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MITTHEILUNGEN
DER
K. K. CENTRAL-COMMISSION
ZUR
ERFORSCHUNG UND ERHALTUNG DER KUNST- DND HISTORISCHEN DENKMALE.
HERAUSGEGEBEN UNTER DER l_ E I T U N C
SEINER EXCELLENZ DES PRÄSIDENTEN DIESER (MISSION
I.)k. JOSEPH ALEXANDER FREIHERRN VON HELFERT.
XIII. JAHRGANG.
NEUE FOLGE
DER MiTTHElLUNGEN DER K. K. CEN MISSION ZUR ERFORSCHUNG UND ERHALTUNG VON BAUDENKMALE:;.
REDACTEUR: DR KARL LIND.
WIEN, 1887.
IN COMMISSION BEI KUBASTA UND VOIGT.
AUS DER K. K. HOF UND STAATSDRUCKEREI.
THEJ.
I
INHALT
DES XIII. BANDES DER MITTHEILUNGEN NEUE FOLGE.
Seite
Das Fvangeliarium Heinrichs V. in der Krakauer Schloß-Kathedrale. Nach Vorarbeitung von Alfred Weltmann, befchrieben
von Moriz Thaufing und Karl Rieger. (Mit 5 Tafeln und 2 Text Illuftrationen.) 1
Ueber Zutheilung antiker Bronzen. Von K. B. Hofmann 14
Seite
Die Technik der Steinätzung und deren Künftler in
der Steiermark im 16. und 17. Jahrhundert. Von
Jofeph Waßler 1
Der Teppichfehatz im Befitze des Mährifchen Ge-
werbe-Mufeums in Brunn. I, II. Von Anguß J'ro.
top, Profeffor, Architekt und Mufeums Director.
(Mit 1 Tafel.) VI, CXXI
Grabftätten deutfeher Studenten in Italien. Von Arnold
Lufchin v. Ebengreutk. I bi^ III. (Mit I Tafel und
Kt Illuftrationen.) VIII, XCIX, CXXV
Ueber einige Madonnen Bilder Böhmens aus dem 14.
und 15. Jahrhundert. Von Karl Chylil. XIX
Schloß Breitenfurt bei Wien. Von Dr. Albert /lg. (Mit
1 Tafel.) XXV
Ein neuer römifcher Meilenftein in Wien. Von Dr.
Friedrich Kenner XXX
Ueber die römifchen Straßen. Caftelle und Standlager
in Tyrol. Vom k. k. Confervator Karl Atz. (Mit
1 Text Illuftration.) LXI
Ein Maffenfund alter Bronzen bei Ober- Vintl ' im
Pufterthale. Von L. de Campi. (Mit 8 Text-Illuftra-
tionen.) LXX1
Das Gräberfeld zu Frögg im Jahre 1886. Befprochen
vom k. k. Confervator Baron Haufer. (Mit l4Text-
Illuftrationen.) LXXVI
Der alte Dom zu Salzburg. Vom k. k. Confervator V.
Berger. (Mit 1 Tafel und 3 Text Illuftrationen.) LXXXI
Die jüngft aufgefundenen Meilenfteine aus Unter-Krain
Befprochen vom Confervator Karl Defchmann. . . . LXXXIV
Ueber den Fund in einem Bifchofsfarge, gemacht im
Dome zu Spalato. Vom Correfpondenten Profeffor
S. Rutar. (Mit 1. Tafel und 2 Text Illuftrationen.) . LXXXVII
Die Siegel der Stadt Cäslau. (Mit 4 Text-Illuftrationen.) XCI
Ueber Bau-Denkmale in Krain. Vom k. k. Confervator
J. Franke. (Mit 4 Text-Illuftrationen.) XCIV
St. Peter im Holze. Von F. Pichler CHI
Seite
Beiträge zu einer Ikonographie des Todes. Von Dr.
Theodor Frimmel. VIII CXXXVIII
Ueber Funde von gallifchen Münzen und anderen Ge-
genftänden bei Ober-Laibach. Von Karl Difch-
mann. (Mit 3 Text-Illuftrationen.) CXLII
Der Fürftenhof in Brück an der Mur. Von Dr. Albert flg. CXLV
Aus dem Reichenberger Bezirke, Bericht des k. k. Con-
fervators Braufewetter CXLVII
Die Schlüffel aus den Ruinen der Vefte Stubenberg in
Steiermark. Von Leopold v. Beckh-Widmannßetter.
(Mit 3 Text-Illuftrationen. ,1 CLIII
Ueber die bedeutendften limoufiner und rheinifchen
Schmelzarbeiten des 12. und 13. Jahrhunderts auf
der kirchlichen Ausftellung in Wien. Von Profeffor
W. A. Neumann CLV
Die Wigalois Bilder im Sommerhaufe der Burg Run-
gelftein. Von Ernß Aar/ Grafen Waldflein. (Mit
1 Text-Illuftration.) CLIV
Archäologifche Notizen über Laa a. d. Thaja. Vom
Confervator Wendelin Boeheim. (Mit 4 Text-Illu-
ftrationen.) CLXI
Gefchichte der Befeftigungsbauten des Schloßberges
und der Stadt Grätz im 16. und 17. Jahrhundert.
I und II. Von Jofeph Waßler. (Mit 1 Tafel.) . CLXVI, CXCVIII
Die Pfarrkirche in Cilli. Aufgenommen von Sunko, be-
fchrieben von Johann Graus. (Mit 10 Text-Illuftra-
tionen.) CXCI
Eine Silberplatte mit flavifcher Infchrift. Befprochen
vom Correfpondenten A. Midiner. (Mit I Tafel.) . CCXVII
Schloß Kurzweil CCXV1II
Einiges über Antonio Dario. Von Friedr. Pirltmayer. CCXX
Notizen von I bis 44 (Mit 32 Text Illuftrationen ). . . XXXII
Notizen von 45 bis So (Mit 24 Text-Illuftrationen.). . . CVII
Notizen von 81 bis 137. (Mit 5 Tafeln und 31 Text-
Illuftrationen.) CLXIX
Notizen von 138 bis 187. (Mit 24 Text-Illuftrationen.). CCXX VI
(Zufammen 16 Tafeln.'
DAS EVANGELIAR1UM HEINRICHS V.
IN DER
KRAKAUER SCHLOSS-KAT HEDRALE.
Nach Vorarbeiten von Alfred Woltmann, beschrieben von Moriz Thausing und Karl Rieger.
(Mit 5 Tafeln.)
I. Die Handfchrift.
ÜR die Gefchichte der mittelalterlichen Malerei diesfeits der Alpen
haben die Miniaturen eine ganz hervorragende, ja nahezu einzige
Bedeutung, weil von den nicht zahlreich vorhandenen Wandmalereien
der romanifchen Styl-Periode hier nur fehr wenig und das wenige in
einem elenden Zuftande erhalten ift und weil eine befondere Pflege
der Tafelmalerei in diefen früheren Jahrhunderten nicht beftand.
Daher belehrt faft ausfchließlich der malerifche Inhalt der
kirchlichen Prachtbücher über die erften Entwickelungsftufen deutfcher
Malerei, namentlich folcher Prachtbücher, welche an Höfen oder in
kunftbefliffenen Klöftern für Fürften und hochftehende Perfönlichkeiten
hergeftellt wurden, weil ein befonderer Anfporn und Aufwand der
beften Kräfte, deren die Künftler zu diefer Zeit und an diefem Orte
fähig waren, in folchen Fällen immer vorausgefetzt werden darf. Sobald
nur erft einmal eine genügende Anzahl werthvoller Miniaturwerke
fachgemäß befchrieben und ftylgerecht publicirt fein wird, erhält der
Kunfthiftoriker durch fie allmählich den richtigen Maßftab zur Beurthei-
lung des jeweiligen Kunftvermögens.
Dazu find aber vorerft nur wenige Schritte gethan. Doch ift
es vornehmlich die Aufgabe gelehrter Gefellfchaften, welche über die
entfprechenden Mittel verfügen, ftreng wiffenfchaftlichen Publicationen
vorzuftehen. In der Abficht, einen weiteren Beitrag zur Erkenntnis der Gefchichte der romanifchen
Malerei zu liefern, liegt der Zweck der vorliegenden Arbeit, die in ihrer Ifolirung wohl nicht alle
Fragen beantworten wird, die fich an die Unterfuchung eines Pracht-Codex knüpfen laffen, die
aber im Zufammenhalt mit anderen ähnlichen Publicationen zu viel weiter gehenden, bisher wohl
ungeahnten Folgerungen und Aufklärungen dienen kann. Nur in diefem Sinne möge der Beitrag
beurtheilt werden.
Bei Anlegung eines Zettel-Kataloges der Handfchriften der Krakauer Schloß-Kathedrale
fand der fei. Confervator der Archive Weftgaliziens Profeffor Dr. Jofeph Szujski ein altes Evan-
geliarium, deffen moderner Einband auf dem Rücken den Titel führt: „Evangelia fanc~ta Manu-
fcriptum." Sonft findet lieh weder auf dem Buchrücken, noch auf den neuen Deckblättern irgend
XIII N. F. '
2 M. THAU6ING UND K. RlEGER.
eine nähere Bezeichnung. Die Handfchrift befteht gegenwärtig aus zwanzig Lagen fchöner weißer
glatter Pergament-Blätter; achtzehn davon find aus vier Bogen — unter Bogen ift ein in der Mitte
einmal gefaltetes Blatt zu verftehen — alfo aus acht Blättern heutiger Zahlung. Die erfte Lage
befteht aus einem, die letzte aus zwei und einem halben Bogen. Die Lagen find von der zweiten
an am unteren Rande in der Mitte urfpriinglich mit römifchen Zahlen bezeichnet, und zwar die
zweite Lage mit römifch I und weiter die folgenden in fortlaufender Reihe bis XIX. Einige diefer
Bezeichnungen find nur mehr theilweife und knapp am Rande, die der Lagen VII, XIII und XIX
gar nicht mehr fichtbar, weil die Ränder der Blätter nachträglich fcharf befchnitten worden waren.
Von dem Goldfchnitte, mit dem diefelben zugleich verfehen wurden, find noch deutliche Spuren
vorhanden.
Alle Blätter der Handfchrift find von gleicher Größe, und zwar üm\ fie 35-5 Cm. hoch und
29 Cm. breit. Von Lage II an find fämmtliche Bogen in gleicher Weife und nur mit geringer
Al>weichung linirt. Jedesmal wurde das Linienfchema auf der Innenfeite des Bogens mit fcharfem
Griftel in folgender Weife gezogen: zuerft oben eine durchgehende horizontale Linie, von welcher
auf jeder Hälfte des Bogens links vier, rechts drei fenkrechte Linien herabgeführt wurden. Von
diefen perpendiculären Linien flehen die äußeren etwas weiter von einander ab, während die
inneren einander näher und in gleichmäßiger Diftanz von einander gezogen find. Zwifchen den
fenkrechten verlaufen die 25 für die Schriftzeilen beftimmten wagrechten Linien. Von letzteren
reichen je die erfte, zuweilen auch die zweite und die letzte, unterfte Linie bis an den Rand des
Blattes, während die übrigen bei den äußeren perpendiculären aufhören. Zwifchen den fenk-
rechten Linien find die Capitelzahlen und die Concordanzen der Evangelien aneebracht; zwifchen
die der Schrift zunächft liegenden Perpendiculären find die Capitelzahlen und kleinere Initialen
eingefchrieben, die letzteren ebenfo wie die Anfänge der Capitel in rother Farbe.
Von diefem Linien-Schema wird auf den Seiten 13—16 der erften fignirten Lage und auf
den Seiten 1 — 8 der zweiten Lage abgewichen, und zwar wegen der dort eingefchalteten Canones.
Diefelben find in drei oder vier Columnen angeordnet, je nachdem nur drei oder vier Evangelien
verglichen werden. Zwifchen den Columnen fteigen vier oder fünf bunt verzierte, oben mit Rund-
bögen gekoppelte Zierfäulchen auf. Auf den Seiten 7 — 16 der vorletzten, mit XVIII bezeichneten
und auf den Seiten 4 — 6 der letzten Lage befindet fich ein Calendarium von je zwei durch Zier-
ftäbe getrennten und flankirten Columnen. In beiden Fällen bedingt der abweichende Inhalt der
Handfchrift eine andere Form des Linien-Schemas.
Gegenwärtig beginnt der Codex mit einem großen, die ganze erfte Seite füllenden Königs-
bilde. Die zweite Seite ift in zwei Hälften, eine obere und eine untere getheilt, deren jede wieder
durch rundbogige Arcaden dreigetheilt erfcheint, unter jeder Arcade fteht fodann eine Figur. In
derfelben Weife, wie diefe zweite, find auch die dritte und vierte Seite mit Miniaturen gefchmückt.
Die erfte Seite der mit I bezeichneten Lage ift mit dem Bilde des heiligen Emmeram geziert; die
Rückfeite des Blattes enthält den das neue Teftament der Vulgata einleitenden Brief des heil.
Hieronymus an den Papft Damafus und darauf den „Prologus IV Evangeliorum". Auf der 13. Seite
diefer Lage beginnen die auch noch die acht erften Seiten der mit II fignirten Lage füllenden
zierlich gefchriebenen und gefchmückten Canones. Das auf der darauf folgenden Seite flehende
große Miniaturbild Hellt den thronenden Chriftus in der Mandorla, die Rückfeite desfelben Blattes
den Crucifixus dar. Darauf folgt fogleich wieder ein bemaltes Blatt mit der Himmelfahrt Chrifti
und drei Heiligenfiguren darunter auf der Vorderfeite und mit dem Bilde des Evangeliften Matthäus
auf der Rückfeite. Die erfte Seite der mit VII bezeichneten Lage ziert wieder eine große Miniatur;
unter den letzten Worten der Capitula evangelii S. Marci find nämlich in der üblichen Weife, nur
in größerem Maßftabe, drei Gedenkbilder von Bifchöfen angebracht. Die Rückfeite des Blattes zeigt
Das Evangeliarium Heinrichs V. 3
das Bild des Evangeliften Marcus, deffen Text dann folgt. Daran fchließen fich der Prologus und
die Capitula evangelii S. Lucae und auf der vierten Seite der Lage X deffen bildliche Darfteilung.
Nun folgten der Text des Prologus und die Capitel zum Evangelium S. Johannis, deffen Bild fich
auf der erften Seite der Lage XV befindet.
Mit der fiebenten Seite der Lage XVIII beginnt das Capitulare evangeliorum de circulo
anni, zugleich eine Art Calendarium perpetuum. Der Verfuch mit Hilfe der Feftdaten auf die Zeit
der Entftehung der Handfchrift einen Rückfchluß zu machen, würde nur zu irrigen Folgerungen
führen, weil für keinen Anfatz alle Daten zutreffen, und einzelne bewegliche Fefte nur deshalb in
engere Gränzen gefetzt wurden, um ihre Stellung zu gewiffen unbeweglichen Kirchenfeften erficht-
lich zu machen. Mit diefem Capitulare endet die Handfchrift. Sie zählt im Ganzen 151 Blätter von
derfelben Hand gefchrieben, und zwar in einer Schrift des ausgehenden 11. Jahrhunderts. Die darin
vorkommenden Majuskel-Buchftaben fetzten die etwa feit dem Jahre 1000 übliche Mifchung des
Capital- und Uncial-Alphabetes voraus und die ausgebildete carolingifche Minuskel weift alle dem
Ausgange des 11. und dem Beginne des 12. Jahrhunderts eigenthümlichen Züge auf, fowohl in der
Behandlung der Schäfte im allgemeinen, wie in der Form einzelner Buchftaben, als z. B. des a. Ift
fomit fchon aus dem Charakter der Schrift für die Entftehung des Manufcriptes mit der paläogra-
phifchen Beftimmungen innewohnenden Sicherheit auf die Zeit um 1100 zu fchließen, fo ftimmen
mit diefem Anfatz auch alle anderen aus der Handfchrift felbft gefchöpften Folgerungen genau
überein.
Vorausgefchickt muß ireilich gleich werden, dafs der Codex offenbar nicht in Polen ent-
ftanden ift, fondern aus einer deutfchen Schreibfchule herftammt, wenn anders die Angaben über
das Alter der Schrift zutreffen follen. Denn für den Often würden fich diefelben allerdings wefent-
lich modificiren.
Die ganze Anlage und Befchaffenheit des Krakauer Evangeliar-Codex erinnert an die in
München und Bamberg aufbewahrten Pracht-Handfchriften der bayerifchen Stifter und Klöfter aus
der Zeit Kaifer Heinrich II. und feiner Nachfolger. Der Zufammenhang mit diefer Gruppe von
Manufcripten läßt fich fchon bei flüchtiger Vergleichung nicht verkennen. Und ift auch die Aus-
führung der Miniaturen in unferem Codex ungleich roher, als die künftlerifch fo vollendete Klein-
maierei aus der Zeit Kaifer Heinrich des Heiligen, fo ift doch das Beftreben diefer nachzuahmen
deutlich erfichtlich. Gerade die nähere Betrachtung der Miniaturen wird mit vollkommener Sicher-
heit das Klofter St. Emmeram zu Regensburg als den Ort der Entftehung des Krakauer Evan-
geliariums erkennen laffen.
IL Die Bildwerke.
Dreizehn Seiten des Krakauer Evangeliarium find mit figuralen Bildwerken gefchmückt, und
zwar in folgender Reihenfolge.
1. Das Repr'dfentalions-Bild (Taf. I), gleich auf dem Retto der erften Seite, das Bildnis Hein-
rich V. als König, wie im folgenden genau nachgewiefen werden wird. Der Monarch fitzt ganz von
vorn gefchen auf dem Faltftuhle, deffen fchräge Beine unten in große Adlerklauen, oben in kleine
Vogelköpfe — es follen Adlerköpfe fein — ■ ausgehen. Er trägt eine kurze bläuliche goldgefäumte
Tunica und ein umgeworfenes rothes Pallium, das auf der rechten Schulter durch eine Agraffe
zufammengehalten wird, grüne Beinlinge und braune Schuhe. Der jugendliche Kopf erfcheint breit
mit fchmalen gefchwungenen Augenbrauen und langem zugefpitzten Schnurrbart. Das Haar,
kaftanienbraun wie die Schuhe und über der niederen Stirn gerade abgefchnitten, reicht zu beiden
Seiten bis unter die Ohren herab. Die Krone ift von ähnlicher Form, wie diejenige auf den Bildern
Heinrich II. in Bamberg. Sie beftand wohl aus vier Metallplatten, die durch Charniere miteinander
1*
4 • M Thausing und K. Rieger.
verbunden und darin beweglich find. In diefen Charnieren flecken die Stiele der Knollen, welche
an den Seiten verlängert herabreichen und in goldene Gehänge1 ausgehen, ähnlich den Bändern
an der Mitra der Geiftlichen. Beide Hände find feierlich emporgehoben, die Rechte hält mit drei
Fingerfpitzen das kurze mit einem Vogel i Adler) gekrönte Scepter, die Linke den Reichsapfel mit
dem Kranze. Die Füße ruhen auf einem Schemel. Die Haltung des Korpers ift fteif und fymetrifch,
die Gewandung fchematifch geordnet, wie es das Ceremoniell des Hofes wohl erforderte. Den
Fußboden bilden grüne Erdfchollen, darüber farbige Streifen: blau, gold, blau und grün. Von oben
hängen zwei weiße Vorhänge herab, die beiderfeits zurückgezogen find. Die Umrahmung des
Ganzen bildet eine Zierleifle, in welcher fchlichtes Blattwerk, Akanthusmotive, abwechfelnd roth
und blau angebracht und mit Weiß gehöht oder modellirt erfcheint. Alles war mit der Feder
vorgezeichnet, bevor die Temparafarben aufgetragen wurden. Das Gold ift mit dem Pinfel auf einen
grünen Grund aufgefetzt, der aber ftets roth umriffen oder gerändert wurde, wie dies gerade auf
diefem ziemlich befchädigten Bilde durch ftellenweifes Abfpringen der Farbe fichtbar wird.
Dem Repräfentations-Bilde folgen drei Seiten (2 — 4) mit je zwei Reihen von drei Heiligen-
Figuren auf Goldgrund, welche unter fchlichten auf Säulen ruhenden Rundbogen-Arcaden ftehen.
Die Namen der Heiligen find jedesmal an die violett, wohl mit Purpur gefärbten Archivolten
gefchrieben. Ihre Nimben find filbern, von rothen Rändern eingefaßt Die Architektur zeigt
gebrochene Farben, meift violett oder grünlich. Die Säulenbafen find nur umgekehrte Capitäle.
Die Zwickel der Arcaden find mit Akanthusranken gefüllt, die mit der Feder in zarten rothen
Linien auf den Goldgrund gezogen find. Die Platten an den Bafen und Capitälen und eine Leifte
im Inneren der Umrahmung der ganzen Blätter find von Silber mit rothen Rändern. Diefe
Umrahmung entfpricht derjenigen des erften Bildes. Dargeftellt find folgende Heilige, auf dem
Bilde 2 oben die drei Erzengel GABRIEL ANGLS — MICHAHEL • ARCJt- — RAPHAEL ■
AN GL • Alle drei bloßfüßig, machen die Geberde der Feier, indem fie die offene Hand vor fich
hinhalten, und zwar Gabriel und Michael die linke, Raphael die rechte ; in der anderen Hand hält
jeder ein filbernes Buch. Ihre Tracht befteht aus langer Tunica, kurzer Schurztunica und dem Mantel.
Die Farben diefer Gewänder find in der gleichen Reihenfolge: bei Gabriel grünlich, violett, zinnober;
bei Michael: grüngrau, gelbbraun, violett; bei Raphael: grünlich, violett, roth, wobei das dem
bläulichen fehr nahe kommende grünlich wohl weiß bedeuten foll. Auch die Flügel der Eno-el find
verfchie den farbig, und zwar fo, dafs der Außenrand des Flügels mit der äußerften Schwungfeder
und endlich die Deckfedern des oberen Flügeltheiles mit Ausnahme des Randes jedesmal eine
andere Farbe zeigen.
In der unteren Reihe desfelben Bildes erfcheinen drei Kirchenväter und Bifchöfe,
• S • GREGORIS • PAP • HIERONIM5 • PBR • — S • NYCOLAS • EFS • — Alle
barhaupt mit Tonfur, jeder ein Buch in der Hand, Gregor und Nicolaus auch mit dem Hirtenftab
in der Rechten ; Hieronymus dagegen mit lateinifch fegnend erhobener Rechten. Sie tragen fchwarze
Schuhe und weiße Alben. Sonft find ihre Gewänder, beftehend aus: Alba, Stola, Tunica, Cafula
und Pallium verfchiedenfarbig.
In der oberen Reihe der Bildfeite 3 fteht Maria zwifchen Petrus und Johannes dem Täufer.
•S-PETRVS- APLS • den Schlüffel in der Rechten emporhaltend, in der Linken ein Buch. Er
ift bartlos dargeftellt, mit der Tonfur, und fteht, etwas fchwächlich, mit krummen Beinen da, als ob
er fich bewegen wollte. In der Mitte fteht: SCÄ ■ MARIA • als Betende; rechts ■ S • IOHANNES •
BAPT • bärtig, er hält in der Rechten ein kleines filbernes rothumriffenes Agnus Dei, auf welches
er mit dem langen Zeigefinger feiner Linken hinweift.
1 Franzöfifch fanon. vom mittelalterlichen fano oder phano und diefes wieder vom althochdeutfehen fano, Manipel, Lappen,
daher Fahne.
Das Evangeliarium Heinrichs V r
In der unteren Reihe flehen drei heilige Diakonen und Märtyrer. -S • LAVRENT?DIAC •
- -S- STEPHANS- DlAC- - -S- VINCENTI ?DlÄC • Jeder hält in der Rechten eine
Palme und hebt mit der Linken ein Buch empor. Sie tragen gelbe Prieflergewänder, die mit
filbernen rothgemullerten Borden verbrämt find, und unter denen noch die rothe Stola, die weiße
Alba und ichwarze Schuhe fichtbar werden.
Auf der Bildleite 4 flehen oben drei Könige des fränkifchen Haufes: HEINRIC?REX •
— HEINRIC?IMP • -- CHONRAD?REX- Sie haben keine Nimben und halten in der
Rechten filberne Reichsäpfel mit bunten Vögeln (Adlern) darauf, in der Linken Scepter, die in
Kugel und Kreuz auslaufen. Wie im Folgenden nachgewiefen werden wird, find hier Kaifer
Heinrich IV. und zu feinen beiden Seiten feine beiden Söhne, die Könige Heinrich V. und Conrad
dargeflellt. Der Kaifer in der Mitte erfcheint ehrwürdig mit großem Vollbart und reichem Haar-
wuchfe in einer längeren Tunica als die beiden anderen. König Heinrich trägt kurz gefchorenen
Bart und Schnurrbart bei vielem Haar, er blickt fehr ernfl. Conrad ill bartlos, hat wenie Haar und
etwas Weichliches, Kindliches im Ausdruck des Gefichtes, feine Tunica ifl die kürzefle. Die Haar-
und Bartfarbe von allen dreien ifl dunkelnußbraun, nahezu fchwarz, wie dies bekanntlich dem
falifchen Kaiferhaufe eigen war. Jeder trägt die gleiche aus vier Platten gebildete Charnierkrone,
jedoch ohne irgend welche Gehänge oder Fanonen. Die Kronen find von Silber mit rothen Linien.
Die Schuhe find bei allen dreien fchwarz. Ferner befleht die Tracht des Kaifers aus zinnober-
rothen Beinlingen, kirfchrother Tunica und violettem Mantel, der wohl purpurn gedacht ifl. Die
Könige haben beide violette Beinlinge und graugrüne Tuniken, darüber Heinrich V. einen zinnober-
rothen, Conrad einen hellrothen Mantel.
In der unteren Reihe flehen drei Aebte: EBERHARD?ABB- S • RAMVOLDPABBAS • —
ROTPERT? ABB • — baarhaupt, mit Tonfur ohne Nimbus, den Hirtenflab in der Rechten, ein
Buch in der Linken. Sie find fämmtlich bartlos und von heitererem Gefichtsausdrucke als die
Königsbilder oben; Ramvold in der Mitte grauhaarig, die beiden anderen braun. Sie tragen
fämmtlich farbige Talare und Mäntel. Es find drei Aebte des Kloflers St. Emmeram zu Reo-ensburg,
von deren Perfönlichkeit weiter unten die Rede fein foll.
Das 5. Bild, der heil. Emmeram thronend unter der Ueberfchrift : SCS EMMERAM MS
MARTYR ET PONTIFEX; — in mitten des ganzen Blattes in größerem Maßflabe grau-
haarig mit Tonfur und kräftigem Schnurrbart, während der Bart fonft nur leicht angegeben ifl, die
Ohren fitzen hoch, fad an den Schläfen, die Stirn ifl niedrig, die Nafe breit, die Wangen fett, fo dafs
es fcheint, als ob fich ein beflimmter Typus für das Bild des Heiligen im Klofler gebildet hätte,
anknüpfend vielleicht mehr an ein altes Kunftwerk, als an hiflorifche Tradition. Er ifl ganz von
vorn gefehen, mit beiden Händen ein offenes Buch vor fich hinhaltend, angethan mit rother
filberverbrämter Tunica unter der Alba und mit grünem Mantel. Sein Haupt umgibt ein Silber-
nimbus mit rother Einfaffung. Zu den Füßen des Heiligen knien, in kleinerem Maßflabe, links ein
Mönch, rechts eine Nonne mit betend geöffneten Händen ; fie tragen violette Kutten, deren rothes
Futter an den Füßen fichtbar wird, die Nonne noch einen weißen Schleier. Der Hintergrund ifl
golden. Am Boden erfcheinen fehr einfach ftylifirte Blumen; die zurückgefchlagenen Vorhänge oben
find röthlich gefärbt. Das Ganze umfchließt ein viereckiger Rahmen mit abwechfelnd grünen und
rothen Stücken von Akanthusmuflern zwifchen einem Silber- und einem Goldflreifen.
Das 6. Bild: der thronende Chrißus, bartlos, mit filbernem Kreuz-Nimbus, in dem das Kreuz
in roth eingezeichnet und die Silberfcheibe mit einem rothen, von weißen Kügelchen befetzten
Rande eingefaßt wurde. Der Kopftypus Chrifti erfcheint trotz der Jugendlichkeit eigenthümlich
flreng, länglich, mit fpitzer gebogener, obwohl nicht langer Nafe und vollen Lippen. Sein Haar ifl
braun, eigentlich röthlich, mit fchwarzen Linien, in der Mitte gefcheitelt und glatt, auf den Rücken
6 M. Thausing und K. Rieger.
herabfallend. Die Rechte des Herrn fegnet mit zwei erhobenen Fingern, die Linke ruht auf einem
fchloffenen filbernen Buche. Er ift angethan mit blauer Tunica und rothem Mantel, beider Lichter
in weiß gebrochen. Die Gertalt ift von einer Mandorla umfchloffen, deren Hintergrund golden, deren
Ränder filbern find. In den Zwickeln des Blattes erfcheinen in bunten Farben auf blauem Grunde
die Attribute der vier Evangeliften, der Engel darunter in halber Figur. Der Rahmen diefes Bildes
ift infofern reicher verziert, als das Akanthusmotiv fymmetrifch abwechfelnd roth, blau und grün
gefärbt und fowohl mittels weiß, als mittels fchwarz abgetönt und fo plaftifcher modellirt ift.
Das 7. Bild: Chrißus am Kreuze zwifchen Maria und Johannes Evangelißa. Chriftus
erscheint hier bärtig mit röthlichbraunem breiten Vollbart und fpitzem Schnurrbart, mager mit
blauem, weißgemufterten Schurz. Der Nimbus fcheint golden gewefen zu fein mit roth eingezeich-
netem Kreuze. DerKreuzesftamm ift filbern, eingefafst mit zwei rothen Linien, mit einer queroblongen
Erweiterung am oberen Ende und mit einem großen Trittbrette unten, auf welchem die Füße des
Gekreuzigten flehen. Sein Körper erfcheint fomit nicht hängend, eingeknickt und todt, fondern in
gerader heroifcher Haltung und lebend; die noch ziemlich unförmlichen Füße find nicht von Nägeln
durchbohrt. Trotz der ungefälligen Formen hat der Crucifixus hier nichts schreckliches, noch
abfehreckendes, vielmehr einen ehrwürdigen milden verföhnlichen Ausdruck im altchriftlichen
Sinne. Ebenfo feierlich ift die Stellung und Gebärde der beiden Heiligen zu feinen Seiten. Maria,
zu feiner Rechten, zur Linken des Befchauers, ift ftehend, mit ausgebreiteten Armen als Orans
dargeftellt. Johannes, zu unferer Rechten, hat die rechte Hand mit geftrecktem Zeigefinger lehrend
erhoben und hält ein Buch in der Linken. Beide haben Silbernimben und flehen auf Grashügeln,
ähnlich den heraldifchen Bergen, hinter ihnen Goldgrund. Maria trägt einen blauen Schleier, eben-
folche Tunica und einen rothen Mantel, Johannes blaue Tunica mit grünlichem Mantel. Oben in der
Luft erfcheinen Sonne und Mond, Sol und Luna, als je eine männliche und weibliche Büfte, weinend
und zu ihren Häupten die betreffende Scheibe. Sie find noch nicht in Medaillons eingefaßt ; die
Sonne roth, der Mond grün bekleidet. Die Umrahmung des Ganzen wird durch abwechfelnde
Stücke von blauen und grünen Akanthusmotiven zwifchen zwei rothen Bändern gebildet (Fig. 2).
Die obere Hälfte der achten Bildfeite füllt Chrifli Himmelfahrt (Taf. II). Chriftus hier
bärtig, mit getheiltem Bart, gefcheiteltem langen Haar und heiterem gefälligen Gefichtsausdrucke,
fchwebt, die beiden Arme ausbreitend, auf Silbergrund in der Mandorla. Der Nimbus um fein Haupt
ift blau, mit lichtem Kreuze darin. Die Umfchrift der Mandorla in weißen Majuskel-Lettern auf einem
Purpurftreifen lautet: -F XPC ■ ITER ■ PANDIT • SANCTIS ■ DVM ■ CE LICA-SCANDIT ■
Seitwärts fchweben zwei Engel mit ausgebreiteten Armen, bunten Flügeln und Gewändern und
mit Silbernimben auf Goldgrund.
Auf dem unteren Theile des Blattes find wieder in der bereits befchriebenen Weife drei
heilige ßi/chö/e, unter drei Arcaden ftehend, dargeftellt: SCS ■ DYONISIVS ARIOF- — SCS ■ EM
MERAMM'- EPS • — SCS ■ WOLF"K ANG: • EPS • — , alle drei bartlos, im geiftlichen Gewände, mit
filbernen Nimben, in der Linken ein Buch, in der Rechten den Hirtenftab. Der mittlere, S. Emmeram,
trägt eine rothe, die beiden anderen je eine grüne Cafel. Eigenthümlich find die kugelförmigen
Capitäle der zwei mittleren Säulchen, welche wohl Würfelcapitäle vorllellen follen. Durch die bunte
Umrahmung des Blattes läuft ein gebrochener Stab im Zickzack und die fo entfliehenden Dreiecke
find mit halben Akanthusblättern gefüllt.
Auf der Rückfeite diefes Blattes befindet fich das erfte und fchwächfte der vier Evangeliften-
bilder, welche je eine ganze Blattfeite einnehmen: der S. Mathaeus, das neunte Bild. Der bartlofe
Evangelift fitzt auf hohem Throne, vor einem Pulte fchreibend. Er erfcheint nach links hingewandt,
wo oben der Engel aus einer bunten Wolke niederfchwebt. Der Heilige hat einen goldenen Nimbus.
Er fcheint dem nachzufinnen, was er niederfchreiben will. Zu feinen Füßen begießt ein kleiner
Das Evangeliarium Heinrichs V. 7
nackter als Knabe perfonificirter Paradiefesfluß aus filberner Urne den grünen Grashügelboden.
Der Hintergrund ift mit drei Querftreifen angelegt, unten und oben mit Purpur, in der Mitte
mit Gold. Die Einfaffung bildet ein gelbes Akanthusmotiv. Diefes erfte der Evangeliftenbilder
ift zugleich in Compofition und Ausführung das fchwächfte. Insbeibndere erfcheint die Figur des
h. Mathaeus zu klein für den durch fie zu füllenden Raum.
Auf der zehnten Bildfeite, amSchluffe der Capitula zum Marcus-Evangelium find noch einmal
drei heilige Bifchöfe dargeftellt, diesmal unter größeren Arcaden flehend mit Tonfur, mit Buch und
Stab in der Hand auf Goldgrund: ■ S ■ GAVBALD r EPS ■ — • S • EMMERAMM ? EPS- 7M •
(episcopus et martyr) - - SCS • TVTO ■ EPS — . Der mittlere, S. Emmeram, hat einen filbernen
Nimbus und lieht auf einem braunen Erdhügel, die beiden anderen haben Goldnimben und ftehen
auf grünem Grashügelboden. Ihre Köpfe zeigen nichts Individuelles und nur leife Andeutungen von
Bart. Dagegen hat der h. Emmeram denfelben individuellen Kopftypus mit grauem Bart und eben
folchen Haarlocken, wie auf dem großen Bilde. Das hier reicher ausgeführte architeftonifche Zier-
werk, welches die Figuren umgibt, befteht aus Säulen, deren Schäfte roth und in die Rundung
modellirt find; die Capitäle und Bafen find aus Akanthusblättern gebildet, blau und violett, die
Platten von Silber. Unter den Capitälen in den Zwickeln der Arcaden ftehen eine Art filberner
Blumen, Pinienzapfen vergleichbar.
Nun folgen die drei übrigen, dem heil. Mathaeus analogen, doch größer, gefchickter und
forgfältiger ausgeführten Evangeliftenbilder: S. Marcus, das eilfte Bild, von vorn gefehen, hat den
Anfchein, als fchicke er fich gerade zum Schreiben an, er hat die Linke auf das Buch gelegt, in der
Rechten hält er die Feder und blickt wie laufchend zu dem ihn anfprechenden Löwen rechts oben
empor. Er hat einen filbernen Nimbus; der Hintergrund ift in Purpur, Gold, Purpur quergeftreift
wie bei Mathaeus. Den Rahmen füllt grünlichweißes Blattmufter auf rothem Grund.
Das zwölfte Bild: S. Lucas, ein Mann in mittleren Jahren, mit kurzem braunen Bart und
Haar, fitzt rechts hingewandt, mit der Feder in der Rechten, dem Schabeifen oder Raforium in der
Linken. Er hat den Kopf rückwärts gewendet, wo links fein Symbol von oben herabfchwebt mit
einem Schriftbande in den Klauen. Sein Ausdruck ift der, als hätte er, fich unterbrechend, vom
Schreiben aufgeblickt und folge nun aufmerkfam den weiteren Mittheilungen des Thieres. Der
Hintergrund zeigt wieder drei Querftreifen und zwar unten tiefes Rothbraun, darüber Gold und
oben violette Luft, die nach oben hin lichter abgetönt ift. Den Rahmen füllt ein plaftifch gehöhtes
Akanthusmotiv in abwechfelnd lichtrothen und lichtblauen Stücken, deren freie Anordnung an die
Art der irifchen Rahmenverzierungen erinnert.
Das dreizehnte Bild: S. Johannes, fitzt ähnlich wie Lucas und fchreibt wirklich, fcharf auf
das Blatt blickend. Er ift als Greis mit langem weißen Bart und Haar, alfo nach der altchriftlichen
und orientalifchen Tradition gemäß dargeftellt. Rechts oben erfcheint fein Symbol, links unten der
bräunliche Flußgott, halbentkleidet, mit Hörnchen auf dem Kopfe. Der Hintergrund ift gleich dem
bei S.Lucas. Den Rahmen füllt ein buntes Akanthusmufter, beftehend aus je einem blauen Mittelblatt
und rothen und grünen Flügelblättern, wie immer zwifchen je einer Silber- und einer Goldleifte.
Die Gewandung aller vier Evangeliften ift die antike, in reiches Gefältel gezogen, doch
etwas fchematifch behandelt. Die Gewänder find bunt, aber in Schwarz umriffen und in Weiß ge-
brochen, zuweilen mit Andeutung von Muftern. Der erfindende Geift des Malers fcheint in diefen
letzten Bildern am freieften gewaltet zu haben. Mit dem ganzen Behagen des Schreibkünftlers werden
in den vier Figuren die verfchiedenen Stadien der Schreiberei deutlich zur Anfchauung gebracht,
indem Mathaeus vor, Marcus bei Beginn der Thätigkeit, Lucas während der Unterbrechung und
Johannes bei der wirklichen Ausübung dargeftellt ift. Ueberhaupt fcheint dasGefchick des Künftlers
mit dem Fortfehreiten und gegen den Schluß der Arbeit gewachfen zu fein; denn bei der ziemlichen
S M Thausing und K. Rieger.
Gleichartigkeit der Arbeit ift es kaum nöthig, verfchiedene Hände anzunehmen. Von den byzanti-
nifchen Einrlülfen, welche unter den letzten lachüichen Kaifern namentlich in die höflichen Miniato-
renfchulen eingedrungen war, ift fo gut wie nichts mehr zu merken. Die Anordnung der Figuren ift
überall zwar von ftrenger fymetrifcher Feierlichkeit, aber ihre Hände find groß, die Füße plump,
die Köpfe rund mit kurzen Nafen. Ein ausgefprochener Zug zur Naturbeobachtung macht fich
bemerkbar Die Ausführung ift fauber und forgfältig, die Farben etwas grell.
Was die Typen der Figuren betrifft, fo kommen von den aus der Antike überlieferten
Allegorien noch die allegorifchen Darftellungen von Sonne und Mond als Zeugen der Kreuzigung
vor; fodann find auf den Evangeliftenbildern die kleinen entblößten Flußgötter mit den Urnen als
Repräfentanten der vier Paradiefesflüße zu nennen. Chriftus erfcheint thronend in der Mandorla.
noch im altchriftlich idealen Sinne bartlos und jugendlich, dagegen in den gefchichtlichen Dar-
ftellungen, Kreuzigung und Himmelfahrt, bereits bärtig, alfo im realiftifch hiftorifchen Sinne auf-
gefaßt. Doch ift der Gekreuzigte noch kein abfehreckendes, übertriebenes Marterbild, er fteht noch
mit undurchbohrten Füßen auf einem breiten Trittbrett aufrecht, lebend und ohne befondere
Leidensmiene; auch Maria und Johannes zu beiden Seiten find feierlich zeugend, aber nicht
weinend und jammernd hingeftellt. Der Evangelift Johannes erfcheint noch als Greis im Sinne der
hiftorifchen Ueberlieferung der byzantinifchen Kirche und noch nicht in feiner aus den Evangelien
später abftrahirten Jugendlichkeit. Einem neu auftauchenden Zuge der Individualifirung und Natur-
wahrheit begegnen wir, abgefehen von den Evangeliftenbildern, in den drei Darftellungen des
heil. Emmeram und namentlich in den vier Königsbildern. Dafs der Hauptheilige von Regensburg
immer wieder mit derfelben Gefichtsform und Farbe wiederkehrt, erklärt fich nur aus der Annahme,
dafs dem Künftler irgend ein altes als authentifches Portrait verehrtes Bild des Heiligen, vermuthlich
eine bemalte Holzfculptur vor Augen ftand, von deren Zügen er fich in feinen Abbildungen nicht
zu weit entfernen durfte, wenn er nicht auf Widerfpruch ftoßen wollte. Noch merkwürdiger und
von hiftorifchem Werth ift die offenbar dem Leben abgelaufchte Charakterifirung der Königsbilder
und zwar vornehmlich auf dem kleinen Dreifigurenbilde, während beim erften, dem Repräfentations-
bilde, das fteif ceremoniöfe zu weit überwiegt. Auch ift dies große Bild am meiften befchädigt und
0 0 0
befleckt. Schon die bloße Thatfache, dafs in einem folchen Codex außer dem Empfänger, dem er
beftimmt war, noch andere Lebende abgebildet werden, ift etwas ungewöhnliches, diesmal aber
fichergeftelltes.
Offenbar liegt hier kein reifes Producl einer wohlgefchulten Hofkunft vor, fondern ein Werk
einer erft zurückgebliebenen, dann aufftrebenden Localfchule, die zwar einen gewiffen Vorrath von
technifchen und formalen Traditionen überkommen und bewahrt hat, die aber zugleich neue
Gedanken, Formen und Empfindungsweifen in ihre Arbeiten hineinzutragen beftrebt ift.
III. Verzierungen und Trachten.
Die Initialen des Codex beftehen meift nur aus romanifchem Bandwerk und Rankengewinde
in Gold, zum Theil in Silber, jedesmal roth umriffen auf grünem oder blauem Grunde. Es find aber
nur wenige Buchftaben durch Größe und Sorgfalt der Ausführung ausgezeichnet, fo das N ovurm
an der Spitze der Praefatio des h. Hieronymus auf Blatt 3b und das Liberi am Anfange des
Evangeliums Matthaei auf 171. — Die häufigeren kleineren Initialen find zuweilen von ähnlicher
Art, meift aber find es blos in Roth oder Silber der Schrift eingefügte größere Buchftaben.
Abweichend durch Reichthum der Ausführung und durch Uebergang ins Komifche erfcheinen
nur: das I nitium) am Beginne des Marcus-Evangeliums auf 521. Es wird durch einen Pfauen
gebildet, der nach oben aufgerichtet ift und Blattwerk in feinem Schnabel hält; das Gefieder ift
von Gold und Silber mit ein wenig Blau. Im Anfange des Lucas-Evangeliums, auf 77*, find zwei
Das Evangeuarium Heinrichs V. g
mit Rankenwerk verzierte Initialen angebracht, zum i. Vers: Qiuoniaml, zum 5. Vers: F(uit in
diebus Herodis), welch' letzteres, ein Holzfchnitt, als Probe an die Spitze der Abhandlung geftellt
ift. Ironifch i ft endlich wieder das I an der Spitze des Johannes-Evangeliums auf 115 b; es befteht
aus einem Adler, der wie hängend, nach oben gerichtet ift. Die Behandlung ift eine fehr fchema-
tifche, die Färbung Gold, Silber und Roth, welch' letzteres, Zinnober, mit der Feder einge-
zeichnet wurde.
Die Architektur, deren bei einzelnen Bildwerken bereits Erwähnung gefchah, ift im allge-
meinen einfach, aber bunt gefärbt. Die cylindrifchen Säulenfchäfte tragen korinthifche Kelchcapitäle,
deren Blattwerk meift nur wenig angedeutet ift. Die Bafen find nichts als umgekehrte Capitäle mit
fchmäleren Ringen oben und einer breiten Platte als Plinthus unten. Eine Ausnahme bilden blos
die zwei kugelförmigen Säulencapitäle auf i6a, in denen ich misverftandene oder ungefchickt
wiedergegebene romanifche Würfelcapitäle erkannte. Die Archivolten find nur mit Schrift verziert.
Reicher als bei den figürlichen Darftelluntren erfcheint die architektonifche Verzierung bei
den Canones auf c/ — i4b. Zwifchen deren Columnen fteigen 4 oder 5 mit buntem und goldenem
Ornament bedeckte fchlanke Zierfäulchen auf, die oben mitteilt überhöhter Rundbögen gekuppelt
find und fchmale Arcaden bilden. Das Ornament der Schäfte befteht meift aus rudimentären
Akanthusmotiven, aber auch aus geometrifchen Motiven, als Zickzack, Rauten, Knollen und aus
Combinirung beider Zieraten, der vegetabilifch-antiken und der geometrifch-nordifchen. Die Säulchen
tragen vorwiegend kelchförmige Capitäle von korinthifirender Form mit wenig Blattwerk, mehr nur
aus Contur zwifchen Ring und Platte oder Abacus und die Bafen find nur durch Umkehrung diefer
Form gebildet. Doch erfcheint an mehreren Stellen auch ein ikonifches Capital in Form einer
filbernen Löwenfratze. Ueber den Capitälen, alfo zwifchen und zur Seite der Archivolten fteigen
abwechfelnd treftielte Blumen, lilienähnlich und mehrftöcki^e Thürmchen mit Giebeldächern auf.
Die Färbung ift reich und bunt, blos auf der erften Seite der Canones 9/ befchränkt fie fich auf
Gold und Roth.
Die zwei Columnen des Calendariums auf den letzten Seiten des Codex werden blos durch
drei fenkrechte, oben und unten in die gleiche Kelchform auslaufende, nicht gekuppelte Zierftäbe
eingefaßt.
Die Trachten in der Handfchrift find theils hiftorifch, theils typifch. Hiftorifch find die
Kaifer-Coftüme und die Prieftertrachten. Der Kaifer auf dem Repräfentations-Bilde trägt eine
kurze blaue goldgefäumte Tunica und ein umgeworfenes rothes Pallium, durch eine Agraffe auf
der rechten Schulter zufammengehalten, grüne Beinlinge und braune Schuhe. Das zweite Kaiferbild,
drei Fürften unter Arcaden darftellend, zeigt einige Abweichungen. Die drei Fürften (Taf. III) haben
eine längere Tunica (u. zw.: die längfte der Kaifer, die kürzefte König Konrad) und von verfchie-
dener Farbe, der Kaifer eine kirfchrothe, die beiden Könige graugrüne; darüber tragen fie einen
langen Mantel, an der rechten Schulter mit einer Agraffe befeftigt. Der Mantel des Kaifers ift violett,
des Königs Heinrich zinnoberroth und des Königs Konrad hellroth. Der Kaifer hat zinnoberrothe,
die beiden Könige haben violette Beinlinge und alle Drei fchwarze Schuhe. Die goldene Krone auf
dem Dedicationsbilde befteht aus vier Metallplatten, die durch Charniere mit einander verbunden
und mit goldenen Gehängen verfehen find. Silberne mit rothen Linien umfaßte Charnierkronen
ohne Fanonen tragen die drei Herrfcher auf dem zweiten Bilde. Alle Scepter find kurz. Auf dem
Repräfentationsbilde hält die Rechte das goldene mit einem goldenen Vogel (Adler) gekrönte
Scepter, die Linke den goldenen Reichsapfel mit Kreuz; auf dem anderen Bilde hält die Linke ein
filbernes Scepter mit Kugel und Kreuz darauf, wohl ein misverftandenes Lilienfcepter; die Rechte
den filbernen Reichsapfel, auf dem ein Adler mit rothem und grünem Gefieder ruht. Die Kaifer-
trachten find nach Schnitt und Wurf ähnlich dem Ornate Kaifer Heinrich II. in den Bamberger und
XIII. N. F. 2
IO
M. Thai sin«, und K. Rieger.
Regensburger Prachthandichritten, nur fehlen die in diefen angedeuteten byzantinifchen Verzie-
rungen hier vollftändig.
Die Bifchöfe (Tat I\") werden in der Handfchrift in vollem Ornate dargeftellt, jedoch nach
älterer Sitte ohne Kopfbedeckung. Sie tragen das lange Unterkleid, die Alba, und darauf die kürzere
Tunica oder Dalmatica mit weiten Aermeln, welche hie und da noch Ichmale enganliegende
Aermel der Alba fehen lauen. Unter der Tunica kommt über der Alba noch die Stola zum Vor-
lchein. Darüber ift die Cafula oder Planeta, der ringsherum gefchloffene Mantel, mit dem Ausfchnitt
für den Hals, angezogen. Ueber der Cafula fieht man das Pallium. Die Alba ift immer weiß, Tunica,
Stola, Cafula und Pallium verfchiedenfarbig. Der Mantel ift mit farbigen oder filbernen Bordüren
befetzt. Alle Bifchöfe haben fchwarze Schuhe. Die Diaconen tragen
gelbe Prieftergewänder, die mit filbernen rothgeftreiften Borden ver-
brämt find, darunter find die rothe Stola und die weißen Alba fichtbar.
Ihre Fußbekleidung bilden fchwarze Schuhe. Die drei Aebte tragen
farbige lange Talare und offene Mäntel, welche vorn mit einer Agraffe
zufammengehalten werden. Die Kutten des Mönches und der Nonne auf
dem St. Emmeram-Bilde find violett und haben rothes Futter, der
Schleier der Nonne ift weiß.
Die Chriftus- und Heiligen-Figuren find mit antiken Trachten,
beftehend aus Tunica und Mantel, bekleidet. Zuweilen ift noch eine
Schurztunica um die Hüften gefchlagen. Eine folche Schurztunica
tragen die drei Erzengel, der heilige Petrus und Chriftus am Kreuze, bei
den anderen Figuren ift ein Mantelftück um die Hüften gefchlungen. Die
Kleidungsstücke find verfchiedenfarbig, Chriftus und 'St. Maria haben
blaue Tunica und rothen Mantel. Die antike Gewandung zeichnet fich
durch reiche Faltung aus, und ift im Ganzen ziemlich fchematifch
behandelt.
Von Geräthfchaften find nur ein Fallftuhl, ein Schemel, mehrere
Sitze und Schreibpulte abgebildet. Die beiden erften find auf dem
Repräfentations-Bilde. Der Fallftuhl ift kreuzbeinig, oben in kleine
Vogelköpfe, unten in Adlersklauen ausgehend. Der Schemel befteht
aus einer Mauer über Zinnen. Die Sitze find theils in der Vorderanficht,
wie bei St. Emmeram (Taf. V) und dem thronenden Chriftus, theils in der
Seitenanficht gezeichnet; fie find von Holz und gefchloffen, und beftehen
aus dem halbcylindrifchen Untergeftelle, und dem breiteren, in Voluten
auslaufenden Sitze, auf den ein Polfter gelegt ift. Bei den Schreibpulten ruht auf dem gewundenen,
unten kegelförmig auslaufenden Fuße die viereckige Platte zum Schreiben; fie find von Silber und
roth umrändert. Der Styl diefer Arbeiten, fowie die hiftorifchen Trachten entfprechen den Dar-
ftellungen in den Handfchriften des n. Jahrhunderts.
Fig. i. (St. Emmeram.
IV. Urfprung und Gefchichte der Handfchrift.
Für die Provenienz der Handfchrift find vor allem die Bilder felbft von größter Wichtigkeit.
Freilich ift wohl zu unterfcheiden zwifchen den Heiligen-Figuren, die ftreng locale Bedeutung haben
und der nicht geringen Anzahl Heiligengeftalten der allgemeinen Kirche. Die letzteren knüpfen
offenbar an eine allgemeine Heiligenlitanei an, in der die drei Erzengel und die drei Diacone
Stephanus, Laurentius und Vincentius je eine befondere Gruppe bilden, fowie Gregor, Hieronymus
und Nicolaus nebeneinander vorkommen. Auch Maria, Johannes Baptift und Petrus find wohl diefer
Das Evangeliakium Heinrichs V. n
Quelle entlehnt. Höchftens für die Auswahl diefer Gruppen könnten locale Motive beftimmend ge-
wefen fein. Anders fleht es mit den Localheiligen. Vor allem weift die dreimalige Darftellung des
St. Emmeram auf die Herkunft des Codex. Die mit I bezeichnete Lage bringt als Titelblatt ein
Gedenkbild diefes Heiligen mit der Ueberfchrift: Sanctus Emmerammus martyr et pontifex. Das
zweitemal erfcheint er unmittelbar vor der Darftellung des Matthaeus in der Mitte zwifchen
St. Dionysius ariopagita und St. Wolfkangus (Fig. i) und das drittemal unter den letzten Worten
des Evangelium St. Marci zwifchen S. Gaubaldus und S. Tuto.
Nur für das dem St. Emmeram geweihte Klofter zu Regensburg hat die abfichtlich hervor-
tretende Verherrlichung des Schutzpatrons einen folchen Werth, dafs der ausführende Künftler fich
zu wiederholter Darftellung veranlaßt fühlte. Und nicht nur die dreimalige Erwähnung des Heiligen,
auch die Gruppirung bezeugt den Urfprung im Klofter St. Emmeram, weil fie mit der Gefchichte des
Klofters eng zufammen hängt. Das Bild unter den letzten Worten des Evangeliums St. Marci ftellt
den Schutzheiligen zwifchen zwei Bifchöfen von Regensburg dar. St. Gaubaldus war der erfte Bifchof
in der Reihe der ordnungsmäßigen Vorfteher des Regensburger Stuhles und waltete von 739 bis
zum 23. December 761 feines Amtes. Unter S. Tuto, welcher von 893 bis 10. October 930 Bifchof von
Regensburg war, foll nach der Translatio St. Dionysii Ariopagitae und nach der von Kraus mitge-
theilten, angeblich dem n. Jahrhundert angehörenden Gedenktafel (vgl. Mon. Germ. SS. XI, 3451
der von Gifelbert geftohlene Leichnam des S. Dionysius Ariopagita nach Regensburg gebracht
worden fein. Schon die Erwähnung des Bifchofs Tuto führt auf die im Klofter St. Emmeram feit der
Mitte des 11. Jahrhundertes gehegte Meinung der Translatio St. Dionysii nach Regensburg. Noch
beftimmter weift aufdiefe und zugleich auf ein damit zufammenhängendes Ereignis aus der Gefchichte
des Klofters die Darftellung des St. Emmeram zwifchen St. Dionysius Ariopagita und St. Wolfkangus
episcopus. Der Bifchof St. Wolfgang, welcher dem Bisthum Regensburg von 972 — 994 vorftand,
löfte das Klofter, welches bis dahin ganz unter der Herrfchaft der Bifchöfe gewefen war, von dem
Bisthum los und gab ihm in Ramwald, den er aus St. Maximin berief, einen eigenen Abt. St. Dionysius
Ariopagita war ficherlich nur um der Behauptung des Klofters willen, den Leichnam diefes Heiligen
zu befitzen, dargeftellt worden. Den Anlafs zu diefer romanhaften Translatio gab das herrliche,
870 für Karl den Kahlen gefchriebene Evangeliar, das durch Kaifer Arnulf, vielleicht als eine Gabe
König Odos, aus St. Denys nach St. Emmeram gekommen war. Dafs auf dem Bilde St. Emmeram
zwifchen St. Dionysius und St. Wolfkangus abgebildet wird, deutet unverkennbar auf die Abficht
des Künftlers, ein beftimmtes hiftorifches Ereignis darzuftellen. Ich erkenne hier die bildliche Dar-
fteilung einer Begebenheit des Jahres 1052. Im Herbfte diefes Jahres weilte nämlich Papft Leo IX.
in Regensburg, celebrirte bei der Beifetzung der Reliquien des St. Wolfgang und entfchied den
Reliquienftreit zwifchen St. Denys und St. Emmeram zu Gunften des Regensburger Klofters. Die
Erinnerung an die feierliche Beifetzung des St. Wolfgang bedeutete für das Klofter die Feier des
Gedenktages feiner Selbftändigkeit. Die feierliche Anerkennung der Anfprüche des Klofters durch
den Papft war in der That ein großer Triumph für St. Emmeram. Das Bild ift demnach ein finniges
Symbol pietätvoller Erinnerung an diefe beiden wichtigen Thatfachen.
Zugleich ift es aber auch eine officielle Enunciation der Mönche zu Gunften ihrer Behauptung,
welche vor dem Jahre 1052 nicht möglich war. Damit wird ein Anhaltspunkt zur Datirung des
Codex gegeben und die weitere Erklärung der Bilder fichergeftellt.
Unterhalb der drei Kaiferbilder befindet fich ein Abt Ramwald zwifchen den Aebten Eberhard
und Routpert. Ich gehe gewifs nicht irre, wenn ich in Ramwald den erften felbftändigen vom Bifchof
St. Wolfgang eingefetzten Abt des Klofters St. Emmeram erblicke. Dies vorausgefetzt find auch in
den beiden anderen Aebten Vorfteher des Klofters St. Emmeram abgebildet worden. In den
Abtsreihen findet fich Abt Eberhard von 1066— 1070, Routpert von 1070 — 1095. Ob fich diefe beiden
12
M. TiiAisiNc. und K. Rieger.
Aebte befondere Verdienfte um das Klofter erworben haben, ilt mir nicht bekannt. Allein auch
ohnedies läßt die Darftellung eine Deutung- zu: Die figürliche Repräfentation der Abtsreihe durch
den erften und die beiden letzten Vorfteher des Klofters. Da nach der Sitte der Zeit nicht Lebende
und Todte neben einander dargeftellt werden, fcheint die Annahme wahrfcheinlich, dafs der Codex*
welcher fchon wegen der officiellen Anführung desDionysiusAriopagita nach 1052 verfaßt fein muß,
erft nach dem Tode des Abtes Routpert, alfo in der Zeit feines Nachfolgers, des Abtes Reinhard,
zwil'chen 1095 — 1110 entftanden fei.
Eine nähere Beftimmung der Abfaffungszeit bieten die Bilder der drei Fürften, welche fich
ober den Aebten befinden. Sichergeftellt ift, dafs der Künftler einen alten Kaifer, umgeben von zwei
jugendlichen Königen, darfteilen wollte. Bei dem ausgefprochenen realiftifchen Zuge des Malers ift
unzweifelhaft der Altersunterfchied feilzuhalten, nicht aber an eine Unterfcheidung der Würde durch
mehr oder minder ehrwürdiges Ausfehen zu denken. Aber felbft, wer von der letzteren Anficht aus-
gehen wollte, müßte auf Umwegen zu derfelben Erklärung kommen. Denn bei der ftrengen Beob-
achtung der Titel in mittelalterlichen Bildwerken ift für die beiden Königsficruren der Gedanke an
alle Kaifer des Namens Konrad und Heinrich ausgefchloffen. Es blieben alfo nur die Könige
Konrad I. und Heinrich I. übrig. König Heinrich I. anzunehmen ift jedoch unmöglich, weil der
Heinricus rex unter den Arcaden mit dem Fürften auf dem Dedicationsbilde identifch ift, einem
Fürften, welcher der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts angehört.
Wird daran feftgehalten, dafs hier ein alter Kaifer mit zwei jungen Königen, alfo ein Vater
mit leinen beiden Söhnen dargeftellt erfcheint, dafs der Kaifer Heinrich, die beiden Könige Konrad
und Heinrich heißen, fo kann nur Kaifer Heinrich IV. mit feinen beiden Söhnen König Konrad und
König Heinrich (V.) hier abgebildet fein. Auch haben die drei Fürften die dunkelbraune Haar- und
Bartfarbe der falifchen Kaifer. Auf dem Bilde erfcheinen die Söhne neben dem Vater, ähnlich
wie in dem Evangeliarium zu Paris (Bibl. nat. lat. 8851) neben Otto I. Otto II. abgebildet wird.
Weil Heinricus noch rex heißt, muß die Handfchrift vor der Kaiferkrönung Heinrich V., alfo vor
im abgefaßt fein. Für Heinrich V, weil er noch König heißt und offenbar auch der Fürft des
Repräfentations-Bildes ift, fteht feft, dafs er als lebend dargeftellt ift. Demzufolge muffen auch noch
die beiden anderen Fürften, als fie dargeftellt wurden, am Leben gewefen fein. Eine folche Dar-
ftellung war nur in einer eng begränzbaren Zeit möglich.
Bekanntlich ward König Konrad, als er fich durch die päpftliche Partei zum Abfall vom
Kaifer hatte verleiten laffen, 1098 der deutfchen Krone verluftig erklärt und ftarb, von allen ver-
geffen, am 27. Juli 1101 in einfamer Zurückgezogenheit. An feiner Statt wurde der fechzehnjährige
Heinrich zu Mainz gewählt und am 6. Januar 1099 zu Aachen geweiht. Zum Ofterfefte 1099, welches
auf den 10. April fiel, traf Kaifer Heinrich IV. mit dem jungen König Heinrich in Regensburg ein
und bereitete den um ihn verfammelten Fürften ein großes Hoffeft.
Nach diefen Angaben muß der Codex, der aller Wahrfcheinlichkeit nach den Kaifer mit
feinen beiden Söhnen lebend darftellt, zwifchen dem Tage der Krönung Heinrich V. und dem
Todestage Konrad's, alfo zwifchen 6. Januar 1099 und 27. Juli 1101 vollendet worden fein. Nicht
unmöglich ift eine Abfaffung zur Zeit des großen Feftes, welches zu Ehren des Königs Heinrich in
Regensburg im April 1099 abgehalten wurde. Wenigftens wäre das Hoffeft eine paffende Gelegen-
heit für die Mönche von St. Emmeram gewefen, den Codex dem jungen Könige zu dedicieren. In
Regensburg hatte König Heinrich V. feften Fuß gefaßt, dorthin entfloh er nach der erften Ent-
zweiung mit dem Kaifer. Die Handfchrift ift ein äußeres Zeichen der Beziehungen des Klofters zum
falifchen Kaiferhaufe.
Unerklärt bleibt, wie der Codex aus dem Befitze des Königs oder deffen Erben nach Polen
gelangte, wenn auch bei den vielfachen Berührungen des deutfchen Hofes mit den polnifchen
Das Evangeliakium Heinrichs V.
13
Herzogen eine Schenkung an diefe angenommen werden kann. I )as Verhältnis der falifchen Kaifer
zu den Polenherzogen war feit der Vermählung derSchwefter Kaifer Heinrich IV., Judith, welche nach
dem Tode (1087) des unglücklichen Königs Salomon von Ungarn dem Herzog Wladislaw von Polen
angetraut war, befonders rege geworden. Daran nahmen auch die Zeitgenoffen den lebhafteften
Antheil; nicht nur über die zahlreichen werthvollen Stücke des Brautfchatzes, fondern auch über man-
nigfache andere Gefchenke, die ausgetaufcht wurden, berichten die Quellen. Ueber das Schickfal des
Codex fehlt bisher jede Nachricht; daher verzichte ich auf jede weitere gegenwärtig erfolglofe
Untersuchung.
Nur eine rein fubjeclive Anficht fcheint mir als nicht ganz unintereffant hier am Platze zu
fein. Dergleichen Dedications-Werke find meiftens von einem Widmungsgedichte begleitet, in
welchem mitunter die Bedeutung der Bilder erläutert wird, und wenn auch die in derartigen
Prachthandfchriften übliche Erklärung der Bilder durch die kurzen Ueberfchriften erfetzt fein könnte,
vermißt man immerhin doch die zum Repräfentations-Bilde gehörige Vorrede. Dafs YVidmungsverfe
fehlen, ift auffallend, wäre aber nicht unmöglich. Wahrscheinlich waren fie auch urfprünglich vor-
handen und find nur von den Späteren Befitzern oder Schon bei der VerSchenkung der Handfchrift
entfernt worden. Dafür Sprechen wenigstens die Unvollftändigkeit der erften Lage und merkbare
Spuren gewaltfamer Befeitigung einzelner Blätter.
Doch auf diefe Vermuthung Soll nur hingewiesen Sein. Werthvoll allein ift das Sichere
Ergebnis der Unterfuchung-, dafs das befchriebene Pracht-Evangeliar der Krakauer Schloßkathedrale
in St. Emmeram zu Regensburg zwifchen 1099 und 1101 als ein Schönes Zeichen der innigen Bezie-
hungen des Klofters zu dem falifchen Kaiferhaufe geschrieben und ausgeführt worden ift.
Fig. 2.
ÜBER ZUTHE1LUNG ANTIKER BRONZEN.
Von K. B. Hofmann,
Pro/effor an der Univerßtät zu Graz.
EM Jahre 1882 ift im Sulmthale, bei dem Orte Goldes ein großer Tumulus (Durchmeffer
E3 40 Ml geöffnet worden. Man fand, vermengt mit Kohlenreften, gegen 3000 Grm. Bronze,
die zum größten Theile in formlofe Klumpen zufammengefchmolzen, zum Theil zu Ringen,
Knöpfen und Gefäßen, deren Scherben vorlagen, verarbeitet war. '
Einige der formlofen Bronzeknollen find mir von dem Vorftande des hiefigen Münz- und
Antiken-Cabinetes, Herrn Profeffor Fr. Pickler, mit dem Wunfche Libergeben worden, ich möchte
ihre Unterfuchung vornehmen. Ich theile das Refultat der Analyfe hier mit.
Die zur Arbeit verwendeten Stücke waren an ihrer Oberfläche mit einer 1 Mm. dicken,
vielfach riffigen mürben Patina von graugrüner Farbe überzogen. Während einige von ihnen unter
der Patina nur aus einer rothbraunen fehr fpröden Maffe (Kupferoxydul) beftanden, an deren
Bruchfläche ftahlgraue metallifch glänzende Flächen fehr kleiner eingefprengter Kryftalle fich
darftellen, fand fich in anderen unter der Patina eine dünne rothbraune Schichte und darunter das
gelbe harte Metall, das hie und da blafige, an der Innenfläche ebenfalls mit dem erwähnten roth-
braunen Körper überzogene Hohlräume zeigte. Drei folche Metallkerne find, mit einer Stahlfeile
blank geputzt, der Analyfe unterzogen worden.
I. Es lieferten 1*083 Grm. der Legirung Zinnoxyd: 0*1603 Grm., was 0*1261 Grm. oder
11*64° o Zinn entfpricht.
II. Aus 0*4332 Grm. obiger Probe entftand 0*7199 Kupferrhodanür = 0*3762 Grm. Kupfer;
aus 0*6498 Grm. derfelben Legirung (des zweiten Metallkernes) entftand 1 * 081 Grm.
Kupferrhodanür entfprechend 0*565 Kupfer.
In Procenten I. II. Mittel
Kupfer 86-84 86-96 86-90
III. Die gefammten 1*083 Grm. Bronze enthielten noch 0*0074 Grm. oder o*68°/c Nickel und
Eifen, aus den Oxyden berechnet.
IV. Ein zweites Stück Legirung von 1*0545 Grm. gab mit Salpeterfäure oxydirt 0*1579 Grm.
Zinnoxyd, woraus fich 0*1242 Grm. gleich 11*77 ° Zinn berechnet. Wenn man aus diefer
Analyfe und der Analyfe I. das Mittel nimmt, fo ift der Zinngehalt 11*71%.
Die Legirung beftand alfo aus
Kupfer. . 80 90 Perc.
Zinn 11-71 „ Die Mengen des Phosphors und Antimons waren zur Gewichts
el, Eifen o-68 „ beftimmung zu gering und find darum mit dem Blei als Differenz
Blei, Phosphor, Antimon 0-71 „ aufgeführt.
ioo-oo Perc.
' Jahresbericht des landfehaftlichen Joanneums 1883 und Mittheilungen der Cei.tral-Comniiffion 18S3, S. LXVIII ff.
ÜBER ZüTHEILUNG ANTIKER BRONZEN. 15
An das mitgetheilte Refultat dürfte die Frage geknüpft werden, welchem Volke diefe
Bronze-Objecte angehört haben können; oft wird ja die Analyfe nur zur Beantwortung diefer Frage
verlangt. Statt einer Antwort biete ich im Anhange den Archäologen eine Ueberficht ähnlicher
Legirungen.
Wenn man fich die Mühe nimmt, aus diefer Tabelle für die einzelnen Beftandtheile der
Bronze die kleinften und größten Werthe auszuziehen und die mittleren Mengen zu berechnen und
dann mit der Zufammenfetzung unferer Bronze zu vergleichen, fo findet man:
Minimaler Maximaler Mittlerer
Wertli Unfere Bronze
Kupfer 85-16 87-95 86-86 86-90
Zinn 1022 13-83 12-21 11-71
Eifen1 und Nickel 0-05 1-78 °'S7 o'68
Die hier zufammengeftellten Refultate von 42 Analyfen habe ich aus ungefähr 1000 mir
bekannt gewordenen ausgewählt. Bronzen von diefer Legirung bilden alfo mehr als 4% aller
bisher unterrichten. Die berechneten Mittelwerthe ftimmen fehr nahe mit den Zahlen unferer Bronze
überein; die einzelnen Legirungen fchwanken in ihrer Zufammenfetzung fo wenig um diefe Mittel-
werthe, dafs man wohl behaupten darf, bei der Art der alten Bronzebereitung mögen die ver-
fchiedenen Theile der Schmelze ein und derfelben Charge unter einander in der Zufammenfetzung
kaum minder ftark fich unterfchieden haben.
Welchem Volke gehörten nun diefe fo übereinftimmenden Legirungen an? Wir begegnen
ihnen bei den Griechen und Makedoniern, bei den Römern fo gut, wie auf Sicilien, und zwar fowohl
als Münzmetall, wie auch zu Waffen- und Schmuckgegenftänden verarbeitet.
Wir finden fie in den fkythifchen Gräbern Rußlands nicht minder, als in den keltifchen
Schottlands und Frankreichs; in den Kegelgräbern Norddeutfchlands, wie in Hügelgräbern Bayerns
und in den Pfahlbauten der Schweiz.
Es wäre ganz ungerechtfertigt, aus der chemifchen Zufammenfetzung eine Zutheilung der
Bronze zu verfuchen.
Mit Hinweis auf diefes Refultat erlaube ich mir einige Bemerkungen zu machen, die den
Zweck haben, eine unter den Archäologen, wie es fcheint, noch ziemlich verbreitete Meinung zu
berichtigen — die Meinung nämlich, dafs eine genaue quantitative Beftimmung der in fehr geringer
Menge vorhandenen Metalle zu weittragenden Schlüßen über die Herkunft der Bronze berechtige.
Keine geringe, vielleicht die hauptfächlichfte Veranlaffung zu diefer irrigen Anficht mag
wohl Göbel's Schriftchen „über den Einfluß der Chemie auf die Erkennung der Völker der Vorzeit"
gegeben haben.
Neben manchen intereffanten Mittheilungen enthält fie einige fehr gewagte Schluß-
folgerungen. Auf den geringen Werth der Beftimmungen haben übrigens auch fchon andere
Chemiker (Phillips, Fellenberg) hingewiesen; indefs meinte Fellenberg, dafs wenigftens Rückfchlüße
auf die Orte, woher die Alten ihre Erze bezogen haben, möglich wären. Auch dies ift aber nur
in fehr befchränktem Maße der Fall. So ift es gewifs intereffant, wenn man bei Analyfen von Blei -
1 Eifen und Nickel habe ich zufammen berechnet, weil fie in einigen der Analyfen und fo auch in der unfern nicht getrennt
beftimmt find; in einigen ift auf fie gar keine Rückficht genommen, fo dafs der Mittelwerth für diefe Metalle nur aus 37 Analyfen
berechnet ift. Der minimale Werth von 005 findet fich nur einmal, die Menge von mehr als 1% nur fünfmal; fonfl fchwankt die Menge
zwifchen 03 und og°/0.
2 Aus filberfreiem Blei beliehen die Reiterfigürchen, die in einem prähiflorifchen Grabe bei Rofegg in Kärnten gefunden
worden, und von denen man deshalb vermuthet, dafs fie aus Bleiberger Blei angefertigt find. (v. Hochftättcr, Sitzungsb. d. Wiener Akad.
d. Wiffenfch. 1884.) Eine mir von Herrn Profeffor F. Pichler übergebene, aus dem Oberlaibacher Funde flammende Glans erwies fich als
vollkommen filberfrei. Dagegen waren alle andern antiken Bleiforten, die ich bisher zu unterfuchen Gelegenheit hatte, mehr oder
minder filberhältig.
i6
K B Hofmann.
kein Silber findet, da einerfeits die alten Metallurgen das Silber von dem Blei fo vollftändig zu
fcheiden nicht verftanden haben, anderfeits Bleigruben, die nlberfreies Erz liefern, nicht zahlreich find.
Dafs aus den „Nebenbeftandtheilen" der Bronzen nur feiten eine Vermuthung auf das Volk,
dem fie angehörten, geftattet ift, lehrt fchon die bloße Erwägung über die Wege, auf denen diefe
in die Bronze eelaneen. Wie bekannt, wird auf der Halbinfel Malakka das Zinn in Seifenwerken
gewonnen, und ift das Seifenzinn reiner, als das Bergzinn. Sofern nun das indifche Zinn1 zu Bronzen
verwendet worden ift, haben (liefe um eine Quelle der Verunreinigung weniger gehabt. In Cornwall
wird das Zinn auch auf Seifenwerken gewonnen, aber es gibt dafelbft auch Zinnfteinlager. Das
dorther bezogene Zinn konnte zinkhaltig fein, denn der dort vorkommende Zinnkies enthält Zink
bis zu 7° 0 des Erzes. Es kann alfo eine Bronzeforte, für welche britannifches Zinn verwendet worden
ift, eine kleine Menge Zink aufweifen, ohne dafs diefes zugefetzt worden wäre. Goebels Behauptung,
dafs fich in Gegenftänden griechifchen Urfprungs kein Zink finde, weil fie keines gekannt hätten,
ift übereilt.2 Kleine Mengen finden lieh in der That fowohl in griechifch-makedonifchen, als auch
in großgriechifchen Bronzen. Erft größere Mengen des Metalls find von Bedeutung und fcheinen
griechifchen Gegenftänden nicht eigen zu fein. — Ueberdies enthält der Zinnftein 1*5 — 2 "5% Eifen.
Gediegenes Kupfer, das in früherer Zeit wohl in reichlicherer Menge vorhanden war, und zuerft von
den Völkern des Alterthums aufgearbeitet worden ift, enthält oft Spuren von Blei, Silber, Wismuth
(o-i°/o) und bis 1% Arfen. Von den in Betracht kommenden Kupfererzen enthält Cuprit (Roth-
kupfererz) Eifen und Antimon, Kupferglanz die Metalle der Eifengruppe (bis zu 6* 5%), das Kupfer-
fahlcrz neben Antimon, Arfen und Eifen auch Zink (bis zu 6%)- Wo alfo Fahlerz verarbeitet wurde,
konnte das Zink auch mit dem Kupfer in die Legirung gebracht werden.
Eifen und Nickel find fchwer vom Kupfer zu trennen und die Alten vermochten es gewifs
noch fchwerer3; fo dürften fich beide Metalle wohl in den meiften forgfältig unterfuchten Bronzen
in kleiner Menge finden und haben natürlich keine Bedeutung. Spuren von Schwefel gelangten aus
den Kiefen in die Legirungen.
Da fchon Erze felbft eines und desfelben Lagers qualitativ und quantitativ verfchieden
zufammengefetzt fein können, fo wird ein Schluß aus der Zufammenfetzung der Bronze auf die
Grube, welcher das Material entnommen war, fehr feiten ftatthaft fein. Diefer Schluß wird noch
unzuverläffiger dadurch, dafs unzweifelhaft nicht wenige Lager erfchöpft worden find, und uns
alfo nicht einmal die Analogie (wie bei Gruben, die noch im Betriebe flehen) in der Aufftellung
unferer Vermuthungen zu Hilfe kommt.
Nun ift aber gerade die quantitative Ausmittelung fehr kleiner Mengen von Beftandtheilen
ziemlich zeitraubend, und die Frage des Chemikers, wozu er fich der Arbeit unterziehen foll, fehr
berechtigt. Erft wenn fich dem Unterfuchenden bei der qualitativen Prüfung die Wahrnehmung
aufdrängt, dafs die Menge des einen oder andern Elementes zu groß fein dürfte, um als eine
zufällige Beimifchung gelten zu können, kann die quantitative Analyfe die aufgewendete Mühe
1 Bafl. Etain. p. 5 nimmt an, in der I. Periode fei Zinn vom Orient nach dem Werten eingeführt worden. Diefe Annahme
beruht auf einer bloßen Vermuthung; une phase „pour laquelle nous n'avons guere que des suppositions a enregistrer."
! Der Zinkgehalt fchwankt zwifchen 0-3 und o-7°/„, kann aber bis 1% betragen, und fteigt bei makedonifchen Münzen bis-
weilen fogar darüber. Dafs aber zinkfreie Bronze fehr häufig gefunden wird, ift richtig.
Line folche forgfältige Reinigung durch wiederholtes Umfchmclzen des Kupfers nimmt Dr. .!/«<-/;, geftützt auf genaue von
Freih. v. Sommaruga ausgeführte Analyfen, für prähiftorifche Völker an. Siehe die intereffante Arbeit „Die Kupferzeit in Europa und ihr
Verhältnis zur Cultur der Indogermanen" in den Mittheilungen derk. k. CentralCommiffion Wien 1886, 2. Heft namentlich p. LXIX u. ff.
— Auch Bibra conftatirte bei feinen Analyfen eine verfchiedene Reinheit des Kupfers in den Legirungen. Während die römifchen
Silbermünzen (von 23 Stucken fechsmal unwägbare Spuren, fechsmal zwifchen o'07 bis 0*31 Grm. Nickel enthielten, konnte er in
16 griechifchen Stücken keines finden (Ueber alte Eifen und Silberfunde S. 37 u. 40) und vermuthet darum, dafs die griechifchen
Kupfererze nickelfrei gewefen feien, während das Element in die römifchen Silbermünzen durch Verwendung nickelhältigen Kupfers
gelangt fei. Ebenfo waren 5 Silbermünzen Alexander des Großen auch von Nickel frei. Dagegen fehlte es in den Bronzen äulierft feiten.
Vergl. Bibra, Die Bronzen und Kupferlegirungen S. 91.
ÜBER ZüTHEILUNG ANTIKER BRONZEN. \n
lohnen. Anders verhält es (ich mit gewiffen Elementen einzelner Legirungen. Die Analyfe der
Silbermünzen erheifcht, wenn fie ihren Zweck ganz erfüllen foll, die genaue Ausmittelung felbft
kleiner Kupfer- und Bleimengen; die der Goldmünzen felbft unbeträchtlicher Silberquantitäten. In
diefen Fällen wiffen wir, dafs die genannten Metalle abfichtlich zugefetzt worden find, und es kann
münzgefchichtliches Intereffe haben, die Menge diefer Zufätze zu kennen. Eine minutiöfe Analyfe
von Metallen bekannter Abkunft kann culturgefchichtliches Intereffe bieten, weil wir fo erfahren,
bis zu welcher Reinheit ihre Darftellung den alten Völkern gelang; etwa auch welche Befchaffenheit
manche ihrer Erze hatten.' Ob dagegen eine Legirung — noch dazu unbekannter Abkunft —
einige Zehntel Procent Eifen oder Mangan, Arfen oder Antimon enthält, ift ganz bedeutungslos.
ImAnfchluße an diefe chemifchen Erörterungen fei es geftattet, einige philologifch-hiftorifclv
Angaben beizubringen, welche beitragen dürften, Licht auf die Gefchichte der bei der Darfteilung
der Bronze verwendeten Metalle zu werfen. Bekanntlich ift die Etymologie der Wörter: Bronze,
Spiauter, Zink, Cala'cm fehr zweifelhaft.
Von allen Verfuchen, das fchon zu Beginn des 14. Jahrhundertes'- gebräuchliche Wort
„bronzium" zu erklären, dürfte der verunglücktefte der fein, es als eine hibride Zufammenfetzung
aus dem mittelhochdeutfchen brün und dem lateinifchen aes abzuleiten. Abgerechnet die Monftro-
fität diefer Verquickung ift ja die Bronze in Vergleich mit Kupfer doch kein braunes, fondern eher
ein gelbes Erz. Nach einer gefälligen Mittheilung des Herrn Profeffor Karabacek, der die umfaffendftc
Kenntnis der arabifchen Literatur und der culturgefchichtlichen Beziehungen des großen femitifchen
Stammes vereinigt, führen uns die Wortform und Wortbedeutung der Bronze vielmehr nach dem
fernen Often. Was zunächft die erftere betrifft, fo habe man in dem perfifchen birindfch die
confonantifchen Elemente unferes Wortes. Birindfch, das heute Meffing bedeutet, leitet fich von dem
altperfifchen (parh) barinz ab. Beide find nafalirte Formen von der Wurzel baredfch, die fich im
Zend-Avefta findet und dem fanscrit. bhrädfch entfpricht, dem die Bedeutung von „glänzen, fchön
fein'' eigen ift.- Man wird hierbei an die Beziehung des griechifchen und altägyptifchen Wortes
für Silber: äpyupo? und hat' (glänzend weiß) zu der gleichen Eigenfchaft erinnert. Das von baredfch
gebildete paröberedfchya „mit Kupfer verfetzt", wird im Avefta geradezu von Zinn gebraucht,
welches in diefer Vereinigung thatfächlich die Bronze liefert.
Ein zweites Wort, deffen Etymologie viele Schwierigkeiten macht, ift „Spiauter". Wir
begegnen in keltifchen Dialekten einem ähnlich klingenden (irifch „peatar, peodar", gälifch „peodar,
feödar", kymr. „ffeudur"). Ihm entfpricht das englifche „pewter"3 in der Bedeutung von Britannia-
metall (Legirung von Zinn und Antimon) und das franzöfifche „piautre", das im 14. Jahrhundert
für eine Zinnlegirung in Gebrauch ftand. Diefen zufammengehörigen Formen fleht an der Seite
die fibilirte niederdeutfche Form „Spialter" (Brem. Wörterb. IV.) mit der Bedeutung von Zink,
neben Zinn und Meffing. Nach Karabacek ftände nun diefe Form in Zufammenhang mit (i)sbiadär(i,)
1 In ähnlicher Abficht find von mir (bisher nicht veröffentlichtel Analyfen pompejanifcher Blei Obje<£te ausgeführt.
- nBronziuma findet fich in Chron. Piacent, zum Jahre 1314 (/•>« Gange. G]ossar. med. et infim. latinitatis. Nova edit. a Favre.)
3 Altenglifch (um 1440 im Proptorium) „peutir"; die latinifirte Form „peutreum" dient im Jahre 13S2 zur Bezeichnung einer
Art Zinn {Du Cange. V. 231b). Die Form pestrum findet fich fchon 1324 neben plumbum und flannum in einer Ordinat. Carol. IV. {Du
Cange.\. 22Öb). Nach Diezl33li foll das gälifche feödar aus pewter entftanden fein. Seine Vermulhung, dafs die italienifche und
fpanifche Form peltro und peltre aus dem prov. em-peltar „impfen, pfropfen" herrühre und damit auf eine Art Veredlung des Metalls
gedeutet werde, ift abenteuerlich. Piclet. I. 180 meinte, das Wort Jjnauter flamme von einem Sanscritwort „pätira" und fei durch die
Zigeuner nach Europa gebracht worden. Schade. Altdeutfcli. Wörterb. S. 1264, wendet ein, dafs das Wort fchon 100 Jahre vor der Ein-
wanderung der Zigeuner im Gebrauch war, und dafs pätira in der Literatur nicht belegt ift. Für letzteres fpricht auch, dafs es Roth, einem
der gründlichften Kenner des Sanscrit und der indifchen Dialecle überhaupt, nicht bekannt ift. (X. B. Hof mann, Zur Gefchichte des Zinkes
bei den Alten. Berl. Berg- und HUttenmännifche Zeitung XLI, Nr. 51).
XIII. N. F. 3
jg K. B Hofmann.
das er in einer arabifchen Kosmographie des 13. Jahrhunderts gefunden hat, und das felbft nur die
arabifirte Form des pzrüich&n fepidrüi „im Ausfehen weiß-glänzend" ift.' Es hat auch urfprünglich
die Bedeutung von Zinn; die Uebertragung auf Zink wäre fo leicht erklärlich, wie die gemeinfame
Benennung „plumbum" für Blei (nigrum) und Zinn (candidum). Ob das keltifche Wort mit dem
iranifchen auf eine gemeinfame Heimat hinweift, muß ich der vergleichenden Sprachforfchung zur
Entfcheidung überladen; unfere deutfche Form „Spiauter" hätten wir nach Karabac.k's Deutung
dem arabifchen Einfluße zu danken. Auch das Wort „Galmei" (neben dem auch die Form „Gad-
mei" beftanden hat) ! ift nach ihm nicht direct aus v.ivxiii entftanden, fondern auf einem Umwege
durch arabifche Entftellun-. KaSfiela finde lieh in guten Handfchriften richtig transferibirt: '-.ji
Abfchreiber machten daraus durch graphifches Misverftändnifs Ui „Kalmeia", weitere Verder-
bungen im curliven Zug erzeugten eine dritte Form U>A*, die richtig punktirt UÜ Kalimija, fchlecht
punktirt WJ Kalimina lautet. Diefe letzte Form gab dem „lapis calaminaris" feine Entftehung.
Das Wort Zink ift von „Zinken = Zacken" abgeleitet worden ; wegen des zackigen Bruches !
Diefe Deutung fcheint mir von gleichem Schlage, wie die unglücklichen etymologifchen Erklärungs-
versuche der Griechen und Römer. Karabacck ift geneigt, auch diefes Wort mit einem perlifchen
Worte: seng „Stein, Mineral, Erz" in Beziehung zu bringen. Man würde alfo, was die Bronze- und
Meflingfabrication betrifft, zunächft in fprachlicher Beziehung auf Perfien hingewiefen. Die Araber
würden fprachlich das vermittelnde Glied zwifchen ihnen und den europäifchen Völkern bilden. In
der That nahmen die Araber alles, was fich auf diefes Gebiet der Kunftübung bezieht, zuerft von den
Perfern an, wie es nach Karabacek's Angabe ihr größter Gefchichts-Philofoph Ihn Chaldün (f 1405)
mit unverhohlenen Worten bekennt. Ich möchte hier auf eine alte Angabe2 hinweifen, nach der fich
im Befitze des Darius Trinkgefäße aus Chalkos (Bronze oder Meffing) befanden, die an Schönheit
den goldenen gleichkamen. Die alten Perfer bezogen das Zinn insbefondere aus Hinterindien, von
Kala auf der malayfchen Halbinfel; man nannte es darum kalaifches Zinn, woher die Bezeichne
„calaem". Für die Meffingfabrication bezogen die Perfer das Zinkoxyd vor allem von Kirmän
(füdperfifche Provinz), wo die Tuttia künftlich dargeftellt ward.
1 Das perfifche .fefidrü^ war nach Karabacek eine Legirung von 4 Theilen Kupfer und 1 Theile Zinn, alfo auch eine Art V.
kupfer.
- Vergl. meine in Anmerkung 3 angezogene Abhandlung über Zink.
3 Pseudo-Aristot. Mirab. Aufcuit. n. 49 (Ed. U'eflermann.) S. Gefch. d. Zinkes Berl. Berg- und Hüttenmännifche Zeitung XLI
Xr. 45. S. 504.
(An der Kirche zu Würflach, X. Ö.)
Krakau .
Tafel I
tUHsf-Kur!
Krakau.
Taf. n.
Krakau.
Taf. III
Krakau. Taf. IV.
■■■■■■■^■i^iHHIHHB
pxfchc dnfdictt xbuno corum fcmdcndüobLxnoPaTopdicrcru
Turum- Orxaoncftüv Traditio mdcmdas-
iVcco mdrtav F ilxmfdwiiflbbAmbbx ihm Üxa^dLxrdcriiciftgcri
drc^Pxflio ihm cKfepiilniKL <*rtfnrrtaiociufcxmoraxif-
fhrrtcnoncm mxndxtx- &x&mfw cinfmcdif-
Krakau.
Taf.v.
ÜBER Zl'THEILUNG ANTIKER BRONZI-V
19
Anhang.
Es bedeutet Cu = Kupfer, Sn = Zinn, Fe = Eifen, Ni = Nickel, A = andere Elemente: Blei = Pb, Antimon = Sb,
Zink = Zu, Schwefel = S, Silber = Ag.
Römifchc Bronze.
Objecle Cu Sn Fe Ni A
1. Münze ; Bibra. (S. 52, No. 5) 86-69 12-9-0 Spur 0-41 Spuren
2. Fibula (Fellenberg. 151) s5'98 ij's3 °'°5 °'°9 °"°5
Griechifche Bronze.
3. Münzen (Bibra. S. 82, No. 171 86-72 I2'33 Spur 022 0-73 (Pb)
4. Münze (Bibra. S. 82, No. 30) 87-29 1 1 -29 0-12 0-40 öS (Pb)
5. Münze (Bibra. S. S2, No. 38) 86-59 12-05 0-30 0-33 0-73 (Zn)
6. Münze (Bibra. S. 82, No. 42) 85-16 12-09 °'20 0-28 0-15 Pb
Makedoni/che Bronze.
7. Münze (Bibra. S. 86, No. 76) 8644 12*28 o-u 0-28 0*73 (Pb, Zn)
8. Münze iMonfe. Bibra. S. 87) 87-95 I I • 44
9. Münze (Bibra. S. 86, No. S5) 8639 12-73 °''3 0-22 0-53 (Pb)
10. Münze (Phillips. Bibra. S. 87) 86-78 12-99 —
Sicilifche Bronze.
u. Münze (Bibra. S. 87, No. 96) 85-71 12-73 °'°° °'37 iij(Pb)
Skythi/che Bronze.
12. Pferdefchmuck (Bibra. S. 102, No. 42) 86-86 12-73 Spur ° 27 0-07 (Sb)
0-07 (Pb)
Bronze aus Tanais.
13. Fibula (Bibra S. 102, No. 47) 87-4 12-3 Spul Spur o'3 (Pb)
Bronzen aus norddeutfehen Kegelgräbern.
14. Wagenbecken (Fellenberg. 81. B, S. 121) 87-20 12-75 °'°3 °'°2 —
15. Kopfring (Fellenberg. 123. B., S. 121) 86-47 12-78 012 0-43 0-2 (Pb)
16. Gewundener Halsring (Fellenberg. 124. B, S. 121) .... 87-47 11 89 0-15 0-39 —
17. Schwert (Fellenberg. 126. B., S. 121) . 8747 11-24 032 0-45 0-32 (Pb)
18. Handring (Fellenberg. 127. B., S. 121) 87-56 11-91 025 0-28
19. Armring (Fellenberg. 129 B., S. 121) 87-71 11-89 °-I4 °"26
20. Schnnickkäftchen (Fellenberg. 131. Bd., S. 121) 86-52 1196 0-17 0-35 —
Bronze aus hannoverfchen Hügelgräbern.
21. Lanzenfpitze (Bibra. S. 122, No. 34) 87-39 i2-57 Spur — 0-04 (Ag)
22. Armring (Bibra. S. 122, No. 40) 87' °7 1251 „ 062
23 Diadem (Bibra. S. 122, No. 47) S6' 10 13 50 „ 0-40
24. Spiralring (Bibra. S. 122, No. 51) 86-50 1 1 • 72 „ 1-78
25. Dünnes Blech (Bibra. S. 124, No. 69) So -23 1336 0-39
Bronze aus bayrifehen Hügelgräbern.
26. Ring (Bibra. S. 128, No. 130) S6-86 12-00 0-02 0-31 o-8i (Pb)
27. Armring (Bibia 128. B., S. 133) 87-58 11 "64 Spur o-7S —
Hallßätter Bronze.
2S. Haarnadel (Fellenberg. 181. B., 131) S6'29 H'95 0-31 o-41 0-72 (Pb) 0-32 (Ag)
29. Armring (Fellenberg. 183. B., S. 131) 87-26 11 -6i 0-15 0-39 0-49 (Pb) o- 10 (Ag)
30. Verzierung (Bibra. S. 130, No. 160*1 Sö-So 11-79 Spur 031 0-97 (Pb) o- 13 (Ag)
Andere mitteldeutfche Bronzen.
31. Ring (Fellenberg. S. 145) 87-10 10-22 o- 16 I -02 1-5 (Pb)
32. Ring (Bibra. S. 127) £7- 10 11-64 0-24 o-66 —
33. Schale (Bibra S. 130, No. 165 87-54 12-46 Spur — —
20
K. B. Hofmann. Üi;er Zutheiling Antiker Bronzen.
Objecie Cu Sn
Fellenberg. 59. B., S. 133 s7'4 " -3
'enberg. 155. B.. S. 133 12 17
30. Fragmen: Fellenberg. 191. Bd., S Sy-Oj 1121
37. Klinge (Fellenberg. 158. B., S. 137) - " 10-35
bula (Fellenberg. 27. B.. S. 137) 57*21 10-25
Schottifche Br.
39. Beil (Mallet. B. S. 140. No. 307^1 So -9s 12-57
40. Lanzenfpitie (Mallet. B S. 140. No. 307': B6*28 12.74
41 Meiler Berlin. B. S. 142 - .: Su'55 l2-6o
Gallifche Bron
Schwert (Bibra. S. 142, No. 355) - 13-53
Fe
Ni
A
0-82
o- 1 1
0-7
o- 19
o-33
0-29 (Pb) 010 (Sb)
o-i;
o-35
0-04
0-25
154
0-24 |Pb~l o- 1 :
■•39
—
0-97
0-31
0S5
0-09
o-S5
o'37 *
0-07 (Pb) o-O'i
(Prag. Belvedere.)
Die Technik der Steinätzung und deren Künftler in der
Steiermark im 16. und 17. Jahrhundert.
Von Jofeph Waflter.
IE Technik der Steinätzung zur Herftellung von
Tifchplatten, Kaiendarien, Gedächtnis tafeln etc.
I ill bisher nur in Bayern, dem Vaterlande des
Solenhofer Steines, aus welchem in der Regel derlei
Tafeln angefertigt wurden, nachgewiefen. Trautmann '
fuhrt die Namen von 14 Künftlern an, welche (Ich mit
diefer Technik befafsten, von denen alle, bis auf einen,
in Bayern lebten und wirkten. Wir find heute in der
Lage, die genannte Technik auch in Steiermark nach-
zu weifen.
Vorerft fei uns geftattet, über die Technik im
allgemeinen einige Worte vorauszufchicken. Alle uns
bekannten Platten diefer Art find aus Solenhoferftein,
auf welchem fich die Aetzung leicht ausführen läßt,
verfertigt, und zwar können wir drei Arten der Technik
nachweifen. Die ältefte dem 15. Jahrhundert angehörige
Manier ift die, wo die Contouren der dargeftellten
Zeichnung vertieft (eingeätzt) find. Solcher Art ift
z. B. eine Tifchplatte im germanifchen Mufeum zu
Nürnberg (wohl die ältefte?), mit Zeichnungen in der
Weife des Martin Schongauer aus der Zeit von 1490.
Die zweite Manier nennen wir die, bei welcher die
Figuren (menfchlicheGeftalten, Thiere, Ornamente etc.)
erhaben gehalten, der Grund durch Aetzung vertieft
ift. Zur nöthigen Schattirung find dann in den Figuren
Schraffirftriche entweder eingegraben oder eingeätzt.
Die dritte jüngfteManier, vorzüglich im 17. Jahrhundert
geübt, befteht endlich darin, dafs Contouren und
Schraffirftriche, kurz die ganze Zeichnung, erhaben,
der Grund vertieft (geätzt) erfcheint. Nach diefem kann
man fich die Technik der Erzeugung leicht vorftellen.
Bei der erften Manier wurde die ganze Steinplatte mit
dem fetten Aetzgrunde bedeckt, mittelft Griffel die
Zeichnung in den Grund eingravirt, d. h. der Stein an
der betreffenden Stelle bloßgelegt, dann mit der Säure
geätzt. Bei der zweiten Manier wurden die ganzen
Figuren, Ornamente, Buchftaben etc. mit Aetzgrund
bedeckt, innerhalb der Figuren die Schraffirftriche
mittelft Griffel angebracht und hierauf geätzt. Bei der
dritten Art wurde die Zeichnung als folche: Contouren,
Schraffirftriche und die Schrift mit dem Aetzgrund
ausgeführt, hierauf geätzt, wodurch die Zeichnung
erhaben erfcheint. Die Buchftaben der Schrift find
alfo bei den zwei letzten Methoden immer erhaben
und gelegentlich vergoldet. Das Figurale und Orna-
mentale ift in der Regel mit Oelfarbe lafurartig bemalt,
und zwar find die Gegenftände entweder nur mit der
Localfarbe einfach angelegt oder es findet eine förm-
liche, aber ftets mäßige Schattirung mit den Farben-
tönen ftatt. Bei der dritten Manier ift alfo die Farbe
über Grund und Schraffirftriche hinweg aufgetragen,
fo dafs letztere durch den Schatten, den fie werfen,
fchattirend wirken.
1 Kund und Kunftgewerbe vom früheften Mittelalter bis Ende des 18. Jahr-
hunderts. S. 2.
XIII. N. F.
Die uns bekannten Werke, welche fich in Grätz
und der Steiermark erhalten haben, oder welche
nachweisbar vonGrätzer Künftlern ausgeführt wurden,
find, chronologifch geordnet, folgende:
Nr. 1. Platte von 125 Cm. Lange, 114 Cm. Breite
und nur 3 Mm. Dicke im Antiken-Cabinet des Joanne-
ums in Grätz. Diefelbe enthält ein Communionsgebet
und die Jahreszahl 1550. Sie ift ohne alles Ornament,
die Schrift Fractur, die Buchftaben erhaben.
Nr. 2. Wappentafel in der dem deutfehen Ritter-
orden gehörigen Lechkirche zu Grätz von 1570, 39 Cm.
im Quadrat. Sie enthält im Mittelfelde das Wappen
des damaligen Landes-Comthurcn zu Grätz, des Herrn
Leonhard Formcntin von Tolmain in Verbindung mit
dem Wappen des Ordens, oben die Buchftaben
G V. G., wahrfcheinlich die Initialen eines Wahl-
fpruches. Das Mittelfeld ift von zwei Pfeilern eingefaßt,
auf deren Sockelfeldern Phönix und Pelikan, in den
Pfeilerfeldern: links die Fortuna auf einer Mufchel
ftehend, mit aufgehifstem Segel dahinfahrend, rechts
die Occasio auf der geflügelten Weltkugel dargeftellt
find. Die Architektur der Pfeiler zeigt fowohl in der
Capitälbildung als in der Perfpeclive das charakteriftifch
Naive der Früh-Renaiffance. Unten befinden fich auf
breitem horizontalen Streifen Infchrift und Jahreszahl.
Das Ganze, mit Ausnahme des Feldes, auf dem fich
das Wappen präfentirt, ift bemalt, in den Winkeln
der Pfeilerfüllungs-Ornamente und der Kronen und
Helme find Spuren ehemaliger Vergoldung bemerkbar.
Befonders fchwungvoll ift das Ornament der Helm-
decke componirt. Wie die Infchrift fagt, ift die heute
in der linken Kirchenfchiffmauer eingemauerte Tafel
kein Grabftein, fondern eine Gedächtnistafel, welche
des Ritters von Formentin „Erb- auch Ambtsclainodt
vnd Wappen" darfteilt. Technik der Ausführung in der
zweiten Manier.
Nr. 3. Viereckige Platte eines Spieltifches im
Antiken-Cabinet des Joanneums vom Jahre 1589.
Sie ift gy Cm. lang, j6 Cm. breit und wurde, wie das
öfterreichifche und bayerifche Doppelwappen zeigt,
für Erzherzog Karl II. von Steiermark und deffen
Gemahlin Maria von Bayern verfertigt. Von einer
Ecke des Tifches, in welcher die Fortuna als Spiel-
göttin dargeftellt ift, läuft ein elliptifches Band in zwei
Windungen gegen ein Mittelfeld. In letzterem befindet
fich die Infchrift: „Das kurtzweilige Fortuna-Spill" und
eine Erklärung, wie das Spiel gehandhabt wird. Auf
dem Bande find von der Ecke mit der Fortuna begin-
nend, 63 Felder mit Nummern, fortlaufend von 1 bis 63
bezeichnet, welche entweder einfache Blumen oder
andere Darftellungen, als: Wirthshaus, Brücke, Ge-
fängnis, den Tod etc. enthalten.1 In den vier Zwickeln
1 Es ift das heute in unferer Kinderwelt unter dem Namen „Kennfpicl",
im Elfafs unter „Gänfefpiel" bekannte Gefcllfchaftsfpicl, welches mit z».
fein gehandhabt wird, wo der Spieler um die geworfene Zahl vorrückt, oder
bei gewilTcn Zahlen zurückweichen oder Strafe zahlen muß etc.
II
zwifchen rler Rundung des Bande- und den geraden
Linien des Tifches befinden fich die Vi gel: Adler,
tuß, Phönix und Pelikan; außerdem find noch das
genannte Doppehvappen und die fünf Stimmen (Dis-
cantus, Altus, Ouintus, Tenor und Balkis eine.- Trink-
liedes fammt den betreffenden Noten angebracht. '
Bemalung findet fich an derTifchplatte nicht: Technik
der Ausführung die zweite Manier.
Nr. 4. \~iereckige Tifchplatte, fogenannter Jagd-
tifch, 99 Cm. lang, 84-5 Cm. breit, im Antiken-Cabinet
des Joanneum-, früher Eigenthum der k. k. Univerfil
Bibliothek zu Gratz, im Jahre 1S22 durch Tauich er-
worben. Das oblonge Viereck ift durch ein in der
Mitte befindliches Rechteck und zwei die Mitte der
gegenüberliegenden Tifchfeiten verbindende Ürna-
mentenbänder in fünf Felder getheilt. An den vier
Seiten des Tifches lauft ein fchmaler Streifen, welcher
mit Yerfen, die verfchiedenen Jagden fchildernd,
erfüllt ift; in der Mitte diefer Versftreifen befindet fich
je ein kleiner Wappenfchild: der öfterreichifche
Bindenfchild, der bayerifche Schild, der kaiferliche
Doppeladler und der Schild mit den fünf babenbergi-
fchen Adlern. Im großen Mittelfelde des Tifches find
zwei Wappen der Familie v. Thanhaufen angebracht,
darunter folgende Infchrift in zwei Abtheilungen:
.Dem Wohlgebornen Herrn herrn Conradten Frey-
herrn von Thanhaufen zu ober Flanitz vnd Auffenhoff
Erblandt Jägermaifter in Steir auch Erbtruchfes des
Ertzftiffts Saltzburg Für . dur. Ertzhertzogen Carls
zu Oefterreich Rath Camerer vnd derfelben N. Oe.
Erbfürftenthumb vnd Landtobrifter Jägermaifter" —
.Auch Frauen Torothea von Tanhaufen geborne
Freyn von Teuffenbach Prefentirt difen Tifch Ulrich
Ebenhech Für. dur. Hof Jäger vnd Ridmaifter zu einen
glückhfeligen Newen Jar befchehen den Erften January
1589-.
Auf dem linken unteren Felde ift eine Bärenjagd,
auf dem rechten unteren eine Hirfchjagd dargeftellt,
auf dem linken oberen eine gemifchte Jagd aufHirfche,
Füchfe, Luchfe und Wölfe, auf dem rechten oberen
eine Saujagd. Die Darftellungen find nicht perfpec-
tivifch gehalten, fondern die einzelnen Figuren 'Jäger
und Thiere) in den Plan vertheilt, aber in aufrechter
Seitenanhcht dargeftellt, die Zwifchenräume durch
Bäume, Sträuche und Grasbüfchel ausgefüllt, ähnlich
der Art, wie es bei Situationsplänen heute noch
üblich ift. Die Technik der Darfteilung ift die zweite
Manier. Die Bäume find entweder fo behandelt, dafs
die ganze Krone derfelben erhaben, die Aefte durch
eingeätzte Linien in Baumfchlagmanier erfichtlich ge-
macht find, oder dafs die einzelnen Zweige fammt den
daran befindlichen Blättern erhaben erfcheinen. Die
Figuren find derb gehalten, aber lebendig in den Be-
wegungen, die verfchiedenen Thiergeftalten und die
einzelnen Momente der Jagd gut und nicht ohneHumor
charakterifirt.
Xr. 5. Viereckige Tifchplatte mit Darßellung einer
Turken/chlacht, 109 cm. lang, 83cm. breit, im Schlöffe
Guttenberg bei Weiz. Oben, derLangfeite des Tifches
folgend, ift ein fchmaler Streifen mit Schrift erfüllt:
-Wahrhaftiger kurzer Bericht, wie er fich in der
' An/elm Hütttnbrcnnfr hat 1829 die Noten in die gewöhnlichen Stimm-
SchlüfTcl umgefetzt; in diefer Form wurde das Lied von C. M. v. Savenau im
Leipziger ,,Mufikalifchen Central-Blatt" \om 14. Auguft 1884 veröffentlicht.
Schlacht, fo in oberen Kreifs Hungarn Anno ifJSS gc-
fchlagen wurde, etc. etc." Mit Ausnahme diefes und
eines unten befindlichen breiteren Streifens ift die
ganze Tifchfläche von der Schlacht ausgefüllt. Auch
hier ift, wie bei Nr. 4. eine Art Yogelperfpective mit
normaler Anficht der Figuren angewendet; die wich-
tigsten Partien find durch Auffchriften hervorgehoben.
Links oben ein brennender Ort, „der Marck Sixo, fo
die Türken angezunden", rechts unten der Markt-
flecken Wada: „Von dielen Marck Wada genannt ift
das frifch heuffl Hungarn herkhommen". Zwifchen
dielen extremen Punkten liegt das Schlachtfeld, auf
welchem in einzelnen Gruppen die verfchiedenen
Epifoden der Schlacht durch hunderte von Figuren
dargeftellt find. Die Zeichnung ift roher, als bei Nr. 4,
der Griffel, mit welchem die Contouren in den Aetz-
grund gegraben wurden, ein ftumpfer. Der breite
Streifen unter dem Schlachtfelde ift der Länge nach
in fieben Felder getheilt. Am äußerften linken befindet
fich ein Wappen mit der Infchrift: „Martha Frau von
Gerageborne Frey v. Teuffenbach zu Mairhoffen" ;
am äußerften rechten Felde ein anderes Wappen mit
der Infchrift: „Magdalena Frau von Gera geborne
v. W'ichfenftain zu Hainftadt vnd Kirchfchenvach etc.-
Im 2., 3., 5. und 6. Felde findVerfe angebracht, welche
die Schlacht fchildern, durch vielfache Scheuerung
kaum leferlich; im 4., dem Mittelfelde endlich befindet
fich folgende Infchrift: „Dem Edlen vnd geftrengen
herrn Georgen von Gera auf Straßfrid Für ■ Dur.
Ertzhertzogen Carls zu Oefterreich Hofkhrigs Rath etc.
Verehrt difen tifch Michael Holtzbecher difs 1589 Jarr.-
Die Technik der Ausführung ift die zweite Manier.
Auf beiden Tifchen Nr. 4 und Nr. 5 findet fich weder
Bemalung, noch Vergoldung.
Nr. 6. Kalendarium, 19 Cm. breit, 30 "5 Cm. hoch,
im Antiken-Cabinet des Joanneums, aus einem Wein-
gartshaufe in der Nähe von Gratz flammend. Außer
dem genanntenTitel trägt die Platte noch eine zweite
Auffchrift: „Manual oder Hand Calender mit den
zwölff Monaten vnd ieren Tagen Etcc.-1, ferner die
Sonntagsbuchftaben und dieBemerkung, dafs in jedem
Schaltjahr „der Monat Februarius 29 Tag in fich
befchleuft". DerKalender felbft hat die 12 Monate und
32 Tagrubriken mit nebenftehenden Löchern zum Be-
zeichnen des betreffenden Monats und Tages durch je
ein eingedecktes Holzpflöckchen. Der Rand rings-
herum ift durch ein reichverfchlungenes Flächenor-
nament verziert. Unten befindet fich in ovalem Felde
die Infchrift: „Andreas Pefchku von Benefchaw aufs
Behaim macht difs Straubingae Anno 1602". Technik
die dritte Manier, ohne Bemalung.
Nr. 7.' Kreisrunde Tifchplatte \m Stifte Kein mit
1 -37 M.Durchmeffer. Diefelbe enthält in concentrifchen
Kreifen folgende Darftellungen: Im kleinen runden
Mittelfelde: den Globus, im nächften Ringe dieGeftal-
ten von: Sol, Luna, Mars, Mercur, Jupiter, Venus,
Saturn; im nächftfolgeiulen Ringe in Schrift: die fieben
Tage der Woche, Sonnenaufgang, Tageslänge. Dann
die 12 Bilder des Thierkreifes und im nächften Ringe
die 12 Kalenderbilder der Monate. Diefem inneren
Kreife fchließt fich ein Kalender auf 200 Jahre an, von
1600 bis 1800, welcher fowohl für den alten als neuen
' Nr. s und 7 befanden fich 1883 auf der culturhiftorifchen Ausfüllung
zu Gratz.
III
Styl von jedem Jahre die goldene Zahl, die Epakten,
die Römer-Zinszahl und den Sonntagsbuchftaben gibt.
Außerdem find die Namen der Sternbilder, der Tages-
heiligen etc. angebracht. In einem die Jaftreskreife
trennenden Durchmefferftrcifen befindet fich ein orna-
mentirter Obelisk mit dem Monogramm des Kiinftlers:
A. P. und der Jahreszahl 1607. Das Figurale und
Ornamentale ift colorirt, die Schrift vergoldetj Art
der Ausführung die dritte Manier.
Die fchonePlatte ift von einem (fpäteren) hölzernen
Rahmen eingefaßt, auf deffem Rand mit weißer
Oelfarbe folgende Infchrift angebracht ift:
CALENDARIVM ISTVD AVTORE ANDREAPLESCHKH
PAEDAGOGIE ET ARITHMETIC/c- GRACENS • MAGI
STRO CREDITVR EFFECTVM NAM CALATVRAM
EIVSDEM REFERT LAPIDEA QVADRATA TABVLA
IN AVLICO GRÄCII ARTIFICIORVM PAPOSITORIO
FERD- II A- 1610 DEDICATA-
Nr. 8. Viereckige Tifchplatte, 103 '5 Cm. lang,
91 Cm. breit in der k. k. Ambrafer-Sammlung in Wien
(V. Saal, Nr. 297). Diefelbe wurde laut Infchrift im
Jahre 1610 von „Andre Pefchkhu Schuel und Rechen-
meifter in Grat/." für den Erzherzog Ferdinand (nach-
mals Kaifer Ferdinand II.) gearbeitet und befand fich
Ins 1765 in der Schatz-, Kunft- und Rüftkammer der
k. k. Burg zu Grätz. ! Diefelbe enthält einen Kalender,
verfchiedene Infchriften und Gefange, an den vier
Ecken die Evangeliften, in der Mitte der Langfeiten
die Figuren: Religio und Ecclesia. Die Figuren colorirt,
ausgeführt in der dritten Manier.
Nr. 9. Gerichtstafel im Rathhaufe zu Radkersburg
vom Jahre 1615, wahrfcheinlich für den Stadtrath da-
felbft eigens angefertigt, ebenfalls von A. Pefchku.
Die 48 Cm. hohe und 34 Cm. breite Platte enthält im
erften Felde die Figur der Juftitia, im anderen Felde
die Fortitudo. Etwas ober der Mitte der Platte befindet
fich ein kreisrundes metallenes Medaillon, welches in
getriebener Arbeit das Urtheil Salomo's darfteilt.
Im Nebenfelde befindet fich folgende Titelfchrift:
„Memorial oder fchöneRithmi fambt einemEpigramma
von der lieben Jufticia So in allen Rath: Rechts vnd
Gerichtsftuben mag gebraucht vnnd fürgeftelt werden,
Indifen Stain erhöbent vnd alles vleifs gemach (t)" und
fchließt in einem anderen Felde mit folgenden Worten:
„Durch Andre Pefchku Schul vnd Rechenmaifter in
Grätz 1615". In zwei Feldern befinden fich lateinifche
auf das Richteramt Bezug nehmende Epigramme, in
zwei anderen Feldern endlich deutfehe Verfe, welche
wir, da fie offenbar den „deutfehen Schulmeifter" felbft
zum Verfaffer haben, als Proben ehemaliger deutfeher
Dichtkunft vollinhaltlich anführen wollen. Sie lauten :
„Den Ratgeben ingemein.
Ir Ratgeben fürdert Gottes ehr, Das fein dienfl
rein gehalten wer. Gunft, neid, vnd gfchickh meidt
vndter euch, Ein Jedem feit im Rechten gleich. Der
Wittwen wayfen habt guet acht, Die noth der gfangen
woll betracht, Den aigen nutz laft herfchen nich(t) So
ftrafft euch Gott nit in feim glicht. Die tilgend laft nit
onbelohnnt, Die Böfen ftrafft, der Frommen fchont.
Seit freundliche vnd doch ernfthaft, So gefchiecht aus
1 Siehe das Inventar diefer Sammlung: Mitlh. der k. k. Centr.-Comm.
Jahrgang VI, neue Folge, Seite CHI.
lieh als was ir fchafft, Dann wie ir euch halt in dem
Rath, Alfo holt lieh die ganze Statt. Auch habt guet
acht fecht euch woll für, Euer vnglükh warth euch
vor der thür, Wann ir nit folget treu ein Rath, Zelt nur
die Stimm vnd wegt nit die that, So folgt euch nichts
Dann fchimpff vnd fchadt, Vndt khumbt ewer Rew vill
zu fpat. Auch wann ir gfatz vnd Ordnung macht, Vnd
nit drob halt werd ir verlacht, Macht ir Ordnung fo
halts auch mit, So gibts khein fchelten Brueder nit.
Gott fürchten bringt weifsheit vnd fegen, Kyrchen vnd
Schullen foll man pflegen, Befördern vnd erhalten mit
vleifs, Den lohn empfangen im Paradeifs. Wo folches
gefchiecht im Regiment, Gibt Gott den fegen an alle
endt, Will mans aber verachten vndkrenken, WirdtGott
ins Hollifch fewr fencken, Darfür wollt behuette Gott,
Das man daraus treib khein fpot."
„Jedem Infonderheit.
Stolzier nit fich vor wer du bift , dein anfang
fchleim vnd vnluft ift, Das loben fterblich fchwach
vnd gefchwindt. Gleich wie ein wafser plafen rindt.
Dein ausgang ift der Wurmen fpeifs, Erkhen dich felbft
bift anderft weiß, Je höher Du in Aembtern bift, Deft
mehr haft neid vnd hinderlift. Khein freundtfehafft,
feindtfehafft brauch im Rath, Khein gunft, khein neid
darin hab ftatt. Sonder das rechte vnd billigkheit,
Sonft würdts dir ewig werden leidt, Verhör die fach
darnach verdamb, Erwigs lob vnd ftraff fie dann. Hör
vnd lafs roden beyde thail, Bedenkhs vnd föll darnach
vrtheil. Den ftrafft Gott dort in ewigkheit, Wer nit
helt die gerechtigkheit. Auch wie du mich richteft
vnd ich dich, So wirdt Gott richten dich vnd mich. Vnd
wie die Sonn den Schnee vertreibt, Vnnfer kheiner
Hie auf Erden bleibt. Wilt handeln, thues mit guetem
rath, Sonft wirdts dich rewen nach der that. Da wer
ohn forg vnd Rath Regiert, Gar offt durch wahn be-
trogen wirdt, Nit vorbedacht fondern nachbetracht, hat
manche zu rew bracht."
Die Zwickel zwifchen den ovalen Feldern find mit
einem ungemein reich verfchlungenen Flächornament
ausgefüllt, welches an maurifche Motive mahnt. Zum
Schluffe ift zu bemerken, dafs die Figuren colorirt,
das Metall-Medaillon und die Schrift vergoldet find; die
Ausfuhrung ift in der dritten Manier.
Nr. 10. Kleines Sonnenuhrblatt mit Ornamenten,
welche als Anfertigungszeit den Anfang des 18. Jahr-
hunderts erkennen laffen. Ziffern und Zeichnung er-
haben, alfo dritte Manier.
Nr. 11. Kleines Sonnenuhrblatt ohne figuralen und
ornamentalen Schmuck, deffen Infchrift als Chrono-
graphicon die Jahreszahl 1769 gibt.
Die beiden letzten im Antiken-Cabinet des Joan-
neums befindlichen Objecle zeigen uns, dafs fich die
Technik der Steinätzung in Steiermark bis über die
Mitte des 18. Jahrhunderts erhalten hat.
Die angeführten Werke machen uns zwei in der
Technik der Steinätzung arbeitende Künftler von Grätz
namhaft, nämlich Michael Holzbecher und Andre
Pefchku, mit welchen wir uns nun zu befaffen haben. Die
Tifchplatte Nr. 5 nennt einen Michael Holzbecher,
welcher 1589 diefen Tifch dem Georg von Gera verehrt
hat. Um nun zu erfahren, ob Holzbecher auch wirklich
der Verfertiger des Tifches fei, fuchten wir deffen
Namen in den Hofkammer-Aclen der fteirifchen Statt-
halterei und fanden dafelbft 11 Actenftücke, welche
IV
lieh mit Holzbecher befallen. Diefelben geben folgende
Daten: ' M. Holzbecher war als ..Lichtkammerer-
am Hofe Erzherzog Karl II. in Grätz angeftellt. Im
Jahre 1574 wurde ihm das Amt eines „Kaftners" hinzu-
gegeben und auf fein Anfuchen ihm 1577 das Licht-
kämmereramt abgenommen.
Im Jahre 15S5 dicht er, nachdem er bereits
30 Jahre gedient, um feine Entlaffung an. Da diefelbe
nicht genehmigt wurde, wiederholt er im November
15S9 das Anfuchen von neuem und bittet um eine Ab-
fertigung von 1000 fl. Diefer Eingabe liegt ein Gefuch
an den Kammerer und F. D. Rath Max v. Schratten-
bach und „dero geliebten gemachel" bei und diefes
ift für unfere Frage entfeheidend. Holzbecher fagt
darin: .Da ich vor kurzem drey Marbl fleinen tifcli
Auf die Parteien Ihr. F. D. ob Inen diefelbigen gefillig
zu fehen, fürgeftellt, welche bis dato alfo verblieben
vnd wie Ich vernimb Ihr. F. D. diefelben gefehen auch
meines erachtens an denen khein misfallen haben
follen. wehr Ich bedacht, folche meiner genedigiften
Frawen (der Erzherzogin Maria 1 In vnderthanigen
gehorfam zu uerehren, die ich zu einer Recreation
meiner Genedigiften Jungen Herrfchafft mit Vleifs .rite-
gericht vnd Ihr. Durchl. mein genedigifte Fraw derfel-
ben Zuzuaignen werden wißen."
Aus diefem Acte geht hervor , dafs Holzbecher
folche geätzte Steintifche felbft verfertigte, und dafs er
im Jahre 15S9 drei derfelben, welche er zu einer Recrea-
tion der jungen Herrfchaft zugerichtet, bei Hofe präfen-
tirte. Da nun derTifch Xr. 3 im Joanneum die Jahreszahl
1589 und das bayerifche und öfterreichifche Doppel-
wappen trägt, ferner als Spieltifch mit dem rkurtzwei-
ligen Fortuna Spill" fich in der That zur Recreation
der jungen Erzherzoge eignete, fo ift außer Zweifel,
dafs unfer Object Nr. 3 einer von den drei präfentirten
Tifchen, derfelbe alfo, fo wie Xr. 5 von Holzbecher
herrühre. Da nun ferner die Fortuna auf dem genann-
ten Tifche Xr. 3 in .Anordnung, Zeichnung und tech-
nifcher Ausführung ganz mit der Fortuna auf der Wap-
1 Wir laßen die Acten in Regeftenform folgen:
1575 9. Man Nr. 49. Holzbecher welcher feit 20 Jahren dient, bittet, nachdem
ihm im Vorjahre der „Kaftendienft" zugegeben wurde, ihm den Licht-
kammererdienft abzunehmen, ferner ihm die 200 fl. Gehalt, die er bis
jetzt bezogen, zu belaflen und zu geftattt-n, dafs nach feinem Tode
deflen Erben fo lange 200 fl. jährlich eingeräumt werden, bis fie mit
1000 fl. „abgeledigt" find.
1575 December Nr. 10. Holzbecher werden für je 100 Viertel Getreide
5 Viertel bewil.
1577 Februar Nr- 38. Holzbecher bittet neuerdings um Erlaffung des Licht-
kämmererdienftes und um beffere Befoldung.
1578 Juni Nr. 60. Eingabe des Holzbecher. Er fagt darin, dafs er 27 Jahre in
erzherzoglichen Dienften ftehe, dafs er „aber nicht foviel erbringen
mögen, dafs nach meinem Abfterben mein Weib vnd kleine vnerzogene
Kinder eine kleine vnderhaltung vill weniger fich meiner vnderthenigft
volbrachten Dienfte zu ergeizen hetlen." Er habe jetzt in allem 150 fl.
Befoldung und erbittet, dafs nach feinem Tode die Kaftenamtsbef-ldung
von 100 fl. feinen Erben infolangc jährlich gereicht werde, bis fie ihnen
mit 1000 fl. abgeledigt werde. Die Hofkammer beantragt, ihm eine
Provifion von 100 fl. zu reichen.
1580 6. Jänner Nr. 12. Auftrag an die Herren Verordneten von Steiermark,
dem Holzbecher aus den Türken -Contributionsgefällen „um feiner
Muhe wegen, fo er mit der Einnehmung derfelben gehabt", zu den
en 100 fl. noch 100 fl. zu geben.
1580 September Nr. 46. Holzbecher bittet um 200 fl. Gehalt und 200 fl. „zu
einer ergetzlichkeit". Die Hofkammerräthe beantragen, ihm 200 fl. aus
den Contrabanden und Strafen zu reichen, über die Gchaltsaufbefferung
mögen F. D. felbft entfeheiden. Erzherzog Karl bewilligt 300 fl. Provifion.
X584 Juni Nr. 41. hingäbe des Holzbecher um eine Gnade, da ihn ,,die
Noth niemals fo hoch alß diefes Jar betroffen, weil ich lange Zeit
fammt meiner Hausfrau feiig vnd Kindern mit langwierigen Krank-
heiten beladen in Schulden geralhcn". Er bittet, dafs er vom Anfange
feines Dienens jedes Jahr 25 fl. gerechnet bekomme. Erzherzog Karl
bewilligt 400 fl.
1585 Juni Nr. 7. Holzbecher fucht wegen hohen Alters um Entlaffung aus
dem Dicnft an und bittet um 1000 fl. Abfertigung und jährlich 100 fl.
Provifion. Die Hofkammer fchlagt vor: 500 fl. Abfertigung und 50 fl.
Jahrespenfion.
1589 November Nr. 45. Erneuertes Anfuchen in obigem Sinne (Siehe Text).
1500 10. Februar Nr. 16. Auftrag an die Verordnelen, dem Holzbecher aus
dem Zapfenmaßgefallen 100 fl. anzuweifen.
pentafel Xr. z ubereinuimmt, ferner die zwei Figuren
Pelikan und Phönix der Wappentafel fich am Tifche
wiederholen, fo nehmen wir keinen Anftand auch die
Wappenfafel dem Holzbecher zuzufchreiben Dafs fie
forgfaltiger und feiner durchgeführt ift, ftimmt ebenfalls
mit unferer Annahme; denn als Holzbecher diefelbe im
Jahre 1570 verfertigte, war er in der Vollkraft feiner
Jahre, wahrend er 15S9, zur Zeit als er die Tifche an-
fertigte, lieh felbft einen altersschwachen Mann nennt.
Schließlich werden wir die Tifchplatte Xr. 4, ebenfalls
von 1589, folange dem Holzbecher zufchreiben muffen,
als wir nicht einen anderen um diefe Zeit in Grat/.
thätigen Kunftler nachzuweifen vermögen. Dielen Tifch
hat der Hofjäger und Riedmeifter Ulrich Ebenhech
dem Erbland-Jagermeifter Freih. v. Tanhaufen zum
„neuen Jahr" 15S9 präfentirt; es liegt nahe, dafs er ihn
von feinem Collegen im Amte, dem in der Kunft der
Steinätzung bewanderten erzherzoglichen Kaibier Holz-
becher anfertigen ließ. ' Außerdem darf nicht unbe-
rückfichtigt gelaffen werden, dafs die grundrifsartige
Anwendung der Figuren bei voller Seitenanficht derfel-
ben, die etwas rohe eine alternde Hand erkennen
laffende Ausführung, das Nachhelfen mit Infchriften
dort, wo bei dem gänzlichen Mangel an Perfpcflive die
Deutlichkeit im Vortrage leidet, an beiden Tifchen
völlig identifch ift. Wir können fomit die Gilde der
Steinätzer des 16. Jahrhunderts definitiv um einen neuen
Namen: Michael Holzbecher vermehren und bringen
unter einem vier erhaltene Werke desfelben bei.
Was den „deutfehen Schul- und Rechenmeifter"
Andre Pefchku betrifft, fo beftehen über denfelben als
Steinätzer umfoweniger Zweifel, als derfelbe fchon
längere Zeit durch feine Werke und hinterlaffenen
Schriftftücke als folcher bekannt ift. * Ueber feine
Lebensverhältniffe können wir Folgendes feftftellen.
Er ift nach eigener Angabe um 1570 geboren, und
zwar — saxa loquuntur — wie die Tafel Xr. 6 fagt, zu
Benefchau in Böhmen. Xach derfelben Tafel lebte er
1602 in Straubing und fcheint dort feine Kunft von
einem der bayerifchen Meifter erlernt zu haben. Von
1609 an lebt und wirkt er, wie aus fpäter anzuführen-
den Actenftücken hervorgeht, bis zu feinem Tode in
Grätz3; an welcher Schule er angeftellt war, konnten
wir nicht eruiren. Er heiratete in Grätz am 14. Juli 1613.*
Seine Ehe fcheint ziemlich kinderreich gewefen zu fein,
denn wir finden in den Sterbematriken der Stadtpfarre
Grätz folgende Aufzeichnungen: „den i. December
1624 dem Andre Pefchku fein junges Khindl beftattet;
den 29. December 1629 des Andre Pefchku in der
Schmiedgaffe jüngftes Söhnchen Johannes beftattet;
den 12. März 1644 Ignaz Pefchku, Junggefell, Sohn des
Andreas Pefchku beftattet." Am 4. oder 5. Oflober
1641 ftarb unfer Meifter felbft, denn er wurde am 6.
zu St. Andrä beftattet.
In den Mußeftunden feines Schul- und Rechen-
meilterdienftes arbeitete Pefchku feine geätzten Stein-
tafeln, die er, wenn fie nicht auf fixe Beftellung ge-
1 Die über Ebenhech vorliegenden Acten geben nicht den leifeften
Anhaltspunkt, dafs er felbft den Tifch angefertigt haben könnte.
: Siehe unfer fteirifches Künftlcr-Lexicon S. nS.
* Ein Jacob Pefchku, wahrfcheinlich Bruder unferes Andrea, kommt in
Gratz zwifchen 1631 und 1634 als ,,landfchaftticher Maler" vor, nicht aber 1637,
wie Kümmel (,. Kunft und Kunftler in ihrer Förderung durch die fteirifche
Landfchaft" im XVI Hefte der Beiträge fteierm. Gefctiichlsquellen | angibt,
denn er ftarb laut Malriken der Stadtpfarrc bereits am 4. Februar 1634.
* So zu lefen im „Index" der Traumatriken der Stadtpfarre; das Trau-
buch felbft beginnt aber erft mit 1614, daher Name und Herkunft feiner Frau
uns unbekannt bleiben.
V
macht waren, dem erzherzoglichen Hof oder den Land-
ftänden anbot. Die drei unter Nr. 6, 8 und 9 ange-
führten Werke aus den Jahren 1602, 1610 und 1615,
welche durch ausführliches Signum als feine Arbeiten
beglaubigt find, fcheinen die einzigen erhaltenen
Werke feiner Hand zu fein. Von anderen fpäteren
Arbeiten befitzen wir nur arehivalifche Nachrichten,
und zwar überreichte Pefchku Ende April 1624 der
fteirifchen Landfchaft einen Marmorftain,1 darauf der
Mainaidt „exaltiert" und erhielt dafür 50 Reichsthaler.
Am 16. Januar 1629 beftätigte er den Empfang von
15 fl. „wegen eines von Marmorftain verehrten Calen-
ders" und deßgleichen 12 fl. am 8. Janner 1637 für „ein
in Marmorftain exaltierten Calender vnd Ehrentitl zum
neuen Jar." Zu Beginn des Jahres 1638 wies er der
Landfchaft nach, „zu was Würden vnd großem Ansehen
die fchone vnd finreiche Khunft Arithmetica wegen
ihrer Fruchtbarkeit vnd Nuzes bey den Alten vnd Ge-
lerten gehalten worden"; er hege keinen Zweifel, „dafs
E. G. als hochverftändigen vnd Liebhabern der frewen
Khünften folches alles vnuerborgen, nemblich das der,
fo in Rechnung, khein Erfahrung hat, zu kheiner richti-
gen Handlung oder Ambtsfachen zu gebrauchen; dage-
gen offenbar, das guete erfahrne Rechner zu allen
Sachen vnd Khünften gefchickhter feyen , als andere,
dahero fich die Römer aufs hochfte befliffen, das fie
ihrKhinder haben rechnen lehrnen laßen." In Erwägung
deffen offerire er denn „difesgegenwerdigeKunftftückh-
lein in Marmorftain, welichs ein Figur der arithmetifchen
Progreffion de diftantiis locorum ift, daraus leichtlich
vnd nuzlich zuwißen, wieuil Meillen ein Statt von der
andern ligt. " 43 Jahre habe er nun als „teutfeher
Schuelhalter laborirt" und er empfehle fich deßhalb
einer befondercnBerückfichtigung. Sechs Gulden waren
der Lohn für das finnreiche „Kunftftückhlein".2
In den Hofkammer-Adlen fanden wir nur einen
einzigen unferen Künftler betreffenden Ac~t, aber diefen
von um fo größerem Intereffe, als er wichtige Daten
über fein Leben enthält und, kurz vor feinem Tode
gefchrieben, wahrfcheinlich über eines feiner letzten
Werke handelt. Es ift eine Eingabe an die Hofkammer
vom Jänner 16403 folgenden Inhaltes:
Hochlöbl. I. Oe. Hoff Cammer!
Gnedig vnd Gnedige Herrn der Rom. Khay. May.
u. wollgeordnete hindterlaffene Herrn Herrn Gehaimbe
Präfident vnd Räthe. Denfelben feye hiemit von mir
Nunmehr in die 31 Jahr alhie zu Graz laborierent be-
ftellten Teütfchen Schuel vnd Rechenmaifter, ein glückh-
fee: frolich vnd freudenreiches Neves Jahr gewünfeht.
Sintemallen mir nit vnbewufst Das Eur. G. u. Gnädige
beförderer vnd Patroni der Khünften fein, vmb fovil
mehrer Zueneugung habe ich nit wollen Vndterlafsen,
E. G. v. G. fament vnd fonders difen in Marmorftain
Elaborierten Maineydt oder Exemplar des Falfch-
fchwörens (was nemblich der falfche Aydt aufweift) Zu
praefendiern, den ich Ja felbften ex ipfo Marmore
elaboriert vnd exaltiert habe (quia ars non habet oforem
nifi ignorantem?) Jedoch hat fy in alwegen ihre Patro-
nes und Liebhaber fo fich deren Annehmen, darnach
vmbfehen, vnd darob ein G. wollgefallen trag Eur. G.
v. G. undterthenigs vleifs bitt vndt Vlehen von mir
1 Nach der damaligen unpräeifen Terminologie wurden die Solen-
hofer Steine immer mit „Marmorftein" bezeichnet.
2 Siehe: Kümmel a. a. O. Seite i;.
i H. K. A. Janner 1640 Nr. 60.
mit gnaden Zu aeeeptiren vnd Anzunehmen. Mich auch
nun mehr ober 70 Jahrigen Mann in gnedigen beuelch
Zu haben.
Eur. G. v. G.
Undterthenigifter
Andrea Pefchku Teutfeher
Schuel vnd Rechenmaifter.
Außen lieht: „Hofpfennigmeifter foll dem A. P.
wegen eines in Marblftein gradirten vnd alher präfen-
tirten Neuen Jahrs Zeichen 20 fl. reichen. 10. Jänner
1640."
Es bleibt nun noch Nr. 7: die große kreisrunde
Tifchplatte des Stiftes Rein zu befprechen. Obwohl
die auf dem Holzrand angebrachte lateinifchc Infchrift
fagt, dafs die Tifchplatte „wie man glaubt" von Andre
Pefchku angefertigt fei, fo muffen wir diefelbe dennoch
unferem Künftler abfprechen und dem Regensburger
Andreas Plieninger zuweifen. Die Gründe dafür find
folgende :
a) Die Tifchplatte befand fich zweifellos in der
Kunftkammer der k.k. Burg in Grätz und wurde bei der
im Jahre 1765 erfolgten Verfteigerung der nicht nach
Wien gebrachten Gegenftände von dem Stifte Rein
zufammen mit einer Serie prächtiger mathematifcher
Inftrumente und anderen Kunftgegenftänden käuflich
erworben. Es mag damals eine neue Holzein faffung
angefertigt worden fein, und der betreffende Vorftand
der Reiner Kunftfammlung, welcher natürlich auch die
zur felben Zeit nach Wien beförderte Platte Nr. 8 der
Ambrafer-Sammlung kannte, und zwifchen beiden eine
gewiffe Aehnlichkeit fand, mag jene Infchrift ver-
fafst haben, welche die Reinerplatte dem Künftler der
für Erzherzog Ferdinand gearbeiteten als wahrfchein-
lich oder „wie man glaubt" (iftud) zufchreibt, weil das
Monogramm A. P. zufällig auf den Namen Andre
Pefchku pafst. Dafs der Verfaffer der lateinifchen In-
fchrift nicht ganz ficher in feiner Sache war, beweift,
dafs er den Namen des Künftlers nicht einmal genau
kennt, denn er fchreibt ihn Plefchkh, anftatt Pefchku
oder Pefchkhu. Wir können alfo auf diefe nachträg-
liche Datirung kein großes Gewicht legen.
b) Pefchku hat bei allen feinen bekannten Werken
und in allen von ihm vorliegenden Schriftftücken nie
unterlaffen, feinen vollen Namen und Titel beizufügen,
es kann daher kaum angenommen werden, dafs er bei
einem fo großen fchönen Werke, wie es die Reiner-
platte ift, nur mit den Initialen A. P. fignirt haben
follte. '
c) Der Hauptgrund, warum wir die Reinerplatte
nicht Pefchku zufchreiben können, liegt in der Tech-
nik. Nicht nur das Ornament, auch die Figuren be-
handelt Pefchku anders, als auf der Reinerplatte. Die
Figuren der letzteren find weit flotter, fluchtiger und
improvifirter gezeichnet, als bei Pefchku, der alles
forgfältig, ein klein wenig mit fchulmeifterlicher Pedan-
terie ausführt. Sie haben einen ganz fpeeififeh deutfehen
Charakter, während bei Pefchku mehr italienifcher Ein-
fluß vorwaltet Auch die Fraclurfchrift ill bei Pefchku
anders; die Anfangsbuchftaben find einfacher und nicht
fo kunftreich verfchnörkelt, als die der Reinerplatte.
1 Am Kalender Nr. 6 hat er fogar außer feinem vollen Namci.
burts- und Aufenthaltsort noch extra in den Tagesrubriken ein kleine
beigefügt.
VI
i >ie Reinerplatte war im Befit/.c des Erzher
Ferdinand in Grätz und trägt die Jahreszahl 1607.
Nimmt man an, dafs die Platte dafelbft entftanden
ift, dann kann fie nicht von Pefchku lein, welcher eril
1609 nach Grätz kam. Sie wird wahrfcheinlich aus
Bayern (lammen und es liegt nahe, dafs fie vom
bayerifchen Hofe der erften Gemahlin Ferdinands.
.Maria Anna, welche ja eine bayerifche PrinzelTm war,
als Gefchenk nach Grätz gefchickt wurde, gleich vielen
anderen Gegenftänden der Grätzer Kunftkammer,
welche bayerifchen Ürfprung erkennen laffen. Ift die
Platte aber aus Bayern, dann werden die Buchftaben
A. P. kaum einen anderen Künftler als Andreas Plie-
ninger bedeuten kennen.
Der Teppichfehatz im Befitze des Mährifchen Gewerbe-
Mufeums in Brunn.
ßefclirieben von Augufl Prokop, k. k. Confervator und ProfelTor, Architekt und Mufeum Direclor.
I. Art der Erwerbung.
JL'RCII den Ankauf und die Schenkung der
- w\> 1 ganzen Wachsmanrifchen Sammlung s feitens
4tl*-^A des Cur atoriums- Mitgliedes Herrn Theodor
Ritter von Offermann wurde dem Mährifchen Gewerbe-
Mufeum unteranderem auchein altergeftickterTeppich
zugeführt, der nicht viele feines gleichen haben dürfte;
obwohl dcrfelbe fehr defect ift und fogar zwei große
Partien ganzlich fehlen, fo ift er dennoch von großem
kunftgefchichtlichen und kunftgewerblichen Intereffe
lowohl wegen des Reichthums der figürlichen und
ornamentalen Darftellnng und der eigenthümlichen
zeichnerifchen Anordnung, als auch durch die Art
feiner Durchführung und durch die höchft effektvolle
Farbenwirkung.
.Maler Wachsmann hatte diefen und einen zweiten
ahnlichen, ab er weit beffer erhaltenen Teppich Anfangs
der fiebziger Jahre bei dem bekannten Antiquitäten-
händler Salanton in Dresden gefehen, welcher angab,
dafs beide Teppiche aus einem Thurmgemache der
Domkirche in Hildesheim herrührten. Die Anordnung
oder Gruppirung des zweiten Teppiches foll eine
ähnliche wie bei unferem vorliegenden gewefen fein,
nur fehlte die in Kreisform lieh hinziehende Arcaden-
Architektur. Als Hauptdarfteilung enthielt diefer Tep-
pich neben vielen anderen Figuren die des Heilandes
nach derOffenbarungJohannis Cap. 1, Vers 12 — 20; die
ganze Darftellnng durfte daher der Apokalypfe ent-
nommen gewefen fein.
Das mährifche Gewerbe-Mufeum, welches fich
felbftverftandlich heute auch um den Verbleib diefes
zweiten Teppiches intereffirte, konnte von dem ge-
nannten Antiquitätenhändler leider nichts weiteres
erfahren. Wachsmann hatte vorerfi den hier zu be-
fprechenden Teppich copirt, kaufte fodann nach Jahr
und Tag ein Stück diefes Teppichs, wie ihm dies vom
Befitzer angetragen worden war, wobei die Scheere
eilt eine Theilung vornehmen mußte.
Nach weiteren Jahren endlich gelangte auch der
andere bis dahin noch nicht verkaufte zweite Theil in
feinen Bcfitz; der fodann auf eine grobe Leinwand
aufgenähte Teppich zierte nunmehr den Plafond feines
Wohnzimmers durch fall ein Jährzehend hindurch.
1 f'rie.irich Wurhsmann lebt als Maler in Prag, wo er nebenbei auch
if kunftgewerblichcm, meift rcligiofem Gebiete thätig war und ift. Seine
feit 30 Jahren angelegte Sammlung zahlte bei 600 Nummern.
II. Allgemeine Befchreibung des im Befitze des
Mährifchen Gewerbe-Mufeums befindlichen
Teppiches.
Der Teppich des mährifchen Gewerbe-Mufeums
ift 3' 50 M. hoch und 4*58 M. breit; er zeigt eine ori-
ginelle Anordnung und Hauptgruppirung; wir fehen
nämlich einMittelfeld von einem Zirkelbande umgeben;
um diefes Itellen fich radial zwölf mit Vollbögen ge-
fchloffene, figurcngelchmückte Felder herum, die mit
ihren Säulen, Capitälen und Rundbögen eine kreisför-
mige Arcadenreihe bilden.
Diefe Anordnung gemahnt in der Form an die
großen romanifchen Radfenfter. ' Um diefe in Kreis-
form geftellte Arcadenreihe zieht fich fodann noch
ein zweiter äußerer Zirkel, ein zweites Kreisband
herum, wahrend die vier, refpeftive hier drei Ecken
des Teppichs reiche feenifche Bilder ausfüllen ; den
ganzen Teppich aber begränzte eine breite Bordüre,
gebildet von einem um einen Stab gewickelten bunten
Blatt- und Ranken -Werk ; die Blatter von grüner,
blauer, gelber und zwar in ftumpfen Tonen gehaltener
Farbe heben fich hier von einem rothen Fonde ab.
Der Text des inneren Ringes ilt in Minuskelfchrift,
der Text des großen äußeren Zirkelbandes aber, fowie
die Buchftaben aller Spruchbänder, dann jene der
Vollbogen-Infchriften und der Kreis-Arcaden find in
Majuskel-Schrift gehalten.
Der (mit gelben Sternen bemusterte) Fond des
Mitteltheiles, der zwölf Bogenfelder und der vier Eck-
partien ift in einem ftumpfen Dunkelblau ausgeführt;
die in den Arcaden-Nifchen angebrachten zwölfFiguren
erfcheinenftehend über einem getäfelten, in den Farben
wechfelnden Boden angebracht; der blaue Fond der
von dem äußeren Kreisbande abgehenden Eckpartien
(teilt einen Wiefenplan dar, in welchem allenthalben
zahlreiche Blumen hervorfprießen und bildet zugleich
den Boden oder den Vordergrund für die feenifchen
Darftellungen der Ecken.
Die Säulen der Kreis-Arcaden zeigen fowohl in
den Capitäl-Formen als auch in der Art des geome-
' Die Zahl i- die hier in Betracht kommt, fowie die radförmige Anord-
nung, tritt uns bei Darstellungen der chriftlichen und profanen Kunft in
reien, Sculpturen, Stickereien und Webereien fehr häufig entgegen;
die Zahl 12 finden wir bei den Abbildungen der 12 Sohne Jacobs, der 12
Stämme der [Craeliten, der ta kleinen Propheten, der 12 Apoftcl, der 12 Sibyllen,
der 19 Pforten Jeruralems, der 12 Himmclszcichcn, der 12 Monate etc. etc. etc.
Eine gleiche Radfcnfterform fehen wir auch noch auf dein allegorifchen, aus
dein 15. Jahrhundert (lammenden und in der Akademie der fchonen Künfte
in Florenz befindlichen Gemälde des frä Angelico etc.
BR CNN.
F. W. BAÜI K W1KN
VII
trifclien oder ornamentalen Decors, welcher (Ich an
den Säulenfchäften hinzieht, und ebenfo in derFarben-
wahl die größte Reichhaltigkeit und Mannigfaltigkeit;
die Bogenzwickel zwifchen den einzelnen Vollbögen
und dem äußeren Kreisringe füllen gleichfalls reiche
Ornamente in den verfchiedenften Farben aus. Wir
fchen fomit allenthalben einen reichen Wechfel in
Zeichnung und Farbe; auch die Abtönung für Licht
und Schatten ift in mehrfachen Abftufungen durch-
geführt; entweder 0Ä«e"Trennungslinie hergeftellt, oder
und zwar zumeift in den Contouren und Zwifchenlinien,
befonders bei denen des Faltenwurfes etc. durch eine
dunklere, aber immer zu der Hauptfarbe paffende Farbe
markirt.
Was die bei diefemTeppichcverwendetenFarben
betrifft, finden wir neben weiß und fchwarz alle Grund
färben und diefe in verfchiedenen, meift gedämpften
kalten Abtönungen; wir fehen z. B. carmin und Zinno-
ber, ein lichtbraun, drapp und dunkelbraun, licht- und
dunkelgrau, blaugrau, lichtblau, dunkelblau, gelbgrün,
grün, blaugrün etc., alfo eine ungemein reiche wohl
fortirte Farben-Scala, wobei die Farben immer gut
zufammengeftimmt find, fo dafs trotz der Bunt- und
Vielfarbigkeit des Einzelnen dennoch ein ruhiger
harmonifcher TotaleffecT:, ein nobles Enfemble erzielt
ward.
III. Zeitfixirung der Herftellung des Teppichs.
Durch einen Zufall ' find wir leider nicht mehr in
der glücklichen Lage, eine genaue authenlifche Zeit-
fixirung des Teppichs zu bringen ; war doch derfelbe
fogar datirt ; es finden fich nämlich am linken Rande
desfelben in Minuskelfchrift die Buchflaben:
„ iio dni sal ",
alfo: „anno domini salutis" geflickt; das weitere fehlt
aber leider; die hier angeführt gewefene Jahreszahl
der Herftellung ift uns fomit verloren gegangen.
Dagegen wird uns, was die Zeit der Herflellung
anbelangt, folgende Betrachtung zum Ziele führen. Im
erften Momente wird man den Teppich entfehieden für
weit älter halten, als er thatfächlich ift; ja man könnte
anfänglich in der architektonifchen Anlage und deren
Details fogar romanifirende Formen zu erblicken
glauben, die durch locale Einflüffe, begünftigt, uns hier
als traditionelle Formen entgegentreten; richtiger
erweifen fich felbe aber fchon als die neuen Formen
der Renaiffance. Auch die Zeichnung der Figuren,
die Tracht, die vorkommende Minuskelfchrift etc.,
alles diefes weifet auf eine weit jüngere Zeit, auf das
Ende des Mittelalters hin. Nach genauer Erwägung
aller Umftände, nach Vergleich mit Abbildungen von
Trachten etc. werden wir auf den Anfang des 16. Jahr-
hunderts hingegeführt, oder noch genauer fixirt, auf die
Zeit zwifchen 1480 — 1530 ; einzelne Figuren erinnern
auffallend anBurgmaier, andere weifen wieder frappant
auf die „Hochzeitstanzer' von Hans Schäuflein hin ;
1 Oder geschäftliche Ablicht eines Antiquitäten-Händlers.
(Redaction.)
es fcheinen für die Zeichnung des Teppichs in der
That Vorbilder verfchiedener Meifter benützt worden
zu fein.
Dafs der Teppich diefer Zeit angehöre, bestätigt
auch die vorgefchrittenc Art der technifchen und
künftlerifchen Ausführung.
Die Lagerung der Fäden, die Kleinheit und
Dichtheit des Stiches zeigen uns eine beträchtliche
Stufe der Vollendung in der technifchen Arbeit, wie
wir dies erft z. B. bei den gediegenen Nürnberger
und Flandrifchen Arbeiten zu Ende des 15. Jahrhun-
derts finden.
Ebenfo fleht es auch mit der künftlerifchen Durch-
führung und Behandlung, was Zeichnung, Farben-
ftellung und Abtönung betrifft. Im 12. und 13. Jahr-
hundert zeigen die Gewandungen oder Gewandpartien
derlei Teppich-Stickereien, den damaligen Miniaturen
gemäß (da ja die Malerei ftets hier wie fpäter das Vor-
bild für die Darftellungen der Textilkunft abgab), noch
immer nur einen Localton; die Schattirung ward hiebei
einfach durch dunkle Linien, d. h. durch eine Linien-
fuhrung in dunkelfarbiger Wolle in Kettenftich ausge-
drückt oder doch angedeutet; dagegen fehen wir bei
den Teppichen des 14. Jahrhunderts conform der in
damaliger Zeit fchon weiter entwickelten Malerei die
Schatten der Falten etc. bereits in durchgängigen, d. h.
die betreffende Fläche ganz ausfüllenden dunkleren
Farbentönen ausgeführt, alfo in besonderen Local-
tönen gehalten, und zwar mit und ohne Abgrenzung
der einzelnen Flächenpartien durch dunklere Linien.
Dies findet fich nun auch hier bei unferem Teppiche
vor. Endlich zeigt auch die Zeichnung in den einzelnen
Darftellungen nicht mehr die bekannte Unbeholfenheit
und die Naivität der früheren Perioden; fie deutet viel-
mehr auf eine fchon ziemlich entwickelte Periode der
Kunft hin ; fo finden wir einen correcten Faltenentwurf,
meift ausdrucksvolle Gefichtszüge, wobei auch der
Verfuch zu individualifiren offen zu Tage tritt; ebenfo
fehen wir bei den feenifchen Darftellungen unzweifel-
haft den Verfuch einer perfpeftivifchen Gruppirung,
d. i. den Verfuch die dargeftelltenPerfonen verfchieden
groß hinzuftellen, um auf diefe Weife Perfpeclive in das
Bild zu bringen.
Namentlich verräth aber die auf die rohe Lein-
wand vorgezeichnete, fodann in fchwarzer Farbe fixirte
Contur etc. eine fo correcle elegante Weife, dafs man
begreift, wenn Wachsmatm Seinerzeit den Ausfpruch
that, dafs es einem faft gelüften könnte, die ganze
Stickerei abzulofen, um die Originalzeichnung vor fich
zu haben. Die Technik des Stickers. die fteife Wolle
und die Unbeholfenheit der Stickerin haben lange
nicht die Schönheit und Eleganz der Zeichnung wieder-
gebracht, wenn wir auch in der Stickerei hin und
wieder eine höchft anmuthige Haltung der Figuren
und bei diefen manchmal auch einen recht lieblichen,
durch fchwarze oder braune Wolle contourirten Ge-
fichtsausdruck finden.
Es ift fomit reichlich begründet, dafs wir in diefem
Teppiche ein Bild, refpe<5Hve eine Arbeit aus dem
Anfange des 16. Jahrhunderts vor uns fehen.
(Fortfetzung folgt.)
VIII
Grabftätten deutfcher Studenten in Italien.
Von Arnold Lufchin v. Ebengreuth.
IE viel deutfchcn Blutes liegt auf italifchem
Boden! Wie manches hoffnungsreiche Leben
hat hier, fern der theuern Heimat, vorzeitig
geendet!
Als mich diele Gedanken an einem fonnenhellen
Odertage zu Bologna im Kreuzgange von St. Domenico
befchlichen, da hatte ich nicht germanifche Krieger
im Sinne, deren wuchtiger Schritt das fchöne Welfch-
land feit den Tagen der Volkerwanderung fo oft er-
fchütterte. Ich dachte an jene Jünglinge, welche tief-
innerlter Wiffensdrang, ungebändigte Reifelud oder
auch wohl die launifche Göttin Mode aus ihrem nordi-
fchen Vaterlande in die lachenden Gefilde Italiens
führte. Wer zahlt wohl dieScharen deutfcher Studenten,
welche feit den Tagen Kaifer Friedrichs desRothbarts
regelmäßig Jahr um Jahr nach den italienifchen
Univerfitäten wanderten? Die Matrikel der deutfehen
Juriften zu Bologna hat uns vom Jahre 1289 herwärts
auf dreihundert Jahre bei 6000 Namen erhalten. Das
ift an fich eine ftattliche Menge, die jedoch nur den
jährlichen Zuwachs von durchfehnittlich zwanzig
deutfehen Rechtshörern für diefe Stadt umfafst, während
die Zahl der gleichzeitig anwefenden deutfehen
Scholaren mitunter weit größer war. So gab es in den
Tagen des berühmten Rechtslehrers Azo (Ende des
12., Anfang des 13. Jahrhunderts', wie fein jüngerer
Zeitgenoffe Odofredus erzählt, zu Bologna allein über
10.000 Jünglinge und Männer, welche fich aus ganz
Europa zufammengefunden hatten, um des Unterrichts
im römifchen und canonifchen Recht theilhaft zu
werden. Ein gut Stück darunter find Deutfche gewefen.
Aehnlich verhielt fich die Sache zu Padua, Pavia,
Siena, Ferrara, Perugia, Pifa und an andern Pflege-
llatten der Rechtswiffenfchaft in Italien, an welchen wir
häufig deutfche Schüler antreffen.
Nicht jedem von ihnen war glückliche Heimkehr
vergönnt. Mancher, der hoffnungsfreudig das fchöne
Italien betreten hatte, erlag dem ungewohnten Klima
oder der veränderten Lebensweife, in welche er fich
nicht zu fchicken wußte. Andere rafften die häufigen
Seuchen dahin, wieder andere traf tückifche Mörder-
hand oder irgend ein unglücklicher Zufall. Es vergingen
darum wenige Jahre für die deutfehen Studenten in
Italien, in welchen diefe nicht den Tod eines oder
mehrerer aus ihrer Mitte zu beklagen gehabthätten. Da
traten dann dieLandsleute zufammen, die ohnehin das
Leben in der Fremde zu engerem Anfchluß mahnte, und
erwiefen ihrem verdorbenen Genoffen die letzte Ehre.
Sie geleiteten ihn zu Grabe, fie ordneten feinen Nach-
lafs, fie gaben feinen Angehörigen Nachricht von dem
betrübenden Ereignis. Ein Eintrag in die Studenten-
Jahrbücher überliefert des Verewigten Namen dem
Gedächtnis nachkommender Collegen, ein „Gnad dir
Gott mein lieber Gefeile" oder fonft ein Beifatz von
Freundeshand zur eigenhändigen Unterfchrift in der
Nations-Matrikel, empfiehlt den Todten dem frommen
Angedenken.
Selten blieb man bei dem flehen. Wo die Zahl
der deutfehen Scholaren durch längere Zeit fo be-
deutend blieb, dafs fich dergleichen Trauerfalle
häuften, legte man nicht blos eigene Todtenbücher an,
fondern dort mußte auch der Wunfeh erwachen, die
theueren Abgefchiedenen an einem Orte vereinigt zu
wiffen. In Bologna, Padua und Siena, wohin die
deutfche Studentenschaft am zahlreichsten ftrömte, iil
es daher auch zur Erwerbung eigener Grüfte für die
verdorbenen Mitglieder der Nation gekommen, an
welchen u. a. jahrlich das Erinnerungs - Feft des
Allerfeelen-Tages feierlich begangen wurde. Sowohl
an diefen Stätten als auch anderer Orten haben fich
Grabdenkmale deutfcher Studenten erhalten, welche
abgefehen vom Kunftwerth auch für die Familien-
gefchichte, zumal des deutfehen und öfterreichifchen
Adels, von Intereffe find.
Im Nachflehenden biete ich eine Befchreibung
dieferDenkfteine, foweit mir folche bekannt geworden
find. Die Mehrzahl derfelben habe ich felbft gefehen,
wo fie dagegen, wie in Padua, größtentheils verfch wun-
den find, mußte ich mich auf vorgefundene Nachrich-
ten befchränken.
I. Siena.
An diefem Orte befinden fich die meiden Grab-
denkmale deutfcher Studenten, darunter Monumente
von künftlerifcher Ausführung.
1.
Die Scholaren des Mittelalters waren mit wenig
Ausnahmen Cleriker, es verfland fich darum von felbft,
dafs fie ein oder die andere Kirche zum Verfammlungs-
platz ihrer Nation erkoren. Diefer Gebrauch hatte fich
bis ins 16. Jahrhundert erhalten, obwohl damals im
Stande und zum Theil auch im Religionsbekenntniffe
der deutfehen Studenten bedeutende Veränderungen
eingetreten waren. Was lag naher, als dafs man bei der
Erwerbung eigener Grabftätten für die verdorbenen
Landsleute, oder bei der Wiederherdellung eingegan-
gener Grüfte an jenen Kirchen fed hielt, in welchen
ohnehin ein feierliches Seelenamt zum Gedächtnis der
Abgefchiedenen die Mitglieder der Nation alljährlich
vereinte. So fielen feither der Sammelplatz der leben-
den und die letzte Ruhedätte der abgefchiedenen
Collegen zufammen.
In Siena war es die Kirche von San Domenico, ein
gewaltiger gothifcher Backdeinbau, deffen Beginn ins
Jahr 1225 fallt. Streng wie der Orden, war auch die Ein-
fachheit der Anlage. Liibke, welcher in feinen ..Reife-
Notizen über die mittelalterlichen Kundwerke Italiens"'
im Jahrgang 1860 diefer Zeitschrift auf S. 195 eine kurze
Befchreibung der Kirche und einen nach Schritten
ausgemeffenen Plan beibringt, fchätzt die Gefammt-
länge auf etwa 265 Fuß (Fig. i). Davon entfallen
176 Fuß auf das Langhaus, das aus einem einzigen
Schiffe von 65 Fuß Breite bedeht und außen Anfatze
IX
beabfichtigter Seitenfchiffe zeigt. An das ftark über-
höhte Querfchiff von 195 Fuß Länge und 51 Fuß Breite
fchließen fieben Chor-Capellen von annähernd quadra-
tifchem Grundrifs an. Diu mittlere mit dem Hoch-Altar
übertrifft die übrigen nach jeder Richtung bedeutend
an Ausdehnung, fpringt darum nach rückwärts um
mehrere Meter vor und erreicht beinahe die Hohe des
Querfchiffs. Die drei Nebencapellen rechts und links find
etwa von der Hohe des Langhaufes, und haben nach
der von mir an der Barbara-Capelle vorgenommenen
Mel'l'ung 630 M. Tiefe bei 540 M. Breite im Lichten.
Nur diefe Capellen, welche fich im Spitzbogen gegen
das Querfchiff öffnen, fowie die ans Langhaus angebau-
ten Capellen der heil. Katharina und del Volto find mit
Kreuzgewölben überdeckt, wogegen das Langhaus,
fowie das Querfchiff offenen Dachftuhl zeigen (Fig. 1).
1 He fchmucklofen Seitenwände find jetzt licht getüncht
und in Abftänden von etwa einem Meter mit fchmalen
fchwarzen Querbinden verfehen, ein Motiv, welches
den fchwarzen und weißen Marmorfchichtcn der Ka-
thedrale von Siena nachgeahmt wurde.
6s'
Fig. 1.
Der Raum unter den Chor-Capellen aut dem
gegen die Fontebranda abdachenden Abhang diente
1882 als Militärftallung, bildete aber früher eine Unter-
kirche, ahnlich wie beim Dom und bei San Francesco.
Uebcrhaupt zeigt diefe ftattlicheKirche mancher-
lei Spuren des Verfalles. Der ftolz aufragende Thurm,
den nochAbbildungen aus dem 17. Jahrhundert zeigen,
war fchon zu Zeiten Faluschi's der häufigen Blitz-
fchläge wegen bis auf den heutigen Stumpen abge-
tragen, ' die Zahl der Priefter bei meiner Anwefenheit
bis auf drei zufammengefchmolzen, der gewaltige
Innenraum menfchenleer, fo oft ich ihn betrat. Das
war vor Zeiten anders, als noch die deutfehe Nation
zu Siena florirte, etwa wenn zu Beginn der Studien-
zeit der Tag der heil. Barbara, der Schutzpatronin der
Nations-Capelle am 4. December herankam, oder
wenn man am Schluffe der Collegien das Feit der
heil. Maria Magdalena am 22. Juli mit allem kirchlichem
Pomp beging. Da wurden Gerüfte für Mufiker und
1 Faluscki, Brcve Relazione della Cittä di Sicn:i 17S4, S. 197. — Eine
1832 im Verlage von M. Fcrri anonym erschienene Guida della cittä di Siena
verfetzt die Erbauung des Thurmes ins Jahr 1490, die Abtragungen in die
Jahre 1704 und 1800, pag. 176.
X1I1. X. F.
Sänger aufgefchlagen, eine Orgel herbeigefchafft und
ein folennes Hochamt nebft Predigt vom Beichtiger
der Nation für die verfammelte Studentenfchaft abg<
halten. Und wie lebhaft ging es erft zu, wenn in ge-
hobenerStimmungGedenktage der Heimat hier in der
Fremde gefeiert wurden: das Namensfeft des Kaifers,
die Geburt eines kaiserlichen Prinzen, ein Sieg über
die Türken u. dgl. m Da krachten laute Pöllerfchi
und der Nationspedell vertheilte aus gefpickter Börfe
an der Kirchcnthüre reichlicher als fonft Almofen an
die Armen, damit auch diefe fich des Tages freuen
füllten. '
Wieder andere Male vereinteTrauer die deutfehe
Nation an gleicher Statte. .Man verfammelte fich hier
am Allerfeelen-Tage zur kirchlichen Feier des Gc-
dächtniffes aller abgeftorbenenCollegen, man geleitete
unter Jahrs ein oder den anderen trauten Genoffen zur
letzten Ruheftätte, mit dem man fo manche fröhliche
Stunde verlebt hatte, ehe mörderifche Krankheit, ein
unglücklicher Steinwurf oder ein Stich in einem der
vielen Raufhändel den auf Gefundheit und Lebens-
muth pochenden Gefellen gefällt hatten. Je nach
Stand und Vermögen des Abgefchiedenen wurde all
das duftere Schaugepränge entfaltet, welches die
Landesfittc bei Begräbniffen erheifchte. Brennende
Wachsfackeln in den Händen fchritt dasTrauergcfolge
den Weg nach San Domenico hinan, wo in der Mitte
derKirche die geöffnete Gruft des neuen Ankömmlings
harrte. Nochmals wurden dieFackelnbeimTodtenamtc
am folgenden Morgen entflammt, dann, foweit fie nicht
von der Geiftlichkeit in Anfpruch genommen wurden,
wanderten die Stumpen zum Wachszieher (Cerariol)
zurück, die Rechnung derLeichenkoften aber ging mit
einem beweglichen Schreiben über die Umftände des
traurigen Falles und mit der Aufforderung zur
Errichtung eines Gedenkfteines für den Verdorbenen
nordwärts über die Alpen, an die Verwandten in
Deutfchland.
2.
Grabdenkmale deutfeher Scholaren aus dem
Mittelalter wurden zu Siena noch im vorigen Jahr-
hundert verzeichnet. Mehrere derfelben zum Theil in
flüchtigem Umrifs überlieferte uns das große Sammel-
werk Peccis Raccolta univerfale di tutte le iferizioni
armi ed altri rnonumenti si antichi come moderni
esistenti in diversi luoghi pubblici della cittä di Siena
1 Aus den Rechnungsbüchern der deutfehen Nation zu Siena dcr/cir
in der Biblioteca Comunale) Heft 5. Fol. 58 (1695) den 22. (JulO f
Magdalena Tutelarfeft zu celebriren in der Sacrlftci bei den Herrn 1'
canern wie bräuchlich bezalt 4 Scudi 6 Julier
Item 4 Geiftlichen und 3 Clericis fo mimftnrt und
das Amt gehalten • • I
Item weilen die Muflc in 2 Chor gehalten und alfo
2 balchi aufgemacht worden 4 n n
Dann for die Mufic fo in 2 balchis gehalten worden
dem Meifter di Capclla for alles bezalt ........ '3 1 —
Almufen an dernfelben Tag • - - - ^ 3 -
Dem Beuchtvater, ob er fchon die Oration nit
gehalten, doch aber fich darauf praparirt ein Dobla . • 3 »
Im Jahre 1705 wurden in Fe.1o f. Barbarae u. A. bezalt dem Sacriltau
pro Exornatione 2 Scudi, 7 Julier. Pro Mufica Herr Capellmaiftcr S Julicr,
ift 6 Julier, Organo 2 Scudi, 1 lulicr. 6 Violin, 2 Y'ioloni und 2 Corneltl
ä 4 Julier, 6 Vocaliflen im erden und ebenfoviel im zweiten Chor zu 4 und zu
3 Julier, dem Alzamantici (Blafcbalgtrcter) t Julier, dem Beichtvater 3 Scudi.
chnungsbuch Fol. 70.
1697, 20. Oftober wegen der in Hungarn wider die Türken erhaltenen
ric (bei Zcuta"! Tc deum gehalten und die Mufiquc allein, weil«
lum dem Herrn Confiliario zu Gefallen umfonft geliehen worden
auf ein palco 7 Scudi, 2 Julier, 4 Crazien. Dem Sacriftan fui
2 Scudi, der Kirchen bei f. Domenico wegen der Licht.
1 Scudi, 36 Morteletti Ladungen a J I udi, 5 Juliei
Beim Lcopoldi-Feft 17 >4 »erden unter Andern denen ! iifchof
/u tragen 7 Julier, des Kayfers Contrcfait a f. Dome:: 1 «Den
foviel und Almofen 9 Julicr erwähnt, VI, fol. 69.
b
X
fino a questo presente anno 1730, das im dortigen
rchiv handfchriftlich erliegt. '
S • PETRVS • DE • ELEGHASSO • DI • ALAMAGNIA
MCCCCLW
lautet die Infchrift eine- Steines aus der Kirche
Stephano nächft der Lizza. In der Sapienza
Peter Bart von Oppenheim 7 1474 begraben, zu
nenico zunächft der Eingangsthür der 1494
verdorbene Hegleiter des Herzogs Fridrich von Sachfen,
der Leipziger Doctor Johann Truchfefs von Wellers-
wald. Noch andereDeutfche umfehloßdie fchondamals
beliebende gemeinfameBegräbni>ftatte in derBarbara-
capelle der Dominicaner-Kirche. Fall: fchien es jedoch,
diele fromme, mit Ablafsbriefen reichlich ausge-
ftattete Stiftung fchon im 16. Jahrhundert eingehen
follte. Die langen und verderblichen Fehden, welche
dem Untergang der Stadtfreiheit vorangingen, fchädig-
ten auch die Blüthe der Univerfität, da fie den Zuzug
fremder, zumal deutfeher Scholaren verhinderten. Erft
mit der Einverleibung Siena's ins Reich der Mediceer
1557 befferten fich diefe Verhältniffe, da Cosmus I. und
feine Nachfolger in jeder Weife das Gedeihen der
Hochfchule, felbft auf Körten der Schwerter- Anftalt zu
Fifa, zu befordern fuchten. Um 1570 war die Zahl der
deutfehen Studenten zu Siena wieder größer als feit
vielen Jahren. Mehrere Todesfalle, welche fich damals
in deren Mitte ereigneten, gaben Anlafs, dafs man fich
des Yermächtniffes der Vorgänger erinnerte und Geld-
fammlungen fowohl zur Wiederherltellung der Nations-
gruft, als auch zur Anfchaffung von Zierftücken für
die Barbara-Capelle veranftaltete.*
Der Gedächtnisftein (Fig. 2), welcher damals auf-
geftellt wurde, liegt heutzutage im Fußboden der
Capelle unmittelbar vor den Altar-Stufen. Es ift ein
weißer Marmor von 66 Cm. Breite und // Cm. Höhe mit
dem gekrönten Doppeladler in der Mitte. Kopffcheine,
Scepter, Schwert und Reichsapfel fehlen ihm, dagegen
tragt er den öfterreichifchen Balkenfchild auf der
Brüll. Das Feld des letzteren, fowie das Futter der
Krone find roth bemalt, die Metalltheile und Adler-
fange ebenfo gelb ausgestattet Fig. 2). Der Sockel,
auf welchem der Adler fleht, enthält in einfacher Um-
rahmung die Infchrift:
PIE INSTAVRATA
A-D -CXDID ■ LXX-
Auf der untern und der rechts daranrtoßenden
Randleifte ift ferner nachgetragen:
REINSTAVRATA-ETHINC-INFRAPOITA A 1632.
Der Stein gelangte mithin erft 1632 an feine jetzige
Stelle. Welchen Platz er vorher in der Capelle einge-
nommen hat, ift nicht bekannt, vermuthlich ftand er
in einer Seitenwand, etwa dort, wo man jetzt das 1632
errichtete Denkmal des Laibacher Andreas Verbez
ficht. Den Begräbnisraum felbft haben wir unter dem
Fußboden der Capelle zu fuchen.
Der erfte oder doch einer der erften, welcher in
diefer erneuerten Gruft das letzte Ruheplätzchen fand,
war der Sohn des Franz von Teufenbach zu Teufen-
back und Maßwt •■-' , doch blieb er nicht lang
.-lebungsweife die ältere und weniger genaue Sammlung des Abbatc
Galg . itrizio Sanese vom Jahre 1715 ebendort: Scpolti in s. Dome-
nico di Siena et altre memorie esistenti in detto In« .
: Vergl. die Actenftücke Nr. i, 2, 28 im Anhang.
allein, da ihm binnen wenig Monaten noch „ander
zwen ftattliche und ehrliche Gefeilen in bemelter
Begräbnuß fein beigelegt worden- (Anh. Nr. 28 . Die
ftille Gefellfchaft dort unten mehrte fich nun rafch, fo
dafs man nach wenig Jahren an eine Vergrößerung
ilcs verfügbaren Raumes denken mußte. Man entfchlofs
fich zum Neubau einer zweiten Gruft und Freiherr
Georg Bernhard v. Herber ßein als damaliges Haupt
der deutfehen Studenten zu Siena leitete tue Arbeiten
„für das neue Grab a San Domenico fo ein lobliche
Nation zu machen hochnothwendig erkhendt." Der
Stein zur Deckplatte wurde den Jefuiten um fcchfthalb
Kronen abgekauft, rdem Steinmetzen den Adler Grab-
fchrift und Zuegehörung zu machen" wurden 7 Kronen
und 3 Libre gegeben, endlich von kleineren Aus-
gaben abgefehen u Kronen Maurerlohn verrechnet
(Anh. 5 .
Der Platz, welchen die Mönche der Nation „zu
unferer neuen Begrebnuß- angewiefen hatten, befand
fich am Ende des Hauptfchiffes mitten zwifchen den
gegenüberliegenden Altaren der heil. Rofa und der
Geburt des Herrn. ' Die Gruftplatte war wie es fcheint
aus drei Stücken zufammen^efetzt, ift jedoch nicht
erhalten Fig. 1 A . Nach der bei Bielii und Pecci gege-
benen Abbildung und Befchreibung trug diefelbe in
einem Schilde den gekrönten Doppeladler mit dem oller
reichifchen Balkenfchilde auf derBruft und mit Schwert
und Scepter in den Fangen und darunter als Infchrift:
SEPVLTVRA GERMANORVM PVBIMPENEXSTRVC
TA|SVB ILLVSTRE D • GEORGIO BERNARDO • L ■
BARONE | IN HERBERSTAIN CONSILIARIO ■ D- GE
ORGIO KIRCHPERGER- | PROCONSIL - ET NOBILI
D • IOANNE MEINHARDO j A SCHONEMBERG ET D-
ANDREA BARTH AB | HARMATINGH- PROCVRA
TORIBVS ANNO SALVTIS | MDLXXV MENS • IVL •
Als Ueberfchrift auf dem Theile oberhalb des
Adlers denke ich mir das Diftichon, welches Nathan
Chytraus 3 in feiner Grabfchriftenfammlung aus San
Domenico ohne nähere Angabe beibringt:
IMPIA MORS RAPVIT QVOS HVC GERMANIA MISIT
ET DEDIT HIS REQVIEM RELIGIONIS AMOR-
So verfügte denn die deutfehe Nation in Siena
über zwei Grüfte für ihre Angehörigen, und es wäre
möglich, dafs die gefellfchaftliche Abfonderung der
Studirenden aus dem Herrenftande von ihren Collegen
minderen Herkommens, welche in der Matrikel formell
bis zum Jahre 1705 * aufrecht erhalten blieb, auch auf
die Abgeftorbenen ausgedehnt wurde. Wir hätten dann
in der fpäter errichteten Gruft „der teutfehen Nation
gewöhnliche Begräbniß- Anh. 32) vor uns, während
tue St. Barbara-Capelle (Fig. 1 B) den Standesperfonen
vorbehalten geblieben wäre. Dem fei wie es wolle,
fo fteht doch feft, dafs eine ähnliche Scheidung bei
kl bezeichnet (fc Lage fchlcchtweg a i. Domenico
vicino la capella della f. Caterina, Pecci S. 365 genauer Scpoltura polta in
mezzo della chiefa nel luogo che accenna la pianta al N. So quäle e della
Nazione Alemanna con Arme in essa della medc^ima Nazionc et a pic si legge
la seguente iscrizione u. f. w. Auf dem Plan ift dann diefe Dreitheilung der
Gruftdeckel deutlich lichtbar.
: Die Abfchriflen bei Bicki und Pecci lefen Kiw- (refp.1 Kirfperger und
Armaslingh, bezichungsweife Armatirigh.
than Chytraeus Variorum in Europa itinerum deliciae . . sev
. . . monumenta quibus passim in Itaita . . . tcmpla . . . etc conspicua
sunt, Hcrbornac Nassovtorum S. 284, Abtheilung Scnensia, ad
Dominici.
1 Die gleiche Scheidung findet fich auch in den Matrikeln der deutfehen
n zu Bologna und Padua. In Padua wurde lic aber fchon 1605 aufgegeben.
XI
der Aufteilung der Epitaphien keineswegs beobachtet
wurde.
Ueber die innere Ausftattung der Nations-Capelle
erfahren wir fo manches aus Auffchreibungen in
Rechnungsbüchern. Die Nation begann wie ein guter
Hauswirth mit der Ausbefferung des Daches, dann
folgten die Fenfter, welche nicht nur durch Einfügung
von zwei Reichsadlern geziert, fondern auch durch ein
neues Gitter und Drahtgeflecht gefchützt wurden.
Der Capellenraum felbit wurde durch ein hölzernes
Gitter vom Querfchiff der Kirche abgefchloffen, und
dadurch vergrößert, dafs man den alten Altar knapp
an die Mauer überfetzte. Eine längere Infchrift, deren
Wortlaut verloren gegangen ift, gab von der Widmung
des Ortes Kunde. Das alles gefchah 1573. Die folgenden
Jahre war man mit der Herftellung der neuen Gruft
befchaftigt, kaum war jedoch diefe fertig geworden,
fo ging man an die innere Ausftattung der St. Barbara-
Capelle. Ein ledernes Altartuch befaß man fchon von
früher her. Nun wurde ein zweites von „weißgeitrickter
Arbeit" erworben, ein gemalter Leinwandvorhang für
denNations-Altar beiteilt, „Dappezerey zu derNation
Tifch und Bank a San Domenico" angekauft, und ein
Wandfchrank zur Verwahrung folcher Sachen herge-
richtet (Anh. Nr. 3 — 7).
Eine gründliche Umgestaltung erfuhr die Capelle
20 Jahre fpäter, als es zur Aufstellung des prunk-
vollen Grabmales für den am 20. März 1595 zu Siena
verfchiedenen Cafßar Freiherm von Windifch-Gräts
kam.
Die Mutter des Verstorbenen, Freifrau Hypolita,
eine geborne Grafin Schlick, hatte in ihrem Schmerze
um den verlornen Sohn die Errichtung eines außer-
gewöhnlich prächtigen Denkmals befchloffen und den
Entwurf eines folchen an den Vorftand der deutfehen
Nation zu Siena eingefandt. Obwohl diefe Zeichnung
verloren gegangen ist, fo laffen die überlieferten
Nachrichten doch erkennen, dafs felbe der Ausführung
in einem bestimmten Material keineswegs angepafst
war. Die besten Meister von Siena, welche darüber
befragt wurden, erklärten, dafs einzelne Theile wie die
auslaufenden Schnörkel oder der figurenreiche Auf-
fatz (welcher unter anderm die Gestalten der vier
Evangelisten enthielt) aus Holz gefchnitzt oder gemalt
werden müßten und dafs das Epitaphium, wenn das
übrige in Stein gemeißelt werde, auf 1000 Kronen zu
liehen kommen würde. Bei der beträchtlichen Größe
des Monumentes (man fchätzte die Höhe auf 13, die
Breite auf 8 Sienefer Ellen) wufste man dasfelbe nur
ober dem Altar der Nations-Capelle, oder auswärts
derfelben irgendwo im Kirchenraum unterzubringen.
Schon zwei Monate nach Abfendung diefes Be-
richts befand (ich die Anweisung über 1000 Kronen
in den Händen derNation, welche die Ausführung des
Auftrags fich ernstlich angelegen fein ließ. Da die
Sienefer Meister von ihren Anfchlagen nicht abgingen,
fo wurde nun der erlte Procurator der Nation nebst
einer Vertrauensperfon nach Florenz zu Gian Bologna
entfandt, um defTen Anrichten einzuholen. Diefer er-
klärte nach reiflicher Ueberlegung den Entwurf für
verfehlt und eher für ein Gemälde geeignet, widerrieth
die ungehörige Verbindung von Holz und Steinbild-
werk und meinte, dafs die Herstellung des Ganzen in
Stein „wegen Menig der Figuren und Bilder fo in
Marmor zu hauen von Nöten" nicht unter 3 — 4000
Kronen möglich fei. Dagegen ließ er fich bereit finden,
felbft einen Entwurf auszuarbeiten, welcher alle wefent-
lichen Stücke aus dem früheren beibehielt, denGrößen-
verhaltniffen angepafst war, und bei Verwenduni;
besten Materials nicht über 1000 Kronen gestehen
follte. Gleichzeitig wies er die Abgefandten derNation
an einen anderen tüchtigen Meilter, da er felbft durch
Arbeiten für den Großherzog in Aufbruch genommen fei.
Die Familie, welcher diefer Gegenvorfchlag über
fchickt wurde, zögerte mit der Antwort und entfehloß
fich erst auf wiederholte Anfrage, das Ganze dem
Ermeffen der Nation anheim zu stellen. Sofort (Septi
ber 1596) wurde ein Vertrauensmann in Florenz aui
fordert, er möge der Nation zu Gefallen Johann von
Bologna anreden, damit diefer einen fleißigen Meister
^•©■CXSO'ILXX-
MIMST AY1ATA BTfflC IHMAPJMm
<. 0,6e m. ■>
Fig. 2.
für diefe Arbeit nach Siena fchicke. So gefchah es
auch. Den Namen des Meisters' verschweigen leider
die Quellen, doch lobt ihn das Werk, für welches ihm
im Ganzen 750 Kronen, darunter 100 Kronen nach
Einlangen des in Rom verfertigten Kreuzbildes bezahlt
wurden. 20 Kronen erhielt der Meister ferner für Ver-
änderung der Epitaphien und 50 nach Vollendung des
Altars, das übrige ging auf Auslagen zu würdigerer
Ausstattung der Capelle, die mit der Errichtung des
Denkmals nur mittelbar zufammenhingen: auf das
Ausmalen der Gewölbe, die Beistellung neuer Bänke,
welche mit dem Doppcladler gefchmückt wurden, die
„Anfchaffung von Sammt" zu derNation (Bahr-?) Tuch
u. dgl. m. Soviel über die Schickfale der Nationsgruft
zu Siena im Allgemeinen.
Unter den erhaltenen Denkmalen deutfeher
Studirender zu S. Domenico gebührt dem Monumente
des Freiherrn Cafpar von Windifch-Grätz, deflen Ent-
ftehungsgefchichte oben mitgetheilt wurde, unbedingt
der erfte Platz. Dasfelbe ift durchwegs aus verfehieden-
farbigeni Marmor gearbeitet und nimmt die ganze
Rückwand der Capelle ein, fo zwar, dafs fogar das
b*
XII
Aufbau einbezogen ift, welcher erft an
Deckenwölbung mit einem gekrönten Kreuz aus
en und dem V \X abfchließt. Nach dem
würfe Gian Bolognas erhielt das Ganze die Grundform
eines von vier jonifchen Säulen getragenen gebroche-
nen Giebels. Das in der Flucht etwas zurücktretende
Mittelfeld von Verdeantico mit einer Umrahmung von
gelbem Marmor umfchließt ein hochaufragendes Kreuz
von weißem Marmor mit dem trefflich gearbeiteten
Bilde des rs. Zu Füßen desfelben kniet rechts
der Verftorbene in antikifirender Kriegerkleidung, den
abgenommenen Helm und die Handfchuhe vor fich auf
dem Boden; linker Hand, ihm gegenüber, erblickt man
das Windifch-Grätzifche Wappen mit drei Helmen. Vor-
egt und mit dem Denkmal in inneren Zufammenhang
• rächt ift der Capellen- Altar, welcher die Geftalt
eines von Baluftern getragenen Marmortifches hat,
und um zwei Stufen über den Fußboden erhöht ift.
Die etwas vorragenden Seitenfelder enthalten in
hen die Standbilder der heil. Barbara und der heil,
dalena, als derjenigen Heiligen, deren Fefte von
der deutfehen Studentenfchaft zu Siena befonders
feierlich begangen wurden. Die eigentliche Grabfchrift
auf der Evangelienfeite unter dem Sockel der heil.
Barbara auf einer weißen Marmortafel lautet:
D • O ■ M •
ILLYSTRI ET GENEROSO DOMINO | D C ASPARO
A WINDISCHGRÄTZ LIB • BARON! IN |WALTSTAIN
ETTH\L D •INTRAYTM.NSDORFiM^GNO DVC | STI
RIA STABVLI MAGIST -HEREDIT- | QYI. VIRTVTI5
CAVSSA SECVNDVM IN ITALIA: | QVVM GENVÄ
SENAS XI- MARTII ADPVLISSET. | AC INDE ROMAM
NEAPOLINQ^COGITASSET: IIMPROVISIS EXANTPE-
MATVM INFLAMMA | TIONTB • OBRYTYS | XX-MENS-
ANTEDICTI. PIE AC PLACIDE IN CHRISTO | SAL
VATORE SVO OBDORMIVIT. | ANN P ■ 5 =:I3XCV
A-TAT • SVA XX-
Tiefer unten in gleicher Höhe mit dem Altartifche
ift das Windifch-Grätzifche Wappen nochmals ange-
bracht (f. die TafeT. In ganz entfprechender Anord-
nung findet man gegenüber das Schlickifche Wappen
und zu Füßen der heil. Magdalena eine Schrifttafel
mit der Widmung:
HIPPOLITA A\\TNDISHGRÄTZ^C;NATASCHLICKIA
COMITISSA Ä PASSAVN ET WEISKIRCHEN ÄC | MA.
TER LVCTVOSISS | FILIO VNTCO ATQVE VNTCE
CARO | MATERNT ILLA-TVM HOC MONTMENTYM
SEMPER AMORISiCONTRA VOTVM PIETATIS |PROH
dolor: i non sine MVLTIS LACRYMIS I COM.
MYNT - NAT-GERM-APVD SEN-OPERÄ- | STC | QVAE
MATRI QVONDAMDEBEBAS MVNERA NATVS | IPSA
HEV INFELIX HOC TIBI DAT TVMVLO-
An biographifchen Nachrichten über den Ver-
ftorbenen wäre hier zu erwähnen, dafs Cafpar der
einzige Sohn dritter Ehe des Freiherrn Pancraz von
iifch-Grätz mit Hypolita gebornen Gräfin von
Schlick, im Jahre 1575 das Licht der Welt erblickte
und den Taufnamen nach feinem Großvater, dem
Grafen Cafpar von Schlick, erhielt.
Seine Mutter war eifrige Proteftantin — bekannt
ift als Epifode aus der Gegenreformation in Steier-
mark die Erftürmung des Schlöffe? Waldftein durch
die landesfürftlichen Soldaten io April 1602^ wegen
• des Unterftandes, welchen fie dem Prediger Paulus
Odontius gewährte — und auf ihren Antrieb verließen
162S 29 nicht weniger als 32 Mitglieder der Familie Win-
difch-Grätz die Heimat. Italien betrat Freiherr Cafpar
fchon im Jahre 15 - V :n erften Januar diefe> Jahres
lautet fein Eintrag in die Herrenmatrikel zu Padua.
Dafs ihn auf einer zweiten Reife, welche er
von Genua aus nach Rom und Neapel unternehmen
wollte, zu Siena kurz nach feinem Eintreffen die t
liehe Krankheit befiel, melden uns außer der Grab-
fchrift noch andere Nachrichten (Vergi. Anh. Nr. 12,
14—19,21, 45- :
Die übrigen Grabdenkmale in derNations-Capelle
vertheilen fich auf die beiden Seiten wände und auf den
boden Graf Engl, f 172;. Xr. 21 . Linker Hand ge-
wahrt der Eintretende elf Epitaphien in drei Reihen
übereinander, zu oberft jenes des Johann Staphylus
t 1:80 Xr. 2, darunter drei: Chriftoph Ulrich von
Würzburg f 1610. Xr. 3 . Friedrich von Lichtenau
-4, Xr. 4 und Conrad Rudt (f 1501. Xr. 5 , endlich
zu unterlt Xr. 6: Johann Wilhelm Schott in Fifchbach
v 1590 . 7. Leo Barth von Harmating f 15S6 . 8. Johann
Andreas Geuder - 2 ,. Johann Adam von Mucken-
thal -r 1585 . 10. Gabriel Muffel, t 1582 . 11. Werner
Schenk von Stauffenberg (f 1577 und 12. der Lai-
bacher Andreas Verhetz (f 1632V Die Wand an der
Epiftelfeite hat in zwei Reihen acht Denkfteine aufge-
nommen: 13. Carl Breuner f 1577 , 14. Andreas Imhof
IO), 15. Joachim Clewein t 1629' und darunter
16. Wilhelm Barland fi597', 17- Chriftoph Kreß f 15
18. Georg Adam Freyberger (f 1592 , 19. Sebaftian
Löffelholz (f 1590' und 20. Johann Sebaftian Langen-
mantel vom R f 1596 .
Xr. 2. Johann Staphylus. Unter dem Wappen auf
einer weißen Marmortafel, welche von zwei fehr ein-
fachen Confolen getragen wird :
D • O M
HEV LEGE5 • ET ACERBA TRIVM • DECRETA • SORO
RVM- | ET FAL5AS HOMINVM SPES INTERCEPTAQ^
VOTA • | FLET PIETAS • LVGENT CHARITES • SVSPI
RIA MVSÄ | CREBRA TRAHVNT - THEMIS ANTE OES
ÄQVISSIMA PLANGIT | I ANE TVOSOBITVS ETIAM
NVM MCESTA PERENNEM| OSTENDES ■ LACRYMISQ^
RIGANS TVA PRA-MIA • LAVRVM | DIGNA ET PRO
MERITAM SINERENT AH FATA CORONAM | EN
AGE • ET HOS FRATRV GEMITVS ■ PLANCTYMQsj
TVORV | LONGINQVA REGIONE PROCVL QVA
MITTERE POSSVNT | ANTE DIEM RAPTO- PVLCHRÄ
SVB FLORE IWENTA | VLTIMA LAM CINERI DOXA-
EHEV • IRRITA DONA- | ACCIPESIC DIVOS HABEAS
IN MORTE SECVNDOS- | IOANNI STAPHYLO
GERMANO F AMIGERATIS, | SIMI CONTRA HA.RETI
COS SCRIPTORIS FRIDERICI | STAPHYLI ■ S ■ CA.S •
MAIES CONSILIARIIFILIOQVII OB EXIMIAS DOTES-
QVIB • RARAM DE SE EXPECTATIONE | CONCITA
VERAT ■ O.MNIVM VOTIS AD REMPVB • DOMVM |
EXOPTATVSIRRITA SPE AD CCELESTEM PATRIAM |
COMMIGRAVrr- I FRATRES GERMAN1 FRIDERICVS
ET ANDREAS MCESTISSIMI| PPDIEXVII IVLIIANNO
PARTÄ. SALVTIS | MD LXXX
XIII
Das Wappen, in einer eiförmigen Kartufche mit
eingerollten Auslaufen, befteht aus einem roth gemalten
Schilde mit weißer Querbinde, welchen ein offener ge-
krönter Helm mit abfallenden Decken, aber ohne Hclm-
kleinod bedeckt.
Johann Staphylus, mit dem am II. November 1578
zu Siena eingetragenen Johannes Staflilaun identifch,
war ein Sohn des bekannten Königsberger Theologen
Friedrich, welcher 1553 zum Katholicismus übergetreten
war und 1564 als kaiferlicher und herzoglich bayerifcher
Rath und Infpe&or der Univerfität Ingolftadt darb.
Johann bezog im Frühjahr 1579 die Univerfität
Perugia, in deren Matrikel er zum 1. April 1579 als
Joannes Staffilaun Bavarus erfcheint. Vierzehn Tage
vorher hatte er fich mit den Worten Joannes Staffilus
cum insperato Perusijs optans optanti se obtulisset
16. Martij a. 1579 ins Stammbuch feines Freundes Fried-
rich Rehlinger eingetragen. Bald darauf fcheint er zu
Perugia geltorben zu fein, denn Rehlinger fügte dem
Namen ein Kreuz und die Worte bei: Cui deus pro-
pitius, nam obiit Perusiis, andere Nachrichten bezeich-
nen jedoch Siena als den Ort feines Todes. ' Der in
der Grabfchrift genannte Bruder Friedrich hatte fich
fchon 1573 in die Nations-Matrikel zu Siena einge-
fehrieben.
3. Chrißoph Ulrichvon Würzburg. Das prunkvolle»
aber etwas fchwerfalligc Denkmal befteht aus drei
Theilen: der eigentlichen Grabfchrift, dem darüber be-
findlichen Wappenfelde und den krönenden Giebel-
figuren. Auf der Schrifttafel, deren regellofe Um-
rahmung oben und unten in häfsliche Fratzen über-
geht, lieft man:
A ET^ PERPETV/c. VITA- FINISQVE MEMORIA-
REVERENDO ET NOBILISSIMO DOMINO
CHRISTOPHORO VDALRICO- A- WIRTZBVtGCATH-
ECCLES: BAMBERG • ET WIRTZBVRG ■ CANONICO
VTI AVGVSTA. EQVESTRIVM FRANCIS ORIEN
TALIS SVI SANGVINIS VIRORVM PRINCIPVM
AC PRÄ-LATORVM VIRTVTIS • AlMVLATOR
ITA DOMI FORISQVE AVGVSTE EDITVS
NEAPOLITANO ITINERE EXPEDITO IPSO D •
AVGVSTINI FESTO SENIS IN DOMINO
OBDORMIVIT • AÖ • M • D • CX • AVTATIS
SVA XX <— ' F • F ■ HIERONIMVS A
WIERTZBVRG E/RVNT • ECCLESIAV
CANONICVS HÄC MASTIS
SIMG F F • (sie).
Aul zwei kräftigen Confolen erhebt fich darüber
das aus der Wand ftark hervortretende Denkmal.
Zwei halbnackte Hermen mit vielen Brüften nach
Ait der Diana von Ephefus tragen einen gebrochenen
Giebel mit drei Engeln. Der mittlere von diefen fleht
und ftößt in zwei Pofaunen. Die beiden anderen ruhen
auf den fchrägen Giebelftücken, find mit brennender
' So Val. Rotmar in feinen von Mederer herausgegebenen Annalcs
tadiensis A< ad« niae I - I iannes primum praeterito anno 15S0 in
Itali i Senis magno tum fratrum tum patronorum desideris moritui Das 5l
buch Rehlinger'i fiehe im Jahrbuch der Gefellfchaft Adler 1876, 114. Nr. 3-1-
\ - 1 I. endlich J- Gel rten-Lexicon IV, Obei Irabmal lief
noch im 1 fahrhundert die Malerei der Capclle, deren 1 Ri
der Studenten gedacht wird. Die Bi 1 hreibung bi 1 /
tii I' Sotto la pittura •'■ di s. Barbara in cornii Evangclii vi e
un depnsito in luo^o piu li tutti pli ahn u. f. w.
Fackel und Todtcnkopf ausgeftattet und halten Täfel-
chen mit den Worten:
MEIMENTO -MORI-
Im Mittelraum erblickt man das Wappen des Ver-
dorbenen, das mit der Abbildung im Siebmacherifchen
Wappenbuch, Band I, Taf. 105, in der Zeichnung bis
auf die fehlende I lelmkrone genau übereinftimmt.
Umgeben wird es von acht Ahnen fchilden, welche an
zwei kraftigen Mauerringen mittelft zweier unten ver-
fchlungener Bänder befeftigt find, wahrend uns abge-
kürzte Ucberfchriften auf kleinen Täfelchen die Namen
der betreffenden Familien nennen. Diefe find auf
vaterlicher Seite von oben herab: 1. W.BVRG (Würz-
burg, Siebmacher I, 105), 2. EzDORF (Etzdorf, Sieb-
macher I, 156, jedoch den Ilirfch nach links gerichtet',
3. W.EEL (Wallenfels, Siebmacher I, 104), 4. POS'ER
(Pofter, Siebmachcr I, 56). Mütterlicherseits werden
genannt: 5. THVNA (Thüna, Siebmacher I, 147),
6. GkkFen STEin (im Schild ein fpringender Widder)
7. EiNSIDeL (Einfiedel, Siebmacher I, 153), endlich
8. BRÄ.STilN (Brandenftein, Siebmacher V, 138).
Chriftoph Ulrich von Würzburg geboren 1590, war
ungeachtet feiner jungen Jahre fchon Canonicus von
Bamberg und Würzburg, als er nebft feinem altern in
der Grabfchrift gleichfalls genannten Bruder Hierony-
mus Ende November 1609 von Neapel nach Siena
kam. Beider Einträge in die Nations-Matrikel find vom
23. November. Im folgenden Jahr wurde eine Reife
nach Neapel unternommen und auf der Rückkehr von
diefer ftarb Chriftoph Ulrich am 28. Auguft 1610 zu
Siena.
4. Johann Friedrich von Liechienau. Sein einfaches
Grabmal befindet fich knapp unter jenem des Johann
Staphylus und ift mit feinem oberen Theil geradezu in
den Raum eingepafst, welcher zwifchen beiden Trag-
fteinen freigeblieben war. Die Infchrift lautet:
NOBILITATEATQJDOCTRINAEXCELL-DN-|IOES-
FRIDERICVS • A • LIECHTENAVV • V • I • D • LONG •
DIVTVRNOQ^- MORBO • CONFECTVS TANDEM
ATATIS | SVA • ANNO • XXV • X • IANVARII ANNO
CIDIOLXXXH- EX-HAC-VITA FOELICITER- MIGRA-
VIT-CVI | PARENTES MOESTI HOC-M- F- C • II-MAI • j
ANN-M-D-LXXXIIII-
Die darüberftehende Marmorplatte enthalt in
einem Zierfchilde das Wappen der Liechtenaucr, wie
es bei Siebmacher IV, Taf. 116, abgebildet ift.
Johann Friedrich von LiecJitenau, welcher fich als
Auguftanus am 10. December 1581 zu Padua und am
lO.October 1582 zu Siena in die Nations-Matrikel ein-
trug, gehörte wohl jenem fchwäbifchen Gefchlechte an,
welches man bisher nach Hübner's Angabe (1 lift. polit.,
VII, S. 370) fchon 1517 gänzlich crlofchen wähnte.
Vergl Gauhc, Adelslexicon II, 626.) Das Todesdatum
enthält entweder einen Felder des Steinhauers, welcher
unter anderem das zweite c in confectus und das TA
in setatis ober der Zeile nachtragen mußte, oder es ift
(ausnahmsweife bei dem Grabftein eines Deutfcl
nach der Florentiner Rechnung angefetzt, und würde
dann bei uns dem 10. Januar 1583 entfprechen.
5. Conrad Kult. Schrifttafel mit eingerollten Aus-
laufen, welche unten in eine Maske übergehen und
mit Tüchern behängt find.
XIV
DOM
CONRADO RID GERMANO IVVENI
NOBILI. PIETATE ERVDITIONE AC
VARIARVM RERVM COGNITIONE
NVLLI SECVNDO. HAEREDES
MOESTISSIMU P ■ P •
VIXIT ARNOS XXVIII MENS.-!-
DIES XXV OBIIT HIC SENIS.
NEAPOLI REDIENS. FEBRI
AC DYSENTERIA CORREPTVS,
Vfi OCTOBRIS • ANNO-MD-X-CI-
Zwei plumpe Confolcn zu beiden Seiten der
Schrifttafel tragen den Wappenftein zwifchen zwei
Pilaftern und zwei gekröpften Gefimfen. Den Abfchluß
nach oben erhält das Denkmal durch einen giebelför-
migen Zierat mit dem Todtenkopf, welcher von einem
Kreuz auf einem Dreiberg überragt wird. Im Ganzen
ift das Werk nicht befonders geglückt. Die ruhigen
Linien der oberen Hälfte flehen in unfehönem Gegen-
fatz zu den Verfchnörkelungen des Unterbaues, die
Ausfchmückung durch herabhängende Tücher ift bis
zum Ueberdruß oft angebracht, und endlich ift auch
der Giebel viel zu klein ausgefallen. Dagegen ift die
Ausführung des Wappens, zumal die Behandlung der
Helmdecken zu loben. Das Wappen ift redend und
zeii;t in einem links gefchrägten Felde eine nach rechts
fpringende Rüde mit einem Knochen in den Vorder-
tatzen. Der offene und gekrönte Helm wiederholt die
Schildfigur wachfend als Kleinod.
Ueber die adelige Familie, welcher der Verftor-
bene angehörte, ift nichts bekannt. Die Rüd, Rüdt von
Kollenberg, führen ein ganz anderes Wappen (Sieb-
macher I, 1241, ebenfo die fchwäbifchen Riet (a. a.
( >. II, 88). Er felbft fchrieb fich am 17. Odober 1590
zu Padua als Conradus a Rudt ein (Freundeshand
fetzte Obiit Sienae , bei). In der Sienefer Matrikel er-
fcheint er zum 25. September 1591 mit dem Beifatz
Boruflus. Auch Rudt hatte fich gleich Chriftoph Ulrich
von Würzburg (3) den Todeskeim auf einer Reife nach
Neapel geholt.
6. Johann Wilhelm Schott von Schottenßeiu,
f 1610. Erinnerungstafel von einer flachen Confole mit
dem Todtenkopf getragen, darüber ein kräftig aus-
ladendes Gefims mit dem Wappen (Siebmacher I, 102)
zwifchen zwei niederen Obelisken.
• D • O • M •
ET MEMORIA. TAM PIETATE QVAM VIRTVTVM
CENERE NOBILISS IVVENIS. IOANNIS GVILIELMI
SCHOTT IN FISBACH. ,>iC. OB STVDIVM PERLV-
STRANDI EXOTICAS NATIONES, CVM M : DVCIS
HETRVRIA COSMI • II • TRIREMIB • BARBARIÄ
VERSVS NAVIGANDO, FORTE FORTVNA IN
OPPVGNATIONE CASTELLI BESCHERI. XVII -AVG:
A BARBARO TELO MISSILI VVLNERATI
DIE XXVII AVG: POST. VITAM CVM MORTE
COMVTÄDO IN DEO PLACIDEOBDORMIIT. OSSA
VERO INSVLA-SARDINIA-PROPESPECVLAM SiPETU
RELIQVITCVI FRATER MOESTISS : HOC AMORIS
MONVMENTVM P • CVRAVIT, SENIS
MENS:SEPT: A:M-DCX
IOAN - THEODORICVS SCHOTT IN
FISCHBACH. ETC:
1 Kr Name des Verftorbenen kommt meines
Willens in den Matrikeln von Padua und Siena nicht
vor, wohl aber derjenige feines Bruders Hans Dietrich,
welcher fich zu Siena im Januar 1610 einzeichnete.
Kriegerifche Abenteuer, wie jenes, welchem
Johann Wilhelm Schott zum Opfer fiel, gehörten da-
mals zur Würze des Studentenlebens. Melchior Gail,
Nr. 23, ift den Anftrengungen einer ftürmifchen See-
fahrt erlegen und das Briefbuch der deutfehen Nation
überliefert beifpielsweife auf Fol. 97 das Bittgefuch
der Studentenfchaft vom 15. Juni 1605, in welchem (ich
jene beim Großherzog für den Grätzer Johann Sigis-
mund Schörckl verwendet, defiderando navigare con
le galee dell' Altezza Sua Sereniffina per ornamento
della sua gioventii.
7. Leo Bart von Harmating, f 15S6. Viereckige
Schriftplatte oben und unten ausgefchweift und einge-
rollt:
CLAVDITVR HOC SAXO SAXV QVE MORTE PEMIT
SAXVM CAVSA NECIS, FÖNS ET ORIGO POLI
BARTIVS ETRVSCIS CVI DIRE ILLVSIT IN ORIS
FORTVNA -HIC LACHRYMAS TE RETINERE IVBET
VIVIT ENIM VIVIT SVBLIMI CLARVS OLYMPO
TERRA TEGIT CORPVS SPIRITVS ASTRA TENET
NOBILI • D • LEONI BARTH AB HARMATING
MONACENSI BAVARO MASTI PARENTES
PIETATIS CA • POS • A • D • M • D • LXXXVI-
Der Wappenftein darüber, mit dem D • O • M- auf
dem Friefe, wird von einem gefchweiften Giebel mit
aufragendem Kreuze bedeckt. Das gevierte Wappen
ift mit zwei Helmen ausgeftattet. Das 1. und 4. Feld
fowie der erfte Helm mit feinem Kleinod entsprechen
der Abbildung bei Siebmacher II, 42 (im Schwarz ein
glatzköpfiger weißgebarteter Mannskopf), fie find das
alte Abzeichen des Gefchlechts (a. a. O. III, 124).
Feld 2 und 3 und das Kleinod des zweiten Helms: ein
bärtiger Kopf mit flatternden Bändern auf einem nach
rechts gekehrten Löwenrumpf find wohl bei der
Wappenbefferung durch Kaifer Rudolph II. (1585 [fj
17. September: Prag) hinzugekommen. — Siebmacher
a. a. O. hat, nach einer undeutlichen Zeichnung, diefen
Kopf auf einen Schweinsrumpf gefetzt.
Leo Bart kam Ende Auguft 15S4 nach Siena (fein
Eintrag mit dem fpäteren Beifatz: mortuus est Senis
lautet vom 28. Auguft d. J.) und bekleidete hier vom
10. März bis zum 12. Mai 1585 die Stelle eines Procu-
rators der deutfehen Nation. Am 8. April des folgen-
den Jahres gcrieth er auf einem Spaziergang mit zwei
Freunden außer der Stadt zwifchen Porta Camollia und
Porta Ovile mit lombardifchen Handwerkern in Streit,
und wurde hiebei durch einen Steinwurf auf die Schläfe
getödtet. Die Nation veranlaßte fofort die Verfolgung
der Thäter, fowie an den beiden folgenden Tagen
die Beifetzung des Erfchlagenen und die Abhaltung
eines Seelopfers. Ueberdies wandte fie fich am 11. April
mit einer Eingabe an den Großherzog, um die Strenge
der Gerechtigkeit gegen die gemeinen Leute aufzu-
rufen, welche einen Mann wie Bart (gentilhuomo
Bavaro nobilissimo ed amatissimo come figlio dalDuca
XV
di Baviera) getodtet halten. Erft hierauf erfolgte die
Benachrichtigung der Angehörigen: man erzählte den
Vorgang, verzeichnete den vorhandenen Nachlaß und
die Schulden (darunter $6 Kronen Begrabniskofi.cn)
und bat um baldige Bezahlung der letzteren. Dem
wurde fofort entfprochen, denn die Nation konnte
fchon unterm 2S. Juni d. J. berichten, dafs fie aus dem
eingelangten Wcchfel über 300 Kronen, nach Abzug
der Marken Vermittlungsgebühren, alle Ausftände mit
212 Kronen, 17 Kreuzern und 3 Vierern beglichen und
noch etliche 30 Kronen behalten habe, welche fie
gemäß der mitfolgenden Zeichnung für ein Grabdenk-
mal verwenden mochte.
Drei Jahre fpäter kam es zu einem Nachfpicl. Der
Thater, welcher feinerzeit den Nachforfchungen ent-
gangen zu fein fcheint, verfuchte jetzt mit der Nation
und der Verwandtfchaft Leo Bart s gütlich abzukom-
men, um nach Siena rückkehren zu können. Kr fand
machtige Gönner, die fich feiner annahmen, bis der
Großherzog die Entfcheidung der Sache dem guten
Willen der Nation überließ. Da blieb freilich nichts
übrig, als nachzugeben, wie dies die Nation unterm
21. Februar 1589 in einem an den Großherzog gerich-
teten Briefe erklärte. '
8. Johann Andreas Geuder, f 1588. Ober der von
einem Engelskopf und zwei kleinen Tragfteinen ge-
nützten Schrifttafel der Wappenllein mit einem giebel-
artigen Zierat und einem Kreuze auf einem Dreiberg
als Abfchlufs.
IOH ANDREA ANT • F-SEB • N • NORIBERGA.
EX NOBILIET-PATRITIA • FAMLIA • GEVDERO-
RVM IN HEROLZBERG &C • ORTO, PERLVSTRA
TIS GERMAN : GALL = ET BRIÄNN : REGIONIBtSEMS
STVDIOR • GRATIA PROFECTO IBIDEMQ^ PIE IN
CHRISTO SED IMMATVRA MORTE • DEFVNTo
PARENT : MOESTISS : PERENN : MEMOR : ERGO
P • C •
VIXIT ANNOS XXIII-MENS:III-DIES XXI •
OBIIT AN : SAL : MDLXXXIIX VIII CAL • OCT •
Das Wappen ftimmt mit der Zeichnung bei
Siebmacher I, 205 überein, nur ift die Helmdecke nicht
au-gczaddelt, fondern als ganzes Tuch behandelt. Im
Giebel ober dem Wappen die Buchftaben:
• D • O -M-
Johann Andreas Geuder, Sohn des Nürnbergers
„Scptemvir" Anton, und Enkel des Sebaftian war am
3. Mai 1565 geboren, und flammte aus dem bekannten
Nürnberger Patrizier-Gefchlecht. Gleich feinem Vater
befuchte er auf der Länderreife Padua und Bologna,
und zeichnete fich dort am 24. Oclober 1587, hier am
17. Mai 1588 ein. Wenige Tage fpäter (24. Mai) treffen
wir ihn zu Siena. Er muß ein Jüngling von vielver-
fprechenden Geiftesanlagen gewefen fein, denn in der
Matrikel von Padua findet man bei feinem Eintrag die
1 Briefbuch der deutfehen Nation zu Siena, Kol. 10, 21, i?S, 131, zum
Theil hier im Anhang Nr. ;4 mitgetheilt. Das letzterwähnte Schreiben Kol. 10)
lautet in feinen wichtigften Stücken: Quelle. Chi comessc il uolontario homi-
eidio gia 3 anni sono nella Nobil memoria del Sign. Leo Bart Monacense
domandando pace et consenso della nostra Natione per esser rimesso, ha
presentato un rcscritto da V. A. S. nel quäle cortesissima al Suo solito nc
favorisee con las^.ir tal remissione in arbitrio nostro. De tale | favorc con
ogni debita reuerenz.» ringratiandola, se li presenta con questa il consenso
nostro con la pace de' parenti del Sigr. ucciso Et con questo facen-
doli reucrenza et Le offriamo sicome Le siamo et sarä sempre in Gcrmana
fede obbligatissimi a servirla ... Di Siena il di 21. Fcbruario 1589.
Bemerkung: Obiit hie adultus optimus et nobilissimus
in ipso aetatis Höre magno suorum hu tu.
y. Johann Adam von Muggenthal, y 1585. Der
Unterbau des Denkmals mit der [nfchrift ftimmt in
der Anlage mit dem daneben befindlichen GeuderYchen
überein, nur lind noch rechts und links Baluller zuge-
geben, welche je einen kleinen Obelisk tragen.
Der Stein ober der Schrifttafel enthalt in einfacher
Umrahmung Chriftum aufGolgotha. Maria und Magda
lena flehen klagend zu Füßen des Kreuzes, im Vorder-
grund kniet der Verflorbene auf einem l'olller, den
Rofenkranz in den erhobenen Händen. Zwei weibliche
Hermen, Verkörperungen der forgenlofen Jugend und
des gramerfüllten Alters tragen die Bekrönung
welche aus zwei Bogen fegmenten und dem Wappen
gebildet wird. Letzteres mit dem rechtsfpringenden
Marder entfpricht bis auf die verkehrte Stellung der
Siebmacherifchen Abbildung (I, 81). Dielnfchrilt beginnt
mit dem
•D ■ O • M-
auf dem Friefe und fetzt unten fort:
GENERIS NOBILITATE, AC VIRTVTIBVS
ORMTO 1VVENI IOÄNI ADAMO A_MVC
KENTHAL GRAVISSIMI VIRI IOÄNIS
ADAMI ILLMI VTRIVSQJBAVARIA DVCIS CO
SILK" • ET GVBEK- I • RHAIN EX EVFROSINA A
STA1N ■ FILIO ■ QVI DV BIENIO HIC NA/A\AT
OPÄ LITRISJ>ESTIFERA FEBRI TFECTVS
IMATViE SVMO LVCTV SVORV PATRIAQ^
ICOMODO VTl • CA- • SEP • A° ■ MDLXXXV MORTy-ES'1 •
Johann Adam v. Muggenthal kam im Jahre 1583
von Ingolftadt, wo er feit 1577 ftudirt hatte, nach Siena
und trug fich hier am 4. Juni in die Nations-Matrikel
ein. Ein Beifatz von Freundeshand meldet: mortuus
Senis 14. Augufl 85 magno animi luCtu omnium. Für
die Errichtung des Grabdenkmals wurden der deut-
fehen Nation unterm 22. September 1586 acht und
dreifsig Kronen zur Verfügung geftellt. (Vgl. Anh. 36.)
IO. Gabriel Muffel v. Efchenau, f 1582. Schrifttafel
von einemEngelskopf getragen, darüber der Wappen-
ftein, überragt von zwei Bogenftücken und einem
Kreuze auf einem Dreiberg. Die Infchrift beginnt auf
dem Friefe mit
D • O • M
und fetzt unten fort:
NOBILITATE • ET • VIRTVTE • EXIMIA • IVVENI
GABRIELI MVFFELIO
AB-ESCENNAW-ET-ECKENHEIDT-NORICO-
QVI ■ CVM • MAIORIS ■ INGENII • CVLTVS • CAPE
SCENDI ■ ERGO • TRES-PLVS ■ MINVS • MENSES
PATRIA • ABFVISSET • IN • COELES"EM-PATRI
AM ■ VOCATVS • ARDENTI ■ FEBRI • ANNO -MDL
XXXII -DIE XXV ■ A/GVSTI- IN HAC VRBE • PIE
MORTVVS • IN • HAC • Ä-DE • RIE SEPVLTVS EST
MOESTISS • MAER • FRA'ERQVE • VNICVS ■ ILLA
FILIO • HIC • FRATRE • CARISS • VIDVI •
•L-P-ANNO -MD- LXXXIX • DIE
• Villi • MARTI1 •
XV]
Das Wappen (Siebmacher I. 206 zeigt fchcin
bar S Felder, ifl aber in der That nur geviert. Feld 1
und 4 enthalten das bei SiebmacherV. 88 abgebildete
Wappen der Muffel von Ermreut: gefpalten weißer
Fifch in roth und gekrönter fchwarzer Lowe in Gold.
Feld 2 und 3 find ebenfalls gefpalten (blau und fchwarz)
und in jeder Hallte mit einem gekrönten goldenen
Löwen nach rechts belej I Dei erfte Helm zeigt wie
bei Siebmacher einen wachfenden Hund, der zweite
ebenfo einen geflügelten Löwen, die rothen Herzen
auf den Flügeln fehlen.
Gabriel Muffel, Stieflöhn desChriftoph Kress vom
innern Rath zuNürnberg, fchrieb fich fchon am 11. Juni
in die Nations- Matrikel zu Siena ein, es hatten
darum die Worte der Grabfehriß tres plus minus men-
ses vermuthlich tres p. m. annos lauten follen. Am
2 September 1582 benachrichtigte die Nation den
Stiefvater, dafs Muffel an einem Fieber erkrankt fei.
zu welchem fich die fchwarzen Blattern oder pettechie
hinzugefchlagen hatten, dafs er fohin am 24. Auguft
nach Mitternacht verfchieden und am folgenden Tage
um 22 Uhr in der fteinernen Nationsgruft in der
Dominicanerkirche begraben worden fei. Von dem
Anerbieten der Nation, die Herftellung eines Grabmals
überwachen zu wollen (vgl. Anh. 33), wurde übrigens
kein Gebrauch gemacht, fondern die Ausführung dem
jüngeren Bruder Johann Jacob überlaffen, welcher etil
um den 24. Mai 1588 nach Siena kam.
11. Werner Selicnk von Stauffenberg, f 1577. Vier-
eckige Schrifttafel in einer mehrmals gefchweiften
Einrahmung mit eingerollten Enden.
DOM
DWERNHERVS SCHENCK Ä STAVFENBERG •
GERMANVS • SVEVVS : GRAVISSIMI VIRI ■
D ■ ALBERTI, CONSTANTIA GVBERNATO//
RIS-FILIVS. 1VVENIS. TAM SANGVINE-QVÄ
VIRTVTIBVS, ERVÜITIONEq^; CLARISSIMVS:
DVM HAC SENARVM IN VRBE LITERARV
STVDYS VACARET, ACVTA FEBRE CORREPTV
CVM GRAVI ET SVORV ET TOTIVS :
NATIONIS GERMCÄ- HIC TVNC COMMORA
TIS LVCTV MAGNOQ^PATRI/e. INCOMMO-
DO ■ FATO CESSIT : CVI CHRISTOPHORVS • ET
SEBASTIANVS FRATRES PYSSIMI. QVI ET IP.
SIVNA-SENIS- AGEBANT, FRATRI CHARISSI
MO ET OPTIME MERITO PIETATIS OFFICIO PO
SVERVNT HOC MONVMENTVM-
DECESSIT ANNO XPI ■ M ■ D • LXXVII
DIE XXI SEPT- ANO AT ATIS SV/t XS
I »as Wappen in fchlichter viereckigerUmrahmung
ruht unmittelbar auf der Schrifttafel aufundftimmt
mit der Siebmacherifchen Abbildung I, 115, überein, nur
find beide Löwen nach rechts gewandt.
Der Verftorbene kam mit feinen obgenannten
Brüdern am 4. Juli 1577 nach Siena. Nach feinem Tode
(das Datum desfelben ifl auch in der Matrikel der Ein-
zeichnung beigefetzt reiften die Brüder nach Padua,
wo fie fich am 25. März, beziehungsweife 28. November
1578, in die Nations-Malrikel eintrugen.
12. Andreas Verbez , f 1632. Ovale Schrifttafel
mit vielfach gefchweifter Umrahmung, auf welcher
das Wappen zwifchen zwei Obelisken aufruht. Der
Wappenfchild ilt gefpalten und zeigt in der vorderen
Hälfte einen flehenden Mohren mit einem Handfpiegel
in der Rechten, die linke Hälfte iil zweimal getheilt
und enthalt oben einen gekrönten Drachen nach
rechts, in der Mitte ein durchbrochenes Dreieck
und unterhalb zwei Rechtbalken. Auf dem offenen
1 leime eine in fünf Kugeln endigende Adelskrone und
als Kleinod der Mohr mit dem Handfpiegel zwifchen
zwei offenen Hörnern, aus welchen Pfauenfedern her-
vorgehen. Die I leimdecken find lehr fteif behandelt.
CVM NOBILISS : ET : CLARISS : DN : AN
DREAS VERBECI9 I-VLICENTCARNLAB PRA-CIPVIS
ITAL:PARTIB9 LVSTRATIS TRIENIOQ^SENIS
STVDlORV CAÄ IMPESO LÄT9 PATRIÄ COGITARET,
ACERBO CASV NOXIO FERRO LA.SVS OCCVMBIT
XXII jiv| VNY, ALTATIS XXVII ANO CVI PIA. RECOR
DATI ONIS CAA MCESTISSIMVS PATRVELIS BAL.
THASA\ WIZ A GLEINIZ SVO SVORVM Q^NOlE HOC
POSVIT XXXSEPT:ANNOM:D:C:XXXII-
Andreas Verbezius fchrieb fich am 31. März 1629
zu Padua als J. Y. Licentiatus, Carno-Lubianus ein,
fein gleichlautender Eintrag zu Siena datirt vom
24. November 1629. Hier harrte er auch aus, ungeach-
tet der Würgengel der Peft Italien in den Jahren
1630 — 1631 auf das entfetzlichfte verheerte und die
meiden fremden Studenten das verfeuchte Land zu
verlaffen fuchten. Vom 26. Mai 1631 bis zum 12. April
des folgenden Jahres bekleidete er darum zu Siena das
Vertrauensamt eines Procurators der deutfehen Nation.
Welchem unglücklichen Zwifchenfall er endlich zum
Opfer fiel, bleibt unaufgeklärt, vermuthlich war es einer
der vielen Raufhändel, in welche die Studirenden
theils untereinander, theils mit den Bewohnern der
Stadt oft verwickelt wurden. Sein Vetter, der in
Grabfchrift gleichfalls genannte Balthafar Wiz, war nur
wenige Wochen vor dem unglücklichen Ereigniß (am
3. Juni 1632) in Siena angekommen.
Andreas Verbez dürfte der Sohn des Laibachcr
Bürgermeifters Johann B*. V. gewefen fein, welcher
diefe Würde in den Jahren 1623 und 1625— 1628 inne-
hatte, und deffen Wappen Valvafor im XI Buch feiner
Ehre des HerzogthumsKrain, S. 700, wenn auch nicht
ohne Misverftändnifle, mittheilt. Vermuthlich beliehen
auch verwandtschaftliche Beziehungen zu jenem Geor-
gius Verbez Carniolanus, welcher feinen Namen am
26. Mai 1583 in die Matrikel der deutfehen Artiften zu
Padua eintrug-.
Auf der Epiftelfeite befinden fich in der Wand,
und zwar in der oberen Reihe die Grabfteine von
13. Carl Freiherrn von Brenner, f 1577 (Fig. 3).
D • O • M • S •
ILLVSTRI ET GENEROSO ADOLES,
CENTI CAROLO BREINERO BARONI
IN STVBING FLEDNITZ ET RABENSTAI
GERMANO INGENII DOTIBVS AM
PL1SSIMIS ORNATO, SENIS HERTRV
RIA ACVTA FEBRE ANNO CHRI
M • D • LXXVII • AETATIS XV • OCTOB .
DIE VIII EXTINCTO PARENTES
MOESTISSIMI HOC
MFC
SIENA.
ABT. UTK. AB8TALT, BUCH- DKD STEINDBÜCKEBE1 VON STOCKIXOEB * SOBSUK. WIES.
XVII
Der Oberbau dos Denkmals birgt das Wappen
(vgl. Siebmacher I, 22)zwifchen zwei jonifchen Pilaftem
von grauem Marmor mit weißen Capitälen, welche auf
hohen und flachen Tragfteinen zu beiden Seiten der
Schrifttafel aufruhen. Das kraftige Gcfims von zwei
liegenden Voluten und zwei niedern Obelisken bedeckt,
erhält durch das Kreuz ober einem überhöhten und
gleichfalls mit Voluten gezierten Sockel einen giebel-
artigen Abfchluß.
Der Verftorbene gehörte der fteierifchen Linie
feines Gefchlechtes an und befuchte Italien, wie es
fcheint, in Gefellfchaft des Grafen Anton von Montfort.
Der Eintrag zu Padua mit dem fpätern Beifatz: Gnadt
dir Gott mein lieber Herr Breiner, datirt vom 4. April
1576, jener zu Siena erfolgte am 24. April 1577.
14. Andreas Tmhof, f 1610. Schrifttafel von einem
Engelskopf getragen, darüber der VVappenftein
zuil'chen zwei jonifchen Pilaftem, welche mit Ahnen-
fchilden bedeckt find. Auf dem Gcfimfe ein Zierfchild
mit D • O • M, darüber der Todtenkopf, an den Seiten
je ein Engel und eine Urne. Die Infchrift lautet:
D-O-M-
ANDREAS IN CVRIA,
AL ■ IMHOF ANDREA • SENAT • NORIB-
ET REGINAE E NOB-RHELINGERORVM
Ä WINDACH FAM-OR-FIL-ANDREA II-ETI-
EIVSDREIPII-VIRVM PRIMARIO-ft-N-ET PRON-
QVVM VIRTVTIS ET LITERA-R-STVDIO,
ACAD-PATRIA, QVAE EST ALTORFI, RELICTA,
ITALIAM ADIISET PISISQ_- AD XIIX MENSES
SVBSTITISSET, AC INDE SENAS CONCESSISSET;
ARDENTE FEBRI CVM INFELICI DYSENTERIA
CORREPTVS, IN VERA FIDE ET INVOCATIONE
CERTAQ_- FVTVRÄ. • RESVRRECTIONIS SPE •
HANC TERRESTREM CÖLESTI VITA PERMVTAVIT-
NATVS • AVG • VIND • POSTR • EID • APRIL • AN ■ MDXC-
DENATVS XIV • KLD • IIXBR AN • M-DCX
VIXIT AN • XX • M • V • D fV •
CVIPARENTESMOESTISS-H-M-NON-SINELACRVMIS
CONTRA VOTVM PIETATIS PC-
Der halb erhaben gearbeitete Wappenfchild mit
dem nach rechts gekehrten Imhoffchen Seelöwen wird
von einem offenen, aber ungekrönten Helm bedeckt,
auf welchem der Seelöwe als Kleinod wiederholt ift.
Ein Schriftband ober den Helmdecken zeigt die Worte
BEATI IN CHRISTO - PIE DEMORTVI-
Auf den Pfeilern erblickt man paarweife geftellt die
in den Stein gegrabenen und gefchwarzten Umriffe
von 40 Wappenfchilden der directen väterlichen,
bezichungsweife mütterlichen Linie auf 10 Generationen
zurück. Bezeichnet man diefelben in der Richtung von
oben nach unten mit den Ordnungszahlen 1 — 40, fo
erhalt man folgende Ueberficht über die Abdämmung
des Verftorbcnen: Väterliche Ahnen 1. Reihe =
N. 1 — 10 Imhof (der Seelöwe ift hier aus Schönheits-
rückfichten durchwegs nach links d. h. der Schildfigur
des Frauenwappens zugekehrt). Nr. 11- — 20 die Frauen
derfelben, und zwar Nr. n geviert: Rehlingcr zu Wind-
ach (vgl. die Abbildung in Paul v. Stettcns Gefchichte
der adeligen Gefchlechter in Augsburg, Taf. IV, 15, E;
XIII. N. F.
Siebmacher I, 207, Nr. 11), i2.Schmidmer?(Siebmacher,
I, 212, Nr. 1, hat aber die drei Rofen gerade umgekehrt
alfo fchräg links geftellt), 13. Reiche] (Siebmacher II,
158, Nr. 10), 14.' Muffel (Siebmacher V, 88, Nr. 2),
15. Cocler (Siebmacher I, 212, Nr. 3), 16. Neudung
(Siebmacher II, 162, N. 10), 17. Lemblein (Siebma< hi 1
II, 158, Nr. 11, jedoch das Lamm nach rechts gekehrt),
D'ü ■ m- s-
lvstriEtOenrösoAdoles
NT'i CaroloBrei neroBa Ron
'TvöngFlednizEtRabenstai
bermanoIngeniiDotibvsam
fUSSlMISORNAroSENiSHETRV,
fel/E ACV"T AFEBREAW N oCHJRI
\ryV L XXVU-/ETATISXV-OCIÖE
P;ieviii'EXI!inctoPare Utes
MOESTlSSlhlHOG
Fig. 3-
18. Groß (Siebmacher II, 157. Nr. 2), 19. Gundelfinger
(Ring in einem einfarbigen Felde, wogegen das fpäter
mit dem Imhoffchen vereinigte Wappen bei Paul v.
Stetten, Taf. VII, Nr. 9, B, einen gefpaltenen weiß-
rothen Schild, belegt mit dem Ringe in verwcchfelten
Farben aufweift), endlich 20. mit einer fchrägen Links-
ftufe, etwa Aurberg oder l^infterlohe (Siebmachcr I, 81
und II, 75).
XVIII
Zur G<- fei bemerkt, dafs Hans Inihof,
her mit Anna Gundelfingerin vermählt war, wie
Paul v. Stetten a. a. 0. S. 173 angibt, im Jahre 1202 zu
Lauingen lebte, und dafs er nach Bucellini Germania
ftemmatographica II, Blatt L im Jahre 1341 rtarb. Sein
Johann lebte zu Nürnberg (f 1389 und war mit
Lucia Groß verheiratet. Die weiteren genealogifchen
n Bucellini's lauen ficli erft von jenem Johann her
mit der Wappenreihe des Grablteines in Einklang
bringen, welcher 1528 ltarb und die Catharina Muffel
zur Ehefrau hatte. Die drei Andreas Imhof, die nun
11, hatten nach derfelben Quelle die Magdalena
Reichin, Urfula Schidmayrin und Regina Rehlingerin
zur Frau. Damit wären wir bei den Eltern des Verdor-
benen angelangt.
Die mutterlichen Ahnen find zunächft zehn
Rehlinger mit vier verfchiedenen Schildfiguren. Die
beiden jüngften, Xr. 21 und 22, haben das bei Stetten
Taf. IV. 15, E abgebildete Wappen nach der Vereini-
gung 1503 mit dem Misbeck'fchen Schilde. 23 — 25
und 2;, zi entfprechen der Stetten fchen Form D,
welche angeblich Uhlrich Rehlinger 1450 aufbrachte.
Xr. 26 entfpricht der Wappenfigur Conrads (1335) und
29, 30 der alterten Geltalt Stetten a. a. O. Wappen
B und A .
Mehr Schwierigkeiten bietet die Ermittlung der
Frauenwappen. Schild 3igeviert: 1, 4 ein fchrägrechter
Pfeil von zwei Sternen begleitet, 2, 3 der nackte Ober-
leib eines Menfchen nach rechts mit erhobenen Händen
und flatternder Kopfbinde gehört (wenn die Angaben
Bucellini's a. a. ü., Blattfolge R, richtig find) der
Catharina Soiterin zu, welche fich 1558 mit Carl Wilhelm
Rehlinger vermählt hatte. Schild 32 mit dem rechts
gekehrten Oberleib eines Löwen gemahnt an das Ab-
zeichen der Xürnberger Patrizier Grundherr iSieb-
macher I, 205, Xr. 15 , foll aber der Frau des Wolfgang
Rehlinger, Anna Wielandin (.1528', zuzutheilen fein. ^
ill zweifellos der Schild der Regina, oder wie Paul von
ten angibt, Richardis Misbeck (1503). 34 foll der
Magdalena Millerin (1474) zugehören, der Schild fcheint
den Oberleib eines rechts gekehrten Mannes, der Klei-
dung etwa nach eines Jägers, zu enthalten, während die
Augsburger Müller (Siebmacher III, 198) ein redendes
Wappen führten. 35 ein Blatt, Frickinger und 38, Ring
begleitet von 3 Sternen, Pfifter (Siebmacher V, 236,
Xr. 10 — 12 und I, 208, Xr. 10) find ficher, da Clara
Frickinger und Kunigunde Pfifter in der directen
Almenreihe der Regina Rehlinger erfcheinen. 36 mit
einem Thierfchenkel könnte man einer Regensburger
Haman (Siebmacher V, 222 Xr. 6) zufchreiben, würde
aber auch der älteren Wappenfigur der Augsburger
Egen entfprechen P. v. Stetten Taf. II, 19, a). 37 mit
drei Löwenköpfen nach rechts wird wohl eine Ul-
ftädter fein. Es erübrigen noch die beiden alterten
Schilde. 39 mit einem rechtsanfpringenden Jagdhund,
muß der Frau des Greinwald Rehlinger beigelegt
werden, welcher um 1300 Pfahlbürger der Stadt Augs-
burg wurde. Der Gefchlechtsname Windach bei
Bucellini würde zur Schildfigur beftens paffen. Endlich
40 mit dem gevierten Schilde der Rcichsmarfchälle
von Pappenheim geht auf jene Anna zurück, welche
als Stammmutter der Rehlinger genannt wird.
Die biographifchen Xachrichten über den Ver-
dorbenen find großentheils aus der Grabfchrift zu ent-
nehmen. Andreas Imhof wurde am 14 April 1590 ge-
boren und befuchte herangewachsen die von Nürri-
im Jahre 1575 errichtete Hochfchule zu Altdorf.
Etwa im November 1608 treffen wir den jungen Stu-
denten zu Pifa, wo er an lS Monate verweilte, ehe er
fich nach Siena begab. Sein Beitritt zur hiefigen
Nation erfolgte am 21. Mai 1610. Wenige Monate
fpäter (18. November 1610 fallt fein Todesdatum.
1; Joachim Clewein, f 1629. Zwei Pilafter aus
fchwarzem Marmor mit weißeingelegter Linienum-
rahmung und weißen Capitälen tragen auf kräftig aus-
ladendem Gefimfe den von einem Kreuze überhöhten
Stein mit dem Cleweinifchen Wappen (Siebmacher II,
164, Xr. 10). Zwei umgekehrte Confolen, welchen je
eineAfchenurne und ein hoherObelisk aufgefetzt find,
fchließen zu beiden Seiten an und geben den Uniriß-
linien des Oberbaues die Gertalt eines Rechteckes
Die Schrifttafel ober einer mit dem Todtenkopfe ver-
fehenen Confole lautet:
DOM-
NOBIL : VIRTVTE AC ERVDITIONE PRA-
STANTISS IOACHIMO CLEWEIN NORIB-
QVI POST MVLTIFARIAM SCIENTIAM
IN GERM : GALL : ANGL : ET BELG : ACADE-
MUS ACQVISITAM. REDITVM EX ITALIA
IN PATRIAM PARANS, IN HAC VRBE FEBRI
OPPRESSVS DEIN APOPLEXIA CORREPTVS.
