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THE J. PAUL GETTY MUSEUM LIBRARY
MITTHEILUNGEN
DER
K. K. CENTRAL -COMMISSION
ZUR
ERFORSCHM& MD ERHALTMCt DER KUNST- UND HISTORISCHEN DENKMALE.
HERAUSGEGEBEN UNTER DER UEITUNG
SEINER EXCELLENZ DES PRÄSIDENTEN DIESER COMMISSION
D'' JOSEPH ALEXANDER FREIHERRN VON HELFERT.
XIX. JAHRGANG.
NEUE FOLGE
DER MITTHEILUNGEN DER K. K. CENTRAL-COMMISSION ZUR ERFORSCHUNG UND ERHALTUNG VON BAUDENKMALEN.
REDACTEUR: D*^ KARL LIND
WIEN, 1893.
IN COMMISSION BEI KUBASTA UND VOIGT.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
THE J. PAUL GETTY CSNltt
UaRARY
INHALT
DES XiX. BANDES DER MITTHEILUNGEN. NEUE FOLGE.
Seite
Helfert, Jofeph Alexander Freiherr v.. Drei Stadtpläne und
eine Stadtanficht vom alten Prag (Mit 3 TextlUuftra-
tionen) i
llg, Albert, Dr., Kunfthiftorifche Notizen aus Friefacli und
feiner Umgebung. 1 9
Giemen, Paul, Tyroler Burgen. I (Mit 4 Text-Illuftrationen) . 17
Hau/er, Karl Freiherr v.. Das Lavant-Thal 26
Crnologar, Conr., Die Pfarrkirche zu St. Martin bei Littai.
(Mit I Textllluftration) 32
Schnerich, Alfred, Dr., Die beiden biblifchen Gemälde-
Cyclen des Domes zu Gurk. I. (Mit 2 Text Illuftra-
tionen) 35
yeuny, Samuel, Dr., kaif Rath, Confervator, Bauliche Ueber-
refle von Brigantium. (Mit i Tafel und ig Text-Illuftra-
tionen) 44
Jelinek, Bfctislav, Zwei neuentdeckte Gräberftätten in Smol-
nic. (Mit 2 Text-Illuftrationen) 54
Valkel, Richard, Architekt, Der alte Dom zu Ohnüz. (Mit
I Tafel) 55
Majonica, Profeffor, Nachrichten über das k. k. Staats-
Mufeum in Aquileja. V 57
Prokop, Augiifl, Architekt, Profeffor, Das ehemalige Cifter-
cienferftift Welehrad (Mähren), i. (Mit 2 Text-Illu-
ftrationen und I Tafel) - . 62
Crnologar, Cotir., Die Pfarrkirche zu Treffen (Trbnye 1 in
Unter-Krain. (Mit 2 Text-IUuftralionen) 81
Hau/er, Karl Freiherr v.. Die Ausgrabungen zu Frögg
im Jahre 1892. (Mit I Textllluftration) 84
Untergaßer, J , Die Pfarrkirche von Gais im Pufterthale.
(Mit 2 Text-Illuftrationen) 87
Schnerich, Alfred, Dr., Die beiden biblifchen Gemälde-
Cyclen des Domes zu Gurk. II. (Mit i Textllluftration) Sg
Frimmel, Th., Dr. Die ober-öfterr. Landes-Galerie in Linz. . 94
Straberger , y., Fund einer römifchen Töpferei bei Heipfau.
(Mit I Beilage, j 99
llg. Albert, Dr., Kunfthiftorifche Notizen aus Friefach und
feiner Umgebung. II. (Mit i Tafel) 100
Pippich, Ema7iuel, Gefammelte Daten im Laufe des fahres
1891 über einige hervorragende Baudenkmale im nord-
öftlichen Böhmen. I. (Mit 5 Text-Illuftrationen) 103
Pufchi, A., Römifches Mauerwerk, gefunden in Barcola. (Mit
I Tafel) 105
Franz, A., Alte Steinkreuze und Kreuzfteine in Mähren. (Mit
4 Beilagen) 106
Majonica, Profeffor, Nachrichten über das k. k. Staats-
Mufeum in Aquileja. VI 113
Romstorfer, Das Tataren-Denkmal bei Wama. (Mit i Text-
llluftration) 117
Giemen, Paul, Tyroler Burgen. II. (Mit 5 Text-Illuftrationen) 119
Schnerich, Alfred, Dr., Die beiden biblifchen Gemälde-
Cyclen des Domes zu Gurk. III. (Mit 4 Text-Illuftra-
tionen) 143
(Zufammen 14 Tafeln und 5 artiftifche
IViehl, A., Zwei Thürme der alten Stadtmauern in Prag.
(Mit I Text Illuftration und 4 Tafeln i
Majonica, k. k. Profeffor, Nachrichten über das k. k. Staats-
Mufeum in Aquileja. VII ,
Atz, Karl, Ueber eine alte Hausbemalung zu Grins im Ober-
Innthal
Frimmel, Theodvr v., Dr., Notizen über Werke von öfter,
reichifchen Künftlern
Crnologar, Conrad, Die Pfarrkirche U. L. F. zu St. Marein.
(Mit 2 Text-Illuftrationen I
Bulic, Direclor, Alt-römifche Tintenfäffer im Mufeum von
Spalato. (Mit 5 Text-Illuftrationen)
Prokop, Anguß, Architekt, ProfelTor, Das ehemalige Cifter-
cienferftift Welehrad (Mähren). II. (Mit 2 Tafeln)
Petter, Alex. Dr., Ein Nachtrag zu dem römifchen Grabfelde
am Birglftein in Salzburg. (Mit 7 Text-Illuftrationen) . . .
Waßler, yofeph. Die Verweifchung der Baumeifterzunft in
Graz im XVII. Jahrhundert
Giemen, Paul, Tyroler Burgen III. (Mit 20 Text-Illuftra-
tionen)
Benak, v., Dr., Ueber neuefte Funde zu Wels. (Mit 1 Text-
llluftration)
yelinek, Bretislav, Funde aus den Bronze • Schmelzöfen in
der „Sarka" bei Prag
llg. Albert, Dr., Studien in der ehemaligen Ciftercienfer-
Kirche zu Neuberg in Steiermark
Schnerich, Alfred, Dr., Die beiden biblifchen Gemälde-
Cyclen des Domes zu Gurk. IV. (Mit 4 Text-Illuftra-
tionen)
Nedler, Emil, Die Kirche zu Höflitz bei Benfen in Böhmen.
(Mit I Text-IUuftration)
Pippich, Emanuel, Gefammelte Daten im Laufe d. J. 1S91
über einige hervorragende Baudenkmale im nordöft-
lichen Böhmen II
Rosner, K, k. k. Baurath, Klofter Rofa coeli in Kanitz und
Burgruine Boskovic. (Mit I Tafel und 6 Text-Illuftra-
tionen)
■tephowski, yoseph v., Dr., Profeffor, Särge zweier polnifcher
Königinnen aus dem kaiferlichen Haufe Habsburg in
der Königsgruft am Wawel-Berge zu Krakau. (Mit 2
Beilagen)
Tom/tiewicü, Stanislaus v., Dr., Gothifche Holzgegenftäude
der kirchlichen Kunftinduftrie in Weft-Galizien. iMit
1 1 Text-Illuftrationen)
Notizen. Nr. i — 38. (Mit 13 Text-IUuftialionen)
Notizen. Nr. 39 — 74. (Mit 13 Text-Illuftrationen und i Tafel)
Notizen. Nr. 75 — loq. (Mit 5 Text-Illustrationen)
Notizen. Nr. iio — 159. (Mit 32 Text-Illuftrationen und
I Tafel)
Druckfehler-Verzeichnis
Regifter ,
Beilagen und 173 Text-Illuftrationen.)
Seite
150
'51
■55
158
160
IÜ4
106
170
'73
177
199
20I
205
21 I
218
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05
129
185
257
258
Fig. 32. (Wien, ehem. Minoriten-Klofterhaus, f Notiz 15S.)
Drei Stadtpläne und eine Stadtanficht vom alten Prag.
Von yofefh Alexander Freiherr v. Helfert.
[AS Verdienft und der Ruhm, für die böhmifche
Gefchichtfchreibung eine neue Aera begrün-
*3! det zu haben, ifl Franc Palacky für alle Zeiten
gefichert. Gleichwohl ifl die hiftorifchc Forfchung feit
feinem epochemachenden Werke in drei Richtungen
über dasfelbe erfolgreich hinausgegangen. Palacky hat
feine Darflellung als größtentheils auf Urkunden und
liandfchriftlichem Materiale aufgebaut bezeichnet; er
mußte aber in der Vorrede zum I. Bande bekennen, dafs
auf diefen jene Bezeichnung wohl nur zum mindern
Theile zutreffe, da er es hier mit der altern, alfo von
Documenten folcher Art theils ganz baren, theils minder
bedachten Periode zu thun hatte. Nun wurde aber gerade
für jene urkundenlofe altefte Zeit durch die feitherige
Forfchung Ueberrafchendes zu Tage gefördert. W. W.
Tomek \\2l\. in feiner gediegenen Gefchichte der Stadt
Prag, deren erfterBand jüngft in zweiter vermehrter und
verbefferter Auflage erfchienen ifl, über die altefte Ge-
walt diefer Metropole neues Licht verbreitet und die
weitere Entwicklung, die Gefchicke, die Zuflände und
Verhältniffe derfelben einer fo forgfältigen umfaffenden
und erfchöpfendcnErgründungunterworfen, dafs daraus
auch die allgemeine Gefchichte des böhmifchen Lan-
des vielfeitigen Gewinn zog. Anlehnend und an-
knüpfend an Tomek's Forfchungen hat Dr. Hermene-
gild Ritter Jirecek v. Samokov ein früher mindeftens
nicht mit folcher Sicherheit und Klarheit gekanntes
Bild des mittelalterlichen Böhmen als einer Waldvefte,
die ihre beftimmten Eingangswege und Landespforten
und bei diefen eine eigene Bewachung hatte, ent-
worfen.'
Sowohl Tomek's als JireceUs Gebiet ifb, wie aus
diefen Andeutungen zu erfehen, das gefchichtliche
Böhmen, wie auch die Quellen, aus denen fie fchöpften,
die Anhaltspunkte, die ihnen zurStütze dienten, hiftorio-
graphifchen Charakters find. Ein durchaus neues Gebiet
eröffnete fich wie für alle andern Länder fo auch
für Böhmen durch die Prähiflorik, deren fich zuerft
der damals nicht mehr ganz junge Erazim Wocel,
der Vater der böhmifchen Alterthumskunde, bemäch-
tigte. Nach ihm hat fich eine ganze Reihe von For-
fchern eingefunden, welche das vorgefchichtliche Fach
mit Eifer und von Jahr zu Jahr fich häufenden Erfolgen
pflegen. Es mögen hier nur einige, die befonders die
Gegend um Prag in Unterfuchung gezogen haben,
genannt fein: Dr. Stephan Berger, Dr. Johann Nep.
VVoldrich, Dr. Jofeph Ladislav Pic, Moriz Lüßner,
Bi'etislav Jelinek, Dr. Lubor Niederle; fie find "oder
waren (Lüßner f 3. November 1891) zumeift Mitarbei-
ter unferer „Mittheilungen". Stephan Berger ift zu-
gleich Sammler und rivalifirt als Privater in diefer Rich-
' S. auch meinen Auffatz; Ein geogr,->phirches Bild vom alten Böhmen in
Mitth. d. k. k. Gcogr. Gef. 1867, S. 1 — 6.
XIX. N. F.
tung mit der reichen Sammlung des böhmifchen
National-Mufeums.
Eines der bisher gewonnenen Ergebniffe, das fort-
fchreitende Forfchungen ftets verftärken und vervoll-
ftändigen, ill; für die allgemeine Landesgefchichte von
großer Bedeutung. Es ftellt fich nämlich heraus, dafs
in vorgefchichtlicher Zeit wohl keine Gegend Böhmens
von Anfiedlungen dichter belebt war, mit Fundftätten
aus alten Perioden, in die man die vorgefchichtliche Zeit
zu theilen pflegt, reicher befäet ift, als jene Landfchaft
um den Unterlauf der Moldau, wo fich die Mies-Beraun
mit ihr vereinigt. Am linken Moldau-Ufer von der
Königsfaler Gegend bis an den Zakolaner Bach, am
rechten von Modfan bis hinunter nach Pfemysleni
findet fich kaum ein heute bewohnter Ort, deffen
aufgewühlter Boden nicht Zeugenfchaft von uralter
Bewohnung diefer Stätte ablegte und nicht ein wich-
tiges Glied in der ununterbrochenen Kette fortfchrei-
tender Cultur abgäbe.' Dafs im Mittelpunkte diefes
Umkreifes Funde folcher Art am feltenften gemacht
werden, erklärt fich aus dem Umflande, dafs gerade
hier eine auf nahezu taufend Jahre zurückreichende
Erdbewegung ftattfand, wobei die älteften Fundftätten
vorlängft durchwühlt und zerftört und die damit ans
Tageslicht gebrachten Ueberrefte und Trümmer, auf
deren Bedeutung niemand achtete, verworfen und
verloren wurden.
Wir haben uns aber gewifs diefen Mittelpunkt,
alfo die Stätte des heutigen Prag, als den vorzüglich-
ften Punkt des ganzen Gebietes zu denken, um welchen
herum fich die entlegeneren Anfiedlungen als denHaupt-
fitz gruppirten. Die Sage läßt die Prager Burg vom
Vysehrad aus gegründet werden; es ift aber fehr die
Frage, ob nicht das Verhältnis umgekehrt war, da nach
Woldrich's Darfteilung am linken Moldau-Ufer viel
ältere Funde \-orkommen als am rechten. Sollte nicht
Prag fchon viele Jahrhunderte vor der Zeit von Pi^emyfl
und Libusa Fürftenfitz gewefen fein? .Sollte nicht fchon
' Profeffor IVoldrich war fo freundlich, mir eine Ueberficht der in dem
oben angedeuteten Umkreife von Prag gemachten prähiftorifchen Funde zufam-
menzuftellen, von welcher ich mit feiner Erlaubnis an diefem Orte Gebrauch
mache. Es gehören hieher zunächft die Jieolithi/chen Funde von Rivnaö, von
Roztok. von Pfilep, vom Hradist' in der Särka, von Litovic, Jenec, Bubentfeh
CBubny), unterhalb des Petrin ^Smichov KarlsgalTe), neben dem Vidovel-
Berge. von Hlubocep. Reporyje, Stfehonice, von der Kotlafka bei Kosif. bei
Premysleni, auf dem Hradist' Zamky bei Bohnic, von Kobylis, bei der Bala-
benka und Kotlaska, bei Hloupetin, Kyje, ^iikov, vom Bache Botic, von
Mecholup, Dobfichovic. Unter-Krc, vom Hradist' bei Modfan, von Libus u. f. w.
.\us der Metallzeit, und zwar von der Bronze Zeit und Hallßatter Zeit .?nge-
fangeu bis in die jüngfte Zd- 7f«^ Zeit; die Funde vom Rivnäc, Kamyk, Zatov,
Roztok. Unetic, Pfilep, Stativnic. Lichoceves, Podbaba, Ovenec, Särka. Vokovic,
Repy, Hoftivic, Bubentfch. Smichov, Cibulka.bei Kosif, Pfemysleni, Zämky bei
Bohnic, Troja, Liben (Liben), Vysocan, Zizkov, Nusle, am Bache Botic,
Zäbehlic, Bränik, Ober-Krc, Kunratic, von Slup in Prag u. f. w. Aus der Nach-
Latene- und /Ver/«jiy?:(/r« Zeit (Burgwall-Typus-Zeit) ; die Gräber von HoUibic.
die Funde von Levy Hradec, die Urnengraber von Vysocan mit Wendenfibeln.
die Brandgräber von Podbaba, die Funde vom Hradiste Butovic, die Skelet-
gräber von Stodijlky, die Funde auf dem Vysehr.id, die Skelelgräber von
Panenskä, die Funde von Kucanda in Prag, die Skeletgräber von Hrädek
in Prag (Neuftadt), Slup u. f w. Einzelne der genannten Stätten waren von
der neolithifchen bis tief in die gefchichtliche Zeit befiedeU.
I
Maibod s „Burg und Stadt =i regia castellumque" an
diefer Stelle zu fuchen fein? Die Ableitung des Namens
Prag von präh (Thürfchwelle) ift von den Philologen
längft verworfen; aber auch jene von praziti (rollen, aus-
brennen), was fich auf eine durch Feuer gelichtete
Waldflätte deuten ließe, ift kaum zu halten. Sollten
nicht vielmehr, wie Jirecek meint, die in den verfchie-
denflen von dem europäifchen Urvolk bewohnten
Gegenden vorkommenden ähnlichen Ortsnamen einen
viel weiter zurückreichenden Fingerzeig abgeben:
Ptolemäus erwähnt im 2. Jahrhundert nach Chrifto ein
Bragoduriim an der Donau in der Gegend von Ulm.
Die Vorftadt Praga bei Warfchau ift bekannt; ebenfo
werden gegenüber von Chocim am Dnjeftr zwei Ort-
fchaften Praga genannt. Man erinnere fich an Braga
Stadtbücher und die in denfelbcn enthaltenen Verkaufs-
Urkunden über flädtifchen Befitzwechfel, weil darin
nicht blos, wie fich von felbft verfteht, das betreffende
Haus oder Grundflück, fondern häufig auch der an-
ftoßende Nachbar oder die zu beiden Seiten gelegenen
Befitze genannt waren, fo dafs allmälig die ganze
Folge der aneinander gereihten Häufer, alfo die Gaffen
und Plätze zum Vorfchein kamen. Es war dies eine
unfagbar mühfelige Arbeit, die volle neun Jahre 1866 bis
1875 einer unermüdlichen Bienenarbeit in Anfpruch
nahm.' Allein der Gewinn war ein unfchätzbarer, weil
fich bei dem Mangel aller zufammenhängenden älteren
Häufervcrzeichniffe und Stadtpläne aufdiefem urkund-
lich fiebern Wege ein vollßandigcs Bild Prags im 15.
ja im 14. Jahrhundert, und von da rückwärts gehend.
Alte
Fig. I. (I'iag 1200.)
(Bracara Augnßa) in Portugal. Am jonifchen Meer, der
Südfpitze von Corfu gegenüber, liegt die Fclfenfeftung
Parga, das idcntifch mit Praga angenommen werden
kann, weil derlei Buchftabenverfchiebungen, gerade
beim Mitlaut r, häufig genug vorkommen: yI/rt;-mora-
Mcer italienifch mare-di J/y^mora; 4f/-/gent italienifch
G"/>genti.
+ *
*
Es wurde eingangs der großen Verdienftc Totnck's
um die Gefchichte Prags gedacht. Nachdem er den
crflen Band feines Werkes vollendet hatte, drängte fich
ihm das Bedürfnis auf, vor allem die Topographie des
alten Prag nacli Tliunlichkeit bis in alle J'jnzclheiten
feftzuflellen. !•> hielt fich für diefen Zweck an die alten
wo die Urkundenbeweife fpärlicher find, ein beiläufiges
früherer Zeiträume entwerfen ließ.
Letzteres hat Toinck für zwei iillere Perioden
verfucht: I. Für den Eintritt des 13. Jahrhunderts vor
der Umwallung und Ikfefligung der Alllladt Prag
unter König Wenzel I.; II. für die Zeit Ka'l IV. und
zwar für das Jahr 1348, wo von diefem grolien 1 lenfeher
die Neuftadt Prag gegründet wurde, alfo unmittelbar
vor diefer wefentlichen Erweiterung der Stadt.
I. Prag um 1 200.
Das i)eifolgende Kiu'tchen gibt in etwas verkleiner-
tem Maßftabe die Haupttheile des 7'öwc'/(r'fchen Planes,
' Znkliuly icircho mistopisll Pr.izskelii) ; 4I" 1866 I. ä88 S., 1870 II.
356 S., 1872 III— V. 253 S. 1875, Rcgifter 187 S.
fo dafs weftlich der Stiahov und die Höhe des Petrin,'
heutigen Laurenziberges, füdwarts der Vysehrad und
deflen Unterftadt, oflwärt.s der Pofi'c außerhalb des
Rahmens unferer Wiedergabe fallen.^
Erläuterungen zu dem Kärtchen. (Fig. I.)
I. St. Georg. 2. St. Veit. 3. Furllenfchloß (Palas).
4. JJurggraben.
Gegen den Fluß hin lefen wir den Namen Opys
oder Opus; fo hieß und heißt wohl noch heute der in
ziemlich rafcher Senkung gegen das linke Moldauufer
fich hinabziehende Rücken, lateinifch cauda urbis (i. e.
civitatis, castri), iiberwelchen von derBurg einfchmaler
und fehr fleiler Fußweg zum Fluße führte (heute die
fogenannte alte Schloßftiege).'' Unterhalb füdwarts
der Burg lag die linksufrige Unterftadt, suburbium,
podhradi. Von den kleineren Anfiedkuigen, die auf dem
Boden der heutigen Kleinfeite beftanden, Nebovidy,
Travnik (na travnicku := auf dem Grasplätzchen), Oujezd
hat fich bis heute nur der letztere Name für einen
ganzen Stadttheil, der erftere etwas xerftümmelt für
den füdlichen Hang des Laurenziberges ^ Nebozizek,
Hafenburg erhalten. Außerhalb des Oujezd, wo heute
die Vorftadt Smi'chov, finden wir ein Kirchlein zu
St. Johann dem Täufer, das erfb in jüngfter Zeit abge-
brochen und dem Boden gleichgemacht wurde. Unter-
halb der heutigen Infel Kampa hat es in älteften Zeiten
noch eine oder zwei Infein („Ostrov" auf dem Kärtchen)
gegeben, die fpäter entweder vom Waffer weggeriffen
wurden oder fich verfandend mit dem linken Ufer ver-
bunden haben.
5. Marien-Klofter (nachmals Maltefer-Klofber und
Kirche) nächfl der Infel Kampa und der alten Judith-
Brücke
Ueber die letztere fchreiten wir nunmehr auf das
rechte Ufer: 6. St. Gaftulus. 7. Marien-Kirche am Teyn.
8. Lagerhaus am Teyn (heute „das alte Ungeld").
9. St. Michael (aufgehoben). 10. St. Clemens. 11. St.
Aegidi. 12. Mühlen. 13. St. Johann (nicht mehr befte-
hend). 14. Rund-Capelle zu St. Andreas (verfchwun-
den). 15. Rund-Capelle zum heil. Kreuz (noch heute in
der Poftgaffe). 16. St. Stephan (verfchwunden). 17. St.
Martin (ebenfo). Südwärts von St. Martin gewahren
wir einen anfehnlichen Beftand Aujezd sv. Martina, den
1178 P'ürfl Sobeflav II. der Kirche am Vysehrad ge-
fchenkt hatte, und der zugleich eine Freiftätte war;*
die häuferlofe Gegend nordöftlich davon hatte wahr-
fcheinlich nach einem heute verfchwundenen Bache
Skytina ihren Namen. 18. St. Michael (verfchwunden).
19. St. Adalbert. 20. Mühlen (nächftder heutigen Färber-
oder Sophien-Infel). 21. St. Peter-Klofter von Zderaz
(aufgehoben). 22. St. Wenzel am Zderaz. 23. Brunnen
Pucka (wahrfcheinlich die Quelle, die heute noch das
St. Wenzelsbad fpeift). 24. Rund-Capelle zu St. Stephan.
Oflwärts von dem Zderazer Klofter auf dem offenen
' Cosmas: „australi e.\ latere latus mons nimis petrosus, qui a petris
dicitur Petrin, supereminet loca."
- Einen wichtigen Behelf für diefe ältefte Periode bildet das neucfte
Werk yirei^ei's, Antiquae Boliemiae usqiie ad e.vitum saeculi Xllmi Topo-
graphia historica. Vindobonae Pragae MDCCCLXXXXÜI; vgl. dafelbft die
Artikel Praga p. 106 — 118 und Vysegrad p. 16S — 170.
^ Cosmas: ioo2r (Polonis) „fugientibus per praeruptatn viam^ quod vulgo
dicitur per caudam urbis, in arla posterula prae angustia exitus innumeris
oppressis".
* 1187. „De circuitu qui vocatur S. Martini et est canonicorum Wisse-
gradensium in suburbio, omnis utilitas culparum super homines canonicis
conceditur**; ytre^ekTo-p. bist. S. 115.
Räume zwifchcn dem Prager und Vy.sehrader Subur-
bium (mezihrad!; wurden die famftägigen Wochen-
märkte gehalten, der fpätere „Viehmarkt", heute
„Karlsplatz".
Die auf unferem Kärtchen leichter fchraffirten
Stellen laffen fich als dazumal fchon ausgebaut, das
heißt mit Gebäuden befetzt, nicht nachweifen. Das
gilt namentlich von einem großen Theile der nach-
maligen Juden- heute Jofephftadt (Zide); dann von dem
Platze nächft der alten" Judith-Brücke, wo fich fpäter
das Klofler der Kreuzherren zum rothen Stern erhob;
endlich von der weftlichcn Seite des großen Markt-
platzes (trziste) im Mittelpunkte der alten Stadt, der
heutige ..Große Ring".
Zu unferer Rechten, am äußerflen Rande unten
auf dem Kärtchen, hieß die Gegend in iiltefler Zeit
„na rybnicku=:am Teichlein", in fpäterer „na bojisti =
auf der Walftatt", weil hier der Thronftreit zwifchen
den Fürften Sobeslav II. und Friedrich 1179 mit dem
Schwerte ausgekämpft wurde; die Gemahlin des fieg-
reichen Friedrich erbaute zum frommen Dank dafür
an diefer Stelle eine Kirche zu St. Johann Evangelift.
Der Name des Quartiers Opaiovice hat fich bis heute
in der Opatovicer Gaffe erhalten ; ebenfo der Name
Zderaz in dem noch heute fogenannten Stadttheile.
II. Prag IJ^S unter Karl I V.
Toinek's zweiter Stadtplan knüpft fich an das Jahr
1348, alfo an jene Glanzzeit, deren fich Prag unter der
glorreichen Regierung Karl IV. erfreute. Wir haben
hier drei Prager Städte vor uns: auf dem rechten
Ufer der Moldau die größere Stadt (vetsi mesto), auf
dem linken die kleinere Stadt (mensi mesto) und oben
nächft der Burg den von Karl IV. gleichfalls zur Stadt
erhobenen Hradfchin ^= Hradcany. Da zu einer Stadt
nach damaligen Begriffen Befeftigung mit Stadtmauern
und Stadtgraben, mit Thoren und Thürmen gehörten,
fo finden wir jede diefer drei Prager Städte nach außen
umwallt und umthürmt; die größere Stadt war dies
fchon feit König Wenzel I., etwa um 1235, die kleinere
Stadt feit ihrer Gründung durch Pfemyfl Otakar IL,
der Hradfchin felbffverftändlich erft unter Karl IV.
Um von der Burg zu beginnen, fo zeigt diefe
bereits ihren vollftändigen Ausbau (felbflverftändlich
nicht in der heutigen Geftalt) mit der AUerheiligen-
Capelle, mit dem St. Veits-Dom (dazumal allerdings
erft im Bau begriffen), mit den Domherren-Wohnungen
und dem Burggrafenamt (dvür purkrabi), dann weiter
gegen den Fluß den Opy.s mit Weinreben bepflanzt.
Gegen die weftliche Landfeite id diefer große Gebäude-
beftand außer dem älteften Graben durch einen zwei-
ten und einen dritten gefchützt; jenfeits des letztern
zieht fich der Hradfeiiin, der bereits feinen Ring (rynk)
hat, gegen das Strahover Thor (bräna Strahovskä) hin.
Auch die kleinere Stadt hat ihren Ring, deffen Mitte
das Rathhaus (radnice) und mehrere andere Gebäude
einnehmen. Außerhalb der mit einer Anzahl von Ver-
theidigungsthürmen verfehenen Stadtmauern der Klein-
feite zieht fich den Fluß aufwärts der jetzt fchon ftatt-
lichere Onjezd. Die Höhe des Peti'in krönt der Strahov
(Mons Sion) mit dem Klofter, zwei Kirchen und den
Nebengebäuden der 11 26 dort eingeführten Prämon-
ftratenfer. In feiner Nähe blickt aus einer Waldlichtung
von der Kante des Berges ein St. Laurenz-Kirchlein
4 —
heraus (davon der heutige Name Laurenzi-Berg); ein
zweites demfelben Heihgen geweihtes Gotteshaus
finden wir am Fuße des Berges nächft dem Maria-
Magdalenen-Klofter.
Im Fkiße gewahren wir zwifchen der Infel Kampa,
dann dem Oujezd und der Grasinfel einerfeits und der
größeren Stadt anderfeits zwei mächtige Wehre, die
das Waffer der Moldau ftauen und ihr dadurch eine
anfehnliche Breite geben.
Ueber den Fluß führt noch die alte Judith- Brücke ;
erft einige Jahre nach dem Zeitpunkt unferes Planes
follte fie durch eine Hoclifluth zerilört werden, 1352,
was einen neuen Brückenbau nothwendig machen
wird; der bauluftige und fchöpferifche Monarch wird
darauf nicht lang warten laffen.
Die größere Stadt hat ein fchon in der That
ftattlicheres Anfehen und verdient diefen ihren Namen
der um dreimal kleineren Stadt gegenüber ohne Frage.
Das Gefüge der Straßen und Plätze ift bereits ein feftes
und ifl: nicht blos in den Hauptumriffen, fondern felbft
in vielen Einzelnheiten feither bis auf die Jetztzeit fich
gleich geblieben. Die Zahl der Kirchen und geiftlichen
Körperfchaften hat fich feit 1200 vermehrt, wie über-
haupt der öffentliche und bürgerliche Wohllland im
Steigen ift.
Außerhalb der Stadtmauern den Fluß abwärts
finden wir den Porte gleichfalls vergrößert und er-
weitert. Er ift vorwaltend deutfches Quartier, eine
der Hauptgaffen ift „die deutfche = Nemeckä ulice".
Wir nehmen einen großen Garten des nächft dem
rechtsufrigen Ausgange der Judith-Brücke gelegenen
Spitals der Kreuzherren und dann nächft der Stadt-
mauer ein zweites Spital zu den heil. Johannes und
Jacob wahr.
Auch das Prager Siiburbiuvi gegen den Vysehrad
ift nun fchon viel mehr ausgebaut. Zu Füßen der
felfigen Höhe „na Skalkäch" breitet fich der Podfkal
(podskali) aus, der vier Kirchen hat: St. Johann, St.
Wenzel, St. Nicolaus und eine, über deren Namen die
Quellen unfern Gewährsmann im Stiche laffen. Jenfeits
des Botic-Baches au deffen linkem Ufer hieß die unmit-
telbar unter der Nordfeite des Vysehrad gelegene
Anfiedlung von altersher Psäre (diefer Name fowie
Podskali fchon auf dem I. Plane).
Der Vysehrad fclbfl hat feine alte Gellalt beibe-
halten, ift wohl auch im Innern, feit er aufgehört hat
ftändiger Fürftcnfitz zu fein, der Hauptfache nach un-
verändert geblieben. Wir finden auf dem Plane von
1348 nicht mehr öffentliche Gebäude, nicht nielir
Thorc und Pforten, wir finden keine andere Umwaliung
als auf jenem von 1200. Wenn man zu hören und zu
lefen bekommt, der Vysehrad habe in feiner Glanzzeit
nicht weniger als 13 Kirchen und Capellcn gehabt, fo
muß das nach Tomck's umfaffenden P'orfchungcn in
das Bereicii der Fabel verwiefcn werden, es wäre denn
dafs man die Seitcn-Capellen des .St. Peter- und Paul-
Domes und etwa eine und die andere Haus-Capelle des
Fürftenhaufes für befondere Gotteshäufer zählen
wollte. Nach unfercn Plänen, fowohl I. als II., liat der
Vysehrad außer feinem Dom nur noch die kleinere
St. Clemens-Kirche und die beiden Rund Capelien zu
St. Johannes-Enthauptung und zu St. Martin als fclb-
ftändige Kirchengebäude befcffen.
III. Prag bis zum Jahre 141 9.
Von 1348 an wuchs und hob l'ich die Stadt
von Jahr zu Jahr und wir können fie uns in iiirem
Innern mit all dem Schmuck und Reichthum ausmalen,
der fich feit Karl IV., des böhmifchen Königs und
römifch-deutfchen Kaifers Tagen, in der Burg, bei dem
Adel und der hohen Geiftlichkeit, aber auch bei den
Bürgern, die Juden nicht zu vergeffen, allenthalben an-
gefammelt hatte.
Die graphifche Darftellung Tomek's ilt hier in
jeder Hinficht eine wohlgegründete. Wenn fein I. Plan
zu einem großen Theile als ein Werk der Phantafie
aufzufaffen ift, welchem einerfeits nur fehr zerftreute
und vielfach unfichere Angaben in den Quellen, ander-
feits die fpätere Ausgeftaltung der einzelnen Stadttheile
als Anhaltspunkte dienten; wenn felbft der obwohl
reicher bedachte II. Plan noch einzelne Unficherheiten
und Lücken aufweift, fo befinden wir uns bei dem III.,
der aus acht großen Querfolio-Blättern befteht (das
neunte füllen die beiden älteren Pläne aus), auf durchaus
gefchichtlich gefichertem Boden. Er ift fiu" das Jalir 1419
angefetzt und wir haben hier die Gefammtanlage der
Stadt vor uns, wie fie Karl IV. gedacht und geplant
hatte, oder eigentlich die Lage der Vier Prager Städte,
da zu der früheren „größeren Stadt", der Kleinfeite
und dem Hradfchin feit 1348 die von dem großen
Monarchen neugegründete fehr ausgedehnte Neußadt
(nove mesto) gekommen ift. Da fich feither nicht blos
die Ausdehnungund allgemeine Configuration derStadt
als Ganzes, fondern in der Hauptfache auch die Anord-
nung der Plätze und der Gaffenläufe gleich geblieben
find, fo konnte Tomek feinem Entwürfe den zwifchen
1811 und 1815 vom damaligen Artillerie-Officier (Lieute-
nant, 1813 Ober-Lieutenant) Jofeph Jiittiier auf zwei Im-
perialfolio-Blättern ausgeführten „Grundrifs der könig-
lichen Hauptftadt Prag" zugrunde legen und feine aus
den nun fchon reichlich fließendcnUrkundenquellen ge-
fchöpften topographifchen Daten Haus für Haus, Garten
für Garten einzeichnen. Die einzelnen Befitzungen find,
um des Vergleiches willen, mit den jetzigen Haus-
numern bezeichnet, und zwar fo, dafs, wo aus einem
damaligen Haufe nachmals mehrere geworden find, fich
alle heute beftehende Numcrn eingezeichnet finden,
und umgekehrt, wo mehrere damalige Häufer feither in
eines zufammengezogcn find, auf jedem der früheren
Befitzftücke die heutige Numer wiederkehrt. Wo fich
die Gränze des damaligen Befitzftandes nicht genau
nacliweifen ließ, find wie auf den Tafeln I und II auch
hier ftatt fefter Linien punktirte gezogen. Bei einer fehr
großen Anzahl von Iläufern der drei älteren Prager
Städte finden wir felbft die damaligen Namen, entweder
nacJi dem Befitzer, z. B. des Primators Georg, des
Herrn von Lipa, des Juden Aaron, oder nach den llaus-
fchildern z. B. zur Eule, zum goldenen Adler, zu drei
Kronen, zuin rothen Löwen, oder nach anderen Merk-
zeichen z. B. Pfarrgebäude (fara), Zollhaus (domek
ce!ny). Auf der damals noch jungen Neuftadt waren
jjci l'rivatii.äufcrn derlei fcftftchcntle lienennungen iiur
ausnahmsweife zu erforfchen; dagegen find hier die
gegenfeitigen Abgränzungcn der Befitzftände faft
durchaus fiebere, fo dafs punktirte Linien kaum wahr-
zunehmen.
I. Wir beginnen mit dem HradfcJiiii r^ Hradcany.
Die Genauigkeit des Toniek'{c\\?^n Planes von
1419 können wir gleich an dem Biirgrauiiie wahr-
nehmen, Fig. 2. In der Mitte der Dom zu SS. Veit, Wen-
zel und Adalbert, daneben das Haus des Erzbifchofs,
nächll dem königlichen Schloße die Capelle und
Dechantei von Allerheiligen. Aus der Burg führen durch
den hohen Brückenthurm drei Brücken über eben fo
viele Wallgräben — prvni prikop hradu, druhy, tfeti.
Um die Nord- und Weftfeite des St. Veits-Domes
zieht fich eine Reihe einzelner an einander gebauter
Häufer herum. Diefe fowie die um den Hradfchiner
Ring gelegenen find zumeift Domherrenhäufer, oder
gehören Ibnft zu Dienften der Kirche und ihres Capi-
tels; auch das oftwärts an die Burgf ftoßende lange
und Eingang vermittelte gegen Norden am Rande des
Bruska-Baches das Spitalsthor, gegen den Weißen-
Berg das Strahover Thor, füdöftlich gegen die Klein-
feite ein kleineres (bräna k dlazdenl). Jenfeits der Brus-
nic find Weinberge: des Stiftes Strahov, des Capitels
von Allerheiligen, des St. Georgs Klofters u. a.
2. Die kleinere Stadt oder Klein/eite reichte nur
füdwärts der Brücke mit dem Kloüer und der Marien-
Kirche der Maltefer bis an die Moldau, das heißt bis an
jenen Flußarm der die Infel Kampa von dem Lande
trennte. Nördlich der Brücke dehnten fich zwifchen
dem linken Flußufer und der Stadtgränze theils öde
Gründe (na Pisku) theils Gehöfte und Gärten des Erz-
bifchofs, Weinberge verfchiedener Privaten, Ziegelei-
plätze u. dgl. aus.
Fig. 2. (Schloß und Hradfchin 1419.'
Gebäude (jetzt Hradfchiner adeliges Damenftift) hatte
kirchlichen Zweck, dum mansionäm. Daxwifchen finden
fich einzelne Haufer in Privatbefitz, mehrere in dem
der mächtigen Herren von Rofenberg.
Auf dem Hradfchiner Ring, ebenfo wie auf dem
der Kleinfeite und dem großen Ring der Altftadt zeigt
fich der Platz des Prangers; einen folchen hatte ohne
Zweifel auch der Ring der Neufiradt; er ift jedoch auf
dem Plane TomeMs nicht verzeichnet, wahrfcheinlich
weil er keinen pofitiven Anhaltspunkt dafür fand. Auf-
fallend find in allen vier Prager Städten die Friedhöfe
(hi'bitov) mitten unter den Häufern; jede Kirche, die
der Seelforge diente, hatte um fich herum oder in
unmittelbarer Nähe einen folchen.
Gegen die Burg, an deren drei Wallgräben er
anftieß, bedurfte der Hradfchin keiner Befefl:igung,
wohl aber nach den andern drei Seiten hin; den Aus-
Die Kleinfeite war gegen die Burg nur flrecken-
weife von einer Mauer abgefchloffen; gegen den Pifek
jedoch, fowie füdlich gegen den Oujezd, dann gegen
den Petrin war fie durch eine vielthürmige Stadt-
mauer und einen Wallgraben befeftigt. Thore hatte
fie vier: gegen Often das Sandthor und das Thor der
linksuferigen beiden Brückenthürme, gegen Süden das
Oujezder, gegen Norden das Strahover Thor; die zu
letzterem führende fteile Straße hieß Strahover Straße
(heute Spornergaffe), deren Fortfetzung weiter aufwärts
zwifchen dem Hradfchin und den Weingärten des
Stiftes Strahov na dlazeni (etwa Pflaflergaffe,' heut der
hohle Weg) genannt war.
Der Cujezd lag nach wie vor außerhalb der Klein-
feitner Stadtmauer. Seine Baulichkeiten fowie die ganze
^ Gab es d.imals fchon eine Pflafterung? Und gcr.lde an diefer verhält-
nismäßig entlegenen Stelle?
— 6 —
Grundfläche gehörten zum weitaus größten Theile
geiftlichen Perfonen und Körperfchaften an: denn
Prager Dompropft, dem Maria-Magdalena-Klofter, dem
Stifte Bfevnov am weißen Berge.
Die große Stadtjiiajier Karl IV. hatte auf dem
linken Moldau-Ufer einen weitern Umfang als die hier
befindlichen zwei Prager Städte. Sie lief eine kleine
Strecke landwärts der Umfchließung des Hradfchin
und des hier mündenden Strahover Stadtthores um
die Baulichkeiten des Stiftes Strahov herum und dann
über die Hohe des Petrin zwifchen dem füdlichen Ende
des Oujezd und dem uralten St. Johannes-Kirchlein
(noch aus der Zeit des romanifchen Styles) bis an den
Flußarm der Infel Kampa hinab. Diefe linksufrige
Karolingifche Stadtmauer hatte ein Ausgangsthor
gegen das Klofter Brevnov auf dem weißen Berge, und
ein zweites nächft dem Flußufer, das nachmalige
Oujezder Thor. Längs der Kante des Laurenziberges
hatte fie eine Anzahl von Thürmen und die (bis heute
erhaltenen) Zinnen; im Volksmunde heißt fie noch
jetzt die Hungennauer, weil fie der Sage nach der
Kaifer während einer großen Theuerung, um den
ärmeren Leuten Arbeit und Verdienft zu verfchaffen,
aufführen Heß. Innerhalb diefer Ringmauer gegen die
Prager Städte zu, alfo an der füdöfHichen Sonnenfeite
finden wir den Petrin mit Weingärten bedeckt; ift
es doch bekannt, dafs Karl IV. die Burgunder Rebe
aus Frankreich nach feinem Böhmen verpflanzte. Auf
dem Toniek'ic\i&\\ Plane find die einzelnen Befitzer
diefer Weinberge verzeichnet: das Klofter Strahov,
das Prager Domcapitel, das Marien -Klofter konce
mostu d. h. am Ende der Brücke, ein Hanus Dlouhy;
auch Fiurennamen: Klimck, Kbelovka.
Die hier zwifchen der Kleinfeite und der jenfei-
tigen Neuftadt gelegenen Infein, die größere Kampa,
die kleinere Travm'k (jetzt Schütz-Infel) und die nächft
dem rechten Moldau-Ufer (jetzt Sophien-Infel) zeigen
fich auf unferem Plane ohne alle Baulichkeiten.
An Stelle der im Jahre 1352 durch eine Hochfluth
zugrunde gegangenen Judith-Brücke haben wir jetzt die
von Karl IV. etwas oberhalb der früheren begonnene,
doch crfl unterfeinem Nachfolger WenzclIV. vollendete,
alfo im Jahre 1419 noch ganz neue Brücke mit ihren
maffivcn Pfeilern vor uns, aber noch nicht mit dem
Schmuck der Heiligen-Statuen, die, das fehr alte
Crucifix ausgenommen, crfl zwei Jahrhunderte fpätcr
gefetzt wurden. Sic hieß bis noch in diefes Jahriiundert
hinein im Volksmunde einfach die „Prager Brücke
:z:prazsky most" und erfcheint im Volksliede vielfach
erwähnt, hochgefeiert als Inbegriff des regen Volks-
lebens und aller Herrlichkeiten des Landes. Erft in der
crftcn Hälfte der vierziger Jahre diefes Jahrhunderts
wurde fie neben der neu entflandenen Kettenbrücke die
„fteinerne Brücke" genannt; neueflens ift die Bezeich-
nung „Karlsbrücke" aufgekommen.
3. Am jcnfeitigen rechtsufrigen Ende diefer Brücke,
in der Altßadt — wie fie im Gegenfatz zu der Karolin-
gifchen „Neuen Stadt" nunmehr genannt wurde —
gewahren wir zu unfcrer Linken das „Spital der Kreuz-
lierren mit dem rothen Stern" mit feiner Kirche,
damals noch nicht der fchöne Kuppelbau von heute.
Wir fehcn den Raum der Altftadt nun fchon voUftän-
dig verbaut, mit ihrem viel verfchlungencn Gewinde
von Gaffen, Gäfschen und Plätzen, unter welch letzteren
nach wie vor der „Ring" die erfte Stelle einnimmt.
Von andern Namen lernen wir kennen: die Platner-
gaffe (noch heute), die Judengaffe (ebenfo), die Meffer-
fchmied- oder Schuftergaffe, die Goldfchmiedgaffe,
die lange Gaffe (dlouhä stfi'da, noch heute), die Zelt-
nergaffe (noch heute, damals saletna ulice), den alten
Ziegelplatz (stary ühelny trh, heute Ziegenplatz), den
Fleifchmarkt (trh masny, fraimark). Der jetzige „kleine"
Ring im Gegenfatz zum jetzigen „großen" hieß 1419
Obftmarkt (ovocny trh). Ob der „Bethlehems-Platz"
jener Zeit fo geheißen wurde, ift aus dem Plane nicht
erfichtlich; wohl aber finden wir an deffen Nordfeite
die durch Hus' Predigten berühmt gewordene Bethle-
hems Capelle und daneben das Wohnhaus für deren
Priefter. In den Umfang der Altftadt fällt das Juden-
viertel, das enge und meift kurze Gaffen und nur
wenige und kleine Plätze aufweift; unter ihren Gebäu-
den ftoßen wir auf eine „Judenfchule r= skola zidovskd"
und die „alte Judenfchule", beide Synagogen. Der
letzteren, jetzt als „All-Neu-Schule" bekannt, gibt
die jüdifche Tradition ein Alter von 800, ja von
1000 Jahren: der ehrwürdige gothifche Bau geht aber
in feiner Architektur kaum über das 14. Jahrhundert
zurück.
Die Altftadt hatte gegen die F"lußfeite von den
Kreuzherren bis zur Judenftadt eine, wie es fcheint
einfache Stadtmauer mit einem Thore zu St. Valentin
(bräna valentinskä); gegen die Landfeite war fie ftark
befeftigt und umwallt. Stadtthore \varen folgende: i. Das
der ulice Slaviccina (vielleicht von einem Perfonen-
namen). 2. Das der langen Gafle. 3. Das St. Benedift-
Thor. 4. Das St. Ambrofius-Thor von dem ihm auf der
unteren Neuftadt gegenüber liegenden großen Ambro-
fius-, fpäteren Hiberner Klofter fo geheißen (heute mit
einigen anftoßenden Gebäuden Hauptmauth und Sitz
der Finanz-Landes-Direftion). An das Ambrofius-Thor
ftieß der Altftädter „Königshof^: dvür krälüv" (jetzt
k. k. Cadettenfchule). 5. Eine kleine Durchbruch-Pforte
(forta na prolomeni). 6. Das St. Gallus-Thor (das heu-
tige „Brückl"). 7. Die Pforte nach St. Maria-Schnee
(fortna k p. Marie Sncznc). 8. Das ZderazerThor. 9. Das
St. Stephans-Thor (von der Altftädter feithcr ver-
fchwundenen St. .Stephans-Kirche).'
Vor den Stadimauern lief gegen die Neuftadt ein
tiefer Stadtgraben, von dem Slavicciner Thor bis über
die Maria-Schnee -Pforte hinaus fogar ein Doppcl-
graben (prikop und predni prikop). Als im vorigen
Jahrhunilcrt die Befeftigung der Altftadt aufgelaffen,
die Stadtmauer abgebrochen und abgetragen, der
Stadtgraben ausgefüllt wurde, hießen die längs de.s-
felben vom Pulverthurm bis zum Roßmarkt aufgebau-
ten Häufer noch immer „am Graben r= na pi-ikopech".
4. Aus nahe liegenden Grüntlen haben in der um
fo viel Jahrhunderte Jüngern Nciißndt viel mehrere neue
Stadttheile und Straßen ihre damaligen Benennungen
bis heute oder doch bis auf die allerjüngfte Zeit er-
halten, ein Gäfschen fogar mit bewufsterZuriickfiihrung
auf die Zeiten des Gründers der Neuftadt. ICs ift dies
die von dem „Graben" in die „Heinrichsgaffe" führende
lange und äußcrft fchmale Nekazalka: „Ich habe es
• Auf (-inen nocli heute Ijcflchcndcn, alter von H.iufciii um] Iliifeu um-
bauten Altlladlcr Staclllluirni, ro»ic auf einen ^weilen naclid ilen Maltef. rii
der Kleinfcili; hat Confirv.itor Wifhl die Central Commiffiun aufmerkfain ge-
macht; wir wcnlen i^jefc inlcrerrantc ICnldCL-kung in einem fpiitcrcn Artikel
befprcchen.
niclit befohlen = nekazal", habe Kaifcr Karl IV. fich
geäußert, als er ihrer anfichtig wurde. ]-5cibehaltcn
haben ihre damaligen Namen die Florenzgaffe
(Florenec, eine Benennung, welche damals die ganze
Gegend um den heutigen Staatsbahnhot bezeichnet
zu haben fcheint), der Heumarkt, die Tuchmachergaffe
(Fortfetzung der Altftädter „langen Gaffe"), die
Stephansgaffe mit der fchon damals beftehenden
großen und fchönen St. Stephans-Kirche, auf deren
Friedhof ein Karner und die uralte Allerheiligen-
Capelle fich bis in die jüngfte Zeit erhalten haben; die
Krakauer Gaffe. Der „Roßmarkt" hieß noch über die
Hälfte unferes Jahrhunderts fo; neueftens mußte er
feinen altern Namen mit „Wenzels-Platz" umtaufchen.
Dagegen hat eine Gaffe, die älteren Pragern noch in
der Erinnerung haftende „alte Poftgaffe" ihren ur-
fprünglichen Namen als Ki-emenec-Gaffe
covä ulice" zurückerhalten.
Kfemen-
Auch der zwifchen der heutigen Breiten- und
Brennten- (abgebrannten, spdlenä) Gaffe gelegene
Stadttheil hat feine aus fehr alter Zeit herrührende
Benennung Judengarten ^ zidovskäzährada behalten;
nur dafs er jetzt mit Häufern verbaut ift, während er
damals, wie es fcheint, wirklicher Garten war. Zwifchen
feinem füdlichen Ende und dem Aufiticg zum heutigen
Karlsplatz befanden fich vor fünfhundert Jahren wie
heute Fleifchbänke := masne krämy.
Der „Viehmarkt", heute „Karlsplatz", war damals
der Neuftädter „Ring" und umfafste in feiner riefigen
Ausdehnung an feinem untern Ende den Härings-
markt=trh slaneckü, in feinem weitern füdlichen Theile
den Holzmarkt =: trh dfivi; in der Mitte des Platzes
(landen eine Frohnleichnams-Capelle und ein Heiligen-
Reliquien -Thurm = vez SV. ostatkü, beide in der
Jofephinifchen Zeit entweiht, aufgelaffcn und abgetra-
gen. Am nördlichen Ende des Platzes ftand das Neu-
flädter Rathhaus (jetzt k. k. Criminal-Gericht, aber
erweitert und vollftändig umgebaut) mit dem hohen
und maffiven Stadtthurm. Am Wege vom Neuftädter
Ring gegen den unterhalb des Vysehrad gelegenen
Stadttheil (Podvysehradi) erhob fich das von Karl IV.
gegründete flavifche Klofter = na Slovanech (jetzt St.
Emaus) mit einer Kirche zum heil. Hieronymus, aus-
gedehnten Gärten und einer großen Ziegelei. Vom
Neuftädter Ring oftwärts gegen den Fluß zu hatte
fich Wenzel IV., welchem die Königsburg ob dem
Hradfchin nicht behagte, ein neues Schloß erbaut, den
Neuftädter Königshof (Dvür Krälüv), auf deffen Raum
fich fpäter Kirche und Klofter St. Wenzel (letzteres
unter Jofeph II. aufgelaffen und als Provinzial-Slrafhaus
benützt) erhoben; heute erinnert noch das „Wenzels-
bad" an jenen Königshaf, bis auch diefes, wie zu ver-
nehmen ift, einer neuen Straßen-Regulirung zum Opfer
fallen foll. Weftlich und füdwefllich vom Ring waren
weitläufige Gärten und Weinberge größtentheils in
geiftlichem Befitze: St. Katharina-Kirche und Klofter,
auf dem Windberge (vetrnä hora, noch heute) Kirche
und Capitel zum heil. Apollinar, dann am äußerften
Ende das Klofter der Auguftiner Chorherrn mit der
gothifchen Kuppel-Kirche zu St. Karl. Diefen ganzen
Raum mit Einbeziehung der noch heute beftehenden
Kirchen nehmen jetzt die großartigen Krankenanftalten,
Kliniken und Inftitute ein; St. Karl, 'jetzt Karlshof
geheißen, ift heute das Gotteshaus einer Siechenver-
forgungs-Anftalt.
Gegen die befeftigte Altftadt und gegen den
Vysehrad, von welchem fic der BoticBach fchied, und
ebenfo gegen die Flußfeite bedurfte die Ncuftadt keiner
Befeftigung. Am Pofic in der untern Neuftadt, wo der
Fluß durch große Wehre, wie oberhalb der Brücke,
abermals geftaut war, zeigt fich eine Reihe von Mühlen,
die fich in ihrem wefentlichen Beftande noch heute
erhalten haben; der 7b;«f/,-'fche Plan macht uns mit
mehreren ihrer damaligen Befitzer, vielleicht den
Gründern und Erbauern derfelben bekannt: die Mühlen
des Lukas, die Helm'fchen Mühlen. Landeinwärts war
die Neuftadt von einer langen vielthürmigen Mauer
umfchloßen, durch welche folgende Thore führten:
das Poficer Thor; das Bergthor = horskä brana, weil
es nach Kuttenberg = Kutne hory führte, daher eigent-
lich das Kuttenberger, fpäter Neuthor; das Rofsthor;
das Schweins- fpäter Kornthor, nächft welchem die von
der Gemahlin Herzog Friedrich's erbaute (nicht mehr
beftehende) „St. Johannes-Kirche auf der Walftatt =
Sv. Jan na bojisti" ftand.
6. Auf dem großen Tot/iek'ichen Stadtplane findet
fich der Vysehrad nicht, weil dadurch das Format zu
groß und unhandfam ausgefallen wäre; auch hatten
fich am Vysehrad feit 1419 gegen deffen früheren
Beftand keine nennenswerthen Veränderungen ergeben.
IV. Eine Gefammtanßeht der Stadt aus Kai/er
Rudolph II. Zeiten.
Mit der Gi^euelthat des 30. Juli 1419, wo die Neu-
ftädter Rathsherren aus den Fenftern des Gebäudes auf
die Picken der unten ftehenden Meute herabgeftürzt
wurden, begannen die hufitifchen Wirren und Kriege,
denen 1420 die Kleinfeite Prags zum Opfer fiel; fie
wurde unter einem fchrecklichen Blutbade dergeftalt
verwüftet, ausgebrannt und geplündert, dafs der Trüm-
merhaufen von feinen übriggebliebenen Bewohnern
verlaffen wurde und es von da an ftatt der vier Prager
Städte thatfachlich nur mehr drei gab.
Allein die Hilfsquellen des Landes fchienen uner-
fchöpflich. Noch in der zweiten Hälfte desfelben Jahr-
hunderts unter König Georg von Podiebrad bevölkerte
fich die Kleinfeite von neuem und gediehen die Städte
und das Land zu einer Blüthe und einem Reichthum,
dafs der päpftliche Legat Aeneas Sylvius Piccolomini
fein Erftaunen über diefe ungeahnte Wiederauffrifchung
ausfprach. Prag felbfl wurde unter den Jagielloniden
mit neuem Glänze verfehen. Die königliche Refidenz
war feit Wenzel IV. Tode im Altftädter Königshof,
den Wladislaw IV. in prächtiger Weife umbauen wollte.
Den Anfang machte er mit dem anftoßenden Stadt-
thurm, den wir als „Pulvcrthuni." noch heute in feinem
überreichen architektonifchen Schmucke bewundern.
Als aber der König eines Tages in einem Fenfter
feines Schloßes lag, richtete ein Bürger von der Straße
feinen Pfeil nach ihm; Wladislaw wurde nicht getroffen,
allein er verließ fortan die ftörifche Altftadt, der Aus-
bau des Königshofes unterblieb und der König widmete
feine weitere Bauthätigkeit dem ficherern Fürftenfchloß
ob dem Hradfchin, der nach mehr als anderthalbjahr-
hundertjähriger Verwahrlofung in neuer Pracht ent-
ftand. Von Ferdinand II. Zeiten wurde Prag, wie unter
den Luxenburgern, zugleich Kaiferftadt und erreichte
8 —
unter Rudolf II. einen derartigen Auffchwung, dafs
man die Regierung diefes Kaifers als ein zweites gol-
denes Zeitalter pries. In diefer Periode nun des Glanzes
und Reichthums, des erhöhten Kunftfinnes, eines feit
Karl IV. Zeiten nie gefehenen Zufammenftrömens von
Männern und Frauen, die durch Geift und VViffen oder
Kunftfertigkeit glänzten, fertigte Egidius Sadeler 1606
eine Gefammtanficht von Prag an, wie zu jener Zeit
wohl keine der größeren Städte etwas ähnliches aufzu-
weifen hatte. Da der Maßftab ein ziemlich großer ift, fo
find darin nicht blos alle her\orragenden Gebäude,
Kirchen und Klöfter, Stadtthürme genau und klar zu er-
kennen, wir vermögen aus der halben Vogel-Perfpeflive
auch in manche Plätze und Straßen hineinzublicken,
dafelbft die einzelnen Privathäufer zu unterfcheiden
und mit den Angaben in dem Toniek'izX^zw Plane von
ift, wenn fich auch im einzelnen viel geändert hat, Prag
bis heute geblieben und niemand, der das jetzige Prag
kennt, wird beim Anblick des vor nahezu dreihundert
Jahren aufgenommenen Bildes einen Augenblick im
Zweifel fein, welche Stadt es vorftelle.
Das Sadeler' {che Stadtbild, aus 9 großen Quart-
blättern beftehend, Stichhöhe 0474 M., die ganze
Stichlänge 3'I45 M., ift heute zu den Seltenheiten ge-
worden, felbft in der Stadt, in welcher es entftanden.
Ein vollfländiges Exemplar befitzt das böhmifche
Landes-Mufeum; das ftädtifche, wenn ich mich gut er-
innere, hat ein zweites, aber nicht ganz tadellos er-
haltenes; einzelne Blätter befinden fich beim Vyse-
hrader Capitel, im Befitze von privaten Sammlern, wie
des Ritters von Lanna, des Herrn Kheil u. a. In den
Wiener Sammlungen habe ich zwei Exemplare ge-
Fijj. 3. (Prajj, lliadfcliin 1600.)
1419 vergleichen. Dabei ift die Auffaffung und Durch-
führung eine wahrhaft künftlerifche, fo dafs der Ein-
druck, den das Gefammtbild auf den Zufcliaucr macht,
ein ebcnfo anziehender als überwältigender ift. Wir
verftehen, wenn wir diefe Ueberfchau vor uns haben,
die Worte, die Grülparzer feinem auf die fo herrliche
und dabei innerlich fo aufgewühlte und parteizerriffenc
Stadt hinausblickenden Rudolf II. in den Mund legt;
wir begreifen den Ausdruck des Staunens und der
Verwunderung, der ein Jahrzehent fpätcr den Lippen
der fcliönen und ftolzen Tochter Albion's entfchlüpfte,
als fie aus den Fenflcrn des Königsfchloßes, jetzt ilircs
Königsfchloßes, zu ihren P'üßen die ausgedehnte Stadt
fall mit den hundert und mehr Kirchthürmen, Stadt-
thürmen, Kuppeln. DieferCharakter des Gefammtbildes
fundcn, eines in der Albertina, eines in der Hof-Biblio-
thek, beide voUfländig in 9 Blättern, doch ohne obern
und untern Rand, welch letzterer den erläuternden Text
zu den im Stiche bei den hervorragenden Gebäuden
angebrachten Ziffern enthält.
Es ift darum als ein dankenswerthes VerdienR an-
zuerkennen, dafs unter dem Bürgermeifler Dr. Cerny
das fliidtifche Mufeum durch den Pholographen J/rt/^^//
eine genaue Wiedergabe des vollllimdigcn Bildes in
einem etwa um ein Drittel verkürzten Maßflabe des
Originals anfertigen und dem Kunfthandel übergeben
ließ. Wir bringen daraus einen Ausfchnitt in der Größe
der Copie und zwar einen folchen, der einen Vergleich
mit dem heutigen Stande herausfordert, weil fich ge-
rade an diefer bedeuten dftcn Stelle der Hauptfladt feit-
her das meifte geändert hat (Fig. 3). Die Hauptumriffe
find fich allerdings auch hier gleich geblieben, allein
wie vieles ift feit Rudolf II. anders geworden! Wir
haben vor allem den Bau des Königs-und Kaifer-Palaftes
in jener Geftalt vor uns, die ihm feit dem großen Brande
von 1541 mit Einbeziehung der von den Flammen ver-
fchont gebliebenen Wladislaifchen Gebäudetheile durch
Ferdinand I. und deffen kunftliebende Nachfolger auf
dem Throne gegeben wurde. Unter Rudolf II. barg
das Schloß Sammlungen von einer Fülle und einem
Werthe, wie damals kein anderer Fiirftenfitz, und
hatte Gärten, Turnierplätze, Bären- und Löwenzwinger,
Ballhäufer und andere Nebengebäude, fo dafs der
ganze Complex als „das achte Weltwunder'' gepriefen,
der Kaifergarten ein „unvergleichlicher Lurtgarten der
Feen" genannt wurde.
Der unausgebaute St. Veits-Dom zeigt fich uns in
derfelben Geftalt, die er noch bis vor wenig Jahren
hatte, bevor nämlich die nun machtig emporftrebenden
beiden Thürme der Vorderfeite ihm eine geänderte
Silhouette verfchafften. Die heute fogenannte neue
Schloßftiege, welche auf unferem Bilde eine Abtheilung
Bewaffneter hinaufmarfchirt, führte auf die Baftei zwi-
fchen dem erßcn und ztueiten (vom Schloße aus) Wall-
graben ; die Brücke über den dritten führte unmittelbar
auf den Hradfchiner Stadtplatz oder Ring. Der Thurm,
den wir herwärts \-om St. Veits-Thurm gewahren, ift
derBefeftigungs-Thurm der über den erflen Wallgraben
unmittelbar aus dem Schloßfrieden herausführenden
Brücke; er ift ohne Zweifel zur felben Zeit gefallen, wo
die drei Wallgräben ausgefüllt wurden, aus dem erften
der jetzige Brunnenhof, aus dem zweiten der große und
fchöne Vorhof mit den beiden Hauptwachen und dem
Abfchlußgitter, aus dem dritten der Platz zwifchen dem
jetzigen erzbifchöflichen Palais und dem Schwarzen-
berg'fchen Fideicommifs-Haus gefchaffen wurde. Das
Thor am linken Rande unferes Bildchens führte vom
Hradfchin gegen das Ende der jetzigen Spornergaffe
(heute fogenanntes Fleifcher Bergel). Die fich von da
am Fuße des Schloßberges herabziehende Häufer-
gruppe gehörte der Kleinfeite an; im Vordergrunde
ein Stück der Stadtmauer, welche die Kleinfeitc gegen
den Petrin und gegen den Oujezd abfchloß. Der Haupt-
tbeil der Mauer ift noch erhalten, doch fehlen die
charakteriftifchen Zinnen; in einem der ehemahgen
Thürme befindet fich jetzt die Weinpreffe des gräflich
Schönborn'fchen Schloßgartens.
Für den einheimifchen Prager wird fich, wie auf
dem Sadeler{z\\^n Bilde überhaupt, fo auf diefem Aus-
fchnitte desfelben insbefondere, noch viel finden, was
den Befchauer zu einem Vergleich zwifchen dem
jetzigen Prag und dem vor dreihundert Jahren auf-
fordert. Uns mag es genügen, ein zeitgefchichtliches
Abbild jenes Stadttheiles vor uns zu haben, in deffen
Räumen fich die ftürmifchen Ereigniffe abfpielten, die
zu einem dreißigjährigen fchreckens- und verheerungs-
vollen Kriege geführt haben. Wir fehen das königliche
Schloß, damals zugleich Kaiferfitz, wie es daftand und
ausfah drei Jahre vor der Ertheilung des Majertäts-
Briefes durchRudolf II. 1609, fünf Jahre vordem Einfall
des Paffauer Kriegsvolks 161 1, zwölf Jahre vor der
Kataftrophe des 23. Mai 1618; der Gebäudevorfprung
zunächft dem rechten Rande unferes Bildes barg die
Landftube, aus deren Fenfter im erflen Stockwerke die
beiden Statthalter Slavata und Martinic und der
Secretär Fabricius in die Tiefe hinabgeftürzt wurden.
Kunfthiftorifche Notizen aus Friefach und feiner Umgebung
Von Dr. Albert Hg.
I.
flE nachftehenden Aufzeichnungen machen kei-
nen Anfpruch darauf fiir eine einheitliche
lKt^-^S4i; Abhandlung zu gelten, — es find nur einzelne
Bemerkungen über Kunftwerke in der kärnthnerifchen
altberühmten Stadt Friefach und ihrer Umgebung,
welche der Verfaffer während eines längeren Aufent-
haltes im Sommer 1892 genauer kennen zu lernen
Gelegenheit fand. Hier befteht nun aber nicht die
Abficht, eine erfchöpfende Erörterung fämmtlicher dor-
tigen Denkmäler, an welchen der Ort fo reich ift, zu
geben und dabei zu wiederholen, was, namentlich über
die großartigen Bauten des Mittelalters bereits gefagt
ift, — vielmehr foU nur von meift kleineren und bisher
noch gar nicht oder doch nicht genügend befprochenen
Objecten die Rede fein. Was die großen Architek-
turen, Petersberg und Lavantfchloß, Bartholomäus-
Kirche, Heiligenblut - Kirche, Dominicaner - Klofter,
Rothenthurm, Geiersberg, Stadtgraben und Mauern,
Deutfchherren-Kirche und Vigilienberg betrifft, fo ver-
weife ich auf die verfchiedenen Auffätze in den Mitthei-
lungen, welche diefe Gegenftände bereits behandelt
haben, befonders auf den Auffatz Effenweins (VIII.
S. 164 ff), obwohl man demfelben heute nicht mehr
XIX. N. F.
in jeder Hinficht zuftimmen kann, ferner auf die kunft-
hiftorifche Topographie von Kärnten. (S. 45 ff.)
Der berühmte fchöne Renaiffance- Brunnen auf
dem Stadtplatze, welcher im Jahre 1802 aus dem, einft
den Salzburger Bifchöfen gehörigen Schlöffe Tanzen-
berg bei St. Veit in Kärnthen hieher überfetzt worden
ift — dort hatte das kunftgefchichtlich fehrbedeutfame
Sculpturwerk indem vonRenaiffancelauben umgebenen
Schloßhof feinen Standort gehabt — , ift mit den hoch
intereffanten Sculpturwerken, welche ihn als eine her-
vorragende Bildhauerarbeit italienifcher Künftler auf
öfterreichifcher Erde erfcheinen laffen, noch nicht ein-
gehend befchrieben worden. Es wäre wünfchenswerth,
dafs zunächft aus den kärnthnerifchen Archiven einmal
mitgetheilt würde, warum, unter welchen Umftänden,
durch wen und um welchen Preis die Erwerbung des
Monumentes für Friefach ftattgefunden hat, worüber
bis heute gar nichts bekannt ill;. Der Brunnen hat ein,
gleich fo vielen Renaiffance-Brunnen, im Ocflogon
conflruirtes Baffin, deffen Außenwände mit figuralen
und ornamentalen Bildwerken von Einer Künftlerhand
decorirt find. Aus der Mitte diefes Achteckes erhebt
fich nun eine Brunnenfäule, von drei mit den Rücken
— lO —
aneinander geftellten nackten männlichen Karyatiden
gebildet, welche auf ihren Köpfen die erde obere
Schale tragen, welche kreisrund und mit wulftigen
Pfeifen gefchmückt ift. Ueber ihr ftehen in der Achfe
der drei Riefen vier nackte Putti als Träger der zweiten,
kleineren Schale von gleicher Ausflattung wie die
untere, und fchließlich macht darüber den oberften
Abfchluß ein kleiner figuraler Auffatz von Bronzeguß,
deffen Hauptfigur Neptun ilt. Aus dem oberflächlichen
Anbhck diefer Theile geht bereits hervor, dafs an dem
Ganzen, fchon wie es in Tanzenberg gewefen war,
verfchiedene Materialien fowie verfchiedene Künftler-
hände im Spiel waren. Das untere achteckige Baffin
ift aus graugelblichem marmorähnlichem Stein und
von präcifer ftylfefter Hand im echten Charakter der
früheren italienifchen Kenaiffance forgfältig ausge-
arbeitet, alles Weitere nach oben aber von einem hel-
leren Kalkftein und bei weitem roher, flauer, flüchtiger,
durch einen viel wenigertüchtigen Meifter; die Bronze-
gruppe endlich macht den Eindruck, als ob fie urfprün-
lich gar nicht zu dem Ganzen gehört hätte und erft
zum Abfchluffe gelegentlich verwendet worden wäre,
nachdem man fie eben fchon befaß; denn ihre dort
hoch oben verfchwindenden Dimenfionen, laffen, abge
fehen von dem fremden Material, nicht glauben, dafs fie
die von Anfang gedachte Bekrönung hätte fein follen.
Jede der Achteckfeiten des unteren Baffins befleht
aus einem breiten Mittelfelde, welches beiderfeits von
ornamentalen Pilaftern eingefafft ift. Da fich diefe An-
ordnung gleichmäßig immer wiederholt, ftehen alfo an
den Ecken ftets zwei Pilafter aneinander, welche rifalit-
artig vor den figuralen Feldern vorfpringen. Ich beginne
mit der öfllichen Fagette, welche wegen des darüber
an der erften oberen Schale angebrachten Wappens
als Hauptfeite angenommen werden muß.
1. Perfeus befreit die Andromeda. Der unten
liegende getödtete Drache ift ein eidechfenartiges
Ungeheuer, welches feine Bauchfläche zeigt, ganz fo
wie dies bei Rennaiffance-Meiftern in der Darfteilung
beliebt ift. Zwei gekrönte Figürchcn als Zufeher der
Scene, Phineus? Das Gorgoneion ift ein in der Luft
über der liegenden Andromeda fchwebendes männ-
liches (1) Haupt mit Bart. Stellung der Heldin antik,
ein wenig an die bekannte fchlummernde Ariadne
erinnernd. Die oben gefchildertc Eidechfenform des
Drachen kommt fo vorzugsweife auf St. Georgsbildcrn
der deutfchen Rcnaiffance vor. Vergl. das Gemälde in
den kunfthiftorifchen Sammlungen des Allerhöchflen
Kaiferhaufes in Wien. {Engerth, Führer, Saal XXV,
1596.)
Pilafter rechts: Nackte weibliche flalbflgur mit
Flügeln von akanthusähnlichen Formen. Zwei fitzende
Windhunde mit Halsbändern, das Ganze aus einem
Stamm von Akanthus hcrauswaclifend.
Pilafter links: An Bändern hangende Bündel,
gebildet aus Rüben, Granaten, F"eigen, Trauben,
Artifchoken etc.
2. Hercules tödtet denCenlauren Neffus, auf deffen
Rücken Dejanira fitzt; in der kämt. Topogr. S. 54 un-
riciitig: Hercules und Hcfione.
Pilafter rechts: Hängebündel von Aepfcln, Birnen
und anderem Obft.
Pilafter links: Pallas, nackt, mit mittelalterlicher
Turnierlanze in Händen, auf der andern Seite der
Medufenfchild, ohne Helm. Unten Cartouche mit
Rändern in deutfchem Rollwerkftyl, von zwei Drachen
geftützt, worin: M.D.L.XIII.
3. Leda fitzend mit zwei Kindern und dem Schwan.
Sie hat einen, ohne Zweifel einem antiken Junogebilde
nachgeahmten fehr edlen Kopf. Rückwärts fleht man
auf einem runden Poflamente noch einen Schwan.
Pilafter rechts: Fama mit großen FlüCTeln und
langer Tuba, die fie wie einen Speer in der Rechten
hält. Ihr Gewand flattert unten an den Beinen feitlich
von der Mitte nach rechts und links, wie bei antiken
Vi6lorien üblich. In die alte Cartouche zu ihren Füßen
ift die fpatere, auf die Uebertragung des Brunnens
bezügliche Infchrift: TRANSLAT'! MDCCCII. einge-
meißelt. Ganz unten zwei hockende, mit den Rücken
zu einander gekehrte Gefangene, wie fie befonders bei
Michelangelesken Compofitionen als ftehendes Motiv
beliebt find (f das Beiblatt). '
Pilafter links: Schönes Rankenmotiv mit fünfblät-
terigen großen Blumen, unten aus einer dicken runden
l^übe hervorwachfend. Der Körper derfelben ift von
gedrückt kugeliger Form, unten in eine horizontal
gewellte Wurzel ausgehend, während oben aus der
Rübe ein Büfchel von Akanthusblättern hervorwächft.
Der fremde italienifche Bildhauer hielt fich hier offen-
bar an feine Aufgabe, die Rübe, das Wappen-Emblem
des falzburgifchcn Bifchofs Leonhard von Keutfchach,
anzubringen, verlieh demfelben aber gewohnheitsgemäß
die aus den antiken Vorbildern herüber genommenen
Akanthusblätter, weil derlei Pilafter-Ornamente in der
ober italienifchen Renaiffance um jene Zeit immer aus
Akanthus emporzuwachfen pflegen.
4. Raub der Proferpina. Pluto auf dem Wagen,
zwei Gefährtinen der Göttin mit Blumenkörben, im
Hintergrunde ein Schiff
Pilafler rechts: Aehnliches fchönes Ranken werk
mit Blumen und Beeren, fowie Trauben, gleichfalls aus
einer Rübe emporfteigend.
Pilafter links: Der Pelikan mit zwei Jungen, da-
runter zwei fitzende Greife von huiideähnlicher Geftalt,
gewundene Ranken emporfteigend.
5. Neptun in dem Mufchelwagen von Pferden
gezogen, mit dem Tridens.
Pilafl:cr rechts: Phönix auf den Flammen fitzend,
zwei windhundartige fitzende Geftalten , fowie
Ornamente.
Pilafter links: Candelaberartiges aufflrebendes
Ornament mit vier taubenartigen Vögeln.
6. Diana und Aktaeon am l?runnen, rückwärts ein
Renaiffance-Gebäude mit BogcnfenÜern. Sie ifl: von zwei
Nymphen begleitet und fpritzt ihn aus der Schale mit
Wafferan. Hirfchgewcihe auf feinem Kopfe. Seine Hunde
begleiten ihn. Der Brunnen hat eine Schale mit Pfeifen-
Ornamenten, von einem fitzenden Ihmde getragen, der
eine Kanne ausgießt, an welcher eine Schildkröte
emporkriecht. Dann folgt über der Schale ein Pfeiler
mit Löwenköpfen; oben reitet eine nackte P'rau auf
einer Schildkröte, in den ausgebreiteten Armen zwei
Wafferröhrcn haltend, auf dem Haupt fitzt ihr eine
.Spitzhaubc. Bei der P'ontaine lieht ein Lorbeerbaum.
Pilafter rechts: Ornament mit vier Tauben, unten
zwei Kraniche oder Störche.
* n.ii* Ncg.iliv dicfcr Aufnahme wurde von Herrn Schmelzinf^ in Fnc-
fach frcundlichft zur Verfügung gedcllt.
— II —
Pilafter links: Eine Viola, Laute und Ziebpofaune,
alles trophäenförmig an Bändern hängend.
7. Europa auf dem Stiere, von zwei Gefahrtinen
beklagt, in der Höhe der fliegende Mercur.
Pilafter rechts: Trophäe mit Trommel, Laute,
Flöten, an Bändern hängend.
Pilafter links: Candelaber-Ornament, auf deffen
Schale ein blafendes Kind, darunter ein Paar Hunde
und ein Paar Delphine.
8. Galathea, auf einem Delphin fitzend, dabei zwei
blafende Tritone. Auffallend ift der Kopffchmuck der
Göttin, welcher aus einer großen Schnecken fchale auf
ihrem Haare befteht.
Pilafter rechts: Ein Kind auf einem Kameel hält
reitend ein Hörn und einen Befen. Unten fchlangen-
artige Figuren, an der Stelle ift der Stein unkenntlich
verwittert.
Pilafter links: Aus einem Akanthusftamm wächft
ein Ornament empor, in welchem zwei Kraniche mit
erhobener Kralle eingefchloffen find.
Den fpeciellen Stylcharakter diefer Pilafler-Orna-
mentation betreffend ift zu bemerken, dafs alle Pilafter-
ftreifen, in denen nicht Hängetrophäen das Motiv bilden,
dem echten italienifchen Renaiffanceprincip gemäß in
drei Abtheilungen aufgebaut find, z. B. fitzende
Geftalten, Windhunde, Phönix. Das Akanthuslaub hat
die rein-venezianifche Stru6tur, ebenfo das fenkrechte
S-förmig gewundene Rankenwerk, wogegen die
Formen der cartouchenartigen Schilder und Felder
voUftändig der deutfchen Renaiffance angehören. So ift
denn unferfchöner Brunnen kunftgefchichtlich intereflant
genug mit feinen antiken Vorbildern und nordifchen
Naivetäten. Die Leda, Fama, Andromeda und Minerva
verrathen direftes Verftändnis und Kenntnis antiker
Sculpturen; die komifch ausfchreitende waffer-
fpritzende Diana im Bade, die Europa find aber hin-
wieder fo naiv-deutfch, als wenn fie Hopfer oder Jofl
Aman erfunden hätte, und dennoch ift es zuverläffig
nur Eine Künftlerhand, welche die Bild\\erke des
Beckens gefchaffen hat. Die fehr fteilen Profile an der
Bafis und am Kranzgefims des Baffins find im Charakter
nordifcher Werke diefer Epoche gehalten.
Von den drei aneinander gedrängten nackten
Männern, welche die untere Schale tragen , wurde
bereits gefagt, dafs fie, wie die Putti unter der zweiten,
von viel geringerer und flüchtigerer Arbeit feien als
das achteckige Baffin. Zwei von ihnen halten die Arme
empor, um die Schale zu ftützen, der dritte verfchränkt
fie auf der Bruft. Die mit kräftigen Pfeifen befetzte
Schale trägt an der Oflfeite, alfo ober dem Relief der
Andromeda am Baffin, das in Stein gemeißelte ovale
von einem Lorbeerzweig umfäumte Wappen der Stadt,
über deffen Thürmen das Wappen des Erzbisthums
Salzburg fchwebt. Diefer Schild ift alfo erll 1802 bei der
Uebertragung des Brunnens nacli P'riefach angebracht
worden, wie auch der Empireflyl des Wappens bezeugt.
