindet  fich  auch  und  ilt  von  derfelben  Herkunft:  ein« 
Statue  von  carrarifchem  Marmor,  mit  der  Bezeich- 
nung: „Eques  Franciscus  Queirolus  Janvenfis  fculpfit 
Renne  1752",  ein  Hautrelief  und  ein  Crucifix  aus  Elfen 
bein. 

110.  Confervator  Majonica  b<  richtet:  Thatfächlich 
ill  es,  dafs  die  Umgebung  von  Aquileja  in  ihrem  wei- 
teften  Umfange  fehr  reich  an  Alterthümern  aus  der 
Roinerzeit  ift  und  dafs  an  allen  Straßenzügen,  weli  he 
von  diefem  Emporium  nach  den  verfchiedenften  Rich- 
tungen führten,  fich  zahlreiche  Römerfpuren  finden. 
So  wurde  im  Januar  bei  Bukavica  nächll  Görz  an 
der  Stelle,  welche  wegen  der  vielen  und  großen  Ziegel- 
brennereien den  Namen  Fornace  führt  und  höchft- 
wahrfcheinlich  der  Mutatio  ad  fornulos  des  Itinerars 
entfpricht,  auf  einem  Grundftücke  eine  Anzahl 
römifcher  Alterthümer  gefunden;  auch  traf  man 
auf  einen  ziemlich  gut  erhaltenen  Brunnen  römifchen 
Urfprunges.  Bei  der  Ausräumung  desfelbcn  fanden 
fich  viele  Spuren  von  entfehieden  römifchen  Ton- 
waaren,  wie:  Ziegelfteine,  Bruchftücke  von  verfchie- 
denen  Amphoren  und  kleineren  Gefäßen,  fowohl  ge- 
wöhnlichen  Fabricats,  als  auch  feinerer,  fogenannter 
arretinifcher  Provenienz,  nur  ein  Gefäß  (Krug)  war 
intacL 

in.  Südweftlich  von  Monfalcone  bei  der  Kirche 
Marcelliana  la  Vecchia  wurden  beim  Herausziehen 
eines  Baumes  einige  römifchc  Ziegelfteine  und  viele 
kleine  Würfel,  weiß  und  fchwarz,  von  einem  römifchen 
Mofaikboden  entdeckt.  Confervator  Majonica  hat 
diefe  Stelle  unterfucht,  wie  weit  fich  diefer  Fußboden 
ausdehnte,  und  kam  zu  dem Refultate,  dafs  außer  dielen 
unzweifelhaften  Spuren  einer  römifchen  Anfiedlung 
fich  nichts  weiter  vorfindet.  Der  Mofaikboden  ill 
höchft  einfach,  in  der  Nähe  eines  Straßengrabens, 
kaum  030  M.  unter  dem  Niveau,  ilt  fehr  befchädigl 
und  bietet,  in  technifcher  Beziehung  ohne  Bedeutung, 
ornamental  nur  zwei  parallele  Streifen,  weiß  und 
fchwarz. 

112.  DerCentral-Commiffion  ift  durch  Bart/.  Pecnik 
Nachricht  zugekommen,  dafs  jener  Infchriftftein, 
welchen  Müllner  in  Aemona  S.  27  befpricht,  den  auch 
Pfarrer  Tunnelfteiner  befchrieben  hatte,  Schönleben 
und  Valvafor  erwähnen  und  der,  feit  dem  er  von  dem 
Felde  bei  Großdorf,  wo  er  aufgeftellt  war,  verfchwand, 
als  verloren  betrachtet  wurde,  in  einer  Stallungsmauer 
des  Schloffes  Thurn  am  Hart  umgekehrt  eingemauert 
ift.  Der  Stein  ift  fehr  groß,  nach  Art  einer  Meilenfäulc, 
mit  gut  erhaltener  Infchrift. 

Derfelbe  Bart/.  Pecnik  hat  ferner  berichtet,  dafs 
er  den  Verfuch  gemacht  hat,  die  Quelle  auszuforfchen, 
welche  zur  Wafferleitung  vom  Gorjany  Gebirge  nach 
Noviodunum  benutzt  wurde.  Bei  der  Quelle  nächft 
Ileiligenkreuz  finden  fich  noch  römifche  Mauerrefte 
von  befonderer  Fertigkeit.  Die  Leitung  gefchieht  mit- 
teilt   Thonröhren,  die  an    der    Bergleime    circa    zwei 


CLXXXII 


Schuh  tief  eingelalTen  find  und  läßt  fich  bis  zum  Gurk- 
fluß  verfolgen. 

113.  Baron  .  Ritter-Zahonx  hat  dem  k.  k. 
Staatsmufeum   in   neuefter   Zeit    ein    lehr   wertin 

macht;  dasfelbe  wird  auf  beiläufig  5700  fl. 
bewerthet  und  enthalt:  Münzen,  circa  500  Stück, 
circa  100  Bronzen,  Thonlampen  und  Terracotten.  dann 
nftände  aus  Elfenbein  und  Bein,  Eifen, 
hnittene  Steine,  Sculpturen  und  einige  Ein- 
richtungsgegenftande  Karten  etc.).  Die  Central  Com- 
mifllon  hat  fich  veranlaßt  gefehen,  dem  Gefchenk- 
geber  ganz  befonders  zu  danken. 

114.  { Circulandum  an  die  Confervatoren  II.  und  III. 
Seilt  I  -   find  in  neuerer  Zeit  zahlreiche  Fälle  vor- 


male ihrer  Vorfahren  um  vorübergehenden  fchnoden 
Vortheüs  wegen  fo  leicht  entfchlagen.  Diele  Dinge 
haben  zweifellos  hiftorifchen  YVerth,  werden  gern 
icht  und  aus  der  Hand  des  Zu  ifchenhandlers  um 
namhafte  Summen  gekauft,  wahrend  die  den  Verkauf 
durchführende  Corporation  fich  ihrer  Schätze  um  eine 
elende  Summe  entäußert.  Die  Central-Commiffion  halt 
es  für  zweckmäßig,  das  Augenmerk  der  Herren 
Confervatoren  auf  diefes  Vorkommnis  zu  lenken,  und 
fpricht  den  lebhaften  Wunfeh  aus,  in  der  Rettung  von 
derlei  Gegenftanden  durch  diefelben  unterftützt  zu 
werden. 

Die  Rettung  befteht  zunächft  wohl  in  der  Ver- 
hinderung des  Verkaufes,  was  zum  großen  Theile 
fchon  dadurch  gelingen  mag,  dafs  die  Befitzer  diefer 
Gegenftände    auf   den    hiltorifchen     und    moralifchen 


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Fig.  25.   |  Hafenburg.j 


gekommen,  dafs  auf  dem  Antiquar-Markte  Gegen- 
Itände  zum  Verkaufe  kamen,  die  zweifellos  aus  dem 
Befitze  von  Gemeinden  oder  Innungen  (Zünften 
flammen.  Es  können  derlei  Gegenstände  genug  ge- 
nannt werden,  und  feien  beifpielsweife  nur  hervor- 
gehoben: Urkunden  auf  Pergament  und  Papier,  Privi- 
legien-Documente,  ältere  Innungsrechnungen,  Ver- 
zeichniffe  der  Mitglieder,  Gemeinde-  und  Zunft-Siegel- 
ftempel, auch  Original-Siegelabdrücke,  von  den  Urkun- 
den abgetrennt,  Innungstruhen,  Bilder,  Trinkgefaße, 
namentlich  aus  Zinn,  Abzeichen,  ja  fogar  Fahnen  und 
Trauer-Embleme;  alle  diefe  Gegenftände  find  mit- 
unter bereits  Handelsartikel. 

Es    ift    verftimmend,    dafs    Gemeinde-Vorftände 
und    Genoffenfchaften   fich   diefer   ehrwürdigen  Denk- 


Werth  aufmerkfam  gemacht  werden,  und  dafs  in  ihnen 
auf  diefe  Weife  das  Intereffe  für  die  beftimmungs- 
gemäße  Erhaltung  des  Gegenstandes  wachgerufen 
wird.  Freilich  muß  für  die  Rettung  auch  durch  die 
Befchaffung  eines  ficheren  Aufbewahrungsortes  ge- 
forgt  werden.  Ein  folcher  bietet  fich  in  den  Landes- 
mufeen  und  in  den  Mufeen  einzelner  Gemeinden,  die 
gewiß  bereit  fein  würden,  folche  Gegenftände  unter 
Aufrechthaltung  des  Eigentumsrechtes  der  betref- 
fenden Gemeinde  oder  Corporation,  in  deren  Befitz 
fich  diefelben  befinden,  gewiffermaßen  in  Aufbewahrung 
und  der  allgemeinen  Befichtigung  und  dem  öffent- 
lichen Studium  zugänglich  zu  übernehmen. 

Die  Central-Commiffion    glaubt    fchließlich    nicht 
unerwähnt  laffen  zu  dürfen,  dafs  fich  derlei  Denkmaler 


CLXXXIII 


gegenwärtig  nicht  mehr  immer  im  Befitze  der  bezüg- 
lichen Corporation  befinden,  fondern  olt  bei  jenen 
Familien  aufbewahrt  werden,  deren  Mitglieder  früher 
der  Zunft-  oder  Gemcindevorftehung  angehört  haben. 
Die  Central-Commiffion  empfiehlt  fomit,  den 
Befitz  von  derlei  Gegenständen,  infoweit  er  (ich  con- 
llatircn  läßt,  gelegentlich  ZU  eruiren  und  für  deren  Er- 
haltung in  der  angedeuteten  Richtung  gefälligft  wirken 
zu  wollen. 

115.  Confervator  Gruß  hat  in  jüngfter  Zeit  an  die 
( Yntral-Commiffion  iiber  den  Zuftand  der  Ruine 
Hafenburg  bei  Idbochowitz  berichtet.  Die  Ruine  befteht 
eigentlich  nur  mehr  aus  zwei  machtigen  Thürmen.  Der 
fogenannte  weiße  Thurm  hat  viereckigen  Grundriß,  ill 
circa  30  M.  hoch,  die  Wände  find  7  M.  hoch  und  87t  ^. 
breit,  er  ilt  aus  Sandfteinen,  meift  Quadern  erbaut. 
Zwei    Wände    trennen    fich    infolge    eines    Riffes   vom 


Aufhebung  des  Jefuiten-Ordens  an  das  k.  k.  Militär 
übergeben  wurde.  Seit  dem  Jahre  1880  wurde  diefe 
Kirche  —  der  fchönfte  Renaiffance-Bau  Brunns  —  mit 
größter  Sorgfalt  und  Pietät  reftaurirt.  An  der  Stelle 
diefer  Kirche  ftand  vom  13.  Jahrhundert  an  bis  \^~y 
das  Herburger  Nonnenklofter,  worauf  1578  diejefuiten 
im  Befitze  nachfolgten,  die  namentlich  mit  Untcr- 
ftützung  des  Cardinais  Frans  v.  Dietrichflein,  Bifchofs 
von  Gimüz,  die  jetzige  Kirche  erbauten.  Der  Bau  be- 
gann 1598  und  endete  mit  der  Kirchweihe  zu  Ehren 
der  Himmelfahrt  Mariens  im  Jahre  1602. 

Die  Kirche  hat  eine  ausgedehnte  auf  fechs  mäch- 
tigen Pfeilern  ruhende  dreifchiflige  Anlage  mit  einer 
rings  um  das  Hauptfchiff  laufenden  Galerie  und  mit 
zum  Presbyterium  ausmündenden  geräumigen  reich 
decorirten  Oratorien.  Den  Plan  entwarf  Architekt 
Georg  Gialdi,  dem  fein  Bruder  Tobias,  ein  Maler, 
behilflich  war. 


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Fig.   26.   (Hafenburg.) 


übrigen  Mauerkörper.  Der  fchwarze  Thurm  ift  kreis- 
rund angelegt,  25  M.  hoch,  mit  9  M.  im  Durchmeffer, 
aus  Bafaltftein  aufgeführt,  ift  weniger  fchadhaft;.  die 
Trümmer  der  übrigen  Burg  find  nicht  mehr  zu  retten. 
Die  Burg  wurde  von  den  Hufiten  angegriffen  und  zer- 
ftört,  feit  diefer  Zeit  verfällt  fie.  Sie  ift  auf  einem  lang- 
gezogenen Bafaltrücken,  der  zwei  Erhöhungen  hat, 
angelegt.  Auf  dem  einen  Hügel  fteht  der  Rundthurm, 
dabei  wenige  Baurefte.  Die  andere  Gebäudegruppe 
bekrönt  den  anderen  Hügel,  ift  mit  einem  Graben  ge- 
fchieden,  darüber  eine  Brücke  führt.  In  diefer  Gruppe 
befindet  fich  der  große  Saalbau  und  der  quadratifche 
Bergfried.  Den  Quadratthurm  und  ein  größeres  Vor- 
werk veranschaulicht  die  Illuftration  Fig.  25,  die  ganze 
Situation  mit  Markirung  beider  Thürme  der  Grundriß 
(Fig.  26). 

116.  Confervator  Trapp  berichtete  über  die  Gar- 
nifons-Kirche  in  Brunn,   dafs  fie  im  Jahre   1786    nach 


Der  Thurm  befindet  fich  ober  dem  Haupteingange 
und  wurde  erft  zwifchen  1732 — 1733  durch  den  Zimmer- 
meifter  Eitelberger  erbaut,  vom  Brünner  Klempner 
Offner  mit  Blech  gedeckt;  heute  ill  er  nicht  mehr  voll- 
ständig erhalten,  da  ein  Theil  1843  abgetragen  wurde. 

Die  Gewölbedecke  hat  Meifter  F.  A.  Scheffler 
1739 — 1744  bemalt,  vorftellend  die  Verherrlichung 
Mariens.  Den  Hoch-Altar  verfertigte  nach  dem  Mufter 
des  Ignatius-Altares  in  Rom  der  Bildhauer  J.  G.  Schau- 
berger  1735,  das  Altar-Bild  malte  Franz  Eckflein. 

Die  neun  Seiten -Altare  und  die  Beichtftühle  ver- 
fertigte Adam  Nefsmann,  Schauberger's  Schüler.  Die 
Stoccatur-Arbeit  der  Laien-Bruder  Tobias  Süßmayer. 
Die  zwei  großen  Seiten-Altäre  foll  der  Oberftkämmerer 
Mährens  Ladislaus  Berka  von  Duba  und  Lipa  haben 
anfertigen  laffen,  deffen  Schwefter  Helena,  Witwe  nach 
Bernhard  von  Tovar  und  Enzesfeld  hingegen  die 
beiden  herrlichen  Altar-Bilder  hiezu  —  italienifchen 
oder  fpanifchen  Urfprungs  —  gefpendet  haben. 


CLXXXIV 


h  find  zu  erwähnen    die    acht   Gemälde  ober 
Beichtftühlen  —  Scenen  aus  dem  Leben  Mariens  — 
tlt  \^n  Baldiffera  de  Anna  im  \~.  Jahrhundert.  Die 
kenmalerei    in    den   beiden    Seitenfchiffen    bringt 
rymbolifche  Darftellungen  auf  die  betreffenden  Altare 
bezüglich  und  endet  unterhalb  des  Mufik-Chores, 
der  Tradition  nach   Meifter  Scheffler  fich  fclbft  in  Mitte 
feiner  Familie  darfteilt.  Die  große  Orgel  lüftete  Fran- 
I    Gräfin  Leslie  geb.  Dietrichftein ;   von    derfelben 
nerin  dämmen  die  kunftvollen  Chorftühle. 
Die   Sacriftei    zeichnet    fich    durch  Stucco-Orna- 
mente  und  fchön  gefchnitzte  Hinrichtung  aus 

i  17.    Glockcn-Infchriftt ■:■. 

i.  An  der  großen  Glocke  zu  Maria- Saal,  welche 
allein  im  nordlichen  Thurme  hangt,  und  nach  Mitthei- 
lung des  Confervators  Größer  170  M.  breit  und  2  22  M 
hoch  ift,  fteht  oben  in  reicher  Umrahmung  Sancla  maria 

\rre  miferis,  iwa  pufillanimes,  refove  flebiles  ora 
pro  populo.  Zu  beiden  Seiten  des  Adlers:  leopoldo 
augufto  regnante  et  contra  turcos  gloriose  trium- 
phante.  Dann  folgen  drei  Zeilen:  hls  fratrlbVs  georglo 
nICoLao  et  woLfgango  anDrea  ab  Yrslnl  et  rofen- 
berg  Caefarl  LeopoLDo  YiCtorlae  ConsILIIs.  Dar- 
unter das  Rofenberg  fche  Wappen  und  St.  Nicolaus, 
Woll  Andreas  und   Georg.   Daneben  im  Bogen: 

sub  tuum  praesidium  confugimus  saneta  dei  genitrix- 
fugite  partes  adversae. 

Dem  Adler  gegenüber  ift  auf  der  anderen  Seite 
des  Rofenberg  fche  Wappen,  umgeben  von  fechs  klei- 
neren Wappen,  angebracht;  links  etwas  höher  das 
erzbifchöfliche  Salzburgifche  Wappen  mit  folgender 
l'mfchrift:  anno  InqVo  Joannes  erneftVsComes  aThVn 
prlnCepsaCarChlepIsCopVssaLIsbVrgensIsCreatVs, 
zur  Zeit  als  Maximilianus  Krneftus  graff  von  Scherffen- 
berg  proplt  georgius  petrus  riedl  ss.  th.  Dr.  dis  ftyffts 
dechant  wahre  hat  mich  goffen  madthias  Landtsman 
zve  clagenfurth  in  jähr  16.S7. 

2.  Köftenberg;  große  Glocke:  o. sanfte. philipe. 
et  .Jacobe .  orate .  pro  .  nobis .  a. v.im . vli  (1547) jar . jero- 
mine.egcker,  dazwifchen  zwei  gekreuzte  Pfeiler  in 
einem  Schilde  o.rex.glorie.  veni  .cum  .pace;  mittlere 
Glocke:   erasmus  .  stamffl  .  zu  .  villach  .  gos  .  mich  .  in  . 

es.  nam.amen  .ano.  1578.  (Die  Glocke  fafl  fchellen- 
förmig);  dritte  Glocke:  Martin  Mathias  Zechenter  173 1 . 

[18.  Correfpondent  Malka  hat  an  die  Central- 
Commiffion  berichtet,  dafs  anläßlich  des  Baues  der 
Zweigbahn  von  Wefely  an  die  ungarifche  Gränze  eine 
bedeutende  Anzahl  prähiftorifcher  Funde  gemacht  und 
zahlreiche  Fundftellen  aufgefchloffen  wurden. 

Vom  füdöftlichenEnde  der  Bahn  an  der  ungarifchen 
Gränze  bei  Skalic  bis  Sudomeric  und  Betrau  fleht  man 
in  den  ausgedehnten  Materialgruben  die  charakterifti- 
fchen  fchwarz  gefärbten  Brandplätze  und  Brandgruben, 
welche  bi-  13  M.  tief  zahlreiche  Thierknochen,  Thon- 
fcherben  und  Kohlenftücke,  manchmal  auch  menfehliche 
Skeletterede  enthalten,  mitunter  Metallgegenftände. 
Diefe  Schichte,  welche  offenbar  eine  kürzere  oder  län- 
gere Befiedelung  vermuthen  läßt,  läßt  fich  faft  ohne 
Unterbrechung  und  in  großer  Ausbreitung  auf  allen 
Feldern  bisSudomeric  verfolgen,  während  gegenPetrau 
hin  nur  getrennte  vereinzelte  Brandplätze  vorkommen, 
fie  haben  5 — 10  M.  im  Durchmeffer    und    find    fchon 


oberflächlich  zu  erkennen.  Die  B ran dplatzft eilen  bei 
den  Abhangen  Crtoryje  und  Babi  Doly  find  uralt  fo 
benannt  und  beide  Oertlichkeiten,  die  an  einem  Seiten- 
arme der  March  Moravka)  liegen  und  auffallende  Ein- 
renkungen aufweifen,  lallen  vermuthen,  dafs  fich  in  der 
Xalu-  davon  jenfeits  des  Marcharmes  eine  wahrschein- 
lich prähiftorifcheWallbefeftigung  findet.  Ueber  die  Art 
der  Lagerung  der  genommenen  Fundgegenftände  kann 
nichts  angegeben  werden,  da  den  zu  Tage  geförderten 

enftänden  von  den  Arbeitern  keinerlei Aufmerkfam- 
keit  zugewendet  wurde,  die  menfehlichen  Knochen 
wieder  vergraben,  die  Thongegenftände  zertrümmert 
und  verfchleudert  wurden.  Nur  wenig  konnte  nach- 
traglich gerettet  werden,  darunter  eine  Bronzenadel 
mit  flachem  Kopfe,  ein  befchädigtes  Thongefaß  mit 
Wellen-Ornament  und  Knochen  vom  Rind.  Schwein, 
Schaf  und  Hirfch  und  Scherben  von  in  freier  Hand 
angefertigten  Gefäßen.  In  einer  Brandgrube  So  Cid. 
tief)  lag  das  Skelet  eines  Kindes  mit  einem  Bronze- 
ringelchen und  einem  Thongefaß  mit  Wellen- Ornament. 

Auf  einembenachbarten  ebenfalls  fanft  abfallenden 
Abhänge,  genannt  Golgotha  oder  Na  sibenici,  durch- 
fchneidet  die  Eifenbahn  ein  ausgedehntes  Gräberfeld, 
wofelbft  bereits  60  Gräber  aufgedeckt  wurden. 

Diefe  Graber  waren  2  M.  bi>  3%  M.  tief  und  ent- 
hielten im  freien  Boden  geftreckte  Skelette  mit  ver- 
fchiedener  Ausstattung,  welche  jedoch  mit  geringer 
Ausnahme  faft  durchwegs  auf  eine  friedliche  la 
anfaßige  Bevölkerung  fchließen  läßt.  Die  Gräber  lagen 
3 — 4  M.,  bisweilen  auch  bis  S  M.  von  einander.  Zwei 
Graber  wurden  in  Gegenwart  des  Berichterftatters 
eröffnet  und  ergaben  beachten-w  erthe  Refultate.  In 
einem,  2  M.  tief  und  90  Cm.  breit,  fand  man  das  Skelet 
einer  erwachsenen  Perfon,  wahrfcheinlich  eines  Mannes, 
gegen  Nordweft  gelegt,  der  Schädel  lag  auf  der  rechten 
Seite,  die  rechte  Hand  gegen  die  Bruft  gewendet. 
Daneben  Brandfpuren,  Afche  und  Kohle.  In  der  Len- 
dengegend links  lag  ein  umgeftürztes  Gefäß  mit  Wellen- 
linien, auf  der  rechten  ein  Eifengegenftand  mit  Holz- 
griff  vielleicht  ein  Melier.  Das  zweite  vollftändigeGrab 
barg  eine  Kindesleiche  mit  Eifengegenftänden. 

Die  dritte  Funddelle  liegt  nördlich  von  Straznic 
bei  Znorov.  Auch  dort  kamen  bei  Aushebung  von 
Erdmaterial  Brandgruben  und  Erdgräber  zum  Vor- 
fchein.  Von  den  verfchiedenen  Fund-Objectcn  waren 
nur  Thonfcherben  und  Thierknochen  zu  retten.  Es 
follen  zwei  Spiralarmbänder  von  Bronze  gefunden 
worden  fein.  Die  Thonfcherben  find  beachtenswerth, 
da  diefelben  auf  Grund  der  Ornamente  in  die  neoli- 
thifche,  nicht  in  die  vorgerückte  Metallzeit  gehören. 

119.  f  lntaejjante  vorgefchichtliche  Funde  bei 
Kremfier.) 

Correfpondent  Karl  Biefel  in  Kremfier  theilt  mit, 
dafs  auf  der  rüdlich  gegen  Kotojed  fanft  abfallenden,  mit 
fruchtbaren  Feldern  der  Kremfierer  Bürger  bedeckten 
weiten  Fläche,  an  der  von  Kremfier  nach  Kvafic  führen- 
den Straße  auf  dem  Acker  des  Baumeifters  Herrn 
Zajicek,  in  der  dafelbft  beftehenden  Ziegelei  im  Laufe 
der  letzten  Jahre  durch  Abfuhr  der  Lehmerde  beiläufig 
100  M  lange.  4  M.  hohe  Wände  entftanden,  an  denen 
man  2'/2  M.  tief  unter  der  Erdoberfläche  15  dreifeitig 
begränzte  längliche  Gruben  ustrinen  erblickt,  an 
füllt  mit  Holzafche,  Holzkohlenftückchen,  Abfallen  des 


CLXXXV 


Haushaltes,  Zahnen  und  Thierknochen  und  Taufende 
von  Bruchftücken  von  Thongefäßen,  darunter  zwei 
ziemlich  erhaltene  fchön  geformte  Topfe  und  ein  vor- 
züglich fchönes  mit  Ornament  verfehenes  Näpfchen 
aus  Roththon. 

Im  Lehmlager  anderweits  fand  man  zwei  Keile, 
einen  aus  Serpentinltein,  den  andern  aus  Kupfer,  ein 
befonders  fcharfes  Werkzeug  aus  Feuerftein,  zum 
Bearbeiten  der  Thierhaute.  und  die  Hallte  einer  Fiebel 
aus  Bronze.  Unbezweifelbar  haben  wir  hier  eine  vor 
einem  ganz  betrachtlichen  Zeit- 
räume bcltandenc  Menfchen- 
anfiedlung  vor  uns.  Die  eben 
befprochenen  Gruben  gaben 
auch  ein  Bild  der  Anfiedlung. 

Die  in  den  leeren  Raum 
des  ausgehobenen  Erdblocks 
eingelegt  gedachte  Mittelaxe 
,  ieht  von  Oft  gegen  Weil  und 
(landen,  eine  15  M.  breite  unre- 
gelmäßige Gaffe  bildend,  die 
I  bitten  einander  gegenüber; 
neben  jeder  Hütte  eine  Grube  für 
Aufnahme  der  Abfälle  des  Haus- 
haltes. 
Fig.   27.  (Curzola.)  ._        _    ,  ..  ,    .    , 

Der  Schädel  des  in  genann- 
ter Axe  gefundenen  Menfchengerippes  lag  in  der 
Richtung  gegen  Often  hin. 

120.  Confervator  Klattsner  in  Radautz  hat  an  die 
Central-Commiflion  berichtet,  dafs  er  bei  Kilinestie 
bei  Gelegenheit  einer  Abgrabung  ein  regelmäßig 
angelegtes  Leichenfeld  gefunden  hat.  Die  Urnen  liegen 
in  geraden  Linien  und  in  regelmäßigen  Zwifchen- 
räumen.  In  einer  eben  in  Anwefenheit  des  Confervators 
in  einer  Tiefe  von  circa  f  ausgehobenen  Urne  fand 
man  bei  ihrem  Zerfalle  nur  Afche.  Bei  Horodnik  fand 
derfelbe  fünf  Tumulc  ähnlich  jenen  zu  Hliboka. 

121.  Bei  dem  Eifenbahnbaue  Dqbica-Rozwaiio:,' 
traf  man  in  der  Nähe  des  Ortes  auf  eine  Stelle,  welche 

eine  alte  Begräbnisftelle  vermuthen  läfst. 
Auf  einer  fandigen  faß:  100  M.  langen  und 
breiten  Anhohe,  umgeben  von  Sumpfter- 
rain, darüber  fich  diefelbe  c.  3  M.  erhebt, 
zeigen  fich  einzelne  Stellen  mit  fchwarzer 
Erde,  welche  von  dem  umgebenden  weißen 
Sande    grell    abftechen.  Diefelben   haben 
o-5 — 07  M.  im  Quadrat.  Bei  Aufgrabung 
einiger  derfelben  zeigte  fich  die  fchwarze 
Erde   bis  c.  1-4 — I  7  M.  in  Tiefe  reichend 
und    am    Grunde    fanden    fich    zerfallene 
irdene  Gefäße.   Aus  den  größeren  Scher- 
ben kann  man  Geftalt   und    Di- 
menfionen  einiger  diefer  Gefäße 
beurtheilen     und    laffen    einige 
Scherben  auf  Gefäße  von  großem 
Umfange  fchließen.  Als  Material 
ift  grobkörniger  Thon    verwen- 
det von  röthlicher  oder  fchwarz- 
grauer     Farbe.      Auf     einigen 
Stücken  finden  fich  Spuren  von 
Verzierungen,  erhabene  horizontale  Streifen. 
XIII.  N.  F. 


122.  Confervator  AlibranWhzX  Nachricht  gegeben, 
zu  Lombardei  in  der  Nähe  der  bekannten  Stein- 
hohle  zu  Vcrmk  auf  Curzola  vor  einigi  r  Zeit  mehrere 
Steinbeile  gefunden  wurden.  Die  meiften  wurden  ver- 
fchleppt,  nur  eines  war  ihm  möglich  zu  erwerben.  Es 
ift  aus  Granit  angefertigt,  grünlich,  die  Maße  find 
0-05  Cm.  in  der  Breite,  O'O.S  Cm.  in  der  Hohe  und 
189  Grm.  im  Gewichte.  Es  ilt  zu  bemerken,  dafs  dir 
Form  des  Beiles  fich  auffallend  jener  der  griechif 
Werkzeuge  diefer  Art  nähert  (Fig.  27). 

123.  Confervator  Petris  zeigte  der  Central-Com- 
miffion  an,  dafs  bei  dem  Dorfe  Paugnano  nächft  Capo 
d'Iftria  auf  einer  circa  400  M.  hohen  Anhöhe,  wofelbft 
häufig  Funde  gemacht  werden,  wie  Ge- 
räthe,  Münzen,  diefe  angebliche  Fundftelle 
von  ihm  einer  eingehenden  Unterfuchung 
unterzogen  wurde.  Die  fchwarze  Erde  im 
Mcrgelterrain,  die  Maffc  von  Steinen,  die 
Ueberrefte  von  Urnen,  Amphoren,  die 
Menge  römifcher  Münzen,  die  man  dort 
fand,  die  Sagen,  die  fich  an  diefe  Stelle 
knüpfen,  laffen  vermuthen,  dafs  Paugnano 
einft  eine  wichtige  römifche  Station 
wefen.  Von  neueren  Fundftücken  fei  er- 
wähnt eine  clavis  lacoricia  12  Cm.  lang 
(Fig.  28),  ein  Werkzeug  aus  feinem  Stahl 
ohne  Spitze  (17  Cm.  lang)  und  eine  Stange 
(Fig.  29)  ebenfalls  aus  Stahl  im  Gewichte 
von  7*/2  Klg.  (vielleicht  eine  veclis)  1  M. 
lang. 


\- 


124.  Confervator  Ilaufer  machte  der 
Central-Commiffion  die  Mittheilung,  dafs 
in  einem  Ziegelwerke  zu  Nu/sdorf  bei 
Wien  am  Steilrande  der  Donau  ein  menfeh- 
liches  Gerippe,  zu  deffen  Seiten  zwei 
Bronzeringe  lagen,  gefunden  wurde;  das 
Gerippe  lag  von  Nord  gegen  Süden  in 
einer  Tiefe  von  115  M.  im  Löfs,  die  Humus- 
Schichte  hat  65  Cm.  Stärke;  der  eine 
Armreif  war  ganz  (Fig.  30),  der  andere 
beftand  aus  zwei  Bruchftücken. 


125.  Correfpondent  Schramm  hat  im       Fi     2Q 
März  d.  J.  an  die  Central-Commiffion  be-    (paugnano.) 
richtet,  dafs  zu  Pola  in  der  Contrada  Porta 
Aurea  für  den  Ablauf  des  Regenwaffers  —  vom  Caftell 
jier  _   ein  Sickerloch  gegraben  und   bei  diefer  Arbeit 


Fig.  28.  (Paugnano.) 


Fig.   30.    (Nußdorf.) 

in  einer  Tiefe  von  1  M.  10  Cm.  das  alte  römifche  Stadt- 
pflafter  aufgedeckt  wurde.  Da  dies  Sickerloch  noch 
vertieft  werden  mußte,  fo  wurden  einige  Steinplatten 


CLXXXV 


uen  der  romifche 
Abzugscan.. 

'anal  ift  i  M.  6  Cm.  hoch,  i  M.  8  Cm.  breit 
mit  Bruchfteinen  t  und  gepflafter:.  1  »ie 

Gemeinde  läJ  iben    reinigen  und  iit  mit  diefer 

Arbeit  b:-  rta  Aurea  angelangt. 

m    Thore    war    das    Mauerwerk 
Canales  fchadhar.  .b  einige  Steine  umt 

r  Arbeit  kamen  Quadern  mit 

fatz  zum  Vorfchein;  bei  Entfern  ilrd- 

materiaL  auch    deutlich  erkennbar,  dafs    diele 

Quadern  die  Baus  der  Porta  Aurea  bilden,  welche  bis 

nun  unter  der  Straße  verfchüttet  war. 

Diefes  Thor   würde    durch    die  Freilegung   diefer 
.e  ursprüngliche  Höhe  erhalten. 

Da  die  Gemeinde  es  unterließ,  derk.  k.  Bezirks- 
Hauptmannfchaft  von  diefer  Arbeit  Mittheilung  zu 
machen,  und  bei  dem  Umftande,  dafs  kein  Sachver- 
ftänuiger  die  Leitung  diefer  Arbeit  hatte  und  nicht 
iloffen  ift,  dafs  durch  Untergrabung  des  Funda- 
men:  Monument    Schaden    leiden    könnte,    fo 

wur  'rtfetzung  der  Arbeit  vorläufig  eingestellt 

und  die  Gemeinde  zur  Vorlage  eines  Projektes,  wie  fie 
die  Freilegung  bewirken  wolle,  aufgefordert. 

Gemeinde    beabfichtigt,   die   Bafis    bis   zum 
alten  römifchen  Pflafter  freizulegen  und  das  Thor  mit 

m  eifernen  Gitter  zu  umgeben,  fo  zwar,  dafs  diefes 

iment  in  feiner  urfprünglichen  Höhe  und  Form 
fichtbar  fein  v 

Bei   Grabu:  zweiten  Sickerloches  in    der 

.  des  Domes  wurde  die  Fortfetzung  diefes  Canales 
gefunden,  welcher  jedochnicht  mit  Platten  bedeckt, 
fondern  eingewölbt  ift. 

Die  Gemeinde  wird  diefen  Canal.  fo  weit  es  mög- 
lich ift,     reinigen   laffen.  Außerhalb  der  Porta   Aurea 

Ie  ferner  ein  Theil  der  alten  Via  Flavia,  welche  zum 
Campo  Marzo  und  nach  Medolino  zum  Porto  Flanatico 
führte,  aufgedeckt.  Diefe  Straße  ift  mit  Triefter  Stein 
gepflarter,  die  Fahrrinnen  für  die  Wägen  find  noch 
deutlich  fichtbar. 

I2*j.  Im  Spätfommer  1886  wurden,  wieConfervator 
Profeffor    ]'.  .  berichtet,   in   der  Pfarrkirche  der 

ladt  Mülln  in  Salzburg  verfchiedene  Reparaturen 
vorgenommen.  Unter  anderem  wurde  auch  ftatt  des 
fchadhaften  und  feucht  gewordenen  Verputzes  am 
erften  Wandpfeiler  rechts  neben  der  Sacriftei  ein  neuer 
Verputz  angelegt.  Bei  dem  Entfernen  des  alten  kam 
der  im  Innern  des  Renaiffance-Pfeilers  erhalten  geblie- 
bene gothifche  Wandpfeiler  zum  Vorfchein.  Derfelbe, 
aus  Quadern  aufgeführt,  hat  die  in  Fig.  31  erfichtliche 
Geftaltung.  Er  wurde,  dank  dem  bereitwilligen  Ent- 
gegenkommen des  hochwürdigen  Herrn  Pfarrers,  bis 
auf  eine  Höhe  über  2  M.  vom  Boden  an  vom  Putz  voll- 
kommen gereinigt  und  bleibt  dergeftalt  erhalten  und 
offen.  In  der  Höhe  von  1  ■  95  M.  beginnt  der  Anfatz  für 
eine  Figuren-Confole,  doch  ift  felbe  faft  ganz  zer 

Der  gegen  Südoften  gerichtete  in  Mitte  des  hoch- 
gelegenen Friedhofes  fich  erhebende  gothifche  Bau  an 
Stelle  einer  früheren  Capelle,  wurde  1453  geweiht.  Er 
ift  faft  durchgehends  aus  Conglomerat-Ouadern  aufge- 
führt. Ein  einfehiffiger  Bau  mit  dreifeitigem  Chor- 
fchluße  und  romanifirender  Thurmanlage  an  der 
Südfeite.  Die  äußeren  Strebepfeiler  find  zweimal  abge- 


en  Fenfter  erscheinen 
heute  rundbogig.  Das  fteile  Kirchendach  fchließt  im 
N  iweften  mit  einem  über  die  fpäteren  Zubauten 
aufragenden  Quadergiebel.  Das  heute  verdeckte  ein- 
fach. >e  mit  fpätgothifchen  Rip] 
fich  circaeinen  Mt  I  der 
aus  jüngerer  Zeit  flammenden 
verfchalten  und  ftuccatorten 
Decke  und  trägt  im  Sc'. 
der  Gewölbekappe  das 
malte  Wappen  des  Erzbifchofs 
I  »itrich.  In  dem  zur 
Kirche  gehörigen  K 
bäude  befindet  fich  ein  Bild, 
das  den  alten  Beftand 
Kircheninneren  zeigt  mit  orna- 
mentalen Malereien  in  den 
Gewölbezwickeln  des  irrthüm- 
lich  dargeftellten  Kre 
bes.  Spuren  folcher  Bemalung 
finden   fich  heute  noch.   Dem 


r 

■ 

• 

. 

gothifchen    Baue    wurden 


im 


Laufe  der  Zeiten  verfchiedene 
Bauten  angefügt,  das  Innere 
mannigfaltig  verändert  und 
feines  gothifchen  Charakters 
völlig  entkleidet.  Bereits  Erz- 
bifchof  Wolf  Ditrich  begann 
diefe  Umgeftaltung  mit  der 
Ausmalung  der  Kirche,  dem 
Anbaue  der  Capellen,  der  In- 
ltandfetzung    des    Weges    zur 


Kirche  und  der  aufwärtsführenden  Stiege,  dem  Baue 
des  gegenüberliegenden  Klofters  mit  dem  Verbinde: 
gange  über  die  Straße  und  der  Verkleidung  der  äußeren 
Mauerfläche  der  Kirche  durch  Mörtelanwurf.  Der  hohe 
Pyramidenhelm  des  viereckigen  Thurmes  wurde  1 
unter  Erzbifchof  Max  Gandolph  durch  einen  ge- 
fchweiften  mit  Weißblech  gedeckten  hohen  Helm 
erfetzt.  1704  erhielt  der  Treppenaufgang  die  heutige 
Geftalt,  1735  verfchwand  die  alte  Decke  unter  der  Ver- 
fchalung.  Die  Marmor- Altäre  wurden  1760  bis  1768 
beigeftellt,    einer    mit    der    Vorftellung    d  laus 

Tolentinus,  ein  gutes  Gemälde  von  J.  M.  Kottmayr 
1690.  Als  Wahrzeichen  des  alten  gothifchen  Werkes 
erfcheinen  nur  der  bloßgelegte  Wandpfeiler  und  das 
zwölfeckige  einfach  profilirte  gothifche  Taufbecken 
aus  rothem  Adneter  Marmor.  Die  beigegebene  Tafel 
veranfchaulicht  die  Situation  diefer  Kirche  und  ihren 
Grundriß. 

127.  Das  Minifterium  für  Cultus  und  Unterricht 
hat  dem  archäologifchen  Vereine  Vecla  in  Caslau  für 
Ausgrabungen  am  Hrddek  ausnahmsweife  für  das 
laufende  Jahr  eine  Subvention  von  50  fl.  gegen  ein- 
gehende Berichterftattung  über  das  Ergebnis  der 
Ausgrabungen  an  die  Central-Commiffion  bewilligt. 

128.  Die  noch  beftehende  Kirche  des  ehemaligen 
Minoritenklofters  in  Tulln  ift  laut  einer  unter  dem 
Mufikchor  befindlichen  Infchrift  im  Jahre  1732  be- 
gonnen und  am  13.  Juni  1739  durch  den  Paffauer 
Weihbifchof  Anton  Grafen  von  Lamberg  confecrirt 
worden.    Wie  Confervator  Ritter  v.  Riewel  berichtet, 


CLXXXV1I 


ift  es  ein  einfchiffiger  Hau  von  befi  heidenen  Dimen- 
fionen,  circa  78' innere  Länge,  25'  Breite,  35'  Höhe, 
von  Oden  nach  Wellen  gerichtet,  vier  Joche  und 
einen  halbkreisrunden  Chorfchluß  bildend.  Das  Innere 
zeigt  eine  befonders  fein  durchgebildete  Barok-Archi- 
tektur  mit  vorzüglicher,  in  Stucco  ausgeführten  orna- 
mentalen und  figuralen  I'laftik.  Das  Schiff  itt  durch 
breite,  aus  Doppelpilaftern  fich  entwickelnde  elliptifch 
geformte  Gurten  in  vier  Felder  getheilt,  die  mit  fo- 
gi  nannten  Platzelgewölben  überdeckt  find,  deren 
Flächen  mit  Bildern  aus  dem  Leben  des  heil.  Nepo- 
muk  bemalt  find.  An  der  Wand  der  Chornifche  ift  die 
Glorification  diefes  Heiligen  al  fresco  ausgeführt, 
doch  find  alle  diele  Bilder  von  keinem  befonderen 
Kunftwerthe.  In  der  Kirche  hat  fich  noch  die  fchöne 
Einrichtung  erhalten,  wovon  befonders  die  reich  aus- 
geführten Hol/arbeiten,  wie  Kirchenbänke,  Bet-  und 
Beichtftühle,  Thüren,  Orgelgehäufe  und  Sacrifteikäften 
hervorzuheben  find.  Der  Hauptaltar,  die  Kanzel  mit 
Schalldeckel  und  die  vier  Seitenaltäre  find  aus  Stucco 
hergeftellt.  Die  Seitenaltarbilder  unbedeutend.  Unter- 
halb der  ganzen  Kirche  befindet  fich  die  Kloftergruft 
mit  befonderem  Altare,  deffen  Bild  den  Tod  des  heil 
Johannes  Nepomuk  zeigt.  Die  Gruftgewölbe  und  jene 
in  der  Sacriftei  find  mit  Stucco-Ornamenten  reich  ge- 
ziert. Der  Thurm  fleht  an  der  Südfeite.  Die  Kirche 
wird  auf  Koften  der  Stadtgemeinde  reftaurirt. 

129.  Se.  Excellenz  der  Herr  Unterrichts-Minifter 
hat  unterm  19.  Auguft  d.  J.  eine  neue  Abgränzung  der 
Confervators- Bezirke  3.  Seelion  in  Galizien,  refpective 
deren  Vermehrung  von  drei  auf  fünf  genehmigt.  Der 
erfte  Bezirk  umfaßt  die  Stadt  Krakau  und  den  gleich- 
namigen politifchen  Bezirk,  der  zweite  die  politifchen 
Bezirke  Jaroslau,  Przemysl,  Sanok  und  Lisko  nebft  den 
weltlich  davon  gelegenen  politifchen  Bezirken  mit 
Ausnahme  des  erften  Bezirkes,  der  dritte  Bezirk  um- 
faßt das  ganze  polnifche  Archivswefen  in  den  politi- 
fchen Bezirken  Cieszanow,  Jaworöw,  Moscika,  Sambor 
und  Staremiasto,  fowie  alle  weiteren  örtlich  davon 
gelegenen  politifchen  Bezirke.  Der  vierte  Bezirk,  be- 
nimmt für  das  ruthenifche  Archivswefen  die  politifchen 
Bezirke  Brody,  Brzczany,  Cieszoniöw,  Grödek,  Kami- 
onka,  HrumU'ova,  Jaworow,  Lemberg,  Moscika,  Prze- 
mysläny,  Bawaruska,  Sokal.Tarnopol,  Zbaraz,  Zloczow 
und  Zolkiew.  Der  fünfte  endlich  ebenfalls  für  rutheni- 
fches  Archivswefen  alle  übrigen  öftlichen  und  füd- 
lichen  politifchen  Bezirke  Galiziens. 

Für  den  erften  Bezirk  wurde  Profeffor  Dr.  Stanis- 
/aus  Smolka  in  Krakau,  für  den  zweiten  Dr.  Michael 
Bobrzynski  in  Krakau,  für  den  dritten  der  Univerfitäts- 
Profcffor  Dr.  Liske,  für  den  vierten  Dr.  Ifidor  Szara- 
niewiez  und  für  den  fünften  Dom-Cuftos  Anton  Pie- 
trusziewiez,  alle  drei  in  Lemberg,  ernannt. 

130.  Correfpondent  Domanig  hat  an  die  Central- 
Commiffion  über  die  Kirchenruine  zu  Täufers  im  Mün- 

ßerthale,  die  er  vor  kurzem  befichtigte,  berichtet.  Die 
Kirche  ift  zum  Theile  Magazin  und  Stadel,  doch  noch 
immer  befonderer  Beachtung  würdig.  Zwei  Reftau- 
rirungen,  eine  in  der  gothifchen  Zeit,  die  andere  im 
17.  Jahrhundert  und  felbft  ein  Brand  im  Beginne  unferes 
Jahrhunderts  haben  den  urfprünglichen  Character  die- 
fes romanifchen  Baues  nur  wenig  beeinträchtigt.  Von 


Intereffe  und  gai   feltfam  ift  die  Anlage,  vier  gleiche 

Quadrate  zu  einem  Kreuze  vereinigt,  ohne  jeglicher 
adung  für  den  Altar,  davor  geleg  zwei  weitere 
Quadrate,  welch«  mit  einer  Flachdecke  bedeckt,  in 
zwei  Gefchofie  zerfallen,  davon  das  untere  durch 
ein  einfaches  rundbogiges  Säulen  -  Portal  mit  der 
Kirche  in  Verbindung  ficht  und  als  Vorhalle  und 
Begräbnisort  diente.  Das  obere  Gefchoß  fcheint  als 
Chor  gedient  zu  haben  und  ficht  ebenfalls  mit  der 
Kirche  in  Verbindung.  Man  bemerkt  dafelbft  ein 
romanifches  Doppelfenfter  und  an  den  Wanden  \ 
trefflich  erhaltene  Gemälde  aus  dem  15.  Jahrhundert 
ohne  höheren  Kunftwerth,  doch  fromm  und  bieder  und 
charactcriftifch.  Auch  der  Altar-Raum  und  andere 
Stellen  in  Innern  find  mit  zum  Theile  bloßgelegten 
arg  mitgenommenen  alten  Fresken  bedeckt.  An  der 
nördlichen  Außen  feite  befindet  fich  ein  großes  Chri- 
ftophbild  von  hohem  Alter.  An  der  Facade  ein  hüb- 
fches  romanifches  Säulen-Portal.  Der  Thurm  ficht  links 
in  der  Ecke  des  Querarmes  und  vorderen  Joches  und 
ift  mit  einem  Steinhelm  bedeckt.  Die  einzelnen  Qua- 
drate der  Kirche  find  mit  einfachen  Kreuzgewölben,  nur 
das  Querjoch  rechts  mit  combinirtem  Rippengewölbe 
überdeckt.  Die  Kirche  fcheint  zuerft  BenedicTänern, 
dann  Johannitern  gehört  zu  haben,  und  ift  feit  Kaifer 
Jofeph  II.  entweiht. 

131.  Confervator  Majonica    hat    an    die  Central- 

Commiffion  berichtet,  dafs  auf  dem  Grunde  des  fo- 
genannten  Traghetto  bei  Aquileja  ein  römifcher 
Sarkophag  gelegentlich  der  Baggerung  gefunden 
wurde.  Die  Central-Commiffion  hat  die  Mittel  gewährt, 
damit  diefer  Stein  für  das  Staatsmufeum  in  Aquileja 
gehoben  werde. 

132.  Es  ift  nicht  unintereffant,  fich  einen  Ueberblick 
zu  bilden  über  dasjenige,  was  in  neuerer  Zeit  in  den 
im  Reichsrathe  vertretenen  Ländern  in  Betreff  der 
Confervirung  der  kirchlichen  Baudenkmale  in  weite- 
rem Sinne,  d.  i.  mit  Einbeziehung  von  Ausbauten  und 
durchgreifenden  Reftaurirungen  bis  zur  Erneuerung 
der  Innen-Einrichtung  der  Kirchen  gefchieht. 

Zwar  ift  es  nicht  möglich,  in  den  nachftehenden 
Aufzählungen  diefen  Gegenftand  zu  erfchopfen  und 
doch  find  diefelben  fchon  fo  umfangreich,  dafs  man 
mit  einer  gewiffen  Befriedigung  auf  diefe  Thätigkeit 
blicken  kann. 

Was  vorerft  Nieder- Ocfterreich  betrifft,  fo  enthält 
das  Archiv  der  Central-Commiffion  hierüber  ausrei- 
chende Daten. 

Faffen  wir  zunächft  Wien  in  Betracht,  fo  bedarf 
es  wohl  nicht  vieler  Worte,  wenn  wir  der  ihrem  Ab- 
fchluße  entgegengehenden  eigentlichen  Reftaurirung 
der  St.  Stephanskirche  erwähnen,  die,  unter  der  Künftler- 
hand  des  Dombaumeifters  hergeftellt,  nun  wieder  ihre 
edlen  Formen  ungefchwärzt  und  von  allen  Schäden  ge- 
heilt, dem  bewundernden  Befucher  zur  Schau  ftellt. 

Die  neuefte  Zeit  brachte  die  höchft  dringende 
Reftaurirung  der  Außenfeite  der  St.  Peters- Kirche, 
eine  im  Ganzen  recht  gelungene  Ausbefferung  und  die 
Ergänzung  des  fchönen  Portals  der  ehemaligen  Mino- 
ritenkirche,  wie  auch  eine  durchgreifende  Reftaurirung 
und  das  Beftehende  ergänzende  würdevolle  Ausftat- 
tung  des  Innern  der   Schottenkirche,   einfchließlich  der 


CLXXXVIII 


on    fünf  Altären   und  der  Kanzel  aus 
Steinmater 

Wenn  wir  das  Weichbild  der  Stadt  überfchreiten, 
begegnen  wir  fo  manchem  Beweife  der  Thätigkeit  auf 
dem  Gebiete  der  praktifchen  Archäologie.  Zunächft  ift 
der  \  Stifte  zu  gedenken.   An  deren  Spitze  lieht 

in  diefer  Beziehung  Kloßerneuburg,  deffen  confer- 
virende  und  reftaurirende  Wirkfamkeit  geradezu  mufter- 
3  it  Decennien  wird  mit  dem  Aufwände  nam- 
hafter Geldmittel  auf  diefem  Felde  gefchaffen.  Der 
herrliche  Kreuzgang,  die  prachtvolle  Freifinger-Capelle 
und  die  .  apelle  zeigen  fich  in  vollemSchmucke 

des  vollendeten  Werkes.  Die  Facade  der  Kirche  ift  mit 
thunlichfter  Wiedergabe  ihrer  alten  Geftaltung  erneuert, 
der  füdliche  Thurm  ift  im  Neubaue  vollendet,  der  nörd- 
liche fteigt  rafch  zu  feinem  Abfchluße  hinan.  Bald 
wird  die  Stiftskirche  ftatt  ihres  ruinenhaften  Aeußereii 
das  Bild  eines  flattlichen  Domes  geben. 

Bei  Klofterneuburg  ift  auch  der  fyftematifchen 
Aufftellung  der  Grabdenkmale  im  Kreuzgange  und 
insbefonders  der  neu  aufgeteilten  und  wiffenfehaftlich 
geordneten  Waffenfammlung    und   jener    von    kleinen 

tgegenftänden  und  Gemälden  zu  gedenken,  wo- 
felbft  fich  fo  mancher  hochwichtige  alte  Gegenftand 
befindet. 

Mit  nicht  minder  anerkennenswerther  Rührig- 
keit wird,  wenn  auch  in  befchränkteren  Dimenfionen, 
in  den  drei  Ciftercienfer-Stiften  Nieder-Oefterreichs 
gefchaffen.  In  Heiligenkreuz  wird  das  Hauptgewicht 
auf  die  Reftaurirung  der  Kirche,  die  faft  abgefchloffen 
ift,  und  auf  die  ftylgemäße  Beiftellung  ihrer  Innen-Ein- 
richtung  gelegt.  Die  Herftellung  einer  rechtsfeitigen 
Empore,  einer  neuen  Kanzel  und  eines  neuen  Hoch- 
altares nach  Angabe  des  Architekten  D.  Avanzo  find 
als  aus  jüngftx-r  Zeit  flammend  zu  erwähnen.  In  Lilien- 
feld wurde  das  alte  Brunnenhaus  im  Kreuzgange 
wieder  hergeftellt  und  auch  eine  große  Brunnenfchale 
zur  Aufftellung  gebracht.  In  Zweifel  wird  das  Capitel- 
haus  unter  der  Leitung  des  Architekten  R.  v.  Rü 
reftaurirt  und  an  neuen  polychromen  Fenfter-Yer- 
glafungen  gearbeitet.  In  allen  diefen  Stiften  verdankt 
man  diefe  Reftaurirungsarbeiten  den  kunftfinnigen 
Prälaten,  die  fich  damit  um  ihr  Klofter  hochverdient 
gemacht  haben. 

Große  bauliche  Veränderungen  bereiten  fich  an 
der  Frauenkirche  in  Wr.-Neußadt  vor.  Die  Thürme, 
welche  in  ihrem  Oberbaue  aus  gothifcher  Zeit,  in  den 
unteren  Partien  aus  romanifcher  (lammen,  mußten 
en  Schadhaftigkeit  abgetragen  werden  und  nun 
ruftet  man  fich  zum  Wiederaufbaue,  der  zwar  noch 
nicht  ganz  ausgemacht  ift,  aber  hoffentlich  doch  fo 
zuftande  kommen  wird,  dafs  die  alten  Thürme  in  dem 
Xeubaue  genau  nachgeahmt  wieder  erftehen  werden. 
Zwar  gibt  es  hier  noch  manche  Meinungsverfchieden- 
heit,  die  fich  bis  zu  lächerlichften  Vorfchlägen  verftx 
allein  der  einzige  richtige  Vorfchlag  ift  und  bleibt  der 
Wiederaufbau  der  Thürme  nach  dem  alten  Vorbilde. 

Ganz  nahe  von  Wr.-Xeuftadt  geht  ein  fchönes 
altes  unvollendet  gebliebenes  Bauwerk  feinem  Aus- 
baue entgegen,   es  ift  die  gothifche  Kirche  zu  Lichten- 

th.  Durchgreifende  und  gelungene  Reftaurirui 
können  wir  verzeichnen  an  der  fchönen  fpätgothifchen 
Kirche  zu  St.   Valentin,  an  der  Pfarrkirche   zu    Jeden- 
gen,    an    der    Dr  Capelle     zu    Tulln,    am 


Thürme  zu  Imbaeli.  an  der  Pfarrkirche  zu  Baden,  an 
der  Pfarrkirche  und    an    der  S  I  apelle  zu   Waid- 

r  Ybbs.  In  der  Reftaurirung  begriffen  ift 
die  gothifche  Ffarrkirche  zu  Brunn  am  (.-, 

Freilich  wohl  geht  es  bei  diefen  Reftaurirungen 
nicht  immer  ab.  befonders  wenn  mit 

diefer  Aufgabe  nicht  Fachmanner  betraut  werden  oder 
doch  Xichtfachmanner  das  leitende  Wort  bean- 
fpruchen,  und  wenn  man  fich  von  der  Central-Commif- 
fion,  die  ftets  bereit  ift,  durch  ihre  Organe  Rath  zu 
ertheilen,  fern  halt 

Beifpielsweife  feien  als  folche  mißlungene  Unter- 
nehmen benannt  die  gefchmacklofen  Thurmbauten  zu 
Markcrsdorf.  Limberg,  Gumpoldi-kirchen,  auch  ift  zu 
erwähnen  die  nicht  geinig  forgfame  Reftaurirung  der 
Außenfeite    der  Wiener    1  aner-Kirche    und   der 

Luprechts-Kirche  in  Wien.  Auch  dieSpitals-Capelle 
in  Mödling  läßt  in  Betreff  ihrer  abgefchloffenen  Reftau- 
rirung manches  zu  wünfehen  übi : 

Die  aufgezählten  Orte  zeigen,  dafs  die  Central- 
Commiffion  über  die  Reftaurirungen  in  Xieder-Oefter- 
reichfo  ziemliche  Kenntnis  hat,  wenngleich  außer  Zweifel 
fteht,  dafs  fo  manche  Umgeftaltung  von  kirchlichen 
Gebäuden,  die  gewiß  mitunter  von  Wichtigkeit  find, 
der  Central-Commiffion  unbekannt  geblieben  ift. 

Nicht  fo  glücklich  ift  die  Central-Commiffion  in 
Betreff  Ober  -  Oefterreich's.  Durchblättert  man  die 
Jahresberichte  der  Commiffion  feit  nahezu  einem  De- 
cennium,  fo  finden  wir  fo  wenig  Xachrichten,  dafs  man 
glauben  müßte,  es  gefchähe  in  diefem  Kronlande  für 
Erhaltung  alter  kunftreicher  Kirchen  gar  nichts  und 
doch  ift  dies  bei  weitem  nicht  der  Fall. 

Der  Thurm  in  Steyr  wird  nach  desDoinbaumeifters 
Freiherrn  von  SchniidtY\zx\m\X  einem  neuen  gothifchen 
Abfchluß  verfehen.  Altmunßer's  Pfarrkirche  wurde 
reftaurirt,  an  der  Stadt-Pfarrkirche  in  Lins  wurden 
bauliche  Ausbefferungen  vorgenommen  und  mHallßadl 
wird  ein  gothifcher  Altar  aufgeftellt.  Dies  bieten  die 
Acten  der  Central-Commiffion. 

Aus  dem  Salzburgifchen  können  wir  verzeichnen 
die  Wiederherftellung  alter  Fenfterverglafungen  in 
reichem  figuralen  und  Farbenfchmuck  in  der  Kirche 
zu  Scheffau,  wozu  die  Anregung  von  Confervator 
Berger  ausging,  die  Reftaurirung  der  herrlichen 
Gabriels-Capelle  am  Sebaftians-Friedhofe  zu  Sahburg, 
die  Wiederherftellung  der  durch  einen  Blitzfchlag 
befchädigten  Glasmalereien  in  der  Leonhardskirche  zu 
Tamsweg.  Xicht  unerwähnt  darf  bleiben,  dafs  an  der 
St.  Peters-Stiftkirche  in  Salzburg  einige  zweckmäßige 
Reftaurirungen,  ebenfolche  an  der  fchönen  fogenann- 
ten  Capitelfchuemme  durchgeführt  wurden  und  dafs 
eine  Reparatur  des  Pflafters  im  Dome  bevorfteht. 

In  Tyrol  wird  in  kirchlicher  Beziehung  lebhaft  in 
guter  Reftaurirung  gearbeitet,  auch  in  Betreff  der 
Profanbauten  gefchieht  fo  manches.  Zunächft  ift  der 
eingreifenden  ftyigerechten  und  koftfpieligen  Reftau- 
rirung des  Trienter  Domes  zu  gedenken,  die  eben  jetzt 
durch  die  Auffetzung  der  Knmungskuppel  zum  Ab- 
fchluße gebracht  wird.  In  Innsbruck  hat  fich  Confer- 
vator Deininger  durch  feine  Reftaurirungen  in  der 
Franciscaner-Hospiz-Hofkirche  verdient  gemacht. 

In  Hall  wurde  die  Magdalenen-Capelle  vernünftig 
reftaurirt.  Auch  zu  Ha/egg  bei  Hall  wurden  viele 
zweckmäßige  Reftaurirungen  durchgeführt,  namentlich 


CLXXXIX 


am  intereffanten  dortigen  Thurme.  Die  eben  fo  fchüne 
als  fchadhafte  Faqade  am  Stersinger  Rathhaufe  mit 
dem  freundlichen  Erker  wird  nun  wieder  ausgebeffert 
und  hoffentlich  für  lange  Zeit  feftftehend  gemacht. 
Schloß  Rungelflein  reftaurirt  Dombaumeifter  Freiherr 
v.  Schmidt.  Im  Brixner  Kreuzgange  wird  nun  energifch 
1  [and  angelegt  zur  Erhaltung  der  ein  würdigen  Fresken. 
Für  die  fchöne  Inviolata-Kirche  in  Riva  wird  das 
herrliche  I  [olzgetäfel  pietätvoll  ausgebeffert.  Das  Denk- 
mal im  Wippthale  ilt  anftändig  wiederhergeftellt.  So 
befriedigend  all  dies  ilt,  fo  gibt  es  doch  ein  Bauwerk 
in  Südtyrol,  das  mindeftens  gleichwürdig  mit  allen 
denen  ilt,  die  eben  aufgezahlt  wurden,  das  ift  das 
Caftell  zu  Trient.  Diefer  herrliche  Bau  ilt  einer  Reftau- 
rirung  recht  bedürftig,  allein  die  Macht  der  Verhältniffe 
und  der  momentanen  Situation  lallen  einen  folchen 
Glücksfall  derzeit  noch  nicht  hoffen. 

L. 

132.  Confervator  Jenwy  hat  unterm  24.  Auguft 
d.  J.  an  die  Central-Commiffion  berichtet,  dafs  ein 
großer  Brand  in  den  fechziger  Jahren  Veranlaffung 
war,  dafs  in  dem  Liechtenftein'fchen  Dorfe  Schaan  die 
Ueberrelle  eines  römifchen  Caftells  oder  mindeftens 
einer  wahrhaften  Manfio,  an  welcher  die  romifche  Ileer- 


w  elchcr  nach  rückwärts  in  einen  breiten  Nackenfchirm 
ausläuft.  Auf  feiner  unteren  Seite  fteht  ein  Haken 
vor  /.um  Anhangen  des  Helmes,  zu  welchem  Zwecke 
fonft  oben  ein  Ring  oder  Knopf  diente.  Die  Backen- 
ftücke  findganz   ■  rsbreitundin  doppelten  Bögen 

ausgefchnitten,    daraul    auch    vorftehende     Zapf 

1  bracht.  Von  den  Kettchen,  die  fie  unter  dem  Kinn 
zufammenhielten,  verblieb  keine  Spur.  D  1  vollftäm 
Helm  wiegt    1930  Grm.    !  ,    hohlen 

mnenraumes  beträgt  von  Stirn  zu  Nacken  20-5  ' 
von  Ohr  zu  Ohr  185  Cm.,  die  ganze  Höhe  nur  14« 
die  Länge  der  Backenkappen  14,  ihre  Breite  115  Cm., 
der  Stirnreif  nicht  ganz  2  Cm.,  derNackenfchirm  5"2  Cm. 
Den  Werth  der  Helme  erhöht  die  darauf  befindliche 
Infchrift  ihrer  vormaligen  Befitzer,  von  denen  die  eine 
unterhalb  des  Stirnreifes  mitteilt  ftumpfer  Punze,  die 
ein  Sternchen  aus  vier  Strahlen  zu  fein  fcheint,  eilige- 
fchlagen 

P-CAVIDIVS  •  FELIX-  D-C'PETRONI 

lautet,  die  andere 

N  •  POPONI  •  0  •  L  •  TVRETED1  •  COR  •  III 
zu  lauten  fcheint. 

Die    letztere     fteht     auf    der    oberen    Seite    des 
Nackcnfchutzes   in  fcharfer  tiefer  I'unktirung,   wie  die 


.'•.;•'♦. 


ftraße  Brigantium  —  Curia  vorbeizog,  zu  entdecken, 
welche  Statio  als  das  in  der  tab.  Beut,  verzeichnete 
Magia  feitdem  angefehen  wird.  Eine  Viertelftunde 
oberhalb  diefer  Stelle  im  fogenannten  Dux  (=  Aquae- 
ductus) fand  nun  ein  Arbeiterin!  Walde  in  einer  Tiefe 
von  faft  einem  Meter  bei  Grabung  einer  Wafferleitung 
zwei  Helme,  ohne  dafs  ftch  dabei  ein  anderer  Fund- 
gegenftand  ergeben  und  die  Erde  ringsum  ein  befon- 
deres  Ausfehen  gezeigt  hätte. 

Die  beiden  Helme  unterfeheiden  fich  felbft  nur 
in  ganz  geringfügigen  Einzelnheiten  von  einander,  find 
in  Größe  und  Form  nach  gleichem  Vorbilde  gearbei- 
tet. Ihre  Erhaltung  ilt  mit  Ausnahme  eines  fehlenden 
Backenftückes  an  dem  einen  Helme  und  etlicher  zer- 
ftörter  Nietnägel   eine  feiten  vorzügliche.  Die  jetzigen 

el  find  neu  eingefetzt. 

Sie  repräfentiren  die  gewöhnliche  Form,  wie  fie 
romifche  Soldaten  trugen,  eine  nahezu  halbkugel- 
formige,  völlig  glatte  Haube,  in  welcher  ein  kräftig 
gearbeiteter    fchmaler    Stirnreif    angebracht    ift    und 

Xlll  N.  F. 


Abbildung  (f.  beigegebene  Tafel)  es  veranfehaulicht. 
Herr  Oberbibliothekar  Zangentneifler  in  Heidelberg 
lieft  fie: 

1.  B  (ublius)  Cavidius  Felix  D  (=  centuriae)  C 
[=  Gai  (i)]  Petroni  (i)  und 

2.  N  (umerii)  Po  (m)  poni  (i)  O  [=  centuriae)  L 
(ueii)  Turetedi(i)  cort  [  (is)  =  cohortisj  III.  (=  tertiae) 
und  knüpft  daran  einige  Erläuterungen. 

Der  Gentilname  Cavidius  ift  fehr  feiten.  Es  findet 
fich  ein  Beifpiel  in  der  ftadtrömifchen  Infchrift  vom 
Jahre  70:  Corp.  17.  n.  200,  cent,  III.  vers  33,  wo  ein 
Cavidius  Januarius  vorkommt.  I'  ift  die  bekannte  Cur- 
la form  für  f,  welche  fich  fpeciell  auf  Bronzefchriften 
nicht  feiten  findet.  Der  Gaius  Petronius  ift  alfo  der 
Centurio  der  Centuria,  in  der  P.  Cavidius  Felix  diente. 
Die  Cohorte  ift  in  der  eilten  Infchrift,  was  gewöhn- 
lich nicht  angegeben.  L.  Turetedius  ift  der  Centurio 
der  Centuria,  in  der  N  Po  (m)  ponius  ftand.  Zu  welcher 
Legion  beide  Centurien,  bezüglich  diefe  dritte  Cohorte 
gehörten,  läßt  fich  aus  den  Infchriften    natürlich  nicht 


cxc 


I.  n. 

und 


erfehen,    noch    überhaupt    errathen.    An    eine    Hilfs- 
cohorte  ift  fchwerlich  zu  denken,  eher  an  die  Cohorte 

einer    Legion.    Poponius    für    Pomponius    findet    fich 
—  abgefehen   von  der  fehr  alten  Infchrift  Corp. 
939  —  z.  B.    Corp.   IX.   1261  Peponia   Veneria 
Corp.  X.  S2J6-  Poponia. 

Das  Gentilicium  Turetedius  fcheint  fonft  nicht 
vorzukommen.  Es  ift  von  einem  Turetius  gebildet, 
wie  Siliedius  (Ephem.  ep.  IV.  S63'  von  Silius.  Taretius 
wird  von  E.  Huber  Questiones  onomatologice  1S54 
p.  42  —  59  in  der  Lifte  der  Namen  auf  etius  nicht  er- 
wähnt, bekannt  find  aber  Turius,  Turcius,  Turellius 
(fo  z.  B.  Corp.  vol.  X).  Man  könnte  vermuthen,  dafs 
mit  Turetius  zufammenhinge  der  Name  des  Ortes 
der  Allebroges  zwifchen  Vienna  und  Cularo  [z=  Gra- 
tianopolis)  Turecionnum  (auf  der  Tab.  Peutz,  wo  dann 
alfo  vielleicht  Turetionnum  zu  fchreiben  fein  würde. 
Aber  nach  Dejardins  Geographie  de  la  Gaule  d'apres 
la  table  de  Peutinger  ;Paris  1869),  p.  396  ift  auf  der 
1'cutingeiTchen  Karte  vielmehr  Turedonus  zu  lefen. 
Die  Schreibung  cortis  hat  durchaus  nichts  auf- 
fallendes, fo  wenig  wie  die  andere,  ebenfalls  nicht 
feiten  vorkommende  chortis. 

Für  die  Beftimmung  des  Alteis  ift  in  der  zweiten 
Infchrift  der  Anhalt  einigermaßen  gegeben,  durch 
das  Fehlen  des  Cognomen  von  dem  Po  (m)  ponius. 
Darnach  dürfte  diefelbe  in  den  Anfang  der  Kaiferzeit 
gehören.  Eine  andere  Meinung  fetzt  die  Helme  in  die 
Mitte  des  dritten  Jahrhunderts,  da  die  beiden  P  voll- 
ftändig  gefchloffen  find. 

Außerordentliche  Seltenheit,  Schönheit  und  lehr- 
reiche Parallelen  zu  den  in  unferen  Landen  gefundenen 
Objecten  machen  diefen  Fund  hochwichtig. 

134.  B.  Pecnik  in  Gurkfeld  berichtete,  dafs  er  am 
15.  Juli  d.  J.  in  Munkendorf  einen  Infchriftftein  aufge- 
funden hat.  Derfelbe  wurde  als  Pflalterftein  in  einem 
Vorhaufe  verwendet,  ift  noch  gut  erhalten,  aber  nur 
Fragment.  Die  Infchrift  lautet: 


ORNELIVS 
ER  •  S1BI  •  ET 
NELIA  •  E 
L  •  V    ORI 
(Cornelius,  .er  fibi  et  (Cor>  neliae  lvibertae  v  (x)  ori. 

Ausgegraben  wurde  diele  Infchrift  in  Malenze  aus 
der  Feftungsmauer. 

155.  Das  Schickfal  der  Vefte  Hohenfalsburg 
fcheint  doch  in  Bälde  feiner  Löfung  entgegen  zu  gehen. 
Militär-Aerar  und  die  Verwaltung  der  Staats-Finanzen 
dürften  demnächft  in  die  Lage  kommen,  ihr  Schlußwort 
zu  fprechen.  Für  die  Central-Commiffion  hat  diefe 
Angelegenheit  eine  ungewöhnliche  Wichtigkeit,  da 
fie  von  ihrem  Standpunkt  ohne  Rückficht  auf  den 
eventuellen  künftigen  neuen  Befitzer  trachten  und  an- 
ftreben  muß,  dafs  diefes  in  feiner  Art  hochwichtige, 
ja  einzige  Denkmal  eines  mittelalterlichen  befertigten 
Schlaues  nicht  nur  in  feinem  Aeußern  und  Innern 
Hammt  Vorwerken  erhalten  bleibt,  fondern  auch  nach 
Bedarf  reftaurirt  werde. 

136.  In  der  Kirche  zu  Lieding  in  Kärnten  wurden  in 
neuefter  Zeit  die  in  den  einzelnen  Fenftern  erhalten 
gebliebenen  Refte  alter  Glasmalerei  im  Jahre  1887  ge- 
fammelt  und  in  den  drei  Chorfenftern  paffend  gruppirt 
wieder  eingefügt.  Bei  einzelnen  Stellen  mußten  neu 
eingeführte  Partien  mit  architektonifcher  Darftellung 
eine  paffende  Vermittlung  fchaffen. 

137.  Seine  Majeftät  haben  mit  Allerhöchfter  Ent- 
fchließung  vom  18.  Auguft  1887  dem  geheimen  Rathe 
Karl  Freik.  v.  Czörnig  und  dem  Univerfitäts-Profeffor 
Theodor  Ritter  v.  Sickel  das  Ehrenzeichen  für  Kunft 
und  Wiffenfchaft  und  mit  Allerhöchfter  Entfchließung 
vom  13.  September  1887  dem  k.  k.  Sectionsrathe  Dr. 
Karl  Lind  den  Orden  der  eifernen  Krone  III.  Claffc  zu 
verleihen  geruht. 


Seine  Majeftät  haben  mit  Allerhöchfter  Entfchließung  vom  23.  Auguft  d.  J.  dem  geheimen 
Rathe  und  Unter-Staatsfecretär  a.  ü.  Dr.  Jofeph  Alexander  Freiherrn  v.  Helfert  in  Anerkennung 
feiner  verdienftvollen  und  erfolgreichen  Thätigkeit  als  Präfident  der  Central -CommiiTion  für 
Erforfchung  und  Erhaltung  der  Kunft-  und  hiftorifchen  Denkmale  das  Großkreuz  des  Franz  Jofeph- 
Ordens  allergnädigft  zu  verleihen  geruht. 

Der  hochverdiente  Vorgänger  des  gegenwärtigen  Präfidenten  der  Central-Commiffion  hat  an  denfelben 
aus  obigen  Anlaffe  ein  aus  Auhofen  bei  Bruneek  vom  31.  Juli  d.  J.  datirtes  höchft  fchmeichelhaftes  Schreiben 
gerichtet  und  darin  bemerkt:  „Seine  Kaiferl.  und  Königl.  Majeftät  hat,  indem  Er  Ihnen  den  höchften  Grad 
Seines  Ordens  verleiht,  zugleich  der  Central-Commiffion  einen  fprechenden  Beweis  Allerhochft  Seiner  Fürforge 
und  Anerkennung  ertheilt.  Mögen  Euer  Excellenz  noch  durch  lange  Jahre  diefe  einen  Glanzpunkt  für  Oefter- 
reich  bildende  Anftalt  zu  gedeihlichen  Erfolgen  leiten,  an  der  ich  als  der  Gründer  derfelbcn  einen  pcrfönlichen 
Antheil  nehme." 


<U^&3X57&^ 


CXCI 


Die  Pfarrkirche  zu  Cilli. 


Aufgenommen  von  Sunko,   befchrieben  von   yohann   Graus. 


jB^KSjJACHWEISBAR  drei  Städte  hatte   Steiermark 
3    in  der  Zeit  römifcher  Herrfchaft  und  Cultur : 
Petovium,  das  heutige  Pettau,  Claudia  Celeja, 


jetzt  bekannt  unter  dem  Namen  Cilli,  und  Flavium 
Solvenfe  oder  Solva,  das  auch  nach  der  Völkerwan- 
derung noch  unter  der  verdorbenen  Benennung  „Ziup" 
im  9.  Jahrhunderte  als  „civitas"  erfchien,  fpäter  aber 
verfchwand   und  vom  jetzigen  Orte  Leibnitz   erfetzt 


Fig.  1.  (Cilli.) 


wurde.  Unter  den  zwei  elfteren,  die  fich  mit  dem 
Namen  und  der  Würde  von  Städten  durch  alle  Stürme 
der  Zeiten  bis  auf  uns  erhielten,  verdankt  Cilli  dem 
Kaifer  Claudius  die  Erhebung  zur  römifchen  „Colonie" 
(um  60  n.  Chr.)  und  feine  damalige  Blüthe  ift  um  fo 
unzweifelhafter,  da  feine  Lage  am  Schluße  des  breiten 
Sannthaies  und  Zufammenfluße  zweier  Gewäffer  vor- 
theilhaft    ift    und    drei    römifche    Straßenzüge    nach 

XIII.  N.  F. 


Aquileja,   nach  Petovium  Sirmium  und  Sabaria,  dann 
nach  Virunum  hier  zufammentrafen.  Eine  Reihe  werth- 
vollcr  Römerdenkmale  hat  man  hier  aus    dem  Hoden 
gegraben,  die    für  das  antike  Leben  in  Cilli  Zeu 
fchaft  abgeben.  Unter  der  forgfamen   Obhut,  die   fich 
in  neuerer  Zeit  dort  bethätigt,  wächft  die   Sammlung 
des  Cillicr  Local-Mufeums  heran,  immer  reicher  und 
anfehnlicher  fich  geftaltend.  Gewaltige  Gebälkftücke, 
Mofaik- Böden   von    bedeutender   Flächenausdehnung 
beweifen  uns,  dafs  Celeja  monumentale  Bauten  in  fich 
faßte.    Die  Funde  der  Gcdenkfteine   lallen   uns    leicht 
den    Doppelcharakter    und   die  Ein- 
theilung  der  Stadt  in  eine  „Civilftadt", 
das   „aus    der   ehemaligen  Barbaren- 
Ortfchaft  zum   Municipium  emporge- 
wachfene  bürgerliche    Cilli",  und   in 
eine  „Militärftadt"    unterfcheiden,   in 
welch  letzterer   im  „unteren"  Theile 
die    Cafernen    der   römifchen    Mann- 
fchaft,  im  ..oberen",  dem  „praetorium 
quaestorium"    mit    dem   Forum,    die 
Wohnung   der  Officiere  und  des  Be- 
fehlshabers     und      zwifchen    beiden 
Abtheilungen  im  Räume,  die  man  die 
..prineipia"  nannte,  „die  Standarten, 
die   Altäre  der  Götter,   die   Bildniffe 
der  Kaifer,   bei    denen   die   Soldaten 
fchwuren",  aufgestellt  waren.1 


Eine  Auffchreibung,  zwar  aus 
dem  13.  Jahrhunderte,  aber  verfaßt 
nach  einer  in  die  antike  Zeit  zurück- 
reichenden Quelle,  fchildert  Celeja 
„als  eine  mitReichthümern  angefüllte, 
dicht  bevölkerte,  durch  ihre  Befatzung 
mächtige  Stadt,  „thurmgekrönt  und 
prunkend  mit  marmornen  Paläften". 
Der  bürgerliche  Stadttheil  war  füd- 
wärts  bis  ins  Flußbett  der  Sann  hinein 
gelegen,  deren  unruhiges  Gewäffer 
manchmal  Ueberfchwemmungen  her- 
beigeführt haben  muß,  weil  man  auch 
dem  Hauptgotte  des  Meeres  und  der 
Ströme  einen  Altar  zu  errichten    für  Fig.  2. 

nothwendig  fand  („Neptuno  aug.  sac. 
Celejani  publice").  Nordwärts  davon,  im  Militärquar- 
tier und  der  Refidenz  der  Procuratoren,  opferte  man 
..Jovi  Depulfori",  dem  kriegerifchen  Helfer,  der  Reiter- 
göttin Epona  und  dem  unbefiegten  Mars.  Hier,  wo 
man  die  Soldatenfteine,  dieVotiv-Altäre  des  römifchen 
Militärs,  die  Statue  des  „fchwörenden  Legion 
gefunden  hat,  wo  der  Standort  des  Marstempel gefucht 
werden  muß,  ftehen  wil  aber  auch  an  der  älteßen  Spur 
des  Chriflenthumes  zu  Cilli.  Hier  wurde  der  heil.  Maxi- 


1  Dr.   Fr 
Procuratur  von  Noricum" 


,Ueber    die  römifche    Militarftadt  in  Celeja  und  die 
in  d.  Mitth.  d.  k.  k.  Ccntr.-Comm.  IX.  Bd..  S.  LIX  ff. 

bb 


CXCII 


in  Bifchof  von  Lorch,  um  2S0  eben  anwefend  in 
feiner  Vaterftadt  Cilli,  verhört  und  verurtheilt,  weil  er 
den  „unbefiegteften  Gott  Mars,  von  dem  alle  Hoffnung 
des  Heiles  abhängt-,  verunehrt  habe  und  trotz  des  ihm 
angetragenen  Oberpriefteramtes  am  Tempel  („ponti- 
ficatum    templi  obtineaf'i  nicht  opfere,  hingerichtet.1 

Im  Soldaten-Quartiere  Lextra  muros",  wie  die 
„vita  etc."  fagt)  erhebt  fich  jetzt  noch  zu  Cilli  die 
Kirche  des  heil.  Maximilian   und    eine  Capelle,   rfons 

llationis"  genannt.  Aber  weder  über  den  V. 
den  das  Chriftenthum  hieher  nahm  ob  über  Aquileja 
oder  Sirmium),  noch  über  die  Entftehung  des  bifchöfli- 
chen  Sitzes  laffen  fich  gefchichtliche  Anhaltspunkte 
ergründen.  Hunnen  442  ,  Oftgothen  und  Avaren  find 
einstweilen  über  die  Stadt  gefhithet  und  haben  mit  der 
Zerftörung,  die  fie  hier  angerichtet,  gewiß  auch  dem 
kirchlichen   Leben    fchweren   Schaden  zugefügt.   Erft 


F'g-  3- 

nach  diefen  argen  Stürmen,  im  Jahre  579,  lefen  wir  vom 
erften  und  einzigen  Bifchofe  von  Cilli,  Johannes.  Sein 
Name  ward  unter  die  Acten  einer  Synode  von  Grado 
gefetzt;  feine  Einfetzung  muß  von  Aquileja  aus  erfolgt 
fein.  Mit  der  Einwanderung  der  heidnifchen  Slaven 
und  ihrer  Befitzergreifung  von  diefer  Gegend  ging 
das  Bisthum  Cilli  ficherlich  zu  Ende.  Von  da  an,  alfo 
vom  Jahre  600  aufwärts,  folgte  für  das  kirchliche  Leben 
in  Cilli  eine  dunkle  Zeit  und  Bisthum,  Chriftenthum  und 
Stadt  verfchwinden  für  den  Hiftoriker  mitfammen,  bis 
im  12.  Jahrhunderte  der  Name  eines  Bürgers  wieder 
von  der  Exiftenz  der  Stadt,  im  13.  Jahrhunderte  ein 
Pfarrer  von  der  Kirche  dort  wieder  Zeugniß  geben. 