PIE DE MORTE COGITANS. IN PRIMO
ATATIS FLORE LONGIORE DIGNVS/vTTA
FATO CONCESSIT. RELICTVS IN GEMITV
PATER HOC MONVMENTVM, PRO TABVLIS
DOLORVM, FACIENDVM STATVIT-
VIXIT ANNOS XXIIIMENS: VDIES XVI-
OBIIT AN° SAL : MDCXXIXDIEXXII-OCTOB-
Joachim Clewein nach der Grabfchrift 1606 ge-
boren, während ihn die folgende Nachricht um zwei
Jahre älter erfcheinen läßt, wurde am 24. April 1624
zu Leyden als Jurift immatriculirt und zeichnete fich
zu Siena am 24. Mai 1629 in Gefellfchaft zweier Lands-
leute ein, des Gabriel und des Johann Jacob Oelhafen
von Schölenbach.
Untere Reihe.
16. Wilhelm v. Barland, "i'1597. Schrifttafel zwifchen
zwei kräftigen Confolen aus weißem Marmor mit
fchwarzen Einlagen, darüber der Stein mit dem Wappen
abweichend von Siebmacher IV, 33, Xr. 4, Schild mit
drei Adlerfüßen, offener ungekrönter Helm mit aus-
gezackelten Decken und einem mit den Krallen nach
aufwärts gerichteten Adlerfuß als Kleinod' zwifchen
zwei jonifchen Pfeilern aus fchwarzem Marmor mit
weißer Bafis und weißem Capital. Auf dem Gefimfe
ein gefchweifter Giebel mit einem Kreuze und vor dem-
felben ein Engel, mit Frucht und Blüthen in den
Händen. Unten erhalt das Denkmal durch einen Engels-
kopf feinen Abfchluß. Nach Anlage und Ausführung
dürfte es dem nämlichen Meirter zuzufchreiben fein,
welcher die vier folgenden Monumente verfertigt hat.
D • O ■ M • S-
MANIBVSQ^IVVENIS NOBILISS-
GVILIELMI A BARLAND, ZEELANDI,
XIX
QVI CVM IN ITALIAM VELVT AD
MERCATVM STVDIOR ET VIRTVTVM
ESSET ABLEGATVS, EAMQ_- RECTISS-
INGENII ET DOCTRINA IAM TV DARET
SIGNIFICATIONEM. VT FACILE,
QVALIS OLIM FVTVRVS ESSET,
AVGVRARENTVROMNES:MORS INVIDA
FLOREM IN HERBA, CVM SPE FRVCTVS
OBTRVNCAT-MATER INFELIX
ET FRATER IACOBVS FILIO ET FRATRI
CARISS • HOC DOL • MON ■ PP • VIXIT
ANNOS MENSES DIES
OBIIT SENIS, NEAPOLI REVERSVS,
A- DCID • IDXCVII-
DIE IV ■ NOVEMBRIS-
Wilhelm von Barland, Sohn Johanns, zu Goes in
der Provinz Zeeland geboren, wurde am ig. Mai 1597
zu Padua in die Matrikel des Reftors und Tags darauf
in jene der deutfehen Nation aufgenommen. Nach
kurzem Aufenthalt fetzte er die Reife nach dem Süden
Italiens fort, denn wir treffen ihn am 6. November 1597
auf der Rückreifc von Neapel zu Siena, offenbar fchwer
erkrankt. Eine Woche fpäter ftarb er. '
Mehrere Jahre darnach befuchte fein Bruder Jacob
von Barland Siena (1601, 27. October datirte er den
Eintrag) und das Grab des Verdorbenen, das bis dahin
eines Denkmals entbehrt hatte. Jacob vereinbarte mit
einem Bildhauer die Herftellung eines Epitaphiums
zum Preife von 33 Kronen, und betraute nach feiner
Abreife die Nation mit der Ueberwachung der Aus-
führung, wie aus dem im Anhange unter Nr. 52 mitge-
theilten A6tendück hervorgeht.
17. Chrißopk Krefs von Krefsenflein, f 1591. Vier-
eckige Schrifttafel zvvifchen zwei fchön gearbeiteten
Confolen, oben durch ein Gefims, über welches der
Rand der Tafel nach Art eines Zierfchildes empor-
drebt, unten durch ein reiches Blumen-Ornament ab-
gefchloffen.
1 Die Angabc der Grabfchrift IV. Nov. ift entweder ein Verfehen für
XIV Nov., oder auf den Julianifchen Kalender zu bezichen.
CHRISTORHORVS KRESS A KRESSENSTEIN
IOACHIMI FRIDERICI- F-CHRISTOPHORINEP-
PATRICIVS NORIBERGIVVENIS NOBILITATE
GENERIS CLARVS OB SINGVLAREM PROBITA-
TEM ATQ^SINCERITATEM GIB, CARVS DVM
VIRTVTIS. ATQ^DOCTRINA STVDIO ITALIAM
PERAGRAT FEBRI PESTILENTE CORREPTVS
VTI PRÄMATVRE ITA PIE, EX HAC IN COE-
LESTEM VITAM EMIGRAT, SVMVM SVI DESI
DERIVM MATRI MASTISS-ATQ^AMICIS POST
SE RELINQVENS ■ Ü DIE AVGVST ANNO
M-D-XCI VIXIT ANNOS XXI, MENSES Hl
DIES vm
TRIVMPHAT AVTERNVM-
Zwei verzierte jonifche l'ilatter mit feitlich an-
fchließenden Confolen tragen auf einem fchweren
Gefims den maffigen Giebel, welchen weder die feit-
wärts aufragenden kleinen Obelisken, noch die Ein-
rollungen in der Mitte leichter erfcheinen lallen. Den
Eirfr krönt ein Kreuz auf einem Dreiberg. Den Mittel-
raum nimmt das zierlich ausgeführte Krefs'fchc
Wappen ein (Siebmacher I, 205, Nr. 14), während die
Pfeiler je zwei Ahnenfchilde aufweifen und zwar: 1. das
Schwert der Krefs, 2. Haller, wie Siebmachcr 1, 205,
Nr. 3, nur ift die untere Hälfte des 2. und 3. Feldes
nicht mit einem Löwen bedeckt, fondern blos da-
mascirt; 3. eine Lilie, Weifer (Siebmacher I, 207, Nr. 3),
4. drei Lilien im Dreipaß, Stromer (Siebmachcr I, 205,
Nr. 13).
Chriftoph Krefs von Krefsenflein, Sohn des früh
verdorbenen Friedrich Joachim Krefs von Krefsenftein
zu Letten und der Magdalena Welferin, wurde 1570
geboren und trug fich im Oftober 1589 in die Paduancr
Matrikel ein. Er muß im Kreife feiner Collegen fehr
beliebt gewefen fein, denn es findet fich bei feinem
Namen der Zufatz : „Viva, e chi vuol bene a Uli",
freilich auch von zweiter Hand der Nachtrag: „obiit
Siena;". Seine Einzeichnung zu Siena erfolgte im Mai
1590.
(Fortfetzung folgt.)
Ueber einige Madonnen -Bilder Böhmens aus dem
14. und 15. Jahrhundert.
Von Dr. Karl Chytil.
||S ift wohl recht begreiflich, dafs fich der
marianifche Cultus auch in Böhmen im Ver-
laufe des Mittelalters durch Errichtung von
Bildern und Statuen nach außen manifeftirte und
fomit gewiffermaßen greifbare Beweife feiner Innigkeit
und Tiefe hinterlaffen hat. Neben Kaifer Karl IV.,
welcher fad allen Heiligen des chriftlichen Legenden-
kreifes die fchuldige Verehrung angedeihen ließ und
namentlich infolge einer Vifion die Mutter Gottes in
hohen Ehren hielt, fehen wir den Erzbifchof Ernft von
I'ardubic als den eifrigften Verehrer der heil. Jungfrau;
von der Tradition werden ihm zu Ehren Mariens ver-
fafste Andachtsbücher, von dem Volksglauben fogar
eigenhändig ausgeführte Marienbilder zugefchrieben,
und der unbekannte Autor feines Nekrologes weiß
von ihm vorzugsweise zu rühmen, dafs er Marienbilder
zu errichten, und fich an denfelben in devoter Stellung
mit feinen Amtsinfignien zu Füßen abbilden zu laffen
pflegte'. Das Beifpicl des erden Kirchenfürften blieb
nicht unbefolgt; man braucht nur in den Libri crec-
tionum der Präger Metropole nachzufchlagen, um zu
erfahren, welch daunenswerthe Menge von Altären
im Laufe der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in
den Kirchen Böhmens errichtet wurde, und wenn man
annimmt, dafs wohl der grüßte Theil diefer Altäre
durch Heiligenbilder bezeichnet wurde, fo war die
Zahl der zu jener Zeit in Böhmen erzeugten Bilder,
1 Fontes rerutn bohemicarum I. 394.
XX
namentlich aber der Madonnenbilder eine erstaunliche.
In dem Veitsdome können wir nach den aus
dem Ende des 14. und dem Anfange des 15. Jahr-
hunderts flammenden Verzeichniffen ungefähr an zehn
.Marienaltäre zählen und außerdem erfahren wir
.gentlich von Marienbildern, welche noch hie und
da in dem Dome aufgehellt waren. ' Diele Marienbilder
wurden meiftentheils von Privatpersonen errichtet und
nicht feiten lefen wir von Stiftungen eines ewigen
Lichtes, welches zum Heile des Stifter- vor dem
Altare brennen Sollte.2 Jedoch nicht nur in der Kirche,
auch im Kirchenfchatze wurden Marienbilder aufbe-
wahrt, welche bei Proceffionen herumgetragen oder
bei befonderen Fetten in derKirche aufgestellt wurden;
fo lefen wir in dem höchft intereffanten Codex
Thomaeus, dafs fich zu Anfang des 15. Jahrhunderts in
dem Thomas-KloSter unter anderem eine „tabula cum
duabus imaginibus, refurrectione et St. Mariae cum
puero-, und nichts weniger als fünf „imagines SancStae
Mariae virginis deligno, tenentes pueros in manibus III.
et duae geftantes in utero puerum" vorfanden.3 Es
ift nicht zu verwundern, dafs fich aus diefem Vorrath
bis auf unfere Zeiten eine verhältnismäßig bedeutende
Anzahl von Marienbildern und Statuen erhalten hat.
Eine wichtige Gruppe diefer Marienbilder hat
Herr Dr. J. Neuwirth in feinem intereffanten und
grundlichen, im 1. Hefte des Repertoriums für Kunft-
wiffenfehaft erfchienenen Auffatze zur Gefchichte der
Tafelmalerei in Böhmen behandelt. Es fei bei diefer
Gelegenheit nur des Umftandes erwähnt, dafs der
vorcarolinifche Urfprung diefer Marienbilder, welche
zum Theile bereits von dem verewigten verdienstvollen
Forfcher Prof. B. Gruebcr in richtige Zeiträume ein-
gereiht wurden, unter den Fachmännern keineswegs
mehr aufrechtgehalten wird. Vom Herrn Dr. Neu-
wirth werden vier Marienbilder zu einer Gruppe
zufammengeSaSst, und zwar dasjenige der CiStercienSer-
StiStskirche zu HohenSurt, eine in der Minoriten-Kirche
zu Krumau befindliche Madonna, ein Bild der Gemälde-
Galerie des StiStes HohenSurt, und ein in der BudweiSer
Dominicaner-Kirche bestehendes gleichartiges Marien-
bild. Drei dieSer Bilder find im Typus und Haltung
beinahe identiSch zu nennen, während das HohenSurter
Galeriebild aus dieSer Gruppe lieber auszuscheiden
wäre, da es nur eine entSernte Aehnlichkeit mit den
übrigen befitzt. Es war ein unglücklicher EinSall
Grueber s, dieSe Madonna dem MeiSter Thomas von
Modena zuzuSchreiben,* mit deSSen Bildern es in gar
keinem Vergleich Steht; der verdienstvolle ForScher,
welcher meistens einen richtigen Blick Sür StyliStiSche
Merkmale zeigt, hat fich in dieSem Falle eine Ober-
flächlichkeit zu Schulden gemacht: das Sraglichc
Monogramm, auS welches Gruebcr feine Taufe Stützt,
ift in Wirklichkeit, wie auch Herr Dr. Neuwirth
richtig bemerkt, ein Wappen, deSSen Zeichen nicht
' Vergl. die Vcrzeichniflc und fonftige nrchivalifchc Belege in Prof-
W. W Iclady starcho miscopisu prazskeho IV. Theil, S. 108 u. IT.
hat z. B. im Jahre 1385 ein Bürger Namens Frcnczlinus ein Marien-
Bild in dem St. Thomas-Klofter geftiftet (-quam quidem imaginem idem
zlo propriis expensis pro perpetua memoria comparavit.") Im Jahre 1391,
heifst es dann weiter: „Frcnczlinus mensator- .... legavit duas sx^. j,-r.
census super priori et conventui monastcrii S. Thomae in Praga, unam vitle-
licet sxg. pro lampade noctibus singulis inextingwibiliter coram imaginc
riae virginis in ambitu ditti monastcrii arsura . . . Tomek Zäklady.
III. Th.. S. 3S.
wichtigften Stellen des Codex Thomacus find bei Tomek 1. c.
abgedruckt,
• Grueier. Die Kunft des Mittelalters in Böhmen III. S. 113
einmal aus Buchstaben zuSammengeSetzt ift, indem es
oben in Art eines Spornes durch ein Sternlein beendet
iSt. Ich muß nur dem Herrn Dr. Neuwirth beipflichten,
wenn er dieSes Bild als Schöpfung einer Spateren Zeit
bezeichnet, obzwar ich ebensowenig die Eigentüm-
lichkeiten WurmSer >, als diejenigen Mutinas in diefem
Bilde zu erblicken im Stande bin. Meines Erachtcns
iSt dasSelbe in die erSte Hallte de- 15. Jahrhunderts zu
Setzen; es bekundet eine Sichere Hand, eine tüchtige
Technik, jedoch eine geuiffe Trockenheit Und Nüch-
ternheit in der AuffaSSung und Ausführung, in welchen
fich keineswegs ein Streben nach Selbständigkeit
verläugnen läSst.
Mit beSSerem Fug und Recht kann man jener
Gruppe von Marienbildern zwei, auch von Herrn Dr.
Neuwirth in Betracht gezogene Bilder einreihen,
nämlich das Madonnenbild der Stephans-Kirche in
Prag, und das vom Herrn Ritter v. Lanna der Galerie
des Kunllvereins gewidmete kleinere Bild, Sodann
noch ein wenig beachtetes vortrefflich erhaltenes Bild
in der kleinen Spital-Capelle der heil. Dreieinigkeit
zu Budweis; alle drei Stimmen bis auS wenige neben-
fächliche Abweichungen mit den oberwähnten gänzlich
überein, und auch das in der Pfarrkirche des Marktes
Hohenfurt befindliche leider Stark übermalte Bild reiht
fich diefer Gruppe ebenfalls direct an. Mit AusSchluß
dieSes letzteren Bildes find alle genannten mit einem
Rahmen verfehen; dieSe Einrahmung iSt als ein charak-
teristisches Merkmal einiger böhmiScher Bilder zu
bezeichnen, wenigstens findet fich meines WiSSens von
Anwendung derartiger Rahmen außerhalb Böhmen
keine Spur. Die Einführung dieSer Rahmen-Decoration
iSt dem Thomas von Modena zugeSchrieben worden,
jedoch, wie ich dafürhalte, mit Unrecht. Wohl iSt das
KarlSteiner Bild Mutinas von kleineren Heiligenfiguren
umgeben, dieSelben bilden jedoch keinen Rahmen,
indem Sie nur an den LängSeiten angebracht find;
auch führte zu dieSer Anficht die irrige Annahme,
dafs die mit ähnlichem Rahmen verfehene Veraikon
des Prager Domes vom MeiSter Thomas herrühre,
was entschieden nicht der Fall ift. Eine völlige Um-
rahmung lag der italienischen Kunft, welche die Bilder
eher durch dreieckige oder bogenförmige Giebel zu
bekrönen liebte, gänzlich Sern. Man muß dieSe Anord-
nung, infofem kein neuer Anhaltspunkt vorgefunden
werden wird, als eine fpecifiSch böhmiSchc Eigenart
betrachten, welche vielleicht in der Einrichtung der
Trag-Altäre ihr Vorbild zu Suchen hat; die Platte des
Trag-Altars wurde gewöhnlich durch einen Rahmen
eingefafst, wie es z. B. Admonter Trag-Altar des
BiSchofs Albert v. Sternberg zeigt. ' DaSs ähnlich
angeordnete, meistens jedoch an beiden Seiten be-
malte Bilder entweder als Trag-Altäre oder aber
als Schaubilder bei ProceSfionen dienten, bezeugt der
Codex Thomacus, und als BeiSpiel dieSer Art kann
auch ein kleines TaSelgcmälde, welches aus Süd-
Böhmen flammend Sich im öflerreichiSchen Mufeum
in Wien befindet, angeführt werden; dasSelbe iSt auS
beiden Seiten bemalt, indem es an der einen eine
Madonna, mit weiblichen Heiligenfiguren am Rahmen,
an der anderen Seite einen der Prager Veraikon
almlichen Chriftuskopf trägt. Bei diefem, Sowie auch
bei dem Präger Galcriebilde ilt der Rahmen nur auf-
' Siehe Mitth. der Ccntr. Conm. V. S 23 X\lll S ,
XXI
gemalt, fonft bildet er einen eigenen mit dem Mittel-
ftück künftlich zusammengefügten Beftandtheil, welcher
manchmal auch plaftifchcn Schmuck trug, wie es der
trefflich gefclmitzte im Präger Stadt-Mufeum aufbe-
wahrte Rahmen, welchem das Mittclftuck fehlt, zeigt.
An diefen Rahmen wurden außer den Engelsgeftalten
mit Spruchbändern gewöhnlich die böhmifchen Lan-
despatrone, die populärften weiblichen Heiligen, wohl
auch Ordensheilige abgebildet, denen fich hie und
da der perfönliche oder der locale Schutzheilige zuge-
fellt; bei einigen Marienbildern, wie z. B. dem in der
Stephans-Kirche zu Prag und jenem in der Domini-
caner-Kirche zu Hudweis, find esScenen aus dem Leben
der Mutter Gottes, welche am Rahmen Platz finden.
Durch diefe Rahmen-Decoration, welche dem Zwecke
des Bildes und in einigen Fällen auch dem Willen
des Donators entfprechend angeordnet wurde, unter-
fcheiden fich die Bilder recht bedeutend untereinander,
fonft aber find die Marienbilder felbft von einer folchen
Uebereinftimmung, dafs fie entweder als mehr oder
weniger freie Copien eines Bildes aus ihrer Mitte, oder
Copien eines zur Zeit verfchollenen Originals gelten
muffen. Sie flammen keineswegs aus einer und der-
felbenZeit, fondern dem Styl, der Technik und anderen
Merkmalen nach zu urtheilen, rühren fie aus recht
entfernten Perioden. Die älteften Exemplare fcheinen
das Hohenfurther Bild, dasjenige der Stephans-Kirche
und das der Spital -Capelle zu Budweis zu fein; das
Prager Galericbild ift in die erfte Hälfte des 15. Jahr-
hunderts zu fetzen, das Krumauer Bild gehört erwiefe-
nermaßen amfrüheften dem Anfange der zweiten Hälfte
des 15. Jahrhunderts und ift ungeachtet der fahlen
Gefichtsfarbe der Mutter Gottes und des Schwächlichen
Colorits als eine fehr gelungene Copie zu betrachten;
das fpätefte Exemplar ift offenbar das Bild der
Dominicaner-Kirche zu Budweis, fehr roh und ftumpf
in der Ausführung, und wie die ganze Technik und
das Coftum der Rahmen-Figuren beweift, erft aus dem
Ende des 15. oder Anfang des 16. Jahrhunderts
flammend, alfo ungefähr um ein Jahrhundert junger
als Dr. Neuwirth annimmt. Es iß bemerkenswert^ dafs
die drei früheßen Marienbilder, welche von dem letzt-
erwähnten mindeflens ein ganzes Säcidum trennt, auch
die beßen find; im Verlaufe des 15. Jahrhunderts ver-
knöcherte die Kunft unter dem Drucke desZunftwcfens
und die Krumauer und Budweifer Madonna find nichts
anderes als mehr oder weniger erbauliche Leistungen
von Malerwerkftättcn, welche Sich meiftentheils auf
gedankenloSes Copiren berühmter Vorbilder verlegten.
Ein Madonnenbild „nach bekanntem Mufter" war die
höchfte Leiftung der Malerwcrkftätte, wie auch noch
durch die Statuten der MalerbruderSchaft vom Jahre
1598 die Anfertigung eines Madonnenbildes alsMeifter-
ftück angeordnet wurde.
Wir finden jedoch in Böhmen auch in der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts neben den Durchfchnitts-
meiftern derWerkftätte hochbegabte Künfllcr, welche,
wenn fie auch meiftentheils unter dem Einfluß einer
ausländischen und das vorzugsweise der niederlän-
dischen MalerSchule flehen, ihrer Individualität Aus-
druck zu verleihen willen und Sich zu ganz wunder-
vollen Leiftungen erheben. Ich verweife nur auf die
vortrefflichen, erft vor einigen Jahren in der Barbara-
Kirche zu Kuttenberg aufgedeckten Wandgemälde,
deren Schöpfer Sichtlich unter dem EinfluSSe eines
Rogier van der Weyden ftand, wie es auch aus
der Wahl der Gegenstände (Kreuzigung, Auguftus und
Sibylla, Begegnung Salomonis mit der Königin von
Sabe, Juftitia Trajani) hervorgeht.1 Nach diefem klei-
nen Excurfe, womit nur das Unheil des Dr. Neuwirt//
über die Periode des im Späteren 15. Jahrhunderte fich
nach den Kriegsunruhen in Böhmen wieder einstellen-
den Kunftlebens, eine Periode, welche ebenfo intereffant
wie wenig durchforfcht ift, ergänzt und modificirt
werden Soll , kehren wir zu den fraglichen Madonncn-
bildern zurück.
Was den Typus und die ganze Formenbildung
anbelangt hat es feine Richtigkeit, wenn derfelbe als
von dem beim Meißer Theodorich vorherrschenden
Typus gänzlich verfchieden bezeichnet wird. Es gibt
nicht fobald einen größeren Unterfchied in der Gc-
fichtsbildung und dem Ausdrucke wie zwifchen den
Werken Theodorich's und den beSagten Madonnen-
bildern. Ebenfowenig fcheint diefer Madonnentypus
mit jenem des Thomas von Mitlina verwandt zu fein;
bei diefem find die Züge markanter, die Nafe fein, ein
wenig gebogen, das Auge mandelförmig, die Augen-
brauen ftark markirt. Aber auch mit den Köpfen der
dem Nicolaus Wurm/er zugefchriebenen Wandgemälde
der Karlfteiner Himmelfahrt-Kirche hat diefer Typus
eine nur fehr geringe Aehnlichkeit. Zum Vergleich
kann hier blos die große herrliche Madonna der
Epiftelfeite dienen, welche mit ihrer Harken Nafe, den
langaufgefchnittenen offenen Augen und dichten
Augenbrauen eher den Ausdruck des Majeftätsvollcn
hat; doch kann man auch hier keinen Sicheren
Anhaltspunkt finden, da das Gemälde leider fehr
Schadhaft ift, wie denn überhaupt diefe Wandmalereien
durch die zur Zeit Rudolph II. unternommene
Reftauration und Uebermalung, als auch durch den
Zahn der Zeit gelitten haben. Der Zuftand diefer
Wandgemälde läßt uns über das Detail und die Be-
handlungsweife fall gänzlich im Dunkeln, um aus ihnen
weitere Schlüffe folgern zu können.
Das Charakteriftifche jenes Madonnentypus liegt
nun darin, dafs in dem lieblichen rundlichen Gefichte
die großen Flächen der gewölbten Stirn, der vollen
Wangen dominiren, während die einzelnen Gefichts-
glieder, die Seine gerade Nafe, die vollen Lippen des
kleinen Mundes möglichft geringen Raum einnehmen;
das Auge Senkt fich wie in holder Scham und wird von
den Augenlidern halb überdeckt, die Augenbrauen
find nur durch eine leife Linie angedeutet, welche
manchmal gänzlich verfchwindet. Das Geficht hat
einen lieblichen Ausdruck voll Unfchuld und Einfalt,
welche bisweilen beinahe an Geiftesleere glänzt. Diefer
Typus fcheint das Schönheitsideal einiger Malerfchulen
aus dem Ende des 14. und der erften Hälfte des
15. Jahrhunderts gewefen zu fein, wenigflens erfreut er
fich einer allgemeinen Verbreitung. Wir finden (liefen
Typus wohl auch in der Kölnifchen Schule des 15. Jahr-
hunderts und Meiller Stephan bedient fich desfelben
noch im Dombilde im Antlitze der heil. Urfula; in der
Madonna des Genter Altares klingt er noch aus, wird
jedoch bald in der Eyck'fchen Schule durch individuelle
porträtartige Gesichtszüge verdrängt. Früher fchon
taucht es auch in einigen Schöpfungen der Nürnberger
' S: 11 Bericht in dun Mittheilungen J. 1S81.
XXII
Schule auf. wie z. B. in dem diefer Schule zugefchrie-
benen Bi Sammlung Przibram in Wien, und es
anz unintereffant, dem Urfprunge und der
reitung diefes Typus nachzuforfchen, um zu er-
fahren, welcher Schule er urfprünglich eigen war, ob
er etwa aus ofterreichifchen. buhmilchen oder Iran-
kifchen Gauen in die Rheinlande oder umgekehrt
übertragen worden.
Ich kann nicht umhin die unmaßgebliche Meinung
zu äußern, dafs die Gefchichte der Malerei des 14. und
der erden Hallte des 15. Jahrhunderts noch lang
nicht fo weit vorgeschritten ift wie die der fpäteren
Perioden, dafs hier trotz der umfallenden Studien eines
Waagen. Schnaafe und anderer die Specialforfchung
noch noth thut, und dafs auch hier noch manche zur
Zeit noch aufrechtftehende Anflehten der wackeren
Boifferees, die ja auch auf das Studium der böhmifchen
Malerei beftimmend einwirkten, zu ergänzen und zu
reclificiren find, infolge deffen manches Werk, welches
jetzt den Gattungsnamen „Kolnifchc Schule- führt,
einen anderen Namen bekommen dürfte.
1 >ie moderne Kritik macht uns für charakteriflifche
Merkmale und Unterfchiede, welche fonft auch dem
geübteften Auge entgingen, empfindfamer und es
drangt fich uns die Ueberzeugung auf, dafs die ver-
fchiedenen Malerfchulen Mitteleuropas keineswegs im
Banne der kolnifchen Schule waren , fondern dafs
dasjenige, was fie mit derfelben gemein haben, theil-
weife auf Rechnung des allgemeinen Charakters der
Zeit ankommt, theilweii'e als Refultat wechfelfeitiger
Beziehungen zu betrachten ift. Den in dem allgemeinen
Charakter manchmal gänzlich verfchwindenden Merk-
malen und Eigenheiten einzelner Schulen nachzu-
forfchen, ift hier, wo die Individualität der Künftler
meillentheils nur in geringem Grade ausgeprägt war,
eine ungemein fchwierige aber wichtige Aufgabe,
welche nur nach Vergleichung des umfangreichen,
meiftentheils fchwer zugänglichen und herbeizufchaf-
fenden Materials zu löfen wäre.
Zu unferen Madonnenbildern zurückkehrend er-
laube ich mir die Meinung auszufprechen, dafs wenn
etwa hier von einem EinflufTe die Rede fein foll, es
doch rathfamer wäre auf einen Einfluß der näheren in
den fränkifchen, bayrifchen oder aber öfterreichifchen
Ländern waltenden Kunftrichtung als auf den Einfluß
der weitentlegenen, wenn auch hochberühmten Schule
von Kuln zu denken. Denn diejenigen Merkmale,
welche als für den Kolnifchen Urfprung entfeheidend
vom Herrn Dr. Neuwirth angeführt werden, find doch
nicht ganz ausfchlaggebend : das Colorit diefer
Madonnenbilder ift überhaupt fehr verfchiedenartig
und der zarte Schmelz der drei älteften, namentlich
aber derjenigen der Budweifer Spital -Capelle ift in
hohem Maße auch den fränkifchen Bildern eigen,
wobei auch zu bemerken ift, dafs fich diefe Madonnen-
bilder meiftentheils dureh jenes leuchtende Rothgold
auszeichnen, welches bereits Waagen als ein eigen-
tümliches Merkmal der böhmifchen Miniaturen an-
fuhrt; das fo beliebte Hervorkehren des Futters gegen
den ander.-farbigen Oberftoff war ebenfalls einer der
kleinen Kunftgriffe der alten Meifter, welcher allgemein
verbreitet auch beim Theodorich wiederkehrt. Man
darf eben nicht vergeffen, dafs diefer Meifter Theo-
dorich nur eine einzige, wenn auch hervorragende
Individualitat der böhmifchen Malerfchule ift: er kann
wohl in Anbetracht deffen. dafs er der königliche
Maler war, dafs man feinen Namen mit bedimmten
bis auf unfere Zeit erhaltenen Werken verbinden kann,
und dafs er lieh in denfelben als vom fremden Einfiuffc
unberührt zeigt, als Repräfentant der Prager Schule
n, jedoch fein Einfluß erftreckte lieh weder auf
alle Zeitgenoffen, noch auch auf alle folgenden Gene-
rationen. Neben und nach ihm fchuf eine ganze
Schaar von Künftlern, und man braucht nur in den
Regiftem der l'rager Malerzeche und den von Prüf.
Tomck publicirten Auszügen von Stadt- und Kirchen-
büchern nachzulefen, um die große Zahl der Maler,
welche in Prag und Böhmen überhaupt im 14. und
15. Jahrhundert thatig waren, zu gewahren. Man kann
hiebei fchwerlich den Zweifel aufkommen laffen, dafs
jene Mador.nenbildcr in Wirklichkeit im Lande felbft
entftanden feien, umfoweniger, als die Rahmen-Deco-
ration darauf entfehieden hinweift. Das Vorkommen
der böhmifchen Landespatrone auf dem Hohenfurter.
der Heiligen des Franciscaner - Ordens auf dem
Krumauer Bilde liefert den Beweis, dafs fie auf directe
Beftellung gemalt wurden, und es ift doch mehr
wahrfcheinlich, dafs man fich hiebei auch an den nachft-
beften renommirten Maler gewendet. Einen Umftand
glaube ich nicht unerwähnt laffen zu dürfen. Diefe
Madonnenbilder zeigen uns die Himmelskonigin mit
einer prachtvollen Krone gekrönt, eine Auffaffung,
welche in den Tafelmalereien der älteren kolnifchen
Schule nicht durchgehend gang und gebe ift; die
Kolner lieben es, indem fie intimere Seiten berühren,
die Jungfrau ohne den Kronenfchmuck vorzuführen,
oder fie pflegen, wie z. B. in den Paradiesbildern, fie
mit einer Blumenkrone zu fchmücken; erft in den
fpätern Bildern, wie z. B. bei Meifter Stephan, kommt
die Krone, und zwar ein der Kaiferkrone ähnliches
Diadem auf. Die Nürnberger Schule legt fchon früh-
zeitig eine prächtige Königskrone auf das liebliche
Haupt, und ebenfowohl auch die Prager Schule; die
Form diefer Kronen ift ein mit Lilien gefchmückter
Reifen, es ift fomit jene Form, welche dem franzöfifchen
Mufter nachgebildet gerade in Böhmen feit dem
Anfang des 14. Jahrhunderts gebräuchlich war. ' Da
auch die italienifchen Madonnen ungekrönt erfcheinen,
könnten wir uns veranlaßt finden, den Kronenfchmuck
als eine Eigenart der Nürnberger und Prager Schule
zu betrachten.
Wenn künftlerifche Beziehungen zwifchen Böhmen
und den benachbarten Donauländern, wie es ganz
natürlich ift, in reichem Maße gepflogen wurden, fo
waren doch die Einflöße der rheinifchen Kunftthätig-
keit weit geringer. Auch der Einfluß des Meifters Nico-
laus Wurmfer von Straßburg war fchwerlich tiefgehend
Von demkünftlerifchen Charakter Wurmfer s kann man
fich leider kein gänzlich ficheres und vollftändiges
L'rtheil bilden, da auch die Anficht, dafs er die Wand-
gemälde der Marien-Kirche in Karlftein gemalt, blos
auf einer, allerdings fehr wahrfcheinlichen Hypothefe
beruht. Aus den Schlußworten der Schenkungs-Ur-
kunde „ut pinget loca et caftra" geht hervor, dafs es
ein fertiger Maler war und dafs er vorwiegend, wie
etwa auch der Meifter Wilhelm von Köln, die Wand-
1 Vergleicht die gründliche Abhandlung des Heim Dr. . i ■
Die Kunftlhätigkcit in Prag zur Zeit Karls IV. im Jahresbericht des deutrehen
Staas-Gymnafjums in Prag, Allftadt 1884, S. 7.
XXIII
maierei übte. Von einem Tafelgemälde feiner Hand
willen tue urkundlichen Nachrichten nichts, undfehwer-
lich ließe (Ich blos dem künlllerifchcn Charakter nach
irgend ein Tafelbild ihm zufchreiben. Das von Karl-
Urin herrührende Bild der k. k. Kunftfammlurigen in
Wien wird, wie ich an anderem Orte bewieferi und
wie auch Woltmdnn conflatirt, nur falfchlich Wurmfer
genannt; fonft wurden Wurmfern auch die Wand-
gemälde der Wenzel- Capelle im Prager Dome zuge-
fchriebehj welche Anficht Dr. Ncutvirth noch feftzu-
halten fcheint, wahrend auch Woltmann mit feinem
Kennerblick die Unhaltbarkeit diefer Anficht erkannte
und die erwähnten Wandmalereien der Kunftrichlung
Theodorich's zuwies.'
Von anderen aus den Rheinlanden flammenden
Malern, welche in Böhmen gewirkt hatten, erfahren
wir weiter nichts, wohl aber begegnen wir hie und da
einigen Künftlern, welche aus anderen dem Böhmer-
lande benachbarten Gauen Deutfchlands flammen. So
finden wir in den Regiftern der Prager Malerzeche
einen „Mhafter Hanric von Monichhen und einen Per-
toldus de Erfurdia", bei denen, da ihre Bcfchäftigung
nicht näher bezeichnet ift, es immerhin zweifelhaft
bleibt, ob fie Maler gewefen; fodann fand ich in den
Regiftern, in welchen die Verleihung des Bürgerrechts
auf der Altftadt Prag verzeichnet wurde, nebft vielen
einheimifchen auch einige aus Deutfchland flammende
Meiller; am fruhften, nämlich im Jahre 1370, kommt
ein 1 Ienslinus de auspurk piftor vor, fodann im Jahre
1380 Johannes didlus Rogel piclor de Halberfiat, für
i\cn Wenceslaus leuthomifchlenfis als Bürge auftritt.
Intereffant ift derUmftand, dafs fpäterhin den Künftlern
auch ohne die übliche Bürgfchaft das Bürgerrecht ver-
liehen wurde, was nur von der hohen Verehrung, welche
die Kunft in Prag genoffen, Zeugenfchaft ablegt. So
heißt es z. B. im Jahre 1391: „Claus de Erfordia reeepit
jus civile sine fideimoore, quia pictor." 2
Hie und da kam auch fonft noch irgend ein wan-
dernder Gefelle von Deutfchland her, aber erftens ift
die Kunft eines folchen nicht hoch änzufchlagen, und
zweitens wurde demfelben fehr bald das Handwerk
gelegt; es wurde nämlich im Verlaufe des 15. Jahrhun-
derts durch die Satzungen der Malerbruderfchaft aus-
drücklich angeordnet, dafs niemandem, außer den
Zechmitgliedern, Beftellungen entgegenzunehmen er-
laubt fei, was namentlich auf die fahrenden Gefellen
aberefehen war.3
1 Gefchichte der Malerei I. S. 397.
= Ecifpiclsweife führe ich hier jene Künftler an, welche im Jahre 1391
1 1,, n dem genannten Claus de Erfordia das Bürgerrecht erworben:
Philippus it. jus civüe sine lide iussorc etc. (kommt auch im Buche der
Prager Malcrzechc vor).
Cunez pildsniez etc. (gleichfalls).
Nicolaus gläfer ete. (gleichfalls).
Petrus Regenpogn . . pictor . . (ebenfalls aus dem B. d. P. M. bekannt .
Georius Polancr de Munftcrberg pictor.
Petrus de Tepla.
Nicolaus hr/ibsky.
Thomas pictor.
V olaus de Chotwors pictor (flehe auch das B. d. P. M.
tpecher . . pictor (dto.).
Petrus de Pias pictor . . .
hael de Pr.tg.i pictor.
Francs glazer pictor Witkonis fiüus de Praga . .
Johancs de bosna pictor . .
Hodyko de kowars etc.
Die Aufzeichnungen befinden fleh im Codex Nr. 986 des Pi
Archivs und die Kenntnis derfelben verdanke ich der Güte des Herrn Stadt-
Archivars Profeffor I'r. J. Enüer.
eifpiel ife im Jahre 1461 die Pra ei 1 : tiderfchaften
die in der Kelle Bustevcs arbeitenden frei I ll'en (Lore'ns de Mi
Gabriel de Kilavia, Kanufch de Lauff, Ulricus de Vienna) zu recht energifchen
Maßregeln gegriffen.
Waä nun die Zeitbeftitflrhung des Hohenfurther
Hildes anbelangt, ftimme ich mit dem 1 lerrn Dr. Neu-
ivirtk darin überein, dafs dasfelbe wohl in die zweite
Hälfte des 14. Jahrhunderts zu fetzen ift. Ob der
Ablafsbrief des Erzbifehofs Johann von Jenftein vom
Jahre 1384 auf diefes Bild zu beziehen ift, laffe ich
dahingt Hellt ; wenn es auch nicht der Fäll wart, fö
glaube ich doch, dafs jenes im Ablafsbriefe genannte
Marienbild in irgend einer Beziehung zu unferer
Gruppe ftand, und vielleicht das Original aller fpätereH
Nachbildungen abgegeben hat. Von diefen Nachbil-
dungen ift meines Krachteils das Bild in der Präger
Stephans-Kirche und dasjenige in der Budweifef
Spitals-Capelle um die Wende des 14. Jahrhunderts
zu fetzen, eine etwas fpätere Copic ift die Madonna
der Galerie des Rudölphinüm in Prag, während, wie
bereits erwähnt wurde, das Krumauer Bild der zweiten
Hälfte des 15., das Budweifer fogar dem Anfange des
16. Jahrhunderts angehört.
Es ift dies nicht der einzige Fall, dafs treffliche
Madonnenbilder als wunderthatig geehrt und durch
Nachbildungen vermehrt wurden; bemerkenswerth ift,
dafs fich der Sinn des Volkes von einem Kunftwcrkc
angezogen fühlte und fo gewiffermaßen mit richtigem
Verftändnis Kritik übte. Eines diefer wundei th itigen
Bilder ift jenes Königsfaaler Madonnenbild, von
welchem in der Abhandlung des Herrn Dr. Neuwirlh
Erwähnung gefchieht. Die von der Tradition über-
lieferte Nachricht, dafs diefes Bild ein Gefchenk
Königs Wenzel II. gewefen, fteht augenfeheinlich mit
dem kühftlerifehen Charakter des Bildes im Wider-
fpruch; wie Herr Dr. Nvuivirih conftatirt, befindet
fich die diesbezügliche Infchrift nicht auf der Rückfeite
der Holztafcl ; es wurde dies auch nur irrthiimlicher-
weife angenommen, denn die fragliche Infchrift ift
wohl nichts anderes als der poetifche Erguß eines
unbekannten Dichters des 17. Jahrhunderts und bildet
den Anfang eines längeren Lobgedichtes, welches
der Madonna in dem unter dem Namen ..Phönix inci-
neratus" die Schickfale des Klofters behandelnden,
im Jahre 1647 erfchienenen Buche gewidmet wird.
Neben der veralteten Anficht vom vorcarolinifchen
Urfprunge einiger Madonnenbilder erfreute fich auch
die Ueberzeugung, welche alle b eiferen Schöpfungen
der Malerei in Böhmen als aus Italien flammend
willen wollte, der größten Verbreitung; auch Herr Dr.
Nanvirth hält nach dem Vorgange Grucbcr's am
italienifchen Urfprunge der Königsaaler Madonna feil.
Durch die ganze Haltung, durch den an das Hohen-
furtcr Bild gemahnenden Faltenwurf documentirt fich
das Bild als eine Schöpfung der gothifchen Kurift-
richtung Mitteleuropas, wenn fich auch in allen
Colorit-Reminifcenzen an Thomas von Mutina erhalten
haben mögen. Auch in der Auffaffung konnte man
wohl italienifchen Einfluß erblicken: die Mutter Gottes
neigt fich zum Chriftkindlein, welches mit einem
enganliegenden Hemdchen angethan ein Vogelchen
in feiner Rechten hält, doch fehen wir ähnliche
genrehafte Auffaffung auch auf dem Votiv-Bilde
ücko von Vlasim im Rudolphinurri, wo Maria ihrem
Kinde einen Apfel vorhält. Sonft zeigt das Königsadler
Bild einige entfehiederie Merkmale, welche es mit
der vorher besprochenen Bildergruppe gemein hat:
die Krone, den Schleier, unter welchem blonde Locken
XXIV
hervorquellen, den complicirten doch fließenden
Faltenwurf des mit einer Agraffe zufammengehaltenen
In der Gefichtsbildung weicht es aber von
der oberw ahnten Gruppe bedeutend ab, und halt noch
an dem Typus feil, welcher dem Meiiter Theodorich
'. - ift diefelbe Gefichtsbildung mit einem
iiTen morofen, hier eher leidenden Ausdruck, und
auch die Bildung der Hand mit den dicken Fingern
ift ganz in der Art Theodorich's. In der kleinen ent-
nen Kirche des heil. Johannes unter dem Felfen
[van unweit Karlftein wird ein ähnliches Marienbild
aufbewahrt, welches bei befferer Krhaltung dem
igsaaler Bilde gleichkommt, fo dafs man beinahe
verlegen fein könnte, welches diefer Bilder als Original
zu betrachten wäre. Andere fpätere Copien, welche
bis in das 17. Jahrhundert hinaufreichen, find äußerft
zahlreich. Man wird wohl nicht viel fehlen, wenn man
die Kntftehungszeit der Madonna von Königsaal und
St Johannes an die Neige des 14. Jahrhunderts anfetzt.
Das neben diefer Madonna von Herrn Dr. Xii/-
:h genannte, in der Galerie des Stiftes Strahov
befindliche Madonnenbild zeigt viele Aehnlichkeit
mit derfelben, nur dafs fich in der Au>fuhrung und
Aufladung ein zur Kntartung gefteigerter Manierismus
nicht verläugnen läfst. Das Chriftkindlein , welches
ebenfalls einen Vogel in der Hand hält und nur mit
einem durchfichtigen Schleier bekleidet ift, ift haftig
bewegt, der Ausdruck der Madonna mit den blonden
bufchigen Locken, den klotzenden Augen und den
üppigen Lippen ilt beinahe wild zu nennen, und unwill-
kürlich erinnern wir uns auf ähnliche Gebilde, welche
fich unter den Miniaturen der in der k. k. Bibliothek
zu Wien aufbewahrten Goldenen Bulle befinden. Die
blonden lockigen Haartouren, welche fich formlich zu
thurmartigen Perrücken aufbauen, die weit aufgeriffe-
nen Augen, die maßlos bewegten Geftalten der Gol-
denen Bulle find wohl auf Rechnung des Verfalles der
Sitten, der Mode und der Kunft in den letzten Jahren
der Regierung König Wenzel IV. zu fetzen; das
Wiener Exemplar der Goldenen Bulle, deren Miniaturen
große technifche Vorzüge, ja da wo der Maler feinem
Ungeftüm eine Gränze fetzt, auch Schönheit und Kraft
befitzen, ftammt aus der Zeit um das Jahr 1400 und
auch das Strahover Bild ift wohl als ein einheimifches
Werk in den Anfang des 15. Jahrhunderts zu fetzen.
Zu den befprochenen Madonnenbildern gefeilen
fich weiter noch einige, welche ebenfalls auf ein Vor-
bild zurückzuführen fiud; dies Vorbild mag das treffliche
Bild der Kirche zu Goldenkron fein, ein Bild, welches
die Dimenfionen der Hohenfurther Gruppe ein wenig
uberfchreitet, fonft aber eine nicht unähnliche Auf-
faffung zeigt. Die Madonna ift zur rechten Seite
gewendet, und trägt das Chriftkindlein faft aufrecht
auf den Armen; ein genrehafter Zug, wie das Hafchen
nach der Agraffe bei dem Hohenfurther, das Spielen
mit dem Vogel in dem Königfaaler Bilde, wird hier
nicht angetroffen; das völlig nackte Kindlein ift dem
Befchauer zugewendet, es fchaut mit einem gänzlich
en face gehaltenen Köpfchen aus dem Bilde heraus
und hebt feine linke Hand wie zum Segen. Es ift
ein Andachtsbild ernfteften Charakters ohne jede
genrehafte Zuthat, und diefer Auffaffung nach wäre
man geneigt, es als das ältefte der befprochenen
Marienbilder anzufeilen. Die Formgebung weicht auch
hier von jener Theodorich's ganzlich ab, die Gellalt ift
lichtlich von jener der gothifchen Periode eigentüm-
lichen gefchwungenen Stellung, von welcher wir auf
den Bildern Theodorich's keine Spur finden, der
Faltenwurf des blauen Mantels, welcher in drei Enden
vertical herabfällt, ift äußerft complicirt und diametral
von der einfachen Weife Theodorich's verfchieden,
das liebliche rofige Geficht der Madonna mit den
klaren Augen, der feinen Nafe und den weichen Lippen
hat weder mit dem Typus Theodorich's noch mit dem
anfangs befprochenen Madonnentypus etwas gemein.
Man hat hier die Schöpfung eines unbekannten vor-
trefflichen Künftlers vor fich, welcher die Strenge
eines fo zu fagen hieratifchen Styls durch einen ein-
nehmenden Gefühlsausdruck dämpft und durch die
ganze Auffaffung und Behandlungsweife einen Ilatua-
rifchen Eindruck macht. Bemerkenswerth bleibt, dafs
die zwei mir bekannten Nachbildungen diefer Madonna
weder in den Dimenfionen, noch im Colorit mit der-
felben übereinftimmen und blos die Stellung und Auf-
faffung wiederholen. Es find dies weit freiere Nach-
bildungen als jene, welchen wir in der zuerft befpro-
chenen Gruppe begegnen.
Erftens ift es das kleine liebliche Bildchen in
der Sacriftei der Metropolitan-Kirche zu Prag, das
fonft noch einige kleine Abweichungen von dem Vor-
bilde zeigt; das Colorit ift hier dunkler gehalten,
namentlich ift das Blau des Mantels, unter welchem
am Haupte Marias noch ein weißer gezackter Schleier
hervorfchaut, bedeutend tiefer. Auch die Madonna
der Teyn-Kirche, welche aus der Kirche ins Depofit
gewandert ift, lehnt fich an die von Goldenkron an;
die Tafel hat die Größe und Anordnung des Hohen-
further Galeriebildes und ift mit einem Rahmen ver-
fehen, auf welchem ebenfalls oben zwei Engel mit
der Krone und der bekannten Infchrift ..Regina coeli
etc.", unten gleichfalls Engel mit Spruchbändern,
feitwärts die vier entfprechenden weiblichen Heiligen
Figuren, angebracht find. Der Mantel ift hier von
einer noch dunkleren beinahe fchwarzen Farbe, fonft
aber zeichnet fich das Bild, welches flott aber leichtfer-
tig gemalt ift, durch ein goldgelbes Incarnat aus, welches
faft an die Venezianer mahnt. Das Pendant zu diefem
Bilde, ein zwifchen zwei Engeln flehender Ecce Homo,
ift bei der uncorreften Zeichnung und den abflößenden
Gefichtszügen des Heilands eine recht unerfreuliche
Leiftung. Vermittelt! der Madonna der Tcyn-Kirchc
wird auch das Hohenfurther Galeriebild diefer Gruppe-
naher gerückt, wenigftens lieht es derfelben weit naher
als der zuerft befprochenen Gruppe.
Die Zufammengehörigkeit jener drei Madonncn-
bilder, des in Goldenkron, in der Dom-Kirche und der
Teyn-Kirche hat auch Grucber erkannt; doch ift er
hiebei zu weit gegangen, wenn er fie neblt einigen
anderen einem und demfelben Künftler zufclneibt ',
dagegen fpricht fchon die verfchiedenartige Behand-
lungsweife und die Unterfchiede des Colorits. Grucber
verfuchte diefe Bilder mit einem bekannten Künftler-
namen, nämlich mit jenem des königlichen Malers
Kuncz in Verbindung zu bringen, doch ift diefer
Verfuch, wie überhaupt derartige z. B. auf den Namen
Mutina und Wurmfcr unternommene Taufen Gruebers,
völlig misglückt. Meiiter Kuncz erfcheint in einem
1 Die Kunft des Mittelalters in Uuhmcn III. S. lai.
XXV
Verzeichnis der Zechbrüder unter dem Namen „miMr
Kuncz kralnow malerz", und da diefes Verzeichnis
keineswegs aus dem Jahre 1348 oder 1352 wie Grueber
annimmt, fondern erft etwa aus den Dreißiger- Jahren
des 15. Jahrhunderts herrührt, kann er unmöglich mit
dem Kunzel bohemus, welcher im Jahre 1310 in Nürnberg
auftaucht, identifch fein, auch die fonftigen Folgerungen
Gruebers fallen gänzlich weg. Die Lebenszeit Kunzeni
fällt fchon in die Periode Wenzels IV. und der Meifter
war fomit der Hofmaler diefes Königs, alfo ein fpäterer
Nachfolger Theodorich's im Amte und der Kunft.
Auch kommt er öfters in den Stadtbüchern vor und
zwar 1391 + 1400 als Eigenthümer eines Kaufes an der
Neuftadt, fodann 1405 — 1429 eines anderen an der
Altftadt und im Jahre 1433 finden wir ihn nicht mehr
am Leben; ' er hinterließ einen Sohn Namens Wenzel
(Wenceslaus natus Cuncz pictoris), welcher auch in
dem Buche der Malerzeche neben feinem Vater als
„Waniek Kuncznow fyn" eingezeichnet ift.
Leider finden wir keinen Anhaltspunkt, diefem
Meiller, welcher ganz gewiß nicht unbedeutend war,
wenn er aus der großen Anzahl von Künftlern zum
königlichen Maler auserkoren wurde, irgend ein be-
kanntes Werk zuzufchreiben; am allerwenigften könnte
dies der Fall fein bei der Madonna von Goldenkron
oder jener der Domkirche, da fie noch aus der Zeit
Karl IV. herrühren, wahrend das Bild der Teyn-Kirche,
welches wohl aus der Zeit Wenzel IV. (lammen mag,
für einen königlichen Maler zu unbedeutend ift.
Uebrigens Münden wir bei folchen Zufchrcibungen auf
dem unficheren Boden einer nicht einmal durch einen
Scheinbeweis geMützten Hypothefe.
Im vorliegenden Auffatze wurden nur diejenigen
Madonnen, welche als BruMbilder oder KnieMücke
1 Tamek, Zaklady I. S. 78, II. S. 291.
behandelt find, beruckfichtigt; durch Zuziehung jener
Bilder, welche die Mutter Gottes in ganzer Geftalt
zeigen, und Vergleichung mit den Madonnen-Stand-
bildern, wäre hier ein außerordentlich reiches und
intereffantes Material für unfere Kenntnis der Kunft-
entwickelung und der Ikonographie geboten. Der
Umiiand, dafs einige diefer Madonnenbilder nichts
anderes als Wiederholungen eines Originals find, ill
keineswegs zu überfehen; er erfchwert zwar einerfeits
die fichere Datirung der Bilder, anderfeits läßt er
uns jedoch die Wandlungen der Technik leichter er-
kennen. Wenn auch diefer UmMand auf die Zähigkeit
der Tradition hinweift, fo muß man fich doch die
Entwickelung der Malerfchule in Böhmen im fortigen
Wcchfcl und Fortfehreiten denken; der zur Zi it
Karl IV. angeregte KunMauffchwung blieb keineswegs
ftationär, fondern war, wohl auch unter dem Einfluß
der deutfehen und italienifchen KunM, im Meten
Wechfel begriffen. Es ift doch ganz natürlich, dafs zur
Zeit Wenzel IV. eine andere Stylrichtung, ein anderer
KunMgefchmack vorherrschend war, als einige Decen-
nien vorher, die Schöpfungen Theodorich's können
nicht in allen Fällen als MaßMab gelten. Die Wand-
lungen des Styls können wir ja ganz klar in den
Werken der Miniatur-Malerei, welche ja größtenteils
fichere Anhaltspunkte zur genauen Datirung bieten,
verfolgen und ebenfowohl, wie fich das Mariale ArncMi
vom Psalterium des Kreuzherrn-Ordens, dem Libcr
Viaticus und dem Miffale des Olmützer Bifchofs und
diefe wieder von den Schöpfungen der Zeit Wenzel IV.,
einer Bilderbibel, dem Wilhelm von Oranfee und der
goldenen Bulle unterfcheiden, fo gibt es auch wefent-
liche Unterfchiede zwifchen den Werken Theodorich's,
feiner Zeitgenoffen und nachfolgender Künftler-
Generationen.
Schlofs Breitenfurt bei Wien.
Von Dr. Albert Jlg.
(Mit einer Tafel.)
|S ift eine befondere Seltenheit, dafs man im
Zeitalter des Barock-Styls, während welchem
für ländliche Anfiedlungen, Schlöffer und adelige
Villen fammt ihren Parken faM immer nur die Ebene als
Territorium gewählt wurde, einmal auch im Walde, im
Hügellande, in einem Thale einer derartigen Schöpfung
begegnet. Um Wien liegen alle kaiferlichen und fonMi-
gen Landfchlöffer aus jener Zeit größtentheils in der
Fläche, fei es im Donaubecken füdlich und füdöftlich
von der Stadt, fei es nördlich im Marchfelde, fo Schloß-
hof, Süßenbrunn, Ekartsau u. A. ErM in viel fpäteren
Tagen, unter Jofeph II , begann die Werthfchätzung des
Gebirges und der Waldthäler für diefe Gründungen,
wovon uns Neuwaldegg, Rodaun, Hadersdorf etc.
lieifpiele bieten. Es iM hier nicht Raum und Gelegen-
heit, auf die Gründe einzugehen, weshalb dem fo in
der Barocke und anders in fpäterer und heutiger Zeit
fei, nur kurz möge angedeutet werden, dafs die
Schwärmerei für die fogenannte wilde freie Natur fich
crM fehr fpät entwickelte, dafs der ftrenge gebundene
Kunflfinn der früheren Jahrhunderte mit den Zufallig-
XIII N. F.
keiten einer natürlichen Landfchaftsbildung nichts
zu machen wußte und ihr eminent ftyliftifches Gefühl
nur ein UebereinMimmen der Gartenanlage mit der
Architektur für denkbar und vorMellbar erkannte, dafs
das Gebirge und alles, was mit ihm zufammenhängt,
den Begriff des Wilden, Unwirrbaren, Schrecklichen
und Uncultivirten an fich trug, und die fruchtbare
bewohnte und bebaute Fläche daher als allein mög-
licher Aufenthalt der guten Gefellfchaft gedacht
werden konnte. Auch die Gattung der damals belieb-
ten Jagden, insbefondere die Falkenjagd, bevorzugte
die Ebene; der Hauptgrund ift aber wohl der, dafs
demjenigen, was man im neumodifchen GeiMe Sinn für
die Natur nennt, damals ein hoher KunMfinn entgegen-
Mand, der es verhinderte, dafs in Gartencultur, Villen-
anlage und dergleichen ein naturaliftifches Wefen über
die feit Römertagen beliebenden Traditionen von
diefen Dingen hereinbräche.
Wir fagten, es ill beachtenswerth, dafs trotzdem
ein Landfitz in der Umgebung der KaiferMadt fchon
in der Zeit Karls VI. ausnahmsweise nicht in der
XXVI
e fondern, wenngleich auch nicht der modernen
Vorliebe entsprechend, im Bezirk des Schneeb«
und der Raxalpe, fo doch wenigftens im Hügelland
Wienerwaldes, in einem Thal verfteckt, ftatt aul
der offenen Flache, angelegt wurde. Diefer Anfitz ift
das ehemalige Schloß von Breitenfurt im Thale der
Liefing, von dem wir hier im kunftgefchichtüchen
Betrachte handeln wollen.
Die einft dichten Walder diefer Gegend waren
feit alten Zeiten, wohl fchon von den Babenbergern
her, imBefitz der Landesfürften. Spärlich angefiedelte
Holzknechte und Forftarbeiter bildeten die Bevölkerung
der einfamen Thalgründe. Von einer Gefchichte des
Ortes ift daher keine Rede. Krft zu Ende des
i- Jahrhunderts verlautet einiges über Einrichtungen
der" Förftverwaltung in Breitenfurt. Jeder Wiener
kennt das alte rühmlich genannte Gafthaus desStelzer,
welches neben den Reften des ehemaligen Schloffes
auf der gegen Hochrotherd führenden Straße auf
der Höhe fteht, felbft aber einen Theil der einftigen
Wirthfchaftsgebaude desfelben einnimmt. Zu jener
Zeit, alfo noch ehe es in Breitenfurt ein Schloß gab,
ftand an der Stelle des Gafthaufes ein Gehöfte, welches
einem gewiflen Chriftian Rofenberger gehörte. Diefer
Mann war ein Beamter des Aerars und zwar Rait
Rechnungs-)rath und niederöfterreichifcher Buchhalter.
Man nannte darum das Anwefen den Rofenberger-,
auch wohl den Buchhalterhof. Nach Chriftians Tode
heirathete feine wohlhabende Witwe zum zweiten-
mal, 1712. Ihr neuer Gatte war Gregor Wilhelm von
Kirchner, in deffen Befitz nun der Hof überging. M.
A. Becker (Topographie von Nieder-Oefterreich, Wien
1880, II. Bd., pag 203 ff.) hat eine Reihe höchft werth-
volle'r gefchichtlicher Nachrichten über das Schloß
Breitenfurt, die Kirchner fche Stiftung und deren
Schickfale zum eiftenmal zufammengeftellt, manches
irrthümliche Gerücht damit widerlegt und fich unferen
Dank dadurch verdient. Wir folgen in unferer Arbeit
feiner Darftellung vielfach auf dem Weg der rein ge-
fchichtlichen Daten, bemerken aber, dafs wir auch
altere Angaben berückfichtigen, und ferner, dafs
fowohl Becker als alle Uebrigen, welche bisher über
Breitenfurt fchrieben, das kunfthiftorifche Moment
nicht in Betracht gezogen haben. Diefer Seite des
Gegenftandes foll aber unfer Verfuch in erftcr Linie
gewidmet fein.
Nach Becker erhielt Kirchner im Jahre 17 12 die
I Iand der Witwe Rofenberger, wodurch er in den Befitz
Hofes und wohl überhaupt erft zu Mitteln gelangte.
Wie uns der hochwürdige Herr Pfarrer von Breitenfurt,
Herr Raab, welcher mit wärmftem Eifer fich für die
Gefchichte feiner Kirche, der einftigen Schloß-Capelle,
intereffirt, mitthcilte, lebt noch die Sage von dem
großen Vermögen, das ihm Gott Hymen zugewendet
habe. Nach alldem ift alfo nicht anzunehmen, dafs
Kirchner fchon vor feiner Verheirathung als reicher
Mann in Breitenfurt anfaßig gewefen fei und den Schloß-
bau früher fchon unternommen habe. Schweickhart-
Sickingcn jedoch (Darftellung des Erzherzogtums
( lefterreich unter der Enns, I. Bd. Viertel unter dem
Wienerwald, Wien 183;, pag. 119) berichtet, Kirchner
..erbaute fich im Jahre 1696 hier ein Schloß, dann fpäter
eine Capelle zum heil. Johannes", was, das Schloß be-
treffend, Ad. Schmidt (Wien's Umgebungen etc. Wien,
1839, III. Bd., pag. 216) wiederholt. Da uns bis zur
Stunde genauere Nachrichten fehlen, bleiben beide
Angaben vorläufig in einem gewiflen Gegenfatze. Ich
muß geliehen, dafs mir Beckers Mittheilung, fowie die
Localtradition fehr wahrfcheinlich auf eine Erbauung
des Schloffes nach 1712 [Becker nennt direel das Jahr
[714 hinzudeuten fcheinen, jedoch ganz ohne Urfachen
kann das Datum 1696 doch auch nicht fein. Sollte
vielleicht fchon das erfte Ehepaar, Rofenberg
Anfange mit einem Bau gemacht haben? Damit wäre
nun zusammenzuhalten, dafs die heute noch im Ort
lebende Tradition erzahlt, Kirchner habe niederreißen
laffen, was fchon an dem Schlöffe erbaut war; es
konnte alfo fchon ein Beginn der Bauarbeiten unter
Rofenberger angenommen werden. Es ift aber die
Frage, ob an der Stelle des Barock-Schloffes nicht
außerdem auch fchon ein mittelalterlicher Bau exiflirt
haben mochte; denn, obwohlkcinehiftorifche Nachrieht
davon etwas verkündigt, muß doch bemerkt werden,
dafs fich in den Escarpe-Mauern Werkftücke finden,
welche fich als Stücke von Thür- und Fenftergewänden
mit Profilen im gothifchen Styl bekunden, ja fogar Spitz-
bogen-Fragmente follen darunter vorgekommen fein.
Wer war Gregor Wilhelm von Kirchner? Wie ich
finde, flammte er von Prag. Die Widmung feiner
Schloß-Capelle an St. Johannes von Nepomuk und
die Hervorhebung böhmifcher Heiliger in der Compo-
fition des dortigen Kuppel-Frescos, wovon noch^ zu
reden fein wird, find damit zufammenhängende Um-
ftände. Mit dem Kreuzherrenftifte in feiner Vaterrtadt
hatte er zeitlebens Verbindungen. In Wien bekleidete
Kirchner denRang eines Minifterial-Banco-Deputations-
Hofbuchhalters und, wie es heißt, Oberauffehers der
kaiferlichen Wälder und Forfte. Auch diefe Stellung
mag zu feinen Glücksumftänden wefentlich beigetragen
haben; dagegen wurde eine andere Meinung, welche
diefelben zu erklären verflicht hat, fchon von Becker
als Fabel bezeichnet. Es wurde nämlich viel davon
geredet, Kirchner fei ein natürlicher Sohn des Kaifers
Karl VI. gewefen, was fchon deshalb nicht möglich
ift, weil diefer Monarch um 15 Jahre junger als der
1670 geborne Kirchner war. Die Sage entftand ohne
Zweifel durch die noch zu erwähnende Wachsbüfte,
welche nicht nur an den habsburgifchen Typus erinnert,
fondern demfelben wirklich frappant ähnlic hift. Dazu
kommt ferner die mehr als gewohnliche Pietät Kirch-
ner's für den Kaifer, den er in einem überaus koftbaren
lebensgroßen Kunftwerk durch den erften Mcifter der
Zeit im preciofeften Material darftellen ließ, dem er in
feinem letzten Willen die Prachtzimmer feines Schloffes
für feine ..vorhabende Jagdluft" beftimmte. All' das
läßt fich aberallcrdingsausbloßerLoyalitat, Verehrung
und Dankbarkeit gegen Karl auch erklären und
beweift freilich nichts für jene Sage. Ucbrigens muß
auffallen, dafs Kirchner weder als Gemal der Frau
Rofenberger, noch durch feine amtliche Stellung fo
große Mittel aulbringen konnte, um ein Prachtfchloß
diefer Qualität fertigzustellen. Dazvi kommt, dafs bei
demfelben fchon von Anfang auf den kaiferlichen lt"l
in einer folchen Weife Rückficht genommen wurde,
dafs ohne nähere Beziehungen zu demfelben ein fol< hes
Vorgehen gar nicht denkbar wäre. Welche diefelben
gewefen, können wir heute freilich nicht mehr genau
feftftellcn.
XXVII
Der reiche Mann, deffen Ehe kinderlos geblieben
war, haftete ein Verforgungshaus für die dürftige Be-
völkerung der Gegend, in welchem Arbeitsunfähige
Unterhalt bekommen follten; auch war für Entlohnung
derjenigen geforgt, welche in den Wäldern der Be-
fchäftigung nachgingen, und ferner, wie Andere fagen,
ein Spital für verunglückte, bei ihrer Arbeit be-
fchädigte Holzknechte eingerichtet. Alle zu folchen
Zwecken erforderlichen Ubicationen, ferner eine Capelle
und die prächtige Wohnung des edeln Wohlthäters
felbft folltc ein Gebäude, das heute leider nur mehr
in einem dürftigen Reft beftehende Schloß, umfaffen,
welches er ganz in der Nahe feines Rofenbergerhofes
auf dem Hügel-Plateau anlegte, das fich über den
zerftreuten Hütten des Oertchens erhebt. Sind wir
nun auch, wie bemerkt, über den Beginn des Baues
nicht ganz genau berichtet, fo fleht doch feft, dafs er
noch nicht vollkommen fertig ftand, als der Erzbifchof
Graf Kollonitfch von Wien zur Einweihung am 6. Sep-
tember 1752 herauskam, was uns belehrt, dafs damals
die Capelle fchon gewifs vollendet ftand. Es fcheint
ferner, dafs aber auch der kunftgezierte, alfo der
Wohnungstheil des Schloffes und die einft prächtige
Gartenanlage um genannte Zeit vollendet war, das
Spital aber noch nicht; denn erft nach Kirchners 1735
eingetretenem Tode erfolgte ein kaiferlicher Befehl,
deffen Bau nach dem Willen des Stifters fertigzuftellen.
Es bildete den linken Theil des Gebäudes. Ich will
mich über die weiteren Angelegenheiten diefer huma-
nen Stiftung, die mit der kunfthiftorifchen Seite des
1 . genftandes nichts zu thun hat, hier nicht eingehen-
der beschäftigen, fehr gründlich hat ohnehin Becker
die Sache auseinandergefetzt. Nur kurz fei bemerkt,
dafs Kirchner in feinem Teftamente verfügt hatte, in
der Capellengruft beerdigt zu werden (feine Leiche
ift heute noch die einzige dafelbft), und dafs feine
Gemächer im oberen Stock dem Landesfürften zur
alleinigen Benützung bei Jagden „deteriorieret" werden
follen. Maria Therefia bewilligte fpäter für die Inftand-
haltung diefer kaiferlichen Apartements jährlich 2000
Gulden, bezüglich des Spitales tauchte aber fchon
damals der Gedanke auf, es nach Wien zu übertragen.
Unter Jofeph II. kamen dann die Pfründner 1785 nach
Mauerbach ; damit war aber leider auch das Los des
Schloffes befiegelt und es follte das mißlichfte fein.
Das Gebäude follte verkauft werden und der Kaifer
felbft war der eifrigfte Förderer der bedauerlichen
Angelegenheit, ja felbft gegen den Rath der Com-
miffion, welche für die Stiftung aufgeftellt war. Bei der
erften Vcrfteigcrung fand blos das Gafthaus einen
Erfteher, unterdeffen meldete fich 1788 ein Anderer
für das Schloß und es erfolgte der Befehl, es ihm fofort
zu übergeben, „da man froh fein follte, derlei Gebäude
anzubringen, und wenn fie auch ohnentgeltlich weg-
gegeben werden müßten." Wahrlich, der fonft große
Jofeph war fo klein als denkbar in Sachen der Erkennt-
nis und Werthfchätzung alter Kunft, und es ift ein
trübfeliger Erfatz für die barbarifche Verwüftung,
welche feine Verfügungen in deren damals noch un
heueren Schätzen in Oefterreich anrichteten, dafs er
feiner zeitgenüffifchen, nüchtern und fchwunglos
gewordenen Kunftproduction durch eine beamten-
mäßige Drillung der Akademie unter die Arme greifen
zu können glaubte. DieBehördcn fetzten es aber durch,
dafs das herrliche Schloß, der prachtvolle Garten mit
feinen Wafferkünften und die reiche Einrichtung der
Zimmer nicht einfach „weggegeben" wurden; es kam
am 23. September 1789 abermals zu einer Auction, bei
der jedoch nur die Tapeten, die Gemälde, Möbel und
fonftige Einrichtungsftücke Freunde fanden, das Ge-
bäude jedoch wieder verfchmäht worden war, walir-
fcheinlich weil man es laftig fand, dafs der künfl
Befitzer die Schule und Pfarrerwohnung darin duli
follte, wie der Befehl lautete. Nun ließ der Kaifer die
fchönen Kaftanienbäume nach dem Prater bringen
und überließ endlich alles übrige einem Brandweiner
aus Schottenfeld, dem noch dazu für die Unterbringung
des Pfarrers und der Schule ein Beitrag gezahlt wurde;
der anderfeits feine Zahlungen faft gänzlich fchuldig
blieb und alles, was er erlangen konnte, verwüfti te,
um es zu Geld zu machen, felbft das Dachkupfer, die
Gartenbäume und die fteinernen Einfaffungen der
Baffins! Endlich mußte die Behörde einfehreiten und
im Jahre 1796 wurden das Schloß faft gänzlich niei
geriffen und die Gründe verkauft! Das nannte man in
der klugen rationaliftifchen Epoche der Aufklarung
in Oefterreich wirthfehaften und den verfchwende-
rifchen Luxus der Vergangenheit mit nationalökono-
mifchen Principien vertaufchen!
Der ehemalige Traiteur des Kirchncr'fchen Spitals,
Franz Stelzer, hatte fchon 1786 den Theil der Gebäude
erftanden, welchen heute noch das bei feiner Familie
verbliebene Gafthaus einnimmt; von dem! lauptgebäude
blieb nur die Capelle und die Wohnung des Pfarreis,
fowie diejenige, welche jetzt dem kaiferlichen Forft-
beamten eingeräumt ift, ftehen. Capelle und Pfarrers-
Wohnung, letztere im erften Stocke; im Parterre
befindet fich die Sacriftei und Zimmer der Dienftleute
des Pfarrers ftoßen aneinander, indem hier die Capelle
die Mitte der Fagade eingenommen hatte. Der öftlich
an die Capelle flößende kleine Traft der Pfau
Wohnung wurde aber erft fpäter aufgebaut, hier ver-
lief das Schloß noch weiter, um mit einem Pavillon, als
Eckpunkt, Gloriette genannt, zu endigen. Jenfeits der
Capelle foll es fich in einem weiten Halbkreife nach der
entgegengefetzten Seite erftreckt haben, in der Mitte
der ganzen halbkreisförmigen Anlage lag gegenüber
der noch heute erhaltenen Allee, die den Hügel herauf-
führt, in der Mitte ein impofantes Portal, und am
andern Flügel der Capelle gegenüber ein entfpre-
chender Prachtbau des Kaiferfaales im Parterre,
welcher die Donner'fche Statue enthalten follte und
noch weiter wieder in einem Pavillon, wie der gegen-
überliegende Flügel, feinen Abfchluß fand. Somit
blickte die Breitfeite des Schloffes dem Thalausgang
entgegen. Die heutigen minderen Bauten des Spitals,
des jetzt fogenannten Schloffes und des Gafthaufes,
bildeten als Wirthfchafts- und Nebengebäude nur den
Hintergrund des einfügen Hauptgebäudes. Merk-
würdiger Weife ift kein Kupferftich, keine Abbildung
desfelben auf uns gekommen. In der Orts-Tradition
hat fich auch die Erinnerung an einen mit Gold- und
Silberfifchen befetzten Teich erhalten, der angeblich
mit Weißblech (?) ausgefuttert gewefen fein foll. Sonder
bar ift auch Folgendes: Unter dem Raum des demo-
lirten Gebäudes follen weitläufige Keller und Gange
fein, in denfelben mehrere Portale und vermauerte
Thüren, von denen behauptet wird, dafs hinter Einer
XXVIII
rborgen wäre. Noch bemerkt Becker,
dafs nach einer Tradition die Löwen-Figuren an der
Schloßbriicke und die fchönen Eifengitter am Haupt-
tal von Schönbrunn aus Breitenfurt ftammen follen,
endlich dafs die Kaftanienbäume des Augartens
. on dorther geholt worden waren. Natürlich
ift all' das Fabel; denn jene Löwen (und Sphinxen)
wurden von dem Hofftatuar J. W. Beyer für die Brücke
verfertigt und zeigen fchon durch ihren Styl, dafs fie
nicht unter Kirchner entftanden fein können, was
letzteres ebenfo für die Gitter gilt. Die Baume betref-
fend, liegt eine Verwechslung mit jenen im Prater vor.
Betrachten wir heute zunächft die Umgebung
des Schloßgebäudes, fo finden wir nur äußerft fpärliche
Spuren der alten Einrichtung mehr vor. Die alte
Schloßftraße ift noch vorhanden, welche ganz gerade
den kleinen Hügel emporführt, natürlich mit jüngeren
Alleebäumen bepflanzt. In ihrem oberen Theil fäumen
fie heute noch befchnittene Hecken ein, was wohl auch
noch auf eine alte Reminifcenz zurückzuführen fein
dürfte. Die Gründe zu beiden Seiten waren einft der
Park. Wie mir der Herr Pfarrer erzählte, follen fich
hier an vielen Stellen die Ueberbleibfel von Canälen
und Wafferleitungen in der Erde zeigen, welche zu
den einfügen Wafferkünften gehörten. Auf dem Plateau
angelangt, fehen wir, der Kirche gegenüber, eine
jüngere Gartenmauer mit einem Thore, deffen Pfeiler
dahin übertragene Sandfteingruppen tragen; je ein
Putto ift im Kampf mit einem Satyrknäbchen dargeftellt.
Das Gafthaus und einige benachbarte, gleichfalls
ebenerdige Tracte zeigen den einfachen flattlichen
Charakter, in welchem jene Zeit Wirthfchaftsgebäude
neben einem Herrenfitz anzulegen pflegte.
In dem Pfarrhaufe, alfo einem Theil der einftigen
Herrfchaftsbehaufung, gibt es zwar eine Reihe geräu-
miger Zimmer, aber nur noch zwei Räume, welche an
die alte Pracht des Ortes gemahnen. Das Eine ift ein
einfenftriges Gemach im erften Stocke, oder vielmehr
der Theil eines einftigen Gemaches. Denn, wie fich
die Ueberlieferung erhalten hat und auch die Ab-
mauerung der Wand bezeugt, foll bei der Demolirung
die verwüftende Arbeit fchon bis dahin gediehen fein,
als der damalige Beneficiat, angeblich noch ein Ver-
wandter des Schloßerbauers, es erreichte, dafs man
ihm den Raum laffen möge. So ift es alfo eigentlich
ein Drittel eines Zimmers, Zeugnis gebend von der
Schönheit desGanzen. SeinSchmuckbefteht in reichen
Stuccaturen, welche theils in Weiß, theils in Vergoldung
ausgeführt find. In einem großen ovalen Deckenfelde
ift die Figur der Minerva, umgeben von Trophäen und
Werkzeugen der Wiffenfchaft, en relief dargeftellt,
dazu gefchmackvolle Ornamentik und an den Laibun-
gen der Fenfternifche reiches Gitterwerk von ver-
goldetem Stucco, ganz in dem Charakter derjenigen
des Belvedere und des Gebäudes der Ambrafer-Samm-
lung, fo dafs man meinen möchte, es feien diefelben
Stuccatoren thätig gewefen, was auch ganz möglich,
ja wahrfcheinlich ift. Auch an Schönheit undKunftwerth
flehen fie den dortigen keineswegs nach. Das Zweite
ift die Sacriftei im Erdgefchoß, gleich an die Capelle
ftoßend, ein quadratifcher Raum, deffen Schmuck
hauptfächlich in den polirten eingelegten Wand-
fchränken befteht, welche in lichterem Holze Zeich-
nungen auf dunklem Grunde darftellen. Der Herr
Pfarrer laßt fie jetzt reftauriren. Außerdem ift ein
Wafchbecken von buntem Marmor vorhanden und
endlich die bereits erwähnte lebensgroße Bulle
Kirchners aus färbigem Wachfe in einem Glaskaften,
die Bruftpartie mit Kleidern und Spitzen angethan,
welche jedoch, wie fie heute beftchen, nicht mehr die
urfprünglichen find, trotz des alterthümlichen Schnittes
den fie haben.
Diefe Büfte nun ift ein ausgezeichnetes, ja ge-
radezu ein hervorragendes Kunftwerk, wie wir aus
jener Periode wenige befitzen. Sie zeigt uns einen etwa
fechzigjährigen Mann, wie es Kirchner um die Zeit der
Vollendung der Capelle gewefen. Den Scheitel be-
decken natürliche Haare, wie denn alles auf eine
feffelndc packende Wirkung berechnet ift. Aber, fo
eminent naturaliftifch die Technik des Gebildes auch
auf uns wirkt, das Werk ift gleichwohl fern von jenem
unangenehmen Charakter, den derlei Wachsarbeiten
fonft in der Regel haben, fern vom Leichenhaften,
Ma-.kenartigen diefer Art von Plaftik. Vielmehr thut
dem Befchauer eine außerordentliche Lebenswarmc,
Lebenswahrheit und Frifche wohl, die aus demfelben
entgegen kommt, fo peinlich minutiös auch jedes
Detail ausgedrückt fein mag. Was vor allem auch
den Laien an dem Porträt ergreifen muß, das ift die
enorme Schärfe, mit welcher der Ausdruck des inneren
geiftigen Lebens den Betrachter faßt, und hierin
fpricht fich unzweifelhaft die Wahrnehmung aus, dafs
ein bedeutender Künftler es fei, der die Büfte geformt
haben muffe. Aus dem Folgenden, was ich von der
künftlerifchen Ausftattung der Capelle zu berichten
haben werde, dürfte wenigftens die Vermuthung als
plaufibel hervorgehen, dafs diefe herrliche Arbeit ein
Werk Georg Raphael Donner 's fein könnte.
Wir kommen nun zur Schilderung der Schloß-
Capelle, des Schönften der gefammten Anlage. Sie
kündigt fich auch nach außen durch eine fchmale
Facade aus, die ein Thürmchen krönt, die Architektur
ift aber fehr einfach mit jonifchen Flachpilaftern
gehalten und nur durch das hübfehe Motiv einer Aus-
trittsthür in Stockwerkhöhe ausgezeichnet, nach
Innen dem Niveau des Orgel-Chores entfprechend,
welcher eine ftattliche Balcon-Baluftrade vorgelegt ift.
Der Grundriß der Capelle ftellt fich im Innern als eine
Ellipfe dar, deren größere die Längenachfe vom Ein-
gang zum Haupt- Altar ift; an die Ellipfe aber find an
beiden Enden kleine queroblonge Vorlagen ange-
fchloffen, deren vordere den Eingang und den Mufik-
Chor umfaßt, deren rückwärtige für den Hoch-Altar
beftimmt ift. Eben folche Vorlagen oder Annexe
bilden an den Enden der Ouerachfe des clliptifchen
Raumes die Nifchen der beiden Seiten-Altäre. In den
gekrümmten Wandflächen, welche fo zwifchen den
drei Altären und dem Eingang übrig bleiben, find halb-
runde Nifchen für Statuen, darüber öffnen fich ganz
kleine zum Theil von den Gemächern des Schloffcs
zugängliche Oratorien. Den Abfchluß bildet die dem
elliptifchen Raum entfprechende Kuppel mit ihrem
Fresco-Gemälde. So klein diefes Interieur — das
Acußere mißt nur Länge 14 M., Breite 10-5 M. — auch
ift, ' fo wohnt ihm dennoch die ganze Großartigkeit des
Barock-Styles innc. Es kann wohl ein Kleinod von
Pracht-Decoration diefer Kunftrichtung genannt wer-
1 Die Kuppet mißl vom Kirchenpflafter la M-, vom Gefimskranj 4 M
XXIX
den und iß mit Unrecht faft gar nicht gekannt und
beachtet. Man hat immer das Gefühl, in einem immen-
fen Saal zu ftehen, obwohl es ein winziger Kaum ift.
Die Wände, Gefimfe, Pilafter und Füllungen, die
Säulen und fonftige Architektur der Altäre, die
Brüftungcn und Geländer leuchten im Schimmer von
Stucco-Marmor, wozu auch mäßige Anwendung des
Goldes kommt. Der Gcneralton ift ein elfenbeinartiges
triibes Weiß, aber an einzelnen Theilen ift auch Verde-
und Roffo-Antico in Stuckmarmor imitirt. Die Kerzen-
arme an den Wänden fowie das Speisgitter und jene
der Hauptthüre gehören zu dem Berten von Schmiede-
arbeit in Eifen, das man fehen kann. Die großen
Figuren in den vier Nifchen und neben den Altären
find Arbeiten Giovanni Giuliani 's, darunter befonders
Johannes Evangclift in der erften Nifche rechts und die
Cherubim am linken Altar fehr fchön. Im Ganzen
begegnen folgende Figuren: der todte Johannes Nep.
unter derMenfa des Haupt-Altars, die vier Evangeliften
in den Nifchen, St. Barbara und Margaretha fowie
zwei Cherubim an den Seiten-Altären. Die Sage, dafs
hier Porträts vorliegen, ift unhaltbar. Die drei Altäre
enthalten große Lein Wandgemälde 3-2 X l;8 M. von
Martina Altomonte. Die Almofenfpende des heil. Johan-
nes v. Nep. befindet fich auf dem Haupt-Altar, rechts
die Verkündigung, links der Gekreuzigte (3X2 M.),
Arbeiten, die zu feinen beften gehören. Den Uebcr-
gang von der wirklichen Architektur der Wände zum
Kuppelgemälde bildet, eine prächtige Scheinarchitek-
tur, eine gemalte Galerie mit drei Reliefs aus dem Leben
des heil. Johannes v. Nep., ganz in der Art des Gaetano
Fanti, der dergleichen für die großen Kuppelmaler
feiner Zeit fo oft ausführte. Das Kuppelbild felbft
erftreckt fich über die ganze Schalenfläche, da eine
Laterne nicht vorhanden ift, und hat ebenfalls den
Vater Altomonte zum Urheber. Das Sujet ift die Auf-
nahme des Johannes Nep. in die Seligkeit in Gegen-
wart zahlreicher Heiliger und allegorifcher Geftalten.
Unter Elfteren fällt die Hervorhebung feiner Lands-
leute, St. Wenceslaus, Ludmilla, Cyrillus, Methodius
und Anderer auf. Er fchwebt zur Dreifaltigkeit empor,
vor der St. Michael die Wage hält. Leider ift infolge
der Verwahrlofung des Baues an Einer Stelle Feuch-
tigkeit durchs Dach eingedrungen und ein ziemlicher
Fleck mit Mörtel überputzt.
Die Thätigkeit der beiden, auch an anderen Orten
collegialifch zufammenwirkenden Künftler Giidiano
und Martino Altomonte für Breitenfurt gibt uns einen
neuen Fingerzeug. Sie hängt wohl mit deren Aufenthalt
in dem nahen Stifte Heiligenkreuz zufammen, wo beide
den Schluß ihrer Lebens als Familiäres des Klofters
zubrachten. Indem die Schloß-Capelle 1732 fertig war
und die Maler- und Bildhauerarbeiten an einem folchen
Bau das letzte, nicht das erfte fein muffen, fo können
wir annehmen, befonders bei dem Fa prefto der dama-
ligen Virtuofen, dafs fie etwa feit 1730 damit befchäftigt
gewefen fein werden. Die Beziehungen des kunft-
finnigen Schloßherrn von Breitenfurt zu dem Stifte
und befonders zu Giuliani, welcher dafelbft fchon feit
1694 arbeitete und feit 1710 als Familiaris lebte, laffen
uns aber verliehen , warum auch Georg Raphael
Donner von Kirchner befchäftigt wurde. Der größte
Plaftiker der öfterreichifchen Kunft war bekanntlich
in demfclbcn Heiligenkreuz jenes Venezianers Giuliani
Schiller gewefen, allerdings fchon lang bevor das
Breitenfurter Schloß entftand, und feitdem in feinem
wenig glücklichen Erdenwallen längft nach Wien,
Linz, Salzburg I'reßburg gekommen. Aber dies fchließt
nicht aus, dafs Kirchner doch durch den alten Lehrer,
den er noch um 1730 befchäftigte, auch auf deffen
großen Schüler aufmerkfam geworden fein konnte.
Donner bekleidete um jene Zeit bereits den Porten
eines fürftlich Efterhazy'fchen Baudire&ors und Bild-
hauers in Preßburg, kam aber wohl nach Wien und
arbeitete auch in I'reßburg für diefe Stadt.
Ich habe bereits die Vermuthung ausgefprochen,
dafs die Waehsbüfte ein Werk Donners fein dürfte.
An Giuliani darf man dabei nicht denken, diefer,
übrigens treffliche Meifter, fleckte zu tief in der Mode-
form decorativer Barock-Plaftik, als dafs er fich zu
folcher Naturaliftik und fcharfer Charakteriftik hätte
verfteigen follen; überdies wiffen wir auch gar nichts
davon, dafs er je Porträts gefchaffen habe. Sicher ift
Donner s Autorfchaft eben bei der großen Marmor-
Figur Kaifer Karls VI., welche feit Jofeph II. im Riefen-
faal des oberen Belvederes aufgeftellt, von Kirchner
aber bei dem Künftler für fein Schloß Breitenfurt
beftellt worden war. Donner vollendete fie kurz vor
dem Ableben des Beftellers, 1734 in Preßburg.
Hagedorn hat um 1755 die Sculptur noch in Breitenfurt,
„belle maifon de plaifance", gefehen. Den Garten
fchildert er: „orne des plus belies cascades." Von der
Statue fagt er: „un morceau egalement diftingue dans
son espece. On diroit que le marbre feft amole fous
le eifeau de l'excellent Sculptur" (Lettre d'un amateur
etc. pag. 331). Als S. Fuhrmann feine Hiftorifche
Befchreibung von Wien fchrieb, 1770, (III., pag. 35),
war die Figur aber fchon im Belvedere. Er fagt: „die
dem Original ( i. e. dem Kaifer) ganz ähnliche Statue
aus Maffa-Carrarifchem Marmor weyland Kaifers
Karl VI., welche vor mehreren Jahren in dem Kirch-
nerifchen Luftfchloffe Breitenfurt geftanden, und von
dem berühmten Bildhauer Georg Raphael Donner,
einem Oefterreicher, zu Preßburg in Ungarn verfertiget
worden. Dies ift dabey zu lefen: G. R. Donner Aufl.
f. Pofonii Pann. 1734". Wenn daher Füeßly (Annalen,
II., pag. 17) meint, es fei eine der früheren Arbei-
ten des Meifters, fo ift es ein Irrthum, denn Donner
ftarb fchon heben Jahre darauf. Das Material gibt
auch Füeßly als Marmor von Carrara an, während
Tfchifchka (Gefchichte Wiens, pag. 398) es als tyro-
lifchen bezeichnet, was auch im Katalog der Belvedere-
Galerie fleht und auch Schlager behauptet. Es ift
aber, wie ich mich durch Bildhauer verfichern ließ,
Carrara-Marmor erfter Qualität, wenngleich von
grauen Adern durchzogen.
Auf dem Poftamente die (gleichzeitige?) Infchrift:
CAROLVS VI-
ROMAN-IMPERATOR
HISP • HVNG • ET • BOH • REX-
ARCHIDVX AVSTRIAE
CONSTANTIA ET FORTITVDINE-
Die erfte Abbildung des herrlichen Werkes habe
ich in meinem Album Oefterreichifcher Bildhauer-
Arbeiten des 18. Jahrhundert. Taf 8, in Lichtdruck
XXX
gebracht,' wonach dann in der Wiener Illuftrirten Zei-
inkographie gegeben wurde Jahi
gen, mehr oder minder unricl
findet man bei: Freddir, Descrizione di Yienna. II.
: — Füeßly . Nachtrag zum Künfller-Lexikon I.,
;: — Schlager, Leben Donners. 2. Aufl.. pag.
- ; — Perger, Kunftfchätze Wiens, pag. 406. —
Wut Lex. III.. p. Sehr unverläßlich.
wurde den Zweck diefer Zeilen iiberfchreiten,
wenn ich mich hier in eine genaue Würdigung des
'■[c\üc\\\crke> Donners einlaflen wollte, welches
er für das Breitenfurter Schloß gefchaffen hatte. I las
gehörte in eine Monographie über jenen Künftler, hier
handelt es fich blos um eine Erinnerung an die einftige
Bedeutung Breitenfurt's für unfere Kunftgefchichte.
Nur flüchtig wollen wir bemerken, dafs unferes Erach-
tens Donner im Mehlmarkt-Brunnen, in der Pieta des
Gurker Domes und in diefer Kaiferftatue das Herr-
lichfte all' des Herrlichen geleiftet, das fein begnadeter
Meißel hervorgebracht!
Zu meiner Freude brachte mir vor kurzem ein
glücklicher Fund auch über den Baumeifter erwünfehte
iricht, welcher das fchöne Schloß errichtet hat.
Ich fand ihn anläßlich meiner langjährigen Forfchungen
über die Fifcher von Erlach, deren Mithelfer er bei
mancher ihrer Bauten gewefen. Es ift der Wiener
Baumeifter Anton Erhard Martinelli, ein Glied der
fehr verzweigten Baumeifter-Familie d. N. aus Inns-
bruck, welche aber mit dem berühmten Architekten
Abbate Dominico Martinelli von Lucca, der allerdings
für Wien auch große Bedeutung belitzt. durchaus
nichts gemein haben. In einem Acte der Wiener Ge-
1 l>ie beigegebene Tafel ift demfelbcn Werke entnoamen, für deren
gefällige Ucberlaffung beftens gedankt wird.
Die Redaktion.
noffenfehaft der Baumeifter und Steinmetzer, deffen
Kenntnis ich der befondern Güte ihrer Vorftands,
Herrn Stadtbaumeifters 77/. Hoppe verdanke, werden
eine große Menge Bauten aufgezählt, an denen Anton
Erhard beschäftigt war, und darunter heißt es auch:
„in Breitenfurt für Herrn von Kirchner." Damit ift
freilich auch die Annahme geftattet, dafs er, wie faft
überall, wo wir ihn treffen, nur der technifche Aus-
führen des Baues gewefen fein kann. Was er allein
fchuf, z. 1!. das Invalidenhaus in Peft, ift fo nüchtern,
dafs man ihm die phantafievollc Pracht des Breiten-
furter Capellen-Interieurs kaum zutrauen möchte,
deffen Erfindung auf einen viel größeren Meifter hin-
deutet.
Ohne hiemit eine Behauptung aufstellen zu wollen,
möchte ich nur daraufhindeuten, dafs die Grundriß-
Form der Schloßcapelle und befonders die Motive
der in feichte Vertiefungen der Wände geftellten Altäre
fowie der vier Nifchen mit den Statuen eine merk-
würdige Aehnlichkeit mit der Kirche des Johannis-
Spitals in der Vorftadt Mülleck in Salzburg hat, einem
Bau des alteren Fifcher von Erlach, für den jener
Martinelli auch fonft als Baumeifter thätig war. Das
Spital war 1699 gegründet worden. Freilich könnte
ebenfogut eine fremde Nachahmung vorliegen.
Zum Schluffe möchte ich an Genealogen noch
die Frage richten, ob Michael Achaz Baron Kirchner,
kaif. Geheimer Rath und Gefandter am Utrechter
Friedens-Congrefs, geftorben 1734. deffen Bild nach
Kupetzky von Andreas Geyer geftochen wurde, ferner
Maria Anna Therefia Freiin von Kirchner, des
igen Tochter, zweite Gemahlin Antons Franz
Freiherrn von Buol, derfelben Familie wie unfer Georg
Wilhelm angehören?
Ein neuer römifcher Meilenftein in Wien.
! (r. Friedrith Kenner.
LR einen Neubau im Haufe des katholifchen
Gefellenvereines (6. Bezirk, Gumpendorfer-
Straße Nr. 39, Ecke der Stiegengaffe) wurde
vor Kurzem ein älteres Wohnhaus abgetragen, deffen
Oberbau aus dem Jahre 1S24 flammt. Im Fundamente
der Hauptmauer gegen die Stiegengaffe zu, neun Meter
von der Ecke entfernt, fand man am 17. December
1SN6 in einer Tiefe von drei Meter unter dem Materiale,
aus dem die Grundmauer hergeftellt war, einen Bruch-
ftein von feltfamer, faft kreisrunder Form, ähnlich
einer Säulentrommel, von 44 Cm. im Durchmeffer, aus
ilersdorfer Stein gemeifselt; unter der anklebenden
M rtel- und Erdfchichte fchimmerten die Refte von
Buchftaben durch. In Folge nachdrücklicher Weifun-
gen des Architekten Herrn Direclors Richard Jordan,
Correfpondenten der k. k. Central-Commiffion und
des Baumeifters Herrn Jofeph Schmalzhofer an die
Bauleute, auf etwa zu Tage tretende Funde die gr
Aufmerkfamkeit zu verwenden, wurde jenes Fragment
gereinigt und einer durchden erftgenannten Herrn ange-
regten fachmännifchen Prüfung unterworfen, welche
der Cuftos-Adjun<5t der Antikenfammlung des Aller-
höchften Kaiferhaufes Herr Dr. A. v. Domaszewski
vornahm. Diefe ergab fofort, dafs hier das Bruchftück
einer römifchen Meilenfaule vorliege, von deren Infchrift
vier Zeilen, und zwar die wichtigften, vollständig lesbar
find, während von der fünften nurmehr der obere Theil
der vorderen I lalfte vorhanden ift.
Sie lauten:
rVP CAS C\'IB TREBONIAN
GALIA5 PF AG PMX TR1B POT
COS H PROCOS PP "E I.\P c.ts
AFINIVS GALLNS }£±H/
Imperator Caefar Cajus Vibius Trebonianu? Gallus
Pius Felix Auguftus pontifex maximus tribuniciae
poteftatis conful feeundum proconful pater patriae et
Imperator Caefar (C.) Afinius Gallus Yeklu mintianus
V(olufianus)
Der zweite Confulat des Kaifers Trcbonianus Gal-
lus begann im Jahre 252; da er fowohl als fein Sohn,
der Caefar Yolusianus, fchon im Jahre 253 ermordet
XXXI
wurden, gehört das Denkmal einem diefer beiden Jahre,
wahrfcheinlich dem erfteren, an.
Seinem Aeußern nach kann es in gewiffem Sinne
alsPalimpfelt bezeichnet werden, cshat zweimal, zu ver-
fchiedenen Zeiten, als Meilenfäule fungirt. Eine altere
Infchrift ilt weggerafpelt, dann die Säule umgedreht
und auf ihrer nun nach vorn gerichteten ehemaligen
Rückfeite die neue Infchrift eingehauen worden, wobei
es kam, dafs die Enden der längeren Zeilen des neuen
Textes zum Thcil in die abgerafpelte Stelle hinein-
reichen. Von der alteren Infchrift ilt keine Spur mehr
erhalten geblieben; doch gewährt die neue einen Erfatz
dafür infofern, als die Namen des Trebonianus Gallus
und des Volusianus auf den Römer-Steinen unferer
Lander überaus feiten zufammen vorkommen; bisher
ift dies nur zweimal, auf einem Meilenfteine von Trei-
bach (Kärnten) mit fall: zerftörtem Texte und auf einem
Meilenfteine von Vetzel (Siebenbürgen) beobachtet
winden. Nicht minder feiten find jene Infchriften,
welche dem Vater oder dem Sohne, jedem für fich,
errichtet wurden; man kennt aus dem ganzen Gebiete
der Donauländer nur zwei Ehrendenkmale des Vaters
Gallus und nur eines, das feinen Sohn betrifft.
Meilenfäulen werden diesfeits der Alpen überhaupt
nur in einer lehr geringen Anzahl gefunden, die in gar
keinem Verhaltniffe zur weiten Ausdehnung derReichs-
ftraßen licht, an denen fie in beftimmten Zwifchen-
räumen zur Erinnerung an ihre Erbauung oder ihre
Wiederherftellung aufgerichtet waren. Um ein nahe-
liegendes Beifpiel, die Umgebung des römifchen Wien,
anzuführen, welche fich in diefer Hinficht zufallig eines
größeren Reichthums erfreut als ihre berühmte
Schwefterftadt Karnuntum, fo find in den letzten drei
Jahrhunderten nur vier derartige Funde bekannt ge-
worden; ja innerhalb der heutigen Linien von Wien
wußte man bis vor kurzem fogar nur einen anzugeben,
den Meilenftein vom Rennweg; fchon im 16. Jahrhun-
derte wird von ihm gefchrieben, dafs er in einem Wein-
garten nicht weit vom Krankenhaufe von St. Marx
aufgefunden worden fei. Der bekannte Sammler Frei-
herr Beckh von Leopoldsdorf brachte ihn auf feine
Befitzung nach Ebreichsdorf, wo er fpäter verfchollen
ilt. Er nennt die Namen des Valerianus junior (Caefar
im Jahre 254, ermordet 259) und gibt die Entfernung
von Vindobona auf zwei altrömifche Meilen {■=. 48 Minu-
ten) Weges an, nebenher bemerkt ein Zeichen, dafs
man die Diftanzen vom Hohen Markte aus, dem wich-
tigften Platze des römifchen Wien, zahlte.
Dies der bisher einzige, ficher beglaubigte Meilen-
ftein innerhalb der Linien von Wien. Es wird dabei
ein anderes, wahrfcheinlich noch früher gefundenes
Denkmal nicht in Rechnung gezogen, deffen an diefer
Stelle Erwähnung zu thun gleichwohl nothwendig ift.
Einzelne Fragmente desfelben fah man gleichfalls
fchon im 16. Jahrhunderte an verfchiedenen Stellen
der Wand der Pfarrkirche von Gumpendorf einge-
mauert. Der Infchrift nach flammt es von Kaifer Tra-
jan aus den Jahren 103 bis 106 n. Chr. Geb., und zwar
gleicht tue Textirung, die überliefert ift, völlig jener
der Meilenfteine. In der Nähe jener Kirche kommt nun
in der That der zweite Meilenftein, vom Hohen Markte
aus gerechnet, zu ftehen — und es ift nicht wohl abzu-
feilen, was ein öffentliches, mit dem Namen eines
Kaifers verfehenes Denkmal, deren man fonft nur auf
den wichtigften Plätzen einer römifchen Stadt zu finden
pflegt, in fo großer Entfernung von diefer \\w einen
Zweck gehabt haben foll, wenn es nicht eben ein
Meilenftein gewefen wäre. Diefe Umftände begründen
die Vermuthung, dafs in fehr alter Zeit in jener Gegend
ein folcher gefunden und zerfchlägen wurde und feine
Fragmente beim erften Haue der genannten Kirche,
wie Fifcher vermuthet, fchon im 14. Jahrhunderte in
die Wand dcrfelben eingefügt worden find.
Die anderen Funde ähnlicher Denkmale gehören
der weiteren Umgebung von Wien und dem \<>. Jahr-
hunderte an, wie der Meilenftein von Vöfendorf bei
Laxenburg (gefunden im Sommer 1820), zwei folche
von Kloßerneuburg (gefunden im Jahre 1834), dann die
betrachtlichen Funde von Inzersdorf am Wiener-Bi 1
wo man in den Jahren 1841 und 1842 fünf, und von
Klein-Schwechat, wo man in den Jahren 1843 ur>d [8 | |
fechs Meilenfaulen, die älteften an beiden Orten von
Antoninus Pius (138 bis 161), die jüngften von Valerian
junior, an das Tageslicht gefordert hat. Mit Ausnahme
der letzteren zahlen alle von Vindobona aus; unter
ihnen rechnen die Inzersdorfer vier Meilen (= 96 Minu-
ten) Weges, auf den anderen find die Diftanzziffern
zerftört. Dagegen jene von Klein-Schwechat rechnen
von Karnuntum aus und geben die Entfernung mit
21 Meilen (= 9 Wegftunden) an. Wenn es fich durch
weitere Unterfuchungen als richtig erweist, dafs die
Meilenfteine fo weit von einem und demfelben Orte
aus zählen, als fie in ihrem Gebiete, d. h. in dem Spren-
gel ihrer Adminiftration und Gerichtsbarkeit liegen,
fo hat das Gebiet von Karnuntum bis Klein-Schwechat
heraufgereicht, wahrend St. Marx, Vöfendorf, Inzers-
dorf und Kloftcrncuburg zum Gebiete von Vindobona
gehörten.
Das neugefundene Denkmal ift alfo für das Weich-
bild von Wien eine Rarität erften Ranges. Es hat zu-
dem eine fehr große Wichtigkeit für die Topographie
des römifchen Wien.
Schon im Jahre 1865 habe ich die Anficht ausge-
fprochen, dafs jene Militärftraße, alfo jene Reichs-
(nicht Municipal- oder Vicinal-) Straße, welche das
Standlager von Vindobona mit dem Hinterlande ver-
band, die Richtung der heutigen Gumpendorfer Straße
eingehalten habe; fie fei durch die porta decumana
(Trattnerhof am Graben) aus dem Standlager her-
ausgetreten und über die Bräunerftraße und den
Jofephsplatz in einer mehr weniger geraden Linie
in der Richtung auf den Getreidemarkt und weiter
auf die Gumpendorfer Kirche gegangen, habe alfo
ebenfo den Lauf in der Thalfohle an dem einen oder
anderen Wien-Ufer fo wie jenen über den Kamm der
Höhe längs der Mariahilfer Straße verfchmäht. Aehn-
lichcs kann auch in anderen Fällen beobachtet werden,
man wählte unter gleichen Terrain-Verhältniffen für
eine Straße die Linie in der halben Höhe der Ab-
dachung als die gefchütztere, um auf der einen Seite
den Hochwäffern auszuweichen, auf der anderen einen
Umweg zu erfparen. Vor zwanzig Jahren kannte man
nur drei archäologifche Funde, um diefe Anficht zu
begründen, das Grab eines Legionärs, welches in der
Bräunerftraße aufgedeckt wurde — Soldatengräber
waren meift an den Militärftraßen angelegt — , ferner
die Grablteine zweier Reiter, die beim Baue der Stall-
burg (Ecke der Bräunerftraße und des Jofephsplatzes)
XXXII
im 16. Jahrhundert zu Tage kamen, endlich die fchon
befprochenen Bruchftücke des vermuthlichen Meilen-
ileines an der Kirche in Gumpendorf. Da die Linie,
welche diefe Fundftellen verbindet, in ihrer Verlän-
ng auf den Trattnerhof am Graben trifft, wo aus
eren Gründen die porta decumana des Standlagers
angenommen werden muß, fo war mit den gedachten
drei Tunkten die Richtung der Straße gegeben.
Der neue Fund beftätigt diefe Annahme. Mcilen-
lleine verbleiben in der Regel ander Stelle, an welcher
fie gefunden wurden, oder doch in der nächften Nahe.
1 »enn fie find, wenn fie als Ganzes aufgegraben werden,
von folchem Gewichte und von folcher Einfachheit
und Schmucklofigkeit des Aeußern, von einer heute
praktifch fo wenig verwendbaren Form — glatte Säulen
bis 21 , Meter hocli und bis 60 Cm. im Durchmeffer —
dafs fie in alterer Zeit, in der man nicht daran dachte,
fie in Mufeen aufzubewahren, tue Koftcn einer Ver-
fuhrung nicht lohnten; noch weniger war dies der
Fall, wenn fie zerfehlagen gefunden oder nach der
Aufgrabung in einzelne Stücke zerfchnitten wurden, da
letztere nur mehr den Werth von einzelnen Bruch-
fteinen haben, die man wohl an Ort und Stelle verwen-
den mag, weiter wegzuführen aber Bedenken tragen
wird. Man kann alfo mit größter Wahrfcheinlichkeit
vorausfetzen, dafs unfer jüngft wieder aufgegrabener
Meilenftein in der nächften Nähe des Gefellen-Vereins-
haufes feinen urfpriinglichen Platz gehabt habe. In der
That kam der erfte Meilenftein vom liehen Markte weg
in der Richtung der Gumpendorferftraße fehr nahe von
dem genannten Haufe zu ftehen, nach meiner Abmef-
fung in die Gegend, in welcher die Filgradergaffe in
die Gumpendorferftraße einmündet, alfo etwa hundert
Klafter vom Vereinshaufe entfernt.
Wenn nun hier der erfte Meilenftein oder doch ein
Bruchftück desfelben zu Tage tritt, fo ift der Lauf eines
römifchen Heerweges längs der Gumpendorferftraße
erwiefen, und es fällt daraus ein Licht auch auf jene
Bruchftücke, die man einft in der Gumpendorfer Kirche
eingemauert fah, in deren Nähe die zweite Meile von
Vindobona aus endete Die Vermuthung, dafs fie wirk-
lich einem Meilenfteine, und zwar dem zweiten, ange-
hört haben, findet in dem neuen Funde eine weitere
und fehr beträchtliche Stütze.
Wie faft alle aus den Donauländern flammenden
Kaifer, fo hat auch Kaifer Decius, ein gebürtiger Pan-
nonier, mit großer Energie die Defenfiv-Anftalten des
Reiches, namentlich feiner zunächft bedrohten Heimat,
erneuert; faft fünfzig Jahre vorher hatte der in Kanuin-
tum proclamirte Kaifer Septimius Severus das Gleiche
gethan. Ein Zeichen diefer Thätigkeit ift das häufige
Vorkommen der Namen beider auf Meilenfaulen; in der
That war die Herftellung und Instandhaltung der Heer-
wege die unausweichliche Bedingung eines genügenden
Vertheidigungszuftandes. Davon legen auch die Meilen-
faulen des Wiener Bodens Zeugnis ab. Man liest, um
hier \ <>n Septimius Severus zu fchweigen, den \amen
des Kaifers Decius auf jenen von Klein-Schwech.it,
Kloftemeuburg und Inzersdorf, d. h. die beiden wich-
tigsten I leerwege der Gegend; der Limes an der Donau
und die Rückzugsftraße gegen Süden wurden unter
ihm einer Reftauration unterzogen, die im erften Regie-
rungsjahre des Kaifers (249) begonnen hat und bezüg-
lich des Limes, als des wichtigeren Theiles, auch zum
Abfchluffe gebracht wurde. Dagegen lind die Arbeiten
an der Rückzugsftraße von Inzersdorf weg, wohl durch
den Ausbruch der fchweren Gothen-Kriege, unter-
brochen worden, und blieb es nach Ausfage des neuge-
fundenen Meilenfteines feinem Nachfolger Trebonianus
Gallus vorbehalten, die kurze Endftrecke bis Vindobona
fertigzuflellen.
Augenfcheinlich befteht, um dies zum Schluffe noch
zu berühren, ein Zufammenhang zwifchen unferem
Denkmale und jenen Aufgrabungen, welche im März
1SS6 durch die Grundaushebimg für den Neubau in der
Jafomirgottgaffe (Nr. 3 und 5) veranlagst worden find.
Wie damals in diefen Blättern berichtet wurde, fand
man dort die Außenmauer des Standlagers und zwei
parallel laufende Verstärkungen derfelben nach innen,
alle drei Mauern im unterften Thcilc von der erften
Erbauerin des Lagers, der XIII. Legion, um das Jahr/o
nach Chrifti Geburt ausgeführt, während der Oberbau
durch die X. Legion unter Kaifer Valerian (253 — 260)
hergeftellt worden ift. Unter Letzterem hat alfo eine
tiefergreifende Reftauration des Standlagers ftattgefun-
den, welche auf alte Schäden hinweift, die ihre Um-
faffungsmauer feit längererZeit erlitten haben und deren
Befeitigung auch längere Zeit in Anfpruch genommen
haben muß. Es ift nun durchaus wahrfcheinlich, dafs
der Plan der Ausbefferung jener Schäden fchon von
Kaifer Decius, dem Wiederherfteller der Defenfive, ge-
faßt, von ihm auch wohl fchon im Jahre 249 gleichzeitig
mit jener der Heerwege begonnen, von Trebonianus
Gallus fortgefetzt, aber erft von Valerian, den man zeit-
lich als des Letzteren unmittelbaren Nachfolger be-
trachten kann, zum Abfchluffe gebracht worden ift.
Das neugefundene Denkmal gelangte als Widmung
des katholifchen Gefeilen- Vereines in die kunfthifto-
rifchen Sammlungen des Allcrhöchften Kaiferhaufes.
Eine Nachforfchung nach weiteren Bruchftücken blieb
ohne Erfolg.
Notizen.
1. Der Staats-Voranfchlag des Unterrichts-Mini-
fteriumspro 1887 enthält eine Reihe von Ausgabepoften
für archäologifche Zwecke, die vom Standpunkte der
Aufgaben der Central-Commiffion für fie von hohem
Intereffe find.
Die Auslagen gliedern (ich in drei Gruppen, in
folche für die k. k. Central-Commiffion, dann für
Reftaurirung alter Baudenkmale und für Ausgrabungen,
Subventionen von archäologifchen Unterfuchungen
und fonftige Auslagen.
I. Wenn man auch nicht auf die Einzelpofitionen
der Ccntral-Commiflion felbft eingeht, fo fei doch be-
merkt, dafs von den 11.430 fl. Auslagen für diefcs
Inftitut nur 8000 fl. dcmfelbcn unmittelbar zugute
XXXIII
kommen, während der Reft per 3430 fl. fich auf
Gehalte für Beamte und Diener, Remunerationen,
Kanzlei-Auslagen und Hauserforderniffe zertheilt.
II. a) Sehr intereffant find die Ausgabepoften für
Reflaurirung alter Haudenkmale. Als ordentlicher
Paufchalcredit erfcheinen dafelbfl 2500 fl. Wir finden
ferner als aufserordentliche Auslage verzeichnet eine
Subvention von 2000 fl. für den Wiener Dombau- Verein
und begrüßen diefe feit Jahren vermißte Ausgabepoft
mit lebhafter Befriedigung. Selbe wird in folgender
Weife im Staats-Voranfchlage begründet: „Die vom
Wiener Dombau Vereine in Ausficht genommenen
Reconflrudtions- und Reftaurirungs-Arbeiten bezwecken
nicht nur die Ausfchmückung des St. Stephans-Domes,
fondern auch die dauernde Sicherung des Kirchen-
gebäudes. Nachdem eine möglichft rafche Beendigung
diefer Arbeiten nicht nur im Intereffe des ungeftörten
Verlaufes der gottesdienftlichen Functionen, fondern
auch aus wirthfchaftlichen Gründen höchft wünfchens-
werth ift und hic/.u die diefem Vereine zur Verfügung
flehenden Mittel nicht ausreichen, wird obige Subven-
tion pro 1887 beantragt und eine gleiche Subvention
für die Jahre 1888 und 1889 in Ausficht genommen".
Als weitere Port erfcheint ein Betrag von 2500 fl.
für die Renovation und Reconftru6tion der Mofaiken
des Domes in Parenzo. Schon feit einer Reihe von
Jahren macht fich das Bedürfnis nach einer Reflaurirung
diefes hochwichtigen Baudenkmales geltend. Der Dom
zu Parenzo bildet in feiner Art ein Unicum in der
Reihe der alten Bauwerke Oefterreichs. Die Central-
Commiffion hatte bereits wiederholt Gelegenheit, das
Cultus-Minifterium auf die Schäden diefes Denk-
mals aufmerkfam zu machen; Ober-Baurath Freiherr
v. Ferßel hatte über die zur Erhaltung diefes Domes
nothwendigenMaßnahmen ein eingehendes Promemoria
verfaßt und namentlich war es der Mofaik-Schmuck im
Innern und am Giebel der Fagade, der von jenem Fach-
nianne als arg befchädigt und reftaurationsbedürftig
bezeichnet wurde. Leider ift der Verfall an der letzt-
genannten Mofaik-Decoration feither fo rafch vorge-
fchritten, dafsvon der Erhaltung diefes wohl fchon ganz
abgefehen werden muß. Dagegen ift es höchft erfreulich
wahrzunehmen, dafs nunmehr für die Renovirung der
Mofaiken im Innern etwas gefchehen foll. Nachdem fich
die Herftellung der Mofaiken an der Apfis am dringend-
ften herausgeftellt hat, foll vorläufig zum Zwecke einer
Grundlage für die Gefammt-Herftellungskoften die
Mofaik-Reconftructionamerften Pfeiler links in derApfis
veranlaßt und mit obigem Betrage durchgeführt werden.
Für die Confervirung von Baudenkmalen finden
fich ferner noch zwei Ausgabepoften verzeichnet. Die
eine mit 3570 fl. betrifft den Dom in Spalato, die andere
mit 2600 fl. jenen zu Sebenico. Im Dome in Spalato foll
mit diefem Gelde die Umrahmung des Portals nebft
anderen kleineren Partien ausgebeffert werden, nach-
dem die Reflaurirung des Innern diefes Domes in der
Hauptfache vollendet ift, und nur mehr die Aushelfe -
rung der Pflafterung und die Herftellung der Kanzel
erübrigen. Seitens des Staats wurden zur Reflaurirung
diefes Domes bereits 96.000 fl. aufgewendet.
Die Reftaurirungen des Domes in Sebenico
wurden im Jahre 1885 mit einem Betrage von 2600 fl.
begonnen und ill im Jahre 1887 demfelben Zwecke
eine gleiche Summe zugewendet.
XIII N. F.
I iir die Fortfuhrung des Ausbaues des Prager
Domes ift ein Staatsbeitrag von 15.000 fl. in Ausficht
genommen. Durch diefe gegen das Vorjahr um 5000 fl.
erhöhte Staats - Subvention ift der dem Dombaue
vom Staate zugewendete Gefammtijetrag bereits auf
290.000 fl. erhöht. Die ltaatliche Unterltützung diefes
Baues begann mit dem Jahre 1863 und wurde obiger
Betrag feither in ungleichen, fich zwifchen 10.000 fl.
und 20.000 fl. bewegenden Jahresraten feiner Beftim-
mung zugeführt.
II. bj Außerdem find für bauliche Zwecke als
aufserordentlicher Aufwand gewidmet:
Zur Vollendung der Abtragung der Thürme der
Haupt- Pfarrkirche in Wr.-Nevßadt%j$o fl.; zur Angriff-
nahme diefer Arbeit waren im Jahre 1886 bereits
10.000 fl. bewilligt.
Zur Einger 'üßung der Maria- Sticgenkirclie in Wien
4300 fl. Bei der im Jahre 1885 unternommenen über-
fichtlichen Prüfung der baulichen Verhältniffe diefer
Kirche hat fich nämlich die Notwendigkeit einer
gründlichen Unterfuchung nach diefer Richtung er-
geben; zu diefem Behufe ift eine vollftändige Ein-
rüftung der Kirche nothwendig. Das Gerüfte hätte ein
Jahr liehen zu bleiben.
Zur Fortfetzung der Reflaurirung der St. Peters-
Kirche in Wien 10.000 fl., für welchen Zweck bereits
in den Jahren 1885 und 1886 je 10. OOO fl. bewilligt
wurden.
Zur Inangriffnahme der Reparatur des Martnor-
pflaflers im Dome 211 Salzburg 3000 fl., wofür 24.000 fl.
als Gefammtkoften veranfchlagt find.
Zu Bauherftellungen am Capuciner-K/ofler und
in der bezüglichen Ordens-Kirche in Salzburg 6500 fl.
Zu Bauherftellungen an dem Franciscaner- Kloßer
fammt Kirche zu Hundsdorf 1300 fl.
Zur Fortfetzung der Reconftruction der Kuppel
am Dome in Trient 20. OOO fl.
Für die Erhaltung der Kathedral- Kirche in
Macarsca 210 fl.
Die Auslagen für Reflaurirung alter Baulichkeiten
beziffern fich fomit mit 74.220 fl.
III. Wir kommen nun zur dritten Gruppe der
Staatsauslagen für Kunft- und archäologifche Zwecke
und finden zuerfl genannt das k. k. Staats- Mufeum in
Aquileja, welchem für Ausgrabung von Alterthümern
und zum Ankaufe von Fund-Objeclen 1520 fl., dann
zurRemunerirung des Confervators und Leiters 300 fl.
und für den proviforifchen Auffeher 480 fl. zugewendet
werden. Für Dalmatien, und zwar für das Mufeum in
Spalato, werden 1400 fl. und für die Grabungen in
Salona 2000 fl. in Ausficht genommen, endlich behalt
fich das Unterrichts-Minillerium die Verfügung über
1500 fl. zu Gunften von Grabungen und Subventionen
in fämmtlichen im Reichsrathe vertretenen Königreichen
und Ländern vor. Die Gefammtausgaben -Summe für
diefe Gruppe beziffert fich fomit mit 7200 fl.
Summii t man die fämmtlichen Auslagen für Kunfl-
und archäologifchen Zwecke, fo erfcheint der Betrag
von 92.850 fl.
2. Bei Cilli wurde ein rohhergeftellter, aus Wür-
feln, die aus kleinen Dachziegeln beliehen, zufammen-
gefetzter römifcher Mofaik-Boden vorgefunden. Bei
weiterer Grabung fand man die Ecke eines fehr fchönen
XXXIV
aus weißen und fchwarzen Marmorwürfeln hergestellten
iik-Bodens. Der aus zwei fchwarzen Streifen auf
weißem Grunde begehende Rand desfelben wurde
bereits, wie Correfpondent Bergrath Ritdl berichtet,
auf 2 M. blo- Ueber den Boden lagen Trümmer
von römifchen Dachziegeln, von bemaltem Mauerputz
verftreut, doch fcheint diefer Mofaik-Boden in einer
Veranda angebracht gewefen zu fein.
3. (Die Vorzeit Perjeris.)
Von welcher Seite Landeck in Tyrol zuganglich
ift, find es rauhe Sterile Thäler, welche dahin führen,
wahrend die Niederung, die (ich zwifchen deren Ver-
einigung in Form eines Dreiecks hineinbettet, wie ein
Juwel in rauher Fällung von der nächften Umgebung
wohlthuend hervorglänzt, fo fonnig, fo mild muthet
die Luft uns an, fo füdlich fruchtbar erweift fich der
Boden, der den prächtigfiten Mais des Oberinnthaies
reilt. Am meisten concentriren fich diele Vorzüge in
einer Farcelle von Landeck, der kleinen Häufergruppe
Fig. 1. (Landeck.)
von Perjen, die unter den fteilen Gehängen der Schwarz-
wand angefiedelt, doppelt von der vollen Mittagsfonne
und deren vom Geftein reflectirten Strahlen erwärmt
wird. Der aus dem Vintfchgau hervorbrechende Inn
ftößt gerade vor fich zur Mündung der Sanna am
Bergabhang und vom felfigen Fuße desfelben ab-
prallend, umfehreibt er Perjen im Halbkreis bis zur
Stelle, wo er zum zweitenmal an den Felfen wühlt, um
von da aus, durch die verengte Thalfurche gezwungen,
feinen Lauf in gerader Richtung einzuhalten.
Perjen fieht fich folchergeftalt zwifchen Fels und
Waffer halbinfelförmig eingefchloffen, zum denkbar
günftigften Refugium prädisponirt, welche eine vor-
gefchichtliche Bevölkerung zu finden vermochte. Das
ift die Stätte von Perjen denn auch unzweifelhaft
gewefen und ich möchte behaupten, diehervorragendfte
lerlaffung zu gleicher Zeit zwifchen Fern und
Finftermünz, die ftrategifch wichtigfte jener Gegend,
welche als fichere Rückendeckung der flußabwärts
gelegenen Bronzeftationen Völs und Hötting den Inn
an jener vortrefflichen Stelle bewachte. In den Kreis
der Vertheidigung muß auch der in Form einer fteilen
Pyramide fich erhebende Hügel, der die Vefte Kron-
burg trägt, gezogen werden, wobei es keineswegs
ausgefchloffen, dafs er nicht zugleich die Cultusftätte
des umwohnenden Bronzevolks war; denn das Ferdi-
nandeum in Innsbruck verwahrt ein großes Opfermeffer
aus Bronze — geradezu ein Unicum — das innerhalb
des Schloffes Umwallung gefunden wurde, wahrfchein-
lich bei Anlafs von Schatzgräbereien, welche fich ganz
vorwiegend jene Ruinen zum Angriffs-Obje6t feit alten
Zeiten gewählt hatten.
gegen den Griff hin bedeutend
innerhalb der halbmondförmigen
Diefes vom Griff bis zur Spitze 41 Cm. lange Meffer
befteht aus zwei Theilen, nämlich dem maffiv gegöffenen
Griff und der in denfelben eingefügten, durch drei
Nieten feilgehaltenen Klinge. Die ftarke Anschwellung
inmitten des Griffs einerseits und das weite Hervor-
treten von Hügel und Knauf andererfeits, gab der Hand
ungemein fiehern Halt zur Führung eines wuchtigen
Hiebes, für den auch die Klinge entfprechend einge-
richtet ift: wenn auch dünn, befähigt fie doch die
8 Mm. dicke Rückenrippe zu großer Wideiihindsfahig-
keit. Das Blatt ift halbmondförmig gekrümmt und
unterhalb des geraden Bügels tief gekehlt; es mifst an
der breiteften Stelle 65 Mm., fammt der Rippe 70 Mm.
(Fig. 1).
Als Zeuge der Bronzezeit in Ferjen felbft fei der
prachtvolle Dolch genannt, veröffentlicht und abge-
bildet in den Mittheilungen der anthropologifchen
Gefellfchaft in Wien (1884 Seite 96, Fig. ?; . Er hat
eine Länge von 370 und eine Breite von 69 Mm. und
zeichnet fich durch einen vorzüglichen Erhaltungs-
zuftand, fowie prachtvolle Patina aus. Nicht
nur der Knauf, fondern die ganze Griffbe-
kleidung ilt von Metall, die halbmondförmig
über die Klinge faßt und mitteilt vier Nieten
an diefelbe befeftigt ift. Die Klinge hat lan-
zettförmige Geftalt, endigt in fcharfer Spitze,
an derfelben nimmt eine kräftige, aber flach
gerundete Mittelrippe ihren Beginn, welche
dadurch, dafs fie parallel der Schneide ver-
läuft, fich
erweitert;
Ausladung trägt er gravirte Ornamente. Das
Blatt ift mit feinem Dorn durch den ganzen Griff
gefchoben, über deffen fchwach gewölbte, etwas ver-
zierte Knopfplatte er hervorragt.
In ihrer Mehrzahl findet fich diefe Dolchform im
Süden Deutfchlands und in der Schweiz, aber keines
der mir bekannten Exemplare erreicht an Schönheit
der Geftaltung die Waffe von Perjen. Ich verfolgte
ihre Spur bis zu den beiden Arbeitern, die fie aus-
gegraben, und kann mich deshalb verbürgen, dafs fie
es ift, die am neuen Innfteg zwifchen Perjen und
Bahnhof Landeck in dem hohen LTerrain derPerjener
Seite höchftens 60 Cm. tief gefunden wurde. Die
Finder fahen das Material, in dem der Dolch gelegen,
nicht als gewachfenen Grund an, glauben vielmehr,
dafs es gelegentlich einer Fundamentaushebung im
Dorfe an jene Stelle überführt worden fei. Gemein-
fchaftlich mit dem Dolch wurde noch eine 14 — 15 Cm.
lange, mit Grat durchzogene Schwertfpitze dort aus-
gehoben, aber als werthlos betrachtet, verloren.
Ein gewiffer Anton Schauer berichtete mir 1881
von dem Fund eines ganzen Schwertes aus Bronze,
den er in den 70er Jahren gemacht hatte, was auch der
von mir ermittelte Händler, der die Waffe angekauft
hatte, beftätigte, ohne fich mehr der Hand zu erinnern,
in welche fie überging. Ihr Fundort liegt in jenen Mais-
feldern der Ortfchaft, deren Erde fich gegenüber allen
andern benachbarten Aeckern durch eine auffallend
Schwärze Färbung unterscheidet. Soweit die Befitzer
es mir gematteten, nahm ich im April vorigen Jahres
eine Ausgrabung vor, die fich auf eine Fläche von
nahezu 100 D M. erftreckte. Hier das Ergebnis: An
fünf verfchiedenen Orten zeigten fich Begräbnisplätzc
XXXV
in fehr verfchiedencr Ausbreitung, wovon drei kleinere
Grabflellen mit nur i'/2 — ~ M- <m Durchmeffer nebft
zwei großen Maffengräbern in ovaler Form mit Längs-
axen von n und 13 M. Es beftehen diefe Brandrede
aus erflaunlichen Anfammlungen gebrannter Knochen
in den verfchiedenften Verhältniffcn mit Ruß und
Kohle gemengt, fo dafs es bald die Knochen find,
welche überwiegen, bald auch der Kuß; diefe Schichte
beginntmanchenorts 20, an andern Stellen 40 — 60 Cm.
unter der Oberflache und ihre Mächtigkeit wechfelt
zwifchen 7 und 40 Cm. Faft durchwegs erfcheinen die
Knochen in kleinern und größern Splittern, feltener in
grobem Stücken. Die weitgehende Zerfplitterung und
die porzellanartige Härte der Knochen laffen auf
machtige Feuer beim Leichenbrand fchließen. Thier-
knochen finden fich höchft vereinzelt vor.
In fteter Begleitung diefer Brandreite, meift als
Bedeckung derfelben, tritt eine Schicht einander
berührender Feldfteine der verfchiedenften Größe auf,
Fig. 2. (Landeck.)
kleinere von 10 — 30 Klg. Gewicht bis zu großen von
2 — 40oKlg. ; allein ich begegnete auch mitunter einem
Ueberlager der Knochen -Rußfchichte, in welchem
Falle fich das Steinlager in einer Tiefe von I— I1/, M.
hinzog. Mitten in Knochen und Kohlen, unter Steinen,
fteckte die Klinge eines Eifenmeffers, 185 Mm. lang
mit gekrümmter Schneide, die zunächft der Stelle, wo
der Griff durch zwei noch vorhandene Nietköpfe feft-
gehalten wurde, ihre größte Breite erreicht (33 Mm.)
Fig. 2. Diefes Werkzeug, dann eine kleine Eifenklam-
mer und ein fchlecht gebrannter Gefchirrfcherben, im
Bruch grau oder fchwarz, aus einem theils Glimmer,
theils Steinchen enthaltenden Material, find die einzigen
Gegenftände aus dem Haushalt des Menfchen, außer
denen keine Spur Metall in dem großen Knochenhau-
fen fich fand, der einige Säcke angefüllt hätte! Es
fcheint alfo eher dem Zufall, als der Sitte Beigaben
ins Grab zu legen, das Vorkommen jenes Meffers zuzu-
fchreiben zu fein.
Die überaus vortheilhafte Lage Perjens muß
auch den Römern nicht entgangen fein; nicht dafs an
eine Anfiedlung mit feften Wohnfitzen zu denken ift,
wohl aber an einen zeitweilig benutzten Lagerplatz,
vielleicht für Truppenkörper, die von Brigantium über
den Arlberg oder von Campodunum über den Fern
nach dem Etfchthal oder vice verfa gezogen kamen.
Zur Stütze diefer Annahme liegt vorderhand nur
Staffier 's Angabe (Tyrol und Vorarlberg, II. Theil,
1. Band, S. 227) vor über Funde von Silber- und Kupfer-
münzen der Kalfer Vespafian, Diocletian, Nero u. f. w.,
von Hausgeräthen und Waffen, fogar von mehreren
Statuetten römifcher Götter im Perjenerfelde(dasfelbc,
wo ich die Brandrefte gefunden), nach welchen dasfelbe
von der Zeit an der Götzenacker genannt wurde. Die
meiden diefer Romana find nach genanntem Autor in
die Sammlungen des Ferdinandeums in Innsbruck
übergegangen, wo fie jedoch nicht mehr aufzufinden
find. Vor fünf Jahren lebte aber noch der alte Mann,
der eines der Figürchen im Perjener Acker gefunden
zu haben mir beitätigte und mir dasfelbe als nackte
männliche Figur aus gelb glänzendem Metall befchrieb,
vielleicht ein Jupiter, Mars oder Mercur aus vergoldeter
Bronze. Sein Nachbar wollte eine große Broche, die
Roß und Reiter, roh geformt, darfteilte, gefunden
haben, ein Dritter ein Figürchen, das den rechten Fuß
emporhob.
Der Zeitfchrift des Ferdinandeums entnehme ich
folgende Funddaten: Eine antike Spange, 4 Zoll lang
aus Bronze und eine kleine Fibula, gefunden beim
Schlöffe Schrofenftein im Jahr 1843 (il. Bandchen); ein
kleines Idol, ein Ring ^Bronze) und 7 Pfeilfpitzen
(Eifen), gefunden auf einem Acker in Perjen (13. Heft,
III. Folge).
Seit Auffindung des Dolches und meiner Aus-
grabung in Perjen rückten die Spuren der Bronze-
zeit bis ins Stanzerthal an den Fuß des Arlbergs
hinauf, nachdem vor kurzem in Flirfch bei Funda-
mentirung eines Fabrikgebäudes in der Tiefe von
3 M. ein Speer gefunden wurde, welcher mir durch
gütiges Entgegenkommen der Ferdinandeums-Lei-
tung in Innsbruck zu befichtigen geftattet war.
Damit find fich die Bronzefunde Tyrols und Vor-
arlbergs (Flirfch undBludenz) bis auf 12 Gehftunden,
den Paßübergang mit eingerechnet, nahe gerückt
und es gewinnt von nun an immer mehr an Wahr-
fcheinlichkeit, es habe der Arlberg keineswegs eine
trennende Schranke zwifchen dem Bronze-Volk diefs-
und jenfeits gefetzt, vielmehr fchon in jener fernge-
le^enen Zeit einen Weg zu Jagd- und Kriegszügen
o-eboten, fo gut als der hohe Rhäticon von der prä-
hiftorifchen Bevölkerung desPrättigäus und Montavons
überfchritten wurde.
Der Flirfcher Speer ift eine ihrer Erhaltung nach
prächtige, in ihrer Ornamentik hierlands nichts
ähnliches findende Waffe in Bronze. Nach Abrech-
nung anhängender Erdtheile wiegt er circa 120 Grm.;
feine ganze Länge beträgt 215 Mm., wovon 172 Mm.
auf das Blatt entfallen, welches an breitefter Stelle
35 Mm. mißt; diefe Verhältniffe ertheilen dem Speer
eine fehr fchlanke gefällige Form. Die etwas zufam-
mengequetfehte Tülle hat am Rande außen einen
Durchmeffer von 21 — 23 Mm. Das auffallendfte Merk-
mal befteht in den drei erhabenen Linien, welche auf
der Mittelrippe faft ihrer ganzen Lange nach fich
hinziehen und fich hart über den Nagellöchern mit
den Linien der anderen Seite in Halbkreifen ver-
einigen; diefe werden durch eine fchwach erhöhte
LinTe gefchnitten, die fich von den Löchern zum Blatt-
anfatz& zieht. Die Speere und Lanzenfpitzen aus \
arlberg, deren fchon 7 Stück vorliegen, ebenfo die aus
Bendern und dem St. Gallifchen Rheinthal zeigen
durchwegs glatte Tüllen. Um Cannellirungen wie am
Flirfcher Speer zu finden, muß man fchon weiter
gehen und zum Vergleiche Funde herbeiziehen, wie
z. B. ein Bronzebeil aus Brusznica in der Bukowina
XXXVI
| Antiqua Tat". XXXIII, Fig. 6 , einen Speer aus Ungarn
..Untere heidnifche Vorzeit- Bd. 2,
eine Gußform aus Erz für ein Beil
aus La Tene ;Les protoheloetes par Victor Grofs
Taf. XXVII., Fig. 12 u. f. w.
Ob die erhöhten Linien am Speer aus Flirfch der
Abficht zu verzieren entfprungen find, laffe ich dahin-
:!lt, fie machen auf mich weit eher den Eindruck,
ein technifches Hilfsmittel zu ficherem Gelingen des
Gußes zu fein, weil fie offenbar der gefchmolzenen
Maffe das Eindringen in die dünnften Hohlräume, wie
fie für Schaft und Blatt frei bleiben, erleichtern muffen.
J. Jenny.
4. Confervator Trapp hat zur Kenntnis der k. k.
Central-Commiffion gebracht, dafs ihm der Belltzer der
Herrfchaft Czernahorna in Mahren, Herr Anguß Graf
Fries, am 2S. September 1886 anzeigte, es feien auf
deffen Areale nächft der Ortfchaft Borftendorf während
des Tiefackerns nach der Rübenaushebung prähifto-
rifche Funde gemacht worden. Große unbehauene
Steine, hievon manche 60 Cm. lang und 40 Cm. breit,
bildeten unter der Ackerkrume in unregelmäßiger
Lage Vj — 1 M. tief gelegen, die flache Decke diefer
Urnengräber. Und folcher Stellen gab es einige. Unter
diefen Steinen lagen zwifchen Afche und Erde gemengt
viele Schalen, Topf- und Urnen-Scherben, Knochen
von Pferden, einzelne Menfchengebeine, kleine Stück-
chen von Bronzenadeln und Ringen, dann eine fchöne
patinirte Bronzepfeilfpitze, doch nur drei Stück wohl-
erhaltener Urnen, jede von anderer Form. Es ift ganz
erklärlich, dafs die Hauptzahl der Gefäße nur in
Scherben vorgefunden wurde, da die Schwere der
ine alles erdrückte. Von den Pferdeknochen wurde
ein ganzer Korb gefüllt, desgleichen von den Scherben,
welche mit und ohne Verzierung fich zeigen. Nach den
Heften find es ziemlich umfangreiche Gefäße gewefen.
Herr Graf Fries hat fammtliche Gegenftände
freundlichft dem Franzens-Mufeum zugefprochen. Dr.
Wankel hat vor mehreren Jahren im Orte Bor-
ftendorf felbft, wie er dies in feinen r Bildern aus der
mährifchen Schweiz- pag. 316 fagt, eine viereckige
Stcinkifte ausgegraben, welche mit zugehauenen Stein-
platten gebaut und mit verkohltem Getreide ausgefüllt
war, darin fünf Menfchenfchädel und ein eifernes
kleines Meffer mit einem Bronzebefchlag eingebettet
lagen. Nicht weit von diefem Orte find dann noch
viele Topffcherben mit weißen wirteiförmigen Thon-
perlen ausgegraben worden, die Ornamente trugen,
welche auf ein fehr frühes Jahrhundert unferer Zeit-
rechnung fchließen laffen
5. Durch Herren A. Faß! in Teplitz find Gräber
bei Nofsomitz aufgedeckt worden, worunter namentlich
eines erwähnt zu werden verdient, welches fchon durch
feine abweichenden GrößenverhältnilTe, nochmehraber
durch feinen Inhalt von Bedeutung ift. In demfelben
fanden fich nebft verfchiedenen Thongefaßen und
zahlreichen Bruchftücken von folchen noch Steinwerk-
zeuge, Thongewichte, Spinnwirtel, Rollfteine, Wetz-
fteine, Mufcheln, viele thierifche Knochen, ein goldener
Ring, Glasfchlacken, Bronzegußformen, endlich menfeh-
liche Knochen. Letztere fprechen allerdings für ein
Grab, doch ift hier zum minderten der Inhalt zweier
Gräber bunt durcheinander geworfen worden, aber
die zahlreichen und mannigfachen Gegenftände, na-
mentlich die vielen thierifchen Knochen an Zahnen
allein 50 Stück) machen es zweifelhaft, ob man es
wirklich mit regelrechten Begräbniffen zu thun habe.
V n befonderem Intereffe find die zu unterlt geh
nen drei Gußformen für einen Bronze-Palrtab und für
Sicheln. Diefelben find wie die meiiten Bronzeguß-
formen aus feinem Sandftein gearbeitet und unter-
fcheiden fich auch fonft in keiner Weife von derartigen
Vorkommniffen. Auch der Umftand, dafs eine Sand-
fteinplatte von beiden Seiten als Gußform benützt
wurde, wie eine folche dafelbft gefunden wurde, ift
fchon wiederholt beobachtet worden. Von der Gußform
für den Palftab fand fich nur eine Hälfte, die entfpre-
chende zweite Hälfte fehlt; für die Sicheln genügte eine
Form, welche lediglich mit einer Steinplatte zugedeckt
wurde, da auch die Sicheln auf einer Seite flach find.
6. (Wallburg am Praeov.)
Mit der etwa 80 M. über dem Chrudimka-Fluffe
zwifchen Nafferberg und Slatinan fich erhebenden
Pracover Anhöhe findet der, bei den Burgruinen Wild-
ßein und Oheb von dem Hauptrücken des Eifen-
gebirges füdöftlich abzweigende bewaldete Höhenzug
feinen Abfchluß. Ein fchmaler, aber fteiler Fahrweg
fuhrt an der Berglehne des linken Chrudimka-Ufers
nördlich vom nahen Dorfe Svidnic zu diefem Hoch-
Plateau, wofelbft am örtlichen Rande der äußerft
fteilen Felswand die gothifche St. Jacobs-Kirche mit
noch hölzernem Dache und Thurme in der Mitte eines
kleinen Friedhofes fich erhebt.
Weiter gegen Welten breitet fich das gegenwärtig
aus fieben Wirthfchaftsgebäuden nebft Pfarre befte-
hende Dorf Praeov in mäßiger Steigung und einer
Länge von circa 300 M. aus. In den alten Jahrbüchern
wird des Namens Praeov nie erwähnt, dagegen wird
die St. Jacobs-Kirche ob Svidnic oder St. Jacob
gegenüber Stradov öfters genannt. Am Praeov wurde
vom Jaros Lacembok , dem einfügen Befitzer der etwa
V4 Stunde am rechten Chrudimka-Ufer gegenwärtig
in Trümmern liegenden Burg Stradov, ein Minoriten-
Klofter um das Jahr 1370 errichtet, welches im Jahre
1421 nach der Erftürmung des Benedictiner-Klofters
zu Podlazic bei Chrast durch die Huffiten von den
Chrudimer Schaaren eingenommen und gänzlich ver-
wüftet wurde. Die fudliche Seite der Kirche wird von
den älteren Infaffen als die einftige Stelle des nunmehr
keine Spuren hinterlaffenden Klofters bezeichnet. Die
ganze Pracover Anhöhe umfafst etwa 33 Hektare
Flächenraum und bietet gegen Norden über die Kune-
ticer Burgruine bis in die gefegneten Fluren von
Königgrätz eine herrliche Ausficht dar. Praeov ift von
drei Seiten nicht leicht zugänglich, und zwar ragt die
Granitwand ottwärts faft fenkrecht von der vorbei-
ftrömenden Chrudimka empor, längs der nördlichen
Seite durchfließt das in die Chrudimka unterhalb der
Kirche einmündende Bächlein einen tiefen bewaldeten
Thalgrund, der Norden ift theils durch eine Berglehne
und der Xordweft durch einen tieferen Quellengrund
gedeckt;' nur die weltliche Seite wäre für Praeov
die fchwächfte geblieben, aber dafelbft findet fich noch
theilweifer Steinwall vor, der vom füdlichen Thalrande
XXXVII
bis zur nördlichen Berglehne unweit der Pfarre im
mäßigen Bogen und einer Länge von 450 Schritt
gezogen ift. Derfelbe ift aus amorphen, trocken über
einander gelegten, mit Krde durchmifchten Steinen
zufammengefetzt, 2 M. hoch, 5 M. an der Bafis, oben
3 M. breit. Aber nur fehr fpärliche Rede find noch
hie und da von ihm geblieben, fo dafs delTen ursprüng-
liche Anlage nur mit Mühe und Zuziehung der Ein-
wohner conftatirt werden konnte. Der Wall liefert den
Eigenthümern reichlichft Steine zur Umgränzung der
einzelnen Parcellen und gute Erde, an welcher dafelbft
Mangel herrfcht, und fo verfchwinden nach und nach
auch die geringeren Refte. Etwa in der Mitte des
früheren Steinwalles befindet fich das Gebäude Nr. 1
und unmittelbar zwifchen diefem und dem Walle die
Par Celle 453, welche feit Jahren als Baumfchule ver-
wendet wird, den höchften Punkt Pracov's bildet und
bisher der rcichlichfte Fundort von Bronzen war. Im
Laufe der letzten 20 Jahre fand der Eigenthümer Simon
anläßlich diverfer Erdarbeiten dafelbft, fowie im Walle
felbll Scherben von Harken glatten Thongefäßen und
verfchiedene Bronzegegenftände, die er aus ange-
borner Gutmüthigkeit an bekannte Herrfchaftsbeamte,
Förfler, Pfarrer, Lehrer oder die dortige Gegend
befuchende fremde Gäfte einfach verfchenkte. Auf
diefen Umftand aufmerkfam gemacht, befuchte ich
voriges Jahr, fovvie heuer wiederholt Pracov und ver-
zeichnete möglich!! alle hierfelbft vorgekommenen
Funde und conftatirte außer den bereits oben berühr-
ten nur geringe Spuren noch hinterlaffenden äußeren
Wall, noch eine innere ovale, 4 M. hohe, durch einen
7 M. breiten Graben getrennte und mit einem ebenfalls
4 M. hohen, unten 7 M., oben 31/., M. breiten Walle um-
gebene Ebene, deren längere Achfe 68, die kleinere
26 Schritte beträgt und die wegen Aufbau von zwei
neuen Wirthfchafts- fammt Nebengebäuden gegen-
wartig auch nicht mehr intafl ift. Diefe Befeftigungs-
ftatte ift ebenfalls aus trocken über einander gelegten
Steinen und bloßer Erde zufammengefügt. Alle diefe
.Anzeichen deuten darauf hin, dafs am Pracov eine
vorhiflorifche Wallburg beftanden haben mußte.
Durch zwei Tage ließ ich mit fünf Arbeitern am
Pracov Grabungsverfuche vornehmen, und zwar ließ
ich auf den Parcellen 450 und 453, im Walle felbft, der
bis auf den Felfengrund durchgebrochen wurde, fowie
in der inneren Wallburg und unweit derfelben füd-
warts nachgraben. Das Refultat war nicht befonders
günftig; außer einem bronzenen Ring von 15 Cm.
Durchmeffer, 3 Mm. Stärke, und der Hälfte einer bron-
zenen verbogenen Armfpange auf der Parcelle 453,
endlich einigen thönernen, meift ftärkeren, jedoch nicht
ornamentirten Scherben auf der füdlichen Seite der
Wallburg, fand fich fonft gar nichts Bemerkens-
wertheres vor; dafür erhielt ich von einigen Inwohnern,
von Fördern der Umgegend und von dem Schul-
dirc6tor in Svidnic diverfe Eifen- und Bronzefachen,
die insgefammt am Pracov, und zwar erftere in der
Nähe des inneren, diefe des äußeren Walles vorge-
funden wurden und gegenwärtig in den Sammlungen
des Pardubicer Stadt-Mufeums eingereiht find. Viele
Bronzen derfelben Provenienz fand ich noch bei ande-
ren Befitzern vor. Die fämmtlichen Gegenftände aus
Eifen, fowie einige Bronzen ftammen wohl aus dem
Mittelalter, wogegen die übrigen und meiften Bronze-
fachen prähiftorifchen Urfprunges find. Nach allem zu
fchließen diente die bereits beftandene ovale Wall-
burg auch den Klofterbewohnern im Jahre 1421 zum
Schutz und zur Gegenwehr.
Unterden vorhandenen Praeover Bronzen kommen
folgende Gattungen vor:
Schildbruftfpahge mit zwei 12 fpiraligen Rofctten
von 8'/2 Cm. Durchmeffer und abgebrochener Nadel.
Der wie Blech dünne Schild von 10 Cm. Durchmeffer ift
mit vier dreifachen engpunktirten Halbkreilen verziert.
Gewicht der ganzen Spange 280 Grm. ; ein 370 Grm.
fchwerer Palftab, zwei Sicheln, ein glatter Fußring von
9 Cm. Durchmeffer im Lichten, 8 Mm. ftark, 9 Mm.
breit, 190 Grm. fchwer, ein 145 Grm. fchwerer Kelt von
8 Cm. Länge, 12 Stück theils offene, thcils mit Enden
über einander reichende Armfpangen nebft vielen
Theilen derfelben, glatt oder nur maßig ornamentirt,
ein Pfeil, zwei Ringe von 9 und 15 Mm. Durchmeffer,
ein Stück 3 Mm. ftarker, 8 Cm. langer, fchraubenartig
gedrehter Draht und der untere Theil eines Meffers.
Diefe Bronzen w'eifen viele poröfe Stellen auf und find
mit glänzendem, dunkelgrünem Patina überzogen.
Aus Eifen:
Der untere Theil eines einfehneidigen Schwertes,
ein Brandfpeil und eine Lanzenfpitze; einige bron-
zene diverfe Schnallen und Ringe, rundes Blechftück
mit Oeffnung, kleines Crucifix und Medaillon ftammen
aus dem Mittelalter.
Außer diefen noch vorhandenen Alterthümern
wurden am Pracov noch ferner gefunden: 20 andere
bronzene .Armfpangen, eine mittelgroße bronzene
Bruftfpange ohne Nadel, viele bronzene und eiferne
Pfeilfpitzen, eine über 1 Kg. fchwere Bronzemaffe etc.
Divis- Cißecky.
7. (Ucbcr einige Ausgrabungen in Prag im Jahre
1886.)
Im Frühlinge d. J. 18S6 wurde das am weltlichen
Ende der Karpfengaffe auf der Altftadt Prag gelegene
Haus Nr. 71 des Herrn Baumeifters Sigmund abge-
tragen, um einem neuen Zinshaufe Platz zu machen.
Bei den Grundgrabungen zu dem letztern wurden
mehrere intereffante archäoloinfehe Funde gemacht,
zu deren Würdigung jedoch einige Andeutungen über
die Lage des PTmdortes erwünfeht erfcheinen dürften.
Das Haus Nr. 71 (neu 2) unter dem Namen
,,Kocandau bekannt, lag in der Nähe des längft ver-
fchwundenen St. Valentins-Thores, an welches fich in
nördlicher und füdlicher Richtung die einftige Stadt-
mauer anfehloß. Neben diefem Haufe, und zwar an der
Stelle des Haufes Nr. 56, befand fich die Pfarrkirche
St. Valentin. Sie war im gothifchen Style gebaut,
hatte einen Thurm aus Quadern und eine fteinerne
Kanzel, wurde aber im Jahre 17S4 aufgehoben und ift
feitdem fpurlos verfchwunden. Diefe Kirche war von
einem Friedhofe umgeben, an welchem fich der Pfarr-
hof, jetzt Nr. 63, anfehloß und es erinnern die alter-
thümlichen Giebel diefes noch beftehenden Gebäudes
allein an die Vergangenheit. Zwifchen diefem Gebä
und dem Haufe Nr. 56 fteht das Haus Nr. 57, ebenfalls
dem Baumeifter H. Sigmund gehörig, auf einem
Theile des alten Friedhofes.
Bei den erwähnten Grundgrabungen kam man in
der Mitte des Hofes noch auf die 4 M. Märken Gründe
XX XVII I
der alten Stadtmauer und nicht weit davon auf die
Gründe der Friedhofsmauer. Schon im Jahre 1875
wurde bei Bauten in dem nachbarlichen Hofe des
Haufes Nr. 57 eine Maffe menfchlicher Knochen aus
graben, welche auf vier Fuhren auf den .VoUaner
Friedhof geführt wurden. Bei diefem Anlaffe wurde
auch ein Skelett gefunden, deffen Schädel von einem
langen Nagel durchbohrt war, wahrend zu deffen
Seite ein kurzes verrofletes eifernes Schwert lag. Im
heurigen Jahre fand man auf diefem alten Friedhofe
im Hofraume von Nr. 71 abermals viele menfchliche
Gebeine und es verdient bemerkt zu werden, dafs bei
einem der ausgegrabenen Skelette in vier zufammen-
gebackenen Häufchen $j Stück filberner Bracleate
lagen. Diefelben hatten durch Einwirkung der umge-
benden Feuchtigkeit eine faft fchwarze Färbung
angenommen und konnten nicht mehr von einander
getrennt werden. Doch war fo viel erkennbar, dafs
diefelben von zweierlei Prägung waren, deren eine das
Bruftbild eines Königs mit Krone, Scepter und
Reichsapfel, die andre einen Löwen darfteilt. Um-
fchriften waren, wie bei der Mehrzahl der Bracteaten,
nicht vorhanden. Es möge hier nur bemerkt werden,
dafs diefe beiden Typen in Böhmen nicht neu find und
dafs hier für die Dauer der Bracteaten-Periode das
13. Jahrhundert angenommen wird.
Eine befondere Aufmerkfamkeit verdient jedoch
die Auffindung von unglafirten Thongefäßen. Man
fand nämlich zuerft außerhalb der Gründe der alten
Stadtmauer in einer Tiefe von 4 M. beifammen drei
derlei Gefäße, nämlich zwei topfförmige, 15 und 17 Cm.
hohe, ohne Henkel, und einen Krug mit Henkel und
Schnäutzchen, 18 Cm. hoch, alle mitParallel-Linien ver-
ziert, dann einen Gefäßdeckel, alles von fchwärzlichem
Thonund dem fogenannten Burgwall-Typus angehörig.
Später machte man einen ähnlichen Fund, und zwar
diesmal innerhalb der alten Stadtmauer und unterhalb
der Gräber des ehemaligen Friedhofes bei der St.
ValentinsKirche. Hier (ließ man zunächft in einer
Tiefe von 21 2 M. auf eine ummauerte Stelle, welche
man ihrer Form nach für einen Brunnen hielt. Die
Ummauerung war mehr oval als rund und nicht mit
Kalk gebunden. Innerhalb diefes „Brunnens- kam
man in einer weiteren Tiefe von 4 M. auf Thonfcherben
und auf vier mehr oder weniger erhaltene Gefäße.
Alle diefe Gefäße waren henkellos, eines hatte die
Form eines ftark ausgebauchten Topfes, 10 Cm. hoch;
ein zweites ähnliches, iö1/, Cm. hoch, hatte eine
zierliche fich gegen unten zu verjüngende Geftalt und
ein drittes, 16 Cm. hohes, machte fich durch feine
der Kugelgeftalt nahe Form bemerkbar. Diefe drei
Gefäße waren von fchwärzlicher Farbe, während ein
viertes, mehr fragmentarifches von gelblicher Farbe
war und fich mehr der Geftalt einer Schüffei näherte;
Hohe 8' 8 Cm. Diefe Gefäße waren ohne alle Verzie-
rungen, gehörten aber fonft nach der Form und der
Thonmaffe dem Burgwall-Typus an. Hiemit, nämlich
mit dem Funde diefer Gefäße war aber der Grund
diefes „Brunnens" noch nicht erfchöpft, es konnte
jedoch leider aus baulichen Rückfichten nicht weiter
gegraben werden. Außer den befchriebenen, an zwei
verfchiedenen Stellen beifammen gefundenen Thon-
gefäßen fand man aber auch fonft auf dem Bauplatze
vereinzelt größere Theile und Scherben von Thon-
gefäßen, unter welchen befonders das Randftück eines
fehr großen Gefäßes, aus mit Graphit gemifchtem Thon,
Erwähnung verdient. Es hatte nämlich oben eine
Dicke von 5 Cm., welche fich gegen unten auf i1/, Cm.
verminderte; außen war dasfelbe mit länglichen und
runden Eindrücken verziert. Schon aus dem Gefagten
dürfte fich ergeben, dafs fich an der Stelle diefes Bau-
platzes eine alte heidnifche Begräbnisftätte befand,
an welcher bei dem Baue der alten Stadtmauer, der
St. Valentins-Kirche und verfchiedener Privatgebäude
die alten Gräber zerftört, die Grabgefaße gebrochen
und ihr Inhalt verftreut worden ift. Es hängt mit
diefem alten Begräbnisplatze wohl die Gründung der
St. Valentins-Kirche zufammen, indem Kirchen be-
kanntlich häufig an folchen Orten errichtet wurden,
welche fchon den Heiden als Opfer- oder Begräbnis-
plätze heilig erfchienen.
Diefe Anficht, dafs nämlich hier ein heidnifcher
Begräbnisplatz beftand, findet wohl auch durch die
Auffindung anderweitiger intereflänter Obje<5le an
diefer Stelle ihre Unterftützung, während auch letztere
wieder hiedurch ihre Erklärung erhalten. Es ift hier
zunächft die Auffindung einer großen Menge von
bearbeiteten Stücken von Geweihen und Knochen zu
erwähnen, unter welchen befonders bemerkt zu werden
verdienen: ein vollkommen glatter, wie polirt aus-
feilender ftarker cylindrifcher Ring von Bein, 38 Mm.
im Durchmeffer und von brauner Farbe; die Hälfte
eines größeren, 42 Mm. im Durchmeffer haltenden
Ringes aus Hirfchgeweih; eine runde Scheibe von
36 Mm. Durchmeffer und einer runden Oeffnung in
der Mitte, fowie ein niedriger durchbohrter Cylinder
von 10 Mm. Höhe und 20 Mm. Durchmeffer von dem-
felben Materiale; ein 16 Cm. langes und 16 Mm. breites
Werkzeug von Bein mit dumpfer Spitze, ausgezeichnet
durch feine aus fieben kleinen concentrifchen Kreifen
beftehende Ornamentirung am Griffe, vielleicht ein
Inftrument (Fig. 3) zum Glätten beftimmt; weiters
ein 6'/8 Cm. langes Objefl aus Hirfchgeweih mit einer
Oeffnung wie zur Anbringung eines Stieles in der
Mitte; eine vierfeitige (Fig. 4^ 21 Mm. meffende
Zierplatte mit einem Kreuze und vier kleinen concen-
trifchen Kreifen in der Mitte. In einer auffallenden
Menge wurden abgefägte, theilweife auch bearbeitete
Zinken und Spitzen von Hirfch- und Rehgeweihen,
über 30 Stück, ausgegraben. Von Metall-Objecl:en
muß vor allem ein offenes Armband aus Kupferdraht
erwähnt werden. Es ift aus zwei Drahten gewunden,
von welchen der eine wieder aus zwei ganz dünnen
zufammengedrähten Faden befteht, was dem Ganzen
ein ungewöhnliches und zierliches Anfehen verleiht.
An dem einen Ende fchließt das Gewinde mit einer
Schlinge, während an dem andern Ende der be-
kannte S-furmige Schluß das Armband charak-
terilirt. Von den bisher in Böhmen gefundenen ähnlich
abgefchloffenen Reifen und Ringen ift der vorliegende
wohl der fchönfte und in feiner Art ein Unicum. Er
wurde in einer Tiefe von 6 M. gefunden und hat einen
Durchmeffer von 8 Cm. bei einer Dicke von 4 Mm.
(Fig. 5). Von Bronze kamen ein gefchloffener, etwas
flacher Ring von 35 Mm. Durchmeffer, dann eine in
der Mitte durchbohrte Blechfcheibe von 27 Mm.
Durchmeffer und zwei fchwere und ftarke Köpfe von
ein vor.
XXXIX
Von den vorgefundenen verfchiedenen eifernen
Gegenftänden können wohl nur einige Meffcrklingen
Anfpruch auf ein holies Alter machen.
Fig 3- (Prag.)
Häufig kamen vor durchbohrte, verfchieden ge-
formte Kugeln und Wirtel aus Thon im Durchmeffer
von 15 — 25 Mm., von denen einer ausnahmsweife mit
einer röthlichgelben Glafur verfehen war. Auch dürfte
die Auffindung eines Stückes Graphit in der Größe
eines kleinen Apfels nicht unerwähnt bleiben, und
endlich das Vorkommen eines ganz eigenthümlichen
Objectes von Glas, welches die Form einer kleinen
Schlange oder eines S hat, von durchfeheinender
blauer Farbe ift und befonders dadurch auffallt, dafs
es auf der einen flachen Seite mit zarten weißen
Streifchen geziert erfcheint, wodurch es an die in
prähiftorifchen Gräbern öfters vorgefundenen email-
lirten Glasperlen erinnert. Auch ein kreisförmiger,
15 Cm. im Durchmeffer haltender Unterfatz oder Fuß
eines abgebrochenen gläfernen Gefäßes dürfte deßhalb
Aufmerkfamkeit verdienen, weil, wie noch zu erwähnen,
ganz ähnliche gläferne Unterfatze an heidnifchen
Begräbnisplätzen auch anderwärts gefunden wurden.
Dafs an diefem im Laufe der Jahrhunderte fo oft
durchwühlten Bauplatze auch viele mittelalterliche
Gegenftände gefunden wurden, ift wohl felbftverftänd-
lieh. Unter diefen verdienen mehrere mit Thierköpfen
und Pflanzen-Ornamenten gezierte Eifen-Objecte,
wahrfcheinlich Beftandtheilc eines Pferdegefchirres,
dann Sculpturen in Bein, Schlüffel in verfchiedenen
alterthürnlichen Formen u. f. w. einige Beachtung.
Fig. 4. (Prag.)
Alle die hier erwähnten Fundftücke gelangten in
den Befitz des Prager ftädtifchen Mufeums, wo fie ihre
entfprechende Aufteilung finden werden. Zum Schluffe
dürfte noch hervorzuheben fein, dafs das oben be-
fchriebene Vorkommen eines brunnenförmigen Grabes
mit Thongefäßen ein befonderes Intereffe zu wecken
geeignet ift. Derlei Urnenbrunnen find nämlich in
Böhmen wiederholt beobachtet worden, und zwar
thcils von runder Form, mit durch Lehm gebundenen
Steinen ausgemauert, theils vierfeitig, mit Balken aus-
gezimmert und es fanden fich in denfelben Gruppen
von Thongefäßen fchichtenweife über einander ge-
ordnet in ziemlicher Menge vor. So wurden in Chrudim
im Jahre 1858 nur beim Baue des Kreisgericht-
Gebäudes acht derlei Brunnen, darunter fieben in
Stein und einer mit Balken gefaßt, mit einer großen
Menge von Gefäßen ausgegraben. Ebenfalls im Jahre
1858 fand man in Königgrätz drei folche mit Balken
ausgezimmerte Urnen-Brunnen und erfl wieder im Jahre
1885 einen in Nimburg. Die eingehende Befchreibung
diefer Funde befindet fich in der archäologifchen
Zeitfchrift Pamatky Bd. III, 233. IV. II. 4 1, und XIII. 140.
Die irgendwo aufgehellte Behauptung, dafs diefe
Urnen-Brunnen als angelegte Abfallsgruben
anzufeilen feien, entfpricht den thatfächlichen Um-
lt. mden durchaus nicht; die mühfame Herrichtung, die
große Tiefe (6 — 15 M.), das öftere Beifammenftehen
einer größeren Anzahl dieferBrunnen und die fchichten-
weife Anordnung zumeifl erhaltener und zugedeckter,
mit Afche und Kohle gefüllter Gefäße fprechen allzu
deutlich für einen wichtigeren Zweck diefer Anlagen
und laffen fie als mit den heidnifchen Gebräuchen auf
das engfle zufammenhängend erfcheinen, wenn auch
ihre Entftehung in einer in das Mittelalter herüber-
reichenden Zeit nicht zu verkennen ift. Sonderbar
erfcheint die Verwendung von Unterfatzen enger
Fig. 5. (Prag.)
abgebrochener Glasgefäße als Deckel der in diefen
Brunnen vorgefundenen Thongefäße und es ift ihr
Vorkommen um fo auffallender, als man felbe fowohl
in Chrudim als in Königgrätz beobachtete und als
man ähnliche nun auch in Prag, und zwar an dem
befchriebenen Bauplatze und früher bei Grabungen in
dem Haufe „U Lemonir' in der Ferdinand-Straße
gefunden hat. Eine befriedigende Erklärung diefer
Brunnen wird wohl erft nach wiederholten Beob-
achtungen möglich fein ; doch dürfte fich die Anficht,
dafs man es hier mit Brandgräbern zu thun habe, im
Ganzen beftätigen.'
Moriz Lü/sner.
8. (Ein Fund aus dem neolitifclien Zeitalter bei
Koudelov näcliß Caslau.)
Im Herbfte des Jahres 1885 ließ die Verwaltung
des Großgrundbefitzes Filipshof ihr ausgedehntes
Grundftück, welches „fto zähonu'' (Hundert Beete) ge-
nannt wird, unweit von Koudelov liegt und mit der
nördlichen Gränze den Feldweg, welcher von Caslau
nach Koudelov und Skovic führt, berührt, mit einem
Dampfpfluge ackern. Die dunkelfchwarze tiefe Acker-
erde wurde feit undenklichen Zeiten zum Ackerbaue
benützt und in der örtlichen Nachbarschaft breiteten
1 Bei der aufgedeckten Fundftclle diiifte es fich nicht um eine Grabflallc,
fondern um eine Wohnftattc handeln, wofür die zahlreichen Bruchftückc,
namentlich die deutlichen Abfalle menfehlicher Bctriebfamkeit, wie z.B. die
bearbeiteten Hörn- und Knochenftücke fprechen. Unerklärt fcheinen die
feltfamen Brunnen, die. wie Confervator l.ii/sner mit Recht behauptet, ficherlich
keine Abfallgrubcn find. Von befonderem Intereffe ift noch das der chriftlichen
Zeit angehorige Grab, in welchem fich ein Skelett befand, welches ein eifernes
Schwert an der Seite hatte und durch deflen Schädel ein langer Nagel getrie-
ben war, ein nun fchon öfter beobachtetes Vorkommnis, welches mit dem
Vampyr- Aberglauben in Verbindung lieht.
Die Redaction.
X'
fich früher feit Urzeiten mehrere Teiche aus, welche
aber jetzt ausgetrocknet find.
Wir haben Nachrichten, dafs in der Ziegelhütte
bei Koudelov fteinerne Hammer und Keile, auch
bronzene Werkzeuge gefunden worden find, und in
den Sammlungen der „Vcela Caslavska- wird ein
ner Beilhammer aus Serpentin aufbewahrt, welcher
bei dem Baue der Localbahn an einer Stelle zum
Yorfchein kam, wo die Arbeiter alltaglich fchwarzliche
Töpfchen bei dem Abgraben der Ackererde fanden,
wovon aber gar nichts erhalten worden ilt.
Bei dem oberw ahnten Ackern brachte der Dampf-
pflug die Ackererde bis aus der Tiefe von 35 Cm. auf
die Oberfläche. Ungefähr in der Mitte des Ackers
tand man ein 21 Cm. langes zugefchliffenes Meffer,
welches aus Amfibol-Schiefer verfertigt war, einen
hübfch zugefchliffenen Keil aus einer grünlichen Stein-
i Cm. lang, 6 Cm. breit) und drei kleinere Keile
m. lang und 3-5 — 4 Cm. breit', aus Thon-
fchiefer, welche an den Seiten beträchtlich verletzt und
abgefchlagen waren, wie auch eine größere Anzahl
Feuerfteine. Homfteine und Bergkryftalle, die hin und
her zerftreut lagen und dem Anfcheine nach abfichtlich
abgefpalten waren, endlich noch zwei grobe Korn-
quetfcher aus Quarz, oder wahrfcheinlicher Glättlteine,
da deren eine Seite zugefchlirTen war.
In der Folge wurden auf diefem Acker fyftema-
tilche Grabungen geführt, wobei man ungefähr in der
Mitte des Ackers eine Grube im Ausmaße von etwa
4M. aushob, in der Ackererde fanden fich hie und
da Scherben zerftreut. In der Tiefe von 40—50 Cm.
war die Erde ftark gefetzt und die Arbeit ging lehr
fchwer von ftatten. In diefer Schichte entdeckte man
große und grobe Bruchftücke von gut gebrannten
Gefäßen, die aber durch den beträchtlichen Druck der
Erde zertrümmert waren. Manche waren mit Nagel-
abdrücken, die dicht neben einander fich befanden,
verziert. Diefe Gefäße hatten eine bauchige Form,
waren oben zugeengt und in der braunen Maue. aus
welcher fie verfertigt waren , konnte man Spuren
von Glimmer wahrnehmen. Weiterhin folgten wieder
Scherben von großen aber nicht verzierten Gefäßen;
nur einer diefer Scherben, aus der größten Wölbung
des Gefäßes, hatte einen angeklebten Wulft mit gro-
ben fenkrechten Einfchnitten. Von einem kleineren
bauchigen Gefäße fand man einen ziemlich erhalte-
nen Theil, welcher am Umfange einen Xabel anftatt
des Henkels hatte, obwohl beinahe alle hier gefunde-
nen Gefäße mit Henkeln verfehen find. Einer diefer
Henkel, grob aus einem Stück Thonerde gebildet, ift
11 Cm. lang, hat aber nur eine enge Oeffnung, dafs
man kaum einen Finger durchftecken kann. In der
Tiefe von 60 Cm. fand man eine gelbe Ziegelerde und
in diefer lagen zerfprungene Gefäße. Unter groben
Scherben wurde ein fchön gebildetes bauchiges Gefäß
gefunden, deflen Oberfläche glatt war. Vom Boden
lauft es breit aus bis zum Durchmefier von 14 Cm.,
wogegen die Breite am Hälfe blos 10 Cm. beträgt.
Der Rand ift zwar abgefchlagen, dennoch kann man
aber die Höhe beiläufig auf 11 Cm. beftimmen. Diefes
Gefäß ilt, wie man aus den Bruchftücken erfehen kann,
aus Scherben, in welche es vor Zeiten zerfallen ilt,
zufammengeklebt. Früher mußte es zwei kleine Hen-
kelchen gehabt haben und beim Hälfe war es mit
dreieckigen Linien - Zeichnungen verziert. Ebenfo
laufen auch drei Linien fünfmal am Umfange vom
Halle bis zum Boden. Die Scherben find dünn und
h ftark. Gleich daneben in weicher Thonerde
fteckte ein Gefäß, deflen Form und einigermaßen
einem abgeltumpften etwas gebogenem Kegel ähnlich
ilt. Der Boden des Gefäßes ilt ein wenig gewölbt und
mifst im Durchmefier 12 S Cm., in der Mitte des
Bodens ilt eine gewölbte Vertiefung, welche 3 Cm. im
Durchmefier hat. Diefer hübfch verzierte Becher mußte
früher etwa 9 Cm. hoch fein, jetzt ift aber der Rand
überall bis zur Hohe von 7 Cm. abgefchlagen. In diefer
Höhe mifst der Durchmefier S Cm. Gleich beim Boden
war früher ein einziges 3 Cm. hohes Henkelchen an-
gemacht, welches aber jetzt abgefchlagen ift. Verzie-
rungen find an der Oberflache, welche braun gefärbt
ilt, keine zu fehen. Der Untertheil ilt dunkler gefärbt,
als ob er im Feuer geftanden wäre. Der obere Theil
ift auf den Boden aufgefetzt: das Gefäß mußte aus
freier Hand geknetet worden fein, gleichwie alle hier
gefundenen Gefäße. Die Wände desfelben find fehr
dünn 2 Mm. und zeichnen fich durch einen hübfehen
Glanz aus.
Gleich daneben fand ich in der Thonerde eine
kleine, aus einem röthlichen Achat verfertigte 5 Cm.
lang und 2-5 Cm. breit) Säge, deren Zähne fehr regel-
mäßig find. Wozu ein folches Säglein benutzt wurde,
ift an den Geweihfproflen zu erfehen. Man hatte mit
ihm nämlich das Geweih fo lang gefägt, bis fich die
Sproffen abbrechen ließen. Die fämmtliche Thonerde
bei dem kefielartigen Fundorte war fchwärzlich und
in den Gefäßen waren Spuren von weißlicher Afche.
An einem Scherben war auch eine grobe Wellenlinie
gezeichnet.
Etwa hundert Schritte von diefem Orte wurde
eine neue umfangreiche Grube gegraben. Reichliche
Rinds-, Hirfch- und Eber-Knochen, die aus der oberften
Schichte ausgeackert worden find, haben unfere Auf-
merklamkeit zu diefer Stelle gerichtet. Etwas tiefer
lag ein Auerochs-Schädel mit einem 26 Cm. langen
Hornzapfen, dann einige Geweih-Sproffen von ftarken
Hirfchen, welche 16 — 28 Cm. lang und entweder ab-
gebrochen oder auf oben erwähnte Weife abgefagt
waren. Auch einige Stücke zugefchnittener Geweihe
wurden da entdeckt. Hier nahmen grobe abgebrannte
Scherben überhand, unter welchen Knochen zerftreut
lagen, aus denen namentlich der Kinnbacken eines gro-
ßen Schweines unfere Aufmerkfamkeit erregte. In der
lockeren Erde, welche bis zur Tiefe von 80 Cm. ausge-
worfen wurde, entdeckte man eine beinerne Nadel,
welche länglichrund, gleichmäßig geglättet, aber am
unteren Ende abgebrochen war. Diefelbe ift 5'5 Cm.
lang, unten blos 3 Mm. ftark. Es ift intereffant, dafs
gerade in folchen uralten Funden forgfam zuge-
fchliffene Nadeln nicht feiten find, wogegen am Hradek
in Caslau in der oberften Schichte die Ahlen eine viel
gröbere Form haben und aus den Fußgelenkknochen,
die blos am Ende zugefchliffen find, verfertigt waren ;
die oberwähnte Nadel ift aber ganz forgfam abge-
fchliflen.
Andere intereffante Gegenftände aus diefer Grube
find: Stücke eines Siebes mit kleinen Löchern im
Boden und in den Seitenwänden. DiefeLöcher fcheinen
mit einer folchen kleinen Nadel durchbohrt zu fein.
XLI
Der Seiher hatte einen ebenen Boden und breitete
(ich nach oben zu kegelförmig aus. Er ift gut roth-
braun ausgebrannt und die Wände weifen eine Stärke
bis von n Mm. aus. Ob man durch ihn Quark durch-
feihete, oder zu welchem Zwecke er überhaupt diente,
können wir nicht mit Gewifsheit beantworten. Am
Hradiste bei Stradonic und in Vokovic wurden halb-
kugelförmige, mit einem Rande verfehene Siebe, welche
den heutigen blechernen fehr ahnlich find, gefunden.
Am Schlanberge fand man wieder ein kegelförmiges
Sieb, deffen Hoden Halbkugelform hatte. Aehnliche
Siebe, wie die von Koudelov, kennen wir aus der
unterften Schichte am Hrädek und aus der Brandftätte
von Urobovic. In der erften
Schichte am Hrädek in Caslau
benützte man topfartige Siebe
mit einem durchbohrten Boden.
Unter den abgefchnittenen
Geweihfproffen befindet fich
eine, welche am Ende einen
Quereinfchnitthat, deffen Zweck
jedoch unbekannt ift. Unter den
Knochen waren einige Splitter,
von denen manche die Form
einer nicht zugefchliftenen Ahle
hatten und 2 — 3 Cm. unter der
Spitze kann man Kerbe bemer-
ken, die darauf hinweifen, dafs
die Ahlen zu einem Stiele zuge-
bunden werden konnten. Man
ift diefelbe 3 Cm. hoch. Sie
fig- 7- (Deutfchnofen.)
konnte fie als ergiebige Spitzen zu Bogenpfeilen be-
nützen. Sehr gewöhnliche Gefährten folcher Funde
pflegen die Spinnwirtel zu fein. Hier entdeckte man
zwei folche, die beiderfeits der Durchbohrung zu kegel-
förmig fich erheben. Beide haben in der Durchbohrung
eine Höhe von 3 Cm., find aus derfelben glimmer-
reichen Thonerde verfertigt und gut gebrannt. Aehn-
liche kennen wir aus Hradiste bei Stradonic und vom
Hrädek.
Einer befonderen Erwähnung verdient ein Stück
Geweih, welches zu beiden Seiten in der Länge von
7 Cm. glatt zugefchnitten ift. Es wäre nicht leicht, fo
einen geraden und glatten Schnitt mit einer fteinernen
Säge zu machen. Obwohl aber alles aufmerkfam
durchgefucht wurde, von Metall fand man nichts, da-
XIII N. F.
gegen waren Feuerfteinfplitter überall reichlich zu
rinden. Manche Sproffen aus den Geweihäften haben
abgeglättete Spitzen und es feheint, dafs fie durch
Einwirkung des Feuers fchwarz geworden find.
Unter den Scher-
ben find Bruchftücke
von zwei Schalen ge-
funden worden, und
zwar einer fchwarz
angeftrichenen mit
fenkrechten Kerben,
die zweite zeichnet fich
durch ihr fchönes Pro-
fil aus (Fig. 6). In die-
fer Grube ift noch
eine irdene rothgelbe
ausgebrannte Scheibe
gefunden worden, die
im Durchmeffer 19 Cm.
mifst, beim rollenartig
durchgedrückten Umfan^
konnte gut als Unterfatz für die Gefäße am Feuerherde
verwendet werden. Steinerne Scheiben kennen wir
vom Schlanberge und vom Hrädek in Caslau (oberfte
Schichte).
Endlich wurde eineProbenoch
etwa 60 Schritte örtlich von der
elften Grube gemacht. An diefem
Orte brachte der Pflug einen Theil
des Scheitelknochens aus einem
menfehlichen Schädel zum Vor-
fchein. Unter der oberen Acker-
erde wurde eine 4 — 5 Cm. ftarke
Schichte weißlicher Afche entdeckt,
viel Kohle und verfchiedene Rinds-
knochenftücke. Thonfcherben wa-
ren aber nicht da. ,,
Clemens Cermdk.
9. Confervator Deininger hat
über Erfuchen der Central-Com-
miffion die Kirche in Deutfchnofen
befucht, und über diefelbe anher
berichtet. Die Wandmalereien be-
fchränken fich auf die Darftellung
eines St. Chriftoph, deffen Figur
nur mehr in fchwachen Um
erkennbar ift, fich aber über die
ganze Giebelwand der Kirchen-
Facade (Fig. 7) erftreckt. Die Malerei war nach den
wenigen erhaltenen Spuren eine ganz conventionelle
Darftellung des Heiligen. Die Kirche felbft (Fig. 8) ift
aus röthlichem Sandftein in gothifchem Style gebaut
und gut erhalten; fie dürfte um 1477 erbaut worden
fein und wurde 1862 reftaurirt. Dabei wurden die Qua-
dern der Außenwände abgeftockt und es feheint, dafs
damals auch das Chriftoph-Bild fo gelitten hatte. Der
Grundriß zeigt ein Hauptfchiff mit linkem Seitenfchiffe
und den Thurm im Annex: zwifchen diefem und dem
Presbyterium-Ausbau reiches Netzgewölbe. Das Haupt-
Portal an der Fagade mit gedrungenem Spitzbogen,
die Seiten-Portale im Kleeblattbogen. Die Thüren alt,
mit nettem gothifchen Flach-Ornament. Die fchlanken
Fenfter im Schiffe zweitheilig mit Krönungs-Maßwerk,
XL II
im Presbyterium eintheilig und ohne Maßwerk. Im
erften Gewölbejoch der jüngere Orgel-Chor mit fchonem
Renaiffance-Orgelkaften. Der Thurmabfchluß gehört
neuerer Zeit an, ebenfo die Kanzel.
IO. ''Die Rundkirehe St. Georg in Schönna bei
Mer
Neben den alterten kirchlichen Langbauten treten
in Tyrol auch mehrere Centralanlagen auf. Ihre Um-
fangsmauern find regelmäßig u:n einen wenngleich
meift nur gedachten Mittelpunkt gerichtet. Ander-
wärts dienten fie häufig nur zu Nebenzwecken, nämlich
als fogenannte Karner oder Beinhäufer auf den Fried-
höfen. Diefer Beftimmung irt merkwürdigerweife in
Tyrol keine der Rundbauten gewidmet, fondern fie
verfolgen alle ihre eigenen und felbftändigen Zwecke.
Wir bleiben für heute nur bei einer diefer interefianten
Central-Anlagen ftehen, bei St. Georgen in Schönna
und fchauen uns diefe alte Kirche fammt ihren Einzeln-
heiten näher an. Südöftlich vom Dorfe Schönna, das
I Stunde nordörtlich von Meran gelegen irt, ragt in
einer Entfernung von etwa 3 . Stunden ein ziemlich
Fig. 8. (Deutfchnofen.)
treier Hügel empor, von welchem der Blick über fehr
fruchtbare Berggelände hin rdas Land an der Etfch"
weitum beherrfcht. Da bauten fich die Herren von
Schönna ihr Schloß. Das erftand ungefähr um die
Mitte des 12. Jahrhunderts, denn Ende desfelben waren
fie bereits unter die ritterlichen Dienftmannen oder
Minirterialen des Landesherrn gezählt. Zwifchen
Reften alter Mauern erhebt fich noch jetzt auf dem
genannten ausfichtsreichen Hügel ein Theil von der
einftigenBurg derfelben.Es ift ein kleines thurmart:.
feftes Vierecksgebäude mit fchönbehauenenEckfteinen
aus Granit. Spuren des Randbefchlages konnten wir
daran, wie an den meiften alten Burgfrieden, nicht im
minderten entdecken. Jedenfalls hat diefes Gebäude
ein höheres Alter als dieBlüthezeit diefes Gefchlechtes,
welche um 1340 fallt und befonders durch den viel-
genannten Petermann von Schönna, zugleich Burggraf
von Tyrol, vertreten wird. Die Herren von Schönna
bekundeten das Gefühl ihrer Macht und Größe auch
durch den Bau einer weit in der Gegend herum ficht-
baren interefianten Capeüe in ihrer Burg. S^hr wahr-
fcheinlich lag fie innerhalb der Kingmauern, wenigftens
der äußeren, denn auf einer Seite wäre fie dem Feinde
leicht zuganglich gewefen, wie heute das Terrain uns
noch zeigt. Fine folche Bloßftellung des Heiligthums
hatten fich aber diefe edlen Ritter kaum zu Schulden
kommen laflen. Auch ihr Patron, als welcher St. Georg
ählt wurde, der einftige Landespatron und He-
fchützer des Ritterthums überhaupt, weirt nicht un-
wahrfcheinlich auf ihr befondercs ritterliches Bewußt-
fein hin. Selbrt den eigenen Charakter eines „Denkmal-
Baues" wollten fie ihrer Burgcapelle aufdrücken und
wohl deshalb erhielt fie die nur ausnahmsweife
F'g- 9- (Schönna.)
vorkommende Rundform. Man glaubte tang, dafs
diefe Capelle auch zur Begräbnißftätte ihrer Herren
auserkoren war, aber die durch Dr. v. Schönherr vor
einigen Jahren eigens zu diefem Zwecke vorgenom
menen Nachgrabungen haben diefe Meinung nicht
beftätigt.
1 »asAeußere von St. Georg ift fchlicht und einfach;
ohne Sockel fteigt die ringsum verputzte Mauer un-
gefähr 31 -, M. hoch fchmucklos empor und fehl:
mit einem kräftigen, ja fchweren Gefimfe ab, welches
aus einer fchwachen Hohlkehle und einer Platte befteht.
Das Ganze irt mit einem kegelförmigen Bretterdache
XL1II
bedeckt. Treten wir an der Südweftfeitc in das Innere,
fo erfcheint in der Mitte ein kreisrunder, mehr als i M.
dicker machtiger Kundpfeiler, von welchem in
Kreuzesform vier 65 Cm. breite Gurten ausgehen.
Zwifchen ihnen ift ein kuppeiförmiges Gewölbe ein-
gefpannt (vgl. Fig. 9). Kntfprechend den Gurten
erheben fich an den Wanden ebenfo viele Lefenen
von gleicher Breite. Die Vermittlung zwifchen bei-
den bildet ein Gefims, beftehend aus einem halben
Rundftab mit einer ftarken Deckplatte darüber. Die
Gurten haben keine Profilirung und find den Lefe-
nen ganz gleich gehalten; fie find aus Granit wie
der Mittelpfeiler. Diefer hat einen Sockel, durch eine
einfache Fafe abgefchloffen und diefelbe Form ift ihm
als Abfchluß-Gefims oder Capital gegeben. Zwifchen
diefem und den Gurten hat der Baumeifter eine Art
Kämpfer eingefetzt, welcher fich durch einen Rund-
Aclterc urkundliche Nachrichten fehlen über St.
Georgskirchen gänzlich, erft feit dem Jahre 1439 »ß
diefelbe durch eine Meffenftiftung der Bartlma Leher,
refior parochialis in Schena, bekannt.
Den Schrein des Flügel-Altars fchmücken drei
gut gearbeitete flehende Figuren, nämlich Maria mit
dem Kinde, rechts von ihr St. Georg und links St.
Margareth nebft kleinen muficirenden Engeln auf
Säulchen unter Baldachinen und anderen zweien im
Hintergrund, welcher durch ein fchön gravirtes groß-
gehaltenes Granatapfelmufter belebt wird. Die Innen-
feite der Flügelthüren zeigen wie gewohnlich Flachrelief,
hier St. Silvefter und Anton vorteilend Abt. Unter
dem Mantel des letzteren ftreckt nahe an feinen Füßen
ein niedliches Schweinlein mit einer Schelle am Hälfe
den Kopf hervor. Die Verkündigung Mariens außen
an den Flügeln ift fein gemalt und großartig compo-
nirt. An der Predella fieht man Petrus und Paulus,
als Hauptgruppe aber St. Urfula und ihre Gefellfchaft.
Fig. 10. (Prag.)
(lab in Verbindung mit Plattchen nach oben zur be-
deutend vortretenden Deckplatte erweitert. Das ganze
Innere macht bei aller Einfachheit des Baues heute
noch eine gute Wirkung, trotzdem dafs die dazu
paffenden Einzelntheile nicht mehr da find. So hat man
z. B. die charaktcriftifche romanifche Form der Fenfter
zerftört, indem ihnen eine gefchmacklofe Vierecksform
.uifgedrängt wurde. Wer die kräftig gegliederten und
figurenreichen Portale der nahen Zenoburg und des
Schloffes Tyrol aus derfelben Zeit kennt, möchte
zweifeln, ob das urfprüngliche Portal von St. Georgen
nicht etwas reicher behandelt war. Heute finden wir
hier dasfelbe in einem nur durch eine fchwache Fafe
gegliederten Rundbogen abfchließend und als deffen
weiteres Gewände eine einfache Nifche im Stichbogen
darüber gefpannt. In der gothifchen Periode führte
man an der Nordoftfeite einen Glockenthurm mit
Spitzhelm auf, wahrfcheinlich zum Erfatz eines zarten
Dachreiters, welcher irgendwo auf dem kegelförmigen
Abfchluß der Capelle gemüthlich daroben faß.
Fig. II. (Prag.)
Diefer Altar ftammt ohne Zweifel ungefähr aus der
Zeit von 1520, da fich bereits der Einfluß der Renaif-
fance an einzelnen Ornamenten zeigt, welche übrigens
noch fehr fein gefchnitzt find. Der Auffatz in reinen
Renaiffanceformen kam wohl erft fpäter dazu, denn
urfprünglich dürfte er doch noch aus einem gewöhn-
lichen Fialenbau mit Baldachinen beftanden haben.
Ungefähr mit Beginn des 15. Jahrhunderts wurde
das ganze Innere von St. Georg prächtig bemalt, aber
nachträglich find leider alle Bilder übertüncht worden.
An einzelnen Stellen, wo die Tünche fich leicht abfehält,
hat man Verfuche zur Bloßlegung des alten Wand-
fchmuckes gemacht. Infolge deffen läßt fich wahr-
nehmen, dafs die Flächen durch fenkrechte Bander
in kleine rechteckige Felder getheilt find und darin
verfchiedene Heilige ftehen. Zum Abfchluß nach oben
lauft am Beginn der Wölbung ein breiter, ornamental
gehaltener Fries herum, auf welchem in beftimmten
Äbftänden in Vierpaßfeldern Bruflbildcr vonl'ropheten
dargeftellt find. Ganze Reihen von Heiligen verfprechen
die durch die Tünche fichtbaren gravirten Heiligen-
fcheine oben am Gewölbe. Selbft die Gurten fcheinen
mit Medaillons bemalt zu fein. Diefe Gemälde gehören
zu den werthvollften in unferem Lande, obgleich
einiges an den unteren Partien der flehenden Einzeln-
f*
XL IV
ren bereits übermalt fein mag. Ihrem Charakter
und der Ausführung nach gehören diefe Wand-
reien aber nicht mehr dem 14. Jahrhundert an,
man fchon oft behauptet hat. Zu dieferBeftimmung
darf man nur einen Vergleich mit jenen im Chore der
Kirche in Terlan ziehen, ohne an jene der B
Capelle Tyrol, St. Katharina in Kaltem oder
Johannes f auf-Capelle inBrixen im Chore^ zu denken.
Atz.
11. Bei Vornahme von Adaptirungs-Arbeiten im
Haufe N. C. 144 auf dem kleinen Altftätter Ringplatze,
wurde Confervator . auf einen interei'fanten,
ebenerdig gelegenen und gewölbten Raum aufmerkfam
gemacht, welcher gegenwartig von einer Eifenhandlung
gemiethet und als Magazin verwendet wird.
Das Gebäude war im 14. Jahrhunderte ein Eck-
haus und ge -4 Angelus de Florencie, ehemals
decorirt Fig. 15, 14 . Wandfäulen, Rippen und Schluß-
fteine find durchgehends aus bildlamem Planer Kalk-
ftein , _opuka- genannt, hergeftellt.
12. Seit wenigen Tagen zeigt fich uns das große
gothifche Portal an der ehemaligen Minoriten-Kirche
in verjüngter Geftalt. Schon
lang
machten fich
Zeichen argen Verfalles an diefem Portale geltend
und eine eingehende Unterfuchung conftatirte unter
Schmutz- und unter der Anftrichfchichte tief gehende
Schäden, die nicht allein den Beftand des Portales
felbft, fondern auch die Paffanten in höchft drohender
Weife gefährdeten. So blieb nichts anderes übrig, als
diefes fchöne Denkmal einer eingehenden baulichen
Rcflaurirung zu unterziehen. Diefelbe wurde von
der Vorftandfchaft der Kirchenverwaltung durch den
Architekten Heinrich Liffeck eingeleitet und bei diefem
Anlaffe auch auf eine würdige Reftaurirung des
decorativen Elementes ausgedehnt.
Der Portalbau felbft bildet eine im Spitzbogen
abfchließende Vorhalle von geringer Tiefe, mit fich
verengenden Seitenwänden, aber von beträchtlicher
Hohe. Die Portal-Wand ift durch einen Mittelpfeiler
getheilt, wodurch fich zwei Eingänge mit flachem
Sturze bilden. Das fpitzbogige Feld darüber enthält
ein dreitheiliges Tympanon, darin zu oberft der
gekreuzigte Heiland nach dem Mufter des älteften
Siegels diefes Minoriten-Conventes, deffen Kirche dem
Fig. 12. 'Prag.
Apotheker am Hofe Kaifer Karl IV., welchem Befitzer
auch das Wohngebäude N. C. 460 auf dem Altftädter
Ringplatze gehört hatte.
Im Jahre 1427 überging das Gebäude auf den
Erben Angelus Ludvici de Florencie, damals _Loyfa-
oder „Ludwig Apotheker- genannt. Im Jahre 1796
nannte man das Haus zum „Paradies" und waren
Moritz von Maiersbach und Ledvinka von Adlerfels
deffen Befitzer.
Der viereckige Ra im Fig. 10) ift mit einem fchönen
Xetzgewolbe Fig. n , welches auf kurzen Wrandfäulen
12 aufruht, überfpannt, in den Sch'.ußfteinen ift
ausfchließlich nur Weinlaub angebracht. Der mittlere
Schlußftein mit ftark vortretendem Strahlenkränze
heil. Kreuze gewidmet war, und in den beiden fpitz-
bogigen Seitenfeldern je eine Gruppe in Beziehung
auf den Gekreuzigten als Relief angebracht ilt, fo
rechts die heil. Frauen, in der Mitte die zufammen-
brechende Maria, links der romifche Kriegs -Haupt-
mann, dann Johannes, ein Krieger und eine Geftalt,
deren Kleidung und Kopfbedeckung auf eine fürftliche
Perfon, vielleicht den Donator des Portales, gedeutet
werden konnte.
An dem Portal-Theilung.-pfoften ift eine pracht-
volle freiftehende Marien-Gruppe auf Confol und unter
einem Baldachin angebracht.
Die Seitenwände find reich gegliedert und mit je
drei Figuren auf Confolen und unter Flach-Baldachinen
geziert. Wir erkennen rechts die beiden Johannes und
Philippus, links St. Urfula, Margaretha und Helena.
Endlich ift noch zu erwähnen, dafs die äußere Portal-
umrahmung in einen reich profilirten Spitzbogen mit
Krabbenbefatz abfchließt, darauf als oberfter Abfchluß
eine Kreuzblume erfcheint. An beiden Seiten des
l'Mrtalrandes erfcheinen die correfpondirenden Figuren
des englifchen Grußes , ebenfalls unter Flach-Bal-
dachinen. Als Erbauer des Portales wird urkundlich
genannt Bruder Jacob aus Paris. 'Scpulchrvm fratris
jacobi parifienfis confefforis domini ducis Alberti noftri
amatoris, atque patris et matris et fratrum fuorum.
merito debent fuffragia pro ipfo fratre et fuis, qui
XLV
noftram portam pulchram aeciificavit et multa volumnia
pro bibliotheka dedit. Grabesftelle bei litera K.) Die
Ruheftätte diefes Mannes befand fich im großen Kreuz-
gange, und zwar in der zweiten Reihe im Flügel gegen
den inneren Kreuzgang. Es ift anzunehmen, dafs unter
jenem Herzog Albrecht, dem Freunde des Ordens, der
zweite zu verliehen ift. Bruder Jacob dürfte um die
Mitte des 14. Jahrhundert geftorben fein. Desgleichen
ift anzunehmen, dafs derfelbe aus Paris über Berufung
der Prinzeffin Bianca, der Gattin Herzog Rudolph III.,
kam, die eine große Gönnerin des Ordens war. Bruder
Jacob dürfte daher hochbetagt geftorben fein und die
Frbauungszeit des fchönen Portals um die Mitte des
14. Jahrhunderts gefetzt werden.
Mit dem in der Ilauptfache vollkommen gelungen
reftaurirten Portale hat Wien wieder ein mittelalter-
liches Denkmal zurückerhalten, das zu den Sehens-
würdigkeiten der Stadt gezählt werden darf.
Bei der Durchführung der Reftaurirung diefes
Denkmales ilt uns bezüglich des Figur enfehmuckes
aufgefallen, dafs die Gruppe des englifchen Grußes
gewiß nicht für ihren heutigen Standpunkt intendirt
war, da fie in den Dirnen fionen nicht ganz diefer Stelle
entfpricht und namentlich die Fußplatten viel größer
find als die Tragflachen der Confolen. Auch die Figur
der heil. Margaretha paßt nicht ganz in die Gruppe,
fie ill etwas kleiner und die Figur felbft fchmächtiger.
Die bellen Sculpturen find unzweifelhaft, von den
Reliefs abgefehen, die drei männlichen Heiligen (die
beiden Johannes und Philippus) die aus Einer Künftler-
hand hervorgegangen fein dürften. Die Fialen- Abfchlüffe
über den Baldachinen mit dem englifchen Gruße
gehören gewiß nicht der urfprünglichen Geftaltung
des Portals an, fie dürften vielmehr bei einer Reftau-
rirung, vielleicht unter Hohenberg, entftanden fein.
Möchte man doch mit diefer Reftauration nicht
abfchließen, die fchöne Kirche ift auch noch ander-
weitig fehr fchadhaft und der Reftaurirung eben fo
würdig als bedürftig. Eine Freilegung des ganzen Baues
dürfte dabei nicht überfehen bleiben.
13. Kaifer Ferdinand III hatte dto. Regensburg
2. Juli 1691 bei dem Umftande, als das Bcneficium s.
Pancratii in der Veflen Lichtenftein und Mödlinger
Burg gelegen fammt allen zugehörigen Gülten, Dienft,
Einkommen, Rechten, Renten und Gerechtigkeiten
durch Ableben des Beneficiaten Peter Laufcha frei
geworden war, als Landesfürft, oberfter Vogt und
Lehensherr alleinig zu verleihen berechtigt, zur Ehre
Gottes und zur Inltituirung der lieben Jugend dem
Collegium Soc. Jefu in Wien, und zwar dem Seminar
S. Pankraz auf ewig einverleibt zur befferen Erhaltung
der dort ftudirenden Jugend mit der Bedingung, dafs
felbige den Gottesdiciifl im Profefshaus mit Mufik
zieren helfen.
14. Der tyrolifchc Landes-Ausfchuß hatte die
Gefälligkeit, der Central-Commiffion mitzutheilen, dafs
von drei in der aufgelaufenen Kirche zu „alle laste-' bei
Trient befindlichen und des Erhaltens werthen Altaren
zwei, und zwar die fteinernen Seiten- Altare an die
Kirche zu Lafitio bei Vezsano abgegeben wurden. Ueber
den Hoch-Altar wurde noch nicht verfügt.
15. Laut Mittheilung des hohen Minifteriums für
Cultus- und Unterricht wurde auf Grund des Ergeb-
nifles der commiffionellen Erhebungen über den be-
denklichen Bauzuftand des füdlichen Thurmes an der
Bafilica zu Seikau deflen theilweife eventuell ganze
Abtragung angeordnet.
16. Confervator Großer hat an die Central-Com-
miffion berichtet, dafs Profeffor Winder während diefes
Herbftes an der Kirche Marin Saal zwei weitere werth-
volle Wandgemälde reftaurirt hat.
Das eine ift neben dem Sud Portale in der Vor-
halle und zeigt St. Modeftus mit vier Begleitern vor
dem Throne der heil. Maria.
Das andere Bild befindet fich in der Kirche und
zwar neben jenem die Anbetung der drei Konige vor-
stellenden. Es ftellt Salomo's Urtheil vor. Die Reftau-
rirung beider Bilder wird als gelungen bezeichnet. Wenn
aber diefe wiederhergeftellten Bildwerke etwas zu
modern erscheinen, fo ift dies bei der Unvollftändierkeit
Fig. 14. (Prag.)
der Kelle kaum zu verdenken und die Nothwendigkeit
in Rücklicht zu nehmen, in einer flark befuchten Marien-
Kirche nicht nur hiftorifche Objcclc. fondern zur
Andacht ftimmende Pikier zu befitzen.
17. Laut Mittheilung des Minifteriums für Cultus
und Unterricht ift die Reparatur an der Burg Ha/egg
bei Hall mit möglichfter Berücksichtigung des Projo'
des Confervators Direflor Deininger durchgeführt
worden und wurde insbefondere die von demfelben
angeregte Zinnenaufmauerung ausgeführt.
iS. Das Wiener Dom- Vereinsblatt Nr. 44 bringt
aus der Feder des Ober-Baurathes Freih. v. Schmidt
Nachrichten über die Reftaurations-Bauten im Dome
wahrend des Jahres 1886. Diefe find nunmehr bis
zum vierten Joche im Mittel- und füdlichen Seiten-
XLVI
fchiffe vorgedrungen. Haupfachlich befchäftigte man
fich während diefer Zeit mit den Gewölbe im dritten
Joche in diefen beiden Schiffen und auch noch mit den
-.ehenden und Wandpfeilern des i. und 2. Joches.
Der Bauzuftand der Pfeiler und Gewölbe an der
eite des Langhaufes ergab (ich überhaupt weit-
aus ungünftiger als jener der Xordfeite. Acht große
Capitäle und drei Baldachine mußten eingreifenden
Ausbefferungen unterzogen werden, um ihren Beftand
zu fichern. Eine hochwichtige und fchwierige Arbeit
mußte mit dem von der Hauptmauer vollkommen los-
ften Gewölbewiderlager an der Fenfterfeite des
dritten Joches im füdlichen Seitenfchiffe durchgeführt
werden. Die Statuen des Mofes. Erzengel Raphael,
des Heiligen Thomas von Aquino, Kilian, Severin,
Stephan und einer heil. Maria mit dem Gnadenmantel
wurden gereinigt und ausgebeffert. Auf dem Pfeiler
beim Mariahilf- Altare fanden fich Refte alter Bemalung,
Fig. 14. (Sebenftein.)
dabei die Jahreszahl 1598. Die Epitaphien des Paul
Empfinger f 1566, des Ulrich Pendtner f 1646 und
Joh. Keckmann f 1512. wurden gründlich gereinigt. Im
füdlichen und nordlichen Seitenfchiffe wurde in je
einem Fenfter ein großes Glasgemälde eingefetzt.
Die alte große Domorgel wurde durch eine ganz
neue erfetzt, doch der Karten der erfteren wieder ver-
wendet. Die kleine Domorgel, erbaut 1702, wurde nach
dem Projecle des Dombaumeifters unter Beibehaltung
der architektonifchen Elemente des alten Gehäufes
erweitert, umgebaut und in anderer Stellung wieder
neu aufgeftellt. Letzteres ift geradezu eine meifter-
hafte Reftaurirung.
19. Wir wenden juris mit nachflehenden Zeilen
neuerlich den Grabmalen in der Pfarrkirche zu Sebcn-
ßcin zu, davon bereits einige in den Mittheilungen
naher gewürdigt wurden.
I. In der Eingangshalle der Kirche finden wir das
in Fig. 14 abgebildete Monument, eine rothmarmorne
aufrecht geftellte Platte, darauf die lebensgroße Geftalt
einer Frau nach vorn gewendet, die Hände gefaltet;
fie ift mit einem weiten geblümten Kleide angethan,
das mit langen herabfallenden Aermeln verfehen ift.
Aermel und Kleid find mit Spangen gefchloffen. Um
den Hals eine breite Kraufe, auf dem Kopfe über den
gefcheitelten Haaren eine Stuarthaube, unterm Kopfe
als Unterlage ein Polfter. Zu deflen beiden Seiten je
ein Wappen, rechts das der Familie Kunig.-berg. links
der Wag von Wagensperg. Die L'mfchrift lautet:
den 9. Dag. Marti. A .1594. ift. in. Gott .Selig . verfchi-
den.die.wolgeborne . rrav.frav . magdalena . von . Kü-
nigsperg .Freiin . geborne . wagin . welcher, leib. alda.
begraben . ligt . vnd . wartet . fampt . allen . auferwelten .
der.frölichen . Zukunft . vnferes . erlöfers . iesv . chrifti.
die . vns . vnd . allen . der . barmhertizige . got . mit . gna-
den . verleihen . wolle . amen.
Fig. 15. (Sebenftein.)
Frau Magdalena von Kunigsberg, t 1594. war die
erfte Gattin des Chriftoph von Kunigsberg, der 1602
ftarb. Ihr Vater war Joh. Wag von Wagensperg, ihre
Mutter Helene von Pottfchach. Bei der im Jahre 1733
erfolgten Eröffnung ihres Grabes fand man wohl Reite
des braunfeidenen geblümten Kleides, doch nichts von
Gebeinen.
II. Diefem Steine gegenüber eine rothmarmorne
Platte. Im Bildfelde fieht man eine aufrechtftehende
Frauengeftalt in reicher zeitüblicher Kleidung, mit
gefalteten und auf einem auf der Bruft liegenden
Gebetbuche ruhenden Händen. Unter dem Haupte ein
Killen zu Füßen das behelmte Teufenberg-Wappen
(Fig. 15). Die Umfchrift lautet:
Hie ligt begraben die Wolgeborne fr. fraw Hermina von
Neuhaufs ein geborne freyin von und Teuffenbach, die
XLVII
ift in Gott entfchlaffen den letzten Nowembris anno
1615 Gott fey Ihrer Seelen gnedig Amen.
DieNachrichten iiber dicfeDame find fehrfpärlich,
fie war mit dem I laufe Königsberg nur infofern in
verwandtfehaftlicher Beziehung gellanden, als ihre
Schwefter Cordula in dasfelbe geheiratet hatte. Man
nennt als ihren Gatten den Andreas von Neuhaus,
doch ilt derfelbe in genealogifchen Werken nicht zu
finden.
111. In der Kirche lieht an der Wand im linken
Seitenfchiffe eine rothmarmorne Hatte, in deren Bild-
felde die lebensgroße Geftalt einer Frau dargeflellt ill.
Sie ift in ein weites Kleid gehüllt, das vorn nicht ganz
gefchloffen das Unterkleid erkennen läßt, die I lande
find gefaltet und halten einen Rufenkranz. Das Haupt
ruhet auf einem größeren Kiffen, ift jedoch fo weit ver-
tjiriiqtbfcjmbciiötcJWtoWQ
lalOoi(|fntil)trJo^m,öonhmi^rf
ifcux^iÄaqu^uiog
=3
CS
Fig. 16. (Sebenftein.)
hüllt, dafs nur das Geficht unbedeckt blieb, ein faltiges
Kopftuch hängt zu beiden Seiten bis zu den Knieen
herab. Die Legende befindet fich in zwei Zeilen im
oberen Theile der Platte, mit einer Zeile links herab,
eine Zeile fteht unten und fchließt am rechten Rande
in halber Höhe ab. Sie lautet:
Hie ligt begraben die Edl fraw urfvla welczerin her
Jörgen von Kvnigffberg gemahell vnnd yrrer peder
kinnd fiere die geftorben ift anno dorn 15x1 des xxxjtag
may de got genad.
Laut diefer durch die Schreibweife merkwürdigen
Infchrift war Frau Urfula, Tochter des Georg Welzer
von Eberflein, mit Georg von Kunigsberg t I$T4 ver-
malt. Zu Füßen der Figur das behelmte Welzer'fche
Wappi n 1 ig. 16).
IV. Im linken Seitenfchiffe: Line rothmarmorne
Platte, darauf der dii Figur einer fall nonnenartig
gekleideten und verhüllten Frau, die Hände unterhalb
der Brüll nach abwärts gekreuzt, 'inen Rofenkranz
haltend, das 1 [aupt auf einem Polder. Das Kopftuch ill
fo gelegt, dafs nur das Antlitz frei bleibt. Das Bildfeld ift
am oberen Abfchluße mit Rankenwerk, das eine Art
fpitzbogenen Baldachin bildet, abgefchlofTen. Zu Füßi n
die Figur des unbehelmten Wappens der Kunigsbei
(rechts) und der Pottendorfer (links). Di chrift
lautet:
Anwdm -MCCCC-In dem CXXXV1II1 Jar Am
mantag fand Achaczn*tag ift geftorbe dye wol gepon
fraw Maria von Pottedorf herrn hanfte vo Kunigspg
gcmachel der gott genad an ■
^tflW'&m^Ä-to^
^ttÄtp^arog-Tiotb®
-j=»
Fig. 17. (Sebenftein.)
Frau Maria war die erfte Gattin Johannes von
Kunigsberg, der 1505 ftarb. Für Trachtenftudien find
die vier eben befchriebenen Monumente von nicht
geringem Intereffe, zwei diefer Frauenbilder zeigen
fich in weltlicher Kleidung, bei den zwei anderen hat
die Tracht fehr vieles von der Kleidung von Nonnen an
fich (Fig. 17).
20. Fig. 18 u. 19 veranfehaulichen die Abbil-
dung zweier alter Siegel der Stadt Sebenico. Beide
Siegel find rund und erreichen einen DurchmelTer von
70 Mm., refpeftive 50 Mm. Das größere fuhrt folgende
Umfchrift: f Sigillvmcomunis- civitatis, fibenici . das
andere: f figillvm-comunis-fibenici- Das erflere zeigt
im Bildfelde eine Burg mit rundbogigem Eingänge,
beiderfeits ein großes folches Fenftcr, darüber eine
Reihe von fünf kleineren Fenftern. Beiderfeits je ein
XLY11I
Quaderthurm. Burg und Thürme find mit einer Thurm-
gallerie verfehen. Hinter dem Gebäude ragt der
Oberkörper eines nimbirten Engels mit großen
ein empor. Derfelbe hält einen langen Scepter in
18. Sebenico.)
der linken und den Reichsapfel in der rechten Hand.
Ueber der Bruft eine gekreuzte Stolla und langes
Gewand. Zu Seiten des Hauptes Stern und Mond. Im
Bildfelde des kleinen Siegels erfcheint blos der nim
birte Engel mit Schwert und Apfel im langen Kleide
ein unten abgerundeter Schild mit dem görzifchen
Wappen, fchräg rechts getheilt mit drei Querbalken
und einen rechtsgewendeten in das Balkenfeld über-
greifenden Löwen, und mit einer Rofe belegt im elften
Felde unten. Hie Legende ift in etwas umgebildeten
Fig. 19. (Sebenico.)
Lapidaren gefchrieben, befindet fich zwifchen Perl-
ftäben, beginnt rechts unten und lautet:
Sigillvm X civitatis X lvenncz.
Fig. 22 bringt die Abbildung des Siegels der Stadt
Falkenau in Böhmen. Dasfelbe ift rund mit 42 Mm. im
Durchmeffer und enthält im Bildfelde innerhalb eines
gefchnörkelten Schildes einen gegen rechts gewende-
ten Falken mit ausgebreiteten Flügeln auf einem
Fig. 20. (Meran.)
Fig. 21. (Lienz
Fig. 22. (Falkenau
aut einem Drachen ftehend. Die beiden Siegel dürften
im 14. Jahrhundert entftanden fein, doch ift das
kleinere etwas jünger.
In Fig. 20 erfcheint ein Siegel der Stadt Meran,
das noch in das 14. Jahrhundert gehören mag. Wir
fehen im Bildfelde auf einer aus Quadern über einem
Strome aufgeführten niedrigen Brücke mit drei rund-
bogigen Durchlaß- Oeffnungen einen gegen rechts
gewendeten einköpfigen Adler mit halb ausgefpannten
Fittichen fitzen. Die Legende diefes in vorzüglicher
Weife ausgeführten Siegels ift in Lapidaren gefchrieben,
befindet fich zwifchen Perllinien und lautet : f Sigel-
lvm X civitatis X merani X Das runde Siegel erreicht
im Durchmeffer 45 Mm.
Fig. 21 veranfehaulicht das fchöne Wappen der
Stadt Lienz in einem in das 16. Jahrhundert gehörigen
runden Siegel von 42 Mm. Durchmeffer. Im mit
Ranken-Ornament ausgefüllten Bildfelde befindet fich
Dreiberge ftehend. Die in Lapidaren gefchriebene
Legende lautet: f. civitatis . falckonaw. enfis. Außen-
rand durch einen Lorbeerkranz gebildet (17. Jahrhun-
dert).
Das letzte, hier unter Fig. 23 abgebildete Siegel
gehört der Stadt Brux in Böhmen. Diefes fehr fchöne
Siegel, rund mit 73 Mm. im Durchmeffer, entftammt
dem 15. Jahrhundert. Es zeigt im Bildfelde eine aus
Quadern aufgeführte, fich ftark erhebende Brücke mit
drei rundbogigen Durchläffen, davon der mittere be-
deutend großer und mit Crenellirungen an beiden
Seiten. Auf der Brücke zwei polygone über Eck ge-
ftellte Quader-Thürme mit offenen Durchlaßthoren. Im
Stockwerke fchmale Fenfter, oben Crenellirungen und
Spitzdächer. Zwifchen den Thürmen der gegen links
gewendete aufzeigende böhmifche Lowe, darüber ein
Mein. Die Legende in Lapidaren zwifchen Perllinien:
f . S . civivm . civitatis . in . ponte.
XLIX
21. (Holzkirchen in Mähren.)
Die llol/.kirche in Seitendorf 'ift in ihrer Bau-Aus-
führung und ihrer Grundrifs-Dispofition mit jener von
I Ii it/.endorf,1 über welcher, nebenbei bemerkt, das
Damoklesfchwert, recle die Holzaxt der Demolirung
fchwebt, fehr nahe verwandt; fie ift ebenfalls in Block-
Fig. 23. (Brüx.)
bau ausgeführt, welcher aber außen nicht mit Brettern,
fondern großen Schindeln verkleidet ift ; auch fie zeigt
eine im Verhältniffe zu dem faft zur Hälfte mit dem
Mufik-Chore überbauten Schiffe große im „Sechsort"
gefchloffene Chor-Anlage, diefelbe Anordnung des
Fig. 24. (Seitendorf.)
Dachftuhles, welcher einen für Chor und Schiff ge-
meinfamen Firft ermöglicht, nur dafs fie in ihren
Dimenfionen etwas größer gehalten ift, und außer der
Sacriftei jedes Ausbaues und der Emporen entbehrt.
Der wefenlichfte Unterfchied diefer beiden, in der
Luftlinie von einander kaum drei Kilometer entfernten
1 Ucber diefc Kirche f. Mitth. X. n. F. CXXXI!
XIII- N. F.
Holzkirchen an ihrer Außenfeite ift aber der, dafs fich
die Ilotzendorfcr ihr altes Gepräge, ihren alten Holz-
Charakter erhalten hat, während der Seitendorfer
Kirche der ihr gewifs einmal eigenthümlich gewefene
..Dachreiter" genommen und dafür ein maffiger Stein-
thurm mit Zwiebelhelm vorgebaut wurde, wodurch
fie fo ganz und gar jedes Reizes ihrer Eigenart ent-
kleidet wurde, dafs fie fich jetzt nur wie ein provi-
forifcher Nothbau ausnimmt, der über kurz oder lang
der gemauerten Kirche weichen foll, was zweifellos
auch ihr Schickfal fein wird (Fig. 24 u. 25).
Doch fo traurig fich auch das Aeußere diefer,
laut erhaltener Infchrift nächft dem, noch gothifches
Befchläge und Spuren einer Polychromirung zeigenden
Seiten-Portale der Südfeite im Jahre 1488 eingeweihten
Holzkirche auch im Laufe der Zeit geftaltet hat, noch
viel traurigeres, ja troftloferes ift von ihrem Innern zu
berichten.
Tl
Fig. 25. (Groß-Karlowitzer.)
Als 1881 die Kirche aufgenommen wurde, fand man
das Innere derfelben (der von Wolfskron erwähnte
alte fteinerne Taufftein von einfacher Form ift noch
vorhanden) an allen Wanden und der Decke mit roher,
in allen Farben des Spectrums überfpritzter Sacklein-
wand vollkommen überfpannt. An einer Stelle war
aber diefe Leinwand aufgetrennt gewefen, fo dafs —
als der Vorwitz diefen Rifs etwas erweiterte — fich
dem Auge eine reiche, fcharf conturirte figurale Malerei
offenbarte, fo dafs die oben gefchilderte gänzlich
unfeheinbar gewordene äußere Schale einen werth-
vollen Schatz in ihrem Innern barg.
Dafs man in freudiger Erregung den damaligen
Herrn Pfarrer auf diefe Wahrnehmung aufmerkfam
machte und ihm die Erhaltung der Holzkirche und
ihrer innern unter der rohen Leinwand wohl gebor-
genen Polychromirung warm ans Herz legte, ift felbft-
verftändlich. Doch die Freude folltc leider von nur
allzukurzer Dauer fein, denn nicht lang darauf ergab
fich, dafs die Seitendorfer Kirche ihre reiche gemalte
und direcT: auf das Holz zufolge einer Infchrift aus dem
Jahre 1451 ftammende Verzierung, beftehend aus reli-
Pen Darftellungen in Aquarellfarben, bis auf zwei
Figuren verloren hatte, welche beide Figuren -der
Mit- und Nachwelt wenigftens einen Schluß erlauben
auf die Wichtigkeit und Schönheit des Uebrigen, das
hier in fo reichlichem Maße wie feltenwo und noch
dazu in einer Dorfkirche uns entgegen getreten war-,
und dafs hier ein kunftgefchichtlicher und vaterländi-
scher Schatz für immer befeitigt wurde
Die Groß-Kurloicitzi-r Holzkirche befitzt eine von
der Hotzendorfer und Seitendorfer, fowie von den
anderen Holzkirchen des Kuhländchens tWietrkowitz,
Neffelsdorf, Tichau) total abweichende centralbau-
ähnliche Grundrifsanlage, welche eine reichere t'ymme-
trifcheGruppirung der Außenfeiten und die Möglichkeit
der Ausnützung derKreuzform im Innern in der Art eines
Dreifchiffes zur Folge hat. Ein ganz wefentliches Merk-
mal der fpäteren Bauzeit ift der achtfeitige Dachreiter
über der Kreuzung der Schiffe und als die vielleicht
Auszuge diefer Matrik und kleinen Zettelchen, welche
der erfte Localcaplan hinterlaffen, ift zu entnehmen
dafs diefer erfte Seelforger von Karlowitz, als er
feine Stelle am 24. December 1752 antrat, keine
Wohnung und nur eine ganz kleine aus Tannenhölzern
gezimmerte Capelle wahrscheinlich nur ein Glocken-
Häuschen vorfand — unter welcher fpäter der noch
jetzt beftehende Pfarrkeller erbaut wurde — , dafs der
Hau der jetzigen Kirche am 1. Mai 1/52 von „den
Pfarrkindern0 in Angriff genommen, und in derfelben
am 15. Auguft 1754 die erfteMefle gelefen, am 21. Auguft
aber — und hierauf bezieht fich offenbar die obcitirte
Infchrift — nach der Benediclion das erfte Patrocinium:
Marie Virginis ad Nives begangen wurde.
Als immerhin merkwürdige oder doch auffällige
Erfcheinung bei diefer Holzkirche fei noch erwähnt,
dafs bei dem auf der Zeichnung fichtlichen Seitenein-
gange ein fteinerner Grabftein als Vorlegftufe ver-
Fig. 26. iGroß-Karlowitz.)
intereffantefte Neuerung fallt der gänzliche Mangel
der bei älteren Holzkirchen üblichen gedeckten Um-
gänge auf (Fig. 26).
Außer den urfprünglichen Sacriftei-Annexen ift
diefer Kirche in fpäterer Zeit ein als Windfang dienen-
der Vorbau beim Haupteingange hinzugefügt worden
der beffer weggeblieben wäre. Der Bau felbft ift gleich
allen bereits befprochenen mährifchen Holz-Kirchen
aus Blockwänden hergeftellt, welche an der Außenfeite
mit großen Schindeln verwahrt, im Innern aber
18741 m't weißer Oelfarbe angeftrichen find. Er ift bei
22 2 Metern totaler Länge 205 Meter breit und im
Lichten 7 Meter hoch und befitzt eine flache Decke mit
Fugenleiften.
Was das Alter diefer, wie fich das Volk erzählt,
aus an Ort und Stelle gerodeten Bäumen errichteten
Kirche betrifft, fo gibt uns hierüber eine über der
Innenfeite des Haupteinganges ober einem Verfe des
Psalmes 121 erfichtliche Infchrift: „Leta panc 1754 dne
21. srpna" Kunde, welche auch in der älteften 1753
begonnenen Matrik ihre Beftätigung findet. Einem
wendet ift, auf welchem „noch" der Name A. J. Telt-
fcher zu lefen ift.
An der Straße, welche von Neutitfchein nach
Stramberg führt, liegt in einem lieblichen Hain halb
verfteckt das kleine weltvergeffene, nur aus wenigen
Nummern beftehende Tannendorf , deffen altes im
Lichten 7 OO Meter breites, 1547 Meter langes und
611 Meter beziehungsweise 5-33 Meter hohes, der heil.
Barbara geweihtes, dem Patronate des Therefianums
unterftehendesKirchlein, nicht allein feiner malerifchen
Wirkung wegen, fondern auch deshalb intereffant ift,
weil es das Uebergangs-Stadium vom Holz- zum Stein-
baue fo deutlich und klar noch erkennen lafst (Fig. 27).
Das Schiff und der merkwürdiger- und unerklär-
licherweife in der Axe merklich verrückte Chor find
nämlich fchon in maffigem (115 M.) Steinmauerwerk
hergeftellt, aber die Empore über der niedrigen Sacri-
ftei neben dem Chore und jene längs den Innenwänden
des Schiffes, der auf theilweife fchon gemauerten
Pfeilern ruhende typifche Umgang, die durch profilirte
Leiften in Caffetten getheilte horizontale Decke, fowie
LT
der charakteriftifche Dachreiter, wie endlich die
Umfriedung des Kirchhofes mit einem großen Thore
und einem kleinen Seitenpförtchen find noch von Holz
gefertigt, fo zwar, dafs diefes Kirchlein unwillkürlich
an das Küchlein gemahnt, das noch die Eierfchale auf
feinem Rücken herumtragt.
Aus welcher Zeit diefe Kirche (lammt, und in
welcher die Umgestaltung der einftmaligen Holzkirche
in einen theilweifen Steinbau zu fuchen ift, laffen uns
die in der Umgebung flehenden Holzkirchen und das
einfache Maßwerk des jetzt vermauerten Chor-Fenftcrs
vermuthen, es wäre dies das 15. und 16. Jahrhundert.
A. Franz.
21. (Ein Hungertuch zu Gurk vom Jahre IJ58.)
Gelegentlich eines kurzen Aufenthaltes in Gurk
zu Oftern vorigen Jahres fall ich dafelbft ein Hunger-
tuch, welches ich zum Zwecke einer fpäteren ein-
gehenden Bearbeitung vollständig aufgenommen habe.
Das Hungertuch ift beftimmt, während der Faften-
zeit vor dem Hoch-Altar gehängt zu werden, «eichen
es von oben bis unten verhüllt. In Gurk wird nämlich
zu diefer Zeit nur am Altar vor der Krippe, dem Kreuz-
Altar, die Mcffe gefeiert.
der Gegenftände und der
und Künftlerinfchrift be-
Chriftus auf, und zwar find die Gegenftände derart
geordnet, dafs das alte Teflament die linke, das neue
die rechte Hälfte einnimmt. Die Gegenftände find
chronologifch von link- nach re< hts laufend aneinander-
gereiht; zahlreiche Infchriften,größtentheils in deutfeher
Sprache, erläutern die wenigen bekannten Gegenftände.
Die einzelnen Darftellungen lind fall durchwegs fein-
frei componirt und für die Kunft des 15. Jahrhunderts
in jeder Hinlicht intereffant. Diefer vorläufige Bericht
muß fich auf die Aufzählung
Mittheilung der Stiftungs-
fehränken.
Altes Teßament; Erfte Reihe: 1. Erfchaffung der
Welt. 2. Erfchaffung Adam-. 3. Das Gebot. 4. Die Ver-
treibung aus dem Paradiefe. 5. Adam ackert.Eva fpinnt.
Zweite Reihe: 6. a) Opfer Kains und Abels, b) Abels
Tod. 7. Ein Engel führt Hennoch in das Paradies. 8. Noe
fendet die Taube aus. 9. Noe trunken. 10. Dei Bau
Babels. Dritte Reihe: II. Sodoms Untergang und Flucht
der Familie des Loth. 12. a) Opferung Ifaak-, bj Melchi-
fedech betend. 13. Ifaak fegnet Jacob. 14. Die Himmels-
leiter. 15. Jofeph wird nach Aegypten verkauft. Vierte
Reihe: 16. Jacob kommt zu Jofeph nach Aegypten.
17. ^Pharao läßt die Kinder Israels tödten, ^/Auffindung
*~~*%~
Fig. 27. (T
Das Hungertuch befteht aus zehn der Länge nach
zufammengereihten Streifen ftarker Leinwand von
O 85 M. Breite und zehnfacherLänge. Die fo entftandene
Fläche bildet ein Quadrat, deffen Seite alfo gegen 9 M.
beträgt.1 Zur Aufhängung find oben und unten elf
Schlingen von ftarker Leinwand angenäht; durch die
obere ift ein Stamm gezogen, auf welchem das Tuch
hängt, eventuell aufgerollt ilt.
Die ganze Fläche ift bemalt. Zunächft ilt jede
einzelne Naht durch eine 0-05 M. breite Bordüre
markirt und jeder einzelne Streifen der Länge nach
durch eben folche Bordüren in je zehn Quadrate ein-
getheilt, fo dafs die ganze Fläche in hundert folche
Quadrate zerfällt.
Jedes diefer Quadrate weift eine, bisweilen zwei
und mehrere Darfteilungen der Gcfchichte vor und nach
1 Genaue Maßangaben find nicht leicht möglich, da die Leinwand fehr
verzogen ift.
annendorO
Mofis. 18. Der brennende Dornbufch. 19. Tödtung der
Erftgeburt. 20. Der Auszug aus Aegypten. FünfteReihe:
21. Pharaos Untergang. 22. a) Mannaregen, b) Mofes
mit den Tafeln. 23. Die eherne Schlange. 24. Die zwöll
Ruthen werden in das heilige Zelt gelegt. 25. Hiob am
Afchenhaufen. SechfteReihe: 26. Traum Jeffes. 27. Jofua
tödtet die Könige. 28. GidconsFell. 29.Samfon erfchlägt
die Philifter mit dem Efelskinnbacken. 30. Samuel falbt
Saul zum König. Siebente Reihe: 31. David tödtet
Goliath. 32. a) Davids Vifion mit dem Engel während
derPeft, b) Tod Abfolons. 33.SalomonsUrt.heil. 34.Salo-
mons Tempelbau. 35. Nabuchodonofor erobert Jerufalem
Achte Reihe: 36. Elias Himmelfahrt. 37. Ifaias wird zer-
fägt. 38. Jeremias Steinigung. 39. Ezechiels Feuertod.
40. Daniel in derLöwengrube. Neunte Reihe: 41. Jonas,
a) ins Meer geworfen, b) ausgefpieen. 42 Judith tödtet
Holofernes. 43. a) Efther vor dem König, b) Haman
am Galgen. 44. Wiederbau des Tempels. 45. Alexander
g*
lii
huldigt dem Prieftcr. Zehnte Reihe: 46. Judas Makka-
bäus' Sieg. 47. Tod Caefars. 48. Die Tiburtinifche
Sybille. 49. Geburt Maria. 50. Maria Opferung.
es Te flammt: Erfte Reihe: 51 Verkündigung.
52. Heimfuchung. 53. Geburt Chrifti. 54. Befchneidung
Chrifti. 55. Die heiligen drei Könige. Zweite Reihe:
I »arftellung im Tempel. >;. Flucht nach Aegypten.
58. Kindermord. 59. Der zwölfjährige Jefus im Tempel.
60. Taufe Jefu. Dritte Reihe: 61. Jefus in der Wiüfte.
Jefus vom Teufel verfucht. 63. DerTeufel trägt Jefus
auf den Berg. 64. Hochzeit zu Canae. 6?. Jefus reinigt
zehn Ausfatzige. Vierte Reihe: 66. Teufelsaustreibung
67. Krankenheilung am Schafteich. 68. Verklärung.
69. Brotvermehrung. 70. Fifchfang. Fünfte Reihe:
71. Zachäus vor Jefus. J2. Das Weib Jefu die Füße fal-
bend. ji- a) Jefus am Jacobs-Brunnen, b) treibt einem
Weibe den Teufel aus. 74. Lazarus' Auferweckung.
75. Magdalena falbt Jefu die Füße. Sechitc Reihe:
76. Palmeinzug. 77. Tempelreinigung. ~S. a) Abendmal,
b) Fußwafchung. 79. Oelberg. So. Gefangennahme.
Siebente Reihe: 81. Jefus vor dem Hohen -l'riefter.
- _• Yerfpottung. 85. Jefus vor Pilatus. 84. vorHerodes.
Geißelung. Achte Reihe: 86. Dornenkrönung.
" Ecce homo. 88. Pilatus wäfcht fich die Hände.
59. Simon von Kyrene hilft Jefu das Kreuz tragen.
90. Jefus wird an das Kreuz gefchlagen. Neunte Reihe:
91. Tod Jefu. 92. Kreuzabnahme. 93. Auferftehung.
94. Jefus erfcheint Magdalena. 95. Jefus erfcheint den
beiden Marien Zehnte Reihe: 96. Thomas befühlt die
Wundmale Chrifti. 97. Himmelfahrt. 98. Ausgießung
des heiligen Geiftes. 99, 100. Das Weltgericht.
Der Volkstradition nach hat Hemma, die Stifterin
von Gurk, diefes Tuch gefponnen; glücklicherweife ift
uns die Infchrift, welche die Zeit der Vollendung angibt,
wenigftens in den Avichtigften Theilen erhalten. Sie
ift am Schluß des neuen Teftamentes angebracht,
leider fehr zerriffen und abgetreten. Diefelbe lautet :
Hoc velum comparatum est per Laurentium prepositum
' Odalricum episcopum prothonotarium et
archidiaconum ecclesie Gurcensis, depiftumque per
providum virum magistrum Cunradum civem Frisa-
censem, anno domini millesimo quadringentesimo
quinquagesimo oftavo, [ipfo] die Sancli Ambrosii epis-
copi completum. Orate pro eo deum.
Das Tuch wurde alfo unter Laurenz vonFreiberger,
Propft von Gurk 1469 — 1472, dann bis 1487 Bifchof
dafelbft und Bifchof Ulrich III. von Sonnenberg 1455 —
1469, Prothonator am Hofe des römifchen Königs
Friedrich angefchafft. Die Vollendung des Tuches fallt
auf den 4. April 1458.
A. Schnerich.
23. Prof. Dr. Oscar Zingerle, welcher auf die Statue
der Maria mit den drei Rofen aufmerkfam gemacht hat
Mitth. n. F. XII. p. CXXXV), bemerkt hierüber weiter.
Die Ausfuhrung des Steinbildes, das ungefähr
07 M. Hohe hat, ift einfach, die Behandlung des Mate-
rials mit Ausnahme obiger Kopfpartie und des auf dem
linken Arme Mariens fitzenden Jefukindes, das faft bis
zur Unkenntlichkeit vcrftümmelt ift, ziemlich flach. Mit
Rückficht auf das hohe Alter — Fachmänner weifen
fie dem 12. Jahrhunderte zu — läfst fich aber eine
technifch geübte Hand nicht verkennen und auch künft-
' Lücke von etwa drei Worten.
lerifches Vermögen ift dem Verfertiger nicht abzu-
fprechen.
Ganz befonders hervorzuheben und intereffant
fcheint mir die Art der Darfteilung. Maria als gekrönte
Himmelskönigin mit dem Kinde auf dem Arm hat als
typifche Compofition an fich wenig beachtenswerthes,
doch finden wir bei unferem Bilde drei Rofen, ein Attri-
but, das demfelben früher nie untergekommen und
worüber auch Kunfthiftoriker keinen Befcheid zu geben
wufsten. Bekannt ift einerfeits wohl die Benennung
Rofe ohne Dorn, Rofe vom Stamme Jeffe oder von
Jericho und anderfeits die Vorftellung, wie Maria im
Rofenthal fitzt, mit Rofen bekränzt ift, Rofen ftreut
u. f. w., doch daraus gewinnen wir für die Erklärung
keinen Anhaltspunkt, indem unferm Rofenzweige
ficherlich eine andere fymbolifche Bedeutung zu
Grunde liegt. Nach des Berichterftatters Ueberzeugung
follte damit die Dreieinigkeit Gottes angezeigt werden;
diefe Auffaffung vermag derfelbe allerdings nur durch
einige Stellen aus Gedichten des 14. und 15. Jahr-
hunderts zu belegen; bei weiterer Umfchau in der
geiftlichen Literatur des Mittelalters dürften fich indefs
gewifs ältere Zeugniffe beibringen laffen. Vorderhand
fei folgende Strophe aus Harder'sLeich guldin fchillinc,
der das Myfterium der Menfchwerdung Chrifti, refpec-
tive das der Empfängnis Mariens behandelt, angeführt,
(Colm. Meifterlieder, II, 56.):
Ein foum fchrin wert entslozzen,
diu cleinät legt man in ein lade,
die Kiften fint des fchatzes fchöne erfüllet.
Diu Form hat fich engozzen,
dri rofen in dem tonwebade:
daz kint wert in ein wüllin tuoch gehüllet.
Do wert diu helle irs fchatzes gar beroubet.
Adam fin trüren gar entsleif,
do er dem kint fin hendlin greif,
di rümten fie der helle reif
und wart den alten niuwe freude erloubet.
Im gleichen Sinne fpricht Muskatblut, I, 6, VII
von den drei Blumen:
O muter rein, din vader eyn
hat dich für feen, da er gond fpehen
in dynem wurtzegarten,
Da du die dry blomen hatfl genomen
ufz fynem cle, mit dem aus
kontftu der rofen warten !
Jungffrau, als du nu fwanger wurde,
meit werft vor ye gewefen,
jungffrau belibeftu in der bürde,
meit biftu fin genefen:
noch biftu meit, din wirdicheit
kan nymant gantz folachten.
24. Confervator Berger hat an die Central-Com-
miffion berichtet, dafs die Reflaurirung der St. Veits-
Capelle im Stifte St. Peter zu Salzburg im vergangenen
Herbfte ihren Abfchluß fand. Diefelbe wurde im Sinne
de-N Confervators durchgeführt, das Fragment einer
figuralen Wandbemalung im Chorfchluße (gekrönte
heil. Maria) blieb erhalten. Außerdem erhielten die
unteren Wandpartien, für deren frühere Bemalung fich
übrigens keine .Anhaltspunkte vorfanden, rautenförmige
Mufter. Der baroke Haupt-Altar und ein eben folcher
Uli
Seiten-Altar wurden gereinigt und ausgebeffert. Eine
gothifclie Madonna mit dem Kinde wurde neu übermalt.