Vier zwifchen den Pfeifen angebrachte bärtige Köpfe
leiten das Waffer aus diefer Schale in das Baffin. Die
oberfte Schale gleicht diefer im Verhältniffeund hateben-
foviele Kopfe als Wafferfpeier; von den fie tragenden
vier nackten Putti, welche ebenfalls die Arme empor-
reichen, fleht der eine faft ganz nach rückwärts gekehrt.
Der oberfte Auffatz von Bronzeguß war augen-
fcheinlich urfprünglich ein Zimmer- oder Gartenbrun-
nen, welcher erfl fpäter zur, viel zu kleinen, Bekrönung
diefes Monumental-Werkes verwendet wurde. In feinem
Untertheil find an vier fußartigen Ausläufern eben-
foviele nackte Putti fitzend angebracht, aus deren, in
den Händen gehaltenen Röhrchen das Waffer auffleigt.
In der Mitte erhebt fich darüber Neptun mit dem
Tridens, gleichfalls mit folchen Röhrchen im Munde.
Diefe Bronzegruppe ift von bedeutendem Werth und
vorzüglicher Arbeit. Sie erinnert ganz an Güße aus den
Werkftätten Giovanni's da Bologna oder etwa feines
Schülers Adriaen de Fries. Friefach befitzt fomit an
diefem feinen Platzbrunnen einen feltenen Kunftfchatz
der Renaiffance, dem wir in Oefterreich nichts ähn-
liches an die Seite zu fteilen wüßten. Möchte ein glück-
licher Archivfund doch über die dabei betheiligten
Künftler einmal etwas zu Tage fördern!
Indem ich den Marktbrunnen an die Spitze meines
Auffatzes geftellt habe, ift es natürlich, dafs ich von
diefem Centrum aus zunächft den großen Platz und die
ihn einfaffenden Häufer befpreche. Sind die Archi-
tekturen derfelben auch ohne Bedeutung, fo gibt es
doch allerlei bemerkenswerthes Detail noch an den-
felben zu erwähnen. An dem Haufe Nr. 84 oben am
Platze ift in der Seitenwand des Thoreinganges eine
Steinplatte eingemauert, welche einen ajjf einem
gothifchen Vierpaß ruhenden Schild enthält, in dem
die Hausmarke :
gemeißelt ift. Darüber liest man: latent; ^lucngetf iß^66.
In der kärnthn. Topogr. S. 48 unrichtig: Tewinger.
Gegenüber am Gaflhaus zum weißen Wolf ein
zierlicher fehr reich ausgeflatteter Barockfchildarm mit
der ausgefchnittenen Figur des Wolfs (Nr. 56). Das
weiter unten flehende Primig'fche Gafthaus (Nr. 52) ift
bereits eines jener intereffanten Bürgerhäufer Friefachs,
welche den Einfluß der ober italienifchen Architektur-
form, wenn fchon auf ganz einfache Weife, in diefen
dem Süden nah gelegenen Gegenden documentiren.
Die Charakteriflika find die von toscanifchen Säulen
geftützten Lauben im erflen Gefchoße des Hofes, an
der Fagade das mittlere Doppelbogenfenfter mit
Theilungspfeiler und vor demfelben der echt lombar-
difche Balcon \ on ausgebauchter Barockform mit
breiten Streifen von Metallblech als Vergitterung. Im
Erdgefchoß einfache hubfche \-on Eifen gefchmiedete
ornamentale Fenflergitter des 18. Jahrhunderts. An
dem Neubau des Backhaufes von Kaifer, Ecke des
Platzes und der St. Veiterflraße, ift über dem modernen
Einfahrtsthor ein fchönes Rococco-Oberlichtgitter mit
einer Blumenvafe in der Mitte angebracht, darüber im
Bogen aber eine fünfblätterige gothifche Steinrofe ein-
gemauert, aus welcher Diftelblätter herauswachfen,
eines der vielen Fragmente der zerftörten mittelalter-
lichen Bauwerke derStadt, und zwar einSchlußllein, wie
man fie hie und da in fpäteren Gebäuden eingefetzt
findet. An dem vis ä-vis befindlichen, Haus Nr. 92, fieht
man ein beachtenswerthes Oberlichtgitter von Schmie-
deeifen mit Füllhörnern und Laubwerk. Nach einem
früheren Befitzer find darin die Chiffren J und K,
— 12
zvvifchen denfelben ein Anker und das Datum 1780
zu fehen. Auch das anftoßende HauferTche Fami-
lienhaus, Nr. 94, hat ein reiclies Oberlicht, deffen
Motive Mufcheln, Blumen und Füllhörner bilden, in
demfelben J und H Verfehlungen. Im Innern ift die
Stiege mit fchönem Eifengeländer von derfelben
Ornamentik eingefaßt, an welcher fich das J H wieder-
holt; ganz originell aber ift oben ein gefchmackvoller
eiferner Kerzenarm in derfelben Technik, der den Auf-
gang zu beleuchten beftimmt war. Die Bürgergilt (jetzt
k. k. Bezirksgericht) ift ein monumentaler Bau des
18. Jahrhunderts, in deffen Fagade ein bereits be-
kannter Römerflein (Bruftbilder eines Gattenpaares)
eingemauert ift. Höher oben befindet fich ein großes
Stucco-Relief in ovalem, oben von gefchmackvoUem
Rococco-Mufchehverk bekrönten Rahmen. Im Felde
desfelben ift über dem Stadtwappen auf Wolken
fchvvebend die Geftalt der Juftitia dargeftellt, in könig-
lichen Gewändern, mit Wage, Schwert und Krone, die
Tafeln Mofis in den Händen. Das hübfche Gefichtchen
hat echten Typus des Rococco.
Am oberen Ende des Marktplatzes wäre in de;-
dort einmündenden Kirchgaffe, Nr. 86, nur das einfach
in Voluten gefchmiedete Schild des Uhrmachers
(18. Jahrhundert) zu erwähnen; etwas weiter über der
St. Bartholomäus-Pfarrkirche kommt man zu Nr. 87,
dem fogenannten älteften Haus von Friefach, auch das
Scinvarzhafncriiaus benannt Was von dem Grafen
Wilhelm von Zeltfchach berichtet wird, welcher fchon
978 diefes Haus — oder richtiger hier ein Haus —
befeffen haben foll, das dann auf die berühmte Gräfin
Hemma von Palftein überging; von dem angeblichen
Schmelzofen einer Münze, an dem Graf Wilhelm unter
Kaifer Heinrich II. das Münzrecht ausgeübt habe, etc.
laffe ich hier ununterfucht und bemerke blos, dafs aller-
dings noch heute in dem fehr verfallenen Gebäude ein
Raum zu fchen ift, welcher wie ein gleicher oben auf dem
Petersberg, der ebenfalls als „Münze" ausgegeben wird,
einen viereckigen pyramidalen Rauchfchlot über fich
trägt. Nun ifl: über den Beftand einer Münze in Friefach
allerdings hiflorifch gar kein Zweifel und ihre Prä-
gungen in allen Sammlungen zu finden; deswegen
halte ich diefe Schlote aber doch keineswegs für die
ehemaligen Münzwerkftätten, fondern ganz einfach für
nichts als gewöhnliche Küchen, denn auf zahlreichen
Burgen — ich nenne z. B. blos die Araburg, Aggflcin
oder Guttenflcin in Unter-Oefterreich — ftößt man
auf genau diefelben Baulichkeiten, Orte, an denen er-
wiefenermaßen niemals Münzftätten gewefen find.
Richtig ift es aber, dafs das Gebäude lange Zeit Cano-
nicatshaus und Spital war und erfl 1769 in Privathände
überging. Das Intercffantcfle bcfteht in der ehemaligen
Capelle, welche äußerlich blos durch eine vorfpringende
fehr kleine romanifche Concha in Stockwcrl<shöhe,
die auf einer plumpen Confolc auffitzt, bemerkbar
wird. Im Innern ficht man in der fonll; leeren Nifciie
noch den alten Altarftcin, Schlitzfenfterchen und einen
befcheidcnen Schiffraum, deffen Gewölbe aber fchon
gothifch find. Die übrigen Partien des heute aUers-
graucn, verwahrlosten, aber eben darum höchfl male-
rifchen Baues gehören der Rcnaiffance an, wie unter
anderem an der Fagade ein fchliclites, jedoch echt ober-
italienifches Doppelfenfler mit einfachem Trennungs-
pfciler beweist.
Auf der anderen Seite des oberen Platzendes
gelangen wir zur heil. Bhitkirche, deren Erörterung ich
unterlaffe, weil über diefen Gegenftand bereits ein-
gehende Befchreibungen exiftiren. Wohl aber dürfte es
erfprießlich fein, von den füdlich angrenzenden Reflen
des einfügen Klofters zu handeln. Bekanntlich wurde
hier fchon 1217 ein DominicanerKIofter gegründet,
welches bereits circa 1231 mit dem ftattlichen Neubau
des noch beftehenden in der Neumarkter Vorftadt
vertaufcht wurde. In das alte kamen 1258 Nonnen des
Ciftercienfer-Ordens und fpäter erfuhr es noch andere
Schickfalsän derun gen. Die urfprünglichen Anlagen follen
von dem heil. Hyacinth herrühren und Spuren davon vor-
handen fein. In der That fand ich in dem Obltgarten,
welcher am Fuße des Berges fich an die Südfeite der
heil. Blutkirche anfchließt, intereffante , aber leider
wenig deutliche Baurefte. Das bedeutendfte ift an der
Weftfeite, alfo am Bergesfuß und Waldfaum, in dem
hohen Gras und Geftrüpp ganz eingefunkcn, eine Mauer-
zeile, welche hoch verfchüttet, doch immer noch eine
lange Reihe kleiner Rundbogenfenfter neben einander
erkennen läßt. Man fagt, das wäre ein Ueberbleibfel
des ehemaligen Kreuzganges des älteften Dominicaner-
Klofters, und die Annahme ift auch voUkoinmen plau-
fibel; denn hier kann fich in der That an der Südfeite
der Kirche, wie es rituell ift, ein folcher angelegt
befunden haben. Die Flucht der kleinen romanifchen
Fenllerchen biegt auch wirklich im äußerften Süd-
winkel ab und fpringt im rechten Winkel mit einer
Ecke um, nach welcher noch ein paar Spuren folcher
Fenfter in einem weiteren, darauf fenkrecht flehenden
Mauerrefte bemerkbar werden. Im weiteren Verlaufe
nach Süden, Often und Norden läßt fich aber keine
Spur des Kreuzganges mehr erkennen. Räthfelhaft
bleibt mir aber das Eine: über den gedacliten
rundbogigen Fenflerchen der Weftmauer ifl nur
nicht die geringfte Spur eines ehemaligen Gewölbe-
anfatzes zu bemerken. War hier vielleicht alfo auch
eine Flachdecke angebracht.^ Weiter draußen im Obft-
garten find noch bedeutende Kelleranlagen des alten
Klofters wahrnehmbar.
Ich fchreite nun die Baliiihofftraßc hinab, welche
in der Achfe des länglichen Marktplatzes nach Often
fiihrt. Hier ill; wieder an einzelnen Privathäufern Inter-
effantcs zu fchauen, zunächft Nr. 26, das Gafthaus zum
B.ärcn, an deffen Fagade wieder ein Römerflein mit
einer Doppelfculptur, zwei Brullbilder in rundem P'eld,
eingemauert ift. Alte, erneuerte Verfe beziehen diefe
Dargcflellten auf die Gründer von Friefacli, welche aus
.Sachfen und Friesland eingewandert fein und hier den
cinitigen reichen Bergfegen entdeckt haben follen. Im
übrigen hat das alte Gaflhaus an der Vorderfeite
einen fpiiten, dem iiS. Jahrhundert angehörigen Eifen-
fchild mit dem Baren und im Hofe Laubengänge mit
viei'eckigen einfachen Pfeilern. Das Haus war feit Alters
die Ein]<ehr der italienifchen h'uhrleute. Das anlloßcnde
Wirthshaus zum Ilirfchen, Nr. 25, gleichfalls eine
wälfche alte Herberge, befitzt noch einen Schildarm
in Rococco, den aber weiter unten, bei Nr. 19, Gaflhaus
zum Roffel, der dortige, viel zierlichere und reichere,
fehr gefchmacicvolle Schild weit übertrifft. Die P'agadc
diefes Hanfes ill auch durch eines jener charakte-
riflifchen ober-italienifchen Doppelfenller wieder ausge-
zeichnet, welche wir in Friefach, wie gefagt fo oft bc-
— 13 —
gegnen. Dashiefige ift das fchönfte mit feinerzierlichen
jonifclien Theilungsfaule zwifchen den Bogen. An dem
Haufe, Nr. 24, finden wir ein ovales barockes Fresco-
gemälde des vorigen Jahrhunderts, welches die heilige
Familie darflellt. Sehr bemerkenswerth ifl auf der
anderen Seite der Bahnhofsftraße das große Haus
Nr. 14, heute die Herbrt'fche Gerberei. Hier follen die
Ciftercienfer-Nonnen gewohnt haben, bevor fie das von
den Dominicanern verlaffene Klofter beim heil. Blut
bezogen ; dann befand fich hier bis 183 i diePofi:, wonach
auch das nahe Olfathor der Stadt das Poflthor genannt
war. Diefe Nachrichten find aber offenbar ungenüsfend,
denn in der Zwifchenzeit muß das Gebäude noch eine
andere hervorragende Beflimmung gehabt haben, wie
feine bedeutende Anlage aus dem 16. — 17. Jahrhundert
documentirt. Im Innern überrafcht den Befucher ein
großer von Arcaden umgebener Hof, deffen Parterre-
gefchoß fchwere breite Bogen auf rohen Pfeilern zeigt,
im Obergefchoße aber folche auf Säulchen toscanifcher
Ordnung im Styl der deutfchen RenailTance. Diefelben
laufen auf zwei ganzen und einer halben Seite des
Hofes herum, die vierte hat keine Arcaden, was im
Ganzen 29 Bogenftellungen ausmacht, welchen einige
viereckige Pfeiler untermengt find. Zwei Arcaden an
der Weflfeite, in deren Mitte, find verfchlolTen und
zeigen an der dem Hofe zugewendeten Seite fchwache
Spuren von Renaiffance-PVescomalereien, von welchen
nur mehr Schriftbänder ohne Buchftaben und Orna-
mente in rother Farbe unbedeutend kenntlich lind. Im
Innern des weitläufigen Gebäudes bemerkt man noch
alte Balkenplafonds und fpät-gothifche Wölbungen ein-
zelner Räume. Am Oftende der Gaffe fland das Poft-
oder Olfathor, von deffen Gellaltung zwei im Befitze
des Antiquitätenhändlers Lattacher in Friefach befind-
liche Aquarelle eine VorOellung gewähren. Noch weiter
draußen gewahrt man rechts an einer neuen Garten
mauer mehrere Bruchftücke romanifcher Architektur
eingemauert, ein fchönes Capital mit Voluten ; ein Eck
llück mit Flechtwerk-Ornamenten, endlich einen
kleinen Pfeilerfuß. Diele Fragmente, wer weiß welcher
alten Bauten in der Stadt, waren in der Mauer des
Hochofens in dem jetzt aufgelaffenen Eifenwerk in der
Olfa als Baumaterial verwendet, find aber leider in
der neuen Gartenwand fchlecht, zum Theil verkehrt
eingefetzt. Alle folche Funde gehörten zu dem Lapi-
darium beim Probfthofe, deffen Anlage fehr verdienO;-
lich in. So ficht man z. B. an der äußeren Bruftwelir
des Stadtgrabens im Süden beim Warmbad das Bruch-
ftück eines gothifchen Efelsrücken fammt Theil einer
Fiale und mit fchönem fpätem Maßwerke von Fifch-
blafen. Laut Infchrift wurde diefer Gegenwand 1821
renovirt, das heißt wohl, damals an der Gartenmauer
aufgellellt. In der Umfaffungsmauer des Dominicaner-
Kloflers ill ein gothifcher Schlußfliein eingemauert,
einen von Blattwerk umgebenen Kopf darllellend, ähn-
lich demjenigen über dem Kaifer'fchen Backhausthor.
Auch in der Scheune des Hintergebäudes von Nr. 49,
fah ich über einer Thür einen Kopf, der von einer
kleinen gothifchen Sculptur herrührt, und einen andern
im Gafthof zum luftigen Bauern Nr. 61. Man darf an-
nehmen, dafs in Friefach alle Mauern von derlei Trüm-
mern voll Hecken. Weitere Einzelheiten an den Häufern
der Stadt find: Kleines Oberlichtgitter des 18. Jahr-
hunderts, in der Mitte Ledererfchiid, zwei aufrecht-
ftehende Gemfen, welche ein Fell halten, — in der
St. VeiterÜraße Nr. 49. — Dafelbft Nr. 35, Eifenträger
mit Voluten, Sattlerfchild, 18. Jahrhundert. Oberlicht-
gitter aus derfelben Periode, in derFürllenhofgalTe Nr. 9.
Der Fürßcnhof, jetzt Gallhof zur Poft, ift in gewif-
fem Sinne das impofantelle Profangebäude der Stadt.
Einft war es der Sitz des erzbifchöflich falzburgifchen
Vicedoms, Herrfchaftshaus und Abfteigequartier der
Erzbifchöfe felbft. Darum hat der Bau an der Fagade
ausgefprochenen italienifchen Palazzotypus, wenn auch
allerdings in fehr einfachen Formen, die Verhältniffe
find aber fehr vornehm. Uebrigens ilt diefe Front nur
ein Umbau aus dem 17. Jahrhundert, denn das Haus
verräth in feinen inneren Theilen ein höheres Alter,
wie die zierlichen, in zwei Stockwerken aufgebauten
Laubengänge deutfchen Renaiffance-Styles mit ihren
toscanifchen Säulen bezeugen, ferner die ehemalige
Capelle — jetzt Küche, — deren Spitzbogengewölbe
erhalten find. Was des Weiteren hier von einer Gruft
und unterirdifchen auf den Petersberg führen follenden
Gängen in Keller und Garten erzählt wird, laffe ich füg-
lich dahingeftellt, führe aber culturhiftorifch nicht
unintereffanten Umfland an, dafs der Herr Poftmeifier
einen Zettel von einer Hand des verfloffenen Jahrhun-
derts bewahrt, auf welchem angegeben ift, wo in dem
Gebäude Schätze zu fuchen, was für Spuck und Ge-
fpenrter dabei aber zu gewärtigen feien. In dem Hausflur
find zwei Römerfteine eingemauert, welche bereits
bekannt find, in der Wafchküche liegen einige große
fteinerne Gefchützkugeln ; im Garten, deffen große Allee
noch von der vornehmen alten Anlage zeugt, ift die
rohe fitzende Figur eines romanifchen Löwen — fein
Compagnon wurde fchon vor längerer Zeit geflohlen —
aufgeftellt. Bemerkenswerth ift endlich am Ollende der
großen, im Winkel in die alte Stadtmauer hineinge-
bauten Anlage des Fürftenhofes der gewaltige Schütt-
kaften, welchen man 2.u{ Meriaii's Anficht der Stadt
vom Jahre 1649 unter 10: „Die fürfiliche Hofhaltung"
ganz fo wie heute dargeftellt erblickt. Der entfetzlich
rohe Bau hat durch feine gewaltige Ausdehnung, mit
den derben fchweren Bogenftellungen des Erdge-
fchoßes gegen den inneren Hof zu, mit dem koloffalen
Dachftuhl enlich ein höchlt charakteriftifches Ausfehen.
Er wurde im 16. Jahrhundert angelegt, in den Pfeilern
des Unterbaues find aber behauene Werkftücke mit
gothifchen Profilirungen, Refte eines älteren Gebäudes
alfo, verwendet.
Auf dem Platze vor dem Fürltenhof erhebt fich
eine Säule mit der Statue der Immaculata von guter
Arbeit des 18. Jahrhunderts. Das Capital ill ein korin-
thifches, auf dem Sockel liest man:
aDIVtrIX peCCatorVM eXora
Gleich links vom Fürllenhof in der Fürilenhof-
gaffe befindet fich das flädtifche Arvienhaus, ein Bau
des 16. Jahrhunderts mit Bogenfries im Erdgefchoß,
hölzernen Laubenpfeilern deutfchen RenailTance-Styles
im Hof und fchönen gewölbten Räumen, in denen auch
das Stadt- Archiv untergebracht ill. Gegenüber fteht das
große, aber gänzlich unintereffante Problleigebäude
und das bemerkenswerthere der Canoniker der Bartho-
lom aus- Kirclie .
Letzteres erweist fich fo recht als von Italien be-
einflußter, wenn auch befcheidener Renaiffance-Bau
14
und ift durch feinen Infchriften-Reichtluim iiitereffant.
An der Hauptfagade des nach allen vier Seiten frei-
ftehenden Haufes zeigt fich wieder das ober-italienifche
Doppelfenfter mit vierfeitigem Mittelpfeiler und Bogen,
über demfelben ift aber ein Marmorrtein mit dem Car-
dinalswappen enrelief angebracht, darunter die Worte:
MAXIMILIANVS GANDOLPHVS DEI GRATIA ARCHI
EPISCOPVS SALISBVRGENSIS SANCTA SEDIS
APOSTOLICÄ LEGATVS NATVS COMES DE KVEN"
BVRG HAS ADES FVNDITVS ÄDIFICAVIT ANNO
DOMINI MDCLXXIIII
(In der Topographie \'on Kärnthen S. 47 nicht ganz
genau.)
Wenn man hier nun von einer „Erbauung" des
Haufes durch den Erzhii^chof Max Ga/ido/p/i von Küen-
burg von Salzburg im Jahre 1674 vernimmt, fo darf da-
bei doch nur an einen Umbau oder eine fonftige Ver-
änderung gedacht werden, der Architektur-Styl zeigt
ja, dafs die urfprüngliche Anlage älter ift, die weiteren
Infcriptionen beweifen es aber felbft ziffermäßig. So
lefen wir z. B. auf dem Architrav des RenailTance-Dop-
pelfenfters:
T M t D t C t II t
PAX PIA SIT CVNCTIS ISTAS INTRANTIBVS /c-DES
Unter dem Doppelfenfter ift ferner eine Tafel mit
folgender Infchrift angebracht:
VT BONIS PATENS ITA MALIS ESTO OCCLVSA -
was fich auf die darunter befindliche Hauptthür des
Gebäudes bezieht. Endlich ift an der Ecke der Fürften-
hofgaffe in der Höhe des Erdgefchoßes ein kleiner
Stein eingefetzt, auf welchem auf der einen Seite ein-
gemeißelt ift:
SIC VOS
I s
und auf der anderen:
5 I'
NON VOBIS
T L
O X
Nach diefen Infchriften, in welchen ich übrigens
die letzten vier Buchftaben nicht zu enträthfeln weiß,
find alfo die Bauperioden des Haufes: 1586, 1602 und
1674 überliefert, was mit dem Charakter der architekto-
nifchen Erfcheinung desfelben auch fehr wohl iiber-
einftimmt. Wenn dasfelbe 1586 erbaut wurde, fo
harmonirt damit der Typus des Doppelfenfters voll-
konmien, dem wir als CliaraktcriÜicon des ilalienifchcn
Einflußes um diefe Zeit in unferen öfterreichifchcn
Alpcngegenden überall begegnen.
Ich gehe hier nicht auf eine Befchreibung der
Pfarr-und Probftci-Kirchc St. Barlholomacus ein, weil
thcils über diefelbe bereits fchon manches vorliegt, zum
anderen Tlicil mir nicht Zeit und Mittel zu Gebote
ftanden, um die Lücken der fchon in der Literatur
vorhandenen l'",rörterungen wiffenfchaftlich genügend
huszufiillen. So wäre z. B. über den großen Schatz von
aochintereffanlcn Ei)itaphien diefes Gottesliaufes noch
fehr viel nachzutragen, wozu aber wefentlich bildliche
Reproduflioncn gehörten, die ich nicht zu bieten ver-
mag. Ich mache nur die kleine Bemerkung, dafs das
obere Gemälde des Hochaltars eine alte Copie von
dem Martyrium des heil. Bartholomaeus von Ribera-
Spagnoletto ift, welches fich in der Sammlung des
Louvre befindet. Die vorhandenen Datirungen diefes
Hochaltars 1611 und das Reftaurirungs-Jahr 183 1 geben
ferner zu denken. Wie er heute vor unferen Augen fteht,
ilT: der Aufbau nämlich für ein Werk vom Anfang des
17. Jahrhunderts viel zu barock; 1831 aber hat ihn augen-
fcheinlich irgend ein unberufener Vergolder fo entfetz-
lich \erunftaltet, wie er heute fich darfteilt. Da aber an
dem Altar auch das Wappen des Salzburger Erz-
\nic\\o'i<t% Kiienburg 2i\\^€ox2^c\\\. ift, der in der zweiten
Hälfte des 17. Jahrhunderts regierte, fo fcheint es als
das wahrfcheinlichfte, dafs derfelbe den älteren Altar
von 1611 um das Jahr 1670 im herrfchenden Barock-Styl
umgeftalten ließ.
Ich begebe mich nun außerhalb der alten Stadt
und fpreche zunächft \'on der ehemaligen St. Johannes-
Capelle, welche, wie bei Mcrian zu fehen, unfern des
nördlichen Stadtgrabenrandes bei dem einftigen Thore
ftand, welches hier nach der jetzigen Neumarktftraße
führte. Es ift bei Merian ein kleines gothifches orien-
tirtes Kirchlein mit Dachreiter am Weftende, heute
aber in einer dort ftehenden Getreidefcheune in fpär-
lichen Ueberbleibfeln noch erhalten. Das Mauerwerk
befteht nur mehr bis zu den gänzlich verlorenen Gewöl-
ben, an deren Stelle jetzt ein hölzerner Dachftuhl ge-
treten ift; auch der bei Merian deutlich fichtbare poly-
gone Chor, welcher nach Often gegen die Reichsltraße
gelegen fein müßte, ift verfch wunden und einer flachen
Wand und großem .Scheunenthor gewichen. Dagegen
haben fich an den rückwärtigen Parthien einige Spuren
des alten Zuftandes erhalten, freilich in gräßlichfter
Verftümmelung. Noch ift der einftige Eingang auf der
Weftfeite, wenn auch vermauert, zu fehen, dann auf
der .Südfeite eine zweite Thür, deren fchöner Bogen
mit Kriechkrabben und Gicbelblumcn noch erkennbar,
jedoch in der Weife, dafs man nur mehr an der Wand
des Gemäuers die Conturen der abgefchlagenen Ge-
bilde wahrnehmen kann, daneben noch zwei gothifche
kleine Fenftcr und an der Nordfeite einen Anbau, wahr-
fcheinlich die einftige Sacriftei, mit ebenfalls fchmalem
Spitzbogenfenfter. Wie man mir fagte, foll ein Flügel-
Altar hier gewefen fein, welcher vor etlichen Decennicn
fpurlos aus der Capelle verfchwunden ift.
.Auf dcrfelben Straße von der Stadt weiter fort-
fchreitend, gelangen wir zu dem Gebäude -Coniplex, in
welchem fich in allerjüngfter Zeit die Dominicanerinen
eingerichtet haben, nachdem fie das bisher von ihnen
bewohnte gegenüberbefindliche Dominicaner-Klolf er
wieder männlichen Angehörigen ihres Ordens über-
laffen haben. Ihr neuer Wohn fitz ift aber, fo viel neues
jüngft hier auch gebaut wurde, — unter anderem fogar
eine ganze Kirche — ein altes und denkwürdiges
Gebäude. Bei Merian ficht man sub 12 eine gothifche
Kirche, ähnlich, aber größer als dir nahe von St.
Johannes, ebenfalls mit orientirteni polygonen Chor
und Dachreiter am anderen Ende, „S. Mauritij", wie es
dort gefchrieben fteht. An die Kirche fchließen fich
Profangebäude an. Hier befand fich fchon im 11. Jahr-
huiiiierl ein Frauen-Klofter der heil. Magdalena, im
I 5.; Jahi hundert aber trat eine l'robftei zu St. Mauritius
und Magdalena an die Stelle, welche dem Salzburger
I'jv.bisthum \nileiftaiul, dann aber auf das Bisthum
— 15 -
Lavant überging, woher die Bezeichnung - des neuen
Lavanter Schlaffes, — im Gegenfatz zu dem alten
Lavanter Schloß auf dem Petersberg, — welche noch
heute populär ift. Das Probfteigebäude wurde im Jahre
1627 anfehnlich aufgebaut, wovon ein großes Stein-Relief
Zeugnis gibt, welches früher ober einem inneren Thor,
jetzt in der Straßenmauer, eingefetzt ift. Die Sculp-
tur ftellt den geharnifchten heil. Mauritius und die
heil. Magdalena vor, welche das Modell des Gebäudes
gemeinfchaftlich auf ihren Händen tragen. Nach diefer
Anficht war es ein fehr ftattlicher Bau von drei Stock-
werken mit Mitteltra6l und zwei im Winkel entfprin-
genden Flügeln, jener mit fünf, diefer mit je dreiFenller-
achfen, hinter dem füdlichen Flügel fchaut auf dem
Modell die gothifche Mauritius- Kirclie hervor, der
polygone Chor mit hohem Spitzbogenfenfter, ftatt des
kleinen Dachreiters aber ein ftattlicher Thurm mit
runder Renaiffance-Haube find fichtbar. Unter dem
Modell find die Wappen der Kirchenfürfien angebracht,
von welchen in der Infchrift die Rede ift; diefe lautet:
WENCESLAVS DEI GRATIA EPISCOPVS PASSO-
VIENSIS ET GVRCENSIS SACRI ROMAN • IMPER-
PRINCEPS CATHEDRALIS ECCELSI/c. (sie) SALIS-
BVRGENSIS PRÄPOSITVS AC COMES A THVN,
NEC NON WENCESLAVS WILHELMVS DEI GRA-
TIA EPISCOPVS AC PRINCEPS SECCOVENSIS
COMES AB HOFKHRCHEN.ARCHIEPISCOPALIVM
ECCLÄSIARVMisic) CATHEDRALIVM SALISBVR-
GENSIS AC PASSOVIENSIS CANONICVS VENE
RSBLIS PRÄ.POSITVRÄ- AD S : S:MAGDALENAM
AC MAVRITIVM PRO TEMPORE PRÄPOSITVS
HOC RENOVARE ET PR/^POSITVRAM Ex FVN
DAMENTO AD HANG ExERCERE FORMAM
ANNO A NATIVITATE DOMNI ■ M : D : C : LXXII.
Bei den jetzt beendeten Neubauten wurden die
Fundamente der 1804 abgetragenen Mauritius-Kirche
gefunden, auch Refte von decorativer Wandmalerei,
ohne dafs leider irgend eine Aufnahme vorgenommen
worden wäre. Einen gleichzeitig entdeckten Grabftein
hat man äußerft ungefchickt auf der Brücke vor der
neuen Kirche eingemauert, fo dafs er dadurch kaum zu
lefen ift. Ich kann blos entziffern ANNO domini
dominus petrus pie .... Im Felde ift ein Kreuz auf
einem gothifchen Dreiberg in vertieften Conturen an-
gebracht; ich halte ihn für ein Werk des 14. bis 15. Jahr-
hunderts; dafs er 1231 datirt fei, wie zu lefen ift, ift gänz-
lich unrichtig.
Ueber die große gothifche Kircite der Dominicaner,
welche übrigens feit der neueften Reftaurirung außer
den Epitaphien nichts von alterthümlichem Intereffe
mehr birgt, kann ich hier hin wegeilen. Ich veru-eife
diesbezüglich auf die Topographie von Kärnthen,
S. 54 ff, und füge blos hinzu, dafs der Capitel-Saal
(die fogenannte Capelle des heil. Hyacinth) mit feinen
fchönen, von je zwei Theilungs-Säulchen geftützten
Fenftern bei der fonft fo gründlichen Renovirung des
Ganzen jedesfalls einer Befreiung diefer Architektur-
glieder von der dicken Tünchkrufte werth gewefen
wäre. Den Altar in der Sacriftei befchreibt die Topo-
graphie, S. SS, zwar fehr genau, hätte aber nur noch
das Wichtigfte hinzufügen follen, nämlich, dafs die
Gemälde im Style der deutfchen Malerfchulen des
16. Jahrhunderts ausgeführt find. Zu erwähnen wären
auch die fchönen Almarien der Sacriftei, mit einge-
legter Arbeit, 1764 datirt. Die berühmte Thür mit der
Geftalt des heil. Nicolaus in Malerei auf Pergament,
deren Infchrift in der Topographie fehlerhaft wieder-
gegeben ift (porterva ftatt proterva, virtutis ftatt
virtutes), fah ich bei meinem Befuche 188S, als ich die
hoheEhrehatte, Ihrer kaif Hoheit, derDurchlauchtigften
Frau Erzherzogin Marie Valerie die Kunftfchätze
Friefachs an Ort und Stelle zu erklären, noch am alten
Platze, — in dem Zugang von der Kirche in die Sacriftei.
Heuer, 1892, nach vollendeter Renovirung, ift diefes
hervorragende Kunftwerk befeitigt, und vorläufig fehr
unficher im Capitel-Saal deponirt. Jedoch in Anbetracht
deffen, dafs diefe bedeutfame Reliquie erft vormehreren
Jahren mit harter Mühe den Gelüften eines der gefähr-
lichften Feinde unferer vaterländifchen Alterthümer
cntriffen wurde, möchte ich gar fehr darauf aufmerkfam
machen, dafs dem Convent eine beffere Art der
Aufbewahrung des Schatzes zu empfehlen wäre. Für
folche Zwecke gibt es allerorten nur ein Mittel:
die Gründung eines Mufeums, fei es nun eines der Stadt
oder eines des Klofters. Eine folche Inilitution wäre
auch für die vielen Ueberrefte der früheren Barock-Ein-
richtung der Kirche, Altäre, Holzfiguren, Ornamente,
Bilder, welche jüngft einer gothifchen Modernifirung,
die ich durchaus nicht in allem billigen kann, weichen
mußten, höchft wohlthätig. Heute liegen diefelben im
Capitel-Saal und auf dem Dachboden im wüfteften
Chaos durcheinander. Noch ift des Refecloriums zu
gedenken, eines freundlich-hellen Barock-Saales mit
Stuccaturen an der Decke.
Der neue Friedhof hat eine Capelle zum Mittel-
punkt, welche an fich als Bauwerk zwar gänzlich ohne
Werth ift, durch einige, ihr einverleibte Refte alter
Kunft aber Bedeutung befitzt. Die Capelle wurde 1833
aus dem Legat eines Bürgers, namens Thomas Wefler-
reicher, errichtet, wie die Jahreszahl an ihrem Eifen-
gitter heute noch darthut. 1839 wurde das noch dafelbft
aufgeftellte hölzerne Crucifix, eine übrigens recht
mittelmäßigeLeiftung des Salzburger Bildhauers Probft,
anläßlich der Auflaffung der Capelle in dem nahen
Schlöffe Mayerhofen hieher übertragen. Ich vermuthe
daher, dafs auch die im Folgenden zu befprechenden
Sculpturen aus demfelben Mayerhofen herrühren dürften,
über deren Provenienz mir fonft keine Literaturquelle,
fowie keine mündliche Auskunft etwas mitzutheilen im
Stande war. Tritt man in die Capelle ein, fo gelangt
man durch eine Vorhalle zu dem eigentlichen Altar-
raume, welchen rechts und links zwei die Decke
tragende viereckige Pfeiler von rothbraunem Marmor
flankiren. Sie find aber bloß an der Vorderfeite und
an den Wangenfeiten des Durchganges fculpirt, an
den beiden anderen aber eingemauert. Capitäle fehlen ,
die piedeftalartigen Bafen aber find mit Akanthus-
blättern decorirt, welche nach abwärts gerichtet find.
Die Schäfte der Pilafter find mit einfachen Leiften ein-
gerahmt, in der Mitte ihrer Höhe durch eine Rofette
im Kreisfelde markirt, und enthalten über und unter
derfelben je eine Heiligenfigur en relief. Auf diefe
Weife zeigt der Pfeiler zur Linken an feiner Außenfeite
oben einen bärtigen auf eine Keule geftützten Heiligen,
deffen Arm von einer Schlange umwunden ift, unten
St. Johannes mit Kelch und Schwert. Auf der Wantjen-
— i6
feite des Eingangs oben St. Antonius mit Kreuz
und Glocke, unten St. Katharina mit Schwert und Rad.
Auf der rechten Seite folgen dann zunächft an der
Vorderfeite des doit befindlichen Pfeilers oben St.
Jacobus mit Hut und Pilgerftab, unten ein heil. Bifchof
mit Pedum und Modell einer Stadt in Händen; auf der
Wangenfeite oben St. Andreas mit feinem fchiefen
Kreuz, darunter ein heil. Bifchof mit einem Gegenftande,
der wie ein Kübel oder wie ein Korb ausfieht. Dringt
man nun aber ins Innere vor, fo erblickt man an den
Seiten des Altars in der Wand noch zwei folche rothe
Marmorpilafter eingemauert, welche aber Capitäle, und
zwar mit eben folchen Akanthusblättern wie bei den
beiden eben gefchilderten an den Bafen haben, an
welchen aber die Bafen regelrechte gewöhnliche Piede-
ftale von architektonifcher Gliederung und Profilirung
darflellen. Außerdem ftehen noch zwei ebenfo befchaf-
fene leere Sockel ohne Schäfte zu beiden Seiten des
Altars, von rothbraunem Marmor. Die Heiligengeflalten
an den letztgenannten Pfeilern find: links oben die
fchmerzhafte Maria mit dem Schwert in der Bruft,
unten St. Stephanus mit der Märtyrerpalme und drei
Steinen. Rechts oben ein heil. Diacon mit einer Scheibe
vorder Bruft, unten St. Laurentius. Der Kunftftyl diefer
Gebilde ift jener des l6. Jahrhunderts, zweite Hälfte,
einheimifche ziemlich derbe Arbeit; das Ganze, wie
es fcheint, unverftändig aus feinem ehemaligen Auf-
ftelkmgsorte in die neue Capelle übertragen.
Die ebenfalls durch Wort und Bild bereits
bekannten Ruinen der Kirche auf dem Vigihenberge
erwähne ich nur aus dem Grunde, weil es noch nicht
ausgefprochen wurde, dafs der heute ftehende Refl
keineswegs die ganze ehemalige Kirche ift, fondern
lediglich das Presbyterium derfelben. Die Stirnwand,
welche jetzt den Triumphbogen nach der Weflfeite
abfchließt, ift ein Bau des vorigen Jahrhunderts, die
kleine Eingangsthür in fchon fehr nüchternem Rococco-
ftyl hat genau diefelben Quaflenmotive wie mehrere
Wohnhäufer in der Stadt. Urfache davon war der
Brand von 1754, welcher die Collegiat-Gcbäude und die
Kirche ergriffen hatte, deren Anblick bei Merian 1649
mit vielen Befefligungsthürmen, Dächern etc. ein höchft
ftattlicher ift. 1786 wurde die Kirche entweiht, 1816
erfolgte eine abermalige Brunft und hierauf wurden
die Nebengebäude demolirt, um Steiiimaterial zu
gewinnen. Ich wollte hier nun aber bemerken, dafs fich
die Spuren der Langhausmauern der Kirche noch
ganz genau verfolgen laffen, wenn man in dem Wäldchen
hinter dem Gebäude den Boden untcrfucht. Man ftoßt
dabei genau auf die Lagen der Steinfluchten und findet,
dafs das Gotteshaus wedlich bis an den Hügelrand
reichte, ja, auf der Nordfeite fand ich die deutlichen
Rcfle von zwei kleinen Oeffnungen oder Fenftern,
welche an der .Sohle des ehemaligen IJaiics in die
Gruft führten. Letztere ift ohne Zweifel heute unter
demVValdboden noch vorhanden, auch im Presbyterium
klingt der Hoden hohl. Die barocke Giebehvaiid droht
beinahe fciion dem Einfturz.
In der modernen Schießllättc der Stadt haben fich
nur einige alte bemalte Scheiben erhalten; es waren
einft mehr vorhanden, fie wurden aber vor längerer
Zeit einem armen Mann überlaffen, der mit vielen ein-
heizte! Unter den noch vorhandenen, einem Dutzend
gerade, find folgende die intereffanteren : Schäfer und
Schäferin, mit deutfchen Reimen, 18. Jahrhundert. —
Scheibe mit dem Wappen des Salzburgifchen Erz-
bifchofs Colloredo. (1732 — 1812I . — Ein mythologifches
Liebespaar, über welches fich eine weibliche Gertalt
mit einem Anker herabneigt. — Große Scheibe mit dem
kaiferlichen Adler und bayrifchen Löwen, Infchriften
auf eine Vermälung bezüglich, das Stück hängt aber
fo hoch, dafs die Verfe nicht zu lefen find. Dame mit
einem Körbchen im Schoß, daneben kniet ein Herr
mit Hirfchgeweihen, frivole Verfe. Ein Raftelbinder.
Eine Marderfalle. Zwei verfchlungene Hände. —
Sämmtliche Scheiben gehören dem 18. Jahrhundert
an und find ziemlich befchädigt. Die mythologifche ift
die künrtlerifch befl ausgeführte. Ich wiederhole bei
diefer Gelegenheit, was ich in diefen Blättern fchon
einmal (N. F. XIV, S. 45 f ) betont habe, dafs in diefen
alten Scheiben unferer Schießftätten ein noch gänzlich
unbehobener Culturfchatz liegt, ein reiches Materiale
für Sittengefchichte und Kunde des Volksthums. Immer
rafcher aber gehen fie zugrunde, und doch hat noch
niemand ihnen gründliche Aufmerkfamkeit gefchenkt.
Alle Confervatoren und fonftige Gefchichts- und
Kunftfreunde find zu bitten, eifrig auf diefen Gegenftand
zu achten, welcher, um nur eines anzudeuten, z. B.
fehr innig mit der Gefchichte unferer volksthümlichen
Hanswurft-Comödie zufammenhängt, dadeffen Original,
der Salzburger Bauer mit dem grünen Hut, das Prototyp
jener Bühnengeftalt, auf den Scheiben eine große Rolle
fpielt.
Im Schlöffe Lavant auf dem Petersberge ift über
cinemThoreeinmarmorener VVappenfteinmit folgender
Infchrift eingefügt:
HERCVLES DEI GRATIA EPVS LAVENTINVS FERDI-
NAND • RO • IMPERATOR • A • CONSILIIS • AVGV-
STEN • ET • PRIXINEN • ECCL • ARCANON • ANNO-
15(11.
Diefe fchöne Renaiffance-Sculptur bezieht fich auf
die Umbauten des Schloßgebäudes unter dem Bifchofe
von Lavant Martin Hercules Rettinger von Wiesbach.
Das jetzige ftädtifche Theater ift in der cinlligen
Spitalkirche su den zwölf Apoßeln eingerichtet, welche
unter Jofeph II. aufgehoben wurde. Sie ift ein fchlichter
fpätgothifcher Bau, einfcliiffig, mit einem von fünf
Achteckfeiten gel'chloffenen Chore. Die Schlußfteine
der Gewölbe bilden einfache glatte Scheiben, die
kräftigen Rippen unterfcheiden fich im Chor von den
jüngeren, offenbar fpätercn zwei Travees des Lang-
haufes mit deffcn ganz dünnen Iciftenförmigen Graten
der in P'ifchblafenmuftern bereits gebildeten (icwolbe.
Nach außen, d. h. gegen die St. Veitcr Straße, hat das
Presbyterium jedoch nicht polygone, fondern gerade
Abfchlußform, hier befindet fich heute umgekehrt
der Haupteingang.
(Korlfclzuiig folgt.)
- 17
Tyroler Burgen.
Von Paul C'iiiun.
I.
heben. Die Gruppe der
lEj Werke der deutlchcn
Profan- Architektur find
bei der kunflgefchicht-
lichen Betrachtung",
die ihnen bisher zu
Theil geworden , zu
zwei großen Gruppen
auseinandergeriffen
worden, aus denen
fich die Typen des
befeftigten und
offenen Haufes
befeftigten Wohnfitze,
Burgen
und aller Werke der Kriegsbaukunfl ill
des
ab-
der
von
bis herab auf
den erften dürftigen Verfuchen von Leo
EJJemveins glänzende Leiftung bisher nur in der Weife
behandelt worden, dafs lediglich und ausfchließlich,
von den primitivften Einrichtungen abgefehen, die her-
vorragend künftlerifche Ausftattung der Bauten den
Grund zur Heranziehung bot. Es war gerade das Un-
gewöhnliche, das Auffallende und Außerordentliche,
da.s überhaupt betrachtet ward, das eigentlich Typifche
ward überfehen. Damit aber waren nur die äußeren
Glanzpunkte nebeneinander geftellt, die verbindenden
und überleitenden Glieder mangelten, es fehlte die
Möglichkeit, eine hiftorifch genetifche Entwickelung
des befeftigten Haufes von den Erdfchanzen und Land-
wehren an über die Holzbauten bis zu den vollendeten
und umfänglichen Schloßanlagen des 15. Jahrhunderts
zu geben — es fehlte eine eigentliche Gefchichte des
Burgenbaues. Eine folche aber ift nur möglich, wenn
unter der Fülle des zu Gebote flehenden Materials
nicht das durch künftlerifche Zierformen, alfo immerhin
etwas accefforifch Hervorragende, fondern das allen
oder den meiften Bauten Eigenthümliche ausgewählt
wird. Die Weiterbildung der Befeftigungskunft, die Auf-
nahme oder Uebernahme neuer architektonifcher Prin-
cipien zum Zwecke der Vertheidigung unter dem Ein-
fluße der gefteigerten Belagerungskunfl wird dabei am
deutlichften, wenn fie an den einfachften VerhältnilTen,
an kleineren unfcheinbareren Bauwerken ftudirt wird.
Die hiftorifchen Behandlungen der deutfchen Baukunll
durch Otto und Dolune find Beweis genug, wohin eine
Vernachläßigung diefes Grundfatzes führt; die in
beiden genannten Werken aufgeführten Bauten der Be-
feftigungskunft treten in rein äußerlicher Aneinander-
reihung in Geftalt eines Anhangs neben eine thatfäch-
liche Gefchichte des Kirchenbaues an uns heran. Frei-
lich konnte es nicht Aufgabe der genannten Hiftoriker
fein, felbft die Vorftudien zu machen, das muß Sache
der localen Einzelforfchung bleiben.
XI\. N. F.
Durch die Heranziehung gerade der unbedeu-
tenderen Baulichkeiten fchwillt die Maffe des Materials
fofort ins Ungeheuerliche an, eine Auswahl crwcift
fich auf den erflen Blick als nothwendig. Und da nicht
mehr eine Aufzählung, fondern eine gefchichtliche
Entwickelung zu geben ift, verfchiebt fich der Schwer-
punkt nach den Gegenden, die für das Studium der
Entwickelung und Weiterbildung der T}'pen das
fruchtbarfte Material liefern. Während die Mitte einer
Bauprovinz immer einen verhältnismäßig confervativen
Zug aufzuweifen hat, find es die Gränzlander, wo unter
dem Einfluße der nachbarlichen Typen die Ent-
wickelung am rafcheften verlauft, wo fie fich am klarften
abhebt, und wo der Grad der gegenfeitigen Beein-
flußung am deutlichften abzulefen ift. Solcher Gränz-
provinzen find für die Gefchichte des deutfchen Burgen-
baues drei: Einmal der Mittel- und Niederrhein, dann
der Elfaß und die Pfalz, endlich die üfterreichifchen
Alpenländer.
Für den Elfaß und feine Nachbarlande find die
nöthigften Vorarbeiten und Publicationen gefammelt,
zum Theil in der nun vollendet vorliegenden A>rt?«'fchen
Inventarifation, vor allem aber in den verfchiedenen
Studien von Näher; die rheinifchen Burgen werden
in der eben in Angriff genommenen Monumentalftatiftik
der Rheinprovinz die gebührende Würdigung erfahren,
für die öfterreichifchen Alpenländer und vor allem für
Tyrol lagen bisher außer drei kleinen Einzelftudieii
des hochverdienten tyroler Forfchers David Ritter
V. Schönherr über Runkelftein, Schönau und die lan-
desfürftlicheBurg von Meran nur die vereinzelten, wenn
auch zahlreichen und verfchiedenartigen Notizen und
Veröffentlichungen in den Mittheilungen der Central-
Commiffion vor.
An diefem Punkte fucht die nachfolgende Studie
cinzufetzen. Sie will keine Gefchichte des tyroler
Burgenbaues fein. Eine folche ift unmöglich, ohne die
Kunft von Salzburg, Kärnthen und Steiermark und die
Profan- Architektur Nord-Italiensheranzuziehen. Sie fucht
aber in hil^orifcher Aufeinanderfolge die hauptfäch-
lichen erhaltenen Refte der rhätifchen Burganlagcn
vorzufüliren, um daran die Entwickelung des Typus
und die Ausbildung der eigentlichen Charakteriftica
für den tyroler Burgenbau zu ftudiern. Sie bietet
aber auch kein vollftändiges Inventar aller auf tyroler
Boden erhaltenen Burgen. Das Material ift haupt-
fächlich dem Innthale, dem Eifackthale und \-or allem
dem Etfchthale entnommen. Gerade das Etfchland bis
Bozen ift für die Entwickelung von der größten Be-
deutung, weil hier nicht nur die materiellen und wirth-
fchaftlichen Bedingungen zu einer reichen Ausgeftal-
— iS
tung des Profanbaucs die günftigften waren, fondern
weil hier fortwährend von ItaUen aus frifche Bau-
gedanken zugeführt wurden. Das Pufterthal, deffen
Anlagen für den fpecififch tyroler Burgenbau weniger
in Betracht kommen, ift nur ausnahmsweife herange-
zogen worden; aus der großen Fülle der Burgen im
Trentino, die eine gefonderte Gruppe für fich bilden,
ift nur eine fparfame Auslefe getroffen worden. Wie in
der Malerei, befonders in den in großer Zahl erhal-
tenen Wandmalereien, gravitirt das füdliche Etfchland
nach Italien, das nördliche Innthal nach Süddeutfch-
land.'
So viel als möglich ift in der vorliegenden Studie
durch das Bild geftützt. Als Illuftrationen und Riffe
mußten des Verfaffers fchüchterne Reifefkizzen dienen.
Die Auswahl des Vergleichsmaterials, das fowohl zur
Reconftruftion wie zur Fixirung des localen Unter-
fchiedes herbeigeholt werden mußte, ift in erfter Linie
auf Deutfchland befchränkt. Seit VwlUi-le-DucsYuhW-
cationen hat man fich gewöhnt, nicht zum geringften
beftochen durch die künftlcrifch vollendeten Zeich-
nungen, zunächft mit dem franzöfifchen Boden entnom-
menen Beifpielen die Entwickelung des Burgenbaues
zu belegen. Das deutfche Material ift zerftreuter, müh-
famer zufammenzubringen, aber nicht minder reich
— nur der umfangreichen Anlagen von Carcaffonne,
Aigues-Mortes, Coucy und Pierrefonds wird auch die
deutfche Burgenbaugefchichte als Analogien nicht
entbehren können. Auf den Vorarbeiten von Krieg
V. Hochfelden, Köhler und Jähus fußend, hat zuletzt
EJJenwein den Verfuch gemacht, eine Gefchichtc der
deutfchen Befeftigungskunft in ihren künftlerifchen
Glanzpunkten zu fchreiben; feine Reconftru6lions-Ent-
würfe treten den beitcn Zeichnungen Viollet-le-Diics
ebenbürtig zur Seite.
Durch die Trennung der beiden Typen des offenen
und befeftigtcn Haufes in der gefchichtlichen Behand-
lung find aber zugleich die Fäden, die herüber und
hinüber laufen, zerriffen worden. Das offene Haus hat
in erfter Linie gleichfalls eine kunfthiftorifche Würdi-
gung nur in feinen außerordentlichen und abweichenden
Erfcheinungsformen gefunden, umfaffend crft vom Ein-
tritt der Renaiffance an. Seit einem Jahrzehnt hat die
Forfchung — was in der Gefchichte des Befeftigungs-
baues noch voUftändig fehlt — auch der einfachften
Anlage und gerade diefer ihr Augenmerk gefchenkt
und bis zu den Typen vorzudringen verfucht, ohne dafs
durch diefe werthvoilen Unterfuchungen die Verbin-
dung zwifchcn dem primitiven Bauernhaus — denn
um diefes handelt es fich in erfter Linie — und dem
ausgebildeten Wohngebäude der Renaiffance einerfeits
und dem Befeftigungsbau anderfeits fichergeftellt wäre.
Für den letzten Fall vermag gerade die tyroler Local-
forfchung, und diefe faft allein, die Brücke zu fchlagen,
da in Tyrol thatfächlich ein Vcrbindung.sglicd vorliegt
in den fogenanntcn Anfitzen oder „feften Häufern",
die zumal in Ueberetfch und auf dem Ritten in größerer
Anzahl erfcheinen.
Die Zeiten, da Leo von Klenrje in dem rhätifchcn
Bauernhaufe die Uridee des etruskifchenTemi)cls finden
wollte,* find vorüber. Heute ift das tyroler Bauernhaus
' Vgl. aulfChrlich Paul Clemtn, Beitruge zur Kcnntnia älterer Wand-
malercien in Tyrol in den Mitlh. N. K. XV, S. ii, 8i, 185.
= iMit'Mig Slttib, iJrei SbMimcr in 'ryiül. UI, S. 295.
als eine Abart des großen füdlichen Alpentypus crkaiml,
den man als das Schweizerhaus zu bezeichnen fich
geeinigt hat. Dielünzelarten, das alcmannifche, burgun-
difche, tyroler, ftcyrer, vorarlbergcr Haus, ftehen fich
unter einander fehr nahe und zeigen wieder zufammcn
eine große Verwandtfchaft mit dem geographifch
nächften Typus, dem fränkifchen Haufe. ■* Das tyroler
Haus ift wefentlich Wohnhaus Die alpine Wirthfchaft
braucht wenig Nebenräume, weil fie wenig Getreide
baut und das Vieh auf den Sennereien beläßt.* Die
Form ift zumeift eine quadratifche, der Aufgang ge-
fchieht auf Freitreppen. Diefe letzteren bilden für den
tyroler Befeftigungsbau gleichfalls bis ins i6. Jahrhun-
dert ein Charakterifticum. Der Eingang gefchieht von
der Giebelfeite aus, die innere Anlage ift in den meiftcii
Fällen zweigliedrig, derart, dafs der Fren, das Flur-
haus, das Fletze den Mittelpunkt bildet.'' Diefe Anlage
bildet das Grundprincip bei einer ganzen Reihe der
Anfitze in Ueberetfch, fie wird noch faft fklavifch ge-
wahrt in dem Luftfitz, den fich der Bifchof von Brixen,
Johann Thomas Freiherr von Spaur 1578 durch Hans
den Zimmermann in Velthurns erbaute." Jedes der
Gefchoße enthält in der Mitte eine durchgehende große
Halle, zu deren Rechten zwei, zu deren Linken drei
kleinere Räume liegen." Ganz entfprechend ift der
Anfitz Katzenzungen bei Tifens im Bezirk Lana, dem
■' Vnibercitende Gedanken fchon bei Jacob Falke, Ideen zu einer
Gefchichte des Wuhnhaufcs in Oefterreich in den IVlitth. N. K. 1, S, 18. Aus-
führlich Riiiiolph Henning, das deutfche Haus in feiner hillorifchen Ent-
wickelung. Quellen und Forfchuugen zur Sprach- und Cullurgefchichte XLVil.
Stral.'burg 1S82; derfelbe. die deutfchen Haustypen. Quellen und Forfchungen.
LV. Dazu Fee:, in der -\llgemfiinen (Münchener) Zeitung 1883, Beilage 164:
Meringer in der Allgemeinen Kunftchronik 1883, S. 32 ; /i-t*/«/f(V</ in Behageis
Literalurblatt 1882, Nr. 11. Literarifches Centralblatt i88i. Nr. 39; deutfche
Literatur-Zeitung VU, S. 49. Vgl. aus R. Betgau, Eine Gefchichte des deut-
fchen Wohnhaufes im Correfpondenz-Blatt des Gefammtvereines der deutfchen
Gefchichts- und Alterlhums-Vereine XXHI. S. 83.
' Aug. Meitzcn, das Hans in feinen volksthümlichen Formen. Verhand-
lungen des deutfchen Geographentages 1881. S. 13, 'raf. I, Fig. S — 12. — Dazu
Literar. Centralblatt 1887, Nr. 39; Allgemeine Zeitung 1S83, Beilage 28. Aus
führlicb über das Schweizer Haus tr/(i(/^rtt://, Holzarchiitektur in der Schweiz.
Zürich 1876; derfelbe. der Schweizer Holzftyl in feinen cantonalen und cou.
ftructivcn Verfchiedenheiten. Zürich 1882; derfelbe in H-'irl/i, Statiftik der
Schweiz, Zürich 1871, I. S. 258; CPra/<r«»-/Vrf, Schweizer Architektur, gefammclt
im Berner Oberlande. Bern 1850.
^ Zu dem althochdeutfchen Flazzi haben die Gloffen atrivim und aditus.
Vgl. Cinff, Althochdcutfches GlolTar, HI, S. 777. In dem fränkifchen Bauern-
hof hei:H die untere Stube Dorntzen, die obere Loubcn. Vgl. die ausführliche
Abhandlung von G. Landau, der Hausbau im Correfpondenzblatl desGefanimt-
Vereins. VI, 1857, Beilage; VIII, 1860, Heilage; X, 1862, Beilage. Uebcr das
nordfränkifche Bauernhaus vgl. liriiehiier im Globus N'lt, S. 59. GrundritTe bei
Peez in iVeßermann's deutfchen Monatsheften V, S. 73. Eine .Auswahl von
tyroler Typen bietet Kattenegger, l'ypen landwirthfchaftlichcr Bauten des
b.-iuerlichen Grundbefitzes in 'i'yrol und Vorarlberg. Wien 1878. Dazu Waflier,
die oberöfterreichifchen Bauernhufe in Wejhnnauus Monatsheften V, S. 295,
\%\.T\oc\i i\. Nii/chcter-Ustcri, das Zürcherifche Wohnhaus im 16. Jahrhundert
im Züricher Tafchenbuch 1878; Hul'er-Liebeuau, Das deutfche Haus zur Zeit
der RcnainTancc in Virchow-HoltzcudorlTs .-Xuffatzen. Im allgemeinen nach Mit-
theilnngen in Bctrefl' der Untcrfuchungi-n über den nationalen Hausbau im
Correfpondenzblalt des Gefammtvereines XI. S, 33. 54; Aufnahme und Hefchrei-
bung iilterer Wohnhiiufcr ebenda XXVII, S, 29. lieber die Vergleichsweife her-
anzuziehenden norddeutfchcn Bauten vgl. Otto /.u/7«f, Das Fricfifche Bauern,
haus. Quellen und Forfchungen. LV ; dazu Liter. Centralblatt i88(>, Nr. 24;
VVeftfalifche Baucrnhaufcr im .Archiv des hiftorifcheu Vereins für Niederfachfen
1850. S. 117; 1855, S. 363; Guftav V. Uezold, Der niedcrfachfifche Wohnhaus-
bau in der Allgemeinen Bauzeitung 1881, Nr y— 19; Lochner, Der norddcutfche
Holzbau in feiner hiftorilchen Entwickelung ; dazu deutfche Literatur-Zeitung
18811, Nr. 10; die Wohnh.aufer des nordfachfifchen Volksftammes im Preulüfchen
Staatsarzeiger 1868. Nr. 115. Vgl. auch /■'. Hahn, Ueber gcrmanifchcu Hausbau
in der Gegenwart 1883, Nr. 27; llilh. Ilaiimer, Ueber das bürgerl. Wohnhaus
im deutfchen Mittelalter. Dcukfchrift der polytechu. Schule zu Stuttgart 18(13.
« Die Herren von Velthurns erfcheinen fchon 1128. Wilhelmus de Fei
ihnrns: v. Ilonnayr, Gefchichte der gefürftclen Graffchafl Tyrol. Urkunden-
buch II, S. 87, 94. Die alteren Gefch. von Velthurns vgl. l%ilip/> Nee/',
Der deutfche Antheil des Bisthums 'Irient I, S. 43 /u>g/, Genealogifchc Tafeln
von tyroler Adelsgefchlcchtern im .-Xrchiv für Kunde öftcrreiohifcher f.efchichts-
<|uellen V, S. 383, Taf. 1 ; Sinnneher, Beitrage zur (Jefchichte der bifchoflichcu
Kirche Sahen und Brixen in Tyrol. Brixen 1821, II, S. 49, III, S. 353. Rr/eh,
Annal. .Sab. III, S. 662. Ueber den Neubau fclbll Karl Lind, Vom Schlolfe
Velthurns in den Mitth. N. F. VI, S. 90; derfelbe in den Blattern für Kunngc-
werbe X, Nr, 4. Ueber die BaurechnvniKen, Milth. d. k. k. Oefterreich. Mnfeiim«
IX, Nr, 109. Ausführlich navidv. Schanherr, das Schloß Velthnnis in den Muih,
N. V. XI, S, 34; Orlwein. Deutfche KcnailTance in Ocftcrrcüh Leipzig 1887,
II, S. I -- rj, Sehon der 1578 verftorbene C.irdinal Chrilloph Madrutz wollte
di'treh den Haumeifter M.ithias I'arlati auf dem Hügel über der alten Burg lieh
einen .Soinmcrfitz errichten lallen.
' Der Bau füllt eine Ecke in einem großen rechtwinkligen Hofe, aul
beiden Seiten der Mittelhallc ein vorfpringender Erker. Ueber dem aulicren
— 19 —
nur der rund um das fafl quadratifche Gebäude geführte
Pechnafenkranz einen befeftigten Charakter verleiht.^
Auch der nur wenige Jahre nacli der Gründung von
Velthurns erbaute Anütz Zimmerlchen bei Völs zeigt
eine ähnhche Anlage.^ Es wäre zu wünfchen, dafs die
Rid-tyroler Confervatoren diefen Anfitzen ihre Aufmerk-
famkeit zuwendeten und fie zum Gegenftand mono-
graphifcher Betraclitung machten.*"
Aus zwei Grundelementen, die die Keimblätter für
die ganze weitere Ausbildung darfteilen, entwickeln
fich die Anfänge des Burgenbaues in Tyrol: aus den Be-
feftigungsanlagen der rhätifchen Ureinwohner und den
Straßen-Caftelien der römifchen Eroberer. Das erfte Ele-
ment verliert fehr rafch, weit rafcher als in Süddeutfch-
land und den Rheinlanden, feine Bedeutung und bleibt
nur von Einfluß auf die Anlage umwallter Dörfer und
Ortfchaften und die Ausgeftaltung der Südtyrol eigen-
thümlichen Befeftigungskirchen/* während das zweite
Thor die Infchrift: Johann Thomas von Gottes Gnaden Bifchof zu Erixen
1581. Ueber den. Haupt-Portal die Infchrift: Joannes Thomas ex Baronibus a
Spaur episcopus Brixensis domum hanc una cum moenibus a fundamento erexit
et ornavit anno domini MDLXXX.
^ 7' 7- Sta/flt-r, Das deutfche Tyrol und Vorarlberg. Innsbruck 1847, 11,
S. 778. Zuerft 1350 im Befitz des Jofeph Fink genannt.
■' Ueber der Thiir Infchrift des Inhalts, dafs Ferdinand von Ruepach,
Rat des Erzherzog Ferdinand von Oefterreich und Viertelhauptmann an der
F.tfch 1587 das Schloli erbaute. Zu Her inneren Ausftattung diefer Anlilze vgl.
Fravz rankert. Die Zimmergothik in Deutfch-l'yrol, Leipzig 1S90; E.v. BcrUpfch
im Kunflgewerbeblatt IV: Eitelberger v. Edclberg, Kunft und Kunftgewerbe in
Tj'rol In den Gefammelten kunfthiftorifchen Schriften II, S. 204.
'" Die Hauptquelle für die Gefchichte der tyroler Burgen und Anfitze
bildet das Lehens-Archiv in Innsbruck. Die tyrolifchen Lebensbücher gehen
zurück bis auf König Heinrich und bilden von 1301 — 1781 eine ununterbrochene
Reihe von mehr als 350 Bänden. Die Brixener Lehenbücher laufen von
1417 — 1704, die Sonnenburger von 1562 — 1794. Das Brixener bifchufliche Archiv
umfaßt 144 Laden. Das Trientner gegen 400 Bande. Vgl. David v. Schönherr,
Die Archive in Tyrol in den Mitth. N. F. X, S. 63; Archivalifcbe Zeitfchrift
i88fi, S. 93; C A. H. Burkhard, Hand- und Adreli-buch der deutfchen Archive
I, S. 164. Dazu H. V. Gotde^g, Die Tyroler Wappenbücher im Adelsarchive
des k. k. Minifteriums des Innern zu Wien. Innsbruck 1876. Eine wichtige
Quelle für die altere Gefchichte Tyrols bildet außerdem des Mathias Burg-
lechner Ausführliche Befchreibuni; der gefürfteten Graffchaft Tyrol. (Vgl. über
den Verfader Anton Enimert, Burglechner und feine Zeit in Chmels, Oefter-
reichifchem Gefchichtsforfcher II, S. 345.) Die Originalhandfchrift im k. k.
Hof- und Haus- Archiv in Wien, Abfchriften im Nation al-Mufeum zu Inns-
bruck, in München im Kirchen-Archiv zu Telfs, in der Barfchalkifchen Biblio-
thek zu Langmoos und anderswo, alle zu 12 Bänden. Ein Auszug, „Landtafel*^
oder ...der kleine Burglechner" genannt, häufiger. Ich habe die Handfchriften
des Mufeum tranzisco-Carolinum in Linz von 1642 benützt. Außerdem von
Bedeutung die 2 Bände Tyrols Aquila Purpurea von Andreas Ziboch von
Fragburg, des Maximilian von Moor, Befchreibung der gefürfteten Graffchaft
Tyrol (Abfchrit"ten in 8 Banden in der k. k. UniverfitatsBibliothek und im
Ferdinandeum zu Innsbruck, des Mar.x Sittich von Wolkenftein-Troftburg.
Tyrolifche Chronik (nur der letzte Theil handfchriftlich erhalten, vgl. Etttuiert
im Tyroler Koten 1833, Nr. 20—24), ""»i d:e handfchriftlichen Aufzeichnungen
Anton Ri/ch7nunn's zur Gefchichte , Geographie und Antiquitäten andel Tyrols
in der Bibliotheca Tirolensis (vgl. Sinnacher, Beitrage I, S. XXXI\').
Der Inhalt der kleineren Archive von Tyrol liegt feit 1888 in einer
muftergültigen San'inlung vor: E)n. v. Ottenthai und Osiv. Rcdlkh, A/chiv-
berichte aus Tyrol: Mitth. der III. (Archiv-) Setftion der k. k. Central-Com-
miffion I. Für die älteren Anflehten und Plane, in allen Reconftructions-Fragen
die wichtigfte und vornehmfte Quelle (auf ihre Wichtigkeit hat zuletzt noch
Alberti in der Württemberg. Viet teljahrsfchrift IV, 2. Heft, aufmerkfam ge-
macht) hat das Ferdinandeum in Innsbruck eine Centralftelle und ein Archiv
angelegt; das Verzeichnis der dort vorhandenen Zeichnungen verdanke ich
der Güte des Vorftandes, des Herrn Dr. F. v. M'ie/er. Eine der werthvoUften
Quellen bildet dann ein in der Sammlung des Grafen Anton ■:•. Braiidis auf
Schloß Neubrandis zu Niederlana bei Meran befindlicher Sammelband, mit
flüchtigen Federzeichnungen, bezeichnet: ^Handriffe verfchiedener SchlÖffer,
Statt und Gegenden der fürftlichen Graffchaft Tyrol", in Pergament-Band, im
17, Jahrhiiiiüert und zwar vor dem Jahre 1647 (na^ch der Bezeichnung des
Befitzers bei Schloß Gayen) gezeichnet, um das Jahr 1710 mit neuen Bezeich-
nungen verfehen. Durch die auüerordentliche Liebenswürdigkeit des Be-
fitzers, der felbft ein ausgezeichneter Kenner der füdtyroler Landesgefchichte
ift, war ich in den Stand gefetzt, die Handfchrift in Bnnn ausführlich unter-
fuchen zu können. Sie enthält fechs Abtheilunuen. I. Meraner Gegend von
Pfeyr an bis anfang des Vüntfchgawes. 15 Blätter mit 23 Abbildungen, 2 dop-
pelt. II. Von der Tull durch ganz Vüntfchgau bis in das Münfterthal, 17 Blatter
mit 15 Abbildungen, 3 doppelt. III. Von Peterfperg durch das Ober Uehnthal
gen Trafp, 12 Blätter mit ii Abbildungen, 5 doppelt. IV. Von Meran gen
Bozen bis Tramin. 17 Blätter mit 24 Abbildungen. V. Auf den Nonnsberg bis auf
den Sulzber^, 18 Blätter mit 24 Abbildungen, 3 doppelt. VI. Von Salurn gegen
Trient, Roveredo auch allfeitig wälfche Confinen, 38 Blätter mit 34 Abbil-
dungen, 5 doppelt. Eine Reihe von frühen Abbildungen enthalten auch die
Tyroler Bergwerksbücher vom Jahre 1556, ein Exemplar im Ferdinandeum zu
Innsbruck, ein zweites in der konigl. Bibliothek zu München, Cod. germ. 1203.
" Zum Vergleich hernnzuziehen die Kirchhofsbefeftigungen von Rhein-
heOfen (A". I4'',>rney, im Archiv für helT. Gefchichte XIV. S. 638; Correfpon-
denzblatt des Gefammtvereins XX\TI, S- J03), in Siebenbürgen {B. Sy'iattus
in der Gartenlaube 1869, Nr. 30), auf Schonen (C G. Brun/'us, Skanes Konsl.
historia för Medeltiden. Kopenhagen 1850, S. 280). in Steiermark (Befeftigte
Kirchen und Kirchencaftelle in Pvüfer's Archiv für kirchliche Kunft. IV, S. 20);
im Elfaß (t'/fior Guerber im Bull, de la societe pour la conservation des mon.
bist. dWUace 1878. p. i).
als erftes Vurbild bcftehen bleibt und theilweife eine
dire6le Weiterbildung findet, infofern nämlich, als die
römifchen Refte Grundftock und P\indament für eine
ganze Reihe der tyroler Bergveften bilden.
Von den germanifchen Befeftigungsanlagen kom-
men hier nur die eigentlichen Wallburgen oder Ring-
wälle in Betracht. ^^ Zwei große Gruppen diefer Anlagen
ziehen fich durch das jetzige Deutfchland und Oefter-
reich hindurch, die eine vom Elfaß über den Odenwald
nach dem Wefterwalde zu/^ die andern von der Laufitz
nach Böhmen und Mähren herab.** Diefe Wallburgen
find zu fcheiden von den einfachen Erdfpangen, die keine
Verftärkung durch Mauerwerk erhalten, und die auch
in Tyrol und Salzburg öfter vorkommen.*' Die im
übrigen häufige Form des abgeplatteten Spitzwalls,
der Motte, bei der die Erde aus einem ringsherum auf-
geworfenen Graben gewonnen ward — aber immernoch
ohne Verftärkung durch Steinwerk, nur durch Holz-
pallifaden und eventuell einen mittleren Holzthurm, wie
an der Burg Merchem bei Doxmünde*** und wohl auch
an der dem 9. Jahrhundert angehörigen Pipinsburg bei
Lehr in der Landdroftei Stade'* — dient möglicher-
weife als Grundlage des Castrum vetus de Epiano, der
Unterburg von Eppan; hier wurde dann fpäter auf der
alten Erdfchanze der Thurm errichtet. ''^ Die größten
bekannten Ringwälle in Südtyrol liegen nahe bei
Meran. Sie bilden zufammen ein ganzes Syftem von
'• Vergl. über die Wallburgen M. Jahns, Gefchichte des Kriegswefens
S. 452; G. Kohler, Die Entwickelung des Kriegswefens und der Kriegsfiihrung
in der Ritterzeit III, I, S. 366; J. Xacher. Die deutfche Burg S. 2. Der Name
.Wallburg" ift durch v. Cohaiijcn aufgebracht (Ringwalle und ähnliche Anlagen
im raunus und anderwärts in H'eßermann" s, Monatsheften XI, 1861, Ocl), der
vom General v. Peucker eingeführte Ausdruck „Bauernburg-" ift nicht hiftorjfch.
In Weftfalen ift der Name -Hünenburgen'^, im Sauerlande und am Rheine
..Alteburgen** gebrauchlich, im Mittelalter der Ausdruck refugium gebrauch-
lich (von Jerofchin mit „Fliehburgen" überfetzt). Als folches gilt z. B. die
Annsburg, fpater Enns, in Ober-Oefterreich gleich bei ihrer Entftehung — fie wird
urbs, civilas. oppidum nie aber castrum genannt {y. X. Cor/. Bau und Ein-
richtung der deutfchen Burgen in Ober Oefterreiih S. i). Ebenfo die Styra-
bürg, fpater Sieyr, zum Schutze gegen die Ungarn als refugium erbaut. Ueber
die zunächft zum Vergleich mit den tyroler Anlagen heranzuziehenden lud-
deutfchen und fchweizer Refugia vgl. Ei-rd. Keller, Helvetifche Denkmaler I.
Caftelle und Refugia in den Mittheilungen der antiquarifchen Gefellfchaft zu
Zürich XVI find li'orner und Neckviann, Ueber mittelalterliche Ortsbefeftigungen,
Landwehren, Warten und Paüperren mit befonderer Rückficht auf die hcffifcben
lerritorien im Correfpondenzbl. des Gefammtver. der deutfch. Gefchichts- und
Alterthums-Vereine iSSo; diefelben, Orts- und Landesbefeftigungen des Mittel-
alters in Bergau's deutfcher Bauzeitung LIII, 1835. Vergl. noch z'. Cohau/en,
Die Wallburgen, Landwehren und alten Schanzen des Regierungsbezirkes
Wiesbaden in den Annal. d. Ver. für Naffauifcbe Alterthumskunde 1779,
S. '^43; V. Effen-Jütin, Kricgsbaukunft, S. 45; Mauritius ll'o/insky. Das prahi-
rtorifche Schanzv^crk von Lenyyel, Budapeft 1888; Nord hi>^. DX^ alten Wal-
lungen, Landwehren, Dammftraßen in der (weftfätifchcn) Zeitfchrift für
vaterl. Gefchichte und Alterthumskunde XXXIX, S. 136.
*■' Vgl. Fr. 7. Mampel, Die Heidenmauer auf dem Odilienberg im Elfaß.
Straßburg 1886 (Befte Abb. bei Naeher, a. a. O. , S. 4); K. Chriß, Die Ring-
walle im heffichen Odenwald im Correfpondenzbl. d. tJefammt-Vereins XXXI.
S. 35; V. Cohauft-n, Die Wallburg Rippenweiher in Odcnwalde ebenda XXIX.
S. 95 ; Fr. Ko/li-r, Die alten befefttgteu Wege des Hoch-Taunus und ihr Zufani'
menhang mit den dort befindlichen Ringwallen in der Weft deutfchen Zeit-
fchrift 1883- Ueber die abweichende Form der Rundwalle der Angrinarier vgl.
ausführlich Hervt. Hartviann, Die alten Wallburgen am mittleren Theüc des
Wiehengebirges in der Zeitfchiift d. hiftor. Ver. für Niederfachfen 1S86,
S. 120. Ueber die Uebergänge zu dem in den Alpen heimifchen 'I'ypus
7>. Siichaner* Ueberficht über die alten Schanzen und Burgen in Oberbavfrn
im Oberbayr. Archiv T, S. 3^4; Nachtrag von Ch. Sedhnayr, Archiv II, S. 148;
Aiig^. Hartmann, Burgftellen und alte Befeftigungen in Oberbayern im Archiv
XXXV, S. 320; K. Miller, Aligermanifche Ringburgen nördlich vom Boden-
fee in den Schriften des Ver. für Gefch. des Bodenfees XI, 18S2.
** Vgl. Dre/sler und Kiemann, Die älteften Baudenkmaler in Böhmen
in den Miitheil. des Ver. für die Gefch. der Deutfchen in Böhmen V und
Prcuskcr, Oberlaufitzifche Alterthümer. Görlitz 1S28.
i" Köhler, Entwickelung des Kriegswefens III, I, S. 371.
'' Vergl. Vita Joannis Morinorum episcopi auttore Joanne de Colo-
mcdio: Boutptet. Recueil XIV, p. 338; G. T. Clatk, Medineval miÜtary
architecture in England. London 1884. I, p. 33. De Caumont, Abecedaire
p. 326; es ift die ältefte genannte Befchreibung einer derartigen Bcfeftigung.
In Merchem wie Bütyfi (/*. Cai-licr, Hiftoire du duche de Valois. Paris 1764.
II, p. 248) ift es die celiifchc Wallbefcftigung, die gewahrt ift. Vgl. Mayer,
Die celt. Völkerfchaften und Sprachen. Berlin 1863, S. 44. Aehnüch die Be-
fcftigung der Motte bei Antreville. vgl. Peigne-Delacourt, Rccherches >ur
Templacement de Noviodunum in den Memoirs de la soricte archeol. de la
Picardie XXII, p. 74.
" Zeitfchrift des hiftor. Ver. für Niederfachfen 1870, Taf. VIII.
j '* Epiani caftellum velus in einer Urkunde vom o. Juni 1194 (Trient,
Arch.) bei 7- '■■ Iformayr, Gefch. der gcfürft. Graffchaft Tyrol. Urkundcnbuch
I. II, S. i'jo.
20 —
Befefligungen. Auf dem Grumsbiihel bei Obermais,
anderthalb Stunden von Meran liegt die erfte Waliburg.