Die  mittelalterliche  Stadt  Cilli,  aus  der   11S5  ein 
..  I'ernhardus  de  Cilie"  fich  urkundlich  kundgibt,  hatte 

1  Die  Untcrfuchung    über  die    Maximilians-Lcgcnde    fiehc    in   Huber: 
„Gefchichic   des    Chriftemhums    in  Südoft-Dcutrchland"  I.  Bd.,  S.  79  ff. 


früh  jedenfalls  fchon  Kirche  und  pfarrliche  Verwaltung. 
Im  Jahre  1229  unterfertigt  fich  an  einer  Oberburger 
Urkunde  auch  ein  Rubpertus  plebanus  von  Cilli, 
wahrend  in  felbem  Documente  die  kirchliche  Ober- 
hoheit des  Gebietes  unter  Aquileja  ausgefprochen 
wird  („prefidente  Aquilegenfi  fedc  Domino  Perhtoldo 
patriarcha-,  l'rkundenbuchll.  S.  359V  Auch  ein  Patron 
für  diefe  Pfarre  wird  notirt  1301  in  einer  papftlichen, 
für  das  Clariffinenklofter  in  Judenburg  gegebenen 
Confirmation,  wo  Ulrich  II.  Graf  von  Heunburg  dafür 
genannt  wird  Canonicus  Oroien:  Das  Bisthum  und 
die  Diöcefe  Lavant  111  .  Um  jene  Zeit  wird  aber  auch 
der  Burg  von  Cilli  gedacht,  deren  Inhaber  von  der 
ten  Bedeutung  für  Ort  und  Kirche  geworden  find; 


..Cylie  die  purch  vnd  den  marcht  darunter"  behandelt 
eine  Urkunde  von  1323  (Beiträge  zur  iteierm.  Gefch. 
X.  113).  Vom  Jahre  1340  fchreibt  fich  der  Titel  der 
berühmten  Grafen  von  Cilli  her;  davon  meldet  eine 
Stelle  im  Anonymus  Leobiensis ,  dafs  Friedrich 
„liberinus"  de  Sunek"  vom  Kaifer  Ludwig  dem  Bayer 
den  Titel  eines  „comitis  de  Cyleya"  erhalten  hat.  Der 
Chronift  gedenkt  dabei,  wie  diefer  Ort  einft  fo  hervor- 
ragend war  '„in  exercitiis  militaribus  claruiffe  dicitur" 
und  der  „rex  Rugorum  Odoaker  olim  pergens  in 
Italiam"  mit  vielen  andern  Städten  ihn  zerftört  habe, 
dafs  aber  die  Spuren  antiker  Größe  noch  zu  feiner 
Zeit  fichtbar  feien  (..cujus  ruina  et  collapfio  usque 
hodie   demonftratur"),     Beiträge  VIII.   5  .    Unter   der 


CXCIII 


Regierung  der  Grafen  von  Ciili  kam  das  Anwefen 
der  Stadt  wieder  in  die  Höhe;  1450  ..haben  die  von 
Cilli  umb  die  Stadt  ein  neues  Gemäuer  angefangen,  die 
vor  nit  vmbgemauert  fondern  nur  mit  einem  Zaun  und 
Graben  eingefangen  war"  (Cillier  Chronik  VIII,  110). 
Im  Jahre  1451  erhielten  die  Bürger  auch  die  Rechte 
anderer  Städte  und  damit  war  Cilli  aus  der  langen 
Periode  des  Verfalles,  feit  der  Völkerwanderung  her, 
zu  einer  ehrenhaften  Rehabilitation  wieder  empor- 
liegen. 
Um  nun  auf  die  Kirche  zu  kommen,  fo  wird  ihres 
Titels  urkundlich  zum  erftenmal  zwar  erft  1319  Er- 
wähnung gethan,  wo  das  Gcfchick  eines  Priefters 
Heinrich  ..plebanus  plebis  s.  Danielis  in  Cilia"  erzählt 
wird.  Diefer  Weihetitel  erinnert  gleich  an  den  Süden, 
wo  bei  Udine  ein  großer  Ort  S.  Daniele  genannt  ift 
unter  der  Herrfchaft  des  Patriarchates  von  Aquileja, 
mit  dem  die  Kirche  zu  Cilli  in  engftcr  Verbindung 
ftand;  im  Norden  dürfte  er  feiten  vorkommen. 
Natürlich  mußte  in  einem  Orte,  fo  alt  und  von  der 
Bedeutung  wie  Cilli,  fchon  längft  eine  Kirche  beftanden 
haben,  wenn  nicht  der  altchriftlichen  Periode  ent- 
flammend, fo  doch  eine  Baute  des  12.  Jahrhundcrtes 
mindeftens  und  dann  mit  der  Styl-Charakteriflik  der 
romanifchen  Kunft.  An  diefer  Kirche  amtirte  jener 
Rubpertus  plebanus  von  1229  und  fie  ftand  noch  am 
inne  des  14.  Jahrhunderts. 

Von  dem  14.  Jahrhundert  an  müßen  durchgreifende 
Aenderungen  mit  dem  Kirchenbaue  vor  fich  gegangen 
fein;  wir  fehen  es  dem  Objecle  felbft  ab  und  wir  lefen 
Andeutungen  davon  in  den  Auffchreibungen.  Schon 
vom  Jahre  1306  gibt  es  eine  Correfpondenz  der  erz- 
bifchöflichen  Kanzlei  von  Aquileja  ..wegen  der  Weihe 
der  Kirche  von  Cilli"  („Archival-Unterfuchungen  in 
Friaul  und  Venedig-  von  Prof.  v.  Zahn  in  den  Beiträgen 
zur  Kunde  fteierm.  Gefchichtsquellen  VII,  S.  101).  Im 
Jahre  1379  erfloß  ein  Ablafsbrief  vom  Nuntius  Cardinal 
Bonaventura,  gegeben  zu  dem  Zwecke,  ,.ut  igitur  paro- 
chialis  ecclefia  fandii  Danielis  in  Cilia  Aquilejenfis 
diocefis  congruis  honoribus  frequentatur",  gegeben 
denen  zum  Abiaffe ,  welche  zu  den  verfchiedenen 
Fellen  des  Jahres  die  Kirche  befuchen  und  „manusque 
porrexerintadjutrices".'\Yir  mögen  daraus  entnehmen, 
dafs  um  jene  Zeit  der  Kirchenbau  fchon  ziemlich 
vollendet  gewefen  fein  mußte.  Mit  diefen  freilich 
dürftigen  Nachrichten  haben  wir  zufammenzuhalten 
die  Auffchreibung  des  „Straßburger  Vifitations- 
Protokolles"  von  1545,  worin  bemerkt  wird:  „Fundator, 
der  Khirchen  (N.  Daniel)  ift  Graff  Hörmann  von  Cilli, 
Lehens-  vnd  Vogtherr  ift  die  Rom.  Khr.  Majeftät, 
Confirmator  der  Patriarch  zu  Aglar"  (Canonicus 
Orosen,  das  Bisthum.  d.  Diöcefe  Lavant  III.  j6).  Da 
Graf  Hermann  I.  geftorben  war  1385,  fo  muß  der 
Umbau  der  Cillier  Stadtpfarrkirche  in  die  zweite 
Hälfte  des  14.  Jahrhundertes  eingefchatzt  werden.  Zum 
Beginn  des  15.  Jahrhundertes  haben  wir  noch  einen 
Beftandtheil  des  Umbaues  zu  verzeichnen,  nämlich  die 
fchöne  nördliche  Seiten-Capelle  der  Grafen  von  Cilli, 
wie  fie  gewöhnlich  zugenannt  wird.  In  einer  Urkunde 
von  1413  gibt  nämlich  Nicolaus,  Generalvicar  des 
Patriarchates  von  Aquileja,  dem  Bifchofe  Nicolaus  von 
Hippo  die  Vollmacht  zu  einer  Capellenwcihe  in  Cilli:  ..ut 
capcllam  Ileinrici  ejusdem Domini  comitis  (Hermann  II 

1  Im  fteierm.  Landes-Archive. 


notarii  atque  unum  altare  noviter  conftruclum  in  Cilic.  . 
confecrare  de  novo  poffitis".1  Diefe  Capelle  kann  1 

andere  wohl  nicht  fein,  als  die  Capelle  Trium  regum 
(facellumi,  in  dem Vifitations-Protokolle  von  1545  „1. F. 
Altar"  genannt,  wo  die  Grafen  von  Cilli  ein  Beneficium 
gelüftet  hatten,  und  welche  fpäter  einer  hieher  über- 
tragenen Bruderfchaft  zu  lieb  den  Titel  „matris 
dolorosae",  Sieben  Schmerzen-Capelle,  erhielt,  den  fie 
jetzt  noch  inne  hat  [OroSen  111,  S.  83,  200,  263). 
Das  Patronat  über  diefes  Beneficium  im  Sacellum  15. 
V,  M.  hatten  einft  die  Grafen  von  Cilli,  fpäter  der 
Eandesfürft,  an  deffen  Peutz  das  Erbe  der  Cillier 
Grafen  übergegangen  war.  Der  Schluß,  den  wir  aus 
vorftehenden  Daten  unter  genauer  Berückfichtigung 
der  Bauformen  an  der  Stadtpfarrkirche  zu  Cilli  ziehen, 
ift  nachflehender: 

Ein  altchriftlicher  Kirchenbau  Celejas  ift  unferen 
Blicken  entfehwunden. 


. 


Fig-  5- 

Aus  der  Bau-Periode  des  romanifchen  Styles, 
der  wir  landläufig  die  meiden  älteften  Kirchen  ver- 
danken, reftirt  in  Cilli  noch  das  Mittelfchiff,  welches 
urfprünglich  das  einzige  Schiff  war,  nach  Often  ohne 
Zweifel  durch  den  Altarraum  einer  halbkreisförmigen 
Apfis  abgefchloffen. 

Im  Verlaufe  des  14.  Jahrhundertes  vollzog  fich 
hier  ein  durchgreifender  Umbau  zur  Erweiterung. 
Darnach  wurden  zwei  niedrigere  Seitenfchiffe  angefügt, 
das  alte  romanifche  Schiff  mitten  gegen  fie  in  Bogen- 
öffnungen  durchbrochen,  erhöht,  mit  Oberlichtern 
verfehen,  nach  Often  ftatt  dem  alten  Apfisfchluße  mit 
einem  geräumigeren  gothifchen  Chore  ausgebaut.  So 
entftand  alfo  ftatt  der  romanifchen  einfehiffigen  eine 
gothifche  dreifchiffige  Anlage  mit  überhöhtem  Mittel- 
fchiffe  und  niedrigen  durch  Pultdächer  bedeckten 
Abfeiten.  Der  ganze  Kirchenraum  wurde  damals  mit 
Kreuzrippen-Gewölben  verfehen.  Auch  der  Thurm 
wird  diefer  gothilirenden  Bau-Periode  entflammen. 


fleierm.  LanJcs-Archive. 


I.b* 


cxciv 


Am  Beginne  des  i;.  Jahrhundertes  wendete  fich 
die  Bauluit  noch  einmal  der  Kirchenerweiterung  zu 
und  fpendete  ihr  (ftatt  des  möglicherweife  beftandenen 
kleinen    Polygonfchlußes  Glichen    Auslauf  des 

llichen  Seitenfchiffes  die  in  vulgo  fogenannte 
Capelle  der  Cillier. 

Das  16.  Jahrhundert  hielt  fich  für  verpflichtet, 
der  Kirche  den  Anbau  der  Sacriftei  beizufet/.en ;  auch 
das  iS.  Säculum,  wenn  wir  nicht  irren,  wünfchte  fich 
hier  bemerkbar  zu  machen  durch  die  Zufügung  zweier 
kurzer  Capellen  an  der  Süd-  und  Nordfeite  der  Kirche. 

Der  eigentlichen  Baubefchreibung  muß  man  vor- 
ausfchicken,  dafs  wir  an  der  Pfarrkirche  von  Cilli  eine 
dreifchiffige  Kirchenanlage  haben,  deren  nördlicher 
Abfeite  am  Wellende  ein  Thurm,  am  örtlichen  Ab- 
fchluß  eine  weitvorfpringende  Capelle  vorgelegt  ift. 
Regelmäßige  Gliederung,  das  Refultat  einer  vorbe- 
dachten Bauführung  fehlt  hier  ganzlich,  denn  diefer 
Bau  ift  das  Product  einer  Reihe  von  zeitlich  weit  aus- 
einander liegenden  Aenderungen  an  einem  urfpriing- 


Fig.  6. 

liehen  Kerne,  wobei  nicht  die  Erzielung  einer  künft- 
lerifchen  Einheit,  fondern  nur  die  Befriedigung 
praktifcher  Bedürfniffe  in  Ausficht  genommen  wurde. 

1  las  Hauptfchiff  hat  eine  lichte  Länge  von  2170  M. 
und  eine  lichte  Breite  von  7  M.  Wir  werden  kaum 
irren,  wenn  wir  es  für  den  romanifchen  Grundftock, 
das  ehemals  einzige  Schiff  der  Kirche  des  II.  oder  12. 
Jahrhundertes  halten.  Als  es  im  Laufe  der  Zeiten  zu 
klein  wurde,  um  allein  den  nöthigen  Kirchenraum 
bieten  zu  können,  hat  man  es  zu  einer  dreifchiffigen 
Anlage  ausgebaut.  Das  ift  auch  anderswo  ahnlich 
gefchehen,  nur  feiten  fo  crud  als  wie  hier.  So  find  z.  B. 
Leibnitz  -  Feldbachs  Pfarrkirchen  in  Steiermark  aus 
einfehiffigen  romanifchen  Bauten  zu  zweifchiffigen  im 
14.  Jahrhunderte),  jene  von  Hartberg,  Straden,  Groß- 
florian, Ofterwitz  zu  dreifchiffigen  im  17.  oder  18.  Sacu- 
lum erweitert  worden.  Dem  einen  Schiffe  hat  man  aber 
hier  zwei  Seitcnfchiffe  einer  hellten  Breite  von  380  M. 

baut  und  hat  die  Wände  des  alten  jetzt  mittleren 


Schiffes  zu  weiten  Arcaden-Bogen  von  anfänglich 
640  M.  Oeffnung,  fpäter  befchränkt  auf)  6  M.  <  »effnung 

aufgebrochen,  (o  dafs  von  ihr  Pfeiler  urfprünglich 
ficherlich  nur  mit  210  M.,  fpäter  wieder  erweitert) 
mit  2  50  M.  Breite  liehen  blieben.  Die  Arcaden-Bogen 
find  Spitzbogen,  alfo  Produfte  des  13.  oder  14.  Jahr- 
hundertes und  5"40  M.  hoch;  da  man  in  der  Flucht 
des  nordlichen  Seitenfchiffes  den  Thurm  einbaute,  fo 
mußte  die  gegenüberliegende  Arcaden-Oeffnung  um 
fo  viel  kleiner  ausfallen.  Diele  Arcaden-Bogen  find 
fchlichte  Mauerdurchbrechungen  auch  in  ihrer  Form  ; 
von  der  Uebung  eines  Capitälgefimfes  an  ihren  Bogen- 
anfängen  ward  in  äußerfter  Befcheidenheit  Abftand 
genommen.  Das  urfprünglich  romanifche  Schiff  wurde 
nun  auch  nach  der  Herftellung  der  Communication 
mit  den  neu  angebauten  Abfeiten  erhöht  (zu  I2"6o  M. 
Scheitelhöhe^  um  über  die  Seitenfchiffe,  die  auch 
jetzt  nur  7-15  M.  Scheitelhöhe  haben,  emporzuragen, 
und  eine  Kirche  mit'überhöhtem Mittelfchifte  zu  bilden. 
Dafür  erhielt  es  auch  Oberlichter,  je  drei  an  jederSeite, 
deren  Anblick  man  jetzt  nur  unter  den  ärgerlich  ver- 
wildert angelegten  großen  Dächern  fuchen  muß. 
Diefe  Oberlichter  find  noch  den  romanifchen  Fenfter- 
formen  fehr  naheftehende  einfache  Bildungen  von 
tiefer  Einfchrägung,  fpitzbogiger  Endigung  und  einem 
Durchbruche  von  1-50  M.  Höhe  und  50  Cm.  Breite; 
fie  entbehren  derPfoftentheilung  und  haben  gothifche 
Nafeneinfatze.  Die  Lage  diefer  Oberlichter  zu  den 
Gewölbeanfängen  im  Mittelfchiffe  ins  Auge  gefaßt  und 
erwogen,  wie  inconvenient  fie  fich  dazu  verhalten  (fo 
dafs  diefe  Fenfter  durch  die  Gewölbfüße  des  Mittel- 
fchiffes  gerade  gedeckt  worden),  macht  man  den 
fieberen  Schluß,  dafs  bei  diefen  Erweiterungs-Ope- 
rationen eine  Einwölbung  der  Schiffe  weder  durch- 
geführt noch  beabfichtigt  war. Eine  Sache  Balken  decke 
hat  auch  das  Mittelfchiff  einft  eingedeckt,  wie  man 
über  den  Gewölben  desfelben  fehr  gut  feheti  kann,  wo 
man  die  Seitenwände  verputzt  und  getüncht  findet 
mit  der  Angabe  des  Niveaus,  das  die  alte  flache  Decke 
einft  durchzog.  Der  Umbau  zur  dreifchiffigen  Anlage 
und  die  Gewölbung  derfelben  lag  alfo  zeitlich  weit 
genug  auseinander;  die  letztere  wird  wohl  in  der 
zweiten  Hälfte  des  14.  Jahrhundertes  erfolgt  fein.  Ihr 
zu  lieb  mußte  man  die  Oberlichter  wieder  vermauern 
und  hat  nun  das  Mittelfchiff  mit  einer  regelmäßigen 
Aufeinanderfolge  von  fünf  Jochen  Kreuzrippen-Ge- 
wölben  auf  einfachen  Confolen  gefchloffen.  (An  der 
nördlichen  Wand  des  Hauptfchiffes  findet  fich  auch 
das  Wappen  der  Cillier  Grafen;  fo  kennen  wir  alfo  den 
vorzüglichftenWohlthätcr,  Graf  Hermann  I.,  bei  diefem 
Umbaue.)  Im  Hochfchiffe  konnte  man  regelmäßige 
Gewölbejoche  formiren;  in  den  niedrigen  Abfeiten 
ging  dies  nicht,  da  man  hier  gebunden  war  durch  die 
allzu  weiten  Arcaden-Oeffnungen.  Um  hier  aus  der 
ärgften  Klemme  zu  kommen,  wurden  die  mittleren 
Arcaden-Pfeiler  verbreitert,  die  entfprechenden  Arca- 
den-Bogen einfeitig  verftümmelt  und  nun  Kreuzrippen- 
Gewölbe  von  höchft  ungleicher  Jochlänge  eingeführt. 
Der  Anfatz  des  letzten  Gewölbes  am  Oftende  des 
nördlichen  Seitenfchiffes  läßt  es  glaublich  erfcheinen, 
als  fei  die  Einwölbung  hier  erft  erfolgt,  nachdem  die 
Cillier  Capelle  erbaut  war. 

Die  Urheber   des   Erweiterungsbaues  hielten   ihr 
Werk  nicht  für  vollständig,  wenn  nicht  auch  der  Altar- 


cxcv 


räum  davon  profitirte.  Der  Altarraum,  heim  Kirchen- 
baue romanifchen  Styles  immer  vom  Schiffe  au 
fondert,  war  entweder  die  halbrunde  Apfis  oder 
feltener  das  „Chorquadrat",  hie  und  da  auch  die 
Vereinigung  beider  Raumtheile.  Da  war  es  gewöhnlich 
die  erlte  Maßregel  der  gothifchen  Kirchenvergrößerer, 
ftatt  der  kleinen  romanifchen  Oftfchlüße  geräumige  und 
langgedehnte  gothifche  Hochchöre  anzubauen  an  die 
alten  ein-  oder  dreifchiffigen  Kirchen.  Eine  Umfchau 
an  den  heimii'chen  Kirchen  liefert  eine  Ueberzahl  von 
folchen  Beifpielen;  die  romanifchen  einfehiffigen 
Kirchen  von  Fohnsdorf,  Niederwölz,  Schwanberg,  die 
romanifchen  dreifchiffigen  Bauten  von  Pürgg,  I'oels, 
Marburg,  Pettau  find  mit  unverhältnismäßig  langen 
gothifchen  Choren  zu  diefem  Ende  verlängert  worden. 


eine  Kirche  Oberfteiers,  Oberhaus  im  Ennsthale,  in 
di  in  i  ngen  Kirchhofe  wahrfcheinlich  feiner  einfügen 
Befeftigung  wegen  eine  Paffage  an  den  zwei  Ecken 
ihrer  Fai  ade,  und  die  von  der  Mauer  zurückgezogenen 
Diagonalftreben  Hellen  erft  in  einer  gewiffen  Höhe 
ihre  Beziehung  zum  Bau-Organismus  durch  iiber- 
fchlagende  Bogen  her.  Mit  Stäben  an  den  Polygon- 
kanten als  Erfatzgliedern  für  die  radial  austretenden 
Strebepfeiler  find  auch  das  Oft-Chörlein  am  füdlichen 
Seitenfchiffe  und  der  Oft-Abfchluß  der  Sacriftei  ver- 
ziert. 

So  ein  Bau  wie  diefer  der  Pfarrkirche  von  Cilli 
ift  eine  fprechende  Illuftration  von  dem  Mifere  unferer 
heimifchen  mittelalterlichen  Kirchenbauten  gerade  an 
den   durch  Alter  und  Größe  wichtigften  Punkten,   wo 


Fig  7. 


Dies  gefchah  aucli  an  der  Pfarrkirche  zu  Cilli;  hier 
mißt  nach  dem  Intervalle  eines  hohen  Scheidebogens 
die  gothifche  Errungenfchaft  des  Hochchores  bei 
6-50  M.  lichter  Breite  eine  Länge  von  12  M.  und  ift 
im  landläufigen  Polygon  des  halben  Achteckes  gegen 
Often  gefchl'offen.  Diefer  Oft-Abfchluß  muß  in  der  Zeit 
der  Spät-Gothik  alterirt  worden  fein;  er  hat  die 
correften  großen  Strebepfeiler  gegen  dürftige  Rund- 
ftücke  an  feinen  Außenkanten  eingetaufcht  und  füdoft- 
wärts  die  zweifelhaft  fchöne  Acquifition  einer  Art 
Strebebogen  erhalten,  welch'  letzterer  dadurch  hervor- 
gebracht wird,  dafs  der  dortige  Strebepfeiler  entfernt 
von  der  Kirchenwand  aufgebaut  und  in  einer  ent- 
fprechenden  Höhe  durch  einen  Bogen  mit  ihr  ver- 
bunden ift. 

Der  Grund  zu  diefer  baulichen  Abfonderlichkeit 
kann  kaum  anderswo  als  in  dem  Bedarfe  oder  der 
Bequemlichkeit  einer  hart  an  der  Kirchenmauer  ver- 
laufenden Communication  gefucht  werden.  So  hat  auch 


man  in  der  Periode  der  Gothik  nicht  dazu  kam,  den 
alten  ungenügenden  Schiffesrumpf  der  romanifchen 
StylZeit  frifchweg  zu  befeitigen,  fondern  in  einer  arm- 
feligen  Frettlult  immer  daran  herumflickte,  erweiterte, 
an  Thüren,  Fenftern  und  Decken  veränderte,  an  allen 
Flächen  und  Ecken  wohl  vergothifirte,  aber  fürs  Innere 
und  Aeußere  es  nicht  mehr  zu  einer  gefunden  gothi- 
fchen Styl-Entfaltung  und  erträglich  befriedigenden 
Gefialtung  bringen  konnte.  Zuletzt  kam  die  Zopfzeit 
und  machte  ein  plump  hingelagertes  ungeheures  Dach 
fertig,  um  auch  die  letztgebliebenen  Elemente,  welche 
den  Eindruck  einer  nicht  unangenehmen  überhöhten 
Schiffanlage  für  den  .Außenanblick  geboten  hätten, 
unter  einer  philifterhaften  Eintönigkeit  zu  begraben. 
So  ift  denn  auch  in  Cilli  wie  in  Pols,  St.  Lorenzen, 
Oberwolz,  die  Abgüederung  in  niedrige  Seitenfchiffe 
und  ein  hohes  Hauptfchiff,  die  Verfchiedenheit  der 
Pultdächer  über  den  erften  und  eines  maßigen  Sattel- 
daches   fürs    letztere    unter    einer    alles    einhüllenden 


CXCVI 


blöden  Dacheswucht  verfchwunden.  1  .    5  und  6 

veranschaulichen  Detail-  aus  der  Kirche. 

Einen  Punkt  am  Baue,  welcher  die  Verftimmung 
über  fo  zahlreiche  Deformitäten  beschwichtigen  kann, 
einen  wahren  Augentroft  gibt  es  aber  auch  hier  noch 
und  diefer  ift  die  Cillier  Capelle.  Dem  nordlichen 
Seitenfchiffe  vorj  in  die  Seite  des  Hochch 

hin  errichtet,  ift  diefelbe  erfreulich  und  lehrreich 
zugleich,  was  die  Gothik  auch  bei  uns  wollte  und 
konnte,  fobald  fie,  von  den  Feffeln  einer  älteren  Baulaft 
befreit,  ihre  eigenen  Wege  gehen  durfte.  Sie  ilt  ein 
ganz  felbftändiger  Bau  für  lieh,  von  13-55  M.  lichter 
Lange,  y;>  M.  lichter  Breite  und  12-15  M.  Scheitel- 
höh  apelle"  hat  fie  keine  weitere  Abgliederung 


Fig.  8. 

des  Raumes  (etwa  in  ein  Schiff  und  einen  eigenen 
.Altarraum  ;  fie  folgt  darin  dem  berühmten  Vorbilde 
der  Sainte  chapelle  von  Paris,  deren  Raumeinfachheit 
wir  hier  in  Steiermark  auch  in  der  Leech-Kirche  zu 
Grätz,  der  Capelle  der  Deutfch-Ordensritter  noch 
copirt  finden.  Ihre  Gewölbe  zerfallen  in  drei  Joche 
Kreuzrippenfelder),  und  das  Abfchlußjoch  mit  fünf 
Seiten  aus  dem  Achtecke  (Fig.  1  Grundriß,  Fig.  7  Quer- 
profil  durch  die  Kirche  und  Capelle  . 

Ein  eigenthümliches  und  höchft  wirkfames  Zier- 
Motiv  find  die  Heiligen-Baldachine,  welche  mit  ihren 
Nifchen  und  Confolen  clie  Wände  beleben  und  auch 
die  architeclonifche  Gliederung  der  Capelle  heben. 
Zwanzig  an  der  Zahl  find  fie  nämlich  an  den  Auslauf- 


ftellen  der  Rippen  und  an  der  Süd-  und  Ollwand  auch 
mitten  zwifchen  denfelben  angebracht,  allein  gleicher 
Hohe  und  von  gleicher  Größe,  aber,  unter  (ich  von 
einer  wechfelnden  Grundform  und  Durchbildung,  bald 
aus  dem  Sechsecke,  Achtecke,  wohl  auch,  was  foult 
nicht  fo  häufig  aus  dem  Mittelalter  her  vorkommt,  aus 
dem  Quadrate    mit   ihrem   überkragenden  Dache  an- 

gt.  Alle  haben  über  einem  befremdend  Aar!, 
bildeten  Horizontal-Gefimfe  einen  fchlanken  Thurm, 
umftellt  von  langen  freien  Strebepfeilerchen  und 
Strebebogen  (Fig.  2  Baldachin'.  Mannigfaltig  find  auch 
die  Confolen  darunter  geformt,  die  Träger  der  Heiligen- 
Statuen,  und  find  faft  alle  figurirt ;  an  ihnen  erfcheinen 
nacheinander  ein  Engel  mit  einem  Spruchbande,  ein 
Strauß  mit  Eiern,  die  Scylla,  der  Johannes-Adler,  ein 
knieender  Mönch  mit  einem  Stabe,  eine  Jungfrau  unter- 
halb der  Fifch,  wieder  ein  Halbvierfüßler,  ein  Löwe, 
Pelikan.  Zu  diefen  Confolen  hat  der  mittelalterliche 
Künftler  es  für  nothwendig  befunden,  eine  Erklärung 
zu  geben,  welche  auf  drei  an  der  Südwand  hart  zufam- 
mengefügten  Infchrifttafeln  in  eingravirten  gothifchen 
Minuskeln  zu  lefen  ift.  Auf  den  Strauß  an  der  Confole 
hat  die  erfte  Tafel  Bezug,  welche  lautet: 
„Der-  Strauß -legt  ■  fein  ■  aier-  pei  ■  dem  ■  riden 
vnd  •  vgift  •  ir  •  das  •  er  ■  darezv  ■  nicht  •  chumt  ■  vn  ■  di 
pruete  ■  fich  •  vo  •  d "  hiez  •  d  ■  fun  •  alfo  •  di  ■  vnd  ■  tan 
faumigen  ■  prelacz  •  des  •  wirt-vgefs-es-feidann 
fevdi-fun-gotleicher"  ... 

Zur  Scylla-Darftellung  gehört  darauf: 
„ein  •  merwild  '  haiffet'ftilla  ■  das  ■  hat 
ein  •  fchon  ■  jungfrawen  ■  geftalt  ■  vnd  ■  das  ■  and  ■  tail 
fraizlain  ■  idem  ■  gar  ■  großen  •  vngewitter  ■  rechet  ■  is  ■ 
den  •  czagel  ■  auf-  der  ■  ift  •  als  •  ein  ■  fegel  •  und  ■  hebt  ■  fich  ■ 
an  "  die  ■  chiel  ■  vnd  ■  trenchet  *  den  ■  dem  ■  tuet  ■  di  ■  valfeh  ■ 
werlt  •  geleich  ■  di  ■  trencht  ■  manige  ■  - 

Zum    Symbol    des   heil.    Evangeliften    Johannes 
fteht  auf  der  dritten  Tafel  neben: 

„s  Johannes  ■  ewangelift  •  mit  •  fiben  ■  tugent  ■  geezirt  ■  ift  ■ 
im  •  hat  ■  got  ■  gemacht  •  wazzer  •  czv  •  wein  ■  an  ■  den  ' 
abentezzen  ■  grozzen  ■  weishait  ■  fchein  ■  an  •  de  •  chreuez  ■ 
enphalch  ■  di  ■  mveter  ■  fein  ■  gift  ■  vnd  ■  haizzes  ■  ole  ■ 
chund  •  im  ■  nicht  ■  fchaden  ■  er  •  ward  ■  auzz  ■  der  •  wueft . 


fant- 

•  aier- 

des- 

das- 


auf-  di'guertl- 


geladen -  mit  •  leib  ■  vnd  ■  fei  ■ 


himel- tragen- u 


Ein  hervorragender  Schmuck  find  auch  die  zwei 
breiten  YVandnifchen  rechts  und  links  vom  Altare 
jede  prächtig  in  einer  fünftheiligen  Gliederung  ge- 
fchaffen,  an  der  die  Krönung  mit  Giebeln,  Thürmchen, 
Maßwerk  und  Laubwerk  köftlich  durchgebildet  ift. 
Die  Nifche  auf  der  Epiftel-Scite  hat  eine  Bank  unter 
fich;  ift  alfo  eine  Seffion  gleich  der  fchönen  Nifchen- 
bank  im  Dome  zu  Marburg,  zu  Marianeuftift,  zu  Ober- 
wölz  u.  f.  w.  'Fig.  8  Nifche).  Jene  an  der  Evangelien- 
Seite  ift  als  Schrank  ausgeführt,  fteht  dort,  wo  fonft 
die  fchrankartigen  Wand-Tabernakel  des  Mittelalters 
zu  finden  find  und  möchte  wohl  zu  einem  ähnlichen 
Zwecke,  zur  Bewahrung  der  Reliquiarien,  der  für  das 
heil.  Opfer  nöthigen  Gefäße  und  Geräthe  gedient 
haben  (Fig.  9  Tabernakel-Nifche).  Beide  Nifchen  find 
in  Größe  und  Form  völlig  gleich  geftaltet.  Ueber  dem 
Altare  in  einem  fpatgothifchen  (zumTheile  modernifir- 
ten)  Aftwerkgehäufe  fehen  wir  noch  eine  Pietä  aus 
dem    14.    Jahrhunderte,    welche    wohl    erft    nach    der 


CXCVII 


Uebertragung  der  Bruderfchaft  der  fieben  Schmerzen 
Marions  hergefchafft  worden  ill.  Hier  möge  der  Mei- 
nung  gedacht  werden,  nach  welcher  diefe  Capelle,  fo 
wie  fic  jetzt  fleht,  erft  1613 — 1623  gebaut  worden  fei 
und  zwar  gemäß  Befchlüßen  in  der  Bruderfchaft  fclbft, 
deren  Aufzeichnung  fich  im  Abtei-Archive  zu  Cilli 
befindet. (Siehe Canonicus  OroHen:  Das  BisthumLavant 
III.,  S.  83,  85,  254  u.  f.  f.)  Abgefehen  davon,  dafs  fich 
von  einem  Abreißen  diefer  Capelle  (um  1613  folltc  es 
gefchehen  fein)  keine  hiftorifche  Date  beibringen  laßt, 
(0  galt  fie  doch  noch  zur  Zeit  der  Bruderfchaft,  die  erft 
17.N4  aufgehoben  wurde,  nicht  als  eine  von  derfelben, 
fondern  von  den  Cillier  Grafen   errichtete  Baute,  wie 


1 


Pf  -  ▼     T  .  V  .  T.T     y  .   »,      *      t      ~r  ,  -  "»  ,    r      T      T  . 


1 


.    1  ^ ■;■:,¥ 


Fig.  9. 

eine  an  einem  Strebepfeiler  am  Chorende  1737  einge- 
fetzte Infchrift  förmlich  documentirt.  Sie  lautet: 
„Hie  columnee   (Streben)   funt    reparatee   1737  a 
comitibus  Cilienfibus  olim  cum  capella  exftructce. 
L-G-V-C-C-C-" 

Diefe  Infchrift  ift  klar  genug  und  ebenfo  klar 
find  die  Details  und  die  ganze  Bauweife  der  Capelle. 
Ein  Bau  des  14.  oder  frühen  15.  Jahrhundertes,  fo  ent- 
fchieden  und  rein  im  Plane  und  Aufbau,  in  der  Con- 
ftruetion  namentlich  der  Gewölbe,  ein  Bau,  an  dem 
man  keine  Spur  einer  Alteration  oder  Mengung  mit 
fpäteren  Formen  bemerkt,  wie  es  doch  nach  obiger 
Annahme  fein  müßte,  ein  Bau,  von  oben  bis  unten  fo 
ganz  14.  Jahrhundert,  war,  kann  man  wohl  fagen,  im 
17.  Jahrhunderte  unmöglich.  Die  fieben  Schmerzen- 
Bruderfchaft  hatte  ihren  Sitz  bis  in  die  Mitte  des 
16.  Jahrhunderts  in   Gonobitz    und  taucht  erlt  1597  in 


Cilli  auf,  nachdem  fie  zur  Zeit  des  Protcftantismus  in 
Verfall  gerathen  war;  in  jenem  Jahre  wurde  fie  vom 
Papfle  Clemens  VIII.  confirmirt  mit  dem  Sitze  in  Cilli 
(Orozen  250).  Die  Capelle,  die  fie  baute  1613 — 1623, 
„facellum  B  M.  V.  Dolorosa:",  die  fie  dann  1658  re- 
ftaurirte  und  im  nämlichen  Jahre  mit  einer  Gruft 
verfall  (Orozen  87),  beftcht  möglicherweife  nicht  mehr 
und  möchte  wohl  demolirt  worden  fein  entweder  bei 
der  Authebung  der  Bruderfchaft  oder  fpäter,  wahrend 
die  Capelle  „Trium    regum"    oder    der  Cillier    Grafen, 


Fig.    10. 

wie   obige  Infchrift   befagt,   auch   unfere  Blicke  noch 
erfreut. 

Vom  Baue  auf  die  Ausftattung  übergehend  ift  es 
nur  fehr  wenig,  was  uns  zu  bemerken  bleibt.  Darunter 
ift  wohl  in  erfter  Linie  zu  nennen  das  prächtige 
Marmorwerk  des  Ilochaltares,  Mensa  und  Tabernakel, 
nach  einer  darin  erfichtlichen  Infchrift  von  1743. 
Letzterer  ift  für  die  Gefchichte  des  Tabernakel-Baues 
wegen  feiner  offenen  großen  Expofitions-Nifchc  in 
Tempelform  von  Belang  und  von  einer  auffallenden 
Verwandtfchaft     mit    den     noch    reicheren     offenbar 


CXCVIII 


italienifchen  Werken  in  den  Jefuiten-Kirchen  zu 
Laibach  und  Trieft.  Die  intereflante  gothifche  Mon- 
ltranz  (von  1644),  welclie  einft  hier  war,  ilt  leider  durch 
Diebftahl  verloren  gegangen.  Ein  hübfehes  fchmied- 
eifernes  Gitter  befitzt  die  Thüre,  welche  in  die  Cillier 
Capelle  fuhrt;  es  fuhrt  eine  Auffchrift,  die  angibt,  dafs 
in  diefer  Capelle  Margareth  Gräfin  Thurn,  geborene 
Lenkowitfch,  f  1656,  begraben  liege.  Im  nördlichen 
nfchilTe  befindet  fich  auch,  auf  irgend  eine  Feuers- 
ihr  gelobt,  ein  Bild  des  heil.  Florianus  mit  einer 
Darftellung  des  mittelalterlichen  Cilli  mit  all  feinen 
Mauern  und  Thürmcn. 

Eine  große  Menge  von  Grabdenkmalen  innen  und 
außen  an  den  Kirchenwänden  aufgeteilt,  erinnern  an 
fo  manche  Perfönlichkeiten,  welche  zur  Stadt  einft  in 
Beziehung  waren.  Da  ilt  der  gothifche  Grabftein  des 
Bifchofes  Hermann  v.  Freifingen,  eines  Sohnes  von  Graf 
Hermann  II.  von  Cilli,  f  1421  (Fig.  n),  ferners  einer  Frau 
Sufanna  von  Auersfperg,  Gattin  des  Burghauptmannes 
Andre  Hohenbarter  von  Cilli,  f  i486.  Dem  erftge- 
nannten  Steine  fleht  am  Eingange  zum  Hochchore 
gegenüber  Andre  Hohenwart's  Epitaph,  darauf  genannt 
„obrifter  erbdruchfeß  in  krain  und  Hauptmann  auf 
ober  cilli",  f  1503.  Andere  Grabfteine  reden  von 
Chriftoph  Weisbriach,  f  1514,  von  Anna  und  Agnes 
Neuburger,  davon  letztere  „hat  gefchafft  60  gülden 
Ungrifch  zu  dem  ewigen  liecht  ligend  auf  Criftan 
hueter  haus",  vom  Ritter  Sigmund  Schrott  zu  Kindberg, 
f  157I1  von  den  Brüdern  Daniel  und  Michael  Cupicianus, 
j  15S4  und  1591,  deren  erfter  Stadtfchreiber,  letzterer 
Stadtpfarrer  hier  war,  von  Georg  Karl  Freiherrn  von 
Reifig,  f  1667,  von  Andre  Ludwig  Reichsgrafen  von 
Thurn    und  Valofaffina,  f  1697,    von    Sigmund    Graf 


Gaisruck,  gefallen  1704,  von  Maria  Therefia  Gritin 
Brunian,  f  1776,  von  den  Brüdern  Karl  Anton  und 
Ludwig  Grafen  von  Groß  und  Villanova,  der  letztere 
geftorben  1758  u.  f.  w. 

Die  letzten  Bauveränderungen,  welche  an  der 
Kirche  vor  fich  gingen,  betrafen  die  Anordnung 
eines  Renaiffance-Portales  an  der  Südfeite,  auf  dem 
eine  Statue  des  heil.  Rochus  fleht,  mit  der  Infchrift: 
..Dife  Porten  ilt  Gemacht  Worden  Gott  Vnd  den 
heiligen  f.  Daniel  zu  Ehren  1673.  Georg  Lenz  Purger 
vnd  Stainhauer  Alda  in  Cilhv  Zu  bedauern  ilt,  dafs 
man  hier  wie  in  Pettau  das  innere  Polygon  des  Chor- 
fchlußes  zum  halbrunden  Abfchluß  umgestaltete,  eiu- 
fchließlich  des  Gewölbes,  wo  man  auch  die  Rippen 
und  Kappen  entfernte,  um  ein  Walmgewölbe  zu  erhal- 
ten und  die  ganze  gleichmäßig  gemachte  Fläche,  an 
der  auch  die  Chorfchlußfenfter  vermauert  wurden,  mit 
einer  Wandmalerei  zu  verfehen.  Endlich  kam  auch  der 
Thurm  an  die  Reihe;  1877  ward  er  durch  den  Ober- 
Ingenieur  Wilhelm  Bucher  in  Grat/,  „im  gothifchen 
Style  ausgebaut  und  gedeckt"  (Orozen  81),  nachdem 
er  feit  dem  Kirchenbrande  von  1798  nur  ein  Nothdach 
innegehabt  hatte.  Einft  hatte  er  nur  32  M.  Höhe;  nun 
hat  er  es  auf  54  M.  gebracht. 

So  hätten  wir  diefen  heimifchen  Kirchenbau 
genügend  berückfichtigt.  Eine  künftlerifche  Wirkung 
wird  darnach  niemand  davon  erwarten;  dem  Archäo- 
logen wird  er  des  Intereflanten  ausreichend  bieten. 
Die  Bauräthfel  der  Kirche  müßen  ihn  anregend  be- 
fchäftigen  mit  der  Forfchung  nach  ihrer  Löfung;  die 
einheitliche  Schönheit  der  Capelle  wird  ihm  aber  zur 
vollen  Befriedigung  gereichen. 


Gefchichte  der  Befeftigungsbauten  des  Schloßberges  und 
der  Stadt  Grätz  im  16.  und  17.  Jahrhundert. 


Von  Jofeph  Wafllcr. 


II. 


Baujahr  154.4.- 

Schon  vor  der  Berufung  De  Lalios  hat  man  fich 
bemüht,  Steinmaterial  für  den  Bau,  und  zwar  in  mög- 
lichfter  Nähe  zu  gewinnen.  Es  wurde  1544  verfuchsw  eife 
„2  Wochen  an  den  großen  Stainkoppen  im  Thiergarten 
gearbeitet  vnd  als  der  Stain  der  Orten  fehwerlich  zu 
gewynen  geweft,  in  Schlos  der  Stain  verflicht."  Der 
landesfürftliche  Thiergarten  lag  auf  der  Nordfeite  des 
Schloßberges  in  der  Gegend  des  heutigen  „Graben", 
erftreckte  fich  aber  theilweife  auf  den  Nordabhang  des 
Schloßberges  felbft.  Alfo  am  Schloßberge  felbft  wurde 
der  Bauftein  gewonnen.  Zur  Unterfuchung  desfelben 
wurde  Thomas  Peurl,  Bürger  zu  Rottenmann,  berufen, 
welcher  für  feine  Mühewaltung  am  'letzten  September 
1544  1  u  2  ß  ausgezahlt  erhielt.  Der  Steinbruch  blieb 
während  des  ganzen  Baues  im  Betrieb.  Auf  Anordnung 
des  Landeshauptmannes  Hans  Freiherrn  von  Ungnad 
wird  für  den  beginnenden  Schloßbau  ein  neuer  doppel- 
ter Zug  (Zugwerk)  mit  zwei  Wagen  aufgerichtet,  fo  dafs 


bei  jeder  Fahrt  ein  mit  20  bis  30  Ct.  bcladener  Wagen 
in  das  Schloß  gezogen  werden  kann.  Es  war  dies  eine 
Art  Seilbahn  mit  der  Einrichtung,  dafs  wenn  die  Laft 
des  abwärts  gehenden  Wagens  nicht  groß  genug  war, 
um  den  mit  20— 30  Ct.  Material  beladenen  aufwärts  zu 
ziehen,  durch  Pferdekraft  nachgeholfen  werden  konnte, 
fo  dafs  für  den  „Schloßzug"  beftändig  vier  bis  fechs 
Pferde  gehalten  wurden.  Diefer  neue  Schloßzug  (es 
beftand  bereits  ein  alter  auf  der  Südfeite  des  Berges) 
fcheint  außer  dem  Sackthor  durch  den  Thiergarten 
aufwärts  geführt  zu  haben.  Er  wurde  von  Meifter 
Sigmund  Reyspacher,  der  bereits  einen  folchen  Zug  in 
des  Herrn  Landes-Hauptmanns  Schloß  Sonnegg  mit 
Erfolg  eingerichtet  hatte,  hergcftellt.  Das  im  Jahre  1545 
dafür  angefchaffteSeil  hatte  eine  Länge  von  153  Klafter, 
daher  der  Zug  circa  75  Klafter  Längenausdehnung 
gehabt  haben  dürfte. 

Zu  jedem  Umbau  hat  als  Grundlage  ein  Plan  des 
Beftehenden  zu  dienen.  Und  fo  finden  wir  denn  auch 
eine  Ausgabe  von  3  a   an  den  Maler  Leonhard,  „von 


CXCIX 


cii  das  er  auf  begern  des  Herrn  landshauptmann 
das  Schloß  Grat/,  dryfach  vnd  vnderfchiedlich  albeg 
auf  ain  Pogen  Papier  abconterfed  vnd  mit  Farben 
ausgeftrichen  hat".  Nach  diefer  Zeichnung  verfertigte 
dann  Meifter  Leonhard  Lorenz,  Tifchler,  ein  Modell  aus 
Holz,  ,.fo  es  Herr  Landeshauptmann  zu  notdurftigen 
beratfchlagung  des  Schloß-Paw  Grätz  zu  machen  be- 
uolchen  hat"  und  erhielt  dafür  25  if. 

Baujahr  15.15. 

Als  De  Lalio  im  Frühjahr  1545  die  Oberleitung 
des  Baues  übernahm,  war  fein  erftes  Augenmerk  auf 
tue  Erbauung  einer  großen  Cifterne  gerichtet,  welche 
die  Mannfchaft  mit  hinreichendem  Trinkwaffer  zu  ver- 
fehen  vermochte.  Die  fchon  beftehende  alte  Cifterne 
am  Plateau  des  Berges  wurde  weggeriffen  und  an  der- 
felben  Stelle  das  neue  Werk  angelegt,  welches  im 
December  1546  fertig  geftellt  war.  De  Lalio  fagt  in 
feiner  Rechnung  darüber:  „Ich  bekenne,  nachdem  ich 
die  neue  Ciftern  im  Schlos  zu  Grätz  auf  mein  felbig 
choften  zuegericht  hab,  Namblich  dritthalb  Klaffter 
tieffer  als  die  eemalige  arbait  geweft  graben,  von 
grundt  auf  mit  woll  Prenten  Ziegl  drifaltig  auffgemaurt 
vnd  mit  fonderlichen  gueten  veft  Zeug  fo  das  waffer 
helt  verfehen,  oben  mit  werekftuckhen  verfetzt  vnd  den 
Krantz  daraufgemacht.  .  .  .335  a  aÄ  erhalten  zu  haben. 
Am  16.  December  1546".  Am  3.  December  1547  erhielt 
er  für  die  Arbeit  noch  weitere  70  U  /$. 

Die  Cifterne,  welche  heute  noch  beftcht,  ift  eines 
der  größten  Werke  diefer  Art.  In  einem  16  M.  tiefen 
und  ebenfo  weiten  in  Felfen  gefprengten  Keffel  be- 
finden fich  fünf  kuppeiförmig  überwölbte  Brunnen- 
fchachte  von  36  M.  Durchmeffer  und  ein  centraler 
von  23  M.  Durchmeffer,  von  rauh  bchauenen  Quadern 
aufgeführt.  Zwifchen  den  Schächten  befinden  fich  die 
fegmentförmigen,  mit  Kiefelfteinen  gefüllten  Filter- 
keffel.  Warum  De  Lalio  in  feiner  Rechnung  von  den 
Quaderfteinen  nicht  fpricht,  die  doch  zur  Durchficke- 
rung  des  Waffers  unumgänglich  nothwendig,  ift  merk- 
würdig. Vielleicht  find  die  Sickerfteine  nur  fchichten- 
weife  angeordnet  und  die  Hauptmaffe  des  Mauerwerks 
aus  Ziegeln  ausgeführt.  Das  von  den  Dachflächen  der 
Gebäude  in  die  Filterkeffel  zugeleitete  Regenwaffer 
wurde  dort  filtrirt,  fammelte  fich  in  großen  Maffen  und 
gelangte  vermöge  feines  eigenen  Druckes  durch  die 
Fugen  dir  rauh  behauenen  Steine  in  die  fünf  Brunnen, 
dann  in  den  mittleren,  von  wo  es  anfangs  durch  zwei 
Zieheimer,  fpäter  durch  zwei  Druckpumpen  gehoben 
wurde.  ' 

Außer  der  Cifterne  wurde  im  Jahre  1545  die  „neue 
Baftei"  begonnen,  für  welche  vom  1.  September  1544 
bis  14.  Juli  1545  2768  "u  verausgabt  wurden. i  Es  ift  dies 
offenbar  die  gegen  den  Bergabfall  ftark  vorfpringende 

1  siehe:  Hermann  v.  Chiolich-Lowenburgt  Anleitung  zum  Waflerbau 
II  Abtheilung,  wo  Seile  40  die  Cifterne  befchrieben  und  auf  den  Tafeln 
XVII  und  XVIII  abgebildet  ift.  Eine  genauere  Zeichnung  davon  aus  dein 
Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  befindet  fich  im  landfchaftlichcn  Bauamte 
zu  Gri 

:  Die  Zahlen  über  die  Rollen  der  einzelnen  Tauten  können  nicht  immer 
.uif  Vollftändigkeit  Anfpruch  machen.  Wir  glaubten  fic  in  befonders  klai 
gefprochenen  Fällen  und  dann,  wenn  fic  den  Ausgabenbüchern  entnommen 
werden  konnten,  dennoch  angeben  zu  follen,  weil  fic  mit  dazu  beitragen,  uns 
eiii  Bild  über  Umfang  und  Größe  der  Bauten  zu  verfchaffen.  In  einigen  Fällen 
geben  wir  auch  die  Preife  beftimmter  Objecie  (Lohne,  Baumaterialien  etc.) 
an,  da  lic  einen  Maßftab  für  die  focialcn  und  wirthfehaftlichen  Verhältniili 
jener  Zeit  geben.  lJic  Bauten  wurden,  wie  man  heute  zu  Tagen  pflegt,  in  eigener 
Regie  der  fteirifchen  Laudftände  geführt.  Letztere  Hellten  die  Materialien: 
Steine,  Ziegel  (diefelben  wurden  anfangs  im  Ziegelftadel  vor  dem  Paulus-Thor, 
fpäter  in  „Sr.  röm,  k.  Maj.  Ziegelftadel  zu  Waltendorf  gebrannt"),  Kalk  und 
Sand  bei,    und    zahlten    die    Bauauffcher,    Taglohner,    Zimmerleute,    Schmiede 

XIII.  N.  F. 


Baftion,  welche  den  Namen  „Stall"  führte,  im  Plane1 
mit  1  bezeichnet.  De  Lalio  baute  hier  auf  alten  Funda- 
menten. Denn  die  20  M.  hohe  Flankenmauer  der  Baftei 
zeigt  unten  eine  fpitzbogige  Thür  aus  dem  14.  oder 
15.   Jahrhundert    als    Aus]  unkt  eines   von   oben 

herab  fuhrenden  unterirdifchen  Gange--.  Ueber  diefe 
Thüröffnung  hat  Dr.  Hödl,  welcher  zu  Anfang  unferes 
Jahrhunderts  diefe  Partie  der  aufgelaffeilcn  Feftung 
fammt  dem  daranftoßenden  Weingarten  in  Pacht  hatte, 
jenes  phantaftifche  Portal,  halb  dorifch  halb  agyptifch, 
aus  gelbem  Sandftein  errichten  laffen,  welches  fo  fon- 
derbar  mit  den  übrigen  Bauten  eontraftirt.  De  Lalio  's 
Arbeit  beftand  demnach  hier  in  einer  Erhöhung  der 
alten  Subftruclionen. 

Dafs  dem  neuen  Befeftigungsplane  alte  beftehende 
Werke  weichen  mußten,  verlieht  fich  wohl  von  felbft. 
So  finden  wir,  dafs  Meifter  Domenico  am  15.  Juni  1545 
den  Steinmetz  und  Bürger  von  Grätz,  Meifter  Wolfgang 
Pirfchacher  andingte,  um  den  „alten,  hohen  Gefänck- 
nung  Thurn"  abzubrechen,  wofür  26  Li 
gezahlt  wurden. 

In  diefem  Jahre  bauten  Meifter  Mar- 
tin,   „Maurer  und   röm.  k.  paumeifter  des 
SchloffesRain"  (Rann),  und  Meifter  Valen- 
tin de  Troyan  als  Steinhauer  am  Schlöffe  Siegel  Jes  Mei 
Rann.2 


flers  Martin. 


Baujahr  154.6. 

Im  Jahre  1546  wurde  der  Cifternenbau  vollendet 
und  an  der  neuen  Baftei  fortgearbeitet.  Im  Stadtgraljen 
wurden  zur  Erweiterung  desfelben  Steine  gefprengt; 
da  diefelben  auf  dem  „Grillpichl"3  hinab  geführt  wurden, 
fo  dürfte  der  Stadtgraben  in  der  Nähe  der  Burg  oder 
zwifchen  diefer  und  dem  Paulus-Thor  zu  verftehen  fein. 
Meifter  De  Lalio  erhielt  für  feine  Arbeit  998  «. 

In  diefem  Jahre  wurde  unter  Domenico  de  Lalios 
Leitung  die  Neubefeftigung  von  Radkersburg  in  Angriff 
genommen  und  zunächft  mit  Erweiterung  des  alten 
Stadtgrabens  begonnen.*  In  Rann  arbeiten  Meifter 
Martin  und  Valentin  de  Troyan. 

Baujahr  154J. 

Im  Jahre  1547  wurde  „die  große  Mauer  von  (lei- 
nenen Baftei  abwärts  gegen  die  Gußhütte0  (im  Sack) 
ausgeführt,  wobei  Valentin  Karner  als  Bauauffcher 
fungirte.  Ausgabe  hiefür  5460  it.  (Ausgabenbuch.) 

In  Radkersburg  baut  Meifter  Andre  Grien  an  der 
„oberen  Baftei".5 


etc.  Bei  De  Lalio'l  Rechnungen  find  daher  außer'  einem  eigenen  Verdicnft 
die  Koften  der  von  ihm  beigeftelltcn  und  unterhaltenen  Maurergehilren  inbe- 
griffen. Kr  lieferte  alfo  das  Mauerwerk  ,,aufs  Abmeffcn  nach  der  Klafter,  fo 
wie  es  in  Steyr  die  Herrn  Verordneten  und  all  anderen  vernünftigen  pauherm 
machen",  wie  es  in  einer  Bauiechming  gelegentlich  heißt. 

1  Von  allen  Planen,  welche  wir  von  der  Stadt  und  Feftung  Gratz  auf- 
treiben konnten,  ift  derjenige  der  alterte,  welcher  in  einem  Codex  der  k.  k. 
Hofbibliothek  {Chmel,  Handfchriften  der  k.  k.  Hof bibliothek,  Kr.  CLX)  be- 
titelt: Pläne  und  Situations-Zeichnungen  der  Stadt  Grätz,  enthalten  ift.  l)cr- 
felbc  gibt,  da  zwifchen  der  Vollendung  der  Bcfcftigung  und  der  Entftchungs- 
zeit  des  Planes  1657,  nichts  wefentliches  verändert  wurde,  ein  ziemlich  ver- 
laßliches Bild  der  Bauten  De  Lalio's  und  feiner  unmittelbaren  Nachfolger, 
Der  Plan,  den  wir  in  der  beigegebenen  Tafel  nach  dem  Originale  reproducirt 
geben,  enthalt  Schrift  und  Bezeichnung,  wie  das  Original,  nur  haben  wir 
zur    Pixirung    der  fucceffive  entftchenden  Bauten   noch  Ziffern  beigefügt. 

-    Wir  fügen    am    Ende    jedes    Baujahres   eine  kurze  Angabe    Jen) 
feftigungsbauten  bei,  welche  die  Landfchaft  aufscr  Grätz  ausführte,  und    ,-w.ir 
in     Marburg,   Pettau,  Radkersburg,    Fürftenfcld,    Rann    und    den    kroatifchen 
Orten  :  Warasdin,    Kreuz    und    Copreinitz,    welche    als    Punkte  der  _windifch 
crobatifchen  Gränzc"  ebenfalls  von  den  fteirifchen    Ständen    befeftigt  wurden. 

J  Die   Gegend  bei  der  heutigen  Normalfchul-Gaffe. 

*    L.   A.   Acten    Nr.    1260  und    1 

5  L.  A.  Acten  Nr.   1243  und  1 


cc 


Baujahre  ijjS  l 

Im  Jahre  154S  wurde  die  Baftei  am  Grillpicht '  be- 
gonnen. Die  ausgeführte  Arbeit,  wofür  De  Lalio  1S40  u 
erhielt,  wurde  im  Beifein  des  Meiflers  vom  Bürger- 
meifter  Marchart  abgemeffen.  Wieder  mußte  ein  altes 
Object  der  neuen  Befestigung  weichen.  Die  Maurer 
Citri ftoph  und  Johann  Hans  „beede  von  Kummerfee" 
,0  di  Como)  übernahmen  es,  gegen  Entlohnung  von 
40  ti  den  „alten  hohen  Thurm  neben  dem  Karten* 
abzubrechen  (Rechnung  vom  23.  December  154S  . 

In  diefem  Jahre  beginnt  ein  neues  technifch  höchft 
intereffantes  Unternehmen,  den  Schloßberg  mit  Waffer 
zu  verforgen.  Mochte  die  Cifterne  nicht  genügend 
Waffer  liefern,  was  in  trockenen  Sommern  jedenfalls 
zutreffen  mußte,  oder  wollte  man  an  einem  tiefer 
liegenden  Punkt,  vielleicht  auf  der  halben  Hohe  des 
Berges  Waffer  befchaffen,  kurz  es  wurde  der  Brunnen- 
meifter  Wenzel  von  Ponnifchilz  aus  Böhmen  berufen, 
um  das  „Muerwaffer  in  eifnen  Röhren  in  das  königl. 
Haubtfchloß  Grätz  zuführen-.  Meifter  Wenzel, welcher 
mit  zwei  Gehilfen  aus  Böhmen  kam,  begann  feine 
Arbeit  am  Montag  den  2.  September  1548  und  führte 
fie  in  nicht  ganz  zwei  Jahren  zu  Ende.  Soviel  man  aus 
den  Baurechnungen  entnehmen  kann,  beftand  das 
Werk  darin,  dafs  außerhalb  des  Sackthores  eine  Wehre 
über  die  Mur  gebaut,  das  Waffer  alfo  geflaut  wurde, 
um  das  Gefalle  für  ein  Wafferrad  zu  erlangen.  An  der 
Wehre  wurde  ein  Brunnenhaus  errichtet,  in  welchem 
außer  dem  Wafferrade  die  Mafchine  ihren  Platz  fand, 
die  das  Waffer  hob  und  in  eifernen  Röhren  auf  den 
Schloßberg  führte. 

Wir  flehen  da  vor  einer  höchft  intereffanten  tech- 
nifchen  Leiftung.  Nach  Rühlmann1  wurden  Pumpen 
zur  Hebung  des  Waffers  im  Bergbau  zuerft  im  böhmifch- 
fächfifchen  Erzgebirge  verwendet  und  Pumpwerke  mit 
Stangenkünften  follen  zuerft  1550  in  Joachimsthal  in 
Anwendung  gekommen  fein.3  Dafs  die  Joachimsthaler 
Werke  fogenannte  Druckwerke  waren,  ähnlich  dem 
Ktefibifchen,  welches  von  Vitruv  im  X.  Bande  Cap.  7 
befchrieben  wird,  ift  außer  Zweifel  und  dafs  auch  unfer 
Grätzer  Wafferwerk  auf  demfelben  Principe  beruhte, 
wird  aus  dem  fpäter  anzuführenden  Detail  der  Bau- 
rechnungen klar  werden.  Die  Feftung  Grätz  genießt 
demnach  die  Auszeichnung,  im  felben  Jahre  (1550)  ein 
großartig  angelegtes  Pumpwerk  zur  Wafferverforgung 
befeffen  zu  haben,  in  welchem  in  Joachimsthal,  dem 
Sitze  der  Erfindung  (refpeclive  Wiederaufnahme  der 
alten  griechifchen),  das  erfte  derlei  Werk  zu  Stande 
kam.  Wenzel  von  Ponnifchitz  erhielt  am  2.  September 
1548  50  ti  Abfchlagszahlung  auf  die  für  die  Arbeit  aus- 
gedungene Summe  von  350  ti.  Wir  befitzen  leider  in 
den  Acten  weder  eine  Befchreibung,  gefchweige  denn 
eine  Abbildung  der  Mafchine  und  find  genöthigt,  uns 
diefelbe  aus  einzelnen  Schlagworten  der  Wochenliften 
zu  reconftruiren.  Dafs  das  Ganze  aus  einer  Grundwehre 
und  Wafferrad    in    der   Mur    und    einem  Ktefibifchen 


1  Diefelbe  erhielt  fpäter  den  Namen:  DietrichAein-Baftei. 

:  \>t.  Moriix  Kuhiniann,  Allgemeine  Mafchinenlehre,  IV.  Bd.,  S.  568. 
-  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  war  überhaupt  die  Zeit  der  Eifindung 
von  Wafferhebmafchinen.  So  ermahnt  Muchar  in  feiner  Gefchichte  des  Herzog- 
thums  Steiermark,  VIII.  Bd.,  S.  513,  zwei  Erfinder:  Hans  Peckhtr  und  Thomas 
Jaru/ch,  k.  BüchfengieCer  auf  dem  PragerfchlofTe,  welche  1551  Privilegium- 
Briefe  erhielten  auf  Mafchinen  zur  Hebung  des  Waffers,  zur  .Leitung  und 
Kührune  der  WalTer  in  hohe  und  niedere  Städte,  Flecken,  Schloffcr  und 
Vcftcn'v 


Druckwerk   beftanden.  mögen    folgende  Auszüge    aus 
den  Wochenliften  des  Baufchreibers  beweifen: 

1548.  Eichenholz  gefallt  zu  dem  „Karten  darein  der 
Pley  :h  flehen  wirdt.- 

1549.  Wafferftube  gebaut.  „22  Eifenröhr  von  V 
nach  Griitz  zu  der  Wafferarbait  gcfüert." 

.    Woch.    L.   Nr.    J2  2  Fueder  Achen  Oetter 
Ruetcn  zu  der  Wuer. 

Woch  L.  Nr.  12.  Eichen  Xägel  zur"  uerfahung  der 
eifen  Ror.  —  Eichenftämme  befchlagen  und  ins  WalTer 
zur  Machung  einer  wuer  gefchlagen.  —  Lerchenholz 
zur  Bolrterung  der  eilen  Ror.  Gewölb  worin  die  Rör 
liegen  werden.  —  Lerchen  Bolfter  nach  dem  Perg 
hinauf  zogen. 

Woch.  L.  Xr.  17.  58  eifen  Ror  von  Voitsberg  ge- 
holt. Fuhrleute.  Dem  Meirter  Georg  Treiber  Huffchmied 
in  Waltenftein  für  123  eifen  Rör  zu  22  Ct.  18  SC  i;; 
6ß. 

Woch.  L.  Xr.  19.  Gallen  Beham,1  den  der  Herr 
Landes  Hauptmann  den  28.  marzi  mit  einen  fchreiben 
nach  maifter  Wentzlarn  Prunnmairter  in  Beham  abge- 
fertigt zu  Zerung  geben  2  it.  —  43  Ct.  14  ti  Pley  zu 
Gießung  der  Starkhen  vnd  der  Kurtzen  Pleyen  Rom 
zu  erhebung  des  Murwaffers  in  das  Sloß  per  Ct.  2  P 
6  ,5.  —  Steffen  Ledrer  zu  Grätz  umb  ain  gearbeite 
Oxenhaut  zu  machung  der  Päufch  in  die  Kupfern  Rör 
1  ti  7  ß. 

\\  och.  L.  Xr.  21.  Dem  Jörg  Treiber  für  12  eifen 
Rör  zu  4  Ct.  62  ti  19  ti  tfl  4  ß  25 

Woch.  L.  Nr.  22.  1  ti  Klafchmalz'  zu  Schmirung 
der  Scheiben  an  dem  Wellpaumb  Im  Wafferhaufs  20  sA. 

Woch.  L.  Xr.  29.  Schlofferarbeit:  Schrauffen  an 
die  ain  Eifen  Stangen  zum  Stempl. ' 

Woch.  L.  Nr.  34.  Hänfen  Kamerlacher  Lederer 
zu  Grätz  umb  ain  gearbeite  Oxenhaut  zu  Peufchen  an 
die  rtempfen  zu  den  Prunn,  2  ti. 

Woch.  L.  Xr.  43.  Wuerarbait.  Puechen  Stöckhen 
zu  der  Wuer  gefchlagen,  auch  mit  Graffach  (Rcifig) 
angelegt  vnd  mit  Stain  niedergefchwärt.  —  20  Fueder 
feuchen  Graffach. 

Woch.  L.  Xr.  44.  12  Scheffel  klaubte  Grießftain 
zur  Schwärung  der  Wuer. 

Die  Technik  des  Werkes  läßt  fich  nach  diefen  An- 
gaben nothdürftig  zufammenftellen.  Das  Wafferrad 
trieb  zwei  Geftänge,  die  abwechfelnd  auf-  und  nieder- 
gehend die  Kolbenftangen  der  Pumpen  bildeten.  Die 
Kolben  felbft,  wahrfcheinlich  aus  Holz,  waren  mit 
Ochfenhäuten  geliedert  (Paufchen  genannt),  eine  Con- 
ftruetion,  die  heute  noch  hie  und  da  bei  bäuerlichen 
Werken  in  Uebung  ift.  Jedes  der  kupfernen  Kolben- 
rohre ftand  mit  einem  fogenannten  Windkeffel  durch 
je  ein  Kropfrohr  in  Verbindung  und  das  Waffer  wurde 
theils  durch  den  Druck  der  Kolben,  theils  durch  die 
im  Windkeffel  comprimirte  Luft  gehoben.*  Wo  aber 
am  Schloßberge  die  eifernen  Röhren  mündeten,  wo 
das  Ausfluß-Refervoir  angebracht  war,  darüber  ift  aus 
den  Acten  nichts  zu  entnehmen. 

Ucber  die  Vollendung  des  Werkes  und  die  Aus- 
zahlung der  bedungenen  Summe  liegt  folgender 
Schein  vor: 

1  Die  beiden  Gehilfen,  welche  Meifter  Wenzel  von  Böhmen  mitbrachte, 
hießt  n  Gallus  und  Georg  Beham. 
:   Klauenfett. 

*  Daraus  ift  zu  fchließen,  dafs,  wie  beim  Ktefibifchen  Druckwerk,  zwei 
Stangen  vorhanden  waren. 

*  Abbildung  a    a.  O.  bei  KüUmann. 


CGI 


Wenzl  von  Ponifchitz  bekennt,  dafs  er  von  den 
350  «,  wovon  er  50  it  den  16.  September  1548  vnd  114  ü 
4  (3  8   ^  den  26.  November  1549  Abfchlag  bekommen, 

erhalten.  Item   mein  Khnecht 


162   it  1   ,3 


heute 

Gregorn,  der  mir  beruerte  Wafferarbeit  hat  helffen 
machen  vnd  verrichten  Ain  ausftendig  befoldung  18 
tagwerch  pr  12  >v  mer  Ime  zu  ainen  Trinckgelt  Zwen 
Taller  vnd  noch  Jörgen  Beham  mein  Khnecht  der 
fünft"  wochenlang  das  wafferwerch  dasfelb  fertig  geweft 
gewart  vnd  darauf  gefehen  yede  wochen  ain  Phunt 
Phening,  welche  hieuorgemelt  Pollen  in  ainer  Summa 
bringen  173  U  16  ß  Zu  mein  vnd  meiner  Khnecht 
Händen  par  vnd  berait  aufgerichtet  vnd  bezallt  hat. 
Zu  noch  mehreren  Glauben  hab  ich  mit  Fleiß  erbeten 
den  erfamen  vnd  weifen  Philipp  Eftermann  Burger  zu 
Grätz  dafs  er  auch  fein  Petfchaft  vnd  Handfchrift 
beifetze. 

Grätz,  23.  Juni  1550. 

Unterfertigt  ift  blos  Eftermann;  Port- 
nifchitz  druckte  fein  Siegel  bei,  welches, 
wie  es  nach  dem  etwas  unklaren  Abdruck 
erfcheint,  zwei  gekreuzte  Ruder  im  Felde 
führt,  wodurch  der  Waffermeifter  charak- 
Siegel  des  Mei-  terifirt  ift. 

fters  Wenzl.  Wa  ,  difi  eigentlichen  Feftungsbauten 

in  diefen  drei  Jahren  betrifft,  fo  wurde  im  Jahre  1548 
die  Bailei  am  Grillpichl  vollendet,  ferner  ließ  der 
Landeshauptmann  Freiherr  von  Ungnad  im  Schloße 
eine  Roß-  und  eine  Handmühle  errichten. '  Gefammt- 
ausgabe  auf  das  Schloß  inclufive  der  Wafferarbeiten 
5460  it. 

Vom  Landtage  war  bewilligt  auf  das  Schloß  7000, 
auf  die  Stadtbefeftigung  5000  (f, i  diefelben  Summen 
für  1549,  in  welchem  Jahre  die  „neue  Baftei''  fortge- 
fetzt wurde,  wofür  De  Lalio  1434  it  erhielt.  Im  Jahre 
1550  wurde  die  Baftei  „neben  den  alten  abgebrochenen 
Thurn  herfür  auf  den  Felfen  gegen  der  Statt  wertz" 
gebaut,3  ferner  die  Mauer,  fo  von  dem  alten  vier- 
eckigen Thurm,  der  neben  der  Capelle  fteht,  herab 
bis  zu  der  neuen  Baftei  geht,  42  Klafter  lang,  das 
\\  äffe rh aus  vor  dem  Sackthor  fertig  geftellt  und  ein 
gewölbter  Gang,  der  vom  Wafferhaus  unter  der  Straße 
und  Planke  in  den  Thiergarten  geht  (unterirdifche 
WafTerleitung).  Verdienen  des  De  Lalio  in  den  Jahren 

1549  und  1550  außer  feiner  Monatsbefoldung  3086  u. 
Vom  Landtage  waren  für  1550  die  Poften  6000  und 
4000  (t  bewilligt,  *  nach  dem  „Ausgabenbuche"  wurden 

1550  für  das  Schloß  3781  it  ausgegeben. 

Auswärts   wird  in  allen   drei  Jahren   in  Radkers- 
burg  gebaut;  in  Marburg  baut  1549  der  Meifter  Peru- 
hart,  „röm.    k.  Maurer".  Im  felben  Jahre 
beginnt  ebenfalls  unter  De  Lalio's  Leitung 
die    Befestigung    von    Pettau.    Domenico 
inftallirte    dafelbft    feinen    Bruder    Gian- 
maria,  auch    Zuan  oder    Hans    de   Lalio 
Siegeldes  Mei-  genannt.    Dafs    Zuan  ein  Bruder  des  Do- 
tters Pernhart.  menico  war,   beweift   folgender  Wortlaut 
einer  Urkunde:  „Hans  Domenico  bekenne 

1   Gedenkbuch   1548.  fo!.   41. 

:  Muchar,  a.  a.   O.   VIII.  S.  50a. 

•  Da  in  den  Baurechnungen  mit  dem  Worte  -Baftei-  nicht  immer  die 
eigentliche  Baftion,  fondern  auch  gelegentlich  die  Mauer  zwifchen  den  Baftionen, 
die  Courtine  verftanden  ift.  wie  die  oft  vorkommenden  Worle  -lange  Baftei-, 
-lange  Baftcimauer'*  genugfam  beweifen,  fo  bleibt  die  lopügraphilchc  Bcftim- 
mung  diefes  und  fo  mancher  anderer  Objecle  unficher. 

1  Muchar,  a.  a.  O.  VIII,  S.  505. 


mich  vnd  anftatt  meines  pruedern  Domenico  de  Lalio 
r.  k.  Baumeifter,  dafs  ich  an  der  Baftei  zu  Pettau  <  b 
Im  Jahre  1550  beginnt  De  Lalio   die  Bef  von 

Marburg,  wo  ebenfalls  Hans  de  Lalio  und  als  .Stein- 
metz yacopo  Paracet  befi  ift.  Derfelbe  arbeitet 
auch  in  Pettau.1  Bei  ehr  ßefeftigung  von  Warasdin  ilt 
1550  Antonio  de  la  Porta  de  Riva  auch  Reiff  genannt 
Baumeifter,  Hans  de  Lalio  AufTeher. 

Baujahr  ijjf. 

Im  Jahre  1551  wurde  wieder  ein  Modell  der  Hauten 
am  Schloße  und  der  Burg  angefertigt  und  durch  eine 
eigene  Gefandtfchaft  nach  Wien  gefendet,  um  dem 
Kailer  die  dringende  Nothwendigkeit  des  Weiterbaues) 
zu  beweifen,  da  „das  Hauptfchloß  und  die  Stadt  noch 
offen  daliegen".  Der  Maler  Cefario  Pambstl  machte 
die  Aufnahme  (Vifirung)  nach  der  Natur,  Tifchler  Leon- 
hart Lorenz  führte  die  Modelle  in  Holz  aus.  Erfterer 
fagt  in  feiner  Rechnung  vom  März  1551 :  „Ich  Cäfarius 
Pambstl  Maller  vnd  Bürger  zu  Griitz  bekhenne,  Als 
ich  zu  den  Model  vnd  Vifier  des  haubtfehloß  vnd  Statt 
Grätz  die  Refier  vnd  umbliegenden  Heufer  bemelter 
Stat  vnd  Schloß  der  kh.  Maj.  zuefchikhen  abconterfedt 
hab,"  3  it  4  ,3  erhalten  zu  haben.  Tifchler  Lorenz  er- 
hielt für  die  Anfertigung  der  Modelle,  „welche  der 
Herr  Landeshauptmann  gen  Wien  fuern  vnd  fiirpringen 
laffen",  70  it.  Der  Schloffer  Sebaflian  Mittermaier 
fertigte  zwei  Truhen  für  die  Modelle,  fammt  Bandein 
und  Narben  um  1  it  2  ,3.  Der  Kaifer  bewilligte  auf  das 
Anfuchen  um  je  8000  n.  für  Schloß  und  Stadt,  je 
4000  fl.  mit  der  Motivirung,  dafs  er  nicht  mehr  Geld 
habe.  An  Bauten  wurden  ausgeführt:  Mauern  und  Ge- 
wölbe im  Inneren  des  Schloffes,  Seitenmauern  gegen 
den  Thiergarten,  die  Mauern  mit  dem  Thor  gegen  den 
Graben,  die  lange  Mauer  beim  unteren  Schloßthor  und 
die  Katze  (Cavalier)  am  Grillpichl.  De  Lalio  erhielt 
feinerfeits  1402  it,  für  den  „Schloßzug"  wurden  von 
der  verwitweten  Gräfin  Anna  von  Windifchgrätz  vier 
Pferde  um  den  Betrag  von  240  d  gekauft. 

An  den  Befestigungen  von  Radkersburg,  Marburg 
und  Pettau  wird  fortgearbeitet.  In  Radkersburg  wird 
die  Mauer  „erhebt  vnd  verbeffert,  fo  durch  die  Prunft 
von  vntern  thor  bis  Zum  Clofterthurn  In  verderben 
kummen  ift".2  In  Pettau  ift  aufser  Hans  de  Lalio 
Jacomo  Paracca,  „servitore  de  magistro  domenico  de 
Lalio",  fowohl  1550  als  1551  thätig.  In  Marburg  arbeiten 
Andrea  de  Lalio  ..des  Domenico  Bruder"  und  Valentin 
de  Treveno  (auch  Baihain  von  Treffen  und  Vallchan 
zu  Trüben  genannt)  aus  Lugano,  an  der  „neuen  Baftei 
vor  unferer  Frauen  Thor".3  Nach  diefen  verfchiedenen 
Schreibarten  des  Namens  find  wir  auch  berech: 
ihn  mit  dem  1546  in  Rann  thätigen  Valentin  de  Trojan 
indentifch  zu  halten.  Wie  wir  fpater  fehen  werden,  ift 
Lugano  wahrfcheinlich  auch  die  Heimat  De  Lalio's. 
Der  Meifter  müßte  kein  Italiener  gewefen  fein,  wenn 
er  nicht  feine  gewaltige  Stellung  als  „röm.  k.  Ober- 
baumeifter  der  fünf  inneröfterreichifchen  Länder"  dazu 
au-genutzt  hätte,  feine  Landsleute  zu  den  einträglich- 
ften  Baumeifterftellen  herbei  zu  ziehen.  Er  hat  von 
diefer  patriotifchen  Pflicht  reichlich  Gebrauch  ge- 
macht.  Zuerft  fehen  wir  Meifter  Valentin  de  Treveno 


1   L.  A.  A<5tcn   Nr.   1257. 

:  Acten  der  Landfchaft  Nr.   1226. 

:  A&en  der  Landfchaft  Nr.   1224. 


CCII 


aus  Lugano  kommen,  dann  eine  Gruppe  von  Bau- 
meistern aus  der  Gegend  des  Comcr  Sees  und  fo  tort, 
bis  endlich  die  ganze  Steiermark  voll  von  italienifchen 
Baumeistern,    FeStur.  nieuren,    Bildhauern    und 

Malern  war.  Bei  diefen,  welche  entweder  KünStler 
waren  oder  ein  Metier  hatten,  das  mit  der  KunSt  im 
innigen  Zufammenhange  fleht,  läßt  lieh  deren  Er- 
fcheinen  auf  deutfehem  Boden  durch  die  Macht  der 
Kenaiffance  erklären,  welche  mit  unwiderstehlicher 
Gewalt  von  Süden  nach  dem  Norden  drang.  Aber  es 
kamen  nicht  nur  Baumeister  und  KunfHer  aller  Art  aus 
Italien,  die  hochentwickelte  Cultur  diefes  Landes  über- 
fluthete  die  angränzenden  Länder,  zu  denen  in  erSter 
Linie  Inner-Oefterreich  und  Tyrol  gehörten,  auch  mit 
Geld-  und  Geschäftsmännern,  mit  Medicinern,  Apothe- 
kern, Hofcaplänen,  Hofmeistern,  Secretärs  und  Edel- 
knaben für  die  Prinzen,  mit  Köchen,  Thiergärtnern, 
Falknern,  TanzmeiStern,  Projectenmachern  und  Aben- 
teurern aller  Art.  Diefe  italienifche  Invafion  in  Steier- 
mark und  die  „VerwelSchung"  des  fteirifchen  Hofes  hat 
ath  Zahn  in  einer  Abhandlung:  „WelSche 
Gälte"  betitelt  Literarische  Beilage  der  Wiener  Mon- 
Revue  20.  November  1882  und  ff.)  vortrefflich 
gefchildert. 

Baujahr  fjj2. 

Im  Jahre  1552  wurde  ausgeführt:  >die  lange  Mauer 
auf  der  neuen  unteren  BaStei,  wo  das  Wappen"  (das 
Wappen  aus  SandStein  gemeißelt,  26  M.  hoch,  den 
einköpfigen  Adler  Kaifer  Eerdinands  I.  darftellend,  ift 
heute  noch  erhalten  und  lehnt  an  der  Außenfeite  des 
Uhrthunnes),  die  Mauer,  welche  vom  unteren  neuen 
Schloßthor  (dem  zweiten  Feftungsthor)  anfängt  und 
gegen  den  Thiergarten  geht  2  im  Plane),  das  Thor- 
häusl,  das  Backhaus  etc.,  fämmtlich  Arbeiten  im 
Schloße;  dann  die  „BaStei  bei  dem  Reckthurm  gegen 
des  Hrn  Adler  Muhl".1  Verdienen  des  De  Lalio  1418  u, 
des  Steinhauers  Moltfchan  (Molciano)  579  u.  Gefammt- 
auslagen  8680  tt  Rechenbuch).  Außerdem  reftaurirte 
De  Lalio  rdie  k.  gemecher  vnd  Zimmer  im  Landhaus" 
um  166  Ü  gelegentlich  der  bevorstehenden  Ankunft 
des  Kaifers  in  Grätz. 

In  Marburg  arbeiten  Andrea  de  Lalio  und  Valen- 
tin '•.  Treveno  an  der  Baftei. 

Baujahre  ijjj  und  j  - 

Im  Jahre  1553  wurden  900  Cubik-Klafter  Mauer- 
werk gearbeitet,  die  Thätigkeit  dann  rder  Sterbe- 
läufte  halber-  Peft   eingeteilt. Gefammtauslage  4080/7' 

Rechenbuch).  Im  Jahre  1554  wurde  die  im  Vorjahre 
unterbrochene  Arbeit  fortgefetzt  und  zwar:  Verlän- 
gerung der  Mauer  von  1552,  ein  Stück  gegen  den  Thier- 
garten, Hirnmauer  dafclbSt,  Mauer  an  der  „Gaffamäda" 

Cafematte  gegen  den  Platz  mit  Thüren  und  Schieß- 
lucken, Gewölbe  etc.  Ferner  wurde  die  „Baftei  gegen 
die  Adlermühle  fortgefetzt". 