25. Laut Berichtes des Confervators v. Riewel
wurden im Herbit vergangenen Jahres in einem Depot
hinterlegte Grabfteine, die ehemals in der großen
Pfarrkirche zu Eferding untergebracht waren, wieder
dafelbft aufgeteilt. Dechant Grienbergerhat fich darum
verdient gemacht. 16 Steine find theils in der Kirche
felblt, theils in der Vorhalle und in der Taufcapelle an
den Wanden aufgeftellt, welche Gedenkfteine meiftens
Geiftlichen gewidmet find. Unter den Infchriften
finden wir fo manch intereflanten Familiennamen, wie:
Stephan Schuttnagel fammt leinen beiden Hausfrauen
Margreth und Urfula f 1460, Cafpar Neuhaufer von
Reutting f , Triftram von Geimann zu Tratenegk f,
Cafpar Rottaler f 1460, Wolfgang der Hellkampf
t 1497, Wilboldt von Pirching zu Sygharting Ritter
f 1536, Michael Tollinger f 1516, Margareth des Ulrich
von Abfperg gelaffene Tochter, des Jörg Afpans Witwe
t 1545
26. Laut Berichtes des Confervators Stipperger
wurden die Wiederherftellungs-Arbeiten an der St.
Leonhards-Kirche im Lavant- Thale wahrend des ver-
gangenen Jahres energifch betrieben. Die zerftörten
Kreuzgewölbe fammt den Rippen wurden nach dem
alten Mufter wieder hergeftellt, die Capitäle, Dienftes-
Confolen, Sockel, Thürgewände ausgeputzt und ge-
reinigt, die Fenftermaßwerke reparirt und die farbigen
Verglafungen eingefetzt und vervollftändigt. Die alten
Altare find ausgebeffert, gothifche Betftühle auf-
geftellt und die Grabfteine an den Wänden vertheilt.
Die Reparatur-Arbeiten an der Außenfeite find wohl
in Angriff genommen, werden aber erft 1887 ihren
Abfchluß finden, mit Ausnahme des Thurmes, der
vorläufig ein Nothdach trägt. Die Strebepfeiler haben
fo weit als nöthig fteinerne Deckplatten erhalten,
die Giebelanlaufe erhielten einfaches Maßwerk und
Kreuzblumen; Wafferfchlage, Sockel und Stiegenftufen
ftehen in Reparatur.
27. Confervator Dr. Petter machte die Mittheilung,
dafs unweit von den Ausgrabungen in Obernberg bei
Mattfee über feine Veranlaffung weitere Nachforfchun-
gen im vergangenen Herbfte vorgenommen wurden.
1 >as bisherige Refultat ift die Bloslegung der füdlichen
Seite eines Gebäudes und einzelner Heizgewölbe ent-
fchieden römifchen Urfprunges in Melkham zwifchen
Obernberg bei Mattfee.
28. Das hier in Fig. 27 abgebildete Meffekleid in
der Kirche zu Langenbruck ftammt, wie Correfpondent
Braufewetter berichtet, jedenfalls aus dem Klofter-
fchatze am Böfigberge und ift einigermaßen befchädigt.
Die lineare Eintheilung zeigt Silberborden auf blr.ß-
blauem Seidengrunde. Das Ornament befteht aus
Seidenftickerei und zeigt in ftarkem Relief gehaltene
Blumen. In den Rofen find auch Goldfaden verwendet,
doch find gerade diefe Partien der Stickerei am meiden
fchadhaft; die an der Stickerei fonft verwendeten
Seidenfaden find von ftrohgelber und drapbrauner
Farbe in zwei Schattirungen. Die Zeichnung ift außer-
ordentlich wirkungsvoll, die Farbenanwendung gelun-
gen. Auf den Flächen des Grundes find Silberflinzerl
vertheilt. Die Stickerei felbft ift nicht befonders genau.
29. Seitens des Correfpondenten P. Archangclus
Simeoner ifl der Central-Commiffion die Nachricht zu-
gekommen über den gegenwärtigen Zuftand d< s
ehemaligen Edelfitzes Ansheim auf der Frag bei Kau-
fen. Derfelbe gehörte im 14. Jahrhundert den Herren
von Villanders zu Pradell, kam dann an die Herren von
Wölkendem und an die von Katzenloch, von welchen
er 1506 an die Herren von Knzenbcrg überging. Noch
bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts fanden fich her-
vorragende Tyroler Familien im Befitze diefes Edel-
hofes, fo von 1604 bis 1647 die fpäteren Grafen von
Trojer, welche fich auch von diefem Anfitze fchrieben.
Weiterhin finden wir in deffen Befitze die Lutz von
Fig. 27. (^Langenbruck.)
Glatfch, die Ingram zu Fragburg u. f. w. ; jetzt ift es
ein Bauerngut, das im Hauptgebäude Spuren des
ehemaligen Glanzes als Zeugnis des Wohlftandes und
Kunftfinnes feiner erften Befitzer aufweift. Im Parterre
findet fich ein runder Raum mit bemaltem Rippen-
gewölbe, leider ziemlich befchädigt, an einer Stelle
find die Rippen ganz zerftört und ift der Verputz bis
auf die glatten Steine abgefchlagen. Von der Bemalung
ift wenig mehr beftimmbar. Ueber dem Eingang das
Wappen des römifchen Königs, daneben der römifch-
deutfehe Kaifer-Doppeladler, dabei fleht: „Ertzherl
Ferdinand", rechts davon das ungarifche Wappen.
Dann finden fich an 50 kleine Felder mit Wappenreften,
tiarunter erkennbar: z. B. Braunfchweig, Augsburg,
Mecheln, faft lauter Städtewappen, dazwifchen Blumen.
Eine fchmale Steinftiege führt in das Stockwerk,
wofelbft fich der Ilauptraum befindet, er ift mit getäfel-
ter Decke und derlei Wanden verfehen. Doch auch hier
LIV
ift der Verfall eingezogen, denn aller Zierat fehlt, das
Getäfelwerk ift fchadhaft. Eine ähnliche Stiege fuhrt in
weite Stockwerk, wo fich eine fall gleich getafelte
Stube befindet, die jedoch im Ganzen noch fehl
erhalten wäre, wenn man nicht alle.- mit Kalktünche
überzogen hatte. Hier finden lieh alte Thüren, fie tragen
die Jahreszahl 1598 und die Auffchrift „Kafpar von
und zu Annzhaim-. Einige Nebenzimmer find gewölbt
und mit Erkern verleben. Alles leider in fchlechtem
Zuftande.
30. 1 ig. 28 gibt die Anlicht des bronzenen Spring-
brunnens, der fich im kaiferlichen Garten am Hradcin
in Prag befindet. Es ift ein Meillerwerk des Bronze-
guße-, in edelfter italienifcher Renaiffance ausgeführt,
das den bellen Arbeiten diefer Art in Italien nicht
4»t
Fig 28. (Prag.)
zurückfteht und flammt von Meiller Thomas JaroS aus
Brunn, k. Büchfenmeifter, der von 1554 bis 1559 daran
arbeitete : den Guß beforgte der bekannte G. Löffler.
Auf niedrigem am Rande gezierten Sockel erhebt fich
(tänderartig eine kurze gedungene Unterlage aus einer
phantaftifchen Figurengruppe gebildet für die weit
ausladende geriefte Schale, die mit reichdecorirtem
Rande verfehen ift, darin Masken und Palmetten ab-
wechfeln. In der Mitte der Schale erhebt fich nun ein
hoher fchlanker Stander, deffen untere Partie mit
Reliefs — Jagdfcenen — geziert ift; der obere Theil
ift vafenartig gebildet und tragt eine kleinere Rund-
fchale, deren Außenfeite durch Feftons und Kinder-
köpfe im Relief ebenfalls reich geziert ift. Als Abfchluß
fleht auf niedrigem Säulenfockel in der Mitte diefer
Schale ein Putto, der in ein lange- Hörn blast.
31. Correfpondent Simeoner berichtete an die
Central -Commiffion, dafs im Klofter Süden durch-
greifende bauliche Reftaurirungen vorgenommen wer-
den. Das alte Schloß Saben wurde 1535 durch Brand
ganz zerftort. Auf die von Feuer fehr befchädigten
Mauern hatte man fpäter das Kloftcrgebäude gefetzt.
das 1635 fertig wurde. Im Laufe der Zeit merkte man,
dafs bald die eine, bald die andere Mauer wanke, und
fo mußte wohl, um einen Abfturz des ganzen Gebäudes
zu verhüten, eine ausgiebige bauliche Reftaurirung
durchgeführt werden. Man vergaß dabei jedoch nicht
das hiflorifch Merkwürdige und Altehrwürdige zu
berückfichtigen. So blieb der fogenannteCaffiansthurm,
der vom erwähnten Feuer nicht befchädigt wurde,
vollftändig intacL ebenfo die Kreuz-Kirche. Was am
Hauptgebäude irgend welche antiquare Bedeutung hat
und zu erhalten war, blieb unberührt.
32. Ueber die im Kreuzgange der Domkirche zu
Brixen aufgefundenen Fresco-Gemälde anlaßlich deffen
baulicher Reftaurirung hat Canonicus Johann Stippler,
welcher vom hochw. Fürftbifchofe von Brixen mit der
Oberaufficht der baulichen Arbeiten betraut wurde, an
die Central-Commiffion berichtet. An den nicht mit
Gemälden gezierten unteren Theilen der Wände ift der
Mörtel auswendig und auch aus den Steinfugen entfernt
worden, fo dafs die Mauer jetzt ringsum in gleicher
Höhe bloßgelegt ift, wobei es fich zeigte, dafs an Stellen,
wo auch nur einzelne Ziegelftücke eingefugt waren, die
Feuchtigkeit und der Mauerfraß argen Schaden ange-
richtet habe. Außerhalb des eigentlichen Kreuzganges,
nämlich im weltlichen Eingange zu demfelben, wo
bisher kein Gemälde fichtbar war, find folgende aufge-
funden worden:
a. Das Grabmonument des Dom-Bencfiziaten
Johannes Rötl an der Nordfeite des in den Kreuzgang
hereinragenden Chores der Frauenkirche.
Dasfelbe ift gegen 2 M. hoch und nicht ganz i1 , M.
breit und ftellt den knieenden Stifter im Chorgewande
dar zwifchen den zwei ganzen Figuren des heil. Stepha-
nus und der heil. Barbara. St. Stephanus legt die Hand
auf die Schulter des Stifters. Das Spruchband erfcheint
unbefchrieben und zieht fich vom Stifter gegen das
Haupt der heil. Barbara hinauf. Links oben, theil-
weife über den Rand des Gemäldes herabreichend,
fteht folgende gut leferliche Infchrift: Anno Domini
M.CCCC.LXI. Die seeunda mensis Marcii Obiit Dfis
Johannes Rotl. alias dictus miles. Capellanus Sancti
Stephani. Cujus Anima requiescat in pace.
Was den Zuftand des (iemäldes betrifft, ift die
untere Hälfte ftark zerfreffen, jedoch nicht brüchig; der
obere Theil ift gut, Gewand, Kopfe und Kronen find
erhalten. Diefer Caplan hat auch im St. Jacobs-Kirch-
lein in der Mahr bei Brixen ein Monument, das Prof.
Semper im Tyrolerboterj befchrieben und dem Maler
Jacob Semper zugefchrieben hat. Der Stifter ift in der
Mahr und im Kreuzgange ganz gleich, da- Gemälde
LV
verfchieden, die Infchrift gleich mit Ausnahme: „Obiit
Honorabilis Diuts Johannes Milcs, alias dichis 1< < «t 1 ....
Aus zwei im Capitel-Archive befindlichen ( )riginal-
Stiftbriefen des nämlichen Rötl vom Jahre [457 ill zu
entnehmen, dafs er aus Bruneck (lammt und zu gleicher
Zeit Beneficiat von St. Stephan im Dome und von St.
Jacob in der Mahr war.
b. Neben diefem Gemälde erfchien ein anderes am
Pfeiler, von dem aber nur der oberfte Theil, eigentlich
nur der Rand, bloßgelegt werden konnte, weil der
untere Theil ganz fortgefchlagen und dann übermörtelt
wurde, offenbar nur, um den Pfeiler auf diefer Seite
anzuebnen. Sichtbar ilt ein fchöner Chriftuskopf, an ein
Kreuz gelehnt, mit kleinen Halbfiguren von Engeln und
Heiligen links und rechts. Sehr niedliche Geftalten.
c. Ein weiteres Gemälde befindet fich in einer
Nifche unter der Lichthaube links im Eingange und
konnte bisher nicht ganz bloßgelegt werden, weil die
Hauptfigur unter der Mauer der Lichthaube fortläuft.
Unten find fichtbar und ziemlich gut erhalten Heben
Halbfiguren von niedlichen betenden Engeln. Rechts
kniet der Stifter in Chorkleidung, oben wieder zwei
Figuren. Von der Hauptfigur ift bisher fichtbar eine
Hand mit Sceptcr. Vom Stifter geht ein Spruchband
aus, das ich noch nicht entziffert habe. Das Ende der
Schrift dürfte lauten „in Sion". Ohne Zweifel ein Grab-
monument. Leider geht mitten durch das Bild ein
Mauerftreif, der ruinirte Stellen des Gemäldes ausfüllt.
d. An der nordlichen Mauer der Frauenkirche
einige Schritte vom letzterwähnten Gemälde entdeckte
man hinter einem großen, an die Mauer in neuerer
Zeit angelehnten marmornen Grabfteine die heiligfte
Dreifaltigkeit. Oben der heil. Geift, dann Gott Vater
mit einer infulartigen Kopfbedeckung, den Querbalken
des Crucifixes haltend; an demfelben fieht man noch
den Kopf und die ausgefpannten Arme, das übrige ift
durch den Grabftein verdeckt. Derfelbe kann entfernt
werden; ob aber das Gemälde der Mühe und Arbeit
vverth fei, ift zweifelhaft. Es hat ftark gelitten und dürfte
kaum mehr dem 16. Jahrhunderte angehören. Salvo
meliori!
33. Confervator Als hat in einem längeren Be-
richte an die Central-Commilfion die große Sammlung
von Glasgemälden im Klofter Gries bei Bozen befpro-
chen, davon im Nachgehenden ein gedrängter Auszug
gegeben wird.
Der um die chriftliche Kunft verdienftvolle, vor
mehreren Jahren verdorbene P. Leodegar Krezlegte im
Benediftiner-Klofter Muri in der Schweiz eine Samm-
lung von Glasgemälden an. Bei Aufhebung diefes Stiftes
im Jahre 1844 beließ man diefem eifrigen Kunftfreund
die meift fchön gemalten Scheiben als Privateigenthum,
wahrend er von jenen prachtvoll bemalten Glastafeln
im Kreuzgange des Stiftes kein Erinnerungszeichen
mitnehmen durfte. Diefe hob die Cantonregierung ans,
verpackte fie in Kiften und erft feit wenigen Jahren
find die meiften in der Staats-Bibliothek zu Aarau auf-
geftellt. Die Patres von Muri erhielten unterdeffen
durch die Großmuth unferes Allcrhöchften Kaifer-
haufes, von welchem die Gründung ihres Stiftes her-
rührte, ein neues Heim zu Gries bei Bozen, wo fie im
Jahre 1845 das feit Beginn diefes Jahrhunderts aufge-
hobene Auguftiner-Stift in Befitz nahmen. Für die
gefammelten Glasgemälde des genannten Pater Leo-
degar fchienenFenfteröffnungen im oberen Kreuzgang1
einen geeigneten Platz2 zu bieten.
Jedes Fenfter erhielt 4-6 Tafeln mit Gemälden,
was den altehrwürdigen Gängen eine hübfehe Zierde
bereitet. Es find ungefähr 50 kleinere Stücke von
15 — SS Cm. Größe, in Rund- oder Vierecksform. Di<
älteften Scheiben reichen in das Ende des 15. Jahr-
hunderts ihrem Charakter nach zurück, Jahreszahl
tragen fie keine angefchrieben ; die übrigen, meift mit
dem Jahre ihres Entftehens verfehen, gehören dem
16., 17. und [8. Jahrhundert an. Ferner tragen diefe
häufig eine Auffchrift, welche die Stifter3 des Gemäldes
angibt.
Die Glasgemälde find mit befonderer Vorliebe
und reicher Phantafie, die architektonifchen Einfaffun-
gen in befferer Renaiffance und in oft regellofem Zopf-
Styl faft durchwegs ausgeführt. Man fieht Säulen mit
jonifchen und karinthifirenden Capitälen, durch Ban-
der, Fruchtfchnüre u. dgl. verzierten Schäften, Atlan-
ten, Gebälke mit goldenen Relief-Friefen, mannigfaltig
gebaute und gebogene Architrave, zugleich in einer
faft ängftlich gefuchten Abwechslung von den brillan-
tenen Farben, gelb, violet, roth, grün. An den Ecken,
Poftamenten und zu oberft als Abfchluß auf den Ge-
fimfen kehren meift geflügelte Putten in verschiedenen
Stellungen wieder, theils als Schilder- und Frucht-
gehänge-Träger beftellt, theils als müßige Zufchauer.
So ift fchon an der architektonifchen Umrahmung
aller Reichthum der Formen, alle Pracht der Farben-
Harmonie in anziehendfter Mannigfaltigkeit höchft
befriedigend erfchöpft. Neben und über den Wappen
der Stifter erfcheinen einzelne Heiligenbilder als Be-
gleiter, auch figurenreichere Compofitionen biblifcher
und legendarifcher Scenen. Daran fchließen fich
fowohl am Sockel als auch oben über dem Bogen wun-
derliebliche kleine Darftellungen , in welchen fich
die verschiedenen geiftigen Intereffen der Zeit aus-
fprechen. Als Wappen- und Schildhalter treten auf:
zarte Frauengeftalten in reichfaltigen Gewandern,
Engel; felbft St. Michael zugleich als Seelenwäger
befchäftigt. Einmal begegnet uns ein grau behaarter
Waldmenfch mit einem Baumftamm. Neben den feinft
und fchwungvoll damascirten Hintergründen fehlt es
nicht an lieblichen landfehaftlichen Anflehten, wobei
die Seelandfchaft den Vorrang behauptet. An den
Heiligen zeigt fich hin und wieder das elegante und
reiche Zeitcoftüm, wie Häubchen, weit vorragender
1 Das Geb. unk' enthält zwei Kreuzgänge übereinander. Der untere, mit
Begräbnisltätten, zeigt romanifche Säulen mit Itark ausladendem Kampfer
darüber; fie tragen enge und abgefafstc Rundbogen aus Mauerwerk. Die Ein-
wolbung mit einfachen Gräten aus M irtel, welche Sternform bilden, gefchah
felbftverflandlich wie öfter erft nachträglich, etwa in den Zwanziger- oder
Dreißiger- Jahren des lö. Jahrhunderts. Sonder Zweifel blieb bis dahin der
Krenzgang mit einer Dachen Decke verfehen. Zugleich bei diefer fpäteren
Ueberwölbung oder fchon etwas früherbaute man auch einen zweiten Krenz-
gang unmittelbar darüber mit ganz gleicher Einwölbung, die ihn aber etwas
gedrückt macht. Die Lichtöffnungen für diefe Hallen wurden fpatcr einfach
viereckig gemacht.
Zu diefer Beflimmung fuchte man dei I mit dem Alter der
Gewölbe und der bemalten Scheiben felbft in belferen Einklang zu bringen
indem ihr ein fpitzbogiger Abfchluß gegeben, fowie das Gewände mehr aus-
gefchrägt wurde. Das erforderliche Maßwerk wurde proviforifch aus
hergeflellt.
I hat fich nämlich in der Schweiz ganz befonders wie kaum anderswo
jene Sitte und Liebhaberei ausgebildet, dafs man bei Antritt eines Standes,
Amtes, bei Vollendung eines Neubaues, ja felbft bei Gründung einc>
z. li. einer Trink- und Gaftftubc, den betreffenden mit einer bemalten I
fcheibe befchenkte, worauf das Wappen des (iefchenkgebers, umgeben von
Heiligen, Patronen, auch Jagdfcenen u. dgl. angebracht war. So hatte
das Klofter Muri viele bemalte Glaslafcln im Laufe der Zeit ausgctheilt, von
welchen bereits obengenannter Pater Leodegar manche fammeltc, die nun
rgeftellt lind.
LVI
Kopfbund, eine Art Mieder, Baufchärmel u. f. w. Selbft
der Todtentanz, diefes in der Schweiz fo heimifche
Thema, ift einigermaßen angedeutet; fo z. B. führt der
Tod als Gerippe in einer ganz malerifchen Stellung
einen Mönch am Arm daher und ein andermal fleht
derTod im Vordergrunde einer lachenden und üppigen
Landfchaft mit wie zum begierigen Fange ausgeftreck-
ten Armen. Endlich fehlt es nicht an Darftellungen der
befonderen Liebhaberei jener Zeit, nämlich an Scenen
von Hirfch- und Treibjagden oder an Turnieren. Von
vaterländifchen Heldenthaten ift eine wilde Schlacht
mit Schießgewehren dargeftellt. Auf einer Scheibe er-
fcheint auch eine Seefchlacht. Hinfichtlich der Künftler
dürften einige Buchftaben als Monogramme angefehen
werden.
Die einzelnen gemalten Glastafeln lallen fich
lbwohl nach der Zeit ihrer Entftehung als auch nach
ihrer Behandlung in drei Gruppen zufammenftellen.
Die älteften, wenige Stücke zahlend, flammen aus dem
15. Jahrhundert und find einfach decorativ. Sie bilden
Medaillons im Durchmeffer von 15 —20 Cm. und ftellen
dar: St. Benedict den Becher mit dem vergifteten Wein
fegnend; St. Johannes d. T. mit dem Lamm; St.
Alexius unter der Stiege im Pilgeranzuge, wie der
fchmutzige Inhalt eines Gefäßes über ihn ausgeleert
wird und endlich zwei Frauengeftalten als Schildhälter,
die eine in einem weiten Gewände von weißer, die
andere von rother Farbe, in offener Landfchaft auf
einem blumigen Wiefengrunde fitzend. Der eine Schild
zeigt zwei fich durchfehneidende Winkel mit einer
Kugel darüber, der andere einen Stern und zwei fich
durchfchlingende Brode in Form der fogenannten
Bretzeln.
Daran reihen fich prachtvolle Ausfuhrungen,
herrlich in der Farbe wie in der Zeichnung aus der
erften Hälfte des 16. Jahrhunderts ; in ihrer Manier der
Durchführung tritt eine Hinneigung zu einer mehr
plaftifchen Auffaffung auf, vorzugsweife in den Rahmen,
welche häufig im Renaifiance-Style gehalten find. In
der weftlichen Abtheilung des Kreuzganges begegnen
wir z. B. zu oberft im imitirten Maßwerk dem heil.
Erzengel Michael, wie er als Seelenwäger auftritt,
ganz weiß gekleidet, felbft feine großen Flügel find von
diefer Farbe. Seinen Schild ziert die gothifche Initiale
N, in Begleitung von zwei Sternen. Zunächft darunter
zeigen fich zwei Benediktiner - Nonnen, gar liebliche
Frauengeftalten von guter Zeichnung, urfprünglich
ohne Zweifel zu einem größeren Votivbilde gehörend
und hier nur als Lückenbüßer eingefügt. Diefes
Fenfters eigentliche Zierde bilden die folgenden
etwas größeren Tafeln: St. Benedict und die Gottes-
mutter. Erfterer in vollftem Prachtornat als Abt mit
violettem Mantel, fitzend auf einem grünen zart ver-
zierten Polfter, der auf einem fchönen mit reich
gefchnitzter Lehne verfehenen Throne ruht. In der
einen Hand wie gewöhnlich das Pedum haltend, in der
anderen das bekannte Gefäß mit dem vergifteten
Tranke. Zu feinen Füßen kniet eine zarte junge und
eine ältere Frauengeftalt in weißer und fchwarzer
Ordenstracht. Noch erhöhtere Farbenpracht gewahren
wir in der Madonna, auf einem ähnlichen Throne wie
St. Benedict; fie hält in der Linken das Sccpter, in der
Rechten das Kindlein leicht umfchlungen. Die Tafel
zeigt die Jahreszahl 1519. Im nächften Fenfter fpricht
ein Familienftück aus drei Perfonen beftehend, jeden
Befucher des Kreuzganges auffallend an. Wir finden
die kleine Patrizierfamilie in einem gemüthlichen Bei-
fammenfitzen. Der Hausvater im fchönften Mannesalter
mit aufgeftülptem Käppchen auf feinen bereits grauen
Ilaaren, an die fich ein langer fchön gepflegter Bart
anfchließt, ruht in einem hochrothen Prachtmantel vor
einem grünen Vorhang. Ihm gegenüber fitzt vor einem
theilweife offenen Fenfterflügel feine Gemahlin, eine
gar ftattliche Frau mit weit ringsum vortretendem
gelben Kopfbund; ihr eng anliegendes und am Hälfe
ftärker ausgeschnittenes Unterkleid ift von violetter,
das Oberkleid von blauer Farbe. Sie hält ein offenes
Buch vor fich, aus dem fie vorzulefen fcheint. Das
lebensfrohe Kind, ein liebliches Mädchen fleht zwifchen
beiden, feine heiteren Blicke dem Befchauer zuge-
wendet.
Von jenen an der Nordfeite des Kreuzganges
find zu erwähnen das Bildchen, wo Maria Jefum der
Mutter Anna übergibt und diefe dem Kindlein eine
Frucht darreicht. Die zart gekräufelten Haare der heil.
Jungfrau hält ein fchwarzes Band zierlich zufammen
und den fein damascirten Hintergrund füllen in den
oberen Theilen Gott Vater mit dem heil. Geifte aus.
Links unten kniet der Donator in rothem Kleide mit
Pelzkragen; dabei die Infchrift: „i^c3u difer zit bilgery
treydennen geiftlich." Eine andere Tafel zeigt die ftatt-
liche Figur von St. Oswald mit weißen Bart- und
Haarlocken, niedriger Lilienkrone, Pelzkragen und im
kurzen Rocke mit weiten Aermeln; Jahreszahl 1537.
Aus der letzten Gruppe oder dem 17. und 18.
Jahrhundert fei erwähnt die Darfteilung des letzten
Gerichtes; fie ift fehr figurenreich. Oben erfcheint
Chriftus auf der Weltkugel in violettem Mantel; von
feinem Haupte gehen Lilie und Schwert aus. Unten
erfcheint die Auferftehung mit der bereits erfolgenden
Vollziehung des Richterfpruches. Die Verurtheilten
nimmt ein grüner Riefenrachen eines Ungeheuers auf.
Auch an Einzelfcenen fehlt es nicht; fo ftellte der
Künftler eine Kranken-Communion dar, wo der Schutz-
engel Wache hält und daneben eine nackte Frauen-
geftalt den Teufel (in grüner Geftalt) mit Gewalt bei
Seite reißt. Das Ganze hat ungemein feine Farben-
gebung; die Jahreszahl lautet 1635.
34. Correfpondent P. Arcliangelus Simeoner be-
richtet über das Reliquiarium von Unterinn Folgendes:
Laut Urkunde vom 9. Januar 1211 fchenkte Bifchof
Friedrich II. von Trient an diefem Tage die „St. Lucia
Pfarrkirche am Ritten'' dem damals emporblühenden
deutfehen Orden. Ueber die Confecration diefer Kirche
berichtet uns Friedrich Schlegel, „lateinifcher Schul-
meifter, päpftlicher und kaiferlicher Notar zu Bozen"
in feinem Kirchenkalendarium, das er 1538 aus dem
Lateinifchen ins Deutfche überfetzte, dafs die Pfarrkirche
zu „Yenn auf dem Ritte" im Jahre 1273 zu Ehren der
heil. Jungfrau und Martyrin Lucia fammt dem „Chor-
Altar" geweiht wurde, dazu wurde noch ein Altar beim
..l'redigtftul" zu Ehren der Apoftel geweiht. Daraus
läßt fich nun entnehmen, dafs die Pfarrkirche urfprünglich
zwei Altare hatte und um diefe Zeit (1273) umgebaut
wurde. Im Jahre 1500 kamen dann zwei neue Altäre
dazu: einer zur Ehre Mariens 1502, der andere zur
Ehre Sebaftians 1503. Aus einer Jahrzahl am Maßwerk
LVII
der Schallfenfter des Thurmcs entziffert man, dafs der
Thurm 1536 vollendet wurde. Das Inventar von 1617
fuhrt ebenfalls vier Altare an. Bis 1724 blieb die Pfarr-
kirche im urfprünglich gothifchen Style. Da kam eine
Aenderung vor. Daniel Mayr war nämlich Anführer
jener Bauern, welche am 26. Juni 1703 den Richter
Plankenfteiner ermordeten. Zur Sühne baute er 1724 bis
1729 die gothifche Pfarrkirche um, indem die Säulen,
Altäre, das Gewölbe und die gemalten Fenfter hinaus-
gefchafft wurden, damit die Kirche hoch und licht
werde. Die nun fo verunstaltete Kirche ift fo geblieben,
Ins der gegenwärtige Pfarrer Franz Gruber fie reftau-
riren ließ. Hei diefer Gelegenheit nun brach der Pfarrer
den urfprünglichen alten Hoch- Altar ab und fand im
Sepulchrum das fehr intereffante Reliquiarium. D.is
Scpulchrum war wie bei den alten .Altaren an der Vor-
derfeite des Altares angebracht. Vor demfelben war
ein Stein \<>n 15 Cm. Lange, 13 Cm. Breite und 4 Cm.
Fig. 29 Ritten.
Dicke. Hinter diefemStein ltand nun das Reliquiarium.
Das Gefäß befteht aus Zinn und ift gegoffen,1 hat einen
i'chuppenartigen mit kleinen Buckeln verfehenen
Ueberzug und befitzt die Form unferer gläfernen
Mefskännchen. Die Höhe des Gefäßes beträgt 9 Cm.,
die Tiefe der Höhlung 7 Cm. Der Hals des Kännchens
und des Ausgußröhrchens find abgebrochen, daher die
< )effnung formlos, der Fuß lehr fchadhaft. Das Geiaß
ift fehr alt und gehört in die romanifche Zeit (Fig. 29
Das Siegel am Gefäß ift aber nicht fo alt, und ebenfo
lind die Reliquien erft fpäter hineingekommen. Man
fand darin 22 Reliquien.
Die Reliquien rühren von fogenannten „alten"
Heiligen her. Es kommen vor Reliquien: der heil.
Apoftel Bartholomäus, Barnabas, Laurentius u. f. w.
Jede Reliquie ift in ein Stück Tuch aus grüner, rother,
brauner oder weißer Seide eingewickelt, darauf liegt
ein Stück Pergament mit dem Namen der Reliquie und
1 Rcg.-Rath Dr. Bauer unterfuchte über Ertlichen der Central Com im I in
iias Materielle und fand Zinn uhne Blei- oder Antimon-Zutat/. Ita^c^en haltet
eine gewiffe Menge Sand fehr feft an den rauhen Stellen der Obciflachc, w*s
a >ch von der Gußform herftamnien mag.
XIII. N. F.
all dies ift mit einem Zwirnfaden gebunden. Die Schrift,
welche die Reliquien nennt, deutet auf das 13. Jahrhun-
dert. Das Siegel hat die fpitzovale Form. Den obem
Theil des Gefäßes umkleidet eine feftc Wachsmaffe
hutförmig; in diefe Wachsmaffe ift das Siegel hin-
eingegoffen. Die Form laßt auf das 15. Jahrhundert
fchließen. Zur Confecration des Altares nahm man als
Reliquiarium diefes uralte, fchön geformte, vielleicht
fchon damals fchadhafte Gefäß und legte obgenanntc
Reliquien hinein, fo dafs das Gefäß allerdings älter ift
als die Zeit, in der der Altar geweiht wurde. Das Siegel
enthält wohl eine Umfchrift, die aber faft unlcferlich ift.
Dafs nicht der Diöcefan-Bifchof felbft die Weihe vor-
nahm, fondern ein Delcgatus, geht daraus hervor, dafs
auf dem Siegel nicht der Adler, das Wappen des
FürltenthumsTrient fteht, fondern cinBifchof mit einem
Heiligenfchein, in der Linken den Stab haltend, mit der
Rechten fegnend, dargeftellt ift. AlsRefultat der ganzen
Unterfuchung kann fomit folgendes conftatirt werden:
die Pfarrkirche in Unter-Inn auf dem Ritten wurde 12;^
umgebaut, um diefelbe Zeit wurden zwei Altare fammt
der Kirche geweiht, in einen derfelbcn wurde das oben
genannte Reliquiarium, fammt den Reliquien hinein-
gelegt und verfchlof-
fen. Der Altar beim
Predigtftuhl wurde
ohne Zweifel früher
entfernt, denn die Pfar-
re hat jetzt nur drei
Altäre. '
Fig. 30 gibt die
Abbildung des Orna-
ments auf der Fuß-
platte.
35. Confervator
I.cpkovski machte die
Mittheilung, dafs am
21. Januar d. J. die
Gräber der Königin
Hedwig, Gemahlin des Königs Jagicllo und des Cardi-
nais Zbigniew Olesnicki im Krakauer Dome commif-
fionell eröffnet wurden. Die vernichteten Särge waren
von Holz, von Kleinodien und Kunftgegenftänden fand
man keine Spur, die Stoffe waren zerfallen. Bei der
Leiche der Königin fanden fich nur Scepter und Reich-
apfel von Holz; die Graber wurden nach ihrer Unter-
fuchung wieder gänzlich gefchloffen, ohne dafs etwas
aus denfelben entnommen worden wäre.
l6. Bartholmä Petnik berichtete, dafs er gegen
Schluß des vergangenen Jahres in Großdorf Nevio-
dunumj ein gemauertes Grab gefunden habe. Es ift
135 M. lang und faft ebenfo breit, vzo M. tief und
enthielt viele verzierte Scherben von Thongefaßen,
dann eine kleine filberne Nadel Auf einem Steine, der
die Schwelle in den eingefturzten Grabraum bildet,
die Infchrift CLIBKK 1 VS. Alle Funde kamen in
Laibacher Mufeum.
Fig. 30. 1 Ritten.)
5/ ■
Confervator Leinmüller hat an die Central-
Commiflion über die Pfarrkirche in Neudegg K
berichtet. Sie ift Johannes dem Taufer geweiht, 1498
erbaut, vielfach umgeftaltet; fo erhielt lie 1857 eine
h
LVIII
Verlängerung im Schiffe, um den Mufikchor unterzu-
bringen, dann ein Seitenfchiff nordfeits und endlich
einQuerfchiff Die Wölbung des urfprünglichen Schiffes
und des polygon gefchloffenen Presbyteriums ift
gothifch mit kräftigen Holzrippen, die im Langhaufe
drei Joche bilden, die Fenfter fpitzbogig zweitheilig
mit Maßwerkbekronung, großentheils fehr fchadhaft.
Portal fehr defect.
Confervator Stipperger berichtete, dafs die
Reftaurirungs- Arbeiten an der Dominicaner-Kirche in
F rief ach im Jahre 1S86 in Angriff genommen wurden.
Man begann mit den beiden Seitenfchiffen, wo fich
fünf fehr fchadhafte Gewölbe vorfanden, die erneuert
wurden, dann kam das Mittelfchiff daran, endlich der
feuchte Verputz der Wände, diefe Arbeiten kofteten
über 6000 fl. Auch für das laufende Jahr find noch
conftruetive Arbeiten durchzufuhren, wofür 9000 fl.
zur Verfügung ftehen.
Fig. 31. (Altmünfter.)
39. In Fig. 31 bringen wir die Abbildung des
intereffanten Tauffteins, der, wie in Mitth. n. F. Bd. XII,
S. LH erwähnt, fich in einer Seiten-Capelle der Pfarr-
kirche zu Altmünßer befindet. Es ift unzweifelhaft, dafs
das fteinerneWafferbecken noch der romanifchen Styl-
Periode angehört. Es ift achteckig und befteht aus je
acht vorkragenden und darüber fenkrechten Flächen,
die abwechfelnd mit rohen Sculpturen verziert find. An
den oberen Flächen finden fich dargeftellt ein Fifch,
ein Bock und eine Taube, dann ein Menfch — bis
zum Unterleib ausgeführt, auf einer Schrägfläche eine
Schlänge — ; der ebenfalls achtfeitig behandelte ftei-
nerne Fuß gehört in die fpät-gothifche Zeit.
40. Confervator Prof. Häuf er machte die Mit-
theilung, dafs bei der Bahn von Brück a. L. nach
Hainburg bei Petronell in einer Nähe von 13 bis r; M.
und im LTmkreife von circa 25 M. drei Skelette gefunden
wurden, fie lagen nur in bloßer Erde. Bei einem
Skelette fand man einem Armring und zwei kleine
Buckeln aus Silber, Scherben eines Thongefäßes aus
grauem Materiale, bei einem anderen einen Armreif.
eine ftark verroftete Fibel und einen einfachen Reif
aus Bronze. In der Nähe davon wurde ein einhenkeliger
gelber Thonkrug von doppelkegelförmiger Geftalt mit
rohrenartigem Hälfe (34'/, Cm. hoch) gefunden.
41. Ueber Anregung der Central-Commiffion hat
fich das Unterrichts-Minifterium im Einvernehmen mit
dem Minifterium des Innern veranlaßt gefehen, zum
Schutze gegen die Raubgräberei unterm 20. Januar
d. J. einen Erlafs an die Landes-Behorden zu richten,
den die Central-Commiffion als eine ebenfo hochwich-
tige, wie für die Intereffen derfelben höchft erfreuliche
Kundgebung bezeichnen muß. Der Inhalt diefes Er-
laffes befteht wefentlich darin, dafs die LandeMtellen,
bei dem Umftande, als es notorifch ift, „dafs die
wilYenfchaftlichen Aufgaben bei Aufdeckung von
archäologifchen Funden, fei es aus Unverftand fei es
mit Abficht, häufig nur zu ungenügend durchgeführt
werden, namentlich in allen jenen Fällen, wenn Finder
aus gewinnfüchtigen Motiven oder als .Sammler' nur
beftimmten archäologifchen Objecten ihre Aufmerk-
famkeit zuwenden und auf diefe Weife fo mancherlei
für fie Unwefentliches, vom Standpunkte der Wiffen-
fchaft aber Wichtiges beifeite laffen oder fogar ver-
nichten," angewiefen werden, der Raubgräberei nach
archäologifchen Gegenftänden hauptfachlich durch
Belehrung und Anregung des patriotifchen Sinnes und
des archäologifchen Intereffes im Wege der Geiftlich-
keit, der Lehrer und der Local-Behörden entgegenzu-
wirken. Auch fei der Bevölkerung die Anzeigepflicht
einzufchärfen und darauf zu achten, dafs vorkommende
Funde von jedermann, befonders von den Auffichts-
Organen der bezüglichen Arbeiten fchleunigft zur
Kenntnis der Behörden, der Confervatoren und Landes-
Mufeen gebracht werden. Es wird in diefem Erlaffe ein
befonderes Gewicht daraufgelegt, dafs von den politi-
fchen Behörden I. Inftanz, auch wenn an fie eine Meldung
feitens der Betheiligten nicht erfolgt wäre, alfo auf die
bloße wie immer erlangte Nachricht von Funden, be-
fonders von folchen an Orten, welche bisher nicht
durchforfcht, fomit noch unberührt find, der betreffende
Confervator oder bei deffen zu großer Entfernung oder
Verhinderung die nächfte fachlich tüchtige Vertrauens-
perfon (Correfpondent) alfogleich und zwar unmittelbar
in Kenntnis gefetzt und um Abgabe fachkundigen
Rathes erfucht werde.
Die hohe Wichtigkeit diefes Erlaffes dürfte allen
Fachmännern einleuchten, aber auch die entfernter
flehenden Kreife dürften deffen Zweckmäßigkeit nicht
verkennen, wenn man auf einzelne folche Fälle von
Grabungen in unbefugter Weife hinweift. Abgefehen
von der in diefe Gruppe unzweifelhaft gehörigen
Schädigung der Wurmlacher Infchrift, erzählt z. B.
F. Hoernes in feinem Berichte über die Ausgrabungen
auf dem Grabfelde von St. Michael in Krain, dafs eine
merkwürdige Grabesftelle dafelbft im Winter 1SS6 auf
eine geradezu barbarifche Weife durch Raubgräberei
befchädigt wurde, und dafs der Schutz der Behörde.
welchen der Eigenthümer des Feldes wiederholt anrief,
LIX
machtlos blieb. Von diefer fyrtematifchen Verwüftung,
welche durch Sondirung mit Eifenftangen eingeleitet
und durch Anfchürfung von engen, in die Mitte der
Graber führenden Schlupflöchern durchgeführt wurde,
konnte man fich auf Schritt und Tritt überzeugen.
Fall in jedem ausgeraubten Grabe fanden fich Gegen-
stände der verfchiedenften Art zerflückelt vor, die,
weil fie bei dem Antiquitätenhändler keinen Anwerth
fanden, unbeachtet zurückgelaffen blieben, oder als
werthvolle Objecle überhaupt gar nicht erkannt wur-
den. Da aber oft gerade folche Dinge unfeheinbarer Ai t
wichtige Auffchlüße geben, fo ift der Schade, den die
Willen fchaft durch diefe Raubgräberei erleidet, nicht
feiten ein unerfetzlicher. In ahnlicher Weife wurde vor
etlichen Jahren eine Hohle in Mahren geplündert,
aus der man ganze Wagenladungen von Knochen dilu-
vialer Thierc fortführte; nicht viel beffer war es mit
den Ausgrabungen am Hradisi bei Strakonic in
Böhmen, wo die Sucht aus den Funden Gewinn
zu ziehen, zuletzt, als eben diefer abnahm, zu
ausgedehnten Fälschungen führte, die, wenn-
gleich fie fchließlich als folche erkannt werden,
doch oftmals Verwirrung zu ftiften im Stande
find.
Es ift daher hochwichtig, dafs in dem obbe-
rührten Minifterial-Erlaffe als der hauptfäch-
lichfte Zweck für die Ingerenz der politifchen
Organe dieEinhaltung eines fyftematifchen Vor-
ganges bei folchen Nachgrabungen bezeichnet
wird. Die rechtzeitige Heranziehung der wiflen-
fchaftlich gebildeten Organe wird den politi-
fchen Behörden in allen fich ergebenden Fällen
zur Pflicht gemacht, und insbefondere wenn es
fich um Entdeckung größerer Fundftellen han-
delt, wie von Leichenfeldern, ehemaligen Fried-
höfen, Grüften, Pfahlbauten, Architektur-Reften,
verlaffenen Bergwerksanlagen, wo die Arbeit
der Aufdeckung Tage und Wochen oder noch
langer dauern kann.
Die politifche Behörde wird nach Einver-
nehmen mit dem archäologifchen Fachmannt
die in ihrem Wirkungskreife gelegenen weiteren
Weifungen und Verfugungen zu treffen und fich
hiebet der entfprechenden Einflußnahme des
bezüglichen Confervators oder feines Stellvertreters
auf die Leitung und Ueberwachung der Arbeiten zu
verfichern haben. Es fleht ihr felbftverrtändlich frei, den
genannten Funcüonären, wo dies nach der Natur der
bezüglichen Arbeiten zuläffig erfcheint, auch felbft die
Leitung und Ueberwachung zu übertragen.
Außer der Einhaltung eines fyftematifchen Vor-
ganges bei den Ausgrabungen ilt es ein weiteres
nicht minder wichtiges Intereffe der Wiffenfchaft, dafs
eine fachmännifche Aufnahme aller Beachtung er-
heifchenden Nebenumftände — als Situation des Fund-
ortes, der einzelnen Fundftücke, Inventar und Be-
fchreibung des Fundes — ermöglicht, ja wo möglich
fchon an Ort und Stelle vorgenommen werde. Auch
hierauf hat die politifche Behörde nach Maßgabe der
fich ergebenden befonderen Verhältniffe entfprechen-
den Einfluß zu nehmen.
42. Confervator Griffs hat an die Central-Com-
miffion über das rotheHaus mBöhmifch-Leipa Fig. 32)
berichtet, ein Gebäude, «las eine hervorragende Zierde
der genannten Stadt bildet. Da-felbe wurde im Jahn
15S3 erbaut 1883 eingehend und pietätvoll renoviert.
Es mag feinen Namen wohl durch den Volksmund,
und zwar von feinen rothgemalten Säulen, Fenfter-
und Thürumrahmungen erhalten haben, welche beider
Renovation ebenfalls in demfelben Tone gehalten
blieben. Die Hauptfront des Gebäudes, das irt die
Seite, wo fich die Galerie mit dem unterhalb befind-
lichen, fünf Jagdbilder darftellenden Friefe befindet,
liegt gegen Süden, gegenüber dem alten Schi'
worin einft die Herren Berkav. Dauba und Lippa ihren
Wohnfitz hatten. Die Eindachung gefchah mit Ziegeln,
welche jedoch der neueren Zeit angehören. Das Mate-
rial, welches zu dem Baue des rothenl laufes verwendet
wurde, befteht zum großen Thcile aus unregelmäßigen
Bafaltltücken und auch theilweife aus Sandftein.
Fig. 32. (Bölimifch-Leipa.)
Sämmtliche Räume im Erdgefchoffe, fowie im erften
Stockwerk find gewölbt, ebenfo die Galerie, welche
zugleich polychromirt ift und grau in grau gemalte
Ornamente, in den abgerundeten dreieckigen Zwickeln
Blumenftücke auf mattem gelben Grunde enthalt.
Polychrom war auch der im erften Stockwerke liegende
,,Huldigungsfaal". Die fall lebensgroß, grau in grau
ausgeführten Figuren lallen in den Ueberreften einen
I luldigungs-Act erkennen, wodurch auch die Bezeich-
nung des Raumes feftzuft eilen ilt. Derzeit ift der frühere
Saal durch eine Scheidemauer getheilt, die man bei
der Renovirung nicht wegzunehmen wagte, da das
Gebäude äußerft fchadhaft war und fchon Ende der
Vierzigerjahre den Einfturz der ortlichen Giebelmauer
herbeiführte. Bereits damals war die Malerei des Saales
durch mehrfache Kalküberltreichungen verdeckt und
durch die nothwendig gewordenen Maurerarbeiten
befchädigt, erhielt jedoch die Schädigung durch
das eigenmächtige Gebahren der Arbeiter im Jahre
1883, welche, ohne die geringfte Mittheilung zu machen,
h*
LX
l .Tundenen Malereien abkratzten und vermeh-
rt. Sämmtliche Außenwände einfchließlich des I
bels find mit Sgraffitos decorirt gewefen. was auch
bei der Neuherftellung ftreng feilgehalten wurde. Die
Jagdfcene umfafst fünf Bilder: i. die Hafenjagd; -. die
Hirfchjagd, bei welcher die urfprüngliche Zeichnung
noch erkennbar war, daher feilgehalten wurde; 3. die
Sauhatz, fowie 4. die Hühnerjagd: 5. eine Landfchaft
mit Schäfer und Herde, fowie mit einem von einem
Schäfer verfolgten Wolfe, der ein Schaf geraubt hat.
Die I iber den Säulenknaufen der Galerie des
alten Stockwerkes enthalten männliche und weibliche
fe, ebenfalls in Sgrafifito durchgeführt, wovon das
mitteilte Bildnis den Dichter Dante darzuftellen Icheint.
woraus zu fchließen ift, dafs italienifche Arbeiter dabei
beschäftigt gewefen fein mögen. Die Erbauung des
rpthen Haufes dürfte dem humaniftifch gebildeten
Btrka, der Italien bereift hatte, zuzu-
fohreiben fein. Im 17. Jahrhundert, als Wallenftein's
hter den Befitz der Herrfchaft Neufchloß Leipa
übernahm, fand im Saale die Huldigung ftatt.
L'cber die in jüngfter Zeit in M. Oflrau, dann
in Sl nachten Funde find vom Confervator
Trapp der Central-Commiflion neuerliche Nachrichten
zugekommen.
n dem letzteren Funde kamen nämlich an
Mufeum zwei größere Lind eine kleinere Urne
lammt Deckel und dann zahlreiche Gefaßfeherben. Die
Urnen fcheinen auf der Drehfeheibe erzeugt und zeigen
an ihrer Ausbauchung mehrere wagrechte Streifen.
1 )as Material ift grobkörniger braunerThon. Die beiden
:n Urnen habe Cm. Höhe, die Oeffnung
erreicht 12 Cm., die Au-bauchung 46 Cm. im Durch-
meffer, die Fußplatte aber nur 7 Cm. DL- kleine Urne
ift 10 Cm. hoch, hat 34 Cm. Umfang. 5 Cm. Fußflache
und 9 Cm. Oeffnungsweite.
Der Staryhrad ift der füdlichfte Ausläufer des
Marsgebirges, bildet oben eine kleine Fläche, wofelbft
ehemals eine jetzt ganz verfchwundene Burg ftand;
nur Gerolle blieb übrig. 1703 baute dafelbft Erdmann
Chriftoph Graf Proskau eine Capelle. Als man in
neuefter Zeit dort Weingärten anlegte, wurde ein
Theil des Mauerfchuttes befeit;gt und die Erde bloß-
gelegt: da bemerkte man unter dem Schutte die ganze
obere Fläche als eine mächtige Kohlen- und Afchen-
fchichte mit vielen halbverbrannten Tbier-Knochen-
reften. An den Abhängen des Berges, wo fchon ältere
Weingärten beftehen, finden fich allenthalben Topf-
fcherben. Die oberwähnten Gefäße wurden am
Südabhange des Berges gefunden, etwa 3 M. tief im
Boden. In großen Gefäßen befanden fich kleinere. Die
großen waren faft alle zerdruckt, auch viele kleine
befchädigt. Faft alle fanden fich umgeftürzt. Der Inhalt
war braungraue Afche mit wenig Kohlen, darunter
keine Erde, die nur oben auflag, da die Deckel ver-
fchoben waren. Wenige Knochenrefte fanden fich
neben den Topfen. Es fcheint, dafs die Erdfchichten
durch den Einfturz der Burgmauern verfchoben
wurden, wobei auch die Töpfe zertrümmert wurden.
Nur wenige Töpfe konnten unverfehrt erhoben werden,
darunter die Ein-angs bemerkten.
44. Am 1. März 1SS7 ftarb der Correfpondent der
Central-Commiffion Anton Widtcr im 7$. Lebensjahre.
Fr war eine überaus merkwürdige Krfcheinung. Die
Redaction fühlt fich verpflichtet, diefes Mannes mit
einigen Worten zu gedenken, da er feit einer langen
Reihe von Jahren mit der Central-Commiflion in leb-
hafter Verbindung ftand und als Correfpondent, eine
Zeit lang auch als Confervator ganz befonders in deren
InterelTe wirkte.
Von Jugend auf berufen, fich auf industriellem
Gebiete zu bewegen, fand fich doch bald Gelegenheit,
das in ihm fchlummernde Intereffe und Verftandnis fiir
die Denkmale der Kunft und Gefchichte zu erwecken.
Durch eine Zeit lang in Schwechat domicilirend, hatte
er bald feine Aufmerkfamkeit den fich häufig erge-
benden dortigen Funden zugewendet und bald felbft
auf feine Kolten Grabungen in zweckmäßigster Weife
und mit glücklichem Erfolge durchgeführt. So mancher
Römerftein feines Lapidariums wurde durch ihn felbft
an das Tageslicht gebracht. Auch die römifche Lager-
Stätte bei Petronell befchäftigte ihn in der Folge ganz
befonders. Fr war einer der erften. die diefer Stätte in
neuerer Zeit die verdiente Beachtung widmeten, ja ihm
die erneuerte allgemeine Aufmerkfamkeit zuwendeten.
Der Sogenannte Triumphbogen wurde unter feiner
Leitung und faft allein mit leinen Mitteln reflaurirt.
n nicht das römifche Forfchungsgebiet blieb aus-
schließlich dasjen ge. das ihn beschäftigte, er nützte Seine
geringe verfügbare Zeit zu Reifen aus. NiederOefter-
reich kannte er wie nicht bald jemand. Ober-Oefter-
reich. Steiermark, Ungarn durchzog er wiederholt.
Deutschland, Italien, Dalmatien und Siebenbürgen hat
er bereift.
ne glücklichen Vermögens- VeihältniSSe geltat-
teten ihm Sammlungen von Münzen. Medaillen, Kupfer-
ftichen, werthvollen Bibliotheksftücken und Antiqui-
täten u. f. w. anzulegen. Was er er>varb. war nur gutes,
ja vorzügliches. In feinen Erwerbungen zeigte fich
fein befonderes Verftandnis, fein reger und geläuterter
Kunftfinn.
In feinem Garten erbaute er einen offenen Säulen-
gang, zu deffen Arcadenträgern die Säulen aus dem
bekannten GrabenhauSe verwendet wurden. Hier finden
Sich zahlreiche Römerfteine und Ziegel, aber auch
mittelalterliche Steindenkmale, gothiSche Fenfter —
darunter eines aus der St. Clara-Kirche zu Wien. au<
einem BeSeftigungsthurme zu Krems — Sculpturen.
darunter das Portal-Tympanon mit den Büftenreliefs
des Sigmund von Dietrichftein und der Barbara Rottal
aus Thalberg, zahlreiche mittelalterliche Grabdenk-
male, darunter Solche aus der Maria Stiegen- und
Minoriten-Kirche, das eines Solms, mehrere der Neu-
degger u. S. w. Auch als Photograph war Widter thatig.
Seine Aufnahmen zeichnen fich, abgeSehen davon dals
Sie überhaupt vom Standpunkte der Photographie als
Sehr gelungen bezeichnet werden müßen. in der Wahl
der Objecte, in der Art der Aufnahme u. f. w. aus und
charakterifiren den kunftverftändigen Fachmann.
Der Kreis der Freunde alter und mittelalterlicher
Kunft hat mit ihm eine bewährte tüchtige KraSt aus
Seiner Mitte, der Kreis Seiner Freunde einen bereit-
willigen, gelalligen und braven Genoffen verloren, deffen
Hintritt allerorts nur tief bedauert werden kann. L.
*3* - > .
LXI
Ueber die römifchen Strafsen-Caftelle und Standlager
in Tyrol.
Vun k. k. Confervator Karl Alz.
|AUM waren die Römer durch die Unterjochung
( )ber [taliens die nächften Nachbarn der Rätier
[ü: geworden, fo fühlten fie bald auch Luft, ihre
fiegreichen Adler in den rätifchen Alpenpäffen aufzu-
pflanzen, um von dort aus ihre Macht bis zum Strom-
gebiet des Rheins und der Donau auszudehnen. Im
Jahre 117 v. Chr. hatte O. Marcius Rex zwei der vielen
Völkerfchaften, in welche das Land getheilt war,
nämlich die Stoner in Judicarien und cl i <.- Eugenäer in
Valfugana befiegt und einen Triumph über fie gefeiert.
Zum zweitenmal (113 — 101) führte die Römer der
eimbrifch-teutonifche Krieg ins Land, wobei fie aber
den Kürzeren zogen und flüchtig aus den Gebirgen
hinauseilen mußten. Erft Cafar richtete als Statthalter
von Illyrien zueilt wiederum feine Aufmerkfamkeit
auf die Thaler Tyrols, die hohe Wichtigkeit der Alpen-
päße und Alpenftraßen wohl fchätzend. Ihm fchreibt
man den erften Verfuch einer Römerftraßc mitten bis
ins Herz des Landes zu, jene nämlich, welche von
Aquileja aus über den Zuglio und die Pleckeneralpe
durch das Gail- und Drauthal und das heutige Pufter-
thal bis Schabs bei Brixen, Sterzing und Wüten fich
fortfetzte. Wegen angeblich rauberifcher Einfälle ins
römifche Gebiet von Ober-Italien gaben die Römer
vor, fofort energifch ganz Rätien unterjochen zu
müßen. Sie fchickten 16 v. Chr. Munatius Plancus,
welcher wirklich bis Trient vorrückte und zum Danke
feines Sieges dafelbft dem Saturnus einen Tempel
erbaute.
Im Jahre 22 v. Chr. erfchien dann auf Befehl des
Auguftus der Legat Apulejus in Trient und baute auf
dem freiftehenden Felfenhügel hart am nordweftlichen
Ende der gegenwärtigen Stadt ein Caftell, Verruca
mit Namen wegen feiner fteüen Lage, heute aber Dos
di Trento genannt.
Mit dem füdlichften Stücke des Landes begnügten
fich aber die Romer noch nicht, fondern gingen gleich
zu einer planmäßigenUnterwerfung des ganzen Landes
vor. Auguftus fandte daher im Jahre 16 v. Chr. feinen
Adoptivfohn Drufus in die tridentinifchen Gebirge und
brachte die dortigen Bewohner in harte Bedrängnis.
Indefs follen felbe dennoch in demfelben Jahre neue
Einfalle in Ober-Italien gemacht haben. Da fchickte
der Kaifer feine beiden Adoptivföhne Tiberius und
Drufus gegen die fo kühnen Bewohner Rätiens. Beide
hatten gleichzeitig im Jahre 15 v. Chr. die Feinde anzu-
greifen. Der Einbruch in deren Gebiet, meint man,
gefchah an vielen Punkten zugleich, theils unter un-
mittelbarer Anführung der Oberbefehlsherren, theils
unter Leitung ihrer Legaten. Dr. Egger in feiner
Gefchichte Tyrols, Innsbruk 1872, und Andere geben
folgenden Operationsplan aufGrund gediegener Quellen
an. Tiberius zog wahrfcheinlich von Gallien aus, wo er
damals Statthalter war, und eröffnete den Kampf am
xm. N. F.
Bodenfee mit einem Angriff auf Vindelicien und ver-
hinderte, da er im Rucken der Rätier erfchien, eine
Vereinigung der genannten beiden Volker. Drufus
drang indefs von Trient über Salurn in das mittlere
Etfchthal herauf. Zur felben Zeit brachen einzelne
Legaten theils über Bagolino ins Judicarien, theils über
den Tonale ins Sulz- und Nonsthal ein und näherten
fich der Etfch. Ein ähnlicher .Angriff wird von Ollen
her über Primier ins Fleimsthal gefchehen fein. Bei
Bozen fetzten fich die Riitier zur Wehr und boten alle
ihre Kräfte auf. Es kam mit Drufus zu einer mörde-
rifchen Schlacht, aber die römifchen Adler blieben
Sieger. Drufus fchlug eine Brücke über die Flüße Etfch
und Talfer. Diefe erhielt in den Augen der Römer eine
fo große Bedeutung, dafs fich davon auch das dort
errichtete Standlager benannte, nämlich: Pons Drufi.
Von einzelnen Volksftämmen, welche Widerstand
leifteten, werden die Venoften an der oberen Etfch
und die Genaunen am Brenner genannt, mußten fich
aber ebenfalls bald ergeben. Die Gegenwehr im Inn-
thal, im oberen wie im unteren, fcheint nicht mehr
bedeutend gewefen zu fein, da uns davon nichts
bekannt worden ift. Ganz Vindelicien war bereits
durch Tiberius erobert worden, daher ließen die
freien Rätier ihren Muth linken und fügten fich dem
Schickfale.
Um fich den Befitz der Alpenländer zu fiebern,
bauten die Römer fefte Straßen in allen Hauptthälern
und legten Verbindungswege in den Neb enthälern an.
Diefe herzuftellen und in gutem Stande zu erhalten,
bedienten fich die Sieger der Anlegung von Colonien
in befeftigten Standquartieren und kleinen Befatzungen
in zerftreuten Caftellen und Thürmen.
Mehrere Hauptftraßen durchzogen das Land von
Süden nach Norden, von Offen nach Welten. Bereits
unter Auguftus wurde eine Hauptftraße der Etfch
entlang und von Bozen aus auch dem Laufe des Eifack
folgend zu bauen begonnen. Sie führte einerfeits links
über den Finftermünzpaß mit einem Seitenweg nach
Chur, anderfeits rechts über den Brenner ins Innthal.
Elftere fetzte fich über den Arlberg, letztere über die
Scharnitz bis nach Augsburg fort. Jede diefer Straßen
hatte von Verona bis Augufta Vindelicorum eine
Länge von ungefähr 350 römifchen oder 70 deutfehen
Meilen. Vollendet wurde fie erft unter Kaifer Claudius,
daher Via Claudia Aitgußa genannt. Ihren Beftand
bezeugen die vielen aufgefundenen Meilenfteine. In
diefe zwei Hauptlinien mündeten dann wichtigere
Nebenlinien. Die eine führte von Lago d'Idrio aus über
das Ledrothai nach Riva oder durch das Sarcathal
herauflaufend und mit jener aus Judicarien kommenden
fich vereinigend weiter über Buco di Vela nach Trient
(vom Südweften her). Die andere kam von Ölten her
durch das uns bereits bekannte Valfugan, ausgehend
LXI1
von Opitergium (Oderzo in Friaul und über Feltria
, eiter gebaut. Die dritte endlich über Pufter-
thal kennen wir bereits.
Bei näherer Erforfchung der einzelnen Militär-
ftraßen der Römer in Tyrol werden wir fehen, wie aus
dem Vorkommen vieler Baudenkmale hervorgeht, dafs
auf beiden Seiten in den größeren Thälern ein befeftig-
ter Verbindungsweg beftanden haben müße und wie
faft jede Ausmündung des kleinften Nebenthaies durch
ein Caftell gedeckt war. Einzelne Warten oderThürnie
erhoben fich wie Schildwachen in geringer Entfernung
von einander und find häutig auf fchönen Ausfichts-
punkten errichtet worden. Von 4 bis 5 oder 6 Stunden
Weges wurde ein feftes Lager aufgefchlagen. Die
Straßen waren in einer gediegenen Weife ausgeführt.
Die Romer pflafterten fie mit großen unbehauenen
kuppigen Steinen, worauf in ebenen und weniger
fteilen Stellen Schotter ausgebreitet wurde. Einzelne
Forfcher halten das ähnlich io angelegte Pflafter zur
Zenoburg und in Algund Ochfentod) bei Meran und
a. a. O. als einen Ueberreft der alten Romerftraße.
Wir durchgehen nun die einzelnen Straßenbauten,
Lagerftattcn und Caftelle und bemerken, dafs wir uns
dabei auf eigene Unterfuchung und meiftens auf die
gütigen Mittheilungen des P. Flavian Orgler ftützen.
Im ticffteii Süden beginnend, findet lieh bei Sarnis
oder Palatium die erfte romifche Station in Ratien,
die dritte von Verona aus. Sie lag am wahrfchein-
lichflen an der Stelle des heutigen Avio. Hier hatten
die Romer eine Brücke angelegt, befchützt von einem
Caftell, aus welchem im Mittelalter die mächtige Burg
Caftelbarco erftand. Theilweife ift fie noch erhalten.
Im Haufe der Herren Brafavola find nach Orfi's
Trentino, Roveredo 1880, noch zur Erinnerung an
eine romifche Niederlaffung ein paar um 1700 gefundene
Grablteine mit korinthifirenden Säulchen eingemauert.
1 )ie Infchriften lieh bei Mommfen n. 4008 und 4009.)
Beim Dörfchen Vo Cafaro [ad vadum = Uebergang)
einer Fundftelle von einem fchönen Hermes aus
Bronze, mehrerer Münzen u. dgl. trat die Straße ans
linke Etfchufer über, zu dem bereits angeführten
Palatium. Von jeher kennt man eine Stelle auf den
Feldern, dei palazzi benannt, und bei St. l'ctcr im
Walde kamen nebft einem Meilenfteine mit der
Zahl XXIV auch Infchriften {Mommfen V. Bd.), ein
Ziegel mit dem Stempel von Galba, eine Lampe
u. f. w. ans Tageslicht. Das Caftell, fowie ein Grabftein
mit der Infchrift: C. Mario C. R. find verfchwunden.
Von Sarnis bis Tridentum : XX, fpäter XXII
Meilen, wo nämlich weLjcnUeberfluthungen der frühere
einfache Verbindungsweg über Mori, Ifera u. f w. in
eine Straße umgewandelt worden ift, welche nun auf
dem rechten Flufiufer viele Krümmungen machen
mußte und daher leicht ein paar romifche Meilen
länger fein konnte. An römifchen Funden ermangelte
es längs beider Straßen ziige nicht. So ftieß man bei
Serravalle am linken Etfchufer) mit einer gleichnamigen
Burg im Jahre 1857 beim Eifenbahnbau auf einen groß-
artigen Be^räbnisplatz mit Urnen, Lampen u. dgl.
Dasfelbe gilt von San Marco, und zwar in den Feldern
alla Ghiffa, alle Chiufure, alle Risce und alle Saline.
Die Burg Lizziana Licina um 928) hielt das Volk ftets
für ein „Heidenfchloß-4 und heute noch nennt man
einige Felfenkuppen das Caftello pagano. Unterhalb
desfelben fanden (ich wiederum Ueberrefte von einem
Begräbnisplatz. Viele der Fundgegenftände zeigt man
im Mufeum zu Roveredo. Zum Be weife, dafs auch
diefe Stadt auf den Trümmern einer bedeutenden
römifchen Niederlaffung nacb und nach erwachfen ift,
führt Orfi S. 19 eine Menge Fundfteller) in ihrem
Weichbilde und der n.ichiten Umgebung auf, welche
eine reiche Ausbeute ergaben und den Grund zum
ftädtifchen Mufeum legten. Die Gegenftände gehörten
zum Gebrauche des gemeinen Volkes und nur wenige
beftanden aus Silber und Gold Ringe mit gefchnittenen
Steinen . Ueber die Infchriftcnfteine vgl. Mommfen
V. Bd. Da der alte Ort an der Mundung eines Neben-
thales, Valarfa lag, fehlte gewiß nicht ein Caftell, dem
das heutige Schloß von Roveredo mit feinem eigen-
thuinlichen Rundthurme vielleicht auch fein Entliehen
verdanken dürfte. Die vielen aus Valarfa flammenden
Münzen, von Xero bis Commodus weifen auf einen
alten Verbindungsweg nach Vicenza hin.
Die jüngere Straße von Sarnis herauf vertheidigten
mehrere, heute leider ganz verfallene Burgen, wie z. B.
in Chizzola, San Giorgio, Brentonico und Albano
heute Maria monte Albano. bei Mori. Hier begegnen
wir wiederum einer Ortfchaft, um welche herum von
Zeit zu Zeit reichliche Ausgrabungen gemacht wurden.
So unter anderen an den Stellen al Colombo und al
Perghen. Bei Mori zweigte eine Xebenverbindung ab
über Loppio, Nago, Torbole, Riva. Unter der Burg
Loppio fand man drei filberne Eingerringe, von denen
einer auf einem Steine einen Anker zwifchen zwei
Fifchen zeigte und wohl fchon auf eine chriftlich-
römifche Anfiedlung hinweift. Im nahen Thale von
Gardumo mit den Burgen San Giuftina und Grefta
wurde im Hauptorte felbft ein Achat mit einem
Hermes vor dem Altar entdeckt. Panone lieferte
Töpfe mit vielen Münzen, ähnlich wie das Schloß
Xomelimo und der Begräbnisplatz auf dem Gute des
Herrn Vettari in Manzano, wo fich Antoninus Pius
bis Valens vorfanden. In Chienis-Ronzo gab es Ringe
mit Steinen und Armbänder. Neben der Feftung von
Xago kam 1880 ein reichhaltiger Begrabnisplatz zum
Vorfchein, und es konnten viele Lampen, Schalen,
Krüge und Fibeln gefammelt werden ; viele befinden
lieh im Mufeum zu Roveredo. Das über Xago ftehende
Schloß Penede wollen Einige in Beziehung mit dem
einftigen Beftande eines Tempels bringen : penes aedem.
In Torbole ließen fich bisher nur Münzen der Republik,
auffinden. Riva hatte eine zu gunllige Lage hart am
Gardafee, dafs es nicht fchon die Römer zu einer
großartigeren Niederlaffung angelockt hatte. Zeugen
hiefür find mehrere auf der Nordfeite des Rathhaufes
eingefetzte Infchriftenfteine ; ferner die um 1821 aus-
gegrabenen pyramidenförmigen Leichcnfteinc mit
allerlei Gefäßen und einer durch das Bildnis eines
römifchen Kaifers ausgezeichneten Kupfermünze,
welche die Infchrift: Divus Auguftus Pat. trug. Hier
gab es ein Caftell: Theodofio, an welchem bei deffen Ab-
tragung im Jahre 1859 Goldmünzen von Theodofius I.
und Valens fich vorfanden, fowie eine Infchrift, wo
von erfterem die Rede war und der Thurm feine Be-
nennung herleitete.
Die nächfte Umfriedung der nun niedergeriffenen
St. Caffians-Kirche (bei Riva) barg eine Begräbnisftätte
von Vornehmen, wahrend eine Iblche von gemeinen
LXIII
Leuten bei San Giacomo entdeckt wurde, wo uralte Be-
feftigungsmauern geftanden haben follen. Aus ai Campi
fuhrt Momntßn V. Bd. mehrere Infchriften auf. Beim
Grundgraben der Kirche zu Varone wurden im Jahre
1X75 unter mehreren anderen Gcgenftänden auch drei
Bronzeftatuen ausgegraben. Arco leitet feinen Namen
ohne Zweifel von der ftets darüber thronenden Burg
her, in der man neblt Münzen auch eine Infchrift fand,
aus welcher hervorgeht, dafs dafelbft ein Tempel der
Göttin Victoria und Tutelina mit einem Priefter-
collegium (von Seviren) beftanden hatte. Dem Lauf
der Sarca entlang weiter nördlich wandernd erreichen
wir bald über Ceniga hinaus das Dorf Dro, aus welch'
beiden Münzenfunde bekannt find, in der Sifinius-
Kirche des letzteren auch ein Leichenftein. [Motntnfen
V. Bd.) Hier dürften fich auf Grund verschiedener
Entdeckungen zwei Verbindungswege gebildet haben,
von denen der eine dem Fluß folgte, der andere rechts
über ein Mittelgebirge fich zog, bis fie hinter dem
See Toblino wiederum zufammentrafen. Das hier auf
einer Halbinfei aufragende Holze Schloß ruht wahr-
fcheinlich aufrömifcher Grundlage: ein Stein, der von
einem Tempel fpricht: Tatis Fatabusque ift noch da.
Tommfen V. Bd.)
Noch weiter die Sarca verfolgend kommend wir
in das uns bereits bekannte Judicarien, wo die Stoni fo
frühe befiegt wurden. Die Hurgen von Stenico, Grafilia
bei Berfone, nun zerftört, Baftia, Caramala, zwei bei
Cimego, eine ob der Pfarrkirche, die andere in Caftello,
Bocca di Genova, Caftel Maffimo, Caderzone, Feluco
gelten allgemein als Punkte, welche die Römer be-
teiligt haben und zwar auf beiden Thalfeiten. Bei
Contino fpricht man von einem „Caftel Romano" und
einer „Bocca pagana". Im Schloß Stenico zeigte man
noch vor wenig Jahren einen Stein mit der Infchrift :
M. Belli :us Vet. Leg. XXX V. V. S. Suis. Bei
St. Stephan im Rendena-Thal nennt man eine Stelle:
„Sopra caftello" und rings um diefe Kirche gab es eine
große Menge von maffenhaften Steinen, die von nichts
anderem als von einer Befeftigung herrühren können.
Ins Etfchthal wiederum zurückkehrend, laßt fich
\ ermuthen, dafs von Roveredo ab auf beiden Thalfeiten
Verbindungswege weiter fortgeführt waren. Ob man
die ältefte Straße am linken oder rechten Flußufer,
wenigstens bis Calliano, alfo ungefähr die Hälfte
Weges bis Trient, gebaut hatte, dürfte wohl fchwer
zu entfeheiden fein; denn Baurefte und andere Funde
fcheinen hier wie drüben gleich bedeutungsvoll zu
werden. Am linken Ufer begegnet uns zunächft in
Volano die eigenthümliche Benennung eines Hügels,
nämlich: Deftor (ad decem turres). Da ftand alfo eine
Befeftigung mit 10 Thürmen. Auf allen alten Karten
ill ein Caftell immer angegeben und heute noch findet
man Spuren von machtigen Grundmauern in uralter
Anlage und Bruchftücke von Ziegeln. Infchriften bietet
der V. Bd. v. MomniJ'cn. Um das Schloß Befeno und in
demfelben förderte man mehrere Münzen an das Tages-
licht, obgleich hier keine römifche Vefte angenommen
wird; es liegt aber an der Mündung des Nebenthaies
Folgaria. Nicht ferner liegt das Caftel della Pietra.
Aehnliches gilt von der nun in jüngeren Formen erhal-
tenen Burg über Matarello nahe bei Trient.
Am rechten Etfchufer vonRoveredo aus wandelnd
verdient das durch viele Funde bekannte Ifera unfere
Aufmerkfamkeit; es ift befchützt durch zwei Burgen:
Prataglia (heute Predaglio) und Caftel Corno; wenig-
ftens beruht erftere aufrömifcher Gründung, wie eine
Tuniba und Münzen nebft anderen Entdeckung* n
darthun. Solche kehren auch in den Orten Lenzini. 1,
Marano, Braniolino (das campo pagano) und Sevignano
wieder. Ob auch einzelne Grundmauern der nahen
Burgen Nagaredo, Caftelenovo und Caftellano römifch
find, hat man noch zu wenig unterfucht. Wir kommen
nun nach Chiofole oder einer kleinen Claufe, zu
welcher von dem hoch darüber thronenden Caftel-
Barco bis zur Etfch eine durch einen Thurm verftärkte
Mauer fich herabzog, fo dafs die Straße, welche von
Trient herabführt, ein Thor paffiren mußte. Die in
Nähe aufgetauchten Ziegel und Münzen (von Auguftus
bis Probus) lallen auf die Wahrfcheinlichkeit fchließen,
dafs bereits zur Römerzeit irgend eine Befeftigung
hier beftand, welche dem Mittelalter zu Gute kam.
Ueber den durch Steinfärge berühmten Ort Nomi
hinaus flößen wir bei Covelo wiederum auf eine Art
Engpaß mit Reften fehr alter Verfchanzungen. Endlich
an Romagnano vorbei, von wo nach Motntnfen V. Bd.
eine Lampe herrührt, in die Nähe von Trient vor-
rückend, zeigen fich uns auf dem Landgute Catturana
hart unter denn Waffcrfall von Sardagna deutliche
Spuren eines Begräbnisplatzes und Infchriften, die fich
auf die Mithras-Verehrung beziehen.
In Trient vereinigten fich die beiden aus dem fo
eben befchriebenen und nun „Legarthal" genannten
Landestheile. Franz Ranzt, Bauunternehmer, notirte
fich alle wahrend feiner 30jährigen Thätigkeit an vielen
Ilaufern Trients vorgenommenen Umbauten und Stra-
ßencanälen und kam zu einem fehr intereffanten Reful-
tatc für Beftimmung der Anlage feiner Vaterfladt unter
den Römern. Deren Baurefte lagen 4 — 5 M. unter dem
heutigen Straßenboden. Dies gefchah in Folge einer
großen Feuerbrunft und der Ueberfchwemmungen von
Seite der Etfch und des Ferfinabachcs. Letzterer floß
urfprünglich gerade da an der Stadt vorbei, wo jetzt
die füdliche Mauer vom Schiffe des Domes fich hinzieht.
Ranzt veröffentlichte 1869 bei Monauni eine Brofchüre
mit Plänen über alle feine Beobachtungen, welchen
auch wir in unferer Illuftration (Fig. 1) folgen. Da
zeigte es fich, dafs die Romer an beiden Ufern der
Etfch ein befeftigtes Lager angelegt und jenes am
linken Ufer mehrmals vergrößert haben. Das kleinere in
Rechtecks-Form, wo die doppelte Breite deffen Lang-
ausmacht, fand fich hart an der Südfeite des Verruca
Hügels, in der gegenwärtigen Vorftadt Piedicaftello.
Die örtliche Mauer zufammenfallcnd mit dem Chor-
fchluß der St. Apollinaris-Kirche war 240 M. dick und
beftand aus Kalk- und Kiefelfteinen von mittlerer
Größe und verfchiedener Form abwechfelnd mit
Ziegeln. Diele letzteren waren 45 Cm. lang, 30 breit
und 10 dick. Alle diefe Materialien verband ein Uhr
fefter Mörtel gemifcht durch kleine Ziegelftückchen,
wie zu einer ganzen Malle. An der füdöftlichen Ecke
des Lagers, jetzt bereits im neuen Etfchbette, fpricht
unfer Gewalusmann von einem größeren Gebäude,
welches wie ein ähnliches an der diametral gegenül
liegenden nordweltlichen Ecke zum Schutz eines
Thores diente. Diefes Lager hatte fomit zwei 1 höre.
Die füdweftliche Ecke vertheidigte ein kleinerer Thurm,
welcher aus fchönen Haufteinen, die aber mit Zi<
i *
LXIV
in oben genannter Größe wechfelten, lehr folid erbaut
war. Auf der Höhe des Schli Dos Trento be-
merkte Kaua eine Menge von Mauerreften, Stücken
von Ziegeln und Tutfftein, und zwar nahe am Rande
aller Seiten, ausgenommen die weltliche. Es müßen
nach feinem Urtheile weitläufige Gebäude hier be-
fanden haben.
Am linken Flußufer, füdöftlich dem befchriebenen
nüber, entftand ein zweites an Form und
Größe ähnlich, mit der nördlichen Schmalfeite an die
Etfch ftoßend und durch eine Brücke über diefe mit
erfterem verbunden Bereits auf der Peitinger'fchen
Tafel tritt Trient mit Mauern umgeben auf, was nicht
bei allen romifchen Städten Italiens angegeben er-
beiläufig mit 10 M. im Durchmeffer, fpringen nach
außen an den Mauern nicht vor, nur zwei 27, 28
machen eine Ausnahme. Sie haben Quadratform, aber
einer 1 ilt ganz und ein anderer (2 zur Hallte rund.
Ranzt fuhrt im Ganzen nicht weniger als 33 Thürme
auf. Mehrere davon erhielten lieh bis heute, wie Nr. 1,
2, 7, 9, 12, 16, 30, 31, 33. Die zwei letzteren wohl nur
in fpäterer Erhöhung. Die intereflanteften find 1, 2, 30.
Starke der Mauern wurde bis 2-50 M. gefunden;
fie waren aus meift großen regelmäßigen Kalkftein-
quadern abwechfelnd mit Ziegeln aufgeführt. Letztere
haben eine Länge von 0*59 M. bei einer Breite von 044
und Dicke 06 M. Krieg von Hockfelden will dielen
Wechfel von Baumaterial nicht romifch finden, doch
Fig. 1. (Ti
fcheint. Die Richtung der Mauern und die Grundfeftcn
von 16 Thürmen an und innerhalb derfelben konnte
Ranzt mit Sicherheit verfolgen. Die Sudfeite der
Stadt reichte bis in den heutigen Domplatz hinein, da
bog fie fich in deffen Mitte rechtwinklig und fall mitten
durch die contrada larga, lief fie genau auf den Glocken-
turm des Priefter-Seminars und bis zur Etfch hin, wo
es keine Mauern, fondern nur Thürme zur Verthei-
Vgl. Fig. I, A). Oeftlich kam in der Folge
ein gleich langes, aber breiteres Rechteck und endlich
ein kleineres der Quere nach mit 3 — 4 Thürmen an
der Südfeite hinzu, fo dafs der jetzige Dom in d( (Ten
Mitte lieht (Vgl. Fig. 1, B, C). Die Thürme, jedei
hier fcheint er unleugbar vorgekommen zu fein. Thore
glaubt Ranzi mit Recht fechs annehmen zu können,
nämlich auf unferer Illuftration bei Nr. 10, 11, 27, 24,
21, 35. Endlich wäre zu bemerken, dafs die Römer
auch gegen Often die Stadt außerhalb des La;
befeftigt haben, und zwar durch ein Caftell auf einer
kleinen Anhöhe, wovon fich noch ein mächtiger Rund-
thurm im Schloß di buon configlio erhalten hat (Vgl.
Fig 1, Nr. [), Von diefem Caftell aus zieht fich eine
weitere Umfängsmauer in Form eines verfchobenen
Halb- fall Dreiviertelkreifes um die erweiterte Stadt.
Sie kann auch noch von den Römern herrühren, oder
doch von Theodorich, von dem wir Witten, dafs er
LXV
„Trient mit Mauern umgeben" hat; auf unferer Illu-
llration ift diefe Mauer durch Punkte angedeutet.
Wollten wir im Vorbeigehen noch anderer römifcher
Baudenkmale gedenken, fo wäre das Amphitheater
anzuführen. In der Nahe derSt. Magdalena-Kirche (nun
Caferne), fand Baron Crefceri um 1750 nicht weniger
als 22 Häufer fo an einander gereiht, dafs fie die
I fälfte einer Hllipfe bildeten (Fig. 1, E). Aus diefer
Lage und den darunter ans Licht tretenden maffen-
haften Grundmauern und hohen Stulln nebft Thier-
knochen, welche Ranzi fand, fchloß man nicht mit
Unrecht auf das einftige Beftehen eines folchen
Gebäudes, wofür die Romer in jeder größeren Stadt
nicht unbedeutende Vorliebe bezeigten. Auch auf
einen Mofaik-Boden (ließ man unter dem Haufe des
Apothekers A. Santoni, beftehend aus weißem, rothem
und fchwarzem Marmor. Momtnfen führt aus Trient
nicht weniger als 40 Infchriften auf.
Auch die höhere örtliche Umgebung von Trient
dürften die Romer befeftigt haben. Dahin gehört die
„Oltre caftello" genannte Gegend oberhalb Povo,
wo Viele eine fehr alte Burg zumSchutze des Ueber-
gangs in Suganathal vermuthen. Uen Hügel San
R.OCCO mehr gegen Süden, wo heute wiederum ein
Fort fich erhebt, haben die klugen Eroberer des
Landes kaum außeracht gelaffen. Seine Lage ilt zu
fehr herausfordernd; an feinem Fuße wenigstens fieht
man noch vielleicht das alte Gemäuer, „Covelo" ge-
nannt. Hier fuhrt ein Verbindungsweg durch das kleine
Nebenthal Valforda-Vattaro an Valfugana vorbei zu-
nächft nach Vigolo, mit einer uralten Burg gleichen
Namens und hundert von römifchen Gräbern und
Münzen.
Die wichtige Nebenltraße ins Sugana- oder
Brentathal, welche eine Hauptverbindung mit der
venetianifchen Provinz der Römer bildete, ging wahr-
scheinlich unmittelbar vom Caftell Bon-Configlio in
Trient aus und gleich bergauf über Cognola, Civezzano,
wo ein fchöner Kopf aus Thon in Naturgroße gefunden
wurde, Pergine, Tenna (Fundort eines „Meilenfteines"
Momtnfen V. Bd.), Levico (mit einer Infchrift) nach
Anfugum oder dem heutigen „Borgo." Nach der
Angabe des Itinerarium des Antonin von 30 Meilen-
Entfernung (von Trient) wäre diefe Station näher
beim fogenannten „Marter" gelegen gewefen. Hier gibt
es durch die Natur (Gebirg und einen nun ausgetrock-
neten See) eine zu weiterer Beteiligung fehr geeignete
Stelle. Die Römer bauten da „zwei mächtige Vierecks-
thürme", zwifchen welchen die Straße durchging, und
einen kreisrunden etwas näher gegen Roncegno. Von
elfteren erhielten fich karge Ueberrefte, letzterer mit
einem Durchmeffer von 6 M. ilt theilweife erhalten und
aus Granitquadern aufgeführt. Ringsum entdeckt man
Bruchftücke von Mauern, z. B. beim Friedhof von No-
valedo und Infchriften bringt Mommfen Bd. V. Ob der
Name: Marter an Mars oder an etwas anderes erinnert,
ill noch nicht feftgeftellt. Gegen und über das heutige
Borgo hin liehen die Burgen Tefobo, Montebcllo,
San Pietro und Telvana. Eine von diefen foll einft
nCaftel Ncrva" geheißen, fomit eine acht römifche
an Kaifer Nerva erinnernde Benennung gehabt haben.
Merkwürdig ift, dafs man nicht weit vom Gipfel des
Berges oberhalb Roncegno, in der Gegend „Frauwart"
genannt, die Spuren einer fchön gepflafterten Straße
findet. Möglich, dafs lieh die Römer zwifchen ihrem
wichtigen Anfugum und Tridentum auch über das
Gebirge hin eine Verbindung fiebern wollten.
Unterhalb Borgo i" 1 Grigno, an der Ausmündung
eines gleichnamigen Nebenthaies gelegen und durch
eine Burg befchützt, wendete fich die Straße nach
Mommfen links über die Gebirge in kürzefter Linie nach
Feltria (Feltre), deffen Entfernung von Anfugum auf
28 M. angegeben wird. Andere meinen, dafs lie doch
der Brenta folgte über Ospidaletto, einer Fundllelle
von römifchen Gräbern und reichlichen Beigaben,
durch den langen Engpaß nach Primolano wie heute
fich fortfetzte und von da erft links nach Feltria fich
wendete.
Von Tridentum bis Pons Drufi • Bozen) XL M., bis
Endide (Neumarkt) XXIV M. Der Name des erften nur
'/2 Stunde von Trient entfernten Ortes: Gardolo er-
innert an eine Warte oder einen fogenannten Krcide-
thurm (Hilferuf) zwifchen Verruca und Vifione auf
der Rochetta. Zudem fand man hier einen Ziegel mit
der Infchrift: Locei aresis. Im hoher gelegenen Menno
kamen die Trümmer eines Tempels der Gottin Mania
und ihr Bildnis zum Vorfchein. In dem nur eine Stunde
entfernten Lavis wurden befonders an der Stelle „dei
Sorni" viele Münzen entdeckt; doch eine Burg, hier
am Eingange ins Cembra-Thal, kennt man nicht ein-
mal dem Namen nach mehr. Der nächfte Ort Sanft
Michele ilt wegen eines gräberreichen Todtenfeldes
bekannt.
Hier müßen wir über Mezzo-Tedesco und Mezzo-
Lombardo, beide ebenfalls wegen Gräberfunde bemer-
kenswerth, einen Abftecher in das an Funden noch
reichere Nonsthal (Nonsberg) oder Anaunia der Romer
machen. Die alte Straße längs des Berges hinterMezzo-
Tedesco ilt heute noch als „die Römerftraße" bekannt.
Bald kommt man zum Fnpaß Rochetta, über welchem
rechts hoch oben ein Vierecksthurm zur Hälfte noch
fleht; er führt den Namen Vifione (Ausfichtspunkt) und
gilt allgemein für ein Römerwerk. Vielleicht war auch
jene Burg im Engpaße felbft, welche durch das ganze
Mittelalter in der Nähe des heutigen Forts Hand, als
folches anzufeilen. Gleich hier liefen zwei Verbindungs-
wege über die Mittelgebirge hinführend auseinander. Die
uns zunachft begegnenden Orte find links Crefino und
Dercol (deo Erculi) mit prähiftorifchen und römifchen
Funden, und etwas hoher die Burg Beiali mit ihrem
fünfeckigen Bergfried, nach unferem Dafürhalten ein
römifches Werk. Von da geht es über eine fchöne
Hügelgegend hin bis zum Hauptort Cles. Es reiht
fich heute noch Dorf an Dorf und fall in jedem find
Erinnerungen an die römifche Herrfchaft ans Tag
licht gekommen wie Graber, Münzen, Statuetten und
Schmuckfachen, z. B. in Lovere, Campo di Denno (in
deffen Burgruinen eine ganze Gruppe von Bronze-
Statuetten, auch von einem Apollo), Denno, Flavon,
Nan (laut feines Namens einftiger Hauptplatz der
Anaunia?), Burg Valer mit achteckigem Römerthurm,
Tueno,Tafullo, Mechel und Cles mit feinen großartigen
fchwarzen Feldern, die fo reiche Ausbeute in jeder
Beziehung gaben (vergl. Mitth. d. k. k. Centr.-Comm.
n. F. [869, S. 153). Den Weg von der Burg Valer zur
Burg Cles nennt das Volk gegenwärtig noch „die
Römerftraße". Somit hätten wir vielleicht mitten durch
das Thal eine dritte Verbindungslinie zu fuchen. Seibit
LXVI
in dem links fich hinziehenden Sulzthal Val <li S
mit feinem Uebergang mons Tonale in die Lombardei
len Romerfunde gemacht, wie in Mali.-. Mons-
claflico, Dimaro, Offanna. Weiter über Cles hinaus ilt
vor anderem der Glockenthurm in Revo als römifche
Warte bekannt, während Rumo, Clotz, Callelfondo
und Fondo beinahe am Abfchluß des Xonsberges, wie
fchon der Name andeutet, mit feinem Uebergang Gam-
pen nach Maja wegen anderer Fundgegenftände einen
Namen haben. — Kehren wir auf das linke Ufer des
Thalbaches zurück, fo begegnet uns bald die Kirche
Romeno mit einem Römerfteine und einem Satur-
nus Altar, worauf der alte Ortsname Lumennum ftand.
Die romanifche Bartholomäus-Kirche außerhalb des
Dorfes enthält fogar Baurteine mit Infchriften. Aehn-
liches gilt von Sanzeno, Tavon. Coredo. Die Burg
Brughier befitzt mehrere Infchriftfteine in ihrem Innen-
hofe. Das bedeutend höher gelegene Vervö lieferte
nicht weniger als acht Altar-Steine Jupiter, Mercur,
Venus u. f. w.] In der Burg gleichen Namens fanden
fich erft vor wenigen Jahren noch Schmuckfachen aus
Gold, bei deren Suchen aber die Baureife ganz un-
kenntlich gemacht wurden. Von da zog fich die Römer.
Itraße, deren Spuren man noch in jüngfter Zeit ver-
folgen konnte, hoch im Gebirge hin, vorbei am Schlöffe
Thun, ausgezeichnet durch Vertheidigungs - Thürme,
welche in ihren Unterbauten für römifch gelten, weiter
zur uralten Burg San Pietro mit hohem mächtigen
Rundthurme und endlich in der uns bekannten Vifione
und dem Rochetta-Paß ihren Abfchluß findend. Ueber
mehrere Infchriftenfteine fieh Mommfen V. B. Durch
viele Caftelle muß fich das Nonsthal fchon früher aus-
gezeichnet haben, denn Bifchof Vigilius von Trient
fchreibt 597, dafs der Ort, wo feine Glaubensboten
Sifinius und Genoffen den Martyrtod fanden, rings von
Burgen umgeben gewefen fei (castellis undique poMti-
in coronam).
Auf der Weiterwanderung durch das Hauptthal
Südtyrols weiß uns gleich die Volksfage zu melden,
dafs die Römerftraße von St. Michele an der ftattlichen
Burg Königsberg mit fünfeckigem Bergfried und dem
Dörfchen Faedo vorbei über den „Geierberg" fortge-
führt worden fei; denn die alles wohl berechnenden
Landeseroberer hätten die fumpfige Thalebcne der
Etfch forgfältig gemieden, um nach Salum zu kommen.
Ueber diefem Orte ragt auf einer freien Felfenfpitze
die fogenannte Hadernburg noch in ihren Ruinen
großartig empor. Am hohen Thurme fanden wir nur
wenige Spuren von Eckquadern mit der Ruftica oder
dem Randbefchlag nach römifcher Sitte und über-
haupt nur an einer hohen Untermauer eine tüchtigere
Ausführung, welche übrigens auf diefem uneinnehm-
baren Orte auch nicht fo geboten war. An die Nieder-
laffung der Romer in Salurn erinnern neuerdings die
in diefem Jahre gemachten Funde am fogenannten
„Galgenbuhel-, nicht fern von einer Claufe, „auf der
Schanze- genannt, ein feit der Völkerwanderung her
wichtiger Poften, deffen fich gewifs auch die
Romer frühzeitig gefichert haben.
An die nur 2 Stunden entfernte römifche Station
Endide, an der Stelle des heutigen Neumarkt, erinnern
noch drei Burgen, welche Refte von den maßigen
Schutzcaftellen diefer Niederlaffungen in fich bergen.
nd die Burgen Kaldiff, Caftelfeder [castellnm vetus
oder foederis undEnn an Kndide deutlichlt mahnend
1 tiefes ilt noch in guten Zuft ande und da fanden w ir
felblt an einem Nebengebaude mehrere Quadern mit
der Ruftica. Diefe faft ficheren Kennzeichen römifcher
Herkunft an Gebäuden folideren Ausfehens entdeck-
ten wir auch an den Grundmauern der Burg Kntiklar,
welche durch zwei Thürme ausgezeichnet war. Sie
' am rechten Ufer der Etfch und beweift, dafs auch
dort eine von Caftellen befchützte Straße bei Salurns-
Claufe abzweigend über die Hügelgegend am Fuß des
delgebirges bis Pons Drufi führte oder vielleicht
auch unmittelbar bis nach Maja. Der Hofraum des
Pfarrvidums in Kurtatfeh, eine imponirende Anhöhe
einnehmend, ift die Fundftelle jener Mercur-Statue,
welche man im Mufeum zu Trient bewundert. An der
Melle der nahe dabei erbauten Vigilius-Kirche ftand
wahrfcheinlich ein Caftell entfprechend jenem auf dem
nannten Caftlozerbühel im nahen Tramin, wo wir
als Grundform ein abgeftumpftes Rechteck finden.
Daran reiht fich Altenburg mit Reden einer wirklich
alten Burg und Gräberfund; der Glockenthurm zu
St. Anton in Kaltem mit vielen Ruftica-Quadern und
einer ihm nahen Entdeckung von Gräbern und
Schmuckfachen. In der nahen Gemeinde Eppan find
es die Thürme von Freudenftein, fowie einer zweiten
Altenburg. Ilocheppan in Fünfecksform „und deffen
viereckigem Burgftall".
Drufus fchlug bei der Eroberung des Landes wahr-
fcheinlich bald oberhalb Endide, bei Auer, nächft dem
durch prähiftorifche Funde bekannten Stadihof eine
Brücke über die Etfch und zog durch einen Einfchnitt
des Mittelgebirges, fpäter befchützt durch die Burgen
Laimburg und Leuchtenburg, (letztere gleich einer
Ellipfe gebaut] über Kaltem und Girlan herauf, um die
rätifche Veite Formicaria oder das heutige Sigmunds-
kron zu nehmen, einen wichtigen, weit ins Thal vorge-
fchobenen Punkt mit freier Ausficht von Endide bis
Maja. Ein hoher Vierecksthurm und manche Mauerrefte
auf der Spitze des weitläufigen Schloßberges dürften
der Zeit feiner erften Eroberung durch die Römer noch
nahe flehen. Andere Erinnerungen bieten verfchiedene
Funde, darunter auch ein Hermes im Mufeum zu Inns-
bruck. Zum weiteren Vorrücken bot die Breite der
Etfch keine Schwierigkeiten, wohl aber die umliegenden
Sümpfe. Hier mußte fomit bis zum heutigen Moritzing
oder Gries eine derartige Brücke hergertellt werden.
wie fie Cäfar in feinem bello gall. 7, 58 befchreibt. Man
fcheint fie wirklich hoch gefchätzt zu haben, weil, wie
oben bereits bemerkt, das nächfte Lager fogar von ihr
den Namen Pons Drufi annahm.
Für diefes befertigte Lager wurde nach Architekt
Vetter in Karlsruhe und P. Flavian Orgler eine fehr
paffende Stelle ausgewählt, nämlich zwifchen der Ver-
einigung zweier Flüße : der T alfer und des Eifacks. wo
heute lieh Bozen ausbreitet. Dasfelbe bildete ein unge-
fähr 250 M. langes Rechteck mit einem Drittheil des-
felben als Breite und war von Werten nach Orten ge-
richtet. Thore gab es je eines an jeder Schmalfeite
und zwei kleinere an der Längenfeite, nicht ganz in der
Mitte, fondern mehr gegen Orten. Nach dem heuti
Plan der Stadt Bozen nahm das Römerlager nur die
Laubengafle ein, fo dafs die Silber- und die Karncr-
gafle als Graben dienten. Vor den Hauptthoren lag
ortlich der Dreifaltigkeit- und wertlich der Obftplatz.
LXVII
Von den Maliern illkauin mehr eine Spur zu entdecken,
außer etwa ihre Flucht den Häufern entlang in
den genannten Gaffen; von den Thürmcn, welche in
größerer Zahl vorhanden waren, dürften Ueberrefte an
einem Haufe in der Gummergaffe mit einzelnen rohen
Rufticaquaderfi u\-\i.\ im v. Zallingerhaufe (KarnergafTe)
anzufehen fein. Ein inneres Nebenthor in fpäterer
Umgeftaltung lieht man in der Waaggafle. Obgleich
lieh die Form der Stadt genau nach diefer römifchen
Mauereinfaffung bis linde des [3. Jahrhunderts erhielt,
wo fie nämlich Meinhard II. 1290 niederwarf, fo macht,
man dennoch keine weiteren Funde, was wohl auf eine
bedeutende Erhöhung des Bodens mit Recht fchließen
laßt, wie in Trient. Tief in den Kellerräumen fließ man
öfter au\ Mauerrefte, welche aber leider noch nie naher
unterfucht wurden.
Auch weiter herum fcheinen Befeitigungen ange-
legt gewefen zu fein. Auf dem nahen .,Virglberg" läfst
man die lehr alte Burg Weinegg auf den Ueberreften
eines Romercaftels entstanden lein; die Lage fpricht
für diele Anficht lehr überzeugend. Zunächft vor der
Siidfeite des Pons Drufi lag die Burg, der Wendelftem
genannt. Beim Abbrechen desfelben, um das Capu-
cinerklofter zu bauen, zeigte deffen Thurm (nun unter
der füdweftlichen Fcke des neuen Gebäudes) fehr
maffive Mauern und es koftete große Mühe, ihn zu
brechen. An der Franciscaner-Kirche, nördlich vom
römifchen Lager, entdeckt man mehr als ein Dutzend
Buckelfteine eingemauert; fie flammen ohne Zweifel
von einem nahe geftandenen Thurm her. Weiter nord-
weftlich, hart an der Talfer, begegnet uns eine andere
Veite, nämlich Maretfch, jetzt tiefliegend, nach älteren
Chroniftcn aber einft auf einer Anhöhe fliehend. Ihr
1 Iaupttliurm gilt als römifches Werk; er ift ähnlich aus
Porphyrkugeln erbaut wie die uns nächll begegnenden
Thürme in Gries. In der Nähe muß eine Brücke über
die Talfer beftanden haben , denn der Name der
Gegend hüben und drüben: „Ponteis, Ponteifer-Lege"
erinnert daran.
Der Abfchluß der Drufusbrücke im gegenüber-
liegenden Gries fcheint befonders befeftigt gewefen
zu fein. Nahe dem jetzigen Glockenthurme des dor-
tigen Klofters ftand noch im vorigen Jahrhunderte ein
anderer gleich machtiger Thurm mit erfterem durch
eine Mauer verbunden, in welcher ein Thor lag, fo dafs
das fpäter hier gebaute Chorherren-Stift den Namen
..dti porlant clau/am* führte. Beim Baue der neuen
Stiftskirche (1789) fließ man beim Niederreißen diefes
zweitenThurms auf viele als „römifch" erkannte Mauer-
refte. Früher hieß diefes Thor mit feinen anftoßenden
Gebäuden die Burg Pradein (nach Einigen von Prae-
diurn = Landgut, nach Anderen von : Praefidium Tibe-
rii . Der noch flehende mächtige Glockenthurm ift über
großartigen Gewölben aus vierfachen Schichten großer
Porphyrkugeln aufgeführt, welche regelmäßig gela-
gert find.
Wir vermuthen, es könnte hier in Gries. in diefer
noch mehr als bei Trient ausgedehnten Thalebenc, wie
dort ein zweites befeftigtes Lager jenem an der Stelle
vm heutigen Bozen gegenüber beftanden haben.
Thatfachc ift, dafs man überall in Gries naher dem
Gebirge uralten Maucrrellen und Gewölben begegnet,
wenn etwas mehr in die Tiefe des Bodens gegraben
wird, was auf eine weitläufige Verbindung hindeutet.
Auch römifche Münzen und ein 2 M. tief liegendes
Straßenpflafter bei Grundgrabung des Curhaufes 1
find gefunden worden.
Man erzahlt alteren (ielchichtslVhreibern na< h,
dafs dieles Präßdium Tiberii mit Mauern umgeben
war und fünfThore hatte. Befonders fcheint man beide
Lager gegen die Mündung des Sarnthales hin ftark
und vielfach befeftiget zu haben. Davon haben fich
neblt verfchiedenen Mauerreften zwei höchfl merk-
würdige Thürme erhalten. Einer fleht von jenem an
der Klofterkirche '/4 Stunde entfernt auf einem kleinen
Hügel, genannt der gefcheibte Thurm d. h. der runde,
nach feiner kreisförmigen Anlage. Der Thurm erfcheint
anfehnlich groß, hat ungefähr 30 Schritte im Umfa
und fteigt ohne Verjüngung zu einer bedeutenden
Höhe empor. Er hat keine einzige Lichtfchlitze, fondern
nur auf dem Drittel der Höhe vom Boden eine etwa
1 M. breite und 2 M. hohe rundbogige Oeffhung als
Eingang. Das Mauerwerk ill aus den Porphyrkugeln
des nahen Talferbaches aufgeführt. Diefe liegen durch
Mörtel kraftig verbunden in fo genauen wagrechten
Schichten aufeinander, dafs man fie von unten bis oben
ohne Mühe zählen kann. Die Dicke der Mauer beträgt
etwas mehr als 2 M. Das Innere theilen Balken mit
Bretterboden in mehrere Stockwerke. Das Ganze ift
ein Prachtwerk von Maß und Vollendung. In einem
vermauerten Loche fand fich eine kleine Bronzefigur.
Der zweite, ähnlich folid, ja noch feiner nach
römifcher Art aufgeführte Thurm fleht tiefer in der
Thalmündung an demfelben (rechten) Bachufer, auf
einem vielleicht fpäter herabgeftürzten großen Felsblock
und bildet heute den Bergfried des kleinen Schloffes
Ried. Er ragt in Vierecksform ziemlich hoch empoi
und beliebt aus fall: gleich großen, fleißig bearbeiteten
Werkft.ücken, welche alle ausnahmslos die Ruftica mit
feinem Randbefchlag zeigen und fo der ganzen Außen-
feite ein zierliches Ausfeilen geben. Wahrfcheinlich
trug auch der ftark vortretende und (teile Felfenvor-
fprung, worauf die Burg Runggclltein thront, irgend
eine Beteiligung bereits zu Römerzeiten. Ob auch die
Thürme von Rendlftein (nun mit einer Baumwollen-
fpinnerei verbunden), Klebenllein (heute St. Anton
genannt), die Schutzmauer von (liefern letzteren bis zur
darüber liegenden fehr alten St. Peters-Kirche, fowie
gegenüber Schwalbenftein oder Fingelerfchloß in fo
hohe Zeit zurückreichen, müßen wir einltweilen dahin
geftellt fein lallen. Im Sarnthale felbft beobachteten
wir am hohen Thürme der Vefte Reineck einzelne
Ruftica-Quadern. Welche Wichtigkeit der freien Offen-
haltung des Uebcrgangs über das Pensjoch zu äußerft
in diefem Thale beigelegt wurde, beweift: der Umftand,
dafs (nach Neeb) nicht allein diefer Berg, welcher
Mons Jovis hieß, fondern auch der daranftoßende
[Jovis-] Wald dem Jupiter geweiht und flcts im fo
nannten Banne war, damit die Schneelawinen nicht fo
leicht den Weg verfchütten können.
Von Pons Drufi bis Sublavione, XIII. Meilen. In
Bozen als dem Vereinigungspunkte zweier Hauptthäler
des Landes kann man auch den Auslauf zweier Haupt-
llraßen zurVerbindung mitDeutfchland ohneBedenken
annehmen; doch die Antonin'fche Reifekarte läßt das
Eifackthal bis Sebatum (heute Schabs bei Brixen) ganz
leer. Nun meinen Einige, wie z. B. Graf v. Giovanelli,
in feiner Ära Dianae, das auf der Peiting-Karte
LXVI11
nannte Sublavione wäre ein älterer Name von Maja.
:• i. g[cnd Labers noch daran erinnert, anftatt
i.ajen im Eifackthale. Von Maja hatte fich
tue Straße über den Jaufen iMons Jovis weiter bis
Vipitenum fortgefetzt. Für einen Straßenzug durchs
Eifackthal tritt aber die Benennung und Beilegung der
Anwohner diefes Fluffes (der Ifarci) im Trophaeum
Alpin um und nach Neeb ein Stuck gepflasterter Straße
bei niedrigem Wafferftande des Fluffes nächft der
Bahnftation Blumau auf. Zudem war dort am alten
Zollhaufe lange Zeit ein Meilenftein des Maxentius,
nun im Antiken-Cabinet zu Wien, zu fehen. Verbin-
dungswege führten ohne Zweifel auch über die Mittel-
gebirge an beiden Thalfeiten hin. Da die Burg Zwin-
gendem am linken Lifackufer ganz zerftort ift, fo
ien wir als Beweis für eine Straße die Funde an
deren Ruinen fowie auch jene in Lengftein gelten
laffen. Gegenüber erfcheinen die Thürme bei den
Ruinen von Schenkenberg und Preffels praßdium
mit Funden von Ringen und einem Pofeidon für
römifch, ebenfo wie Spuren von einer gepflafterten
Straße unter der Erde auf dem Wege von Völs nach
Kaftelrut caßellum riiptniii um 9501 mit einem Thurm
auf dem Schloßbühel, der durch fchöne Ruftica-Qua-
dern fich hervorthut. Können auch nicht unerwähnt
laffen, dafs die Mündung eines jeden Nebenthals durch
eine alte Burg mit einem noch alteren Bergfried ge-
fchützt wird. So das Eggenthal, gleich hinter Bozen
durch das Schloß Karneid, Tiers durch jenes in Stein-
eck, Groden durch Trollburg, Villnöß durch die Som-
mersburg mit Buckel-Quadern am Eingangsthurme.
Troftburg mit einem alten freifichenden Thurme über
fich, nach Römerweife gegen den Feind halbrund,
gegen den Berg eckig, diente zugleich als höher
flehende Schutzwehr der darunter bei Waidbruck und
unterhalb Laien fich ausbreitenden Station Sublavione.
Alle anderen Baurefte haben die ringsum herftürmen-
den Gewäffer zerftort, als Erinnerung an Sublavione
bleiben nur mehrere Münzen und ein Stein in der Troll
bürg mit der Infchrift: Deo Ifidi Matri et Soli Socio
sacrum Yalentinus Secundianus votum solvit lubens
merito. Jedoch Albert Jäger und andere Gefchicht--
forfcher lefen: Subfabione und verfetzten das befeftigte
Lager nach Klaufen, alfo unterhalb Säben (Sabione).
Die Lage ift auch hier zu einer Thalfpeere fehr geeignet
und auf Sahen gab es einen berühmten Ifistempel. Hart
am Eifack nördlich von der Pfarrkirche zu Klaufen
ftand bis vor 4 Jahren noch ein maffiver Vierecksthurm
mit Buckel-Quadern und oberhalb diefe- Städtchens ilt
an jenem der Burg Branzoll dasfelbe römifche Kenn-
zeichen bemerkbar. Letzterer hatte den hier allein
liehen Aufltieg zur hoch gelegenen Vefte Säben zu
vertheidigen. Von den oben noch erhaltenen, vielen
Befestigungen legt man dem fogenannten St. Kaffians-
thurm ein hohes Alter bei, befondere Kennzeichen
finden fich aber an ihm nicht. Brixen, wohin wir nun
bald kommen, hat trotz feiner einladenden Lage für
fehr frühe Bebauung u. dgl. nur einen Venus-Rumpf
aus Marmor als Zeichen für römifche Niederlaffung
aufzuweifen. Der Fundort ift am Krahkofel mit einer
alten Burg gleichen Namens.
Bei Schabs trifft der uns bekannte Straßenzug
Cäfars von Aquileja nach Augsburg ein, und hier war
die Station Sebatum, wiederum XIII Meilen von Sub-
lavione entfernt. In Ermanglung an Baureiten \ ..11
diefeni feiten Punkte ilt ein Stück Straßenpflafter im
Stifflerwald oberhalb des Wege- nach Rodanek, wo
wir einen Weiler \"ill villaj und die fehr alte Burg
Rotunch, jetzt Rodaneck finden. Somit ging über diele
Hügelgegend die Römerltraße, auf welcher wir bis zur
nächften Station :
Litamum im Pufterthale X1I1 Meilen benöthigen.
Nach den Ausgrabungen zu fchließen lag Litamum
zwifchen dem heutigen Lorenzen und Pflaurenz, unter
dem Schutze der Burgen Sonnenburg (fpäter Frauen-
klofteri und Michaelsburg. In erlterer fand fich ein
Mofaikboden und unterhalb an der Straße ein cylin-
drifcher Meilenftein, der noch an der Stelle einge-
mauert ift. Er enthalt nach typ. Peskoßa eine lange
Infchrift zum Lobe des Kaifers Antoninus. ( >b die
Römer nicht auch die reizende Lage und Tauferthal-
Mündung durch eine Vefte auf dem Schloßberg des
heutigen Bruneck in Verbindung mit Lambrechtsburg
unter einen Wehrfchutz geltellt haben, dürfte kaum
zu bezweifeln fein. Von Fund- Gcgcnltandcn diefer
Gegend nennt P. Flav. Orgler einen Siegelring mit
einem oblongen Achat, in dem eine Büfte nebft der
Infchrift: Carat eingegraben ift. Vom nicht fernen
Olang und Niederndorf fuhrt Mommfen III. u. V. Bd
Infchriften an.
Eine wichtigere Station war das von Sebatum
23 M. entfernte Agitation, an der Stelle des heutigen
Innichen. Der füdöftliche Hügel daneben heißt noch
die Burg. Laut des Inhalts von ausgegrabenen Steinen
genoß Aguntum auch die üblichen römifchen Rechte.
Venantius Fortunatus nennt fie im 6. Jahrhundert! die
ftolze Hügelftadt und auf ihre Befeftigung deutet der
Ausdruck: castrum bei Paul Diacon Her. Long. IV
c. 11) hin. Von den Infchriftenfteinen kamen die meiften
ins Klofter Seon am Chiemfee, nur ein Meilenftein
erhielt ("ich vor dem Haupt-Portal der Stiftskirche
eingemauert mit halberlöfchter Infchrift: Imp. Mar.
Antoni. Cordianu> XXIII. Mommfen verfetzt Aguntum
an den Devantbach bei Lienz?
Loncium, die letzte Manfion Tyrols erreichte man
nach der Antonin'fchen Reifekarte in XVIII M. (von
Aguntum aus?). Sie breitete fich nordlich von Lienz,
bei Dollach oder von Oberlienz bis Devant aus, wie
Tinkhaufer und Flav. Orgler auf Grund verfchiedener
Funde von Bogengängen, Säulen u. dgl. meinen. Muchar
in feinem römifchen Noricum und Rofchmann in feinen
reliquiae aedf. rom. bieten hierüber intereflänteNotizen.
Ob der hohe Bergfried des Schloffes Brück bereits
unter den Römern als fefter Brückenkopf diente und
überhaupt bei ihm die Straße vorbeiführte, ilt nicht
beftimmt. Xach Trient ilt die Umgegend von Lienz die
reichfte Fundgrube von Antiken in Tyrol. Verbin-
dungswege fcheinen von hier nach allen Gegenden hin
geführt zu haben, wie die Münzenfunde bezeugen. Auch
lieht man nach Tinkhaufer jenfeits des Ifelberges noch
mehrere Stucke Wege-, mit eigens behauenen breiten
Steinen offenbar Rette einer Romerftraße. Ob das alte
Loncium ein Bergfturz nach der Volksfage oder tue
wilden Stamme der Wenden Ende des 6. Jahrhundert*-
zerftort oder beides zufammengewirkt hat, läßt lieh
nicht naher beftimmen.
Xach diefer Abfchweifung zur Straße längs d< -
Eifacks zurückkehrend zeigt die Antonin'fche Karte
LXIX
von Sebatum bis Vipitenum XXIII Meilen und weifl fo
iu auf die Lage des Städchens Sterzing hin. Di<
vielen Wildbäche der Umgegend haben die Reite des
römifchen Lagers hoch überfchüttet; denn beim Grund-
graben der gegenwärtigen Pfarrkirche im Jahre 1497
mußte man den Hoden tief ausheben, bis der noch
an der Außenfeite diefes Gotteshaufes eingemauerte
römifche Grabftein gefunden wurde. Wie vielleicht
Welfenftein an der Straße bei Mauls das Vipitenum
en Ollen fchützte, fo befonders Straßberg gegen
Norden. Es wäre nicht unmöglich, dafs den wichtigen
Höhen, wo fpäter die Burgen Sprech enftein, Reifen-
dem, fowie Marcit und Reifeneck erbaut wurden, fchon
damals eine Bedeutung und Befestigung zuerkannt war.
Der in den Wiener-Sammlungen berühmte Mithras-
ltein ftammt aus diefer Gegend (Mauls).
Von Vipitenum bis Matrejum XXIII .Meilen. Am
Paffe Lueg jenfeits des Brenners, wo die Römer wahr-
fcheinlich eine Specula oder Warte hatten, war ehe-
mals ein großer runder Meilenltein von Kaifer Maxi-
mian zu fehen. Infchrift beiPallkaufen S.29. Den Stand-
ort des alten Matrejum gibt man allgemein zwifchen
der fogenannten Altdadt und dem Schlöffe des heuti-
gen Dorfes Matrei an. Eine fefte Burg lag auf dem
fogenannten Laim- oder Rafpenbühel. In der Nähe
auf dem Spöttlacker eine Fundgrube von Afchen-
krügen und Münzen. Der Meilenltein des Septimius
Severus, einft hier in der Altdadt, findet fich nun im
Schloßhofe von Ambras.
Von Matrejum nach Veldidena XVIII Meilen. Auf
dem Weg dahin kennt Pall kaufen einen Meilenftein am
alten Zollhaufe zu Oberfchönberg von demfelben
Kaifer und deffen Sohne Marc Aurel mit Angabe der
Entfernung von Auguda Vindelicorum. Ein anderer
war nach Staffier s Topographie von Tyrol bei der
Ruine Sonnenburg nächft Natters zu fehen. Die In-
fchriften fieh bei Mommfen III. u. IV. Bd. Die weite
Ebene um Innsbruck id von den Römern gewiß auf
mannigfache Weife befeftiget worden, daher auch die
verfchiedenen Funde in Wüten, Ambras, Höttingu. f. w.
Das Hauptlager verfetzt man auf die Wiltener-Felder
und zwar auf Grund der meift etwas tief unter der
Erde gemachten Entdeckungen von Baureften, Meilen-
fteinen, Urnen und einer Menge Münzen, von denen die
meiden im Mufeum zu Innsbruck aufbewahrt werden.
Gegenüber am Inn war wohl eine befeftigte Brücke
unter dem Schutze eines Caftells, von dem der kreis-
runde Glockenthurm in Hötting ein Ueberred fein
dürfte. Nebd Ambras hat etwa auch die Hohenburg in
die weitere Umgegend befchützt.
Bei einem flüchtigen Ueberblick von Unterinnthal
follte uns an dem für römifch geltenden Rundthurme
von Hall, dem Glockenthurm e von Ampaß und den
Ruinen vom Schloß Rettenberg vorbei nach der Ent-
fernung zu urtheilen eine Manfion in der freundlichen
end von Schwaz begegnen. Auf dem Hügel, wo
der Thurm der Burg Freundsberg fich erhebt, fand
man auch Münzen, Öpfergeräthe und Waffen unferer
Landeseroberer; jedoch formlich genannt wird eine
folche erd nächd Rattenberg unter der Bezeichnung:
Masciacum. Daran erinnern der Name der heuti
Burg Matzen und die unteren 1 heile ihres Thurmes.
Beim Grundgraben der Kirche in Dorf Reit dieß man
auf Mofaik-Böden und römifche Münzen. Zur Befedi-
XIII N F
gung der Umgebung dienten die Burgen: Ratenb
Kropl b und Lichtwehr. Ob endlich nicht auch den
merkwürdigen Schloßberg von Kufftein die klugen
Romer als letzte Station in unfereni Fände ausgenutzt
haben, müßen wir eindweilen auf fich beruhen laffen.
Wegen der plötzlichen \\ di Fluffes lim hieß
Kufdein nach Stoltn. Raet. 1. III. c. 12: Divertigium
Oeni.
Von Veldidena bis Scaritia XVII] Meilen. Pall-
häufen gedenkt einer Meilenfaule von Septimius Seve-
rus, welche er zwifchen Keniaten und Völs (am rechten
Inn-Ufer) tief in der Erde decken fah. Das Jagdfchloß
Maxmilian's auf dem Martinsbühel laßt man mit Re< ht
über römifchen Grundmauern erbaut fein; denn am
wedlichen Abhang des Hügels wurden viele römifche
Schmuckfachen, Geräthe und Münzen (Domitian und
Trajan nach P. Flav. Orgler) gefunden. Bis hieher lief
fomit die römifche Heerdraße von Veldidena aus am
rechten Inn-Ufer und der befedigte Martinsbühel diente
zum Schutz der Brücke (Mitth. d. Centr-Comm. 1882).
Auch die nicht weit entlegene Vede Fragendem dürfte
zum Schutze der Straße dienen. Hier verließ diefe das
Hauptthal und wendete fich rechts, wie fie heute nach
Bayern führt. Beim nächden Dorfe Reit fand fich
wiederum ein Meilendein. Mommferis III. Bd. hat eine
Infchrift aus diefer Gegend. Den befedigten Paß bei
Scharnitz, wohin man die römifche Station Scartia
verfetzt, nannten die Gründer derfelben: Porta Claudia,
weil diefer Paß von Claudius eröffnet und befediget
worden id. Ob fich unter den Ruinen der Befeftigungen
aus verfchiedenen Zeiten an diefem Punkte auch noch
Spuren römifcher Anlage vorfinden, ilt bisher zu wenig
genau unterfucht worden. Die nächde römifche Station
in Bayern id Parthenum heute Partenkirchen).
Um den römifchen Straßenzug mit feinen Bau-
denkmalen im oberen Etfchthale und Vindgau zu be-
fchreiben, dürfte es am beden fein, zu dem früheren
Standpunkt Bozen zurückzukehren. Diefe Straßenlinie
wird zwar weder auf der Reifekarte des Kaifers Antonin
noch jener des Theodofius aufgeführt, doch gibt es
Denkdeine, welche fogar beweifen, dafs fie unter
Kaifer Augudus durch Drufus bis über Maja hinaus
eröffnet und angelegt worden war. Wahrfcheinlich
lief fie bis ein Stück über Maja hinaus dets am linken
Etfchufer hin, obgleich die alten Burgthürme von
Wolfsthurm in Andrian, Wehrburg in Tifens, Majenburg
in Völlan, Leonburg und Brandis über Lana mit ihren
Rudica-Ouadern ein hohes Alter beanfpruchend für eine
gut geebnete Verbindung am anderen Etfchufer Zeug-
nis ablegen. In der Schwanburg zu Nals werden auch
zwei römifche Infchridendeine aufbewahrt; ob fie aber
hier gefunden, oder von den im darüber liegenden
Pairsberg wohnenden Herren gleichen Namens anders-
woher gebracht worden find, blieb bisherunentfehieden.
Indeffen römifche Funde find aus der Gegend bekannt.
In Terlan (am linken Etfchufer), nicht fern von der
Pons Drufi, fcheinen mehrere Punkte befedigt gewefen
zu fein. Die folid gebauten Ruinen von Greifendem, Neu-
haus unten an der Straße und oben in der Höhe ent-
behren zwar der Rudica, aber die Funde von römifchen
Münzen einer Thonlampe fprechen für frühe Anfied-
lung. Am Thurm der Herren von Geräut treten Buckel-
deine auf und am Rauchbühelhof zeigt fich Fifchgräten-
Mauerwerk. Höher im Gebirge fand man diefer Tage
k
LXX
einen fchonen Pallltab aus Bronze. Am fogenannten
llthurm über Gagazon ilt die fchwach auftretende
Ruftica nur wiederum dem zu Gebote flehenden
harten Porphyr zuzufchreiben. Die Ruinen des Schi
Burgltall im Orte gleichen Namens find zu fehr zertrüm-
mert, um Einzeltheile davon näher zu beftimmen; ihre
ge aber ift eine thalbeherrfchende. Wir ziehen nun
nach einem Marfche von ungefähr XI römifchen Meilen
an den merkwürdigen Ruinen eines vorrömifchen Ring-
walles vorüber, und liehen vor den Thoren der erflen
römifchen Station Maja. Weit und breit bezeichnen
ihren Umfang alle älteren Gefchicht:~forfcher. Nach
ihnen hatte der Supanthurm nächft der heutigen Pfarr-
kirche, in deffen Nebengebäude allerlei römifche
enltande fich vorfanden, mit dem Thurme beim
Mair im Hagen nun modernifirti und jenem von der
g Freiberg jetzt TrautmannsdorO die füdliche
Wehrlinie gebildet. Wir wellen ihnen nicht wider-
fprechen, bemerken aber, dafs wahrfcheinlich auch
hier in diefer nicht minder breiten und wichtigen
,end als bei Trient und Bozen, wie dort zwei Lager
an den Ufern der PalTer entstanden. Das kleinere und
die Hauptflütze lag in der Oberftadt von Meran
(Steinach) unter dem Schutze des fogenannten Pulver-
thurmes und der nahen Zenoburg. An erfterem be-
merkt man Buckelquadern und einen Graben künftlich
aus dem fehr harten Fellen gehauen. Der Thore find
wahrfcheinlich vier gewelen, wie fie Meran noch heute
hat. Zur Zeit, wo Vindelicien durch die Völkerwan-
derung verloren gegangen war. bildete Maja einen
Hauptwaffenplatz derRömer und ein eng gefchlungener
Kranz von Thürmen umgab denfelben. Im Xordolt
beginnend, find es die Bergfriede der fpäter daran
gebauten Burgen: Planta, Schönna, Thurn, Gojen,
Labers. Katzenftein, Fragsburg; dann gegenüber:
Lebenberg, Forft, Dürnftein, Tyrol, Brunnenburg und
Auer, letztes mit Fifchgrätenwerk, nebft den Baureiten
am Hofe Mallaun. Befonders gedacht wird der Burg
Tyrol unter dem Xamen: Teriolis in der Xotitia digni-
tatum utriusque Imperii, vom Kailer Theodofius II.
Sie erfcheint hier als Sitz des Befehlshabers der Um-
nd und zugleich eines Präfecten für Lieferung von
Lebensmitteln und anderen Kriegsbedürfniffen. An
ihrem Thurme finden wir auch beinahe die belte
-rtechnik im Vergleich zu den übrigen Bauten
diefer Gegend. Infolge der immer wiederkehrenden
Ucbermuhrungen durch den Naiferbach dürfte das
größere Lager von Maja frühe fchon faft unhaltbar
orden fein, wie aus dem Leben des heil. Valentin
hervorzugehen fcheint. Seinen gänzlichen Untergang
fetzt man, z. B. P. Jufl. Ladurner, auf das Jahr 803.
Weiter nach Vinftgau führte die Via Claudia
Augufla über Algund unter der Burg Tyrol vorbei,
wo man noch von einer Römerftraße fpricht; jedoch
Einige lallen fie fchon bei der Burg Forft die Etfch
überfetzen und berufen fich auch auf einen fehr alten
Brückenpfeiler am linken Ufer der Etfch. Bevor man
auf die Toll [Telonium der Romer gelangt, überfetzt
die alte gepflafterte Römerftraße die heutige Poltttraße,
und zieht fich durch den Berg und durch ein uraltes
Etfchbett hin. Die Brücke über den Fluß, aus Marmor-
Quadern feit gebaut, will man ebenfalls für römifch
ausgeben. Der 1552 in der Xähe aufgefundene Meilen-
anzeiger von Claudius mit Angabe von 200 Meilen
vom Po bis zur Donau findet fich im Toggenburg -
fchen Garten zu Bozen. Der alte Xaine Nofturnum
Naturns weift vielleicht auf eine Zwifchcnftation
drei Wegftunden von Maja) hin. Die alte Burg Hoch-
naturns kennzeichnet ihr Alter durch die Ruftica
Ausmündung des nahen Schnallerthaies hatte die Hoch-
warte Juval (turris Jovis zu decken. Bei Latfch Icheint
die Römerftraße über die Etfch gefetzt zuhaben; denn
der Thurm der alten Burg Latfch und jener von
Untermontani dürften kaum nur zum Schutze der
Mundung des Martellthales beftimmt gewelen zu fein.
Im heutigen Göflan entdeckte man tief gelegenes
maffives Mauerwerk, welches die Etfchfluthen ausge-
wählt hatten. Man hält es für die letzten Reite einer
römifchen Manfion, welche hier nach Berechnung der
Entfernung von Naturns gewefen fein muß. Auch in
der Volksfage fpielt Goflan eine große Rolle ; man
fpricht nämlich von einer einfügen größeren Xiedcr-
laffung, welche das lange Dorf genannt war. Auf
unferer Weiterwanderung fehen wir links die Schlucht
zum Uebergang übers Wormferjoch nach Italien durch
die nahe Tfchengelsburg mit ihrem hohen Rundthurme
und rechts den Eingang ins Matfcherthal durch die
Churburg mit Buckelfteinen beftens gefichert. Eine
größere XiederlalTung dürfte wiederum auf der fanft
anfteigenden Anhöhe beltanden haben, wo jetzt Mal-
liegt. Zwilchen diefem Orte und Glurns fand man
Denkfteine, deren Reite an der Pfarrkirche des erlteren
eingefetzt find und davon Mommferis V. Bd. Infchriften
enthält. Großartig find die Reite zweier Burgen vom
römifchen Lager an diefer Stelle; nämlich der Troft-
thurm und die Fröhlichsburg mit einem hohen Rund-
bau. In dem gegenüber mündenden Tauferer- oder
Münfterthal haben Reichenberg und Rotund, letzteres
mit einem kreisrunden Thurm, die Schutzwacht über-
nommen.
Eine halbe Stunde über Mals hinaus, nahe dem
Dorfe Burgeis, thront eine andere Veite, nämlich Fur-
ftenburg, ein unregelmäßiges Vieleck mit vielen Buckel-
fteinen. In 6 Wegftunden erreicht man Xauders [Oeno-
trium, d. h. Uebertritt des Inns von einem Thale ins
andere). Hier am Eingange in die Schweiz dürften an der
uralten Burg Xaudersberg römifche Unterbauten mit
Recht vermuthet werden. Etwas tiefer bei Finftermünz,
wo das ganze Mittelalter hindurch ein fefter Brücken -
thurm ftand, überfetzten bereits Drufus' Heere den Inn
und führten ihre Straße bei Tfchuppach vor Tofeii-
über das Mittelgebirge von Serfaus, Fiß und Ladis, wo
fie am Caltell Laudeck vorbei wiederum ins Thal zur
Pontlatzerbrücke 'Pens lateris oder Latii hinunterftieg,
um Landeck am rechten Ufer zu erreichen. Hier an der
Mündung des Rofanna- oder Stanzerthaies, welches
zum wichtigen Uebergang des Arlberges 'Wons Arula)
führt, verfteht fich der Standort eines römifchen Lagers
wie von felblt. Die hochthronende Burg Landeck, aus-
gezeichnet durch Ruftica-Ouadern, erinnert noch daran.
In Perjen (per Oenuntj war unter dem Schutze der dar-
überliegenden Veite Schrofenltein eine Brücke gefchla-
gen. Von hier aus, wo man fehr viele Funde aller Art
machte, führte die Straße über das Dorf Stanz erin-
nernd an Statio) nach einer alten Volksfage weiter
nach Grins, eine tiefe Schlucht überbrückend.
Wie heute noch, lief wahrfcheinlich die ältefte
Straße immer am linken Thalbach-Ufer hin. Am Fuß
LXXI
des Arlberges und in der heiteren Gegend von Bludenz
müßen Ilaltpunkte gegründet worden fein, fo verlangt
es die gewöhnliche Entfernung der römifchen Stationen.
Die Vereinigung der beiden Römer-Heere konnte eilt
bei Feldkirch erfolgt fein, wo in der Nahe die Station
Chinin fich fand. Ueber die Schlußftation Brigantium
an der Stelle des heutigen Bregen/, verweifen wir auf
die trefflichen Berichte und Abbildungen in den Mit-
theilungen der k. k. Ccntral-Commiffion für Kunftdenk-
male vom Jahre 1873, 1877, 1880, [885.
Zum Schluße fei noch bezüglich der unberührt
affenen Stellen im Ober-Innthal bemerkt, dafs
wenigstens in fpäterer Zeit eineRömerftraße von Land-
eck bis Zirl beftand. In lmll oder nach Anderen im
nahen Tarren/, wird unter dem Schutze der Burg
Alt-Starkenberg und dem tiefer (teilenden Thurm
(Gebrat lleinj eineNiedcrlaffung angenommen. Bei Dor-
miz [Dormitium, Nachtlager) wäre dann eine Zwifchen-
ftation wie bei Naturns gewefen. Von hier hätte aber
eine Nebenlinie über den Miemingerberg an der höchft
romantifchen Vefte Klam mit feftem kreisrunden Berg-
fried vorbei eingemündet, um übi r den Fernpaß nach
Reutte, wo Römermünzen gefunden wurden, weiter
nach Füßen zu laufen. Von Imft abwärts find die
Burgruinen Petersberg und Hörtenberg mit Ruftica-
Quadern an ihren Thürmen bemerkenswerth.
Ein Maffenfund alter Bronzen bei Obervintl im Pufterthale.
Von Luigi de Campt.
|M die Mitte des Monates April 1S71 fand man
bei Obervintl am rechten Rienz-Ufer gegen
l^aBjj Sigmund, etwa dreißig Schritte von der Poft-
ftraße entfernt, bei Gelegenheit eines Steinbruches
eine erhebliche Anzahl alter Bronzen. Der Grund, wo
diefer eigenthümliche Fund gemacht wurde, gehörte
damals einem gewiffen Jofeph Kammerer, genannt
..< Ibermeyer" von Obervintl, und diefer Waldgrund
heißt im Volksmunde ..der Galgen". Noch heutzutage
herrfcht der Glaube, dafs aufdemfelben in früherer Zeit
die Verbrecher der Jurisdielion Obervintl gerichtet
h - irden feien.
Aus dem Fundberichte, wie derfelbe im Fer-
dinandeum zu Innsbruck verzeichnet ift, wo auch die
Gegenftände aufbewahrt find, läßt fich über die Um-
(lande und über die Art und Weife der Entdeckung
wenig beftimmtes entnehmen. Mit Gewißheit kann
angenommen werden, dafs an der Stelle, wo der Fund
gemacht wurde, weder Kohle noch Afche, mithin keine
Spur von Brand ("ich vorfand. Keine Gebäuderefte,
keine TopfTcherben, noch weniger Gebeine, die auf
eine Beilegung oder Beftattung fchließen lallen, lagen
hier vor, denn fämmtliche Gegenftände waren forg-
fältig zwifchen den Steinen aufbewahrt.
Charakteriftifch bei diefem Funde in; das Vor-
kommen zweier einzig gut erhaltenen Gegenftände,
eines Palftabes und Halsringes, während alles Andere in
gebrochenem Zuftande, ja zur Unkenntlichkeit zer-
fchlagen, zum Vorfchein kam. Fs lag die Frage fehr
nahe, ob nicht etwa diefe Zerftörung der Schwere
der Steine zuzufchreiben fei; allein die Fraciur ift bei
allen Objekten fehr alt, dazu ift keine Zerquetfchung an
denfelben bemerkbar, und fomit fällt diefe Frage weg.
Die Bronzen zeigen fämmtlich eine gleichmäßige
lichte Farbe, welche eine größere Beimengung von
Zinn verräth, die Patina tritt nur unbedeutend und
auch nur ftellenweife auf, ein Umftand, der auf die
günftige Lage der Objecic hinweift, welche unter dem
Steingerölle, wo das Waffer durchackert, von der
Feuchtigkeit wenig oder nur ftellenweife oxydirt und
angegriffen werden konnten.
Nachdem ich nun in der möglichften Kürze den
Fundbericht erllattet und auf die auffallenden Merk-
male der Geräthfchaften die Aufmerkfamkeit gelenkt
habe, gehe ich ohneweiters auf die Prüfung und
Unterfuchung des intereffanten Materials über, um
fchließlich das Alter, die Natur und den Charakter
der Entdeckung zu beftimmen.
Da das ganze, fonft fehr zahlreiche Material leider
im fragmentarifchen Zuftande zu Tage gebracht wurde,
wodurch eigentlich der Charakter des Fundes be-
zeichnet wird, fo lallen fich manche Gegenftände nur
annäherungsweise beftimmen, und ich finde mich
genöthigt, diefe gänzlich zu übergehen, um meine
Aufmerkfamkeit jenen Objekten zu widmen, die wegen
ihrer Form und Geftalt genauer zu beftimmen find
und zu gleicher Zeit die Epoche charakterifiren, welche
dem ganzen Funde als Signatur dient.
In erfter Reihe treten neun Bruchtheile jener
eigenthümlichen Beile oder Keile mit flacher Schaft-
bahn und Lappen auf, die wir unter dem Namen Pal-
ftab oder Kelts kennen, das charakteriftifche und weit
verbreitetfte Inftrument der Bronzezeit und der eilten
Eifenzeit. Mit Ausnahme des einen Palftabs kommen
nur Bruchtheile vor, die auf den bezeichneten Typus
zurückzuführen find. Zwei davon, ebenfalls mit Schaft-
lappen verfehen, zeigen am Rande ein < »ehr, welches,
wie man annimmt, zum Durchziehen einer Schnur
gedient haben mag, um das Inftrument an den Stiel zu
binden. Die Brüche an diefen Kelts fcheinen nicht
zufällig entftanden zu fein, fondern abfichtlich; denn es
find unverkennbare Spuren des gewaltigen Gebrauches
eines Schneid-Inftrumentes vorhanden. Auch manche
Biegungen tragen die Merkmale der abfichtlichen Be-
schädigung und angewendeten Anltrengung. Der Pal-
ftab ift um die Mitte etwas gebogen und dort find ftarke
Einfchnitte gewaltfam hervorgebracht, wie wenn das
Inftrument als Ambos gedient hätte. So wie bei fämmt-
lichen Gegenftänden ift auch auf diefem die Patina karg
vertreten, und zwar nur ftellenweife wie Flecke.
Fibeln. Kein Schmuck ift im grauen Alterthume
fo allgemein als die Haftnadeln, und in unterem Funde
find gegen hundert Bruchtheile, vorherrfchend Fuß-
ftiicke, zu verzeichnen, und trotzdem keine völlig gleich
find, fo läßt fich doch der Typus leicht errathen.
Vor allem hervorgehoben zu weiden verdient ein
Pracht-Exemplar einer „Bügelhafte" oder Rogenfibel,
und wie wir (ie nennen „adarco femplice". Der Nadel-
k*
I.XXII
halter ift ziemlich breit und dünn gehämmert, mit
Linien bandftreifig geziert: der Bogen trägt auf einer
Seite eine reiche Ornamentirung, beftehend aus con-
centrifchen Kreifen Würfelaugen , umrahmt mit einge-
kerbten Liniengarben ' Fig. i .
Diefe Form kann man eher als eine Seltenheit,
einUnicum nennen, wenn auch Bogenfibeln fehr häufig
in Hallftadt und aus den italienifchen Gräberfeldern
hervorgetreten find. Die Eigenthümlichkeit der Con-
ftruetion reiht diefe Fibel unter die norditalienifchen,
indem eine Abweichung von jenen zu Hallftadt gefun-
denen hervortritt. Die Hallftädter Bügelhaften , die
Dr. Otto TifchUr1 als „Zweifchleifige" näher bezeich-
net hat, führen am Ende vor dem Fuße eine gleiche
Windung wie am Dorne. Wie aus der Figur ergeht,
fehlt unferer Fibel die Spiralwindung am Nadelhalter,
und eben diefe Eigenthümlichkeit fcheint nach Dr.
Tifchler für die Importation aus dem Süden zu ent-
fcheiden, während die zweifchleifige dem Gebiete
Hallftadt-Krain angehört. Es ift nicht zu verkennen,
dafs die Technik diefer Fibel einen großen Fortfehritt
in der Kunft und in dem Gefchmacke verräth, welcher
uns berechtigt, diefelbe von den elementaren Formen
auszufchließen.
Unter den Bügelhaften find auch die fogenannten
Knotenfibeln zu verzeichnen. Diefe Gattung dürfte bei
Obervintl vertreten gewefen fein, wenn die 10 ■ — 12
Bruchftücke theilweife mit großen und mitunter mit
kleinen Knoten auf Fibeln zurückzuführen find. Ich
kann nicht beftimmen, ob die Knoten mit oder ohne
Eifenkern verfehen find, ein Umftand, der bei den Kno-
tenfibeln von Maria Raft3, von Watfeh und St. Marga-
rethen* beobachtet wurde.
In Italien findet man, meines Wiflens, <i
Fibeln fehr feiten.5 Ich habe mich bemüht, gewiffenhaft
Erkundigungen einzuziehen; allein nur die Formen,
deren ziemlich dicker Bogen mit einer Menge Scheiben
1 Eine kreisförmige Fibel mit Kreis-Ornamenten, die mitteilt Stanzen
in den Bronzering cingcfchlagen find, kam bei Watfeh zum Vorfchcin : Vcrgl.
]»ie neueften Gräberfunde bei W.itfch und St. Margai
in Kr.iin. Wien 1883, Seite 8.
Gurina im Ober-Gailthalc ^Kärnten). Dresden 1885.
I U'rncnfcld von .Maria Raft. Braunfchweig
1879 (Taf. I.
• 1 hfi '■ Die Deuefteo Gräberfunde von Watfeh und St. Mar-
garethen in Krain. Wien 1883.
■ ift bei Efte eine Knotenfibel zum Vorfchcin gekommen,
und dies ift fehr leicht erklärlii h, weil die Gräber von Eft<- uns ■ I
vorftellen, welches auf eine ähnliche Cultur mit dem krainifchen, karnloei :
und küftenlandifclieii N ft , welche alle der illyrifchen Gruppe
anzugehören fchei;
garnirt iil (fibula a grandi e piecole cofte . mit ftark
geripptem Bügel können als ähnliche gelten. Diefe
Fibel, wie bekannt, entflammt einer oberitalifchen
Localindullrie und findet fich bei uns ziemlich häufig.
Uebrigens glaube ich ohne Zogern mich der Anficht
Hochfietters anfchließen zu dürfen, «elcher, ..in den
Formen der Fibeln weniger altere und jüngere Stadien
einer fortlaufenden Entwicklungsfolge, als auf örtlich
venchiedenen Gebieten durch befondere Gefchmacks-
richtung entftandene Localformen" lieht. ..die jedoch
durch den Handel eine größere Verbreitung gefunden
haben".1
So wie die Bugelhaften oderBogenfibeln, vielleicht
gegen Knde der Bronzezeit, vom Orient nach Italien
verpflanzt wurden und in dem Hallltadter Culturkreis
als zweifchleifige erscheinen, fo durften die gerippten
Fibeln, die jetzt ihre größte Verbreitung in Ober-
Italien fanden, in Krain und inTyrol in Knoten-Fibeln
verwandelt worden fein. Der Maffenfund bei Dercolo*
brachte uns eine gerippte Fibel, verfchiedene Gehäng-
ftücke in Knotenform, und manche Bruchtheile, von
welchen nicht ausgefchloffen ift, dafs fie zu Knoten-
fibeln gehört haben können.
Durch \"erdickung des Bügels entwickelten fich
zunächft in Italien aus den Bogenfibeln die fogenannten
kahnförmigen, a navicella, wenn hohl, und vielleicht
früher, wenn maffiv, a fanguivuga, die eine Quelle für
reichhaltige Formentwickelung füdlich und nördlich
der Alpen abgeben.
Bei Obervintl fand man fowohl maffive, als hohle
Kahnfibeln, fämmtliche aber mit langem Fuß. Von den
erfteren find ungefähr 16 Stück durchgehends mit
eingravirten Linien am Bügelkopfc und am Fuße; fie
haben einen langen Nadelhalter, offene Oefe oder
Falz und enden in einer Kugel. Hohle Kahnfibeln
gleicher Conftruclion find 3 Stück vorhanden, gleich-
falls mit eingravirten oder eingefeilten Linien. Dazu
kommen noch etwa 30 Nadelhalter in eine Kugel
ausgehend, von den kleinften Dimenfionen bis zu den
größten, welche zuMonftrefibeln dienen mußten. Ueber
die Verbreitung diefer Fibelgattung zu fprechen hieb
es einen großen Theil der Funde der erften Eifenzeit
erwähnen. Unferein Funde am nächften find zwei
große Stücke aus Val di Non, ebenfalls im Mufeum zu
Innsbruck, verfchiedene enthält die Sammlung Trients,
bei Mechel kamen einige Exemplare zum Vorfchcin;
im Gebiete von Verona find die zu Oppeano, dann die
großen von Lodi, die von Golafecca, und endlich die
von Efte und diefe die iudlichen, an diefe reihen fich
Gurina in Kärnten, Watfeh und Hallftadt.
Unter den Kahnfibeln mochte ich ein Exemplar
erwähnen, welches nebft eingefeilten Linien auf dem
Bogen eingegrabene Punkte aufweift, die mit einer
weißen Pafta gefüllt find. Ich kenne bis jetzt eine von
Golafecca3 und eine zweite aus Mechel, welch' letztere
aber zweigliederig ift. und die gallifche Spiralrollc
aufweift Fig. 2).
Eine Abweichung von den kahnförmigen bilden
die Fibeln mit flachem dünnen Bügel und langge-
strecktem Nadelhalter. Zwei davon find am Bügel reich-
Hochfletttr, I. c. p. 34.
. 1 i . > «1 c 1 1 a ct.i del ferro Iroval ■ a Di
Aicli. I 1883 und in I ilungen der k. k. Central-Commiffion
Jahrgang 1^
1 della prima etä del ferro nella necropoli
da Golafecc. I li II. 1876.
LXXIII
haltig ornamentirt mit Würfelaugen, Linienverzierung
und Tremolirftich, und dürfen trotz des fchmalen Bügels
doch zu den Kahnfibeln gerechnet werden und nicht
viel fpäter entftanden fein.
Gleichzeitig mit den kahnförmigen tritt die
Schlangen fi bei auf, welche vielfache Varietäten in
unferem Funde aufweift. Wir bezeichnen folche mit
und ohne runde Kopffcheibe, einige find am Höhe
punkt der Biegung durchbohrt und tragen eine Achfe,
andere führen ein gezalintes mit Höckern verfehenes
Rädchen und wiederum manche tragen die Ingenannten
Fühler (nach Montelius Hornfibeln genannt1; wahrend
Exemplare vorhanden find, die am Hügel eine Platte
angebracht haben, auf welcher concentrifche Kreife
eingravirt wurden. Die Schlangenfibel ift weit in Italien
und Mittel-Europa verbreitet; man
fand fie in Bologna, in Golafecca,
zw citePeriode1 mit den Kahnfibeln mit
langem Fuß und Kugel am äußerllen
Ende, in Oppeano Veronefe,2 bei
Efte,3 bei Görz,* bei Cles5 etc. Etwa
über zehn verfchiedene Fragmente
weift der Fund von Obervintl auf,
darunter zwei bandförmige; folche
Exemplare trifft man in Iftrien und
ausnahmsweise in meiner Ausgrabung
(1885) bei Mechel.
Die Schlangenfibel muß eine der
beliebteften Formen gewefen und
lang im Gebrauch behalten worden
fein, und wenn man auch viele Exemplare in Hallftadt,
in Krain und in Kärnten (Gurina) gefunden hat, fo
glaubt doch Dr. Tifchler, dafs ihre Entftehung wohl
eine italienifche und nicht dem Norden eigenthüm-
lich fei, welche aber nordlich der Alpen mit uner-
schöpflicher Laune variirte. Wir haben früher er-
wähnt, dafs etwa 30 Nadelhalter mit langem Falz und
mit Endkugel gefunden wurden, welche vermuthlich
zu kahnförmigen und Schlangen-
fibeln angehört haben dürfen.
Die Schlangenfibel mit End-
kugel tritt in Italien, zur Zeit der
größten Entfaltung der etrus-
kifchen Macht auf. " Da aber
Wfy-^' Schlangenfibeln mit gleichem
Fußftuck bei Obervintl vorge-
funden wurden, fo ift die Mög-
lichkeit nicht auszuschließen,
ilifs manche Schlußftücke diefer Fibelgattung ange-
hört haben.
Von Armbruftfibeln mit gerade zurücktretendem
Schlußftücke, wie fie Tifchler nennt, fand man ein
Exemplar.7 Diefe Fibelgattung, fagt der Gelehrte,
rangirt nicht in den italifchen Entwicklungsgang ein,
und da fie hingegen nordlich der Alpen fo häufig ill,
fo glaubt er, dafs fie hier entftanden fei, und zwar zu
' P. Caßtl/ranco, 1. c. Taf. III. Fig. 25, 26.
' »ggetti della prima eta del ferro fcoperti in Oppeano Vero-
nefe. Bull. 1 ,878.
/, I.e necropoli euganee ed im : 1 nvenuti
in Efte, Bul. Pal. I \ I 1880.
R | oftiglio di bronzi preflo Gorizia. Bull. Pal. Ii. III. 1S77.
(T/M-Fundflatiftik der vorrömifchen Mctallzeil Im klicingebiete.
Stultgarl
'• Ztinnviii : Gli i- i\ i della Ccriofa di Bologna führt keilm
inden, und r: Ccl : lico giardino — Arnoaidi I e
II. Si
r Afej I'. c. pag. 18.
Ende der 1 lallftädter Periode, kurz vor dem Erfcheinen
der gallifchen Cultur. Vollkommen fremd lind den
italienifchen Nekropolen diefe Fibelgattungen nicht,
denn man kennt ein Exemplar aus Tolentino ' und
einige aus Mechel.
Auch die Certofa Fibeln lind in unferem Funde
vertreten. Von den 7 Fragmenten zeigen einige am
Fuße concentrifche Kreife, andere am Bügel eingravirte
Linien, und was die Form anbelangt, reihen fie fich
unter den jüngften Typen ein. Eine zweiglii di
Armbrufl -Fibel, deren Bügel und Schlußftück voll-
kommen an die Certofa-Fibeln erinnert, mit langer
Spiralrolle und unterer Sehne, wie fie häufig in Iftrien,
in den jüngften Certofa-Gräbern, vereinzelt bei uns
Calliano), in Xordtyrol bei Wörgel und ähnliche
Exemplare in Hallftadt (Taf. XIV, Fig. 7) erfcheinen,
ift in einem niedlichen gut erhaltenem Exemplare
auch bei Obervintl angetroffen. Diefe Form dii
beinahe dem Schluffe der Hallftädter Cultur einzureihen
»•'ig. 3-
fein, wenn nicht fchon ein gallifcher Einfluß zu ver
zeichnen ill. Für unfern Fund und für die Mellimmung
desfelben ift das Vorkommen einer Certofa-Fibel und
eines Schlußftückes einer kahn- oder fchlangenförmi
Fibel, welche die Ungleichheiten der Schmelzung an
fich tragen, von hoher Wichtigkeit. Wenn wir fpäter
über die Natur und Befchaffenheit des Fundes unfere
Vermuthung ausfprechen werden, fo wird auch diefer
Umftand näher gewürdigt.
Schließlich zur Beftimmung des Alters di
Fundes kommt uns eine La Tenc-Fibel zu Hilfe. Sie
gelmrt den fruheften Formen an und entspricht voll-
kommen jenem nicht gewöhnlichen Typus, den man
bei uns in Dercolo ^Mufeum zu Innsbruck)1 und in
Mechel gefunden hat.
Ringe, insbefonders Armringe, kommen ver,.
dene vor, darunter dürften zum Halsfchmucke der
1 poli di Tolentino. Bulletlino di I
1 [I, Fig. 5.
LXXIV
:enring und der fpiralförmig gedrehte
ftarke Bronzeftab gedient haben, welch letzterer in
Maria Ralf und in Bismantova1 parallele findet. Man
hat im Laufe diele? Auflatzes jene Bronzefragmente
mit Knoten mit den krainifchen Knoten-Fibeln in
Bezug gebracht, da jedoch kein ein/ige- dazu paffendes
Schlußftiick oder Dornfpirale gefunden wurde, fo laffen
fich jene Fragmente ebenfo gut als Theile von Hals- oder
Armringen auffallen. In diefem Falle finden wir ähnliche
Exemplare bei Görz, refpective in der Gußftätte von
S. Pietro. 3 welche eine Gußform für Knotenringe
ergab, und manche Berührungspunkte mit den krai-
nifchen und kärntnerifchen Xekropolen aufweift ; mit
Ausnahme eines einzigen gut erhaltenen Halsringes,
alle anderen find offenbar in zwei oder mehrere
Stücke auseinander gebrochen. Betreffs des ganzen
Halsringes,4 welcher aus einer dünnen noch gegen-
wärtig lehr elaftifchen fchmalen Bronzeplatte beftand
und um die Mitte an der Vorderfeite in einen runden
Stab übergeht, geziert mit eingefchlagenen Wiirfel-
augen, mochte ich beinahe die Provenienz bezweifeln.
Ein gleiches fowohl in der Geftalt wie auch in der
Größe kam aus einem Grabe bei Cloz in Val di Non
zum Vbrfchein. Wenn auch erwiefener Weife bei den
Römern das Tragen von Halsringen nicht üblich war,
fo konnte ich nicht umhin, nach den anderen Beigaben
jenes Grab als der römifchen Zeit angehörig zu be
trachten, und aus diefem Umftande, wie auch aus dem
Grunde, dafs gerade ein fo zarter und leicht gebrech-
licher Gegenftand in einem Funde angetroffen ward,
wo durchgehends fragmentarifche Objecte zum Vor-
fchein kamen, fchöpfte ich über deffen Provenienz
Verdacht.
L nter den Armbändern fand fich ein fehr zierliches
und elegantes Exemplar, beftehend aus maffivem
Bronzeftab. Hohl ift hingegen an einem Ende, und
zwar an dem ftärkeren der Ring, während das andere
dünnere Ende maffiv ift.
Ein einziger Fingerring ift unter diefem Maffen-
funde vertreten, und diefer fcheint ein mißlungener
Guß zu fein, wie die Ungleichheiten an der Schmelzung
es beweifen.
Welche Verwendung der dicke runde Bronzeftab
gefunden haben mag, ift mir nicht klar. War es viel-
leicht ein Maßftab? Die um den ganzen Stab herum
in gleicher Entfernung angebrachten ftärkeren Linien
abwechfelnd mit fchwächeren, die nur bis zur Mitte
1 »f. IV. |
: Ckierici. II fep p,„l| pa|ct. It. 1883 Taf VI
• Mittheilungen der k. k. Central-Commiffion 1885, Seite CXIV
*v*
der Rundung gelangen, berechtigen uns diefen Stab
als ein Mefsinftrument zu vermuthen und aufzufaffen.
Vollkommen der Form und Geftalt eines Schreib-
griffels ftilus^ entfpricht ein anderer Gegenftand.
Aber bei weitem ein höheres Intereffe erwecken
die Bronzebleche. In der Geftalt eines Dreiecke?
kommt ein einziges Blech vor, welches vermuthlich von
einer Kette herabhangen durfte, wie es der Ring be-
weift, der noch daran haftet Fig. 4 . Geradezu allge-
mein find derlei Bleche fowohl in Hallftadt wie in den
italifchen Xekropolen, hauptfachlich in Efte, I. und II.
Periode, und bei uns hat Mechel eine erhebliche Anzahl
ergeben.
Unter den fcheibenförmigen Blechen erwähne ich
ein fchalenartiges und ein zweites mit erhabenem Mit-
telbuckel (Fig. 5 . wie man fie ziemlich häufig als Griff
knauf an den Schwertern der Bronzezeit antrifft. Vor
Allem hervorzuheben ift die große Scheibe
aus zwei verfchiedenen Stücken zufam-
mengefetzt, geziert mit ausgefchlagenen
Punkten oder Perlen Fig. 6). Derlei
Scheiben ergaben die Gräber von Bologna,
wie auch die fchweizerifchen.1
Man hat zuerft vermuthet. dafs fie als
Schildverzierung gebraucht worden feien,
allein ob der Schwäche der Platte und
wegen der geringen Dimenfionen find
vorläufig diele Scheiben als Gehängftücke
zu betrachten, vornehmlich als Mittelftück
zum Schmucke der Bruft oder Schulter,
an welchem Ketten und andere Anhängfei
hafteten, wie bei der Scheibe von Der-
colo,2 die mit unferer, fei es in der Tech-
nik, fei es in der Form und Zeichnung,
vollkommen übereinftimmt. Für uns ift es
von nicht geringem Werthe feftfetzen zu
können, dafs ganz ahnliche Zierrathen auf
dem fchönen Schilde von Klein-Glein vor-
kamen, •' wodurch entfcliieden eine arti-
ftifche Gemeinfchaft und auch möglicher
Weife eine gleiche Provenienz hergeleitet
werden kann. Diefer Umftand, verbunden
mit der nun herrfchenden Anficht, dafs
die Gruppe der illyrifchen Alterthümer auf
Unter-Steiermark, Kärnten und Krain fich
erftreckt , würde das Erfcheinen ganz
gleicher Gegenftände in Tyrol für die großen Bezie-
hungen diefes Landes mit Illyrien und mit dem Gebiete
der Veneter fprechen.
Gürtelbleche und Bronzegürtel. Das Grabinven-
tar der meiften Funde aus der erften Eifenzeit, wie die
(iräberfelder dervenetianifch-illyrifchen Gruppe führen
Gürtelbleche auf, während ganze Bronzegurtel bis
jetzt eine Specialität der Hallftadter Nckropole und
der krainifchen Gräber zu fein fcheinen.
Der MalTenfund von Obervintl ergab acht Blech-
Fragmente, und zwar folche, die auf Gürtelbleche und
andere wiederum, die auf Bronzegürtel zurückzuführen
find, und diefe letzteren gehören betreffs der Technik
und der Verzierung vollkommen dem Hallftadter
Culturkreife an. Zu den erfteren, das heißt zu den
Gürtelblechen, die als Endftücke lederner Gürtel
ueil d'antiquites Siiiffes Taf. XIV, Fig. 3.
riintr, I. c. Taf. II. Fig. 3.
I MittheUungen <ics Uiftorifchen V «.reines für Steiermark 1S65.
httm
Fig. S.
LXXV
verwendet wurden, rechnen wir zwei Stucke (Fig. 7
und 8). Drei andere Bleche, 44 Mm. breit, find
ebenfalls reich ornamentirt mit bandförmig geordneten
Perlenreihen, oder mit geometrifchen Figuren geziert.
Ein dritter Knopf, mit einem Kreuze bezeichnet,
diente zur Befeftigung des Ilakens. Da weder von
<.\cn Knüpfen noch an den Funkten eine Gleichmäßig-
keit in der Zeichnung zu beobachten ill, fo läßt fich
annehmen, dafs zur Wiederholung diefer Zeichnung
offenbar keine dazu gefertigte Bunze oder Stempel
benützt wurde. Ein anderes Blech, von welchem
mir im befagten Mufeum mit zuvorkommener Freund
lichkeit ein Gypsabguß gewährt wurde, zeigt ent-
fchieden den Gebrauch des Stempels, um fchneller
und in größeren Abfchnitten die äußerft zarte geo-
metrifche Zeichnung herzuftellen. Mit Ausnahme des
Endstückes, welches auf den Ilaken vier concen-
trifche Kreife aufweift, find fammtliche Stucke in ge-
triebener Arbeit theils mit der Bunze, thcils aus freier
Hand, und theils mit Gravüren und Tremo-
lirftich bearbeitet. Bei allen erfcheinen
die Conturen fehr fcharf und die Linien-
verzierung fehr rein, wozu wahrscheinlich
Stahlwerkzeuge benutzt wurden.' Es ift
übrigens nicht das erllemal, dafs bei
Obervintl ornamentirte Bleche gefunden
wurden. Prof. Wie/er brachte ein Frag-
ment mit figuralifchcr Zeichnung,2 und
erkennt in demfelben eine italifche Pro-
venienz.
Schließlich find aus diefem Maffen-
funde noch zu verzeichnen: Eine erheb-
liche Anzahl von Henkel der mannigfal-
tigften Formen, an denen noch Stücke
von dünnem Bronzeblcch befeftigt find,
welche von dem Ganzen nicht abgebro-
chen, fondern mit fcharfem Inftrumente
weggefchnitten wurden: einige Knöpfe,
die an ihrer hohlen Innenfeite mit einem
Oehrchen verfehen find, Bruchtheile von
Bullen u. f. w .
Ich habe nun in bündiger Weife die
Ergebniffe diefes eigenthümlichen Fundes
vorgebracht und befchrieben; indeffen,
trotz der Verfchiedenheit und der Mannig-
faltigkeit des reichen Materials können wir
doch wenig neues verzeichnen. Es wiederholen fich
diefelben Culturproductc, die wir aus den ober-
italifchcn Graberfeldern, aus den krainifchen, kärnt-
nerifchen und falzburgifchen Nekropolen zur Genüge
kennen. Aber einen fo ausgesprochen einheitlichen
' harakter, wie bei dem Funde von Obervintl wird man
feiten antreffen und diefem Umftande verdanke ich die
nähere Beftimmung des Alters, refpeclive der Cultur-
Epoche. Ich übergehe die Prüfung des ganzen
Materials und beschränke meine Untersuchungen auf
1 Nicht nur diefe Bronzebleche, fondern auch die Fibeln (Fig. 4 und 5)
verrathen den Gebrauch von Stahlwcrkzcugcn, und diefer 1 mftand würde
i! thefe einer allgemeinen Kenntnis und Benützung diefes
Metalls ftuizen, ..Hein fowic in Skandinavien und in Deutf hland ' iräberfunde,
die, wiewohl man Eifcn in ihnen fpürt, doch noch zu den Bronzealter-Funden
gerechnet werden müßen, fo hat Undsrt „Daserfte Auftreten des Etfens in
uropa" etc.) angenommen, dafs fie aus füdlicheren Landern, wo das
Eifen früher in Aufnahme kam, importirt wurden.
-Prof. Wie/er. Mittheilungen der Anthropologifchen Gefellfchaft,
Wien 1883. Orfi: Sui centuroni Italic! dclla la. eta dcl ferro e fulla decorazione
geometrica c rapprefcntaliva dei bronzi norditalici dello ftcffo periodo.
Modcna 1885.
die Fibeln, welche bis jetzt unvergleichlich die ficherften
Anhaltspunkt' gewähren.
Die ausgebildete Form der Bogenfibel, welche
vielleicht gleichzeitig mit den kahn- und fchlangcn-
förmigen aufgetreten lein mag, durfte, um nicht zu weit
zurückzugreifen, um die Mitte des erden Jahrtaufend
v. Chr. zu verfetzen fein Das Erfcheinen hing'
einer einzigen gallifchen Fibel, und der totale Mangel
anderer Gegenstände aus der La Tene - Periode
berechtigt uns zu glauben, dafs diefer Maffenfund voi
dei Entwicklung der gallifchen Cultur bei Obervintl
deponirl wurde und mithin nicht viel fpäter als anfa
des 4. Jahrhunderts v. Chr. Wenn diefe Auffafl
nicht auf Irrthum beruht, durften die chronologischen
Extreme diefes Fundes zwifchen dem 5. und 4. Jahr
hundert reichen.
Eine weitere Frage bezieht fich auf die Natur
oder Charakter des Fundes. Es wurde fchon im An-
fange diefes Auffatzes infolge des Mangels an Kohle,
Afche und Gebeinen die Möglichkeit, dafs es fich hier
um eine Grabftatte handle, ausgefchloffen. Nun aber,
1 *,1 - tä*H^4s t
Fig. 6.
wenn man trotzdem Kelle einer Grabftatte angetroffen
hatte, was übrigens aus dem hundberichte nicht er-
geht, fo konnten dennoch diefe etwaigen Kelle mit
unferem Funde unmöglich in Beziehung gebrachl
werden; denn nur Brandgrubengräber aus einer relativ
fehr Späten Zeit weilen in Deutschland ein abfichtlich
zerftortes Inventar auf.
Indeffen zu welchem Zwecke hatte man eine
folche Quantität von Beigaben dem Beftatteten oder
Verbrannten beigelegt, und wozu die mißlungenen
Gußflücke und die unförmlich gefchmolzenen Bronze-
klumpen? Es liegt auf der Hand, dafs wir hier einen
r eigenthümlichen Maffenfunde vor uns haben,
die unter dem Namen eines „Handels-Depot" bekannt
find, oder eine GußStätte, wo die zerbrochenen Bronzen
zum Einschmelzen beitimmt waren.
Der Charakter des Handels-Depots'befteht jedoch
darin, dafs die Gegenstände, wenn nicht neu oder
Kundftauflik der vorrömifchen .Nr .
Stuttgart 1S84.
Rhcingcbiclc
LXXV1
'ich unbenutzt, doch in einem brauchbaren Zu-
stande aufbewahrt wurden; in den Gußftätten dagegen
fehlen, nebft zerbrochenen Bronzen zum Einfchmelzen
beftimmt, fall nie die Gußformen, Schmclztiegel, Guß-
barren und Schlacken.
Hei unterem Funde fehlen alle die Merkmale eines
ntlichen Handels-Depöts, und zu einer Gußftätte
vermiffen wir die Gußformen. Im füdlichen und nörd-
lichen Italien kommen in i Anzahl freiftehende
Funde vor, die weder zu Wohnungen und noch weniger
zu Grabfeldern Beziehung haben. Es find theils 1 landels-
Depöts mit durchgehends neuen Gegenftänden, theils
Hätten, und endlich fogenannte „riportigli", /.er-
brochene Gegenstände mit Bruchftiicken von Schmuck-
fachen, die von wandernden Händlern zum Zwecke
des Wiedereinfchmelzens gekauft oder eingetaufcht
wurden, da und dort verborgen, um nicht mehr
erhoben zu werden. Ich glaube mich nicht zu irren,
wenn ich den Maffenfund von Obervintl zu diefer
letzten Claffe von Depots rechnen werde, und dem
Culturkreife File 1 Iallltadt aus der eilten Periode der
Eifenzeit zufchreibe.
Das Gräberfeld zu Frögg im Jahre 1886.
Befprochcn vom k. k. Confervalor A'atl Baron Haufcr.
AS Gräberfeld zu Frögg lieferte auch im Jahre
neue Proben des Formen Keichthumes
der unbekannten Bevölkerung, welche dort
beftattet ift. Allein, ilt es fchon bedauerlich, dafs
der karntnerifche Gefchichts- Verein nicht die Mittel
befitzt, fyftematifche Ausgrabungen vornehmen zu
lallen und zufehen zu mußen, wie Unberufene die
Gräber durchwühlen und wichtige FundStucke in allen
Richtungen der Windrofe verfchleppen, fo ift es nicht
Nord
schioli. c Liue!. d Frögg. c Thiergarten. f Lucas
minder zu beklagen, dafs dem Vereine auch Zeit und
Geld mangeln, die wichtigen Fragen, die fich an die
bereits bekannten Funde knüpfen, einer vielleicht
nahe liegenden Löfung zuzuführen. Glücklicherweife
führt der blinde Zufall, der ja auch die Entdeckung
des Gräberfeldes felbft veranlaßte, immer wieder auf
neue Spuren und läßt es nicht zu, dafs der Eifer der
Forfchung erkalte und der Spaten zur Ruhe komme.
Zwei Fragen drangen lieh jedem unabweislich
auf, der das Gräberfeld befucht und die im Mufeum
zu Klagenfurt aufgeftellten Fundftucke betrachtet. Wo
mochte die Anfiedlung geftanden haben, deren Be-
wohner auf diefem Gräberfelde ruhen? und wie kommt
iafs diefes Gräberfeld mit Funden aus der Iiall-
ftädter Periode abfchließt und dafs fich keine An-
knüpfungspunkte an fpätere Cultur-Periodcn finden :
Es find in beiden Richtungen Vermuthungen aufgeteilt
worden und erft kürzlich erhielt die Forfchung
wieder einen bedeutungsvollen Wink vom
Zufalle zur Beantwortung der letzteren Frage.
Als die anthropologifche Gcfellfchaft in
Wien vor zwei Jahren in Fröi; abungen
vornehmen ließ, welche höchft intereffante
Ergebniffe lieferten, ftellte Herr J. Ssombathy,
der damalige Leiter des Unternehmens, die
gewiß fehr berechtigte Vermuthung auf, dafs
der bewaldete Höhenrücken weltlich des
..Thiergartens" Fig. i, c wo deutliche Spuren
von Erdarbeiten, Graben und Wälle fichtbar
find, der Anfiedlungsplatz jener Leute gewefen
fei, welche in den Grabhügeln von Frögg be-
ftattet worden find. Er ließ an verfchiedenen
Orten graben, allein es fand fich nicht-, was
diefe Vermuthung beftätigte. Gleichwohl cr-
fuchte er mich im letztvergangenen Winter,
eine ganz genaue Vermeffung und Aufnahme
der fämmtlichen auf dem Berge oberhalb des
Brauers Seidl Lucas) gelegenen Walle. Gra-
ben etc. vornehmen zu laffen, eine Arbeit,
welche fich nur im Winter, wo das Geftrüpp
nicht belaubt ift, löfen ließe. Leider war es mir
wegen des vielen Schnees und fpäter anderer
Hinderniffe wegen nicht möglich, diefem
Wunfche für diesmal nachzukommen, doch
beabfichtige ich die Ausführung desfelben bei
nachfter Gelegenheit vorzunehmen. Fs liegt
-ich nahe, dafs der Zugang in die fruchtbare Niede-
rung, wo die Ortfchaften Rofegg, Duel und Frögg
liegen, die von drei Seiten durch den gewaltigen Drau-
fluß gefchützt ift, von ihren einftigen Bewohnern gegen
Südoften durch Befestigungen auf den (teilen Abhängen
des Thiergartens und der Anhöhe hinter dem „Luca-"
gefchützt wurde, dafs alfo auf diefen beiden Anhöhen
die Spuren einer prahiftorifchen Anfiedlung zu fliehen
LXXVII
feien. Hiezu kommt, dafs die heutige Straße nacli
St. Martin gar nicht weit von diefem uralten Kirchlein
an eine- Stelle führt, wo ähnliche Tumuli wie in Frö
liehen, welche allerdings bisher nicht mit Erfolg durch-
fucht wurden, und dafs man in diefer Richtung weiter
zu den alten Bleibergwerken von Rudnik und Petfch-
nitzen am Fuße des Tabor gelangt. Im Hinblicke auf
die Kolten einer folchen Aufnahme lag es nicht im
Plane, in diefem Sommer für den Verein Ausgrabungen
in Frögg vornehmen zu laffen; allein es kam dennoch
dazu.
Im letztvergangenen Frühjahre, als der Brauer
Seid! ein zu feinem Haufe gehöriges Grundftück, auf
welchem fchon mehrere Hügel durchfucht wordin
waren, zum Fruchtbaue herrichtete, fand er an einer
vieldurchwühlten Stelle mehrere ganz beachtenswerthe
Fig 2.
enftände, welche er vorläufig als Schauflücke für
feine Sommergäfte bei fich behalt, am Schluffe der
Saifon aber an den kärntnerifchen Gefchichts-Verein
zu verkaufen gedenkt. Unter diefen Gegenftänden,
meill Bruchltücken von bronzenen und eifernen Fibeln,
Nadeln, Mcfferchen, einer gebrochenen Speerfpitze
und Spinnwirteln, befanden fich auch werthvollere
Stucke. Zu letzteren gehören vor allem zwei gut er-
haltene große Kahnfibeln, deren eine ungefähr 1/i der
naturlichen Große (Fig. 2) dargeftellt ill. Ganz befonders
gut erhalten war diefe Fibel, bis eine fremde Dame,
welche die Nadel mit der Hand
aufbiegen wollte, diefelbe zerbrach.
Diefe Fibel ill fowohl durch den
fchön geformten Knopf am Fuße,
als durch das zierliche Muller der
Einritzungen am Bügel bemerkens-
werth. Die Höhlung des Bügels ift
nicht nur nach unten offen, fondern
j . , auch an der Oberfläche durch ein
rundes Loch erfichtlich. Die Patina
ill rauh und uneben. Die kleinere Fibel ill weit weniger
[faltig ausgeftattet ; auch fehlt der Schlußknopf am
Fuße, welcher jedoch urfprünglich vorhanden gewefen
fein dürfte.
Beachtenswerth ill auch eine lehr große durch
Roll fchadhafte eiferne Bogenfibel, an welcher ein
eiferner King hangt. Ein anderer ringförmig gebogener
Bronzedraht ift an jenem Theile durch Roll ange-
schmolzen, wo die Spirale der Nadel fein follte, und
wo nur mehr ein rundes Loch zu erkennen ift.
Zugleich mit dielen Fibeln fanden fich auch
mehrere größere und kleinere platt geformte Bronze-
fcheiben (Fig. 3), welche an einen durch diefelben
gezogenen Draht gereiht gewefen fein follen, welcher
XIII. X. F.
Draht aber in Trümmer zerfallen ift. Diefe Kügelchen,
etwa 15 an der Zahl und zwifchen 25 Cm. und [8 '
imDurchmeffer.beftehen aus je zwei hohlen Scheibchen,
die durch irgi nd einen Kitt zufammengehalten worden
zu hin Scheinen, und wahrscheinlich einen llalsfchmuck
bildeten.
1 tiefe Funde, an welche fich noch andere, meill
von Badegallen aus Velden im Monate Mai vorge-
nommene Ausgrabungen mit mehr oder minderem
Erfolge fchloßen, veranlaßten den kärntnerifchen
fchichts- Verein in der \\'<>che vor Pfingften ebenfalls
eine Anzahl Graber in Frögg offnen zu laffen.
Zuerft wurden zwei I lügel auf der Parzelle Schufter
145K 1 nachft dem Grundltücke des Brauer- Seidl,
vom Waldwege welllich, geöffnet. Diefe beiden Grab-
hügel hatten 6 — 7 M. Durchmeffer, keinen Steinring
und waren vorn mit brauner Erde aufgefchüttet. Einer
derfelben hatte am Grunde eine 30 Cm. ftarke Schichte
von Klaubfteinen. Spuren einer Beftattung fanden fich
nur wenige, nämlich Knochenrefte, Stücke von Broi
draht oder Fibeln und Scherben von Thon
aber unter diefen letzteren waren auch die einer dick-
wandigen dunkelgrauen Urne von befonderer Gn
Fig. 4- 5
mit fchönen eingeritzten Ornamenten. Diefe Scherben
wurden vom Vereinsdiener Kaifer mit feltenem
Gefchicke wieder zufammengefügt Fig. 4 und es ill
bisher in Kärnten noch kein fo fchönes Stück gefunden
worden. Bemerkenswerth ift, dafs die Striche der
Ornamente nicht glatt find, fondern mit einem Zahn-
rädchen gemacht worden zu fein Icheinen; auch ill
diefe fchöne Urne nicht auf der Drehfeheibe erzeugt
worden.
Endlich fand fich in demfelben Grabhügel auch
ein ganz kleines Bronze-Meflerchen von 3 — 4 Cm.
Klingenlänge, deffen Angel in einem vermoderten
hölzernen Heftchen fleckte, woranSpuren eineseifernen
Befchläges waren. Alles zerfiel aber bei der leifeften
Berührung und konnten nur Bruchftücke aufbehalten
werden. Fünf weitere Grabhügel wurden ganz am
Höhenrücken auf der Parzelle Wauch 1502 naher der
Landftraße, etwa in der Mitte des Gräberfeldes geöff-
net. Diefe ziemlich nahe aneinander gelegenen 1 1
zeigten verfchieduie Beftattungsweifen, und nur einer
derfelben lieferte eine erwähnenswerthe Ausbeute.
Während nämlich drei derfelben unter der aufge-
schütteten Erde regellos angehäufte Bruchfteine mit
Spuren von Leichenbrand, Thonfcherben und Theile
ftark zerfetzter Bronze- oder Eifengeräthe wiefen, waren
die zwei anderen von ganz eigenthümlicher Zufammen-
fetzung, indem eine Anzahl von größeren und kleineren
I
LXXV1II
Schieferplatten auf den fchmalen Kanten aufgeteilt
einen Kaum von 1 40 2 M. bildeten, innerhalb d<
die Leichenverbrennung ftattgefunden zuhaben fcheint,
wie die aufgefundenen Kelle und der braun geröftete
.n fchließen lauen. Eines diefer Graber war be-
fonders ergiebig an Funden, welche zwifchen Steinen
■1. An der Südfeite, etwa 30 Cm. unter der Ober-
flache in einer Schichte Leichenbrand von einem
Meter Ausdehnung zerftreut lagen Bruchftücke ftark-
oxydirter kleinerer Reiterfiguren; in der Mitte am
Grunde eine zerquetfehte Urne und darin unter
Fi(
Knochenreften die gut erhaltene Nadel einer Bronze-
fibel; nebenan ziemlich gut erhaltene Fußfchalen
1 - und öfllich metertief wieder zwei große mit
Knochenreften gefüllte, ganz zerdrückte Urnen, bei
deren einer eine ftarke Baumwurzel durch den Boden
gewachfen war. Unter den Knochenreften diefer Urnen
fanden lieh Trümmer eines eifernen Mefferchens und
einer Nadel, ferner zwei Bronzeringe von je 4 Cm.
Durchmeffer mit daran hangenden Kloben, womit
diefelben wahrfcheinlich an ein größeres Gelaß genietet
waren und zehn Stück Rciterfiguren aus Blei (Fig
Diefe kleineren Reiter find von einer bisher noch
nicht gefundenen Gußform und ganz befonders ftark
in Metall, welches noch fo gefchmeidig ift, dafs eine
völlig zufammengerollte folchc Figur ohne Bruch glatt-
gebogen werden konnte. Die Formen find aber wo
möglich noch roher, als die der früher gefundenen
ren. Namentlich der Kopf der Reiter ift unförm-
lich. Die Pferde oder Fiel, denn die langen Ohren find
auffallend markirt, haben nur zwei Beine, und der
Schwanz ill mit den Hinterbeinen gleichgeformt. Die
Beine der Reiter hingegen lind gänzlich iiberfehen
worden.
In demfelben Tumulus gab es überdies noch
mehrere andere Urnen, und zwar befonders viele Fuß
Uli. den, vielleicht deren 10 Stuck verfchiedener Größe,
aber völlig zertrümmert.
Endlich wurden noch drei Grabhügel aul der
Parzelle Hafner (1496) links vom Waldwt inet,
wo das Erdreich (teil gegen Ölten abfallt. Diefelben
hatten 7 — S M. Durchmeffer und die Auffchüttung
beftand aus brauner fandiger Erde. Nur
einer diefer Hügel hatte im Innern einen
Steinring, jedoch ohne Steinbedeckung. Er
barg nur wenige Spuren einer Brandbeftat-
tung, zerftreut liegende Thonfcherben und
Stucke einer eifernen gefchwungenen Melier-
klinge, die fall in keinem Grabe fehlt. Dane-
ben lagen frei im Sande zwei völlig gut er-
haltene bleierne menfehliche Figuren [Fig. 7
von gleichem Guffe wie jene, welche im
Jahre [884 (Mitth. der Central-Commiffion
für Kunft und hiftorifchc Denkmale, n. F.
pag. XXXV unter gleichen Verhältniffen in
einem diefer Parzelle ganz nahe gelegenem
Grabe vorkam. Damals war das gefundene
Mannchen in fitzender Stellung, wahrend
die jüngft gefundenen völlig ausgeftreckt
find. Die Beine find bei beiden Figuren
durch einen Bleiftreifen, welcher möglicher-
weife vom Guffe flammt und nicht beim
Formen beabfichtigt war, verbunden.
Die zwei anderen auf diefer Parzelle
fneten Tumuli hatten keinen Steinring
und waren mit fehr fpärlichen Beftattungs-
reften ausgeftattet.
Seit dielen Ausgrabungen des Vereines
wurden wieder verfchiedene Ausgrabungs-
verfuche von Badegäften aus Velden vor-
genommen, jedoch ohne Frfolg; nur einer
1 >ame, welche beim Brauer Seidl auf einer
von ihm erft kürzlich im füdlichen Gräber-
leide erkauften Parzelle Ausgrabungen vor-
nehmen ließ, glückte es, mehrere fehr gut
erhaltene Drahtfibeln, einen fchlangenför-
mig gewundenen Armring, einen henkei-
förmigen glatten Halbbogen und andere
Bronze-Gegenftände zu finden, welche fie
mit fich nahm.
Zuletzt aber kam es noch zu einem fehr
merkwürdigen Funde, der durch Zufall in
den Befitz des Bräuers Seid! gelangte. Die-
fes Fundftück ill eine vorzüglich gut erhaltene Klinge
eines La Tene-Schw ertes (Fig. 8). Alljährlich kommen
italienifche Holzhändler, „Malatiner" genannt, in jene
Gegend, welche von den Bauern Holz am Stamme
kaufen, dasfelbe abtreiben und in Flößen auf der Drau
hinwegfehaffen. Auf einer folchen von den Italienern
zum Abftocken erkauften Waldparzelle längs des Gra-
bens, welcher das Gräberfeld im Südoften abgränzt,
wurde nun im vorigen Jahre ein Baum aus den Wur-
zeln gehoben und fand fich darunter die fragliche
Klinge, die ein Bauer jüngft um geringe Entlohnung
I
Fig. 8.
LXXIX
Fig. 9.
dem Bräuer Seid! zum Kaule anbot. Diefe zweifchnei-
dige Klinge ift von vorzüglichem Stahle, jetzt noch trotz
der ftarken Verwitterung elaftifch; fie mißt 83 Cm. in
die Länge und 4 Cm. in die Breite; die Angel ift 13 Cm.
lang und an diefelbe ilt der charakteriftifche glocken-
förmige Büge] der La Tene-Schwcrter angelöthet. Es
ill zu erwarten, dafs auch diefes interef-
fante Fundftück feinerzeit in den Befitz
des Vereins-Mufeums gelangen wird ; allein
wenn dies auch nicht gcfchchcn follte, lo
ill die Auffindung diefer aus einer bisher
in Kärnten nur äußerft feiten vertretenen
Zeitperiode (lammenden Waffe, und zwar
in unmittelbarer Nähe der ausschließlich
der Hallftädter-Zeit angehörigen Gräber,
ein Ereignis von großer Bedeutung; denn
hoffentlich wird es gelingen, dort, wo jenes
Schwert gefunden worden, noch andere
Gegenftände derfelben Zeitperiode aufzu-
decken und eine Continuität der Befied-
hing jener Gegend von der Hallftädter
bis zur Römer-Zeit nachzuweifen.
Allein die Auffindung diefer merk-
würdigen Waffe außerhalb, wenn auch
zunächft des Gräberfeldes, muß auch zur forgfältigen
Durchsuchung der anderen Umgebungen führen, und
es werden zunächft jene Tumuli, welche ziemlich
abfeits im Werten des größeren Teiches im Walde
bemerkt, aber bisher unbeachtet gelaffen wurden, in
<\va\ Kreis der Forfchung der Frögger Nekropole
gezogen werden müßen.
Durch die Gewährung einer Subvention von
Seite der k. k. Central-Commiffion für Kunft und
hiftorifche Denkmale wurde es dem kärntnerifchen
Gefchichts-Vereine möglich, noch in diefem Jahre
eine zweite Ausgrabung in Frögg bei
Rofegg vornehmen zu laffen. Zunächft
wurden vier Hügelgräber am nördlichen
Rande des Gräberfeldes gewählt, wo der
Verein im Jahre 1883 feine elften Aus-
grabungen begonnen und unter einer
großen Steinplatte zwei eiferne Specr-
fpitzen gefunden hatte (Mitth. d. Centr.-
Comm. X, n. F. p. LXIV). Sie liegen auf
einer abgeftockten Waldparzelle der Frau
M. Bernold und fchienen bisher noch nicht
aufgegraben worden zu fein. Diesmal fchien
der Erfolg anfänglich völlig zu fehlen; denn
drei Gräber nacheinander enthielten faft
nichts als Steine und Erde und an Bron-
zen nichts als die Nadel einer Fibula. Erft
der vierte entfehädigte die aufgewendete
Arbeit und Koften. Diefer unanfehnliche
Tumulus war plattgedrückt, mit Bufch-
werk bewachfen und maß 4 M. im Durch-
meffer, kaum 1 M, Hohe. Der unregel
Fig. 10 mäßige Steinfatz beftand aus ziemlich
großen Bruch- und Kugelfteinen, war
gegen Nord und Oft mit völlig winkelrecht anein-
anderftehenden Flächen begränzt und dabei eigen
thümlich an den vier Ecken mit großen Steinen
m. ul. iit An der Oftfeite lag außerhalb eine ftarke
Schichte Brandafche, welche (ich bis in das Innere des
Hügels zog.
Nach Hinwegräumung der mit Thonfcherben
durchmen [ti n lade fand fich in halber Tiefe auf einem
großen Kugelfteine liegend ein Palftab aus Bronze,
19 Cm. 18 Mm. lang und 5 Cm. breit, von ausgezeich-
neter Arbeit (Fig. 9). Derfelbe gleicht di m in Hallftadl
gefundenen Palftabe (Fig. 11, Taf. VII, Sacken), nur ill
er länger und ift die über die .Schaftlappen hinaus-
reichende Randfläche an beiden Ecken durchbohrt.
Eines diefer Bohrlöcher ift ausgebrochen. Die Schaft-
lappen felbft haben vier Querrippen von doppelten
Reihen eingerizter Striche. Die Klinge abi 1 ifl beider-
feits oben nächft ilcw Lappen mitteilt Tremolir-
Strichen durch ein Zickzack zwifchen geraden Linien
verziert. Die Ränder der Klinge find etwas erhaben
und an den Schmalfeiten fanft gewölbt.
Fig. 11.
An der Patina unter den Schaftlappen haften noch
Fafern des Holzes, woran das Beil gefchiftet war und
wovon ein Stückchen außerdem noch erhalten ge-
blieben ift. Eigenthümlich ift, dafs innerhalb des Stein-
fatzes diefes Grabes, welches ein fo vorzüglich gear-
beitetes Beil barg, fonft faft nichts gefunden wurde.
Weltlich nahe am Steinringe in halber Tiefe lag
nur der Bügel einer ganz kleinen Bronzefibel, und ganz.
am Grunde ein flacher eiferner Ring von 5 Cm. Durch-
meffer. Erft beim Auseinandernehmen des Steinfatzes
fanden fich zwifchen großen Steinen Sorgfältig gebettet
Fig. 12.
zwei eiferne Speerfpitzen gegen Ollen gekehrt liegend
(Fig. 10). Diefelben find gut erhalten, wenig vom Ri
angegriffen, 31 Cm. lang und 26 Cm. breit, 8 Cm.
Dullenlange. Von den früher gefundenen Speerfpitzen
unterfcheiden fie fich vornehmlich durch beiderfi
6 Mm. erhabene Mittelrippen. In der Schaftrohre der
einen diefer Speerfpitzen fteckt der Kopf eines Bronze-
nagels, womit felbe an die Stange befeftigt war.
Schließlich muß noch erwähnt werden, dafs der
Steinring nicht auf dem natürlichen Grunde, fondern
30 Cm. höher auf der Aufschüttung lag, welche letztere
1*
LXXX
mit Brandafche gefchwärzt war, worin ein kleines roh
gearbeitetes Töpfchen von bisher nicht vorgekom-
mener Form
Eine weitere Grabung wurde auf dem Abhänge
einer jenfeits des größeren Teiches etwa 300 Schritte
weftlich des Graberfeldes gelegenen Waldanhöhe an-
gefleht, wo 3 Grabhügel ganzlich ifolirt im Dreieck,
Schritte von einander entfernt liegen. Auch
von diefen war nur der größte ergiebig. Er war 9 M.
im Durchmeffer, dicht mit Bäumen bewachfen, deren
einer, eine 26 Cm. Harke Fohre, gerade auf deffen
Gipfel ftand und feine Wurzeln über den ganzen Stein-
fatz ausbreitete. Dieter Stein fatz beftand aus großen
Schieferplatten, welche weder horizontal, noch vertical,
Fig. 13.
fondern fehief gegeneinander geftellt und mit Bruch-
undKugelfteinen verbunden wann. NachwenigSpaten-
ftichen, nur 20 Cm. unter der Oberfläche, lag auf einer
folchen Platte eine gut erhaltene Bronzefibula, welche
nach Dr. TifcJiler als „fchmalbügelig mit langem Fuße"
ii. bezeichnet werden kann. (9 Cm. Gefammt-
länge und 3!/2 Cm. Länge des Fußes). Eigentümlich
find die kleinen runden Auflätze in der Mitte des
lineal gravirten Rückens der Fibula. In dem Grabe
felbft wurde nichts Erwähnenswerthes gefunden und
erft am Grunde desfelben, nach Hinwegräumung der
großen Steine, unter denfelbcn, lagen vier bleierne
Reitergeftalten von derfelben Gußform wie jene, welche
bei der erften Ausgrabung des Jahres 1883 in der Mitte
des Gräberfeldes vorkamen (Fig. 12
Von den beiden anderen Grabhügeln diefer YVald-
parzelle enthielt der eine nichts, der andere nur einen
Knopf aus Bronze, ahnlich einem modernen Chemifet-
ten-Knopfe, und eine Spirale aus plattgedrücktem
Bronzedrahte von nicht beftimmbarer Verwendung.
Somit hat fich die Hoffnung, dafs in diefen abfeits
gelegenen Gräbern Funde einer fpäteren Culturperii
vorkommen konnten, nicht bewahrt.
Eine dritte Ausgrabung wurde endlich auf dem
Hafner'fchen Grunde mitten im Graberfelde vorge-
nommen, wo der Verein das Recht zur Eröffnung
dreier anfehnlicher Grabhügel erworben hatte.
Allein diefe Grabung war ganzlich erfolglos; nur
iffcherben, wovon bloß zwei Bruchtheile einer
rothen mit Graphit bemalten Schale zufammengefiigt
werden konnten, und 3 Stücke eines ftark verrofteten
eifernen Mefferchens waren die einzigen ErgebnifTe.
Zum Schluffe aber wurde noch eine fehr inter-
eflante Entdeckung gemacht, dafs nämlich die Wiefen
und Felder oberhalb Rofegg, hinter der Pofl und dem
Gafthaufe der Frau Moro bis zur Ziegelei hin Graber
enthalten dürften. Es hatte der Oberlehrer von Rol
die .Mittheilung gemacht, dafs auf einer kleinen Wiefe
dort Tumuli fein follten, auch war in der Ziegelei felbft
im vorigen Jahre eine Armbruftfibula (Fig. 13) gefunden
und durch den Verein erworben worden. Nachdem die
Felder eben abgeräumt waren, fchien die Gelegt nheit
zur näheren UnteiTuchung günftig. In der That Hellte
fich heraus, dafs obige Angabe begründet war, auch
dürfte dort ein halbrund vorfpringendes Plateau,
worauf Bufchwerk fteht, ein Kingwall gewefen fein.
Der Vereinsdiener Kaifer, welcher die Ausgrabungen
beauffichtigt hatte, ließ demnach oberhalb di
Walles mit Einwilligung der Grundbefitzerin drei
kleine Hügel aufgraben.
Aufeinem derfelben lag fchon obenauf eine blaue
Glasperle, wie deren mehrere im Gräberfelde gefunden
worden waren. Fs wurde 2 M. weit und 45 Cm. tief
iben. Am Grunde lag eine große 115 M. lange
Steinplatte nebft Brandafche, Kohle undThonfcherben.
Gefunden wurden noch zwei blaue Glasperlen,
ein 7 Cm. langes Stück Bronzedraht und kleine re
Bronzerefte.
Der zweite Hügel enthielt ebenfalls Steine und
Brandafche, darunter auch Bronzetheile, insbefondere
die Drahtfpirale einer Armbruftfibula.
Im dritten Hügel war nur etwas Kohle
FU
'4-
Am Schluffe diefes Ausgrabungs-Berichtes wird
noch die Zeichnung einer großen Urne beigefchloflen
Fig. 14), deren Bruchtheile zwar fchon bei einer frühe-
ren Ausgrabung, nämlich im Jahre 1884 gefunden
wurden und einem Grabhügel entflammen, welcher
vorzügliche Funde geliefert hatte. (Grabhügel Nr. 11,
Mitth. d. Centr.-Comm. XI, n. F. pag XXXVI. Es
lang jedoch erft jetzt, die einzelnen Theile zu einem
Ganzen zufammenzufügen. Diefe fchönc Urne ift ins-
befondere durch die von Innen herausgetriebenen
Höcker bemerkenswerth, deren mehrere und zwar
noch viel größere in I funden worden find, ohne
dafs die dazugehörigen Urnen-Formen nachzuweifen
gewefen waren.
LXXX1
Der alte Dom zu Salzburg.
Vom k. k. Confei i »tot '
Mil .in. i I .. ' . I
JN derfelben Stelle, auf welcher fich die heutige
•iWfÜ Domkirche in Salzburg — eine der hervor-
iää&s ragendften Kirchenbauten der Spät-Renaif-
aul deutfehem Boden erhebt, ftand bis in
die Zeiten des heil. Virgil (745—784) zurück das alte
Münfb 1
Nach den Mittheilungen der Chroniften, fowie
nach den fpärlichen urkundlichen Nachrichten wiffen
wir Folgendes über deffen an Brandunglücken reiche
Baugefchichte: '
1 )er erftc Bau wurde in den Jahren j6j — 73
[ — 74, 8of] von Bifchof Virgil geführt, ging im Jahre
erwiefen und den Vorwand zur gänzlichen Demolii
des Domes geboten haben lullen, welche 1599 begon
neu wurde und mehrere Jahre in Anfpruch nahm. Im
[ahre 1611 wurde der Grundftein zu einem neuen h
auf Grund eines großartig gedachten Entwurfes Vin-
cenzo Scamozzis gelegt, 1614 ein zweitesmal zur
jetzigen, nach den Planen des italienifchen Meifters
Santino Solari erbauten Cathedrale.
Aus der vorangeführten Baugefchichte kann
gefchloffen werden, dafs der jetzigen Domkirche der
Ilauptfache nach zwei ältere Dombauten vorange-
gangen find: Der Hau des Bifchofs Virgil und der
845 [846, 844, 841?] durch Brand zu Grunde, wurde durch Erzbifchof Konrad III. im Jahre 1181 [1182]
nothdurftig wieder hergeftellt und gcrieth neuerlich
in Verfall, bis im Jahre 1020 durch Widmungen Kailer
Heinrich II. die Reftaurirung ermöglicht wurde.
Im Jahre 1128 [1127] litt der Dom neuerlich durch
Brand, wurde bis 1130 erneuert, aber noch in
demfelben Jahrhunderte (1167) bei einem feind-
lichen Uebcrfallc der Stadt zum drittenmale cin-
geäfchert. Erft »81 [1182] konnte nach vorher-
gegangenen nothdürltigen Ausbefferungen zu
einem Neubaue gefchritten werden, zu welchem
nach Befeitigung der alten Mauern Erzbifchof
Konrad III. den Grundftein legte. Einem Dach-
lluhlbrande im Jahre 1203 folgte 1270 bei dem
Einfalle der Bayern ein neuerlicher großer Dom-
brand; doch fchon 1274 konnte die Weihe der
wiederhergestellten Domkirche erfolgen. Um das
Jahr 1312 fiel das Münfter abermals einem ver-
heerenden Brande zum Opfer, der viele Wieder-
herftellungen, namentlich unter den Erzbifchöfen
Friedrich III. und Ortolph, nothwendig machte.
Das Jahr 1383 [1380] brachte eine große Feuers-
brunit über die Stadt, welche auch den Dom
zerftörte, den jedoch Erzbifchof Pilgrim IL in
den Jahren [384 5 wieder prachtvoll aufbauen
ließ. Im folgenden Jahrhunderte fanden viele Bau-
hcrftellungen ftatt: Die Eindeckung der Kirche
mit Blei 11454 begonnen, aber erft 1488 gänzlich
vollendet); die Aufführung eines Pracht-Portales
(1454 — 61?); die Erbauung von drei runden
Thürmen (über der Vierung und an den Quer-
fchiffenden) durch Erzbifchof Burkard (um 1461-
Diefer fo ausgeftattete Bau blieb durch mehr als ein
Jahrhundert in unveränderter Geftalt erhalten, bis in
einer Decembernacht des Jahres 1598 der achte Dom-
brand den Dachftuhl und die Thürme des ehrwürdigen
Baues vollftändig vernichtete und das Gewölbe arg
befchädigte. Der bauluftige Erzbifchof Wolf Dietrich,
welchen Gerüchte der Veranlaffung des Brandes be-
fchuldigten, ließ gleichwohl nothdürftige Wiedcrher-
ftellungen machen, die fich jedoch als nicht dauerhaft
' Die Daten für die Baugefchichte find den Salzburgcr Chroniken von
• ■, Duckhtr, Zautter, Hüöncr's Topographie, fowie den Dombefchrei-
hungen von Schallhammer, Pichler u. A., endlich einer handfchrifi
fcli reihung des 1 :s aus dem Jahre xooa in Befit:
entnommen. Die den Jahreszahlen in [ ] beigefügten Zahlen lind abweichende
Angaben gegenüber den vorai Zeitdaten,
begonnene Neubau. Die zw ifchcnliegenden Bauher-
Itelluns/en bezweckten entweder nur die Behebung
-66).
von Brandfehaden oder find als Umbauten von
größerem oder geringerem Umfange zu betrachten:
fo der Bau unter Konrad I. (bis 1130), die allem An-
fcheine nach bedeutenden Herftellungen unter Erz-
bifchof Friedrich III. (vor 1321 und Ortolph nach [343 .
endlich der weitausgreifende Hau unter Erzbifi
Pilgrim II. und deffen Nachfolgern im 15. Jahrhundert,
begonnen 1384 5.
Uebcr den älteften Dombau find die Nachrichten
fo fpärlich und unzuverläffig, dafs man daraus auf
deffen Geftaltung wohl fchwer einen Schluß ziehen
kann.
Scheinbar hat wohl eine im B Mufeums
Carolino-Augufteum in Salzburg befindliche Feder-
I. XXXII
Zeichnung, welche der BenedicTiner P. Jacobus Carolas
erfte Hälfte des 17. Jahrhunderts1! als Copie einer
eblich im erzbifchöflichen Archive befindlich ge-
_nen Abbildung der erften Domkirclie angefertigt
haben foll. Licht in diefe Frage gebracht. Diele Hand-
zeichnung, welche den Grundriß und die perfpeclivifche
Anficht einer Kirche enthalt, und — wie in dem
//'fchen Werke .Mittelalterliche Schätze aus
Salzburg- Salzburg 1845] erzahlt wird — uns durch
den Sammlerfleiß des genannten Benediktiners erhalten
wurde,1 hat fchon Dr. Guflav Hciticr in feinem Werke
„Mittelalterliche Kunftdenkmale in Salzburg" Wien
5 47 auf ihre Vertrauenswürdigkeit geprüft und
dielelbe unter Angabe gewichtiger Beweisgründe in
Abrede geftellt, welchem Urtheile fich auch andere
Kunftverftändige angefchloflen haben.
Von dem unmittelbaren Vorgänger des heutigen
Domes — dem der Hauptfache nach aus dem Ende
des 12. Jahrhunderts flammenden romanifchen Kirchen-
baue — haben fich nicht nur Schilderungen der
Chroniften erhalten, welche auf die bauliche Geftaltung
einen Schluß ziehen lallen, fondern auch bildliche
Darftellungen, welche zur Beurtheilung des nicht
mehr beftehenden ehrwürdigen Bauwerkes wefentlich
l>ei/.utragen geeignet find. An folchen dem Schreiber
I tiefes bekannten Abbildungen find auf uns gekommen:
1 gezeichnete und gemalte Anficht der Stadt
Salzburg aus dem Jahre 1553, im Befitze des
Stiftes St. Peter befindlich;
b) ferner ein bemalter Holzfchnitt aus dem Jahre
;, die Stadt Salzburg darftellend, ebenfalls dem
Stifte St. Peter gehörig;
c) dann ein Holzfchnitt, Salzburg darftellend, in
Hartmann Schedels .Buch der Chroniken"
rnberg 1492, deutfeh 1493, auf Blatt CL1I bis
CLIII der deutfehen Ausgabe Fig. _ ;
weiters ein Fresco-Gemälde (Anficht der Stadt
Salzburg) aus dem Jahre 1531, im Caftell zu Trient
befindlich (Fig. 3 ;-
e) endlich ein holzgefchnitztes vergoldetes Modell
des Domes, das einft einer Statue des heil. Yirgil
al> Attribut beigegeben gewefen zu fein fcheint,
im Befitze des Mufeums Carolino-Augufteum
befindlich (Fig. 1).
In den unter a) und b) erwähnten beiden Stadt-
anflehten aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, welche
vielfache Uebereinftimmung aufweifen, nimmt die
Darflellung des von der Feftung Hohen -Salzburg
überragten Domes beiläufig die Mitte des Bildes ein.
Als Standpunkt des Befchauers ift in beiden Fallen
der Capucinerberg Imberg) gewählt. Von dem Holz-
fchnitte aus dem Jahre 1565, für welchen wahrfcheinlich
die gezeichnete Abbildung aus dem Jahre 1553 als
Grundlage gedient hat, befindet fich eine Copie des
Theiles mit dem Dome in Heida' s „Mittelalterliche
Kunftdenkmale in Salzburg-, S. 49.''' Die Abbildung
1 In dem genannten Pexolfkhcn Werke wird auch von der Auffindung
einer zweiten Zeichnung erzahlt und betrifft diefe die Copie eines Planes —
angeblich einen AufrifS der alten Stiltskirchc St. Peter (Salz! eilend
khc ebenfalls von dem Bened Carolus angefertigt fein
foll, und fich auch im Befitze des Mufeums Carulin-j-Auguftcum befindet.
_-uftcum in diefeoi
Fresco-Gemalde eine Aquarell-Copic im . ilaßftabe (Fi|
;il der wünfehenswerthen
.igkeit; die Abweichungen beziehen fich jedoch auf keine wefenllirhen
Theile des Ba
dem Jahre 1553 ift eine auf Papier in brauner
Conturzeichnuog mit leichter Bemalung nur die
eldächer find durch grelles Deckroth dargeflellt
ausgeführte Anficht der Stadt in verhältnism
en Dimenfionen 273 Cm. Länge, bei einer Höhe
von 97 Cm. : auf einem flatternden Schriftbande fuhrt
fie die Infchrift: „Wahre Abkundterfeckt differ St
Saltzburg ANN1 fie wurde, nachdem fie bereits
viele Schaden aufwies, im Jahre 1885 in verftändiger
Weife renovirt.
Von demjenigen Theile diefer Abbildung, welcher
die Darfteilung des Domo enthalt, ift eine Copie in
Conturzeichnung 1. die Tafel) hier beigegeben. ' Die
Darftellungsweife des Originales zeit;t von keiner künft-
lerifchen, aber jedenfalls von einer lehr gewiffenhaften
Hand. Die große Bildfläche ermöglichte dem Zeichner
— deffen Name nicht bekannt ift — eine fehr detai-
lirte Darftellung von großer Ueberfichtlichkeit. Wenn-
gleich diefe aufKoften der richtigen Raumverhältniffe
und Perfpective erzielt wurde, fo gibt fie doch der
Abbildung einen hohen Werth für die F<>rfchung, was
fpeciell vom dem alten Uume gefagt werden kann,
deffen äußere Form voll und ganz vor Augen tritt.
Darnach war der wahrfcheinlich vom Erzbifchofe
Konradlll. im Jahre 1181 [1182] begonnene, in derFolge-
zeit mehrfach ergänzte und umgeänderte Dombau
eine im romanifchen Style aus Quadern erbaute drei-
fchiffige Bafilika mit Querfchiff und halbrundem Chor-
Schluß. Ueber den Pultdächern der Seitenfchiffe er-
hoben fich Strebemauern als Stützen für die Wölbung
des Mittelfchiffes; zwifchen den Streben befanden fich
in der aufragenden Wand des Mittelfchiffes die lür
denen Beleuchtung dienenden rundbogigen Fenfter.
Die Weftfacade des orientirten Baues mit ihrem von
einem Kreuze gekrönten Giebel war von zwei vier-
eckigen Thürmen flankirt, welche durch vier Gefchoße
(die oberen drei mit rundbogigen Schailfcnftern: auf-
ragten und ein fteiles pyramidales Dach trugen. Ueber
der Vierung erhob fich ein mächtiger runder Thurm,
deffen aus dem Vierecke in die Rundung übergehende
Mauer unter dem Dachgefimfe mit einer Bogengalerie
abfehloß und ein fteiles Kegeldach mit dem Wetter-
hahne trug. Den Giebelfeiten des mit dem Mittelfchiffe
gleich hohen Querfchiffes waren runde Thürme mit
fteilem Kegeldache, Knauf und Kreuz tragend, vor-
gebaut; diefelben waren fünfgefchoßig mit rundbogigen
Fenftern. Der auf die Höhe des Mittel- und Quer-
fchiffes fich erhebende Chorraum wurde an den beiden
freien Ecken von kleinen viereckigen Thürmchen
flankirt, zwifchen welchen fich die niedere halbrunde
Abfiele ausbaute; deren Wand fchloß unter dem
Dachgefimfe mit einer Bogengalerie ab, welche fich
an dem Chorraume und Querfchiffe bis zur Stirnwand
des letzteren fortfetzte. Im Chorraume befanden lieh
unter der Galerie rundbogige Fenfter. Die Außenfeite
der Chorabfide war mit einem (Fresco-) Gemälde, den
heil. Chriftoph darftellend, geziert. Ueber die Art des
Wandabfchluffes der Seitenfchiffe, des Mittel- und
Querfchiffes, fowie des Chorraumes unter dem Dach-
gefimfe laßt die vorangeführte Abbildung im Zweifel,
n der Gefammlanficht befindet fich eine ReproducVion ph
phifcher Steindruck! int verjüngten MaOftabe in dem von der ,,< iefellfchaft
1 undc' zur Feier ihre lunfundzwanzigjährigen liefte-
hens herausgegebenen Keftbuche ,,Gefchichte der Sl n Dr.
F. l'.Zillntr (Salzburg 1885) als Teitage.
LXXXIII
während der Holzfchnitt vom Jahre 1565 an diefen
Stellen Rundbogenfriefe aufweift.
her letztgenannte Holzfchnitt zeigt außer der
perfpectivifch richtigeren Darftellung des Stadtbildes
fonfl keine wefentlichen Verfchiedenheiten gegenüber
der Abbildung vom Jahre 1553. Bezüglich des Domes
fehen wir in dem llol/.fehnitte den dem Befchauer zuge-
kehrten Weflthurm im oberften Gefchoße bereits mit
einer Uhr ausgestattet; in der Chor-Abfide find rund-
bogige Fenfter angebracht, wahrend das Bild des heil.
Chriftoph verfchwunden ift ; die Thürme an den Stirn-
feiten des Ouerfchiffcs haben, obwohl fie gleich hoch
wie in der Abbildung 1553 gezeichnet find, Pechs
(gegcniiber fünf") durch Gefimfe getrennte Gefchoße,
was wohl nur auf einen fehler des einen oder anderen
Zeichners zurückzuführen fein wird. Der von Dr. Heider
in ..Mittelalterliche Kunftdenkmale in Salzburg", S. 48,
von den genannten Thürmen (und demVierungsthurme)
aN ..runden- Thürmen fprachen, durfte jeden Zweifel
vollends beheben. Gegen diefe Beweismittel kann
nicht in die Wagfehale fallen, dafs das unter e) er-
wähnte Holzmodcll des Domes achteckige < _>uer-
fchiflfthürme zeigt. Eine Beweiskraft kann diefem in
rohen Formen ausgeführten kleinen Modelle (das
übrigens auch nicht als „Modell" im wahren Sinne
des Wortes aufgefaßt werden kann) umfoweniger
zugefprochen werden, als es gegenüber den bildlichen
Darftellungen manche Verfchiedenheiten aufweift,
deren Unrichtigkeit augenfällig ift, fo z. B. hat der
(auch achteckig dargeft eilte) Vierungsthurm keine
über das Kirchendach emporragende Aufmauerung,
fondern es fitzt deffen Dach direci auf der Kreuzung
des Mittel- und Querfchiffdaches auf; ferner find an
den Langfeiten zwifchen Weftthurm und Querfchiff
■ ■ an ■■
ä~^thjüüe
,j&\/& &f
cojo.jS rs&y.
Fig. 2.
angegebene Unterfchied, dafs die letztgenannten
(Querfchiff-) Thürme im Holzfchnitte vom Jahre 1565
achteckig dargeftellt erfcheinen, in der Abbildung
von 1553 dagegen rund, kann bei genauer Befichtigung
des Holzfchnittes als nicht ftichhältig bezeichnet
werden. Die fcheinbaren Kanten follen jedenfalls
Lifenen zwifchen den rundbogigenFenftern darftellen,1
denn die elliptifch gezeichnete Form der ringsum
laufenden Gefimslinien weift nicht auf achteckige,
fondern auf runde Grundrißform und überdies fieht
man genau, dafs die fcheinbaren Kanten zwifchen den
Begränzungslinien der Gefimfe nicht fortgefetzt er-
fcheinen, fondern von oben und unten an diefelben
anftoßen. Auch derweitere Umftand, dafs dieChroniften
' l >ic Abbildung von 1553 zeigt verticale Begleitlinien neben den Fen-
ftern der riuerfchiffthürme, welche wahrfcheinlich auch Lifenen darftellen
füllen.
nur fünf Fenlleraxen angebracht ftatt deren lieben und
endlich zeigt das Modell eckigen (!) Chorfchluß an
Stelle der gewiß halbrund gewefenen Abfidc. Dagegen
kann aus diefem Modelle entnommen werden, dafs außer
dem rundbogigen Haupt-Portale in der Weftfront auch
ein rundbogiges Seiten-Portale vorhanden war, welches
in das rechte (füdliche) Seitenfchiff mündete; ferner,
dafs dem füdlichen Seitenfchiffe wahrfcheinlich eine
Capellenreihe nach außen bis in die Flucht des Weft-
thurmes vorgebaut war. Nach der Domanficht vom
Jahre 1553 ift es übrigens nicht unwahrfcheinlich, dafs
auch dem nördlichen Seitenfchiffe, anftoßend an das
Querfchiff, folche Capellen vorgelegt waren.
Auf die Stadtanfichten von 1 ; - > und 1565 zurück-
kommend, ilt noch zu erwähnen, dafs dem nordlichen
(linken) Seitenfchiffe in deffen Mitte ein niederer
I. XXXIV
Sacrilleibau angefügt war: vor der Nord- und Oft-
fronte der Kirche erftreckte lieh der von einer zinnen-
inten Mauer umgebene Friedhof, in deffen nord-
icher Ecke unweit der Chorabfide ein aus Quadern
geführter Rundbau mit Laterne und Kegeldach
lland, welcher jedenfalls als Karner gedient hat.
Zwifchen der Sacriftei und dem nördlichen Weftthurme
befand fich, wie die Stadtanficht von 1553 zeigt,
eine vom Seitenfchiffe auf den Friedhof mundende
kleine rundb . orte. Nach der handfehriftlichen
— pO-Alfc
- jir
-lAAflil
> ♦
co/*.Jf/387
Dombefchreibung vom Jahre 1602 ill im Jahre 1588
diefes „Thurlein vermauert vnd dafelbft auf den Freit-
hof hinauß ein Sagriftey erbauth worden (fo doch in
difem 1594 Jar noch nit vollendet)" — wahrfcheinlich
die letzte bauliche Ungeftaltung, welche der alte Dom
erfahren hatte.
Die unter c) und d) angeführten Stadtanfichten,
von welchen namentlich die letztere — nach der Copie
im Mufeum Carolin o-Augufteum zu fchließen — den
Dom nur in den Hauptumriffen kennzeichnet, geben
keine neuen Anhaltspunkte für die Beurtheilung feiner
baulichen Geftaltung. Bei beiden Anlichten ill der
idpunkt de- Befchauers am rechten Salzachufer,
flußabwärts der Stadtbrücke (heutige Staatsbri
gewählt. Von jenem Theile des Holzfchnittes in
Schcdcls „Buch der Chroniken", welcher den Dom
und feine Umgebung enthalt, ill die hier beigegebene
Fig. 2 eine Copie in Conturzeichnung. Manche An-
ordnungen in der Zeichnung laffen vermuthen, dafs
diefe Stadtanficht nach einer flüchtigen Skizze mehr
weniger aus dem Gedächtniffe entworfen wurde; nach
der Geftaltung der Feftung Höhen-Salzburg unterliegt
es überdies keinem Zweifel, dafs die Anlicht aus einer
früheren Zeit datirt, als das Werk, dem fie beigegeben
ill. Bemerkenswerth ill diele Abbildung durch den
l'mftand, dafs fie (außer dem Vierungsthurme von
den Thürmen an den Giebelfeiten des Querfchiffes
nur einen (den fiidlichen) enthält; aus der wahrschein-
lichen Erbauungszeit diefer Thürme (um 1461 — 66) zu
fchließen dürfte alfo diefe Stadtanlicht vor dem
Jahre 1466 von dem betreffenden Zeichner fkizzirt
worden fein. Wohl ill vom Vierungstliurme links (vom
Befchauer aus^ ein zweiter hochragender (achteckiger)
Thurm zu fehen, welcher aber fichtlich nicht dem
Dome angehört haben kann, fondern einer mehr im
Hintergründe gelegenen Kirche. DerLage nach könnte
dies die damals im Kai beftandene St. Nicolaus-Kirche
fein, welche im Jahre 1782 gefchloffen und in ein
Wohnhaus (Kaigaffe 2cVi umgewandelt wurde; nach
der Anficht von 1553 ift die Nicolaus-Kirche jedoch ein
befcheidener Bau mit niederem Thurme. Mit Kucklicht
auf die fchon erwähnte ideale Auffaffung de> Zeichners
der Stadtanficht in Sc/iedefs ..Buch der Chroniken"
wird es auch fchwer fein, die auftauchenden Zweifel
vollends zu beheben.
Die jüngft aufgefundenen Meilenfteine aus Unter-Krain.
Befprochen vom k k. Confervator Karl Defchmann.
|M vorigen Herbfte wurden drei römifchc Mei-
lenfteine vom Bauer Franz Koritnik auf feinem
Acker am rechten Saveufer gegenüber dem
an der Steinbrück- Agramer Eifenbahn gelegenen unter-
fteierifchen Markte Reichenburg beim Pflügen für die
Winterfaat aufgeackert.
Die Fundftelle liegt auf krainifchem Boden in der
Steuergemeinde Gurkfeld, 35 Kilometer ober der gleich-
namigen Stadt. \(»n der in der General Stabskarte ein-
gezeichneten Savcüberfuhr in Reichenburg etliche
500 Schritte ftromaufwärts, die nächfte krainifche Ort-
fchaft weiter hinauf ift Unter-Piaufchko. In diefer ganzen
Strecke tritt das ziemlich fteil anfteigende Gebirge fall
bis zur Save heran, nur wenig Raum übrig lallend für
die den Verkehr zwifchen Steinbrück über Ratfchach
nach Gurkfeld auf krainifcher Seite vermittelnde
Bezirksllraße.
Auch die einftige Römerftraße an diefer Stelle, ein
Paar Meter dem Stromlaufe naher gerückt als die
jetzige Bezirksftraße, wurde bei den Nachgrabungen
nebll vielen Bruchfteinen, vielleicht von einem dort
beftandenen Brückenkopfe herrührend, aufgedeckt.
Durch die rechtzeitige Anzeige des Barthelmä
Pecnik in Gurkfeld, der von diefem Funde Kenntnis
erhalten hatte, war es möglich die vorhandenen
Infchriftenrefte für das Laibacher Mufeum „Rudolphi-
num" zu acquiriren, wo fie nunmehr im fiidlichen
Corridor des Hoch-Parterres aufgeftellt find.
Das betreffende Gellein ill neogener Sandftein
1.. ithakalk der Geologen aus Myriaden von Gehaulen
meift mikroskopifcher Seethiere zufammengefetzt, die
verwitterte Oberflache zeigt unter der Lupe eine
außerordentliche Mannigfaltigkeit folcher organifchen
Kelle, von denen jene der größeren Röhrenwürmer
meift herausgefallen lind und kreisrunde Löcher im
Geftein hinterließen, die man an Stellen, wo die In-
fchrift angebracht ill, als InterpuncTJons-Zeichen zu
deuten veranlaßt werden könnte.
LXXXV
Die nächfte Lagerftätte diefes Kalkes, von wo der
Stein herrühren dürfte, ift jenfeits der Save nicht weit
von Reichenburg.
Die vorhandenen Infchriftenrefte gehören zu yer-
fchiedenen Zeiten gefetzten Meilenzeigern an. Zwei
derfelben beliehen aus längsgetheilten Säulenhälften
mit der Infchrift auf der vordem gewölbten Seite; die
rückwärtige Flache derfelben ill roh bearbeitet, ohne
irgend eine Spur von Buchftaben. Von der dritten
Meilenfäule find nur zwei nicht zufammenhängendc
Infchrift-Fragmente dem obern Ende angehörig vor-
handen, die fehlenden Zwifchenftücke und die weitere
Infchrift konnten trotz wiederholter Nachgrabungen
an befagter Stelle nicht aufgefunden werden.
Das befterhaltene Stück ift 68 Cm. hoch, der
Durchmeffer der Säule betragt 45 Cm., die Breite der
gewölbten Fläche mit der Infchrift 62 Cm., die untere
unbefchriebene .Säulenhälfte von beiläufig gleicher
Hohe ift an Ort und Stelle geblieben. Die Buchftaben
find alle fchön geformt, mit Sorgfalt ziemlich tief ein-
gemeißelt, die Zeilen gleichmäßig vertheilt.
Die Legende, an der linken Seite zum Theil ladirt
lautet alfo:
P ■ CAES • G • IVLIVS
\XIM1NVS • PIVS • FEI
IMVS • AVG • POr^IFRX
TRIBVNI • PO~ES • CO
S • IMP • BIS • "E-G-IVLIVS
IMVS -NOBILISSIMS
STIS • DOMNI • INV-
GARMA • MAX • A • CE
M ■ P • X
im]p . Caes. G.Julius [Verus]
Mjaximinus pius fel[ix] Germa.]
ma]xim]us Aug.pontifex [maxim.]
p. p.] tribuni . potes . co[s . pro
5 co]s. imp.bis et G . Julius [Verus]
Majximus nobillissim(u)s [Caes. princ.
sie iuvent?]ustis Domni inv. [Aug.
fil.] Garma ■ max . a . Ce[leiaj '
m . p . XXXV.
Es ift dies fonach ein Meilenftein aus der Regie-
rungszeit des Kaifers Maximinus 235 bis 238 n. Chr.
Derfelbe ift für unferLand von doppelter Wichtigkeit,
vorerft weil bisher kein Römerftein mit dem Namen
diefes Kaifers in Krain vorgekommen ift und über-
haupt die Denkmäler des Maximinus zu den felteneren
gehörten, fodann mit Rückficht auf den in der Kriegs-
gefchichteRoms denkwürdigen Rachezug diefesKaifers
aus Pannonien nach Italien im Jahre 238 in der Abficht,
den Senat in Rom für feine Achterklärung und die
Erhebung der Gordiane zur Imperatorswürde zu züch-
tigen, bei welcher Gelegenheit auch Emona von den
Gräueln des Krieges heimgefucht wurde. Nach 1 lero-
' 1>.( der Steinmetz tu Zeile 8 ficher Garma nii i) verhauen hat, fo ift
wahrfcheinlich der unverftandliche Wortfchluß in Zeile 7 VSTIS wie oben
verflicht zu verbeffern vergl. auch C. J. L. 3, 5742.
XIII. N. F,
diau ' war 1 [< ni.i Emona dii erfte Stadt Italiens,
welche Maximinus mit feinem Heere betrat, fie war
aber menfchenleer, alle Einwohner waren geflohen,
nachdem fie die Thüren der Heiligthümer und Häufer
in Brand gefleckt und alle in der Stadt oder auf dem
Lande befindlichen Vorräthe theils fortgefchleppt theils
verbrannt hatten, fo dafs weder für Menfchen noch für
Vieh Nahrungsmittel vorhanden waren. Das Heer über-
nachtete tluils in der Stadt in den thürlofen und alles
Hausrathes beraubten Haufern, theils aufoffenemFi
um mit Sonnenaufgang auf die Alpen zu marfchiren
(den jetzigen Birnbaumer« ald ober Loitfch Longa-
ticum), die es zwar glücklich überftieg, jedoch vor dem
belagerten Aquileja der Kriegsnoth erlag, wo Maximi-
nus nebft dem Sohne Maximus von den meuterifchen
Soldaten ermordet wurde.
Wir finden auf diefem Meilenzeiger den Namen
des Vaters und feines Sohnes, beide mit den Bei-
nahmen Gajus Julius (Verus), letzteren als Nobiliffn
Caefar) bezeichnet, ein bei den als .Mitregenten erklär-
ten Kaiferföhnen übliches Epitheton. Der kaiferlichen
Wurde, der tribunicia potestas und dem Confulat ift
keine Ziffer beigefetzt, wohl aber gibt das dem Impera-
tor in der fünften Zeile beigefügte ..bis" einen Anhalts-
punkt für die Zeitbeftimmung, wann diefer Meilenftein
gefetzt wurde, nämlich nachdem Maximinus fchon zum
zweitenmal von feinen Truppen zum Imperator aus-
gerufen worden war, was im Jahre 236 gefchah. In
Uebereinftimmung damit fleht auch deffen in der vor-
letzten Zeile vorkommender Beiname Germanicus,
welcher auf feinen Münzen2 nach den über die Ger-
manen erfochtenen Siegen feit 236 zu lefen ift.
Die letzten Buchftaben der vorletzten Zeile A ■ CE.
bezeichnen die Stadt, auf welche fich die Diftanz der
auf dem Meilenfteine angeführten 35 römifchen Meilen
M(illia) P(assuum) XXXV bezieht. Unzweifelhaft ift CE
in CELEIA zu ergänzen, was mit der Meilenangabe
übereinftimmt und auch durch den zweiten fpäter zu
befprechenden Meilenzeiger beftätigt wird, auf welchem
A- CELEIA ganz ausgefchrieben ift. Die Entfernung
des Marktes Reichenburg von Cilli auf der Eifenbahn
beträgt 52 Kilometer, oder in römifches Meilenmaß
umgerechnet, XXXV M-P, die Einheit des letzteren
Wegmaßes mille passuum mit 14725 Kilometer ange-
nommen.
Hieraus ergibt fich ein neuerBeleg für die damalige
Bedeutung des Municipiums Celeia im füdlichen Nori-
cum als eines der wichtigsten Mittelpunkte der römi-
fchen Verwaltung im mittleren Savegebiete. Nicht das
nahe gelegene, von obiger Stelle nur 86 Kilometer
entfernte Neviodunum (jetzt Dernovo unter Gurkfeld),
auf welches Municipium fich die beiden bei Pöfendorf
und Vikre in ünterkrain geftandenen Meilenzeiger3
beziehen, wurde als Ausgangspunkt diefer Meilen-
zählung angenommen, fondern Celeia, der Sitz des
römifchen Procurators im füdlichen Noricum. Diefer
Meilenftein conftatirt den Beftand einer Straßenver-
bindung der Stadt Celeia mit Neviodunum längs dem
Sanfluffe und weiter abwärts vom heutigen Steinbrück
längs der Save. Hiemit hat auch eine von Dr. Kenner*
1 Herodi in Bu< h \ III 1.
- Ekhel. Doctrina nunimorum veterum. Vol. VII, pag. 291.
1 Corpus inscriptionum. Vol. III. P. t, Nr. y v und 4618.
1 lii Kenner Noricum und Pannonia in den Mittheiiungen
thums-Vereins zu Wien. Bd. XI, 1S70, S. 94.
1 XXXVI
ausgefprochene Vermuthung ihre volle Beftätigung
erfahren, dafs nämlich nach den mannigfachen Römer-
fpuren von Cilli abwärts längs dem Laufe de-
flufles bei Trommersfeld, Tuffer. St. Margarethen zu
fchließen, der Beftand einer Seitenftraße durch die
fchmale Sanfchlucht zu Römerzeiten unzweifelhaft ift.
Es il"t anzunehmen, dafs an der Stelle de-
machten Fundes zu Römerzeiten eine Brücke über die
• beftanden habe und der weitere Verlauf der hier
angedeuteten Straße der nämliche gewefen fei. den jetzt
die Eifenbahn verfolgt ; denn die Bedingungen für eine
ftärker benützte Fahrftraße waren am linken Saveufer
viel günftigere als am rechten; wahrend dort fchon
unter den Römern dichtere Anfiedelungen befanden,
wie dies aus den aufgefundenen Rümerfteinen bei
Reichenburg, Lichtenwald u. f. w. zu erleben ift, be-
findet fich in der gedachten Strecke auf krainifcher
e der einzige namhafte Ort Ratfchach. ein Markt-
flecken, von wo ein Römerftein bekannt geworden ift.
Bereits in der dem Corpus inscriptiorum ' beigegebe-
nen Karte von Rätien, Xoricum und Pannonien ift
zwifchen Celeia und Xeviodunum eine Straßenverbin-
dung in der angegebenen Weife angedeutet.
Bei dem lebhaften Schiffsverkehr auf der Save,
der bei der Fahrt ftromaufwärts die Beihilfe von Zug-
vieh erheifchte. dürfte jedoch auch ein für die Schifts-
züge beftimmter YVeg fchon zu Römerzeiten beftanden
haben, und es ift nicht unwahrfcheinlich, dafs der für
die Savefchifffahrt höchft wichtige, in der Obforge
eines k. k. Xavigations-Amtes geftandene und erft
nach Eröffnung der Südbahn aufgelaufene fogenannte
„Treppelweg- am rechten Saveufer. welcher in Saloch
nächft dem Einfluffe der Laibach (Xauportus'i in die
Save endete, in jene Zeiten zurückreicht. Eine wichtige
Etape auf diefer Stromfahrt bildete fchon damals das
heutige Saudörfl, von wo mehrere der Flußgöttin der
San Adfalluta gewidmete Yotivfteine bekannt gewor-
den find, ferner das heutige YVerneck gegenüber der
Eifenbahnftation Krefsnitz, wo fich ein Römerftein
Divo Savo befindet.
Mommfen1 bezieht die bei Rotfchach und Sau-
dörfl in Krain gefundenen Römerfteine in den ager
Celeianus ein, auch greift die in der oberu ahnten Karte
gezogene Gränzlinie Xoricums in einer Längsftrecke,
welche beiläufig bei Reichenburg beginnt und bis
gegen Littai reicht, auf das rechte Saveufer über,
während das ganze fonftige Savegebiet vomUrfprunge
des Fluffes bis zu deffen Einmündung in die Donau
einen Beftandtheil Pannoniens bildet. Xach diefer ganz
gerechtfertigten Annahme find die aufgefundenen
Meilenzeiger zugleich als Gränzmarken zwifchen bei-
den gedachten Provinzen längs dem Laufe der Save
anzufehen.
Aus Oefterreich find bisher in unferer Reichshälfte
nur drei Meilenfteine mit dem Namen des Kaifers
Maximinus bekannt geworden, nämlich einer bei Klein-
Schwechat auf der Straße von Carnuntum nach Vindo-
bona, dann zwei in Stranitzen bei St. Lorenzen auf der
Straße von Celeia nach Poetovio Pettau^.:i Viel reicher
ift diefer Kaifer in der ungarifchen Reichshälfte ver-
treten, dort find längs dem Laufe der Donau von
1 Corpus inscriptiorum Vol. III, P. II.
: Corpus inscriptiorum Vol. III, P. II, pag. 629.
J Corpus inscriptionum Vol. III. I' ;.
«iran über Altofen (Aquincum) bis Effeg Murfa nicht
weniger als zwölf Maximinifche Meilenfteine bekannt
geworden, von denen die meiften fich nun im Peller
Mufeum befinden. Der Maximinus-Stein bei Reichen-
burg an der YVertgranze Pannonien-, mit jenen Meilen-
fteinen an der Donau in Verbindung gebracht, er-
fcheint gleichfam als der äußerfte Yorpoften des dama-
n Primates der pannonifchen Legionen, welchem
Maximinus feine Herrfchaft verdankte.
Mit obigem Meilenfteine wurde zugleich ein zweiter
aufgedeckt, welcher jünger zu fein und wegen Schad-
haftigkeit einen Erfatz für jenen gebildet zu haben
fcheint. Es wiederholte fich auch hier die an anderen
1 »rten conftatirte Auswechslung alter Miliarien durch
folche jüngeren Datums, wovon nur beifpielsweife die
in den Jahren 1717 bis 172; beim Dorfe Neunitz [v< 1
hinter Hohenegg nordörtlich von Cilli erfolgte Aus-
grabung von acht Meilenfteinen. davon fünf mit noch
lesbaren Infchriften, erwähnt werden mag.1
Diefer zweite Meilenftein ift ebenfalls eine der
Länge nach halbirte Säule, deren mit der Infchrift
verfehene vordere Fläche weniger convex ift, als jene
bei obigem; ihre Höhe beträgt 85 Cm., die größte Aus-
weitung der befchriebenen Fläche 45 Cm.; der obere
rechte Theil mit dem Namen des Kaifers und deffen
Titulaturen fcheint abfichtlich weggemeißelt zu fein,
die flehen gebliebenen Buchftaben find ftark aus
wittert, fchwer leferlich, feicht eingemeißelt, unregel-
mäßig, die Zeilen nicht parallel.
Xach den vorhandenen Buchftaben - Reftcn ift
kaum ein Zweifel übrig, dafs diefer Meilenftein von
Conftantius Chlorus und Valerius Maximianus fowie
deren Caefaren Severus und Maximinus Daza errichtet
worden ift. Von den Namen der Letzteren ift SE und
in der folgenden Zeile MaXIMIno, fowie der hierauf
folgende Beifatz nobilisSIMIS CaeSS erkennbar. 1 >as
leider fchlecht erhaltene Denkmal erhält dadurch einen
fehr großen YVerth, dafs Meilenfteine fo fpäter Zeit in
unferen Ländern zu den größten Seltenheiten gehören;
er flammt aus der Zeit beginnend mit 1. Mai 305, an
welchem Tage die letztgenannten die Cäfar Würde
erhielten bis 25. Juli 306, an welchem Tage Conftantius
(Chlorus) ftarb und Severus zum Auguftus ernannt
wurde. Y'ergl. auch Ephem. epigr. II nr. 748.
Am beften erhalten und ganz gut leferlich ift die
Orts- und Diftanz-Angabe A CELEIA xxxV. eine
Ziffer, die mit jener auf dem Meilenfteine des Maximinus
übereinftimmt.
A"«J.V im Archiv der 'jftcrreichifchcn Gefchichlsquellen Bd. 26, S. 66.
LXXXVII
Von dem dritten Meilenfteine find nur zwei obere,
Unfalls einer Säule angehörige, nicht zufammen-
hängende Infchriftrefte vorhanden. Die Buchftaben
find regelmäßig gebildet, um ein Drittel länger als
beim Maximinius-Steine. Nach der zweiten Zeih di
i i den Stückes GALL und der erden Zeile des zweiten
Stückes (VI)BIO kann man ficher C. Vibius Trebo-
nianus Gallus (251 — 253) als den hier bezeichneten
Kaifer erkennen, fei es dafs er für fich allein oder
zugleich mit feinem Sohne dem Caefar Volusianus ge-
nannt war.
Ueber den Fund in einem Bifchofsfarge, gemacht im Dome
zu Spalato.
Vom Correfpondenten Profeffor S. Rtitar.
SHl'-I Gelegenheit der Reftaurirung des Domes
von Spalato — des gewefenen Dioclctianifchen
Maufolcums — und feines mittelalterlichen
Glockenthurmes ergab fich die unabweisbare Noth-
wendigkeit, diefen monumentalen Bau zu ifoliren und
die ihn formlich verdeckenden Gebäude niederzureißen.