Der Bühel fällt ziemlich fteil nach allen Seiten ab, nur
der Norden erlaubt den Zugang. Die Form der Höhe
ift eine langgezogene Ellipfe, deren größter Durch-
meffer 15 Cm., deren kleinller 35 M. beträgt, mit einem
doppelten Ringwall und am füdöftlichen Ende einem
großen, v'on einem Steinwall eingefafsten Raum, wahr-
fcheinlich zur Unterbringung der Viehherden bei feind-
lichen Anfällen geeignet. Bei den Ausgrabungen, die
Fridolin Plant hier vornehmen ließ, fand fich ein i M.
hoher Reft einer aus mittelgroßen Steinen beftehenden
Mauer, deren Dicke etwa 2-2o M. betrug. Aber nur
nach außen hin fand fich diefe Steinüberkleidung,
während nach innen zu ein einfacher Erdaufwurf con-
ftatirt ward.'^ Die im Jahre 1891 durch den Deutfeh-
Amerikaner William Frankfurth vorgenommenen Aus-
grabungen haben diefen Wall in feiner ganzen Aus-
Fig. I. (Sinigkopf.)
dehnung fedgeflellt. Liegt hier alfo lediglich die Form
des Steinmaterials als Bekleidung der Escarpe vor, fo
zeigt der Steinring auf dem Sinigkopf (Fig. i) in der
Gemeinde Burgftall, füdlich von Meran, den Ringwall
mit völlig ausgebildeter Steinmauer. Der bewaldete
Porphyrhügel, vom Sinigbach befpült, beherrfcht die
Straße nach derEtfch, über die er fich um 200M. erhebt,
vollkommen. Seine Form ift die eines länglichen etwas
verfchobenen Vierecks mit dem längfteii Durchmcffer
"> D* T Ringwall in Oberniais bei Meran: Mitth. d. Centr.-Conim. N. F.
XI, S. LXXIX. In dem inneren Räume f.-indcn fich Rede verbrannter Thon-
fcherbcn etc. und verbrannten Holzes, Auch Steine zeigen .Spuren der Feuer-
cinwirkung. Eine Annlo(.;ie mit den verfchlackten Steinwallen Rühmens (die
aber ficherlich keine flavifchcn Bauten find, Tondcrn den keltifchen Uojern oder
den dcutfchen Markomannen angehören) Tcheint mir aber nicht vorzuliegen.
Ueber das archnolog-.phyrikal. Problem, vgl. 7'. Cütta, Die Burgwalle der Lau- '
fitz im neuen Laufitzer Magazin IV, 1839; Virclunv, Ueber die gebrannten
Steinwalle der Ober-Laufitz in der Zcilfchrift für Ethnologie 1870, S, 25; Frivoß^
.Memoire« »ur les anciennes constru^ions militaires connues sous Ic nom de
Forts vitriHes, Saumur 1863, — Vgl, Daines liarrington, Obfervations on thc
vilrified wall» in Scotland i, d, Archacologia VI, p. 100; RobctI Riddil, Account
of ihe ancicnt modcf of rortiftcation in Scotland i. d. Arcli,'icologia X, p, 99;
Corrcfpondenzblatt d, fjcfammlver. der dcutfchen Ocfchichts. und Alterthums-
vereine XXXII, S. 45. l.>ie geograpliifch naclifllicgcndcn Analogien zu den
tyroler Anlagen finden fich auf .Schweizer Boden. L)em Ringwall auf dem
Sinigkopf flehen nahe die Verfchanzungen auf dem Ebcnbcrg bei Aarau
{Miihilierf^ i, Anzeiger f, Schweizer. Alterthuinskunde I, S. 392, Taf. XXIII)
und auf dem Rifibuck bei Rudolfingen {Fcnlinainl Keller, Keltifche Vcflen an
den Ufern des Rheins unterhalb SchafThaufcn i. d. Millh. d. antiquar. ücfell-
fchaft in Zürich VII, Nr. 7). Vgl. weiterhin l'erJinand Keller, Helvetifche Denk-
mäler i. d. Mitth. d. anlii|uar. I-Jef. XVI, Abthcil. 2. Heft 3; Karl Miller, Alt-
gertnanifche Ringburgen und römifrhe NicderlafTungen nordlich vom Boden,
fce i. d. Schriften d, Vcr. f, d. Gcfch, d. Bodcnfees 1882, Heft 11; /•'. Rzilin,
'I'echnifches Gutachten über die Heidenmauer in Lindau i. d. Schriften d. Vcr,
f, Gefch, d. ßodeiifees XII, 1883, S. 10; Kilelbauer, Zur liaubcfchrcibung der
Heidenmauer ebemla XV, S, 235, Ueber die ganze Gruppe vgl, Robert llehia,
Die vorgcfchichtlichin Kundwallc im oftlichen Deutfchlan.l, Berlin 1888:
De CnumonI, Cours d'anliquites uionunicnljdcs, 1830, Alias pl. I,XV ; f.."jf. F.
yaniien, Over de ondlle vaderlandsche «chausen in NijliolTs Bijdragen IV,
p, 71 ; VII, p 320.
von 60 M., dem kürzeften von 52 M. Rohe unbehauene
Porphyrftücke von verfchiedener Größe, nach der
letzten Lagerung übereinander gelegt, aber ohne jede
Verwendung von Mörtel und Lehm, bilden den Wall,
deffen Höhe etwa 2 M., deffen Dicke 1-50 M. beträgt.*"
Würde die Wallburg auf dem Grunsbühel ihre Parallele
finden in der Heuneburg im Friedlinger Thal — nur in
den Maßen ganz bedeutend erweitert — , fo findet die
auf dem Sinigkopf ihr ri^figes Gegenftück in der
Heidenmauer auf dem Odilienberge im Ellaß. Das be-
zeichnende Charaktcrifticum ift das vollftändige Fehlen
von Mörtel, die ziemlich regelmäßigen Steine werden
lediglich nach der Lagerung zurechtgeftcllt und faft
gar nicht mit dem Hammer gerichtet.*'
Die dritte prähiflorifche Vefte bei Meran lag auf
dem Hochbühel, dem oberften Plateau des Knchel-
berges, eine halbe Stunde nördlich von Meran, aus der
Hallftatt-Periode flammend. Die bronzenen Schmuck-
ftücke und die Refte der elegant und reich verzierten
Töpfergefchirre geben hier genügenden Anhalt zur
Datirung. Nach der Anficht William Frankfurth's, der
noch ein drittes \orgefchichtliches Vorwerk in der
Richtung auf Schloß Tyrol zu annimmt, war der die
ganze Gegend beherrfchende Kuchelberg mit einem
Netz von Befeftigungen bedeckt; Meran alfo fchon vor
der Römerzeit ein ftrategifcher Mittelpunkt.*'"
Von weitreichenderem Einfluß war das Vorbild der
römifchen Befeftigungskunft in Tyrol. Gerade hier
aber treffen wir fofort auf die größten Differenzen in
der Forfchung. Einig find einheimifche wie auswärtige
Forfcher in der Annahme des Einflußes an fich; über
die Form desfelben und über die Frage, wie weit die
römifchen Vorbilder noch heute theils offen, thcils
verborgen in den tyroler Burgen erhalten find, konnte
keine Einigung erzielt werden. Das Eine fleht feft, dafs
die Anficht der älteren Gelehrtengeneration, dafs der
größte Theil der erhaltenen Quaderthürmc des Etfch-
thales und des Eifackthales auf römifche Arbeit zu-
rückzuführen fei, einer bedeutenden Einfchrimkiing
unterzogen werden muß.
Es handelt fich darum, ilie Merkmale zu finden und
für die befonderen Verhäitniffc Tyrols eigens zu
fixiren, die als die charakteriflifchen Eigcnfchaftcn
römifcher Werkführung zu gelten haben. Diefe gibt
eine Analyfe der Technik an die Hand.** Von den ver-
"•" Mitth. der Centr.-Comm
von Dr. 'l'appehter in Meran 1881
N. F. XI, S. LXXI, Fig. 13, Ausgrabungen
Vgl. Tappeincr, .S'tudicn zur Anthropologie
Tyrols und der Sette Commuui, ,S. 11.
-' Als Typen hiefür mögen die Heidenmauer bei Türklicim in der
Pfalz (Lehmann in der Bavaria IV, .S. 601) und die Steinringe auf dem Hohen-
feclbachkopfe bei Siegen und bei Olzcnhaufen gelten, diefe aus Bafaltriiulcn
regelmäßig aufgefchichtet (.Seliaaffhaurcn in den Jahrbüclien d. Ver. von Aller-
thumsfreunden im Rheinlandc LXIV, .S. 199). Ueber die 'l'echnik vgl. noch
O. Schußer, Die alten Heidenfchauzen Deutfchlands mit fpccinfcher Befchrci-
bung des Obeilaufitzer .Schanzenfyftcms, Dresileu 18(19 ;.^I«(Av(', Ileidcnfclian-
zcn und Stcinwalle der Latifitz im Globus XX; liötzerinaitn, Localuntcrfuchun-
gen über die Bcfcfligungsriiaucrn der Germanen, München 1878,
-'rt. Eine Serie von eingehenden Artikeln hierüber publicirt von
H'ill. Franh/urth in der Meriiier Zeitung 1892, Januar und Februar, Vgl,
Allgemeine (Münclicncr) Zeitung 1892. 1-^. Februar.
2'- Vgl. iibcr die römifche B.iu-'I'cchnik der fpateren Zeit /•'. v. Quitj7,
Text zu Seroux d'Agineourt, Sa'nmlung von Denkmälern der Atcliilektur S, 78 ;
7/. Lajjfiiulx in dem N;ichtrage zu Klrin's Rheinreifc S. 440; Ih' Cauni-itit,
Cotirs d'antiquiles monumentales IV, p. 71, Kriet:; i>. lloeh/ettieu , Ccfcliiclite
der Militär- Architektur S, 722; Otte, (Jcfchichtc der romanifchcn Baukunfl in
Deutfchland, S. 4, 275; Al/reil Kamt* im Bulletin monumental XXVI, p, 84;
Blavignac Rcchcrclics sur quelques fragments d'architci!Uir romaine decouvcrts
,'i Gencve in den Memoircs et documcnts de la socictc d'hiftoires et
d'archcol, de Geneve V, p, 88; P. i'lritieii, der karolingifche Kiiifeipalaft zu
Ingelheim, in der Weftdcutfclien Zeitfchrift für Gcfcliichte und Kunfl: 1890,
IX. S. 70; l'ii:tnr J'ctit, Esciuisses des monumciilfl romains de Frejus im Bidletiii
monumental XXX, p, 210, ^'")9, 761; ,'/, Thier/ch, Die Mauertecliiiik d. Römer
in Kund und (jewerbe V, 1883, Selir ausführlich, fpecicll über den (Juadcrbau,
V. Coltait/eii, Ucbcr die Mauervcrbitndc an alten Bauwerken des Klieinlandes,
in der Zeitfchrift für Bauuefen XXXVII, 1887,8, 51, 251, 587,
— 21
fchiedenen Einzclformcn der ausgebildeten römifclicn
Bautechnik kommen nur wenige in den rhatifclien
Befeftigungsbauten zur Verwendung; es muß feilge-
halten werden, dafs es fich hier lediglich um Refle von
Schutzbauten, nicht um Zierformen an Wohngebäuden
handelt. Demzufolge finden fich alle raffinirten Lager-
ungen, vor allem das Opus rcticulatum und der Petit
appareil nirgends in den Alpenländern; es treten hier-
für ein das Opus incertum und das Opus rusticum,^'* das
Opus fpicatum; das ährenförmige Mauerwerk findet fich
wiederholt vor, nur ift die Anficht abzuweifen, als ob
gerade diefes einen Beweis für den rumifchen Urfprung
des betreffenden Baues lieferte. Allerdings zeigt es fich
an einer großen Zahl römifcher Werke, aber wir flößen
auf dasfelbe ebenfo an Schöpfungen der longobardi-
fchen und karolingifchen Architektur, an den Mauern
zu Bergamo,^* an der Kirche zu Sarenieres, an der
Loire, ^•* an St. Pierre de Clages (Sion) *''*^ wie an den
Arbeiten aller Jahrhunderte des Mittelalters in Göfting^*^
(Steyermark), in Maiersdorf^* und an der Hainburg ^^
(Nieder-Oefterreich), an der Rautenburg*"^ in Heffen und
in Naffau zu Dreieichenhain,^' Bierftatt, Burg-Schwal-
bach, Medenbach, Oberbrechen, Sulzbach, '^^ in Zara, ^"^
auf franzöfifchem Boden in Du Pleffis*^^ und Pouzac.'*'
Noch ein anderes Vorurtheil ift abzuweifen, das die
Mauertechnik betrifft. Der Rufticabau mit ftarken Bof-
fenquadern ifl Jahrzehnte hindurch für ein Kennzeichen
der römifchen Werkführung angefehen worden, bis
diefe Legende durch v. Cohaitfni zerftört worden ifl.'*^
-*' Die Typen der römifchen Matieriechnilc nm beften bei Otte, a. a. Q.,
S. 4, und Krieg v. Hochfelden, a. a. O , S. 123. Nur ift feftzuhalten, dafs das
Opus spicatum in der Praxis nie in diefer fcheinatifchen Form zur Verwendung
kam. Vgl. zum Folgenden: Römifches Aehrenmauerwerk in Deutfchland in
der deutfchen Bauzeitung 1885, S. 70-
-* G. Coräero, Dell' Italiana Architettura durante la dominazlone
Longobarda in den Commentarii del Atheneo di Brefchia 1829, XXVIII, p. 220.
-• y. F. Boiiin, Recherches historiques sur TAnjou et ses monuments
Saumiir 1821.
-'* Blavignac, Histoire de l'Architecture sacree dans les anc. evech.
Sion etc. p. 97.
-' A". Lind, Mittelalter!. Stadtebefeftigungsbauten in Nieder Oefterreich,
in den Mitth. der Ceiur.-Comm, N. F. II. S. LXXVIII, Fig. 2; Joh. Gradt.
Die Burg GÖfting bei Gratz, in den Milth. der Centr.-Comm. XVI, S. 43, Fig, 4.
-■* Sacktii, Die Kirche zu Maiersdorf in Nieder- Oefterreich, in den
Mitth. der Centr. Comin. N. F. III, S. XXXV.
=^'J Mitth. der Centr.-Comm. XV, S. LXXX; N. F II, S. LXXXV, Fig. 21.
^i» Mitth. N. F. XII. S. XXXI, Fig. 17 und 18.
^' Kunftdenkmäler von Heflen. Kreis OrTenbach, S. 21, Fig. 3.
^- Fr. Schilf ider bei Lotz, Baudenkmäler d. Reg. Bez. Wiesbaden,
Seile 538.
^ Mitth. N. F. IX, S. CLXI; X, S. XCVIII.
^* De Cauwont, Statistique monumental de Calvados III, p. 229.
^■* Charles des Moulttis, Notice sur quelques monuments du Eig-'^rre,
im Bulletin monumental X, p, 377, 430. Abb. i. üeber die Verwendung des
ahrenförniigen Mauerwerks im frühen Mitttlalter, vgl. nach F Clenten. in der
Weftdeutfchen Zeitfchr. für Gefch. und Kunft IX. S,7i, Anm. 87; Fr. Schneider,
Ziegelbau im Mittelalter im Correfpondenzbl. des (Jefammtvereines der
devitfchen Gefchichts- und Alterthumsvereine 1875. S. 12.
S'i z>. Cohau/cn, Offener Brief an R. B. in Nürnberg, im Correfpondenzbl.
des Gefammtvereines XXVI, S- 29. Enigegnung von F. Okieii/chlager chendtk
XXVII. S- II. Gute Beifpiele für die mittelalterlichen Quaderformen mit Rand-
befchlag, bei AI. F. du Bois. Les monuments de Neuchatel, in den Mitth, der
antiquar. Gefellfchaft zu Zürich V, p. 5, 6.
In den angegebenen Fehler verfallt auch Seb. Mutzel, Die römifchen Wart-
thünne, hef. in Bayern, in den Abhandl. der kÖnigl. bayr. Akad. der WilT., Hift.
Claffe. VI. II, S. 381. Doch fchetdet er genauer die Kropfquadern, deren hervor-
ragender Theil die rohe Naturflache des Steines ift, von den mittelalterlichen
Buffenquadern, deren BufTen einmal genau rechtwinklig, meift mit plattem Rand-
befchlag umgranzt find, und deren -Oberfläche mit dem Zweifpitz gleichmäßig
bearbeitet ift. Ueber die von den Römern befolgte Mauertechnik vgl. N. Vitruvius
Pollio. De archite<5lura 1. II, c. 8: Altera est stru6lura, quam empleölon vocant,
qua etiam nostri rustici utuntur. Quorum murorum frontes poliuntur, reliqua, ita
uti sunt nata, cum materia collocata alteruis alligant coagmentis. Sed nostri,
celeritati studentes, ere<?lo3 choros locantes frontibus serviunt, et in medio farciunt
fractis separatim cum materia caementis. Ita tres suscitantia in ea strudlura
crustae : duae frontium et una media farturae. In Betreff der Fundamentirung
gibt fehr interelTante und für die Erkenntnis der römifchen Arbeiten wichtige
Fingerzeige Fl. Vegeiius Renutus, Epitoma rei militaris 1. IV, c. 3 (ed. C. Lang,
Leipzig 1885, S. 130): Murus autem, ut numquam posset elidi, hac ratione
perficitur. Intervallo vicenum pedum interposito duo intrinsecus parietes
fabricantur. Deinde terra, quae de fossis fuerlt egesta, inter illos mittitur ve(5li-
busque densatur, quia ncc murus ullis potest arietibus rumpi, quem terra con-
firmat, et quovis casu destru6tis, lapldibus ea, quae inter parietes densata fuerat,
ad muri vicem ingruentibus moles obsistit. Die Tyrol benachbarten ober-
hayrifchen römifchen castra bei v. Sttchaner, Ueberficht über die alten Schanzen
und Burgen in Oberbayern im Oberbayrifchen Archiv I, S. 324. An erfter
Denn gerade die Quadern (an den Ecken) in Verbin-
dung mit breitem und glattem Randbefchlag und mit
der mit dem Spilzeifen bearbeiteten Mittelfläche bilden
ein Charakterifticum der Bauten aus der Hohenftaufcn-
zeit. Mit voller Sicherheit ift hier nicht von vornherein
zu urtheilcn. Die Buckekiuadermauer in Aigues-Mortes'"*"
gleicht beifpielsvvcifc in der Bearbeitung der rechtwink-
lig fcharf abgefetzten Boffen vollkommen dem Mantel
des Thurmes im Schloß Beaucaire (Gard),'*^ trotzdem
ifl: die erftere mit Sicherheit römifche Arbeit, der zweite
eine Schöpfung des Mittelalters. Die eigcnthümliche
Form der Halbkugelboffcn auf fall: quadratifchcr Grund-
fläche, wie fle fich am Stadtthor von Montreuil Bellay
(Maine-et-Loire) zeigen'*^ und die Form der rechtwink-
ligen Boffen mit glatter Oberfläche und fchräg anftei-
gendem Saumfchlag wie an der Burg Krumbach bei
Conftanz^" find in den öflerreichifchen Alpenländern
nicht bekannt. Auch das verwendete Material ift nicht
immer maßgebend, wie der Stand der Streitfrage am
Rheine zeigt.*' Mit größter Vorficht ift die Analyfe des
Mörtels bei der Zuweifung und Zeitbeftimmung der
Befeftigungsbauten zu verwenden.*^ Der römifche
Mörtel zeigt gewöhnlich reinen Kalk und körnigen, rein
gefchlemmten Sand; der Kalk ward in der Regel drei
Jahre lang eingefumpft und fehr gut gelöfcht,*'*^ größere
Kiefel finden fich in den feltenften Fällen nur vor.
Es ift eine Ausnahme, wenn der Mörtel wie in Baden-
weiler eine Beimifchung von geftoßenen Kohlen zeigt,**
oder wenn er, wie im Thurm von St. Triphon, mit
fehr klein geftoßenem Stromgefchiebe (Äipenkalk)
verfetzt ift,*^
Die Unterfuchung aller genannten Indicien muß
vereinigt werden, um mit einiger Sicherheit eine Zu-
weifung an die römifche Bauperiode vornehmen zu
können. Das Opus pseudisodomum zeigt fich an dem
großen viereckigen Hauptthurm auf Schloß Tyrol. Das
Princip der wechfelnden Stoßfugen ift hier nicht genau
durchgeführt, die Quadern find mit dem Hamnier ge-
richtet und in ein dünnes ftark kalkhaltiges Mörtellager
eingebettet, das feinerseits — es ift dies als Ausnahme
zu betrachten — mit Etfchgefchiebe verfetzt ift. Die
Höhe der VVerkfteine innerhalb der einzelnen Schich-
Stelle flehen Kleinhelfendorf (Junisca) mit der Schanze im Hausgarten des
Hagenbauern (Bayer. Annalen 1833, S. 340), Adelshaufen {Rai/er, Beitr. für
Kunft und Alterth. 1830, S. 52), Hohenwart (Salzacher Kreisblatt iSog, Nr. 46),
Euting (Bayer. Annalen 1834, S. 11g), Weihenftephan {Hoheneicher, Ueber
einige alterthüml. Denkmäler der Stadt Freyfingen und ihrer nachftcn Umgebung,
im Oberbayr. Archiv I, S. 143), Sonnenburg {Kai/er, Der Oberdonaiikreis unter
den Römern I, S. 90), Burg (Bayr. Annalen 1833, S. 368).
3'' De Caiiniont, Sur quelques antiquites du midi de la France, im Bulletin
monum. XI, p. 72.
^^ Photographie Mieusement (Paris) 10507.
^9 Phutiigraphie Mieusement 12496.
*" Fr. X. Kraus. Kreis Conftanz S. 390, Fig. 100.
' *' V. Quaß, Der Tuff als Baumaterial der Römer, in den Jahrbüchern
der Ver. von Alterthsfr. im Rheinlande XXXVI, S. 169. gegen Schneider e.\i^nA7\.
XXXIV, S. 166, der behauptet, der Tuff fei bei den Römern als Mauerftein nie
in Anwendung gekommen;!'. Decken, ebenda XXXVIII, S. i und XI, S. 348,
weift nach, dafs die Römer vielfach einen oolithifchen, weißen Jurakalk verwen-
deten, fo in Nanten, Coblenz und Laach (Geognoft Führer zu dem Laacher
See und feiner Umgebung. S. 72).
*- Vgl. Zinrek, Zeitfchrift für Bauwefen XXII, S. 114 ; Augsburger
Tageblatt 185g, Nr. 174 ; Schmidt, Einige Worte über den Mörtel der hiefigen
römifchen Bauten, in den Jahresber. der Gefellfchaft für nützliche Forfchungen zu
Trier 1866; Chanoine, Nute sur les materiaux et les mortiers employes dans
les construClions romains de la ville de Sens in den Mem. de la societe archeol.
de Sens VI. p. i, 16; Ch. Texter. Sur les anciennes carrieres de Frejus et sur
les materiaux employes par les Romains 1. d. Memoires presentes ä Tacademie
des inscriptions 1849, 2. serie; F. Giemen \. d. Weftdeutfchen Zeitfchrift IX,
S. 76; Krieg v- Hochfelden, a. a. O.. S, 130; Jahns, a. a. O., S. 274.
*^ Vgl. Hafenfratz, Art de calciner la pierre calcaire. Paris 1825; De
la Faye, Recherches sur la preparation que les Romains donnaient ä la chaux.
Paris 1852; V. Scävisberg, Kunfthiftorifche Studien III, S. 183.
** De Golbiry, Antiquites romaines du pays limitrophes du departcment
du Haut-Rhin, p. 33.
*•• Krieg v. Hochfelden, a. a. O., S. 117; L. Levade^ Didlionnaire
geographii^tie et historique du Canton de Vaud. Lausanne, 1824, p. 314.
22
tungen ift ftets diefelbe. Der obere Tlieil des Thurmes
ifi: in anderer Technik, mit einer Art von Petit appareil
\erkleidet, aber ohne Eckquadern, wie fie fich ganz
entfprechend an den Burgen Scharfenberg und Landeck
an der rheinifchen Platz vorfinden.*" Die Quadern find
hier von geringer Größe, faft quadratifcli, forgfältig mit
dem Hammer gerichtet, glatt und fcharfkantig bearbei-
tet, nur an der Außenfeite wie verwafchen. Das ähren-
förmige Mauerwerk der Brunnenburg bei Meran ift
dagegen fchwerlich römifch, — die Form ift die des
Opus spicatum im Hauptthurm von Hohen-Rhätien, der
crft im 12. Jahrhundert errichtet ward.*' Durcii die ftark
boffirte Eckquadernverkleidung mit dem dazwifchen-
liegenden opus incertum erweist fich als römifchen
Urfprungs fowohl der untere Theil des Thurmes zu
HocJinaturns wie die Thurmwand auf der Hochburg
Silben bei Klaufen. Den mittleren freiftehenden Rund-
thurm an der Fröhlicksburg zu Mals halte ich für einen
römifchen Wartthurm trotz des Widerfpruches, der fich
aus dem Platze — mitten in der Thalfohle — ergibt.
Der Kranz von Tragfteinen, ähnlich wie am Thurm
St. Triphon, ift erft fpäter angebracht worden.*"*
Insbefondere in und um Meran find Refte der
römifchen Baudenkmäler gefucht worden. Seit den
Unterfuchungen Vettere ift es feftgeftellt,*^ dafs die
Römerflraße fich durch das Venoftenthal verzweigte.
Die Via Claudia Augusta theilte fich bei Bozen, der eine
Zweig führte durch das Eifackthal über den Brenner,
der andere über Terlan, Vilpian zur Sinachbrücke.
Hier trat eine neue Gabelung ein, der eine Zweig durch-
fchnitt Obermais und lief über Rametz, Spenna, durch
Paffeier nach dem Jaufen zu, der andere lief nach der
Majavefte und den Zenoberg, wo eine neue Theilung
flattfand, nach Saltaus und Algund zu. Das Castrum.
Majense war der militärifch wichtigfte l'unkt im ganzen
Vcnoftienthal, wahrfcheinlich am Fuße des Kuchel-
berges; erfl; Bifchof Aribo von Freifing gibt ihm im
8. Jahrhundert den Namen Stadt. Die Stadt ging mit
Sicherheit nicht, wie bisher angenommen, durch eiiien
Bergfturz aus dem Saifthale unter, '" fondern verfchwand
mit der ftrategifchen Wichtigkeit des Punktes von felbft.
Es ift ein häufiges hiftorifch - pfychologifches Problem,
dafs die römifchen Gründungen für Jahrhunderte
verfchoUen find, und dann niu" in der l'orm eines
Fleckens auftauchen. So auch hier. Im Jahre 931 wird
in einer Urkunde Heinrichs I. ein Dorf Majes verzeich-
net, das 1260 als Mais wieder auftaucht, 1270 als bur-
gum-opidum, 1320 endlich als civitas. Nach der Anficht
li Mazegger's\z.'g das Castrum im jetzigen Obermais.''
*** y. Nathtr, Burgen der rheinifchen Pfalz, Ul. a uiul 3.
" Kriti; V, iloch/elite», a. a. O.. S. 241.
** In Bc/iiK .Hilf die freie AiifftelliinK des Thurmes inmitten der Befefti-
12unesnnhi;(en tiiid (fpatcren) Wohnfrebälide i(l ztim Vergleiche heran/u/iehen
die Vcfte Stcinshcri; im Krait-liKaiic, nach ?'. Bayer, Denkmale der Kunfl-
nefchichtc <Icr Ileimallandet, 1851 ; Motte, Hadifche Ur^efchichtc S. 274, ein
rnmifrhes Werk. \i.'il>ren<l H'itlielliti i. d. Jahresherichten a. d. Mitglieder d.
Sin^lieiiner (./efellfcliaft zur Erforfchune d. valerl.anrlifijicn Denkmale d. Vor/eit
1848, S. 45 und i. d. BefchreihunK und (Jcfrli. d. Burn Steinsber^ 1857, darin
ein Werk der <leutfclien Kaiferzeit fleht, Vgl. Memtithtger, Wiirtemhergifche Jahr-
hiichcr 1838, S. 78.
*•. J. Vetter aus Karlsruhe untcrfnchte die Reflc des StraOcnnctzcs
1870 — 71, feine l''orn:hungcn \«iirdcn nicht ptdilicirt, aber von der Mehrzahl
der lyrolcr l.ocalliifl'irikcr anf^'enommen. Vgl. t'olefliit Slititi/i/er, (»efch, von
.Meran, d. alten Ilauptftadt d. [,:itifles 'l'yrnl. Innsbruck 1889, S. 5;; havi.i
Schiiitherr, Ucber die Lage der Kumerlladt M.-ija. I>ie fV/A-rTchen Unter-
fuchungen über die Baulichkeiten felbll find mit groDer Vorficht auf/iu)elnnen.
*" IJiefe Anficht, zuerfl von Tlialfr ansgcf|irr»chen, w;ird von Jio/chiilatlit,
S'hratizhojor, Itctitt H'cber und auch Slatilf'/rr (Vorgefchichte von Meran,
l'rogramm dc< k, k. t^yninafuims /11 .Meran 1884) wiederholt. Dagegen fchon
der f Geologe l'ttchs. Aus der Umgebung von .Meran,
^' //. Maze^ger, Komerfiinde in (Jbermais bei Meran und die alten
Majarefte. Meran 1887, S, 17 ff; da/u Correfpondenzblatt d, Oefanuutvereines
d, dcHlfi hrn (iefchichts und Alterthnmsvcr. XXXV, S. ao.
Zur Zeit ift nur £ine große Zahl von Ausgrabungen in
Obermais zu conftatiren, die aber möglicherueife
durch die Annahme eines Villenkranzes um das romi-
fche Castrum herum zu erklären find.'"''' Gleichgiltig,
welcher Anficht weitere Ausgrabungen den Vorrang
ertheilen werden: eine Reihe von Reften find von den
Vertretern beider Hypothefen als römifch anerkannt
worden. Einmal der fchon genannte Thurm auf Schloß
Tyrol. Sodann eines der charakteriftifcheften Denkmale,
der Pidverthuriii am Kiichelbergc. Derfelbe befteht
aus zwei ganz verfchiedenen Zeiten angehörenden
Theilen: einem völlig erhaltenen Kern und einem darum-
gelegten Boffenmantel des 12. Jahrhunderts. Der Kern
befteht bei einer Stärke von 1-43 M. aus abwechfelnden
Schichten von liegenden Findlingsfteinen und aus fol-
chen von ährenformig gelegten Flachfteinen, durch
ftarke Mörtellagen getrennt, die Horizontalfchichten
fehr forgfältig durch Ziegel ausgeebnet. Auf der Süd-
feite 4"30 M. über dem Felsboden findet fich nächft
der Weftmauer die gewölbte römifche Thüröffnung,
im Lichten 96 Cm. breit, 180 M. hoch.''-' An dritter
Stelle ifl der Brückenkopf in Steinach am linken Etfch-
ufer ficher als römifch anzufehen. An der dem Fluße
zugewendeten Stirnfeite desfelben erhebt fich über der
Grundlage eine drei Schichten hohe Aufmauerung in
forgfältig behauenen großen Ouaderfteineu und rcgel-
rechterEintheilungderStoßfugen, jede Schichte 0-36 bis
0.5 M. hoch; darüber erhebt fich ein Mauerwerk aus
großen unregelmäßigen Steinen, fatt inMörtel gemauert,
während die unteren Quaderfchichten in Mörtel gefetzt
und ausgefugt find. Mit einiger Sicherheit läßt fich noch
der Thiirin von Gayen (Gajanum), wenigftens der Kern
desfelben, der Thurm der Tfchenglsburg, und der untere
Theil des Hauptthurmes von Lobenberg hier anreihen.
Sicher nicht römifch find aber eine Reihe \'on Vetter
und — ihm folgend — auch von Stampfer und neuerdings
felbflfländig von Atz fo weit zurückdatirte Werke:
der \-iereckige Thurm in Schloß Planta, der Thurm in
Schloß Rubeln, in Fragsburg und Katzenftein, Dürrn-
flein, Vorft, Auer, Thurn, endlich der Suppanthurm in
Untermais. Vetter verfallt hier in den bereits gekenn-
zeichneten Irrthum, die Buckelcjuadern mit Randbefchlag
als Charakterftika römifcher Technik anzufehen. Auch
die Maß\erhaltniffe diefer Thürme find weit größer als
an den beglaubigten römifchen Warten. Eine Parallele
findet der Pulvertluirm am Kuchelberge in dem ge-
fekeibten Thurm bei Bozen, der feit dem 13. Jahrhundert
in allen Urkunden als Schloß Triwenftcin, Trcwcnftcin,
Trcucnftcin, wohl auch der Sinbcllluirm xorkommt.
Die Ict/ten Unterfuchungen bei Cöt. Staiiip/er, Gcfchichte der Stadt-
mauern von Meran: Programm des k. k. (Jymnafiums zu ISIeran i88g und
/i. Mazt'^^^i-r, Die Ciercliiclite der Stadtmauern von Meran, von i'. Staitifi/er,
u. d. Majafrage, Innsbruck 1890.
Noch im Aijnl 1892 wurden im Sclilonchcn l'llanzcnflcin bei I.azay
((Jbermais) roinifche ruiidainente entdeckt, (Neue Freie PrelTe, i. April 1892.)
*''" yohuiin yortiaii, Gefchichte der Eiitfteliuiig von .Subtavioiic.Maja, Die
Ausgrabungen genau verzeichnet bei AIiizri;t;er. Auch der Bericht über ilas
Abetiteuer des Knaben Aribo fpiicht nicht unbedingt für die l'age in Ober-
inais. Ebenfftwenig das Ergebnis der ctbyniologifcbcn Nanienserklaruiigen. Das
Dorf Mojes beißt 1290 Kaiz. yn/. v, Horittayr leitete hiervon ilcn Namen
Meran ab: Am Maifer Mais, Maja Rain, Mairania, Meran, Man fclnieb allcr-
tlings früher: All der Meran, I.ttiiwig Stent' und y. Thalrr, Mara, Maraiue,
Mar.'in a, Mcran-Murgcgelid. Ebenfo G'c/. Stainp/er, t-icfch. v, Meran, S. 24,
von Mareiii, Marauii, Nlcraun, Maran, Meran (nioring und romanifch mara,
marana-Mur). -'. Schihitit-rr, a, a, O., S. 13, fnclit Meran. Mairania mit Maja
in Verbindung zu bringen. Es ifl kein Zweifel, dafs Mais (MaJes) dem Worte
.Maja fpraclilich niilier fleht, als Meran (Mairani.'i). Dies beweirt abel* nur, dafs
das castrum vom Ku(:bcll>ergc zu fjrnnitc girgangen ift, und nur die weitere
Anfiedelung von Obcniiais fteheii blieb. Denn die ganze l'mgcgcnd von Meran
hieß bei den Romern Maja, aur:h das c;iiic Sliinde von Meran entfernte Rains
noch. Vgl, auch Archiv fiir licfchichte und Altcrtbuinskundc Tyrcds I, S. 309,
■''' Oenaiie Unterfuchungen von /'V-. l'luttt, Berg- Burg- und 'l'halfalirlen ,
Meran 1885, S, 42. Vgl. /;. Mitzeggcr, a, a, ()., S. 29,
— 23
aus den Porphyrhügeln des nahen Taiferbaches aufge-
führt, mit genau wagerechten Schichten, aber fchwcr-
lich römifchen Urfprungs.''* Auch dcrThurm der angeb-
lichen Vefte Pradei in Grieß, der gegenwärtige Glocken-
thurm der Klofterkirche ift ein durchaus mittelalter-
liches Werk. Pradei, aus praesidium Tiberii'' \on Bcda
Weber abgeleitet, ifl: als römifches Caftel nicht nachzu-
weifen. Als Graf Meinhard von Tyrol ein Schloß zur
Bewachung des Weges nach Sarnthal auf dem Gebiet
anlegte, das er von dem Klofter Bernried eingetaufcht
Jiatte ''^ — erhalten in dem Bauernhaus Nr. 115 in Grieß
— erbaute er, etwas tiefer noch, eine zweite Burg,
eben Pradei. Vor ihm wird das Schloß in keiner
Urkunde genannt.'"
Die wicht igrteii der römifchen Alpenfhraßen beglei-
teten von der lombardifchen Tiefebene nordwärts eine
ganze Reihe von Straßen-Caftellen und Standlagern." •'
Von Roveredo ab führten die Verbindungswege auf
beiden Thalfeiten hin bis nach Bozen, wo ein römifches
Lager ftand, wahrfcheinlich identifch mit Pons Drnsi.
An die Römerftation bei Neumarkt erinnern noch
drei Burgen, die ReRe römifcher Niederlaffungen in
fich bergen: Kaldiff, Caftelfeder und Enn. Am Rochet-
tapaß ■'"'■ erhebt fich auf einer fteilen Felsnadel der
Wartthurni Vifione. Und folche Wartthürme flanden in
beftimmten Abftänden auf allen Bergerkern, ähnlich
wie am Rhein '"' und in der Oftfchweiz. '" ''
Eine ganze Reihe von Burgen befband in der wech-
felnden Periode zwifchen dem Verfchvvinden der Römer
aus den rhätifchen Bergthälern und der Befeftigung der
karolingifchen Herrfchaft im Bozener Keffel; im Jahre
680 wird Bauzanum felbft als ein Caftell genannt.''*
DasRömercaftell überTrient, das Tredentinum castrum,
die Verrucca des Theodorich, die Ferrugo des Paulus
Diaconus befleht noch heute als Dos di Trento. Felfen-
nefter, roccae et speluncae werden in den Alpen fchon
767 in dem Kriege König Pipins gegen Herzog Waifar
von Aquitanien erwähnt.'^ Von größeren römifchen
■'* Die Bezeichnung ,,gefcheibter Thurm" von Ferdinand Trojer , im
34. Cap. feiner (hantlfchriftlichen) Eozener Chronik von 1648 aufgebracht.
Der Thurm hieli vorher turris Drusi, Druscmagus. Eine genaue Einzelpubli-
catiun iliefes Denkmals durch KJfen'wcin fteht bevor.
■'•■' Bcda Weber, Das Land Tyrol II, S. 269. Ebenfo ~. J. Sta/ßer,
TVol und Vorarlberg II, S. 898. Nach Sinnacker, Beiträge III, 4Ö3. Pradac
von pratum abgeleitet von Pradazzo, Tredazzo, vgl. Meichclbck, Hift. Frifing.
S. 2, 262.
^ Monumenta Boica VlII, p. 324.
"' Vgl. yuß. Ladurner. Etwas über die angebliche Vefte Pradei in Grieß,
im .\rchiv f. Gefchichte und .\lterthuniskunde Tyrols V, S. 309.
•'■' (C Atz, Die römifchen StraCen-Caftelle ui.d Staiidlager in Tyrnl, in
den Mitth. N. F. XIII, S. LXI. Der A'erfalTer geht zu weit in der Annahme
römifcher Rede, befonders in der Beftimmung römifcher Thurmanlagen in
und um .Meran : Brunnenburg, Fragsburg. Schönna, Thurn, Katzenflein: das
find alles Orte, wo römifche Wartthürme geftanden haben köiuien. Die erhal-
tenen Reftc find aber ficher nicht römifch.
.1? i, v^gl. /)t' Vigili, II passo della Rocchetta nella Naumia i. Archivio
Trenlino VI, 1887, p. 244.
■'• c F. Kelter. Die römifchen Warten, speculae, längs des Rheinufers
vom Bodenfee bis Bafel i. .\nz.; Schweizer .Mterthumskunde I, S. 237, Taf. 21.
KelUr zählt nicht weniger als 26 Wartthürme auf.
''' d F. Keticr, Die römifchen .\nfiedelungen der Oftfchweiz, ebenda XI[,
Heft 7. Vgl. auch Th. Moinntsen, Die Schweiz in römifcher Zeit, i. d. IMittli.
d. antiquarifchen Gefellfchaft in Zürich, Ed. IX. 2. Abfatz, Heft i; i. A'. Rahn ,
Gefchichte der bildenden Künfte in der Schweiz, Zürich 1876, S. 31, über die
römifchen Militärpollen. Ueber die tyroler und fchweizer .-Mpeuftraf'en, vgl.
Meyer-Ochsner, Römifche .\lpenftralJen in der Schweiz, i. d. .Mitth. d. antiquar.
Gef. in Zürich XIII. Heft 4- Oehbiiann, Die .■Vlpenpäffe im Mlttehalter, im
Jahrbuch für Schweizer Gefchichte IV, T. 365. Ueber die fpäteren Straücii-
züge auch y. U. v. Salis-Secwis, Gefammclte Schriften, herausgegeben von
C. -j. Mohr, Chur 1858. S. 259; W. Kießelbach, Der Gang des Welthandels
inid die Entwickelung des europäifchen Volkerlebens im Mittelalter, Stuttgart
18ÖO, S. 229; R. Vischcr, Studien zur Kunftgefchichte, S. 421.
•'^ Paul Diaconus, Hiftor. Langobard. V, c 36: Alahis cum comite Bojo-
ariorum, qui Bauzanum et reliqua castella regebat. cvnflixit Vgl. Jof. v. Hör-
mayr, Gefammelte Werke I, S. 251. .\uf einem Hügel zwifchen Bozen und,
Trient, bei Neumarkt e*i Caaellum foederis (Caftellfeder) genannt : //. Seet,
Gefchichte der gefürft. Graffchaft Tyrnl. .München 1816 I, S. 23". Vgl. B. Mal/atti,
l castelli trentini distrutti dai Franchi. illustr, a due capitoli di Faolo Diacono,
i. d. .\rchivio storico per Trieste, ITstria e Trentino II, p. 289.
•*■' Annal. Lauresham, a. a., 767, M, yähns, a a O., S. 627.
Anlagen in den Alpen ifl: zum Vergleich nur der Hof
zu Chur heranzuziehen, der von dem untergegangenen
Castrum Mayense efn eingermaßen zutreffendes Bild
geben kann. Die Anlage hat eine dreieckige Grundform
mit je einem Harken Vertheidigungsthurm an jeder
Ecke, die Thiirme unter fich wieder durch ftarke Mauern
verbunden. Der Hauptthurm Marfonil zeigt große recht-
eckige Werkftücke von ungleicher Länge, mit plattem
Randbefchlag, genau gearbeiteten Fugen und flarkeii
Buckeln — das einzige Beifpiel eines durchgeführten
römifchen Boffenquadern-Baues in den Alpen.''" Auf
römifchem Grunde war auch die Burg Linz errichtet.'"'
Die Kyburg im Canton Zürich war gegen feindliche
Einbrüche von der rliätifchtn Straße her, durch ilie
Thäler der Töß und der Kompt, errichtet. Sie gibt ein
Bild einer kleineren römifchen Burganlage mit freifle-
hendem quadratifchen Thurm inmitten des J^urghofes,'"''
die direft zu der einfachften Form, den Monopyrgien
hinüberleitet."-' Diefer Gattung gehört die kleine 15urg
Kemenathen bei Kaufbeuren am linken Ufer der Wer-
tach an."* Ferner Liebenzeil, Rothwafferflelz.
Die beiden Hauptftraßenzüge über die Oftalpen
in der Richtung von Nord nach Süd blieben auch
während der Zeit der Karolinger und der fächfifchen
Kaifer beftehen. Die Burggründungen an der Trienter
und Churer Straße tragen noch heute mitten im
romanifchen und italiänifchen Sprachgebiete deutfchc
Namen; deutliche Beweife für den Urfprung der Dy-
naften.''-' Graubündten übertrifft noch den Bozener
Keffel an Zahl der feflen Anfitze, auf 113 □ Meilen
kommen hier 136 Burgen. — Darüber fleht nur Rhein-
bayern mit 133 Burgruinen auf 1 07 □ Meilen. Aber
dafür find in Graubündten die Straßen noch näher
zufammengerückt als dort. '"^ Von der Höhe des
Splügenpaffes durch das Ober-Rheinwald- und das
Schamfer-Thal abwärts entflanden unter den fächfifchen
Kaifern während der Römerzüge nicht weniger als acht
Burgen : Zur Burg, Rinkenftein, Bärenburg, Vergenilein,
Oberftein, Hochfelsftein, Obertagftein, Hohen-Rhätien.
Und an der Trientiner Straße zeigt die tyroler Karte
des Bauern Peter Anich die Burgen Sergau, Pari,
Fornafch, Grüll, Bergen, Selos, Marter, Telfs, Hohen-
telfs, Striegen, Gügen und viele andere."'
'■" Krieg V. Ilochfeldcn, a. a. O., S. 76; v. Saloisbcrs;, KunfUiiflorifcbc
Studien III. S. 179.
♦•' J? N, Cori, Bau und Einrichtung der deutfchen Burgen in Oher-
Ocfterreich, S. g.
"■- Krieg v. llcch/eldcn, a. a. O., S. 98. Die Ruinen wurden indcffcn
am Anfang des 11. Jahrhunderts von neuem ausgebaut {Gie/eörecht, Gcfch.
der deutfchen Kaiferzeit II, S. 25t), der heute in der Mitte (Ichende Thurm ia
nicht römifch. .Mitth. der anliquar Gefellfchaft zu Zürich XI, S. 5, 199. Zürich
(Turcgum) und .Arbon (.\rbona) am Bodenfee. 610, i. d. Vita S. Galli et
Colurabani, als Befeftigungen genannt: SU G. SS, H, S. 6.
■'' Vgl. ausführlich über fie M, yähns, a. a. O., S. 293. Procopius,
7.Z-X ZTUfj-äTUiv 1. IV, c. 5 . Tör TjitXöi TÖjv £f,v|j:ä-:u)v ayfi'.; anexrzplTO Et; -yf.-y'^v
£vct. |j-ovo -'jf^Ytä TS Exai.s'.T'), äviff.tu-oi TS öXiyM xo{j.tO:S r' a'JToU top'J"'T'>.
«* Jahresbericht d. hiftor. Ver. f. d. K. Bayerifc-hen Oberdon.aukreis III.
Dazu Prunn, Pechthal, Hirfchberg, NalTenfels. Vgl. Seb. Miitzel, Die römifchen
Wartthürme, in den .\bhandl. der konigl. bayr. Akad. d. WTITenfch. VI, II, S. 397.
"■' Krieg -: Horh/elden, a. a. O., S. 228.
''"' G. IV. Räder, und P. C. v. Tscharner, Der Canton (iraubünden.
hillorifch, geographifch, ftatiftifch gefchildeit. St. Gallen 1838. Aul feijicn
Zügen durch das Bündner Oberland foll Pipin die Burgen Hohentrins und
Marfchlins erbaut haben. Sicherlich gehören den ältcftcn Reften an: der Eck-
thurm auf Schloß Marfchlins, die Burgmauer von Hohentrins, der Thaifchluß
Porta im Bergall , die SchlölTer Rhealta und Rhäzüns. .\bbildungen der
Eündner Burgen bei E. Pingret, et C te de Sennones, Promenades aux p;»ys
des Grisons, choi.x- de vues les plus remarqiiables de ce canton. Paris 182S.
Vgl. P. C. V. Tscharner, Wanderungen durch die rhätifchen .\lpen. Zürich
1829: y. H. Kelter. Die Bcrpftraßen nach dem Canton Graubünden. Mit Ein-
leitung von y. G. Edel. Zürich 1820. Vgl. für die römifche Zeit McyerOchsner,
Gefch. der u. und 21. Legion, in den Mitth. der antiquar. Gefellfchaft zu
Zürich, Bd. 7, Heft 6. Vgk auch y. R. Rahn, Gefchichte der bildenden Künftc
in der Schweiz. Zürich 187Ö, S. 32.
''' Satoisberg, Kunfthiftorlfche Studien III. S. 203. Ueber die Straße, die
aus dem Veltlin von Hohen Rhälien aus, über Glurns, Meran, längs der Etfch
— 24 —
Das hervorragendfle Denkmal der fächfifchen
Kaiferzeit in den Alpen ift der Ausbau der Burg Hohen-
Rhätien, an der Straße von Chur zvvifchen ihren Ver-
ältungen nach dem Julier und Septimer zu gelegen, mit
drei quadratifchen Thürmen an jedem Eckpunkte des
Dreiecks. Hier haben wir in derThat ein direftes Ver-
bindungsglied, eine unmittelbare Fortführung und
Weiterbilbung der römifchen Anlage vor uns, denn die
Anordnung der Burg Hohen-Rhätien zeigt die getreue
Nachahmung des Hofes zu Chur.*^'^ Hohen-Rhätien
nimmt damit diefelbe Stellung ein wie die Salzburg im
Saalgau in der Gefchichte des mitteldeutfchen Befefli-
gungsbaues.*^^ Neben Hohen-Rhätien fteht die fchon 913
genannte Burg Caftellacium ( CafleliatfcU), deren Trüm-
mer noch bei Soglio vorhanden hnd '^^'^ y\ls die nächll:-
älteften Befeiliigungsanlagen ftehen daneben derThurm
zu Frauenfeld im Canton Thurgau"'^ — zugleich ein
Typus des Findlingsbaues in der Oflfchweiz — und die
Habsburg, T020 durch Bifchof Wernher von Straßburg
gegründet,'* die zugleich zum erftenmal den Haupt-
thurm als Wohnraum mit den übrigen burglichen An-
lagen in Verbindung fteht.
Kitj. 2, (Freundsburg.')
Alle die Üttonifchen Gränzwarten waren wahr-
fcheinlich zum großen Theil Holzburgen oder beftan-
den im beflen Falle aus einem fteinernen Thurm mit
hölzernen Wohnbauten. ''"^ Noch 1002 enthält die Pfalz
zu Pölde zu ebener Erde nur ein hölzernes Gemach,
niicli B(i/c(i führte, v(;I. J. v. Hormayr, Hiftor. Briicliftiirkc über das tyrolcr
Straßciiwcfen, im hiftor. ft:itift. Archiv für Süddcutfchland. Fr.inkfurt rSn?, S. 255
lieber die Bc/cichnungcn der Pcutingc-r'fvhcn Karte f. Konrad Miller, Die
Weltkarte des Caftorius, genannt die Pcutingcr'fchc 'I'afel. Ravcn&burE 1887.
An der von Tyrol, aus dem Ober-Innlhal nach Bayern nurdlich führenden
StraCe befinden fich als rumifche Warten noch heute erhalten, bei Oblftadt
((jarmifch), die Reftc der Veftc Sivynburg (Schaumburg), {Mcichelbcck. Chron.
Benedif^obur. p. 81, hiM. frising I, p. 313), Parthenkirchen (Bayer. Annalcn
1883. S. 104O) , Hohcnfchwanga» mit der romifchcti Warte auf dem liöchfteri
Punkte des Berges ("Bayer. Annalen 1835, S. 381).
•^^ AV/>^ V. noih/eldeit. a. a. O., S. 237; jiihns, a. a. O., S. 618. Abb.
yohniin lUiler 7'. Wehieck, Kactia, d. i. ausfiilirlicbc und wahrliaflTtc Befchrci-
biiMg rler <lrcyen InljJirhcn (braven Büridtcn und anderer tatifcben Vulker,
Wien i^ir'i, auf dem Titelbild.
*• Voit V. Salzl>urff, Die uralte Kaiferburg Satzburg. Bayreut 1833;
Krie/; V. Uoch/eltien, Die Salzburg in Franken, Eine Kcftung der Karolinger
im An/cigcr für Kunde der dculfchcn Vorzeit V, 1836, S. 89.
** ii Im Bcfit/ der Brüder Rudolf und Andreas von Salis genannt:
Tli. V. Mohr, Cod. dipl. ad hiNt. Raeticam, Chur 1848, I, S. 58, Nr. 39. Ucbcr
die Rcftc vgl. Rotier und v.'jycharner, \icT Canton (traubündten I, S. 117,
''** Piipiko/er, (Jcfchichte der Stadt Fraucnfeld, Fraucnfeld 1871; y'dhtn,
a. a, O-, S. 617.
" Malisbtirgifche Denkmäler in der Schweiz i. Heft. Die Vcfte Habs
bürg von G. //. Kritf^ v, Hoch/eltiftt ; dcrfelbe, (icfchichte der Militär Architektur
S. 275 — 388. Ueher <l. Abbildungen vgl. .7. Lu/chtn v. Ebenf^reuth, Die
alicftcn Anflehten <lcr Mabsburg. in den Mitth. der Ccntr.-Comm. N. F. VI, T. 61,
bef. im Cod. 914 de» ftcicrmärk. f.andcsarchivcK zu Grat7 ff. die Initiale am
Anfang de« Artikels). Dicfc ziemlich nahe iibcrcinftimmend mit der Abbildung
bei Meriait, Topographia Hclveliac p. 97, Ein ausge/eichncl klares Modell von
Max GintzingfT, bcfuulct fich tn der mittelalterlichen Satnmlung zu Bafel.
Vgl. noch r|. Abbildungen in der Illuftrirten (Leipziger) Zeitung 1863, Nr. 1024,
ferner im Miinchcncr Sonntagitblatt 1863, N. 11; in der Biene 1863, Nr, 23.
'- Otte, (iefcb. d. runian. B.iukunfl in Dculfchland S. 134; Gh/ebrecht,
ficfchidiie der deuifchcn Kaiferzeit I, S. 255, 300, 616; Cori, a, a. O., S. 15.
eine Caminata'lignea, dicht daneben ein größeres Ge-
bäude mit einem Solarium. So heißt aber der Oberftock
in dem Thurm, der, wie die Vita des heil. Benedifl von
Aniane lehrt, noch meifl von Holz war."'* In dem
Lorfcher Urkundenbuch findet fich daneben manfus in
uominicatus cum folario lapides et cafa lignea.** Noch
in dem Neuen Rath (Nova rada), einem didaffcifchen für
König Wenzel verfafsten Gedichte, gibt der Biber dem
jungen König Löwe folgenden Rath:
Folge, König, meinem Rath,
Baue dir ftarke Burgen,
Ganz von Holz und ohne Stein.*''
Die Burg Kiens füdwefllich Bruneck, die der Edle
Erchinger um 1050 befitzt, wird als caftrum lapideis
ligneifque edificiis conflructum bezeichnet.'*^ Noch die
Burg, die Herzog Albrecht von Oefterreich zum
Schutze feiner Gränze gegen den Erzbifchof von Salz-
burg am Gefchaid im Enzthal erbaute, beftand durch-
weg aus Holz." Wiederholt werden in den tyroler
Urkunden die Thürme allein oder getrennt von dem
Wohngebäude aufgeführt ~^ (Fig. 2, Grundrifs der
Freundsburg). Eine folche casa lignea cum solario
lapideo befteht noch heute in Burg Freundsberg am
Ober-Innthale, die wahrfcheinlich im 11. Jahrhundert
entftand.'^ Ein einfacher Bohlenbau fchheßt fich an den
riefigen Quaderthurm an, dicht neben dem Holzbau
ift eine neuere, erft 1477 durch Bifchof Georg von
Brixen geweihte ^^ Capelle getreten. Der Thurm ifl^^ bei
feinem bedeutenden Durchmeffer nicht nur Warte,
fondern zugleich Wohnthurm, das obere dire6l unter
dem Dach gelegene Stockwerk enthält vier im 15. Jahr-
hundert mit Holztäfelung verfehene Zimmer, ein grö-
ßeres Gemach mit weit hervortretendem dreifenfbrigen
Erker, daneben ein zweifenrtriges Zimmer, hinter dem
Hauptgemach einen länglichen, ehemals gewölbten
Raum mit Windenaufzug. Der vierte noch übrig blei-
bende kleineRaum dient als Treppenaufgang, tlancben
"' Miracula .9. Benedicti a Rudol/o Tartario dcscriple c i6: MaOillon,
Acta SS. V, p. 410: Erat autcm ipsa domus lignea turris, quippe virotcns erat
ex nobilioribus indigcnis . . . turris ergo illa in supcrioribus suis solarinm
hahcbat .... porro in cius inferioribus habcbatur cellarium, divcrsi gencris
rctincns apothccas ad recipienda et con servanda hvimani vioUis iiccessaria
itioncas. Solarii vcro pavimeiitiini, ul moris erat, compaCtuin erat dolalilibus
trabcculis.
■* 836, Nr. 2337.
'■' Vybor V litcratury ccskü I, S. 89C), V. i — 4. V{;1, yii/ius Frci/alik^
Mulzbauieii in Böhmen, i. d. Mitth. d. Centr.-Comm. IV, S. 281.
'•^ Atita Tirolcn sia I, p. 40; Shmacher, Beitrage II, S. 598.
"' Ottocar V. //ortieck, c. 296 — 301.
'■* 1265. (Jotifchalk V. Ijagno verkauft an (»raf Meinhard v, Cuir/ in
'l'yrol Scbloßthurm luul Bchaufung in Caftclfondo. 1280. Kricdrich v. (Ircifen-
ftciri verkauft dem tlraf Meinhard v. Tyrol den Thurm zu Bozen. 128a. Mrin-
liard v. 'l'yrol belehnt den Conrad Miilfcr mit 'riuirin und Uof /u Plagicid.
1294. Herzog Meinhard v. Kärnten kauft \on \*olk.ir v. Schnals den 'l'hurm zn
Colfaun. 1390. Bifchof Martmann v. Cluir verleibt an J.u-ob IMante den runden
'l'hurm 7.U Vefpian. Aiinal. Curkns Ms. B. y(>, Ocflerreicli. Archiv XV. S. 354.
Kinc uaii/e Reihe vim Angaben i. d. Archivberichtcn ans 'ryrol. Ik-fiinders haiilig
find dicfe .Vnlagcn in den im nidlichcn unter italiciiifcbem J'anflnrTc (\chcnilcn
l.atuiestheilc beftchcndcn /latitcn. Denn in Italien hatten Hiefc 'rhurmbauten ihre
licdcutunghvollile AiisgcAaliung gefunden : Kloren/ zahlt im 14. Jahrhundert ihrer
150: /*. Santlni, Sociciä delle torri in Kiren/e, im Archivio storico Italiano XX, 1887,
p. 35, 178. Vgl. aucli Rohault de Fleury, La 'l'oscane au nioyen ägc. Lcttrcs
sur rarclutecturc civile et miliiaire cn 1400, Paris 1874. In der Schweiz find
noch im 14. Jahrlumdcrt die ftcincrnen Haufcr fo feiten, dafs ihrer in Bafel
ausdrücklich gcrlacht «ird. In Bern eruahnt noch Jufl'nger's C'hronik aulier
den Kirchen, dem Uathliaufe und den lülcllitzen nur hol/crne Haufcr. Vgl.
A'. lioivald, Oas alte Bern. Bern 1872, S. 12. In SchalThaiifen linden fich 1250
außer den adeligen Thurmlilzcn nur 11 (leineinc Haiifer neben 3(12 hidzcrnen.
Vgl. Rahn, (Icfchichte der l)il(lenden Kiinfte in <ler Schweiz, S. 433.
"" Bis 1319 war ilie Burg freies Kigenthum, in dicfern Jahre trug Bcrch-
told V. Krcundsberg dicfelhc dem Konige Heinrich von Bnbnien und (trafen
von 'l'yrol zu I.ehen auf. Von Kaifer Maximilian 151:; an Hillebrand v. Spaur
verliehen. 1788 endlich v d. Siaatsvcrw.dlung cingeliin;. Der Tburni wird nacli
Verordnung Kaifer l''ranz I. auf K ollen des Staatsfchatzcs erhallen. Kogl ,
l'"iinf genealngifche 'rafeln tyroler Adelsgefcblecbler, im Archiv f. Kunde uflerr.
Gcfchichtf(|uellen V. S. 383. Die Genealogie auch bei Gaby. Biicelinus, Raetia
Sacra et profana II, fol. 87; HI, fol. 123, 368.
"" Infchrift am Chor.
- 25 —
befindet ficli der Abort.**' Getrennt find Tluirm und
Holzliaus im Schlöffe Klaiii, dem ehemaligen Sitze des
Oswald Milfer. Hier Hegt der Thurm frei auf der Höhe,
oben mit einem Zinnenkranze verfehen, auf der nach
dem Thale vorgefchobenen Felfenfpitze ruht das Bau-
ernhaus.
Auch der Name Burg deutet durchaus zunächll
auf eine äußerft kleine Anlage. Das Wort ift ein indo-
germanifches Urwort (Sanskrit : puri).**^ Das griechifche
niip-jrjg bringt fchon 1556 Havrianus Junius mit Burg in
Verbindung.*'' Vegetius gebraucht das Wort im Sinne
von caftelium parvulum.** Das deutfche Wort wird von
perkan, bergen abgeleitet, wie denn noch fpät Burg
neben Berg gebraucht wird.*'' Auch das Keltifche hat
die ftamniverwandle Bezeichnung beor (bur) für Ver-
fchanzung und Befeftigung. Das lateinifche Wort arx
bezeichnet an fich nur einen durch Natur oder Kunfl
befeftigten hohen Punkt.
Hier fetzen nun aucli die erften tyroler Anlagen ein.
In der vorderften Linie, gleichfalls als Verbindungsglied
zu der romifchen Bauperiode hin, deren Schöpfungen
theils in den mittelalterlichen Gebaudecomplex einge-
woben, tiieils als Fundamente für die Neubauten dienten,
fteht Burg Sähen über Klaufen, das alte Sabiona, Sub-
savione, Sublavione, Sabienna.*" Die Römer erbauten
hier auf dem Felfenkopfe ein feftes Caftell zum Schutze
ihrer Manfio Sublavione, die in der Gegend des heutigen
Kollmann zu fachen ift.*" Das Caftell ward dann zur
Bifchofsburg, bis 992 der Bifchoffitz von Säben durch
Albin nach Brixen verlegt ward.** Die römifche Mauer
an der jetzigen Kirche, auf dem höchften, 109 Klafter
hoch aufzeigenden Punkte des Felserkcrs, ift fchon
oben erwähnt. Im J. 1296 erhielt die Burg durch
]5ifchof Landulf neue Werke, 1323 durch Albert von
Enna neue Umfaffungsmaucrn. Die jetzige Befeftigung,
in halber Höhe des Plateaus, erhielt erll; im 15. Jalir-
hundert ihre Krönung durch eingekerbte Zinnen und
nach innen breit auslaufende Scharten. Ein Bild von
dem Zuftande und der Ausdehnung der Befeftigung
vor dem Brande, der 1535 das Schloß verheerte, gibt
ein altes Tafelgemälde in der unteren Kirche von Saben
und der Stich von Merian. Das erflere zeigt die drei
großen Hauptthürme noch bis zur vollen Höhe erhalten
und über dem Thore einen mit derRingmauer verbunde-
nen Thorthurm.*^ Auf dem niedrigeren Vorfprung des
Säbcner Berges, unmittelbar über Klaufen, bauten die
Bifchöfe felbft eine neue Burg, Branzoll gcndiUnt, deren
Befefligungen gleichfalls in dem fchon genannten Bilde
erhalten find. Ein flarker Bergfrit, an den fich eine
compafte vielgliedrige Gebäudemaße direfl, wie in
der Habsburg, anfchloß, bildete den Mittelpunkt. Den
Tliurm umgab eine niedrigere Ringmauer, der ganze
Höhenrücken ward mit Mauern umzogen und die
Burg felbft mit der tiefer liegenden Stadt verbunden.
ÜiM^
*' In der Erkcniifche Wappenmalercieu, darüber die Iiifcluift: Anno
1652 ift die Herrfchaft Freundsberg pfandtweis an Herrn Chriftoph Braun von
Braunfögg felliger khoniben. ^
*■- Das indifche pur in Mirpur, Dfchaunpur, Schuspur cntfpricht unfcrcni
Burg. "Jahns, a. a. O., S. 610. Etymologifche Untcrfuchungen bei J. B. NorJ-
hoff, der Holz- und Steinbau Wcftfalens, Münfter 1873, S. 308; L. Hölzertiuinn,
Localunterfuchungen, die Kriege der Römer und Franken, fowie die Bcfcfti-
i;ungsniauern der Germanen, Sachsen und das fpätcre Mittelalter betreffend,
Münfter 1878, S. 43.
'■* Hadrianiis Jnmus, Animadversiones V, c. 6.
•* Vegetius Epitoma rcj niilitaris 1. IV, c. 10: castcluni parvulum, quem
bvirgum vocant, inier civitatem et fonteni convcnit fabricari. Derfelbe Sprach-
gebrauch in den Erlaffen des Honorius und Arcadius Viix die Grenzcaftelle des
romifchen Reiches.
*^ Naeher, Die Jeutfehe Burg in Süddeutfcliland, S. 11. Ganz ausnahms-
weife der Sprachgebrauch bei Luitprand MG. SS. V, p. 313 : doniorum congre-
gationem, quae muro non clauditur, burgum vocant. Dazu Muraiori, Antiqui-
laies Italicae mcdÜ aevi. Dissert. de niilitia saeculorum rudium. I, IJ, p. 464:
Paucac ante lila tempora nunier;tbantur Urbes et Caslclla, quibus firmissima
forcnt moenian et propugnacula. NuUam externi hostis incursionem sensit
haec Italiae portio a compluribus annis. Qiiarc patebant omnia et Casiella
potissimum ac Vici latissime expositi erant barbarorum impressionibus Nam
(jui Burgi appellabantur, Isidoro teste, fuerunt domorum congregationes, quae
niuro non claudebantur. Romanorum quidem et Gothorum sub dominatione
niunitlssimis Castellis Italia abundavit.
** JoJ\ V. Hormayr, SämmtUche Werke I, S. 266.
^' In der Burg Säben ift der Hauptteinpel und das Cüllcgium der Ifis-
pricftcr gefehen worden. Die Infchrift eines Feftinus ans Serariuni (Klaufen)
bei Aventin, Aiuiales Boior I, p. 45, \'gl. ausfuhrlich Vincenz r'. Pailhau/cfs^
Befchreibung dei Rümerftraße von Verona nach Augsburg, Brandis. lyroler
Ehrenkränzl S. 131, 209 erwähnt die alte Sage von der Gründung der Burg
durch Herzog Aroftages von Bayern. Vgl, auch Franz Bock, Klaufen feine
Kunftfchatze und Monumente, in den Miitheilungen der Centr.-Coinni. N. F.
iV, S. 15.
*^ /■';■. A Sintiacher, Beitr. zur Gefchichte d. bifchbfl. Kirche Saben
und Brixen in Tyrol, Brixen i8zi, I, S. 71. Vor ggo fchon als urbs genannt:
O. Redlich, Die Traditionsbücher des Hochftifts Brixen, A(fla Tyrolensia I,
Nr. 8. Vgl. J. Re/ch^ Annales 11, p. 655 u. passim. Die ecclesia S. Cassianie
zu Sabeni i. J. 1270 erwähnt (Adla Tyrolens I, Nr. 592). Die mittelalterliche
Burg Sabione fchon angeführt in zwei Urkunden 1040 und 1057 bei Th. v. Mohr,
Cod diqlom. ad bist. Raet. 1, p. 123, 132.
Vgl. y. V. Hormayr, Kritifch diplomatifche Beiträge zur Gefchichte
Tyrols i. Ma. II, S. 46; Ro/chviann, Gefch. von Tyrol H. S. z8o. Die Herren
von Saben ftarben 1465 mit Oswald von Säben aus, worauf das Schloß an die
Bifchöfe zurückfiel. Im Jahre 1681 wurde auf der Berghohe an Stelle des durch
tlen Brand von 1535 zerftörten SchlofTes durch Mathias Jänner ein Benedic
tinerinnenklofter erbaut, das iö86 vom Weihbifchof Willielm von Vintler feier-
lichft eingeweiht ward. Im Jahre 1797 durch die Franzofen geplündert. Vgl.
ausführlich Gotthard Ableidinger, im tyroler Volksblatt 1879; Schloß Klaufen
in Tyrol im Hausfreund 1868, Nr. 20, S. 318; Seb, Brituner, Ein Benedictiner-
huch. Würzburg 1880. S. 454; Bern. Gritner, Das Benediclinerinnenkl öfter
zum heil. Kreuz auf Saben in Tyrol, i. d. Studien und Mitlli. v. d. Benetic-
tiner- und Ciftcrcienferorden XI, S. 97; O. Redlich, Ein alter Bifchoffitz im
Gebirge, in der Zeitfchr. des dentfchen und öfterr. Alpenvereines XXI, 1890.
Hf. Chronik im Archiv des Klofters, bis 17Ö7 geführt. Vgl. E. v. Ottenthai,
XIX. N. F.
Fig. 3. (Säben.)
Sie ward im Jahre 1672 durch Feuer zerftört (Fii;'. 3,
Burg Silben nach einem Oelgemälde des 17. Jahrhun-
derts in der Klofterkirche zu Säben. Fig. 4, Burg Bran-
zoll eben daher).
Die beiden größten Befefligungsanlagen der erden
Jahrhunderte in Südtyrol Hegen hart am Ufer der Etfch,
am Aufflieg nach Ueberetfch, Hoheneppan und Sig-
mundskron. Hoheneppan gelit möghchervveife auf das
alte Appianum zurück, das Paulus Diaconus unter den
vom Longabardenkönig Autharis zerftörten Burgen
nennt.^*^ Später ward es die Stammburg der Grafen von
Piano — etwa 40 Jahre vor dem Auftauchen der Be-
zeichnung „Tyrol" findet fich der Name — die hier um
107S ihren Sitz auffchlugen. Die Eppaner find Weifen;
fchon Ethiko befitzt um 910 in den tyroler Alpen in
montanis castra et civitates et praedia non modica. Graf
Ulrich, der Sohn Friedrich's, nennt fich zuerfl Piano;
Heinrich und Arnold, die jüngeren Brüder, fiedeln fich
auf Greifenftein an. Zum erllenmal ward die Burg
und' O- Redlich, Archivberichte aus Tyrol (Mitih. der dritten ArchivSeiflion
d. k. k. Centr.-Comm.} S. 87.
m Der große Stich bei Merian, Topographia provinciarun» Ausiriacarum
Austriae, Siyriae, Carinihiae, Carniolae, Tyrolos p. 81 zeigt Säben in das
Ober- und Unterfchloli zerlegt. Das obere bezeichnet: Das uralt Schloss Sehen.
Daneben: Der alte Königliche Saal hie geftandi. Derfeibe Stich klein bei
Franciscus Negrinus, Die von Natur wohlverfchanzte und faft unüberwindliche
Graffchaft Tyrol oder: Umftändlichc Befchreibung diefes Landes, Frankfurt
1703, Taf. zu p. 563. Die Anlage erinnert fehr an Schloß Sitten; vgl. den Stich
bei Merian und bei P. Beriiits, Commentar. rer. German., Amfterdam 163a.
p. 664, und Braun und Hogenberg, Befchreibung und Contrafattur der vor-
nehmiichften Stat der Welt. i574i I. P- 38.
■*** Paulus Diaconus, historia Langobardorum I. III, c. 30. Im Jahre 589
bei der groL^en Fehde Chi Ideberts von Auftrafien wider den Langobarden
Autheris und Garibatd den Agilolfinger, dringt der fränkifchc Herzog Olo durch
Hohcn-Uhatien gegen Bellinzona, Herzog Ghadiu aus dem Veltlin gegen Nons-
berg und Sulzberg vor und zerftört dreizehn fefte Burgen im Herzogthum Tricnt.
Vgl. V. Hormayr, im hiftor. ftatift. Archiv für Süddeuifchland. Frankfurt
1807, S. 232.
26
durch Heinrich den Löwen gebrochen. Als das Ge-
fchlecht am Ende des 13 Jahrhunderts ausflarb, fielen
die Befitzungen an Meinhard IL, Grafen von Tyrol
und Görz. Seitdem wechfeltc die Burg wiederholt den
Befitzer; im Jahre 1494 wird Jacob Fuchs mit ihr belehnt,
unter der Bedingung, dafs er das verfallene Schloß
herftelle und in Ordnung halte.*' Heute ift die Burg
faft vollfländig unbewohnbar. Sechsunddreißig Burgen
/^IT
Kig. 4. (Branzoll.)
Inid von dcmThurm derBurg aus fichtbar, fie bchcrrfcht
Ucberctfch voUftändig. Etwas tiefer als die Hauptburg
liegt ein Vorwerk, ein vierekigcr Thurm, der Kreidc-
tliurm genannt, mit runder ZingeP^ — vielleicht ift dies
der erhöhte Reft der römifchcn Warte, das Castrum
'•" Vgl. über die (Jrafcn v. Kppan .iiisfiilirlich Jof. v. Hoytiiayr, Sainnit-
lii;lic Werke. Sluetgait 1821. II, .S. 15. Die großen Gcfchlechtcr des tyruler
Huchgcbirges; //. Seel, Gefcliichtc der gefiirfleten Graffchaft Tyrol II, S. 145;
Ludw. V. llohcnbuhcl, Heilr. zur Kunde Tyrnls. Innsbruck 1887, über den
Namen Eppan; R. Kinli, Akademifche Vnriefungen über die (.iefchichte Tyrols.
Innsbruck 1850, I. S. 171, 2or ; Huher, Die Entllehung der »eltlichen Territorien
des Hocliftiftes Tricnt und IJrixcn ncbft Untcrfuchungen über die ältellen
(ilicdcr der Grafen von Eppan und Tyrol, im Archiv f. üftcrr. Gefch. I.XIII
1882, 2. Heft.
« Millh. der Cenlr Couini, N. 1". VIII, S. XXIV, Abb. l'ig. I.
vetus de Epiano.^'* Der Felsrücken bildet ein längliches
unregelmäßiges Rechteck. Dicht neben dem Thor er-
hebt fich der fünfeckige Burgfrit, mit forgfältiger Eck-
verklammerung aus behauenen Porphyrquadern, die
Zwifchenräume ausgefüllt durch unregelmäßige, aber
genau lagerhafte Steinfchichten. Rechts fchließt fich,
bis zu V3 Höhe des Thurmes aufragend, der l'alas
daran, der an feinem dem Eingang abgewendeten Ende
einen zweiten flankirenden Mauerthurm zeigt, der
etwas über die Flanke heraus tritt. Links vom Eingang
ziehen fich zwei niedrigere Bau-Complexe hin, der erfte
mit offener Freitreppe, jetzt als Wirthfchaftsgebäudc
dienend, auf dem hinteren Ende des Felsplateaus liegt
völlig frei die Burg-Capelle, eine Doppel-Capellc mit
hoch gewölbter Krypta, die Altarnifche als Erker äußer-
lich fichtbar vor den Bau tretend.^* Von hohem Inter-
effe ift die Thorbefeftigung. Ueber dem Eingang eine
Fechnafe, über den künftlich erweiterten Felfenfpalt.
den ehemals die Zugbrücke überdeckte, führt jetzt eine
rohe Bohlenbrückc; auf dem vorderften Plateau, mitten
vor der einzigen Angriffsfront der Burg, liegt eine völlig
erhaltene Barbakane, mit zwei Reihen von kleinen
P^enfteröffnungen übereinander, ein Rundthurm von
4 M. Höhe und 5 M. Durchmeffer, von dem auf der Burg
zugekehrten Seite ein Segment weggefchnitten ift.*'"
"■* V. Hortnayr, Gefch. d. gefUrft. Graffchaft Tyrol, I, II. Urkuudciibuch
S. 179. Urkunde vom 9. Jiuii 1194: Egno Graf von Eppan tr;ij;t dem Uifchof
Conrad den Hügel Alt • .SchlolS Eppan genannt, gegen Wiedcrbclehnung n\
Lehen auf. Hierunter ift nicht das alte Stammfchloß zu verfteheu: Vgl. .-/. Ja^ii-y,
Gefchichte d. landesftandifchen VerfalTung in Tyrol, Innsbruck 1881, I. S. 105.
'J'' Die Capelle ift durch ihre Wandmalereien bekannt. Vgl. Gotthilf Dahlkc ,
Ronianifchc Wandmalereien in Tyrol. I. Eppan im Reperlorium f. Kunftwiflcn-
fchaft V, S. 113, mit Abb. ; Vaul C/t-mcti, Reitr. zur Kenntnis idterer Wantt-
malcrcien in Tyrol. i. d. Mitth. d. Centr.-Comm. N. F. XV, S. iz.
'J' Abb- bei Johannes und Noe, Burgen von Tyrol, in Bild und Wort,
'l'af. 5. Dürftiger Grundrifs — viel zu regelmäßig in den Umrift"en — von AI::
i. d. Mitth. N. V. VIII, S. XXIV.
(Foitfetzung folgt.)
Das Lavant-Thal.
Befproclien vom Confervaloi A'arl Frcih
enii
V. linttfcr.
j.S unterliegt keinem Zweifel, dafs das Lavant-
Thal, welches bisher archäologifch faft gänz-
hch bei Seite gelaffen wurde, wegen feines
geringen Verkehres eine Bürgfchaft leiften könnte,
dafs Durchwühlungen des Bodens nicht ftattgefunden
haben, alfo eine Durchfuchung der Gegend für die
römifchc Topographie erfreuliche Refultate ergeben
könnte. Anderfeits aber ift die Lage des Thaies keine
folchc, dafs fie für die Römer eine wichtige Durchzugs-
linic bildete, und in der Tliat kennen wir auch keine
romifche Militiirftraße in diefer Richtung. In Folge
deffen lag keine romifche Anfiedclung im Thale und
fcheint auch zu keiner Zeit das Bedürfiiis zur Anlegung
von Feftungswerken bellanden zu haben. Gleichwohl
muß ilas fchöiie und überau.s fruchtbare Thal mit feinem
milden Klima bcwolint gcwefen fein. Von Norden,
Oftcn und VVeften fchützen es fchr hohe Gebirge iiiul
nur nach Süden, gegen die Drau zu, liegt es offen. Sowohl
ilie Kor- als die Sau-Alpe, welche das Lavant-Thal zu
beiden Seiten begleiten, find Urgebirgszüge, welche
nach Weftcn fteil, nach Often in langgcftrecktcn
.\bdachungen abfallen. Die l.TtigL'cdehiitin Thiiler der
öftlichcn .\btlacluing der Kor-Alpe aber find in Steic
mark bekanntlich mit Spuren römifcher und vo
römifcher Anfiedlungen betleckt, welche in der Gegend
von Wies zahlreiche Hügelgräber hinterlalTen haben.
Ganz dicfelbcn gebildeten Tliäler fiiulen wir an der
oftlicheii Abdachung tler Sau-.\lpe im 1 .a\aiU-Tliak-
wieder und Hügelgräber wie in Wies finden fich an
mehreren Orten Kärntens, niimlich bei Tfcherberg, Vil-
lach, P'rögg und anderen Orten, ' fo dafs angenommen
werden muß, tlafs eine und tliefelbe ältere Bevölkerung
an den Abhängen der Sau-Alpe imLavant-Thale wie an
jenen der Kor-Alpe in Steiermark wohnte und fpiiter von
den Römern abgelöft worden ift. Die weftliche, nämlich
deniLavaiU-Tliale zugekehrte Abdachung der Kor-Alpe
eignete fich d.igegen mehr zu .StraßciKuilagen, weil
die kurzen W;ifferläufe kanin merklich in ilen Boden
einfchneiden. Bieten nun diefe Terrainverhiütniffi' ,tlle
Betlingungen einer zahlreichen i)r;Unftorifchen und
' Aut:li die Hügelgräber bei Windifchgra/ geboren hiclici', deren icli
im Jahre 1886 zwei gcölTncl habe. Nach einem Schreiben des unlangft ver.
ftorbcncn k. k. Scctionfchef« Uaron l\ocniif: hat derfelbe, als er noch Befitzer
von Gallcnhofcn nächft Windifchgraz w.ir, ebenfalls mehrere diefer Hügel
>>llncn l.iffen.