Im  Jahre  1554  beginnt  das  dritte  große  Unter- 
nehmen, um  das  Schloß  mit  Waffer  zu  verforgen, 
nämlich  die  Abteufung  eines  Brunnens  zum  Grund- 
waffer    der   Mur.  Es   ift    der   Bau    des    94    M.    tiefen 

le  unter  der  Murbrücke,  in  der  Gegend  der  fpäteren  Carmeliter- 
I'.jftci.  Die  Mühle  wurde  1459  von  Ferd.  Schmelzer  erbaut  und  mit  verfchie- 
denen  Privilegien  ausgestattet.  1506  gehörte  fie  einem  gewiflen  Ernau,  von 
welchem  fie  Herr  Adler  erwarb.  1574  befaß  fie  Georg  Seyfried  v.  Trübc 
Landes  Vicedomb,  welcher  fie  von  Adler  um  5000  fl.  erkauft  hatte;  in  dem- 
fclben  Jahre  wurde  fie  der  Erweiterung  der   Siadlbefcftigung  wegen  dcmolirt. 


Brunnens,  welcher  heute  den  Namen  „Türkenbruiv 
fuhrt,  da  die  Tradition  ihn  von  türkifchen  Gefangenen 
in   Eelfen   Sprengen   läßt.  Da-  Pumpwerk   des  Wenzel 
von  Ponnifchitz  Scheint    fich   auf  die  Dauer   nicht    be- 
wahrt  zu    haben.  Es   wurde   im  Juni    1550   fertig,    und 
fchon  im  September  und  October  desfelben  Jahres 
es  eine  Reparatur  an  der  Wehre;  eine  Solche  wieder- 
holt Sich  1554.  Ob  nun  die  Wehre  ihren  DienSt  verfa 
oder  die  Mafchine,  oder  ob  man  die  beständigen  R 
raturen  für  zu  koltSpielig  erachtete,  die  Thatfache  fleht 
feft,  dafs  nach    155S    die  Acten  keine  Erwähnung   von 
dem  Werke  mehr  machen,  fo    dafs   deffen  Aufladung 
um  diefe  Zeit  anzunehmen  ift.  De  Lalio  ging  alfo  daran, 
dem  Schloße  Sicheres  Trinkwaffer  zu  verfchaSfen,  und 
dazu  war  der  einzig  richtige  Weg  die  Abteufung  eines 
Brunnens  von  einem  der  tiefften  Plateaus  des  Schloßes, 
d.  h.  von  einem  Punkte  der   nach  Späterer  Benennung) 
„unteren  Feftung". 

Am  9.  April  wurde  die  Arbeit  begonnen.  Vier 
Bergknappen  waren  mit  der  Felfenfprengung  beschäf- 
tigt, Sieben  Taglöhner  in  den  WochenliSten  find  die 
Namen  aller  Arbeiter  erhalten;  es  find  durch\ 
Deutlche  Schafften  das  Material  fort.  Am  23.  April 
wurden  zur  Hebung  des  letzteren  zwei  Hafpel  aufge- 
stellt. Am  25.  April  kamen  zu  den  deutschen  Hand- 
langern noch  fieben  Gefangene,  ebenfalls  Deutfche, 
hinzu.  Vom  7.  Mai  an  leisteten  acht  gefangene  Deutfche 
und  acht  Marteloten  (gefangene  Türken)  Handlanger- 
DienSte.  Die  Zahlen  wechfeln  in  den  verschiedenen 
Wochen,  doch  fo,  dafs  nie  mehr  als  zehn  Türken  und 
immer  auch  deutfche  Gefangene  arbeiten.  Das  eigent- 
liche Graben  des  Brunnens,  die  FelSenSprengung  aber 
beSorgten  nur  deutfche  Bergleute,  fo  daSs  von  einer 
Grabung  des  Brunnens  durch  Türkenhand  keine  Rede 
fein  kann.  So  wie  fich  die  _Cyclopenarbeit  der  türki- 
fchen Sklaven-  auf  das  Simple  Handlangern  einiger 
türkiScher  Gefangenen  reducirt,  fo  muß  auch  das 
romantifche  Märchen  von  den  Elephanten,  welche  das 
Baumaterial  auf  den  Schloßberg  fchleppten,  in  fich 
zerfallen.  Allerdings  wurde  anSangsunSeres  Jahrhunderts 
ein  Elephantenfchädel  im  Glockenthurme  des  Schloß- 
berges gezeigt  (er  befindet  fich  heute  im  Joanneum), 
aber  diefer  Schädel  mag  dem  Elephanten  einer 
wandernden  Menagerie  angehört  haben,  der  hier  in 
Grätz  fein  fchwindSüchtiges  Leben  befchloß,  jedenfalls 
hat  er  nicht  an  den  BefeStigungs-Arbeitcn  theilge- 
nommen.  Die  WochenliSten  der  Baurechnung  find  So 
detaillirt  gefuhrt,  dafs  jeder  Knecht,  jeder  Handlanger 
mit  Namen  angeführt  erScheint,  die  Ausgaben  für  den 
Schloßzug  mit  Angabe  der  Anzahl  der  Pferde  und 
deren  Erhaltungskoftcn  auf  den  Pfennig  verrechnet 
find;  nirgends,  weder  in  der  Strengen  Bauzeit  der 
Fünfziger -Jahre  noch  Später,  kommt  nur  ein  Wort 
von  einem  Elephanten  oder  deffen  ErhaltungskoSten 
vor.  Wir  müßen  daher  zu  unSerem  lebhaften  Bedauern 
die  Gefchichte  von  Grätz  um  ein  allerdings  Sehr  roman- 
tisches und  malerisches  Moment  berauben.  In  wirth- 
fchaftlicher  Beziehung  dürfte  zum  Schlußc  die  Angabe 
der  Löhne  und  Verpflegung  der  arbeitenden  Gefan- 
genen nicht  ohne  Intereffe  fein.  Die  deutfehen  Gefan- 
genen erhielten  per  Mann  und  Tag  \6  /A,  foviel  wie 
die  weiblichen  Taglöhner,  die  Türken  bekamen  keinen 
Lohn,  fondern  wurden  durch  einen  Maurer,  der  Rech- 
nung darüber  führte,  verktfftigt  und  zwar  bekam  jeder 


cciii 


Mann  täglich  um  i  kr.  Brot  und  wöchentlich  zweimal 
„kochten  Prein"  (Hirfebrei)  oder  Kraut.  Gelegentlich 
kommt  in  den  Wochenliften  auch  vor:  »Für  ain 
Oxengereb  (Gekröfe)  2  (3  8  /£.  oder  für  12  iT  l'leifch 
2  ß  6A" 

Der  Kaifer  bewilligte  für  das  Jahr  1554  3000  fi. 
an  die  Befeftigung  der  Stadt  Griitz  und  ebenfoviel  am 
Schloß  dafelbft  zu  verbauen.  '  Wirklich  ausgegeben 
wurden  für  die  Stadt  74S7  ff,  für  das  Schloß  2S42  ff.  * 

Auswärts  baut  De  Lalio  zu  Marburg,  Pettau  und 
Rann.  In  erfterer  Stadt  ill  Valentin  de  Treveno  thätig, 
in  Pettau  1554  Hans  de  Lalio,  in  Kann  erfcheint  Meifter 
Andrea  de  Lalio  von  1554  an  mit  16  ff  monatlich  als 
„beftellter  paumeifter  zu  Kein";  auch  Meifter  Martin, 
der  fchon  1545  vorkommt,  arbeitet  dafelbft  als  ,.rom.  k. 
Baumeifter".  In  Kreuz  endlich  baut  Meifter  Peter 
Ca  r  Ion. 

Baujahr  1555. 

Im  Jahre  1555  wird  die  „Baftei  im  Weingarten 
gegen  den  Sack'  (3  im  Plane),  das  Gemäuer  ..am 
Perglen",  rim  Stublen",  beim  neuen  Backhaus  und  im 
„Stall"  fortgefetzt.  De  Lalio  erhielt  dafür  1508  ff.  Die 
Brunnenarbeit  fchritt  rafch  vorwärts.  Man  mußte 
bereits  zu  ziemlicher  Tiefe  gelangt  fein,  fo  dafs  die 
Fortfcbaffung  des  gebrochenen  Steinmateriales  mittelft 
Hafpel  erfchwert  war.  Es  wurde  daher  vom  Schachte 
aus  ein  Stollen  gegen  den  Sack  gegraben  und  durch 
diefen  „die  Schutt  ausgefchieben''.  Anfangs  arbei- 
teten an  diefem  Ausfchieben  zehn  Türken  und  ein  ge- 
fangener Bauernknecht,  vom  17.  Februar  an  nur  mehr 
zwei  Türken.  Für  diefes  Baujahr  wurden  vom  Land- 
tage3 8000  fl.  für  das  Schloß  und  ebenfoviel  für  die 
Stadt  bewilligt.  Der  Kaifer  gewährt  ddo.  Augsburg 
5.  Februar  1555  De  Lalio  eine  Gehaltsaufbefferung  von 
20  auf  30  fl.  per  Monat.* 

Auswärts  wird  unter  De  Lalio's  Leitung  zu  Mar- 
burg, Pettau  und  Radkersburg  gebaut.  In  Pettau 
arbeitet  Hans  de  Lalio;  unter  den  Taglohnern  befin- 
den fich  dafelbft  gefangene  Türken  zwifchen  16  und  25 
an  der  Zahl,  die  Hans  de  Lalio  auf  Rechnung  ver- 
köftigt.5  In  Radkersburg  arbeitet  Meifter  Battißa  de 
Riva,  wahrfcheinlich  der  fpäter  unter  Battifta  dela 
Porta  de  Riva  vorkommende  Baumeifter,0  dann  Meifter 
Blafy  de  Weltelin,  als  Polier  De  Lalio's  ein  gewiffer 
Merth  (Mört)  und  Meifter  Antony  de  Rigifa  (Rigefs).7 
In  Kann  baut  Andrea  de  L.alio,  in  Copreinitz  Bau- 
meifter Bartolotneo  Viscardo8  in  Kreuz  Peter  Carlon; 
auch  in  Warasdin  wird  gearbeitet.  Der  Landtag  be- 
willigte für  fammtliche  Befeftigungen  37.000  fl. 

Baujahre  ijjö  und  ijjy. 

Im  Jahre  1556  wird  die  Baftei  im  Weingarten  fort- 
gefetzt und  die  Burgbaftei  mit  den  Cafematten  be- 
gonnen; 1557  die  „lange  Mauer,  fo  nach  dem  Thier- 
garten  hinaufgeht",  ausgeführt,  die  Burgbaftei  fortge- 
fetzt. Die  Ausgaben  waren  in  diefen  zwei  Baujahren 
fehr  bedeutende.  1556  finden  wir  6/7/  ff  für  das  Schloß, 


•  I.  ö.  K.  R.  A.  B.ind  16.  Blatt  1  =  1.  /•. 

:  L.  A.  Faso  41  22,  daraus  auch  die   Palen  bis  inclufive  1558. 

3  Siehe  Landtags-Verhandlungen  1555. 

nkbuch,  Blatt  106. 

4  L.  A.  Aclen  Nr.  1490. 
s  L.  A.  Aclen  Nr.  1229. 
7  I.  A.  Aitcn  Nr.  1229. 
e  Ausgabenbuch  1555. 


5958  ff  für  die  Stadt,  woran  der  Bürgermeiftcr  von 
Grätz  mit  1500  Fi  partieipirt.  Im  Jahre  1557:  6221  ff  für 
das  Schloß,  01,55  ''  *'ur  die  Stadt.  Der  Brunnenbau 
wird  in  beiden  Jahren   betrieben. 

Auswärts  bauen  im  Jahre  1556:  in  Radkersburg 
der  Polier'  Meifter  Antonio  de  Rigifo,  in  Marburg  an 
der  Baftei  bei  der  Burg  /  alentin  de  Treveno  und  Andrea 
de  Lalio,  in  Pettau  Hans  de  Lalio  und  Antonio  Spag- 
niol;  Antonio  de  J'iva  bricht  den  „alten  Thurnv'  ab.  In 
Kann  bauen  Meifter  Martin  und  Bartolotneo  Alrifo 
(Alriefs,  Albreifs),  in  Copreinitz  Bartolomeo  Viscardo, 
in  Kreuz  Peter  Carlon  mit  16  iL  Monatsgehalt.  Im  Jahi  > 
1557  baut  in  Radkersburg  Meifter  Hans  als  Polier  mit 
10  ff  monatlich,2  in  Marburg  .  Xndrea  de  Lalio,  in  Pettau 
Hans  de  Lalio,  endlich  in  luirftenfeld,  ebenfalls  unter 
der  Oberleitung  Domenico  de  Lalio's:  Baumeifter 
Bartolomeo  l  'iscardo.  Es  fcheint,  dafs  in  diefem  Jahre 
mit  der  Befeftigung  von  Fürftenfeld  begonnen  wurde. 
In  Kreuz,  für  welchen  Ort  wir  die  Oberleitung  Dome- 
nico's  nicht  nachweifen  können,  bauen  1556  Bartolomeo 
1  i'seardo  und  Peter  Carlon. 

Baujahr  ijj8. 

Am  11.  Jänner  1558  um  12  Uhr  mittags  wurde  im 
Brunnen  endlich  das  Grundwaffer  der  Mur  erreicht 
und  die  Feftung  war  für  immer  mit  Waffer  verforgt. 
Es  wurde  nun  Tag  und  Nacht  in  Rotten  zu  fechs 
Stunden  Schicht  gearbeitet.  Die  vier  Bergknappen, 
welche  das  erfehnte  Ziel  erreichten,  waren:  Cajpar 
Parcher,  Chrißoph  Eberl,  Chrißoph  Offerumb  und 
Miehel  Vifcker.  Sie  richteten  eine  Bittfchrift  an  die 
Landfchaft  folgenden  Inhaltes:  „Da  man  vns  ver- 
fprochen,  Wann  wir  den  Prunnen  Vollenden  vnd 
waffer  finden  oder  Erraichen  durch  vnferen  vleiß,  So 
will  man  vns  jeden  mitt  verpößerung  eines  ziemblichen 
Klaids  genedigklich  mitzutheilen  bedenkhen",  und 
bitten  alfo  um  diefe  Gnadengabe,  welche  fie  wohl  er- 
halten haben  werden. 

De  Lalio  legt  nun  feine  Rechnung,  wie  folgt: 

Erftlich   helt   der    gemauert  vnd   verfetzt    Stain- 

berg  von  den  hulzen  Kranz  der  Im  Waffer  liegt,  darauf 

der  gehaut   Stainberch   ftet   über   fich   bis  unter   den 

Hals  298  Werkfchuch,  in  der  Weit  im  Licht  gemeffen 

32  Schlich 1 506  ii 

Geding  des  De  Lalio 750    „ 

Stain  aus  Wildon 553  „ 

2809  ff. 

Es  koftete  alfo  diefe  Cyclopenarbeit  mit  Aus- 
fchluß  von  Sand  Kalk  und  Handlangerlohn  2S09  ii, 
eine  Summe,  welche  im  Verhältnis  der  damaligen  und 
jetzigen  Material-  und  Lebensmittelpreife  heute  bei 
28.OOO  fl.  repräfentirt.  Das  Wafler  wurde,  fo  wie  noch 
heute,  in  zwei  abwechfelnd  wirkenden  Eimern  mittelft 
eines  Goppels  heraufbefordert  und  die  Calamität  der 

'  Polier  oder  Palier  hatte  damals  eine  andere  Bedeutung,  als  heute,  l'ie 
auszuführenden  Bauten  wurden  an  verfchiedene  Baumeifter  vergeben,  welche 
diefelben  durch  die  in  ihrem  Solde  flehenden  Werkleute  (Maurerknechte  oder 
Maurergefcllen)  ausführen  ließen.  Am  Schluße  des  Jahres  oder  am  Ende  der 
Arbeit  wurde  das  Ausgeführte  in  Gegenwart  einer  Commiffion  „abgemeffen* 
und  dem  Baumeifter  der  nach  der  Cubik-Klafler  Mauerwerk  aecordirte  Betrag 
ausbezahlt.  Von  diefen  gleichzeitig  wirkenden  Baumeiftern  halle  einer  die  bau- 
führende Leitung;  diefer  trug  den  Namen  Polier,  ftand  als  folcher  unmittelbar 
unter  dem  oberften  Baumeifter,  De  Lalio  und  erhielt  von  der  fleierifchen 
Landfchaft  ein  monatliches  Gehalt  in  der  Hohe  von  tu—  16  H  %\.  Ein  Polier  war 
demnach  immer  zugleich  auch  Baumeifter. 
[        \  ,  Al  teil   Nr.   1245. 


cav 


Wafferverforgung  der  Feftung  war  durch  das  groß- 
artige Werk  für  immer  behoben. 

Auch  in  diefem  Jahre  wird  an  der  Burgbaftei 
weiter  gearbeitet.  Was  fonlt  an  Fortifica- 
tions-Arbeiten  geleiftet  wurde,  läßt  fich 
aus  dem  bruchftückweifen  Actenmateriale 
fchwer  beftimmen.  Sicher  ift  es,  dafs  viel 
gearbeitet  wurde,  denn  für  das  Schloß 
wird  5291  u  ausgegeben,  für  die  Stadt 
Hans v.PIatz.  u^l2  ^  an  welch'  letzterem  Porten  der 
Bürgermeister  Marchart  mit  3500  it  participirt. 

Auswärts  baut  in  Fürftenfeld  Bartolomeo  l  'iscardo, 
in  l'ettau  Hans  de  Lalio,  in  Marburg  Valentin  de  Tre- 
veno  und  ein  Meifter  Peter  aus  Grat/.,1  in  Radkersburg 
Hans  v.  J'/atc  (Piazzo). 

Baujahr  fjip. 

Die  Bau-Acten  führen  uns  im  Jahre  1559  einen 
gewiffen  Leonhart  Anmüller  vor,  welcher  höchst  wahr- 

fcheinlich  als  der  Conltrufteur  des  Aufzugwerkes  beim 
neuen  tiefen  Brunnen  zu  bezeichnen  ilt.  Die  von  ihm 
vorliegende  Rechnung  lautet: 

Ainhardt  Anmüller  Burger  in  Radkersburg  hat  zu 
4  Raifen  wegen  den  Brunn  in  Schloß  verzehrt: 

ain  Model  gemacht  vnd  hinauf  gereift .  .    I  %  5  ß  10   *v 
Wieder  die  Keife  mit  den  Model  hin  vnd 

zurück  geritten,   foll  noch  ein  Model 

machen,  abermals  hinauf 2  ..  2  ..  —  .. 

Wie   ich  hinauf  kommen,  hat  mich  feine 

Gnaden    fammt    den    Meifter  Domini- 

cus  auf  Wien  verordnet,  feyn  Wir  nit 

weiter  als  Pruckh,  bin  ich  wieder  hinab  3  „  2  „  —  „ 
4.  Raife  auf  Wien  mit  Meifter  Dominicus 

den  20.  December  bis  4.  Janner 7  ,,  4  „  —  „ 

für    mein    Arbeit,    2    Model    außer    der 

Zerung 14  „  —  „  —  „ 

Summe     28  it  5  ß  10  3 

14.  Auguft  1559. 

In  diefem  Jahre  find  innere  Arbeiten,  als  Pflafte- 
rungen,  Gewölbe  und  Cafematten,  dann  die  Anlage 
des  „neuen  Weges"  am  Schloßberg,  zu  verzeichnen. 
Für  die  un-  nicht  bekannten)  Arbeiten  an  der  Stadt- 
befeftigung  Heuert  der  Bürgermeister  Marchart  9866  it 
bei.  De  Lalio's  Hauptwirkfamkeit  war  jetzt  auf  das 
Landhaus  concentrirt,  welches  von  1558  bis  1563  durch 
ihn  erbaut  wurde. 

Vom  folgenden  Jahre  (1560)  an  finden  wir  nur 
mehr  Ausgabspoften  auf  die  Stadtbefertigung,  die  dann 
für  Jahrzehnte  hinaus  in  jedem  Jahre  wiederkehren, 
wahrend  die  Ausgaben  für  das  Hauptfchloß  verfchwin- 
den.  Daraus  ergibt  fich,  dafs  mit  dem  Jahre  1559  die 
Befeftigungsbauten  des  Schloßbeiges  im  großen 
Ganzen  als  abgefchloffen  zu  betrachten  find.  Wenn 
wir  durch  die  Unterfuchung  der  Bau-Acten  beweifen 
konnten,  dafs  die  Erbauung  des  tiefen  Brunnens  durch 
Türkenfklaven  eine  romantifch  aufgeputzte  Fabel  ift, 
fo  kommen  wir  diesmal  zu  einem  noch  wichtigeren 
Refultate,  nämlich,  dafs  die  Erbauung  der  Befesti- 
gungen am  Schloßberge  durch  Erzherzog  Karl  IL,  an 
welcher  alle  Gefchichtswerke  über  die  Steiermark  fest- 
halten, ebenfalls  in  das  Reich  der  Fabel  gehurt.  Unter 
Karl  II.,  welcher  von  15O4  bis  1590  regierte,  wurde  ein 

1  I.    A    Aden  Nr.  1262. 


Theil  der  Burg  ausgebaut  und  die  Befestigung  der 
inneren  Stadt  fortgefetzt,  aber  die  Befeftigung  des 
Hauptfchloßes  des  Schloßberges)  fand  Karl  bei  feinem 
Regierungsantritt  fchon  vollendet  vor;  feine  Bauten 
am  Schloße  befchränken  fich  daher  nur  auf  Repara- 
turen, auf  die  Herstellung  von  Wohnhäufern  für  die 
Landsknechte  und  Mannfchaften  und  auf  den  Neubau 
großen  Glockenthurmes.  Hiemit  entfallt  auch  die 
bei  vielen  Schriftstellern  noch  immer  festgehaltene 
Anficht,  dafs  Franz  von  Poppendorf  157 <  >  den  Plan  zur 
ftigung  des  Schloßberges  entworfen.1 
Auswärts  wird  in  Fürftenfeld  gearbeitet,  in  Rad- 
kersburg bauen  Antonio  Piasso  und  Meifter  Haus  als 
Polier,  in  Marburg  Valentin  de  Treveno,  in  Kann  />'<>/- 
tolonteo  Alrifo  als  Polier. 

Baujahre  ijöo  bis  1363. 

Aus  den  Jahren  1560  bis  1563  find  die  erhaltenen 
Baurechnungen  nur  dürftige  Bruchstücke.  Von  1560 
liegt  die  Rechnung  über  die  „Bastei  an  der  Burg"  vor, 
von  1562  über  die  ..Mauer  am  Zwinger".  In  dem  Aus- 
gabenbuch pro  1560  findet  fich  die  Poft:  De  Lalio  für 
die  Stadt  Baltionen  1000  it,  im  Jahre  1561  kommt  nur 
feine  Befoldung  allein  vor. 

De  Lalio  Starb  zwifchen  dem  30.  Juli  und  24.  De- 
cember 1563.  Die  Befeftigung  des  Schloffes  war  bei 
feinem  Tode  im  großen  Ganzen  beendet,  nicht  aber 
fein  architektonifches  Hauptwerk,  das  Landhaus, 
welches  tlurch  feine  Rechtsnachfolger  Peter  Tade  und 
Benedict  de  Riva  fortgeführt  und  1564  beendet  wurde. 
Domenico  de  Lalio  war  eine  bedeutende  Perfönlichkeit. 
Sein  großartigerCifternenbau,  die  gewaltige  Idee,  durch 
einen  Felfen  von  94  M.  Mächtigkeit  auf  Grundwaffer 
zu  bohren,  Stellen  ihn  in  die  Reihe  der  hervorragendsten 
Techniker  damaliger  Zeit;  die  Befeftigung  von  Schloß 
und  Stadt  Grätz  und  der  Provinzftädte  weift  ihm  einen 
Ehrenplatz  unter  den  Militär-Ingenieuren  an,  während 
das  Landhaus  von  Grätz  mit  feinen  herrlichen  Hof- 
Arcaden,  deren  Styl  eine  intereffante  Mifchung  von 
Formen  der  Früh-  und  Hoch-Renaiffance  aufweift,  ihn 
auch  den  Künstlern  zugefeilt.  Ueber  feine  persönlichen 
Verhältniffe  willen  wir  Soviel  wie  nichts.  Er  Scheint  aus 
Lugano  abzustammen,2  da  nach  feinem  Tode  von  den 
in  Lugano  Seßhaften  Erben  die  Rede  ift,  welche  des 
Meifters  ehemalige  Poliere  (darunter  feinen  Schwieger- 
sohn Dionifio  Tade)  zu  Bevollmächtigten  ernannten/' 
Dafs  er  verheiratet  war  und  eine  Tochter  beSaß,  er- 
fahren wir  aus  dem  Heiratsbrief  des  Dionifio  Tade,* 
welcher  ausfagt,  dafs  letzterer  die  Jungfrau  Magdalena, 
Tochter  des  Domenico  de  Lalio  im  Jahre  1560  ehe- 
lichte, und  dafs  Sie  224  ft  ..Heirathsgut"  mitbrachte. 
Obwohl  er  fich  meift  Domenico  de  Lalio  unterzeichnet, 
war  fein  eigentlicher  Name  dell'  Aglio,  wie  der  Knob- 
lauch (Aglio),  den  er  im  Siegel  führt,  beweift.  Uebrigens 

*  llivof  und  Peters,  a.  a.  O.  S.  176.  l\'ljlerer  Tagt  zwar  in  feinem  Buche: 
und  feine   Umgebungen"    S.    134,    ganz    richtig,    dafs    die    Feftung  von 

1544  bis  1559  erbaut  wurde,    fetzt  aber    unmittelbar  darauf   hinzu,  dafs   Franz 

bpendorf  den  Grundriß   dazu    entwarf.   (Ebenfo,  -Ifuhreibend, 

a.    0.  S.  250.)  Darauf  ift  nur  zu  bemerken,  dafs  F.  v.  Poppendorf 

zur  Zeit  der  Uefeftiguug  des  Schl-jßbergcs  noch  auf  feinem  Schlöffe  Landftrafl 

in  Krain  faß,  und   erft   nach   i1  itz  kam,  wo  er  dann  allerdings,  aber 

um  einige  Deccnnien  fpaler,  als  Prafident  des  i.   o.  Hofkricgsrathcs  eine  Rollo 

Siehe    auch:   Aq.    Julius   Ca/ari   liefchreibung    der  k.  k.  Hauptftadt 

S.  76  u.  AT. 

-  Die  Angaben  von  Zahn    (f.    welche    Garte   a.    a  O.),  dafs    fein   Vater 
Martin    Maurer  in  Radkersburg  war,   fanden  wir  nirgends  bertutigt. 
!  Siehe  Rechnungsjahr   157-2. 

*  Die  Original-Urkunde,  Pergament,  im  Landcs-Arclm . 


ccv 


zeichnet  er  fich  gelegentlich  auch:  di  alio. '  Wir  befitzen 
von  ihm  keinen  Plan,  keine  Zeichnung,  nur  eine  einzige 
kurze  fchriftliche  Relation:  „Maifter  Dom. 
de  Lalio  anzeigen  vnd  beyleuffige  ober- 
fchlagung,  was  an  den  Landgepeyen  der 
vnvermeidlichen  Notturfft  noch  zu  pauen 
von  nötten"  aus  dem  Jahre  1552, *  und 
Siegel  des  diefe  nicht  im  Original,  da  fie  in  deutfeher 
Domenico  de  Sprache  und  niclit  von  feiner  Hand  ge- 
Lalio.  fchrieben  ift.  Alles,  was  von  ihm  fchriftlich 
vorliegt,  find  Rechnungen  und  Quittungen  über  fo 
und  foviele  taufend  Pfund.  Nach  diefem  trockenen 
Ai  ten-Materiale  erfcheint  De  Lalio  wie  ein  Ungeheuer, 
das  durch  zwanzig  Jahre  hindurch  fort  und  fort 
Hunderttaufende  verfchlingt,  welche  das  Land  fchwer 
genug  aufbringt.  In  Wirklichkeit  aber  fehen  wir  aus 
diefem  Gelde  eine  Feftung  erflehen,  deren  Stärke 
den  Türken  für  immer  den  Muth  benahm,  fich  noch- 
mals vor  den  Mauern  von  Grätz  fehen  zu  laffen,  und 
einen  Palaftbau,  welcher  den  fteirifchen  Standen  für 
Jahrhunderte  zur  ftolzen  würdigen  Heimflätte  wurde. 
De  Lalio  hat  in  Steiermark  die  Renaiffance  inau- 
gurirt.  Er  hat  den  neuen  Styl  fozufagen  perfönlich  von 
Italien  gebracht  und  mit  diefem  zahlreiche  Baumeifter 
und  Werkleute,  welche  er  nebft  feinen  beiden  Brüdern 
bei  den  verfchiedenen  Bauten  zu  Grätz,  Fürftenfeld, 
Radkersburg,  Marburg,  Pettau,  Rann  etc.  mit  großem 
Gefchicke  unterzubringen  wußte.  Er  hat  es  verftanden, 
auf  fteirifchem  Hoden  eine  Schule  zu  gründen,  denn 
was  nach  ihm  die  della  Porta,  die  Tade,  die  Marmoro 
bauten,  ift  alles  von  dem  Geifte  des  Meifters  infpirirt. 
Alle  Werke  feiner  Schüler  haben  einen  gemeinfamen 
charakteriftifchen  Zug  und  man  darf  nur  die  ebenfo 
malerifche  als  originelle  Fenfterbehandlung  anfehen, 
wie  fie  am  Hof-Oratorium  der  Domkirche,  am  Capanile 
des  Schloßberges,  an  den  Schlößern  Radmannsdorf 
und  Thanhaufen,  am  Rathhaufe  zu  Radkersburg  heute 
noch  zu  erfehen  ift,  um  fich  fagen  zu  müßen,  dafs  es 
am  Ende  des  16.  Jahrhunderts  eine  fteirifche  Local- 
fchule  der  Architektur  gibt,  deren  Gründer  De  Lalio, 
deren  Vorbild  und  Mufter  das  Grätzer  Landhaus  ift. 
Diefe  Schule  beherrfcht  genau  hundert  Jahre  die  archi- 
tektonifche  Thätigkeit  im  Lande,  bis  im  Jahre  1644 
Adam  Wundegger  mit  feiner  im  Style  der  deutfehen 
Renaiffance  gehaltenen  Facade  des  Landeszeughaufes 
eine  neue  Richtung  betritt. 

Im  Jahre  1560  baut  Bartolomeo  Alrifo  in  Rann,  im 
Jahre  1561  Bartolomeo  {'iscardo  als  Polier  mit  192  $ 
jahrlicher  Beftallung  in  Fürftenfeld  und  Valentin  de 
Treveno  in  Rann.  Ueber  Marburg,  wo  in  diefen  zwei 
Jahren  wahrfcheinlich  auch  gebaut  wurde,  liegen  keine 
Daten  vor.  1562  arbeiten  Valentin  de  Treveno,  Andrea 
de  Lalio  und  Pietro  Antonio  di  Pigratto,  letzterer  als 
Steinhauer  zu  Marburg.  Im  Jahre  1563 :  Peter  Tade, 
Domenico  de  la  Porta,  Bartolomeo  Viscardo,  letzterer 
als  Polier  zu  Fürftenfeld,  Valentin  de  Treveno  als  Polier 
zu  Rann. 

Baujahre  1564  bis  ijöj. 

Nach  dem  Tode  De  Lalio's  fcheint  in  den  Befesti- 
gungsbauten von  Grätz  ein  kurzer  Stillftand  einge- 
treten zu  fein.    Die  Landfchaft   hatte  ihre  Geldmittel 

1  Seine  Brüder  Andrea  und  Johann  (Zuan  führen  außer  dem  Knoblauch 
die  Buchitaben  ALA,  bezichungsweife  ZAL. 

*  81  Fascikcl  der  Landfchaft,  Fascikel  6,  Nr.  2. 


beim  Baue  des  Landhaufes  erfchöpft,  fo  dafs  fie  fich 
nur  auf  die  Fortführung  der  Provinzbauten  befchränkte 
und  Erzherzog  Karl  II.,  der  1564  die  Regierung  antrat, 
war  noch  zu  jung,  um  gleich  lebhaft  in  die  Bauthätigkeit 
einzugreifen. 

Wahrend  alfo  in  der  Hauptftadt  der  Feftungsbau 
ftill  fleht,  bauen  1564  Peter  Tade,  Domenico  de  la  Porta 
und  Bartolomeo  }  iscardo,  letzterer  als  Polier  in  Fürften- 
feld, Benediil  von  Toren.?  in  Rann.  Im  Jahre  1565:  Peter 
Antonio  di  Pigrato'm  Marburg,  Peter  und  Battifta  Tade, 
Bartolomeo  l  'iscardo  als  Polier  und  Pietro  de  Lancio, 
Letzterer  als  Steinhauer  in  Fürftenfeld. 

Im  Jahre  1565  wurde  über  Auftrag  des  Kaifers 
Ferdinand  I.  Franciscus  Theobaldis  (auch  Theobaldi 
und  Theobatti  genannt)  zum  Baumeifter  der  windifch- 
kroatifchen  Gränze  aufgenommen.  *  Er  erhielt  von  der 
Landfchaft  25  fl.  Monatsgehalt.  Theobaldi  ift  daher  der 
Nachfolger  Domenico  de  Lalio's,  obwohl  in  feiner  und 
der  nach  ihm  folgenden  Stellung  mehr  der  Charakter 
des  Militär-Ingenieurs  als  des  Baumcifters  und  Archi- 
tekten hervortritt.  Theobaldi  eröffnete  feine  Wirkfam- 
keit  mit  zwei  Berichten:  der  eine  vom  18.  März  1565 
über  die  Stadtbefeftigung  von  Grätz,2  der  andere  vom 
19.  Juni  desfelben  Jahres  über  Fürftenfeld,3  beide  mit 
Plänen  belegt,  von  denen  aber  nur  der  von  Fürftenfeld 
uns  erhalten  blieb.  Ueber  die  Grätzer  Stadtbefefticune 
fpricht  fich  Theobaldi  ziemlich  ungünftig  aus  und  be- 
mängelt vor  allem  die  Kleinheit  der  Anlage.  Sein  Plan 
proponirt  eine  Erweiterung  der  Befeftigung  durch  zwei 
Vergrößerungen  (Augumenti),  von  denen  die  eine  am 
rechten  Mur-Ufer,  die  andere  beim  Paulus-Thor  auszu- 
führen wäre. 

Baujahre  1566  bis  ijöp. 

Im  Jahre  1566  berichten  die  Rechenbücher  der 
Landfchaft  von  7700  U,  welche  für  das  Ausräumen, 
d.  h.  für  die  Vergrößerung  der  Stadtgräben  eingeftellt 
wraren.  In  diefem  Jahre  fcheint  von  der  Hofkammer  der 
Vorfchlag  zur  Erweiterung  der  Burg  ausgegangen  zu 
fein,  denn  ein  Erlaß  Erzherzog  Karls  vom  5.  Mai  1566* 
fagt:  „Der  durch  Euch  bedacht  Pau  In  dem  langen 
Stockh  fo  gegen  dem  Zeughaufe  geet,  wurd  Villeicht 
hinnaeh  wen  wir  die  Purgg  zu  pawen  Anfallen  wider 
abgebrochen  mueßen  werden.  Doch  was  den  alten 
Glokhen  Thurn  belangt,  da  wollet  darob  fein,  damit 
Eralfo  laut  desüberfchlags  zuegericht.  vndder  vneoften 
aufs  dem  Vizdombamt  hergeben  werde."  Der  bei- 
liegende Ueberfchlag  betrifft  die  Zurichtung  des  „alten 
Glockhenthurn  zunächft  vor  der  Burgk  zu  Grätz  zu 
einem  Schazgewolb  zu  notdurfft  vnd  verwarung  der 
F.  D.  Camerfachen-'.  Der  Unterbau  des  Thurmes  (jetzt 
Durchfahrt  der  Burg)  ift  heute  noch  an  feinen  gewal- 
tigen vier  Pfeilern  erkenntlich;  er  erfcheint  auf  der  An- 
ficht von  Grätz  von  Georg  Beham  1594  noch  in  feiner 
alten  Ausftattung.  Die  Uhr  diefes  Thurmes  verfertigte 
Jercmias  Müller,  Uhrmacher  zu  Schottwien,5  der  Maler 
Dietrich  Kamacker  bemalte  ihn  außen.''' 

Im  Jahre  1566  erhielt  Leonhard  Brandfletter,  Weg- 
meifter,  den  Auftrag,  die  ..fteinen  fchöbl  vnd  Wende 
am  Schloßberg  gegen  den  Thiergarten"  abzubrechen 

1  81  Fascikel  I  haß,  Fascikel  38,  Nr.  50. 

-  L.  A.  Acten,  Nr.  1620. 

(  I..  A.  Antiquum,  Fast  iskel  11.  .t. 

*  Kegiftratur  der  k.  k.  Statthalcerci  (iratz,  Miscellanea  5.  Mai  1566. 

5  I.  o.  Kammer-Regiftratur,  neue  Reihe  Band  33,  Blatt  147.  a. 

s  Ibidem,  Blatt  161.  a. 


CCVI 


und  zu  ebnen  und  erhielt  dafür  457  «'.  Ueber  diefes 
„Abziehen  des  Schloßberges"  aus  ftrategifchen  Gründen 
exiftiren  eine  Reihe  von  Acten.1 

Im  Jahre  1567  wird  nach  dem  von  der  Landfchaft 
mittlerweile  genehmigten  Modelle  des  Superinten- 
denten Francisco  Theobaldi  die  Arbeit  zwifchen  dem 
Grillbüchl  und  demeifernenThor  in  Angriff  genommen. 
Die  Landfchaft  bewilligt  dazu  2000  if,  ..auch  wolle  fie, 
was  noch  weiters  an  der  Stadt  zu  erbauen,  in  Be- 
rathung  ziehen'.  Der  Superintendent  foll  den  Hau 
leiten  und  beaufsichtigen  und  Ihr.  F.  Durchl.  möge  zwei 
Landleute  beftimmen,  welche  mit  ihm  tue  .Aufficht 
fuhren.  Meifter  Baltifia  Tade  baut  die  „Gurtina-2  bei 
der  Baftei  der  Burg  und  erhielt  dafür  1220   Bf. 

Im  Jahre   1568  wird    durch  Giovanni  Antonio   de 
Verda*  ilandfchaftlicher  Polier  mit  72  fl.  Rhein-Jahres- 
gehalt)  an   der  Ausräumung   des   Stadtgrabens   gear- 
beitet. In  diefem  Jahre  beginnt  der  Bau  der  Baftionen 
beim    eifernen    Thore,  voran   die  Meifter 
Battißa  Tade,  Benedict  und  Domenico  de 
la   Porta   und   Peter  de    Verda   arbeiten. 
Letzterer    baut    auch    an   der  Baftei  am 
GrilIpichl.Baufumme5634  Vi.  Im  Jahre  1569 
Siegel  des     wird  an  allen  diefen  Werken  weiter  gear- 
Giov.  Antonio  beitet;  die  Baufumme  betrug  17998  fl.  Als 
de  Verda.      ]andfchaftlicher  Baupolier  fungirt  Joannes 
del  Abba  mit  10  u  Monatsbefoldung.  Die  Acten  diefes 
Jahres    fprechen    bereits    von    einer  Baufälligkeit   des 
Hauptfchloffes,  befonders  der  Dächer.  Reparaturkollen 
302  u. 

In  den  Jahren  1568,  1569  und  1570  wurde  dem 
fürftlichen  Jagdfchloß,  dem  „GjaidhoF  in  Tobl,  durch 
Um-  und  Zubauten  feine  moderne  Geftalt  gegeben.  In 
einem  Fascikel  ,,Baurechnungen"  der  drei  genannten 
Jahre*  finden  wir  für  diefen  von  Marco  Dionißo  Tade 
geführten  Bau  der  Reihe  nach  die  Baukoften  von 
750  fl.,  1074  fl.  und  1276  fl.  angegeben.  Dafs  in  diefen 
Jahren  auch  an  der  Burg  in  Grätz  gebaut  wurde,  be- 
weifen  die  Ausgabspoften  dafür  von  beziehungsweife 
674  fl.,  1003  fl.  und  1262  fl.  Auch  beim  Bargbau  ift 
M.  Dionißo  Tade  Baumeifter.  5 

Im  Jahre  1566  bauen  in  Fürftenfeld  Battißa  Tade 
und  Mick.  Pietro  de  Lancio.  In  diefem  Jahre  tritt  hier 
zum  erftenmal  der  im  Dienfte  der  Landfchaft  lang 
und  viel  befchäftigte  Francesco  Marmoro  de  Pone,  ge- 
nannt Marbl,  als  Polier  auf.  1567  bauen  ebenda  Franz 
Marbl,  M.  Pietro  de  Lancio  und 
Bartolomeo  de  Silva.  1568  Bat- 
tißa Tade,  Franz  Marbl,  M.  Pie- 
tro de  Lancio  und  Silva.  Bau- 
meifter Walker  fertigt  ein  Modell 
des  „Gebeu's"  (des  Schloffes) 
an,  worauf  dasfelbe  „ausge- 
fteckt"  wird."  Es  ift  alfo  in  das  Jahr  1568  der  Beginn 
des  Schloßbaues  Fürftenfeld  zu  fetzen.  Im  Jahre  1569 
arbeiten  Battißa  Tade,  Franz  Marbl  und  Bar  toi.  de 
Silva  in  Fürftenfeld.  Benediä  v.  Kham  (Fachono)    ift 

'  J.  o.  Kammer-Rcgiftratus,  ältere  Reihe  Bd.  32,  Kl.  229  t,  230  i.  2S2  a 
l!d.  33,  BI.  252  i. 

z  Hier  ift  zum  erftenmal  die  Courline  von  der  liaftei  unterfchieden. 

*  Bruder  des  Alcflandro  de  Verda,  Erbauers  des  Maurolcums  Karl  II.  in 
Sekkau. 

*  H.  K.  A.  März  1579.  Nr.  64. 

1  In  einem  Gcfuche  desfclbcn  vom  März  1572  um  eine  jährliche  Befol- 
dung  fagt  er,  dafs  er  nun  fchon  in  das  vierte  Jahr  Polier  und  Maurer,  dafs 
er  fich  in  der  Burg,  in  der  Burgpfarrkirche,  Marchfutterhof,  im  Vicedombamr 
nnd  anderen  Gebäuden  gebrauchen  laflcn.  (H.  K.  A.  Man  1572,  Nr.  73.) 

*  Landfchaftliches  Expcdilbuch  1568. 


Siegel  des  Franz  Marbl. 


Polier  des  Millers  Franz  Marbl,  .1/.  Pietro  de  Lancio K 
Steinhauer.  In  Rann  baut  Andrea  Maderini  als  Polier, 
•n  Copreinitz  Francesco  Teobaldi.2 

Baujahr  1570. 

Im  Jahre  1570  erfcheint  Salußio  Perusei  „k.  Bau- 
fuperintendent  der  windifchen  Gränze"  von  der  Land- 
fchaft mit  25  fl.  per  Monat  beföhlet,  als  Nachfolger 
Francesco  Theobaldi's  am  Schauplatze,  um  die  fteiri- 
fchen  und  kroatifch-windifchen  Befeftigungsbauten  zu 
infpiciren.  Seine  zwei  erhaltenen  Berichte  über  die 
Grätzer  Feftung8  enthalten  nichts  wefentlich  Inter- 
effantes.  In  diefem  Jahre  wird  am  ..eifernen  Thor"  und 
vorzüglich  im  Stadtgraben  dafelbft  gearbeitet;  del 
Abba  i!t  Polier  mit  10  fl.  monatlich.  Im  Hauptfchloß 
„ift  man  mit  Aufrichtung  des  Pulverftampfes,  Zurich- 
tung tles  Zeughaufes  und  der  Cifterne  (Reparatur) 
täglich  im  Werk".  Der  AcL  welcher  diefen  Bericht 
bringt,4  enthält  auch  folgende  Stelle:  „Item  nachdem 
die  Schutt  vom  Schloßberg  dermaßen  herab  reißt,  das 
Zubeforgen  fich  mittlerzeit  wo  folchem  nit  fürkhumen, 
das  gemeyr  hernach  begeben  vnd  herabfizen  wurde. 
Derwegen  ain  nottdurfft  fein  will,  die  fchluchten,  wo 
die  Stain  im  Perg  liegen,  Pflaftern  zu  laffen.  31  Mai 
1570".  Die  Pflafterung  fcheint  nicht  ausgeführt  worden 
zu  fein,  da,  obwohlErzherzog  Karl  diefelbe  genehmigte, 
die  Mittel  dazu  fehlten. 

Wir  haben  gefehen,  dafs  M.  Dionißo  Tade  bereits 
feit  1568  an  der  Burg  baute;  wahrfcheinlich  handelte 
es  fich  um  Adaptirungen.  Eine  Reihe  von  Acten  aus 
dem  Jahre  1570 ä  theilt  uns  mit,  dafs  in  diefem  Jahre 
erft  ein  eigentlicher  Neubau  geführt  wurde.  Erherzog 
Karl  fchreibt  aus  Wien  ddo.  31.  Juli  an  die  Kammer- 
räthe:  „Nachdem  wir  anjezo  dem  Edlen  Vnferen  Kath 
Schloßhaubtmann  alda  zu  Grätz  vnd  lieben  getreuen 
Pangrazen  von  Windifchgretz  Freiherrn  aines  gepeus 
halber,  fo  Er  in  Vnfer  fürftl.  Burg  alda  fürnemben 
Vnd  Ins  werch  bringen  folle,  vnnfere  gnedigfte  mainung 
anzaigen-',  fo  befiehlt  er,  da  die  Einnahme  des  erften 
Ouartales  des  fteirifchen  Zapfenmaßgefälles  bereits 
verbraucht,  ..dafs  Ir  bey  den  Verordneten  alda  aber- 
mallen anhalten  vnd  die  Sachen  bey  Inen  fo  weit 
richtig  machet,  damit  Sy  anjezo  widerumb  in  abfchlag 
desfelben  inVnnferVicedombamt  600 Gulden  erlegen". 

Karl  fchickt  dann  am  21.  Auguft  aus  Wiener-Neu- 
ftadt  zwei  verfchiedene  Entw  ürfe  (A  und  B)  des  kaifer- 
lichen  Hofbaumeifters  Ferabosco  in  Wien  für  das  vorha- 
bende Burggebäude  mit  der  Bemerkung,  dafs  er  fich  für 
B  entfchloffen  habe.  Er  fähe  gern,  dafs  das  Gebäude 
alsbald  angefangen  werde,  damit  diefen  Herbft  noch 
das  Mauerwerk  fertig  fei.  Es  folgt  hierauf  eine  Corre- 
fpondenz  darüber,  ob  der  Erzherzog  für  feine  Zimmer 
„foliche  Pöden,  wie  fy  jezundt  in  E.  F.  D.  Zimmer  fein, 
welche  geriembt  Pöden  haißen,6  oder  aber  Tüpeldt 
Pöden,  die  man  alsdann  mit  täffelbcrch  antragen 
khundt,  haben  wolle",  und  nachdem  fich  der  Erz- 
herzog für  letztere  entfchloffen,  berichtet  Windifch- 
grätz  am  20.  November,  dafs  der  Bau  mit  allem  Fleiß 
geführt    werde    und    die    Zimmerdeckentäfelung    bis 

'  L.  A.  Antiquität  Fase.  31,  Gränzbau. 

5  Expcdilbuch   1569. 

-1  Abgedruckt  famnu  dem  Gutachten  der  Hofkammer  darüber  in  „Steier- 
mark. Gefehlt  btsblätter  von  Zahn*  IV.  Jahrgang,  2.  Heft  1883. 
'•   H.  K.    A.   luni  1570,  Nr.  49. 
II     K    A.  Juli  1570,  Nr.  75. 
'■  Kicmclbödcn  =  Sturzböden. 


CCV1I 


Pfingften  fertig  fein  könne.  Die  Verordneten  bewilligen 

die  begehrten  600  fl.,  für  die  Pflafterung  der  Schluchten 
am  Schloßberge  aber  nichts,  da  alles  Geld  für  Bauten 
fchon  ausgegeben  fei. 

Leider  fehlt  in  den  Acten  die  nähere  Angabe, 
welcher  Flügel  der  Burg  mit  diefem  Hau  gemeint  fei, 
fo  dafs  wir,  da  fpäterkein  größerer  Mau  mehr  vorkommt, 
annehmen  müßen,  es  fei  der  örtliche  Tra<5t,  die  jetzt 
noch  beftehendc  Burg,  gemeint.  Der  vom  Hauptein- 
gangsthore  der  Burg  links  liegende  (jetzt  demolirte) 
Flügel  (Verbindungsbau  des  Ofttractes  mit  dem  Maxi- 
milian'fchen  Bau)  mit  der  Prunkftiege,  dürfte  unmittel- 
bar nach  1553,  natürlich  ebenfalls  von  italienifchen  Bau- 
meiftern  erbaut  fein,  denn  ein  AcT:  vom  9.  September 
ddo.  Wien  1553 '  beauftragt  den  Hans  Ungnad  und 
Chriftoph  Reich,  zu  veranlaffen,  dafs  die  Stiege  in  der 
Burg  in  der  von  ihnen  vorgefchlagenen  Weife  bei  erftcr 
Gelegenheit  gebaut  und  zugerichtet  werde.  Wurde 
diefer  prächtige  Bau,  deffen  Demolirung  im  Jahre  1852 
aufs  tieffte  beklagt  werden  muß,  um  die  angegebene 
Zeit  ausgeführt,  dann  konnte  er  nur  ein  Werk  des  De 
Lalio  fein.2  Die  Ausgaben  der  Landfchaft  für  die 
Stadtbefeftigung  betrugen  in  diefem  Jahre  die  bedeu- 
tende Summe  von  12360  fl. 

In  Fürftenfeld  bauen  Bartolomco  de  Silva?  Battijia 
de  Riva,  Peter  de  Lancio;  Franz  Marbl  ift  Polier,  nach 
deffen  Abgang  zum  Bau  der  Stiftsfchule  in  Grätz  tritt 
an  feine  Stelle  Battißa  Tade  mit  16  fl.  Monatsgehalt. 
Battifta  de  Riva  arbeitet  zwei  Wappen  aus  Sandftein 
um  140  fl.  An  der  windifchen  Gränze,  unbekannt  wo, 
baut  Andre  Modern  (wahrfcheinlich  Maderini)  als 
Polier. 

Baujahr  157 1. 

Im   Jahre    1571    wird    an    der  Baftei    des    eifernen. 

Thores  fortgearbeitet.  Marco  und  Philipp    Tade,  Vin- 

cenzo  und  Antonio  de  Verda,  Giov.  Angelo,  Benedicl 
und  Paul  de  la  Porta  find  daran  befchäf- 
tigt,  del  Abba  und  Bartime  Khretfclunayr 
(wieder  einmal  ein  deutfeher  Name!)  find 
Poliere.  Battißa  de  la  Porta  führt  das 
fürftliche  Wappen  am  eifernen  Thore  aus 
und  erhält  dafür  16  fl.  Nach  Sponrieb^ 
wurde  das  eiferne  Thor  in  diefem  Jahre 
fertiggeftellt.  Die  Infchrift  wurde  erft  1574 

angebracht.  Nach   den 

fchaft   wurden   1708   fl. 

wendet. 

In  Fürftenfeld  find   Valentin  v.  Görz   und   Cafpar 

Carlon    mit    Erdarbeiten    befchäftigt.    Battißa    Tade, 

Franz  Marbl,  Domenico  Fachono  (Kham)  und  Pietro  de 

Lancio  bauen  an  den  Bafteien. 

Baujahr  15J2. 

Im  Jahre  1572  baut  Marco  Tade  an  der  Courtine 
vor  der  Burg,  Antonio  Verda,  Giov.  Angelo  und  Paul 
de  la  Porta  am  eifernen  Thor,  Vincenzo  Verda  baut  die 
Cafematten    am    felben  Thore,  Philipp   Tade    an    der 

'  i.  ö.  K.  R.  altere  Reihe  Bd.  15,  Bl.  212  b. 

s  Die  Stiege  abgebildet  nach  einem  vor  der  Demolirung  angefertigten 
Aquarell  in  den  Mitth.  d.  lt.  k.  Centr.-Comm.  XI.  Jahre   n.  F.  2.  Heft. 

>  L.  A.  Aaen.Nr.  1428. 

1  Wahrhafte  Befchreibung,  was  von  der  „fürftl.  Durchleuch  Ertzhert- 
zogen  Carls  zu  Oefterreich  etc.  Hochzeitlicher  haimfuerung  in  der  Hauptftadt 
Grätz  in  Steyr  vom  17.  Augufti  bifs  auff  den  8.  September  von  Porten  vnd 
deren  Triumphirendcn  zierlichkaiten  zuegericht  etc.u  Gratz  1572. 

XIII.  N.  F. 


Siegel  des 

Vicenzo  de 

Verda. 


Ausgabenbüchern    der  Land- 
für   die  Stadtbefeftigung  ver- 


Baftei  bei  der  Tricbencgg-  (ehemals  Adler-)  Mühle. 
Gefammtausgabe  für  die  Befeftigung  der  Stadt  1708  fl. 
(Ausgabenbuch).  In  diefem  Jahre  fpielt  fich  eine  aus 
den  Acten  nicht  ganz  klare  Gefchichte  ab,  deren  Inhalt 
beiläufig  der  ift,  dafs  die  große  von  Domenico  de  Lalio 
erbaute  Cifterne  fchadhaft  wurde  und  die  Regierung 
die  Erben  De  Lalio's  zur  Reparatur  belangte.  Eine 
Eingabe  der  Baumeifter  Battißa  Tade,  M.  Dionifio 
Tade  und  Domenico  de  la  Porta  de  Riva  an  den  Erz- 
herzog '  fagt,  dafs  ihnen  als  den  Vertretern  der  Erben 
De  L;ilii >'s  im  Juni  des  verfloffenen  Jahres  aufgetragen 
wurde,  die  mangelhafte  Cifterne  in  guten  Stand  zu 
fetzen,  wozu  fie  fich  verobligiren  mußten.  Darauf  ill 
ihnen  von  den  Erben  de  Lalio's  Schweizerisch  Herr- 
fchaft Lugano  der  Rathfchlag  zugekommen,  fie  follen 
die  Rechnungen  und  Schriften  darüber  nach  Lugano 
fenden,  und  da  ihnen  das  fchwer  falle,  fo  bitten  fie  um 
den  Auftrag  an  die  Erben,  dafs  fie  fich  hiehcr  ftellen, 
die  befundenen  Mängel  der  Cifterne  wenden  oder  fich 
mit  dem  Erzherzog  ausgleichen  mögen. 

In  Fürftenfeld  arbeiten  Franz  Marbl  und  Antonio 
Capuzo  (Cepufch). 

Baujahre  ijyj  und  1574. 

Ueber  die  Jahre  1573  und  1574  liegen  keine  Bau- 
rechnungen vor.  Für  die  Stadtbefeftigung  wurde  im 
erften  Jahre  3000  fl.,  im  zweiten  9000  fl.  verausgabt. 
(Rechenbücher.) 

In  Radkersburg  bauen  1573  Antonio  Piazzo  (Platz), 
Battißa  de  la  Torre  (Hans  von  Thurn)  und  Franz  Marbl 
als    Polier,    M.    Antonio    de    Lando*    als 
Steinhauer;  in  Fürftenfeld  Phil/ipp  Tade;3 
auch  hier  ift  Franz  Marbl  Polier,  Meifter 
Antonio,  Paul  v.  Paris  gewefter  Polier  zu 
Copreinitz  und  Meifter  Andrea  Maderini 
als   Polier  arbeiten    (unbeftimmt,   wo)    an     Siegel  des 
der    windifchen  Gränze.*    Im  Jahre   1574  Battifta  de  la 
bauen  in  Radkersburg  diefelben  Meifter, 
wie  im  Vorjahre,  in  Fürftenfeld  Domenico  Fachono  und 
Hans  Marbl,  Franz  Marbl  als  Polier. 

Kaifer  Maximilian  IL  verleiht  ddo.  Wien  22.  Fe- 
bruar 1574  das  durch  Ableben  des  Capitänes  Saluftio 
Peruzzi  erledigte  Amt  eines  Superintendenten  der 
windifch-kroatifchen  Gränze  dem  Hieronimus  Arkhanos 
(auch  Arckhanatten  genannt)  mit  25  fl.  Monatsgehalt. 5 

Baujahr  iJTj- 

Im  Jahre  1575  arbeiten  Giov.  Antonio  de  Verda 
Paul  und  Veit  de  la  Porta  an  der  Stadtbefeftigung. 
Giov.  Angelo  de  la  Porta  liefert  die  Steinmetzarbeiten. 
Cafpar  Kholmuet  (wieder  ein  deutfeher  Name)  ift  Polier. 
Cefar  Pambßl  malt  für  30  fl.  das  fürftliche  Wappen 
auf  die  obere  Baftei.6  Baukoften  9300  fl.  (Ausgaben- 
buch.) Zur  „Befichtigung  und  Berathfchlagung  der 
Landgebcu"  wird  der  k.  Baumeifter  Peter  Ferabosco 
aus  Wien  berufen  und  erhält  50  £  4  ß  24  A  (Ausgaben- 
buch.) 

1  H.  K.  A.  Juni  1572,  Nr.  18. 

:  L.  A.  Acten  Nr.  1489. 

3  Derfelbe  nimmt  für  feinen  Bruder  „Meifter  Battista  Tade  ^-eweft 
Pollier  feiig"  deffen  Monatsbefoldung  bis  26.  Jänner  1573  in  Impfang.  Nach 
diefer  Angabc  muß  Batt.  Tade  F-ide  Jänner  1573  geftorben  fein. 

k  L.  A.  Antiquum  Fase.  31.  Glänzbau. 

'  H.  K.  A.  Oclober  1576,  Nr.  3. 

,:  Diefe  Summe  nimmt  für  den  fcelig.  Pambftl  und  deffen  nachgelaffc- 
nen  Sohn  und  Erben  Michael  Pambftl  am  5.  November  1575  Xiclas  Paumb- 
gartner,  Maler,  in  Empfang.  Pambftl  ftarb  demnach  1575. 

dd 


CCVII1 


In  Radkersburg  arbeiten  Antonio  Piasso,  Battißa 
de  la  Torre,  Marc  Antonio  Lancio  und  Frau:  Marbl. 
Auch  in  Fürftenfeld  unter  Antonio  Zepufch  als  Auf- 
feher  und  in  Legrad  wird  gebaut. 

Baujahr  ijjö. 

I  dem  Tode  De  Lalios  fehlte  es  an  einer  ein- 
heitlichen Oberleitung.  Die  vorhin  genannten  Bau- 
meiller  arbeiteten  ftückweife  die  einzelnen  Baftionen 
und  Courtinen,  io  dafs  oft  das  eine  zum  andern  nicht 
aßt  haben  mochte. Theobai di  kritifirtundbeman 
-  5  das  vor  ihm  Gebaute  und  läßt  die  Partie  am  Grill- 
pichl  nach  feinen  Plänen  ausfuhren,  aber  bereits  i 
verlangt  der  anonyme  Bericht '  (wahrfcheinlich 
Peruzzi ,  dafs  an  der  Baftei  beim  Grillpichl  die  lange 
Mauer  bis  auf  den  Grund,  die  füdliche  zum  Theil  abzu- 
brechen fei  etc.  etc.  Diefer  eingeriffenen  Verwirrung 
zu  lleuern,  ließ  Erzherzog  Karl  abermals  Ferabosco  aus 
Wien  berufen,  welcher  im  Vereine  mit  eigens  dazu 
1  >eputirten  und  anderen  Käthen  die  Bauten  beflehtigen 
und  ein  Modell  verlegen  folle,  nach  welchem  der  Hau 
weiter  zu  führen  fei*  Der  Kaifer  faiulte  zu  gleichem 
Zwecke  den  Florentiner  Baumeitler  Simon  Genga, 
welcher  für  feine  Mühewaltung  vom  Landtage  300  fl. 
bewilligt  erhielt.  Letzterer  lieferte  auch  Modelle  für 
Kurilenfeld  und  Radkersburg  und  bekam  dafür  153  fl. 
In  Gratz  war  in  diefem  Jahre  Cafpar  Kholmuet  Polier; 
ausgegeben  wurden  4665  fl.  (Ausgabenbuch.) 

.Auswärts  wurde  in  Fürftenfeld,  Radkersburg, 
Legrad  und  Copreinitz  gebaut. 

Am  14.  Oftober  157''  wird  Giufeppe  Vintana,  der 
bereite  feit  1574  im  Dienfte  und  bisher  in  den  Peilungen 
Trient,  Laibach,  Gradisca  und  Fiume  befchäftigt  war, 
vom  Lr/.herzog  zum  „Baumeifter  der  windifch-kroati- 
fchen  Grenze  und  der  Landbefeltigungsgebäude"  er- 
nannt und  ihm  35  fl.  Monatsgehalt  bewilligt.'1  Die  Ver- 
ordneten, unwillig  über  die  Berufung  fo  vieler  italieni- 
fcher Baumeifter,  machen  dem  Erzherzog  Vorflellungen 
über  das  hohe  Gehalt  des  ..Weifchen"  und  bemerken, 
dafs  „in  dergleichen  hochwichtigen  Dienften  nit  allain 
Pawverftändige  vnd  wolerfarene  Perfonen,  fondern 
fürnämlich  fouil  möglich  Teutfche  beftellt  vnd  aufge- 
nommen werden  follen".* 

Baujahre  i~,j~  bis  1580. 

Ueber  das  Jahr  1577  liegen  keine  landschaftlichen 
Rechnungen  vor;  tue  Ausgaben  für  dieStadtbefeftigung 
betrugen  1550  fl.  (Ausgabenbuch.)  Im  Jahre  1578  wurde 
die  zweite  Cifterne  fpäter  Löwen-Cifterne  genannt)  auf 
dem  Schloßberg  erbaut  4  im  Plane).  Am  30.  Juli 
Abends  llürzte  ein  Theil   des  Mauerwerkes   derfelbcn 

■>o  Cubik-Kl.ifter)  ein,  am  Morgen  des  31.  abermals 
ein    Stück,    am    dritten    Tage    desgleichen.    Zu    dem 

:  eizwerk",  das  nun  hcrzuftellcn  war.  getraute  fich 
aber,  wie  der  Bericht  darüber  fagt,  kein  Mann,  fo  dafs 
der  im  Gefängnis  fitzende  Hofzimmermeifter  Sigmund 
Laustorfer proviforifch  entladen  wurde,  um  „zur  Str; 
die  gefährliche  Arbeit  zu  verrichten. "'  In  diefem  Jahre 
wurde  endlich  das  auf  dem  Plateau  des  Schloßberges 
liehende    alte    Schloß    demolirt.  Eine  Rechnung 

1  Steiermark.  Gefchichtsblätter  von  Zahn.  IV .  Jahrg.,  2.  Heft,  S.  69. 

Pascikcl  der  Landfchaft.  Kasc.  19,  11.  Man  1576. 
'  H.  K.  A.  Oflober  1576,  Nr.  3. 
•  Ebenda. 
H.  K.  A.  Augutt  1578,  Nt      1 


Hofkammer  vom  i.  Mar/.  1577  bis  22.  Juli  1578'  führt fol- 
d<  Porten  an :  Abbrechen  des  Haupt  fchloffes  1800  fl., 
Abtragung  des  Berges,  auf  dem  das  Schloß  geftanden 
1600  fl.,  Graben  der  Cifterne  364  fl.,  Mauerwerk  von 
des  Burggrafen  Logement  190  fl.  Auch  wurde  der 
„lange  Schloßzug  im  Sack-  reparirt,  wofür  725  fl. 
fungiren. 

In  den  Jahren  1579  und  1580  fcheinen  die  Bauten 
aus  Mangel  an  Geld  gänzlich  eingeftellt  worden  zu  fein. 
Ein  1  I  »i  tober  1579  an  den  oberllen  Bau 

CommifKär  Franz  von  Poppendorf  beftimmt,  dafs  außer 
an  der  Cifterne  nur  am  Steinbruch  gearbeitet  werden 
folle,  und  zwar  follen  nur  fo  viele  Arbeiter  gehalten 
werden,  als  mit  dem  Geldc.  das  von  den  erzeugten 
Steinen  erlöft  wird,  erhalten  werden  können.8 

Auswärts  arbeitet  1577  in  Fürftenfeld  Antonio 
C'afuzzo,  in  Radkersburg  Battißa  de  la  Torre  (Hans 
von  Thurn),  Mo  reo  .  Intonio  Triso  (Truz),  Marco  Antonio 
Lancio  und  Franz  Marbl  als  Polier;  auch  in  Copreinitz 
und  Legrad  wird  gebaut.  1578  arbeitet  Franz  Marbl 
in  Fürftenfeld,  Marco  Antonio  Trizo  und  Battißa  de  la 
Torre  in  Radkersburg,  letzterer  baut  das  neue  Ungar- 
thor. 

Baujahre  ijSi  bis  1584.. 

Der  dreijährige  Stilllland  der  Bauten  in  Grat/, 
veranlaßte  endlich  Erzherzog  Karl  zu  einem  Erlaß 
ddo.  5.  April  1581  an  die  Verordneten,3  worin  es  heißt: 
„  Weihen  an  dem  alhiefigen  Statgepeu  mit  den  berait 
vorhandenen  Vorrath  alfo  Hill  zu  liehen  vnd  lleckhen 
Zuvcrbleiben  nit  allein  fchimpflich,  fondern  auch 
fchädlich,  Indem  die  graben  fo  mit  nit  geringen  Un- 
coflen  vertiefft  wider  einfallen  vnd  angefchüt  werden, 
auch  die  Arbeitter  fich  entzwifchen  verlauffen,  So  feye 
höchft  I.  F  D.  gnedigft  Begern,  dafs  die  H.  Verord- 
neten wo  nit  mehr,  doch  nur  ain  fünfhundert  Gulden 
alspald  an  gehörig  Orts  darraichen  vnd  entzwifchen 
ain  Anfang  machen  laffen  wollen".  Es  ill  fehr  fraglich, 
ob  die  Verordneten  auf  den  Wunfeh  des  Erzherzogs 
eingingen,  denn  fowohl  1581  als  15S2  finden  wir  keine 
Bauausgaben  verzeichnet.  Im  Jahre  1583  werden  wenig- 
ftens  Materialien,  befonders  Ziegel  angefchafft.  Von 
[584  liegt  nichts  vor,  als  ein  Gefuch  der  Meiller,  Maurer 
und  Steinhauer  um  Auszahlung  ihres  ausflandigcn 
Lohnes. 

In  diefem  Jahre  begegnen  wir  der  erften  größeren 
Schwierigkeit  in  der  Geldbefchaffung.  Bisher  bewillig- 
ten die  Landftände  anllandslos  jährlich  die  nöthigen 
Summen  für  die  Befeftigung  des  Hauptfchloßes  und 
fowohl  der  Stadt  Grätz,  als  der  Provinzftädte,  fo  dafs 
man  fagen  kann,  dafs  bis  1568  fämmtliche  Bauten  mit 
Ausnahme  einiger  Zufchüße  des  Kaifers  und  des 
Bürgcrmeifters  von  Grat;  für  die  fogenannten  Bürger- 
bafteien)  aus  dem  Säckel  der  Landfchaft  hergeftcllt 
wurden.  Aber  fchon  1568  bis  1570  mußte  die  Regierun- 
Beiträge  in  der  Höhe  von  384  fl.  beziehungs weife  587  fl. 
und  1262  fl.  zufchießen,*  welche  aus  Steuern  und  an- 
deren Einnahmen  beftritten  wurden.  Die  mittlerweile 
aufs  äußerfle  zugefpitzte  Differenz  zwifchen  den  der 
Mehrzahl  nach  proteftantifchen  Ständen  und  dem  auf 
ftreng  katholifchem  Standpunkte  flehenden  Erzherzog 

1   H.  K.  A.  November  1579,  ^r-  S9- 

:  H.  K   A.  November  1579,  Nr.  59. 

a  81  Fascikel  der  Landfchaft.  Fase.  47.  Nr.  4. 

1  H.  K.  A    Mar?  1579,  Nr.  64. 


(VIX 


fanden  in  den  Bewilligungen  der  Baufummen  ihren  bc- 
redten  Ausdruck.  So  manche  Jahre  find  zu  verzeichnen, 
in  denen  die  Stände  wohl  für  die  Gränzftädte,  für  Grätz 
aber  keinen  Kreuzer  bewilligten  und  dafs  infolge  denen 
der  Notenwechfel  zwifchen  dem  i.  ö.  Hofkriegsrath  in 
Grat/.1  und  den  Verordneten  oft  eine  fehr  gereizte 
Sprache  annahm,  braucht  kaum  vciTichert  zu  werden. 
Ks  ill  nicht  unfere  Aufgabe,  die  Gefchichte  der  Geld- 
bewilligungen oder  Geldbefchaffung,  welche,  wenn  die 
erlleren  vom  Lande  verfiegten,  oft  nur  mit  fehr  hohen 
Percenten  möglich  war,  zu  fchreiben;  für  diefe  Arbeit, 
wenn  fie  jemals  unternommen  werden  follte,  liegt  im 
Landes-Archiv,  besonders  in  der  mit  „Antiquum"  be- 
zeichneten Abtheilung  ein  kleines  Gebirge  von  Acten 
vor,  deren  Inhalt  weit  ins  [8.  Jahrhundert  hinein  reicht. 

Beim  Gränzbau  fcheint  fich  der  dafür  berteilte 
Baumerfter  Jof.  Vintana  manche  Ungenauigkeiten  zu 
Schulden  kommen  lallen  haben.  Die  Verordneten, 
welche,  wie  wir  gefehen  haben,  bei  deffen  Ernennung 
fart  Proteft  einlegten,  machten  mit  ihm  kurzen  Procefs. 
Sie  ernannten  am  iS.  Mai  1584  den  in  ihren  Dicnften 
bewahrten  Franz  Marbl  zum  „Baumeifter  über  die 
Land-  und  Gränzgebeu"  und  feinen  Bruder  Antonio 
zum  Polier,  gaben  beiden  zufammen  eine  Jahres- 
Befoldung  von  300  fl.  und  kündeten  am  13.  Juni  dem 
Hofkriegsrath  an,  dafs  „dem  Vintana  keine  Befoldung 
mehr  gereicht  werden  könne,  da  fie  Franz  Marbl  auf- 
genommen hatten.2 

In  Radkersburg  baut  1584  Battißa  de  La  aro,s  in 
Fürftenfeld  Hans  Marbl,*  in  Copreinitz  Jof.   Vintana. 

Baujahr  1585. 

Im  Jahre  1585  kommt  wieder  Leben  in  die  Sache. 
Antonio  Marbl,  Antonio  und  Pietro  Vafalio  arbeiten  an 
der  Baftei  bei  dem  Paulusthor  gegen  den  Thiergarten, 
Paul  und  Jacob  de  la  Porta,  Peter  Vafalio, 
Frau-  dePodt  anfchließend  daran,  Antonio 
Bernefs  liefert  Steinmetzarbeit,  Battißa  de 
Marin  ift  Polier,  Jos.  Vintana  fcheint  die 
Oberleitung  zu  führen.  Es  wird  auch  die 
„Grundmauer,  darauf  das  Stat  Thor  (das 
neue  Paulus-Thor)  kommen  foll",  gebaut. 
Erzherzog  Karl  bewilligt  ddo.  16.  Septem- 
ber'' die  Erbauung  von  fünf  Wohnungen  (Wohnhäufern) 
für  die  Landsknechte  auf  dem  Hauptfchloß  (5  im  Plane). 
In  Fürftenfeld  baut  Hans  Marbl.* 

Baujahr  1586. 

Der  Burggraf  und  Zeugmeifter  Julius  v.  Sara  hat 
im  I  lauptfehloß  ein  Gebäude  für  die  Guardiknecht  und 
fein  Gefinde  aufführen  laffen  (offenbar  eines  der  be- 
willigten fünf  Häufer),  wofür  ihm  die  Baukoften  von 
100  fl.  genehmigt  werden.7  In  diefem  Jahre  baut  Marx 
Wening  „I.  F.  D.  beftellter  Pixenmeifter8  eine  Waffer- 
kunft",  wodurch  aus  der  alten  Cifterne  auf  die  zweite 


Siegel  des 
Jacob  de  la 

Pon  1. 


1   Der  i.  ü.   Hofkriegsrath    in   Grätz   wurde 
gegründet,  174 1  aufgehoben. 

i  Expcdttbuch  und  81  Fascikel  der  Landfchaft,  Fascikel 

3  L.  A.  Anliquum  Fase.  31. 

1    Ibidem  Fase.  16,  Gratz. 

'   II    K.  A.  September  1585,  Nr.  17. 

"    r.xpeditbuch. 

:    11.  K.   A.  Auguft  1586,  Nr.  43. 

*  Ibidem  December  1586,  Nr.  32.  Marx  Wening  ift  der 
Erzgießer,  welcher  im  Vereine  mit  Thomas  Auer  1590  die 
fchöne  bronzene  Brunnenlaube  im  Hofe  des  Landhaufes 
verfertigte.  Ucber  denfelben  flehe  den  Artikel  von  Pro« 
fe  ffor  Lufchin  in  der  Gratzer  Tagespoft,  Abendblatt  vom 
4.    September  1884. 


1    h    Kaifer    Max  11* 
Nr.  28. 


AlWA 

(Swy 

Siegel  des 
Marx  Wening. 


Siegel  lies 
lhomas  Auer. 


Porten  zur  Wohnung  des   Burggrafen  Waffer  geliefert 
wird,  wofür  er  200  fl.  erhalt.  Bei  der  Stadtbefeftig 
arbeiten  Peter  I  afalio  an  der  Partei  gegen 
du   Burg,  Franz  de  Podt  gegen  den  Traut- 
mannsdorfhof,  Jacob  de  la  Porta  an  einem 
im  ht  naher  bezeichneten  Ort  und  Jacob 
dt  IfcKonga  (?)  an  der  Burgbaftei,  welche 
eingefallen  war,  abgebrochen  und  neu 
mauert  wurde. 

Von  auswärts  fchweigen  die  A6ten.  Die  Befcfti- 
gungen  von  Fürftenfeld,  Marburg  und  Pettau  waren 
beendet,  Radkersburg  wenigftens  in  feinen  Haupt- 
theilen.  Jacob  Marbl  baut  das  Provianthaus  in  Pettau. ' 

Baujahr  1587. 

Peter  Vafalio  fetzt  1 5 S 7  die  neue  Partei  gegen  die 
Burg  fort,  auch  Jacob  de  la  Porta  wird  als  Baumeifter 
genannt.  In  diefem  Jahre  muß  auch  an  dei  Burg  gebaut 
worden  fein,  denn  Marco  Antonio  Tade,  Hofbau-Polier 
erfucht  im  September  um  1400  fl.  für  feine  Arbeiten 
„am  neuen  vnd  Alten  gepewen  In  der  Burgkh"  aus- 
geführt.2 Vom  November  1587  liegt  die  Eingabe  eines 
gewiffen  Alcffandro  Scadinari  dcll  Amadei  vor,  in 
wel<  her  er  fich  anheifchig  macht,  einen  Aufzug  auf  das 
Schloß  zu  errichten,  mit  welchem  „alle  Nothdurft  mit 
einem  Mann  und  einem  Rofs"  hinaufgeführt  werden 
könne.  Auch  eine  Mühle  fei  er  bereit  zu  bauen,  mit 
welcher  ein  Mann  per  Tag  fechs  Viertel  Getreide 
mahlen  könne. :l  Franc  Marbllegt  die  Entwürfe  einiger 
Gränzhäufer  an  der  windifch-kroatifchen  Gränze  vor.* 

Von  Provinzbauten  ift  nur  zu  erfahren,  dafs  Jacob 
Marbl,  Sohn  des  Franz  Marbl,  am  Provianthaus  zu 
Pettau  baut.  ' 

Baujahr  1588. 

Im  Jahre  1588  wird  der  Glockenthurm  am  Schloß- 
berg, welcher  heute  noch  als  Wahrzeichen  von  Grätz 
lieht,  erbaut. Dicht  neben  der  alten  St.  Thomas-Kirche1'' 
flehend,  hatte  er  eine  doppelte  Beftimmung.  Er  bil- 
dete den  Glockenthurm  der  Kirche  und  barg  in  feinen 
unteren  und  unterirdischen  Etagen  Gefängniffe  für 
politifche  Verbrecher,  welche  in  der  That  ftark  fre- 
quentirt  waren. ' 

Der  achteckige,  mit  einer  Verjüngung  aufrtei- 
gende,  34  M.  hohe  Thurm  ift  von  majeftätifcher 
Wirkung.  Er  befitzt  vier  Stockwerke;  die  unteren  drei 
haben,  dem  Charakter  der  Gefängniffe  entfprechend, 
kleine  viereckige  Fenrter,  das  oberfte  Gefchoß  aber, 
in  welchem  die  große  Glocke  hängt,  hat  fchön  geglie- 
derte Schallöffnungen,  welche  die  in  der  Schule  De 
Lalio's  übliche  Zweitheilung  durch  ein  unterbundenes 
Säulchen  zeigen.  Die  große  Glocke,  im  Volksmund 
„die  Liesl"  genannt,  ift  8j:1  .,  l  I  fchwer  und  wurde  1587 
von  dem  „Pixengießer"  Martin  Hilger  gegoffen.  Ueber 
die  Erbauung  des  Thurmes  befitzen  wir  nur  ein 
einziges,  aber  intereffantes  Aftenftück,8  nämlich  eine 

'  Expeditbuch. 

'-'  II.  K.  A.  September  1587,  Nr.  2. 

1   Ibidem   November   Nr.  35.  Zahn  a.  a.  O.  erwähnt,  dafs   Scadinari  zwei 
Handmühlen   wirklich    errichtete,    eine    zur    Probe    im    Haufe    des    Hei 
,  eine  auf  dem  Schloßberg,  per  Stück  zu  30  fl. 

*  81  Fascikel  der  Landfchaft,  Fase.  35,  Nr.  40. 
l'cditbuch. 

"  I  ii e  St.  Thomas-Kirche  war  ein  romanifchcr  Rundbau  mit  halbkreis- 
förmiger Abfide  (liehe  Plan);   lic  wurde  1809  demolirt. 

'  lieber  die  dafelbft  im  Laufe  der  Zeiten  untergebrachten  Gefangenen 
flehe  :   Fr.  v.  Kalchbeig  a.  a.  O.  S.  34  ff. 

-   II.  K    A    November  1588,  Nr.  13. 

<W1* 


ccx 


Klagfchrift  der  daran  betheiligten  Bau-  und  Werkleute 
an  den  Erzherzog  vom  November  1588  folgenden 
Inhalts:  „Euer  F.  D.  Khönden  wür  vndenbenante Arme 
Pau-  vnd  Werkhleuth  difes  in  dem  Gefchloß  Neuen 
angefangnen  Thurmes  Vnderthenigift  anzueruffen  vnd 
Zu  Pitten,  nit  vnderlalTen,  dieweil  wür  dann  ermelthen 
Thurnn  nunmehr  Zum  Thach  gebracht,  wie  auch  die 
Gloggen  fchon  alberait  In  das  Eyfenwerckh  gehengt, 
Vnfs  aber  deßwegen  noch  datoher  khain  bezalung 
niemals  eruolgt,  oder  geraicht  worden,  welches  dann 
vnß  ferner  In  die  Lenge  zuuerharen  fchier  vnmöglich, 
damit  vm  das  aber  Zum  deckhen,  vnd  anderen  Xott- 
wendigen  Inngepewen  vor  difen  wiinther  nichts  verab- 
faumbt  fonder  mit  aller  ehiften  Vollendt,  vnd  außgepaut 
werden  möchte.  Langt  an  E.  F.  D.  Vnnfer  Inngemain 
vnderthenigft  vnd  gehorfamift  Pitten  E.  F.  D.  wollen 
bey  derfelben  Zaalmaifter  alle  gnädigifte  Beuelchung 
vnd  Fürfehung  thun  lallen,  damit  wir  doch  ainmal  die 
Bezahlung  difer  vnferer  Hart  gehabten  muehe  vncl 
Arbait  halber  vnderthänigift  empfahen  möchten.  In 
genädigifter  Bedenckhung  dafern  der  Thurn  difen 
vorftehenden  YVintter  alfo  gar  vnbedacht  uerbleiben 
folte,  wurde  nit  allain  den  Gemeyr  defsThurns,  fondern 
auch  der  gloggen  nit  Clainer  fchaden  Zuegefueget 
werden. 

hlußformel) 

E.  F.  D.  Vnderthenigifte  vnd  Gehorfambfte  Pau: 
„vnd  YVerckh  Leuth  defs  Neu  erbauenden  Thurns 
Im  gemain." 

Außen  am  Gefuche  fteht  der  Auftrag,  den  Bitt- 
ftellern  200  fl.  zu  geben.  An  der  Stadtbefeftigung 
arbeiten  Jacob  de  la  Porta,  Peter  Vafalio,  Franz  de 
Podt  (auch  Pott  und  Anton  Wermascon,  letzterer  als 
Steinhauer. * 

In  Radkersburg  baut  Franz  Marbl  das  Proviant- 
haus. * 

Baujahre  ijSp  bis  löop. 