Ilicbei mußte zuerft an die Reihe kommen die knapp
.111 der Domkirche flehende Capelle des heil. Mathias,
in welcher feit Menfchengedenkcn die Sarkophage
zweier Er/.bifchöfe von Spalato und Metropoliten von
ganz Dalmatien, nämlich Johanns von Ravenna und
Laurentius des Dalmatiners, untergebracht gewefen
waren. Johann von Ravenna war der erfte in Spalato
refidirende Krzbifchof, der nach der Zerftörung Salo-
nas die flüchtigen Einwohner innerhalb der Mauern
des alten Dioclctianifchen Palaftes verfammelte, das
Maufoleum diefes Kaifers in eine chriftliche Kirche
umwandelte und der Kirchengemeinde von Salona-
Spalato in den Jahren 639 — 668, alfo in der unruhigen
Anfiedelungs-Periode der Slaven in Dalmatien, vor-
ftand. In eine nicht minder bedeutende Epoche fällt
das Oberhirtenamt Laurentius des Dalmatiners, des
33. Erzbifchofs von Spalato, nämlich in die Jahre 1059
bis 1097, alfo in die letzte Periode der kroatifch-dalma-
tinifchen National-Könige, als die Wogen des politi-
fchen Lebens im Lande hoch zu gehen anfingen und
die Vereinigung mit Ungarn bereits im Zuge war.
Da die Capelle des heil. Mathias niedergeriffen
werden mußte, fo übertrug man die zwei Bifchof-Sar-
kophage am 1. October 1881 in die nicht weit davon
cntfernteTaufcapelle des heil. Johannes, welche einftens
dem Kaifer Diocletian als Hauscapelle gedient hatte.
Hier wurden dann die Sarkophage am 3. October des
nämlichen Jahres von einer „ad hoc" von Sr. Excellenz
dem Bifchof von Spalato einberufenen Commiffion
geöffnet und deren Inhalt in genauen Augenfchein ge-
nommen. Auf der Vorderfeite des Johann'fchen Sarko-
phages ftand die befcheidene Infchrift zu lefen: Hie
requiescit fragilis et inutilis Joannes peccator Archie-
piscopus. Ueberdies fand man auf dem Deckel feines
Sarkophages noch diefe (griechifche) Infchrift:
HS
"nh"
XC
KA
liaouc \'.
\rj-'jC vvta.
Auf dem zweiten Sarkophage, nämlich auf dem
Laurentifchen, ftand folgende Infchrift eingemeißelt:
Oui sim, scire venis, qui mortis stringor habenisr
Pastor er am turbis huius Laurentius urbis,
Quam ego dum rexsi, si quid minus utile gessi,
Id prece te flagito, tergas ut opifice Christo
Crimine te sanetus rex purget, virgine natus.
Die von Sr. Excellenz dem gegenwärtigen Bifchof
von Spalato zufammenberufene Commiffion lies die
beiden Sarkophage öffnen und prüfte dann genau
die in denfelben vorhandenen Ueberrefte. Als dies
beendet war, fetzte fie tags darauf (am 4. Oftober) ein
Protokoll auf, in welchem unter anderem hervorge-
hoben wurde, „dafs man im Johann'fchen Sarkophage
nur einen einzigen Körper vorfand, und zwar lagen die
einzelnen Knochen desfelben an ihrem natürlichen
Platze, das Skelet blieb alfo trotz der Uebertragung
unverfehrt, das Ganze war mitUeberreften bifchöflicher
Gewänder von feinem Gewebe bedeckt".
Im Laurentifchen Sarkophage hingegen fand die
Commiffion außer einem bifchöflich angezogenen
ganzen Körper, und zwar linker Seits neben dem Kopfe
desfelben, noch einen anderen Schädel und einige
Hauptknochen eines anderen Körpers. Deswegen ließ
man den bifchöflich angezogenen Körper vorfichtig
aus dem Sarkophage heben und fand darunter eine
Lage fchwarzer Humuserde. Es war alfo offenkundig,
dafs in diefem Sarkophage neben dem unverfehrten
Bifchofskörper noch die Ueberrefte eines anderen hin-
eingelegt worden waren. Allein die Commiffion war
überzeugt, dafs der unverfehrte Körper — von kleiner
Statur — nur dem Erzbifchof Laurentius angehören
könne, da diefer nach der Zeugenfchaft Farlatis ' von
„parva ftatura" war. Der Schädel und die andern
Knochen aber, die neben dem Bifchofskörper vorge-
funden wurden, dürften nach der Meinung der Com-
miffion, „einem anderen vornehmen Mann, wahrfchein-
lich einem Bifchof, angehört haben, deffen fterbliche
Ueberrefte vielleicht in einem fchlechten Sarkophage
untergebracht waren und daher gelegentlich in jenen
des Erzbifchofs Laurentius hineingefchoben wurden."
Allein diefe Erklärungsweife fchien dem bei der
Eröffnung am 3. October 1881 gegenwärtig gewefenen
1 lochwurdigen Herrn Franz: Bulic, dem jetzigen k. k.
Gymnafial- und Mufeal-Direftor, fowie Confervator in
Spalato, nicht plaufibel und es regten fich in ihm Zwei-
fel, ob der als Bifchof angezogene Körper im Lauren-
tifchen Sarkophage auch wirklich diefem Erzbifchofe
1 Illyricum Sacrum, tum III. pag. 43—44; 59 — 60.
LXX.W'Ill
Nach einem gründlichen Studium dieler
er bald zur Ueberzeugung. dafs d
nicht der Fall fein könne, und die Beweife i
•.lichte d mnte Herr Direclor zuerft in
illetons der in Zara erfcheinenden Zeitfchrift
a Dalmacija, dann aber in einem feparaten
Werkchen unter dem Titel „Dva sarkofaga Ivana
Ravenjanina i Lovre Dalmatinca spljetskih nad bis-
kupa". Zara 1882. — Auf diele Publication antwortete
r Hochwürdiglle Canonicus Devic mit einer
kurzen _Rettifica-, aber darin konnte er tue Identität
des Erzbifchofs Laurentius mit dem in deflen Sarko-
phage befindlichen bifchöflich .. nen Körper
nicht beweifen, fondern bekämpfte nur die Hypothefe
tor> Bulic, dafs diefer Körper dem im Jahre
- während einer Peil in Spalato verftorbenen Erz
bifchof Dinaric Dinaricius) gehört haben konnte.
Allein diefe Frage ift für unfere Unterfuchung von
untergeordneter Bedeutung und wir können uns getroft
den Beweifen zuwenden, welche gegen die Identicität
des unverfehrten Körpers im Laurentifchen Sarko-
phage mit dem diefes Erzbifchofs felbfl fprechen.
Die genannten Sarkophage wurden nämlich im
Jahre iSöi nicht zum erftenmal geöffnet, fondern
wahrfcheinlich fchon öfters in den früheren Jahrhun-
derten, gewifs aber im Jahre 1700, als die Capelle des
heil. Mathias reftaurirt wurde. Darüber befitzen wir
eine hiftorifch verbürgte Nachricht bei Farlati am
angeführten Orte. Dafelbft wird nämlich erzählt, dafs
dem Baumeifter Georg Galajjfo im Jahre 1700 aufge-
tragen wurde, die zwei Sarkophage zu öffnen und die
die darin befindlichen Bifchofskörper jedermann zu
zeigen. Die Eröffnung gefchah ohne Controle und
ohne dafs dabei ein Protokoll von Sachverftändigen
aufgenommen worden wäre. Erfl 24 Jahre fpäter, alfo
im Jahre 1724 ließ der damalige Domherr der Spala-
tiner Erzkirche Hieronymus Bernardi einige bei der
Eröffnung des Jahres 1700 gegenwärtig gewefene
alten Priefter einvernehmen und ihre Ausfagen über
den Inhalt der Sarkophage protokolliren. Diele Aus-
fagen find bei Farlati a a. O. abgedruckt.
Die vernommenen Zeugen fagten im wefentlichen
übereinftimmend aus und ergänzten fich gegenfeitig.
Vor allem conftatirten fie, dafs die Sarkophage im
Jahre 1700 zu wiederholten und verfchiedenen Malen,
bald einzeln, bald beide zugleich, geöffnet wurden und
dafs man jedermann freie Einficht, ja wahrfcheinlich
auch ein uncontrolirtes Herumwühlen mit den Händen
in denfelben geftattete. Die Befucher intereffirte natür-
lich viel mehr der ältere Sarkophag des Erzbifchofs
Johannes, während den Laurentifchen nur drei von den
fünf einvernommenen Zeugen erwähnen, ohne aber
angeben zu können, wie die Kleider des darin befind-
lichen Körpers geflickt waren und ob die Haut im
Gefichte und auf den Händen noch kenntlich war oder
nicht. Nur foviel bezeugen alle, daf- die beiden Korper
runverfehrt" lincorruptai waren, d. h. dafs alle ihre
Knochen in der natürlichen Verbindung ftanden, und
dafs fie in bifchöfliche Gewänder alten Schnittes und
alter Zeichnung eingehüllt waren. Schließlich geht
aus der Ausfage der Zeugen noch hervor, dafs der
K rper des Erzbifchofs Laurentius von kleiner Statur
war, und dafs er diefelben bifchöflichen Gewänder
hatte, wie des Johannes, alfo keinPluviale das auf dem
K rper im Laurentifchen Sarkophage im Jahre 1881
gefunden wurde.
die Sarkophage zwifchen den Jahren 1700 und
1881 wieder geöffnet wurden, das willen wir nicht,
aber wahrscheinlicher ill das Ja, als das Nein.
Wie aus der Zeugenausfage des Jahres 1724
hervorgeht, befanden fich die Gewänder der beiden
Körper in einem fchon ziemlich vermoderten Zuftande,
fo dafs man nur an jenem des Johanne-, der genauer
betrachtet wurde, Spuren von alten Stickereien, die
heil. Apoftel darfteilend, bemerken konnte, während
auf den Kleidern des Laurentifchen Körpers niemand
etwas Außerordentliches bemerkt hatte. Der Luftzutritt,
der infolge jener Eröffnung öfters Stattfinden mußte,
konnte nicht anders als noch mehr zerfetzend und
zerftorend auf die Kleider und Korper einwirken. Man
muß daher natürlicher Weife annehmen, dafs fich
Körper und Gewänder im Jahre 1881 in einem viel
fchlechteren Zuftande befunden haben mußten, als im
Jahre 1700. Und doch fcheint aus dem Protokolle der
bifchöflichen Commiffion gerade das Gegentheü her-
vorzugehen, da der Korper im Laurentifchen Sarko-
phage im Jahre 1881 viel beffer erhalten vorgefunden
wurde, alsbei der vorletzten Kröffnung.DieCommiffion
konnte nun an dem Körper diefes Sarkophages L,'anz
deutlich folgende Kleidungsftücke wahrnehmen:
1. Einen feidenen dunkclgelben Mantel (Pluviale
mit breiten golddurchwirkten Borden, der den ganzen
Körper bedeckte.
2. Zwei in Seide eingefaßte Bleiplattchcn, die
wahrfcheinlich als Schnallen für den Mantel gedient
haben, da fie auf der Bruft des Körpers vorgefunden
wurden.
3. Eine feidene Dalmatica und eine ebenfolche
Tunicela, die bis zum Knie reichten.
4. Einige feidene mit goldenen P"aden durch-
wirkte Schnüre, die zu den vorgedachten Kleidungs-
ftücken gehörten.
5. Ein geflicktes bis zu den Eüßen reichendes
Hemd.
6. Strümpfe von einem ftarken filberdurchwirkten
Gewebe, unter den Knien mit filbernen Bandern ver-
bunden.
7. Seidene Pantoffel mit Sohlen und Abfätzen aus
Kork.
8. Seidene Handfchuhe und Manfchetten, alles
reich verziert und mit Bildern bedeckt.
9. Einen kleinen goldenen Ring, an deflen kegel-
förmiger Erhabenheit eine Granate befeftiget war.
10. Einen goldenen Knopf; und endlich
11. Eine Spitzmütze auf dem Kopfe. Am Scheitel
des Kopfes fand man noch ein Büfchel Haare von
kaftanienbraunerEarbe. Die Knochen des Verftorbenen
waren nicht nur vollzählig vorhanden, fondern auch
jeder in feiner naturlichen Lage und Stellung, ja fogar
die Zähne ftaken noch alle in den Kiefern. Der ganze
Körper maß nur 1; M.
Demhingegen fand man bei der Eröffnung des
Jahres 1881 den Körper des Erzbifchofs Johann, wie
auch ganz natürlich ill, in einem viel fchlechteren
Zuftande, als im Jahre 1700. Von dem prächtigen
bifchöflichen Gewände, worauf die Bilder der heil.
Apoftel eingewirkt waren, fand man im Jahre 188]
kaum einige Ueberrelle, welche, obwohl man in ihnen
S PA LATO.
Art- Aimtslt *nn Stuck Inffi'r £ Momarfc, «%i
LXXXIX
noch die Art des Gewebes und der Stickerei erkennen
konnte, doch bei der leifeften Berührung mit der Hand
gleich in Staub zerfielen. Von einer vorhandenen
Bifchofsmütze macht die Commiffion gar keine Er-
wähnung, wahrfcheinlich weil fie fchon ganz vermodert
war. Hier erkennt man alfo deutlich die Wirkfamkeit
der Luft und der Feuchtigkeit während des Zeitraums
von [8l Jahren, die zwifchen den beiden Eröffnungen
verftrichen.
Warum haben diefe zwei mächtigen Elemente
nicht auch im Laurentifchen Grabe diefelbe Wirkfam-
keit ausgeübt: Warum zerfielen die Gewänder im
Johann'fchen Grabe feit 1700 fall gänzlich in Staub,
und warum blieben die im Laurentifchen noch fall
ganz unverfehrt, ordnungsmäßig übereinander ge-
fchlichtet; fo dafs man fie ganz genau auseinander-
halten, ihren Stoff, ihre Arbeit und Farbe unterfcheiden
konnte? Warum hat die Zerfetzung und Vermoderung
nicht in beiden Gräbern, innerhalb desfelben Zeit-
raumes, gleichen Schritt gehalten?
Aul alle (.liefe Fragen kann uns nie eine genugende
-Antwort zutheil werden, folang wir mit der bifchöf-
lichen Commiffion daran feil halten, dafs der im
Laurentifchen Grabe vorgefundene ganze Korper auch
wirklich dem im Jahre 1097 verdorbenen Erzbifchof
Laurentius angehört. Dafs diefes nicht möglich ift,
dafür haben wir zahlreiche innere und äußere Gründe,
die entweder an den Gewändern oder an dem Körper
felbft haften, vorhanden, und wir wollen diefelben hier
nach der Reihe anfuhren.
1. Der wahre Körper des Erzbifchofes Laurentius
war nicht mit dem Pluviale bedeckt, wie das bei dem
im Jahre [881 gefundenen Körper im Laurentifchen
Sarkophage der Fall ift, da die Zeugen der Eröffnung
des Jahres 1700 nichts davon wiffen, fondern nur von
einem altpriefterlichen Gewände fprechen, was alfo
nicht ein Pluviale, fondern nur die Planeta gewefen fein
konnte Außerdem ift es bekannt, dafs das Pluviale
zu Laurentius' Zeiten noch für gar keine kirchliche
Function vorgefchrieben war, fondern dafs es erft im
Jahre 1280 vom Papft Nicolaus III. bei der Vesper-
andacht eingeführt wurde.
2. Hatte der echte Laurentifche Körper kein
Pluviale, fo konnten auch die zwei Schließen aus Blei,
mit Seidcnftoff überzogen , nicht auf dem Körper des
Erzbifchofs Laurentius gelegen fein. Uebrigens kommen
folche mit Seide überzogene bleierne Schließen erfl in
der neueren Zeit auf dem bifchöflichen Pallium vor.
3. Die im Laurentifchen Grabe vorgefundenen
Dalmatica und Tunicela, welche nur bis zu den Knien
reichen, konnten nicht dem Erzbifchof Laurentius
angehört haben, da zu feiner Zeit diefe zwei Gewänder
faft bis zu den Knöcheln reichten.
4. Die Strümpfe von ftarkem Seidenftoff konnte
nicht der Erzbifchof Laurentius getragen haben, da
der Gebrauch folcher Strümpfe bei der Meffe erft feit
dem 12. Jahrhundert in Uebung kam.
5. Seidene Pantoffel mit Sohlen aus Kork konnten
nicht dem Erzbifchof Laurentius angehört haben, da
die Bifchöfe zu feiner Zeit und noch ein ganzes Jahr-
hundert nach feinem Tode lederne Pantoffel trugen.
6. Auch die von der bifchöflichen Commiffion
gefehenen und befchriebenen Handfchuhe auf dem
Körper im Laurentifchen Grabe konnten nicht jenem
Erzbifchof gehört haben, da Handfchuhe bei den
kirchlichen Functionen erfl im i_\ Jahrhundert in
Uebung kamen und früher kein Schriftfteller etwas
von ihnen erwähnt, hoch waren auch die Handfchuhe
fchon bei Laurentius' Zeiten in Uebung gewefen, fo
konnten die 1881 vorgefundenen doch nicht unferem
Erzbifchof angehört haben, da darauf das Bild der
heil. Katharina von Alexandrien eingeflickt ift. Die
Verehrung diefer Heiligen wurde aber erft nach dem
zweiten Kreuzzuge (1148) aus dem Oriente in den
üeeident verbreitet. Zwar wurden die Reliquien diefer
Heiligen fchon im 11. Jahrhunderte au- dem Klofter
der heil. Helena auf der Halbinfel Sinai nach Konen
in Frankreich übertragen; aber ihre allgemeine Ver-
ehrung im Abendlande begann erft um die Mitte des
12. Jahrhunderts und zwar zuerft in Rom, dann in
Frankreich und England, und fchließlich auch in
andern Landern Europas. Aber ihr Name wurde erft
um die Mitte des nächften Jahrhunderts ins römifche
Martyrologium eingetragen.
7. Als innerer Grund gegen die Identität des im
Laurentifchen Grabe gefundenen Korpers fpricht un-
wiederlegbar der Verwefungszuftand der beiden erz-
bifchöflichenKörper. Es ift nämlich natürlich, dafs jeder
todte Körper unter der Einwirkung der Luft, der Warme
und der Feuchtigkeit in Fäulnis und Verwefung über-
geht und dafs die dabei entftrömenden Gafe einen
Geruch verbreiten, der Mücken und andere Infeclen
hinzieht, fo dafs diefe Eier darauflegen und die daraus
hervorkriechenden Larven an dem faulenden Korper
zehren und deffen Vernichtung bcfchleunigen. So
werden alle Theile des todten Körpers, mit Ausnahme
der fefter gebauten Knochen, in kurzer Zeit (in einem
feftverfchloffenen Sarkophage fchon nach 1 — 2 Jahren)
in einen fetten Humus verwandelt. Eben diefes gefchah
auch mit den Körpern der zwei im Spalatiner Dome
beigefetzten Erzbifchöfe und wirklich geht aus der
Ausfage der im Jahre 1724 vernommenen Zeugen her-
vor, dafs die Fäulnis die Eingeweide und das P'leifch
der beiden Körper fchon ganz vernichtet hatte (nur die
Knochen befanden fich noch in ihrer naturlichen
Anordnung neben einander), und dafs fogar die
bifchöflichen Gewänder fo ftark vermodert waren, dafs
man kaum noch die darauf befindlichen Stickereien
ausnehmen konnte.
Als man im Jahre 1881 das Laurentifche Grab
öffnete, fand man den ganzen darin gelegenen Körper
in einem viel befferen Zuftande und auch feine Kleider
waren nicht nur ganz, fondern noch fo feft, dafs man
fie mit bloßer Hand und ohne Scheren nicht zertren-
nen konnte. Dahingegen waren die Gewänder im
Johann'fchen Sarkophage fchon fo weit vermodert,
dafs fie bei der leifeften Berührung in Staub zerfielen.
Woher diefer wunderbare Unterfchied, wenn man eine
fpätere Beifetzung eines fremden Körpers in den Lau-
rentifchen Sarkophag nicht gelten laffen will?
Beachtenswerth ift es auch, dafs man im Lauren-
tifchen Sarkophage im Jahre 1881 eine Menge Larven
Kdte vorfand, welche nur aus den von den Mucken
und anderen Infeclen gelegten Eiern hervorgekrochen
fein konnten. Dies kann aber nur wahrend des Ver-
wefungs-Proceffes gefchehen fein und nicht erll fpäter,
nachdem etwa der Körper bereits zu Humus geworden
war. Der Körper des Erzbifchofes Laurentius fing aber
xc
fchon kurz nach feinem Tode im Jahre 1097 zu faulen
an und nicht erlt etwa im Jahre 1700, oder noch fpäter.
Die damals ausgekrochenen Larven mußten (ich aber
•um Jah benfalls in Staub und Humus ver-
wandelt haben. Woher alfo die im Jahre 18^1 bemerkten
Larven, wenn nicht von einem nach dem Jahre 1724 in
den Laurentifchen Sarkophag hineingelegten Körper?
Schließlich hat auch die wiffenfchaitliche Prü-
fung der auf dem Korper im Laurentifchen Sarko-
phage vorgefundenen Gewander den unwiderlegbaren
Beweis geliefert, dafs diele nicht dem Ende des 11. Jahr-
hunderts, fondern einer viel fpäteren Zeit angehört
haben konnten. Auf Veranlaflung des k. k. Confer-
vators und Directors Fr. Biilic hat lieh nämlich Se.
Excellenz der gegenwärtige Bifchof von Spalato im
Mar/ des Jahres 1883 bewegen 1 äffen, einige charak-
teriftifchere Gegenflande aus dem Laurentifchen
Sarkophage Fachmännern zur
Zeitbeftimmung vorzulegen.
Diefe Gegenflande wurden
r/efchickt, wo der Rath ertheilt
Prüfung und näheren
nun zuerft nach Rom
wurde, diefelben nach
Wien zur Prüfung zu fenden. Aber nahezu ein ganzes
Jahr lagen die gedachten Gegenftande in Rom, da die
italienifche Poft derlei Artikel, in der Meinung fie
waren in Italien gefunden worden, nicht aus dem
Königreiche befördern wollte. Erft auf privatem Wege
erhielt man fie zurück. In Wien erweckten diefe
Objecte ein allgemeines Intereffe und die k. k. Central-
Commiffion delegirte zur genauen Prüfung derfelben
ein Sub-Comite, welches folgende Erklärung abgab:
I. Dafs die Email-Blättchen aU Verzierung der äußeren
Handfläche an den Handfchuhen nach der Art des
Emails, der Zeichnung der Figuren, insbefondere
der Chriftus-Figur und der Randverzierung ungefähr
dem Ende des 14. oder Anfang des 15. Jahrhunderts
:höre Fig. 1 u. 2). 2. Dafs der Fingerring keine
Merkmale darbietet, die mit Beftimmtheit auf eine
altere oder jüngere Zeit bezogen werden konnten.
3. Dafs der Knopf Fermaglio keine Merkmale enthalt,
aus welchen fich eine Zeit beftimmen läßt. 4. Dafs die
geflickten „Chirotheken- nach der Anordnung ge-
mifchter Charaktere und der Gattung derfelben höch-
ftens dem Ende des 14. Jahrhunderts angehorten
die Tafel). 5. u. 6. Dafs ebenfo die Franfen und
Schnüre nach ihren technifchen Merkmalen einem Ge-
wände aus der genannten Zeit angehören. 7. Die
Fragmente aus gelbem Seiden-Damaft mit kleinem
Plattmufter deuten auf die gleiche Zeit hin (fie find
ftellenweife zufammengenäht). 8. Die gewirkte Gold-
borde mit herzblattförmigem Ornament kann mög-
licherweife einer früheren Zeit zugefchrieben werden.
9 Die Schließe aus Blei mit SeidenftofF überzogen
deutet auf das Vorhandenfein eines ..Pluvials" Die vor-
gefundenen Rede dürften nach dem Gefagten dem Ende
des 14. oilcr Anfang des 15. Jahrhunderts angehören."
Aus allem hier Angeführten 1 klar hervor,
dafs der im Jahre l^Si im Laurentifchen Grabe gefun-
dene ganze Körper nicht dem im Jahre 1097 verdor-
benen Erzbifchofe Laurentius dem Dalmatiner gehört
haben kann, fondern dafs in den genannten Sarkophag
erft vor nicht langer Zeit ein anderer Körper auf den
vom Laurentius herrührenden Humus und auf die
wenigen noch vorhandenen Knochen desfelben hinein-
gebettet wurde.
Director Bulic hat nun in feiner Schrift zu be-
weifen gefucht, dafs diefer fpäter hineingelegte Korper
dem im Jahre 1765 während einer Peft in Spalato ver-
dorbenen Er zbikhof Nico/aus Dionarü angehört haben
durfte, da die Chroniften nichts Genaueres über deffen
Beftattungsart in einer Zeit, wo es verboten war, in
der Stadt zu begraben, anführen. Allein der Canonicus
DevüfhaX in feiner anfangs erwähnten „Rettifica" aus
den Sterbebüchern des Pfarramtes Stadt Spalato nach-
gewiesen, dafs auch diefer Erzbifchof wie alle anderen,
im Chore des Domes beigefetzt wurde. So bleibt die
Frage über die Zugehörigkeit des im Laurentifchen Sar-
kophage gefundenen ganzen K< irpers noch immer offen.
Die einzelnen Stücke der commiffionell geprüften
Bifchofsgewänder anlangend, fo haben nur die Email-
Plattchen auf den Handfchuhen und die Manfchetten
einen größeren künftlerifchen Werth.
Die feidenen Handfchuhe find nämlich auf der
Außenfeite jeder mit einem in Silber eingefafsten
runden Email-Plattchen von CVO47 M. Durchmelier
verziert. Das Email ift mit Ausnahme der eingefaßten
ren, welche fchwarz find, von blauer Farbe. Die
Contourlinien find vergoldet. Das Plattchen auf dem
rechten Handfchuhe zeigt das Bild des Erlöfers der in
der Linken das Evangeliumbuch, in der Rechten aber
die Weltkugel hält. Auf dem Plättchen des linken
Handfchuhes ift die betende Mutter Gottes dargeftellt.
Auch die den Handfchuhen nach damaliger Sitte
beigegebenen Manfchetten find von feinem Seiden-
gewebe. Beide zeigen in feiner Zeichnung mit filbernem
gedrehten Filigran vertieft je eingeflickte drei Abbil-
dungen mit der betreffenden Infchrift an der Seite. Die
rechte Manfchette tragt in der Mitte das Bild des
Erlöfers, rechts davon jenes des heil. Petrus und links
das de> heil. Paulus. Die linke Manfchette hat in der
Mitte das Bild der Mutter Gottes mit der Umfchrift:
MHP 8E0T, dann rechts jenes der heil. Katharina mit
dem Rad und links das der heil. Helene.
(Spalato.)
Kig. 2.
XCI
v
Die Siegel der Stadt Cäslau.
LS war am 16. Juni [883, als man eine Anzahl
verfchwunden geglaubter Siegel diefer Stadt
aufgefunden. Am genannten Tage fand näm-
lich der ftädtifche Polizei-Revifor Gotth. Bayer in einer
Kammer zwei alte (allen von Eifen, die am Fuß-
boden angefchraubt waren. Nachdem kein vorhandener
Schlüffel diefelben auffperren konnte, wurden felbe
erbrochen; die etile war; leer, in der zweiten befand
lieh eine blecherne Chatulle und darin die Stadt-Sir / I
ftempel in zwei Sackchen.
Diefer Fund wurde foglcich protokollarifch ficher-
geftellt und die Siegel dem ftädtifchen Mufeum ein
verleibt.
Man wufste zwar, dafs noch im Jahre 1750 die
Stadt im Befitze mehrerer Siegelftöcke und zweier fil-
berner Ketten war; doch alles Bemühen diefelben zu
entdecken, blieb erfolglos, fo dafs fchließlich ange-
nommen wurde, dafs bei dem am Ende des vorigen
Jahrhunderts öfters ftattgehabten Magiftratswechfel
und hauptfachlich nach dem Jahre 1850 diefe Siegel-
ftöcke verloren gegangen feien.
Der Wortlaut des Inventars, laut de (Ten diefe
Siegelftöcke in die Caffa im Jahre 1750 deponirt wurden,
und welches fich im ftädtifchen Archiv befindet, lautet:
Inventarium der Siegelftöcke, fo in depofitorio
gelegt wurden:
1. Großes alterthümliches meffingenes Siegel.
2. item ein meffingenes Siegel der Directoren, mit
eifernem Stöckl.
3. item ein großes filbernes Siegel mit eifernem
Stöckl.
4. item ein kleines filbernes Siegel mit eifernem
Stöckl.
5. item ein kleines meffingenes.
6. item zwei filberne Ketten.
Actum in der königl. Kreisftadt Caslau,
am 26. Martii 1750.
Franz Wenzel Bojan, Jof. Ig. Prochazka,
ad hoc deputirter. deputirter.
In der einen erbrochenen Caffa lag auch eine
Urkunde aus dem Jahre 1847, von A. Lechner, Magi-
ftrats-Expeditor, unterzeichnet. Derfelbe gab an, dafs
er (ich erfinne, wie bei dem Begräbnis des Bürger-
meifters Johann Maticka diefe Stadtfiegel auf einem
Polfter getragen wurden, was auch andere glaubwür-
dige Greife bezeugen.
Beginnen wir mit der Befchreibung der einzelnen
Petfchaften und Siegel, wie diefelben bei der Stadt in
Verwendung waren.
I. Im Jahre 1877 wurden die Sammlungen des
archäologifchen Vereines „Vcela Caslavskä'' durch
Inventar-Stücke der Genoffenfchaft der Töpfer und
Zimmcrleute aus der Zeit Kaifer Karl VI. bereichert.
Intel' dielen befand fich ein abgerittenes Siegel in einer
Eichenholz-Kapfel beigelegt, das feinerzeit an einer
grünen und rothen Seidenfchnur an die Urkunde ange-
hängt war, wie die Ueberrefte der gleichfarbigen Schnur
bezeugen. Wie groß war bei näherer Befichtigung diefes
Sil gels die Ueberrafchung, als man darin das ältefte
Siegel der Stadt Caslau erkannte, deffen Stempel ver-
fchollen war, und von dem ein zweiter Abdruck bisher
nicht bekannt war.
Diefes Siegel ill in rothem Wachs ausgepri
welches in eine fchön gedrechfelte hölzerne Kapfei
eingegoffen wurde, deren Rand mit parallel laufenden
Kreislinien in rother und blauer Farbe bemalt ill
äußerfte Rand ill vergoldet. Das Siegel ill kreisrund,
mifst im Durchmeffer 8 Cm. Die Legende lautet:
-I- SIGILVM • CIVIVM • DC • CSAZLAVIA: (Majuskeln).
In der Mitte in der Kreisform ficht man das
Wappen der königl. Stadt Caslau, d. i. eine kreisrund
umlaufende Mauer aus Quaderfteinen mit Sein- I
fcharten. Innerhalb drei Thürme, dahinter wieder die
Mauerzinnen. In der Mitte der Mauer ill ein offenes zwei-
flügeliges Stadtthor, davor eine Brücke, die von Wellen
umfpült wird. Ober dem Thore fieht man einen engen
Thurm mit einem Fenfter, das im Halbbogen einge-
wölbt ift, in deffen Mauerkranz der untere Theil eines
ausgebauchten Spitzfchildes eingefetzt ift mit dem
böhmifchen Löwen in der Art, wie derfelbe auf den
Grofchen des Königs Wenzel II. vorkommt. Der rechte
Thurm überragt den mittleren, hat zwei Fenfter, ge-
theilt durch eine Säule und mit romanifchem Gebälke,
darüber ein Kleeblatt-Fenfter, auf der Zinne fleht ein
gegen die Mitte gewendeter Thurmwarter, der in ein
Horm bläft. Ebenfo ift der linke Thurm, nur dafs hier
ein Vierblatt-Fenfter angebracht ifr, und unter dem-
felben ein einziges größeres Fenfter mit einem Halb-
kreis abgefchloffen erfcheint. Diefe ganze Darfteilung
und den Rand mit der Legende umgibt außen eine
breite Umrahmung mit faltenartigem Ornament. Eigen-
tümlich ift die blätterartige ftrahlenförmig ange-
brachte Randverzierung außerhalb des Schriftrahmens.
Das Ganze zeigt von einem guten Gefchmack des
Stempelfchneiders und einer tüchtigen Fertigkeit des
Meifters, ein werthvolles ObjecT aus dem Anfange des
14. Jahrhunderts. Es gibt ficherlich wenig Städte, die
in dem erften Stadtfiegel, und zwar gleich nach der
Erhebung zur Stadt, ein folches Kleinod befitzen (Fig.i
Im Monate September desfelben Jahres wurde
der Original-Siegelftempel in der Depoliten-Kammcr
des ftädtifchen Rentamtes durch den Amtsdiener auf-
gefunden, und zwar zwifchen alten Documenten. und
diefes Original deckt vollftändig den im Mufeum auf-
bewahrten einzigen Siegel-Abdruck, wie er eben be-
fchrieben ift. Diefes Siegel ift von reinem Silber, hohl
und auf der Rückfeite mit einem ornamentirten Oehr
zum Einhängen der Kette verfehen. Diefes Oehrchen
ift an dem Siegel angelöthet und gleicht vollftändig
der zweiten Hälfte, welche in den zwei filbernen
Ketten im Juni aufgefunden wurde. Auf diefem Ein-
hängeöhr find zwei Delphine kunlllerifch ausgravirt,
und deren Ornamentik deutet eher auf den Renail-
fance-Styl als auf den gothifchen, aus welch letzterem
diefes Siegel ftammen dürfte.
XCII
II Ein meffingener Stempel mit einem länglichen
^ocht war, damit man es beffer
anf. :ie.
• der Außenfeite ficht man das tief gravirte
I mit der Majuskel-Umfchrift:
llum -avium- de -csazlavia: t
fe Umfchrift, fowie ,:ize Darftellung
itimmt vollftandig mit der Befchreibung und .Abbildung
des alterten Siegels in den Pamät. archaol. 12. Theil,
edoch fehlt auf derfelben die Blatt-
verzierung am Rande. Auch der Durchmeffer des
Siegels ift gleich dem Original mit 58 Mm.
wichtig muß hier noch angeführt werden, dalV
bei genauer Belichtigung und Prüfung des -
einige Einzelheiten bemerkt wurden, welche auf dem
-1-Abdrucke aus dem Jahre 1724 nicht erfichtüch
find, z. B. im Thore oben ein Fallgitter Fig _
III. Der Reihenfolge nach in zu erwähnen das
kleine filbernc Siegel auf eifernem Stocket mit einem
r zum Einhängen. Es mißt im Durchmeffer 24 Mm.
Man fieht an demfelben bei der oberen EinfalTung
einen Streifen, der gleich einem Hufeifen von einer
Seite des in der Mitte (ich befindlichen Schildes zur
andern Seite lauft mit der Majuskel-Umfchrift : „Sindicis
civitat czasl" und auf einem Stückchen des Streifens
ober dem Schilde _avie", d. i. sigillum judicis civitatis
czaslaviensis, deutfch Siegel der Schoppen der Stadt
Caslau. Das Schildchen hat die bekannte Wladislawifche
Form, d. h. oben ein wenig durchgebogen mit zwei
fanften Abfchnitten, unten eingebogen in einen Halb-
kreis, nach links weniger, nach rechts mehr au.-ge-
fchnitten. In diefem Schildchen fieht man den oberen
Theil des böhmifchen Löwen nach rechts fich aufrich-
tend. Diefes Siegel gehört zuverfichtlich in die erfte
Hälfte des 15. Jahrhunderts Fig
Welches Stadtrichters Wappen das im Schildchen
fein foll, läfst fich nicht beftimmen.
IV. Nun folgt ein filbernes tief gravirtes Siegel
im Durchmeffer von 41 Mm, in der Mitte mit dem
Landeswappen im Schilde, fowie das früher befchrie-
bene in Form, jedoch unten in der Mitte ausgefchnit-
ten. Oberhalb dem Schilde in ein fünfzinkiger Mauer-
kranz gleich einer Krone. Längs des Schildes am Rande
ift eine künftlerifch behandelte EinfalTung, 3 Mm. breit
mit der | Majuskel- 1 Umfchrift;
S:min vs: civitatis: czasla vei
Diefes kleine Siegel wurde zumein bei Zu-
fchriften, die aus dem Stadtrath an andere Gemeinden
abgefendet wurden, benützt und zwar fchon im Jahre
und dürfte bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts
in diefer Verwendung geftanden haben (Fig. 4 .
V. Mit dem vorhergehenden Siegel faft gleich
groß, d. i. im Durchmeffer 40 Mm., und gleichfalls an
einem länglichen eifernen Stöckel angebracht, ift das
filbernc- Siegel, welches in der Mitte in einem Kreife
von 2j ■ 5 Mm. Durchmeffer das Wappen der Stadt
au enthalt. Das Schild ift nach oben gerade,
die Seiten gehen im rechten Winkel und find nach
unten zu imHalbkreife abgefchloffen. Das Stadtwappen
unterfcheidet fich von dem älteften in der Form da-
durch, dafs die Stadtmauer unten eine eckige Warte
mit einem Mauerkranz vorftellt, das Thor ift ohne
Gitter und hat drei Thürmchen ober der Mauer mit
m Mauerkranze und nur ein Fenfterchen.
1 >.is mittlere Thürmchen ift kleiner und ober dem-
felben fieht man in einem ausgefchnittenen Schilde
den böhmifchen Löwen, gegen den zwei Thorwärter
mit Trompeten auf den beiden Seiten thürmchen
flehend gekehrt find. Oberhalb dem Schildchen ift
eine Verzierung gleich einer Krone, ebenfo auch zu
beiden Seiten und unten an der Thorfchwelle. In der
Kandverzierung, die 5 Mm. breit, lieft man in lateini-
fchen Majuskeln:
üum maius civitatis Czaslavienfis.
Am Ende ift eine lunfblattrige Rofe angebracht.
Im letzten Worte ift da.- A mit dem V in einen Buch-
Itaben verfchmolzen.
Diei el dürfte zu der filbernen Kette ge-
hören, welche 1607 von Jacob Sil! ze Zviretina zu den
ftädtifchen Siegeln gefchenkt wurde.
Es findet fich diefes Siegel jedoch fchon beige-
druckt auf von der Gemeinde gegen Ende des 16. Jahr-
hunderts ausgeftellten Urkunden. DaseiferneOehrchen
zum Einhängen ift jedoch gegenwartig abgefchlagen.
Zu diefem Siegel mag nachAehende Aufzeichnung,
verzeichnet in Novellae Declarat. Nr. 18, Bezug haben:
! Von dem in Verluft gekommen Siegel der Stadt
Caslau.
-Dazumal war Bürgermeifter Sixt Cikan, es war
am Jahresmarkte, wo er in feinem Laden Sachen -.er-
kaufte und niemanden beauftragte zu amtiren, das
Stadtfiegel hatte er im Beutel, ging öfter in fein Laden
und diefer Beutel rifs ihm ab, er hatte davon keine
Ahnung, bis er fpater nachfeilen wollte und ihm fchon
diefer Beutel fehlte. Gleich in aller Eile wurden die
Stadtthore mit je zwei Burgern befetzt, und wer aus
der Stadt ging, wurde unterfucht, fie fanden jedoch
nichts. Des andern Tages früh fanden fie am Hofe des
Mikulas Janova die Hälfte des Beutels, die andere
Hälfte hingegen im Haufe der Hanyka, das Siegel
wurde jedoch nicht vorgefunden. Sogleich fuhren die
Herren nach Prag und machten die Anzeige beim Land-
tage und ließen verkünden : wenn jemand diefes Siegel
finden würde, fo könnte derfelbe Urkunden verabfaflen
und Schulden der Stadt machen, daher dasfelbe von
nun ungültig fei.
Spater fand man diefes Siegel in Zdislovic beim
Goldarbeiter, und der, welcher diefes Siegel verloren,
hatte dafür keine Befchwerden; denn er hatte einen
guten Fürfprecher beim König Ferdinand, und zwar
den Herrn Karl von Zcrotin. denn diefer befreite ihn-.
VI. In die gleiche Periode gehört das kleine mef-
fingene Siegel, 23 Mm. im Durchmeffer. In der Mitte
fieht man ein offenes Thor ohne Gitter und ober dem-
felben in den Ecken zwei Thürmchen mit je einem
Fenfterchen und Mauerkranz. Sowohl das Thor als
auch die Thürme find ftraffirt. Rundherum lauft ein
3 Mm. breiter Rand mit der Umfchrift in lateinifchen
Majufkeln:
Sigillum con : czaslavienfis.
Diefes Siegel benutzten die Schoppen bei der
ftädtifchen Gerichtsbarkeit.
VII. Schließlich fand man ein ftarkes meffingciies
1 in der Mitte durchgebogen mit einem eifernen
Stöckel.
XC1II
Im Inventare vom Jahre 1750 wird es das „Din 1
toren-Siegel" genannt, weil dasfelbe bei der Verwaltung
der Gemeindegüter verwendet wurde. Es wird nach-
ftehendbefchrieben: „In der Mitte des Siegels, mit einem
Durchmeffer von 47 Mm, befindet ficli in einem Schilde
des RenaifTance-Styles, wo die oberen Ecken nach
rückwärts gerollt find, das ftädtifche Wappen, und zwar
ein offenes Thor mit Fallgitter, die Mauer ftraffirt und
eckig mit einem Mauerkranz, oberhalb den drei gleich
hohe Thürmchen mit Fenfterchen und Mauerkranz
&■ >•
zu feilen find.'' Ober den Eck-Thürmchen flehen zwei
Thorwärter mit Trompeten gegen das Schildchen des
Mittel-Thurmes gekehrt. In dem Schildchen ficht man
den Löwen, wie derfelbe auf den Münzen Kaifer
Karl VI. vorkommt. Ober dem Schildchen eine Lilie.
Die Gravirung ift fein und feicht. In der Perl-Rand-
verzierung lieft man nachftehende Ueberfchrift in
großer lateinifcher Schrift:
Sigillum minvs regiae ac districL civitatis
czaslaviae ('t')
Auf das eiferne Stöckel wurde beim Aufdrücken
des Siegels auf Schriften mit einem Hammer gefchla-
gen, wodurch die Mitte des Siegels durchbogen ift.
Diefes Siegel gehört in den Anfang des 18. Jahr-
hunderts. '
Zu diefem Funde gehören noch zwei filberne
Ketten nebft Anhangfein. Die eine neuere Kette hat
335 Mm. Länge und befteht aus zweitheiligen birnen-
förmig zufammengedrückten filbernen Ringelchen, die
.111! der eitlen Seite in einen 7 Mm. breiten Ringenden,
auf der andern Seite aber durch einen 26 Mm. breiten
Ring, der 2 Mm. ftark ift, abgefchloffen wird,
1 In dem R.uhs Protokoll auf das Jahr 1738 lieft man, dafs der Primator
Ro/enkrnntz ein neues Siegel brachte, für welches dem Graveur 5 fl Halt den
verlangten r2 (1. bezahlt wurden, mit dem Bedeuten, dafs im Falle er mit dem
Betrage nicht zufrieden, die Gemeinde das Wappen abraliren lafl'c und ihm
egel 7111 ii. kgebe.
Aufdiefem Ring b< rindet (ich ein filbernes Kleinod
angebracht mit einem Röhrchen, das in eine halb
runde Schließe, die durchbrochen und innen mit
5-artigem Draht verziert war, eingehängt wurde.
Diefes Kleinod hat unten 31 Mm. Breite und der
1 Jurchmeffer derhalbrunden mifst 23 Mm. Damit ftimmt
vollftändig die halbrunde Schließe zum Einhängen
Oben ift fie verfeheii mit einem fünfgliedrigen Kettchen,
unten mit einer Charnier. Auf einer Seite lieht man
einen gravirten Anker umfchlungen mit dem Buch-
ftaben Z und zwei Sternehen zur Seite eingefafst. Auf
der anderen Seite, die am Rande gleichartig gravirt ift,
befindet ficli in der Mitte ein filberner elipfenartig
geformter Knauf, auf welchem das Wappen der I ferren
Sixt von Zvifetin eingeprägt ift, daneben ift ein Helm
mit den Buchftaben S bis Z, Unten auf der anderen
Seite des Knaufes ift eingravirt: Anno HR is: MDCVII:
das H ift mit dem R zufammengezogen.
Fig- 3. 4-
Daraus kann man fchließen, dafs jemand aus der
Familie der Sixte, der dazumal in der Gemeinde lebte,
namentlich Jacob Sixt, welcher das Bürgermeifteramt
im Jahre 1600 inne hatte, diele Kette der Gemeinde
fchenktc, gleichfam zur Erinnerung an das traurige
Ereignis des Bürgermeifters Sixt Cikän im Jahre 1562.
Die zweite Kette hat einfache Glieder, die in ein-
ander greifen. Man trug diefe Kette um den Hals, und
daher ift diefe Kette bei den Enden verbunden. Zu
diefer Kette wurde die zweite Hälfte der Verzierung,
aut der Delphine eingehängt find, und zwar bei dem
filbernen größten älteften Siegel verwendet.
XIII. x. v.
XCIV
Ueber Bau-Denkmale in Krain.
lonfervator J. J
tadt Lack hat theilweife noch alterthüm-
liches Anfehen. manche Haufer zeigen noch
deutlich den Urfprung in gothifcher Zeit.
Das Schloß zu Lack liegt auf einem Yorfprung der
über der Stadt fich erhebenden Berglehne, ift in
zwei Flanken, gegen Süden und Orten, um einen
freirtehenden mächtigen Thurm, welcher die übrigen
Gebäude überragt, erbaut. Dieler Thurm, im Grundriß
quadratifch 'Mauerdicke :i M. , hat unterhalb des
Daches auf großen vorgekragten Confolfteinen einen
Umgang, vermuthlicb ehemals mit Zinnenkranz. Ueber
dem Hingangsthor ins Schloß ift eine große Steintafel
mit Wappen und Infchrift in lateinifchen Majuskeln :
- in dem Jar man zalt von Crifti unfers Herrn
Gepurdt MVXI am 26 Tag Marcii das Schlos dis Orts
durch den Erdpidem eingefallen irt diefer Pau des
Gefchlos durch den hochwirdigen hochgepornen
Fvrrten und Herren Herren Philipfen Bifchove zu
Freifing Pfalzgrafve bei Rein vnd Herczogen in Beiern
zx in dem nachvolgenden XIV. von Grvndt angefangen
vnd in dem XVI. Jarn feiner Gnaden Stifst Freifing zu
gut volend worden-.
Im füdlichen halbrunden Eckthurm, der als
Capelle eingerichtet ift, ift außen gleichfalls ein großer
Stein mit renaiffanceartiger Umrahmung eingemauert.
Infchrift in gothifchen Minuskeln, Jahreszahl 1527. Das
Schloß ift jetzt Sitz des Bezirksgerichtes.
Die Stadt-Pfarrkirche, dreifchiffige Hallenkirche
der fpäteften gothifchen Periode, ift in den Bautheilen
fall
unverändert geblieben.
Die Kirche ift zo M. lan°\
das Schiff 14, der Chor 8 M. breit. Im Schiff find 6 acht-
eckige Pfeiler, an den Seitenwanden entfprechende
Halbpfeiler. Die Capitale haben über einer Reihe
akanthusartiger Blatter eine zweite mit der unteren
in keiner organifchen Verbindung ftehende Reihe von
conventionell gothifchen Blättern. Die Schlußfteine
des Xetzgewölbes find theils figural iMadonna und
Heilige', theils tragen fie Schilder oderDoppelrofetten.
Auf zwei Schildern des Schiffsmittelgewölbes find
nebenftehende Steinmetzzeichen zu fehen. Das Haupt-
portal hat reich profilirte Laibung mit Efelsrücken, im
Tympanon ein Relief. Chriftus am Oelberg. Am Xord-
thor haben die Profildienfte eigene Baien. An den
Seitenwänden des Chors fchließen die beiden kleinen
Thüren mit geradem Sturze und ausgebogenen oberen
Winkeln. Das Fenftermaßwerk hat Fifchblafen. Der
Chor, hat außen ftarke abgetreppte Streben aus
Quadern. Der Thurm, angefchloffen an die Xordfeite
des Chors hat fünf Abfatze und fpitzbogige, nicht
profilirte Schallfenfter. Die an die Süd feite des Chors
baute Capelle hat zwei gemauerte und zwei
fteinerne halbrunde Streben.
Hinter der Kirche ift auf dem alten Schulhaufe
ein bemaltes Wappen mit der Infchrift: rGot zu Ehrn
diefem Vaterlant vnd deffeirjugent zur Wolfart hat
diefe Schul gefundirt der edel und feil Herr Michael
Papier zu Maltenlager in Jahr 1627-.
Filial-Kirche in SuAa, Pfarre und Decanat Altlack.
Der Chor, circa 8 M. lang und 45 M. breit, hat
Xetzgewolbe auf gemauerten halbrunden Dienrten mit
Capitälen, drei Fenfter im Schluffe und eines auf der
Südfeite mit Maßwerk, in zweien noch Butzenfcheiben.
Alle Chorwände, felbft die Dienfte und die inneren
Schmiegen der Fenfter, find bemalt: o 5 M. über dem
Boden beginnt die Malerei in einem breiten Bande,
weibliche Bruftbilder in durch Säulchen abgetheilten
Feldern. Diefe Bruftbilder erfcheinen faft als Wieder-
holungen einer und derfelben Vorlage. Durch ein
Ornamentband getrennt find darüber in gothifchen
Xifchen faft lebensgroße Heilige. Im Zwickel an der
Nordwand die Befchneidung und die Darfteilung im
Tempel, an der füdlichen Wand Maria und der Heiland.
Auf dem Felde des Scheidebogens das jüngfte Gericht :
in der Mitte Chriftus, rechts Maria, links ein kniender
Mann; ein Engel mit erhobenem Schwert treibt nackte
Verdammte in einen großen Rachen, rechts geleitet
ein Engel die Seligen in den durch ein burgartiges
Gebäude angedeuteten Himmel. Unten jederfeits eine
Heilige mit einem Salbgefäß in der Hand. In den
Gewölbekappen die vier Evangeliften mit Schrift-
bändern, Gott Vater, der Heiland im Ovale, vier
Engel mit Schriftband. Die Farbe ift kraftig, die
Gewandung ftark fchattirt. Außer den fchwachen
Sockelfiguren verräth die Malerei eine gefchickte
Hand und viel Energie des Ausdruckes. Am fchönften
find die Engel mit vertical geftellten Flügeln am
Gewölbe; auch die Figuren neben dem Gericht haben
milden Gefichtsausdruck. Das Schiff hat flache Holz-
decke aus dem 17. Jahrhundert. Das Thor ift noch
gothifch mit geradem Sturz. An der Nordwand des
Chors fleht der Thurm, in delTen Erdgefchoß die
Sacriftei, durch deren Thüranlage ein Theil der Malerei
zerftört wurde. Mauerfprünge an der Chordecke find
mit Mörtel zugeftrichen , fonft ift die Malerei gut
erhalten, an der Decke in urfprunglicher Kraft und
Frifche. Das Schiff jetzt eingewölbt, die Seitenmauern
fammt dem neuen Dache wurden zu fehr gehoben und
hat das Kirchlein im Aeußern das gute Verhältnis des
Schiffes zum Chore eingebüßt.
Auf dem Wege \>>n Lack nach Ehrengruben,
circa a , Stunden von der Stadt und '/» Stunde von
der genannten Kirche, fleht im Walde eine kleine
Capelle von folidem Mauerwerk und quadratifchem
Grundriß, die Außenfeite mit je zwei Xifchen an jeder
xcv
Wand. Das Kirchlein ift ganz al fresco bemalt: ver-
fcliiedcne gut vorgebrachte Darftellungen, einzelne
Heilige, das Wappen der Stadt Lack, doch in defo-
latem Zuftande. Das wenig vorladende Walmdach
fchützte nur die oberen Theile, eingekratzte und
gefchriebene Namensunterfchriften bedecken die er-
reichbaren Flächen.
Filial-Kirche zu Ehrengruben, Pfarre und Decanat
Altlack (Fig. i).
1 liefe Kirche erfcheint als hochwichtiger
Bau. Sie beftcht aus einem dreifchiffigen roma-
nifchen Schiffe und einem mächtigen, unorga-
nifch angefchloffenen l'resbyterium. Die Vor- *
halle diefer Kirche ift vor circa 30 Jahren in
wenig gelungener Gothik angelegt. Das Schiff
hat Rippen auf einfachen Confolen aufruhend.
Das mittlere Weftthor fchließt im Efelsrücken •>
und llimmt mit den übrigen Maueröffnungen der
Kirche nicht überein. Vortretend aus dem
maffiven und fchweren Schiff überrafcht die
graziöfe Leichtigkeit und Lichtfülle im großen 1
Chor angenehm. Die Fenfter find hoch und für
gothifche ausnehmend breit, das Maßwerk von
wechfelndem Mufter. Die fchlanken fechs Pfeiler
haben Capitäle aus Eichenblättern, darüber '
Schilder oder Thierfiguren. Die Rofetten in den
Schlüffen reich an wechfelnder Erfindung. In den
Gewölbekappen gemalte Renaiffance-Ornamente
von 1644, die den Flindruck des Gebäudes mehr
ftören als heben.
Der mächtige Thurm an der rechten Seite
hat zweiGlockenftuben übereinander. Die Schall-
fenfter der unteren haben Doppelfäulchen mit
großem Kämpfer und Rundbogen. Nach Süden
an der Laibung ift eingemeißelt Z^. und 1551.
Die obere Glockenftube ift eine fchablonenhafte '
Wiederholung der unteren.
Die Altäre find gute Arbeit des 17. Jahrhun-
derts, beffer noch zwei Chorftühle mit Schnitze-
rei und ornamentalen Intarfien.
Filiale Mitterdorf, Pfarre St. Georgen, Deca-
nat Krainburg.
Zwei kleinere gothifche Kirchen in Entfer-
nung einiger Klafter parallel nebeneinader ge-
ftellt innerhalb einer gemauerten Einfriedung.
Die nördliche hat im Chor ein Netzge-
wölbe auf gegliederten oder figuralen Confolen
und Rofetten als Schlüffe. Die drei Fenfter im
Chor-Schluffe haben ungleiches Maßwerk, das
mittlere Fifchblafen. Die Decke des Schiffes ift flaches
Tafelwerk, das einzige Thor an der Weftfeite fpitz-
bogig.
Die füdliche Kirche ift dem Anfchein nach jünger,
das Schiff ehemals flach gedeckt, umgeändert und eili-
ge wölbt vor circa 30 Jahren. Die Rippen des gothifchen
Chors ruhen auf Dienften. An der nördlichen Schiffs-
wand theilweife von der Tünche befreite alte Fresken
gothifchen Styls. Oben das Leiden Chrifti, unten eine
zufammenhängende Reihe von Bildern: Patriarchen in
der Vorhölle, die Könige vor Bethlehem etc. Die
Malerei ift anfeheinend von geringem W'erth.
Filial-Kirche in Freithof, Pfarre Predaffel, Decanat
Krainbursr.
Der gothifche Chor, 6 M. lang, 5 M. breit, hat
fchwere Rippen auf Masken-Confolen, Schlußfteine,
Rofetten und Kopfe, auch einen Engel mit Schriftband
und Jahreszahl 1512. Die Schiffdecke ift Tafelwerk
mit Malerei, ins bäuerifche umgefetzte Renaiffance,
(1662), aber Holt und lieber gemacht. Die reich fculp-
tirten drei Altäre von 1680. Das Schiff foll in Kürze
erneuert werden.
Fig. I.
y>v,
Pfarre Höflein. Decanat
Filial-Kirche
Krainburg.
Der gothifche Chor, 6 M. lang, 5 M. breit, hat
central gerippte Decke. In den beiden Fenftern der
feitlichen Chorfchlußwände — das mittlere ift vermauert
— fchöne alte Glasmalereien, fie find 13 M. hoch.
C27 M. breit und zeigen je zwei Figuren übereinander in
gothifchen Nilchen mit zarten Ornamenten. Faltenwurl
nicht in Brüchen, fondern in weichen Linien. Das Schiff
hat eine fchöne Holzdecke in dunkler Naturfarbe, ge-
theilt in quadratifche Felder mit Verkröpfungen und
vergoldeten Rofettenzapfen in der Mitte. Ein alter
Glaslufter, 12 M. hoch, nach dem lauften Ton des
Glafes zu urtheilen Fabrikat ausMurano, wurde von der
n*
XCVI
Pfarrkirche in Höflein erworben und ift vor den Ag
nur durch die abfeiti, ' »rtes verborgen
geblieben. Bei der Pfarrkirche von Höflein muß man
aus dem Grundriß und einzelnen Merkmalen Ichließen,
lie gothifch gebaut war und fpäter wiederholt
dert wurde.
Pfarrkirche zu Möfchnach Mosnt I i .mat
früher Vigaun). Taufbuch feit 1640.
Das Aeußerc der Kirche macht einen ausnehmend
alterthümlichen und ungewöhnlichen Kindruck, das
hohe und breite Kirchendach reicht an den Seiten tief
herab, der hohe Giebel der Wertfeite ift ohne Gliede-
rung, eine kleine Vorhalle über dem Thor ift fpäterer
Zubau.
Das dreitheilige Schiff hat vier maffive, aus dem
Quadrat ins Achteck abgefaßte Pfeiler, der Lange
nach durch Kundbogen verbunden. Das höhere Mittel-
fchiff ift mit einem Tonnengewölbe mit Stichkappen
') 1 2 S '•
-
Kig. 2.
überdeckt. Die Unterfuchung am Mauerwerk unter
dem Dach läßt die Meinung als begründet erfcheinen,
dafs die urfprüngliche Decke flach war. Die Höhe vom
Boden bis zum Scheitel der Kappen beträgt 56 M.
Die Seitenfchiffe find fehr niedrig, 37 M. und haben
gothifche Gewölberippen auf einfachen Confolen. Die
ausfpringenden Seiten-Capellen find fpätere Zuthat,
die Fenfter modernifirt.
Das Gewölbe des kleinen Chors ift recht eigen-
thümlich conftruirt, Tonnengewölbe mit Kappen und
durch rundlich flache Rippen in Felder getheilt, die
Kippen find durch primitive Ornamenteindrücke geziert
und haben keine conftruetive Function, eine nicht gut
verftandene decorative Anwendung gothifcher Ge-
wölberippen. Die Chorfenfter find vermauert.
Die gegenwärtige Sacriftei an der Südfeite des
Chors, höher als das Seitenfchiff, war urfprünglich der
Schluß, refpective Chor desfelben; ein Fenfter, fowie
die centrale Anordnung gothifcher Gewölberippen ift
noch vorhanden. Als man bei Verbreiterung der Treppe
zur Kanzel einen Theil der Scheidewand zwifchen der
Sacriftei und dem füdlichen Seitenfchiff abtrug, wurde
eine Gewölberippe bloßgelegt.
Unter Dach irt die Vergrößerung und Erhöhung
der (weltlichen) Giebelmauer erfichtlich und irt anzu-
nehmen, dafs das Mittelfchiff ein eigenes Dach und
die Seitenfchiffe Pultdächer hatten Fig 2
Die Pfarrkirche zu Neumarktl, Decanat Krainburg,
zeigt ihren Urfprung aus der gothifchen Periode nur
mehr am Thurm, deffen ebenerdige Halle fpitzbo
mit Kippen gewölbt irt.
Filiale St. Georg bei Neumarktl, Pfarre Kreuz,
Decanat Krainburg
Der Chor, 55 M. lang, 4: M breit, hat in den
Fenftern des dreifeitigen Schluffes Maßwerk von fehr
einfacher Form. Das Schiff hat Holzdecke von 1698
mit l-"ries, alles bemalt Der Grund der Felder irt weiß,
die Rofettenzapfen blau, das Kahmenwerk roth, in
den Feldern Akanthus-Ranken mit Rofen und Tulpen
in freier Variation, derbe Handwerksarbeit, aber mit
Sicherheit und gutem Verftändnis durchgeführt.
St. Georg liegt auf einem Vorhügel der Alpen,
nahe der Burgruine Katzenftein auf einer Nafe der
hohen Berglehne felbft. Eine halbe Stunde weiter auf
der Straße von Neumarktl nach Vigaun, die hoch über
dem weiten Thale an der Alpenlehne hinzieht, ill das
Kirchlein der heil. Agnes, Pfarre Rovor, bemerkens-
werth durch die halbrunde Chorapfis; fonft find die
Spuren des Alters durch Reparaturen und Umbauten
verwifcht.
Als Thurm dient ein viereckiger überwölbter
nach Norden offener Bau mit hohem Dach, in dem
eine Glocke in gothifchen Minuskeln die Worte: „Ave
Maria gratia plena" als Infchrift hat.
Hinter dem Dorf Vigaun, in der Schlucht des
Baches, die ausgebreitete Burgruine Katzenftein mit
mehreren Höfen, fich vom Bache quer den Berg
hinaufziehend; Befitzer des neuen Schloffes, jetzt weib-
liche Correctionsanftalt, war die Familie Lamberg.
Filiale St. Peter bei l 'igaun, Decanat Veldes.
Diefes Bergkirchlein hat zwei gleich hohe Schiffe.
Die Pfeiler find bis zum Capital 3 M. hoch. Die Schluß-
fteine tragen Rofetten, Schilder und Figurales, die
Capitäle haben gothifches Blattwerk , alles fchön
gearbeitet, leider übertüncht. Der Chor irt entrippt
und hat einen guten marmornen Altar der Barockzeit.
An der nördlichen Chorwand fcheinen durch die
vor 20 Jahren aufgetragene Tünche noch die alten
Wandmalereien durch. Ein bloßgelegter Theil zeigt
recht farbenkräftige Malerei gothifchen Styls.
An der Südwand außen ift ftatt eines Gefims-
fchluffes unterhalb des Daches ein Fries, Vielbogen
mit Lilienauslauf gemalt und noch gut erhalten. Die
äußeren Mauerecken find aus guten Quadern. Zwifchen
Thurm und W'ertfront ift die Vorhalle. Die Schall-
fenfter haben Theilungsfäule mit Kämpfer und Rund-
bogen (Fig. 3).
Filiale Krtina, Pfarre Aich, Decanat Stein. Drei-
fchiffige Hallenkirche ohne Chor. Die Oftwand hat
drei jetzt vermauerte Fenfter, die übrigen find neu.
Die Pfeiler mit runder profilirter Baus ohne Capital,
die Rippen und Confolen an den Langwanden, meift
Masken, find aus Tuffrtein. Der Boden der Kirche
war urfprünglich ohne Erhöhung vor dem Haupt-
XCV1I
Altar; denn das neue, um zwei Stufen erhöhte Stein-
plattenpflafter deckt die Bafen der Pfeiler genau um
feine Erhöhung zu. Ks ift demnach naheliegend zu
fchließen, dafs auch ein Chor projeetirt war, der aber
nicht zur Ausführung kam und das Schilf proviforifch
mit der Querwand gefchloffen wurde. Das Weftthor
hat Efelsrücken, die Seitenthore haben einfachen Spitz-
bogen (Fig. 4).
1 »er Thurm fleht frei an der Nordfeite der Kirche,
hat große Schallfenfter, in zweien auch die Theilungs-
fäule mit Kämpfer, in zweien herausgefchlagen. Um
Fig. 3-
Kirche und Thurm ift eine 3 M. hohe Mauer mit
Schießfeharten geführt; der Platz war ein Tabor, ein
befeftigter Zufluchtsort zum Schutz vor Türken-
Einfällen, wozu er fich durch die Lage auf einer
ifolirten Hügelkuppe gut eignete.
Remalt find die Oftwand, die Nord- und Südwand
bis zum zweiten Fenfter von erfterer aus gezählt. An
den Langwanden ift zwifchen den beiden Fenftern je
ein großes Bild, in Abtheilungen ganz, an der Oft-
wand theilweife bloßgelegt, indem der Hauptaltar eine
große Fläche verdeckt. Das Bild an der nordlichen
Seite ftellt in der unteren Abtheilung, circa 4 M. hoch,
den Aufzug der heil, drei Könige zu Pferde mit Ge-
folge dar, rechts vom Befchauer Maria mit dem Kinde,
nur zur Hallte fichtbar. Die Einrahmung, ein patronir-
tes Ornament-Band, ill unten und oben erhalten, die
verticale an den Seiten, durch den Umbau der Fenfter
verfchwunden. Links nimmt auch die Kanzel etwas
vom Bilde weg. Den Hintergrund im Gemälde bilden
Baulichkeiten. In der oberen Abtheilung, dii bi-> zum
Gewölbeanfang reicht, Madonna, knieend vor dem
Chriftkinde, anbetende Engel, rechts heil. Jofeph, im
Grunde ein Holzdach. Die Figuren haben */, Lebi
große. Das Bild zwifchen der Confole und dem Fenfter
links ift faft ganz ruinirt, rechts erkennt man noch die
Darfteilung von Maria Heimfuchung.
An der Südwand zu oberft Chriftus in den Man-
dorla, daneben Engel, etwas tiefer männliche Heiligt-.
Figuren gut halb lebensgroß. Die zweite Abtheilung
enthalt in der Mitte Maria mit Johannes dem Täufer,
rechts (vom Befchauer) die Auferftehung der Bolen,
links der Guten. In der unterften Abtheilung in der
Mitte der heil. Petrus ge-
leitet die Seligen zur Him-
melspforte, einer weibli-
chen Geftalt die Hand rei-
chend. Rechts ein fratzen-
hafter Höllenrachen als
Umrahmung von nackten
Verdammten; bei einigen
ift ihr irdifcher Stand
durch die Kopfbedeckung
bezeichnet, unter andern
ein Papft und ein Bifchof.
Links der Aufenthalt der
Seligen in ruhigen Stel-
lungen, während die Ver-
dammten ein wahres Ge-
wimmel darfteilen. Im
Nackten ift alles Inde-
cente vermieden. Figuren
inhalberLebensgröße. Ein
Stück des bemalten 3 bi>
4Mm. dicken Verputzes ift
von dem letztgenannten
Bilde abgefallen und es
kommt der untere folide,
mit dem Spitzhammer behandelte Verputz zum Vor-
fchein.
Beim Entfernen der Tünche wurden viele, nicht
eben nothwendige Kratzer gemacht, die Tünche
haftet noch in zahlreichen kleinen Flecken an, doch
hat man eine klare Ueberficht der Bilder. Die Malerei
ift auf fehr glattem Verputz dünn, aquarellartig auf-
getragen, die Umriffe und Einzeichnungen, auch die
Schatten, find mit fpitzem weichen Pinfel gezogen,
der Schatten ift fchwach, es erscheinen die Conturen
mit zarten Tönen ausgefüllt. Der Gegenftand der
Darfteilung ift klar und deutlich vorgebracht, an der
Nordfeite gibt es mehrere charakteriftifche Köpfe, die
eine gute Naturbeobachtung bekunden; im füdlichen
Bilde ift der obere Theil gelungener als der untere.
Die Malerei zeigt gothifchen Charakter. Auf der < Ml
wand oben links find zwei weibliche Figuren, mild und
fromm im Ausdruck, gute Arbeit.
Der Filialkirche zu Praprece, Pfarre Egg, Dccanat
Stein. Langhaus ift dreifchiffig, 152 M. lang, 14'' M.
breit, das Mittelfchiff im Verhältnis hoch, die Seiten-
fchiffe niedrig. Sechs maffive aus dem Quadrat ins
Achteck übergehende Pfeiler, die Kippenconftrudtion
I«a
XCVIII
einfach. In der Wertwand ein großes fpitzbogiges
Fenrter mit fchönem Maßwerk. Der Chor lit ;■: M.
lang, 62 M. breit, hat drei große Fenrter in den Schluß-
wänden mit gutem Maßwerk, das untere Drittel des
Theilungsfäulchens fehlt. Die Gewölberippen ruhen auf
Halbfaulen mit Blättercapitäl, über diefem ilt ein Stück
um ihreAchfe gedrehter Dienfte mit Riemchenabfchluß
eingeletzt. Am Gewölbe über dem Hoch-Altar Maria
ündigung, gemalt auf der Tünche, jede Figur in
einer Kappe, in den übrigen Kappen gothifche Ranken-
Ornamente in großen farbigen Rofetten und Blüthen
auslaufend. An der N'ordwand des Chors lind vier
Bilder, drei in einer Reihe, heilige Manner darrteilend.
Darunter ein Mann im Mantel mit Pelzkragen auf einem
Betpult kniend, mit gefalteten Händen, zu feinen Füßen
ein Knabe, beides Porträtfiguren. Wappen, die Schrift
verblichen, Jahreszahl 1522 kenntlich. Auf der Südwand
des Mittelfchiffes über dem Pfeiler) ein recht gutes
Wandbild: Heil. Andreas und heil. Agnes, auf roth
und weiß getäfeltem Boden knien vor den Heiligen;
Mann, Frau und drei Knaben im Zeitcoftüm, Infchrift
ohne Leiter nicht lesbar, Jahreszahl 1520. .Auf dem
Gewölbe des füdlichen Seitenfchiffes ift gothifches
Maßwerk, einige Engel und die vier Evangeliften-
Symbole gemalt.
1 »er Thurm irt im nördlichen Seitenfchiff ein-
aut, der Chor hat außen ftarke Streben. Conform
dem Terrain ift außen der Mauerfockel abgetreppt,
im Innern ift der Boden des Schiffes zweimal um eine,
der Chor um drei Stufen erhöht. Hinter der Kirche
iah Gefertigter Stücke von aus den Fenftern des
Schiffes entferntem Maßwerk Die Schallfenfter des
Thurmes haben Theilungsfäulen mit Kampfer.
Filiale Gradise, Pfarre und Decanat Moräutfch
Moravce). Das Schiff, 12 .s M. lang, 85 M. breit, hat
halbrunde Wandfaulen — Dienfte — ohne Capital als
Rippenftützen; die Rippen verlaufen nach der Breite,
in der Mitte mit Quadrat-, an den Seiten mit Dreiecks-
verband. Die beiden Fcnfter der Sudfeite haben Maß-
werk mit Theilungsftab. Der Chor, 7 M. lang, 6 M
breit, hat in den drei Wanden des Schluffes noch die
alten Fenfter. Der Thurm fteht frei an der Well-
feite, deffen Schallfenfter haben Theilungsfäulen mit
Kampfer.
Grabftätten deutfeher Studenten in Italien.
Von Arnold Lu/cliin v. Ebengreuth.
II.
18. Georg Adam von Freiberg, f 1592. Dies Grab-
mal ift gleich den beiden folgenden offenbar vom
Meiller des Krefs'fchen Nr. 17) gearbeitet. Alle vier
Monumente zeigen darum fowohl im Entwurf als in
Kinzelnheiten mehr oder mindere Uebereinftimmung,
z. B. in der Urnenform des Kragrteines, aufweichein
die Confole des Unterbaues aufruht, im Einrollen des
oberen Randes der Schrifttafel, und in dem Blumen-
zierat als unterem Abfchluß. Am einfachften ift noch
das freibergifche Epitaph gehalten, das mit einem
gebrochenen Giebel bedeckt ift, aus deffen Mitte das
Kreuz aufragt, im übrigen aber in der fchlichten Form
der dunklen Confolen und der jonifchen Pfeiler mit
weißen Capitälen an das Barlandifche Grabmal (Nr. 16)
erinnert. Die Ausfuhrung des Wappens [Siebmacher I.
112, Nr. 8 , zumal der Helmdecken, ift weniger zu loben
als beim Kreflifchen, die drei Kugeln in der unteren
Hälfte des getheilten Wappens find mit gelbem Marmor
eingelegt.
SVEVIA ME GENVIT SENÄ- RAPVERE. SED OSSA | ET
CINERES CLAVDVNT HAEC MONVMENTA MEOS |
SPIRITVS. AT SVPERAS HABITANS FCELICIOR
ARCES | PERFRVITVR VVLTV, LAETVS. OVANS
QVE DEI | GEORGIO ADAMO FREYBERGERO
NAT:N|- GERM nt | CONSR'o VT AVITO GENERIS
SPLENDORE | ITA DOCTRINAE ET VIRTVTVM OR
NAMENTIS | NOBIIA1" IN IPSO AETATIS FLORE
MORTVO | PARENTES MCESTISN" PIETATIS ERGO
PF | OBIITVCAL:OCTOB| ANNO CID- IO-XCII-
Der Yerftorbene, dem fchwäbifchen Gefchlecht
der Freiberg angehörig, war der Sohn Johann Gc<
und kam in Begleitung feines iilteren Bruders Philipp
Adam im Jahre 1590 nach Padua (Eintrag vom 12. März
d. J.:, von wo beide nach wenig Monaten füdwärts
zogen. Am 18. Juni d. J. treffen wir fie in Bologna,
und zwei Monate fpäter zu Siena, wo fie fich als
Philippus et Georgius Adami a Freiberg in Achftet et
Prolinen fratres einzeichneten. Im Januar 1591 wurde
Georg Adam zum Procurator der deutfehen Nation
gewählt und im Auguft des folgenden Jahres auf den
Pollen eines Confiliars berufen, in welcher Stellung ihn
der Tod am 27. September 1592 erreilte.
19. Sebaßian Löffelhoh von Kolbcrg, t 1590. Das
Denkmal ift, bis auf das Fehlen der Seitenconfolen und
bis auf den Giebel, eine getreue Wiederholung des
Krefs'fchen Monumentes, mit welchem es nicht nur
die Ahnenwappen auf den Pfeilern, fondern auch das
Mufchel-Ornament ober drei Pfeifen und die Löwenfüße
der Confolen gemein hat. Der krönende Auflatz trägt in
der Mitte auf verfchlungenem Rankenwerk einen Zier-
fchild mit D ■ O • M und darüber den Todtenkopf vor
einem Sarkophag, deffen gewölbter Deckel von einer
Vafe überragt wird. Zu beiden Seiten lehnen in
ruhender Stellung und nach außen gewandt zwei Engel
mit erlofchener Fackel Fig. 4).
SEBASTIANVS. MATTHIA ET : F : ET NEP-NORIB
EX NOBILI ET PARICIA FAM : LÖFFELHOLTZIOR
A KOLBERG ORT, : IVVENIS Ofl, AIMI, COR
PORIS FORTVNAQ^BONIS CVMVLATISS
DVM VIRTVTIS DOCTRINAq<_STVDIO ET
IMITATIONE MAIOR FELICEM PERAGRAT
ITALIAM, FEBRI ARDENTE CORREPTVS
IN MEDIO LAVDV CVRSV COEL' REDDIDIT
XCIX
AIAM HOSPITA HVIC TERRA DEDIT OSSA
VIXIT ANN : XXIII-MENS; IV-VICIT CIDIDXC
MENSE NOVEMBRI
TRIVMPHAT ATERNVM •
Der Wappenftein enthält den bekannten Schild
des Gefchlcchts geviert, nur ill die Stellung der Fel-
der und Figuren gerade umgekehrt gegenüber der
Fig. 4-
Siebmacher'tchen Zeichnung (I, 206, Nr. 4), mithin
1, 4 Lamm nach rechts, 2, 3 Rechtbalken belegt mit
drei Hüten. Die Ahnenfchilde auf den Pfeilern find:
1. Löffelholz, 2. Volckamer {Siebmacher I, 205, Nr. 8),
3. eine Lilie (Weifer?), 4. Stromer {Siebmacher 1, 205,
Nr. 13).
Sebaftian Löffelholz von Kolberg, Sohn des
Mathias, geboren am 20. Juli 1567, „wart ein langer
gerater Mcnfch, fromb aufrichtig" ftudirte in den
Jahren 1584 — 1586 zu Altdorf, befuchte 1587 Jena und
Leipzig, verweilte hierauf 15S8 — 1589 zu Roftok und
wurde am 24. Mai isKgnebft feinem Vetter I lieronymus I.
zu Bologna in die deutfehe Nation aufgenommen. Zur
Verewigung ihres Aufenthaltes in diefer Stadt hatten
beide „ihr Wappen dort im Garten der deutfehen
Nation" malen laffen. Vermuthlich ging die Weiterreife
von hier nacli Rom, welches Sebaftian 1590 betrat,
falls dies nicht auf einem fpäteren Ausfluge gefchah.
In Siena, wohin der Verflorbene am 24. April 1590
gekommen war, erlag derfelbe einem hitzigen Fieber
am 15. November 1590. (Nach gütigen Mittheilungen
des Freiherrn Wilhelm Löffelholz von Kolberg.)
20. Johann Sebaßian Langenmantel vom R., f 1596.
Sein Denkmal ift lediglich eine vergröberte Wieder-
holung des vorhergehenden, was zumal beim Giebel'
auffatz erfichtlich ift, deffen plump gerathene Engel
durch ihre Stellung und die Zugabe einer einhenkeligen
Vafe auf jeder Seite die giebelförmigen Umrißlinien
des Vorbildes zu einem Rechteck umgeftalten. Ebcnfo
find die Seitenconfolen der Pilafter weit weniger gc-
rathen als jene auf dem Kreffifchen Denkmal. Das
Wappen ftimmt mit Siebmacher I, 207, Nr. 2 überein.
Die Ahnenfchilde find, wenn man mit dem Pfeiler zur
Linken des Befchauers beginnt: i. eine Lilie (Weifer?
Siebmacher I, 207, Nr. 3), 2. fpilzer Hut mit drei Fe-
dern befleckt, entfprechend dem Langenmantel'fchcn
Kleinod, doch ohne die beiden R, 3. der Langenman-
tel'fche Schild mit den RR, 4. abermals eine Lilie.
DOM-
NOBILI. VIRTVTE ET DOCTRINA
PRASTANTI IVVENI
IOANNI SEBASTIANO LANGENMANTLL
XXI OCTOB • A • M • D • XCVI PMATVRA MOR1
SVBLATO FRATRI CHARISSIMO HOC
FRATERNI AMORIS MONVMENTVM
POSVIT
WOLFGANGVS HENRICVS LANGENMANTEL
DIE XV • IAN • A • M • DXCVIIII
Johann Sebaftian Langenmantel zeichnete fich
am 5. Mai 1596 in die Nationsmatrikel zu Siena ein.
Ein paar Nachrichten, welche fich auf feinen Nachlaß
beziehen, werden im Anhang Nr. 13 und 15 mitgetheilt.
Außer diefen in die Wand eingelaufenen Denk-
malen befindet fich in der St. Barbara-Capelle dicht
vor der Platte des allgemeinen Nationsbegräbiü
noch folgender Gruftftein:
21. Frans Karl Graf Engel von und zu Wagrain,
f 1725 Wappenfchild des Gefchlechts, darunter:
LVGE VIATORI VIATOREM ENIM EX EPHEBAO
CASAREO | PEREGRINVM IN ITALIAM | ILD • ET
EXCELLMI DD- FRANCIS • GEORGY SAC : CAIS :
MAY: | INTIMI ACTVALIS CONSILIARII | FILIVM|
ILLVSTRISSIMVM D- DFRANCCAROLVM COMI
TEM | ENGL AB ET IN WAGRAIN | EXERCITIOj
RVM ET STVDIORVM | PERITISSIMVM IN ANNO
XXII 1 AVTATIS SVÄ DIE 1. NOV- | MDCCXXV-
MORS PRACEPS | HIC TVMVLATVM REQVIES-
CERE VOLVIT-
c
Beim .Austritt aus der Nattons-Capelle findet man
in der gegenüberliegenden Wand des Querfchiffcs
noch mehrere Grabdenkmale von Angehörigen der
deutfehen Nation und zwar wenn man linker Hand bei
der Ecke beginnt zunächft jenes des:
22. Adam Ulrich Bohdanecski, 1 1617 '. Ober einem
on gelbem Marmor, welcher auf weißen Löwen-
tatzen aus der Mauer hervorragt, das Wappen : getheilt
oben in rothem Felde ein goldener Goppel ? , unten in
Grün ein gebrochenes Schwert. Als Kleinod erfcheint
der Goppel zwifchen einem offenen Flug. Infchrift von
weiß eingelegten Buchftaben auf fchwarzer Tafel mit
weißer Marmor-Einfaffung :
• D • O • M •
ADAMVS VDALRICVS BADANECZK1 NOBILITATE
GE | NER1S ILLVSTRIS VT HANC IPSAM NOBILI
TATE-STVDIO iVIRTVTVM ET RERVM EXPERIENTIA
EXCOLERET VARI | AS REGIONES PERAGRAVIT
AC TANDEM SENAS VENIT | SED ACRI MORBO
CONSVMPTVS IN IPSO IWENTVTIS | DECVRSV
EXPIRAV1T VIIDSEPTANDMDCXVI1 |MONIMEN
TVM HOC DEFVNCTO FILIO MGESTI PARENTES
EREXERVNT-
Leber die Familie des Verdorbenen, w<.
bohmifch war, fehlen mir Nachrichten. Zu Padua
zeichnete er fich am 11. Mai 1617 ein als Adamus Vdal-
ricus Bohdanetzky Dominus in Hodkowa, in Ader-
fpach et Merckelsdorff, zu Siena um den 15. Auguft
desfelben Jahres als Adam Ulrich Pedanezky von Hod-
kowa auf Adersbach. Ein Georg Bohdanetzky von
Polehrad wurde nach Schimon „Der Adel von Böhmen,
Mahren und Schienen-. S. 12 U94 in den Adel er-
hoben Dem Adam Abraham Bohdaneczky, der wohl
der Vater des Studenten war, wurde wegen feiner
Betheiligung am bohmifchen Aufftand ein Fünftel der
Herrfchaft Adersbach eingezogen. '
Das Denkmal felbft war noch zu Peccis Zeiten,*
mit Malereien umgeben, welche feither übertüncht
wurden.
23. Melchior Gail, f 1625. Aus der Mauer hervor-
ragender Sarg von gelbem Marmor zwifchen zwei
kleinen Obelisken. Auf dem Sarge ein Todtenkopf
ober gekreuzten Knochen und ein aufragendes Kreuz,
daneben in der Wand die Wappen der Eltern des Ver-
dorbenen. Das väterliche entspricht der Zeichnung bei
Siebmacher V, 147, Xr. 9, das mütterliche enthalt ober
einer Hürde einen wachfenden Bock, und wiederholt
denfelben als Kleinod Lintlarr. Die Infchrift auf einer
weißen Marmortafel lautet:
DOM
NOBILITATE GENERIS ILLVSTRIS Vflßg CLAR •
MELCHIOR GAILL COLONI • AGRIPPIN . | VT EXPERI-
ENTIA ALIISQVE DOTIB.< NATIVÄ NOBLTEM ADOR-
NARET CVM FRATRE|CARNA : EX PATRIA DIMISS:
EXTERAS PROVINCIAS PAGRARE HINC POST
BELGIA | FRANCIA ITALIAM TERRA MARIQVE
LVSTRATAM HIC MELITEM VIDERE COGITANS |
COMMODITATE TRIREMFV LIGORN£N- ROMA LI
.—23 vergl. ,f Elvtrt weitere Beiträge zur Gcfch der böhn.
der im 17. Jahrhundert Brunn 1868, S. 145 und 218.
* A- 1 0. S. 387 fügt vom Denkmal' „II quäle e formato di marmi gialli
c bianchi et altre pitture -iKdesimo."
GORNV VERS NAV1GARE A FRATRE | DISIVNCT9
CONTENDIT AST EHE\' VEDIA VIA INFLVCTVANTIS
MARIS RETAR | DA NAS FRACTIS ADVENIT
VIRIB VBI CRESCENTE MORBO FATO HEV| NIMIVM
IMMATVRO. SP1RITVM PIE DEO REDDIDIT AO •
MDCXXV ATA SVÄ | XXV CVI MOESTI PAREN I
FREQVENTIORIB. LECTORV PRECIB, ILLVM RE
COM|MENDANTES PER FRATSWM CARN GASPA
RVM ITINERV SEMPER FIDELEM|COMITEM MONVM-
HOC E-C-A-D MDCXXVI MENSIS AGVS-DIE XXXI |
OBIIT VIII NOVEMBR-
Die letzte Zeile ilt von kraftigerer Schrift und
offenbar nachgetragen. Auch dies Denkmal war vor-
dem mit Malerei umgeben. Pecci befchreibt es a. a. O.
S. 386 mit den Worten: »Fra la porta di Sagrestia e
quella per la quäle si va in convento, detta la porta
dello sdruciolo, vi e un altro monumento di marmi
bianchi e gialli con morti, armi c morioni e croce pur
di marmo. E Padiglione dipinto pure a guazzo nel
muro che fa cappa al detto monument< >."
Der Verdorbene dürfte ein Sohn jenes Melchior
Gaill, Ubius fein, welcher im Jahre 1589 zu Padua
ltudirte und zweifellos aus der Familie des berühmten
Rechtslehrers Andreas Gail dämmen. Nach Siena kam
der fchwer Erkrankte nur wenige läge vor feinem
Ende. Sein Eintrag in die Nationsmatrikel tragt das
Datum 6. November 1625.
24. Wolfgang Georg Khevenhüller , Freiherr,
f 1610. Auf einer kräftigen Confole eine Schrifttafel
von fernvarzem Stein, umgeben von einer verfchnorkel-
ten Umrahmung aus gelbem Marmor, von welchem
Tücher herabhangen. Oberhalb die weiße Marmorbulle
des Verdorbenen mit weitabftehendem Kragen, zu
beiden Seiten derfelben je ein fitzender Engel mit
einer vergoldeten Trompete in der Rechten, während
die Linke auf einem Schädel aufruht. Ober dem Kopfe
Khevenhüllers und von einem Engelskopf aus Stuck
getragen erfcheint das Familienwappen aus weißem
Marmor und entfprechend bemalt.
WOLFGANGVS GEORGIVS CHEVENHVLLER AB
AICHELBERG LBARO | IN LANDSCRON ET
WERENBERG DN • IN HOHENOSTERWITZ ET
CARLSPERG | ARCHIDVCATVS CARINTHIA
EQVITVM MAGISTER HERE DITARR QVINQVE|
LINGVARVM PERITISS: AT ATE QVIDEM IVVENTS
MORVM A ■ INTEGRITATE | ET STVDIORVM MA-
TVRITATE SENEX, OIB- GERMA GALLIA ITA
LIA SICILIAQVEÄ | PROVINCIIS SVMMO STVDIO
ET ALACRITATE PERLVSTRATIS EX MELITA |
INSVLA POST MVLTOS TERRA MARIQVE EXHAV
STOS LABORES DEO DVCE | HANC IN VRBEM
CVM SVIS REDIENS IN ARDENTEM INCIDIT
FEBREM QVA IN DIES | CRESCENTE ET ACCE
DENTE INSVPER CATARRHO VEHEMENT ET
FERE SVFFOCATIVO | TANDEM XXDIE OCTOB :
POST HORAM XV EX HAC VITA IN COELESTEM
ET ATERNAM PIE ET PLACIDE COMMIGRAVIT
ÄÖ CHRISTI MD- CX AVTATIS VERO | SVA. XIX
NON INTEGRE COMPLETO • VT AVTEM DIVTVR
NIOR | IN TERRIS EIVS MEMORIA POS ERIS
CI
RELINQVERETVR, | ILLMA • DNA • MATER ET
FRATER GERM:DNS| BARTHOLOM/c.'), ITINERVM
COMES FIDELISS; FILIO | ET FRATRI DILECTISS:
MOESTISS: EC-ÄO SALVTIS MDCXI | GRATA
CVM DEO VI\£NTI MORS-
Zu Zeiten Pecci's hingen ober dem I (enkmal no< h
das Schwert und die Sporen, fovvie die Trauerfahne
mit dem Wappen des Todten, ' und las man zu Füßen
auf einer Grabplatte:
•D • O • M ■ S-
Inclytus exigua iacet huc Wolf(g)angus in Urna
De Chevenhullorum sanguine natus eques
Gallia quem sanum, Trinacria et Aphrica vidit
Ilunc reducem Senis mors inopina rapit.
Exculti studiis linguarum et quinque periti
l'roh dolor! hie gelidse sunt data membra neci
Usq. adeo in mundo immundo res nulla perennis
Nam modo quod viguit, morte jubente perit.
Dignus erat certe juvenis melioribus annis.
Sed patienda pie, qua; placuere Deo
Optima pars, reliquis membris hac aede sepultis
Vivit adhuc nitido conspicienda Deo.
In memoria eterna erit
Justus.
Obiit xx Odobris An : Sal : MDCX.
Die Schlußzeilen:
Dnu S. OPT. officiosn; Pietate
G • M ergo meren • F ■
Mar • Sturm9 Sil :
find verderbt, laßen aber erkennen, dafs der Schlefier
Martin Sturm aus Sagan, welcher am gleichen Tage mit
dem Verftorbcnen in den Nationsmatrikeln zu Padua
und Siena erfcheint und fein Pneceptor gewefen fein
dürfte, der Verfaffer diefer Grabfchrift war.
Freiherr Wolfgang Georg, geboren 1591, war ein
Sohn des Freiherrn Franz und der Crescentia von
Stubenberg. Er kam in Gefellfchaft des Freiherrn Otto
von Liechtenftein zu Murau, geleitet von dem obge-
nannten Martin Sturm am 3. Juni 1609 nach Padua,
und von dort am 28. Juli dcsfelben Jahres nach Siena.
Bei Einhaltung der bisher eingefchlagenen Rich-
tung trifft man nach Durchquerung des Hauptfchiffes
an der gleichen Wand des Ouerfchiffs noch auf drei
Grabftellen deutfcherStudenten, und zwar zunächd auf
jene des:
25. Johann Wolfgang von Schönberg , f 1636,
welche durch einen in die Mauer eingelaffenen fchwar-
zen Stein mit der Auffchrift:
SEPVLTVRA | IOANNIS WOLFGANGI | SCHONBERG
Todtenkopf bezeichnet ift, während das Grabmal aus
weißem Marmor weiter nach rechts in der Ecke fleht.
Dasfelbe zeigt das Löwenwappen [Siebmacher I, 152,
Nr. 12) und darunter:
A • M • D • G •
AVDI ADVENA, RES TVA AGITVR VT TV | MOR-
TALIS HIC IACET IOANNES WOLFGANGVS A
SCHÖNBERG IN PVLSNITZ EQVES LVSATVS |
1 Sopr.i il monumciuo con armi e insigne coloratc second
dono con eimicro dorato cd argentato speroni, spada c ban con
armi, a. a. O. 3^9.
XIII. N. F.
GENERIS NOBILITATE PIETATIS INTEGRA ALI
ARVMQVE | VIRTVTVM SPLENDORE INSIGNIS |
QVI GERMANIA. BELGIA . ANGLIA , MAIORI
ITALIA | PARTE TERRA MARIQVE PERAGRATIS
DVM NEAPOLI SENAS | REDIT PATRIAM COGI-
TANS FEBRI ACVTA CORREPTVS | IN CHRISTO
WI.VATORE SVO OBDORMVIT III KAL • OCT- |
AO ATATIS SVA XXII RECVPERATA SAVTIS
NOSTRÄ | MDCXXXVI- 1 TV MORTALIS MORTEM
PENSITA MORTVO IMMORTALEM | GLORIAM
APPRECARE ET ABI SVBSISTE ET ID E MORTALI
ADDISCE | CVSTODI INOCENTIAM ET VIDE
AQVITATEM | QVONIAM | SVNT RELIQVI/k
HOMINI PACIFICI-
Johann Wolfgang war nach den Nachrichten in
Gaulic s Adclslexikon (I, 1590) entweder ein Sohn des
Landeshauptmannes in der Oberlaufitz Hans Wolf von
Schönberg auf Pulsnitz, Klixftruppen etc. oder deffen
Enkel und Sohn des 1659 verdorbenen Caspar Rudolph
auf Bretnich. Nach Siena kam er in Begleitung des
Hans Georg von Schönberg im Mai 1636. Die beiden
Einträge in die Matrikel find ohne Datum, fallen aber
auf den 17. oder 18. Mai 1636.
26. Adolf Wolf genannt Metternich, f 1643. Sein
Grabmal aus weißem und gelben Marmor befindet lieh
zwifchen den foeben erwähnten Grabfteinen des Johann
Wolfgang von Schönberg. Der Verdorbene kniet in
ritterlicher Rüftung barhaupt vor dem Maltheferkreuz,
das vor ihm frei an einem Bande hangt. Zu feinen
Füßen deht der abgenommene Helm. Unterhalb liest
man anfeiner weißen Tafel mit einer Umrahmung von
gelben Marmor:
ADOLPHVS VVOLFF DICTVS METERNICH | IN
GRAHT ET LANGENAVV S • R • IMPERII LIBER
BARO IN ILLAM: SA1'1 -IOANNIS | BAPTÄ HIERO-
SOLYMITANI EQVESTRIS MILITIA ORDINEM
IAM|ADMISSVS DVM MILITAM TENDERET. HIC
SACRAMENTIS OMNIBVS | MVNITVS PIE OBYT,
HIC IACET, HINC SVPEROS ADYT CELESTIS |
AVLA FACTVS EQVES SEPTIMO KAL | OCTOBRIS
A • M • DCXXXXI | ANNOS NATVS XXIII- | FILIO
QVAM DILECTO HOC EPITAFIVM MESTISSlVS
PARENS, IOANESI ADOLPHVS WOLFF D • M • IN
LANGENAW ET GRACHT, SRIMPERY | LIBER
BARO S-CASAREA MAIESTATIS CONSILIARIVS,
SERENISSMI- ELECTORIS|COLON: AVLA MARE
SCHALLVS ET ACONSILYS STATVS, NEC NON
IN | COMITYS RATIS-BONENSIBg LEGATVS FIERI
CVRAVIT-
Darunter das Wappen [Siebmacher I, 190, Nr. 14).
Der Verdorbene trug fich am 5. Juli 1641 mit den
Titeln Adolphus Wolff dictus Metternich, Dominus in
Gracht et Stanweiler in die Nationsmatrikel ein. Die
kurze Nachricht über feinen Tod, welche den Liber
A6tionum der deutfehen Studentenfchaft zu Siena
enthalt, wird im Anhang unter Nr. 56 mitgetheilt.
Im vorigen Jahrhundert war das Denkmal noch
von iö benannten Ahnenwappen umgeben, welche
feither unter der Tünche verfchwanden. Ich führe
diefelben nach Pecci's Angabe an, und füge Hinweife
CII
auf s Wappenbuch fowie Berichtigui
der entftellten Namen in Klammern bei. Le otto arme
della parte des:
nant [Wolf genannt Mettern ich, Siebmacher I., 190,
Xr. 4 Hochetedem ^Hochlleden II, 114. Nr. 2 Bufch-
feld dl, 119, Xr. 4 Hatzfelt (I, 130, Xr. 5 Sclickom
ickheim im Schildeshaupt ein Stern Horrich II.
119, Xr. 3 . Forft (gezinnter Balken) Hadef Hart" I. 123,
Xr. 4 . Le altre otto arme della parte sinistra sono:
Maria Catarina con jux. Hall II, ioS, Xr. 1 . Wal bott
I. 132, Xr 2 Refeiradt Xeffelrode I, 125. Xr. 7). Gira-
menich (Gimnich II, 104, Xr. 11 . Horrich II. 119, Xr. 3 .
125, Xr. 7). Spies I. 151, Xr. 11 . Boneardt
Bongardt II, 119, Xr. 14 .
Neben dem Wolf-Metternich'fchen Denkmal be-
findet fich endlich:
27. Der Grabllcin des im Jahre 1661 verdorbenen
Johann Wolj rg n Wolfsthal.
ANNO CHRISTI MDCLXI DIE IV AVGVSTI | AVTATIS
XXI PIE IN DOMINO OBIIT | ILLVSET REVMVS B •
IOANNES WOLFGANGVS | A WOLFFSTHAL. NOBI
LIS GERMANVS | SDN- ALEXANDRI VII DESIG
NATVS CAMERARIVS | ET ORDINTS TEVTONICI
EQVES ETC- | DEPOSITVS IN ECCLESIA P • P •
PRÄDICATORVM IN CRYPTA NATIONTS GER.WA
NICA I CVI | REQVIEM ÄTERNAM PRECATVS |
FRATER GERMANVS | PHILIPPVS GASTO WOLFF A
WOLFFSTHAL | SERMI- ELECTORIS BAVARI A CAME-
RARIVS ACTVALIS | EPISCOPI ET PRINCIPIS BAM-
BERGENSIS | CONSILIARIVS INTIMVS ET AVLICVS
ETC- | NOBILITATIS FRANCONIÄ CAPJTANEVS |
DES ORTHS AM STEIGERVVALDT | HOC MONV-
MENTVM POSVIT | MDCLXXXXIII-
Darunter das Gefchlechts- Wappen. (Vergl. Sieb-
macker I, 109, Nr. 10.) Beide Brüder, von welchen der
Verdorbene der ältere gewefen fein dürfte, zeichneten
fich zu Siena um den 10. Mai 1661 in die Nations-
matrikel ein, und zwar als immediati ac liberi S. R.
Imperii Nobiles Francones.
Auch dies Denkmal war ehedem von gemalten
Wappen umgeben. In der Mitte befand fich nach
Pcccis Abbildung der etwas größere Schild des Ver-
dorbenen rechts und links ftanden in zwei Reihen je
vier Ahnen Schilde und zwar von unten auffteigend.
Die Zeichnungen bei Pecci find nicht immer klar, und
die Wappenfiguren wiederholen fich zum Theil unterm
fränkifch-fchwäbifchen Adel, zu welchem die Wolf von
Wolfsthal gehören. Es find daher nur Vermuthungen
ich. Väterliche Ahnen: 1. Wolfsthal, Siebmacher
1, 109, Xr. 10. 2. Weyer, 1, 109, Xr. 14. 3. geviert, 1 und 4
getheilt, 2, 3 je drei Reihen Pelzwerk. 4. Linkbalken
YVildenftein I, 102, 10, oder Stein von Oftheim I, 103, 4,
Weiler I, 105, 14 . Mütterlicherfeits: 1. Wehingen II, 90.
2. Zollner uf dem Brand I, 107, 12. 3. abermals der
Linkbalken. 4. zwei verfchlungene Hörner mit je vier
Lindenblattern befleckt, Saekendorf I, 101, 1 oder
Heinech I, 105, Xr. 4 oder Reinhofen II, 74.
Damit wären die in der Dominicaner-Kirche noch
vorhandenen Denkmale von Mitgliedern der deutfehen
Xation aufgezählt. Von zwei anderen, welche heutzu-
tage verfchwunden find, haben uns Pecci. beziehungs-
weife die Sammlungen des Lorenz Schröder iMonu-
mentorum Italiae Libri IV, Helmftadt 1592, Folio) und
'mit Chytraeus (Deliciae, seu. . . . inscriptionum. . .
mönumenta, Herborn;e Xassouiorum, 1594, 8°) die
Kunde erhalten.
Johann Truchfefs von Weilerswaide, j 1494.
Sein Grabmal lag nach Pcccis Angabe zunächft dem
Haupteingang vor dem Altar des h. Jacintus, und be-
ftand aus einer langgeftreckten weißen Marmortafel,
auf welcher man kaum noch ein Adlerwappen vgl.
Siebmacher I, 161. Xr. 1 Iah und die Infchrift las: '
IOANNES TRVCHSESS EX WENDERSWALDE
NOBILI ORTVS GENERE
IVRIS PONT • DOCTOR HIC SITVS EST
NVMERANS ANNVM SVA AT ATIS XXXIII
CVM FRIDERICO SAXONIA DVCI SENTS
FA.MVLARETVR DIEM CLAVSIT AN • SAL
MCCCCLXXXX1III IAN
DIE XXIII PROSECVTVS DOMINI ET
CIVIVM ET CONFAMVLORVM
LACHRYMIS PIISSIMIS-
Kinige Lebensumstände des hier Begrabenen
berichtet Gauhe in feinem Adelslexikon I, 1920 . Dem-
nach fei Truchfeß 1472 (mit Rückficht auf die Alters-
angabe der Grabfchrift wohl eher 1482) der Philofophie
Baccalaureus zu Leipzig geworden, und habe auch
hier fpäter das Doctorat im canonifchen Rechte er-
langt. Die weiteren Angaben, dafs er fodann mit dem
Herzog Friedrich von Sachfen nach Siena gezogen und
da 1494 geftorben fei, enthielt auch fein Denkmal.
29. Ein fideles Haus, deffen Name uns verloren
ging (Schrader Fol. 95 und Chytraeus S. 286 notiren
blos Germani cuiusdam Epitaphium), foll folgende
Grabfchrift in der Dominicaner-Kirche befeffen haben:2
Vina dedere neci Germanum, vina sepulcro,
Funde sitim nondum Finiit atra dies.
Pecci kennt dies Denkmal nicht mehr, erwähnt
aber eines andern Trinker-Grabes im Stiegengang,
welcher vom Klofter in die Dominicaner-Kirche führt.
Dort fehe man zwifchen zwei Wappenfchilden (unter
einem Schildeshaupt eine flehende Leiter beiderfeits
von je drei Halbmonden begleitet) eine Oeffnung und
daran knüpfe fich die Erzählung, dafs hier ein Mitglied
der Sienefer Familie Scotti, oder wie andere wollen,
ein Deutfcher begraben fei. Diefer habe letztwillig
die Beftimmung getroffen, dafs jeden Montag durch
diefe Oeffnung eine Flafche Wein aufs Grab gegoffen
werde und zwar deshalb, weil er in feiner letzten
Krankheit fo fehr habe Dürft leiden müßen. "
1 Gedruckt auch bei SshraJer, Fol. Q5 und Chytraeus S. 284.
- Ein ähnliches Epitaphium potatons las man zu s. Spirito in Siena
(Chytraeus S. 286J:
Vina dabant vitam, mortem mihi vina dedere
Sobrius auroram cerncre non potui
■ merum siüunt, vino consperge sepulcrum
Et calice epoto care viator abi
Valete Potatores.
1 Libro terzo f. 155. Nr. 692. Nella scala, che dal ciaustro porta nella
chiesa si vede un sepolcro dove negli scalont vi sono duc arme degli Scotti,
famiglia Sanese, . . dove dicc il Tizio al T. 2. fol. 160 che vi fusse sepolto
uno degli Scotti, che lascio per tcslamcnto, che in tutli i lunedi di eiaseun
settimana fusse dal suo crede versato per un forame, che ancora vi si vede
dentro al sepolcro un fiasco di vino, c ciö lo faecsse per avere nella sua
ultima malattia sopportato la setc. Pictro Nelli perö nelle sue Satire dicc che
id Tceesco e non dagli Scotti.
(Schiuli folgt.)
cm
St. Peter im Holze.
3'IKSKS Pfarrdorf, auf dem größtentheils bewal-
deten Hügelberge knapp an der breitfließenden
Drau nördlich, bildet mit Fresnitz, in der Niede-
rung örtlich, an dem von Mitternacht her in den Fluß
laufenden Fresnitzbache, das Stadt-Pomoerium von
Teurnia.' Die meiftc alte Häufer-Verbreitung fcheint
hier auf dem Nordabfalle und dem Plateau zu liegen,
nördlich und füdlich von der Kirche, größtentheils in
der Längenrichtung des Flußlaufes. Am Wcflabhange
find die Baurefte nur vielleicht zu wenig verfolgt, fie
reichen mit etwas Zufammenhang wahrfcheinlich noch
l>N Lehndorf, nicht wohl als Vorftadt bis Mühldorf.8
Schon ohne diele Weftfortfetzung wurde die Ausdeh-
nung in der Flußrichtung eine Viertelmeile überfchrei-
ten, in der Senkrechten darauf die Viertelmeile bei-
läufig erreichen.
Anzunehmen ift aber, dafs die alte Heerftraße mit
dem fresnitzer Meilenftein (Mo. 5713) in der Richtung
der heutigen Hauptftraßc (nördlich vom Holzerberge,
die Bahnlinie füdlich von demfelben) die Stadt inmitten
durchzogen habe, alfo auch der Nordtheil eigentlich
noch aufzudecken ift. Die meiften Baurefte lagern (von
Nordweft her genannt) bei Gmeiner, Raufcher, Steiner,
Watzinger, Wallner, Ertl, Melcher, Meßner, Pfarrhof
und Kirche, Klamer, Lipp; die Fundllellen gegen und
in Lendorf find noch völlig ficherzuftellcn.
Die Refte einer Stadtmauer, vielmehr jener der
Hochftadt oder des vermeintlich römifchen Caftells,
will man in den nordweftlichen Waldgehängen gefun-
den haben, vor dem Straßenbogen bei Gmeiner herauf,
olllieh unterhalb der Kirche; ein oberes Hauptthor bei
Klamer-Melcher, ein unteres am Südoft-Ende der Um-
faffung. Das Gebiet für die Grabftätten mag an der
Oft-Terraffe zwifchen dem Kirchweg und der Fresnitz-
Bahn bei Ertl, beides füdlich von der Hauptftraße, fich
ausgedehnt haben. Aber das ift nur ein oftfeitiger
Theil. Eine Ueberbrückung der Drau, eine Verftreuung
von Landhäufern bis hinauf ins Möllthal ift immerhin
zu denken.
Die mit Meilenfteinen befetzte Heerftraße führte
von Sianücum herauf über Spital gegen Sachfenburg:
hier ging eine gemeindliche Seitenftraße ins Möllthal
(Saumwege nach Malnitz, nach Heiligenblut) der Haupt-
richtung nach Aguontum (Lienz) und Loncium (Mau-
1 Prunner, Aelfchker Hb. d. Gefch. K. Index S. 1483. Valv. S. 61, 204.
S. 9. Rumcr-Studien. Mamm/en corp. infer. lat. III. 2, S. 1178, 593. K Mufeal-
r S. 24. 10 Hohenauer K.Gefch. Litt. S. V; 347, 5, 26 f. Krones Oefterr.
Gcf.jh. I. 11.7, 83, 85, 99, 227, 42, 43, 68, 316, 227. Lazius Respubl. rom. 1598,
S. 1046. Hanfiz Analecfta 1793, S. 5, 69. 14 K. Zeitfi.hr. 33, 4, 23. 29 Wieher
Jahrbücher Bd. 8, 242; 128, 180. Muchar Noricum r. 3lo(Karle); 2, 54, 198, 242.
278, 282. 289, 304, 305, 306, 310, 364. Stmk. Zeitfchrift 6, 153; t, 46, 70; 3, 53.
Ankcrshofen I, 20. 23, 303. 493, 509— 515, Note 261, 622, 633, 648. Q. S. 7, 21.
28. 198. Ank. 2, 88. 112, 350, 361, 4-'7 571 n Jabornegg S. 6, 187 Karte 4. K
bedeutet Klagenfurt. Rudolphinum. J bedeutec das Joanneum in Grätz. Carin-
thia 1814, NTo. 17 ; 1838,152; 1849,151,358; 1871,310; 1873, 30, 172; 1876 \
■o; 1877, 140; 1882, 164. Hermann Text 210, 355. Hermann S. 89, 90. Afkärnten
1. 48, 12t, 125; 2, 147; 4, 148; 7, 28, 36; 11. 71 ; 12, 57 (Kelten N'anien). Afkög 9.
14' ; 3. 175 Kammel 28, 113, 135, 138, 198, 101. Notizblatt d. Akad. Wien 4, 193.
Jung 58, 252. S.i.ten Hallft.itt 146, Pijittr Rep. fteierm- Münzkunde 1, 221,
1 lt. Krones. H. G. 5, 32, 205. C C 3, 1871 neu S. XCV; 6 u. 34; 1883, S. LXX1,
No. 35, Fig. 5 Situations-Plan Mi w. Altcrthums-Verein II, 135; 17,309.
Römerftudien Wien 1882. II. 109, 86. 3, 21, 26.
Nach dem heutigen Stande zahlt St. Peter im Holz 24 Häufer, 185
Einwohner, Fresnitz 12 Haufer, 75 Einwohner, Lendorf 54 Haufer, 379 Ein-
wohner, demnach das allernächrte Stadtgebiet 90 Haufer, 639 Einwohner. Man
neht wohl, das meiflc Behaufungs-Beftreben lic^t in Lendorf, weftwärts, in der
vor dem Hügel für Heillhümer und Schutzbauten, etwas ferner dem
Flußftrande.
ten). Diefe Heerftraße war noch im Jahre 311 n. Chr.
gut reftaurirt und hat gewifs fchon zur Zeit des anto-
ninifchen Reifebuches (211—2171, fowie der Peutinger-
Tafel (222 — 233) beftanden. Aber auch nördlich von
Holz aufwärts führte eine Straße nach dem Glanz, Karls-
dorf, Litzeidorf, rechtes Liefer-Ufer, Lieferhofen, Ober-
Allach, Trebefing nach Gmünd, Drehthal, Sonnberg,
Dentsdorf, Pleßnitz, Burgbach, Ober-Burgftallberg,
Schlaipf, Krangl, Rennweg, St. Georgen, Frankenberg,
Laisnitzhöhe (Gränze),Taferneralm (28 mp. von Teurnia),
St. Margarethen, Mauterndorf (45 mp.) zur Linie Ji
vum-Virunutn, welche von Mauterndorf bei Begöriach
einmündete. Die Bezeichnung der Zielftclle iftT.fTafcr-
neralm No. 5714), T (St. Gertrud bei Tamsweg 5715),
T (Tweng 5717), Ni (Radftätter-Tauern 5718), T (Tau-
ernjoch S722). Die derart belegene Stadt Teurnia gilt
als oppidum in Noricum, unter fieben norifchen Städten
als die dritte, gleich nach Celeia, genannt; fie ift nicht
colon ia, zahlt gleich Yirunum zur tribus claudia und
heißt daher auch munidpium claudium Teurnia.
So Plinius III 4 (24, 146), Jahr j-j n. Chr., l'tole-
mäus II 14 (13, 3), Jahr 138— 161 n. Chr., kein Reifebuch;
ungeachtet ausdrücklich Meilenfteine von der Stadt
auslaufen und diefelbe benennen (Mo. III 2, S. 591, 593,
597, 618, 622, Index S. 1178).
Seit den Zeiten Diocletian's um 284 — 305, fichcr
feit Jahr 311, gehört fie in das Noricum mediterraneum
gleich Juvavum, Virunum, Juenna, Celeia Flavium fol-
venfe. Die Stadt war nie Standquartier einer Legion,
niemals als Vcfte eine den Römern wichtige Stätte
und entbehrt daher, wie Virunum, der Lcgionsziegel.
Jedoch als Handelsftadt nicht bedeutungslos in Bezug
auf Bauholz, Steine und etwas Edelmetalle, vielleicht
mehr auf Kupfer, hatte fie ihren ordo (Millftatt 4741),
ihre duoviri iure dieundo (Bernau 5568), praefecti (ebd.),
aediles (Frauenchiemfee 5569), quaestores, decurioncs
(Dionyfen 5462), deren öffentliche Bauten neben den
Heiligthümern etwa des Jupiter optimus maximus,
des Hercules, der Nemefis, neben kleinen ftädtifchen
Bädern hier aufgerichtet waren.
Gleichwohl mag die Stadt nur ein Siebentheil von
Virunum benannt werden, wenn es erlaubt ift, aus der
Anzahl der Hauptdenkmäler der Stadtgebiete unter
gleichmäßigen Umftänden einen Schluß zu ziehen (35
gegen 246 im Jahre 1S76); ein Vierttheil von Celeia
(154); ein Dritttheil von Poetovio (100), etwa ein halbes
Solva (87).
Von auswärtigen Teurnenfern find bekannt: L.
Tcrentius Vcrus, um 200 II virTeurniae, praefeclus iure
dieundo, zu Bernau, (Mo. 5568, Or. 498, Kml. 82, 3;
L. Attonius Adnomatus, aedilicius Teurniae, um 150, zu
Frauen-Chiemfee, (Mo. 5569, Kml. S6); Atilius Emeritus
d(ecurio), m(unicipii), C(laudiae) T(eurniae) zu Dionyfen
beiBruckiMo. 5462); C. DomitiusMaternusausTeurina,
um 100? zu Rom, Kellermann vigil. 103 Mo., S. 593.
Nach den Kriegszügen der Alemanen um 466 bis
470, der Gothen um 472 erhält fich die Stadt noch
immer als Tiburnia, als welche fie in der zwifchen 509
bis 512 gefchriebenen vita SeverinidesEugippius auftritt
CIV
io 26, c. ie war Bifchoffitz feit 350 [wie man
annimmt, wahrfcheinlich 4001 bis um 580, überdauerte
auch den Anfturm der Franken um 556 und gilt fchon
dem Eugippius trotz der gewifs noch nicht demolirten
Virunum und Celeia als metropolis Norici. Diefes
mochte fie feit etwa 450 immerhin geworden fein. \
ort der norifchen Taurisker, deren Stamm als Taurisci,
Teurisci, Taurini. Teupiarou, lehr ftark romanifirt, auch
fiidlich der Drau bis an den Ifonzo fortging. Aber die
Zer: \quileias 452 mußte ihr allen ficheren Stand
benommen haben. Möglich, dafs der Slavenzug von ( >ft
her im Jahre 592 in feiner antichrifllichen Richtung
dem Stadtwefen ein nicht unbedingt rafches Ende
machte: mindeftens fchweigen vom Jahr 600 alle
örtlichen Nachrichten und erft die neuchriftlichen Auf-
richtungen laffen uns wieder von einem Tyburnia 816,
Liburnia 891 hören. Es erfolgte fodann, dank den
aquileier und gurzer Befitzern, jene Ausbildung der
Graffchaft Lurn aus Liburn), welche, dem hierortigen
Itfelde den Namen gebend, von feudaler und kirch-
licher Seite den urfprunglich militarifchen Gedanken
der Kömer [in Betreff der binnenländifchen Referve-
poften in concentrifchen Linie um Aquileia) abfehloß.
Auf den Vorort weift am meiften der weithin die
Gegend dominirende Polten der Dorfkirchc, deren
Bau mit 753 wohl zu früh angegeben wird; alsdann der
1 I rfname Debern,1 die Menge marmorner Baufteine in
Kirche, Pfarrhof, Zugebäuden, Kainmauern, um nicht
von dem fpitaler Schloßbaue weitläufiger zu fprechen.
Die erften Aufzeichnungen flammen vom Antiquus
Aultriacus, Peutinger, Auguftinus, Choler, Apianus,
welchen Lazius, Gruber, Megifer, Valvafor u. a. folgten,
endlich die Neueren: Kleinmayrn, Lengauer, Pococke,
Eckhel, Eichhorn u. f. w. Grabungsverfuche find im
Jahre 1845, 1876— 1877 gemacht worden; die übrigen
Ergebniffe werden den gelegentlichen Bau -Unter-
nehmungen wie feit dem 16. Jahrhunderte und zuvor
verdankt.
Wir wollen eine Andeutung der baulichen Objefte
den Fundftücken in Bein, Glas, Metall, Stein, Thon
u. dgl. voranfehicken. Dem Landes-Mufeum zu Klagen-
furt ift von alledem weniger zugekommen, als feit
42 Jahren der Unterfuchungen fich hat vorausfetzen
laffen.
Bau. Mauerwände mit Verwurf. Gewölbe am Hügel-
abfalle füdöftlich, mit Thonröhren. Gewölbe-Pfeiler
des Eftrich-Bodens, an die Seitenmauer angepaßt.
Gewölbte Zimmer, unterirdifche Gänge, theils fpitz-
bogig. Wuchtig gefügtes Steingemäuer an der Fluß-
feite mit einem äußerften Winkel gegen den Fresnitz-
bach. Ein großes Gebäude an der Südoftfeite mit 60
Mauerfäulchen im Fußboden unter dem Eftrich. Trüm-
mer kleiner Säulen, Architekturftücke, Karnieße, Qua-
dern, kleiner Säulenkopf (bei Ertl), Platten, Haufteine,
Plättchen von grauem Marmor (1876). Stucco-Karnicße
mit Blatt- und Blumen-Motiv, Zahnfchnitt (1876) J. K.
Farbwandmuftcr (1876) K, weißgelblich, braunroth ge-
ftreift, gelb und blau.
Grabftätten. Die meiften an den Oftterraffen des
eis unter der großen Umfangsmauer, auch weltlich
hinter dem Kirchhügel. Afchenfchichte hoch 5 Cm. (2"),
Flächefchichte 35 QM. (10 □ "), Beigaben von Bronze,
'Fehlt im neuern Orts • Rcpcrtorium der ftatiflifchcn Central Com-
mifrion 1883, S. 116, »o doch ]>cbar bei Steindorf, Debar bei V. 1,1. n S. 11. 66.
rniizen, Uobcrsbcrg udgl. verzeichnet flehen: ebenfo bei Ehrt
Eilen, Thon, theils verfchmolzen, i Menfchenfchädel
fammt Unterkiefer, die Stirne niedrig, Schädelftücke,
m. Schenkelbein, m. Röhrenknochen, Thierknochen,
Zähne von Bär. Ein hohler Stein mit Thierhörnern.
(AfK. i, 125, 139. Hohenauer K.-Gefch. v. K. 5).
Glas. Gefaßbodenfluck, gelblich, irifirend (1S76),
Gefaßtheile in den Grabftatten feit 1845, (Jab. S. 194).
Metall. Bronze: Fibel, mit einer Bronzemünze
gefunden im Frühjahr 1845. Eibel 1886) aus dem Sar-
kophage des Ertl Feldes (1876). Gefäßhenkel mit Draht-
windung 1847 Geräthe, Gefchmeide. Handhabe und
Glöckchen, ein Hausidol 1876 . Keffelhabe klein. Nadel
[845). Nadel mit Oehr [1847). Plattchen dünn (1876),
Plattchen wie Hefchläg der Marke (1876). Radformiges
Flachftück von Eibelf (1847 ■ Riegel oder Reiber (1876).
Ring.
Statuarifch: Bulle weiblich, hoch 10 Cm. (4"), das
Haar aufgebunden, Hohlguß, mittelmäßige Ausfuhrung
184; . Thürklopfer [876). Waffen.
AfK. 1, 124, Car. [845, 110, Jab. S. 194. Bronze-
Gegenftände und mehrere Münzen, Bronze-Gefaß, kel-
tifch, römifch K. Car. 1885, S. 127 .
Eifen. Bankeifen (Mauerträger) 4 K. dolchgriff-
artiges Stück in Kreuzform, oben beweglicher Ring.
Gußftiick? 1871 G< laßboden vom DurchmefTer 20 Cm.
(1847). Hammerartiges Stuck. Hufeifen. Kette mit Glie-
dern oblonger Vierecke. Klammertheil. Lanzenfpitze
mit Schaftröhre (1847). Mauerhaken hammerförmig.
Nägel, vierfeitig, breitköpfig (1876). Pfannförmigen
Gefchirres Untertheil (1847). Schlacken gefchmolzener
Gegenftände. SchlülTel, lang 7-5 Cm. (1847). Speerfpitze
mit Stiel (1847). Stab umgebogen mit Ring (1876 ;
Stäbchen mit Ring und Kreuz (1847). Stäbchen (1876),
Thürbefchläge. Thürhaken mit gelochtem Scheib-
chen (1876).
Waffen zu Schutz, etwa von Schildbuckel, Ell-
bogenfehiene, Helm, Harnifch, gefunden 1845 in der
Afchenfchichte; 3 Helme, Schwertftück (1839) Werk-
zeuge. (AfK. 1, 124: 2, 147. Car. 1840).
An Gold- und Silberfachen hat es gewifs nicht
gefehlt, Fibeln, Nadeln, Ringen weniftens; aber ift des
Weges gegen Salzburg und Villach vertragen worden.
Münzen. Die Reihe beginnt etwa 200 oder 169
v. Chr. und fchließt 565 n. Chr.
Griechen: 1 Goldftater um Alexander III. von
Macedonien, Zeit um 324 — 169 v. Chr., I Tetradrachme
des erften Landtheiles, Zeit feit 169 v.Chr., gefunden
um 1835 unter dem Meßnerftadl, Befitz A. Oberlerchcr
zu Baidramsdorf.
Kelten, im Curfe feit etwa 200 oder 170 v. Chr.,
Funde feit 1847: Adna(ma), Reiter, 1 Silber, 1863,
Sammlung Rainer in St. Veit.
Adnamati, Reiter, 2 Silber, Fundort für 4 Stück
der Kirchhügel, 1876; im Pfarrhofe.
Atta, Reiter, 2 Silber (i K. , Pfarrhof.
Biatec, Reiter, 1 Silber, Rainer in St. Veit.
AEAAT, Reiter, 1 Silber, vor 1876, K.
AENET, Reiter, 1 Silber K. (im Ganzen 8 Groß-
ftücke. AfK. 1, 123 : 1 Rainer in St. Veit, 1 Wien k. k.
Münz- und Antiken-Cabinet?
ENT, wohl NENET, Reiter, 1 Silber, Rainer in
St. Veit.
Eiinf keltifche Silber-Münzen aus Teurnia, vor 1863
in Sammlung Rainer zu St. Veit.
cv
(PrunncrS. 9. AfK. 1, 123; 4, 148. Jab. S. l88, 194.
AfkogQ. 9, 142. Kml. 28, 34, N. 2. Rep. I, 14S und Note,
vergl. 154 f., N. 37, 39, 44, 74- 76, 78, 82; S. 169, 171,
177, [82 .
Römer: 1 Denar des Ti. Min. Augurinus, Zeit
zwifchen [88 und 103 v. Chr., Fund 1876. Pfarrhof.
1 Bronze-Münze C. Hot. Rufus?, 1 ahnliche 1876. Pfarr-
hof.
Von den 32 Sorten an Kaiferraünzen, Schluß
527 — 565 find, die zahlreichften aus dem 3. Jahrhun-
derte. Vertreten lind:
Auguftus 1 Br. (1876), Pfarrhof (jüngfther alle 1\
Nero 1 Br. (1876), Pfarrhof. Domitian (K. 1845). Vefpa-
fian 2 S., K, 2 Br. K. Julia Titi 1 Br. K. Nerva 1 Br. K.
Traian 1. S. (1876 . Pfarrhof. Hadrian 1 S. K. (Car. 1847,
21 j . Crifpina 1 Br.K. Pius? 1 Br. (1876), Pfarrhof. M.Aurel
2 Pr. (1876 Pf.', 2 Rainer zu St. Veit. Fauftina 2 S. (1876)
Pfarrhof. 2 Br. K. Plautilla 1 S. (1876), Pfarrhof. Alexan-
der 1 Br. K. 11845). Domna 1 Br. K. Gordianus? 1 Br.
1X70 , Pfarrhof. Gallienus 2 Br. (1876 , Pfarrhof, 2 Br. K.
Salonina 1 Br. 11876), Pfarrhof. Treb. Gallus? Pfarrhof,
Valcrianus? Pfarrhof. Aurelian Br. K. (1845). Claudius
4 Br. [876 , Pfarrhof. Probus 2 Br. K. Maximian 1 Br.
1876 .Pfarrhof. Conftantin 1 Br.(i876), Pfarrhof, 1 Br.K.
Julianus? 1 Br. K. Conftans? 1 Br. (1876), Pfarrhof. Con-
ftantius 2 Br. (1876), Pfarrhof. Gratianus 1 Br. K und
; Br. barbarifche Nachbildungen der Zeit 268 bis 383
(1876) Pfarrhof. (AfK. 1, 125). Leo 1 Gold (1876), Fund-
ftelle der Alexander-Münze (fchwer glaublich), Pfarrhof.
Zenoi Gold (1876), Fundftelle Ertl's Acker beim Fresnitz-
bache, Pfarrhof. Anaftafius, victoria auguftorum, corr.
ob, Goldquinar (AfK. w. o. AfKög. 9, 141, 142. Car.
1X45, 70, 78, 79; 1846, 58; 1886, S. 101), endlich Jufti-
nian, 1 Gold (1876), Fundftellen in Klamer's Obftgarten.
Stein. Außer den vorerwähnten reichlich aufge-
fchichteten verführten zerkleinerten Baufteinen, Archi-
tekturtheilen, Säulenftücken mit lotosartigem Laub-
werke, theilweife verbaut in der Pfarrkirche, in Markt
Spital feit etwa 1183 und zuvor, in dem Porzia-Schloffe
bis 1542, heben wir hervor circa 14 Relief-, 16 Schrift-,
2 ftatuarifche Stücke.
Reite/s: Doppelbogen, inmitten eine Säule. Sar-
kophag-Platte, gefunden 1845 aus Ertl's Felde; jetzt
über Steiners Hausthor (Vergl. Jab. 480). Platte mit
Relief zu Afchenkifte, Fund- und Standort Pfarrhof
[876). Sarkophag mit dem Schrift- und Relief-Deckel
SYRASC, Fund mit Gebein und kleiner Eifenkette
[1X25) am Ofthügel, nachmals verfchollen (Jab. zu 471).
Ein Steinfarg mit reliefirtem Deckel und Unter-Kinn-
backen, gefunden 1827 bei Fresnitz; ein folcher mit
Deckel und Afche am Ofthang des Hügels (1871) K?
Eine Steinkifte, klein, im Pfarrhofe, gefunden nächft den.
Bahnbaue (Vergl. W. Jahrbücher Bd. 51, 45). Ornator
ftehend, rechts Schlauch (vor 1876?), Pfarrhof. Mann
bekleidet, rechts? ein Hippenmeffer, Fundftelle? Ueber
Watzingers Hausthor, Hoffeite (vor 1876). Mann, rechts?
mit Beutel, Pfarrhof(Jab.478). Diana mit Lorbeerkranz,
Kocher, links Bogen, die ausgeftreckte Rechte auf die
Flamme der Ära, hinter diefer recht- drei Männer mit
Geißeln, Bär. Steinkiftendeckel Fund 1825 zwifchen
Kirchhüge] und Poftftraße; feit 1806" in Schloß Spital
(Jab. 471, Taf. 13, Kml. 97). Weibliche Geftalt, links
Korbchen, Pfarrhof (Jab. 478). Männliche und weibliche
Figuren, Fund um 1572, auf den nach Spital gebrach-
ten, dann \ rlornen Schriftfteinen (z. B. Caius Lolli
(Vergl. fab 473). Großes Relief, Bacchus und Gotter,
Spital M. C. C. 2 n. F. p. CIX Hahn, an der Wein-
traube nafchend, Pfarrhof (Jab. 479). Pfau, gefunden
vor [850, Haus Steiner 1 Jab. 450). Pferd gehend, Pfarr-
hol [8
( Mine Zweifel find Cameen und Intaglien auch
hier ausgefcharrt worden, doch fehlt jede Nachricht.
Von den S( hriftdenkmälern find 6 Weihfteine.
CAVTI, Ära, um 210, gefunden 1845. Schloß Spital
(Jab. 4''''. Mo. 47 1
Ill'.RC. Ära um 220, gefunden vor 1845? Pfarrhof
.Jab. 468, Mo. 47.
LVTIANO, Ära, um 250, gefunden vor 1531, Pfarr-
hofftiege l fab. 477, Mo. 4740).
NHV, Ära, gi funden 1X76, Pfarrhof (M. C. C. 3 n. F.
p. Ol, Aep. 2, 101).
TTOL(LIVS), Ära, um 200, gefunden 1870 in
Lipps Bergwalde, Nordhang. Nun in Lipps Keufche;
ein Ara-Stück im Schutte der Kirchfeld-Mauer (M.
C. C. 3 n. F. p. CHI. .Aep. 2, 101).
SANCTIVS bis gratias agit, um 270, gefunden
1772—74 (Mo. 4739).
(S)ATVRNINA, um 150, gefunden 1876, Pfarrhof.
M. C. C. 3 n. F. p. CIL Aep. 2, ich, Mo. E. 4, 161,562.)
SYRASC und NEMESL Ciftentafel, drei Bären-
kämpfer und Köcherträger, Diana opfernd und Ära
mit Schrift, Zeit um 250, gefunden 1827 (1825) auf dem
örtlichen Kirchhügel gegen Fresnitz und die Poftftraße,
jetzt (feit 1836) Schloß Spital (Jab. 471, Taf. 1?. Mo.
4738, AfK. 1, 126, M. C. C. 2 n. F. p. CVIII, CIX. W.
Jab. 46, 46).
MAC, um 200, gefunden vor 1752, Pfarrhof Thor-
mauer. (Jab. 467, Mo. 4742.)
ATITONIx, um 150, gefunden vor 1551, Pfarrhof-
Keller. Jab. 474. Mo. 4743.
INGENVO, um 200, gefunden vor 1752 am Oll-
hange des Holzerwaldes, Pfarrhof, Thormauer (Jab.
469, Mo. 4744. W. Jahrbücher Bd. 51, 45 .
L IVNIO L(F)X, um 150, gefunden vor 1551, im
Altare? (Jab. 475. Mo. 4745).
C L0LL1VS, zwei Büften, um 180, gefunden 1572,
Schloß Spital (Jab. 473, Mo. 4746).
. II MOG CONS, um 150, gefunden 1772 — 1774
(Mo. 4747).
(AMBI'iDRA(PA)RENTI, um 200, gefunden um
1772 —1774, Pfarrhof, Thormauer (Mo. 4750).
M EMMI, Schrift an 18 Cm. (7"), vor 100 v. Chr..
gefunden vor 1870, Pfarrhof, Stallthor. (Jab. 470, Mo.
4751. M. C. C. 3 n. F. p. CID . Prätorianer mit Stadt-
foldaten aus Teurnia, Virunum, überhaupt Noriker,
vergl. Eph. V, 159 militum prov. patria, befonders
180 Noricum.
Statuarifch. Einer Koloffal-Statue von annehmbar
180 Cm. Höhe angehörende rechte Hälfte des Knie-
buges vom rechten Fuße; feiner Marmor, Fundftelle
der Kirchhügel, vor 1854 ((845 ?), Pfarrhof (Abbildung
M. C. C. 3 n. F. p. CIL) Jetzt bei Ertl.
Bruchftücke einer Koloffal-Statue zuvor? AfK.
6, 116).
Thon. Grau: Gefaßhenkel und andere Theile,
theils mit Kerblinie mit Band- und Reifzicr, 1876. Pfarr-
hof Stücke grau, grauroth 1877) J; ein feines Gefäß,
Randftück 1876 K. Urnen -Scherben.
CVI
Roth: Gefaßtheile 1847. Lampe, mit Relief [873
K. Lampen-Seiten wand (1873 , Sigillata-Scherben [847 ,
auch mit Reliefs: Band mit Feftons, Candelaber, Me-
daillons mit Genien; ein Bodenftück mit FIRMIANVS
geritzt 1876 K.
Schwarz: Gefaßfeherben 1847 . Ziegel in und bei
den Hauten des Kirchhügels und in der Ebene. Ziegel,
theils mit Wellenlinien, befonders im Ertl- und Melcher-
Feld 1876). Schwarz. Gefäßftücke K. Hohlziegel, Heiz-
ziegel AfK. 1. \2--. 124. 139; 6, 115, 116).
Das Schriftwefen in Thon ift gar zu allermindefi
bekannt.
ACAIO Sigillata-Boden 1 S 7 7
APP< )N oder N1PPOM Gefäßboden geritzt. Mel-
cherfeld 1877 J. iSitzungsb. d. Akad. 1878. O^j, Aep.
;, 54. V zu Relief. Lampe roth, groß (Car. 1873, 172).
CSRCAR Amphora-Mundung (1877) J.
YIRATE Gefaßboden geritzt. Melcherfeld (1877)
I. wie Valtinianvs geritzt J.
\'SIV und AM Ziegel (1877; Sitzungsb. Abbildun-
gen 187S, 657. Aep. 3, 54).
Fallen wir fchließlich das Gebiet von Teurnia
zufammen in dem Sinne, dafs fein Kern liege im Flach-
land der Drau, etwa von Feiftritz aufwärts bis Sachfen-
burg oder Kleblach-Lind, zugerechnet nördlicher und
füdlicher Seitengau, alfo die ganze Linie von Liefer
und Moll einerfeits, Weißenbach (mit Weißenfee, wenn
man will) anderfeits, fo ift damit die Angranzimg
gegeben an die auswärtigen Gemeinde-Bezirke von
Sianiicum und Candalicae örtlich, Anisus und Voca-
rium fammt Juvavum nördlich, Aguontum, Loncium
weltlich und dem Unbekannten, welches bis wieder
gegen Sianticum eingelagert ift. In diefem Bereiche
fchließen wir die bekannten Fund- oder Straßen-Orte
in alphabetifcher Reihefolge an:
Altenmarkt, Altersberg (Ranke Alpenreifen S. 456),
Amiach, Baidramsdorf, Danielsberg 'Car. 1883, 91),
Döbriach, Dortibaehera/m, Duel (flehe Gorz, Nikelsdorf,
Tragin, Tfcherniheim), Döllach (Vergl. Bidermann,
Romanen S. 202), Fafchaunerth'orl und Frauenwandl,
Fafchendorf, Feicht, Feißritz (fiehe Görz), Ferndorf,
Flattach, Fleiß, Frefach, Fresnitz, Fragant (alteKupfer-
fchmelze, Geröllfeld beim Klaufenkofel, Laas, Mauer-
trümmer cylindrifch, hoch 1 Klafter über Erdboden,
Steinlage verglaft, ohne Kalk. Klagenfurter Zeitung
1884, No. 61, 16 März S. 521), Gendorf, Gmünd (das
Thal ein urzeitiger See in Verbindung mit dem Mill-
ftätter-See, bei Kreufchlach die Felsufer mit Schiffs-
ringen). Görz bei Feiftritz (angebliche Refte, Slavendorf,
Sarkophag nach Paternion, ein Römerftein nach
Nikolsdorf; Weißenbach Baurefle, Goldwäfcherci,
Fels Hundskirche mit Schriftzeichen M. C. C. 1884,
p. CXCVII). Guldeck bei Spital (Heidenloch), Heiligen-
blut 'Eiszeit Sitzungsb. nat. Bd. 79, S. 336: Alter Wei-
ßenfec in der Haderngaffe; Göben). Hohenberg, Holz.
Hühnersberg, Ifelsberg, Kamering, Kanning, Karls-
dorf, Hohenburg (neben dem Wirtshaufe das Heiden-
loch, halbverfchütteter unterirdifcher Gang), Katfch-
berg Heerftraße), Kellerberg (R. St. 3, ^i Kleblach,
Kolbnitz, Krems, Kovesnock bei Bleiberg (Bärenloch,
Fr, Seeland in Anthropol. Ver. Sammlung 1885, Klagen-
furter Zeitung 1885, S 1666), Kreuzen, Korntauern
Car. 1883, 91 , Lattsnttz-Grabtn, Lendorf, Lind. Leoben,
St. Leonhard, Liefer (nach Obermayer Kelt. Wörter-
buch li klein, suir Bach, ganz unpaffend II. 253.
Slavennamen: Dobra, Feiftritz, Kreufchlach, Perau,
Plenz, Plesnitz, Ronach, Saps, Trcbefmg, Zeneifchg,
Zlattingi. Lieferhofen, Litzlhof, Litzldorf, Lumfeld
(R. N. 341. (Bei Obermayer II. 274 größte Häufung
von Unficherheiten und Unwahrheiten. Ein bronzener
Löwenkopf, Klagenfurter Zeitung 1886, S. 1241'. l.urn-
bichl. Magdalenen-Capeüe in Lurnfelde. (Die Blutmul-
den beim Bauer Partufch). Malnitz [Endmoräne der
Eiszeit. Tauernflraße Car. 1885, 119; beim Stapitzfee
eine Br. Münze Commodus K, Jahr 183, Coli. III. 177,
794, gef. 1885 am Fußfleige zum Stapitzfee, nächft
dem Sommerhaus neben dem Getreidefelde, darin
öftere Funde.) Malta. (Zwifchen hohem Steg und hoher
Brücke Gletfcherfchliffe und Rundhocker, zahlreichftes
Vorkommen in den Oftalpen; der Steig über folche
Schliffflächen, die Veidlbauer-Almhütte auf einem Rund-
höcker, hierher die Felswand bei hoher Brücke). Mal-
tein, Maria-TSüchel. Millßatt (Höhlen gegen Tfchirweg,
Döbriach, Rutfehflächen im Glacialfchicfer bei Lam-
mersdorf. Sitzungsb. nat. Bd 85, 86, S. 389. Relief
Weinvafe in Villa Lufchan: Meilenftein IMP CAS-
MOPELIlVS und 5 bis 6 Zeilen, aus einem Bauern-
haufe; in Villa Mittelbach als Tifchfuß. Klagenfurter
Zeitung 1883, S. 1893.) Molzbückl. (Im Kirchenpfiafter
Steine mit Zier-Relief. An Pfarrhof- Stiege ein Relief,
ein Strator, Kopf fehlt, Zierwerk; TJlp. dign. I. \6, 4,
Ammian 29, 3. Mirnock (Eiszeit-Schotter bis 6660 Fuß
Höhe). Möllbrucken, Mühldorf 5 id. 30, 5. C. Klagen-
furter Zeitung 1885, S. 652. Morlfchach. Nikelsdorf
(Hundsfelfen, Hundskirche mit fchriftartigen Zeichen
M. C. C. 1884, p. CXCIII Strache, Kreife. Meyer Gurina
S. 95, 99. Nöring (Infchrift wie F_3 R. bei Eichhorn
2, 16) Ortenburg, Obervallach, Oberallach, Patendorf,
Paternion fudlich erratifche Blöcke R. N. 22, 32. Penk
(K Musführer 25), Pufarnitz, Plesnitz (Heidentempel
Höh. 356). Radenthein, Radigraben (nephrit-ähnliches
Geftein, Hacquet Reife 1784, S. 317, Mi. m. auth. XV, 5).
Rangersdorf, Rennweg, Rojach, Rothenthurn (Heiden-
friedhof im Schloßbercich Eichhorn I, 121; Herrmann
Text 1349), Rubland, Sachfenburg (K, MF. 26), Sagritz,
Scharnitzen (K. Mf. 21), Sems/ach. Sbbriach (Heiden-
tempel), Stall, Stangalpe (Königftuhl Car. 18S6, Urg.
Stud.), Steindorf, Stockenboi. Taferner Alm (R. 456),
Teichel, Tragin bei Paternion (goldführender conglo-
merirter Schotter, Bergbau und Wafchung, hohe Berg-
gänge, nach Richard Canaval). 'Lebern, (als Teurnia
bei Linhart 2, 74, ahnlich Debar bei Steindorf, Tabra
bei Eifcnkappel als Türkenfchanzc, Tobrig bei Tref-
fen R. 456), Tfcherniheimer - Thal (Höllgraben mit
Hundskirche, mit Bild: 2 Hunde, Schlange, Reh, Buch-
ftaben. Rabls Führer 1884, S. 93). Welfsenfec (Ober-
mayers gwisge, wisge als weiß K. Wörterbuch III. 947,
953, Wizzanfee in Thüringen 953. Lydit im Bachgeröll.
Urform, keine Pfahlbauten, bei Hartmann Welfsenfee
1885), U'eißenbaeh-Grabcn (Megalodus), Winklern. Info-
weit das Stadtgebiet angedeutet.
1 )r. Fritz Pichler.
CVII
Notizen.
45. Confcrvator Leinmüller berichtete an die
Central-Commiffion, dafs feine Bereifungen von Krain
ihn in die Lage fetzen, den Hauptftraßenzug von
Siscia nach Aemona mit dem zu Neviodunum ge-
hörigen Militär-Platz unterhalb der Ortfchaft Forft am
linken Gurkufer zu conftatiren.
Noch weiter ftromaufwärts erkennt man bei
Ober-Strufcha einen zweiten von Wällen einge-
fchloffenen Lagerplatz. Beide Militärplätze liegen
knapp am Ufer und find flußfeits offen. Die Wälle find
wohl fchon meift eingeackert, aber doch noch erkenn-
bar. "Es ift nahezu mit Sicherheit anzunehmen, dafs
fowohl entlang der Save, als auch entlang der Gurk
an beiden Ufern Straßenzüge geführt haben, der Haupt-
mag, weil fich in geringer Tiefe, viele Baufehotterrefte
vorfanden. Man ließ Erde bis in ziemlicher Tiefe bei
diefem Hügel ausheben, und entblößte auch aufdiefe
Art Mauerrefte (Fig. 1), Ueberrefte eines Nebengebäu-
des, in welchen die veifchiedenen Arten von Bädern
enthalten fein mußten; der Canal a, b theilt fich bei c
und mündet bei d und e in die viereckigen Wärmö-
leitungsröhren aus, um diefen die heiße Luft mitzu-
theilen, welche fich innerhalb der Umfangswände fort-
pflanzte; die aus Thon gebauten Wärmeleitungsröhren
find, im Lichte 4 Vi" lang, 3" breit und c///' hoch.
Die Stärke diefer Rohren beträgt '/i Zoll; jede folche
Rohre hat an jeder Querfeite eine viereckige Oeffnung,
die zwei Zoll lang und i'/2 Zoll breit ift.
<#*f~_
£- <ä
Fig. I. (Grüble
ftraßenzug Siscia-Aemona aber bei Tfchatefch, wo
die Gurk in die Save mündet, deren rechtes Ufer
verläßt und am rechten Ufer der Gurk bis zur Ueber-
fetzung derfelben bei Malenca, von da ab am linken
Ufer fortzog und fodann fich davon allmählich entfer-
nend bei Deutfehdorf in das Temenic-Thal eintrat und
über Treffen nach Großlack weiterzog.
Confcrvator Leinmüller befuchte auch die Ort-
fchaft Grüble bei St. Bartholomä, außerhalb welcher
im Jahre 1840 die Refte eines römifchen Bades durch
den ehemaligen Kreis-Ingenieur Dollhof aufgenommen
wurden.
Am Anfange des Ortes befand fich ein kleiner
Hügel in runder Form, welcher vermuthen ließ, dafs
hier ein Tempel oder fonft eine Villa geftanden haben
Da nur drei folche Röhren in den Hauptcanal
a, b eingreifen und die Hitze empfangen, fo haben die
an den Querfeiten befindlichen Oeffnungen die Be-
ftimmung, die Wärme weiter fortzupflanzen und auf
diefe Art die Seiten wände zu erhitzen. Die Haupt -
canäle a, b, c, d, e, in welchen die Hitze erzeugt wird,
find im Umfange mit Thon ausgefchlagen, und der
Boden oberhalb derfelben war mit einem feften
Kalkanftrich überzogen; auch fcheint der Canal fort-
gefetzt gewefen zu fein, um feine Hitze nach /unter
dem hohlen Fußboden abzugeben, denn diefes Be-
hältnis zeigte keine weiteren Wärmecanäle, fondern
diefelben hören bei h, k auf, bis wohin die glühenden
Kohlen gedrungen fein mögen, um den Fußboden
m, q, der nicht mehr vorhanden war, zu erhitzen,
CVII1
dann die weitere Hitze den Wärmeröhren /, m mitzu-
theilen.
Der Bogen ob den Pfeilern //, o war noch vor-
handen, Stürzte jedoch durch die Wegnahme des
Schotters fogleich ein. Der weitere Raum F ift rund
und hat eine Länge von 2° 06" und eine Breite von
1° 5' und obzwar in feiner Tiefe der Heizcanal a, b
geht, fo befinden fich doch 2- 10 Zoll breite und 6 Zoll
tiefe Aquaeducte, die fich in / und g ausmünden, bei
r und j- hingegen abgefperrt find, und daher die
Bestimmung haben mußten, das Waffer aus den ober-
halb befindlichen Baffin abzuführen. Es fanden fich
Bruchftücke diefes gemauerten Wafferbeckens theils
vom Fußboden, theils von den Seitenwänden vor.
Die Gattungen des Marmors find der bunte
ordinäre erbfenfteinartige, von Kalk findet fich der
Schmutzigweiße, dann der weiß und grau gefprengelte
vor. Die vorhandenen Bruchftücke eines groben Mofaik
beftehen blos aus viereckig gefchnittenem ordinären
weichen thonhältigen Stein, in Kalkftiick unregulär
eingelegt, um einen feileren Fußboden zu gewinnen,
jedoch war der Fußboden nicht mehr vorhanden und
die Bruchftücke diefes Eftrichs von grobem Mofaik
fanden fich in dem ausgegrabenen Schotter.
46. Bartl. Pecnik machte Mittheilung über einen
römifchen Infchriftftein, der bei Alienmarkt gefunden
wurde. Der Stein bildete den Deckel eine- gemauerten
-r* — 5555a
3KMmmv\m*wm,^^^^
Fig. 2. (Grul.le.)
Auch ift ein weißer Marmor vorgefunden worden,
welcher wahrscheinlich zum Pflafter diente; von A nach
//, und vielleicht weiter, da diefer Raum noch nicht
ausgehoben ift, befanden fich vier neben- und überein-
ander liegende Wärmeleitungs-Röhren, nach obiger
befchriebenen Form, welche wahrfcheinlich die Be-
ftimmung hatten, diefes nächstfolgende Gemach zu
erwarmen, wozu ganz wahrfcheinlich auch die OeffnutiL;
■ gedient haben mag, um den Raum H, welcher
noch nicht ganz aufgedeckt ift, zu erwärmen. (Fig. 2 u. 3).
Diefes längliche Gebäude Stellt nichts anderes
dar, als die Refte eines römifchen Bades, in deffen
Mitte das Hypocauftum F und w, q; im zweiten Heiz-
Apparat n, k die Keffeln fich befanden, um das Waffer
zu erhitzen, und diefes Behältnis, das als Schwitzbad
diente, weil im felben die Flamme unmittelbar mit den
Keffeln in Verbindung gefetzt und der Fußboden Sowohl
als auch die Seitenwände des Gemachs Sehr erhitzt
werden konnten; das Nebengemach F hatte keinen
hohlen Boden und dürfte, für das lauwarme Bad, Tepi-
dorium, und E für das kalte Bad, Frigidorium, gedient
haben.
In der Gegend bei A'fand fich eine 18" in Quadrat
haltende und 2' tiefe Oeffnung, mit 4 großen Falzzie-
geln vor, die ein römifches Grab darfteilte, in welcher
Sich eine mit Schwarzem Firniß überzogene kleine
thönerne Urne befand und Sich noch Spuren von ver-
kalkten Gebeinen vorfanden, bei welchen ein Obolus
vom Kaifer Antonius Pius fich vorSand. Die verschie-
denen Gattungen Ziegeln, ihre Größe und DimenSion,
die keilförmige Geftalt für die Gewölbungen find
ebenfo merkwürdig als die Bruchftücke des gefun-
denen Mauerwerkes und des mit Enkauftik überzoge-
nen Mörtels; allein von Kunftproducten, Mofaik oder
Mahlerei ift keine andere Spur vorhanden als einer
ganz ordinären Bemalung.
Grabes und lautet die Infchrift, fo weit die Fragmente
zuSammengeSetzt werden konnten:
T VRCIO NEPOTI
VOT F
FE (cti?) So RO ri (patrono)?
VIVA FE cit
LQMV
Demnach hat nach Meinung Dr. Kenner Feftiva (?)
einem Titus Urcius Nepos, der ihr Bruder oder Patron
war, das Grabmal bei ihren Lebzeiten errichtet.
Die letzten vier Buchstaben bedeuten Locus
monumenti quaqua (sc. parte) vorsum, d. h. der
Platz des Grabdenkmales mißt nach jeder Seite
hin So und fo viel Fuß, die Ziffern fehlen. Ucber
der Infchrift befindet fich in einer halbbogenför-
migen Umrahmung ein Medufenkopf.
47. (Die Funde von Civezzano In- treffend.)
Die Funde von Civezzano1 haben nun auch von
anderer, jedenfalls fehr berufener Seite eine Bearbei-
tung erfahren. 2 Es Soll gern zugestanden werden, daSs
dieSelbe eine äußerft Sorgfältige, der großen Bedeutung
des Fundes vollkommen entsprechende ift und das gilt
Sowohl von den Zeichnungen als von den dieSelben
erläuternden Worten. Es läßt fich nicht in Abrede
Stellen, daSs die den Mittheilungen des Herrn de Campi
beigegebenen Abbildungen ungenügend find, auch die
Richtigkeit der in der obeitirten Abhandlung vorge-
nommenen Reconftruction des Sarges foll zugegeben
werden; die Sargdecke i iL nämlich keine flache, wie Sie
von Herrn de Campi angenommen und an angeführter
Stelle in Fig. 2 dargeftellt wurde, fondern eine dach-
förmige, zu einem Scharfen Firft Sich erhebende (,1'ig. 4).
Allein Herr de Campi hat felbft die gezeichnete Form
als eine zweifelhafte hingeftellt und ausdrücklich bei-
gefügt, dafs die Wahrscheinlichkeit für einen Deckel in
der Geftalt eines Daches fpreche. Für fpätere Unter-
lucher war es naheliegend, auch diefe Möglichkeit in
' Siehe Mitth. d. k. k. Ccntr. Co am. XII. Bd., S. CXIX.
- Dr. Fran* Wie/er, Das longobardifche Fürfteugrab und Reihengrä-
berfeld von Civezzano Innsbruck ] welchen Werke obige Abbildung ent-
nommen ift
CIX
Erwägung zu ziehen. Ks ift übrigens vielleicht nicht
einmal fo ganz ausgemacht, dafs alle Särge diefer Zeit
dachförmig abfchließen, wie z. B. ein in Pola gefun-
denes kleines goldenes Reliquiarium, welches gleich-
falls der Langobarden-Zeit entflammt, das einem Sarge
Kig. 4. (Civezzano.)
nachgebildet ift und in vielen Stücken lebhaft an den
Sarg von Civezzano erinnert, hat einen ganz flachen
Deckel.
48. Bartholomäus Pednik in Gurkfeld berichtete,
dafs er am 2. Juni v. J. bei Dernovo, links an der Straße
gegen Großdorf, auf einem Acker ein gemauertes^
römifches Grab mit Fresco-Bemalung gefunden habe.
Das Grab war im Ganzen gut erhalten. Im Innern lauft
an drei Wandfeiten eine niedrige fitzartige Mauer
herum, die innen hohl ift. Auf derfelben find je drei
Löcher an jeder Wandfeite angebracht, von beiläufig
Handgroße. In jedes diefer Locher war eine Urne ein-
gelaffen, darin verbrannte Knochenrefte. Drei diefer
zwei größere und eine kleinere Urne fammt Deckel,
dann mehrere Scherben an das Franzens-Mufeum in
Brunn als Gefchenk einlangten. Die Urnen zeigen
mehrlinige gerade wagrechte Streifen (Fig. 9 und 10),
find aus gelbkörnigem grauen Lehm fi 11 gi brannt und
innen mit gelbem Lehm und Kohlenp artikelchen aus-
gefüllt. Die beiden Urnen haben 15 Cm. Hohe und
46 Cm. Ausbauchung, der Durchmefier der Oeffnung
erreicht 12 Cm., der der Fußplatte nur 7 Cm. Die kleine
Urne ift nur 30 Cm. hoch. Eigentliche prähiftorifche,
vorchriftliche Funde wurden bei den vorbefchriebenen
Gefäßen nicht gemacht. Die Fundftelle befindet fich
innerhalb der gänzlich verfallenen Burgftelle, daher es
nicht ficher ift, ob diefe Gefäße aus freier Hand gemacht
worden. Ks ift möglich, dafs diefe Gefäße der mittel-
alterlichen Zeit angehören.
51. Confervator Graus hat an die Central-Com-
miffion dieMittheilung gemacht, dafs fich in der Pfarr-
kirche zu AbflaU bei Spielfeld ein fchöner zweifchiffiger
Bau erhalten hat. Die Kirche fpät-gothifchen Charak-
ters ift über 24 M. lang und über 6 M. breit im Schiffe.
Fig. 7, S. (Flii-fch.)
Es ift kein Zweifel, dafs der Bau noch Refte aus dem
12. Jahrhundert enthält. Die Nordwand wurde im
15. Jahrhundert durch vier ganz unregelmäßige Durch-
brechungen geöffnet und mit einem daran gebauten
Fig. 5, 6. (Dernovo.)
Urnen waren ganz (zwei fchüffelformig, eine roth, die
andere fchwarz, die dritte Urne war topfformig und
rothfarbig), die übrigen Urnen waren in Folge Einfturzes
von Gewölbetheilen zerfchlagen und theilweife die
Urnenfcherben durch die Löcher in den Hohlraum der
Mauer gefallen, der reichlich mit Afche und fchwarzer
Erde von verbrannten Leichen angefüllt war. Die
Wände waren in kleinen quadratifchen Feldern mit
eincmBlatt-Ornament bemalt. An der Vorderwand war
das Ornament gelb auf rothlichem, an den Seiten-
wanden roth auf weißem Grunde (Fig. 5 u. 6).
49. In Fig. 7 und S geben wir die Abbildung jenes
Speeres, deffen als in Flirfch gefunden, Confervator
Dr. Jenny in feinem Berichte über die Vorzeit Perjens,
ihn ausfuhrlich befprechend, S. XXXV erwähnt.
50. Confervator Trapp machte die Mittheilung,
dafs von den prähiftorifchen Funden am Staryhrad
Mil. N. F.
Fig. '), 10. (Staryhrad.
Seitenfchiffe verbunden, das 570 M. Spannweite hat,
mit Strebepfeilern verfehen ift, die dem Hauptfchiffe
fehlen. Das aus derfelben Zeit ftammendePrcsbyterium
mit drei Jochen fchließt im halben Achteck und hat
ex
Rip: :be. Die Gewölbe der Schiffe mußten
Kreuzgewölben weichen, der Thurm fleht an der Nord-
feite und dient in feinem unteren Gefchoße als Sacriftei.
Ein fchönes gothifches Rundfenfter mit fpeichenför-
migem Maßwerk und eine gothifche Marien-Statue am
Seiten-Altare find bemerkenswerth.
Derfelbe Confervator berichtet ferner über die auf
der Voralpe gelegene Wallfahrts-Kirche Maria Ofler-
und bezeichnet üc als einen nun dreifchiffigen
Bau, von welchem der der Breite des Mittelfchiffes
gleichkommende Weftthurm. das Mittelfchiff und das
Presbyterium mit aus dem Achteck conftruirtem Schluße
der gothifchen Bauzeit entflammen. Rippengewölbe.
Unter dem Thurme findet fich ein Sterngewölbe, in zwei
Jochen des Schiffes ein Rautengewölbe, in den drei
Jochen des Presbyteriums fieht man Kreuzgewölbe. Im
iS. Jahrhundert wurde die Kirche dreifchiffig gemacht
und ihre innere Breite von ;■:; M. auf 1565 M. gebracht.
Im Thurm-Erdgefchoße öffnet fich gegen die Kirche ein
hübfehes Well-Portal mit gefchweiftem Schluße und
flankirenden Fialen, letztere leider ftark befchädigt.
An der Nordwand des Presbyteriums ift ein fteinerner
Wand-Tabernakel angebracht mit einem Wimberge.
Eine mäßig große Thurmglocke führt folgende Infchrift:
in prineipio erat verbum et verbvm erat apud deum et
deus erat verbvm hoc erat factum M.CCCCVIII.
52. Ueber die Reftaurirung des Domes zu Mar-
burg find der Central-Commiffion interelTante Nach-
richten zugekommen. Diefelbe ifl beinahe fertig und
gut ausgefallen. Zu erwähnen ift die Ausmauerung der
großen Chor-Strebepfeiler, die Sicherung des Gewölbe-
Rippennetzes, die Einfetzung fteinerner Theilungs-
pfoften und weniger gelungenen Maßwerke, der hübfehe
Cement-Mörtelverputz, die Ausbefferung der Gcfimfe
und die Färbelung im Innern. Ueberflüffig erfcheint die
äußerliche Uniformirung der Barok-Capellen zu bei-
läufiger Gothik, die Umgeflaltung der romanifch rund-
bogigen Schiff-Arcaden in Spitzbogen und die neue
Dach-Galerie etc.
53. Seitens der kärntnifchen Landesregierung ift
anläßlich eines vorgekommenen Falles, dafs bei einer
Thurm-Reftaurirung den Anträgen des Confervators
nicht genügend Rechnung getragen wurde, über ein von
der Central-Commiffion geftelltes Anfuchen, dahin
gehend dafs die k. k. Bauämter angewiefen werden
möchten, in Fällen von Kirchen-Reftaurirungen, Demo-
lirungen, Um- und Zubauten den berufenen Confer-
vator vorerft zuverftändigen, damit derfelbe imlntereffe
des Baudenkmales und deffen einzelner Theile, infofern
fie des Erhaltens werth und würdig find, und infofern
die Neuerungen pietätvoll mit thunlichfterSchonung des
Beftehenden und in Harmonie mit demfelben durch-
geführt werden follten, zunächft feines Amtes walten
könne, unterm 26. März d. J. eine überaus dankens-
werthe Weifung an alle k. k. Bezirkshauptmann-
fchaften ergangen. In derfelben werden die genannten
politifchen Behörden neuerlich angewiefen, in vorkom-
menden Fallen das dem obigen Erfuchen Entfpre-
chende zu veranlaffen und fich nicht blos mit der tech-
nifchen Begutachtung des Bauorganes zu begnügen,
fondern auch die Aeußerung de^ genannten Confer-
vators einzuholen und die dortämtliche Genehmigung
erft dann zu ertheilen, wenn deffen Vorfchläge beach-
tet worden oder darüber eine Vereinbarung erzielt
werden ift.
54. Der hochwürdige Pfarrer Edmund Tvska in
Kloilerlc hat über mehrere Baudenkmale im nord weit -
lichen Böhmen an tue Central-Commiffion berichtet.
Wir entnehmen daraus Einiges mit befonderem Inter-
effe, fo z. B. über die St. Joachim-Kirche in der Berg-
ftadt Joachimsthal, einem Baue aus dem Jahre 1534 mit
anfpruchslofem Aeußeren. Das Innere ift dagegen
imponirend. Der fpätgothifche Bau hat die Anlage
einer dreifchiffigen Hallenkirche mit beftimmten Re-
nailfance-Anklängen. Fünf Säulenpaare tragen die Ge-
wölbe, den Säulen entfprechen außen einfache Strebe-
pfeiler. Leider hatte die Kirche durch Brand fehreck-
lich gelitten, wenn fie gleich in den Jahren 1874 — 1876
durch den Architekten Mocker moglichft wiederher-
geftellt wurde, allein die alte Kirche ill fie nicht mehr.
Die Katharinen-Kirche zu Kontotau, weicht
glücklich angelegt ift, dafs fie baulich den Rathhaus-
platz beherrfcht, und urfprünglich Deutfch-t »rdens-
kirche war, wurde unter Kaifer Jofeph II. gefchloffen.
Sie ift das ältefte Gebäude der ehemals an alten
Bauwerken reichen Stadt, die nun gewaltig modernil'irt
ill. Sie ift ein Bau aus rothlichen Quadern, erreicht
eine ungewöhnliche Höhe, ill von frühgothifchem
Charakter mit einfachen Strebepfeilern gegen außen
und mit fchmalen zweitheiligen Maßwerkfenflern.
Die Dechantei-Kirche dafelbft ift ein fpätgothi-
fcher Hallenbau, wurde 1518 von Jörg Schremle erbaut,
enthält drei Paare canellirter Pfeiler, darauf die Netzge-
wölbe-Rippen unvermittelt auffitzen. Im füdlichen Sei-
tenfehiffe die Empore, dafelbft alte erft jüngft aufgefun-
dene Wandmalereien. Das Presbyterium fehr nieder. In
einigen Fenftern noch das Maßwerk. Fagade fchmuck-
los mit abgetrepptem Giebel, reiches Portal-Fenflcr mit
zwei kleinen Nebenfenftern.
Außer diefen findet fich in Komotau noch eine
dritte Kirche, dem heil. Ignatius geweiht, ein hoher
prächtiger Bau "der Jefuiten.
Mit Ausnahme von Eger, Kuttenberg, Prachatic,
Beraun, Hohenmaiäh und etwa Budweis haben die
meiften böhmifchen Landftädte ihr alterthümliches
Gepräge verloren. Mancher alte interelTante Bau ill
dem Alles nivellirenden Zuge der Neuzeit und dem
modernen Begriffe der Städteverfchönerung zum Opfer
gefallen und nicht wenig unverzeihliche Sünden find in
diefer Hinficht begangen worden. Das ruckliehtslofe
Wegfegen von Allem, was dem momentanen Ziele im
Wege lieht, ift leider fo fehr zur Mode geworden, dafs
felbft uralte Städte mit reicher Vergangenheit fich nun
in vollftändig modernem Gewände präfentiren. Wo der
Alterthumsfreund ficher vermeint, etwas zu finden, er
wird enttäufcht. So hat beifpielsweife Saaz von alten
Profanbauten nichts mehr aufzuweisen als ein Stadtthor,
Briix, die freundliche Stadt mit drei Ringplätzen, mit
feiner herrlichen Decanal-Kirche hat in allerneucller
Zeit feine fchönfte Zierde verloren, fein altes in Früh-
renaiffance erbautes Rathhaus mit der bemalten Fagade,
an deffen Stelle nun ein vielfenftriger langgeftreckter
und weißgetünchter Utilitätsbau fich breit macht.
Ein anderes Beifpiel bietet Kaaden, das feinen alter-
tümlichen Eindruck fall ganz eingebüßt hat. Obwohl
CXI
hier noch etliches zu finden ift, wie die fpätgothifche,
1470 von Peter Bauer aus Eger erbaute Franciscaner-
Kirche mit dem ziemlich intact erhaltenen Chor und
den fchönen Maßwerkfenllcrn, einige reiche fpät-
gothifche Wölbungen in den Laubengangen am Markt-
plätze, das alte Stadtthor und der Rathhausthurm mit
feiner Steinpyramide. In dem kleinen Thurmerker
befand fich durch lange Zeit das Archiv des 1553 fäcu-
larifirtcn aus 1236 flammenden Ciftercienferklofters
Grünthal in Sachfen, das in der Nähe von Kaaden
Bcfitz hatte. Endlich ift noch des fogenannten Heiligen-
thurmes zu erwähnen, ein urfpriinglich fortificatorifcher
Fig. ri. (Minning.)
Hau, da man noch im fpitzbogigen Portal die Ein-
richtungen für das Fallgitter erkennt. Der Thurm ift
über 30 M. hoch, prismatifch angelegt mit fteil auf-
ragendem gothifchen Dache, trotzig auf die Häufer zu
feinen Füßen herum herabblickend. Leider fchlecht
reftaurirt.
55. Im Nachftehendcn berichten wir über einige
mittelalterliche Grabdenkmale :
a) Minning im Innviertel, nahe bei Braunau
gelegen, h it eine uralte Pfarrkirche, zu Ehren der
Opferung Maricns. In der Mämlinger Capelle, im
15. Jahrhunderte erbaut, ilt an der Wand ein Grab-
flein von rothem Marmor 7' 2" hoch, 3' 9" breit. Die
kräftige fcharfe Minuskel-Umfchrift lautet: Hie ligt
begraben der Edl und veft f | Wolfgam; von Elreching
zw Meinung der geflorben ift am Erichtag nach fand
| Bartholomeustag Anno domini | 1.5.2. | . jar dem
der allmechtig got genadig und pannherzig fein well.
Das Bildfeld des Denkmals ift von an den Enden ge-
kreuzten Leiftenftäben umfafst und zu beiden Seiten
mit knorrigen Baumftämmchen umgeben, welche oben
innen in einen Bogen von Laubwerk-Arabesken zufam-
menftoßen. In der Ecke oben links das Wappen der
Neidhart vonHorneck, rechts das Wappen derBrecken-
dorf. Im Felde die gewappneteFigur des Ritters im can-
nellirten Harnifche, mit auswärts gebogenen Stauchen,
das Haupt mit dem Helme bedeckt, der mit fechs
^itoSfthmb_
luoiii\3q^3Jrj]iU3^\l^ja^
Fig. 12. (Efferding.)
wallenden Federn gefchmückt ill, mit offenem Vifiere.
Die Rechte hält das Panier, die Linke liegt am
Schwertgriffe. Die Handfchuhe find gefinge! t.
Zu feiner rechten Seite fleht der Tartfchenfchild
der Elreching, das Eichhörnchen mit zwei Büffels-
hörnern als Kleinod, an welchen außen zwei Eichhörn-
chen emporklettern. Zu feiner Linken das Wappen
der Schwarzenftain, der Familie feiner Frau. In der
Tartfche eine Zinne mit je zwei Stufen, als Kleinod
ein Mannesrumpf mit dem Stulphut bedeckt, der mit
Federn befleckt ift (Fig. n).
b) In der Pfarrkirche zu Efferding lag, als die Grab-
fleine noch an ihren Stellen waren, rückwärts im Fuß-
boden ein Grabftein von rothem Marmor, 6' 9" hoch,
}' 4" breit, bereits fchr abgefchliffen und der ob
CX1I
Thcil der Umfchrift durch einen Bcichtfluhl verdeckt,
delTen Minuskel-Umfchrift, foweit felbe fichtbar war,
lauU
Der Edl und | geftreng Herr Wilboldt vo pirhing
zu Sighartting vö Camer | werg Ritter ift geftorben
den I | tag des monadts May im 1536 Jar, dem got
genedig fey.
Im vertieften Felde des Steines fleht die gehar-
nifchte Figur des Ritter-, den Helm mit aufgefchla-
genem Vifir auf dem Haupte, mit Kinnreff und gefcho-
benen Hai-reifen, hohen nach innen gebogenen
Stauchen und merkwürdigen Ellbogen-Kacheln, deren
gekerbte Rander nach außen umgebogen waren. Die
Handfchuhe find Fäuftlinge, die rechte Hand hält das
Panier, die linke ruhet am Schwertgriffe, die übrige
Ruftung hat nichts auffallendes an fich und die Knie
HIELICTBECRABENDERW01GE3ORN
Naa isi N3ayoi§3üMa
Fig. 13. (Ober-Thalheim.)
kacheln find fchon derart abgefchliffen, das man über
eine mit den Mäufeln harmonirende Form nichts mehr
mit Sicherheit entfeheiden kann.
Drei Wappen fchmücken den Stein. Oben über
des Ritters linker Schulter ift eine behelmte Tartfche
mit den drei Wecken der Pirching, welche auf dem
Fluge des Kleinods fich wiederholen. Unten neben dem
linken Fuße find im getheilten Schilde drei, zwei und
eins geftellte Sterne, und ein Spruchband über dem
Schilde nennt den Namen Freiberg. Rechts ift, nach
innen gekehrt, das Einhorn mit der Ueberfchrift :
Nufsd* >rf I i [2
Willibald von 1 "irching war in erfter Ehe mit
Urfula von Freiberg, in zweiter Ehe mit Anna von
Nufsdorf vermahlt (Bucelini III. Fol. 178. Hundt IV.
F. 22
WeigVs Wappenbuch V. 1. 16, bringt da- Wappen
der Pirching gold und fchwarz, fchräg getheilt mit
wechfelnden Farben. Das Freyberger Wappen W. I.
t 78 von weiß und blau getheilt, in Plan drei goldene
Steine: W. I. t. ~~ enthalt auch da- Wappen der
Nufsdorf, in fchwarz das filberne Einhorn. Nach dem
oberöfterreichifchen Urkundenbuche gehören die Nufs-
dorfer zur Familie Maiffau in Unter-Oefterreich, und
fuhren feit 1120 dasfelbe Wappen in verfchiedenen
Farben, die Maiflauer in Gold das fchwarze Einhorn
— die Nufsdorfer in fchwarz das Einhorn von Silber.
c) In der Grabcapelle zu Ober-Thalheim ill an der
Wand in rothem Marmor ein fehr fchön gearbeiteter
6' 3" hoher 3' I1 t'' breiter Grabftein mit Umfchrift
in Lateinbuchflaben:
ÄJerS-3lcnSrnH)Hfltntrcif|)fn3üwklifn"ijt
Snrbnrayon'öii^n&cr^airafclyni^"
§bri|'tlickriiÖciiecl)fniiHQtäifil;4flicbc=
fromMfcl;offt4i^S;phitopIiiüm^itbrrVtr
orkeKietfnfe(ittawfidi(li(^uffr[tfancii)frlfiln|)1flj
&Ü
Fig. 14. (Kirchdorf.)
HIE LIGT BEGRABEN DER WOLGEBORN | HERR
HERR SEIFRIDT FREIHERR ZV POLHAM VND WAR-
TEWVRG| DER GESTORBEN IST DEN | VOCTOBRIS
IM-MD-LXXVI- IAR DEM GOT GENAD AMEN-|
Im vertieften Felde fleht der geharnifchte junge
Herr mit entblößtem Haupte und Halskraufe, ein Monile
an der Kette auf der halben Krebsbruft, die rechte
Hand auf die Hüfte geftemmt, an welcher der Griff des
Dolches fichbar wird, die Linke auf dem Schwertknaufe,
mit Querparirftange und Efelshuf, neben feinem linken
Fuße fleht der mit einer Feiler gezierte Helm mit auf-
geschlagenem Vifir. Ueber feiner linken Schulter ift in
zirkelrunder Faffung das doppelt behelmte bekannte
Wappen von Pollheim und Wartenburg engebracht.
CXIII
Seifriedw&r derSohn Weykart's von Pollheim und
Wartenburg und deffen Gemahlin Rofina von Pollheim
zu Partz. Er war am 3. Juli [548 geboren und ftarb,
noch unvermält im 28. Jahre feines Lebens (Fig. 13).
dj Kirchdor} ill einePfarreim tnn\ irtel, eineStunde
von Obernberg. In der zu Ehren der Himmelfahrt
Mariens geweihten Pfarrkirche ill an der Wand der
Capelle ein Denkftein von rothem Marmor 6' 5" hoch,
3' 1" breit.
^ai^ta^a!
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ȧrpaKtraj?
¥ptiil#llj-i)J^iilB
Fig. 15. (Brixen.)
Am unteren Theile desfelben ift in fchnecken- und
volutenreicher Umrahmung die Infchrift in Kanzlei-
fchrift in fünf Zeilen angebracht, wie folgt :
Der Edlen Krnthugentreichen Junckfrue':
Barbara von und zu Hertzhaim feiigen zu
Chriftlicher Gedechtnufs hat Die Adeliche
Freundtfchafft difs Ephitaphium hieher ver
Ordnet deren Gott ain fröliche Auferftehung verleihe
A.1611,
Unter einem von eckigen Säulen getragenen Rund-
bogen, an deffen heraldifch rechter Ecke das dreifach
behelmte quadrirte, mit einem Herzfchilde belegte
Wappi 11 dei Hertzhaim, und auf deffen linker Seite da:
doppeltbehelmte quadrirte Wappen der Clofen lieht
wm\ deffen in Schneckenvoluten aufgerollte Mitte mit
geflügelten Engel köpf .1 verziert ill. lieht die Jungfrau
mit entblößtem Kopfe, die Haare gefcheitelt mit runder
gefalteter Halskraufe im langen zugeknöpften Kleide,
die Knöpfe mit Spangen verziert, die Hände zum Ge-
bete gefaltet, mit langen gefchlitzten Aermeln, an einem
Bande ein Crucifix, nahezu ein Schuh lang, herabhan-
gend. Barbara von Herczhaim war die Tochter Cuno's
von Herczhaim und der Regina von Clofen und fank in
der Blüthe ihrer Jahre ins Grab (Fig. 14).
e) Im Kreuzgange des Hochftiftes zu Brixen be-
findet fich unter den zahlreichen Monumenten eine
rothmarmorne Platte, die folgende umlaufende Rand-
Infchrift trägt: f ano . doi . millefimo. | cec . lxxviij .vn .
die . menfis . marci . johan , nes . de . frewnfp | erg . canon .
ecclefie . brixinenfis . et . plebanus | (an der Kopffeite des
Bildfeldes in zweiter Zeile) in.matray . obyt.
Fig. 17. (Eibenfchitz.)
Der Domherr Joaannes v. Freundsberg ift in der
Mitte des Bildfeldes als aufrecht flehende Figur darge-
llellt, im priefterlichen Gewände und zwar angethan
mit der Glockencafel, an dem linken Arm die Manipel
und vor fich in der Brufthöhe den romanifchen Kelch
haltend. Das lockige Haupt ill unbedeckt. Zu Füßen
links der unbehelmte fchräg geftellte Schild (Fig. 15).
56. Das hier in Fig. 16 beigegebene Siegel gehört
der mährifchen Gemeinde Eibenfchitz an. Da> S;
dürfte im 16. Jahrhundert entftanden fein, ift rund mit
44 Mm. im Durchmeffer und führt auf dem von Harken
Stufenleiften eingefaßten Schriftrande folgende Infchrift:
Sigillum . civitatis . de . eywancitcz (Ranken .
CX1V
Im runden rankenbelegten Bildfelde der Tartfchen-
fchild mit an der rechten oberen Ecke angefi;.
fpiralformiger Decoration. Das Schildfeld ift punktirt.
und zeigend und enthält drei eig
thümlich geftaltete becherähnliche Glocken, davon je
eine aufwar: die beiden Ecken, die dritte
abu en die Mitte des Schildfußes gerichtet ift.
Da- andere - I fpitzoval mit 30 Mm.
i\
Fig. 1 8.
in der Breite und 49 Mm. in der Hohe, gehurt noch dem
15. Jahrhundert an und führt folgende Legende auf dem
mit Leiden befäumten Schriftrande: t S. poris : znoy-
men :: fis.frm : predicat: Sigillum prioris znoymenfis
fratrum predicatcrum Siegel des Priors des Domini-
caner-Coin ents zu Znaym. Im Bildfelde der gekreuzigte
Heiland umgeben von Maria und Johannes, darunter
eine kleine knieende Figur. Der Dominicaner-Convent
in Znaim erfcheint fchon 1202.
Ein fehr hübfehes Siegel führt die Stadtgemeinde
Teltfch in Mähren. Fig. lS bringt eine Abbildung
davon. Es ift rund mit 39 Mm. im Durchmeffer und
fuhrt folgende innerhalb zweier Perlenreihen ange-
brachte Legende: f.Sigillvm . civitatis . in . teltfch. Im
Bildfelde erfcheint, dasfelbe ganz ausfüllend, die fünf-
blättrige Rofe der Rofenberge, in deren kreisrundem
Mittelpunkte ein gekröntes M fichtbar wird. Das Siegel
reicht bis in das 15. Jahrhundert zurück und verdankt
fein Entftehen der damaligen herrfchaftlichen Befitzers-
familie, der Herren von Rofenberg.
Ein anderes Siegel erfcheint in Fig. 19 abgebildet,
gehört der Gemeinde Simmering bei Wien und
ftammt der Stempel aus dem
Jahre 1615. Das Siegel ift kreis-
rund mit 30 Cm. im Durchmeffer
und enthält im Schriftrande
zwifchen einem Lorbeerkranze
und einer Stufenlinie folgende
in Lapidaren gefchriebene Le-
gende: f . S . DER . GMAIN .
ZV . SIMRING. Im Bildfelde
erfcheint ein ftark gefchweifter
Schild, darin der Buchftabe S,
knapp über dem Schilde die obbezeichnete Jahreszahl.
Heute fuhrt die Gemeinde Simmering den heil. Laurenz
im Wappen.
In Fig. 20 bringen wir die Abbildung des Si
der Stadt BluJens. Das Siegel ift rund, hat 55 Mm.
im Durchmeffer. fuhrt in kräftigen und ftylifirten Lapi-
daren zwifchen Stufenrandern ciie Legende: t . s. civi-
tatis . in . blvdenz . lic . Im Bildfclde, das durch ein
Fig. 19. iSimnu
fchräggeftelltes Gitterwerk mit eingeftreuten Blümchen
gemultert ift, lieht man den etwas ausgebauchten
zfchild, darin das aufgerichtete gegen links ge-
wendete Einhorn. Der Stempel dürfte der zweiten
Hälfte des 14. [ahrhunderts angehören. Mitth. n. F
IX. p. LXXXI. "
Zu den fchönften mittelalterlichen Siegein gehört
unftrciti. - gel der Stadt Neuhaus in Böhmen. Die
21 veranfehaulicht dasfelbe in Abbildung. Ein brei-
ter Stufenrand umfäumt das runde Siegel, das einen
Durchmeffer von 54 Mm. hat. Im Bildfelde erfcheint
Fig. 2o.j «Bladenz.
ein unten abgerundeter, feitwärts etwas eingebogener
und in feiner Fläche eingebauchter Schild, darin zwei
aufrechte böhmifche Löwen gegen die Mitte gew endet
die fünf blättrige Rofe der Rofenberge haltend. Ueber
Fig. 21. N'euhaus.)
demfelben fchwebt ein gekröntes YV. Die Legende ift
auf einem Spruchbande vertheilt, das lieh von rechts
über den oberen Rand gegen links fchlägt. Sie lautet :
: s : judicis • : • . civivm ■ : • : civitatis . novedomvs.
Der Stempel diefes herrlichen Siegels mag im 16. Jahr-
hundert aus einer fehr kunftfertigen Hand hervor-
gegangen fein.
57: Anbei findet fich die Abbildung (Fig. 22 des
in der Decanal- Kirche zu Pardubic befindlichen Tauf-
beckens aus der Pernftein'fchen Blüthezeit 1515 .
(XV
Das auf drei zwar maffiven, aber gefchmackvollen
brou/.cnen Füßen ruhende, ebenfalls in Kronzegegoffene,
fehr fchwere Taufgefäß von 57 Cm. Durchmcffer, deffen
urfprünglicher nun in Verluft gcrathener Deckel gegen-
wärtig durch einen modernen aus Kupfer erfetzt ift,
trägt, wie Corrcfpondeiit V. Divis mittheilt, unter dem
äußeren halbrunden Rande in Hautrelief an vier Stellen
das Pernftcin'fche Wappen (Auerochskopf, deffen
Nüftern mit einem Ringe durchzogen lind), unter
welchen (ich zwifchen je drei parallelen Rundftäben die
böhmifche Umfchrift :
Wylem z Pernssteyna a na Helfenssteynie leta Panie
15 set i5l,;ho.
in gothifchen Minuskulen zweimal gleichlautend wie-
derholt. Die Lettern find 2-3 Mm. hoch und hie und
da \eritellt, refpeflive verwechfelt. Die Jahreszahl ift
gekürzt. Maskenköpfe bilden die Obertheile der Füße,
welche in breite Thierpratzen endigen. In der Mitte ilt
ein einfaches Kreuz fichtbar.
58. (Ueber die neueflen Grabungen in Salona.)
In den letzten Monaten des Jahres 1885 mußten
an der chriftlichen Bafilica und ihrer Umgebung zu
Salona zunächft einige Arbeiten ausgeführt weiden,
die nicht auf Ausgrabung neuer antiker Gegenstände,
fondern blos auf die Confervirung bereits aufgedeckter
Objecte zielten, da diefe durch die winterlichen Regen-
güffe neuerdings mit Erde bedeckt worden waren.
Diefe Präfervirungs- und Confervirungs -Arbeiten wurden
auch in den erften Monaten des Jahres 1886, je nach-
dem es die Witterung zuließ, fortgefetzt. Hierauf
wurden im Monate April die fyftematifchen Ausgra-
bungen wieder aufgenommen.
Nachdem die Verhandlungen behufs des vorge-
fchlagenen Ankaufes des Grundes Bottura, worunter
das Atrium der Bafilica liegt, noch nicht zu Ende
geführt wurden, fo bezweckten die Ausgrabungen
die vollftändige Freilegung fowohl der mit der Bafilica
verbundenen Nebengebäude, als auch des darunter-
liegenden Friedhofes; dann auch die Feftfetzung der
Ausdehnung diefes gegen Nordoft und Oft, und
fchließlich auch die Einfriedung der Bafilica mit einer
Umfaffungsmauer, damit diefe durch das in den
früheren Jahren ausgegrabene und in der Nähe aufge-
fchüttete Material nicht wieder zugedeckt werde.
Gegen Often wurde das Erdreich bis zur Entfernung
von 28 M. von der Hauptapfis abgetragen. Die Sarko-
phage, die in der Nähe der Apfis fehr häufig und über-
einandergefchichtet erfchienen, wurden mit dem Fort-
fchreiten der Ausgrabungen immer feltener und blieben
endlich ganz aus. Statt diefer fand man nur noch
einige gewöhnliche Gräber, aber auch diefe fehr feiten.
Auf der ausgegrabenen Stelle erfchienen in den letzten
Monaten nur zwei Todtenkammern mit eingeftürzter
Wölbung, voll Erde und abgebrochener Steinftücke,
darunter in der einen Kammer Fragmente eines
marmornen Sarkophages. Die erfte Todtenkammer
ift 2 M. lang, 16 M. hoch und 185 M. breit, und hat
eine 069 M. hohe und CV55 M. breite Oeffnung zur
Einführung von Leichen in die Kammer. Die zweite ift
210 M. lang, riS M. breit, 150 M. hoch und mit einer
051 M. hohen, 0-40 M. breiten Oeffnung verfehen, die,
wie bei der erften Todtenkammer, durch eine verfchieb-
bare Steinplatte verfchloffen war. Neben diefer
Kammer fand man eine fchlecht erhaltene heidnifche
Infchrift, welche wahrfcheinlich vom höher gelegenen
Abhänge durch Regengüffe heruntergefchwemmt
winde. Im abgetragenen Erdreiche fand man jene
Infchriften-Fragmente, welche im Juniheftc des „Bullet-
tino" zugleich mit einem Berichte über die Grabungen
veröffentlicht wurden; dann eine bleierne Todtentruhe
mit fehr fchlecht verbundenen Kanten und ohne
Deckel, 140 M. lang, 040 M. breit und 030 M. hoch;
außerdem noch eine Menge kleiner rechteckiger
Ziegelfteine, von einer mittleren Größe von 10x6 Cm.
Um zu verhindern, dafs das ausgegrabene und
feit mehreren Jahren im Norden der Bafilica aufge-
fchüttete Erdreich nicht wiederum in diefelbe herunter-
gefchwemmt werde, wurde an derfelben Seite eine
54 M. lange und 4 M. hohe Mauer aufgeführt. An der
Fig. 22. (Pardubic.)
untern Seite derfelben wurden zwar auch einige Probe-
grabungen gemacht, aber man fand nur zwei gewöhn-
liche Gräber mit eingeftürzter Wölbung, welche nichts
weiter als Erde und wenige Knochen enthielten.
Nachdem an diefer Stelle keine bedeutenderen Reful täte
erzielt wurden, fo wurde auch nordwärts in der ganzen
Länge der Bafilica und der angelehnten Gebäude
eine fixe Demarcationslinie gezogen.
In der Südmauer des Narthex war eine 14 M.
breite, in der Eile zugemauerte Thüre bemerkbar.
Jenfeits derfelben fah man einen großen Steinhaufen,
worunter nach der Behauptung der Bauern die fchon
vor vielen Jahren dafelbft verfuchsweife gegraben
hatten, antike Gegenstände vermuthet wurden. Um
der Wahrheit auf den Grund zu gelangen, entfernte
man den Steinhaufen und machte das ganze Terrain
frei. Da fand man eine kleine Kammer als rechtsfeitige
Verlängerung des Narthex von der Ausdehnung
6X5 M. Außer der gedachten in den Narthex führenden
CXVI
Thüre fand man noch eine andere I 10 M. brei-
Often, alfo in derfelben Richtung, wie die drei aus
dem Xarthex in die Schiffe der Bafilica führenden
Thüren. Die Wände der Kammer ragen Oj-r; M.
über den Boden, der mit einem rohen Eftrich be-
deckt ift, empor und zeigen einen groben Anwurf. \'on
den gehofften Objecten fand man aber nichts als ein
in Stein ausgemeißeltes Kreuz.
Gleichzeitig mit diefen .Arbeiten wurde die aus
dem Narthex ins Atrium führende Schwelle befler frei-
gelegt und man fließ dabei auf eine Pflafterung. Da
man aber nicht unter dem Grundftücke, welches erft
Fig. 23. (Xeuhaus.)
gekauft werden muß, weiter graben durfte, fo konnte
man auch nicht feftftellen, ob da? Atrium, wie die
Schwelle mit Steinplatten gepflaftert fei, oder wie die
Bafilica nur mit einem groben Eftrich bedeckt war.
Als nun alle diefe Arbeiten in der Bafilica ihrer
ganzen Ausdehnung durchgeführt waren, da man das
Atrium noch nicht freilegen konnte, wurden die Aus-
grabungs-Arbeiten vorläufig eingeftellt.
59. In der nebenftehend beigegebenen Abbildung
ift der Grundriß der St. Johannes-Kirche zu
Neuhaus wiedergegeben. Es ift dies ein fehr merkwür-
diges Baudenkmal rein gothifcher Zeit. Die Kirche
fcheidet fich in das Langhaus und Presbyterium. Erfte-
res mißt 23*50 M. letztere- 22 :; M in der Lange, das
Presbyterium hat demnach eine ungewöhnliche Aus-
dehnung. Das Langhaus zerfällt in ein Hauptfchiff von
750 M Breite und ein rechtes Seitenfchiff von 3-50 M.
Breite. Letzteres ift durch fechs fpitzbogige Arcaden
mit dem Mittelfchiffe verbunden, fchließt geradlinig ab
nur eine dreiseitige Mauerblende bildet den Altar
Raum und ift mit fünf Fenftern gegen Süden verfehen.
1 las Mittelfchiffift in vier Gewölbejoche getheilt, die mit
Sterngcwblben in abwechfelnder Rippenftellung über-
deckt find. In den fechs Seitenfchiffjochen erfcheinen
einfache Kreuzgewölbe mit Schlußfteinen. Die fünf
Trennungspfeiler der beiden Schiffe find zum Theile fehr
ungleich. Die drei letzten gegen Welten haben ein qua-
drates Profil mit einer dreifeitigen Wandpfeiler-Vorlage
n das Querfchiff als Quer-Rippenträger. Der vierte
Pfeiler conftruirt fich im Profile aus dem Achteck mit
vorgelegten halbrunden Dienften, die jedoch gegen das
Mittelfchiff keine ordentliche Verwendung aL- Rippen-
er finden. Der fünfte Pfeiler und der ihm ent-
fprechende gegenüberftehende Halbpfeiler find viel zier-
licher, reichlicher profilirt und in feinem Durchfchnitte
aus dem Viereck mit vorgelegten Halbfaulen conftruirt.
Im Mittelfchiffe ift der Munkchor eingebaut und nimmt
faft das ganze erfte Joch ein. Er bildet zwei ungleiche
Bögen, die fich auf einen Mittelpfeiler ftützen. Die
Schneckenftiege zur Empore ift an der Innenfeite der
Well« and angebracht. Das Seitenfchiff ift um ein halbes
Joch länger als das Hauptfchiff, daher das Mauerwerk
des fpitzbogigen, 4 45 M. Triumphbogens die letzte
Seitenfchiff-Arcade bis zur Hälfte verdeckt. Die Fenfter
des Langhaufes find einfach fpitzbogig, die vier Ober-
lichtfenfter des Mittelfchiffes haben Mittelpfoften und
Maßwerk und jenes an der Facade ift viertheilig mit
reichem Maßwerk. Portale finden fich an der Weftfeite
und gegen Süden, erfteres ift einfach, letzteres mit
fich gegen innen verengender gegliederten Gewandung
ganz befonders reich behandelt.
Das Presbyterium liegt um eine Stufe höher als
das Langhaus und hat eine Breite von 765 M., es
bildet zwei große quadrate Joche und den großen um
eine Stufe höher gelegenen, aus fünf Seiten des Acht-
eckes gebildeten geräumigen Chorfchluß, der mit drei
großen zweitheiligen Spitzbogen-Fenftern verfehen ift.
An der Weftfeite find vier ebenfalls zweitheilige reiche
Maßwerkfenfter angebracht. Die fpitzbogige Ueber-
\\ -1 lbung ift den Jochen entfprechend mit Quer- und
Kreuzrippen fammt Schlußfteinen geführt und im Chor-
fchluße gehen gegen die Ecken befondere Rippenzüge.
Die Rippen laufen auf reich profilirten Wandpfeilern an,
die in der halben Wandhöhe abfchließen.
\ ben dem Presbyterium zunächft desChorfchlußcs
ift rechts die Nicolaus-Capelle angebaut. Sie ftcht auf
drei Seiten frei und ift nur gegen Norden mit der
Kirche verbunden, woher fie auch den Zugang hat.
Sie befteht aus einem zweitheiligen Schiffe, SiO M.
breit, 840 M. lang, bildet vier quadrate Joche, deren
Haupttheilungsrippen der fpitzbogigen Gewölbe auf
einer freiftehenden Mittelfaule und auf den entfprechen-
den Halbpfeilern an den Wänden auffitzen; die zwei
rückwärtigen Joche find mit Kreuzgewölben, die vor-
deren mit unregelmäßigen Rippengewölben überdeckt.
Da- Presbyterium befteht aus zwei Jochen und dem
aus dem Achteck conftruirten Schluße und ift V26 M.
CXVII
lang und 4'20 M. breit. Als Rippenaufleger erfcheinen
halbrunde Wandfäulen mit niedrigen Capitälen und
hohen Sockeln. Die Capelle hat gegen Werten zwei,
gegen Ollen ebenfalls zwei und im Chorfchluße drei
fpitzbogige Fenfter ohne Maßwerk. Unter der Fenfter-
fohlbank umzieht den ganzen Innenraum eine kräftige
Gefimsleifte. Sehr reich conftruirt ift der mächtige fpitz-
bogige Triumphbogen. An der Faqjade ein heraus-
tretendes fall krei-rundes Treppenhaus.
Die Kirche ift leider fehr fchadhaft und bedarf
dringend einer durchgreifenden Reftaurirung.
Unter der Tünche bergen die Innenwände reichen
Freskenfchmuck, davon im Jahre 1S81 einige Partien
aufgedeckt wurden Man erkennt die Legende des heil.
Franciscus, Cliriflus am ( )elberge, St. Anna, Maria mit
dem Kinde, den Donator u. f. w.
Ueberdem Hauptfchiffe ein gemauerter Dachreiter.
Die Kirche dem Taufer Chrifti geweiht, wurde
1320 durch [ 'dalricli III. von Neuhaus erbaut und einem
Minoriten-Convente übergeben. 1434, 1607 und 1801
wurde fie durch Brand arg befchädigt. Schon nach dem
erften Brande verließen die Minoriten die Kirche und
wurde diefe alsdann dem Spitale für verarmte Bürger
beigegeben.
Die Kirche ift als Bauwerk höchft beachtenswerth,
da alle Ornamentpartien mit befonderer Feinheit durch-
geführt find, vornehmlich gilt dies von dem Fenfter-
maßwerk, von den Capitälen und Con-
folen; der noch erhaltene Kreuzgang
macht keinen Anfpruch auf Bedeutung.
60. Wir haben im XII. Bande der
Mittheilungen Neue Folge S. XXXI ein-
gehende Nachrichten über die intereffante
Johannes-Kirche zu Bilkau in Mahren ge-
bracht. Die Central-Commiffion ift nun in
der Lage zur Erläuterung jenes Artikels
eine Darftellung des Grundrißes diefes
Baudenkmals zu bringen und führen wir
denfelben unferen Lefern in der Abbildung
Fig. 24 vor.
61. Die Pfarrkirche zu St. Rochus und
Sebtißian im 3. Bezirke zu Wien wird im Laufe diefes
Jahres einer durchgreifenden pietätvollen und ftylge-
mäßen Reftaurirung unterzogen. Zur Durchführung
diefer dankbaren Aufgabe hat fich ein fpecielles
Comite gebildet, die technifch-artiftifche Leitung wurde
dem k. k. Profeffor Architekten Julius Dcininger über-
tragen.
62. Confervator Graus hat an die Central-Com-
miffion über mehrere von ihm in der Unter-Steiermark
befuchte Kirchen berichtet und unter anderen auch
der Pfarrkirche des Marktes St. Lconhard in den win-
difchen Bücheln erwähnt. Selber fchildert diefe Kirche
als einen einheitlich veranlagten fpät-gothifchen Bau
mit einem 1030 M. breiten und 2220M. langen Schiffe,
einem 1050M. langen und 6-2oM. breiten Presbyterium,
das mit einem Schluße aus dem Achtecke verfehen ift.
An der Chor-Nordfeite fteht der Thurm. Sämmtliche
Rippengewölbe find theils rautenförmig, theils ftern-
förmig verflochten. Hübfehes Seiten-Portal. An dem
Schiffe zwei Capellen in neuerer Zeit angebaut und
XIII. N. F.
.in der Weft-Fagade unförmliche Verdrehungen. Am
Thurme Schießfeharten und eine Pechnafe über den
Eingang dahin.
Dreiviertelftunden davon entfernt die hochgelegene
ßarok-Kirche zur heil. Dreifaltigkeit, ein anfehnlicher
Bau mit zwei Fagade-Thürmen, einfehiffig mit Seiten-
Capellen und Emporen darüber. Hinter dem Presby-
terium noch ein Thurm, welcher der alten nach Ollen
gerichteten gothifchen Kirche angehört. Die Kirche ift
im Innern al fresco vom Italiener Brollo ziemlich gut
bemalt
Die Filial-Kirche von 6V. Benediclen zu den heil.
Dreikonigen ift eine dreifchiffige fpät-gothifche Kirche
von 36 M. Länge und 19 M. Breite im Schiffe. 6 Pfeiler
mit achteckiger Grundform. Das Hauptfchiff ilt 8 M.
breit und etwas höher als die Seitenfchiffe. Das Presby-
terium ift 10-15 M. breit und an deffen Nordfeite der
Thurm mit einem bis in das Glockengefchoß aufzei-
genden Treppenthürmchen. Diefer aus 1558 flammende
Kirchenbau wird intereffant, weil der Meiller in das
Gefüge der gothifchen Architektonik Detail-Formen
der Renaiffance einfügte.
So finden fich noch Strebepfeiler, Rautengewölbe
im Chore, Wanddienfte als Rippenträger, achteckige
Pfeiler, Spitzbogen in den Schiffs-Arcaden, Maßwerk-
fenfter und Portale mit durchdringendem Stabwerk im
Gewände, umlaufendes Kaffgefims, das die Portale
(Bilkau.)
überfetzt und an den Fenftern fich fenkt; dagegen
fehlen im Schiffe bereits die Rippen und ift das Rauten-
netz nur durch Mörtelgrate nachgeahmt, in den Abfei-
ten Kreuzgewölbe ohne Rippen. Die Wanddienfte
haben Früh-Renaiffance-Capitäle. Auch findet fich in
der Kirche ein Flügel-Altar (16. Jahrhundert) eigener
Art. Die ganz durchbrochene Prädella zeigt den Stamm-
baum Chrifti von Abraham an. Im Schreine die Hirten
vor dem neugebornen Heiland. Auf der Rückfeite des
Schreins ein Gemälde, die Kreuzigung, auf den Flügeln
die Verkündigung. Zu oberft eine Marien-Statue. Wich-
tig find fünf Altar-Auffätze aus dem 17. Jahrhundert.
63. Confervator Jenny hat an die Central-Commif-
fion berichtet, dafs feit einigen Tagen an der Bloß-
legung von Gebäudetheilen in der Oberftadt Bregen-,
wo das Caftrum geftanden haben feil, gearbeitet wird,
die einem bisher nicht bekannten römifchen Baue
angehören dürften. Es fcheint ein Privatbad in äußerft
befchränkten Dimenfionen gewefen zu fein, nachdem
das halbkreisförmige Frigidarium nur in einen Halb-
CXVIH
melier von ' tj M. conftruirt, das Sudatorium nicht
mehr als 2'4"M breit und 3 Vi M. lang erfcbeint.
Sitzbank und die beiden tieferen Tritte ins Kaltwaffer-
bad find vorzüglich erhalten. Ein kleines Apodyterium
ift diefem Raurm dem man durch eine
fehr fchmale Thüröflhung - -nidatorium und von
rem wieder in das Tepidarium gelangt. Im halbrund
vorgehenden Anbaue fieht man das Labrum von
gleicher Form eingerichtet und was lehr merkwürdig
ift. im Halbkreife mit Heizrohren umgeben. Die Wan-
dung der Wanne aus Cement ift der leichteren Er-
wärmung wegen nur 7 Cm. dick.
Confervator Bizarro hat an die Central-
Commil'fion über einen Fund zu Bot Mutatio
ad formulos berichtet. Derfelbe befteht aus einem
Kruge lichtrother Thon . 25 Cm. hoch und 64 Cm.
breit, zwei faft ganzen Flachziegeln mit den bekannten
Stempeln: C. Tit. Hermerot und L. Stut. Juft., dann
vielen Scherben. Pferde- und Rinderknochen, und dem
Refte einer Handmühle. Der Fund ift Schatzgräbern
zu verdanken, welche im Februar einen verfchütteten
Brunnen durchftöberten.
65. Das Minifterium für Cultus und Unterricht
hat für die Keconftructions-Arbeiten am Glockenturme
der St. Marcu-Kirche in Curzola eine Staats-Subven-
tion von 200 fl. bewilligt mit dem Beifügen, dafs die
Arbeiten im Einvernehmen mit der k. k. Central-Com-
miffion durchzuführen find.
66. Das Unterrichts-Minifterium hat der Central-
Commiffion bekannt gegeben, dafs die hochwichtige
ehemalige Stifts- und Pfarrkirche zu Saar in Mähren
einer durchgreifenden ftylrichtigen Reftaurirung unter-
zogen werden wird und dafs hiebei die Anregungen
der Central-Commiffion in befondere Rückfichtsnahme
gelangen werden.
- Confervator Dr. Hg hat an die Central- Com-
miffion über den Zuftand der Wandmalereien an der
Kirche in Offenbach bei Wr.-Xeuftadt, welche er als im
Style des italienifchen Trecento ausgeführt und weil
auf öfterreichifch-deutfehem Boden vorfindlich als höchft
wichtig bezeichnet, auf Grund neuerlicher Befichtigung
berichtet, und findet diefelben in verhältnismäßig nicht
allzu fchlimmemZuftande. Die Wandfläche ift fteinartig
feft und glatt, die Sprünge und Riffe find fämmtlich alt,
ganz dünn und fchädigen die Confiftenz des Bewurfes
nicht. Solche Sprünge, welche von oben nach unten
durch das Kreuzigungsbild ziehen, find leider bei der
letzten Ausbefferung der Kirche in breitem Ausmaße
mit grobem Mörtel überzogen worden.
Nicht minder arg find die Kritzeleien, mit denen
fich einige Kirchenbefucher in blöder Weife zu ver-
ewigen fuchen: fo find im unteren Theil de? Drei-
königsbildes allerlei Figürchen und Namen eingekratzt
und die Contouren einiger Details mit Bleiftift nach-
gefahren. Sollten diefe Bilder reftaurirt werden, fo ift
hiezu nur ein tüchtiger pietätvoller und felbftlofer
Künftler geeignet, da die Bilder ganz befondere Rück-
ficht fordern und unbedingt des Erhaltens werth find.
Vor allem find Schutzgitter nothwendig, um die
Malereien vor unbefugten Kritzlern zu wahren, fowie
das bereits beftehende Vordach den Schutz gegen
en und Schnee befor
68. Die Central-Commiffion hat fich durch den
Confervator Jenny bei der Gemeinde Fraßanz in
\~orarlbirg verwendet, dafs die in der dort
St. Wendelins-Capelle aufbewahrten beiden Waffen an
Bregen. um abgegeben werden. Die Ge-
meinde-Vertretung hingegen befchloß diefe an der
Außenfeite der Capelle angebrachten, an die Schlacht
von 1499 erinnernden Watten — eine Helmbarde und
ein Schlachtichwert — an ihrer Stelle zu belaffen und
diefelben als verehrte Reliquien nicht außer die Ge-
markung zu laden ...A.terthumshändler werden diefe
Wafien nie bekommen, ehevor würde Fraftan/. diefelbe 1
dem Landes Mufeum zu Bregenz zur Aufbewahrung
übergeben,- erklarte die Gemeinde-Vertretung. Doch
wer bürgt für Erhaltung diefer Meinung für die Fo
wer fchützt die Waffen in ihrer heutigen A'ifftellung
vor unberufenen Händen?
69. Die Neue Freie Preffe hat in ihrer Morgen-
nummer vom 15. Mai d. J das Denkmal an die Schlacht
bei Afpern dortfelbft in einer Notiz befprochen und da—
felbe als dem Verfalle entgegengehend dem Schutze der
Central-Commiffion empfohlen. In Folge deffen wurde
diefes Denkmal, ungeachtet e~ vor wenigen Jahren
bereits Confervator Newald im Auftrage der Central-
Commiffion befichtigt hatte, vom Confervator Boeheim
neuerlich einer eingehenden Befichtigung unterzogen.
Auch jetzt wurde dasfelbe in einem Zuftande der Con-
fervation befunden, der keine Urfache zur Klage gibt.
Das Denkmal erfcheint fichtlich gefchont und zeigt, nur
die ganz natürliche Auswitterung des Sandfteines abge-
rechnet, nicht den geringften Schaden. Das Denkmal,
einen fterbenden Löwen vorftellend, wurde im Jahre
1S58 vom Meifter Fernkorn angefertigt und hat zum
Materiale einen ziemlich grobkörnigen porofen Sand-
ftein. Das Verwittern der Oberfläche des in coloffalen
Dimenfionen ausgeführten Denkmales ift unabwendbar
und kein Mittel kann diefen fortfehreitenden Procefs auf-
halten, und dennoch ift derfelbe noch fehr gering, dank
der günftigen Aufftellung, gefchützt gegen die Nord-
weftwinde. Außer einem fehr mäßigen Flechtenanfatz
ift nichts zu bemerken, am wenigften von kugelförmigen
Vertiefungen zum Anfammeln des Waffers.
Dafs in nahezu 30 Jahren ein Sandftein-Dciikmal
Spuren feines Alters zeigt, ift nicht zu wundern, aber
daraus nicht der nahende Verfall zu conftatiren. Die
Sculptur ift intact, die Fugen find gekittet, die Wirkung
der Oberfläche in der paffenden Entfernung ift den
kiinftlerifchen Anordnungen vollkommen entfprechend
und jede Gefahr für da> Denkmal derzeit ausgefchlofjfen.
Uebrigens ift die Sorge für das Denkmal dem n. öfterr.
Landesausfchuffe überlaffen, der fich auch dafür redlich
kümmert.
70. Wir haben S. XXII diefes Jahrganges eine
eingehende Zufammenftellung der im Budget des öfter-
reichifchen Minifteriums für Cultus und Unterricht
erfcheinenden Auslagen für archäologifche Zwecke
inclufive der baulichen Herftellungen von Denkmal-
bauten gebracht und dafelbft die bezüglichen Auslagen
mit 92.850 fl. beziffert. Mittlerweile hat fich das Aus-
CXIX
gabenbudget einigermaßen erweitert, indem noch Aus-
lagen, unter anderem für die Renovirung der Stadt-
pfarrkirche in Lin/. mit 5747 h\, für das Dominicaner-
Wolter in Ragufa mit 1000 h\, für den Ausbau des
Thurmhclmes an der gothifchen Stadtpfarrkirche zu
Steyr /.weite Kate) mit 1165 fl. hinzugekommen find,
wodurch fich die obige immerhin fchon fehr beach-
tenswerthe Gefammtziffer auf 108.672 fl. fteigert.
Außerdem flehen für die Reftaurirung des Glocken-
thurmes am Dome zu Spalato noch ältere Credite im
< i< l.tmmtbetragc von 20.000 fl., für die Reftaurirung
der St. Peters-Kirche in Wien ein folcher mit 10.000 fl.
und für Herrteilungsbauten am Mufeum zu Spalato
400 fl. zur Verfügung.
71. Der Alterthums -Verein zu Wien hat in feiner
General-Verfammlung am 19. April 1887 über Antrag
des Direktors Dr. Ilg den einftimmigen Befchluß ge-
fafst, fich dahin auszufprechen, dafs er es als allein
zuläffig erkenne, dafs die Thürme an der Frauenkirche
zu Wr.-Nenftadt wieder aufgebaut werden, und zwar
dafs diefer Bau nach dem Mufter der ehemaligen
Thürme erfolge. 1 »er Ausfchuß erhielt von der General-
Verfammlung die Weifung, diefen Befchluß zur Kenntnis
der hohen Regierung zu bringen. De'mfelben wurde be-
reits durch zwei Eingaben — eine an die k. k. nieder-
öfterreichifche Statthalterei, die andere an das hohe
Minifterium für Cultus und Unterricht — entfprochen.
Wir können diefem Befchluße und Vorgehen des
Vereines, welches fo ganz den Intentionen der Central-
Commiffion entfpricht, unteren lebhaften Beifall nicht
verfagen.
72. Im Stifte Lilienfeld wurde ein neues Brunnen-
haus an der Stelle des jetzigen unförmlichen nächft des
Kreuzganges aufgebaut. Architekt Avanzo hielt fich
dabei an die in den aufgefundenen Grundfeftereften
gegebenen Andeutungen über die polygone Anlage
des urfprünglichen Brunnenhaufes und an die Formen
des Kreuzganges.
73. Die CentralCommiffion wurde in neuefter Zeit
auf die fpätgothifche Kathedrale in Tarnow aufmerkfam
gemacht. Die Kirche hat ein fchönes Afhverk-Portal
an der Südfeite, Rautengewölbe im Hauptfchiffe, Stern-
gewölbe in den beiden Seitenfchiffen. Befonders wichtig
find die prächtigen acht Grabmale aus der Periode
der Früh- und Hoch-Renaiffance. Zwei diefer Denkmale
fchmücken die Wände des Presbyteriums und haben
eine Höhe von nahezu 50 Fuß, eines ift dem Grafen
Johann Tarnowski, f 1561, das andere dem Fürften J.
Oflrogski, f 1630, gewidmet. Ein anderes, als Kunft-
werk überaus wichtiges Grabmal ift jenes der Barbara
Tenczynska, Gattin des obbenannten Feldherrn Tar-
nowski.
74. Ueber Glocken-Infchriften aus Kärnten be-
richtet Confervator Pfarrer Gr'öfser:
In Dürenfeld eine Glocke von 1 75 1 : gloria in
excelsis Deo (Legende).
In Kranzeihofen: 1. Glocke: Ave maria gratia
plena dominus tecum.
In Gottes nahmen bin ich gefloßen mathias lants-
mann hat mich goffen 167''
2. Glocke: o f rex | XRISTE y veni f cum
f pace f anno f doi t M° f CCCC t LVM° f faneta fm
7 X dabei das Mcifterzeichen yZ .
3. Glocke georig fiernig [617 jar.
In Offiach: 1. a fulgure et tempestäte libera nos
domine
SeMper nonos eLeCta tVVs
LaVDesqVe sonarVnt
[gnatz Lorenz Roder gofs mich
in Villach anno 1725
refVsa MariaeqVe Dejparae
VJrgJLJo praesVLe saCrata
t ave virgo mater Dci ab originali
labe praeservata : ave repertrix gra
tiae ave aurora ortus est sol justitiae.
2.: ab omni malo libera nos domine Ignatz Johann
Röder gofs mich in Villach anno 1794.
HerkanJ paroChJ JVDJCJqVe XaVerJJ hjerzeg-
ger labore et pietate eXsto.
3. y\ sandle f petre f ora f pro nobis f ano
domini m.ccccc f im sexten f jar.
In Ottmanach: ecce crucem domini fugite partes
adversae vicit leo de tribu Juda radix David alleluja.
Vax Mathias Zechentcr hat mich gegoffen in
clagenfurt anno 1724 zu gottes ehr bin ich geflohen.
In Saifnitz ; f magifler nicholavs me fecit (15. Jahr-
hundert).
In Metnits: Benedict Fiernig hat mich gegoffen
der zeit pfarrer gebeffen Antoni Maniker her pfleger
Ruep (1585).
In St. Martin am Krappfeld : o. s. martine infunde
nobis gratiam tuo supplicatu, o rex glorie veni cum
pace anno dni 1526.
In Hansdorf: J. Sebaftian Zin und Glockengiffer
vnd pvrger zv wolfsperg hat mich gegoffen. Maxi-
milian II. d. g. ro. hun. bo. rex. 1563.
75. Einen neuen Beitrag, wie vieles Kunft und
Literatur alten unfeheinbaren Bücherdeckeln verdan-
ken, lieferte, wie Confervator Czerny berichtet, unlängft
ein Fund in der Bibliothek St. Florian. Auf der Ruck-
feite des Einbandes der mächtigen Foliobibel, welche
Johann Quentel's Erben im Jahre 1571 in Cöln heraus-
gegeben haben, führte der hervorguckende Holzfchnitt
eines Schweines zu weiteren Unterfuchungcn, in!"
welcher 12 Folioblätter bedeckt mit Spielkarten von
Hans Forßer, Kartenmaler in Wien, abgeloft wurden.
Einige Bögen find arg von Motten benagt worden; die
defecten Vorflellungen des einen werden aber durch
beffer erhaltene des andern ergänzt. Sie repräfentiren
Spielkarten von zweierlei Format. Von dem kleineren
Formate gehen 40 Karten auf ein Folioblatt, von dem
größeren 32. Die jetzigen Folioblätter bildeten ur-
sprünglich große Foliobögen, welche durch den grau-
famen Buchbinder gewaltfam zerfchnitten wurden,
unbekümmert, ob die Figuren ganz blieben oder ver-
ftümmelt wurden. Die kleineren Karten haben 62 Mm.
Höhe, 48 Mm. Breite, Figurenhöhe 55 Mm.; die
größeren 77—80 Mm. Höhe, 49—50 Mm. Breite,
Figurenhöhe 77. Wir fehen an den Karten das alte
deutfehe Spiel, wie es noch jetzt unter dem Volke in
Ober-Oefterreich verbreitet ift, inEichel, Grün, Schelle,
q*
cxx
Herz, Ober, Unter, K »ige und Affe zerfallend. Die
Letzteren prunken auf breiten Fahnen ; die Könige
paradiren auf ftolzen aufzeigenden Roffen, die Ober
lOfficiere'i mit langen Schwertern, Partifanen, Streit-
kolben, Donnerbüchfen, die Unter Hellen Trommler,
Pfeifer, Fähnriche, Hellebardiere, alle in Landknechts-
tracht vor. Die Figuren find kühn und ausdrucksvoll,
von trefflicher Charakteriftik. In den Blättern, welche
vom Unter herabfteigen die fogenannten Farben),
kommt erft der derbe Volkshumor zur Geltung. Da
fehen wir Nachteulen Schellenfechs), Geier, Gänfe,
Hunde, Schweine, Hirfche, Steinbocke, machtige
Humpen i. Herzfünf uml Her/acht In den Thiergeftalten
ift nichts kalt und trocken, alles in lebendiger Bewe-
gung. Befonders da- Schwein muß zu ergötzlichen
Scenen herhalten. Oefter erfcheint das Wappen der
Stadt Wien Herzvier) oder der öfterreichifche Binder-
fchild (Herzfechs), ebenfo die Jahrzahlen derEntftehung
1565 und 1568 (Schellendrei). Auf einem breiten Bande
in Mitte mancher Folioblätter ift in lateinischer Capi-
talfchrift zu lefen: Hans Forfter, Kartenmaller zu Wien
Der Name des Künftlers ift auch auf Herzdrei der
Farbenblätter zu lefen. Von allen Folioblattern trägt
nur eines Spuren der Bemalung.
Schon früher einmal, es war im Jahre 1882, wurde
derfelbe auf Kartenblatter in den Deckeln des koft-
baren Werkes von Wirrich, Befchreibung des Beilagers
und Hochzeit des Erzherzogs Karl von Steiermark mit
Maria von Bayern Wien, Blafius Eber 1571) aufmerk -
fam gemacht. Sie wurden forgfältig abgelöft und er-
gaben 6 Folioblätter mit je 16 Spielkarten. Sie find
74 Mm. hoch, 47 Mm. breit, die Höhe der Figuren
70 — 73 Mm., letztere viel fchärfer frifcher und beffer
erhalten als die in der Foliobibcl verfteckten. Die Ein-
theilung in Affe, Konige u. f. w. ift wie oben gefchildert.
Einzelne Motive kehren aus den früheren Blattern
wieder, doch kommen auch ganz neue Figuren oder
veränderte Aufladungen vor, welche beweifen, dafs
dem Maler Forfter im Jahre 1573 (diefe Jahrzahl finden
wir auf Schellendrei, den Namen auf breitem Spruch-
bandes an Humor und Erfindungsgabe nicht ärmer
geworden fei. Die Verzierungen auf der Rückfeite find
hier, wie bei den früheren Karten, franzöfifche Lilien,
jede in eine Raute geftellt.
76. Confervator Sclimoranz hat der Central-Com-
miffion einen weiteren Bericht über die in letzter Zeit
durchgeführten Reftaurirungen vorgelegt. Bei der
Kreuzkirche in Chrndim wurde ein neues Friedhofthor
mit abgetreppten Giebeln aus Quadern aufgeführt. Bei
der Michaeler Kirche in derNeuftadt zuChrudim wurden
ebenfalls Reftaurirungen vorgenommen und an den
Wanden die Grabfteine aufgeftellt. An der Pfarrkirche
in PfeUnu wurden einige Reparaturen durchgeführt und
die Cramu/in'fchen Fresken gut ausgebeffert.
Weiter berichtete derfelbe Confervator, dafs im
Jahre 1886 die Reftaurations-Arbeiten an der Decanal-
Kirche in Hohenmauth rüftig fortgeführt wurden. Befon-
dere Aufmerkfamkeit mußte dem füdlichen, fehr fchad-
haften Seitenfchiffe zugewendet werden. Man erkannte,
dafs die Mangel in der fchadhaft gewordenen Fuiula-
mentirung zu fliehen find, daher die hauptfächlichften
Verficherungs - Arbeiten dortfelbft vorgenommen
wurden. Man fand bei den an dem Mauerwerk vorge-
nommenen Reparaturen am Seiten- Portal dieromanifche
Profilirung und fogar zwei verwendbare Steinfchichten.
Das Portal wurde nun nach dem gegebenen Muller
hergeftellt. Die Reftaurirungen Collen im Jahre 1887
fortgefetzt werden.
Die kleine Filial-Kirchc zu Rvaa v wurde ebenfalls
reftaurirt.
yy. Von Seite der k. k. Statthalterei in Prag kam
der Central-Commiffion die erfreuliche Nachricht zu,
dafs Veranlaflung getroffen wurde, dafs vom Jahre 1 888
an ein allmähliges Auflaffen de^ ärarifchen Stein-
bruches am Fuße der Ruine Kiuutic erfolgen wird,
wodurch wefentlich zur Erhaltung diefer merkwür-
digen Ruine beigetragen werde, da diefelbe bisher
durch die Sprengungen und Abtragungen wefentlich
gelitten hat. Allein einen viel ärgeren und fchädlichen
Einfluß übt die von Seite des Besitzers der Domäne
Pardubic fortwährend betriebene Grabung von Straßen-
fchotter aus, die unmittelbar unter den Mauern der
Burgruine in einem umfangreichen Steinbruche be-
trieben wird.
78. Der Central-Commiffion ift feitens des hohen
Minifteriums für Cultus und Unterricht die Mittheilung
zugekommen, dafs das für die Carolinum-Capelle der
Univerfität zu Prag vom Bildhauer Etnanuel Max
Ritter v. Wachflein angekaufte Crucifix in feinem
Beftimmungsorte zur Aufftellung gebracht wurde.
79. In Betreff der Renovirungs-Arbeiten an der
Stadt-Pfarrkirche zu Linz erhielt die Central-Com-
miffion feitens der k. k. Statthalterei für Ober-Oefter-
reich die Mittheilung, dafs es fich hiebei lediglich um
Reparaturen am Thurme, den Dachungen und der
Außenfeite handelte.
80. Correfpondent Rttsingerh&t die Central-Com-
miffion auf die Kirche in Afchach bei Steyer aufmerk-
fam gemacht. Selbe wurde 1431 durch den Paffauer
Weihbifchof Mathias geweiht. 1698 wurde fie nach
Durchbrechung der Seitenmauer rechts mit einer
Seiten-Capelle und 1710 durch eine folche auf der
anderen Seite ergänzt. Diefe Capellen find derzeit fo
fchadhaft, dafs fie behördlich gefchloffen werden
mußten. Mit diefen Reparaturen wird der Zubau einer
Sacriftei verbunden und hiebei ganz im Sinne der
Central-Commiffion vorgegangen. Die Kirche befitzt
wenig Merkwürdiges. Außer einem Tauffteine aus dem
14. Jahrhundert waren nur noch die ganz verloren
gegangenen Altarbilder von Röfelfeld von Wichtig-
keit. Bei den Reftaurations-Arbeiten fand man in dem
vermauerten Haupteingange der Kirche unter dem
Thurme das im Jahre 1679 errichtete Grabmal des
Leopold Hollner von Fried-enszweig, Bürgermeifters
zu Linz, welcher in der Kirche einen Altar ftiftete.
CXXI
Der Teppichfehatz im Befitze des Mährifchen Gewerbe-
Mufeums in Brunn.
Befchriclien von Augufi Prokop, k. k. Confervator und ProfelTor, Architekt und Mufeunis Direclor.
II.
IV. Vorwurf oder Darfteilung des Teppiches.
Bezüglich der Klarftellung des bildlich Gegebenen
war die Löfung nicht fchwierig, da die Umfchriften der
Bogen und dielnfchriften der zahlreichen Spruchbänder
reichliche Anhaltspunkte und Aufklärungen gaben.
Schon Wachsmann hat im Großen und Ganzen das
richtige angegeben.
Die Idee nun, welche in den erhaltenen bildlichen
Darftellungen und Infchriften des geflickten Klöfter-
tuches zum Ausdrucke kommt, ift die meffianifchc
Propethie, fowohl des Heidenthums, als auch des alten
lYltaments; vornehmlich find es aber, in das Heiden-
thum tief hineingreifend, die weisfagenden Ausfprüche
der Sybillen, welche nebft ihren Trägerinen an der
bemerkenswertheften Stelle des Teppiches, nämlich in
der kreisförmig angewendeten Arcadenreihe ihren
Platz fanden.
Was die Anwendung und Darftellung der Sibyllen
in der chriltlichen Kunft betrifft, fo waren in derfelben
in den Kreis myftifcher Darfteilung fogar auch die
heidnifchen, alfo die mit der mythologifchen Götter-
welt in Verbindung flehenden Sibyllen, die fomit nur
in der Sage exiftirenden weiffagenden Frauen „als
Trägerinen evangelifcher Vorverkündigung in der
Heidenzeit" mit aufgenommen, weil nach der kirch-
lichen Anfchauung deren Offenbarungen fchon den
Einen Gott verkündet und die Ankunft Chrifti und
feines Reiches geweifsagt haben. Die Alten nannten
alle weisfagenden Frauen Sibyllen1; Schriften, in
welchen deren Weisfagungen aufgezeichnet waren,
nannte man bekanntlich fibyllinifche Bücher. Von
diefen letzteren fprechen im Intereffe der Kirche fchon
feit Ende des erften Jahrhunderts diverfe Kirchenfchrift-
fteller. Die griechifchen Kirchenfchriftfteller der erften
chriltlichen Zeit nannten die Sibylle gradezu eine
Prophetin und räumten den Sibyllen alfo einen Rang
ein, den fie dann in derTradition der Kirche, vornehm-
lich in der lateinifchen, fo befonders im 13. Jahrhunderte
auch behaupteten. Die aus diefer Zeit flammenden
fibyllinifchen Bücher wurden theils von Juden, theils
von Chriften gedichtet oder zufammengetragen; diefen
fibyllinifchen Büchern haben nun, wie erwähnt, die alten
Kirchenväter einen großen Werth beigelegt, daher
denn auch den Chriften damaliger Zeit der Spottname
der Sibylliflen aufgebracht wurde.
Was die Zahl der Sibyllen anbelangt, wird diefe in
verfchiedenen Zeiten und auch felbft in gleicher Zeit
verfchieden angegeben. Im 9. Jahrhunderte finden wir
z. B. durch Plotius, den Patriarchen von Conftantinopel,
die Zufammenftellung von IO Sibyllen verbreitet, wäh-
1 Siehe Ferdinand Piper 's: Mythologie der chriftlichen Kunft. Wei-
mar 1847 etc.
XIII. N. F.
rend im Chronicon pafchale deren 12 aufgezählt erfchei-
nen, wie: die Sibylla Erythrea, Hebräea, Perfica, Del-
phica, Cimeria, Samia, Rhodia, Cumana, Libyca, Tro-
jana, Phrygia, und Tiburtina.
Während Plinius, der das Wort Sibylla fogar als
Eigennamen nimmt, nur eine kennt, variirt bei verfchie-
denen Schriftftellern und Künftlern deren Zahl alfo
zwifchen 3 bis 12, ja fteigt einmal fogar bis auf die
Zahl 13 herauf.
Von allen diefen Sibyllen, vornemlich aber von der
Erithräifchen und Cumänifchen Sibylla heißt es, dafs fie
den Einen Gott vorherkündeten. Eine ganz befondere
Wichtigkeit legte man aber der Tiburtinifchen Sibylla
bei, welche vor dem Kaifer Oclavianus Auguftus Weis-
fagungen gemacht haben foll. Die Sage über diefe
Sibylla wird fchon von Schriftftellern des 8. Jahrhun-
derts und fpäter (mit Variationen) auch von Schrift-
ftellern des 13. Jahrhunderts erzählt; bei Thimotheus
(8. Jahrhundert), bei Gottfried von Viterbo (zweite
Hälfte des 12. Jahrhunderts), dann (in der zweiten Hälfte
des 13. Jahrhunderts) bei dem Verfaffer der legenda
aurea, bei Jacobus de Voragine, im Speculum salva-
tionis von 1324, bei Petrarca u. f. w.
Plotius zählt unter feinen zehn Sibyllen die obigen,
mit Ausnahme zweier, der Sibylla Hebraea und Rhodia
auf; wo endlich dreizehn Sibyllen aufgezählt wurden,
finden wir noch den Namen der Sibylla Europa,
Agrippa und der Nichaula, Königin von Saba, welch
letztere dem Könige Salomon von Chriftus und der
Jungfrau Maria und anderen bis zum Ende der Welt
reichenden Wundern geweisfagt haben foll.
Was das Auftreten der Sibyllen und ihrer Sage
in der chriftlichen Kunft anbelangt, fo finden wir in
der früh-chrifllichen Zeit, fo in den Katakomben und
deren Gemälden, Reliefs etc. noch nichts von ihnen;
desgleichen läßt fich auch keinerlei diesbezügliche
Darftellung in den Mofaiken vom 4. Jahrhunderte
angefangen in der gefammten Reihenfolge bis in die
Kunft der byzantinifchen Mofaiciften hinein, nachwei-
fen; dagegen wurde der Zeit und der Darftellung nach
die Vorftellung der Sibyllen der fpäteren abendländi-
fchen Kunft defto geläufiger und hat felbe nicht feiten
zur Ausfchmückung der Kirchen gedient; im 12. und 13.
Jahrhundert fand diefe Vorftellung, durch dogmatifchen
und hymnologifchen Gebrauch fogar angeregt, ein
neues erhöhteres Intereffe.
Insbefondere ift es aber die Sage von der Tibur-
tinifchen Sibylla, welche ftets und immer allgemeiner
im Umlauf gefetzt und benutzt wird; fo finden wir
felbe vornehmlich und zuerft wieder in der erwähnten
Kirche auf dem Capitol und mehrmals und in verfchie-
denen Zeiten dargeftellt, und fo treten uns das ganze
Mittelalter hindurch bald diefe oder jene, bald mehr
• XXII
bald S ; n auf Tafel-, Fresco- und Glas-Ge-
mälden, in Staffelei- und Miniatur-Bildern etc. enl
Wir finden diefe Darfteilung auch in den gefchrie-
benen und illuftrirten bibliis pauperum und in vielen
an den Kirchenwänden gemalten Darftellungen: fo ift
auCl_ - Ematts-Kirche in i
Karl IV. flammende
che Darfl Bekanntlich ilt der Kreuz-
gang ringsum, ganz in der Weife der biblia pauperum,
mit Darfteilungen aus dem alten und neuen Telia-
mente bemalt. Eine ahnliche Darfteilung finden wir
unter den erft in neuerer Zeit entdeckten Fresken einer
d£r kor-Utnganges der Barbara-
Kirche in Kuttenberg.
In fpäterer Zeit liebte man es immer mehr und
mehr, das Bild einer Sibylle auszuführen. Die chriftliche
Kunft der RenailTance läßt aber die Sibyllen fallen;
bald nach der Zeit, wo auch ein Michelangelo, ein
Raphael die Vorftellung und Sage der Sibyllen durch
ihre Kunft verewigt hatten, war nämlich dadurch eine
Wendung eingetreten, dafs man Ende des 16. Jahr-
hunderts die Echtheit der llbyllinifchen Orakel beftrit-
ten und nachgewiefen hatte, dafs felbe fämmtlich. foweit
fie den Einen Gott und Chriftum verkündigen follten,
unterfchoben feien, wodurch fie alfo der chriftlichen
Kunftübung entzogen wurden, wenn auch noch im
17. und 18. Jahrhunderte für die Sibyllen felbft ein
gewifies Interefle geblieben war.
Piper führt in feinem angezogenen Werke eine
ganze Reihe von künftlerifchen Darftellungen der
Sibyllen an, wovon hier des fpäteren Vergleiches wegen
franzofifche Holzfchnitte und auch Tapeten letztere im
Mufeum Cluiiy, vom Anfange des 16. Jahrhunderts
erwähnt fein mögen, welche die Sage derTiburtinifchen
Sibylle und des Auguftus neben anderen biblifchen
Darftellungen zur Anfchauung brachten; in den, in
einem Exemplar in der k. Bibliothek zu Berlin befind-
lichen .Zwölf llbyllinifchen Weisfagungen viel wunder-
barer Zukunft vom Anfang bis zum Ende der Weif.
Frankfurt 1531, fehen wir die zwölf Sibyllen mit einem
Spruchzettel ausgeftattet, in Ouartgröße, in Holzfchnitt
abgebildet. Es durfte nicht ohne Intereffe fein, die Art
diefer Darftellungen der Sibyllen mit jenen auf unferem
Teppiche in Vergleich zu ftellen.
Diefe erfteren Abbildungen zeigen uns :
Sibylla Perfica, mit Gold geziert und gefchleiert.
Libyen, mit einem Rofenkranze auf dem Haupte.
Delphica, fchwarz bekleidet mit einem Hörn in der
Hand.
Citneria , eine hübfehe Frauengeftalt mit langem
blonden Haar.
Samia, unter den Füßen ein Schwert, eine Hand auf
ihre Bruft gelegt.
Cumana, unbedeckten Hauptes mit güldenem Kleide,
in der rechten ein aufgethanes fubtiles Buch.
Hellefpontica, als altes Weib mit beurifchem Purpur-
ande, gebunden mit einem alten Weiler; um
ihre Kehle hat fie ein alt verworfen Kleid ge-
wickelt.
Pkrygia, rothes Kleid, bloße Arme, die Haare offen
über den Rücken flatternd mit einem Finger nach
oben zeigend.
Europa, jung mit rothfarbig fcheinendem Angefleht,
das Haupt umwickelt mit einem feinen Schleier,
bekleidet mit roth güldenem Kleide, mit einem
Brieflein in der Hand.
Ttburtina, rothes Kleid, Bockhaut von oben herab auf
dem Hälfe und über die Schultern, unbedecktes
Haupt mit Haarlocken und Bücher in der Hand.
Erithrea, die edellte Sibylla, faft alt und etlicher-
maßen unter ihrem Angefleht betrübt, mit einem
N mnenkleide angethan, hat einen fchwarzen
Weiler auf ihrem Haupte, ein bloßes Schwert in
der Hand und unter ihren Füßen einen güldenen
Ring, geziert mit Sternen als Himmel.
ippa, war faft jung, rofenfarb Kleid und Mantel,
halt die Hand in den Schoß, fieht mit Verwun-
derung gegen den Himmel und halt in der linken
Hand einen Brief.
V. Detail-Befchreibung des Mufeal-Teppiches.'
„Der Vorwurf der ganzen Darfteilung bezieht fiel), wie fchon erwähnt-
auf die diverfen Cbyilinifchen Prophezeiungen über die Ankunft
Erlöfers, die endlich mit dem Siege der Kirche ihre Erfüllung
finden, welche Idee sagt nfcheinlich auch den Mittelpunkt der
ganzen Darfteilung einnahm. -
Es find zwar in der Mitte des Teppiches nur fehr
wenige Anhaltspunkte für diefe Darftellung vorhan-
den, da das Centrum eben fehr gelitten hat: aber das
wenige Erhaltene und die Art, wie die obige Darftel-
lung das ganze Mittelalter hindurch gebräuchlich war,
fprechen dafür, dafs unfere obige Anfchauung auch
wirklich die richtige fei. Wir finden nämlich links die
Spuren einer Figur, von deren Haupte eine Krone fallt
und deren Hand ein Speer entgleitet, während diefer
Figur gegenüber die Refte einer anderen weiblichen
Geftalt hier nur Kopf und Hände) zu fehen find, die
eine Krone auf dem Haupte hat, und welche mit den
Händen ein großes Kreuz umfaßt hält; diefes und
Spuren eines Ungethüms des Kopfes desfelben) zu
den Füßen diefer rechts flehenden Geftalt laffen felbe
als die triumphirende Kirche deuten, welche zugleich
den Satan überwunden hat, während die einmal be-
standene Figur zur Linken die finkende befiegte
Synagoge vorgeftellt hat.
Der Schrifttext des Spruchbandes über den zwei
Geftalten deutet gleichfalls daraufhin. Die Worte bei
der Geftalt der triumphirenden Kirche find einem aus
dem Briefe des heiligen Apoftels Paulus an die Galater
(6, 14) entnommenen Schrifttext entlehnt: _Mihi absit
gloriari nisi in cruce Domini nostri Jefu Chrifti) —
Fern fei von mir, mich zu rühmen, außer im Kreuze
unferes Herrn-, während das Spruchband über der die
Synagoge vorrtellenden Figur einen Theil aus den
Klageliedern des Propheten Jeremias (1, 16) enthält,
welcher lautet: -Ego plorans et oculus meus deducens
aquas Ich weine und mein Auge gibt
Wafler"
Das diefes Mittelfeld umziehende Zirkelband läßt
die Worte erkennen: -Isaias cecinit, sinagoga memi-
nit vatibus gentilibus sibillis".