— ^/
römifclicn Reficdluntj', fo find aiulciTcits die Bodcnvcr-
haltiiiffc wieder folche, dafs die Spuren einer folchen
liefiedking verwifclit worden fein können. Die rafcli ver-
witternden Gefteinfchicliten des Lavant-Thales liefern
nämlich den Humus-, welcher die Cultivirung der
Abhänge bis zu i/OO M. Höhe, wie fonft nirgends in
Kärnten, ermöglicht. So giinftig diefe Bodenverhältniffe
für die Cultur, fo ungünftig find fiefür die archäologifche
Forfchung. Hügelgräber haben fich noch nirgends ge-
funden als beiLavamünd (Mitth. der Anthrop. Gef.Wien
XVI, 1886, S. 32), in neuefter Zeit auch am Forft,
unweit Wolfsberg und fonftige prähiftorifchc Funde nur
äußerft feiten (z. B. bei Jakling). Römifche Lifchriftfteine
(jetzt 35 bekannte) finden fich nur eingemauert in Kir-
chen oder Häufern, und erft in allerneuefter Zeit auch
unter der Erde.
Die Funde bei Allersdorf im Frühjahre 1888 führten
zum erltenmal auf die Spur einer Römerftraße, indem
das Stück eines feflen Straßenunterbaues in Verbin-
dung mit einem römifchen Grabmonumente vorlag,
welches keine andere Deutung zuließ. Denkt man fich
diefes Straßenftück fortgefetzt, fo müßte diefe Straße
von dem Sattel der Grutfchen über St. Paul kommend
nördlich am Abhänge der Kor-Alpe über St. Johann bis
Woifsberg gegangen fein; denn die Richtung der heu-
tigen Bezirksftraße tlurch die Niederung des breiten
Thaies vviderftreitet dem Charakter einer Römerftraße,
auch finden fich am Abhänge der Kor-Alpe zu Eitweg,
Rieding und St. Johann eine Reihe römifcher Infchrift-
Iteine in den Kirchen. Von Wolfsberg nördlich aber
konnte die Römerftraße aus demfelben Grunde nicht
durch die Thalfchlueht der Lavant bei Theifeneck
gezogen fein, fie mußte vielmehr den Höhenrücken er-
klommen haben, auf welchem bei Gräbern und Präbel
die bekannten Römerfteine verkommen, um nach St.
Leonhard zu gelangen. Es war daher fehr wichtig, als
r. Eruß Frank/, Profeffor in St. Paul, im vorigen Jahre
1888 bei einem Ausfluge auf die Wölch, einen Höhen-
rücken nördlich von Wolfsberg, Reite eines bedeuten-
den Steinwalles gefunden zu haben glaubte, welcher
auf eine Anfiedlung oder Befeftigung in der Nähe diefes
wahrfcheinlichen römifchen Straßenzuges hinwies. Ich
fand hierin eine Beftätigung einer für die prähifliorifchen
Forfchungen in Kärnten gewifs beachtenswerthen Beob-
achtung, welche ficli auch für das Lavant-Thal zu ver-
werthen fehlen, nämlich jene, dafs die bisher bekannten
Funde aus der Hallftätter Periode faft alle in der Nähe
römifcher Straßenanlagen vorgekommen find:
An der Straße Aquileja-San6ticum, die Gräber
der Napoleons-Höhe.
An der Straße Santicum-Virunum, Funde in Wink-
lern bei Velden.
An der Straße Virunum-Juenna, F"unde in Stein an
der Draubrücke.
An der Straße Juenna-Colatio, Gräber bei Tfcher-
berg und Windifchgräz.
An der Straße Virunum-Noreja, I'und bei Nieder-
Oftervitz.
An der Straße Virunum-Loibel, Funde bei Klagen-
fiu-t-Köttmannsdorf-SeidoIach.
An der Straße Virunum-Glanthal, Funde bei Hai-
dach und Matersdorf
An der Straße Santicuni-Teurnia, l-'unde an der
Scharnitzenftraße.
An der Straße Teurnia-Agountum, Funde bei
Bruggen und Potfchling.
An der Straße Teurnia-Juvaviun, I'unde auf der
Atzenberger Alpe.
An derStraße Loncium-Santicum, Bronzebeilfunde
bei Dellach (unterhalb Hermagor).
Die Frögger Gräber fowie auch jene bei St. Kan-
zian liegen an einer wahrfcheinlichen Verbindungs-
ftraße, welche über Rofegg durch das ebene R(jfenlhal
ging, und Gurina dürfte an der Fleckenftraße gelegen
haben, vielleicht fogar die Station Loncium gcwcfcn
fein, welche in Mauthen kaum nachzuweifen fein dürfte.
Es ift allerdings nicht anzunehmen, dafs prähiftori-
fchc Anfiedlungen an Römerftraßen gelegen hätten,
fonlt müßten ja in den Gräbern der Hallftätter Zeit
Spuren der römifchen Cultur zu finden fein; allein fehr
wahrfcheinlich ift, dafs zur Zeit folcher prähiftorifcher
Niederlaffimgen Verbindungswege vorhanden waren,
welche zCTr Römerzeit bei Straßenanlagen benützt wur-
den. Von diefer Vermuthung ausgehend hatte ich vor,
die vermeintlichen Schanzen auf der Wölch zu befich-
tigen und hoffte bei diefem Anlaffe, wenn auch nicht
prähiltorifche Hügelgräber, doch Spuren einer Straßen-
anlage zu finden, welche in der Richtung auf Griibern
und Präbel geführt haben könnte.
Ich kam erft viel fpäter, als ich vorhatte, zur
Bereifung des Lavant-Thales. Erftens hatte mich die
wiederholt eingetretene regnerifche Witterung fchon
bei den Ausgrabungen in Frögg aufgehalten, und dann
war Profeffor P. Ernß Frankl aus St. Paul, welcher
mich begleiten foUte, fchwer erkrankt, lu-ft am 9. O6I0-
ber fuhr ich nach Wolfsberg, um von dort die beabfich-
tigten Excurfionen vorzunehmen, dort fand ich fofort
einen bisher noch nicht bekannten römifchen Infchrift-
ftein mit vorzüglich fchönen Buchftaben, welcher als
Antritt beim Brunnen des Haufes des Herrn Aufreiter
in der oberen Stadt gelegen hatte, und zwar fchon
ziemlich abgetreten, doch noch theilweife zu lefen war.
Ich fertigte einen Papierabklatfch an. Herr Aufreiter
hatte fchon in früheren Jahren, als die Buchftaben noch
weniger abgefchliffen waren, die Infchrift aufgezeichnet,
welche Aufzeichnung mit dem, was noch leferlich ift,
übereinftimmt, nämlich:
PRIMO HER
VERI SER
IL- RICAEV/OR
Der Stein, welcher 50 Cm. hoch und 70 Cm. breit
ift, wurde von dem Befitzer dem Gefcliichts-Vereine
gefchenkt und ift bereits im Veftibule des Rudolphinums
aufgeftellt.
Zunächft beftieg ich die Wölch, auf deffen Gipfel,
Hennereck genannt und 907 M. hoch, die von Profeffor
P. Frankl entdeckten Steinmauern liegen, welche er für
alte Befeftigungen hielt. Schon beim Anftiege war ich
befliffen, Spuren einer Römerftraße zu finden, welche
nach meinem Dafürhalten am weftlichen Abhänge
diefes Berges bis auf die Höhe von Gräbern und Prebel
gegangen fein mußte, und glaube fie in einem Hohlwege
gefunden zu haben, der gerade in diefer Richtung
hinanfteigt. Von einem Unterbaue war freilich nichts zu
fehen, allein die langen parallelen im harten Grunde
tief ausgefahrenen Hohlwege zeugen für das hohe Alter
der Straße. Ich behielt mir vor an einem der folgenden
28
Tage die Verbindung dicfer Spuren mit dem Wege
von Gräbern nach Prebel von St. Leonliard aus zu
fuchen; an diefem Tage mußte ich Hennereck belteigen,
um die erwähnten Steinmauern zu fehen. Diefe letzteren
find in der That eine auffallende Erfcheinung. Auf der
Kuppe des Berge ift ein waldiges Plateau, worin diefe
langen, mit Bruclifteinen ungefähr 4 M. breit ausgeleg-
ten Linien vorkommen. F. Frankl hat fie gemeffen,
400 M. von Weflen nach Oflen. Für Befeftigungen kann
ich fie nicht halten, da fie auf völlig ebenem Grunde
aufliegen, eher für eine Wegaulage, welche möglicher-
vveife hier nach Often abzweigte. Mein Führer be-
hauptete, dafs jenfeits der Lavapt bei Twimberg
ähnliche Steinlagen vorkommen, nur feien fie viel höher
und deutlicher erkennbar. Man müßte erft diefe gefehen
haben, um durch Vergleichung eine Erklärung für jene
zu finden. Die Wölch ift übrigens ein fehr alt cultivirter
Boden. Ganz nahe von diefen Mauern öftlich ift die
Bauernwirthfchaft des Mofer, wo Mauerrefte offenbar
von einem mittelalterlichen Hcrrcnhaufe oder eines
Thurmes vorkommen.
Am folgenden Tage wurde ein Ausflug durch
den zufälligen Fund eines römifchen Infchriftfteines
auf einem Acker des Dachberges in der Gegend von
Jakliny (Eifenbahnftation St. Andrä) veranlaßt. Der
k. k. Bezirkshauptmann Dr. Hermann, welcher felbft
das größte Intereffe für die gefchichtliche Durchfor-
fchung des Lavant-Thales an den Tag legt und meine
Bemühungen auf das kräftigfte unterftützte, hatte die
Güte mir einen Bericht des Gcndarmerie-Poftens St.
Paul zu übergeben, wornach diefer Fund von einem
Bauern Namens Anton Oswald (vulgo Seucher) ge-
macht wurde und in drei großen Steinplatten befteht,
wovon die eine mit einer Infchrift verfehen ift. Die
Steinplatten waren im Haufe diefes Bauern in Lindhof
am Fuße des Dachberges aufbewahrt. Diefe Steinplat-
ten hatten walirfcheinlich ein Grab bedeckt und lagen
horizontal in geringer Tiefe übereinander, die größte,
eine fchöne glatte regelmäßig viereckige Schieferplatte
von nahezu 2 M. Höhe zu unterft, und der Infchriftftcin
(Kalk) 83 Cm. hoch und 53 Cm. breit mit der Infchrift
oben darüber. Unter den Platten waren fingerdicke
Urnenfcherben, welclie der Bauer weggeworfen hatte.
Icli begab mich fofort an Ort und Stelle. Der Dachberg
liat feinen Namen von einer Art Thonerde, welche
einige Meter tief unter der lehmigen Oberfläche lagert
und feit Menfchcngedenken zu fchwarzem Töpfcr-
gefchirr verarbeitet wird. Die Bauern graben diefes
Material und verkaufen dasfclbc fogar nach entfernten
Orten. Es war von Intereffe, die Topffcherben, welche
unter den Steinplatten lagen, mit dem gegenwärtig aus
dem Dachbcrgcrthon gebranntem ganz ähnlichem
Gefcliirr zu vergleichen. Immerhin wäre es möglich,
dafs diefes Tlionlager fchon in vorhiftorifcher Zeit
Veraniaffung zu einer Niederiaffung an diefem Ort
gewefen, aus welcher die feiner Zeit bei Jakling gefun-
denen Bronze ftammten, und dafs diefe Niederiaffung
zur Romerzeit fortgefetzt wurde. Es heißt, dafs fchon in
den Secliziger-Jahren ein ähnliches Grab auf der Nord-
feite des Dachberges aufgedeckt wurde. Daraus aber
/u folgern, dafs eine Römcrftraßc über den Dachberg
in der Richtung der heutigen Bezirksftraße über Sieben-
ding durch die breite und niedrige l'^bene gegangen fei,
ift aus dem oben angeführten Grunde unzuläffig. Viel-
mehr ift wahrfciieinlich, dafs mehrere römifche Nieder-
laffungen, fowie heute auch dazumal im Thale zcrftreut
lagen, wie zu St. Andrä und Reißberg, wo auch Römer-
fteine vorkommen.
Der jüngft auf dem Dachberg gefundene Infchrift-
ftcin ift an der Oberfläche derart ausgewittert, dafs die
Schrift kaum mehr zu lefen ift. Ich verfuchte vergeblich
einen halbwegs brauchbaren Abklatfch anzufertigen.
Es find vier Zeilen ungefähr folgenden Inhaltes:
TERTVLIO
G • • .
-EELV • • T
• • TV • ■ O
Die Auffindung der Straßenfpuren, welche walir-
fcheinlich von Lindhof füdlich über Rojach und AUers-
dorf nach St. Paul, und nördlich über St. Ulrich und
Eitweg führen, mußte auf ein anderesmal verfchoben
werden. Zunächft war ein Ausflug von Wolfsberg nach
St. Leonhard in Ausficht genommen, fowohl um die
dortfelbft befindlichen Römerfteine [Moinnifen Nr. 5083
unb 5084) zu controliren, als auch, wie oben erwähnt,
die wahrfcheinliche Richtung der Römerftraße über
Gräbern und Präbel zu fuchen. Dafs die Römerftraße
in der That diefe Richtung genommen, ift den Terrain-
Verhältniffen nach kaum zu bezweifeln; gleichwohl
konnte ich bei dem Mangel an Zeit mich mit der Auf-
fuchung beftimmter Spuren nicht befaffen. In Präbel
aber fand ich den in Moiiinifen Corp. Infc. Cat. III ver-
zeichneten Infchriftftein Nr. 50S5, der irrig als in Preb-
lau vorfindig angegeben ift, in der Kirchhofmauer ein-
gelaffen. Ich verfertigte allerdings trotz des ftürmifchen
Wetters einen Abklatfch, mußte denfelben aber wegen
der vorgerückten Tageszeit im Pfarrhofe zurücklaffen.
Bei diefer Gelegenheit zeigte mir der Pfarrer P. Kraiiur
in der Sacrjftei einen Römerftein, welcher als Ablauf
eines Wafferbeckens in die Wand eingemauert ift,
und an feiner Oberfläche eine nur durch die fchmale
Oeffnung des Ablaufloches fichtbare Infchrift tragt.
Was man davon lefen kann ift folgendes:
D
• VINDILLAE •
CVNDI-FIL-VX
TASI
Der .Stein ift meterlang, und die fchon gefchnittcncn
Buchftaben find gut erhalten. Wegen Raummangeis in
dem Ablaufe konnte ein Abklatfcli nicht angefertigt
werden.
Endlich beabfichtigte ich noch den mir als Zug
der Römerftraße wahrfchcinlichen Weg von Wolfs-
berg über St. Johann, Maildorf, Micheldorf, Riegels-
dorf, Eitweg und -St. Ulrich, wenigftens von Maildorf
an abzugehen, und begab mich über die ICifenbahn-
ftation St. Stephan dahin. Allein die Ungunft des
Wetters vereitelte mein Vorhaben und ich mußte
über St. Johann nach Wolfsberg zurückkehren. In der
Kirche zu .St. Johann, welche auf einem vorfpriiigen-
den Hügel am weftlichen Abhänge der Kor- Alpe liegt,
find zwei römifche Infchriftfteine {Mommfen Nr. 5092
und 652O und der Weg, welcher fich am Abhänge fort
bis Wolfsberg hinzieht und feines herrlichen Ueber-
blickes über das Thal wegen jetzt mit prachtvollen
Villen bedeckt ift, eignete fich gewifs vorzugsweife
— 29 —
zu einer Römerftraße, wovon gleichwohl keine Spur
mehr zu fehen ill. Dafs man hier fchon zu alten Zeiten
an die Möglichkeit römifcher Vorkommniffe dachte,
beweifet ein fteinernes Muttergottesbild im Schlößchen
Silerberg nächft St. Johann, welches allgemein für ein
vorchriftliches Götzenbild gilt. Die Krone der Gottes-
gebiirerin kann man allerdings bei einiger Phantafie
für ein Körbchen mit Birnen und Trauben halten, was
die Veranlaffung war, in diefem Bilde eine Fruchtgöttin
zu fehen. Allein fo fehr ich gewünfcht hätte, an diefem
Orte römifclic Provenienzen zu finden, fo konnte ich in
diefem freilich nicht fehr glücklich ausgeführten Kunit-
werke durchaus nichts heidnifches fehen. Der Kopf
und die Zehen des Kindes fmd abgebrochen.
Das anhaltend naffe Wetter, welches die Wege
um Wolfsberg herum grundlos maclite, nöthigte mich,
für diefes Jahr meine ferneren Römerftudien abzu-
fchließen mit dem lebhaften Wunfche, diefelben iin
künftigen Sommer, und zwar bei günfligercr Jahreszeit,
wieder aufzunehmen.
Die Pfarrkirche zu St. Martin bei Littai.
Aufgenommen und befchiieben vom Konrad Crnologar.
kannt
PlE Pfarr- und zugleich Decanal - Kirche zu
St. Martin im Savethale ift dem heil. Bifchof
gleichen Namens geweiht. Die bis jetzt be-
geu'ordenen Daten über die Gefchichte der
Pfarre und Kirche find fehr fparlich. Die Gegend war
urfprünglich nach St. Veit bei Sittich, welche eine der
älteften Pfarren Krains ift, eingepfarrt. Doch fchon
früh war hier ein Vicariat errichtet, welches Papft
Bonifacius IX. im Jahre 1395 dem Klofter Sittich
incorporirt hat.' Der ältefle bis jetzt bekannte Vicar
war Jörg Smvck, geft. 1533. Sein wohlerhaltenes Grab-
denkmal befindet fich im Schiffe an der Evangelien-
feite eingemauert. Merkwürdig ift, dafs Valvafor diefes
wie auch die übrigen Denkmale in feiner ausführlichen
Befchreibung diefer Pfarre,* obwohl er in der Pfarre
fclbft auf dem Schlöffe Wagensberg feine Chronik
fchrieb, nicht erwähnt. Als den erftbekannten Vicar
nennt er zum Jahre 1550 Thomas Steklina. Das Volk
erzählt, die Pfarrkirche foll dem nahen Bleibergwerke
feine Entftehung verdanken. Sie habe urfprünglich
keinen Thurm, fondern nur den Dachreiter gehabt.
Dies beftätigt fich, denn der gegenwärtige Thurm ift
entfchieden fpäter aufgeführt worden, und im Schiffe
finden wir das fchöne Denkmal des Meifters Herfclunid
vom Jahre 1537 mit dem Spruche: „grves got das edel
perkwerch". Im Chore ift ein wohl erhaltener Grabftein
des Erafem von Wagensberg vom Jahre 1522.* Der
Chor mußte um jene Zeit aufgeführt worden fein, den
Formen nach kann fein fpät-gothifches Rhombenge-
wölbe nicht viel älter, aber auch um nicht viel jünger
fein. Auf dem Hauptfchlußfteine des Chorgewölbes ift
eine fchöne Abbildung, die Mutter Gottes im Strahlen-
kranze mit dem Jefukinde im Schöße, das in der einen
Hand einen Apfel hält, mit der anderen aber nach einer
Traube greift, welche ihm Maria reicht. Eine vollkom-
men gleiche jedoch fchlechter ausgeführte Abbildung ifl
auf dem früher erwähnten Grabfleine des Vicars Jörg
Smvck. Sehr möglich, dafs der gegenwärtige Chor
unter diefem Vicar aufgeführt wurde, umfonft hat er
doch nicht das Bild des Schlußfteines auf fein Grab-
denkmal übertragen laffen. Es folgt daraus, dafs der
Chor vor dem Jahre 1533, feinem Todesjahre, fertig
wurde.
' Catal. Cleri Dioec. Labac.
> VaUv, VIII, S. 767.
3 Der Zuname ifl zwar verhaut, läßt nach dem Wappen mit den drei
rechts gekehrten Sicheln der Wagen von Wagensberg keinen Zweifel zu.
Dem Jahre 1395, in welchem das Vicariat dem
Klolter Sittich einverleibt wurde, entfpricht kein Theil
der gegenwärtigen Kirche. An der Stelle mußte vor
diefem ein ganz, anderer Bau geftanden fein. Uebrigens
ifl diefe Kirche ein merkwürdig zufammengewürfeltes
Werk, an welchem mindeftcns fünfmal gebaut wurde.
Das Alter und die Aufeinanderfolge der einzelnen
heterogenen Theile ift fehr fchwer zu bcftimmen. Die
Kirche ift zur Demolirung beftimmt, um eine neue
aufzuführen.
Die Kirche ift orientirt und befteht aus einem
verhältnismäßig fehr langen Schiffe, welches anfangs
flachdeckig und erft in der neueren Zeit gewölbt wurde,
einem fchönen fpät-gothifchen, polygen gefchloffenen
Chore, zwei Sacrifteien, zwei Capellen und einem vier-
eckigen, auf unprofilirten Spitzbogengurten ruhenden
Thurme vor der Weftfront, dann einem viereckigen
Dachreiter über der Kreuzung der Capellen mit dem
Schiffe (f Grundriß Fig. i).' Das Aeußere wie das In-
nere, den Chor ausgenommen, ift recht formlos, wie
kaum anderswo zu finden ift. Die älteften Theile find
das Schiff und der Chor. Diefer ifl wegen feines fein
ausgeführten Gewölbes der fchönfle Theil. Er ifl 6% M.
breit und 73 M. lang, befteht aus zwei Travees und ifl
mit drei Seiten des regelmäßigen Achteckes ge-
fchloffen. Vom Schiffe ifl er durch einen 4-4 M. breiten,
beiderfeits einfach abgefchrägten, im geraden Spitz-
bogen ausgeführten Triumphbogen gefchieden und um
drei Stufen erhöht. Beim Triumphbogen ift eine Gruft-
platte, unter welcher fich eine für die Geifllichkeit be-
llimmte Gruft befindet, angelegt. Die einfachen, aber
forgfältig ausgeführten gleich ftarken Rippen ruhen auf
fechseckigen Wanddienften vom Durchfchnitte eines
halben Oclogones und auf zwei einfachen Confolen beim
Triumphbogen, bilden Rhomben und vereinigen fich in
zwei Haupt- und neun Nebenfchluß-Steinen, welche alle
fehr fchön verziert aber leider dick übertüncht find. Man
kann fagen, dafs fich feiten wo fo gefchmackvoll ver-
ziertes fpät-gothifches Gewölbe findet. Auf dem Haupt-
fchlußlleine über dem Altare ift das früher befchrie-
bene Bild der Gottesgebärerin, auf dem anderen beim
Triumphbogen das Bild des heil. Martinus als Bifchof
mit der üblichen Gans dargeftellt. Die Nebenfchiuß-
fteine enthalten abwechfelnd eine Rofetten- und eine
' Im GrundrilTe lind die älteften Theile lieffchwarz, die Tpäter hinzu-
gebauten dunkel fchraffn-t und die neueften Umformuugrn licht markirt.
30
Schildfoim. Alle find mehr oder wenitjer mit Flach-
Relief verziert. Die Dienfte haben einen eckigen 0'5 M.
hohen breiteren Sockel, welcher mit breiter Rinne und
Rundftab von dem circa 3 M. hohen, mit einem mit
Schildchen und ft)-lifirten Blumen verzierten Capital
bekrönten Schaft getrennt ift. In den drei Schlußfeiten
war je ein hohes gothifches Spitzbogenfenller, von
denen das mittlere zugemauert, die beiden anderen
viereckig umgeftaltet, doch alle noch den Umriffen
nach erhalten find. Im zweiten Travee an der Nord-
feite ift ein gleiches viereckiges Fenfter, ob neu ausge-
brochen oder umgeformt, läfst fich nicht erkennen. Im
erften Travee an der Südfeite ift eine eigenthümlich,
aber tief profilirte Steinumfaffung des 075 M. breiten
und mit geradem Sturze und
convexen Ecken bedeckten Ein-
ganges in die alte Sacriftei;
ihm gegenüber befindet fich
ein gleichförmiger, aber rechts
angefcliloffen nachläffig ausge-
arbeiteter Einsang: in die neue
Sacriftei. Von außen hat der
Chor keine Strebepfeiler, aber
einen hohen, mit einer Schräge
bedeckten Sockel und eine ein-
ebene Decke urfpiunglich berechnet war, jederfeits
drei 0S2 M. breite, und 0-55 — o-6 M. tiefe Halbpfeiler
als innere Streben, über welche man dann das rund-
bogige Tonnengewölbe mit drei und einer halben
Stichkappe jederfeits einfügte. Außerdem führte man
beim erften Halbpfeilerpaare vom Werten an der
Außenfeite je eine 1-4 M. breite und 1-3 M. tiefe escar-
penähnliche Strebe auf, ferner befindet fich zwifchen
dem zweiten und dritten Halbpfeilerpaare jederfeits
ein rundbogiger Eingang in die Seiten-Capellen. Diefe
Eingänge find gewifs erft nach der Auffuhrung der
Umfaffungsmauern, jedoch vor der Einwölbung des
Schiffes ausgebrochen worden, noch vor dem Jahre
1689, da Vah'afor'^ die beiden Capellen fchon erwähnt.
faciic Viertelkehle als Kranz-
gefims.
Die alte Sacriftei ift erft
fpäter zum Chore gebaut wor-
den, da der Sockel in diefelbe
hineinragt. Sie ift im Lichten
4-65 M. lang und 27 M. breit,
liat in der Oftwand einen vier-
eckigen lleinumfafsten moder-
nen Eingang, und in der Süd-
wand ein kleines viereckiges
Fenfter. Hcdeckt ift fie mit nie-
drigem flachfpitzigen Spitzbo-
gengewölbe mit Gräten und
bildet zwei Travöes. Ueber der Sacriftei ift eine gleich-
große, noch fpäter aufgeführte Empore, auf welche
man von außen gelangt.
Das Schiff ift 196 M. lang, 7-8 M. breit und bis
zum Gewölbe 7-35 M. hoch. ]'2s hatte früher eine flache
Ilolzdecke; denn unter dem Dache ift über dem Ge-
wölbe noch der Verputz der Seitenwändc erhalten. Als
man das Schiff wölben wollte, crliöhte man die Um-
faffiingsniauern um 06S M. und fetzte man zur Ver-
ftärkung der Scitiiiwäiidc, deren Stiirkc nur für eine
Man bemerkt ferner, dafs die erwähnten l'feilerpaare
bei den Ca[)ellen keine äußeren Streben haben, aller-
dings find diefelben theilweife von ilen Capellenmauern
untcrftützt. Der Baumcifter mußte doch eine gewiffe
Urfache haben, beim erften Halbpfeilcrpaare fo ftarke
Stützen anzubringen, die wegen ihrer Formlpfigkeit
gewifs zu keiner Verfchonerung des Aeußern dienen.
Das Schiff ift im Verhältniffe zu feiner Breite und zum
Chore auffallend lang. l?ei den einfchiffigen Kirchen ill
' V:ilv. VIH. S. 71,7,
— 31 —
das Scliiff feiten melir als doppelt fo laut; wie dasfelbc
breit irt. Man kann mit voller Heflimmtheit fagen, dafs
das Schiff uiTprünglich nur bis /.ii den erwähnten
Streben reichte, und vor oder niindeftens zu gleicher
Zeit mit der Schiffswulbung um circa 6 M. gegen
Werten erweitert war. Da das erfte (weftlichftc) Halb-
pfcilerpaar eben an die Berührungsllelle der alten und
neu aufgeführten Mauer kam, und da diefelbe Stelle
offenbar die fchwächflc war, führte man die äußeren
Streben auf.
Beim welllichen Abfcliluße des Schiffes ift der
3"4 M. breite, refpeftive lange Orgel-Chor eingefügt,
deffen rundbogiges Kreuzgewölbe auf zwei achteckigen
Steinpfeilern ruht. Auf denfelben führt im nordwefl-
licheri Winkel eine recht unbeciueme Treppe. Der
Orgel-Chor ill vor einigen Jahren durch eine aus Holz
conftruirte Buhne in tlas Schiff hinein halbkreisförmig
verlängert worden.
Die Fenfter des Schiffes find viereckig, nach
außen und innen abgefchrägt, modern, jedoch fehr
unregelmäßig verthcilt, denn in der Nordwand finden
fich nur zwei, in der Südwand aber drei große, und
unter dem Orgel-Chore noch ein kleines Fenrtcr. An
der Südwand ift im zweiten Travee von Werten aus
ein moderner Eingang mit geradem Sturz angebracht.
Die Gefimfe der Halbpfeiler find dünn und fchlecht
gegliedert. Ueberhaupt irt das Schiff abfolut formlos.
Unter dem Orgel Chore ift in der Mitte 'zwifchen diefem
und dem unter dem Thurme ftehcndcn Wert-Portale
eine Halle angelegt. Diefes gothifche Portal rteht errt
feit einigen Decennien an der gegenwärtigen Stelle,
früher ftand diefes um etwa 2 M. örtlicher beim Orgel-
Chore. Die erwähnte Halle irt demnach errt fpäter zum
Schiffe gezogen worden.
Den Wefteingang bildet ein fpät-gothifches fpitz-
bogiges Portale, im Lichten 175 M. breit und 2-66 M.
hoch, bis zum Beginne des Bogens 172 M. hoch, wovon
057 M. auf den nicht profilirten Sockel entfallen. Die
Pfeilhöhe des Bogens beträgt 094 M. Die Segmente
find wenig gebogen und verlaufen fich in einen nie-
drigen Efelsrücken. Die Profiürung befteht aus zwei
runden Stäben mit Hohlkehle, von denen die inneren
fich oben kreuzen. Im Verhältniffe zu jenem der alten
Sacriftei irt feine Ausführung viel fchlechter.
Der Thurm ift viereckig, 525 M. breit, ohne Glie-
derung, und mit einem zopfigen Dache bedeckt. Auf
jederSeite ift oben eine einfache rundbogig gefchloifene
Schallöffnung angebracht. Der obere Theil des Thur-
mes foll errt 1835 aufgeführt worden fein, der untere
Theil irt weit älter, jedoch jünger als das Schiff. Eben-
erdig ift eine 2-3 M. breite quadratifche Halle, welche
fich nach außen mit drei fpitzbogigen unprofilirten
Bogen öffnet, in der vierten fteht jetzt das Weft-Portal.
Die Bogen ruhen auf niedrigen ftarken quadratifchen
Pfeilern, von denen fich die beiden öftlichen an die
Weftmauer des Schiffes anlehnen. Durch diefe Spitz-
bogen beeinflußt, möchte man dem Thurme ein hohes
Alter zufchreiben. Das ift jedoch nicht fo. Wäre der
Thurm zu gleicher Zeit mit dem Schiffe, refpecflive mit
feinem weftlichen Theilc aufgeführt, fo hätte man ihn
fchon wegen Materialerfparnis in die Weft-Abfchluß-
wand gezogen. Ferner ficht man auch beim Eingange
vom Orgel-Chore in den Thurm, dafs diefer feine eigene
Mauer hat. Diefer Eingang ift rundbogig, i M. breit
und gegen den Thurm hin ftark ausgefchrägt. Es
fcheint, diefer fei das urfprüngliche wertliche Fenfter
des .Schiffes gewcfcn. Spitzbogige Gurten hat man
beim Thurme deswegen angewendet, um diefelben mit
dem gothifchen Portale in Einklang zu bringen.
An der Nordfeite des Schiffes ift eine gothifche
mit drei 06logon-Sciten gefchlofsene Capelle ange-
baut. Sie ift nur um weniges kleiner als der Chor und
ift um drei Stufen erhöht. Unter derfelben irt eine
Gruft. Die Gruftplatte hat eine nicht mehr zu ent-
ziffernde Auffchrift. Da die Capelle dem heil. Michael
geweiht ift, diefem P"ührer der Verftorbencn in das
Himmelreich, fcheint fie eine von irgend einer
Familie geftiftete Todten-Capclle zu fein. In den .Schluß-
feiten find die Umriffe dreier hoher Spitzbogenfcnfter
erhalten, welche zugemauert worden find. Rechts und
links ift je ein viereckiges, aus je einem alten gothi-
fchen umformtes Fenfter. Eine viereckige Thüre führt
in der Oftwand in die neue Sacriftei. Die Capelle hat
ein gratiges Spitzbogengewölbe von gleicher Conftruc-
tion, wie das des Chores. Die Zierrippen find nur durch
Gräten aus Mörtel markirt. ' Außer diefen find noch
andere Gräten gezogen, welche mit dem Gewölbe gar
nichts zu thun haben. Auch hier, wie an der füdlichen
Capelle, fehlen Strebepfeiler, der hohe mit einer
Schräge verfehcne ftarke Sockel ift gleich jenem des
Chores.
Diefer Capelle gegenüber ift eine zweite viel
kleinere, aus zwei Travees beftehende angebracht. Sie
ift nur 4-85 M. breit. Diefelbe ift nur um eine Stufe
erhöht, hat ähnliches Gewölbe, welches aber noch
liederlicher ausgeführt ift. Im zweiten Travt'e findet fich
jederfeits ein viereckiges Fenfter, und in der mittleren
Schlußwand eine kleine runde Oeffnung. Während die
nördliche Capelle doch einen Sinn hat, irt diefe eine
fchlechte Nachahmung derfelben. Sie war nie gothifch.
Das fpitze Gewölbe hat man nur der Symmetrie halber
angebracht.
Im Winkel zwifchen dem Chore und der nörd-
lichen Capelle fteht die neue Sacriftei bedeckt mit
einem Tonnengewölbe und Stichkappen. Sie ift 475 M.
lang und 32 M. breit. In der Oftwand hat fie eine
viereckige Thüre und ein folches fehr kleines Fenfter.
Auch über diefer irt eine Empore, auf welche von außen
eine rteile hölzerne Hühnertreppe hinauf führt. Beide
Emporen öffnen fich gegen den Chor mit halbkreis-
förmigen Fenfterchen. Die Kircheneinrichtung ohne
Kunrtwerth. Die fünf Altäre find aus Holz im Barock-
oder beffer, in keinem Slj'le ausgeführt. Am meillen
werth irt noch die Orgel.
Von außen irt die Kirche ein Conglomerat ohne
Form und Styl. Die Kirche irt mit Ziegeln, der Thurm
und der hölzerne, aber von außen verputzte Dachreiter
find mit Blech bedeckt. In ihm hängen drei kleine
Glocken, die nnttlere hat in einem kleinen Relief die
Kreuzigung und die Jahreszahl 1678. Die kleine und
die große haben keine Infchriften; die große hat aber
im Friefe zwifchen zwei parallelen Ornamenten Hafen,
1 lunde und Rehe -
' Im GriiiidriHc riiul die coiidi'uCtivcn Graten durc:)) Härkerc Linien
u.irkii't.
= Wegen gefahrvoller Stellung konnte ich weder eine getreue Zeieli-
iiiing noch den Abklatfch d^vou nehmen.
- 3^ —
Das Werthvollftc an der Kirclie find außer dem diefen ift jenes des Herrn Erasem von Lichtenberg /.u
Chorgewölbe jedenfalls die vier Grabdenkmale mit Radlftein vom Jahre 1566.
Bildern in 7, Lebensgröße. Das merkvvürdigfte unter
Alte Grabdenkmäler aus Prufinovic (Mähren).
Von y. HoiiJck.
fMit 3 TextUluftrationen.)
INE Meile nördlich von llolefchau in einem an-
muthigen Thale liegt das Dorf Prufinovic, von
welchem die Adelsgefchlechter der Podftatsky
von Prufinovic und jenes der Prufinovsky von Vickov
(fprich Witzkow)' ihre Namen ableiteten. Das erftere
Gefchlecht bliiht noch heute als Grafen und Freiherren ;
das letztere — bereits ausgeftorben — gab dem Lande
Mähren einen ausgezeichneten Bifchof von Olmüz,
Mg. 1.
den Wilhelm Prufinovsky von Vickov (1565 — 1572).
lün Johann von Vickov fiel in iler unglücklichen Schlacht
bei Moliacs im Jahre iSin,
Der Ritterfitz in Prufinovic ill heute ganzlich von
der Oberfläche vcrfchwunden; nur der noch erhaltene
Name eines Feldes hinter dem dortigen Pfarrhofe —
' Wiiluy rdircibt ilicfcii Njtncii „WitfchkoW, w;is niclil rkliliK fein
iliirftc. \>.\i botf Vickov rammt der glciclinamigcii, fclion feil dem 16. Jalirliiiii
«Ion odcii Burg liegt im Bezirke Tiäiiovic, im ehemaligen IgKiuer Krcifc.
Zämcisko, Burgftatte — deutet an, wo das ehemalige
Herrenhaus ftand. Der Ritterfamilie von Vickov gehörte
Prufinovic feit der Mitte des 15. bis zum Anfange des
17. Jahrhunderts; die Familiengruft derfclben befand
fich unter der dortigen heute katholifchen Kirche,'
welche laut einer gegenwärtig unter der Chorfliege
angebrachten Auffchrift, in Stein gemeißelt, im Jahre
1601 von Arkleb (Hartlieb) von Vickov auf Prufinovic
renovirt wurde. Zufolge einer im dortigen Pfarr-Archive
aufbewahrten Urkunde vom Jahre 1805 befanden fich
in diefer Kirche nicht weniger als 12 Grabfteine der
genannten Ritterfamilie. Von diefen 12 Grabfteincn
find heute dafelbft nur noch fieben erhalten,'"' davon
fechs in den inneren Kirchenmauern, einer jedoch in
der äußeren Kirchenmauer eingelaffen. Diefe fahr fchön
in grauem Sandftein ausgehauenen Denkmäler find
durchwegs Porträts in natürlicher Größe, en face auf-
recht ftehcnd.'''
Links \om Haupteingange, an der Evangelien-Seite
des Schiffes, find zuerft zwei durch einGefimfe am
oberen Rande verbundene Grabdenkmäler eingemauert,
die offenbar von demfelben Steinmetz vielleicht gleich-
zeitig angefertigt wurden. Zum Unterfchiede von den
anderen Grabdenkmälern diefer Kirche find bei diefen
zweien die feichten rundgewolbten Nifchen von je zwei
Pfeilern flankirt, welche mit Rankenwerk, aus dem links
und rechts Glockenblumen herauswachfen, geziert find.
Auch haben fie keine Uml'chriften, wie die anderen
Grabfteine, fondern die Infchriften find in zwei ober-
halb der Denkmäler eingelaffene Steine gemeißelt.
Der Grabftein Nr. i ifl gewidmet der im Jahre
1571 geworbenen Anna Cernohorska von ]-5oskovic,
Gemahlin des Johann Wilhelm von Vickov. Er Hellt
eine P'rau vollkommen en face im Mantel vor, den
Kopf mit einer Haube bedeckt, Hals und Schultern
von breitem Kragen umlüillt, die Hiuide an der Hrull
gefaltet und zum Gebet erhoben; an den Aermeln
Hemdkraufen. Der untere Saum des Mantels, in.sbefon-
dere aber jener des Rockes zeigt Stickereien. Rechts
(heraUlifch) unten das Wappen der Herren von Bosko-
\ic: (weißer) fiebenzinkiger Kamm (im rotlien l'elde);
auf dem mit Helmdecken gezierten offenen gekrönten
Helme als Kleinod zwei (grüne) Kugeln aufgekreuzteil
' l);is durtigc iikallmlifclic Hclh.uis wurde eiR im Jiilnc 17Ö3 cil>;uit.
- Wotny führt in feiner „ Markgr.iffi haft Mahren" I, pag. (18, mir drei.
nnd in feiner fpater crfchiencncn „Kir<:hHrhcn 'l'ctpographic von Miihren-' im
Ganzen nur .hIu (!rab[leine an, namWili Ni'. 1, 3, 5, 7 — 12.
•• iJie I'holirgr.-ijdiicn diefer (;r.d)ftcine, fiiwic die hereits früher al)gefclirie-
hencn Umfchriftcn derfelhcn wnrdcn mir durch freundfchaflliclic OlJfcrwiijig
kcit des Herrn Ed. JVc/e, Lehrers in llolefchau. in deffendefellfchaft icli im
vnriKen Jahre Prufinovic licfuchte. zur Vcrfünun>: gcRellt, wofür-ich ihm hieniit
aufricIitiKcn U.iiik fagc. wie auch dem huchwürdigcn Herrn Pfarrer Lit'^ny in
Prufinovic für dcffcn l-'iimiUigutig und Unterfliit/uiiK bei den zur photoKr.tplü
fcheli Aufnahme der Moniiinente iiuthuelidigen Vorbereitungen.
Stielen, auf Crotlicm) Kiffen ruhend. Die Infclnift in
lateinifcher Majuskel, ift folgende:
LETHA -PANIE ■ 15/' -WE-CTWRTEK -POPAMATCE
SESLANI • I DVCHA • SWATEHO • WHODINV • lü ■
POWOLATI • RACIL • PAN • | BVH ■ SKRZE • SMRT • CAS
NAV • VROZENV • PANY • PANY ■ | ANNV • CZER
NOHORSKAV • ZBOSKOWIC • MANZELKV • |VROZE-
NEHO • PANA • YANA ■ WYLIMA • ZWICKOVVA •
GEGY • I DVSSY-ZE • PAN • BVH ■ GEST • MILOSTIW •
WIERZIME-
Das heißt: „Im Jahre des Heils 1571 am Donners-
tag nach Pfingften in der 18. Stunde geruhte Gott
durch zeitlichenTod abzuberufen die hochgeborene Frau
Frau Anna Cernohorskä von Boskovic, Gemahlin des
hochgeborenen Herrn Johann Wilhelm von Vickov.
Dafs fich Gott ihrer Seele erbarme, glauben wir" (Fig. i).
Grabflein Nr. 2. flellt den Johann Pfemek von
Vickov und auf Byltiüc a. Hoftein dar, geftorben im
Jahre 1590. Ritter in voller Rüftung mit unbedecktem
Haupte. Harnifchbruft glatt, auf den Achfeln gefcho-
bcne Vordeifliige; Beintafchen ebenfalls gefchoben.
Zwifchen den ausgefpreizten Fijßen der gefchloffene
Tournierhelm mit Federfchmuck. Die linke Hand h.ilt
an der Bruft eine Papierrolle (?) ; die Rechte ruht auf
einem Wappenfchild mit dem Familienwappen der
HedTcn von Vickov: gefpaltener Schild, rechts roth,
links zwei (fchwarze, nach Paprocky's Zrcadlo Marg-
krabstwj Morawskeho jedoch rothe) wagrechte Streifen
(im weißen Felde). Auf dem Helme zwei Büffelhörner
als Zimier. Das von einem breiten Hemdkragen um-
rahmte Geficht mit flarkem langen Schnurbarte —
fonfl bartlos — ift fchön modellirt. Die Infchrift in
lateinifchen Majuskeln oberhalb des Denkmals hat
diefen Wortlaut:
LETHA • PANIE • 1590 • WPATEK • DEN • SWATEHO ■ |
WACLAWA • DOKONAL • GEST • ZIWOT ■ SWVG -
VROZENI-IPAN-YAN-PRENEK-ZWICKOWA-ANA-
BYSTRZYCY-IPOD-HOSTEGNEM-WLETECH-WIEKV-
SWEHO-33-l BEHOZi ■ DVSSY-ZE • GEST ■ PAN-BVH-
MILOSTIW • WERYME-
Das heißt: .,Im Jahre des Heils 1590. Freitag am
Tage des heil. Wenzel beendete fein Leben der hoch-
geborene Herr Johann Pfenek von Vickov und auf
Byflfic am Hoftein im 33. Jahre feines Lebens. Dafs
Gott deffen Seele barmherzig fei, glauben wir.
Grabftein Nr. 3. Auf dem nächften Grabmale der-
felben Seite des Schiffes ift der im Jahre 1538 verftor-
bene Arkleb (Hartlieb) von Vickov, Sohn des Pfenek
von Vickov, abgebildet in voller Rüftung, auf dem
Kopfe den Helm mit aufgefchlagenem Vifir. Harnifch-
kragen geriffelt und gefchoben, die cannellirten Vor-
derflüge haben Brechränder; cannellirte Harnifch-
bruft, gefchobene Beintafchen und Kniebuckeln, glatte
Beinröhren, Eifenfchuhe mit Entenfchnäbeln; der
rechte Fuß gebogen. An den Händen find Hentzen
angezogen; die Linke hält die Fahne, die Rechte ruht
auf dem auf der rechten Seite angefchnallten langen
Schwerte. In den vier Ecken find Wappenfchilder:
rechts oben das Vickovfche, links oben ein gezähntes
Rad; rechts unten das Wappen der Herren von Zäftrizl:
(weiße) Lilie (in rothem Felde); links unten die vordere
' Soll richtig heiUen: GEHAZ.
XIX. N. F.
I lälfte eines aufrecht ftehcnden Ochfen. Die Umfchrift
ift in zierlicher gothifcher Minuskel ausgeführt (Fig 2).
Grabftein Nr. 4. Der nachfolgende Grabftein auf
der Evangelien-Seite fteht in dem Ouerfchiffe und
wird gegenwärtig von einem davor gefteilten Beicht-
ftuhle ganz verdeckt. Es dürfte das am reichften aus-
geführte, an Kunftwerth alle übrigen überragende
Denkmal in diefer Kirche fein, ift jedoch leider etwas
befchädigt und hat gar keine Umfchrift. Nur das Wap-
pen bezeugt, dafs auch diefer Grabftein einem Herrn
Fic
von Vickov gefetzt wurde. In einem reich verzierten
Rahmen fteht, etwas nach rechts gewendet, eine hohe
fchlanke impofante Ritterfigur. Der prächtig model-
lirte unbedeckte Kopf trägt ausdrucksvolle edle Züge
zur Schau und hat einen ftarken langen Vollbart. Die
Rüftung ift geradezu prachtvoll, mit Gravirungen fozu-
fagen ganz bedeckt. Die Achfelftücke tragen einen fehr
hohen Brechrand; das cannellirte Armzeug hat ganze
Armkacheln; in der mufchelförmig verzierten Harnifch-
bruft fteckt der Rüfthaken. Befonders fchön mit Gravir-
ungen verziert find die Oberdiechlinge, als auch die Knie-
buckeln; die Beinröhren find dagegen glatt; die Eifen-
fchuhe haben die Form der fosrenannten Kuhmäuler.
34
Zwifchen den wie im Ausfehreiten begriffenen, im Ver-
hältnis zum Oberkörper fahr langen und dünnen Füßen
fleht der offene Helm mit drei Federn. Der Latz ift
abgehauen; offenbar nahm jemand an diefer Mode
Anftoß. Ebenfo ift die linke Hand fammt der von ihr
gehaltenen Fahnenftange abgefchlagen. Die Fahne
flattert hinter dem Kopfe des Ritters. Die rechte
Hand ruht auf dem Schilde mit dem Wappen der
Vickove. Diefes Denkmal dürfte aus dem Anfange des
17. Jahrhunderts ftammen.
Grabftcin Nr. 5. Auf der Epiftel-SeiteimLangfchiffe
ift ein einziges Denkmal, nämhch jenes des im Jahre
1569 verftorbenen Zdvise von Vickov auf Polehradic.
Der in voller Rüftung abgebildete Ritter fteht in einer
l'ig- 3
rundbogig gewölbten Nifche. Der unbedeckte, von
einem langen Vollbart umrahmte Kopf ift jedoch im
Verhaltniffe zu jenem des vorbcfchriebenen Denkmals
recht flüchtig und roh gearbeitet. Das gefchobene
Überarmzeug trägt Achfelftauchen; dicfe, fowie das
ganze Armzeug als auch die glatte Harnifchbruft und
die gefchobcnen Beintafchen find mit Gravirungen ge-
ziert, lieber der Bruft hängt eine Kette. Die Diechlinge
cannellirt, die iMfenfchuhe gefchoben. Zwifchen den
Füßen der Helm mit aufgefchlagenem Vifir, ebenfalls
gravirt und mit Federn gefchmückt. Die linke Hand
hält das umfchnallte Schwert, die Rechte ruht, fowie
bei Nr. 2 und 4, auf dem Schilde mit dem Wappen der
l-'amilic von Vickov. An tier rechten Hüfte ficht man
i-ltsn Griff eines Dolches. In den vier h.cken des Bikl-
ftcincs Wappenfchilder, von denen jedoch nur jenes in
der rechten oberen Ecke das Wap[)en der Vickove
trägt, wogegen -die anderen leer find. Die Umfchrift in
lateinifchen Majuskeln lautet:
LETHA • PANIE- i • 5 ■ 6 • 9 -WSOBTV- PREDS-HRZE
HORZEM- IVMRZEL-GEST-VROZENYASTATECZNY-
RYTIRZ • FAN ■ 1 ZAWISSE • ZWYCZKOWA ■ ANAPO
LEHIADICZYCH • ATVTO • GEST • POCHOWAN •
PAN • BVOH • RACZ • GEHO • DVSSY- MILOSTIW • BYT-
Das heißt: „Im Jahre des Heils 1569 Samllag vor
Gregorii ftarb der hochgeborene und tapfere Ritter
Herr Zävise von Vickov und auf Polehradic und liegt
hier begraben. Gott möge fleh feiner Seele erbarmen!"
Grabltein Nr. 6. Auf der Epiftelfeite der Kirche
ift nur noch ein einziger Grabftein, der im Querfchiffe
eingemauert ift. Es ift der ältefte von allen hiefigen
Grabdenkmälern, närnlich aus dem Jahre 1524, und ift
gewidmet der Gemalin des Pfem'ek von Vickov, Dorota
von Lhota. Durch feine Anordnung und Ausführung
unterfcheidet fich diefes Denkmal von allen oben bc-
fchriebenen wefentlich. Der Umfaffungsftein ohne jed-
wede Verzierung ift an den vier Ecken durch große
Wappenfchilder unterbrochen: oben rechts ein vier-
fpeichiges Rad, links die Vorderhälfte eines Ochfen,
unten rechts ein Gaisbock, links ein Löwe. Im ver-
tieften Bildfteine ift eine weibliche Figur abgebildet,
deren Kopf auf einem Polfter mit Ouaften ruht und
von Tüchern fo eingehüllt ift, dafs nur die Augen lyid
der obere Theil der Nafe zu fehen ift. Die Hände find
unter der Ihaift übereinander gelegt, die Ober- und
Unterarme find von einem faltenreichen Obergewande
ganz bedeckt. Umfchrift in gothifcher Minuskel (Fig. 3).
Ober diefer Grabplatte ift ein zweiter Stein in der
Form eines niederen Drcieck-es quer angebracht, in
deffen Mitte eine weibliche Büftc von Ranken umgeben
fich befindet.
Grabftein Nr. 7. Der einzige Grabftein auf der
Außenfeite der Kirche ftellt eine weibliche Figur in Bas-
Relief dar; er ift leider in zwei Stücke der Breite nach
zerbrochen und find Figur fo wie Umfchrift befchäiligt.
Gewidmet ift er einer im Jahre 1535 geftorbenen l'rau
von Vickov, deren Taufnamen nicht mehr zu enträthfeln
ift. Auf dem Kleide ift die reiche Stickerei durch Relief-
Arbeit nachgeahmt. In den vier l'xken des Bildfteines
diefelben Wappen wie bei dem Grabfteine Nr. 3.
Außer diefen heben erhaltenen Grabfteincn waren
laut der Nachricht des Prufinovicer Pfarr-Archivs noch
im Jahre 1805 in der dortigen Kirche weitere
fünf Grabfteine, von denen die Umfchriften in einer
dort aufbewahrten Urkunde verzeichnet finil; nämlich:
Nr. 8. Im Presbyterium auf der Evangelien-Seite
der Grabftein des Premek von Vickov, geftorben am
10. Januar 1561. Er war Unterkämmerer der Markgraf-
fchaft Mähren.
Nr. 9. Unter dem Mufikchor auf der Evangelien-
Seite der Grabftein des Johann Wilhelm von Vickov,
geftorben am .Sonntag nach Peter und Paul 1583 im
49. Jahre feines Lebens.
Nr. 10. Im Schiff auf der Ei>iftel-Seite derGrabftein
der Frau Anna Sedlnickä von Choltic, Gemahlin tles
Arkleb von Vickov, geftorben 1587 am Freitag nach
dem heil. Dreifaltigkeitsfefte.
Nr. II. y\uf derfelben Seite das Grabmal dei' I""iau
Stastna (Felicitas) Prazminka von Bilkov, (ienialiii des
Arkleb von Vickov, geftorben 1598.
55 -
Nr. 12. Auf dcrfelbeii Seite der Grabftein des
Arklcb von Vi'ckov, Herrn auf Prufinovic, V.setin,
Lukov, Rymnic und Cejkovic, geflorben i6oS im
47. Lebensjahre.
Diefe fünf (irabfteine wurden bei der im Jahre
1806 vorgenommenen Erweiterung der Kirche als
Baumaterial — theilweife in der Friedhofsmauer, theil-
weife als Stufen der Stiegen beim Aufgange zum Kirch-
hofe — verwendet. Es ift gewiß bedauerlich, dafs unfer
Jahrhundert diefe durch mehrere Jahrhunderte ver-
fchont gebliebenen fclidncn Kunlldenkmaler der Zcr-
flörung preisgab.
Nicht minder cigcntlüimlich lautet auch die Nach-
richt des mährifchen Topographen Wo/nj (Kirchliche
Topographie von Mähren, Ohnüzer Erzdiöcefe III. Bd..,
S. 288), cdafs „man in neuefter Zeit^ mehrere zinnerne
Sarge (nämlich aus der geöffneten Familiengruft der
Prufinovsky von Vickov unter der Prufinoviccr Kirche)
zu Altar-Leuchtern verwendet, die darin enthaltenen
Knochenrefte aber in der Gruft felbft vergraben haben
foll".
' Der MI. liand 'ler UlinJizer Diöcefc- von UWfiys KJrchlicIicr Topo-
^i;iphie von Mahren erfcliien im Jahre 1859.
Die beiden biblifchen Gemälde-Cyclen des Domes zu Gurk.
Vom Corrcfiionilcnteii Dr. Alfrcil Sclniciicli.
Einleitung.
O bedeutend die mittelalterlichen Denkmäler
der Malerei in den öfterreichifchen Alpen-
ländern, dem großen Gebiete der Erzdiöcefe
Salzburg auch gewefen fein mögen, hat fich doch
heute davon verhältnismäßig nur wenig erhalten, noch
weniger ift bekannt oder beachtet worden. Die größere
Anzahl der Gemälde liegt übrigens wohl unter der
Tünche verborgen; vergeht doch kaum ein Jahr, in
welchem nicht ein wichtiges Denkmal zu Tag gefördert
wird. Syftematifch ift man hiebei freilich nur in den
wenigften Fällen vorgegangen, entfprechend verhält
es fich mit der bisherigen Würdigung.
Den großartigften Gemäldefchmuck aus dem
Mittelalter, weit über die Bedeutung von Keften hinaus-
gehend, befitzt in diefeni Sprengel heute unbedingt
der Dom zu Gurk. Der geradezu unfchätzbare Wert
diefer Denkmäler beruht hier nicht allein in ihrem
Kunftwerth, fondern ganz vorzüglich in ihrer faft voUftän-
digen Erhaltung, namentlich aber auch darin, dafs fie,
wenigftens bis heute, von jeder Reftauration glücklich
verfchont geblieben ftnd. Das Hauptintereffe ziehen
die Wandgemälde des zweigefchoßigen Weftbaues auf
fich. Der ältere Thcil derfelben ziert den fogenannten
Nonnen-Chor, und gehört dem 13. Jahhunderte an.'
Diefer weit berühmte Bilderkreis fchildert uns den
Fall des Menfchengefchlechtes und das himmlifche
Jerufalem, welches uns durch die Menfchwerdung des
Sohnes Gottes wieder gegeben wird. Der Inhalt ift
hier ein tief durchdacht fymbolifcher. Anders die Vor-
halle. Während die Empore nur den Mitgliedern
des Domftiftes diente,^ gehörte jene dem gefammten
kirchenbefuchenden Volke, und zwar als Vorbereitung
für das eigentliche Heiligtluim. Der Bilderfchmuck,
follte er verftändlich fein, mußte an allgemein
geläufiges anknüpfen. Dies gefchah fchon an den
Schnitzwerken der beiden Thürflügel, die einerfeits den
Stammbaum Chrifti, anderfeits die fogenannte biblia
pauperum aufweifen.' Diefes Schnitzwerk, welches von
verhältnismäßig kleinen Dimenfionen ift, erhielt in den
Wandgemälden, welche die Gefchichte des alten und
neuen Bundes in einem chronologifch geordneten
Cyclus behandeln, feine Ergänzung. Beides follte aber
nur die Vorbereitung für einen weiteren großen
Cyclus fein. Diefer zierte die Wände der Kirche felbft,
und brachte die Gefchichte der heiligen Jungfrau, der
ja das Münfter von deffen feiig gefprochenen Stifterin
geweiht war, zur Anfchauung, ift jedoch heute größten-
theils unter der Kalktünche verborgen.^ Mit den Wand-
gemälden der Vorhalle gelangte alfo die „expositio
historica" im Gegenfatz zur ..allegorica" zur Herr-
fchaft.^ Noch einen weiteren großartigen Gemälde-
fchatz aus dem Mittelalter befitzt der Dom in feinem
Faftentuche. Dasfelbe ift ein bewegliches Objedt, und
nur für eine verhältnismäßig kurze Zeit des Kirchen-
jahres, die vierzigtägige Faften, beftimmt. Der bild-
nerifche Schmuck hat gleich den Gemälden der Vor-
halle die Gefchichte des alten und neuen Teftamentes
zum Gegenftand, und hat denfelben noch weit umfang-
reicher und ausführlicher behandelt.
Ob des gleichen Gegenftandes, der von vorn
herein zahlreiche Berührungspunkte im Einzelnen
verfpricht, find die beiden zuletzt genannten Denk-
mäler ganz befonders geeignet nebeneinander be-
trachtet zu werden, welche Aufgabe fich die nach-
folgende Arbeit geftellt hat.
Vorerft möge ihrer äußeren Schickfale kurz gedacht
werden. Beide Monumente waren bisher kaum bekannt,
und auch wenig zugänglich. Die Wandgemälde der
Vorhalle waren feit dem 17. Jahrhundert größtentbeils
durch fechs gewaltige Holz-Reliefs mit der Gefchichte
' VoUftändig abgebildet von KU-iti, Mitth. d. CeiUr.-Comm. XVI. Theile
davon oft in Handbüchern, Die Eri<laruiigen norh nicht ganz abgefchlolVen,
vgl. auch das Buch: „Die feiige Hemma von Gurk" (von Gregor Schellitnder'),
Khigenfurt 1879, S. 175 ff. eine Erbauungsfchrift, nebftbei aber auch eine
verdienftvolle hiftorifche Quellenarbeit, fowie Janit/chek: Deutfche Kunftge-
fchichte, S. 158 u. f.
- Vgl. meine Arbeit: Neue Beiträge zur Baugefchichte im Sprengel der
Salzburger Jletropole Mitth. d. Centr.Conim. N. F. 16, S. 182.
' Vgl. meine Arbeit: Mitth. d. Ccntr.-Comni. N. F. 15, S. 174 f.
= Vgl. „Die feligc Hemma von üurk" S. 184. — llg (Mitth. d. Centr.-
Conim. N. F. 5, S. XXXVn) hat die immerbin noch bedeutenden Refte über-
fehen; eine kvirzc Befchreibung: in Kunft-'ropographie Kärntens. S. 92, ebenfo
von Camitlo Sitte, Mitth. d. Centr. Comm. N. F. 18, S. 53, worauf ich andcr-
w.-trts zu kommen gedenke.
^ Vgl. hierüber Heider: „Der Altar-Auffatz im Stifte Klofterncuburg."
Mitth. des Wiener Altcrthums-Vereines IV, S. 27 und unten.
5*
36
der feiigen Hemma, die nach meiner Anficht von den
Flügeln des einftigen Hochaltars herrühren, verdeckt.
Zu Anfang diefes Jahrhunderts fügte man noch oben-
drein in die Südwand einen Grabftein ein, und überftrich
die unteren Partien der Wände bis zu den Reliefs mit
Farbe. Da alfo ein fo großer Theil der Bilder, mehr als
die Hälfte, nicht fichtbar war, darf es nicht befremden,
dafs diefelben bisher nur wenig beachtet wurden. Mit
Begeifterung, aber nur kurz hat diefelben v. Quafl'^ be-
fchrieben. Weitere Befprechungen haben Haas,~ Schel-
lander und Ankershofen^ geliefert. Seitdem fank das
Intereffe merklich, ja man hielt die bisherige \\'ürdigung
für Ueberfchätzung. Eine eingehende Unterfuchung
war erft nach Entfernung der Reliefs möglich, die
allerdings fchon v. Qiiaß vor faft einem halben Jahr-
hundert als „dringend nothwendig" bezeichnet hatte.
Dies gefchah nun als ich Augufl i8S6 behufs aber-
maliger Unterfuchung der Gemälde als Mitglied des
Inftitutes für öflerreichifche Gefchichtsforfchung mit
Unterftützung des hohen Minifteriums flir Cultus und
Unterricht nach Gurk gefchickt wurde. Die Anregung
hiefür verdanke ich meinem Lehrer Herrn Profeffor
Dr. Franz Wickhoff.
Die neu an das Licht gebrachten Bilder waren
gegenüber den anderen keineswegs in befonders
fchlechtem Zuftande wie man vielfach glaubte. Diefelben
fmd eben durch Feuchtigkeit wohl auch durch Nagel-
löcher, Ritzer u. a. vielfach fchadhaft geworden, im
Ganzen gleichwohl trefflich erhalten. Nur weniges ift
als ganz verloren anzufehen. Manches wird noch durch
vorfichtiges Aufdecken der Tünche zu erkennen fein.
Die Reliefs wurden auf meine Veranlaffung nicht mehr
an alter Stelle, fondern würdiger an den Wänden des
Chores der Kirche angebracht; fo find nun die herr-
lichen Gemälde, die fich denen der Empore wohl als
kaum geringer an die Seite ftellen, allgemein und voll-
ftändig fichtbar geworden.
Anders verhält es fich mit dem Faftentuchc, deffen
Befprechung den zweiten Theil diefer Arbeit bildet.
Dasfelbe war bisher literarifch gar nicht bekannt;
meine Notiz in den Mittheilungen der k. k. Ccntral-Com-
miffion* ill: die erfle an die Ocffentlichkeit gebrachte
Erwähnung.'' Der Grund, dafs dasfelbe bisher faft
gänzlich unbekannt geblieben ift, liegt hauptfächlich
darin, dafs es eben nur in der Faftenzeit fichtbar ift,
fonft aber aufgerollt in einem Corridor des Stifts-
gebäudes aufbewahrt wird. Die Erhaltung diefes Faften-
tuches ift trotz zahlreicher Riffe eine fehr gute, nur die
unterften Partien, worauf fich freilich auch die wichtige
Infchrift, welche deffen Entftehung angibt, befindet,
haben ftärker gelitten. Einige wenige Stellen wurden
wohl auch wegen großer Schäden eingeftückt und
übermalt."
I OUr, Orundziige der kirchlichen Archäologie, i. Auflage, S. 6p r.
- Denkmäler des äfterr. Kaifcrdaates II, S. 163 ff.
' Mitlh. der k. k. Centr.-Curnm. II, S. 163, vgl. auch: „Die feligc Hcmm.-i'*
S. 162.
' 1887, S. LI.
^ Seitdem kurz erwuhnt in der Kunit-Topogr.lphie Kärntens S. 94.
•* Der Dechant von Gurk, Herr Domcapitiilar Dr. Vaientin Neiiiec ließ
in jiini;f\cr Zeit die Schäden forKl.iltig atishefTcrn und für die fernere Auf-
liewahrnnfc eine entfprcchendc Kifte anfertiKen. Für die Mö^liclikclt der
DurclifiihrunK l»in ich demfctben zu uroßtcrn Dank verpflichtet. l'"ür HeniitzunK
von Urkunden elc. fowie AiifrchltifTc nuf Anfr.igen muO ich weiterhin dankend
nennen die Herren f Prof. Dr. J'raitll und Confcrvator Monfign. Graut in Graz
nnd Archivar Augufl R v. Jak/ch in Kla^enfnrt.
Auf meine Anrcgunn; hat in jünKÜT Zeit yo/. Wlka in Wien die Bilder
an den Längswandt^n der Vorhalte photngraphifch publicirt Nr. 1350 — 1253.
HofTcntlich folgt bald daR übrige nach.
A. Die Vorhalle und deren Gemälde.
Vor Betrachtung der Gemälde felbft muß der
urfprüngliche Beftand der Vorhalle von dem fpäteren
Umbau viel genauer als bisher auseinander gehalten
werden.
Zwifchen die 780 M. \'on einander abftehenden
Weftthürme ift das Haupt-Portal der Kirche eingebaut,
jedoch nicht die Weftvvand der Thürme verbindend,
fondern 987 M. von derfelben nach Often gerückt und
mit feinem maffiven Mauerkörper noch über die Thurm-
inauern in das Mittelfchiff der Kirche hineinragend.
Diefes herrliche Marmor-Portal nimmt der Breite nach
faft den ganzen Raum zwifchen den Thürmen ein und
läßt bciderfeits nur einen fchmalen Wandftreifen übrig,
welchem bis zum Anfatz des Bogens, dem Portal
entfprechcnd, je zwei Säulen mit Kämpfer vorgefetzt
find. Der den Bogen des Portals begleitende Wand-
ftreifen ward nicht weiter plaftifch decorirt, fondern
für malerifchcn Schmuck beftimmt. In den übrigen
Raum zwifchen den Thürmen ift nun concentrifch mit
dem Bogen des Portals eine Tonne von 9-8 M. Scheitel-
höhe eingefpannt, unmittelbar in die Seitenwände über-
gehend, ohne jeden plaftifchen Schmuck; nur die Nord-
wand ift von einer Mauerfpaltc durchbrochen. Der
äußere Abfchluß der Vorhalle ift beiderfeits durch
einen 079 M. breiten Pilafter markirt, welcher 038 M.
von der Wand vorfpringt und O'io M. von der Thurm-
ecke abfteht. Diefe Pilafter beginnen aber nicht am
Boden, fondern 2"io M über demfelben,' ohne eigent-
liche Confolen, nur nach jeder Seite abgefchrägt, und
find mit einander durch entfprechende Bogenftreifen
verbunden.^ Als Capital weifen die Pilafter die umge-
ftürzte attifche Bafis auf Die abgefchrägte Bafis, welche
die Thüren außen umzieht, ift nur wenig über die Ecke
in die Vorhalle geführt und bricht dann alj.
Mit der Zeit erhöhte fich allmählich der Boden
um die Kirche, fo dafs dieBafen derThürme immer tiefer
in den Boden hincinfanlcen. So mochten Feuchtigkeit
und Kälte beftinimend gewcfen fein, die ILille zu
fchließen. Man that dies, indem man den Pilaftern und
deren Bogen entfprechend eine Wand aufführte, jedoch
fo, dafs jene nach außen noch um o^io M. vorfpringen.
In der Mitte derfelben brachte man drei eng aneinander
gerückte fpitzbogige Oeffnungen an, und zwar die
mittlere breiter, faft bis an den Bogen reichend, als
Portal, in den oberen Partien mit dreitlieiligem
gothifchcn Maßwerk ausgefüllt, die beiden anderen
kleiner, als zweitheilige I-'enfter, alle mit noch erhaltenen
Glasgemäldcn gefchloffen. Von dem Portal führen
mehrere Stufen in die tiefer gelegene Vorhalle.
Diefen fo gefchützten Raum befchloß man nun
mit Wandgemälden auszufchmückcn. Zu dem Bchufc
vermauerte man die oben ervviihnte Mauerfpalte' und
erhielt fomit ausgedehnte Plächcn, in hohem Grade
geeignet für malerifchcn Schmuck, welcher Gegen-
ftand der folgenden Betrachtung fein foU (I'^ig. i).
* Achnllch .luch am Portal der Kirche zu Vblkcrmarkt abRcb. Wr.
liauhiitte li. XII.
3 Die Abbildung bei Haas .S. 149 i(l ungenau.
^ Dicfc hat Anktrshofen iiborfehen. Aus diefciu N-ichwcis gehl licrvor,
dafs die Scitenwande urfiirünglich nicht bcina!t waren. Dagegen war jeden-
falls der Bogen über dem Portal für Malerei licninimt, kaum aber die Decke,
die auch in Seckau vor der Zcrftorung in jiitiudcr Zeit ohne (ülchc Kewc!ft:n
in, freilich auch eine andere Form hattr.
- 37 -
Die bedeutendfle Malerei erhielten die Seiten- am Gewölbe find; durch die unmerklich überhängende
wände. Man zierte diefelben nach Art der alt-chrift- Bildflächc wird in dem \-erhältnismäßig kleinen Raum
liehen Bafiliken mit biblifchen Darftellungen. Beider- die Betrachtung fehr erleichtert. Die eigentliche
feits braclitc man vier Bildftreifen, links jeder I M., Plafond-Decoration ifl ziemlich eingefchränkt und dem
Fig. I.
rechts 0-95 M. hoch, übereinander an, und zwar in der Quadrate genähert, dabei aber auch der Kappe des
Weife, dafs der mittlere Trennungsltreifen fich 010 M. Tonnengewölbes überaus fchön entfprechcnd. Die
unter der Berührungslinie zwifchen Wand und Tonne Fläche ift zunächft mit einem breiten, in gleichen
hinzieht, fomit die zwei oberen Streifen eitrentlich fchon Abftänden von Kreifen mit Sternen unterbrochenen
38 -
mofaikartigen Ornamentbande \on lichten bunten
Farben umfäumt. Die Scheitellinie der Tonne wird
von zwei parallel laufenden Streifen mit Kränzen
begleitet, welche in der Mitte durch ein über Eck
geftelltes Viereck mit halbkreisförmigen Ausladungen
an den Seiten unterbrochen werden, dem an jeder
Ecke nach außen eine Kreuzblume entfprießt. Diefes
Viereck bildet die Umrahmung des Agnus Dei mit
rother Siegesfahne, in Stucco ausgeführt. Der Grund
zwifchen diefem vielgeftaltigen Rahmenwerk ift durch-
wegs blau und mit aufgefetzten goldenen Sternen
befät.
Entfprechend ift die Weft- und Oftwand ge-
fchmückt.
Erftere enthält in den unteren Partien zwifchen den
Ecken und Fenftern die Fortfetzung der Streifenein-
theilung. Weiter war nur zwifchen den Spitzbogen der
Fenfter Raum für zwei Medaillons mit Bruflbildern von
Heiligen, wahrfcheinlich Marcus und Lucas. Die Fenfter
find mit geometrifchen Ornamentflreifen umgeben.
Fig. 2.
Die Oflwand läßt der Malerei nur den fchmalen
Streifen zwifchen Portalbogen und Tonne iibrig; der-
felbe wurde, als zur vornehmften Seite gehörig, mit
den Medaillons Chrifti und der Apoftel bedeutfam
ausgefchmückt.'
Es fei nun die I'.intheilung der IJildftreifen felbll
näher betrachtet. Dicfc ift beiderfcits verfchieden und
zwar find die der Nordwand in je vier Theile getheilt,
der ern;e links bedeutend länger, 2 M., die übrigen
jeder r45 M. lang. Die Streifen der Südwand find in je
fechs Theile getheilt, die erften fünf jeder ri8 M., der
letzte rechts 0'67 M. lang. Die Streifen der Wcftwand
find unten ro6 M. breit, die oberen werden durch das
cinfchneidendc Tonnengewölbe verengt. Fafst man alfo
ftatiftifch die Zahl der Pildflächen zufammen, fo ergibt
fich : nördliche Gruppe (Nord-und angränzcnde VVefl-
wand) vier Streifen mit je fünf Pildcrn, wovon die zwei
obcrflcn der Wellwand einer Darflellung angehören,
gibt 19; füdliche Gru])pe je ficben in einer Reihe, von
denen die letzten der beiden unterflen Streifen an der
Südwand und die beiden mittleren der Weftwand
' D.1S Portal .'ibgfbildct in J'or/tfr'x r)cnkiniilcr «Icutfchcr ij.-nikiinft
Bd. VI; doch ift der Streifen, den die Mcdflillons einnehmen, leer nchifTcn;
befTer die Aufnahme von Grut<tr, Allgemeine Haiizcitung, Ud. 55, 53. (jute
Pholoffraphic von Wtha in Wien, Ht. iiia.
zufammcnfallen, gibt 26 getrennte Bildflächen. Die
Gegenftände find im Ganzen chronologifch geordnet,
und zwar nimmt das alte Teflament die nördliche, das
neue die füdliche Seite ein, eine gegenüber dem Ge-
brauch in älteren Kirchen verkehrte Anordnung, wohl
aber dadurch begründet, dafs der Raum nicht Kirche
fondern Vorhalle ift, und man daher der rechten Seite
vom Eintretenden aus den Vorzug geben wollte. Im
Cyclus des alten Teftamentes enthält mit Ausnahme
der zwei erften Bilder, welche nur je eine Darfteilung
aufweifen, jede befonders eingerahmte Fläche zwei,
einige auclj drei verfchiedene Scenen nebeneinander.
Das neue Teftament zeigt nur drei Doppelbilder. Zur
befferen Ueberficht fei das Schema der Anordnung der
Bildflächen mit Beifügung der im Text angewandten
Numerirung gegeben (Fig. 2).
Der Einzelbetrachtung der Bilder fei ein Ueber-
blick über ihre Ausführung vorangefehickt. Die Ein-
rahmung derfelben befteht aus gcometrifchem fchwarz,
roth und weißem Mufter von 004 M. Breite. Diefc
werden an der linken Seite in gleichen Abfländen von
verfchiedenfärbigen Kreifen, an der rechten von
fchwarzen über Eck geftellten Quadraten mit einem
rothen Stern in der Mitte unterbrochen
Der Grund der Bilder ift wie an der Decke durch-
wegs blau ; an der Nordfeite hat derfelbe fich durch
P'euchtigkeit großentheils zu Grün verfärbt. Die
Architekturen in den Bildern felbft find rothbraun
oder bläulich; wo keine Architektur angegeben ift,
find die Bilder oben und zu beiden Seiten durch grüne
Streifen eingefafst, in welche die Darfteilung gewöhn-
lich übergreift, beim oberften Streifen des alten Tefta-
mentes aber auch in die äußere Umrahmung ein-
fchneidet. Pflanzen, Holz, Geräthe erfcheinen in ihrer
gewöhnlichen Farbe; die Gefichtsfarbe der Perfonen
ift graulich, in den Kleidern herrfcht Roth vor, dazu
kommt Weiß und Gelb, bei den Bildern des neuen
Teftamentes vielfach Lichtblau und Dunkelbraun.
Uebrigens ift die Farbe der Kleider bei einer im Cyclus
wiederkehrenden Perfon nicht immer diefelbe. Sämmt-
liche Nimben find ftukkirt und waren vergoldet, was
aber bis auf geringe Spuren verloren gegangen ift;
Nur die Nimben der Apoftel und Chrifti um den
Portalbogen find farbig. Die göttlichen l^erfonen weifen
wie gewöhnlich Kreuznimbus auf.
Die Infchriften auf den weißen .Spruchbiuulern
zeigen fchwarzeBuchftaben, meift mit rothen Hilfslinien;
die erklärenden im oberen grünen Rande beim alten
Teftament haben rothc Initialen.
Altes Testament.
I. Der Cyclus beginnt, was alle Erklärer bisher
überfehen haben, an der Weftwand. Das erfte Bild,
ein Doppclbild, ift in der obern I [älftc durch das
einfchneidende Tonnengewölbe verengt. Der Höhe
nach wird es den übrigen Streifen entfprccliend /.wei-
getheilt, was bei den übrigen Doppelbildern nicht der
V:x\\ ift.
Das Schwergewicht liegt auf der oberen Dar-
ftellung. Wir erblicken dem Trennungsftreifen entlang
eine Reihe von Berggipfeln; links fteht auf einem
folchen Gott Vater als Mann von etwa 40 Jahren in
weißem Gewände und rothcm Mantel, das Haupt vom
— 39
Kicu/.nimbus umgeben. Er ifl nach rechts gewendet
und fegnet die vor ihm fchwebcnde Mandorla, deren
Inneres mit betenden Engehi erfüllt ift (nur theilweife
erhalten); die Linke hält er halb ausgeftreckt. Die
untere Hälfte des Bildes zeigt uns den Abgrund. Im
Gegenfatz zu dem luftigen Himmel ift hier alles finfter.
Aus dem Boden fchlagen Flammen empor; zu unterft
links ift der große Kopf eines Ungeheuers mit weit
aufgefperrtem Maul, der HöUenfchlund, fichtbar; zahl-
reiche löwenartige Ungeheuer flürzen in die Tiefe.
Hier ift alfo die Scheidung des Lichtes von der
Finfternis zur Anfchauung gebracht (Gen. 1, i — 5). Die
Entwicklung der Darfteilung läßt fich an einer Reihe
von Monumenten verfolgen. Wir fehen in Monreale'
Gott mit Gefetzrolle eine von Strahlen in Oval umge-
bene Schaar von Engeln fegnend. Die Bodenfiäche
ift vom Meer „abyffus" erfüllt. In S. Marco zu
Venedig- find diefer Scene die Geftirne beigefügt.