Der  Campanile  war  gebaut,  die  große  Glocke  auf- 
gehängt (Sigmund  Leuzendorf ,  Bürger  in  Leoben 
lieferte  den  „eifern  Klächl"  dazu  und  erhielt  im  April 
1589  46  fl.  dafür),  aber  es  fehlte  an  der  geeigneten 
Vorrichtung,  die  fchwere  Glocke  in  Bewegung  zu 
fetzen.  Da  halfen  der  talentvolle  Mechaniker  und  Roth- 
fchmied  Marx  U'ening  und  der  Zeugfchmied  Cafpar 
Reiffich  aus  der  Noth,  wie  folgende  Eingabe  derfelben 
vom  Juni  1589  darthut.  3 

..Euer  F.  D.  Tragen  genedigftes  wiffen,  dafs  man 
ein  guette  Zeit  hero  allerley  mitl  vnd  weeg  gefucht, 
mit  volftändiger  Zuerichtung  der  Neuen  großen  Glogk- 
hen  im  fürftlichen  Haubtfchloß  allhie  damit  diefelb 
recht  vnd  woll  khönn  geleuttet  werden,  wie  fich 
fonderlich  folches  Ihr  vill  zuuerrichten  vnderftanden, 
aber  Vergeblich,  dann  Sy  vnuerrichter  vnd  vngueder 
fachen  von  folchen  werch  haben  ablaffen  mueffen.  Die- 
weillen  es  dannLezlich  vnßBeedenvndergeben  worden, 
Vnd  wir  ohne  Beruemb  folches  werch  volfürth,  dafs 
nit  allein  am  leuthen  ferner  gar  khein  Mangl,  Sunder 
auch  alfo  Zuegericht  ift,  dafs  Zwo  Perfonen,  folche 
Gloggen  vngeachtet  Irer  groß  vnd  fchwäre,  ein  Ziem- 
liche weill  anziehen  vnd  Notturfftiglich  leutten  khönnen, 
weil  es  vnß  aber   (ehe   wiers   als   ins   werch   gebracht) 

'  Expeditbuch. 
:  Ibidem. 

H    K    A.  Juni  1589,  Nr.  47. 


Siegel  des 
Rattista  de 
Marin. 


große  muehe  vnd  fchwäre  Arbeit  geftanden,  \  nd  vnfern 
iniglichiften  Vleiß  neben  Außgeftandner  gefehrligkheit, 

daran  gewendet  haben,  Demnach  fo  bitten  E.  F.  D. 
wier  hiemit  vnderthenigift,  die  wollen  entgegen  zu  er- 
gözung  folcher  vnferer  fchwären  vilfeltig  muehe  vnd 
außgeltandner  arbeith  (waß  E.  F.  D.  genedigfter  wille 
ift)  vnß  mit  einem  Zue  Pueß  vnd  gnadengeld  genedigil 
bedongkhen  vnd  Miltigelich  Begaben,  Solche  erzaigte 
Landesfürftliche  genade  vnd  gaab  wollen  vmb  E.  F. 
D.  wier  vntherthenigift  zuverdienen  Befleußt  fein,  den- 
felben  vnß  gehorfambift  befelchendt. 

E.  F.  D.  gehorfambifte  diener  vnd  Püxenmaifter 
alda  Marx  Wening  vnd  Cafpar  Reiffich-. 

Erzherzog  Karl  llarb  am  10.  Juli  1590,  und  da  fein 
ältefter  Sohn   Ferdinand    noch  unmündig   war,  führte 
Erzherzog  Ernft   die  Regentfchaft.  Die  Befeftigungs- 
bauten  ruhten  aus  Mangel  an  Mitteln  dazu.  Von   1591 
datirt   eine   Refolution    des  Erzherzogs,  ein  Gebäude 
für  Wohnungen  der  neu  aufgenommenen 
16  Soldaten  und  einige  Reftaurationen  im 
Schlöffe   ausführen   zu   laßen. '  Im  Jahre 
1595   wird  Battißa  de  Marin,  der  bereits 
durch  15  Jahre   bei   der  Stadtbefeftigung 
als  Polier  thätig  war,2  vom  Hofkriegsrath 
dazu  beftimmt,    „dafs   ihm   bei  dem   ftill- 
ftehenden   Stattgebeu   zur    etwas    feiner 
vndterhaltung  auß   dem  Haupt   Pau-Deputat  jährlich 
60  fl.  geraicht  werden,  fo  dafs  er   verbunden  fei,  auf 
hiefiges  Stattgebeu  Auffehen  zu  haben  vnd  die  Mengl 
allweg   ftrags    vor  einreißung   mehreres   Unrats    vnd 
Schadens   zu   wenden".3    Diefer   Polier   war   alfo   der 
rothe  Faden,  welcher  von  der  im  Jahre  1589  abgebro- 
chenen Bauthätigkeit  bis   zur   unbeftimmten  Wieder- 
aufnahme derfelben   hinüberleiten    follte!   1597    finden 
wir  wieder  einige  Thätigkeit  an  den  Werken  vor  dem 
Paulus-Thor  unter  der  Leitung  Marin  s,  welcher  mittler- 
weile zum  Hof  baupolier  avancirt  war.*  Da  aber  das  Land 
kein   Baugeld  flüßig  machte    und  von  der   Regierung 
nur  500  fl.  angewiefen  waren,  konnte  felbflverftändlich 
nicht  viel  und  nicht  lang  gearbeitet  werden.    Im  Jahre 
1598  ftarb  Marin  „eine  Witwe  mit  eilf  Jungen u  hinter- 
laffend,5  und  es  wurde  Giov.  Angelo  de  la  Porta  zum 
Polier   des  Stadtgebäudes  aufgenommen.    Seine   Ein- 
gaben   um  Wiederaufnahme    des   Baues,    feine    Vor- 
ftellungen,  dafs  die  unfertigen  Bauten  durch  das  Regen- 
waffer  ruinirt  und  zerftört  werden,   blieben    erfolglos. 
Die  Landftände  waren  durch  die  in  den  letzten  Lebens- 
jahren Karl  11.  verfchärften  Schritte  zur  Reftauration 
des  Katholicismus    unwillig  und   verftimmt    und   ver- 
fagten  das  Geld   zum  Baue.    Auf  eine  Eingabe  de  la 
Porta's    an    die    Regierung    erfolgt    den    26.   Juli    die 
Antwort:    „Es  feien   nicht    die    geringften  Mittel   da; 
weil  aber  fowohl  von  der  Bürgerfchaft,   als  dem  Hof- 
gefinde  eine   Contribution    zum   Stadtgebeu    bewilligt 
und   zum  Theil  eingebracht  worden,  fo  fei,    was  noch 
einzubringen,  mit  dem  eheften  wirklich  einzufordern."" 
Alfo  fogar  das  Hofgefinde  wurde  zur  Beifteuer  für  die 
Baukoften     herbeigezogen.      Als     endlich    Erzherzog 
Ferdinand,    welcher   1596    die   Regierung    angetreten, 
im  Jahre  1598  die  verhängnisvollen  September-Decrete 

1   H.  K.  A.  Juli   1591,  Kr.  24. 

:  L.  A.  Antiq.  Fase.  27. 

3  Ibidem. 

'  H.  K..  A.  April  1597.  Nr.  ir. 

*  L.  A.  Anliq.  Fase.  27. 

•  M.  K    A.  Juli  1598,  Nr.  19. 


CCXI 


erließ,  wurden  die  Stände  noch  mehr  verbittert  und 
mit  der  Geldbewilligung  war  es  auf  viele  Jahre  hinaus 
vorbei.  Die  fteirifchen  Landftände  haben  das  bekannte 
Wort:  „Kein  Geld  —  keine  Schweizer"  in  „Keine 
Religionsfreiheit  —  kein  Geld"  umgewandelt. 

Im  Jahre  iöoo  wurden  auf  Regierungskoften  die 
„Schranken-Schlagbrücke"  und  .,<>  neue Zimmergebeu" 
(Cafematten)  vom  Meifter  Jacob  de  la  Porta  erbaut.1 
Baukoften  91S  fl.  59  kr.  Peter  I  'alnegro  wird  zum  Hof- 
baupolier mit  35  fl.  Jahresgehalt  ernannt.*  Im  Jahre 
1601  reicht  ein  gewiffer  I laus  Taller  Modelle  ein  und 
Erzherzog  Ferdinand  beauftragt  ddo  24.  Juni  die  Hof- 
kammer: „1.  Taller  für  iibergebene  Modelle  und  Invcn- 
tionen  vber  dasjenige,  so  er  bisher  darauf  empfangen, 
300  II.  zu  geben,  2.  fo  lang  wir  feiner  nun  hinfiiro 
bedürfftig,  monatl.  30  fl.  als  ein  Wartgeld  zu  reichen, 
3.  Wann  es  zu  einem  Veldzug  gelange  vnd  Er  darunder 
gebraucht  wurde,  So  haben  wir  Im  fo  lang  derfelb 
gewehret  vnd  er  folch  Veldzug  beiwohnt  zu  feiner 
Vnderhaltung  monatl.  80  fl.,  4.  Wofern  durch  die  Mittl 
feiner  Invention  vnd  zuvorderft  des  Allmechtigi  n 
gnedigen  Bciftand  die  Haupt  Feftung  Canifa  erobert 
wurde,  dafs  Ime  auf  folchen  Fall  zu  ainer  ergözlichkeit 
iooo  fl.  verehrt  vnd  auch  auf  fein  Lebenlang  jährlich 
200  Taller  zur  Provifion  geraicht  werden  folle. 
5.  Wann  er  vor  dem  Feind  vmbkäme  oder  fonften  zeit- 
liches Todts  ftürbc,  aber  feine  gemachte  Invention 
den  effetft  mit  eroberung  Canifa  glücklich  erraichte, 
fo  haben  wir  uns  gnedigift  erbotten,  feiner  nach- 
gelafsenen  Ehewürtin  auf  Lebelang  Järlich  100  Taller 
zur  Provifion  zu  raichen".3 

Die  lucrativen  Ziffern  diefes  Auftrages  beweifen, 
dafs  Erzherzog  Ferdinand  auf  die  Inventionen  Taller's 
großes  Gewicht  legte,  und  fich  davon  bei  der 
Belagerung  Kanifcha's  große  Stücke  verfprach.  Leider 
haben  fich  weder  die  uns  unbekannt  gebliebenen 
Erfindungen  Taller's,  noch  die  Mithilfe  Peter  de  Pomis'i 
bei  der  Belagerung  der  genannten  Feftung  bewährt, 
welche  bekanntlich  ein  ziemlich  klägliches  Ende  nahm. 

Im  Jahre  1608  wurde  im  Schlöffe  ausgeführt: 
Ausbau  der  5  neuen  Cafematten  zu  Landsknecht- 
wohnungen, Herftellung  des  eingefallenen  Thurmes 
an  der  Fernberger-Baftei,  Reparaturen  etc.  Koften 
1322  fl.  20  kr.5 

Wahrend  der  Zeit  des  20jährigen  Bauftillftandes 
in  Grätz  wird  auch  in  der  Provinz,  mit  Ausnahme  von 
Radkersburg,  wenig  gebaut.  In  Fürftenfeld  beffert  1593 
Benedict  Facon  (Fackono)  die  Stadtmauer  an  5  Orten 
aus,  in  Pettau  baut  1594  Jacob  Marbl  am  Proviant- 
haus." In  Radkersburg  ift  1590  Battißa  de  /a,Torre 
Polier,  Marc  Antonio  Lancio  arbeitet  1593  als  Stein- 
hauer. 7  Von  1594  bis  1596  erfcheint  dort  Marc  Antonio 
Canaval  als  Polier,  verreift  aber  im  letzteren  Jahre 
in  feine  Heimat,  da  er  „nimmer  willens  noch  Vor- 
habens ift,  wiederumb  in  diefes  Land  zu  kommen". 
Nach  ihm,  u.  zw.  am  29.  November  1596  wird  Battißa 
de   la    Porta    zum    landfehaftlichen    Polier    ernannt. s 

1  H.  K.  A.  Juli  1600.  Nr.  55.  Jacob  de  la  Porta  ift  nun  bereits  der  achte 
Haumeiftcr  der  Familie  de  la  Porta. 

■'  Ibidem  Juni  1602,  Nr.  35. 
1  H.  K.  A.  Juni  1601,  Nr.  28. 

*  Siehe:  Giovanni  Pietro  dt  .'  p,  Hofmaler,  Hof-Architekt  und  Feftungs- 
baumeifter  in  Uratz,  im  Kepcrtorium  für  Kunltwiflen.fi  hafl    \  I    Bd.,  S.  97. 

'   II.K.A.  September  1608,  Nr.  76. 
,:  L.  A.  Antiq.  Fase.  27. 
7  Ibidem  Fase.  44. 
a  81  F'ascikel  der  Landfchaft,  Fase,  5,  Nr.  5,  a. 


1599  arbeiten  dafelbft  Domenico  und  Benedict  Gallo  als 
Steinhauer.1  In  Petrinia  kommt  zwifchen  1595  und  1597 
Ce/ar  Porta  als  von  der  fteirifchen  Landfchaft  befol- 
deter  Gränzbaumeifter  vor.2  Nach  dem  großen  Brande 
vom  11.  Juli  1607  gab  es  in  Radkersburg  viel  zu  thun. 
Antonio  Plaza,  der  das  Bürgerrecht  der  Stadt  erworben 
hatte,  läßt  durch  feine  Poliere  Marco  Antonio  Marco 
und   Gco  die    „eingefallene   Ringmauer,    fo    in 

der  Feuersbrund  das  Pulver  zerworfen",  wieder  her- 
ftellen.  Zwifchen  1607  und  1612  wird  das  Kathhaus 
hergellellt,  woran  A.  Plazo  und  Domenico  Gallo 
arbeiten,  letzterer  als  Steinhauer,  welcher  drei  Thorc 
und  acht  Fenfter  „in  ihrer  Zier-'  aus  Ehrenhauferftein 
herftellt.  In  Ibanitfch  baut  von  1605  an  Kilian  Canaval 
als  Polier,11  in  Copreinitz  [593  Franz  Marbl,  nun  als 
„obriller  Baumeifter  der  kroatifch-windifchen  Grenze" 
mit  Bernhard  Bollo  als   Polier.*    In  Petrinia    baut  von 

1597  bis  1602  Philipp  Franckh  als  Polier.'  Franz 
Marbl  war  nach  Vintana's  Tod,  der  Ende  15.NS 
erfolgt  zu  fein  fcheint,  in  die  Reihe  der  Nachfolger 
Domenico  de  Lalio's  getreten.  Zwei  Bauberichte,  der 
eine  über  Fürftenfeld,0  der  andere  über  die  Befefti- 
gung  von  Siffek,7  liegen  von  ihm  vor.  Er  erhält  im 
Jahre  1593  „femel  pro  fempre"  200  fl.  und  fo  lang  er 
beim  Baue  befchäftigt,  „außer  der  ordinari  auch  die 
extraordinari  Zubuß  von  100  fl.  jährlich".8  Er  beklei- 
dete die  neue  Würde  aber  nicht  lang,  da  er  wahr- 
fcheinlich  Ende  1593,  ficher  aber  vor  dem  27.  Jänner 
1594  ftarb.    Auf  ihn  folgte  Alejfandro   de  Pasqualitio, 

1598  zum  landfehaftlichen  Ingenieur  und  Baumeifter 
aufgenommen,9  am  8.  Juli  1599  von  Erzherzog  Fer- 
dinand zum  Baumeifter  der  Gränze  mit  60  fl.  monat- 
lich ernannt,1"  welcher  fchon  1603  dem  Ottavio  Zanuoli 
das  Feld  räumte.11  Auch  diefer  war  nicht  lang  im 
Amte.  Außer  einem  Berichte,  den  er  am  2.  Juni  1603 
über  Copreinitz  ablieferte,12  wiffen  wir  nichts  über  feine 
Wirkfamkeit.  Er  ftarb  wahrfcheinlich  zu  Ende  des 
Jahres  1606,  denn  am  15.  Januar  1607  wurde  „anftatt 
des  unlängft  abgelebten  oberften  Baumeifters  Ottavio 
Zanuoli"  bereits  fein  Nachfolger  in  der  Perfon  des 
Albrecht  Marconi  mit  30  fl.  Monatsgehalt  ernannt.1" 

Baujahre  16 10  bis  1620. 

Von  nun  an  hören  die  Baurechnungen  von  Grätz 
auf.  Unfere  Hauptquelle  verfiegt,  und  wir  müßen  uns 
mit  Hilfe  der  anderen  Acten  zurecht  finden.  Im  Jahre 
1610  werden  endlich  vom  Landtage  wieder  4000  fl. 
Baudeputat  für  die  Befeftigung  der  Stadt  bewilligt. 
Die  Verordneten  erklären  jedoch  ddo  3.  Auguft:  „fie 
können  die  vom  Landtag  bewilligten  4000  fl.  aus 
Mangel  an  Geld  nicht  zahlen.  „Jedoch  wann  Sy  fechen, 
das  zu  gemelten  geben  gegrüffen,  vnd  die  Handt- 
wercher  auf  Sy  wöchentlich  gewißen  werden,  wollen 
Syalßbaldt  anfangs  von  4  zu  500  fl.  auszahlen  laßen".1'1 

1  Cammerbuch  der  Gemeinde  Radkersburg. 

-  Expeditbuch. 

1  Ausgabenbuch  der  Landfchaft,  1605. 

I  81  Fascikcl  der  Landfchaft,  Fase.  72. 

'  Expeditbuch  und  Ausgabenbuch  t6o2. 

'•  L.  A.  Antiq.  Fase,  ir  a, 

7  Ibidem  Fase.  27. 

'  Hudem. 

3  Ibidem  Fase.  50. 

[dem  Fase.  31,  Gränz-  und  Bauwefen. 
11  L.  A.  Antiq.    Fase.    31,    Gränz-    Ul        B  en.    Zanuoli    ift   auch  als 

Porträtmaler  bekannt.  Siehe  fteirifches  Künftlcrlexicon. 
'-  Ibidem. 
«  Ibidem. 

II  Expeditbuch. 


CCXII 


Mit  einigen  Unterbrechungen  bewilligt  der  Landtag 
nun  wieder  jährliche  Bau-Dotationen,  fo  dafs  in  den 
Jahren  1610  bis  1620  die  Summe  von  36.OOO  fl.  zur 
Auszahlung  kam.1  Auf  die  Namen  der  ausfuhrenden 
Baumeifter  müßen  wir  leider  verzichten,  da,  wie  ge; 
die  Baurechnungen    nicht   mehr  exiftiren.    Peter   l'al- 

0  ift  beim  Bau  befchäftigt  und  dm  Namen  eines 
anderen  Poliers,  Bartolomeo  dt  Bofio,  erfahren  wir  aus 
dem  Ausgabenbuch  der  Landfchaft  vom  Jahre  161S. 
Die  Arbeit  concentrirte  lieh  auf  die  Baftionen  beim 
äußeren  Paulus-Thor;  diefes  felbft  fcheint  1614  ferti.;- 
geftellt  worden  zu  fein,  denn  ein  Erlaß  des  Krzherzogs 
Ferdinand  vom  9.  Januar  1615  beftimmt,  „dafs  die  im 
neu  erbauten  St.  Paulusthor  befindlichen  Zimmer, 
Kalten  und  Keller  dem  Hueb:  Marchfutter  oder 
fumalirambt,  welches  an  Localitäten  Mangel  leidet, 
überlaffen  werden-.*  Für  diefes  heute  noch  beliebende 
Stadtthor  arbeitete  der  Bildhauer  Phüibert  Pocabelli 
bereits  im  Jahre  1606  die  beiden  Wappen  aus  weißem 
Marmor,  wofür  er  950  fl.  erhielt.3 

Es  durfte  nicht  ohne  Interciic  fein,  die  Ausrüftung 
einer  Feftung  damaliger  Zeit  kennen  zu  lernen.  Wir 
wählen  dazu  das  Inventar  vom  20.  März  1609,  welches 
einem  Berichte  des  Oberften  der  windifchen  Gränzen 
und  Schloßhauptmann  alhier  Herrn  Sigmund  Friedrich 
von  Trautmannsdorf  und  des  Hanns  Jacob  Freiherrn 
von  Khisll  als  oberften  Zeugmeifter  mit  der  Tendenz, 
dafs  das  Schloß  itärker  zu  verproviantiren  fei,  ent- 
nommen ift.' 

„Verzeichniß,  was  an  Munition  und  Profiant  im 
Hauptfchloß  vorhanden. 

Watten:  fünf  Carthaunen,  zwei  Singerin,  vier 
Nnthfchlangen,  drei  Feldfchlangen,  18  Falconet,  zwei 
Haubitzen,  19  Doppel-Falconet,  vier  einfache  Falconet, 
zwei  ungefaßte  Feuermörfer,  300  Doppelhacken,  die 
mit  keiner  Zugehör  verfehen,  780  Ctn.  Pulver, 
225  Karthaunkugeln,  227  Singerinkugeln,  600  Noth- 
fchlangenkugeln,  1500  Feldfchlangenkugeln,  3266  Fal- 
conetkugeln,  2500  Doppel-Falconetkugeln,  3887  ein- 
fache Falconetkugeln,  100  Sprengkugeln,  70  Ctn. 
Schrot,  200  Ctn.  Blei,  80  Ctn.  Saliter,  11  Startin 
ä  10  Kimer  Schwefel,  90  Ctn.  Pech,  Item  von  allerlei 
Vorrath,  Strickhe,  Werch,  Leinwath,  Öl  und  der- 
gleichen zum  Feuerwerkh.  Mufketen  in  die  2000, 
Lange  Spieß  1000,  Hellepardten  500,  Rüftung  auf 
500  Mann,  Rundtartfchier  50. 

Proviant:  575  Vaß  Mehl,  follen  auf  das  Wenigift 
allezeit  an  die  1000  Vaß  gehalten  werden,  Fleifch 
möchten  in  die  200  Oxen  aufgefelcht  vnd  einge- 
falzen  werden  vnd  den  Knechten  nach  vnd  nach 
gegeben  vnd  wieder  Frifches  in  Vorrath  gefchafft 
werden.  Desgleichen  khöndte  es  auch  mit  den 
Schweinen,  gefalzenen  Fleifch  vnd  Spekh,  wie  nit 
weniger  mit  Käß  und  Butter  gehalten  werden,  deßen 
Vorrath  fich  aufl  deß  wenigift  in  die  500  Ctn.  Schweine- 
fieifch  erftreckhen  möchte.  Salz  2000  P'ueder,  Holz 
foviel  deffen  khan  gelegt  werden.    Wein  500  Startin." 

Auswärts  wird  vorzüglich  in  Radkersburg  und 
Ibanitfch  gebaut.  Im  erften  Orte  baut  der  Meifter 
Antonio  Plazo  161 1  am  Rathhaus  und  Zeughaus,  1612 
bauen  er  und  Domenico  Gallo  am  Rathhaus.  In  Ibanitfch 

1  Ausgabenbucher  jener  Jahre. 
:  H.  K.  A.  Januar  1615,  N 

1  Ibidem  Juli  1606,  Nr.  22. 
•   H.  K    A.  Man  1609,  Nr.  62. 


ift  von  1605  bis  1620  Kutan  Canaval  als  Polier  mit 
11  fl.  Monatsgehalt  thatig.1  Der  Gränzbaumeifter 
Albrecht  Marconi  bezieht  bis  161S  regelmäßig  fein 
Jahresgehalt;  über  feine  Leiftungen  ift  uns  nur  bekannt, 
dafs  er  wiederholt  nach  Feldbach  gefchickt  wurde. 
da  in  jener  Zeit  iler  Plan  zur  Befestigung  diefes  Platzes 
ißt  wurde.  Kr  fcheint  1618  geftorben  zu  fein,  denn 
am  1.  März  1619  wird  an  feine  Stelle  Harn  Albrecht 
WentfchÜB  vom  Kaifer  zum  Baumeifter  der  windifchen 
Gränze  ernannt.* 

Baujahre  1621  bis  / 

In  der  Zeit  von  1621  bis  1640  werden  vom  Land- 
tage für  die  Stadtbefeftigung  68.000  fl.  bewilligt,3 
wirklich  ausbezahlt  aber  nur  42.000  fl.*  Auch  das 
Kronland  Krain  wird  zu  Beiträgen  für  die  Gratzer 
Befeftigung  herbeigezogen  und  bewilligt  der  Krainer 
Landtag  im  Jahre  1629  4000  fl.''  Die  Arbeiten  concen- 
triren  lieh  in  diefer  Bauperiode  auf  den  Bau  des  äußeren 
(dritten)  Sackthores"  und  die  Befeftigung  desfelben 
durch  eine  Baftion,7  welche  1629  begonnen  wurde/ 
Um  zu  /.eigen,  dafs  man  verftand,  das  Angenehme  mit 
dem  Nützlichen  zu  verbinden,  citiren  wir  einen  Erlaß 
der  Regierung  an  den  Bürgermeifter  von  Grätz,  ddo. 
10.  Juni  1626:  Der  Bürgermeifter  vnd  „tue  von  Graz" 
haben  den  Schwanenftand  im  Stadtgraben  vor  dem 
eifernen  Thor  eingehen  laffen,  weil  die  Thiere  der 
Fifchbrut  Schaden  gethan.  Da  aber  ..die  Schwanen 
zu  ainer  luft  und  Zier,  wie  auch  dem  Stattgraben  Zu 
Nuzen  vnd  Sauberkheit  gereichen  thun,  inmaßen  die 
fürnembften  Fürften  vnd  Potentaten  Ire  Teicht  vnd 
graben  mit  dergleichen  adelich  vögl  vnd  Schwanen 
anzufühlen  pflegen'",  alfo  foll  der  Schwanenftand 
w  ieder  hergeftellt  werden.9 

Um  diese  Zeit  fcheint  die  Idee  einer  Befefligung 
der  Mur-Vorßadt  ernftlich  in  Erwägung  gezogen 
worden  zu  sein.  Eine  Note  des  Hofkriegsrathes  an  die 
Landfchaft  ddo  18.  Juni  1632  fagt:  „Da  nach  Begehren 
der  Landfchaft  wegen  Fortificirung  der  Muervorftadt 
ein  Abriß  oder  difegno  vorhabender  Fortificationen 
gemacht  vnd  die  Gaßen,  zu  deren  nachrichtung  so  zu 
bauen  haben,  ausgefteckt  werden  müßen,  tritt  die 
Commißion  zufammen,  zu  welcher  die  beiden  Kriegs- 
räthe  Gottfried  Freiherr  von  Falbenhaupt,  Oberft,  vnd 
Sigismund  Frd.  Freiherr  von  Gleispach  mit  Zueziehung 
der  beiden  k.  Baumeifter  Albrecht  Wendtfchitfch  und 
Lorenz  von  Defipi  beftimmt  find".10  Es  ift  höchft 
wahrfcheinlich,  dafs  Lorenz  i'on  Defipi  diefen  Plan, 
d.  h.  die  Aufnahme  der  Mur-Vorftadt  ausführte.  Defipi 
war  feit  1619  als  ..Ihr  röm.  kaif.  Majellät  Kriegsbau- 
meifter"  in  Grätz11  und  hatte  wahrfcheinlich  die 
Generalleitung  über  die  Feltungsbauten  der  damaligen 
Zeit.    Er  war  auch  Kupferftecher '*  und   hinterließ  bei 

1   Ausgabenbuch. 

-  L.  A.  Antiq.  Fase.  31,  lirjn/-  und  Bauwefen. 

1  Ibidem. 

*  Ausgabenbuch. 

■    11.  K.  A.  September  u>2y.  Nr.  115. 

'    Dasfelbe,  heute  demolirt,  trug  an  der  Infchrift  die  Jahreszahl  1625. 

'   Aul  den   in  die  Mur  reichenden   Mauern  dcrfelben  lieht  das  heutige 
^niß  des  Unterluchungs-t  Jcrichtcs. 

:  Ausgabenbuch- 

9  H.  K.  A  Juni  1626.  Nr.  40. 

'     L.  A.  Antiq.  Fase.  31. 

11  Dies  geht  aus  einer  Eingabe  der  von  Defipi  hinlerlaflenen  Witwe  an 
die  Landfchaft  hervor,  in  welcher  i\K  fagt,  dafs  fie  mit  ihrem  trauen  feil 
15  Jahren  das  Paulus-Thor  bewohnte.  „Sobald  er  am  jüngft  vergangenen 
Ofterfonntag  fall  noch  nicht  recht  in  der  Erden  erkaltet,  hat  fich  swei 
nach  feinen  abfehaidten  der  Feldt  Trommpetter  Kuepp  vnterftanden,  mich  aus 
dem  Zimmer  mit  gewalt  zu  fchatTen.-  ^L  A.  Antiq,  Pasc, 
'-   Steirifchcs  Künlllerlcxicon. 


ccxm 


feinem  Tode  (16.  April  1634)  einen  unvollendeten 
Kupferftich,  die  Anficht  der  Stadt  Grätz,  welche  mit 
der  von  Wensel  Hollar  1635  herausgegebenen  identifch 
fein  dürfte,1  d.  h.  in  dem  Sinne,  dafs  Hollar  von  der 
Witwe  Defipi  die  unfertige  Platte  übernahm  und  den 
Stich  zu  Ende  führte. 

Am  1.  Janner  1633  wurde  Simon  Valnegro  zum 
landfehaftlichen  Baupolier  aufgenommen.2  Im  felben 
fahre  follen  der  Mechanismus  des  „tiefen  Brunnens" 
und  die  Handmühlen  im  Schlöffe  reparirt  werden.  Die 
beiden  Mechaniker  Georg  Wankhammer  und  der 
„kunftreiche  Mühlenmeifter"  Ferdinand  Zehentner 
werden  aufgefordert,  eine  Concurrenz  zu  beftehen. 
Jeder  erhalt  eine  Mühle  zur  Reparatur  und  derjenige, 
der  feine  Arbeit  am  heften  macht,  foll  mit  dem  Auf- 
trage betraut  werden.'1  Im  Jahre  1639  ftarb  der  Hof- 
baupolier Peter  Valnegro;  an  deffen  Stelle  wurde  Peter 
Fafol,  wahrfcheinlich  ein  Sohn  des  zwifchen  1585  und 
1588  vorkommenden  Pietro  ]Tafalio  ernannt.* 

Im  Jahre  1621  wird  mit  der  Befeftigung  von  Feld- 
bach begonnen.  Die  Rechnungen  darüber  werden  mit 
dem  Satz  eröffnet:  „Am  16.  Auguft  1621  unter  den 
liie/u  bcftellten  Herrn  Alberdo  Wentfchinen  (fic)  die 
arbeit  angefangen".5 1622  bauen  Peter  Valnegro,  deffen 
Polier  Hans  Canaval  und  der  Steinhauer  Giovanni 
Mamolo  (Hans  Mämol)  die  erfte  Porten.  1623  ftockte 
der  Bau.  Richter  und  Rath  von  Feldbach  entfchuldigen 
(ich  ddo.  19.  October  1623  bei  der  Landfchaft,  dafs  sie 
mit  dem  Bau  nicht  vorwärts  kommen;  aber  es  ift  die 
Infection  eingetreten  und  Valnegro  habe  nicht  kommen 
können.  „Vielweniger  haben  wir  feinen  bedeuten 
Polier  Hans  Canabal,  welcher  diefen  gebeu  anfenchlich 
beygewohnt,  In  bedenken,  er  zu  den  auch  hochnot- 
wendigen Hoffgebey  der  röm.  K.  M.  vnfercs  aller- 
gnedigft  Herrn  vnd  Erb  Landt  Fürften  begrebnuß  ver- 
ordnet vnd  begert  worden,  über  vielfaltige  Zufchreibcn 
vnd  Bitten  nicht  gehaben  khönnen".6  Im  Jahre  1624 
wirtl  von  Valnegro,  deffen  Polier  und  Mamolo  die 
zweite  Porten  „gegen  die  Raab,  fürftenfeldwärts" 
gebaut,  1626  endlich  von  Valnegro  die  dritte  Porten." 
Kollen  der  drei  Porten  6005  fl.  7  (3  12  A  Von  Fürften- 
feld  ift  uns  nur  bekannt,  dafs  1627  Hans  Leonhard 
Copitfch,  „verordneter  Paumeifter"  und  Cafpar  Sal- 
vador, Bürger  und  Maurer  zu  Fürftenfeld,  an  der 
Baftei  arbeiten.  Im  Jahre  1631  baut  letzterer  an  der 
Stadtmauer.  Zu  Radkersburg  wird  in  der  ganzen  Zeit 
gebaut.  1625,  1628  und  1629  wird  dafelbft  Lorenz 
v.  Defipi  als  Baumeifter  genannt,  1631  ein  gewiffer 
Wolf,  Bürger  und  Maurer  dafelbft.8  1636  baut  Hans 
Kraufshaar  als  Baupolier  zu  Copreinitz.9 

Baujahre  1641  bis  1660. 

Für  die  Zeit  von  1641  bis  1660  wurden  vom  Land- 
tage 55.000  fl.  bewilligt  und,  foviel  man  aus  den 
mangelhaften  Ausgabebüchern  fehen  kann,  auch  ziem- 
lich vollinhaltlich  zur  Auszahlung  gebracht.  Beträcht- 
liche Neubauten   fcheinen  in  diefer  Periode  nicht  auf- 

1  Kümitul :  Kunft  und  Künftler  in  ihrer  Förderung  durch  die  fteirifche 
Landfchaft.  Beitrage  zur  Kunde  fteirifcher  Gefchichtsquellen,  XVI.  Heft,  1879. 
:  L.  A.  Antiq.  Fase.  35. 
1  H    K.  A.  1635,  Januar  Nt.  67,  Mai  Nr.  59  und  Juni  Nr.  102. 

*  Derfelbe  wird  bereits  immer  mit  dem  germaniiirten  Namen  Fafol 
bezeichnet. 

5  Acten  der  Landfchaft  Nr.  1349. 

*  L.  A.  Antiquum  Fase.  52. 
7  L.  A.  Acten  Nr.  1249. 

-  Ausgabenbuch. 
9  Ibidem. 


gefuhrt  worden  zu  fein;  das  ganze  Bau-Deputat  wurde 
von  den  Reparaturen  der  zahlreichen  Werke  Ver- 
fehlungen, ja  die  Regierung  mußte  außerdem  noch 
betrachtige  Summen  zufchießen.  So  hat  diefelbe  be- 
reits 1627  zu  den  von  der  Landfchaft  bewilligten 
5000  fl.  die  Summe  von  2000  fl.,  im  Jahre  1628  zu  den 
landfehaftlichen  3000  fl.  fogar  7500  fl.  hinzugefügt.' 
Im  Jahre  1645  bewilligt  der  Kaifer,  dafs  aus  den 
Kriegs-Contributionen  —  Reftanten  30.000  fl.  zur  Re- 
paratur der  Hauptfeftung  verwendet  werden,-  welche 
wahrfcheinlich  nach  und  nach  zur  Auszahlung  kamen. 
Ueber  die  pofitive  Verwendung  der  Gelder  wiffen 
wir  nur,  dafs  im  Jahre  1644  1200  bis  1500  fl.  zur  Repa- 
rirung  der  „fcharfen  Baiteigegen  den  Thiergarten  und 
der  Katze"  verlangt  wurden/' 

Der  leitende  Baumeifter  diefer  Periode  ift  der 
Ingenieur  und  Kricgsbaumeifter  Tobias  Creizthaller* 
welcher  nach  feiner  eigenen  fpätcr  anzuführenden 
Angabe  von  1636  bis  1653  in  kaiferlichen  Dienften  lland. 
Da  Defipi  1634  ftarb,  fo  ift  Creizthaller  der  unmittel- 
bare Nachfolger  desfelben.  Er  refignirte  auf  fein  Amt 
im  Jahre  1653  und  ftarb  in  Gratz  am  28.  September 
1655.  Von  feiner  Thätigkeit  erhalten  wir  nur  Kunde 
aus  einer  Eingabe,  die  er  beim  Vcrlaffen  feines  Amtes 
an  Kaifer  Ferdinand  III.  richtete,  weßwegen  wir  die- 
felbe im  Auszüge  mittheilen.  Er  fagt  darin:  „Ich  habe 
mich  nit  allein  in  dero  Erbkönigreich  Fürftenthumben 
vnd  Landen,  fondern  auch  auf  der  Wündifchen  vnd 
Petrinifchen  Crobatifchen  vnd  Möhr-Gränitz  gegen 
den  Erbfeind  den  Türken,  wie  nit  weniger  gegen 
denen  Venedigifchen  Confinen  für  einen  Ingenier  vnd 
Kriegsbaumeifter  in  die  17  Jahr  lang  gebrauchen  laßen 
vnd  in  folcher  Zeit  mit  fchweren  vnd  gefährlichen 
Reifen  vnd  außgeftanden  großen  Krankheiten  mit 
darfetzung  Ehr,  Leib,  Haab,  Guett  vnd  Bluett  vermög 
aufgerichten  Mappa  oder  Tabulum  fambt  der  Relation 
vber  E.  R.  K.  M.  Erb  Königreich  Eürftenthumb  vnd 
Landen  in  allerunterthenigiften  gehorfamb  alberaith 
eingereicht  vnd  dedicirt."  Obwohl  er  1644  eine 
Zubuß  oder  Gnad  von  900  fl.  erhalten,  bittet  er,  da 
er  den  Dienft  „feiner  Krankheit  vnd  Paufolligkkeit 
wegen"  nicht  mehr  vorftehen  kann  (der  echte  Bau- 
meifter! er  wendet  den  Ausdruck  Baufälligkeit,  den 
er  für  fchadhafte  Bauten  in  Uebung  hat,  auf  feinen 
eigenen  körperlichen  Zuftand  an),  ihm  pro  Quartal 
eine  Provifion  anweifen  zu  laffen.  Auch  an  die 
Kaiferin  Eleonora,  die  Mutter  Kaifer  Ferdinand  III., 
richtet  er  ein  ähnliches  Gefuch.  Er  fagt  darin,  dafs  er 
nicht  nur  die  ausftändige  Befoldung  nicht  erhalten, ' 
„fondern  auch  noch  darüber  mir  vnd  denen  J.  O. 
Herren  Hof  Kriegs  Räthen  zuegemuettet  wrerden  wolle, 
alß  ob  die  außzeigung  des  neu  erbauten  Jungfrauen 
Clofters    der    Carmelitanerinen    zu    Graz     den    neuen 

'  H.  K.  A.  Juli  1644,  Nr.  41. 

-  H.  K.  A.  April  1645,  Nr.  31. 

3  Ibidem  1644,  Juli  Nr.  41. 

1  An  der  Außenfeite  der  Leechkirchc  in  Gratz  befindet  fich  ein 
Kainilirngrabftein  der  Creizthaller  aus  fehwarzem  Marmor  mit  folgender 
Infchrift : 

In   Sleyr  Geboren.  Gelebt  vnd   Geftorben. 

(Wappenfeld,  das  Wappen   nicht  mehr  vorhanden.) 

Der  Allcrheiligiften  Dreyfalligkheit  fambt  der  Himelkhönigin  Maria 
vnd  Allen  lieben  Heiligen  Zu  lob  vnd  Ehr  hat  difs  Epitaphium  der  Edle 
Tobias  Creytztaller,  der  Rom.  Khay.  Maj.  J.  0c.  Hoff  Kriegs  Ingenier  vnd 
Paumeifter  Ihnie  vnd  allen  fseiner  Befreunden,  Sonderlich  feine  Eheleib- 
lichen Lieben  Vatter  Lorenfs  Creytztaller,  fo  geftorben  den  14.  November 
\  1  ;7  machen  Lafsen.  Gott  Verleich  Ihme  vnd  vnfs  allen  die  Ewige  Sellig- 
kheit.  Amen." 

-'■  Er  hatte  in  der  That  bei  feinem  Austritt  noch  r333  fl.  .m  Gehalt  zu 
fordern.  (L.  A.  Antiq.  Fase.  31,  Granz-  und  Bauwefen.) 


CCXIV 


ifications  Werkh  dafelbft  zuwider  sein  solle. 
Eine  Refolution  des  Kaifers.  ddo.  Ebersdorf,  19.  Sep- 
tember 1654  beftimmt,  dafs  Creizthaller.  .der  über 
alle  vnfere  Erbkönigreich,  Fürftenthumb  vnd  Länder 
vnd  deren  Grenzen  ein  Mappa  aufgerichtet,"  jähr- 
lich 150  zu  reichen  fei.1 

-  diefer  Refolution  und  der  erften  Eingabe  geht 
hervor,  dafs  Creizthaller  von  allen  Provinzen  Oefter- 
reichs.  alfo  auch  von  Steiermark,  eine  Mappe  an- 
fertigte und  dafs  diele  Arbeit  mindeftens  zwei  Decen- 
nien  vor  der  Aufnahme  durch  Georg  Mai 

.:.  Leider  ift  uns  über  die  Art  und  den 

lab  diefer  Aufnahme  nichts  bekannt.  Auch  der 
zweite  Brief  enthält  eine  für  die  Grat/.er  Baugefchichte 
intereffante  Nachricht.  Es  ift  bekannt,  dafs  Kaiferin 
Eleonora  im  Jahre  1641  da-  Carmeliterinnen-Klofter 
im  kälbernen  Viertl  zu  Grätz  ftiftete,  welches  1654 
erbaut  und  1660  iht  wurde.-  Nach  dem  Inhalte 

zweiten  Briefes  befteht  nun  kein  Zweifel,  dafs 
Creizthaller  der  Erbauer  diefes  Klofters  ift.  einerfeits 
weil  er  fich  an  Eleonora  die  Stifterin  des  Klofters 
wendet,  anderfeits  weil  er  fich  beklagt,  dafs  man  das 
Klofter  als   der  Fortification  im  Wege  ftehend  findet. 

Im  Jahre  1650  wurde  bereits  eine  Reparatur  am 
eifernen  Thore  nothwendig,  welche  von  Anton  Sollar 
und  dem  Steinhauer  Hans  Mamolo  durchgeführt  wurde.3 
Im  Jahre  1655  wird  für  die  durch  den  Abgang  Creiz- 
thaller's  erledigte  Stelle  der  Ingenieur  Guyslein  Segers  de 
Idg.  Wafferhoven  aufgenommen.* 

Am  25.  Februar  1657  ftarb  der  Hofbaupolier  P 
Fafol  und  Domenico  Bianca  erhält  deffen  Stelle.-1  Im 
felben  Jahre  erlitten  die  Fortificationsbauten  im 
kälbernen  Viertl  durch  das  HochwalTer  der  Mur  be- 
trächtlichen Schaden.  Der  Hofkriegsrath  weift  3000  fl. 
an,  dafs  _Zu  Verhuetung  des  augenfeheinlichen  Unter- 
ganges der  neuen  Fortification  im  kalb.  Viertl  der 
alzufehr  dahin  zuedringende  Muehrftromb  ab-  und  auf 
die  andere  Seite  geleitet,  zu  dem  Ende  auch  eine 
Haubtwöhr  (Damm)  gefchlagen  werden  follte-.6  Im 
felben  Jahre  fand  eine  Commiffion  zur  Beurtheilung 
der  Feftungsbauten  in  Grätz  ftatt,  welcher  der  k.  Ober- 
Ingenieur  Mar::  aus  Wien  beigegeben  war. 
Derfelbe  arbeitete  ein  umfangreiches  Elaborat  aus, 
beftehend  in  einem  Berichte  über  den  Zuftand  der 
Bauten  in  Grätz  und  den  anderen  befeftigten  Orten 
Steiermarks,  nebft  Plänen  der  betreffenden  Orte  im 
gegenwärtigen  und  im  Zuftande  der  vollendeten  Be- 
feftigung.  Es  ift  dies  der  in  der  k.  k.  Hof-Bibliothek 
befindliche  Codex  Nr.  9225,  welchem  wir  unferen  Plan 
als  den  älteften  von  Grätz7  entnahmen  und  im  ver- 
kleinerten Maße  copirten. 

Aus  diefem  Plan  erfehen  wir  den  Stand  der 
Bauten  im  Jahre  1657.  Die  Baftionen  find  fertig,  nur 
von  der  im  kälbernen  Viertl   fehlt   der   nördliche  Ab- 

1  H.  K   A    ' 

.-ph  II.  aufgehoben,  beherbergt  es  heute  die   Monturs- 
iuon. 

=  n  der  Landfchaft  Nr.  1258. 
•  L.  .*■  z-  und  Bauwefen. 

■    und  Bauwefen. 

I  er  nur  von  der  Fcftung  allein   (die  Stadt 
ift  feparat  i  jffenbar  derfelben  Aufnahme 

entflammen  .iTVnfchaft  des  Feldmarfchall- 

r-.ants  FöHte  führenden     hand 

betitelt:  -Befchreibung   und 
'e    verfchiec-  -    hlöffer    und    Städte    in  Steiermark, 

Krain    und  Iftrier.  jtn  ift  eine  Kritik  der  Befcftigun^-  beigegeben] 

nebft   dem    Vorfchlag,    die   Murvorftadt  zu  befeftigen.    Eine    im  Texte    befind- 
liche Tabelle  enthält  gleichfalls  die  Jahreszahl  1 


fchluß.  Noch  fteht  die  alte  Schanzmauer  aus  der  Zeit 
Ernft  des  Eifernen,  welche  vom  Uhrthurm  Bürger- 
thu:  -chloßberges  herab    gegen  die  Mur,   dann 

jn  das  Franciscanerklofter  verlauft.  Im  übrigen 
ift  die  Stadt  gegen  die  Mur,  und  zwar  vom  Sackthor 
bis  zur  Baftion  des  kälbernen  Viertls  noch  völlig  offen. 
Das  Carmeliterinnen-Klofter  ift  allerdings  gegen  den 
Fluß  fehr  exponirt,  und  wir  fehen  bereits  den  1657  er- 
bauten Damm  zur  Ablenkung  des  Waffers  und  den 
am  jenfeitigen  Ufer  angeordneten  Durchftich.  Nach 
dem  Vorhergehenden  ift  ziemlich  zweifellos,  dafs  der 
beigegebene  Plan  derMur-Vorftadt  von  Defipi herrührt 
und  dafs  der  Plan  der  Stadt  lammt  Schloßberg  nur 
von  Defipi  oder  Creizthaller  flammen  kann. 

Es  liegt  außer  dem  Rahmen  unferer  Arbeit,  die 
in  der  genannten  Schrift  geübte  Kritik  und  die  Vor- 
fchlage  zur  Verbefferung  und  Completirung  der 
Fcftung  zu  befprechen.  es  feien  daher  nur  die  Cardinai- 
punkte  erwähnt:  Die  Courtinen  von  600  bis  700  Fuß 
feien  zu  lang,  es  müßen  daher  zwifchen  den  Baftionen 
Ravelins  angelegt  werden.  Da  die  ganze  Murfeite  offen 
ift,  follen  längs  derfelben  drei  Thürme  erbaut  werden, 
während  die  Thürme  x  und  y,  fowie  die  nicht  zu  be- 
streichende Mauer  z  abzutragen  feien.  Im  Norden  des 
Schloßberges  find  noch  drei  Baftionen  im  Plan  durch 
punktirte  Linien  angedeutet)  anzulegen  und  die  Mur- 
Vorftadt  ift  in  die  Fortification  einzubeziehen.  Für 
das  letztere  Projecr.  liegt  ein  Plan  bei.  Weder  die  Be- 
feftigung  der  Mur- Vorftadt,  noch  die  drei  Baftionen 
nördlich  vom  Schloßberg,  noch  die  Ravelins  kamen  je 
zur  Ausführung.  Als  im  Jahre  1660  Kaifer  Leopold  zur 
Erbhuldigung  nach  Grätz  kommen  follte,  erging  der 
Auftrag,  dafs  die  „Baftei  bei  der  Frau  von  Dietrich- 
ftein'fchen  Behaufung"  fammt  dem  Gang  gegen  den 
Tummelplatz,  ebenfo  auch  die  „Baufalligkeit  der 
Burg"  reparirt  werden  follen. l 

Von  auswärts  ift  nur  bekannt,    dafs    1659  Cafpar 
?dor  als  Polier  im  Fürftenfeld  baute. - 

Baujahre  1661  bis  16S0 

Ueber  die  Geldbewilligungen  von  Seite  des  Land- 
tages und  die  wirkliche  Auszahlung  liegen  in  der 
Periode  1661  bis  1680  nur  Bruchftücke  vor,  aus  denen 
man  fieht,  dafs  von  der  Landfchaft  jährlich  ca.  6000  fl. 
bezahlt  wurden.  Im  Jahre  1664  fcheint  die  Nordfeite 
der  Baftion  im  kälbernen  Viertl  zum  Ausbau  gekom- 
men zu  fein,  denn  der  Kaifer  bewilligt  im  März  des 
felben  Jahres  „für  das  neue  Pafteyengebeu  an  der 
Muhr  im  kälbernen  Viertl  und  zwar  für  den  Roft, 
darauf  die  Paftei  gefetzt",  200  Ctn.  Eifen  aus  Vor- 
dernberg.3  Von  nun  an  gibt  es  faft  nur  Reparaturen. 
Vom  April  1667  datirt  ein  Bericht,  rdafs  das  Unwetter 
am  Hauptfchloß  vergangenen  Winter  großen  Schaden 
gethan,  an  der  langen  Baftei  ober  den  P.  P.  Capu- 
zinern  ein  großes  und  langes  Stück  Gemäuer  ein- 
gefallen, am  vordem  Zwinger  ober  dem  äußeren 
Paulusthor  vnd  am  Scharffenegg,  ober  dem  Thier- 
garten  großer  Schaden  eingerißen".  Gleichzeitig  er- 
geht an  die  Landfchaft  das  Anfuchen:  das  ordinari 
Bau-Deputat  zu  vergrößern,*  natürlich  ohne  Erfolg.  Im 
Jahre  1671  reparirt  Carl  Gionoll,  Bürger  und  Steinhauer 

I   H.  K.  A.  April  1 

:   L    A.  Antiq.  Fa  und   Bauwefen. 

'    H.  K.  A  .-März   : 

*  Ibidem  April  i 


CCXY 


in  Grätz,  die  lange  Baftei  in  der  Hauptfeftung,  die  Neu- 
ftadt '  genannt,  um  den  Betrag  von  (8oo  II.-  Am 
3.  März  1676  wird  mit  der  Erbauung  von  „36  großen 
Soldatenquartieren  und  hiezu  erforderten  18  Küchln" 
im  Schloß  und  der  Errichtung  des  „neuen  Zeughaufes" 
in  der  Stadt  begonnen,  die  Arbeit  am  20.  November 
1677  beendet.  Baukoften  10.697  f-:i  I™  Jahre  1678  hat 
die  Mur  „die  neue  Waßerbaftei  im  zweiten  Sack  beim 
Admontcrhof  dermaßen  unterwafclien,  dafs  der  Spitz 
oder  Fronto  etliche  Klafter  weit  in  den  Stromb  ge- 
fallen, dadurch  das  kälberne  Viertl  und  das  Klofter 
der  Canneliterfrauen  in  Gefahr  gebracht".  Der  Kaifer 
befiehlt,  ddo,  14.  Juli,  dafs  zur  Reparatur  ein  F.xtra- 
ordinarium  bewilligt  werde.4  Im  Jahre  1680  brannte 
das  neu  gebaute  Soldatenquartier  im  Schlöffe  nieder. 
Von  auswärts  erfahren  wir  nur  aus  einer  Relation 
des  Ingenieur. \iljuncten  Michael  Poßanner  vom 
23.  November  1661,  dafs  in  Fürftenfeld  und  Radkers- 
burg  gebaut  wurde,  in  letzterer  Stadt  am  Unger-  und 
am  Mur-Thor  und  an  der  Teufelsloch-Baftei.'' 

Baujahre  1681  bis  1700. 

In  der  Hauzeit  1680  bis  1692  wurden  vom  Land 
tage  63.000  fl.  bewilligt,  wirklich  ausbezahlt  aber  nur 
51.800  fl.6  1695  wurden  für  den  Ausbau  der  Carmeliter- 
baftei  (im  kälbernen  Viertl)  noch  3000  fl.  bewilligt, 
dann  hören  die  Zahlungen  für  längere  Zeit  auf.  Vom 
Jahre  1681  liegt  folgender  Antrag  der  Hofkammer 
vor:  „Nachdem  die  Notdurft  erfordert,  daß  die  im 
vorigen  Jahre  durch  die  Feuersbrunft  im  Schloß  rui- 
nirte  Prandllatt  wiederumben  erhobt  und  zu  ge- 
brauchfamben     Quartiren     und    Wohnungen     erbaut 

weiden foll  der  yberfchlag  gemacht  werden."7 

1683  findet  abermals  eine  Abraumung  des  Schloß- 
berges ftatt,  denn  die  Hofkammer  bewilligt  „zur 
Sprengung  der  bey  dem  Schloßberg  fchroffigen 
Stainen  Hügl  abermallen  '/2  Ctn.  Pulver".8  Im  felben 
Jahre  wird  zur  Regulirung  des  Mur-Fluffes  ein  „neuer 
Durchftich"  beim  Calvarienberg  ausgeführt.9  1684  be- 
willigt der  Kailer  Leopold  zur  Fortfetzung  des  Mur- 
gebeu  1300  fl.  aus  eigenen  Mitteln  mit  der  Bedingung, 
dafs  die  Landfchaft  ebenfoviel  verwende.10  1685  be- 
willigt der  Kaifer,  nachdem  die  Commiflare  unter  Zu- 
ziehung des  Ingenieurs  v.  Wafferhoven  die  Mängel  der 
Feftung  dargelegt,  vorläufig  4000  fl.  Baugeld."  1686 
wird  v.  Wafferhoven  zum  General-Quartiermeifter  vor- 
gefchlagen  und  fo  lang  er  im  Felde  ift,  ihm  monat- 
lich 100  Thaler  Gehalt  beftimmt.12  Am  7.  October 
1687  wird  der  Ingenieur  Giften  d'Ideglien  (sie) 
.-'.    Wafferhoven  feiner  vielfeitigen  geleifteten  Dienfte 

1  Von  diefer  Zeit  an  treten  die  drei  Bezeichnungen  auf:  Untere Feßung, 
die  untere  Partie  des  Schlolfes  bis  zum  zweiten  Thor,  enthaltend  Bürgcr- 
baftei,  Uhrthurm,  tiefen  Brunnen  etc.;  die  Neußadt,  enthaltend  die  Partie 
zwifchen  dem  zweiten  und  dritten  Thor  mit  der  Stall-  und  Fernberger-Baftei; 
der  Thomas-Kirche  und  dem  Glockenturm ;  endlich  die  obere  Feßung,  um- 
1  das  höchfte  Plateau  mit  der  Cifterne  und  den  umliegenden  Baulich- 
keiten. Sollte  nicht  diefe  Kintheilung  in  drei  Feftungen  den  Anlafs  zu  der  in 
den  Gefchichtsbüchcrn  fpukenden  Sage  von  den  drei  Bürgen  gegeben  haben, 
einft  am  Schloflbcrg  geftanden  haben  follenj  Drei  Burgen  neben- 
einander auf  einem  nur  400  M.  langen  Bergrücken  muthen  dem  Glauben  des 
Lcfct  -.  doch  et*  as  viel  zu. 

•  H.  EL  A.  Mai  167t,  Nr.  43. 

!   U.K.  A.  Deccmber  1677,  Nr.  79. 

I  L.  A.  Antiq.  Fase.  31  Gränzbau. 

5  Ibidem  Fase.  31  Gräoz-  und  Bauwefen. 

■    H.  K.  A.  Januar  1704,  Nr.  94. 

7   Ibidem  März  1681.  Nr.  48. 

-   II.  K.  A.  November  1683,  Nr.  41. 

y  L.  A    Antiq    Fase.  32. 

1,1  Ibidem  Fase.  31  Granz-  und  Bauwefen. 

II  H.  K.  A.  Juni  1685,  Nr.  55. 

'-  Ibidem  Januar  1086,  Nr.  56. 
XIII   N.  F 


wegen  in  den  Freiherrnftand  erhoben.1  1688  wird  das 
„Wachtmeifterquartier"  in  Acv  Feftung  erbaut.2 

Um  diele  Zeil  ifl  Bartlmee  Ebner  k.  Kriegs- 
Maurermeifter  in  Grätz.  Wir  erfahren  von  feiner 
Thätigkeit  durch  eine  Eingabe  vom  Auguft  i6,x,s,  in 
welcher  er  um  die  Ueberlaffung  eines  Grundes  zur 
Erbauung  eines  Haufes  für  fich  bittet.  Diefelbe  ill  an 
den  Landeshauptmann  gerichtet  und  lautet:  „Sinte- 
nialil  ich  nun  beraits  in  die  13  Jahr  nit  allein  bei  diefen 
Gratzerifchen  Fortificationsgepau,  fondern  auch  zu 
Fürftenfeld  und  Radkersburg,  auch  allenthalben  auf 
den  windifchen  Graniz  Veftungen  etc.,  auch  in  Befchau 
und  Brandfchätzungs  Commißionen,  im  verfloflenen 
Jahr  nit  weniger  als  fünf  Monat  lang  bey  denen  Veit- 
zügen ....  dem  lieben  Steyermarkh  zun  Nuzen,  aber 
dardurch  mit  Verluft  und  Verfäumbniß  meiner  hier  und 
auf  dem  Land  habenden  Arbaith  meine  höchfte  Pflicht 
erzeiget  hab,  auch  beynebens  durch  darleihung  meiner 
mit  mir  hinabgeführten  Maurergefellen,  deren  Vill  wegen 
Vngewohnter  Luft  und  Speili  miehefelig  crepieret, .... 
E.  H.  Gnaden  geruhen,  mir  an  dero  Land-Pafteien, 
welche  felbe  ohnedem  gerne  Verpauter  haben  wollten, 
ein  Orth  von  etlich  Klafter  in  der  Leng  und  Breit  zu 
erpauung  meines  Hauß  in  Gnaden  zu  verwilligen. 

Bartlmee  Ebner  Khriges-Maurermaifter."  :1 

Fs  wird  ihm  ddo.  25.  Auguft  1688  eine  Flache  von 
100  Länge  und  40  Breite  bei  der  Tummelplatzmauer 
bewilligt.  Ebner  blieb  mit  feiner  Bitte  nicht  allein ;  da 
man  inErfahrung  gebracht,  dafs  dieLandfchaft  etlichen 
Parteien  bewilligte,  an  den  leeren  Orten  an  der  land- 
fchaftlichen  Baftei  beim  eifernen  Thore  kleine  Ge- 
bäude, welche  der  Stadt  „zur  Zierde  geraichen"  zu 
errichten,  fo  traten  eine  Reihe  von  Bittftellern  auf  und 
es  erhielten  Michael  Jofeph  Probft  von  Pöllau,  Sig- 
mund Graf  v.  Wagenfperg,  Erasmus  Wilhelm  Graf 
v.  Saurau,  Graf  Stubenberg,  Dr.  Ferd.  Egger,  Ludwig 
Graf  v.  Rindsmaul  und  der  Koch  Georg  Neuhold  je 
ein  ähnliches  Parcellenausmaß,  wie  Ebner  zugewiefen,* 
im  Jahre  1689  dann  noch  der  Landeshauptmann  Georg 
Herr  v.  Stubenberg,  Joh.  Otto  Graf  v.  Dornbach  und 
Joh.  Adam  Monzelo,  Oberfecretär  der  Landfchaft, 
ebenfolche  Stücke.5 

Diefer  Anbau  von  Privathäufern  an  die  Baftions- 
mauer  war  nun  allerdings  nicht  im  Sinne  einer  flreng 
durchgeführten  Fortification  gelegen,  allein  es  war 
nicht  das  erftemal,  dafs  gegen  letztere  gefündigt 
wurde.  Schon  im  Jahre  1603  wurde  „unter  der  Burg- 
balter"'  ein  Garten  für  die  erzherzogliche  Familie  an- 
gelegt und  der  Bildhauer  Sebaflian  Carlon  errichtete 
„drei  Wafferkünfte"  dafelbft,  eine  für  den  Erzherzog 
Ferdinand,  eine  für  deffen  Gemahlin  Marianne  und 
eine  dritte  für  die  Erzherzogin  Witwe  Maria.7  1605  er- 
richtete derfelbe  Künftler  auf  der  Burgbaftei  für  Erz- 
herzogin Maria  ein  „Eremitory",  wofür  er  30  Thaler 
erhielt.8  Im  Juni  1606  wurde  über  Wunfeh  des  Erz- 
herzogs Ferdinand  dem  Sebaßian  Carlon  bewilligt, 
dafs  „ihm  etliche  Zimmerlain  oder  wohnung  auf  der 
Pafteyen   zu  feiner  bewohnung  gelaßen,    das  Er  die- 

1  L.  A.  Antiq.  Fase.  19. 
-   H.  K.  A.  September  1688,  Nr.  40. 
3  L.  A.  Antiq.  Fase.  35  a. 
*  L.  A.  Antiq.  Fase.  35  a. 
5  Ibidem  Fase.  35  b. 

ß  Siehe  6  im  Plane.  Die  Burgbaflei  wurde  fpäter  abgeändert    aber    der 
damalige  Garten  deckt  lieh   mit  dem  heutigen  Burggarten. 
7   H.  K.  A.  September  u:o5,  Nr.  2. 
I    idem  September  1605,  Nr.  51. 


CCXVI 


felben  felbft  auf  fein  uncoften  zuerichten  vndauspauen" 
dürfe.1  Je  mehr  die  Türkengefahr  fchwand,  defto 
liberaler  wurde  man,  befonders  die  Stände,  in  der  Aus- 
nützung der  _leerenJ  Bafteiflächen.  Wiederholt  ent- 
banden Privatgärten  auf  denfelben.  die  dann  aller- 
dings immer  wieder  durch  ein  Machtwort  caffirt 
wurden.  Als  die  kaiferlichen  Revidenten  der  Befe- 
stigung im  Jahre  1690  auf  der  Courtine  zwifchen  der 
Dietrichftein-Baftei  und  dem  eifernen  Thore  eine  neu 
gebaute  landfchaftliche  Keitfchule  vorfanden,  legten 
fie  freilich  Proteft  dagegen  ein.  da  _folche  bei  volgen- 
den  Ynglücksfal  einige  Hinderniß  vnd  Schaden  ver- 
urfachen  dürfte"  und  befahlen,  die  Reitfchule  hinv. 
zuräumen,  aber  die  Stände  erklärten,  dafs  fie  nicht 
inen  feien,  das  zu  thun.1 

-  im  Jahre  1690  die  Türken  in  Siebenbü- 
tfchritte  machten,  gab  es  in  Grätz  nun  wieder  eine 
-Türkengefahr-,  und  ein  Hofdecret  vom  19.  Oktober 
ftellt  an  die  Stände  das  Anfuchen,  -die  eingefunkene 
Partei  bei  dem  Paulusthor  wegen  bevorstehender 
Feindesgefahr  entweder  durch  Landrobot  oder  durch 
andere  Mittel  repariren  zu  laffen".3  Im  felben  Jahre 
ging  es  an  die  Reparirung  der  Stallbaftei  und  Fr- 
hebung  der  dortigen  Soldatenquartiere,  deren  Körten 
im  Jahre  1693  Bartolomeo  Ebner  auf  3748  fl.  berech- 
nete.4 Am  6.  Mai  1692  wurde  Gregor  Cornelius 
Maurus  zum  landfchaftlichen  Baumeifter  mit  100  fl. 
Jahresgehalt  ernannt.5  Im  Jahre  169S  ift  die  einge- 
fallene Kilians-Baftei  (7  im  Plane'  zu  repariren,  wofür 
Ebner  >  Ueberfchlag  auf  4222  fl.  lautet.6 

1684    baute     der    landfchaftliche    Maurermeifter 
Franz  Ifidor  Carlon  am  Provianthaus  zu  Pettau.7 

Nach  i-joo. 

Wir  liehen  an  der  Schwelle  des  iS.  Jahrhunderts 
und  am  Ende  der  fortificatorifchen  Neubauten.  Was 
nun  folgt,  find  fortwährende  Reparaturen  und  ein  end- 
lofer  Streit  des  n.-ö.  Hofkriegsrathes  mit  den  Ständen 
um  Geld.  Die  politifche  Lage  der  Monarchie  war  zu 
Beginn  des  Jahrhunderts  eine  verzweifelte.  Im  Werten 
tobte  der  fpanifche  Erbfolgekrieg,  im  Orten  drohten 
die  Scharen  Rakoczy  s.  Als  der  bayerifche  Churfürft 
Max  Emanuel    1703   in  Innsbruck  einfiel,    wurde    der 

hatz  von  Tyrol",  der  werthvollfte  Theil  der 
Ambrafer-Sammlung  und  das  Tyroler  Archiv  nach 
Grätz  gerettet."  aber  die  Fertigkeit  des  Zufluchtsortes 
ließ  viel  zu  wünfchen  übrig.  Der  Kaifer  befiehlt  ddo. 
17.  Januar  1704,  dafs  „die  Fortificationen  von  Grätz. 
befonders  die  fehr  ruinirte  Hof-  (Dietrichftein)  Bartei 
und  die  Cafematten  am  Tummelplatz  in  guten  Stand 
etzt  werden  follen-,  Wafferhoven  fchätzt  die  Her- 
ftellung  der  zwei  Objecte  auf  26.000  fl.  Woher  das 
Geld  nehmen?  Der  Hofkriegsrath  macht  geltend,  dafs 

den  vom  Landtage  für  die  Zeit  1680  —  1692  be- 
willigten 63.OOO  fl.  noch  ein  Reft  von  9600  abzuführen 
fei,  aber  die  Verordneten  verweigern  die  Zahlung.  Sie 
erklären,  dafs  fie  die  übernommenen  Fortificationen 
die   fogenannten  landfchaftlichen  Bafteien)    in   guten 

1  L.  A.  Antiq.  Fase.  35 

3  L.  A.  Antiq.  Fase.  35  b. 

•  Regiftraturbuch. 

•  H.  K.  A.  April  1-90,  Nr.  50 

4  Kümmel,  a.  a.  O.  S.  39. 

-  H.  K.  A   Apn!  rf98.  Nr.  =9. 

'  L   A    Ar.tiq.  Fase.  33,  Proviant. 

•  H    K.A.Juli   1703,   Nr.  4a.  Siehe  aueh:  .Die  AmbraTer-Sammlung    in 
Grau"  Notiz  in  den  Mitth.  d.  k.  lc.  Cenlr.Comm.  XII.  Jahrg.  n.  F.  1.  Heft. 


Stand  halten  wollen;   die  Regierung  möge  es  ebenfo 
mit  den  übrigen  Barteien  machen.1  In  der  Eile  wird 
1705  eine  Pallifadirung  an  den  fchwächften  Punkten  der 
Befertigung,    nämlich   vom    kälbernen  Viertl    bis  zum 
Paulus-Thor,  angeordnet    und    unter    dem  i.-ö.  Ober- 
nieur  De  la  Croix  Poitis  durchgeführt,  wofür  die 
rteirifchen    Großgiundbefitzer    die    Baumftämme,    je 
100  Stück  und  darunter  zu  liefern  haben.1  Zum  Ueber- 
fluß  gibt     5  1707  wieder  eine  Waflernoth.  Die  Priorin 
der    baarfußigen   Carmeliterinnen    klagt    beim  Kaifer, 
dafs    „durch  die  Mur    die  Partei    im  kälbernen  Viertl 
untergraben,    die  Kloftergruft  überfchwemmt,  fo  daß 
der  -darauf  flehende  Chor  und  ein  Theil  des  Küchen- 
Traktes  zu  finken  beginne^.3  Der  Kortenvoranfchlag 
der  Wiederherstellung  beläuft  fich  auf  13.000  fl.,  aber 
die  Stande  wollen  nichts  zahlen,  mit  der  Motivirung, 
dafs  fie  mit  Fortihcationskoften  im  Lande  zu  fehr  in 
Anfpruch    genommen  feien.*   Endlich    laffen   fie   fich 
herbei,  zur  Reparatur  wöchentlich  50  fl.   beizutragen.-1 
Im  Jahre  1709  bewilligen  dieStände  zur  Reparirung 
der  Cafematten    beim  Paulus-Thor  noch  214  fl.,    dann 
verfiegt  die  Quelle  wieder  bis  1725  und  1726,  wo  noch 
2000  fl.  flüßig  gemacht  werden.  Endlich  hören  die  Bei- 
je  zur  Stadtbefeftigung  gänzlich  auf,  indem,  wie  die 
Verordneten  fagen,  „der  Landfchaft  die  Darreichung 
der  erforderlichen  Baugelder  nicht  zugemuthet  werden 
kann,  weil  fie  fich  zu  diefen  nie  verbindlich  machte"." 
Da  wir  uns  die  Aufgabe  geftellt,  die  Gefchichte 
der  Befeftigungsbauten  des  SchlolTes    und   der  Stadt 
Grätz  im  16.  und  17.  Jahrhundert  zu  fchreiben,  fo  bleibt 
uns  erlaffen,  über  den  fucceffiven  Verfall  der  Bauten 
im  18.  Jahrhundert  zu  Sprechen.  Die  Feftung  hatte  feit 
dem  Beginne  des  Neubaues   im  Jahre  1544  keine  Be- 
lagerung  auszuhalten,    aber   fie   war   den  Türken  ein 
gefürchtetes  Object,   was  der  Umftand  beweift,   dafs 
die  Pforte  wiederholt  bei  Friedensverhandlungen  die 
Schleifung  der  Feftung  zu  fordern  verfuchte.7  Erft  im 
Jahre  1809,  vom  13.  bis  20.  Juni,  kam  es  doch  zu  einem 
Bombardement  von  Seite  der  Franzofen.   Der  Friede 
von   Wien   endlich    lieferte   De  Lalio  s   Werk    in   die 
Hände    der    Feinde    mit    der    Befugnis,    die    Feftung 
fprengen    zu    dürfen.    Und    fo   gefchah   es,    dafs  vom 
16.  November  bis  Ende  December   durch  die  Gewalt 
de>  Pulvers  jene  malerifchen  Ruinen  gefchaffen  wurden, 
unter   denen   im  heutigen  Penfionopolis  die  in  Ruhe- 
ftand    getretenen    Schlachtenlenker    Oefterreichs    fo 
gern  ihre  Promenade  machen. 

Wir  find  nun  wieder  dort  angelangt,  von  wo  wir 
ausgingen,  bei  den  Ruinen  des  Schloßberges.  Aber 
unfer  inneres  Auge  blickt  zurück  auf  eine  anderthalb 
Jahrhunderte  dauernde  Bauthätigkeit,  welche  einen 
großen  Theil  der  gefammten  Baugefchichte  Steier- 
marks  jener  Zeit  in  fich  fchließt.  Wir  blicken  zurück 
auf  jene  auch  künftlerifch  höchft  fruchtbare  Periode, 
in  welcher  die  italienifchen  Feftungsbaumeifter  als 
Pionniere  der  italienifchen  Renaifiance  die  neue  Kunft 
auf  deutfehem  Boden  inaugurirten  und  dem  vater- 
ländifchen  Bauftyl  nach  der  ausgelebten  Gothik  ein 
neues,  Sicheres,  charakteriftifches  Gepräge  gaben. 

1   H.  K.  A.  Janner  r704,  Nr.  94. 
:  Antiq.  Fase.  39. 
1  Ibidem  Fase.  31  Granzbau. 
»  H   K.  A.  Oftober  1705.  Nr.  28. 
*  Regiftraturbuch  1707. 

iq.  Fase.  3a  (»ranzbau. 

/,  a.  a.  O.  S.  304. 


LLNZ. 


brocl  von  Slockingei  &  Motwck,  Wien, 


CCXVII 


Eine  Silberplatte  mit  flavifcher  Infchrift. 

Befprochen  vom   Correfpondcnten   A.   Müllner. 
iMit  einer  Tafel.) 


M  Sommer  des  Jahres  1883  fand  ein  Knabe, 
welcher  fich  mit  „Schifferlfahren"  auf  der 
Donau  amufirte,  im  Schotter  des  Strombettes 
zwifchen  dem  nördlichen  oder  linken  Donauufer  und 
der  fogenannten  Straßer-Infel,  einen  zufammenge- 
ballten    Metallgegenftand    von    fchwarzgrauer  Farbe. 

Nachdem  man  conflatirte,  dafs  das  Metall  Silber 
fei,  lland  der  Erwerbung  des  Gegenftandes  um  den 
Silberwerth  nichts  im  Wege  und  die  nähere  Unter- 
fuchung  ergab  folgendes  Refultat:  der  ausgebreitete 
Metallgegenftand  bildet  ein  Stück  einer  Silberplatte, 
welche  in  Felder  getheilt,  die  Lebens-  und  Leidens- 
gefchichte  eines  Heiligen  darfteilte.  Heute  find  von 
den  urfprünglichen  13  Feldern  nur  mehr  vier  ganz  und 
vom  mittleren  Hauptfelde  etwas  weniger  als  die  Hälfte 
erhalten.  In  diefem  Zuftande  ift  das  Fragment  456  Alm. 
hoch  und  im  Mittel  240  Mm.  breit.  Das  Gewicht  be- 
trägt bei  220  Gramm. 

Ein  Blick  auf  die  beigegebene  Tafel  lehrt,  dafs 
die  kleineren  Felder  fymmetrifch  um  das  große  Mittel- 
feld geordnet  waren,  fomit  je  vier  in  der  Breite  und  in 
die  Höhe;  da  nun  vom  Rande  bis  zum  Mittel  der  Breite 
nach  235  Mm.,  der  Höhe  mit  325  Mm.  gemeffen  werden, 
fo  hatte  die  ganze  Platte  urfprünglich  470  Mm.  Breite 
bei  650  Mm.  Höhe. 

Die  einzelnen  Felder  find  durch  12  Mm.  breite 
Streifen  von  einander  getrennt.  In  diefen  Streifen, 
fo  wie  am  Rande  der  Platte  find  in  Zwifchenräumen 
von  20  bis  30  Mm.  Löcher  gefchlagen,  welche  einft  für 
Nägel  beftimmt  waren,  mit  denen  die  Platte  auf  einer 
Unterlage  befeftigt  war.  Auf  diefer  Unterlage  dürften 
auch  die  Gefichter,  Hände  und  andere  Fleifchtheile 
der  Figuren  gemahlt  gewefen  fein,  weil  diefe  Körper- 
theile  in  der  Platte  felbft  ganz  fehlen.  Die  übrige 
Zeichnung  der  Darftellungen  ift  mit  ftumpfen  Meißeln 
eingepunzt. 

Betrachtet  man  die  Darftellungen  in  den  erhalte- 
nen Seiten-Feldern  und  im  theilweife  erhaltenen  Mittel- 
bilde, fo  zeigen  uns  die  erfteren  vier  die  Verurtheilung 
und  die  Marter  eines  durch  den  Nimbus  als  Heiligen 
charakterifirten  Mannes,  das  Mittelfeld  enthält  fein 
Bild  thronend  in  der  Glorie  des  Sieges.  Der  Heilige, 
mit  einem  koftbaren  Mantel  angethan,  um  fein  Haupt 
ein  breiter  reich  verzierter  Heiligenfchein,  eine  Lanze  in 
der  Rechten,  fitzt  auf  einem  Throne  mit  hoher  Lehne. 
Ein  Engel  reicht  ihm  aus  einer  Wolke  die  Märtyrer- 
palme. Die  Infchrift  über  der  Mittelfigur  ift  nicht  voll- 
ftändig,  doch  erkennt  man  Svjatyj. 

Feld  Nr.  1  zeigt  uns  vier  Figuren.  Der  Heilige,  in 
langem    Gewände,    lieht    vor    einer    auf   einer    Bank 


fitzenden  Figur.  Diefe  trägt  auf  dem  Kopfe  eine  tur- 
banartige Mütze  mit  einem  Diadem,  in  der  rechten 
lland  eine  Art  Scepter.  Hinter  (.liefen  beiden  Figuren 
find  die  Kopfe  zweier  anderer  fichtbar,  beide  bedeckt 
mit  einer  Art  Helm  oder  überhängenden  Mütze.  Im 
zweiten  Felde  finden  wir  den  Heiligen  mit  Füßen  und 
Händen  an  einen  Pfahl  gebunden,  zwei  Henker  in 
langen  Gewändern,  ohne  Kopfbedeckung,  fchnüren 
einen  Martergürtel  um  feinen  nackten  Leib.  Feld  3  und 
4  fehlen.  In  Feld  5  erblicken  wir  den  Heiligen  auf  ein 
Rad  gefpannt.  Einen  Durchmeffer  des  Rades  fehen  wir 
mit  einer  fcharfen  Säge  bewehrt.  Zu  beiden  Seiten  des 
über  mannshohen  Pflockes,  auf  welchem  das  Rad  be- 
feftigt ift,  liehen  die  beiden  Henker,  jeder  eine  Schnur 
in  der  Hand,  um  die  Mafchine  zu  bewegen.  In  Feld  7 
fehen  wir  den  Heiligen  wieder  am  Rücken  liegend,  ein 
Bein  aufwärts;  hinter  ihm  eine  hockende  Figur,  vor 
ihm  einen  Mann  in  langem  Gewände  mit  helmartiger 
Kopfbedeckung,  wie  in  Feld  I.  Diefe  Figur  hält  einen 
Hammer  in  der  rechten  Hand  über  der  Fußfohle  des 
Heiligen  gefchwungen.  Offenbar  ift  jenes  Martyrium 
damit  angedeutet,  bei  welchem  dem  Gequälten  Nägi  1 
in  die  Fußfohlen  eingetrieben  zu  werden  pflegten. 

Fragen  wir  nun  nach  der  Bedeutung  der  über 
den  dargeftellten  Scenen  angebrachten  Infchriftcn.  fo 
find  diefelben  allerdings  auf  den  erften  Blick  als 
flavifche  zu  erkennen,  fo  wie  die  ganze  Darftelhm 
felbft  den  Charakter  byzantinifcher  Kunft,  wenn  auch  in 
ziemlich  rohen  überladenen  Formen  zur  Schau  trägt. 
Schwieriger  ill  jedoch  die  Deutung  der  Infchriften. 

Das  befchriebene  Fragment  wird  von  Fachmän- 
nern als  ein  portatives  Altarbild  des  heil.  Großmär- 
tyrers Georgios  erkannt.  (Slatyj  Georgiu  velkomucrnik 
Cbirmouc  Vopriu  beskonyrenuk.)  Den  Darftellungen 
wird  ein  hohes  Alter  zugefchrieben,  weil  die  Auffchriften 
durchwegs  derartig  gekürzt  find,  wie  fie  feit  langer 
Zeit  nicht  mehr  in  der  ruffifchen  und  griechifch-orien- 
talifchen  Kirche  in  Uebung  liehen  und  auch  in  den 
Nachfchlagebüchern  nicht  vorkommen.  Aus  diefem 
Grunde  ift  auch  die  Lefung  nur  von  zwei  Infchriften 
gelungen,  die  eine  lautet:  Svjatej  ispovedal  Chrifta, 
und  Svjatyj  privjagan  na  kolo.  Etwas  Pofitives  über 
das  Alter  läßt  fich  nicht  fellftellen ,  wohl  aber  darf 
vermuthet  werden,  dafs  das  Obje6l  etwa  aus  dem 
17.  Jahrhundert  flammt  und  aus  Kiew  kommen  dürfte, 
wahrfcheinlich  von  ruffifchen  Officieren,  die  folche 
Bilder  und  fpeciell  den  heil.  Georg  mit  in  den  Krieg 
nehmen,  herübergebracht  wurde  und  durch  irgend 
einen  Zufall  in  die  Donau  gerieth. 


ec' 


CCXVIII 


Schloß  Kurzweil. 


AIIKEND  im  nördlichen  Böhmen  fo  viele  Bau 
denkmale  in   den  Kriegswirren   zerfrört  wur- 
»liHfil    den.  blieb  der  füdliche  Theil  verhältnism 

den  Einfallen  der  Feinde,  besonders  aber  von  den 
Verwaltungen  des  dreißigjährigen  Krieges,  der  alle-  in 
Schutt  und  Afche  legte,  ziemlich  verfchont.  Hingegen 
hatte  er  von  den  Huffiten  mehr  zu  leiden  gehabt,  denn 
Zizka  durchzog  an  der  Spitze  feiner  Getreuen  das 
Land,  Burgen,  Kirchen  und  Klöfter  in  Brand  fleckend. 
So  kam  fs   wir   heute  in  Süd-Böhmen   beinahe 

nur  Ruinen  alter  Ritterburgen  und  wenig  gothifche 
Kirchen  finden,  hingegen  aber  ziemlich  viele  Bauten 
aus  der  Renaiiiänce 

Im  \6.  Jahrhunderte  zeichnete  fich  der  böhmifche 

I  durch  feinen  Kunftfinn,  Liebe  und  Intereffe  für 
die-  Antike,  fehr  merklich  aus,  und  insbefondere  waren 
es  die  durch  ihren  ungeheueren  Reichthum,  ihre  Macht, 
ihre  Liebe  des  Prunkes  hervorragenden  Rofenberge, 
welche  fich  hierin  bemerkbar  machten.  Noch  jetzt  find 
die  unter  ihnen  ausgeführten  Bauten  zu  Krumau,  Neu- 
haus, Bechyn,  ihr  fchönes  Haus  zu  Prag  etc.  beredte 
Zeugniffe  hievon.  Zu  den  Schlöffern  der  damaligen 
Zeit,  die  uns  bis  heute  am  beften  erhalten  find  und 
keinen  Umbau  erfahren  haben,  gehört  jedenfalls  Kurz- 
weil, im  Prachaticer  Bezirke  gelegen. 

Bevor  wir  zu  deffen  Befchreibung  übergehen,  fei 
in  aller  Kürze  einiges  über  das  Hiflorifche  diefes  Baues 
erwähnt,  welche  Daten  wir  dem  fürftlich  Schwarzen- 
bergifchen  Archive  entnehmen. 