Konnte man auch bisher die fehlenden Worte nicht
ergänzen, fo läßt fich doch die enge Beziehung der
Infchrift zur oben erwähnten Haupt-Compofition nicht
1 Derfelbe wir bereits r88s im k. k. <ifterreichifchen Mufeum für Kunft
und Induftrie ausseftelll, auch bei der Ausftellung kirchlicher Kunft i88; im
felben Mufeum zur Ausftellung gelangt.
CXXIII
verkennen, denn neben dem Repräfentanten der in der
Synagoge treu bewahrten Prophetie, neben Ifaias wird
hier auch der Weifagung des Ileidenthums durch die
Sibyllen Erwähnung gethan.
Die Entzifferung der Spruchband-Texte war nicht
leicht, weil oft viele Worte fehlen, und zur Entzifferung
und Beftimmung einzelner Texte eine genaue Kennt-
nis der kirchlichen Symbolik und aller kirchlichen
Schriften etc. Vorbedingung ift: Bei diefer Arbeit
wurde ich nun vornehmlich und auf das freundlichfte
von Dr. Hodr, Profeffor der Theologie in Brunn, unter-
llut/t.
In der um das Mittelfeld kreisförmig herum grup-
pirten Arcadenreihe finden wir in den Einzelnfeldcrn
u Sibyllenfiguren, deren Namen in den Vollbögen der
Arcadenfelder deutlich zu lefen und zu erkennen find;
die die einzelnen Figuren umziehenden Spruchbänder
enthalten durchwegs meffianilche l'rophetien; die erfte
Sibylle ift:
i. „Sibilla Heritreau (die erythraifche Sibylle),
deren Spruchband den Text enthält: „Jacebit in
Eeno agnus et puellari officio educabitur Deus et
homo — Es wird liegen im Heu das Lamm und
durch den Dienft eines Mägdleins erzogen werden
der Gottmenfch".
Wir finden die erythraifche Sibylle jung, mit lang
herabwallendem blonden Haare, mit einem gelben
Unter- und einem gelben rothgefütterten Oberkleide;
in der linken Hand hält fie Blumen. '
2. „Sibilla Cumana" (die Sibylla von Cumä)
fpricht nach ihrem Spruchbande : „Jam redit virgo,
redeunt Saturnia regna — Schon kehrt die Jung-
frau wieder zurück, es kömmt wieder das Reich des
Saturnus-', hier im Sinne des himmlifchen Reiches.
Bekanntlich hat uns diefen Spruch auch Virgil als
Prophetie der cumänifchen Sibylle in feiner IV. Ecloge
wiedergegeben, diefelbe jedoch willkürlich auf die
Geburt eines Sohnes des Confuls Afinius Pollio
bezogen.
Das Bildnis der Sibylle präfentirt fich in jugend-
licher Geftalt, das Haar in Zöpfen zu einer Frifur auf-
gebaut; das Unterkleid ift von grauer Farbe, das
enganliegende Oberkleid von grüner Farbe mit einer
gelben Bordüre, hat Bruftlatz und Puffenärmel; in
den Händen hält die Sibylle ein aufgefchlagenes Buch.
3. „Sibilla Samia" (die Sibylle von Samos). Die
mit einem weißen Kopftuche verfehene Frauengeftalt
trägt ein rothes Unterkleid, darüber einen Mantel von
gelber Farbe; die Sibylle hält in beiden Händen eine
Wiege. Das Spruchband enthält die Worte: „Nascetur
de paupercula et beftiae gregis adorabunt eum — Er
wird von einer Armen geboren werden und die Thiere
der Herde werden ihn anbeten-'.
4. „Sibilla Perfica" (Die perfifche Sibylle) eine
fchöne Frauengeftalt, hat lange, vorn und rückwärts
über die Schultern herabhängende Locken, ein eng-
anliegendes graues Oberkleid, welches unten durch
eine vierfache Bordüre von gelber Farbe verziert
erfcheint; über die Schultern hat die Geftalt ein grün-
gelbes rothgerändertes Tuch gefchlagen. Sie weifet
mit der linken Hand in die Höhe, während die rechte
1 Die Contourirung der Zeichnung, die Gewandfalten und die Begrün-
dung der Schattenpartien ift der Farbe nach roth, grün, gelb etc. je nach der
Farbe des Localtoncs der Kleiderpartie.
einen glockcnähnlichen Korb oder eine Laterne trägt.
Im Spruchbande lefen wir: „Videbunt omnes regem
viventium teneb — Es werden Alle fehen den
König der Lebendigen. . . \
5. „Sibilla Libica" (die lybifche Sibylle) ift von
blondem Haar, das fie unter einem braunen lim. hen
in Scheiteln trägt; das Kleid ift von rother Farbe. 1 >ie
Sibylle halt mit beiden Händen einen Speer. Der Text
des Spruchbandes ift nicht zu entziffern. „Egredietur
.. 1
6. „Sibilla Europa (die Sibylla Europa) erfcheint
dargeftcllt mit einem weißen Kopftuche, gelbgrünen
Ober- und Untergewande, welche reichgefchmückte
edelfteinbefetzte Bordüren zeigen; außerdem fehen
wir ein lichtgraues Unterkleid vorftehen; mit der
rechten Hand fcheint fie einer Erklärung Nachdruck
geben zu wollen, während fie in der rechten ein blankes
Schwert trägt, liier lefen wir: „Egredietur Dominus
de utero virginis et dominabitur in filencio — I
wird hervorgehen der Herr aus dem Schöße der Jn
frau und wird herrfchen mit Schweigen".
7. „Sibilla Cyemeria" (die eimmerifche Sibylla)
hat ein hübfehes jugendliches Geficht, das von dem
rothen Befatze einer haubenartigen Kopfbedeckung
eingerahmt erfcheint; fie trägt ein weitärmeliges be-
fetztes Untergewand, darüber ein lichtgraues Ober-
kleid, deffen reiche Bordüre mit Edelfteinfchmuck
befetzt ift. Die Figur hält beide Hände über die Bruft
gelegt und trägt in der linken eine Wirtel. Im Spruch-
bande fleht: „Sedit virgo pulcra nutriens puerum,
quem gentes — Es faß die fchone Jungfrau,
während das Kind, welches die Völker"
8. „Sibilla Agrippa". Die Geftalt der Sibylla
Agrippa hat ein braunes Kopftuch, unter welchem die
in Flechten gelegten Haare vortreten: ein lichtes
röthlichbraunes Unterkleid wird von einem grünen
weitärmeligen Oberkleide überdeckt, welches am
Rande eine gelblichgrüne edelfteinbefetzte Bordüre
zeigt; ihre Rechte trägt eine Doppelgeißel. Der Text
des Spruchbandes läßt fich nur theilweife entziffern:
„ bit et ab hominibus conculcabitur —
und wird von den Menfchen getreten werden".
9. „Sibilla Tyburtina^ . Die Sibylle vonTibur zeigt
ein von braunem in Flechten gelegten Haare einge-
rahmtes niedliches Geficht, der Kopf ift mit einem
lichtbraunen Hütchen bedeckt. Ein gelblichbrauner
rothgefütterter Mantel ift über das lichtgrüne am Hälfe
bordirte Unterkleid geworfen. Die Figur hält die linke
Hand erhoben, während die rechte den Mantel zufam-
menfaßt. „Confilium firmabitur in coelo, et annuncia-
bitur virgo in terris — -Es wird derRathfchluß bekräftigt
werden im Himmel und verkündet werden die Jung-
frau auf Erden".
10. „Sibilla Dclphica" . Das Spruchband der
delphifchen Sibylle zeigt leider keinen Text mehr.
Die fie darfteilende Figur hat fehr langes, frei herab-
wallendes blondes Haar, ein graues weitärmeliges
bordirtes Kleid, darüber einen lichtbraunen Ueber-
wurf gelegt, de hält beide Hände vor fich, als wenn
fie etwas deuten oder erklären wollte.
11. „Sibilla (Hellcspontica)" , wie fich der Eigen-
namen ganz beftimmt ergänzen läßt; auch hier ift der
1 Nachdem bislang der Text der Oracula Sibyllina nicht zu bekommen
war, konnten obi^e fehlende Worte von Dr. Horfr nicht ergänzt werden
iXXIV
Text des Spruchbandes verfchwunden. Die helles-
pontifche Sibylle tragt auf dem Kopfe ein enganlie-
dcs weißes Tucli, hat ein grünes Kleid und ein
rothes Obergewand; die Geftalt hält mit beiden
Händen ein großes Kreuz vor (ich.
12. „Sibilla Frigeaa. Im Spruchbande der phry-
gifchen Sibylle lefen wir: „Annunciabitur Dominus in
Xalareth et nascetur in Betlehem — Der Herr wird
verkündet in Nafareth und geboren werden in Bet-
lehem". Unter einer haubenartigen Kopfbedeckung
fehen wir das Haar in Flechten gelegt;, die Gellalt
zeigt ein gelbes Unterkleid, darüber ein graues roth-
gefuttertes Obergewund. deffen grüner Befatz reich
mit Edelfteinen geziert ift. In der linken Hand hält fie
eine rothe dreifach getheilte und flatternde (Kirchen-
Fahne, während fie die rechte wie fegnend von fich
ftreckt. '
Dies wären alfo die zwölf Sibyllen. Die in dem
zweiten äußeren Zirkel- oder Kreisbande angebrachte
Infchrift ift leider lückenhaft und ließ fich bisher nicht
entziffern, doch glaubte Dr. HoJr aus dem wieder-
kehrenden Reime fchließen zu dürfen, dafs der Text
ein Bruchftück eines Weihnachts-Hymnus bilde: Das
Vorhandene des Textes lautet: vel vetera cur
dam-^o)-naberis gens misera, qu (em) docet littera
natum considera ipsum genuit puerpera littera
enim oeeidit Spiritus autem vivificat nam si .... g.fa
(gloria ?) est multorum .... habenda est misterium
infelix — oder altes, warum wirft du
geftraft werden, elendes Volk, von ihm fagt die
Schrift, dafs ihn brachte, erwäge, eine Kindbet-
terin zur Welt denn der Buchftabe tödtet, der
Geilt belebt, denn wenn .... Ruhm ift vieler ....
befitzende (habende) ift ein unglückfeliges Geheim-
nis
Nun komme ich fchließlich zur Befchreibung der
feenifchen Darftellungen in den Ecken, wovon drei
erhalten find; diefelben laffen fich nach den Infchrif-
ten der Spruchbänder ebenfalls ganz genau beftimmen.
I. Die Darftellung, ja auch das ehemalige Bild in
der zu Grunde gegangenen linken oberen Ecke läßt
fich leicht fixiren, obwohl hierfelbft bis auf eine Figur
alles fehlt; wir fehen hier nur einen Mann in einem
lichtblauen Rocke mit rothbraunem Befatze, über
welches er ein grünes Obergewand mit weißem Kragen
gefchlagen hat; die Füße find mit rothbraunen
Strümpfen und Schuhen bekleidet; der Gegenftand,
den er in der rechten Hand halt, ift nicht zu erkennen.
Alles andere diefes vierten Eckbildes fehlt nun, wie
gefagt, gänzlich.
Man wird aber kaum fehl gehen, wenn wir als
Vorwurf diefes erften Bildes eine der älteften und
bekannteften Traditionen über Sibyllen annehmen,
und zwar die Sage der cumänifchen Sibylle, welche
dem Könige Tarquinius Superbus die Sibyllinifchen
Bücher zum Kaufe angeboten hatte. Ihre Weisfagungen,
der Lehre der Propheten nahekommend, verkündeten
deutlich nach der früheren Annahme die Zukunft
Chrifti. Wir können uns alfo wohl die erfte Ecke in
folgender Art ergänzt denken: Konig Tarquinius, auf
dem Throne fitzend, vor ihm die Sibylla mit einem
oder mehreren der fibyllinifchen Bücher; eine folche
1 Dircclor Dr. Ilg erkennt in den diverfen Beigaben der Figuren die
Marterwerkzeuge des Erlöfcrs.
Darfteilung würde fich den folgenden Darftellungen
oder den Scenen der drei übrigen Ecken, der chronolo-
gifchen Reihenfolge nach, entfprechend einfügen, es
würden dann nämlich zweien Darftellungen aus der
heidnifchen Zeit zwei Vorbilder aus der altteftament-
lichen Zeit folgen.
II. Denn die Ecke rechts oben bringt uns die
Sage von der vor dem Kaifer Auguftus erschienenen
tiburtinifchen Sibylle zur Darftellung. *
Die Infchrift im Spruchbande legt der Sibylle
die bekannten Worte in den Mund : „Hie puer maior
te est, Sibilla tibi — Diefes Knäblein ilt großer als
du, fagt dir die Sibylla" Auguftus antwortet: ,.Haec est
ara Filii Dei, ergo hie te adoro. Haec 06lavianus. —
Dies ilt der Altar des Gottesfohnes, alfo bete ich dich
hier an; dies fagt 0<5tavian".
Wir fehen in der Darfteilung den Kaifer Auguftus
auf den Knien liegend, eine (deutfehe) Kaiferkrone auf
dem Haupte, einen gelben mit blauen Ornamenten reich
verzierten Kronungsmantel angethan, der den Kragen
und die weiten Aennel mit Hermelin befetzt hat.
Der Kaifer, vor dem ein Scepter liegt, hat beide
Hände zum Gebete gefaltet. Links von ihm fteht die
Sibylle in einem grünen roth befetztem Aermel-
gewande, über welches fie ein lichtgelbes mit einem
[weiß und grau) quadrirten Stoffe gefüttertes Ober-
gewand trägt; das fie mit der Linken zufammenhält,
während fie mit der Rechten dem Kaifer das in den
Wolken erfchienene, von Lichtftrahlen umgebene
Himmelsbild weifet.
III. Nach dem Texte der Spruchbänder der in der
unteren rechten Ecke dargeftellten Scene fehen wir
die Königin Efther vor uns, wie fie, auf den Knien
liegend, den König Affurus für ihr Volk um Gnade
fleht; Efther erfcheint uns hier als das Vorbild der
feligften Jungfrau Maria. Dem auf einem Throne
fitzenden Könige werden nach dem Texte folgende
WCrte in den Mund gelegt: „Quae est petitio tua,
Helfer? Si dimidiam partem regni mei petieris impe-
trabis — Was ilt dein Begehren, Efther? Wenn du
auch die Hälfte meines Reiches verlangteft, wirft du fie
erhalten.- Die vor dem Könige knieende Efther aber
bittet: „Si inveni gratiam in oculis tuis, o rex, dona
mihi animam meam et populum meum — Wenn ich
Gnade gefunden in deinen Augen, o König, fo fchenke
mir mein Leben und mein Volk". Neben Elther
fteht eine zweite Frauengeftalt und hinter diefer Aman,
denn in dem Spruchbande oberhalb diefer Figur fteht:
„Hostis et inimicus noster pessimus iste est Aman —
Unfer Feind und Widerfacher ift diefer bitterböfe
Aman" (Buch Efther 7, 2 — 6).
Wir fehen in der Darftellung den König Affurus
in einem grünen Königsmantel, deffen Kragen und
Aermelränder hermelinbefetzt lind, auf einem Throne
fitzen, wobei er die mit fchwarzen Bundfchuhen be-
1 Von Cacfar Octavianus heißt es, dafs er die Tiburtinifche Sibylla zu
fich befchieden habe, um fie über einen vom Senate geftelltcn Antrag, nach
welchem ihm gottliche Ehre erwiefen werden folltc, zu bt-fragen, worauf ihm
die Sibylla geantwortet habe, dafs vom Himmel derjenige Konig kommen
werde, welcher es dann auch in Ewigkeit bleiben werde. In diefem Momente
habe fich vor dem Auguftus der Himmel geöffnet und foll ihm, in den Wolken
auf einem Altare flehend, eine Jungfrau von herrlicher Schönheit mit einem
Knäblein im Arme erfchienen fein; auch eine Stimme ließ fich vernehmen:
Haec ara filii dei etc. — Oclavianus Auguftus fiel hierauf betend in die Knie
und gab fodann auch dem Senate von diefer Vifion Kunde. Der Sage nach
foll fich diefe Vifion in dem Gemache des Auguftus ereignet haben, an dcfl"en
Stelle fodann de noch jetzt ftehende Kirche St. Maria in Capitolio erbaut
worden fein foll, die daher auch den Namen St. Maria Ara codi erhalten hat.
cxxv
kleideten Füße vorgeftreckt hat. Der gothifche Thron-
feffcl ift von brauner Farbe, roth gerändert und eigen-
thümlich geformt ; die Seite und hohe Lehne desfelben
ift mit romanifirenden doppelfenfterähnlichen Oeff-
nungen verfelien, fo dafs der Thronfeffel im erften
Momente mehr einem Gebäude, als einem Throne
ähnelt.
König Affurus hält in der Rechten das Scepter,
begrüßt die knieende Kllher, welche beide Hände
bittend vor fich gefaltet halt; fie hat ein gelbes,
mit grünem Ornamentwerk damaftähnlieh decorirtes
Schleppkleid, die engen Acrmel desfelben gepufft; von
der rechten Hüfte hängt ein Täfchchen herab. Die
hinter ihr ftehende Frauengeftalt trägt ein blaßblau-
griines Kleid, darüber ein rothgerändertes erdfarbiges
Obergewand; die Schultern bedeckt ein brauner
Kragen, während ein reicher Halsfchmuck bis zum
verzierten Bruftlatz herabhängt; auch diefe Gen alt
hält beide Hände vor fich und dürfte wohl eine der
Hofdamen der Königin vorftellen. Aman's Kopf
bedeckt ein Baret; er zeigt in feiner Edelmannstracht
ein rothes Gewand und ein blaurothes wechfelfarbiges
Beinkleid; ein brauner, von zwei Horizontalftreifen
durchgezogener Mantel hängt leicht von feinen Schul-
tern herab; während die Linke den Schwertknopf
niederdrückt (denn das Schwertende ift aufgerichtet),
halt er die Rechte vorgeftreckt. (Nach diefer Figur,
welche ihrer Gewandung nach am fpäteften fällt, muß
der Teppich aus der Zeit nach 1500 [1520] fein).
IV. In der vierten Ecke (links unten) finden wir
den König Salomon, da auch er als ein Vorbild des
Mcffias angefehen wird. Salomon fpricht folgende
Worte: ,,Appone cor ad doftrinam meam quae pulcra
erit tibi, cum servaveris eam — Nimm zu Herzen
meine Lehre, die fchön für dich fein wird, wenn du fie
behältft" (Spruch Salomon 22, 17, 18). Die vor ihm
knicende Nichaula, Königin von Saba, aber fpricht:
„Maior est sapientia tua, quam rumor, quem audivi
in terra mea — Größer ift deine Weisheit, als das
Gerücht, das ich gehört in meinem Lande" (III. Buch
der Könige 10, 6, 7).
Im Spruchbande einer Seitenfigur liehen folgende
Worte: „Thronus ejus i;i aeternum firmabitur — Sein
Thron wird ewiglich beftehen". Alfo auch eine
meffianifche Weifagung.
König Salomon fitzt in einem mit Hermelin reich
gefchmückten Mantel auf einem ahnlich wie früher
geftalteten Throne, hält in der Rechten ein Scepter,
während er die Linke der vor ihm knieenden Konigin
entgegenftreckt; felbe hat ein lichtgrünes rothaufge-
putztes Schleppkleid; während von den hinter ihr
knieenden Frauen die eine ein lichtgrünes Kleid, dar-
über einen roth- und weißgeränderten Kragen ti
hat die zweite ein grünes Unterkleid und ein licht-
braunes wcitärmligcs befetztes Obergewand; die erfte
hält Blumen in der Hand, während die zweite ein
Käftchen trägt.
Im Großen und Ganzen läßt fich alfo die auf diefem
ehemaligen Prunkteppiche, der feiner Form nach als
Fußteppich gedient haben muß, zur Darftellung ge-
bracht- Idee vollftändig erklären, wodurch uns der
Teppich, diefes geflickte Kloftertuch, im ehrwürdigen
Alter von circa 400 Jahren nur um fo intereffanter
erfcheint; von den erwähnten Defecten abgefehen,
fehen wir in diefem Teppiche wegen feiner fonftigen
ausgezeichneten Confervirung und der Seltenheit der-
artiger erhaltener Stücke wohl unleugbar einen koft-
baren Schatz der Textilkunft und zwar fowohl in
Bezug auf die Darftellung und die Art derfelben, als
auch, was den Reichthum und die Fülle der Orna-
mentik und der Decoration, die Menge der ange-
brachten Figuren, die harmonifche Farben-Gruppirung
und endlich auch die Technik betrifft.
Grabftätten deutfeher Studenten in Italien.
Von Arnold Lufchin v. Ebengreuth.
III. (Schluß.)
30. Des Grafen Joliawt von Martinitz, f 1636 in
der Andreas-Kirche, und zwar auf der Evangelienfeite.
Unter einer neunzinkigen Krone erblickt man den
Wappenfchild (in roth zwei filberne aus gemeinfehaft-
licher Wurzel an langen Stielen emporgewachfene und
einwärts gekehrte Seeblumenblätter, zwifchen diefen
einen goldenen achteckigen Stern) und in weißfehwarzer
Umrahmung die Infchrift:
A • M • D • G
IOA • IAROSLAVS BORZITA | S • R • I • COMES DE
MARTINIZ PRÄGEN- | tIAROSLAI ILLIVS FILIVS | QVI
NON ABIIT IN CONSILIO IMPIORVM | ADEOQVE
PER FENESTRAS AB HARETICIS EIECTVS | AT SOS
PES EVECTVS ESTl | ANGELICO ANIMI CORPORISQ^
PARIS ACCEPTI CANDORE | NOTABILIS ET SENIS
APPARVIT |VBI DVODE VIGESIMO ANNO | PLENA
HVMANA PVBERTATE. SPECIE ANGELICA PHILO
SOPHICA SCIENTIA, | GENVINAS CVM AQVILONA
RIB • DRACONIB • PVGNAS IMPENDIO MOLIENS |
TAM AD CELESTES TRIVMPHOS | ET AD SVA
REGINA REGNVM EVETERI EIVS CIVITATE VOCA
TVS | AN REVOCATVS | DVLCES EXVVIAS, DVLCE
DECVS NOBIS RELIQVIT- | ] [ • VI CAL • MART •
MDCXXXVI-
Im Fußboden lafen Ugurgieri und Pecci noch auf
der Gruftplatte:
A . M . D . G .
Joanni Jaroslao
Borzitas S. R. I. Comiti
de Martiniz
Juniores fratres
Posthumi Advenaj
CXXV1
Posthumum lapidem
tristis adventus testem
fraterni amoris lydium
postremi officii terminum
P. P. P. P.
Anniversaria die
] [. VII Cal. Mart. MDC.XL.
DerVerftorbene trat am iS. Juni 1635 der deutfchen
'ii bei, und muß hier fehr beliebt gewefen fein.
Ein Beifatz zu feinem Namen in der Herrenmatrikel
meldet nämlich: „vixit summa cum laude, suorum
dolore sodalium mortuus, sepultus Sienis in ecclesia s.
Andreae apostoli, cuius memoria ibidem spectanda."
Die Jüngern Brüder, welche den Gruftftein widmeten,
find der Propft von Vysehrad Ferdinand Leopold
Benno, und Maximilian Valentin, Grafen von Martiniz.
Ihre Einträge in die deutfche Herrenmatrikel find vom
2S. Odober 1
31. Des Petrus EJeghaffo} 1470 in der alten Kirche
s. Stefano, und zwar an der Schwelle der Sacrifteithür.
Die Infchrift:
5- PETRVS • DE • IOHAN
NES • ELEGHASSO • DE-
ALAMAGNIA-M
CCCCLXX- —
ift deutlich, doch offenbar verderbt, fie gemahnt
einigermaßen an den Namen Elgaft, dem wir um jene
Zeit wiederholt in der Erfurter Matrikel begegnen. '-
Der Wappenfchild ober der Schrift zeigt einen nach
rechts gewandten Falken auf einem Dreiberg, demnach
eine von den ufterreichifchen Ellegalt Siebmacher III,
gänzlich verschiedene Figur. Der Stein liegt im
Fußboden, ift 75 Cm. hoch und 50 Cm. breit.
Pecci hat ferner in Schrift und Bild uns Nachricht
von folgenden Denkmalen hinterlaffen, welche ich nicht
mehr auffinden konnte:
32. Des Peter Bart von Oppcnlieim, f 1474 <vFol.
128', Nr. 553 . Im Convictsgebäude der Sapienza im
Pfiafter der Kirche della Misericordia linker Hand vom
Hoch- Altar:
Gefpaltener Schild belegt mit einem rechts-
fehenden bärtigen Kopf und einem geftürzten Anker,
unterhalb in 6 Zeilen:
S-d-PETRI-bART-aE-OPE | EHEY- aE ALAMANIA |
IVR • PÖTIF1CII • SCOLA | RIS -aObUT • ANO- DM
M'CCCC LXXIIIIDIE-XX-AVGVSTI-CVIVS |
AlAREuESCAT-I-PACE-
33. Im Pfiafter der nämlichen Kirche befand fich
nach Pecci 's Angaben eine Gruftplatte, mit der
Infchrift:
RODVLFVS IACET HOC LICE Pecci Lieh)
NTIATVS CZIGLER MARMORE
IVRIS VTRIVSQVE. HVNC KK?H(Pecci hoc)
ORDIA PREBVIT DECOREM [Pecci Decomm)
QVI VIXIT STVDVITQVE OBIIT
AN M III D X» KAL
IANVARII
1 Z. E. 1483, 3. Nov. Johannes Elgaft de Nova Civitate oder 1491, Petrus
ü de Aldendorff. V Abdruck der A&en der Erfurter Univerfitat
!1! Bande, 1 Ii,-.:] der GeichichUqoeUeil der Provinz Sachfen. Halle.
der Wappenfchild darunter zeigt den Hirfchkopf der
Erfurter Patrizierfamilie Ziegler I Siebmacher V, 299,
Nr
Der Verftorbene wurde nebft feinen Brüdern
Johann und Sebaftian im Herbft 1496 in die Matrikel
der Univerfitat Erfurt aufgenommen,' erlangte hier
den Grad eines Licentiaten beider Rechte und begab
fich 1497 der weiteren Vervollkommnung wegen nach
Italien, wo ihn der Tod am 23-December des nämlichen
Jahres zu Siena ereilte. Die Jahreszahl ift bei Pecci
wahrfcheinlich correct und nicht in AN MDI1IX°KAL.
IANVARII umzuftcllen, fondern nur eine weniger ge-
bräuchliche Abkürzung.
34. Des Anton Bi/er van der Velden, (f 1566 im
iftinerklofter. Der Stein war fchon zu Peccis
Zeiten fo abgetreten, dafs man vom Wappen nur
Spuren wahrnahm, und dafs auch die Copie der
griechifch-lateinifchen Infchrift vielfach rathfelhaft blieb.
Eine Nachprüfung ift heute ausgefchloffen. weil das
Grabmal (möglicherweife bei der durchgreifenden
Umgeftaltung der Kirche im Jahre 1755 verloren ging.
Ich gebe darum zunächft die Abfchrift, die fich bei
Pecci findet, ganz unverändert, ehe ich die Emenda-
tionsverfuche wage.
ANI BISERIC VLIRAIECT : q^_POSTO | I CEL'-E
BERR°L^VA : GIN j IVRCI : ELÄ CV | TTRIVRQ,.
LIG : ATIQT ET HIST : CO IVR CGNIT : REPOR
TA/IT, VTI D PATa | VII ADLESCES M RE. VETE
RIRC ITER [ PEETARE T. RB : ANEDOrEL SEVE
LIGA | DN PCEPT^RI BMFCVIX : ÄN-XX , VII •
OB AN CID IOLXVI-V KL AVG-
BIIH POI NOMIKQN MErA KYAOI
EYOP0NE0NTQH, OrAoTEPOirP
HN fHPAAEOI AENOON - TH AEd>
T^NIcDAAEPOYI TYrEPAI BIÖTOI°
MEPIMNAI0HKE AEMAI YYXH
ALL APEAQKE OEQ GERFAKEBV^';
CID • IDLXVI ■ V ■ KL • AVG-
Die Entzifferung des griechifchen Textes ift Herrn
Prof. Teza in Pifa, welcher zuerft auf die Copie bei
Pecci aufmerkfam gemacht hat, beftens gelungen. Er
lieft mit Beibehaltung eines grammatikalifchen Ver-
ftoßes, den der Verfaffer aus Gründen der Metrik
beging: *
Btaripog vofiixüv fiiya xO$og hifpoveövrutv
öizT&zepos yäp r,v, yyjpaXiog ie vi^v
rr.or Buy&w aadkepoü arvyepa.s ßloroa pcpC/xvacg
^rf,/.£ Sifiag, />"/'; oaXj i-. i/;j>v.i %eta.
Die Schlußzeile „Gerardus Falkenburg, 1566, V.
Kai. Aug." erhält ihre Erklärung durch die Paduaner
Nationsmatrikel, auf welche ich fpäter zurück komme.
Schwieriger ift die Enträthfelung der lateinifchen
Zeilen, welche Herrn Prof. Teza nur zum Theile gelang.
Ich glaube demungeachtet folgende Lefung ficherge-
ftellt zu haben:
Antonii Biseri Jurisconsulti, Ultrajeftini, qui postquam
in celleberrimo Lovaniensi Gimnasio juris civilis
1 A. a. O. VIII, 2, 194: 1496 Michaelis, Rudolphus, Joannes Scbaftianus
Zcigelerenfes Fratres.
: Alti Hei R. Istituto Veneto di scienze etc.. Serie VI. Bd. III.: intorno
a due iscrizioni Senesi.
CXXVII
elementa cum utriusque legis antiquitatibus et historia
condidit, juris Cognitionen! reportavit, uti Doclor Pata-
vii adolescens niore veterüm juris consultorum inter-
pretaret. Robertus a Nedonchel Seveligae (?) Dominus
praeeeptori bene merito faciendum curavit. Vixit annos
xxvn, obiit anno MDLXVI,
V. Kaien das Augusti.
Zur Rechtfertigung führe ich drei Einträge aus der
Matrikel der deutfehen Nation zu Padua an:
S. 127. Gerardus Falkenburg, Noviomagus, 1563,
18. Nov.
S. 132. Robertus a Nedonchel, Artefius — und un-
mittelbar darunter: Antonius Biferus van der Velden,
Ultrajedlinus 7. April 1565.
Anton Bifer van der Velden nach den bekannt
gewordenen Nachrichten um das Jahr 1539 zu Utrecht
geboren, ftudirte zuerft zu Löwen. Im Jahre 1565
treffen wir ihn in Gefcllfchaft feines Zöglings Robert
von Nedonchel zu Padua, wo er vom 1. Jänner bis zum
4. Mai 1566 das Amt eines Procurators der deutfehen
Nation bekleidete und die Doctorswürde erlangte. Die
Worte: „uti Doftor Patavii adolescens more veterum
juris confultorum interpretaret" laffen eine mehrfache
Erklärung zu. Man könnte an den mos italicus1 denken,
an die Methode der italienischen Rechtslehrer, die fich
Bifer angeeignet habe; allein im Hinblick auf die zweite
Zeile des griechifchen Textes fcheint es mir wahr-
fcheinlicher, dafs damit dem jugendlichen Doclor das
gereifte Urtheil eines alterfahrenen Juriften nachge-
rühmt werden follte. Das Lob kann fich ferner auf die
bei Vertheidigung der Doclorthefen bewiefene Ge-
wandtheit allein, oder auf wirkliche Lehrthätigkcit be-
ziehen, die nicht nothwendig eine private war. Bis ins
Jahr 1560 ftand der Studentenfchaft zu Padua die Be-
fetzung mehrererKanzeln zu, aufweiche fie gewöhnlich
einzelne aus ihrer Mitte berief. Nun ift es zwar richtig,
dafs der venetianifche Senat damals die Aufhebung
all diefer Stellen mit Ausnahme der Inftitutionenvor-
träge befchloffen und auch diefe von feiner Ernennung
abhängig gemacht hatte, aber es fcheint, dafs jenes
Decret (von 7. Oflober 1560) anfänglich nicht ftreng
gehandhabt wurde, da wir noch ein paar Jahre fpäter
deutfehe Studenten im Befitz von Lehrkanzeln an-
treffen. 3
Im Frühjahr 1566 überfiedelte Biferus mit feinem
Zögling nach Siena, wo er bald darauf (am 28. Juli 1566)
feinen Tod fand und bei den Auguftinern begraben
wurde, weil die Nationsgruft bei den Dominikanern in
Vergeffenheit gerathen war. Sein Freund und Lands-
mann Gerhard Falkenburg, den wir auch fonft als ge-
wandten Helleniften kennen,2 fetzte ihm die griechifche,
fein Zögling Nedonchel die lateinifche Grabfchrift.
35. Nicolaus Ribeifen, (f 1552), unter deffen Amts-
führung 1551 die Gruft der deutfehen Juriften bei den
Auguftiner Eremiten zu Padua vollendet wurde, fand
nach Jahresfrift feine letzte Ruheftätte in der Dom-
kirche zu Siena.
D-O-M.
Nobilis ex claro majorum sanguine natus
Nicholaus Rybeisen hac requiefeit humo
\ ergl. darüber die Ausführungen bei Stintzi*: ' hte der dcul-
feben Rcchtswiffcnfchaft I, 121 ff.
5 Z. B. 1562 den Confiliar Wolfgang Caftncr im Befit.' der I.uclura feudo-
rum. Vcrgl Annalen der deutfehen Nation zu Padua, I. fol. 73.
■ f 157S, brachte es fonderlich 111 der grieohifchen Literatur
weit, yöcAer ' iclehrtcnlcx. II, 507.
Cui fortuna favens dederat naturaque dextra
In magno qua- sunt, cymque petenda viro.
Oui studii longi iamiam petiturus hon"
Praeripitur patrii spesque decusque soli.
Sed mortalis erat, tumulus mortalia condit,
Spiritus in Christi vivil agitque sinu.
N. Rybeisen Germanus, Bavarus decessit
anno- 1 »ni'M'D-LU XXIV. -mensis Aprilis • aetatis
suae XXIII.
Pecci (I, f. 98, Xr. 516 Schrader f. 94,) und auch
Chytraeus, (S. 284), welche uns die Grabfchrift über-
liefert haben, bezeichnen den Verdorbenen als einen
Bayer, er felbft nannte fich Alfatus, als er fich unter
den Begründern der deutfehen Nation zu Padua am
2. April 1546 in die Matrikel einfehrieb und ebenfo
wurde er von derfelben Quelle genannt, als er 1551 das
Amt eines Confiliars der Deutfehen bekleidete. Ich
dachte darum zuerft an jenes Straßburger Gefchlecht,
welches Siebmacher V, 233, Nr. 1 als die Reis'eifen
anfpricht und mit einem Hufeifen als Griff eines Rei-
hers (Gold in Schwarz) ausftattet; allein die Abbild
feines Schildes bei Pecci weift ihn einer anderen nun
nicht weiter bekannten Familie zu, welche als redendes
Wappen ein Küchen-Reibeifen führte. Begräbnisort
und Todesjahr trugen Freunde Reibeifen's (der auch
Ribeifen heißt) in derMatrikel nach. Gnad dir Gott. —
Sepultus Seriis. — Obiit A. 1552 haben drei verfchie-
dene Hände dem Namen beigefetzt. Dafs er, 23 Jahre-
alt, mitten in den Vorbereitungen zur Erlangung der
Doctorswürde vom Tode überrafcht wurde, meldet
uns feine Grabfchrift. Diefelbe befand fich vor Zeiten
hoch oben in der rechten Seitenwand des Doms, und
wurde von hier in die nahe Vorhalle übertragen, als
man die neue Seitenthür durchbrach.1
Die Reihe der mir bekannt gewordenen Grab-
denkmale deutfeher Studenten zu Siena wäre nun
völlig abgefchloffen. Wie lang diefelbe auch fei, fo
befteht kein Zweifel, dafs die Zahl der hier begrabenen
Deutfehen ungleich größer ift. Von manchem, der da
fein letztes Ruhebettlein fand, gab feinerzeit nur ein
Eintrag in das amtliche Todtenverzeichnis Kunde, von
andern eine einfache Auffchrift in der Kirche, die bei
der nächften Neutünche verfchwunden ift. Auf diefe
Art gingen ja die Malereien der Nations-Capelle zu
Grunde. Noch um 1730 zeigten mehrere Denkmale
malerifche Ausfchmückung, die man jetzt vergeblich
fucht und aus dem Sammelwerke Pecci s erfehen wir,
dafs nicht nur Beigaben wie beim Khevenhüller'fchen
Denkmal, fondern auch große Grabplatten feither
abhanden gekommen find.2 Ueberdies haben wir den
Verluft jener Liften zu beklagen, welche von der
Studentenfchaft über ihre Todten geführt wurden.
Demungeachtet haben die dürftigen Rede des Nations-
archivs fo manche Nachricht als Beifatz zum Namens-
' Pecci 2.. a. O. bezeichnet die Lage fra la capella della Madonn.
Grazie detta in ogsi di s. Francesco de Sales e l'altare di s. Antonio Albate
chiamata adesso di s. Caterina di Siena, vi era la seguente arma c memoria
assai in alto, quäle nell' apprire la nuova porta di fianco fu trasportata nell'
andito, da quello si va in chiesa
^ Außerdem befand fich im AuguftincrKIoftcr zu Siena noch folgende
Grabfchrift eines deutfehen Soldaten, die uns Chytraeus S. 280) und Seh
(f. 95) mitth ttori deo, pacis 1 ustodi. Oenio, manibus et umbrae
Georgii Ecard {Schröder „Eckar") civis Inspruchensis, Erasmi Macri de Fuch-
stat, Viermanicae cohortis PracfeAi primipili Subccnturionis, qui Joanne
Baptista Archii Comite, Propraetore Tribuno, Sencnsi hello Caesans secutus
militiam clarissimum .Leus sibi suisque peperit, prelio vero quod apud Mar-
cianum depugnatum est, pro sua virili Germanum nomen in
stiüt inviolal pridie kalends letalis
.nno 30 die 7 flcnles P. P, commililoncs.
C XXVIII
eintrag, als trockenen Rechnungspoften oder ausfuhr-
liche .Mittheilung, an die Familie des Geltorbenen uns
überliefert, welche ich hier zur Vervollfländigung des
früheren VerzeichnilTes zufammenftelle. Der leichteren
erficht wegen wähle ich die alphabetifche Namens-
folge. '
36. Brauch David, Stuetgardianus, fchrieb fich am
2. September 1605 in die Matrikel ein und ftarb vor
Februar des kommenden Jahres. An Einnahmen ver-
zeichnet das Rechenbuch (offenbar mit Einfchluß einer
Geldfendung von Haufe, über 141 Kronen, an Ausgaben
über 120. Der Ueberfchuß, der fich durch Verkauf
von Verlaffenfchaftsftücken auf nahezu 25 Kronen
erhöht hatte, wurde fchließlich von der Familie der
■ n zumGefchenk gemacht. 'Anhang Nr. 22. 24, 25
Breda Daniel, PatriciusPragenfis genannt, kam
Ende December 1699 nach Siena und war hier vom
Februar ab Procurator der Nation. Ein Beifatz befagt:
mortuus die iS. Nov: 1700.
tkel, Weichard Albrecht — Eintrag von
1615, 18. Oftober, Sohn des Freiherrn David, ftarb
1616 zu Siena. Hoheneck, die Herren Stande von
Oberöfterreich III, 149.
38. Carmsn (oder Carmon? Laurentius, Roftochi-
Megapolitanus Medicinae ftudiosus fchrieb fich am
10. März 1624 in die Matrikai der deutfehen Artiften
zu Padua und am 7. Juni in die Nationsmatrikel zu
Siena ein. Der erfte Eintrag hat den Zufatz: obiit
Senis Ao 1624.
39 Gindt, Adam — „Ethlinganus", zu Padua 1590
26. Mai, zu Siena im Juni des gleichen Jahres einge-
tragen, ftarb vor 1595. Anhang Nr. 11, 44.
40. Gloyach, Carolus a — erfcheint 1628, 11. Nov.
zu Padua mit dem Zufatz: Requiescat in pace —
mortuus Senis. — Er mag wohl der großen Peft zum
Opfer gefallen fein, denn fein Eintrag zu Siena mit den
Titeln in s. Georgen et Neudorf datirt vom II. Mai 1630.
41. Gülger , Franciscus, Juliacenfis. Siena 1599,
11. Nov. Fr war ein Neffe jenes Mathias Gülger, welcher
damals Abt zu Wiener-Neuftadt war und fpäter Abt zu
Keun in Steiermark wurde. Franz Gülger ftarb kurz
vor Erlangung der Doftorswürde. Anhang Nr. 54, 55.
43. Günther, Mathes — ftarb vor Februar 1606.
Anhang Nr. 23, 2;.
44. Kollonitfch, Ferdinand Ernft — Graf — Sohn
des Grafen Georg Wilhelm, ftarb 1706 auf feiner
Länderreife zu Siena. Wißgrill, Schauplatz des n. ö.
Adels. V, 195.
Liticli, — Melchior, procurator domini Sigis-
mundi Valentini I Ieyrling. — Quamvis maxima infirmi-
tate impeditus ipse se inscribere nequiverit, tarnen
ad ejus petitionen alius eum inhunc librum inseruit. —
Mortuus 21. Nov. A. 1602. Eintrag in die Nations-
matrikel Ende 1602.
46. JMerfcldt, Hermannus — Monafterienfis, Weft-
phalus Padua 1591, 23. Oft; Siena 1591, 30. Oft. einge-
tragen, war 1593 fchon todt. — Anhang 11.
f fuhrt noch zwei Denkfteine der deutfehen Nation anderer Art an.
Der eine in der Sapicnza verherrlichte die Verdienfte des Freiherrn Georg
rilluftri Dno. Dno. \ Georgio Fuggero L. Baroni | in
Lcrg et WciLenhorn ' Re<5tori suo pracftantifTimo | universalis Academia
Scncn | insigniura meritorum ac | benefictorum metnor | CI I OIOXCII
cellarius); das zweite bezog fich auf die Nations-
Bibliothek im Dominii welche erft 1763 mit der Univerfilats-
Bibliothek vi rfchmolzen wurde. (Inc. Nat. Germ, j Blbüothccam | pene | ncglec-
lam et dclabcntem | aere suo restauravit ] Ernestus Maximilianus Lib. 1 Baro
de .S 1 ■ Ins Ao. MDCCXXXI ., a. O. III, 130, N"r. 558 und 153,
Nr. 679.
47 Mitter/ladt, auch Mutterftadt genannt, Gafparo
M. de — Chauallir di Terra santa e s. Giorgio wurde
zu Siena am 4. Juli 1607 begraben. Er erfcheint zu
Padua am 20. Juni 1606 in der Sienefer Herren-
Matrikel am 7. Juni 1607 und ftarb gewaltfamen
Todes. „Amazato in Siena- lautet die Bemerkung in
der Paduaner Matrikel bei feinem Namen. — Anhang
24.25.
48. Neuburger zu Kaltenftein und Pafing, Bern-
hard, — war ein Sohn des Chriftoph, kam am 20. April
1590 nach Siena und ftarb hier, wie aus einer Anmer-
kung im Briefbuch der Nation erfichtlich ift. Anhang 28.
49. Neuneck, Johann Conrad von — aus einem
fchwäbifchen Gefchlecht, kam Ende Jänner 1590 nach
Siena und machte fpäter eine Reife nach Rom, auf
welcher er erkrankte. Er ftarb zu Siena am 30. Augult
1591 und wurde tags darauf bei den Dominikanern be-
graben. Die Zufchrift der Nation an feine Vettern
Wilhelm und Reinhard von Neuhaus, fowie das Urtheil
des geiftlichen Richters über die Frage, welchem
Pfarrer die bei diefer Todtenfeier entzündeten Wachs-
kerzen gebühren, find im Anhang Nr. 38, 39 zu finden.
50. Ortenburg , Sebaftian Graf v. — des älteren
Gefchlechts , ftarb 1557 nächft Siena. ' Hübner, Genea-
logifche Tabellen, II, Tafel 561.
51. Pettri , Orlando — von Etzihorr oder Etze-
horn, wie er ebenfalls genannt wird, ein Schwager
des Hamburger Patriziers Hans Hefterbach (Heftcr-
berch? Siebmacher V, 288) kam mit Geld und
Kleinodien reich verfehen, um den 10. Juli 1579 nach
Siena, wo er bald in Studentenkreifen fehr beliebt
wurde. Am 3. Mai 1580 gerieth er des Nachts in
einen Raufhandel mit etlichen Weifchen, bei welcher
Gelegenheit ihm das linke Bein abgehauen wurde. Die
Heilung nahm anfänglich einen günftigen Verlauf, bis
mit einemmal am 40. Tage eine folche Verfchlim-
merung eintrat, dafs der Verwundete fejbft nach dem
Beichtvater verlangte und feine letztwilligen Verfü-
gungen traf. Am 14. Juni ftarb er und wurde dann in
der Nationsgruft begraben. Der Vorftand der Nation
nahm fich nun des Nachlaffes an, verbürgte fich für
die Bezahlung der verbrannten Wachskerzen und
löfte die verpfändeten Juwelen ein, um durch deren
Verkauf oder Verlofung die Schulden zu tilgen. Dem-
ungeachtet war nach Jahresfrift noch ein Betrag von
mehr als 208 Goldkronen zu decken. Anhang Nr. 9,
29, 31 und der Beifatz zur Unterfchrift in der Matrikel:
„obiit 14 Junii A. 80 Senis-.
52. Refchelius, Joannes — Suevus, Eintrag in die
Sienefer Matrikel am 3. Mai 157S und Beifatz: mortuus
eft Senis Augufti 1578.
53. Rorbach, Joannes Chriftophofus a — Auftrius,
zu Siena 1628 am 17. Juni eingetragen. Fr war ein
Sohn Bernhards, 1610 geboren und ftarb zu Siena 1629.
Hoheneck III, 607.
54. Schillingius, Heinricus — Francostenensis, Sile-
sius, war im Mai 15S3 zu Padua und im Juli darnach zu
Siena. ..Obiit Senis" ift der Beifatz zu feinem Namen in
der Paduaner Matrikel.
55. Schlüters oder Schlütters, Johann, ein Bremer,
ftarb zu Siena am 9. Juli 1591 und wurde tags darauf
begraben, wie vom Confiliar der deutfehen Nation
unterm 11. September 1594 beftätigt wurde, an welchen
' Es bleibt zweifelhaft, ob er nicht als Soldat gleich Georg Eclard fiel.
CXXIX
fich der Caplan des Statthalters mit dem Erfuchen
gewandt hatte, quo obitus diem nobilis d. Joannis
Schlütters Bremenfis Germani ipsi significaremus pro
officii authoritate, qua fungimur. Anhang $7-
56. Schneeberger in Salthaus, Johann Zacharias —
ein Tyroler, kam im Juni 1591 nach I'adua und anfangs
September 1592 nach Sicna. Auf einer Reife, welche
er im Sommer 1593 nach Rom und Neapel machte,
hatte er das Unglück, Raubern in die Hände zu fallen,
welche ihn vollftändig ausplünderten. Nach feiner Rück-
kehr erkrankte er Ende September und ftarb nach
anfeheinender Befferung eines pützlichen Todes am
7. Oktober 1593. Noch am nämlichen Abend wurde
er in der Nationsgruft beftattet und Tags darauf das
Todtenamt gehalten, „damit man nit doppelte Spefa
in den Wachskerzen aufwenden dürfte". Demütige-
achtet gingen bei diefem Anlaß über 54 Kronen für
Wachs, Lichter und Fackeln auf, ungerechnet 13 ' 2
Kronen an den Todtengräber und andere Perfonen,
die man bei Begräbniffen belohnt. Einen genauen
Einblick in den Stand der Verlaffenfchaft ergeben die
Zufchriften der Nation an den Vormund des Verftor-
benen Herrn Paul Kripp zu Grünberg und Aychen,
erzherzoglichen Pfannhausrath zu Hall im Innthal —
Anhang Nr. io, 40—42.
57. Schwarzenberg, Carolo Comte de — Seigneur
de Hohenlandtsperg, ein Sohn Wolfgang Jacobs, zeich-
nete fich in die Nationsmatrikel zu Padua im Mai, zu
Siena am 27. Dccember 1614 ein und ftarb hier am
1. Janner 1615 im 18. Lebensjahr. Hübner Taf. 938.
58. Sclge von Gebeidehaufen (auch Giebelde-
haufen), Martin, Eichsfeldiacus, fchrieb fich am 19. Mai
1588 zu Padua und am 28. Mai d. J. zu Siena mit
den Worten ein: armatac juxta et literariae militi;u
studiosus jam tum ex strepitu Gallici tumultus et ser-
vitio Henrici III. Regis Francis; ad pacatum literariae
militise Studium rediens. Die Einzeichnung in Padua hat
den Zufatz: Patavii in nobilem hunc Germanorum
coetum Germanum eo ipso suum profitendo animum,
nomen suum inseruit, und den Nachtrag: obiit Senis in
Hetruria 15 Martii (15) 90.
59. Steigenberger, Wolfgangus — Tirolenfis, war
ein Sohn des Schwätzer Bergrichters Georg und kam
zu Beginn des Studienjahres 1580 1 (am 2. Nov. 1580)
nach Siena. Am 7. Juni 1582 nachts wurde er auf dem
Heimweg von einem Sienefer Namens Corti und zwei
Begleitern desfelben ohne erhebliche Veranlaffung mit
blanker Wehre angefallen und fo gefährlich verwundet,
dafs er nach zwei Stunden ftarb. Am Abend des fol-
genden Tages wurde er „in der gewöhnlichen der
Nation Begräbnuß'' beftattet. Die Nation ließ fich die
Verfolgung der Thäter fehr angelegen fein, fchrieb
felbft an den Großherzog und verübelte es dem Vater
fehr, dafs diefer fich mit dem erften gegen die Mörder
ergangenen Urtheile begnügte und nicht alle gefetz-
lichen Mittel anwandte, um jedermann zu zeigen, „wie
die Teutfche Nation ihre unbillicher und mörderifcher
Weis entleibten Glieder mit hohem Ernft in Rechten
zu verfechten und zu defendieren gefließen". Proto-
koll der Nation Fol. 14, 69 — 74 und hier im Anhang
Nr. 9 und 32.
60. Stroliamer, Francesco Ignatio — Auftriacus,
fchrieb fich im Oftober 1685 in die Nation ein und
war nach einer Bemerkung im Rechenbuch (V, F. $6)
XIII. N. F.
vor Schluß des folgenden Jahres fchon verftorben.
Anhang Nr. 26.
61. Suuanklerus, Guilhelmus, — Bavarus, kam im
Januar 1581 nach Padua und im September nach Siena.
Hier ftarb er am I. October desfelben Jahres. Zufatz
in der Paduaner Matrikel, und das im Anhang 30 mit-
getheilte Schreiben ad amicos Schwanckleri.
62 Teuffenbach zu Teuffenbach. Ein Sohn des
Freiherrn Franz unbekannten Namens, Itarb zu Siena
im fahre 1570 und war wahrfcheinlich dir erfte, welcher
in der neu hergerichteten Nationsgruft bei den Domini-
kanern beftattet wurde. Anhang 28.
6^. Thanhaufen, Georgius Liber Baro a — in
Gradenegg, verweilte in den Jahren 1580 (feit 21. Mai)
und 1581 zu Padua, erfcheint am 2. Juli 1583 zu Bologna
und eine Woche fpäter zu Siena. Ein Nachtrag zur
letzten Einzeichnung befagt: mortuus est Senis die
7. Februarii A. 84.
64. Thau, Gerhardus de — Vicnnenfis, Auftriacus,
ein Sohn des Wiener Burgermeiftets Johann von Thau,
kam Mitte Oktober 1578 nach Siena und ftarb hier
um 1580—81. Anhang 31 und die von mir in den Blät-
tern des Vereins für Landeskunde von Nieder-Oefter-
reich 1884, S. 432 mitgetheilten Actenftücke.
Endlich noch zwei Diener von Studenten:
65. Zacharias Dieffendrunk, Nationspcdell, f 1642
6. Februar Anhang 57 und
66. Andreas Reiter, Diener des Ernft von Axt,
geftorben zu Siena am 3. Sept. 1601, Anhang 51.
Anhang.
1. Auszug aus der 1574 gefchriebenen Vorrede zur
Matrikel der deutfehen Nation zu Siena (derzeit Cod.
A, XI, 13, Fol. 1 der dortigen Stadtbibliothek). Seit
langem hätten fchon die Deutfehen ihre Söhne der
Studien wegen nach Siena gefchickt. Sed quoniam ea
lege omnes naseimur, ut semel moriamur — illi Ger-
mani, qui ante nos — hie fuerunt — locum aliquem
religiosum eligendum esse putaverunt, ubi — hac \ ita
funeli religiöse sepelirentur. — Placuit itaque ad Domi-
nici sacellum seu ut vocant capellam D. Barbane
Dominicanorum patrum concessu — Germanica; nati-
onis sepulturse ac devotioni consecrare — quemad-
modum literae pontificiae plus minus centum annorum
decursu confirmata; lucullentissimis verbis testantur.
Verum cum longis et gravissimis bellis — omnia in
hac florentissima Etrurias parte prosternerentur, ita
ut — nee Germani nee aliae nationcs exterae, quarum
frequentia Gymnasium Senense omnibus aliis tota
Italia aliquando antecelluit, huc confluxerint, parum
abfuit, quin etiam praeclara illa nostrorum majorum
erga religionem et pietatem monimenta — ultima
libertatis Senensis ruina secum traxisset ac perpetua
oblivione delevisset.nisi annis ab hinc tribusvelquatuor
nobilium ac doftissimorum aliquot Germanorum qui
— bonarum artium — addiscendarum causa huc missi
erant pietate ac munificentia tanto malo suecursum
fuisset, qui in jam diclo sacelloD. Barbarae sepulchrum
Germanorum et alia, quae ad ejus honorem pertinere
videbantur, ornamenta majoribus — impensis restau-
rarunt, non abs re fore arbitrati, si quotquot in posterum
Germani Senas accessuri essent, ad gloriam Dei et
honorem illorum, qui hie diem suum obierunt Genua-
cxxx
norum, ad sepulturam hancornandametconservandam
hilari vultu atque animo conferant et quilibet liberali-
tatis sua: — modum sua adscribat manu. — Auf
Fol. 2 folgt fodann ein gleicher Aufruf zu Beiträgen,
fowie zur Einzeichnung in die Matrikel durch den
Confiliar Sigisntimd Freiherrn von Wolken/lein, vom
Jahre 1574.
2. Aus den Rechnungsbüchern der deutfchen
Nation Hiblioteca Comunale zu Siena, Cod. Ms A
XI, 16 — 20 Rechnungsbuch I Cod. .\. XI.
Fol. 6. Rationes Expensi. Ertlichen ift zu merken,
dafs am 3. Tag Decembris d< ) 2 Jahrs die
Teutfche Xation fo dasmal in Siena gewell,
zufammenkhommen und hat (y für guet angefe-
hen und befchloßen, daß man zwei aus der Xation
lulle verordnen, welche was zu der oftbemelten
Nation a San Domenico vor drei oder vier Jahren
renovirten Begräbnus gehörig fein wurde, verforg-
ten und was ein jedweder Teutfcher, edl oder
unedl, geyftlichs oder weltlichs Stands, fo her gen
Siena Studierens halben oder fonft die Sprach
oder ander adeliche Sytten zu lernen khumen wurde,
zu benannter Begrebnus zu erhalten und zu mehren
freywillig conferiern oder hergeben thete, einnehmen
und verrechnen follen. So hat es zu derfelben Zeit
einer wolbemelten Teutfchen Xation gefallen, den
ehrnveften Georgen Kirchberger und mich (wiewol
unwürdigem Johannem Gailkircherum, Illustrium
Baronum in Wolckenftein praeceptorem tanquam
curatores der oftberührten Begräbnus anzufetzen".
Da er nun nach Jahresfrift 12. Dec. 1575' aus Anlaß
feiner bevorstehenden Abreife der Nation Rech-
nung legen wolle, fo muffe er zunächft bemerken,
dafs die Beiträge von 14 benannten Perfonen, welche
fchon vor 3. December 1572 eingezahlt worden waren,
„in unfer Hand nit khommen, fondern .... ad
gloriamDei in honorem inclytae nobilissimaä Nationis
Germanicae wol angelegt gewefen, wie dann folches
die Ornamenta fo in unfer Capellen a S. Domenico
vorhanden genuegfam ausweyfen und Dr. Wilhelmus
Schrenk Monacensis J. U. Dr. einer hochlöbl. teut-
fchen Nation fo zu derfelben Zeit allhie zu Siena
gewefen, verrechnet hat." Die Rechnung Gail-
kirchers enthält nun u. a. folgende Porten:
[573. Einem Maurer fo das Dach auf den Capellen
gebeffert 8 Libre für ein lidern Altartuech 20 «.
3. Aus der Rechnung des Freiherrn Sigismnnd
von Wolkenflein und Rodenegg 20. Auguft bis Ende
December 1574.
Fol. 15. Dem Maurer fo in der Capellen das Altar bis
an die Mauer gefetzt 4 fl. 3 kr.
Die Fenfter in der Capellen zu machen auch zwen
Adler drin zu fetzen 7 fl. 30 kr.
Item für das Eifengitter für das Fenfter fampt dem
Rete 6 fl.
Den Schreinern für das Gatter zu der Capellen auf die
Hand geben 15 Kronen (A) = 22 fl. 30 kr.
Item noch ihnen geben 10 A = 15 fl.
4. Rechnung des Confiliars Albert Belir 1574 Ende
December bis 3. Februar 1575.
Fol. 17. Adi 23. December den Schränern geben
10 A=i5 fl.
Adi 1. Januari A" etc. 7; den Schränern geben damit
fie par bezalt und zufriden fein A 10 = 15 fl.
Adi 29 ditto dem Maler, fo die Buechftaben auf unfere
Capellen gemahlt auf Raitung geben 1 A = i fl. 30 kr.
Adi 31. dem Maler noch auf Rechnung geben 56 kr.
Adi 3. Februar noch dem Maler geben, damit ihn par
zalt vor 238 Buchitaben, vor ein jeden ain Crazk
die Reft alfo 12 Julier = 1 fl. 36 kr.
Noch vor den Adler zu vergulden 3 Julier = 24 kr.
5. Rechnung des Confiliars Georg Bernhardt
Freiherrn zu Herberßein vom 3. Februar bis 1. Auguft
Fol. 21. Dem Maurer, dafs er zu mermalen das Grab
befehen, und ihme zu vormals auch etwas fchuldig
blieben, geben 48 kr.
Für das neue Grab a S. Domenico fo ein löbliche
Xation zu machen für hochnothwendig erkhendt
dem Maurer geben 11 A id est 16 fl. 30 kr.
Für den Grabftein fo wir von den Jefuitern khauft,
geben 51 \ A id est 8 fl 15 kr.
Dem Steinmetzen den Adler, Grabfchrift und andere
Zuegehörung zu machen, geben 7 A und 3 u id
est 11 fl. 6 kr.
Die Stain von den Jefuitern in des Stainmetzen Haus
zu tragen geben 24 kr.
Den München von s. Domenico am Maria Magdalena
tag) verehrt ein Saumb Wein per 3 fl. 32 kr.
Brot khauft per 19 kr.. YYax per 1 fl. 33 kr.. 1 fl. 52 kr.
und ob vielleicht hierinn etwas merers über den
gemainen Brauch ftattlichens ihnen verehrt, ift
folches zu Erzaichung ainer Dankbarkeit, wegen des
fürnemen uns zu unferer neuen Begräbnuß ge-
fchenkhten Orts befchehen , foll derhalben den
Xachkhumenden an ihren freyen Willen und gueter
Haushaltung gar nicht praejudiciren.
Von den Steinen fo a S. Domenico von den Stain-
metzen getragen 24 kr.
6. Rechnung des Confiliars Michael Teufel Frei -
herrn auf Gundersdorf 'vom 1. Auguft 1575 bis 1. Februar
1576.
Fol. 24. Den 3. Augufti den München a f. Dominico fo
officium pro defunftis gehalten pro elemofyna mit
Bewilligung der meiften der Nation umb Wein und
Brod geben 2 fl. 9 kr.
Item khauft zu der Nation Capellen Altar zu einen
Furhang 30 Elln Leinwat die Elln pr. 8 kr. 4 fl.
Den Schneider davon zu machen geben 32 kr.
Darvor zu malen geben 2 fl. 28 kr.
Umb Ringl und Rebfchnur damit einzuhagen 9 kr.
Dem Schloffer, fo die Stangen daran man den Furhang
gemacht zwier erlengert und gebeffert 18 kr.
Dem Maurer von der Stangen einzumachen 12 kr.
Item an der Capellen Gatter ein Schlofs und zwen
Schlüffel machen Iaffen darfür bezalt I fl. 3 kr.
Item in der Capellen zu einem Caften darin der Pedel
der Nation Dapezerei, Balotierbüchfe und andere
Notturft behelt, Schlofs und Schüffl machen Iaffen
24 kr.
Item zu der Nation Begrebnuß ein Stuckh von Mörmel
fo gemangelt khauft, dafür fambt dem Tragerlohn
bezalt 22 kr.
Item kauft Dappezerey zu der Nation Tifch und Bank
a s. Domenico 6 fl.
7. Rechnung des Confiliars Georg Chrißoph Tenffl
Freiherr)! zu Gundersdorf vom 1. Auguft 1576 bis
I. Februar 1577
CXXXI
Fol. 28. Erftlich khauft ein Altartuech von weifsge-
ftrickhter Arbeit über der Nation Capellen Altar
per 120 (7 4 fl. 12 kr.
Item mer den 3. Tag September hab ich in Beyfein
der zweien Viceprocuratoren Sigr. Michael Pfers-
felders und Sigr. Zacharias Köckhens aus der Nation
Khaften mit derfclbigcn Bewilligung genumen 10 A
in Gold und nachmals die 6 Goldcronen darzue
gethan, fo man von einem jedlichen aus der Nation
darzue gefamblet. Soliches Gelt hab ich in Beyfein
obgenanter zwayer Herrn Viceprocuratorn, auch
des wohlgebornen Herrn, Herrn Michael Teuffels,
Freiherrn zue Gunderstorf und auch eines Gentil-
huomo Sanefe mit Namen Mr. Alphonfo Capacci
dem Prior zue s. Domenico auf ihr Anhalten und
Supplication erftlich von wegen Erhaltung und Befie-
rung unferer Capellen, nachmals auch des Kirchen-
thurms bey s. Domenico Überantwort nach laut
übergebener von ihme Bekhantnus fo in der
Nation Khaften eingefchloffen. Thuct alles 10 A in
Golt 15 fl.
NB. 6 A nit gerechnet
9. Rechnung des Confiliars Sebaßian von Greyffen
zu Waldl$%2.
Fol. 66. 20. Juli. Für die Seelmeß fo dem Stcigen-
berger feel. gehalten worden, geben 1 A 30 Jul.
Item den 15. Mai dem Kherzler wegen Orlandi feel.
bezalt 10 A.
Dem Kherzler wegen Orlandi feel. bezalt den
21. Juni 10 A.
Rechnungsbuch Nr. 2. (Cod. Ms. A. XI, 17.)
10. Rechnung des Confiliars Paul Hartman Frei-
herrn von Gumppenberg 1594.
Fol. 3. Auf des verftorbenen Johann Zacharias Schnee-
pergers feel. zwen hinterlegten Ringen bleibt der
Nation noch ausftändig 3 A 3 Jul. 6 Cr.
So ift auf des abgeworbenen Sigr. Mehrfelts seel.
gelaffene Roba vermög Inventary zur Begräbnus
hergeliehen 6 A 7 Jul. 1 Cr.
11. Rechnung des Confiliars Eußachius Luchs
von Boguslavitz vom 10. December 1594 bis 1. Fe-
bruar 1595.
Fol. 21. Depofita.XVegen des Verftorbenen Merfelts aus
feiner verkhauften Roba ift vorhanden neben einer
beyligenden Verfchreibung pr. 40 A 7 A 7 Jul. 5 Cr.
Mehr 31 ungarifche Ducaten darvon dem verftor-
benen Von der Leiden zu Neapolis ein Epitaphium zu
machen.
Fol. 23. Ausgab. Dem Cerariol wegen des verftor-
benen Adami Ginten feel. hinderlaffenen Schul-
den, darvon in dem alten Rechenbuechlein zu
fehen 7 A.
Item einem andern Cerariol obgedachten Adami
Gintten wegen 3 A.
12. Rechnung des Confiliars Georg Seifried Frei-
Iierrn von Herberßein vom 17. Oclober 1595 bis Fe-
bruar 1596.
Fol. 36. An Depofitis: Wegen des Herrn vonWindifch-
grätz Begrebnus 938 A 6 Jul.
13. Rechnung des Confiliars Hieronymus Fetzer
von Nidernberg 1596 5. Auguft bis December.
Fol. 4. Auf Obligationes geben . . . Von des verftor-
benen Langenmantels wegen geben dem Sigr.
Sper 39 A 2 Lire.
14. Rechnung des Confiliars Conrads J. j. Frei-
herrn zu Bemelberg 1596 December bis 1597 Februar.
Fol. 43. Depofita. Wegen des wolgebornen allhie und
veriftorbenen Herrn von Windifi I 138 A 6 Jul.
Fol. 45. (Außgab vom Depofito. — Wegen des wol-
eebornen allhie verftorbenen Herrn von Windifch-
grätz dem Bildhawer geben 300 A.
Item aus dem Aerario für des Steinhauers Obligation
zu machen dem Celso geben: 2 A.
15. Rechnung des Confiliars Alexander Huetflocker
von Fettn 1597 Februar bis Mai.
Fol. 46. Depofita, Wegen des wolgebornen Iierrn von
\\ indifchgrätz alhie abgeleybt 615 A 8 Jul. 2 Cr.
Fol. 47. Ausgab. Dem Apothekher wegen des Langen-
mantels feiigen 5 A 1 Jul. 4 Cr.
Fol. 48. Einnamb. Wegen des alhie abgeleibten Lan-
genmantels empfangen 30 A.
16. Rechnung des Confiliars Dr. Thomas Ruef.
1597 Mai bis Auguft.
Fol. 51. Dem Steinmezen von den 615 A 2 Jul. 5 kr., fo
ich wegen des wolgebornen Herrn von Windifchgrez
feel. Epitaphii empfangen, in meinem officio geben
150 A.
17. Rechnung des Confiliars Wolf Mathes Freiherrn
von Königsberg. 1597 Auguft bis Oclober.
Fol. 53. Ausgaben. — Dem Steinmetzen von den 465A
2 Jul. 5 kr. wegen des wohlgebornen Herrn von
Windifch-Grätz feel. Epitaphii geben 100 A.
18. Rechnung des Confiliars Michael Speer. 1597
OrJtober bis 1598 April.
Fol. 56. Ausgab. — Ertlichen dem Stainmeczen als
das Crucifix von Rhom kommen erlegt 100 A.
Item wegen Veränderung der Epitaphien 20 A.
Item als der Altar fertig worden 50 A.
Dem Maler wegen der Capellen zu malen 40 A.
Dem Tifchler wegen des Geftuels in bemcltcr Capel-
len 35 A.
Für Sammet zu der Nation Tuech und Macherlohn
2 A 8 Jul. 4 Cr.
Für zwen Adler von Holz in das Geftuel zu fchnei-
den, zu malen und das Gehülz für den Altar zu
richten 3 A3 Jul.
Item fo ift wegen des wolgebornen Herrn Herrn
Casparn von Windifchgrätz etc. feel. Gedecht-
nus zu dem Epitaphio erlegten IOOO A noch vor-
handen 120 A 2 Jul. 5 Cr.
19. Rechnung des Confiliars Andreas Gilleis Frei-
herrn zu Sonnberg 1598 Oclober bis 1599 Ende Jänner.
Fol. 65. Ausgaben. Oftober (15)98, 26. — Dem Stein-
metzen wegen des hinderftelligen Reft der 100
Piafter erlegt 90 A.
Fol. 66. Januar 1599 bis 8. — einem Tifchler wegen
das er etliche Sachen an der Capell al s. Dominico
gemacht 1 A.
20. Rechnung des Confiliars Albrecht Saurmann
von Jackfchenaw 1599 März bis Ende Mai.
Fol. 70. Dem Steinmetz 5 A.
21. Rechnung des Georg Teuffei Freiherrn von
Gunderßorff, 1599 Oclober bis 1600 Februar.
Fol. 81. Dem Steinmetzen wegen des hinderftelligen
Refts erlegt 5 A
Rechnungsbuch Nr. 3 (Codechs A. XI, 18).
22. Rechnung des Georg Jacob von Auerfperg
Freiherrn auf Purgßall, 1605 Auguft — 1606 Februar.
CXXXI1
Fol. 60. Einnam. Item 10 A von dem jungen Zobelle
Strafgelt, welche fein den Dominicanern zur Er-
baung des Turn verehrt worden.
Fol. 61. Rechnung. — Aus der Verlaffenfchaft
David Brauchs feiigen erfllichen an Gelt einge-
nommen 130 A 6 (T J kr.
Meer aus feiner Verlaffenfchaft fambt
den Ring doch ohne die 3 Mentl ift
geleft worden 10 A 2 ff 10 kr.
Tuet alles 141 A 2 « O kr.
Davon fein die Ausgaben wie zu
fehen ift aus demlnventario in den
Archivis beigelegt 120 A 5 ff 6 kr.
Verbleiben noch 20 A 3 fi? 6 kr.
Dißes ift dem Herrn Confilier zugeftellt worden
fambt den 3 Schuldbriefen und polnifchen Tütichen,
filbern Knopp und Stift und uneingefaßten Jaspis wie
alles zu fehen aus dem Inventario.
Fol. 62. Rechnung aus der Verlaffenfchaft
Mathes Günther feiigen nach richtiger Abrechnung
aller Sachen, der Pfandten, Intereffe, Funere, Priefter,
Todtengreber. Hauszins, Balbierer und Apoteckher ift
verblieben in refiduo 27 A, 1 « 9 kr., welche gleichfalls
dem Herrn Confilier fein zuegeftellet worden, der zum
Theilen Schein in Archivis' zu finden. W(olfgangus)
S tar) Proconfiliarius. (1605 Auguft bis Ende December.
24. Rechnuni; des Confiliars Joacliim Götz von
Olenhaufen 1. Mai bis 1. Auguft 1607.
Fol. 73. 18. Mai hat man aus dem Aerario 4 A zu des
Brauchen Erbfchaft gelegt, welche dem Herrn von
Frobergk für feine Ausgab für die Armen heften
follen reftituirt werden, wofür er aber einen Mantel
aus des Brauchen Haeredität angenommen.
4. Julii fein zu des Cavalliers S. Begrebniß aus dem
Aerario vorgeftreckt worden 10 A. wozu fie fpecia-
liter kommen, findt man aufgefchrieben in Regifter,
welches fein Freunden mueß zuegefchickt werden.
25. Rechnung des Confiliars Joh. Ulrich von Prei-
fing 1. Auguft 1607 bis Februar 1608.
Fol. 75. Mathias Guntters und David Brauch Erb-
fchaften. Verlaffenfchaft des Herrn Cavalliers von
Mutterftatt feiigen1 fub Nota A.
Verzeichnis was für gedachten Herrn von Mut-
terftatt wegen feiner Begrebnus ausgeben und guet-
gefagt ift, fub Nota B.
Fol. 76. A°. 1607, Auguft 21. ift von David Brauchs
feeligen Verlaffenfchaft von feinen Erben der Nation
verehrt worden in Münz die A pr. 7 ff gerech-
net 24 A 6 ii' 6 kr.
Ausgeben 19. September wurden dem Pedell zu gut
gerechnet von wegen des Cavalliers feiigen fo
khunftig aus desfelben Verlaffenfchaft widerumb
einzufordern ift 2 A 2 ff.
Fol. j~. 7. November Mittwoch, ift aus der Nation
Aerario bezalt worden dasWaax, fo auf aller Seelen-
tag bei den Dominicanern verbrennt worden 2 A 6 /?'.
12. Jänner 1608 ift wegen Cavaliers von Muetterftatt
dem Waxmacher aus der Nation Aerario bezalt
worden 30 A.
Rechnungsbuch Nr. 4 ging verloren. — Nr. 5
(Cod. Ms. A. XI, 19 . Rechnung des Confiliars Carl
Joachim Grafen von Bedau 1686.
1 amazato in Sicna. Zufatz der Paduancr Matrikel.
26. Fol. 36. Dem Sacriftan bey Begräbnus des
des Herrn Stroheimers 3 Paoli.
Rechnungsbnch Nr. 6 (1697 bis 1704) Cod. Ms.
A. XI, 20.
2;. Fol 86. Schlußblatt. Die löbliche Teutfch
Nation thut folgende Feft celebriren:
NB. An Allerfeelentag kauft die Nation auf die
Teutfche Krupffte vier Fackl und fechs Kertzn auf das
Altar, welche in der Todtenvefper und Ambt ange-
zündet werden.
An diefem Tag wirdt ein Meß gefungen bei dem
teutfehen Altar vor diefen Coralgefang nichts gegeben
wirdt, nur allein aus denen Gegenwärtigen giebt ein
jeder ein kleines Offertorium nach Belieben pro Sacri-
ftia, v. g. jeder 3 oder 4 Paul wenigft.
Aus dem „Protocollum Inclytse Nationis Germa-
nica? Senis degentis" iBibl. Comunale zu Siena, Cod.
Ms. A. XI), Nr. 15.
28. 1571, 20. Eebruar, Siena. — Schreiben des
Confiliarius et Procuratoris Nationis Germanica? Senis
agentis an den Freiherrn Franz von Teuffenpach. —
Nachdeme dem Herrn wolbcwußt, welchcrmaßen im
verfchinenen 70. Jahre deffen geliebter Sohn aliliier
in Gott dem Herrn entfchlafen und in gemainer der
Teutfehen NationBegrebnuß, fo fy allhier ftattlich und
mit großen Unkoften aufgericht, begraben, haben wir
ihn hiemit freundlich zu verftändigen nit khünen unter-
laffen, wie gedachten desfelben Sohn feiigen feit der
Zeit feines allhier Abfterbens ander zwen ftattliche
und ehrliche Gefeilen in bemelter Begrebnuß fein bei-
gelegt worden, welcher nächfteFreund und Verwandte
jedwederem fein gebührends Epitaphium aufzurichten
entfchloffen. Im Fall nun der Herr desgleichen feinem
Sun ains zur Erzeignuß der letzten veterlichen Lieb
ihme zu Gedechtnus und ainer Nation Begrebnus zu
mehrer Zier zu machen laffen gedacht, kann er folches
gedachter einer löbl: Nation alliier mit dem ehiften
verftändigen und wasUnkheftens er darauf zu wenden
entfchloffen mit gueter Gelegenheit hereinfehicken,
follt ime darumb guet und glaubwirdig Raitung geben
und alles mit dem eheften verricht werden
Fol. 4' mit der Randbemerkung: „In simili mutatis
mutandis ift Herrn Chriftoffen Barth wegen Ablei-
bung feines Pflegefohns Johann Sebaftian Langen-
mantl (sub dato 1596, 3. November, Fol. 84') und
Herrn Chriftoph Neuburg wegen feines allhie verstor-
benen Sohns Bernhardt, beeder feeliger, gefchrieben
worden."
29. 1581, 3. Mai. Schreiben der Nation an Hänfen
Hefterbach etc. zu Hamburg mit Wiederholung von
Nachrichten, welche fich auf denTod feines Schwagers
Orlandi Pettri von Eczikaw beziehen, da die früheren
Briefe verloren gegangen fein dürften. Pettri fei am
3. Mai 1580 „bei nächtlicher Weile mit einem feiner
gueten Freundten auf der Gaffen alhier in Siena unter
etliche Welfche gerathen" und bei dem Raufhandel
fei ihm das linke Bein abgehauen worden. Tags darauf
habe ihn die ganze Nation „weil er Herr Orlando der
Matricula fonderlich ift eingeleibt gewefen" befucht,
feines Unglücks Leid getragen, keine Erkundigung
nach den Thätern unterlaffen „über das die beften
Medicos und Wundarzt über ihn Orlando beftellet."
Ungeachtet diefe gute Hoffnung geben und die Heilung
anfanglich günftig verlief, fei doch mit dem 40. Tage
CXXXIII
eine fo bedenkliche Verfchlimmerung eingetreten, dafs
der Verwundete felbft nach dem Beichtvater verlangte
und fodann der Nation als letzten Willen eröffnete, wie
durch Auslöfung einiger Edelfteine, welche er hie und
da verpfändet hätte, feine Schulden bezalt werden
füllten. Nach dem todtlichen Abgang hat der Herr
Confiliarius hochgemelter teutfeher Nation wie in
folichen Fällen gebrauchig die Nation zufammengefor-
dert und oftermelten Herrn Orlando feiigen beklagt,
daneben alle Teutfchen ermanet, die leite Ehre ihm
noch zu leillen, welicher Bitt alle Teutfche genueg ge-
than, zudem den Leichnam teutfche Herren felbft in
die Kirchen getragen. Nach folichem hat fich gebühren
wollen des verftorbenen Orlandi Sachen zu inventiern,
weliches denn der Herr Confiliarius fambt den Procu-
ratoren übernahm. Um mehr aus dem Verlaffe zu lofen,
habe der Confiliar die Steine nach Florenz und Rom
gefchickt, jedoch nur ein Stück davon verkaufen können
„weil an gemelten beiden Orten foliche Cleinater
fonderlich der Schmaragdi, weliche zum meiften und
auch die koftlichften waren, in keinem Wert und wegen
der Viele nicht geacht werden. Nun befünd fich kein
füglicheres gemelte Kleinat hinzubringen als ein Glücks-
hafen aufzurichten, weliches dann ein hochlöbliche
Nation von dem Statthalter alhie in Siena alsbald er-
erlangt " ; doch fei die Schätzung fo gering ausgefallen,
„dafs niemand für rathfam möcht achten von fo fchlecht
und geringer Summa wegen, foviel Muh und Unkoften
darauf zu wenden." Letztlich haben etliche Herren
einer hochlöblichen teutfchen Nation alhie etliche ge-
löfet, etliche in einen Glückshafen under inen gelegt
allein abzubezalen darumb die Kleinater fein verfetzt
gewefen, noch aber die zwei gröft Schmaragdi bei der
hochlobl. Nation umb 81 Goltkronen 18 kr. verfetzt
liegen. Zur Bezahlung der übrigen Schulden, deren
Verzeichnis unter Nr. 4 mitfolge, feien die übrigen
Kleinode zu gering, daher erfuche man ihn, der die
Verwaltung aller Güter des Verftorbenen in den Hän-
den habe, fo bald als möglich noch 208 Goltkronen und
18 kr. hereinzufenden. Schließlich überfende man die
Abfchrift eines Schuldfcheines über 130 Kronen, welchen
ein Engländer oder Schottländer dem Seeligen aus-
geftellt hatte, und melde man, dafs Orlando einem
andern Engländer namens Samuel Flet ein Kleinod
eingehändigt haben folle, „fo bei 600 A wert gewefen,
worüber Erkundigungen in London einzuziehen feien."
Datum Senis den 3. May, welcher das Jahr erreicht, da
der Verftorben ift verwundt worden. A°. 1581 (Fol.
66' — 68. Das Einfehreiten der Nation beim Großherzog
um Geftattung eines Glückshafens zur Veräußerung
der von Orlando Pettri hinterlaffenen Edelfteine eben-
dort. Fol. 21).
30. 1581 . . . Ende. Literae responsoriae ad amicos
Schwanckleri. Man habe deren Schreiben am 28. Ofto-
ber erhalten und daraus erfehen, vobis coheredibus
omnibus placuisse, quodrelictamhaereditatem Wilhelmi
Schuuanckleri affinis vestri pise memoria? magister
Georgius Weinhart ad fe reeiperet. Da diefer fchon
nach Rom und Neapel abgereift fei und nicht mehr
über Siena komme, fo müße eine andere Verfügung
getroffen werden. Uebrigens habe fich diefer Tage ein
gewiffer Marquard Fifcher als Verwandter Schwanck-
ler's vorgeftellt und zur Uebarnahme der Verlaffen-
fchaft bereit erklart. Quod ad epitaphium vestro affin i
erigendum attinet, speramus vos in eo quod honorem
Schwanckleri convenit, nihil intermissuros. Fol. 66.
31. 1581, [3. Mai — Siena. — Noi Consigliere, Pro-
consigliere et Procuratori della Illustre Natione Ale-
manna confessiamo che la detta Natione si contenta
di pagare a M. Adriano et Belisario Balestri et
compagni per conto della cera la quäle si adoprö
quando furono sepeliti il Sigr. Orlando Petri et il Sigr.
Gerhardo a Thau, gentilhuomini Alemani. Gezalt feien
bereits 18 A d'oro il seudo di lire 71 v der Kell von
40 A werde in vier dreimonatlichen Raten vom 1. Juni
d. J. ab berichtigt werden, havendo in consideratione
oltre il tempo largo giä passato che i sopra nominati
piü presto hanno fatto il contratto con la Natione Ale-
manna che con defunti, havendo dato la cera sequendo
la fede della Nazione. . .Fol. 196'.
32. 1582, 19. Juni — Siena — Schreiben der Nation
an Georg Steygenberger , Sr. Durchl. Erzherzogen
Ferdinands zu Insbruck Perckrichter zue Schwaz mit
der Nachricht, dafs deffen Sohn Wolfgang am 7. d. M.
Nachts von einem Sienefer tödtlich verwundet worden,
und zwei Stunden darauf geftorben fei. Den Verftor-
benen hat die ganze Nation den felbigen Abent (8. d.
M.) nach Ordnung der chriftlichen Kirchen und allem
Gebrauch der teutfchen Nation alhie in Siena zur
Begrebnuß beleyt, und in der gewöhnlichen der Nation
Begrebnuß zue der Erden ehrlich bertritten, auch
ettliche Tage hernach imc ein Befingnuß halten lallen.
„Die Koften für Waxkerzen, Fackhel, Prifter, Münch
Schüler und anders" hätten zwei Landsleute Mathias
Ulpianus Mofer und Jeronymus Höchftetter theils vor-
geftreckt, theils verbürgt. Und ob Ihr euerm geliebten
Sohn feiigen ein Epitaphium woltet machen laffen zu
Ehren und Gedechtnuß, wollet uns Bericht zufchreiben.
Fol. 69, 70.
33. Confiliarius und Procuratores der deutfehen
Nation zu Siena an Herrn Chriftoph Kreß des innern
Raths zu Nürnberg.
1582, 2. September benachrichtigen ihn, dafs fein
Stieffohn.Gaörül Muffel in ein Fieber gefallen fei, das
fich letztlich die fchwarzen Blattern oder pettechie
dazu gefchlagen hätten und dafs er fohin am 24. Auguft
nach Mitternacht geftorben und am 25. d. M. zu Abent
um 22 Uhr begraben worden fei (Fol. 74). Auf die
Anfrage des Kreß vom 17. Oktober, wo Muffel begra-
ben worden fei, antwortete die Nation am 9. (19.) No-
vember 1582, dafs vielgemelter Euer freundlicher Stief-
fohn feiiger allhie in Siena in einem Clofter Domini-
canerordens darinnen die lobliche teutfche Nation
fowohl andere Gerechtigkheit als auch ein eigen in
Stein eingeweihte Begrebnuß haben criftenlicher Ord-
nung nach und allhie gewöhnlichen Ceremoni zur Erdt
beftätigt worden. Ift gedachte Begräbnis fo faft mitten
in der Khirchen allein für die Membra teutfeher Nation
aus derfelbigen aus Gottes gnadigen Willen von die-
fem Jammerthal abgefordert und nicht für andere
deputiert. Da ihr dann ein Epitaphium oder Gedacht-
nuß verordnen zu laffen gewillt, wird folches unfers
Erachtens wol gefchehen mögen, wie wir dann auch
für unfer Perfon hierzue mit allen hilflichen Mitteln
gern erfcheinen wollen. Fol. 68.
34. 1586, 12. April. Schreiben der Nation an Herrn
Bartt mit der Nachricht, dafs deffen Bruder Leo am
8. d. M. außer der Stadt mit einigen Lombardifchen
C XXXIV
Handwerkern in Streit gerathen und von diefen durch
einen Steinwurf getödtet worden fei. Fol. i:S.
In einem zweiten Schreiben vom 28. Juni d. J.
wird der Empfang eines Wechfels über 300 Kronen
zu Abzalung wolermelts euers Bruders feiigen Schul-
den beftatigt. Erhalten habe man 243 Kronen, 55 Kreu-
zer, 2 Vierer, welche bis auf 31 Kronen, i~ Kreuzer,
2 Fierer aufg n feien, die man „bis zu Eures
Schwagers Lerchenfelder Erklärung wegen des Epi-
taphii- wie wir dann [da]zu ein Model überfchickhen
fo in allem 30 Goltkronen koften foll verwahren
werde. Fol. 131.
35. 15S6, 10. Juli. Confiliar und Procuratoren be-
kennen, dafs Johannes Ruef von Hagenau, weil er vor
Bafilium Vorner fidejubiert im Namen und anftatt
ermelts Bafilii 64 A, 9 kr., die A per 90 kr. geraitet,
erlegt, welche Summa berührtem Balllio von ainer
hochl. teutfehen Nation alhie zu Aufrichtung eines
Partuchs' configniert war.
36. 1586, 22. September, Siena. Confiliar etc. der
deutfehen Nation bekennen, dafs wir wegen des edeln
und veften Hanns Adam Muckenthal durch Ordnung
der ernveften Khrafterifchen Erben von Alexandro
Bonini [und] Ottavio Ferrati an barem Gelt, welches zu
einem Epitaphio gehörig, empfangen haben 38 A, pr.
90 kr. Fol. 198.
37 ■. 1594, II. September. Testimonium Dno. Pom-
pilio Travalio Capellano Illustrissimi D. Gubernatoris
communicatum in causa demortui Johannis Schlütters.
Consiliarius etc. ..notum ac manifestum faeimus
praefatum nobilem Dominum Joannem Schlitters Bre-
mensem, Germanum, die nono Julii A°. 1591 hie Senis
debitum natura: absoluisse ac die sequenti corpus
exanime honorifice terrae mandatum esse. In cuius
fidem hoc testimonium Inclytae Germanica; Nationis
sigillo confirmandum censuimus. Fol. 256.
38. 1591, 12. September. — Zufchrift der Nation an
Wilhelm und Reinhardt von Newhaufen mit der Nach-
richt, dafs deren Vetter Hans Cofiradt von Neuneckh
aus Rom krank nach Siena gekommen, hier am
30. Auguft geftorben und Tags darauf „in die Kürch
s. Dominici nach altem Gebrauch begraben worden"
fei. Letztlich fügen wir euch auch zu willen, dafs nach
altem Gebrauch fich wol gebühren will zur Gedachtniß
des Verftorbnen allhie in der Kirchen zu s. Domenico
ein Epitaphium aufrichten zu laffen . . . feind wir in
diefem alle Fürderung zu thun urbietig. Fol. 78.
39. Aus Anlafs diefes Leichenbegängniffes erhob
fich ein Streit zwifchen den Pfarrern s. Donati et s.
Johannis, welcher erft am 27. Mai 1594 durch den
Canoniker MariusCoscius als geiftlichen Richter dahin
entfehieden wurde: ceram in funere dicti Illuftris D.
Joannis Conradi a Neuneck ante crucem accensam et
alia funeralia penes D. Nicolaum Carinum ut asseritur
depositata, speetasse et specStare, pertinuisse et per-
tinere ad ecclesiam parochialem s. Donati sub qua
decessit. Fol. 200.
40. 1593, 12. October. Siena. Confiliar und Procu-
ratoren der deutfehen Nation benachrichtigen den
Paulus Kripp zu Grünberg und Aychen, erzherzogl
1 Die Handfchrift hat ,,Fartuchs", allein die Rechnung Vorner's im erften
Rechenbuch Fol. 87 bemerkt, dafs er bei einer in Angelegenheit der Nation
zum Theil wegen des ßarthueches nach Florenz unternommenen Reife 4 .},
9 Julier verzehre habe.
Pfannhausrath zu Hall im Innthal, dafs deffen Mündel
Johann Zacharias Schneeberger um den 25. September
d. J. erkrankt und nach fcheinbarer Befferung am
l£h>ber Abends plötzlich verfchieden fei, ift ver-
mutlich er hab innerlich apoftema gehabt, welches zu-
brechen und ihn erfteckht habe. Wenn aber nun
Schneeberger sei. vergangen Sommer zu Rom und
Neapolis gewefen, do er unterwegen von den Panditen
svalefiert und beraubet ift worden, . . ift . . . khain
Gelt zu feiner Begrebnuß vorhanden gewefen. . . .und
da fich auch des Verdorbenen Vetter, Ludwig von
Schneberg wider Erwarten geweigert habe , diefe
Koften zu tragen, fo hatte fich fchon die Nation
refolviert, des Verdorbenen Leichnam ihren Statuten
gemäß aus chriftlicher Lieb und Pflicht mit einem
Elemosyna aus derfelben Aerario beftatten zu laffen,
als fich Herr Ludwig eines Beffern befann (angefehen
dafs er der ganzen Freundfchaft zur Verkhleinerung
geraichen wurde) und die Bezalung der Auslagen ver-
bürgte. Darauf der Verftorbene felbiges Abendt der
chriftlichen Kirchenordnung, auch einer löbl. teutfehen
Nation altem Gebrauch, nach ehrlich zu s. Domenico
in der Nation Gruft oder Begräbnus beftattet, auch
gleich folgenden Tag hernach ein Befingnus gehalten
worden, damit man nit doppelte Spefa in den YVachs-
kherzen aufwenden dorfte.
Sein Farnuß und Verlaffenfchaft, die obangedeuter
dem Verdorbenen auf der Neapolitanifchen Raiß wider-
farner Beraubung halber faft lchlecht ift, hat E. V.
fambt den Schulden darum bis dato in Eil bewußt, in
der Verzaichnus sub Lit. A. zu vernemen. Ob E. V.
gedacht war dem Verdorbenen ein Epitaphium auf-
richten zu laffen, erwarten wir aus desfelben Antwort.
41. Voigt die Verzaichnus der Verlaffenfchaft
Herrn Johann Zacharias Schneeberger fei: bedes an
Farnus und Schulden.
Befchriben den 8. O&obris (1593) Vormittag in
Beifein des wolgebornen Herrn Herrn Wolfen Dietrichen
von Althan Freyherrn etc. Confiliarii, Herrn Johann
Weigl und Mauritii Spechtn, Procuratorn, auch etli-
cher anderer einer löbl. teutfehen Nation Einverleibten
fo fich im Original mit aignerHand und Namen unter-
fchriben.
Und zwar erftlichen Bücher: Angelum Mattheu-
cium in jus civile, ungebunden in Folio: Corpus Juris
civilis Gothofredi duobus tomis in 40, Manuscripta
scripta in Inftitutiones; in aliquot titulos et leges Codi-
cis, in titulum de Juftitia et jure; in Conftitutionem Atsi
clerici, 4. ext. de Judiciis (alles fchlecht gebunden in4°.)
Ettlich andere gefchribene Sachen ungebunden und
ohn Ordnung. Etlich juriftifche Disputationes. Etlich
gefchriben Lautenftuckh, Kupferftich 14 Stuckh.
Dicflionarum italicolatinum. Dictionarum 7 linguarum
in 12°. Paraphrasis Buchanani in psal. in 160. Ein Ge-
fellen oder Stammbuch
An Kleidern ift anders nichts funden worden als
ein alter fchwarzer tücher Mantel, zwen alte weiße
Unterleib; ein alts Par fchamlotene Höfen, 1 alts anders
Par Höfen und ein Gasaggel von Burath; ein Kragen;
ein Wehr und Ghenk, ein Lauten.
An Gelt ift nichts vorhanden gewefen, dann er
auf der Rais nach Neapolis vergangen Sommer ver-
richt von den Panditen angegriffen und fammt ander
feiner Gefellfchaft beraubt ift worden, daher er nit
cxxxv
allain nichts in Vorrath gehabt, fondern die volgende
Schulden gemacht hat.
Erftlich hett er vor feinem Verraifen bey der
Nation verfetzt /.wen King deren ain ain Rubin der
ander ein Saphir per ■ 10 A iÄ.
Item nachdem er wider khumen von
Neapolis entlehnt er wider bei der
Nation auf Bürgfchaft Herrn Ludwigs
feines Vettern 10 A 60 kr.
Item hat ihm Herr Jacobus Lehndanus,
Herrn Georgen Fuggers Pr.eceptor vor
fein Verraifen geben 6 A — „
Item hat er in feiner Krankheit vermeldet,
wie er von einem von Adel N. Schilling
genannt zu Rom entlehnt hab 9 A 12 .,
Item bleibt er Herrn von Pirring vermüg
Auszugs Nr. 1 8 A 6 „
Dem Sigr. Eberhardt Wert vermög Zet-
tels mit Nr. 2 bezaichnet i'/2 A — „
Seiner gewölten Patrona vermög des Zet-
tels fub 3 außer deffen, fo man ihr umb
gehabte Mühe verehren will 9 A — „
Dem Juden Abraham und feinem Sohn
vermög Zettls zaichnet Nr. 4 2 A 64 ,.
Dem Apodekher laut feines Auszugs fub
Nr. 5 4 A 24 ..
Dem Medico 3 A — „
Dem Schufter — A 48 „
Item einem Maler Nr. 8 — A 32 „
Summa der Schulden ... 75 A 36 kr.
Voigt was auf die Leicht zur Erden zu beftatten
ift aufgelaufen:
Erftlich für Wachsliechter, Torczen ver-
mög Auszugs sub Nr. 6 54 A 24 kr.
Item dem Todtengraber und andern Per-
fonen die man bei Begrebnuffen belohnt
vermög des Zettels Nr. 7 13 A 46 „
Summa aller jetzt bewußter und obge-
fetzter Schulden ift 143 A 22 kr
NB. Adi 29. Dez. A°. 93. An diefer Summa ift
ausgenummen des Sigr. Schillings 9 A 12 kr., dan wider
3 A 30 kr. fo die Nation dargelegt, alles bezalt laut
volgend an Herrn Krippen gethanes Schreyben Fol. 15
(Fol. 146—148).
42. 1594 7. Jänner. Diefelben, demfelben. Sein
Schreiben vom 20. Nov. habe man am 27. Dec. neben
dem verordneten Wexl der 100 fl. empfangen und
da überdies Herr Ludwig von Schneburg vor feiner
Abreife nach Rom in die 60 und etliche Kronen, bezalt
habe, darfur er fich verpürgt, fo fei alles bis auf die
9 A an Schilling und 3 Ä 30 kr. fo die Nation darge-
liehen, darumb fie aber die Ring noch beyhendig, alles
beglichen. Hinlichtlich desEpitaphii erwarte man feine
Vorfchläge. Schließlich bemerke man, dafs der Ver-
dorbene auch nach feiner Rückkunft nach Siena und
bis an feinen Tod in adelicher löblicher Compagnia ge-
ftanden und mitfpendirt, darzue ihm dann feine Herrn
commenfales, fonderlich aber Herr von Piring wie in
der Schuldzettel zu finden, in Verzug feines Wexls,
auch mit darleihen nit gemangelt, vil weniger das er. .
in feiner Khrankheit, do jedermann gueter Leut Hilf
mer als fonft bedarf, an Wartung oder Labung ainigen
Abgang oder Mangel fol gehabt haben, welches wir
fonderlich feiner betrübten Mutter halben wie der Herr
fchreibt, nit unvermeldet lafsen wellen. Fol. 151 2.
43. 1594, 28. Juni Siena. Confiliar und die Procura-
toren der deutfehen Nation zu Siena beurkunden, dafs
fie das von weiland Hans Georg von der Leuten bei
ihnen deponierte Geld, abzüglich 50 Silberkronen,
welche des von der Leuten Erben ainer löblichen
Nation alhier . . verehrt, auch 31 ducaten Ungrifch zue
einem Epitaphio in Neapolis dem Verdorbenen da er
begraben liegt aufrichten zu lallen, und weiterer 30 Sil-
berkronen zu Bezalung einer nachgeladenen Schuld,
dem ausgewiefenen Vollmachtträger der Erben, Theo-
dor Adamius ausgefolgl hatten und zwar 100 A in
Gold, 20 Silberkronen und 15 fl. Rheinifch. (Fol. 200/1.).
44. An Adamen Günten fei. Gedächtnufs Vätern
wegen der Nation ausftehende 8 A f o fie für ine bezahlet
1595, 20. Jänner. Die Nation habe ohnedies für die
beftmögliche Verwertung des Nachlaffes Sorge getra-
gen und beifpielsweife das Corpus Juris, in welchem
gleichwol einDefectift, per 10A angenommen. (Fol. 158.)
45. Schreiben an die wolgeboren Frau Hypolita
vonWindifch Grätz geborne Schlickhin Grävin zu Paf-
fan, und Weiskürch etc. Wittib, wegen des Abfterbens
ihres Sohnes allhie zu Senis. 1595, 21. März sub Con-
siliaris D. Jacobo Braunn et Procuratoribus Meliore
Bonacker atque Simone Rorbach.
Deren Sohn, Cafpar Freiherr v. Windifcli Grätz
fei nebft feinem Hofmeifter, „ Herrn Johann Schlegeln
und zugegebnem Diener den 11. Martii diefes 95 Jars
alhie zu Senis in guter frifcher Laibsvermöglicheit
angelangt, in volgenden Tag naher Rom zu verraifen
wüllens", wäre aber „von dem getreuen Gott mit
fchmerzlicher unverfehenlicher Krankheit heimgefucht
worden. Obwol aber gedachter fein Hofmeifter . . die
vornemfte Doftores der Arznay in gemelter Stadt ine
ufs fleifigift zu curiren erfordert, auch an forgfeltiger
Chur und Infpe£tion an nichts ermangeln zu geladen,
fo hat doch folches alles, weil es je einmal demHöchften
alfo gefallen, nit helfen mögen, fondern — < er ~> end-
lichen den 20. obgemeltes Monats ganz ftill und fanft
in den Herrn feliglich entfchlafen, welchen der Höchfte
neben allen chriftglaubigen Seelen und uns allen zu
feiner Zeit ein fröliche Urftend verleihen wolle Amen.
„Wie hochfehmerzlich Euer Gnaden diefer Tod-
fall, als dadurch fie ihren zeitlichen Schatz, rechten
Troft und fteife Saul ihres hergehenden Alters ver-
loren, zu Herzen gehen werde, können wir leichtlichen
bei uns ermeffen". Sie möge fich als Chriftin in ihr
Schickfal finden. „Die Begrebnuß entlichen betref-
fend, ift felbige der verdorbenen Perfon Stand gemäß
ftattlichen vollzogen und in der ehrngedachten löb-
lichen Nation alhie gewöhnlichen Ort der Kirchen bei
den Dominicanermönchen ehrlichen beftattet worden.
Da nun E. Gn. wie wir leichtlichen vermuten mögen,
felbigen ein Epitaphium in maffen von Andern zuvor
allhie befchehen, aufzurichten gewüllet, erpieten wir
uns zu Befürderung aines folchen löblichen Werks
ganz willig und genaigt" (Fol. 37).
46. 1595, 9. Nov. Siena. An Herrn Wilhelm von
YVindifchgrätz Freyherrn. „Derfelben Schreiben den
19. Septembris zu Graz datirt, ift einer hochloblichen
teutfehen Nation alhier den 6 jetz laufenden Monats
überantwortet worden ^ feint wirr-o verftendigt, wie
dafs die wolgeboren Frau Frau Hypolita von Windifch-
CXXXVI
grätz r-j ierem vielgeliebten feiig allhie entfchlafenen
Sun, Herrn Cafparn von Windifchgrätz ~ ein ev
Gedechtnus mit Aufrichtung eines anfehnlichen Epita-
phii nach eingefchloffener und von uns empfangen
Form zue machen Vorhabens feye", die Nation werde
ihrerfeits die Ausführung desfelben nach allen Kräften
unterftützen, „hatte auch foliches alsbald ins W'erkh zu
richten angefangen, da fie nur von E. Gn. und Freund-
lichkeit khleringer wäre verftändigt worden, ob ge-
dachtesEpitaphium vonganzMarmel oder andern Stein
oder aber zum Theil von Holz und an was Orten, auch
in was Breiten und Hoch folle aufgericht werden. . . .
Wir haben zwar uns mehrer Nachrichtung und Berichts
halben mit etlichen fürnemen .Meutern allhie unterredt
und beratfchlagt, nach welcher Yermainen der ganze
obrifte Theil angezogenes Epitaphii darinnen die
4 Evangeliften fampt andern Figuren begriffen, wie
auch die aiferfte Extremitates an den undern Theil
von Holz mues gefchnitzt werden, mit Gebung aller
gebierenden Farben von guetemGold und dergleichen,
das übrige aber von ganzem fchönen Marmelftein ge-
arbeitet, ferner die Breiten auf acht und die Hoch
desfelben auf 13 hiefiger Ellen fchätzen thuen. Ob nun
folicher Form E. G. und Freundtlichkeit annemlich
oder nit, pitten wier mit eheften uns zu erinnern.
„Den Wert des Epitaphii nach folichen angedeiten
Form betreffend haben wir nach langer Traclation
entlich diefes von denen Maiftern verftanden, das fy
under 1000 Khronen alles und jedes über fich zu
nehmen und völlig zu enden ohne ieren Nachtel und
Schaden mit nichten wollen, noch khinen.
„Anlangend letztlich das gebierende Ort zu foli-
chem anfehnlichen W'erkh, erinnern wir E. G. und Fr.
hiemit, warhaftig, dafs weilen die Capellen und Ort zur
Teutfchen Nation Begrebnus in der Herrn Domini-
caner-Kirchen überaus fehr klein, benebens mit anderer
vieler anfehnlicher und ftattlicher teutfchen Freiherrn
Epitaphiis alfo erfetzt, dafs ohne Herausnembung der-
felben (welches unferer Nation wegen der abgeftor-
benen Herrn fürnemen Freuntfchaften bedenklichen
falt) zu vorhabenden jetzigem fehr großen Epitaphio
nit genueg Raum und Ort in diefer Capellen vorhan-
ven ift, derowegen fowol eines ganzen löblichen Con-
vents der Dominicaner, als aller Werkmeifter wie auch
unfer einhelliges Iudicium were ~ das foliches fchöne
zierliche Werkh auf den Altar in obgedachter unfer
Capellen möchte gefetzt werden, dann es ja aller Ver-
mainen nach an kheinem riemlichern Ort der ganzen
Khierchen da es von mehrern gelobt und gefehen,
khinde gefetzt werden. ~~> Da aber im Fall folicher
gethaner Fürfchlag E. G- und Fr. nit fürtraglich er-
fchine, würden wir alsdann '-^ kein ander Mittel für-
nemen khünen, als dafs diefes ~ Epitaphium aufser der
teutfchen Nation Capellen in ein ander Ort der Kirche
gefetzt wurde.
„Die Infcription und Ueberfchrift wird entweder
E. G. und Fr. nach lerem Gefallen machen oder aber,
da es unfer Nation heimgefetzt, wollen wirs alfo rüm-
lich und wohl vollbringen, damit auch diesfalls ein
wolgeboren Freundfchaft an unferm Heiß ^ billich
nichts erfordern kann" Fol. 3
47. 1596, 10 Febr. an Herrn Wilhelm von Windifch-
gräz Freyherrn ... Es ift den 8. jüngft verwichenes
Monats Januarii einer lobl. Nation allhie E. G. und Fr.
Seiitfchreiben neben dem vermachten Wexel der be-
werten IOOO Cronen überantwortet worden-— 'als allein,
das wegen Abziehung der Kaufleut gewöhnlicher Pro-
vifion zue Venedig, Florenz und Siena uns nicht mehr
als 938 Silberjcronen darüber 4 Pfund (wie aus dem von
uns unterfchribnen Wexelbrief E. Gn. und Fr. erfchei-
net erlebt und zuegeftellt worden, zweifeis, ob wir
diefes Abgangs künftig werden gereichen mugen.
Ferner werden fich E. Gn. und Fr. noch zu erholen
haben, dafs ~ wir furnemlich — auch diefes vermelt,
wie das die allhiefige Werkhmeifter den obern Theil des
überfendeten Models nicht von Marmel, fundern nur
von gefchnitzten Holz und Gemalwerkh umb du -*
1000 Cron zu machen fich eingelaffen haben, fo wider
den Inhalt und Verftandt E. G. und Fr. Schreiben
unteres Erachtens fein thuet, daher wir E. G. und Fr.
ai_, entlichen Willen, dafs oft angezogene Epitaphii nicht
von Holz fondern von lauter Märml folle aufgericht
werden, ernannten Maiftern fammt und funders fürge-
halten ~ hat doch nichts früchtbarlichs über gehabte
Bemieung khunen tractiert werden — < haben wir nach
gethaner Beratfchlagung unfern primum Nationis l'r<>-
curatorem fampt einer andern wolerfarnen Perfon nach
Florenz alsbald abgefertiget, fich dafelbft bei anfeh-
lichen und fürtrefflichen Maiftern und fonderbarlich
Joan de Bolonia weliches gleichen ob feiner hoch und
weitberiembten Khunft in Italia, ja fchier ganz Europa
nit gefunden wirt) zu befragen, ob angezogenes E. G.
und Fr. Modell von Mannelftain und mit wasUnkhoften
khindt in das Werkh gerichtet werden. Uns aber ift
entlich, nachdem er die Sachen drey Tagsfrüft wol
nachgedacht, diefes von ihme zu Befchaid erfolgt: dafs
foliches Model und Fuerm mit nichten ihrer Khunft
gemäß, als viel mehr zu einem Gemahl teiglig fei,
welches er mit genuegfamen Argumenten dargethan,
mit nichten dahin ratend, das ein Theil von Märml,
der ander von Holz fein follte, weilen difes zu des
Epitaphii Unzierligkheit gereihet, auch das Holz mit
der Zeit verfaulen und Feursgefahr unterworfen fein
wuerde. Da es aber von lautern Marml in folte aufge-
richt werden, thuet er wegen Menig der Figuren und
Bilder fo in Marmor zue hauen von Nöten den Wert
und Unkhoften folichs Epitaphii auf 4 oder aufs ge-
ringfte 3000 Cron (mit welichem auch andere Maifter
übereinftimmen) aeftimieren und fchätzen. Ueber difes
hat ernennter Johann de Bolonia auf unfer Anhalten
und E. G. und Fr. Wolgefallen das verfchloffene dis-
segno alles Fleis verzeichnet fo alle Principalftuck des
vorigenModels in fich begreift, benebens auf angedeute
Hoch der 14 Ellen und Breiten der S Ellen gerichtet
ift, und ob es gleich von dem beften Marml gemacht,
wurde es gleich mit dem Unkhollen nicht über die
IOOO Cron laufen. Und weilen er felbft wegen des fehr
beriembten und theuern W'erkh- fo der Großherzog zu
Florenz feinem Vätern durch oft gedachtes des Bolonia
Mittel aufrichten thuet, nit abkhumen kann, hat er zu
einem gleichfalls wolerfarnen und fürnemen Meifter
uns gewiefen, welicher fich mit ihme de Bolonia aner-
boten, dafs fie fein des Herrn vonW'indifchgrätz feiigen
Wappen fampt etwann andern nach E. G. und Fr.
Gefallen an ein Ort des ganzen Epitaphii, welches fie
dazue auserlefen gern und willig von Marml fetzen
wolt(en). Aus angeführten Urfachen hat fich ein löbl.
Nation refolviert, E. G. und Fr. nebenliegende Epita-
CXXXVII
phii Formb zu übcrfendcn und in frcundlichkeit zu
erfuchen, uns.. zu berichten, ob inen gegenwertig
Model angenem und gefellig, auch
was darinnen zu verändern oder
hinzuzusetzen fey oder aber . ob
fie bey den erften verbleiben und
wie vermelt den obriften Thcil umb
erlegt Gelt von Holz und Gemal-
werk machen zu laffen begem. . . .
Mit der Infcription und Erwählung
eines bequemen Orts foll unfer
gebührliche Affeflion zu einer wol-
gebornen Freundfchaft und ver-
heißner Fleiß mit nichten defide-
riert werden. Fol. 40/1.
48. Sub Consiliario nobili et
cl. viro Hieronymo Fetzer, Procu-
ratoribus Gerardo Roeden et N.
Bechlero ift widerumb an die von
Windifchgretz Schreiben ausgan-
gen, dafs fie fich erkleren wolten,
was wegen des Epitaphii zu bauen
ihr Meinung und Willen were, den
6. Auguft Äo. 96.
49. Ill darauf alsbald im Sep-
tember Antwort erfolget, dafs fie
die Sache in der Nation Hand
geben und ihrer Discretion zu voll-
furen heimftellen.
50. Ift den 29. September als-
bald darauf an Sigr. Betz gefchrie-
ben auf Florents, dafs er der
Nation zu Gefallen Johann de Bo-
logna anreden wollte, dafs er auf
der Nation Uncoften einen verften-
digen und fleißigen Meifter herüber
fchickte, welcher die Arbeit ins
Werk richtete. Fol. 41.
51. 1601, 6. Sept. Testimonium
datum nobili viro D. Ernesto ab
Axt de factis sumptibus in morbo
et funere famuli. — Wir Zdenko
Freiherr von Waldftein etc. bekun-
det, dafs Zeiger difes der edle . .
Ernft von Axt für uns kommen und
angezeigt, dafs ihme den 3. Sept.
itzt laufenden 1601 Jahrs fein Die-
ner Andreas Reitter, welichen er
den 11 Martii desfelben Jahres zu
Padoa aufgenommen, alhie inSiena
von diefer Welt abgefchieden, auf
welches Krankheit und Begräbnus
er notwendig 12 Silberkronen und
'/8 Pfund fpendieren mußen. — Dies
werde als wahr beftätigt. Fol. 271.
52. Exemplum literarum ad
D. Jacobum a Barland de epitaphio
fratris ipsius — 1602, 24. Mai.
Redditae sunt nobis literae
tuae . . numerataque peeunia 33 &
pro erigendomonumentoDfio fratri
tuo pie hie defunfto. Statim egimus
ea de re cum statuario itaque uti jam ante inter vos
convenerat. Ab initio ipsi persoluimus 15 A daturi rcli-
XIII. N. F.
quum opere perfefto. Inscriptio talis ipsi est exhibita,
qualem hie Uunsmittimus eamque te probaturum con-
Fig. 5. Grabmal des Chriftoph Ulrich von Würzberg f. S. XIII. Nr. j.
fidimus. Materiam epitaphii tua delineatio nobis sup-
peditavit quanquam manca, neque enim quamdiu
CXXXVII1
vixerit meminit, operapretiumque fuerit ea de re mature
nos reddere certi
Epitaphium tale est, cuius fit mentio in literis:
D. O. M. S. Manibusque juvenis nobiliss: Dn.
Guilielmi a Barland, Zeelandi, Goesani, qui cum in
Italiam velut ad mercatum studiorum et virtutum
fuisset ablegatus, eamque reäiss: ingenii. solidaeq.
doctrinae jam tum da: "cationem. ut facile qualis
futurus esset augurarentur omnes, mors invida florem
in herba cum spe fruetus obtruncat. Mater infelix et
frater Jacobus filio et fratri carissi: hoc dolor: monum:
cum lacrymis PP. Vixit annos . • menses . . . dies . . .
Obiit Senis Xeapoli reversus anno MDXCVD die
IV. Novembris. Fol. 1S7 8.
Testimonium Davidis Gerardi a Mosse ob
expensas faäas in funere Guilielmi Joannis Barlaiuli.
- Consiliarius etc. notum faeimus, dnos. Guiliel-
mum Joannis Barlandium et Davidem Gerardum a
se non equidem commorandi, sed Romam quam
primum proficiscendi animo huc appulisse. Den er-
krankten Freund habe Moffe nicht verlaffen wollen und
auch nach dem am 4. November ingetretenen
Verfcheiden die deutfehe Nation erbeten, ut defuneti
cadaver communi Germanorum sepulturae inferri pate-
remur sumptuumque funeralium, qui pro InclytaeNatio-
nis nostrae atque defuneli honore requirebantur testi-
monium ipsi largiremur. .quae quidem expensae iis
etiam adjunclis, quae medico, pharmacopolae, pro
victu et aliis necessariis debebantur usque ad 44 coro-
natos aureos sese extenderunt. Haec omnia saepedic-
tum D. Davidem fideliter exsolvisse . . testificamur.
265/6.
54. 1602, 19. Nov. Schreiben der Nation an Mathias
Gülger Abt zu Wiener Neuftadt (und fpäter zu Reun)
in causa demortui D. Franzisci Gülger nepotis sui. —
Die Nation habe vor wenig Tagen jene IOO Gulden in
Empfang genommen, welche der Abt feinem mittler-
weile verftorbenen Neffen pro laurea in utroque jure
suseipienda durch den Venezianer Kaufmann Johann
Schopper gefandt habe. Sie gedächten diefe Summe
wie in ähnlichen Fallen zur Bezalung der Leichenkoften
und der Schulden de- Verstorbenen zu verwenden.
Fol. 60, 61.
55. 1602. 17. Dez. Diefelben demfelben. Zu völliger
Bezalung der Schulden fei noch die Nachfendung von
lS A 8 kr. erforderlich. Das Epitaphium betreffend
kann man nach F.. F.. Wohlgefallen aines zuerichten
lassen, dann das allergeringft under 24 Cronen khaum
gemacht wirdet. Die was ftattliches haben wellen
mueffen 30 oder 40 cronen spendiern. Fol. 61.
56. III. Aus dem Liber Actionum inelytae Ger-
manae Nationis, ereclus Cal. Augusti [641 Foliant im
kgl. Staatsarchiv zu Siena. Abtheilung Studio, N. IOO.)
Acta sub Consiliario 111. D. Andrea Sigismundo
Podstazki Procuratore me Abramo Lay J. V. C.
56. 1641, 25. Sept. Abreptus est nobis praenobilis
D. Adolfus Wolff, dictus Metternich praematura nimis
morte . . quocirca ultimum solum quem potuit hono-
rem Dno. a Metternich pie memorie contulit Natio
omnibus ex ordine sacris rite perhibitis Uli honorificen-
tissime parentans, tertio insuper die apud Dominica-
nos patres solemni in praesentia Nationis decantato.
Fol. 1.
57. Sub eodem Consiliario, Procuratore Friderico
Langh. J. Dr. 1642, 6. Januar pidellus nationis nostrae
nomine Zacharias Dieffendrung in Christo expiravit. .
ac 7. sequenti praesente Inclyta Natione . . apud s.
Dominicum in templo sepultus. Fol. 3.
Beiträge zu einer Ikonographie des Todes.
Von Dr. Theodor Frimmel.
VIII.
JIERFEN wir noch einen Blick auf die Art der
§ rfl Todesfiguren, wie fie in der deutfehen Plaftik
des 16. Jahrhunderts gebräuchlich waren. Auch
hier fcheint das Skelet und das Cadaver fo gut wie aus-
fchließlich dominirt zu haben. Italienifche Einflüffe
werden erft fpät auffallend. Für die gewöhnliche Auf-
faffung mögen folgende Fälle als Beifpiele dienen.
Zunächft betrachten wir die Figuren, die fich auf
den WietsAauferi fchen Denkmälern in Wien und Nürn-
berg finden. Sie find befchrieben und abgebildet in den
Mittheilungen der k. k. Central-Commiffion im III. Bd.
der n. F. 1877, Artikel von Dr. A. Ilg , weshalb wir uns
hier auf die Wiederholung des Wefentlichen befchrän-
ken können. Die erwähnten Denkmäler find jene, welche
Freiherr Jobft von Wetzhaufen, Landes Comthur des
deutfehen Ritterordens der Bailei Oefterreich zu Wien
in der Elifabeth-Kirche) und zu Nürnberg (in der Egloff-
ftein fchen Capelle der Jacobs-Kirchei hat errichten
laffen. Beide Denkmäler find vor der Mitte des 16. Jahr-
hunderts entstanden. Jedes zeigt unter anderem eine
Todesfigur, welche der Geftalt des Stifters gegenüber-
geftellt ift und ein mittleres Relief begleitet, auf welchem
der Abfchied Chrifti von feiner Mutter zu Bethania dar-
geftellt ift in allgemeiner Anlehnung an Dürer 's be-
kanntes Blatt aus dem Marienleben . Der Tod ift beide-
mal als cadaverartiges Skelet aufgefaßt, ausfehreitend
und mit Pfeil und Bogen zielend. Der Kopf ift fchädel-
artig geformt aber überhäutet gedacht. Auf dem Boden
in der Mitte fteht ein Stundenglas.
Bald nach Beginn der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
huuderts ift eine der eben befchriebenen in morpholo-
gifcher Beziehung ähnliche Todesfigur entftanden, die
einen pikanten Schmuck des Grabmales von Erzbifchof
Sebaftian Heufenftamm im Dome zu Mainz bildet.1 In
H. Emdens „Dom zu Mainz" (Mainz 1858) findet fich
eine Photographie des intereffanten rcichgefchmückten
Denkmals, das uns den Tod als kleine Halbfigur eines
noch überhäuteten Skelettes vorführt (Tafel 29). Senfe
1 Verpl. eine Abbildung in „Deutfche RcnaifTancc", Leipzig, Seemann,
104. Lieferung.
CXXXIX
und Sanduhr find die Beigaben. Auf dem Poftament,
das die Figur des Bifchofs trägt, ill auch ein Putto zu
bemerken, zu deffen Füßen Schädel und Stundenglas
liehen, alfo eine Art „Vanitas", welche auch ihrerfeits
nachdrücklich an die Kürze des irdifchen Dafeins
erinnert.
Etwa ein Jahr fpäter als diefes Denkmal, das man
nach der Grabfchrift zu fchließen in das Jahr 1555 oder
die unmittelbar darauf folgende Zeit verletzen muß, ill
ein Bifchofsgrabmal entftanden, das fich im Capellen-
kranz des Kölner Domes befindet (Denkmal des Erz-
bifchofs Adolf von Schauenburg, von 1556). Diefes ift
uns dadurch interelfant, dafs es nicht etwa eine bc-
fonders auffallende Todesfigur bietet, fondern dadurch,
dafs es in ganz unzweifelhafter Weife eine Nachempfin-
dung von italienifchen Vorbildern repräfentirt, von Vor-
bildern wie fie in Andrea Sanfovino's Sforza-Grabmal
in Sta. Maria del Popolo zu Rom und ähnlichen Werken
der italienifchen Hoch-Renaiffance mit liegenden
Bifchofsfiguren gegeben find. Eine eigentliche Reprä-
fentation des Todes kommt auf diefer Art von Grab-
mälern überhaupt nicht vor. Wir heben fie nur in
negativem Sinne heraus, um damit eine italienifirende
Richtung der deutfehen Auffaffung anzudeuten, welche
auch an reich gefchmückten Grabmälern eine Todes-
figur vermeidet und fich mit Umfchreibungen und An-
fpielungen begnügt. Der liegende Bifchof ift nicht als
Leiche aufgefaßt. Er ftützt das Haupt auf die Linke.
An fein Hinfeheiden erinnern nur, oben zu beiden
Seiten am Denkmal aufgeftellt, zwei nackte Kinder-
figuren, die fich auf die umgekehrte Fackel ftützen.
Neben ihnen liegt je ein Todtenfchädel. In einer Nifche
rechts gewahrt man eine trauernde Figur, zu deren
Füßen ebenfalls ein Schädel liegt. '
Ganz ähnlich angeordnet ift ein zweites Bifchofs-
grabmal von 1561 in demfelben Capellenkranz (in der
Engelbertus-Capelle).
Eine wirkliche Todesfigur treffen wir aber gleich
wieder faft zur felben Zeit (1562) auf einem Grabmal
des Mainzer Domes, und zwar auf dem Monument, das
Frzbifchof Brendel 1562 für feine Verwandten errichten
ließ; vergl. die Photographie in H. Emden s „Dom zu
Mainz". Der Tod erfcheint hier als kleines Skelet und
mit einem Bogen bewaffnet. In zarterer Weife wird an
die Sterblichkeit durch eine zweite Darftellung auf
demfelben Denkmale erinnert. In dem bekrönenden
Aufbau ift ein Relief angebracht, das einen fchlafenden
Knaben mit Todtenfchädel zeigt.
Um wenige Jahre jünger als das Brendel'fche
Grabmal in Mainz ift das feine Denkmal des Dom-
Geiftlichen Johann Segen im Dome zu Trier (im Vor-
räume vor der Liebfrauen-Kirche, die bekanntlich mit
dem Dom in Verbindung fteht). Mitten im Kranz-
gefimfe diefes fchönen Werkes deutfeher Renaiffance
ift der Tod in halber Figur angebracht. Nicht Skelet,
nicht Cadaver, aber von beiden feine Formen ent-
lehnend, zeigt er dichtes wallendes Haar am Scheitel.
Hagere knochige Formen ließen die Deutung der
Geftalt nicht zweifelhaft erfcheinen, auch wenn fie nicht
mit Senfe und Pfeil bewaffnet wäre und nicht mit der
Rechten das Stundenglas hielte. Eine Schriftrolle unter
diefer dreuenden Geftalt fagt es deutlich, was niemand
gern hört: „Nemini parco". Unten in der Mitte ift
1 Aeltcre Notiz.
dein Tode Adam gegenübergeftellt, durch welchen
die Sünde und die Sterblichkeit in die Welt kam. Zur
Erinnerung daran ift ei vorgeftellt, wie er von der ver-
botenen Frucht ifst und die Schlange hält. Vor ihm
gewahrt man einen Todtenfchädel. '
Noch weitere Beifpiele aus der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts wären auf dem Gebiete der deutfehen
Kunfl wohl nicht fchwer aufzufinden. Nur in aller Kürze
erinnere ich an das monumentale Epitaph des Erz-
bifchofs Friedrich (von Magdeburg) im Dome zu
Halberftadt, welches mit 1558 datirt ift. Der Tod
kommt darauf in Form des Skeletes vor. Er und der
Teufel werden von Chriftus überwunden. Außerdem
kommt die „mors" an demfelben Grabmal auch noch
in dem Reliefftreifen an der Bafis vor. Der Tod als
Skelet etwa im Sinne des Holbein'fchen Todes fchiebt
einen Karren, worauf die Bifchofsmütze zu bemerken
ift. Gegenübergeftellt ift diefe Scene einer Allegorie
der „peccata". Ergänzt wird das Ganze durch eine
Vanitas-Darftellung (ein Engelchen und einen Todten-
kopf).
Auch an eine fkeletartige Todesfigur, die fich auf
einer Holzfculptur außen an einem reichgcfchmückten
Haufe in Hildesheim befindet (Hoher Weg, Ecke der
Stoben ftraße), möchte ich hier erinnern. Der rückfichts-
lofe Gefelle hält das Stundenglas einem Greife ent-
gegen, der neben feinem Bette fitzt.
Gleichfalls als Skelet ift eine Todesfigur gebildet,
die durch den Ort ihrer Aufftellung, nämlich an einer
Uhr, ihre befondere Bedeutung erhält. In der Brüder-
Kirche zu Braunfchweig werden die Beftandtheile des
ehemaligen Lettners, darunter auch eine große Uhr
vom Ende des 16. Jahrhunderts2 aufbewahrt. Neben
dem Zifferblatte erblickt man den Tod in der ange-
gebenen Form.
Analoge Figuren wären auch noch an der be-
rühmten Strafsburger aftronomifchenUhr zu erwähnen3
(vollendet 1574), fowie an den großen Uhren der Rath-
häufer zu Olmüz (von 1574) und zu Prag (gegen 1500).
Von den beiden letztgenannten foll noch eingehend
die Rede fein, ebenfo von einer Todesgeftalt an einer
Augsburger Uhr in der kaif. Schatzkammer zu Wien.
Das bayerifche National-Mufeum zu München bewahrt
eine auffallende (ungefähr lebensgroße) Todesfigur
diefer Art, ein Skelet, das auf einem Löwen reitet und
mit einem Femurknochen die Stunden fchlägt. Nach
Angabe der officiellen Ausgabe des „Führers durch
das königl. bayer. National-Mufeum" (2. Auflage, S. 37,
Nr. 9) bildete die Figur ehemals das „Schlagwerk
einer Uhr aus der Klofter-Kirche zu Heilsbronn bei
Ansbach''. Diefe Todesfigur mag aus der Zeit um 1500
(lammen. Eine kleine dem Todesbild der Straßburger
Uhr verwandte Darfteilung (wohl aus dem 17. Jahr-
hundert) befitzt auch das Caffeler Mufeum (Vergl. den
„Leitfaden für den Befuch der Sammlungen in dem
Unterftock der neuen Bildergalerie zu Caffel". S. 18,
Nr. 77).
Ziemlich feiten dürfte die Auffalfung des Todes
fein, die uns an dem fchönen Epitaph des Johann
1 Das ganze Grabmal ift abgebildet in „Deutfche Renaiffancc", Heft 121.
- 1594. Reifenotiz, bei nicht fehr günftiger Beleuchtung des Objcdtcs
niedergefchrieben.
3 l'ie alte Todesfigur (ein Cadaver, das einen Obcrfchcnkclknochcn
emporhalt, mit dem es die Stunde fchlug) wird gegenwärtig im Dom-Mufcum
aufbewahrt. Die reiche Literatur über diefe Uhr findet fleh zufammengeftcllt
bei /•'. .V- Kraus: ,,Kunft und Alterthum im Unter-ElfaG" S. 480 ff.
CXL
Wilhelm von Sachfcn (geb. 1535. gell:. 1573^ in der Stadt-
Kirche zu Weimar begegnet. Der Form nach fchließt
fich die auf diefem Grabmale vorkommende Todes-
figur an die Darfteilung von Verdorbenen an, wie wir
fie in auffallenden Beifpielen fchon in Lorch, in Rouen,
Straßburg u. f. w. kennen gelernt haben. ' Denn der
Tod ift hier als zerfetztes Cadaver gebildet, das von
Wurmern durchwühlt wird. Die Figur fcheint aber hier
nicht einen Verftorbenen, fondern den Tod zu bedeuten,
aus welchem wieder neue.- Leben, das ewige Leben,
emporwächft. Diefes ift fymbolifirt durch einen Baum,
der in dem Cadaver wurzelt. Außer diefer eigentlichen
Todesfigur finden fich auf dem Grabmale dann noch
Anfpielungen auf die irdifche Vergänglichkeit, fo ein
Kinderengel mit beigegebenem Todtenfchadel und ein
anderer mit dem Stundeglafe. Ueber der Schrifttafel
des Denkmals gewahren wir ein Engelchen mit Fleder-
mausflügeln, eine wie es fcheint eigenartige Zufammen-
ftellung, die offenbar eine entfernte Reminifcenz an die
Fledermausflügel italienifcher Todesbilder enthält. Line
ähnliche Reminifcenz möchte ich auch bei den Schädeln
mit Fledermausflügeln annehmen, die in der Barokke
an unzähligen Grabfteinen zu finden find.3
Die letztgenannten Denkmäler haben uns ganz
nahe an die deutfehe Kunft des 17. Jahrhunderts heran-
geführt. Sie haben uns fchon Beifpiele von jener Neben-
einanderflellung gegeben, wonach wirkliche Perfonirl-
cationen des Tode- mit Umfchreibungen und Andeu-
tungen desfelben zugleich an einem und demfelben
Monumente vorkommen. Hauptfächlich bleibt indefs
das Skelet, welches nun mehr und mehr realiftifch
gebildet wird, die Geftalt, in welche die Künftler
Deutfchlands im 17. und 18. Jahrhundert den Tod
kleiden. Line allegorifche Medaille des in Bayern und
p
Sachfen thätigen Monogrammiftenx , zei^t auf dem
Revers ein „Gerippe-. Der Avers bringt eine ge-
fchmückte Frau. Die aus dem Jahre 1612 flammende
Medaille ift in A. Er man s -deutfehen Medailleuren des
16. und 17. Jahrhundert-- Berlin 1S84, S. S6j kurz be-
fchrieben. Als (fchlecht gezeichnetes) Skelet mit Pfeil
und Stundenglas kommt dann der Tod wieder vor, in
dem 1616 in Nürnberg erfchienenen „ABC der Ehe"
ibei Peter Ifelburg . Mine Augsburger Cafel des Stift-
fchatzes zu Kremsmünfter, die mit 1630 datirt ift,
bringt an der Rückfeite den Tod wieder als realiftifch
aufgefaßtes Skelet zur Darfteilung. Als Sieger über
alles Sterbliche ift er hier aufgefaßt. Zu feinen Füßen
gewahrt man Abzeichen der verfchiedenften Stände:
den Reichsapfel, den Herzogshut, den Helm, Speer,
die Trompete, Pauke, die Mitra, da- Kreuz, den
Krummftab. In der Bordüre find die damals fchon
landläufigen Embleme des Todes, der Schädel, die ge-
kreuzten Femora, dieSanduhr und anderes angebracht.
Das Vordertheil derfelben Cafel zeigt innerhalb einer
entfprechenden Bordüre gleichfalls Todtenkopf und
Stundenglas. Die Kupferftiche des „Viridarium hiero-
glyphico-morale" (Frankfurt 1619, S°) zeigen in einer
Reihe von 20 Darftellungen den Tod mehrmals in
Skeletform. Seine Attribute find die Sanduhr, die
Wage, der Pfeil. Er fpielt auf diefen Bildern die Rolle
eines Vermittlers für den Teufel. '
In die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts fallen
die Todesdarflellungen auf den Stichen von Joli.
Seh. zu Dr. Joh. Tacken s -Unvergeßlichem
Cederbauirr (dem „kurzen befchriebenen Lebenslauf
des weiland Georgen des andern Landgrafen zu
Helfen" f 1661, herausgegeben von der Witwe Sophia
Eleonora). Der Todes-Typus des Joh. Schweitzer hält
fich ganz innerhalb der gewöhnlichen AuffalTung jener
Zeit. Ein geflügeltes Skelet aus etwas fpäterer Zeit
(nach 1673- finden wir auf einem Stiche von Waldreich
mit der Abbildung des Grabmales des Augsburger
Patriciers Chriftoph von Stetten (f 16731. 1 unter dem
Wappenfchilde blickt der Tod hervor (ein geflügeltes
Skelet Die nackten Engelchen links und rechts bringen
Schreck und Trauer zum Ausdruck. *
Dafs die Darfteilung des Todes mit Flügeln ihren
Urfprung in Italien hat, wurde fchon in dem Abfchnitte
hervorgehoben, der von der deutfehen Malerei des
16. Jahrhunderts handelte. Wir werden diefem Typus
an Denkmälern des 17. Jahrhunderts noch mehrmals
begegnen.
Ein weit über lebensgroßes Skelet, das wohl kaum
den Verftorbenen felbft vorftellt, ift an dem Grabmal
des Bifchofs Melchior Otto von Bamberg (von 1659)
zu finden, das ehemals im Bamberger Dome befindlich,
gegenwärtig in der dortigen Michaels-Kirche ange-
bracht i(i.jfoac/ii»i von Sandrarf s „teutfcheAcademie"
enthält mehrere Todesdarftellungen, die den unab-
wendbaren Befieger alles Sterblichen abermals als
Skelet darfteilen. So kommt er vor auf dem von
Sandrart erfundenen und geftochenen allegorifchcii
Blatte, auf welchem in bedeutungsvoller Weife der
Sturz der antiken Götter und ihre Wiederauffindung
zur Darftellung gebracht ift. Neben der allegorifchcii
Figur der Zeit kommt (links oben) auch eine Todes-
figiir in Form eines Skeletes von realiftifcher Bildung
vor. Der Schädel ift fkeletirt, trotzdem aber dicht be-
haart. Als Waffe führt der Tod hier einen großen Pfeil.
In dem erwähnten Sandrartfchen Buche kommt auch
auf der anonymen Schlußvignette des 15. Buches (im
„zweiten und letzten Haupttheil", Nürnberg 1679) eine
Todesdarftellung vor, die ihrer Geftalt nach einen Be-
weis von der nachhaltigen Wirkung des Holbei>i(c\\en
Todes-Typus liefert. Der Tod erfcheint auf diefer
Vignette, die eine Art Breugheliade zur Darftellung
bringt, als Paukenfchläger. 3 Er trägt ein Federbarett.
Auf einer gleichfalls unbezeichneten Schlußvignette
der „teutfehen Academie" im VII. Bd. S. 424 findet
man eine fonderbare Darfteilung. Ein Faun fitzt im
Freien vor einer Staffelei. Er malt eine Papelallee, in
welcher ein Skelet mit Senfe fichtbar ift. Hinter einem
Baume lauert aber der wirkliche Tod (ein nachläffig
1 Auf einem anderen Gebiete von Denkmälern entfpricht diefen Grab-
fteinen eine Medaille, und zwar die auf Wenzel Beyer (Arzt ur.d erfter Schrift-
ftcller über die Thermen von Karlsbad f 1528). Vergl. über diefe Medaille, die
auf dem Revers ein Cadaver als Erinnerung an d< j i. Jof. Bergmann:
Medaillen auf berühmte Oeftcrreicher Taf. VIII. Nr ;i und Text I. 85 ff.
: Wohl zu unterfcheiden von dem geflügelten Todtenkopfc der Hoch-
RenailTance. Die Fledcrmausflügel vereinigen lieh unter dem Schädel fchon
zu Beginn des 18. Jahrhunderts, foweit meine Erinnerung an diefe Kleinig-
keit reicht.
1 In künftlcrifcher Beziehung find diefe Stiche, die ich in der Leber'-
fchen Sammlung zu Rouen gefehen habe, fchr unbedeutend. Die Zeichnung
der Skeletc ift geradewegs fchlecht. Wie fo häufig ift das Becken und der
Bruftkaftcn ganzlich mißverltanden. Beffer aufgefaßt ift der Schädel.
- Der Stich ift mir aus einem Sammelbande in der Bibliothek des
Schottenftiftes zu Wien bekannt geworden, der culturgefchichtlich von großem
Werth ift. Signatur 37 a 1.
J Mit der Trommel finden wir ihn im South-Kenfington Mufeum. Elfen-
bein-Figürchcn (deutfeh oder flamifch. 17. Jahrhundert) Nr. 562 der Münchencr
Ausftellung von 1876.
CXLI
gezeichnetes Skelet), der, wie es fchcint, fich an dem
frechen Spötter gar bald rächen wird. '
Ganz elend gezeichnete Todesfiguren finden fich
dann auch auf dem Titelbilde zu: „Norifcher Chriften
Freydhüfe Gedächtnis" (Nürnberg 1682). Sie zeigen die
gewöhnliche Skeletform. Zwei tragen die Senfe, zwei
andere eine Fackel.
Einige monumentale Todesfiguren aus dem 17.
Jahrhundert beherbergt dann wieder der Mainzer Dom.
Eines der auffälligftcnGrabmäler, die fich dort befinden,
ilt das im örtlichen Chore befindliche Monument des
im Jahre 1689 gefallenen Generals Karl W. von Lam-
bert; vgl. die Photographie in Herrn. Emderis „Dom
zu Mainz" Taf. 36. Neben dem Sarge des Generals
lieht der Tod als etwa „lebensgroßes" Skelet. Ein
fchmaler Gewandftreif windet fich um den linken Ober-
arm und um die Lenden des in rcaliftifcher Weife ge-
bildeten Knochenmannes.
Sehr beachtenswerth ift in demfelben Dome auch
noch ein zweites in anfehnlichen Dimenfionen aus-
geführtes und in lebhafter Bewegung dargeftelltes
Skelet mit Flügeln. Es kommt auf dem Grabmale des
Kurfürften Anfelm Franz von Ingelheim vor (vom
Jahre 1695; vgl. IL Emden a. a. O., Taf. 12). Wie es
fcheint, hat der Künftler den Eindruck hervorbringen
wollen, als ob das Skelet im Fliegen das große Wappen
des Kurfurften oben über dem Baldachin fchwebend
erhalten würde.
Von der großen Verbreitung, die lebensgroße
Skclete als Zierde von Grabmälern um jene Zeit auch
in Deutfchland fchon gefunden hatten, gibt auch ein
Epitaph im Capellenkranz des Domes zu Augsburg
Zeugnis.
An dem Grabmal des Bifchofs Johann Chrilloph
von Freyberg (f 1691) kommt der Tod wieder als
Skelet von realiilifcher Auffaffung (aber wenig ver-
ftändnisvoller Durchbildung) vor. Er hat fich mit dem
Überkörper aus dem Leichentuche hervorgearbeitet,
und deutet mit der knochigen Linken nach oben.
Mit Augsburg in Verbindung fleht auch die fchon
andeutungsweife erwähnte Sanduhr 2 im Habsburg-
Lothringifchen Hausfchatze (Schatzkammer zu Wien),
welche unter der tempelartigen Bekrönung ein Skelet
zeigt. Auf der Schaufel, die es hält, fleht die Signatur,
welche uns das forgfältig ausgeführteElfenbeinfigürchen
als ein Werk Chr. Anger meyer's documentirt.
Wenn auch nicht ganze Todesfiguren, fo finden
fich doch Todtenfchädel an Uhren oder vielmehr als
Uhren nicht ganz feiten in der Periode, die wir eben
behandeln. Mufee Cluny zu Paris bewahrt ein inter-
effantes Stück diefer Art, einen aus Holz gefchnitzten
Schädel, der eine kleine Uhr einfchließt; vgl. Nr. 5399
des Kataloges von 1881. „Tete de mort en bois fculpte,
renfermant une petite horloge". He 0.03 M" heißt es
dort.'1 Vielleicht hat diefer fauber ausgeführte Kunft-
gegenftand ehemals zu einem Rofenkranz gehört, wie
das bei einem ähnlichen Stück im Brüffeler Alterthums-
Mufeum der Fall iil. Die kleine Arbeit, die wir hier
1 Ich kenne diefe Darfteilung nur aus der Ausgabe von 1774 und muß
deshalb die Frage offen laden, ob fie auch in der erften Ausgabe vorkommt,
von der mir diefe Partie nicht zur Verfügung fleht.
2 Abgebildet bei Qitirin v. Leitner: _L>ie hervorragendften Kunftwerke
der Schatzkammer des ofterreichifchen rvaiferhaufes.*'
1 'u-fes, fowic das folgende Beifpiel dürften allerdings der franzöfifchen
Kunft entlehnt fein, finden aber ihres gegen ftand liehen Zufainmcnhanges wegen
hier am beften Platz.
meinen, ift gleichfalls ein Uhrgchäufe in Form eines
Todtenfchädels (aus Silber) und hängt an einem
Rofenkranze aus Bernftein (18. Jahrhundert). I >i 1
Unterkiefer ift in einer Charnier beweglich (größter
Durchmeffer etwa 0-04 M.) Das vielleicht fchünllc
Exemplar diefer Art befitzt die kaiferliche Schatz-
kammer in Wien. Es ilt eine Tafchenuhr in form eines
menfehlichen Schädels, delicti Unterkiefer beweglich
ift und die Stunden durch Anfchlagcn gegen den
Oberkiefer markirt. Diefe intereffante, wie es fcheint,
deutfehe Arbeit aus der Zeit um 1600 ift in Q.v. Leittiers
großem Werke über die Schatzkammer abgebildet.
Ein vielleicht noch älteres Beifpiel diefer Art aus
Privatbefitz findet fich im „L'Art" von 1882 (II. S. 17)
abgebildet („Montre dans une boite a tete de mort en
argent — XVI. fiecle").
Um zu den eigentlichen Todesbildern der deut-
fchen Kunft des 17. Jahrhunderts zurück zu kehren,
erwähne ich noch eine Holz-Statuette im Franzen-
Mufeum zu Brunn (Katalog von 1882, S. 32, Nr. 22), die
den Tod als mageres Cadaver und die Senfe haltend
zur Darftellung bringt.1
Bezüglich der Ikonographie des Todes bleibt
18. Jahrhundert in Deutfchland fo ziemlich bei den
Typen flehen, die es im Verlauf des 15., 16. und 17. Jahr-
hunderts hat entliehen und wachfen gefehen, fo fehr fich
auch die ftyliftifchc Behandlung ändert. Diefe Aende-
rung ift allerdings fehr bedeutend. Sie tritt z. B. auf-
fallend zu Tage an den Todesbildern, die 1744 nach
dem Bafeler Todtentanz veröffentlicht worden lind
unter dem Titel: „Todten Tanz, wie derfelbe in der
löbl. und weltberühmten Stadt Bafel als ein Spiegel
menfehlicher Befchaffenheit künftlich gemahlet und zu
fehen ift. Nach dem Original in Kupfer gebracht nebfl
einer Befchreibung von der Stadt Bafel. Zu finden bey
Joh. Rud. Im-Hof 1744." Mit anderen Ausgaben desfel-
ben Todtentanzes verglichen, geben diefe Bilder gute
Beifpiele von der Form-Auffaffung des Todes um die
Mitte des 18. Jahrhunderts.
Als eine mehr eigenartige Erfcheinung aus jener
Zeit können wir die Schluß- Vignette desfelben Buches
betrachten, die den Tod als geflügeltes Skelet in ein
weites Gewand gehüllt uns vorführt. In der Rechten
hält es die Senfe, in der Linken die Sanduhr. Die Extre-
mitäten, foweit fie fichtbar find, gleichen denen eines
abgemagerten Lebenden.
Soweit meine Kenntniffe über die deutfehe Kunft
des 18. Jahrhunderts bis zur Zeit um 1790 reichen,
kenne ich als fall einziges Ausdrucksmittel für den Tod
das Skelet oder den abgezehrten Menfchen. So finde
ich es auf den Stichen von Joh. Chph. Kolb, auf denen
von Joh. Gottfr. Haid, bei Chodoiuiccki , fo an Grab-
mälern in deutfehen Kirchen* und auf Gemälden der
Zeit.3 Daneben erhalten fich die älteren Umfchreibun-
gen und Anfpiclungen, welche eine eigentliche Perfoni-
fication des Todes erfetzen oder nur begleiten.
1 Nach gütiger Angabe von Herrn Direclor A. Hg.
- Als Beifpiel wäre das auffallende Denkmal mit Reliefs in Stein von
1728 zu erwähnen, das fich außen an der Martins-Kirche in BraunrcKwetg
findet. Es ift das Grabmal des Poftmeiflers Pjtul Meitr. Oben ein Engel mit
dem Wappen. Unten lie^t ein Skelet mit Senfe. Rechts daneben ftrht ein
Putto mit umgekehrter Fackel.
3 Eine Todesfigur in Form des Skeletes kommt auf Gemälden u. a. vor
auf den Deckenbildern der Dresdener Hofkinhe und auf einem unbedeuten-
den Gemälde des 18. Jahrhunderts in der Micbaels-Kirche zu Bamberg. (Der
Tod als realiftifch gebildetes Skelet zielt mit feinem Pfeile nach einem
Kranken. In der Linken halt er die Sanduhr.)
rXLH
Da tritt Winke/mann auf, neben ihm die Carlas,
Gort, Montfaucon, Lifpcrt, Piranefi und, der uns hier
am nächften angeht, Golth. Ephr. Leffing, Sendbote der
Wiederbelebung ernfter Studien über das claflifche
Alterthum. LefGng's Sehrift über den Tod bei den
Alten (erschienen 176g , that bald ihre Wirkung in der
Literatur und der Bildnerei: der Knabe mit der umge-
kehrten Fackel befchäftigt Phantafie und Hand der
bildenden Künftler von neuem und nunmehr viel häu-
figer als je zuvor. Die Meifter, deren Blüthezeit um die
Wende des iS. Jahrhunderts fallt, bilden ihre Todes-
ren fall nur in claflieiftifchem Sinne. Die Gruppe
der Nacht von Carflens fei in diefer Beziehung genannt,
fowie ein weniger bekanntes Blatt desfelben Kundlers,
da~ in Fernow-Riegel's Biographie Carftens als im
Befitze des Capitäns Kaffka befindlich angeführt ift:
„die vier Alter des menschlichen Lebens .... von
es-Gottheiten umgeben- (zwifchen 1789 und 1795
entftanden). Canova, ungefähr um drei Jahre jünger als
Carftens, iil fo allgemein als ein Hauptvertreter der
claffieiftifchen Richtung bekannt, dafs ich wohl davon
abfehen kann, die Beifpiele aufzuzahlen, in denen er
deutlich gezeigt hat, dafs er eine Perfonification des
Todes vermeidet und lieber trauernde Knaben und
linge mit umgekehrter Fackel auf feine Grabmäler
hinftellt. Dasfelbe kann von Thorwaldfen gelten. Kaum
in weiteren Kreifen bekannt dürfte ein im Jahre 1786
radirtes Blatt fein, das J. C. Reinhardt zum Autor hat
(Andrefen, Malerradirer des 19. Jahrhunderts Nr. 12 ,
„Der Genius des Todes" fleht darauf mit umgeftürzter
Fackel neben einer dicken Säule in einer Landfchaft.
Er iil geflügelt.
Liefe Auffüllung reicht noch ziemlich weit ins
19. Jahrhundert herein, in eine Periode, deren Kunft
uns übrigens hier nicht weiter zu beschäftigen hat.
Ueber Funde von gallifchen Münzen und anderer Gegen-
ftände bei Ober-Laibach.
SN Ober-Laibach (Nauportum), wo fchon im
grauen Alterthum eine Schiffsftation beftand,
aal die für die Schiffahrt auf dem Laibachfluß
■Nauportus) und der Sa a ivus), fowie für den Güter-
verkehr zwifchen Aquileja und der pannonifchen
Niederung eine wichtige Rolle fpielte, haben fich die
an dem rechten Laibach-Ufer gelegenen Aecker, Dolge
njive genannt, von der im genannten Orte befindlichen
Laibachbrücke abwärts in einer Strecke von etwa
400 M. bis gegenüber dem dortigen Bräuhaufe als eine
ergiebige Fundftätte römifcher Alterthümer erwiefen.
In dem Tagebuche (Diarium) desLaibacherRegierungs-
und Commerciens-Rathes von Reigersfeld aus dem
vorigen Jahrhunderte wird bemerkt, dafs ihm von dort
die Bauern viele römifche Münzen zugebracht haben.
Von den in J/i////ur' s ,:Emona" angeführten acht Römer-
fteinen von Nauportum und dem um eine Stunde davon
entfernten ehemaligen Karthäuferklofter Freudenthal
(Bistra) ift das einzige noch erhaltene Grabdenkmal,
ein kleines dorifches Säulencapital mit den Namen
Catielus Marcus und Cajus Carpinus, die fich dort
ihre Begräbnisftätte gewählt hatten, an befagter Stelle
aufgefunden worden. Beim Tieferpflügen auf jenen
Aeckern ift man fchon öfters auf Grundmauern ge-
ftoßen, zwifchen denen fich Mauerfchütt, Refte von
bemaltem Mörtel und architeclonifchen Zierraten aus
Stein nebft anderem vorfanden.
Auch aus dem Laibachfiuffe find in jener Strecke,
bei niedrigem Wafferftand und wenn die fehr üppige
Vegetation von Wafferpflanzen im Flußbette ver-
fchwindet, was im Winter eintritt, von den Ober-
Laibacher Fifchern intereffante Objecte aus Metall
hervorgeholt worden, als: gothifche Schwerter, von
denen das Mufeum fünf Stücke befitzt, eiferne Werk-
zeuge, Harpunen, Hacken, Sicheln, Thongefäße u. f. w.
Befonders reich war das Vorkommen römifcher und
vielleicht noch älterer Töpfe und Schöpfgefaße aus
Kupfer und Bronze, hievon gelangten 11 Stücke in den
i
Befitz des Landes-Mufeums; ein großer kupferner Topf
trägt die von Müllner S. 285 angeführte punktirte
Infchrift AVG ■ NPECVL ■ IPPVM., ein bronzener
Schöpfer hat auf feiner Handhabe die eingedruckte
theilweife verwifchte Fabriksmarke: POMP- SER.
Diefe Umftände veranlaßten das Landes-Mufeum,
die Durchforfchung des Flußbettes vorzunehmen, zu
welchem Zwecke ihm das k. k. Kriegs-
Minifterium die Verwendung zweier Tau-
cher des See-Arfenals in Pola mit dem
Taucherapparat geftattetc. Die durch
14 Tage fortgefetzten Arbeiten haben zwar
nicht das angehoffte Refultat ergeben,
immerhin find einige der gemachten Funde
beachtenswerth. Von den 33 Fundftücken,
meift aus Eifen, gehörte die Mehrzahl einer
jüngeren Zeit an, unbeftritten von römi-
fcher Provenienz waren folgende: eine
große ziemlich gut erhaltene Amphora, ein
thönerner zweihenkeliger Krug von Mittel-
größe, ein kleiner einhenkeliger Krug, ein
fchweres kugelartiges Steingewicht mit
eifernem Ring, zwei Bronzetöpfe, zwei
Bronzefchopfcr und ein kleines kupfernes
Simpulum mit fiebartig durchlöchertem
Löffelöhre am Ende des langen Hand-
ftieles.
Von befonderem Intereffe waren zwei
eiferne wurffpießartige Waffen (Fig. I, 2),
welche man, falls fie ein größeres Gewicht
befaßen, als das italifche Pilum, die furcht-
bare römifche Angriffswaffe zu erklären
verfucht wäre. Allein fie find zufammen
nur beiläufig ein halb Kilo fchwer, die
Länge des einen ift ri M., des anderen
1 M. Bei beiden läuft die im unteren Theile
vierkantige nach oben drehrunde Stange in
eine boljenartige, fcharf viereckige Spitze zu. Der Griff
CXLIII
des einen trägt einen ovalen Knopf, beim zweiten ift er
flach gehämmert und mit zwei Lochern verfchen, eine
verfcWebbare eiferne Hülfe, in der Form einer abge-
nutzten vierfeitigen Pyramide, diente zur Befeftigung
des an der Handhabe angebrachten, nicht mehr vor-
handenen Befchläges aus Holz oder Garn. Es ift nicht
unwahrfcheinlich, dafs man es mit der von den Römern
fpiculum genannten Waffe zu thun habe. Die in Riclis
Diclionär der römifchen Alterthümer unter diefen
Namen vorkommende Befchreibung und Abbildung
ftimmt mit den beiden Fundftücken ziemlich iiberein.
Im November 1884 wurde dem Landes-Mufeum
durch den Ober- Laibacher Fifcher eine in Doli;e
njive zum Vorfchein gekommene Grundmauer bekannt
gegeben. Der dahin entfendete Präparator Schulrj
deckte eine Doppelmauer, die einen oben, offenen
Canal einfehloß, in einer Länge von 235 M. auf, ohne
einen nennenswerthen Fund zu machen, die Mauer-
höhe betrug 40 Cm., die Breite der ganzen Mauerung
r6 M., die Lichte des Canals 50 Cm. Da deffen Ge-
fälle nicht gegen den Fluß, fondern landeinwärts ange-
legt war, fo muß diefe Anlage eine Wafferzuleitung
Im Jahre 1885 unterblieben die beabfichti^ten
planmäßig einzuleitenden Nachgrabungen in Dolge
njive, weil es bei den reichen von Pecnik in Dernovo
gemachten Gräberfunden gerathener feinen, die dem
Mufeum zur Verfügung geftandenen Geldmittel auf die
Erforfchnng diefer letzteren Fundftelle zu verwenden.
Indes hatte fieh ein Confortium von Ober-Lai-
bachern mit Kaufmann Gabriel Zelovick an der Spitze
gebildet, welches mehrere Parzellen von Dolge njive
behufs Veranftaltung planmäßiger Nachgrabungen nach
Einbringung der Feldfrüchte bis zur Beftellung der
Frühjahrsfaat in Pacht nahm und mit den Aufdeckung! n
im Herbfte 1885 begann.
Man legte die Grundmauern mehrerer Gebäude
bloß, in dem Mauerfchutt kam außer etlichen römifchen
Münzen nichts Erhebliches vor, das Mufeum erhielt
davon zur Einficht einen Silberdenar der Familie Renia,
auf der Reversfeite mit dem Pallaskopf dem Zahlen-
zeichen X, auf der Reversfeite mit einem von zwei
Böcken gezogenen Siegeswagen, unten im Abfchnitte
ROMA, ober dem Strich des Abfchnittes C'RENI.,
dann einen Silberdenar der Familie Voluteja, vorn
bezweckt haben, ihr Ende gegen den Fluß war ganz
zerftört, das andere zugemauert. In 2 M. Tiefe kommt
dafelbft der Lettenuntergrund vor.
Etwa 30 Schritte von diefer Stelle wurde eine
viereckige, einem Wohnhaufe angehörige Grundmauer
bloßgelegt. Die fchmälere Seite des Grundriffes betrug
47 M., die längere mit einer 1-3 M. breiten Oeffnung
für den Eingang 9 M. Die Thürfchwelle war aus Sand,
Lehm und Kalk feftgeftampft. In dem Schutt zwifchen
den vier Wänden wurden ein paar nicht bcfUmmbare
römifche Münzen, bearbeitete Steine, welche als archi-
tektonifche Verzierung dienten, bemalte kleine Mörtel-
ftücke, Ziegel-Fragmente, ein kleines rothes Thongefäß,
Eifennägel n. a. m. vorgefunden, die Lage diefer Schichte
war 80 Cm. unter der Oberfläche des Ackerboden s.
Von diefer Stelle etwa 100 Schritte entfernt wurde
eine 15 M. lange Mauer, 28 Cm. Mark, ri M. hoch, auf-
gedeckt. An der Oftfeite derfelben etwa in ihrer Mitte
zeigte fieh rechtwinkelig auf diefelbe geftellt ein Mauer-
werk in gleicher Höhe; diefer Bau ruhte auf Piloten,
auch grub man eine Menfchenleiche ohne irgend
welche Beigaben aus. Die Recognofcirungs-Arbeiten
konnten wegen eingetretenen fchlechten Wetters nicht
fortgefetzt werden.
der Kopf des Herkules mit der Löwenhaut, rückwärts
der erymanthifche Eber mit M- VOLTETF" M., von
den fchlecht erhaltenen drei Kupfermünzen dürften
zwei dem Domitian, eine dem Hadrian angehören.
Der überrafchendfte Fund war eben ein großer
Haufen vieler hunderte bleierner mit weißem Oxyd
überzogenen Schleudereicheln (glandes), ihr Gefammt-
gewicht betrug bei 36 Kilo. Die dem Mufeum über-
laffenen 28 Stücke haben durchfehnittlich ein Gewicht
von 75 Gramm, fic find 5 Cm. lang, fpindelförmig -wie
eine Doppelfpitzkugel, an der größten Ausweitung in
der Mitte von einem Durchmeffer von 2 Cm., an keinen
derfelben ift eine Infchrift wahrnehmbar. '
Von noch größerem antiquarifchen Intereffe find
die in einem oben offenen ausgemauerten Canal, ähnlich
dem früher angeführten, aufgefundenen kleinen Silber-
münzen, etliche 23 an der Zahl, welche ebenfalls dem
Mufeum zur Einficht kamen; die am heften erhaltenen
find in der beifolgenden Zufammenftellung Fi
bildet, von einigen wurden auch Gypsabdrücke ge-
1 Es find dies die erften, foviel bekannt ift, in Krain aufgefundenen
Schleudcreicheln (glandes). Erft vor kurzem wurde eine folche glans auch
auf einem Acker bei Obcrfchlcinitz, zur Gemeinde Großlup gehörig, wo auf
dem nahen M.i^d.ilenenberge viele Hügelgräber vorkommen, in deren einem
feinerzeit auch La Tenc-r' unde gemacht wurden, aufgefunden; das beticl-
fende dem Mufeum zugekommene Stück ift etwas länger und vierkam. a.
CXLIV
nommcn, die, falls fie gewünfeht werden, zur Verfügung
liehen. Herr Zelovick war fo freundlich, ficben Stücke
dem Mufeum zu iiberlaffen.
Die Münzen find von gutem Silber, meift von kreis-
runder, jedoch auch von ovaler unregelmäßiger Form,
ihr Durchmeffer betragt S bis g Mm., ihr Gewicht
zwifchen 051 bis 065 Grm. Die Darstellung auf der
meift fchwach gewölbten Aversfeite ift bei der Mehr-
zahl undeutlich, auf einigen, ahnlich einem in den
Contouren verwifchten Schilde oder Kopfe, am Rande
des einen Stuckes glaube ich die Buchftaben ST wahr-
zunehmen. Xur auf fünf Stucken nämlich tragen die
Aversfeiten deutlich erkennbare Köpfe mit Pcrlen-
fchmuck und Lorbeerkranz in der Manier der Barbaren-
münzen von größerem Typus. Auf einer Münze fcheint
ein behelmter Kopf dargeftellt zu fein, es ift jedoch nur
der Helm gut erkennbar, das Geficht ganz verwifcht.
Auch noch bei ein paar anderen Stücken fcheint fich
der behelmte Kopf zu wiederholen. Die Aversfeite ift
bei allen fchwach fchüffelförmig vertieft, fie trägt bei
einigen die Darftellung eines Pferdes von kräftiger
Mu>culatur nach rechts fchreitend, nur bei einem Stücke
ift deffen Richtung nach links. Auf allen übrigen Münzen
erfcheinen mehr oder minder gut ausgedrückt vier
gekreuzte Speichen eines Rades mit fünf Punkten, von
denen der eine an derDurchkreuzungsftelle, die anderen
zwifchen den Kreuzarmen flehen ; wegen Excentricität
der Präge fehlt bei manchem Stücke einer der Außen-
punkte, die Speichen find meift durch drei erhabene
Linien angedeutet.
Weiters wurde eine größere ftark erodirte filberne
Barbarenmünze an befagter Stelle aufgefunden mit
ganz verwifchter Präge, jedoch auf der Rückfeite mit
der Andeutung eines Reiters. Sie fcheint mit der im
Jahre 1884 bei den Ausgrabungen des Mufeums in
Dolge njive vorgekommenen filbernen Barbarenmünze
identifch oder doch derfelben fehr ähnlich zu fein.
Diefe letztere gut erhaltene ift fchon in Ekhcl's
Catalogus mufei caefarei Vindobonenfis P. I. p. 290
unter Nr. 35 folgendermaßen befchrieben: Av. Caput
regis laurentum. Rev AENET. Eques citato curfu,
dextra hastam, infra astrum. Die Infchrift ift auf unferer
Münze AEMET, indem M und E figlirt find.
Das von Ekhel als Stern bezeichnete Ornament
llimmt mit dem auf keltifchen Bronzeblechen und auch
auf Thongefäßen vorkommendenRade überein, welches
fich auf derYYatfchcrSitula und als eingedrücktes Orna-
ment auf großen römifchen Thonfchüffeln von Nevio-
durum vorfindet. Der Reiter trägt einen Helm ähnlich
jenem \<>n Negau in Steiermark, von welcher Form
bisher in Krain zwei Stücke bei Watfeh und eines bei
Lukovec vorgekommen find.
Wenn Eklicl die vom Reiter gefchwungene Waffe
als eine Lanze erklärt, fo ftimmt diefe Auffaffung mit
dem Umftandc nicht ganz überein, dafs der Reiter auf
der Münze die Waffe am Ende des Schaftes halt,
während doch die Lanze in ihrer Mitte gefaßt werden
müßte. Es ift vielmehr anzunehmen, dafs der Reiter
Waffe fchwingt, deren Schwerpunkt in das obere
Ende fallt; jedoch diefer Theil der Waffe in der Nähe
des die Figur umfäumendenPerlenkranzcs und die Form
des Endftückes der Waffe find nicht zu entnehmen.
Wohl aber erinnert diefe Darftellung auf der
Aversfeite an ein im Befitze Sr. Durchlaucht des
Fürften Ernfl WinJifcligratz befindliches, von Watfeh
herrührendes ausgezeichnetes bronzenes Gürtelftück,
worauf in getriebener Arbeit zwei kämpfende Krieger
zu Pferd mit ihren beiden Schildträgern zu Fuß, nehft
einer fünften Perlon, welche im talarartigen Kleide mit
einem Jefuitenhute auf dem Kopf den Kampfern den
Rucken zukehrend weiter fchreitet, dargeftellt find.
Eine Abbildung diefer werthvollen Anticaglie ift in der
Abhandlung lamentum et la Cateia sur une plaque de
ceinture en bronze des franzöfifchen Archäologen
Alexander Bertrand im Februarhefte der Revue
archeologique Paris 1884 erfchienen. Der Reiter recht--,
in ähnlicher Weife behelmt wie jener auf der Barbaren-
münze, fchwingt mit der linken Hand eine gedielte
Hacke vom Typus der fogenannten Kelte oder
Framern, wovon in den krainifchen Grabhügeln aus
der Hallftädter Periode einige wenige Stücke aus
Bronze, jedoch eine große Anzahl aus Eifen vorge-
funden worden find; eine gleiche Waffe in der rechten
Hand hält der den äußerften Platz in der Darftellung
links einnehmende Begleiter des zweiten kämpfenden
Reiters. Bertrand erklärt die dargeftellte Waffe als die
in den römifchen Schriftftellern vorkommende Cateia
Virg. Aen. VII. 741. Serv. ad loc. Silius III. 277,
Jordanus Orig. XVIII. 7), es bedienten fich derfelben
verfchiedene Völker, mit denen die Römer Kriege
führten, Scythen, Gallier, Spanier, Afrikaner, insbe-
fonders war fie bei den Galliern und Germanen im
Gebrauch. Nach obigem dürfte es keine zu gewagte
Annahme fein, den auf der Münze dargeftellten Reiter
als einen gallifchen mit einer Kelte bewaffneten
Krieger zu deuten.
Welcher Nation gehören die in Ober-Laibach ge-
fundenen Barbarenmünzen an und in welche Zeit find
fie zu verfetzen?
Wir aeeeptiren für diefelben die übliche Bezeich-
nung gallifche Münzen, zumal in Krain in jüngfter Zeit
Waffen, Werkzeuge und Schmuckgegenftände von un-
zweifelhaft gallifcher Abkunft gefunden worden find,
die mit dem La Tene-Funde in der Weftfchwciz und in
Frankreich ganz übereinftimmen. Für die krainifche
Münzkunde ift der Ober-Laibacher Fund der kleinen
Barbarenmünzen deshalb von befonderer Wichtigkeit,
weil bisher hierlands folche Münzen noch nicht vorge-
kommen find, während man nach A. B. Meyerx deren
etliche 31 aus Kärnten kennt; auch aus Steiermark hat
PicJüer mehrere in feinem Repertorium der fteierifchen
Münzkunde angeführt ; ferner foll Riedl n folche Stücke
öftlich vom Bahnhof bei Cilli gefunden haben. Die
Ober-Laibacher ftimmen mit denen von Gurina im
Ober-Gailthal ganz überein.
Nach Hcadi gehören diefe kleineren Münzen als
barbarifche Nachahmungen griechifcher Typen dem
erften oder zweiten Jahrhunderte v. Chr. an und
bilden diefelben cinCharakterifticum des alten Noricum.
Es fragt fich nun, ob nicht etwa die größere AEMET-
Münze mit analogerDarftcllung, wie fie auf den Bronze-
blechen aus der Blüthezeit der Hallftädter Periode vor-
kommt, einer viel älteren Zeit der gallifchen Münz-
prägung nach griechifch-macedonifchen Typen zuzu-
schreiben fei.
, Gurina im Obcr-G.tiJthal, Dresden 1885. S. 10.
: Mtycr, 1. c. S. 10.
CXLV
Beachtenswerth ifl ferner das gleichzeitige Vor-
kommen diefer Münzen, befonders der kleineren mit
römifchen; auch inGurina war dies der Fall. Hingi
wurde bei den bisherigen Aufdeckungen der vielen
Gräber aus der Hallftädter Periode in Kram keine
einzige der größeren filbernen Barbarenmünzen, von
denen dasLandes-Mufeum mehrere Stücke hierländiger
Provenienz befitzt, aufgefunden, wohl aber Tollen ein
Paar derfelben in der, wie es fcheint, der La Tene-
Periode angehörigen Ansiedelung nächfl Adelsbcrg
zum Vorfchein gekommen fein.
Schließlich kann an diefer Stelle ein ebenfalls in
Dolge njive gefundenes, im Befitze des Herrn Zelovick
befindliches Stück nicht unerwähnt gelaffen werden.
Es ilt dies ein ehernes feepterartiges Inftrument von
Cm. Länge, das untere Ende der Handhabe läuft
in eine Dulle im Durchmeffer von 2-5 Cm. aus, am
oberen Ende beiluden lieh vertical geftellt acht <> .Mm.
breite au < fchweifte, in eine ftumpfe Schneide zulau-
fende flügelartige folide Rippen, ober denen fich auf
drei i ii Anl.it/eii als Abfchluß n/.cil ein
kleines viereckiges rhürmchen erhebt. Das Gewicht
beträgt ' 8 Kilo u\u\ 3 Dekagramm. Dieles Werkzeug
wäre ihn h feiner S< hwere und nach den ftarken flu
artigen 1 [i r\ on aguni inem Kopfe ganz geeigni t,
feine Verwenduni; als Streitkolben gefunden zu hab
ji doch lieht das gegliederte fchwächere, bei kräfti
Schlagen leicht abbn i hendeEndftück mit einer folchen
Waffe nicht im Einkl i nfo widerfpricht der An-
nahme, dafs dies ein Scepter oder Commandoftab
gewefen fei, die Geringwerthigkeit des Metalls, aus
dem diefes Stück angefertiget wurde.
Defchmann.
Der Fürftenhof in Brück an der Mur.
N meinen kunfttopographifchen Keifenotizen
(Mitth. 1878, pag. CXXXIH f.) habe ich über
das fogenannte Fürftenhaus in Brück au der
Mur, auch die Herzogsburg genannt, ausführlicher ge-
handelt, einen alteren Artikel über diefen Gegenlland
von Karl Weif» Mitth. [862, pag. 297) zu ergänzen und
insbefondi re die ftylgefchichtliche Pofition des fchönen
Architekturwerkes ins rechte Licht zu fetzen gefucht.
[ch bezeichnete es dabei als fehr wünfehenswerth,
..dal- ein glücklicher Umftand über die Gefchichtc des
merkwürdigen Baues Aufhellungen lieferte". Dies ilt
nun zumTheile dem fteierifchen Landesarchiv-Director
Regierungsrath v. Zahn gelungen, und ich glaube,
dafs in den Mittheilungen der k. k. Central-Commiffion
von dem wefentlichften Inhalt desjenigen, was derfelbe
über den Gegenftand foebenpublicirte, Notiz genommen
werden folle, indem damit die Forfchungen über eines
der reizvollften Denkmäler öfterreichifch-mittelalter-
licher Kunft fortgefetzt, allerdings noch nicht ab-
gefchloffen werden. ZahnhsX in den eben erfchienenen
..Beitragen etc." des hiftorifchen Vereins fürSteiermark
feine Funde unter dem Titel: „Ueber den fogenannten
Fürftenhof zu Brück an der Mur" veröffentlicht. Ich
theile hier feine neuen Angaben und Wahrnehmungen
mit, welche manche ältere berichtigen — allerdr
nur in localhiftorifcher, nicht in kunfthiftorifcher Hin-
ficht, in welcher ich die intereffante Zwifchenftellung
des Bauwerkes zwifchen deutfeher und venezianifcher
Gothik bereits endgiltig erwiefen habe.
Zu den Abbildungen, welche Zahn anfuhrt, füge
ich noch einen guten Holzfchnitt (Vollbild) in der
Leipziger Gartenlaube hinzu. Der Verfaffer tritt der
( Irts-Tradition entgegen, welche den ..Fürftenhof" oder
die „Herzogsburg" von den Iteierifchen Lande fürfti n
erbaut, oder wenigftens beftändig bewohnt wiffen
wollte. Caefar fpricht fchon 1763 von einem herzoglichen
Cabinet dafelbft und will von ehemals neben einem
Fenfter angebracht gewefenen Hei iren aus
Stein wiffen. Zahn macht diefen Ueberlieferungen
enüber nun aber auf ein Wappen aufmerkfam,
welches an zwei verfchiedenen Stellen in Stein gehauen,
XIII n f
einmal mit der Jahreszahl 1499, einmal mit 1505, an
dem Gebäude vorkommt; es ili ein fenkrecht getheilter
Schild, fchwarz und weiß, belegt mit einem querge-
ftellten Halbmond in der alternirenden Tingirung. Bei
dem /weiten derartigen heraldifchen Schmu« !. begleiten
den Schild und das Datum noch die Buchftaben PK,
welche Weifs — wie fich nun ergibt, — irrthümlich
auf einen anonymen Architekten bezog. Auch ich bin
diefem Irrthum in meiner Notiz gefolgt, was ich nur
erklären, nicht entfchuldigen will, indem ich dazu be-
merke, dafs injenemAull.it/. das gefchichtliche Moment
für mich nicht die Hauptfachc bildete, fondern nur das
ftyliftifche. Zahn weift nun nach, dafs das Wappen
der hervorragenden Brucker Familie der Kornmeffer
angehöre und fich hier auf Mitglieder derfelben als
Bauherren des fogenannten Fürftenhaufes beziehe.
Bereits im 14. Jahrhundert erfcheinen die Kornmeffer
urkundlich als Bürger von Brück und mit dem Halb-
mond im Siegel. Von 1466 bis gegen 1494 begegnet
dann öfters ein Peter Kornmefs, ein wohlhabender
Mann, welcher auch längere Zeit Richter in der Stadt,
ferner Amtmann des Stiftes Admont und Pfandinhaber
des Landgerichtes in Brück gewefen war. Er ifl vor
1494 geftorben und hinterließ einen Sohn, Pankraz,
welcher mit dem Halbmondfiegel und in verfchiedenen
urkundlichen Erwähnungen bis 1510 auftritt, aber nach
Zahn erft kurz vor 1513 geftorben fein dürfte. Die ge-
dachten Jahreszahlen 1.499 und 1505, neben dem
Wappen und mit den Chiffren PK, erweifen fomit
genannten Pankraz Kornmeffer unzweifelhaft als den
Bauherrn des fogenannten Fürftenhofes. Diefer un-
widerlegliche Nachweis ill Zahns VerdienlL
Nach Pankraz kennt Zahn nur noch deffen Söhne
Peter und Erhard, dann hören die Nachrichten auf l'm
die Errichtung eines fo reichen Kunftbaues durch
chlecht w ahrfcheinlich zu machen, gibt der Ver-
faffer ferner noch Nachweife über ihren Vermögens-
ftand, der ein anfehnlicher gewefen zu fein fcheint. Drei
Kornmeffer waren Stadtrichter gewefen; fie befaßen
freie Hofilätten. Sägen, Eifenfchmieden, Tafernen,
Becker und fonfti 1 rings in der Gegend; mit dem
I XLVI
reichen Gewerken und Waffenfabrikanten Sebald P
in Thorl bei Aflenz waren fie verfchwägert. Pankraz
lieh 1508 dem Kaifer 3000 Gulden, wofür er die über
der S legene Burg Landskron und das Brucker
Stadt- und Landgericht zu Pfand- und Pflegfchaft be-
kam. Es fcheint Zahn nicht unmöglich, dafs da> fei
Haus fpäter von den Kornmeffern in den Befitz der
mit ihnen verwandten, ebenfalls lehr wohlhabenden
Mürzthaler Familie der Pögel übergegangen fein
könnte, welche auch andere Befitzthümer jener er-
langten.
h ift aus Zahns fchätzenswerthen Mitthei-
lungen Folgendes zu beachten. Schon von Pankraz
Vater, Peter, berichtet 1466 eine Urkunde des Stiftes
:ont. dafs er die - wntsmannfehaft in Brück
nebft anderem in Pacht genommen habe und fich zu-
h verpflichte, 100 Pfund Pfennige auf das Ad-
monter Haus in Brück innerhalb zwei Jahren zu ver-
bauen. Eben diefes Haus nennt in derfelben Urkunde
Peter aber auch fein Haus und Zahn bemerkt: .
diefes Haus von Admont fchließlich durch ftiftifche
Lehenfchaft oder andere Umftände zu dem geworden,
um das lieh diefe Abhandlung bewegt, ift nicht zu be-
legen, aber auch nicht ausgefchloffen". Das heißt wohl,
etwas deutlicher ausgefprochen, Zahn hält es für
denkbar, dafs der fogenannte Fürftenhof urfprünglich
ein Admontifches Haus gewefen fei, an dem Peter
Kornmeffer als Stifts-Amtmann Veränderungen vor-
nahm, welches endlich in den Befitz der Familie über-
ging und an dem 1499 und 1505 fein Sohn Pankraz
noch weiteres baute oder doch ausfehmückte. Ich
muß geftehen, dafs auch mir diefe Auffaffung fehr
plaufibel vorkommen will. Nach all dem kommt nun
der fleißige Forfcher zu dem Schluße, _dafs der ge-
fchichtlich richtige Name jenes Wohnhaufes zu Brück
nur der des Kornmefshofes fein kann", und fchon
weiter oben fagt er: „Der Name Fürftenhof ift daher
ein unftatthafter, und wäre dafür Kornmefs- oder
Kornmefferhof als gefchichtlich begründeter anzu-
nehmen". Dazu muß wohl noch eine Anmerkung ge-
macht werden.
Nach den Beweifen der Zahnic\\c\\ Abhandlung
ift es ganz klar, dafs weder Ernft der Eiferne, noch
fonft eine fürftliche Perfon — weder in dem Stadium
der actuellen Erfcheinung noch in einer älteren oder
jüngeren — mit dem Bau des Haufes etwas zu thun
hatte. Von folchem Anlaffe alfo konnte der Name
Fürftenhaus u. dgl. feinen Urfprung nicht herleiten, wir
willen nur, dafs es ein Bürgerhaus, vielleicht noch
früher ein geiftliches Befitzthum gewefen. Woher aber
trotzdem jeneBezeichnung, weichein der Volkstradition
und in der älteren Literatur feftftehtr Wir haben oft-
mals die Erfahrung gemacht, dafs man folche uralte
Ueberlieferungen, Baufagen u. dgl. nicht fo fchlechtweg
als Unfinn verwerfen dürfe. Halten ihre Angaben fchon
der urkundlichen Unterfuchung niemals Stand, fo fteckt
dennoch ein Kern immer in ihnen, den man beachten
muß. Die volksthümliche Tradition ift zuweilen eine
fehr freie phantaftifche Dichterin, aber fie erfindet nie-
mals Lügen. Sie knüpft an Thatfachliches an und ent-
ftellt es nicht feiten bis zur Erfcheinung des Märchen-
bildes, jedoch fie beschäftigt fich kaum je mit leeren
finnlofen Erfindungen. Ich gebe zu, dafs die wirkliche
Exiftenz des „herzoglichen Cabincts" und der fteinernen
Herzogsbilder an dem Gebäude, von denen altere
Nachrichten erzählen, heute Schwer erweisbar fei; aber
folche Gefchichten — und wenn fie auch Fabeln fein
füllten — entftehen niemals ganz ohne Grund. Sollten
Cabinet und Figuren fogar nie exiftirt haben, ganz
gewifs nahm die Erzählung ihren Urfprung von dem
Umftände, weil das Kornmeffer fche Haus von jeher
mit dem Gedanken an die Landesfürften in einem Zu-
fammenhang geftanden haben wird. Friedrich IV. und
fein Nachfolger haben die Familie fehr begünftigt und
rdert; lehr möglich, daf> in dem dereinft ohne
Zweifel viel reicheren künftlerifchen Schmuck des
Haufes, plaftifch oder in Malerei, die Befitzer ihre loyale
und dankbare Gefinnung irgendwie zum Ausdruck
gebracht hatten, und fo ein Furftenbild allein genügte
dem Volke ja fchon, um das damit gefchmückte Hau--
zum „Fürftenhof zu machen! Endlich gibt Zahn
felber zu, dafs der Landesfürft (z. B. beim Landtag
von 1 j " ■ fe Behaufung zum Abfteigquartier benützt
haben möge; wir denken, daf> das auch in älteren
Zeiten bereits gefchehen fein dürfte und für fo flüchtige
Befuche das in der Stadt belegene wohleingerichtete
Haus eines beliebten reichen Bürgers dem Fürften
wohl bequemer gewefen fein dürfte, als die wahrschein-
lich mit wenig Comfort verfehene Pflegburg oben auf
dem Berge. Solche Befuche fertigten die Bezeichnung
des Fürftenhaufes aber ganz Sicher und wir möchten
daher den alten Namen keineswegs milTen Zahns
Forfchungen, die wir, wie gefagt, außerordentlich
werthfehätzen, haben dargethan, daSs das Brucker
Haus nicht von Fürften gebaut wurde und auch nie die
officielle Beftimmung eines fürftlichen Wohnhaufes be-
faß — ganz gut. Aber eben feine Forfchungen be-
wiefen, dafs ein von den Fürften begünftigtes Bürger-
gefchlecht feine Erbauer gewefen; die zeitweilige Be-
nützung der Räume als Sürftliches Abfteigquartier ift
wahrscheinlich; die Traditionen von den hier abge-
haltenen Landtagen, von den Herzogsfiguren, von dem
herzoglichen Cabinet. lallen fich nicht aus der Welt
fchaffen — das alles find Dinge, hinter denen mehr
fteckt als Träumerei, und „unftatthaff fcheint uns
daher der volksthümliche Name des Haufes fo ohne
weiteres nicht. Urkundlich liegt nach dem. was un-
nun Zahn mittheilte, nichts vor, was nöthigte, der
Tradition beizupflichten; aber es fcheint uns, dafs feine
archivalifchen Ergebniffe umgekehrt auch durchaus
nicht zwingen, von denfelben abzugehen; denn obwohl
ein Bürgerhaus ift es im Sinne der Volksüberlieferung
doch auch ein Fürftenhaus. ..Das Wort fie follen laffen
ftahn". Wenn alfo Zahn fagt, dafs auch meine Dar-
legung der Volksmeinung keinerlei Abbruch thut. fo
muß ich hinzufetzen, dafs auch nach den Aufhellungen
feiner Urkundenbeiträge ich nicht daran denke, diefe
Volksmeinung zu ignoriren. Alles was wir nun Sicheres
von dem KornmefSer-HauSe wiSSen, verfchlägt gleich-
wohl nicht, dafs die Tradition in gewifSem Sinne in
demfelben ein Fürftenhaus erblicken dürfe.
Zur Ergänzung der hiftorifchen Angaben bei
Zahn find in dem Jahrbuch der kunfthiftorifchen
Sammlungen des Allerhöchsten Kaiferhaufes Beiträge
enthalten, aufweiche ich hier kurz aufmerkfam mache.
Die Waffenfchmiede und Büchfengießer des Namens
Pögel (auch Pogci am Törlcin kommen in den dort
publicirten Urkunden des Hof- und Staats-Archivs,
CXLV1I
desReichsfinanz-Archivs und des Statthalterei-Archivs
in Innsbruck fehr oft vor. Dabei ftoßen wir auf Peter,
Sebald und Cordula d. N., welche das Gefchäft fuhren
und für die Landesfürften große Mengen von Waffen
und Schießzeug liefern. Das frühefte Datum ifl 1469.
Am 30. Juni [478 nimmt Kaifer Friedrich den Peter
als feinen Diener mit feinem Vermögen in befonderen
Schutz. Aber auch auf den Namen der Konmiefs ge-
rathen wir in jenen Regelten. Zu/in kennt bereits
einen Heinrich Chornmezzer, Bürger zu Brück, gi
Ende des 14. Jahrhunderts. Die Urkunde 3134 im
|. Hände des Jahrbuchs aus dem Stadt-Archiv von
\\ r -Neuftadt, dafelbft 21. April 1 i;i. fuhrt wieder einen
Heinrich Kormeffer auf, der dort an (affig in dem
Teftament des Goldfchmiedes Heinrich Mayrhirfs als
deffen Scliuldner erfcheint. Ibidem Urkunde 3216, datirt
Neuftadt, 15. Mar/. 1464: Heinrich Kornmefs hat Kleino-
dien der Pfarrkirche, welche er einbringen foll. Ibidem
Urkunde 3367, dat. Neuftadt, 4. September 1487:
Heinrich Kornmefs hat der Pfarrkirche geiftliche Ge-
wänder gefchenkt. Endlich fehlt aber auch Pankraz
nicht. In der im III. Bande publicirten Urkunde des
Reichsfinanz-Archivs, Nr. 2706, dat. Wr. -Neuftadt
27. Juni 1522, fchreibt Erzherzog Ferdinand an alle
Gewerke, Knappen, Schmelzer, Bergleute und <i
fchworenen in der Steiermark, er habe feinem Bi
richter in Unterfteiermark Penngrecz Kormuesz (fic),
eine neue Arbeit des Schmelzens zu probiren und auf-
zurichten befohlen. Derfelbe werde mit einigen dazu
irdneten Commiffarien in die Breitenau kommen,
wobei fic in allem zu unterltüt/.en fein follen. Daraus
ergibt fich, dafs Pankraz nicht kurz vor 1513 geftorben
fein dürfte, wie Zahn meint, fondern 1522 noch am
Leben war, dafs er diefelbc Induftrie betrieb, wie die
verwandten Pögel, dem Landesherrn naheftand und
das Amt eines Bergrichters in Unterfteiermark inne-
hatte.
Hg-
Aus dem Reichenberger Bezirke.
Bericht des k. k. Confervators Braufewetter.
[IESER Bezirk, welcher in feiner Längenaus-
dehnung von der Bahnlinie Turnau - Zittau
durchfehnitten wird, bietet zwar in feinen ganz
das moderne Gepräge tragenden Städten demForfcher
wenig Anhaltspunkte für das Studium einerbedeutenden
gefchichtlichen Vergangenheit und find diefelben auch
ziemlich arm an wirklichen Baudenkmalen, doch haben
fich in ihnen, fowie den ifolirter liegenden Dorfern noch
manche (Jbjecle erhalten, die, theilweife fremder Pro-
venienz, wohl Beachtung verdienen. Mehrere Urfachen
bilden die leichte Erklärung für diefen bei der jetzigen
Bedeutung Reichenbergs immerhin auffälligen Umftand.
1. Die Zunahme der Bevölkerung in diefem ftark
gebirgigen Diftricle konnte nur den Lauf der Neiße
aufwärts erfolgt fein; von der benachbarten Laufitz
aus wurden zunächft die fruchtbareren Gegenden um
Grottau und Kratzau oecupirt, und erft die fpäter
kommenden Anfiedler zogen weiter hinauf bis nach
Reichenberg und Gablonz an der Neiße.
2. Reichenberg felbft befitzt die denkbar ungün-
Ite Page für eine größere Anfiedlung, da das
wafferarme Jefchkengebirge nicht die Bedingungen für
eine größere Stadtentwickelung in früheren Jahrhun-
derten bieten konnte.
3. Die alte Handelsftraße ging von Zittau über
Grottau, Gabel, Weißwaffer nach Prag, berührte fomit
Reichenberg felbft nicht und lag es auch im Intereffe
der Zittauer, ihre Privilegien zu Ungunften Reichen-
bergs möglichft lang zu behaupten, fo zwar, dafs fie
felbft Verbote gegen die Befahrung der Görlitz-
Reichenberger Straße gerichtet zu erwirken wufsten,
wodurch dem Handel und Wandel in Reichenberg alle
Lebensnerven durchfehnitten wurden. Das untere
Neißethal hat eine große gefchichtliche Blüthezeit auf-
zuweifen und befitzt ein Denkmal aus diefer Epoche
in der Burg Grafenftein bei Grottau, dem Stammfitze
der Burggrafen von Dohna im 13 — J7 Jahrhundert; das
obere Neißethal dagegen blieb unbedeutend, einen
kurzen Intervall zur Reformationszeit abgerechnet. Die
Namen der früheren Befitzer der Herrfchaften Reichen-
berg, Seidenberg und Friedland, der Biberfteine und
der Rädern beleuchten allein die Vergangenheit, be-
fonders innig verknüpft mit der Blüthezeit dcrfelben
find Melchior und Katharina von Rädern.
Faft alles, was Reichenberg felbft und die umlie-
genden Ortfchaften heute dem Alterthumsfreunde noch
bieten, ift damals am Ende des 16. und zu Anfang des
17. Jahrhunderts entftanden; aus früheren Perioden
ift foviel wie nichts vorhanden.
Reichenberg. Das bedeutendftc Baudenkmal Rei-
chenbergs ift entfehieden das Rathhaus. Dasfelbe
flammt aus den Jahren 1599 — 1603, ift in den Styl-
formen der deutfehen Renaiffance gehalten und befon-
ders intereffant durch den in der Giebelfacade domi-
mirenden Thurm, das einzige charakteriftifche Wahr-
zeichen Reichenbergs. Die übrige Architektur desfelben
ift ärmlich und zeigt eine ftümperhafte technifche
Durchführung; doch ift anzunehmen, dafs früher auch
an den Längsfronten kleine Giebelaufbauten beftanden,
die wahrfcheinlich erft infolge der durch Brände im
dreißigjährigen Kriege erlittenen Befchädigungen ab-
getragen wurden. Im Inneren desfelben find in der
großen Rathsftube fechs in die Glasfeheiben eingefügte
Glasmalereien zu erwähnen mit den Wappen der
Rädern, Schlicke und de- Stifter-, der Fenfter, Cafpar
Schürer von Waldheim, einem Abkömmling der be-
rühmten Glasmacherfamilie gleichen Namen- aus
Falkenau, die erft in den letztvergangenen Jahren in
Kratzau ausftarb. Bis zu den letzten Jahren wurden
ferner im Rathhaufe eine Anzahl Portrats in Leb
große aufbewahrt, oder richtiger: verwahrloft, von
denen einzelne neben dem hiftorifchen Werthe durch
die künftlerifche Behandlung oder die im Charakter
ihrer Zeit coftümirtenPerfonlichkeiten auffallen. Wie im
Friedländer Schloße, fo finden wir auch hier die früheren
Herrfchaftsbefitzer von Reichenberg; ein/eine Bilder
CXLVII1
find directe Copien der elfteren. Die bedeutendsten
darunter find die Porträt.- von Melchior von Kadern,
Kathari: n und Johanna Emerentiana von
finGafchin-Rofenl reblichen
Por: nini und Slavata find ohne Werth.
dein weiteren Ruine ent-
n. werden gewiffenhaft von dem hiefigen Maler
reftaurirt und in den Räumen der Handels-
kammer und um- in Ehren gehalten.
len Urkunden der Stadt Reichenberg, die
fich im Rathhaufe befinden, ilt das bedeutendste Schrift-
stück ein Privilegium Rudolph II. aus dem Jahre :
durch welches Reichenberg zur Stadt erhoben und der
Gemeinde die Abhaltung zweier Jahrmärkte, fowie
twappen und Siegel zugestanden wird. Reichen;
fcheint diefe Auszeichnung wohl hauptfächlich dem
felbftlofen Wirken des damaligen rührigen Stadthaupt-
mani kirn Ulrich von ä verdankt zu
haben, welcher unermüdlich für das Wohl der Stadt
und feiner Herrfchaft bedacht, überall eingriff und den
Grundftein zum Emporblühen Reichenbergs legte.
ler exiftiren über da^ Leben diefes Mannes nur lehr
fpärliche Aufzeichnungen, eine Seibitbiographie aus
dem Jah rechnet, die im Thurmknopfe der
mal Kirche gefunden wurde, fein Todesjahr ilt
unbekannt, kein Grabftein gibt die Stätte an, wo er
ftarb; nur zwei Dörfer, Maffersdorf und Ober- W:
befitzen in ihren Kirchen noch Schenkungen von ihm,
ein zinnernes Taufbecken und eine große Glocke, die
an ihren Infchriften und Wappen fein Andenken der
Nachwelt überliefern.
Im Durchgänge des Rathhaufes hangt heute noch
eine alte Wage, die zwar nur mehr feiten benützt wird,
doch die alten Traditionen der Stadt als Hauptort der
Wolleverarbeitung verkörpert und auch als Leistung
des früheren Kunstgewerbes Beachtung verdient. Der
hölzerne Wagebalken ist im richtigen Verftändnis feiner
Functionen nur mit ganz zart eingeftochenen Orna-
menten verleben, die zweifellos früher polychromirt
waren. Auf der einen Seite desfelben ilt die Infchrift:
HR. Chriftian Carl v. Platz
Oberhaupt
auf der anderen Seite
HR. Andreas Schöpffer
Anno 1703
und Ehrenthaal
mann
Bürgermeifter
M. G. W. M.
Befonders gut ftylifirt ilt die Zunge, deren untere
mit dem Wagebalken durch Rankenwerk
in trefflicherRundeifentechnik vermittelt ilt. Die Enden
des Balkens find mit viertheiligen Haken verleben, die
nach oben mit fchmiedeifernen Knospen abfchließen
und zum Ganzen gut harmoniren.
Das jetzige Schloß in Reichenberg ilt ein nüchter-
ner fchmucklofer Bau aus dem 17. Jahrhundert; nur die
im fpätgothifchen Style angebaute Schlotf-tapetlc mit
einem alten Thurme blieb bei dem Brande um 1615,
der das frühere jedenfall.- bedeutendere Schloß ver-
nichtete, verfchont und hat auch im Inneren noch ihren
urfprünglichen Charakter erhalten.
Diefe Capelle, von Katharina von Rädern 1604 bis
1606 erbaut, befitzt in ihrem Hoch-Altare, dem Ora-
torium und der Kanzel wahre Werke der betten deutfehen
Renaiffance, deren vollständige Erhaltung umfo er-
freulicher ift, als in Oelterreich folch vorzügliche Holz-
fchnitzereien, die auch in ihrer Farbenftimmung
harmonifch wirken, wohl feiten in ahnlicher Vollendung
angetroffen werden mögen. Jedenfalls find fie das
Werk eine- aus dem Auslande Sachfen herbeigezo-
nKünftlers; es wird zwar von einem alten Chroni-
lten Chriltoph Erhard von Amsterdam aus Breslau als
Urheber derfelben genannt, doch darf man nur einen
vergleichenden Blick auf das authentifch von diefem
Künltler herrührende Grabdenkmal Melchiors von
Rädern in Friedland werfen, um die vollitändige Gruiul-
lofigkeit diefer Behauptung zu erkennen. Die Reichen-
berger Schloß-Capei! t in ihrer inneren Aus-
flattung der belten Periode deutfeher Kunlt an; das
Grabdenkmal Melchiors von Rädern zt gen
fchon lehr verdächtige barocke Anklänge und Theater-
effeetc. \"iel mehr Verwandtschaft befteht zwifchen
den Reichenberger Arbeiten und einigen Votivbildern
in Bohm.-Leipa, fowie dem edel durchgeführten Grab-
denkmal Wolfs von Salhaufen in Benfen, die allenfalls
aus einer und derfelben Schule flammen dürften, wenn
auch nicht vom felben Meilter.
Das Oratorium hat im Inneren eine cafTettirte
Decke, deren Zeichnung und Farbenftimmung lehr gut
erhalten ilt, ferner einen kleinen Votiv- Altar ; der Hoch-
Altar befitzt polychromirte Reliefdarftellungen de-
letzten Abendmahles und der Kreuzigung Christi. Die
Architektur des Hoch-Altares ilt nicht vollftändig aus
einem Guffe; der krönende Auffatz ilt etwas verküm-
mert und derb gegenüber der kraftvoll und elegant
entwickelten Säulenftellung des unteren Theiles, der
den Rahmen für die Hochreliefs bildet und deffen
Poftamentlöfung befonders originell durchgeführt er-
fcheint. Die Menfa diefes Altares zeichnet fich durch
eine vorzügliche Seidenftickerei aus.
Ein zweiter Altar befindet fich an der Wand
gegenüber dem Oratorium; derfelbe ilt bereits barock,
flammt wahrscheinlich aus der Zeit der Gallafe um
1700, verdient aber wegen der meisterhaften Behand-
lung und ftreng gefetzmäßigen Entwicklung des ver-
fchlungenen Laubwerkes, das in der Silhouette ein
Fünfeck bildet und außer dem Altar-Bilde noch vier
elliptifche kleine Bilder enthält, naher gewürdigt zu
werden. Die Kanzel, zwar einfacher als Oratorium und
Haupt Altar und weniger durch das Relief als die Farbe
wirkend, ftimmt ebenfo wie die elegant profilirten
Candelaber aus Holz zum Ganzen recht glücklich; der
Schalldeckel ilt achtfeitig, gut profilirt und in einen
zierlichen Auffatz ausklingend, der Spruch _Ich fcheme
mich des Evangelii von Chrifto nicht, denn es ilt eine
Kraft Gottes, die da feiig macht alle", im Gefimfe
angebracht
Die flache Holzdecke mit ihren gemalten, leider
aber fchon fehr befchädigten Feldern paßt zwar nicht
zu der Bauart der Capelle, zu den gothifchen Fenftern
und dem richtigen Chorfchluße; doch muß angenom-
men werden, dafs fie zur gleichen Zeit entstand und nur
okonomifche Gründe für ihre Losung maßgebend waren.
Die jetzige Decanal- Kirche, ursprünglich eine
kleine Capelle wie die zu Wiefe im Friedländer Be-
zirke, verdient kaum mehr als Denkmal aus früheren
Zeiten angeführt zu werden, da fie durch viele Zubauten
und Restaurationen ganz den ehemaligen Charakter
verloren. Urkundlich ill nur festgestellt, dafs fie um die
bestehende alte Capelle, inweicher derGottesdienlt ver-
CXLIX
richte t wurde, in größeren Dimenfionen hergeftcllt
wurde (1579). Erft nach Fertigftellung der Kirchen-
mauern wurde die alte Capelle abgetragen, das Pfeiler-
werk aufgeführt und die Einwölbung der drei Schiffe
vorgenommen, tntereffant Ül es, dafs der Name des
Baumeifters Marcus Spatz von Lantio uns erhalten
blieb; es ill derfelbe, weil her die Kanzel in der Fried-
lander Kirche gefchaffen. Das fpätgothifche Längs-
fchiff verlor durch die im Jahi • 1635 vom Grafen Gallas
durchgeführte Vergrößerung feinen Chorfchluß und
erhielt in dem jetzigen Querfchiff und Presbyterium
einen (ehr unpaßenden Zuwachs, indem letztere, im
Barock-Style gehalten, die Harmonie vollftändig auf-
heben mußten. Bei diefem Umbaue verfchwanden
wahrfcheinlich auch alle früheren Altäre und Kirchen-
tthe von Kunlluerth. Selbft die Glocken find
neueren 1 >atums; nur die Glocke im Sanftus-Thürmchen
flammt aus alterer Zeit. Ihre Infchrift ift: „Gott allein
die Ehre, diefe Glocken hat umbgieffen lallen Georg
Hänifch, Rathsverwandter, Glas- und Steinfehneider in
Reichenberg Anno Chrifti MDCXCI. Martinus Zorbe,
Rath und Glockengießer in Zittau- hat mich gegoffen."
1 )ie zweite Kirche Reichenbergs, die Kreuz- Kirche,
ill ein ganz unbedeutender Barockbau mit Doppel-
thürmen, deren 1 lehne nach dem Müller der 1 laindorfer
Klofter-Kirche ausgebildet find. Diefelbe befitzt nur
ein Ideines werthvolles Gemälde auf Holzgrund aus der
altdeutfehen Schule, die heil. Anna und Maria mit dem
Jefuskinde in einer Landfchaft mit einer Ritterburg,
wahrfcheinlich von einem Schüler Albrecht Dürer's
aus dem 16. Jahrhundert herrührend. Die Glocken der
Kreuz-Kirche find aus den Jahren 1789, und 1820. Die
wenigen charakteriftifchen Holzbauten, die früher Rei-
chenberg befeffen, lind meift verfchwunden oder durch
Anftrich verunftaltet ; das intereffantefte ift ein Eck-
haus am Altftädter Platze, welches früher wohl im
Befitze einer adeligen Familie (Hans von Wolfsberg)
war, da eine Glasmalerei mit Wappen in den Vierziger-
Jahren noch hier angebracht gewefen, jetzt aber leider,
wie fo vieles Andere in Reichenberg fpurlos ver-
fchwunden ift. Die Ueberbleibfel von barocken Bürger-
häufern in Reichenberg, gehören alle fchon einer fehr
verderbten Richtung an. Auf dem Friedhofe ift keine
einzige Reminifcenz an eine hier je geübte und vom
Volk* feftgehaltene Kunftthätigkeit.
Kratzau, ein kleines Städtchen im Neißethale
befitzt zwar noch einige alte Holzhäufer, trägt aber
auch den Stempel, der durch mehrere Jahrhunderte
etenen Verwahrlofung; die frühere Ilolzkirche
dafelbft mußte einem nüchteren modernen Baue
weichen und nur am Friedhofe verdienen einige Grab-
fteine Beachtung. Die meiden derfelben find aus dem
16. und 17. Jahrhundert, einige mit guter Ornamentik,
die Infchriften find ziemlich erhalten; fie nennen:
1. Kitter Johann von Noftitz Neukirch, geboren
[584, llarb in der Stadt Kratzau A. 1646.
2. Chriftoph von Hoberg und Kunnersdorf anno
1586 den 20. September auf der Hoeneck (Hohenecke
bei Neundorf) verfchieden.
3. Cafper Wentzel, Hauptmann der Trautmanns-
dorf Herrfchaft Gräflfenftein, den 1. Feber 1652 in Gott
entfchlafen feines Alters 45 Jahre.
4. 1649 den 30. Auguli Anna Maria Wentzel,
feine Ehefrau im Alter von 33 Jahren 20. Tagen, ihr
ging voran ihr Sohn Camill Joh. Maximilian alt
16. Wochen.
5. Des Johann Schürer von Waldtheim, k. k.
Grenzzollinfpectors und Einnehmers in Kratzau ver
ftorbene drei Kinder in den Jahren 1662, [671, (678.
6. 1655 den 31, März Ritter und Herr Johann von
Hehlern, Herr zu Neundorf, Mühlfcheibe und I torfei,
Ihr fürftl. Durchlaucht zu Neuenburg Kammerrath,
(feines Alters 74 Jahre) verfchieden.
7. 1690 den 29. Juli entfchlafen Frau Sibilla von
Heiftern geborene Gannsfein, ihres Alters 7s Jahre.
Auf der Nordfeite der Kirche befindet fich noch
ein altes Wappm mit den Bu< hftab n A. M. G. '/.. T.
1651. (Adam Mathias Graf zu Trautmannsdorf).
Sammt liehe1 Grabdenkmäler find jetzt gut
fchützt in der Friedhofmauer angebracht. Zwei Grab-
fteine der Biberfteine, die fchon fehr befchädigt find,
konnten nicht entziffert werden.
Grottau an der Gränze gegen Sachfen ift wohl
die alterte Stadt im Neißethale, wurde aber im 15. Jahr-
hundert gänzlich von den llufiten zerftört, bellt /t
daher auch nur aus der fpäteren Zeit einiges Inter-
effante. Die jetzige Kirche dafelbft ift ein Bau aus dem
18. Jahrhundert und unbedeutend. Im Thurme der-
felben befindet fich eine alte Glocke mit gothifchen
Schriftzeichen, doch ohne Jahreszahl, diefelbe foll vom
Klofter Marienthal in Sachfen herrühren. Ihre Infchrift
lautet: „Ruf Maria aufGot | Maria berot | als das wir
begin | das ein gut euch: gewin" (Bitte für uns Maria,
verwende dich für uns, Maria, dafs Alles, was wir be-
ginnen, ein gutes Ende nehme.)
Die zweite Glocke tragt den Spruch: Aus Feuer
bin ich geflohen, Georg Wefenraw in Zitaw hat mich
gegoffen. Ferner Jodocus Henricus Ilertzog von Erfurt
ift itziger Zeit Pfarher und Priefter hat diele Glocken
durch Eingebung des höchften Gottes geftifdet anno
1642 den 29. July Herr Cafpar Mentzel Kretfchmer
Burggraf Herrn Friedrich von Noftitz, Reutfchreiber
Thomas Chriftöf Ilertzog von Erfurt, Schulmeil
Mathaeus Folkert, Richter Hans Kirchof Chriftol lim
waldt Merten Schinfalder Kirchvater. In der Todten-
Capelle befindet fich eine Marien-Statue aus Holz in
vorzüglicher Technik, doch durch eine moderne I'oly-
chromirung entltellt; im Sockel find die Buchitaben:
E.H.S.C.C.I// | D.H.I.P.M.T.G | J.O.15//6.
Die vielleicht auch von Marienthal ftammt.
In der Sacrillei wird noch ein wahrer Schatz von
alten Meßgewändern aufbewahrt und auch mit Pietät
gefchützt, unter denfelben lind befonders zwei gedickte
und ein Antipendium werthvoll. Ein zinnerner Weih
brunnkeffel und ein Votivbild (Maria) geftiftet von
Friedrich von Noftitzt aufs dem Haufs Neunkirchen,
Hauptmann der Herrfchaft Gräffenftein (655, das eine
auf Holz gemalte und durch guten Umriß) Iah aus-
zeichnende Umrahmung hat, find noch zu erwähnen.
.Arn Friedhofe, der um die Kirche fituirt ift, beftehen
noch einige Grabrteine der Noftitze und von Bürger-
familien aus dem 17. Jahrhundert, die fich durch gute
Ornamentation und ausdruckvolle Behandlung des
figurlichen Theiles trotz vieler Beschädigungen als
beffere Leiftungen der damaligen Zeit repräfentiren.
Von alten Gebäuden befitzt Grottau noch das
ehemalige Schlots aus dem 14. Jahrhundert das im
\~ . Jahrhundert umgebaut wurde — heute die alte
CL
Fabrik genannt, deren Inneres vielleicht noch einzelnes
Intereffante bergen dürfte, das Aeußere ilt fchmucklos
und nur durch ein Wappen auffallend, das aber auch
bereits aus dem iS. Jahrhundert ftammt. fomit aus der
Zeit des Niederganges der Herrfchaft Grafenftein, die
unter den Burggrafen Dohna machtig blühte.
Eine halbe Stunde von Grottau entfernt liegt der
Ort und die Burg Grafenftein; entschieden das be-
deutendfte Obicct im ganzen Reichenberger Bezirke.
Impofant auf einer Anhöhe gelagert, feffelt dasfelbe
besonders durch einen mit einer fchmalen Galerie ver-
fehenen Thurm, der die ganze Gegend beherrfcht. Eine
iffe Aehnlichkeit desfelben mit dem in Friedland ilt
unverkennbar. Die Burg ftammt aus dem n. Jahrhun-
dert, zu welcher Zeit die Berka von Duba fie inne
hatten, im 13. Jahrhundert kam fie in den Befitz der
Burggrafen von Dohna, die hier durch 300 Jahre
herrichten. Die jetzige Geftalt erhielt das Schloß unter
dem darauffolgenden Befitzer Georg Mehl von Ströhlitz
im 16. Jahrhundert, der dasfelbe umbauen ließ und ins-
befondere die durch ihre Malereien fehr bedeutende
Schloß-Capelle errichtete. Nach Mehl von Ströhlitz
waren die von Tfchirnhaus, Später die Grafen von
Trautmannsdorf Befitzer, der gegenwärtige Eigen-
thümer ift Graf Clam Gallas. Durch einen Brand im
Jahre 1S43 wurde das Schloß fehr zerftört und mußte
bei der Wiederherftellung um ein Stockwerk niedriger
werden, wahrscheinlich wurden auch damals die präch-
tigen Sgraffitomalereien an den Außenmauern durch
Putz verkleiftert, der jetzt diefelben verhüllt und nur
an den vielen losgelöften Stellen die urfpriingliche
Decoration erkennen läßt. Aus der älteften Zeit diefer
Burg hat fich nur am Treppenthurme ein hiftorifch
denkwürdiger Rert erhalten, nämlich eine Treppen-
ltufe.die in eingemeißelter Arbeit die beiden gekreuzten
Eichenftäbe, das Wappen derer von Duba erkennen
läßt und die wahrscheinlich bei einem Umbaue hier
eingefügt wurde. Die Wände des oberen Burghofes,
an denen noch Ueberrefte von Frescomalereien zu
fehen Sind, wurden jedenfalls durch den vorerwähnten
Brand ihres Schmuckes beraubt. Verhältnismäßig
wenig verfehrt ift dagegen die Burg- Capelle, ein
originell gewölbter oblonger Raum mit Emporanlage
auS der einen Seite; die Malereien der Gewölbe und
Winde Sind zwar etwas verblaSst und durch unge-
schickte Reftaurirungen verunstaltet, haben aber trotz-
dem noch einen bedeutenden Kunftwerth. Genial
componirte Figurengeftalten beleben die keck und
Sicher im Charakter der deutschen RenaiSSance orna-
mentirten Flächen, auch die Farbenftimmung muß,
nach den Stellen zu Schließen, welche der Reftaurirung
entgangen find, eine vorzügliche geweSen Sein; die
Jahreszahl 1569, die noch Sichtbar ift, gibt uns auch
genau die Zeit an, zu welcher diefe von einer Meister-
hand herrührenden Arbeiten entstanden; es ift die
gleiche, aus welcher die beften Leistungen in Süd-
böhmen Stammen, wo der Einfluß des benachbarten
Bayern Sich mehr geltend machte. Vollkommen eben-
bürtig dieSen der großen Kunft angehörenden Fresco-
malereien ift nun aber auch der Capellenraum in feiner
Ausstattung mit Betftühlen. Diefelben gehören als
kunstgewerbliche Leistungen der damaligen Zeit zu
dem beften, das wir in Oefterreich befitzen. Weniger
durch eine prunkvolle und koStbare TiSchler- und Bild-
hauerarbeit auffallend, find hier durch eine gefchickte
Uebertragung und Anwendung des [ntarfiafyftemes
auf die Malerei der Füllungen und Friefe bei der
teil Mannigfaltigkeit der Motive, Effecte erzielt,
die den Kenner entzücken müßen. Die Tifchlerarbeit
bei denfelben ift höchft Schlicht und einfach, die ge-
malten Füllungen feffeln dagegen in ihren Stets abwech-
selnden Bandverfchlingungen und dem zwifchen diefe
reizend angeordneten vegetabilischen Ornamente den
iiauer in einem Grade, daSs die ordinäre technische
DurchSührung derSelben ganz außer Betracht kommt.
Die Ornamente find nämlich leider nur mit Leimfarbe
gemalt, inSolge defSen natürlich Schon Stark befchädigt
und bei einzelnen Sogar nur mehr in einer Hälfte die
Zeichnung zu erkennen; in jedem Jahre Springen die
Farben mehr ab und Schließlich wird nichts mehr von
dieSen Mufterintarfien übrig Sein, als die leeren Holz-
flächen.
Der MaierhoS von GraSenftein trägt über den
Portalen die Wappen der TrauttmansdorSf und die
Buchstaben A. M. G. Z. T.. Sowie die Jahreszahl 1656.
Die übrigen DörSer in der nächsten Umgebung
von Grottau und Kratzau datiren ihren Urfprung nicht
aus dem 16. Jahrhundert; erft gegen das Ende des-
selben, der Glanzperiode des HauSes Radern, wurden
die in denfelben befindlichen Kirchen erbaut.
Ober-Wittig, eine Stande von Kratzau entfernt,
verdankt wahrscheinlich feiner ifolirten Lage und der
Armuth des KirchSpieles die Erhaltung einiger Ueber-
bleibSel aus dieSem Zeitalter. Die Kirche wurde [575
vollendet unter der Amtsverwaltung Joachim Ulrichs
von RoSenfeld; der Bau derfelben an und für fich bietet
nichts Bemerkenswerthes, die Glocken dagegen ver-
dienen Beachtung. Die große Glocke trägt unter dem
fchön ftylifirten Wappen Rofenfeld's die Infchrift:
Joachimus Ulricus a Rofenfeldt Praefectus ditionis
(Herrfchaft) Reichenbergen fis. Ferner: Diefe Glockhen
ift goSSen durch Brictyum, Glockhengießer von Cin-
perkh (Zinnberg), Bürger auS der Newenftadt zu Prag
zu andechtigen und kryftlichen Gebrauch der ErSamen
Gemein des DorSs Wittaw, zu der Zeit war Richter.
Johann Frentzel, dieElteften der Gemein Gerge Pufthel,
Paul Heider und KirchenSatter Niclas Resler gefchehen
ym 1575 Jahr Gott Sey Lob yn Ewigkheit.
Die zweite Glocke mit dem Gallas'Schen Wappen,
Sehr zarten und eleganten Ornamenten hat die Jahres-
zahl 1667 und die Infchriften: Franz Ferdinand Ignatz
GraS von Gallas Herzog von Lucera und Joannes
Pricovey Neo Bolaislavienfis Jung-Bunzlau) me fudit.
Die dritte Glocke hat gothifche Schriftzeichen
und keine Jahreszahl, diirfte daher eine Widmung von
einer anderen reicheren Gemeinde fein, vielleicht von
Grottau oder Kratzau.
In der Kirche SeSSelt beSonders ein reizender Silber-
ner Kronleuchter von mäßig großen Dimenfionen,
Doppeladler, Sechs Arme mit Dillen oben und Sechs
Arme Sowie KugelabSchluß unten durch Seine guten
Verhältnisse und die vorzügliche Metalltechnik. Der-
selbe ftammt wohl aus dem 17. Jahrhundert, Srüher war
er in dem alten Herrenhaufe, dem Sitze der herrschaft-
lichen Amtsleute, das jetzt zu einer Bauernwirthfchaft
geworden. Außen am Kirchthurm befindet fich eine
gut erhaltene In SchriSttaSel ausSandftein mit gut Stylifirter
Umrahmung, Eng« Isköpfchen an den Seiten um! oben,
CLT
fowie den 1 )oppelwappen von Frau/ Ferdinand Mathias
Reichsgrafen von Gallas und deffen Gemahlin Johanna
Emerentiana Gräfin von Gallas 1671.
Neundorf, ebenfalls eine Stunde von Kratzau ent-
fernt, ill ein wohlhabendes Dorf, das zur Zeil dei
Kadern einen großen Maierhof, eine öffentliche Bade
Hube, fowie die malerifch an der Berglehne liegende
Kirche erhielt, welche durch einen in guten Verhält-
niffen aus dem Viereck ins Achteck übergeleiteten
Kirchthurm mit ausdrucksvoller Silhouette des Hein
und der Laterne fofort das Auge des Befchauers feffelt.
Am Firfte des Kirchendaches ill an Sülle einesSanclus
Thürmchens eine abfchließende Krönung aus Schmied*
eifen angebracht, die in ihrem gefälligen Linienfpiel
auf einen tüchtigen Meiller fchlicßen laßt — eine der
wenigen guten Schmiedearbeiten, die in diefem Bezirke
exiftiren. Der Thurm zeigt in feiner Wetterfahne heute
noch das Wappen der Rädern, in deren Befitz das Gut
Neundorf feit 1596 war; Katharina von Rädern wählte
1612 dasfelbe zu ihrem Witwenfitze und entfaltete hier
eine fegensreiche Thatigkeit. Der Kirchenbau flammt
vom Jahre 1616. Das Innere der Kirche ift einfach,
ohne irgend welche bemerkenswerthe Architektur;
von alten Objeclcn haben fich noch erhalten: der
Taufftein, zwei gemalte Glastafeln mit Wappen und
der Jahreszahl 1618, ähnlich, doch etwas größer als
die im Reichenberger Rathhaufe und ein prächtiger
achtarmiger Meffinglufter von hohem künftlerifchen
Werthe. Der Taufftein hat ein achteckiges Becken,
das auf den quadratifchen Fuß übergeleitet ift, nach
dem guten polychromirten Wappen, fowie den Buch-
Itaben D.H. V.L. darüber können wir fehließen, dafs
er eine Widmung David Ilain vonLöwenthal's gewefen.
Der Meffinglufter hat oben einen fehr originellen Ab-
fchluß; auf einem Adler mit ausgebreiteten Flügeln
reitet ein nackter Mann, deffen Kopf in den King über-
geht. Die Arme tragen an ihren Enden Mufcheln mit
den Dornen für die Kerzen.
Im Thurme befindet fich eine fchöne Glocke mit
dem Wappen der Rädern und darüber : H.C.H. V.R.
(Herr Chriftoph Herr von Rädern). Die Infchrift lautet:
Im M D.C.XIX hat der wolgeborne H. H. Chriftoph
von Rädern. H. auf Friedl. Reichenb. und Seitenb.
Grofstelitz Toft und Peiskratscam Rom Kays. Maiet
(Obrifter) etc. George Wildt zur Zitaw gos mich.
Die übrigen Dörfer nächft Kratzau bieten dem
Forfcher nur fehr fpärliches Materiale; nur in Weiß-
kirchen (Eifenbahnftation) ift an einem Haufe ein altes
Bergmannswappen, eine Wetterfahne mit der Jahres-
zahl 1518 angebracht, das Erwähnung finden möge.
In der Kirche dafelbft ift eine fchöne Glocke von 1603,
deren < >i namente gute Behandlung zeigen. Dielnfchrift
lautet: „Kompt liben Leit mit Dank vyr Gottes An-
cht und mit Pfalmen lobiinget unferin Gott". Dafs
Weißkirchen fehr alten Urfprunges ift, beweift auch
ein Fragment des alten Tauffteines, welches noch
exiftirt und das frühgothifche Anklänge zeigt.
Nächft der Eifenbahnftation Machendorf bei
Reichenberg liehen noch auf einem (teilen Felsrücken,
der auf drei Seiten von der Neiße umfioffen wird, die
Trümmer von der ehemaligen Burg Hammerßein, dem
Sitze der alten herrfchaftlichen Burgvögte zur Zeit der
Biberfteine, welche von hier aus bereits im 14. Jahr-
hundert das Reichenberger Territorium verwalten
ließen. Hammerftein ifl gefchichtlich befonder- wegen
der um den Befitz diefer Burg von den Biberfteinen
gegen die Hufiten geführten Kämpfe bemerkenswerth,
die heutigen Burgüberrefte flammen wohl aus der Zeit
nach den 1 [ufitenkriegen, als die V( fti bereits in den
Befitz der Dohna von Grafenftein übergegangen war.
Unter der Herrfchaft der Kadern war Hammerftein
fchon eine Ruine und heute läßt fich kaum mehr die
ehemalige Grundrißanlage aus den wenigen Ueberreften
erkennen. Auffallig ift es, dafs felbft hier auf diefem in
der Gefchichte bedeutenderen Boden fall gar k< im
Funde gemacht wurden, trotzdem zur Zeit des Kahn-
baues intenfive Forfchungen hier angeftellt wurden
(die nur einen verfchwindend geringen Erfolg hatten).
Zur alten Herrfchaft Hammerftein gehörten im 14. Jahr-
hundert die Kirchdörfer Reichenberg, Röchlitz und
Wratislawitz (d. h. Maffersdorff ) ; in keinem derfelben
find aber heute bedeutendere Fragmente aus vor-
hufitifcher Zeit zu finden.
Vom Hammerftein aus führt ein Seitenthal der
Neiße nach Chrißophsgrund ', einem der wenigen
abgelegenen Gebirgsdörfer im nördlichen Böhmen,
die noch im Befitze einer Holzkirche find. Diefelbe
flammt aber auch fchon aus einer fpäteren Zeit (1683)
und bietet daher in ihrer Architektur nur wenig Be-
merkenswerthes, ebenfo der daneben ifolirt flehende
Glockentriurm. Dagegen hat fich hier noch eine re-
fpeftable Anzahl von guten gewebten Meßgewändern
aus dem Ende des 17. und 18. Jahrhunderts erhalten,
fowie einige alte Meßbücher; zwei fchöne Grabkreuze
von Schmiedeeifen aus dem 17. Jahrhundert müßen be-
fonders hervorgehoben werden. Die Glocken find un-
bedeutend.
Röchlitz, eine halbe Stunde von Reichenberg
entfernt, befitzt eine Pfarrkirche aus der Zeit der
Gegenreformation mit einem gut entwickelten Thurme,
der in feinem Mauerwerk auf ein älteresDatum fchließen
läßt. Vom Viereck aufs Achteck übergeleitet, ift er
heute mit einem fchon profilirten Helme gekrönt, der
in feiner Wetterfahne Wappen und Namen des Grafen
Franz Ferdinand von Gallas und die Jahreszahl 1692
trägt. Das Schiff wurde mehrmals umgebaut und ill in
der Bauart nüchtern, befitzt aber in dem 1709 geftifteten
nicht reizlofen barocken Hoch-Altar ein fchönes Altar-
bild von einem neapolitanifchen Meifter. Der Taufftein
aus Stein mit Reliefdarfteilungen des Weinlaubs ift in
feinem Profile bereits ftark barock und deutet auf die
Mitte des 18. Jahrhunderts. Eine Seiten-Capelle ift
durch ein fchmiedeifernes Gitter abgefchloffen, das lieh
noch in der klaren und reinen Linienführung der guten
Renaiffance bewegt und aus dem Ende des 17. Jahrhun-
derts herrühren durfte. Dasfelbe gilt von dem Beicht-
ilulil in feinen einfachen technifch und künftlerifch gut
aufgefaßten und angewendeten Schnitzereimotiven.
Die Glocken flammen aus dem 18. Jahrhundert und
haben keinen Werth. Unter den Meßgewändern befinden
lieh noch einige belfere, doch ohne Stickerei aus dem
18. Jahrhundert; das altetle Objeet in der Kirche dürft.
die Monftranz von [666 fein, eine gute Goldfchmi
arbeit der ehemaligen Zeit, wahrfcheinlich aus Prag
und ein theilweife erhaltenes altes Meßbuch.
Maffersdorf, ebenfalls eine halbe Stunde von
Reichenberg entfernt, hat in feiner 1700 durch den
Baumeifter Marco Antonio Chanivalli den Urh<
CL1I
der Kreuz-Kirche in Reichenberg) erbauten Pfarrkirche
hichtlich fehr intereflantes Obiect bewahrt, das
mit einer fiir die hie: id immerhin bemerk
werthen Pi der alten Holzkirche in die neu
erbaute übertragen wurde. Es ift dies das bereits
früher erwähnte zinnerne Taufbecken mit dem Wappen
Joachim Ulrich - fenfeld, des Hauptmannes der
Herrfchaft Reichenberg unter den Kadern. Das Tauf-
becken tragt die Infchriften: „Anno 1563 ift dies
Werk gemacht. Amptmann geweft J.V.V.R." Das
Wappen zeigt auf der einenSeite einen Schwan, auf der
anderen ein Querfeld mit drei Rofen. Am unteren
Rande des Beckens ift der Spruch: „Wer da glaubet
und getawet wird, der wird feiig. Man
bracht. Unten am Fuße: „l'aul Y- leifter diefes
Wer
ßefonders merkwürdig find ferner zwei holzge-
fchnitzte Heiligenfiguren, die in der Plaftik fo\vi>hl als
der Polychromirung auf die fpätgothilche Zeit zurück-
weifen, eine Zeit, aus welcher in der hiefigen Gegend
fall nichts erhalten blieb, in der ihre Provenienz
fomit kaum gefucht werden dürfte, vielleicht aus dem
g flammend, deflen Inventar zur Zeit Kaifer
Jofeph II. an diverfe kleine und ärmere Kirchgemeinden
abgegeben und verftreut wurde. Diele beiden Figuren
waren früher an der Orgel in Maffersdorf angebracht,
jetzt liehen he in der Todten-Capelle; urfprünglich
fcheinen fie für einen Flügel-Altar beftimmt gewefen
zu fein. Hie thatfachliche Exiftenz einiger Kirchen-
ithe vom Böfig in den benachbarten Dorfern
Langenbruck und Jerfchmanitz gibt zu diefer Ver-
muthung auch einige Berechtigung. Wie in Röchlitz, fo
ift auch in Maffersdorf ein fehr gutes Altarbild aus dem
Anfange des iS. Jahrhunderts, ferner ein Beichtftuhl
hervorzuheben; die vorhandenen Meßgewänder zählen
mit denen von Grottau und Chriftophsgrund zu den
beflen in diefem Bezirke und verdienen die pietätvollfte
Schonu:
Die Glocken find aus neuerer Zeit.
Langenbruck, der höchfte Punkt der Reichcnberg-
Turnauer Bahn am Jefchkengebirge ift ein wegen der
ungünftigen Lage und einem rauhen Klima fehr wenig
befuchtes Dorf, das gleichwohl bereits im 14. Jahr-
hundert eine eigene Pfarrkirche befaß; die jetzige
Kirche ift ein Bau aus dem Ende des 18. Jahrhunderts
und nur dadurch bemerkensw erth, dafs in ihr mehrere
Stücke des Inventars vom Böfig noch exiftiren, die zur
Zeit Kaifer Jofeph II., als der Ort wieder eigene Geift-
liche erhielt, hieher kamen. Unter diefen find zwei fehr
befchadigte Altar-Bilder, ein Beichtftuhl, zwei Candc-
laber aus Holz mit eingeftochenen Ornamenten und ein
Meßgewand zu erwähnen; letzteres zeigt das Granat-
mufter in ftarker Reliefftickerei auf blauem Seiden-
grunde, ift zwar fchon ftark befchädigt, doch noch fehr
werthvoll
Die Jerfchmanitzer Kirche befteht auch erft f it
.. diefelbe belltzt zwei Glocken, einen Beichtftuhl
und einige andere Geräthe ohne befonderen Kunft-
werth, die vom Böfig hieher übertragen wurden.
Nach den Auslagen der dortigen Pfarrer follen mehrere
Kirchdörfer im Turnauer Bezirke reicher bedacht
worden fein, und wäre es fomit möglich, in denfelbcn
noch mehr Schätze zu entdecken; bei der großen
Armuth undgeringen Bedeutung der beiden erwähnten
Geh r ift es erklärlich, dafs ihnen nicht die
belferen Stücke des Klofterfchatzes zufielen.
//,,■ bei Reichenberg mit einer Pfarrkirche
und einem Meierhofe aus der Zeit der Radern, dem
\6. Jahrhundert, fcheint früher wie Neundorf einer der
wichtigen Vororte gewefen zu fein, durch deren An-
fchlecht der Radern mit weifer Fun
Hmporblühen ihrer Städte zu fordern und zu be-
feftigen fuchten. Jetzt ift Habendorf unbedeutend und
zu Reichenberg eingepfarrt. In der Kirche, deren
Thurmanlage nicht ohne malerifchen Reiz ift, feffeln
einige gute Meßgewänder mit Stickereien, fowie
Brocatgewebe aus der Zeit der Gallafe durch ihre
ftylvolle Zeichnung; ein zinnernes Wafchbecken mit
feitlichen Handhaben ift auch erwähnenswerth. Das
am meiften befriedigende Fund-Object ift aber die
große gut ornamentirte Glocke mit dem Radern fchen
Wappen, darüber C.V.R.F. (d. h.Chriftoph von Rädern,
Freiherr und die Infchrift: Georg Wield Glochengießer
zur Zittaw gos mich den 4. Oftobris des 1600 Jares.
I ' Zeit Pfarrherr der ehrwürdige Herr Andreas
Heifche G.H.S.L. gottlicher heiliger Schrift Lehrer
Michael Grüner Richter zu Schwara Gall Rheil Richter
zu Habendorf etc. Die beiden anderen Glocken
ftammen aus den Jahren 1691 und 1700.
Liebenau, ein Städtchen von circa 3400 Ein-
wohnern an dem füdlichften Ende des Reichenberger
Bezirkes und gleichzeitig der böhmifch - deutfehen
Sprachgränze gelegen, ift zwar urkundlich einer der
alterten Orte diefer Gegend und w ird unter dem früher
böhmi fchen Namen Hodkovice bereits im 12. Jahr-
hundert genannt, ift aber heute eine Stadt von ganz
modernem Gepräge. Die Hufitenkriege, der drei
jahrige Krieg und mehrere Brände haben den urfprii
liehen Ort total vernichtet: die Kirche allein ift ein
Bau aus dem Anfange des 18. Jahrhunderts, die ül :
Stadt präfentirt fich in dem Gewände, das lie nach
dem letzten Brande im Jahre 1806 erhielt. Bemerkens-
werth ift bei Liebenau die Thatfache, dafs es im 1 1.
Jahrhundert auch unter der Herrfchaft der Biberfteine
ftand, desfelben Gefchlechtes, das die Gegend von
Friedland bis Reichenberg damals inne hatte und von
dem eine Seitenlinie noch im 17. Jahrhundert auf den
benachbarten Ofchitz und Devin bei Wartenberg
I.eipaer Bezirk erwähnt wird.
1 He Kirche in Liebenau ift ganz fchmucklos und
verdiente kaum eine Besprechung, wenn nicht im Inne-
ren derfelben Einiges wäre, das befonderes Intereffe
erregen muß. Vor allem muß auf die Sacrifteithur
hingewiefen werden, ein Unicum in ihrer Art, deflen
Provenienz zu ergründen wohl der Mühe lohnte. Diefe
maffiv aus Eifen gefchmiedete Thür ift an der gegen
die Sacriftei gerichteten Seite durch aufgenu
Blechftreifen in 24 Felder getheilt, deren jedes ein
verfchiedenes Marienbild enthält. Auf den Blechftreifen
find in einer Schrift, die auf das 16. Jahrhundert
fchließen läßt, die zu denfelben gehörigen Bezeich-
nungen angebracht, als: Sa Maria von Paffau, Sa Maria
von Kuttenberg. Sa Maria von Altbunzlau etc. Die
Darftellungen der Maria find in der den verfchiedenen
Wallfahrtsorten entfprechenden conventioneilen Weife
ilten, die Malerei ziemlich gut confervirt und zeigt
diefelbe bei den Bruftbildern auch künftlerifche Auf-
faffung. Eine infolge diefes Fundes vorgenommene
CL1I1
genauere Unterfuchung di i gegen das Presbyterium
gerichteten Seite diefer Thür ergab nun auch die
Refte eines großen Vollbildes „Chriftus am Kreuze",
bei welchem die Kopie des Chriftus, der Maria und
Magdalena noch theilweife erhalten und zu erkennen
lind, obwohl das Ganze lehr befchädigt und der Zu-
fammenhang bei den vielen losgebröckelten Stellen
der Malerei nur fchwer zu rinden ift. Dafs diefe Thür
nicht immer hier gewefen fein kann, liegt auf der 1 [and
und ill auch der Beweis hiefür in einem am unteren
Ende angeftückelten Blechftreifen vorhanden, durch
den diefelbe der begehenden Oeffnung angepaßl
wurde. Woher lie aber gekommen, dafür fehlen alle
Anhaltspunkte; in einer Klofter- Kirche war fie jeden-
falls, die am nächften liegende Vermuthung würde
analog mit den benachbarten Orten Jerfchmanitz und
Langenbruck auf den Holig weifen, doch bleibt nicht
ausgefchloffen, dafs diefelbe bei einer Ausmufterung
von Prag oder felbll Wien hieher übertragen wurde,
zumal da der Zeitpunkt ihrer Adaptirung für die
Liebenauer Kirche in den Erbauungsjahren 1717 — 1720
gefucht werden muß, wo Liebenau, Böhm.- Aicha und
Friedftein im Befitze des Klofters der Nonnen zu
St- facob in Wien waren, dem eine Grafin Ifolani diefe
1 lerrfchaften zugebracht hatte. In der Sacriftei be-
finden fich noch eine gut profilirte und reich ent-
wickelte vergoldete Monftranz vom Jahre 1713 mit in
Silber aufgefetzten Ornamenten, Engelsköpfchen und
falfchen Steinen, ferner ein Crucifix von gleicher ellip-
tifcher Bafis aus dem Jahre 1735, zwar in etwas roher
Arbeit, doch guter Zeichnung, zwei gewebte Meß-
lem [8. Jahrhundert und ein Meßbuch
mit Initialen von 1627. Das zinnerm Wafi tibi 1 ken und
der dazu gehörende kugelförmige \\ her mit
Delphinkopf find genau gleich dem in der Kirche zu
Habendorf (17. Jahrhundert'. In der Kirche felbll find
nur die beiden barocken Seiten-Altare von eini
Werthe, in der Technik find diefelben aber auch
fehr mangelhaft. Bemerkenswerth find die Glocken
der Kirche. Die ältefte flammt nach der fnfehrift
Anno domini millefimo quincentefimo XXXVII vom
Jahre 1537, hat gothifche Buchftaben und Ziffern und
ift in Prag gegoffen, die zweite, dem Kirchenpatron,
dem h. Procop, geweiht, hat 1 im böhmifche Infchrift,
die Jahreszahl M.C.C C.C.C.L.I und ifl in Jungbunzlau
gegoffen, beide befitzen fonll keinerlei Ornamentirung.