Anders erfcheint die Darfteilung in S. Francesco in
Affifi: Gott — ohne Kreuznimbus — ift dort von einem
Kreis mit Engelsköpfchen umgeben. •' Aehnlich, aber
vereinfacht, ift die Darfteilung im Cyclus der Kuppel
des Presbyteriums zu Florenz u. a. Weiter verein-
facht erfcheint die Darfteilung im Speculum humanae
falvationis * zu Kremsmünfter. Gott Vater mit Kreuz-
nimbus befindet fich hier innerhalb der von Engeln
getragenen Mandorla; darunter fährt ein Teufel in den
Höllenrachen. Anders wieder die ältere Bibel von
Miclielbeuern.''Gott tritt mit zwei Engeln an den Kreis
heran und berührt ihn; der Kreis ift durch eine
horizontale Linie zweigetheilt, die obere Hälfte zeigt
auf weißem Grunde die Taube mit rothen Strahlen,
die untere Lucifer als Katze mit zwei Drachen auf
fchwarzem Grunde, u. f w. Das vorgefchrittene Mittel-
alter fafst alfo die Scheidung von Licht und Finfternis,
zugleich als Scheidung der guten und böfen Engel auf
(nach Apocal. Xll, 7, Ifaias XIV, 11), wie es namentlich
die historia scholastica des P. Commeßor, Cap. III, " der
zahlreiche andere Exgeten folgen, ausführt. Im Detail
nimmt das Gurker Bild fo ziemlich die Mitte zwifchen
älteren und neueren T\'pen ein. Als ältere Merkmale
erfcheinen: Gott fteht außerhalb des Empyräums, die
Engel innerhalb desfelben, als jüngere: die Mandorla-
Form des Empyräums, fowie der Abyffus als HöUen-
fchlund. Die Teufel als Löwen kommen fchon früh in
der chriftlichen Symbolik vor. Alle diefe Bilder zeigen
Gott durchwegs als jüngeren Mann, die italienifchen
auch ohne Kreuz-Nimbus.
2. Das folgende Bild an der Nordwand zeigt links
eine flachhügelige Gegend, rechts das Meer. An der
Gränze beider fleht ein ftarker Baum, daneben ein
dünnerer. Links fteht Gott Vater, fegnend. Auf den
dünngebildeten Baum vorihm klettern fymmetrifch zwei
Eichhörnchen, darunter v.erfuchen zwei Hirfche, Männ-
chen und Weibchen, ihnen nachzukommen. Zwifchen
beiden Bäumen ift eine Reihe von Thieren nebenein-
ander angeordnet, zu vorderft das Pferd, weiter Stier,
Schaf, Widder, Tiger (gefleckt), Löwe. Alle blicken
auf den Schöpfer. Das Meer durchziehen zahlreiche
Flfche von fehr verfchiedcner Größe, den Waffern aber
entfteigen leicht befiederte Vögel und fchwebcn in die
Lüfte; die fchwerer befiederten haben fich auf die
Bäume gefetzt; rechts oben wird der Adler fichtbar.
Diefes Bild zeigt alfo die Erfchaffung der Erde
und der Thiere vereinigt. Waffer und Land find
gefchieden, Bäume entfproffen dem Feftland, Waffer,
Luft und Land ift durch Thiere belebt. Die .\nordnung
ift keineswegs willkürlich: je früher oder fpäter eine
Gruppe gefchaffen worden ift, defto näher oder ent-
fernter ift fie vom Schöpfer. Ganz analog findet fich
diefe Anordnung im Cyclus von Monreale, aber noch
in einzelne Bilder zertheilt, denen gegenüber das
Gurker Bild fich faft wie eine verkürzte Copie ausnimmt.
Die Eintheilung der Schöpfungsgefchichte aber ift im
Gurker Cyclus eine ganz andere geworden; fie folgt
den erften Worten der Bibel: Im Anfang fchuf Gott
Himmel — und Erde.'
3. a) Das nächfte Bild zerfällt wie die weiteren
in zwei gegenftändlich getrennte Theile. Der Schau-
platz des erfteren ift durch zwei kleineBäume als Garten
charakterifirt. Links fteht wieder Gott Vater fegnend,
in der Linken das Gefetz, ein längliches Buch, haltend.
Vor ihm liegt fchlafend, das Haupt auf die Linke ge-
ftützt, Adam, aus deffen Seite Eva hervorkommt. Eva
hält die Hände gefaltet und neigt fich vor dem Schö-
pfer. Links fchwebt vom Himmel ein nimbirter Engel
mit Rauchfafs hernieder.
In ganz typifcher Weife ift hier der Schluß der
Schöpfungsgefchichte gegeben : das erfte Menfchen-
paar, nach Gottes Ebenbild wird ins Dafein gerufen;
feierlich fchwingt der Engel das Rauchfaß. Die älteren
Darftellungen geben Gott durchwegs mit der Gefetzes-
roUe; hier ift die Gottheit durch den Kreuznimbus
genügend charakterifirt und das Gefetz — als läng-
liches Buch — nur hier gegeben, und dadurch gleich-
zeitig das Gebot angedeutet; bei der Verkündung des
Gebotes hat fich diefelbe faft durchwegs erhalten, fo
in Affifi,- und in Pifsweg.^ Auch in der Gurker Empore*
erfcheint dasfelbe einmal, aber aufgerollt als Spruch-
band. Herabfchwebende Engel finden fich bei der
Erfchaffung der Eva an der Thür zu Nowgorod.^
b) Die Scene der zweiten kleineren Hälfte ift
wieder der Garten. In der Mitte der Baum mit kleinen
fpitzen Blättern undFrüchten, dabei das erfteMenfchen-
paar. Um den Stamm des Baumes ringelt fich die
Schlange, fteckt den Kopf mit fpitzen Ohren zwifchen
zwei Aeften hervor und hält im Maul einen Apfel. Sie
ift zu Eva gewendet, welche links vom Baume fteht.
Diefe führt eben ein Stück des Apfels zum Munde und
reicht das andere dem Adam, welcher mit der Linken
darnach langt, mit der Rechten aber bereits genießt.
Diefe Darftellung gehört wohl zu den in der chrift-
lichen Kunft am allermeiften vorkommenden. Sie folgt
dem gewöhnlichen Schema, welches fich fchon auf
den Sarkophagen, weiter in Pifsweg und auf der Gurker
Empore findet. Das vorgefchrittene künftlerifche
' Gravina, II duomo di Monreale. Taf. 15 B.
- La basilica di San Marco. Venedig. Org.inia.
* Vgl. Thode , Franz von Affisi. S. 337. Gott Vater ift wohl nicht ganz
zutreffend als ..chriftusarlig- bezeichnet.
* Heider, Beiträge zur chriftl. Typologie. Jahrb. d* k. k. Centr.-Comm. 5;
abgb. Taf. VII.
5 Vgl. Neuwirth, Studien über Miniaturen. Wiener Sitzungsb. 1887.
« Migne, Patr. lat. CXCVIII, S. 1055 ff.
' Von dem vor kurzen erfchienenen .\uffatze: -Drei Darftellungen der
Weltfchbpfung in Kärnten** von Hantt Ctirinl/iiit 82, Nr. 5, kann ich hier nur
kurz erwähnen, dafs feine Befchreibung und Erklärung von der meinen ziem-
lich bedeutend differirt.
" Tliode , Franz von Affifi. S. 239.
■! Mitth. d. Centr.-Comm. 15, S. XVI.
• Ebenda 16, Taf. V.
Adelung, Die Korfiin'fchen Erzthüren zu Nowgorod.
40 —
Können zeigt fich vornehmlich in dem Beftreben, mög-
lichft viele Momente zu veranfchaulichen, fowie auch in
der fcharfen Charakterifirung der Schlange, wie auch
des Baumes.
4. a) Die Gegend ift wieder durch Gewächfe mit
großen Blättern charakterifirt. Links der Engel,
welcher die beiden Stammeltern der Menfchen aus
dem Paradiefe jagt. Vorn fchreitet Adam, etwas
gebückt, fich zögernd fcheu umfehend; die Linke
ftreckt er wie taftend nach vorn, mit der Rechten
hält er fich die Feigenblatter vor. Dicht hinter ihm
folgt Eva mit ähnHcher Haltung. Der rächende Engel,
jugendlich, mit Nimbus und weißen Flügeln, hat das
Schwert hoch erhoben; mit der Linken berührt er
Evas Schulter, die noch Zaudernde zum Gehen
mahnend.
Von verwandten Darftellungen ift vor allem
wieder die entfprechende im Cyclus von Monreale' zu
nennen, wo die Begebenheit noch in zwei Scenen
aufgelöst ift; die Furcht vor dem Herrn und die Ver-
treibung; auf dem letzteren Bilde haben die Menfchen
bereits die Röcke aus Fellen an; der Engel fchiebt
mit beiden Händen die Menfchen fort, während vor
der Paradiefes-Pforte ein rother Cherub mit dem
Schwerte fteht. Aehnlich auch an der Thür von
St. Angelo." Das „flammende- Schwert der Vulgata
(Gen. III 24) kennt nur das Malerbuch vom Berg
Athos." Die Darltellung auf der Gurker Empore ift
leider verloren, dagegen in Pifsweg noch vorhanden.
Dort geht wie gewöhnlich Eva voran. Viel freier find
die Bilder im Cyklus von S. Marco zu Venedig.
b) Die rechte Hälfte des Bildes zeigt uns das
Opfer der beiden Söhne, links Abel, rechts Kain,
einander zugewandt, beide mit engen Höfen, hohen
Schuhen und kurzen Röcken bekleidet. Abel hält in
den verhüllten Händen das Lamm, Kain in den bloßen
das Aehrenbündel. Sie blicken auf die über ihnen
zwifchen Strahlen hervorragende Iland Gottes, welche
Abel fegnet.
Auch diefe Scene wurde im Mittelalter ziemlich
gleichmaßig dargeftellt. Zu den verwandtefl:en gehört
wieder das Bild im Cyclus von Monreale. Die Bevor-
zugung Abels ifl: dort durch einen weißen Streifen
angedeutet. Die Strahlen, zwifchen denen in Gurk die
Hand Gottes erfcheint, erinnern dagegen an die Dar-
ftelking des Empyräums in der Schöpfungs-Gefchichtc
jenes Cyclus. Sehr verwandt ift auch die Darflellung
an der Thür zu Hildesheim, wie auch die etwas freiere
zu Wechfelburg, anders die in S. Marco, wie auch die
ziemlich misverftandene der Millflätter Gcnefis.* Den
aufftcigenden und zu Boden bleibenden Rauch kennt
wiederum nur das Malerbuch.
5. a) Das nun folgende Bild ift eines der wenigen,
welches drei verfchiedene Scenen enthält. Die erfi:e
ftellt den Brudermord dar. Auf einem nach rechts an-
fleigenden Hügel, dem ein Baum cntfpricßt, liegt eben
zufammengebrochen Abel; die Rechte halt noch den
Hirtenftab, das Haupt ift über den Abhang des mit
' Gravinat a, o. O.
' Schulz-Quaß, Die Denkmäler Unterit.iliens I, S. 342, dazu T.if. XXXIX.
' Didron, Manuel cl'IconoKriiphlc crelicnnc, P.-trU 184s; dcutfch von
Schäfer. V.% werden fich ;iuch wcilerhiii felir bedeutende DifTeicnzcn zwifchen
<lcn Ang.iben diefcr Quelle und den Monunicntcn finden; hier kann übrigens
nur da» auf unferen (jegcnft.ind Kinfclda>;ige crwiihnt werden; jc<lcnfnll.^ aber
erfcheint für die Benützung gri'Ge Vorficht eebitcn.
' nieintr. l>..i^i'- "■..! I ..'lei nach der Millftattcr Handfcbrif' Wl^n
1861, I, S. 24.
Blut übcrftrömten Hügels zurückgefunkcn. Kain hält
noch den rothen knotigen Stock in beiden Händen
mit aufgeftreckten Aermeln hoch erhoben, aber feine
Bewegung ift bereits abgewendet; er fchreitet haflig
nach links und fieht entfetzt nach dem Erfchlagenen
zurück. — Mit erfchütternder Wahrheit ift hier die
grauenhafte That des Brudermordes gefchildert; es ift
höchft bedeutend, dafs fich Kain nach links, alfo gegen
die Anordnung der Bilder wendet; dies allein kenn-
zeichnet fchon feine That.
b) Die zweite Scene gibt uns die Unterredung
Gottes mit Kain. Kain fteht nach rechts gewendet
und ftützt fich auf den knotigen Stock; die Rechte hat
er mit redender Geberde halb erhoben; er blickt in
die Höhe gegen das von Strahlen und Wolken um-
gebene Antlitz Gottes. Die Unterredung erläutern
zwei Spruchbänder; Ubi est Abel — Ncscio Dovüne
(Gen. IV, 9).'
Das Schema beider Darftellungen ift ein normales,
nur einigermaßen gekürzt; ganz vereinigen ließen fich
beide Scenen nicht, ohne unverftändlich zu werden.
Der Brudermord findet fich höchft verwandt in Mon-
reale, aber auch in Affifi, ^ anders in der Alkuin-Bibel,''
fowie am Verduner - Altar zu Klofterneuburg,* im
Speculum u. f. \v. — Sehr finnreich ift in Gurk die
Unterredung zwifchen Gott und Kain; die älteren Dar-
ftellungen, z. B. Monreale, St. Savin,'"" Braunfchweig*"
geben meift Gott neben Kain ftehend; in erftgenannter
ift die Seele Abels als kleines blutiges Figürchen
(Gen. IV 10) angedeutet. Das Malerbuch kennt die
zweite Scene nicht.
c) Die nun folgende dritte Darfteilung gibt rechts
einen zierlichen, mit flacher Kuppel bedeckten Bau,
vorn eine eifenbefchlagene Thür. Gott Vater — mit
langem Bart und Haaren — ift eben herangetreten und
legt Hand an das Schloß.
Während die bisherigen Darftcllungen durchwegs
erzählend waren, folgt am Schluß der erften Reihe
eine mehr dogmatifchen Inhaltes: Gott verfchließt die
Paradiefes-Pforte. Die Darftellung in diefer Weife ift
ziemlich vereinzelt, obfchon die Vorbilder klar find.
Wie oben erwähnt, findet fich in Monreale wie
auch in S. Marco in Venedig bei der Vertreibung der
Stammeltern vor der Pforte des Paradiefes ein Cherub,
in der Wiener Gcnefis" das feurige Rad (nach Ezechicl 1),
alfo Gott felbft. Das Malcrbuch gibt den Cherub für
die Darftellung der Klage um das Paradies an; die
Millftätter Genefis* ftellt auf einer felbftändigen Dar-
fteilung die verfchloffene Pforte, davor den Engel mit
Schwert dar. Im speculum Ilumanae salvationis und
öfter finden wir endlich die verfchloffene Pforte und
daneben die offene, als Sinnbild des ICrlöfungswerkes
Chrifti (nach Ezechiel XLIV).»
' Die Infchriftcn, welche nur Citatc und Erklärungen cniliiiltcii, fnul
im Druck als Hantlfchriftcn bcliandclt, und daher mit ««/■(.'■/.■/<i/?f« Wurt-Kiirzuii-
gcn gegeben,
» Vgl. Tkoäc, n. a. O.. S. 246.
^ Leitfchuh, Schatze der königl. Bibliothek in Bamberg.
* Camrfina und iieiJer, Mitth. des Allcrthums-Vcrcincs i\\ Wen, IV,
Tafel XI.
* Merimic, a. a. O., pl, 9,
** Vgl. Schiller, Die niittcIaltcrlJLhc Architektur Braunfchweig». S. 33; vgl.
auch: 'yanit/chtk,Xif:.\x\Xi:\\<i Kunftgcfchichtc, S. 154. Eine pcrfpcdlivifchc Auficht
ebenda hei Dohme, S. 45.
' Gfirrucci, Storia dcH'artc cristiana, III, 112, Nr. a. La nibv litis, Conimcn-
larü, III, 6.
* Difmer, a. a. 0. I, S. 20.
" Ihider t Beitrag'.- /'«r , l.ridli. lun Typologie. J.ibrb. der k. k. Ceiiir.-
Coniin. V, S. ao.
— 41 —
Wie die Scheidung von Licht und Finfternis hat
auch die Schließung des Paradiefes eine erweiterte Be-
deutung erhalten: Nicht nur das irdifche Paradies wird
der Menfchheit verfchlolTen, fondern auch der Himmel;
die fündige Menfchheit bedarf der Erlöfung, die ihr
durch den Opfertod und die Höllenfahrt Chrifti zu
Theil wird. Merkwürdig erfcheint es, dafs faft alle bis-
herigen Erklärer diefes Bild nicht erwähnen, trotzdem
es vortrefülich erhalten ill und nie verdeckt war.
6. a) Die zweite Reihe beginnt mit Noahs Trunken-
heit. (Gen. IX 20 — 29). Im Vordergrund befindet fich
ein nach rechts allmählich anlleigender Hügel, dem
ein Weinftock mit großen Trauben (Sonnfeite blau,
Schattfeite grün) entfprießt. Auf demfelben liegt aus-
geftreckt Noah, das nach vorn geneigte Haupt auf
die Linke geftützt, fchlafend; fein Gewand ift in Unord-
nung gerathen und hängt vorn herab, während die
Beine, foweit es der Anftand darzuftellen für gut befand,
entblößt find. Von rückwärts find deffen drei (auffallend
fchlecht gezeichnete) Söhne herangetreten, links Cham
mit redender Geberde, auf die Blöße des Vaters
blickend, neben ihm deffen Brüder, der erfte auf Cham,
der andre nach dem Vater umblickend. Beide halten
einen Mantel, um diefen zu bedecken.
Während die älteren Cyklen aus der Gefchichte
Noah's faft durchwegs mehrere Scenen, namentlich
auch die Sündfluth geben, ift hier nur eine, wohl aber
die populärfle zu finden, wie im Folgenden jeder
Stammvater des auserwählten Volkes durch je eine
Darftellung verherrlicht wird.
Das Schema ift das gewohnliche, nur zufammen-
gezogen. Die Wiener Genefis, Monreale, auch das
Malerbuch zeigen Noah zuerfl beim Weinftock, die
Trauben in ein Behältnis preffend (V. 20) und dann
im Haufe liegend (V. 21), St. Savin enthält nur das
letztere. 1
b) Die zweite Hälfte des Bildes rtellt in der Mitte
den Thurm von Babel als zinnengekrönten Quadern-
bau dar, eingerüftet, eben im Bau begriffen, rechts ein
niedriger Baum. Am Gerüft oben flehen zwei Arbeiter
mit Werkzeugen, lebhaft mit den unten befindlichen
Perfonen redend. Diefe tragen Steine und anderes Bau-
geräth und deuten lebhaft hinauf. Links von der Zinne
des Thurmes ifl das Haupt Gottes fichtbar, gegen den
Thurm blickend, darunter das Spruchband: Venitc con-
fiindanius Imguam eorum (Gen. XI, 7).
Im Gegenfatz zum frommen Noah gibt diefes Bild
durch den Thurmbau von Babel (Gen. XI) den Ueber-
muth der Menfchen zur Anfchauung. Der Gegenftand
wird fchon früh in der chriftlichen Kunft erwähnt (Er-
moldus Nigellus,^ Elpidius Rufticus),^ die Anordnung
ift eine ziemlich normale, wie z. B. in Monreale,
St. Savin, doch fehlt hier das Thor im Thurm, fowie
die Geräthe zum Aufziehen des Materials. Die befeftigte
Stadt gibt nur das Malerbuch an. Das Eingreifen
Gottes fehlt mehrfach, auch in Monreale, ift dagegen
in St. Savin* fehr anfchaulich dargeftellt, findet fich
in ganz ähnlicher Weife mehrfach in der Millftätter
Genefis.
7. a) Die erfte Hälfte zeigt rechts eine gewölbte,
vorn offene Halle, von deren Decke eine brennende
' MerimU, a. a. O., S. 23.
- Garrticci, a. a. O., I, 598.
3 Ebenda, I. 521
'* I^Icrint^c^ pl- 23.
XIX. N. F.
Ampel herabhängt. Davor fteht ein ganz überkleideter
Altar, links davon ein Bäumchen. Auf dem Altar fitzt
Ifaak als Knabe (gebunden) die Hände gefaltet. Auf
ihn zu fchreitet fein Vater, in langem Gewand mit
Nimbus. Er hat mit der Linken den Knaben bei den
Haaren erfafst, mit der Rechten das Schwert hoch er-
hoben; fein Kopf aber wendet fich zurück, denn links
oben ift von Wolken umgeben ein Engel erfchienen,
welcher die Klinge des Schwertes erfafst hat; vorn
fteht auf den Hinterfüßen, die_ Hörner in derf Baum
verwickelt, der Widder.
Gegenüber den zahlreichen unter fich fehr ähn-
lichen Darftellungen mag befremden, dafs die Scene
vor eine Halle verlegt ift, doch ift dicß nicht ohne
Grund gefchehen; es ift hiedurch der fpätere Tempel-
berg Moriah angedeutet, auf dem der Tradition nach
das Opfer ftattgefunden hat. Die Stellung des Widders
erinnert an die St. Florianer Biblia Paup. XXIII,' nur ift
das Gewächs hier, wie durchwegs, großblättriger. Auf-
fallend ift, dafs Abraham der einzige durch einen Nim-
bus ausgezeichnete Patriarch ift; die Italiener des
fpäteren Mittelalters zeichnen diefelben faft durchwegs
fo aus, im Gegenfatz zu den älteren Bildern.
b) Die zweite Scene fpielt wieder in einer Halle.
Rechts auf einem Thron fitzt ein Greis mit gefchloffenen
Augen, alfo blind, Ifaak. Er trägt eine rothe kappenar-
tige Kopfbedeckung und fegnet den auf ihn zufchreiten-
den Jüngling, Jacob, deffen Rechte er mit feiner Linken
berührt. Jacob fteht etwas gebückt und trägt eine
Schüffei. Hinter ihm fteht feine Mutter in langem
Gewände, über die blonden Locken eine Stirnbinde
gelegt. Sie beachtet den Vorgang gefpannt und
berührt fanft den Ellbogen des Sohnes, um den noch
Zaudernden anzufpornen.
Die Darfteilung findet fich fehr häufig; auffallend
erfcheint, dafs hier der heimkehrende Efau fehlt. Ifaak
liegt fonft durchwegs im Bette; das Eingreifen der
Rebekka ift originell, doch fehr finnreich gegeben.
8. a) Das Local der folgenden Darftellung ift
durch ein Bett, welches der ganzen Länge nach den
Raum einnimmt, als Gemach charakterifirt. Auf dem-
felben liegt unter rother Decke, unter der, wie es
fcheint, zwei Aermel herabhängen, der greife Erz-
vater Jacob, wie es auch die Infchrift am Bette angiebt,
das Haupt links von mehreren Polftern unterftützt. Er
hat die Rechte fegnend erhoben, in der Linken hält er
ein Spruchband: Audite filii Israel patrein vestrum
(Gen. XLIX, 2). Um das Bett find feine Söhne gruppirt.
Der zu feinen Häupten jugendliche mit langen Haaren
mag Jofeph fein, ein zweiter anfcheinend noch jüngerer
kniet vor dem Bette, wohl Benjamin ; die übrigen Söhne
find dicht nebeneinander rechts an das Bett herange-
treten, mit theilnehmender Geberde. Diefe Darfteilung
ftimmt ziemlich genau mit der Wiener,* noch mehr mit
der Millftätter Genefis'' überein, nur küßt dort Jofeph
den Vater. Das Malerbuch, wie auch der Verduner-
Altar geben Jacob fitzend (nach V, 32).
b) Die zweite kleinere Darfteilung giebt die Aus-
legung der Träume des Bäckers und Mundfchenken
• Cameßnii und Heider, Die Darftellungen der ßiblia Pauperum im
Stifte St. Florian in Ober-Oefterreich. Wien 1863 Die beigefetzten römifchen
Ziflfern geben hier wie weiterhin die Tafel diefer Publication an.
- Garrucci, Storia dell' arte Cristiana, Tab. n8. 3. Lantbetius, Commen-
tarii III, pag. 28, vgl. Kondaküff, Histoire de l'art by;'aiitin, I, 78.
3 Bei Diemer nicht abgebildet, gehört aber zu S. 115, (Orig. f. 83. „Do
Jofeph gefach das fein uater tot gelach, er uil ubir in.")
42 —
durch Jofeph zur Anfchauung (Gen. XL). Die beiden
erfteren, jugendlich, flehen hnks, tragen kurze Röcke
und find zu Jofeph, welcher rechts fteht und langes
Gewand trägt, gewendet. Hinter dem Mittleren fproßt
eine Rebe mit drei Trauben empor; der Mann hat eine
derfelben erfafst und prefst fie in ein Gefäß; der andere
hält die Hände gefaltet, und trägt am Kopfe den Korb
— es fcheint nur einer zu fein — mit Backwerk, an dem
zwei Vögel zehren. Jofeph fpricht zu beiden.
Gegen die gefchichtliche Aufeinanderfolge ift
diefesBild demTod Jacobs nachgefetzt. Die bisherigen
Erklärer konnten fich nicht weiter zurecht finden;
Schellander nahm fogar für die ganze Reihe eine
verkehrte Anordnung an. Die Darflellung ift wieder-
um eine fehr gekürzte; der Cyklus von S. Marco in
Venedig gibt uns den Gegenfland ganz ähnlich, aber
in drei Bildern, in der Millflätter Genefis' dagegen fitzt
Jofeph erklärend in der Mitte, daneben die beiden
anderen hockend, alfo fchlafend; das Uebrige ift auch
hier vollkommen ähnlich.
9. a) Die nun folgende Darftellung gibt als Local
ein vorn offenes Haus mit drei niedrigen Fenftern
unter dem Dache. Links auf erhöhtem Throne fitzt
ein alter bärtiger Mann, ein zweiter hinter ihm. Der
Mann am Throne trägt enge reich verzierte Kleider
von rother Farbe; feine Geberde ift die lebhaften
Erflaunens, denn ein zu ihm gewendeter Knabe tritt,
anfcheinend fpringend, auf eine Krone, die eben vor
dem Greis herabfällt. Hinter dem Knaben fteht eine
gekrönte Frau in ruhiger Haltung, beide Hände nach
ihm gerichtet. Am Throne unten die Infchrift : Iinperü
diadema pede content iste. -
Weit fchwieriger als bei den vorhergehenden
erfcheint die Erklärung diefes Bildes. Schellander'^ und
Haas,'* welche die theilweife fehr verdorbene Darftel-
lung nicht gehörig betrachteten, wollten darin die
Erzählung der Träume Jofe]5hs erkennen, was fich doch
fofort als unhaltbar erweist. Nach der fonfligen Dar-
ftellungsweife kann die F"rau doch nur eine Königin
fein, dagegen die vom Knaben verachtete Krone nur
dem Greis angehören: anderfeits intereffirt fich die
Frau fichtlich für den Knaben; es ift alfo aus der Dar-
flellung allein fchon höchil; wahrfcJieinlich, dafs hier
eine Begebenheit aus der Gefchichte Mofis veranfchau-
licht wird, und zwar eine am Hofe des Pharao. Der
Exodus fchweigt zwar über Mofis Jugendzeit, defto
mehr hat die fpäterc jüdifche Legende dicfe Periode
ausgefchmückt. So finden fich fchon in der Bibel An-
deutungen hievon: Stephan fagt in feiner letzten Rede
Afl. VII, 22; „Und Mofcs ward in der Weisheit der
Acgyptcr unterrichtet und war mächtig in feinen
Worten und Werken;'' darnach die zwei Darrteliungen
im Cyklus von Maria Maggiore in Rom:'' Auf erflerer
wird Mofcs dem König von deffen Tochter vorgeftellt,
auf letzterer fpricht er vor einem Kreife von Miiniiern;
anders die Darftellung in S. Marco in Venedig,'' wo
der kleine Mofes mit königlichen Gewändern angcthan
wird, während Pharao, die Krone am Haupte, eifer-
füchtig zuficht und Rathgeber auf ihn einreden.
■ Diimtr, S. 83.
' Sehr verdorben ; die Kürztingsftriche verloren.
' Mitlh. d. Ccntr.'Comm., 11, a^o.
» A. a. 0.. S. 163.
■'• CLimpini vclcr.-i monument.l. I..VI, 2 Gtirruai.
• La Baftlici di S. Marco, a. o. O.
Verfchieden davon geftaltet fich die Darftellung
des speculum humanae salvationis zu Kremsmünfler f.
17 a).^ Wie in Gurk thront links Pharao, vor ihm Mofe.«,
der auf die bereits am Boden liegende Krone tritt.
Dazukommen noch zwei andere Perfonen: ein zum
Streich ausholender Scherge und eine verhüllte Perfon,
dem kleinen Mofes eine Pfanne hinhaltend, der daraus
fchwarze Kugeln, „carbones vinentes" wie der er-
klärende Text angibt, nimmt. Diefer Darftellung liegt
der Bericht der Antiquitates ludaicae des Jofephus
Flavius II, Gap. X, 7 zu Grunde, wo erzählt wird, Tere-
muthis die Königstochter habe Mofes vor Pharao ge-
führt, damit er ihn zu feinem Nachfolger auf dem Throne
mache; diefer habe den Kleinen an die Brufl gedrückt
und ihm die Krone aufgefetzt; Mofes aber habe diefelbe
auf den Boden geworfen und zertreten; die ägyptifchen
Wahrfager deuteten dies als fchlimmes Zeichen. Nach-
erzählt, und durch die Sage von den glühenden Kohlen
ausgefchmückt, findet fich diefer Bericht in der historia
scholastica lib. II, C. IV, welche viele mittelalterliche
Exegeten mit ihnen auch das Speculum nacherzählen.
Die Gurker Darftellung befchränkt fich auf den Haupt-
moment: Mofes, der eben auf dem Schöße Pharaos
gekniet war, fpringt auf die eben herabfallende Krone.
Der Mann hinter Pharao ift deffen Wahrfager, und auf
ihn fcheint die den Vorgang erklärende Infchrift
zurückzugehen. Die Bewegung der Teremuthis ficht
dagegen weniger darnach aus, als wolle fie Mofes
fchützen, es möchte vielmehr fcheinen, dafs fie den
Kleinen erft vorftelle, was bei der abgekürzten Dar-
llellungsweife der Bilder kaum befremden kann.
bj Das Local der zweiten Hälfte irt das Innere
eines Haufes; im Hintergrunde eine Thüre, vorn in
der Mitte ein gedeckter Tifch, links vor demfelben rteht
ein Greis in langem Gewände. Derfelbe hält in der
Rechten einen kurzen Stab, mit dem er eben die In-
fchrift ober der Thür tkau beendet zu haben fcheint;
in der Linken hält er ein Gefäß. Rechts vom Tifche
ftehen drei Perfonen mit aufgefchürzten Kleidern
Fleifchftücke verzehrend. Der erfle hält in der Linken
ein Lamm (fehr verdorben).
Es kann kein Zweifel fein, dafs hier das h'.ffen des
Ofterlammes (Exod XII) dargeftellt ill; die Juden
Itelien zum Auszug bereit beim Tifch, das üfterlamm
effend, dabei wird die Thüre „cum fasciculo hysopi"
(nacli V 22) mit dem Blute des Lammes bezeichnet,
damit der Würgengel am Haufe vorübergehe. Zweifel-
haft mag es fein, ob unter dem Greis Mofes oder nur
der ältelle des Haufes gemeint fei; da Mofes in dem
folgenden Bilde jünger dargeflellt erfcheint, wird das
letztere anzunehmen fein. Die Infchrift „ T/taii^^ (das
hcbriiifche Tj ift Ezechicl IX, }, — C) entnommen und
findet fich häufig bei diefer Darftellung als T ange-
wandt, fo am Verduner Altar, am Kreuz von St. Bertin, ■•*
welch' letzterer Darllellung die Gurker fehr verwandt
ifl, nur dafs der Tifch fehlt. Diefen gibt ilas Maler-
buch an, dazu auch Mofcs und Aaron.
ICs ifl: fehr bedeutungsvoll, dafs die zweite Reihe
mit dem Auszug aus Aegypten fchlicßt; die folgenden
Bilder gehören iler Zeit ,,sub lege" an.
' V)(l. lleittfr, J.ihrb. der ('entr.-Comm., Bd. s. S. 49.
- Vgl. liicrübcr; lleitlcr, Dcitrii^e zur cbrilll. Typologie. Miuh. der
Cenlr.-Coinin., III, 316 ff. Den dort genannten D.trftclIunKcn wjire .Tticb ein
Kinail in St. Florian (Kiipfernicli/iinmer) .inzurcilicn, Vyl. Czfyity, Kund und
Kunflgcwcrbe in Sl. Klurian. Linz 1886, S. 33 und auch unten.
43 -
10. a) Die dritte Reihe beginnt wieder an der
Weftwand. Die erfte Darfteilung zeigt drei nebenein-
anderftehende Miinner. Der rechts trägt hohenpriefter-
liche Tracht, am Haupte eine Mitra, vor der Bruft das
Ephod, in der Rechten halt er einen Stab mit Blattern.
Die beiden zu ihm gewandten Männer tragen Stirn-
binden, der erfte zeigt redende Geberde, der zweite
fieht zu und trägt einen Stab. Den Gegenftand erläu-
tert die InfcJirift im oberen grünen Rande: Mrga
Aaron ßoruit alms perma[net] aridus. Die Gefchichte
von Aarons blühendem Stabe wird Num XVII erzählt;
hier iftdie Entdeckung des Wunders dargeftellt: Aaron
trägt eben feinen Stab aus dem heiligen Zelt. Seine
Tracht ilT: von der eines Bifchofs kaum unterfchieden,
auch das heute abgekommene Ephod (Ex XXVIII,
13 — 28)' ift angegeben. Die beiden anderen Männer
find durch die Stirnbänder als niedrigere Priefter
gekennzeichnet.- Verwandt mit diefer Darftellung ift
zunächft die des speculum zu Kremsmünfter f. 14 a.^
Für die Kleidung des Hohenpriefters k-ommen außer-
dem die Darftellungen f. 10 c und f. 16 /; fowie die
Geftalt Pharaos am Stammbaum Chrifti im Antiphonar
von St. Feter* in Betracht. Auch die Bibl. paup. von
St Florian weist ähnliche Züge auf. Von dem Gurker
Gemälde ift nur der obere Theil erhalten, wahrfchein-
lich hielt wie in diefen anderen Darftellungen einer der
Männer ein Rauchfaß.
b) Die rechte Hälfte des Bildes zeigt in der Mitte
einen Pfahl; daraufhängt eine Schlange, deren Material
durch das Reife Herabhängen wie durch die fehr mar-
kirte Gliederung als Erz gekennzeichnet ift. Beiderfeits
fteht je ein bärtiger Mann mit fpitzem Hut und Stab.
Sie weifen auf die Schlange (alles nur fehr frag-
mentarifch erhalten). Weiter unten find noch die
Köpfe mehrerer Perfonen erkennbar, die nach der
Schlange fehen, ebenfo mehrere gegen diefelbe aus-
geftreckte Hände. Hinter diefen ringeln fich rothe
Schlangen Im grünen Rande oben die Infchrift: Perais-
sus a serpent[e complec]tatur serpctiteni enemii. Auch
diefe Darftellung (nach Num. XXI, 9) findet fich fchon
früh z. B. bei Prudentius erwähnt;^ von den meiften
weicht die vorliegende durch die Geftalt der Schlange
ab, wie auch die beiden Männer, Mofes und Aaron, fich
nicht häufig finden; als folche bezeichnet am oben g bj
erwähnten Email in St. Florian.
11. a) Linke Hälfte: Hügeliges Terrain mit Pflan-
zen bewachfen. Von links kommt ein junger Mann,
Bileam, die Efelin vor fich hertreibend; vor diefelbe
hat fich der Engel geftellt. Bileam trägt Turban und
ein langes gelbes Kleid; er ift eben im Begriffe, die
Efelin mit der Ruthe zu fchlagen; die Efelin, deren
Gefchlecht deutlich gekennzeichnet ift, wendet ihren
Kopf ganz zurück und hat das I\Iaul zum Reden geöff-
net. Der Engel mit Nimbus, rothem Kleide und weißen
Flügeln hält in der Rechten ein hocherhobenes
Schwert, die Linke gegen das Thier. Das Gefpräch
wird durch Infchriften erläutert; auf einem Spruch-
' Vgl. ll-'ei/s, Coftümkunde. III. i. S. 192. Otte, Handbuch der kirchl.
Kiinftarchäologie, 5. Auflage, S. 281, u. f.
* Vgl. Schäfer: Die religiöfen Alterthümer der Bibel. Münfter, 1878»
S. 58
^ Heider, Jahrb. d. Centr.-Comm., V, S. 20, vgl. 400 und 102.
> Lind, Mitth. der Centr.-Comm., XIV. Taf. IV; vermehrt, felblländig
herausgegeben unter den Titel: Ein Antiphanorium von St. Peter in Salzburg.
Wien 1870. Ueber die Entftehungszeit vgl. auch Janit/chek, Gefchichte der
deutfchen Malerei, S. 102, Anm.
'" Garrucci, a. a. O. , I, 478, u. ö.
bände über der Efelin: Oir nie [percutis . . .] ; Am
Rande über Bileam: Quin illu[s]isti vie . . .(nach Num.
XXII, 28, 29).
Die bekannte Gefchichte von der redenden Efelin
des Bileam findet fich nicht fehr häufig in Darftellungen.
Gegenüber der in der Bibel von St. Paul,' fowie der
Angabe des Malerbuches erfcheint die vorliegende ge-
kürzt; der Hohlweg ift durch das hügelige Terrain
kaum angedeutet ; auch fitzt Bileam fonft durchwegs
am Efel oben, fo auch im Speculum f. 9 b. Die Gurker
Darftellung ift alfo wohl ziemlich frei, zugleich aber
doch anfchaulich erfunden.
b) Die zweite Hälfte des Bildes zeigt eine Reihe
gerüfteter Krieger, nach rechts marfchirend. Voran
der Anführer mit breitkrämpigem Helm, auf der Lanze
eine Fahne, am Schild einen Adler. Die ihm folgenden
find ähnlich ausgelüftet, nur ift ihr Helm ohne Krampe
und die Lanzen ohne Fahne. Ober ihnen erfcheint die
Sonne als rother Stern mit Geficht. Am Rande die In-
fchrift: Gc[d]eoH veniejis de prelio.
Diefe Darftellung ift ganz vereinzeint; ohne In-
fchrift wäre die Erklärung wohl überhaupt zweifelhaft.
Die Sonne hilft uns errathen, dafs hier die lud. VIII, 13
erzählte Rückkehr nach der Madianiterfchlacht — vor
Aufgang der Sonne — gemeint fei. Mehr als der Gegen-
ftand intereffiren uns die Coftüme, welche namentlich
mit denen auf itahenifchen Gemälden z. B. im Fresken-
Cyclus des Capitelfaales von S. Francesco zu Fifa
(14. Jahrhundert)^ oder auf Bildern des Altichiero zu
Padua-* große Aehnlichkeit zeigen. Hier wie dort fehlen
die faft regelmäßig vorkommenden Beckenhauben,
fowie die Verftärkungen an den Gelenken der Panzer
durch Platten; auch ift der Anführer durch einen breit-
krämpigen Helm und Fahne vor den übrigen ausge-
zeichnet, welch letzteres fich wohl auch früher häufig,
auch in deutfchen Miniaturen findet, z. B. in der Hand-
fchrift des Wenzeslaus in Prag.* Unfer Künftler ftellt
übrigens die Krieger nicht vollgerüftet dar; es fehlt
ihnen wie auch weiter die Panzerung der Beine und die
Sporen. Gideon und feine Schaar ift uns hier eben
nicht als Ritter, fondern als Söldner, und zwar als Fuß-
volk vor Augen geführt. ■''
12. a) Die erfte Hälfte des folgenden Bildes ftellt
Samfon gegen diePhilifter kämpfend dar. Links Samfon
in kurzem Rock mit langen Haaren; er fchreitet eben
über einen Erfchlagenen weit aus, fchwingt mit der
Rechten hoch den Efelskinnbacken. Die Feinde liegen
bereits durcheinander am Boden, nur einer fteht noch;
ihm gilt Samfons Angriff, aber auch er ift bereits
getroffen und fallt nach vorn. Von den übrigen lebt
nur noch einer, diefer ftützt mühfam das Haupt, aber
auch er entgeht dem Verderben nicht, Der Sieger hat
ihn mit der Linken erfafst und wird ihn ganz tödten.
Die Infchrift am Rande gibt den Inhalt des Bildes an:
Sainson mille viros[neccavit] viandibnla as[tni] (nach
lud. XV, 15). — Die Thaten des Samfon gehören zu
den populärften in der chriftlichen Kunft, doch hat
man für die Darftellung die Scenen verfchieden ge-
wählt. Prudentius erwähnt den Kampf mit dem Löwen,
' Agincourt, Taf. XLIII.
- Phot. Alinari, 12270 — 71;
Kunft. Taf. 62, Nr. 9.
' Phot. Alinari 16632 — 45.
* Vgl. Demviine: Kriegswaflfen, S. 274, oft wiederholt.
^ Vgl. ebenda S. 303; U'ei/s, Coftümkunde. III, i. S. 216.
die Kreuzigung, abgeb. Denkmäler der
u. f.
— 44 —
fowie die Füchfe mit den brennenden Fackeln;' den
Kampf mit dem Löwen wie dieThore von Gaza ftellen
der Verduner-Altar,^ die Bibl. paup, das letztere auch
die Gurker Thür dar.-* Die Philifterfchlacht geben die
Augsburger Thür, die Gemälde in Braumeiler, fowie
auch das Malerbuch alle ziemlich gleichartig, die
Feinde jedoch bereits alle todt; lebhafter als die genann-
ten ifl: die Darllellung im Speculum f 22 d, wo Simfon
wie hier Hand an den Gegner legt; der zufammen-
ftürzende Feind dagegen fehlt.
b) Die rechte Hälfte ftellt auf zwei gegeneinander
gerichteten Thronfeffeln Saul und David dar. Saul
trägt weißen Talar und rothen Mantel, am Haupte
die Krone; er blickt feft auf David und hält in der
Rechten einen kurzen Speer. David in ganz ähnlicher
Kleidung, aber am Haupte ein rothes Käppchen, fpielt
die Harfe. Die Gemüthsflimmung beider wird dadurch
gekennzeichnet, dafs hinter Saul ein grimmiger Teufel
hervorblickt, welcher ihm zuflüftert, während auf David
die nimbirte Taube, der heilige Geift, herniederfchwebt.
Die Infchrift am Rande lautet: [Saul] tcnens Iiastani
transfigere vtilt sytharistam (nach i. Reg. XVIII, 10, 11).
Wohl keine Geftalt des alten Teftamentes wurde
fo häufig dargeftellt wie David die Harfe fpielend; auch
als Sänger vor Saul findet er fich nicht feiten z. B. im
angiovinifchen Gebetbuch der Wiener Hofbibliothek
Cod. 1921,* ebenfo in einem Psalterium der Ambrafer-
fammlung von circa 1300'' in ziemlich ähnlicher Weife.
Während übrigens David oft bereits beim Kampf mit
Goliath die Krone trägt, fehlt diefe hier, obfchon feine
Kleidung der des Königs ganz ähnlich ift.
13. c) Die erfte Hälfte zeigt eine gothifche Halle,
rechts der Eingang. Links fitzt auf einem Throne ein
König mit redender Geberde, ihm gegenüber auf
polfterbelegtem Stuhle eine Königin, welche ihm eine
kryftallene Schale überreicht. Hinter derfelben ift noch
ein bärtiger Mann fichtbar. Die Infchrift am Rande
oben: Sall[omon] R[ex] ....
Es kann nach der Infchrift wohl kein Zweifel fein,
dafs unter diefem höfifchen Gefpräche der Befucli der
Königin von Saba bei Salomo dargellellt ift (III. \\eg.
X; 2. Par. IX). Der Gegenftand ift hier nicht fonderlich
geiftvoll gegeben und flicht gegenüber den verwandten
Darflellungen der Biblia pauperum, des speculum,
namentlich aber der des Verduner Altars gewaltig ab.
' Garrucci, I, 479,
2 Came/ina und llfijer, Mitth. des Wiener Alterthumsvcrcines 4,
Tafel 19, 30.
> Vgl. oben. .
* Vgl. Rif^I, Ein .-ingiovinifches Gcbclbuch, in der Wiener Hof-
Bibliothek. .Mitth, des Jnflitiite» für öllerr. Gcfchichtsforfchuiig 8. Bd., S. 435.
i IV. Sa.il, Tifchkaften I, Nr. a. (Katalog (1882).
Der Mann hinter der Königin ift der Ueberreft des auf
diefen Bildern dargeflellten prächtigen Gefolges.
bj Die andere Hälfte des Bildes zeigt uns zwei auf
Säulen ruhende Arcaden; hinter der mittleren Säule
fleht ein bedeckter Altar; das Local ill alfo der
Tempel. In der linken Arcade fteht ein König leb-
haft bewegt, nach oben fehend, mit der Rechten hoch
erhoben einen Hammer fchwingend, in der Linken ein
Spruchband: Fiat tantxin pax in diebus vieis (Isaias
XXXIX, 8, vgl. 4 Reg. XX, 19). Am Bogen fteht:
Ezecli[ia]s rex ; am oberen Rande: .... istic altaria
scindit.
Auch die zweite Arcade zeigt einen König in
lebhafter Bewegung ebenfalls einen Hammer fchwin-
gend; er blickt nach rechts; in der Linken hält er ein
Spruchband: Facite phase doniino deo. 4 Reg. X.XIII
22. Am Rande oben fteht: jfosyas re[x]. Die Infchriftcn
erklären wenigftens im allgemeinen die Perfonen. Wir
finden hier die beiden tugendhaften Könige in der
fpäteren Zeit des jüdifchen Reiches. Dargeftellt ift
augenfcheinlich die Zerftörung der Götzen, fowie die
Ausbeflerung des Tempels, alfo die Wiederherftellung
des wahren Gottesdienftes. Darnach auch die Infchrift
ober Ezechias; das Band in der Hand desfelben aber
enthält deffen Antwort auf die Strafpredigt des Ifaias
und ift auffallenderweife nach Ifaias citirt, obfchon es
in 4 Reg. ganz gleich nur ftatt „fiat tantum" einfach:
„sit," vorkommt, dem die anderen Citate entnommen
find.' Dazu kommt noch, dafs das Wort „scindit" in
der Infchrift am Rande fich bei Ezechias mehrfach
aber nur in der Bedeutung ,,vestimenta sciudit" vor-
kommt; betrachten wir noch dazu die wunderliche Hal-
tung des Königs, erfcheint es fehr wahrfcheinlich, dafs
der Künftler eine derartige Darftellung vor Augen
gehabt und diefelbe in feiner gewohnten Weife etwas
äußerlich umgeftaltet habe. Die Darftellung des Ge-
fpräches findet fich bei Prudentius erwähnt, in Brau-
weiler und in der Concordanz von Lilienfeld auch
erhalten. Weniger willkürlich, doch ähnlicher Art er-
fcheint die Darfteilung wie Infchrift bei Jofias; während
der Kc
fein Säuberungswerk, und zwar in weit
natürlicherer Haltung vollführt, enthält das Spruchband
die Aufforderung zum wahren Gottesdienft. Nebenein-
ander finden fich diefe Könige am Stammbaum Chrifti,
an der Decke von St. Michael zu 1 lildesheim^ u. ö.
' Die hift. Scholaft. citirt durchwegs nach 4. Reg; dagegen führt I/idorus
in feiner Allegoriae Sacrae scripturae {Migne, Bd. 83, S. 114) wenigftens .alle
Stellen an.
- Vgl. Kratz, Kurze Andeutung iiljer die St. Michaelskirche und deren
Decke. Berlin.
(Fortl'etzuiig folgt.)
Bauliche Ueberrefte von ßrigantium.
Vom Confervator Kaiferl. Rath Ur. S. Jenny.
(Mit einer Tafel.)
A.'Das gefchlorfene Häufer-Quartier.
M Gegenfatze zu den bisherigen Bauten der
Civilftadt, welche, feien fie groß oder klein,
durch ihre ifolirte Lage fich charakterifircn,
erweifen die ausgedehnten Ausgrabungen des Jahres
1S91, wie es innerhalb einer Region auch nicht an der
Anlage gefchloffeiier Quartiere fehlte. Es wäre zu weit
gegangen, unter I leranziehung des Bcifpiels aus Rom
und Pompeji den aufgefundenen Complex mit dem
Begriff der „infula" zu identificiren, infofern das ftreng
ftädtifche Ausfehen des Einfchließens verfchiedener
Mittheihui^en der k.k. C . Com . 1893 .
Bri^antium.
n r
I
1 u !
|ö5
Wirkliche Entfernung
zwischen beiden Gebäuden
53 Meter.
N
/
Aufgedeckte Mauern 189
Conjecturale
Tieferliegende n
Platten und Quader
Estrichboden in Kellern
„ V Hypocau
Ausgegrabene Flächen
-w
Miltheilungen der k.k. C . Coin . 1893 .
Bri^antium.
H ö
seh
ffeerstra
Aufgedeckte Mauern 189!
ConjecturaU
Tieferliegende n
FTTI Platten und Quader
Estrichboden in Keltern
rrr^ „ •■ Hypocausien
r'T\ " " Wohnräumen etc.
L ; ' Jtusgrgrabent Flächen
Strasitenschotter
MaaTsstab
Wirkliche Entfemang
zwischen beiden Gebäuden
rij.^,j
- 45 -
Einzelhäufei" durch gemeinfchaftlichc Umfaffungsmau-
ern und deren Begränzung durch gepflafterte Plätze,
Straßen und Trottoirs in Brigantium nicht zutrifft. Hier
im rhätifchen Municipium nehmen wir nur den An-
fchluß mehrerer Häufer in paralleler Richtung wahr,
welche, der Heerftraße eine gerade Front, weit öfter
einen offenen Hof zukehrend, nach der entgegenge-
fetzten Seite ganz unregelmäßig und ungleich lang
endigen, wie es wohl die Begränzung durch Neben-
ftraßen, deren Vorhandenfein da und dort nachgewiefen,
bedingte. Vorwiegend entwickeln fich diefc Bauten in
der Längsrichtung, weil für fpätere Vergrößerung nur
allein in diefer die Möglichkeit geboten war. In ihrer
innern Eintheilung keinerlei typifche Uebcrcinftim-
mung bietend, weit entfernt, eine Fülle von Räumen
aller Art, wie etliche der früher aufgedeckten Villen, in
fich zu fchließen, tritt uns nur Befchränkung auf das
Nöthigfte in Menge und Größe entgegen, wie es durch
die fociale Stellung ihrer Bewohner — vermuthlich
Handwerker und Händler — mit ihren Vermögens-
N'erhältniffen zufammenhing.
Als Ausgangspunkt der jüngiten Xachforfchungen
wurden die im Jahrgang VI, S. 68 der ,,AIittheilungen"
befchriebenen Räumlichkeiten N 0 P Q R gewählt,
welche ich nach damaligem Umfang der Ausgrabung
nur als Theil einer weitläufig angelegten Villa ange-
fehen hatte; ftatt deffen bilden fie wirklich ein Gebäude
für fich von 13 '/a M. Frontlänge und I2US M. mittlerer
Tiefe (da es etwas fchief angelegt, ftimmen die Seiten-
längen nicht überein), welches von drei Seiten von
Nachbarhäufern umfangen ifb. Die bauliche Conftruftion
der linken, erft 1891 aufgedeckten Seite bietet eine
genaue Wiederholung der rechten, wie fie in Fig. C,
Taf II im vorgenannten Bande dargeftellt ift, nämlich
zwei nebeneinander laufende Mauern von 76 und 60 Cm.
Dicke, wovon die innere in einem gewaltigen Sandftein-
quader mit ebenfolchem Fundament endigt, die äußere
durch einen Kopf aus gleichmäßig gehauenen und ge-
fchichteten Steinplatten abfchließt.
Nun das kleine Gebäude in feinem Grundrifs abge-
fchloffen vorliegt, läßt fich eher, als bei feiner erften
nur theilweifen Aufdeckung möglich gewefen, ein
Schluß ziehen, was wir von ihm zu halten haben. Der
Rinne m o kam offenbar die Beftimmung zu, eine Holz-
einlage aufzunehmen, und zwar ift als nächftliegendes
an eine Umgitterung für den Stand des Verkäufers zu
denken, der fich innerhalb des ungleichfeitigen Vierecks
aufgehalten hatte, der Raum N möchte alfo als „Ver-
kaufslocal" bezeichnet werden; für Q und R ergibt
fich daraus die Bedeutung als Wohnräume des Be-
fitzers, für R als eine das Atrium vertretende Halle,
wo nicht als Magazin für Vorräthe.
Gleichem Zwecke diente gewifs auch der Bau IV
nebenan, der, wenn auch kleiner als der eben be-
fprochene, doch ähnliche Verhältniffe aufweift, nämlich
eine dem Quadrat nahekommende Grundform feiner
äußeren Begränzung. Die fchiefe Richtung der Hinter-
mauer, die beiden Häufern gemeinfam, muß ihnen
durch früher errichtete Bauten aufgezwungen worden
fein. Seine inneren Abtheilungen feftzuftellen war theils
behindert durch einen Baum, theils vereitelt durch den
tiefgreifenden, flellenweife totalen Abbruch des Ge-
mäuers; fo liegt das fchmale Mäuerchen a an der
Frontfeite fafl metertief unter dem Lager des Sand-
fteinblockes /', und bei dem punktirten Viereck, wo
das Gebäudeeck liegen foUte, war in 2'/, M. Tiefe
noch nichts davon aufzufinden.
Die beiden kleinen Gebäude liegen ziemlich in der
Mitte der Front des gefchloffenen Quartiers, während
früher aufgedeckte Comple.ve I und XI dasfelbe feitlich
flankiren (erfleres im XVII., letzteres im VI. Band der
„Mittheilungen" befprochen). Wie die zwifcheninne
liegenden Häufer nach Befitzern fich abtheilen, könnte
verfchiedener Auffaffung unterliegen, weitab dürften fie
fich aber nicht von meiner Annahme entfernen, ilafs
die Richtung der langen Mauerzüge dafür maßgebend
ift, mit anderen Worten, alle zwifchen zwei langen
Hauptmauern vorfindHchen An- und Einbauten je einem
Haufe, in einigen Fällen höchftens zwei Häufern zu-
zurechnen find. Auf diefe Eintheilung fußend, trete ich
den Fundergebniffen näher.
II. Das Eck des kleinen Haufes ift durch einen
breiten Mauerfuß geftützt. Den fchmalen Gang 9 hat
man als Veflibül zum Raum 10 zu betrachten, der
mit 4-27 M. Länge und 3-35 M. Breite das nothdürftigfte
Ausmaß befitzt, um noch als Wohnraum angefehen
werden zu können; davon abgetrennt liegt ein heizbares
Gemach 11, kaum um ein Viertel größer als das vorige
(4' 23 X 4'03). Sein Hypocaufl gibt fich durch die
Kamin vorlage zu erkennen, auf deren forgfältige Bauart
ich aufmerkfam mache. Die Abzugsöffnung verengt fich
innerhalb Mauerdicke von 103 Cm. Weite zu einem
Schlitz c von nur 14 Cm ; hinter diefem ervv'eitert fich
der eigentliche Kaminfchlauch wieder auf 41, in der
Mitte fogar auf 65 Cm. unter allmäligem Anfteigen um
33 Cm. bis zum mittleren Mauerftock d; durch diefen,
der in fpäterer Zeit eingefetzt wurde, fchränkte fich die
Kaminanlage auf 170 Cm. ein, während zu\-or die Vereini-
gung beider Abtheilungen e einer Länge von 342 M.
gleichkam. Den Beweis hiefür leiftet der die Canal-
wände auch hinter der eingefchobenen Quermauer d
bekleidende Ziegel-Eftrich; die bogenförmige Mauer-
linie ift außen defshalb fo unres'elmäßig', weil eine
Anmauerung an den Grund il:attfand. Die andere Seite
fetzt fich aus drei Theilen zufammen, einem kürzeren
Mäuerchen und zwei Mauerwinkeln, die nur ftumpf
aneinanderfloßen, ohne miteinander verzahnt zu fein.
Ich erwähne diefen Umftand, weil daraus erfichtlich,
wie der Raum e durch Benützung und Ausbau bereits
vorhandener Mauern entftand.
Auch die im Plane weiß gelaffene, über das
Hypocauft 11 hinziehende Mauer /' muß ilirer Technik
nach der Römerzeit angehören, wenn auch ihrer ärgftcn
D.ecadenz. Das Eck ift in gewohnter Weife mit gehaue-
nen Steinplatten, in den Fugen abwechfelnd, aufgeführt,
aber im Gegenfatz zu Bauten der guten Zeit ift am
Mörtel aufs äußerfle gefpart und das Fundament
forglos gelegt: wo das fpätere Gemäuer nicht auf
der altern Hypocauflmauer eine fefte Unterlage fand,
war es in fich zufammengefunken. Bei g ruhten auf
der nämlichen alten Mauer Pfeilerchen roheiter
Confl;ru6tion, welche 8 Oeffnungen mit durchfchnittlich
22 Cm. Weite — nur die äußerllen fchmaler — bildeten,
durch welche die heiße Luft aus einem anftoßenden
Heizraum hergezogen fein mußte. Eine analoge Ein-
richtung fand ich in der Basilika zwifchen den Räumen
G und H (Band VIII der ..Mittheilung" S. 97'- Dafs
weitere Fortfetzung diefer Anlage nicht mehr aufzu-
- 46 -
finden war, erklärt der defolate Zuftand des fpäteren
Mauerwerks zur Genüge.
Dem befchriebenen Complex liegt ein geräumiger
Hof 12 vor (13 lO X 7 M.), gegen die Römerftraße in
feiner vollen Breitegeöffnet. Nur feinelinksfeitige 43 Cm.
breite Mauer nebft jenem Stück, da.s unter rechtem
Winkel bei Eck h feitwärts läuft, befteht aus Diamiclon ;
folglich gehören beide dem Complex I an — man
erinnere fich nur an das Ueberwiegen diefer Technik
an allen benachbarten Theilen jener Villa! Die Längs-
mauer ift von 6 Oeffnungen (11 — 17 Cm. breit und
12 — 16 hoch) durchbrochen, welche aus den offenen
Vorhallen 13, 14 das Regenwaffer nach dem Hofe
12 abzuleiten hatten.
III. Den nach vorn offenen Hof 15 fchließt das
große Hypocauft 16 (im Durchfchnitt 8 07 X 375 M.) ab,
deffen Heizloch bei i gelegen, fein Boden befteht aus
Eftrich; von 14 vorgefundenen Suspenfura-Pfeilerchen
beftehen nur 2 aus Stein, alle übrigen aus Thonplatten
der üblichen Größe. Neben diefem heizbaren Gemach
vorbei führt ein Zugang 17 von 1-30— 1-43 M. wechfelnder
Breite in den innern Hof 18, von da weiter in die beiden
Wohnräume 20, 21; vermuthlich betrat man fie von 19
aus, wo noch ein Stück Eltrich-Boden zwifchen zwei
parallelen Mauerfatzen den Eingang zu bezeichnen
fcheint.
Wieder folgt ein großer freier Raum 22, darauf
am Ende derfelben langen Mauer, an die fich der eben-
erwähnte Bau angliedert, ein ifolirtes rechteckiges Ge-
mach 23 mit Gußboden ohne Heizung, dem ein kleines
Veflibül 24, zu vergleichen den Vorhäuschen der Prä-
furnicn, vorgelegt ift. Eine Steinplatte aus einem Stück
— 2 M. lang, 90 Cm. breit — bildet theils den Boden-
belag beim Eingang /', theils trägt fic auch — wir
werden bald cinfehen aus welchem Grunde — die
vordem Mauern, die von ihr unterfangen find. An die
Platte fchließt fich rotherZiegel-Eflrich, um den übrigen
Theil des Vorraums zu bedecken. Die geringe Diffe-
renz in der Lage der Eußböden von 23 und 24 konnte
eine einzige Stufe ausgleichen; dennoch ift es fraglich,
ob fie miteinander correfpondiren, thatfächlich belland
zur Zeit der letzten Bewohner keine Communication
beider Räume, fondern eine Trennung durch Vermauern
der 167 Cm. breiten Mauerlücke / mittelft GeröUfteincn
und Thonplatten. Tiefer fortgefetzte Grabungen deck-
ten 65 Cm. unter dem weißen EftrichBoden in 24 einen
zweiten aus rothem Ziegcl-lClfrich auf und im Vorhaus
kam eine gefchloffene Reihe Steinplatten, 97 Cm. tiefer
als die obere Lage, zum Vorfchein. In der Mauerlücke
aber fanden fich zwei mittelft Mörtel fcft verbundene
Thürfchwellen übereinander. Die fehr folid hergeftellten
Seitenmauern des Vorhaufes erreichten crft in i'/j M.
Tiefe unter der Mauerkrone ihr Ende; das Material
aber, das fie zwifchen fich einfchloffen, war dasfclbe wie
in dem vergangenes Jahr ausgehobenen Sickerloch.
Natürlich traten die gleichen Erfcheinungcn zu Tage,
hier fichtbar tlurch Senkung des Anbaues, wodurch er
fich von der Mauer des Raumes 24 um 9 — 17 Cm.
entfernte und die Steinplatten fich aufrichteten. Den
Hergang der vorliegenden Wandlungen ftelle ich mir
folgendermaßen vor: Von der vorgelegten Plattcnrcihc
in 24 (ohne Vorhaus) ftieg man über die untere .Schwelle
zum älteren Eflrich-lioden hinan; im Verhältnis der fich
fteigernden I'",rhohung des Terrains ringsum mag fich
nach und nach die Nothwendigkeit der Einfetzuiig
einer zweiten höheren Schwelle, noch fpäter die Anlage
des höheren Bodens in 23 ergeben haben; zuletzt
vollzog fich eine Neuanlage des Eftrichs in 24, vermuth-
lich unter Verlegung des Eingangs, womit der Ver-
fchluß des früheren vor fich ging.
Bei VI flecken zwei Sandfteiiie in dem unteren
EftrichBoden, ein hoher viereckiger neben einem aus-
gerundeten niedrigen, beide gefchwärzt von Ruß, in
denen ich Ueberrefte des Herdes erkenne; der größere
Stein überragt fogar den oberen Eftrich. Warum bei n
eine Mauerftütze nothwendig geworden, konnte nicht
ermittelt werden.
VI. Der Grundrifs diefes Wohnhaufes bildet ein
Rechteck mit vorfpringenden Rifaliten, entfprechend
dem üblichen Schema kleinerer Villen der Schweiz und
ander.swo; ihm ftand wie den vorhergehenden, fowohl
von der Heerftraße her durch den kleinen Hof 25, als
von der Nebenftraße rückwärts der Zugang frei. Der
größere der Vorbauten 27 (6 93 X 3"66 M.) mit Eftrich-
boden, deffen Eingang der Stein o andeutet, muß als
Sommerwohnung, der kleinere heizbare 26 (376 M. im
Quadrat) als Wintergemach gedient haben. Das Hypo-
cauft des letzteren wurde bei p geheizt; neben dem
Prafurnium ficht man Platten und Eftrich zur Ablage-
rung des Brennmaterials; Säulchen aus Stein wechfeln
im Hypocauft mit folchen aus Thonplatten ab. Eigen-
thümlicher Weife zieht fich der Eftrich auch über die
rechtsfeitige Mauer als 30 Cm. hohe Stufe, die ebenfalls
mit zwei Plattenfäulchen befetzt vorgefunden wurde.
Sonft ficht es mit Wohnräumen im Haufe fehr
dürftig aus — es verbleiben dazu nur die drei kleineren
Abtheilungen 29, 30, 31, unter denen die erfte jenen
feinen Ziegelmörtelbewurf in richtiger Tiefe trägt, wie
er ftets die Verwendung zu Hypocauften charakterifirt,
und das übrige befteht aus Keller und Hof Eine
gerade Stiege 32 mit 8 Stufen, die von 1-35 auf 1-45 M.
fich verbreitern, fuhrt vom Hof 28 aus 2 M. tief hinab,
dann unter rechtem Winkel durch einen 4-30 M. langen
und I 30 M. breiten Gang 33 in den eigentlichen Keller-
raum 34, welchem bei feiner urfprünglichen Anlage ein
quadrater Grundrifs (6-6o Q^^) ^.ugetheilt war; mit
der Zeit widerfuhren ihm Einengungen durch die längs
der Räume 29 und 30 in der Entfernung von 12 — 14 Cm.
aufgeführte Doppelmauer zur Ifolirung von der kalt-
feuchten Kellcrluft und eine zweite Mauer, welche dem
nun auf 4-13 M. Breite reducirten Keller nur noch die
eine Lichtöffnung nach außen beließ. Diefe Keller-
fenfter ftimmen in Lage wie Bauart ganz überein mit
dem im VI. Band der „Mittheilungen" S. 68 befchrie-
benen Keller (auf JL't/.t vorliegendem Plane im Complex
XI aufzufinden). Durchgchends hatte fich im Keller ein
harter Eftrich-15oden erhalten und an manchen Stellen
der Wände eine Bemalung des weißen Stucco's mit
geraden Linien in gelber und rother Farbe; befonders
fetzte fich diefer Anwurf in guter Erhaltung hinter den
fpäter eingebauten Mauern fijrt. Die punktirten Linien
in diefen letzteren bezeichnen zwei viereckige zuge-
mauert vorgefundene Maueröffnungen q von 75 Cm.
Breite.
Diefe Kelleranlage geht weit über die Bediirfniffe
eines Ilausbefitzers hinaus, felbft wenn derfelbe noch
fo eifrig Gott Bachus gehuldigt hätte; fie ift auch dann
noch ungewöhnlich groß, wenn die beiden Complexe
47
III und VI als zufammengehörig gedacht würden.
Näher liegend fcheint mir die Annalime, fie mit dem
gewerblichen Verkehr der Civilftadt in Beziehung zu
bringen, mit anderen Worten, dicfe Wohnung als die
eines Weinliändlers zu bezeichnen.
VII. Nur 9 Va M. dehnt fich diefcr Bau in der Breite
aus, defto mehr nach feiner Längsrichtung, welche, bis
zum Haufe ^reichend, im Mittel 33 '/2 ^- betragt. Von
der Heerftraße durch letzteres abgefchnitten, war es
nur von der Rückfeite aus zugänglich, woher ein Sträß-
chen bis in den Hof 41 geführt haben wird: den ganzen
270 M. breiten Raum zwifchen feinem Olfeck und der
Umfaffungsmauer des Nachbarn bedeckte eine Schicht
von 26 Cm. tiefem Straßenfchotter. Eingänge find zu
conüatiren bei der Steinplatte r über 2 — 3 Stufen, da
fie 32 Cm. unter demEfhrich im Raum 35 (5'44X4'44M.)
liegt, mit \v'elchem ein kleines Gelaß 36 (4-21 X 259 M.)
und ein großes ^y (8'2g X 4'27 — 4"9i M.) zufammen-
hängt, außerdem ein zweiter Eingang bei der 70 Cm.
breiten Sandfieinfchwelle s ohne fichtbare Anzeichen
eines Tliür\-erfchluffes. Vom Veftibulum 38 aus gelangte
man nach einem mit Eftrich belegten Raum 39 (470 X
370 M.), von deffen Außenmauer ein Theil durch
Abbruch verfchwunden ift und einen heizbaren (40)
{6'Og X 3'4o). Abweichend \'om Gewohnten begegnen
wir darin Thonplatten von kreisrunder Form (Durch-
meffer 18 '/j, Dicke 10 Cm.) zum Aufbau der Sufpenfura-
Säulchen verwendet, wie es bisher nur einmal in der
Station Clunia bei Präderis vorkam; auffallend ift auch
der ungemein niedrige Hohlraum von nur 28 Cm.
zwifchen Boden und Suspenfura- Platten; zu diefen
letztern war abwechfelndes Material gewählt, bald
Stein, bald Thon. Den Vorbau des Präfurniums t findet
man in feltenen Fällen fo gut wie hier erhalten; es ift
darin die mit Rand abfchließende Platte erfichtlich, auf
welcher das Brennmaterial aufgefchichtet lag, fowie die
Vertiefung, von der aus der Diener dasfelbe in das
Feuerloch einfchob. Nach diefer Anordnung laffen fich
die wenigen Refte ergänzen, welche im Plane vor dem
Präfurnium / (Raum 26) liegend eingezeichnet find.
Den Hof 41 hat man fich gegen den Weg hin
offen zu denken bis auf eine niedrige Bruftmauer mit
weiter Oeffnung als Einfahrt; das Mauerftück, welches
vom Eck der Thürfchwelle j aus diefen freien Raum
zum Theil einfchließt, war nämlich niemals eine Gebäu-
demauer; denn fie befteht nur aus wenigen Schichten
Gerölllleinen ohne Fundament. Es verblieben genug
Stellen mit weißem Eftrich bedeckt, um anzunehmen,
es fei der Hof in feiner ganzen Ausdehnung damit be-
deckt gewefen. Inmitten desfelben fällt ein lehr fchief
zur Hauptmauer geftellter Bau 42 auf (Länge der
Seite 4 64 M.), an welchem unweit des Eckes eine
Rinne ti bemerkt wurde, welche ihrer hohem Lage
nach zu urtheilen zur Ableitung von Regenwaffer
diente. Zwifchen diefen Mauerreften und dem Präfur-
nium 40 grub ich drei Säulen verfchiedener Länge
(Durchmeffer 24— -32 Cm.) in fenkrechter Lage aus,
aber doch nur auf Schutt ruhend. Ich vermuthe im
Bau 42 ein Peryftil, dem die gefundenen von ihrem
Standort verfchleppten Säulentrümmer angehören.
Merkwürdiger Weife fehen wir, abgetrennt vom
Hauptgebäude, an das entgegengefetzte Ende des
Hofes ein geräumiges Alveus 43 verlegt, deffen Hypo-
cauft mit 11 maffiven Steinpfeilerchen in 4 Reihen
geftcUt 140 M. in der Breite, 2-07 in der Länge mifst;
die Hohe desfelben fchwankt zwifchen yy und 85 Cm.
Sandfteinplatten von S'/^ Cm. Dicke, 3'/j, Cm. weißer
Eftrich und über diefeni noch 8 Cm. rother fetzten
den Suspenfuraboden zufammen. Von der Wanne war
zu beiden Seiten ein 30 Cm. dickes Mäuerchen ftehen
geblieben, welche einen von 100 auf 92 Cm. fich
verjüngenden Zwifchenraum ließen. Von den zur Erhit-
zung der Seitenwände nöthigen tubi fanden fich Trüm-
mer in großer Zahl in dem fchmalen Raum zwifchen der
Mauer und der letzten Säulenreihe vor. Das urfprüng-
liche Heizloch bei 71 erwies fich durch Vermauerung
außer Fun6tion gefetzt, offenbar dazu gezwungen durch
die Erbauung des Haufes V, wonach diefes mit Grund
als das jüngere anzufehen ift. An Stelle des verfchlof-
fenen Präfurniums wurde nun ein anderes za frei in dem
Räume 44 angelegt, weiter als das erfte confiruirt und
zwar mit jener Solidität, wie fie bei ftark forcirter Heiz-
anlage üblich. Die Seitenwände bilden dicke Stein-
platten und eine gleichartige dient als Bedachung; der
Querfchnitt des alten Heizlochs — 33 : 70 Cm. — er-
weitert fich beim neuen auf 51 : 58 Cm. Da der fchmale
mit Eftrich ausgeglättete Canal 45 gefchwärzt von Ruß
fich vorfand, muß diefer für die Ableitung der Heizgafe
aus dem Alveus-Hypocaufl in Anfpruch genommen und
das in Steinplatten gut aufgeführte Eck .r für den
Standpunkt des Kamins angefehen werden. Eine nahe-
liegende Frage bleibt zu beantworten: wo war dem
Badenden Gelegenheit geboten fich auszukleiden und
anzuziehen? Gewiß doch nur im Raum 46, nachdem
ringsumher fich kein anderer bietet, obwohl ich mir
keineswegs das Unpaffende folcher Anordnung ver-
hehle, da es hiezu nöthig war, den Heizraum 44 zu
durchfchreiten und da keiner der beiden heizbar war,
zur Winterszeit ein Gebrauch des Bades eigentlich fich
von felbft verbot.
Neuerdings wiederholte es fich an diefer Stelle,
dafs ein Hypocauft zum Zufluchtsort oder Verfteck von
Hausgeräth — dießmal ausfchließlich Gefchirr aller Art
(kleine Amphoren, flache Schalen und figurirte Vafen
aus terra sigillata u. f. w.), deren Ueberrefle von gut
30 Stück herrührten — gewählt wurde. Theils fanden
fich die Gefäße zu Füßen der pilae, theils im alten Heiz-
loch, wo fie ungeachtet der nachfolgenden Vermaue-
rung unentdeckt blieben.
VIII und IX. Grundverfchieden von dem, was das
Vorhergehende gezeigt, wird uns eine Anlage vorge-
führt, deren Eigenthümlichkeit in dem faft rechtecki-
gen Mauerviereck von ungewöhnlicher Länge befleht,
weßhalb eine Trennung in zwei Complexe gerecht-
fertigt ilL 58 M. laufen die Längsmauern ununter-
brochen fort, während die Schmalfeiten an der Heer-
ftraße 11-40 M., am Seitenweg rückwärts 12 40 M. be-
tragen. Sie bietet in ihrem langen Verlaufe genug des
Bemerkenswerthen, um fich eingehender mit ihr zu
befaffen.In der Vorderfront ftellt fie eine 58 Cm. breite
Mauer aus Geröllfteinen vor, hart am Ecl< gegen das
Gebäude Fvon einem breiten Eingangj' durchbrochen
(fchone Steinfchwelle von 93 X 60 Cm. ohne Zapfen-
löcher). Die rechte Längsfeite unterfcheidet fich von
der vorigen weder im Material noch in der Technik;
der Hochbau hingegen weift Diamicron aus, foweit die
Regenrinnen reichen, von wo aus er wieder in Kiefel-
mauerwerk von fchlechtefter Befchaffenheit — krumm.
- 48
flüchtig und mit wenig Bindemittel errichtet — über-
geht. Jene Diami6lon-Mauer ift unmittelbar über dem
Fundamentabfatz in gleicher Weife wie zwifchen 12 und
14, unzweifelhaft auch zum gleichen Zwecke, nämlich
zur Ableitung des von den Fußboden offener Hallen ab-
ftrömenden Regenwaffers von 12 Rinnen durchbrochen
(14 — 18 Cm. breit und 15 — 20 Cm. hoch, alfo größer
gehalten, wie es auch den hinterliegenden Boden-
flächen von größerer Ausdehnung entfpricht). Weiterhin
fetzt ein kleines Haus die Mauerlinie fort, worauf fie
wieder als Hofumgränzung in ftarker Krümmung ver-
lauft, neben ihr her eine Parallelmauer, die mangels
genügender Fundamentirung nach außen bis zur Ver-
einigung der nach hinten abfchließenden Seite einfank.
Diefe iil nur mehr als Fundament vorhanden, auffallend
durch fchlechte Befchaffenheit in jeder Beziehung;
unweit vom Eck bei 2 glaube ich die Untermauerung
einer Schwelle gefunden zu haben, was auf einen
Zugang von der Seitenftraße her deutet.
Fig. 1.
Die Mauer der zweiten Langfeite beginnt anfäng-
lich ebenfalls fchlecht, nimmt aber wenige Meter vom
hintern Eck, je höher erhalten fie zum Vorfchein ge-
langt, eine deflo folidere forgfältigere Befchaffenheit
an, nur büßt fie plötzlich ihre gerade Richtung ein, um
auf einer Länge von 20 M. eine um 58 Cm. nach außen
gerichtete Bogenlinic zu befchreiben. Fundament-Mauern
begegnete ich flets noch mit fenkrecht abfallenden
Seiten ; hier aber, foweit die Krümmung reicht, ift vom
Eftrichboden bis zur Mauerkrone, das ift auf 68 Cm, ver-
tikale Diftanz, 30 Cm. Anzug wahrzunehmen. Ziemlich
in der Mitte findet eine förmliche Kreuzung des Unter-
baues ftatt, was zur Bildung zweier Stufen im Funda-
ment führt, und die Hochmauer überkragt dasfelbo
eine mäßige Strecke weit, weil fie eine ftärkere Krüm-
mung befchreibt als die l'~undament-Mauern.
An dem kleinen rückwärtigen Bau, der in das be-
fchriebene Rechteck eingefügt ift, unterfchcidet man:
den großen Kaum 47, in welchem aus unbekannten
Gründen der 60 — 66 Cm. breiten Außenmauer noch
eine zweite von 45—47 Cm. Dicke zugebaut wurde,
fodann den Corridor 48, welcher nach dem kleinen
Gemach 49 führte. Bei c. hat man fich eine Thürc zu
denken, wie aus dem Plane hervorgeht; auch erhielt
fich dort noch Eftrich und eine große Steinplatte. Die
Verbindung von 49 mit 50 müßte, wenn überhaupt vor-
handen, an der Seite des großen Eckfteins ß gefucht
werden, fetzt aber Stufen voraus. Dem vorfpringenden
fchwachen Mauerwerk (6X4 M.), welches am Ausgang 7
und an der Ecke links mit gehauenen Steinfockeln
abwechfelt, bin ich geneigt, die Bedeutung eines Säulen
tragenden Periftyls beizulegen, wie bereits im Hofe
daneben vermuthet, nur mit dem Unterfchied, dafs
letzteres freiltehend gevvefen wäre.
Ich muß nochmals auf die Vorderfeite diefes lang-
geftreckten Complexes zurückgreifen, welcher mit der
geräumigen mit Gußboden verfehenen und ohne Zweifel
bedachten Abtheilung 52 (10-40 -<6'io M.) beginnt. Des
Eingangs j' ward fchon vorhin erwähnt; eine Verbindung
mit dem nächften kleineren Raum 53 bezeichnet der
gehauene Steinblock 0, und ein Ausgang nach dem
um eine Stufe höher liegenden Hofe mittelft einer zwei-
flügeligen Thüre von 93 Cm. Breite ift erwiefen durch
die fchön erhaltene Steinfchwelle s mit gut erhaltenen
Zapfenlöchern. Die Benützung von 52, 53 als Wohnung
muß der letzten Zeit der Bewohnung Brigantiums
durch die Römer angehören. Anders liegt die Sache
beim erften Bau: da muß auf den Raum 52 ein offener
Hof gefolgt fein, foweit als fich die Wafferabläffe in der
Diamiftonmauer hinziehen, das ift fo groß als Raum 53
und Hof 58 zufammengenommen; denn nur bei folcher
Anordnung gewinnt die Anbringung und Function
derfelben einen Sinn. Die Ouermauer an der letzten
Rinne fchloß, wie ich annehme, die große offene Halle
ab, indem fie zugleich die Complexe VIII und IX von
einander trennte.