Im  Jahre  1583  wurde  das  Schlößchen,  wie  es  jetzt 
dafteht,  aufgebaut,  da  die  bis  dahin  dort  beftehende 
Burg  nicht  mehr  genügte,  um  Wilhelm  von  Rofenberg, 
den  Befitzer,  zur  Jagdzeit  mit  feinen  zahlreichen 
Gäften  zu  beherbergen.  Damals  erftreckte  fich  nämlich 
rings  um  das  Schloß  ein  großer  Thiergarten.  Mit  der 
Leitung  des  Baues  wurde  Meiller  Balcar  oder  richtiger 
Baltazcro  Maio  de  Vonio,  wie  er  fich  felbft  nennt, 
beauftragt.  Derfelbe  fcheint  jedenfalls  dem  Namen 
nach,  fowie  nach  feinen  Werken  zu  fchließen,  ein 
Italiener  gewefen  zu  fein;  er  fand  bei  den  Rofenbergen 
viele  Befchäftigung  und  erbaute  u.  a.  den  fchönen 
runden  Thurm  zu  Krumau,  einiges  im  dritten  Hofe  zu 
Neuhaus  und  auch  am  Schlöffe  zu  Bechyn.  Im  Jahre 
1586  wurde  Kurzweil,  welches  diefen  Namen  fchon  1581 
durch  einen  Majeftätsbrief  Rudolph  II.  erhalten  hatte. 
und  zu  gleicher  Zeit  auch  förmlich  für  eine  Vefte 
erklärt  wurde,  beendet,  und  man  errichtete  dort  kunft- 
volle  Wafferwerke  und  Blumengärten,  von  denen  jetzt 
nicht.-  mehr  vorhanden  ilt.  Die  Wandmalereien  fchuf 
Meiller  Widmann  1589,  wir  befitzen  heute  noch  ein 
diesbezügliches  Schreiben  von  feiner  Hand.' 

Als  Wilhelm  von  Rofenberg  (1592)  ohne  männ- 
lichen Nachkommen  ftarb,  erbte  fein  Bruder  l'eter 
Yok  den  Ungeheuern  Befitz,  verkaufte  aber  fchon 
1602  die  Herrfchaft  Netolic  fammt  Kurzweil  an  Kaifer 
Rudolph  II.  Ferdinand  IL,  der   am  31.  Juli  1588   noch 

'  Ein  Mater  Hans  Widmann  in  Wien  kommt  1565  in  Hofrechniingcn  vor, 
wie  uns  hr.  Itg  mittheilt  (Jahrbuch  <ler  kaif.  Samml.  V.  Urkunden-Regiftcr 
Nr.  4391.  pag.  103). 


als  Erzherzog  in  Kurzweil  bei  Wilhelm  von  Rofenberg 
eine  galtliehe  Aufnahme  gefunden  hatte,  fehenkte 
diefen  Befitz  nebll  Krumau  und  anderen  Gütern  an  den 
Fürften  Eggenberg  (1622)  und  nach  dem  Aussterben 
diefes  Gefchlechtes  kam  es  durch  Erbfchaft  1,1719)  an 
Adam  Franz  Fürften  zu  Schwarzenberg.  \~i12  m 

fchadhafte  Dach  abgetragen  weiden  und  als  man 
es  dann  durch  das  jetzige  franzöfifche  Doppeldach 
erfetzte,  kamen  die  für  die  1  »ienerfchaft  beftimmten 
Manfarden  weg.  Als  das  Schloß  1763  bis  1764  renovirt 
wurde,  erfuhren  leider  auch  hie  und  da  die  Fresken 
eine  bedauerlicheUebermalung;  am  meiften  befchädigt 
wurdeKurzweil  jedoch,  als  anfangs  diefes  Jahrhunderts 
einigen  Perfonen  hier  Wohnungen  zugewiefen  wurden, 
und  diele  fich  beeilten,  alles  weiß  zu  übertünchen. 
Glücklicherweife  wurden  (1846)  die  großen  Säle  wieder 
äumt  und  gegenwartig  find  nur  einige  untere  Räum- 
lichkeiten bewohnt. 

Das  Schloß  Kurzweil  ilt.  obwohl  eines  der  reizend- 
lten  und  vielleicht  edelllen  Beifpiele  italienilcher  Re 
naiffance-Architektur  und  Sculptur  in  Böhmen,  doch 
lehr  wenig  bekannt:  es  liegt  eben  ziemlich  entfernt 
von  der  Bahn,  etwa  einen  Kilometer  von  der  Stadt 
Netolic,  in  einer  lieblichen,  durch  dichtbewaldete 
Hügel  eingerahmten  Mulde,  deren  grüne  Matten  und 
durch  fchöne  Eichen  befchattete  Teiche  das  Auge 
erfreuen. 

Das  Schloß  ift  umringt  durch  eine  ziemlich  weit- 
laufige  niedrige  Mauer,  die  an  verfchiedenen  Stellen 
durch  kleine  Häufer,  fogenannteBafchten  (vonBaftions- 
Bauten)  unterbrochen  wird.  An  der  fudlichen  Seite 
des  durch  diefe  Gattung  Beteiligung  gebildeten  Vier- 
eckes heben  fich  aus  der  Mauer  felbft  die  Kirche  und 
der  Einfahrtsthurm  empor.  Durch  den  Schwibbogen 
des  Thores  treten  wir,  unter  dem  viereckigen  Thurme 
durch,  in  den  innern  Raum,  deffen  Mittelpunkt  das 
Schloß  felber  bildet.  Wenn  man  die  Befeftigungs 
mauern  genau  betrachtet,  bemerkt  man  auf  der  äußern 
Wand  Spuren  von  früheren  Sgraffito-Malet  eien,  und 
auf  der  (.lern  Schlöffe  zugewendeten  Seite  Ueberbleibfel 
von  Fresken,  vermuthlich  Helden  aus  der  römifchen 
Gefchichte  darfteilend.  Auch  ilt  die  Mauer  mit  Nifchen 
verfehen,  die  für  Statuen  dienen  follten. 

Auf  einem  breiten  Wege  überfchreiten  wir  den 
nunmehr  trockenen  Waffergraben  und  befinden  uns 
unmittelbar  vor  dem  Schlöffe  felbft,  welches  von 
außen  nichts  Merkwürdiges  bietet;  es  ift  ein  ein- 
ftöckiges  kahles  Gebäude  mit  einem  in  der  Mitte  ein- 
gefattelten  Dache  und  bildet  von  Oll  nach  Welt  ein 
geftrecktes  Viereck.  Vermuthlich  war  es  ehedem  auch 
von  außen  durch  einen  farbigen  Schmuck  geziert,  doch 
ilt  es  jetzt  weiß  übertüncht. 

Ein  rundes  breites  Thor  fuhrt  uns  in  den  Ein- 
trittsraum, eine  fehr  fchöne  große  oblonge  Halle. 
An  der  Schmalwand  rechts  befindet  fich  ein  monu- 
mentaler Kamin,  der  durch  ein  kleines  etwas  be- 
fchädigtes  Basrelief,  eine  fitzende  Figur  in  antiki 
firender  Tracht,  geziert  ift.   Bemerl  erth   ift   hiei 


CCXIX 


befondcrs  die  gewölbte  Decke.  Diefe  ift  in  viele  Kleine 
Felder  getheilt,  die  alle  mit  leider  fehr  fchadhaften 
Fresken  bedeckt  find.  Die  Darftellungen  zeigen,  fo  viel 
man  noch  wahrnehmen  kann,  verfchiedenartige  Epifo- 
den  aller  Gattungen  Jagerei.  Ganz  befonderen  Reiz 
bietet  die  Einrahmung  diefer  Malerei:  ein  fein  gearbei- 
tetes Stuck-Ornament,  bei  dem  in  fehr  geiftreicher,  ja 
graziöfer  Weife,  die  fünfblätterige  heraldifche  Rofe  aus 
dem  Wappen  der  Rufenberge  verwendet  ift. 

Im  Erdgefchoß  befindet  fich  nur  mehr  ein  Raum, 
welcher  Erwähnung  verdient,  da  die  übrigen  alle  über- 
tüncht find;  es  ift  dies  ein,  wie  fämmtliche  Räumlich- 
keiten des  Schloffes,  fchön  gewölbtes  Gemach,  in  dem 
fich  an  der  Decke  und  an  dem  obern  Theil  der  Wand 
ebenfalls  jagdliche  Sujets  in  Fresco  gemalt  befinden, 
wie  ■/..  -B.  Jäger  im  Coftüme  der  Zeit  (1589),  Hunde 
Edelwild  und  Raubthiere  in  einzelnen  größeren  Figu- 
ren. Da  diefe  Malerei  heiler  erhalten  ift,  fo  kann  man 
hier  den  Künftler,  Meifter  Widmann,  beurtheilen;  er 
erfcheint  uns  mit  der  Technik  fowie  mit  dem  Studium 
des  menfehlichen  und  thierifchen  Körpers  wohl  betraut, 
und  dürfte  zwar  ein  Deutfcher  von  Geburt  fein,  hin- 
.en  aber  feine  künftlerifche  Ausbildung  in  Italien 
felbft,  oder  wenigftens  nach  guten  italienifchen  Vor- 
bildern, die  ihm  durch  Kupferftiche  und  Holzfchnitte 
bekannt  wurden,  genoffen  haben. 

In  der  großen  Halle  befindet  fich,  beinahe  gegen- 
über vom  Portal,  eine  ziemlich  fteile  Treppe,  über  die 
wir  in  den  erften  Stock  gelangen.  Wir  treten  gleich  in 
einen  großen  Saal,  der  gerade  ober  der  Halle  des 
Erdgefchoffes  liegt.  Vermuthlich  war  derfelbe  auch 
mit  Fresken  gefchmückt;  das  Gewölbe  der  Decke  ilt 
von  zahlreichen  Rippen  und  Gurten  durchfehnitten,  die 
alle  das  früher  befchriebene  Rofen-Ornament  tragen. 
An  der  vom  Eingange  links  befindlichen  Schmalwand 
erhebt  fich  ein  Kamin  mit  den  Wappen  der  Gefchlech- 
ter  Rofenberg  und  Pernftein;  elfteres  umgibt  das  in 
Stuck  ausgeführte  goldene  Vließ  und  unterhalb  lieft 
man  den  Wahlfpruch  Wilhelms:  ,. Feftina  lente." 

Durch  eine  Thür  an  diefer  felben  Wand  kommen 
wir  in  ein  quadratifches  Eckzimmer,  deffen  Decke 
durch  fchöne  ornamentale  Einrahmungen  in  mehrere 
Felder  getheilt  ift,  die  mit  köstlichen  Halb-Reliefs  ge- 
ziert find;  felbe  erftrecken  fich  bis  in  die  durch  das 
Gewölbe  gebildeten  Lünetten.  Die  Darftellungen  find 
theils  allegorifch,  theils  hiftorifch.  Wir  erwähnen  be- 
fonders  oben  in  der  Mitte  des  Plafonds  eine  edle 
Frauengeftalt  in  antiker  Tracht,  zu  deren  Füßen  zwei 
Kinder  fpielen,  wahrend  fie  das  dritte  am  Arme  hält: 
vermuthlich  ift  dies  die  Mutterliebe;  um  diefes  Bild 
fchen  wir  fechs  gleichfalls  allegorifche  weibliche  Figuren. 
die  Gerechtigkeit,  Wahrheit  und  andere  Tugenden 
darftellend.  Endlich  an  der  Eingangswand  Tarquinius, 
der  die  hohen  Mohnköpfe  abfehlägt ;  gegenüber  der- 
felbe Herrfcher  mit  Abgefandten,  die  ihm  feine  Wahl 
zum  Könige  verkünden;  ober  dem  füdlichen  Fenfter 
Mucius  Scaevola  und  auf  der  gegenüberliegenden 
Ausgangswand  Marcus  Curtius  auf  feinem  Rolle  in 
den  Abgrund  fprengend.  Alles  dies  find  fehr  fein  durch- 
geführte Darllellungen,  die  auf  eine  genaue  Kenntnis 
der  Antike  fchließen  lallen  und  von  fehr  anmuthsvoller, 
fall  kindlicher  Auffaffung.  Wir  gelangen  nun  in  ein 
zweites  Eckzimmer,  welches  den  Ausblick  gegen  Nor 
den  und  Often  hat.  Dasfelbe  wurde  fpäter  in  fehr  ge- 


fchmacklofer  Weife  mit  einer  dunkel-violetten  Farbe 
angeftrichen,  fo  dafs  fich  die  Stuck-Arbeiten  grell  weiß 
davon  abheben.  Diefes  Gemach  und  das  anftofsende 
Kimmerchen,  follen  der  Schloßherrin  gedient  haben, 
wahrend  die  weltlichen  Zimmer  für  ihren  Gemahl 
beftimmt  waren.  Aehnlich,  wie  in  den  vorhergehen- 
den Sälen  fehen  wir  auch  den  Plafond  des  eben 
erwähnten  Eckzimmers  durch  ornamentirte  Rippen 
und  Gurten  in  kleine  Felder  getheilt,  in  denen  graziöfe 
Genien  und  Amoretten  mit  Pfeil  und  Bogen  fehwebend 
dargeftellt  find.  Auf  der  linken  Wand  befindet  fich  ein 
großes  fchönes  Relief,  vermuthlich  auch  eine  Epifode 
aus  der  römifchen  Gefchichte. 

Durch  die  früher  besprochenen  Zimmer  zurück, 
begeben  wir  uns  nun  in  den  gegen  Welten  liegenden 
Raum  des  Schloffes,  einen  fchönen  langen  Saal,  der 
zwar  leider  in  fehr  fchadhaftem  Zultande,  aber  immer- 
hin vielleicht  der  intereffantefte  Theil  des  ganzen  Kurz- 
weil ilt,  da  er  niemals  eine  Uebertünchung  erfahren 
hat.  Man  kann  hier  noch  fehr  gut  wahrnehmen,  dafs 
fämmtliche  Reliefs  eine  zarte  Polychromirung  befaßen. 
Die  Eintheilung  der  natürlich  auch  gewölbten  Decke 
ilt  ganz  ähnlich  wie  bei  den  früher  erwähnten.  Oben  in 
der  Mitte  fieht  man  die  fchöne  kräftige  Figur  eines  in 
vollem  Harnifch  dahinfprengenden  Ritters,  der  auf 
feinem  Schilde  die  rothe  fünfblätterige  Rofe  trägt:  es 
ift  Wilhelm  von  Rofenberg.  An  den  Ecken  diefer  Dar- 
ftellung  find  die  Wappen  feiner  vier  Gemahlinen  ange- 
bracht, nämlich: 

Katharina  von  Braunfchweig  f  1539.  Sophia  von 
Brandenburg,  Tochter  des  Kurfürften  Joachim,  f  1564, 
Anna  von  Baden  f  1583  und  Polyxena  von  Pernftein, 
die  fich  nach  dem  Tode  ihres  erften  Gatten  (1592)  mit 
Zdenko  Adalbert  von  Lobkovic  1603  vermählte. 

Die  übrigen  zahlreichen  Darftellungen,  die  fich 
auch  auf  die  Wände  erftrecken,  find  der  römifchen 
Gefchichte  abermals  entlehnt.  Leider  find  viele  Theile 
der  Stuccatur  herabgefallen,  fo  dafs  man  nur  mehr 
einzelne  Sujets  erkennen  kann;  fo  z.  B.  Romulus  und 
Remus  von  einer  Wölfin  genährt,  den  Kampf  der 
Horatier  und  Curiatier,  Cincinnatus  am  Pfluge,  Tar- 
quinia,  die  über  den  Leichnam  ihres  Vaters  fahrt. 
Coriolanus  und  feine  Mutter  und  andere.  In  den 
Zwifchenräumen  ilt  immer  wieder  die  heraldifche  Rofe 
angebracht.  —  An  der  nördlichen  Wand,  zwifchen  den 
beiden  Fenftern,  befindet  fich  ein  kleines  Täfelchen 
mit  der  Infchrift:  „Anton  Melana  fecit."  Diefer  fehr 
tüchtige  Meifter  war  alfo  derjenige,  welcher  die  Stuck- 
arbeiten noch  im  letzten  Viertel  des  16.  Jahrhunderts 
ausführte.  Sein  Werk  ift  wahrhaft  reizend,  vornehm 
graziös,  und  doch  fo  lebenswahr  und  naiv,  mit  forg- 
faltiger  Durchfuhrung  der  Details  und  genauer  Kennt- 
nis der  Antike.  Eigenthümlich  erfcheint  mir  jedoch, 
dafs  bei  Melana,  obwohl  er  gewiß  ein  Italiener  ge- 
wefen  fein  muß,  der  Einfluß  des  damals  fchon  alles 
beherrfchenden  Michel  Angelo  gar  nicht  zu  merken 
ift.  Nach  feinen  Werken  würde  ich  unfern  Meifter  für 
einen  Nord-Italiener,  vielleicht  aus  Venedig  kommend, 
halten,  der  noch  mehr  im  Style  der  erften  Hallte 
des  16.  Jahrhundertes  arbeitete,  befondcrs  in  den 
figuralen  Partien,  wenn  auch  anderfeits  einige  Details, 
wie  z.  B.  Fruchtgehänge  und  dergleichen,  uns  fchon  an 
das  Ende  diefes  felben  Jahrhunderts  mahnen.  Ge- 
pflaftert    war    diefer   Saal    mit    fehr    fchönen   Ziegeln 


ccxx 


aus  glaürtem  Thon,  die  auf  ockergelbem  Fond  ein 
ftyliftifches  Renaiffance- Ornament  in  Weiß  zeigten. 
Diefe  find  feit  ein  paar  Jahren  nach  Schloß  Frauen- 
berg gefchafft  worden. 

Von  den  zwei  kleinen  Zimmern  an  der  Rückfeite 
des  Schloffes  ift  wenig  zu  lagen,  denn  obzwar  hier  die 
Uebertiinchung  theilweife  heruntergefchlagen  ift,  fo 
ficht  man  die  darunter  befindlichen  alten  Fresken,  die 
auch  fehr  fchadhaft  find,  doch  nur  wenig. 

Bevor  wir  Kurzweil  verlaffen,  müßen  wir  noch  dem 
fchon  früher  erwähnten  Kirch  lein  einen  Blick  fchenken: 
.  lbe  fcheint  urfprünglich  gothifch  erbaut,  und  find 
noch  das  Portal  und  die  Fenfter  in  diefem  Style 
erhalten.  Peter  Yok  lies  es  jedoch  umbauen,  worauf 
es  1589  vom  päpftlichen  Legate  .Antonius  Puteus  laut 
l'rkunde  eingeweiht  wurde.  Auch  hier  waren  Melana 
und  Meifter  Widmann  thätig:  erfterer  zierte  wieder  die 
Rippen  und  Gurten  der  Wölbung  mit  dem  bekannten 
k"ienberg  fchen  Ornamente,  während  letzterer  auch 
auf  der  Decke  in  vielen  kleinen  Feldern  das  Leiden 
Chrifti  in  Fresco  darltellte;  leider  hat  es  fehr  gelitten. 
Der  fehöne  gothifche  gefchnitzte  Flügel- Altar,  welcher 
hier  bis  vor  einigen  Jahren  ftand,  befindet  fich  jetzt  in 
der  Schloß-Capelle  zu  Rothenhof. 

Und  jetzt,  da  ich  alles  Bemerkenswerthe  in  Kurz- 
weil befchrieben,  fchließe  ich,  indem  ich  nur  noch  mit 
Bedauern  erwähne,  dafs  es  mir  leider  nicht  gelungen 
ilt,  etwas  näheres  über  dieKünltler,  die  an  dem  Schlöffe 
arbeiteten,  zu  erfahren.  Vielleicht  wird  das  mir  fpäter 
einmal  möglich  fein,  etwas  über  ihre  weiteren  Werke 
in  Böhmen  zu  berichten. 


Hochgeborener,  genedigfter  Fürft  und  Herr  etc. 
Nachdem  ich  mich  an  geftern  bei  E.  F.  G.  fchriftlich 
erkhlert,  das  ich  die  bedingte  Arbeit  auf  der  Khurz- 
weil  Gottlob  verrichtet,  was  nun  E.  F.  G.  weiters  ferti- 
gen wolten  laffen,  wer  ich  mit  Gehorfam  urpüetig 
folchs  mit  höchftem  Fleiß  und  ungefparter  Mhüe  zu 
fertigen.  Darauf  mir  in  weiterer  Arbeit  zuverfertigen 
4  Zimer  von  E.  F.  G.  fürgefchlagen  worden,  nemblich 
ain  Saal,  darnach  die  Aufwarthftuben,  E.  F.  G.  Zimer 
unnd  die  Chamer,  mit  gnedigftem  Begern,  mich  ver- 
neinen zu  laffen,  wie  ich  folche  durch  mein  Arbeit 
zieren  unnd  fertigen  welle.  Darauf  in  Gehorfam  mein 
undertheniges  Erkhlern,  nemblich  den  Saal  betrefendt, 
der  fol  mit  ( telfarben  unnd  poetifchen  auch  anderen 
antiquitetifchen  Hiftorien;  die  Aufwarthftuben,  welche 
mit  Pildern  ift,  die  folten  darin  vergultet  unnd  die 
Tapezereyen  von  Oelfarben  gemalt  werden,  E.  F.  G. 
Zimer  fol  oben  auf  mit  Rodefchen  und  allerley  Farben 
gemalt  und  mit  Goldt  geziert  werden  und  unden 
herumb  von  guldemStuckh  gemalt  werden;  die  Chamer 


darneben  foll  auch  von  allerlei  Farben  und  Pilder 
lalt  werden  und  unden  herumb  die  Dapezerei  von 
Wafferfarben  gemalt  werden.  Weil  dan  alle  fachen  in 
dielen  teuren  Jaren  mich  hart  ankhumen,  fürnemblich 
Speiß  und  Tranckh  fambt  den  Farben  unnd  alle  Ver- 
legung fo  zu  der  Malerei  gehörig,  item  das  ich  mich 
auf  fo  groffe  Arbeit  mit  fovil  Gefindt  mueß  verfehen 
unnd  alda  an  diefen  Orth  wenig  Fürderung  habe,  pin 
ich  gehorfamer  Zuverficht,  E.  F.  G.  werden  meines 
Schadens  nit  begern,  hierauf  zu  meiner  Befoldung  vom 
Saal  800  Taller  beger,  von  der  Aufwartftuben  400  Tl., 
von  E.  E.  G.  Zimer  auch  450,  von  der  chlainen  Chamer 
anderthalbhundert  Taller.  Verhof  E.  F.  G.  werden 
hierin  nit  überlegt  werden,  dan  es  ziemblich  Zeit  und 
Fleiß  bedarff.  E.  F.  G.  ich  mich  zu  gnedigfter  Ant- 
wordt  entfelche. 

E.  F.  G. 

undertheniger  gehorfamer 
Geor;4  Widman 
Maller  und  bißher  E.  F.  G.  Dhiener. 

Getreue  Abfchrift  (bis  auf  die  regellos  gebrauch- 
ten großen  Buchftaben)  des  im  Herrfchaft  Netolicer 
Archive  zu  Kurzweil  verwahrten  Originals. 

Das  vorliegende  Schreiben  ift  undatirt,  geholt 
aller  zweifellos  in  das  Jahr  1589;  denn  der  Zeitgenoffe 
Wenzel  Brezan,  feit  1596  Rofenberg'fcher  Archivar 
und  Bibliothekar,  erzählt  in  feiner  Lebensbefchreibung 
l'eter  Vok's  von  Rofenberg  zum  Oclober  1589,  „dafs 
damals  zu  Kurzweil  im  Netolicer  Thicrgarten  in  dem 
neuen  Gebäude  gemalt  worden  und  fehöne  Bilder 
angefertigt  wurden,  fo  dafs  es  in  Glanz  ftrahlte.  (Toho 
easu  na  Kratochvili  v  obore  Netolicke  v  novem  stavenl 
maloväno  a  pekni  obrazove  a  dilo  deläno,  azselesklo.)" 

Die  in  diefem  Schreiben  angeführten  auszumalen 
den  Localitäten  befinden  fich  offenbar  im  erften  Stock- 
werke, und  zwar: 

Die  Aufwartftube  Sr.  G.  ift  das  große  Gemach,  in 
welches  man  von  der  Stiege  aus  eintritt.  Daraus  ge- 
langt man  rechts  in  den  großen  Saal  mit  den  Stucca- 
turen  auf  dem  Plafond.  An  diefen  Saal  anftoßend  und 
früher  auch  von  dem  Eintrittsgemache  aus  zugänglich, 
ift  das  Zimmer  Sr.  Gnaden,  d.  h.  das  Wohnzimmer,  in 
welchem  jetzt  die  fchonen  Oelmalereien  unter  dem 
neuen  Anwürfe  zum  Vorfchein  kommen.  Neben  diefem, 
und  nur  von  diefem  Zimmer  aus  zugänglich,  ift  die 
Kammer,  d.  h.  die  Schlafkammer  des  Herrn. 

Da  Widmann  lieh  erbietet,  „die  Aufwartftuben, 
welche  mit  Pildern  ift,"  zu  vergolden  und  Tapezereien 
mit  Oelfarben  darin  zu  malen,  fo  dürften  lieh  wohl 
auch  in  dem  erwähnten  Eintritts-Gemache  unter  dem 
neuen  Anwürfe  alte  Bilder  aufdecken  laffen. 

JA  .  /    S. 


Einiges  über  Antonio  Dario. 


Von   Friedrich  Pirckmayer. 


M  4.  Hefte  des  XII.  Banden  der  ..Mittheilungen" 
hat  Herr  Dr.  Albert  Ilg  eine  Studie  veröffent- 
__§§   licht,  in    welcher    die   über    den    „gciftvollen" 
Schöpfer  des  herrlichen  Brunnen-Monumentes  auf  dem 


Refidenzplatze  in  Salzburg  bisher  bekannt  gewordenen 
Daten  gefammelt  und  kritifch  befprochen  find. 

In  diefer  Studie  hat  der  genannte  Herr  Verfaffer 
in    ehrender  Weife   die    Aufforderung   namentlich   an 


CCXXT 


mich  gerichtet,  über  die  fonftige  Thatigkeit  des  Künft- 
lers  Antonio  Dario  zu  Salzburg  im  k.  k.  Regierungs- 
Archive  Nachforfchung  zu  pflegen. 

Ich  habe  diefer  Aufgabe  nachzukommen  verflicht. 
Wenn  der  Erfolg  vielleicht  den  Erwartungen  nur  in 
lehr  geringem  Maße  entspricht,  fo  hat  es  doch  an 
redlichem  Bemühen  ficher  nicht  gefehlt.  Ich  muß  aber 
bezweifeln,  dafs  die  derzeit  hier  befindlichen  Archive 
die  geeignetfte  Quelle  für  derlei  Forfchungen  feien  und 
erlaube  mir  darauf  hinzuweifen,  dafs  ja  bekanntlich 
das  erzftiftliche  Archiv  im  Anfange  unfercs  Jahrhun- 
derts nach  Wien  und  eine  neuangelegte  Sammlung 
von  Archivalien  wenig  fpäter  nach  München  gebracht 
worden  üb 

Allerdings  enthalten  die  nochmals  zufammen- 
gelefenen  Refte,  welche  das  gegenwärtige  falzburgifche 
Archiv  bilden,  eine  anfehnliche  Menge  von  Urkunden 
und  Acl:en  reichen  und  mannigfachen  Inhalts.  Aber 
die  Beftände  find  zum  großen  Theile  äußerft  lücken- 
haft und  Detail-Forfchungen  in  einer  beftimmt  vorge- 
zeichneten Richtung,  namentlich  über  einzelne  Familien 
und  Perfonen  aus  diefem  wie  manch'  anderem  Grunde 
fchwierig,  mühevoll  und  von  ebenfo  zweifelhaftem  als 
meift  wenig  lohnendem  Erfolge. 

Dies  trifft  auch  im  gegenwartigen  Falle  zu,  obgleich 
die  Erhebungen  nicht  auf  das  Regierungs-Archiv  be- 
fchrunkt,  fondern  andere  naheliegende  Quellen  benützt 
worden  find.  Dennoch  reicht  das  gewonnene  nur 
geringe  Refultat  fchon  hin,  dasjenige,  was  bisher  über 
den  Meifter  Dario,  insbefonders  über  feinen  Aufent- 
halt und  feine  Thatigkeit  in  Salzburg  gefchrieben 
wurde,  ebenfowohl  zu  ergänzen  als  zu  berichtigen. 

Was  zunachft  Darios  Anwefenheit  in  Salzburg 
anbelangt,  fo  wurde  die  Dauer  und  der  Zeitpunkt  der- 
felben  bisher  verfchieden  unficher  und  ungenau  be- 
ftimmt.  Tfchifchkd s  Angabe  (Kunft  und  Alterthum, 
pag.  131),  der  Refidenz-Brunnen  fei  1668  errichtet 
worden,  ift  irrig,  jene  in  feinem  Künftlerverzeichniffe: 
„Dario  Anton,  Bildhauer,  lebte  1656  bis  1659  in  Salz- 
burg" ungenau,  und  unverkennbar  aus  Pillwein  ent- 
lehnt; beide  Daten  zufammengezogen,  wären  der  Wahr- 
heit näher  gekommen. 

Pillwein  aber,  welcher  (bei  aller  Achtung  für 
feinen  Sammelfleiß  fei  dies  bemerkt)  die  Bedeutung 
Darios  und  feines  Werkes  nicht  genügend  zu  würdigen 
wußte,  entlehnte  die  zwei  Zeilen,  womit  er  diefen 
Künftler  abthut,  einfach  aus  J.  E.  v.  Koch- Sternfeld 
(Hift.  ftaatsök.  Notizen  über  Straßen-  und  Wafferbau 
etc.).  Letzterer  ift  —  meines  Wiflens  —  der  einzige 
falzburgifche  Schriftfteller,  welcher  fich  eingehender  auf 
Grund  der  Quellen  mit  der  Gefchichte  des  Brunnens 
befaßte;  bei  der  Abficht  feines  Werkes  konnte  er  natür- 
lich dem  Künftler  weniger  Aufmerkfamkcit  widmen,  als 
demWafferleitungswerke.  Hiibner,  Zaimer  und  andere 
endlich  erwähnen  nicht  einmal  den  Namen  Darios. 

Urkundlich,  d.  h.  auf  Grund  aftenmäßiger  Daten, 
läßt  fich  Darios  allem  Anfcheine  nach  ununter- 
brochene Anwefenheit  zu  Salzburg  in  den  Jahren 
1659  bis  1675  nachweifen;  fie  dürfte  jedoch  in  der  That 
noch  länger  gedauert  haben.  Die  von  Herrn  Dr.  Albert 
Ilg  conftatirte  und  mit  Recht  bedauerte  Lücke  ver- 
mindert fich  hienach  nicht  unbeträchtlich. 

Eine  weitere  Richtigftellung  erfordert  der  Name 
des  Meifters,   welcher   fich   felbft  —  nach   der  mir  zu 


Geficht    gekommenen    einzigen    eigenhändigen  Ferti  - 
gung  —  Giovanni  Antonio  Daria  nannte. 

Die  Vermuthung  des  mehrgenannten  Herrn  Vcr 
faffers  endlich,  dafs  diefer  Künftler  außer  dem  Brunnen 
in  Salzburg  auch  noch  anderes  gefchaffen  haben 
könnte,  hat  fich  vollauf  beftätigt.  Dagegen  waren 
alle  Anftrengungen  vergeblich,  feftzuftellen,  wann  oder 
woher  er  gekommen,  wann  oder  wohin  er  von  Salz- 
burg aus  weggezogen. 

Eben  fo  wenig  aber  als  Anfangs-  und  Endpunkt 
feines  Verweilcns  in  der  alten  Bifchofsftadt  fich  genau 
feftftellen  ließen,  eben  fo  wenig  ift  jederzeit  zu  erkennen 
möglich  gewefen,  was  und  wieviel  von  den  Bauwerken, 
bei  welchen  er  thätig  war,  als  fein  perfönlicher  Antheil 
zu  betrachten  ift.  Hier  wie  dort  ift  Lückenhaftigkeit 
des  Materiales  der  Grund,  welcher  die  gleiche  Wir- 
kung erzeugt. 

Wenn  wir  der  zuverläffigen  Darfteilung  v.  Koch- 
Sternfelds  (Straßen-  und  Wafferbau)  Glauben  fchenken, 
fo  war  Antonio  Daria  mit  feinem  Perfonale  fchon  1656 
an  der  Herftellung  des  Brunnen-Monumentes   thäti 

Diefes  Datum  ift  nun  keineswegs  zu  früh  gegriffen, 
darf  im  Gegentheile  eher  noch  weiter  zurückgerückt 
werden.  Es  geht  das  mit  höchfter  Wahrfchcinlichkeit 
aus  einem  landesherrlichen  Befehle  vom  20  Juli  1660 
hervor,  welcher  erkennen  läßt,  dafs  der  Bau  des  Brun- 
nens, der  um  diefe  Zeit  bereits  aufgeftellt  und  nahezu 
vollendet  war,  durch  den  Fürften-Erzbifchof  Guidobald 
„gleich  nach  Antritt"  feiner  Regierung  (1654)  in  Angriff 
genommen  worden  ift  (Hofk.  1660,  fol.  123). 

Bei  der  ganz  außerordentlichen  Bauthätigkeit  aber, 
welche  in  Salzburg  unter  dem  Erzbifchofe  Wolf  Diet- 
rich begonnen  hatte,  unter  Marx  Sittich  und  dem 
großen  Paris  durch  die  Aufführung  des  Domes  und 
Errichtung  der  Befeftigungswerke  fortdauerte,  unter 
Guidobald  endlich  fich  noch  fteigerte,  ift  es  nun  wenig 
wahrfcheinlich,  dafs  man  ein  fo  koftfpieliges,  in  jeder 
Beziehung  fchwieriges  und  bedeutendes  Werk,  wie  der 
Hofbrunnen  war,  einem  jungen  unbekannten,  noch 
nicht  erprobten  Meifter  anvertraut  hätte. 

Erzbifchof  Guidobald  Graf  Thun  hatte  die  neue 
Domkirche  zwar  in  der  Hauptfache  vollendet  über- 
nommen, doch  die  Glockenthürmc  waren  nicht  ausge- 
baut und  der  Stirnfeitc  fehlte  noch  jeglicher  Schmuck. 

Guidobald  nahm  diefe  Arbeiten  (1655)  fofort  in 
Angriff,  begann  den  Bau  der  Galerien  und  des  der 
Refidenz  ähnlichen  Gebäudes  bei  St.  Peter,  welche  den 
Domplatz  fo  harmonifch  umfchließcn.  zugleich  mit 
jenem  des  Refidenzbrunnens  und  der  Waflerleitung 
hiezu,  ftellte  die  von  den  Fluthen  weggeriflene  Stadt- 
brücke (1661)  und  (1662)  die  in  Hallein  durch  die  Hoch- 
wäffer  zerftörten  Werke  wieder  her,  erhöhte  die  fiirft- 
liche  Refidenz,  erbaute  das  Münzhaus,  erhob  das  vom 
Feuer  zerftörte  Luftfchlofs  in  Hellbrunn  aus  dem 
Schutte,  erweiterte  die  Winter-Reitfchule  durch  Felfen- 
fprengung  und  Aufbau  beträchtlich,  vollendete  den 
Bau  des  Kollegiums  Rupertinum  und  begann  den  Bau 
der  Kirche  in  Maria  Piain,  eines  Cameral-Bräuhaufes 
in  Teifendorf  eines  Kellers  zu  Kaltenhaufen,  von 
Werksgebäuden  in  Ebenau  und  Dienten  etc. 

Guidobald 's  erfte  Sorge  aber  war.  wie  gefagt,  auf 
den  Ausbau  des  Domes  gerichtet  gewefen,  deffen 
Fronte  er  nach  dem  Zeugniffe  der  Chroniften  {Zauners 
Chronik,    dann  Auszug  aus  der  neueften  Chronik  des 


ccxxn 


Stiftes  St.  Peter  etc.^  mit  Statuen  aus  weißem  Marmor 
fchmückte.  Sodann  richtete  er  fein  Augenmerk  auf 
die  nächfte  Umgebung  der  Kathedrale.  Ihre  N< 
Staltung  nach  einem  einheitlichen  fchön  gedachten 
Plane  ift  fein  eigenftes  Werk;  Galerien  und  Brunnen 
erftanden  auf  fein  fürstliches  Machtwort. 

Es  liegt  aus  praktifchen  Gründen  nahe  genug, 
dafs  bei  diefen  Bauten  vorzugsweife  jene  Werkleute 
Verwendung  fanden,  welche  fchon  beim  Dombaue 
fich  als  tüchtig  erprobt  hatten. 

Da    nur.  ./  Antonio  Dana    im   Jahre  1662 

iner  über  erhobene  Rechnungsbemänglungen  von 

ihm  erftatteten  Rechtfertigung  1  felbft  bezeugt,  „Anno 

1659  zwifchen  Pfingften  vnd  Mardtiny  Bey  den  Prun", 

n  Mardtiny  an  Biß  Mathias  In  der  Fallen   in    der 

thumkirchen  Bey  den  Pflaftern    in    den  4  khapelnen" 

Meifter)  befchäftigt  gewefen  zu  fein,  da  fernei 
jenen  ActenStücken  auch  zu  entnehmen  ilt,  dafs 
der  Bau  der  Galerien  bereits  in  vollem  Gange  war 
und  1659  mit  der  Aufstellung  des  monumentalen 
Brunnens,  deffen  künftlerifche  Ausarbeitung  gewiß 
mehrere  Jahre  in  Anfpruch  nahm  und  ihm  ficher  nicht 
anvertraut  worden  wäre,  wenn  er  nicht  fchon  vorher 
Proben  feiner  Kunstfertigkeit  abgelegt  hätte,  fo  darf, 
ja  muß  nothwendigerweife  auf  einen  länger  währenden 
Aufenthalt  Dario.' s  in  Salzburg  fchon  vor  1658,  reSpec- 
tive  1659  gefchloffen  werden. 

Noch  ein  Umltand  fcheint  diefe  Annahme  zu  be- 
itätigen. Im  Sterbebuche  der  Dompfarre  in  Salzburg 
ilt  fchon  am  19.  December  1657,  leider  in  fchr  knapper 
Fällung,  ein  „Santino  Daria,  Italus,  annorum  19  (sepul- 
ad  St"'  Petrum"  als  verftorben  verzeichnet, 
welcher  ein  jüngerer  Bruder  oder  fonft  naher  Ver- 
wandter des  Meifters  Giovanni  Antonio  Daria  und  mit 
oder  bei  diefem  zugleich  in  Salzburg  in  Arbeit  ge- 
standen fein  dürfte. 

Geht  nun  aus  allen  diefen  Umstanden  hervor,  dafs 
unfer  Meifter  fchon  um  die  Mitte  der  Fünfziger-Jahre 
des  17.  Jahrhunderts  höchft  wahrscheinlich  noch  in 
jugendlichem  Alter  in  Salzburg  gewefen,  fo  ift  ander- 
seits fein  Verweilen  dafelbft  noch  1675  durch  ein 
Gefuch  um  Verleihung  einer  Stelle  nachgewiefen, 
worauf  wir  im  Verlaufe  zurückkommen  werden. 

Die  Zwifchenzeit  füllt  fein  Schaffen  als  Künftler 
und  Werkmeister  im  Dome,  beim  Brunnen,  in  den 
Galerien  und  abermals  im  Dome,  im  Steinbruche, 
wie  in  der  Bauhütte,  oder  wie  man  heute  Sagen  würde 
im  Atelier  aus. 

Da  ein  Theil  der  bezeichneten  Bauten  gleichzeitig 
ausgeführt  wurde,  ift  es  um  fo  weniger  möglich,  eine 
Streng  chronologische  Folge  einzuhalten,  als  man  Sich 
bei  Feftftellung  der  ThatSachen  auS  Sehr  dürftige,  mit- 
unter abgeriffene,  aber  doch  Sich  gegenfeitig  ergän- 
zende und  bestätigende  Daten  angewiefen  Sieht. 

Wir  wollen  alSo  die  Bau-Objecte,  hinfichtlich  deren 
Daria s  Mitwirkung  Sich  nachweifen  läßt,  einzeln  be- 
fprechen  und  dabei  die  Zeitfolge  nach  Thunlichkeit 
berücksichtigen. 

Hinfichtlich  feiner  erften  Arbeiten  im  Dome  (1659) 
wiSSen  wir  nicht  mehr,  als  Seine  bereits  angeführten 
wenigen  Worte  entnehmen  laffen;  dieSe  erwähnen  nur 
der  PflaSterung  ,,in  den  4  khapelnen".  Ohne  das  Gebiet 
nicht  näher  zu  begründender  Vermuthungen  betreten 
zu  wollen,  können  wir  uns  doch  des  Gedankens  nicht 


entfchlagen,  dafs  die  Ausfchmückung  der  Galerie  des 
Domes  und  des  Giebels  der  Fronte  desfelben  mit 
Statuen  dem  jungen  „weifchen  Bildhauer-  die  befte 
Gelegenheit  bot,   fein   geniales  Geftaltungsvermögen 

in  Salzburg  zuerSt  zu  zeigen   und  geltend  zu  machen. 

Wie  dem  auch  Sei,  gewiß  war  die  Herstellung  des 
KirohcnpfiaSters  auch  damals  nicht  Seine  einzige 
Leiftung  im  Dome. 

Es  verträgt  Sich  dies  durchaus  nicht  mit  feiner 
gleichzeitigen  Schöpfung,  dem  .Hofbrunnen-,  durch 
die  er  Sich  als  begnadeter,  al>  vollendeter  Meifter 
Seiner  Kunft  bewahrte,  einer  Schöpfung,  welche  feinen 
Namen  unvergeßlich  machte. 

Merkwürdig  ilt,  daSs,  obwohl  jedermann  weiß  daSs 
Antonio  Daria  das  viel  gerühmte  und  bewunderte 
Werk  erbaute,  über  den  Bau  felbft  fo  wenige  und  unter 
diefen  fo  abweichende  und  irrige  Nachrichten  über- 
liefert worden  find  und  dafs  alle  diefe  vielmehr  die 
Leitung  des  Waffers,  als  das  Monument  felbft  be- 
treffen. 

Der  Angaben  v.  Koch-Sternfeld s  iit  bereits  an 
anderer  Stelle  gedacht  worden;  die  von  ihm  ange- 
führten Jahreszahlen  1656  bis  1659  beziehen  fich  aus- 
drücklich und  ausfchließlich  auf  die  Ausführung  des 
Kunstwerkes  im  Bruche  und  in  der  Hütte. 

Das  Ergebnis  der  NachSorSchung  in  Salzburg  ge- 
stattet noch  einige  Details  insbelbnders  über  die  Aus- 
stellung des  Brunnens  hinzuzufügen.  Hiernach  find 
zwar  fchon  165S  Steinmetze  ..zu  Anfang  bei  dem  neuen 
Hauptbrunnen0  thätig  gewefen,  aber  noch  ein  Jahr 
Spater  (1659:  waren  Taglöhner,  Steinbrecher  und 
Maurer  mit  der  Ausgrabung  und  I  IerStellung  der 
GrundSeSten  und  erft  im  HochSommer  desSelben  Jahres 
mit  der  AuSSetzung  des  Brunnens  ..auf  dem  Platz  vor 
dem  Hof"  und  mit  der  Anlegung  eines  Abzugscanais 
befchäftigt.  Auch  1660  wird  noch  immer  an  dem 
großen  Werke  gearbeitet;  es  ift  aber  doch  bereits  fo 
weit  gediehen,  dafs  der  FürSt-ErzbiSchoS  in  Seinem  am 
20.  Juli  dieSes  Jahres  zum  Schutze  der  (aus  Rohren 
von  Lärchenholz  angelegten)  WaSSerleitung  an  das 
Stadtgericht  und  die  Pfleggerichte  der  Umgebung  er- 
laffenen  General-Mandate  der  zuversichtlichen  Hoff- 
nung Ausdruck  geben  konnte,  das  „zur  Zier"  feiner 
Refidenz  .Vnd  gemainer  Statt  alhie,  dann  auch  dem 
gemainen  wefen  zu  gueten"  unternommene  Werk,  .gar 
in  kurzer  Zeit  in  Völliger  perfection"  zu  Sehen.  1661 
wurden  die  SürStlichen  Wappen  an  der  BrunnenSchale 
und  1662  endlich  die  Streiffteine  um  den  Brunnen  an- 
gebracht. 

In  den  beiden  letzten  Jahren  war  auch  an  der  Voll- 
endung der  Leitung,  dem  Baue  „eines  neuen  Brunn- 
heisls"  und  an  der  Herstellung  eines  in  die  Fellen  ge- 
hauenen -Grabens"  (zur  Legung  der  Röhren)  auf  dem 
Nonnberge  fo  rüftig  gearbeitet  worden  ^Hofk.  Hofbau- 
amt, 1662  G.  und  1663  G.),  dafs  der  Brunnen  noch  1661 
wirklich  in  Gang  gefetzt  werden  konnte  ;  '  allein  der 
Strahl  Stieg  nicht  hoch  genug  Sür  die  großartigen  Ver- 
hältnisse des  Brunnens.  Die  weiteren  Gefchicke  und 
Mi-geSchicke  desSelben  find  bekannt.  Wir  berühren  fic 
hier  nur  kurz,  und  ausfuhrlicher  blos  dann  und  dort, 
wo  wir  neue  und  insbeSonders  Solche  Angaben  bringen 

1  Alfo  nicht  1664  wie  Hühner  Befchreib  d.  f.  e.  H.  u  Rfl  S  .  S.  188, 
noch  1668,  wie  Tfchi/ckka  ancil't  Der  Brunnenbau  faramt  Leitung  dauerte 
übrigens  bis  zur  Behebung  aller  Anllandc   26  Jahre  (1656  bis  1682). 


CCXXIII 


können,   welche   auf  Giovanni  Antonio  Dario,  fich   be- 
ziehen. 

Etwas  zu  vorfchnell  war  der  „Gemainen  Stadt" 
1657  ein  Steinbruch  am  Untersberg  —  „da  er  derzeit 
zu  Hof  nicht  vonnöthen"(Hofk.  Hofbauamt  1689  G.)  — 
und  mit  Ende  des  Jahres  1660  aus  gleichem  Grunde 
„das  Prunwafler,  fo  bis  dato  yber  Hof  vom  Gerharts- 
perg  hereingeführt  worden,  wie  nit  weniger  die  große 
Schall  von  dem  neuen  Prunen  (?)  yberlaffen"  worden, ' 
denn  aller  diefer  Dinge  war  man  fpäter  wieder  be- 
dürftig. Zuerft  und  gar  bald  erwies  fich  das  von  feinem 
„Urfprunge"  am  Untersberg  hergeleitete  „Junckhfrau 
\\  .nier"  infolge  häufigen  Berftens  der  Leitungsröhren 
als  unzuverläffig  und  unzureichend.  Schon  1663  dachte 
der  Fürft-Erzbifchof  daran,  „dafs  Waffer  vom  Vndtcrf- 
perg  in  mehrerer  Quantität  herabzufiehren"  (Hotk. 
Hofbauamt  1668  J). 

Um  den  wefentlichften  Gebrechen  abzuhelfen, 
legte  der  Holländer  Andree  von  der  Waldt  1664  in  der 
Peterswiefe  (Nonnthal)  ein  40  Fuß  tiefes  mit  Ouadern 
ausgefetztes  Brunnhaus  an,  und  im  Frühlinge  1665 
wurde  auch  die  reichlichere  Waflerzufuhr  durch  Aus- 
taufch  der  drei-  und  vierzölligen  Röhren  gegen  folche 
von  weiterer  (5:6")  Bohrung  und,  wie  es  fcheint,  auch 
Legung  eines  dritten  Röhrenftranges  beantragt  und 
genehmigt.  Doch  alle  diefe  Verfuche  bewirkten  den 
beabfichtigten  Erfolg  nicht,  oder  wenigftens  nicht  im 
gewünfehten  Maße  (Hofbauamts-A6ten  B  IV  b).  1672 
wurde  aus  diefem  Grunde  vom  Hofbauamte  die  Auf- 
laffung  des  Brunnenhaufes  auf  der  Peterswiefe  und  Er- 
richtung eines  neuen  Pumpwerkes,  ähnlich  jenem  der 
Stadt  nächft  dem  Bürgerfpitale,  beantragt. 

Der  .. Baumeifter"  von  der  Waldt  arbeitete  1673 
ein  ziemlich  koftfpieliges  ProjecT:  aus,  welches,  mit 
mehr  als  14.500  fl.  veranfchlagt,  die  Erweiterung  des 
Alm-Canales  durch  den  Mönchsberg,  Verfetzung  des 
Brunnenhaufes  in  die  Stadt  und  Hebung  des  Fürften- 
brunnwaffers  in  Bleiröhren  auf  die  Dächer  der 
Refidenz  beabfichtigte ,  von  wo  aus  es  „alß  einem 
\\  afferthurn  wider  in  (den)  Prun  gefiehrt  werden" 
follte.  Im  erften  Punkte  feines  Projeftes,  Durchftich 
des  Berges,  Mutzte  fich  von  der  Waldt  auf  „des  Antoni 
Daria  gemachten  Anfchlag"  und  Gutachten.  Aber 
Daria  war,  ebenfo  wie  der  fürftliche  Brunnmeifter 
Rupert  Kraimofcr  und  der  „Hoftraxler  Mathias  Hodl" 
gleichzeitig  berufen  worden,  felbftändig  ihr  Gut- 
achten abzugeben,  wie  der  „Haubtprun  alhier  in 
völlige  perfection  zu  bringen  vnd'  mit  beftendigem 
waffer  zu  verfehen  wäre".  Daria  erftattete  feine  Vor- 
fchläge  in  fünf  Punkten  und  beantragte,  um  den 
Brunnen  auf  gleiche  Höhe  mit  dem  Refidenzthor  zu 
fetzen:  1.  „Das  Prun  Chor;i  (r)2  ringsum  zu  heben,  zu 
erweitern  und  ..den  Berg"  „zu  befferer  Spülung  defs 
waflers"  mit  rauhem  Nagelftein  zu  überziehen,  wodurch 
er  wieder  ..feine  rechtmäßige  proportion  zu  der  er- 
weitterung"  erlangen  würde,  welche  2.  nicht  mehr  als 
„vier  Runde  ftuckh"  erfordere,  aufweiche  die  hochfürft- 
lichen  Wappen  gefetzt  werden  könnten;  durch  diefe 
Erweiterung  würden  3.  die  „4  pferd."  welche  „in  jeziger 
Prunftuben  zu  groß,"  ,,alsdan  auch  feiner:  vnd  vill  pro- 
portionirter"    erfcheinen;   4.   wäre   bei   Erhöhung  des 

-otiz  verdankt  der  Verfafler   der    zuvorkommenden   Güte  des 
Herrn  ft.iilt.   K..nzlci  Direktors  Ludwig  Pet 

;  Prun  Ch.ir;,   I'.runiu-nkar,  Brunnenfchale,  Behältei    K.itt'ti  [SckuitUer, 
bayerilVhes  W'.rterburh). 

XIII.  N.  F. 


Brunnens  der  Platz  gegen  den  Steinmetzhof  (welcher 
fich  im  Neubaue  befand)  um  4'  abzutragen,  „damit  der 
ganze  platz  ein  gleich  feine  ebene  yberkhomme."  Der 
5.  Tunkt  betrifft  die  Herstellung  eines  Wafferabzugs- 
Canales.  Nicht  ohne  Intereffe  ill  der  Schluß  des  Vor- 
trages, welcher  den  verbitterten  Gefühlen  des  Meifters, 
aber  auch  feiner  ftolzcn  Zuverficht  Ausdruck  gibt;  er 
lautet  wörtlich:  ..Nun  Zweifelt  mir  nit  Genedigifter 
Fürft  vnd  Herr,  etliche  zu  Hoffe,  abfonderlich  jeni 
die  mir  weder  Ehre  noch  glickh  vergönnen,  werden 
fich  befleißen,  dife  meine  vorfchlagende  meinung  miß- 
lich ift  zu  hindertreiben;  Wan  aber  folches  recht  beob- 
achtet wiirdt,  halt  ich  mich  verlichert,  Euer  hoch- 
fürftliche  Genaden  vnd  andere  mehr  werden  difen  Vor- 
trag vor  guet  erkhemien,  wie  Ich  mir  dann  mit  der 
Hilft"  Gottes  woll  thraue,  folche>  werkhe  glickhlich  zu 
gewünfehtem  Ende  zu  bringen".  (Hofbauamts-AcTen 
B.  IV  1).  Alfo  auch  Daria's  Künftlerlaufbahn  war  in 
Salzburg  keineswegs  durchaus  mit  Rofen  beftreut. 

Ob  feine  Vorfchläge  zur  Ausführung  kamen,  ift 
nicht  zu  erfehen;  es  fcheint  nicht.  Gewifs  ift,  dafs  das 
ProjecT:  der  Verfetzung  des  Brunnhaufes  fallen  gelaffen 
wurde,  da  diefes  noch  heute  auf  der  „Peterswiefe" 
fteht.  Der  fürflliche  Brunnenmeifter  Rupert  Kraimofer 
hatte  fich  mit  guten  Gründen  gegen  dasfelbe  ausge- 
fprochen.  Ihm  fiel  denn  auch  wenige  Jahre  fpäter  die 
doppelte  Aufgabe  zu,  den  Waffermangel  des  Brunnens 
zu  beheben  und  den  Strahl  auf  eine  angemeffene  Höhe 
zu  treiben.  Es  ift  ihm  gelungen,  fie  mit  geringen 
Mitteln  glücklich  zu  löfen,  allerdings  nur  bei  Auf- 
gebung der  Fürftenbrunnleitung,  wodurch  bedeutende 
Schwierigkeiten  hin  wegfielen. 

Mit  dem  landesherrlichen  Decrete  vom  1.  Auguft 
1679  war  er  ermächtigt  worden,  auf  eigene  Gefahr  und 
Rollen  (?),  i;egen  eine  erft  nach  gelungener  Ausführung 
fällige  fehr  mäßige  Entlohnung  für  Mühe  und  Aus- 
lagen, das  Quellvvaffer  des  Sternweihers  von  Hellbrunn 
herabzuleiten;  im  Jahre  1680  hatte  er  es  in  bleiernen 
Röhren  in  die  Stadt  und  fchon  1682  bis  auf  die  Dächer 
der  fiirftlichen  Refidenz  und  des  Dicafterial-Neu- 
baues  geführt  (Hofbauamts-Aclen,  B.  IV,  6  und  Koch- 
Sternfeld:  „Straßen-  und  Wafferbau"). 

Gleichzeitig  mit  dem  Domausbaue  und  dem 
Brunnen  wurden,  wie  gefagt,  die  Galerien  aufgeführt, 
welche  die  fürftliche  Refidenz  mit  dem  Dome  unmittel- 
bar verbinden,  den  Domplatz  umfchließen  und,  mit 
weißem  Marmor  bekleidet,  einen  ornamentalen 
Schmuck  zeigen,  der  in  gewiflen  eigenthümlichen 
Details  (Pferdeköpfe)  an  den  Brunnen  gemahnt.  Der 
Bau  war  1658  bereits  in  vollem  Zuge,  ging  aber  erft 
16GS  feiner  Vollendung  auch  im  Innern  entgegen. 

Daria  s  Antheil  an  diefem  Bauwerke  ift  zweifellos 
und  jedenfalls  bedeutend  gewefen.  Nicht  allein  dafs 
er  feine  Mitwirkung  (in  der  bereits  bezogenen  Recht- 
fertigung) mit  den  Worten  felbft  bezeugte:  „Widerumb 
Anno  1661  von  Michaely  an  Bis  auf  diefe  Zeit  (Juni  1662) 
ift  auch  Vill  gibs  aufgangen  bey  dem  Gang",  ergibt 
fich  dies  fchon  beftimmter  aus  einer  ..  Befchreibung, 
deren  Stain,  welche  Ihro  hochfürftliche  Gnaden  etc 
nechftuerwichens  1662"  Jahr  inn  vnd  auffer  des  New- 
baw  Ligend  durch  Anthonio  Daria  abmeffen  laffen, 
Item  waß  noch  daruon  zum  aufgefetzten  gang  oder 
Galeria,  für  die  angefangenen  Paluftri  ^etc.)  abge- 
geben worden".  Nach  Verzeichnung  diefer  für  „Stürze, 


CCXXIV 


Capitäler,  Schafft,  Paluftri,  Eggpfoften,  Gfimbs-  und 
zu  den  hochfürftlichen  Wappen  in  der  Galeric  ver- 
wendeten, dann  der  verkauften  und  noch  vorhandenen 
„rauhen-  Steinblöcke  find  in  diefer  Befchreibung 
_2i  Platten-  mit  dem  Beifatze  angeführt:  Diefe  „haben 
zue  dem  auffgefezten  gang  oder  Galeria  gebraucht 
werden  follen,  welche  Anthony  Daria  auch  von  denen 
offenen  Stainen  zuarbaithen  laßen-  -Hofkammer, 
Hofbauamt,  1665 

Kurz  vor  dem  Ableben  des  kunftfinnigen  fürlt- 
lichen  Bauherrn,  des  Erzbifchofes  Guidobald,  waren 
diefe  Galerien  bis  auf  den  Schmuck  im  Innern  voll- 
endet. Am  12.  April  \66S  fchloß  nun  das  Hofbauamt 
im  Auftrage  des  Fürften  mit  Johann  Peter 
aus  Linz  den  Vertrag  über  dieStuccatur-Arbeit  in  dem 
neuen  Gebäude  dahin  ab,  dafs  diefe  Arbeit,  „inmaffen 
Er     S4  und  Antonio  Dario  es   für  guet   befinden 

werden,  kommende  Pfingflzeit"  mit  einem  erfahrenen 
Gefellen  begonnen  werden  folle;  als  Bedingungen 
wurden  vereinbart  Beleuchtung,  Koft  und  Trunk  und 
für  die  ganze  Stucco-Arbeit  in  den  „zu  beederfeits  des 
alhiefigen  Thumbftiffts  vorhandtene  drey  Galarien" 
600  fl.  fürMeifter  und  Gefellen,  wovon300  fl.  zu  Anfang, 
300  fl.  zu  Ende  der  Arbeit  ausbezahlt  und  wenn  die- 
felbe  „zu  contento  verricht"  worden,  dem  Meifter 
30  bis  50  fl.,  dem  Gefellen  aber  fechs  Reichsthaler  (oder 
9  fl.)  _vor  einen  recompens"  gereicht  werden  follten. 
Die  Maurer-,  Taglöhner-  und  Schmiede-Arbeiten,  fowie 
die  erforderlichen  Materialien  waren  auf  des  Späs  und 
Daria  Anweifung  vom  Hofbauamte  zu  beftreiten  (Hof- 
bauamts-Acten  C.  IV,  8). 

Der  Umftand,  dafs  hiernach  dem  Meifter  Daria 
auch  hinfichtlich  der  Ausfchmückung  im  Innern  eine 
maßgebende  Stimme  eingeräumt  wurde,  dürfte  wohl 
die  Annahme  rechtfertigen,  dafs  der  architektonifche 
Entwurf  diefes  Baues,  wie  deffen  Ausfuhrung,  ganz  fein 
Werk  ift. 

Noch  eine  bedeutende  künftlerifche  Leiftung  des 
Meifters  lehren  uns  die  Acten  des  Regierungs-Archives 
erkennen.  Die  Altäre  in  den  beiden  Seitenfchiffen  des 
Domes  find  unter  Giovanni  Antonio  Daria  s  Meißel 
erftanden. 

Von  den  fammtlichen  Altären  des  Domes  find 
nur  drei,  der  Hoch-Altar  im  Chorraume  und  die  beiden 
im  Querfchiffe,  aus  früherer,  aus  der  Zeit  des  Erz- 
bifchofes Paris  Lodron).  In  den  Seitenfchiffen  dage- 
gen Icheinen  bis  über  die  Mitte  des  17.  Jahrhunderts 
keine  oder  nur  proviforifche  Altäre  geftanden  zu  haben. 
Erlt  Erzbifchof  Guidobald,  dem  wir  fo  bedeutende 
Denkmale  der  Kunlt  in  Salzburg  verdanken,  begann 
fie  durch  folche  aus  Marmor  zu  erfetzen  Es  war  ihm 
aber  nicht  gegönnt  feine  Abficht  verwirklicht  zu 
fehen;  der  Tod  trat  zwifchen  Wollen  und  Vollbringen. 
Sein  Nachfolger  Max  Gandolph  Graf  Kimenburg  fetzte 
das  begonnene  Werk  fort  und  führte  es  zur  Vollen- 
dung. Daher  kommt  es,  dafs  von  diefen  acht  Altären 
nur  einer,  der  erfte  zur  Rechten,  das  Wappen  der  Thun. 
alle  übrigen  dagegen  jenes  der  Khuenburg  tragen. 

Wann  der  Bau  der  Altäre  begonnen  worden  ift, 
konnte  nicht  genau  feftgeftellt  werden.  In  den  Wochen- 
rechnungen des  Hofbauamtes  vom  Jahre  1668  (die 
altelte  im  Archive  erhaltene  Baurechnung,  die  nächft- 
folgend  vorhandene  ift  von  1699!)  erfcheint  in  den 
erften  zwei  Wochen  (2.  bis  16.     des  Monates  Juni  für 


_die  Zimmerleuthe,  welche  Antom  Dario  zu  Machung 
der  hölzernen  Modell  zu  den  Altären,  in  Thumb  ge- 
hörig gebraucht1-  3  ff  24  kr.  und  1  fl.  42  kr.  dann 
weiters  in  jener  vom  18.  bis  25.  Auguft  in  Ausgabe: 
„Dem  Anthony  Dario  vmb  zu  Antneth  bey  außfehung 
etwelchen  Stainwerkhs  ausgelegte  Zöhrung,  laut  Zetl" 
45  Kreuzer.  Die  Aufftellung  diefer  Altäre  „aus  rothen, 
gefprangten"  alfo  Atneter-)  Marmor  fcheint  am 
15.  September  166S  begonnen  zu  haben,  denn  von 
diefer  Zeit  an  find  laut  jener  Wochenrechnungen  die 
Steinmetze  zuerlt  mit  „Machung  der  rothmarmornen 
Stuckh  zu  den  Altären'1  und  fpäter  mit  der  „An- 
machung-  diefer  Altare  im  Dome  den  ganzen  Herbit 
und  Winter  befchäfti 

Die  Arbeit  fcheint  nicht  mit  der  höchften  Ortes 
gewünfchten  Rafchheit  von  Hatten  gegangen  zu  fein, 
denn  aus  einer  im  April  des  folgenden  Jahres  (1669) 
überreichten  Eingabe  de?-  „Antonius  Dario-  erficht 
man,  dafs  der  Meilter  durch  den  Fürit-Erzbifchof  zur 
Befchleunigung  derfelben  ermahnt  und  angetrieben 
worden  war.  Daria  Hellte  in  feiner  Rechtfertigung  vor, 
wie  er  fich  zwar  „beftes  Eleiß  angelegen  fein  laflen" 
wolle,  das  Werk  „gnedigiften  Verlangen  nach  fo 
fchleunigift  alfs  ymer  miglich-  fortzufetzen,  wie  es  aber 
hiezu  die  Notwendigkeit  erfordere,  dafs  er  mit  feinen 
-vnderhabendten  arbeithern  auch  fchaffen*  könne,  und 
diefe  „imer  parirn  follen,"  wie  denn  „wan  ein  Vnfleiß 
oder  Feller  vorbey  geht  folches  Niemands  andern, 
dann"  ihm  „alfs  Vorgestellten  Mailler  zuegezogeiv 
werde;  demgemäß  (teilte  Dario  die  ausdrückliche 
Bitte,  dafs  ihm  über  feine  Leute  das  ausfchließliche 
„Comando  gnedigift  anuerthraudt  vnd  Vberlaflen0 
werde,  „worbey  Seine  hochfürltliche  Gnaden  etc.  den 
Fleiß  vnd  die  fchuldtige  Treu  auch  gnedigift  befinden" 
würden. 

Mit  dem  decreto  proprio  vom  27.  April  1669  ift 
denn  auch  über  Antrag  des  hochfiirftlichen  Rathes 
Frans  v.  Feyrtag  „alfs  in  Paumaiftereyfachen  Verord- 
neten" diefer  Bitte  infoweit  entfprochen  worden,  dafs 
die  Hofbaumeifterei -Verwaltung  beauftragt  wurde, 
den  ,  Bildhauern  Antom  Dario  bey  Verförtigung  der 
Altaren  in  thumb  Vnd  zu  anderem  dergleichen  arbeith 
für  ain  Maifter  Vor  Vnd  aufzuteilen-,  dabei  aber  auch 
auf  befchleunigte  Fortfetzung  der  Arbeiten  und  Abstel- 
lung aller  Misbräuche  ernftlich  zu  dringen:  zugleich 
wurde  dem  Daria  „auf  dafs  Er  mit  der  arbeith  vnd 
obficht  mehrers  bey  der  Stöll  verbleiben  folle,  anftath 
der  affigniert  geweften  Hoftafl,  neben  behaltenden 
Brodt  vnd  weingenuß  von  Hof —  Ainn  gülden  wöchent- 
liches Coftgelt"  angewiefen. 

Diefe  Erledigung  entfprach  im  Wesentlichen  dem 
Sinne  der  geftellten  Bitte,  denn  mit  der  verliehenen 
Meilterfchaft  war  auch  das  erwünfchte  „Commando" 
verbunden. 

In  dem  bisher  Dargeftellten  ift  alles  erfchöpft, 
was  fich  hinfichtlich  Danas  Thätigkeit  in  Salzburg 
aus  den  dem  Verfaffer  erreichbaren  Quellen  nachweifen 
und  refpe<5tive  finden  ließ.  Es  erübriget  noch,  jene 
bei  Anfuhrung  der  vom  Fürft-Erzbifchofe  geführten 
größeren  Bauten  unerwähnt  gebliebene)  kleineren  dem 
Kunftfache  des  Meifters  angehörigen  Arbeiten  foweit 
die  gefammelten  Notizen  reichen,  kurz  aufzuzählen, 
welche  während  feines  Aufenthaltes  in  Salzburg  vom 
Hofbauamte    ausgeführt     worden    find    und    deshalb 


ccxxv 


Darids  Betheiligung  nicht  ganz  unwahrfcheinlich  er- 
fcheinen  laßen. 

Es  gefchieht  dies  hier  aus  dem  Grunde,  weil 
dadurch  möglicherweife  Anhaltspunkte  zu  weiteren 
Forfchungen  geboten  oder  gewonnen  werden  können. 

Von  folchen  Arbeiten  find  zu  erwähnen: 
1663,  Opferftock  für  die  Wallfahrts-Kirche  U.  L.  Fr. 
auf  dem  Diirnberge;  Bildhäuerarbeit  aus  weißem 
Untersberger  Marmor. 
166S,  Brunnen  aus  weißem  Untersberger  Marmor,  vom 
Kurilen  Erzbifchofe   Guidobald  für  Regensburg 
beflimmt;   auch  „Welfche  wurden  (bei  der  Aus- 
führung diefes  Werkes)  gebraucht";    es    fcheint 
aber  mit    dem  Tode    diefes    Fürft-Erzbifchofes 
eingeftellt  worden  zu  fein,  denn  am  2.  Juni  1668 
ift  hiefür  die   letzte  Arbeitswochenfchichte  ver- 
rechnet. 
1668,  Brunnen   aus   weißem  Marmor  für  den  Hofmar- 

itall  mit  Schrifttafel. 
1668,  Epitaph   aus   rothem  Atneter  Marmor  für  den 

vorgenannten  Fürft-Erzbifchof. 
1668,  „Ein    groß   Marmorftainene   Statua" ;    vielleicht 
eine  der  vor  dem  Portale  des  Domes  flehenden, 
des  Rupertus  oder  Virgilius;  jene  der  Apoftel- 
fürften  Petrus  und  Paulus  wurden  erft  1697  von 
Bernhard  Mändl  gefchaffen. 
Zum    Schluße   noch    einige  Worte    über  Giovani 
Antoni  Darids    perfönliche    Stellung  und  Lebensver- 
hältniffe  in  Salzburg  und  über  feine  Familie. 

Dafs  der  ebenangeführte  der  von  ihm  felbft  ge- 
brauchte volle  Name  und  feine  eigene  Schreibweife  ift, 
wurde  bereits  an  anderer  Stelle  bemerkt.  In  den 
Rechnungen  des  Hofbauamtes  vom  Jahre  1668  wird 
Darin  gewöhnlich  als  der  „  Welfche  Bildhawer"  mit 
und  ohne  Beifügung  feines  Namens  bezeichnet.  1669 
fertigt  er  felbft  als  „hochfürftlicher  Camerportier  vnd 
Bildhauer";  ebenfo  wird  er  vom  Fürft- Erzbifchofe  in 
dem  Decrete  vom  27.  April  1669  betitelt,  womit  das 
Hofbauamt  beauftragt  worden  ift  ihn  als  Meifter  vor- 
und  aufzuflellen.  Daria  fcheint  auf  diefe  Meifterfchaft 
Werth  gelegt  zu  haben.  In  einem  Vertrage  vom  24.  Sep- 
tember 1672,  betreffend  die  Aufdingung  eines  Salzbur- 
ger Jungen  Andreas  Grabner  als  Lehrling,  wird  er  zwar 
als  der  „Ehrnuefte,  hochfürneme  vnd  Kunftreiche  Herr 
jfoan  Antonio  Dario,  hochfürftlicher  Camer  Portier, 
Intagliator  vnd  Stainmetzmaifter"  begrüßt,  Daria  aber 
felbft  zeichnete  fich  fortan  1673,  1675  (foweit  zu  confta- 
tieren)  nicht  mehr  als  Bildhauer,  fondern  mit  Vorliebe 
als  Steinmetzmeifter. 

Mit  einer  Eingabe  vom  20.  März  1675  ftellte 
.  Intonio  Daria  endlich  die  Bitte  um  Verleihung  der 
durch  das  Ableben  des  Hanns  Nußdorffer  erledigten 
Hofmaurermeifterftelle,  welcher  er  fich  „neben  dennen 
er  fich  inn  Dienften  befindtendten  zimblich  woller- 
fahrnen Pallierern  vnnderthenigift  vnderfangen  wollte" 
(Hofbauamt,  C,  IV,  8). 


Daria  erhielt  diefe  Stelle  jedoch  nicht;  fie  wurde 
vielmehr  dem  bürgerlichen  und  Stadtmawrermcifter 
Ruep  Hueber  verliehen  (Ilofkammer,  Ilofbauamt 
1674/9  F.).  Vielleicht  war  es  der  Verdruß  über  diefe 
Abweifung,  welcher  ihn  bewog  Salzburg  zu  verlaflen ; 
fein  Bittgefuch  ift  wenigftens  das  letzte  Zeichen  feiner 
Anwefenheit  dafelbft. 

Daria  hatte  gleich  den  Beamten  Befoldung  be- 
zogen, wahrend  die  im  Hofdienfte  flehenden  Meifter 
(Maurer-,  Zimmer-,  Brunn-  etc.  Meifter)  nur  (1  fl.  30  bis 
2  fl.  30  kr.)  Wochenlohn  erhielten.  Diefe  feine  Befol- 
dung betrug  monatlich  25  fl.;  überdies  fpeifte  er  nach 
des  erzbifchöflichen  Hofes  patriarchalifcher  Sitte  an 
der  Hoftafel  und  erhielt  an  Brod  und  Wein  das  übliche 
Quantum.  Als  man  ihm  1669  aus  Dienftesrückfichten 
den  Befuch  der  (Officiers-)  Tafel  eingeftellt  hatte, 
wurde  er  dafür  mit  einem  wöchentlichen  Koftgelde 
von  einem  Gulden  entfehädigt;  da  der  damalige  Geld- 
wert mindeftens  auf  das  fechsfache  des  heutigen  an- 
zufchlagen  ift,  immerhin  anftandig. 

Hinfichtlich  des  Titels  „Camerportier"  ift  noch 
zu  bemerken,  dafs  derfelbe  keineswegs  gering  ge- 
fchätzt  wurde.  Der  hochfürftliche  „Baucommiffarius", 
als  Vorftand  des  Hofbauamtes  und  zugleich  Obrift- 
Waldmeifter  des  Erzfliftes  —  heute  würde  er  etwa 
Baurath  und  Oberforftmeifter  heißen  —  führte  den  Titel 
eines  hochfürftlichen  Kammerdiener>  und  genoß  einen 
Gehalt  von  monatlichen  33  fl.  20  kr.  falzb.  Wahr. 

In  der  eingangs  mehrfach  erwähnten  Studie  im 
XII.  Bande  der  „Mittheilungen-'  neue  Folge,  gefchieht 
eines  Stuccatorer's  Simone  Daria  als  Lombarden 
1600,"  fowie  des  Umftandes  Erwähnung,  dafs  unfer 
Antonio  Daria  in  St.  Florian,  wo  er  bis  zu  feinem 
Tode  im  Jahre  1702  durch  circa  zwölf  Jahre  bei  dem 
Baue  der  Stiftskirche  in  hervorragender  Weife  thätig 
war,  als  Witwer  eine  zweite  Ehe  fchloß  und  Vater 
mehrerer  Kinder  wurde. 

Dies  ließ  vorausfetzen,  dafs  der  Meifter  während 
feines  Aufenthaltes  in  Salzburg  eine  Familie  begrün- 
dete ;  denn  wenn  man  annimmt,  dafs  Meifter  Antonio 
im  Alter  von  beiläufig  70  Jahren  geftorben  ift  —  ein 
höheres  kann  mit  Rückficht  auf  feine  zweite  Verehe- 
lichung und  feine  rüftige  Thätigkeit  in  St.  Florian 
nicht  wohl  vermuthet  werden  —  fo  wäre  er  1656,  da 
er  (von  Koch- Sternfeld  in  Salzburg  zuerft  genannt 
wird,  erft  24  Jahre  altgewefen.  Allein  die  Matriken  des 
Dompfarramtes  regiftriren  weder  einen  Trauungs- 
noch  einen  Tauf-Acl:  unter  dem  Namen  des  Meifters. 
Nur  im  Todtenbuche  erfcheint  1637  der  fchon  er- 
wähnte Santino  Daria,  ein  Jüngling  von  19  Jahren  und, 
gleich  dem  älteren  Simone,  wahrfcheinlich  ein  Ver- 
wandter Antonios. 

Von  einer  Familie,  Gattin  oder  Kindern  des 
Giovan  Antonio  Daria  dagegen,  wie  über  deffen 
Kommen  und  Gehen  hat  fich  leider  nicht  die  geringfte 
Spur  gefunden. 


Notizen. 


138.  (Prähiflorifche  Funde  in  J aromer.) 
Bei    Gelegenheit    der    Einebnung    des    Exercier- 
platzes  der  Landwehr-Caferne  zu  Jarome'r  in  Böhmen 
fließ  man  an  verfchiedenen  Stellen  auf  größere  Haufen 


prähiftorifcher  Thonfcherbcn  meift  gröberer  Art, 
welche  vermifcht  mit  zerfchlagenen  Thierknochen  und 
Schichten  von  Ilolzafche  50  bis  60  Cm.  unter  der 
Oberfläche  fich  befanden.  Sowohl  diefe  gröberen  bis 

ff* 


CCXXV1 


zu  15  Mm.  dicken,  als  auch  die  dünneren  zuweilen  mit 
Graphit  überzogenen  Scherben  waren  ohne  Ornament. 
Abfeits  von  dem  Scherbenhaufen  befanden  fich  auch 
einige  Metallgegenftände.  und  zwar  eine  134  Cgr. 
lchwere  Spirale  aus  glattem  Golddraht  mit  fiinfUm- 
.  mehrere  Bruchftücke  von  bronzenen  Arm- 
bändern, eine  einfache  Bronze-Nadel  mit  hohlem  run- 
den Kopfe  und  ein  Anhangfei  aus  Bronze,  an- 
fcheinend  ehemals  mit  farbigem  Glas  oder  Schmelz  aus- 
gt  und  als  Ohrring  dienend,  ähnlich  den  gleich- 
artigen Funden  von  Kettlach  in  Nieder-Oefterreich. 
und  endlich  ein  kleines  Bronze-Schildchen  Alle  diefe 
Gegenftände  wurden  an  das  Mufeum  der  Stadt 
Jaromef  abgegeben. 

..  Correfpondent  Alaska  hat  nachträglich  zu 
feinem  Berichte  über  die  Funde  bei  Strainic  in  Mahren 
berichtet,  dafs  er  die  ganze  noch  im  Baue  begriffene 


von   Strainic  ein  prachtvolles  Nephrit- Beil  auf- 
gefunden wurde,  der  dritte  derartige  Fund  in  Mahren. 

140.  Der  Central-Commiffion  ift  beftimmte  Nach- 
richt zugekommen,  dafs  die  merkwürdige  und  impo- 
fante  Ruine  Engelsburg  bei  Karlsbad  einer  Reftau- 
riruiig  behufs  Confervirung  durch  deren  Befitzer  Grafen 
H.  Cernin  unterzogen  wird.  Auf  einem  von  allen  Seiten 
fchroff  abfallenden  Phonolit-Kogel,  welcher  ~S  Klafter 
über  der  Hochebene  und  2094  Fuß  über  der  Meeres- 
fläche liegt,  breitet  fich  die  Engelsburg  Engelkaus  , 
die  weite  Umgegend  beherrfchend,  aus.  Der  ein 
Aufgang  geht  am  Nordrande  des  Felfens  hinan  und 
wird  durch  ein  Vorwerk  gefchützt.  Lage  und  Geftal- 
tung  diefer  Burg  deuten  auf  hohes  Alter,  obgleich 
iiber  ihre  altere  Gefchichte  nichts  verlaßliches  bekannt 
ift.  Sie  dürfte  im  13.  Jahrhundert  unter  den  Herren  von 
Riefenburg  entftanden  fein.  Eine  Meinung  geht  übrigens 


■     <^s~   <js>;s*5 


/.-/• 


Fig.    1.  (Engelsburg.) 


Bahnftrecke  nochmals  einer  genauen  Revifion  bezüg- 
lich prähiftorifcher  Funde  unterzogen  hat.  Dabei  er- 
wiefen  fich  mit  Rückficht  auf  den  vorgefchrittenen 
Stand  der  Erdarbeiten  als  fehr  dringend  durchzuführen 
aufmerkfame  Grabungen  im  Einfchnitte  bei  Golgotha, 
ferner  am  linkem  Ufer  des  Marcharmes.  Diefe  Grabun- 
gen wurden  durchgeführt,  fo  weit  es  unter  den  gegebe- 
nen Umftänden  überhaupt  möglich  fchien.  An  erfterem 
Orte  wurden  vier,  an  letzterem  zehn  Gräber  aufge- 
fchloffen  und  forgfältig  unterfucht.  Außer  werthvollem 
kraniologifchen  Materiale  wurden  mehrere  Beigefäße, 
kleine  Bronze-  und  Eifen-Objecte  gewonnen,  wodurch 
die  früheren  Funde  wefentlich  ergänzt  werden.  Außer- 
dem wurden  bei  dem  Dorfe  Zvorovy  eine  neue  prä- 
hiftorifche  Grabftätte,  auf  dem  Berge  Tumornik  eine 
prähiftorifche  Wallburg  und  prähiftorifche  Fundftellen 
conftatirt.    Hervorgehoben   muß   werden,    dafs  in   der 


dahin,  diefe  Buig,  welche  fagenhaft  bis  auf  Karl  den 
Großen  zurückgeführt  wird,  fei  unter  den  Herren  von 
Vohburg,  deren  Besitzungen  fich  vor  dem  Jahre  1000 
bis  in  diefe  Gegend  erftreckten,  entftanden.  Da  Eger 
und  das  Egerland  in  ältefter  Zeit  nicht  zu  Böhmen 
gehorten,  lag  fomit  Engelhaus  nahe  der  Gränze  und 
dürfte  als  Gränzwehr  gedient  haben.  B.  Ein  kleiner 
Thorbau  deckt  den  erften  Eingang. 

In  der  Reihe  der  Befitzer  erfcheinen  Ulrich  von 
Hafenburg.  Cafpar  Schlik,  die  Herren  v.  Flauen,  die 
Colonnas  u.  f.  w.  1621  wurde  die  Engelsburg  confifeirt 
und  an  das  Haus  Cernin  verkauft,  1718  brannte  fie  ab 
und  blieb  feither  Ruine.  Gegenwärtig  beliehen  auf  dem 
600  Fuß  langen  und  150  Fuß  breiten  Flatteau  (Fig.  1) 
die  Dienftmannswohnung  C,  durch  welche  ein  gewölb- 
ter mit  zwei  Thoren  verfehener  Gang  fuhrt,  daneben 
den  Brunnen  D,  das  Hauptgebäude   in   der  Mitte   des 


CCXXVII 


Schloßhofes  auf  dem  höchften  Punkte,  darin  der  Saal  E, 
gegen  Wellen  ein  ifolirtes  Gebäude  (G)  mit  Capelle 
und  Saal  und  endlich  der  Bergfried  /•"  mit  tiefen  Unter- 
raum- und  Nebengebäuden. 

141.  Im  Benediftiner-Stifte  Marienberg  im  /  'intfeh- 

gau  foll  fich  laut  der  Central-Commiffion  zugekom- 
menen Nachrichten  ein  großer  ziemlich  gut  erhaltener 
Todtenfchild  (Stiftsfchild)  von  Ulrich  von  Matfch, 
Kloitervogt  diefes  Ordenshaufes  vom  Jahre  14,3,  und 
zwar  mit  deutlicher  Umfchrift  erhalten  haben.  Er  wird 
als  eine  fehr  fchöne  Arbeit  bezeichnet.  In  der  dortigen 
Kirchengruft,  einer  ehemaligen  romanifchen  Krypta, 
fand  man  ziemlich  gut  erhaltene  Fresken  aus  dem 
\z.  bis  13.  Jahrhundert. 