Am Markte von Liebenau fleht eine Peftfäule von
1710, an der Saskaler Straße ein Denkmal mit einer
am Kreuze knieenden Nonnengeftalt als Mittelfigur
und den diefelbe flankirenden Statuen des Johannes
und Paulus von 1750 in vollkommen gleicher Durch-
führung, wie in Böhm. -Aicha und Ofchitz, die damals
zu einer Herrfchaft gehorten. Die Peftfäufe, das Denk-
mal und die fonll in Liebenau befindlichen Stein-
Sculpturen bei der Kirche und im Orte gehören alle-
dem fchon ganz verderbten Barock-Style an; die 1 'ell-
faule ift vielleicht erft durch die Kcnovirungen fo
geworden, wenigftens zeigt die Baluftrade noch befferc
charakteriftifche Formen, die Figuren, die Säule, fowie
deren Capital find aber ftümperhaft behandelt.
Die Schlüffel aus den Ruinen der Vefte Stubenberg in
Steiermark.
Von Leopold v. Beckh-Widmannßetttr.
|US den Bergen des die Gränze zwifchen Oefter-
reich und Steiermark bildenden Wechfel bricht
die fchäumende Feiftritz hervor, um beiFürften-
feld die Steiermark zu verlaffen und unter St. Gotthard
lieh mit der Raab zu vereinigen.
Ihre Ufer fchmücken eine Zahl von Burgen oder
doch die Refte folcher, welche die ftolzen Namen
berühmter Gefchlechter des Landes tragen. Den
älteften und berühmteilen unter ihnen wispeln, nord-
öftlich des weitfehauenden Kulmberges, die Trümmer
der nur mehr in der Tradition des Volkes lebenden
alten Veite Stubenberg, knapp hinter dem gleichnami-
gen Orte auf der Krone eines Hügels, dem fogenann-
ten Kogerl.
Diefe Vefte war der Urfitz der noch zur Zeit
blühenden fteierifchen Dynalten von Stubenberg, jenes
in Gefchichte, Lied und Sage verklarten Adelshaufes,
welches feit dem Aufkommen der Gefchlechtsnamcn
in der Vorderreihe der Fidlen im Lande Steier genannt
wird. Schon im Jahre 1170 werden zwei Stubenberger
unmittelbar hinter machtigen Grafen in der Umgebung
des Kaifers Friedrich Barbaroffa genannt.
Die Bedeutung zu fchildern, welche diefes Haus
von da an in den nächften Jahrhunderten in der Ge-
xra. N. F.
fchichte des Landes hatte, ift nicht Zweck diefes be-
fcheidenen Auffatzes, es möge genügen, auf die in
neuerer Zeit diesfalls veröffentlichten Schriften zu
verweifen.1
Wohl aber gehört es zur vorliegenden Erörterung,
dieStubenberge zur Zeit desErlöfchens der fteierifchen
Landesfürften "aus dem edlen Stamme der Baben-
berger im Jahre 1246, als in den Ring jener mächtigen
Landherren der fteierifchen Mark zahlend, zu kenn-
zeichnen, in welchem mit und neben ihnen zunächft
nur die Herren von Peckau-Pfannberg, Pettau, Kranich
berg, Teuffenbach, Ehrenfels, Liechtenftein zu Murau,
Mahrenberg, Offenburg, Saldenhofen, Schärffenbi
Stadeck, Weißeneck, Wildon, genannt werden können.
Die nicht nur durch reichen Grundbefitz in den
Thalern der Mur. Mürz und Feiftritz, fondern auch
durch vornehme Familienverbindungen begründete
Machtfülle der Stubenberg und Kapfenberg forderte
von ihren Trägern, in den wichtigen politifchen Han-
deln der Zeit Partei zu ergreifen.
1 l)r C. v.Wurxhach: Biographifches Lexikon des Kaiferthumes Oeftcr
reich, XI.. Band -'lie Herren und Grafen von Stubcnl>crj;J 34 ff. und 3 S:
tafeln, 1879. — L.v. Beckh-lVidmanßetteri „Die Porträts in Kupfcrftichen der
fteierifchen Herren und 1 Stubenberg"* im XXII. Bande der
richte unJ Mittheilungen des Altcrthums-Vcrcincs in Wien- 1883.
CLIV
Diefe Forderung trat befonders nach dem Tode
Friedrich des Streitbaren heran, wo (ich die Männer
aus dem Ringe der vornehmften Edlen vollbewußt
„die Haren von Steyeru (d. i. vom Lande Steiermark)
nannten und mit jenen Fürftlichkeiten, welchen fie
damals den Herzogshut de- Landes darboten, klüglich
um das Maß von Rechten feilfehteu, damit die Hoheit
der herzoglichen Würde den Glanz der Gefchlechter
nicht zu fehr verdunkle. Der Pfemyslide Otakar, der
nach dem Ausgange des Schiagens bei Kroißenbrunn
am Marchfelde'1260 die Herrfchaft über die Steiermark
antrat, ließ aber mit fich nicht markten. Und daher
Fig. 1.
gewahren wir bald einen Umfchwung in der Stimmung
des vornehmen Adels, welcher die Befchränkung feiner
Vorrechte durch den kräftigen König beforgte. Die
Gefchichte beladet den Pettauer Friedrich mit dem
Brandmal, dafs er zu Breslau 1268 dem Könige von
diefem Wechfel der Gefinnungen Kenntnis gab und als
Häupter der Mißgcftimmten die Grafen Bernhard und
Ulrich von Pfaunberg, Hartuid von Wildon, Wülfing
(V.) von Stubenberg und den Minnefänger Ulrich von
Liechtenftein benannte.
Vor den König entboten, erklärten fie die Anga-
ben des Pettauers als Verleumdung und forderten den
letzteren zum Zweikampfe. Der König ließ aber alle in
ftrenge Haft nehmen und gab ihnen erft dann die
Freiheit wieder, nachdem er die Pfeiler ihrer Macht, ihre
fefteften Burgen hatte fchleifen laffen. Den Stubenberg,
welcher mit Ulrich von Liechtenftein auf Burg Klingen-
berg in Böhmen verwahrt worden war, traf dies Los
hinfichtlich feiner Schlöffer Kapfenberg, Katfch, Wül-
fingftein und der Stammburg Stubenberg, 126S.
Fig. 2.
Heimkehrend fahen Wülfing von Stubenberg und
feine Genoffen nur mehr die dachlos emporftarrenden
ausgebrannten Mauertrümmer ihrer feilen Burgen. Im
Gedenken an fie keimte der Gedanke an Rache, der
nach acht Jahren zur That wurde, denn die Steirer-
herren waren es zunächrt, welche im Jahre 1276 der
böhmifchen Herrfchaft im Lande ein rafches Ende
bereiteten.
Doch die Vefte Stubenberg erftand als Schloß zu
itz und Trutz nicht wieder. Diefe Vefte lag abfeits
von den Verkehrsadern in verborgenem Thale. während
Kapfenberg und Katfch knapp an der Heerftraße von
Wien über den Semniering nach Kärnten und Venedig
weitaus größere Wichtigkeit befaßen. Diefe winden
daher auch als feite Wehrbauten wieder hergeftellt, in
Stubenberg jedoch wurde nur nächft der Pfarrkirche
ein kleineres Amthau- für den Verwalter erbaut, welches
feither mehrmals feine Gertalt änderte, das letzte Mal,
wie es fcheint im 16. Jahrhundert, wo es im Style jener
Zeit zu einem Schlöffe erweitert wurde, deffen Tage
nun auch zur Neige gehen.
An der Statte der Ruinen der alten Vefte Stuben-
berg wurde vor mehreren Jahren ein geschichtlich nicht
werthlofer Fund gemacht.
Der Sage nach fei die alte Vefte fo umfangreich
gewefen, dafs die Befatzung an Sonn- und Feiertagen,
um in der Pfarrkirche Platz zu finden, in zwei Abthei-
lungen zum Gottesdienfte geführt werden mußte. Diefer
Umrtand erklärt, dafs bei Grabungen in größerer Tiefe,
man noch heute hie und da auf Mauerwerk ftößt. Im
Jahre 1880 ließ der Befitzer des Grundes, auf welchem
einft die alte Burg ftand, der Bauer Patriz Eiteljörg
zum Behufe der Anlegung eines Weingartens, mehrere
Umgrabungen vornehmen. In der Tiefe eines Meters
deckte er an einer Stelle die Grundmauern eines Rund-
thurmes auf, deffen Innenraum der Größe eines ge-
wöhnlichen Wohnzimmers glich. Die Nachgrabung in
diefem Räume förderte fchwarze moderartige Erde,
gemengt mit Reften von verkohltem und verfaultem
Holze und in diefer Maffe drei Schlüffel, mehrere
größere Nägel, endlich ein vom Roft völlig zerrtörtes
Schloß zu Tage.
Offenbar find dies Reliquien aus der Zeit der
Zerftörung der Burg im Jahre 1268, welche, nach
den gefundenen verkohlten Reften zu urtheilen, in
Brand gefleckt worden fein muß. Die Schlüffel, welche,
obwohl angeroftet, noch eine gute Erhaltung aufwie-
gen, gab der Finder Patriz Eiteljörg dem hochwürdigen
Ortspfarrer Herrn Jofeph Kneißl, welcher diefelben
aus Anlaß eines Befuches, welchen Frau Gräfin Anna
von Buttler, geborne Herrin und Gräfin von Stuben-
berg, im Herbfte 1885 der Wiegenftätte ihrer Ahnen
abftattete, an diefe Dame abtrat. Letztere gab die
Schlüffel dem fteiermärkifchen Landes-Mufeum ,Joan-
neum" in Grätz in Verwahrung, im Geleite einer auf
Pergament gefchriebenen Urkunde vom Lichtmeßtage
des Jahres 1887, mittels welcher der Stubenberger
Pfarrherr Jofeph Kneißl die Provenienz der Schlüffel,
wie hier erzählt, bezeugt. Die neuerlichen Bemühungen,
aus der 1268 zerftörten Burg noch andere Reliquien,
insbefondere Schloffer zu Tage zu fördern, blieben
ohne Erfolg.
Die genannten Schlüffel, circa i/3 hier in Abbildung
beigegeben, geben fich nach dem Vergleiche mit den
zeitgenöffifchen Stücken der rühmlich bekannten
Sammlung von Schlöffern und Schlüffeln des Herrn
Andreas Dülinger in Wien als zweifellos echteProducte
CLV
des 13. Jahrhunderts. Der größte (Fig. 1) ift 20-3 Cm.
lang, hat runden Griff, Ilohlmhr, der Bart befteht aus
zwei Lappen, von welchen der äußere zwei, der innere
einen Einfchnitt hat. Her nach der Große nächft-
folgende (Fig. 2) ift 19-5 Cm. lang, hat compacten
viereckigen Stiel mit trapezförmigem Griff, im breiten
einfachen Bart innen einen, außen zwei Einfchnitte.
Der kleinfte (Fig. 3) ifl 19 Cm. lang, hat ein volles
viereckiges Köln- mit trapezförmigem Griff, der Bari
ift jenem des Schlüffels Fig. 1 gleich gefchnitten.
Ueber die bedeutendften limoufiner und rheinifchen Schmelz-
arbeiten des 12. und 13. Jahrhunderts auf der kirchlichen Aus-
ftellung in Wien.
Von Prof. Dr. IV. A. Nmmann.
S darf als eine gefichertc That fache angenom-
men werden, dafs fchon in jenen Zeiten, welche
man als prahiltorifch bezeichnet, in Mittel-
Europa das wirkliche Email und zwar die Gruben-
fchmelzarbeit bekannt war und wollen tue Archäologen
eine Stelle im Virgil und eine im Donatus von dem
Emailarbeiter und Taufchirer auslegen. Das öfter-
reichifche Mufeum befitzt feit neuefter Zeit Proben
diefes -prahillorifchen" Emails. Nicht alfo braucht
ausfchließlich von Byzanz die Kenntnis des Emails zu
den Völkern der Balkanhalbinfel und weiter in den
Wellen gedrungen zu fein; nicht braucht die Gruben-
fchmelzarbeit dadurch entftanden zu fein, dafs man für
die theuren Goldemailwerke der Byzantiner fich
billigeres heimifches Surrogat machte. Die Thatfache
wird vielmehr anders liegen. Gerade wie vonPanticapea
aus die Kenntnis des urfprünglich aus dem fernen
Often ftammendenEmailwerkes nachByzanz vordrang,
fo haben auch die barbarifchen Völker der Balkan-
halbinfel ihr vom byzantinifchen abweichendes Email-
werk direel: vom Norden her erhalten; denn die foge-
nannten bulgarifchen Schmelzarbeiten (die erfte Nie-
derlaffung der Bulgaren war eben am Don und der
Wolga) gehören zu jenen Grubenfchmelzwerken (Emaux
champleves), welche wir oben erwähnt haben, und
welche bei den Byzantinern, foviel wir bis heute wiffen,
nicht geübt wurden. Auch treffen wir bei denSüdflaven
die Technik des Zellenemails mit Kupferlamellen (fiehe
Ausft. Nr. 515), während das feine echtbyzantinifche
Email (man vergleiche die Rückfeite des großartigen
Ilohenfurterkreuzes Nr. 511) nur auf Gold gefchmolzen
wurde. Wie auch jenes barbarifche Wandervolk ge-
heißen habe, welches fchon die Römer mit dem Email
bekannt machte, die Heimat des Emails darf nicht in
Byzanz, fondern muß bei den nördlichen Barbaren und
noch weiter zurück im fernen, auch heute noch in
der Metallurgie unerreichten fernften Orient gefucht
weiden. Mag ja fein, dafs diefes Wandervolk von
der Macht der römifchen Kaifer nach Afien zurück-
gedrängt, die Kenntnis des Emails Jahrhunderte
lang in Mittel-Europa verfchwinden ließ: ficher find
wahrend und nach der Völkerwanderung in Ungarn,
am Rhein, an der Mofel und an manchen Funkten
Galliens Kunftwerke entftanden, welche mit Email
geziert waren, und fei es auch nur jenes Email, das die
Zellenwände auf kaltem Wege mit gefchnittenen
Stückchen Glas oder mit Halbedelfteinen anfüllte, um
eine bildähnliche Zeichnung auf dem Metalle zu er-
halten. Denn folchc Mofaiken in Goldzellen finden wir
im Schatze von Ravenna, im ungarifchen National-
Mufeum, an den goldenen Kannen des Attila-Schatzes
in dem k. k. Antiken-Cabinete zu Wien, unter den
merovingifchen Gräberfunden. Daneben aber muß
dort, namentlich wo dieKunft des Glasmachens geübt
wurde, immerhin fich jene prähiftorifche Emaillirkunll
erhalten haben, die, fobald man nach ihr begehrte, auch
gleich wieder aufblühte. Wir haben deutfehe Schmelz-
werke des IO. Jahrhunderts, welche fchon das byzan-
tinifche feine Goldemail nachahmten, wir hören, dafs
St. Eligius feinen Kelch mit Schmelzwerk gefchmückt
habe. Vielleicht war dies denn doch ein anderes als
jenes obige merovingifche kalte Email? Man vergleiche
das Email merovingien bei Viollei le Duc. Mobil. II.
pl. XXXIX mit den prähiftorifchen Emailen des öfter-
reichifchen Mufeums. Am Rheine, wie weit drüben im
Weiten, in Limoges können ganz unabhängig von
einander fich die Refte jener uralten Emailtechnik er-
halten haben, die fogleich auflebten, als nach ihnen die
Nachfrage war. Und dafs diefe Nachfrage nicht ver-
löfche, das bewirkte die Verbindung der Merovinger
mit Byzanz, fo dafs einer derfelben fogar koftbare
heimifche Werke in die ftolze Kaiferftadt fenden
konnte. Aber fei es dafs die Limoufiner es nicht
wagten, größere Arbeiten als die Medaillons find zu
übernehmen, fei es dafs fie keine Kunde von dem jetzt
zu Erzählenden erhielten, wir erfahren Folgendes:
Als im Jahre 1144' der kunftfinnige Abt Suger
von S. Denis eine koftbar emaillirte, mit figuralifchen
Darftellungen aus dem A. und NT. gefchmückte Säule
haben wollte, welche dazu beftimmt war, ein kunftvoll
gearbeitetes Kreuz zu tragen, feinen ihm in ganz
Frankreich kein Künftler fähig, diefen Auftrag zu über-
nehmen, fo dafs der große Förderer der Kunde fich
gezwungen fah, deutfehe Künftler zu berufen. Er berief
einige Goldfchmiede von Lothringen, welche in der
Emailtechnik, wie fie an der Mofel und am Rheine von
uralten Zeiten überkommen und mit Hilfe byzan-
tinifcher Künftler weiter ausgebildet war, wohl erfahren
waren. Was die Goldfchmiede Deutfchlands den von
der Theophanu mitgebrachten byzantinifchen Meiftem
verdankten, dasverdankten die franzöfifchenEmailleure
den deutfehen Meiftem aus der Rheingegend, welche
nun Theophanu nicht' verließen. Nun die Technik ver-
vollkommt war, die Nachfrage nach Emailwerken leb-
haft wurde, entftanden in Limoges und ficher auch in
1 Dr. Heider, Emails uns dem Schatze des St. Stcphans-Üotnes in Wien
1859. (S. A.) S. 6 — u ml Heidtr, l>cr Altar-Anffatz im regnlirten Chorherrn-
(lifte Klofterneuburg. 1860. (Mitth. des Wiener Alterthnms Vereines IV.) S. n.
CLVI
andern Orten des füdlichen Frankreich, aber auch in
l'aris und in Flandern Schulen für Email; überall dort,
wo die Glasmalerei blühte, kann nach einer Emailleur-
fchule gefucht werden; der Goldkelch des heil. Remi-
mit feinen occidentalen Cloifonnes (jetzt im Dom-
fchatze von Reims kann nicht viele Jahre von der
deutfehen Befruchtung entfernt fein. Diele Befruchtung
darf aber keineswegs als eine lehr tiefgehende da;
(teilt werden, weil fonlt die von der rheinifchen lehr
ftark differirende Limoufiner-Technik und Farben-
ftimmung nicht erklart werden könnte.
Ein Opus Lemovicenfe erfcheint zuerlt in einem
;~0 nach England iiberfiedelten Mönches
Johannes an den Prior des Klofters S. Viftor. Kaum
hundert Jahre nach Gründung der Schule von Limoges
waren die Erzeugniffe derfelben fo berühmt, dafs jeder,
der nach S. Jago di Compostella pilgerte, feiner Kirche
einLimoufiner-Andenken mitbringen wollte. Uebrigens
dürften folche Arbeiten auch in Bourges, Touloufe,
Clermont, in Paris gemacht worden fein, und dürfte nur
dann volle Sicherheit über die Provenienz herrfchen,
wenn, was ziemlich leiten ift, der Limoufiner Meider
feinen Namen auf fein Werk gefetzt hat.
Die werthvollften Stücke der Limoufiner Email-
fchule kamen wohl nicht in unfere Lander, fie blieben
in Frankreich oder wanderten, — man erinnere fich,
dafs feit 1154 der ganze Weiten Frankreichs bis an die
Pyrenäen im Befitze der englifchen Konige war —
nach England. Einzelne diefer höchft werthvollen
tze haben fich in Frankreich noch durch die Revo-
lutionsfUirme bis heute gerettet. Aber die große Menge
der Reliquiare und Weihrauchfaßchen und andere mit
Limoufiner Schmelzwerk gezierte Geräthc wanderten
1701 wagenfuhrenweife in die Münze, fo dafs Frankreich
eigentlich im Auslande feine Limoufiner Werke ftudi-
ren muß.1
Wir fagen nicht zu viel, wenn wir die Wiener
kirchliche Ausftellung als die bisher reichfte an alten
Limoufiner Schmelzarbeiten erklären; nicht oft mehr
wird es glücken, fo viel (und dazu Meifterftücke erften
Ranges 1 Werke diefer Schule zufammenzubringen. De
Linas kennt z. B. 14 Stationskreuze, welche ziemlich
zerltreut find, darunter das fchöne, den Limoufiner
Charakter deutlich wiedergebende Kreuz von St. Paul
in Kärnten 'Kat. Nr. 539), dann aus dem Kolner Dom-
fchatz, von Pfalzel und Nürnberg; aber unfer Limou-
finer Stationskreuz vom ruthenifchen Nationalhaus in
Lemberg (Nr. 513) kennt er nicht, auch nicht das Kreuz
von der Pfarre Ludefch (Nr. 526). Wenn aber diefe
Stücke mit dem gekrönten Chriltusleibe, der fo über-
trieben mager gezeichnet ift, deffen Füße, obfehon fie
unter dem Knie eng auf einanderliegen, unten doch
fo auseinandergehen, dafs jeder Fuß einen eigenen
el hat, wenn diefe Chriftus mit dem emaillirten
Lendentuche und den eingefetzten blauen (auch
rothen Augen Limoufiner Arbeit find, weil ihre Kreuze
Anzeichen diefer Schule haben: dann müßen auch
andere Chriftusgeftalten, deren Kreuze eben nicht
erhalten find, wie z. B. Nr. 542 (ohne Email) derfelben
Fabrik zugefchrieben werden.
ifine. Paris 1 83'.'. Extr.iit du Bulletin
de la Soc. d'art et d'h;: , ,ine. IV.) — Siehe auch in Melanges
d'art et d'archeol. II (18&7) einen kritlich-archäologifchen Bericht über die
Güldfchmied- und Etnailarbeiten limoufiner Provenienz in der Ausftellung von
Limoges 1866.
Wir gehen, um die Eigenheiten der Limoufiner
Arbeiten zu illuftriren,
der hervorra 'cndlten
in Folgendem die Befchreibung
Limoufiner Stücke diefer Aus-
ftellung, infofein üv nicht fchon oben von uns erwähnt
lind. Es find das Reliquiare.
Diefe Limoufiner Reliquien Kärtchen zeigen einen
fehr einfachen, nur auf das Anbringen von Schmelzwerk-
platten berechneten Aufbau, ein Coffret, Kiltchen
mit Satteldach. Auf der Rückfeite befindet (Ich ein
Thürchen, welches wie bei den ehemaligen Kaufladen
herabzulaflen iil ; oder aber ift der Verfchluß unten auf
dem Boden, feltener vorne. Auf dem Firlte des Daches
findet fich — nicht bei allen — ein Kamm, welcher
auch wohl mit Figuren, oder mit emaillirten Runden,
auch mit Edelrteinen geziert ilt.
Nr. 552 unferes Kataloge- iil ein folches Kittchen
aus Holz verfertigt, mit Kupferplatten belegt. F.- ge-
hört dem Stifte Krcmsmünfter. Die Vorderfeite des
leiben zerfallt wie bei faft allen Kaltchen diefer Pro
venienz in drei Felder: das mittlere weilt die Paffions-
gruppe dar, wahrend in den zwei Seitenfeldern je ein
el unter rundbogiger Architektur fich befindet.
Der ganze Leib des Gekreuzigten, fowie die Köpfe
der übrigen Figuren find aus Meffing gegolten; lein
eifelirt und aufgelöthet. Die Figuren der Heiligen und
der Kngel find immer nur aus dem Fonde ausgefparl
und fo Itark gravirt, dafs fie wie eine Art Relief aus-
feilen. Chriftus hat den Kreuznimbus, deffen Grund
mit welligen Kreifen bemalt ilt. Diefe Wellenlinien
im Nimbus gehören zu den Charakterifticis
Limoufiner Emails. Dazu find auch die verfchieden
großen gemalten Rofetten zu rechnen, welche ohne
irgend beftimmte Symmetrie überall dort den Grund
beleben follen, wo Platz für fie ilt. Das Dach der
Vorderfeite zieren folche Kreife auf dunkelblauem
Grunde mit gekreuzten lichtblauen Fmailbändern, ein
Teppichmulter.
Aehnlich wie die vordere Dachfläche ift die rück-
wärtige Hauptfläche des Reliquiars geziert, fo dafs es
den Anfchein hat, als wäre nur der Deckel verkehrt
befeftigt; denn die rückwärtige Dachfeite entfpricht
der oben befchriebenen vorderen Wandfiache: hier ift
der thronende Welterlöfer dargeltellt, von zwei Engeln
(St. Michael und Raphael?) begleitet, der Grund ilt mit
dem für Limoges charakteriftifchen Ranken- und Blatt-
werk geziert. Den Dachfirft krönt ein Kamm mit zwei
Relieffiguren und Brultbild. An den beiden Stirnfeiten
befindet fich eine jugendliche Geftalt in einer Mandorla,
wahrfcheinlich Jefus Chriftus. Beide Platten find aber
geradezu identifch, zeigen alfo auf fabriksmäßige Arbeit.
Der blaue Streifen im Grunde fehlt nicht. Alter: Ende
des 12. Jahrhunderts.1
Aus diefer Schilderung ift zu erfehen, dafs es fich
in Limoges zunächft um die Belebung des Grundes für
die ausgefparten Figuren handelt; dafs aber weiter der
Limoufiner Styl fich aus dem Bewußtfein der Limou-
finer Künftler von der Unhaltbarkeit ihres Emails auf
ißen ununterbrochenen Flächen wie mit Naturnoth-
wendigkeit herausbildete. Denn einen anderen Zweck
können der breite horizontale Streifen, fo wie die
Sterne und Quadrate nicht haben. Ganz anders ilt
1 Milth. d. k. k. Cenlral-Comm. zur Erforfchung der Baudenkmal'., XIII,
pag. C.WIII. lltider und EitMergrr': Mittelalterliche Kunftdenkmalc des
öfterr. Kaiferftaates, I!d II, S. 61 ff.
CLVII
der Hintergrund der deutfchen Emailplatten bearbei-
tet; entweder mit Sternen oder mit Bäumen oder
anderer Scenerie belebt. In der Limoufmer ■ Kunil
kommt dies feiten vor, und find in folchen Fällen die
["otalität der Farbenftimmung und die anderweitigen
Kennzeichen heranzuziehen.
Wir kommen zu den Reliquienkiftchen vonKlofter-
neubt
Nr. 533.I [auptanficht ganz analog dem de- von
Mitten Chriftus gekreuzigt, auf grüngemaltem Kreuz-
llamme mit ausgefpartem Blattwerk ; der Crucifixus
ganz relief, mit Kreuznimbus und Wellenlinien im Grunde
des Nimbus. Neben dem Kreuze, die Hohe des Quer-
balkens nicht erreichend, liehen St. Maria und Johan-
nes, Figuren aus dem Grunde ausgefpart, Hark gravirt,
Kopfe hoch, aufgelöthet. Dunkelblauer Grund mit
Ranken und Blumen in zwei Farbenfcalen: weiß, blau,
dunkelbraun (?); und gelb, grün, roth. Ober dem Quer-
balken find vier Kreife ausgefpart, von denen zwei
allerdings Sonne und Mond fymboliren können. Links
und rechts von der Kreuzigungsgruppe findetfich unter
Rundbogen je ein Apoftel (gravirt, Kopf aufgelöthet
Oben auf dem Dache erfcheint mitten in derMandorla
Chriftus auf dem Regenbogen fitzend, als Weltrichter ge-
krönt, fegnend. Der ganze Körper nur ausgefpart, der
Kopf aber hoch, aufgelöthet, der Grund ift mit Rank-
werk ausgefüllt. Links und rechts unter Rundbogen
vier Heilige: zwei mit Buch (Apoftel), zwei mit Rollen
ipheten). Die Rückfeite ifl fowohl unten als an
derDachfchrägemit einem Stoffmufter (Kreife) emaillirt;
bezeichnend ift die fchmale braune Bordüre, welche
fall den Eindruck des fogenannten Email brun macht,
nur hie und da eine andere Grundfarbe hat. An den
beiden Stirnfeiten find Heilige mit Rollen in den
1 linden in mandelförmiger Umrahmung, Grund blau
mit zwei lichtblauen Querftreifen, belebt mit Runden:
weiß, blau, dunkelbraun, und gelb, grün, roth. Die
Figuren find nur gravirt.
Katalog. 535: Grund dunkelblau, Eintheilung des
Beides mit dem gekreuzigten Heiland und der Kreuzi-
gungsgruppe wie oben. Links und rechts je ein Engel.
Bios der Korper des gekreuzigten Heilandes in Relief,
foult die Figuren nur gravirt und der Kopf hoch,
aufgelöthet. Auf der Dachfchräge Chriftus als Welt-
richter auf dem (nicht emaillirten) ausgefparten Regen-
bogen, das nimbirte Haupt gekrönt, in der Linken das
Buch des Lebens, mit der Rechten fegnend. An den
zwei Stirnfeiten je eine Heiligengeftalt. Rofetten,
R mkenwerk und horizontale Querftriche im Grunde
wie oben.
Vergleicht man hiemit das Prager Reliquiar, bei
Eitelberger: Kunftdenkmale II Taf. XII, fo erkennt man
deutlich, dafs dies in die Gruppe derLimoufiner Arbeiten
gehören muß. Die Limoufmer Stücke der kaif. Ambra-
fer Sammlung find nun ebenfalls leicht als folche er-
kennbar, und werden kaum mehr der „rheinifchen
tule" zugefchrieben werden. So auch die paar
Stücke, welche das öfterreichifche Mufeum befitzt.
Das dritte Kärtchen vonKlofterneuburg(Nr.534) ift
größer, es hat an der fenkrechten Vorderfeite in einer
Mandorla Chriftum, als Weltrichter fitzend auf dem in
Email mit einem als Zinnen-Mutter deffinirten Re
bogen; auf dem Haupte die Krone, die Rechte fegnend;
die Linke hält ein gefchloffenes Buch, er hat Tunica
und Pallium an. Die ganze Geftalt gegoffen und auf
den Emailgrund aufgenietet, mit fchwer fichtbaren
Bronzenägeln, flark gravirt. Ihm zur Rechten die heil.
Maria, zur Linken St. Johannes in mandelförmiger Um-
rahmung. Die Zwickeln zwifchen den drei Mandorlen
find durch die Kopfe dei I iftenfymbole gravirt),
die vier Zwickel zwifchen den zwei äußeren Mandorlen
und dem Gefammtrahmen diefer Platte find durch far-
Schildzeichnungen belebt. Aber auch fonfi find,
wo irgend Kaum ift, die farbigen Rofetten und Blatt-
werk ohne Rücklicht auf Symmetrie vertheilt. Der
Grund in den Mandorleh ift durch dunkelblaue I [ori
talftreifen gegliedert, welche durch farbige Ranken und
Kreife als wie mit Edelfteinen belebt find. Die beiden
Engel, die überdies in der Vorderfeite noch fich belin-
den, find ebenfalls en relief und aufgenietet. In derfelben
Weife find die drei Kreife auf der Vorderfeite des
I ' " lies behandelt, in welchen je ein Engel dargeftellt
ift, jeder mit befonderer Bewegung der rechten Hand,
während die Linke ein Buch hält. Die ganze Ruckfeite
hat ein in Metall imitirtes Stoffmufter (Kreife, KuxXarov .
die feine Bordüre hat braunen Grund. Die beiden
Stirnflächen haben in mandelförmiger Umrahmung je
einen Apoftel: Einen bärtigen und einen unbärtigen.
Der Querftreifen fehlt auch hier nicht.
Auf die Zeit, wann diefe drei Reliquiare entftan-
den find, näher einzugehen, würde entfehieden zu weit
führen. Es genügt zu fagen, dafs man mit Recht nicht
jenen alten Angaben unbedingt nachfpricht, welchen
zufolge jene Kärtchen unter dem zweiten Propfte, Otto
von Freifing 1122 — 1132 in den Bcfitz des Haufes
kommen fein follen. Es fprechen fich gewichti
Stimmen für das Ende des 12. Jahrhunderts aus. '
Nr. 537 des Katalogcs zeigt uns ein kubifches
Reliquiar mit vierfeitigem Helmdach. Die oberen vier
Ecken des Kärtchens find mit mehrfachen Knäufen
geziert, der Knauf oben auf dem konifchen Dach wächft
aus einem Blattkelche hervor. Die Nordfeite zeigt die
Kreuzigungsgruppe, wie fie oben fchon befchrieben ift,
nur hat das Kreuz diesmal die Infchrift: 1HS XPS und
zwei Engel in Bruftbild über den Kreuzesarmen; die
Köpfe aufgelöthet, Figuren ausgefpart gravirt, Leib
Jefu Chrifti hoch; die Schienbeine eng gefchlolien,
aber die Füße felbft fo auseinander, dafs jeder von
einem Nagel durchbohrt erfcheint. Zwei grünblaue
Horizontalbänder. Das Dach fchmückt ober derKreuzi-
gungsfeene eine lange hagere flehende Geftalt, ficher
Chriftus mit zwei buchtragenden Engeln. Auf der
Aversfeite, wo ein kleines Thürchen angebracht ift,
befindet fich unter einem Rundbogen und einzelnen
Thurmzeichnungen, welche wohl die Stadt Rom dar-
fteilen follen, der heil. Petrus auf einem kiffenbelegten
Throne, in der Rechten die Schlüffel, in der Linken
ein Buch. Er hat die Pänula mit dem Pallium an, wie
ein Bifchof. Die anderen Seiten zeigen a) die Gottes-
mutter in einer breiten mandelförmigen Umrahmung
von vier Engel in den vier Ecken umgeben, darunter
auf dem Dache ein Engel, und gerade gegenüber
bj das Grab des auferftandenen Heilandes, als werth-
voller Stein in der Zeichnung gekennzeichnet, das
Laken hängt heraus. Die drei Frauen mit Salben -
büchfen erfahren vom Engel, der ein Scepter in einer
etwas fchwierigen Stellung hält, dafs der Heiland auf-
' .Mitth. d. k. k. Centr.-Comm. Bd. VI, S. 241 ff.
CLVIII
erftanden fei. Ein Ampel hangt herab. Auf der Dach
fläche darüber ein Engel. Ueberall, wo Platz ift, die
bekannten Rofetten ohne Andeutung der Scenerie.
In diefe Reihe gehört auch ein im felben Karten be-
findliches kleines Reliquiar. Nr. 5 s Furften Liech-
tenftein. N ; dann ein Ciborium. das derSammlung
XSx.Figdor entflammt. Nr. 544. Hier tritt nebft anderen
Kennzeichen der Limoufiner Fabriken das Merkmal
hervor, dafs der dreimal wiederkehrende Namen Jefus
durchNachläffigkeit umgekehrt geftellt ift.SHL Gerade
durch Nachläffigkeit in der Epigraphie zeichnen Geh
die Limoufiner Arbeiten aus. Aber auch die Columba,
von Salzburg hat in den Farben der Federreihen
jene obigen zwei Nuancen, die an den Limoufiner Blumen-
Ornamenten erkennbar find: weiß, blau, dunkel; und
gelb. grün, dunkelroth. In fchönfter Vereinigung fleht
man diefe beiden Farbenreihen an einer Blume in der
L-maillirten Pedumkrümme zu Sens bei Viollet U Duc
Mot. II. pl. 49. Die zwei Weihrauchfchiffchen 549.
;;o. haben die Rofetten der Limoufiner; wie denn
- die Limoufiner Weihrauchfchiffchen in den alten
Schatzverzeichniffen erfcheinen. — Es ift eine reiche
Sammlung von Limoges!
Während an den Limoufiner Arbeiten die ein-
zelnen Farbentöne keck und fchroff immer ohne den
vermittelnden Goldfaden aneinander gefetzt find,
finden fich folche Schroffheiten an den deutfehen
Schmelzwerken fehr feiten. Wenn ja auch diefelben
zwei Farbenreihen: weiß, blau, dunkel ibraun, oder
fchwarzi und gelb, grün und roth fich hie und da auf
rheinifchen Emailen finden, fo find fie nicht fo exelufiv,
fondern es finden fich daneben, namentlich inBorduren,
noch andere immer zart abgeftimmte Farbenreihen.
Hier ift alles wohlerwogen, die ganze Mache höchft
forgfältig, wie individuell gearbeitet. Es find eben keine
Dutzendwaaren, welche unter größtmöglicher Arbeits-
theilung fchnell und billig fabrizirt wurden, was in
Limoges gefchah, fondern in den allermeiften Fällen
fefte Beftellungen. Aber auch fonft ergeben fich Unter-
fchiede, welche der aufmerkfame Lefer aus unferer
Befchreibung eines höchft werthvollen Stückes rheini-
fcher Arbeit felbft herausfinden wird.
Es ift die fchöne Reliquientafel des St. Stephans-
Domes, welche wahrfcheinlich nur durch die Gering-
werthigkeit ihres Materiales davor gerettet worden
ift, mit dem anderen Reliquienfchatze eingefchmolzen
zu werden.' Die Tafel Nr. 521 befteht aus vier größeren
und zwei kleineren Feldern, welche figuralifche Darftel-
lungen in Email champleve enthalten. Die Umrahmung
jedes einzelnen Theiles bildet (abgefehen vom metal-
lifchen Rande ein aus hellen und dunkleren Streifen
beftehendes Band: der äußerfte Streifen ift blaßblau in
zwei Nuancen, dann folgt ein breiteres dunkelblaues
Band, welches auch zur Aufnahme der Umfchriften
dient; dann folgen Streifen von lichtblauer und grüner
Farbe, den Schluß nach innen bildet ein gelbes Um-
rahmungs-Ornament. So forgfam diefe Umrahmung,
ganz verfchieden von der Limoufiner ift, die höchftens
das fchmale braune Leiftchen mit dem textilen Stern-
mufter kennt, fo eigenthümlich wirkt es, dafs die
Nimben derFiguren, ihre Füße, dieEnden ihres Kleides
u. f. w. weit in diefen Rahmen hineinragen. Die vier
1 Das Verdienft, diefes künftlerifch hochbedeutfame Emailwerk , ent-
deckt" zu haben, gebührt dem R. v. Came/tna.
eren enthalten Scenen aus dem A. T. Auf der erften
das Opfer Abrahams; unten der Widder, der mit den
Hörnern in einem Dornftrauche fich verfangen hat;
neben ihm die Juftitia als nimbirte Frauengeftalt. in
der Rechten eine Wage; Infchrift oben: Plena- micant ■
flenis (! fignisi: aries, Abraham, puer, ignis. Grund
blau, um die Figuren ausgefpart, gravirt, die tiefen
Stellen der Gravirung mit dunklem (rothem r Email
efüllt; allb diefelbe Technik, wie an den Figuren
desVerduner-Altars.1 Darunter befindet fich die zweite
Tafel, welche den greifen Patriarchen Jacob vorftellt.
wie er mit kreuzweis verfchränkten Armen feine Enkel
Ephraim und ManalTe fegnet i^Gen. 49, 14 . Unterhalb
des Bildes ift die Prudentia mit einer Schlange in der
Hand: Randumfchrift : Signa notanda: manus com-
mutat quod neteranus ilies: ueteranus). Das dritte
Bild oben rechts ftellt den Tau-Schreiber, vom Aus-
zuge aus Aegypten, vor Exod. XII. ~. 13 . welcher
diefes Heilzeichen hoch auf den Giebel eines ftattlichen
Haufes fchreibt, in der Linken das Hörn für die Tinte;
im Thoreingange fängt eine Geftalt das Blut des ge-
fchlachteten Lammes auf; im Hintergrunde fcheint
eine Geftalt zu fliehen: Umfchrift am Rande: Scribere
quicurat Tau, vir facra figurat. Die vierte Darfteilung
rechts unten zeichnet die Rückkehr der Kundfehafter
mit der Riefentraube aus dem .gelobten Lande-,
Umfchrift: Qui cruce portatur botrus, botro typicatur.
Die Temperantia fitzt unten, und gießt Waller in einen
Wein enthaltenden Krug. Da diefe vier Bilder an
ihren demCentrum der Bilder nahen Ecken Ausfchnitte
haben, fo entftehen hier zwei dreifeitige Feldchen,
welche mit der Darftellung des Aquilo und Aufler, wie
die Infchriften fagen, ausgefüllt find. Diefe Bildchen
weichen infofern von den anderen Emaux ab, als die
Gefichter genau in der Weife bemalt find, wie an
den Miniaturen, wo die Lichtpartien des Fleifches
in einer helleren Lafurfarbe aufgefetzt find. Die
Genien der Winde haben Nimben und halten in den
Händen geflügelte Köpfe, aus deren Mund der Wind-
hauch ausftrömt. * Das Emaihverk gehört ins 12. oder
13. Jahrhundert und dürfte wohl erft im 15. oder 16. Jahr-
hundert zu diefem Tafelreliquiair zufammengeftellt wor-
den fein.3
Zu den rheinifchen oder allgemeiner deutfehen
Grubenfchmelzwerken gehört auch der Fuß der Rotula
von Kremsmünfter* und der mit Email gefchmückte
Bifchofflab (525 von St. Florian.
Immer diefelbe gleichmäßige ruhige Stimmung in
den Farbentönen, wie dasfelbe Trennen fcharfcontra-
ftirender Farben durch den neutralen Goldflreifen, das-
felbe Abwägen, die Anwendung von Infchriften, der
ruhige Grund ohne Rofetten. das leife Andeuten der
Scenerie. Vergleichen wir damit die Limoufiner-
Arbeiten, fo zeigt fich ein fo durchgreifender Unter-
' Vom Meifter des Verduner-Altars flammt höchft wahrfcheinlich das in
der völlig gleichen Manier gearbeitete kokt Ciborium von Kloftcrneuburg, aber
ich möchte in feiner Schule auch den Meifter unferer Tafel fuchen. Ueber
Xicotausvon Verdun üehe „Annalcs archeol. lom. XXII. p. 200'' wo auch ein
datirtes Werk (1305' desfelben angegeben ift. Der Propft Gweruer von Kloftcr-
neuburg hat 1 18z dasfelbe gethan. was Suger von Denis 1144. Nur dafs Nicolaus
Verdun Klofterneuburg wieder verließ, um einem ehrenvollen Rufe nach
Tournay zufolgte.
: Vergl. dazu: DiJrffn, Annalcs arch., III, 357 und IX, 181. — Ledebur,
Leitfaden für die k. Kunftkammer, S. 2.
' Mitth. d. k- k. Centr.-Comm. UI. Bd.. S. 38z ff. (Siehe oben Note 1,
Seite CLV.)
' Mitth. d. k. k. Centr-Comru. VI. Bd., S. 65 ff. Wann wird einmal die
nichtsfagende Benennung ,, Rotula" aufhören, und die richtige Bezeichnung
„flabellenförmiges Vortragekreuz" zur Anerkennung kommen :
CLIX
fchied in der Totalftimmung der Farben,1 in der Aus-
füllung des blauen Grundes mit Kofetten- undjRanken-
werk, in dem Vermeiden der Symmetrie, in der kärg-
lichen Anwendung von (oft verfchriebenen) Infchriften,
in der Behandlung der Nimben, dafs der gewöhnliche
Erklärungsgrund für diefe Verfchiedenheit vom rheini-
fchen Email nicht ausreicht. Man fagt nämlich, und
/war mitRecht, dafs die Limoufmer Schmelzwerke unter
größter Arbeitstheilung fabriksmäßig erzeugt worden
feien, wahrend die deutfehen Emailleure nur auf Be-
ftellung arbeiteten. * Aber auch die feinen Schmelz-
1 (Jeber das Verhältnis des deutfehen zum Limoufiner lüuail fiehe:
Vortrage ^erncUU'*, am wiflenfchaftlichcn Congrefs von I.imoges, abgedruckt
in Cauinout: Bulletin Monumental, Nr. a, Bd. VI, Serie III. fowic ganz befon-
ders die Arbeiten des um die Kenntnis des Limoufiner Emails, hochverdienten
OS, deren eine Anzahl im Jahre 1886 in einem Sammelh le
erschienen find, und von denen eine oben in Aum. 2 angezogen, und well he
in durchgreifender Weife in unferer Arbeit benützt find.
- Siehe die Zeichnung der Grabplatte lies Bifchofs Philipp de Dreux,
bei Viollct le Duc. Mob. II, pl. XLVII. namentlich den Grund derfelben.
werke von Limoges, die nicht fabriksmäßig gemacht
worden find, haben denfelben Charakter. Es müßen
alfo noch andere Gründe jenen Unterfchied bedingen.
Vielleicht, dafs der feit 1 15.4 dauernde I'.' fitz England .
etwa die nordifch rauhe normannifche Kunft, auf (liefe
Technik Einfluß übte? Vielleicht, dafs wirklich «1er
engere Zufammcnhang von Limoges mit dem Oriente
die Frage in die richtigen Hahnen hineinlenkt. Die
arabifirenden den cufifchen Buchftaben nachgebildeten
Ornamente am Ciborium des Magifter G. Alpais von
Limoges im Mufeum des Louvre konnten vielleicht, zu-
sammengehalten mit anderen Stücken franzöfifi Im n
Urfprungs, die ebenfolche cufifche Buchftaben zur Zier
verwendet haben, den Weg anzeigen, wo diefer Kinfluß
zu finden fei.
Die Wigalois-Bilder im Sommerhaufe der Burg
Rungelftein.
Von Ernß Karl Gräfin Waldpin.
fS fei mir geftattet, die Mittheilung zu machen,
dafs es mir gelungen ift, im nördlichen Traft
der Burg Rungelftein (Tyrol) den größeren
Theil einer Reihe von bisher zumeift unberückfichtigt
gebliebenen Fresco-Gemälden zu copiren, welche fowohl
in Betreff ihrer einftigen künftlerifchen Ausführung, als
auch des in ihnen behandelten Stoffes keineswegs
hinter den im darüber liegenden Stockwerke befind-
lichen Triftan- und Garelbildern zurückftehen. Indem
ich mir die Veröffentlichung meiner Zeichnungen und
die eingehendere Befprechung derfelben bis auf weite-
res vorbehalte, glaube ich mich für diesmal nur auf eine
kurze Befchreibung der Bilder befchränken zu dürfen.
Diefelben befinden fich in jener Bogenhalle, die
dem Befucher der Burg, fobald er den Hofraum be-
treten hat, fogleich in die Augen fällt und die den Hof
in feiner ganzen nördlichen Breite begränzt.
Gleichwie ehemals im darüber liegenden Stock-
werke, theilte auch im Erdgefchoße eine dünne
Zwifchenwand den inneren Raum jener Halle in eine
ollliche und weftliche Hälfte. Deutliche Spuren diefer
früheren Zwifchenwand find noch jetzt an der Wand
und an dem Deckengebälke der Halle zu erkennen.
In der örtlichen Hälfte, die dem darüber liegenden
Triftan-Saale entfpricht, konnte ich trotz eifrigen
Suchens bisher nicht die geringften Anzeichen einer
etwa früher dafelbft befindlichen Malerei entdecken.
Wohl aber lohnten die Bilderrefte, die an den Wänden
der weltlichen (unter dem Garel-Saale befindlichen)
llalfte bei genauer Beobachtung hervortraten, meine
Bemühungen in hohem Maße.
Obwohl es zuweilen einer gewiffen Geduld und
Ausdauer dazu bedurfte, die ftellenweife fehr verblaßten
Linien mit den dunklen Schattirungen und weiß auf-
getragenen Lichtern zu verfolgen und feftzuftellen,
unterzog ich mich dennoch diefer Aufgabe um fo lieber,
nachdem ich im Frühling 1881 gleich neben den Um-
riffen einer Reiterfigur den erklärenden Namen „gravein "
entdeckt hatte, und bald darauf auf der benachbarten
Wandfläche die Geftalt des „Ritters mit dem Rade"'
mit dem darüber flehenden Namen „vigelas" zum Vor-
fchein kam, wodurch mir alfo der Beweis erbracht war,
dafs ich hier jene Bilder zu Wirnt von Gravenberg s
„Wigalois" vor mir hatte, nach denen einft ein Saal im
„fumerhaws" diefer Burg benannt wurde („Vigeles fal"
Schönherr, das Schloß Rungelftein, S. 52).
Auf grünlichem Grunde entworfen, tragen diefe
Malereien eine ziemliche Aehnlichkeit mit jenen des
Triftan-Cyclus zur Schau. Doch drängte fich mir bei
näherer Betrachtung die Anficht auf, dafs die Zeichnung
bei den Wigalois-Bildern mehr ihren urfprünglichen
Charakter bewahrt habe, d. h. nicht fo oftmaligen
fpäteren Reftaurirungsverfuchen unterworfen war, wie
beifpielsweife jene der vorher genannten Bilderreihe.
Dafs aber auch an ihnen mindeftens einmal eine folche
Auffrifchung vorgenommen wurde, fchien mir durch
das bisweilen doppelte Vorkommen desfelben Namens
bei einer und derfelben Figur bewiefen. Jedenfalls
möchte ich dann auch das gefchmacklofe Hinzumalen
von rothen Flammen nnd Blutftrömen, wo immer es
nur halbwegs zu paffen dünkte, auf die Rechnung des
fpäteren Reftaurators fetzen.
Die urfprüngliche Anzahl der Bilder, die durch
weiß aufgetragene, etwa zollbreite Streifen von einander
gefchieden find, läßt fich nun wohl nicht mehr genau
beftimmen. Nahezu die Hälfte derfelben ging bereits
gelegentlich des Hinwegräumens jener vor der er-
wähnten Zwifchenwand, und fpäter noch bei dem im
Herbfte 1868 erfolgten Abfturz eines Theiles der nörd-
lichen Hauptmauer verloren.
Ehe ich zur eigentlichen Befchreibung der Refte
diefer Bilderreihe übergehe, wie ich fie zuletzt im
Sommer des Jahres 1882 zu fehen Gelegenheit hatte,
darf ich nicht vergeffen, noch eine Bemerkung voraus
CLX
zu fchicken. Bald nach jenem Ereigniflfe des Jahres i
war innerhalb der Halle längs der Abfturzftelle. fowohl
zum Schutze der Baulichkeiten, als auch zur Sicherheit
der Bewohner und Befucher Rungelfteins, eine Rie
wand aufgeführt worden. Durch diefelbe wurde jedoch
leider auch die nordwellliche Ecke, fowie der daran-
lloßende bis zur Abfturzftelle reichende Theil der
imauer von dem übrigen Räume der Halle .
ftän efchloffen, und der Zutritt zu den dafelbft
noch befindlichen Malereien nahezu unmöglich gemacht,
wollte man denfelben nicht durch einen Sprung über
den Abgrund erzwingen. Da ich vermuthcn durfte, bei
einer etwaigen fpäteren Reftaurirung der Burg, die
damals fchon in den Hereich der Wahrfcheinlichkeit
getreten war, meine KenntnilTe in Betreff jener Wand-
flächen auf weniger fchwierige Weife bereichern zu
kennen, begnügte ich mich einftweilen damit, meine
Pachtungen von einerkleinen Oeffnung der befa.
Riegelwand aus anzuftellen. Von hier aus war ich wohl
in der Lage, die mir gegenüber, zunächfl an der oft
genannten Abfturzftelle befindlichen Bilder und den in
ihnen behandelten Gegenftand zu erkennen, vermochte
aber bei den anderen Darftellungen, je weiter fie (ich
der oben genannten Ecke näherten, nur einzelne
Striche, und diefe meifl undeutlich, wahrzunehmen.
Ich konnte daher auch nicht mehr thun, als in Folgen-
dem zu den betreffenden Nummern nur ein einfaches
^ezeichen zu fetzen, und muß überdies die Möglich-
keit zugeben, dafs fich auf jenen Theilen der Wand-
fläche, die ich mit Nr. 5 und 20 bezeichne, flatt einer
einzigen je zwei gefonderte Darftellungen befanden.
Die Reihe der Bilder beginnt im oberen Theile der
weltlichen Wand, und zwar von der dem Hofe zunächft
liegenden Ecke aus:
Xr. 1. König Joram überreicht der Königin Gino-
vere den Zaubergürtel. — Die Ritter der Tafelrunde
reiten zum Kampfe um diefen Gürtel aus.
Nr. 2. Gawein leiftet als Befiegter dem König
Joram den Eid der Treue und reitet mit ihm in fein
Land.
Nr. 3. Gawein's und Joram's Ankunft vor des
Letzteren Burg.
Nr. 4. Gawein wird dafelbft bewirthet
Nr 5
Nr. 6. ?
Nr. 7. Gawein's 'oder Wigalois' :i Abfchied von
Florie. Im Hintergründe eine halb in byzantinifchem
Style gehaltene Architektur, von deren Zinne eine
weibliche Geftalt die uns der beigefügte Name als
„florye" kenntlich macht) dem unten im Vordergrunde
erfcheinenden Reiter Lebewohl zuwinkt.
Hier war die Reihe der Bilder durch den Abfturz
der Mauer unterbrochen, daher wir uns gleich der füd-
lichen Wand der Halle zuwenden müßen.
Nr. 8 Wigalois' Sieg über den Herrn des Zeltes
(Vers 3551— 35<
Nr. <). Wigalois' Ankunft vor der Burg Roymunt,
feine Begegnung mit dem Truchfeflen.
Xr. 10. Wigalois folgt dem rathfelhaften Thiere
rel" in die Wildnis.
Nr. 11. Wigalois ficht das Turnei der verzauberten
Ritter und verthut einen Speer mit denfelben.
Nr. 12. Das räthfelhafte 1 hier, plötzlich in der
Geftalt eines Königs vor ihm flehend, zeigt ihm den in
der Burgmauer fleckenden Wunderfpeer und offenbart
ihm feine (Wigalois*) Abftammung.
Nr 1 ; Wigalois fleht die Schaar der verzauberten
Ritter in das Burgthor zurückziehen und winkt dem
nun wieder in Thiersgeftalt von ihm fcheidenden Konig
Lebewohl zu.
Nr. 14. (Unter dem vorigen Bilde, fchon zunächft
an der Ecke. Wigalois, den Wunderfpeer in der Hand.
Nr. 15. (An der weltlichen Wand unter Nr. 1
Beleare bejammert eleu Verluft ihre.- Gemahls, des
Grafen Moral, der von dem Wurm Pfetan entfuhrt wird.
Neben erfterer Geftalt der Name „belehar", der untere
Theil de- Bildes fehr verwifcht und undeutlich
Nr. 16. (In der Nifche des Fenfters, zur linken
Hand. <i. Wigalois, Kampf mit dem Wurm Pfetan
b. (Gleich neben der Fenfter Öffnung Graf Moral die
untere Hälfte des Bildes undeutlich
Nr. \~ . Oben an der Wölbung der Fenfternifche.
Im Hintergrunde der See mit dem Fifchernachen. —
Vorn links Wigaloi-, wie er, nach dem Kampfe falt zu
Tode ermattet, von dem Fifcher und deffen Weibe
feiner Rüftung, Kleider und Waffen beraubt wird.
Rechts der erlegte Wurm Pfetan, der in den Windungen
feines Schweifes noch das Streitroß des Wigalois um
fchlungen halt.
Oberhalb der Fenfteröffnung zwifchen Nr. 16 b
und 18 a befinden fich die Buchitaben:
und darunter eine kleinere Infchrift, die zu entziffern
mir bisher nicht möglich war.
Nr. 18. (In der Fenfternifche zur rechten Hand.)
a) (Gleich neben der Fenfteröffnung) Beleare fucht
mit ihrem Gefolge den Helden Wigalois auf. b) Der-
felbe hat fich, wieder zum Leben erwacht, au- Schani
über feine Nacktheit in einer Höhle verborgen und
rafft Moos und Blätter zufammen, um damit feine Blöße
zu bedecken. — Weiter rechts fein Empfang in der
Burg des Grafen Moral. — Ganz am Rande fein Au>ritt
zu neuen Thaten.
Nr. 19. Wigalois als Gefangener des Riefenweibes
Ruel \
Nr. 20. ?.
Nr. 21. Wigalois vor dem Burgthor, deffen Eingang
ein mit „fcharfen Schwertern und Kolben" verfehenes
Rad verwehrte, „daz mit kreften umbe
Nr. 22. Wigaloi- beilegt das Ungethüm Marien.
Link- die Geftalt des Helden, recht- das vor ihm
flüchtende Ungeheuer. Die Geltalten beider ziemlich
verwifcht, über letzterer jedoch der Name „maryen"
deutlich erkennbar.)
Hier folgte wieder die Abfturzftelle, weshalb dies
Bild für uns den Schluß der ganzen Reihe bedeuten
mußte.
Leider hielt ich an meiner Abficht feit, erft nach
Copirung fämmtlicher vorhandener Bilder irgendwelche
Mittheilung hievon zu machen und fand die letzten
Jahre hindurch nicht genügend Zeit, meine Aufnahmen
in Rungelftein fortzusetzen. Als ich nun vor wenigen
Wochen zufallig davon Nachricht erhielt, dafs man bei
den jetzt währenden Reftaurirungs-Arbeiten daran fei,
den nördlichen Theil der Burg einer Umwandlung zu
unterziehen, reifte ich fogleich dahin ab. Einerfeits
CLXI
erwartete ich, vielleicht bei diefer Gelegenheit näher
an jene fraglichen Malereien herangelangen zu können,
anderfeits hegte ich den Wunfeh, die gefammte meines
Wittens bis jetzt wenig bekannte Bilderreihe dem
Schutze der mit der Bauleitung betrauten Perfönlich-
keiten zu empfehlen. Leider fand ich bei meiner An-
kunft dafelbft bereits die Mauer mit den Nummern 5, 6,
7, 20, 21 und 22, fowie einem Thcile von Nr. 4 und
19 abgetragen, da die Unficherheit des Felfengrundes
ein Zurückfchieben der Nordwand erheifchte.
Umbau leitenden Organe, theils galten fie ihnen, wo
die Linien etwas erkennbarer hervortraten, info
einer unrichtigen Ausfage der Rungelfteiner Bewohner
als bereits von mir copirt. Sonft wäre bei der rühmens-
werthen Pietät, mit welcher bei den do arbeiten
in allem und jedem vorgegangen wird, ficherlich keine
Muhe gefcheut worden, diefe Bilder auch fernerhin zu
erhalten.
Vor einiger Zeit wurde ich durch einen Artikel
der (Augsburger) Allgemeinen Zeitung aus der Fi
Oswald Zingerle's auf eine Mittheilung J. V. Zingerle's
(„Zu den Bildern in Rungelftein", Germania XXIII,
Seite 28) aufmerkfam gemacht, die mir vorher nicht
bekannt war, und welche ich erft in den aUerjüngften
Tagen zugefandt erhielt. Ls heißt darin unter Anderem:
„In der reichgefchmückten Bogenhalle find Bilder
aus einem Artusromane, nach den noch kenntlich) n
Reften fcheinen fie Wigalois' Abenteuer darzuftcllcn.
Zu diefer Annahme ftimmt auch die Stelle im Inventar:
Im fumerhaws in Vigeles fal (Schönherr's Rungelftein 52)
und die Aufnahme der Ruel unter die Riefenweiber"
l ig. 1. (Rungelftein.)
Während die im oberen Stockwerke befindlichen
Frefken mit großer Vorficht und Mühe in Tafeln von
der Mauer gelöft und forgfältigfl: aufbewahrt worden
waren, entgingen die im Erdgefchoffe vorhandenen
Gemälde theils vollftändig der Beachtung' der den
(nämlich die an der Söllerwand abgebildete Triade
derfelben).
Zum befferenVerftändniffe über die Stelle, wofelbft
fich die Wandmalereien befanden, diene der in Fig. 1
beigegebene Grundriß.
Archäologifche Notizen über Laa a. d. Thaya.
Vom Confervator Wendelin Boeheim.
|F.k Punkt, auf welchem die alte Vefte Laa fteht.
ift als ein ftrategifcher anzufeilen, nicht allein
dadurch, weil fich hier die Niederung in nahezu
nord-füdlicher Richtung von Mähren nach Oefter-
reich erftreckt und die kürzefte und bequemfte Ver-
bindung mit Mähren und felbft mit Böhmen darftellt,
fondern auch, weil hier die Thaya, wobei wir fpeciell
für die nähere Umgebung Laa's natürlich das alte Bett
XU1. N. F.
derfelben im Auge haben, am weiteften gegen Süden
vorfpringt, fomit jedem Angreifer diefe Stelle zu er-
reichen von Wichtigkeit erfcheinen muß, zumal von hier
aus in kürzeller Zeit das AngriffsobjecT: Wien zu er-
reichen ift. Die älteften Nachrichten über Laa befagen,
dafs dasfelbe durch Herzog Leopold den Glorreichen
oder wenigftens in deffen Zeit erbaut worden fei. Ohne
die Frage zu erörtern, ob ein Wohnfitz an diefer Stelle
CLXII
nicht fchon weit vor dem 12. Jahrhunderte beftanden
habe, vereinigen fich alle örtlichen Anzeichen dahin,
dafs die angedeutete Tradition vollkommen richtig ift.
1 > r erfte und wichtigfte Anhaltspunkt zu diefer Ueber-
zeugung liegt in dem Vergleiche der Configuration der
noch vorhandenen alterten Wehrbauten mit folchen,
welche in jener Zeit errichtet und welche auch con-
ftatirtermaßen Werke diefes Herzogs find. Wir müßen
hier zum Verftändnifle de- Folgenden etwa- weiter
ausgreifen. Die „deutfehe" Befeftigungskunft ftand im
12. fahrhundertnoch ki ii eswegs auf jenerEntwicklui
Hufe, dafs das ftrategifche Moment den erften und wich-
tigften Fa£h>r dargeftellt hätte. Wir finden von der
Berückfichtigung desfelben zwar weit früher Spuren,
daran aber find deutfehe Baumeifter beftimmt unbe-
theiligt. Die Ausbildung des feudalen Wefens, die Zcr-
fpütterung der Territorien fchloß eine Berückfichtigung
NORD
BöhmerTh
218°
Tlmmi
Brudi
Brauhaus
Mafsstub H
Fig. 1.
der ftrategifchen Frage auf einem entfprechend aus-
gedehnten Kriegstheater von vornherein aus. So ge-
langte vom Beginne an das rein tactifche Moment
in den Vordergrund, nach welchem ganz folgerichtig
der zu fchützende Punkt für fich und nicht in einem
Verhältniffe zu einem großen Ganzen betrachtet wurde.
Aber auch die Ausnützung der örtlichen Lage war bei
den deutfehen Meiftern eine noch höchft primitive, fie
beschränkte fich lediglich auf die Wahl eines (teilen
üchft unzugänglichen Terrains ohne Anwendung
künftlicher Annäherungshinderniffe. Mit der allmähligen
Erftarkung der Herrfchermacht beginnen die ftrate-
gifchen Faftoren zur Herrfchaft zu n, nach
welchen die Wahl des zu befeftigenden Punktes nach
anderen Principien als nach der taclifchen Kunft zu
beurtheilen war. Dies bedingte aber eine weit höhere
Fähigkeit in der Anwendung künftlicher Verflärkungs-
mittel, als die deutfehen Baumeilter zur Zeit befaßen,
und in der That leiten die Spuren dahin, dafs die erften
genieure Italiener gewefen waren.
Da find es nun zwei Städte in Niederöfterreich,
die in Bezug auf ihre territoriale Lage Ähnlichkeiten
aufzuweisen haben, Wiener- Neußadt und Laa . beide
find auf vollkommen ebenem Terrain gelegen, beide
bedurften zu ihrer Verftärkung eines künftlichen An-
näherungshinderniffes, des Waffer-. Hatte Neuftadt die
Aufgabe, die Bedrohung der Verbindung zwifchen
Oefterreich und Steiermark von Seite der Ungarn zu
hindern, fo bildete Laa einen offenfiven Brückenkopf
auf der Linie Mahren und Oefterreich mit feinem
ftrategifchen Repli: Wien.
Wir wiffen, dafs Wiener-Neuftadt 1192 bis 1194
von Leopold dem Tugendhaften gegründet wurde,
die Anlage feiner Befeftigung fallt aber erft in die
Regierungszeit Leopold des Glorreichen. Betrachten
wir die urfprüngliche Befeftigung diefer Stadt, fo Hellt
fich uns ein Rechteck dar von 240 Klaftern Breite und
360 Klaftern Länge, alfo in einem Verhältniffe der
Seiten von 2 zu 3. Die vier Thore befanden fich ziemlich
in der Mitte jeder Seite. Da- ift genau die Anordnung
eines römifchen Caftrums für zwei Legionen, wie es
uns Polybius und nach ihm Vegetius XXIII. befchreibt.
Diefe Anordnung fetzt eine vollftändige Kenntnis
der alten Schriftfteller römifcher Kriegskunft voraus,
die nur einem Italiener zugemuthet werden kann.
Die Wahl diefer Form ift keineswegs eine verblaßte
Erinnerung an die römifche Befeftigungskunft, wie
Gradt1 meint, fondern ein vollftändig fpontanes Zurück-
greifen auf die Antike, fie ift eine Wiederfpiegelung
der RenauTan.ee in Italien, für uns eine Proto-Renaiffance
im vollften Sinne des Wortes. Die ausreichende kunft-
reiche Verftärkung der Werke durch Waffer ift nicht
in Verbindung mit der antiken Caftrametation, wenig-
stens nicht in der allgemeinen Anwendung zu bringen;
fie ift ganz für fich das Werk eines mit den phyfikali-
fchen Gefetzen vertrauten Ingenieurs, der den Zufluß
der Leitha auf öfterreichifchem Gebiete nach Neuftadt
leitet, um deffen Gräben zu füllen und den Ungarn zu
ihrem gewiß nicht geringen Schrecken ihren Gränz-
fluß vollftändig trocken legt.
Ganz ähnliche Verhältniffe finden wir in Laa, ja
die Refultate der Beobachtung find geradezu über-
rafchend. Auch Laa's Befeftigung bildete ein Rechteck
21S Klaftern Breite und 363 Klaftern Länge (Fig. 1),
letztere ziemlich gleich mit Neuftadt, alfo in einem
Verhältniffe von nahezu 5 zup. Eine kleine Verfchiebung
der Winkel und die fchwach bogenförmige Geftaltung
der beiden Längsfeiten waren ficher durch die hier
fehr Schwierigen Terrainverhältniffe geboten, denn
mehr noch als Neuftadt lag Laa auf vollftändi
Sumpfterrain durch die vielen Zuflüffe von Bächen
dortfelbft in die Thaya. Das Böhmer-Thor ftand in der
Mitte der Nordfeite (die Porta Praetoria); das Staatzer
Thor an der Südfeite war wie in Neuftadt etwas
oftwärts gerückt die Porta Decumana), damit war die
Via praetoriana gegeben. Wo heute die Stadtmühle
gelegen ift. da ftand im 13. Jahrhundert zweifelsohne
die Porta Principalis dextra und für die finiftra dürften
fich nicht unfehwer Spuren finden laffen, zumal genau
an deren Stelle einft ein Wehrthurm ftand. Das Brüder-
Thor ift erft in Späterer Zeit ausgebrochen worden.1
1 In feiner fpäler citirten Abhandlung.
ht allein in Wicncr-Neuftadt und in Laa, auch in anderen Städten,
deren Anlage aus der Zeit Leopold VII. dacirt, finden fich ganz deutliche
Spuren von Nachahmung antiker Bauanlagc, fo in der dreifeitigen Anhigc
CLXIII
In der Erforfchung der Baurefle Laa's muß
man fich immer gegenwartig halten, dafs (liefe Stadt
im Laute der Jahrhunderte weit öfter als irgend eine
Stadl Oefterreichs vollständige Zerftörungen erlitten
hat, es ill z. B. Thatfache, dafs man im inneren der-
felben noch auf einer Tiefe von 2 Metern im Hoden auf
Sinnen älterer Bauanlagen in Ziegeln und Bruchfteinen
flößt. ' Mit der Zerftörung der alten foliden Häufer
des Mittelalters hat auch die innere Configuration der
Straßen und Plätze zum großen Theile fich geändert.
Trotzdem findet der aufmerkfame Beobachter in dem
Zuge der heutigen Straßen noch leife Spuren der alten
der Antike nachgebildeten inneren Eintheilung, zu-
nächfl in der Stellung des Hauptplatzes zum Umfange,
dann in der allgemeinen Straßenrichtung, die in der
nördlichen Hälfte überwiegend weftöftlich, in der
fiidlichen nord-füdlich verläuft, was dem Normal-Typus
Inneren des ('altrums entfpricht. Betrachten wir
die Verftärkung des Umfanges, fo find die noch ficht-
baren Spuren deutlich genug, um den Schluß zu ziehen,
dafs Laa eine Waflerfeftung erften Ranges gewefen
Hl, dafs ihre Bewäfferung durch das vollftändige Um-
leiten der wafferreichen Thaya um die Stadt, zwar im
Hinblicke auf die allgemeine Anlage, keine fo kimll
reiche gewefen ill, wie jene in Neuftadt, dafs aber die-
felbe im Einzelnen mit ebenfoviel Sorgfalt als richtigem
Vcrllandniffc zur Regulirung des Wafler-
ftandes und zur Sicherung der Grabenrän-
der ausgeführt gewefen war.
Uebcr die Burg und die Pfarrkirche
haben zwei bewährte Schriftlicher J. Gradt
und Dr. K. Lind1 eingehend berichtet, wir
haben zu den trefflichen Abhandlungen nur
iglich der fogenannten Burg einige Be-
merkungen zu machen, die zur Feftftellung
des Alters und der Urfache ihrer Anlage
nii ht iiberflüffig erfcheinen dürften. Aus
dem vorher Bemerkten ergibt fich, dafs die
laug in der nordöftlichen Ecke der Stadt
keine mit der urfprünglichen gleichzeitige
Wehranlage ift. Bei ihrer exponirten Lage
kann fie auch nicht als Reduit aufgefaßt
werden, fondern als eine fpeciell fortifica-
torifche Anlage, welche erft fpäter zu einem
abgefchloffenen befeftigten Wohnbau adaptirt wurde,
der feinem Alter nach nicht über das 14. Jahrhundert
hinaufzurücken ift. Eine genauere Betrachtung ergibt,
dafs die beiden Stadtmauern mit dem viereckigen
von Hainburg, die in dem Grundrifl*e ganz römifchen Vorbildern folgt; wenn
derfelbe auch nicht die vierfeilige Geftalt befitzt, welche des Terrains halber
hier unanwendbar gewefen wäre, fondern die dreifeitige, wie wir fie in Semen-
dri.t. dem alten Tricornium oder Mons aureus wieder finden. Wer immer noch
an der Thatfache der Nachahmung der Antike in der Anlage Neuftadts und
Hainburgs zweifeln und ihre der römifchen Bauweife ahnlichen Formen einem
Zufalle zufchreiben wollte, den belehrt ficher die Thatfache, dafs wir in den
1 mauern beider Städte den lateinifchen Mauerverband wiederholt antref-
Icn. In aller Deutlichkeit finden wir an der Weftfeite Neuftadts da
rpi< atum, den ährenförmigen Mauerverband, ebenfo in Hainburg und ficher
wird fich dasfclbc in Laa finden laflen. Leider war es dem Schreiber diefer
Notizen nicht möglich, bei feiner nur kurzen Anwefenheit in Laa hierüber
eingehende Forfchungen anzuftellen. Die vierfeitige Anlage von mittelalter-
lichen Wchrbauten tritt übrigens in Niederöfterreich häufig auf, fo z. B. in
Marchegg, in Eggenburg, in Ebenfurth etc.
ich jeder diefer Zerftörungen fcheint man fich bemüht zu haben,
den Boden durch die Ausgleichung der Bruchftückc zu erhöhen und fo das
Stadtinnere durch Auffchultung aus feiner tiefen vom Waffer gefährdeten
zu erheben und auch gefunder zu geftaltcn. Man kann daher mit Recht
ulhen, dafs ein anfehnlicher Theil der fchönen alten Bauwerke Laa's ans
Mittelalter in mehreren Schichten d Bod in Bruchftückcn liege
- J. Gradt. Die mittelalterlichen Baudcnkmale der Stadt Laa und
deren Umgebung. Mitth. d. Centr.-Comm. Bd. XVTI, pag. 186 IT.
Dr. A'. Lind. Archäologifche Notizen Ober Niederöfterreich. Mitthei-
lungen des Wiener Altcrthums-Vercines Bd. XV, pag. 65 ff.
Thurme in den unteren Partien noch dem 13. Jahr-
hundert angehören und dafs die beiden inneren Burg-
feiten fp baut wurden. Von dem urfprünglichen
Baue hab lieh die l'mfaffungsmauern des Haupt-
walles erhalten, alle fpäteren inneren Wohnbauten,
von denen noch Spuren an den Innenfeiten zu erfehen
find, fcheinen einem Urämie /um Opfer gefallen zu fein.
Der runde Thurm mit feiner trigonalen Abflachung er
innert in feinen unteren Partien an gleichzeitige ita-
lienifche Bauten aus einer Schule, die fpäter Sammich eli
(1484 — 1549) zur vollen Entwickluri n follte. Der
jetzt in der Sammlung A. Widter befindliche Stein
(Fig. 2) mit der [nfchrift: Her ■ Niclas • febekh ■ vom •
febnftain • hauptmann ■ ze ■ laa ■ hat -den • erften -flam ■
des 'paws* gelegt "ao'do* mccccxm, war zweifelsohne
urfprünglich oberhalb oder in der Nahe des Tb
des Barbacans1 angeordnet, der an die Zwingermauern
anfchließend, einft an der Stelle ftand, an weh her jetzt
einige Ilaufer fich befinden.
Von der Höhe der Tragfleine des Thurmes an i(t
das Mauerwerk abgefetzt (Fig. 3), um für die umlau-
fende Galerie mehr Raum zu gewinnen, eine weitere
Reihe Tragfleine zeigt fich oberhalb. Ebenfo ill die
UmfalTungsmauer der Burg „gegen die Stadt zu"
abgefetzt und die Tragfleine beweifen, dafs auch hier
ein Wehrgang beiderfeits gegen die anliegenden Stadt
mauern zu lief. Keiner der genannten Autoren bemerkt
aber die Auffälligkeit der Thatfache, dafs diefer Wehr-
gang nach außen gegen die Stadt zu angebracht ill.
eine Anordnung, die ganz unltatthaft gewefen wäre,
wenn man die „fogenannte" Burg urfprünglich als
Reduit betrachtet hätte. Die Entftehung der Burg
hatte aber, und jeder mit der Befeftigungskunft Ver-
traute wird dies zugeftehen, ganz andere und zwin-
gende Urfachen. Bei der tiefen Lage der Stadt war die
Anlage eines den Ueberblick über das Vorterrain ge-
stattenden Wartthurmes unerläßlich; die Wahl für feine
Anlage unterlag einer rein tactifchen Beurtheilung.
Man konnte ihn in der Mitte der Stadt aufrichten,
dann aber war die äußcrll wichtige Verbindung mit
der Wallbeiatzung aufgehoben und die rafche Ver-
mittlung mit felb( t. Man konnte ihn aber an der
für den Augenblick günftigften, wichtigften und felbft
1 Barba .<>:.-, rlundsbart, ein Terminus der italienifchen Befefti
kunft des Mittelall itfchen; Hundsktkle. Mit diefer fachlich erweij-
baren Ableitung entfallen alle bisher aufgetauchten Vermuthungen über den
Urfprung und die Bedeutung diefes Wortes.
CLXIV
hrdetften Stelle zunachrt hinter dem Stadtwalle
felbft anordnen und ihn durch geficherte Commu-
nicationen mit den anliegenden Stadtwällen in Verbin-
dung bringen. Beifpiele der erfteren Anordnung haben
wir in Enns, in Korneuburg und a. a. O. Hier ift die
zweite und im Detail ganz genialer Weife gewählt und
durchgeführt worden. Der Wartthurm Fig. 4 lieht hier
auf ein hundert Schritte zurückgezogen durch den
Eckthurm gedeckt. Durch zwei ftarke Mauern mit
gegen das Vorterrain gedeckten Wehrgängen lieht er
in Verbindung mit der nördlichen und örtlichen Stadt-
mauer, welche beide als die gefahrdetfteii anzufehen
find, da fich hier auch die Stauwehre für die Graben-
bewäfferung befand. Dadurch ift eine unmittelbare und
rafche Verftändigung mit dem Innern der Stadt, ebenfo
wie mit der Wallbefatzung erzielt worden, ohne den
AuM'ichtspunkt zu exponiren. Es liegt nun wohl in
der Natur der Sache, dafs man diefen fo gebildeten
Stelle, in der Burg zu Starhembcrg bei Wiener- Neu-
ftadt. Der ganz ähnliche und der gleichen Periode ange-
hörige Rundthurm hat hier eine fo wohlberechnetc
Pofition, dafs man von feiner Höhe aus nicht nur das
Pieftingthal nach Werten in bedeutender Lange, fon-
dern und ungeachtet der Thalwindungen felbft die
Ebene gegen Often in einer Strecke von etwa 200
bis 300 Meter zu erblicken vermag. Ift ja der Wart-
thurm zu Laa auch etwas aus der Theilung
Winkels der Stadtecke gerückt, um beftimmte Punkte
im Außenterrain ins Auge f äffen zu können, ohne durch
den Eckthurm vorn gehindert zu fein; von diefem
Calcul war die Form des vicrfeitigen Abfchluffes ab-
hängig.
Diefes Verkennen der urfprünglichen Abficht
führte den fonft fehr fcharf beobachtenden Gradt auf
vollkommen irrige Fährte. Er fieht das große Fenftcr
in der Richtung gegen den Eckthurm zu und fchließt
Fig. 3-
Abfchnitt gegen einen Handftreich gleich vom Be-
ginne an zu fiebern ftrebte, in den hiedurch gefchaffe-
nen Raum Baulichkeiten verlegte, einen Graben rings-
herum anordnete; aber alle diefe fich als praktifch dar-
ftellenden Anordnungen hatten nur einen Nebenzweck
und eben diefem Nebenzwecke verdankt die ganze
Baulichkeit den Namen Burg, einen Namen, den fie
fpäterhin im 15. Jahrhundert mit vollerem Rechte für
fich in Anfpruch nehmen konnte, als die Befehlshaber
aus felber, wie fich aus Spuren und auch aus der
Infchrifttafel erkennen läßt, wirklich einReduit zu bilden
beftrebt waren; diefe Maßregel aber bedeutete einen
bedenklichen Rückfehritt in der fortificatorifchen Kunft
in jener Zeit.
DieAnlage eines Wartthurmes hinter und zunächft
der allgemeinen Wallumfaffung und in Verbindung mit
felbem, fteht hier nicht vereinzelt da; wir finden die
gleiche Anordnung, und wieder an der gefahrdetften
aus deffen hübfeher Kehlung, dafs fich an diefer Stelle
das Lieblingsgemach (!) des Burgherrn befunden habe.
Diefes (übrigensjüngereFenft er ift nun der Hauptpunkt
für dieBeobachtung des Außenterrains; die Verbindung
mit der Galerie und den Wällen erfolgte durch die
Pforte an der Stadtfeite, alfo am geficherteften Punkte.
Die Beurtheilung des verticalen Defilements ergibt
weiters, dafs der Bolzen einer guten Standarmbruft
100 Schritte vom Stadtgraben abgefchnellt noch gut
durch das Fenfter in das „Lieblingsgemach" hätte
dringen können. Mit dem Obengefagten dürften wir,
wenn auch in großen Zügen nur, die Genefis der Burg
zu Laa aufgeklärt haben.
Die Befchreibungen der Pfarrkirche in den ge-
nannten Abhandlungen beider Autoren find fo vor-
trefflich, fo einander ergänzend, dafs wir den gediegenen
Ausführungen nichts hinzuzufügen haben. Vielleicht
wäre noch erwähnenswerth, dafs fich am Wege vor
CLXV
der Kirche wenige Schritte vom Seiteneingange das
Bruchftück eines Grabfteines findet, auf dem folgende
Infchrift in gothifchen Minuskeln zu lefen ift: „anno.
domini • mil ■ quadringentefimo ■ ift ■ geftorbe- der-edl-
veft-vlrich-fad(ler)'ritag nach- • • •". Zu den Befchrei-
bungen der Kirche fei nebenher erwähnt, dafs der
ältefte bekannte Pfarrer von Laa in einer Urkunde
ddo. g. März 1290 erwähnt wird, in welcher Theodo-
rich Bifchof von Olmüz Wilhelm, den Sohn des
Pfarrers Reicholf von Laa, von dem defectus natalium
dispenfirt.1 In einer Urkunde von 1304 erfcheint ein
Pfarrer zu Laa Warmäd als Zeuge
In der nordöstlichen Ecke des
geräumigen Dechanteihofes ragt ein
aus Stein erbauter pyramidenförmiger
Schornftein über das Dach hinaus. Es ift
der Schornftein eines Backofens und
dürfte dem Anfange des 14. Jahrhunderts
angehören.
Die Spital-Capelle ift ein einfacher
und ziemlich roher Bau aus dem Ende
des 15. Jahrhunderts. Das Presbyterium
fetzt mit der geraden Poligonfeitc an das
kurze Schiff an, die Rippen find fchwach
gekehlt, fonft ift die nur wenige Schritte
lange Capelle ohne alle Verzierung. Am
Triumphbogen lieft man die gemalte
erhebt, deren Capital von der Statue der heiligen Jung-
frau gekrönt wird. Das Ganze umgibt eine Steinbalu-
ftrade, an deren vier Ecken Engelftatuen flehen,
welche Schilder in den 1 landen halten, die Bibelverfc
enthalten. Die ziemlich lange Infchrift auf dem Sockel
befagt, dafs diefe Säule am 6. Juni 16S0 ex voto und
zum Dank, dafs die Bewohner Laa's und des Dorfes
Ilaniftail von der 1679 aufgetretenen l'eft verfchont
geblieben waren, errichtet worden fei. Die Sculpturen
an der Säule find etwas breit und wulftig und erscheinen
als die Arbeit eines über das gewöhnliche Niveau der
damaligen Landbildhauer nur mäßig hervorragenden
Infchrift : „Dies ■ Gotshavs • ift ■ von ■ Chri-
"~~
m
itlllllllll'MMÜllllllii
imiiiiHiiiiini
ihillllilllulllinili
ftoffen • Mangels- feligcn ■ noch ■ in feinem"
Leben "hiezu- gebringen " Deputat -das ■
vbrige • aus ■ gemainer ■ Statt ■ Verlag •
renovirt -wordenn- Anno- Dom -1602" in
Lapidarlettern, die fich auf eine Reftau-
ration bezieht.
In den kleinen Gartenanlagen füdlich
der Pfarrkirche fleht eine Dreifaltigkeit-
faule mit dreifeitigem Unterbau, auf
welchem fich eine dreifeitige Pyramide
erhebt. Das Ganze iit in dem Typus der
Wolkenfäulen gehalten, der fich an kirch-
lichen Denkmälern zum Andenken an die
Peft am Ende des 17. Jahrhunderts her-
ausgebildet hatte. Sowohl die fteinerne
Ilaluftrade, als auch der Sockel ift mit
Engelftatuen in ziemlich handwerksmäßi-
ger Ausführung befetzt. An der Pyra-
mide zieht fich ein Wolkenband fpiral-
förmig nach aufwärts, innerhalb welcher Engelsköpfe
fichtbar werden. Die Gruppe der heil. Dreifaltigkeit,
welche die Pyramide krönt, ift von geringer künftleri-
fcher Bedeutung. An dem Unterbau finden fich nebft
ziemlich rohen Reliefs die nachflehenden Infchriften:
„Diefe Säule hat geweihet Herr Jofeph Antoni Schiffer
vonSchiflferftein, infulirterProbft, felbigerZeitDechant,
Pfarrer zu Laa auch Fallbach den 20. May 1732-', ferner:
„Peft, Hunger, Krieg behende, o! feligfte Dreifaltigkeit
abwende. Alfo feufzet und bittet die fußfallende Erz-
bruderfchaft zu Laa 1710."
Am Hauptplatze an der Weftfeite des freiftehen-
den Haufes der Sparcaffe fleht ein Steindenkmal, der
unbefleckten Empfängnis geweiht. Es befleht aus
einem Sockel, auf welchem fich eine einfache Säule
1 Dr. H. Zeibig. Urkundcnbuch lies Stiftes Kloftcrneulnirg. Font. rer.
Auftr Tom X, i Wien 1857.
'l""'IMIII1|lllll|IIMIIIIII1NllMIIIM!|t|||l!t||||lll|liil IT
Wassergralen ^
illlllllÜ»\UiHlll\llltmilllll\llllllllllliiilllll
Errfwaff
l<.IUll||l|tlllttUUIIIIUlll'>>'lillllllllllllllllillllllltlll||l|IIHI||lHlllllill)|lllllll'<lllllll!iml!ll
Fig. 4.
Künfllers, der fich an dem Gefimfe des Sockels mit
den Worten: „Jofeph Mayeur Lothringer Pildhav
bezeichnet.
Eines der culturhiftorifch intereffanteften Denk-
male Laa's findet fich auf dem Hauptplatze, und zwar
an der Oftfeite des obbezeichneten Haufes, ziemlich
gegenüber dem Stadthaufe, es ilt der Pranger oder
wie er mit Beziehung auf die dargeftellte Steinfigur
im Volksmunde genannt wird: der Prangerhan ^1.
Auf einem niederen Sockel von gewöhnlicher Stufen-
höhe erhebt fich eine cylindrifche etwa 3 M. hohe
Säule, an welcher noch die eifernen Ringe zu fehen
find, die zum Anketten der Uebelthäter und Ueber-
treter, vornehmlich der Marktgefetze, gedient hatten.
Auf der Spitze der übrigens ganz glatten und ohne
Capital endenden Säule findet fich die etwas über
lebensgroße Steinfigur eines geharnifchten Mannes. Die
CLXVI
des Harnifches belehrt uns ganz deutlich über
das Alter der Statue, wenn auch nicht über jenes der
Säule. Der Bruftharnifch zeigt bereits den Gansbauch,
wie auch die Achtel- und Schoßformen verrathen,
die Sl 'ii einem nicht talentlofen Meiller um 1570
gefertigt wurde. Rückwärts der Statue amFuße findet
hch n von Laa1 vollplaftifch dai
ftellt. Die Maffe desfelben dient zugleich als höchft
nöthige Verftärkung der unteren Partien der Stal
Leider ift diefelbe rtark fragmentirt, es fehlt ihr der
Rücktheil desKopfes, der mit einer offenen Sturmhaube
:ckt war und der Theil der beiden Arme,
deren rechter zweifelsohne urfprünglich ein Schwert
führte. Die Figur befitzt eine ruhige Stellung, die ein-
zelnen Harnifch- und Gewanddetails find mit vieler
Genauigkeit und Sachkenntnis bis zu den kleinften
Kiemchen dargeftellt; \~\c ill gegen Ollen gerichtet
ill aber nicht der Kunftwerth, der bei der
Betrachtung diefer Säule maßgebend erfcheint, als
vielmehr ihre culturhiftorifche Bedeutung und ihre ört-
liche Stellung im Verhältniffe zu ähnlichen Denkmalen.
Wir wiffen, dafs eine ziemlich bedeutende Zahl von
len Säulen in gleicher typifcher Geftaltung fich in
lerfachfens findet, fo in Halle. Nordhaufen,
Perleberg, Beigern bei Torgau. Brandenburg 1404 ,
Stendal 1528), Zerbi - Halberftadt, Heder
[460) und die größte und künftlerifch reichft ausge-
ftattete in Bremen nach Einigen von 1404 (?) nach
Anderen von 1512). Alle diefe Genannten führen den
Manien Roland- Säulen. Ueber den Urfprung diefer Be-
zeichnung und ihre Ableitung find in der Literatur
verfchiedene Meinungen aufgetaucht. Nach Einigen
wäre das Wort Roland oder Unland auf das alte Rugi-
1 and zurückzuführen, nach Anderen wäre damit Roth-
land verftanden, mit welchem Namen angeblich alle
jene Städte bezeichnet wurden, welche von den
deutfehen Kaifern mit dem Blutgericht und anderen
Rechten begabt worden waren. In der überwiegenden
Zahl wendeten fich die Gefchichtsforfcher der An-
nahme zu, dafs fich der Name von einem der 1 leiden
der Karlsfage herleite, von Roland, der in feinen
Thaten und durch feinen Heldentod verherrlicht, in
der Volksfeele fich allgemach zum Typus eines
Wahrers der Gerechtigkeit und der bürgerlichen
Tugenden herausgeftaltete. Ganz unvermuthet und
uberrafchend trat im Verlaufe die Entdeckung zu
Tage, dafs fich weit weg von dem deutfehen Rechts-
s Wappen von Laa befiehl in zwei Zinnenlhürmcn , zwifchen
welchen der Bindenfchild erfichtlich ift, über welch' letzterem ein Kreuz
erfcheint.
gebiete, in Ragufa, ein Denkmal von ganz gleicher
typifcher Geftaltung finde, welches feinen Namen
tndo fcheinbar unabhängig und mit weit größerer
Beftimmtheit von dem Paladin Karls des Großen her-
leitet. ' Der Verfaffer hatte zuerft Gelegenheit, dit
Denkmal abzubilden, zu befchreiben und feiner Ab-
handlung alle erreichbaren hiflorifchen Belege, wie
weiters auch die am felben haftenden Traditionen
beizugeben, die alle die letztere Annahme nur be-
kräftigten. * Wie im Norden Deutfchlands, fo finden
fich Denkmaler von gleichem Bildtypus und gleicher
fymbolifcher Bedeutung auch in Oefterreich. Sit- waren
zweifelsohne einft weit häufiger anzutreffen, aber noch
laffen fich zwei Gruppen unterfcheiden, die fich
nach Böhmen und Niederöfterreich vertheilen. Erftere
erftreckt fich längs der Elbe und wir verzeichnen in
felber Pr Brunswikfäule), Leitmeritz, Arnau etc.
In letzterer find fie weit zahlreicher noch anzutreffen,
und von einigen Orten ift wenigftens die ehemalige
Exiftenz von derlei Denkmalern bekannt. Wir \ er
zeichnen in diefer Gruppe nur die uns bekannt
wordenen, als: die Schandfäule zu Altgrafendorf bei
Molk, die Pranger zu Sierndorf,3 zu Hollenburg,* zu
Drofendorf, ' weiters jene zu Stronsdorf, zu Eggenburg,
zu Hadersdorf a. K. und den verfchwundenenzuPerfen-
beug. Alle diefe Denkmäler in Oefterreich führen andere
Bezeichnungen, die meiften den Namen Pranger, als
welche fie auch benützt wurden; aber es ift nicht
ungereimt anzunehmen, dafs diefelben die Bezeich-
nung Rolandfäulen im Laufe der Zeit verloren haben
Wie in Sierndorf und in Drofendorf, fo machen wir
auch hier in Laa die Wahrnehmung, dafs die Säule
felbft weit alter als die auf felber flehende Statue ift
und fpäteftens dem 15. Jahrhundert angehört, und ver-
muthen mit Grund, dafs das jet/> bild um
als Erfatz eines alteren zu Grunde gegangenen gefer-
tigt wurde. Immerhin haben wir mit (liefern einfachen
Kunft werke ein bedeutfames culturhiftoi ifches Denk-
mal vor uns, das uns auch die politifche und com-
mercielle Wichtigkeit Laa's im Mittelalter ganz, deutlich
\ or Augen Hellt.
1 Heinrich Zopfl erwähnt deffen zuerft in feinen Altcrthümern des
deutfehen Reichs und Rechts III. 1861. „IJic Rulandsfaule" p.ig. 3x1 f. nach
einem Berichte in einem belletriftifchen Blatte, deffen Titel anzuführen der
Autor n uiilerlalTcn hat. Vergl. auch: Denkmale der Gefchichte
und Kunft im Bremen 1. Abtheilung.
r Rolandftcin in Ragufa. Mtlth. d. k. k. Ccntr.-
Cotnm. X V Jahrg. 1870 pag. 133 fl". Dem VcrfaflVr war /ur Zeit die Thatfache,
dafs der Rolandftcin durch Zöpfi bereits Erwähnung in der Literatur gefunden
hatte, noch unbekannt.
1 Mitth. des Wiener Alterthums-Vcreines Bd. XX, pag. 129.
• .Mitth. d. k. k. Ccntr.-Coimn. Bd. X, 188«.
' Mitth. des Wiener Alterthums-Vcreines Bd. XX, pag. 94.
Gefchichte der Befeftigungsbauten des Schlofsberges und
der Stadt Grätz im 16. und 17. Jahrhundert.
Von Jofeph IVaflltr.
I.
|ER hat je den Gratzcr Schloßberg beftiegen,
ohne dem Zauber zu unterliegen, den die
herrliche Ausficht auf Gebirge und villenbefäte
Höhen, der prächtige auf dem ehemaligen Felsklotz
erstandene Park, die malcrifchen Gruppen von üppiger
Vegetation, altem Gemäuer und Bogenwerk auf das
Gcmüth des Befchauers ausüben? Der Fremde muß
fich unwillkürlich fragen: Sind diefe Feftungsruinen,
CLXVII
welche dem rankenden Epheu, den ragenden Pappeln
und dem grünen Bufchwerk eine fo wirkungsreiche
Folie verleihen, vielleicht in einer romantifch veran-
lagten Zeit künftlich gefchaffen, wie die Ruinen im
Si hönbrunnergarten, in Mödling und der Brühl, oder
find es die Keile eines wirklichen befeftigten Platzi
I »er Kundige weiß, dafs das letztere der Fall ill. Aber
vom Standpunkt der Forfchung ift die Frage berech-
tigt: ;,■,///// und von wem find diefe Fellungswerke,
deren malerifchen Trümmern heute eine fo friedliche
anmuthige Beftimmung zukommt, erbaut worden ? Und
da die Topographien von Grätz darüber nur fehr un-
vollkommene Auskunft zu geben, anderfeits aber zu
erzählen Witten, dafs beim Haue diefer Feftung ge-
fangene Türken und Elephanten, ja fogar Mohren mit-
wirkten, ' fo fteigert lieh unfer Intereffe, zu erfahren,
ob denn wirklich diefes bunte Durcheinander türkifch-
ur i en t ali fcli er und aben dl. m difcher Landsknecht ftal Fa
jemals exiftirte, oder ob nicht etwa die ganze Romantik
der landläufigen Vorftcllung vor einer nach Quellen
geführten Unterfuchung in ein Nichts zerfalle?
Mit einer Arbeit über den Beginn der Renaiffancc
in Steiermark befchäftigt, konnten wir felbftverftändlich
nicht umhin, die landfchaftlichen Acten über die von
italienifelien Baumeiftern geführte Schloßbergbefefti-
gung zu durchftöbern. Und da gab es denn trotz aller
Lückenhaftigkeit ein fo reiches Materiale und einige
höchft interefiante, bisher völlig unbekannte technifche
Daten, dafs wir uns angeregt fanden, den vorliegenden
Verfuch einer Gefchichte der Befeftigungsbauten des
Schloßberges und der Stadt Grätz zu wagen. Was wir
bieten können, hat den Charakter der Unvollftändigkeit ;
aber gegen das, was bisher über den behandelten
Gcgenftand bekannt war, erfcheint es uns dennoch als
bedeutfamer Fortfehritt, und deshalb unterzogen wir
uns der gewiß nicht mühelofen Arbeit, aus den
Taufenden von Quittungen und Rechnungen, aus den
von fahr einem Jahrhundert vorliegenden „Wochen-
liften- der Arbeiterlöhne und aus einzelnen in allen
möglichen Theilen des Landes-Archives zerftreuten
Acten die Hauptmomente des Baues herauszufchälen
und feftzuftellen.
Die Quellen, aus denen wir fchöpften, find vor
allem die landfchaftlichen Baurechnungen, dann die
Ausgabenbücher der fteirifchen Landfchaft; beide find
lückenhaft. Filiere befinden fich mit Ausnahme einer
• ringen Anzahl von Nummern, die unter den „Hand-
fclirifteir' eingereiht find, in zahlreichen Fascilqen auf-
bewahrt, aber nicht geordnet. Die Rechnungen find
im großen Ganzen in den Fascikeln nach Jahrgängen
gruppirt, aber nicht feiten kommt es vor, dafs mit-
ten in den Rechnungen eines Jahres folche einer um
viele Decennien alteren Periode ftecken, und in den
Fascikeln mit der Auffchrift ,,Graz" Rechnungen von
Fürftenfeld, Marburg etc. vorkommen und umgekehrt.
Von manchen Jahren find fanimtliche „ Wochenliften ",
die mit minutiöfer Genauigkeit geführt find, und zahl-
lofe Rechnungen, von De Lalio's Quittungen an bis
' Siehe l>r. .1- J. l\<ljl und feine Umgebungen, 1827, S
1 itz. Ein naturhiftorifch-ftatiftifch • topographif h<
tnälde. 1843, S. 254 IT. Ferner Willi. Freik. v. KtUckberg'. 1' ■:hloß-
berg und feine Umgebung. Graz 1856. Der letzte Aul „Es muß
intereffantei iwährt haben, als auf diefer Straße hochbeh
1 mit ihren brauneu oder fchwarzen Führern in orientalifcber
Tracht, von deutfehen Landsknechten bey! Material zu dem Feftungs-
baue trugen."
herab zu den „Spannzetteln0 der geringften Hand-
werker vorhanden, während von anderen Jahren nur
fpärlichi odei ;ar keine Daten vorliegen. Wenn uns
daher in dem Wufte des ungeordneten Materia
manche wichtige Angabe entging, fo möge uns das zu
Gute gehalten werden. \ enbüchei n",
welche die für die einzelnen ( ll msbezahlten
Summen, und damit auch bekannt geben, wo in jedem
Jahre gebaut wurde, Und nur ungefähr zwei Dritttheili
vorhanden. Als Ergänzung . u dii fi m I )uellenmateriale
benutzten wir ferner die i. ö. Hofkammer Ai
k. k. Statthalterei in Grätz (citirt mit der Abkürzung:
II. K. A.), welche leider erft mit dem Jahre i-
beginnen, das „Gedenkbuch" des k. k. Reichs-Finanz-
minifteriums in Wien (citirt: Gedenkbuch), welches
aus der Periode Ferdinand I. Einiges lieferte, Auszüge
aus den „i. ö. Kamm erregiftraturs- Acten" des k. k.
Haus-, Hof- und Staats-Archives in Wien (citirt: I. Oe
K. R. Acten), für deren Anfertigung wir hiermit d< m
I Ierrn H. H. und St. Archivar Dr. Guflav Winter unferen
verbindlichften Dank ausfprechen, ferner die „Hand-
fchriften", die „numerirten Acten", die fogenannten
,.<Xi Fascikel" und die „Expeditbücher" der Landfchaft
im fteirifchen Landes-Archive.
Als wir unfere Arbeit fchon faft vollendet hatten,
erfuhren wir erft, dafs Herr Felicetti v. Liebenfels,
k. k. Hauptmann i. R., fchon lang vor uns denfelben
Weg gewandelt. Der genannte Forfcher, bekannt als
Autorität in Sachen das ,,alte Graz" betreffend, Hellte
uns mit feltener Liebenswürdigkeit feine durch eine
lange Reihe von Jahren im landfchaftlichen Archive
gefammelten Auszüge über die Befeftigung von Grätz
zur Verfügung, und fo konnten wir nicht nur unfere
Notaten mit diefem Materiale vergleichen, und manche
Lücke ausfüllen, fondern wurden aufmerkfam gemacht,
dafs, wie auch der Archivs-Director Herr Regierungs-
rath Zahn beftätigte, in der mit „Antiquum" bezeich-
neten, bis jetzt noch ungeordneten Abtheilung 111 des
Landes-Archives manches Einfchlagige zu finden fei.
Und fo machten wir uns denn daran, auch noch die
114 Fascikel diefer Abtheilung zu durchftöbern, was
wahrlich keine geringe Arbeit war, wenn man bedenkt,
dafs manche diefer Fascikel eine Dickleibigkeit von
40 — 50 Cm. haben. Wir erfüllen hiermit eine Pflicht
der Dankbarkeit, indem wir Herrn Felicetti v. Liebenfels
für die uneigennützige Ueberlaffung feines Materiales
und den gegebenen Fingerzeig unferen wärmften Dank
ausfprechen. '
Wie die Befeftigung des Schloffes Grätz unter
den Traungauern, den Babenbergern und den früh
Habsburgern ausgefehen.wirdwahrfcheinlich für immer
unbekannt bleiben. Aus der Zeit Fruit des Eifernen
wiffeii wir wcnigflcns, dafs von derGegend des heutigen
Uhrthurmes (Bürgerthurm) eine Mauer in gerader
Richtung gegen «In- Mur herab lief, fodann parallel mit
dem Fluffe, jedoch in geringer Entfernung von dem
felben lieh füdwärts wendete', das Minoriten- (jetzt
Franciscaner-) Klofter umfehloß, hierauf gegen Often
umbog, bis an das jetzige Damenftift, von dort nach
Norden zog, die herzogliche Burg umfaßte und in
welllicher Richtung wieder auf den Schloßberg zurück-
ii.n h Obigem die HauptruafTe des von uns Ocbrachtcn au
landfchaftlichen Baurechnungen (lammt, fo werden wir im Texte nur doi
nicht der Fall ift, d. h. wo wir die eben namhi
machten Acten benutzten.
CLXVIII
kehrte. ' Seit älteften Zeiten aber, wahrfcheinlich fchon
vor den Traungauern, ftand auf dem höchften Plateau
Berges eine Burg*, ein Schloß, in den zwei älteften
bekannten Anflehten von Grat/. : der im Palazzo
Vecchio zu Florenz in Frcsco ausgeführten von 1565
und in dem Stiche von Georg Peham von 1594 als
luifeifenformiger drei Stock hoher Bau erfichtlich,
welcher im Jahre 1578 demolirt wurde.'1
Die Befeftigung diefes SchlolTes in der alten Zeit
wird, wie alle anderen Burgbefeftigungen vor Albrecht
Dürer, in einfachen Ringmauern mitThürmen beftanden
haben. Aus der Zeit Friedrich III. befitzen wir nicht
viel mehr, als eine ebenfo fchwungvolle, als technifch
flüchtige Befchreibung von Stadt und Schloß Grat/
aus der Feder des damaligen apoftolifchen Legaten
Aeneas Sylvius Piccolomini, Späteren Papft Pius II.,
welche lautet: „An den Ufern der Mur liegt die freund-
liche Stadt Grätz. Hier Iteigt inmitten einer frucht-
baren Ebene ein mächtiger freiftehender Hügel empor,
rings in ft eilen Felfen abftürzend: fein Gipfel trägt eine
Burg, die. durch Natur und Kunft zu einem ftarken Boll-
werke gefchaffen, in königlicher Pracht fich erhebt"'
Auch die Stadt felbft war unter Friedrich III. bereits
mit Mauern und Gräben umgeben, denn wir willen,
dafs im Jahre 1479 die Erneuerung und Vertiefung des
Stadtgrabens durch die Bürgerfchaft angeordnet
wurde.5
Die häufigen Türkeneinfälle in Steiermark am
Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts nöthigten
zu fortwährenden Befeftigungs- Arbeiten an Stadt und
Schloß; als aber 1532 die Gefahr einer Belagerung durch
das 200.000 Mann ftarke türkifche Heer drohte, und
nur durch die perfönliche Tapferkeit Katziancr's
glücklich vereitelt wurde, da fah man ein, dafs die
mittelalterliche Befefligung der Stadt eine gründliche
Umänderung nach neueren Principien erfahren müße.
Am 29. Juni 1543 berichten die Verordneten an den
Kaifer, fie hätten vom Landes-Kriegsrath die Nachricht
erhalten, dafs der türkifche Kaifer im Anzüge fei, und
bitten, da ..die Pasteyen, weren, thurnen, graben" und
andere Befeftigungen „abschögig, erfault, niderge-
fallen," alfo im fchlechteflen Zuftande, der Kaifer wolle
befehlen, dafs die Stadt neu befeftigt werde. Auch der
Landtag von 1544 that Schritte an den Kaifer und fo
erfolgte endlich der Erlaß Ferdinand I. ddo. Prag
10. Juli 1544,6 welcher fagt: „Vnß haben jezo vnnfere
Landsleut des Fürftenthumb Steir, fouil deren auf
jüngft gehaltenen Hoftäding verfamlet geweft umb
gnädigifte Volziehung des hievorberatfchlagten gepeu
an vnnferen Schloß vnd Statt Grätz, auch Profannd-
tirung vnd Anndrer verfehung mit gefchütz in anfehung
1 S. llviof und PtUrt: Grätz, Gefchichte und Topographie der Stadt
und ihrer Umgebung. S. 107.
■ In fämmtlichen Acten wird diefe Burg fammt allen Baulichkeiten des
überges das „Schloß Grätz" oder „Hauptfchloß Gratz- genannt, im
/■1 der. wabrfebeinlich erft im 14. oder 15. Jahrhundert enlftan-
denen landesfürftlichcn -Burg" in der eigentlichen Stadt, welche Bezeich-
nungen auch wir beibehalten werden. Kür die Befeftigungshautcn der Stadt
ift in den A<ften durchwegs das W'ort „Stadtgcpeu" im Gebrauche. Unter
Gepeu ift alfo nicht ein Gebäude im mo<'- fonderi] überhaupt eine
Baulichkeit verftanden, daher die Ausdrücke: Grabengcpeu, I peu etc.
1 feham muß demnach nach einer vor 1578 ausgeführten Zeichnung
geftochen haben.
f. a. a. O. S. 120.
4 S. Mutt.tr: Gefchichtc des Herzogthumes Steiermark VIII. Bd.,
* Gedenkbuch 1544.
der Türckhcn nahänden Nachtperfchafft vnd gegen-
wartiger Sorgelichen Lcuff zum Höchften erfuechen
vnd anlanngen laffen .... Vnd weil wir dann felbft auch
für ain fonder hochnotturfften achten, das bemell
Schloß vnd Statt Grätz als der Hauptfleckhen, darauf
meniglich Im Lannde fein Anflehen, etwas pau zu der
Weer Zuegericht vnd befeftigt werde", fo beauftragt
er Leonhard von Velss, mit den Kriegsräthen zu ver-
handeln, damit diefe zuflimmen, dafs von den jüngft
von den Landern bewilligten I lilfsgeldern 2000 oder
3000 fl. für die Befestigung von Schloß und Stadt Gi
verwendet werde.
Mit dieü in kaiferlichen Erlaß war der Anftoß zur
durchgreifenden Befestigung der Stadt nach dem neuen
Syfteme gegeben. Diefe- Syftem war da- fogenannte
italienifche, das der Bollwerke oder Baftionen, und
dasfelbe wurde, wie überall in Europa, fo auch in Gr.it/
durch italienifche Baumeifter etablirt. Der Mann, den
Ferdinand I. (oder deffen Kriegsräthe) zum oberften
Leiter der Befeftigung auserfehen hatte, war Domenico
de Lalio, damals ,.k. römifcher Baumeifter der windifch-
crabatifchen Gränze'', fpäter mit dem Titel: „Ihrer
Rom. K. Maj. Oberfter Baumeifter der fünf inner-
öfterreichifchen Lande". Er wird wohl identifch fein
mit dem „Domenico Illalio aus Kärnten", wie ihn
Tfchifchka in feiner Gefchichte der Stadt Wien be--
zeichnet, der 1544 an der Prediger -Baftei in Wien
baute.
Schon im Jahre 1543 fcheint De Lalio, wahrfchein-
lich zur Abgabe eines Gutachtens, nach Grätz berufen
worden zu fein, denn eine Rechnung vom Jahre 154:;
lautet: ,JIch Domenico de Lalio bekhen das ich vom
andre ftraffelder paufchreiber am gslos Grätz empfai
hab an meiner Befoldung von wegen des geslos gepei
dafclbft zu Grätz, wie folgt. Erfllich war ich da vom
letzten Tag Augufti pis auf den 5. September duet
4 tag, zu andern plib ich da von 26 tag November pis
auf den 11 tag December dhuet 15 tag. Im 44 Jar Zum
Dritten plib ich da von den 7 tag Januari bis auf den
10 erwenten monats duet 3 tag. In 45 Jar (abgerechnet)
Summa 22 tag macht 3 wochen duet 15 gülden
Rheinifch den fag ich in hiemit quit vnd los. Zu Vrkhunt
meiner hant vnderfchreiben vnd furgedengkht petfchai
gefchehen zu Grätz am 20 tag Mai Im 45 Jar.
Domenico de Lalio
manu propria."
Das macht alfo im Jahre 1543 19 Tage, 1544
3 Tage, zufammen 22 Tage. In Strafelder'sBaurechnung
heißt es auch: ,,Dom. de Lalio ift zu 3 malen alher
gen Grätz geritten vnd das Paw mit Zeug, Zügen Weg
vnnd and. nodturfft angeordnet vnd dabey gewefen." '
Vom Mai 1545 an erscheint der Meifter bereits als
Ober-Baumeiltcr mit einem Monatsgehalt von 20 uz
fix angefleht, denn es finden fich im Laufe des Jahres
wiederholt Quittungen, theils über fein Gehalt, theils
über Summen von je 200 Fi, die er „auf Raittung" von
der Landfchaft erhält.
1 I..ni,!cs-Archiv.Aclen Nr. 1433.
: 1 ff Pfenning = 8 f Schilling) = 240 J, (Pfennige). Das Pfund wurde
fpatcr Gulden benannt und in 00 kr. ä 4 Pfennig cingcthcilt.
I 01 tfetzung f..
CLX1X
Notizen.
81. Nachftehende Perfönlichkeiten wurden von
der Central-Commiffion zu Correfpondenten ernannt:
Flies Johann, Confiftorialrath, Spiritual des Clerical-
Seminars in Laibach ;
Schafchel Johann, Pfarradminiftrator in Alefic;
Marchetti Karl v., M. Dr., Direftor des ftädtifchen
Mufeums in Trieft;
Sebaldlvo, Schatzmeifter im Stifte Klofterneuburg;
11 Uta Jofeph, Photograph in Wien;
Friefs Godfrid, Dr., Gymnafial - Profeffor in Seiten-
ftetten;
Theyer Leopold, Architekt und Fachfehuldirector in
Bozen .
Tamanini Jacob, Ingenieur und Fachfchuldireftor in
Riva und
Amman Hartmann, Gymnafial-Profeffor in Brixen.
82. Im Pfarrhofe zu Ferfchnits befindet fich ein
Römerftein, deffen Kunde kaum noch weit verbreitet
fein dürfte. Der Stein dämmt aus einem Bauernhaufe
und gehört zweifelsohne in die Gruppe jener Alter-
thümer, die feinerzeit Richard Strein von Schwarz.cn-
berg auf feinem Schlöffe Freydegg gefammelt hatte.
Der Stein ill abgebrochen und nur die untere Hälfte
davon vorhanden. Die darauf erhaltene Infchrift lautet:
A VIMADVm
VLGERMANVS
ARMORVMCVST
ET
VAL-MARCIANE
PARENTES-
83. (Prähißorifche Grabßätte bei Slapanic in
Mala
bei den Erdaushebungen eines Bahneinschnittes
wurden zufolge eines an die k. k. Central-Commiffion
eingelangten Berichtes des Herrn Ingenieurs Linke
zwifchen Baukilometer 9300 — 9330 der Linie Brunn-
Vlarapafs in der Zeit vom 22. bis 25. November 1886
Fig. I. (Schlapanic.)
fechs menfehliche Gerippe mit Gefäßen aus grauem,
und andere aus rothlichem fchwach gebrannten Thone,
letztere mit ganz primitiven Randverzierungen, aufge-
xin. N. F.
fluiden. Diefe Funde wann i-o — 1*5 M. unter der
Boden-* >berfläche, in der dort vorfindlichen Lehm-
Formation eingi lagi rt. Zur felben Zeil wurden circa
400 IM. unterhall) von der erfteren Fundftelle entfernt,
bei Aushebung eines bergfeitigen Wafferabz
bens neben dem Bahndamme zwifchen Bauki
9-680 und 9-730 drei Gerippe mit ahnlichen Thon-
gefäßen, jedoch nur 0-4 — o-6 M. unter der ( )1
aufgefunden. Die beiden Fundorte find amvfchwach
geneigten Thalabhange vom I fochplateau Slapanic-
Turas zum Ricka-Thale, und zwar die erftgenannte
Fundftelle beiläufig 20 M., die zweite circa 10 M. hoch
über der Thalfohle gelegen.
Fig. 2. (Schlapanic.)
Die bei der Aufdeckung diefer Graber zu 1
gekommenen Gefäße haben zufolge einer Mittheilung
des Herrn Confervators Trapp die gewöhnliche Be-
fchafferiheit des Thones vorgefchichtlicher Töpfer-
waare, fie find mehr oder weniger mit Sand gemifcht,
gut gebrannt und an der Außenfeite meift von fchöner
rother Farbe. Ihre Form ift eine kugelige krugförmige;
vier diefer Gefäße find mit großen Henkeln verfehen,
eben diefe ermangeln jeder Verzierung ; Fig. 1 gibt ein
Beifpiel derfelben. Eine befondere Stellung nimmt das
in Fig. 2 dargeftellte Gefäß ein; es hat einen faft kugel-
förmigen verhältnismäßig kleinen Korper mit einem
gefchweiften faft ebenfo groß geftalteten Hälfe; feine
Höhe beträgt 10 Cm., der Durchmeffer der Oeffnung
und des Bauches 13 Cm.; ein Henkel fehlt, dafür ifl
vom Rande bis zum Fuße mit Verzierungen überdeckt,
welche aus kleinen quadratischen, mit einem eigenen
Geräthe eingedrückten Zellen beliehen, wodurch ge-
radlinige und im Zickzack herumlaufende Bänder her-
geftellt werden, üb diefe Zellen, wie fonft gewöhnlich,
mit weißer Maffe ausgefällt waren, ill im Berichte nicht
gefagt. Confervator Trapp fand ähnliche Gefäße unter
den Funden von Mährifch-Kromau vom Jahre 1878;
auch fonft kommen fie in Mähren, wenngleich bisher
noch feiten, vor. Verwandte Erscheinungen zeigen fich
in/. Norddeutfchland.
i LXX
mz zerfallen, Metallrefte ündcn fich hierbei
//>/ berichte: ' u/s-
back in Mahren auf i enthiim-
r Ducaten-Breiten" führl
d. J. be i im lehr naflen Hoden circa
i M. tief ein vollkomme
■ den wurde. Am rechten Handgelenk fand fich
h fchöner ftarker Goldr bedeu-
er Schwere, an • . n je ein viermal
vundene reif, ziemlich
t, fo dafs fich kleine Stucke
patinirten Meta! n den Gebeinen
find viele Theile zerfallen; der Schädel hat ftark ge-
litten, an den Zahnen fin mailflächen grünlich,
die Gebeine haben eine intenfive rothe Farbe und find
ganz durchdrungen.
In unmittelbarer Nahe von Hartheim wurden
laut Bericht er im Jahre
italienifchen Arbeitern, welche dortfelbfl eine
dei in Betrieb fetzten, verfchiedene Fragmente
-■ ngeräthen und eine Menge Topf-
fcherben ausgegraben, jedoch nicht weiter beachtet
und verworfen.
Dem Oekonomiebefitzer Peter Hitemer fiel die
nartigkeit der Steine, an welchen eine kimftliche
beitung und Zurichtung für Gebrauchszwecke
deutlich zu erkennen war, fo wie die nicht gewohnliche
Form und primitive Mache der Topffcherben auf; er
fammelte von den verworfenen Stücken die auffalligften
und nahm fie in Aufbewahrte
kürzlich erf rlautbarung bezüglich der
Verpflichtung zur Anzeige archäologifcher Funde
ver.ml.il te ihn, dem Linzer Mufeum von dem vorer-
wähnten Funde nachtraglich Mittheilung zu machen
und demfelben die in feiner Verwahrung befindlichen
Fund-Objecte zur Verfugung zu (teilen.
deffen eingeleiteten Erhebungen über
Zuftandekommen diefes Fundes ergaben, dafs bei
I. !•. für die Ziegelei die Arbeiter in
der Tiefe von 1*5 M. an drei verfchiedenen in gerader
Linie liegenden Stellen auf rothgebrannte Thonerde
bei deren Abraumung und Befeitigung Afche,
Holzkohlen, bearbeitete Meine und Gefäßfeherben zum
Vorfchein kamen.
Die wefentlichften d >n Peter Huemer ge-
. undftucke find : 1. Das Kopfftückeinesdurch-
ten polirten Steinhammers; 2. die Hälfte eines ftark
abgeriebenei Granit-Mahll 3. ein kugel-
förmiger künfilich zugerichteter Quarzfchiefer-Reib-
ftein, an zw. engefetzten Stellen durch vielen
, rauch flachg' muthmaßlich zu obigem Mahl-
fteine gehörig; 4. verfchiedene herben, und
zwar a Wandltück mit Oberrand und wagrecht ange-
fetztem Henkel die Henkelöffnung hat einen Durch-
meii nur 1 Cm ■ ■ »errandftiiek, 3 Cm. unter
Rande 1 - fich erweiternd,
nftück, dii k, mit theilweifem Wandfortfatz,
.'. ändftück mit zwei großen Buckeln, e) Scherbe mit
dembirni Anfatz zumAnfaffei
Scherbe mit . orfprung anderer Art,
erziert mit acht Parallellinien, von welchen
eben folche Linien in fchräger Richtung auslaufen.
Scherben, welche von mittelgroßen au- freier
Hai 1 herrühren, find aus grobem
mit Quarzfand und Graphit gemengtem Materiale her-
11t, fchwach gebrannt und im Bauche faft ganz
fchv. ternache ift auf der Außenfeite rauh,
auf der Innenfeite ziemlich forgfaltig geglättet.
Mit Ausnahme der unter £> angeführten Scherbe,
welche aus feincrem Thon, ohne Beimengung von
Quarzkörnern und Graphit geformt und auch härter
gebrannt ift, find alle Scherbenflücke ohne irgend
welche Verzierung.
mmtliche Fundltückefind im Mufeum Francisco-
Carolinum aufbewahrt.
86. Die beigegebene Illuftrati igt jenes
Schwert, das als Zeuge der vorarlbergifchen Bronze-
zeit ungefähr ein Meter tief an der Valduna-St
bei Rankweil getroffen wurde. Von den Schwertern,
die in \'orarlberg gefunden wurden, gehört jedes einem
andern Typus an. Das Schwert von
Mauern zeigt die Griffzunge zur
Aufnahme eines Beleges aus Holz
oder Bein eingerichtet, das bei Blu-
denz hat einen Griff, der fchnecken-
förmig mit der Querftange ai
bogen endet. Das jüngft gefundene
Schwert endet im Griffe mit einer
Scheibe von 37—38 Mm. Durcl;-
meffer. Aus der Mitte treten drei
erhabene Bander hervor. Die Aus-
ladung an der Klinge fchließt fich
zur richtigen Breite Di<
Klinge tragt keine Längerippen,
verbreitert fich von 22 auf 31 Mm.
an der Bruchftelle, welche fo ziem-
lich die Mitte der Klingen!
zeichnen dürfte. Die fehr zugefpitzte
Ausbuchtung beginnt fchon knapp
unter dem Griffe zufolge eines im
Gebrauche eingetretenen Klingen-
bruches, worauf eine neue Ver-
nietung nothwendig wurde. Diefe
Reparatur gefchah durch eine
ungefchickte Hand; denn nicht
nur laffen die Nieten die bei
fchönen Objecten kaum ficht-
bare Einfügung vermiffen, fon-
dern es geräth dadurch die Klinge
in auffallend krummer Richtung
zum Griff. Das Schwert ift
reichlich ornamentirt mitteilt ver
tiefter Kreife und Halbkreife,
denen je ein zweiter in Punkte-
parallel lauft. Die drei erhöhten
Reifen des Griffes tragen fifch-
gratformige Cifelirung innerhalb
4s- und Querlinien und am Rande der Klinge
len fich drei freigravirte Linien hin, die Zwifchen-
räume find mit Schrägftreifen ausgefüllt. Das Schwert
wurde vom Landes-Mufeum in Vorarlberg erworben.
Aus einem Berichte des Confervators Dr. Jenny.
uern.)
CI.XXI
87. Confen nny hat in den Mittheilui
XIII. Hand, pag. XXXV über die Vorzeit Perjens be
richtet. Da manchi G< enftände geradezu berufen
zu fein fcheinen, das Alter jener änderbaren ai
logifchen Schichte zu beftimmen, welche das Seil
Schrofenflein bei Landeck begränzt, fo überfendetc
Corrcfpondcnt L. de Catnpi die Zeichnung jener anti-
ken Bronze-Spange, die im Jahre [843 dafelbft
gefunden wurde. Diefe liier in Fig. 4 abgebildi te Fib
ift ein Prachtexemplar jener ausnahmsweife großen
Fig. 4. (Schrofenflein.)
Spangen, die in der Certofa häufig auftreten und dem
etruskifchenCulturcharakterzugefchrieben werden. I I
Fund wurde im Steingerölle in der Nahe des genannten
Schloffes gemacht; die Fibel befindet ficli im Mufeum
zu Innsbruck.
Der l'farrer zu Wullersdorf P. Bernhard
Blafel machte die Mittheilung, dafs dafelbft in einer
Ziegelei ein großer Thonkcffcl gefunden wurde; darin
man vier Glasftücke auf einem Drahte, einen ge-
fpaltenen großen Eberzahn und ein Thongefäß aus
dem Ende der Bronzezeit oder dem Beginn der erften
Eifenzeit fand.
Zweifelhaft ift das Drahtftück mit den aufgereih-
ten vier Perlen von farblofem durchfichtigen Glafe, der
Draht ift Meffing, das Ganze kaum von hohem Alter
und fleht daher nicht im Zufammenhange mit dem
Thongefäße, in deffen Nahe es nur durch Zufall
gerathen fein durfte. Der Eberzahn dagegen mag
immerhin zum Thongefäße gehören, doch fehlen alle
Spuren einer Bearbeitung.
89. (Aus Pola.)
Nordöftlich von Pola, kaum eine halbe Stunde
von der Stadt entfernt, im Eichenwalde Siana, auch
Kaiferwald genannt, erhebt fich ein 100 M. hoher
I lügel (St. Daniele , welcher, da er in der bis ober
Dignano fich ausbreitenden Ebene die einzige Er-
höhung bildet, eine wunderbare Ausficht gewahrt.
Man überfieht von hier aus das Meer mit den
brionifchen Infein, Rovigno, Dignano, Altura etc. mit
dem Monte maggiore als Hintergrund, örtlich einen
1 heil des Quarnero mit den kroatifchen Gebirgen,
dem Vellebich, füdlich die Infel Cherfo mit dem
Monte Oflero. St. Daniele war fchon lang als ein
fogenanntes Caftellier bekannt, Schatzgräber durch-
wühlten diefen Hügel nach allen Richtungen, es wurden
auch wiederholt Bronze-Gegenftände gefunden, von
denen Correfpondent Schramm, der diefen Bericht
erftattet hatte, vor Jahren zwei fchon gearbeitete
pmifche Löffel aus Bronze und einige Bronze-Schlüffel,
eine Lanzenfpitze acquirirte. In diefem Hügel befin-
den fich mehrere künftliche Höhlen, welche für prä-
hiftorifche Anfiedlungen gehalten wurden, jedoch nur
Lager von Saldami einem Quarzfand, aus welchem in
Muraiio Glas 1 rzeugt wird find, di r um P ils in
Schichten, theils in Neftern hau! ommt. Diefe
Höhlen dienl h im Anfange diefe« Jahrhund
Malviventen als Schlupfwinkel; die Lei mter
Anführun berüchtigten fch Bii aus der
Roveria wurde Anfang di - Jahrhunderts von
Franzofen cii n und erfchoffen.
In fpäteren Zeiten wurden diefe Hohlen aus
Furcht vor einer kleinen fehl n Viperngattung,
welche fich dort ein nicht weiter unti
Auf der Spitzi diefi Hügi Is waren Spuren einer
byzantinifchen Capelle fichtbar, es wurden im
Jahre 187g auch dort zwei Infchriftficine gefunden,
diefe jedoch durch einen Bauer verfchleppt, well
felbe abarbeiten und zu Tifchplatten umgestalten
nach der Befchreibung der Buchftaben f< heinen fie
<). bis 11. Jahrhundert angehört zu haben.
Im Frühjahre 1884 wurde auf St. Daniele mit dem
Baue eines großen Ports begonnen.
Der frühere Grundeigenthümer, Herr Bunder aus
Dignano, refervirte fich beim Verkauf etwaige Funde
aus Edelmetall.
Di m Objects-Commandanten Herrn Hauptmann
Othmar Streichert des Genie-Stabes ift es zu ver-
danken, dafs jede Spur von Alterthümern, foweit es
der Bau zuließ, verfolgt, das Gefundene forgfältig auf-
bewahrt wun
Fig. 5 <>. (Pola.)
Beim Baue eines größeren Forts ift eine genaue
Durchforfchung des Terrains nicht möglich, da Erd-
bewegungen in großen Maffen vorkommen,
wieder unmittelbar deponirt werden muffen, um Platz
für das Mauerwerk zu gewinnen; beim Baue dii
Forts war dies um fo fchwieriger, als die Kuppe des
eis nur eine geringe Fläche bildete und an allen
Seiten zugleich gearbeitet werden mußte.
St. Daniele war wie alle Hügel Iftriens, welche
den Namen eines Heiligen führen, eine prähiftorifche
Anfiedlung, überall findet man in den oberften Schich-
ten romanifche, unter denfelben römifche und in einer
weiteren Tiefe, circa 3 M., prähiftorifche Gegenstände,
welche mit römifchen häufig gemifclit find.
Die unterfte Schichte befteht immer aus einer
fetten fchwarzen Erde, und ift von der oberen fcharf
abgegränzt.
Beim Abtragen der Kuppe wurden Fundami
einer kleinen Capelle aufgedeckt, eine nähere .'
nähme war nicht möglich ; diefe Capelle war circa 4 M.
lang, 21 , M. breit, hatte gegen Ollen eine Krypta
wurden hier nachftehende romanifche Fragmente
gefunden:
Säulen-Poftament, glatt. Eine Platte mit erha-
benen geometrifchen Verzierungen in Stücke
CLXXII
iter-Gitter aus Stein, Thür- und Fenfter-Ver-
kleidungen, darunter eini 51 ke mit Vogel-Orna-
ment fches Pignol-Capitäl.
Einen halben Meter tiefer fließ man auf Fragmente
römifchc le aus fpäter Zeit, auf 4 Stuck kleine
Töpfe aus ordinärem Thon ohn rung, kleine
Bronzeklinge und 6 Stuck rörhifche Bronze-Münzen,
anderen Stellen:
Eine Kupfermünze : n römifchen
en; an Einzelfunden: zwei Halstheile einer Am-
phora, vier römifche Ziegel ohne Marke, 5 Stück
ifcheMünzen Conftantinus-Auguftus, eiferne Lanze,
elfpitze aus Bronze, Bronzering ohne Verzier
Kupferplattchen mit Loch, verfchiedene kleine Köpfe,
eiferne Feldhaue, ein Seitenftück eines Pferdezaumes
aus Eilen, mehrere Scherben mit und ohne Verzierung.
Etwas entfernter wurde ein römifcher Steinbruch
edeckt und mehrere angefangene Sculpturen
e Werth) gefunden, unter andern ein ziemlich gut
gearbeiteter Torfo aus
Kalkftein, männliche Figur
unter Lebensgröße, Kopf
und Füße fehlen, diefer
Torfo ift nicht vollkom-
men beendet.
V Ober diefem Stein-
bruch wurde einVotivftein
mit Infchrift D iogenes
ano Dom 1?) [eftico]
gefunden.
Unmittelbar an der
Kuppe wurde ein Stollen
ausgehoben und in einer
Tiefe von circa 3 M. ein
prähiftorifches Gräberfeld
entdeckt.
In einer Tiefe von
circa 2 M. fchon wurden
die erften Urnenfcherben
gefunden, diefe lagen in
fchwarzerErde und es war
deutlich erkennbar, dafs
diefer Theil des Feldes
fpäter bebaut war.
In einer weiteren
Tiefe von 1 M. mehrten
(ich diefe Scherben und es
kamen hunderte von Urnen
zu 50 — 60 Cent.i zum
chein, welche jedoch
alle zerdrückt waren, und
fcheint es, dafs eine Sen-
kung des Terrains gegen
Süden ftattgefunden hat, da die Urnen alle eine fchiefe
Lage gegen Süden hatten.
gelang nur mit vieler Mühe, die Scherben einer
Urne zu fammeln und zufammenzuftellen, diefe ift
60 Cent, hoch, aus dunklem Thon mit der Hand gear-
beitet.
Es wurde viel Leichenbrand, jedoch außer ganz
kleinen Stückchen Bronze keinerlei Beigaben gefunden.
Was die prähiftorifchen Funde im befonderen
betrifft, fo beliehen diefe vorwiegend aus keramifchen
Reiten : diefe find zumeift Scherben, nur zwei bis drei
Fig. ;
i kugelicher kru Form mit über-
eil Henk ; find gut erhalten, ebei
drei kegelförmige Spinnwirtel. Unter den Scherben ift
eine auffällig, welche unmittelbar am Rande eine in die
Wandung vertiefte Röhre oder Oefe zur Aufnahme
einer Schnur ihnlich fo vielen anderen, welche
in den Pfahlbauten des Laibaches Moores und der
oberöfterreichifchen - funden werden. Alle Ge-
find aus freier Hand und ohne alle Sorgfalt
acht, felblt die kleinerer, haben ein rohes Ausfehen,
\\a- fonft feiten der Fall ift. Durch diefe Umftände,
nämlich die krugförmige Geftalt, die Art der < >efe und
die rohe Herftellungsweife werden die keramifchen
Funde einem fehr frühen, der Periode der genannten
Pfahlbauten nicht mehr fern flehenden Zeitabschnitte
zugewiefen. Eine nähere Beftimmung erhält derfelbe
durch den Fund eines eigenthümlich geftalteten ein-
fchneidigen Bronzemeflers J Bronzemeffer diefer
Art haben nämlich regelmäßig eine ftark gefch weifte
Schneide und eben folchen Rücken und befitzen zur
Befeftigung des Griffes einen kürzeren oder längeren
Griffdorn oder eine platte Griffzunge, während bei dem
vorliegenden Fundftücke die Schweifung eine ma.
ift und Dorn wie Zunge fehlen: die Klinge fchließt an
ihrem rückwärtigen Ende rund ab und hat hier zwei
her, um den Griff mittel> Nieten befeftigen zu
können. Diefe Art der Anbringung des Griffes finden
wir bei den ältellen bekannten -zweifchneidL
Meffern, und zwar bei den kupfernen aus den oben
bezeichneten Pfahlbauten und den bronzenen aus dem
Pfahlbau von Pefchiera im Gardafee wieder, was
im Einklänge mit den Reften der Thongefäße dahin
führt, den gefammten Fund und die Grabftelle felbft
dem früheften Abfchnitte der Bronzezeit zuzuweifen.
Zwei gleichfalls dafelbft gefundene Klopf- oder Arbeits-
fteine find nur geeignet, diefe Anficht zu unterftützen.
Beim Baue des Forts Caftellier weftlich von
St. Daniele wurde, wie Correfpondent H. Schramm
berichtet, am Campo Varcton ebenfalls ein Urnenfeld
entdeckt. Da jedoch diefes Feld bebaut war, t>e-
fchränkte fich der Fund auf einige Topffcherben. In
diefem Felde wurde ein Stück römifcher Ziegel gefun-
den mit der Marke:
l^CAVTP/VS/VA
90. {Vorgefchichtlicher Fund aus Gurdau in
Mährt
Herr Karl Frank, Profeffor an der Landes-Real-
fchule in Aufpitz berichtete an die Central-Commiffion
über einen bcachtensw erthen Fund aus der La Teiie-
Zeit, der in der Gemeinde Gurdau bei Aufpitz gemacht
wurde. Man fand nämlich in der Nähe des der Ge-
meinde gehörigen ehemaligen Fifchteiches bei Anle-
gung eines Dammes behufs Eisgewinnung beim Ab-
fchlagen des Erdreich.- von der benachbarten Böfchung
einen irdenen Topf und dabei ein Skelet. Nach den
eingezogenen Erkundigungen war der Topf ein henkel-
lofes irdenes Gefäß mit einem Metallverfchluffe. Von
den Arbeitern wurde der Topf ganz wohl erhalten auf-
gefunden, aber aus Neugier nach feinem Inhalte zer-
fchlagen. Einige zufammengefuchte Trümmer laffen
CLXXIII
auf eine Bauchung des G< fäßes fchließen. Der Metall-
verfchluß wurde von den Arbeitern ins Waffei
h i 'i fen.
Die Fundftelle liegt von der Brücke der Land
ftraßc, die nach Bojaimvic fuhrt, längs des Gurdauer
Bächleins gemeffen, circa 200 Schritte nordwärts
zwifchen dem Plankenberg und Zeifelgrund, und zwar
am linken Ufer des Baches am Abhang des Zeifel-
grundes. Nach demAbftich des Erdreiches zumZwecke
der Wafferfchützung war der Topf nur ['/, Fuß tief
vergraben. Weitere Leitfpuren konnten aber der-
malen nicht entdeckt werden. Der Bach lauft knapp
am Fuße des Zeifelgrundes, deffen ftärkfte Böfchung
nach Süden und Südu eilen zur Straße und Brücke auf-
tritt, wahrend er nach Nordweften allmählich zum
Hache (ich lenkt. Oberhalb der Fundftelle, etwas am
Bache aufwärts nach dem fünften Abfall des Zeifel-
grundes iil Ackergrund.
Der Topf enthielt zwei vollkommen gleiche Arm-
fpangen ans Bronze, welche mit einer hellgrünen, meill
lehr rauhen Patina bedeckt waren. Diefelben find aus
zwölf eiförmigen hohlen Buckeln zufammengefetzt,
welche mit ihren Breitfeiten dicht aneinander gereiht,
durch ein im inneren Umfange herumlaufendes Hand
immengehalten werden. Jede Armfpange befteht
aus zwei gleichen Theilen, deren jeder einevor-
fpringende Platte hat, welche beim Schließen
der Spange in den Hohlraum des anderen
Theiles eingreift und hier mittels eines in die
vorhandenen Locher einzuführenden Stiftes
feilgehalten werden kann (Fig. 8). Diefes
Fundftück verdient übrigens nicht bloß wegen
feines finnreichen Verfchluffes, fondern auch
wegen feiner Zeitftellung einige Beachtung; es
gehört nämlich der fogenannten La Tene-
Periode, das ift den letzten Jahrhunderten vor
Be .mn unferer Zeitrechnung an, und ift des-
halb als ein willkommener Beitrag zur Erhel-
lung diefer Zeit zu begrüßen, weil bisher in
unferen Ländern noch wenig einfehlägige
Funde bekannt find. Die nächft verwandten Erfchei-
nungen haben wir in Krain zu verzeichnen, wo bei
Naffenfuß ähnliche Armbänder in Gefellfchaft der be-
kannten langen keltifchen und kymbrifchen Eifen-
fchwerter und vieler anderer Gegenftände diefer Cultur-
Periode gefunden worden find.
Vielleicht gewinnt der Armfpangenfund an Inter-
effe, wenn die Mittheilung hinzugefügt wird, dafs un-
mittelbar bei Aufpitz unweit des Aufpitzer Baches
auf den fogenannten Wafferftuben mitten im Letten-
boden fchwarzes Erdreich fich vorfindet, das fich durch
feine Lockerheit, fowie durch das Vorkommen ver-
kohlter Holzftücke, Pferdeknochen , Geweihreite und
Topffcherben auszeichnet. Die Lagerung der Afchen-
erde weift die befondere Eigenthümlichkeit auf, dafs
felbe nach unten (bis auf den Lettenboden) fich zu
trichterförmigen Gruben, und zwar in einer Tiefe bis
zu fechs Fuß erweitert.
91. Profeffor Benedetti in Mitterburg hat an die
Central-Commiffion berichtet, dafs er zufalliger Weife
auf deutliche Spuren einer römifchen Straße zu Pifino
und Cherdofella in der Richtung gegen Norden ziehend
gekommen ift.
92 Confervator Berger machte die erfreuliche
Mittheilung, dafs die hochwichtige Gabriels-Capelle
in Mitte di bekannten St. Sebaftians-Friedhofes zu
Salzburg einer fachmännifchen Reftaurirung mit
werden wird. Der Gemeinderath der Stadt Salzburg
hat auf Grund eines fachmännifchen Gutachtens di
Reftaurirung befchloffen und in munificenter Weife den
Koftenvoranfchlag von mehr als 2000 fl. genehmigt.
Die Reftaurirungs-Arbeiten werden fich auf die Auf-
befferung der Dachung, auf Ergänzung der Majoh
Thonplättchen an der Innenwand und in der Kuppel,
Auswechslung der die Majolii a imitirenden Malen 1
auf der Evangelienfeite der Altarnifche mit wirklicher
Majolica-Decoration, wie auf der Epiftelfeite auf ent-
fprechende Bemalung der heute unfehön bemalten
cafettirten Decke der Altarnifche, auf Auffrifchung der
Vergoldungen, Reinigung aller Wände und auf Aus-
befferung der Holzeinrichtung ausdehnen. Es ift be-
fonders erfreulich, dafs bei allen diefen Arbeiten der
Confervator confultirt werden foll, wie denn dies
bereits auch gefchehen ift. Die aus einer verfehlten
Reftaurirung im Jahn- [862 (rammenden Zutha
Collen befeitigt werden. Diefe Capelle entftand unter
Erzbifchof Wolf Ditrich gegen Ende des 16. Jahrhun-
derts im Style italienischer Hoch-Renaiffance in Gi
Fig. S. (Gnrdau.)
ftalt eines Rundbaues und ift an den inneren Seiten-
Kuppelwänden ganz mit Majolica-Fliefen decorirt.
93. L^nter den in Süd-Tyrol vorkommenden Bau
werken des Mittelalters, welche mit Wandmalerei ge-
fchmückt find, verdient die St. Peters-Kirche in Cem-
bra wohl einen hervorragenden Platz. Der einfache
und fchlichte gothifche Bau lieht, wie Correfpondent
Director Nordio an die Central-Commiffion berichtet,
mitten im Hauptorte des fruchtbaren Cembra-Tha
Dafs diefe Kirche die urfprüngliche Pfarrkirche war,
ift in Folge urkundlicher Nachweifungen kein Zweifel.
Die Kirche ift in ihrer jetzigen Geftalt nur einige
Decennien älter als die gegenwartige Pfarrkirche,
welche um 1440 erbaut, aber erft 1516 eingeweiht wurde.
Ueber die Entftehung der heutigen Peters-Kirche
exiftirt keim Urkunde, nur ilt bekannt, dafs im Jahre
1406 der alte Hoch-Altar durch einen neuen im felben
[ahre geweihten erfetzt wurde, woraus man wohl
fchließen kann, dafs mindeftens zu Anfang des 15. Jahr-
hunderts die Kirche baulich bereits vollendet war.
Die Kirche befteht aus einem Langhaufe von
[3 40 M. Länge und 6-40 M. Breite, drei Joche bildend
und aus einem eben f<> breiten fünffeil hloffenen
CLXXIV
-byterium mit Stern. Im
Langhaufe find reiche Netzgewölbe gefpannt. Zier-
liche Confolen mit Engelsköpfen tragen die darauf
zufammenlaufenden Rippen. Dies der einzige plaftifchc
Schmuck im Innern der Kirche. Hin einfaches Rund-
fenfter an der Stirnfeite über dem Portale und vier
»erk-Fenfter, davon drei im Presbyterium vFig. u
u. I2\ dann zwei in neuerer Zeit ausgebrochene ftyl-
widrige habliche Fenfter beiderfeits des Haupt-Portals
geben dem Kirchenraum nur ungenügende Beleuch-
tung Zur felben Zeit wurden die äußeren Wandflächen
der Kirche verputzt und das urfprüngliche fteile Dach
und damit auch die Strebepfeilerkrönung abgetragen.
Ein neues flaches Dach kam an die Stelle und zugleich
ftylwidrige I- l . i '.*.• Abfchluß.
Fig. 9. 'Cem':
Das Portal ift fpitzbogig angelegt, deffen Leibun-
gen find einerfeits durch einen Löwen und Engel,
anderfeits durch einen Engel und ein einfaches Orna-
ment gefchmückt. Der alte Cementboden im Lang-
haufe wurde vom Baumeifter als Reifsboden ben
indem noch jetzt darauf der Aufrifs des Portals felbft
in natürlicher Größe zu fehen ift. Die drei Abftufungen
der fechs Strebepfeiler, davon je zwei an jeder Ecke
der Vorderfeite und zwei an der rechten Langfeite,
find mit einfachen Steinplatten ohne Profilirung belegt.
Die Hauptzierde der Kirche befteht in deren
Bemalung an Wanden und Gewölben. Diefelbe gehört
hinfichtlich des Presbyteriums und der Südwand dem
ihrhundert an. Sie enthält hauptfächlich figürliche
Darftellungen von gleich vornehmer Bedeutung in
künftlerifcher wie auch architektonifcher Beziehung.
Sie ift in Zeichnung und Farbe meifterhaft ausgeführt.
Die Bemalung der nordlichen Wand — das jüngfte
Gericht — flammt aus dem iS. Jahrhundert. In den
Netzgewölbe-Feldern finden lieh zierliche Ranken-
Ornamente, dabei die Jahrzahl 1549. Die beiden Tafeln
I u II geben ein Schema der Bemalung im Chore
und an der fudlichen Wand, die
fchrafnrten Theile bezeichnen
entweder fchadhafte oder fehlen-
de Partien. InTaf III ift die herr-
liche Gewölbebemalung theil-
weife veranfchaulicht.
hließlich ift eines der
wichtigsten Theile der Kirche
zu gedenken. Es ift der ftatt-
liche im ftreng romanifchen
Style gebaute Thurm. der fich
an die linke Langfeite anfchließt.
Fr ifl durch zwei einfache Cor-
don-GeumfeindreiGefchoflc
theilt. In jedem der beiden oberen
öffnet fich eine Fenftergruppe,
mbra.)
beftehend aus vier oben und drei unten] rundbogigen
zufammengekuppelten Oeffnungen, was dem Baue ein
ungemein leichtes und doch reiches Anfehen gibt. Auf
dem viereckigen gemauerten Spitzhelme finden lieh
Spuren alter Polychromie, gebildet aus wechfelnden
rothen und grünen fchwarz eingefafsten Schuppen-
Ziegeln. Kugel, Kreuz und Wetterhahn bilden den
oberften Abfchluß. Der Thurm ift der einzige Ueber-
reft der alten Peters-Kirche und mag in das Ende des
12. Jahrhunderts zurückreichen.
/5>
CLXXV
94. Confervator Smirich machte die Mittheilung,
dafs die Familie Stermich dem Mufeum -V. Donato in
Zara das in der Chiefetta S. Domcnica befindliche
Relief aus dem 9. Jahrhundert vorftellend die
Geburt Chrifti und die drei Könige — ein Gegenftück
desS. LXXX, Bd. VI n. F. befprochenen und S. 81. im
VIII. Bande der n. F. abgebildeten Reliefs, ferner ein
Relief des iv Jahrhunderts, vorftellend den Propheten
Simeon und Königin Elifabeth von Ungarn mit Schild
ration des als Denkmal hochwichtigen Rathhaus-
gebäudes in Sterzing gefichert ift und demnächft durch-
geführt werden kann. Die Koftcn belaufen fich bei-
läufig auf [600 11. Subventionen fanden fich: eine
allergnädigfte Spende Sr. Majeftät mit 300 fi., 500 il.
vom Minifterium für Cultu^ und Unterricht, 100 fl.
von der Central-Commiffion, 200 fl. vom Lande Tyrol,
500 fl. feitens der Stadt Sterzing. Confervator Daum
per wurde die artiltifche Leitung übertragen.
und Helm überladen hat. 1 Ierr Matteo Lovric fchenkte
demfelben Mufeum anlaßlich des Umbaues feines
Haufes ein Doppelfenfter im Style venetianifcher
Renaiffance des 16. Jahrhunderts. Die Transportkoltcn-
Begleichung in Betreff diefer Gefchenke hat ausnahms-
weise die Central-Commiffion übernommen.
95. Der Central-Commiffion ilf die officielle Ver-
ftändigung zugekommen, dafs nunmehr die Reftau-
96. Correfpondent Direktor Frans Rostnacl hat
an die Central-Commiffion über die bis jetzt noch im
Gebrauche liehende und auf dem Friedhofe zu Wall
Meferitfch befindliche Holzkirche berichtet. Diefelbe ift
bereits fo fehr baufällig, dafs lie kaum mehr von langem
Heilande fein wird. Das vom Wellen nach Offen ge-
richtete Schiff diefer Kirche ift ein durch fein Alter
intereffanter, mit Schindeln verkleideter Blockbau, mit
einem hol/einen offenen Umgang an der Außenfeite.
Cl XXVI
Dcrfelben Bauzeit gehört auch der fechsfeitige
hölzerne Dachreiter an mit Zwiebelhelm, \wihrend
das Presbyterium wohl erft in neuerer Zeit entftanden
iit und lieh wohnlicher Ziegelbau repräfentirt.
Beiderfeits ein höchft einlacher Capellenzubau. davon
einer als Sacrillei dient. 1 las Innere der Kirche ill
übertüncht. Die Gründung diei'er „Dreifaltigkeits-
Kirche" fallt in ilas \6. Jahrhundert. Im Chorraum fteht
ein Grabftein für Jan Ziernovsky von Ziernov, Herrn
der Burg Policna, der der Kirchenftifter fein foll.
ifervator Pippicli hat iiber die St. Johannes-
Pfarrkirche in Dohalicka bei Horte berichtet. Nach-
dem diefelbe in hohem Grade baufällig ill und als
Kunddenkmal gar keinen Werth hat. wird gegen die
Demolirung derfelben feitens der Central-Commiffion
keine Hinwendung gemacht. Wohl aber wäre es zu
^liinotinmiifflarrüBömi
^Qnawpiipii-acn
cn
Fijj. 10. (Wien.)
wünfehen, wenn der der Kirche angebaute Thurm, der
lifche Charaktere zeigt, erhalten bliebe. Die beiden
Glocken find alt, eine datirt von 1540, die andere von
1669. Ebenfo follten die zahlreichen Grabmale erhalten
bleiben. Da- alteile datirt von 1483 und ill dem Ritter
Vaclav Sädovsky ze Sloupna gewidmet; auch werden
darauf deffen Söhne Adam und Bohuslav genannt.
Die Ausführung der Reliefarbeit, ein Ritter in voller
Rüftung, mit üblichem Falten würfe, ift vorzüglich
erhalten und läßt einen tüchtigen Meider erkennen
Wappen ein Handfchuh). Außerdem finden fich Grab-
male aus den Familien Dohalsky von Dohalic, von
Chlum, von Trefetic und von Lefonic.
Das kärntnifche Landes -Präfidium hat
nehmigt, dafs die Sparcaffe-Direcüon zu Friefach aus
ihren LJeberfchüfTen des Jahres den Betrag von 500 fl.
der Stadt Friefach widmet, um derfelben den Ankauf
des Petersberges mit dem ehrwürdigen Donjon zu
ermöglichen.
Die in der Pfarrkirche zu Uteri vor Kurzem
aufgeileckten Wandgemälde, welche aus der Zeit
zwifchen 1520 und 1530 dämmen, werden foeben einer
Reftaurirung durch Profeflbr Winder unterzogen. Die
Koften weiden durch Sammlung gedeckt und hat die
imiffion hiezu 100 fl. beigefteuert.
100. Wir haben bereits im X. Bande der Mitthei-
lungen neue Folge S. CCXXID Nachricht gebracht,
aus des Collegiat-Kirche .St. Giorgio zu Pirano
eine größere Partie Chorgeftühle durch Verkauf in das
Ausland wanderte. Eine Abtheilungswand diefes
ftühlwerkes brachten wir dortfelbft in Abbildung. Dil
drei weiters hier in Abbildungen beigegebenen Zwilchen-
wände und Wangenftücke beftätigen, dafs mit dem
Verkaufe diefes großen Schnitzwerkes unfere heimifchen
Denkmale einen fchweren Verluft erlitten haben. Das
Wangenftück Fig. 13) zeigt einen heiligen Abt aus dem
Benediftiner-Orden in einfacher Schnitzerei. Viel reicher
behandelt find die beiden Zwifchenwände in Fig. 1411.15.
Die Schnitzerei der einen zeigt das Wunder des heil.
Franciscus Seraphicus, zu feinen Füßen ein betender
Ordensbruder, in der Füllung ein heil, Bifchof (f. Codo-
vicus), die der anderen den heil. Sergius mit der Lanze,
zu Pferd und in der Füllung einen betenden Schüler des
Franciscaner- Ordens (f. Benedictus).
101. Die hier beigegebene Abbildung veranfehau-
licht den Grabftein, den der um die vaterländischen
Denkmale wohlverdiente ehemalige Confervator Anton
Widter, geftorben am 1. März d. J., im Brauhaufe zu
Pottendorf — und zwar in fehr profaner Verwendung
liebend — aufgefunden, um einen namhaften Betrag
käuflich erworben und feiner Sammlung in Wien ein-
verleibt hat. Es ift dies der Grabftein des Johann I '.
von Liechtenflein, der um 1473 geftorben, in der Maria
Stiegenkirche in Wien zur Ruhe gebettet wurde. Diefer
adelige Herr hat dadurch eine gewiffe Berühmtheit
erlangt, dafs er mit Bertha, Tochter des Ulrich von
Rofenberg, geb. 1424, feit 1449 vermählt war und dafs
diefe Dame, die nichts weniger als glücklich verehlicht
war, f 1476, heute die weiße Frau benannt wird, welche
in den Schlöffern zu Nathans und Krumau durch ihr
Erfcheinen wichtige Familienereigniffe ankündigt. Der
Grabftein ift in dunkelrothem Marmor ausgeführt,
ziemlich gut erhalten, zeigt im Bildfelde das Liechten-
ftein'fche Wappen und führt folgende Legende:
Anno domini nvccccund im Ixxm0 anvmontag-vor1
Jacobi • ilt ■ geftorben ■ her hans ■ iun • lichtenftain von
nicolspurg ■ vnd ■ leit ' da- begraben -dem- got ' genad ■
102. (Grabmale in Ober-Oeßerreich.)
Tauf kirchen ift ein Pfarrdorf im Innviertel, an dem
Pramflüßi hen, unweit des ftattlichen, von einem Teiche
umgebenen Schloffes Gfchwent. In einer Seiten-Capelle
der zu Ehren Maria Verkündigung erbauten Pfarrkirche,
CLXXVII
ift an clor Wand ein Grabdenkmal von rothem Marmor
8' 6'' hoch, 4' 6" breit. Die Minuskelfchrift, die nur drei
Seiten des Denkmals ausfiillt, lautet: Hie • ligt • begrabe
der • ed ■ ufi | Geftreng ■ Kitter ■ I ler • Wernher von
Meffenbach zu Schwent ift geftorbe | MCCCCC und
jni ■ XVIII. Die Ecken find mit Tartfchen ausgefüllt und
geben eine Ahnenprobe auf vier Schilden. Im Felde
lieht nach rechts gewandt der Ritter im Feldharnifche,
in der Rechten das Panier, die Linke am Schwertgriffe,
Der Kopf ift mit einem ftraußenfederumwallten Helme
Fig. 17 Taufkirchen.)
bedeckt, mit offenem Vifir, an dem canellirten Har-
nifche ift ein Stück über dem Schwertgurte aus
brochen. Zwilchen feinen Füßen fitzt ein kleiner Löwe,
den Zogel zwifchen den Hinterfüßen durchgeschlagen.
Neben feinem rechten Fuße zwei gekrönte von Decken
umgebene Spangenhelme, mit den zum Meffenbach-
fchen Wappen gehörigen Kleinoden, Flug und Büffel-
hörnern. Links ein Helm mitFlug und Spitze, in welcher
der Affe mit dem Spiegel als Kleinod zum Wappen
der Weichs gehörig ift. Im unteren Theile des Feldes
hält ein auf dem linken Knie ruhendes Engelchen, die
gegen einander geneigten Tartfchen, rechts das qua-
XIII. N. F.
drirte Wappen der Meffenbach, links die Spitze der
Weichs.
Wernher von Meffenbach war nach Bucellini
III. A. a. 3) mitSufanna von Weichs vermählt, weil he
nach feinem 1518 erfolgten Tode fich in zweiter Ehe
mit Georg von Frauenhofen vermählte, der felbll
Witwer und bis 1531 in erller Ehe mit Veronica
Fraunberg vermählt war.
Fig. iS. lOberthalhaim
Wernher's Vater war Johannes von Meffenbach,
vermählt mit Margaretha von Layming.
Wernher's Großvater Georg von Meffenbach war
vermählt mit Urfula (de Pollhaim W< i vidua).
Man follte erwarten, dafs unter den Schilden fich
Ahnen des Verftorbenen finden würden. Die oberen
zwei Schilde führen rechts das Wappen der Jöi
links das Wappen der Geymann, die in keinem Bezüge
zu dem Probanten flehen.
Die unteren zwei Schilde, der Lowe der Aheim
rechts und die Axt der Cammer von Cammerl
gehören entfehieden zu den Ahnen der Sufanna von
CLXXVIII
Weichs, denn ihr Vater Oswald Weichs, f 1470, war
vermählt mit Elifabeth von Cammer, der Tochter
Georgs von Cammer. der in erfter Ehe mit Elife von
Pienzenau, in zweiter Ehe mit Anna Dietrichingen
vermahlt war.
Der Großvater Sufanna's Paul von Weichs war
in erller Ehe mit Kunigund Zudmann. in zweiter Ehe
mit Elifabeth von Ahaim der Großmutter Sufanna's
vermählt.
Elifabeth von Ahaim war die Tochter Georg's
von Ahaim und der N. von Preifing.
Hiemit find die zwei unteren Wappenfchilde voll-
kommen erklart. Wir hatten diele Abhandlung nicht
fo ausgedehnt, wenn nicht diefe Ahnenprobe fo viel
■alogifches Intereffe böte. AusHoheneck find die
Genealogien der Jörger, Geyman und Pollhaim bekannt
und doch läßt Geh aus felben keine Beziehung auf
Wernher von Meffenbach finden. Und nachdem auch
da?- Wappen feiner Mutter Margaretha von Zayming
Buc. VI. 141) bekannt ift und auf dem Grabfteine nicht
Felde des fehr vertieften Grabfteins fteht heraldifch
rechts die geharnifchteGeftalt des Kitters. mit langem
V "llbarte und entblößtem Haupte, zwei Ketten, die
untere mit Monile auf der Bruft. Die Kechte umfchließt
den Griff des Dolches, die Linke hält das mit dem Poll
haimifchen Wappen und am Ende mit einer Quarte ge
fchmückte Panier. Zu feinen Füßen befindet (ich der
mit drei Federn befleckte offene Tournierhelm. Zu
feiner Linken fteht feine Gemahlin mit einem I laubchen
auf dem Kopfe, um den Hals eine fchrhale Halskraufe,
im herabwallenden Kleide mit engen Aermeln, darüber
einen langen Ueberwurf mit Puff-Aermeln, in der linken
Hand die Handfchuhe haltend, mit der rechten Hand
den Ueberwurf zurückfchlagend. In der Ecke ober ihr
das Bild Gottes in Wolken, in der linken Hand die
Weltkugel, die Rechte fegnend erhoben. In den Ecken
des Grabfteins, die Umfchrift trennend, ift eine Ahnen-
probe auf vier Schilden angebracht. In der Ecke
heraldifch rechts das Wappen feines Vaters Cyriac
Freiherrn vonPolhaim, links das feiner Mutter Elifabeth
Fig. 19. (Lambach.)
erfcheint, fo bleibt diefe Probe auf fechs Schilde für
den Genealogen ein um fo intereffanteresRäthfel, wenn
man fieht, dafs der Probant, der Verftorbene, bei
der Probe nicht berückfichtigt wird, von feiner Frau,
die ihm das Denkmal fetzte — zu einer Zeit, in welcher
fie wohl fchon in zweiter Ehe mit Georg von Fraun-
hofen vermählt war.
In der Pollhaim fchen Familiengruft zu Oberlhal-
liaim, von welcher wir bereits einige Abbildungen
brachten, ift in der Capelle an der Wand ein fehr
plaftifches Denkmal Fig. 181 von rothem Marmor 7' 10"
hoch, 3' 9" breit, mit kleiner gedrungener Minuskel-
Umfchrift nach auswärts geftellt angebracht. Sic
lautet: Hie ligt begrabn der wolgeborn herr herr
Cafimirus freiher zu Polhv und Wartenburg d' geftorb
ift an St. Mich- | elis tag a° 1565 und Efemia geborne
--tubenberg fein eliche gemacht die geftorb' ift
am montag in de heilig Oftern a° 1563 den feel got
de | allmechtig genedig und Bamherzig fein well. Im
Fig. 20. (Benfen.)
Gräfin von Oettingen, unten rechts das Wappen feiner
Großmutter väterlicher Seite Johanna von Borfell
Gräfin von der Veer, Gemahlin feines Großvaters Wolf
gang von Polhaim, links das feiner Großmutter mütter
lieber Seite Dorothea Fürftin zu Anhalt, vermählt mit
Johannes Grafen von Oettingen. Ueber jeden der ein
gebogenen Wappenfchilde ift auf einem Spruchbande
der Name der wappenführenden F"amilie angebracht.
Cafimir Freiherr von Pollhaim war den 13. Novem-
ber 1526 geboren und erhielt den Taufnamen feines
Pathen de~ Markgrafen Cafimir von Brandenburg. Mit
16 Jahren kam er in Dienfte des Churfürften Johann
Friedrich von Sachfen und gerieth am 24. April 1547
in der Schlacht bei Mühlberg auf der Lochauer Hai de
in Gefangenfchaft, wurde über Verwendung Erzherzog
Maximilians und der Churfürften am 18. Jänner [548
gegen Revers entladen und wurde fpäter Kaifer Maxi-
milian II. Rath und Gardehauptmann. Er vermählte
fich am 7. September 1550 im Schlöffe Polhaim zu
CLXXIX
Wels mit Eufemia von Stubenberg, und als diefe 1563
ftarb, vermählte er fich zum zweitenmal mit Barbara
Gräfin von Pröfing. Avis erfter Ehe hatte er einen
Sohn Weickard und eine Tochter Sufanna, welche
fpäter (ich mit Hanns Friedrich von Zintzendorf ver-
mählte. Die /weite Ehe blieb kinderlos, Cafimir darb
zu Puchhaim am 29. September 1565 zwifchen fechs
und fieben Uhr Früh, 39 Jahre alt und wurde zu St.
Anna in Oberthalhaim beigefetzt.
103. (Mittelalterliche Eifenarbeiten.)
Wir haben in den Mittheilungen unfere Aufmerk-
famkeit den hochintereffanten Gebilden diefes Hand-
werkes aus älterer Zeit zugewendet und glauben in
Nachftehendcm neuerlich intereffante Beifpiele von
Sclimiede- und Schloffer-Erzeugniffen bringen zu kön-
nen. Zunachft geben wir in der beigegebenen Abbil-
dung (Fig. 19) das Bild eines Eifenleuchters, davon fich
zwei Exemplare im Klofter Lumbach erhalten haben.
Beide Leuchter zeigen wohl noch romanifche Styl-
Reminifcenzen, Mammen jedoch aus gothifcher Styl-
Periode, wenn auch aus deren Anfang. Die Geftaltung
der Leuchter auf den vier hochanfteigenden Füßen und
der gewundene Mitteltheil ill fehr gefchmackvoll aus-
geführt.
In Fig. 20 veranfehaulichen wir einen Theil des
fehr fchönen gothifchen Gartengitters aus dem Stifte
Admont in Böhmen, das befonders beachtenswerth
durch das fchöne Blumen-Ornament wird, mit welchem
jede einzelne Volute endigt. Das Ornament ift fo frei
behandelt, dafs es, obgleich es fich im Grundgedanken
wiederholt, doch nicht monoton wird.
Ein anderes Gitter, das aber weit jünger ift, bringt
Fig. 21. Es gehört derfelben Kirche in Benfen an und
erfcheint in feiner Zeichnung nicht minder intereffant
als das frühere, namentlich zierlich macht lieh der obere
Abfchluß.
Gitterwerk im allgemeinen wurde im 17. Jahrhun-
dert mit befonderer Sorgfalt angefertigt und haben fich
uns davon zahlreiche, mitunter ganz vorzügliche Exem-
plare erhalten. Wir vervveifen beifpielsweife auf die
fchmiedeifernen Brunnenhäufer, davon wir fehr fchöne
Exemplare allenthalben finden, wie im Amalien-Hofe
der Wiener Burg, in der Stallburg, am Hauptplatze zu
Brück a. d. M., im Hofe des Stiftes Neuklofter und zu
Heiligenkreuz, im Hofe der Burg Stixenftein (aus Neun-
kirchen), Sebenftein, Hollenegg und zu Grafenegg.
Diefes letztere ift ein ganz koftbares Ding. Es ftammt
aus dem YVienerLandhaufe, in deffen großem Hofe links
vor dem Umbaue in den Dreißiger-Jahren derfelbe
feinen Standplatz hatte. Der Wiener Landhausbrunnen,
der lange Zeit im Befitze des Malers Amerling war,
gehört zu den bedeutendften Schlofferarbeiten diefer
Art und feiner Zeit. Auch in der Stadt Wr.-Neuftadt
befand fich ein Eifengitter-Brunnenhaus. Die Abbil-
dung (Fig. 22) — nach einer Zeichnung des verftor-
benen Majors v. Frank — zeigt uns leider nur mehr das
Gitter unvollftändig, indem fchon der obere Abfchluß
fehlt, doch ift derfelbe auch als Fragment fo fehr inter-
effant, dafs man bedauern muß, dafs diefer Brunnen
verfchwunden ift.
ade der Frandscaner-Kirche in Wien war
es möglich, nahen: Kenntnis zu erhalten von jener
räthfelhaften Figur, welche die Spil Giebels
abfchließt. Der gefchweifte Giebel fteigt nämlich in
reizender Silhouette an und ill auf jeder Seite mi
zwei und an der Spitze mit einer Figur geziert. Wir
fehen zu unterfl zwei Ordensheilige, in der halben
llnhc die beiden Figuren des englifchen Grußes ein-
ander gegenübergeftellt und endlich fteht zu oberft
die Geftalt eines gekrönten Greifes mit drei Gefichtern,
nämlich eins gegen vorn und je eines gegen jede Si
gi ri< htet und fo conftruirt, dafs nur vier Augen anzu-
104. Gelegentlich der übrigens nicht
forgfaltk
durchgeführten
genü-
Kenovirung der hochintcr-
(Benfen.)
fertigen nothwendig war. Vor fich hält er ein Spruch-
band, das folgende Configuration hat(Fig. 23). Es bildet
ein auf die Spitze geftelltes Dreieck mit Scheiben in den
Ecken, darin in einer P (Pater), in der andern F (Filius)
und in der dritten unteren SS (Sanctus Spiritus) einge-
hauen ift. Die drei Scheiben find im Dreieck geftellt
durch Bänder verbunden, darauf fteht auf jedem Band:
noii est. In der Mitte des Dreieckes befindet fich eine
vierte Scheibe mit D (Deus), gegen diefe Scheibe geht
aus jeder der drei Ecken ein Band, darauf fteht: est. Es
CLXXX
ift kein Zweifel, dafs Geh diefe feltene Darftellung auf
die heil. Dreieinigkeit bezieht. Die Figur trägt am
Sockel die Jahreszahl 1604.
105. Correfpondent Simeoner hat an die Central-
miffion über einen von ihm aufgefundenen alten
Thurm zu Bozen berichtet, der bereits im 12. Jahrhun-
dert vorkommt und heute noch faft intact erhalten ift.
Der Thurm hat eine viereckige Gellalt und ift überaus
maffiv gebaut. Sein Durchmeffer erreicht über 5 M. Er
fleht auf dem Dreifaltigkeits
platze, war aber urfprünglich
ein fortificatorifcher Bau am
Ende der Laubengaffe, nicht
weit vom ehemaligen fürft-
bifchöflich Trientifchen Pa-
lafte gelegen. Ringsherum
find nun wohl Häufer gebaut.
Man i,rrub in letzter Zeit das
Terrain um den Thurm ab,
fand aber nur Bachgerölle,
fchloffen, im Ganzen fchöne VerhältnilTe. Die Schall-
fenfter des Glockenhaufes und eines Raums darunter
find rundbogig abgefchloffen und durch Säulchen mit
Würfel-Capitälen getheilt. In den Thurmgiebeln je ein
kleine- Spitzbogen - Doppelfenfter. Ein fpitzbogiges
Portal mit alter Thure. An der Giebelfront ein altes
Gemälde von virtuofer Fresco-Technik, St. Chriftoph
vorftellend. Das Gemälde ift faft ganz erhalten, ein
Flugdach fchützt dasfelbe vor denWitterungseintlüffen.
Neben St. Chriftoph unten rechts ein Mönch, der mit
einer Fackel in der Hand,
aus einer Felfenhöhle her-
vortritt. Die ganze Bild-
fläche ift von einer gemal-
ten Hohlkehle umrahmt,
welche mit Heiligenfigu-
ren unter Baldachinen (St.
Nicolaus, St. .Maria, St.
Anna , St. Georg) ge-
fchmückt ift und oben in
ein Spruchband: anno
ein Beweis, wie fehr Bozen durch Ueberfchwemmungen
gelitten hatte und mit Schiebgeftein angefüllt wurde.
Die Hohe des Thurmes läßt fich nicht beftimmen, weil
man bei den Bloßlegungen noch immer auf das er-
wähnte Material kommt und dennoch reicht der Thurm
heute noch über das zweite Stockwerk der Häufer
hinaus; befonders fcheint jene Seite ftark angelegt ge-
wefen zu fein, die gegen die Wafferrichtung ftand. In
den Nachrichten über die in Bozen 1227, 132 1 und
1526 ftattgefundenen Erdbeben wird diefes befeftigten
Thurmes als befchädigt erwähnt.
106. Confervator Deininger hat an die Central-
Commiffion einen eingehenden Bericht über die Kirche
in Albiwis bei Klaufen inSüd-Tyrol erftattet, daraus wir
Nachftehendes mittheilen. Die Kirche ift klein, ein-
fchiffig, einfach gothifch, mit drei Jochen im Schiffe und
einem einfachen Netzgewölbe im Presbyterium Im
Fenftermaßwerke Dreipäffe und Fifchblafen. Der qua-
dratifche Thurm fleht an der Nordfeite, ift aus Qua-
dern folid erbaut und mit einem fpitzen Helme abge-
domini 1496 ausläuft.
In der Kirche befindet fich der St. Georgs-Flii
altar in gothifchen Kunftformen und in der Auffaffung
den Details des erwähnten Gemäldes fehr verwandt. Er
ill von mittlerer Größe, reich mit Sculpturen, Ornamen-
ten und Malerei geziert und bis auf die fehlende
Zinnen-Bekrönung vollkommen erhalten. An der Pre-
della in Hoch-Relief St. Maria, Magdalena und Johannes
CLXXXI
mit dem Leichnam Chrifti. Auf den Predella-Flügeln in
Reliefs: ein Heiliger im Hermelin, einen Knochen
haltend, und eine Nonne, eine Kette tragend, auf
gemuftertem Goldgrunde, dann ein Ritter mit Fahne
und Todtcnkopf und ein Heiliger mit Pilgerftab. Die
Außenfeiten der Predella-Flügel find bemalt, ein Hei-
liger mit zwei Pfeilen und St. Rochus auf blauem
Grunde. Im Altar-Schreine fteht im Hoch-Relief St.
Georg zu Pferde mit dem Drachen kämpfend, links im
kleineren Maßftabe die Jungfrau mit dem Lamme, im
Hintergrunde eine Burg mit zwei Figürchen bei den
Fenftern, die Innenfeiten der Altar-Schreinflügel mit
Hoch-Reliefs: St. Anna, Maria und das Kind und
St. Bartholomäus auf gemuftertem Goldgrund, außen
in Malerei: St. Nicolaus und Erasmus. Der einfache
zierliche Ausbau des Altars, die vorzügliche Ausführung
der Reliefs und Gemälde und die erhaltene urfprüng-
liche Faffung lehren, dafs man es hier mit einem werth-
vollen Kunft-Denkmale zu thun hat.
107. Auf der Straße gegen Gröden befindet fich
ein fteinernerBildftock, von viereckiger Grundform mit
abgefaßten Kanten und Blättercapitäl. Am Abacus die
fnfehrift:. .3WLAIEN | MCCCCCIII jar | MMR PAVL.
In der Mitte des Capitäls von longobardifch-mittelalter-
lichem Styl-Charakter ein Wappenfchild, darin ein
Spaten. In den Nifchen neuere Bilder, der Helm von Holz.
108. Ungefähr zwei Stunden von Bozen entfernt
liegt, wie Correfpondent P. Simeoner berichtet, ober-
halb des Dorfes Leifers ein fehr altes Kirchlein,
dem heil. Petrus geweiht, im Volksmunde „Peter
Köfele". In demfelben befindet fich ein gothifcher
Flügelaltar aus der erflen Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Das Mittelfeld enthält drei Figuren: die Mutter Gottes
mit dem Kinde am Arme, zwifchen St. Peter und
St. Paul. An der Mutter Gottes ift befonders der Kopf
zu besprechen, weil in der Anordnung der Haare, die
von einem über die Schultern zur Bruft herabfallenden
Schleier umgeben find, ein feinfühliger Gefchmack her-
vortritt. Ihr Gefichtsausdruck ift ungemein lieblich,
der der beiden Heiligen ernft. Auf den beiden Flügeln
findet fich je ein Gemälde (St. Johannes B. und
St. Erasmus). Die Predella ift mit der Darfteilung des
ulichen Heilands in der Kelter geziert (Chriftus
dornengekrönt, mit dem Purpurmantel und den
Wundenmalen). Der Altar macht einen wohlthuenden
Eindruck. Die Figuren find in Holz gefchnitzt mit
großem Fleiße. Die Außenfeite des Altarflügels enthält
zwei Bilder (St. Laurenz und einen heiligen König). Die
Kirche felbft ift ungemein ftark gebaut, befonders
maffiv angelegt, faft feftungsartig, die Apfis halbkreis-
förmig.
109. Confervator Lukfeh machte die Mittheilung,
dafs die Pfarrkirche zu Falkenau (Station der böh-
mifchen Nordbahn nächft B.-Kamnitz) mehrere von
Kennern als Kunftwerke erklärte Gemälde befitzt,
über deren Herkunft fich in dem Memorabilienbuche
nur die Angabe findet, dafs ein aus Falkenau gebür-
tiger Mfgr. Anton Gürtler, Bifchof von Tiene i. part.
und Beichtvater der Königin Karoline von Neapel,
in den Achtziger-Jahren des vorigen Jahrhundertcs
diefelben theils in Neapel, theils in Rom erworben und
der Kirche feines Heimatsortes zugewendet habe. Ein
Monogramm oder dergleichen findet fich bei keinem.
Eines derfelben (heil. Magdalena) wurde „in neuerer
Zeit" renovirt und gilt als Guido Reni. Ebendafelbft
befindet fich auch und ilt von derfelben Herkunft: ein«
Statue von carrarifchem Marmor, mit der Bezeich-
nung: „Eques Franciscus Queirolus Janvenfis fculpfit
Renne 1752", ein Hautrelief und ein Crucifix aus Elfen
bein.
110. Confervator Majonica b< richtet: Thatfächlich
ill es, dafs die Umgebung von Aquileja in ihrem wei-
teften Umfange fehr reich an Alterthümern aus der
Roinerzeit ift und dafs an allen Straßenzügen, weli he
von diefem Emporium nach den verfchiedenften Rich-
tungen führten, fich zahlreiche Römerfpuren finden.
So wurde im Januar bei Bukavica nächll Görz an
der Stelle, welche wegen der vielen und großen Ziegel-
brennereien den Namen Fornace führt und höchft-
wahrfcheinlich der Mutatio ad fornulos des Itinerars
entfpricht, auf einem Grundftücke eine Anzahl
römifcher Alterthümer gefunden; auch traf man
auf einen ziemlich gut erhaltenen Brunnen römifchen
Urfprunges. Bei der Ausräumung desfelbcn fanden
fich viele Spuren von entfehieden römifchen Ton-
waaren, wie: Ziegelfteine, Bruchftücke von verfchie-
denen Amphoren und kleineren Gefäßen, fowohl ge-
wöhnlichen Fabricats, als auch feinerer, fogenannter
arretinifcher Provenienz, nur ein Gefäß (Krug) war
intacL
in. Südweftlich von Monfalcone bei der Kirche
Marcelliana la Vecchia wurden beim Herausziehen
eines Baumes einige römifchc Ziegelfteine und viele
kleine Würfel, weiß und fchwarz, von einem römifchen
Mofaikboden entdeckt. Confervator Majonica hat
diefe Stelle unterfucht, wie weit fich diefer Fußboden
ausdehnte, und kam zu dem Refultate, dafs außer dielen
unzweifelhaften Spuren einer römifchen Anfiedlung
fich nichts weiter vorfindet. Der Mofaikboden ill
höchft einfach, in der Nähe eines Straßengrabens,
kaum 030 M. unter dem Niveau, ilt fehr befchädigl
und bietet, in technifcher Beziehung ohne Bedeutung,
ornamental nur zwei parallele Streifen, weiß und
fchwarz.
112. DerCentral-Commiffion ift durch Bart/. Pecnik
Nachricht zugekommen, dafs jener Infchriftftein,
welchen Müllner in Aemona S. 27 befpricht, den auch
Pfarrer Tunnelfteiner befchrieben hatte, Schönleben
und Valvafor erwähnen und der, feit dem er von dem
Felde bei Großdorf, wo er aufgeftellt war, verfchwand,
als verloren betrachtet wurde, in einer Stallungsmauer
des Schloffes Thurn am Hart umgekehrt eingemauert
ift. Der Stein ift fehr groß, nach Art einer Meilenfäulc,
mit gut erhaltener Infchrift.
Derfelbe Bart/. Pecnik hat ferner berichtet, dafs
er den Verfuch gemacht hat, die Quelle auszuforfchen,
welche zur Wafferleitung vom Gorjany Gebirge nach
Noviodunum benutzt wurde. Bei der Quelle nächft
Ileiligenkreuz finden fich noch römifche Mauerrefte
von befonderer Fertigkeit. Die Leitung gefchieht mit-
teilt Thonröhren, die an der Bergleime circa zwei
CLXXXII
Schuh tief eingelalTen find und läßt fich bis zum Gurk-
fluß verfolgen.
113. Baron . Ritter-Zahonx hat dem k. k.
Staatsmufeum in neuefter Zeit ein lehr wertin
macht; dasfelbe wird auf beiläufig 5700 fl.
bewerthet und enthalt: Münzen, circa 500 Stück,
circa 100 Bronzen, Thonlampen und Terracotten. dann
nftände aus Elfenbein und Bein, Eifen,
hnittene Steine, Sculpturen und einige Ein-
richtungsgegenftande Karten etc.). Die Central Com-
mifllon hat fich veranlaßt gefehen, dem Gefchenk-
geber ganz befonders zu danken.
114. { Circulandum an die Confervatoren II. und III.
Seilt I - find in neuerer Zeit zahlreiche Fälle vor-
male ihrer Vorfahren um vorübergehenden fchnoden
Vortheüs wegen fo leicht entfchlagen. Diele Dinge
haben zweifellos hiftorifchen YVerth, werden gern
icht und aus der Hand des Zu ifchenhandlers um
namhafte Summen gekauft, wahrend die den Verkauf
durchführende Corporation fich ihrer Schätze um eine
elende Summe entäußert. Die Central-Commiffion halt
es für zweckmäßig, das Augenmerk der Herren
Confervatoren auf diefes Vorkommnis zu lenken, und
fpricht den lebhaften Wunfeh aus, in der Rettung von
derlei Gegenftanden durch diefelben unterftützt zu
werden.
Die Rettung befteht zunächft wohl in der Ver-
hinderung des Verkaufes, was zum großen Theile
fchon dadurch gelingen mag, dafs die Befitzer diefer
Gegenftände auf den hiltorifchen und moralifchen
U
y
jj, ' ■; : .--J-.;J ' * • ''
Fig. 25. | Hafenburg.j
gekommen, dafs auf dem Antiquar-Markte Gegen-
Itände zum Verkaufe kamen, die zweifellos aus dem
Befitze von Gemeinden oder Innungen (Zünften
flammen. Es können derlei Gegenstände genug ge-
nannt werden, und feien beifpielsweife nur hervor-
gehoben: Urkunden auf Pergament und Papier, Privi-
legien-Documente, ältere Innungsrechnungen, Ver-
zeichniffe der Mitglieder, Gemeinde- und Zunft-Siegel-
ftempel, auch Original-Siegelabdrücke, von den Urkun-
den abgetrennt, Innungstruhen, Bilder, Trinkgefaße,
namentlich aus Zinn, Abzeichen, ja fogar Fahnen und
Trauer-Embleme; alle diefe Gegenftände find mit-
unter bereits Handelsartikel.
Es ift verftimmend, dafs Gemeinde-Vorftände
und Genoffenfchaften fich diefer ehrwürdigen Denk-
Werth aufmerkfam gemacht werden, und dafs in ihnen
auf diefe Weife das Intereffe für die beftimmungs-
gemäße Erhaltung des Gegenstandes wachgerufen
wird. Freilich muß für die Rettung auch durch die
Befchaffung eines ficheren Aufbewahrungsortes ge-
forgt werden. Ein folcher bietet fich in den Landes-
mufeen und in den Mufeen einzelner Gemeinden, die
gewiß bereit fein würden, folche Gegenftände unter
Aufrechthaltung des Eigentumsrechtes der betref-
fenden Gemeinde oder Corporation, in deren Befitz
fich diefelben befinden, gewiffermaßen in Aufbewahrung
und der allgemeinen Befichtigung und dem öffent-
lichen Studium zugänglich zu übernehmen.
Die Central-Commiffion glaubt fchließlich nicht
unerwähnt laffen zu dürfen, dafs fich derlei Denkmaler
CLXXXIII
gegenwärtig nicht mehr immer im Befitze der bezüg-
lichen Corporation befinden, fondern olt bei jenen
Familien aufbewahrt werden, deren Mitglieder früher
der Zunft- oder Gemcindevorftehung angehört haben.
Die Central-Commiffion empfiehlt fomit, den
Befitz von derlei Gegenständen, infoweit er (ich con-
llatircn läßt, gelegentlich ZU eruiren und für deren Er-
haltung in der angedeuteten Richtung gefälligft wirken
zu wollen.
115. Confervator Gruß hat in jüngfter Zeit an die
( Yntral-Commiffion iiber den Zuftand der Ruine
Hafenburg bei Idbochowitz berichtet. Die Ruine befteht
eigentlich nur mehr aus zwei machtigen Thürmen. Der
fogenannte weiße Thurm hat viereckigen Grundriß, ill
circa 30 M. hoch, die Wände find 7 M. hoch und 87t ^.
breit, er ilt aus Sandfteinen, meift Quadern erbaut.
Zwei Wände trennen fich infolge eines Riffes vom
Aufhebung des Jefuiten-Ordens an das k. k. Militär
übergeben wurde. Seit dem Jahre 1880 wurde diefe
Kirche — der fchönfte Renaiffance-Bau Brunns — mit
größter Sorgfalt und Pietät reftaurirt. An der Stelle
diefer Kirche ftand vom 13. Jahrhundert an bis \^~y
das Herburger Nonnenklofter, worauf 1578 diejefuiten
im Befitze nachfolgten, die namentlich mit Untcr-
ftützung des Cardinais Frans v. Dietrichflein, Bifchofs
von Gimüz, die jetzige Kirche erbauten. Der Bau be-
gann 1598 und endete mit der Kirchweihe zu Ehren
der Himmelfahrt Mariens im Jahre 1602.
Die Kirche hat eine ausgedehnte auf fechs mäch-
tigen Pfeilern ruhende dreifchiflige Anlage mit einer
rings um das Hauptfchiff laufenden Galerie und mit
zum Presbyterium ausmündenden geräumigen reich
decorirten Oratorien. Den Plan entwarf Architekt
Georg Gialdi, dem fein Bruder Tobias, ein Maler,
behilflich war.
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Fig. 26. (Hafenburg.)
übrigen Mauerkörper. Der fchwarze Thurm ift kreis-
rund angelegt, 25 M. hoch, mit 9 M. im Durchmeffer,
aus Bafaltftein aufgeführt, ift weniger fchadhaft;. die
Trümmer der übrigen Burg find nicht mehr zu retten.
Die Burg wurde von den Hufiten angegriffen und zer-
ftört, feit diefer Zeit verfällt fie. Sie ift auf einem lang-
gezogenen Bafaltrücken, der zwei Erhöhungen hat,
angelegt. Auf dem einen Hügel fteht der Rundthurm,
dabei wenige Baurefte. Die andere Gebäudegruppe
bekrönt den anderen Hügel, ift mit einem Graben ge-
fchieden, darüber eine Brücke führt. In diefer Gruppe
befindet fich der große Saalbau und der quadratifche
Bergfried. Den Quadratthurm und ein größeres Vor-
werk veranschaulicht die Illuftration Fig. 25, die ganze
Situation mit Markirung beider Thürme der Grundriß
(Fig. 26).
116. Confervator Trapp berichtete über die Gar-
nifons-Kirche in Brunn, dafs fie im Jahre 1786 nach
Der Thurm befindet fich ober dem Haupteingange
und wurde erft zwifchen 1732 — 1733 durch den Zimmer-
meifter Eitelberger erbaut, vom Brünner Klempner
Offner mit Blech gedeckt; heute ill er nicht mehr voll-
ständig erhalten, da ein Theil 1843 abgetragen wurde.
Die Gewölbedecke hat Meifter F. A. Scheffler
1739 — 1744 bemalt, vorftellend die Verherrlichung
Mariens. Den Hoch-Altar verfertigte nach dem Mufter
des Ignatius-Altares in Rom der Bildhauer J. G. Schau-
berger 1735, das Altar-Bild malte Franz Eckflein.
Die neun Seiten -Altare und die Beichtftühle ver-
fertigte Adam Nefsmann, Schauberger's Schüler. Die
Stoccatur-Arbeit der Laien-Bruder Tobias Süßmayer.
Die zwei großen Seiten-Altäre foll der Oberftkämmerer
Mährens Ladislaus Berka von Duba und Lipa haben
anfertigen laffen, deffen Schwefter Helena, Witwe nach
Bernhard von Tovar und Enzesfeld hingegen die
beiden herrlichen Altar-Bilder hiezu — italienifchen
oder fpanifchen Urfprungs — gefpendet haben.
CLXXXIV
h find zu erwähnen die acht Gemälde ober
Beichtftühlen — Scenen aus dem Leben Mariens —
tlt \^n Baldiffera de Anna im \~. Jahrhundert. Die
kenmalerei in den beiden Seitenfchiffen bringt
rymbolifche Darftellungen auf die betreffenden Altare
bezüglich und endet unterhalb des Mufik-Chores,
der Tradition nach Meifter Scheffler fich fclbft in Mitte
feiner Familie darfteilt. Die große Orgel lüftete Fran-
I Gräfin Leslie geb. Dietrichftein ; von derfelben
nerin dämmen die kunftvollen Chorftühle.
Die Sacriftei zeichnet fich durch Stucco-Orna-
mente und fchön gefchnitzte Hinrichtung aus
i 17. Glockcn-Infchriftt ■:■.
i. An der großen Glocke zu Maria- Saal, welche
allein im nordlichen Thurme hangt, und nach Mitthei-
lung des Confervators Größer 170 M. breit und 2 22 M
hoch ift, fteht oben in reicher Umrahmung Sancla maria
\rre miferis, iwa pufillanimes, refove flebiles ora
pro populo. Zu beiden Seiten des Adlers: leopoldo
augufto regnante et contra turcos gloriose trium-
phante. Dann folgen drei Zeilen: hls fratrlbVs georglo
nICoLao et woLfgango anDrea ab Yrslnl et rofen-
berg Caefarl LeopoLDo YiCtorlae ConsILIIs. Dar-
unter das Rofenberg fche Wappen und St. Nicolaus,
Woll Andreas und Georg. Daneben im Bogen:
sub tuum praesidium confugimus saneta dei genitrix-
fugite partes adversae.
Dem Adler gegenüber ift auf der anderen Seite
des Rofenberg fche Wappen, umgeben von fechs klei-
neren Wappen, angebracht; links etwas höher das
erzbifchöfliche Salzburgifche Wappen mit folgender
l'mfchrift: anno InqVo Joannes erneftVsComes aThVn
prlnCepsaCarChlepIsCopVssaLIsbVrgensIsCreatVs,
zur Zeit als Maximilianus Krneftus graff von Scherffen-
berg proplt georgius petrus riedl ss. th. Dr. dis ftyffts
dechant wahre hat mich goffen madthias Landtsman
zve clagenfurth in jähr 16.S7.
2. Köftenberg; große Glocke: o. sanfte. philipe.
et .Jacobe . orate . pro . nobis . a. v.im . vli (1547) jar . jero-
mine.egcker, dazwifchen zwei gekreuzte Pfeiler in
einem Schilde o.rex.glorie. veni .cum .pace; mittlere
Glocke: erasmus . stamffl . zu . villach . gos . mich . in .
es. nam.amen .ano. 1578. (Die Glocke fafl fchellen-
förmig); dritte Glocke: Martin Mathias Zechenter 173 1 .
[18. Correfpondent Malka hat an die Central-
Commiffion berichtet, dafs anläßlich des Baues der
Zweigbahn von Wefely an die ungarifche Gränze eine
bedeutende Anzahl prähiftorifcher Funde gemacht und
zahlreiche Fundftellen aufgefchloffen wurden.
Vom füdöftlichenEnde der Bahn an der ungarifchen
Gränze bei Skalic bis Sudomeric und Betrau fleht man
in den ausgedehnten Materialgruben die charakterifti-
fchen fchwarz gefärbten Brandplätze und Brandgruben,
welche bi- 13 M. tief zahlreiche Thierknochen, Thon-
fcherben und Kohlenftücke, manchmal auch menfehliche
Skeletterede enthalten, mitunter Metallgegenftände.
Diefe Schichte, welche offenbar eine kürzere oder län-
gere Befiedelung vermuthen läßt, läßt fich faft ohne
Unterbrechung und in großer Ausbreitung auf allen
Feldern bisSudomeric verfolgen, während gegenPetrau
hin nur getrennte vereinzelte Brandplätze vorkommen,
fie haben 5 — 10 M. im Durchmeffer und find fchon
oberflächlich zu erkennen. Die B ran dplatzft eilen bei
den Abhangen Crtoryje und Babi Doly find uralt fo
benannt und beide Oertlichkeiten, die an einem Seiten-
arme der March Moravka) liegen und auffallende Ein-
renkungen aufweifen, lallen vermuthen, dafs fich in der
Xalu- davon jenfeits des Marcharmes eine wahrschein-
lich prähiftorifcheWallbefeftigung findet. Ueber die Art
der Lagerung der genommenen Fundgegenftände kann
nichts angegeben werden, da den zu Tage geförderten
enftänden von den Arbeitern keinerlei Aufmerkfam-
keit zugewendet wurde, die menfehlichen Knochen
wieder vergraben, die Thongegenftände zertrümmert
und verfchleudert wurden. Nur wenig konnte nach-
traglich gerettet werden, darunter eine Bronzenadel
mit flachem Kopfe, ein befchädigtes Thongefaß mit
Wellen-Ornament und Knochen vom Rind. Schwein,
Schaf und Hirfch und Scherben von in freier Hand
angefertigten Gefäßen. In einer Brandgrube So Cid.
tief) lag das Skelet eines Kindes mit einem Bronze-
ringelchen und einem Thongefaß mit Wellen- Ornament.
Auf einembenachbarten ebenfalls fanft abfallenden
Abhänge, genannt Golgotha oder Na sibenici, durch-
fchneidet die Eifenbahn ein ausgedehntes Gräberfeld,
wofelbft bereits 60 Gräber aufgedeckt wurden.
Diefe Graber waren 2 M. bi> 3% M. tief und ent-
hielten im freien Boden geftreckte Skelette mit ver-
fchiedener Ausstattung, welche jedoch mit geringer
Ausnahme faft durchwegs auf eine friedliche la
anfaßige Bevölkerung fchließen läßt. Die Gräber lagen
3 — 4 M., bisweilen auch bis S M. von einander. Zwei
Graber wurden in Gegenwart des Berichterftatters
eröffnet und ergaben beachten-w erthe Refultate. In
einem, 2 M. tief und 90 Cm. breit, fand man das Skelet
einer erwachsenen Perfon, wahrfcheinlich eines Mannes,
gegen Nordweft gelegt, der Schädel lag auf der rechten
Seite, die rechte Hand gegen die Bruft gewendet.
Daneben Brandfpuren, Afche und Kohle. In der Len-
dengegend links lag ein umgeftürztes Gefäß mit Wellen-
linien, auf der rechten ein Eifengegenftand mit Holz-
griff vielleicht ein Melier. Das zweite vollftändigeGrab
barg eine Kindesleiche mit Eifengegenftänden.
Die dritte Funddelle liegt nördlich von Straznic
bei Znorov. Auch dort kamen bei Aushebung von
Erdmaterial Brandgruben und Erdgräber zum Vor-
fchein. Von den verfchiedenen Fund-Objectcn waren
nur Thonfcherben und Thierknochen zu retten. Es
follen zwei Spiralarmbänder von Bronze gefunden
worden fein. Die Thonfcherben find beachtenswerth,
da diefelben auf Grund der Ornamente in die neoli-
thifche, nicht in die vorgerückte Metallzeit gehören.
119. f lntaejjante vorgefchichtliche Funde bei
Kremfier.)
Correfpondent Karl Biefel in Kremfier theilt mit,
dafs auf der rüdlich gegen Kotojed fanft abfallenden, mit
fruchtbaren Feldern der Kremfierer Bürger bedeckten
weiten Fläche, an der von Kremfier nach Kvafic führen-
den Straße auf dem Acker des Baumeifters Herrn
Zajicek, in der dafelbft beftehenden Ziegelei im Laufe
der letzten Jahre durch Abfuhr der Lehmerde beiläufig
100 M lange. 4 M. hohe Wände entftanden, an denen
man 2'/2 M. tief unter der Erdoberfläche 15 dreifeitig
begränzte längliche Gruben ustrinen erblickt, an
füllt mit Holzafche, Holzkohlenftückchen, Abfallen des
CLXXXV
Haushaltes, Zahnen und Thierknochen und Taufende
von Bruchftücken von Thongefäßen, darunter zwei
ziemlich erhaltene fchön geformte Topfe und ein vor-
züglich fchönes mit Ornament verfehenes Näpfchen
aus Roththon.
Im Lehmlager anderweits fand man zwei Keile,
einen aus Serpentinltein, den andern aus Kupfer, ein
befonders fcharfes Werkzeug aus Feuerftein, zum
Bearbeiten der Thierhaute. und die Hallte einer Fiebel
aus Bronze. Unbezweifelbar haben wir hier eine vor
einem ganz betrachtlichen Zeit-
räume bcltandenc Menfchen-
anfiedlung vor uns. Die eben
befprochenen Gruben gaben
auch ein Bild der Anfiedlung.
Die in den leeren Raum
des ausgehobenen Erdblocks
eingelegt gedachte Mittelaxe
, ieht von Oft gegen Weil und
(landen, eine 15 M. breite unre-
gelmäßige Gaffe bildend, die
I bitten einander gegenüber;
neben jeder Hütte eine Grube für
Aufnahme der Abfälle des Haus-
haltes.
Fig. 27. (Curzola.) ._ _ , .. , . ,
Der Schädel des in genann-
ter Axe gefundenen Menfchengerippes lag in der
Richtung gegen Often hin.
120. Confervator Klattsner in Radautz hat an die
Central-Commiflion berichtet, dafs er bei Kilinestie
bei Gelegenheit einer Abgrabung ein regelmäßig
angelegtes Leichenfeld gefunden hat. Die Urnen liegen
in geraden Linien und in regelmäßigen Zwifchen-
räumen. In einer eben in Anwefenheit des Confervators
in einer Tiefe von circa f ausgehobenen Urne fand
man bei ihrem Zerfalle nur Afche. Bei Horodnik fand
derfelbe fünf Tumulc ähnlich jenen zu Hliboka.
121. Bei dem Eifenbahnbaue Dqbica-Rozwaiio:,'
traf man in der Nähe des Ortes auf eine Stelle, welche
eine alte Begräbnisftelle vermuthen läfst.
Auf einer fandigen faß: 100 M. langen und
breiten Anhohe, umgeben von Sumpfter-
rain, darüber fich diefelbe c. 3 M. erhebt,
zeigen fich einzelne Stellen mit fchwarzer
Erde, welche von dem umgebenden weißen
Sande grell abftechen. Diefelben haben
o-5 — 07 M. im Quadrat. Bei Aufgrabung
einiger derfelben zeigte fich die fchwarze
Erde bis c. 1-4 — I 7 M. in Tiefe reichend
und am Grunde fanden fich zerfallene
irdene Gefäße. Aus den größeren Scher-
ben kann man Geftalt und Di-
menfionen einiger diefer Gefäße
beurtheilen und laffen einige
Scherben auf Gefäße von großem
Umfange fchließen. Als Material
ift grobkörniger Thon verwen-
det von röthlicher oder fchwarz-
grauer Farbe. Auf einigen
Stücken finden fich Spuren von
Verzierungen, erhabene horizontale Streifen.
XIII. N. F.
122. Confervator AlibranWhzX Nachricht gegeben,
zu Lombardei in der Nähe der bekannten Stein-
hohle zu Vcrmk auf Curzola vor einigi r Zeit mehrere
Steinbeile gefunden wurden. Die meiften wurden ver-
fchleppt, nur eines war ihm möglich zu erwerben. Es
ift aus Granit angefertigt, grünlich, die Maße find
0-05 Cm. in der Breite, O'O.S Cm. in der Hohe und
189 Grm. im Gewichte. Es ilt zu bemerken, dafs dir
Form des Beiles fich auffallend jener der griechif
Werkzeuge diefer Art nähert (Fig. 27).
123. Confervator Petris zeigte der Central-Com-
miffion an, dafs bei dem Dorfe Paugnano nächft Capo
d'Iftria auf einer circa 400 M. hohen Anhöhe, wofelbft
häufig Funde gemacht werden, wie Ge-
räthe, Münzen, diefe angebliche Fundftelle
von ihm einer eingehenden Unterfuchung
unterzogen wurde. Die fchwarze Erde im
Mcrgelterrain, die Maffc von Steinen, die
Ueberrefte von Urnen, Amphoren, die
Menge römifcher Münzen, die man dort
fand, die Sagen, die fich an diefe Stelle
knüpfen, laffen vermuthen, dafs Paugnano
einft eine wichtige römifche Station
wefen. Von neueren Fundftücken fei er-
wähnt eine clavis lacoricia 12 Cm. lang
(Fig. 28), ein Werkzeug aus feinem Stahl
ohne Spitze (17 Cm. lang) und eine Stange
(Fig. 29) ebenfalls aus Stahl im Gewichte
von 7*/2 Klg. (vielleicht eine veclis) 1 M.
lang.
\-
124. Confervator Ilaufer machte der
Central-Commiffion die Mittheilung, dafs
in einem Ziegelwerke zu Nu/sdorf bei
Wien am Steilrande der Donau ein menfeh-
liches Gerippe, zu deffen Seiten zwei
Bronzeringe lagen, gefunden wurde; das
Gerippe lag von Nord gegen Süden in
einer Tiefe von 115 M. im Löfs, die Humus-
Schichte hat 65 Cm. Stärke; der eine
Armreif war ganz (Fig. 30), der andere
beftand aus zwei Bruchftücken.
125. Correfpondent Schramm hat im Fi 2Q
März d. J. an die Central-Commiffion be- (paugnano.)
richtet, dafs zu Pola in der Contrada Porta
Aurea für den Ablauf des Regenwaffers — vom Caftell
jier _ ein Sickerloch gegraben und bei diefer Arbeit
Fig. 28. (Paugnano.)
Fig. 30. (Nußdorf.)
in einer Tiefe von 1 M. 10 Cm. das alte römifche Stadt-
pflafter aufgedeckt wurde. Da dies Sickerloch noch
vertieft werden mußte, fo wurden einige Steinplatten
CLXXXV
uen der romifche
Abzugscan..
'anal ift i M. 6 Cm. hoch, i M. 8 Cm. breit
mit Bruchfteinen t und gepflafter:. 1 »ie
Gemeinde läJ iben reinigen und iit mit diefer
Arbeit b:- rta Aurea angelangt.
m Thore war das Mauerwerk
Canales fchadhar. .b einige Steine umt
r Arbeit kamen Quadern mit
fatz zum Vorfchein; bei Entfern ilrd-
materiaL auch deutlich erkennbar, dafs diele
Quadern die Baus der Porta Aurea bilden, welche bis
nun unter der Straße verfchüttet war.
Diefes Thor würde durch die Freilegung diefer
.e ursprüngliche Höhe erhalten.
Da die Gemeinde es unterließ, derk. k. Bezirks-
Hauptmannfchaft von diefer Arbeit Mittheilung zu
machen, und bei dem Umftande, dafs kein Sachver-
ftänuiger die Leitung diefer Arbeit hatte und nicht
iloffen ift, dafs durch Untergrabung des Funda-
men: Monument Schaden leiden könnte, fo
wur 'rtfetzung der Arbeit vorläufig eingestellt
und die Gemeinde zur Vorlage eines Projektes, wie fie
die Freilegung bewirken wolle, aufgefordert.
Gemeinde beabfichtigt, die Bafis bis zum
alten römifchen Pflafter freizulegen und das Thor mit
m eifernen Gitter zu umgeben, fo zwar, dafs diefes
iment in feiner urfprünglichen Höhe und Form
fichtbar fein v
Bei Grabu: zweiten Sickerloches in der
. des Domes wurde die Fortfetzung diefes Canales
gefunden, welcher jedochnicht mit Platten bedeckt,
fondern eingewölbt ift.
Die Gemeinde wird diefen Canal. fo weit es mög-
lich ift, reinigen laffen. Außerhalb der Porta Aurea
Ie ferner ein Theil der alten Via Flavia, welche zum
Campo Marzo und nach Medolino zum Porto Flanatico
führte, aufgedeckt. Diefe Straße ift mit Triefter Stein
gepflarter, die Fahrrinnen für die Wägen find noch
deutlich fichtbar.
I2*j. Im Spätfommer 1886 wurden, wieConfervator
Profeffor ]'. . berichtet, in der Pfarrkirche der
ladt Mülln in Salzburg verfchiedene Reparaturen
vorgenommen. Unter anderem wurde auch ftatt des
fchadhaften und feucht gewordenen Verputzes am
erften Wandpfeiler rechts neben der Sacriftei ein neuer
Verputz angelegt. Bei dem Entfernen des alten kam
der im Innern des Renaiffance-Pfeilers erhalten geblie-
bene gothifche Wandpfeiler zum Vorfchein. Derfelbe,
aus Quadern aufgeführt, hat die in Fig. 31 erfichtliche
Geftaltung. Er wurde, dank dem bereitwilligen Ent-
gegenkommen des hochwürdigen Herrn Pfarrers, bis
auf eine Höhe über 2 M. vom Boden an vom Putz voll-
kommen gereinigt und bleibt dergeftalt erhalten und
offen. In der Höhe von 1 ■ 95 M. beginnt der Anfatz für
eine Figuren-Confole, doch ift felbe faft ganz zer
Der gegen Südoften gerichtete in Mitte des hoch-
gelegenen Friedhofes fich erhebende gothifche Bau an
Stelle einer früheren Capelle, wurde 1453 geweiht. Er
ift faft durchgehends aus Conglomerat-Ouadern aufge-
führt. Ein einfehiffiger Bau mit dreifeitigem Chor-
fchluße und romanifirender Thurmanlage an der
Südfeite. Die äußeren Strebepfeiler find zweimal abge-
en Fenfter erscheinen
heute rundbogig. Das fteile Kirchendach fchließt im
N iweften mit einem über die fpäteren Zubauten
aufragenden Quadergiebel. Das heute verdeckte ein-
fach. >e mit fpätgothifchen Rip]
fich circaeinen Mt I der
aus jüngerer Zeit flammenden
verfchalten und ftuccatorten
Decke und trägt im Sc'.
der Gewölbekappe das
malte Wappen des Erzbifchofs
I »itrich. In dem zur
Kirche gehörigen K
bäude befindet fich ein Bild,
das den alten Beftand
Kircheninneren zeigt mit orna-
mentalen Malereien in den
Gewölbezwickeln des irrthüm-
lich dargeftellten Kre
bes. Spuren folcher Bemalung
finden fich heute noch. Dem
r
■
•
.
gothifchen Baue wurden
im
Laufe der Zeiten verfchiedene
Bauten angefügt, das Innere
mannigfaltig verändert und
feines gothifchen Charakters
völlig entkleidet. Bereits Erz-
bifchof Wolf Ditrich begann
diefe Umgeftaltung mit der
Ausmalung der Kirche, dem
Anbaue der Capellen, der In-
ltandfetzung des Weges zur
Kirche und der aufwärtsführenden Stiege, dem Baue
des gegenüberliegenden Klofters mit dem Verbinde:
gange über die Straße und der Verkleidung der äußeren
Mauerfläche der Kirche durch Mörtelanwurf. Der hohe
Pyramidenhelm des viereckigen Thurmes wurde 1
unter Erzbifchof Max Gandolph durch einen ge-
fchweiften mit Weißblech gedeckten hohen Helm
erfetzt. 1704 erhielt der Treppenaufgang die heutige
Geftalt, 1735 verfchwand die alte Decke unter der Ver-
fchalung. Die Marmor- Altäre wurden 1760 bis 1768
beigeftellt, einer mit der Vorftellung d laus
Tolentinus, ein gutes Gemälde von J. M. Kottmayr
1690. Als Wahrzeichen des alten gothifchen Werkes
erfcheinen nur der bloßgelegte Wandpfeiler und das
zwölfeckige einfach profilirte gothifche Taufbecken
aus rothem Adneter Marmor. Die beigegebene Tafel
veranfchaulicht die Situation diefer Kirche und ihren
Grundriß.
127. Das Minifterium für Cultus und Unterricht
hat dem archäologifchen Vereine Vecla in Caslau für
Ausgrabungen am Hrddek ausnahmsweife für das
laufende Jahr eine Subvention von 50 fl. gegen ein-
gehende Berichterftattung über das Ergebnis der
Ausgrabungen an die Central-Commiffion bewilligt.
128. Die noch beftehende Kirche des ehemaligen
Minoritenklofters in Tulln ift laut einer unter dem
Mufikchor befindlichen Infchrift im Jahre 1732 be-
gonnen und am 13. Juni 1739 durch den Paffauer
Weihbifchof Anton Grafen von Lamberg confecrirt
worden. Wie Confervator Ritter v. Riewel berichtet,
CLXXXV1I
ift es ein einfchiffiger Hau von befi heidenen Dimen-
fionen, circa 78' innere Länge, 25' Breite, 35' Höhe,
von Oden nach Wellen gerichtet, vier Joche und
einen halbkreisrunden Chorfchluß bildend. Das Innere
zeigt eine befonders fein durchgebildete Barok-Archi-
tektur mit vorzüglicher, in Stucco ausgeführten orna-
mentalen und figuralen I'laftik. Das Schiff itt durch
breite, aus Doppelpilaftern fich entwickelnde elliptifch
geformte Gurten in vier Felder getheilt, die mit fo-
gi nannten Platzelgewölben überdeckt find, deren
Flächen mit Bildern aus dem Leben des heil. Nepo-
muk bemalt find. An der Wand der Chornifche ift die
Glorification diefes Heiligen al fresco ausgeführt,
doch find alle diele Bilder von keinem befonderen
Kunftwerthe. In der Kirche hat fich noch die fchöne
Einrichtung erhalten, wovon befonders die reich aus-
geführten Hol/arbeiten, wie Kirchenbänke, Bet- und
Beichtftühle, Thüren, Orgelgehäufe und Sacrifteikäften
hervorzuheben find. Der Hauptaltar, die Kanzel mit
Schalldeckel und die vier Seitenaltäre find aus Stucco
hergeftellt. Die Seitenaltarbilder unbedeutend. Unter-
halb der ganzen Kirche befindet fich die Kloftergruft
mit befonderem Altare, deffen Bild den Tod des heil
Johannes Nepomuk zeigt. Die Gruftgewölbe und jene
in der Sacriftei find mit Stucco-Ornamenten reich ge-
ziert. Der Thurm fleht an der Südfeite. Die Kirche
wird auf Koften der Stadtgemeinde reftaurirt.
129. Se. Excellenz der Herr Unterrichts-Minifter
hat unterm 19. Auguft d. J. eine neue Abgränzung der
Confervators- Bezirke 3. Seelion in Galizien, refpective
deren Vermehrung von drei auf fünf genehmigt. Der
erfte Bezirk umfaßt die Stadt Krakau und den gleich-
namigen politifchen Bezirk, der zweite die politifchen
Bezirke Jaroslau, Przemysl, Sanok und Lisko nebft den
weltlich davon gelegenen politifchen Bezirken mit
Ausnahme des erften Bezirkes, der dritte Bezirk um-
faßt das ganze polnifche Archivswefen in den politi-
fchen Bezirken Cieszanow, Jaworöw, Moscika, Sambor
und Staremiasto, fowie alle weiteren örtlich davon
gelegenen politifchen Bezirke. Der vierte Bezirk, be-
nimmt für das ruthenifche Archivswefen die politifchen
Bezirke Brody, Brzczany, Cieszoniöw, Grödek, Kami-
onka, HrumU'ova, Jaworow, Lemberg, Moscika, Prze-
mysläny, Bawaruska, Sokal.Tarnopol, Zbaraz, Zloczow
und Zolkiew. Der fünfte endlich ebenfalls für rutheni-
fches Archivswefen alle übrigen öftlichen und füd-
lichen politifchen Bezirke Galiziens.
Für den erften Bezirk wurde Profeffor Dr. Stanis-
/aus Smolka in Krakau, für den zweiten Dr. Michael
Bobrzynski in Krakau, für den dritten der Univerfitäts-
Profcffor Dr. Liske, für den vierten Dr. Ifidor Szara-
niewiez und für den fünften Dom-Cuftos Anton Pie-
trusziewiez, alle drei in Lemberg, ernannt.
130. Correfpondent Domanig hat an die Central-
Commiffion über die Kirchenruine zu Täufers im Mün-
ßerthale, die er vor kurzem befichtigte, berichtet. Die
Kirche ift zum Theile Magazin und Stadel, doch noch
immer befonderer Beachtung würdig. Zwei Reftau-
rirungen, eine in der gothifchen Zeit, die andere im
17. Jahrhundert und felbft ein Brand im Beginne unferes
Jahrhunderts haben den urfprünglichen Character die-
fes romanifchen Baues nur wenig beeinträchtigt. Von
Intereffe und gai feltfam ift die Anlage, vier gleiche
Quadrate zu einem Kreuze vereinigt, ohne jeglicher
adung für den Altar, davor geleg zwei weitere
Quadrate, welch« mit einer Flachdecke bedeckt, in
zwei Gefchofie zerfallen, davon das untere durch
ein einfaches rundbogiges Säulen - Portal mit der
Kirche in Verbindung ficht und als Vorhalle und
Begräbnisort diente. Das obere Gefchoß fcheint als
Chor gedient zu haben und ficht ebenfalls mit der
Kirche in Verbindung. Man bemerkt dafelbft ein
romanifches Doppelfenfter und an den Wanden \
trefflich erhaltene Gemälde aus dem 15. Jahrhundert
ohne höheren Kunftwerth, doch fromm und bieder und
charactcriftifch. Auch der Altar-Raum und andere
Stellen in Innern find mit zum Theile bloßgelegten
arg mitgenommenen alten Fresken bedeckt. An der
nördlichen Außen feite befindet fich ein großes Chri-
ftophbild von hohem Alter. An der Facade ein hüb-
fches romanifches Säulen-Portal. Der Thurm ficht links
in der Ecke des Querarmes und vorderen Joches und
ift mit einem Steinhelm bedeckt. Die einzelnen Qua-
drate der Kirche find mit einfachen Kreuzgewölben, nur
das Querjoch rechts mit combinirtem Rippengewölbe
überdeckt. Die Kirche fcheint zuerft BenedicTänern,
dann Johannitern gehört zu haben, und ift feit Kaifer
Jofeph II. entweiht.
131. Confervator Majonica hat an die Central-
Commiffion berichtet, dafs auf dem Grunde des fo-
genannten Traghetto bei Aquileja ein römifcher
Sarkophag gelegentlich der Baggerung gefunden
wurde. Die Central-Commiffion hat die Mittel gewährt,
damit diefer Stein für das Staatsmufeum in Aquileja
gehoben werde.
132. Es ift nicht unintereffant, fich einen Ueberblick
zu bilden über dasjenige, was in neuerer Zeit in den
im Reichsrathe vertretenen Ländern in Betreff der
Confervirung der kirchlichen Baudenkmale in weite-
rem Sinne, d. i. mit Einbeziehung von Ausbauten und
durchgreifenden Reftaurirungen bis zur Erneuerung
der Innen-Einrichtung der Kirchen gefchieht.
Zwar ift es nicht möglich, in den nachftehenden
Aufzählungen diefen Gegenftand zu erfchopfen und
doch find diefelben fchon fo umfangreich, dafs man
mit einer gewiffen Befriedigung auf diefe Thätigkeit
blicken kann.
Was vorerft Nieder- Ocfterreich betrifft, fo enthält
das Archiv der Central-Commiffion hierüber ausrei-
chende Daten.
Faffen wir zunächft Wien in Betracht, fo bedarf
es wohl nicht vieler Worte, wenn wir der ihrem Ab-
fchluße entgegengehenden eigentlichen Reftaurirung
der St. Stephanskirche erwähnen, die, unter der Künftler-
hand des Dombaumeifters hergeftellt, nun wieder ihre
edlen Formen ungefchwärzt und von allen Schäden ge-
heilt, dem bewundernden Befucher zur Schau ftellt.
Die neuefte Zeit brachte die höchft dringende
Reftaurirung der Außenfeite der St. Peters- Kirche,
eine im Ganzen recht gelungene Ausbefferung und die
Ergänzung des fchönen Portals der ehemaligen Mino-
ritenkirche, wie auch eine durchgreifende Reftaurirung
und das Beftehende ergänzende würdevolle Ausftat-
tung des Innern der Schottenkirche, einfchließlich der
CLXXXVIII
on fünf Altären und der Kanzel aus
Steinmater
Wenn wir das Weichbild der Stadt überfchreiten,
begegnen wir fo manchem Beweife der Thätigkeit auf
dem Gebiete der praktifchen Archäologie. Zunächft ift
der \ Stifte zu gedenken. An deren Spitze lieht
in diefer Beziehung Kloßerneuburg, deffen confer-
virende und reftaurirende Wirkfamkeit geradezu mufter-
3 it Decennien wird mit dem Aufwände nam-
hafter Geldmittel auf diefem Felde gefchaffen. Der
herrliche Kreuzgang, die prachtvolle Freifinger-Capelle
und die . apelle zeigen fich in vollemSchmucke
des vollendeten Werkes. Die Facade der Kirche ift mit
thunlichfter Wiedergabe ihrer alten Geftaltung erneuert,
der füdliche Thurm ift im Neubaue vollendet, der nörd-
liche fteigt rafch zu feinem Abfchluße hinan. Bald
wird die Stiftskirche ftatt ihres ruinenhaften Aeußereii
das Bild eines flattlichen Domes geben.
Bei Klofterneuburg ift auch der fyftematifchen
Aufftellung der Grabdenkmale im Kreuzgange und
insbefonders der neu aufgeteilten und wiffenfehaftlich
geordneten Waffenfammlung und jener von kleinen
tgegenftänden und Gemälden zu gedenken, wo-
felbft fich fo mancher hochwichtige alte Gegenftand
befindet.
Mit nicht minder anerkennenswerther Rührig-
keit wird, wenn auch in befchränkteren Dimenfionen,
in den drei Ciftercienfer-Stiften Nieder-Oefterreichs
gefchaffen. In Heiligenkreuz wird das Hauptgewicht
auf die Reftaurirung der Kirche, die faft abgefchloffen
ift, und auf die ftylgemäße Beiftellung ihrer Innen-Ein-
richtung gelegt. Die Herftellung einer rechtsfeitigen
Empore, einer neuen Kanzel und eines neuen Hoch-
altares nach Angabe des Architekten D. Avanzo find
als aus jüngftx-r Zeit flammend zu erwähnen. In Lilien-
feld wurde das alte Brunnenhaus im Kreuzgange
wieder hergeftellt und auch eine große Brunnenfchale
zur Aufftellung gebracht. In Zweifel wird das Capitel-
haus unter der Leitung des Architekten R. v. Rü
reftaurirt und an neuen polychromen Fenfter-Yer-
glafungen gearbeitet. In allen diefen Stiften verdankt
man diefe Reftaurirungsarbeiten den kunftfinnigen
Prälaten, die fich damit um ihr Klofter hochverdient
gemacht haben.
Große bauliche Veränderungen bereiten fich an
der Frauenkirche in Wr.-Neußadt vor. Die Thürme,
welche in ihrem Oberbaue aus gothifcher Zeit, in den
unteren Partien aus romanifcher (lammen, mußten
en Schadhaftigkeit abgetragen werden und nun
ruftet man fich zum Wiederaufbaue, der zwar noch
nicht ganz ausgemacht ift, aber hoffentlich doch fo
zuftande kommen wird, dafs die alten Thürme in dem
Xeubaue genau nachgeahmt wieder erftehen werden.
Zwar gibt es hier noch manche Meinungsverfchieden-
heit, die fich bis zu lächerlichften Vorfchlägen verftx
allein der einzige richtige Vorfchlag ift und bleibt der
Wiederaufbau der Thürme nach dem alten Vorbilde.
Ganz nahe von Wr.-Xeuftadt geht ein fchönes
altes unvollendet gebliebenes Bauwerk feinem Aus-
baue entgegen, es ift die gothifche Kirche zu Lichten-
th. Durchgreifende und gelungene Reftaurirui
können wir verzeichnen an der fchönen fpätgothifchen
Kirche zu St. Valentin, an der Pfarrkirche zu Jeden-
gen, an der Dr Capelle zu Tulln, am
Thürme zu Imbaeli. an der Pfarrkirche zu Baden, an
der Pfarrkirche und an der S I apelle zu Waid-
r Ybbs. In der Reftaurirung begriffen ift
die gothifche Ffarrkirche zu Brunn am (.-,
Freilich wohl geht es bei diefen Reftaurirungen
nicht immer ab. befonders wenn mit
diefer Aufgabe nicht Fachmanner betraut werden oder
doch Xichtfachmanner das leitende Wort bean-
fpruchen, und wenn man fich von der Central-Commif-
fion, die ftets bereit ift, durch ihre Organe Rath zu
ertheilen, fern halt
Beifpielsweife feien als folche mißlungene Unter-
nehmen benannt die gefchmacklofen Thurmbauten zu
Markcrsdorf. Limberg, Gumpoldi-kirchen, auch ift zu
erwähnen die nicht geinig forgfame Reftaurirung der
Außenfeite der Wiener 1 aner-Kirche und der
Luprechts-Kirche in Wien. Auch dieSpitals-Capelle
in Mödling läßt in Betreff ihrer abgefchloffenen Reftau-
rirung manches zu wünfehen übi :
Die aufgezählten Orte zeigen, dafs die Central-
Commiffion über die Reftaurirungen in Xieder-Oefter-
reichfo ziemliche Kenntnis hat, wenngleich außer Zweifel
fteht, dafs fo manche Umgeftaltung von kirchlichen
Gebäuden, die gewiß mitunter von Wichtigkeit find,
der Central-Commiffion unbekannt geblieben ift.
Nicht fo glücklich ift die Central-Commiffion in
Betreff Ober - Oefterreich's. Durchblättert man die
Jahresberichte der Commiffion feit nahezu einem De-
cennium, fo finden wir fo wenig Xachrichten, dafs man
glauben müßte, es gefchähe in diefem Kronlande für
Erhaltung alter kunftreicher Kirchen gar nichts und
doch ift dies bei weitem nicht der Fall.
Der Thurm in Steyr wird nach desDoinbaumeifters
Freiherrn von SchniidtY\zx\m\X einem neuen gothifchen
Abfchluß verfehen. Altmunßer's Pfarrkirche wurde
reftaurirt, an der Stadt-Pfarrkirche in Lins wurden
bauliche Ausbefferungen vorgenommen und mHallßadl
wird ein gothifcher Altar aufgeftellt. Dies bieten die
Acten der Central-Commiffion.
Aus dem Salzburgifchen können wir verzeichnen
die Wiederherftellung alter Fenfterverglafungen in
reichem figuralen und Farbenfchmuck in der Kirche
zu Scheffau, wozu die Anregung von Confervator
Berger ausging, die Reftaurirung der herrlichen
Gabriels-Capelle am Sebaftians-Friedhofe zu Sahburg,
die Wiederherftellung der durch einen Blitzfchlag
befchädigten Glasmalereien in der Leonhardskirche zu
Tamsweg. Xicht unerwähnt darf bleiben, dafs an der
St. Peters-Stiftkirche in Salzburg einige zweckmäßige
Reftaurirungen, ebenfolche an der fchönen fogenann-
ten Capitelfchuemme durchgeführt wurden und dafs
eine Reparatur des Pflafters im Dome bevorfteht.
In Tyrol wird in kirchlicher Beziehung lebhaft in
guter Reftaurirung gearbeitet, auch in Betreff der
Profanbauten gefchieht fo manches. Zunächft ift der
eingreifenden ftyigerechten und koftfpieligen Reftau-
rirung des Trienter Domes zu gedenken, die eben jetzt
durch die Auffetzung der Knmungskuppel zum Ab-
fchluße gebracht wird. In Innsbruck hat fich Confer-
vator Deininger durch feine Reftaurirungen in der
Franciscaner-Hospiz-Hofkirche verdient gemacht.
In Hall wurde die Magdalenen-Capelle vernünftig
reftaurirt. Auch zu Ha/egg bei Hall wurden viele
zweckmäßige Reftaurirungen durchgeführt, namentlich
CLXXXIX
am intereffanten dortigen Thurme. Die eben fo fchüne
als fchadhafte Faqade am Stersinger Rathhaufe mit
dem freundlichen Erker wird nun wieder ausgebeffert
und hoffentlich für lange Zeit feftftehend gemacht.
Schloß Rungelflein reftaurirt Dombaumeifter Freiherr
v. Schmidt. Im Brixner Kreuzgange wird nun energifch
1 [and angelegt zur Erhaltung der ein würdigen Fresken.
Für die fchöne Inviolata-Kirche in Riva wird das
herrliche I [olzgetäfel pietätvoll ausgebeffert. Das Denk-
mal im Wippthale ilt anftändig wiederhergeftellt. So
befriedigend all dies ilt, fo gibt es doch ein Bauwerk
in Südtyrol, das mindeftens gleichwürdig mit allen
denen ilt, die eben aufgezahlt wurden, das ift das
Caftell zu Trient. Diefer herrliche Bau ilt einer Reftau-
rirung recht bedürftig, allein die Macht der Verhältniffe
und der momentanen Situation lallen einen folchen
Glücksfall derzeit noch nicht hoffen.
L.
132. Confervator Jenwy hat unterm 24. Auguft
d. J. an die Central-Commiffion berichtet, dafs ein
großer Brand in den fechziger Jahren Veranlaffung
war, dafs in dem Liechtenftein'fchen Dorfe Schaan die
Ueberrelle eines römifchen Caftells oder mindeftens
einer wahrhaften Manfio, an welcher die romifche Ileer-
w elchcr nach rückwärts in einen breiten Nackenfchirm
ausläuft. Auf feiner unteren Seite fteht ein Haken
vor /.um Anhangen des Helmes, zu welchem Zwecke
fonft oben ein Ring oder Knopf diente. Die Backen-
ftücke findganz ■ rsbreitundin doppelten Bögen
ausgefchnitten, daraul auch vorftehende Zapf
1 bracht. Von den Kettchen, die fie unter dem Kinn
zufammenhielten, verblieb keine Spur. D 1 vollftäm
Helm wiegt 1930 Grm. ! , hohlen
mnenraumes beträgt von Stirn zu Nacken 20-5 '
von Ohr zu Ohr 185 Cm., die ganze Höhe nur 14«
die Länge der Backenkappen 14, ihre Breite 115 Cm.,
der Stirnreif nicht ganz 2 Cm., derNackenfchirm 5"2 Cm.
Den Werth der Helme erhöht die darauf befindliche
Infchrift ihrer vormaligen Befitzer, von denen die eine
unterhalb des Stirnreifes mitteilt ftumpfer Punze, die
ein Sternchen aus vier Strahlen zu fein fcheint, eilige-
fchlagen
P-CAVIDIVS • FELIX- D-C'PETRONI
lautet, die andere
N • POPONI • 0 • L • TVRETED1 • COR • III
zu lauten fcheint.
Die letztere fteht auf der oberen Seite des
Nackcnfchutzes in fcharfer tiefer I'unktirung, wie die
.'•.;•'♦.
ftraße Brigantium — Curia vorbeizog, zu entdecken,
welche Statio als das in der tab. Beut, verzeichnete
Magia feitdem angefehen wird. Eine Viertelftunde
oberhalb diefer Stelle im fogenannten Dux (= Aquae-
ductus) fand nun ein Arbeiterin! Walde in einer Tiefe
von faft einem Meter bei Grabung einer Wafferleitung
zwei Helme, ohne dafs ftch dabei ein anderer Fund-
gegenftand ergeben und die Erde ringsum ein befon-
deres Ausfehen gezeigt hätte.
Die beiden Helme unterfeheiden fich felbft nur
in ganz geringfügigen Einzelnheiten von einander, find
in Größe und Form nach gleichem Vorbilde gearbei-
tet. Ihre Erhaltung ilt mit Ausnahme eines fehlenden
Backenftückes an dem einen Helme und etlicher zer-
ftörter Nietnägel eine feiten vorzügliche. Die jetzigen
el find neu eingefetzt.
Sie repräfentiren die gewöhnliche Form, wie fie
romifche Soldaten trugen, eine nahezu halbkugel-
formige, völlig glatte Haube, in welcher ein kräftig
gearbeiteter fchmaler Stirnreif angebracht ift und
Xlll N. F.
Abbildung (f. beigegebene Tafel) es veranfehaulicht.
Herr Oberbibliothekar Zangentneifler in Heidelberg
lieft fie:
1. B (ublius) Cavidius Felix D (= centuriae) C
[= Gai (i)] Petroni (i) und
2. N (umerii) Po (m) poni (i) O [= centuriae) L
(ueii) Turetedi(i) cort [ (is) = cohortisj III. (= tertiae)
und knüpft daran einige Erläuterungen.
Der Gentilname Cavidius ift fehr feiten. Es findet
fich ein Beifpiel in der ftadtrömifchen Infchrift vom
Jahre 70: Corp. 17. n. 200, cent, III. vers 33, wo ein
Cavidius Januarius vorkommt. I' ift die bekannte Cur-
la form für f, welche fich fpeciell auf Bronzefchriften
nicht feiten findet. Der Gaius Petronius ift alfo der
Centurio der Centuria, in der P. Cavidius Felix diente.
Die Cohorte ift in der eilten Infchrift, was gewöhn-
lich nicht angegeben. L. Turetedius ift der Centurio
der Centuria, in der N Po (m) ponius ftand. Zu welcher
Legion beide Centurien, bezüglich diefe dritte Cohorte
gehörten, läßt fich aus den Infchriften natürlich nicht
cxc
I. n.
und
erfehen, noch überhaupt errathen. An eine Hilfs-
cohorte ift fchwerlich zu denken, eher an die Cohorte
einer Legion. Poponius für Pomponius findet fich
— abgefehen von der fehr alten Infchrift Corp.
939 — z. B. Corp. IX. 1261 Peponia Veneria
Corp. X. S2J6- Poponia.
Das Gentilicium Turetedius fcheint fonft nicht
vorzukommen. Es ift von einem Turetius gebildet,
wie Siliedius (Ephem. ep. IV. S63' von Silius. Taretius
wird von E. Huber Questiones onomatologice 1S54
p. 42 — 59 in der Lifte der Namen auf etius nicht er-
wähnt, bekannt find aber Turius, Turcius, Turellius
(fo z. B. Corp. vol. X). Man könnte vermuthen, dafs
mit Turetius zufammenhinge der Name des Ortes
der Allebroges zwifchen Vienna und Cularo [z= Gra-
tianopolis) Turecionnum (auf der Tab. Peutz, wo dann
alfo vielleicht Turetionnum zu fchreiben fein würde.
Aber nach Dejardins Geographie de la Gaule d'apres
la table de Peutinger ;Paris 1869), p. 396 ift auf der
1'cutingeiTchen Karte vielmehr Turedonus zu lefen.
Die Schreibung cortis hat durchaus nichts auf-
fallendes, fo wenig wie die andere, ebenfalls nicht
feiten vorkommende chortis.
Für die Beftimmung des Alteis ift in der zweiten
Infchrift der Anhalt einigermaßen gegeben, durch
das Fehlen des Cognomen von dem Po (m) ponius.
Darnach dürfte diefelbe in den Anfang der Kaiferzeit
gehören. Eine andere Meinung fetzt die Helme in die
Mitte des dritten Jahrhunderts, da die beiden P voll-
ftändig gefchloffen find.
Außerordentliche Seltenheit, Schönheit und lehr-
reiche Parallelen zu den in unferen Landen gefundenen
Objecten machen diefen Fund hochwichtig.
134. B. Pecnik in Gurkfeld berichtete, dafs er am
15. Juli d. J. in Munkendorf einen Infchriftftein aufge-
funden hat. Derfelbe wurde als Pflalterftein in einem
Vorhaufe verwendet, ift noch gut erhalten, aber nur
Fragment. Die Infchrift lautet:
ORNELIVS
ER • S1BI • ET
NELIA • E
L • V ORI
(Cornelius, .er fibi et (Cor> neliae lvibertae v (x) ori.
Ausgegraben wurde diele Infchrift in Malenze aus
der Feftungsmauer.
155. Das Schickfal der Vefte Hohenfalsburg
fcheint doch in Bälde feiner Löfung entgegen zu gehen.
Militär-Aerar und die Verwaltung der Staats-Finanzen
dürften demnächft in die Lage kommen, ihr Schlußwort
zu fprechen. Für die Central-Commiffion hat diefe
Angelegenheit eine ungewöhnliche Wichtigkeit, da
fie von ihrem Standpunkt ohne Rückficht auf den
eventuellen künftigen neuen Befitzer trachten und an-
ftreben muß, dafs diefes in feiner Art hochwichtige,
ja einzige Denkmal eines mittelalterlichen befertigten
Schlaues nicht nur in feinem Aeußern und Innern
Hammt Vorwerken erhalten bleibt, fondern auch nach
Bedarf reftaurirt werde.
136. In der Kirche zu Lieding in Kärnten wurden in
neuefter Zeit die in den einzelnen Fenftern erhalten
gebliebenen Refte alter Glasmalerei im Jahre 1887 ge-
fammelt und in den drei Chorfenftern paffend gruppirt
wieder eingefügt. Bei einzelnen Stellen mußten neu
eingeführte Partien mit architektonifcher Darftellung
eine paffende Vermittlung fchaffen.
137. Seine Majeftät haben mit Allerhöchfter Ent-
fchließung vom 18. Auguft 1887 dem geheimen Rathe
Karl Freik. v. Czörnig und dem Univerfitäts-Profeffor
Theodor Ritter v. Sickel das Ehrenzeichen für Kunft
und Wiffenfchaft und mit Allerhöchfter Entfchließung
vom 13. September 1887 dem k. k. Sectionsrathe Dr.
Karl Lind den Orden der eifernen Krone III. Claffc zu
verleihen geruht.
Seine Majeftät haben mit Allerhöchfter Entfchließung vom 23. Auguft d. J. dem geheimen
Rathe und Unter-Staatsfecretär a. ü. Dr. Jofeph Alexander Freiherrn v. Helfert in Anerkennung
feiner verdienftvollen und erfolgreichen Thätigkeit als Präfident der Central -CommiiTion für
Erforfchung und Erhaltung der Kunft- und hiftorifchen Denkmale das Großkreuz des Franz Jofeph-
Ordens allergnädigft zu verleihen geruht.
Der hochverdiente Vorgänger des gegenwärtigen Präfidenten der Central-Commiffion hat an denfelben
aus obigen Anlaffe ein aus Auhofen bei Bruneek vom 31. Juli d. J. datirtes höchft fchmeichelhaftes Schreiben
gerichtet und darin bemerkt: „Seine Kaiferl. und Königl. Majeftät hat, indem Er Ihnen den höchften Grad
Seines Ordens verleiht, zugleich der Central-Commiffion einen fprechenden Beweis Allerhochft Seiner Fürforge
und Anerkennung ertheilt. Mögen Euer Excellenz noch durch lange Jahre diefe einen Glanzpunkt für Oefter-
reich bildende Anftalt zu gedeihlichen Erfolgen leiten, an der ich als der Gründer derfelbcn einen pcrfönlichen
Antheil nehme."
<U^&3X57&^
CXCI
Die Pfarrkirche zu Cilli.