Ebenfalls in fpät-römifche Zeit fallt die Erbauung
des kleinen Kellers 54 fammt dem um ihn herum liegen-
den Mauerwerk; die Räume 55, 56 erinnern an die
Nebengelaffe 42, 43 des Kellers in der Villa am „Stein-
büheP'^(Band X der „Mittheilungen" S. 16). Die Haupt-
mauern des jüngft bloßgelegten Kellers von 3'65 und
3'86M. Länge ftoßen rückwärts an die früher beftehende
Gränzmauer an und wenden fich am Eingange etwas
fchiefwinklig nach rechts und links ab. An fie lehnen
fich zu beiden Seiten dünnwandige Einbauten, die
hinteren bilden einen Abfatz im eigentlichen Keller,
find oben mit Steinplatten bedeckt, auf welche Gefäße
geftellt werden konnten, die vorderen Futtermauern
ftanden direft auf fünf niaffiveri Holzftufen, woihirch der
Stiegenraum auf i M. verengt wurde. Die Zwifchenräume
von 35 Cm. Breite zwifchen vorderen und rückwärtigen
Einbauten hatten die Holzpfoften eines Thürverfchluffes
auf/,unehmen, der jedenfalls auch vorn am Eingang
nicht gefehlt hat.
Der eigentlich als Keller zu benützende Raum
mißt in der Länge 2 '/^ M , in der Breite i '/„ M., fomit bei
übercinftimmender Breite nur etwa zwei Drittel jenes
fchon erwähnten Killers in der Villa „Steinbühel"
(bekanntlich entbehrte letzterer eine .Stiege). Die Tiefe
war fehr gering, 142 Cm. vom Abfatz abwärts endete
fchon das Fundament; Eftrichboden fand fich keiner
vor, dagegen trugen die Wände bemallen Anwurf, an
dem das Motiv von kreisförmigen rothen Flächen, aus
deren brauner Umrandung grüne Blätter, je drei zu-
fammengefteckt, ausftrahlen, am häufigften erfchien.
Alle Holztheile des Kellers, alfo Stufen, Pfoften
und Thüren hatte der einft wüthende Brand zu Kohle
verwandelt; deffen Wirkung erftreckte fich bis auf die
im Innern verwahrten Gegenllände, die theils gefchwärzt
waren, theils an Kohleftücken hafteten, infoweit fie aus
Metall beflanden. ICs ließen fich darunter conftatiren :
— 49
Kig. 2.
Form mit zwei Füßen, wie an unferen Manfchetten"
knöpfen, alfo zum Befeftigen an einem weichen Material,
welches nur Leder fein konnte; fie alle, fo mannigfaltig
in ihrer Form, gehören zum Schmuck eines Pferde-
gefchirrs (phalerae). Es laffen fich darunter folgende
Gegenftände unterfcheiden: Männliches Bruftbild,
welches, wenn auch der Kopf fehlt, doch als dasjenige
Mercurs zu bezeichnen fein wird, der fo i.iberaus häufig
mit den Falten der herabhängenden Chlamys über der
linken Schulter dargeftellt wird (Fig. 2 a b c)\
rohe Thierfigur, einem Hund oder Eber am ähn-
lichften ;
großes Zierftück mit Fuß und Querband (Fig. 3);
3 Hacken mit Ringen (Fig. 4 und 5);
5 Ringe, wovon 4 mit 31 und einer mit 26 Mm.
äußeren Durchmeffer (Fig. a) ;
3 Nägel in ebenfo vielen Größen mit großer Kopf-
platte (Fig. aa);
T
^P
^>w&.
Aus Glas: vierfeitige Vafe und rundes Henkel- fein ornamentirtes Randleiftchen;
krüglein. flacher Knopf mit Fuß (Fig. 6);
Aus Lavezflcin : Cafferole. Stängelchen von fechsfeitigem Querfchnitt, oben
Aus Stein: Piflill einer Reibfchale, knieförmig ge- mit Querbalken, in der Mitte mit einem Haken (Fig. 7);
bogen (Fig i). das eine Ende abgebrochen;
Aus Bein : 3 Spielmarken.
Aus terra figillata: 2 Becher, 7 flache Schalen,
4 figurirte Vafen.
Aus gewöhnlichem Thon : Urne mit erhabenen
Tupfen, 3 kleine Amphoren, mehrere große.
Aus Eifen : Schlüffel, Kette, verfchiedene Befchläge
und Charniere.
Aus Bronze: Fragmente von Rand, Griff und
Boden eines Küchengeräthes zum Sieben oder Ab-
fchäumen.
59 Zierftücke, worunter einige knöpf- und fcheiben-
artige mit einem Fuß, die große Mehrzahl von länglicher
S
Fig. 3-
hohler nach unten fpitz zulaufender Schieber
(Fig. 8);
l'"ig- 4, 5-
2 ftark gewölbte Knöpfe, der kleinere mit 16 Mm.
Diameter mit Ouerband (Fig. 9), der größere mit
Fig. aa.
XIX. N. K.
Fig. a.
24 Mm. mit 4 Füßen auf einem flachen Reif flehend
(Fig. 10);
Lunula, wie eine folche an dem bronzenen Pferde-
kopf im Maximilians-Mufeum in Augsburg am freien
Riemenende oberhalb der Nüftern hängt (Fig. 11);
7
- 50 -
Amazonenfchild mit 2 Füßen (Fig. 12); i ftabförmiges, Ende abgerundet mit 5 Ouerrcifen,
flache kreisförmige Scheibe, Rand umgebogen 44 Mm. lang (Fig. 16);
mit ebenfalls 2 Füßen (Fig. 13); 2 gleicher Form mit 4 Reitchen, nur 29 Mm. lang;
Fig. 6.
2 ebenfolche mit fcharfem Rand und einem' Fuß
DurchmelTer 27 und 41 Mm ;
Fig. 7.
33 Schildchen mit 2 Füßen, worunter:
9 kahnförmige von 46 — 50 Mm. Länge (Fig. 14) ;
Fig. 8.
14 gleicher Form, 35 — 37 Mm. lang;
I gleicher Form, 20 Mm lang;
Fig. 9.
I rechteckiges mit 2 vertieften Längsrinnen,
36 Mm. lang (Fig. 15);
Fig. 10.
2 fechsfeitige, an Enden und Mitte geftreift,
42 Mm. lang (Fig. 17);
Fig. II.
I längliches mit 4 gerundeten Lappen mit linfen-
förmiger Erhebung in der Mitte 24 Mm. lang (Fig. 18);
Fig. 12.
2 vierfeitige, oben \in(l unten gerade .Seiten aus-
gefchweift, 20 und 32 Mm. lang;
Schild-Fragment, das zu 4 Füßen und 4 gleichen
ausgefciuvciften Seiten /,u ergiuizen ift (Fig. 19).
51 —
X. Zwei hintereinander liegende Höfe 59 (9-40 X
o 40 — iröo) und 60 (971 — 10-15 X lO'ii — 10-43 M-)' ^^^ "
mittelfi: einer breiten Durclifahrt verbunden, find von
ftarken 57 — 65 Cm. dicken Mauern eingefchloffen ; fie
Fig. 14.
tragen Eftrichboden, wovon an einigen Stellen noch
Ueberrefte fichtbar. Da drei Rinnen auf den Vorderhof
das Mäuerchen, das den 1-45 — 1-65 M. breiten Streifen
61 begränzt, dürfte mit Rückficht auf die vielen dort
hinausmündenden Abzüge aufgeführt worden fein, in
dem Sinne, das Waffer innerhalb desfelben verfickern
2u laffen; denn nach keiner Seite öffnet fich ein Canal,
fo tief man auch gegraben hatte.
Fig. 16.
Ein geheiztes Gemach 62 von quadratifchem
Grundriß (5-20 M.) bildet den Abfchluß, nicht ohne
einen Durchgang nach dem Langbau 65, 66 offen zu
laffen, welcher mit Ausnahme einer 12 M. offenen
Fig. 17.
Strecke ringsum von nahen Umfaffungsmauern einge-
fchloffen dafteht. Das Hypokauft fammt feinem Heiz-
raum 62, muß, fo klein es ift, als felbftändiges Häuschen,
aufgefaßt werden ; es ifl übrigens immer noch g-rößer
ihr Waffer ergoßen, halte ich die über den umgebenden
Eftrich vorragenden Sandfteine C für Trittfteine, auch
Fig. iS.
als jenes zwifchen Thermen-Porticus und Bafilika fich
einfchiebende ifolirte heizbare Gemach o (Band VIII
der Mittheilungen, S. 102).
Der Langbau 65 erfcheint als längliches Rechteck
(19-05— I9-3OX7-30 — 7.80) aus GeröUfteinen erbaut,
mit Ecken aus gefchichtetem Plattenmauerwerk, die
52
mit dicken Steinplatten unterfetzt find, kurzum die
Merkmale an fich tragend, wie fie in Brigantium die
foliden Bauten einer früheren Zeit auszeichnen. Wieweit
die Hochmauer noch erhalten, macht der Plan erficht-
lich; fehr tief ausgebrochen erfcheint fie längs dem
Nebenhaus, befonders gegenüber dem Gelaß 49. So
großen Raum diefe Mauern einfchließen, ift in dem-
felben doch nur eine einzige kleine Abtheilung 66 vor-
handen, von deren Bodenbelag fich noch drei große
Steinplatten erhalten haben; intact ift auch noch die
Thürfchwelle in gleicher Höhe mit jenen und die Stufe
19 davor, die um 12 Cm. niedriger. Eigenthümlich
genug ift das Zapfenloch der einflügeligen Thüre in
diefer und nicht in der Schwelle angebracht; die Be-
feftigung des Lagers, welches aus einer auf horizon-
taler Platte ftehenden Hülle, beide aus Eifen, befteht,
gefchah mittelft eingegoßenem Blei. An der Mauer
nächft der Thüre des Raumes 65 haftete weißlicher
Stucco, mit feinen rothen Strichen bemalt.
Fig. 19.
In den Verhältniffen von Länge und Breite des
ganzen Gebäudes und feiner Abtheilungen herrfcht
nahe Uebereinftimmung mit dem als „Marktplatz" be-
fchriebenen (Band XVII der , Mittheilungen", .S. 200;;
es verhält ficli zu letzterem in jeder Beziehung nahezu
wie I : 2, dagegen laffen die beiden wieder infofern
fich nicht vergleichen, als der wefentlichc Untcrfchied
zwifclien einem ringsum verfchloffenen Bau und einem
mit faft völlig geöffneter Frontfeite vorliegt. Unter den
Nebengebäuden, die als „Magazine, Stallungen und
Wohnungen für die Sclaven" bezeichnet werden, führt
/. Näher in dem Plane der Villa urbana bei Meßkirch
(die „Altftatt") einen Nebenbau D auf, der 22 M. lang
und 13 M. breit auch nur durch eine Mauer in zwei
Abtheilungen von 18 und 4 M. gefchieden ift. Jene
Bezeichnung, welche dort durch die Lage zur Villa
vollftändig berechtigt, wage ich nicht auf den Bau
65, 66 zu übertragen und muß mich auch entlial-
ten, eine andere plaufible Erklärung zu verfuchen,
welchen Zweck diefe räthfelhafte Anlage erfüllt haben
könnte.
B. Landwirthfchaftliche Villa.
In einer Entfernung von 53 M., innerhalb welcher
keine Anlage fich einzufchieben fcheint, folgt wieder
eine einzelnftehende Villa, deren landwirthfchaftlicher
Charakter aus den, weniger Wohnräumen ähnlichen,
defto eher Arbeitslocale, Magazine und Höfe vor-
ftellenden Theilen gefchloffen werden kann. Der einzige
Raum 6^ (12 X S'7o) vermag als heizbar conftatirt zu
werden, nicht einmal vermöge des Inventars eines
Hypocauft's, fondern nur durch die deutliche Kamin-
anlage bei 5; das Heizloch muß auf der nicht ausge-
grabenen Seite zu fuchen fein. Ein ähnlicher Hof 68
(843 X 5'90 M.) wie im Complex / liegt zwifchen ihm
und der Heerftraße, welche in einer Entfernung von
7 M. vorüberzieht; auch hier zeichnen fich beide Lätigs-
mauern durch Diamifton-Technik aus und ftimmen
anderfeits mit der Anlage des fogenannten „Markt-
platzes" durch die rechtwinkelige Einbiegung der
Mauerenden überein. Der Fortfetzung ( ift nur die
Bedeutung einer Stütze beizumeffen, fie befteht nicht
mehr aus Schichtmauerwerk. Im übrigen wiegt diefes
an dem ganzen vorderen Bau gerade fo vor, wie am
Complex /, während an den die Abtheilungen 72 — 74
begrenzenden Mauern wieder Geröllfteine das Material
bilden. Im Plane tritt dies fehr kennbar an dem Unter-
fchiede der Mauerdicke zwifchen Vorder- und Hinter-
haus hervor.
Offenbar war es der Küchenherd, der außerhalb
des großen ungetheilten Raumes 70 (12 X 10'20 M.)
bei z in Form einer 93 X 178 Cm. großen Fläche aus
Thonplatten, 34 Cm. liöher als der Eftrichboden gele-
gen, obfchon die offene Lage im zweiten Hofe 71 nicht
recht zu verftehen ift, es müßte denn eine fchwache
Trennungsmauer bei der Ausgrabung zerftört und defs-
halb überfehen worden fein.
Die Dimenfionen des Hinterhaufes, dem weitaus
größten Theil der Anlage, betragen 26"io M. in der
Länge auf 15-60 M. in der Breite. Der Eingang fcheint
bei Ä zu liegen; er führt in eine Vorhalle 72 (4'6o bis
470 M.) mit Gußboden, jedenfalls^mit Dachung ver-
fehen, was die große Menge Scherben rings um die
Außenmauer beweift. Bei der gehauenen Fußplatte /Ji
folgt ein zweiter Durchgang zu dem 3 — 3'20 M. breiten
Corridor j^ und dem außerordentlich großen Raum
74 hin. Es kam wohl bei v noch eine Mauer zum Vor-
fchein, aber fie verliert fich in der Tiefe, auch der nach
allen Seiten bloß gelegte unregelmäßige Mauerfatz ^
gibt keineErklärung. FürMenfchen bewohnbare Räume
find alfo an dicfem llintcrhaufe nicht zu entdecken;
es diente augenfcheinlich nur landwirthfchaftlichen
Zwecken, vielleicht derart, dafs in 74 das Futter-
magazin, der „Heufchober", in 73 die Stallung und in
72 der Aufbewahrungsort für Pflug, Wagen und Karren
zu verlegen fein wird, wo nebil: dem noch reichlichft
Platz blieb für alle vorkommenden bäuerlichen Be-
fchäftigungen.
Verzeichnis der Kleiiiftinde.
Bronze: Henkel-Fragment eines Kruges, unterer
Theil mit drei großen Nietlöchern, in rohefter Weife
blattrippenartig verziert;
Handgriff (vorderfter Theil nur) mit einem Schlitz
zum Aufhängen, einer patera angehörend;
53
Armreif (Bruchflück) mit verbreitert auslaufenden
Enden, in welche fehr roh fchräge und Querlinien ein-
geritzt find;
Fingerring aus zwei runden, nebeneinander ge-
legten Drahten, vorn dreifach, die Drahtenden fpiral-
förmig zu zwei Scheibchen gewunden und darauf um
den Reif gewickelt (vergl. Lindenfchmit, II. Band,
.5. Heft, Taf III, Fig. 5);
Charnierfibel 4^ Mm. lang, Halterblatt voll, breit,
unter der Kopfplatte dreifach geriefelt, Fuß nach \-orne
gerichtet, Provinzialform ;
fcheibenförmige Broche, 34 Mm. Durchmeffer
mit weit hervortretendem Kopfe in der Mitte. Ucber-
refte von Email noch wahrnehmbar, das innerlialb
dreier Kreife in radial geftcllten Streifen in roth und
weiß abwechfelt; eine Erhabenheit am Rande zeigt
eine angehängte Lunula an.
Eifen: Zweigliedrige Trenfe, die Zügelringe daran
aus Bronze;
Meffer mit anhängendem Bronzeblech, das die
Bekleidung des Holzheftes gebildet haben mußte;
Zimmeraxt, Schloßriegel, Meffer, Sichel, Zange,
Stylus, große Mauerhaken und mehrere Charniere.
Blei. Fragmente eines frühchriftlichen ornamen-
tirten Sarkophag-Deckels im Gewichte von 83 Kilo,
bereits eingehend befprochen auf Seite 116 des letzten
Jahrganges ; fein Fundort liegt ein Meter entfernt vor
dem füdlichen Mauereck des Hypocaufts 62; weitere
lö^/jp Kilo, offenbar von derfelben Platte flammend,
wurden jenfeits der langen Mauer nach der Seite des
Kellers 54 hingefammelt.
Töpferftempel auf terra figillata-Gefchirr;
A'BVCF [Albuc(i) f], BILICEDOF [Bilicedo f], BVRDO
■ F, OF COELI, CADGATI : MA, CAIIVSK [Cailus f],
CIIRTIMA [Certi ma], IVCVM [lucum], LVCANVS F
MAGNVSF,MAT;RNI [Materni], PRIVATIMA, PASSEN,
SVTITOl[Potitus], REBVRRI-OF, SILANVSK, VALER-
NIANVS [(V)alernianus].
Stempelfchneider auf ebenfolchen:
KSIDVTXAJ [Laxtucisf], VRECVNIVS,
SECINF [(S)ecin(al) f ].
Töpferftempel auf einer Reibfchale der größten
Sorte:
SIICVND [Secundi oder Secundus].
Höhen- Coten.
Eftrichboden im Hypokauft 16 : 7'57
„ 26 : 7-%7
„ „ 40 : 7-18
„ „ 62 : 7 07
„ alveus 43,Eftrich desHypocaufts: 674
„ „ 43, „ der Wanne : 778
„ Wohnraum 10 : j'gj
„ „• 35:7-44
„ « 27 und 29: 7-41
„ „ 23 oberer : 772
„ „ „ 23 unterer : 7-07
„ „Hofe 51 bei 5-: 6-59
)) j) n 5 1 )) 7 • 7 •" 3
„ „ » 41 : 7-32
„ „ „ vor der Kellerftiege 32: 740
Steinplatte a zwifchen 48 und 49 : 7-i8
Steinplatte r vor Raum 35 : 7-08
Schwelle s
38 :7-55
Trittfteine C im Hof 59 : 8-30 — 8-57
Boden der Wafferrinnen längs 12, 13 : 828
« » „ n 53, 58 : 7-64
Steinfchwelle c des Kamines in 1 1 : 7-10
Eftrichboden des Kellers 34: 5-65 — 573
Beginn der Lichtöffnungen in 34: 754 und 760.
Münzen: 18 Mm. Silber Ant. Aug. III. Vir R. P
C. Prätorianifche Galeere;
lj(: abgefchliffen, wahrfchcinlich Collen 7 Marc Anto-
nius 43 — 31 v. Chr.
28 Mm. M. B. (Imp. Caes) Vespafianus Aug. Cos
Villi .... Kopf mit Lorbeer nach rechts.
Ij): S. C. Geflügelte Vicloria, links fchrcitend, die
Hand auf dem Globus, 69 — 79 n. Chr.
27 Mm. M. B. Divi. Aug. Vesp. Y. Domitian-Kopf,
mit Lorbeer rechtshin.
^i: Pallas kämpfend nach rechts zwifchen S. C.
81 — ()6 n. Chr.
26 Mm. M. B. Cohen 118 K. Domitian, 85 n. Chr.
28 Mm. M. B. Imp. C. Aug. Nerva Traian . . .
1^: Tr. Pot. Cos Nach links fitzende Frau.
Abfchnitt S. C. 98—117 n. Chr.
26 Mm. M. B. Collen 369 K. Hadrianus, 117 — 138
n. Chr.
32 Mm. G. B. Hadrianus Aug. . . . Kopf mit Lor-
beer rechtshin.
?/: II ... im Feld Aug. Aug. S. C. Pax
linkshin ftehend mit Füllhorn, 117 — 138 n. Chr.
34 Mm. G. B. Cohen 732 K. Antoninus Pius, 153
ri. Chr.
26 Mm. M. B. Imp. Caes. M. Aurel. Antoninus Aug.
Kopf mit Strahlenkrone nach -rechts.
B-: Concord. Auguft. Abfchnitt: Cos. III. Marc
Aurel und Lucius Verus ftehend, reichen fich die Hand;
einer der beiden hält eine Papierrolle, 16 1 n. Chr.
32 Mm. G. B. Cohen 268 K. Fauftina, f 175 n. Chr.
15—16 Mm. M. B. M. Comm. Ant. P. F Kopf
mit Lorbeer nach rechts.
Ij;: Ganz abgefchliffen.
29 M. G. B. (M) Antoni (nus Aug) Germ. Sarm.
Tr. Pot (XXXI) Kopf mit Lorbeer rechtshin.
9: Liberalitas Aug. VII Imp. (VIII. Cos. III. P. P.)
S. C. Umfchrift am Rande. Die Liberalitas ftehend
linkshin, ein Füllhorn und eine Tessera haltend, 180
bis 192 n. Chr.
28 Mm. G. B. Collen 7 K. Albinus, 193—197 n. Chr.
19 Mm. Silber Imp. Antoninus Aug. Jugendliche
Büfte mit Lorbeer und drapirt nach rechts.
IJ: Fides (militum) die militärifche Treue ftehend,
trägt Standarte und Feldzeichen, 198 — 201 n. Chr.
24 Mm. Silber Cohen 9 K. Philippus, 244 — 249
n. Chr.
20 — 23 Mm. Bronze mit Silberfud. Imp. C. Clau-
dius Aug.
9: Abgefchliffen, 268—270 n. Chr.
25-26 M M. B.
Legende iheils zerftört, theils unleferlich, Kopf
des Antoninus Pius fehr deutlich mit Strahlenkrone
rechtshin.
V): .... III S. C. Antonin in Militärkleidung nach
links, das Scepter haltend.
54 -
Zwei neuentdeckte Gräberftätten in Smolnic.
Berichtet von Bfetidav ydinck.
POM Herrn Confervator Ant. Wielil auf einige
Funde aus der Umgebung von Laun aufmerk-
fam gemacht, veranflaltete ich heuer (1892) in
Gefellfchaft desfelben einige Nachgrabungen in Smohiic,
die intereffante Funde ans Tageslicht gefördert liaben.
lieber Anregung des genannten Herrn unternahm
ich es in der Ziegelei des Herrn Zatecky (Nr I165)
zwei Culturgruben, die bereits durch Abbrechen des
Lehms zum Theil zerftört waren, näher zu unterluchen.
Diefelben waren beiläufig 150 Cm. tief und hatten oben
an 4 M. im Durchmeffer; jedoch in der Tiefe blos
40 Cm., deren Boden flach und zum Theile mit Steinen
belegt war. Diefelben waren mit fchwarzer Erde, Afche,
mit Scherben von Thongefäßen und mit Thierknochen,
von welchen mehrere angebrannt waren, gefüllt, unter
welchen auch ein Feuerfleinfplitter und zwei Fluß-
mufcheln zum Vorfchein kamen; auf der Sohle fand fich
reine Afche vor. Leider waren diefc Gruben — wie
gefagt — bereits zum Theil zerflört, fo dafs man zu
keinem unb^zweifeltenSchluße über ihre einftige Beflim-
mung gelangen konnte. Nichts deflo weniger dürfte
man doch der Vermuthung Raum geben können, dafs
es Keffelgräber find; denn in der einen Grube, etliche
35 Cm. tief unter der Humusfchichte, kam ein Schädel
von einem Kinde zum Vorfchein, welcher mit Steinen
umlegt und von denfclben auch ganz zerdrückt war.
Der Schädel ruhte auf der rechten Schläfe mit dem
Gefichte gegen Often gewendet, ob er aber allein
hier beigefetzt, oder ob er als ein Ueberrefl von einem
hier beftatteten Kinde, deffen Skelet mit dem Lehm
abgetragen wurde, herrührt, konnte ich nicht mehr
ermitteln. Jedenfalls fpricht aber diefer Fund für eine
Gräberftätte und kann man der Vermuthung Raum
geben, dafs die hiefigen Gruben Keffelgräber mit
Leichenbrand enthalten und der mittleren neolitifchen
Zeit angehören; denn diedafelbft gefundenen Scherben,
die von rohen und auch geglätteten Gefäßen herrühren,
find zumeift mit punktirten Ornamenten, von welchen
namentlich auch ein Mäander hervorgehoben zu
werden verdient, und mit vortretenden Nabeln verziert.
Der Befitzer diefer Ziegelei berichtete, dafs dafelbft
bereits mehrere folche Gruben abgebrochen und zer-
ftört wurden, ohne dafs man ihnen eine größere Beach-
tung gewidmet hätte. Am nördlichen Knde dieferLchm-
brüche fand fich noch eine folche Grube, die jedoch
fchon ganz cingeflürzt war. Ein weiteres Suchen und
Graben nach anderen Gruben blieb erfolglos.
Das Grab einer Wöchnerin.
Auf der Feldflur „na Sedlickäch" (d. i. auf den
kleinen Anficdclungen) werden jährlich vcrfchiedene
vorgcfchichtliche Objc6le, wie Scherben von Thonge-
fäßen, Steinwerkzeuge und auch Bronzegegenflände
ausgeackert, von welchen Herr Wielil eine größere
Colleflion gcfammclt hat. überhalb diefer Flur, über
die Straße auf der Feldflur „nad Sedlickami" (d. i. ober-
halb der kleinen Anfiedelungen) kamen ebenfalls beim
tieferen Pflügen vcrfchiedene Obje6le zum Vorfchein,
namentlich Scherben von allerhand Thongefäßen,
Thierknochen und Bruchflücke von Steinwerkzeugen.
Ueber Anregung des genannten Herrn veranftal-
tete ich dafelbft auf dem Felde Nr. 464 Nachgrabungen,
bei welcher Gelegenheit die Arbeiter unter der Humus-
fchichte ebenfalls auf Culturfchichten ftießen, die bis
an den Sandfelfen, welcher hier den tiefften Boden
bildet, reichten und wobei unter Steinen, welche hier
fonfl nirgends zu finden find, nebft einigen Gefäß-
fcherben auch eine ganz kleine Schale, ein Glaswirtel
und zwei Wirbelknochen und Bruchftücke von Rippen
eines menfchlichen Skelettes zum Vorfchein kamen.
Bei weiterem Nachgraben wurde der Sandfelfen er-
reicht und es ergab fich, dafs die erwähnte Cultur-
fchichte in einen ovalen Keffel fich hinunter fenke. Bald
zeigte fich auch ein Knäuel von Knochen, den ich forg-
fältig zu heben begann. Ein zerdrückter Schädel von
einem neugeborenen Kinde ruhte nahe am Becken
eines menfchlichen Skelettes, an welchem das Steifs-
bein und zwei an dasfelbe anfchließende Wirbelknochen
noch feft hafteten. Bald hob ich auch die Knochen vom
linken Unterarm diefes Skelettes und die Ueberrefte
des Kindesfkelettes, welche geftreckt auf dem linken
Oberfchenkel eines erwachfenen Individuums ruhten
und unter welchem auch der rechte Oberichenkel und
die beiden Unterfchenkel in zufammengezogener Lage
fich befanden. Wie aus deml^ecken und dem Steifsbeine
hervorgeht, gehörten diefelben einem älteren Weibe
an, wodurch fich der Sachverhalt aufgeklärt hatte.
Offenbar wurde hier die Mutter mit ihrem neugeljo-
renen Kinde beigefetzt. Zu Füßen des Kindes lag eine
kleine Schüffei. Vor den Knieen des Weibes ftanden:
ein hecherartiges Henkelgefäß, eine Schüffcl, bei
welcher ein Thonlöffel lag, und ein Krügel, welches
etwas fchief fland. Bei den Ferfen hatte das Weib eben-
falls ein Henkelgefäß, eine Schüffei und einen fchief
ftehenden Krug. Hier wurde auch eine Rippe von
einem Schweine gefunden.
Das Grab, welches am Boden i M. und an der
Mündung 150 Cm. in der Länge betrug, war von Nord
gegen Süd im Sandfelfen gehauen und maß in der
Breite am Boden 50 und an der Mündung 100 Cm.
Quer über demfelben lagen die Knochen von den
Beinen des Weibes, auf welchen das Skelet des
Kindes ruhte. Der Oberkörper des Weibes, welcher
fehlte und von dem blos zwei Wirbelknochen und
Bruchflückc von Rippen zerfircut herum lagen, mußte
demnach an die wellliche Felfcnwand gelehnt in
hockender Stellung halb liegend fich emporgehoben
haben, fo dafs der Kopf den Rand des 70 Cm. tiefen
Grabes, auf der rechten Seite ruhend gegen. Norden
gewendet inid gegen Oflen hinfchauend, erreichte.
Das Kind lag, wie angedeutet wurde, auf dem
Schöße der Mutler, welche dasfelbe — wie aus der
- 55
Lage des Unterarmes hervorgeht — mit der hnken
Hand bedeckt hielt. Dasfelbe lag aber auf der linken
Seite, fo dafs es zur Mutter gewendet, gegen Süden
hinfchaute.
Die hier hin und her zerftreuten, am Rande des
Grabes aber mauerartig gefchichteten Steine beweifen,
dafs das ganze Grab bis zu einer beftimmten Höhe mit
denfelben umlegt und bedeckt war, aber fchon vor
langen Zeiten entweder durch Ackern oder durch eine
andere Erdbewegung zur oberen Hälfte zerftört worden
fein mußte, weil der Schädel bereits fehlte und andere
Knochen von dem Oberkörper zwifchen dem Geftein
und Scherben zerftreut herum lagen.
Von den dafelbft gefundenen Objeften will ich blos
jene hervorheben, welche dem Kinde gegolten haben
mochten, weil ähnliche Beifetzungen feiten zum Vor-
fchein kommen und befonderes Licht auf die dazumal
herrfchenden Sitten und Gebräuche werfen. Es dürften
jene Beigaben fein, die vor dem Schöße der Mutter
um das Kind geftellt waren.
Eine 5 Cm. hohe fchwarz geglättete Schüffei aus
Thon, die an der Mündung 87 und am Boden 4 Cm.
im Durchmefler hat, Fig. i. Bei derfelben lag der eben-
falls fchwarz geglättete irj-Cm. lange, 3 Cm. hohe und
4-5 Cm. breite Thonlöffel, Fig. 2. Aus diefen Beigaben
kann man fchließen, dafs die Schüffei Nahrung (höchft
wahrfcheinlich Muß) für das Kind enthielt, welche dem-
fclben mit dem Löffel zu reichen war.
Ein kleines 10 -5 Cm. hohes, am Munde 8-5 und am
Boden 4' 3 Cm. im Durchmeffer haltendes Krügel von
grauer Farbe, mochte ein Getränk (vielleicht Milch),
und ein 5 Cm. hohes am Munde 87 und am Boden
4 Cm. im Durchmeffer haltendes Bechergcfaß von
brauner Farbe mochte vielleicht Waffer zum Wafchen
enthalten haben.
Eine kleine rohe Schüffei und eine Schale dürften
Spielereien für das Kind gewefen fein; denn das Schüf-
felchen ifl 2 Cm. hoch und hat am Rande 65 und am
Boden 45 Cm. im Durchmeffer; das Schälchen ill
27 Cm. hoch und hat an der Mündung 4'i und am
Boden 43 Cm. im Durchmeffer, beide alfo wahrfchein-
lich Kinderfpielzeug.
Der 3 Cm. im Durchmeffer haltende und i'S Cm.
hohe W'irtel aus Glas durfte auf den Brauch hinweifen,
dafs der verftorbenen Mutter Gefpinft mit in das Grab
gegeben wurde, damit fie für das Kind fpinnen könne.
Diefe Vermuthung dürfte der noch jetzt an manchen
Fig. 2.
Orten herrfchende Brauch bekräftigen, zufolge deffen
man nämlich den Wöchnerinen Leinwand, Zwirn, eine
Nadel und eine Schere in das Grab beilegt, damit fie
ihrem Kinde Hemden nähen könnten; denn thäte
man dies nicht, würde die Verdorbene im Grabe keine
Ruhe finden und würde umgehen.
Anderthalb Meter von diefem Grabe gegen W'eften
entfernt habe ich noch eine andere im Sandfelfen
gehauene Grube geöffnet, welche 50 Cm. tief, rund und
am Boden 42 und an der Mündung etwas über 90 Cm.
im Durchmeffer hatte. Auch der Inhalt diefer Grube
war bereits zerftört; denn Bruchflücke und Scherben
von einem großen und einem kleineren Thongefäße
lagen zwifchen Thierknochen und Steinen in und um
die Grube herum zerftreut, an der Sohle derfelben
jedoch fand ich das Bodenftück des größeren Gefäßes.
Offenbar war hier eine Urne beigefetzt worden. Die-
felbe war roh, bauchig und auf der Außenwand mit
fingerbreiten Streifen verziert.
Der alte Dom zu Olmüz.
Von Architekt Richard Völkel.
(Mit einer Tafel.)
EBER Aufforderung des Herrn Confervators,
k. k. Profeffors Prokop erftatte ich hiemit
Bericht über die gelegentlich des in den
Jahren 1883 — 1892 ausgeführten Reftaurirungs- Arbeiten
amOlmüzer Dome vorgenommenen Fuiidament-Unter-
fuchungen, fowie über die mit Entfernung des alten
Verputzes und über die nach Abtragungen und durch
Brüche im alten Mauerwerk gemachten verfchiedenen
Funde aus der romanifchen Periode diefes Domes.
Es läßt fich mit voller Beftimmtheit fagen, wie
groß und welche Ausdehnung die romanilche Anlage
gehabt, und welche architektonifche
diefer Dom befeffen hatte.
Formbildung
W^ie fchon vom verftorbenen Architekten Segen-
J'clunidt im XVI. Bande der Mittheilungen der Cen-
tral-Commiffion für Erhaltung alter Baudenkmäler
Seite 142 berichtet wurde, dafs die vorderen Thürme
(Wertthürmei romanifch fein müßen und nur der Ver-
putz aus der Barockzeit die fchönen Formen der vor-
erwähnten Zeit verdecke, fo ift thatfächlich diefe
Vorausfetzung zur vollen Wahrheit geworden, und
zwar nach Abtragung des aus der Barockzeit ftam-
nienden, aber ohne Verll;ändnis, daher finnlos auf-
gefetzten Mittelthurmes der Fagade, und bei weiterer
Abtragung des Mauerwerkes der beiden Thürme,
welche Arbeit vorgenommen werden mußte, da fich
S6
das alte Mauerwerk zur Aufführung der neuen gothi-
fchen 64 M. hohen Thürme als belall:ungsunfahig zeigt.
Durch diefes Abtragen des Mauerwerkes wurde
eigentlich erft vieles fichergeftellt, was vielleicht,
wenn felbe nicht hätte vorgenommen werden müßen,
nicht gefchehen wäre, da gerade die romanifchen
Fenfter vorn durch früh-gothifche erfetzt waren.
Die zu Tage geförderten Theile wurden durch die
Eile, mit welcher die Demolirungs-Arbeiten betrieben
werden mußten, oft derart befchädigt, dafs bei der
durch den Berichterftatter vorgenommenen Aufnahme,
welche große Mühe erforderte und während der Demo-
lirungs-Arbeiten ftets fortgefetzt wurde, einzelnes nur
mehr als Schutt abgeführt wurde, fo dafs nicht mehr
zu erkennen war, ob das Abgeführte Bruchftein oder
ein gearbeiteter Stein gewefen.
Die Abtragungen waren, wie fchon oben erwähnt,
mit riefigen Schwierigkeiten verbunden und wurden
im Accordwege vorgenommen. Der wichtigfle Um-
ftand ift aber der, dafs der Mörtel, mit welchem das
alte Mauerwerk (im Jahre 1131) gemauert worden war,
fich derart feft zeigte, dafs eher der Stein zu Grunde
ging, bevor der Mörtel nachgelaffen hätte; auch war
der Stein derart verwittert und weich, dafs er fich wie
Tegel anfühlte und mit der Nagelfpitze fich bearbeiten
ließ, was fich auch bei dem Material der fpäter 1265 ein-
gefetzten früh-gothifchen Fenifer gezeigt hatte.
An diefe Thürme fchließt fich das dreifchiffige
Schiff an, und zwar mit vier ungleich breiten Jochen,
durch rechteckige Pfeiler auseinandergehalten, welche
Unregelmäßigkeit eine eigenthümliche Willkür zeigt,
die fonll bei romanifchen Kirchen nicht vorkommt;
hierauf folgte ein vollftändig quadratifches Feld, und
an diefes fchließt fich die Concha an.
Der Stirnabfchluß der Seitenfchiffe konnte leider
nicht ermittelt werden, da durch die feinerzeit (1619)
vorgenomme Erweiterung des Presbyteriums unter
Cardinal Dietrichßein, wobei unter dem jetzigen Pres-
byterium eine neue Krypta, die jetzige fogenannte
Grab-Capelle angelegt wurde, dicFundamentc der oben
erwähnten Abfchlüße befeitigt wurden.
Um nun auf Einzelnes überzugehen, fei erwähnt:
Die Thürme zeigten keine Eingänge, denn beim
füdlichen Thürme hat fich des alte romanifchc Mauer-
werk voll bis in die Fundammte herab conflatiren
laffen; bei dem nördlichen, alfo gegen den Kreuzgang,
refpeflive gegen die St. Anna Capelle zu gelegenen
Tliurme konnte nichts Verläßliches conflatirt werden,
da wiederholt viel an diefer Stelle umgebaut wurde.
An den beiden Thürmen wurde auch kein Sockel
vorgefunden, wohl aber überzeugte man fich, dafs die
Eckfiuadern an allen Seiten der Thürme bis in die
Fundamente herab reichten, und dafs das Mauerwerk
zwifchen obgenannten Eckquadern ohne Vorfprung
gewefen.
Die Thürme zeigten gegen die Seitenfchiffe zu
eine große Oeffnung mit mächtigen halbrunden Bogen,
wie dies in dem Schnitte der Thürme crfichtlich; der-
felbe war wenig architektonifch gelöfl; er hatte zu
bi'idcn Seiten nur (larkc Fafen.
Die Thürme befaßen in den crflen drei Stock-
werken nur volles Mauerwerk, welches weder mit Thür-
noch Fcnfleröffiiungen vcrfehen und fogar ohne Mauer-
abfatz, daher gleich flark auffteigcnd gehalten war.
Wölbung.^ Widerlager wurden nur im Erdgefchoße
bei dem erivähnten Bogen vorgefunden, und zwar
wurden die Anlauffpuren eines Kreuzgewölbes, con-
centrifch mit diefen Thorbogen, wie es in der Zeichnung
erfichtlich ift, vorgefunden; in den übrigen Etagen
zeigten fich verfchiedene Auflager für Tramdecken,
fowie auch theils noch beftehende Gewölbe theils als
Refte beftandener. In dem vierten Stockwerke ift eine
Fenfteröffnung mit Rundbogen (gegen die Schifffeite)
vorgefunden worden, ohne befondere architektonifche
Ausbildung. DienächfteEtageiftmitFenlfernin gleicher
Größe wie darunter, aber auf allen vier Seiten durch-
geführt verfehen. Im weiteren Stockwerke beginnt erlf
eine reichere architektonifche Bildung an den Fenflern,
die hier zur vollen Geltung kommt, im letzten Stock-
werke fetzt fich diefe Architektur fort.
Das vorletzte Stockwerk ift mit zweifach gekup-
pelten Fenftern an allen vier Seiten und damit am
reichften gefchmückt gewefen, welche folgendermaßen
architektonifch gelölf find :
Die Säulenbafis der das Doppelfenfter in der Mitte
trennenden Säule beffeht aus einem platten vierkan-
tigen reingearbeiteten Stein ohne Profil, auf welchem
der nach oben fich verjüngende Schaft aufruht, Capital
ift keines vorhanden, fondern es liegt der Sattel direfl
auf dem Schafte; das Sattelfi ück dient als Wider-
lager für die halbrunden Bögen, welche zu beiden
Seiten in eine platte Leibung übergehen.
Da an der Außenfeite auf die volle Mauerftärke
von 90 Cm. noch 10 Cm. übrig blieben, ift direfl
ober dem Sattel, in dem Zwickelfeld, welches die
beiden fich theilenden Bögen bilden, eine kleine Con-
fole angebracht, auf welcher fodann zwei concentrifch
laufende und 10 Cm. vorfpringende Bögen auffitzen;
dadurch erfcheinen die Fenfter auch reicher ausgc-
ftattet. Die Fenfter im oberften Stockwerke find archi-
tektonifch genau fo durchgeführt, nur mit dem Unter-
fchiede, dafs felbe dreifach gekuppelt find; die auf zwei
Säulen auffitzenden Sättel find nicht trapezförmig,
fondern halbrund geformt. Bis zu diefen I*"enfi;ern
reichten die Refte des romanifchen Baues; das fehlende
Hauptgefimfe wurde entweder fchon unter Bifchof
Johann von Neumarkt (1365 — 1375) abgetragen oder
verfchwand bei dem Mittel - Thurmaufbaue unter
Stanislaus Pavlovsky.
Was die Ausführung des Mauerwerkes diefer
Thürme betrifft, waren die vier Ecken aus Quadern
bei den Lager- und Stoßfugen mit rein gearbeitetem
Schlage verfehen, die P'lächen geftockt; Binder und
Laufer wechfelten regelmäßig ab. Das Mauerwerk
zwifchen den obgenannten Ecken war außen wie innen
mit Verblendfteinen (kleinen quaderähnlichen Steinen)
hergeflellt, und zwar aus (Juadern in würfelförmiger
oder in länglicher Form; auf je einen lCck(iuader
gingen 2 —3 Schichten folcher Verblendllcine. Das
FüU-Mauerwerk (zwifchen diefen Verblendfleinen) war
ohne befondere Schichteneintheüung mit gewöhnlichem
Bruchfiein (von 20—30 Cm. Länge und einer llohe
von 15 Cm., fowie auch aus kleineren Stücken bis zur
Hafclnußgröße herab) in fehr Rarkem Mörtellager auf-
gcfiihrt.
Vom Schiffe wiu-de nur das Fundament ausge-
graben, wie dies die Zeiclnuing zeigt, liefondcrs hcr-
vor/.ulieljcii fiiul die Fuiulanicnle, welche zwifchen der
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III. Pfeilerreihe im Mittel fchiffe, fowie in den Seiten-
fchiffen bis zu den beiderfcitiyeu HaLiptmaueni reichen
und fich um die Pfeiler rundherum ziehen.
Die Fundamentanlage ift eine ähnliche, wie felbe
fich im Fünfkirchner Dom vorgefunden hat.
Im Mittelfchiffe war dafelbll ein Aufgang von viel-
leicht neun Stufen zu dem Presbyterium gewefen,
während an beiden Pfeilern auf dem halbrunden Funda-
ment Kanzeln (Ambonen) gellanden haben dürften, und
zwar auf der Höhe der neunten Stufe; die Seitenfchiffe
waren wahrfcheinlich in vorerwähnter Hohe fenkrecht
abgemauert gewefen, auf welcher Mauer fich dann die
BrüRungen der Kanzeln bis zu den Hauptmauern fort-
gefetzt hatten; in diefer Vertical-Mauer fclbll befanden
fich möglicherweife Thüröffnungen, von welchen eine
Stiege herab in die Krypta geführt haben dürfte. Was
die Zeit der Erbauung der Kirche betrifft, verweifen
wir auf die Mittheilungen der Central- Commiffion,
wofelbft diefer Gegenftand wiederholt befprochen wird.
In der Grundriß-Zeichnung ift angenommen, dafs jedes
Joch des Schiffes mit je zwei Fenftern beleuchtet war;
gegen die Nordfeite zu, alfo gegen den jetzigen Kreuz-
gang, wo die ehemalige Herzogenburg ftand, dürften in
den Seitenfchiffen keine Fenfter angelegt gewefen
fein; möglich daher, dafs an der anderen Seite ge-
kuppelte Fenfter waren, um den Raum entfprechend
zu beleuchten.
Der intcrreffantcfte F"und ift die Feftftellung der
Krypta- Anlage; die Conchen Rundung dcrfelben gegen
das jetzige Presbyterium zu wurde conftatirt; auch
wu'rdc noch die romanifchc Pflafterung in der Krypta,
welche aus quadratifchen Sandfteinplatten hergeftellt
war, aufgefunden; dafelbll fanden fich auch die ganz
verfchüttet gewefenen lo Säulen, welche aber vollftän-
dig verwittert waren; fie hatten Würfel-Capitiilc.
Die Stellungen der Säulen, fowie auch die Anläufe
der Gewölbe konnten, wie aus dem Plane erfichtlich,
genau ermittelt werden; der Raum war mit i6 voUftan-
digen Kreuzgewölben mit zwei runden Kuppelgewölben
(auf lo ganzen Säulen, acht Halhfäulen und zwei Eck-
fäulcn, fowie auf fechs primitiven Confolen geftützt)
eingewölbt gewefen. Im abfchließenden Mauerwerk
wurden fieben Nifchen conftatirt und ebenfo eine Thür-
öffnüng gegen den Kreuzgang zu in einen Vorraum
führend, welcher wie die Thüröffnung vollftändig ver-
mauert war; aus diefem Vorräume führte noch eine
Thüröffnung weiter, wofelbft aber die Nachforfchungen
im Erdreiche zu keinem weiteren Refultate führten; es
dürften von diefem Vorräume aufwärts hier wie gegen-
über an der Südfeite die Stiegen aus der Krypta in
das Kirchenfchiff geführt haben.
Nach den drei Nifchen in der halbrunden Abfchluß-
mauer der Krypta konnte man auch die Stellung der
Fenfter im Presbyterium felbft feftftellen.
Nachrichten über das k. k. Staats-Mufeum in Aquileja.
Vom k. k. Profeffor Majonica, Confervator.
V.
VII. Jahrgang i88S.
I. Platte aus Kalkftein, f. w. e. 090 hoch, o-6 1
breit, O'oS dick.
Nach der Ausfage des Händlers P. Borfatti foll fie
früher in einem Haufe im Borgo Pacco bei Villa Vicen-
tina eingemauert gewefen fein.
Alterthümliche aber fehr verwafcheneBuchftaben.
Uncdirt.
^PONIVS ■ L L •
DIOMEDES • FAT •
T . APPONIVS
TE MANTI//,; Q\^E
APPONIA • DIOME
L ■ ALETIA
////APPONIVS •////
DIOMEDIS ■ L. TEM
SEXVIR • FIERI • IVS.
2. Eck-Cippus einer Grab-Ara, urfprünglich oben
rund verlaufend, unten roh behauen und mit einem
Loche zum Einlaffen einer Walze verfehen. Kalkftein
1-26 hoch, 032 breit, 018 dick. Gefunden in der Loca-
lität „Beligna" auf dem Grundftücke „TuUio". Schöne
regelmäßige Buchftaben. Unedirt.
XIX. N. F. ♦
L ■ M
L ■ M • L
IN • FR • P • XXVII
IN ■ AGR ■ P • LX
3. Bruchftück einer Grabplatte ausKalkftein.f. w. e.
0-48 hoch, 0-31 breit, o^iS dick. Oben Spuren des
Giebelfeldes und eines glatten Akroteriums.
Die Infchrift innerhalb einer Randeinfaffung, die
Buchftaben etwa aus dem P2nde des 2. Jahrhunderts
n. Chr. Unedirt. Gefunden wie Nr. 2.
D_
c"A^jvry E
Q ■ VIX • A • >
D • IUI • C V M
VIX • A- I -M ■ V
PARENTES
4. Bruchftück einer Sarkophag-Platte aus Kalk-
ftein, f. w. e. 0'57 hoch, 037 breit, 0T5 dick. Gefunden
wie Nr. 2. Die erfte Zeile mit fchönen 013 hohen
Buchftaben, die zweite Zeile eradirt. die dritte Zeile
mit unregelmäßigen fpäteren Buchitaben.
Illllll il
ANNIANO
58 -
5- Bruchftück einer Kalkfleinplatte, f. \v. e. 0.45
hoch, 0-65 breit, 0145 dick. Gefunden wie Nr. 2. An
der oberen und an der linken Seite find Spuren einer
Linear-Einfaffung erhalten. Die BuchÜaben etwa aus
dem 3. Jahrhundert n. Chr. Unedirt.
7^ . A YPHA'
KPATI ■ NelKO
U ■ AYPHAIOC Cn
KAI • TeUfOKFATHC
TTATPI ■ KAYKYTATCi;] sie'.
6 — 15. Zehn Bruchflücke von verfchiedenen In-
fchriften, die meiften unbedeutend und mit wenigen
Buchftaben; zu erwähnen wären etwa die vier größten,
alle gefunden wie Nr. 2 und unedirt.
6. Bruchftück aus Kalkftein, f. w. e. 034 l>i-eit,
027 hoch, 007 dick.
A • ET • CA
i„f/i:. . C I S S Im
7. Bruchfl;i.ick einer Platte in Form einer Tabula
ansata, f w. e. 0'32 hoch, 035 breit, 010 dick.
can/
ver/
V
8. Bruchftück einer Sarkophag-Platte aus Marmor,
f. w. e. 0'26 hoch, 026 breit, 015 dick. Oben Spuren
der urfprünglichen Randeinfaffung.
COELl
9. Kleines Bruchftück mit:
CARISSI
16. Grabplatte aus Kalkftein, oben in ein unvoll-
kommenes Giebelfeld verlaufend, unten mit einem
Steinzapfen zum Einlaffen in die Bafis verfehen, f. w. e.
079 hoch, 034 breit, 020 dick. Gefunden in der
I.ocalität „bacc/iina"' auf einem Grundftücke des Herrn
D. Deinen. Die Infchrift innerhalb einer Linear-Ein-
faffung; die faft Curfiv-Buchfiaben aus dem 3. Jahr-
hundert n. Chr. Edirt von Gregorutti, Arch. tr. XVII,
p. l%7, n. LXVII.
MVA
LERIOA
POLLON
lOVALE
RIAMAR
TAPOSITsicl
FAT-
17, Bruchllück einer viereckigen Graburne aus
Kaikflein, f. w. 0.035 Ijreit, O'IO hoch, 005 dick, ge-
funden wie Nr. 16. Die Buchftaben ziemlich klein und
regelmäßig. PLdirt a. a. O. p. 388, n. LXVIII.
OSSA
CYPARINIS.
18. Bruchllück einer Grabplatte aus Kalkftein,
f. w. e. 0-35 breit, 010 hoch, 005 dick, gefunden wie
Nr. 16, die BuchRaben o-o8 hoch und etwa aus dem
I. Jahrhundert n. Chr. Unedirt.
19. Viereckige Grabplatte aus Kalkftein, 054 breit,
032 hoch, 012 dick. Gefunden auf der Localität St.
Stefano bei Aquileja auf dem Grundftücke des Herrn
Dr. M. V. Hentfchel. Die fchonen Buchftaben find aus
der früheften Kaiferzeit. Unedirt.
L • vIbivs-m- F
CLAVARIVS.
20. Bruchftück einer Grabplatte aus Kalkftein,
f vv. e. 0-52 hoch, 038 breit, 010 dick, gefunden wie
Nr. 19. Die Buchftaben alterthümlich und groß. Unedirt.
P -M-
21. EckCippus aus Kalkftein, oben abgerundet,
070 hoch, 0-32 breit, o\6 dick. Ward früher im
Haufe des Herrn Franz Franziii in Grado aufbewahrt.
Die regelmäßigen Buchftaben vielfach befchädigt.
Unedirt.
L • M
C • CALVl
MESSORI S
IN • FR • P -XV
IN- AGRP-XXX.
22. Grabplatte aus Kalkftein, f w. c. 0'5i hoch,
0-52 breit, 013 dick; dieinfchrift innerhalb einer Rand-
einfaffung zeigt Buchftaben aus dem 2. Jahrhundert
n. Chr. und war früher im Haufe des Joh. Bataiiz ein-
gemauert. Edirt C. J. L. V. 8332.
23. Grabplatte aus Kalkftein, unten abgebrochen,
f vv. e. I M. hoch, 0^45 breit, o-i6 dick. Gefunden im
April 1888 bei einer (gelegentlich der in Aquileja
durchgeführten Ausbaggerungs- Arbeiten) auf dem Erd-
walle des Canals Natiffa in der Nähe der Localität „^rt<r-
cliina'^ vorgenommenen Ausgrabung. Auf diefer Stelle,
welche unzweifelhaft einen Theil der ausgedehnten
Grabftätte diefer Gegend bildet, wurden noch gefun-
den: die Infchriftcn Nr. 24, 25, 26, ferner 31 Stück
Stein-Urnen, 4 Afchen-Urnen aus Thon, eine Amphora
mit der Marke: T . H . B . , verfchiedene Architektur-
Bruchftücke und Beftandtheile von größeren Grab-
Monumenten fammt einer Anzahl kleiner Antikaglien.
Von tlen hier gefundenen Münzen gehören die meillen
der erflen Kaiferzeit an.
Die Buchftaben der Infchrift find unregelmäßig,
etwa 007 breit und faft alterthümlich. Unediit.
P A M P f 1 I L A
F E R O N I A
C-L-C- FERNI
C- L- TEVCER
LOC-LAPXVI
INT ■ P • XVI
V • F.
24. Grab-Ara mit Afchcnbehälter, d
u: nnkc
Seite
)bcn befchädigt, fonll gut erhalten, fammt Tollamcnt
59
und Krönung 066 lioch, 0'45 breit, 0 2g^ 3= i röm. Fuß
dick. Das Feld der Infchrift 0-33 breit, die regelmäßigen
Buchftaben etwa aus dem i. Jahrhundert n. Chr.
Gefunden wie Nr. 23. Unedirt.
moniania
prTmilla
25. ]3ruchlUick -einer Grab-Ara mit Afchenbe-
hälter. Die obere und die linke Seite theilweife noch
erhalten, die rechte Hälfte fehlt. Die Infchrift innerhalb
einer Linear-EinfalTung wurde vielfach vom W'affer be-
fchädigt. Kalkftein f w. e. 0-37 breit, 0-31 breit, 0-53
dick. Zierliche Buchftaben aus der erften Kaiferzeit.
Unedirt.
TI • CLAVDIO ■ AT^
CLAVDIA • TI • L • VEli
VF. SIBI • ET- PATRl
svo-etIphilo-filicJ
ET ■ DON^
26. Eck-Cippus einer Grab-Ara, oben viereckig
verlaufend, unten abgebrochen. Kalkftein f. w. e. 0*33
hoch, 0-35 breit, 0'I35 dick. Die Buchftaben etwa aus
dem zweiten Jahrhundert n. Chr. Unedirt.
27. Kleine Votiv-Ara, unten abgebrochen, f. w. e.
0-20 hoch, 0'i2 breit, 0'I2 dick. Kleine Buchflaben
aus dem 3. Jahrhundert der Kaiferzeit. Unedirt.
N • AV
AVR-LE
ONTIVS
iSALVIS
\QyiLEJ
N(etnesi) AufgustaeJ Aufreims) Leontius Salvis
[AJqinleifensibusJ. Ein Anrelius Leontius widmet dem
Herakles eine Votiv-Ara C. J. L. V. 571S. — Die hier
erwähnte Errettung der Aquilejenfer könnte erfolgt
fein zur Zeit der verfuchten Ueberrumpelung Aquilejas
durch Maximinus Thrax.
28. Kleine Votiv-Ara aus rothem, veronenfifchem
Marmor, f. w. e. 0-27 hoch, O'io breit, 0'o8 dick. Oben
eine Vertiefung zum Aufftellen eines Gegenftandes,
unten abgebrochen. Kleine unregelmäßige Buchftaben
und vielfach befchädigt. Unedirt.
VENERI
' AVG'
SACR
29. Grab-Ara mit Afchenbehälter aus Kalkftein.
Die oberfle Krönung theilweife abgebrochen, die vor-
dere Seite rechts und links mit je einer korinthifchen
Säule gefchmückt, die Seitenflächen zeigen einige
Geräthfchaften, welche fehr verwafchen find. Aus dem
fogenannten Canal delle Vergini im Auguft 1888 aus-
gebaggert. Die vielfach zerbrochene Ära ift 085 hoch,
054 breit, 025 dick. Die kleinen und zierlichen Buch-
flaben find etwa aus dem 2. Jahrhundert n. Chr.
Unedirt.
D ^ M
Sic! . L • DECIMIO SERENO
CAESERNIA • SERENA
FILIOPIENTISIiVlO ■ MA
TER • INFELICISSIMA • ET
Sic! • L ■ DECIMIVS- CHARITO
FRATER • ET • M • CONSIDI
NVS • MAXIMIANVS ■ PA
TER-FILIO • PIENTISSIM//
QVIVIXIT ■ ANN • XXVI
MENS • V .
30. Bruchftück einer Marmorplatte aus chrifl-
licher Zeit, f w. e. 0'22 hoch, 0'26 breit, O 03 dick,
ausgebaggert zufammen mit Nr. 29. Unedirt.
HIC REQVIESCI
TSAVINArQVA///
VIXIT A NNO //
XXXVS DEPOSIT
ASVBDSPRIDSID
3[. Bruchftück einer Marmor-Platte aus früh-chrift-
licher Zeit, f. w. e. 033 hoch, 0-20 breit, 0'03 dick.
Gefunden wie Nr. 29. Unedirt.
ATHC
INOC
KANA
HAAe
31«. Sechs kleinere Bruchftücke von Infchriften,
gefunden wie Nr. 29. Unedirt.
S • IlÜTI od JOBRES ESOC
AIVS CITQ:/ XX • C
Ifvc
PM/
VR
ER
liberlal'iii /Q_
posleris fO^ EOR
/. in. in fr. /•.
in. agy. f.
XXXV
XXV
32. Grab-Ara mit Afchenbehälter aus Kalkftein,
vollkommen erhalten. Die oberfte Krönung mit fchönen
Palmetten, die Seitenflächen mit flotten Arabesken
verziert. Sammt Poftamente ri6 hoch, 0-53 breit, 0-38
dick. Die fchönen Buchftaben aus dem I. Jahrhun-
dert der Kaiferzeit 0-045 — 0055 '^o^h. Gefunden am
äußerflen Ende der Gräberftraße längft dem Canale
Nattissa in der Nähe des fogenannten Haufes Panigai,
zufammen mit Afchenurnen, prachtvollen Bernftein-
Gegenftanden und den folgenden Infchriften Nr. 33—35-
Unedirt.
C - ÄRIVS • > - L
DIO- V - F
SIBI • ET
ÄRIAE - > • L
AMMIADI
VXORI
S*
— 6o
33. Runde Afchenurne aus Kalkftein, f. \v. e.
032 hoch, 037 Durchmeffer. Oben und uvten mit Ver-
tiefungen zum Befeftigen auf einem Poftamente ver-
fehen. Die oberfte Zeile vielfach befchädigt. Gefunden
wie Nr. 32. Unedirt.
///RTIA/
> f L jl
CRATAE
[ossa Te]rtia[ej > l(ibertae) Cratae.
34. Schoner Grabauffatz in der in Aquileja häufig
vorkommenden Form einer geflochtenen Cifta. Vorn
eine tabula ansata mit der Infchrift. Kalkftein 0'3I hoch,
0"42 Durchmeffer. Gefunden wie Nr. 32. Unedirt.
D • M • S
35. Bruchfti.ick eines Eck-Cippus aus Kalkflein,
f. w. e. 030 hoch, 031 breit, 0'I7 dick. Gefunden wie
Nr. 32. Unedirt.
NIL
N ■ FR • P • XVI
IN • AGP-LXXn
Die Zahl LXXII ift auf einer tieferen Stelle ange-
bracht.
36 — 43. Folgende Infchriften, früher in der Samm-
lung Cassis wurden etwa am Anfange des Jahrhun-
derts in die Sammlung des Herrn v. Vicentini in Ronchi
gebracht und dafelbft in eine künftlich aufgebaute Ruine
vertheilt. Bei Abtragung derfelben Ruine find diefe
Infchriften zufammen mit anderen dafelbft aufbewahr-
ten Sculpturcn und Reliefs im September 1888 für das
k. k. Staats-Mufeum in Aquileja erworben worden.
(Vgl. Majolika, Ausgrabungen in Ronchi und Aquileja,
Arch.-epigr. Mittheil, aus Ocfterreich. Band IV, 1S80,
S. 86 ff.)
36. Vollkommen erhaltene Votiv-Ara mit Gefims
und Poftamente aus Kalkftein, i M. hoch, 0-49 breit,
0-41 dick. Die rechte Seitenfliiche mit Opferfchale, die
linke mit reichverzierter Opferkanne gefchmückt. Die
innerhalb einer Randeinfaffung enthaltene Infchrift im
C. V. 801 und beim Pais, Nr. 66 cdirt. Varia leHio:
Z. 5: MVLCEDAtIA, Z. 6: GENtIlIBVS,
Z. 7: artorianIs.
37. Bruchftück einer kleinen Votiv-Ara aus Mar-
mor, r w. c. 028 hoch, 010 breit, 008 dick. Die linke
Seite mit dem Kopfe eines Pferdes in Relief verziert.
Mangelhaft edirt. Arch. tr. VI, 86 und bei Pais, 288.
Vgl. Arch. tr. XV. In zierlichen kleinen Buchftaben ift
die Infchrift angebracht.
SOTIRA\
HECAT
TCAESE
■^-
Ueber T. Caeseritius Macedo vgl. C. J. L. V. 865,
866.
38. Ecktheil eines Poftamentes eines größeren
Grabdenkmales, oben mit reichgezierter Einfaffung ge-
fchmückt und mit einer großen viereckigen Vertiefung,
Kalkftein, f. w. e. 092 breit, 034 hoch, 062 dick.
Edirt C. J. L. V. 1080. Varia letlio:
Z. 3: ERONI.
39. Grabplatte aus Kalkftein, oben mit einfachem
Giebelfelde und Eck-Akroterien gefchmückt. Die In-
fchrift innerhalb einer Randeinfaffung o 98 hoch, 0'52
breit, o-i8 dick. Die Buchftaben aus dem Anfange des
2. Jahrhundertes n. Chr. Edirt C. V. 1380 mit verfchie-
dener Lesart:
SIPHÄRAE
ALVMNAE Sic!
QVAE ■ VIX
ANN ■ XX
M ■ V • D ■ VII
AVR- PAVLA
POSVIT
40. GrabAra mit Afchenbehälter, Gefims und
Poftament vollkommen erhalten. Die Infchrift innerhalb
einer Randeinfaffung 0'83 hoch, 0'5i breit, 032 dick.
Kalkftein. Die Buchftaben aus dem i. Jahrhundert
etwa 005 — 006 hoch. Edirt C. V. 1409, aber etwas
ungenau.
dIs
manibvs
threptI
annör-xvi
41. Viereckiger Cippus aus Kalkftein, 034 hoch,
0"225 breit, 022 dick mit Verzeichnis von 6 iiinffistri,
edirt bei P. 172.
42. Bruchftück einer Marmor-Platte aus früh-
chriftlicher Zeit, f. w. e. 035 hoch, 032 breit, 0^04
dick, edirt bei P 193.
43. Bruchftück einer Grabplatte aus Marmor, cdirt,
Majonica, arch. epigr. Mith. IV, 1880, S. 87.
44. Bruchftück einer großen Grabplatte aus Kalk-
ftein, f w. e. 0-59 hoch, 080 breit, 0-09 dick. Auf drei
Seiten die urfprüngliche Randeinfaffung noch vorhan-
den, an der rechten Seite aber abgebrochen. Oben
zwei längliche Vertiefungen, die Buchftaben O'OÖ und
0'036 hoch aus der heften Kaiferzeit. Die Infchrift ift
fchwer leferlich, weil allgemein eradirt, unfere Lesart
ift nach wiederholter Prüfung zufammengeftellt.
Angeblich in iler Localitift „/lacc/iina" zufammen mit
Nr. 45, 46, 47 und 48 gefinidcn.. lülirl von Grcgorutti
a. a. O. p. 388 n. LXX'l.
D • M . S •
SotirafeJ Ilecatlaej T. Caesern[ius]. Die Form
Sotira entfprechend der gricchifchen n'jtxv.'^rj. nnftatt
der lateinifchcn sospita.
T ■ ALBIVS ■ T • F • VEL
RVFVS • mL • LEG • VllI • A^G
AMPI • ITALA ■ PRIMA '//
CONIVNX VIVI FECER
L • 'S ABVDIAE PRIMAE MaTri
L-E AMPI • ITALAE AVCTaE MaTrP
- Gl —
Gregoruttis Lesart lautet:
D • M • S
T-ALBIVS . T • F .VEl(
RVFVS • VET ■ LEG • ViT! • A^gI
AMINI A • PRIMA j
conivnx-vivi-fecer(
et ■ abvdiae • primae • matri |
ETAf'hJAE->LAVCTAE-MATRi\
45. Oberer Theil einer Grabplatte aus Kalkftein,
oben mit Giebeifelde und Zwickeln gefchmückt, inner-
halb des Tympanon eine Rofette, in den Zwickeln je
ein Delphin, unten abgebrochen, f. \v. e. 075 hoch,
0'45 breit, 016 dick. Unregelmäßige Buchftaben. Die
Zeilen 2 — 5 auf eradirtem Grunde. Unedirt.
LOG • SEPV •
PONTIA
AMATLA
V • F • SIBI
ET • SVIS.
46. Bruchftück eines Epiftyls aus Kalkftein, f w. e.
0-25 hoch, 0-44 breit, 020 dick, die Buchftaben 009
hoch. Unedirt.
I • MAXI
47. Kleineres Bruchftück aus Kalkftein. Unedirt.
W • PA I
48. Oberer Theil einer Grabplatte aus Kalkftein,
f w. e. oöi hoch, 074 breit, 018 dick. Altertluim-
liche 007 hohe Buchftaben. Edirt von Gre
p. 388, n. LXIX.
■gornttia.. a. O.
SEX ■ COMINIVS ■
SEX • L • ATETMVS •
49. Oberer Theil einer Grab-Ara mit Afchcnbe-
hälter aus Kalkftein, f w. e. 0-43 hoch, 058 breit, 026
dick, das Infchriftfeld allein 0^23 hoch, 0^49 breit.
Auf der oberften Krönung, welche an den vier
Kanten mit fchönen Palmetten in Relief gefchmückt
ift, befindet fich ein auffteigender Blattfchmuck und
auf der vordem Seite in Hoch-Relief ein gebundenes
Buch und eine Rolle. Das Buch ift in allen Details
fauber ausgeführt, es zeigt die Seiten, den Rücken-
einband und den Metallbefchlag auf der Einbanddecke.
Buch und Rolle find paffende Attribute des Verftor-
benen Gefunden in der Localität y,bacchiiia'-\ auf einem
Grundftücke des Herrn G. Mastrella. Die fchönen
Buchftaben find 006 hoch. Unedirt.
EVRES • L ■ IVNI
GRATI • ACTOR
_ANN - XXll.
50. Oberer Theil einer Grabftelle aus Nabrefina-
Stein, f w. e. I M. hoch, 075 breit, 0*09 dick, gefun-
den in der Localität Beligua, auf dem Grundftücke des
Herrn J. Come/li. Schöne große Buchftaben aus der
früheften Kaiferzeit, 0"095 — 0'o6 hoch. — In der Mitte
einer halbkreisförmigen Nifche ein hieratifch ftylifirter
Bacchus - Kopf , mit zierlichen Locken, Kopf binde
vind Epheukranz. Zwei fymmetrifch auffteigende Ran-
ken mit akanthus-artigen Blättern und Weintrauben, an
deren Ende je ein Vogel nach rechts und links nafchen,
umrahmen die Nifche. — Edirt von K. Fat/ch, in den
archaologifch-epigraphifchen Mittheilungen aus Oefter-
reich XV, S. loi, 2.
L ■ CAELIVS • G
SCA • IFAESVLI
mIles ■ coH • vni
VlX • ANN
mIlit
Im Laufe diefes Verwaltungsjahres wurden außer-
dem in die der Stadtgemeinde Aquileja gehörige
Abtheilung des k. k. Staats-Mufcums noch folgende
Infchriften überführt, welche theilweife auf dem Platze
vor der Domkirche feit langer Zeit aufbewahrt,
theilweife erft in neuefter Zeit gelegentlich einer von
der Gemeinde felbft mit Unterftützung des Herrn
Ed. Prißer, Correfpondenten der k. k. Central-Com-
miffion und Groß-Grundbefitzer in St. Egidio bei
Aquileja, durchgeführten fyftcmatifchen Ausgrabung
gefunden wurden.
51. Sarkophagdeckel aus Kalkftein von dach-
förmiger Geftalt; zwifchen den nachgeahmten mittleren
Dachziegeln die Infchrift C. J. L. V. 1172.
52. Bruchftücke der vorderen Seite und der beiden
mit Reliefs gefchmückten Seitenflächen eines Sarko-
phages, welcher von Bertolt in dem bekannten Werke
„Le antichitä di Aquileja" als vollkommen erhalten
abgebildet, fpäter aber zerfchlagen und vielfach be-
fchadigt wurde. Die Infchrift im C. V. 1131.
53. Bruchftück einer Votiv-Ara ausKalkftein, f w.e.
0-65 hoch, 0-30 breit, 0-26 dick. Gefunden als Bau-
material verwendet bei einer länglichen Säulenhalle
aus fpäterer Zeit, welche ungefähr bei der mit Nr. i 5
bezeichneten Stelle des Kenner {c\\<:\\ Planes von
Aciuileja (Mitth. der k. k. Centr.-Comm. X. Bd., 1865,
Taf iii) durch fyftematifche Ausgrabungen bloßgelegt
wurde. Die hervorragenden Theile des oberen Gefimfes
abgeftoßen, unten abgebrochen. Unedirt.
AESCVLAPIO
AVG • SAG
M-TERENTIVS
54. Bruchftück einer Votiv-Ara aus Kalkftein,
f w. e. 0-68 hoch, 022 breit, 0-15 dick. Unten ift ein
Poftament (0-32 breit, o-2i dick) noch erhalten, ftatt
deffen fehlt die obere Krönung. Gefunden auf derfelben
Stelle bei Zufchüttung der Ausgrabungen und erft im
Jahre 1890 ins Mufeum überführt. Die kleinen zierlichen
Buchftaben aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. find 002
hoch. Unedirt.
L- PVBi>
EVMELVS
SEPTVEIA
MELETINE
V-S • L-M,
— 62
55- Bruchflück einer Votiv-Ara aus Kalkflein,
f. w. e. 052 hoch, 030 breit, 025 dick. Oben einige
Spuren der Krönung. Gefunden wie Nr. 54. Kleine
002 hohen Buchftaben aus dem Ende des 2. Jalirlum-
derts. Unedirt.
Benem lERITO • TIBE • SAN <■/.•
EI I
'/{OMINE I
INIVS
Die Widmung in Form einer Ausrufung im Voca-
tiv, etwa:
[Benemjerito tibi sanc|te] . . .ei[d]omine.
Vergl. U'ilmans, exempla ijiscript. Lat. I, 39.
56. Bruchflück des unteren Theiles einer Votiv-
Ara aus Kalkflein, f w. e. 0-35 hoch, 028 breit, o-i8
dick. Von dem Poflamente noch deutliche Spuren
vorhanden, der obere Theil dagegen abgebrochen.
Gefunden und überführt wie Nr. 54. Unregelmäßige
003 — 0-05 hohe Buchflaben aus dem Ende des 2. Jahr-
hunderts. Unedirt.
AED^
'GRATILLi"
ANE
V • S-L-M
57. Bruchflück einer Marmorplatte mit fchonen
011 und 0'09 hohen Buchftaben, f w. e. 0'6o hoch,
10-25 breit, OMO dick. Gefundeu wie Nr. 53. Unedirt.
58. Bruchflück einer Marmor-Infchrift, welche
fpjiter als Säulen-Capitäl bearbeitet wurde, f. w. e.
015 hoch, 045 breit, 023 dick.
Auf dem theil weife erhaltenen runden Rande
Spuren einer Blatt-Verzierung. Die Infchrift unedirt.
Gefunden wie Nr. 53.
59. Marmor-Platte oöi hoch, 052 breit, 012 dick,
mit intereffanten 0-05 hohen Buchftaben in Form der
Curfivfchrift, etwa aus dem 3. Jahrhundert n. Chr.
Gefurden wie Nr. 53. Unedirt.
siicvnda • pontia
l-i' • svis- oi'siiqviis -iit
viao -posvt -ab- cum
invs • iit • tiirtia • soror
Secunda Pontia L. f. suis obseque(n)s et ßlfijo postifijt.
A. B. Geniimis et Tertia soror.
60. Marmor-Platte aus chriftlicher Zeit, f. w. e.
023 hoch, 030 breit, 0-03 dick. Gefunden wie Nr. 53.
Unedirt.
VOCENTIS- lOANNIS ■
II- MENSIS • DVO • DIES-
CE-III • IdVS- MARTI
POST-CONSVLA/-!
Spuren der Figur VRNINO ■ sie',
eines Adoranten. CONTRA
Die Datirung post Consulatuni kommt fchon am
Anfange des 4. Jahrhundert vor; hier könnte man
nach den Confuln des Jahres 383 n. Chr. ergänzen:
post consulatu(7ii) Fl. Saturnini et Fl. Merohaudis.
61. Bruchflück einer Votiv-Ara aus Kalkflein f w. e.
in pa
0-42 hoch,
Unedirt.
0-09 breit, O'ö/ dick, gefunden wie Nr. 54
(Fortfet/.ung folgt.)
Das ehemalige Ciftercienferftift Welehrad (Mähren).
Aufgenommen und befcliriebcii vom .\rchitekten l'rofc-ffor Anguß l'rolioJ\ U. U. Confervalor.
(Mii
; M^.fel.)
'=«ÜRD WESTLICH von Ungarifch-IIradifch liegt
in einem Thale verfleckt das vor 700 Jahren
gegründete ehemalige Ciftercienfer-Klofler
Welehrad, welches derSage nach an Stelle derRefidenz
der Fürflen des ehemaligen großmährifchen Reiches
erbaut fein foil. Diefe haben wir aber gewiß ander-
wärts zu fuchen, nicht in fumpfiger Niederung, fondern
wenn fchon bei Welehrad vielmehr auf gefchützter
Höhe, vielleicht in dem uralten durch feine natürliche
Lage beftgcfchützten Buciilau, oder noch viel eher
mehr im Centrum des Reiches, oder als Griinzburg.
Woiil heißt Welehrad Veligrad, Großburg; auch
befinden fich füdöfllich vom Kloflcr auf dem daneben
llehenden Hiigel die Refle einer Bcfelligung (hr.idek),
deren noch 14051'lrwähnung gefchicht. Auch der Name
der Stadt Hradifch bedeutet befefligte Stätte; endlich
liegt zwifchen Welehrad und 1 Iradifch der Ort Altrtadt;
diefer Name läßt darauf fcjilicßcn, dafs das Dorf Alt-
llatlt .älter als I Iradifch und Welehrad fei; auch heißt
es in einer Urkunde Pfemysl Otakar's von 1228 bei
der Aufzählung des Welehrader Befitzes: vordem .Stadt
jetzt Burgus (Vorfladt); ebenfo geftattet Kaifer Sigis-
MittMlungen der k. k. C. Com. 1893.
—
Fir3.
-
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-H
1
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55
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J
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- 6^ -
mund dem Stifte Welehrad, an die Stadt Ilradifch die
fehr verwartete Vorlladt oder Alt-Hradifch (Altftadt)
abzutreten. '
Ueber die Lage der Burg und der Refidenz der
das großmahrifche Reich beherrfchenden Mojimiriden
und über den Ort des erzbifchuflichen Sitzes unter
Methud, fowie über die erfte AnfiedlungderW'elehradcr
Ciftercienfer gehen die Anflehten überliaujit weit aus-
einander.*
Die Anficht, dafs das Klofter Welehrad an Stelle
der ehemals großmahrifchen Refidenz erbaut wurde,
ifi: wohl nicht Itichhältig, war es ja den Ciftercienfern
durch ihre klöfterlichen Regeln fchon verboten, ihren
Wohnfitz in Städten, Dörfern, auf Burgen oder Schlöf-
fern aufzufchlagen; als Culturbringer und ackerbau-
treibende Mönche hatten fie fich in unwirthlichen
Gegenden niederzulaffen und Wildniffe zu roden und
Ackerbau zu treiben; ferner vviffen wir auch, dafs die
Welehrader Mönche ihre urfprüngliche Niederlaffung
verließen; hätten fie anfänglich alfo wirklich die Stätte
der ehemaligen Fürften-Refidenz aufgefucht, fo wäre
dann die zweite Niederlaffung, fomitdiejetztige Klofter-
kirche unmöglich an der Stelle des alten Königsfitzes
erbaut.
Steht alfo Welehrad auch nicht an der durch den
Fürften Ratislav denkwürdigen und durch den Erz-
bifchof Methud geweihten Stelle, fo bringt die Sage
und Volkstradition doch die ganze Gegend und fpe-
ciell Welehrad mit dem Leben und Wirken der beiden
Apoftelfürften Cyrill und Methud in Verbindung und
erfcheint Welehrad daher der gläubigen Menge als
eine befonders geweihte heilige Stätte.^
Stifter des im Jahre 1190, refpe6live 1201 ins Leben
gerufenen Welehrader Ciftercienfer-Klofters war der
Markgraf Vladislav Heinrich, der Bruder Kunig Pfe-
mysl Otakar's, welch letzterer diefe Stiftung in einer
Urkunde des Jahres 1202 betätigte.
Ueber Veranlaffung Vladislav's kamen unter dem
Abte Ticelin Mönche aus dem Klofter Plaß in Böhmen
in die Gegend von Welehrad und fchenkte ihnen der
Markgraf unter anderem auch „200 Joch Acker und
' Grabuugen in Altftadt dürften, wenn auch keine Baurefte, da man
damals (Milte des 9. Jahrhundert) wohl nicht in Stein baute, fo doch andere
Zeugen jener Zeit, wie Münzen, Bronze-tiesenftande etc. /u Tage fordein.
- IVoiny, Kirchliche Topoaraphie von M.ihren.
Dr. Diciiik, Gefchichte JMahrens, 1. Band.
('. Brandl. Welehrad 1860.
Dr. Diuiik, Antwort auf /•'. HraiuWs, Welehrad. iSf.o.
l', Brandt^ Entjj;egnun!,j d.irauf 1860.
Im ..Sbornik Velehradsky' und z\\ar unter anderen;
Jan Vychodil, im „Sbornik Velehradsky". Jahrgang II. S. 23.
J. D. Stocck, Das St. Jühann-Klofter in Mahren. Öasopi-s Oiom. Nr. 30.
Franz Miklih, Woraus können wir fchliclien, dafs wir auf dem Boden
des alten Welehrad ftehen.- Casopis Olom. 1890,8.26.