\\z.    Die    St.  Helena-Capelle,    eine    Stunde    von 
Deutfchnofen  und  i'/2   Stunden   von   Pirchabruck  im 

Eggentliale  entfernt,  über  welche  Confervator  Director 
Deininger  ausführlich  berichtete,  ift  auf  einer  hohen 
und  theilweife  bewaldeten  Terrainwelle  des  dortigen 
Mittelgebirges   fituirt   und  hat  nur  ein  Bauerngehöfte 


Fig   2.  (Deutfchnofen. 

zur  unmittelbaren  Nachbarfchaft.  Die  Anlage  diefer 
Capelle  iit,  wie  beiftehende  Skizze  (Fig.  2)  zeigt,  ein- 
fchiffig  mit  halbkreisförmiger  Concha  an  der  Oftfeite 
und  gothifchem  Thurm  an  der  Nordfeite.  Der  Giebel- 
front ift  eine  breite  auf  vier  Pfeilern  ruhende  Vorhalle, 
deren  Dach  mit  dem  der  Capelle  in  gleicher  Höhe 
liegt,  vorgefetzt  (Fig.  3).  Das  Capellenfchiff  mit  fpitz- 
bogiger  Tonne  überwölbt  wird  durch  einen  rundbogi- 
gen  Triumphbogen  von  der  mit  Halbkuppelgewölbe 
überdeckten  Concha  getrennt.  Länge  des  Schiffes 
circa  10  M.,  Breite  circa  7  M.  Höhe  bis  zum  Gewölb- 
fcheitcl  circa  8  M.  Mauerftärke  110  M.  Die  ganze 
Anlage  läßt  darauf  fchließen,  dafs  die  Capelle  ohne 
Thurm  noch  der  romanifchen  Kunftperiode  entflammt, 
während  der  Thurm,  das  Gewölbe  des  Schiffes  und  die 
im  Folgenden  gefchilderten  Wandgemälde  ihrem  Styl- 
Charakter  nach  der  erften  Hälfte  des  15.  Jahrhundertes 
angehören.  Viel  fpätere  Zuthaten  find  offenbar  die 
Vorhalle  fowie  das  Fenfter  in  der  Concha. 

Hinfichtlich  der  in  diefer  Capelle  vorkommenden 
Fresco-Gemälde,  welche   einft  fämmtliche  Wände  und 


Gewölbe  derfelbcn  bedeckten,  kann  conftatirt  werden, 
dafs  diefelben  von  befonderem  künftlerifchen  Werthe 
find  und  das  kunfthiftorifche  Intereffe  umfomehr  bean- 
fpruchen,  als  ein  großer  Theil  derfelben  noch  vorzug- 
lich erhalten  ift.  Aus  diefem  Grunde  kann  auch  die 
Confervirung,  beziehungsweife  die  Bloßlegung  der 
theilweife  übertünchten  Fresken  al>  ein  höchft  wün- 
fchenswerthes  und  verdienftliches  Unternehmen  wärm- 
ftens  empfohlen  werden. 

Die  in  der  St.  Helena-Capelle  vorkommenden 
Fresco-Gemälde  find  folgende: 

1.  Vollkommen  gut  erhalten  die  Gemälde  an 
der  fpitzbogigen  Tonne,  vom  Gewolbefcheitel  der- 
felben beiderfeits  bis  zu  -/3  der  Gewölbfläche  gegen 
den  Gewölbanlauf  hinreichend.  Sie  ftellen  dar:  in  vier 
von  ornamentirten  rechteckigen  Friefen  (mit  gemaltem 
gothifchen  Ornament)  eingerahmten  Feldern,  die  vier 
Evangeliften  in  überlebensgroßen  Figuren  in  chorftuhl- 
ähnlichen  gothifchen  Thronfeffeln  vor  Schreibepulten 
fitzend,  mit  ihren  Emblemen  Infchriften  und  Haupt- 
handlungen der  Evangelien,  welche  fie  gefchrieben. 


Fig.  3.  (Deutfchnofen.) 

Die  polychrome  Malerei  der  figuralen  Darftellun- 
gen in  diefen  vier  Feldern  erfcheint  auf  blauem  Grunde. 
Die  Figuren  und  ihr  Beiwerk  find  künftlerifch  im  Styl- 
charakter deutfeher  Gothik  des  15.  Jahrhunderts  durch- 
geführt, die  Thronfeflel  und  Schreibpulte  von  feiner 
architektonifcher  Durchbildung.  Die  fchmalen  um- 
rahmenden Ornamentfrieße  nähern  fich  in  ihrem  Cha- 
rakter dem  italienifch-mittelalterlichen  Style  und  find 
im  Gegenfatze  zu  den  figuralen  Darftellungen  mehr 
handwerksmäßig  gemalt. 

2.  Die  Seitenwände  des  Capellen-Schiffes  find  bis 
zu  '/3  der  Gewölbefläche  mit  Weißkalk  übertüncht;  die 
Tünchfchichte  iil  lehr  dünn.  Der  unterfte  Theil  der 
Gemälde  an  diefen  Wänden  ift  offenbar  durch  Feuch- 
tigkeit zerftört  worden;  doch  laffen  ftellenweife  aus 
der  Tünche  in  ihrer  Färbung  hervortretende  Köpfe  und 
halbe  Figuren  darauf  fchließen,  dafs  hier  noch  ein  großer 
Theil  diefer  Wandgemälde  bloßgelegt  werden  könnte 
und  wahrfcheinlich  Scenen  aus  dem  Leben  Chrifti  und 
der  heil.  Maria  dargeftellt  gefunden  werden  dürften. 


CCXXV1I1 


3.  An  der  Stirnwand  des  Schiffes  findet  lieh  noch 
einFresco-Gemälde  gut  erhalten  vor.  Es  ftellt  im  recht- 
eckigen Felde  gemalt  die  Figur  der  St.  Helena  dar, 
mit  der  Krone  auf  dem  Haupte  und  das  Kreuz  Chrifli 
in  der  Hand  haltend.   Der   übrige  Theil  diefer  Wand 

eichfalls  vertüncht. 

4.  An  der  Stirnfeite  des  Triumphbogens,  deffen 
halbkreisförmige  Wölbung  fich  unmittelbar  an  die 
Kuppelflache  des  Concha-Gewolbes  anfchließt,  find 
dargeftellt  und  gut  erhalten:  In  der  Mitte  Gott  Vater 
in   den  Wolken,  zu  beiden  Seiten  Hirten,   welche  ein 


Fig.  4.  (Deutfchnofen.) 

Lamm  und  Getreide  opfern.  Darunter  links  und  rechts 
Wappen  weißer  Thurm  mit  Thorflügeln  auf  rothem 
Grunde,  Herren  v.  Niederthor  Fig.  4).  Der  Verputz 
zeigt  an  defer  Fläche  fchmale  unbedenkliche  Riffe. 

5.  Die  Malerei  an  der  Laibung  des  Triumph- 
bogens, gleichfalls  gut  erhalten,  ftellt  in  fieben  recht- 
eckig abgegränzten,  unmittelbar  übereinanderge- 
reihten  Feldern  die  fieben  Schöpfungstage  dar.  In 
jedem  Felde  die  Figur  Gott  Vaters  (jedoch  mit  dem 
S.ilvator-  Nimbus)  mit  den  der  Darfteilung  jedes 
Schöpfungstages  entfprechenden  Symbolen  und  Bei- 
werk, wie:  Erdglobus,  Himmelsglobus  etc. 


(Dcutfchnolen.) 


6.  In  der  Mitte  der  Halbkugel  des  Concha-Gew  öl- 
bes  ift,  von  einem  fpharifchen  Zweiecke  umrahmt,  die 
Figur  St.  Salvators  dargeftellt,  diefe  auch  gut  erhalten, 
wahrend  der  übrige  Theil  der  Gewölbsflache  über- 
tüncht ift  und  hier  die  durchleuchtenden  Scheine  von 
Heiligenfiguren,  welche  offenbar  St.  Salvator  im  Hall) 
kreife  umgebend  dargeftellt  waren,  erkennbar  werden. 

7.  Die  halbcylindrifche  Concha-Wand  ift  gleich- 
falls übertüncht  und  find  auch  hier  die  Spuren  figuraler 
Malerei  fichtbar. 

8.  An  der  Außenfeite  der  Giebelmauer  finden 
fich    von  Gemälden    derzeit  noch  erhalten:   Oberhalb 


des  einfachen  mit  Rundbogen  abgefchloffenen  Portales 
„Chriftus  am  Kreuze,  umgeben  von  heil.  Maria  und  heil. 
Johannes."  Links  vom  Portale  in  größerem  Maßftabe 
„St.  Chriftoph"  und  links  von  diefer  Figur  ..St.  Helena" ; 
fämmtliche  Darftellungen  von  je  einem  rechteckigen 
einfachen  Rahmen  eingefchloffen. 

9.  Rechts  vom  Portale  an  der  Giebelmauer  findet 
fich  noch  ein  kleines  Hoch-Relief  in  Stein,  eingemauert, 
welches  theilweife  durch  Abwitterung  verftümmelt  ift. 
E^  ftellt,  wie  nebenflehcnde Skizze  andeutet,  St.  Helena 
mit  dem  Kreuze  dar,  und  fcheint,  wenn  es  nicht  von 
anderem  Orte  hieher  verfetzt  wurde,  der  erften  Bau- 
Periode  diefer  Capelle  anzugehören  (Fig.  5). 

10.  An  der  Siidfeite  des  Aeußeren  der  Capelle 
ift  entfprechend  der  Gewölbefpannung  des  Triumph- 
bogens im  Inneren  ein  Strebepfeiler  angebracht,  deffen 
Vorderflächc  gleichfalls  bemalt  ift,  fowie  dies  einft  wohl 
an  den  ganzen  Längswänden  diefes  Baudenkmales 
der  Fall  gewefen  fein  dürfte.  Diefes  Fresco-Gemälde, 
gleichfalls  innerhalb  eines  rechteckigen  Rahmens  aus- 
geführt, ftellt  die  heil.  Maria  mit  dem  Jefuskinde  und 


Fig.  6.  (Deutfchnofen.) 

rechts  von  diefer  Figur  St.  Katharina  dar.  Letztere 
Figur  ift  vollftändig  erhalten,  während  der  Kopf  der 
heil.  Maria  zerftört  ift. 

Hiemit  wären  fämmtliche  Fresken,  welche  derzeit 
noch  an  diefem  Bauwerke   erkennbar  find  aufgezählt. 

Die  Fenfter  der  Capelle  find  nicht  mehr  urfprüng- 
lichundmit  Segmentbogen  abgefchloffen.  DcrGlockcn- 
thurm  fteht  an  der  rechten  Seite  der  Kirche  und  hat 
fpitzbogige  Fenfter  mit  Maßwerk  (Fig.  6). 

143.  Da  in  letzterer  Zeit  wiederholt  Fälle  vorge- 
kommen find,  dafs  kirchliche  Reftaurirungs-Bauten  in 
Böhmen  durchgeführt  wurden,  ohne  dafs  die  Organe 
der  Ccntral-Commiffion  Kenntnis  erhielten  und  daher 
im  Intereffe  der  Erhaltung  von  Kunftderrkmalen  nicht 
ihres  Amtes  walten  konnten,  fo  hat  fich  die  k.  k. 
Statthalterei  in  dankenswerther  Weife  veranlaßt  ge- 
fehen,  fämmtliche  Bezirksbehörden  anzuweisen,  die 
zu  ihrer    Kenntnis    gelangenden  Umbauten    refpeclive 


CCXXIX 


Reftaurirungen  fofort  bei  ihr  zur  Anzeige  zu  bringen 
behufs  weiterer  Mittheilung  an  dieCentral-Commiffion 

144.  In  Fig.  7  geben  wir  die  Abbildung  eines  in 
feiner  Art  intereflanten  Grabmales  zu  Sebenßein.  Es  ifl 
ein  rother  Marmorftein  mit  eigenthümlicher  Wappen- 
Darftellung:    ein    doppeltes    Hifchgeweih    im   Schilde 

und  .1111  Helme,  (lafelbft  mit  in  der  Mitte  aufritzendem 
Hahnenfederbufch.  Die  Infchrift  lautet: 

Amin  Domini  [525  An  fand  Avgvftinstag  ilt  geftorben 

der  Edl  \  eil  Chriftoff  Johann,  der  letzt  feines  Namen 

der  zeit  hauptmaun  zu  Forchtenftain,  dem  Gotl    gene 

dig  fei  amen. 

Ueber  das  Gefehleelit  der  Johann  herrfcht  wenig 
Lieht,  ja  fo  wenig,  dafs  es  wohl  fraglich  ill,  ob 
man  überhaupt  von  einem  Gefchlechte  reden  kann. 
Feil  (Alterthums- Verein  I.  216)  ift  es  gelungen  über 
dielen  Namen  einiges  zu  erforfchen.  Johann  Graf  Hal- 
de-- überläßt  nämlich  laut  Urkunde  ddo.  24.  Auguft 
1520  Hofkammer-Archiv)  dem  lieben  und  getreuen 
Chriltoff  Johann  das  Gefchloß  und  die  Graffchaft  Vort- 
tenftain  auf  5  Jahre  von  neuem  um  einen  Beftand  von 
2100  fl. 

1  las  Monument  befindet  fich  im  Innern  der  Kirche 
rechts  an  der  Wand. 

145.  Excellenz  Freiherr  v.  Czömig  hat  an  das 
l'ralidium  der  Central-Commiffion  ein  Schreiben  ge- 
richtet, in  welchem  fich  derfelbe  mit  dem  Orte  St. 
Lorenzen  im  Pufterthale  befchäftigt.  Er  bezeichnet 
diele  Pfarre  als  die  ältefte  im  Thale,  als  alte  Römer- 
ftätte.  Die  Kirche  wird  als  ein  fchöner  gothifcher  Bau 
gefchildert,  die  zu  den  werthvollften  der  Umgegend 
geheut.  An  diefelbe  ift  eine  Capelle  (Egerer-Capelle) 
angebaut,  die  viele  Sculpturen  enthält,  vorftellend  in 
einer  Reihe  von  Gruppen  die  Geißelung  Chrifti  u.  f.  w. 
in  natürlicher  Größe  und  von  extrem  realiftifcher 
Formgebung,  wohl  dem  17.  Jahrhundert  angehörig  und 
von  geringem  Kunftwerthe.  Die  Figuren  find  aus 
Holz  ganz  frei  herausgearbeitet  und  bemalt.  Nur  eine 
Gruppe  —  Chriftus  am  Oelberge  mit  zwei  Jüngern,  — 
dürfte  aus  älterer  Zeit  flammen  und  macht  Anfpruch 
auf  eine  beffere  Würdigung.  In  diefer  Kirche  befindet 
fich  auch  ein  Grabmal,  das  weniger  in  künftlerifcher 
als  hiftorifcher  Hinficht  die  Aufmerkfamkeit  feffelt.  Be- 
kanntlich hat  Volkold,  der  Sohn  Othwin's,  Gaugrafen 
im  Pufterthal,  das  Frauen-Klofter  Sonnenberg  bei 
St.  Lorenzen,  das  reichfte  des  Landes,  im  Jahre 
101S  geftiftet.  Diefe  Anfiedlung  nach  der  Regel  des 
heil.  Benedictus  beftand  durch  mehr  als  700  Jahre  bis 
zur  allgemeinen  Klofteraufhebung,  bei  welcher  fich  ein 
Vermögen  von  500.000  fl.  fand.  Im  vorigen  Jahrhun- 
dert errichtete  man  dem  Stifter  einen  Grabftein,  der 
nach  der  Demolirung  der  Klofterkirche  in  die  Pfarr- 
kirche von  St.  Lorenzen  kam,  wo  er  an  der  äußeren 
Wand  neben  dem  Kirchenthor  eingefügt  ift.  Volkold 
wird  dafelbft  gefürfteter  Graf  von  Görz  genannt.  Nun 
aber  beftand  diefe  Graffchaft  im  Jahre  1018  noch 
nicht  und  Volkold  war  kein  Graf  von  Görz.  Die  KJofter- 
frauen  aber  glaubten  ihn  zu  ehren,  wenn  fie  ihm  diefen 
Namen  geben,  weil  der  Tradition  nach  die  Grafen  von 
Görz  von  den  Pufterthaler  Gaugrafen  abdämmten  und 
weil  ihnen  der  Titel  eines  Grafen  von  Görz  viel  ehren- 


voller fchien,  als  jener  eines  fchlichten  Gaugrafen- 
Sohnes.  Dieter  Grabftein  ilt  aber  für  die  Gefchichte 
von  großer  Wichtigkeit.  Man  wußte  bis  zu  Ende  di 
vorigen  Jahrhunderts  in  literarifchen  Kreifen  nicht, 
woher  dii  Grafen  Görz  am  Ende  des  11.  Jahrhunderts 
gekommen  waren.  Itoiinayr  war  der  eilte,  der  die 
Abdämmung  der  Grafen  von  Görz  von  den  Lurn- 
gauer  und  Pufterthaler  Gaugrafen  nachzuweifen  fuchte, 
ohne  jedoch  für  feine  Meinung  (inen  pofitiven  Beweis 
zu  liefern  Jetzt  ill  wohl  die  frage  durch  Baron  Cz'örnig 
außer  Zweifel  geftellt. 

1  (.6.  Im  Laufe  des  Jahres  1SS7  wurden  an  dem 
Gebäude  des  Muieiims  ,s.  Donato  in  Zarii  bedi  utende 
Reftaurirungen  vorgenommen.  Sie  bezogen  fich  auf 
Ausbefferung  der  Dachftühle,  Oeffnung  von  fechs  ver- 
mauerten Fenftern,  Anbringung  entfprechend«  r  I 
fterverfchlüße    im  Anlauf  der  Kuppel,   Inftandfetzi 


~WMftp\Jtö\  4]  JjaJQUUTJ!  (]0£ 


Fig.   7.  (Sebenftein.) 

der  Stiegen  und  Scheidemauer  zwifchen  der  mittelen 
und  rechtsfeitigen  Abfide,  Ausbefferung  der  Mauern 
und  theilweife  Erneuerung  des  Mortelanw  urfes  im 
Mittelbau  und  in  den  Emporen  des  erften  Stockes. 

Für  die  Folge  erübrigen  die  Reparatur  der  Mauern 
zu  ebener  Erde,  die  Ausbefferung  des  Anwurfes  der- 
felben  und  der  Stiegenmauern,  die  Wiederinftand- 
fetzung  des  Ziegelpflafters  in  der  Galerie  und  des 
Steinplatten-Pflafters  zu  ebener  Erde,  dann  die  Reini- 
gung der  mit  Erde  und  Materialfchutt  gefüllten  Räume 
zwifchen  den  Fragmenten  von  antiken  behauenen 
Steinen  und  Ornamenten,  welche  das  Fundament  des 
Baues  bilden,  endlich  die  Bloßlegung  einiger  einge- 
mauerten Säulen  und  eventuell  vorfindlichen  Gewölbe- 
bogen im  erften  Stocke. 

[47.  (Wahrnehmungen  auf  einer  Reife  durch  Tyrol.) 

Auf  einer  längeren  Dienllreife  durch  Tyrol  war 
es   dem  Berichterftatter  möglich  geworden,   an   ver- 


ccxxx 


fchiedenen  Orten  einzelne  Objecte  von  kunfthiftorifcher 
Bedeutung  eingehender  zu  betrachten  und  aufmerk- 
famer  zu  würdigen  als  bisher. 

Zunächft  hatte  derfelbe  Gelegenheit,  das  hoch- 
intereffante  Schloß  Tratzberg  im  Unter-Innthal  nächlt 
Jenbach  gelegen,  zu  beluchen.  Obwohl  der  Aufenthalt 
nur  nach  Stunden  bemeffen  war,  fo  reichte  diefer  ge- 
ringe Zeitraum  hin,  um  zu  erkennen,  welche  Menge 
hochwichtiger  Gegenftände  des  Mittelalters  hier  auf- 
gehäuft ift  und  mit  welcher  Sorgfalt  der  noch  erhalten 
gebliebene  Beftand  der  Innenausstattung  des  Schli 
gepflegt  wird. 

Schloß  Tratzberg  dürfte  in  dem  letzten  Decennium 
des  15.  Jahrhunderts  feine  heutige  Gertalt  bekommen 
haben,  indem  um  diefe  Zeit  zwei  Flügel  mit  der  lang- 
geftreckten  fpat-gothifchen  Capelle  den  viereckig 
Schloßhof  umfaffend,  vollendet  wurden.  Hierauf  bezieht 
fich  eine  in  Lapidaren  ausgeführte  wohlerhaltene 
Infchrift  über  dem  Eingange  des  Stiegen-Rundthurnic- 
in  der  Ecke  des  Schloßhofes,  wofelbft  unter  dem 
Ten/sfkben  Wappen  zu  lefen  ift:  -1500.  Veit  Jacob  und 
Symon  Tentzl  |  Gebrueder  habe  gepaut  das  Schlos." 
Eine  weitere  Bauführung  gefchah  unter  der  Befitzer- 
familie  Ilfung.  Ein  Flügel  des  mächtigen  Gebäudes 
zeigt  die  fchönen  Formen  der  entwickelten  Renaiffance 
und  dürfte  der  baufuhrende  Meifter  wohl  Italien  ge- 
fehen   haben.  Ueber  dem   Haupteingange  liest   man: 

Georgius  Ilfungus  de  Tratzberg  equestris  ordinis, 
Carolo  V.  Ferdinando  I.  Maximiliano  II.  imperato- 
ribus,  Ferdinando  et  Carolo  Auftriae  dueibus  a 
consiliis,  utriusque  Sueviae  et  Neuburgi  ad  Rhe- 
num  praefectus  ad  priscae  religio nis,  virtutis 
quietis  Studium  posteris  recolendum  sedem  hanc 
asyluinque  conftituit  a°  MDLXXI. 

Die  Hauptfront  des  Schloffes,  das  nach  den 
Ilfung  in  den  Refitz  der  gräflichen  Familie  Tannenberg 
kam,  ift  gegen  das  Innthal  gerichtet,  von  Rundthürmen 
flankirt  und  durch  eine  mächtige  Erkerausbaute  in  der 
Mitte  markirt.  Aus  der  verfchiedenen  Höhenlage  der 
Dachpartien  läßt  fich  erkennen,  dafs  diefer  Theil  in 
zwei  getrennten  Zeitabfchnitten  gegen  Ausgang  des 
Mittelalters  feine  Entftehung  fand. 

Die  fchon  erwähnte  Wendeltreppe  im  Schloßhofe 
führt  gut  galerieartige  in  zwei  Stockwerken  angelegte 
und  mit  Rundbogen  gegen  den  Hof  geöffnete  Gänge, 
von  denen  man  die  einzelnen  Gemächer  betritt.  Wir 
finden  eine  Reihe  von  Zimmern,  die  mit  beftimmten 
Namen  bezeichnet  find,  wie  Fuggerzimmer,  Kaiferzim- 
mer,  I  labsburgerfaal,  Frauenftübel  durch  ihre  alte  Ver- 
täfelung,  durch  Holz-Plafonds,  durch  Original- Thüren, 
durch  koftbare  echte  Möbel  der  Spät-Gothik  und 
Renaiffance  hochbeachtenswerth  erfcheinen.DerHabs- 
burgerfaal  mit  feiner  reich  getafelten  Decke  und  dem 
zierlichen  Erker  wird  befonders  merkwürdig  durch 
den  an  den  Wanden  und  am  Kaminmantel  herum  ge- 
malten Habsburger  Stammbaum  mit  reichem  Wappen- 
fchmuck  und  vielen  Ornamenten  aus  der  Thier-  und 
Pflanzenwelt.  Farbe  wie  heraldifche  Behandlung  der 
Wappen,  Stylifirung  des  figuralen  und  ornamentalen 
Motive,  technifche  Malweife  und  Behandlung  des 
Ganzen  laffen  mit  Grund  annehmen,  dafs  diefer  theil- 
weife  reftaurirte  Stammbaum,  der  als  alleiniges  Subjekt 
die  Wände  diefes  großen  Raumes  bedeckt,  gegen  die 


Wende  des  15.  Jahrhunderts  unter  den  Tentzl's  ent- 
ftanden  ift.  Wir  erkennen  eine  feine  Nachahmung  des 
Ambrafer  Stammbaumes,  die  doch  wieder  infofern 
unbeholfen  durchgeführt  ift,  als  die  hier  mögliche  Ver- 
bindung des  Stammes  von  der  einen  auf  die  andere 
Bildergruppe  unterblieb.  In  demfelben  Saale  findet 
lieh  auch  über  einem  Thürbogen  ein  fchönes  Wappen- 
Relief  auf  die  Familie  Tentzl  bezuglich,  das  vierfeldige 
Wappen  mit  zwei  Helmen  und  folgender  Unter- 
fchrift:  Veit  Jacob  und  Simon  Tentzl  Gepprider.  Er- 
wähnung verdient  unter  anderem  ein  Prunkgemach 
mit  Eck-Erkerausbau,  deffen  Decke  mit  reich  caffetir- 
tem  Holz-Plafond  und  Wände  mit  ganz  vorzüglicher 
Holzverkleidung  gefchmückt  ift.  Nicht  unbefprochen 
dürfen  die  herrlichen  Marmorfaulen  bleiben,  welche  in 
der  Mitte  der  größeren  Gemächer  aufgeftellt,  dem 
reichen  Holz-Plafond  zur  Stütze  dienen. 

Es  würde  für  den  Zweck  diefes  Artikels  zu  weit 
führen,  wollte  man  alle  die  wichtigen  und  intereffanten 
Details  diefes  Schloffes  befprechen;  fo  wäre  hervor- 
zuheben das  reiche  Mobilar,  in  welchem  fich  die 
tyroler  und  fchwäbifche Schnitz-  und  Tifchlerarbeit  vom 
15.  bis  18.  Jahrhundert  mit  den  fchönften  Formen 
repraefentirt.  Außerdem  trifft  man  eine  Anzahl 
thönerner  reliefirter  und  in  Farben  decorirter  Oefen 
des  16.  und  17.  Jahrhunderts,  zahlreiche  fchöne 
Schmiedearbeiten,  darunter  befonders  Thürfchlöffer 
und  Befchläge.  Für  Bilderfreunde  finden  fich  viele  alte 
gute  Gemälde,  für  Freunde  von  Waffen  folche  fo  wie 
Rüftungen  in  großer  Zahl  und  von  guter  Qualität,  ja 
fo  manches  Prachtftück  darunter.  Todten-  oder  Stift- 
fchilde  enthält  deren  viele  die  große  Rüftkammer,  dar- 
unter von  der  Familie  Firmian,  Tentzl,  Fugger  u.  f.  w. 

Von  geradezu  hoher  Bedeutung  für  die  Coftüm- 
kunde  des  15.  Jahrhunderts,  dann  das  Tournierwefen 
ift  ein  altes  fehr  gut  confervirtes  Bild.  Es  ift  eine  ganz 
fchlichte  Malerei  auf  mittelfeiner  Leinwand,  mehr 
Skizze  als  abgefchloffenc  Arbeit.  Wir  fehen  ein  Kitter- 
tournier  vor  zahlreichen  Zufchauern  abgehalten  und 
auf  dem  Platze  einer  —  man  kann  es  annehmen  — 
füddeutfehen  Stadt  abgehalten. 

Mit  gehobener  Stimmung  haben  wir  dielen  für 
Alterthumsfreunde  hochwichtigen  Herrenfitz  verlaffen, 
der  noch  mit  nicht  unbedeutenden  Befeltigungs-Anla- 
gen  wie  Mauerzügen,  Thürmen  und  gedeckter  Stiege 
verfehen  ift. 

Ein  Rundgang  in  Innsbruck  führte  zunächft  in  die 
Univerfitäts-Kirche,  jenen  herrlichen  geräumigen  Kup- 
pelbau, der  unter  Erzherzog  Leopold  V.  und  feiner 
Gattin  Erzherzogin  Claudia  zwifchen  1627  und  1640 
entftanden,  aber  in  feiner  Facadc  unvollendet  und 
ohne  die  beabfichtigten  beiden  Thürme  geblieben  ift. 
Diefe  fchöne  Kirche  mit  ihren  hochbeachtenswerthen 
Innen-Details  und  Ausstattungen  würde  eine  einge- 
hende kunftgefchichtliche  Forfchung  verdienen. 

Nun  folgte  ein  Befuch  zu  der  durch  den  Patina- 
Krieg  in  neuefter  Zeit  oft  genannten  Franciscaucr- 
Hofkirche,  ein  Bau,  der  zwifchen  1553  und  1563  entftand, 
und  in  dem  unter  der  richtigen  Leitung  des  tüchtigen 
Direktors  der  Innsbrucker  Staats-Gewerbefchule,  des 
Confervators  Deininger,  in  pietätvoller  und  fachlich 
richtiger  Reftaurirung  zwei  alte  Einrichtungsftücke  zu 
ihrer  urfprünglichen  Schönheit  wieder  gelangten.  Es 
lind  dies  die  unter  dem  Namen  Fürßen-Thor  bekannte 


CCXXXI 


Empore  (1568 — 1571),  ein  gl  1  r<  Wanduhrgehäufe  aus 
1577  und  ein  in  Holz  ausgeführter  Orgelbau  aus  der 
Zeit  zwifchen  1 55 S  und  1563.  Es  ill  hier  wohl  nicht  der 
Platz  des  herrlichen  Denkmals  für  den  in  Wr.-Neufladt 
ruhenden  Kai/er  Max  l.  zu  gedenken,  wohl  aber  kann 
die  Bemerkung  nicht  unterdrückt  werden,  dafs  zu 
bedauern  ill,  dafs  die  beabfichtigte  Reiniguni;  der  das 
Denkmal  umstehenden  2.x  ui\t\  in  ihrer  künftlerifchen 
Bedeutung  fehr  ungleichwertigen  Mctallüguren  fchon 
beim  erften  Verfuche  abbellellt  wurde.  Die  Figuren 
hätten  eine  zweckmäßig  geführte  Säuberung  recht 
gut  vertragen  können.  Hei  diefer  Gelegenheit  wäre  es 
auch  möglich  geworden,  fo  manchen  anderen  Uebel 
ftand  an  den  Figuren  zu  befeitigen. 

Von  dem  herrlichen  Denkmal  mit  den  in  zarteil  er 
Weife  ausgeführten  Reliefbildern  des  Alexander  Colin 
und  von  dem  gefchmackvollen  fchönen  Gitter  zu 
fprechen,  erfcheint  bei  der  allgemeinen  Würdigung 
diefer  Kunllwerkc  überfluffig. 

Unter  der  Stiege  zur  filbernen  Capelle  rindet  l'ich 
in  einem  niedrigen,  gedrückt  überwölbten  Raum,  dei 
überdies  durch  Abfchlußgitter  nicht  zuganglich  ill, 
das  Grabmal  der  Katharina  von  Loxan  <y  1580).  In 
weißem  Marmor  ausgeführt  ill:  eine  ausgellreckt  lie- 
gende Frau  dargcllellt  und  wie  es  feheint  ganz  vor- 
züglich ausgeführt.  Das  Werk  wird  ebenfalls  Colin 
zugefchrieben,  kann  aber  infolge  feiner  Aufllellung 
nicht  genügend  gewürdigt  werden. 

Ein  Befuch  in  der  fchönen  St.  Jacobs- Kirche 
lenkte  die  Aufmerkfamkeit  auf  das  durch  Entzweithei- 
lung verftiimmelte  Grabmal  des  Hoch-  und  Deutfch- 
meijlers  Erzhersog  Maximilian.  Es  ift  richtig,  dafs 
Tumben-Grabmale  in  den  Gangen  einer  Kirche  und 
noch  mehr  im  Presbyterium  aufgeflcllt,  den  Raum  be- 
fonders  beengen  und  unbequem  werden.  Eine  anders- 
artige Aufllellung  ill  daher  erklärlich;  allein  die  heutige 
Aufteilung  in  der  Weife,  dafs  die  Hälfte  des  urfprüng- 
lich  auf  prachtvollen  Säulen  ruhenden  Grab-Baldachins 
—  alfo  je  zwei  Säulen  —  zu  einem  Vorbau  der  beiden 
Presbyterium -Seiteneingänge  verwendet  wurde,  ill 
wohl  llark  ungereimt.  Auch  die  Figurengruppe  des 
Grabmals  wurde  getheilt,  und  fo  kniet  nun  der  Erz- 
herzog umgeben  von  zwei  Helmen  auf  dem  einen  Ober- 
theil  des  Grabmals,  wahrend  St.  Georg  mit  dem  auf- 
baumenden Drachen  auf  dem  anderen  Übertheil  gegen 
den  Altar  gewendet  aufgelleilt  ill.  Die  zwei  Infchrift- 
platten  und  Schilde  find  an  den  Wänden  darüber  ver- 
theilt.  Auch  fcheint  es,  dafs  der  Flug  des  Deutfch- 
Ordenshelmes  auf  der  rechten  Seite  bei  diefer  un- 
glücklichen Aufllellung  verkehrt  aufgefetzt  wurde. 
Möge  eine  Zeit  kommen,  in  der  das  Monument  nach 
erfolgter Rellaurirung  wieder  paffend  aufgelleilt  werden 
kann. 

Ein  w  eiterer  Befuch  der  Kirchen  Innsbrucks  führte 
in  die  Spital-Kirche  mit  der  fchönen  Stucco-Üecoration 
und  in  die  Sert'iten-K'uche  (erbaut  um  1624)  mit  den 
werthvollen  Deckenmalereien  von  Schöpf,  die,  wie  es 
fcheint,  da  die  Kirche  eingeriiflet  ift,  eben  rellaurirt 
werden. 

Bei  einem  Befuche  der  Staatsgewerbefchule  fand 
man  eine  intcreffante  alte  Gliederpuppe,  den  leidenden 
Heiland  vorftellend.  Sie  ift  bis  unter  Brüll  und  über  die 
Knie  forgfältigll  in  Holz  gefchnitzt  und  (laffirt,  der 
übrige  Theil   mußte  bei  der  unzweifelhaft  kirchlichen 

XIII   N    I 


Verwendung    diefes    fehr    beachtenswerten   Schnitz- 
werkes durch  Stoffe  verhüllt  werden. 

Die  Keile  führte  weiter  nach  Brisen,  bei  Sterzing 
vorbei,  deffen  fchönes  Rathhaus  fchon  ängftlich 
des  Moments  harret,  dafs  das  dringend  noth 
Reflaurirungswerk  mit  Staatshilfe  endlich  und  zwar 
noch  eher  beginne,  als  die  Schäden  f<>  arg  werden, 
dafs  man  alsdann  von  einer  Rellaurirung  überhaupt 
nicht  mehr  reden  kann. 

Ein  kurzer  Befuch  des  Kreuzganges  zu  Brixen 
konnte  wohl  nicht  unterbleiben.  Einen  werthvollen 
Führer  zur  Berichtigung  und  Würdigung  der  hoch- 
werthigen  Fresken  gab  das  neueile  Büchlein  d 
Hans  Sempcr  ab.  Die-  darin  veröffentlichten  Studien 
verdienen  volle  Beachtung  und  werden  bei  Betrach- 
tung der  Bilder  fehr  lehrreich.  Was  nun  die  Fresken 
felbft  betrifft,  fo  ill  wohl  derzeit  eine  fehr  wohlthätige 
Maßnahme  gerade  im  Gange,  nämlich  die  Trocken- 
legung der  Mauer.  Ein  günlliger  Erfolg  für  die-  C'onfer- 
virung  einiger  Bilder  läßt  lieh  davon  für  den  Fall  wohl 
erhoffen,  als  diefe  Arbeit  in  umfahrender  Weile  durch- 
geführt wird,  d.  i.  die  Mauer,  wo  Ls  geht,  blosgelegl 
und  ein  Luftgraben  außen  angelegt,  endlich  der  ehe- 
malige Friedhof,  den  der  Kreuzgang  umfäumt,  ent- 
feuchtet wird.  Allein  damit  ill  noch  fehr  wenig  ge- 
fchehen.  Vieles  von  den  Bildern  ill  verblichen  und 
unrettbar  verloren,  vieles  hat  in  neuerer  Zeit  die 
unglückliche  Hand  eines  Reftaurators,  deffen  Spuren 
wir  bis  nach  Terlan  und  Maria-Saal  verfolgen  können, 
übermalt,  das  ill  fomit  ebenfalls  unrettbar  verloren;  nur 
manches  ill  noch  in  einem  Zuflande,  der  eine  confer- 
virendeAusbefferung  zuläßt.  Ja  diefe  confervirendeAus- 
befferung,  l'ie  ill  ein  Geheimnis,  das  nicht  jeder  Maler 
aufzufinden  vermag.  Nur  der  Künßler  vermag  es  zu 
ergründen,  der  foviel  Selbflüberwindung  befitzt,  in  den 
auszubeffernden  Bildern  nicht  fein  eigenes  Werk  hin- 
zuftellen,  fondern  der  den  alten  Meifter  dadurch  wieder 
zu  Ehren  bringen  will,  dafs  er  die  verloren  gegangenen 
Stellen  befcheiden  erfetzt  und  nur  fo  viel  Farben  und 
Linien  einfetzt  und  die  Zeichnung  ergänzt,  als  zum 
Verlländnis  der  Darftellung  nothwendig  ill.  Freilich 
wohl  find  folche  Künftlernaturcn  feiten,  dagegen 
finden  fich  genug  Maler,  aber  nicht  Künfller,  die  fofort 
zurBilder-Rellaurirung  bereit  find;  diefe  fetzen  alsdann 
dort,  wo  fich  der  alte  Meifter  verewigen  wollte,  auf 
derfelben  Stelle  etwa  auch  mit  Verwendung  der  alten 
Compofition  ein  neues  Machwerk  ihrer  Hand  hin  und 
verwenden  dabei  die  grellllen  Farben,  wofür  der  Brix- 
ner  Kreuzgang  Zeugnis  gibt;  dann  ift  das  alte  Bild  hin, 
nur  ein  neues  Gepinfel  gefchaffen,  das  nicht  einmal  zur 
Andacht,  jenes  beliebte  Schlagwort,  dem  man  unter 
gewiflen  Einfchränkungen  auch  feine  Berechtigung 
abfprechen  kann,  zur  Befchonigung  folcher  Rcllau- 
rirungen,  llimmt.  Verzerrte  Gefichter  und  verrenkte 
Glieder  zeichnen  kann  man  bald,  und  vom  Künftleri- 
fchen zum  Lächerlichen  ill  nur  ein  Schritt,  der  aber 
wird  auf  diefem  Gebiete  jetzt  leider  oft  gemacht.  Tyrol 
ift  ein  beliebter  Tummelplatz  dafür.  Am  unglücklichllen 
ill  der  Reftaunrungs-Vcrfuch  in  der  Kirche  zu  Terlan 
ausgefallen.  Auch  die  Malereien  in  der  Johannes-Kirche 
zu  Dorf  bei  Bozen  können  davon  erzählen.  Was  nun 
die  neu  reftaurirten  Fresken  im  Brixner  Kreuzgange 
mit  ihrem  brutal  blauen  Auftriebe  betrifft,  fo  wäre  es 
am  bellen,  wenn  ein  wohlthätiger  Maurer   das  ganze 


CCXXXI1 


Gefudcl  mit  Kalktünchc  uberftreichen  wurde,  die  Kunft- 
chichte  konnte  diefen  Verlull  verfclimerzen,  denn 
das  frühere  altehrwürdige  Kunftwerk  darunter  ift  ja 
ohnedies  fchon  verloren. 

Nach  der  Säcularifation  1S0S  ward  das  Capitel- 
haus  an  der  Oftfeite  des  Kreuzganges  zur  Frohnfcftc 
und  Wohnung  des  Gerichtsdieners  gemacht.  Verfehle- 
dene  Säle  des  Capitelhaufes  dienten  als  Arrefte  und  in 
dem  anstoßenden  Kreuzgange  wurden  Abtritte  ange- 
bracht. Erft  im  Jahre  1S3S  entfernte  man  diefelben 
und  gab  den  ganzen  Bau  in  fo  fchlechtem  Zultande 
zurück,  dafs  bei  den  vielen  Riffen  in  der  Hauptmauer 
ein  Einfturz  einzelner  Theile  zu  befürchten  war.  1S40 
bis  1S41  wurde  das  Kellergewölbe  unterfangen,  das 
Archh  -Gewölbe  abgetragen  und  durch  ein  neues  er  fetzt. 
Diefe  Schickfalsfchlage  machen  es  wohl  erklärlich, 
dafs  die  alten  Malereien  in  einem  fo  defolaten  Zuftand 
auf  uns  gekommen  find  und  nur  mehr  die  Wandhöhen, 
Lünetten  und  Gewölbe-Felder  Bilder  überhaupt  auf- 
zuweifen  vermögen. 

Wer  als  Kunftfreund  nach  Bösen  kommt, 
wird  gewifs  nicht  verfaumen,  die  der  heil.  Maria 
cihte  Domkirche  zu  befuchen.  Ein  eigenthümlicher 
gothifcher  Bau,  delTen  außenfeitlicher  Eindruck  durch 
die  dem  Chorfchluße  angefügte  Rund-Capelle  ftark 
gefchadigt  wird.  Mit  eigenthümlichem  Gefühl  betrach- 
tet man  den  fchönen  gothifchen  Thurm  mit  feinem 
durchbrochenen  luftigen  Steinhelm;  denn  die  fieben 
Glocken,  die  der  Thurm  enthält,  werden  täglich  mit 
folchem  Eifer  einzeln  und  zufammen  und  fo  wiederholt 
in  Bewegung  gefetzt,  dafs  eine  allmählige  arge  Schädi- 
gung diefes  Kunftwerkes  unausbleiblich  ift.  Die  Facade 
des  Gotteshaufes  ift  wohl  einigermaßen  nüchtern  und 
mit  dem  Vorbaue  des  Portals,  deffen  zwei  Säulen  auf 
romanifchen  Löwen  ruhen,  nicht  übereinftimmend. 
Eine  kunftreiche  ftylgemäße  Reftaurirung,  refpective 
Ausgeftaltung  der  Facade,  die  den  Charakter  des 
Unfertigen  trägt,  könnte  nicht  fchaden.  Das  fchöne 
Marienbild  ift  nun  mit  einem  gefchmackvollen  Schutz- 
dach verfehen. 

Es  fteht  außer  Zweifel,  dafs  auch  die  Francis- 
caner- Kirche  eines  aufmerkfamen  Befuches  werth  ift. 
Sie  ift  ein  gothifches  Bauwerk  aus  der  Mitte  des 
14.  Jahrhunderts,  das  im  Laufe  der  Zeiten  wenig  reftau- 
rirt  wurde.  Beachtenswerth  find  die  Seiten  Capellen, 
in-befonders  die  Allerheiligen-Capelle  mit  der  Vintler  - 
fchen  Gruft,  der  große  Flügel-Altar,  angenommen  als 
Fächer  {che  Arbeit,  der  die  italienifcheGothik  zeigende 
Thurm,  der  Kreuzgang  mit  den  Maßwerkfenftern  und 
der  große  Saal  im  erften  Stockwerke  des  Klofters. 

Beim  Durchwandern  der  Laubengaffe  gelangt  man 
zum  Haufe  Xr.  24,  wofelbft  ein  in  Holz  gefchnitzter 
großer  gekreuzigter  Heiland  angebracht.  Es  ift  dies 
eine  merkwürdige  bemalte  Sculptur.  Die  Beine  ftehen 
auf  einem  gemeinfamen  breiten  Sockel,  jeder  Fuß  ift 
befonders  genagelt,  die  Knie  find  ftark  vorgebogen, 
die  Arme  find  faft  wagrecht  geftreckt,  der  Körper 
hager  und  faft  fleifchlos,  der  Gefichtsausdruck  über- 
aus fchmerzlich.  Das  Schamtuch  ift  tief  unten  am 
Leibe  gegürtet  und  fallt  auf  der  linken  Seite  bis 
unter  das  Knie.  Ein  flrahliger  Kreuz-Nimbus  ziert  das 
dorngekrönte  Haupt  und  auf  der  Infchrifttafel  findet 
fich  die  Entftehungsjahreszahl  1205,  darunter:  renov. 
1687. 


Auf  der  Bozener  Ausstellung  befand  fich  ein  inter- 
efiantes  Gemälde  auf  Leinwand.  Es  zeigt  das  Bruft- 
bild  eines  wenig  bejahrten  Mannes  mit  Pelzmantel 
angethan,  vor  ihm  liegen  Werkzeuge  für  das  Bauwefen, 
im  Hintergrunde  Geht  man  den  zierlichen  Thurm  der 
Marienkirche.    Das  Gemälde   tragt  folgende  Infchrift: 

0  dni  1501  anfangen  des  Paws  am  lS  Tag  Winter- 
manfs  durch  maifter  Hanns  Lutz,  Steinmetz  von 
Schuffenriet,  vollent  den  16  tag  Herbftmonats  anno 
domini  Im  Jar  1519  feines  alters  im  36  Jar  Im  1509  jar. 

Ein  Befuch  des  Schloffes  Rvnggelflein  lehrte,  dafs 
viel,  ja  fehr  viel  dort  gefchehen  ift,  aber  noch  manches 
gethan  werden  muß.  Was  gefchah  ift  gut,  correct  und 
wohl  überlegt:  der  Bau  ift  in  feinem  Heftande  gefiebert, 
die  einzelnen  Räume  wurden  gut  zugänglich  gemacht, 
die  Wandmalereien,  auf  trocknem  und  hartem  Grund 
aufgeführt,  find  gut  befichtigbar  und  gefchützt,  die 
Zubauten  find  zufammenltimmend,  der  Hof  regulirt. 
Das  verfallene  Schloß  ift  nun  ein  befcheidener,  aber 
würdiger  Bau  zum  Schutze  des  darin  erhaltenen  Kunft- 
fchatzes.  Noch  harrt  die  Capelle  der  reftaurirenden 
Hand,  einige  Räume  der  Wiedergabe  der  ursprüng- 
lichen Unterteilungen  und  viele  Kleinigkeiten  find 
noch  zu  beschaffen. 

Impofant  ift  natürlich  der  den  Hof  beherrschende 
offene  Gang  in  Rücken  des  Gebäudes  mit  feinem 
reichen  und  merkwürdigen  Gemaldefchmuck  an  der 
Abfchlußwand.  Wir  fehen  portratartig  behandelte 
Figuren  von  Helden  der  Sage  und  Gefchichte,  fie  find 
in  neun  Gruppen  zufammengeftellt,  jede  Gruppe  aus 
drei  oder  fechs  Figuren  beftehend,  bei  einigen  haben 
fich  die  Xamen  und  Infchriften  erhalten. 

Wir  finden  zuerft  drei  ftehende  Figuren  mit  Fahne 
und  Tartfche,  zwei  davon  find  gekrönt.  Hektor,  Cäfar 
und  Alexander,  als  die  größten  heidnifchen  Helden. 
Daran  reihen  fich  drei  ftehende  geharnifchte  Ritter, 
einer  mit  einer  Krone  am  Helme,  ein  anderer  mit  dem 
charakteriftifchen  Judenhute,  alle  drei  mit  Wappen- 
tartfehen  und  Fähnchen:  Jofua  der  Eroberer  des  ge- 
lobten Landes,  rex  David  der  Bezwinger  der  Philifter, 
und  Judas  der  heldenmüthige  Vorkämpfer  für  jüdifchen 
Glauben  gegen  fremde  Religion  und  Sitte. 

Die  nächften  fechs  Figuren  find  fitzend  auf  einer 
breiten  und  langen  Bank  mit  decorirter  Rückenlehne 
dargeftellt:  zuerft  erfcheint  der  fagengefeierte  rex 
artus  mit  dem  Scepter,  dann  Carolus  magnus  mit 
Schwert  und  Reichsapfel,  beide  gekrönt  und  in  langen 
weiten  Kleidern,  und  endlich  Gottfried  von  Bouillon 
als  Ritter  mit  einem  Herzogshute  am  Haupte  und  mit 
der  Rennfahne.  Hinter  jeder  diefer  Figuren  ein  Wap- 
penfchild:  hieran  reihen  fich  die  „Frumßen  der  Tafel- 
rund'  als  die  Kronen  der  Ritterfchaft:  her  pareival 
mit  dem  filbernen  Anker  auf  dem  rothen  Schild  und 
dem  Fähnlein,  dann  der  nächft  tapferfte  Ritter  der 
Tafelrunde  Herr  Gabein  oder  Gawan  mit  einem 
hirfchähnlichen  Thiere  im  Schilde,  und  zu  dritt"  Herr 
Iwein  der  werthe  Mann  mit  dem  Adlerfchild.  Alle 
drei  gekrönt. 

Die  fünfte  Gruppe  enthält  fech^  Figuren,  nämlich 
die  drei  der  edelften  Liebespaare  Agley  und  Wilhelm 
von  Oefterreich,  der  zu  den  Helden  zählt,  die  durch 
Minnenoth  viel  gelitten  hatten,  dabei  der  Schild  mit 
den  fünf  Adlern,  Triftan  und  Ifolde,  Amaley  und  Wil- 
helm von  Orleans.   Nun  wird  die  Bilderreihe  vom  Ein- 


CCXXXIII 


gang  in  den  Saal  unterbrochen.  Ueber  demfelben  die 
gemalten  Wappen  der  Vintler,  von  Oefterreich  und 
Tyrol.  Die  fechfte Gruppe  veranfchaulicht  drei  fitzende 
Kitter  unbedeckten  Hauptes,  die  Tartfchen  auf  der 
linken  Achtel  und  mit  gezogenen  Schwertern.  Es  find 
die  Helden:  Ditrich  von  Hern  mit  dem  Schwerte 
Sachs,  der  Hörnene  Siegfrid  Sigmund's  Sohn  mit  dem 
Schwerte  Palmung  und  Dietlieb  von  Steyer,  Biterolfs 
Sohn  mit  dem  Schwerte  Weitung.  Der  erfte  führt,  wie 
es  in  der  Sage  heißt,  einen  rothen  Schild  mit  golde- 
nem Löwen,  der  zweite  die  fchon  im  Nibelungenlied 
benannte  Krone,  der  dritte  nach  feinem  Vater  das 
Einhorn  im  goldenen  Felde.  Daran  reihen  fich  die 
drey  rifen  groz  alzcit  die  ßerchßen  under  irem  genos: 
her  Afperan,  Kunig  Ortneit  und  her  Struthan,  derbe 
Geftalten,  riefige  Pfahle  in  den  Händen  tragend;  auf 
diefe  folgen  die  Riefen-Weiber,  Frau  Hill  mit  dem 
Schwerte  Nagelring,  die  obgleich  ftärker  als  zwölf 
Manner  von  Ditrich  von  Bern  erfchlagen  wurde,  dann 
Vodelgart  des  Riefen  Fafolt's  Schweller  und  Hills 
Tochter.  Sie  wollte  den  Tod  ihrer  Mutter  rächen  und 
fchlug  auf  Ditrich  mit  einem  Baümftamm,  doch  der  Ber- 
ner zerhieb  die  Keule  und  todtete  fie.  Die  dritte  Riefin 
ilt  die  Frau  Rachin,  von  denen  dreien  die  Ueberfchrift 
ragt:  pUnder  allen  Ungeheuern  man  fie  für  die  unge- 
heurigiften  fchreiben.''  Sie  führen  alle  drei  das  Schwert, 
zwei  davon  überdies  noch  einen  Baumftrunk,  alle  haben 
die  Panzerkleidung,  eine,  und  zwar  die  mit  der  Laub- 
krone, trägt  überdies  darüber  ein  Thierfell.  Die  letzte 
Gruppe  befindet  fich  über  der  Thür,  die  vom  Söller 
aus  in  den  Ofttraci  führt.  Wir  fehen  dafelbft  drei  kleine 
berittene  Figuren  —  wahrfcheinlich  Zwerge,  eine  ge- 
krönt, auf  einer  Hirfchkuh,  die  dritte  auf  einem  Pferde 
reitend. 

Alle  Figuren  find  mit  einem  ungewöhnlichen  Sinn 
für  Charakteristik  aufgefaßt  und  draltifch  wirkend  aus- 
geführt. Die  Zeichnungen  nahezu  correcl  im  Ganzen  wie 
in  den  Einzelnheiten  der  Wappen,  Waffen,  Rüftungen 
u.  f.  w.  Die  Farben  haben  trotz  ihres  Alters  und  des 
Witterungs-Einflußes  ftellenweife  noch  den  urfprüng- 
lichen  Glanz  und  ihre  Durchfichtigkeit.  Die  Gruppen 
gegen  die  Weftfeite  find  leider  theilweife  fchon  (ehr 
verblafst.  Was  das  Wetter  an  diefen  Gemälden  nicht 
fchädigte,  hat  das  Publicum  und  die  wiederholte  Re- 
ftaurirung  verfchuldet.  Bei  der  bisher  faft  gar  nicht 
beftandenen  Obforge  für  diefe  Kunstwerke  konnten 
die  Befucher  der  Burg  damit  nach  Belieben  fchalten 
und  in  wahrhaft  graufamer  Weife  ihre  Namen  ver- 
ewigen. Es  gibt  keine  Geftalt,  die  nicht  durch  Gekritzel 
Schaden  gelitten  hätte,  Gefichter  find  durch  Bleiltift 
oder  Rötheizeichnungen  entftellt,  angemalte  Barte, 
ausgefchlagene  Augen,  Skizzen  entehrender  oder 
komifch  fein  füllender  Beigaben  und  ähnliches.  Die 
Gemälde  erlitten  im  Laufe  der  Zeiten  auch  fo  manche 
Reftauration,  wobei  das  Alte  nicht  etwa  gefchont  oder 
bloß  ausgebeffert  wurde,  fondern  man  kratzte  es  eher 
ab,  oder  malte  über  das  alte  Gemälde  neues  aus 
Eigenem.  Die  neuefte  Reftaurirung  kann  erft  als 
Mufter  einer  pietätvollen  Schonung  und  Würdigung 
der  Gemälde  bezeichnet  werden. 

Der  früher  erwähnte  Eingang  führt  vom  Söller  in 
einen  großen  gegen  Norden  gerichteten  Raum,  der 
ehemals  durch  eine  oder  zwei  Querwände  in  zwei 
oder  drei  geräumige  Gemächer  <refchieden  war.  Diefer 


Theil  der  Bur^  ift's,  der  im  Jahre  1868  den  argen 
Schaden  erlitt,  indem  ein  Theil  der  Außenmauer  des 
Stockwerkes  und  des  Frdgefchoßes  in  den  Abgrund 
ftürzte.  In  Folge  deffen  verlor  die  Querwand  ihre 
Stütze  und  mußte  entfernt  werden.  Diefer  Raum  ift 
wiederhergeftellt,  wenn  auch  in  etwas  kleinerer  Dimen- 
fion,  da  die  Außenwand  auf  guter  Felfenfundirung  neu 
aufgeführt,  daher  etwas  gegen  innen  geführt  werden 
mußte.  Diefer  Raum  war  urfprünglich  mit  den  inter- 
. Hinten  Wandmalereien  von  Scenen  aus  der  Garels- 
fage  und  aus  der  Gefchichte  von  Triftan  und  Ifolde 
geziert.  Eine  Partie  folcher  Wandmalereien  von  einer 
Zwifchenwand  (lammend,  befand  fich  in  einer  Privat- 
fammlung,  felbe  wurde  für  die  Burg  wieder  erworben 
und  ift  nun  zur  Bedeckung  der  neuen  Wand  in  iliefem 
Saale  wieder  verwendet,  fo  dafs  faft  der  ganze  Innen- 
raum wieder  mit  alten  Gemälden  ausgeziert  ift.  Die 
erfteren  Gemälde  find  auf  blaugrüncm  Grunde  mit 
fchwarzen  Contourlinien  und  weißen  Lichtftellen  aus- 
geführt, die  letzteren  find  bunt  auf  rothem  Grunde 
ausgeführt,  in  ihrer  Mehrheit  aber  ftark  fchadhaft.  Die 
untere  Halle  war  und  ift  noch  mit  den  wohl  ftark 
verblichenen  Wigalois  -  Bildern  gefchmückt.  An  der 
rechten  Seite  des  Schloßhofes  ftand  früher  ein  ge- 
räumiger Bau,  wofelbft'  lieh  im  Erdgefchoße  die  noch 
beftehende  durchaus  bemalte  rundbogige  Capelle  mit 
halbrunder  ausfpringender  Apfis  befand,  deffen  übri- 
ges aber,  da  er  einen  großen  Pulver -Vorrath  barg,  zu 
einer  böfen  Stunde  in  die  Luft  ging.  Heute  fleht 
dafelbft  faft  ein  Neubau,  darin  fich  auch  der  nur  zur 
mäßigen  Höhe  anfteigende  Thurm  befindet.  Die 
Capelle  war  zu  Ehren  der  heil.  Katharina  geweiht  und 
beziehen  fich  die  Wandmalereien  unzweifelhaft  auf  die 
Legende  diefer  Heiligen.  An  diefer  Capelle  ift  wohl 
die  bauliche  Reftaurirung  vorgenommen,  das  weitere 
wartet  der  Zukunft.  Hinter  der  Altarnifche  erkennt 
man  noch  zwifchen  den  Abfidial-Fenftern  ein  Kreuzi- 
gungs-Bild. 

Ueber  die  Einrichtung  der  Capelle  im  Jahre  1493 
belehrt  uns  ein  noch  erhaltenes  Inventar,  das  unter 
anderem  mittheilt,  dafs  fich  in  derfelben  eine  fchon 
vergoldte  Tafel  mit  St.  Anton,  Kathrein  und  Chri- 
ftophel-Bildnis,  zwei  meffene  und  zwei  zinnene  Leuch- 
ter und  zwei  verguldete  Kerzenftuck  befanden,  ferner 
ein  fchönes  Kreuz,  vier  Meffegewänder,  darunter  eines 
mit  dem  Vintler- Wappen,  eine  filberne  verguldete 
Reliquien-Monftranze,  ein  Wandglögl  u.  f.  w. 

Ich   kenne    Sprüche,    die   von    den  Wänden    der 
Burg  den  Befuchern  freundlichen  Gruß  zufprechen: 
Ir  Herrn  und  Gäft  ir  füllt    mir   willkommen    fein, 
pring  ich  ain  pecher  mit  gueten  wein  den  will  ich 
zu  trincken  geben  den  albeft  in  meinem  Leben. 

Ein  andrer. 

ich   fach   den   may  mit   rofen    umfafs    darzu    vil 

maniger  hande  vogelin   folden  (tan  die  fangen  fo 

fc'hone  daz  es  erhall  in  den  bergen  überall. 

In  Trient  wird  die  Reftaurirung  des  Domes 
fleißig  gefördert,  das  dreifchiffige  Langhaus  ift  fertig 
und  jetzt  eben  erhebt  fich  über  der  Vierung  die  mach 
tige  Kuppel,  deren  Endgeftalltung  nunmehr  in  einer 
mit  dem  ganzen  Bau  mehr  harmonierenden  Weile 
feitens  des  Unterrichts-Minifteriums  geftattet  wurde. 
Mit  dem  Abfchluße  diefer  Reftaurirung  wird  eines  der 


CCXXXIY 


wichtigften  Baudenkmale  unferes  Reiches  in  feinem 
urfprünglichen  Schmucke  prangen  und  für  lange  Zeit 
in  feinem  Beftande  gefichert  fein.  Freilich  wohl  ift  die 
Thurmfrage  noch  nicht  gelufi,  allein  ift  fchon  fo  viel 
für  diefe  Kirche  gefchehen,  fo  wird  wohl  auch  noch 
diefe  Angelegenheit  eine  gluckliche  Löfung  finden. 

Neben  der  Concils- Kirche  unter  einem  überwölb- 
ten Durchgange  find  einige  Sculpturen  in  die  Mauer 
eingeladen,  die  lehr  beachtenswerth  erfcheinen,  fo  eine 
thmamorne  Platte,  darauf  wie  auf  einem  Bette, 
das  mit  Linnen  überzogen,  Chriftus  im  Grabe  liegend 
15.  Jahrhundert  und  ein  Engel,  ebenfalls  rother  Mar 
mor,  von  ftreng  romanifcher  Styl-Auffaffung. 

Der  fogenannte  gritin-  Tkurm  hat  einen  Theil 
feines  Erkers,  nämlich  deffen  Oberbau  eingebüßt  und 
ift  infolge  deffen  nur  mit  einem  Balcon  verfehen,  ein 
höchft  komifches  Bild:  diefes  mächtige  Bollwerk  und 
vorn  daran  ein  Balcon  7.11m  Kofen  und  Liebesfcherz 
wie  bei  Romeo  und  Julie. 

In  Meran  wird  eben  zur  Ceberrafchung  der  Cen- 
tral -  Commiffion  die  große  Pfarrkirche  eingehend 
reftaurirt.  Es  fcheint  ein  weitgehendes  Unternehmen 
zu  fein,  denn  die  Kirche  ift  auf  längere  Zeit  gefchloffen. 
Der  neben  der  Kirche  ftehende  achteckige  Karner  mit 
feinem  Erkerthürmchen  ift  ftark  reftaurirt 

An  der  Pfarrkirche  ift  ein  Grabmal  bemerkens- 
werth  durch  deffen  Yorftellung.  Man  fieht  einen  leicht 
geftreckt  liegenden  Leichnam,  der  Kopf  ift  bereits 
zum  Todtenfchädel  geworden,  Hände  und  Eüße  hat 
die  Verwefung  noch  nicht  angegriffen,  über  den  Leib 
liegt  ein  Tuch  ausgebreitet. 

Der  Gotte-dienft  wird  aushilfsweife  in  der  fchonen 
Spital-Kirche  zum  heil.  Geiß  abgehalten.  Sie  ift  reftau- 
rirt, wobei  wohl  recht  zu  viel  des  Guten  gefchehen 
ift,  befonders  am  Flugcl-Altare.  Wir  notirten  uns  als 
fehr  beachtenswerth  vier  fchöne  Bethftühle,  einen 
rechts,  zwei  links  des  Altars  an  der  Wand,  einen  rück- 
wärts. In  drei  Feldern  des  Rippenfternes,  über  dem 
Chor-Schluße  alte —  reftaurirte  Fresken,  vorftellend : 
Gott  Vater  und  Gott  heiligen  Geift.  als  zwei  faft  gleiche 
alte  Männer,  dazwifchen  der  auferftehende  Chriftus, 
herum  die  Evangcliftcn-Symbole,  eine  merkwün 
Darftellung. 

Ein  Befuch  der  Burg  befriedigte  uns  wenig. 

Eine  kleine  Excurfion  führte  den  Berichterftatter 
in  das  an  Denkmalen  reiche  Ueberetfcli,  wo  man.  man 
könnte  fagen,  Schritt  für  Schritt  auf  intereffante  Gegen- 
ftände  ftößt.  Zunächft  wollen  wir  bei  der  eigenthümlich 
merkwürdigen  Kirche  zu  St.  J'<i»/us{St.  Pauls  im  Volks- 
munde) verweilen.  Eigentlich  ein  großartig  angelegter 
in  feiner  urfprünglichen  Anlage  unvollendeter,  aber 
fpäter  unverftändig  abgefchloffener  Bau,  eine  Hal'en- 
kirche  mit  drei  Schiffen  und  mit  dem  dreifchiffigen  nur 
im  Innern  durch  eine  Art  Triumphbogen  und  die 
Erhöhung  um  fechs  Stufen  markirten  Presbyterium. 
Der  ganze  Bau  fchlicßt  mit  drei  Seiten  des  Achteckes 
ab  und  ruhet  deffen  Gewölbe  mit  feinen  21  Jochen  auf 
fechs  Paar  Säulen  und  den  entfprechenden  Wand- 
dienften,  dahin  die  Kippen  im  Presbyterium  unvermit- 
telt verlaufen.  Dafelbft  finden  fich  nur  Netz-,  im  Lang- 
haufe einfache  Kreuzgewölbe,  in  zwei  Jochen  fchild- 
artige  Schlußfteine.  Die  Wandfäulen  im  Presbyterium 
tragen  Confolen  und  Baldachine,  die  Figuren  fehlen. 
Die  Fenfter  find  fpitzbogig  zweitheilig,  eines  am  Chor- 


Schluße  dreitheilig.  Von  den  Pfeilern  haben  eilf  die 
Geftalt  von  runden  Säulen  mit  hohen  Sockeln,  im 
Schiffe  mit  gedrückten  Capital,  deren  Rippen  umlaufen; 
ein  Pfeiler  ift  anders  conftruirt,  kräftig  gehalten,  denn 
er  bildet  die  Unterlage  des  Thurmes,  der  lieh  über 
dem  eilten  Joche  rechts  der  Facade  erhebt.  Der  Orgel- 
Chor  nimmt  das  erfle  Travec  jedes  Joches  ein  und 
ruht  auf  einfachen  Kreuzgewölben 

I  »er  Thurm  wurde  in  großartiger  Anlage  begon- 
nen. Wie  erwähnt,  fteigt  er  an  der  Facade  hinan  und 
follte  in  reicher  gothifcher  Weife  empor  geführt  werden 
Dem  entfprechend  ilt  der  freiftehende  Pfeiler  im 
Innern  der  Kirche  conftruirt;  derfelbe  ruht  auf  einem 
kräftigen  Sockel  und  fteigt  in  reicher  Gliederung  mit 
Stäben,  Hohlkehlen  und  fpiral  gewundenen  Dienften 
bis  zur  Decke  hinan,  ohne  fich  an  diefelbe  anzuglie- 
dern, wohl  aber  ift  das  betreffende  Travee-Gew  olbe  zu 
einem  reichen  Stern  mit  fchonen  Rippen  geftaltet  Nun 
beginnen  die  Merkmale,  dafs  der  Thurm  nur  mehr 
partienweife  in  die  Höhe  geführt  winde,  wobei  man 
aber  allmählig  von  der  Aufführung  eines  Prachtbaues 
abging.  Fünf  mächtige  Stockwerke  mit  ftarken  Streben 
und  Relief-Fialen  fteigen  zur  bedeutender  Höhe  empor. 
endlich  aber  bricht  der  alte  Bau  ab.  Die  einzelnen 
Stockwerke,  die  zwei  große  Spitzbogenfenfter  über- 
einander enthalten,  weifen  ihre  Bauzeit  in  den  Jahren 
zahlen  1510,  1511,  1512,  1520  nach,  bis  endlich  eine  höchft 
unfehöne  Kupferdachkupel  mit  der  Jahreszahl  [636  den 
Abfchluß  macht. 

Die  Kirchen  Facade  repräfentirt  zwar  die  drei- 
fchiffige  Anlage,  ift  aber  durch  die  eingefchobene 
Thurm-Facade  ganz  unregelmäßig  und  unfympathifch 
Ein  Spitzbogenfenfter  und  das  Radfenller  in  iler  Mitte. 
fowie  der  faft  rundbogige  Saumbefatz  des  Giebel 
L;elimfes  verdienen  erwähnt  zu  werden.  Das  Portal 
tiagt  fpät-gothifchen  Charakter,  ift  faft  vollendet,  doch 
ift  der  Vorbau  nur  bei  den  Rippenanfatzen  geblieben  ; 
.Meiller  'Jo.  Pietro  de  Bo/lo  de  Ramponio,  der  den  Bau 
zu  Anfang  des  17.  Jahrhunderts  abgefchloffen  hat  und 
auch  den  Orgel-Chor  aufführte,  hat  fich  nicht  ausge- 
zeichnet. Immerhin  gewährt  das  Gebäude  ein  intcr- 
effantes  Bild,  das  Mauerwerk  ift  faft  ganz  aus  Bruch- 
fteinen  und  einfachen  Quadern  angefertigt,  Pfeiler, 
Fenftereinfaffungen,  Thüreinrahmungen,  Säulen  mit 
Thurmftreben  find  aus  fchönem  lichtgelbem  Sandftein 
forgfältig  ausgearbeitet. 

Im  Innern  der  Kirche  findet  fich  fo  manches  Be- 
merkenswerthe.  Zunächft  fieht  man  an  unbenutzten 
und  zum  Bauwerk  nicht  ftimmenden  Wand  -  Confolen  ' 
die  Bruftbilder  der  Apoftel,  dann  mehrere  alte  Holz 
fchnitz-Figuren  an  den  Wänden,  bei  der  fteinernen 
Kanzel  ein  kleines  Fresco  -  Gemälde :  Chriftus  am 
Kreuze,  Maria  und  Johannes  (16.  Jahrhundert),  einen 
fehr  fchonen  eifernern  Kerzenhalter,  eine  intereffante 
Früh-Renaiffance-Thüre  an  der  Orgel-Chorftiege,  drei 
große  Renaiffance-Chorftühle,  fieben  große  Grab-  oder 
Stifterfchilde,  alle  gut  erhalten,  davon  vier  für  Mitglie- 
der der  Familie  Firmian.  zwei  der  Khuen  und  einer  der 
Thun  beftimmt.  Außen  mehrere  beachtenswertheGrab- 
fteine,  fo  des  Blafius  von  Khuen-Belafi  15S3,  eines  auf 
die  Familie  Firmian  1509  (Fragment)  bezüglich,  eines 
für  mehrere  Thun  (1668),  dann  das  des  Math.  Grasmayr 

in  Eingange   in  den   Pfarrhof  eine  ebenfolche   Confole.  darauf  das 
Bruftbild  Chrifti. 


CCXXXY 


1561  und  eines  mit  folgender  Infchrift:  (Oben  IIocli- 
prand  Sannazeller,  Jörg  Kaslcr  von  Boymund.  Dar- 
unter zwei  Wappen,  in  dem  einen  ein  Stierkopf,  am 
Helm  ein  Gehörn,  in  dem  andern  ein  gegen  links 
laufender  Stier,  am  gekrönten  Helm  die  wachfende 
Wappenfigur.  Die  weitere  Infchrift  lautet: 

Hie  ligl  begraben  die  cdl  frawn  |  madalena  ge 
borne  khaflerin  von  |  poymund  des  edlen  herrn 
hochprand  |  von  Sannazel  gelaffen  witib  die  |  ge- 
ftorben  ill  am  famftag  nach  der  j  heilligften  drey 
kunigtag  des  |  XVC"  XXIII.  jares  der  got  genad. 
(Rother  Marmor.) 

Die  Kirche  zu  Mitterndorf'm  der  Gemeinde  Kaltem 

kann  zu  den  intereffantcren  gothifchen  Landkirchen 
diefer  Gegend  gezählt  werden.  Eine  einfehiffige  An- 
lage mit  zweijochigem  Langhaufe  und  einem  mit  fünf 
Seiten  aus  dein  Achtecke  gefchloffenen  Presbyterium. 
Reiches  Netzrippen-Gewölbe  überdeckt  den  ganzen 
Kaum.  Der  Thurm  mit  der  üblichen  hoch  empor- 
lleigenden  Spitzhaube  "fleht  rechts  an  der  Fagade, 
dafelbft  fpitzbogige  Schallfcnftcr  mit  Maßwerk.  Auch 
das  Seiten-Portal  ift  fpitzbogig,  dafelbft  die  Jahreszahl 
1520.  Bemerkenswerth  eine  Freske,  vorllellend  den 
Tod  Mariens,  darunter  Bildniffe  von  fechs  Apofteln, 
im  heutigen   Gefchmacke  verreflaurirt. 

Kein  Land  im  weftlichen  Europa  dürfte  heute  noch 
fo  viele  und  zum  Theil  wohl  erhaltene  Burgbauten 
aufzuweifen  haben,  wie  Tyrol.  In  malerifcher  Reihe 
folgen  Schlöffer  Burgen  und  Thürme  von  Kufftein  bis 
Landeck,  von  Innsbruck  bis  Meran,  in  den  Thalern 
der  Etfch,  Eifack,  Rienz,  Drau  und  Talfer,  fie  find 
architektonifche  Zierden  des  Landes  und  beredte 
Zeugen  einer  reichhaltigen  Gefchichte  des  Landes  und 
des  dafelbft  entftandenen  und  blühenden  Adels.  Be- 
fonders  aber  auf  einem  Punkte  find  Adelsfitze  zahl- 
reich zufammengedrängt,  d.  i.  in  Ueberetfch  und  auf 
dem  weinbekränzten  Höhenrücken  von  Meran  bis 
Kaltem.  Faft  in  jedem  Orte  und  ringsherum  um  den- 
felben  finden  fich  derlei  Anwefen,  die  mitunter  in 
einzelnen  Theilen  und  Gemächern  ganz  Intereffantes 
enthalten.  Ich  habe  ein  Schloß  kennen  gelernt,  Cam- 
pern, hoch  über  Kaltem  gelegen,  das  von  unendlichem 
Reiz  ift.  In  der  Renaiffance  entftanden  umfchließt  das 
vierflügeligc  Gebäude  einen  großen  Hof,  in  den 
hinab  die  offenen  rundbogigen  Arcaden  zweier  Stock- 
werkt: lieh  offnen.  Getafelte  Gemächer,  Fresken  an  den 
Wanden  find  beachtenswerthe  Zierden  diefes' unge- 
mein anheimelnden  Gebäudes. 

Ein  kurzer,  nur  wenige  Stunden  umfallender  Auf- 
enthalt in  Lienz  genügte,  um  die  wiehtigften  Merk- 
würdigkeiten tles  Ortes  zu  befichtigen.  Dahin  gehört 
zunächft  die  fogenannte  Liebburg,  ein  ftattlicher  Bau 
im  Schloß -Charakter  aus  dem  16.  Jahrhunderts  am 
Stadtplatz  gelegen.  Ein  vierflügeliges  Gebäude  von 
drei  Stockwerken  mit  vierftöckigen  Rundthürmen  als 
Eckeinbauten.  Letztere  mit  mächtigen  gedrückten 
Kuppeln  bedeckt.  Am  Renaiffance- Portale  das  Wolken- 
Hein  fchc  Wappen. 

Von  kirchlichen  Gebäuden  find  zu  erwähnen  die 
weit  außerhalb  der  Stadt  auf  einem  Hügel  vom  Fried- 
hofe umgeben  gelegene  Pfarrkirche  zum  heil.  Andreas, 
ein  fpät-gothifcher  höchft  einfacher  Bau  (1404) ,  ftark 
reftaurirt,  mit  neuem  Presbyterium   und  dreifchiffigem 


Langhaufe,  davon  das  mittcre  großer  und  hoher  ift. 
Der  Bau  wurde  1457  geweiht.  Int. t,  Haut  find  die  drei 
f  •honen  Grabmale,  die  an  di  n  Wanden  eingelaufen  find. 
Dahin  gehört  die:  rothmarmorne  Platte  mit  der  Geftalt 
des  Leonhard,  letzten  Grafen  von  Görz,  f  12.  April 
1500,  eine  prachtvolle  Arbeit.  Früher  hatte  das  Monu 
ment  die  Tumbengeftalt,  allein  gegen  Ende  des  vori 
Jahrhunderts  wurde  es  zerlegt,  die  Platte  unterm 
Mufik-Chor  links  in  der  Mauer  befeftigt.  Der  fchöne 
Unterbau  in  feinen  vier  Theilen  bildet  nun  die  Unter- 
lage für  zwei  romanifche  weißmarmorne  Weihwaffei 
fteine,  welche  aber  früher  eine  andere  Beilimmung 
hatten  und  wahrfcheinlich  als  romanifche  Baldachin- 
Träger  für  einen  Portal-Vorbau  dienten.  Der  Görzer 
'■rat  ift  in  gothifcher  Rüftung  dargeftellt,  behelmt,  mit 
aufgefchlagenem  Vifier,  gefchobener  P.rull,  gekehlten 
I  lenzen,  Stumpffüßen,  in  der  Rechten  halt  erdieFahne 
mit  dem  gekrönten  einköpfigen  Adler  im  Schilde  darauf, 
bewaffnet  mit  dem  breiten  '  Schwert,  auf  dem  die  linke 
Hand  ruhet,  und  mit  dem  rechts  hangenden  Dolch.  Die 
Figur  lieht  auf  einem  Löwen,  an  deffen  beiden  Seiten 
Schilde  angebracht  find;  einer  derfclben  ift  durch  ein 
Kreuz  quadrirt  mit  vier  einfachen  Adlern  und  einem  vier- 
feldigen  Mittelfchilde,  mit  je  zwei  Balken  im  1.  und  4. 
Felde  Aquileja),  im  anderen  eine  verfchlungene  ge- 
krönte Schlange  mit  einem  Apfel  (darauf  ein  Kreuz  1 
im  Rachen,  den  erlten  Schild  hält  der  Lowe  mit 
den  Tatzen.  Seitwärts  des  Ritters  die  Schilde  von 
Kärnten  und  Görz,  darunter  und  darüber  Engel  in 
Kirchengew  andern  mit  Weihrauchfchalen  und  offenen 
Schriftrollen.  Das  Monument  ift  2  M.  60  hoch,  und  i  M. 
90  breit.  Am  abgefchrägten  Rande  flehen  folgende 
Worte: 

Hie  .  ligt .  begraben  .  der  .  hochgepore  .  fürfl  |  herr 
herr  .  lienhart.phaltzgrave.zu  .  kharnnthn.Grave. 
zu.Görtz. und. Tyrol  |  vogtderGotzheuferAgleuen, 
Trient  und  Brixen  |  der  geftorbe  ift  am  zwelften 
tag  des  aprilin  Im  XVC  jar  dem  got  genedig  fey. 

Erhobene  Schrift  im  vertieften  Grunde.  Uebcr 
der  Figur  reiches  gothifches  Maßwerk  und  feine  drei- 
theilige  Baldachin-Bekrönung  mit  Krappenbefatz  und 
Fialen  fammt  Kreuzblumen. 

Die  zweite  Grabplatte  ift  dem  prunkliebenden 
Michael  Freiherrn  von  Wolkenßein  7  15.  April  1522, 
gewidmet  und  veranfehaulicht  die  ganze  Figur  des 
Ritters  und  feiner  Gattin  Barbara  von  Khitci/,  ein  hoch- 
intereffantes  Coftümbild. 

Erwähnenswerth  ift  auch  die  Krypta  der  Kirche, 
die  fich  unter  dem  Presbyterium  verbreitet,  deren 
Netzgewölbe  einen  achtftrahligen  Stern  bildet  und  fich 
auf  eine  Mittelfaule  lliitzt. 

In  der  St.  Michaels-  Kirche am  Rindsmarkt  befinden 
lieh  die  fchönen  Grabmale  der  Freiherrn  von  Rain  und 
Graben. 

148.  (Grabhügel  hei  Byblo  in  Galisien.) 
Herr  Confcrvator  Dr.  Szaraniewicz  im  Lemberg 
berichtete  über  die  von  ihm  veranlaßte  Durchgrabnng 
eines  Grabhügels  (mogila)  bei  dem  Dorfe  Byblo  in 
Galizien.  Derfelbe  erwies  fich,  wie  mehrere  andere  in 
feiner  Umgebung,    die   bereits    durchwühlt  waren,   als 

1  Auf  der  Schwertfchcide  ficht  man  die  Ferjcrnilen  des  goldenen  Vließes« 


CCXXXYI 


künftlich  aufgefchüttet;  zwei  Meter  unter  feiner  Ober 
flache   fließ   man   auf  da     5  .  denen   Schädel   im 

Wellen  und  deiTen  Füße  im  Often    gelegen  waren,  fo 
dafs   das   Geficht   der   aufgehenden   Sonne    entgegen 

ichtet  war.  Bei  dein  Skelete  lagen  vier  Ringe,  von 
denen  einer,  oblong  gebogen  17  —  20  Mm.  im  Durch- 
melTer  haltend,  nicht  gefchloffen,  fondern  an  einem  Ende 
ftumpfabgefchnitten,  an  dem  anderen  in  eine  S-förmige 
Spirale  auslaufend,  alfo  ein  richtiger  flavifcher  Schläfen- 
ring. Der  King  ift  ungleich  5  —  4  Mm.)  dick,  befteht 
in  feinem  Kerne  aus  einem  kupferhältigen  Metalle, 
wahrfcheinlich  Meffing,  über  welches  Silber  plattirt 
ift.  Die  drei  anderen  Ringe  haben  einen  Durchmeffer 
von  20  —  22  Mm.,  eine  Dicke  von  beiläufig  15  Mm.,  find 
anfeheinend  ganz  aus  Silber  und  enden  beiderfeits 
flumpf,  entbehren  alfo  der  S-förmigen  Schlinge.  In 
der  Nähe  der  Ringe  befanden  fich  die  Scherben  eines 

ißes,  welches  dem  bekannten  Alter  der  flavifchen 
Schlafenringe  entfp rieht,  und  acht  Zahne,  von  denen 
nur  fechs  menfehliche  find,  wahrend  einer  einem 
thiere,  ein  anderer  einem  Wiederkäuer  ange- 
hören. In  der  Nähe  des  Skeletes  befanden  fich 
außerdem  zwei  Feuerfteinfplitter;  diefe  find  felbftvcr- 
ftändlich  nicht  geeignet,  die  durch  die  Schläferringe 
beftimmte  Zeitteilung  des  Grabes  zu  beirren,  da  man 
bekanntlich  Feuerfteine  in  verhältnismäßig  jungen 
Grabern,  wie  beifpielsweife  aus  der  Zeit  der  Römer- 
herrfchaft, aus  frankifcher  oder  alemannifcher  Zeit 
findet.  Es  ift  aber  auch  möglich,  dafs  die  hier  gefun- 
denen Feuerfteine  einer  früheren  Beifetzung  ange- 
hören, da  fich  in  dem  Hügel  halb  verbrannte  Knochen- 
reite zerftreut  vorfanden,  fo  dafs  es  nicht  unwahr- 
fcheinlich  ift,  dafs  die  Beerdigung  des  mit  den  flavi- 
fchen Schlafenringen  ausgeftatteten  Leichnames  in 
einem  aus  älterer  Zeit  herrührenden  Leichenbrand 
enthaltenden  Grabhügel  vorgenommen  worden  ift. 
Dafs  die  halbverbrannten  Knochenrefte  einen  Meter 
über  dem  Skelete  fich  fanden,  kann  diefe  Möglichkeit 
nicht  beeinträchtigen,  da  bei  der  zweiten  Beerdigung 
die  Rcfte  der  eilten  durcheinander  geworfen  wurden 
und  bei  der  Zufchüttung  des  neuen  Grabes  noth- 
wendig  über  den  eben  beigefetzten  Leichnam  gelan- 
gen mußten. 