Aufgenommen von Sunko, befchrieben von yohann Graus.
jB^KSjJACHWEISBAR drei Städte hatte Steiermark
3 in der Zeit römifcher Herrfchaft und Cultur :
Petovium, das heutige Pettau, Claudia Celeja,
jetzt bekannt unter dem Namen Cilli, und Flavium
Solvenfe oder Solva, das auch nach der Völkerwan-
derung noch unter der verdorbenen Benennung „Ziup"
im 9. Jahrhunderte als „civitas" erfchien, fpäter aber
verfchwand und vom jetzigen Orte Leibnitz erfetzt
Fig. 1. (Cilli.)
wurde. Unter den zwei elfteren, die fich mit dem
Namen und der Würde von Städten durch alle Stürme
der Zeiten bis auf uns erhielten, verdankt Cilli dem
Kaifer Claudius die Erhebung zur römifchen „Colonie"
(um 60 n. Chr.) und feine damalige Blüthe ift um fo
unzweifelhafter, da feine Lage am Schluße des breiten
Sannthaies und Zufammenfluße zweier Gewäffer vor-
theilhaft ift und drei römifche Straßenzüge nach
XIII. N. F.
Aquileja, nach Petovium Sirmium und Sabaria, dann
nach Virunum hier zufammentrafen. Eine Reihe werth-
vollcr Römerdenkmale hat man hier aus dem Hoden
gegraben, die für das antike Leben in Cilli Zeu
fchaft abgeben. Unter der forgfamen Obhut, die fich
in neuerer Zeit dort bethätigt, wächft die Sammlung
des Cillicr Local-Mufeums heran, immer reicher und
anfehnlicher fich geftaltend. Gewaltige Gebälkftücke,
Mofaik- Böden von bedeutender Flächenausdehnung
beweifen uns, dafs Celeja monumentale Bauten in fich
faßte. Die Funde der Gcdenkfteine lallen uns leicht
den Doppelcharakter und die Ein-
theilung der Stadt in eine „Civilftadt",
das „aus der ehemaligen Barbaren-
Ortfchaft zum Municipium emporge-
wachfene bürgerliche Cilli", und in
eine „Militärftadt" unterfcheiden, in
welch letzterer im „unteren" Theile
die Cafernen der römifchen Mann-
fchaft, im ..oberen", dem „praetorium
quaestorium" mit dem Forum, die
Wohnung der Officiere und des Be-
fehlshabers und zwifchen beiden
Abtheilungen im Räume, die man die
..prineipia" nannte, „die Standarten,
die Altäre der Götter, die Bildniffe
der Kaifer, bei denen die Soldaten
fchwuren", aufgestellt waren.1
Eine Auffchreibung, zwar aus
dem 13. Jahrhunderte, aber verfaßt
nach einer in die antike Zeit zurück-
reichenden Quelle, fchildert Celeja
„als eine mitReichthümern angefüllte,
dicht bevölkerte, durch ihre Befatzung
mächtige Stadt, „thurmgekrönt und
prunkend mit marmornen Paläften".
Der bürgerliche Stadttheil war füd-
wärts bis ins Flußbett der Sann hinein
gelegen, deren unruhiges Gewäffer
manchmal Ueberfchwemmungen her-
beigeführt haben muß, weil man auch
dem Hauptgotte des Meeres und der
Ströme einen Altar zu errichten für Fig. 2.
nothwendig fand („Neptuno aug. sac.
Celejani publice"). Nordwärts davon, im Militärquar-
tier und der Refidenz der Procuratoren, opferte man
..Jovi Depulfori", dem kriegerifchen Helfer, der Reiter-
göttin Epona und dem unbefiegten Mars. Hier, wo
man die Soldatenfteine, dieVotiv-Altäre des römifchen
Militärs, die Statue des „fchwörenden Legion
gefunden hat, wo der Standort des Marstempel gefucht
werden muß, ftehen wil aber auch an der älteßen Spur
des Chriflenthumes zu Cilli. Hier wurde der heil. Maxi-
1 Dr. Fr
Procuratur von Noricum"
,Ueber die römifche Militarftadt in Celeja und die
in d. Mitth. d. k. k. Ccntr.-Comm. IX. Bd.. S. LIX ff.
bb
CXCII
in Bifchof von Lorch, um 2S0 eben anwefend in
feiner Vaterftadt Cilli, verhört und verurtheilt, weil er
den „unbefiegteften Gott Mars, von dem alle Hoffnung
des Heiles abhängt-, verunehrt habe und trotz des ihm
angetragenen Oberpriefteramtes am Tempel („ponti-
ficatum templi obtineaf'i nicht opfere, hingerichtet.1
Im Soldaten-Quartiere Lextra muros", wie die
„vita etc." fagt) erhebt fich jetzt noch zu Cilli die
Kirche des heil. Maximilian und eine Capelle, rfons
llationis" genannt. Aber weder über den V.
den das Chriftenthum hieher nahm ob über Aquileja
oder Sirmium), noch über die Entftehung des bifchöfli-
chen Sitzes laffen fich gefchichtliche Anhaltspunkte
ergründen. Hunnen 442 , Oftgothen und Avaren find
einstweilen über die Stadt gefhithet und haben mit der
Zerftörung, die fie hier angerichtet, gewiß auch dem
kirchlichen Leben fchweren Schaden zugefügt. Erft
F'g- 3-
nach diefen argen Stürmen, im Jahre 579, lefen wir vom
erften und einzigen Bifchofe von Cilli, Johannes. Sein
Name ward unter die Acten einer Synode von Grado
gefetzt; feine Einfetzung muß von Aquileja aus erfolgt
fein. Mit der Einwanderung der heidnifchen Slaven
und ihrer Befitzergreifung von diefer Gegend ging
das Bisthum Cilli ficherlich zu Ende. Von da an, alfo
vom Jahre 600 aufwärts, folgte für das kirchliche Leben
in Cilli eine dunkle Zeit und Bisthum, Chriftenthum und
Stadt verfchwinden für den Hiftoriker mitfammen, bis
im 12. Jahrhunderte der Name eines Bürgers wieder
von der Exiftenz der Stadt, im 13. Jahrhunderte ein
Pfarrer von der Kirche dort wieder Zeugniß geben.
Die mittelalterliche Stadt Cilli, aus der 11S5 ein
.. I'ernhardus de Cilie" fich urkundlich kundgibt, hatte
1 Die Untcrfuchung über die Maximilians-Lcgcnde fiehc in Huber:
„Gefchichic des Chriftemhums in Südoft-Dcutrchland" I. Bd., S. 79 ff.
früh jedenfalls fchon Kirche und pfarrliche Verwaltung.
Im Jahre 1229 unterfertigt fich an einer Oberburger
Urkunde auch ein Rubpertus plebanus von Cilli,
wahrend in felbem Documente die kirchliche Ober-
hoheit des Gebietes unter Aquileja ausgefprochen
wird („prefidente Aquilegenfi fedc Domino Perhtoldo
patriarcha-, l'rkundenbuchll. S. 359V Auch ein Patron
für diefe Pfarre wird notirt 1301 in einer papftlichen,
für das Clariffinenklofter in Judenburg gegebenen
Confirmation, wo Ulrich II. Graf von Heunburg dafür
genannt wird Canonicus Oroien: Das Bisthum und
die Diöcefe Lavant 111 . Um jene Zeit wird aber auch
der Burg von Cilli gedacht, deren Inhaber von der
ten Bedeutung für Ort und Kirche geworden find;
..Cylie die purch vnd den marcht darunter" behandelt
eine Urkunde von 1323 (Beiträge zur iteierm. Gefch.
X. 113). Vom Jahre 1340 fchreibt fich der Titel der
berühmten Grafen von Cilli her; davon meldet eine
Stelle im Anonymus Leobiensis , dafs Friedrich
„liberinus" de Sunek" vom Kaifer Ludwig dem Bayer
den Titel eines „comitis de Cyleya" erhalten hat. Der
Chronift gedenkt dabei, wie diefer Ort einft fo hervor-
ragend war '„in exercitiis militaribus claruiffe dicitur"
und der „rex Rugorum Odoaker olim pergens in
Italiam" mit vielen andern Städten ihn zerftört habe,
dafs aber die Spuren antiker Größe noch zu feiner
Zeit fichtbar feien (..cujus ruina et collapfio usque
hodie demonftratur"), Beiträge VIII. 5 . Unter der
CXCIII
Regierung der Grafen von Ciili kam das Anwefen
der Stadt wieder in die Höhe; 1450 ..haben die von
Cilli umb die Stadt ein neues Gemäuer angefangen, die
vor nit vmbgemauert fondern nur mit einem Zaun und
Graben eingefangen war" (Cillier Chronik VIII, 110).
Im Jahre 1451 erhielten die Bürger auch die Rechte
anderer Städte und damit war Cilli aus der langen
Periode des Verfalles, feit der Völkerwanderung her,
zu einer ehrenhaften Rehabilitation wieder empor-
liegen.
Um nun auf die Kirche zu kommen, fo wird ihres
Titels urkundlich zum erftenmal zwar erft 1319 Er-
wähnung gethan, wo das Gcfchick eines Priefters
Heinrich ..plebanus plebis s. Danielis in Cilia" erzählt
wird. Diefer Weihetitel erinnert gleich an den Süden,
wo bei Udine ein großer Ort S. Daniele genannt ift
unter der Herrfchaft des Patriarchates von Aquileja,
mit dem die Kirche zu Cilli in engftcr Verbindung
ftand; im Norden dürfte er feiten vorkommen.
Natürlich mußte in einem Orte, fo alt und von der
Bedeutung wie Cilli, fchon längft eine Kirche beftanden
haben, wenn nicht der altchriftlichen Periode ent-
flammend, fo doch eine Baute des 12. Jahrhundcrtes
mindeftens und dann mit der Styl-Charakteriflik der
romanifchen Kunft. An diefer Kirche amtirte jener
Rubpertus plebanus von 1229 und fie ftand noch am
inne des 14. Jahrhunderts.
Von dem 14. Jahrhundert an müßen durchgreifende
Aenderungen mit dem Kirchenbaue vor fich gegangen
fein; wir fehen es dem Objecle felbft ab und wir lefen
Andeutungen davon in den Auffchreibungen. Schon
vom Jahre 1306 gibt es eine Correfpondenz der erz-
bifchöflichen Kanzlei von Aquileja ..wegen der Weihe
der Kirche von Cilli" („Archival-Unterfuchungen in
Friaul und Venedig- von Prof. v. Zahn in den Beiträgen
zur Kunde fteierm. Gefchichtsquellen VII, S. 101). Im
Jahre 1379 erfloß ein Ablafsbrief vom Nuntius Cardinal
Bonaventura, gegeben zu dem Zwecke, ,.ut igitur paro-
chialis ecclefia fandii Danielis in Cilia Aquilejenfis
diocefis congruis honoribus frequentatur", gegeben
denen zum Abiaffe , welche zu den verfchiedenen
Fellen des Jahres die Kirche befuchen und „manusque
porrexerintadjutrices".'\Yir mögen daraus entnehmen,
dafs um jene Zeit der Kirchenbau fchon ziemlich
vollendet gewefen fein mußte. Mit diefen freilich
dürftigen Nachrichten haben wir zufammenzuhalten
die Auffchreibung des „Straßburger Vifitations-
Protokolles" von 1545, worin bemerkt wird: „Fundator,
der Khirchen (N. Daniel) ift Graff Hörmann von Cilli,
Lehens- vnd Vogtherr ift die Rom. Khr. Majeftät,
Confirmator der Patriarch zu Aglar" (Canonicus
Orosen, das Bisthum. d. Diöcefe Lavant III. j6). Da
Graf Hermann I. geftorben war 1385, fo muß der
Umbau der Cillier Stadtpfarrkirche in die zweite
Hälfte des 14. Jahrhundertes eingefchatzt werden. Zum
Beginn des 15. Jahrhundertes haben wir noch einen
Beftandtheil des Umbaues zu verzeichnen, nämlich die
fchöne nördliche Seiten-Capelle der Grafen von Cilli,
wie fie gewöhnlich zugenannt wird. In einer Urkunde
von 1413 gibt nämlich Nicolaus, Generalvicar des
Patriarchates von Aquileja, dem Bifchofe Nicolaus von
Hippo die Vollmacht zu einer Capellenwcihe in Cilli: ..ut
capcllam Ileinrici ejusdem Domini comitis (Hermann II
1 Im fteierm. Landes-Archive.
notarii atque unum altare noviter conftruclum in Cilic. .
confecrare de novo poffitis".1 Diefe Capelle kann 1
andere wohl nicht fein, als die Capelle Trium regum
(facellumi, in dem Vifitations-Protokolle von 1545 „1. F.
Altar" genannt, wo die Grafen von Cilli ein Beneficium
gelüftet hatten, und welche fpäter einer hieher über-
tragenen Bruderfchaft zu lieb den Titel „matris
dolorosae", Sieben Schmerzen-Capelle, erhielt, den fie
jetzt noch inne hat [OroSen 111, S. 83, 200, 263).
Das Patronat über diefes Beneficium im Sacellum 15.
V, M. hatten einft die Grafen von Cilli, fpäter der
Eandesfürft, an deffen Peutz das Erbe der Cillier
Grafen übergegangen war. Der Schluß, den wir aus
vorftehenden Daten unter genauer Berückfichtigung
der Bauformen an der Stadtpfarrkirche zu Cilli ziehen,
ift nachflehender:
Ein altchriftlicher Kirchenbau Celejas ift unferen
Blicken entfehwunden.
.
Fig- 5-
Aus der Bau-Periode des romanifchen Styles,
der wir landläufig die meiden älteften Kirchen ver-
danken, reftirt in Cilli noch das Mittelfchiff, welches
urfprünglich das einzige Schiff war, nach Often ohne
Zweifel durch den Altarraum einer halbkreisförmigen
Apfis abgefchloffen.
Im Verlaufe des 14. Jahrhundertes vollzog fich
hier ein durchgreifender Umbau zur Erweiterung.
Darnach wurden zwei niedrigere Seitenfchiffe angefügt,
das alte romanifche Schiff mitten gegen fie in Bogen-
öffnungen durchbrochen, erhöht, mit Oberlichtern
verfehen, nach Often ftatt dem alten Apfisfchluße mit
einem geräumigeren gothifchen Chore ausgebaut. So
entftand alfo ftatt der romanifchen einfehiffigen eine
gothifche dreifchiffige Anlage mit überhöhtem Mittel-
fchiffe und niedrigen durch Pultdächer bedeckten
Abfeiten. Der ganze Kirchenraum wurde damals mit
Kreuzrippen-Gewölben verfehen. Auch der Thurm
wird diefer gothilirenden Bau-Periode entflammen.
fleierm. LanJcs-Archive.
I.b*
cxciv
Am Beginne des i;. Jahrhundertes wendete fich
die Bauluit noch einmal der Kirchenerweiterung zu
und fpendete ihr (ftatt des möglicherweife beftandenen
kleinen Polygonfchlußes Glichen Auslauf des
llichen Seitenfchiffes die in vulgo fogenannte
Capelle der Cillier.
Das 16. Jahrhundert hielt fich für verpflichtet,
der Kirche den Anbau der Sacriftei beizufet/.en ; auch
das iS. Säculum, wenn wir nicht irren, wünfchte fich
hier bemerkbar zu machen durch die Zufügung zweier
kurzer Capellen an der Süd- und Nordfeite der Kirche.
Der eigentlichen Baubefchreibung muß man vor-
ausfchicken, dafs wir an der Pfarrkirche von Cilli eine
dreifchiffige Kirchenanlage haben, deren nördlicher
Abfeite am Wellende ein Thurm, am örtlichen Ab-
fchluß eine weitvorfpringende Capelle vorgelegt ift.
Regelmäßige Gliederung, das Refultat einer vorbe-
dachten Bauführung fehlt hier ganzlich, denn diefer
Bau ift das Product einer Reihe von zeitlich weit aus-
einander liegenden Aenderungen an einem urfpriing-
Fig. 6.
liehen Kerne, wobei nicht die Erzielung einer künft-
lerifchen Einheit, fondern nur die Befriedigung
praktifcher Bedürfniffe in Ausficht genommen wurde.
1 las Hauptfchiff hat eine lichte Länge von 2170 M.
und eine lichte Breite von 7 M. Wir werden kaum
irren, wenn wir es für den romanifchen Grundftock,
das ehemals einzige Schiff der Kirche des II. oder 12.
Jahrhundertes halten. Als es im Laufe der Zeiten zu
klein wurde, um allein den nöthigen Kirchenraum
bieten zu können, hat man es zu einer dreifchiffigen
Anlage ausgebaut. Das ift auch anderswo ahnlich
gefchehen, nur feiten fo crud als wie hier. So find z. B.
Leibnitz - Feldbachs Pfarrkirchen in Steiermark aus
einfehiffigen romanifchen Bauten zu zweifchiffigen im
14. Jahrhunderte), jene von Hartberg, Straden, Groß-
florian, Ofterwitz zu dreifchiffigen im 17. oder 18. Sacu-
lum erweitert worden. Dem einen Schiffe hat man aber
hier zwei Seitcnfchiffe einer hellten Breite von 380 M.
baut und hat die Wände des alten jetzt mittleren
Schiffes zu weiten Arcaden-Bogen von anfänglich
640 M. Oeffnung, fpäter befchränkt auf) 6 M. < »effnung
aufgebrochen, (o dafs von ihr Pfeiler urfprünglich
ficherlich nur mit 210 M., fpäter wieder erweitert)
mit 2 50 M. Breite liehen blieben. Die Arcaden-Bogen
find Spitzbogen, alfo Produfte des 13. oder 14. Jahr-
hundertes und 5"40 M. hoch; da man in der Flucht
des nordlichen Seitenfchiffes den Thurm einbaute, fo
mußte die gegenüberliegende Arcaden-Oeffnung um
fo viel kleiner ausfallen. Diele Arcaden-Bogen find
fchlichte Mauerdurchbrechungen auch in ihrer Form ;
von der Uebung eines Capitälgefimfes an ihren Bogen-
anfängen ward in äußerfter Befcheidenheit Abftand
genommen. Das urfprünglich romanifche Schiff wurde
nun auch nach der Herftellung der Communication
mit den neu angebauten Abfeiten erhöht (zu I2"6o M.
Scheitelhöhe^ um über die Seitenfchiffe, die auch
jetzt nur 7-15 M. Scheitelhöhe haben, emporzuragen,
und eine Kirche mit'überhöhtem Mittelfchifte zu bilden.
Dafür erhielt es auch Oberlichter, je drei an jederSeite,
deren Anblick man jetzt nur unter den ärgerlich ver-
wildert angelegten großen Dächern fuchen muß.
Diefe Oberlichter find noch den romanifchen Fenfter-
formen fehr naheftehende einfache Bildungen von
tiefer Einfchrägung, fpitzbogiger Endigung und einem
Durchbruche von 1-50 M. Höhe und 50 Cm. Breite;
fie entbehren derPfoftentheilung und haben gothifche
Nafeneinfatze. Die Lage diefer Oberlichter zu den
Gewölbeanfängen im Mittelfchiffe ins Auge gefaßt und
erwogen, wie inconvenient fie fich dazu verhalten (fo
dafs diefe Fenfter durch die Gewölbfüße des Mittel-
fchiffes gerade gedeckt worden), macht man den
fieberen Schluß, dafs bei diefen Erweiterungs-Ope-
rationen eine Einwölbung der Schiffe weder durch-
geführt noch beabfichtigt war. Eine Sache Balken decke
hat auch das Mittelfchiff einft eingedeckt, wie man
über den Gewölben desfelben fehr gut feheti kann, wo
man die Seitenwände verputzt und getüncht findet
mit der Angabe des Niveaus, das die alte flache Decke
einft durchzog. Der Umbau zur dreifchiffigen Anlage
und die Gewölbung derfelben lag alfo zeitlich weit
genug auseinander; die letztere wird wohl in der
zweiten Hälfte des 14. Jahrhundertes erfolgt fein. Ihr
zu lieb mußte man die Oberlichter wieder vermauern
und hat nun das Mittelfchiff mit einer regelmäßigen
Aufeinanderfolge von fünf Jochen Kreuzrippen-Ge-
wölben auf einfachen Confolen gefchloffen. (An der
nördlichen Wand des Hauptfchiffes findet fich auch
das Wappen der Cillier Grafen; fo kennen wir alfo den
vorzüglichftenWohlthätcr, Graf Hermann I., bei diefem
Umbaue.) Im Hochfchiffe konnte man regelmäßige
Gewölbejoche formiren; in den niedrigen Abfeiten
ging dies nicht, da man hier gebunden war durch die
allzu weiten Arcaden-Oeffnungen. Um hier aus der
ärgften Klemme zu kommen, wurden die mittleren
Arcaden-Pfeiler verbreitert, die entfprechenden Arca-
den-Bogen einfeitig verftümmelt und nun Kreuzrippen-
Gewölbe von höchft ungleicher Jochlänge eingeführt.
Der Anfatz des letzten Gewölbes am Oftende des
nördlichen Seitenfchiffes läßt es glaublich erfcheinen,
als fei die Einwölbung hier erft erfolgt, nachdem die
Cillier Capelle erbaut war.
Die Urheber des Erweiterungsbaues hielten ihr
Werk nicht für vollständig, wenn nicht auch der Altar-
cxcv
räum davon profitirte. Der Altarraum, heim Kirchen-
baue romanifchen Styles immer vom Schiffe au
fondert, war entweder die halbrunde Apfis oder
feltener das „Chorquadrat", hie und da auch die
Vereinigung beider Raumtheile. Da war es gewöhnlich
die erlte Maßregel der gothifchen Kirchenvergrößerer,
ftatt der kleinen romanifchen Oftfchlüße geräumige und
langgedehnte gothifche Hochchöre anzubauen an die
alten ein- oder dreifchiffigen Kirchen. Eine Umfchau
an den heimii'chen Kirchen liefert eine Ueberzahl von
folchen Beifpielen; die romanifchen einfehiffigen
Kirchen von Fohnsdorf, Niederwölz, Schwanberg, die
romanifchen dreifchiffigen Bauten von Pürgg, I'oels,
Marburg, Pettau find mit unverhältnismäßig langen
gothifchen Choren zu diefem Ende verlängert worden.
eine Kirche Oberfteiers, Oberhaus im Ennsthale, in
di in i ngen Kirchhofe wahrfcheinlich feiner einfügen
Befeftigung wegen eine Paffage an den zwei Ecken
ihrer Fai ade, und die von der Mauer zurückgezogenen
Diagonalftreben Hellen erft in einer gewiffen Höhe
ihre Beziehung zum Bau-Organismus durch iiber-
fchlagende Bogen her. Mit Stäben an den Polygon-
kanten als Erfatzgliedern für die radial austretenden
Strebepfeiler find auch das Oft-Chörlein am füdlichen
Seitenfchiffe und der Oft-Abfchluß der Sacriftei ver-
ziert.
So ein Bau wie diefer der Pfarrkirche von Cilli
ift eine fprechende Illuftration von dem Mifere unferer
heimifchen mittelalterlichen Kirchenbauten gerade an
den durch Alter und Größe wichtigften Punkten, wo
Fig 7.
Dies gefchah aucli an der Pfarrkirche zu Cilli; hier
mißt nach dem Intervalle eines hohen Scheidebogens
die gothifche Errungenfchaft des Hochchores bei
6-50 M. lichter Breite eine Länge von 12 M. und ift
im landläufigen Polygon des halben Achteckes gegen
Often gefchl'offen. Diefer Oft-Abfchluß muß in der Zeit
der Spät-Gothik alterirt worden fein; er hat die
correften großen Strebepfeiler gegen dürftige Rund-
ftücke an feinen Außenkanten eingetaufcht und füdoft-
wärts die zweifelhaft fchöne Acquifition einer Art
Strebebogen erhalten, welch' letzterer dadurch hervor-
gebracht wird, dafs der dortige Strebepfeiler entfernt
von der Kirchenwand aufgebaut und in einer ent-
fprechenden Höhe durch einen Bogen mit ihr ver-
bunden ift.
Der Grund zu diefer baulichen Abfonderlichkeit
kann kaum anderswo als in dem Bedarfe oder der
Bequemlichkeit einer hart an der Kirchenmauer ver-
laufenden Communication gefucht werden. So hat auch
man in der Periode der Gothik nicht dazu kam, den
alten ungenügenden Schiffesrumpf der romanifchen
StylZeit frifchweg zu befeitigen, fondern in einer arm-
feligen Frettlult immer daran herumflickte, erweiterte,
an Thüren, Fenftern und Decken veränderte, an allen
Flächen und Ecken wohl vergothifirte, aber fürs Innere
und Aeußere es nicht mehr zu einer gefunden gothi-
fchen Styl-Entfaltung und erträglich befriedigenden
Gefialtung bringen konnte. Zuletzt kam die Zopfzeit
und machte ein plump hingelagertes ungeheures Dach
fertig, um auch die letztgebliebenen Elemente, welche
den Eindruck einer nicht unangenehmen überhöhten
Schiffanlage für den .Außenanblick geboten hätten,
unter einer philifterhaften Eintönigkeit zu begraben.
So ift denn auch in Cilli wie in Pols, St. Lorenzen,
Oberwolz, die Abgüederung in niedrige Seitenfchiffe
und ein hohes Hauptfchiff, die Verfchiedenheit der
Pultdächer über den erften und eines maßigen Sattel-
daches fürs letztere unter einer alles einhüllenden
CXCVI
blöden Dacheswucht verfchwunden. 1 . 5 und 6
veranschaulichen Detail- aus der Kirche.
Einen Punkt am Baue, welcher die Verftimmung
über fo zahlreiche Deformitäten beschwichtigen kann,
einen wahren Augentroft gibt es aber auch hier noch
und diefer ift die Cillier Capelle. Dem nordlichen
Seitenfchiffe vorj in die Seite des Hochch
hin errichtet, ift diefelbe erfreulich und lehrreich
zugleich, was die Gothik auch bei uns wollte und
konnte, fobald fie, von den Feffeln einer älteren Baulaft
befreit, ihre eigenen Wege gehen durfte. Sie ilt ein
ganz felbftändiger Bau für lieh, von 13-55 M. lichter
Lange, y;> M. lichter Breite und 12-15 M. Scheitel-
höh apelle" hat fie keine weitere Abgliederung
Fig. 8.
des Raumes (etwa in ein Schiff und einen eigenen
.Altarraum ; fie folgt darin dem berühmten Vorbilde
der Sainte chapelle von Paris, deren Raumeinfachheit
wir hier in Steiermark auch in der Leech-Kirche zu
Grätz, der Capelle der Deutfch-Ordensritter noch
copirt finden. Ihre Gewölbe zerfallen in drei Joche
Kreuzrippenfelder), und das Abfchlußjoch mit fünf
Seiten aus dem Achtecke (Fig. 1 Grundriß, Fig. 7 Quer-
profil durch die Kirche und Capelle .
Ein eigenthümliches und höchft wirkfames Zier-
Motiv find die Heiligen-Baldachine, welche mit ihren
Nifchen und Confolen clie Wände beleben und auch
die architeclonifche Gliederung der Capelle heben.
Zwanzig an der Zahl find fie nämlich an den Auslauf-
ftellen der Rippen und an der Süd- und Ollwand auch
mitten zwifchen denfelben angebracht, allein gleicher
Hohe und von gleicher Größe, aber, unter (ich von
einer wechfelnden Grundform und Durchbildung, bald
aus dem Sechsecke, Achtecke, wohl auch, was foult
nicht fo häufig aus dem Mittelalter her vorkommt, aus
dem Quadrate mit ihrem überkragenden Dache an-
gt. Alle haben über einem befremdend Aar!,
bildeten Horizontal-Gefimfe einen fchlanken Thurm,
umftellt von langen freien Strebepfeilerchen und
Strebebogen (Fig. 2 Baldachin'. Mannigfaltig find auch
die Confolen darunter geformt, die Träger der Heiligen-
Statuen, und find faft alle figurirt ; an ihnen erfcheinen
nacheinander ein Engel mit einem Spruchbande, ein
Strauß mit Eiern, die Scylla, der Johannes-Adler, ein
knieender Mönch mit einem Stabe, eine Jungfrau unter-
halb der Fifch, wieder ein Halbvierfüßler, ein Löwe,
Pelikan. Zu diefen Confolen hat der mittelalterliche
Künftler es für nothwendig befunden, eine Erklärung
zu geben, welche auf drei an der Südwand hart zufam-
mengefügten Infchrifttafeln in eingravirten gothifchen
Minuskeln zu lefen ift. Auf den Strauß an der Confole
hat die erfte Tafel Bezug, welche lautet:
„Der- Strauß -legt ■ fein ■ aier- pei ■ dem ■ riden
vnd • vgift • ir • das • er ■ darezv ■ nicht • chumt ■ vn ■ di
pruete ■ fich • vo • d " hiez • d ■ fun • alfo • di ■ vnd ■ tan
faumigen ■ prelacz • des • wirt-vgefs-es-feidann
fevdi-fun-gotleicher" ...
Zur Scylla-Darftellung gehört darauf:
„ein • merwild ' haiffet'ftilla ■ das ■ hat
ein • fchon ■ jungfrawen ■ geftalt ■ vnd ■ das ■ and ■ tail
fraizlain ■ idem ■ gar ■ großen • vngewitter ■ rechet ■ is ■
den • czagel ■ auf- der ■ ift • als • ein ■ fegel • und ■ hebt ■ fich ■
an " die ■ chiel ■ vnd ■ trenchet * den ■ dem ■ tuet ■ di ■ valfeh ■
werlt • geleich ■ di ■ trencht ■ manige ■ -
Zum Symbol des heil. Evangeliften Johannes
fteht auf der dritten Tafel neben:
„s Johannes ■ ewangelift • mit • fiben ■ tugent ■ geezirt ■ ift ■
im • hat ■ got ■ gemacht • wazzer • czv • wein ■ an ■ den '
abentezzen ■ grozzen ■ weishait ■ fchein ■ an • de • chreuez ■
enphalch ■ di ■ mveter ■ fein ■ gift ■ vnd ■ haizzes ■ ole ■
chund • im ■ nicht ■ fchaden ■ er • ward ■ auzz ■ der • wueft .
fant-
• aier-
des-
das-
auf- di'guertl-
geladen - mit • leib ■ vnd ■ fei ■
himel- tragen- u
Ein hervorragender Schmuck find auch die zwei
breiten YVandnifchen rechts und links vom Altare
jede prächtig in einer fünftheiligen Gliederung ge-
fchaffen, an der die Krönung mit Giebeln, Thürmchen,
Maßwerk und Laubwerk köftlich durchgebildet ift.
Die Nifche auf der Epiftel-Scite hat eine Bank unter
fich; ift alfo eine Seffion gleich der fchönen Nifchen-
bank im Dome zu Marburg, zu Marianeuftift, zu Ober-
wölz u. f. w. 'Fig. 8 Nifche). Jene an der Evangelien-
Seite ift als Schrank ausgeführt, fteht dort, wo fonft
die fchrankartigen Wand-Tabernakel des Mittelalters
zu finden find und möchte wohl zu einem ähnlichen
Zwecke, zur Bewahrung der Reliquiarien, der für das
heil. Opfer nöthigen Gefäße und Geräthe gedient
haben (Fig. 9 Tabernakel-Nifche). Beide Nifchen find
in Größe und Form völlig gleich geftaltet. Ueber dem
Altare in einem fpatgothifchen (zumTheile modernifir-
ten) Aftwerkgehäufe fehen wir noch eine Pietä aus
dem 14. Jahrhunderte, welche wohl erft nach der
CXCVII
Uebertragung der Bruderfchaft der fieben Schmerzen
Marions hergefchafft worden ill. Hier möge der Mei-
nung gedacht werden, nach welcher diefe Capelle, fo
wie fic jetzt fleht, erft 1613 — 1623 gebaut worden fei
und zwar gemäß Befchlüßen in der Bruderfchaft fclbft,
deren Aufzeichnung fich im Abtei-Archive zu Cilli
befindet. (Siehe Canonicus OroHen: Das BisthumLavant
III., S. 83, 85, 254 u. f. f.) Abgefehen davon, dafs fich
von einem Abreißen diefer Capelle (um 1613 folltc es
gefchehen fein) keine hiftorifche Date beibringen laßt,
(0 galt fie doch noch zur Zeit der Bruderfchaft, die erft
17.N4 aufgehoben wurde, nicht als eine von derfelben,
fondern von den Cillier Grafen errichtete Baute, wie
1
Pf - ▼ T . V . T.T y . », * t ~r , - "» , r T T .
1
. 1 ^ ■;■:,¥
Fig. 9.
eine an einem Strebepfeiler am Chorende 1737 einge-
fetzte Infchrift förmlich documentirt. Sie lautet:
„Hie columnee (Streben) funt reparatee 1737 a
comitibus Cilienfibus olim cum capella exftructce.
L-G-V-C-C-C-"
Diefe Infchrift ift klar genug und ebenfo klar
find die Details und die ganze Bauweife der Capelle.
Ein Bau des 14. oder frühen 15. Jahrhundertes, fo ent-
fchieden und rein im Plane und Aufbau, in der Con-
ftruetion namentlich der Gewölbe, ein Bau, an dem
man keine Spur einer Alteration oder Mengung mit
fpäteren Formen bemerkt, wie es doch nach obiger
Annahme fein müßte, ein Bau, von oben bis unten fo
ganz 14. Jahrhundert, war, kann man wohl fagen, im
17. Jahrhunderte unmöglich. Die fieben Schmerzen-
Bruderfchaft hatte ihren Sitz bis in die Mitte des
16. Jahrhunderts in Gonobitz und taucht erlt 1597 in
Cilli auf, nachdem fie zur Zeit des Protcftantismus in
Verfall gerathen war; in jenem Jahre wurde fie vom
Papfle Clemens VIII. confirmirt mit dem Sitze in Cilli
(Orozen 250). Die Capelle, die fie baute 1613 — 1623,
„facellum B M. V. Dolorosa:", die fie dann 1658 re-
ftaurirte und im nämlichen Jahre mit einer Gruft
verfall (Orozen 87), beftcht möglicherweife nicht mehr
und möchte wohl demolirt worden fein entweder bei
der Authebung der Bruderfchaft oder fpäter, wahrend
die Capelle „Trium regum" oder der Cillier Grafen,
Fig. 10.
wie obige Infchrift befagt, auch unfere Blicke noch
erfreut.
Vom Baue auf die Ausftattung übergehend ift es
nur fehr wenig, was uns zu bemerken bleibt. Darunter
ift wohl in erfter Linie zu nennen das prächtige
Marmorwerk des Ilochaltares, Mensa und Tabernakel,
nach einer darin erfichtlichen Infchrift von 1743.
Letzterer ift für die Gefchichte des Tabernakel-Baues
wegen feiner offenen großen Expofitions-Nifchc in
Tempelform von Belang und von einer auffallenden
Verwandtfchaft mit den noch reicheren offenbar
CXCVIII
italienifchen Werken in den Jefuiten-Kirchen zu
Laibach und Trieft. Die intereflante gothifche Mon-
ltranz (von 1644), welclie einft hier war, ilt leider durch
Diebftahl verloren gegangen. Ein hübfehes fchmied-
eifernes Gitter befitzt die Thüre, welche in die Cillier
Capelle fuhrt; es fuhrt eine Auffchrift, die angibt, dafs
in diefer Capelle Margareth Gräfin Thurn, geborene
Lenkowitfch, f 1656, begraben liege. Im nördlichen
nfchilTe befindet fich auch, auf irgend eine Feuers-
ihr gelobt, ein Bild des heil. Florianus mit einer
Darftellung des mittelalterlichen Cilli mit all feinen
Mauern und Thürmcn.
Eine große Menge von Grabdenkmalen innen und
außen an den Kirchenwänden aufgeteilt, erinnern an
fo manche Perfönlichkeiten, welche zur Stadt einft in
Beziehung waren. Da ilt der gothifche Grabftein des
Bifchofes Hermann v. Freifingen, eines Sohnes von Graf
Hermann II. von Cilli, f 1421 (Fig. n), ferners einer Frau
Sufanna von Auersfperg, Gattin des Burghauptmannes
Andre Hohenbarter von Cilli, f i486. Dem erftge-
nannten Steine fleht am Eingange zum Hochchore
gegenüber Andre Hohenwart's Epitaph, darauf genannt
„obrifter erbdruchfeß in krain und Hauptmann auf
ober cilli", f 1503. Andere Grabfteine reden von
Chriftoph Weisbriach, f 1514, von Anna und Agnes
Neuburger, davon letztere „hat gefchafft 60 gülden
Ungrifch zu dem ewigen liecht ligend auf Criftan
hueter haus", vom Ritter Sigmund Schrott zu Kindberg,
f 157I1 von den Brüdern Daniel und Michael Cupicianus,
j 15S4 und 1591, deren erfter Stadtfchreiber, letzterer
Stadtpfarrer hier war, von Georg Karl Freiherrn von
Reifig, f 1667, von Andre Ludwig Reichsgrafen von
Thurn und Valofaffina, f 1697, von Sigmund Graf
Gaisruck, gefallen 1704, von Maria Therefia Gritin
Brunian, f 1776, von den Brüdern Karl Anton und
Ludwig Grafen von Groß und Villanova, der letztere
geftorben 1758 u. f. w.
Die letzten Bauveränderungen, welche an der
Kirche vor fich gingen, betrafen die Anordnung
eines Renaiffance-Portales an der Südfeite, auf dem
eine Statue des heil. Rochus fleht, mit der Infchrift:
..Dife Porten ilt Gemacht Worden Gott Vnd den
heiligen f. Daniel zu Ehren 1673. Georg Lenz Purger
vnd Stainhauer Alda in Cilhv Zu bedauern ilt, dafs
man hier wie in Pettau das innere Polygon des Chor-
fchlußes zum halbrunden Abfchluß umgestaltete, eiu-
fchließlich des Gewölbes, wo man auch die Rippen
und Kappen entfernte, um ein Walmgewölbe zu erhal-
ten und die ganze gleichmäßig gemachte Fläche, an
der auch die Chorfchlußfenfter vermauert wurden, mit
einer Wandmalerei zu verfehen. Endlich kam auch der
Thurm an die Reihe; 1877 ward er durch den Ober-
Ingenieur Wilhelm Bucher in Grat/, „im gothifchen
Style ausgebaut und gedeckt" (Orozen 81), nachdem
er feit dem Kirchenbrande von 1798 nur ein Nothdach
innegehabt hatte. Einft hatte er nur 32 M. Höhe; nun
hat er es auf 54 M. gebracht.
So hätten wir diefen heimifchen Kirchenbau
genügend berückfichtigt. Eine künftlerifche Wirkung
wird darnach niemand davon erwarten; dem Archäo-
logen wird er des Intereflanten ausreichend bieten.
Die Bauräthfel der Kirche müßen ihn anregend be-
fchäftigen mit der Forfchung nach ihrer Löfung; die
einheitliche Schönheit der Capelle wird ihm aber zur
vollen Befriedigung gereichen.
Gefchichte der Befeftigungsbauten des Schloßberges und
der Stadt Grätz im 16. und 17. Jahrhundert.
Von Jofeph Wafllcr.
II.
Baujahr 154.4.-
Schon vor der Berufung De Lalios hat man fich
bemüht, Steinmaterial für den Bau, und zwar in mög-
lichfter Nähe zu gewinnen. Es wurde 1544 verfuchsw eife
„2 Wochen an den großen Stainkoppen im Thiergarten
gearbeitet vnd als der Stain der Orten fehwerlich zu
gewynen geweft, in Schlos der Stain verflicht." Der
landesfürftliche Thiergarten lag auf der Nordfeite des
Schloßberges in der Gegend des heutigen „Graben",
erftreckte fich aber theilweife auf den Nordabhang des
Schloßberges felbft. Alfo am Schloßberge felbft wurde
der Bauftein gewonnen. Zur Unterfuchung desfelben
wurde Thomas Peurl, Bürger zu Rottenmann, berufen,
welcher für feine Mühewaltung am 'letzten September
1544 1 u 2 ß ausgezahlt erhielt. Der Steinbruch blieb
während des ganzen Baues im Betrieb. Auf Anordnung
des Landeshauptmannes Hans Freiherrn von Ungnad
wird für den beginnenden Schloßbau ein neuer doppel-
ter Zug (Zugwerk) mit zwei Wagen aufgerichtet, fo dafs
bei jeder Fahrt ein mit 20 bis 30 Ct. bcladener Wagen
in das Schloß gezogen werden kann. Es war dies eine
Art Seilbahn mit der Einrichtung, dafs wenn die Laft
des abwärts gehenden Wagens nicht groß genug war,
um den mit 20— 30 Ct. Material beladenen aufwärts zu
ziehen, durch Pferdekraft nachgeholfen werden konnte,
fo dafs für den „Schloßzug" beftändig vier bis fechs
Pferde gehalten wurden. Diefer neue Schloßzug (es
beftand bereits ein alter auf der Südfeite des Berges)
fcheint außer dem Sackthor durch den Thiergarten
aufwärts geführt zu haben. Er wurde von Meifter
Sigmund Reyspacher, der bereits einen folchen Zug in
des Herrn Landes-Hauptmanns Schloß Sonnegg mit
Erfolg eingerichtet hatte, hergcftellt. Das im Jahre 1545
dafür angefchaffteSeil hatte eine Länge von 153 Klafter,
daher der Zug circa 75 Klafter Längenausdehnung
gehabt haben dürfte.
Zu jedem Umbau hat als Grundlage ein Plan des
Beftehenden zu dienen. Und fo finden wir denn auch
eine Ausgabe von 3 a an den Maler Leonhard, „von
CXCIX
cii das er auf begern des Herrn landshauptmann
das Schloß Grat/, dryfach vnd vnderfchiedlich albeg
auf ain Pogen Papier abconterfed vnd mit Farben
ausgeftrichen hat". Nach diefer Zeichnung verfertigte
dann Meifter Leonhard Lorenz, Tifchler, ein Modell aus
Holz, ,.fo es Herr Landeshauptmann zu notdurftigen
beratfchlagung des Schloß-Paw Grätz zu machen be-
uolchen hat" und erhielt dafür 25 if.
Baujahr 15.15.
Als De Lalio im Frühjahr 1545 die Oberleitung
des Baues übernahm, war fein erftes Augenmerk auf
tue Erbauung einer großen Cifterne gerichtet, welche
die Mannfchaft mit hinreichendem Trinkwaffer zu ver-
fehen vermochte. Die fchon beftehende alte Cifterne
am Plateau des Berges wurde weggeriffen und an der-
felben Stelle das neue Werk angelegt, welches im
December 1546 fertig geftellt war. De Lalio fagt in
feiner Rechnung darüber: „Ich bekenne, nachdem ich
die neue Ciftern im Schlos zu Grätz auf mein felbig
choften zuegericht hab, Namblich dritthalb Klaffter
tieffer als die eemalige arbait geweft graben, von
grundt auf mit woll Prenten Ziegl drifaltig auffgemaurt
vnd mit fonderlichen gueten veft Zeug fo das waffer
helt verfehen, oben mit werekftuckhen verfetzt vnd den
Krantz daraufgemacht. . . .335 a aÄ erhalten zu haben.
Am 16. December 1546". Am 3. December 1547 erhielt
er für die Arbeit noch weitere 70 U /$.
Die Cifterne, welche heute noch beftcht, ift eines
der größten Werke diefer Art. In einem 16 M. tiefen
und ebenfo weiten in Felfen gefprengten Keffel be-
finden fich fünf kuppeiförmig überwölbte Brunnen-
fchachte von 36 M. Durchmeffer und ein centraler
von 23 M. Durchmeffer, von rauh bchauenen Quadern
aufgeführt. Zwifchen den Schächten befinden fich die
fegmentförmigen, mit Kiefelfteinen gefüllten Filter-
keffel. Warum De Lalio in feiner Rechnung von den
Quaderfteinen nicht fpricht, die doch zur Durchficke-
rung des Waffers unumgänglich nothwendig, ift merk-
würdig. Vielleicht find die Sickerfteine nur fchichten-
weife angeordnet und die Hauptmaffe des Mauerwerks
aus Ziegeln ausgeführt. Das von den Dachflächen der
Gebäude in die Filterkeffel zugeleitete Regenwaffer
wurde dort filtrirt, fammelte fich in großen Maffen und
gelangte vermöge feines eigenen Druckes durch die
Fugen dir rauh behauenen Steine in die fünf Brunnen,
dann in den mittleren, von wo es anfangs durch zwei
Zieheimer, fpäter durch zwei Druckpumpen gehoben
wurde. '
Außer der Cifterne wurde im Jahre 1545 die „neue
Baftei" begonnen, für welche vom 1. September 1544
bis 14. Juli 1545 2768 "u verausgabt wurden. i Es ift dies
offenbar die gegen den Bergabfall ftark vorfpringende
1 siehe: Hermann v. Chiolich-Lowenburgt Anleitung zum Waflerbau
II Abtheilung, wo Seile 40 die Cifterne befchrieben und auf den Tafeln
XVII und XVIII abgebildet ift. Eine genauere Zeichnung davon aus dein
Ende des vorigen Jahrhunderts befindet fich im landfchaftlichcn Bauamte
zu Gri
: Die Zahlen über die Rollen der einzelnen Tauten können nicht immer
.uif Vollftändigkeit Anfpruch machen. Wir glaubten fic in befonders klai
gefprochenen Fällen und dann, wenn fic den Ausgabenbüchern entnommen
werden konnten, dennoch angeben zu follen, weil fic mit dazu beitragen, uns
eiii Bild über Umfang und Größe der Bauten zu verfchaffen. In einigen Fällen
geben wir auch die Preife beftimmter Objecie (Lohne, Baumaterialien etc.)
an, da lic einen Maßftab für die focialcn und wirthfehaftlichen Verhältniili
jener Zeit geben. lJic Bauten wurden, wie man heute zu Tagen pflegt, in eigener
Regie der fteirifchen Laudftände geführt. Letztere Hellten die Materialien:
Steine, Ziegel (diefelben wurden anfangs im Ziegelftadel vor dem Paulus-Thor,
fpäter in „Sr. röm, k. Maj. Ziegelftadel zu Waltendorf gebrannt"), Kalk und
Sand bei, und zahlten die Bauauffcher, Taglohner, Zimmerleute, Schmiede
XIII. N. F.
Baftion, welche den Namen „Stall" führte, im Plane1
mit 1 bezeichnet. De Lalio baute hier auf alten Funda-
menten. Denn die 20 M. hohe Flankenmauer der Baftei
zeigt unten eine fpitzbogige Thür aus dem 14. oder
15. Jahrhundert als Aus] unkt eines von oben
herab fuhrenden unterirdifchen Gange--. Ueber diefe
Thüröffnung hat Dr. Hödl, welcher zu Anfang unferes
Jahrhunderts diefe Partie der aufgelaffeilcn Feftung
fammt dem daranftoßenden Weingarten in Pacht hatte,
jenes phantaftifche Portal, halb dorifch halb agyptifch,
aus gelbem Sandftein errichten laffen, welches fo fon-
derbar mit den übrigen Bauten eontraftirt. De Lalio 's
Arbeit beftand demnach hier in einer Erhöhung der
alten Subftruclionen.
Dafs dem neuen Befeftigungsplane alte beftehende
Werke weichen mußten, verlieht fich wohl von felbft.
So finden wir, dafs Meifter Domenico am 15. Juni 1545
den Steinmetz und Bürger von Grätz, Meifter Wolfgang
Pirfchacher andingte, um den „alten, hohen Gefänck-
nung Thurn" abzubrechen, wofür 26 Li
gezahlt wurden.
In diefem Jahre bauten Meifter Mar-
tin, „Maurer und röm. k. paumeifter des
SchloffesRain" (Rann), und Meifter Valen-
tin de Troyan als Steinhauer am Schlöffe Siegel Jes Mei
Rann.2
flers Martin.
Baujahr 154.6.
Im Jahre 1546 wurde der Cifternenbau vollendet
und an der neuen Baftei fortgearbeitet. Im Stadtgraljen
wurden zur Erweiterung desfelben Steine gefprengt;
da diefelben auf dem „Grillpichl"3 hinab geführt wurden,
fo dürfte der Stadtgraben in der Nähe der Burg oder
zwifchen diefer und dem Paulus-Thor zu verftehen fein.
Meifter De Lalio erhielt für feine Arbeit 998 «.
In diefem Jahre wurde unter Domenico de Lalios
Leitung die Neubefeftigung von Radkersburg in Angriff
genommen und zunächft mit Erweiterung des alten
Stadtgrabens begonnen.* In Rann arbeiten Meifter
Martin und Valentin de Troyan.
Baujahr 154J.
Im Jahre 1547 wurde „die große Mauer von (lei-
nenen Baftei abwärts gegen die Gußhütte0 (im Sack)
ausgeführt, wobei Valentin Karner als Bauauffcher
fungirte. Ausgabe hiefür 5460 it. (Ausgabenbuch.)
In Radkersburg baut Meifter Andre Grien an der
„oberen Baftei".5
etc. Bei De Lalio'l Rechnungen find daher außer' einem eigenen Verdicnft
die Koften der von ihm beigeftelltcn und unterhaltenen Maurergehilren inbe-
griffen. Kr lieferte alfo das Mauerwerk ,,aufs Abmeffcn nach der Klafter, fo
wie es in Steyr die Herrn Verordneten und all anderen vernünftigen pauherm
machen", wie es in einer Bauiechming gelegentlich heißt.
1 Von allen Planen, welche wir von der Stadt und Feftung Gratz auf-
treiben konnten, ift derjenige der alterte, welcher in einem Codex der k. k.
Hofbibliothek {Chmel, Handfchriften der k. k. Hof bibliothek, Kr. CLX) be-
titelt: Pläne und Situations-Zeichnungen der Stadt Grätz, enthalten ift. l)cr-
felbc gibt, da zwifchen der Vollendung der Bcfcftigung und der Entftchungs-
zeit des Planes 1657, nichts wefentliches verändert wurde, ein ziemlich ver-
laßliches Bild der Bauten De Lalio's und feiner unmittelbaren Nachfolger,
Der Plan, den wir in der beigegebenen Tafel nach dem Originale reproducirt
geben, enthalt Schrift und Bezeichnung, wie das Original, nur haben wir
zur Pixirung der fucceffive entftchenden Bauten noch Ziffern beigefügt.
- Wir fügen am Ende jedes Baujahres eine kurze Angabe Jen)
feftigungsbauten bei, welche die Landfchaft aufscr Grätz ausführte, und ,-w.ir
in Marburg, Pettau, Radkersburg, Fürftenfcld, Rann und den kroatifchen
Orten : Warasdin, Kreuz und Copreinitz, welche als Punkte der _windifch
crobatifchen Gränzc" ebenfalls von den fteirifchen Ständen befeftigt wurden.
J Die Gegend bei der heutigen Normalfchul-Gaffe.
* L. A. Acten Nr. 1260 und 1
5 L. A. Acten Nr. 1243 und 1
cc
Baujahre ijjS l
Im Jahre 154S wurde die Baftei am Grillpicht ' be-
gonnen. Die ausgeführte Arbeit, wofür De Lalio 1S40 u
erhielt, wurde im Beifein des Meiflers vom Bürger-
meifter Marchart abgemeffen. Wieder mußte ein altes
Object der neuen Befestigung weichen. Die Maurer
Citri ftoph und Johann Hans „beede von Kummerfee"
,0 di Como) übernahmen es, gegen Entlohnung von
40 ti den „alten hohen Thurm neben dem Karten*
abzubrechen (Rechnung vom 23. December 154S .
In diefem Jahre beginnt ein neues technifch höchft
intereffantes Unternehmen, den Schloßberg mit Waffer
zu verforgen. Mochte die Cifterne nicht genügend
Waffer liefern, was in trockenen Sommern jedenfalls
zutreffen mußte, oder wollte man an einem tiefer
liegenden Punkt, vielleicht auf der halben Hohe des
Berges Waffer befchaffen, kurz es wurde der Brunnen-
meifter Wenzel von Ponnifchilz aus Böhmen berufen,
um das „Muerwaffer in eifnen Röhren in das königl.
Haubtfchloß Grätz zuführen-. Meifter Wenzel, welcher
mit zwei Gehilfen aus Böhmen kam, begann feine
Arbeit am Montag den 2. September 1548 und führte
fie in nicht ganz zwei Jahren zu Ende. Soviel man aus
den Baurechnungen entnehmen kann, beftand das
Werk darin, dafs außerhalb des Sackthores eine Wehre
über die Mur gebaut, das Waffer alfo geflaut wurde,
um das Gefalle für ein Wafferrad zu erlangen. An der
Wehre wurde ein Brunnenhaus errichtet, in welchem
außer dem Wafferrade die Mafchine ihren Platz fand,
die das Waffer hob und in eifernen Röhren auf den
Schloßberg führte.
Wir flehen da vor einer höchft intereffanten tech-
nifchen Leiftung. Nach Rühlmann1 wurden Pumpen
zur Hebung des Waffers im Bergbau zuerft im böhmifch-
fächfifchen Erzgebirge verwendet und Pumpwerke mit
Stangenkünften follen zuerft 1550 in Joachimsthal in
Anwendung gekommen fein.3 Dafs die Joachimsthaler
Werke fogenannte Druckwerke waren, ähnlich dem
Ktefibifchen, welches von Vitruv im X. Bande Cap. 7
befchrieben wird, ift außer Zweifel und dafs auch unfer
Grätzer Wafferwerk auf demfelben Principe beruhte,
wird aus dem fpäter anzuführenden Detail der Bau-
rechnungen klar werden. Die Feftung Grätz genießt
demnach die Auszeichnung, im felben Jahre (1550) ein
großartig angelegtes Pumpwerk zur Wafferverforgung
befeffen zu haben, in welchem in Joachimsthal, dem
Sitze der Erfindung (refpeclive Wiederaufnahme der
alten griechifchen), das erfte derlei Werk zu Stande
kam. Wenzel von Ponnifchitz erhielt am 2. September
1548 50 ti Abfchlagszahlung auf die für die Arbeit aus-
gedungene Summe von 350 ti. Wir befitzen leider in
den Acten weder eine Befchreibung, gefchweige denn
eine Abbildung der Mafchine und find genöthigt, uns
diefelbe aus einzelnen Schlagworten der Wochenliften
zu reconftruiren. Dafs das Ganze aus einer Grundwehre
und Wafferrad in der Mur und einem Ktefibifchen
1 Diefelbe erhielt fpäter den Namen: DietrichAein-Baftei.
: \>t. Moriix Kuhiniann, Allgemeine Mafchinenlehre, IV. Bd., S. 568.
- Mitte des 16. Jahrhunderts war überhaupt die Zeit der Eifindung
von Wafferhebmafchinen. So ermahnt Muchar in feiner Gefchichte des Herzog-
thums Steiermark, VIII. Bd., S. 513, zwei Erfinder: Hans Peckhtr und Thomas
Jaru/ch, k. BüchfengieCer auf dem PragerfchlofTe, welche 1551 Privilegium-
Briefe erhielten auf Mafchinen zur Hebung des Waffers, zur .Leitung und
Kührune der WalTer in hohe und niedere Städte, Flecken, Schloffcr und
Vcftcn'v
Druckwerk beftanden. mögen folgende Auszüge aus
den Wochenliften des Baufchreibers beweifen:
1548. Eichenholz gefallt zu dem „Karten darein der
Pley :h flehen wirdt.-
1549. Wafferftube gebaut. „22 Eifenröhr von V
nach Griitz zu der Wafferarbait gcfüert."
. Woch. L. Nr. J2 2 Fueder Achen Oetter
Ruetcn zu der Wuer.
Woch L. Nr. 12. Eichen Xägel zur" uerfahung der
eifen Ror. — Eichenftämme befchlagen und ins WalTer
zur Machung einer wuer gefchlagen. — Lerchenholz
zur Bolrterung der eilen Ror. Gewölb worin die Rör
liegen werden. — Lerchen Bolfter nach dem Perg
hinauf zogen.
Woch. L. Xr. 17. 58 eifen Ror von Voitsberg ge-
holt. Fuhrleute. Dem Meirter Georg Treiber Huffchmied
in Waltenftein für 123 eifen Rör zu 22 Ct. 18 SC i;;
6ß.
Woch. L. Xr. 19. Gallen Beham,1 den der Herr
Landes Hauptmann den 28. marzi mit einen fchreiben
nach maifter Wentzlarn Prunnmairter in Beham abge-
fertigt zu Zerung geben 2 it. — 43 Ct. 14 ti Pley zu
Gießung der Starkhen vnd der Kurtzen Pleyen Rom
zu erhebung des Murwaffers in das Sloß per Ct. 2 P
6 ,5. — Steffen Ledrer zu Grätz umb ain gearbeite
Oxenhaut zu machung der Päufch in die Kupfern Rör
1 ti 7 ß.
\\ och. L. Xr. 21. Dem Jörg Treiber für 12 eifen
Rör zu 4 Ct. 62 ti 19 ti tfl 4 ß 25
Woch. L. Nr. 22. 1 ti Klafchmalz' zu Schmirung
der Scheiben an dem Wellpaumb Im Wafferhaufs 20 sA.
Woch. L. Xr. 29. Schlofferarbeit: Schrauffen an
die ain Eifen Stangen zum Stempl. '
Woch. L. Nr. 34. Hänfen Kamerlacher Lederer
zu Grätz umb ain gearbeite Oxenhaut zu Peufchen an
die rtempfen zu den Prunn, 2 ti.
Woch. L. Xr. 43. Wuerarbait. Puechen Stöckhen
zu der Wuer gefchlagen, auch mit Graffach (Rcifig)
angelegt vnd mit Stain niedergefchwärt. — 20 Fueder
feuchen Graffach.
Woch. L. Xr. 44. 12 Scheffel klaubte Grießftain
zur Schwärung der Wuer.
Die Technik des Werkes läßt fich nach diefen An-
gaben nothdürftig zufammenftellen. Das Wafferrad
trieb zwei Geftänge, die abwechfelnd auf- und nieder-
gehend die Kolbenftangen der Pumpen bildeten. Die
Kolben felbft, wahrfcheinlich aus Holz, waren mit
Ochfenhäuten geliedert (Paufchen genannt), eine Con-
ftruetion, die heute noch hie und da bei bäuerlichen
Werken in Uebung ift. Jedes der kupfernen Kolben-
rohre ftand mit einem fogenannten Windkeffel durch
je ein Kropfrohr in Verbindung und das Waffer wurde
theils durch den Druck der Kolben, theils durch die
im Windkeffel comprimirte Luft gehoben.* Wo aber
am Schloßberge die eifernen Röhren mündeten, wo
das Ausfluß-Refervoir angebracht war, darüber ift aus
den Acten nichts zu entnehmen.
Ucber die Vollendung des Werkes und die Aus-
zahlung der bedungenen Summe liegt folgender
Schein vor:
1 Die beiden Gehilfen, welche Meifter Wenzel von Böhmen mitbrachte,
hießt n Gallus und Georg Beham.
: Klauenfett.
* Daraus ift zu fchließen, dafs, wie beim Ktefibifchen Druckwerk, zwei
Stangen vorhanden waren.
* Abbildung a a. O. bei KüUmann.
CGI
Wenzl von Ponifchitz bekennt, dafs er von den
350 «, wovon er 50 it den 16. September 1548 vnd 114 ü
4 (3 8 ^ den 26. November 1549 Abfchlag bekommen,
erhalten. Item mein Khnecht
162 it 1 ,3
heute
Gregorn, der mir beruerte Wafferarbeit hat helffen
machen vnd verrichten Ain ausftendig befoldung 18
tagwerch pr 12 >v mer Ime zu ainen Trinckgelt Zwen
Taller vnd noch Jörgen Beham mein Khnecht der
fünft" wochenlang das wafferwerch dasfelb fertig geweft
gewart vnd darauf gefehen yede wochen ain Phunt
Phening, welche hieuorgemelt Pollen in ainer Summa
bringen 173 U 16 ß Zu mein vnd meiner Khnecht
Händen par vnd berait aufgerichtet vnd bezallt hat.
Zu noch mehreren Glauben hab ich mit Fleiß erbeten
den erfamen vnd weifen Philipp Eftermann Burger zu
Grätz dafs er auch fein Petfchaft vnd Handfchrift
beifetze.
Grätz, 23. Juni 1550.
Unterfertigt ift blos Eftermann; Port-
nifchitz druckte fein Siegel bei, welches,
wie es nach dem etwas unklaren Abdruck
erfcheint, zwei gekreuzte Ruder im Felde
führt, wodurch der Waffermeifter charak-
Siegel des Mei- terifirt ift.
fters Wenzl. Wa , difi eigentlichen Feftungsbauten
in diefen drei Jahren betrifft, fo wurde im Jahre 1548
die Bailei am Grillpichl vollendet, ferner ließ der
Landeshauptmann Freiherr von Ungnad im Schloße
eine Roß- und eine Handmühle errichten. ' Gefammt-
ausgabe auf das Schloß inclufive der Wafferarbeiten
5460 it.
Vom Landtage war bewilligt auf das Schloß 7000,
auf die Stadtbefeftigung 5000 (f, i diefelben Summen
für 1549, in welchem Jahre die „neue Baftei'' fortge-
fetzt wurde, wofür De Lalio 1434 it erhielt. Im Jahre
1550 wurde die Baftei „neben den alten abgebrochenen
Thurn herfür auf den Felfen gegen der Statt wertz"
gebaut,3 ferner die Mauer, fo von dem alten vier-
eckigen Thurm, der neben der Capelle fteht, herab
bis zu der neuen Baftei geht, 42 Klafter lang, das
\\ äffe rh aus vor dem Sackthor fertig geftellt und ein
gewölbter Gang, der vom Wafferhaus unter der Straße
und Planke in den Thiergarten geht (unterirdifche
WafTerleitung). Verdienen des De Lalio in den Jahren
1549 und 1550 außer feiner Monatsbefoldung 3086 u.
Vom Landtage waren für 1550 die Poften 6000 und
4000 (t bewilligt, * nach dem „Ausgabenbuche" wurden
1550 für das Schloß 3781 it ausgegeben.
Auswärts wird in allen drei Jahren in Radkers-
burg gebaut; in Marburg baut 1549 der Meifter Peru-
hart, „röm. k. Maurer". Im felben Jahre
beginnt ebenfalls unter De Lalio's Leitung
die Befestigung von Pettau. Domenico
inftallirte dafelbft feinen Bruder Gian-
maria, auch Zuan oder Hans de Lalio
Siegeldes Mei- genannt. Dafs Zuan ein Bruder des Do-
tters Pernhart. menico war, beweift folgender Wortlaut
einer Urkunde: „Hans Domenico bekenne
1 Gedenkbuch 1548. fo!. 41.
: Muchar, a. a. O. VIII. S. 50a.
• Da in den Baurechnungen mit dem Worte -Baftei- nicht immer die
eigentliche Baftion, fondern auch gelegentlich die Mauer zwifchen den Baftionen,
die Courtine verftanden ift. wie die oft vorkommenden Worle -lange Baftei-,
-lange Baftcimauer'* genugfam beweifen, fo bleibt die lopügraphilchc Bcftim-
mung diefes und fo mancher anderer Objecle unficher.
1 Muchar, a. a. O. VIII, S. 505.
mich vnd anftatt meines pruedern Domenico de Lalio
r. k. Baumeifter, dafs ich an der Baftei zu Pettau < b
Im Jahre 1550 beginnt De Lalio die Bef von
Marburg, wo ebenfalls Hans de Lalio und als .Stein-
metz yacopo Paracet befi ift. Derfelbe arbeitet
auch in Pettau.1 Bei ehr ßefeftigung von Warasdin ilt
1550 Antonio de la Porta de Riva auch Reiff genannt
Baumeifter, Hans de Lalio AufTeher.
Baujahr ijjf.
Im Jahre 1551 wurde wieder ein Modell der Hauten
am Schloße und der Burg angefertigt und durch eine
eigene Gefandtfchaft nach Wien gefendet, um dem
Kailer die dringende Nothwendigkeit des Weiterbaues)
zu beweifen, da „das Hauptfchloß und die Stadt noch
offen daliegen". Der Maler Cefario Pambstl machte
die Aufnahme (Vifirung) nach der Natur, Tifchler Leon-
hart Lorenz führte die Modelle in Holz aus. Erfterer
fagt in feiner Rechnung vom März 1551 : „Ich Cäfarius
Pambstl Maller vnd Bürger zu Griitz bekhenne, Als
ich zu den Model vnd Vifier des haubtfehloß vnd Statt
Grätz die Refier vnd umbliegenden Heufer bemelter
Stat vnd Schloß der kh. Maj. zuefchikhen abconterfedt
hab," 3 it 4 ,3 erhalten zu haben. Tifchler Lorenz er-
hielt für die Anfertigung der Modelle, „welche der
Herr Landeshauptmann gen Wien fuern vnd fiirpringen
laffen", 70 it. Der Schloffer Sebaflian Mittermaier
fertigte zwei Truhen für die Modelle, fammt Bandein
und Narben um 1 it 2 ,3. Der Kaifer bewilligte auf das
Anfuchen um je 8000 n. für Schloß und Stadt, je
4000 fl. mit der Motivirung, dafs er nicht mehr Geld
habe. An Bauten wurden ausgeführt: Mauern und Ge-
wölbe im Inneren des Schloffes, Seitenmauern gegen
den Thiergarten, die Mauern mit dem Thor gegen den
Graben, die lange Mauer beim unteren Schloßthor und
die Katze (Cavalier) am Grillpichl. De Lalio erhielt
feinerfeits 1402 it, für den „Schloßzug" wurden von
der verwitweten Gräfin Anna von Windifchgrätz vier
Pferde um den Betrag von 240 d gekauft.
An den Befestigungen von Radkersburg, Marburg
und Pettau wird fortgearbeitet. In Radkersburg wird
die Mauer „erhebt vnd verbeffert, fo durch die Prunft
von vntern thor bis Zum Clofterthurn In verderben
kummen ift".2 In Pettau ift aufser Hans de Lalio
Jacomo Paracca, „servitore de magistro domenico de
Lalio", fowohl 1550 als 1551 thätig. In Marburg arbeiten
Andrea de Lalio ..des Domenico Bruder" und Valentin
de Treveno (auch Baihain von Treffen und Vallchan
zu Trüben genannt) aus Lugano, an der „neuen Baftei
vor unferer Frauen Thor".3 Nach diefen verfchiedenen
Schreibarten des Namens find wir auch berech:
ihn mit dem 1546 in Rann thätigen Valentin de Trojan
indentifch zu halten. Wie wir fpater fehen werden, ift
Lugano wahrfcheinlich auch die Heimat De Lalio's.
Der Meifter müßte kein Italiener gewefen fein, wenn
er nicht feine gewaltige Stellung als „röm. k. Ober-
baumeifter der fünf inneröfterreichifchen Länder" dazu
au-genutzt hätte, feine Landsleute zu den einträglich-
ften Baumeifterftellen herbei zu ziehen. Er hat von
diefer patriotifchen Pflicht reichlich Gebrauch ge-
macht. Zuerft fehen wir Meifter Valentin de Treveno
1 L. A. A<5tcn Nr. 1257.
: Acten der Landfchaft Nr. 1226.
: A&en der Landfchaft Nr. 1224.
CCII
aus Lugano kommen, dann eine Gruppe von Bau-
meistern aus der Gegend des Comcr Sees und fo tort,
bis endlich die ganze Steiermark voll von italienifchen
Baumeistern, FeStur. nieuren, Bildhauern und
Malern war. Bei diefen, welche entweder KünStler
waren oder ein Metier hatten, das mit der KunSt im
innigen Zufammenhange fleht, läßt lieh deren Er-
fcheinen auf deutfehem Boden durch die Macht der
Kenaiffance erklären, welche mit unwiderstehlicher
Gewalt von Süden nach dem Norden drang. Aber es
kamen nicht nur Baumeister und KunfHer aller Art aus
Italien, die hochentwickelte Cultur diefes Landes über-
fluthete die angränzenden Länder, zu denen in erSter
Linie Inner-Oefterreich und Tyrol gehörten, auch mit
Geld- und Geschäftsmännern, mit Medicinern, Apothe-
kern, Hofcaplänen, Hofmeistern, Secretärs und Edel-
knaben für die Prinzen, mit Köchen, Thiergärtnern,
Falknern, TanzmeiStern, Projectenmachern und Aben-
teurern aller Art. Diefe italienifche Invafion in Steier-
mark und die „VerwelSchung" des fteirifchen Hofes hat
ath Zahn in einer Abhandlung: „WelSche
Gälte" betitelt Literarische Beilage der Wiener Mon-
Revue 20. November 1882 und ff.) vortrefflich
gefchildert.
Baujahr fjj2.
Im Jahre 1552 wurde ausgeführt: >die lange Mauer
auf der neuen unteren BaStei, wo das Wappen" (das
Wappen aus SandStein gemeißelt, 26 M. hoch, den
einköpfigen Adler Kaifer Eerdinands I. darftellend, ift
heute noch erhalten und lehnt an der Außenfeite des
Uhrthunnes), die Mauer, welche vom unteren neuen
Schloßthor (dem zweiten Feftungsthor) anfängt und
gegen den Thiergarten geht 2 im Plane), das Thor-
häusl, das Backhaus etc., fämmtlich Arbeiten im
Schloße; dann die „BaStei bei dem Reckthurm gegen
des Hrn Adler Muhl".1 Verdienen des De Lalio 1418 u,
des Steinhauers Moltfchan (Molciano) 579 u. Gefammt-
auslagen 8680 tt Rechenbuch). Außerdem reftaurirte
De Lalio rdie k. gemecher vnd Zimmer im Landhaus"
um 166 Ü gelegentlich der bevorstehenden Ankunft
des Kaifers in Grätz.
In Marburg arbeiten Andrea de Lalio und Valen-
tin '•. Treveno an der Baftei.
Baujahre ijjj und j -
Im Jahre 1553 wurden 900 Cubik-Klafter Mauer-
werk gearbeitet, die Thätigkeit dann rder Sterbe-
läufte halber- Peft eingeteilt. Gefammtauslage 4080/7'
Rechenbuch). Im Jahre 1554 wurde die im Vorjahre
unterbrochene Arbeit fortgefetzt und zwar: Verlän-
gerung der Mauer von 1552, ein Stück gegen den Thier-
garten, Hirnmauer dafclbSt, Mauer an der „Gaffamäda"
Cafematte gegen den Platz mit Thüren und Schieß-
lucken, Gewölbe etc. Ferner wurde die „Baftei gegen
die Adlermühle fortgefetzt".
Im Jahre 1554 beginnt das dritte große Unter-
nehmen, um das Schloß mit Waffer zu verforgen,
nämlich die Abteufung eines Brunnens zum Grund-
waffer der Mur. Es ift der Bau des 94 M. tiefen
le unter der Murbrücke, in der Gegend der fpäteren Carmeliter-
I'.jftci. Die Mühle wurde 1459 von Ferd. Schmelzer erbaut und mit verfchie-
denen Privilegien ausgestattet. 1506 gehörte fie einem gewiflen Ernau, von
welchem fie Herr Adler erwarb. 1574 befaß fie Georg Seyfried v. Trübc
Landes Vicedomb, welcher fie von Adler um 5000 fl. erkauft hatte; in dem-
fclben Jahre wurde fie der Erweiterung der Siadlbefcftigung wegen dcmolirt.
Brunnens, welcher heute den Namen „Türkenbruiv
fuhrt, da die Tradition ihn von türkifchen Gefangenen
in Eelfen Sprengen läßt. Da- Pumpwerk des Wenzel
von Ponnifchitz Scheint fich auf die Dauer nicht be-
wahrt zu haben. Es wurde im Juni 1550 fertig, und
fchon im September und October desfelben Jahres
es eine Reparatur an der Wehre; eine Solche wieder-
holt Sich 1554. Ob nun die Wehre ihren DienSt verfa
oder die Mafchine, oder ob man die beständigen R
raturen für zu koltSpielig erachtete, die Thatfache fleht
feft, dafs nach 155S die Acten keine Erwähnung von
dem Werke mehr machen, fo dafs deffen Aufladung
um diefe Zeit anzunehmen ift. De Lalio ging alfo daran,
dem Schloße Sicheres Trinkwaffer zu verfchaSfen, und
dazu war der einzig richtige Weg die Abteufung eines
Brunnens von einem der tiefften Plateaus des Schloßes,
d. h. von einem Punkte der nach Späterer Benennung)
„unteren Feftung".
Am 9. April wurde die Arbeit begonnen. Vier
Bergknappen waren mit der Felfenfprengung beschäf-
tigt, Sieben Taglöhner in den WochenliSten find die
Namen aller Arbeiter erhalten; es find durch\
Deutlche Schafften das Material fort. Am 23. April
wurden zur Hebung des letzteren zwei Hafpel aufge-
stellt. Am 25. April kamen zu den deutschen Hand-
langern noch fieben Gefangene, ebenfalls Deutfche,
hinzu. Vom 7. Mai an leisteten acht gefangene Deutfche
und acht Marteloten (gefangene Türken) Handlanger-
DienSte. Die Zahlen wechfeln in den verschiedenen
Wochen, doch fo, dafs nie mehr als zehn Türken und
immer auch deutfche Gefangene arbeiten. Das eigent-
liche Graben des Brunnens, die FelSenSprengung aber
beSorgten nur deutfche Bergleute, fo daSs von einer
Grabung des Brunnens durch Türkenhand keine Rede
fein kann. So wie fich die _Cyclopenarbeit der türki-
fchen Sklaven- auf das Simple Handlangern einiger
türkiScher Gefangenen reducirt, fo muß auch das
romantifche Märchen von den Elephanten, welche das
Baumaterial auf den Schloßberg fchleppten, in fich
zerfallen. Allerdings wurde anSangsunSeres Jahrhunderts
ein Elephantenfchädel im Glockenthurme des Schloß-
berges gezeigt (er befindet fich heute im Joanneum),
aber diefer Schädel mag dem Elephanten einer
wandernden Menagerie angehört haben, der hier in
Grätz fein fchwindSüchtiges Leben befchloß, jedenfalls
hat er nicht an den BefeStigungs-Arbeitcn theilge-
nommen. Die WochenliSten der Baurechnung find So
detaillirt gefuhrt, dafs jeder Knecht, jeder Handlanger
mit Namen angeführt erScheint, die Ausgaben für den
Schloßzug mit Angabe der Anzahl der Pferde und
deren Erhaltungskoftcn auf den Pfennig verrechnet
find; nirgends, weder in der Strengen Bauzeit der
Fünfziger -Jahre noch Später, kommt nur ein Wort
von einem Elephanten oder deffen ErhaltungskoSten
vor. Wir müßen daher zu unSerem lebhaften Bedauern
die Gefchichte von Grätz um ein allerdings Sehr roman-
tisches und malerisches Moment berauben. In wirth-
fchaftlicher Beziehung dürfte zum Schlußc die Angabe
der Löhne und Verpflegung der arbeitenden Gefan-
genen nicht ohne Intereffe fein. Die deutfehen Gefan-
genen erhielten per Mann und Tag \6 /A, foviel wie
die weiblichen Taglöhner, die Türken bekamen keinen
Lohn, fondern wurden durch einen Maurer, der Rech-
nung darüber führte, verktfftigt und zwar bekam jeder
cciii
Mann täglich um i kr. Brot und wöchentlich zweimal
„kochten Prein" (Hirfebrei) oder Kraut. Gelegentlich
kommt in den Wochenliften auch vor: »Für ain
Oxengereb (Gekröfe) 2 (3 8 /£. oder für 12 iT l'leifch
2 ß 6A"
Der Kaifer bewilligte für das Jahr 1554 3000 fi.
an die Befeftigung der Stadt Griitz und ebenfoviel am
Schloß dafelbft zu verbauen. ' Wirklich ausgegeben
wurden für die Stadt 74S7 ff, für das Schloß 2S42 ff. *
Auswärts baut De Lalio zu Marburg, Pettau und
Rann. In erfterer Stadt ill Valentin de Treveno thätig,
in Pettau 1554 Hans de Lalio, in Kann erfcheint Meifter
Andrea de Lalio von 1554 an mit 16 ff monatlich als
„beftellter paumeifter zu Kein"; auch Meifter Martin,
der fchon 1545 vorkommt, arbeitet dafelbft als ,.rom. k.
Baumeifter". In Kreuz endlich baut Meifter Peter
Ca r Ion.
Baujahr 1555.
Im Jahre 1555 wird die „Baftei im Weingarten
gegen den Sack' (3 im Plane), das Gemäuer ..am
Perglen", rim Stublen", beim neuen Backhaus und im
„Stall" fortgefetzt. De Lalio erhielt dafür 1508 ff. Die
Brunnenarbeit fchritt rafch vorwärts. Man mußte
bereits zu ziemlicher Tiefe gelangt fein, fo dafs die
Fortfcbaffung des gebrochenen Steinmateriales mittelft
Hafpel erfchwert war. Es wurde daher vom Schachte
aus ein Stollen gegen den Sack gegraben und durch
diefen „die Schutt ausgefchieben''. Anfangs arbei-
teten an diefem Ausfchieben zehn Türken und ein ge-
fangener Bauernknecht, vom 17. Februar an nur mehr
zwei Türken. Für diefes Baujahr wurden vom Land-
tage3 8000 fl. für das Schloß und ebenfoviel für die
Stadt bewilligt. Der Kaifer gewährt ddo. Augsburg
5. Februar 1555 De Lalio eine Gehaltsaufbefferung von
20 auf 30 fl. per Monat.*
Auswärts wird unter De Lalio's Leitung zu Mar-
burg, Pettau und Radkersburg gebaut. In Pettau
arbeitet Hans de Lalio; unter den Taglohnern befin-
den fich dafelbft gefangene Türken zwifchen 16 und 25
an der Zahl, die Hans de Lalio auf Rechnung ver-
köftigt.5 In Radkersburg arbeitet Meifter Battißa de
Riva, wahrfcheinlich der fpäter unter Battifta dela
Porta de Riva vorkommende Baumeifter,0 dann Meifter
Blafy de Weltelin, als Polier De Lalio's ein gewiffer
Merth (Mört) und Meifter Antony de Rigifa (Rigefs).7
In Kann baut Andrea de L.alio, in Copreinitz Bau-
meifter Bartolotneo Viscardo8 in Kreuz Peter Carlon;
auch in Warasdin wird gearbeitet. Der Landtag be-
willigte für fammtliche Befeftigungen 37.000 fl.
Baujahre ijjö und ijjy.
Im Jahre 1556 wird die Baftei im Weingarten fort-
gefetzt und die Burgbaftei mit den Cafematten be-
gonnen; 1557 die „lange Mauer, fo nach dem Thier-
garten hinaufgeht", ausgeführt, die Burgbaftei fortge-
fetzt. Die Ausgaben waren in diefen zwei Baujahren
fehr bedeutende. 1556 finden wir 6/7/ ff für das Schloß,
• I. ö. K. R. A. B.ind 16. Blatt 1 = 1. /•.
: L. A. Faso 41 22, daraus auch die Palen bis inclufive 1558.
3 Siehe Landtags-Verhandlungen 1555.
nkbuch, Blatt 106.
4 L. A. Aclen Nr. 1490.
s L. A. Aclen Nr. 1229.
7 I. A. Aitcn Nr. 1229.
e Ausgabenbuch 1555.
5958 ff für die Stadt, woran der Bürgermeiftcr von
Grätz mit 1500 Fi partieipirt. Im Jahre 1557: 6221 ff für
das Schloß, 01,55 '' *'ur die Stadt. Der Brunnenbau
wird in beiden Jahren betrieben.
Auswärts bauen im Jahre 1556: in Radkersburg
der Polier' Meifter Antonio de Rigifo, in Marburg an
der Baftei bei der Burg / alentin de Treveno und Andrea
de Lalio, in Pettau Hans de Lalio und Antonio Spag-
niol; Antonio de J'iva bricht den „alten Thurnv' ab. In
Kann bauen Meifter Martin und Bartolotneo Alrifo
(Alriefs, Albreifs), in Copreinitz Bartolomeo Viscardo,
in Kreuz Peter Carlon mit 16 iL Monatsgehalt. Im Jahi >
1557 baut in Radkersburg Meifter Hans als Polier mit
10 ff monatlich,2 in Marburg . Xndrea de Lalio, in Pettau
Hans de Lalio, endlich in luirftenfeld, ebenfalls unter
der Oberleitung Domenico de Lalio's: Baumeifter
Bartolomeo l 'iscardo. Es fcheint, dafs in diefem Jahre
mit der Befeftigung von Fürftenfeld begonnen wurde.
In Kreuz, für welchen Ort wir die Oberleitung Dome-
nico's nicht nachweifen können, bauen 1556 Bartolomeo
1 i'seardo und Peter Carlon.
Baujahr ijj8.
Am 11. Jänner 1558 um 12 Uhr mittags wurde im
Brunnen endlich das Grundwaffer der Mur erreicht
und die Feftung war für immer mit Waffer verforgt.
Es wurde nun Tag und Nacht in Rotten zu fechs
Stunden Schicht gearbeitet. Die vier Bergknappen,
welche das erfehnte Ziel erreichten, waren: Cajpar
Parcher, Chrißoph Eberl, Chrißoph Offerumb und
Miehel Vifcker. Sie richteten eine Bittfchrift an die
Landfchaft folgenden Inhaltes: „Da man vns ver-
fprochen, Wann wir den Prunnen Vollenden vnd
waffer finden oder Erraichen durch vnferen vleiß, So
will man vns jeden mitt verpößerung eines ziemblichen
Klaids genedigklich mitzutheilen bedenkhen", und
bitten alfo um diefe Gnadengabe, welche fie wohl er-
halten haben werden.
De Lalio legt nun feine Rechnung, wie folgt:
Erftlich helt der gemauert vnd verfetzt Stain-
berg von den hulzen Kranz der Im Waffer liegt, darauf
der gehaut Stainberch ftet über fich bis unter den
Hals 298 Werkfchuch, in der Weit im Licht gemeffen
32 Schlich 1 506 ii
Geding des De Lalio 750 „
Stain aus Wildon 553 „
2809 ff.
Es koftete alfo diefe Cyclopenarbeit mit Aus-
fchluß von Sand Kalk und Handlangerlohn 2S09 ii,
eine Summe, welche im Verhältnis der damaligen und
jetzigen Material- und Lebensmittelpreife heute bei
28.OOO fl. repräfentirt. Das Wafler wurde, fo wie noch
heute, in zwei abwechfelnd wirkenden Eimern mittelft
eines Goppels heraufbefordert und die Calamität der
' Polier oder Palier hatte damals eine andere Bedeutung, als heute, l'ie
auszuführenden Bauten wurden an verfchiedene Baumeifter vergeben, welche
diefelben durch die in ihrem Solde flehenden Werkleute (Maurerknechte oder
Maurergefcllen) ausführen ließen. Am Schluße des Jahres oder am Ende der
Arbeit wurde das Ausgeführte in Gegenwart einer Commiffion „abgemeffen*
und dem Baumeifter der nach der Cubik-Klafler Mauerwerk aecordirte Betrag
ausbezahlt. Von diefen gleichzeitig wirkenden Baumeiftern halle einer die bau-
führende Leitung; diefer trug den Namen Polier, ftand als folcher unmittelbar
unter dem oberften Baumeifter, De Lalio und erhielt von der fleierifchen
Landfchaft ein monatliches Gehalt in der Hohe von tu— 16 H %\. Ein Polier war
demnach immer zugleich auch Baumeifter.
[ \ , Al teil Nr. 1245.
cav
Wafferverforgung der Feftung war durch das groß-
artige Werk für immer behoben.
Auch in diefem Jahre wird an der Burgbaftei
weiter gearbeitet. Was fonlt an Fortifica-
tions-Arbeiten geleiftet wurde, läßt fich
aus dem bruchftückweifen Actenmateriale
fchwer beftimmen. Sicher ift es, dafs viel
gearbeitet wurde, denn für das Schloß
wird 5291 u ausgegeben, für die Stadt
Hans v.PIatz. u^l2 ^ an welch' letzterem Porten der
Bürgermeister Marchart mit 3500 it participirt.
Auswärts baut in Fürftenfeld Bartolomeo l 'iscardo,
in l'ettau Hans de Lalio, in Marburg Valentin de Tre-
veno und ein Meifter Peter aus Grat/.,1 in Radkersburg
Hans v. J'/atc (Piazzo).
Baujahr fjip.
Die Bau-Acten führen uns im Jahre 1559 einen
gewiffen Leonhart Anmüller vor, welcher höchst wahr-
fcheinlich als der Conltrufteur des Aufzugwerkes beim
neuen tiefen Brunnen zu bezeichnen ilt. Die von ihm
vorliegende Rechnung lautet:
Ainhardt Anmüller Burger in Radkersburg hat zu
4 Raifen wegen den Brunn in Schloß verzehrt:
ain Model gemacht vnd hinauf gereift . . I % 5 ß 10 *v
Wieder die Keife mit den Model hin vnd
zurück geritten, foll noch ein Model
machen, abermals hinauf 2 .. 2 .. — ..
Wie ich hinauf kommen, hat mich feine
Gnaden fammt den Meifter Domini-
cus auf Wien verordnet, feyn Wir nit
weiter als Pruckh, bin ich wieder hinab 3 „ 2 „ — „
4. Raife auf Wien mit Meifter Dominicus
den 20. December bis 4. Janner 7 ,, 4 „ — „
für mein Arbeit, 2 Model außer der
Zerung 14 „ — „ — „
Summe 28 it 5 ß 10 3
14. Auguft 1559.
In diefem Jahre find innere Arbeiten, als Pflafte-
rungen, Gewölbe und Cafematten, dann die Anlage
des „neuen Weges" am Schloßberg, zu verzeichnen.
Für die un- nicht bekannten) Arbeiten an der Stadt-
befeftigung Heuert der Bürgermeister Marchart 9866 it
bei. De Lalio's Hauptwirkfamkeit war jetzt auf das
Landhaus concentrirt, welches von 1558 bis 1563 durch
ihn erbaut wurde.
Vom folgenden Jahre (1560) an finden wir nur
mehr Ausgabspoften auf die Stadtbefertigung, die dann
für Jahrzehnte hinaus in jedem Jahre wiederkehren,
wahrend die Ausgaben für das Hauptfchloß verfchwin-
den. Daraus ergibt fich, dafs mit dem Jahre 1559 die
Befeftigungsbauten des Schloßbeiges im großen
Ganzen als abgefchloffen zu betrachten find. Wenn
wir durch die Unterfuchung der Bau-Acten beweifen
konnten, dafs die Erbauung des tiefen Brunnens durch
Türkenfklaven eine romantifch aufgeputzte Fabel ift,
fo kommen wir diesmal zu einem noch wichtigeren
Refultate, nämlich, dafs die Erbauung der Befesti-
gungen am Schloßberge durch Erzherzog Karl IL, an
welcher alle Gefchichtswerke über die Steiermark fest-
halten, ebenfalls in das Reich der Fabel gehurt. Unter
Karl II., welcher von 15O4 bis 1590 regierte, wurde ein
1 I. A Aden Nr. 1262.
Theil der Burg ausgebaut und die Befestigung der
inneren Stadt fortgefetzt, aber die Befeftigung des
Hauptfchloßes des Schloßberges) fand Karl bei feinem
Regierungsantritt fchon vollendet vor; feine Bauten
am Schloße befchränken fich daher nur auf Repara-
turen, auf die Herstellung von Wohnhäufern für die
Landsknechte und Mannfchaften und auf den Neubau
großen Glockenthurmes. Hiemit entfallt auch die
bei vielen Schriftstellern noch immer festgehaltene
Anficht, dafs Franz von Poppendorf 157 < > den Plan zur
ftigung des Schloßberges entworfen.1
Auswärts wird in Fürftenfeld gearbeitet, in Rad-
kersburg bauen Antonio Piasso und Meifter Haus als
Polier, in Marburg Valentin de Treveno, in Kann />'<>/-
tolonteo Alrifo als Polier.
Baujahre ijöo bis 1363.
Aus den Jahren 1560 bis 1563 find die erhaltenen
Baurechnungen nur dürftige Bruchstücke. Von 1560
liegt die Rechnung über die „Bastei an der Burg" vor,
von 1562 über die ..Mauer am Zwinger". In dem Aus-
gabenbuch pro 1560 findet fich die Poft: De Lalio für
die Stadt Baltionen 1000 it, im Jahre 1561 kommt nur
feine Befoldung allein vor.
De Lalio Starb zwifchen dem 30. Juli und 24. De-
cember 1563. Die Befeftigung des Schloffes war bei
feinem Tode im großen Ganzen beendet, nicht aber
fein architektonifches Hauptwerk, das Landhaus,
welches tlurch feine Rechtsnachfolger Peter Tade und
Benedict de Riva fortgeführt und 1564 beendet wurde.
Domenico de Lalio war eine bedeutende Perfönlichkeit.
Sein großartigerCifternenbau, die gewaltige Idee, durch
einen Felfen von 94 M. Mächtigkeit auf Grundwaffer
zu bohren, Stellen ihn in die Reihe der hervorragendsten
Techniker damaliger Zeit; die Befeftigung von Schloß
und Stadt Grätz und der Provinzftädte weift ihm einen
Ehrenplatz unter den Militär-Ingenieuren an, während
das Landhaus von Grätz mit feinen herrlichen Hof-
Arcaden, deren Styl eine intereffante Mifchung von
Formen der Früh- und Hoch-Renaiffance aufweift, ihn
auch den Künstlern zugefeilt. Ueber feine persönlichen
Verhältniffe willen wir Soviel wie nichts. Er Scheint aus
Lugano abzustammen,2 da nach feinem Tode von den
in Lugano Seßhaften Erben die Rede ift, welche des
Meifters ehemalige Poliere (darunter feinen Schwieger-
sohn Dionifio Tade) zu Bevollmächtigten ernannten/'
Dafs er verheiratet war und eine Tochter beSaß, er-
fahren wir aus dem Heiratsbrief des Dionifio Tade,*
welcher ausfagt, dafs letzterer die Jungfrau Magdalena,
Tochter des Domenico de Lalio im Jahre 1560 ehe-
lichte, und dafs Sie 224 ft ..Heirathsgut" mitbrachte.
Obwohl er fich meift Domenico de Lalio unterzeichnet,
war fein eigentlicher Name dell' Aglio, wie der Knob-
lauch (Aglio), den er im Siegel führt, beweift. Uebrigens
* llivof und Peters, a. a. O. S. 176. l\'ljlerer Tagt zwar in feinem Buche:
und feine Umgebungen" S. 134, ganz richtig, dafs die Feftung von
1544 bis 1559 erbaut wurde, fetzt aber unmittelbar darauf hinzu, dafs Franz
bpendorf den Grundriß dazu entwarf. (Ebenfo, -Ifuhreibend,
a. 0. S. 250.) Darauf ift nur zu bemerken, dafs F. v. Poppendorf
zur Zeit der Uefeftiguug des Schl-jßbergcs noch auf feinem Schlöffe Landftrafl
in Krain faß, und erft nach i1 itz kam, wo er dann allerdings, aber
um einige Deccnnien fpaler, als Prafident des i. o. Hofkricgsrathcs eine Rollo
Siehe auch: Aq. Julius Ca/ari liefchreibung der k. k. Hauptftadt
S. 76 u. AT.
- Die Angaben von Zahn (f. welche Garte a. a O.), dafs fein Vater
Martin Maurer in Radkersburg war, fanden wir nirgends bertutigt.
! Siehe Rechnungsjahr 157-2.
* Die Original-Urkunde, Pergament, im Landcs-Arclm .
ccv
zeichnet er fich gelegentlich auch: di alio. ' Wir befitzen
von ihm keinen Plan, keine Zeichnung, nur eine einzige
kurze fchriftliche Relation: „Maifter Dom.
de Lalio anzeigen vnd beyleuffige ober-
fchlagung, was an den Landgepeyen der
vnvermeidlichen Notturfft noch zu pauen
von nötten" aus dem Jahre 1552, * und
Siegel des diefe nicht im Original, da fie in deutfeher
Domenico de Sprache und niclit von feiner Hand ge-
Lalio. fchrieben ift. Alles, was von ihm fchriftlich
vorliegt, find Rechnungen und Quittungen über fo
und foviele taufend Pfund. Nach diefem trockenen
Ai ten-Materiale erfcheint De Lalio wie ein Ungeheuer,
das durch zwanzig Jahre hindurch fort und fort
Hunderttaufende verfchlingt, welche das Land fchwer
genug aufbringt. In Wirklichkeit aber fehen wir aus
diefem Gelde eine Feftung erflehen, deren Stärke
den Türken für immer den Muth benahm, fich noch-
mals vor den Mauern von Grätz fehen zu laffen, und
einen Palaftbau, welcher den fteirifchen Standen für
Jahrhunderte zur ftolzen würdigen Heimflätte wurde.
De Lalio hat in Steiermark die Renaiffance inau-
gurirt. Er hat den neuen Styl fozufagen perfönlich von
Italien gebracht und mit diefem zahlreiche Baumeifter
und Werkleute, welche er nebft feinen beiden Brüdern
bei den verfchiedenen Bauten zu Grätz, Fürftenfeld,
Radkersburg, Marburg, Pettau, Rann etc. mit großem
Gefchicke unterzubringen wußte. Er hat es verftanden,
auf fteirifchem Hoden eine Schule zu gründen, denn
was nach ihm die della Porta, die Tade, die Marmoro
bauten, ift alles von dem Geifte des Meifters infpirirt.
Alle Werke feiner Schüler haben einen gemeinfamen
charakteriftifchen Zug und man darf nur die ebenfo
malerifche als originelle Fenfterbehandlung anfehen,
wie fie am Hof-Oratorium der Domkirche, am Capanile
des Schloßberges, an den Schlößern Radmannsdorf
und Thanhaufen, am Rathhaufe zu Radkersburg heute
noch zu erfehen ift, um fich fagen zu müßen, dafs es
am Ende des 16. Jahrhunderts eine fteirifche Local-
fchule der Architektur gibt, deren Gründer De Lalio,
deren Vorbild und Mufter das Grätzer Landhaus ift.
Diefe Schule beherrfcht genau hundert Jahre die archi-
tektonifche Thätigkeit im Lande, bis im Jahre 1644
Adam Wundegger mit feiner im Style der deutfehen
Renaiffance gehaltenen Facade des Landeszeughaufes
eine neue Richtung betritt.
Im Jahre 1560 baut Bartolomeo Alrifo in Rann, im
Jahre 1561 Bartolomeo {'iscardo als Polier mit 192 $
jahrlicher Beftallung in Fürftenfeld und Valentin de
Treveno in Rann. Ueber Marburg, wo in diefen zwei
Jahren wahrfcheinlich auch gebaut wurde, liegen keine
Daten vor. 1562 arbeiten Valentin de Treveno, Andrea
de Lalio und Pietro Antonio di Pigratto, letzterer als
Steinhauer zu Marburg. Im Jahre 1563 : Peter Tade,
Domenico de la Porta, Bartolomeo Viscardo, letzterer
als Polier zu Fürftenfeld, Valentin de Treveno als Polier
zu Rann.
Baujahre 1564 bis ijöj.
Nach dem Tode De Lalio's fcheint in den Befesti-
gungsbauten von Grätz ein kurzer Stillftand einge-
treten zu fein. Die Landfchaft hatte ihre Geldmittel
1 Seine Brüder Andrea und Johann (Zuan führen außer dem Knoblauch
die Buchitaben ALA, bezichungsweife ZAL.
* 81 Fascikcl der Landfchaft, Fascikel 6, Nr. 2.
beim Baue des Landhaufes erfchöpft, fo dafs fie fich
nur auf die Fortführung der Provinzbauten befchränkte
und Erzherzog Karl II., der 1564 die Regierung antrat,
war noch zu jung, um gleich lebhaft in die Bauthätigkeit
einzugreifen.
Wahrend alfo in der Hauptftadt der Feftungsbau
ftill fleht, bauen 1564 Peter Tade, Domenico de la Porta
und Bartolomeo } iscardo, letzterer als Polier in Fürften-
feld, Benediil von Toren.? in Rann. Im Jahre 1565: Peter
Antonio di Pigrato'm Marburg, Peter und Battifta Tade,
Bartolomeo l 'iscardo als Polier und Pietro de Lancio,
Letzterer als Steinhauer in Fürftenfeld.
Im Jahre 1565 wurde über Auftrag des Kaifers
Ferdinand I. Franciscus Theobaldis (auch Theobaldi
und Theobatti genannt) zum Baumeifter der windifch-
kroatifchen Gränze aufgenommen. * Er erhielt von der
Landfchaft 25 fl. Monatsgehalt. Theobaldi ift daher der
Nachfolger Domenico de Lalio's, obwohl in feiner und
der nach ihm folgenden Stellung mehr der Charakter
des Militär-Ingenieurs als des Baumcifters und Archi-
tekten hervortritt. Theobaldi eröffnete feine Wirkfam-
keit mit zwei Berichten: der eine vom 18. März 1565
über die Stadtbefeftigung von Grätz,2 der andere vom
19. Juni desfelben Jahres über Fürftenfeld,3 beide mit
Plänen belegt, von denen aber nur der von Fürftenfeld
uns erhalten blieb. Ueber die Grätzer Stadtbefefticune
fpricht fich Theobaldi ziemlich ungünftig aus und be-
mängelt vor allem die Kleinheit der Anlage. Sein Plan
proponirt eine Erweiterung der Befeftigung durch zwei
Vergrößerungen (Augumenti), von denen die eine am
rechten Mur-Ufer, die andere beim Paulus-Thor auszu-
führen wäre.
Baujahre 1566 bis ijöp.
Im Jahre 1566 berichten die Rechenbücher der
Landfchaft von 7700 U, welche für das Ausräumen,
d. h. für die Vergrößerung der Stadtgräben eingeftellt
wraren. In diefem Jahre fcheint von der Hofkammer der
Vorfchlag zur Erweiterung der Burg ausgegangen zu
fein, denn ein Erlaß Erzherzog Karls vom 5. Mai 1566*
fagt: „Der durch Euch bedacht Pau In dem langen
Stockh fo gegen dem Zeughaufe geet, wurd Villeicht
hinnaeh wen wir die Purgg zu pawen Anfallen wider
abgebrochen mueßen werden. Doch was den alten
Glokhen Thurn belangt, da wollet darob fein, damit
Eralfo laut desüberfchlags zuegericht. vndder vneoften
aufs dem Vizdombamt hergeben werde." Der bei-
liegende Ueberfchlag betrifft die Zurichtung des „alten
Glockhenthurn zunächft vor der Burgk zu Grätz zu
einem Schazgewolb zu notdurfft vnd verwarung der
F. D. Camerfachen-'. Der Unterbau des Thurmes (jetzt
Durchfahrt der Burg) ift heute noch an feinen gewal-
tigen vier Pfeilern erkenntlich; er erfcheint auf der An-
ficht von Grätz von Georg Beham 1594 noch in feiner
alten Ausftattung. Die Uhr diefes Thurmes verfertigte
Jercmias Müller, Uhrmacher zu Schottwien,5 der Maler
Dietrich Kamacker bemalte ihn außen.'''
Im Jahre 1566 erhielt Leonhard Brandfletter, Weg-
meifter, den Auftrag, die ..fteinen fchöbl vnd Wende
am Schloßberg gegen den Thiergarten" abzubrechen
1 81 Fascikel I haß, Fascikel 38, Nr. 50.
- L. A. Acten, Nr. 1620.
( I.. A. Antiquum, Fast iskel 11. .t.
* Kegiftratur der k. k. Statthalcerci (iratz, Miscellanea 5. Mai 1566.
5 I. o. Kammer-Regiftratur, neue Reihe Band 33, Blatt 147. a.
s Ibidem, Blatt 161. a.
CCVI
und zu ebnen und erhielt dafür 457 «'. Ueber diefes
„Abziehen des Schloßberges" aus ftrategifchen Gründen
exiftiren eine Reihe von Acten.1
Im Jahre 1567 wird nach dem von der Landfchaft
mittlerweile genehmigten Modelle des Superinten-
denten Francisco Theobaldi die Arbeit zwifchen dem
Grillbüchl und demeifernenThor in Angriff genommen.
Die Landfchaft bewilligt dazu 2000 if, ..auch wolle fie,
was noch weiters an der Stadt zu erbauen, in Be-
rathung ziehen'. Der Superintendent foll den Hau
leiten und beaufsichtigen und Ihr. F. Durchl. möge zwei
Landleute beftimmen, welche mit ihm tue .Aufficht
fuhren. Meifter Baltifia Tade baut die „Gurtina-2 bei
der Baftei der Burg und erhielt dafür 1220 Bf.
Im Jahre 1568 wird durch Giovanni Antonio de
Verda* ilandfchaftlicher Polier mit 72 fl. Rhein-Jahres-
gehalt) an der Ausräumung des Stadtgrabens gear-
beitet. In diefem Jahre beginnt der Bau der Baftionen
beim eifernen Thore, voran die Meifter
Battißa Tade, Benedict und Domenico de
la Porta und Peter de Verda arbeiten.
Letzterer baut auch an der Baftei am
GrilIpichl.Baufumme5634 Vi. Im Jahre 1569
Siegel des wird an allen diefen Werken weiter gear-
Giov. Antonio beitet; die Baufumme betrug 17998 fl. Als
de Verda. ]andfchaftlicher Baupolier fungirt Joannes
del Abba mit 10 u Monatsbefoldung. Die Acten diefes
Jahres fprechen bereits von einer Baufälligkeit des
Hauptfchloffes, befonders der Dächer. Reparaturkollen
302 u.
In den Jahren 1568, 1569 und 1570 wurde dem
fürftlichen Jagdfchloß, dem „GjaidhoF in Tobl, durch
Um- und Zubauten feine moderne Geftalt gegeben. In
einem Fascikel ,,Baurechnungen" der drei genannten
Jahre* finden wir für diefen von Marco Dionißo Tade
geführten Bau der Reihe nach die Baukoften von
750 fl., 1074 fl. und 1276 fl. angegeben. Dafs in diefen
Jahren auch an der Burg in Grätz gebaut wurde, be-
weifen die Ausgabspoften dafür von beziehungsweife
674 fl., 1003 fl. und 1262 fl. Auch beim Bargbau ift
M. Dionißo Tade Baumeifter. 5
Im Jahre 1566 bauen in Fürftenfeld Battißa Tade
und Mick. Pietro de Lancio. In diefem Jahre tritt hier
zum erftenmal der im Dienfte der Landfchaft lang
und viel befchäftigte Francesco Marmoro de Pone, ge-
nannt Marbl, als Polier auf. 1567 bauen ebenda Franz
Marbl, M. Pietro de Lancio und
Bartolomeo de Silva. 1568 Bat-
tißa Tade, Franz Marbl, M. Pie-
tro de Lancio und Silva. Bau-
meifter Walker fertigt ein Modell
des „Gebeu's" (des Schloffes)
an, worauf dasfelbe „ausge-
fteckt" wird." Es ift alfo in das Jahr 1568 der Beginn
des Schloßbaues Fürftenfeld zu fetzen. Im Jahre 1569
arbeiten Battißa Tade, Franz Marbl und Bar toi. de
Silva in Fürftenfeld. Benediä v. Kham (Fachono) ift
' J. o. Kammer-Rcgiftratus, ältere Reihe Bd. 32, Kl. 229 t, 230 i. 2S2 a
l!d. 33, BI. 252 i.
z Hier ift zum erftenmal die Courline von der liaftei unterfchieden.
* Bruder des Alcflandro de Verda, Erbauers des Maurolcums Karl II. in
Sekkau.
* H. K. A. März 1579. Nr. 64.
1 In einem Gcfuche desfclbcn vom März 1572 um eine jährliche Befol-
dung fagt er, dafs er nun fchon in das vierte Jahr Polier und Maurer, dafs
er fich in der Burg, in der Burgpfarrkirche, Marchfutterhof, im Vicedombamr
nnd anderen Gebäuden gebrauchen laflcn. (H. K. A. Man 1572, Nr. 73.)
* Landfchaftliches Expcdilbuch 1568.
Siegel des Franz Marbl.
Polier des Millers Franz Marbl, .1/. Pietro de Lancio K
Steinhauer. In Rann baut Andrea Maderini als Polier,
•n Copreinitz Francesco Teobaldi.2
Baujahr 1570.
Im Jahre 1570 erfcheint Salußio Perusei „k. Bau-
fuperintendent der windifchen Gränze" von der Land-
fchaft mit 25 fl. per Monat beföhlet, als Nachfolger
Francesco Theobaldi's am Schauplatze, um die fteiri-
fchen und kroatifch-windifchen Befeftigungsbauten zu
infpiciren. Seine zwei erhaltenen Berichte über die
Grätzer Feftung8 enthalten nichts wefentlich Inter-
effantes. In diefem Jahre wird am ..eifernen Thor" und
vorzüglich im Stadtgraben dafelbft gearbeitet; del
Abba i!t Polier mit 10 fl. monatlich. Im Hauptfchloß
„ift man mit Aufrichtung des Pulverftampfes, Zurich-
tung tles Zeughaufes und der Cifterne (Reparatur)
täglich im Werk". Der AcL welcher diefen Bericht
bringt,4 enthält auch folgende Stelle: „Item nachdem
die Schutt vom Schloßberg dermaßen herab reißt, das
Zubeforgen fich mittlerzeit wo folchem nit fürkhumen,
das gemeyr hernach begeben vnd herabfizen wurde.
Derwegen ain nottdurfft fein will, die fchluchten, wo
die Stain im Perg liegen, Pflaftern zu laffen. 31 Mai
1570". Die Pflafterung fcheint nicht ausgeführt worden
zu fein, da, obwohlErzherzog Karl diefelbe genehmigte,
die Mittel dazu fehlten.
Wir haben gefehen, dafs M. Dionißo Tade bereits
feit 1568 an der Burg baute; wahrfcheinlich handelte
es fich um Adaptirungen. Eine Reihe von Acten aus
dem Jahre 1570 ä theilt uns mit, dafs in diefem Jahre
erft ein eigentlicher Neubau geführt wurde. Erherzog
Karl fchreibt aus Wien ddo. 31. Juli an die Kammer-
räthe: „Nachdem wir anjezo dem Edlen Vnferen Kath
Schloßhaubtmann alda zu Grätz vnd lieben getreuen
Pangrazen von Windifchgretz Freiherrn aines gepeus
halber, fo Er in Vnfer fürftl. Burg alda fürnemben
Vnd Ins werch bringen folle, vnnfere gnedigfte mainung
anzaigen-', fo befiehlt er, da die Einnahme des erften
Ouartales des fteirifchen Zapfenmaßgefälles bereits
verbraucht, ..dafs Ir bey den Verordneten alda aber-
mallen anhalten vnd die Sachen bey Inen fo weit
richtig machet, damit Sy anjezo widerumb in abfchlag
desfelben inVnnferVicedombamt 600 Gulden erlegen".
Karl fchickt dann am 21. Auguft aus Wiener-Neu-
ftadt zwei verfchiedene Entw ürfe (A und B) des kaifer-
lichen Hofbaumeifters Ferabosco in Wien für das vorha-
bende Burggebäude mit der Bemerkung, dafs er fich für
B entfchloffen habe. Er fähe gern, dafs das Gebäude
alsbald angefangen werde, damit diefen Herbft noch
das Mauerwerk fertig fei. Es folgt hierauf eine Corre-
fpondenz darüber, ob der Erzherzog für feine Zimmer
„foliche Pöden, wie fy jezundt in E. F. D. Zimmer fein,
welche geriembt Pöden haißen,6 oder aber Tüpeldt
Pöden, die man alsdann mit täffelbcrch antragen
khundt, haben wolle", und nachdem fich der Erz-
herzog für letztere entfchloffen, berichtet Windifch-
grätz am 20. November, dafs der Bau mit allem Fleiß
geführt werde und die Zimmerdeckentäfelung bis
' L. A. Antiquität Fase. 31, Gränzbau.
5 Expcdilbuch 1569.
-1 Abgedruckt famnu dem Gutachten der Hofkammer darüber in „Steier-
mark. Gefehlt btsblätter von Zahn* IV. Jahrgang, 2. Heft 1883.
'• H. K. A. luni 1570, Nr. 49.
II K A. Juli 1570, Nr. 75.
'■ Kicmclbödcn = Sturzböden.
CCV1I
Pfingften fertig fein könne. Die Verordneten bewilligen
die begehrten 600 fl., für die Pflafterung der Schluchten
am Schloßberge aber nichts, da alles Geld für Bauten
fchon ausgegeben fei.
Leider fehlt in den Acten die nähere Angabe,
welcher Flügel der Burg mit diefem Hau gemeint fei,
fo dafs wir, da fpäterkein größerer Mau mehr vorkommt,
annehmen müßen, es fei der örtliche Tra<5t, die jetzt
noch beftehendc Burg, gemeint. Der vom Hauptein-
gangsthore der Burg links liegende (jetzt demolirte)
Flügel (Verbindungsbau des Ofttractes mit dem Maxi-
milian'fchen Bau) mit der Prunkftiege, dürfte unmittel-
bar nach 1553, natürlich ebenfalls von italienifchen Bau-
meiftern erbaut fein, denn ein AcT: vom 9. September
ddo. Wien 1553 ' beauftragt den Hans Ungnad und
Chriftoph Reich, zu veranlaffen, dafs die Stiege in der
Burg in der von ihnen vorgefchlagenen Weife bei erftcr
Gelegenheit gebaut und zugerichtet werde. Wurde
diefer prächtige Bau, deffen Demolirung im Jahre 1852
aufs tieffte beklagt werden muß, um die angegebene
Zeit ausgeführt, dann konnte er nur ein Werk des De
Lalio fein.2 Die Ausgaben der Landfchaft für die
Stadtbefeftigung betrugen in diefem Jahre die bedeu-
tende Summe von 12360 fl.
In Fürftenfeld bauen Bartolomco de Silva? Battijia
de Riva, Peter de Lancio; Franz Marbl ift Polier, nach
deffen Abgang zum Bau der Stiftsfchule in Grätz tritt
an feine Stelle Battißa Tade mit 16 fl. Monatsgehalt.
Battifta de Riva arbeitet zwei Wappen aus Sandftein
um 140 fl. An der windifchen Gränze, unbekannt wo,
baut Andre Modern (wahrfcheinlich Maderini) als
Polier.
Baujahr 157 1.
Im Jahre 1571 wird an der Baftei des eifernen.
Thores fortgearbeitet. Marco und Philipp Tade, Vin-
cenzo und Antonio de Verda, Giov. Angelo, Benedicl
und Paul de la Porta find daran befchäf-
tigt, del Abba und Bartime Khretfclunayr
(wieder einmal ein deutfeher Name!) find
Poliere. Battißa de la Porta führt das
fürftliche Wappen am eifernen Thore aus
und erhält dafür 16 fl. Nach Sponrieb^
wurde das eiferne Thor in diefem Jahre
fertiggeftellt. Die Infchrift wurde erft 1574
angebracht. Nach den
fchaft wurden 1708 fl.
wendet.
In Fürftenfeld find Valentin v. Görz und Cafpar
Carlon mit Erdarbeiten befchäftigt. Battißa Tade,
Franz Marbl, Domenico Fachono (Kham) und Pietro de
Lancio bauen an den Bafteien.
Baujahr 15J2.
Im Jahre 1572 baut Marco Tade an der Courtine
vor der Burg, Antonio Verda, Giov. Angelo und Paul
de la Porta am eifernen Thor, Vincenzo Verda baut die
Cafematten am felben Thore, Philipp Tade an der
' i. ö. K. R. altere Reihe Bd. 15, Bl. 212 b.
s Die Stiege abgebildet nach einem vor der Demolirung angefertigten
Aquarell in den Mitth. d. lt. k. Centr.-Comm. XI. Jahre n. F. 2. Heft.
> L. A. Aaen.Nr. 1428.
1 Wahrhafte Befchreibung, was von der „fürftl. Durchleuch Ertzhert-
zogen Carls zu Oefterreich etc. Hochzeitlicher haimfuerung in der Hauptftadt
Grätz in Steyr vom 17. Augufti bifs auff den 8. September von Porten vnd
deren Triumphirendcn zierlichkaiten zuegericht etc.u Gratz 1572.
XIII. N. F.
Siegel des
Vicenzo de
Verda.
Ausgabenbüchern der Land-
für die Stadtbefeftigung ver-
Baftei bei der Tricbencgg- (ehemals Adler-) Mühle.
Gefammtausgabe für die Befeftigung der Stadt 1708 fl.
(Ausgabenbuch). In diefem Jahre fpielt fich eine aus
den Acten nicht ganz klare Gefchichte ab, deren Inhalt
beiläufig der ift, dafs die große von Domenico de Lalio
erbaute Cifterne fchadhaft wurde und die Regierung
die Erben De Lalio's zur Reparatur belangte. Eine
Eingabe der Baumeifter Battißa Tade, M. Dionifio
Tade und Domenico de la Porta de Riva an den Erz-
herzog ' fagt, dafs ihnen als den Vertretern der Erben
De L;ilii >'s im Juni des verfloffenen Jahres aufgetragen
wurde, die mangelhafte Cifterne in guten Stand zu
fetzen, wozu fie fich verobligiren mußten. Darauf ill
ihnen von den Erben de Lalio's Schweizerisch Herr-
fchaft Lugano der Rathfchlag zugekommen, fie follen
die Rechnungen und Schriften darüber nach Lugano
fenden, und da ihnen das fchwer falle, fo bitten fie um
den Auftrag an die Erben, dafs fie fich hiehcr ftellen,
die befundenen Mängel der Cifterne wenden oder fich
mit dem Erzherzog ausgleichen mögen.
In Fürftenfeld arbeiten Franz Marbl und Antonio
Capuzo (Cepufch).
Baujahre ijyj und 1574.
Ueber die Jahre 1573 und 1574 liegen keine Bau-
rechnungen vor. Für die Stadtbefeftigung wurde im
erften Jahre 3000 fl., im zweiten 9000 fl. verausgabt.
(Rechenbücher.)
In Radkersburg bauen 1573 Antonio Piazzo (Platz),
Battißa de la Torre (Hans von Thurn) und Franz Marbl
als Polier, M. Antonio de Lando* als
Steinhauer; in Fürftenfeld Phil/ipp Tade;3
auch hier ift Franz Marbl Polier, Meifter
Antonio, Paul v. Paris gewefter Polier zu
Copreinitz und Meifter Andrea Maderini
als Polier arbeiten (unbeftimmt, wo) an Siegel des
der windifchen Gränze.* Im Jahre 1574 Battifta de la
bauen in Radkersburg diefelben Meifter,
wie im Vorjahre, in Fürftenfeld Domenico Fachono und
Hans Marbl, Franz Marbl als Polier.
Kaifer Maximilian IL verleiht ddo. Wien 22. Fe-
bruar 1574 das durch Ableben des Capitänes Saluftio
Peruzzi erledigte Amt eines Superintendenten der
windifch-kroatifchen Gränze dem Hieronimus Arkhanos
(auch Arckhanatten genannt) mit 25 fl. Monatsgehalt. 5
Baujahr iJTj-
Im Jahre 1575 arbeiten Giov. Antonio de Verda
Paul und Veit de la Porta an der Stadtbefeftigung.
Giov. Angelo de la Porta liefert die Steinmetzarbeiten.
Cafpar Kholmuet (wieder ein deutfeher Name) ift Polier.
Cefar Pambßl malt für 30 fl. das fürftliche Wappen
auf die obere Baftei.6 Baukoften 9300 fl. (Ausgaben-
buch.) Zur „Befichtigung und Berathfchlagung der
Landgebcu" wird der k. Baumeifter Peter Ferabosco
aus Wien berufen und erhält 50 £ 4 ß 24 A (Ausgaben-
buch.)
1 H. K. A. Juni 1572, Nr. 18.
: L. A. Acten Nr. 1489.
3 Derfelbe nimmt für feinen Bruder „Meifter Battista Tade ^-eweft
Pollier feiig" deffen Monatsbefoldung bis 26. Jänner 1573 in Impfang. Nach
diefer Angabc muß Batt. Tade F-ide Jänner 1573 geftorben fein.
k L. A. Antiquum Fase. 31. Glänzbau.
' H. K. A. Oclober 1576, Nr. 3.
,: Diefe Summe nimmt für den fcelig. Pambftl und deffen nachgelaffc-
nen Sohn und Erben Michael Pambftl am 5. November 1575 Xiclas Paumb-
gartner, Maler, in Empfang. Pambftl ftarb demnach 1575.
dd
CCVII1
In Radkersburg arbeiten Antonio Piasso, Battißa
de la Torre, Marc Antonio Lancio und Frau: Marbl.
Auch in Fürftenfeld unter Antonio Zepufch als Auf-
feher und in Legrad wird gebaut.
Baujahr ijjö.
I dem Tode De Lalios fehlte es an einer ein-
heitlichen Oberleitung. Die vorhin genannten Bau-
meiller arbeiteten ftückweife die einzelnen Baftionen
und Courtinen, io dafs oft das eine zum andern nicht
aßt haben mochte. Theobai di kritifirtundbeman
- 5 das vor ihm Gebaute und läßt die Partie am Grill-
pichl nach feinen Plänen ausfuhren, aber bereits i
verlangt der anonyme Bericht ' (wahrfcheinlich
Peruzzi , dafs an der Baftei beim Grillpichl die lange
Mauer bis auf den Grund, die füdliche zum Theil abzu-
brechen fei etc. etc. Diefer eingeriffenen Verwirrung
zu lleuern, ließ Erzherzog Karl abermals Ferabosco aus
Wien berufen, welcher im Vereine mit eigens dazu
1 >eputirten und anderen Käthen die Bauten beflehtigen
und ein Modell verlegen folle, nach welchem der Hau
weiter zu führen fei* Der Kaifer faiulte zu gleichem
Zwecke den Florentiner Baumeitler Simon Genga,
welcher für feine Mühewaltung vom Landtage 300 fl.
bewilligt erhielt. Letzterer lieferte auch Modelle für
Kurilenfeld und Radkersburg und bekam dafür 153 fl.
In Gratz war in diefem Jahre Cafpar Kholmuet Polier;
ausgegeben wurden 4665 fl. (Ausgabenbuch.)
.Auswärts wurde in Fürftenfeld, Radkersburg,
Legrad und Copreinitz gebaut.
Am 14. Oftober 157'' wird Giufeppe Vintana, der
bereite feit 1574 im Dienfte und bisher in den Peilungen
Trient, Laibach, Gradisca und Fiume befchäftigt war,
vom Lr/.herzog zum „Baumeifter der windifch-kroati-
fchen Grenze und der Landbefeltigungsgebäude" er-
nannt und ihm 35 fl. Monatsgehalt bewilligt.'1 Die Ver-
ordneten, unwillig über die Berufung fo vieler italieni-
fcher Baumeifter, machen dem Erzherzog Vorflellungen
über das hohe Gehalt des ..Weifchen" und bemerken,
dafs „in dergleichen hochwichtigen Dienften nit allain
Pawverftändige vnd wolerfarene Perfonen, fondern
fürnämlich fouil möglich Teutfche beftellt vnd aufge-
nommen werden follen".*
Baujahre i~,j~ bis 1580.
Ueber das Jahr 1577 liegen keine landschaftlichen
Rechnungen vor; tue Ausgaben für dieStadtbefeftigung
betrugen 1550 fl. (Ausgabenbuch.) Im Jahre 1578 wurde
die zweite Cifterne fpäter Löwen-Cifterne genannt) auf
dem Schloßberg erbaut 4 im Plane). Am 30. Juli
Abends llürzte ein Theil des Mauerwerkes derfelbcn
■>o Cubik-Kl.ifter) ein, am Morgen des 31. abermals
ein Stück, am dritten Tage desgleichen. Zu dem
: eizwerk", das nun hcrzuftellcn war. getraute fich
aber, wie der Bericht darüber fagt, kein Mann, fo dafs
der im Gefängnis fitzende Hofzimmermeifter Sigmund
Laustorfer proviforifch entladen wurde, um „zur Str;
die gefährliche Arbeit zu verrichten. "' In diefem Jahre
wurde endlich das auf dem Plateau des Schloßberges
liehende alte Schloß demolirt. Eine Rechnung
1 Steiermark. Gefchichtsblätter von Zahn. IV . Jahrg., 2. Heft, S. 69.
Pascikcl der Landfchaft. Kasc. 19, 11. Man 1576.
' H. K. A. Oflober 1576, Nr. 3.
• Ebenda.
H. K. A. Augutt 1578, Nt 1
Hofkammer vom i. Mar/. 1577 bis 22. Juli 1578' führt fol-
d< Porten an : Abbrechen des Haupt fchloffes 1800 fl.,
Abtragung des Berges, auf dem das Schloß geftanden
1600 fl., Graben der Cifterne 364 fl., Mauerwerk von
des Burggrafen Logement 190 fl. Auch wurde der
„lange Schloßzug im Sack- reparirt, wofür 725 fl.
fungiren.
In den Jahren 1579 und 1580 fcheinen die Bauten
aus Mangel an Geld gänzlich eingeftellt worden zu fein.
Ein 1 I »i tober 1579 an den oberllen Bau
CommifKär Franz von Poppendorf beftimmt, dafs außer
an der Cifterne nur am Steinbruch gearbeitet werden
folle, und zwar follen nur fo viele Arbeiter gehalten
werden, als mit dem Geldc. das von den erzeugten
Steinen erlöft wird, erhalten werden können.8
Auswärts arbeitet 1577 in Fürftenfeld Antonio
C'afuzzo, in Radkersburg Battißa de la Torre (Hans
von Thurn), Mo reo . Intonio Triso (Truz), Marco Antonio
Lancio und Franz Marbl als Polier; auch in Copreinitz
und Legrad wird gebaut. 1578 arbeitet Franz Marbl
in Fürftenfeld, Marco Antonio Trizo und Battißa de la
Torre in Radkersburg, letzterer baut das neue Ungar-
thor.
Baujahre ijSi bis 1584..
Der dreijährige Stilllland der Bauten in Grat/,
veranlaßte endlich Erzherzog Karl zu einem Erlaß
ddo. 5. April 1581 an die Verordneten,3 worin es heißt:
„ Weihen an dem alhiefigen Statgepeu mit den berait
vorhandenen Vorrath alfo Hill zu liehen vnd lleckhen
Zuvcrbleiben nit allein fchimpflich, fondern auch
fchädlich, Indem die graben fo mit nit geringen Un-
coflen vertiefft wider einfallen vnd angefchüt werden,
auch die Arbeitter fich entzwifchen verlauffen, So feye
höchft I. F D. gnedigft Begern, dafs die H. Verord-
neten wo nit mehr, doch nur ain fünfhundert Gulden
alspald an gehörig Orts darraichen vnd entzwifchen
ain Anfang machen laffen wollen". Es ill fehr fraglich,
ob die Verordneten auf den Wunfeh des Erzherzogs
eingingen, denn fowohl 1581 als 15S2 finden wir keine
Bauausgaben verzeichnet. Im Jahre 1583 werden wenig-
ftens Materialien, befonders Ziegel angefchafft. Von
[584 liegt nichts vor, als ein Gefuch der Meiller, Maurer
und Steinhauer um Auszahlung ihres ausflandigcn
Lohnes.
In diefem Jahre begegnen wir der erften größeren
Schwierigkeit in der Geldbefchaffung. Bisher bewillig-
ten die Landftände anllandslos jährlich die nöthigen
Summen für die Befeftigung des Hauptfchloßes und
fowohl der Stadt Grätz, als der Provinzftädte, fo dafs
man fagen kann, dafs bis 1568 fämmtliche Bauten mit
Ausnahme einiger Zufchüße des Kaifers und des
Bürgcrmeifters von Grat; für die fogenannten Bürger-
bafteien) aus dem Säckel der Landfchaft hergeftcllt
wurden. Aber fchon 1568 bis 1570 mußte die Regierun-
Beiträge in der Höhe von 384 fl. beziehungs weife 587 fl.
und 1262 fl. zufchießen,* welche aus Steuern und an-
deren Einnahmen beftritten wurden. Die mittlerweile
aufs äußerfle zugefpitzte Differenz zwifchen den der
Mehrzahl nach proteftantifchen Ständen und dem auf
ftreng katholifchem Standpunkte flehenden Erzherzog
1 H. K. A. November 1579, ^r- S9-
: H. K A. November 1579, Nr. 59.
a 81 Fascikel der Landfchaft. Fase. 47. Nr. 4.
1 H. K. A Mar? 1579, Nr. 64.
(VIX
fanden in den Bewilligungen der Baufummen ihren bc-
redten Ausdruck. So manche Jahre find zu verzeichnen,
in denen die Stände wohl für die Gränzftädte, für Grätz
aber keinen Kreuzer bewilligten und dafs infolge denen
der Notenwechfel zwifchen dem i. ö. Hofkriegsrath in
Grat/.1 und den Verordneten oft eine fehr gereizte
Sprache annahm, braucht kaum vciTichert zu werden.
Ks ill nicht unfere Aufgabe, die Gefchichte der Geld-
bewilligungen oder Geldbefchaffung, welche, wenn die
erlleren vom Lande verfiegten, oft nur mit fehr hohen
Percenten möglich war, zu fchreiben; für diefe Arbeit,
wenn fie jemals unternommen werden follte, liegt im
Landes-Archiv, besonders in der mit „Antiquum" be-
zeichneten Abtheilung ein kleines Gebirge von Acten
vor, deren Inhalt weit ins [8. Jahrhundert hinein reicht.
Beim Gränzbau fcheint fich der dafür berteilte
Baumerfter Jof. Vintana manche Ungenauigkeiten zu
Schulden kommen lallen haben. Die Verordneten,
welche, wie wir gefehen haben, bei deffen Ernennung
fart Proteft einlegten, machten mit ihm kurzen Procefs.
Sie ernannten am iS. Mai 1584 den in ihren Dicnften
bewahrten Franz Marbl zum „Baumeifter über die
Land- und Gränzgebeu" und feinen Bruder Antonio
zum Polier, gaben beiden zufammen eine Jahres-
Befoldung von 300 fl. und kündeten am 13. Juni dem
Hofkriegsrath an, dafs „dem Vintana keine Befoldung
mehr gereicht werden könne, da fie Franz Marbl auf-
genommen hatten.2
In Radkersburg baut 1584 Battißa de La aro,s in
Fürftenfeld Hans Marbl,* in Copreinitz Jof. Vintana.
Baujahr 1585.
Im Jahre 1585 kommt wieder Leben in die Sache.
Antonio Marbl, Antonio und Pietro Vafalio arbeiten an
der Baftei bei dem Paulusthor gegen den Thiergarten,
Paul und Jacob de la Porta, Peter Vafalio,
Frau- dePodt anfchließend daran, Antonio
Bernefs liefert Steinmetzarbeit, Battißa de
Marin ift Polier, Jos. Vintana fcheint die
Oberleitung zu führen. Es wird auch die
„Grundmauer, darauf das Stat Thor (das
neue Paulus-Thor) kommen foll", gebaut.
Erzherzog Karl bewilligt ddo. 16. Septem-
ber'' die Erbauung von fünf Wohnungen (Wohnhäufern)
für die Landsknechte auf dem Hauptfchloß (5 im Plane).
In Fürftenfeld baut Hans Marbl.*
Baujahr 1586.
Der Burggraf und Zeugmeifter Julius v. Sara hat
im I lauptfehloß ein Gebäude für die Guardiknecht und
fein Gefinde aufführen laffen (offenbar eines der be-
willigten fünf Häufer), wofür ihm die Baukoften von
100 fl. genehmigt werden.7 In diefem Jahre baut Marx
Wening „I. F. D. beftellter Pixenmeifter8 eine Waffer-
kunft", wodurch aus der alten Cifterne auf die zweite
Siegel des
Jacob de la
Pon 1.
1 Der i. ü. Hofkriegsrath in Grätz wurde
gegründet, 174 1 aufgehoben.
i Expcdttbuch und 81 Fascikel der Landfchaft, Fascikel
3 L. A. Anliquum Fase. 31.
1 Ibidem Fase. 16, Gratz.
' II K. A. September 1585, Nr. 17.
" r.xpeditbuch.
: 11. K. A. Auguft 1586, Nr. 43.
* Ibidem December 1586, Nr. 32. Marx Wening ift der
Erzgießer, welcher im Vereine mit Thomas Auer 1590 die
fchöne bronzene Brunnenlaube im Hofe des Landhaufes
verfertigte. Ucber denfelben flehe den Artikel von Pro«
fe ffor Lufchin in der Gratzer Tagespoft, Abendblatt vom
4. September 1884.
1 h Kaifer Max 11*
Nr. 28.
AlWA
(Swy
Siegel des
Marx Wening.
Siegel lies
lhomas Auer.
Porten zur Wohnung des Burggrafen Waffer geliefert
wird, wofür er 200 fl. erhalt. Bei der Stadtbefeftig
arbeiten Peter I afalio an der Partei gegen
du Burg, Franz de Podt gegen den Traut-
mannsdorfhof, Jacob de la Porta an einem
im ht naher bezeichneten Ort und Jacob
dt IfcKonga (?) an der Burgbaftei, welche
eingefallen war, abgebrochen und neu
mauert wurde.
Von auswärts fchweigen die A6ten. Die Befcfti-
gungen von Fürftenfeld, Marburg und Pettau waren
beendet, Radkersburg wenigftens in feinen Haupt-
theilen. Jacob Marbl baut das Provianthaus in Pettau. '
Baujahr 1587.
Peter Vafalio fetzt 1 5 S 7 die neue Partei gegen die
Burg fort, auch Jacob de la Porta wird als Baumeifter
genannt. In diefem Jahre muß auch an dei Burg gebaut
worden fein, denn Marco Antonio Tade, Hofbau-Polier
erfucht im September um 1400 fl. für feine Arbeiten
„am neuen vnd Alten gepewen In der Burgkh" aus-
geführt.2 Vom November 1587 liegt die Eingabe eines
gewiffen Alcffandro Scadinari dcll Amadei vor, in
wel< her er fich anheifchig macht, einen Aufzug auf das
Schloß zu errichten, mit welchem „alle Nothdurft mit
einem Mann und einem Rofs" hinaufgeführt werden
könne. Auch eine Mühle fei er bereit zu bauen, mit
welcher ein Mann per Tag fechs Viertel Getreide
mahlen könne. :l Franc Marbllegt die Entwürfe einiger
Gränzhäufer an der windifch-kroatifchen Gränze vor.*
Von Provinzbauten ift nur zu erfahren, dafs Jacob
Marbl, Sohn des Franz Marbl, am Provianthaus zu
Pettau baut. '
Baujahr 1588.
Im Jahre 1588 wird der Glockenthurm am Schloß-
berg, welcher heute noch als Wahrzeichen von Grätz
lieht, erbaut. Dicht neben der alten St. Thomas-Kirche1''
flehend, hatte er eine doppelte Beftimmung. Er bil-
dete den Glockenthurm der Kirche und barg in feinen
unteren und unterirdischen Etagen Gefängniffe für
politifche Verbrecher, welche in der That ftark fre-
quentirt waren. '
Der achteckige, mit einer Verjüngung aufrtei-
gende, 34 M. hohe Thurm ift von majeftätifcher
Wirkung. Er befitzt vier Stockwerke; die unteren drei
haben, dem Charakter der Gefängniffe entfprechend,
kleine viereckige Fenrter, das oberfte Gefchoß aber,
in welchem die große Glocke hängt, hat fchön geglie-
derte Schallöffnungen, welche die in der Schule De
Lalio's übliche Zweitheilung durch ein unterbundenes
Säulchen zeigen. Die große Glocke, im Volksmund
„die Liesl" genannt, ift 8j:1 ., l I fchwer und wurde 1587
von dem „Pixengießer" Martin Hilger gegoffen. Ueber
die Erbauung des Thurmes befitzen wir nur ein
einziges, aber intereffantes Aftenftück,8 nämlich eine
' Expeditbuch.
'-' II. K. A. September 1587, Nr. 2.
1 Ibidem November Nr. 35. Zahn a. a. O. erwähnt, dafs Scadinari zwei
Handmühlen wirklich errichtete, eine zur Probe im Haufe des Hei
, eine auf dem Schloßberg, per Stück zu 30 fl.
* 81 Fascikel der Landfchaft, Fase. 35, Nr. 40.
l'cditbuch.
" I ii e St. Thomas-Kirche war ein romanifchcr Rundbau mit halbkreis-
förmiger Abfide (liehe Plan); lic wurde 1809 demolirt.
' lieber die dafelbft im Laufe der Zeiten untergebrachten Gefangenen
flehe : Fr. v. Kalchbeig a. a. O. S. 34 ff.
- II. K A November 1588, Nr. 13.
<W1*
ccx
Klagfchrift der daran betheiligten Bau- und Werkleute
an den Erzherzog vom November 1588 folgenden
Inhalts: „Euer F. D. Khönden wür vndenbenante Arme
Pau- vnd Werkhleuth difes in dem Gefchloß Neuen
angefangnen Thurmes Vnderthenigift anzueruffen vnd
Zu Pitten, nit vnderlalTen, dieweil wür dann ermelthen
Thurnn nunmehr Zum Thach gebracht, wie auch die
Gloggen fchon alberait In das Eyfenwerckh gehengt,
Vnfs aber deßwegen noch datoher khain bezalung
niemals eruolgt, oder geraicht worden, welches dann
vnß ferner In die Lenge zuuerharen fchier vnmöglich,
damit vm das aber Zum deckhen, vnd anderen Xott-
wendigen Inngepewen vor difen wiinther nichts verab-
faumbt fonder mit aller ehiften Vollendt, vnd außgepaut
werden möchte. Langt an E. F. D. Vnnfer Inngemain
vnderthenigft vnd gehorfamift Pitten E. F. D. wollen
bey derfelben Zaalmaifter alle gnädigifte Beuelchung
vnd Fürfehung thun lallen, damit wir doch ainmal die
Bezahlung difer vnferer Hart gehabten muehe vncl
Arbait halber vnderthänigift empfahen möchten. In
genädigifter Bedenckhung dafern der Thurn difen
vorftehenden YVintter alfo gar vnbedacht uerbleiben
folte, wurde nit allain den Gemeyr defsThurns, fondern
auch der gloggen nit Clainer fchaden Zuegefueget
werden.
hlußformel)
E. F. D. Vnderthenigifte vnd Gehorfambfte Pau:
„vnd YVerckh Leuth defs Neu erbauenden Thurns
Im gemain."
Außen am Gefuche fteht der Auftrag, den Bitt-
ftellern 200 fl. zu geben. An der Stadtbefeftigung
arbeiten Jacob de la Porta, Peter Vafalio, Franz de
Podt (auch Pott und Anton Wermascon, letzterer als
Steinhauer. *
In Radkersburg baut Franz Marbl das Proviant-
haus. *
Baujahre ijSp bis löop.
Der Campanile war gebaut, die große Glocke auf-
gehängt (Sigmund Leuzendorf , Bürger in Leoben
lieferte den „eifern Klächl" dazu und erhielt im April
1589 46 fl. dafür), aber es fehlte an der geeigneten
Vorrichtung, die fchwere Glocke in Bewegung zu
fetzen. Da halfen der talentvolle Mechaniker und Roth-
fchmied Marx U'ening und der Zeugfchmied Cafpar
Reiffich aus der Noth, wie folgende Eingabe derfelben
vom Juni 1589 darthut. 3
..Euer F. D. Tragen genedigftes wiffen, dafs man
ein guette Zeit hero allerley mitl vnd weeg gefucht,
mit volftändiger Zuerichtung der Neuen großen Glogk-
hen im fürftlichen Haubtfchloß allhie damit diefelb
recht vnd woll khönn geleuttet werden, wie fich
fonderlich folches Ihr vill zuuerrichten vnderftanden,
aber Vergeblich, dann Sy vnuerrichter vnd vngueder
fachen von folchen werch haben ablaffen mueffen. Die-
weillen es dannLezlich vnßBeedenvndergeben worden,
Vnd wir ohne Beruemb folches werch volfürth, dafs
nit allein am leuthen ferner gar khein Mangl, Sunder
auch alfo Zuegericht ift, dafs Zwo Perfonen, folche
Gloggen vngeachtet Irer groß vnd fchwäre, ein Ziem-
liche weill anziehen vnd Notturfftiglich leutten khönnen,
weil es vnß aber (ehe wiers als ins werch gebracht)
' Expeditbuch.
: Ibidem.
H K A. Juni 1589, Nr. 47.
Siegel des
Rattista de
Marin.
große muehe vnd fchwäre Arbeit geftanden, \ nd vnfern
iniglichiften Vleiß neben Außgeftandner gefehrligkheit,
daran gewendet haben, Demnach fo bitten E. F. D.
wier hiemit vnderthenigift, die wollen entgegen zu er-
gözung folcher vnferer fchwären vilfeltig muehe vnd
außgeltandner arbeith (waß E. F. D. genedigfter wille
ift) vnß mit einem Zue Pueß vnd gnadengeld genedigil
bedongkhen vnd Miltigelich Begaben, Solche erzaigte
Landesfürftliche genade vnd gaab wollen vmb E. F.
D. wier vntherthenigift zuverdienen Befleußt fein, den-
felben vnß gehorfambift befelchendt.
E. F. D. gehorfambifte diener vnd Püxenmaifter
alda Marx Wening vnd Cafpar Reiffich-.
Erzherzog Karl llarb am 10. Juli 1590, und da fein
ältefter Sohn Ferdinand noch unmündig war, führte
Erzherzog Ernft die Regentfchaft. Die Befeftigungs-
bauten ruhten aus Mangel an Mitteln dazu. Von 1591
datirt eine Refolution des Erzherzogs, ein Gebäude
für Wohnungen der neu aufgenommenen
16 Soldaten und einige Reftaurationen im
Schlöffe ausführen zu laßen. ' Im Jahre
1595 wird Battißa de Marin, der bereits
durch 15 Jahre bei der Stadtbefeftigung
als Polier thätig war,2 vom Hofkriegsrath
dazu beftimmt, „dafs ihm bei dem ftill-
ftehenden Stattgebeu zur etwas feiner
vndterhaltung auß dem Haupt Pau-Deputat jährlich
60 fl. geraicht werden, fo dafs er verbunden fei, auf
hiefiges Stattgebeu Auffehen zu haben vnd die Mengl
allweg ftrags vor einreißung mehreres Unrats vnd
Schadens zu wenden".3 Diefer Polier war alfo der
rothe Faden, welcher von der im Jahre 1589 abgebro-
chenen Bauthätigkeit bis zur unbeftimmten Wieder-
aufnahme derfelben hinüberleiten follte! 1597 finden
wir wieder einige Thätigkeit an den Werken vor dem
Paulus-Thor unter der Leitung Marin s, welcher mittler-
weile zum Hof baupolier avancirt war.* Da aber das Land
kein Baugeld flüßig machte und von der Regierung
nur 500 fl. angewiefen waren, konnte felbflverftändlich
nicht viel und nicht lang gearbeitet werden. Im Jahre
1598 ftarb Marin „eine Witwe mit eilf Jungen u hinter-
laffend,5 und es wurde Giov. Angelo de la Porta zum
Polier des Stadtgebäudes aufgenommen. Seine Ein-
gaben um Wiederaufnahme des Baues, feine Vor-
ftellungen, dafs die unfertigen Bauten durch das Regen-
waffer ruinirt und zerftört werden, blieben erfolglos.
Die Landftände waren durch die in den letzten Lebens-
jahren Karl 11. verfchärften Schritte zur Reftauration
des Katholicismus unwillig und verftimmt und ver-
fagten das Geld zum Baue. Auf eine Eingabe de la
Porta's an die Regierung erfolgt den 26. Juli die
Antwort: „Es feien nicht die geringften Mittel da;
weil aber fowohl von der Bürgerfchaft, als dem Hof-
gefinde eine Contribution zum Stadtgebeu bewilligt
und zum Theil eingebracht worden, fo fei, was noch
einzubringen, mit dem eheften wirklich einzufordern.""
Alfo fogar das Hofgefinde wurde zur Beifteuer für die
Baukoften herbeigezogen. Als endlich Erzherzog
Ferdinand, welcher 1596 die Regierung angetreten,
im Jahre 1598 die verhängnisvollen September-Decrete
1 H. K. A. Juli 1591, Kr. 24.
: L. A. Antiq. Fase. 27.
3 Ibidem.
' H. K.. A. April 1597. Nr. ir.
* L. A. Anliq. Fase. 27.
• M. K A. Juli 1598, Nr. 19.
CCXI
erließ, wurden die Stände noch mehr verbittert und
mit der Geldbewilligung war es auf viele Jahre hinaus
vorbei. Die fteirifchen Landftände haben das bekannte
Wort: „Kein Geld — keine Schweizer" in „Keine
Religionsfreiheit — kein Geld" umgewandelt.
Im Jahre iöoo wurden auf Regierungskoften die
„Schranken-Schlagbrücke" und .,<> neue Zimmergebeu"
(Cafematten) vom Meifter Jacob de la Porta erbaut.1
Baukoften 91S fl. 59 kr. Peter I 'alnegro wird zum Hof-
baupolier mit 35 fl. Jahresgehalt ernannt.* Im Jahre
1601 reicht ein gewiffer I laus Taller Modelle ein und
Erzherzog Ferdinand beauftragt ddo 24. Juni die Hof-
kammer: „1. Taller für iibergebene Modelle und Invcn-
tionen vber dasjenige, so er bisher darauf empfangen,
300 II. zu geben, 2. fo lang wir feiner nun hinfiiro
bedürfftig, monatl. 30 fl. als ein Wartgeld zu reichen,
3. Wann es zu einem Veldzug gelange vnd Er darunder
gebraucht wurde, So haben wir Im fo lang derfelb
gewehret vnd er folch Veldzug beiwohnt zu feiner
Vnderhaltung monatl. 80 fl., 4. Wofern durch die Mittl
feiner Invention vnd zuvorderft des Allmechtigi n
gnedigen Bciftand die Haupt Feftung Canifa erobert
wurde, dafs Ime auf folchen Fall zu ainer ergözlichkeit
iooo fl. verehrt vnd auch auf fein Lebenlang jährlich
200 Taller zur Provifion geraicht werden folle.
5. Wann er vor dem Feind vmbkäme oder fonften zeit-
liches Todts ftürbc, aber feine gemachte Invention
den effetft mit eroberung Canifa glücklich erraichte,
fo haben wir uns gnedigift erbotten, feiner nach-
gelafsenen Ehewürtin auf Lebelang Järlich 100 Taller
zur Provifion zu raichen".3
Die lucrativen Ziffern diefes Auftrages beweifen,
dafs Erzherzog Ferdinand auf die Inventionen Taller's
großes Gewicht legte, und fich davon bei der
Belagerung Kanifcha's große Stücke verfprach. Leider
haben fich weder die uns unbekannt gebliebenen
Erfindungen Taller's, noch die Mithilfe Peter de Pomis'i
bei der Belagerung der genannten Feftung bewährt,
welche bekanntlich ein ziemlich klägliches Ende nahm.
Im Jahre 1608 wurde im Schlöffe ausgeführt:
Ausbau der 5 neuen Cafematten zu Landsknecht-
wohnungen, Herftellung des eingefallenen Thurmes
an der Fernberger-Baftei, Reparaturen etc. Koften
1322 fl. 20 kr.5
Wahrend der Zeit des 20jährigen Bauftillftandes
in Grätz wird auch in der Provinz, mit Ausnahme von
Radkersburg, wenig gebaut. In Fürftenfeld beffert 1593
Benedict Facon (Fackono) die Stadtmauer an 5 Orten
aus, in Pettau baut 1594 Jacob Marbl am Proviant-
haus." In Radkersburg ift 1590 Battißa de /a,Torre
Polier, Marc Antonio Lancio arbeitet 1593 als Stein-
hauer. 7 Von 1594 bis 1596 erfcheint dort Marc Antonio
Canaval als Polier, verreift aber im letzteren Jahre
in feine Heimat, da er „nimmer willens noch Vor-
habens ift, wiederumb in diefes Land zu kommen".
Nach ihm, u. zw. am 29. November 1596 wird Battißa
de la Porta zum landfehaftlichen Polier ernannt. s
1 H. K. A. Juli 1600. Nr. 55. Jacob de la Porta ift nun bereits der achte
Haumeiftcr der Familie de la Porta.
■' Ibidem Juni 1602, Nr. 35.
1 H. K. A. Juni 1601, Nr. 28.
* Siehe: Giovanni Pietro dt .' p, Hofmaler, Hof-Architekt und Feftungs-
baumeifter in Uratz, im Kepcrtorium für Kunltwiflen.fi hafl \ I Bd., S. 97.
' II.K.A. September 1608, Nr. 76.
,: L. A. Antiq. Fase. 27.
7 Ibidem Fase. 44.
a 81 F'ascikel der Landfchaft, Fase, 5, Nr. 5, a.
1599 arbeiten dafelbft Domenico und Benedict Gallo als
Steinhauer.1 In Petrinia kommt zwifchen 1595 und 1597
Ce/ar Porta als von der fteirifchen Landfchaft befol-
deter Gränzbaumeifter vor.2 Nach dem großen Brande
vom 11. Juli 1607 gab es in Radkersburg viel zu thun.
Antonio Plaza, der das Bürgerrecht der Stadt erworben
hatte, läßt durch feine Poliere Marco Antonio Marco
und Gco die „eingefallene Ringmauer, fo in
der Feuersbrund das Pulver zerworfen", wieder her-
ftellen. Zwifchen 1607 und 1612 wird das Kathhaus
hergellellt, woran A. Plazo und Domenico Gallo
arbeiten, letzterer als Steinhauer, welcher drei Thorc
und acht Fenfter „in ihrer Zier-' aus Ehrenhauferftein
herftellt. In Ibanitfch baut von 1605 an Kilian Canaval
als Polier,11 in Copreinitz [593 Franz Marbl, nun als
„obriller Baumeifter der kroatifch-windifchen Grenze"
mit Bernhard Bollo als Polier.* In Petrinia baut von
1597 bis 1602 Philipp Franckh als Polier.' Franz
Marbl war nach Vintana's Tod, der Ende 15.NS
erfolgt zu fein fcheint, in die Reihe der Nachfolger
Domenico de Lalio's getreten. Zwei Bauberichte, der
eine über Fürftenfeld,0 der andere über die Befefti-
gung von Siffek,7 liegen von ihm vor. Er erhält im
Jahre 1593 „femel pro fempre" 200 fl. und fo lang er
beim Baue befchäftigt, „außer der ordinari auch die
extraordinari Zubuß von 100 fl. jährlich".8 Er beklei-
dete die neue Würde aber nicht lang, da er wahr-
fcheinlich Ende 1593, ficher aber vor dem 27. Jänner
1594 ftarb. Auf ihn folgte Alejfandro de Pasqualitio,
1598 zum landfehaftlichen Ingenieur und Baumeifter
aufgenommen,9 am 8. Juli 1599 von Erzherzog Fer-
dinand zum Baumeifter der Gränze mit 60 fl. monat-
lich ernannt,1" welcher fchon 1603 dem Ottavio Zanuoli
das Feld räumte.11 Auch diefer war nicht lang im
Amte. Außer einem Berichte, den er am 2. Juni 1603
über Copreinitz ablieferte,12 wiffen wir nichts über feine
Wirkfamkeit. Er ftarb wahrfcheinlich zu Ende des
Jahres 1606, denn am 15. Januar 1607 wurde „anftatt
des unlängft abgelebten oberften Baumeifters Ottavio
Zanuoli" bereits fein Nachfolger in der Perfon des
Albrecht Marconi mit 30 fl. Monatsgehalt ernannt.1"
Baujahre 16 10 bis 1620.
Von nun an hören die Baurechnungen von Grätz
auf. Unfere Hauptquelle verfiegt, und wir müßen uns
mit Hilfe der anderen Acten zurecht finden. Im Jahre
1610 werden endlich vom Landtage wieder 4000 fl.
Baudeputat für die Befeftigung der Stadt bewilligt.
Die Verordneten erklären jedoch ddo 3. Auguft: „fie
können die vom Landtag bewilligten 4000 fl. aus
Mangel an Geld nicht zahlen. „Jedoch wann Sy fechen,
das zu gemelten geben gegrüffen, vnd die Handt-
wercher auf Sy wöchentlich gewißen werden, wollen
Syalßbaldt anfangs von 4 zu 500 fl. auszahlen laßen".1'1
1 Cammerbuch der Gemeinde Radkersburg.
- Expeditbuch.
1 Ausgabenbuch der Landfchaft, 1605.
I 81 Fascikcl der Landfchaft, Fase. 72.
' Expeditbuch und Ausgabenbuch t6o2.
'• L. A. Antiq. Fase, ir a,
7 Ibidem Fase. 27.
' Hudem.
3 Ibidem Fase. 50.
[dem Fase. 31, Gränz- und Bauwefen.
11 L. A. Antiq. Fase. 31, Gränz- Ul B en. Zanuoli ift auch als
Porträtmaler bekannt. Siehe fteirifches Künftlcrlexicon.
'- Ibidem.
« Ibidem.
II Expeditbuch.
CCXII
Mit einigen Unterbrechungen bewilligt der Landtag
nun wieder jährliche Bau-Dotationen, fo dafs in den
Jahren 1610 bis 1620 die Summe von 36.OOO fl. zur
Auszahlung kam.1 Auf die Namen der ausfuhrenden
Baumeifter müßen wir leider verzichten, da, wie ge;
die Baurechnungen nicht mehr exiftiren. Peter l'al-
0 ift beim Bau befchäftigt und dm Namen eines
anderen Poliers, Bartolomeo dt Bofio, erfahren wir aus
dem Ausgabenbuch der Landfchaft vom Jahre 161S.
Die Arbeit concentrirte lieh auf die Baftionen beim
äußeren Paulus-Thor; diefes felbft fcheint 1614 ferti.;-
geftellt worden zu fein, denn ein Erlaß des Krzherzogs
Ferdinand vom 9. Januar 1615 beftimmt, „dafs die im
neu erbauten St. Paulusthor befindlichen Zimmer,
Kalten und Keller dem Hueb: Marchfutter oder
fumalirambt, welches an Localitäten Mangel leidet,
überlaffen werden-.* Für diefes heute noch beliebende
Stadtthor arbeitete der Bildhauer Phüibert Pocabelli
bereits im Jahre 1606 die beiden Wappen aus weißem
Marmor, wofür er 950 fl. erhielt.3
Es durfte nicht ohne Interciic fein, die Ausrüftung
einer Feftung damaliger Zeit kennen zu lernen. Wir
wählen dazu das Inventar vom 20. März 1609, welches
einem Berichte des Oberften der windifchen Gränzen
und Schloßhauptmann alhier Herrn Sigmund Friedrich
von Trautmannsdorf und des Hanns Jacob Freiherrn
von Khisll als oberften Zeugmeifter mit der Tendenz,
dafs das Schloß itärker zu verproviantiren fei, ent-
nommen ift.'
„Verzeichniß, was an Munition und Profiant im
Hauptfchloß vorhanden.
Watten: fünf Carthaunen, zwei Singerin, vier
Nnthfchlangen, drei Feldfchlangen, 18 Falconet, zwei
Haubitzen, 19 Doppel-Falconet, vier einfache Falconet,
zwei ungefaßte Feuermörfer, 300 Doppelhacken, die
mit keiner Zugehör verfehen, 780 Ctn. Pulver,
225 Karthaunkugeln, 227 Singerinkugeln, 600 Noth-
fchlangenkugeln, 1500 Feldfchlangenkugeln, 3266 Fal-
conetkugeln, 2500 Doppel-Falconetkugeln, 3887 ein-
fache Falconetkugeln, 100 Sprengkugeln, 70 Ctn.
Schrot, 200 Ctn. Blei, 80 Ctn. Saliter, 11 Startin
ä 10 Kimer Schwefel, 90 Ctn. Pech, Item von allerlei
Vorrath, Strickhe, Werch, Leinwath, Öl und der-
gleichen zum Feuerwerkh. Mufketen in die 2000,
Lange Spieß 1000, Hellepardten 500, Rüftung auf
500 Mann, Rundtartfchier 50.
Proviant: 575 Vaß Mehl, follen auf das Wenigift
allezeit an die 1000 Vaß gehalten werden, Fleifch
möchten in die 200 Oxen aufgefelcht vnd einge-
falzen werden vnd den Knechten nach vnd nach
gegeben vnd wieder Frifches in Vorrath gefchafft
werden. Desgleichen khöndte es auch mit den
Schweinen, gefalzenen Fleifch vnd Spekh, wie nit
weniger mit Käß und Butter gehalten werden, deßen
Vorrath fich aufl deß wenigift in die 500 Ctn. Schweine-
fieifch erftreckhen möchte. Salz 2000 P'ueder, Holz
foviel deffen khan gelegt werden. Wein 500 Startin."
Auswärts wird vorzüglich in Radkersburg und
Ibanitfch gebaut. Im erften Orte baut der Meifter
Antonio Plazo 161 1 am Rathhaus und Zeughaus, 1612
bauen er und Domenico Gallo am Rathhaus. In Ibanitfch
1 Ausgabenbucher jener Jahre.
: H. K. A. Januar 1615, N
1 Ibidem Juli 1606, Nr. 22.
• H. K A. Man 1609, Nr. 62.
ift von 1605 bis 1620 Kutan Canaval als Polier mit
11 fl. Monatsgehalt thatig.1 Der Gränzbaumeifter
Albrecht Marconi bezieht bis 161S regelmäßig fein
Jahresgehalt; über feine Leiftungen ift uns nur bekannt,
dafs er wiederholt nach Feldbach gefchickt wurde.
da in jener Zeit iler Plan zur Befestigung diefes Platzes
ißt wurde. Kr fcheint 1618 geftorben zu fein, denn
am 1. März 1619 wird an feine Stelle Harn Albrecht
WentfchÜB vom Kaifer zum Baumeifter der windifchen
Gränze ernannt.*
Baujahre 1621 bis /
In der Zeit von 1621 bis 1640 werden vom Land-
tage für die Stadtbefeftigung 68.000 fl. bewilligt,3
wirklich ausbezahlt aber nur 42.000 fl.* Auch das
Kronland Krain wird zu Beiträgen für die Gratzer
Befeftigung herbeigezogen und bewilligt der Krainer
Landtag im Jahre 1629 4000 fl.'' Die Arbeiten concen-
triren lieh in diefer Bauperiode auf den Bau des äußeren
(dritten) Sackthores" und die Befeftigung desfelben
durch eine Baftion,7 welche 1629 begonnen wurde/
Um zu /.eigen, dafs man verftand, das Angenehme mit
dem Nützlichen zu verbinden, citiren wir einen Erlaß
der Regierung an den Bürgermeifter von Grätz, ddo.
10. Juni 1626: Der Bürgermeifter vnd „tue von Graz"
haben den Schwanenftand im Stadtgraben vor dem
eifernen Thor eingehen laffen, weil die Thiere der
Fifchbrut Schaden gethan. Da aber ..die Schwanen
zu ainer luft und Zier, wie auch dem Stattgraben Zu
Nuzen vnd Sauberkheit gereichen thun, inmaßen die
fürnembften Fürften vnd Potentaten Ire Teicht vnd
graben mit dergleichen adelich vögl vnd Schwanen
anzufühlen pflegen'", alfo foll der Schwanenftand
w ieder hergeftellt werden.9
Um diese Zeit fcheint die Idee einer Befefligung
der Mur-Vorßadt ernftlich in Erwägung gezogen
worden zu sein. Eine Note des Hofkriegsrathes an die
Landfchaft ddo 18. Juni 1632 fagt: „Da nach Begehren
der Landfchaft wegen Fortificirung der Muervorftadt
ein Abriß oder difegno vorhabender Fortificationen
gemacht vnd die Gaßen, zu deren nachrichtung so zu
bauen haben, ausgefteckt werden müßen, tritt die
Commißion zufammen, zu welcher die beiden Kriegs-
räthe Gottfried Freiherr von Falbenhaupt, Oberft, vnd
Sigismund Frd. Freiherr von Gleispach mit Zueziehung
der beiden k. Baumeifter Albrecht Wendtfchitfch und
Lorenz von Defipi beftimmt find".10 Es ift höchft
wahrfcheinlich, dafs Lorenz i'on Defipi diefen Plan,
d. h. die Aufnahme der Mur-Vorftadt ausführte. Defipi
war feit 1619 als ..Ihr röm. kaif. Majellät Kriegsbau-
meifter" in Grätz11 und hatte wahrfcheinlich die
Generalleitung über die Feltungsbauten der damaligen
Zeit. Er war auch Kupferftecher '* und hinterließ bei
1 Ausgabenbuch.
- L. A. Antiq. Fase. 31, lirjn/- und Bauwefen.
1 Ibidem.
* Ausgabenbuch.
■ 11. K. A. September u>2y. Nr. 115.
' Dasfelbe, heute demolirt, trug an der Infchrift die Jahreszahl 1625.
' Aul den in die Mur reichenden Mauern dcrfelben lieht das heutige
^niß des Unterluchungs-t Jcrichtcs.
: Ausgabenbuch-
9 H. K. A Juni 1626. Nr. 40.
' L. A. Antiq. Fase. 31.
11 Dies geht aus einer Eingabe der von Defipi hinlerlaflenen Witwe an
die Landfchaft hervor, in welcher i\K fagt, dafs fie mit ihrem trauen feil
15 Jahren das Paulus-Thor bewohnte. „Sobald er am jüngft vergangenen
Ofterfonntag fall noch nicht recht in der Erden erkaltet, hat fich swei
nach feinen abfehaidten der Feldt Trommpetter Kuepp vnterftanden, mich aus
dem Zimmer mit gewalt zu fchatTen.- ^L A. Antiq, Pasc,
'- Steirifchcs Künlllerlcxicon.
ccxm
feinem Tode (16. April 1634) einen unvollendeten
Kupferftich, die Anficht der Stadt Grätz, welche mit
der von Wensel Hollar 1635 herausgegebenen identifch
fein dürfte,1 d. h. in dem Sinne, dafs Hollar von der
Witwe Defipi die unfertige Platte übernahm und den
Stich zu Ende führte.
Am 1. Janner 1633 wurde Simon Valnegro zum
landfehaftlichen Baupolier aufgenommen.2 Im felben
fahre follen der Mechanismus des „tiefen Brunnens"
und die Handmühlen im Schlöffe reparirt werden. Die
beiden Mechaniker Georg Wankhammer und der
„kunftreiche Mühlenmeifter" Ferdinand Zehentner
werden aufgefordert, eine Concurrenz zu beftehen.
Jeder erhalt eine Mühle zur Reparatur und derjenige,
der feine Arbeit am heften macht, foll mit dem Auf-
trage betraut werden.'1 Im Jahre 1639 ftarb der Hof-
baupolier Peter Valnegro; an deffen Stelle wurde Peter
Fafol, wahrfcheinlich ein Sohn des zwifchen 1585 und
1588 vorkommenden Pietro ]Tafalio ernannt.*
Im Jahre 1621 wird mit der Befeftigung von Feld-
bach begonnen. Die Rechnungen darüber werden mit
dem Satz eröffnet: „Am 16. Auguft 1621 unter den
liie/u bcftellten Herrn Alberdo Wentfchinen (fic) die
arbeit angefangen".5 1622 bauen Peter Valnegro, deffen
Polier Hans Canaval und der Steinhauer Giovanni
Mamolo (Hans Mämol) die erfte Porten. 1623 ftockte
der Bau. Richter und Rath von Feldbach entfchuldigen
(ich ddo. 19. October 1623 bei der Landfchaft, dafs sie
mit dem Bau nicht vorwärts kommen; aber es ift die
Infection eingetreten und Valnegro habe nicht kommen
können. „Vielweniger haben wir feinen bedeuten
Polier Hans Canabal, welcher diefen gebeu anfenchlich
beygewohnt, In bedenken, er zu den auch hochnot-
wendigen Hoffgebey der röm. K. M. vnfercs aller-
gnedigft Herrn vnd Erb Landt Fürften begrebnuß ver-
ordnet vnd begert worden, über vielfaltige Zufchreibcn
vnd Bitten nicht gehaben khönnen".6 Im Jahre 1624
wirtl von Valnegro, deffen Polier und Mamolo die
zweite Porten „gegen die Raab, fürftenfeldwärts"
gebaut, 1626 endlich von Valnegro die dritte Porten."
Kollen der drei Porten 6005 fl. 7 (3 12 A Von Fürften-
feld ift uns nur bekannt, dafs 1627 Hans Leonhard
Copitfch, „verordneter Paumeifter" und Cafpar Sal-
vador, Bürger und Maurer zu Fürftenfeld, an der
Baftei arbeiten. Im Jahre 1631 baut letzterer an der
Stadtmauer. Zu Radkersburg wird in der ganzen Zeit
gebaut. 1625, 1628 und 1629 wird dafelbft Lorenz
v. Defipi als Baumeifter genannt, 1631 ein gewiffer
Wolf, Bürger und Maurer dafelbft.8 1636 baut Hans
Kraufshaar als Baupolier zu Copreinitz.9
Baujahre 1641 bis 1660.
Für die Zeit von 1641 bis 1660 wurden vom Land-
tage 55.000 fl. bewilligt und, foviel man aus den
mangelhaften Ausgabebüchern fehen kann, auch ziem-
lich vollinhaltlich zur Auszahlung gebracht. Beträcht-
liche Neubauten fcheinen in diefer Periode nicht auf-
1 Kümitul : Kunft und Künftler in ihrer Förderung durch die fteirifche
Landfchaft. Beitrage zur Kunde fteirifcher Gefchichtsquellen, XVI. Heft, 1879.
: L. A. Antiq. Fase. 35.
1 H K. A. 1635, Januar Nt. 67, Mai Nr. 59 und Juni Nr. 102.
* Derfelbe wird bereits immer mit dem germaniiirten Namen Fafol
bezeichnet.
5 Acten der Landfchaft Nr. 1349.
* L. A. Antiquum Fase. 52.
7 L. A. Acten Nr. 1249.
- Ausgabenbuch.
9 Ibidem.
gefuhrt worden zu fein; das ganze Bau-Deputat wurde
von den Reparaturen der zahlreichen Werke Ver-
fehlungen, ja die Regierung mußte außerdem noch
betrachtige Summen zufchießen. So hat diefelbe be-
reits 1627 zu den von der Landfchaft bewilligten
5000 fl. die Summe von 2000 fl., im Jahre 1628 zu den
landfehaftlichen 3000 fl. fogar 7500 fl. hinzugefügt.'
Im Jahre 1645 bewilligt der Kaifer, dafs aus den
Kriegs-Contributionen — Reftanten 30.000 fl. zur Re-
paratur der Hauptfeftung verwendet werden,- welche
wahrfcheinlich nach und nach zur Auszahlung kamen.
Ueber die pofitive Verwendung der Gelder wiffen
wir nur, dafs im Jahre 1644 1200 bis 1500 fl. zur Repa-
rirung der „fcharfen Baiteigegen den Thiergarten und
der Katze" verlangt wurden/'
Der leitende Baumeifter diefer Periode ift der
Ingenieur und Kricgsbaumeifter Tobias Creizthaller*
welcher nach feiner eigenen fpätcr anzuführenden
Angabe von 1636 bis 1653 in kaiferlichen Dienften lland.
Da Defipi 1634 ftarb, fo ift Creizthaller der unmittel-
bare Nachfolger desfelben. Er refignirte auf fein Amt
im Jahre 1653 und ftarb in Gratz am 28. September
1655. Von feiner Thätigkeit erhalten wir nur Kunde
aus einer Eingabe, die er beim Vcrlaffen feines Amtes
an Kaifer Ferdinand III. richtete, weßwegen wir die-
felbe im Auszüge mittheilen. Er fagt darin: „Ich habe
mich nit allein in dero Erbkönigreich Fürftenthumben
vnd Landen, fondern auch auf der Wündifchen vnd
Petrinifchen Crobatifchen vnd Möhr-Gränitz gegen
den Erbfeind den Türken, wie nit weniger gegen
denen Venedigifchen Confinen für einen Ingenier vnd
Kriegsbaumeifter in die 17 Jahr lang gebrauchen laßen
vnd in folcher Zeit mit fchweren vnd gefährlichen
Reifen vnd außgeftanden großen Krankheiten mit
darfetzung Ehr, Leib, Haab, Guett vnd Bluett vermög
aufgerichten Mappa oder Tabulum fambt der Relation
vber E. R. K. M. Erb Königreich Eürftenthumb vnd
Landen in allerunterthenigiften gehorfamb alberaith
eingereicht vnd dedicirt." Obwohl er 1644 eine
Zubuß oder Gnad von 900 fl. erhalten, bittet er, da
er den Dienft „feiner Krankheit vnd Paufolligkkeit
wegen" nicht mehr vorftehen kann (der echte Bau-
meifter! er wendet den Ausdruck Baufälligkeit, den
er für fchadhafte Bauten in Uebung hat, auf feinen
eigenen körperlichen Zuftand an), ihm pro Quartal
eine Provifion anweifen zu laffen. Auch an die
Kaiferin Eleonora, die Mutter Kaifer Ferdinand III.,
richtet er ein ähnliches Gefuch. Er fagt darin, dafs er
nicht nur die ausftändige Befoldung nicht erhalten, '
„fondern auch noch darüber mir vnd denen J. O.
Herren Hof Kriegs Räthen zuegemuettet wrerden wolle,
alß ob die außzeigung des neu erbauten Jungfrauen
Clofters der Carmelitanerinen zu Graz den neuen
' H. K. A. Juli 1644, Nr. 41.
- H. K. A. April 1645, Nr. 31.
3 Ibidem 1644, Juli Nr. 41.
1 An der Außenfeite der Leechkirchc in Gratz befindet fich ein
Kainilirngrabftein der Creizthaller aus fehwarzem Marmor mit folgender
Infchrift :
In Sleyr Geboren. Gelebt vnd Geftorben.
(Wappenfeld, das Wappen nicht mehr vorhanden.)
Der Allcrheiligiften Dreyfalligkheit fambt der Himelkhönigin Maria
vnd Allen lieben Heiligen Zu lob vnd Ehr hat difs Epitaphium der Edle
Tobias Creytztaller, der Rom. Khay. Maj. J. 0c. Hoff Kriegs Ingenier vnd
Paumeifter Ihnie vnd allen fseiner Befreunden, Sonderlich feine Eheleib-
lichen Lieben Vatter Lorenfs Creytztaller, fo geftorben den 14. November
\ 1 ;7 machen Lafsen. Gott Verleich Ihme vnd vnfs allen die Ewige Sellig-
kheit. Amen."
-'■ Er hatte in der That bei feinem Austritt noch r333 fl. .m Gehalt zu
fordern. (L. A. Antiq. Fase. 31, Granz- und Bauwefen.)
CCXIV
ifications Werkh dafelbft zuwider sein solle.
Eine Refolution des Kaifers. ddo. Ebersdorf, 19. Sep-
tember 1654 beftimmt, dafs Creizthaller. .der über
alle vnfere Erbkönigreich, Fürftenthumb vnd Länder
vnd deren Grenzen ein Mappa aufgerichtet," jähr-
lich 150 zu reichen fei.1
- diefer Refolution und der erften Eingabe geht
hervor, dafs Creizthaller von allen Provinzen Oefter-
reichs. alfo auch von Steiermark, eine Mappe an-
fertigte und dafs diele Arbeit mindeftens zwei Decen-
nien vor der Aufnahme durch Georg Mai
.:. Leider ift uns über die Art und den
lab diefer Aufnahme nichts bekannt. Auch der
zweite Brief enthält eine für die Grat/.er Baugefchichte
intereffante Nachricht. Es ift bekannt, dafs Kaiferin
Eleonora im Jahre 1641 da- Carmeliterinnen-Klofter
im kälbernen Viertl zu Grätz ftiftete, welches 1654
erbaut und 1660 iht wurde.- Nach dem Inhalte
zweiten Briefes befteht nun kein Zweifel, dafs
Creizthaller der Erbauer diefes Klofters ift. einerfeits
weil er fich an Eleonora die Stifterin des Klofters
wendet, anderfeits weil er fich beklagt, dafs man das
Klofter als der Fortification im Wege ftehend findet.
Im Jahre 1650 wurde bereits eine Reparatur am
eifernen Thore nothwendig, welche von Anton Sollar
und dem Steinhauer Hans Mamolo durchgeführt wurde.3
Im Jahre 1655 wird für die durch den Abgang Creiz-
thaller's erledigte Stelle der Ingenieur Guyslein Segers de
Idg. Wafferhoven aufgenommen.*
Am 25. Februar 1657 ftarb der Hofbaupolier P
Fafol und Domenico Bianca erhält deffen Stelle.-1 Im
felben Jahre erlitten die Fortificationsbauten im
kälbernen Viertl durch das HochwalTer der Mur be-
trächtlichen Schaden. Der Hofkriegsrath weift 3000 fl.
an, dafs _Zu Verhuetung des augenfeheinlichen Unter-
ganges der neuen Fortification im kalb. Viertl der
alzufehr dahin zuedringende Muehrftromb ab- und auf
die andere Seite geleitet, zu dem Ende auch eine
Haubtwöhr (Damm) gefchlagen werden follte-.6 Im
felben Jahre fand eine Commiffion zur Beurtheilung
der Feftungsbauten in Grätz ftatt, welcher der k. Ober-
Ingenieur Mar:: aus Wien beigegeben war.
Derfelbe arbeitete ein umfangreiches Elaborat aus,
beftehend in einem Berichte über den Zuftand der
Bauten in Grätz und den anderen befeftigten Orten
Steiermarks, nebft Plänen der betreffenden Orte im
gegenwärtigen und im Zuftande der vollendeten Be-
feftigung. Es ift dies der in der k. k. Hof-Bibliothek
befindliche Codex Nr. 9225, welchem wir unferen Plan
als den älteften von Grätz7 entnahmen und im ver-
kleinerten Maße copirten.
Aus diefem Plan erfehen wir den Stand der
Bauten im Jahre 1657. Die Baftionen find fertig, nur
von der im kälbernen Viertl fehlt der nördliche Ab-
1 H. K A '
.-ph II. aufgehoben, beherbergt es heute die Monturs-
iuon.
= n der Landfchaft Nr. 1258.
• L. .*■ z- und Bauwefen.
■ und Bauwefen.
I er nur von der Fcftung allein (die Stadt
ift feparat i jffenbar derfelben Aufnahme
entflammen .iTVnfchaft des Feldmarfchall-
r-.ants FöHte führenden hand
betitelt: -Befchreibung und
'e verfchiec- - hlöffer und Städte in Steiermark,
Krain und Iftrier. jtn ift eine Kritik der Befcftigun^- beigegeben]
nebft dem Vorfchlag, die Murvorftadt zu befeftigen. Eine im Texte befind-
liche Tabelle enthält gleichfalls die Jahreszahl 1
fchluß. Noch fteht die alte Schanzmauer aus der Zeit
Ernft des Eifernen, welche vom Uhrthurm Bürger-
thu: -chloßberges herab gegen die Mur, dann
jn das Franciscanerklofter verlauft. Im übrigen
ift die Stadt gegen die Mur, und zwar vom Sackthor
bis zur Baftion des kälbernen Viertls noch völlig offen.
Das Carmeliterinnen-Klofter ift allerdings gegen den
Fluß fehr exponirt, und wir fehen bereits den 1657 er-
bauten Damm zur Ablenkung des Waffers und den
am jenfeitigen Ufer angeordneten Durchftich. Nach
dem Vorhergehenden ift ziemlich zweifellos, dafs der
beigegebene Plan derMur-Vorftadt von Defipi herrührt
und dafs der Plan der Stadt lammt Schloßberg nur
von Defipi oder Creizthaller flammen kann.
Es liegt außer dem Rahmen unferer Arbeit, die
in der genannten Schrift geübte Kritik und die Vor-
fchlage zur Verbefferung und Completirung der
Fcftung zu befprechen. es feien daher nur die Cardinai-
punkte erwähnt: Die Courtinen von 600 bis 700 Fuß
feien zu lang, es müßen daher zwifchen den Baftionen
Ravelins angelegt werden. Da die ganze Murfeite offen
ift, follen längs derfelben drei Thürme erbaut werden,
während die Thürme x und y, fowie die nicht zu be-
streichende Mauer z abzutragen feien. Im Norden des
Schloßberges find noch drei Baftionen im Plan durch
punktirte Linien angedeutet) anzulegen und die Mur-
Vorftadt ift in die Fortification einzubeziehen. Für
das letztere Projecr. liegt ein Plan bei. Weder die Be-
feftigung der Mur- Vorftadt, noch die drei Baftionen
nördlich vom Schloßberg, noch die Ravelins kamen je
zur Ausführung. Als im Jahre 1660 Kaifer Leopold zur
Erbhuldigung nach Grätz kommen follte, erging der
Auftrag, dafs die „Baftei bei der Frau von Dietrich-
ftein'fchen Behaufung" fammt dem Gang gegen den
Tummelplatz, ebenfo auch die „Baufalligkeit der
Burg" reparirt werden follen. l
Von auswärts ift nur bekannt, dafs 1659 Cafpar
?dor als Polier im Fürftenfeld baute. -
Baujahre 1661 bis 16S0
Ueber die Geldbewilligungen von Seite des Land-
tages und die wirkliche Auszahlung liegen in der
Periode 1661 bis 1680 nur Bruchftücke vor, aus denen
man fieht, dafs von der Landfchaft jährlich ca. 6000 fl.
bezahlt wurden. Im Jahre 1664 fcheint die Nordfeite
der Baftion im kälbernen Viertl zum Ausbau gekom-
men zu fein, denn der Kaifer bewilligt im März des
felben Jahres „für das neue Pafteyengebeu an der
Muhr im kälbernen Viertl und zwar für den Roft,
darauf die Paftei gefetzt", 200 Ctn. Eifen aus Vor-
dernberg.3 Von nun an gibt es faft nur Reparaturen.
Vom April 1667 datirt ein Bericht, rdafs das Unwetter
am Hauptfchloß vergangenen Winter großen Schaden
gethan, an der langen Baftei ober den P. P. Capu-
zinern ein großes und langes Stück Gemäuer ein-
gefallen, am vordem Zwinger ober dem äußeren
Paulusthor vnd am Scharffenegg, ober dem Thier-
garten großer Schaden eingerißen". Gleichzeitig er-
geht an die Landfchaft das Anfuchen: das ordinari
Bau-Deputat zu vergrößern,* natürlich ohne Erfolg. Im
Jahre 1671 reparirt Carl Gionoll, Bürger und Steinhauer
I H. K. A. April 1
: L A. Antiq. Fa und Bauwefen.
' H. K. A .-März :
* Ibidem April i
CCXY
in Grätz, die lange Baftei in der Hauptfeftung, die Neu-
ftadt ' genannt, um den Betrag von (8oo II.- Am
3. März 1676 wird mit der Erbauung von „36 großen
Soldatenquartieren und hiezu erforderten 18 Küchln"
im Schloß und der Errichtung des „neuen Zeughaufes"
in der Stadt begonnen, die Arbeit am 20. November
1677 beendet. Baukoften 10.697 f-:i I™ Jahre 1678 hat
die Mur „die neue Waßerbaftei im zweiten Sack beim
Admontcrhof dermaßen unterwafclien, dafs der Spitz
oder Fronto etliche Klafter weit in den Stromb ge-
fallen, dadurch das kälberne Viertl und das Klofter
der Canneliterfrauen in Gefahr gebracht". Der Kaifer
befiehlt, ddo, 14. Juli, dafs zur Reparatur ein F.xtra-
ordinarium bewilligt werde.4 Im Jahre 1680 brannte
das neu gebaute Soldatenquartier im Schlöffe nieder.
Von auswärts erfahren wir nur aus einer Relation
des Ingenieur. \iljuncten Michael Poßanner vom
23. November 1661, dafs in Fürftenfeld und Radkers-
burg gebaut wurde, in letzterer Stadt am Unger- und
am Mur-Thor und an der Teufelsloch-Baftei.''
Baujahre 1681 bis 1700.
In der Hauzeit 1680 bis 1692 wurden vom Land
tage 63.000 fl. bewilligt, wirklich ausbezahlt aber nur
51.800 fl.6 1695 wurden für den Ausbau der Carmeliter-
baftei (im kälbernen Viertl) noch 3000 fl. bewilligt,
dann hören die Zahlungen für längere Zeit auf. Vom
Jahre 1681 liegt folgender Antrag der Hofkammer
vor: „Nachdem die Notdurft erfordert, daß die im
vorigen Jahre durch die Feuersbrunft im Schloß rui-
nirte Prandllatt wiederumben erhobt und zu ge-
brauchfamben Quartiren und Wohnungen erbaut
weiden foll der yberfchlag gemacht werden."7
1683 findet abermals eine Abraumung des Schloß-
berges ftatt, denn die Hofkammer bewilligt „zur
Sprengung der bey dem Schloßberg fchroffigen
Stainen Hügl abermallen '/2 Ctn. Pulver".8 Im felben
Jahre wird zur Regulirung des Mur-Fluffes ein „neuer
Durchftich" beim Calvarienberg ausgeführt.9 1684 be-
willigt der Kailer Leopold zur Fortfetzung des Mur-
gebeu 1300 fl. aus eigenen Mitteln mit der Bedingung,
dafs die Landfchaft ebenfoviel verwende.10 1685 be-
willigt der Kaifer, nachdem die Commiflare unter Zu-
ziehung des Ingenieurs v. Wafferhoven die Mängel der
Feftung dargelegt, vorläufig 4000 fl. Baugeld." 1686
wird v. Wafferhoven zum General-Quartiermeifter vor-
gefchlagen und fo lang er im Felde ift, ihm monat-
lich 100 Thaler Gehalt beftimmt.12 Am 7. October
1687 wird der Ingenieur Giften d'Ideglien (sie)
.-'. Wafferhoven feiner vielfeitigen geleifteten Dienfte
1 Von diefer Zeit an treten die drei Bezeichnungen auf: Untere Feßung,
die untere Partie des Schlolfes bis zum zweiten Thor, enthaltend Bürgcr-
baftei, Uhrthurm, tiefen Brunnen etc.; die Neußadt, enthaltend die Partie
zwifchen dem zweiten und dritten Thor mit der Stall- und Fernberger-Baftei;
der Thomas-Kirche und dem Glockenturm ; endlich die obere Feßung, um-
1 das höchfte Plateau mit der Cifterne und den umliegenden Baulich-
keiten. Sollte nicht diefe Kintheilung in drei Feftungen den Anlafs zu der in
den Gefchichtsbüchcrn fpukenden Sage von den drei Bürgen gegeben haben,
einft am Schloflbcrg geftanden haben follenj Drei Burgen neben-
einander auf einem nur 400 M. langen Bergrücken muthen dem Glauben des
Lcfct -. doch et* as viel zu.
• H. EL A. Mai 167t, Nr. 43.
! U.K. A. Deccmber 1677, Nr. 79.
I L. A. Antiq. Fase. 31 Gränzbau.
5 Ibidem Fase. 31 Gräoz- und Bauwefen.
■ H. K. A. Januar 1704, Nr. 94.
7 Ibidem März 1681. Nr. 48.
- II. K. A. November 1683, Nr. 41.
y L. A Antiq Fase. 32.
1,1 Ibidem Fase. 31 Granz- und Bauwefen.
II H. K. A. Juni 1685, Nr. 55.
'- Ibidem Januar 1086, Nr. 56.
XIII N. F
wegen in den Freiherrnftand erhoben.1 1688 wird das
„Wachtmeifterquartier" in Acv Feftung erbaut.2
Um diele Zeil ifl Bartlmee Ebner k. Kriegs-
Maurermeifter in Grätz. Wir erfahren von feiner
Thätigkeit durch eine Eingabe vom Auguft i6,x,s, in
welcher er um die Ueberlaffung eines Grundes zur
Erbauung eines Haufes für fich bittet. Diefelbe ill an
den Landeshauptmann gerichtet und lautet: „Sinte-
nialil ich nun beraits in die 13 Jahr nit allein bei diefen
Gratzerifchen Fortificationsgepau, fondern auch zu
Fürftenfeld und Radkersburg, auch allenthalben auf
den windifchen Graniz Veftungen etc., auch in Befchau
und Brandfchätzungs Commißionen, im verfloflenen
Jahr nit weniger als fünf Monat lang bey denen Veit-
zügen .... dem lieben Steyermarkh zun Nuzen, aber
dardurch mit Verluft und Verfäumbniß meiner hier und
auf dem Land habenden Arbaith meine höchfte Pflicht
erzeiget hab, auch beynebens durch darleihung meiner
mit mir hinabgeführten Maurergefellen, deren Vill wegen
Vngewohnter Luft und Speili miehefelig crepieret, ....
E. H. Gnaden geruhen, mir an dero Land-Pafteien,
welche felbe ohnedem gerne Verpauter haben wollten,
ein Orth von etlich Klafter in der Leng und Breit zu
erpauung meines Hauß in Gnaden zu verwilligen.
Bartlmee Ebner Khriges-Maurermaifter." :1
Fs wird ihm ddo. 25. Auguft 1688 eine Flache von
100 Länge und 40 Breite bei der Tummelplatzmauer
bewilligt. Ebner blieb mit feiner Bitte nicht allein ; da
man inErfahrung gebracht, dafs dieLandfchaft etlichen
Parteien bewilligte, an den leeren Orten an der land-
fchaftlichen Baftei beim eifernen Thore kleine Ge-
bäude, welche der Stadt „zur Zierde geraichen" zu
errichten, fo traten eine Reihe von Bittftellern auf und
es erhielten Michael Jofeph Probft von Pöllau, Sig-
mund Graf v. Wagenfperg, Erasmus Wilhelm Graf
v. Saurau, Graf Stubenberg, Dr. Ferd. Egger, Ludwig
Graf v. Rindsmaul und der Koch Georg Neuhold je
ein ähnliches Parcellenausmaß, wie Ebner zugewiefen,*
im Jahre 1689 dann noch der Landeshauptmann Georg
Herr v. Stubenberg, Joh. Otto Graf v. Dornbach und
Joh. Adam Monzelo, Oberfecretär der Landfchaft,
ebenfolche Stücke.5
Diefer Anbau von Privathäufern an die Baftions-
mauer war nun allerdings nicht im Sinne einer flreng
durchgeführten Fortification gelegen, allein es war
nicht das erftemal, dafs gegen letztere gefündigt
wurde. Schon im Jahre 1603 wurde „unter der Burg-
balter"' ein Garten für die erzherzogliche Familie an-
gelegt und der Bildhauer Sebaflian Carlon errichtete
„drei Wafferkünfte" dafelbft, eine für den Erzherzog
Ferdinand, eine für deffen Gemahlin Marianne und
eine dritte für die Erzherzogin Witwe Maria.7 1605 er-
richtete derfelbe Künftler auf der Burgbaftei für Erz-
herzogin Maria ein „Eremitory", wofür er 30 Thaler
erhielt.8 Im Juni 1606 wurde über Wunfeh des Erz-
herzogs Ferdinand dem Sebaßian Carlon bewilligt,
dafs „ihm etliche Zimmerlain oder wohnung auf der
Pafteyen zu feiner bewohnung gelaßen, das Er die-
1 L. A. Antiq. Fase. 19.
- H. K. A. September 1688, Nr. 40.
3 L. A. Antiq. Fase. 35 a.
* L. A. Antiq. Fase. 35 a.
5 Ibidem Fase. 35 b.
ß Siehe 6 im Plane. Die Burgbaflei wurde fpäter abgeändert aber der
damalige Garten deckt lieh mit dem heutigen Burggarten.
7 H. K. A. September u:o5, Nr. 2.
I idem September 1605, Nr. 51.
CCXVI
felben felbft auf fein uncoften zuerichten vndauspauen"
dürfe.1 Je mehr die Türkengefahr fchwand, defto
liberaler wurde man, befonders die Stände, in der Aus-
nützung der _leerenJ Bafteiflächen. Wiederholt ent-
banden Privatgärten auf denfelben. die dann aller-
dings immer wieder durch ein Machtwort caffirt
wurden. Als die kaiferlichen Revidenten der Befe-
stigung im Jahre 1690 auf der Courtine zwifchen der
Dietrichftein-Baftei und dem eifernen Thore eine neu
gebaute landfchaftliche Keitfchule vorfanden, legten
fie freilich Proteft dagegen ein. da _folche bei volgen-
den Ynglücksfal einige Hinderniß vnd Schaden ver-
urfachen dürfte" und befahlen, die Reitfchule hinv.
zuräumen, aber die Stände erklärten, dafs fie nicht
inen feien, das zu thun.1
- im Jahre 1690 die Türken in Siebenbü-
tfchritte machten, gab es in Grätz nun wieder eine
-Türkengefahr-, und ein Hofdecret vom 19. Oktober
ftellt an die Stände das Anfuchen, -die eingefunkene
Partei bei dem Paulusthor wegen bevorstehender
Feindesgefahr entweder durch Landrobot oder durch
andere Mittel repariren zu laffen".3 Im felben Jahre
ging es an die Reparirung der Stallbaftei und Fr-
hebung der dortigen Soldatenquartiere, deren Körten
im Jahre 1693 Bartolomeo Ebner auf 3748 fl. berech-
nete.4 Am 6. Mai 1692 wurde Gregor Cornelius
Maurus zum landfchaftlichen Baumeifter mit 100 fl.
Jahresgehalt ernannt.5 Im Jahre 169S ift die einge-
fallene Kilians-Baftei (7 im Plane' zu repariren, wofür
Ebner > Ueberfchlag auf 4222 fl. lautet.6
1684 baute der landfchaftliche Maurermeifter
Franz Ifidor Carlon am Provianthaus zu Pettau.7
Nach i-joo.
Wir liehen an der Schwelle des iS. Jahrhunderts
und am Ende der fortificatorifchen Neubauten. Was
nun folgt, find fortwährende Reparaturen und ein end-
lofer Streit des n.-ö. Hofkriegsrathes mit den Ständen
um Geld. Die politifche Lage der Monarchie war zu
Beginn des Jahrhunderts eine verzweifelte. Im Werten
tobte der fpanifche Erbfolgekrieg, im Orten drohten
die Scharen Rakoczy s. Als der bayerifche Churfürft
Max Emanuel 1703 in Innsbruck einfiel, wurde der
hatz von Tyrol", der werthvollfte Theil der
Ambrafer-Sammlung und das Tyroler Archiv nach
Grätz gerettet." aber die Fertigkeit des Zufluchtsortes
ließ viel zu wünfchen übrig. Der Kaifer befiehlt ddo.
17. Januar 1704, dafs „die Fortificationen von Grätz.
befonders die fehr ruinirte Hof- (Dietrichftein) Bartei
und die Cafematten am Tummelplatz in guten Stand
etzt werden follen-, Wafferhoven fchätzt die Her-
ftellung der zwei Objecte auf 26.000 fl. Woher das
Geld nehmen? Der Hofkriegsrath macht geltend, dafs
den vom Landtage für die Zeit 1680 — 1692 be-
willigten 63.OOO fl. noch ein Reft von 9600 abzuführen
fei, aber die Verordneten verweigern die Zahlung. Sie
erklären, dafs fie die übernommenen Fortificationen
die fogenannten landfchaftlichen Bafteien) in guten
1 L. A. Antiq. Fase. 35
3 L. A. Antiq. Fase. 35 b.
• Regiftraturbuch.
• H. K. A. April 1-90, Nr. 50
4 Kümmel, a. a. O. S. 39.
- H. K. A Apn! rf98. Nr. =9.
' L A Ar.tiq. Fase. 33, Proviant.
• H K.A.Juli 1703, Nr. 4a. Siehe aueh: .Die AmbraTer-Sammlung in
Grau" Notiz in den Mitth. d. k. lc. Cenlr.Comm. XII. Jahrg. n. F. 1. Heft.
Stand halten wollen; die Regierung möge es ebenfo
mit den übrigen Barteien machen.1 In der Eile wird
1705 eine Pallifadirung an den fchwächften Punkten der
Befertigung, nämlich vom kälbernen Viertl bis zum
Paulus-Thor, angeordnet und unter dem i.-ö. Ober-
nieur De la Croix Poitis durchgeführt, wofür die
rteirifchen Großgiundbefitzer die Baumftämme, je
100 Stück und darunter zu liefern haben.1 Zum Ueber-
fluß gibt 5 1707 wieder eine Waflernoth. Die Priorin
der baarfußigen Carmeliterinnen klagt beim Kaifer,
dafs „durch die Mur die Partei im kälbernen Viertl
untergraben, die Kloftergruft überfchwemmt, fo daß
der -darauf flehende Chor und ein Theil des Küchen-
Traktes zu finken beginne^.3 Der Kortenvoranfchlag
der Wiederherstellung beläuft fich auf 13.000 fl., aber
die Stande wollen nichts zahlen, mit der Motivirung,
dafs fie mit Fortihcationskoften im Lande zu fehr in
Anfpruch genommen feien.* Endlich laffen fie fich
herbei, zur Reparatur wöchentlich 50 fl. beizutragen.-1
Im Jahre 1709 bewilligen dieStände zur Reparirung
der Cafematten beim Paulus-Thor noch 214 fl., dann
verfiegt die Quelle wieder bis 1725 und 1726, wo noch
2000 fl. flüßig gemacht werden. Endlich hören die Bei-
je zur Stadtbefeftigung gänzlich auf, indem, wie die
Verordneten fagen, „der Landfchaft die Darreichung
der erforderlichen Baugelder nicht zugemuthet werden
kann, weil fie fich zu diefen nie verbindlich machte"."
Da wir uns die Aufgabe geftellt, die Gefchichte
der Befeftigungsbauten des SchlolTes und der Stadt
Grätz im 16. und 17. Jahrhundert zu fchreiben, fo bleibt
uns erlaffen, über den fucceffiven Verfall der Bauten
im 18. Jahrhundert zu Sprechen. Die Feftung hatte feit
dem Beginne des Neubaues im Jahre 1544 keine Be-
lagerung auszuhalten, aber fie war den Türken ein
gefürchtetes Object, was der Umftand beweift, dafs
die Pforte wiederholt bei Friedensverhandlungen die
Schleifung der Feftung zu fordern verfuchte.7 Erft im
Jahre 1809, vom 13. bis 20. Juni, kam es doch zu einem
Bombardement von Seite der Franzofen. Der Friede
von Wien endlich lieferte De Lalio s Werk in die
Hände der Feinde mit der Befugnis, die Feftung
fprengen zu dürfen. Und fo gefchah es, dafs vom
16. November bis Ende December durch die Gewalt
de> Pulvers jene malerifchen Ruinen gefchaffen wurden,
unter denen im heutigen Penfionopolis die in Ruhe-
ftand getretenen Schlachtenlenker Oefterreichs fo
gern ihre Promenade machen.
Wir find nun wieder dort angelangt, von wo wir
ausgingen, bei den Ruinen des Schloßberges. Aber
unfer inneres Auge blickt zurück auf eine anderthalb
Jahrhunderte dauernde Bauthätigkeit, welche einen
großen Theil der gefammten Baugefchichte Steier-
marks jener Zeit in fich fchließt. Wir blicken zurück
auf jene auch künftlerifch höchft fruchtbare Periode,
in welcher die italienifchen Feftungsbaumeifter als
Pionniere der italienifchen Renaifiance die neue Kunft
auf deutfehem Boden inaugurirten und dem vater-
ländifchen Bauftyl nach der ausgelebten Gothik ein
neues, Sicheres, charakteriftifches Gepräge gaben.
1 H. K. A. Janner r704, Nr. 94.
: Antiq. Fase. 39.
1 Ibidem Fase. 31 Granzbau.
» H K. A. Oftober 1705. Nr. 28.
* Regiftraturbuch 1707.
iq. Fase. 3a (»ranzbau.
/, a. a. O. S. 304.
LLNZ.
brocl von Slockingei & Motwck, Wien,
CCXVII
Eine Silberplatte mit flavifcher Infchrift.
Befprochen vom Correfpondcnten A. Müllner.
iMit einer Tafel.)
M Sommer des Jahres 1883 fand ein Knabe,
welcher fich mit „Schifferlfahren" auf der
Donau amufirte, im Schotter des Strombettes
zwifchen dem nördlichen oder linken Donauufer und
der fogenannten Straßer-Infel, einen zufammenge-
ballten Metallgegenftand von fchwarzgrauer Farbe.
Nachdem man conflatirte, dafs das Metall Silber
fei, lland der Erwerbung des Gegenftandes um den
Silberwerth nichts im Wege und die nähere Unter-
fuchung ergab folgendes Refultat: der ausgebreitete
Metallgegenftand bildet ein Stück einer Silberplatte,
welche in Felder getheilt, die Lebens- und Leidens-
gefchichte eines Heiligen darfteilte. Heute find von
den urfprünglichen 13 Feldern nur mehr vier ganz und
vom mittleren Hauptfelde etwas weniger als die Hälfte
erhalten. In diefem Zuftande ift das Fragment 456 Alm.
hoch und im Mittel 240 Mm. breit. Das Gewicht be-
trägt bei 220 Gramm.
Ein Blick auf die beigegebene Tafel lehrt, dafs
die kleineren Felder fymmetrifch um das große Mittel-
feld geordnet waren, fomit je vier in der Breite und in
die Höhe; da nun vom Rande bis zum Mittel der Breite
nach 235 Mm., der Höhe mit 325 Mm. gemeffen werden,
fo hatte die ganze Platte urfprünglich 470 Mm. Breite
bei 650 Mm. Höhe.
Die einzelnen Felder find durch 12 Mm. breite
Streifen von einander getrennt. In diefen Streifen,
fo wie am Rande der Platte find in Zwifchenräumen
von 20 bis 30 Mm. Löcher gefchlagen, welche einft für
Nägel beftimmt waren, mit denen die Platte auf einer
Unterlage befeftigt war. Auf diefer Unterlage dürften
auch die Gefichter, Hände und andere Fleifchtheile
der Figuren gemahlt gewefen fein, weil diefe Körper-
theile in der Platte felbft ganz fehlen. Die übrige
Zeichnung der Darftellungen ift mit ftumpfen Meißeln
eingepunzt.
Betrachtet man die Darftellungen in den erhalte-
nen Seiten-Feldern und im theilweife erhaltenen Mittel-
bilde, fo zeigen uns die erfteren vier die Verurtheilung
und die Marter eines durch den Nimbus als Heiligen
charakterifirten Mannes, das Mittelfeld enthält fein
Bild thronend in der Glorie des Sieges. Der Heilige,
mit einem koftbaren Mantel angethan, um fein Haupt
ein breiter reich verzierter Heiligenfchein, eine Lanze in
der Rechten, fitzt auf einem Throne mit hoher Lehne.
Ein Engel reicht ihm aus einer Wolke die Märtyrer-
palme. Die Infchrift über der Mittelfigur ift nicht voll-
ftändig, doch erkennt man Svjatyj.
Feld Nr. 1 zeigt uns vier Figuren. Der Heilige, in
langem Gewände, lieht vor einer auf einer Bank
fitzenden Figur. Diefe trägt auf dem Kopfe eine tur-
banartige Mütze mit einem Diadem, in der rechten
lland eine Art Scepter. Hinter (.liefen beiden Figuren
find die Kopfe zweier anderer fichtbar, beide bedeckt
mit einer Art Helm oder überhängenden Mütze. Im
zweiten Felde finden wir den Heiligen mit Füßen und
Händen an einen Pfahl gebunden, zwei Henker in
langen Gewändern, ohne Kopfbedeckung, fchnüren
einen Martergürtel um feinen nackten Leib. Feld 3 und
4 fehlen. In Feld 5 erblicken wir den Heiligen auf ein
Rad gefpannt. Einen Durchmeffer des Rades fehen wir
mit einer fcharfen Säge bewehrt. Zu beiden Seiten des
über mannshohen Pflockes, auf welchem das Rad be-
feftigt ift, liehen die beiden Henker, jeder eine Schnur
in der Hand, um die Mafchine zu bewegen. In Feld 7
fehen wir den Heiligen wieder am Rücken liegend, ein
Bein aufwärts; hinter ihm eine hockende Figur, vor
ihm einen Mann in langem Gewände mit helmartiger
Kopfbedeckung, wie in Feld I. Diefe Figur hält einen
Hammer in der rechten Hand über der Fußfohle des
Heiligen gefchwungen. Offenbar ift jenes Martyrium
damit angedeutet, bei welchem dem Gequälten Nägi 1
in die Fußfohlen eingetrieben zu werden pflegten.
Fragen wir nun nach der Bedeutung der über
den dargeftellten Scenen angebrachten Infchriftcn. fo
find diefelben allerdings auf den erften Blick als
flavifche zu erkennen, fo wie die ganze Darftelhm
felbft den Charakter byzantinifcher Kunft, wenn auch in
ziemlich rohen überladenen Formen zur Schau trägt.
Schwieriger ill jedoch die Deutung der Infchriften.
Das befchriebene Fragment wird von Fachmän-
nern als ein portatives Altarbild des heil. Großmär-
tyrers Georgios erkannt. (Slatyj Georgiu velkomucrnik
Cbirmouc Vopriu beskonyrenuk.) Den Darftellungen
wird ein hohes Alter zugefchrieben, weil die Auffchriften
durchwegs derartig gekürzt find, wie fie feit langer
Zeit nicht mehr in der ruffifchen und griechifch-orien-
talifchen Kirche in Uebung liehen und auch in den
Nachfchlagebüchern nicht vorkommen. Aus diefem
Grunde ift auch die Lefung nur von zwei Infchriften
gelungen, die eine lautet: Svjatej ispovedal Chrifta,
und Svjatyj privjagan na kolo. Etwas Pofitives über
das Alter läßt fich nicht fellftellen , wohl aber darf
vermuthet werden, dafs das Obje6l etwa aus dem
17. Jahrhundert flammt und aus Kiew kommen dürfte,
wahrfcheinlich von ruffifchen Officieren, die folche
Bilder und fpeciell den heil. Georg mit in den Krieg
nehmen, herübergebracht wurde und durch irgend
einen Zufall in die Donau gerieth.
ec'
CCXVIII
Schloß Kurzweil.
AIIKEND im nördlichen Böhmen fo viele Bau
denkmale in den Kriegswirren zerfrört wur-
»liHfil den. blieb der füdliche Theil verhältnism
den Einfallen der Feinde, besonders aber von den
Verwaltungen des dreißigjährigen Krieges, der alle- in
Schutt und Afche legte, ziemlich verfchont. Hingegen
hatte er von den Huffiten mehr zu leiden gehabt, denn
Zizka durchzog an der Spitze feiner Getreuen das
Land, Burgen, Kirchen und Klöfter in Brand fleckend.
So kam fs wir heute in Süd-Böhmen beinahe
nur Ruinen alter Ritterburgen und wenig gothifche
Kirchen finden, hingegen aber ziemlich viele Bauten
aus der Renaiiiänce
Im \6. Jahrhunderte zeichnete fich der böhmifche
I durch feinen Kunftfinn, Liebe und Intereffe für
die- Antike, fehr merklich aus, und insbefondere waren
es die durch ihren ungeheueren Reichthum, ihre Macht,
ihre Liebe des Prunkes hervorragenden Rofenberge,
welche fich hierin bemerkbar machten. Noch jetzt find
die unter ihnen ausgeführten Bauten zu Krumau, Neu-
haus, Bechyn, ihr fchönes Haus zu Prag etc. beredte
Zeugniffe hievon. Zu den Schlöffern der damaligen
Zeit, die uns bis heute am beften erhalten find und
keinen Umbau erfahren haben, gehört jedenfalls Kurz-
weil, im Prachaticer Bezirke gelegen.
Bevor wir zu deffen Befchreibung übergehen, fei
in aller Kürze einiges über das Hiflorifche diefes Baues
erwähnt, welche Daten wir dem fürftlich Schwarzen-
bergifchen Archive entnehmen.
Im Jahre 1583 wurde das Schlößchen, wie es jetzt
dafteht, aufgebaut, da die bis dahin dort beftehende
Burg nicht mehr genügte, um Wilhelm von Rofenberg,
den Befitzer, zur Jagdzeit mit feinen zahlreichen
Gäften zu beherbergen. Damals erftreckte fich nämlich
rings um das Schloß ein großer Thiergarten. Mit der
Leitung des Baues wurde Meiller Balcar oder richtiger
Baltazcro Maio de Vonio, wie er fich felbft nennt,
beauftragt. Derfelbe fcheint jedenfalls dem Namen
nach, fowie nach feinen Werken zu fchließen, ein
Italiener gewefen zu fein; er fand bei den Rofenbergen
viele Befchäftigung und erbaute u. a. den fchönen
runden Thurm zu Krumau, einiges im dritten Hofe zu
Neuhaus und auch am Schlöffe zu Bechyn. Im Jahre
1586 wurde Kurzweil, welches diefen Namen fchon 1581
durch einen Majeftätsbrief Rudolph II. erhalten hatte.
und zu gleicher Zeit auch förmlich für eine Vefte
erklärt wurde, beendet, und man errichtete dort kunft-
volle Wafferwerke und Blumengärten, von denen jetzt
nicht.- mehr vorhanden ilt. Die Wandmalereien fchuf
Meiller Widmann 1589, wir befitzen heute noch ein
diesbezügliches Schreiben von feiner Hand.'
Als Wilhelm von Rofenberg (1592) ohne männ-
lichen Nachkommen ftarb, erbte fein Bruder l'eter
Yok den Ungeheuern Befitz, verkaufte aber fchon
1602 die Herrfchaft Netolic fammt Kurzweil an Kaifer
Rudolph II. Ferdinand IL, der am 31. Juli 1588 noch
' Ein Mater Hans Widmann in Wien kommt 1565 in Hofrechniingcn vor,
wie uns hr. Itg mittheilt (Jahrbuch <ler kaif. Samml. V. Urkunden-Regiftcr
Nr. 4391. pag. 103).
als Erzherzog in Kurzweil bei Wilhelm von Rofenberg
eine galtliehe Aufnahme gefunden hatte, fehenkte
diefen Befitz nebll Krumau und anderen Gütern an den
Fürften Eggenberg (1622) und nach dem Aussterben
diefes Gefchlechtes kam es durch Erbfchaft 1,1719) an
Adam Franz Fürften zu Schwarzenberg. \~i12 m
fchadhafte Dach abgetragen weiden und als man
es dann durch das jetzige franzöfifche Doppeldach
erfetzte, kamen die für die 1 »ienerfchaft beftimmten
Manfarden weg. Als das Schloß 1763 bis 1764 renovirt
wurde, erfuhren leider auch hie und da die Fresken
eine bedauerlicheUebermalung; am meiften befchädigt
wurdeKurzweil jedoch, als anfangs diefes Jahrhunderts
einigen Perfonen hier Wohnungen zugewiefen wurden,
und diele fich beeilten, alles weiß zu übertünchen.
Glücklicherweife wurden (1846) die großen Säle wieder
äumt und gegenwartig find nur einige untere Räum-
lichkeiten bewohnt.
Das Schloß Kurzweil ilt. obwohl eines der reizend-
lten und vielleicht edelllen Beifpiele italienilcher Re
naiffance-Architektur und Sculptur in Böhmen, doch
lehr wenig bekannt: es liegt eben ziemlich entfernt
von der Bahn, etwa einen Kilometer von der Stadt
Netolic, in einer lieblichen, durch dichtbewaldete
Hügel eingerahmten Mulde, deren grüne Matten und
durch fchöne Eichen befchattete Teiche das Auge
erfreuen.
Das Schloß ift umringt durch eine ziemlich weit-
laufige niedrige Mauer, die an verfchiedenen Stellen
durch kleine Häufer, fogenannteBafchten (vonBaftions-
Bauten) unterbrochen wird. An der fudlichen Seite
des durch diefe Gattung Beteiligung gebildeten Vier-
eckes heben fich aus der Mauer felbft die Kirche und
der Einfahrtsthurm empor. Durch den Schwibbogen
des Thores treten wir, unter dem viereckigen Thurme
durch, in den innern Raum, deffen Mittelpunkt das
Schloß felber bildet. Wenn man die Befeftigungs
mauern genau betrachtet, bemerkt man auf der äußern
Wand Spuren von früheren Sgraffito-Malet eien, und
auf der (.lern Schlöffe zugewendeten Seite Ueberbleibfel
von Fresken, vermuthlich Helden aus der römifchen
Gefchichte darfteilend. Auch ilt die Mauer mit Nifchen
verfehen, die für Statuen dienen follten.
Auf einem breiten Wege überfchreiten wir den
nunmehr trockenen Waffergraben und befinden uns
unmittelbar vor dem Schlöffe felbft, welches von
außen nichts Merkwürdiges bietet; es ift ein ein-
ftöckiges kahles Gebäude mit einem in der Mitte ein-
gefattelten Dache und bildet von Oll nach Welt ein
geftrecktes Viereck. Vermuthlich war es ehedem auch
von außen durch einen farbigen Schmuck geziert, doch
ilt es jetzt weiß übertüncht.
Ein rundes breites Thor fuhrt uns in den Ein-
trittsraum, eine fehr fchöne große oblonge Halle.
An der Schmalwand rechts befindet fich ein monu-
mentaler Kamin, der durch ein kleines etwas be-
fchädigtes Basrelief, eine fitzende Figur in antiki
firender Tracht, geziert ift. Bemerl erth ift hiei
CCXIX
befondcrs die gewölbte Decke. Diefe ift in viele Kleine
Felder getheilt, die alle mit leider fehr fchadhaften
Fresken bedeckt find. Die Darftellungen zeigen, fo viel
man noch wahrnehmen kann, verfchiedenartige Epifo-
den aller Gattungen Jagerei. Ganz befonderen Reiz
bietet die Einrahmung diefer Malerei: ein fein gearbei-
tetes Stuck-Ornament, bei dem in fehr geiftreicher, ja
graziöfer Weife, die fünfblätterige heraldifche Rofe aus
dem Wappen der Rufenberge verwendet ift.
Im Erdgefchoß befindet fich nur mehr ein Raum,
welcher Erwähnung verdient, da die übrigen alle über-
tüncht find; es ift dies ein, wie fämmtliche Räumlich-
keiten des Schloffes, fchön gewölbtes Gemach, in dem
fich an der Decke und an dem obern Theil der Wand
ebenfalls jagdliche Sujets in Fresco gemalt befinden,
wie ■/.. -B. Jäger im Coftüme der Zeit (1589), Hunde
Edelwild und Raubthiere in einzelnen größeren Figu-
ren. Da diefe Malerei heiler erhalten ift, fo kann man
hier den Künftler, Meifter Widmann, beurtheilen; er
erfcheint uns mit der Technik fowie mit dem Studium
des menfehlichen und thierifchen Körpers wohl betraut,
und dürfte zwar ein Deutfcher von Geburt fein, hin-
.en aber feine künftlerifche Ausbildung in Italien
felbft, oder wenigftens nach guten italienifchen Vor-
bildern, die ihm durch Kupferftiche und Holzfchnitte
bekannt wurden, genoffen haben.
In der großen Halle befindet fich, beinahe gegen-
über vom Portal, eine ziemlich fteile Treppe, über die
wir in den erften Stock gelangen. Wir treten gleich in
einen großen Saal, der gerade ober der Halle des
Erdgefchoffes liegt. Vermuthlich war derfelbe auch
mit Fresken gefchmückt; das Gewölbe der Decke ilt
von zahlreichen Rippen und Gurten durchfehnitten, die
alle das früher befchriebene Rofen-Ornament tragen.
An der vom Eingange links befindlichen Schmalwand
erhebt fich ein Kamin mit den Wappen der Gefchlech-
ter Rofenberg und Pernftein; elfteres umgibt das in
Stuck ausgeführte goldene Vließ und unterhalb lieft
man den Wahlfpruch Wilhelms: ,. Feftina lente."
Durch eine Thür an diefer felben Wand kommen
wir in ein quadratifches Eckzimmer, deffen Decke
durch fchöne ornamentale Einrahmungen in mehrere
Felder getheilt ift, die mit köstlichen Halb-Reliefs ge-
ziert find; felbe erftrecken fich bis in die durch das
Gewölbe gebildeten Lünetten. Die Darftellungen find
theils allegorifch, theils hiftorifch. Wir erwähnen be-
fonders oben in der Mitte des Plafonds eine edle
Frauengeftalt in antiker Tracht, zu deren Füßen zwei
Kinder fpielen, wahrend fie das dritte am Arme hält:
vermuthlich ift dies die Mutterliebe; um diefes Bild
fchen wir fechs gleichfalls allegorifche weibliche Figuren.
die Gerechtigkeit, Wahrheit und andere Tugenden
darftellend. Endlich an der Eingangswand Tarquinius,
der die hohen Mohnköpfe abfehlägt ; gegenüber der-
felbe Herrfcher mit Abgefandten, die ihm feine Wahl
zum Könige verkünden; ober dem füdlichen Fenfter
Mucius Scaevola und auf der gegenüberliegenden
Ausgangswand Marcus Curtius auf feinem Rolle in
den Abgrund fprengend. Alles dies find fehr fein durch-
geführte Darllellungen, die auf eine genaue Kenntnis
der Antike fchließen lallen und von fehr anmuthsvoller,
fall kindlicher Auffaffung. Wir gelangen nun in ein
zweites Eckzimmer, welches den Ausblick gegen Nor
den und Often hat. Dasfelbe wurde fpäter in fehr ge-
fchmacklofer Weife mit einer dunkel-violetten Farbe
angeftrichen, fo dafs fich die Stuck-Arbeiten grell weiß
davon abheben. Diefes Gemach und das anftofsende
Kimmerchen, follen der Schloßherrin gedient haben,
wahrend die weltlichen Zimmer für ihren Gemahl
beftimmt waren. Aehnlich, wie in den vorhergehen-
den Sälen fehen wir auch den Plafond des eben
erwähnten Eckzimmers durch ornamentirte Rippen
und Gurten in kleine Felder getheilt, in denen graziöfe
Genien und Amoretten mit Pfeil und Bogen fehwebend
dargeftellt find. Auf der linken Wand befindet fich ein
großes fchönes Relief, vermuthlich auch eine Epifode
aus der römifchen Gefchichte.
Durch die früher besprochenen Zimmer zurück,
begeben wir uns nun in den gegen Welten liegenden
Raum des Schloffes, einen fchönen langen Saal, der
zwar leider in fehr fchadhaftem Zultande, aber immer-
hin vielleicht der intereffantefte Theil des ganzen Kurz-
weil ilt, da er niemals eine Uebertünchung erfahren
hat. Man kann hier noch fehr gut wahrnehmen, dafs
fämmtliche Reliefs eine zarte Polychromirung befaßen.
Die Eintheilung der natürlich auch gewölbten Decke
ilt ganz ähnlich wie bei den früher erwähnten. Oben in
der Mitte fieht man die fchöne kräftige Figur eines in
vollem Harnifch dahinfprengenden Ritters, der auf
feinem Schilde die rothe fünfblätterige Rofe trägt: es
ift Wilhelm von Rofenberg. An den Ecken diefer Dar-
ftellung find die Wappen feiner vier Gemahlinen ange-
bracht, nämlich:
Katharina von Braunfchweig f 1539. Sophia von
Brandenburg, Tochter des Kurfürften Joachim, f 1564,
Anna von Baden f 1583 und Polyxena von Pernftein,
die fich nach dem Tode ihres erften Gatten (1592) mit
Zdenko Adalbert von Lobkovic 1603 vermählte.
Die übrigen zahlreichen Darftellungen, die fich
auch auf die Wände erftrecken, find der römifchen
Gefchichte abermals entlehnt. Leider find viele Theile
der Stuccatur herabgefallen, fo dafs man nur mehr
einzelne Sujets erkennen kann; fo z. B. Romulus und
Remus von einer Wölfin genährt, den Kampf der
Horatier und Curiatier, Cincinnatus am Pfluge, Tar-
quinia, die über den Leichnam ihres Vaters fahrt.
Coriolanus und feine Mutter und andere. In den
Zwifchenräumen ilt immer wieder die heraldifche Rofe
angebracht. — An der nördlichen Wand, zwifchen den
beiden Fenftern, befindet fich ein kleines Täfelchen
mit der Infchrift: „Anton Melana fecit." Diefer fehr
tüchtige Meifter war alfo derjenige, welcher die Stuck-
arbeiten noch im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts
ausführte. Sein Werk ift wahrhaft reizend, vornehm
graziös, und doch fo lebenswahr und naiv, mit forg-
faltiger Durchfuhrung der Details und genauer Kennt-
nis der Antike. Eigenthümlich erfcheint mir jedoch,
dafs bei Melana, obwohl er gewiß ein Italiener ge-
wefen fein muß, der Einfluß des damals fchon alles
beherrfchenden Michel Angelo gar nicht zu merken
ift. Nach feinen Werken würde ich unfern Meifter für
einen Nord-Italiener, vielleicht aus Venedig kommend,
halten, der noch mehr im Style der erften Hallte
des 16. Jahrhundertes arbeitete, befondcrs in den
figuralen Partien, wenn auch anderfeits einige Details,
wie z. B. Fruchtgehänge und dergleichen, uns fchon an
das Ende diefes felben Jahrhunderts mahnen. Ge-
pflaftert war diefer Saal mit fehr fchönen Ziegeln
ccxx
aus glaürtem Thon, die auf ockergelbem Fond ein
ftyliftifches Renaiffance- Ornament in Weiß zeigten.
Diefe find feit ein paar Jahren nach Schloß Frauen-
berg gefchafft worden.
Von den zwei kleinen Zimmern an der Rückfeite
des Schloffes ift wenig zu lagen, denn obzwar hier die
Uebertiinchung theilweife heruntergefchlagen ift, fo
ficht man die darunter befindlichen alten Fresken, die
auch fehr fchadhaft find, doch nur wenig.
Bevor wir Kurzweil verlaffen, müßen wir noch dem
fchon früher erwähnten Kirch lein einen Blick fchenken:
. lbe fcheint urfprünglich gothifch erbaut, und find
noch das Portal und die Fenfter in diefem Style
erhalten. Peter Yok lies es jedoch umbauen, worauf
es 1589 vom päpftlichen Legate .Antonius Puteus laut
l'rkunde eingeweiht wurde. Auch hier waren Melana
und Meifter Widmann thätig: erfterer zierte wieder die
Rippen und Gurten der Wölbung mit dem bekannten
k"ienberg fchen Ornamente, während letzterer auch
auf der Decke in vielen kleinen Feldern das Leiden
Chrifti in Fresco darltellte; leider hat es fehr gelitten.
Der fehöne gothifche gefchnitzte Flügel- Altar, welcher
hier bis vor einigen Jahren ftand, befindet fich jetzt in
der Schloß-Capelle zu Rothenhof.
Und jetzt, da ich alles Bemerkenswerthe in Kurz-
weil befchrieben, fchließe ich, indem ich nur noch mit
Bedauern erwähne, dafs es mir leider nicht gelungen
ilt, etwas näheres über dieKünltler, die an dem Schlöffe
arbeiteten, zu erfahren. Vielleicht wird das mir fpäter
einmal möglich fein, etwas über ihre weiteren Werke
in Böhmen zu berichten.
Hochgeborener, genedigfter Fürft und Herr etc.
Nachdem ich mich an geftern bei E. F. G. fchriftlich
erkhlert, das ich die bedingte Arbeit auf der Khurz-
weil Gottlob verrichtet, was nun E. F. G. weiters ferti-
gen wolten laffen, wer ich mit Gehorfam urpüetig
folchs mit höchftem Fleiß und ungefparter Mhüe zu
fertigen. Darauf mir in weiterer Arbeit zuverfertigen
4 Zimer von E. F. G. fürgefchlagen worden, nemblich
ain Saal, darnach die Aufwarthftuben, E. F. G. Zimer
unnd die Chamer, mit gnedigftem Begern, mich ver-
neinen zu laffen, wie ich folche durch mein Arbeit
zieren unnd fertigen welle. Darauf in Gehorfam mein
undertheniges Erkhlern, nemblich den Saal betrefendt,
der fol mit ( telfarben unnd poetifchen auch anderen
antiquitetifchen Hiftorien; die Aufwarthftuben, welche
mit Pildern ift, die folten darin vergultet unnd die
Tapezereyen von Oelfarben gemalt werden, E. F. G.
Zimer fol oben auf mit Rodefchen und allerley Farben
gemalt und mit Goldt geziert werden und unden
herumb von guldemStuckh gemalt werden; die Chamer
darneben foll auch von allerlei Farben und Pilder
lalt werden und unden herumb die Dapezerei von
Wafferfarben gemalt werden. Weil dan alle fachen in
dielen teuren Jaren mich hart ankhumen, fürnemblich
Speiß und Tranckh fambt den Farben unnd alle Ver-
legung fo zu der Malerei gehörig, item das ich mich
auf fo groffe Arbeit mit fovil Gefindt mueß verfehen
unnd alda an diefen Orth wenig Fürderung habe, pin
ich gehorfamer Zuverficht, E. F. G. werden meines
Schadens nit begern, hierauf zu meiner Befoldung vom
Saal 800 Taller beger, von der Aufwartftuben 400 Tl.,
von E. E. G. Zimer auch 450, von der chlainen Chamer
anderthalbhundert Taller. Verhof E. F. G. werden
hierin nit überlegt werden, dan es ziemblich Zeit und
Fleiß bedarff. E. F. G. ich mich zu gnedigfter Ant-
wordt entfelche.
E. F. G.
undertheniger gehorfamer
Geor;4 Widman
Maller und bißher E. F. G. Dhiener.
Getreue Abfchrift (bis auf die regellos gebrauch-
ten großen Buchftaben) des im Herrfchaft Netolicer
Archive zu Kurzweil verwahrten Originals.
Das vorliegende Schreiben ift undatirt, geholt
aller zweifellos in das Jahr 1589; denn der Zeitgenoffe
Wenzel Brezan, feit 1596 Rofenberg'fcher Archivar
und Bibliothekar, erzählt in feiner Lebensbefchreibung
l'eter Vok's von Rofenberg zum Oclober 1589, „dafs
damals zu Kurzweil im Netolicer Thicrgarten in dem
neuen Gebäude gemalt worden und fehöne Bilder
angefertigt wurden, fo dafs es in Glanz ftrahlte. (Toho
easu na Kratochvili v obore Netolicke v novem stavenl
maloväno a pekni obrazove a dilo deläno, azselesklo.)"
Die in diefem Schreiben angeführten auszumalen
den Localitäten befinden fich offenbar im erften Stock-
werke, und zwar:
Die Aufwartftube Sr. G. ift das große Gemach, in
welches man von der Stiege aus eintritt. Daraus ge-
langt man rechts in den großen Saal mit den Stucca-
turen auf dem Plafond. An diefen Saal anftoßend und
früher auch von dem Eintrittsgemache aus zugänglich,
ift das Zimmer Sr. Gnaden, d. h. das Wohnzimmer, in
welchem jetzt die fchonen Oelmalereien unter dem
neuen Anwürfe zum Vorfchein kommen. Neben diefem,
und nur von diefem Zimmer aus zugänglich, ift die
Kammer, d. h. die Schlafkammer des Herrn.
Da Widmann lieh erbietet, „die Aufwartftuben,
welche mit Pildern ift," zu vergolden und Tapezereien
mit Oelfarben darin zu malen, fo dürften lieh wohl
auch in dem erwähnten Eintritts-Gemache unter dem
neuen Anwürfe alte Bilder aufdecken laffen.
JA . / S.
Einiges über Antonio Dario.
Von Friedrich Pirckmayer.
M 4. Hefte des XII. Banden der ..Mittheilungen"
hat Herr Dr. Albert Ilg eine Studie veröffent-
__§§ licht, in welcher die über den „gciftvollen"
Schöpfer des herrlichen Brunnen-Monumentes auf dem
Refidenzplatze in Salzburg bisher bekannt gewordenen
Daten gefammelt und kritifch befprochen find.
In diefer Studie hat der genannte Herr Verfaffer
in ehrender Weife die Aufforderung namentlich an
CCXXT
mich gerichtet, über die fonftige Thatigkeit des Künft-
lers Antonio Dario zu Salzburg im k. k. Regierungs-
Archive Nachforfchung zu pflegen.
Ich habe diefer Aufgabe nachzukommen verflicht.
Wenn der Erfolg vielleicht den Erwartungen nur in
lehr geringem Maße entspricht, fo hat es doch an
redlichem Bemühen ficher nicht gefehlt. Ich muß aber
bezweifeln, dafs die derzeit hier befindlichen Archive
die geeignetfte Quelle für derlei Forfchungen feien und
erlaube mir darauf hinzuweifen, dafs ja bekanntlich
das erzftiftliche Archiv im Anfange unfercs Jahrhun-
derts nach Wien und eine neuangelegte Sammlung
von Archivalien wenig fpäter nach München gebracht
worden üb
Allerdings enthalten die nochmals zufammen-
gelefenen Refte, welche das gegenwärtige falzburgifche
Archiv bilden, eine anfehnliche Menge von Urkunden
und Acl:en reichen und mannigfachen Inhalts. Aber
die Beftände find zum großen Theile äußerft lücken-
haft und Detail-Forfchungen in einer beftimmt vorge-
zeichneten Richtung, namentlich über einzelne Familien
und Perfonen aus diefem wie manch' anderem Grunde
fchwierig, mühevoll und von ebenfo zweifelhaftem als
meift wenig lohnendem Erfolge.
Dies trifft auch im gegenwartigen Falle zu, obgleich
die Erhebungen nicht auf das Regierungs-Archiv be-
fchrunkt, fondern andere naheliegende Quellen benützt
worden find. Dennoch reicht das gewonnene nur
geringe Refultat fchon hin, dasjenige, was bisher über
den Meifter Dario, insbefonders über feinen Aufent-
halt und feine Thatigkeit in Salzburg gefchrieben
wurde, ebenfowohl zu ergänzen als zu berichtigen.
Was zunachft Darios Anwefenheit in Salzburg
anbelangt, fo wurde die Dauer und der Zeitpunkt der-
felben bisher verfchieden unficher und ungenau be-
ftimmt. Tfchifchkd s Angabe (Kunft und Alterthum,
pag. 131), der Refidenz-Brunnen fei 1668 errichtet
worden, ift irrig, jene in feinem Künftlerverzeichniffe:
„Dario Anton, Bildhauer, lebte 1656 bis 1659 in Salz-
burg" ungenau, und unverkennbar aus Pillwein ent-
lehnt; beide Daten zufammengezogen, wären der Wahr-
heit näher gekommen.
Pillwein aber, welcher (bei aller Achtung für
feinen Sammelfleiß fei dies bemerkt) die Bedeutung
Darios und feines Werkes nicht genügend zu würdigen
wußte, entlehnte die zwei Zeilen, womit er diefen
Künftler abthut, einfach aus J. E. v. Koch- Sternfeld
(Hift. ftaatsök. Notizen über Straßen- und Wafferbau
etc.). Letzterer ift — meines Wiflens — der einzige
falzburgifche Schriftfteller, welcher fich eingehender auf
Grund der Quellen mit der Gefchichte des Brunnens
befaßte; bei der Abficht feines Werkes konnte er natür-
lich dem Künftler weniger Aufmerkfamkcit widmen, als
demWafferleitungswerke. Hiibner, Zaimer und andere
endlich erwähnen nicht einmal den Namen Darios.
Urkundlich, d. h. auf Grund aftenmäßiger Daten,
läßt fich Darios allem Anfcheine nach ununter-
brochene Anwefenheit zu Salzburg in den Jahren
1659 bis 1675 nachweifen; fie dürfte jedoch in der That
noch länger gedauert haben. Die von Herrn Dr. Albert
Ilg conftatirte und mit Recht bedauerte Lücke ver-
mindert fich hienach nicht unbeträchtlich.
Eine weitere Richtigftellung erfordert der Name
des Meifters, welcher fich felbft — nach der mir zu
Geficht gekommenen einzigen eigenhändigen Ferti -
gung — Giovanni Antonio Daria nannte.
Die Vermuthung des mehrgenannten Herrn Vcr
faffers endlich, dafs diefer Künftler außer dem Brunnen
in Salzburg auch noch anderes gefchaffen haben
könnte, hat fich vollauf beftätigt. Dagegen waren
alle Anftrengungen vergeblich, feftzuftellen, wann oder
woher er gekommen, wann oder wohin er von Salz-
burg aus weggezogen.
Eben fo wenig aber als Anfangs- und Endpunkt
feines Verweilcns in der alten Bifchofsftadt fich genau
feftftellen ließen, eben fo wenig ift jederzeit zu erkennen
möglich gewefen, was und wieviel von den Bauwerken,
bei welchen er thätig war, als fein perfönlicher Antheil
zu betrachten ift. Hier wie dort ift Lückenhaftigkeit
des Materiales der Grund, welcher die gleiche Wir-
kung erzeugt.
Wenn wir der zuverläffigen Darfteilung v. Koch-
Sternfelds (Straßen- und Wafferbau) Glauben fchenken,
fo war Antonio Daria mit feinem Perfonale fchon 1656
an der Herftellung des Brunnen-Monumentes thäti
Diefes Datum ift nun keineswegs zu früh gegriffen,
darf im Gegentheile eher noch weiter zurückgerückt
werden. Es geht das mit höchfter Wahrfchcinlichkeit
aus einem landesherrlichen Befehle vom 20 Juli 1660
hervor, welcher erkennen läßt, dafs der Bau des Brun-
nens, der um diefe Zeit bereits aufgeftellt und nahezu
vollendet war, durch den Fürften-Erzbifchof Guidobald
„gleich nach Antritt" feiner Regierung (1654) in Angriff
genommen worden ift (Hofk. 1660, fol. 123).
Bei der ganz außerordentlichen Bauthätigkeit aber,
welche in Salzburg unter dem Erzbifchofe Wolf Diet-
rich begonnen hatte, unter Marx Sittich und dem
großen Paris durch die Aufführung des Domes und
Errichtung der Befeftigungswerke fortdauerte, unter
Guidobald endlich fich noch fteigerte, ift es nun wenig
wahrfcheinlich, dafs man ein fo koftfpieliges, in jeder
Beziehung fchwieriges und bedeutendes Werk, wie der
Hofbrunnen war, einem jungen unbekannten, noch
nicht erprobten Meifter anvertraut hätte.
Erzbifchof Guidobald Graf Thun hatte die neue
Domkirche zwar in der Hauptfache vollendet über-
nommen, doch die Glockenthürmc waren nicht ausge-
baut und der Stirnfeitc fehlte noch jeglicher Schmuck.
Guidobald nahm diefe Arbeiten (1655) fofort in
Angriff, begann den Bau der Galerien und des der
Refidenz ähnlichen Gebäudes bei St. Peter, welche den
Domplatz fo harmonifch umfchließcn. zugleich mit
jenem des Refidenzbrunnens und der Waflerleitung
hiezu, ftellte die von den Fluthen weggeriflene Stadt-
brücke (1661) und (1662) die in Hallein durch die Hoch-
wäffer zerftörten Werke wieder her, erhöhte die fiirft-
liche Refidenz, erbaute das Münzhaus, erhob das vom
Feuer zerftörte Luftfchlofs in Hellbrunn aus dem
Schutte, erweiterte die Winter-Reitfchule durch Felfen-
fprengung und Aufbau beträchtlich, vollendete den
Bau des Kollegiums Rupertinum und begann den Bau
der Kirche in Maria Piain, eines Cameral-Bräuhaufes
in Teifendorf eines Kellers zu Kaltenhaufen, von
Werksgebäuden in Ebenau und Dienten etc.
Guidobald 's erfte Sorge aber war. wie gefagt, auf
den Ausbau des Domes gerichtet gewefen, deffen
Fronte er nach dem Zeugniffe der Chroniften {Zauners
Chronik, dann Auszug aus der neueften Chronik des
ccxxn
Stiftes St. Peter etc.^ mit Statuen aus weißem Marmor
fchmückte. Sodann richtete er fein Augenmerk auf
die nächfte Umgebung der Kathedrale. Ihre N<
Staltung nach einem einheitlichen fchön gedachten
Plane ift fein eigenftes Werk; Galerien und Brunnen
erftanden auf fein fürstliches Machtwort.
Es liegt aus praktifchen Gründen nahe genug,
dafs bei diefen Bauten vorzugsweife jene Werkleute
Verwendung fanden, welche fchon beim Dombaue
fich als tüchtig erprobt hatten.
Da nur. ./ Antonio Dana im Jahre 1662
iner über erhobene Rechnungsbemänglungen von
ihm erftatteten Rechtfertigung 1 felbft bezeugt, „Anno
1659 zwifchen Pfingften vnd Mardtiny Bey den Prun",
n Mardtiny an Biß Mathias In der Fallen in der
thumkirchen Bey den Pflaftern in den 4 khapelnen"
Meifter) befchäftigt gewefen zu fein, da fernei
jenen ActenStücken auch zu entnehmen ilt, dafs
der Bau der Galerien bereits in vollem Gange war
und 1659 mit der Aufstellung des monumentalen
Brunnens, deffen künftlerifche Ausarbeitung gewiß
mehrere Jahre in Anfpruch nahm und ihm ficher nicht
anvertraut worden wäre, wenn er nicht fchon vorher
Proben feiner Kunstfertigkeit abgelegt hätte, fo darf,
ja muß nothwendigerweife auf einen länger währenden
Aufenthalt Dario.' s in Salzburg fchon vor 1658, reSpec-
tive 1659 gefchloffen werden.
Noch ein Umltand fcheint diefe Annahme zu be-
itätigen. Im Sterbebuche der Dompfarre in Salzburg
ilt fchon am 19. December 1657, leider in fchr knapper
Fällung, ein „Santino Daria, Italus, annorum 19 (sepul-
ad St"' Petrum" als verftorben verzeichnet,
welcher ein jüngerer Bruder oder fonft naher Ver-
wandter des Meifters Giovanni Antonio Daria und mit
oder bei diefem zugleich in Salzburg in Arbeit ge-
standen fein dürfte.