B. Sio<:ck, i388. Casopis Olom. 1888, S. 157.
V. H. Vinor Houdck, Casopis Olom. S. 40.
Chr. NirJ'chiiit'iitzcl's, Historia Moraviac tripartilac : Cineres Vclclira-
denses.
Hennanns Archivum Velehradense.
^ Daraus erklärt fich auch der heftige Kampf bezuglich der Richtigkeit
der einen oder der anderen Meiiuing; die nicht unbedeutende Literatur über
Welehrad entfprang in vollftcr und wärmfter Begeiftcrung für die Sache und
auch zumeift aus innerfter UebcT'zeugung der Richtigkeit der verfochtenen
Meinung fowie auch in dem Beftreben, zum Ruhme des Vaterlandes und zur
Ehre der eigenen Nation beizutragen. Daraus erklart lieh auch dasBeftreben,
bald diefes oder jenes Object, diefen oder jenen Ort mit den beiden Kirchen-
fürflen in Verbindung zu bringen, und daraus erklärt lieh auch die Thalfache,
dafs man bald da, bald dort byzantinifche KinflülTe, cyrillifche Kreu/e und
Kanzeln zu feheu vermeint, doch diefes mit Unrecht; Ungarn, 7velchcs Mähren
gegeniiiicr zumciß /ricdtuh war, ßand diesbezüglich fogar hindernd und
Jlorend entgegen. Ungarn felbft. welches dem byzantinifchen Reiche viel näher
lag und mit demfelben auch in fteter Fühlung ftand, zeigte auch nur fehr
wenige Spuren diefes füdlichen Kinfluffes: dagegen finden wir in der unzwei-
deutigften Weife dort, wie in Böhmen und Mähren, den mächtigen Einfluß des
Weftens (f. auch Eiielberger im Jahrbuche d. k. k. Centr.-Conim. I. Bd.). Um-
foweniger kann es daher bei Mahren dci' Fall fein, dafs wir auf byzantinifche
Baurefte ftolien ; hier in Mahren ift der Einfluß von Deutfchland über Böhmen
her, fpater der vom Norden und noch fpäter jener von Oefterreich zu verfolgen.
die öde vcrlaffene dem heil. Johann dem Täufer ge-
weihte Kirche," welche übjecie er von den Lcito-
mifchlcr Mönchen für diefen Zweck gekauft hatte.'
Als fich der Ort ihrer Niederlaffung als ungünftig
erwies, follen die Ciftercienfer im Jahre 1201 von ihrer ur-
fprün glichen Niederlaffung nach .St. Johann in Welehrad
uberfiedelt fein ; fie follen dafelbft bereits eine große
Kirche vorgefunden haben, die fich, wie man anführt, in
den erhaltenen romanifchen Reflen noch verfolgen
läßt. Man will dies damit beweifen, dafs diefe Refte auf
eine fünffchiffige flachgcdeckte Kirche, welche auch eine
Krypta befeffen hatte, hinzeigen. Da nun, meint man,
die Cillercienfer keine fünffchiffigen Kirchen bauten,
auch die erften waren, welche den Gewölbebau culti-
virten, und da fie weiters auch den Bau von Krypten
perhorrescirten, fo kann diefe urfprüngliche Kirche
nicht von den Ciftercienfer Mönchen herrühren, fondern
o Koslelan/
piUinaii/
lluslienoii)
BntMaa'
Uiig.Urad>s<ih
Fig.
wurde felbe von ihnen übernommen und wefentlich um-
geändert. Da fich die Ciftercienfer im Jahre 1201 in
Welehrad anfiedelten, fo entflammt fomit die von
ihnen vorgefundene Kirche zumindeft dem 12. Jahr-
hunderte.
Dafs eine große Kirche fchon vor Anfiedlung der
Ciftercienfer in Welehrad beftanden, will man auch aus
einzelnen Notizen und fpitteren handfcliriftlichen Auf-
zeichnungen folgern.
Dafür aber, dafs die Kirche uralt gewefen, fünf-
fchiffig und flachgedeckt war und eine Krypta befeffen,
führt man als Autorität den fürfterzbifchofl. Ingenieur
Meretta und auch einzelne Aeußerungen anderer
Sachverfländiger an. Mit Schrift und Wort trat man für
' IVolny, lozS fchenkte Herzog Bretiflav 1 der von ihm geftiftetcn
Probftei /u Spittlnau einen Theil von Welehrad (Pevina?) welcher fich nach
der im Jahre 870 erfolgten Zerftörung durch die Ungarn noch erhalten hatte;
.luch der übrige Theil fiel fpäter diefer Probftei zu, fo dafs diefelbe X131
das ganze (Vcligrad Iota) befal^. mit .\usnahme: ^eines Ho/es mit 2oo Joch
.■\cker und einer öden St. Johann der Tau/er. Kirche,-^ welche Theile EfetiHav
dem Klofter zu Leitomifchl gefchenkt hatte. Diefe 'l'heile alfo hatte Mark-
graf Vladislav von dem Leitoinifchler Klofter zu dem Zwecke der Stiftung des
Klofters Welehrad abgekauft.
Als erfte Befitzungen Welehrads kommen in der Beftätigungs-Urkundc
l'femyfl Otakars vor: die obgenannte Johanni-Capelle (ehemals au/ einem
bewaldeten Hügel beim Klofter) mit dem Hofe, dann die Dörfer Borfchitz,
ZIechov, Hufchtienowitz urd Koftelan, delTcn Gränze bis zum Wall der alten
Stadt reichte.
- 64 -
diefe Sache fodann oft, felbll: in fcharffinniger Weife
ein' und felbft auch in den Mittheilungen der k. k. Cen-
tral-Commiffion hat diefe Meinung bereits Eingang
gefunden, obwohl feitens der Rcdaclion der Mitthei-
lungen gegen die gezogenen Sclilüße wohl fofort
gerechte Zweifel erhoben wurden.
Als man Ende Mai 1891 bei Verputzarbeiten des
Kreuzganges ein altes Portal bloßlegte, wurde man in
den erwähnten Anflehten nur noch mehr beflärkt, auch
knüpfte man an diefen Fund bezüglich feines Alters
und Zweckes die weitgehendften Combinationen.
Seitens der k. k. Central-Commiffion erhielt daher
der Gefertigte die telegraphifche Aufforderung, die
Sache zu unterfuchen und darüber baldigft Bericht zu
erftatten. Bei dem hohen Intereffe, welches W'clehrad
UTicla-mc
ft i>Tnc»Tiifi;lic Rufte
^ B&..(te-n voT )6ai-
IM a«Mten TeU (6Si VerTchwu-nden-
B e>ctMten ■nctcKii.'Zffii cx.ufijüfiÜkrt',
l'-ig. 2.
Jahresfrift hätten erbauen können; man müße daher
einen Umbau annehmen. Diefer Umbau hätte darin
beftanden, dafs die fünffchiffige Kirche in eine drei-
fchiffige verwandelt wurde; nur die fünf Chorausbauten
beließ man;' dann wurde die Krypta caffirt, die ganze
Kirche eingcwölbt, der große achteckige Thurm über
der Virungskuppel errichtet etc. Ifl es nun möglich,
dafs die Umgeftaltung der Kirche, in dem Umfange,
wie man hier annimmt, binnen einem Jahre durch-
geführt werden konnte? Wie hätten die Ciftercienfer
in der kurzen Zeit von 1201 — 1202 dies alles ausführen
füllen r
Es wird weiter angeführt, dafs beim Baue des
großen Central-Thurmes die Ciftercienfer, um dem an
der Nordfeite des Kreuzfchiffes auftretenden Gewölbe-
fchube zu begegnen, dafelblT: den
mächtigen Ouaderbogen erbaueten.^
War 1202 von einer Kirche in
Welehrad fchon die Rede, fo muß
man fich erinnern, dafs man fich bei
Klofter - Niederlaffungen anfanglich
nicht feiten hölzerner Kirchen- und
Kloflergebäude bediente, brauchte
man doch zu den definitiven Bauten
Jahrzehnte und Jahrhunderte; auch
wurden Capellen oder das etwa fertig-
geflellte Presbyterium für den Gottes-
dicnft benützt; gewiß ifl man, wenn
man nicht annehmen will, dafs die
Mönche die in der Nähe befindliche
Johannis-Kirche anfänglich benützten,
ähnlich auch hier in Welehrad vor-
gegangen.'' Es fleht nämlich urkund-
lich feft, dafs die Klofterbauten in
Welehrad felbft noch 1238 nicht fertig-
geftellt waren. Fragen wir uns aber,
woher man überhaupt wiffe, dafs die
Welehradcr Kirche ehedem eine fünf-
fchiffige flachgedcckte Ikifilika war
luid eine Krypta befeffen habe?
Man ftützt fich einzig und allein
auf Aeußcrungcn des fürfterzbifchöf-
für Mähren hat und auch in gcfchiclUlichcr, archäolo-
gifcher und kunftgefchichtlichcr Beziehung mit Recht
beanfprucht, wurden von dem Gefertigten die Unter-
fuchungen umfo eingehender gepflogen , als fchon
nach einfacher Berichtigung des Bauwerkes die oben
erwähnten, fo vielfeitig und warm verfoclitenen An-
führungen mit dem baulich Vorhandenen nicht in lün-
klang zu bringen waren.
Zur Begründung der Annahme, dafs die Cifter-
cienfer von Welehrad eine fchon beftchendc Kirche
benützt und diefe nur umgebaut hätten, führt man
unter anderem auch an, dafs diefe Mönche doch erft
1201 ihre erftc Niederlaffung verließen und fchon 1202
von ihrer Kirche in Welehrad die Rede fei; es wäre
daher unmöglich, dafs fie diefes in feinem Umfange
noch heute beftimmbare große Gotteshaus binnen
' Dr. Xuprrl Precrchltl, MUCCXI. J. (XIII).
Viaor HouHrk, iMUCCXVI (37).
Pat. Vychoilit, in feinen vcrrchiedcnen Schriften u. a.
ichen Ingenieurs Mcrctta , nach
welchen die Kirche fogar aus tiem
lO. (!!!!) Jahrhunderte ftammen foll; im
Mauerwerke wollte er ausgefpartc Balkenauflager und
darin noch verkohlte Balkenenden gefehen haben, und
durch Grabungen bei der Haupt-Abfide fand er angeb-
lich, dafs unter der dermalen bcftehcnden (iruft noch
eine^ Krypta beilanden hatte. J. D. Stocek theilt ferner
in Cafopis 1885, S. 157 mit, dafs auch Oberbaurath
Bergmann in dem Sinne fich ausgcfprochen habe „dafs
der Bau der Welehradcr Kirche mit aller Beftimmt-
lieit aus der Zeit looo nach Chrifti herrühre und dafs
' Uics <;iitfprach, bei ftrciiKcr AlifLlilicIUiiiK ilt:r Munclic vun »Ici Außen
weit, auch ihr'.-n Kloftcrvorfchriftcn ; fiir die mit Vorliebe gepIluKeiien Einzein-
anclaclucn der Moiiube war ciitfprccliendc Vorforge zu trelTcn ; ganz iilinlichc
.Anlagen wie in Welehra<i linden ficb bei den Cillercicnfcr-Kirclien in Uroin-
Iiach (1154 — 1*74). in 'rhcniienbach (ii5(») et':.
- Auch <licfen Bogen führt man auf den Unibau durch die Ciftercienfer
/uriick, indem bei der Ciftercienfer - Kirche in Corway ein gleiches vorge-
kommen fei.
■• Siehe die frühere Fußnote, wo von einer auf einem bewaldeten Hügel
beim Klofter berindlic|j,en Johannis Capcllc die Rede ift. Anilcre wieder, fo
/ H. y. O. Sloi'-h in Casopis 1885 crwühnt, dafs „im Umfang des- heutigen
Welehrad llcfitzftarxies füdbftlich hinter den Kirchen- Ahfiden eine, urfprünglich
hem heil. Johann des Evang. geweihte Kirche beftanden li.ibe, welche y/^/i-r
.als HibliotliTU in Verwendung war, ahidicb wie lirombach. wo an t;li-ichtT Stelle
auch eine dem heil. Johann dem I*;vang. geweihte Capcllc beftanden hatte."
- 6s -
auch 1885 Fat. Lehner (in Prag) das von Merctta
Gefagte beflätigt habe."
Nun war Ingenieur Meretta, deflen anderweitige
Verdienfte fonft nicht gefclimälert werden follen, falls
er diefe Aeußcrungen wirklich gethan, kein gcfchulter
Architekt und in archäologifchen Fragen nicht einmal
ein Dilettant; bezüglich der angeführten Acnßerungen
des Ober-Baurathes Bergmann aber und befonders
jener des höchft verdienftvollcn P. Lclincr ift man
wohl zu der Annahme berechtigt, dafs fclbe Welehrad
nur fehr flüchtig oder vielleicht gar nicht gefehen und
fich bezüglich der gemachten Aeußcrungen einfach
auf das von Meretta Gefagte geftützt haben.
Obige auf die Behauptungen Meretta i aufgebau-
ten und publiciftifch verbreiteten Annahmen und
Hypothefen find aber alle hinfallig, wenn Meretta Un-
recht hatte, und er war im Unrecht.
Schon eine allgemeine Orientirung (Fig. i) zeigt,
dafs die in ihren Reflen noch erkennbare romanifche
Kirche ganz und gar einheitlichen Charakters war;
nirgends find Spuren eines 4. und 5. Schiffes oder einer
ehemaligen Balkendecke zu bemerken; trotzdem
wurden von dem Gefertigten gründliche Unterfuchun-
gen (Grabungen, Maueraufbrüche etc.) vorgenommen,
um die Unrichtigkeit der Behauptungen Merettds
jedermann zu er weifen.'
* Die erftcn Unterfuchungen und die Vermeffungeii an Ort und Stelle
wurden von dem Gefertigten felbft vorgenommen; für die weiteren zeitrau-
benden Arbeiten wurde der Lehrer Franz Mykiik in Allftadt gewonnen, der
Uebcr die Unterfuchungs-Rcfultatc wurden vom
Herrn Mykiik Zeichnungen angefertigt, alle Maße
hiebei eingetragen, und wurde fchließlich über das
Ganze ein Protokoll ausgeftellt, welches die Anwefen-
den (f Note 1) fertigten.
Schon aus der Thatfache, dafs fich an der Weft-
mauer des Querfchiffcs für das Dach eines fünften
Schiffes keine Dachfchmiege zeigt, kann man fchließen,
dafs die Kirche nicht fünffchiffig war; trotzdem wurden
längs der Mauer des nördlichen Seitenfchiffes (und
zwar in einer Entfernung von 4 M. von diefer Mauer)
mehrere Querfchächte (N, 0), von 2 M. Länge und i M.
Breite angelegt und bis auf den gewachfenen Grund
getrieben, ohne dafs fich irgend eine Spur einer paral-
lelen Längsmauer zeigte; nur bei der nordwcftlichen
Ecke des Querfchiffcs kam man auf eine Mauer und
eine nach links fich abbiegende Thürfchwelle. Bis zu
einer Tiefe von 250 M. beftand der Boden durchwegs
aus angefchüttetem Materiale.
Auf der Südfeite wurden in der Entfernung von
4 M. von der beftehenden Seitenfchiffmauer drei der-
lei Schächte (p, q, q) angelegt, ohne dafs man auf irgend
ein Mauerwerk traf; dagegen wurden die Fundamente
des gegenwärtigen Kreuzganges blosgelegt und ge-
funden, dafs felbe über einer alten romanifche Grund-
mauer auf Pfeilern und Bogenfundirt ifl.
hiebei von dem Redlor, d. S. J. Pater Vostatek, dem Pat. min. Pold und dem
Herrfchafts-Direi^or Trnka in entgegenkommendfter Weife unterflützt wurde.
(Fortfetzung folgt.)
Notizen.
I. (Goldfeliuiiick aus Merezei in der Bukowina.)
\m 8. Bande der Mittheilungen der k. k. Central-
Commiffion (Jahrgang 1882) erftattete der nun verdor-
bene Confervator v. Gutter in Sereth Bericht über einen
bei Hatna gemachten Goldfund. Im heurigen Jahre
(Anfangs Juni '1892) fand man neuerdings in jener
Gegend, wie bereits Correfpondent W. Schmidt aus
Snczawa notificirte (sub Nr. 50 der Mittheilungen 1892)
Goldgegenftände, und zwar ein Stück mit circa 50 fl.
und ein zweites mit circa 10 fl. reinem Goldwerthe.
Diefelben wurden bereits durch das Bukowiner Landes-
Mufeum angekauft und erfcheinen fo dem Lande
erhalten, während gewöhnlich thunlichft verheimlichte
Funde, Münzen etc., befonders aus der Gegend von
Suczawa, durch Zwifchenperfonen an Händler nach
Jaffy und Bukareft gelangen.
Von Sereth erftreckt fich nach Süden ein Hoch-
plateau, das gegen Suczawa hin in ein größtentheils
bewaldetes, durch tiefe Schluchten zerriffenes Hügel-
land übergeht. Den bedeutendften Terrain-Einfchnitt
bildet der im Hochplateau entfpringende, genau füdlich
gerichtete Hatna- oder Merizei-Bach, an deffen beiden
Ufern fich an feinem Unterlaufe die langgeftreckten
Orte Merizei und Hatna, letzteres am linksfeitigen
Ufer, befinden. Im Mittellauf des Baches, etwas ober-
halb Merizei, und zwar auf dem entgegengefetzten
hoch gelegenen Ufer liegt der Hügel Zamezysz, deflen
Name auf ein ehemaliges fefbes Lager hindeutet und
auf welchem, nach Mittheilung des Ingenieurs
A. Iffecescnl, Spuren von Brandgräbern bemerkbar find.
XIX. N. F.
In diefem Bache nun wurden nach einem Hochwaffer
die zwei in Rede flehenden, unten in Fig. I in natür-
licher Größe abgebildeten Goldgegenftände von einem
Grundbefitzer aus Merizei aufgefunden. Die Fund-
ftellen der Stücke kann (oder will vielleicht) der Bauer
nicht mehr angeben.
Fig. I. (Merezei.'
Das größere der Stücke befleht aus einem maffiven
Ringe, an welchen drei bewegliche, ebenfalls ganz
aus Gold hergeflellte Ringe hängen, die oben je mit
einem angefügten, mit Almantinplättchen ausgelegten
Ornamente verfehen find, an der Unterfeite aber zu
einem Haken ausgehämmert erfcheinen , der fich in
einer Entfernung von i'/^ Mm. unter dem Ornament
9
— 66 —
hinzieht. In diefen Zwifchenraum wurde unftreitig der
Stoff (feftes Leder r) gefchoben, auf welchem der
Schmuck — wahrfcheinlicli die eine Hälfte einer Spange
bildend — mit dem in der Zeichnung erfichtlichen
neun goldenen durch angefchmiedete Oefen gehende
Nieten befcftigt war.
Der zweite, ebenfalls maffiv in Gold gefchmiedete
und mit Aimantin (das mittlere Stück knopfformig)
ausgelegte Schniuckgegenrtand hat an feiner Unter-
feite einen perlftabartigen ausgefchnittenen, rundherum
laufenden Golddraht angelöthet und befitzt in der
Mitte einen durch die Grundplatte nach abwärts
reichenden, 5 Mm. langen, 2 Mm. ftarken Silberftift.
Die befchricbenen Schmuckgegenftände find im
Charakter und der Ausführung ziemlich ähnlich und
dürften orientalifchen Urfprungs fein.
Romsdorfer.
2. (R'ömifclw Funde in St. Polten.)
Im Juni 1892 wurde hier bei Aushebung eines
neuen Canallaufes von der Militär-Unterrealfchule her
gegen den Promenade-Weg am alten Stadtgraben,
— alfo im Nord-Werten der Stadt, — eine röinifclie
Grabflätte entdeckt, in mehr als Metertiefe.
Die Arbeiter lieferten quadratifche Ziegeln von
dem bekannten Umfange, auch längliche mit aufge-
bogenem Rande, Scherbenrefte (darunter folche aus
Terra sigillata) und dergleichen zu Tage. Man ftieß auf
Todtengcbeine, Scliädeln, zu deren Seite Urnchen
fichtbar wurden, wovon jedocli nur zwei erhalten
blieben (^cines circa 0"i6 Cm. hoch, ohne Glafur, an
der Halserweiterung eine reifartige Verzierung; das
zweite zeigt grünliche Glafur, wie dies der Periode des
K. Marc. Aurel entfprechen mag). Bald gerieth man
an ein beffer verwahrtes, mit Dcckftcinen gefchütztes
Grab, welches einen gemauerten Trog vorftcllt. Die
geringere Ausdehnung desfelben, fowie die vorfind-
iichen Gebeine und Sonrt:iges ließen auf die Ruheftätte
eines Mädchens fchließen. Es konnten ein intadles iri-
firendes Balfamarium, ein ringsum gekerbter Armring
aus yir/rzt'rtr.?c/« G/asßiiße (0065 Dm.) und eine Kupfer-
münze von Probus herausgehoben werden. Der Grab-
trog felljft wurde behutfam aus der Vertiefung ge-
braciit und ins flädlifche Magiftratsgebiiudc überführt.
Dafs hier herum „ciaffifchc" Fundftätten beftehcn,
ifl aucli aus anderen Ijerichten nachweisbar; beim
Baue der oben genannten militärifchen Erziehungs-
Anflalt kam ja auch ein römifches Grab und eine Gold-
münze zum Vorfchein (1853); Jahraus und jahrein find
diverfe Münzfunde zu verzeichnen, wie denn auch das
I)iöcefan-Mureum bereits 100 Stücke erwerben konnte
(Fundzeit circa 18O0 — 1892; l''undort: St. i'ülten inid
/wf/(/?i- Umgebung); darunter find Raritäten mindertens
zweiten Ranges. Weitere Nacligrabungen jiart an der
vorher ijerülnten Stelle liaben wenigrtens vtjrliiufig kein
befriedigendes Rcfultal gehefcrt; denn die zufällig blos-
gelegtcn mcnfchiichen Gebeine brauchen in unferem
Falle nicht gerade immer als römi/che zu gelten, unifo-
weniger, als das vor etlichen Jahren abgetragene ^^Rofa-
lia-Kreti-iß'oikl^'' ein I'ingcrzeig fein muß, dafs zu l'efl-
zeiten auf diefem I'ianc außer der Stadtgemarkung ein
Lciclienhof angelegt worden fei.
Namhaftes Intercffe muß ein neuerer l'"und
wecken, der am 14. September 1892 in der liicfigen
Kloftergaffe gemacht wurde; es handelt fich um zwei
große römifclu: Gedenk/leine. A. Der bei Dnellius
(Excerpt. geneal. hift. S. 303) befchriebene und (ibidem
S. 356) abgebildete Romerftein, welcher feit langer
Zeit als verfchoUen galt (f Sacken, Archäolog. Wegw.
V. O. W. W. S. 52) und feinerzeit in Hürm gefunden
worden ift, wurde nun wieder aufgedeckt, gleichfalls
aus Anlafs von Canalifirungs-Arbeiten. Er berteht aus
bläulichem Granit und ilf r57 M. hoch, 074 M. breit.
Oben erfcheinen in den Ecken die Figuren von
Delphinen, im Flachgiebel-Felde zwei Tauben, dann
folgt eine Spirale. Das eigentliche vertiefte, quadra-
tifch umränderte Infchriftfeld ift roi M. hoch, 0-49 M.
breit. Die Buchftaben (die oberen je 0'I3 M., die
unteren 008 M. hoch) zeigen den edlen correften
Lapidar-St}-|, und folgende Infchrift:
=71
M-NA-
MMIO
M'LIB
SVRiON
ANN'L
VLP'SPER
ATVS-MI
CO-FEC
Fig. 2, (St. l'ullen.)
Bekanntlich ift auch auf dem Karlßcitncr Roiner-
flein (f Sacken, Archäolog. Wegw. V. ü. \V. VV. S. 57),
derfelbe Name eines Ulpius Speratus erfichtlich.
B. Der zweite Gedenkftein, an der nämlichen Stelle
aufgefunden, i. e. St. Polten, Kloftergaffe, und wie fein
Kamerad als Deckplatte eines Canaics (!) dienend, — ift
etwas großer (r6s M., bezüglich lammt unteren Zapfen
185 M. hoch, 0'9i M. breit) und im Bogenfelde mit zwei
l?ruftbildern en relief (wohl eine mäinilichc und weib-
liche Geftalt) gefchmückt; von derlnfchrift felbft blieben
blos Iparliche Kelle erhalten:
A -
TASS
F
DO
- 6t -
Beide Steine wurden durch die dankcnswerthe
Mühewaltung des Herrn Vice-Bürgermeifters lirtl vor-
läufig in den Hof des Kathhaufes gebracht.
Fahrngrnbcr.
3. Confervator Klau/er hat der CentralCommif-
fion mitgethcilt, dafs am Fuße des Hügels Ruina bei
Sereth beim Anlegen eines Brunnenfchachtes zwei
Münzen gefunden wurden, die fodann an das Landes-
Mufeum in Czcrnoiuits gelangten. Es ifl zu bemerken,
dafs auf der Plattform des Hügels die Grundmauern
ehemaliger Gebäude noch vorhanden find.
Die eine Münze irt eine altrömifche mit dem Bilde
der Roma, die zweite eine des Kaifers Antonimis mit
deffem Bilde. Die durch den Fundort intereffantcn
Münzen find augcnfcheinlich auf dem Handelswege,
welcher das fchwarze Meer und die Donau mit der
Oftfee verband, an die Fundftelle gelangt. Sie gehören
zu einer Gruppe von Fundmünzen, welche das Bcftehen
und die Richtung dicfes Weges bezeichnen, und ift da-
her jede neue Oertlichkeit, welche durch folchc neue
Funde markirt wird, fehr wichtig.
4. Confervator Größer hatte fchon im vorigen
Jahre über den Fund eines Römerfteines bei der foge-
nannten Mariciikenfche in MofeL, Kärnten{{. Notiz Nr. 11,
Jahrgang d. Mitth. 1891) berichtet und der Hoffnung
Raum gegeben, dafs die Auffindung von Ergänzungs-
ftücken noch wahrfcheinlich ift. Nun hatte fich erge-
ben, dafs thatfächlich ein folches Ergänzungslfück ge-
funden wurde. Dazu ilT: gelber Kalkflein verwendet,
0-55 M. breit, 0-56 M. lang und 026 M. hoch. Ueber
dem regelmäßig gegliederten Gefimfe erhebt fich eine
blattgefchmückte Krönung mit den üblichen vier Eck-
hörnern. An der unteren Verbindungsfläche fanden fich
zwei Löcher, diagonal angebracht, an der oberen eine
Verzapfung. Ein dabei gefundener fteinerner Pinienapfel
dürfte zum Monumente gehören. Als eigentlicher Grab-
ftein mit Infchrift hat fich jedoch ein fchon bekannter
Stein in Wicting auf Grund genauer Meffungen ergeben,
welcher an der breiteren Längsfläche eine Vertiefung
in Rechtecksform zeigt, die wiederum oblong in der
Mitte zu einer Steinverbindung eingetieft ift. Die drei-
zeilige fchr abgenützte LTfchrift lautet:
V 1 1 1 1 10
d I I I I
VITAHIS
Die fchmälere linke Seitenfläche des Steines ifl; durch
eine Blattleifle vertieft, während die zwei anderen
fchmucklos rauh erfcheinen. Der Stein war für die Auf-
ftellung mit der Rückfeite an die Wand beftimmt, da-
her an der vierten Seite auch das Gefims nicht ganz
ausgeführt erfcheint Die Fundftücke find im Pfarrhofe
zu Guttaring, beziehungsweife Wieting aufbewahrt.
Das Mitglied der Central-Commiffion Reg. Rath
Dr. Kenner \\-a\X. den in Wieting gefundenen I^ömerftein
nicht für einen Grabftein, fondern für einen Votiv-Altar,
für erfteren ilt die hier angewendete Ara-Form in
unferen Ländern nicht üblich. Was die Deckplatte
anbelangt, fo ift felbe bereits, wie erwähnt, in den
Mittheilungen befprochen.
5. Confervator Prälat Ad. Dungel hat der Central-
Commiffion mitgetheilt, dafs in Rein bei Sl. Leonliard
am Forfl an jener Stelle, wo im Jahre 1891 ein Römer-
Hein gefunden wurde, Grabungen vorgenommen
wurden. Das Ergebnis war eine beträchtliche Menge
Steine mit Mörtel-Ueberreften, Thon von fchwarzen
dicken und feineren röthlichen Gefäßen und ftark ver-
weste Knochentheile in einer Tiefe von i — 2 M. Die
Fundergebniffe rechtfertigen die Anficht, dafs an diefer
Stelle ein römifchcs Grab beftand, welches fchon vor
Zeiten unterfucht und der zu Bauzwecken befonders
geeigneten Deckplatten und desinfchriftlleines beraubt
wurde. Der Römerllcin ill im Haufe des Grundeigen-
thümers eingemauert.
Bei Etzan nächft Ritprechtshofen wurde ein Tumu-
lus conftatirt, auf den bereits der Correfpondent
Fafcliing aufmcrkfam gemacht hatte. Er hat einen Um-
fang von 125 Schritten, ift circa 5 M. hoch, von einem
Bächlein umfloffen, noch nicht angegraben und hat auf
der Plattform circa 12 Schritte im Umfange. Bei dem-
felben finden fich fogenannte Hausberg-Thongefäße.
6. Geftützt auf einige Funde, die gelegentlich der
Rodung einer Hutweidefläche auf der Parzelle
,,Obesenea'-'' von dem Eigenthümer Magajna in Rosice
nächft Materia in Iflrien gemacht wurden ; ferner ge-
ftützt auf Funde, die gelegentlich meiner Anwcfenheit
im Herbfte des Vorjahres an vorgenannter Localität
gemacht wurden, veranlaßten mich auch heuer (1892)
einige Probegrabungen vorzunehmen, deren Ergebniffe
ich im Folgenden zufammenfaffe.
Die Grabungen wurden an folgenden Tagen vorge-
nommen:
Am 8. Auguft und am darauffolgenden 9. Auguft
Vormittag, am 12. September den ganzen Tag, und am
11. November 1892. Zwifchen den Ortfchaften Tublje
und Materia, an der Fiumaner Hauptllraße, liegt die
kleine Ortfchaft Roiice. Der Fundplatz, die Parzelle
„Obesenea,'' liegt ungefähr 250 M. füdlich von der
Hauntn.raße entfernt, gegen Süd, hart an der im Volks-
mundc gelegenen Landftraße, genannt Stara cesta =:
Alte Straße. Sie führt hart an das Gebirge und fcheint
der alte Fahrweg nach Triefl gewefen zu fein. Der
Eigenthümer diefer Parzelle hat einen Theil diefes
Iteinigen öden Plateaus in Culturland umgewandelt,
bei welcher Gelegenheit Brandfpurcn, gefpaltene
Knochen, Urnenrefte, Glas und eiferne Geräthe ge-
funden wurden.
Da am 8. Auguft die Erdäpfel auf dem cultivirten
Theile nicht abgegraben waren, ließ ich die nächlte
Umgebung an mehreren Punkten unterfuchen; doch
fanden fich nur unbedeutende Bruchftücke von Gefäßen
und Knochenrefle vor. Etwas beffere Funde machte
ich am 12. September und 11. November, wo die eigent-
liche Fundltätte angetroffen wurde. Unter einer kaum
15 — 20 Cm. mächtigen Culturfchichte fchwarzer Erde
wurden folgende Gegenllände gefunden:
Aus Thon: Randitücke von dünnen fchalenartigen
Gefäßen und Bruchltücke römifcher Lampen, Henkel-
llücke aus braun- und roth gebranntem Thon, Dop-
pelhenkel von fehr großen Weinkrügen, ein Bruch-
fl:ück einer Schale aus Terra sigillata und ein Bruch-
Rück eines fchalenartigen Gefäßes, innen und außen
roth glafirt, von außen mit concentrifchen Rippen und
Riefen geziert. Ein Bodcnflück eines kleinen Gefäßes
aus hellblau grauem, wahrfcheinlich ungebrannten
68 —
Thon. An allen Stücken haftet die fchvvarze Erde fo
innig, dafs mit der Entfernung derfelben die äußerliche
glatte Glafur verloren geht.
Aus Glas: Bruchftücke großer Glas-Urnen aus grü-
nem, bläulichem und gelblichem Glafe, gefchmolzene
Glasklumpen, gerippte oder gekerbte Randflücke von
großen Glasgefäßen.
Erwähnenswerth ift ein dreikantiges Glasftück, das
als Verzierung eines Giasgefäßes gedient hat und im
Umfange desfelben angeklebt wurde.
Aus Glas ein Bruchftück eines bauchigen Gefäßes,
das fowohl innen wie außen mit in das Glas vertieften
Rillen verziert ift.
Der Rand eines Glasgefäßes aus grünem Glafe
mit angebrachter Kerb-Verzierung. An jener Stelle,
wo Glasftücke gefunden wurden, zeigten fich deutliche
Brandfpuren, das Erdreich gefchwärzt, und Kohlen-
flückchen. Das Glas fämmtlicher Bruchftücke zeigt an
der Oberfläche zahlreiche Kritzer, die m.itunter parallel
angeordnet find.
Aus Eifen fanden fich vor, meift im guten Erhal-
tungszuflande ein Meffer, ein Schafkelt, ferner Nägel
von verfchiedener Form und Größe bald mit gewölbtem
bald mit flachem Kopfe, oft von einer Länge von 12 Cm.,
ferner zwei vierkantige gefchmiedete Stäbe und Bruch-
llücke von Thür-Haspen und fonftigen Eifenfachen.
An Münzen aus Bronze im mittelmäßigem Erhal-
tungszuflande ein Vefpafian, im Befitze des Galtwirthes
von Materia, der vom Befitzer des Grundes gefunden
wurde, ferner eine Münze mit dem Bildnis des Kaifers
Hadrianus, fchöner Kopf, die Reversfeite trägt eine
Frauengeüalt mit S. C. und einem III. Umfchrift unlefer-
lich. Eine dritte Münze aus Bronze zeigt das Bild der
Kaiferin FAVSTINA DIVA, der jüngeren Gemahlin
des Marc Aurel, mit fitzender Frauengeftalt auf der
Reversfeite. Eine vierte Münze zeigt wieder das Bild
der FAVSTINA, auf der Reversfeite die Umfchrift
SECVRITAS und die Frontfeite eines Denkmals mit
zwei weiblichen Figuren und S. C. Ein Mngerring aus
Bronze.
Unter den Münzen der Neuzeit aus Silber ein
Grofchen aus d. J. 1709 mit dem Bildnis des Kaifers
Jofeph I. Die Reversfeite zeigt den Reichsadler mit
dcm.l. im Mittelfelde und die Umfchrift:
ARCHIDVX'AVSTRIÄE • 1709.
Schließlich fanden fich noch Knochen und Zähne
von Hausthieren, namentlich vom Rind, Schaf untl
Schwein.
Auf demfelbcn Felde, wie in nächfter Umgebung,
fanden ficli auch Bruchftücke von Fcuerdcin und Achat,
namentlich in der nördlich gelegenen Doline, wo der
Befitzer Erde ausgehoben hat, desgleichen auch neben
dem auf der Parzelle befindlichen Waffertümpel, der
felbfl bei der großen Dürre im September einiges
Waffer enthielt. Sämmtliche I""euerlteinfplitter zeigen
Spuren von Bearbeitung oder find Abfallsfpäne; einige
von diefen zeigen .Spuren von Schlagmarken und er-
weifcn fich als Zeugen einer vorgefchichtlichen Anfied-
lung, welche durch die nachherigen Welterobercr in
Befitz genommen wurde. Die Bora, jener heftige Nord-
Oft-Sturm, hat auch hier flellenweife das Erdreich und
damit die Culturfchichte weggeblafen und uns nur
wenige Rudera antiker Cultur an gefchützteren Stellen
hinterlaffen.
Nach einer Mittheilung des Vicars Herrn Anton
Palior dafelbft ftieß ein Bauer beim Graben unter der
Erde auf eine große behauene Steinplatte unter der
fich thönerne Gefchirre, Schmuckgegenftände, Münzen,
Werkzeuge, wie Hacken, Aexte, Schaufeln, Hufeifenetc-
befanden. Daneben fand fich ein Grab, das mit einem
flachen Thonziegel gedeckt den Leichenbrand beher-
bergte, darin ein Thränenfläfchen mit einer Bronze-
münze darinnen. Einige Münzen von der Größe unferer
Vierkreuzer-Stücke zeigten das Bild des Löwen mit
den Buchftaben S. G. Ein Bauer dafelbft befitzt noch
jetzt eine Steinurne mit Deckel, 35 Cm. hoch und
der Durchmeffer der breiten Aushöhlung ift 29 Cm. In
diefer Steinurne fand fich eine Glas-Urne mit Leichen-
brand. Der Pfarrer befitzt von diefem Funde ein fichel-
förmig gekrümmtes P2ifenftück.
Mofcr.
7. (Ein Madonnenbild der altbolunifclien Sciade.)
In meinen kunfttopographifchen Mittheilungen
aus den fürftlich Schwarzenbergilchen Befitzungen in
Südböhmen (Mittheilungen der Central-Commiffion etc.
1891 S. 37) gedachte ich mit kurzen Worten des auf
Holz gemalten Madonnenbildes aus der fogenannten
alt-bühmifchen Schule des 14. Jahrhundeits in der
Minoriten-Kirche zu Bohniifcli- Kruviau. Das Kunftwerk
ift in der Folge zur böhmifchen Landesausftellung nach
Prag, fowie jüngfl nach Wien gekommen, und es wurde
dadurch möglich, es genauer zu unterfuchen, als es
früher bei feinem hohen Standort in der Kirche möglich
gewefen. Die Compofition ift die traditionelle, mit der
Halbfigur der Madonna fammt Kindlein im Bildfelde
und auf dem viereckigen Rahmen kleine Figürchen von
den Heiligen Franciscus, Ludovicus, Bonaventura, Anto-
nius, Clara auf den verticalen LeilTen, während auf
der oberen horizontalen drei kleine Engelbüftchen mit
Spruchbändern gemalt find. Den Text der letzteren
bilden Verfe des marianifchen Hymnus : Regina codi
laetare; auf der unteren Lcifle ficht man ilrei Propheten-
bruftbilder, ebenfalls mit Sprüchen.
Das Gemälde ift auf Holz mit Kreideüberzug auf
Goldgrund gemalt, ift aber ftark übermalt, roh neu
vergoldet, hat überhaupt mannigfach gelitten und ift
fchon vom Haufe aus nur eine mittlere Leiltung jener
Richtung des Trecento, welche man gewohnlich Bud-
weifer Schule zu nennen pflegt.
Bemerkenswerther aber ift an dem Werke ein ge-
fchichtlich beachtenswerther Umftanil. Unter der einen
Heiligengcftalt find zwei Wapi)enfchilde gemalt, der
eine getheilt in Altungarn und Anjou, der andere mit
den Emblemen Neapels. Hieraus geht hervor, dafs das
Bild mit Königen Ungarns aus dem Haufe Anjou-
Neapel zufammenhängen dürfte, wahrfcheinlich alfo
entweder mit Karl Robert (1309 — 1342), odei-, was
mehr für fich hätte, mitdeffen Sohn Andreas (1327 — 1345).
Kunfthiftorifch ergeben fich dabei allerdings fchwierig
zu beantwortende I-'ragen. lll das Gemiilde von einem
füil-bohmifchen Künitler für Ungarn gemalt worden.^
Wenn dem fo fein foUte — obwoiil ein Zufanimenhang
der füd-böhmifchen .Schule mit jenen Fürften kaum zu
erklären fein dürfte — fo könnte fich dagegen wohl
eine Erklärung dafiir fuiden, auf welche \Veife das
- 69
Werk aus Ungarn nach Böhmen zurückgekommen
wäre, indem Sigismund der deutfche Kaifer und König
von Böhmen, welcher aber feit 1387 bis zu feinem Tode
1437 auch über Ungarn geherrfcht hat, es nach feiner
Heimat gebracht haben könnte.
Eine andere Frage wäre die: Haben ungarifche
Könige das Bild vielleicht für das Klofter in Kruwau
gefliftet? Die Annahme fcheint fehr unwahrfcheinlich.
Denn abgefehen davon, dafs wir von Beziehungen der
Anjou's zu Kriimaji nichts vviffen, wurde das dortige
Minoriten-Klofter erft 1357 gelliftet, das mit "demfelben
vereinigt gewefene Clara-Klofter daneben er(t 1361. Von
den beiden genannten Königen Ungarns, welche hier
in Betracht kommen könnten, ftarb aber der jüngere
fchon 1345. Wir müßen es Specialforfchern des Terri-
toriums überlaffen, ein klareres Licht in die nicht ganz
unintereffante Angelegenheit zu bringen.
11^.
8. Confervator Civil -Ingenieur Pafclier hat der
Central-Commiffion über die Rellaurirungs-Arbeiten
an der St. Nicolaus-Kirche zu Eger Mittheilung ge-
macht. Schon vor Jahren war durch Baron Scliniidi
die tiringende Reftaurirungs-Bedürftigkeit diefer Kirche
conftatirt worden, wie denn auch bald darauf ein
Reftaurirungs-Projeft nach den Angaben des Eben-
genannten durch den Architekten Karl R. v. Schlächter
angefertigt wurde. Anfänglich verfuchte man die
Gewölbe und den DachlUihl zu erhalten, was fich aber
bald als unmöglich herausftellte. Bevor die Demolirung
der Gewölbe in Angriff genommen wurde, wurden
diefelben im Hinblicke auf den Beftand von etwaigen
alten Malereien unterfucht. Die Mühe war nicht ver-
gebens. Man fand durch 3 bis 4 Kalktünchen verdeckt
folche noch vorhanden. Mit der Abtragung der Ge-
wölbe wurde nunmehr für fo lang inne gehalten, bis
die Malereien unterfucht und durch Aufnahmen der
Nachwelt erhalten gemacht waren. Von den 15 Joch-
gewölben des Langhaufes waren zwölf bemalt, auf den
drei mittleren konnte keine Spur einer Malerei gefun-
den werden ; man kann mit Sicherheit annehmen, dafs
diefe Gewölbe fchon einmal ausgewechfelt worden
find. Der Bauzuftand derfelben war ein ganz vorzüg-
licher, auch war die Qualität des Materials eine etwas
beffere. Der genannte Confervator ließ die Malereien
photographifch aufnehmen. Mit Ausnahme eines einzi-
gen zeigen die Bilder auf einen tüchtigen alten Meifter;
vortrefflich Rylifirtes Rankenwerk und Blumen find dar-
geftellt als Umrahmung von biblifchen Bildern und
folchen aus dem Leiden Chrifti, Bilder der Evangeliften
und Propheten etc. (16. Jahrhundert). Unter perfönlicher
Leitung des Confervators geht das Reflaurirungs-Werk'
vor fich. Ende i'
werden die baulichen Arbeiten
abgefchloffen fein; für das bezeichnete Jahr erübrigt
nur die Herftellung des Gewölbes, des Verputzes und
der Fenfter. Der neue Dachftuhl fteht bereits.
9. Confervator Sclimoranz hat an die Central-
Commiffion über die Kirche zu Chotoun bei Böluiiifch-
Brod berichtet, daraus zu entnehmen ift, dafs die
frühere Pfarrkirche erbaut zu Ehren St. Peter und Paul
1384 bis zum Jahre 1816 beftand, in welchem Jahre fie
wegen Baufälligkeit abgetragen wurde. Nur der Kirch-
thurni mit den Glocken vom Jahre 1664 [von Nicola7ts
Low, Glockengießer in Prag) find als Ueberrefte ge-
blieben. Jedenfalls flammen die noch jetzt in der Kirche
befindlichen zwei Bilder aus der St. Peter- und Paul-
Kirche, darunter eines St. Peter und Paul vorftellend,
achteckig, das der Schmuck des Haupt-Altares war'.
Das Bild gilt in der Literatur für ein Bild des Karl
Skreta, trägt aber unverkennbare Anzeichen des Ent-
ftehens im 18. Jahrhundert an fich. Zwei kleine Bilder
(St. Maria und St. Jofeph) hingegen können wohl eher
diefem Meider zugefchrieben werden, obwohl die Mei-
nung befleht, dafs das Jofeph-Bild von Peter Brandl
flamm e.
10. Confervator Cl. Ccrmak hat an die Central-
Commiffion berichtet, dafs er in der Gemeinde-Ziegelei
SU Caslau wieder große neolithifche Gruben-Anfied-
lungen aufgefunden hat. Einige diefer Gruben waren
über 10 M. breit und 15 M. tief Außer den gewöhn-
lichen großen und groben Gefäßen war da eine
Unmaffe von mit feinem Strich- und Band-Ornament
verfehenen vom mittleren ncolithifchen Typus. Sehr
hübfch gefchlagene Hornfiein- und Feuerfteinmeffer
lagen gewöhnlich zwifchen den Scherben. Zwei präch-
tige Amphibolith-Aexte und ein gefprengtes Ham-
merbeil wurden in den Gruben entdeckt, aber keine
metallenen Werkzeuge. Befonders charakteriftifch ift
ein irdener Seiher (Rauchgefäß.-) ganz von derfelben
Form, wie er m Leiigyel von IVoßnsky gebunden wurde.
Li einigen Gruben waren ganze Lagen von ausgebrann-
tem Lehmbewurf und zwifchen ihm große Mahlfteine
und Knochen vom Rind. Von wilden Thieren fand man
hier bis jetzt nicht ein Stück Knochen. Die große
Anfiedelung zählte über hundert Grubenwohnungen
und dehnt fich weiter gegen Süden aus.
In der Ziegelei in der Vorftadt KoSeliih bei Caslau
fand der genannte Confervator an der Fundftelle des
gefchweiften Bechers eine ansa lunata und einen Ham-
mer aus Hirfchgevveih mit vierflächigem glatt ausge-
fchnittenen Loche. Drei ähnliche Hämmer grub man
auch auf dem nahen Hrädek aus.
^Die heurigen Forfchungen (1892) auf dem Hrädek
in Caslau beftätigten die früheren Anfichten und man
konnte ganz deutlich die emporfleigende Cultur von
der Terramare-Zeit in die Halllfätter Periode, dann
den Uebergang zu der La Tene-Periode, zu der fich
ohne Abgränzung die ältere flavifche Burgwalltypus-
Zeit gefeilte, erkennen. Ober diefem lagen noch mäch-
tige Schichten des jüngeren Burgwalltypus mit einem
Skelet in der gewöhnlichen Weft-Oft-Lage, dabei ein
eifernes Meffer. Von den zwei großen Feuerherden mit
einer Unmaffe von Afche ftreckte fich der nördlichlte
durch alle Schichten bis zum Felfen. Daneben wurde in
neuerer Zeit ein Wafferbehälter im Durchmeffer von
15 M. bis zum Felfen angehauen; denn es gingen
Scherben mit Wellen-Ornament bis zum Felfen. In der
oberften Schichte fand man ein Denar des Fürften
Vladislav II. und einen durchgebohrten Zahn von
einem großen Bären. Bemerkenswerth ift, dafs auch in
diefer oberften Schichte viele Bronzefchlacken und
ausgebrannte Stücke von einem Schmelzofen lagen.
Die größte Tiefe der Culturfchichten betrug 3-8 M.
In der unterften Schichte fand man nur Knochen der
Hausthiere, während in den Zwifchenfchichten fehr
— 70 -
viele Gebeine und Geweihe vom Reh u. f. und vom
Hirfchen waren.
In Brosdiiek bei Melnik an der Elbe fand man zwei
Menfchenfkelette in einer uralten Anfiedelung aus der
mittleren HalUtätter-Periode. In großen Feuer-Herden
und Gruben lagen ganze, aber auch zerfchlagene gra-
phitirte Gefäße, auch ein Doppelgefäß, viele beinerne
Pfeilfpitzcn, ein hubfch mit Würfelaugen ornamentirter
Kamm. Große Mahlfteine und zerfchlagene fteinerne
Hämmer gehörten zu dem Inventarium des Ortes, Hier
fand man vor Zeiten auch die fchöne bronzene Schild-
nadel, die' das Prager Mufeum ziert. Alle Sachen
kamen in das Bezirks-Mufeum in Melnik.
II. NordwcQlich von der dem heil. Nicolaus
geweihten Filial-Kirche zu Vidic bei Ktätciibcrg ftcht
auf dem Friedhofe ein Glockenthurm neueren Datums,
und in diefem hängen zwei recht intereffante Glocken.
Die größere mißt bei der fchrägen Höhe von 65. Cm.
86. Cm. im Durchmeffer und trägt am Hälfe einen
breiten ornamentalen Steifen, in welchem nackte ver-
fchiedene Inftramente fpielende Genien zwifchen Bäu-
men dargeftellt find. Unter diefem Streifen läuft rings-
herum ein Kranz aus flylifirten Akanthusblättern. Der
Mantel ifl voll von Relief und Infchriften. Man erblickt
hier zuerft den gekreuzigten Heiland; das Kreuz i(t
flach gehalten, der Korper aber frei, plaflifch modcllirt,
gelblich-weiß, die Wunden roth, das Lendentuch und
die Krone grün; zu beiden Seiten ift folgende Infchrift:
KRISTVS VM
CHI
A WSTAL Z M
OSPRA7/EDL
RZELZAHRZI:
NASSE
RTWICH PRO
NIENI NASSE
Am Fuße des Kreuzes, das mit drei Keilen im
Boden bcfeftigt erfchcint, liegt der Todtenkopf mit
einer Schlange, im Hintergründe ift eine Landfchaft
angedeutet, im Vordergrunde flehen zwei Figuren.
Diefelben follen Maria und Johannes vorflellen, es ift
aber dabei nur eine, nämlich die den Jünger Johannes
darflellendc Form zweimal benützt worden, und die
Darflellung untcrfcheidct fich nur durch die Farben;
die Köpfe find gelblich weiß, der Anzug ifl aber bei
der einen Figur ganz grün, bei der andern i(l das
Untergewand grün, der Mantel zinnoberroth.
Auf der anderen Seite fieht man den heil. Nicolau.s,
eine große ernfte Geflalt, deren Kopf bis in den orna-
mentalen Kranz hinreicht; fein Geficht und Pedum find
gelblich-weiß, die Mitra, das Buch und das Velum des
Krummftabcs grün, das Pluviaie war gelb. Zu beiden
Seiten des Heiligen ill folgende Legende in kleiner
Lapidarfchrift:
Leta panie: i. 5
lan gest . Zwon
kchwalc panu
mu . skrze tomasse
Kuttnach . do
zalozcni swatc
.9.9. Slit a Vdio-
tento ke czti a
Bohu wssemohuczi-
konwarze nahorach
Wsi Widicz kostclu
ho Mikulasse, za spra-
wowani wrozencho pana Martina Wilhama z Wu-
stanova toho czasu Hcytmana na Malessowie
Etwas weiter rechts liest man :
MARTIN WILHAM Z WV
STANOWA
und darunter erblickt man in einem edel ausceführten
Kranze das Wappen Wilham's. Im rothen Schilde fleht
eine weiße Figur, die Linke auf die Hüfte gelKitzt, in
der erhobenen Rechten eine heraldifche Lilie haltend;
reiche gelbliche und rothe Helmdecken umgeben den
Schild, der Helm, an welchem fich die Halbfigur als
Schmuck wiederholt, trägt grüne und rothe Hörner.
Links von der Legende ift ein Schildchen mit
einem einköpfigen Adler und über dem Schildchen ein
gekröntes R; noch weiter links befindet fich die In-
fchrift :
SWATI MARTIN
und unter derfelbcn ein den heil. Martin darfteilendes
Relief Das Pferd ift weiß, die Rüftung, die Stiefel und
der Bart des Heiligen find fchwarz, der Mantel roth,
als Kopfbedeckung trägt er eine rothe mit Pelz ver-
brämte Mütze. Der Körper des Bettlers ift g-elblich
weiß, die wenigen Kleider find grün;
im Hintergrunde
fieht man in der Landfchaft eine Stadt mit Mauern
und Thürmen. Im Kranze lauft ein 9 Cm. breites Blatt-
Ornament, welches von den Figuren hie und da
unterbrochen wird.
Die Farben find Email- Schichten, welche auf die
fertige, vielleicht zum zweitenmal erhitzte Glocke auf-
getragen wurden, wie einige auf die glatte Glocken-
flache gefallene Tropfen beweifen. Die gelblich-weiße
Farbe ift von dem ziemlich glatten Grunde theils abge-
fprungen, theils von Schmutz faft unkenntlich gemacht;
dagegen hat fich die zinnoberrothe gut erhalten, das
Grüne ift durch eine künftlichc O.xydation erzielt
worden. Außer den angeführten plaftifch behandelten
Infchriften liest man auf der Glocke noch folgende im
goldgelben Tone auf dem Metall gefchriebene Namen:
Daniel . krczmai^z
Ssimaczek . richtarz
Ssima . antoss .
toho czasu kostelniczi
Von dem Meifter Thomas, welcher der berühmten
Gießerfamilie der Klabal in Knttenbci-<r entftammte,
findet man im Caslauer Krcife fehr viele zwifchen den
Jahren 1557 — i^oi gegoffene Glocken, welche durch
elegante Renaiffance - Ornamente, Reliefs und weit-
läufige Infchriften fich auszeichnen. Die Vidiccr Glocke
i(l freilich mit ihrer Farben-Ausllattung ein Unicum,
und es war ein folches Experiment nur in Kuttenberg,
wo bei der Hüttenarbeit vcrfchiedene Schmelzproceffc
erprobt werden konnten, und wo dam;ds auch die
Töpfer wunderfchöne Glafuren in reicher Farbcnfcala
zuzubereiten wußten, möglich.
Die zweite Glocke ift ein Werk des berühmten
Kuttenberger Gießers Andreas P/acek; diefelbeift 61 Cm.
hoch, hat 80 Cm. im Durchmeffer und trägt am Hälfe
folgende Minuskelinfchrift : Anno domini m c c c c 1 x X
X I X hec campana fufa eft ad honorem dei per magift-
rum andream paczk . (sie!), fonit ift fie außer den ge-
wöhnlichen Zierleiften ganz glatt. Trotz dem hohen
Alter ill die Oberflläche nur fchwach oxydirt und der
Kranz fehr wenig ausgefchlagen; vorzügliches Metall,
fchöne Form, angenehmen Klang, aber wenig Orna-
mente findet man an allen Werken diefcs Meifters.
Confervator Jof. Branis.
1 2. (Das Schloß Juval.)
Wer etwa an einem fonnigcn Nachmittage über
die warmen Lehnen oberhalb der Schnalfcr Brücke
71
zur altelirwiirdigen und ftolz thronenden Vcfle Jnval
liinauflleigen will, der müge vviffcn.dafs die Bellchtigung
des Innern diefer Burgruine bei den gegenwärtigen
Verhältniffen nicht mehr Jedermanns Sache fein kann;
denn das Schloß mit feiner weitgebietenden Ausficht ift
feit kurzem auf feiner hohen, in fenkrechten Wanden
abftürzendcn ichmalen Felfenterraffe völlig unnahbar
geworden. Nur durch ein halb \'erfchüttetes Hinter-
pförtchen des älteren Theiles, auf fchliipferigem,
fchmalen und fchwindeligen Felfenfteig find deffen
Hofräume und Verließe noch zugänglich (vgl. Grund-
riß: Mittheilungen n. Y. 1890, S. 141 2). Der fcharfe
Zahn der Zeit bezwingt endlich auch dicfe kühnfte
Burg des unteren Vinftgaues und weiht fie bald dem
völligen Untergange. Außer der Erinnerung an unftei b-
liche Herrlichkeit wird, wie es den Anfchein hat, an
diefer Stätte in nächfter Zukunft nichts mehr übrig
bleiben als die entzückende Fernficlit nach allen Seiten
hin und der fchaudernde Blick hinunter in die romaii-
tifche Untiefe derFelfenthore des allbekannten Schnal-
fer Thaies, deffen Wacht Juval feit Jahrhunderten ver-
fchcn hat. Blickte man feit mehreren Jahrzehnten faft:
nur mehr durch öde Fenfter ins Firmament, fo fmd nun
vollends in der Mitte der letzten Woche des 06lobers
um II Uhr vormittags drei Räume bis auf eine Haupt-
mauer und auf BruchÜücke von Ouermauern mit ihren
Fresken und Infchriften in edehl:er Früh-Renaiffance
durch einen AbRurz theils blosgelegt, theils zertrüm-
mert worden und die Stücke bemalter Wände können
als letzte Erinnerungen an vateilandifche Profanmalerei
aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts zufammengefucht
werden. An der Südweftfeite ift nämUch eine mächtige
Mauerwand, die über dem alten Aufgang zum Schloße
oben auf dem Felfen fich erhob, endlich abgeftürzt,
eine ganze Muhr von Mauertrümmern hinter fich laf-
fend, und hat den alten AufQieg zerriffen und verfchüt-
tet, zugleich auch den Terraffeboden des oberen Ge-
maches aufgebrochen. Die Kemmenaten und Schlaf-
gemächer der edlen Schloßherren find nun gänzlich
den zerftörenden Witterungsunbilden preisgegeben und
fchimmern im Abendglanze in buntefter Farbenpracht
dem baldigen Untergange unrettbar entgegen. Die
Sockel-Medaillons: Mofes, Jofua, Gedeon, Kain und
Abel, Samuel und Tharaf, die früchtebeladenen Guir-
landen und Feftons, die arabeskenartigen mit Putten
und Köpfen, mythologifchen und klaffifchen Helden
verflochtenen Laubwerke der Wände und die mit Lor-
beer bekränzten Häupter, die Infchriften auf Thür- und
Fenftergefims-AIalerei, alle find dem ficlierften Unter-
gange geweiht, wenn nicht eine berufene Hand wenig-
ftens nach Thunliclikeit noch zu copiren verfucht,
welcher Mühewaltung alle diefe letzten Reftc höchft
würdig wären.
Atz.
13. In der berührriten Teinkirche zu Prag ift das
Monument des Aftronomen Tyclio de Brake aufgeftellt.
Die Abbildung in Fig. 3 veranfchaulicht die Geltaltung
desfelben. Es ift eine rothmarmorene Platte, einge-
rahmt von einem fchmalen Infchriftrahmen und zeigt
im vertieften Bildfelde die aufrecht ftehende und vor-
wärts gewendete Geftalt eines Mannes, angethan mit
einer vollll:ändigen, im Charakter des 16. Jahrhunderts
beliandelten und verzierten Rüftung, mit der Linken
den mächtigen Schwertgriff haltend und die Rechte
auf einem Globus, der auf einem neben der Figur
ftehenden araartigen Poftament aufgeftellt ift, aufge-
ftützt. Auf der Bruft hängt dem Ritter über dem Cüraß
eine breite gegliederte Ehrenkette, daran ein Kleinod.
Das Haupt ift unbedeckt und beim Hälfe tritt eine
üppige Kraufe aus dem Harnifch heraus; Helm und
gefchobene Handfchuhe liegen links zu Füßen der Figur.
Das derbknochige Antlitz zeigt einen bejahrten Mann
mit Schnurrbart und Kinnbart und eine von der Stirn
'iNr'O DoiWTTPCTdieXäBI
Fig. 3- (Prag.)
ziemlich weit über den Kopf zurückreichende Glatze.
Die Figur fteht unter einem baldachinartig aufge-
zogenem Vorhang. Das zweimal behelmte Wappen ziert
die Vorderfeite der Ära.
Die am Rande der Platte umlaufend angebrachte
Infchrift lautet:
Anno Douiini M.DC.I. die XXIV Oaobris | obiit
ilustris et generosus Dnus Tycho j Bralie Dnus in
Kund I strup Xc praeses Uraniburgi Xc Sacrae
caesareae | majestatis consiliarius. Cujus ossa hie
requicscunt.
Infchrift des Epitaphium oberhalb des GrabftciTies-
— 72
Esse potius quam haben'.
Illustris et generosus dnus Tycho Brahc Danus,
Dnus in Kundstrup, arcis Uraniburgi in insula Hel-
Icsponti Danici Huenna Fundator, instrumentorum
astronomicorum, qualia nee ante sol vidit, ingeniosis-
simus idemquc liberalissimus inventor et exstrudlor,
antiquissima nobilitate clarus, sua auflior. animo,
quaecunque coelo continentur, isnmortali gloria com-
plexiis. Astronomorum omnis saeculi longe princeps
totius orbis coininodo sumptibus imniensis exaftissi-
mas intra minuta minutorumque partes triginta amplius
annorum observationes mundo primus intulit. Affixasi-
dera intra minutum ejusque semissem restituit. Hippar-
chi solius ab orbe condito vel Diis improbos in oftava
duntaxat gradus parte conatus longissime antegiessus,
utriusque luminaris cursum exquisite restauravit, pro
reliquis erraticis solidissima tabularum Rudolphearum
fundamenta jecit, mathematicarum peritis inveteratam
Aristotelis et asseclarum doclrinam de sublunari
cometarum novorumque siderum situ demonstrationi-
bus inviclis exemit, novarum liypothesium author, in
Sagyricis et universa Phiiosophia admirandus. Evoca-
tus ab invictissimo Rom. Imperatore Rudolpho II. do.
mirae doclrinae et candoris exempla dedit. Ne vixisse
fiustra vidisse videretur, immortaiitatem etiam apud
antipodas scriptorum perennitate sibi comparavit
planeque qualis esse, quam haberi maluit: nunc vita
funclus aeternum vivit. Ejus exuvias uxorisque triennio
post defunftae, haeredes liberi sacro hoc loco compo-
.suerunt. Obiit quarto Calcnd. Novemb. Anni Clnirtiani
Dionysiaci MüCI. Aetatis suae LV.
Non fasces nee opes
Sola artis sceptra perenn.
Tyclio de Brake, einer der berülimtcftcn Aftro-
nomen, geboren 14. Deccmber 1546 zu Knndßnip,
Danemark, f (obiit quarto calend. 1601) 24. Oftober
1601, ftudirte auf den Univerfitiiten zu Kopenhagen und
Leipzig, wendete ficli anfänglich der Rechtswiffenfchaft
zu, begann aber fclion 1560 mit erfolgreichen aftro-
nomifchen Beobachtungen; von 1565 an, als Herr eines
bedeutenden Vermügen.s, widmete er fich ganz der
Agronomie und wurde vom Konig Chriflian II. von
Danemark in feinen wiffenfchafllichen Beftrebungen
kraftigfl unterftützt. Da ihm deffen Naclifolger nicht die
gleiche Gefinnung entgegenbrachte, folgte er 1599
einem Rufe Kaifer Rudolph II. und überfiedelte nach
I'rag. Derfelbe bewilligte ihm einen anfehnlichen Jalues-
gehalt, fchenkte ihm das Schloß Bcnak, doch fchlug
Brake km Domicil in Trag felbd auf Bei feinen Arbei-
ten unterflützte ihn fein Nachfolger Kepler. Bra/ie
lieirathete im Jahre 1573 eine Bauerntochter aus feinem
Geburtsorte Ktindßrup. Er befaß die kleine Infel Ifvecii
am Sande al.s Lehen und ein Schloß mit Laboratorium in
Marienburg. Er flarb 55 Jahre all am 24. Odober 1601.
14. (Das Renaiffance-Grabinal der Gräfin liarbara
Tarno'wfka in der Duinhirche von Tarmnv.)
Die Stadt 'Jarrnkv in WeJIgalizien war feit Mittel-
alter Sitz beriihmter und machtiger polnifcher Adcls-
gcfclilechtcr, welche ihr Andenken durch eine Reihe
kunftvoller praclitiger Grabmonumente in der alten
gotiiifchen Domkirche ' vonTarndw verherrlicht haben.
' Vgl. Vinor Mnkarewi.z. I)ic golliifclicn Chorijcftiilili: il.r K.ithcclralc
in Tarnow (Millh. d. Centr.-Comin. Jahrg. 1875 und „Cicwcrbchallc" Slutlgart.
Zu den zwar kleineren aber kunfthiftorifch wichtig-
flen und fchonften Grabdenkmalen der erwähnten
Domkirche gehört das Grabmal der Gräfin Barbara
Tarnowfka, geborenen Tenczynfka (f 1521) der Gattin
des berühmten General-Oberbefehlshabers (Hetman
wiclki koroiiny) der polnifchen Streitkräfte; Grafen
Johann Tarnown<i f 1561.
Diefes Denkmal im edlen Styl der italienifchen
Hoch-Renaiffance erbaut,* befindet fich an der Weft-
wand des füdlichen Seitenfchiffes der orientirten Kirche.
Das Monument ift auf Confolen, welche mittclft Akan-
thusblättern in Flach-Relief gefchmückt find, an die
Wand angerückt.^ Unmittelbar auf den Confolen ruhet
eine Art fchön profilirten Gebälks, an dem die Halb-
faulen (gegenüber dem Befchauer von vorn als flache
Pilafter fich darftellend), welche das abfchließende
Gebälke mit Giebeldach flützen, fliehen. Das Giebelfeld
(Tympanon) ift gefchmückt mit einem incruftirten
Diskus.
Das Ganze dient als decorative Umrahmung fin-
den in der Mitte in einer Art Nifche auf einem fchönen
Sockel ftehenden Sarkophag, auf dem die Porträts-
Statue an einem Kiffen fanft das Haupt auf den Arm
(nach Andrea Sanfovino's Methode) gelhitzt und gegen
den Befchauer gewendet, in halbliegender Stellung
ruht. Man ficht eine fchöne junge Frauengeftalt in
einem befcheidenen Coflüm einer polnifchen Edeldame
aus der erften Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die Dra-
perien-Bildung ift eine kunftvolle. Man ficht deutlich
den Unterfchied in der Behandlung des wollenen
Kleides und des etwa leichteren Stoffes der Aermel.
Der Sarkophag ift mit einem ftylifirten Pflanzen-
Flachornament, welches an den Ecken in Flach-Relief
übergeht, decorirt. Auch find fchwache Spuren einer
I^emalung an dem Sarkophag übrig geblieben. Die
Grundfläche war grün und die erhabenen Ornamente
orange mit rother Betonung.
Der Hintergrund der Bild-Nifche hinter tler Statue
durch verticale Streifen in drei gleiche Felder getheilt,
ift in der Mitte mit einem Medaillon, welches Madonna
mit Chriftuskind darfteilt, und an den Seiten mit zwei
fchön ftyilifirten Wappenfchildern, alles in Halb-Relief,
gefchmückt. Der linksfeitige Schild ftellt das \Vapj)en
„Leliwa" der l'^amilie Tarnowfki (fechsftrahligen golde-
nen Stern ober dem goldenen Halbmond im blauen
Felde) und der Schild rechts das Wappen „Topor"
der Familie Tenczynfki (ein filbernes Ikil im rothen
l'elde) vor.
Die Decke der Nifche ober dem Sarkophag ift
mit einem gebrochenen etwas erhabenen gcometrifchen
Lincar-Ornament decorirt.
Der .Sockel unter dem Sarkophag hat analog ileii
beideii l'iladern eine]5afe, ift oben mit fchön profilirtem
Gefims abgefcliloffen uiul trägt vorn eine Art Car-
touche mit marmorner Infrhriftcn-Tafel, auf der fulgende
Worte zu lefen find:
Barbarae de Thenczyn Nicolai Russiae Palatini l<"iliae,
l'oeminae Moribus pudicitiatiue insigni Joannes comes
inTharnow Callellanus Cracovien. Cc^niugi svavissimae
maestus posuit.
Vixit annis XXXI. obyl /\nno 1521.
' Vgl. ßttrckAariU, Gcfchichtc der RcriiulTancc in Ilalicii S. i.\o. Die
wicIitigRci) (irabcriypcn.
- Dr. IV. lyemrtrykiewicz, Milth. d. Ccntr. ■ Coinin. 1887, Ild. .XHl,
S. CXIX: 1888, JJd. XIV, S. 314 j 1892, lid. XVUl, S. 61.
- 73 -
Die Architeclur ill im allgemeinen glatt behandelt,
und nur ausnahmsweife an den Confolen, Capitälen,
Wappcnfchildern und einer herabhängenden Verzierung
in Form von zwei unten zufammengebundenen Voluten,
welche Zwilchen den Confolen das Monument nach
unten abfchließen, mit Akantluisblätterii in Flach-Relief
verziert. Das ganze Denkmal, die Porträtllatue nicht
aui^genommen, ift aus weißem
Pinczüwer Sandrtein gebaut
und an verfchiedenen Stellen,
wie an den Pilaftern, dem
Friefe, dem Diskus des Gie-
belfeldes, an den Confolen,
mitrothem Marmor incruftirt.
Weder eine Untcrfchrift noch
ein Künftler- Monogramm
nennt uns den Schöpfer diefes
durch ungemein edle Maß-
verhaltniffe, künfdcril'che
Durchbildung der Details und
anmuths volle Befcheidenheit
der Decoration kunfthiftorifch
wichtigen Werkes. Das nähere
Betrachten des bcfprochenen
Grabdenkmals läßt faft keinen
Zweifel übrig, dafs man hier
mit einer Leiitung einer Ab-
zweigung der römifchen, unter
Einfluß des Andrea San/o-
vino thätigen, Bildhauer-
Schule zu thun habe.
Es ift aber anderfeits
bemerkenswerth, dafs eine
nähere Vergleichung diefes
Denkmals mit manchen ande-
ren polnifchen Monumenten
aus derfelben Zeit und be-
fonders mit den prächtigen
Renaiffance-Denkmalen der
Bifchöfe Tomicki (f 1535),
Gamrat (f 1545) und Macie-
jowfki (t 1550) in der Kra-
kauer, und des Erzbifchof-
Primas Dzierzgowfki (f 1559)
in der Gnefener Domkirche,
fowie des Renaiffance - Ci-
borium- Altars in der Marien-
Kirche zu Krakau durch auf-
fallende Aehnlichkeit charak-
teriftifcher Details, wenn nicht
übeiall, auf diefelbe Künftler-
hand, fo doch auf gemein-
fame Conceptionsquelle hin-
zuweifen fcheint.
Zur näheren Beleuchtung
der obigen Ausführungen
wäre an die bekannte hiftorifche Thatfache zu erinnern,
dafs in Folge der Verheirathung des polnifchen Königs
Sigismund I. mit Bona Sforzia im Jahre 1518 die
Beziehungen Polens zu Italien immer lebhafter fich
geftalteten und ganze Gruppen italienifcher Künftler,
Architekten, Bildhauer etc. nach Polen berufen wurden.'
' \'gl. Dr. H. Sokoio-wski, Die italienifchen Künftler der RenailTance in
Ktak.iH. (Repertoriura für Kunftwiffenfchaft 1S85).
XIX. N. F.
Das befprochene Grabdenkmal ift fehr gut erhalten
und in feiner urfprünglichen faft intaclen Form uns
überliefert worden; es ift jedoch fehr zu bedauern, dafs
in den letzten Jahren die fehlenden abgebrochenen
Spitzen der Akanthus-Blätter an den Confolen in einer
unbeholfenen wahrhaft ftyllofen Weife ergänzt wurden
(Fig. 4). Deinetrykiewics.
l'ig. 4. (Tainöw.)
15. Confervator Profeffor Alajonica hat an die
Central-Comiffion berichtet, dafs im Jahre 1891 von ihm
im Dorfe Kozarscc eilf römifche Gräber aufgedeckt
wurden, welche einen fehr intereffanten Inhalt ergaben.
Man fand Afchenurnen aus Thon, Glasfeherben von
größeren Baifamarien, Eifenwaffen, vergoldete Glas-
Perlen, kleine Armfpangen und zwei Fibeln nach Art,
wie fie der früheren Kaiferzeit zugefchrieben werden.
74
Oefllich diefes Ortes, füdlich von Wolt/chach, liegt die
kleine Ebene von Cigino, wofelbft im Alterthume
Ziegelöfen beftanden haben müßen, da der ganze
Boden noch jetzt mit Ziegelbruchftücken beftreut
ift. Auch heute befinden fich dortfelbfl; gegen die
Straße von St. Lucia große Ziegelbrennereien. In
füdlicher Richtung an der Straße gegen Görz find
wiederholt bei Canale Münzen und Anticaglien ge-
funden worden, und im vorigen Jahre fand man in der
Nähe von Flava am Abhänge der neuen Straße fehr
fchöne Eifengegenftände, die dann an das Görzer
Mufeum kamen ; dermalen zwei Pflugfeharen, eiferne
Palftäbc und eine eiferne fehr intereffante Opfergabel.
16. In jüngfler Zeit wurden in der Nahe des
freiherrhch Walterskirchen'fchen Maierhofes zu Wolfs-
thal nächfl: Haiinburg gelegentlich von Erdarbeiten
in einer Tiefe von circa 3 Schuh drei menfchliche
Skelette gefunden, von denen zwei bei der Grabung
zerflört wurden, das dritte Skelet ift unverfehrt ge-
blieben. Der Kopf ift gegen Weften gerichtet, die Füße
.Händen gegen Süden. Bei jedem Skelet fand fich ein
kleiner fchwarzer Thontopf, bei zweien lag das Gefäß
bei den Füßen, bei einem beim Kopf. Zwei Gefäße
fielen in Scherben, eines ift ganz geblieben. Bei diefen
Fundverhältniffen fleht außer Zweifel, dafs es fich
hier wirklich um prähiftorifche Gräberhandelt. Weitere
Unterfuchnngen erfchienen nach dem Referate des
Y)x.Mucli fehr empfchlenswerth. Wolfs/ hal \ü bereits als
Fundort prahiftorifcher Bronze-Gegenftände bekannt,
da dortfelbR im Jahre 1845 fieben Beile mit Schaftrohr
und zwei Sichelfragmente in einem Thongcfäße verwahrt
Efefunden worden find.
17. Confervator Straberger hat der Central Com-
miffion mitgetheilt, dafs im Monate Oclober in der
Nähe der Ausmündung der Traun in die Donau ge-
legentlich der dortfelbrt llattfindenden Regulirung der
Traunuferein nichtpolirtes gut erhaltenes Steinhammer-
Beil aufgefunden wurde, das nachmals an das Mufeum
zu Z/ä.- käuflich gelangte.
18. Confervator Majonica hat an die Central-
Commiffion berichtet, dafs bei Charfreit (Caporello)
im Ifonzo-Tliale, wo feit mehreren Jahren Grabungen
mit fehr beachtenswerthen Erfolgen durchgeführt
wurden, auf dem Berge S. Antonio, wofelbft eine
antike Umwallung und viele prähiftorifche und rümifche
Uebcrrefte noch vorhanden find, von einem Knaben
zufiillig ein goldener Ring gefunden wurde. Selber
wurde vom Landes-Mufeum zu Görz um 60 fl. erworben.
Der Ring hat einen Goldwerth von 40 fl., ift maffiv,
glatt gearbeitet, nur in dem an der vordem Seite ange-
brachten quer-ovalen Kaflen mit ftark vortretendem
Rande (0015 M. tiefj befinilet fich ein antiker ge-
fciinittener Stein mit der Darfteilung eines Adlers, in
dem Schnabel einen Kranz tragend, auf einem Blitze
ftehend und links vor ihm ein Palmzwcig (die Attrüjute
des Jupiter vi6tor; f. archaeogr. Triestino, XVllI. Bd.,
1892, S. 267).
19. Confervator Dr. /'// hat der Central-Com-
miffion mitgetheilt, rlafs in feinem Bezirke im vergan-
genen Jahre keine Grabung und kein Fund von Be-
lang vorkam. In Podbaba hingegen wurde wieder eine
Partie von Gräbern aus der Zeit der Völkerwanderung
aufgedeckt; diefe Gräber ergaben als Beute fünfKänime,
wovon zwei fehr fchön verziert zu den feltenften E.xem-
plaren gerechnet werden können, etwa fünf Fibeln, zwei
Perlenfchnüre, einen Schildbuckel, Speer- und Lanzen-
fpitzen, Schnallen und andere Kleinigkeiten neben
zehn Gefäßen. Ein größeres Grabfeld von über 100
Gräbern aus dem 10. — 11. Jahrhundert wurde bei Libic
exploitirt. Das Grabfeld gehört wahrfcheinlich in die
hiftorifch bekannte Zeit, wo auf dem Burgwall von
Libic die Sliwnikovici und (i\c Vr soviel k\i^en. Es kamen
auf dem Grabfelde einige unregelmäßige Beftattungen
j'or, indem einige Leichen in kauernder Stellung be-
graben lagen; fonft fand man die Leichen in vollftän-
diger oder theilweifer Steinpackung, auf einem Brett
liegend oder mit einem Brett zugedeckt, in ausge-
höhlten Baumftämmen oder Särgen begraben. Bei den
Leichen wurden im Ganzen fünf Perlenfchnüre,' eine
größere Anzahl von Schliifenringen, eiferne Mcffer,
einige Gefnße und ein Eimerchen gefunden.
Bei Michle wurde eine Siedelung conftatirt, da
eine kohlenhaltige Schichte von etwa 2 M. Höhe ab-
getragen wurde; diefelbe enthielt unten Scherben von
dem Typus der Dobrichover Gräber (3. bis 4. Jahr-
hundert und reichte ununterbrochen bis zum 10. bis
II. Jahrhundert) hinauf, was auf eine ununterbrochene
Siedelung und ein Volk hinweift. Eine zweite folche
Siedelung fand fich bei Libsic, wo auch Brandgräber
entdeckt und eines davon (mit einem Bronze-Bruch-
ftück) aufgedeckt wurde. Zu erwähnen ift noch, dafs
Gräber aus der Völkerwanderungs-Zeit in Libic ge-
funtlen und folche auch in MicJile conftatirt wurden.
Ein La-Tene-Grab wurde bei Ohrad geöffnet. Ein
darin befindliches Skelet lag nach Oft-Weft, hatte ein
Armband von Bronze an der linken Hand, ein eifcrnes
bei der rechten Schulter.
20. Confervator Slrnad bat an die Central-Com-
miffion berichtet, dafs das Mufeum zw Pilfen einen bron-
zenen Palftab ohne Lappen, der in der Nähe von einem
Bauer gefunden worden war, und eine fteinerne Streit-
axt mit gebohrtem Loche , gefunden bei Kralovic,
erworben hat.
Bei Zelezny Oujezd nächft Nepovink hat man im
Sommer eine größere Menge filberner Münzen ausge-
ackert. Die meiften Stücke waren Münzen aus der Zeit
Königs Vladislav'.s, und der Kaifer Ferdinand I., Maxi-
milian II. und Rudolph II. Vereinzelt crfcheincn dar-
unter verfchiedene deutfche Stiidte und Fürftenthümer
vertreten. Die Münzen gehören der Zeit zwifchen der
zweiten Hälfte des 16. und dem Beginn des zweiten
Viertels des 17. Jahrhunderts an.