149.  (Reße  einer  römifchen  Villa,  gefunden  zu 
Barcolo  bei  Trieft.) 

Dafs  Trielt  in  römifchen  Zeiten  eine  reiche  und 
ft  ark  bevölkerte  Stadt  gewefen  fei,  beweifen  nicht  nur 
manche  Stellen  alter  Schriftfteller ,  fondein  haupt- 
fachlich die  vielen  Infchriften  und  fonftigen  Reite  alter 
Kunft,  die  auch  den  regen  Kunftfinn  der  einft  hier 
Wohnenden  bezeugen.  Wir  brauchen  nur  an  manche 
Mofaikböden  zu  erinnern,  die  in  Trieft  felbft  zerftreut 
gefunden  worden  find,  oder  an  jene  interefianten  Refte, 
wahrfcheinlich  einer  Fulonica,  die  bei  S.  Saba  zu  Tage 
kamen  und  von  Dr.  v.  Pervanoglu  in  den  Mitthei- 
lungen der  k.  k.  Central-Commiffion  (Jahrgang  1X85, 
pag.  LXXIVj  kurz  befprochen  worden  find.  Dielen 
Denkmälern  alter  Cultur  kann  Dr.  v.  Pervanoglu  jetzt 
die  intereffanten  Refte  einer  römifchen  Villa  beifügen, 
welche  in  den  letzten  Tagen  aufgegraben  worden  find. 
Bei  dem  reizenden  am  Meere  gelegenen  Dorfe  von 
Barcola,  unweit  des  Bahnhofes  der  Südbahn,  an  der 
nach  Miramar  führenden  Straße   gelegen,    unternahm 


unlängft  Baron  Ritter  v.  Zahony  Ausgrabungen,  um 
an  diefe r  Stelle  eine  Fabrik  für  künftliches  Eis  anzu- 
legen. Die  Ausgrabungen  legten  in  einer  Tiefe  von 
kaum  einen  Meter  die  Reite  einer  prächtigen  Villa 
blos.  Es  find  bis  jetzt  außer  zahlreichen  Ziegellteinen 
und  fonftigem  Bau-Materiale  in  einer  Tiefe  von  24  M 
vier  Mofaikböden  gefunden  worden,  die  vier  Wohn- 
räumen zugehorten,  von  denen  jeder  ungefähr  4  Qua- 
dratmeter groß  war.  Die  Böden,  ungefähr  4  Quadrat 
meter,  find  ziemlich  gut  erhalten  und  in  der  gewöhn- 
lichen Art  aus  kleinen  viereckigen  Steinchen  zufam- 
mengefetzt.  Zwei  weifen  auf  weißem  Grund  zierliche 
Ornamente  fogenannter  Fascia  greca)  aus  fchwarzen 
Steinchen  auf.  Es  find  dies  gewohnliche  ( »rnamente  ; 
ein  anderer  ift  aus  kleinen  buntfarbigen  Steinchen 
gebildet,  der  vierte,  bisher  nur  theilweil'c  biosgelegt, 
zeigt  einen  kleinen  zierlichen  Delphin. 

Die  Villa,  einlt  wahrfcheinlich  am  Meereslti  ande 
gelegen,  ift  jetzt  mehr  als  15  M.  davon  entfernt.  Sie 
dehnte  fich  von  Ollen  nach  Welten  und  wird  hoffent- 
lich nach  gänzlicher  Bloslegung  einen  der  intereffan 
teften  Refte  römifcher  Zeiten  in  Trielt  bilden. 

Der  Eigenthümer  des  Terrains  hat  mit  lobens- 
werther  Liberalität  geftattet,  nicht  nur  dafs  auf 
Koften  des  hiefigen  archäologischen  Mufeums  weiter 
gegraben  weide,  fondern  auch  zugegeben,  dafs  die 
fchönften  Theile  diefer  Mofaiken  nach  Thunlichkeit 
gehoben    und  dann   dem  Mufeum  einverleibt  werden. 


150.  Am  Schloße  Fifchhorn  befindet  fich  ein 
intereffanter  Schrift  ft  ein  auf  einem  Fenfterpfeiler  in 
erfter  Stockhöhe  im  Reitftallgebäude  eingemauert,  w  ie 
Hofrath  v.  Walcher  die  Güte  hatte,  der  Central-Com- 
miffion mitzutheilen.  Er  ift  in  rothem  Marmor  ausge- 
führt und  gut  erhalten.  Auf  demfelben  befindet  fich 
künftlerifch  tüchtig  ausgeführt  in  einer  quadratifchen 
Vertiefung  die  Darfteilung  eines  Doppelwappens  mit 
gegeneinander  geftellten  Schilden,  und  zwar  im  linken 
ein  Bifchofftab  und  ein  gegen  rechts  gewendeter  ge- 
krönter Adler,  im  andern  ein  aufrechter  Bär  gegen 
links  gerichtet.  Ueber  den  Wappen  fleht:  „Ulricus 
episc.  me  fecit  a.  d.  m  .  cccc  .  xvin.-  Unten:  Planken- 
fels. 

151.  In  der  ehemaligen  Stiftskirche  zu  Baumgar- 
tenberg befindet  fich  unter  anderen  Monumenten  auch 
eines  mit  altar-ähnlichem  Aufbaue.  Es  befteht  aus 
einem  menfa-artigen  Unterbaue,  worauf  nach  Art  des 
Altarbildes  ein  großer  fculptirter  Stein  aufgeftellt  ift. 
Darauf  befindet  fich  die  Darltellung  des  gekreuzigten 
Heilands  umgeben  von  Maria  und  Johannes.  Folgende' 
Infchrift  ift  auf  dem  Rahmen  herumlaufend  und  gegen 
innen  gewendet  angebracht:  credo  quod  redemptor 
meus  venit  et  in  ultima  die  de  terra  rcfurreclurrus 
sum  et  rursum  circumdabor  pelle  mea  et  in  carne  mea 
videbo  deum  Salvatorem  meum.  Ein  vortretendes 
Gefims  mit  Blatt-Ornament  überdeckt  den  Bildftein; 
den  oberften  Abfchluß  bildet  ein  halbkreisförmiges 
Relief  mit  Blattei  befatz  und  zu  oberft  mit  einer  Frucht- 
fchale  mit  Beeren  darin.  Als  Darltellung  im  Halbkreis- 
bogen  das  Veronica-Tuch  von  drei  Engeln  gehalten. 
An  der  Vorderfeite  der  Menfa  ein  feitw.irts  fchräg- 
gegen    heraus    gewendetes,    von    rechts    gegen    links 


CCXXXV1I 


der  Länge  nach  liegendes  Gerippe,  von  Schlangen 
durchzogen  und  mit  Kröten  in  der  Hauchhöhle  u.  f.  w  , 
darunter  fleht :  All  hernach.  Darüber  in  einem  flattern- 
den Schriftbande:  Henricus  Khern  de  Dumpach  huius 
monaflery  Abbas  i  ■  5  ■  2  •  8 .  Bcidcrfeits  an  den  Menfa- 
Seitenpilaftern  hangt  je  ein  Halbrundfchild,  in  dem 
einen  eine  Fleifchhacke,  im  anderen  die  Buchilaben 
II.  K.  Das  ganze  Monument  ill  in  rothem Marmor  aus 
geführt  Die  Figuren  find  zum  Theil  polychromirt,  die 
Nimben  vergoldet,  bei  Johannes  das  Unterkleid  grün, 
das  Oberkleid  zinnoberroth,  von  innen  weiß. 

152.  In  der  Kirche  zu  Klaus  in  Ober-Oefterreich 

befindet  fich  in  der  inneren  nördlichen  Wandfläche 
der  Kirche,  nahe  der  Kanzel,  ein  Grabdenkmal,  felbes 
ift  4  M.  hoch  und  1S0  M.  breit.  Im  Bildfelde  aus 
grauem  Marmor  ift  im  kraftigen  Relief  die  aufrecht 
flehende  Gellalt  eines  Ritters  in  voller  Rüftung,  das 
Haupt  entblößt,  die  linke  Hand  auf  dem  Gefäße  des 
Schwertes  ruhend,  die  rechte  in  die  Hüfte  geftemmt, 
angebracht.  Der  abgelegte  Helm  findet  einen  paffen- 
den Platz  auf  einem  Sockel,  der  den  leeren  Raum  zur 
Linken  der  Gellalt  zweckdienlich  ausfüllt.  Wie  Con- 
fervator  Kitzinger  berichtet,  ift  die  Architektur  (d.  i. 
die  Capitäle  mit  Kämpfern  und  die  Baus  der  Säulen)  aus 
Sandftein  angefertigt,  mit  Gyps  verputzt;  die  Säulen 
find  aus  rothem  Marmor.  Die  im  Sockel  angebrachte 
Infchrift  lautet: 

„Hie  liegt  und  Ruehet  der  Wol  Edl  und  Geftreng 
Herr  Herr  Peter  Chrifloff  Praunfalckh  von  weyr 
zu  Neuhaufs  und  Pfäffing,  welcher  den  letzten 
Januariy  des  1624  Jar  in  feinen  Schloß  Pfäffing,  in 
ober  Steyr  liegend,  mit  einem  gar  fchönen  ver- 
nunftig Gottfeelig  und  Chrilllichen  Sterbftündlein 
aufs  diefem  zehrgengklich  mühefeligen  Jammer- 
thal ungezweifelt  in  die  Ewige  Fried  und  Seelig- 
keit  abgefchieden  feines  Alters  im  56zigllen  Jar 
fieben  Monaten,  Welchen  diefes  Epitaphium  zur 
fondern  ehren  und  Immerwährenden  Gedächtnis 
fein  hinterlaffene  Frau,  wittib  die  Wohlgeborn 
Frau  Anna  Maria  Paunfalckhin  geborne  Freiheerin 
von  Dichtrichflein  machen  und  allda  aufrichten 
lallen.  Denn  uns  allen  Gott   gnedig  fey.  Amen." 

Unter  dem  Architrav  ill  eine  Steinplatte  ange- 
bracht, auf  welcher  Jobs  Bibelfpruch  XIX:  ..Ich  weiß, 
dafs  mein  Erlofer  lebt  etc.-'  in  deutfeher  Schrift  zu 
lefen  ill. 

In  dem  reich  gekehlten  rothmarmornen  Schluß- 
llück  befinden  fich  im  Relief  die  Wappen  der  Freiherren 
Dietrichflein,  Praunfalk  und  Schrott  von  Kienberg. 

153.  Confervator  Plahl  hat  berichtet,  dafs  in  der 
als  Baudenkmal  gegenllandslofen  Kirche  zu  Dobro- 
tneric  bei  Laun  alte  Wandgemälde  aufgefunden  wurden. 
Diefelben  find  jedoch  mit  einer  2  Cm.  Harken  harten 
Mortelfchichte  überdeckt  und  bei  einer  früheren  Re- 
llaurirung  fo  zerhackt  worden,  dafs  mit  denfelben 
nichts  mehr  anzufangen  ift. 

154.  Der  Central-Commiffion  ill  Nachricht  zuge- 
kommen, dafs  auf  dem  Dachboden  der  Pfarrkirche  zu 
Pürgg  ein  completcs  gothifches  Glasgemälde  in  feinen 


einzelnen  Theilen  aber  der  Zerftörung  jeden  Augen- 
blick pr<  ien  —  aufgefunden  wurde.  Das  I'enller 
wurde  durch  den  Maler  Geiling  reftaurirt  und  zufam- 
mengefetzt,  und  in  der  genannten  Kirche  wieder  auf- 
geftellt.  1'".--  ill  ein  Glasgemälde  des  15.  Jahrhunderts 
von  glühender  Farbenpracht  und  interreffanter  Con- 
ception.  Es  llellt  die  Wurzel  Jel'fe  dar,  in  deren  Y>  r 
fchlingungen  Scenen  aus  dem  Leben  Jefu  eingetheilt 
lind.  In  der  Todten-Capelle  dafelbft  zeigen  fich  Spuren 
romanifcher  Malerei. 

In  der  Kirche  zu  Hohenberg  wurde  ein  fchöner 
Flügel-Altar  gut  reftaurirt  durch  l'rofeffor  Schwach 
in  Grätz.  Es  ill  ein  Werk,  das  vom  Dircctur  Ilg  als  den 
Einfluß  der  Augsburger  Schule,  des  Burgkmayr  etwa, 
zeigend  bezeichnet  wird.  In  der  Predella  die  Kreuz- 
tragung,  auf  den  Flugein  Bilder  aus  der  Legende  des 
Taufers,  rückwärts  zwei  Engel  mit  dem  Schweißtuche, 
oben  Maria-Schutz  u.  f.  w. Die  Reftaurirung  dieferbeiden 
Denkmale  ill  dem  hohen  Kunftfinne  der  Frau  Fürftin 
Marie  v.  Holienlohe- Schillings fürfl  zu  verdanken. 

155  Der  Central-Commiffion  liegt  ein  werthvoller 
Bericht  über  den  Zulland  der  Wandmalereien  im 
Kreuzgange  des  Franciscancr-Klollers  zu  Schweiz  vor. 
Diefe  Bilder  enthalten  einen  Cyclus  von  Darftellungen 
der  Leidensgefchichte  in  24  Bildern  bis  zur  Himmel- 
fahrt Chrifti  und  die  Figur  des  heil.  Franciscus  über 
der  Klollcrpforte  von  Frater  Wilh.  Suevus  angefertigt, 
begonnen  1512  und  nach  deffen  Tode  1534  von  drei 
Gehilfen  bis  1542  fortgefetzt  und  beendet.  1809  be- 
herbergte der  Kreuzgang  zahlreiche  Bewohner  von 
Schwaz  durch  lange  Zeit,  bis  die  von  den  Bayern  ange- 
zündete Stadt  wieder  aufgebaut  war.  Im  Jahre  [652 
wurden  die  Wandmalereien  von  den  Schwazer  Malern 
Georg  und  Andreas  Hettingcr  mit  Benützung  folgenden 
Receptes  vei  reftaurirt :  „Erfllichen  folt  man  ein  guete 
woll  fcharfe  Laugen,  diefelbe  wohl  haiß  nemen,  und 
dafs  ganze  gemähl  darmit  abgewafchen,  auch  dafs 
gemähl  mit  einer  Saiffen  ganz  überall  überriben  werden 
hernach  mit  einem  Salz  und  neuen  Strohrigl  ganz 
ftarckh  überrieben  werden.  Hernach  mit  einen  frifchen 
Prunnemvaffer  fauber  widerumben  abgewafchen  und  fo 
das  Gemähl  ill  wiederumben  Trucken  worden,  alfs 
dann  mit  einem  Meffer  wohl  abfehaben,  dafs  die  Pau- 
fälligen  grundtfarben  und  was  an  dem  Gemähl  fich 
lockig  erzeigt,  alfs  obfs  abfallen  oder  aufllehen  wolt, 
ganz  wol  darvon  gefeibert  wird.  Hernach  folt  man  das 
Gemähl  mit  einen  wullen  tuech  und  mit  einem  Xulßöll 
überreiben,  ill  wol  Zumerken,  dafs  man  darzu  kham 
Fürniß  folle  brauchen,  dann  clerfelbig  Zu  allen  Farben 
lehr  fchädlich  ill,  fondbar,  was  die  Gelichter  und 
Xackheter  betrifft,  folt  man  diefelben  mit  Nußöll 
anmachen  und  vermahlt  werden.  Unk  kein  Leinoll 
nit  gebraucht  werden  folte,  um  fo  dafs  gemähl  ganz 
förtig  und  gemahlen  ift  worden,  folt  dan  deflelbige 
ganz  durchauß  mit  einem  wol  gepoßneten  Ayikhlar 
überfaren,  darmit  daffelbige  ainen  gleichen  Glanz  be- 
khommen  thuet  und  ift  auch  guet,  das  fich  der  llaub 
mit  thuet  darin  legen.  Georg  und  Andre  Höttinger, 
alfs  der  Vatter  und  Sohn  beedc  Maller  zu  Schwaz."  Am 
Rande  des  Receptes  lieht:  NB.  hat  aber  khain  belland. 

156.  Wie  fall  in  allen  bedeutenderen  Landlladten 
die  Stadterweiterung  platzgegriffen  hat,  der  fo  manche 


CCXXXVII1 


alte  Baulichkeit,  namentlich  von  fortificatorifchcr 
Beftimmung,  zum  Opfer  fiel,  fo  ging  es  auch  in  Tabor. 
Auch  hier  mußte  ein  Thor  der  Straßenerweiterung 
Platz  machen.  Aber  gerade  bei  Tabor  ift  der  Grund 
eines     deshalb    zu    erhebenden    Vorwurfes    falt    nicht 

landen,  denn  das  alte  Stadtthor,  das  vor  wenigen 
Jahren  demolirt  wurde,  hatte  die  Straße  ganz  wefent- 
lich  eingeengt  und  war  ein  empfindliches  Verkehr- 
hindernis. Wenn  nicht  wirklich  zwingende  Not- 
wendigkeit beilanden  hatte,  wurde  die  Stadtvertretung, 
die  Air  die  ftädtifchen  Denkmale  ein  gewifles  Interefie 
hat.  wohl  nicht  diele  Gewaltmaßregel  befchloffen 
haben. 

Thatfächlich  ift  ein  hoch  intereffanter  Thorbau 
damit  verfchwunden,  ein  Hau,  der  zwei  verfchie- 
denen  Bauzeiten  angehört,  wie  die  beigegebene  Abbil- 
dung  außer   Zweifel  ftellt.    Der  untere  Theil  mit  d<  m 


Fig.  8.  (Tabor.) 

fpitzbogigen  Thorbogen  und  der  Mauerblendung 
lammt  profilirtem  viereckigen  Fenfter  gehört  der 
.'.'<  hen  Bau-Periode  an.  Der  obere  Theil  mit  feiner 
iderbemalung,  die  übrigens  auch  ein  Stück  weit 
herab  fich  auf  dem  älteren  Hau  fortfetzt  und  mit  dem 
malerifchen  Giebel,  der  fich  aus  Rundbogen  mit  deren 
fünf  in  der  Grundlinie,  dariiber  vier  u.  f.  w.  aufbaut, 
gehört  wohl  erft  dem  fpäten  16.  oder  anfangenden 
17.  Jahrhundert  an.  Diefc  Giebelanlage  finden  wir 
übrigens  auch  an  mehreren  Ilaufern  am  Ringplatze 
dafelbft.  Diefer  Platz  bietet  durch  feine  eigenthümlich 
fchmalen  und  mit  Giebeln  verfehenen  Häufern  gewiffer- 
maßen  eine  Merkwürdigkeit.  Die  Zeichnung  der  Giebel 
des  Stadtthores  wiederholen  fich  an  zwei  Häufern  da- 
felbft. 

157-   (Funde  bei  Carlopago  in  Kroatien.) 
Am  Abhänge  desBerges  mit  der  Ruine  Vidovgrad 
füdöftlich  vom    Hafen  von   Carlopago   foll,  wie   Cor- 
refpondent    Dr.    Pichler   berichtet,    eine    Komerftadt 


gewefen    fein    Noch  gegenwartig   weiden  Ziegel  aus- 
raben,  auch  find  mehrere  Brunnen  an  der  Lehne. 
nächfte  Ort  Ancus  bei  Vebrae  an  der  Heerftraße 
von   Senia   über   Avendo,    Arupium,    Epidotium   und 
Anfangalio  u.  f.  w.  nach  Salona,  liegt  inner  Landes,  ein 
indort  zwifchen  Lopfica    S   Giorgio'   und  Aenona 
iia   ilt  doch  für  Liburnia  zugebbar.  Vgl.  Mo.  c.  i.  1. 
III.  1.  S.  38]  und  zuvor    An  der  Bergwand  des  Malens 
hinab    gelangt    man    zu    einer  Stelle,    WO    eine   Menge- 
großer   alter  Thongefäße,   wie  fie  zur   Aufbewahrung 
Weines   benützt  wurden,  in  Meere  liegen.   Einige 
diefer   Gefäße   refpective   Stucke   hat    Herr  Ratkovic, 
Lehrer  der  Bürgerfchule  in  Carlopago,  heraufgefördert. 
Außerdem  wurde  heuer   eine  Bronze -TaK  inen- 

Tafel '  ,  Tabula  honeftac  miffionis  gefunden. 

158.  Director  Dr.  Hg  machte  an  die  Central 
Commiffion  die  intereffante  Mittheilung,  dafs  von 
Seite  des  <  Iberfthofmeiftei  aintes  Seiner  k.  u.  k.  Maie. 
ftät  eine  fehr  bedeutende  Reftaurirung  eines  Kunft- 
induftrie -Produktes  von  erftem  Range  unternommen, 
mit  deren  Ueberwachung  in  künftlerifcher  Hinficht 
derfelbe  von  Seiner  Durchlaucht  Prinzen  llohenlolu- 
Schillingsfiirß  betraut  wurde. 

Es  ill  dies  das  koloffale  Baldachinbett  weiland 
Ihrer  Majeftät  der  Kaiferin  Maria  Therefia,  welches  in 
den  Allerhöchften  Appartements  des  Leopoldinifchen 
Traftes  der  Burg  aufgestellt  ift,  in  einem  Saale,  deffen 
Wände  mit  zu  dem  Bette  gehörigen  Spalieren  bedeckt 
find.  Das  riefige  Möbel  In  lieht  aus  einer  Menge  von 
Behängen,  Decken,  Gardinen  etc.,  alles  von  fchwerftem 
dunkelrothen  Sammt  mit  einer  Fülle  der  prachtvollften 
Gold-Reliefftickereien  in  reiclifter  glanzvollfter  Orna- 
mentik des  Barokftyles.  Urfprünglich  für  eine  Gräfin 
Harrach,  wahrfcheinlich  in  Paris,  gemacht,  wurde  es 
dann,  man  fagt  um  80.000  fl.  von  der  Kaiferin  er- 
worben. 

Diefes  herrliche  Object  befindet  fich  in  einem 
traurigen  Zuftande,  indem  fowohl  der  Sammt,  als  ganz 
befonders  die  überaus  koftbarc  Goldftickerei  durch 
mehr  als  ein  Jahrhundert  lange  Berußung  der  Wa< 
kerzen,  durch  ein  Zerreißen,  fchlechtes  Flicken  und 
fonftige  Befchädigung  aller  Art  in  arge  Verderbnis 
gerathen  ift.  Die  Wiederherftellung  ift  abfolvirten 
Schülerinen  der  k.  k.  Kunftftickereifchule  in  Wien 
unter  technischer  Leitung  von  deren  Directrice  Frau 
Emilie  Bach  übergeben  und  dazu  ein  eigenes  großes 
Atelier  in  der  Burg  eingerichtet.  Die  Arbeit  ilt  auf 
circa  vier  Jahre  präliminirt.  Bisherige  Proben  haben 
fehr  erfreuliche  Refultate  geliefert,  indem  lieh  zeigte, 
dafs  mit  denkbarfter  Pietät  die  alten  Reite  gefchont 
und  neu  befeltigt  worden,  das  vielfach  Fehlende  aber 
mit  größter  Gewiffenhafiigkeit  in  der  äußerft  fchwie- 
rigen  alten  Technik  nachgeahmt  wird. 

159.  In  der  Filial-Kirche  zu  Krtina  in  Krain,   über 

welche  die  Mittheilungen  im  XIII.  Bd.,  S.  XCVI  näheres 
enthalten,  wurden  in  neuelter  Zeit  einige  Wandgemälde 
aufgefunden.  Man  trug  nämlich  einen  Seiten-Altar  ab 
und  fand  knapp  über  der  Menfa  unterhalb  eines  ver- 
mauerten fpitzbogigen  Fenfters  drei  Wandgemälde, 
die  von  Bögen  überdeckt  find.  Im  mittleren  lieht  man 
die  Madonna  mit  dem  Kindlein,  dem  fie  einen  Pfirfich 
reicht.  In  den  beiden  fchmäleren  Seitenbildern  St.  Bar- 


CCXXX1X 


bara  und  St.  Katharina.  Die  Gemälde  find  fehr  gut 
erhalten.  Leider  kam  an  die  leere  Mauerftelle  wieder 
ein  Altar-Aufbau,  der  die  Bilder  verdeckt.  Die  Kirche 
wurde  im  Laufe  des  vergangenen  Sommers  reltaurirt, 
wobei  man  alle  Freskenrefte  überweißnete  oder  durch 
einen  Zimmermaler  anderes  übermalen  lies.  Nur  die 
drei  großen  Bilder  an  den  Seitenwänden  des  Presby- 
teriums  (drei  Könige  und  jüngftes  Gericht)  und  das 
St.  Leonnards-Bild  hinter  dem  Hoch-Altarblieben  ver- 
fchont. 

159.  Correfpondent  Dr.  Johann  v.  Hönifch  ift  am 
29.  Augufl  1SS7  geftorben.  Im  December  1803  zu 
Czernowitz  geboren,  führten  ihn  feine  Studien  nach 
Karlsburg,  Kafchau  und  Olmüz.  Im  Mai  1832  erlangte 
an  '1er  medicinifchen  Jofeph-Akademie  das  Doflorat 
der  Medicin  und  Chirurgie  und  wurde  Militär-Ober- 
arzt. Hierauf  Hand  er  einige  Zeit  an  diefer  als  fup- 
plirender  Lehrer  und  dann  als  Abtheilungs-Chefarzt 
im  Militar-Spitale  zu  Wien  in  Verwendung,  fpäter 
wurde  er  beim  3.  Cüraffier-Regimente  Regiments-Arzt, 


in  den  erbländifchen  Adelsftand  erhoben.  Am  24.  De- 
cember 1883  feierte  er  feinen  80.  Geburtstag,  zu 
welchem  Fefttage  ihm  allfeitig  die  herzlichften  Glück- 
wünfehe  zukamen. 

160.  In  Mariafaal  haben  fich  in  letzterer  Zeit  fo 
manche  Veränderungen  vollzogen. 

Zunächft  begegnet  dem  Befchauer  ein  hellleuch- 
tender Fresken-Cyclus,  mit  welchem  man  wahrfchein- 
lich  vermeinte,  dem  Umgange  des  Oftogons  einen 
neuen  Schmuck  zu  verleihen.  Nun,  wir  kennen  die 
Hand  diefes  kunltreichen  Malers,  traurig  genug,  dafs 
wir  jetzt  auch  feine  Spuren  in  Kärnten  finden  müßen. 
Der  Mann  könnte  füglich  auf  den  Lorbeeren  ausruhen, 
die  er  fich  in  Terlan  geholt  hat.  Die  neu  ausgeführten 
Gemälde  ftellen  vor  die  Kreuzigung  und  Kreuzab- 
nahme (dabei  ein  Schild  mit  einem  fünfftrahligen  Sterne 
in  Roth  und  Gold),  ein  Vefpcrbild  und  die  Grablegung. 
In  der  Eingangshalle  der  Epiftelfeite  findet  fich  eben- 
falls eine  reftaurirte  Freske,  vorftellend  die  heil.  Maria 
und  S.  Modeftus.  Die  Reftaurirung  diefes  Bildes,  jeden- 


9.  (WailSenegg.) 


1848  machte  er  die  Belagerung  von  Arad  als  Chefarzt 
der  Vertheidigungstruppen  mit.  Von  jener  Zeit  rührt 
das  fchwere  Gehörleiden  her,  das  beiläufig  10  Jahre 
fpäter  ihn  zum  Privatleben  zwang,  nachdem  er  mittler- 
weile  als  Stabsarzt  dem  k.  k.  Militär-Invalidenhaufe 
in  Pettau  zugewiefen  war. 

Hauptmann  L.  Beckh-Widmanfletter  hat  diefem 
verdienftvollen  Manne  in  der  „Grazer  Morgenpoft" 
Nr.  226  d.  J.  einen  Nachruf  gewidmet,  dem  wir  Nach- 
folgendes noch  weiter  entnehmen.  Der  claffifche  Boden 
Pettaus  hatte  es  ihm  angethan.  Mit  Zähigkeit  wendete 
er  fich  der  gefchichtlichen  Erforfchung  diefes  Ortes  zu, 
deflen  Ehrenbürger  er  feit  dem  Jahre  1859  war.  Als 
Hönifch  fich  vom  aftiven  Militärdienfte  zurückgezogen 
hatte,  ergab  er  fich  in  Graz  ganz  feinen  gefchichts- 
forfchenden  Neigungen  und  verlegte  fich  insbefondere 
auf  das  genealogifche  Fach,  mit  befonderer  Vorliebe 
für  die  Gefchichte  des  deutfehen  und  Maltefer-Ordens 
und  feine  Mitglieder.  Seine  mehrbändige  Gefchichte 
des  deutfehen  Ordens  ift  noch  Manufcript.  Wir  ver- 
danken ihm  zahlreiche  genealogifche  Colle6taneen  und 
Grabftein-Infchriften,  viele  biographifche  Artikel  in 
den  Grazer  Zeitungen.  Im  Jahre  1878  wurde  Hönifch 

xm.  N.  F. 


falls  von  einer  anderen  Hand  als  der,  die  am  Oftogon 
Neues  fchuf,  ausgeführt  und  pietätvoll  dabei  dem  alten 
Gemälde  Rechnung  getragen,  ift  in  Betreff  der  Halt- 
barkeit der  Farben  nicht  recht  gelungen,  denn  ftel- 
lenweife  blättern  fich  Schichten  ab.  Möglicherweife 
kann  dem  Temperatur-Wechfel  an  diefer  Stelle  eine 
Schuld  beigemeffen  werden.  Aber  das  wichtigfte 
Gemälde  ift  jenes,  das  fich  im  Presbyterium  an  der 
linken  Oberwand  befindet  und  zwei  große  überein- 
ander gereihte  Darftellungen  uns  vorführt.  Vor  wenig 
Jahren  bloßgelegt  und  reftaurirt.  Das  obere  Bild  zeigt 
das  Urtheil  Salomonis.  Das  untere  Bild  ift  bedeutend 
größer,  denn  es  breitet  fich  noch  an  der  Wand  gegen 
den  Hoch-Altar  aus  und  ift  hochintereffant.  Wir  fehen 
die  drei  Könige  vor  dem  Chriftkinde  erfcheinend. 
Eine  figurenreiche  Gruppe,  der  erfte  Konig  ift  beim 
Kinde  und  bietet  ihm  ein  Kärtchen  an,  das  Pferd  weiß, 
der  zweite  nähert  fich  und  hält  ein  Beingefäß,  der  dritte 
mit  dem  Schimmel  hält  ein  koftbares  Hörn.  Die  Bilder 
find  von  breiten  Bordüren  eingefaßt;  auf  der  unteren 
ift  zu  lefen:  hoc  opus  fieri  Wilhelmus  Ncwhwert  (?)  a.  d. 
mille  quadringentesimo  .  .  hoc  completum  est,  (dabei 
das  Wappen  der  Mordax.)Durch  diefe  äußerft  gelungen 

hh 


(  CXL 


reftaurirten  Wandmalereien  hat  die  Maria  -  Saaler- 
Kirche  einen  ganz  befonderen  Schmuck  erhalten.  Auch 
zwei  gothifche  Altare  wurden  in  diefer  Kirche  aufge- 
hellt, beide  flammen  aus  Kirchen  der  Umgegend, 
einer  aus  der  Capelle  zu  St.  Georg  am  Sandhof;  der 
andere  au-  Arndorf;  beide  find  reftaurirt,  wobei  aber 
des  Guten  viel  zu  viel  gefchah  und  überhaupt  minder 
bedeutende  Schnitzarbeiten.  Doch  muß  man  es  lobend 
anerkennen,  dafs  diefe  Kunftw  erke  hier  eine  fchiitzende 
e  fanden,  ohne  ihrer  gotte-dienftlichen  Beftim- 
mung  entzogen  zu  fein.  Mögen  fich  noch  viele  reiche 
Kirchen  finden,  die  auf  diefe  Weife  die  kirchlichen 
Kunftwerke  ihrer  Umgebung  in  Schutz  nehmen,  weit 
beffer,  als  fie  wandern  —  ihrer  ftiftlichen  Beftimmung 
entkleidet  —  als  Schauftücke  in  Mufeen  und  mitunter 
in  fehr  fragliche  Sammlungen  des  In-  und  Auslandes. 
Mit  der  Aufstellung  des  neuen  Altars  auf  der  fchönen 
S.  Mode-tus-Tumba  können  wir  uns  nicht  einverstanden 
erklären. 

161.  (Ruine  Waißenegg.) 

1  las  Schloß  Waißenegg  ift  wie  der  k.  k.  Ingenieur 
Jof.  Tritner  berichtet,  am  füdlichen  Abhänge  des 
Waißenegger  Berges  auf  einem  vorgefchobenen  Ge- 
birgskegel  nächft  der  Ortfchaft  Rüden  gelegen. 


befinden.  Von  der  Burg  120  M.  entfernt  fleht  an  dei- 
nen einen  Seitengraben  des  Waißenegger 
Berges  hin  der  ifolirte  runde  Thurm;  dieler  hat  einen 
äußeren  Umfang  von  34'/*  M.,  gegen  2  M.  dicke 
Mauern  und  in  der  Höhe  von  58  M.  über  den  Boden 
nur  eine  einzige  Oeflnung.  Zum  Schluffe  wird  noch 
bemerkt,  dafs  fich  in  der  Ortfchaft  Rüden  in  einem 
Gartenpfeiler  mächft  dem  Friedhofe)  ein  figuraler  Stein 
eingemauert  befindet,  welcher  vom  Schlöffe  herftammt. 
1  ;  .  9  und  10  geben  den  Grundriß  der  Ruine  und  eine 
Anlicht  der  .Außenfeite. 

162.  Wir  bringen  in  der  beigegebenen  Fig.  n 
die  Wiedergabe  eine-  Siegels  der  Stadt  Raudnits,  das 
um  1570  in  Gebrauch  war,  wohl  aber  in  Betreff  der 
Entstehung  in  das  beginnende  16.  Jahrhundert  gehören 
mag.  F.-  zeigt  im  runden  Bildfelde  eine  crenellirte 
Stadtmauer  gegen  die  Außenfeite  anfteigend,  in  der 
Mitte  einen  offenen  halbrunden  Thorbogen,  flankirt  von 
zwei  kleinen  Vorbauten  mit  Fenfterfchlitzen.  Dahinter 
zwei  mächtige  Thorthürme  mit  Crenellirung  und  fpitzem 
Helme.  Im  Stockwerke  große  oblonge  viereckige 
Fenfter.  Der  Hintergrund  damascirt.  Die  Infchrift 
zwifchen  innerer  Perl-  und  äußerem  Lorbeer  ftabe  lautet: 
;■  Sigellum  .  civitatis  .  raudnicensis.   Zwilchen  beiden 


Fig.  10.  (Waißenegg.) 


Das  Schloß  ift  bei  Valvafor  abgebildet  und  be- 
fteht  aus  zwei  Gebäuden,  die  von  einer  Ringmauer 
umgeben  find,  und  einem  ifolirt  flehenden  runden 
Thurm,  welcher  rückwärts  gegen  den  Graben  des 
Waißenegger  Berges  zu  liegt.  Der  heutige  Beftand 
läßt  noch  den  Grundriß  der  alten  Burganlage  erkennen 
und  befteht  diefelbe  aus  zwei  viereckigen  Gebäuden, 
wovon  eines  die  eigentlichen  Wohnräume  (Palas)  ent- 
hielt, und  das  andere  nur  ein  befefligtes  Objeft  bildete. 
Beide  Gebäude  waren  nach  Often  durch  eine  Ring- 
mauer und  gegen  W:eften  durch  einen  fchmäleren  Ver- 
theidigurigs-Tra<5t  verbunden,  fo  dafs  fich  ein  ganz 
gefchloffener  innerer  Hofraum  bildete,  welcher  eine 
wirkfame  Vertheidigung  zulies.  An  der  Bergfeite,  wo 
das  Terrain  minder  fleil  ift,  wurde  die  Burg  zur  Hälfte 
hufeifenförmig  von  einer  Ringmauer  umgeben  und  fo 
ein  gefchloffener  Vorhof  gebildet.  Der  Eingang  zur 
Burg  erfolgte  über  einen  Graben  durch  eine  Zugbrücke 
und  einen  7  M.  langen  Gang  durch  ein  überwölbtes 
Thor,  das  in  den  Vorhof  fuhrt.  Erwähnenswert!]  cr- 
fcheint  es  noch,  dafs  im  oberften  Stockwerke  fich 
mehrere   Rundbogenfenfter  mit  fteinernen    Gewänden 


Thürmen  fchwebt   gegen  rechts  fchräg  gewendet  der 
Bindenfchild. 

Diefe  Beigabe   veranlaßt  uns    auf  die  Seite  I  des 
12.    Bandes    gebrachte    Abbildung    eines    Siegels   von 


(Raudnitz.) 


Raudnitz,  etwas  jüngerer  Entftehung  zurückzukommen. 
Wir  haben  in  Bild  und  Befchreibung  diefes  Werk  als 
einen  umgefturzten  Kelch  lammt  Holtie  gegeben,  es 
fcheint  jedoch  diefe  Erklärung  nicht  richtig,  fondern 
ebenfalls  der  Bindenfchild  anzunehmen    zu    fein,  doch 


CCXL1 


kann  nicht  verfchwiegen  werden,  dafs  die  RenahTance 
denfelben  ganz  eigenthümlich  geftaltet  hatte. 

163.  Vor  wenigen  Wochen  wurde  der  24   Band  der 

Berichte  und  Mittheilungen  des  Wiener  Alterthums- 
Vereines  leinen  Mitgliedern  übergeben.  Wir  finden 
darin  fo  manche  Nachrichten  über  niederöfterreichifche 
Baudenkmale,  die  wir  in  dem  Organe  der  Central- 
Commiffion  regiftriren  müßen  So  wird  eine  Kirche  in 
Ziftersdorf  erwähnt,  St.  Maria  am  Moos  genannt,  von 
welcher  einzelne  Theile  noch  in  die  romanifche  Bau- 
Periode  zurückreichen.  Es  ift  dies  der  Altar-Raum,  der 
die  untere  Stelle  des  Thurmes  bildet.  Dafelbft  findet 
man  noch  in  den  Eckfäulen  charakteriftifche,  romanifch 
derb  geformte  Bafen  und  Capitäle,  desgleichen  an  dem 
Kämpfergefimfe  romanifche  Geftaltungen.  Die  Kirche 
zu  Spannberg,  ein  größerer  einfehiffiger  Bau;  den  Chor 


Fig.  12.  (Viiunum.) 

bildet  eine  halbrunde  Apfis,  welche  an  ihrer  Außen- 
feite, fo  wie  der  untere  Theil  des  nördlich  daran  gebau- 
ten Thurmes  vollftändig  den  romanifchen  Styl  reprä- 
fentirt.  Die  Apfis  ift  mit  dem  Rundbogen-Fries  geziert, 
hat  ein  rundbogiges  Fenfter  in  der  Mitte  und  ein  halbes 
Kegeldach.  Der  Chor  felbft  bildet  einen  quadratifchen 
Kaum  mit  birnformigprofilirten Kreuzrippen.  Der  untere 
Theil  des  Thurmes  befteht  aus  Quadern,  an  den  Ecken 
mit  Lifenen  und  in  der  Mitte  des  Feldes  mit  je  einer 
Halbfäule  fammt  Würfelcapitäl.  An  der  Oftfeite  ift 
diefe  Halbfäule  durch  ein  Halbrundfenfter  unterbrochen, 
das  Uebrige  der  Kirche  ift  modern. 

Zu  Pürflendorf  enthält  die  Kirche  fpät-romanifche 
Details.  Sie  befteht  aus  einem  Langhaufe  von  zwei 
Jochen  aus  neuerer  Zeit  und  dem  fünffeitigen  Chor- 
fchlufle,  der  eben  noch  in  die  Uebergangszeit  des 
romanifchen  zum  gothifchen  Style  zurückreicht.  Der 
Chorfchluß  ift  mit  einem  gedrückten  Spitzbogen- 
Gewölbe  aus  fechs  reich  gegliederten  Rippenzügen, 
die  in  den  Ecken  auf  den  charakteriftifchen  Auflagern 
der  Uebergangszeit  anfetzen  und  in  einem  großen 
mit  Blatt-Ornament  reich  decorirten  Schlußfteine  zu- 
fammenlaufen  überdeckt.  An  der  Außenfeite  des  Chor- 
Schlußes  find  den  Ecken  entfprechend  bis  zu  Zwei- 
drittelhöhe reichend,  entfprechende  Nebenpfeiler  ange- 
fetzt. Die  fünf  Wandfelder  find  durch  Lifenen  an  den 
Ecken  und  durch  einen  kräftigen  Rundbogen-Fries 
decorirt. 

Nächft  der  Kirche  zu  Wulh rsdorf  rechts  des  Pres- 
byteriums  befindet  fich  ein  Karner,  ein  kreisrunder  Bau, 
mit  breiten  Kreuzgurten.  Das  Portal  ift  rundbogig  und 
ganz  einfach.  Kegelförmiges  Holzdach.  An  der  Außen- 
feite ein  reich  profilirtes  Dachgefimfe.  Der  Bau  mag 
ins  12.  Jahrhundert  gehören. 


164.  Dr.  Paul  v.  Bizzaro  hat  im  März  d.  J.  an  die 
Central-Commiffion  über  die  in  allerneuefter  Zeit  zu 
Bocavizza  gemachten  Funde  berichtet. 

Der  durch  die  Zeitungen  in  Folge  unzuverläffiger 
Berichte,  wie  gewöhnlich  überfchätzte  Fund  wurde 
fogleich  nach  feiner  Entdeckung  zur  Kenntnis  des  Con- 
fervators  gebracht  und  befteht  aus  einem  Kruge  von 
lichtrothem  Thone,  ohne  Firnis,  gut  gebrannt,  23  Cm. 
hoch  und  64  cm.  im  Umfange,  zwei  faft  ganzen  Flach- 
ziegeln mit  den  bekannten  Stempeln  C.  Tit.  Hermerot, 
und  L.  Stat.  Jufl.,  nebft  einer  gri  ißeren  Menge  von  Frag- 
menten ,  darunter  imbricces,  Tegulae,  Stücke  eines 
anderen  Kruges,  Knochen  von  Pferden  und  Rindern 
und  ein  Stück  der  oberen  Hälfte  einer  Handmühle. 

Dafs  die  richtig!  Lagi  der  römifchen  mutatio  ad 
fornulos  (Itenrarium  Hierofolimitanum.  Ex  manuscripto 
Veronensi)  fchon  vor  falt  drei  Jahrhunderten  bekannt 
war,  erhellt  aus  Cluverius  (Italia  antiqua  L.  I.  p.  231); 
..Ad  fornulos  (seil,  locus)  circa  Leiaci  Vipauique  am- 
nium  confluentes  fuit  Hinc  ab  Castris,  sive  Frigidi 
amnis  trajedtu  ad  XV  millia  sumus  est.  Alpis  Julise, 
sive  Alpium  Juliarum  transitus,  in  quo  insignis  pirus 
arbor  posita  agnomen  loco  dedit  ad  Pirum''  —  wo  die 
beiden  Punkte  ad  fornulos  und  ad  castras,  der  erfte 
durch  den  Zufammenfluß  der  Wippach  und  des  Liak, 
der  zweite  durch  den  Uebergang  des  Frigidus  Hubeli 
bei  Heidenfchaft  ganz  genau  bezeichnet  find,  fo  wie 
auch  die  weitere  Station  ad  pirum  (In  alpe  Julia  — 
Tab.  Peutingh)  am  höchften  Punkte  des  Birnbaumer- 
waldes  (Hrusica),  wo  jetzt  noch  die  Bafis  des  Ehren- 
denkmales  eines  unbekannten  Kaifers  (Julianus?  oder 
Theodofius  I)  mit  der  Infchrift:  ..Bono  reipublicse 
natus"  ■ —  zu  fehen  ift. 


JL 


Fic 


(Virunura.) 


Dem  genannten  Confervator  war  Bocavizza  als 
mutatio  ad  fornulos  fchon  feit  vielen  Jahren  wohl  be- 
kannt, und  es  find  fchon  feit  mehr  als  zehn  Jahren  in 
feinem  Befitze  römifcheFlachziegel,Hufeifen  und  Pferde- 
zähne, welche  dort  gefunden  wurden;  jedoch  find  dort, 
wie  in  Heidenfchaft,  keine  befonderen  Refultate  durch 
fyftematifche  Ausgrabungen  zu  erwarten,  da  der  Boden 
fehr  wenig  gewachfen  ift,  und  folglich,  was  der  Pflug 
noch  nicht  zerftörte,  durch  denfelben  bei  Gelegenheit 
zu  Tage  gebracht  wird. 

Den  letzten  Fund  verdankt  man  drei  Schatz- 
grabern,  welche  im  letztverfloffenen  Monat  Jänner  fich 
vorgenommen  hatten  in  einem  verfchütteten  Brunnen 
einen  Schatz  zu  heben,  denn  fchon  feitdem  man  diefen 
Brunnen  im  Jahre  1885  im  Monate  März  entdeckt  hatte, 
wurden  aus  demfelben  gelegentlich  Steine  zu  Bau- 
zwecken geholt,  bis  derfelbe  durch  die  Schatzgräber 
ganz  ausgeräumt  wurde.  Bei  diefer  Gelegenheit  kamen 
die  obgenannten  Objedte  zum  Vorfchein,  und  obfehon 

hh* 


XLI1 


in 

fichtbar  werden,   welche 
das   für   den   Ziesrelofen 


der  Zweck  der  Ausgrabung  nicht  erreicht  wurde,  fo 
gelaugte  dadurch  die   Gemeinde   Be  zu   einer 

guten  Quelle,  aus  der  die  kleine  Gemeinde  mit  Trink- 
waiTer  verforgt  wird,  weshalb  auch  der  Brunnen  reftau- 
rirt  und  mit  einem  neuen  Backfteinkranze  verfehen 
wurde  Derfelbe  hat  einen  Durchmeffer  von  0.80  M. 
und  mißt  in  der  Tiefe  vom  Rande  bis  zum  WalTerfpiegel 
443,  bis  zum  Grunde  420  M.  Zulammen  7  65  M 

Sowohl  gegen  Often  als  gegen  Werten  irt  von  dem 
erhöhten  Standpunkte  der  Kirche  des  heil.  Lorenz  der 
vormalige  Zug  der  R.  .merftr  Poftumia)  an  der 

durch  den  Pflug  aufgewühlten  Schotterlinie  erkenntlich, 
da  fonrt   überall   nur  Lehm ,  Sand   und  Thon  in   auf- 
einanderfolgenden Schichten 
dem   Diluvium   gehören  und 
erforderliche  Material  liefern. 

Die  Fundamente  der  Kirche  und  der  umgebenden 
Häufer  dürften  noch  theilweife  der  Römerzeit  ange- 
hören. Erwähnenswerth  irt  noch  ein  anderer  Fund  von 
Dr.  Marchefetti  bei  Karfreit  und  eine  von  mir  bei  Idria 
di  Bacza  entdeckte  Fundrtelle,  die  vielleicht  im  nachrten 
Sommer  größere  ErgebnilTe  liefern  dürften. 

165.  Fibeln  aus  Virunum  von  den  Ausgrabungen 
des  Univerfitats-Profeffors  Dr.  Fritz  Pic/iler  in  den 
Jahren  1SS1 — 1SS3. 

Von  diefen  Ausgrabungen  find  eilf  Fibeln  10  aus 
Bronze,  1  aus  Eifen  in  das  Mufeum  des  kärntnerifchen 
Gefchichtsvereines  gelangt.  Es  irt  auffallend  wie  wenig 
Fibeln  überhaupt  in  Virunum  gefunden  worden  find. 
Das  Klagenfurter  Mufeum  befitzt  von  diefem  fo  be- 
deutenden Fundorte  nicht  mehr  als  55  Fibeln,  während 


Fig.  14.    Virunum.) 

Gurina,  ein  ganz  obfcurer  Ort,  nach  Meyer  deren 
93  aufzuweifen  hat.  Auch  find  in  Virunum  viel  weniger 
Arten  gefunden  worden,  als  in  Gurina.  Es  können 
höchften?  15  verfchiedene  Formen  unter  den  Fibeln 
Virunum's  gezählt  werden,  wovon  8  vorrömifchen 
■runges  fein  dürften.  Die  eilf  neugefundenen  Fibeln 
bieten  nichts  neues.  Eine  einzige  derfelben,  ein  Bruch- 
ftück  mit  ftarkem  vierkantigen  Bügel  und  fchmalem 
Fuße  'Trig.  15  b  ,  welches  nicht  genau  zu  beftimmen  irt, 
weil  der  Kopf  mit  dem  Federapparat  fehlt,  dürfte  aus 
der  Hallftädter  Zeit  (lammen:  allein  aus  diefer  Zeit  find 
bereits  Schlangen-Certofa  und  andere  Fibeln  in  Viru- 
num gefunden  worden.  Von  den  übrigen  zehn  Fibeln 
(lammt  eine  eiferne  au?  der  fpäten  La  Tene-Zeit,  fie- 
ben  find  frührömifche  Provinzial-Fibeln   12,  13  und  15  a 


und  zwei  find  romifche  Fibeln  aus  der  mittleren  Fig  14, 
kein  einziges  Stück  irt  aus  der  letzten  Kailerzeit.  Con- 
cor Freiherr  v.  Hau/er  hat  fich  bei  der  Beftim- 
mung  diefer  Fibeln  an  Dr.  Tifchlers  Fintheilung  in 
dem  Werke  .Gurina-  voi  Dresden  . 

dten.  In  demfelben  Zahlenverhältnis  wie  die  frag- 
lichen eilf  Fibeln  fleht  das  Zahlenverhältnis  der  über- 
haupt in  Virunum  gefundenen  Fibelformen,  nur  dafs 
noch  eine  in  Mittel-Kärnten  rtark  vertretene  Fibelform, 
nämlich  die  frührömifche  Flügel-Fibel,  hinzukommt. 


Fig     .  5  Virunum.) 

Wollen  wir  aus  diefen  Fibelfunden  in  Virunum,  ja 
in  Mittel-Karnten  überhaupt,  einen  Schluß  ziehen,  fo 
kann  diefer  nicht  anders  lauten,  als  dafs  das  Fehlen 
der  Fibeln  aus  der  frühen  und  mittleren  La  Tene-Zeit 
auf  eine  fpäte  Kelteneinwanderung  hinweift,  etwa  aul 
die  letzten  Jahrhunderte  der  Republik;  während  das 
Fehlen  der  Fibeln  aus  der  letzten  Kaiferzeit  auf  die 
Befetzung  Mittel-Kärntens  durch  die  Barbaren  fchon  zu 
Beginn  der  Völkerwanderung  durch  die  Weftgothen 
unter  Alarich  weifet,  wie  ich  letzteres  auch  fchon  aus 
anderen  Gründen  in  der  Zeitfchrift  Carinthia 
pag.  99   als  wahrfcheinlich  nachgewiefen  habe. 

166.  Wir  werden  aufmerkfam  gemacht,  dafs  lieh 
an  der  Rückfeite  der  Pfarrkirche  zu  Loiben  in  Nieder- 

,  Oeßerreich  ein  rothmarmorne  Grabftein  befindet,  der 
dem  Bürger  von  Mautern  Namens  Johann  Schrenk 
t  1495  gewidmet  ift.  Der  Grabftein  ift  mit  unter  einem 
Helme  vereinigten  Tartfchenfchildern  gefchmückt.  In 
dem  einem  findet  fich  das  Schrenk  fche  Wappen  — 
ein  Schrägbalken  darin  ein  Pfeil,  das  andere  Wappen 
ift  fchrägrechts  getheilt  und  im  oberen  Felde  wieder 
fo  fünfmal  getheilt.  Am  offenen  Fluge  des  Stechhelmes 
wiederholt  fich  das  Schrenk'fche  Wappen. 

167.  In  neuefter  Zeit  wurde  dieCentral-Commiffion 
auf  die  Burg  B'öfig  Bezdez  bei  Bohmifch-Leipa  auf- 
merkfam gemacht.  Befonders  wird  die  kleine  Schloß- 
Capelle  hervorgehoben,  die  in  die  befte  Zeit  der  caro- 
lingifchen  Gothik  gehört.  In  den  Details  reich,  forg- 
famft  aus  Sandftein  und  Klingftein  ausgeführt,  finden 
fich  noch  Spuren  erfter  Bemalung,  in  den  fpitzbogigen 
Fenftern  Refte  fchönen  Maßwerkes  edelfter  Zeichnung. 


CCXLIII 


Unterhalb  jedes  Fenfters  befindet  fich  eine  mit  einer 
Steinbank  verfehene  Doppelnifche  mit  Kleeblattfchluß. 
Kreuzrippengewölbe  überdecken  den  Kaum.  Die  kraf- 
tig profilirten  Rippen  vereinigen  fich  in  der  Hohe  der 
Fenftcrhohlbänke    auf  Blätter-Capitälen    als    den  Ver- 
mittlern zu  den  aus   den  Halbrundftäben  gebündelten 
Wandpfeilern,  die  mit  einfachen  Sockeln  verfehen  find. 
Die  Capelle  betteln    aus    zwei    quadraten  Jochen  und 
einem  aus  fünf  Seiten  des  Achteckes  gebildeten  Altar- 
raum.   In    den   Rippen-Durchfchneidungen  des   fpitz- 
bogigen   Gewölbes   Schlußfteine.   Die   Capelle  ift  von 
einem    fchmalen    Rundgange    umgeben,     tiarin    breite 
fpitzbogige  Fenfter,  das  im  Chorfchluße  mit  Schonung 
des   Maßwerkes   vermauert.    Die  Farbenftimmung   der 
zweierlei    Haufteine,    der    reftliche    Schimmer 
der   l'olychromirung,  das  zum  Theil  zerflörte 
Maßwerk,  das  durch  die  doppelten  Fenfter  ge- 
brochen einfallende  Licht  auf  die  reizend  zart 
ausgeführten    Details    der    Steinmetz  -  Arbeit 
bilden  ein  geradezu  entzückendes  Bild.  Leider 
find    die    baulichen    Schäden    fchon    fehr    arg 
und    die    Erhaltungs-Maßnahmen  werden  be- 
reits dringend. 

[68.  Das  Unterrichts -Minifterium  hat  dem 
Mufeal-Comite  von  Aquileja  zur  Vornahme 
von  Ausgrabungen  und  zum  Ankaufe  von  Anti- 
quitäten für  diefes  Staats-Mufeum  ausnahms- 
weife  einen  Dotations-Zufchuß  bewilligt. 

169.  Als  Abfchluß  unferer  Notizen  über 
mittelalterliche  Eifenarbeiten  feien  noch  be- 
fprochen : 

a)  Zunächft  ein  intereflantes  Schloßgehäufe,  das 
fich  an  einer  Thüre  der  Praelatur  in  Raigern  befindet 
und  worauf  Correfpondent  Franz  aufmerkfam  gemacht 
hatte.  Es  ift  ein  fogenanntes  Kaftenfchloß,  das  aus  der 
letzten  Zeit  jener  Epoche  flammend  bezeichnet 
werden  kann,  in  welcher  Befchläge  als  über- 
haupt noch  einer  Decoration  werth  betrachtet 

und  demnach  behandelt  wurden.  Leider  kennt 
die  heutige  Zeit  diefe  Art  der  Decoration  faft 
nirgends  mehr  als  ebenbürtig  an.  Die  in  Fig.  16 
und  17  beigegebene  Abbildung  diefes  Kaften- 
fchloffes  ift  von  beiden  Seiten  aufgenommen.  Die 
Außenflachen  des  Kaftens  find  durch  Gravirun- 
gen  und  entfprechende  Oxydirungen  decorirt, 
der  Griff  und  die  Anfchlagtheile  zeichnen  fich 
durch  fchöne  Formen  in  erhabener  Arbeit  au--. 

b)  Nun  fei  erwähnt  eine  Reihe  von  Thürbe- 
fchlagen.  Zunächft  die  Thüre  in  der  Kirche  zu 
Dobrova  (Kärnten.)  Der  Thürflügel  felbft  ift  von 
Eifen  und  außerdem  durch  breite,  in  fehr  fchöner 
Zeichnung    gelegte     Schienen    verftärkt.      Die 
Grundform    für    den    Schienenbeleg    ift   das   S, 
welche    fechsmal    verwendet    wird.    Außerdem 
umläuft  eine  Schiene  den  Rand  und  ift  über  die 
ganze  Fläche  von  Eck  zu  Eck  kreuzweife  gelegt    Ein 
ftarker  eiferner  gefchmiedeter  Ring  dient   als  Klopfer. 
Diefe  Thür  gehört  in  die  Zeit  gegen  Ende  des  \j.  Jahr- 
hunderts (Fig.  18). 

Einfacher  ift  das  Befchläge  einer  kleinen  Thüre  in 
die  Sacriftei  der  Kirche  zu  Greutfcliack  ebenfalls  in 
Kärnten,  davon  in  Fig.  19  eine  Abbildung  beigegeben 


ift.   Die   kreuzweife  gelegten  Schienenbänder  endigen 
in  einem  gefchmackvollen  dreilappigen  Ornament. 

In  der  Kin  he  zu  Heiligenblut  findet  lieh  ein  dein 
zu  Dobrova  ähnliches  Thürbefchläge,  nur  ift  in  der 
Auflage  der  Schiene  die  Volutenlage  vorherrfchend 
(Fig.  20). 

Weiters  bringen  wir  der  Abbildung  des  Thür 
befchläges  in  der  königlichen  Burg  zu  Prag;  auf  der 
fchmiedeifernen  Thür  find  die  Flachfchienen  von  I 
zu  Eck  lieh  kreuzend  gelegt,  die-  durch  Flachnägel 
feilgehalten  werden  und  worauf  ein  fehr  fchon  gearbei- 
teter Thürgriff  befeftigt  ift.  In  den  Feldern  zwifchen 
den  Schienen  ift  je  ein  Nagel  mit  reich  ornamentirtem 
Kopfe  eingeladen  (Fig.  21). 


(Raigern.) 


c)  Das  Gitterthor  des  Friedhofes  von  Hirfchberg 
(Fig.  22)  am  Fuße  des  Böfigberges  ift  laut  Mittheilung 
des  Confervator  Braufewetter  eine  Arbeit,  die  nament- 
lich   im    oberen  Theile    bereits    fehr    verllümnielt    ift, 


1 


i 

Ar 


■ 


Li . -J 

I- i y .  1  7.  (Raigern.) 


dagegen 
gut  erhalten 


hat  fich  der  untere  Theil  desfelben  fehr 
und  gehört  hiezu  auch  das  vorliegende 
Detail,  welches  durchgelteckte  Rundeifenftabe  mit 
Rankenanfatzen  von  breiter  Zeichnung  in  vorzüglicher 
Technik  enthalt.  Da  die  Kirche  in  Hirfchberg  einen 
Altar  vomBöfigberge  erhalten,  fo  laut  fich  annehmen, 
dafs  nach  der  Auflaffung    des  Klofters    dafelbft    auch 


CCXLIV 


diefes  Gitter  von  dort  herftammt,  zumal,  da  im  Fried- 
hofe   lonft    gar    keine    künftlerifchen    Reminiscenzen 
exiltiren.  auch  der  Ort  und  die  Umgebung  Hirfchb 
nicht    das    geringfte  Merkmal    einer    einft    blühenden 
erblichen  Thätigkeit  aufweifen  kann. 

1  t  das    -chloßblech  lammt  Schub- 

davon   eben   diefer  Reit 

noch  erhalten  lieh  an  einer  Thür  in  der  Pfarrkirche  zu 

Hallßatt  befindet     mitgctheilt    durch   den  Correfpon- 

denten  fraglichen    eherner.   Thür   ift 

eine  Art  Rumpelkammer  verfchloflen,  die  fich  an  der 

Bergfeite  bei  der  Kirche  befindet.  Die  Arbeit  an  dem 

loßbleche,   das  aus  dem  15.  Jahrhundert   itammen 

muß  eine  vorzügliche  genannt  werden. 


170  a.  Die  Pfarrkirche  zu  Solenau  fammt  Thurm 
wurde  am  8.  Oktober  d.  J.  infolge  Brandes  arg  be- 
fchädigt.  Kirchendach  und  Thurmhelm  find  zerftört. 
Beides  ift  für  unfere  Denkmalkunde  gewifs  kein  Verluft, 
denn  die  Bedachung  war  eine  ganz  und  gar  nicht 
gelungene  Conftruclion  neuerer  Zeit:  der  Thurmhelm 
bildete  eine  höchfl  gefchmacklofe  mit  Schindeln  be- 
deckte Zwiebelkuppel.  Der  Thurm  ift  aus  mächtigen, 
faft  quaderförmigen  Bruchfteinen  erbaut.  Er  war  bis  zum 
in  neuerer  Zeit  erfolgten  Neubaue  der  Kirche  der 
oftlichfte  Theil  und  feine  unterfte  mit  einem  Kreuzge- 
wölbe überdeckte  Halle  diente  bis  dahin  als  Altar- 
Raum. Er  ift  außen  mit  einem  fehr  zierlichen  Rund- 
bogen-Fries verfehen,  hat  gepaarte  rundbogige  Schall- 
fenfter  und  an  feiner  Oftfeite  ein  intereffantes  derb  aus- 
geführtes Relief,  St.  Laurenz  am  Rofte  vorftellend. 

170  b.  Gelegentlich  der  Abtragung  des  nördlichen 
Thurmes  an  der  Stiftskirche  zu  Kloßerneuburg  wurde 
in  der    Hohe    der  Fenftcrwiderlager    eine    Platte    aus 


hartem  Sandftein  vermauert  gefunden;  felbe  wurde 
herab  gelaflen,  forgfaltig  gereinigt  und  in  Aufbewahrung 
mmen.  Sie  hat  eine  IL 'he  von  20J.  eine  Breite 
von  070  und  eine  Starke  von  0'28  M.  Die  Oberfläche 
ift  halbrein  gearbeitet  und  erfcheint  darauf  ein  Kreuz 
auf  einem  Halbkreisbogen,  über  einen  halben  Vier- 
blatt-Ornament gefpannt.  Nach  dem  Kreuze  langt  eine 
Hand  an  langem  gerade  gehaltenem  Arme,  die  es  am 
Schafte   erfa  v  ulptur  ift  nur  in  fcharfen 

ntourlinien  ausgeführt.  Die  Hand  ift  befonders  derb 
behandelt. 


itfehach 

171.  Confervator  Deininger  hat  an  die  Central- 
Commiffion  berichtet,  dafs  in  jüngfter  Zeit  an  dem 
Landhaufe  zu  Innsbruck  einige  Reftaurations-Arbeiten 
vorgenommen  wurden,  die  in  der  Hauptfache  als  ge- 
lungen bezeichnet  werden  können.  Die  fchönen  Stucco- 
Decorationen  der  Haupttreppe  und  des  bitzungsfaales, 
welche  durch  wiederholte  Uebertünchungen  in  ihrer 
Wirkung  fehr  gefchädigt  waren,  wurden  forgfaltig  vom 


(Heili^-enblut.) 


Kalküberzuge  gereinigt  und  nach  Bedarf  gut  ergänzt. 
Die  Wand-  und  Deckengemälde  im  Saale  (theils  Fres- 
ken, theils  eingefetzte  Öelgemälde)  wurden  vorfichtig 
gereinigt  und  erfcheinen  nun  wieder  in  faft  urfprüng- 
licher  Farbenfrifche.  Noch  harren  der  Reftaurirung 
das  derzeit  etwas  verunftaltete  Veftibule  und  die 
fchöne  St.  Georgs-Capelle,  die  mit  vornehmen  Stucco- 
Ornamenten  geziert  ift.   Das  Amtsgebäude  des  Land- 


CCXLV 


tages  fammt  Capellc  ift  ein  Werk  des  Architekten 
Georg  Anton  Gump  (vollendet  1724  1.  Confervator  Graf 
Lodron  hat  großes  Verdienft  um  diefe  Reftaurirung. ' 

172.  Profeffor  Winder  hat  an  die  Central  Com- 
miffion  berichtet,  dafs  die  Reftaurirung  der  vor  längerer 
Zeit  in  der  Kirche  zu  Tkörl  gefundenen  Wand- 
malereien (ich  dem  Abfchlußc  nähert.  Uebrigens 
wurden  in  neuefter  Zeit  noch  weitere  Gemälde 
an  diefer  Wand  Evangelien-Seite  im  Presby- 
terium)  aufgefunden.  Sie  bilden  die  Verlängerung 
der  fchon  bekannten  Malereien  bis  zum  Fuß- 
boden herab  und  enthalten  acht  Bilder.  Auch 
an  der  Gegenüberwand  fand  man  ein  großes 
Gemälde,  das  jiingfte  Gericht,  vorteilend. 

[73.   Correfpondent   Dr.    Wözl  hat   an   die 

Central-Commiffion  die  intereflante  Mittheilung 
gemacht,  dafs  in  jüngfter  Zeit  unter  dem  Pflafter 
des  Löwenhofes  im  Caftell  zu  Trient —  Cles'- 
fcher  Theil  —  ein  Stein  Fragment  mit  Infchrift 
gefunden  wurde.  Die  Infchrift  ift  ftellcnweifc 
zerftört  und  dürfte  lauten: 

Hie  quam  geffit  ...  de  folida  petra  |  Tic 
pontifex  urbis  Johannes,  h.  nomine  quartus 
has  placidas  vivo  deduxit  e  marmore 
limphas  |  Ille  equidem  vates  divino  munere 
fultus  [  is  vero  ingenio  fra6tus  est  ipfe  fuo 
mcccclxxxmi. 

Es    fcheint    in    diefer    Infchrift    von    zwei 
Perfonen  die  Rede  zu  fein,  von  einem   Quellen- 
finder (Vates)  und  vom  Bifchofe,  dem  Schöpfer 
der  Leitung.  Leider   liegt  der  obere  Theil  des 
Steines  noch  in  der  Erde,  wahrfcheinlich  neben 
dem  Brunnen,  wo  der  andere  Theil  gefunden  wurde.  E> 
liegt    Nachricht    vor,    dafs    Johann    von    Hinderbach 
die  Wafferleitung  in  das  Caftell  geführt  habe,  nachdem 
auf  der  Anhöhe  hinter  dem  Caftell  Quellen    entdeckt 
worden    waren.     Der    davon     gefpeifte 
Brunnen  lag  wahrfcheinlich  im  äußeren 
Burghofe,  wo  fich  gegenwärtig  feit  dem 
Cles'fchen  Baue  der  Löwenhof  befindet. 

Bei  dem  Bau  des  Cles'fchen  Palaftes  und 
der  Neuherftellung  des  meift  von  Clefius 

fo  herrlich  hergeftellten  Brunnens  dürfte 

der    Hinterbachifche    Stein    zerfchlagen 

und  zur  Ausfüllung  der  Grundmauer  des 

neuen  Cles-Brunnens  verwendet  worden 

fein.    Der  Berichterftatter  vermuthet  in 

dem   Quellenfinder    einen    gewiffen   Joh. 

Rezner,  welcher  nach  den  Annalen  des 

Bifchof  Alberti    (1022 — 1540)   im    Jahre 

1483  Burghauptmann    des    Caftells    war, 

und  während  der  Peft  im  Sommer  1482 

fich    große    Verdienfte    um    Stadt    und 

Caftell  durch  feine  Vorforge  erwarb. 

174.  Zu  Saladorf  bei  Würmla  in 
Nieder-Oefterreich  wurde  ein  Münzfund 
gemacht,  über  welchen  die  Central-Com- 
miffion nähere  Mittheilung  zu  machen  in  der  Lage-  ift, 

Dafs  bei  dir  Reftaurirung  au^landifche,  italienifche  Arbeiter  ft.itt 
der  einheimifchen  Kunfthandwerker  verwendet  wurden,  erregte  mit  Recht 
einige  Verftimmung. 


da  der  ganze  Fund  ihr  vorgewiefen  wurde.  Die  Münzen 
find  theils  Grofchen,  Kreuzer,  ein-  und  zweifeitige  II 
linge  aus  der  Zeit  des  dreißigjährigen  Krieges,  die  Mehr- 
zahl flammt  aus  dem  dritten  Deccnnium  des  17.  Jahrhun- 
derts (1622— 1628),  die  jiingfte  Münze  aus  1639.  Sie  find 
überwiegend    Gepräge   Kaifer    Ferdinand   II.,  dam  b 


Fig.  zi.  (Prag.) 

kommt  Salzburger  Geld  vor;  vereinzelt  zeigen  fich  Mün- 
zen aus  Bayern  und  der  Städte  Colmar  und  Straßburg. 

175.  Confervator  Rostier  hat  an  die  Central-Com- 


Fig.  22.  (Hirfchberg.) 

miffion  über  die  Kirche  zu  Haüzendorf  'in  Nieder-Oefter- 
reich berichtet.  Diefelbe  befteht  aus  einem  alten  Pres- 
byterium,  das    zwei   Joche    mit   dem    aus    fünf  Seiten 


C  CXI.  VI 


des   Achteckes   gebildeten  Chorfchluß   bildet,   die  Ge- 
wölberippen verlaufen  an  der  Wand  auf  Halbfaulen,  die 
mit  Confolen  abfchließen.   Die  Spitzbogenfenfter  ver- 
Strebepfeiler. Das  Schiff  hat  eine  flache 
:e.  An  derSüdfeite  ein  Portal  mit  Tympanon-Feld. 
Der  Thurm    fteht   an   der  Weftfeite,   die   Schallfenfter 
lind   fpitzbogig,   theilweife   mit  Maßwerk    ausgeftattet. 
ldach.    In   der    Kirche    finden   lieh   einige    ältere 
Grabmale;   in   der  Vorhalle  jener  für  Barbara  Pfaffen- 
peckin    Relief  mit  dem  Gekreuzigten.  Maria  und  Johan- 
im  Presbyterium  de-  Bernhard  Thurfo  von  Beth- 
lehemsfalva    Freiherrn    zu    Wollnitz    und    Gravenegg 
.    Dec.  1551  und  feiner  Gattin  Katharina  einer  gebor- 
von  Neidegg  t  '?   Juni  15« 

An  der  Kirche  zu  Brunn  im  Feld  ift  nur  das  Pres- 
rium  ein  alter  Bau.  Es  befteht  aus  zwei  Jochen  mit 
lehr  fchönem  Netzgewölbe  überdeckt.  Die  Fenfter  theil- 
weife verbaut,  theilweife  modernilirt,  die  Gewölberippen 
ruhen    auf    halbrunden    Dienften    mit    Capitälen.    Die 


Fig.  23.  (Hallfl 

Dienfte  verlaufen  allmählig  in  die  Wand.  Sacrament-- 
Häuschen  als  Wandnifche  mit  Umrahmung  und  Giebel; 
fchmiedeifernes  Thürchen  und  ein  folcher  Wandleuchter 
g"thifchen  Charakter-. 

Die  Kirche  zu  Zöbing  befteht  aus  Schiff  und  Chor, 
erfteres  bildet  zwei  Joche,  letzterer  ebenfo  und  das 
aus  fünf  Seiten  gefchloffene  Presbyterium.  Alle  Räume 
find  gleich  hoch  und  breit.  Die  Gewölberippen  fchließen 
am  Anlaufe  ab.  Die  Fenfter  find  modernifirt. 

An  der  Südfeite  des  Schiffes  ift  ein  niedereres 
fchmales  zweijochiges  Seitenfchiff —  in  gleicher  Länge 
mit  dem  Hauptfchiffe  —  mit  einer  Ablide  an  der 
Oftfeite  angebaut,  und  mit  Kreuzgewölben  überdeckt 
deren  Rippen  auf  einfachen  Confolen  ruhen. 

Der  viereckige  Thurm  ift  der  Weftfeite  des  Haupt- 
fchiffes  vorgefetzt  und  hat  ein  Satteldach,  Spitzbogen- 
fenfter mit  Maßwerkreften.  Außen  am  ganzen  Gebäude 
Strebepfeiler.  Im  Seitenfchiffe  eine  dreitheilige  Mauer- 
blende mit  Dreipäffen  überwölbt. 

176.  (Prähiflorifche  Funde  aus  der  Gegend  von 
Teplitz  in  Böhtm 


Herr  A.  H.  Fafsl  in  Teplitz  macht  in  einem  einge- 
henden Berichte  Mittheilung  über  eine  größere  Zahl  von 
ihm  gefammelter  prähiltorifcher  Funde.  Wie  zum  Theile 
anderweitigen  Mittheilungen  langft  bekannt  ift,  zum 
Theile  aber  auch  au-  früheren  Berichten  des  Füllen- 
der.- hervorgeht,  ift  die  engere  und  weitere  Umgebung 
von  Teplitz  lehr  reich  an  Funden  diefer  Art;  viele  find 
fchon  gefammelt  und  haben  theilweife  den  Weg  in 
Privat-  und  öffentliche  Sammlungen  gefunden,  unge- 
zählte andere  liegen  —  man  darf  heute  faft  lagen, 
glücklicher  Weife  —  noch  im  Boden. 

In  befonders  großer  Zahl  fcheinen  fich  Anfied- 
lungen  und  Grabftatten  im  Biela-Thale  zu  befinden; 
eine  derfelben  wurde  durch  die  Erdaushebung  in  zwei 
Ziegeleien  bei  Hoftomitz  theilweife  aufgedeckt.  Sie 
kennzeichnete  lieh,  wie  das  auch  fonft  häufig  beob- 
achtet worden  ift,  durch  mehr  oder  weniger  tiefe  und 
breite,  von  der  Oberfläche  ausgehende  Einschnitte  in 
den  Boden,  welche  zumeift  von  dunkler  Erde  ausge- 
füllt, lieh  von  dem  gelben  Lehm  fcharf  abheben 
und  einem  aufmerkfamen  Auge  fofort  auffallen. 
Bei  folchen  Erfcheinungen  hat  man  es  in 
vielen  Fällen  wirklich  mit  prähiftorifchen  Gräbern 
zu  thun,  in  anderen  aber  mit  Abfallgruben  aus 
prähiftorifcher  Zeit,  in  welche  Kehricht,  Brand- 
fchutt,  Topffcherben.  Knochen  der  verzehrten 
Thiere,  kurz  Abfalle  aller  Art  geworfen  wurden. 
und  daran  die  veruesbaren  Theile  zu  fchwarzer 
Frde  wurden,  welche  nun  die  unverwesbaren 
Dinge,  wie  insbesondere  Scherben  und  Knochen 
aber  auch  mitunter  manches  einft  zufällig  ver- 
lorene koftbare  Fundftück  in  fich  fchließt. 

Gruben  diefer  Art  fcheinen  im  allgemeinen 
die  von  Herrn  Fafsl  ausgebeuteten  Gruben  in 
den  Ziegeleien  von  Hoftomitz  zu  fein;  fie  deuten 
auf  eine  unmittelbar  benachbarte  vorgefchicht- 
liche  Anliedlung,  haben  aber  felbftverftändlich 
nicht  jene  große  Bedeutung,  wie  ungeftörte  Grä- 
ber, da  in  ihnen  zumeift  alles,  Junges  und  Alte- 
bunt durcheinander  geworfen  ift.  Immerhin  geben 
auch  fie,  namentlich  jetzt,  wo  bereits  fo  viele 
Gegenftände,  Formen  und  Zierweifen  eine  chro- 
nologifche  genau  ermittelte  Stellung  haben,  manche 
lehrreiche  Auffchlüße. 

Unter  diefen  Funden,  welche  fich  insgefammt  in 
der  Sammlung  des  Herrn  Fafsl  in  Teplitz  befinden, 
find  befonders  hervorzuheben  größere  und  kleinere 
1  "pfe  aus  Thon,  halbkugelförmige  Schalen  mit  rundem 
und  mit  flachem  Boden,  urnenförmige  Gefäße  mit  mehr 
oder  weniger  engem  Hälfe,  zahlreiche  Scherben  von 
anderen  gröberen  und  feineren  Gefäßen  mit  und  ohne 
Ornament.  Soweit  aus  der  Befchreibung  des  Herrn 
Fafsl  und  dem  flüchtigen  Umrißzeichnungen  erfichtlich 
ift.  lind  an  diefer  Hinterlaffenfchaft  alle  vorgeschicht- 
lichen Zeitalter  betheiligt.  Außer  den  Gefäßen  fanden  fich 
noch  ziemlich  zahlreich  fogenannte  Webftuhlgewichte, 
Spinnwirtel,  durchlöcherte  oder  ornamentirte  Thon- 
fcheiben,  Schleiffteine,  Klopffteine,  bearbeitete  Stein- 
platten, Bruchftücke  von  Steingeratheil.  Knochen-  und 
Hirfchhorngerathe,  und  wenige  vereinzelte  Refte  von 
Metallgegenftänden,  darunter  ein  gut  erhaltenes  Rafier- 
meffJer  aus  Bronze,  deffen  Griff  einen  Vogelkopf  darftellt. 
Alles  in  allem  genommen  ift  in  den  Ziegeleien  von 
Hoftomitz  eine  bedeutfameFundftelle  aufgedeckt,  deren 


CCXLVII 


Erforfchung  durch  fyftcmatifchc  Ausgrabung  der  ob- 
waltenden Schwierigkeiten  wegen  kaum  möglich,  deren 
fortgefetzte  Beobachtung  durch  einen  wiffenfehaftlich 
gefchulten  Fachmann  aber  im  hohen  Maße  wünfehens- 
werth  ift. 

177.  Confervator  v.  Lufchin  hat  an  die  Central- 
Commiffion  berichtet: 

Bei  Ausbefferungen,  welche  in  der  Nähe  der  Stadt- 
pfarrkirche zu  Grat"  vorgenommen  wurden,  fließen 
die  Arbeiter  auf  eine  viereckige  Platte  aus  rothem 
Marmor  von  circa  1  Quadrm.,  welche  zur  Bedeckung 
eines  Brunnenfchachts  gedient  hatte.  Diefelbe  erwies 
iich  nach  vorgenommener  Reinigung  als  die  obere 
Hälfte  eines  Denkmals,  welches  dem  1527  verdorbenen 
Landesverwefer  in  Steiermark  Ritter  Wilhelm  Schrott 
v.  Kinsberg  und  feinen  zwei  Frauen  errichtet  worden 
war.  Die  Schrift  in  gothifcher  Minuskel  lautet: 

Hie  ligt  begraben  der  lull  geftreng  herr  bilhe  (Im) 
Schrat  Rytter  kü.  Mt.  Ratt  vnd  lanndsverbefer  in 
Steyer  der  geftorben  ift  des  czben  vnd  czbain 
tzigiften  Tag  des  Merczen  in  dem  15  hundert  vnd 
in  xxvij  jar  vnd  auch  find  geftorben  zwo  feiner 
Hausfraven  den  der  Almadig  ebyg  Got  genadig 
vnd  pamherezig  well  fein  amen. 

Unter  der  Schrift  befand  fich  in  der  Mitte  das 
Schrottifche  Wappen,  von  welchem  jedoch  nur  die 
obere  Hälfte  der  Kleinods  (offener  Flug)  erhalten  blieb. 
Zur  Rechten  ficht  man  cineTartfche  mit  dem  bekannten 
Wappen  der  fteirifchen  Drechsler  {Siebmacher  II,  43) 
und  der  Ueberfchrift  Elifawet  Trachfalerin,  zur  Linken 
eine  zweite,  deren  Figur  dem  Steinach'fchen  Wappen 
entfpricht  (a.  a.  O.  46)  jedoch  einer  Magdalena  Pis- 
beckhin  zugefchrieben  wird. 

Die  Abtretung  diefes  Denkmals  an  die  Steinfamm- 
lung  des  Joanneums  wurde  eingeleitet. 

178.  In  Mährifch-Budwitz  nachft  Znaim  wurden, 
wie  Confervator  Direftor  Sterz  berichtet,  gelegentlich 
der  Grundaushebung  für  das  Bürgerfchul  -  Gebäude 
Topffcherben  und  ein  gebohrter  Knochen,  wahrfchein- 
lich  aus  den  unteren  Extremitäten  eines  Pferdes  flam- 
mend, gefunden. 

Die  Topffcherben  flammen  von  einem  Gefäße, 
deffen  oberer  Durchmeffer  etwa  50  bis  60  Cm.  zeigte, 
fie  dürften  kein  fehr  hohes  Alter  haben;  an  einem  der 
Scherben  befindet  fich  ein  aus  zwei  fich  rechtwinklig 
fchneidenden  Geraden  dargeftelltes  Kreuz. 

Befonderes  Intereffe  erregt  der  vollkommen  calci- 
nirte  Knochen,  indem  folche  Funde  als  prähiftorifche 
Schlittfchuhe  bezeichnet  werden. 

179.  (Reße  einer  römifchen  Villa,  gefunden  bei 
Anrifina.) 

Die  Nordküfte  des  adriatifchen  Meeres,  von  der 
Mündung  des  Timavus  bis  zur  Südfpitze  der  iftrifchen 
Halbinfel,  fcheint  in  alten  Zeiten  ftark  bevölkert  ge- 
wefen  zu  fein.  Die  vielen  Refte  alter  Bauten,  befonders 
römifcher  Villen,  die  längs  diefer  ganzen  Strecke  ge- 
funden worden  find,  beflätigen  genügend  diefes  Factum. 

In  neuefter  Zeit  berichtete  Dr.  Pervanoglu  über 
derartige  neuerliche  Funde,  die  ebenfalls  bei  Barcola 
gemacht  worden  find.  Nicht  weit  vom  kleinen  Dorfe 
XIII.  N.  V. 