Geht nun aus allen diefen Umstanden hervor, dafs
unfer Meifter fchon um die Mitte der Fünfziger-Jahre
des 17. Jahrhunderts höchft wahrscheinlich noch in
jugendlichem Alter in Salzburg gewefen, fo ift ander-
seits fein Verweilen dafelbft noch 1675 durch ein
Gefuch um Verleihung einer Stelle nachgewiefen,
worauf wir im Verlaufe zurückkommen werden.
Die Zwifchenzeit füllt fein Schaffen als Künftler
und Werkmeister im Dome, beim Brunnen, in den
Galerien und abermals im Dome, im Steinbruche,
wie in der Bauhütte, oder wie man heute Sagen würde
im Atelier aus.
Da ein Theil der bezeichneten Bauten gleichzeitig
ausgeführt wurde, ift es um fo weniger möglich, eine
Streng chronologische Folge einzuhalten, als man Sich
bei Feftftellung der ThatSachen auS Sehr dürftige, mit-
unter abgeriffene, aber doch Sich gegenfeitig ergän-
zende und bestätigende Daten angewiefen Sieht.
Wir wollen alSo die Bau-Objecte, hinfichtlich deren
Daria s Mitwirkung Sich nachweifen läßt, einzeln be-
fprechen und dabei die Zeitfolge nach Thunlichkeit
berücksichtigen.
Hinfichtlich feiner erften Arbeiten im Dome (1659)
wiSSen wir nicht mehr, als Seine bereits angeführten
wenigen Worte entnehmen laffen; dieSe erwähnen nur
der PflaSterung ,,in den 4 khapelnen". Ohne das Gebiet
nicht näher zu begründender Vermuthungen betreten
zu wollen, können wir uns doch des Gedankens nicht
entfchlagen, dafs die Ausfchmückung der Galerie des
Domes und des Giebels der Fronte desfelben mit
Statuen dem jungen „weifchen Bildhauer- die befte
Gelegenheit bot, fein geniales Geftaltungsvermögen
in Salzburg zuerSt zu zeigen und geltend zu machen.
Wie dem auch Sei, gewiß war die Herstellung des
KirohcnpfiaSters auch damals nicht Seine einzige
Leiftung im Dome.
Es verträgt Sich dies durchaus nicht mit feiner
gleichzeitigen Schöpfung, dem .Hofbrunnen-, durch
die er Sich als begnadeter, al> vollendeter Meifter
Seiner Kunft bewahrte, einer Schöpfung, welche feinen
Namen unvergeßlich machte.
Merkwürdig ilt, daSs, obwohl jedermann weiß daSs
Antonio Daria das viel gerühmte und bewunderte
Werk erbaute, über den Bau felbft fo wenige und unter
diefen fo abweichende und irrige Nachrichten über-
liefert worden find und dafs alle diefe vielmehr die
Leitung des Waffers, als das Monument felbft be-
treffen.
Der Angaben v. Koch-Sternfeld s iit bereits an
anderer Stelle gedacht worden; die von ihm ange-
führten Jahreszahlen 1656 bis 1659 beziehen fich aus-
drücklich und ausfchließlich auf die Ausführung des
Kunstwerkes im Bruche und in der Hütte.
Das Ergebnis der NachSorSchung in Salzburg ge-
stattet noch einige Details insbelbnders über die Aus-
stellung des Brunnens hinzuzufügen. Hiernach find
zwar fchon 165S Steinmetze ..zu Anfang bei dem neuen
Hauptbrunnen0 thätig gewefen, aber noch ein Jahr
Spater (1659: waren Taglöhner, Steinbrecher und
Maurer mit der Ausgrabung und I IerStellung der
GrundSeSten und erft im HochSommer desSelben Jahres
mit der AuSSetzung des Brunnens ..auf dem Platz vor
dem Hof" und mit der Anlegung eines Abzugscanais
befchäftigt. Auch 1660 wird noch immer an dem
großen Werke gearbeitet; es ift aber doch bereits fo
weit gediehen, dafs der FürSt-ErzbiSchoS in Seinem am
20. Juli dieSes Jahres zum Schutze der (aus Rohren
von Lärchenholz angelegten) WaSSerleitung an das
Stadtgericht und die Pfleggerichte der Umgebung er-
laffenen General-Mandate der zuversichtlichen Hoff-
nung Ausdruck geben konnte, das „zur Zier" feiner
Refidenz .Vnd gemainer Statt alhie, dann auch dem
gemainen wefen zu gueten" unternommene Werk, .gar
in kurzer Zeit in Völliger perfection" zu Sehen. 1661
wurden die SürStlichen Wappen an der BrunnenSchale
und 1662 endlich die Streiffteine um den Brunnen an-
gebracht.
In den beiden letzten Jahren war auch an der Voll-
endung der Leitung, dem Baue „eines neuen Brunn-
heisls" und an der Herstellung eines in die Fellen ge-
hauenen -Grabens" (zur Legung der Röhren) auf dem
Nonnberge fo rüftig gearbeitet worden ^Hofk. Hofbau-
amt, 1662 G. und 1663 G.), dafs der Brunnen noch 1661
wirklich in Gang gefetzt werden konnte ; ' allein der
Strahl Stieg nicht hoch genug Sür die großartigen Ver-
hältnisse des Brunnens. Die weiteren Gefchicke und
Mi-geSchicke desSelben find bekannt. Wir berühren fic
hier nur kurz, und ausfuhrlicher blos dann und dort,
wo wir neue und insbeSonders Solche Angaben bringen
1 Alfo nicht 1664 wie Hühner Befchreib d. f. e. H. u Rfl S . S. 188,
noch 1668, wie Tfchi/ckka ancil't Der Brunnenbau faramt Leitung dauerte
übrigens bis zur Behebung aller Anllandc 26 Jahre (1656 bis 1682).
CCXXIII
können, welche auf Giovanni Antonio Dario, fich be-
ziehen.
Etwas zu vorfchnell war der „Gemainen Stadt"
1657 ein Steinbruch am Untersberg — „da er derzeit
zu Hof nicht vonnöthen"(Hofk. Hofbauamt 1689 G.) —
und mit Ende des Jahres 1660 aus gleichem Grunde
„das Prunwafler, fo bis dato yber Hof vom Gerharts-
perg hereingeführt worden, wie nit weniger die große
Schall von dem neuen Prunen (?) yberlaffen" worden, '
denn aller diefer Dinge war man fpäter wieder be-
dürftig. Zuerft und gar bald erwies fich das von feinem
„Urfprunge" am Untersberg hergeleitete „Junckhfrau
\\ .nier" infolge häufigen Berftens der Leitungsröhren
als unzuverläffig und unzureichend. Schon 1663 dachte
der Fürft-Erzbifchof daran, „dafs Waffer vom Vndtcrf-
perg in mehrerer Quantität herabzufiehren" (Hotk.
Hofbauamt 1668 J).
Um den wefentlichften Gebrechen abzuhelfen,
legte der Holländer Andree von der Waldt 1664 in der
Peterswiefe (Nonnthal) ein 40 Fuß tiefes mit Ouadern
ausgefetztes Brunnhaus an, und im Frühlinge 1665
wurde auch die reichlichere Waflerzufuhr durch Aus-
taufch der drei- und vierzölligen Röhren gegen folche
von weiterer (5:6") Bohrung und, wie es fcheint, auch
Legung eines dritten Röhrenftranges beantragt und
genehmigt. Doch alle diefe Verfuche bewirkten den
beabfichtigten Erfolg nicht, oder wenigftens nicht im
gewünfehten Maße (Hofbauamts-A6ten B IV b). 1672
wurde aus diefem Grunde vom Hofbauamte die Auf-
laffung des Brunnenhaufes auf der Peterswiefe und Er-
richtung eines neuen Pumpwerkes, ähnlich jenem der
Stadt nächft dem Bürgerfpitale, beantragt.
Der .. Baumeifter" von der Waldt arbeitete 1673
ein ziemlich koftfpieliges ProjecT: aus, welches, mit
mehr als 14.500 fl. veranfchlagt, die Erweiterung des
Alm-Canales durch den Mönchsberg, Verfetzung des
Brunnenhaufes in die Stadt und Hebung des Fürften-
brunnwaffers in Bleiröhren auf die Dächer der
Refidenz beabfichtigte , von wo aus es „alß einem
\\ afferthurn wider in (den) Prun gefiehrt werden"
follte. Im erften Punkte feines Projeftes, Durchftich
des Berges, Mutzte fich von der Waldt auf „des Antoni
Daria gemachten Anfchlag" und Gutachten. Aber
Daria war, ebenfo wie der fürftliche Brunnmeifter
Rupert Kraimofcr und der „Hoftraxler Mathias Hodl"
gleichzeitig berufen worden, felbftändig ihr Gut-
achten abzugeben, wie der „Haubtprun alhier in
völlige perfection zu bringen vnd' mit beftendigem
waffer zu verfehen wäre". Daria erftattete feine Vor-
fchläge in fünf Punkten und beantragte, um den
Brunnen auf gleiche Höhe mit dem Refidenzthor zu
fetzen: 1. „Das Prun Chor;i (r)2 ringsum zu heben, zu
erweitern und ..den Berg" „zu befferer Spülung defs
waflers" mit rauhem Nagelftein zu überziehen, wodurch
er wieder ..feine rechtmäßige proportion zu der er-
weitterung" erlangen würde, welche 2. nicht mehr als
„vier Runde ftuckh" erfordere, aufweiche die hochfürft-
lichen Wappen gefetzt werden könnten; durch diefe
Erweiterung würden 3. die „4 pferd." welche „in jeziger
Prunftuben zu groß," ,,alsdan auch feiner: vnd vill pro-
portionirter" erfcheinen; 4. wäre bei Erhöhung des
-otiz verdankt der Verfafler der zuvorkommenden Güte des
Herrn ft.iilt. K..nzlci Direktors Ludwig Pet
; Prun Ch.ir;, I'.runiu-nkar, Brunnenfchale, Behältei K.itt'ti [SckuitUer,
bayerilVhes W'.rterburh).
XIII. N. F.
Brunnens der Platz gegen den Steinmetzhof (welcher
fich im Neubaue befand) um 4' abzutragen, „damit der
ganze platz ein gleich feine ebene yberkhomme." Der
5. Tunkt betrifft die Herstellung eines Wafferabzugs-
Canales. Nicht ohne Intereffe ill der Schluß des Vor-
trages, welcher den verbitterten Gefühlen des Meifters,
aber auch feiner ftolzcn Zuverficht Ausdruck gibt; er
lautet wörtlich: ..Nun Zweifelt mir nit Genedigifter
Fürft vnd Herr, etliche zu Hoffe, abfonderlich jeni
die mir weder Ehre noch glickh vergönnen, werden
fich befleißen, dife meine vorfchlagende meinung miß-
lich ift zu hindertreiben; Wan aber folches recht beob-
achtet wiirdt, halt ich mich verlichert, Euer hoch-
fürftliche Genaden vnd andere mehr werden difen Vor-
trag vor guet erkhemien, wie Ich mir dann mit der
Hilft" Gottes woll thraue, folche> werkhe glickhlich zu
gewünfehtem Ende zu bringen". (Hofbauamts-AcTen
B. IV 1). Alfo auch Daria's Künftlerlaufbahn war in
Salzburg keineswegs durchaus mit Rofen beftreut.
Ob feine Vorfchläge zur Ausführung kamen, ift
nicht zu erfehen; es fcheint nicht. Gewifs ift, dafs das
ProjecT: der Verfetzung des Brunnhaufes fallen gelaffen
wurde, da diefes noch heute auf der „Peterswiefe"
fteht. Der fürflliche Brunnenmeifter Rupert Kraimofer
hatte fich mit guten Gründen gegen dasfelbe ausge-
fprochen. Ihm fiel denn auch wenige Jahre fpäter die
doppelte Aufgabe zu, den Waffermangel des Brunnens
zu beheben und den Strahl auf eine angemeffene Höhe
zu treiben. Es ift ihm gelungen, fie mit geringen
Mitteln glücklich zu löfen, allerdings nur bei Auf-
gebung der Fürftenbrunnleitung, wodurch bedeutende
Schwierigkeiten hin wegfielen.
Mit dem landesherrlichen Decrete vom 1. Auguft
1679 war er ermächtigt worden, auf eigene Gefahr und
Rollen (?), i;egen eine erft nach gelungener Ausführung
fällige fehr mäßige Entlohnung für Mühe und Aus-
lagen, das Quellvvaffer des Sternweihers von Hellbrunn
herabzuleiten; im Jahre 1680 hatte er es in bleiernen
Röhren in die Stadt und fchon 1682 bis auf die Dächer
der fiirftlichen Refidenz und des Dicafterial-Neu-
baues geführt (Hofbauamts-Aclen, B. IV, 6 und Koch-
Sternfeld: „Straßen- und Wafferbau").
Gleichzeitig mit dem Domausbaue und dem
Brunnen wurden, wie gefagt, die Galerien aufgeführt,
welche die fürftliche Refidenz mit dem Dome unmittel-
bar verbinden, den Domplatz umfchließen und, mit
weißem Marmor bekleidet, einen ornamentalen
Schmuck zeigen, der in gewiflen eigenthümlichen
Details (Pferdeköpfe) an den Brunnen gemahnt. Der
Bau war 1658 bereits in vollem Zuge, ging aber erft
16GS feiner Vollendung auch im Innern entgegen.
Daria s Antheil an diefem Bauwerke ift zweifellos
und jedenfalls bedeutend gewefen. Nicht allein dafs
er feine Mitwirkung (in der bereits bezogenen Recht-
fertigung) mit den Worten felbft bezeugte: „Widerumb
Anno 1661 von Michaely an Bis auf diefe Zeit (Juni 1662)
ift auch Vill gibs aufgangen bey dem Gang", ergibt
fich dies fchon beftimmter aus einer .. Befchreibung,
deren Stain, welche Ihro hochfürftliche Gnaden etc
nechftuerwichens 1662" Jahr inn vnd auffer des New-
baw Ligend durch Anthonio Daria abmeffen laffen,
Item waß noch daruon zum aufgefetzten gang oder
Galeria, für die angefangenen Paluftri ^etc.) abge-
geben worden". Nach Verzeichnung diefer für „Stürze,
CCXXIV
Capitäler, Schafft, Paluftri, Eggpfoften, Gfimbs- und
zu den hochfürftlichen Wappen in der Galeric ver-
wendeten, dann der verkauften und noch vorhandenen
„rauhen- Steinblöcke find in diefer Befchreibung
_2i Platten- mit dem Beifatze angeführt: Diefe „haben
zue dem auffgefezten gang oder Galeria gebraucht
werden follen, welche Anthony Daria auch von denen
offenen Stainen zuarbaithen laßen- -Hofkammer,
Hofbauamt, 1665
Kurz vor dem Ableben des kunftfinnigen fürlt-
lichen Bauherrn, des Erzbifchofes Guidobald, waren
diefe Galerien bis auf den Schmuck im Innern voll-
endet. Am 12. April \66S fchloß nun das Hofbauamt
im Auftrage des Fürften mit Johann Peter
aus Linz den Vertrag über dieStuccatur-Arbeit in dem
neuen Gebäude dahin ab, dafs diefe Arbeit, „inmaffen
Er S4 und Antonio Dario es für guet befinden
werden, kommende Pfingflzeit" mit einem erfahrenen
Gefellen begonnen werden folle; als Bedingungen
wurden vereinbart Beleuchtung, Koft und Trunk und
für die ganze Stucco-Arbeit in den „zu beederfeits des
alhiefigen Thumbftiffts vorhandtene drey Galarien"
600 fl. fürMeifter und Gefellen, wovon300 fl. zu Anfang,
300 fl. zu Ende der Arbeit ausbezahlt und wenn die-
felbe „zu contento verricht" worden, dem Meifter
30 bis 50 fl., dem Gefellen aber fechs Reichsthaler (oder
9 fl.) _vor einen recompens" gereicht werden follten.
Die Maurer-, Taglöhner- und Schmiede-Arbeiten, fowie
die erforderlichen Materialien waren auf des Späs und
Daria Anweifung vom Hofbauamte zu beftreiten (Hof-
bauamts-Acten C. IV, 8).
Der Umftand, dafs hiernach dem Meifter Daria
auch hinfichtlich der Ausfchmückung im Innern eine
maßgebende Stimme eingeräumt wurde, dürfte wohl
die Annahme rechtfertigen, dafs der architektonifche
Entwurf diefes Baues, wie deffen Ausfuhrung, ganz fein
Werk ift.
Noch eine bedeutende künftlerifche Leiftung des
Meifters lehren uns die Acten des Regierungs-Archives
erkennen. Die Altäre in den beiden Seitenfchiffen des
Domes find unter Giovanni Antonio Daria s Meißel
erftanden.
Von den fammtlichen Altären des Domes find
nur drei, der Hoch-Altar im Chorraume und die beiden
im Querfchiffe, aus früherer, aus der Zeit des Erz-
bifchofes Paris Lodron). In den Seitenfchiffen dage-
gen Icheinen bis über die Mitte des 17. Jahrhunderts
keine oder nur proviforifche Altäre geftanden zu haben.
Erlt Erzbifchof Guidobald, dem wir fo bedeutende
Denkmale der Kunlt in Salzburg verdanken, begann
fie durch folche aus Marmor zu erfetzen Es war ihm
aber nicht gegönnt feine Abficht verwirklicht zu
fehen; der Tod trat zwifchen Wollen und Vollbringen.
Sein Nachfolger Max Gandolph Graf Kimenburg fetzte
das begonnene Werk fort und führte es zur Vollen-
dung. Daher kommt es, dafs von diefen acht Altären
nur einer, der erfte zur Rechten, das Wappen der Thun.
alle übrigen dagegen jenes der Khuenburg tragen.
Wann der Bau der Altäre begonnen worden ift,
konnte nicht genau feftgeftellt werden. In den Wochen-
rechnungen des Hofbauamtes vom Jahre 1668 (die
altelte im Archive erhaltene Baurechnung, die nächft-
folgend vorhandene ift von 1699!) erfcheint in den
erften zwei Wochen (2. bis 16. des Monates Juni für
_die Zimmerleuthe, welche Antom Dario zu Machung
der hölzernen Modell zu den Altären, in Thumb ge-
hörig gebraucht1- 3 ff 24 kr. und 1 fl. 42 kr. dann
weiters in jener vom 18. bis 25. Auguft in Ausgabe:
„Dem Anthony Dario vmb zu Antneth bey außfehung
etwelchen Stainwerkhs ausgelegte Zöhrung, laut Zetl"
45 Kreuzer. Die Aufftellung diefer Altäre „aus rothen,
gefprangten" alfo Atneter-) Marmor fcheint am
15. September 166S begonnen zu haben, denn von
diefer Zeit an find laut jener Wochenrechnungen die
Steinmetze zuerlt mit „Machung der rothmarmornen
Stuckh zu den Altären'1 und fpäter mit der „An-
machung- diefer Altare im Dome den ganzen Herbit
und Winter befchäfti
Die Arbeit fcheint nicht mit der höchften Ortes
gewünfchten Rafchheit von Hatten gegangen zu fein,
denn aus einer im April des folgenden Jahres (1669)
überreichten Eingabe de?- „Antonius Dario- erficht
man, dafs der Meilter durch den Fürit-Erzbifchof zur
Befchleunigung derfelben ermahnt und angetrieben
worden war. Daria Hellte in feiner Rechtfertigung vor,
wie er fich zwar „beftes Eleiß angelegen fein laflen"
wolle, das Werk „gnedigiften Verlangen nach fo
fchleunigift alfs ymer miglich- fortzufetzen, wie es aber
hiezu die Notwendigkeit erfordere, dafs er mit feinen
-vnderhabendten arbeithern auch fchaffen* könne, und
diefe „imer parirn follen," wie denn „wan ein Vnfleiß
oder Feller vorbey geht folches Niemands andern,
dann" ihm „alfs Vorgestellten Mailler zuegezogeiv
werde; demgemäß (teilte Dario die ausdrückliche
Bitte, dafs ihm über feine Leute das ausfchließliche
„Comando gnedigift anuerthraudt vnd Vberlaflen0
werde, „worbey Seine hochfürltliche Gnaden etc. den
Fleiß vnd die fchuldtige Treu auch gnedigift befinden"
würden.
Mit dem decreto proprio vom 27. April 1669 ift
denn auch über Antrag des hochfiirftlichen Rathes
Frans v. Feyrtag „alfs in Paumaiftereyfachen Verord-
neten" diefer Bitte infoweit entfprochen worden, dafs
die Hofbaumeifterei -Verwaltung beauftragt wurde,
den , Bildhauern Antom Dario bey Verförtigung der
Altaren in thumb Vnd zu anderem dergleichen arbeith
für ain Maifter Vor Vnd aufzuteilen-, dabei aber auch
auf befchleunigte Fortfetzung der Arbeiten und Abstel-
lung aller Misbräuche ernftlich zu dringen: zugleich
wurde dem Daria „auf dafs Er mit der arbeith vnd
obficht mehrers bey der Stöll verbleiben folle, anftath
der affigniert geweften Hoftafl, neben behaltenden
Brodt vnd weingenuß von Hof — Ainn gülden wöchent-
liches Coftgelt" angewiefen.
Diefe Erledigung entfprach im Wesentlichen dem
Sinne der geftellten Bitte, denn mit der verliehenen
Meilterfchaft war auch das erwünfchte „Commando"
verbunden.
In dem bisher Dargeftellten ift alles erfchöpft,
was fich hinfichtlich Danas Thätigkeit in Salzburg
aus den dem Verfaffer erreichbaren Quellen nachweifen
und refpe<5tive finden ließ. Es erübriget noch, jene
bei Anfuhrung der vom Fürft-Erzbifchofe geführten
größeren Bauten unerwähnt gebliebene) kleineren dem
Kunftfache des Meifters angehörigen Arbeiten foweit
die gefammelten Notizen reichen, kurz aufzuzählen,
welche während feines Aufenthaltes in Salzburg vom
Hofbauamte ausgeführt worden find und deshalb
ccxxv
Darids Betheiligung nicht ganz unwahrfcheinlich er-
fcheinen laßen.
Es gefchieht dies hier aus dem Grunde, weil
dadurch möglicherweife Anhaltspunkte zu weiteren
Forfchungen geboten oder gewonnen werden können.
Von folchen Arbeiten find zu erwähnen:
1663, Opferftock für die Wallfahrts-Kirche U. L. Fr.
auf dem Diirnberge; Bildhäuerarbeit aus weißem
Untersberger Marmor.
166S, Brunnen aus weißem Untersberger Marmor, vom
Kurilen Erzbifchofe Guidobald für Regensburg
beflimmt; auch „Welfche wurden (bei der Aus-
führung diefes Werkes) gebraucht"; es fcheint
aber mit dem Tode diefes Fürft-Erzbifchofes
eingeftellt worden zu fein, denn am 2. Juni 1668
ift hiefür die letzte Arbeitswochenfchichte ver-
rechnet.
1668, Brunnen aus weißem Marmor für den Hofmar-
itall mit Schrifttafel.
1668, Epitaph aus rothem Atneter Marmor für den
vorgenannten Fürft-Erzbifchof.
1668, „Ein groß Marmorftainene Statua" ; vielleicht
eine der vor dem Portale des Domes flehenden,
des Rupertus oder Virgilius; jene der Apoftel-
fürften Petrus und Paulus wurden erft 1697 von
Bernhard Mändl gefchaffen.
Zum Schluße noch einige Worte über Giovani
Antoni Darids perfönliche Stellung und Lebensver-
hältniffe in Salzburg und über feine Familie.
Dafs der ebenangeführte der von ihm felbft ge-
brauchte volle Name und feine eigene Schreibweife ift,
wurde bereits an anderer Stelle bemerkt. In den
Rechnungen des Hofbauamtes vom Jahre 1668 wird
Darin gewöhnlich als der „ Welfche Bildhawer" mit
und ohne Beifügung feines Namens bezeichnet. 1669
fertigt er felbft als „hochfürftlicher Camerportier vnd
Bildhauer"; ebenfo wird er vom Fürft- Erzbifchofe in
dem Decrete vom 27. April 1669 betitelt, womit das
Hofbauamt beauftragt worden ift ihn als Meifter vor-
und aufzuflellen. Daria fcheint auf diefe Meifterfchaft
Werth gelegt zu haben. In einem Vertrage vom 24. Sep-
tember 1672, betreffend die Aufdingung eines Salzbur-
ger Jungen Andreas Grabner als Lehrling, wird er zwar
als der „Ehrnuefte, hochfürneme vnd Kunftreiche Herr
jfoan Antonio Dario, hochfürftlicher Camer Portier,
Intagliator vnd Stainmetzmaifter" begrüßt, Daria aber
felbft zeichnete fich fortan 1673, 1675 (foweit zu confta-
tieren) nicht mehr als Bildhauer, fondern mit Vorliebe
als Steinmetzmeifter.
Mit einer Eingabe vom 20. März 1675 ftellte
. Intonio Daria endlich die Bitte um Verleihung der
durch das Ableben des Hanns Nußdorffer erledigten
Hofmaurermeifterftelle, welcher er fich „neben dennen
er fich inn Dienften befindtendten zimblich woller-
fahrnen Pallierern vnnderthenigift vnderfangen wollte"
(Hofbauamt, C, IV, 8).
Daria erhielt diefe Stelle jedoch nicht; fie wurde
vielmehr dem bürgerlichen und Stadtmawrermcifter
Ruep Hueber verliehen (Ilofkammer, Ilofbauamt
1674/9 F.). Vielleicht war es der Verdruß über diefe
Abweifung, welcher ihn bewog Salzburg zu verlaflen ;
fein Bittgefuch ift wenigftens das letzte Zeichen feiner
Anwefenheit dafelbft.
Daria hatte gleich den Beamten Befoldung be-
zogen, wahrend die im Hofdienfte flehenden Meifter
(Maurer-, Zimmer-, Brunn- etc. Meifter) nur (1 fl. 30 bis
2 fl. 30 kr.) Wochenlohn erhielten. Diefe feine Befol-
dung betrug monatlich 25 fl.; überdies fpeifte er nach
des erzbifchöflichen Hofes patriarchalifcher Sitte an
der Hoftafel und erhielt an Brod und Wein das übliche
Quantum. Als man ihm 1669 aus Dienftesrückfichten
den Befuch der (Officiers-) Tafel eingeftellt hatte,
wurde er dafür mit einem wöchentlichen Koftgelde
von einem Gulden entfehädigt; da der damalige Geld-
wert mindeftens auf das fechsfache des heutigen an-
zufchlagen ift, immerhin anftandig.
Hinfichtlich des Titels „Camerportier" ift noch
zu bemerken, dafs derfelbe keineswegs gering ge-
fchätzt wurde. Der hochfürftliche „Baucommiffarius",
als Vorftand des Hofbauamtes und zugleich Obrift-
Waldmeifter des Erzfliftes — heute würde er etwa
Baurath und Oberforftmeifter heißen — führte den Titel
eines hochfürftlichen Kammerdiener> und genoß einen
Gehalt von monatlichen 33 fl. 20 kr. falzb. Wahr.
In der eingangs mehrfach erwähnten Studie im
XII. Bande der „Mittheilungen-' neue Folge, gefchieht
eines Stuccatorer's Simone Daria als Lombarden
1600," fowie des Umftandes Erwähnung, dafs unfer
Antonio Daria in St. Florian, wo er bis zu feinem
Tode im Jahre 1702 durch circa zwölf Jahre bei dem
Baue der Stiftskirche in hervorragender Weife thätig
war, als Witwer eine zweite Ehe fchloß und Vater
mehrerer Kinder wurde.
Dies ließ vorausfetzen, dafs der Meifter während
feines Aufenthaltes in Salzburg eine Familie begrün-
dete ; denn wenn man annimmt, dafs Meifter Antonio
im Alter von beiläufig 70 Jahren geftorben ift — ein
höheres kann mit Rückficht auf feine zweite Verehe-
lichung und feine rüftige Thätigkeit in St. Florian
nicht wohl vermuthet werden — fo wäre er 1656, da
er (von Koch- Sternfeld in Salzburg zuerft genannt
wird, erft 24 Jahre altgewefen. Allein die Matriken des
Dompfarramtes regiftriren weder einen Trauungs-
noch einen Tauf-Acl: unter dem Namen des Meifters.
Nur im Todtenbuche erfcheint 1637 der fchon er-
wähnte Santino Daria, ein Jüngling von 19 Jahren und,
gleich dem älteren Simone, wahrfcheinlich ein Ver-
wandter Antonios.
Von einer Familie, Gattin oder Kindern des
Giovan Antonio Daria dagegen, wie über deffen
Kommen und Gehen hat fich leider nicht die geringfte
Spur gefunden.
Notizen.
138. (Prähiflorifche Funde in J aromer.)
Bei Gelegenheit der Einebnung des Exercier-
platzes der Landwehr-Caferne zu Jarome'r in Böhmen
fließ man an verfchiedenen Stellen auf größere Haufen
prähiftorifcher Thonfcherbcn meift gröberer Art,
welche vermifcht mit zerfchlagenen Thierknochen und
Schichten von Ilolzafche 50 bis 60 Cm. unter der
Oberfläche fich befanden. Sowohl diefe gröberen bis
ff*
CCXXV1
zu 15 Mm. dicken, als auch die dünneren zuweilen mit
Graphit überzogenen Scherben waren ohne Ornament.
Abfeits von dem Scherbenhaufen befanden fich auch
einige Metallgegenftände. und zwar eine 134 Cgr.
lchwere Spirale aus glattem Golddraht mit fiinfUm-
. mehrere Bruchftücke von bronzenen Arm-
bändern, eine einfache Bronze-Nadel mit hohlem run-
den Kopfe und ein Anhangfei aus Bronze, an-
fcheinend ehemals mit farbigem Glas oder Schmelz aus-
gt und als Ohrring dienend, ähnlich den gleich-
artigen Funden von Kettlach in Nieder-Oefterreich.
und endlich ein kleines Bronze-Schildchen Alle diefe
Gegenftände wurden an das Mufeum der Stadt
Jaromef abgegeben.
.. Correfpondent Alaska hat nachträglich zu
feinem Berichte über die Funde bei Strainic in Mahren
berichtet, dafs er die ganze noch im Baue begriffene
von Strainic ein prachtvolles Nephrit- Beil auf-
gefunden wurde, der dritte derartige Fund in Mahren.
140. Der Central-Commiffion ift beftimmte Nach-
richt zugekommen, dafs die merkwürdige und impo-
fante Ruine Engelsburg bei Karlsbad einer Reftau-
riruiig behufs Confervirung durch deren Befitzer Grafen
H. Cernin unterzogen wird. Auf einem von allen Seiten
fchroff abfallenden Phonolit-Kogel, welcher ~S Klafter
über der Hochebene und 2094 Fuß über der Meeres-
fläche liegt, breitet fich die Engelsburg Engelkaus ,
die weite Umgegend beherrfchend, aus. Der ein
Aufgang geht am Nordrande des Felfens hinan und
wird durch ein Vorwerk gefchützt. Lage und Geftal-
tung diefer Burg deuten auf hohes Alter, obgleich
iiber ihre altere Gefchichte nichts verlaßliches bekannt
ift. Sie dürfte im 13. Jahrhundert unter den Herren von
Riefenburg entftanden fein. Eine Meinung geht übrigens
■ <^s~ <js>;s*5
/.-/•
Fig. 1. (Engelsburg.)
Bahnftrecke nochmals einer genauen Revifion bezüg-
lich prähiftorifcher Funde unterzogen hat. Dabei er-
wiefen fich mit Rückficht auf den vorgefchrittenen
Stand der Erdarbeiten als fehr dringend durchzuführen
aufmerkfame Grabungen im Einfchnitte bei Golgotha,
ferner am linkem Ufer des Marcharmes. Diefe Grabun-
gen wurden durchgeführt, fo weit es unter den gegebe-
nen Umftänden überhaupt möglich fchien. An erfterem
Orte wurden vier, an letzterem zehn Gräber aufge-
fchloffen und forgfältig unterfucht. Außer werthvollem
kraniologifchen Materiale wurden mehrere Beigefäße,
kleine Bronze- und Eifen-Objecte gewonnen, wodurch
die früheren Funde wefentlich ergänzt werden. Außer-
dem wurden bei dem Dorfe Zvorovy eine neue prä-
hiftorifche Grabftätte, auf dem Berge Tumornik eine
prähiftorifche Wallburg und prähiftorifche Fundftellen
conftatirt. Hervorgehoben muß werden, dafs in der
dahin, diefe Buig, welche fagenhaft bis auf Karl den
Großen zurückgeführt wird, fei unter den Herren von
Vohburg, deren Besitzungen fich vor dem Jahre 1000
bis in diefe Gegend erftreckten, entftanden. Da Eger
und das Egerland in ältefter Zeit nicht zu Böhmen
gehorten, lag fomit Engelhaus nahe der Gränze und
dürfte als Gränzwehr gedient haben. B. Ein kleiner
Thorbau deckt den erften Eingang.
In der Reihe der Befitzer erfcheinen Ulrich von
Hafenburg. Cafpar Schlik, die Herren v. Flauen, die
Colonnas u. f. w. 1621 wurde die Engelsburg confifeirt
und an das Haus Cernin verkauft, 1718 brannte fie ab
und blieb feither Ruine. Gegenwärtig beliehen auf dem
600 Fuß langen und 150 Fuß breiten Flatteau (Fig. 1)
die Dienftmannswohnung C, durch welche ein gewölb-
ter mit zwei Thoren verfehener Gang fuhrt, daneben
den Brunnen D, das Hauptgebäude in der Mitte des
CCXXVII
Schloßhofes auf dem höchften Punkte, darin der Saal E,
gegen Wellen ein ifolirtes Gebäude (G) mit Capelle
und Saal und endlich der Bergfried /•" mit tiefen Unter-
raum- und Nebengebäuden.
141. Im Benediftiner-Stifte Marienberg im / 'intfeh-
gau foll fich laut der Central-Commiffion zugekom-
menen Nachrichten ein großer ziemlich gut erhaltener
Todtenfchild (Stiftsfchild) von Ulrich von Matfch,
Kloitervogt diefes Ordenshaufes vom Jahre 14,3, und
zwar mit deutlicher Umfchrift erhalten haben. Er wird
als eine fehr fchöne Arbeit bezeichnet. In der dortigen
Kirchengruft, einer ehemaligen romanifchen Krypta,
fand man ziemlich gut erhaltene Fresken aus dem
\z. bis 13. Jahrhundert.
\\z. Die St. Helena-Capelle, eine Stunde von
Deutfchnofen und i'/2 Stunden von Pirchabruck im
Eggentliale entfernt, über welche Confervator Director
Deininger ausführlich berichtete, ift auf einer hohen
und theilweife bewaldeten Terrainwelle des dortigen
Mittelgebirges fituirt und hat nur ein Bauerngehöfte
Fig 2. (Deutfchnofen.
zur unmittelbaren Nachbarfchaft. Die Anlage diefer
Capelle iit, wie beiftehende Skizze (Fig. 2) zeigt, ein-
fchiffig mit halbkreisförmiger Concha an der Oftfeite
und gothifchem Thurm an der Nordfeite. Der Giebel-
front ift eine breite auf vier Pfeilern ruhende Vorhalle,
deren Dach mit dem der Capelle in gleicher Höhe
liegt, vorgefetzt (Fig. 3). Das Capellenfchiff mit fpitz-
bogiger Tonne überwölbt wird durch einen rundbogi-
gen Triumphbogen von der mit Halbkuppelgewölbe
überdeckten Concha getrennt. Länge des Schiffes
circa 10 M., Breite circa 7 M. Höhe bis zum Gewölb-
fcheitcl circa 8 M. Mauerftärke 110 M. Die ganze
Anlage läßt darauf fchließen, dafs die Capelle ohne
Thurm noch der romanifchen Kunftperiode entflammt,
während der Thurm, das Gewölbe des Schiffes und die
im Folgenden gefchilderten Wandgemälde ihrem Styl-
Charakter nach der erften Hälfte des 15. Jahrhundertes
angehören. Viel fpätere Zuthaten find offenbar die
Vorhalle fowie das Fenfter in der Concha.
Hinfichtlich der in diefer Capelle vorkommenden
Fresco-Gemälde, welche einft fämmtliche Wände und
Gewölbe derfelbcn bedeckten, kann conftatirt werden,
dafs diefelben von befonderem künftlerifchen Werthe
find und das kunfthiftorifche Intereffe umfomehr bean-
fpruchen, als ein großer Theil derfelben noch vorzug-
lich erhalten ift. Aus diefem Grunde kann auch die
Confervirung, beziehungsweife die Bloßlegung der
theilweife übertünchten Fresken al> ein höchft wün-
fchenswerthes und verdienftliches Unternehmen wärm-
ftens empfohlen werden.
Die in der St. Helena-Capelle vorkommenden
Fresco-Gemälde find folgende:
1. Vollkommen gut erhalten die Gemälde an
der fpitzbogigen Tonne, vom Gewolbefcheitel der-
felben beiderfeits bis zu -/3 der Gewölbfläche gegen
den Gewölbanlauf hinreichend. Sie ftellen dar: in vier
von ornamentirten rechteckigen Friefen (mit gemaltem
gothifchen Ornament) eingerahmten Feldern, die vier
Evangeliften in überlebensgroßen Figuren in chorftuhl-
ähnlichen gothifchen Thronfeffeln vor Schreibepulten
fitzend, mit ihren Emblemen Infchriften und Haupt-
handlungen der Evangelien, welche fie gefchrieben.
Fig. 3. (Deutfchnofen.)
Die polychrome Malerei der figuralen Darftellun-
gen in diefen vier Feldern erfcheint auf blauem Grunde.
Die Figuren und ihr Beiwerk find künftlerifch im Styl-
charakter deutfeher Gothik des 15. Jahrhunderts durch-
geführt, die Thronfeflel und Schreibpulte von feiner
architektonifcher Durchbildung. Die fchmalen um-
rahmenden Ornamentfrieße nähern fich in ihrem Cha-
rakter dem italienifch-mittelalterlichen Style und find
im Gegenfatze zu den figuralen Darftellungen mehr
handwerksmäßig gemalt.
2. Die Seitenwände des Capellen-Schiffes find bis
zu '/3 der Gewölbefläche mit Weißkalk übertüncht; die
Tünchfchichte iil lehr dünn. Der unterfte Theil der
Gemälde an diefen Wänden ift offenbar durch Feuch-
tigkeit zerftört worden; doch laffen ftellenweife aus
der Tünche in ihrer Färbung hervortretende Köpfe und
halbe Figuren darauf fchließen, dafs hier noch ein großer
Theil diefer Wandgemälde bloßgelegt werden könnte
und wahrfcheinlich Scenen aus dem Leben Chrifti und
der heil. Maria dargeftellt gefunden werden dürften.
CCXXV1I1
3. An der Stirnwand des Schiffes findet lieh noch
einFresco-Gemälde gut erhalten vor. Es ftellt im recht-
eckigen Felde gemalt die Figur der St. Helena dar,
mit der Krone auf dem Haupte und das Kreuz Chrifli
in der Hand haltend. Der übrige Theil diefer Wand
eichfalls vertüncht.
4. An der Stirnfeite des Triumphbogens, deffen
halbkreisförmige Wölbung fich unmittelbar an die
Kuppelflache des Concha-Gewolbes anfchließt, find
dargeftellt und gut erhalten: In der Mitte Gott Vater
in den Wolken, zu beiden Seiten Hirten, welche ein
Fig. 4. (Deutfchnofen.)
Lamm und Getreide opfern. Darunter links und rechts
Wappen weißer Thurm mit Thorflügeln auf rothem
Grunde, Herren v. Niederthor Fig. 4). Der Verputz
zeigt an defer Fläche fchmale unbedenkliche Riffe.
5. Die Malerei an der Laibung des Triumph-
bogens, gleichfalls gut erhalten, ftellt in fieben recht-
eckig abgegränzten, unmittelbar übereinanderge-
reihten Feldern die fieben Schöpfungstage dar. In
jedem Felde die Figur Gott Vaters (jedoch mit dem
S.ilvator- Nimbus) mit den der Darfteilung jedes
Schöpfungstages entfprechenden Symbolen und Bei-
werk, wie: Erdglobus, Himmelsglobus etc.
(Dcutfchnolen.)
6. In der Mitte der Halbkugel des Concha-Gew öl-
bes ift, von einem fpharifchen Zweiecke umrahmt, die
Figur St. Salvators dargeftellt, diefe auch gut erhalten,
wahrend der übrige Theil der Gewölbsflache über-
tüncht ift und hier die durchleuchtenden Scheine von
Heiligenfiguren, welche offenbar St. Salvator im Hall)
kreife umgebend dargeftellt waren, erkennbar werden.
7. Die halbcylindrifche Concha-Wand ift gleich-
falls übertüncht und find auch hier die Spuren figuraler
Malerei fichtbar.
8. An der Außenfeite der Giebelmauer finden
fich von Gemälden derzeit noch erhalten: Oberhalb
des einfachen mit Rundbogen abgefchloffenen Portales
„Chriftus am Kreuze, umgeben von heil. Maria und heil.
Johannes." Links vom Portale in größerem Maßftabe
„St. Chriftoph" und links von diefer Figur ..St. Helena" ;
fämmtliche Darftellungen von je einem rechteckigen
einfachen Rahmen eingefchloffen.
9. Rechts vom Portale an der Giebelmauer findet
fich noch ein kleines Hoch-Relief in Stein, eingemauert,
welches theilweife durch Abwitterung verftümmelt ift.
E^ ftellt, wie nebenflehcnde Skizze andeutet, St. Helena
mit dem Kreuze dar, und fcheint, wenn es nicht von
anderem Orte hieher verfetzt wurde, der erften Bau-
Periode diefer Capelle anzugehören (Fig. 5).
10. An der Siidfeite des Aeußeren der Capelle
ift entfprechend der Gewölbefpannung des Triumph-
bogens im Inneren ein Strebepfeiler angebracht, deffen
Vorderflächc gleichfalls bemalt ift, fowie dies einft wohl
an den ganzen Längswänden diefes Baudenkmales
der Fall gewefen fein dürfte. Diefes Fresco-Gemälde,
gleichfalls innerhalb eines rechteckigen Rahmens aus-
geführt, ftellt die heil. Maria mit dem Jefuskinde und
Fig. 6. (Deutfchnofen.)
rechts von diefer Figur St. Katharina dar. Letztere
Figur ift vollftändig erhalten, während der Kopf der
heil. Maria zerftört ift.
Hiemit wären fämmtliche Fresken, welche derzeit
noch an diefem Bauwerke erkennbar find aufgezählt.
Die Fenfter der Capelle find nicht mehr urfprüng-
lichundmit Segmentbogen abgefchloffen. DcrGlockcn-
thurm fteht an der rechten Seite der Kirche und hat
fpitzbogige Fenfter mit Maßwerk (Fig. 6).
143. Da in letzterer Zeit wiederholt Fälle vorge-
kommen find, dafs kirchliche Reftaurirungs-Bauten in
Böhmen durchgeführt wurden, ohne dafs die Organe
der Ccntral-Commiffion Kenntnis erhielten und daher
im Intereffe der Erhaltung von Kunftderrkmalen nicht
ihres Amtes walten konnten, fo hat fich die k. k.
Statthalterei in dankenswerther Weife veranlaßt ge-
fehen, fämmtliche Bezirksbehörden anzuweisen, die
zu ihrer Kenntnis gelangenden Umbauten refpeclive
CCXXIX
Reftaurirungen fofort bei ihr zur Anzeige zu bringen
behufs weiterer Mittheilung an dieCentral-Commiffion
144. In Fig. 7 geben wir die Abbildung eines in
feiner Art intereflanten Grabmales zu Sebenßein. Es ifl
ein rother Marmorftein mit eigenthümlicher Wappen-
Darftellung: ein doppeltes Hifchgeweih im Schilde
und .1111 Helme, (lafelbft mit in der Mitte aufritzendem
Hahnenfederbufch. Die Infchrift lautet:
Amin Domini [525 An fand Avgvftinstag ilt geftorben
der Edl \ eil Chriftoff Johann, der letzt feines Namen
der zeit hauptmaun zu Forchtenftain, dem Gotl gene
dig fei amen.
Ueber das Gefehleelit der Johann herrfcht wenig
Lieht, ja fo wenig, dafs es wohl fraglich ill, ob
man überhaupt von einem Gefchlechte reden kann.
Feil (Alterthums- Verein I. 216) ift es gelungen über
dielen Namen einiges zu erforfchen. Johann Graf Hal-
de-- überläßt nämlich laut Urkunde ddo. 24. Auguft
1520 Hofkammer-Archiv) dem lieben und getreuen
Chriltoff Johann das Gefchloß und die Graffchaft Vort-
tenftain auf 5 Jahre von neuem um einen Beftand von
2100 fl.
1 las Monument befindet fich im Innern der Kirche
rechts an der Wand.
145. Excellenz Freiherr v. Czömig hat an das
l'ralidium der Central-Commiffion ein Schreiben ge-
richtet, in welchem fich derfelbe mit dem Orte St.
Lorenzen im Pufterthale befchäftigt. Er bezeichnet
diele Pfarre als die ältefte im Thale, als alte Römer-
ftätte. Die Kirche wird als ein fchöner gothifcher Bau
gefchildert, die zu den werthvollften der Umgegend
geheut. An diefelbe ift eine Capelle (Egerer-Capelle)
angebaut, die viele Sculpturen enthält, vorftellend in
einer Reihe von Gruppen die Geißelung Chrifti u. f. w.
in natürlicher Größe und von extrem realiftifcher
Formgebung, wohl dem 17. Jahrhundert angehörig und
von geringem Kunftwerthe. Die Figuren find aus
Holz ganz frei herausgearbeitet und bemalt. Nur eine
Gruppe — Chriftus am Oelberge mit zwei Jüngern, —
dürfte aus älterer Zeit flammen und macht Anfpruch
auf eine beffere Würdigung. In diefer Kirche befindet
fich auch ein Grabmal, das weniger in künftlerifcher
als hiftorifcher Hinficht die Aufmerkfamkeit feffelt. Be-
kanntlich hat Volkold, der Sohn Othwin's, Gaugrafen
im Pufterthal, das Frauen-Klofter Sonnenberg bei
St. Lorenzen, das reichfte des Landes, im Jahre
101S geftiftet. Diefe Anfiedlung nach der Regel des
heil. Benedictus beftand durch mehr als 700 Jahre bis
zur allgemeinen Klofteraufhebung, bei welcher fich ein
Vermögen von 500.000 fl. fand. Im vorigen Jahrhun-
dert errichtete man dem Stifter einen Grabftein, der
nach der Demolirung der Klofterkirche in die Pfarr-
kirche von St. Lorenzen kam, wo er an der äußeren
Wand neben dem Kirchenthor eingefügt ift. Volkold
wird dafelbft gefürfteter Graf von Görz genannt. Nun
aber beftand diefe Graffchaft im Jahre 1018 noch
nicht und Volkold war kein Graf von Görz. Die KJofter-
frauen aber glaubten ihn zu ehren, wenn fie ihm diefen
Namen geben, weil der Tradition nach die Grafen von
Görz von den Pufterthaler Gaugrafen abdämmten und
weil ihnen der Titel eines Grafen von Görz viel ehren-
voller fchien, als jener eines fchlichten Gaugrafen-
Sohnes. Dieter Grabftein ilt aber für die Gefchichte
von großer Wichtigkeit. Man wußte bis zu Ende di
vorigen Jahrhunderts in literarifchen Kreifen nicht,
woher dii Grafen Görz am Ende des 11. Jahrhunderts
gekommen waren. Itoiinayr war der eilte, der die
Abdämmung der Grafen von Görz von den Lurn-
gauer und Pufterthaler Gaugrafen nachzuweifen fuchte,
ohne jedoch für feine Meinung (inen pofitiven Beweis
zu liefern Jetzt ill wohl die frage durch Baron Cz'örnig
außer Zweifel geftellt.
1 (.6. Im Laufe des Jahres 1SS7 wurden an dem
Gebäude des Muieiims ,s. Donato in Zarii bedi utende
Reftaurirungen vorgenommen. Sie bezogen fich auf
Ausbefferung der Dachftühle, Oeffnung von fechs ver-
mauerten Fenftern, Anbringung entfprechend« r I
fterverfchlüße im Anlauf der Kuppel, Inftandfetzi
~WMftp\Jtö\ 4] JjaJQUUTJ! (]0£
Fig. 7. (Sebenftein.)
der Stiegen und Scheidemauer zwifchen der mittelen
und rechtsfeitigen Abfide, Ausbefferung der Mauern
und theilweife Erneuerung des Mortelanw urfes im
Mittelbau und in den Emporen des erften Stockes.
Für die Folge erübrigen die Reparatur der Mauern
zu ebener Erde, die Ausbefferung des Anwurfes der-
felben und der Stiegenmauern, die Wiederinftand-
fetzung des Ziegelpflafters in der Galerie und des
Steinplatten-Pflafters zu ebener Erde, dann die Reini-
gung der mit Erde und Materialfchutt gefüllten Räume
zwifchen den Fragmenten von antiken behauenen
Steinen und Ornamenten, welche das Fundament des
Baues bilden, endlich die Bloßlegung einiger einge-
mauerten Säulen und eventuell vorfindlichen Gewölbe-
bogen im erften Stocke.
[47. (Wahrnehmungen auf einer Reife durch Tyrol.)
Auf einer längeren Dienllreife durch Tyrol war
es dem Berichterftatter möglich geworden, an ver-
ccxxx
fchiedenen Orten einzelne Objecte von kunfthiftorifcher
Bedeutung eingehender zu betrachten und aufmerk-
famer zu würdigen als bisher.
Zunächft hatte derfelbe Gelegenheit, das hoch-
intereffante Schloß Tratzberg im Unter-Innthal nächlt
Jenbach gelegen, zu beluchen. Obwohl der Aufenthalt
nur nach Stunden bemeffen war, fo reichte diefer ge-
ringe Zeitraum hin, um zu erkennen, welche Menge
hochwichtiger Gegenftände des Mittelalters hier auf-
gehäuft ift und mit welcher Sorgfalt der noch erhalten
gebliebene Beftand der Innenausstattung des Schli
gepflegt wird.
Schloß Tratzberg dürfte in dem letzten Decennium
des 15. Jahrhunderts feine heutige Gertalt bekommen
haben, indem um diefe Zeit zwei Flügel mit der lang-
geftreckten fpat-gothifchen Capelle den viereckig
Schloßhof umfaffend, vollendet wurden. Hierauf bezieht
fich eine in Lapidaren ausgeführte wohlerhaltene
Infchrift über dem Eingange des Stiegen-Rundthurnic-
in der Ecke des Schloßhofes, wofelbft unter dem
Ten/sfkben Wappen zu lefen ift: -1500. Veit Jacob und
Symon Tentzl | Gebrueder habe gepaut das Schlos."
Eine weitere Bauführung gefchah unter der Befitzer-
familie Ilfung. Ein Flügel des mächtigen Gebäudes
zeigt die fchönen Formen der entwickelten Renaiffance
und dürfte der baufuhrende Meifter wohl Italien ge-
fehen haben. Ueber dem Haupteingange liest man:
Georgius Ilfungus de Tratzberg equestris ordinis,
Carolo V. Ferdinando I. Maximiliano II. imperato-
ribus, Ferdinando et Carolo Auftriae dueibus a
consiliis, utriusque Sueviae et Neuburgi ad Rhe-
num praefectus ad priscae religio nis, virtutis
quietis Studium posteris recolendum sedem hanc
asyluinque conftituit a° MDLXXI.
Die Hauptfront des Schloffes, das nach den
Ilfung in den Refitz der gräflichen Familie Tannenberg
kam, ift gegen das Innthal gerichtet, von Rundthürmen
flankirt und durch eine mächtige Erkerausbaute in der
Mitte markirt. Aus der verfchiedenen Höhenlage der
Dachpartien läßt fich erkennen, dafs diefer Theil in
zwei getrennten Zeitabfchnitten gegen Ausgang des
Mittelalters feine Entftehung fand.
Die fchon erwähnte Wendeltreppe im Schloßhofe
führt gut galerieartige in zwei Stockwerken angelegte
und mit Rundbogen gegen den Hof geöffnete Gänge,
von denen man die einzelnen Gemächer betritt. Wir
finden eine Reihe von Zimmern, die mit beftimmten
Namen bezeichnet find, wie Fuggerzimmer, Kaiferzim-
mer, I labsburgerfaal, Frauenftübel durch ihre alte Ver-
täfelung, durch Holz-Plafonds, durch Original- Thüren,
durch koftbare echte Möbel der Spät-Gothik und
Renaiffance hochbeachtenswerth erfcheinen.DerHabs-
burgerfaal mit feiner reich getafelten Decke und dem
zierlichen Erker wird befonders merkwürdig durch
den an den Wanden und am Kaminmantel herum ge-
malten Habsburger Stammbaum mit reichem Wappen-
fchmuck und vielen Ornamenten aus der Thier- und
Pflanzenwelt. Farbe wie heraldifche Behandlung der
Wappen, Stylifirung des figuralen und ornamentalen
Motive, technifche Malweife und Behandlung des
Ganzen laffen mit Grund annehmen, dafs diefer theil-
weife reftaurirte Stammbaum, der als alleiniges Subjekt
die Wände diefes großen Raumes bedeckt, gegen die
Wende des 15. Jahrhunderts unter den Tentzl's ent-
ftanden ift. Wir erkennen eine feine Nachahmung des
Ambrafer Stammbaumes, die doch wieder infofern
unbeholfen durchgeführt ift, als die hier mögliche Ver-
bindung des Stammes von der einen auf die andere
Bildergruppe unterblieb. In demfelben Saale findet
lieh auch über einem Thürbogen ein fchönes Wappen-
Relief auf die Familie Tentzl bezuglich, das vierfeldige
Wappen mit zwei Helmen und folgender Unter-
fchrift: Veit Jacob und Simon Tentzl Gepprider. Er-
wähnung verdient unter anderem ein Prunkgemach
mit Eck-Erkerausbau, deffen Decke mit reich caffetir-
tem Holz-Plafond und Wände mit ganz vorzüglicher
Holzverkleidung gefchmückt ift. Nicht unbefprochen
dürfen die herrlichen Marmorfaulen bleiben, welche in
der Mitte der größeren Gemächer aufgeftellt, dem
reichen Holz-Plafond zur Stütze dienen.
Es würde für den Zweck diefes Artikels zu weit
führen, wollte man alle die wichtigen und intereffanten
Details diefes Schloffes befprechen; fo wäre hervor-
zuheben das reiche Mobilar, in welchem fich die
tyroler und fchwäbifche Schnitz- und Tifchlerarbeit vom
15. bis 18. Jahrhundert mit den fchönften Formen
repraefentirt. Außerdem trifft man eine Anzahl
thönerner reliefirter und in Farben decorirter Oefen
des 16. und 17. Jahrhunderts, zahlreiche fchöne
Schmiedearbeiten, darunter befonders Thürfchlöffer
und Befchläge. Für Bilderfreunde finden fich viele alte
gute Gemälde, für Freunde von Waffen folche fo wie
Rüftungen in großer Zahl und von guter Qualität, ja
fo manches Prachtftück darunter. Todten- oder Stift-
fchilde enthält deren viele die große Rüftkammer, dar-
unter von der Familie Firmian, Tentzl, Fugger u. f. w.
Von geradezu hoher Bedeutung für die Coftüm-
kunde des 15. Jahrhunderts, dann das Tournierwefen
ift ein altes fehr gut confervirtes Bild. Es ift eine ganz
fchlichte Malerei auf mittelfeiner Leinwand, mehr
Skizze als abgefchloffenc Arbeit. Wir fehen ein Kitter-
tournier vor zahlreichen Zufchauern abgehalten und
auf dem Platze einer — man kann es annehmen —
füddeutfehen Stadt abgehalten.
Mit gehobener Stimmung haben wir dielen für
Alterthumsfreunde hochwichtigen Herrenfitz verlaffen,
der noch mit nicht unbedeutenden Befeltigungs-Anla-
gen wie Mauerzügen, Thürmen und gedeckter Stiege
verfehen ift.
Ein Rundgang in Innsbruck führte zunächft in die
Univerfitäts-Kirche, jenen herrlichen geräumigen Kup-
pelbau, der unter Erzherzog Leopold V. und feiner
Gattin Erzherzogin Claudia zwifchen 1627 und 1640
entftanden, aber in feiner Facadc unvollendet und
ohne die beabfichtigten beiden Thürme geblieben ift.
Diefe fchöne Kirche mit ihren hochbeachtenswerthen
Innen-Details und Ausstattungen würde eine einge-
hende kunftgefchichtliche Forfchung verdienen.
Nun folgte ein Befuch zu der durch den Patina-
Krieg in neuefter Zeit oft genannten Franciscaucr-
Hofkirche, ein Bau, der zwifchen 1553 und 1563 entftand,
und in dem unter der richtigen Leitung des tüchtigen
Direktors der Innsbrucker Staats-Gewerbefchule, des
Confervators Deininger, in pietätvoller und fachlich
richtiger Reftaurirung zwei alte Einrichtungsftücke zu
ihrer urfprünglichen Schönheit wieder gelangten. Es
lind dies die unter dem Namen Fürßen-Thor bekannte
CCXXXI
Empore (1568 — 1571), ein gl 1 r< Wanduhrgehäufe aus
1577 und ein in Holz ausgeführter Orgelbau aus der
Zeit zwifchen 1 55 S und 1563. Es ill hier wohl nicht der
Platz des herrlichen Denkmals für den in Wr.-Neufladt
ruhenden Kai/er Max l. zu gedenken, wohl aber kann
die Bemerkung nicht unterdrückt werden, dafs zu
bedauern ill, dafs die beabfichtigte Reiniguni; der das
Denkmal umstehenden 2.x ui\t\ in ihrer künftlerifchen
Bedeutung fehr ungleichwertigen Mctallüguren fchon
beim erften Verfuche abbellellt wurde. Die Figuren
hätten eine zweckmäßig geführte Säuberung recht
gut vertragen können. Hei diefer Gelegenheit wäre es
auch möglich geworden, fo manchen anderen Uebel
ftand an den Figuren zu befeitigen.
Von dem herrlichen Denkmal mit den in zarteil er
Weife ausgeführten Reliefbildern des Alexander Colin
und von dem gefchmackvollen fchönen Gitter zu
fprechen, erfcheint bei der allgemeinen Würdigung
diefer Kunllwerkc überfluffig.
Unter der Stiege zur filbernen Capelle rindet l'ich
in einem niedrigen, gedrückt überwölbten Raum, dei
überdies durch Abfchlußgitter nicht zuganglich ill,
das Grabmal der Katharina von Loxan <y 1580). In
weißem Marmor ausgeführt ill: eine ausgellreckt lie-
gende Frau dargcllellt und wie es feheint ganz vor-
züglich ausgeführt. Das Werk wird ebenfalls Colin
zugefchrieben, kann aber infolge feiner Aufllellung
nicht genügend gewürdigt werden.
Ein Befuch in der fchönen St. Jacobs- Kirche
lenkte die Aufmerkfamkeit auf das durch Entzweithei-
lung verftiimmelte Grabmal des Hoch- und Deutfch-
meijlers Erzhersog Maximilian. Es ift richtig, dafs
Tumben-Grabmale in den Gangen einer Kirche und
noch mehr im Presbyterium aufgeflcllt, den Raum be-
fonders beengen und unbequem werden. Eine anders-
artige Aufllellung ill daher erklärlich; allein die heutige
Aufteilung in der Weife, dafs die Hälfte des urfprüng-
lich auf prachtvollen Säulen ruhenden Grab-Baldachins
— alfo je zwei Säulen — zu einem Vorbau der beiden
Presbyterium -Seiteneingänge verwendet wurde, ill
wohl llark ungereimt. Auch die Figurengruppe des
Grabmals wurde getheilt, und fo kniet nun der Erz-
herzog umgeben von zwei Helmen auf dem einen Ober-
theil des Grabmals, wahrend St. Georg mit dem auf-
baumenden Drachen auf dem anderen Übertheil gegen
den Altar gewendet aufgelleilt ill. Die zwei Infchrift-
platten und Schilde find an den Wänden darüber ver-
theilt. Auch fcheint es, dafs der Flug des Deutfch-
Ordenshelmes auf der rechten Seite bei diefer un-
glücklichen Aufllellung verkehrt aufgefetzt wurde.
Möge eine Zeit kommen, in der das Monument nach
erfolgter Rellaurirung wieder paffend aufgelleilt werden
kann.
Ein w eiterer Befuch der Kirchen Innsbrucks führte
in die Spital-Kirche mit der fchönen Stucco-Üecoration
und in die Sert'iten-K'uche (erbaut um 1624) mit den
werthvollen Deckenmalereien von Schöpf, die, wie es
fcheint, da die Kirche eingeriiflet ift, eben rellaurirt
werden.
Bei einem Befuche der Staatsgewerbefchule fand
man eine intcreffante alte Gliederpuppe, den leidenden
Heiland vorftellend. Sie ift bis unter Brüll und über die
Knie forgfältigll in Holz gefchnitzt und (laffirt, der
übrige Theil mußte bei der unzweifelhaft kirchlichen
XIII N I
Verwendung diefes fehr beachtenswerten Schnitz-
werkes durch Stoffe verhüllt werden.
Die Keile führte weiter nach Brisen, bei Sterzing
vorbei, deffen fchönes Rathhaus fchon ängftlich
des Moments harret, dafs das dringend noth
Reflaurirungswerk mit Staatshilfe endlich und zwar
noch eher beginne, als die Schäden f<> arg werden,
dafs man alsdann von einer Rellaurirung überhaupt
nicht mehr reden kann.
Ein kurzer Befuch des Kreuzganges zu Brixen
konnte wohl nicht unterbleiben. Einen werthvollen
Führer zur Berichtigung und Würdigung der hoch-
werthigen Fresken gab das neueile Büchlein d
Hans Sempcr ab. Die- darin veröffentlichten Studien
verdienen volle Beachtung und werden bei Betrach-
tung der Bilder fehr lehrreich. Was nun die Fresken
felbft betrifft, fo ill wohl derzeit eine fehr wohlthätige
Maßnahme gerade im Gange, nämlich die Trocken-
legung der Mauer. Ein günlliger Erfolg für die- C'onfer-
virung einiger Bilder läßt lieh davon für den Fall wohl
erhoffen, als diefe Arbeit in umfahrender Weile durch-
geführt wird, d. i. die Mauer, wo Ls geht, blosgelegl
und ein Luftgraben außen angelegt, endlich der ehe-
malige Friedhof, den der Kreuzgang umfäumt, ent-
feuchtet wird. Allein damit ill noch fehr wenig ge-
fchehen. Vieles von den Bildern ill verblichen und
unrettbar verloren, vieles hat in neuerer Zeit die
unglückliche Hand eines Reftaurators, deffen Spuren
wir bis nach Terlan und Maria-Saal verfolgen können,
übermalt, das ill fomit ebenfalls unrettbar verloren; nur
manches ill noch in einem Zuflande, der eine confer-
virendeAusbefferung zuläßt. Ja diefe confervirendeAus-
befferung, l'ie ill ein Geheimnis, das nicht jeder Maler
aufzufinden vermag. Nur der Künßler vermag es zu
ergründen, der foviel Selbflüberwindung befitzt, in den
auszubeffernden Bildern nicht fein eigenes Werk hin-
zuftellen, fondern der den alten Meifter dadurch wieder
zu Ehren bringen will, dafs er die verloren gegangenen
Stellen befcheiden erfetzt und nur fo viel Farben und
Linien einfetzt und die Zeichnung ergänzt, als zum
Verlländnis der Darftellung nothwendig ill. Freilich
wohl find folche Künftlernaturcn feiten, dagegen
finden fich genug Maler, aber nicht Künfller, die fofort
zurBilder-Rellaurirung bereit find; diefe fetzen alsdann
dort, wo fich der alte Meifter verewigen wollte, auf
derfelben Stelle etwa auch mit Verwendung der alten
Compofition ein neues Machwerk ihrer Hand hin und
verwenden dabei die grellllen Farben, wofür der Brix-
ner Kreuzgang Zeugnis gibt; dann ift das alte Bild hin,
nur ein neues Gepinfel gefchaffen, das nicht einmal zur
Andacht, jenes beliebte Schlagwort, dem man unter
gewiflen Einfchränkungen auch feine Berechtigung
abfprechen kann, zur Befchonigung folcher Rcllau-
rirungen, llimmt. Verzerrte Gefichter und verrenkte
Glieder zeichnen kann man bald, und vom Künftleri-
fchen zum Lächerlichen ill nur ein Schritt, der aber
wird auf diefem Gebiete jetzt leider oft gemacht. Tyrol
ift ein beliebter Tummelplatz dafür. Am unglücklichllen
ill der Reftaunrungs-Vcrfuch in der Kirche zu Terlan
ausgefallen. Auch die Malereien in der Johannes-Kirche
zu Dorf bei Bozen können davon erzählen. Was nun
die neu reftaurirten Fresken im Brixner Kreuzgange
mit ihrem brutal blauen Auftriebe betrifft, fo wäre es
am bellen, wenn ein wohlthätiger Maurer das ganze
CCXXXI1
Gefudcl mit Kalktünchc uberftreichen wurde, die Kunft-
chichte konnte diefen Verlull verfclimerzen, denn
das frühere altehrwürdige Kunftwerk darunter ift ja
ohnedies fchon verloren.
Nach der Säcularifation 1S0S ward das Capitel-
haus an der Oftfeite des Kreuzganges zur Frohnfcftc
und Wohnung des Gerichtsdieners gemacht. Verfehle-
dene Säle des Capitelhaufes dienten als Arrefte und in
dem anstoßenden Kreuzgange wurden Abtritte ange-
bracht. Erft im Jahre 1S3S entfernte man diefelben
und gab den ganzen Bau in fo fchlechtem Zultande
zurück, dafs bei den vielen Riffen in der Hauptmauer
ein Einfturz einzelner Theile zu befürchten war. 1S40
bis 1S41 wurde das Kellergewölbe unterfangen, das
Archh -Gewölbe abgetragen und durch ein neues er fetzt.
Diefe Schickfalsfchlage machen es wohl erklärlich,
dafs die alten Malereien in einem fo defolaten Zuftand
auf uns gekommen find und nur mehr die Wandhöhen,
Lünetten und Gewölbe-Felder Bilder überhaupt auf-
zuweifen vermögen.
Wer als Kunftfreund nach Bösen kommt,
wird gewifs nicht verfaumen, die der heil. Maria
cihte Domkirche zu befuchen. Ein eigenthümlicher
gothifcher Bau, delTen außenfeitlicher Eindruck durch
die dem Chorfchluße angefügte Rund-Capelle ftark
gefchadigt wird. Mit eigenthümlichem Gefühl betrach-
tet man den fchönen gothifchen Thurm mit feinem
durchbrochenen luftigen Steinhelm; denn die fieben
Glocken, die der Thurm enthält, werden täglich mit
folchem Eifer einzeln und zufammen und fo wiederholt
in Bewegung gefetzt, dafs eine allmählige arge Schädi-
gung diefes Kunftwerkes unausbleiblich ift. Die Facade
des Gotteshaufes ift wohl einigermaßen nüchtern und
mit dem Vorbaue des Portals, deffen zwei Säulen auf
romanifchen Löwen ruhen, nicht übereinftimmend.
Eine kunftreiche ftylgemäße Reftaurirung, refpective
Ausgeftaltung der Facade, die den Charakter des
Unfertigen trägt, könnte nicht fchaden. Das fchöne
Marienbild ift nun mit einem gefchmackvollen Schutz-
dach verfehen.
Es fteht außer Zweifel, dafs auch die Francis-
caner- Kirche eines aufmerkfamen Befuches werth ift.
Sie ift ein gothifches Bauwerk aus der Mitte des
14. Jahrhunderts, das im Laufe der Zeiten wenig reftau-
rirt wurde. Beachtenswerth find die Seiten Capellen,
in-befonders die Allerheiligen-Capelle mit der Vintler -
fchen Gruft, der große Flügel-Altar, angenommen als
Fächer {che Arbeit, der die italienifcheGothik zeigende
Thurm, der Kreuzgang mit den Maßwerkfenftern und
der große Saal im erften Stockwerke des Klofters.
Beim Durchwandern der Laubengaffe gelangt man
zum Haufe Xr. 24, wofelbft ein in Holz gefchnitzter
großer gekreuzigter Heiland angebracht. Es ift dies
eine merkwürdige bemalte Sculptur. Die Beine ftehen
auf einem gemeinfamen breiten Sockel, jeder Fuß ift
befonders genagelt, die Knie find ftark vorgebogen,
die Arme find faft wagrecht geftreckt, der Körper
hager und faft fleifchlos, der Gefichtsausdruck über-
aus fchmerzlich. Das Schamtuch ift tief unten am
Leibe gegürtet und fallt auf der linken Seite bis
unter das Knie. Ein flrahliger Kreuz-Nimbus ziert das
dorngekrönte Haupt und auf der Infchrifttafel findet
fich die Entftehungsjahreszahl 1205, darunter: renov.
1687.
Auf der Bozener Ausstellung befand fich ein inter-
efiantes Gemälde auf Leinwand. Es zeigt das Bruft-
bild eines wenig bejahrten Mannes mit Pelzmantel
angethan, vor ihm liegen Werkzeuge für das Bauwefen,
im Hintergrunde Geht man den zierlichen Thurm der
Marienkirche. Das Gemälde tragt folgende Infchrift:
0 dni 1501 anfangen des Paws am lS Tag Winter-
manfs durch maifter Hanns Lutz, Steinmetz von
Schuffenriet, vollent den 16 tag Herbftmonats anno
domini Im Jar 1519 feines alters im 36 Jar Im 1509 jar.
Ein Befuch des Schloffes Rvnggelflein lehrte, dafs
viel, ja fehr viel dort gefchehen ift, aber noch manches
gethan werden muß. Was gefchah ift gut, correct und
wohl überlegt: der Bau ift in feinem Heftande gefiebert,
die einzelnen Räume wurden gut zugänglich gemacht,
die Wandmalereien, auf trocknem und hartem Grund
aufgeführt, find gut befichtigbar und gefchützt, die
Zubauten find zufammenltimmend, der Hof regulirt.
Das verfallene Schloß ift nun ein befcheidener, aber
würdiger Bau zum Schutze des darin erhaltenen Kunft-
fchatzes. Noch harrt die Capelle der reftaurirenden
Hand, einige Räume der Wiedergabe der ursprüng-
lichen Unterteilungen und viele Kleinigkeiten find
noch zu beschaffen.
Impofant ift natürlich der den Hof beherrschende
offene Gang in Rücken des Gebäudes mit feinem
reichen und merkwürdigen Gemaldefchmuck an der
Abfchlußwand. Wir fehen portratartig behandelte
Figuren von Helden der Sage und Gefchichte, fie find
in neun Gruppen zufammengeftellt, jede Gruppe aus
drei oder fechs Figuren beftehend, bei einigen haben
fich die Xamen und Infchriften erhalten.
Wir finden zuerft drei ftehende Figuren mit Fahne
und Tartfche, zwei davon find gekrönt. Hektor, Cäfar
und Alexander, als die größten heidnifchen Helden.
Daran reihen fich drei ftehende geharnifchte Ritter,
einer mit einer Krone am Helme, ein anderer mit dem
charakteriftifchen Judenhute, alle drei mit Wappen-
tartfehen und Fähnchen: Jofua der Eroberer des ge-
lobten Landes, rex David der Bezwinger der Philifter,
und Judas der heldenmüthige Vorkämpfer für jüdifchen
Glauben gegen fremde Religion und Sitte.
Die nächften fechs Figuren find fitzend auf einer
breiten und langen Bank mit decorirter Rückenlehne
dargeftellt: zuerft erfcheint der fagengefeierte rex
artus mit dem Scepter, dann Carolus magnus mit
Schwert und Reichsapfel, beide gekrönt und in langen
weiten Kleidern, und endlich Gottfried von Bouillon
als Ritter mit einem Herzogshute am Haupte und mit
der Rennfahne. Hinter jeder diefer Figuren ein Wap-
penfchild: hieran reihen fich die „Frumßen der Tafel-
rund' als die Kronen der Ritterfchaft: her pareival
mit dem filbernen Anker auf dem rothen Schild und
dem Fähnlein, dann der nächft tapferfte Ritter der
Tafelrunde Herr Gabein oder Gawan mit einem
hirfchähnlichen Thiere im Schilde, und zu dritt" Herr
Iwein der werthe Mann mit dem Adlerfchild. Alle
drei gekrönt.
Die fünfte Gruppe enthält fech^ Figuren, nämlich
die drei der edelften Liebespaare Agley und Wilhelm
von Oefterreich, der zu den Helden zählt, die durch
Minnenoth viel gelitten hatten, dabei der Schild mit
den fünf Adlern, Triftan und Ifolde, Amaley und Wil-
helm von Orleans. Nun wird die Bilderreihe vom Ein-
CCXXXIII
gang in den Saal unterbrochen. Ueber demfelben die
gemalten Wappen der Vintler, von Oefterreich und
Tyrol. Die fechfte Gruppe veranfchaulicht drei fitzende
Kitter unbedeckten Hauptes, die Tartfchen auf der
linken Achtel und mit gezogenen Schwertern. Es find
die Helden: Ditrich von Hern mit dem Schwerte
Sachs, der Hörnene Siegfrid Sigmund's Sohn mit dem
Schwerte Palmung und Dietlieb von Steyer, Biterolfs
Sohn mit dem Schwerte Weitung. Der erfte führt, wie
es in der Sage heißt, einen rothen Schild mit golde-
nem Löwen, der zweite die fchon im Nibelungenlied
benannte Krone, der dritte nach feinem Vater das
Einhorn im goldenen Felde. Daran reihen fich die
drey rifen groz alzcit die ßerchßen under irem genos:
her Afperan, Kunig Ortneit und her Struthan, derbe
Geftalten, riefige Pfahle in den Händen tragend; auf
diefe folgen die Riefen-Weiber, Frau Hill mit dem
Schwerte Nagelring, die obgleich ftärker als zwölf
Manner von Ditrich von Bern erfchlagen wurde, dann
Vodelgart des Riefen Fafolt's Schweller und Hills
Tochter. Sie wollte den Tod ihrer Mutter rächen und
fchlug auf Ditrich mit einem Baümftamm, doch der Ber-
ner zerhieb die Keule und todtete fie. Die dritte Riefin
ilt die Frau Rachin, von denen dreien die Ueberfchrift
ragt: pUnder allen Ungeheuern man fie für die unge-
heurigiften fchreiben.'' Sie führen alle drei das Schwert,
zwei davon überdies noch einen Baumftrunk, alle haben
die Panzerkleidung, eine, und zwar die mit der Laub-
krone, trägt überdies darüber ein Thierfell. Die letzte
Gruppe befindet fich über der Thür, die vom Söller
aus in den Ofttraci führt. Wir fehen dafelbft drei kleine
berittene Figuren — wahrfcheinlich Zwerge, eine ge-
krönt, auf einer Hirfchkuh, die dritte auf einem Pferde
reitend.
Alle Figuren find mit einem ungewöhnlichen Sinn
für Charakteristik aufgefaßt und draltifch wirkend aus-
geführt. Die Zeichnungen nahezu correcl im Ganzen wie
in den Einzelnheiten der Wappen, Waffen, Rüftungen
u. f. w. Die Farben haben trotz ihres Alters und des
Witterungs-Einflußes ftellenweife noch den urfprüng-
lichen Glanz und ihre Durchfichtigkeit. Die Gruppen
gegen die Weftfeite find leider theilweife fchon (ehr
verblafst. Was das Wetter an diefen Gemälden nicht
fchädigte, hat das Publicum und die wiederholte Re-
ftaurirung verfchuldet. Bei der bisher faft gar nicht
beftandenen Obforge für diefe Kunstwerke konnten
die Befucher der Burg damit nach Belieben fchalten
und in wahrhaft graufamer Weife ihre Namen ver-
ewigen. Es gibt keine Geftalt, die nicht durch Gekritzel
Schaden gelitten hätte, Gefichter find durch Bleiltift
oder Rötheizeichnungen entftellt, angemalte Barte,
ausgefchlagene Augen, Skizzen entehrender oder
komifch fein füllender Beigaben und ähnliches. Die
Gemälde erlitten im Laufe der Zeiten auch fo manche
Reftauration, wobei das Alte nicht etwa gefchont oder
bloß ausgebeffert wurde, fondern man kratzte es eher
ab, oder malte über das alte Gemälde neues aus
Eigenem. Die neuefte Reftaurirung kann erft als
Mufter einer pietätvollen Schonung und Würdigung
der Gemälde bezeichnet werden.
Der früher erwähnte Eingang führt vom Söller in
einen großen gegen Norden gerichteten Raum, der
ehemals durch eine oder zwei Querwände in zwei
oder drei geräumige Gemächer <refchieden war. Diefer
Theil der Bur^ ift's, der im Jahre 1868 den argen
Schaden erlitt, indem ein Theil der Außenmauer des
Stockwerkes und des Frdgefchoßes in den Abgrund
ftürzte. In Folge deffen verlor die Querwand ihre
Stütze und mußte entfernt werden. Diefer Raum ift
wiederhergeftellt, wenn auch in etwas kleinerer Dimen-
fion, da die Außenwand auf guter Felfenfundirung neu
aufgeführt, daher etwas gegen innen geführt werden
mußte. Diefer Raum war urfprünglich mit den inter-
. Hinten Wandmalereien von Scenen aus der Garels-
fage und aus der Gefchichte von Triftan und Ifolde
geziert. Eine Partie folcher Wandmalereien von einer
Zwifchenwand (lammend, befand fich in einer Privat-
fammlung, felbe wurde für die Burg wieder erworben
und ift nun zur Bedeckung der neuen Wand in iliefem
Saale wieder verwendet, fo dafs faft der ganze Innen-
raum wieder mit alten Gemälden ausgeziert ift. Die
erfteren Gemälde find auf blaugrüncm Grunde mit
fchwarzen Contourlinien und weißen Lichtftellen aus-
geführt, die letzteren find bunt auf rothem Grunde
ausgeführt, in ihrer Mehrheit aber ftark fchadhaft. Die
untere Halle war und ift noch mit den wohl ftark
verblichenen Wigalois - Bildern gefchmückt. An der
rechten Seite des Schloßhofes ftand früher ein ge-
räumiger Bau, wofelbft' lieh im Erdgefchoße die noch
beftehende durchaus bemalte rundbogige Capelle mit
halbrunder ausfpringender Apfis befand, deffen übri-
ges aber, da er einen großen Pulver -Vorrath barg, zu
einer böfen Stunde in die Luft ging. Heute fleht
dafelbft faft ein Neubau, darin fich auch der nur zur
mäßigen Höhe anfteigende Thurm befindet. Die
Capelle war zu Ehren der heil. Katharina geweiht und
beziehen fich die Wandmalereien unzweifelhaft auf die
Legende diefer Heiligen. An diefer Capelle ift wohl
die bauliche Reftaurirung vorgenommen, das weitere
wartet der Zukunft. Hinter der Altarnifche erkennt
man noch zwifchen den Abfidial-Fenftern ein Kreuzi-
gungs-Bild.
Ueber die Einrichtung der Capelle im Jahre 1493
belehrt uns ein noch erhaltenes Inventar, das unter
anderem mittheilt, dafs fich in derfelben eine fchon
vergoldte Tafel mit St. Anton, Kathrein und Chri-
ftophel-Bildnis, zwei meffene und zwei zinnene Leuch-
ter und zwei verguldete Kerzenftuck befanden, ferner
ein fchönes Kreuz, vier Meffegewänder, darunter eines
mit dem Vintler- Wappen, eine filberne verguldete
Reliquien-Monftranze, ein Wandglögl u. f. w.
Ich kenne Sprüche, die von den Wänden der
Burg den Befuchern freundlichen Gruß zufprechen:
Ir Herrn und Gäft ir füllt mir willkommen fein,
pring ich ain pecher mit gueten wein den will ich
zu trincken geben den albeft in meinem Leben.
Ein andrer.
ich fach den may mit rofen umfafs darzu vil
maniger hande vogelin folden (tan die fangen fo
fc'hone daz es erhall in den bergen überall.
In Trient wird die Reftaurirung des Domes
fleißig gefördert, das dreifchiffige Langhaus ift fertig
und jetzt eben erhebt fich über der Vierung die mach
tige Kuppel, deren Endgeftalltung nunmehr in einer
mit dem ganzen Bau mehr harmonierenden Weile
feitens des Unterrichts-Minifteriums geftattet wurde.
Mit dem Abfchluße diefer Reftaurirung wird eines der
CCXXXIY
wichtigften Baudenkmale unferes Reiches in feinem
urfprünglichen Schmucke prangen und für lange Zeit
in feinem Beftande gefichert fein. Freilich wohl ift die
Thurmfrage noch nicht gelufi, allein ift fchon fo viel
für diefe Kirche gefchehen, fo wird wohl auch noch
diefe Angelegenheit eine gluckliche Löfung finden.
Neben der Concils- Kirche unter einem überwölb-
ten Durchgange find einige Sculpturen in die Mauer
eingeladen, die lehr beachtenswerth erfcheinen, fo eine
thmamorne Platte, darauf wie auf einem Bette,
das mit Linnen überzogen, Chriftus im Grabe liegend
15. Jahrhundert und ein Engel, ebenfalls rother Mar
mor, von ftreng romanifcher Styl-Auffaffung.
Der fogenannte gritin- Tkurm hat einen Theil
feines Erkers, nämlich deffen Oberbau eingebüßt und
ift infolge deffen nur mit einem Balcon verfehen, ein
höchft komifches Bild: diefes mächtige Bollwerk und
vorn daran ein Balcon 7.11m Kofen und Liebesfcherz
wie bei Romeo und Julie.
In Meran wird eben zur Ceberrafchung der Cen-
tral - Commiffion die große Pfarrkirche eingehend
reftaurirt. Es fcheint ein weitgehendes Unternehmen
zu fein, denn die Kirche ift auf längere Zeit gefchloffen.
Der neben der Kirche ftehende achteckige Karner mit
feinem Erkerthürmchen ift ftark reftaurirt
An der Pfarrkirche ift ein Grabmal bemerkens-
werth durch deffen Yorftellung. Man fieht einen leicht
geftreckt liegenden Leichnam, der Kopf ift bereits
zum Todtenfchädel geworden, Hände und Eüße hat
die Verwefung noch nicht angegriffen, über den Leib
liegt ein Tuch ausgebreitet.
Der Gotte-dienft wird aushilfsweife in der fchonen
Spital-Kirche zum heil. Geiß abgehalten. Sie ift reftau-
rirt, wobei wohl recht zu viel des Guten gefchehen
ift, befonders am Flugcl-Altare. Wir notirten uns als
fehr beachtenswerth vier fchöne Bethftühle, einen
rechts, zwei links des Altars an der Wand, einen rück-
wärts. In drei Feldern des Rippenfternes, über dem
Chor-Schluße alte — reftaurirte Fresken, vorftellend :
Gott Vater und Gott heiligen Geift. als zwei faft gleiche
alte Männer, dazwifchen der auferftehende Chriftus,
herum die Evangcliftcn-Symbole, eine merkwün
Darftellung.
Ein Befuch der Burg befriedigte uns wenig.
Eine kleine Excurfion führte den Berichterftatter
in das an Denkmalen reiche Ueberetfcli, wo man. man
könnte fagen, Schritt für Schritt auf intereffante Gegen-
ftände ftößt. Zunächft wollen wir bei der eigenthümlich
merkwürdigen Kirche zu St. J'<i»/us{St. Pauls im Volks-
munde) verweilen. Eigentlich ein großartig angelegter
in feiner urfprünglichen Anlage unvollendeter, aber
fpäter unverftändig abgefchloffener Bau, eine Hal'en-
kirche mit drei Schiffen und mit dem dreifchiffigen nur
im Innern durch eine Art Triumphbogen und die
Erhöhung um fechs Stufen markirten Presbyterium.
Der ganze Bau fchlicßt mit drei Seiten des Achteckes
ab und ruhet deffen Gewölbe mit feinen 21 Jochen auf
fechs Paar Säulen und den entfprechenden Wand-
dienften, dahin die Kippen im Presbyterium unvermit-
telt verlaufen. Dafelbft finden fich nur Netz-, im Lang-
haufe einfache Kreuzgewölbe, in zwei Jochen fchild-
artige Schlußfteine. Die Wandfäulen im Presbyterium
tragen Confolen und Baldachine, die Figuren fehlen.
Die Fenfter find fpitzbogig zweitheilig, eines am Chor-
Schluße dreitheilig. Von den Pfeilern haben eilf die
Geftalt von runden Säulen mit hohen Sockeln, im
Schiffe mit gedrückten Capital, deren Rippen umlaufen;
ein Pfeiler ift anders conftruirt, kräftig gehalten, denn
er bildet die Unterlage des Thurmes, der lieh über
dem eilten Joche rechts der Facade erhebt. Der Orgel-
Chor nimmt das erfle Travec jedes Joches ein und
ruht auf einfachen Kreuzgewölben
I »er Thurm wurde in großartiger Anlage begon-
nen. Wie erwähnt, fteigt er an der Facade hinan und
follte in reicher gothifcher Weife empor geführt werden
Dem entfprechend ilt der freiftehende Pfeiler im
Innern der Kirche conftruirt; derfelbe ruht auf einem
kräftigen Sockel und fteigt in reicher Gliederung mit
Stäben, Hohlkehlen und fpiral gewundenen Dienften
bis zur Decke hinan, ohne fich an diefelbe anzuglie-
dern, wohl aber ift das betreffende Travee-Gew olbe zu
einem reichen Stern mit fchonen Rippen geftaltet Nun
beginnen die Merkmale, dafs der Thurm nur mehr
partienweife in die Höhe geführt winde, wobei man
aber allmählig von der Aufführung eines Prachtbaues
abging. Fünf mächtige Stockwerke mit ftarken Streben
und Relief-Fialen fteigen zur bedeutender Höhe empor.
endlich aber bricht der alte Bau ab. Die einzelnen
Stockwerke, die zwei große Spitzbogenfenfter über-
einander enthalten, weifen ihre Bauzeit in den Jahren
zahlen 1510, 1511, 1512, 1520 nach, bis endlich eine höchft
unfehöne Kupferdachkupel mit der Jahreszahl [636 den
Abfchluß macht.
Die Kirchen Facade repräfentirt zwar die drei-
fchiffige Anlage, ift aber durch die eingefchobene
Thurm-Facade ganz unregelmäßig und unfympathifch
Ein Spitzbogenfenfter und das Radfenller in iler Mitte.
fowie der faft rundbogige Saumbefatz des Giebel
L;elimfes verdienen erwähnt zu werden. Das Portal
tiagt fpät-gothifchen Charakter, ift faft vollendet, doch
ift der Vorbau nur bei den Rippenanfatzen geblieben ;
.Meiller 'Jo. Pietro de Bo/lo de Ramponio, der den Bau
zu Anfang des 17. Jahrhunderts abgefchloffen hat und
auch den Orgel-Chor aufführte, hat fich nicht ausge-
zeichnet. Immerhin gewährt das Gebäude ein intcr-
effantes Bild, das Mauerwerk ift faft ganz aus Bruch-
fteinen und einfachen Quadern angefertigt, Pfeiler,
Fenftereinfaffungen, Thüreinrahmungen, Säulen mit
Thurmftreben find aus fchönem lichtgelbem Sandftein
forgfältig ausgearbeitet.
Im Innern der Kirche findet fich fo manches Be-
merkenswerthe. Zunächft fieht man an unbenutzten
und zum Bauwerk nicht ftimmenden Wand - Confolen '
die Bruftbilder der Apoftel, dann mehrere alte Holz
fchnitz-Figuren an den Wänden, bei der fteinernen
Kanzel ein kleines Fresco - Gemälde : Chriftus am
Kreuze, Maria und Johannes (16. Jahrhundert), einen
fehr fchonen eifernern Kerzenhalter, eine intereffante
Früh-Renaiffance-Thüre an der Orgel-Chorftiege, drei
große Renaiffance-Chorftühle, fieben große Grab- oder
Stifterfchilde, alle gut erhalten, davon vier für Mitglie-
der der Familie Firmian. zwei der Khuen und einer der
Thun beftimmt. Außen mehrere beachtenswertheGrab-
fteine, fo des Blafius von Khuen-Belafi 15S3, eines auf
die Familie Firmian 1509 (Fragment) bezüglich, eines
für mehrere Thun (1668), dann das des Math. Grasmayr
in Eingange in den Pfarrhof eine ebenfolche Confole. darauf das
Bruftbild Chrifti.
CCXXXY
1561 und eines mit folgender Infchrift: (Oben IIocli-
prand Sannazeller, Jörg Kaslcr von Boymund. Dar-
unter zwei Wappen, in dem einen ein Stierkopf, am
Helm ein Gehörn, in dem andern ein gegen links
laufender Stier, am gekrönten Helm die wachfende
Wappenfigur. Die weitere Infchrift lautet:
Hie ligl begraben die cdl frawn | madalena ge
borne khaflerin von | poymund des edlen herrn
hochprand | von Sannazel gelaffen witib die | ge-
ftorben ill am famftag nach der j heilligften drey
kunigtag des | XVC" XXIII. jares der got genad.
(Rother Marmor.)
Die Kirche zu Mitterndorf'm der Gemeinde Kaltem
kann zu den intereffantcren gothifchen Landkirchen
diefer Gegend gezählt werden. Eine einfehiffige An-
lage mit zweijochigem Langhaufe und einem mit fünf
Seiten aus dein Achtecke gefchloffenen Presbyterium.
Reiches Netzrippen-Gewölbe überdeckt den ganzen
Kaum. Der Thurm mit der üblichen hoch empor-
lleigenden Spitzhaube "fleht rechts an der Fagade,
dafelbft fpitzbogige Schallfcnftcr mit Maßwerk. Auch
das Seiten-Portal ift fpitzbogig, dafelbft die Jahreszahl
1520. Bemerkenswerth eine Freske, vorllellend den
Tod Mariens, darunter Bildniffe von fechs Apofteln,
im heutigen Gefchmacke verreflaurirt.
Kein Land im weftlichen Europa dürfte heute noch
fo viele und zum Theil wohl erhaltene Burgbauten
aufzuweifen haben, wie Tyrol. In malerifcher Reihe
folgen Schlöffer Burgen und Thürme von Kufftein bis
Landeck, von Innsbruck bis Meran, in den Thalern
der Etfch, Eifack, Rienz, Drau und Talfer, fie find
architektonifche Zierden des Landes und beredte
Zeugen einer reichhaltigen Gefchichte des Landes und
des dafelbft entftandenen und blühenden Adels. Be-
fonders aber auf einem Punkte find Adelsfitze zahl-
reich zufammengedrängt, d. i. in Ueberetfch und auf
dem weinbekränzten Höhenrücken von Meran bis
Kaltem. Faft in jedem Orte und ringsherum um den-
felben finden fich derlei Anwefen, die mitunter in
einzelnen Theilen und Gemächern ganz Intereffantes
enthalten. Ich habe ein Schloß kennen gelernt, Cam-
pern, hoch über Kaltem gelegen, das von unendlichem
Reiz ift. In der Renaiffance entftanden umfchließt das
vierflügeligc Gebäude einen großen Hof, in den
hinab die offenen rundbogigen Arcaden zweier Stock-
werkt: lieh offnen. Getafelte Gemächer, Fresken an den
Wanden find beachtenswerthe Zierden diefes' unge-
mein anheimelnden Gebäudes.
Ein kurzer, nur wenige Stunden umfallender Auf-
enthalt in Lienz genügte, um die wiehtigften Merk-
würdigkeiten tles Ortes zu befichtigen. Dahin gehört
zunächft die fogenannte Liebburg, ein ftattlicher Bau
im Schloß -Charakter aus dem 16. Jahrhunderts am
Stadtplatz gelegen. Ein vierflügeliges Gebäude von
drei Stockwerken mit vierftöckigen Rundthürmen als
Eckeinbauten. Letztere mit mächtigen gedrückten
Kuppeln bedeckt. Am Renaiffance- Portale das Wolken-
Hein fchc Wappen.
Von kirchlichen Gebäuden find zu erwähnen die
weit außerhalb der Stadt auf einem Hügel vom Fried-
hofe umgeben gelegene Pfarrkirche zum heil. Andreas,
ein fpät-gothifcher höchft einfacher Bau (1404) , ftark
reftaurirt, mit neuem Presbyterium und dreifchiffigem
Langhaufe, davon das mittcre großer und hoher ift.
Der Bau wurde 1457 geweiht. Int. t, Haut find die drei
f •honen Grabmale, die an di n Wanden eingelaufen find.
Dahin gehört die: rothmarmorne Platte mit der Geftalt
des Leonhard, letzten Grafen von Görz, f 12. April
1500, eine prachtvolle Arbeit. Früher hatte das Monu
ment die Tumbengeftalt, allein gegen Ende des vori
Jahrhunderts wurde es zerlegt, die Platte unterm
Mufik-Chor links in der Mauer befeftigt. Der fchöne
Unterbau in feinen vier Theilen bildet nun die Unter-
lage für zwei romanifche weißmarmorne Weihwaffei
fteine, welche aber früher eine andere Beilimmung
hatten und wahrfcheinlich als romanifche Baldachin-
Träger für einen Portal-Vorbau dienten. Der Görzer
'■rat ift in gothifcher Rüftung dargeftellt, behelmt, mit
aufgefchlagenem Vifier, gefchobener P.rull, gekehlten
I lenzen, Stumpffüßen, in der Rechten halt erdieFahne
mit dem gekrönten einköpfigen Adler im Schilde darauf,
bewaffnet mit dem breiten ' Schwert, auf dem die linke
Hand ruhet, und mit dem rechts hangenden Dolch. Die
Figur lieht auf einem Löwen, an deffen beiden Seiten
Schilde angebracht find; einer derfclben ift durch ein
Kreuz quadrirt mit vier einfachen Adlern und einem vier-
feldigen Mittelfchilde, mit je zwei Balken im 1. und 4.
Felde Aquileja), im anderen eine verfchlungene ge-
krönte Schlange mit einem Apfel (darauf ein Kreuz 1
im Rachen, den erlten Schild hält der Lowe mit
den Tatzen. Seitwärts des Ritters die Schilde von
Kärnten und Görz, darunter und darüber Engel in
Kirchengew andern mit Weihrauchfchalen und offenen
Schriftrollen. Das Monument ift 2 M. 60 hoch, und i M.
90 breit. Am abgefchrägten Rande flehen folgende
Worte:
Hie . ligt . begraben . der . hochgepore . fürfl | herr
herr . lienhart.phaltzgrave.zu . kharnnthn.Grave.
zu.Görtz. und. Tyrol | vogtderGotzheuferAgleuen,
Trient und Brixen | der geftorbe ift am zwelften
tag des aprilin Im XVC jar dem got genedig fey.
Erhobene Schrift im vertieften Grunde. Uebcr
der Figur reiches gothifches Maßwerk und feine drei-
theilige Baldachin-Bekrönung mit Krappenbefatz und
Fialen fammt Kreuzblumen.
Die zweite Grabplatte ift dem prunkliebenden
Michael Freiherrn von Wolkenßein 7 15. April 1522,
gewidmet und veranfehaulicht die ganze Figur des
Ritters und feiner Gattin Barbara von Khitci/, ein hoch-
intereffantes Coftümbild.
Erwähnenswerth ift auch die Krypta der Kirche,
die fich unter dem Presbyterium verbreitet, deren
Netzgewölbe einen achtftrahligen Stern bildet und fich
auf eine Mittelfaule lliitzt.
In der St. Michaels- Kirche am Rindsmarkt befinden
lieh die fchönen Grabmale der Freiherrn von Rain und
Graben.
148. (Grabhügel hei Byblo in Galisien.)
Herr Confcrvator Dr. Szaraniewicz im Lemberg
berichtete über die von ihm veranlaßte Durchgrabnng
eines Grabhügels (mogila) bei dem Dorfe Byblo in
Galizien. Derfelbe erwies fich, wie mehrere andere in
feiner Umgebung, die bereits durchwühlt waren, als
1 Auf der Schwertfchcide ficht man die Ferjcrnilen des goldenen Vließes«
CCXXXYI
künftlich aufgefchüttet; zwei Meter unter feiner Ober
flache fließ man auf da 5 . denen Schädel im
Wellen und deiTen Füße im Often gelegen waren, fo
dafs das Geficht der aufgehenden Sonne entgegen
ichtet war. Bei dein Skelete lagen vier Ringe, von
denen einer, oblong gebogen 17 — 20 Mm. im Durch-
melTer haltend, nicht gefchloffen, fondern an einem Ende
ftumpfabgefchnitten, an dem anderen in eine S-förmige
Spirale auslaufend, alfo ein richtiger flavifcher Schläfen-
ring. Der King ift ungleich 5 — 4 Mm.) dick, befteht
in feinem Kerne aus einem kupferhältigen Metalle,
wahrfcheinlich Meffing, über welches Silber plattirt
ift. Die drei anderen Ringe haben einen Durchmeffer
von 20 — 22 Mm., eine Dicke von beiläufig 15 Mm., find
anfeheinend ganz aus Silber und enden beiderfeits
flumpf, entbehren alfo der S-förmigen Schlinge. In
der Nähe der Ringe befanden fich die Scherben eines
ißes, welches dem bekannten Alter der flavifchen
Schlafenringe entfp rieht, und acht Zahne, von denen
nur fechs menfehliche find, wahrend einer einem
thiere, ein anderer einem Wiederkäuer ange-
hören. In der Nähe des Skeletes befanden fich
außerdem zwei Feuerfteinfplitter; diefe find felbftvcr-
ftändlich nicht geeignet, die durch die Schläferringe
beftimmte Zeitteilung des Grabes zu beirren, da man
bekanntlich Feuerfteine in verhältnismäßig jungen
Grabern, wie beifpielsweife aus der Zeit der Römer-
herrfchaft, aus frankifcher oder alemannifcher Zeit
findet. Es ift aber auch möglich, dafs die hier gefun-
denen Feuerfteine einer früheren Beifetzung ange-
hören, da fich in dem Hügel halb verbrannte Knochen-
reite zerftreut vorfanden, fo dafs es nicht unwahr-
fcheinlich ift, dafs die Beerdigung des mit den flavi-
fchen Schlafenringen ausgeftatteten Leichnames in
einem aus älterer Zeit herrührenden Leichenbrand
enthaltenden Grabhügel vorgenommen worden ift.
Dafs die halbverbrannten Knochenrefte einen Meter
über dem Skelete fich fanden, kann diefe Möglichkeit
nicht beeinträchtigen, da bei der zweiten Beerdigung
die Rcfte der eilten durcheinander geworfen wurden
und bei der Zufchüttung des neuen Grabes noth-
wendig über den eben beigefetzten Leichnam gelan-
gen mußten.
149. (Reße einer römifchen Villa, gefunden zu
Barcolo bei Trieft.)
Dafs Trielt in römifchen Zeiten eine reiche und
ft ark bevölkerte Stadt gewefen fei, beweifen nicht nur
manche Stellen alter Schriftfteller , fondein haupt-
fachlich die vielen Infchriften und fonftigen Reite alter
Kunft, die auch den regen Kunftfinn der einft hier
Wohnenden bezeugen. Wir brauchen nur an manche
Mofaikböden zu erinnern, die in Trieft felbft zerftreut
gefunden worden find, oder an jene interefianten Refte,
wahrfcheinlich einer Fulonica, die bei S. Saba zu Tage
kamen und von Dr. v. Pervanoglu in den Mitthei-
lungen der k. k. Central-Commiffion (Jahrgang 1X85,
pag. LXXIVj kurz befprochen worden find. Dielen
Denkmälern alter Cultur kann Dr. v. Pervanoglu jetzt
die intereffanten Refte einer römifchen Villa beifügen,
welche in den letzten Tagen aufgegraben worden find.
Bei dem reizenden am Meere gelegenen Dorfe von
Barcola, unweit des Bahnhofes der Südbahn, an der
nach Miramar führenden Straße gelegen, unternahm
unlängft Baron Ritter v. Zahony Ausgrabungen, um
an diefe r Stelle eine Fabrik für künftliches Eis anzu-
legen. Die Ausgrabungen legten in einer Tiefe von
kaum einen Meter die Reite einer prächtigen Villa
blos. Es find bis jetzt außer zahlreichen Ziegellteinen
und fonftigem Bau-Materiale in einer Tiefe von 24 M
vier Mofaikböden gefunden worden, die vier Wohn-
räumen zugehorten, von denen jeder ungefähr 4 Qua-
dratmeter groß war. Die Böden, ungefähr 4 Quadrat
meter, find ziemlich gut erhalten und in der gewöhn-
lichen Art aus kleinen viereckigen Steinchen zufam-
mengefetzt. Zwei weifen auf weißem Grund zierliche
Ornamente fogenannter Fascia greca) aus fchwarzen
Steinchen auf. Es find dies gewohnliche ( »rnamente ;
ein anderer ift aus kleinen buntfarbigen Steinchen
gebildet, der vierte, bisher nur theilweil'c biosgelegt,
zeigt einen kleinen zierlichen Delphin.
Die Villa, einlt wahrfcheinlich am Meereslti ande
gelegen, ift jetzt mehr als 15 M. davon entfernt. Sie
dehnte fich von Ollen nach Welten und wird hoffent-
lich nach gänzlicher Bloslegung einen der intereffan
teften Refte römifcher Zeiten in Trielt bilden.
Der Eigenthümer des Terrains hat mit lobens-
werther Liberalität geftattet, nicht nur dafs auf
Koften des hiefigen archäologischen Mufeums weiter
gegraben weide, fondern auch zugegeben, dafs die
fchönften Theile diefer Mofaiken nach Thunlichkeit
gehoben und dann dem Mufeum einverleibt werden.
150. Am Schloße Fifchhorn befindet fich ein
intereffanter Schrift ft ein auf einem Fenfterpfeiler in
erfter Stockhöhe im Reitftallgebäude eingemauert, w ie
Hofrath v. Walcher die Güte hatte, der Central-Com-
miffion mitzutheilen. Er ift in rothem Marmor ausge-
führt und gut erhalten. Auf demfelben befindet fich
künftlerifch tüchtig ausgeführt in einer quadratifchen
Vertiefung die Darfteilung eines Doppelwappens mit
gegeneinander geftellten Schilden, und zwar im linken
ein Bifchofftab und ein gegen rechts gewendeter ge-
krönter Adler, im andern ein aufrechter Bär gegen
links gerichtet. Ueber den Wappen fleht: „Ulricus
episc. me fecit a. d. m . cccc . xvin.- Unten: Planken-
fels.
151. In der ehemaligen Stiftskirche zu Baumgar-
tenberg befindet fich unter anderen Monumenten auch
eines mit altar-ähnlichem Aufbaue. Es befteht aus
einem menfa-artigen Unterbaue, worauf nach Art des
Altarbildes ein großer fculptirter Stein aufgeftellt ift.
Darauf befindet fich die Darltellung des gekreuzigten
Heilands umgeben von Maria und Johannes. Folgende'
Infchrift ift auf dem Rahmen herumlaufend und gegen
innen gewendet angebracht: credo quod redemptor
meus venit et in ultima die de terra rcfurreclurrus
sum et rursum circumdabor pelle mea et in carne mea
videbo deum Salvatorem meum. Ein vortretendes
Gefims mit Blatt-Ornament überdeckt den Bildftein;
den oberften Abfchluß bildet ein halbkreisförmiges
Relief mit Blattei befatz und zu oberft mit einer Frucht-
fchale mit Beeren darin. Als Darltellung im Halbkreis-
bogen das Veronica-Tuch von drei Engeln gehalten.
An der Vorderfeite der Menfa ein feitw.irts fchräg-
gegen heraus gewendetes, von rechts gegen links
CCXXXV1I
der Länge nach liegendes Gerippe, von Schlangen
durchzogen und mit Kröten in der Hauchhöhle u. f. w ,
darunter fleht : All hernach. Darüber in einem flattern-
den Schriftbande: Henricus Khern de Dumpach huius
monaflery Abbas i ■ 5 ■ 2 • 8 . Bcidcrfeits an den Menfa-
Seitenpilaftern hangt je ein Halbrundfchild, in dem
einen eine Fleifchhacke, im anderen die Buchilaben
II. K. Das ganze Monument ill in rothem Marmor aus
geführt Die Figuren find zum Theil polychromirt, die
Nimben vergoldet, bei Johannes das Unterkleid grün,
das Oberkleid zinnoberroth, von innen weiß.
152. In der Kirche zu Klaus in Ober-Oefterreich
befindet fich in der inneren nördlichen Wandfläche
der Kirche, nahe der Kanzel, ein Grabdenkmal, felbes
ift 4 M. hoch und 1S0 M. breit. Im Bildfelde aus
grauem Marmor ift im kraftigen Relief die aufrecht
flehende Gellalt eines Ritters in voller Rüftung, das
Haupt entblößt, die linke Hand auf dem Gefäße des
Schwertes ruhend, die rechte in die Hüfte geftemmt,
angebracht. Der abgelegte Helm findet einen paffen-
den Platz auf einem Sockel, der den leeren Raum zur
Linken der Gellalt zweckdienlich ausfüllt. Wie Con-
fervator Kitzinger berichtet, ift die Architektur (d. i.
die Capitäle mit Kämpfern und die Baus der Säulen) aus
Sandftein angefertigt, mit Gyps verputzt; die Säulen
find aus rothem Marmor. Die im Sockel angebrachte
Infchrift lautet:
„Hie liegt und Ruehet der Wol Edl und Geftreng
Herr Herr Peter Chrifloff Praunfalckh von weyr
zu Neuhaufs und Pfäffing, welcher den letzten
Januariy des 1624 Jar in feinen Schloß Pfäffing, in
ober Steyr liegend, mit einem gar fchönen ver-
nunftig Gottfeelig und Chrilllichen Sterbftündlein
aufs diefem zehrgengklich mühefeligen Jammer-
thal ungezweifelt in die Ewige Fried und Seelig-
keit abgefchieden feines Alters im 56zigllen Jar
fieben Monaten, Welchen diefes Epitaphium zur
fondern ehren und Immerwährenden Gedächtnis
fein hinterlaffene Frau, wittib die Wohlgeborn
Frau Anna Maria Paunfalckhin geborne Freiheerin
von Dichtrichflein machen und allda aufrichten
lallen. Denn uns allen Gott gnedig fey. Amen."
Unter dem Architrav ill eine Steinplatte ange-
bracht, auf welcher Jobs Bibelfpruch XIX: ..Ich weiß,
dafs mein Erlofer lebt etc.-' in deutfeher Schrift zu
lefen ill.
In dem reich gekehlten rothmarmornen Schluß-
llück befinden fich im Relief die Wappen der Freiherren
Dietrichflein, Praunfalk und Schrott von Kienberg.
153. Confervator Plahl hat berichtet, dafs in der
als Baudenkmal gegenllandslofen Kirche zu Dobro-
tneric bei Laun alte Wandgemälde aufgefunden wurden.
Diefelben find jedoch mit einer 2 Cm. Harken harten
Mortelfchichte überdeckt und bei einer früheren Re-
llaurirung fo zerhackt worden, dafs mit denfelben
nichts mehr anzufangen ift.
154. Der Central-Commiffion ill Nachricht zuge-
kommen, dafs auf dem Dachboden der Pfarrkirche zu
Pürgg ein completcs gothifches Glasgemälde in feinen
einzelnen Theilen aber der Zerftörung jeden Augen-
blick pr< ien — aufgefunden wurde. Das I'enller
wurde durch den Maler Geiling reftaurirt und zufam-
mengefetzt, und in der genannten Kirche wieder auf-
geftellt. 1'".-- ill ein Glasgemälde des 15. Jahrhunderts
von glühender Farbenpracht und interreffanter Con-
ception. Es llellt die Wurzel Jel'fe dar, in deren Y> r
fchlingungen Scenen aus dem Leben Jefu eingetheilt
lind. In der Todten-Capelle dafelbft zeigen fich Spuren
romanifcher Malerei.
In der Kirche zu Hohenberg wurde ein fchöner
Flügel-Altar gut reftaurirt durch l'rofeffor Schwach
in Grätz. Es ill ein Werk, das vom Dircctur Ilg als den
Einfluß der Augsburger Schule, des Burgkmayr etwa,
zeigend bezeichnet wird. In der Predella die Kreuz-
tragung, auf den Flugein Bilder aus der Legende des
Taufers, rückwärts zwei Engel mit dem Schweißtuche,
oben Maria-Schutz u. f. w. Die Reftaurirung dieferbeiden
Denkmale ill dem hohen Kunftfinne der Frau Fürftin
Marie v. Holienlohe- Schillings fürfl zu verdanken.
155 Der Central-Commiffion liegt ein werthvoller
Bericht über den Zulland der Wandmalereien im
Kreuzgange des Franciscancr-Klollers zu Schweiz vor.
Diefe Bilder enthalten einen Cyclus von Darftellungen
der Leidensgefchichte in 24 Bildern bis zur Himmel-
fahrt Chrifti und die Figur des heil. Franciscus über
der Klollcrpforte von Frater Wilh. Suevus angefertigt,
begonnen 1512 und nach deffen Tode 1534 von drei
Gehilfen bis 1542 fortgefetzt und beendet. 1809 be-
herbergte der Kreuzgang zahlreiche Bewohner von
Schwaz durch lange Zeit, bis die von den Bayern ange-
zündete Stadt wieder aufgebaut war. Im Jahre [652
wurden die Wandmalereien von den Schwazer Malern
Georg und Andreas Hettingcr mit Benützung folgenden
Receptes vei reftaurirt : „Erfllichen folt man ein guete
woll fcharfe Laugen, diefelbe wohl haiß nemen, und
dafs ganze gemähl darmit abgewafchen, auch dafs
gemähl mit einer Saiffen ganz überall überriben werden
hernach mit einem Salz und neuen Strohrigl ganz
ftarckh überrieben werden. Hernach mit einen frifchen
Prunnemvaffer fauber widerumben abgewafchen und fo
das Gemähl ill wiederumben Trucken worden, alfs
dann mit einem Meffer wohl abfehaben, dafs die Pau-
fälligen grundtfarben und was an dem Gemähl fich
lockig erzeigt, alfs obfs abfallen oder aufllehen wolt,
ganz wol darvon gefeibert wird. Hernach folt man das
Gemähl mit einen wullen tuech und mit einem Xulßöll
überreiben, ill wol Zumerken, dafs man darzu kham
Fürniß folle brauchen, dann clerfelbig Zu allen Farben
lehr fchädlich ill, fondbar, was die Gelichter und
Xackheter betrifft, folt man diefelben mit Nußöll
anmachen und vermahlt werden. Unk kein Leinoll
nit gebraucht werden folte, um fo dafs gemähl ganz
förtig und gemahlen ift worden, folt dan deflelbige
ganz durchauß mit einem wol gepoßneten Ayikhlar
überfaren, darmit daffelbige ainen gleichen Glanz be-
khommen thuet und ift auch guet, das fich der llaub
mit thuet darin legen. Georg und Andre Höttinger,
alfs der Vatter und Sohn beedc Maller zu Schwaz." Am
Rande des Receptes lieht: NB. hat aber khain belland.
156. Wie fall in allen bedeutenderen Landlladten
die Stadterweiterung platzgegriffen hat, der fo manche
CCXXXVII1
alte Baulichkeit, namentlich von fortificatorifchcr
Beftimmung, zum Opfer fiel, fo ging es auch in Tabor.
Auch hier mußte ein Thor der Straßenerweiterung
Platz machen. Aber gerade bei Tabor ift der Grund
eines deshalb zu erhebenden Vorwurfes falt nicht
landen, denn das alte Stadtthor, das vor wenigen
Jahren demolirt wurde, hatte die Straße ganz wefent-
lich eingeengt und war ein empfindliches Verkehr-
hindernis. Wenn nicht wirklich zwingende Not-
wendigkeit beilanden hatte, wurde die Stadtvertretung,
die Air die ftädtifchen Denkmale ein gewifles Interefie
hat. wohl nicht diele Gewaltmaßregel befchloffen
haben.
Thatfächlich ift ein hoch intereffanter Thorbau
damit verfchwunden, ein Hau, der zwei verfchie-
denen Bauzeiten angehört, wie die beigegebene Abbil-
dung außer Zweifel ftellt. Der untere Theil mit d< m
Fig. 8. (Tabor.)
fpitzbogigen Thorbogen und der Mauerblendung
lammt profilirtem viereckigen Fenfter gehört der
.'.'< hen Bau-Periode an. Der obere Theil mit feiner
iderbemalung, die übrigens auch ein Stück weit
herab fich auf dem älteren Hau fortfetzt und mit dem
malerifchen Giebel, der fich aus Rundbogen mit deren
fünf in der Grundlinie, dariiber vier u. f. w. aufbaut,
gehört wohl erft dem fpäten 16. oder anfangenden
17. Jahrhundert an. Diefc Giebelanlage finden wir
übrigens auch an mehreren Ilaufern am Ringplatze
dafelbft. Diefer Platz bietet durch feine eigenthümlich
fchmalen und mit Giebeln verfehenen Häufern gewiffer-
maßen eine Merkwürdigkeit. Die Zeichnung der Giebel
des Stadtthores wiederholen fich an zwei Häufern da-
felbft.
157- (Funde bei Carlopago in Kroatien.)
Am Abhänge desBerges mit der Ruine Vidovgrad
füdöftlich vom Hafen von Carlopago foll, wie Cor-
refpondent Dr. Pichler berichtet, eine Komerftadt
gewefen fein Noch gegenwartig weiden Ziegel aus-
raben, auch find mehrere Brunnen an der Lehne.
nächfte Ort Ancus bei Vebrae an der Heerftraße
von Senia über Avendo, Arupium, Epidotium und
Anfangalio u. f. w. nach Salona, liegt inner Landes, ein
indort zwifchen Lopfica S Giorgio' und Aenona
iia ilt doch für Liburnia zugebbar. Vgl. Mo. c. i. 1.
III. 1. S. 38] und zuvor An der Bergwand des Malens
hinab gelangt man zu einer Stelle, WO eine Menge-
großer alter Thongefäße, wie fie zur Aufbewahrung
Weines benützt wurden, in Meere liegen. Einige
diefer Gefäße refpective Stucke hat Herr Ratkovic,
Lehrer der Bürgerfchule in Carlopago, heraufgefördert.
Außerdem wurde heuer eine Bronze -TaK inen-
Tafel ' , Tabula honeftac miffionis gefunden.
158. Director Dr. Hg machte an die Central
Commiffion die intereffante Mittheilung, dafs von
Seite des < Iberfthofmeiftei aintes Seiner k. u. k. Maie.
ftät eine fehr bedeutende Reftaurirung eines Kunft-
induftrie -Produktes von erftem Range unternommen,
mit deren Ueberwachung in künftlerifcher Hinficht
derfelbe von Seiner Durchlaucht Prinzen llohenlolu-
Schillingsfiirß betraut wurde.
Es ill dies das koloffale Baldachinbett weiland
Ihrer Majeftät der Kaiferin Maria Therefia, welches in
den Allerhöchften Appartements des Leopoldinifchen
Traftes der Burg aufgestellt ift, in einem Saale, deffen
Wände mit zu dem Bette gehörigen Spalieren bedeckt
find. Das riefige Möbel In lieht aus einer Menge von
Behängen, Decken, Gardinen etc., alles von fchwerftem
dunkelrothen Sammt mit einer Fülle der prachtvollften
Gold-Reliefftickereien in reiclifter glanzvollfter Orna-
mentik des Barokftyles. Urfprünglich für eine Gräfin
Harrach, wahrfcheinlich in Paris, gemacht, wurde es
dann, man fagt um 80.000 fl. von der Kaiferin er-
worben.
Diefes herrliche Object befindet fich in einem
traurigen Zuftande, indem fowohl der Sammt, als ganz
befonders die überaus koftbarc Goldftickerei durch
mehr als ein Jahrhundert lange Berußung der Wa<
kerzen, durch ein Zerreißen, fchlechtes Flicken und
fonftige Befchädigung aller Art in arge Verderbnis
gerathen ift. Die Wiederherftellung ift abfolvirten
Schülerinen der k. k. Kunftftickereifchule in Wien
unter technischer Leitung von deren Directrice Frau
Emilie Bach übergeben und dazu ein eigenes großes
Atelier in der Burg eingerichtet. Die Arbeit ilt auf
circa vier Jahre präliminirt. Bisherige Proben haben
fehr erfreuliche Refultate geliefert, indem lieh zeigte,
dafs mit denkbarfter Pietät die alten Reite gefchont
und neu befeltigt worden, das vielfach Fehlende aber
mit größter Gewiffenhafiigkeit in der äußerft fchwie-
rigen alten Technik nachgeahmt wird.
159. In der Filial-Kirche zu Krtina in Krain, über
welche die Mittheilungen im XIII. Bd., S. XCVI näheres
enthalten, wurden in neuelter Zeit einige Wandgemälde
aufgefunden. Man trug nämlich einen Seiten-Altar ab
und fand knapp über der Menfa unterhalb eines ver-
mauerten fpitzbogigen Fenfters drei Wandgemälde,
die von Bögen überdeckt find. Im mittleren lieht man
die Madonna mit dem Kindlein, dem fie einen Pfirfich
reicht. In den beiden fchmäleren Seitenbildern St. Bar-
CCXXX1X
bara und St. Katharina. Die Gemälde find fehr gut
erhalten. Leider kam an die leere Mauerftelle wieder
ein Altar-Aufbau, der die Bilder verdeckt. Die Kirche
wurde im Laufe des vergangenen Sommers reltaurirt,
wobei man alle Freskenrefte überweißnete oder durch
einen Zimmermaler anderes übermalen lies. Nur die
drei großen Bilder an den Seitenwänden des Presby-
teriums (drei Könige und jüngftes Gericht) und das
St. Leonnards-Bild hinter dem Hoch-Altarblieben ver-
fchont.
159. Correfpondent Dr. Johann v. Hönifch ift am
29. Augufl 1SS7 geftorben. Im December 1803 zu
Czernowitz geboren, führten ihn feine Studien nach
Karlsburg, Kafchau und Olmüz. Im Mai 1832 erlangte
an '1er medicinifchen Jofeph-Akademie das Doflorat
der Medicin und Chirurgie und wurde Militär-Ober-
arzt. Hierauf Hand er einige Zeit an diefer als fup-
plirender Lehrer und dann als Abtheilungs-Chefarzt
im Militar-Spitale zu Wien in Verwendung, fpäter
wurde er beim 3. Cüraffier-Regimente Regiments-Arzt,
in den erbländifchen Adelsftand erhoben. Am 24. De-
cember 1883 feierte er feinen 80. Geburtstag, zu
welchem Fefttage ihm allfeitig die herzlichften Glück-
wünfehe zukamen.
160. In Mariafaal haben fich in letzterer Zeit fo
manche Veränderungen vollzogen.
Zunächft begegnet dem Befchauer ein hellleuch-
tender Fresken-Cyclus, mit welchem man wahrfchein-
lich vermeinte, dem Umgange des Oftogons einen
neuen Schmuck zu verleihen. Nun, wir kennen die
Hand diefes kunltreichen Malers, traurig genug, dafs
wir jetzt auch feine Spuren in Kärnten finden müßen.
Der Mann könnte füglich auf den Lorbeeren ausruhen,
die er fich in Terlan geholt hat. Die neu ausgeführten
Gemälde ftellen vor die Kreuzigung und Kreuzab-
nahme (dabei ein Schild mit einem fünfftrahligen Sterne
in Roth und Gold), ein Vefpcrbild und die Grablegung.
In der Eingangshalle der Epiftelfeite findet fich eben-
falls eine reftaurirte Freske, vorftellend die heil. Maria
und S. Modeftus. Die Reftaurirung diefes Bildes, jeden-
9. (WailSenegg.)
1848 machte er die Belagerung von Arad als Chefarzt
der Vertheidigungstruppen mit. Von jener Zeit rührt
das fchwere Gehörleiden her, das beiläufig 10 Jahre
fpäter ihn zum Privatleben zwang, nachdem er mittler-
weile als Stabsarzt dem k. k. Militär-Invalidenhaufe
in Pettau zugewiefen war.
Hauptmann L. Beckh-Widmanfletter hat diefem
verdienftvollen Manne in der „Grazer Morgenpoft"
Nr. 226 d. J. einen Nachruf gewidmet, dem wir Nach-
folgendes noch weiter entnehmen. Der claffifche Boden
Pettaus hatte es ihm angethan. Mit Zähigkeit wendete
er fich der gefchichtlichen Erforfchung diefes Ortes zu,
deflen Ehrenbürger er feit dem Jahre 1859 war. Als
Hönifch fich vom aftiven Militärdienfte zurückgezogen
hatte, ergab er fich in Graz ganz feinen gefchichts-
forfchenden Neigungen und verlegte fich insbefondere
auf das genealogifche Fach, mit befonderer Vorliebe
für die Gefchichte des deutfehen und Maltefer-Ordens
und feine Mitglieder. Seine mehrbändige Gefchichte
des deutfehen Ordens ift noch Manufcript. Wir ver-
danken ihm zahlreiche genealogifche Colle6taneen und
Grabftein-Infchriften, viele biographifche Artikel in
den Grazer Zeitungen. Im Jahre 1878 wurde Hönifch
xm. N. F.
falls von einer anderen Hand als der, die am Oftogon
Neues fchuf, ausgeführt und pietätvoll dabei dem alten
Gemälde Rechnung getragen, ift in Betreff der Halt-
barkeit der Farben nicht recht gelungen, denn ftel-
lenweife blättern fich Schichten ab. Möglicherweife
kann dem Temperatur-Wechfel an diefer Stelle eine
Schuld beigemeffen werden. Aber das wichtigfte
Gemälde ift jenes, das fich im Presbyterium an der
linken Oberwand befindet und zwei große überein-
ander gereihte Darftellungen uns vorführt. Vor wenig
Jahren bloßgelegt und reftaurirt. Das obere Bild zeigt
das Urtheil Salomonis. Das untere Bild ift bedeutend
größer, denn es breitet fich noch an der Wand gegen
den Hoch-Altar aus und ift hochintereffant. Wir fehen
die drei Könige vor dem Chriftkinde erfcheinend.
Eine figurenreiche Gruppe, der erfte Konig ift beim
Kinde und bietet ihm ein Kärtchen an, das Pferd weiß,
der zweite nähert fich und hält ein Beingefäß, der dritte
mit dem Schimmel hält ein koftbares Hörn. Die Bilder
find von breiten Bordüren eingefaßt; auf der unteren
ift zu lefen: hoc opus fieri Wilhelmus Ncwhwert (?) a. d.
mille quadringentesimo . . hoc completum est, (dabei
das Wappen der Mordax.)Durch diefe äußerft gelungen
hh
( CXL
reftaurirten Wandmalereien hat die Maria - Saaler-
Kirche einen ganz befonderen Schmuck erhalten. Auch
zwei gothifche Altare wurden in diefer Kirche aufge-
hellt, beide flammen aus Kirchen der Umgegend,
einer aus der Capelle zu St. Georg am Sandhof; der
andere au- Arndorf; beide find reftaurirt, wobei aber
des Guten viel zu viel gefchah und überhaupt minder
bedeutende Schnitzarbeiten. Doch muß man es lobend
anerkennen, dafs diefe Kunftw erke hier eine fchiitzende
e fanden, ohne ihrer gotte-dienftlichen Beftim-
mung entzogen zu fein. Mögen fich noch viele reiche
Kirchen finden, die auf diefe Weife die kirchlichen
Kunftwerke ihrer Umgebung in Schutz nehmen, weit
beffer, als fie wandern — ihrer ftiftlichen Beftimmung
entkleidet — als Schauftücke in Mufeen und mitunter
in fehr fragliche Sammlungen des In- und Auslandes.
Mit der Aufstellung des neuen Altars auf der fchönen
S. Mode-tus-Tumba können wir uns nicht einverstanden
erklären.
161. (Ruine Waißenegg.)
1 las Schloß Waißenegg ift wie der k. k. Ingenieur
Jof. Tritner berichtet, am füdlichen Abhänge des
Waißenegger Berges auf einem vorgefchobenen Ge-
birgskegel nächft der Ortfchaft Rüden gelegen.
befinden. Von der Burg 120 M. entfernt fleht an dei-
nen einen Seitengraben des Waißenegger
Berges hin der ifolirte runde Thurm; dieler hat einen
äußeren Umfang von 34'/* M., gegen 2 M. dicke
Mauern und in der Höhe von 58 M. über den Boden
nur eine einzige Oeflnung. Zum Schluffe wird noch
bemerkt, dafs fich in der Ortfchaft Rüden in einem
Gartenpfeiler mächft dem Friedhofe) ein figuraler Stein
eingemauert befindet, welcher vom Schlöffe herftammt.
1 ; . 9 und 10 geben den Grundriß der Ruine und eine
Anlicht der .Außenfeite.
162. Wir bringen in der beigegebenen Fig. n
die Wiedergabe eine- Siegels der Stadt Raudnits, das
um 1570 in Gebrauch war, wohl aber in Betreff der
Entstehung in das beginnende 16. Jahrhundert gehören
mag. F.- zeigt im runden Bildfelde eine crenellirte
Stadtmauer gegen die Außenfeite anfteigend, in der
Mitte einen offenen halbrunden Thorbogen, flankirt von
zwei kleinen Vorbauten mit Fenfterfchlitzen. Dahinter
zwei mächtige Thorthürme mit Crenellirung und fpitzem
Helme. Im Stockwerke große oblonge viereckige
Fenfter. Der Hintergrund damascirt. Die Infchrift
zwifchen innerer Perl- und äußerem Lorbeer ftabe lautet:
;■ Sigellum . civitatis . raudnicensis. Zwilchen beiden
Fig. 10. (Waißenegg.)
Das Schloß ift bei Valvafor abgebildet und be-
fteht aus zwei Gebäuden, die von einer Ringmauer
umgeben find, und einem ifolirt flehenden runden
Thurm, welcher rückwärts gegen den Graben des
Waißenegger Berges zu liegt. Der heutige Beftand
läßt noch den Grundriß der alten Burganlage erkennen
und befteht diefelbe aus zwei viereckigen Gebäuden,
wovon eines die eigentlichen Wohnräume (Palas) ent-
hielt, und das andere nur ein befefligtes Objeft bildete.
Beide Gebäude waren nach Often durch eine Ring-
mauer und gegen W:eften durch einen fchmäleren Ver-
theidigurigs-Tra<5t verbunden, fo dafs fich ein ganz
gefchloffener innerer Hofraum bildete, welcher eine
wirkfame Vertheidigung zulies. An der Bergfeite, wo
das Terrain minder fleil ift, wurde die Burg zur Hälfte
hufeifenförmig von einer Ringmauer umgeben und fo
ein gefchloffener Vorhof gebildet. Der Eingang zur
Burg erfolgte über einen Graben durch eine Zugbrücke
und einen 7 M. langen Gang durch ein überwölbtes
Thor, das in den Vorhof fuhrt. Erwähnenswert!] cr-
fcheint es noch, dafs im oberften Stockwerke fich
mehrere Rundbogenfenfter mit fteinernen Gewänden
Thürmen fchwebt gegen rechts fchräg gewendet der
Bindenfchild.
Diefe Beigabe veranlaßt uns auf die Seite I des
12. Bandes gebrachte Abbildung eines Siegels von
(Raudnitz.)
Raudnitz, etwas jüngerer Entftehung zurückzukommen.
Wir haben in Bild und Befchreibung diefes Werk als
einen umgefturzten Kelch lammt Holtie gegeben, es
fcheint jedoch diefe Erklärung nicht richtig, fondern
ebenfalls der Bindenfchild anzunehmen zu fein, doch
CCXL1
kann nicht verfchwiegen werden, dafs die RenahTance
denfelben ganz eigenthümlich geftaltet hatte.
163. Vor wenigen Wochen wurde der 24 Band der
Berichte und Mittheilungen des Wiener Alterthums-
Vereines leinen Mitgliedern übergeben. Wir finden
darin fo manche Nachrichten über niederöfterreichifche
Baudenkmale, die wir in dem Organe der Central-
Commiffion regiftriren müßen So wird eine Kirche in
Ziftersdorf erwähnt, St. Maria am Moos genannt, von
welcher einzelne Theile noch in die romanifche Bau-
Periode zurückreichen. Es ift dies der Altar-Raum, der
die untere Stelle des Thurmes bildet. Dafelbft findet
man noch in den Eckfäulen charakteriftifche, romanifch
derb geformte Bafen und Capitäle, desgleichen an dem
Kämpfergefimfe romanifche Geftaltungen. Die Kirche
zu Spannberg, ein größerer einfehiffiger Bau; den Chor
Fig. 12. (Viiunum.)
bildet eine halbrunde Apfis, welche an ihrer Außen-
feite, fo wie der untere Theil des nördlich daran gebau-
ten Thurmes vollftändig den romanifchen Styl reprä-
fentirt. Die Apfis ift mit dem Rundbogen-Fries geziert,
hat ein rundbogiges Fenfter in der Mitte und ein halbes
Kegeldach. Der Chor felbft bildet einen quadratifchen
Kaum mit birnformigprofilirten Kreuzrippen. Der untere
Theil des Thurmes befteht aus Quadern, an den Ecken
mit Lifenen und in der Mitte des Feldes mit je einer
Halbfäule fammt Würfelcapitäl. An der Oftfeite ift
diefe Halbfäule durch ein Halbrundfenfter unterbrochen,
das Uebrige der Kirche ift modern.
Zu Pürflendorf enthält die Kirche fpät-romanifche
Details. Sie befteht aus einem Langhaufe von zwei
Jochen aus neuerer Zeit und dem fünffeitigen Chor-
fchlufle, der eben noch in die Uebergangszeit des
romanifchen zum gothifchen Style zurückreicht. Der
Chorfchluß ift mit einem gedrückten Spitzbogen-
Gewölbe aus fechs reich gegliederten Rippenzügen,
die in den Ecken auf den charakteriftifchen Auflagern
der Uebergangszeit anfetzen und in einem großen
mit Blatt-Ornament reich decorirten Schlußfteine zu-
fammenlaufen überdeckt. An der Außenfeite des Chor-
Schlußes find den Ecken entfprechend bis zu Zwei-
drittelhöhe reichend, entfprechende Nebenpfeiler ange-
fetzt. Die fünf Wandfelder find durch Lifenen an den
Ecken und durch einen kräftigen Rundbogen-Fries
decorirt.
Nächft der Kirche zu Wulh rsdorf rechts des Pres-
byteriums befindet fich ein Karner, ein kreisrunder Bau,
mit breiten Kreuzgurten. Das Portal ift rundbogig und
ganz einfach. Kegelförmiges Holzdach. An der Außen-
feite ein reich profilirtes Dachgefimfe. Der Bau mag
ins 12. Jahrhundert gehören.
164. Dr. Paul v. Bizzaro hat im März d. J. an die
Central-Commiffion über die in allerneuefter Zeit zu
Bocavizza gemachten Funde berichtet.
Der durch die Zeitungen in Folge unzuverläffiger
Berichte, wie gewöhnlich überfchätzte Fund wurde
fogleich nach feiner Entdeckung zur Kenntnis des Con-
fervators gebracht und befteht aus einem Kruge von
lichtrothem Thone, ohne Firnis, gut gebrannt, 23 Cm.
hoch und 64 cm. im Umfange, zwei faft ganzen Flach-
ziegeln mit den bekannten Stempeln C. Tit. Hermerot,
und L. Stat. Jufl., nebft einer gri ißeren Menge von Frag-
menten , darunter imbricces, Tegulae, Stücke eines
anderen Kruges, Knochen von Pferden und Rindern
und ein Stück der oberen Hälfte einer Handmühle.
Dafs die richtig! Lagi der römifchen mutatio ad
fornulos (Itenrarium Hierofolimitanum. Ex manuscripto
Veronensi) fchon vor falt drei Jahrhunderten bekannt
war, erhellt aus Cluverius (Italia antiqua L. I. p. 231);
..Ad fornulos (seil, locus) circa Leiaci Vipauique am-
nium confluentes fuit Hinc ab Castris, sive Frigidi
amnis trajedtu ad XV millia sumus est. Alpis Julise,
sive Alpium Juliarum transitus, in quo insignis pirus
arbor posita agnomen loco dedit ad Pirum'' — wo die
beiden Punkte ad fornulos und ad castras, der erfte
durch den Zufammenfluß der Wippach und des Liak,
der zweite durch den Uebergang des Frigidus Hubeli
bei Heidenfchaft ganz genau bezeichnet find, fo wie
auch die weitere Station ad pirum (In alpe Julia —
Tab. Peutingh) am höchften Punkte des Birnbaumer-
waldes (Hrusica), wo jetzt noch die Bafis des Ehren-
denkmales eines unbekannten Kaifers (Julianus? oder
Theodofius I) mit der Infchrift: ..Bono reipublicse
natus" ■ — zu fehen ift.
JL
Fic
(Virunura.)
Dem genannten Confervator war Bocavizza als
mutatio ad fornulos fchon feit vielen Jahren wohl be-
kannt, und es find fchon feit mehr als zehn Jahren in
feinem Befitze römifcheFlachziegel,Hufeifen und Pferde-
zähne, welche dort gefunden wurden; jedoch find dort,
wie in Heidenfchaft, keine befonderen Refultate durch
fyftematifche Ausgrabungen zu erwarten, da der Boden
fehr wenig gewachfen ift, und folglich, was der Pflug
noch nicht zerftörte, durch denfelben bei Gelegenheit
zu Tage gebracht wird.
Den letzten Fund verdankt man drei Schatz-
grabern, welche im letztverfloffenen Monat Jänner fich
vorgenommen hatten in einem verfchütteten Brunnen
einen Schatz zu heben, denn fchon feitdem man diefen
Brunnen im Jahre 1885 im Monate März entdeckt hatte,
wurden aus demfelben gelegentlich Steine zu Bau-
zwecken geholt, bis derfelbe durch die Schatzgräber
ganz ausgeräumt wurde. Bei diefer Gelegenheit kamen
die obgenannten Objedte zum Vorfchein, und obfehon
hh*
XLI1
in
fichtbar werden, welche
das für den Ziesrelofen
der Zweck der Ausgrabung nicht erreicht wurde, fo
gelaugte dadurch die Gemeinde Be zu einer
guten Quelle, aus der die kleine Gemeinde mit Trink-
waiTer verforgt wird, weshalb auch der Brunnen reftau-
rirt und mit einem neuen Backfteinkranze verfehen
wurde Derfelbe hat einen Durchmeffer von 0.80 M.
und mißt in der Tiefe vom Rande bis zum WalTerfpiegel
443, bis zum Grunde 420 M. Zulammen 7 65 M
Sowohl gegen Often als gegen Werten irt von dem
erhöhten Standpunkte der Kirche des heil. Lorenz der
vormalige Zug der R. .merftr Poftumia) an der
durch den Pflug aufgewühlten Schotterlinie erkenntlich,
da fonrt überall nur Lehm , Sand und Thon in auf-
einanderfolgenden Schichten
dem Diluvium gehören und
erforderliche Material liefern.
Die Fundamente der Kirche und der umgebenden
Häufer dürften noch theilweife der Römerzeit ange-
hören. Erwähnenswerth irt noch ein anderer Fund von
Dr. Marchefetti bei Karfreit und eine von mir bei Idria
di Bacza entdeckte Fundrtelle, die vielleicht im nachrten
Sommer größere ErgebnilTe liefern dürften.
165. Fibeln aus Virunum von den Ausgrabungen
des Univerfitats-Profeffors Dr. Fritz Pic/iler in den
Jahren 1SS1 — 1SS3.
Von diefen Ausgrabungen find eilf Fibeln 10 aus
Bronze, 1 aus Eifen in das Mufeum des kärntnerifchen
Gefchichtsvereines gelangt. Es irt auffallend wie wenig
Fibeln überhaupt in Virunum gefunden worden find.
Das Klagenfurter Mufeum befitzt von diefem fo be-
deutenden Fundorte nicht mehr als 55 Fibeln, während
Fig. 14. Virunum.)
Gurina, ein ganz obfcurer Ort, nach Meyer deren
93 aufzuweifen hat. Auch find in Virunum viel weniger
Arten gefunden worden, als in Gurina. Es können
höchften? 15 verfchiedene Formen unter den Fibeln
Virunum's gezählt werden, wovon 8 vorrömifchen
■runges fein dürften. Die eilf neugefundenen Fibeln
bieten nichts neues. Eine einzige derfelben, ein Bruch-
ftück mit ftarkem vierkantigen Bügel und fchmalem
Fuße 'Trig. 15 b , welches nicht genau zu beftimmen irt,
weil der Kopf mit dem Federapparat fehlt, dürfte aus
der Hallftädter Zeit (lammen: allein aus diefer Zeit find
bereits Schlangen-Certofa und andere Fibeln in Viru-
num gefunden worden. Von den übrigen zehn Fibeln
(lammt eine eiferne au? der fpäten La Tene-Zeit, fie-
ben find frührömifche Provinzial-Fibeln 12, 13 und 15 a
und zwei find romifche Fibeln aus der mittleren Fig 14,
kein einziges Stück irt aus der letzten Kailerzeit. Con-
cor Freiherr v. Hau/er hat fich bei der Beftim-
mung diefer Fibeln an Dr. Tifchlers Fintheilung in
dem Werke .Gurina- voi Dresden .
dten. In demfelben Zahlenverhältnis wie die frag-
lichen eilf Fibeln fleht das Zahlenverhältnis der über-
haupt in Virunum gefundenen Fibelformen, nur dafs
noch eine in Mittel-Kärnten rtark vertretene Fibelform,
nämlich die frührömifche Flügel-Fibel, hinzukommt.
Fig . 5 Virunum.)
Wollen wir aus diefen Fibelfunden in Virunum, ja
in Mittel-Karnten überhaupt, einen Schluß ziehen, fo
kann diefer nicht anders lauten, als dafs das Fehlen
der Fibeln aus der frühen und mittleren La Tene-Zeit
auf eine fpäte Kelteneinwanderung hinweift, etwa aul
die letzten Jahrhunderte der Republik; während das
Fehlen der Fibeln aus der letzten Kaiferzeit auf die
Befetzung Mittel-Kärntens durch die Barbaren fchon zu
Beginn der Völkerwanderung durch die Weftgothen
unter Alarich weifet, wie ich letzteres auch fchon aus
anderen Gründen in der Zeitfchrift Carinthia
pag. 99 als wahrfcheinlich nachgewiefen habe.
166. Wir werden aufmerkfam gemacht, dafs lieh
an der Rückfeite der Pfarrkirche zu Loiben in Nieder-
, Oeßerreich ein rothmarmorne Grabftein befindet, der
dem Bürger von Mautern Namens Johann Schrenk
t 1495 gewidmet ift. Der Grabftein ift mit unter einem
Helme vereinigten Tartfchenfchildern gefchmückt. In
dem einem findet fich das Schrenk fche Wappen —
ein Schrägbalken darin ein Pfeil, das andere Wappen
ift fchrägrechts getheilt und im oberen Felde wieder
fo fünfmal getheilt. Am offenen Fluge des Stechhelmes
wiederholt fich das Schrenk'fche Wappen.
167. In neuefter Zeit wurde dieCentral-Commiffion
auf die Burg B'öfig Bezdez bei Bohmifch-Leipa auf-
merkfam gemacht. Befonders wird die kleine Schloß-
Capelle hervorgehoben, die in die befte Zeit der caro-
lingifchen Gothik gehört. In den Details reich, forg-
famft aus Sandftein und Klingftein ausgeführt, finden
fich noch Spuren erfter Bemalung, in den fpitzbogigen
Fenftern Refte fchönen Maßwerkes edelfter Zeichnung.
CCXLIII
Unterhalb jedes Fenfters befindet fich eine mit einer
Steinbank verfehene Doppelnifche mit Kleeblattfchluß.
Kreuzrippengewölbe überdecken den Kaum. Die kraf-
tig profilirten Rippen vereinigen fich in der Hohe der
Fenftcrhohlbänke auf Blätter-Capitälen als den Ver-
mittlern zu den aus den Halbrundftäben gebündelten
Wandpfeilern, die mit einfachen Sockeln verfehen find.
Die Capelle betteln aus zwei quadraten Jochen und
einem aus fünf Seiten des Achteckes gebildeten Altar-
raum. In den Rippen-Durchfchneidungen des fpitz-
bogigen Gewölbes Schlußfteine. Die Capelle ift von
einem fchmalen Rundgange umgeben, tiarin breite
fpitzbogige Fenfter, das im Chorfchluße mit Schonung
des Maßwerkes vermauert. Die Farbenftimmung der
zweierlei Haufteine, der reftliche Schimmer
der l'olychromirung, das zum Theil zerflörte
Maßwerk, das durch die doppelten Fenfter ge-
brochen einfallende Licht auf die reizend zart
ausgeführten Details der Steinmetz - Arbeit
bilden ein geradezu entzückendes Bild. Leider
find die baulichen Schäden fchon fehr arg
und die Erhaltungs-Maßnahmen werden be-
reits dringend.
[68. Das Unterrichts -Minifterium hat dem
Mufeal-Comite von Aquileja zur Vornahme
von Ausgrabungen und zum Ankaufe von Anti-
quitäten für diefes Staats-Mufeum ausnahms-
weife einen Dotations-Zufchuß bewilligt.
169. Als Abfchluß unferer Notizen über
mittelalterliche Eifenarbeiten feien noch be-
fprochen :
a) Zunächft ein intereflantes Schloßgehäufe, das
fich an einer Thüre der Praelatur in Raigern befindet
und worauf Correfpondent Franz aufmerkfam gemacht
hatte. Es ift ein fogenanntes Kaftenfchloß, das aus der
letzten Zeit jener Epoche flammend bezeichnet
werden kann, in welcher Befchläge als über-
haupt noch einer Decoration werth betrachtet
und demnach behandelt wurden. Leider kennt
die heutige Zeit diefe Art der Decoration faft
nirgends mehr als ebenbürtig an. Die in Fig. 16
und 17 beigegebene Abbildung diefes Kaften-
fchloffes ift von beiden Seiten aufgenommen. Die
Außenflachen des Kaftens find durch Gravirun-
gen und entfprechende Oxydirungen decorirt,
der Griff und die Anfchlagtheile zeichnen fich
durch fchöne Formen in erhabener Arbeit au--.
b) Nun fei erwähnt eine Reihe von Thürbe-
fchlagen. Zunächft die Thüre in der Kirche zu
Dobrova (Kärnten.) Der Thürflügel felbft ift von
Eifen und außerdem durch breite, in fehr fchöner
Zeichnung gelegte Schienen verftärkt. Die
Grundform für den Schienenbeleg ift das S,
welche fechsmal verwendet wird. Außerdem
umläuft eine Schiene den Rand und ift über die
ganze Fläche von Eck zu Eck kreuzweife gelegt Ein
ftarker eiferner gefchmiedeter Ring dient als Klopfer.
Diefe Thür gehört in die Zeit gegen Ende des \j. Jahr-
hunderts (Fig. 18).
Einfacher ift das Befchläge einer kleinen Thüre in
die Sacriftei der Kirche zu Greutfcliack ebenfalls in
Kärnten, davon in Fig. 19 eine Abbildung beigegeben
ift. Die kreuzweife gelegten Schienenbänder endigen
in einem gefchmackvollen dreilappigen Ornament.
In der Kin he zu Heiligenblut findet lieh ein dein
zu Dobrova ähnliches Thürbefchläge, nur ift in der
Auflage der Schiene die Volutenlage vorherrfchend
(Fig. 20).
Weiters bringen wir der Abbildung des Thür
befchläges in der königlichen Burg zu Prag; auf der
fchmiedeifernen Thür find die Flachfchienen von I
zu Eck lieh kreuzend gelegt, die- durch Flachnägel
feilgehalten werden und worauf ein fehr fchon gearbei-
teter Thürgriff befeftigt ift. In den Feldern zwifchen
den Schienen ift je ein Nagel mit reich ornamentirtem
Kopfe eingeladen (Fig. 21).
(Raigern.)
c) Das Gitterthor des Friedhofes von Hirfchberg
(Fig. 22) am Fuße des Böfigberges ift laut Mittheilung
des Confervator Braufewetter eine Arbeit, die nament-
lich im oberen Theile bereits fehr verllümnielt ift,
1
i
Ar
■
Li . -J
I- i y . 1 7. (Raigern.)
dagegen
gut erhalten
hat fich der untere Theil desfelben fehr
und gehört hiezu auch das vorliegende
Detail, welches durchgelteckte Rundeifenftabe mit
Rankenanfatzen von breiter Zeichnung in vorzüglicher
Technik enthalt. Da die Kirche in Hirfchberg einen
Altar vomBöfigberge erhalten, fo laut fich annehmen,
dafs nach der Auflaffung des Klofters dafelbft auch
CCXLIV
diefes Gitter von dort herftammt, zumal, da im Fried-
hofe lonft gar keine künftlerifchen Reminiscenzen
exiltiren. auch der Ort und die Umgebung Hirfchb
nicht das geringfte Merkmal einer einft blühenden
erblichen Thätigkeit aufweifen kann.
1 t das -chloßblech lammt Schub-
davon eben diefer Reit
noch erhalten lieh an einer Thür in der Pfarrkirche zu
Hallßatt befindet mitgctheilt durch den Correfpon-
denten fraglichen eherner. Thür ift
eine Art Rumpelkammer verfchloflen, die fich an der
Bergfeite bei der Kirche befindet. Die Arbeit an dem
loßbleche, das aus dem 15. Jahrhundert itammen
muß eine vorzügliche genannt werden.
170 a. Die Pfarrkirche zu Solenau fammt Thurm
wurde am 8. Oktober d. J. infolge Brandes arg be-
fchädigt. Kirchendach und Thurmhelm find zerftört.
Beides ift für unfere Denkmalkunde gewifs kein Verluft,
denn die Bedachung war eine ganz und gar nicht
gelungene Conftruclion neuerer Zeit: der Thurmhelm
bildete eine höchfl gefchmacklofe mit Schindeln be-
deckte Zwiebelkuppel. Der Thurm ift aus mächtigen,
faft quaderförmigen Bruchfteinen erbaut. Er war bis zum
in neuerer Zeit erfolgten Neubaue der Kirche der
oftlichfte Theil und feine unterfte mit einem Kreuzge-
wölbe überdeckte Halle diente bis dahin als Altar-
Raum. Er ift außen mit einem fehr zierlichen Rund-
bogen-Fries verfehen, hat gepaarte rundbogige Schall-
fenfter und an feiner Oftfeite ein intereffantes derb aus-
geführtes Relief, St. Laurenz am Rofte vorftellend.
170 b. Gelegentlich der Abtragung des nördlichen
Thurmes an der Stiftskirche zu Kloßerneuburg wurde
in der Hohe der Fenftcrwiderlager eine Platte aus
hartem Sandftein vermauert gefunden; felbe wurde
herab gelaflen, forgfaltig gereinigt und in Aufbewahrung
mmen. Sie hat eine IL 'he von 20J. eine Breite
von 070 und eine Starke von 0'28 M. Die Oberfläche
ift halbrein gearbeitet und erfcheint darauf ein Kreuz
auf einem Halbkreisbogen, über einen halben Vier-
blatt-Ornament gefpannt. Nach dem Kreuze langt eine
Hand an langem gerade gehaltenem Arme, die es am
Schafte erfa v ulptur ift nur in fcharfen
ntourlinien ausgeführt. Die Hand ift befonders derb
behandelt.
itfehach
171. Confervator Deininger hat an die Central-
Commiffion berichtet, dafs in jüngfter Zeit an dem
Landhaufe zu Innsbruck einige Reftaurations-Arbeiten
vorgenommen wurden, die in der Hauptfache als ge-
lungen bezeichnet werden können. Die fchönen Stucco-
Decorationen der Haupttreppe und des bitzungsfaales,
welche durch wiederholte Uebertünchungen in ihrer
Wirkung fehr gefchädigt waren, wurden forgfaltig vom
(Heili^-enblut.)
Kalküberzuge gereinigt und nach Bedarf gut ergänzt.
Die Wand- und Deckengemälde im Saale (theils Fres-
ken, theils eingefetzte Öelgemälde) wurden vorfichtig
gereinigt und erfcheinen nun wieder in faft urfprüng-
licher Farbenfrifche. Noch harren der Reftaurirung
das derzeit etwas verunftaltete Veftibule und die
fchöne St. Georgs-Capelle, die mit vornehmen Stucco-
Ornamenten geziert ift. Das Amtsgebäude des Land-
CCXLV
tages fammt Capellc ift ein Werk des Architekten
Georg Anton Gump (vollendet 1724 1. Confervator Graf
Lodron hat großes Verdienft um diefe Reftaurirung. '
172. Profeffor Winder hat an die Central Com-
miffion berichtet, dafs die Reftaurirung der vor längerer
Zeit in der Kirche zu Tkörl gefundenen Wand-
malereien (ich dem Abfchlußc nähert. Uebrigens
wurden in neuefter Zeit noch weitere Gemälde
an diefer Wand Evangelien-Seite im Presby-
terium) aufgefunden. Sie bilden die Verlängerung
der fchon bekannten Malereien bis zum Fuß-
boden herab und enthalten acht Bilder. Auch
an der Gegenüberwand fand man ein großes
Gemälde, das jiingfte Gericht, vorteilend.
[73. Correfpondent Dr. Wözl hat an die
Central-Commiffion die intereflante Mittheilung
gemacht, dafs in jüngfter Zeit unter dem Pflafter
des Löwenhofes im Caftell zu Trient — Cles'-
fcher Theil — ein Stein Fragment mit Infchrift
gefunden wurde. Die Infchrift ift ftellcnweifc
zerftört und dürfte lauten:
Hie quam geffit ... de folida petra | Tic
pontifex urbis Johannes, h. nomine quartus
has placidas vivo deduxit e marmore
limphas | Ille equidem vates divino munere
fultus [ is vero ingenio fra6tus est ipfe fuo
mcccclxxxmi.
Es fcheint in diefer Infchrift von zwei
Perfonen die Rede zu fein, von einem Quellen-
finder (Vates) und vom Bifchofe, dem Schöpfer
der Leitung. Leider liegt der obere Theil des
Steines noch in der Erde, wahrfcheinlich neben
dem Brunnen, wo der andere Theil gefunden wurde. E>
liegt Nachricht vor, dafs Johann von Hinderbach
die Wafferleitung in das Caftell geführt habe, nachdem
auf der Anhöhe hinter dem Caftell Quellen entdeckt
worden waren. Der davon gefpeifte
Brunnen lag wahrfcheinlich im äußeren
Burghofe, wo fich gegenwärtig feit dem
Cles'fchen Baue der Löwenhof befindet.
Bei dem Bau des Cles'fchen Palaftes und
der Neuherftellung des meift von Clefius
fo herrlich hergeftellten Brunnens dürfte
der Hinterbachifche Stein zerfchlagen
und zur Ausfüllung der Grundmauer des
neuen Cles-Brunnens verwendet worden
fein. Der Berichterftatter vermuthet in
dem Quellenfinder einen gewiffen Joh.
Rezner, welcher nach den Annalen des
Bifchof Alberti (1022 — 1540) im Jahre
1483 Burghauptmann des Caftells war,
und während der Peft im Sommer 1482
fich große Verdienfte um Stadt und
Caftell durch feine Vorforge erwarb.
174. Zu Saladorf bei Würmla in
Nieder-Oefterreich wurde ein Münzfund
gemacht, über welchen die Central-Com-
miffion nähere Mittheilung zu machen in der Lage- ift,
Dafs bei dir Reftaurirung au^landifche, italienifche Arbeiter ft.itt
der einheimifchen Kunfthandwerker verwendet wurden, erregte mit Recht
einige Verftimmung.
da der ganze Fund ihr vorgewiefen wurde. Die Münzen
find theils Grofchen, Kreuzer, ein- und zweifeitige II
linge aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges, die Mehr-
zahl flammt aus dem dritten Deccnnium des 17. Jahrhun-
derts (1622— 1628), die jiingfte Münze aus 1639. Sie find
überwiegend Gepräge Kaifer Ferdinand II., dam b
Fig. zi. (Prag.)
kommt Salzburger Geld vor; vereinzelt zeigen fich Mün-
zen aus Bayern und der Städte Colmar und Straßburg.
175. Confervator Rostier hat an die Central-Com-
Fig. 22. (Hirfchberg.)
miffion über die Kirche zu Haüzendorf 'in Nieder-Oefter-
reich berichtet. Diefelbe befteht aus einem alten Pres-
byterium, das zwei Joche mit dem aus fünf Seiten
C CXI. VI
des Achteckes gebildeten Chorfchluß bildet, die Ge-
wölberippen verlaufen an der Wand auf Halbfaulen, die
mit Confolen abfchließen. Die Spitzbogenfenfter ver-
Strebepfeiler. Das Schiff hat eine flache
:e. An derSüdfeite ein Portal mit Tympanon-Feld.
Der Thurm fteht an der Weftfeite, die Schallfenfter
lind fpitzbogig, theilweife mit Maßwerk ausgeftattet.
ldach. In der Kirche finden lieh einige ältere
Grabmale; in der Vorhalle jener für Barbara Pfaffen-
peckin Relief mit dem Gekreuzigten. Maria und Johan-
im Presbyterium de- Bernhard Thurfo von Beth-
lehemsfalva Freiherrn zu Wollnitz und Gravenegg
. Dec. 1551 und feiner Gattin Katharina einer gebor-
von Neidegg t '? Juni 15«
An der Kirche zu Brunn im Feld ift nur das Pres-
rium ein alter Bau. Es befteht aus zwei Jochen mit
lehr fchönem Netzgewölbe überdeckt. Die Fenfter theil-
weife verbaut, theilweife modernilirt, die Gewölberippen
ruhen auf halbrunden Dienften mit Capitälen. Die
Fig. 23. (Hallfl
Dienfte verlaufen allmählig in die Wand. Sacrament--
Häuschen als Wandnifche mit Umrahmung und Giebel;
fchmiedeifernes Thürchen und ein folcher Wandleuchter
g"thifchen Charakter-.
Die Kirche zu Zöbing befteht aus Schiff und Chor,
erfteres bildet zwei Joche, letzterer ebenfo und das
aus fünf Seiten gefchloffene Presbyterium. Alle Räume
find gleich hoch und breit. Die Gewölberippen fchließen
am Anlaufe ab. Die Fenfter find modernifirt.
An der Südfeite des Schiffes ift ein niedereres
fchmales zweijochiges Seitenfchiff — in gleicher Länge
mit dem Hauptfchiffe — mit einer Ablide an der
Oftfeite angebaut, und mit Kreuzgewölben überdeckt
deren Rippen auf einfachen Confolen ruhen.
Der viereckige Thurm ift der Weftfeite des Haupt-
fchiffes vorgefetzt und hat ein Satteldach, Spitzbogen-
fenfter mit Maßwerkreften. Außen am ganzen Gebäude
Strebepfeiler. Im Seitenfchiffe eine dreitheilige Mauer-
blende mit Dreipäffen überwölbt.
176. (Prähiflorifche Funde aus der Gegend von
Teplitz in Böhtm
Herr A. H. Fafsl in Teplitz macht in einem einge-
henden Berichte Mittheilung über eine größere Zahl von
ihm gefammelter prähiltorifcher Funde. Wie zum Theile
anderweitigen Mittheilungen langft bekannt ift, zum
Theile aber auch au- früheren Berichten des Füllen-
der.- hervorgeht, ift die engere und weitere Umgebung
von Teplitz lehr reich an Funden diefer Art; viele find
fchon gefammelt und haben theilweife den Weg in
Privat- und öffentliche Sammlungen gefunden, unge-
zählte andere liegen — man darf heute faft lagen,
glücklicher Weife — noch im Boden.
In befonders großer Zahl fcheinen fich Anfied-
lungen und Grabftatten im Biela-Thale zu befinden;
eine derfelben wurde durch die Erdaushebung in zwei
Ziegeleien bei Hoftomitz theilweife aufgedeckt. Sie
kennzeichnete lieh, wie das auch fonft häufig beob-
achtet worden ift, durch mehr oder weniger tiefe und
breite, von der Oberfläche ausgehende Einschnitte in
den Boden, welche zumeift von dunkler Erde ausge-
füllt, lieh von dem gelben Lehm fcharf abheben
und einem aufmerkfamen Auge fofort auffallen.
Bei folchen Erfcheinungen hat man es in
vielen Fällen wirklich mit prähiftorifchen Gräbern
zu thun, in anderen aber mit Abfallgruben aus
prähiftorifcher Zeit, in welche Kehricht, Brand-
fchutt, Topffcherben. Knochen der verzehrten
Thiere, kurz Abfalle aller Art geworfen wurden.
und daran die veruesbaren Theile zu fchwarzer
Frde wurden, welche nun die unverwesbaren
Dinge, wie insbesondere Scherben und Knochen
aber auch mitunter manches einft zufällig ver-
lorene koftbare Fundftück in fich fchließt.
Gruben diefer Art fcheinen im allgemeinen
die von Herrn Fafsl ausgebeuteten Gruben in
den Ziegeleien von Hoftomitz zu fein; fie deuten
auf eine unmittelbar benachbarte vorgefchicht-
liche Anliedlung, haben aber felbftverftändlich
nicht jene große Bedeutung, wie ungeftörte Grä-
ber, da in ihnen zumeift alles, Junges und Alte-
bunt durcheinander geworfen ift. Immerhin geben
auch fie, namentlich jetzt, wo bereits fo viele
Gegenftände, Formen und Zierweifen eine chro-
nologifche genau ermittelte Stellung haben, manche
lehrreiche Auffchlüße.
Unter diefen Funden, welche fich insgefammt in
der Sammlung des Herrn Fafsl in Teplitz befinden,
find befonders hervorzuheben größere und kleinere
1 "pfe aus Thon, halbkugelförmige Schalen mit rundem
und mit flachem Boden, urnenförmige Gefäße mit mehr
oder weniger engem Hälfe, zahlreiche Scherben von
anderen gröberen und feineren Gefäßen mit und ohne
Ornament. Soweit aus der Befchreibung des Herrn
Fafsl und dem flüchtigen Umrißzeichnungen erfichtlich
ift. lind an diefer Hinterlaffenfchaft alle vorgeschicht-
lichen Zeitalter betheiligt. Außer den Gefäßen fanden fich
noch ziemlich zahlreich fogenannte Webftuhlgewichte,
Spinnwirtel, durchlöcherte oder ornamentirte Thon-
fcheiben, Schleiffteine, Klopffteine, bearbeitete Stein-
platten, Bruchftücke von Steingeratheil. Knochen- und
Hirfchhorngerathe, und wenige vereinzelte Refte von
Metallgegenftänden, darunter ein gut erhaltenes Rafier-
meffJer aus Bronze, deffen Griff einen Vogelkopf darftellt.
Alles in allem genommen ift in den Ziegeleien von
Hoftomitz eine bedeutfameFundftelle aufgedeckt, deren
CCXLVII
Erforfchung durch fyftcmatifchc Ausgrabung der ob-
waltenden Schwierigkeiten wegen kaum möglich, deren
fortgefetzte Beobachtung durch einen wiffenfehaftlich
gefchulten Fachmann aber im hohen Maße wünfehens-
werth ift.
177. Confervator v. Lufchin hat an die Central-
Commiffion berichtet:
Bei Ausbefferungen, welche in der Nähe der Stadt-
pfarrkirche zu Grat" vorgenommen wurden, fließen
die Arbeiter auf eine viereckige Platte aus rothem
Marmor von circa 1 Quadrm., welche zur Bedeckung
eines Brunnenfchachts gedient hatte. Diefelbe erwies
iich nach vorgenommener Reinigung als die obere
Hälfte eines Denkmals, welches dem 1527 verdorbenen
Landesverwefer in Steiermark Ritter Wilhelm Schrott
v. Kinsberg und feinen zwei Frauen errichtet worden
war. Die Schrift in gothifcher Minuskel lautet:
Hie ligt begraben der lull geftreng herr bilhe (Im)
Schrat Rytter kü. Mt. Ratt vnd lanndsverbefer in
Steyer der geftorben ift des czben vnd czbain
tzigiften Tag des Merczen in dem 15 hundert vnd
in xxvij jar vnd auch find geftorben zwo feiner
Hausfraven den der Almadig ebyg Got genadig
vnd pamherezig well fein amen.
Unter der Schrift befand fich in der Mitte das
Schrottifche Wappen, von welchem jedoch nur die
obere Hälfte der Kleinods (offener Flug) erhalten blieb.
Zur Rechten ficht man cineTartfche mit dem bekannten
Wappen der fteirifchen Drechsler {Siebmacher II, 43)
und der Ueberfchrift Elifawet Trachfalerin, zur Linken
eine zweite, deren Figur dem Steinach'fchen Wappen
entfpricht (a. a. O. 46) jedoch einer Magdalena Pis-
beckhin zugefchrieben wird.
Die Abtretung diefes Denkmals an die Steinfamm-
lung des Joanneums wurde eingeleitet.
178. In Mährifch-Budwitz nachft Znaim wurden,
wie Confervator Direftor Sterz berichtet, gelegentlich
der Grundaushebung für das Bürgerfchul - Gebäude
Topffcherben und ein gebohrter Knochen, wahrfchein-
lich aus den unteren Extremitäten eines Pferdes flam-
mend, gefunden.
Die Topffcherben flammen von einem Gefäße,
deffen oberer Durchmeffer etwa 50 bis 60 Cm. zeigte,
fie dürften kein fehr hohes Alter haben; an einem der
Scherben befindet fich ein aus zwei fich rechtwinklig
fchneidenden Geraden dargeftelltes Kreuz.
Befonderes Intereffe erregt der vollkommen calci-
nirte Knochen, indem folche Funde als prähiftorifche
Schlittfchuhe bezeichnet werden.
179. (Reße einer römifchen Villa, gefunden bei
Anrifina.)
Die Nordküfte des adriatifchen Meeres, von der
Mündung des Timavus bis zur Südfpitze der iftrifchen
Halbinfel, fcheint in alten Zeiten ftark bevölkert ge-
wefen zu fein. Die vielen Refte alter Bauten, befonders
römifcher Villen, die längs diefer ganzen Strecke ge-
funden worden find, beflätigen genügend diefes Factum.
In neuefter Zeit berichtete Dr. Pervanoglu über
derartige neuerliche Funde, die ebenfalls bei Barcola
gemacht worden find. Nicht weit vom kleinen Dorfe
XIII. N. V.
Nabrefina, gerade unterhalb der Stelle, wo der Schie-
nenftrang fich abzweigt, der direcl: nach Italien führt,
hatten fich fchon vor Jahren manche Refte römifchen
Urfprunges gefunden, die von Hermann Breindl kurz
im Bolletino der hiefigen Societd adriatica des Jahres
1882, pag. 106 ff, befprochen worden find. Es waren
Fragmente irdener Gefchirre, Fragmente von Hohl-
ziegeln, Terracotten mit eingepreßten Fabriksmarken,
Münzen und fonftige andere Objecle gefunden, aber
leider zerftreut worden. An der nämlichen Stelle am
Abhänge des nach dem Meere abfteigenden Hügels
oberhalb derGebaude derAurifina-Wafferlcitung haben
fich in den letzten Tagen beim Graben einer Vigna
anfehnliche Refte einer römifchen Villa gezeigt, die der
unermüdliche Director des archäologifchen Mufeums in
Trieft Profeffor Pu/chi unterfuchte und befprach.
Die ganze Anlage circa 200 Meter in Ausdehnung, am
(teilen Abhänge des Hügels gelegen, war durch eine
Mauer unterftützt, von welcher nicht wenige Refte
lichtbar find. Es haben fich bis jetzt drei Räume ge-
funden, deren Wände mit dünnen Platten aus weißem,
rothlichem und fchwärzlichem Marmor belegt waren.
Der Fußboden diefer Räume ift mit Mofaiken ge-
pflaftert, und wie fonft aus kleinen viereckigen weißen
Steinchen mit den gewöhnlichen Ornamenten in fchwar-
zen Farben gebildet. In einem vierten Räume gerieüi
man auf Fragmente großer irdener Gefchirre bis zu
einem Meter im Durchmeffer, fowie auf Fragmente von
Hohlziegeln und fonftigen Tarracotten, auf einem die
Stempelmarke: L ■ VEDI • CE ■ RIAL, welche nicht
feiten auf aquilejenfifchen Ziegeln vorkommt. Diefe
Anlage befindet fich in einer der malerifcheften Gegen-
den mit Fernficht auf das weite Meer und in der Tiefe
auf die Stadt Trieft. Nach Angabe der Bewohner
diefer Gegend follen fich fchon vor Jahren nicht wenige
Refte alter Kunft, Terracotten, Münzen u. dgl. gefun-
den haben, die aber leider zerftreut und verloren
gegangen find.
180. Am 11. Juli d. J. wurde, wie Confervator
Straberger berichtet, bei den Arbeiten zur Erneuerung
des Anwurfes an der Stadtpfarrkirche zu Eferdmg in
der Höhe von fünf Meter ein nahezu meterlanger und
45 Cm. breiter Römerftein biosgelegt. Derfelbe befteht
aus Granit, ift an der oberen Schmal- und an der einen
Langfeite mit einem glatten ungleich breiten vorfprin-
genden Rand verfehen , innerhalb deffen die nicht
befonders klaren Umriffe eines roh gearbeiteten Reliefs
erfichtlich find, welches eine bekleidete weibliche Figur
darftellt. Der linke Arm der Figur liegt dem Körper
entlang, während der rechte auf der Bruft zu liegen
fcheint. Der in der Querlage eingemauerte Stein ift in
feiner Längenausdehnung nicht ganz. Die Figur reicht
links nur bis zum Knöchel, rechts bis zum Knie, und es
fehlt auf diefer Seite der Umfaffungsrand, was zur
Annahme berechtigt, dafs der Stein nur die linksfeitige
Hälfte eines doppelt fo breiten Steindenkmales bildet.
Die Auffindung diefes erften Stein-Reliefs, das Efer-
ding aus römifcher Zeit aufzuweifen hat, ift der ver-
ftändnisvollen Aufmerkfamkeit des hochw. Herrn
Confiftorialrathes und Stadtpfarrers Carl Gricnberger
in Eferding zu danken, welcher auch dafür Sorge
getragen hat, dafs dasfelbe, vom Maueran würfe befreit,
fichtbar bleibe.
CCXLVIII
Eine römifche Bronze-Lampe, welche von der bis-
her hierzulande vorgekommenen in Form und Dirnen
fionen auffällig abweicht, ' wurde im Jahre 18S1 im Baum-
garten der Landes-Ackerbaufchule zu Ritslhof bei
Berg (am rechten Traunufer über dem Orte
Traun1 beim Ausheben de- Erdreiches behufs Anlage
von Rigolen in der Tiefe von einem Meter gefunden.
An der Fundltelle felbft und in dem im beträcht-
lichen Umkreife um dielelbe herum aufgegrabenen
Terrain wurden außer der erwähnten Lampe ander-
weitige Gegenltande aus romilcher Zeit nicht gefunden.
Durch Vermittlung des ober..lterreichifchen Landes-
Ausfchußes kam diefer bisher unbeachtet gebliebene
Gegenftand in den Befitz des Linzer Mufeums. Weitcrc
Römerfunde wurden in Ober-Oefterreich in jüngfter
Zeit gemacht, u. zw. beim Baue des neuen Sparcaffe-
haufes in Linz an der Promenade, Topffcherben und
Ziegeltrümmer 'ohne Stempel ; ferner in der Nahe von
Kremsmunßer im Bachfehotter ein Fragment einer mit
Relief-Ornamenten und Figuren gezierten Schale aus
Siegelerde, welche ebenfalls den Sammlungen des
Mufeums eingereiht wurde.
Eine große Anzahl von Ziegeltrümmern, flachen
und gewölbten fehr ftarken Thonplatten, dann Bruch-
ftiieke von mächtigen Thongefaßen mit 3 Cm. dicken
Wänden, einen halben Mahlftein etc. hat der Confer-
vator am weltlichen Abhänge des Kiimberges im Bette
des Mühlbaches und an dem linksfeitigen fteilen Bach-
Ufer oberhalb der über den Bach fuhrenden Brücke der
Linz-Eferdinger Hauptftraße gefammelt und dem
Mufeum zugeführt.
Nach Angabe de- Eigentümers des an dem
Muhlbache gelegenen Feldes wurden auf demfelben
beim Pflügen derartige Gegenftände häufig zu Tage
gefördert, welche bisher immer vom Felde wegge-
bracht und in den Bach geworfen worden find. '
Eine eingehende Durchforfchung diefer Oertlich-
keit dürfte wichtige Anhaltspunkte zur genauen Be-
ftimmung des Standortes der zur Deckung des Thal-
weges weltlich des Kürnberges und zur Beherrfchung
des durch das Rotlthal von Norden zugänglichen linken
Donau-Ufers muthmaßlich beftandenen Befeftigung bei-
tragen.
Etwa 2 Kilom. füdlich von der mehr erwähnten
Fundftelle (in Krüft bei Schönering) fanden fich Frag-
mente von Eftrich, bemaltem Wandanwurf, Ziegel,
Thon- und Marmorplatten, Röhren von Heizanlagen in
größerer Menge. Diefe dem Anfcheine nach weit aus
gedehnte römifche Culturftätte wird nächftens unter-
fucht werden.
181. Confervator Ritzinger hat an die Central-
Commiffion die Mittheilung gemacht, dafs der verdor-
bene Fürft Guftav Joachim Lamberg zwölf Lamberg'-
' Dicfclbc ift, nach einer in Naturgroße aufgenommenen Photographie,
17 Cm. lang. 5 Cm. hoch (ohne Handhabe) und fowohl zum Stellen als zum Han-
gen eingerichtet,' fie ruht einerfeits auf einem runden Sockel, anderfeits hat fie
auf der oberen Flache drei Oehrc, welche im Dreieck um die kleeblattförmige
Oeffnung, die zum Einfüllen des Oeles diente, gcftellt find. Der Schnabel für
den Docht fpringt weit vor und ift mit einem erhöhten Rande umgeben. Die
Handhabe bildet einen halben Bogen, der einwärts gerichtet ift, fo dafs er mehr
über die Fülloffnung endet; das Ende ift mit einem abwärts gekehrten Wcin-
blatte (>, verkleidet.
es Feld ift als Fundort eines Ziegels mit dem Stempel itaLAL
in dem Werke: „Die Romerortc zwifchen der Traun und dem Inn* von Dr.
Friedrich Kenner erwähnt, und im vorbedachten Bache wurde auch das in den
Mitth. d. k. k. Centr.-Comm. XU. Bd., 3. Heft, pag. CXXXVI befchriebene
Steinbeil gefunden.
fche Grabmonumente, meiftens aus Salzburg, auf feine
Herrfchaft Zichovic fchaffen ließ, wo fie neben der zur
Pfarre .'. >. ehörigen Familiengruft an einer
Mauer aufgeteilt find.
182 Man kann mit dem Schluße des Jahre-
die Umgeftaltung der Confervatoren-Bezirke als in
lammtlichen Kronlandern durchgeführt betrachten.
Diefe Umgeftaltung befteht eigentlich nur in der Ver-
kleinerung, und der fich dadurch ergebenden Ver-
mehrung der Bezirke. Der Grund dazu liegt in der
Nothwendigkeit der fchnellft-möglichen Information
Confervators über die in feinem Bezirke vor-
kommenden Ereigniffe, in der Möglichkeit rafcher ein-
zugreifen und den Bezirk feller zu überwachen. Ver-
gleicht man diefe Aenderungen mit dem alten Beftande
vor beiläufig 12 Jahren, fo ergibt fich eine Vermehrung
um ca. 40 Confervatoren. Xieder-Oefterreich bildet
4 Bezirke der I., 5 der II. und 1 der III. Sektion; Ober-
Oefterreich 1 der I„ 5 der II. und 1 der III. Seftion;
Salzburg je 1 für jede Sektion; Steyermark je 1 der I.
und III. und 2 für die II. Section; Kärnten desgleichen;
Krain je 1 Bezirk für jede Section; das Kultenland 5
für die I., 3 für die II. und I für die III. Sektion ; Tyrol
und Vorarlbergs der I., 7 der II. und 1 der III. Section;
Böhmen 7 der I , 14 der II. und 5 der III. Section;
Mahren 3 der 1., 4 der II. und 2 der III. Section;
Schlelien und die Bukowina je 1 Bezirk für jede
Section; Galizien 5 für die I., 10 für die II. und 5 für die
III. Sedtion; endlich Dalmatien 4 für die I., 5 für die
II. und 3 für die III. Section. Derzeit beftehen zufam-
men 113 Bezirke mit 97 Confervatoren.
183. Zu Correfpondenten wurden in neuefter Zeit
ernannt:
Bauer Eberliard, Pfarrer in Klau-.
Cliytil Karl, Dr., Cuftos des Kunltgewerbe-Mufeums in
Prag.
Demetrykiewicz Wladimir, Dr., Advocaturs-Candidat
in Krakau.
Grienbergcr Karl. Dechant und Pfarrer in Eferding.
Ketrzyhski Adalbert.Dr., Director des Offolinski'fchen
Inftituts in Lemberg.
Lewicki Anatol, Dr., Univerfitäts-Profeffor in Lemberg.
Maurer Jofeph, Pfarrer zu Markthof.
Morath Anton, Fürftl. Schwarzenberg'fcher Centr.
Archivar in Wien.
Muhr Jofeph, Dr., k. k. Bezirksarzt in Miftelbach.
Pulfator Ludwig, k. k. Bau-Adjunct, Ingenieur in
Trient.
Rafpi Felix, Reg.-Rath, Gen. Secretär der öfterr.-ungar.
Staatseifenbahn-Gefellfchaft in Wien.
Swida Franz, Dr., Profeffor an der k. k. Oberreal-
fchule in Trieft.
Walcher v Moltheim Jojeph, k. k. Minifterialrath a. D.
in Wien.
Wallner Julius, Gymnafial-ProfelTor in Laibach.
Wojciechozuski Thaddäus, Dr., Univerfitäts-Profeffor in
Lemberg.
184. Correfpondent Prof. Dr. Wilhelm Neumann
hat der Central-Commiffion die hochintereffante und
fehr dankenswerthe Mittheilung gemacht, dafs fich ein
dem in unferen Mittheilungen XIII. Band der neuen
CCXLIX
Folge befchriebenen und in einer Abbildung vorge-
führten Teppiche, der fich derzeit im mährifchen
Gcwerbe-Mufeum zu Brunn befindet, als Gegenftiick
vollkommen entfprechender Teppich im kirchlichen
Mufeum zu Hildesheim erhalten hat. Diefer bei weitem
beffer confervirteTeppich ift in der Große und Anord-
nung der Darftellungen und Gruppirungen dem andern
ganz gleich, führt aber die Jahreszahl 1516. Wir fehen
ebenfalls ein umkreistes Mittelfeld, an dem Außen-
rande herum ftrahlenförmig gereiht vierzehn im Klee-
blatt-Bogen abgefchloffene Bildfelder, darin je eine
Figur, dazwischen Säulen mit gemufterten Schäften,
niedrigen Capitalcn und gedrückten Sockeln. Um diefe
Darfteilung zieht fich ein äußerer doppelter Ring. Die
vier Eckzwickel füllen Figurengruppen und endlich
umgränzt das Ganze eine mit der am Brünner Teppich
ganz gleich behandelte Bordüre, die jedoch zum Unter-
fchiede nach innen und außen auch mit einem Spruch-
bande befetzt ift. In diefer Beigabe eines Infchrift-
bandes liegt das wichtigfte Unterfcheidungs-Moment
beider Teppiche, von denen der in Hildesheim übrigens
in feiner Gänze vorhanden ift.
Die Beigabe der Infchriften ift auf diefem Tep-
piche überhaupt eine ganz befonders reichliche, jede
Figur, jede Gruppe, jede Umrahmung ift damit verfehen.
Faft nur biblifche Sprüche, Stellen aus der heil. Schrift
und aus Legenden enthaltend, find aber doch einzelne
davon von befonderer Wichtigkeit, da fie fich auf die
Anfertigung diefes feltenen Teppichwerkes beziehen.
Im innerften Kreife fehen wir als Mittelftück eine
weibliche gekrönte Figur in einem Thronftuhle, herum
fünf Kreife, darin kleine Halbfiguren. Die Umfchrift des
innerften Ringes lautet: PHIA (Philofophia) est-divina-
rum • humanarumq ■ rerum ■ in • quantvm ■ homini (?) ■ pos-
sibile • est ■ probabilis ■ scientia ■ ars ■ areivm. DieFiguren
in den mit Dreipäffen bekrönten Feldern werden erläu-
tert durch Worte auf Spruchbändern wie: musica (ein
Mann mit einer Harfe König David), fortitudo (Samfon
mit einem Thorfiügel), astronomia (eine Frau im groß
gemufterten Kleide), scientia aritmetrica, pietas (Mofes
mit den Gefetztafeln), retorica (ein Mann mit einem
Schwert im Munde), gramatica, sapientia (ein König
mit Scepter und Apfel), dialectica, geometria, consilium
etc. In den Zwickeln finden lieh fitzende männliche
Figuren, dabei fteht bei einem: aristoteles, bei einem
anderen: ovidius, beim dritten : boecius, dann: horatius.
Die Randinfchrift fagt, fo weit fie auf der dem Bericht-
erftatter vorliegenden Photographie zu lefen ift: anno
dni mdxvi venerabilis dna elifabeta venerabilis prio-
rissa mechteldis has deo confecratas ac professas und
nun folgt eine lange Reihe von Namen der Nonnen.
Auf einem kleinen Spruchbande lieft man: novitia
mechtildis elifabet, dabei ein Schild mit gekreuzten
Schlüffeln. Eine andere Stelle lautet: priore gerhardo
per meonem henricum monaste et predium in alderode
ex fundo edifieaverunt fpinna et grib (?).
Der Teppich ftammt aus Heimingen, einem
Klofter, das nur einige Kilometer von der längft zer-
ftörten Kaiferpfalz Werra entfernt lag, jetzt eine Pfarre,
die aber noch ein höchft werthvolles Kreuz des heil.
Bernhard v. Hildesheim befitzt. Das Klofter ftand, wie
Gaudesheim, in naher Beziehung zum deutfehen Reichs-
oberhaupte, fo lange die Pfalz noch nicht nach Goslar
übertragen worden war.
185. (Neuere Ausgrabungen im Grabfelde von
St. Lucia bei Toi mein.)
Correfpondent Dr. Marchefetü hat über diefen
Gegenftand derCentral-Commiffion intereffante Mitthei-
lung gemacht. Die günftigen Erfolge der im Herbfte
1884 gemachten Verfuche, bei welcher Gelegenheit
derfelbc 210 Gräber eröffnete, veranlaßten ihn, diefe
Forfchungen in größerem Masftabe u. zw. mit Untcr-
ftützung von der Adriatifchen naturwiffenfehaftlichen
Gefellfchaft in Trieft fortzufetzen, fo dafs während der
zwei nachfolgenden Jahre weitere 815 Gräber unter-
fucht werden konnten.
Die Grabungen gingen im Jahre 1885 im nördlichen
und weltlichen Theile der Nekropole in den Feldern
des A. Velicagna (108 Gräber) und des J. Gollia (102
Gräber), im Jahre 1886 in dem gekauften Felde des
F. Dizerz (605 Gräber) vor fich. Die Grabungen find
keineswegs dafelbft abgefchloffen, denn es bleiben noch
mehrere taufend Quadratmeter mit einer fehr großen
Zahl von Grabftätten künftigen Forfchungen vor-
behalten.
Als Beftattungsweife ergab fich die Verbrennung
der Leichen, wobei die Refte des Scheiterhaufens ent-
weder in der bloßen Erde oder in großen Urnen bei-
gefetzt wurden. Diefe letzteren fanden fich nur aus-
nahmsweife und zwar in nur 72 Fällen. Ganz feiten
waren die Urnen außer durch Deckplatten oder Blöcken
noch durch feitliche Steine oder mauerähnliche Con-
ftruetionen gefchützt. Als Urnen dienten große 40 bis
80 Cm. hohe glatte unverzierte, theils mit Reifen und
abwechfelnd rothen und fchwarzen Zonen gefchmückte
Gefäße.
Die Beigaben waren ziemlich zahlreich und
beftanden in Vafen und verschiedenartigen Schmuck-
fachen. In beiläufig der Hälfte der Gräber (404) fehlten
Thongefäße, während in 249 Fällen diefelben einzeln,
in 140 in doppelter, in 20 in dreifacher und in 4 in vier-
facher Zahl vorhanden waren. Hinfichtlich der Form
fanden fich am häufigften kleine nette gehenkelte
Gefäße, gewöhnlich mit Schüffein zufammen, feltener
folche in Form eines Kelches oder einer Situla. Inter-
effant find befonders kleine mit Bronze-Nieten oder Blei-
Lamellen gezierte Näpfchen, die in ziemlicher Anzahl
vertreten waren, fowie einige große bereifte Kelche,
die mit einer Reihe fchwarzer und rother Zonen fowie
punktförmiger Eindrücke gefchmückt find. Zu erwäh-
nen wären noch die mit einem langen fenfterartig
durchlöchertem Fuße verfehenen Schüffein.
Außer diefen Thongefaßen lieferten die Aus-
grabungen eine anfehnliche Zahl Bronze-Gefäße, und
zwar 26 Stück (ganze und zerbrochene). Der Form nach
gehören die meiften den Situlen an, die entweder glatt
oder mit Zonen von Punkten, Kreifen oder Vögeln in
getriebener Arbeit geziert find. Befonders gut erhalten
ift ein cylindrifcher Eimer (Cifta a cordeni) mit 9 Reifen
und zwei fpiralig gedrehten Henkeln. Zwei diefer
Gefäße waren von einem leinenen Stoffe umhüllt, fo dafs
das Gewebe noch theilweife fichtbar war. Eine Situla
war überdies mit einem Holzgeflechte bedeckt.
Unter den Schmuck-Gegenftänden nehmen die
Fibeln fowohl hinfichtlich der Menge als der Mannig-
faltigkeit den erften Rang ein. Es wurden deren über
370, meiftens aus Bronze gefammelt; die eifernen waren
durchgängig einfach.
CCL
An Fibeltypen fand man : Bögen-, Nachen-, Schlan-
und Knopf-, Blutegel- a sanguisuga , Laminar-,
Certofa-, Armbruft-, Thier- und Brillen-Fibeln, etc.
Befonders hervorzuheben \v:ire unter den Thierfibeln
eine, die eine geflügelte Sphinx darftellt. Nebft den
coloffalen Xachenfibeln verdient noch eine fehr große
Sichelfibel namhaft gemacht zu werden, welche eine
Reihe horizontaler Bronzeftreifen tragt, an denen
mehrere Ketten hangen, die in je zwei Spiralen endigen.
Reich vertreten find auch die Haarnadeln, deren
oberes Ende mit einer Reihe von Knöpfen gefchmückt
ift oder in ein eingerolltes Oehr auslauft. Bei mehreren
fteckt die Spitze in einem bronzenen oder knöchernen
Vorfteckftück.
Hals-, Ohr-, Arm- und Fingerringe waren auch in
bedeutender Zahl, unter den erften befonders fchön
gewundene oder rofenkranzförmige. Von den Gürtel-
platten ift eine mit Kreifen und Enten gezierte hervor-
zuheben. Sehr zahlreich wurden kleine Knöpfe gefun-
den, öfters in Gemeinfchaft von Perlen. Von diefen
letzteren waren manche fehr zierlich und von ver-
fchiedenen Farben. Ein einziges Grab enthielt über
1500 gläferne Ringelchen. Auch Perlen und Tropfen
aus Beruftem landen fich in den Gräbern vor.
Bei dem relativen Reichthume an Schmuckgegen-
ftanden, der uns eine ziemlich vorgefchrittene Cultur
ahnen laßt, ift zu verwundern, dafs die Graber fo arm
an Waffen find. Außer den fchon früher erhaltenen
zwei eifernen Celten und einer Lanzenfpitze fand man
nur eine Lanzenfpitze und mehrere kleine Mefferchen,
darunter eines aus Bronze. Intereffant wäre noch ein
in einer Situla gefundenes bronzenes Sieb.
Auch diefe Gräber zeigen conftant den Hall-
ftädter- oder Villanova-Typus, ohne Beimifchung von
celtifchen Elementen, und lehnen fich denen der euga-
neifchen Nekropole an, fo dafs der ganze in St. Lucia
bisher ausgegrabene Theil des Grabfeldes durchaus als
der illyrifch-venetifchen Zeit angehörend betrachtet
werden muß.
186. Die Wiener Zeitung vom 17. December d. J.
bringt einen langen Bericht über die zahlreichen Ver-
mehrungen, welche inneuefterZeit die anthropologifch-
ethnographifche Abtheilung der k. k. naturhiftorifchen
Hofmufeen erhalten hat. Vom Standpunkte der Cen-
tral -Commiffion erfcheinen folgende Nachrichten be-
fonders wichtig: Herr Abt Ad. Dungel in Göltweig
hat am Fuße des Göttweiger Berges Gräber geöffnet,
die nach ihren Beigaben in das 3. und 4. Jahrhundert
gehören dürften. Die gefundenen Schädeln wurden
dem genannten Mufeum gewidmet. Demfelben fielen
auch jene reichen Funde zu, welche bei den auf eigene
Koflen vorgenommenen Grabungen in 5. Lucia, Idria
und Gurina gemacht wurden. Auch jener werthvolle
Fund gelangte dahin, der fich jünft in Waaifch ergab
und in zwei Eronzehelmen nebft einigen Kleinfachen
befleht. Die Fünd-Objecle der im Auftrage der prä-
hiftorifchen Commiffion der kaif. Akademie der Wiflen-
fchaften im heurigen Jahre erfolgten Grabungen in
Podfemcl und Ilallflatt u. f. w. kamen in das Mufeum.
An erfterem Orte wurden einige Tumuli eröffnet, die
Fund-Objecte follen dem Hallftätter Culturkreife ange-
hören. Der Fund, der bei Grußbach gemacht wurde,
beliebend aus einem Skelette mit einem 151 Grm.
fchweren .Armring aus Gold und einer Kupferfpirale,
kam auch an diefe hochwichtige Samelftelle.
187. (Befprechung der Bilder im Brixener Kreuz-
gange, einem fachmännif dien Berichte entnommen.)
Der Kreuzgang hat auf jeder Seite vier, im Ganzen
mit dem Eck-Arcaden zwanzig Arcaden, refpeem e
Joche. In 15 find die Machen an der inneren und äußeren
Mauer, und auch die Felder des gerippten Kreuz-
gewölbes mit hochintereffanten Darftellungen bemalt.
Es ilt Fresco- und Tempera-Malerei. Die Farben an
den Vorderwanden find größtentheils verblichen und
zerftört. An der Mauer im erften Joche als Hauptbild
Johannes auf Patmos zur Himmelskönigin blickend,
2. Joch) der verfpottete Heiland mit der Dornenkrone,
bezeichnet 1462 ; (3.) Chriftus wird nach der Geißelung
dem Volke vorgeftellt, dann Chriftus am Kreuze zwifchen
den beiden Schachern, von der Volksmenge umgeben,
1448. (4.) Die heil, drei Könige erfcheinen mit vielem
Volke als gefchenkebringend vor dem Chriftkind. (5.)
Der erftandene Heiland erfcheint den Apofteln. 1474.
(6.) Diefes Bild ift erbleicht und zerfreffen, auch mit
einer neuen rohen Farbe überftrichen. 7. Maria hält
den Leichnam Chrifti im Schöße 1424. (8.) Chriftus am
Oelberge, 1477, (9.) hier fehlt das Hauptbild. In den
drei folgenden Arcaden der nordlichen Seite des
Kreuzganges tragen die Gemälde einen ganz anderen
Charakter. Es find entgegen den früheren Gemälden
nur biblifche Vorwürfe behandelt, meiftens in fym-
bolifcher Beziehung. (12.) Wieder das Erlöfungswerk
Chrifti. (13.) Die Anbetung der heil, drei Könige. (14.)
Die Krönung Mariens 1463. (15.)
Maria mit dem Jefukinde umgeben
von Heiligen. Die Darftellungen der
Deckenbilder find vielfach roh über-
malt, mit Mörtel und greller blauer
Farbe fehr verunftaltet. Leider muß
auch bei diefen fehr intereffanten
Bildwerken erklärt werden, dafs die
Zeit viel weniger denfelben gefcha-
det hat, als die rohe und unbarm-
herzige Behandlung der Menfchen.
Da, wo Hand angelegt wurde, um zu
erhalten oder naebzubeffern, zerftörte
man graufam und fo ift diefes fchöne
Werkalter kirchlicherKunft in einem
höchft traurigen Zuftande auf uns
gekommen. In diefem verwahrloften
Zuftande kann aber der Kreuzgang
unmöglich verbleiben, denn fo würde
bald alles zu Grunde gegangen fein.
Es wird eine Reftaurirung vorge-
nommen werden muffen, die Hauptfchwierigkeit liegt
einerfeits darin, den frommen Gefühlen der Gläubigen
Rechnung zu tragen und Andacht erregende Bilder
wieder herzuftellen, anderfeits follen die alten künft-
lerifchen Gebilde unter der Hand des Reftaurators den
neuen Bildern zu Liebe nicht verfchwinden.
Klofterneuburg
(f. Notiz 170 i,)
REGISTER
IN DIESEM BANDE ANGEFÜHRTEN PERSONEN-, ORTE- UND SACHEN-NAMEN.
A.
Alibn Joannes del, Baumeifter, CCVI.
Admont, Trag Altar, XX.
Aguntum, LXVIII.
Albiints (Tyrol), Kirche, CLXXX.
Alrifo Bartolomeo (AlrielJ Albreiche), Bau-
meifter, cciii. cciv.
/«/«.(-Verein zu Wien, CCXL1
Althan v. Wolf Ditrich, CXXXIV.
Altmünßer, Kirche, CLXXXVIII.
— röm. Taufflein, LVIII.
Altomtnle Maria, XXIX.
Ansheim, auf der Frag, Edelfitz, I.III.
AquiUja, Staatsmufeum, XXXIII, LI. XXXII.
CCXL1II.
Archäologifche Zweke, Slaatsausgaben für,
XXXII
Arkhanoi (Arckhanatten) Hironimus Bau
Superindentant der windifch croatifchen
Gränze, CCVII.
Afchach (Ob.-Oeft.i. Kirche, CXX.
Au. Thomas. Rothgießer CCVII1.
Auerfperg Georg Jan., CXXXI.
Aumüller Leonhard, Mechaniker, CCIV.
Aurifina, mm. Villa, CCXLVII.
B.
Barcolo, röm. Villa, Refte, CCXXXVI.
Barland Wilhelm v., XVIII.
Bart Peter v. Oppenheim, CXXVI.
Barth Leo v„ XIV, CXXXIII.
Baudria, fihe Tade.
Baumgar tenherg, Grabmal des Prälaten H
Khern, CCXXXVU.
Bekam Galus, Brunnenmeifter-Gehilfe, CC,
— Jörg, Brunnenmeiftergehilfe, CC.
Bemelburg Conrad, C, CXXXI.
Berne/s Antonio, Steinhauer, CCV1II
Bianco Domenico, Hofbaupolier, CCXIV.
Bilkau, Kirche, CXVII
Bifchof Hermann, von Freifingen, Grabmal,
CXCVIII.
Bifum v. d. Velden Antun. CXXVI.
Blafy deWeltelin, Baumeifter, wahrfcheinlich
identifch mit Ganz v. Platz (Piazzo,
Placi).
Bleifiguren, gef. in Frögg, LXXVIII.
Binden:, Siegel, CXIV.
:„, Funde, CXVIII, CLXXXI
Bohdanechi A. U., C.
Böhmen, Reftaurirungen, CCXXIX
Böhmifch-Leipa, Rathhaus, LVIX.
Borßendorf, präh. Funde. XXXVI
Bofig, Ruine, CCXLI.
Bofio Bartolomeo di, Baumeifter, CCXII
— J. Pietro de, CCXXXIV.
als Römerort. LXVI.
— Domkirche, CCXXXII.
— Franciscaner-Kirche, CCXXXII
— altes Kreuz, CCXXXII.
— der gefcheibte Thurm, LXVIII.
Brandflätier Leonhard. CCV.
Brauch David, CXXVIII.
Breda Daniel, CXXVIII
A/v-Krain), Kirche, CXV.
Bregens, röm. Bad, CXVII.
Breitenfurt, Schloß, XXV.
Brenner Carl. Freih., XVI.
Briganiium, LXXI.
Brixen, Kreuzgang, CCXXXII.
— Fresken im Dom-Kreuzgange, LIV.
— - Dom, Grabmale, CXIII.
Bronze-Funde in Ober-Viutl, LXXI.
Bronze, antiker, Zutheilung, 14.
Bruch a. d. Mur, Fürftenhof, CXLV.
Brunn a. G., Kirche. CLXXXVI1I.
— im Felde, Kirche, CCX1-VI
Brunn, Garnifons-Kirche, CLXXXI1I.
— Teppich, CXX1V.
— Gewerbe-Mufeum. VI.
Briix, Siegel, XLVII1.
Budwitz, Funde, CCXLVII.
Byblo, Grabhügel, CCXXXVI.
c.
Canaval Kilian, Baumeifter, CCX.
— Marc Antonio, Baumeifter, CCX, CCXII.
Capusto (Cepufch) Antonio, CCV1I1.
Carlen Kafpar, Erdbau Unternehmer, CCVII.
— Franz Ifidor, Baumeifter, CCXVI.
— Peter. Baumeifter, CCIII.
- Sebaftian, Bildhauer. CCXV
Carlopaga, Funde, CCXXXYIII.
tu, Siegl, XCI
Caßellum ruptum. LXVIII
Celeja, Claudia, CXCI
Cembra, Kirche, CLXXIII.
ßühle in Pirano, 1 LXXV1
Chriftophsgrund, Kirche, CLL
Chrudim, Kreuzkirche, CXX.
Ci/li, Fund eines röm. Mofaikbo
XXXIV.
— Pfarrkirche, CXCI.
— Hermann, Graf v., CXCIII.
Civestano, Funde CVIII.
'II Joachim, XVIII.
( 'opitfeh Hans Leonhard, Baumeifter, CCXIII.
Confervatoren, III. SeCtion, in Galizien,
CLXXXVII.
— Amtsfunction, in Kärnten, CX.
Correfpondenten der Central Commiffion,
CLXIX.
Creizthaller Tobias v., k. Kriegsbaumeifter,
CCXIII.
Croix de la, Poitis, i. ö. Obei
CCXVI.
Curzola, Marcus-Kirche, CXVIII.
1).
Dario Simon. CCXXV
— G. Anton, CCXX, CCXXI
Debica, Rozwadow, Funde, CLXXXV.
Dercolo, Funde, LXXII.
Dcrnovo, röm. Grab, CVIII.
Dcfifi Lorenz v., k. Kriegsbaumeifter, O XII
Deutfchnofen, Kirche, XLI, CCXXVU.
üobrova, Thürbefchläge, CCXLIII.
Dobromefil, Kirche. CCXXXVU.
Dohalicka (Böhm.), Kirche, C1.XXV1
Dolch, gef. in Perjen, XXXIV.
Donner Raphael. XXVIII, XXIX
Dormitiitm, LXXI.
CCLII
Kirche be
XVII.
— -Darft
rmark.
VIL
z>»/«j-Br=cke. LXY1L
Dürenfeld, Glocke. CXIX
Dürmher; CXXV
E.
£&<• I ergkmappe. CCII1
Eimer BirCme. Hof nnd Kriegsbaumeifter.
cc:
CXLVII.
— Grabmale. LHL CXI
Ekr en fruit ■
Eiter. - ... OXID.
.he. CLXXIX
CCXT.TIL
Ekßein Franz. Maler CLXXXHL
\mft Petras, CXXVL
■ . -
Etat. L\ .
Emut&lättc
Emer-m-Bi'.duis. im Krakauer Code
Etui XXVIIL
£bs-. . JIX.
. VI.
■ i
Fächer. Benedict v.. Baumeifter.
CCVI. C
Faltenimrg Gerh-r I C XXVII.
CLXXXI
XLV11L
Ferai. CCVI,
ceva
Ferfc: . CLXJX-
Feyrtag Franz v.. CCX
LXXII.
XXX.
Fi/ekJum, Schloß CCXXXVI.
-i, Fand eines Speeres. CIX.
in Leifeos CLXXL
— in der Kirche z- .-. I.LXXX.
Franekh Philip: :r, CCX
Freiterg Georg Adam v., XCVHL
igest, Hermann Bifchof von. CXCVIII.
Frei:
Fristen an der Kirche inCembra, CLXXIV.
la BrLxen LIV.
.-che in Deatfchnofen.
CCXXVII.
— im Hohenberg. CCXXXVIL
— zu Krtina, CCXXXVUI.
— in Maria-Saal, CC XXXIX.
-ienberg. CCXXVIX
— in Rnr... . XXIL
— in Tratzberg. CCXXX.
Freu XIIL
ribungen 1880. LXXVL
;>'.. -.». LVIII
— Donjon. CLXXVI.
fmrßm
— Befeftigmng. CCVH.
G.
r. C.
.LIL
I
— Domenico. Baumeiftc
Genga Simon, Baumeifter. CCVUJ.
tr Johann .
.. XXXIII
i .XXI
Ginds Adam. CXX\"UI.
Gier. -einhauer, CCXIV
GUsfenfier in Pürgg. CCXXXVIL
■ -'.freien in Gries LV.
-.:.. CLXXX1V.
kern im Dnrr::'el : CXIX.
— in Graz. CCVIII.
— in Gror.au. CXI
— in Hausdorf. CXIX.
— in Kranzeihofen. CXIX.
— in Krappfeld. C X
— Saal, CLXX
— ir. XIX.
— in Xeundorf. CLL
— in Ober-Wktig CL.
— :n Offiach. CXIX.
— in Ottmanach. CXIX-
Saifnitz, CXLX.
XXV in.
Goldenkrim, Madonnenbild. XXIV.
- ::n v . c - riternehmer.
CC\TL
Leonhard von. CCXXXV
Grabwud, des P. Bart.. CXXVI
— des Karl v. Breuner. XVII.
— des P. Eleghaffo. CX1-.
— ies g 2g. CXL
— des Johann v. FreuE - \\11.
— des Leonhard v. Görz. CCX
— der Barbara v. Hertzheim. CXUL
— des Andr. t. Hohenwart. CXCVIIL
— des Abtes Khern von Baum;
berg, CCXXX
— der Magdalena t. K'_ XL VI.
— der Maria von Königsberg XLVII.
— ■ Kai ;sberg. XLVII.
— des Joh. V v Lichtenftein. CLXXVI
— des S. Löfielbolz. XCVIU. XCLX
— des Johann Martinez. CXXV.
— des WeiTher ». Meflenbach CLXXV1L
— der Hermine v. Xenhans. XL VI.
— des Wilib. v. Pirchiag. CXII.
— des Seifried v. Polhaim. CXII.
— Ies Cafimir v. Polheim. CLXXVUI.
— des Chr Pri XXXVIII.
— - .XVI-
■ der Pfarrkirche zu 1 HL
— in der Kirche zu Eferding. LIII. CXI
— in der Pfarrkirche zu Graz CCXLVIL
xin.
xc\in.
Hein, Burg. Böhmen. CL.
en I. H
— Befeftigung XII
Grit:, Landhaus. CCIV.
— e:feme VII.
— Sackthor. CCXIL
— Lechk:rche. ge_ t I-
— Lechkirche. Grabmal der I reB-
ua literii •.-:-.
— Graben. CXCVIIL
— Grillpichl
— VIIL
— Schlodberg, Cifterne
— SchloBberg, Schachtbrunnen. CCII.
— Scaofibetg, CLXVI.
— L'hrthunn. CCII.
— Burg. CCVII.
— Glockenturm. CCVIIL
— S idtpfarrk ■
CCXLVU.
Greifen, z~.
Grien Andre. Baumeifter CXCLX.
Gr<„ _ CXLHI
G'asgemaüe. LV.
-.-», Bildftock. CLXXXI.
Holzkirche. L.
J<r*, Funde. LLXX.
tm, Kirche CXI
— o ourx.
— Schlo .
Grüble, röm. Bad, CVIL
.- fa-1 H Freit CXXXL
- Franz. CXXVLLL
. V
m Mahren präh. Funde. CLXXII.
Gurt, Hungertuch. LL
Gufsformten, gef. bei Xaflbmitz, XXX VL
Guttenier. - gelb s •-._. u
Guyslein de Igdenheim. Segers von Waffer-
hoven. k. Kriegs -Ingenier und Bau-
meifter. C
H.
HatenJcrf, Böhmen. Kirche, CLH
^rgsr. Stammbaum, in Trau
CCXXX
f. Kirche. CCXLV
lerthnrm. CLXXXVIIL
HaUßaa, Kirche CLXXXVIIL
— Befehlige. CCXLIH.
Hammerßein , Burg. CLL
Hand/ckuke. bifebon LXXXVHL
riftoph und Johann. Maurer vom
Comofee
Hartheim 0. Oe. Funde. CLXX
Hartwusting Leo Bar:
Ruine CLXXXIII.
Hamderf, Glocke. C •
! Beiligenb'.ut, Thurbefchlage. CCXLIV
CLXXXVIIL
CCLIII
Heinrich V., Miniature im Krakauui I odex
3. 5-
Heiß,,,, Joh. v. und Sybilla v , CXL1X.
Helme, röm., gef. bei Schann, CLXXXIV.
Hertzheim Barbara v., Grabmal, (XIII.
Herberßein Seifried, CXXXI.
— Bernhard v., CXXX.
Hildesheim, Teppich, CCI.I
Hilger Martin. Rothgießer, < '< \ III
Hir/chberg, Gitter, CCXLIV.
Hödl Math., CCXXIII.
Hohenberg (Stcyermai kj. Fresken
I I XXXVII.
Hohenfurt, Madonnenbild, XX.
Hohenfalsburg, Zukunft von, CXC.
Hokenwarl Andreas v., Grabmal, CXCVIU.
Hollar Wenzel, Kupferftechcr, CCXI1.
Höh. St Peter im, Kunde, (Hl.
Holzbecher Michael. Steinätzer, III.
Hohkirche in W. Meferitfch, ( XX\
Hönifch Dr. Johann, f CCXXXIX
Hoßomict, Funde, CCXLVI
Hradek, Grabungen, CLXXXV.
Hradist, Raubgräberei, LIX.
Hueber Uuep., CCXXV.
Huetßoeker Alex., CXXXI.
Hangerluch in Gurk, LI.
I.
Jaromer, präh. Funde, CCXXV I.
Jaros Thomas, Meifler, LIV.
Jerfchmanitz, Kirche. CLII.
Ikonographie des Todes, CXXXVII1.
Illallio Dom., f. Lalio.
Ilfung Georg, CCXXX.
Imhof Andreas, XVII.
Initiale im Krakauer Codex, i, 8.
Innsbruck, Franciscaner-Kirche, CLXXXVIII,
CCXXX.
— ServitenKirche, CCXXXI.
— Spital-Kirche, CCXXXI.
— Jacobs-Kirche, CCXXXI.
— Univerfitäts-Kirche, CCXX.
— Landhaus, CCXLIV.
Joachimsthal. Kirche, CX.
Intonga Jacob, CCVIII.
K.
Kaaden, Heiligerthurm, CXI.
— Franciscaner-Kirche, CXI.
Kammerlacker Hans, Lederer, CC.
Karner Valentin, Bauauffeher, CXCIX.
Kasler Jörg v. Boymond, CCXXXV
Katsenflein (Ruine), XCVI.
Kham, CCVI.
Khevenhiiller Wolf Georg, Freih., C.
Kholmuet Cafpar, Baumeifter, CCVII, CCVIII.
Khrctfchmayr Bartlme, Baumeifter, CCVII.
Kirchdorf, Grabmale, CXIII.
Kirchner Gregor Wilh. v., XXVI.
Klaus, Grabmal des P. Chr. Praunfalk,
< < XXXVIII.
Kloßerneuburg, CLXXXVII.
— Emailkäftchen, CLVII.
Kloßerneuburg, Grabmal, CCXLIV.
Kollonitfch Ferd., Gral, (XXVIII.
Komotau, Dechantei-Kirche, CX.
Königsberg Wolf, CXXXI.
Königs/aal, Madonnenbild, XXIII.
Kößenberg, Glocken, CLXXXIV.
Koudelov, Funde, XXXIX.
Kraimqfer Rupert. CCXXIII.
Krdkau, Domfehatz, t
— Dom, Konigsgräber, LVII.
Kramelhofen, Glocke, CXIX.
Kraftfeld. Glocke, CXIX.
Kratsau, Kirche, CXLIX.
Kraufshaar Hans, Baumeifter, CCXIII.
Kremfier, Funde, CLXXXV.
Kremsmünfter, Botula, CLVIII.
— Emailkäftchen, CIA I,
Krefs Chriftoph von, CXXXIII.
— v. KrefTenftein Chrift., XIX.
Kreuz, Befeftigungen, CCIII.
Krtina, Fresken, CCXXXVIII.
— (Krain), Kirche, XCYI.
Kunctic, Ruine, CXX.
Königsberg Marie v., XLVII.
— Urfala v., XLVU.
- Magdal. v., XLVI.
Kurzweil, Schloß, CCXVIII.
L.
Laa, Pranger, CLXV.
— Spital-Capelle, CLXV.
— Kirche, CLXIV
— a. d. T. Burg, CLXI.
Lack, Kirche, Schloß, XCIV.
Lalio Andre de, Baumeifter, CCII, CCIII,
CCIV.
— Domencio de, Ihr. röm. k. Maj. oberfter
Baumeifter der niederöfterr. Länder,
CLxvm, cxcvin, cciy.
— Gianmaria (Hans) de, Baumeifter, CCI,
CCIV.
Lambach, eiferner Leuchter, CLXXIX.
Lamberg'khe, Grabmale in Böhmen,
CCXLVIII.
Lancio Marc Antonio de, Steinhauer, CCV.
— Mich. Pietro de, Steinhauer, CCVI.
Landeck, Funde, XXXV.
Langenbruci (Böhm.), Kirche, CLII.
— Meßkleid, LIII.
Langenmantel Joh. Seb. v., XCIX, CXXXII.
— f in Siena, CXXXI.
Lanßorfer Sigmund, Hofzimmermeifter,
CCVIII.
Lasaro Batifta, Baumeifter, CCVIII.
Leifers (Tyrol), Kirche, CLXXI.
Lenzendorf Sigmund, Schmied, CCIX.
Leonhart, Maler, CXCVHI.
Liebenau (Böhm.), Kirche, Peftfäule, CLII,
CLIH.
Lichtenau Joh. Friedr. v., XIII.
Lichtenftein Joh. v., Grabmal, CLXXVI.
— Ruine, XLV.
Lichtenwörth, (1. XXXVIII.
Liens, Kirchen und Rathhaus, CCXXXV.
Liens, Siegel, XLVIII.
Lilienfeld, Brunnenhaus, CXIX, CLXXXVIII.
Linz, Fund einer Silberplatte, CCXVII.
— Reftaurirung der Stailt pfarrkirche, CXIX,
CXX, CLXXXVIII.
IJtamum, LXVIII.
Löffelholz J. Seb., Grabmal, XCVIU, X< IX
Löffler G., Gießer, LIV.
Loiben, Grabmale. CCXLI.
Loneium, LXVIII.
Leonhard, Tifchler, CXCIX, CCI.
Loxan Katharina, CCXXXI.
Lutz, Hanns, Meifter, CCXXXII.
M.
Maderini Andre, Baumeifter, CCVI.
■nenbilder, alte, in Böhmen, XX.
Maffersdorf, Kirche, CLL
— Holzfiguren, CLII.
Maja, LXX.
Mamolo (Mämol), Giovani. Steinhauer,
CCXIII.
Marbl (Marmofo), Franz, oberfter Baumeifter
der windifchcroatifchen Gränze, CCVI,
CCX.
— Hans, Baumeifter, CCVII.
— Jacob, Baumeifter, CCVIII.
Marburg, Befeftigung, CCI.
— Reftaurirung des Domes, CX.
Marcelliana Yecchia, Funde, CLXXXI.
Marconi Albrecht, oberfter Baumeifter der
windifchcroatifchen Gränze, CCXII.
Maria mit den drei Rofen, LIII.
— Saal, Glocken, CLXXXIV.
— Fresken, CCXXXIX.
— Bilder-Reftaurirung. XLV.
Marienberg, Stift, CCXXVII.
Maretsch, Schloß, LXVII.
Martin, röm. k. Baumeifter, CXCIX
Martinelli Erh., XXX.
Martinas Joh. v., CXXV.
Matrejum, LXTX.
Matfch, Ulrich v., Todtenfchild, CCXXVII.
Mauern (Tyrol), Schwertfund, CLXX.
Maurus Cornelius, landfehaftlicher Bau-
meifter, CCXVI.
Meilen/lein, röm., in Gurkfeld. LXXXIV.
— röm., in Wien gef., XXX.
— röm., bei Wien, XXXI.
Meran, Pfarrkirche, CCXXXIV.
— Spitalkirche, CCXXXIV.
— Siegel, XLVIII.
Merfeldt Hermann, CXXVIII.
Meri Georg, Baumeifter. CCXI.
.l/<;^7i<WA,Wernherr v., Grabmal, CLXXV1I.
. gef. in Perjen, XXXIV.
Metnitz, Glocke. CXIX.
Miniaturen in Böhmen, XX
— im Krakauer Codex, i.
Minning, Grabmal. CXI.
Mitterndorf-Kaltem, CCXXXV.
Mitterdorf (Krain >. Kirche. XCV.
Mittermaier Sebaftian, Schloffer, CCI.
CCLIV
.hauer,
XCV.
Bfchenao Gabr. XV
Joh. Adam v. XV
X X .
•r:. CCX]
.. in Ober-Laibach
N.
Kemhard CXXVI1I.
tfend* e. LVD
CXXXL
Xenhat - XIV.
— Hermine von. XLVI.
Johannes -Kirche. CXVI
\ 1.
Nenneck Conrad t.. CXXVIII. CXXXIV
Böhmen ^ Kirche CLL
— Glocke. CLI
fumnm, LXX.
Joh. v.. Grabma:. CXLIX.
mit*, präh. Funde XXXVL
Funde. CLXXXV.
ns, CCXXV.
< >.
M uierfnnde, Uli.
Laibach, Funde. CXLIII
— Thalheim, Grabmale CLXXVIU, CXI]
Funde. LXXI.
— .-.mcn. Kirche <_'L.
— -Wittig'. Glocken. CL.
um LXX.
Kirche, LXWII.
ttmrg Sebaft.. CXXVIU.
Ofserumb Chriftoph, Bergknappe. CCIII.
Offiuli. Glocken CXIX
Ottmanack, Glocken. CXIX.
Paraeca Jacopo. Steinhaucr. CCL
Parcker Kalpar. Bergknappe, CCIII.
uüc, Taufbecken CXIV.
Parenzo, Dom. XXXII.
Per ■ iiaumeifter CCYTI
Parthenum. LXIX.
Aleffandro de. Oberfter Baumei-
fter der windifch-croatifchen Gränze.
CCXI.
rien), Funde. CLXXXV.
Pernkard, röm. k. Maurer, CCI.
-ftio, Bau-Superintendant. CCVI.
Pe/ehku Andr., Steinätzer. III.
Perjen, Funde. XXXIV.
'. f'rovianthaus. CCVIII
— Befeftigungen, I
Orlando, CXXVIII CXXXII.
Thomas, Bürger in Rottenmann.
WH.
Bau-
meifter I VII
. etro Antonio di, Steinhaucr
Pina Antonio de. Baumeifter C ( III.
Chorgeftühle. (. LXXVI liehe Zara.
Pirckin. \V:::ib.. fein Grabmal CX1I
S v IX
. -ns v.. Baumeifter. CCIV.
X.
Pbeabelli Philibert, Bildhauer. CCXU.
i ranz de. Baumeifter. CCVIII.
XXL
— Fundament Bloslegung der Porta aurea,
XXV.
Seifr. v.. CXII.
ifimit v., Grabma!. CLXXVIU
Giovanni Pietro de. Hofkammermaler,
Baumeifter und Feftungs-Ingenieur
Wenzel v., BrunnenmeilK
Fem Drnfi in Tyrol, LXV.
'.•j, '/Franz v.. CCVUI
Reiff Antonio de la. Bau-
meifter. CCI, CCIII.
— de Battifta de la. Baumeifter und Stein-
hauer. CCVI-
— de Benedict de la, Baumeifter. (
— de Domenico de la, Baumeifter. t C [V.
— de Giovan Ange'.o de la, Baumeifter.
VII.
Tacob de la, Baumeifter
— de Paul de la. Baumeifter. CCVII
— de Veit de la, Baumeifter. CCVH.
-Michael. Ingenieur- A jjuncl. CCXV.
r . Funde. XXXVII.
— Wallburg. XXXVI.
Dombau, Staats-Subvention XW1II.
— Dom-Sacriftei, Madonnenbild. XXIV.
— St. Valentin. Kirche XXXVII
— Teyn. Madonnenbild. XXIV.
— Stephans-Kirche. XX
— gothifche Capelle im Haufe 144 XL1V.
— Springbrunnen. LIV
— Carolinum-Capelle. CXX
— Belvedere. 20.
— Burg, altes Befchläge. CCXLIII.
— Funde. XXXVH.
Pranger in Laa. CLXV.
Prapr. . VII.
V Ulrich, CXXXII.
Pfarrkirche. CCXXXVII.
Purflenäorf Kirche. CCXLI.
R.
bürg, Ungarthor. CCWI1.
— Befeftigung. CCI CXCIX.
— Rathhaus. geätzte Tafe'. III
nde. CLXXXV.
— Siegel. CCXL.
i, Dominicaner-Kirche 1 XIX
Raigern. Eifenarbeiten. CCXLHI.
I XX.
Bauten. CCIII.
. VIII
Sl EmeranKiofter.il.
- loc cxLvm.
— Decanats Kirche. CXWI1
— Kreuzkirche. CXLIX
— Rathhaus, CXLWI
Rcickenberger Bezirk. Denkmale im CXI. VII
.ehe Porta de K
u';.>ar. Mechaniker CCIX
■ arium in Unterinn, LVI.
Reun. geätzte Tifchplatte. II V
-Mechaniker, CXCVIII.
• XXVII
WH.
\ntonio, Baumeifter. CCIII
.. Funde. CCXLVIII.
fiehe Porta de Riva. CCVII.
— Inviolata-Kirche <_LXXX1X
. Kirche CXX
Rochlitz, Kirche. CLI
Romi/che Straße bei Pifino. CLXXIII.
— Caftelle in Tyrol, LXI
Ro/enierger Chrift . XXVI
Rudi Conrad, XHL
iP«</Thom Di CXXXL
XVII CLIX < LXXXDC,
XXII.
Saar, Pfarrkirche. CXV1II
Sabioiu. LXWII.
Klofter. LIV
— Sabione, LXVI1I
ki v. Sloupa Vaclav. Grabma
C LXXVI.
Saifnitz, Glocke CXIX.
na, Grabungen XXXIII t XV
danzenfund, CCXLV.
..par. Baumeifter. CCXIH,CC XIV.
urg, Dom. CCXXH CCXXIV.
— Dom. ReftaurirungdesPflafter- XXXIII.
— der alte Dom LXX.XI.
— Gabriels - Cape!.-.-. CLXXIII
CLXXXVHI.
— St. Veits-Capelle bei St. Peter, LH.
— der grolle Brunnen. CCXXL
— Kirche in Mölln, CLXXXV.
— Auton Dario in, CCXXL
— Domfehatz. Columba CLVIII
St. Daniele, Funde. CLXXI.
St. Florian, alte Spielkarten, CXX
St. Leonhard in d. wind. Büheln. Kirche.
VII.
".harj im Lavantthale, Kirche, LIIL
St. Lorenten. Kirche. CCXXIX.
-ia, Funde. CCLII
St. Michael in Krain, Raubgräberei, LVII1.
St. Paul. Kreuz mit Emaiis. CLVL
St. Pauls. Kirche. CCXXXIV.
St. Peter im Holze. Funde. CHI.
St. Valentin. Kirche. CI.XXXV1IL
Sava Julius v. CCVIII
uiri AlciTaniro del Amadei, Bau-
meifter.
< CLV
Scamozy Vincenz, LXXXI.
Sc/iaan, röm. Helme, gel"., CLXXXIX.
Schaubergtr J. G, Bildhauer, CLXXXIII.
Scheffau, Kirche, CLXXXVIII.
Scheffln- F. N., Maler, CLXXXIII.
Schlittfchuhknochen, CCXLVII.
Sehlüjel in Stubenberg, (I 111
Schneebcrgcr Johann, CXXVIII.
J. Zach,, CXXXIV.
Schänna, Rundkirche, XLII.
Schonberg J. W., C.
Scln>;t v. Schottenftain Joh. W.. XIV.
Schrat Wilhelm, Grabmal, CCXLVII.
Schrei Joh., Grabmal, CCXLI.
Schro/en/leia, Fund, CLXXI.
Schrott v. Kindberg Sigmund, Grabmal
CXCVI1I.
Schwarz, 110, ig Karl, CXX1X.
Sc'hwaz, Fresken im Kreuzgange des Francis
caner-Klofters, CCXXXV11.
Sehwert, gef. bei Rankweil, CLXX.
— gef. bei Mauern, CLXX.
Sebeck Niclas, CI.X1II.
Sebatum, I.XV11.
Sebenico, Siegel, XLV1I,
— Dom, XXXII.
Sebenßein Grabmale, XI. \ I CCXXIX.
Segers Gugslein de, CCX1V.
Seilbahn auf den Grazer Schloßberg,
1 XCVIII.
Seitendorf, Holzkirche, XLIX.
Sehkau, Thurmabtragung, XLV.
Selge Martin, CXXIX.
Sybillen am Brünner-Teppich, CXXI.
Siegel von Bludenz, CXIV.
— von Brüx, XL VIII.
— von C'aslau, XCI.
— von Eibenfchütz, CXIV.
— von Kalkenau, XLYIII.
— Von Lienz, XLVIII.
— von Meran, XLVIII.
- von Neuhaus (Böhmen), CXIV.
— von Raudnitz, LI XL.
— von Sebenico, XLVII.
— von Simmering, CXIV.
— von Teltfch, CXIV.
— des Th. Auer, CCVIU.
— des Dom. Lalio, CCV.
— des Meifter Marbl, CCVI.
— des B. Marin, CC1X.
— des Meifter Martin, CXCIX.
— des Meifter Pernhart, CCI.
— des Hans v. Platz, CCIV.
— des Poniffitz, CCI.
— des Battiftä d. 1. Torre, CCV1I.
— des Vincenz Verda, CCVII.
— des Anton de Verda, CCVI.
— des Max Wening. CCVIII.
Siena, Grabmale deutfeher Studenten, VIII
— S. Domirico-Kirche, IX.
Silberplatte in Linz, gefunden, CCXVII
Simmering, Siegel, CXI\
Silva Bartolomeo de, Baumeifter, CCVI,
CCVII.
XIII. N. F.
Slapanic (Mähren), präli Funde, CLXIX
Solari, Santino, LXXXI.
Sollar Antonio, Baunn Hei C< XIV.
u, II, im,,, C( \l.l\ .
, Klofter, CCXXIX.
lio, Baumeifter, C( IUI.
S/>alalo, Domthurm, CXIX.
- Mufeum, XXXIII CXIX.
| Spalato, Fund in einem Bifchoffarge,
LXXW II
Spanberg, Kirche, CCXLI.
Späz J. P., CCXXIV.
uter, \y .
Spielkarten, alte, aus Wien, CXX.
in St. Florian, CXX.
Staphylus Joh., XII.
Staryhrad, Funde, CIX, LX
Steinätzungen, ältere, in Steiermark, I.
Steigenburger Wolfg., CXXIX.
Stelzer Franz, XXVII.
Stelzling, St. Peter, CLXXXVIII.
Slerzing, Rathhaus, CCXXXII, CLXXV,
CLXXXIX.
Steygenberger Ceorg, CXXXIII
Steyr, Tlnirm an der Pfarrkirche. CXIX,
CLXXXVIII.
Stier Martin, k. Militär- Ober - Ingenieur.
CCXIV.
Stißfchilde, fiehe Todtenfchilde.
Strahov, Madonnabild. XXI\
Straßenzüge, röm., in Krain, CVII.
Straznic, Funde, CCXXVI.
Stubenberg, Ruine, CLIII.
Studenten- (deufche), Grabmale in Siena. VIII.
Sublavione, LXVII.
Su!,,,. Kirche, XCIV.
T.
Tabor, Stadt-Chor, XXXVIII.
'/'"Je Battiftä de, Baumeifter, CCIV. CCV.
— Marco Dionifio de Baudria, Hofbau-
polier, CCIV.
— Peter de Baudria, Baumeifter, CCIV,
CCV.
Taller Hans, Kriegs-Ingenieur, CCX,
Tamsweg, Kirche, CLXXXVIII.
Tannendorf, Holzkirche, LI.
Tarnow, Kathedrale, CXIX.
Taufbecken inPardubic, CXV.
laufers im Münfterthale, CLXXXVH.
Taufkirchen, Grabmal, CLXXVII.
Taufflein zu Altmünfter, LVIII
Tentzl Simon, Veit, CCXXX.
Teltfch, Mähren, Siegel. CXIV.
Teplitz, Funde, CCXLVI.
Teppich im Brünner Mufeum, VI, CXXIV.
— im Mufeum zu Hildesheim. CCXLIX.
Teufel v. Guntersdorf, Georg, CXXX.
— v. Guntersdorf, Georg, C. C, (XXXI
— zu Gundersdorf, Michael, CXXX
Teußnbach, CXXIX.
— Franz, Freiherr v , X, CXXXII.
Teurnia, CHI.
Thanhaufen Georg, CXXIX.
Thau Gerhard, CXXIX.
TX.wW/ (Theobatti) Francesco, Baumeifter
der windifch-croatifi hen Gränze i l \
' CVI.
«i ■ Mi ifter, XXI
Thörl, Fresken, CLXXVI, CCXLV.
Thum am Hart, Schloß Römerftein
CLXXXI.
Tobt, Jagdfchloli, CCVI.
7W«-Ikonographic, CXX.W III.
nfchilde in Tratzberg Ci XXX
in Matfch, ('CXX VII
Topf gef. bei Kondelo> XI.I.
Batifta de la (Hans v. Thurn
meifter, CCVIII.
Torem Benedict v., Baumeifter, C( \ .
tto, Fund eines röm. Sarkophages
CLXXXVU.
Tratzberg, Schloß CCXXX.
Treiber Jörg, Schmied, I '
Treveno Martin, CXCIX.
— Valentin de (Trojan), Steinhauer. ( X( IX,
cci, ccn.
Concil-Kirche, CCXXXIV.
Trient, mittelalt. Caftell, CCCXIA
CLXXXIX.
- röm. Caftell, I.X1V.
— Dom, CLXXXVIU, CCXXXIII.
— Dom-Reftaurirung, XXXIII.
— Kirche, alle laste, XLV.
— grüner Thurm, CCXXXIV.
Marc Antonio (Truzi, Baumeifter
CCVIII.
Tulln, Karner, CLXXXVIII.
— ehem. Minoriten-Kirche, CLXX.W .
U.
i ngnad ^Hans Freih. v., CXCVIII.
Unierinn, Reliquiarium zu, LVI.
Urkunden-Verkauf, CLXXXII.
V.
Valnegro Peter, Hofbaupolier, CCX.
— Simon, Baumeifter, CCXIII.
Vafalio Antonio, Baumeifter, CCVIII
— Peter, CCVIII.
Veldidena, LXIX
Felis Leonh. von, CLXVIII.
Verbez Andreas, XVI.
Giovan Antonio de, Steinhauer und
Baumeifter. CCVI.
— Peter, Baumeifter, CCV I.
Via Claudia Augufta, in Tyrol, LXI, LXX.
in, St. Peters-Kirche (Krain , .\( VI.
I'iiitana Giufeppe, Baumeifter der win
croatifchen Gränze, CCVIII.
Vipitenum, LXIX.
Vlrunum, Funde. CCXLI.
Viscardo Bartolomeo, Baumeifter, I
CCIV.
Vifeber Georg Mathias, Geograph, CCXIV.
kk
CCLV1
eil.
der Leiden Geor^; I XXXV.
w
-.sbüflt in Breitenfurt XXVIII.
:. I , Kirche CLXXXVTH.
W. M lolzkirche. ( LXX\
I XL.
. im. Schürer v.. Johann, Grabmal.
; IX.
: Andr. v I < > XXIII.
. Baumeifter, CCVI.
lurg am Pracov, XXXVI.
U'ai. :n Thor!. CLXXVI.
— in der Kirche zu Krtina. XCVII.
— in Offenbach, LXVII1.
Georg, Mechaniker (.(.XIII
tVarasdtn, Befeftigur.i; I I I
XV.
iach Lhriftoph v.. Grabmal. CXCVIII.
.'/« Blafy de. CCIII.
Wening Max. Rothgießer, CCVIU.
Hans Albrecht, Baumeifter der
windilchen Gränze. CCXII.
Wermarfon Antonio, Steinhauer. C< IX
: runde. CLXXXIV.
XX
— Hans. Maler, CCXVIII.
Anton, f, IX
/('^/.«-Bilder in Runggelltcin. CLIX.
..."; ;r « XXXI.
— Lafpar Freih. v., XI CXXXV.
-tephans-Kirche Staat> Subven-
tion zur Reftaurirung, XXXI II
I LXXXV11
— St. StephansKirche, Reftaurirungen,
XLVI
— Domfehatz. Emailtafel, CLVIII.
— Kirche zu St. Sebaftian und Rochu>,
• XX II.
Franciscaner-Kirche, LI.XXIX
— ehem. Minoriten-Kirche XLI\
3t. Peterskirche, Reftaurirung. X.XX1II.
«XIX ( I.XXXVII.
— Schotten Kirche. LLXXXVIII.
— öfterr. Mufeum. Madonnenbild. XXI
— Burg, Stickereien am Prachtbette der
Kaiferin Maria Therefia, CLXX.XYIII.
Ambrafer Sammlung, geätzte Tifch-
platte. III.
— Mariaftiegen Kirche, Reftaurirung.
XXXIII.
— Marien-Bild au< Karlftein, XXIII.
Wien - k.i r Uli ( XX
— Sammlung: Widter. LI. XXVII
— röm. Meilenftein. XXX
< -Neuftadt, Frauenkirche. LI. XXX
— Abtragung der Thürme, XXXIII,
LXIX
— alter Brunnen, LLXXX
Melternich Adolph, LT.
I. W. v., III.
nftein Sigmund, LXXX
•/, Funde, CLXXI.
— Karner. I CXLI.
aek, Relief, 18.
lim m/er Nie. XXI
hurg, L'hrift. Ulrich von, XIII.
— Chr. Ulr. v., Grabmal, CXXXVII.
z.
Zara, Dom, LXXXVII.
— S. Donato, Erwerbungen, LI. XXV
— Chorgeftühle. CLXXVI,
Zehentner Ferdinand, Miihlenmeifter,
( I XIII.
Zepu/ch Anton, Bauauffeher, CCVII.
Ziflersdorf, Maria am Moos Kirche. CCXLI.
ZSbing, Kirche, CLXLVI.
Zweite!, LI.XXXX III.
Druckfehler-Verbefferungen.
XII. Fig. 17 foll heißen: „Znaym" ftatt: „Eibenfchütz".
S. CLL Soll heißen: ..Rochlitz" ftatt: „Röchlitz".
S. CLIX. Sp. 2, Zeile 1 foll heißen: . gavein" ftatt: „gravein".
S CLIX. _ 2. . S von unten foll heißen: -vor dem" ftatt: .vor der".
LX. „ 2 - 15 foll heißen: .Wigalois' Kampf mit dem Wurm I'fetau".
S. CLXXV. Fig. 13—15 foll heiflen: ..Zara" ftatt: „Pirano".
XXVI. Notiz 100 foll heißen: .Minoriten-Kirche in Zara'- ftatt: „Collegiat-Kirche in Pirano'
S. CLXXIX. Zeile 16 foll heißen: „Fig. 21" ftatt: „Fig. 20 ".
XXIX. . 24 .Fig. 20" .. ..Fig. 21".
-~ ( I.XXIX. Fig. 21 „ „Admont" „ „Benfen".
XXXI Notii 109, Zeile 52 foll es heißen: . Correfpondent" ftatt: „Confervator".
-- I I. XXXIX. Notiz 132. Zeile 6 foll heißen: ..wehrhaft" ftatt: „wahrhaft".
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Aygystiner - Gasse
RÖMISCHER HELM, gefunden im Fürstenthume Liechtenstein.
Cembra.
Tafel HI.
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