Nabrefina,  gerade  unterhalb  der  Stelle,  wo  der  Schie- 
nenftrang  fich  abzweigt,  der  direcl:  nach  Italien  führt, 
hatten  fich  fchon  vor  Jahren  manche  Refte  römifchen 
Urfprunges  gefunden,  die  von  Hermann  Breindl  kurz 
im  Bolletino  der  hiefigen  Societd  adriatica  des  Jahres 
1882,  pag.  106  ff,  befprochen  worden  find.  Es  waren 
Fragmente  irdener  Gefchirre,  Fragmente  von  Hohl- 
ziegeln, Terracotten  mit  eingepreßten  Fabriksmarken, 
Münzen  und  fonftige  andere  Objecle  gefunden,  aber 
leider  zerftreut  worden.  An  der  nämlichen  Stelle  am 
Abhänge  des  nach  dem  Meere  abfteigenden  Hügels 
oberhalb  derGebaude  derAurifina-Wafferlcitung  haben 
fich  in  den  letzten  Tagen  beim  Graben  einer  Vigna 
anfehnliche  Refte  einer  römifchen  Villa  gezeigt,  die  der 
unermüdliche  Director  des  archäologifchen  Mufeums  in 
Trieft  Profeffor  Pu/chi  unterfuchte  und  befprach. 
Die  ganze  Anlage  circa  200  Meter  in  Ausdehnung,  am 
(teilen  Abhänge  des  Hügels  gelegen,  war  durch  eine 
Mauer  unterftützt,  von  welcher  nicht  wenige  Refte 
lichtbar  find.  Es  haben  fich  bis  jetzt  drei  Räume  ge- 
funden, deren  Wände  mit  dünnen  Platten  aus  weißem, 
rothlichem  und  fchwärzlichem  Marmor  belegt  waren. 
Der  Fußboden  diefer  Räume  ift  mit  Mofaiken  ge- 
pflaftert,  und  wie  fonft  aus  kleinen  viereckigen  weißen 
Steinchen  mit  den  gewöhnlichen  Ornamenten  in  fchwar- 
zen  Farben  gebildet.  In  einem  vierten  Räume  gerieüi 
man  auf  Fragmente  großer  irdener  Gefchirre  bis  zu 
einem  Meter  im  Durchmeffer,  fowie  auf  Fragmente  von 
Hohlziegeln  und  fonftigen  Tarracotten,  auf  einem  die 
Stempelmarke:  L  ■  VEDI  •  CE  ■  RIAL,  welche  nicht 
feiten  auf  aquilejenfifchen  Ziegeln  vorkommt.  Diefe 
Anlage  befindet  fich  in  einer  der  malerifcheften  Gegen- 
den mit  Fernficht  auf  das  weite  Meer  und  in  der  Tiefe 
auf  die  Stadt  Trieft.  Nach  Angabe  der  Bewohner 
diefer  Gegend  follen  fich  fchon  vor  Jahren  nicht  wenige 
Refte  alter  Kunft,  Terracotten,  Münzen  u.  dgl.  gefun- 
den haben,  die  aber  leider  zerftreut  und  verloren 
gegangen  find. 

180.  Am  11.  Juli  d.  J.  wurde,  wie  Confervator 
Straberger  berichtet,  bei  den  Arbeiten  zur  Erneuerung 
des  Anwurfes  an  der  Stadtpfarrkirche  zu  Eferdmg  in 
der  Höhe  von  fünf  Meter  ein  nahezu  meterlanger  und 
45  Cm.  breiter  Römerftein  biosgelegt.  Derfelbe  befteht 
aus  Granit,  ift  an  der  oberen  Schmal-  und  an  der  einen 
Langfeite  mit  einem  glatten  ungleich  breiten  vorfprin- 
genden  Rand  verfehen ,  innerhalb  deffen  die  nicht 
befonders  klaren  Umriffe  eines  roh  gearbeiteten  Reliefs 
erfichtlich  find,  welches  eine  bekleidete  weibliche  Figur 
darftellt.  Der  linke  Arm  der  Figur  liegt  dem  Körper 
entlang,  während  der  rechte  auf  der  Bruft  zu  liegen 
fcheint.  Der  in  der  Querlage  eingemauerte  Stein  ift  in 
feiner  Längenausdehnung  nicht  ganz.  Die  Figur  reicht 
links  nur  bis  zum  Knöchel,  rechts  bis  zum  Knie,  und  es 
fehlt  auf  diefer  Seite  der  Umfaffungsrand,  was  zur 
Annahme  berechtigt,  dafs  der  Stein  nur  die  linksfeitige 
Hälfte  eines  doppelt  fo  breiten  Steindenkmales  bildet. 

Die  Auffindung  diefes  erften  Stein-Reliefs,  das  Efer- 
ding  aus  römifcher  Zeit  aufzuweifen  hat,  ift  der  ver- 
ftändnisvollen  Aufmerkfamkeit  des  hochw.  Herrn 
Confiftorialrathes  und  Stadtpfarrers  Carl  Gricnberger 
in  Eferding  zu  danken,  welcher  auch  dafür  Sorge 
getragen  hat,  dafs  dasfelbe,  vom  Maueran würfe  befreit, 
fichtbar  bleibe. 


CCXLVIII 


Eine  römifche  Bronze-Lampe,  welche  von  der  bis- 
her hierzulande  vorgekommenen  in  Form  und  Dirnen 
fionen  auffällig  abweicht, '  wurde  im  Jahre  18S1  im  Baum- 
garten der  Landes-Ackerbaufchule  zu  Ritslhof  bei 
Berg    (am    rechten    Traunufer  über    dem    Orte 

Traun1  beim  Ausheben  de-  Erdreiches  behufs  Anlage 
von  Rigolen  in  der  Tiefe  von  einem  Meter  gefunden. 
An  der  Fundltelle  felbft  und  in  dem  im  beträcht- 
lichen Umkreife  um  dielelbe  herum  aufgegrabenen 
Terrain  wurden  außer  der  erwähnten  Lampe  ander- 
weitige Gegenltande  aus  romilcher  Zeit  nicht  gefunden. 
Durch  Vermittlung  des  ober..lterreichifchen  Landes- 
Ausfchußes  kam  diefer  bisher  unbeachtet  gebliebene 
Gegenftand  in  den  Befitz  des  Linzer  Mufeums.  Weitcrc 
Römerfunde  wurden  in  Ober-Oefterreich  in  jüngfter 
Zeit  gemacht,  u.  zw.  beim  Baue  des  neuen  Sparcaffe- 
haufes  in  Linz  an  der  Promenade,  Topffcherben  und 
Ziegeltrümmer  'ohne  Stempel  ;  ferner  in  der  Nahe  von 
Kremsmunßer  im  Bachfehotter  ein  Fragment  einer  mit 
Relief-Ornamenten  und  Figuren  gezierten  Schale  aus 
Siegelerde,  welche  ebenfalls  den  Sammlungen  des 
Mufeums  eingereiht  wurde. 

Eine  große  Anzahl  von  Ziegeltrümmern,  flachen 
und  gewölbten  fehr  ftarken  Thonplatten,  dann  Bruch- 
ftiieke  von  mächtigen  Thongefaßen  mit  3  Cm.  dicken 
Wänden,  einen  halben  Mahlftein  etc.  hat  der  Confer- 
vator  am  weltlichen  Abhänge  des  Kiimberges  im  Bette 
des  Mühlbaches  und  an  dem  linksfeitigen  fteilen  Bach- 
Ufer  oberhalb  der  über  den  Bach  fuhrenden  Brücke  der 
Linz-Eferdinger  Hauptftraße  gefammelt  und  dem 
Mufeum  zugeführt. 

Nach  Angabe  de-  Eigentümers  des  an  dem 
Muhlbache  gelegenen  Feldes  wurden  auf  demfelben 
beim  Pflügen  derartige  Gegenftände  häufig  zu  Tage 
gefördert,  welche  bisher  immer  vom  Felde  wegge- 
bracht und  in  den  Bach  geworfen  worden  find. ' 

Eine  eingehende  Durchforfchung  diefer  Oertlich- 
keit  dürfte  wichtige  Anhaltspunkte  zur  genauen  Be- 
ftimmung  des  Standortes  der  zur  Deckung  des  Thal- 
weges weltlich  des  Kürnberges  und  zur  Beherrfchung 
des  durch  das  Rotlthal  von  Norden  zugänglichen  linken 
Donau-Ufers  muthmaßlich  beftandenen  Befeftigung  bei- 
tragen. 

Etwa  2  Kilom.  füdlich  von  der  mehr  erwähnten 
Fundftelle  (in  Krüft  bei  Schönering)  fanden  fich  Frag- 
mente von  Eftrich,  bemaltem  Wandanwurf,  Ziegel, 
Thon-  und  Marmorplatten,  Röhren  von  Heizanlagen  in 
größerer  Menge.  Diefe  dem  Anfcheine  nach  weit  aus 
gedehnte  römifche  Culturftätte  wird  nächftens  unter- 
fucht  werden. 

181.  Confervator  Ritzinger  hat  an  die  Central- 
Commiffion  die  Mittheilung  gemacht,  dafs  der  verdor- 
bene Fürft  Guftav  Joachim  Lamberg  zwölf  Lamberg'- 

'  Dicfclbc  ift,  nach  einer  in  Naturgroße  aufgenommenen  Photographie, 
17  Cm.  lang.  5  Cm.  hoch  (ohne  Handhabe)  und  fowohl  zum  Stellen  als  zum  Han- 
gen eingerichtet,'  fie  ruht  einerfeits  auf  einem  runden  Sockel,  anderfeits  hat  fie 
auf  der  oberen  Flache  drei  Oehrc,  welche  im  Dreieck  um  die  kleeblattförmige 
Oeffnung,  die  zum  Einfüllen  des  Oeles  diente,  gcftellt  find.  Der  Schnabel  für 
den  Docht  fpringt  weit  vor  und  ift  mit  einem  erhöhten  Rande  umgeben.  Die 
Handhabe  bildet  einen  halben  Bogen,  der  einwärts  gerichtet  ift,  fo  dafs  er  mehr 
über  die  Fülloffnung  endet;  das  Ende  ift  mit  einem  abwärts  gekehrten  Wcin- 
blatte  (>,  verkleidet. 

es  Feld  ift  als  Fundort  eines  Ziegels  mit  dem  Stempel  itaLAL 
in  dem  Werke:  „Die  Romerortc  zwifchen  der  Traun  und  dem  Inn*  von  Dr. 
Friedrich  Kenner  erwähnt,  und  im  vorbedachten  Bache  wurde  auch  das  in  den 
Mitth.  d.  k.  k.  Centr.-Comm.  XU.  Bd.,  3.  Heft,  pag.  CXXXVI  befchriebene 
Steinbeil  gefunden. 


fche  Grabmonumente,  meiftens  aus  Salzburg,  auf  feine 
Herrfchaft  Zichovic  fchaffen  ließ,  wo  fie  neben  der  zur 

Pfarre   .'.        >.  ehörigen   Familiengruft    an    einer 

Mauer  aufgeteilt  find. 

182  Man  kann  mit  dem  Schluße  des  Jahre- 
die  Umgeftaltung  der  Confervatoren-Bezirke  als  in 
lammtlichen  Kronlandern  durchgeführt  betrachten. 
Diefe  Umgeftaltung  befteht  eigentlich  nur  in  der  Ver- 
kleinerung, und  der  fich  dadurch  ergebenden  Ver- 
mehrung der  Bezirke.  Der  Grund  dazu  liegt  in  der 
Nothwendigkeit    der    fchnellft-möglichen    Information 

Confervators  über  die  in  feinem  Bezirke  vor- 
kommenden Ereigniffe,  in  der  Möglichkeit  rafcher  ein- 
zugreifen und  den  Bezirk  feller  zu  überwachen.  Ver- 
gleicht man  diefe  Aenderungen  mit  dem  alten  Beftande 
vor  beiläufig  12  Jahren,  fo  ergibt  fich  eine  Vermehrung 
um  ca.  40  Confervatoren.  Xieder-Oefterreich  bildet 
4  Bezirke  der  I.,  5  der  II.  und  1  der  III.  Sektion;  Ober- 
Oefterreich  1  der  I„  5  der  II.  und  1  der  III.  Seftion; 
Salzburg  je  1  für  jede  Sektion;  Steyermark  je  1  der  I. 
und  III.  und  2  für  die  II.  Section;  Kärnten  desgleichen; 
Krain  je  1  Bezirk  für  jede  Section;  das  Kultenland  5 
für  die  I.,  3  für  die  II.  und  I  für  die  III.  Sektion ;  Tyrol 
und  Vorarlbergs  der  I.,  7  der  II.  und  1  der  III.  Section; 
Böhmen  7  der  I  ,  14  der  II.  und  5  der  III.  Section; 
Mahren  3  der  1.,  4  der  II.  und  2  der  III.  Section; 
Schlelien  und  die  Bukowina  je  1  Bezirk  für  jede 
Section;  Galizien  5  für  die  I.,  10  für  die  II.  und  5  für  die 
III.  Sedtion;  endlich  Dalmatien  4  für  die  I.,  5  für  die 
II.  und  3  für  die  III.  Section.  Derzeit  beftehen  zufam- 
men  113  Bezirke  mit  97  Confervatoren. 

183.  Zu  Correfpondenten  wurden  in  neuefter  Zeit 
ernannt: 

Bauer  Eberliard,  Pfarrer  in  Klau-. 
Cliytil  Karl,  Dr.,  Cuftos  des  Kunltgewerbe-Mufeums  in 

Prag. 
Demetrykiewicz    Wladimir,  Dr.,  Advocaturs-Candidat 

in  Krakau. 
Grienbergcr  Karl.  Dechant  und  Pfarrer  in  Eferding. 
Ketrzyhski  Adalbert.Dr.,  Director  des  Offolinski'fchen 

Inftituts  in  Lemberg. 
Lewicki  Anatol,  Dr.,  Univerfitäts-Profeffor  in  Lemberg. 
Maurer  Jofeph,  Pfarrer  zu  Markthof. 
Morath    Anton,    Fürftl.     Schwarzenberg'fcher    Centr. 

Archivar  in  Wien. 
Muhr  Jofeph,  Dr.,  k.  k.  Bezirksarzt  in  Miftelbach. 
Pulfator    Ludwig,    k.    k.    Bau-Adjunct,    Ingenieur    in 

Trient. 
Rafpi  Felix,  Reg.-Rath,  Gen.  Secretär  der  öfterr.-ungar. 

Staatseifenbahn-Gefellfchaft  in  Wien. 
Swida  Franz,   Dr.,    Profeffor   an    der  k.  k.  Oberreal- 

fchule  in  Trieft. 
Walcher  v  Moltheim  Jojeph,  k.  k.  Minifterialrath  a.  D. 

in  Wien. 
Wallner  Julius,  Gymnafial-ProfelTor  in  Laibach. 
Wojciechozuski  Thaddäus,  Dr.,  Univerfitäts-Profeffor  in 

Lemberg. 

184.  Correfpondent  Prof.  Dr.  Wilhelm  Neumann 
hat  der  Central-Commiffion  die  hochintereffante  und 
fehr  dankenswerthe  Mittheilung  gemacht,  dafs  fich  ein 
dem  in   unferen   Mittheilungen   XIII.  Band  der  neuen 


CCXLIX 


Folge  befchriebenen  und  in  einer  Abbildung  vorge- 
führten Teppiche,  der  fich  derzeit  im  mährifchen 
Gcwerbe-Mufeum  zu  Brunn  befindet,  als  Gegenftiick 
vollkommen  entfprechender  Teppich  im  kirchlichen 
Mufeum  zu  Hildesheim  erhalten  hat.  Diefer  bei  weitem 
beffer  confervirteTeppich  ift  in  der  Große  und  Anord- 
nung der  Darftellungen  und  Gruppirungen  dem  andern 
ganz  gleich,  führt  aber  die  Jahreszahl  1516.  Wir  fehen 
ebenfalls  ein  umkreistes  Mittelfeld,  an  dem  Außen- 
rande herum  ftrahlenförmig  gereiht  vierzehn  im  Klee- 
blatt-Bogen  abgefchloffene  Bildfelder,  darin  je  eine 
Figur,  dazwischen  Säulen  mit  gemufterten  Schäften, 
niedrigen  Capitalcn  und  gedrückten  Sockeln.  Um  diefe 
Darfteilung  zieht  fich  ein  äußerer  doppelter  Ring.  Die 
vier  Eckzwickel  füllen  Figurengruppen  und  endlich 
umgränzt  das  Ganze  eine  mit  der  am  Brünner  Teppich 
ganz  gleich  behandelte  Bordüre,  die  jedoch  zum  Unter- 
fchiede  nach  innen  und  außen  auch  mit  einem  Spruch- 
bande befetzt  ift.  In  diefer  Beigabe  eines  Infchrift- 
bandes  liegt  das  wichtigfte  Unterfcheidungs-Moment 
beider  Teppiche,  von  denen  der  in  Hildesheim  übrigens 
in  feiner  Gänze  vorhanden  ift. 

Die  Beigabe   der   Infchriften    ift    auf  diefem  Tep- 
piche überhaupt  eine  ganz  befonders   reichliche,  jede 
Figur,  jede  Gruppe,  jede  Umrahmung  ift  damit  verfehen. 
Faft  nur  biblifche  Sprüche,  Stellen  aus  der  heil.  Schrift 
und  aus  Legenden  enthaltend,  find  aber  doch  einzelne 
davon  von  befonderer  Wichtigkeit,  da  fie  fich  auf  die 
Anfertigung   diefes   feltenen  Teppichwerkes  beziehen. 
Im  innerften  Kreife  fehen  wir  als  Mittelftück  eine 
weibliche  gekrönte  Figur  in  einem  Thronftuhle,  herum 
fünf  Kreife,  darin  kleine  Halbfiguren.  Die  Umfchrift  des 
innerften  Ringes  lautet:  PHIA  (Philofophia)  est-divina- 
rum  •  humanarumq  ■  rerum  ■  in  •  quantvm  ■  homini  (?)  ■  pos- 
sibile  •  est  ■  probabilis  ■  scientia  ■  ars  ■  areivm.  DieFiguren 
in  den  mit  Dreipäffen  bekrönten  Feldern  werden  erläu- 
tert durch  Worte  auf  Spruchbändern  wie:   musica  (ein 
Mann  mit  einer  Harfe  König  David),  fortitudo  (Samfon 
mit  einem  Thorfiügel),  astronomia  (eine  Frau  im  groß 
gemufterten  Kleide),  scientia  aritmetrica,  pietas  (Mofes 
mit  den    Gefetztafeln),   retorica   (ein  Mann  mit   einem 
Schwert  im  Munde),    gramatica,   sapientia    (ein   König 
mit  Scepter  und  Apfel),  dialectica,  geometria,  consilium 
etc.  In   den  Zwickeln   finden   lieh    fitzende   männliche 
Figuren,  dabei  fteht  bei  einem:    aristoteles,  bei  einem 
anderen:  ovidius,  beim  dritten  :  boecius,  dann:  horatius. 
Die  Randinfchrift  fagt,  fo  weit  fie  auf  der  dem  Bericht- 
erftatter  vorliegenden  Photographie  zu  lefen  ift:   anno 
dni  mdxvi   venerabilis   dna  elifabeta  venerabilis  prio- 
rissa  mechteldis  has  deo  confecratas  ac  professas  und 
nun  folgt  eine   lange  Reihe  von   Namen    der  Nonnen. 
Auf  einem    kleinen    Spruchbande    lieft    man:    novitia 
mechtildis   elifabet,    dabei   ein    Schild  mit  gekreuzten 
Schlüffeln.  Eine  andere  Stelle  lautet:  priore  gerhardo 
per  meonem  henricum  monaste  et  predium  in  alderode 
ex  fundo  edifieaverunt  fpinna  et  grib  (?). 

Der  Teppich  ftammt  aus  Heimingen,  einem 
Klofter,  das  nur  einige  Kilometer  von  der  längft  zer- 
ftörten  Kaiferpfalz  Werra  entfernt  lag,  jetzt  eine  Pfarre, 
die  aber  noch  ein  höchft  werthvolles  Kreuz  des  heil. 
Bernhard  v.  Hildesheim  befitzt.  Das  Klofter  ftand,  wie 
Gaudesheim,  in  naher  Beziehung  zum  deutfehen  Reichs- 
oberhaupte, fo  lange  die  Pfalz  noch  nicht  nach  Goslar 
übertragen  worden  war. 


185.  (Neuere  Ausgrabungen  im  Grabfelde  von 
St.  Lucia  bei  Toi  mein.) 

Correfpondent  Dr.  Marchefetü  hat  über  diefen 
Gegenftand  derCentral-Commiffion  intereffante  Mitthei- 
lung gemacht.  Die  günftigen  Erfolge  der  im  Herbfte 
1884  gemachten  Verfuche,  bei  welcher  Gelegenheit 
derfelbc  210  Gräber  eröffnete,  veranlaßten  ihn,  diefe 
Forfchungen  in  größerem  Masftabe  u.  zw.  mit  Untcr- 
ftützung  von  der  Adriatifchen  naturwiffenfehaftlichen 
Gefellfchaft  in  Trieft  fortzufetzen,  fo  dafs  während  der 
zwei  nachfolgenden  Jahre  weitere  815  Gräber  unter- 
fucht  werden  konnten. 

Die  Grabungen  gingen  im  Jahre  1885  im  nördlichen 
und  weltlichen  Theile  der  Nekropole  in  den  Feldern 
des  A.  Velicagna  (108  Gräber)  und  des  J.  Gollia  (102 
Gräber),  im  Jahre  1886  in  dem  gekauften  Felde  des 
F.  Dizerz  (605  Gräber)  vor  fich.  Die  Grabungen  find 
keineswegs  dafelbft  abgefchloffen,  denn  es  bleiben  noch 
mehrere  taufend  Quadratmeter  mit  einer  fehr  großen 
Zahl  von  Grabftätten  künftigen  Forfchungen  vor- 
behalten. 

Als  Beftattungsweife  ergab  fich  die  Verbrennung 
der  Leichen,  wobei  die  Refte  des  Scheiterhaufens  ent- 
weder in  der  bloßen  Erde  oder  in  großen  Urnen  bei- 
gefetzt wurden.  Diefe  letzteren  fanden  fich  nur  aus- 
nahmsweife  und  zwar  in  nur  72  Fällen.  Ganz  feiten 
waren  die  Urnen  außer  durch  Deckplatten  oder  Blöcken 
noch  durch  feitliche  Steine  oder  mauerähnliche  Con- 
ftruetionen  gefchützt.  Als  Urnen  dienten  große  40  bis 
80  Cm.  hohe  glatte  unverzierte,  theils  mit  Reifen  und 
abwechfelnd  rothen  und  fchwarzen  Zonen  gefchmückte 
Gefäße. 

Die  Beigaben  waren  ziemlich  zahlreich  und 
beftanden  in  Vafen  und  verschiedenartigen  Schmuck- 
fachen. In  beiläufig  der  Hälfte  der  Gräber  (404)  fehlten 
Thongefäße,  während  in  249  Fällen  diefelben  einzeln, 
in  140  in  doppelter,  in  20  in  dreifacher  und  in  4  in  vier- 
facher Zahl  vorhanden  waren.  Hinfichtlich  der  Form 
fanden  fich  am  häufigften  kleine  nette  gehenkelte 
Gefäße,  gewöhnlich  mit  Schüffein  zufammen,  feltener 
folche  in  Form  eines  Kelches  oder  einer  Situla.  Inter- 
effant  find  befonders  kleine  mit  Bronze-Nieten  oder  Blei- 
Lamellen  gezierte  Näpfchen,  die  in  ziemlicher  Anzahl 
vertreten  waren,  fowie  einige  große  bereifte  Kelche, 
die  mit  einer  Reihe  fchwarzer  und  rother  Zonen  fowie 
punktförmiger  Eindrücke  gefchmückt  find.  Zu  erwäh- 
nen wären  noch  die  mit  einem  langen  fenfterartig 
durchlöchertem  Fuße  verfehenen  Schüffein. 

Außer  diefen  Thongefaßen  lieferten  die  Aus- 
grabungen eine  anfehnliche  Zahl  Bronze-Gefäße,  und 
zwar  26  Stück  (ganze  und  zerbrochene).  Der  Form  nach 
gehören  die  meiften  den  Situlen  an,  die  entweder  glatt 
oder  mit  Zonen  von  Punkten,  Kreifen  oder  Vögeln  in 
getriebener  Arbeit  geziert  find.  Befonders  gut  erhalten 
ift  ein  cylindrifcher  Eimer  (Cifta  a  cordeni)  mit  9  Reifen 
und  zwei  fpiralig  gedrehten  Henkeln.  Zwei  diefer 
Gefäße  waren  von  einem  leinenen  Stoffe  umhüllt,  fo  dafs 
das  Gewebe  noch  theilweife  fichtbar  war.  Eine  Situla 
war  überdies  mit  einem  Holzgeflechte  bedeckt. 

Unter  den  Schmuck-Gegenftänden  nehmen  die 
Fibeln  fowohl  hinfichtlich  der  Menge  als  der  Mannig- 
faltigkeit den  erften  Rang  ein.  Es  wurden  deren  über 
370,  meiftens  aus  Bronze  gefammelt;  die  eifernen  waren 
durchgängig  einfach. 


CCL 


An  Fibeltypen  fand  man  :  Bögen-,  Nachen-,  Schlan- 
und  Knopf-,  Blutegel-  a  sanguisuga  ,  Laminar-, 
Certofa-,  Armbruft-,  Thier-  und  Brillen-Fibeln,  etc. 
Befonders  hervorzuheben  \v:ire  unter  den  Thierfibeln 
eine,  die  eine  geflügelte  Sphinx  darftellt.  Nebft  den 
coloffalen  Xachenfibeln  verdient  noch  eine  fehr  große 
Sichelfibel  namhaft  gemacht  zu  werden,  welche  eine 
Reihe  horizontaler  Bronzeftreifen  tragt,  an  denen 
mehrere  Ketten  hangen,  die  in  je  zwei  Spiralen  endigen. 

Reich  vertreten  find  auch  die  Haarnadeln,  deren 
oberes  Ende  mit  einer  Reihe  von  Knöpfen  gefchmückt 
ift  oder  in  ein  eingerolltes  Oehr  auslauft.  Bei  mehreren 
fteckt  die  Spitze  in  einem  bronzenen  oder  knöchernen 
Vorfteckftück. 

Hals-,  Ohr-,  Arm-  und  Fingerringe  waren  auch  in 
bedeutender  Zahl,  unter  den  erften  befonders  fchön 
gewundene  oder  rofenkranzförmige.  Von  den  Gürtel- 
platten ift  eine  mit  Kreifen  und  Enten  gezierte  hervor- 
zuheben. Sehr  zahlreich  wurden  kleine  Knöpfe  gefun- 
den, öfters  in  Gemeinfchaft  von  Perlen.  Von  diefen 
letzteren  waren  manche  fehr  zierlich  und  von  ver- 
fchiedenen  Farben.  Ein  einziges  Grab  enthielt  über 
1500  gläferne  Ringelchen.  Auch  Perlen  und  Tropfen 
aus  Beruftem  landen  fich  in  den  Gräbern  vor. 

Bei  dem  relativen  Reichthume  an  Schmuckgegen- 
ftanden,  der  uns  eine  ziemlich  vorgefchrittene  Cultur 
ahnen  laßt,  ift  zu  verwundern,  dafs  die  Graber  fo  arm 
an  Waffen  find.  Außer  den  fchon  früher  erhaltenen 
zwei  eifernen  Celten  und  einer  Lanzenfpitze  fand  man 
nur  eine  Lanzenfpitze  und  mehrere  kleine  Mefferchen, 
darunter  eines  aus  Bronze.  Intereffant  wäre  noch  ein 
in  einer  Situla  gefundenes  bronzenes  Sieb. 

Auch  diefe  Gräber  zeigen  conftant  den  Hall- 
ftädter-  oder  Villanova-Typus,  ohne  Beimifchung  von 
celtifchen  Elementen,  und  lehnen  fich  denen  der  euga- 
neifchen  Nekropole  an,  fo  dafs  der  ganze  in  St.  Lucia 
bisher  ausgegrabene  Theil  des  Grabfeldes  durchaus  als 
der  illyrifch-venetifchen  Zeit  angehörend  betrachtet 
werden  muß. 

186.  Die  Wiener  Zeitung  vom  17.  December  d.  J. 
bringt  einen  langen  Bericht  über  die  zahlreichen  Ver- 
mehrungen, welche  inneuefterZeit  die  anthropologifch- 
ethnographifche  Abtheilung  der  k.  k.  naturhiftorifchen 
Hofmufeen  erhalten  hat.  Vom  Standpunkte  der  Cen- 
tral -Commiffion  erfcheinen  folgende  Nachrichten  be- 
fonders wichtig:  Herr  Abt  Ad.  Dungel  in  Göltweig 
hat  am  Fuße  des  Göttweiger  Berges  Gräber  geöffnet, 
die  nach  ihren  Beigaben  in  das  3.  und  4.  Jahrhundert 
gehören  dürften.  Die  gefundenen  Schädeln  wurden 
dem  genannten  Mufeum  gewidmet.  Demfelben  fielen 
auch  jene  reichen  Funde  zu,  welche  bei  den  auf  eigene 
Koflen  vorgenommenen  Grabungen  in  5.  Lucia,  Idria 
und  Gurina  gemacht  wurden.  Auch  jener  werthvolle 
Fund  gelangte  dahin,  der  fich  jünft  in  Waaifch  ergab 
und  in  zwei  Eronzehelmen  nebft  einigen  Kleinfachen 
befleht.  Die  Fünd-Objecle  der  im  Auftrage  der  prä- 
hiftorifchen  Commiffion  der  kaif.  Akademie  der  Wiflen- 
fchaften  im  heurigen  Jahre  erfolgten  Grabungen  in 
Podfemcl  und  Ilallflatt  u.  f.  w.  kamen  in  das  Mufeum. 
An  erfterem  Orte  wurden   einige  Tumuli   eröffnet,   die 


Fund-Objecte  follen  dem  Hallftätter  Culturkreife  ange- 
hören. Der  Fund,  der  bei  Grußbach  gemacht  wurde, 
beliebend  aus  einem  Skelette  mit  einem  151  Grm. 
fchweren  .Armring  aus  Gold  und  einer  Kupferfpirale, 
kam  auch  an  diefe  hochwichtige  Samelftelle. 

187.  (Befprechung  der  Bilder  im  Brixener  Kreuz- 
gange,  einem  fachmännif dien  Berichte  entnommen.) 

Der  Kreuzgang  hat  auf  jeder  Seite  vier,  im  Ganzen 
mit    dem  Eck-Arcaden    zwanzig   Arcaden,    refpeem  e 
Joche.  In  15  find  die  Machen  an  der  inneren  und  äußeren 
Mauer,    und    auch    die    Felder    des    gerippten    Kreuz- 
gewölbes mit  hochintereffanten  Darftellungen    bemalt. 
Es  ilt  Fresco-  und  Tempera-Malerei.    Die  Farben   an 
den  Vorderwanden    find  größtentheils  verblichen  und 
zerftört.    An  der  Mauer  im  erften  Joche  als  Hauptbild 
Johannes   auf  Patmos    zur  Himmelskönigin    blickend, 
2.  Joch)  der  verfpottete  Heiland  mit  der  Dornenkrone, 
bezeichnet  1462  ;  (3.)  Chriftus  wird  nach  der  Geißelung 
dem  Volke  vorgeftellt,  dann  Chriftus  am  Kreuze  zwifchen 
den  beiden  Schachern,  von  der  Volksmenge  umgeben, 
1448.  (4.)  Die  heil,  drei  Könige  erfcheinen  mit  vielem 
Volke  als  gefchenkebringend  vor  dem  Chriftkind.  (5.) 
Der  erftandene  Heiland  erfcheint  den  Apofteln.  1474. 
(6.)  Diefes  Bild    ift    erbleicht  und  zerfreffen,  auch   mit 
einer   neuen  rohen  Farbe  überftrichen.    7.     Maria  hält 
den  Leichnam  Chrifti  im  Schöße  1424.  (8.)  Chriftus  am 
Oelberge,    1477,  (9.)  hier   fehlt  das  Hauptbild.  In  den 
drei    folgenden     Arcaden    der    nordlichen    Seite    des 
Kreuzganges  tragen  die  Gemälde    einen  ganz  anderen 
Charakter.  Es  find  entgegen    den  früheren  Gemälden 
nur   biblifche  Vorwürfe    behandelt,    meiftens    in    fym- 
bolifcher   Beziehung.   (12.)  Wieder   das    Erlöfungswerk 
Chrifti.  (13.)  Die  Anbetung   der  heil,  drei  Könige.  (14.) 
Die    Krönung    Mariens    1463.    (15.) 
Maria  mit   dem  Jefukinde   umgeben 
von  Heiligen.  Die  Darftellungen  der 
Deckenbilder  find  vielfach  roh  über- 
malt, mit   Mörtel  und  greller  blauer 
Farbe  fehr  verunftaltet.  Leider  muß 
auch    bei    diefen    fehr    intereffanten 
Bildwerken  erklärt  werden,  dafs  die 
Zeit  viel  weniger  denfelben  gefcha- 
det   hat,    als  die  rohe  und   unbarm- 
herzige Behandlung   der  Menfchen. 
Da,  wo  Hand  angelegt  wurde,  um  zu 
erhalten  oder  naebzubeffern,  zerftörte 
man  graufam  und  fo  ift  diefes  fchöne 
Werkalter  kirchlicherKunft  in  einem 
höchft    traurigen    Zuftande   auf  uns 
gekommen.  In  diefem  verwahrloften 
Zuftande  kann  aber  der  Kreuzgang 
unmöglich  verbleiben,  denn  fo  würde 
bald  alles  zu  Grunde  gegangen  fein. 
Es    wird    eine   Reftaurirung    vorge- 
nommen  werden  muffen,  die  Hauptfchwierigkeit  liegt 
einerfeits  darin,  den  frommen  Gefühlen  der  Gläubigen 
Rechnung   zu    tragen    und  Andacht    erregende   Bilder 
wieder  herzuftellen,  anderfeits   follen  die  alten  künft- 
lerifchen  Gebilde  unter  der  Hand  des  Reftaurators  den 
neuen  Bildern  zu  Liebe  nicht  verfchwinden. 


Klofterneuburg 
(f.  Notiz  170  i,) 


REGISTER 


IN  DIESEM  BANDE  ANGEFÜHRTEN  PERSONEN-,  ORTE-  UND  SACHEN-NAMEN. 


A. 

Alibn  Joannes  del,  Baumeifter,  CCVI. 
Admont,  Trag  Altar,  XX. 
Aguntum,  LXVIII. 
Albiints  (Tyrol),  Kirche,  CLXXX. 
Alrifo  Bartolomeo  (AlrielJ  Albreiche),   Bau- 
meifter, cciii.  cciv. 

/«/«.(-Verein  zu  Wien,  CCXL1 
Althan  v.  Wolf  Ditrich,  CXXXIV. 
Altmünßer,  Kirche,  CLXXXVIII. 

—   röm.  Taufflein,  LVIII. 
Altomtnle  Maria,  XXIX. 
Ansheim,  auf  der  Frag,  Edelfitz,  I.III. 
AquiUja,  Staatsmufeum,   XXXIII,  LI. XXXII. 

CCXL1II. 
Archäologifche    Zweke,    Slaatsausgaben    für, 

XXXII 
Arkhanoi    (Arckhanatten)    Hironimus     Bau 

Superindentant  der  windifch  croatifchen 

Gränze,  CCVII. 
Afchach  (Ob.-Oeft.i.  Kirche,  CXX. 
Au.     Thomas.  Rothgießer  CCVII1. 
Auerfperg  Georg  Jan.,  CXXXI. 
Aumüller  Leonhard,  Mechaniker,  CCIV. 
Aurifina,  mm.  Villa,  CCXLVII. 


B. 


Barcolo,  röm.  Villa,  Refte,  CCXXXVI. 

Barland  Wilhelm  v.,  XVIII. 

Bart  Peter  v.  Oppenheim,  CXXVI. 

Barth  Leo  v„  XIV,  CXXXIII. 

Baudria,  fihe  Tade. 

Baumgar tenherg,   Grabmal    des  Prälaten   H 

Khern,  CCXXXVU. 
Bekam  Galus,    Brunnenmeifter-Gehilfe,    CC, 

—  Jörg,  Brunnenmeiftergehilfe,  CC. 
Bemelburg  Conrad,  C,  CXXXI. 
Berne/s  Antonio,  Steinhauer,  CCV1II 
Bianco  Domenico,  Hofbaupolier,  CCXIV. 
Bilkau,  Kirche,  CXVII 
Bifchof  Hermann,  von  Freifingen,    Grabmal, 

CXCVIII. 
Bifum  v.  d.  Velden  Antun.  CXXVI. 


Blafy  deWeltelin,  Baumeifter,  wahrfcheinlich 
identifch  mit  Ganz  v.  Platz  (Piazzo, 
Placi). 

Bleifiguren,  gef.  in  Frögg,  LXXVIII. 

Binden:,  Siegel,  CXIV. 

:„,  Funde,  CXVIII,  CLXXXI 

Bohdanechi  A.  U.,  C. 

Böhmen,  Reftaurirungen,  CCXXIX 

Böhmifch-Leipa,  Rathhaus,  LVIX. 

Borßendorf,  präh.  Funde.  XXXVI 

Bofig,  Ruine,  CCXLI. 

Bofio  Bartolomeo  di,  Baumeifter,  CCXII 

—  J.  Pietro  de,  CCXXXIV. 

als  Römerort.  LXVI. 

—  Domkirche,  CCXXXII. 

—  Franciscaner-Kirche,  CCXXXII 

—  altes  Kreuz,  CCXXXII. 

—  der  gefcheibte  Thurm,  LXVIII. 
Brandflätier  Leonhard.  CCV. 
Brauch  David,  CXXVIII. 

Breda  Daniel,  CXXVIII 
A/v-Krain),  Kirche,  CXV. 
Bregens,  röm.  Bad,  CXVII. 
Breitenfurt,  Schloß,  XXV. 
Brenner  Carl.  Freih.,  XVI. 
Briganiium,  LXXI. 
Brixen,  Kreuzgang,  CCXXXII. 

—  Fresken  im  Dom-Kreuzgange,  LIV. 
— -   Dom,   Grabmale,  CXIII. 

Bronze-Funde  in  Ober-Viutl,  LXXI. 
Bronze,  antiker,  Zutheilung,  14. 
Bruch  a.  d.  Mur,  Fürftenhof,  CXLV. 
Brunn  a.  G.,  Kirche.  CLXXXVI1I. 

—  im  Felde,  Kirche,  CCX1-VI 
Brunn,  Garnifons-Kirche,  CLXXXI1I. 

—  Teppich,  CXX1V. 

—  Gewerbe-Mufeum.  VI. 
Briix,  Siegel,  XLVII1. 
Budwitz,  Funde,  CCXLVII. 
Byblo,  Grabhügel,  CCXXXVI. 

c. 

Canaval  Kilian,  Baumeifter,  CCX. 

—  Marc  Antonio,  Baumeifter,  CCX,  CCXII. 
Capusto  (Cepufch)  Antonio,  CCV1I1. 


Carlen  Kafpar,  Erdbau  Unternehmer,  CCVII. 

—  Franz  Ifidor,  Baumeifter,  CCXVI. 

—  Peter.  Baumeifter,  CCIII. 

-    Sebaftian,   Bildhauer.  CCXV 
Carlopaga,  Funde,  CCXXXYIII. 

tu,  Siegl,  XCI 
Caßellum  ruptum.  LXVIII 
Celeja,  Claudia,  CXCI 
Cembra,  Kirche,  CLXXIII. 

ßühle  in  Pirano,  1   LXXV1 
Chriftophsgrund,  Kirche,  CLL 
Chrudim,  Kreuzkirche,  CXX. 
Ci/li,      Fund     eines      röm.      Mofaikbo 
XXXIV. 

—  Pfarrkirche,  CXCI. 

—  Hermann,  Graf  v.,  CXCIII. 
Civestano,  Funde    CVIII. 

'II  Joachim,  XVIII. 
( 'opitfeh  Hans  Leonhard,  Baumeifter,  CCXIII. 
Confervatoren,     III.     SeCtion,      in      Galizien, 
CLXXXVII. 

—  Amtsfunction,  in  Kärnten,  CX. 
Correfpondenten     der     Central     Commiffion, 

CLXIX. 
Creizthaller  Tobias   v.,  k.   Kriegsbaumeifter, 

CCXIII. 
Croix   de    la,    Poitis,    i.    ö.    Obei 

CCXVI. 
Curzola,  Marcus-Kirche,  CXVIII. 

1). 

Dario  Simon.  CCXXV 

—  G.  Anton,  CCXX,  CCXXI 
Debica,  Rozwadow,  Funde,  CLXXXV. 
Dercolo,  Funde,  LXXII. 

Dcrnovo,  röm.  Grab,  CVIII. 
Dcfifi  Lorenz  v.,  k.  Kriegsbaumeifter, O  XII 
Deutfchnofen,  Kirche,  XLI,  CCXXVU. 
üobrova,  Thürbefchläge,  CCXLIII. 
Dobromefil,  Kirche.  CCXXXVU. 
Dohalicka  (Böhm.),  Kirche,  C1.XXV1 
Dolch,  gef.  in  Perjen,  XXXIV. 
Donner  Raphael.  XXVIII,  XXIX 
Dormitiitm,  LXXI. 


CCLII 


Kirche     be 

XVII. 

—  -Darft 

rmark. 

VIL 
z>»/«j-Br=cke.  LXY1L 
Dürenfeld,  Glocke.  CXIX 
Dürmher;  CXXV 

E. 

£&<•  I  ergkmappe.  CCII1 

Eimer  BirCme.  Hof    nnd  Kriegsbaumeifter. 

cc: 

CXLVII. 

—  Grabmale.  LHL  CXI 
Ekr  en fruit  ■ 

Eiter.  -      ...    OXID. 

.he.    CLXXIX 

CCXT.TIL 
Ekßein  Franz.  Maler    CLXXXHL 
\mft  Petras,  CXXVL 

■  .        - 
Etat.  L\  . 

Emut&lättc 
Emer-m-Bi'.duis.   im  Krakauer  Code 

Etui  XXVIIL 

£bs-.      .  JIX. 

.  VI. 

■     i 


Fächer.  Benedict    v..    Baumeifter. 

CCVI.  C 
Faltenimrg  Gerh-r  I    C  XXVII. 

CLXXXI 
XLV11L 
Ferai.  CCVI, 

ceva 

Ferfc:  .  CLXJX- 

Feyrtag  Franz  v..  CCX 

LXXII. 

XXX. 
Fi/ekJum,  Schloß  CCXXXVI. 

-i,  Fand  eines  Speeres.  CIX. 
in  Leifeos    CLXXL 

—  in  der  Kirche  z-  .-.  I.LXXX. 
Franekh  Philip:                      :r,  CCX 
Freiterg  Georg  Adam  v.,  XCVHL 

igest,  Hermann  Bifchof  von.  CXCVIII. 
Frei: 

Fristen  an  der  Kirche  inCembra,  CLXXIV. 
la  BrLxen    LIV. 
.-che   in  Deatfchnofen. 
CCXXVII. 

—  im  Hohenberg.  CCXXXVIL 

—  zu  Krtina,  CCXXXVUI. 

—  in  Maria-Saal,  CC  XXXIX. 

-ienberg.  CCXXVIX 

—  in  Rnr...  .  XXIL 

—  in  Tratzberg.  CCXXX. 

Freu  XIIL 

ribungen  1880.  LXXVL 


;>'..  -.».  LVIII 

—  Donjon.  CLXXVI. 
fmrßm 

—  Befeftigmng.   CCVH. 

G. 

r.  C. 

.LIL 
I 

—  Domenico.  Baumeiftc 

Genga  Simon,  Baumeifter.  CCVUJ. 
tr  Johann  . 

..  XXXIII 
i  .XXI 

Ginds  Adam.  CXX\"UI. 
Gier.  -einhauer,  CCXIV 

GUsfenfier  in  Pürgg.  CCXXXVIL 
■  -'.freien  in  Gries    LV. 

-.:..  CLXXX1V. 
kern  im  Dnrr::'el :    CXIX. 

—  in  Graz.  CCVIII. 

—  in  Gror.au.  CXI 

—  in  Hausdorf.  CXIX. 

—  in  Kranzeihofen.  CXIX. 

—  in  Krappfeld.  C  X 

—  Saal,  CLXX 

—  ir.  XIX. 

—  in  Xeundorf.  CLL 

—  in  Ober-Wktig    CL. 

—  :n  Offiach.  CXIX. 

—  in  Ottmanach.  CXIX- 

Saifnitz,  CXLX. 
XXV  in. 

Goldenkrim,  Madonnenbild.  XXIV. 

-  ::n     v  .     c  -  riternehmer. 

CC\TL 
Leonhard  von.  CCXXXV 
Grabwud,  des  P.  Bart..  CXXVI 

—  des  Karl  v.  Breuner.  XVII. 

—  des  P.  Eleghaffo.  CX1-. 

—  ies  g  2g.  CXL 

—  des  Johann  v.  FreuE  -  \\11. 

—  des  Leonhard  v.  Görz.  CCX 

—  der  Barbara  v.  Hertzheim.  CXUL 

—  des  Andr.  t.  Hohenwart.  CXCVIIL 

—  des    Abtes    Khern     von     Baum; 
berg,  CCXXX 

—  der  Magdalena    t.    K'_  XL  VI. 

—  der  Maria  von  Königsberg   XLVII. 

—  ■  Kai    ;sberg.  XLVII. 

—  des  Joh.  V    v    Lichtenftein.   CLXXVI 

—  des  S.  Löfielbolz.  XCVIU.  XCLX 

—  des  Johann  Martinez.  CXXV. 

—  des  WeiTher  ».  Meflenbach    CLXXV1L 

—  der  Hermine  v.  Xenhans.  XL  VI. 

—  des  Wilib.  v.  Pirchiag.  CXII. 

—  des  Seifried  v.  Polhaim.  CXII. 

—  Ies  Cafimir  v.  Polheim.  CLXXVUI. 

—  des  Chr   Pri  XXXVIII. 

—  -  .XVI- 

■  der  Pfarrkirche  zu  1  HL 

—  in  der  Kirche  zu  Eferding.  LIII.  CXI 

—  in  der  Pfarrkirche  zu  Graz   CCXLVIL 


xin. 
xc\in. 

Hein,  Burg.  Böhmen.  CL. 

en    I.  H 

—  Befeftigung  XII 
Grit:,  Landhaus.  CCIV. 

—  e:feme  VII. 

—  Sackthor.  CCXIL 

—  Lechk:rche.  ge_  t    I- 

—  Lechkirche.  Grabmal  der  I  reB- 

ua    literii    •.-:-. 

—  Graben.  CXCVIIL 

—  Grillpichl 

—  VIIL 

—  Schlodberg,  Cifterne 

—  SchloBberg,  Schachtbrunnen.  CCII. 

—  Scaofibetg,  CLXVI. 

—  L'hrthunn.  CCII. 

—  Burg.  CCVII. 

—  Glockenturm.  CCVIIL 

—  S   idtpfarrk  ■ 
CCXLVU. 

Greifen,  z~. 

Grien  Andre.  Baumeifter    CXCLX. 
Gr<„  _         CXLHI 

G'asgemaüe.  LV. 
-.-»,  Bildftock.  CLXXXI. 
Holzkirche.  L. 
J<r*,  Funde.  LLXX. 
tm,  Kirche    CXI 

—  o  ourx. 

—  Schlo  . 

Grüble,  röm.  Bad,  CVIL 

.- fa-1  H    Freit     CXXXL 
-  Franz.  CXXVLLL 

.     V 
m    Mahren     präh.  Funde.  CLXXII. 
Gurt,  Hungertuch.  LL 
Gufsformten,  gef.  bei  Xaflbmitz,  XXX  VL 
Guttenier.     -  gelb  s  •-._.     u 

Guyslein  de  Igdenheim.  Segers  von  Waffer- 
hoven.  k.  Kriegs -Ingenier  und  Bau- 
meifter. C 

H. 

HatenJcrf,  Böhmen.  Kirche,  CLH 
^rgsr.  Stammbaum,     in    Trau 
CCXXX 

f.  Kirche.  CCXLV 
lerthnrm.  CLXXXVIIL 
HaUßaa,  Kirche    CLXXXVIIL 

—  Befehlige.  CCXLIH. 
Hammerßein ,  Burg.  CLL 
Hand/ckuke.  bifebon     LXXXVHL 

riftoph    und   Johann.    Maurer    vom 
Comofee 
Hartheim    0.  Oe.     Funde.  CLXX 
Hartwusting  Leo  Bar: 

Ruine    CLXXXIII. 
Hamderf,  Glocke.  C  • 
!  Beiligenb'.ut,  Thurbefchlage.  CCXLIV 
CLXXXVIIL 


CCLIII 


Heinrich  V.,  Miniature   im   Krakauui  I  odex 

3.  5- 
Heiß,,,,  Joh.  v.  und  Sybilla  v  ,  CXL1X. 
Helme,  röm.,  gef.  bei  Schann,  CLXXXIV. 
Hertzheim  Barbara  v.,  Grabmal,  (XIII. 
Herberßein  Seifried,  CXXXI. 

—  Bernhard  v.,  CXXX. 
Hildesheim,  Teppich,  CCI.I 
Hilger  Martin.  Rothgießer,  < '<  \  III 
Hir/chberg,  Gitter,  CCXLIV. 
Hödl  Math.,  CCXXIII. 
Hohenberg     (Stcyermai  kj.      Fresken 

I  I  XXXVII. 
Hohenfurt,  Madonnenbild,  XX. 
Hohenfalsburg,  Zukunft  von,  CXC. 
Hokenwarl  Andreas   v.,  Grabmal,  CXCVIU. 
Hollar  Wenzel,  Kupferftechcr,  CCXI1. 
Höh.  St    Peter  im,  Kunde,  (Hl. 
Holzbecher  Michael.  Steinätzer,  III. 
Hohkirche  in  W.  Meferitfch,  (  XX\ 
Hönifch  Dr.  Johann,  f  CCXXXIX 
Hoßomict,  Funde,  CCXLVI 
Hradek,  Grabungen,  CLXXXV. 
Hradist,  Raubgräberei,  LIX. 
Hueber  Uuep.,  CCXXV. 
Huetßoeker  Alex.,  CXXXI. 
Hangerluch  in  Gurk,  LI. 

I. 

Jaromer,  präh.  Funde,  CCXXV  I. 
Jaros  Thomas,  Meifler,  LIV. 
Jerfchmanitz,  Kirche.  CLII. 
Ikonographie  des  Todes,  CXXXVII1. 
Illallio  Dom.,  f.  Lalio. 
Ilfung  Georg,  CCXXX. 
Imhof  Andreas,  XVII. 
Initiale  im  Krakauer  Codex,  i,  8. 
Innsbruck,  Franciscaner-Kirche,  CLXXXVIII, 
CCXXX. 

—  ServitenKirche,  CCXXXI. 

—  Spital-Kirche,  CCXXXI. 

—  Jacobs-Kirche,  CCXXXI. 

—  Univerfitäts-Kirche,  CCXX. 

—  Landhaus,  CCXLIV. 
Joachimsthal.  Kirche,  CX. 
Intonga  Jacob,  CCVIII. 

K. 

Kaaden,  Heiligerthurm,  CXI. 

—  Franciscaner-Kirche,  CXI. 
Kammerlacker  Hans,  Lederer,  CC. 
Karner  Valentin,  Bauauffeher,  CXCIX. 
Kasler  Jörg  v.  Boymond,  CCXXXV 
Katsenflein  (Ruine),  XCVI. 

Kham,  CCVI. 

Khevenhiiller  Wolf  Georg,  Freih.,  C. 

Kholmuet  Cafpar,  Baumeifter,  CCVII,  CCVIII. 

Khrctfchmayr    Bartlme,  Baumeifter,    CCVII. 

Kirchdorf,  Grabmale,  CXIII. 

Kirchner  Gregor  Wilh.  v.,  XXVI. 

Klaus,     Grabmal     des     P.     Chr.     Praunfalk, 

<  <  XXXVIII. 
Kloßerneuburg,  CLXXXVII. 

—  Emailkäftchen,  CLVII. 


Kloßerneuburg,  Grabmal,  CCXLIV. 
Kollonitfch  Ferd.,  Gral,  (XXVIII. 
Komotau,  Dechantei-Kirche,  CX. 
Königsberg  Wolf,  CXXXI. 
Königs/aal,  Madonnenbild,  XXIII. 
Kößenberg,  Glocken,  CLXXXIV. 
Koudelov,  Funde,  XXXIX. 
Kraimqfer  Rupert.  CCXXIII. 
Krdkau,  Domfehatz,  t 

—  Dom,  Konigsgräber,  LVII. 
Kramelhofen,  Glocke,  CXIX. 
Kraftfeld.  Glocke,  CXIX. 
Kratsau,  Kirche,  CXLIX. 
Kraufshaar  Hans,  Baumeifter,  CCXIII. 
Kremfier,  Funde,  CLXXXV. 
Kremsmünfter,  Botula,  CLVIII. 

—  Emailkäftchen,  CIA  I, 
Krefs  Chriftoph  von,  CXXXIII. 

—  v.  KrefTenftein  Chrift.,  XIX. 
Kreuz,  Befeftigungen,  CCIII. 
Krtina,  Fresken,  CCXXXVIII. 

—  (Krain),  Kirche,  XCYI. 
Kunctic,  Ruine,  CXX. 
Königsberg  Marie  v.,  XLVII. 

—  Urfala  v.,  XLVU. 
-  Magdal.  v.,  XLVI. 

Kurzweil,  Schloß,  CCXVIII. 

L. 

Laa,  Pranger,  CLXV. 

—  Spital-Capelle,  CLXV. 

—  Kirche,  CLXIV 

—  a.  d.  T.  Burg,  CLXI. 
Lack,  Kirche,  Schloß,  XCIV. 

Lalio   Andre    de,    Baumeifter,    CCII,    CCIII, 
CCIV. 

—  Domencio  de,  Ihr.  röm.  k.  Maj.  oberfter 
Baumeifter    der    niederöfterr.     Länder, 

CLxvm,  cxcvin,  cciy. 

—  Gianmaria  (Hans)   de,   Baumeifter,  CCI, 
CCIV. 

Lambach,  eiferner  Leuchter,  CLXXIX. 
Lamberg'khe,    Grabmale    in    Böhmen, 

CCXLVIII. 
Lancio  Marc  Antonio  de,  Steinhauer,  CCV. 

—  Mich.  Pietro  de,  Steinhauer,  CCVI. 
Landeck,  Funde,  XXXV. 
Langenbruci  (Böhm.),  Kirche,  CLII. 

—  Meßkleid,  LIII. 

Langenmantel  Joh.  Seb.  v.,  XCIX,  CXXXII. 

—  f  in  Siena,  CXXXI. 

Lanßorfer    Sigmund,     Hofzimmermeifter, 

CCVIII. 
Lasaro  Batifta,  Baumeifter,  CCVIII. 
Leifers  (Tyrol),  Kirche,  CLXXI. 
Lenzendorf  Sigmund,  Schmied,  CCIX. 
Leonhart,  Maler,  CXCVHI. 
Liebenau  (Böhm.),  Kirche,    Peftfäule,    CLII, 

CLIH. 
Lichtenau  Joh.  Friedr.  v.,  XIII. 
Lichtenftein  Joh.  v.,  Grabmal,  CLXXVI. 

—  Ruine,  XLV. 
Lichtenwörth,  (1. XXXVIII. 

Liens,  Kirchen  und  Rathhaus,  CCXXXV. 


Liens,  Siegel,  XLVIII. 

Lilienfeld,  Brunnenhaus,  CXIX,  CLXXXVIII. 

Linz,  Fund  einer  Silberplatte,  CCXVII. 

—  Reftaurirung  der  Stailt  pfarrkirche,  CXIX, 
CXX,  CLXXXVIII. 

IJtamum,  LXVIII. 

Löffelholz  J.  Seb.,  Grabmal,  XCVIU,  X<   IX 

Löffler  G.,  Gießer,  LIV. 

Loiben,  Grabmale.  CCXLI. 

Loneium,  LXVIII. 

Leonhard,  Tifchler,  CXCIX,  CCI. 
Loxan  Katharina,  CCXXXI. 
Lutz,  Hanns,  Meifter,  CCXXXII. 

M. 

Maderini  Andre,  Baumeifter,  CCVI. 

■nenbilder,  alte,  in  Böhmen,  XX. 
Maffersdorf,  Kirche,  CLL 

—  Holzfiguren,  CLII. 
Maja,  LXX. 

Mamolo    (Mämol),     Giovani.     Steinhauer, 

CCXIII. 
Marbl  (Marmofo),  Franz,  oberfter  Baumeifter 

der  windifchcroatifchen  Gränze,  CCVI, 

CCX. 

—  Hans,  Baumeifter,  CCVII. 

—  Jacob,  Baumeifter,  CCVIII. 
Marburg,  Befeftigung,  CCI. 

—  Reftaurirung  des  Domes,  CX. 
Marcelliana  Yecchia,  Funde,  CLXXXI. 
Marconi  Albrecht,    oberfter   Baumeifter   der 

windifchcroatifchen  Gränze,  CCXII. 
Maria  mit  den  drei  Rofen,  LIII. 

—  Saal,  Glocken,  CLXXXIV. 

—  Fresken,  CCXXXIX. 

—  Bilder-Reftaurirung.  XLV. 
Marienberg,  Stift,  CCXXVII. 
Maretsch,  Schloß,  LXVII. 
Martin,  röm.  k.  Baumeifter,  CXCIX 
Martinelli  Erh.,  XXX. 

Martinas  Joh.  v.,  CXXV. 
Matrejum,  LXTX. 

Matfch,  Ulrich  v.,  Todtenfchild,  CCXXVII. 
Mauern  (Tyrol),  Schwertfund,  CLXX. 
Maurus     Cornelius,     landfehaftlicher     Bau- 
meifter, CCXVI. 
Meilen/lein,  röm.,  in  Gurkfeld.  LXXXIV. 

—  röm.,  in  Wien  gef.,  XXX. 

—  röm.,  bei  Wien,  XXXI. 
Meran,  Pfarrkirche,  CCXXXIV. 

—  Spitalkirche,  CCXXXIV. 

—  Siegel,  XLVIII. 
Merfeldt  Hermann,  CXXVIII. 
Meri  Georg,  Baumeifter.   CCXI. 
.l/<;^7i<WA,Wernherr  v.,  Grabmal,  CLXXV1I. 

.  gef.  in  Perjen,   XXXIV. 
Metnitz,  Glocke.  CXIX. 
Miniaturen  in  Böhmen,  XX 

—  im  Krakauer  Codex,   i. 
Minning,  Grabmal.  CXI. 
Mitterndorf-Kaltem,  CCXXXV. 
Mitterdorf  (Krain  >.  Kirche.  XCV. 
Mittermaier  Sebaftian,  Schloffer,  CCI. 


CCLIV 


.hauer, 

XCV. 
Bfchenao  Gabr.    XV 
Joh.  Adam  v.    XV 

X  X . 

•r:.  CCX] 
..   in  Ober-Laibach 

N. 

Kemhard    CXXVI1I. 
tfend*  e.  LVD 

CXXXL 

Xenhat  -  XIV. 

—  Hermine  von.  XLVI. 

Johannes -Kirche.  CXVI 
\  1. 
Nenneck  Conrad  t..  CXXVIII.  CXXXIV 
Böhmen  ^  Kirche    CLL 

—  Glocke.  CLI 
fumnm,  LXX. 

Joh.  v..  Grabma:.  CXLIX. 
mit*,  präh.  Funde    XXXVL 

Funde.  CLXXXV. 
ns,  CCXXV. 


<  >. 


M  uierfnnde,  Uli. 
Laibach,  Funde.  CXLIII 

—  Thalheim,  Grabmale    CLXXVIU, CXI] 

Funde.  LXXI. 

—  .-.mcn.  Kirche    <_'L. 

—  -Wittig'.  Glocken.  CL. 

um    LXX. 

Kirche,  LXWII. 
ttmrg  Sebaft..  CXXVIU. 
Ofserumb  Chriftoph,  Bergknappe.  CCIII. 
Offiuli.  Glocken    CXIX 
Ottmanack,  Glocken.  CXIX. 


Paraeca  Jacopo.  Steinhaucr.  CCL 
Parcker  Kalpar.  Bergknappe,  CCIII. 

uüc,  Taufbecken   CXIV. 
Parenzo,  Dom.  XXXII. 
Per  ■  iiaumeifter    CCYTI 

Parthenum.  LXIX. 

Aleffandro  de.  Oberfter  Baumei- 
fter der  windifch-croatifchen  Gränze. 
CCXI. 

rien),  Funde.  CLXXXV. 
Pernkard,  röm.  k.  Maurer,  CCI. 

-ftio,  Bau-Superintendant.  CCVI. 
Pe/ehku  Andr.,  Steinätzer.  III. 
Perjen,  Funde.  XXXIV. 

'.  f'rovianthaus.  CCVIII 
—   Befeftigungen,  I 

Orlando,  CXXVIII    CXXXII. 
Thomas,    Bürger    in    Rottenmann. 
WH. 


Bau- 
meifter  I  VII 

.    etro  Antonio  di,  Steinhaucr 
Pina  Antonio  de.  Baumeifter    C  (  III. 

Chorgeftühle.   (.  LXXVI     liehe  Zara. 
Pirckin.   \V:::ib..  fein  Grabmal    CX1I 

S  v  IX 

.  -ns    v..    Baumeifter.     CCIV. 
X. 
Pbeabelli  Philibert,  Bildhauer.  CCXU. 
i  ranz  de.  Baumeifter.  CCVIII. 
XXL 

—  Fundament  Bloslegung  der  Porta  aurea, 

XXV. 

Seifr.  v..  CXII. 
ifimit  v.,  Grabma!.  CLXXVIU 
Giovanni  Pietro  de.  Hofkammermaler, 
Baumeifter  und  Feftungs-Ingenieur 
Wenzel    v.,    BrunnenmeilK 

Fem  Drnfi  in  Tyrol,  LXV. 

'.•j,  '/Franz  v..  CCVUI 

Reiff    Antonio  de   la.    Bau- 
meifter. CCI,  CCIII. 

—  de  Battifta  de  la.  Baumeifter  und  Stein- 
hauer. CCVI- 

—  de  Benedict  de  la,  Baumeifter.  ( 

—  de  Domenico  de  la,  Baumeifter.  t  C  [V. 

—  de    Giovan    Ange'.o    de    la,    Baumeifter. 

VII. 

Tacob  de  la,  Baumeifter 

—  de  Paul  de  la.  Baumeifter.  CCVII 

—  de  Veit  de  la,  Baumeifter.  CCVH. 

-Michael.  Ingenieur- A  jjuncl.  CCXV. 
r  .  Funde.  XXXVII. 

—  Wallburg.  XXXVI. 

Dombau,    Staats-Subvention    XW1II. 

—  Dom-Sacriftei,  Madonnenbild.  XXIV. 

—  St.  Valentin.  Kirche    XXXVII 

—  Teyn.  Madonnenbild.  XXIV. 

—  Stephans-Kirche.  XX 

—  gothifche  Capelle  im  Haufe  144    XL1V. 

—  Springbrunnen.  LIV 

—  Carolinum-Capelle.  CXX 

—  Belvedere.  20. 

—  Burg,  altes  Befchläge.  CCXLIII. 

—  Funde.  XXXVH. 
Pranger  in  Laa.  CLXV. 

Prapr.  .     VII. 

V  Ulrich,  CXXXII. 
Pfarrkirche.  CCXXXVII. 
Purflenäorf  Kirche.  CCXLI. 

R. 

bürg,  Ungarthor.  CCWI1. 

—  Befeftigung.  CCI   CXCIX. 

—  Rathhaus.  geätzte  Tafe'.    III 

nde.  CLXXXV. 

—  Siegel.  CCXL. 

i,  Dominicaner-Kirche    1  XIX 
Raigern.  Eifenarbeiten.  CCXLHI. 
I  XX. 
Bauten.  CCIII. 


.  VIII 
Sl     EmeranKiofter.il. 

-    loc  cxLvm. 

—  Decanats  Kirche.  CXWI1 

—  Kreuzkirche.  CXLIX 

—  Rathhaus,  CXLWI 

Rcickenberger  Bezirk.  Denkmale  im  CXI. VII 
.ehe  Porta  de  K 

u';.>ar.  Mechaniker    CCIX 
■  arium  in  Unterinn,  LVI. 
Reun.  geätzte  Tifchplatte.  II    V 

-Mechaniker,  CXCVIII. 
•  XXVII 
WH. 

\ntonio,    Baumeifter.  CCIII 
..  Funde.  CCXLVIII. 
fiehe  Porta  de  Riva.  CCVII. 

—  Inviolata-Kirche    <_LXXX1X 

.  Kirche  CXX 
Rochlitz,  Kirche.  CLI 
Romi/che  Straße  bei  Pifino.  CLXXIII. 

—  Caftelle  in  Tyrol,  LXI 
Ro/enierger  Chrift  .  XXVI 
Rudi  Conrad,  XHL 
iP«</Thom    Di    CXXXL 

XVII  CLIX  <  LXXXDC, 
XXII. 


Saar,  Pfarrkirche.  CXV1II 
Sabioiu.  LXWII. 

Klofter.  LIV 

—  Sabione,  LXVI1I 

ki  v.    Sloupa   Vaclav.    Grabma 
C  LXXVI. 
Saifnitz,  Glocke    CXIX. 

na,  Grabungen    XXXIII    t  XV 
danzenfund,  CCXLV. 
..par.  Baumeifter.  CCXIH,CC  XIV. 
urg,  Dom.  CCXXH    CCXXIV. 

—  Dom.  ReftaurirungdesPflafter-    XXXIII. 

—  der  alte  Dom    LXX.XI. 

—  Gabriels  -  Cape!.-.-.    CLXXIII 
CLXXXVHI. 

—  St.  Veits-Capelle  bei  St.  Peter,  LH. 

—  der  grolle  Brunnen.  CCXXL 

—  Kirche  in  Mölln,  CLXXXV. 

—  Auton  Dario  in,  CCXXL 

—  Domfehatz.  Columba    CLVIII 
St.  Daniele,  Funde.  CLXXI. 

St.  Florian,  alte  Spielkarten,  CXX 
St.    Leonhard  in    d.    wind.    Büheln.    Kirche. 
VII. 
".harj  im  Lavantthale,  Kirche,  LIIL 
St.  Lorenten.  Kirche.  CCXXIX. 

-ia,  Funde.  CCLII 
St.  Michael  in  Krain,  Raubgräberei,   LVII1. 
St.  Paul.  Kreuz  mit  Emaiis.  CLVL 
St.  Pauls.  Kirche.  CCXXXIV. 
St.  Peter  im  Holze.  Funde.  CHI. 
St.  Valentin.  Kirche.  CI.XXXV1IL 
Sava  Julius  v.    CCVIII 

uiri     AlciTaniro     del     Amadei,     Bau- 
meifter. 


<  CLV 


Scamozy  Vincenz,  LXXXI. 

Sc/iaan,  röm.  Helme,  gel".,  CLXXXIX. 

Schaubergtr  J.  G,  Bildhauer,  CLXXXIII. 

Scheffau,  Kirche,  CLXXXVIII. 

Scheffln-  F.  N.,  Maler,  CLXXXIII. 

Schlittfchuhknochen,  CCXLVII. 
Sehlüjel  in  Stubenberg,  (I  111 

Schneebcrgcr  Johann,  CXXVIII. 

J.  Zach,,  CXXXIV. 
Schänna,  Rundkirche,  XLII. 
Schonberg  J.  W.,  C. 
Scln>;t  v.  Schottenftain  Joh.  W..  XIV. 
Schrat  Wilhelm,  Grabmal,  CCXLVII. 
Schrei  Joh.,  Grabmal,  CCXLI. 
Schro/en/leia,  Fund,  CLXXI. 
Schrott    v.    Kindberg    Sigmund,     Grabmal 
CXCVI1I. 

Schwarz,  110,  ig  Karl,  CXX1X. 

Sc'hwaz,  Fresken  im  Kreuzgange  des  Francis 

caner-Klofters,  CCXXXV11. 
Sehwert,  gef.  bei  Rankweil,  CLXX. 

—  gef.  bei  Mauern,  CLXX. 
Sebeck  Niclas,  CI.X1II. 
Sebatum,  I.XV11. 
Sebenico,  Siegel,  XLV1I, 

—  Dom,  XXXII. 
Sebenßein    Grabmale,  XI. \  I    CCXXIX. 
Segers  Gugslein  de,  CCX1V. 
Seilbahn    auf    den    Grazer    Schloßberg, 

1   XCVIII. 
Seitendorf,  Holzkirche,  XLIX. 
Sehkau,  Thurmabtragung,  XLV. 
Selge  Martin,  CXXIX. 
Sybillen  am  Brünner-Teppich,  CXXI. 
Siegel  von  Bludenz,  CXIV. 

—  von  Brüx,  XL VIII. 

—  von  C'aslau,  XCI. 

—  von  Eibenfchütz,  CXIV. 

—  von  Kalkenau,  XLYIII. 

—  Von  Lienz,  XLVIII. 

—  von  Meran,  XLVIII. 
-   von  Neuhaus  (Böhmen),  CXIV. 

—  von  Raudnitz,  LI  XL. 

—  von  Sebenico,  XLVII. 

—  von  Simmering,  CXIV. 

—  von  Teltfch,  CXIV. 

—  des  Th.  Auer,  CCVIU. 

—  des  Dom.  Lalio,  CCV. 

—  des  Meifter  Marbl,  CCVI. 

—  des  B.  Marin,  CC1X. 

—  des  Meifter  Martin,  CXCIX. 

—  des  Meifter  Pernhart,  CCI. 

—  des  Hans  v.  Platz,  CCIV. 

—  des  Poniffitz,  CCI. 

—  des  Battiftä  d.  1.  Torre,  CCV1I. 

—  des  Vincenz  Verda,  CCVII. 

—  des  Anton  de  Verda,  CCVI. 

—  des  Max  Wening.  CCVIII. 
Siena,  Grabmale   deutfeher  Studenten,  VIII 

—  S.  Domirico-Kirche,  IX. 
Silberplatte  in  Linz,  gefunden,  CCXVII 
Simmering,  Siegel,  CXI\ 
Silva    Bartolomeo    de,    Baumeifter,    CCVI, 

CCVII. 

XIII.  N.  F. 


Slapanic  (Mähren),  präli    Funde,  CLXIX 
Solari,  Santino,  LXXXI. 
Sollar  Antonio,  Baunn   Hei    C<  XIV. 
u,   II, im,,,  C(  \l.l\ . 

,  Klofter,  CCXXIX. 
lio,  Baumeifter,  C(  IUI. 
S/>alalo,  Domthurm,  CXIX. 
-    Mufeum,  XXXIII    CXIX. 
|   Spalato,     Fund     in     einem    Bifchoffarge, 
LXXW  II 
Spanberg,  Kirche,  CCXLI. 
Späz  J.  P.,  CCXXIV. 

uter,  \y . 
Spielkarten,  alte,  aus  Wien,  CXX. 

in  St.  Florian,  CXX. 
Staphylus  Joh.,  XII. 
Staryhrad,  Funde,  CIX,  LX 
Steinätzungen,  ältere,  in  Steiermark,  I. 
Steigenburger  Wolfg.,  CXXIX. 
Stelzer  Franz,  XXVII. 
Stelzling,  St.  Peter,  CLXXXVIII. 
Slerzing,     Rathhaus,     CCXXXII,     CLXXV, 

CLXXXIX. 
Steygenberger  Ceorg,  CXXXIII 
Steyr,    Tlnirm     an     der    Pfarrkirche.    CXIX, 

CLXXXVIII. 
Stier     Martin,    k.     Militär- Ober  -  Ingenieur. 

CCXIV. 
Stißfchilde,  fiehe  Todtenfchilde. 
Strahov,  Madonnabild.  XXI\ 
Straßenzüge,   röm.,  in  Krain,  CVII. 
Straznic,  Funde,  CCXXVI. 
Stubenberg,  Ruine,  CLIII. 
Studenten-  (deufche),  Grabmale  in  Siena.  VIII. 
Sublavione,  LXVII. 
Su!,,,.  Kirche,  XCIV. 

T. 

Tabor,  Stadt-Chor,  XXXVIII. 

'/'"Je  Battiftä  de,  Baumeifter,  CCIV.  CCV. 

—  Marco    Dionifio    de    Baudria,     Hofbau- 
polier, CCIV. 

—  Peter    de    Baudria,    Baumeifter,    CCIV, 
CCV. 

Taller  Hans,  Kriegs-Ingenieur,  CCX, 

Tamsweg,  Kirche,  CLXXXVIII. 

Tannendorf,  Holzkirche,  LI. 

Tarnow,  Kathedrale,  CXIX. 

Taufbecken  inPardubic,  CXV. 

laufers  im  Münfterthale,  CLXXXVH. 

Taufkirchen,  Grabmal,  CLXXVII. 

Taufflein  zu  Altmünfter,  LVIII 

Tentzl  Simon,  Veit,  CCXXX. 

Teltfch,  Mähren,  Siegel.  CXIV. 

Teplitz,  Funde,  CCXLVI. 

Teppich  im  Brünner  Mufeum,  VI,  CXXIV. 

—  im  Mufeum  zu  Hildesheim.  CCXLIX. 
Teufel  v.  Guntersdorf,  Georg,  CXXX. 

—  v.  Guntersdorf,  Georg,  C.  C,  (XXXI 

—  zu  Gundersdorf,  Michael,  CXXX 
Teußnbach,  CXXIX. 

—  Franz,  Freiherr  v  ,  X,  CXXXII. 
Teurnia,  CHI. 


Thanhaufen  Georg,  CXXIX. 
Thau  Gerhard,  CXXIX. 

TX.wW/ (Theobatti)  Francesco,  Baumeifter 
der  windifch-croatifi  hen  Gränze   i  l   \ 
'  CVI. 

«i  ■    Mi  ifter,  XXI 
Thörl,  Fresken,  CLXXVI,  CCXLV. 
Thum    am    Hart,    Schloß    Römerftein 

CLXXXI. 
Tobt,  Jagdfchloli,  CCVI. 
7W«-Ikonographic,  CXX.W  III. 
nfchilde  in  Tratzberg   Ci  XXX 
in  Matfch,  ('CXX VII 
Topf  gef.  bei  Kondelo>    XI.I. 

Batifta   de   la  (Hans   v.  Thurn 
meifter,  CCVIII. 
Torem  Benedict  v.,  Baumeifter,  C(   \  . 

tto,    Fund    eines    röm.    Sarkophages 
CLXXXVU. 
Tratzberg,  Schloß    CCXXX. 
Treiber  Jörg,  Schmied,  I  ' 
Treveno  Martin,  CXCIX. 

—  Valentin  de  (Trojan),  Steinhauer.  (  X(  IX, 

cci,  ccn. 

Concil-Kirche,  CCXXXIV. 
Trient,     mittelalt.     Caftell,     CCCXIA 
CLXXXIX. 
-   röm.  Caftell,  I.X1V. 

—  Dom,  CLXXXVIU,  CCXXXIII. 

—  Dom-Reftaurirung,  XXXIII. 

—  Kirche,  alle  laste,  XLV. 

—  grüner  Thurm,  CCXXXIV. 

Marc     Antonio     (Truzi,     Baumeifter 
CCVIII. 
Tulln,  Karner,  CLXXXVIII. 

—  ehem.  Minoriten-Kirche,  CLXX.W  . 


U. 


i  ngnad ^Hans  Freih.  v.,  CXCVIII. 
Unierinn,  Reliquiarium  zu,  LVI. 
Urkunden-Verkauf,  CLXXXII. 

V. 

Valnegro  Peter,  Hofbaupolier,  CCX. 

—  Simon,  Baumeifter,  CCXIII. 
Vafalio  Antonio,  Baumeifter,  CCVIII 

—  Peter,  CCVIII. 
Veldidena,  LXIX 

Felis  Leonh.  von,  CLXVIII. 
Verbez  Andreas,  XVI. 

Giovan  Antonio    de,    Steinhauer    und 
Baumeifter.  CCVI. 

—  Peter,  Baumeifter,  CCV  I. 

Via   Claudia  Augufta,   in   Tyrol,  LXI,   LXX. 

in,  St.  Peters-Kirche  (Krain  ,  .\(   VI. 
I'iiitana  Giufeppe,   Baumeifter  der   win 

croatifchen  Gränze,  CCVIII. 
Vipitenum,  LXIX. 
Vlrunum,  Funde.  CCXLI. 
Viscardo    Bartolomeo,     Baumeifter,     I 

CCIV. 
Vifeber  Georg  Mathias,   Geograph,   CCXIV. 

kk 


CCLV1 


eil. 

der  Leiden  Geor^;   I  XXXV. 

w 

-.sbüflt  in  Breitenfurt    XXVIII. 

:.    I  ,  Kirche    CLXXXVTH. 
W.  M  lolzkirche.  (  LXX\ 

I   XL. 
.  im.     Schürer     v..    Johann,    Grabmal. 

;  IX. 
:  Andr.  v     I     <  >  XXIII. 

.  Baumeifter,  CCVI. 

lurg  am  Pracov,  XXXVI. 

U'ai.  :n  Thor!.  CLXXVI. 

—  in  der  Kirche  zu  Krtina.  XCVII. 

—  in  Offenbach,  LXVII1. 

Georg,  Mechaniker   (.(.XIII 
tVarasdtn,  Befeftigur.i;    I  I   I 
XV. 
iach  Lhriftoph  v..  Grabmal.   CXCVIII. 
.'/«  Blafy  de.  CCIII. 
Wening  Max.  Rothgießer,  CCVIU. 

Hans   Albrecht,    Baumeifter    der 
windilchen  Gränze.  CCXII. 
Wermarfon   Antonio,    Steinhauer.    C<  IX 
:    runde.  CLXXXIV. 


XX 

—  Hans.  Maler,  CCXVIII. 

Anton,  f,    IX 
/('^/.«-Bilder  in  Runggelltcin.  CLIX. 
...";  ;r    «  XXXI. 

—  Lafpar  Freih.  v.,  XI    CXXXV. 

-tephans-Kirche      Staat>  Subven- 
tion    zur     Reftaurirung,      XXXI II 
I   LXXXV11 

—  St.    StephansKirche,   Reftaurirungen, 

XLVI 

—  Domfehatz.  Emailtafel,  CLVIII. 

—  Kirche    zu    St.    Sebaftian    und    Rochu>, 
•   XX  II. 

Franciscaner-Kirche,  LI.XXIX 

—  ehem.  Minoriten-Kirche    XLI\ 

3t.  Peterskirche,  Reftaurirung.  X.XX1II. 
«XIX    (  I.XXXVII. 

—  Schotten  Kirche.  LLXXXVIII. 

—  öfterr.  Mufeum.  Madonnenbild.  XXI 

—  Burg,    Stickereien    am    Prachtbette    der 
Kaiferin   Maria  Therefia,   CLXX.XYIII. 
Ambrafer  Sammlung,     geätzte    Tifch- 
platte.  III. 

—  Mariaftiegen     Kirche,     Reftaurirung. 
XXXIII. 

—  Marien-Bild  au<  Karlftein,  XXIII. 


Wien  -        k.i r Uli    (  XX 

—  Sammlung:  Widter.  LI. XXVII 

—  röm.  Meilenftein.  XXX 

<  -Neuftadt,  Frauenkirche.  LI. XXX 

—  Abtragung     der    Thürme,     XXXIII, 
LXIX 

—  alter  Brunnen,  LLXXX 

Melternich  Adolph,  LT. 

I.  W.  v.,  III. 
nftein  Sigmund,  LXXX 

•/,  Funde,  CLXXI. 

—  Karner.  I  CXLI. 

aek,  Relief,  18. 
lim m/er  Nie.  XXI 

hurg,  L'hrift.  Ulrich  von,  XIII. 

—  Chr.  Ulr.  v.,  Grabmal,  CXXXVII. 

z. 

Zara,  Dom,  LXXXVII. 

—  S.  Donato,  Erwerbungen,  LI. XXV 

—  Chorgeftühle.  CLXXVI, 
Zehentner     Ferdinand,     Miihlenmeifter, 

(  I  XIII. 
Zepu/ch  Anton,  Bauauffeher,  CCVII. 
Ziflersdorf,  Maria  am  Moos  Kirche.  CCXLI. 
ZSbing,  Kirche,  CLXLVI. 
Zweite!,  LI.XXXX  III. 


Druckfehler-Verbefferungen. 


XII.  Fig.  17  foll  heißen:  „Znaym"  ftatt:  „Eibenfchütz". 
S.  CLL  Soll  heißen:   ..Rochlitz"  ftatt:   „Röchlitz". 
S.  CLIX.  Sp.  2,  Zeile   1   foll  heißen:   .  gavein"  ftatt:  „gravein". 
S    CLIX.    _     2.      .       S   von   unten   foll  heißen:    -vor  dem"    ftatt:    .vor   der". 

LX.      „     2        -      15  foll  heißen:  .Wigalois'  Kampf  mit  dem  Wurm  I'fetau". 
S.  CLXXV.   Fig.    13—15   foll   heiflen:   ..Zara"   ftatt:   „Pirano". 

XXVI.   Notiz    100  foll  heißen:   .Minoriten-Kirche   in  Zara'-   ftatt:   „Collegiat-Kirche   in   Pirano' 
S.  CLXXIX.  Zeile    16  foll  heißen:   „Fig.   21"   ftatt:   „Fig.   20  ". 

XXIX.      .        24  .Fig.    20"       ..       ..Fig.   21". 

-~    (  I.XXIX.    Fig.   21  „        „Admont"      „      „Benfen". 

XXXI    Notii  109,  Zeile  52  foll  es  heißen:  .  Correfpondent"  ftatt:  „Confervator". 
--    I   I. XXXIX.   Notiz    132.   Zeile  6  foll  heißen:   ..wehrhaft"   ftatt:   „wahrhaft". 


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Aygystiner  -  Gasse 


RÖMISCHER  HELM,  gefunden  im   Fürstenthume  Liechtenstein. 


Cembra. 


Tafel  HI. 


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