21. Confervator Diredlor Btilic hat iler Ceiilral-
Commiffion mitgetheilt, dafs er im vorigen Jahre auf
der Infel Lijfa einige Grabungen durchführen ließ. Bei
diefeni Anlaffe fand man im Garten des dortigen
Franciscaner-Convents eine alte Mauer, die unzwei-
felhaft zum zerftörten Amphitheater gehört. Die weite-
ren Grabungen bellätigtcn diefe Annahme und find
jetzt fanimtliche Mauerrede desfclben bloßgelegt.
75
22. Confervator Profeflbr Berger hat der Ccntral-
Commiffion mitgetheilt, dafs im September 1892 ficli
ein etwa 2 M. großes Stück des Deckenverputzes in der
militärifchen Winter reitfcliiile zu Salzburg loslöfle und
zu Boden fiel. Glücklichervveife waren es keine Haupt-
partien des Rottmayer'fchen ]5ildes, welche dadurch zu
Grunde gingen und dürfte das Gemälde leicht wieder
ergänzt werden können. Die Urfache der Loslöfung
des Verputzes liegt wahrfcheinlich in dem Abrollen
des Stuccatordrahtes. Mit kommendem Frühjahre
wird die fchadhafte Stelle wieder hergeftellt werden;
übrigens ergab eine Unterfuchung der übrigen Decke,
dafs fich die fchadhafte Stelle nicht fehr weithcrum
ausdehne. Vorläufig wurde vorgeforgt, dafs eine
weitere Loslöfung des Bewurfes unmöglich ift.
23. Confervator Berger theilte der Central-Com-
miffion mit, dafs die St. Ulrichs-Statue, die fich auf
dem Hoch-Altare der Filial-Kirche zu Scheffau bei Gol-
ling aufgellellt befindet — ein Ueberrcft von dem an
die Stiftskirche amNonnberge abgegebenen gothifchen
Flügel-Altare — unter feiner Leitung einer pietätvollen
Reftaurirung unterzogen wird. Selbe ift einigermaßen
fchwierig, indem fich infolge Wurmftiches einzelne
Theile des Holzes bereits abbröckeln.
24. Die Mjitter-Gottes-Siatue in der Krypta des
Dovies zu Gurk.
Im Kirchenfchmuck Nr. i, Jahrgang 1893, finden
wir eine Notiz über die Mutter Gottes-Statue in
krönte Statue der Mutter Gottes mit dem Kinde, die
jedoch nicht mehr vollftändig in der urfprünglichcn
Geftaltung auf uns gekommen ift, aufgeftellt auf einem
entfprechcnden Altar in einem Schrein unter Glasver-
fchluß. Dr. Schuerich erhielt die Erlaubnis, das Schnitz-
werk näher zu unterfuchen. Dasfelbe ift 52 Cm. hoch,
in der Bafis 22 Cm. breit. Die heilige Jungfrau fitzt in
ftarrer Haltung auf einem polfterbelegten von zwei
Stufen erhöhten Throne. Ein Schleier umwallt ihr
Haupt, über die linke Schulter ift vorn querüber ein
Tuch <Tele<Tt, mit der Linken greift fie an die rechte
Bruft. Am rechten Knie fitzt, von der Mutter Hand
unterftützt, das mit einem kurzen Röckchen bekleidete
I^Gurk.)
der Krypta des Domes zu Gurk von Dr. A. Schnerich,
die wir nicht unbeachtet laffen dürfen und ihrer Wichtig-
keit wegen — wenn auch im Auszug — unferen Lefern
mittheilen zu foUen glauben. Es ift eine kleine voUge-
Fig. ö. (Maria-Zeil.)
Jefukind, in die Höhe fehend und in der Hand einen
Apfel haltend. Eine Krone mit Sternenkranz aus Metall
ziert das Haupt der Jungfrau (Fig. 5). Als Veränderungen
kann man conftatiren: Der Thron mit dem Polfter ift
verbreitert worden, der Hals des Jefukindes ift durch-
fchnitten; auch ift überhaupt die Handhaltung der Mutter
Gottes nicht recht klar. Ucber die Veränderungen gibt
uns ausreichenden Auffchluß der Papierzettel, welcher an
der Rückfeite der Statue in einer Vertiefung durch
einen Schuber verfchloffen gehalten ift. Aus demfelben
ift zu entnehmen, dafs der Tifchlermeifter Martin
Herberger auf obrigkeitlichen Befehl an der Mutter-
Gottes-Statue, welche vormals die das Kind fäugende
Mutter vorftelltc, nicht nur alle fchadhaften Theile aus-
gebeffert, fondern auch foviel es thunlich derfelben eine
beffere Proportion und gcfchmackhaftere Stellung ge-
geben hat (20. Auguft 1784). Durch diefe Nachricht
ift die frühere Gruppirung ziemlich klar geftellt. Der
Kopf des Kindes war daher gegen die heil. Mutter
gerichtet, zu der es aufblickte, dem entfprechend war
auch die frühere Handrichtung Mariens. Diefer Reftau-
rirung gehört unzweifelhaft auch an die Verbreiterung
des Thrones, der Stufenunterbau, die heutige Poly-
chromirung, Krone und Sternenkranz an. Ungeachtet
diefer fehr bedauerlichen Aenderungen erkennt man
ganz deutlich das altehrwürdige Schnitzwerk, deffen
Haupt-Difpofition dennoch diefelbe gebHeben ift. Der
lO*
-je -
wenig gerundete Thron, die ftark aneinander geflellten
Füße, der viel zu große Kopf der Jungfrau, die ebenfo
behandelte Hand derfelben, das fein gefaltete Gewand
der Mutter weifen auf das frühe Mittelalter als Ent-
ftehungszeit hin. Ueberblickt man die ziemlich gleich-
zeitigen Mutter Gottes-Sculpturen und damahge ältere
Darflellungen, fo findet fich wiederholt die das Kind
ftillende Mutter und der Apfel in der Hand des Kind-
leins I Alt-Oetting, Maria-Saal, Maria-Zeil). Mit letzterem
befteht aber eine ganz befondere Darftellungs-Ver-
wandtfchaft. Die Mutter-Gottes von ganz ähnlichen
Körperverhältniffen fitzt ebenfo ftarr, das Gewand ift
ganz ähnlich geordnet, das Jefukind bekleidet. Das
Brufltuch fehlt ob der geänderten Darflellung, dafür
reicht die Mutter-Gottes mit der Linken dem Kinde
einen zweiten Apfel (Fig. 6). Diefe Sculptur dürfte in
das erfte Viertel des 13. Jahrhunderts zu fetzen fein. Eine
nahe Schulverwandtfchaft beider Statuen fteht außer
Zweifel. Als älter ift aber wohl die Gurker zu bezeichnen.
Fragt man nach dem Grund der Veränderung, fo fcheint
es Herrn Dr. Sclinerich fehr wahrfcheinlich, dafs die
Statue bis zum Jahre 1784 bekleidet und unverändert
war und auf den bekannten Befehl des Kaifers Jofeph II.
die Hülle verlor. Da mag man Anftand an der aller-
dings recht naivaber doch keufch gegebcnenDarftellung
genommen und die Veränderung durch den biederen
Tifchlermeifter — in unferen Augen allerdings eine
arge Schlimmbefferung — angeordnet haben.
25. Confervator Profeffor Zachariewicz hat der
Central-Commiffion intercffante Nachrichten über ein-
zelne Baudcnkmale in Zoikiew zukommen laffen. Das
ehemalige Schloß bezeichnet derfelbe als in einem
jammervollen Zuftand befindlich. Einzelne und gerade
die intcreffanteftcn Theile find den fchlimmen VVitte-
rungs-Einflüßen ungefchützt ausgefetzt. Um das ebenfo
Fig. 7. (Zöfkiew.)
hiftorifch als archäologifch wiclitige Gebäude zu er-
halten, mußte eine eigene Rettungsaflion ins Leben
gerufen werden, wozu begründete Hoffnung vorhanden ifl.
In der bezeichneten Stadt find noch zwei alle
Stadtthore erhalten, das eine heißt das Glinskcr-, das
andere das Thiergarten-Thor. Letzteres ifl das minder
kofibare, aber bisher nicht reflaurirt, während das
erftere in den Siebziger-Jahren reftaurirt worden ift. Das
Thiergarten-Thor {Fig. 7.) ift bereits fehr fchadhaft und
wird jetzt auf Antrag der Confervatoren ausgebeffert.
Der Dachftuhl muß erneuert werden, doch bleibt die
alte Geftaltung erhalten. Der Putz wird nur dort
erneuert, wo er fchadhaft ift, wie überhaupt das alte
Bild des Thores nicht verändert werden wird.
26. Correfpondent M'öratJi hat mitgetheilt, dafs
Se. Durchlaucht Fürft Adolph Scinvarzcnberg die
Räumung des fchönen Capitclfaales zu Goldenkron, der
bisher als Magazin benützt wurde, angeordnet hat.
Auch werden die im Fußboden des Kreuzganges ein-
gelaffenen wichtigeren Grabmale, darunter das des Hein-
rich von Welecin, f 9. IV. 1355, herausgenommen und
behufs befferer Erhaltung in dem Capitelfaal aufgeftellt.
27. Die Central-Commiffion wurde in neuefter
Zeit auf den Verfall des fürfterzbifchüflichen Gurker
Schloffes zu Straßburg aufmerkfam gemacht. Das
Schloß wurde zur Ruine durch brutale Menfchenhände.
Straßburg gehört zu den bedeutendften und fchönften
Burgfitzen nicht allein Kärntens, fondern in den öfler-
reichifchen Alpenländern, und enthält noch heute in
ihrem arg zerfallenen Beftande zahlreiche kunft-
hiftorifche und hiftorifch wichtige Details, fo die Ca-
pelle, die beiden prachtvollen Eingangs-Portale, den in
feiner Art einzigen Arcadenhof, abgefehen von manch
werthvollen gothifchen Reften, die fich in dem eigent-
lichen aus dem 17. Jahrhundert ftammenden und eine
einheitliche Anlage bildenden Gebäude zu behaupten
vermochten. Wenn man das Schloß befieht, fo drängt
fich unwillkürlich der Gedanke auf, es fei dasfelbe
dem Verfalle mit Abficht preisgegeben. Jedenfalls wäre
der Verfall bereits merklicher, wenn (Jie noch gefunde
Dachung nicht das Gebäude für einige Zeit gegen die
WitterungsUnbildenfchützen würde Dafür hat aber die
Menfchenhand in letzter Zeit arg gewüthet, felbft den
fchonenganz intactenSchloßhof nichtgcfchont und das
Gebäude als herrenlofen Ziegel- und Bauftein-Bruch
betrachtet, von wo man nehmen kann, was man eben
braucht. Das fchöne Capellen-Portal wurde faft ganz de-
molirt. An etwa zehn Stellen wurden die Deckenplatten
der Arcadenbrüftungen gewaltfam abgebrochen und
weggefchleppt. In den oberften Stockwerk'en wurden
ganze Zwifchenwände zum Einfturze gebracht, fo dafs
der auf die unteren Gewölbe flürzende Baufchutt auch
diefe an mehreren Stellen durchfchlug. In der Scliloß-
Capellc wurde die Menfaplatte und das Pllafter weg-
genommen, den Stiegen entnahm man einzelne Stufen,
fo wie man fie eben benüthigte. Dem gedeckten Auf-
gange fehlen bereits die fteinernen Stufen bis zu einer
ziemlichen Höhe; auch das Dach diefer Stiege ift fchad-
haft und fängt die Bretterbedachung an fiebartig zu
werden. Boshafte und habgierige Leute dringen durch
Ueberfteigcn einer niedrigen Brefche der Schloßmauer
in das Innere der Burg, und das gcfchicht alles, unge-
achtet diefelbe noch thcihveife be\VL,hnt ift uiul eigent-
lich bewacht werden foll.
Der Ilauptcingang in das Schloß führt durch ein
prächtiges Portal, das iin Rundbogen gefchloffen \iiii
zwei Säulen (lanlcirt, oben mit einem Wappen und
einein (jiebelabfchluß geziert ift. Links führt nocii
eine kleine Seitenpforte durch die Schloßmauei'. Die
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Infchrift fagt: Joannes VII. Epvs et Princeps giirccnsis
Ao. 1685. Im fchmalen aufftcigenden Hofe ftehen
links Oekonomiegcbäude und einige Hütten für alte
Inwohnerinnen, die jetzigen Burgwächter. An diefen
Gebäuden erkennt man Sgraffitto-Refte am Fenfterund
Malereien (1588). Der Hof erweitert fich alsdann und
krümmt fich gegen den feften Wartthurm, wofelbft der
zweite Schloßeingang angebracht ift. Der fchöne
Rundbogen iit von Pilaftern flankirt und trägt geraden
Sturz. Hier die Infchrift: Card. Joannes VII. 1686,
darüber ein Giebel mit Archivolt.
Die Schloß-Capelle befteht aus einem faft quadra-
ten Raum von 4'28 M. Länge und 4'03 M. Breite, gegen
Often fchließt der halbkreisförmige Altarraum an von
330 M. Tiefe. In der Apfis ein romanifches Fenfler.
Vor der Capellc eine große Vorhalle. Vom Altare
find nur Bretterrefte übrig. Man erkennt noch einige
aus etwa dem vorigen Jahrhundert flammende Wand-
malereien: Maria- Verkündigung, die Flucht nach
Egypten, Mariä-Heimfuchung, St. Anna, St. Joachim,
Johann der Täufer, die Kreuzigung, Mater dolorosa,
Mariä-Himmelfahrt, St. Ignatius, St. Franciscus, in der
Gewölbehöhe den heil. Geift. Beim Stiegenaufgange
ift zu lefen:
Melius est vocari ad olera cum caritate, quam
ad vitulum saginatum cum odio !
gratia. . .episcopum gurcensis hanc inferiorem. .
totam . . . aedibus .... scalis de novo restauravit anno
dom. MDCXI.
In der Vorhalle des erften Stockwerkes erkennt
man unter der Tünche i'^ Bruftbilder von Bifchöfen mit
Infchriften. An einem fpät-gothifchen Portale befindet
fich das Steinmetzzeich'
" vi/
28. Um die Mitte Dccember 1892, fo berichtet
Confervator Berger in Salzburg, erhielt er die Nach-
richt, dafs die Platte des im Orte Oberalm befindlichen
hiflorifch-denkwürdigen Schrannentifches durch Mutli-
wille zertrümmert wurde. Der auf einem freien öffent-
lichen erhöht gelegenen Platze zu Anürii"- des Ortes
llimili(ii%>y;T— - ~:^ ■'''.
Fig. 8. (Oheralm.)
aufgeftelltc Schrannentifch befteht (Fig. 8) aus einem
etwa 70 Cm. im Geviert meffenden gemauertem Fuße
von circa 65 Cm. Höhe, darauf eine rothmarmorne
Platte von 75 Cm. Dicke und i-2o M. Seitenlänge ruhte.
Diefe Platte fand der Confervator in drei Stücken ge-
brochen zu Seiten des Fußes auf dem Erdboden. Als
urfächliche Veranlaffung wird von den Ortsbewohnern
angegeben, dafs ein trunkener Burfche im Uebermuthc
die fchwere Platte aufhob, aber wegen ihres bedeuten-
den Gewichtes wieder zurückfallen ließ, wodurch fie am
harten Unterbaue zerfchellte. Der Confervator und die
Gefellfchaft für die Salzburger Landeskunde hat nun bei
der Gemeinde vermittelnd eingegriffen, damit die Platte
auf ihre alte Stelle gebracht und möglichft zufammen-
gefügt werde. Dafs diefer Tifch eine hiftorifche Bedeu-
tung hat, ift außer Zweifel ; an ihm wurde durch Jahr-
hunderte volksthümliches Gericht gehalten. Oberalm
gehörte in erzftiftlichen Zeiten zum Pfleggerichte Glan-
eck; im Bezirke des letzeren beftanden zwei folche
Schrannengerichte, das eine zu Anif, das andere zu
Oberalm. Der muthwillig zertrümmerte Tifch ift der
ftumme Zeuge der einftigen Bedeutung des Ortes.
29. Confervator Dr. Rosmael berichtete, im ver-
gangenen Herbfte zu Helstin nächft W.-Meferitfch
auf einem Belvedere genannten Hügel auf freiem Felde
Fig. 9. (^Helstin.)
Thongefäßfcherben gefunden zu haben, die foweit voU-
ftändig waren, dafs es möglich wurde, aus ihnen das
alte Gefäß mit ziemlicher Verläßlichkeit wieder herzu-
ftellen. Man erhielt eine ungehenkelte mäßig tiefe
Schale, welche in Grundform und Ornamentation viel-
fach an antike Gefäße diefer Art erinnert. Die Schale
hat, wie aus Illuftration in Fig. 9. erfichtlich, dieGeftalt
eines hohlen Kugelabfchnittes \on 15 Cm. Durchmeffer
und 6 Cm. Höhe. Der obere Rand ift mäßig ausge-
bogen, dagegen nach unten ohne eigentlichen Fuß
fchwach abgeplattet. Sowohl die Außen- wie auch die
Innen-Fläche der Schale ift mit einem Linien-Ornament
verfehen und fchwarz graphitirt. Der Fund gehört der
JS -
auch in Mähren reich und glänzend vertretenen Hall-
ftätter Periode an.
30. Correfpondent Dechant Griefiberger in Effer-
ding hat an die Central-Commiffion berichtet, dafs im
Sommer des Jahres 1892 dortfelbft gelegentUch einiger
Grabungen kleine, aber doch beachtenswerthe Funde
gemacht wurden. Beim Schulhaufe wurde eine Senk-
grube mit einer Tiefe von circa 2 M. ausgehoben. Die
Stelle, wo gegraben wurde. Hegt in einer geraden
Linie — etwa 60 M. abftehend — von jener Stelle, wo
im Jahre 1889 nächft der Kirche eine Kalkgrube mit
darin befindhchen römifchen Anticaglien bis zur felben
Tiefe ausgehoben wurde. Man fand allda Bruchftücke
von Rundziegeln, Topffcherben von grüner Farbe und
ein kopfähnliches Bronzeflück, dann das Bruchftück
eines flachen tellerartigen Gethiers aus Terra-Sigillata,
mit geringen Reften des Töpfer-Stempels. Die Rund-
zicgel-Bruchftiicke find mit jenen früher bei der Kirche
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I
Fit;. '"• ( AltSteimlorf.)
und jüngfl in Enns gefundenen identifch. Bei einer
Grabung endlich hinter der Kirche wurden römifche
Topffcherben gefunden.
31. Uebcr Schloß Täufers bei Brunnecken fintl
der k. k. Central-Commiffion fchlimmc Nachrichten
zugekommen. Diefe Burg war bis in die Zwanziger-
Jahre diefcs Jahrhunderts noch ziemlich erhalten,
wurde aber feitdem vernachliiffigt und geht jetzt bereits
dem volligen Verfalle entgegen. Den Anfang der
Zerftörung machte damals ein herrfchaftlicher Amt-
mann, der alles mögliche Bewegliche, namentlich Eifen-
und Holzwerk aus der Burg entnahm, um fich damit
ein Ilaus im Dorfe zu bauen. Selbfl die Steine des Berg-
fried fchienen begehrenswcrth und wurden gcwaltfam
aus dem Mauerkörper desfelbcn geriffen und dcrThurm
zum Falle gebracht. Jetzt ift die Ruine in Händen eines
Mannes, der wcnigflcns für die allernothwendigde Be-
dachung der Wohnräume eines Bauern, welcher das
Schloß bewacht, forgen läßt. 7rt/(/i'r.fgehortzudcninter-
cffantcflen Burganlagen in Tyrol; an den alterten Theil
romaiiifcher Bauzeit — ein Bergfried, l'alas, Capelle —
fchließen fich Bauten aus dem Jahre 14S5 an; das Schloß
zeigt heute noch die Stylformen faft aller Jahrhunderte
und wurde in keiner Weife modernifirt. Die Capelle
enthält noch einen romanifchen Crucifixus und Spuren
deuten auf alte übertimchte Wandbemalung. Die Nord-
feite der Capelle fteht feit dem Thurmeinfturz frei.
In derfelben fteht cingroßerParamentenkaften (16. Jahr-
hundert) mit Wappen und Maßwerk, altem Schloße,
trefflichem Blatt-Ornament und hübfcher Holzvergit-
terung im Mittelfelde. Aber auch ein Getäfel im gothi-
fchen Zimmer mit der bekannten räthfelhaften Infchrift,
welche fich auf die Stammmutter Eva bezieht, ift hoch
beachtensvverth. Sie lautet:
„Ain junckfraw nit ains tages alt was die nam ain man
fürwar, ee das fii wart ains jares alt, do gewans ain
kindt von mans gewalt, fii ftarb ee das fii wart geporn,
rat recht oder du haft verlorn."
Möchte fich doch der jetzige Befitzer veranlafst
finden, das Nothwendige zur Confervirung der Burg
anzuordnen und auch den Paramenten-Kaften und das
fchöne Getäfelwerk in der Burg zu belaffen, zur Freude
der zahlreichen Befucher und zur Zierde des Landes
Tyrol, das an derlei Dingen bereits recht harte Ein-
buße erlitten hat.
32. Confervator Profeffor V. Berg er hat derCentral-
Commiffion über ein altes Orgelwerk berichtet, das
fich auf Schloß Hohcnfalzbiirg befindet und um deffen
Reftaurirung es fich gegenwärtig handelt. Dasfelbe
wurde vom Erzbifchof Lconhard von Kcntfcliach (1502)
errichtet, hat feit diefer Zeit mehrfache Veränderungen
und Umgeftaltungen durchgemacht und befindet fich
jetzt in einem fehr fchadhaften Zuftande. Es befteht aus
zwei Theilen — aus dem fogenannten „Orgelgefchrei",
welches einen mächtigen harmonifchen Accord aus
125 Pfeifen ertönen läßt und einem Orgelfpielwerk
(ein Walzwerk), das drei OcStaven und einen Ton
umfafst und 125 Pfeifen befitzt. Das Orgelgefchrei er-
wies fich bei einer jüngft durchgeführten Untcrfuchung
als gut erhalten. Das .Spielwerk zeigte fich bcfonders
in der Walze und den Schlüffcln fehr defetl, fo dafs
beim Drehen derfelben die wenigftenTone entfprechen.
Die Walze enthält derzeit 7 Mufikftücke, die Achfe
zeigt hingegen 12 lünfchnittc, ift. fomit urfprünglich
auf fo viele Stücke eingerichtet gewcfcn, was auch
eine größere Reichhaltigkeit des Mufikprogrammes in
früheren Zeiten vetmuthen läßt. Auf der Walze liest
man: „Reparirt und gcftellt von Getzl Rinen-
macher in Salzburg 1820". Die letzte Reparatur erfolgte
vor 1 4 Jahren. Wein'gerfchadhaft find die Wind fiihrungen
und Pfeifen beider Theile des Orgelwerkes und konnten
mit nicht erheblichen Koften wieder in Stand gefetzt
werden. Die Pfeifen find theils aus Blei (die älteren),
theils aus Zinn (die jüngeren). Jetzt erkennt man beim
Anfpielen der Stücke nur die Vollcsliymne und ein
Mufikftück aus der Oper: das unterbrochene Opferfeft
von /'. Winter. Es ift gegründete Hoffnung vorhanden,
dafs diefes intereffante Werk, womit der mächtige und
prunkliebende falzburgifche Kirchenfürft feinen Sitz
ausgcftattet hatte, wieder in Stand gefetzt werden wird.
33. Confervator Riclily hatte gelegentlich eines
größeren Berichtes an die Cenlral-CoinmiffiDii erwähnt,
- 79 -
dafs fich in der Gegend des öftlichen Böhmen und in
Mahren zahlreiche Steinplatten in Tafelform — meirtens
nur aus einem Stücke Stein beflehend — finden, darauf
unförmliche Kreuze dargeftellt find. Dicfelben wertlcn
mcill: gar nicht oder doch nur wenig beachtet, \crdienen
aber nicht ignorirt, ja ein wenig ftudirt zu werden.
Diefe Denkmale reichen, fo viel kann man bereits an-
nehmen, bis gegen die Mitte des i6. Jahrhunderts zu-
rück, finil mitunter aber mit meift fchwer entzifferbaren
Infchriften verfehen und nebll den Kreuzen mit Dar-
ftellungen von Schwertern, Dolchen, Aexten, Pfeilen
oder Hacken geziert. Es ließe fich wohl mit einiger
Wahrfcheinlichkeit dahin deuten, dafs es fich um Denk-
fteine handelt, die zur Erinnerung an ein Unglück, fei
es ein plötzlicher Todesfall, ein Mord, eine Tödtung im
Kampfe oder Zweikampfe, durch Gerichtsfpruch u. a.
an der betreffenden Stelle aufgeftellt wurden.
Beifpielsweife fei erwähnt, dafs viele folche Steine
fich in der Umgebung von Iglau, Mirofcliau bis Neu-
haus finden, in der Stadt Neuhaus felbft lieht eine mit
böhmifcher Infchrift aus 1596. In Fig. 10 ifl ein folcher
Stein abgebildet, der fich bei Alt- Steindorf auf der
Straße gegen Pilgram findet. Wir fehen darauf neben
r\-
\^
[S
^.-y^ '/ y'^-
1=
Fig. II. (HöUein.)
dem Kreuze noch eine Zimmermanns-Hacke dargeflellt.
Die Infchrift ift fehr ftark fchadhaft, könnte aber
folgenderweife gelefen werden: Anno (1)602 istNeumon
alhier fchendlich und höflich in feinem eigene Haufs
vmb fein leben komen — Gesehen am tag Bororum (.-)
den 31 Juoriy Gott fey ihm genedig.
34. Nahe bei dem Friedhofe zu St Polten in Nieder-
Oeflerreich, wurde beim Graben eines Hausgrundes
circa i M. tief ein eifernes Schwert fammt einem Bruch-
ftück der Scheide nebft einer Lanzenfpitze aus-
gegraben. Diefe Gegenftände lagen bei den Reflen
eines Skelettes, die Lanzenfpitze ift plattförmig mit
ftarker Rippe, daran eine fchwachc Dille. Beide Waffen
dürften dem frühen Mittelalter entflammen.
35. Confervator Dire6lor Bidic' hat an die Central-
Commiffion gelegentlich der Vorlage des Berichtes
über den Stand der Ausgrabungen in Salona und über
den Zuwachs der Sammlungen des k. k. archäologi-
fchen Mufeums in Spalato wahrend des II. Semeftcrs
1892 auch noch zur hierortigen Kenntni.s gebracht,
dafs fich in Salona in neuefter Zeit eine neue und fehr
wichtige Fundflätte ergeben hat. Schon im Januar
1890 ftieß zufälligerweife bei den Erdarbeiten in einem
Weingarten der Bauer N. Milicic auf antike Gegcn-
flände, dann auf drei Infchriftplatten. Mit Rückficht
auf diefe Fundgegenllände, im Zufammenhange mit
im Jahre 1852 gemachten Funden, erkannte man die
Wichtigkeit diefer Stelle, die möglicherweife ein großes
Gebäude eines Coemiteriums, eine Bafilica oder ausge-
dehnte Grabftätten enthalten könnte. Mitte März 1892
fließ man in dem dem eben befagtcn Fundfelde benach-
barten Felde auf ein Stück Mofaik und auf zwei große
Sarkophage. Am 12. Auguil fand man weiters acht
Sarkophage nebeneinander, Ueberrefle von Mauern,
Capit;ile,Mofaikboden-Fragmcnte und fünf Bruchflücke
von Infchriften. Drei davon find mit Confular-Datcn
verfehen und zwar vom Conful Flavius Felix (J. 424),
von Maximus und l'aterius (J. 445), von Ricimirus
(J- 459)- Diefe Stätte dürfte wohl die Stelle des Coemi-
teriuni des heil. Anaflafius Cornicularius enthalten.
36. Der .ehemalige, fehr verdiente Confervator
Profeffor Prokop hat die Central-Commiffion auf zwei
fehr beachtenswerthe, leider fchon dem Verfalle anheim-
gefallene Bauwerke in Mähren aufmerkfam gemacht.
Dahin gehört die Ruine des Kloflers Kosa-cocli der
i-'ig 12, 14, (Hullein.)
Cillercienferinen zu Kanitz; ein wunderbar fchöner
"•othifcher Bau aus röthlichem Sandllein, vielleicht
der fchönfte gothifche Kirchenbau in Mähren. Dabei
ein kleiner höchft malerifcher Kreuzgang mit einem
darauf gebauten Stockwerke. Leider geht das Ganze
dem Zufammenbruche entgegen, die Gewölbe des
Kreuzganges und einer fehr fchönen Capelle find dem
Einflurze nahe, die Kirche hat bereits das Gewölbe
eingebüßt. Das zweite Obje6l ilt die Burg zu Boskovic ;
ein fpät-gothifcher Bau aus prachtvollem lichtgelben
Materiale, intereffant, weil der Bau einheitlich, wie aus
einem Guße entftand, noch vollfländig ifl und kein
Flickwerk mehrerer Jahrhunderte vorftellt. Man erkennt
daran eine klare Idee, eine großartige Auffaffung und
einen feflen Plan. Die Burg ifl heute Ruine, aber nocii
find die Stockwerke erhalten und das Mauerwerk ifl
noch im Zufammenhange.
37. In den letzten Tagen des vergangenen Jahres
entfchied fich das Schickfal über ein feiner Zeit fehr
wichtiges Denkmal des Landes Mähren, über die fo-
genanntft Burg zu Znaini. Diefes Gebäude war zuletzt
Caferne; nachdem es fchon zuvor an feinem Beflande
und feiner Einrichtung fehr gelitten hatte, ift es wohl
recht begreiflich, dafs diefer Verwendung des Gebäudes
8o
nach kaum mehr die kunfthiftorifchen Intereffen des-
felben in ausreichende Würdigung gezogen werden
konnten und dafs die künfllerifche Bedeutung des
Baues noch geringer wurde. Gewifs kein Vorwurf,
nur die natürliche Folge der Sachlage. Nunmehr ging
das Gebäude in Privatbefit/. über und dürfte zu einer
ganz andern Beftimmung gelangen.
lieber die Znaimer Burg finden wir aus der Feder
des tüchtigen, mit der mährifchen Kunflgefchichte
ganzbefonders vertrauten und um die Denkmale diefes
Landes hochverdienten Brünner Mufeal-Cuftos Moris
Trapp ausreichende Nachrichten im Notizen-Blatte
der hiftorifch-ftatiftifchen Seflion der k. k. mährifch-
fchlefitchen Gefellfchaft iS66, Nr. 4 und 5, welchem wir
nachftehcnde Daten größtentheils entnehmen.
Schon im iS. Jahrhundert war die Burg eine Ruine,
1710 verlieh Kaifer Jofeph I. dem Hofrathe Max Frans
von Deblin auf Althart und deffen
Brüdern die innere Burg zu Lehen,
mit der Bedingung, dafs diefelbe wie-
^/>\ der in Stand gefetzt werde. Die äußere
Burg ging zur felben Zeit an die
Stadt Znaim über, uelche als brau-
berechtigt dort ein Brauhaus ein-
■ richtete.
l\
y'y' ,<. ^<7:
F'g- '3- (Höllein.)
Wie Cuftos Trapp erzählt, Mattete die fpäter
gräfliche Familie Deblin die innere Burg mit feltencn
Kunft'ie'ienftänden aus, eine Ruft- und Gewehr-Kammer
wurde angelegt, Kunft- und Bilder-Galerie, Bibliotheken,
Urkunden-Sammlung entftanden. 1784 ftarb durch
Mörderhand der letzte Deblin, das Lehen wurde caduc.
Die innere Burg wurde als Militär-Spital verwendet,
die Sammlungen kamen weg. Nur die Capellc blieb
intact. Im Jahre 1865 verfchwand auch die Capelle, der
letzte Refl der Deblin' {chcn Sammlung wurde wegge-
bracht. Die Sachen gingen verfchiedene Wege, theils
in das Mufeum in Brunn (einige Bilder) — in die dortige
GarnifoDs-Kirche — theils in die Dominicaner-Kirche
zu Znaim imd in Privathände.
Der ovale Saal der Burg mit Kup|)clDeckc war
reich mit Malerei geziert, über tlen fechs Thüren liilder
aus der vaterländifchen Gefchichte, in den Fcnfter-
W'andungen 52 Bruftbiider böhmifcher Regenten bis
König I'"erdinand 1527 Die Kuppel ift mit einem großen
Gemälde geziert, darftellend den böhmifchen Löwen
zu Füßen der Bohemia, zur Seite die perfonificircnde
Morava und die Znojina mit den bezüglichen Wa])-
penfchildern. Die Figuren find in Lebensgröße ausge-
führt, gut coiiiponirt und in tüchtiger Perfpective
behandelt. Es dürfte das Bild zwifchcn 1710 und 1720
entftanden fein; am Rande in 12 Medaillons Regenten-
bilder aus dem Haufe Habsburg. Erwähnenswerth ift die
Capelle mit reicherBarok-Stucco-Verzierung. Sie wurde
1720 eingeweiht, hatte nur einen Altar aber reichen
Bilderfchmuck,meiftens Tafel-Gemälde. Nicht unberührt
dürfen die vielen unterirdifchcn gewölbten Räume
bleiben. Man ficht Anlagen des älteften Baues mit im
P'elfen ausgearbeiteten Pfeilern, als Trägervon Kreuz-
Gewölben, aus Bruchfteincn zufammengefetzt.
38. Confervator Dechant Größer hat an. die Cen-
tral-Commiffion berichtet über das kleine Kirchlein zu
llbllein. Selbes liegt hoch am Gebirgsrücken, welcher
das Metnitz-Thal von jenem der Gurk trennt. Die Er-
bauung der Kirche darf dem 13. Jahrhundert zuge-
zählt werden, denn es zeigt die ausgefprochenc ro-
manifche Bauweife der kleinen Landkirchen jener Zeit.
Das Schiff (Fig. II) ift 9 M. lang, 5-65 M. breit und
4-50 M. hoch, flachgedeckt.. Gegen Oftcn fchließt ficli
die halbrunde und überwölbte Apfis, vermittelt durch
einen mit Capitälgefimfen gegliederten Scheidebogen,
an. Selbe ift 3-50 M. weit und
4-10 M. hoch. Das Weft-Porlal
ift romanifch und in Stein
ausgeführt (Fig. 12). Den ge-
raden Sturz ftützen zwei
Kämpfer und über das Ganze
wölbt fich ein Steinbogen mit
FiL
15 I Ilollcin.')
rechteckigem T'rofil. Dem
Schiffe ift eine jüngere Vor-
halle vorgebaut, von welcher
man durch ein rechts neben der Thür angebrachtes
rechtwinkeliges gothifch-abgefchrägtes Fenfter in die
Kirche hineinblicken kann. Ucber der Vorhalle ift ein
viereckiger Raum als erftes Stockwerk angelegt \nul
darauf ruht der quadrate Holzthurm mit Spitztiach
(Fig. 13). Die ganze Kirche ift mit einer 74-gliedrigen
26 Klafter langen Eifenkette umfpannt. iVn Kirchen,
welche wie diefe dem heil. Leonhard geweiht find,
findet man öfter folche Ketten angebracht, und die
Sage verbindet damit gewöhnlich ein Localereignis
aus der Tiirkeniioth, wie es auch hier der l'all ift.
Als die Türken die Gegend bedrohten, gelobte
die Gemeinde eine folche Kette um die Kirche, wenn
fie \()n den Gräueln verfchont liliebe. Thatfächlich
zerftörten die Türken die nahe gelegene Kirche am
Babenberge, zogen aber vor Höllein ab. Die gerettete
Gemeinde hielt ihr Gelübde und fpannlc um die Kirche
eine Kette nach Art von Fig. 14. Von den beiden alten
(jlocken )iat eine folgende Infchrift: Sanft . linharde.
(ira . pro . nobis . pfs. . die andere . anno
m° . cccc . l.xiiio . rex . gloric . x'rc (sie)
. pace.
Unter dem Dache erkennt man an der Weftwand
noch Refte romanifcher Mortel-Decoration, eine fchrage
weiße Ouadriruiig. Von einem gothifclien Altare ift
noch das Mittelftück fanimt zwei Mügelii erhalten, alli'in
fchlecht reftaurirt. Riithfelhaft ift ein ruiulci- Stein mit
ficben locharligen Verliefimgen. (I'ig. 15).
, domini .
veni . cum
'■^«J^*a»- 3*,-^
— 81 —
Die Pfarrkirche zu Treffen (Trbnye) in Unter-Krain.
Befproclien vom Correfpondenten KonraJ Cnioiogar.
lESE der Mutter Gottes geweihte Kirche ift
eine der bedeutendflen Bauten im Lande und
für die Entwicklung der Baukunlt in Krain von
höchfter Wichtigkeit; fchade nur, dafs dicfer impofantc
gothifche Bau im Laufe der Jahrhundertc fo ftark ver-
unftaket worden ift. Nach dem wenigen, was von der
urfprünglichen Anlage unverändert geblieben ift, wie
die beiden fchön gegliederten Portale und einiges Maß-
werk im Thurm, zu fchließen, war diefe Kirche in zwar
einfachem, aber ftreng conftruftivem gothifchen Style
ausgeführt. Eigenthümlich ift auch, dafs die Schiffe ebene
Holzdecken hatten, wie fonft die meiften kleineren
gothifchen Kirchen in der Gegend, deswegen entfallen
die Strebepfeiler. Dafs die kleinen Kirchen, welche
zwar einen gewölbten gothifchen Chor, wie auch gothi-
fche Fenfter und Thüren im Schiffe hatten, aber ein
fiachdeckiges Schiff, läfst fich zwar dadurch erklären,
dafs das breite aber verhältnismäßig niedrige Schiff
zum Wölben große Schwierigkeiten, wie auch bedeu-
tendere Auslagen verurfachen möchte; bei diefer
Kirche find jedoch die Schiffe eng, nur zu 4'25 bis 4-5 M.
breit. So enge Räume wären nicht fchwer zu wölben,
und was die Koften anbelangt, haben die Steinmetz-
arbeiten bei ihrer forgfältigen Ausführung doch bedeu-
tende Summen gekoftet, dafs man aus Erfparnisrück-
fichten nicht wölben könnte. Diefer Umftand wird fich
erft erklären laffen, nachdem das ganze Unter-Krain
fyftematifch unterfucht fein wird.
Diefe Pfarr- und Dechantei Kirche fteht an der
Unter-Krainer, refpeftive Agramer Reichsftraße in der
Mitte des feit einigen Decennien aufgelaffenen Fried-
hofes, 52 Km. von Laibach und 20 Km. von Rudolfs-
wert entfernt. Zu Valvafor's Zeiten (1689) war der
Friedhof noch mit einem Tabor umgeben.
Es fei mir erlaubt, an diefer Stelle einiges über
den Ort felbft zu erwähnen. Das Dorf felbft mit dem
gleichnamigen Schlöffe liegt in einem engen Thale an
dem Bache Temeniz (Temenica), ift der Sitz des k. k.
Bezirksgerichtes, k. k. Steueramtes und k. k. Poftamtes.
Das alterthümliche Schloß foll vom kärntnerifchen
Gefchlechte „von Treffen" erbaut und nach ihm be-
nannt worden fein,' und hat feine Geftalt feit Valvafor
wenig verändert. * Der fteinerne Löwe, welchen man
nach Valvafor fammt anderen Alterthümern ausge-
graben hat, liegt jetzt, arg befchädigt, auf einer den
Weg begränzenden Mauer.
In der Gegend hat die römifche Station Praetorium
Latobicorum geftanden, was viele hier ausgegrabene
römifche Alterthümer, wie Gemäuer, Gräber, Infchrift-
und Meilenfteine, Münzen etc.,* wie auch die Meilen-
I Vtilv. XI, S. 587, n.^ch ihm Dimitz. Gefch. Krains IV, S. 82. — Der
Name Treffen dürfte eher von flov, trebiti (ausroden) und Trebnje kommen,
denn die Gefchlechter haben fich eher nach dem SchIofl*e und der Gegend be-
nannt, als diefe nach jenen.
= .Abgebildet in Valv. XI, S. 587. Nur der Bergfried ragt nicht mehr
über das Dach.
' Einige Romerfleine find im Rudolphinum zu Laibach. Zwei Sleinfaulen,
verniuthlich Meilepfleine, bei einem Haufe in Treffen. Der fteinerne Lowe
beim Schlöffe und das fchbne Fragment eines römifchen Grabfteines in der
Thnrmmauer. Eine Bronzemünze des Alexander Severus, am Reverfe Vidloria
Aug(ufti) in meinem Befitze.
XIX. N. F.
angäbe der Peutinger'fchen Tafel und der Itinerarien
zur Genüge beweifen. ' Hier vorüber führte die große
Heerftraße von Emona über St. Veit (Acervo) nach
Neviodunum.
Nach der Völkerwanderung fcheint die erfte An-
fiedelung etwa '/^ Stunde öftlicher im gegenwärtigen
Altenmarkt geftanden zu haben; denn der Name Stari
trg bedeutet immer eine ältere Anfiedelung, und zwar
eine flavifche, da jene auf einer prähiftorifchen oder
römifchen Stätte Gradisce oder Razdrto genannt
werden.* Auch im Mittelalter mußte hier ein reger
Handelsverkehr ftattgefunden haben. Vor etlichen
Jahren hat man in der Nähe einen bedeutenden Schatz
mittelalterlicher Silbermünzen ausgegraben; leider find
die meiften derfelben vcrfchleppt worden, von welchen
ich jedoch acht Stück erworben habe. Darunter find
vier vom Patriarchen Petrus II. de Gera* (1299 bis
1301), zwei des Raimundus a Torre (1272 — 1298),* ein
Stück des Dogen Johann Supantio (1314 — 1330)^ und
eine der Triefter Bifchöfe. ®
Die Pfarre felbft ift fchon fehr alt, denn fchon im
Jahre 1163' ift Rutardus als Pfarrer von Treffen erwähnt.
1448 wurde vom Papfte Nicolaus V. dem Kaifer Fried-
rich III. das Patronatsrecht beftätigt. Im Jahre 1617
fchenkte Ferdinand II. diefe Pfarre dem Klofter Sittich.*
Nach der Aufliebung desfclben wurde die Pfarre wieder
felbftftändig und nach der Neueintheilung der Laiba-
cherDiöcefe beftändiger Sitz eines Decans. Die gegen-
wärtige Pfarrkirche foll um das Jahr 1443 aufgebaut
worden fein,' fie wurde unter dem damaligen Vicare
und dem fpäteren Abte von Sittich Johann Weinzürl
gewölbt und umgeformt.'" Am Ende des achtzehnten
Jahrhunderts wurde an der Stelle des alten gothifchen
Chores ein barockes Presbyterium aufgeführt. 1862
verfuchte man den arg verpfufchten Bau wieder umzu-
formen, indem man das alte Rococodach des Thurmes
entfernte und ein neues in der Form einer achtfeitigen
Pyramide auffetzte, die Schallöcher mit gothifchem Maß-
werk verfall und fonft auch einige gefchmacklofe Ver-
zierungen anbrachte." 1890 wurde die Kirche, foviel
die geringen Mittel erlaubten, reftaurirt und gefchmack-
voll erneuert.
Die Kirche felbft ift orientirt, im Lichten 36-2 M.
lang, I4-6 M. breit und in den Schiffen S'i M. hoch.
Der impofante gothifche Thurm in der Weft-Fac:ade foll
bis zum Blitzableiter 59 M. meffen. Die Kirche hat drei
gleich hohe und beinahe auch gleich breite, urfprünglich
' Vgl, Jiliilhier, _Emona".
- Ibid. — Vgl. Start trg in Laibach, bei Wei.\elburg, St. Veit etc.
^ K'lun, Archiv für Landesgefchichte, II. und III. Heft, Abbildungen
Taf. III, Nr. 21
* Ibid. Nr, 20,
5 Ibid. Taf. III, Nr, 40,
•^ Bei A7«K nicht abgebildet,
' Schmu, Urk. und Reb. I, S. 121.
8 Caf. Gl. Dioc. Labac. —Milkowicz, Klöfter in Krain, S. 76. Valv. VIII,
S. 815, 702.
^ Dimitz, Gefchichte Krains. 1, S. 318 nach Klun's Archiv I, S. 72.
"> Unten erwähnter Infchriftftein.
" Nach der Angabe des hochwiirdigen Herrn Decanes M. Freiih, dem
ich für feine bereitwillige Untcrftützung an diefer Stelle meinen innigften
Dank ausfpreche, wie auch dem Herrn Baumeifter Vincenz Bertoli, der die
Reftaurirung führte und mir fehr hilfreich zur Seite ftand.
I I
— S2 —
flachdeckige, gegenwärtigabes mitrundbogigemKreuz-
gewölbe bedeckte Schiffe. Der jetzige Chor ift zwifchen
1790 und 1800 aufgeführt worden, und zwar in der Form
eines ungleichfeitigen, mit einer fenfterlofen Kuppel
überwölbten Achteckes. Derfelbe ift I2'8 M. lang und
98 M. breit. In der Weftwand ift eine feichte halbrunde
Nifche für den Hoch-Altar, an der \ordfeite und drei
viereckige Fenfter, an der Südfeite die Sacriftei mit
der Empore angebracht. Die Pilafter haben barocke
den jonifchen ahnliche Capitäle. Das Presbyterium
wäre zwar an fich felbft ein recht artiger Bau, leider
pafst er nicht" zum übrigen. Da diefes für die Kunft-
gefchichte von keiner Bedeutung ift, ift es nicht nöthig,
dasfelbe eingehender zu befchreiben.
• Fig. I.
Die Schiffe und der Thinrn find urfprünglich fchon
gothifch angelegt, das GcwolJjc ift jedoch neuer, wenn
dasfelbe auch von manchem bei obcrfiachliclicr Befich-
tigung'für gothifch gehalten wurde; denn es ift ein rund-
bogiges Kreuzgewölbe ohne (Juer- und Kreuzrippen,
welche letztere nur durch profifirte Streifen aus Mörtel
gebildet find, im Vereine mit fpitx.bogigen Langsgurten
aber allerdings als folche erfchcinen; fie ftehcn jedoch
in gar keiner conftruftivcn Verbindung mit dem Ge-
wölbe. Die an die Langsgurten ftoßendcn Kappen find
wohl im flachen Spitzbogen aufgeführt, fie müßen jedoch
fo fein, da fie fonft die Spitzen der Arcaden verdecken
möchten (Fig. 1). Unter dem Dache fieht man die über
das Gewölbe ragenden Wände und die Flanken der
Längsgurten verputzt, auch find noch Balkenlöcher
der urfprünglichen flachen Decke fichtbar.
Auffallend ift, dafs der Thurm fo weit in die
Seitenfchiffe hineinragt, obwohl er im Mittelfchiffe
genug Raum hätte. Die Theile der Seitenfchiffe neben
demThurme find viel enger, als neben dem Mittelfchiffe.
Li diefen Theilen findet man unter dem Dache keinen
Verputz. Als man heuer in diefen Theilen zwei Fenfter
und zwei n.eue Eingänge ausgebrochen hatte, fand man
Stücke von Maßwerk der gothifchen Fenfter. Am
Thurme fieht man unter dem Dache Gefimfe und
Lichtfpalten, was gewifs nicht beftimmt war, unter dem
Dache verfteckt zu bleiben. Ferner war an der Stelle
der unausgebrochenen Seitengänge je ein viereckiges
0-9 M. breites und o'ö M. hohes Fenfter mit Steinum-
faffung aus dem 17. Jahrhundert. Aus all dem folgt,
dafs auch die Seitenfchiffe erft fpäter gegen Weften ver-
längert worden find, dafs der Thurm vor der Weftfront
ftand. welche ungefähr die Richtung cc hatte. Der auf
Steinfäulen ruhende Orgel Chor (Fig. 2) konnte erft
damals angelegt werden, und auch die Fenfter der Sei-
tenfchiffe mußten erft damals aus fpitzbogigen in vier-
eckige umgeformt worden fein, deren Steinwerk man
dann zur Verlängerung der Seitenfchiffe verwendete.
Wann die Schiffe gewölbt, die Fenfter modernifirt
und die Seitenfchiffe verlängert worden find, gibt uns
die über dem Triumphbogen eingemauerte Steinplatte
mit dem vereinigten Wappen des Klofters Sittich und
des Abtes Johannes Weinzürl mit der Infchrift:
lOAN : WAINZERLE
ABBAS SITIEHOC
FORNICS • 1645 Fpi
einen Auffchluß. Diefer ift früher hier Pfarrer, refpeftive
Vicar gevvefen, im Jahre 1647 wurde er Abt zu Sittich. "
Nach diefer Auffchrift ließ er die Kirche umformen,
als er noch Vicar gevvefen, den Stein konnte er jedoch
erft einfetzen laffen, nachdem er Abt geworden. Und
thatfächlich finden wir in der Stiftskirche zu Sittich
gleiche Fenftcrumrahmung und gleiche profilirte Strei-
fen über die Gräten, wie in Treffen.
Nachdem wir feftgeftellt haben, was an diefer
Kirche urfprünglich fei, will ich den älteften Theil
befchreiben. Vom urfprünglichen Chore ift nichts
geblieben, davon kann nur gefagt werden, dafs der-
felbe die Breite des Mittelfchiffes haben konnte. Die
Kirche war hiemit eine dreifchiffigc, 1675 M. lange
und 14-6 M. breite Halle mit flacher llolzdecke. Der
Thurm ftand vor der wcftlichen Abfchlufswand. Das
Mittclfchiff ift 4-5 M., die Seitcnfchific zu 4-25 M.
breit, alle drei circa 83 M. hoch. Die Schiffe find
jederfeits durch zwei 073 M. dicke, achteckige, mit
einfachem Sockel \erfehcne Pfeiler und durch drei
unmittelbar aus denfeiben fich auffchwingende, 4^9 M.
breite Spitzbogengurten von einander getrennt. Die
Gurten haben den halben Pfeiler zum Profil. Capitäle
fehlen. In der Oftwand dts Mittcifcliiffes öffiict fich
' Her Siciii ifl fo liocli ariKcbiiicht und an einer fo clutiklun Slcllc,
d.if\ ich nur mil Keriirolir die Infcliriri Icfcn konnte. iJas übriKC war deuilicli
lesbar, nur die beiden letzten FJuclift.ibcii KK lind nirlit deutlich, üb VV, 1-"K
oder KI'",.
* Valv. V 111. - - Miikowicz, Klbftcr in Kiain, S. 78.
ein gleicher, jedoch nur 4'3 M. weiter Triumphbogen.
In jedem Seitenfchiffe beflanden drei gothifche Fenfter
mit Maßwerk. Da diefe fpäter in rechteckige umge-
formt worden find, ift ilire Form nicht mehr erhalten ;
nach den Fragmenten, die neueftens aufgefunden
worden find, zu fchließen, waren die Laibungen der-
felben aus weichem, aber dichtem gelblichen Sand-
fteine, wie überhaupt auch das Maßwerk, die Pfeiler
und die Gurten, die Ecken und Portale. Sie hatten
gerade Spitzbogen, von welchen jeder Segment aus
einem einzigen, an drei Stellen mit fingerlangen gleich-
armigen eingemeißelten Kreuzen bezeichnet war;
wenigftens kommen diefe an zwei ausgebrochenen
Steinen zum Vorfchein. ' Die Schrägen waren mit
braunen und weißen Schnörkeln bemalt. Die Mauern
des Thurmes find zweimal fo dick, wie die des Schiffes.
Der Thurm ill: y^ M. breit, in den unteren zwei Etagen
vier- in den oberen zweien unregelmäßig achteckig.
Unter dem Thurme ift eine flach gewölbte Vorhalle,
3-4 M. lang und breit, vom Mittelfchiffe durch ein
einfach profilirtes Portal gefchieden. Gegen die Fac;ade
öffnet fich das fchöne go-
thifche Portal, welches bis
zu den Fußpunkten nur ab-
gefchrägt, im Bogen felbft
aber profilirt ift. Im erften
Stockwerke findet fich
jederfeits eine tiefe fpitz-
bogige Nifche im Innern;
eine davon führte auf den
Orgel-Chor, diefe hat ein
ftieinernes, jetzt vermauer-
tes gothifches Portal. Diefem
gegenüber ill; an derFagade
ein kleeblattbogiges kleines
Fenfter. Die übrigen zwei
Nifchen enthielten Treppen,
wenigftens die nördliche.
Im zweiten Stockwerke find
wieder folche Nifchen, von
denen die nördliche und
die füdliche je eine enge fteinumfafste fchußfcharten-
ähnliche, jetzt unter das Dach mündende Lichtöffnung
hat. Diefe waren gewifs nicht urfprünglich beftimmt,
unter dem Dache zu bleiben. Hier beginnt das Achteck,
deffen übereckgeftellte Mauern auf doppelten fpitz-
bogigen Gurten ruhen. Im achteckigen Theile fieht
man gegen Weften ein fchönes kreisförmiges Fenfter
mit Dreiblatt. Im vierten Stockwerke find große rund-
bogige gewifs aus alten fpitzbogigen umgeformte
Schalllöcher, je eines, auf den Hauptfeiten, angebracht.
Im Jahre 1862 find diefe durch gemauertes Maßwerk
maskirt worden, damit fie gothifch erfcheinen. Die
Hauptfeiten haben fpitze Giebel, über welchen fich der
hohe achteckige blechgedeckte Helm erhebt. Die
Außenwände des Achteckes find mit gothifchem Lefe-
nenwerk aus Mörtel verziert. Ich will noch erwähnen,
dafs man ehemals den Orgel-Chor in die Verlängerung
der Seitenfchiffe erweitern wollte, denn die nothwen-
digen Kämpfer find fchon eingefetzt.^ Um mehrere Ein-
gänge zu erhalten, find in den Seitenfchiffen neben dem
I Vielleicht Steinmetz-Zeichen- . r- lu
•- Die Kiimpfer waren zur Zeit der Verlängerung eingefettt, d.is Gewulbe
aber nicht ausgeliilirt.
Sänger-Chor zwei viereckige Thürcn ausgebrochen. In
jedem Schiffe ift im mittleren Travee eine runde Luft-
üffnung. Als man das neue Presbytcrium, welches
bedeutend höher als die Schiffe ift und hiemit auch
höhere Umfaffungsmauern braucht als jene, baute, er-
höhte man die Mauern der Schiffe um 12 M., um alles
unter Dach bringen zu können. Damit jedoch die
fchwere über dem Triumphbogen aufgefiihrte Fcucr-
mauer denfelben nicht zu fehr belafte, führte man einen
ftarken Bogen auf, welcher die Schwere nach den
Seiten überträgt.
Anftatt der alten hölzernen Treppe auf den
Orgel-Chor führte man neueftens eine Wendeltreppe
auf Die Fenfter wurden wieder fpitzbogig umgeftaltet,
welche etwas größer find (4 M. hoch, 16 M. breit) als die
urfprünglichen waren. Leider, dafs die geringen Mittel
es nicht erlauben, neues Maßwerk einzufetzen. Da zwei
neue Fenfter ausgebrochen worden find, hat jetzt jedes
Seitenfchiff vier Fenfter. Die aUen Seitcnthüren find
vermauert und zwei neue fpitzbogige an der Fagade
ausgebrochen worden.
Fig. 2.
Die Kirche ift mit Ziegeln gedeckt und mit Stein-
platten gepflaftert. Die Kircheneinrichtung ift ohne
Intereffe. Die drei Altäre find aus Holz, zopfig aufge-
richtet. Am Fußboden finden fich einige Grabfteine
mit Wappen und Infchriften, aber bis zur Unkenntlich-
keit abgefchliffen.
Im füdlichen Seitenfchiffe ift in die Thurmmauer
ein werthvolles römifches Grabdenkmal eingelaffen. Die
Auffchrift ift entweder abgebrochen oder unter dem
Anwürfe verborgen. Der noch erhaltene halbrunde
Obertheil ift O'pM. breit und O'öjCm. hoch, von einem
profilirten Rahmen eingefafst. Im halbrunden Felde
find in etwa '/* Relief drei Bruftbilder von natürlicher
Größe. In der Mitte eine junge weibliche Geftalt mit
fchönem Haar. An ihrer Rechten ift eine ältere, mit
einer Art Mütze bedeckte weibliche Geftalt (^vielleicht
ihre Mutter), ihr mit der Rechten einen Apfel gebend,
halb gegen fie gekehrt. Links ein Mann mit kurzge-
fchorenem Haar, geradeblickend. In der linken Hand
hält er eine Pergamentrolle, auf welche er mit dem
Zeigefinger der rechten Hand zeigt. Das fchöne
Denkmal ift gut erhalten, nur die Nafen find abgefchla-
gen, da fie einem Beichtftuhle im Wege waren.
11"
S4
Die Ausgrabungen zu Frögg im Jahre 1892.
Befprochen vom Confervator Baron A'arl Han/o
er Anfang wurde mit der Auffchließung eines
fehr großen Hügels auf der Parcelle 1499
gemacht, welcher, obwohl mit einer flarken
Einrenkung am Gipfel verfehen, durchaus kein An-
zeichen trug.dafs er früher fchon einmal geöffnet worden
wäre. Denn trotz der vielverbreiteten Meinung, dafs
die größeren Grabhügel in Frögg fchon früher einmal
durchwühlt und ihres befferen Inhaltes beraubt worden
feien, während die kleineren meift unberührt blieben,
hatte ich feit Jahren die Erfahrung gemacht, dafs beffere
Funde nur in größeren Grabhügeln vorkommen, und
dafs folche Einfenkungen am Scheitel in der Regel
keine Andeutung früherer Ausbeutung feien. Diefe
meine Erfahrung bewährte fich denn auch bei meinen
diesjährigen Ausgrabungen; die zwei großen Gräber,
welche ich in diefem Sommer öffnen ließ, enthielten
viele höchft intereffante Fundftücke, während 19
kleinere Grabhügel, mit Ausnahme von zweien, völlig
leer waren. Was hätten auch fpätere fremde Völker-
fchaften oder Schatzgräber in den Gräbern zu Frögg
fuchen follen.' — Bleifiguren, fpärliche Bronze oder
roftiges Eifen! und alles dies noch dazu in folcher
Tiefe, dafs fich der Aufwand an Mühe und Arbeit felbfl:
heutzutage, wo die Wiffcnfchaft das unfcheinbarfte
achtet, kaum mehr lohnt. Die kleineren Grabhügel aber
wurden im Laufe der Jahrtaufende, viel leichter theils
durch das Abftocken der Wälder, theils durch Waffer-
läufc und Abrutfchungen, nivellirt oder aufgeriffen und
ihres Inhaltes ledig;.
Wie ich fchon in meinen Ausgrabungsberichten
von 1890 und 1891 zu bemerken Gelegenheit hatte,
enthalten die großen Grabhügel im füdlichen Theile
des Gräberfeldes in der Regel eine viereckige Stein-
mauer, unter welcher die Beftattungsbeigaben gebor-
gen find, während die Erdanhäufung im Innern des
Viereckes meifl ohne Fundftücke ift und im Laufe der
Zeit durch ihr Zufanimcnfinken jene Einfenkungen
bildete, welche man in früheren Jahren für ein Zeichen
einer in älterer Zeit vorgenommenen Ausgrabung
hielt. Es bedurfte daher keiner befonderen Inftruclion
der bei diefen Ausgrabungen feit Jahren gefchuiten
Arbeiter, wie fie in dem vorliegenden Falle vorzu-
gehen hatten. Zwei derfelben begannen eine Grube an
der tiefften Stelle der Einfenkung, bis fie an den natür-
lichen Grund kamen, wobei Spuren der Ummaucrung
fich zeigten, während vier andere Arbeiter den oberen
Theil des Hügels von Bäumen und Geflirüpp reinigten
und die aufgefchüttete Erde herauswarfen, bis fie den-
felbcn Grund wie jene erreichten. Dann erft begann
die Durchfuchung der mcift aus fchweren Bruchfteincn
trocken aufgeführten Mauer mittelfl kleiner Hämmer
und eigcnds zu diefem Zwecke conftruirter Meffcrchen.
Unter der öftlichen Mauer diefes Grabhügels fanden
fich dann bald Bieifiguren vcrfchiedcner Gußformen
unter einer Unzahl von Topffcherljen, wie dies gewöhn-
lich d<-r I'"a!I ift. Es fcheint, dafs diefe Figürchcn
urfprünglich in irdenen Töpfen in die Gräber gebracht
«urden, welche Töpfe durch die Schwere der Steine,
fowie der aufgefchütteten Erde zerdrückt wurden. Es
waren zunächft einige 40 Stück weiblicher Geftalten,
fowie deren bei den Ausgrabungen im Jahre 1890 auf
der Parcelle 1510 gefunden wurden, nur waren fie
diesmal weniger gut erhalten, auch lagen, wie damals,
einige Reiter zwifchen den weiblichen Figuren. Dage-
gen fanden fich in demfelben Grabe befonders gut
erhalten ungefähr 18 Stück folcher 10 Cm. langer Blei-
figuren, wie ich damals auf der Parcelle 1504 gefunden
hatte, und für Darftellungen von Leichen hielt. Dies-
mal waren diefe Figuren alle ziemlich gut erhalten.
Es ift daraus erfichtlich, dafs es männliche Figuren
find, deren horizontale Rückenlage, reihenweife neben-
einander, fowie deren fchlaffe Körpertheile, zumal der
nach feitwärts, rückwärts oder vorwärts hängende
Kopf, die kreuzweife zufammengelegten Arme und
Beine, jeden Zweifel ausfchließen, dafs fie Leichname
darfteilen feilten. Warum diefe Figuren faft doppelt fo
groß find, als die lebend dargeftellten, ift allerdings
nicht zu ergründen. Einige der weiblichen Figürchen
lagen unter einem ftark zerfetzten und nicht mehr
ganz herauszubringenden Bronze-Keffel mit einfachen
glatten Handhaben, woran Klapperbleche hängen.
Diefe Figürchen find grün gefärbt. In dem Keffel felbft
befanden fich nebft Brandreften menfchlicher Gebeine
Stücke vermoderten Holzes, wie dies auch in anderen
Bronze-Keffeln vorkam. Allein die früher einmal aus-
gefprochene Vermuthung, dafs folche Keffel eigentlich
nur mit Bronze-Blech überzogene Holzgefäße wären,
beftätigte fich nicht, indem diefe Holztheile nur am
Boden des Keffels lagen. In der Nähe des Keffels fand
fich auch ein eifernes Meffer.
Nachdem mittlerweile Regenwetter eingetreten
war, ließ ich den ziemlich tief aufgegrabenen Hügel,
deffen innere Steinwände theils fchon cingeftürzt waren,
theils dem Einfturze drohten, zuwerfen und in nächfter
Nähe desfelben zwei andere kleinere Hügel öffiien, allein
ohne ICrfolg. Der felfige Grund, welcher den weitaus
größten Theil des Untergrundes diefer Parcelle bildet,
kam überall fehr bald zum Vorfchein, und dürfte die
Urfache gewefen fein, warum diefe Hügel leer waren.
Auch ift der Wald auf diefer Parzelle überall abgeftockt
und kein Nachwuchs, ein Beweis, dafs es an einer
tieferen Humusfchichte fehlt, welche Lcichenreftc und
Grabesbeigaben bergen könnte. Ich wandte mich da-
her zur höher gelegenen Parcelle Nr. 15 10, wo ich im
Jahre 1890 ein fehr großes Grab geöffnet und viele
Bieifiguren gefunden hatte. Es befinden fich, wie ich in
meinem Berichte über die damaligen Ausgrabungen
bemerkte, noch viele große und vielverfprcchende
Hügclrcihen auf diefer dicht mit Biiumcn beftandenen
Parcelle, fowie aufdem weiter füdlich gelegenen Kamme
diefes 1 löheiuückcns,' welche einer forgfältigen Durcli-
forfchung bedvnften. Ich hatte mir daher die Erlaubnis
85
erwirkt, hier nach Belieben graben zu dürfen und
wählte eine Anzahl Hügel, von welchen ich den meiften
Auffchluß erwartete; allein das Ergebnis meiner Gra-
bungen war ein negatiA-es. Die langgeftreckten Hügel-
reihen, welche fich von dem Höhenrücken über den
(teilen Abhang bis hinab an die Straße ziehen, find
natürliche Gebilde und enthalten keine Beftattungen;
jene kleineren Hügel aber, welche auf dem Höhenrücken
zerftreut liegen, find zwar allerdings Gräber, aber
wahrfcheinlich fchon früher zerftört worden und ohne
nennenswerthen Inhalt. RIerkwürdigerweife fanden fich
auf der füdlichften Spitze diefes Höhenrückens nicht,
wie vermuthet worden, Spuren eines Ueberganges der
HaliriätterzurLaTene-Periode, fondern nur zwei Bruch-
ftücke (Rücken und Fuß) einer kleinen Kahnfibel aus
Bronze. Der gleiche Fall war bei der Durchforfchung
der noch füdlicher gelegenen vom Gräberfelde getrenn-
ten Anhöhen, welche größtentheils abgeflockter Wald-
bodenfind. Ich hatte die Erlaubnis, einen Hügel, welchen
der in Mühlbach anfäßige Grundbefitzer für ein Grab
hielt, zu durchforfchen und überall zu graben, wo ich
einen Grabhügel vermuthete. Auch hier waren nur
kleinere Gräber, welche zwar entfchieden Spuren einer
Beftattung enthielten, aber fchon längfl zerftört worden
fein mußten. Ich wollte hierauf auch die in meinem
Berichte vom Jahre 1890 als ungenügend durchforfcht
bezeichnete Parcelle Nr. 1496 vornehmen, und ließ da-
felbfi, wo in letzterer Zeit von Fremden wiederholt
ohne wefentlichen Erfolg gegraben worden war, zwei
mittelgroße Gräber öffnen. Das eine derfelben erwies
fich bald als ein fchon einmal geöffnetes Grab und
enthielt keineBeftattungsbeigaben; das andere größere
und mit ftattlichen Fichten beftandene Grab enthielt
dagegen einen intaften Steinfatz mit Afchenreften.
Dabei lag ein großes eifernes Beil (Kelt) und eine
geringelte Schlange aus Bronze, 140 Gr. fchwer und
von befferer Arbeit. Kopf und Schwanz der Schlange
fcheinen abgebrochen zu fein und dürfte diefes inter-
effante Stück eine Handhabe oder eine Gürtelfchnalle
gewefen fein.
In diefer Weife nahte die fyftematifche Durch-
forfchung des Gräberfeldes von Frögg rafcher ihrem
Abfchluße, als urfprünglich zu erwarten war. Es er-
übrigte nur noch die Unterfuchung einiger der nörd-
lichft gelegenen Gräber, von denen zu vermuthen fland,
dafs fie Funde aus der Römerzeit enthielten, weil vor
Jahren auf einem Felde dortfelbft eine römifche Fibula
gefunden worden war (Mittheilungen der Central-Com-
miffion N. F. XIII, S. LXXX), welche im hiftorifchen
Mufeum zu Klagenfurt ift. Ehe ich jedoch zu diefer
Unterfuchung fchritt, hielt ich noch eine Umfchau in
den bereits durchforfchtenParcellen, um dasjenige, was
vielleicht übcrfehen worden war, nachzuholen und ließ
in verfchiedenen Theilen des Gräberfeldes ungefähr
noch 10 kleinere Gräber öffnen, wovon jedoch nur
eines eine kleine Bronze-Fibula lieferte, die übrigen alle
waren, wiewohl fie zweifellofe Beftattungsfpuren ent-
hielten, ohne Inhalt.
Von den vier nördlichen Gräbern, die ich hierauf
öffnen ließ, enthielt ebenfalls nur eines, und zwar das
nördlichlt gelegene, namhafte Funde, nämlich einen
gut erhaltenen eifernen Kelt mit vier Schaftlappen und
ebenfo wie der füdlich gelegene Grabhügel, deffen ich
oben erwähnte, Bruchftücke einer kleinen bronzenen
Kahn-Fibel, mithin nicht die geringfte Hinweifung auf
die Römerzeit.
Ein anderer Hügel, der Erfolg verhieß, war dicht
mit Bäumen beftanden und trug am Scheitel eine tiefe
Einfenkung. Zwar war derfelbe fchon einmal, wie fich
die Arbeiter erinnerten, erft vor wenig Jahren, geöffnet
worden. Allein damals war von Oflen nicht bis in die
Mitte des Hügels vorgedrungen worden, auch fehlen
nicht bis auf den natürlichen Grund gegraben worden
zu fein. Bei dem Umftande, dafs die Hauptbeftattung
bei derlei Hügeln in der Regel fehr tief liegt, war an-
zunehmen, dafs jene Grabung erfolglos gewefen, was
auch in der That, wie man mir fagte, der Fall war.
Ich wählte alfo den zweiten Hügel, weil dabei, zwar
vorausfichtlich viele Arbeit, allein doch noch mehr
Ausficht auf Erfolg war, als bei dem erfteren. Es fland
zu hoffen hier im Centrum des Gräberfeldes eine neue
Ausbeute von Bleifiguren zu machen und mit einer
gewiffen Zuverficht gingen die Arbeiter in gewohnter
Weife daran, den Gipfel des Hügels abzuftocken und
rings um die Einfenkung herum abzutragen. Allein die
Mannigfaltigkeit der Gräber-Conflru6lionen in Frögg
war noch nicht erfchöpft; es war hier wieder ganz an-
ders als bei allen anderen, bisher aufgegrabenen Grä-
bern. Nachdem nämhch die Erde ungefähr 2 M. tief
abgehoben war, zeigte fich rings um einen feften Kern
lehmiger Erde nicht, wie erwartet worden, eine Stein-
mauer, fondern eine mehr als meterflarke Schichte
großer RoUfteine, welche fo locker aufgefchüttet war,
dafs man ftellenweife zwifchen den Steinen mit dem
Arme hineingreifen konnte. Gleichwohl war gerade
diefe Schichte von Rollfteinen der Ort der Beftattung,
wie aus Kohlen- und Knochenanhäufungen zwifchen
den Steinen unwiderleglich hervorging. Die RoU-
fteine mußten von oben in die Grube gebracht worden
fein; denn es war nicht möglich den mittleren Kern
dichter Erde zu entfernen, ohne dafs die Steine von
allen Seiten gegen den Mittelpunkt zufammenkoUerten.
Die Arbeiter mußten äußerlt vorfichtig zu Werke gehen,
damit nicht etwa vorkommende Beftattungsbeigaben
durch die in Bewegung gerathenden fchweren Steine
zertrümmert wurden, ja fie felbft waren nicht außer
Gefahr bcfchädigt zu werden. An der Südfeite kamen
bald zwifchen Kohle und calcinirten Knochenfplittern
fehr fein geglättete fchwarze Topffcherben zum Vor-
fchein, welche fich jedoch nicht mehr zufammenfügen
ließen, fowie auch zufammengefchmolzene Bronze-
ftückchen, endlich auch ein kreuzförmiger hohler
Bronze-Knopf, ähnHch wie in Hallltadt {Sacke;i, Tafel
XVIII, Nr. 15), in welchem noch ein Stückchen Leder-
riemen fleckte. Vor drei Jahren hatte ich in einem Grab-
hügel der Parcelle 145S einen ähnlichen Knopf ge-
funden. Ueberhaupt trugen die Funde diefes Hügels
den Charakter der Funde jener erften Parcelle, auf
welcher ich im Sommer 1889 mit den fyftematifchen
Ausgrabungen begonnen hatte, und deren Gräber ich
für älter halte, als jene, in denen Bleifiguren vor-
kommen. In größerer Tiefe diefes Grabes, bei welchem
wir bei 6 M. Durchmeffer 4 M. Tiefe erreichten, ent-
deckten die Arbeiter in einer Kluft zwifchen Rollfteinen
einen Bronze-Keffel. Erltand frei in einem hohlen Räume
zwifchen den lofen Rollfteinen, und man fah ihn durch
die Fugen, ohne dahin gelangen zu können. Die Roll-
Iteine mußten rund herum mit aller Vorficht entfernt
— 86
werden, um ihn zu lieben. Es währte einige Zeit bis
dies g-elantj. Als er endlich frei ftand, ließ er fich doch
nicht heben, denn bei jeder leifeften Berührung fielen
Stücke der äußerft dünnen morfchenBronzewändeherab,
fo dafs fchließlich nur der Inhalt, ein Klumpen durch
Rofl: zufammengebackener menfchlichen Knochen-
refte, flehen blieb, welche einen ftarken Leichengeruch
verbreiteten. Sie lagen gebettet auf modrigem Holze,
welches fich an den Boden des Bronze-Keffels ange-
fchmiegt hatte, fo dafs noch Theile davon daran hafte-
ten. Sonft befand fich nichts in dem Keffel, der
von gewöhnlicher Form, fchmucklos und mit glatten
Henkeln war. Unter demfelben lag ein wohl erhaltenes
Bronze-Beil mit vier Schaftlappen, zwifchen denen fich
beiderfeits noch Theile des hölzernen Schaftes befan-
den, auch hatte dasfelbe feitwärts am oberen Rande ein
kleines Oehr. Nicht fern davon lagen, fl:ark verroftet,
mehrere eiferne Lanzenfpitzen mit Schaftröhren; eine
davon, die befterhaltene, 36 Cm. lang; zwei andere
waren nur mehr theihveife vorhanden. Von befonderem
Intereffe ift ein eiferner Pferdezaum, welcher ebenfalls
dort lag (Fig. i). Andere weniger erkennbare Eifen-
theile dürften Wagenbefchläge gewefen fein, insbefon-
dere ein kleines gebogenes Eifenblech mit einem
Fig. I. (Fögg.)
Haken, woran eiferne Ringe wie von einer Kette
hingen. Diefer Bronze-Keffel mit allen feinen Beigaben
fehlen die Hauptbeftattung des Grabes gewefen zu
fein und von einer vornehmen Perfönlichkeit herzu-
rühren, welche Pferd und Wagen hatte. Ich ließ die
Grabung nicht weiter fortfetzen, zumal die Sache
nicht ohne Gefahr war. Von Bleifiguren fand fich
nichts. An der Südfeite fand fich noch zuletzt nebft
anderen Thonfcherben ein zierliches kleines Henkel-
gefäß aus dunkelgrauem Thon.
Mit der Durchforfchung dicfcs letzten Grabhügels,
welcher der größte war, der überhaupt in Frögg
geöffnet worden ift, und deffen Zufchüttung die an-
geftrcngte Arbeit von 6 Arbeitern durch einen ganzen
Tag in Anfpruch nahm, fchloß ich die fyftcmatifchen
Ausgrabungen ab, und denke diefelben auch im kiinf
tigen Jahre nicht wieder aufzunehmen, zumal als fich
an anderen Orten Kärntens Gräber finden, derenDurch-
forfchung neue, und für die Vorgefchichte Kärntens
wichtigere Auffchlüße bieten dürften, als hier noch
zu erwarten find.
Die Gräber in Frögg gehören, wie alle bisher in
Kärnten erchloffenen prähiftorifchen Gräber, der erftcii
Eifenzeit an und find ausnahmslos Brandgriiber. Ihre
große Vcrfchiedenhcit an Umfang, innerer lünrichtuiig
und auch an Beftattungsbeigabcn läßt vermuthcn, dafs
fie nicht der Friedhof irgend einer Anfiedhing, fondern
die Beftattungsftelle einer ganzen Gegend waren, wo
die Brandafcae vornehmerer Leute, zuweilen vielleicht
aus größerer Entfernung beigefetzt wurde, deren ein-
zeln oder mehrere zufammen in einen Grabhügel kamen.
Dafs diefe Bevölkerung auf den Bergen wohnte, ift
leicht begreiflich, fie hatte ihre Grabftätten auf frei-
gelegL-nen, nicht allzufteil abfallenden Plätzen, wo
weder das Abrutfchen des Erdreiches noch Waffer die
Ruhe der Todten ftören konnte. Als die Römer ins
Land kamen, fanden fie Alpenwirthfchaften vor, wie
aus Varro's Buch (de re ruftica) zu entnehmen. Dafs
die Römer auch Straßenanlagen im Gebirge vorfanden,
deren einige fie zu ihren Zwecken ausbauten, erzählt
fchon Strabo in feiner Geographie (IV. Buch, Cap. 6)
über die Alpen. Er fagt, dafs Kaifer Auguftus mit der
Ausrottung der Räuber auch die Gangbarmachung
der Gebirgsftraßen verband und fchildert die Schreck-
niffe der damaligen Alpenpäffe. Ferner erzählt er, dafs
Oel und Wein von den Gebirgsbewohnern in hölzernen
Fäffern von Aquileja bis Nauportus (Oberlaibach) zu
Wagen geführt, dann auf Schiffe verladen, bis in die
Donau und auf deren Nebenflüßen ftromaufwärts in
die Gebirgsländer gebracht wurden. Dabei erwähnt er
insbefondere der Straße über den Berg Okra (Birn
baumerwald). Wenn man heute noch auf Gebirgshohen
in Kärnten, wo weder Römer, noch fpätere Völker
irgend ein Verkehrsbedürfnis hatten, kunftvoll an-
gelegte Straßen findet, und in den Gräbern zu Frögg
Räder, ja einmal fogar das Modell eines vierrädrigen
Vv'agens, fo ift dies ein Zeugnis für die Richtigkeit der
Angaben Strabo's und bei derhohen Culturftufe, welche
die erfte Eifenzeit auszeichnet, dürfte es kaum zu ge-
wagt fein anzunehmen, dafs die damalige Bevölkerung
fowohl Alpenwirthfchaften als Kunftftraßen kannte.
Ihre Wohnung war unter folchen Umftänden das höl-
zerne Alpenhaus. Schon Varro erwähnt der Alpen-
hütten im Gebirge, welche er, der nur gemauerte Häufer
zu fehen gewohnt war, verächtlich „in der Eile zufam-
mengezimmert" nennt. Ihre Nationalität war illyrifchen
Stammes, deren Zweige von den Kelten und Römern
unterjocht und aufgefaugt in der jetzigen briuictten
Mifchbevölkerung der Gebirgsländer fortleben.
Die Bleifiguren, eine Specialität der Frögger
Griiber, wurden an Ort und Stelle erzeugt, und oft zu
Hunderten, meill: in fchlecht gebrannten rhongefcliirrcn
den Leichenreften beigefetzt. Dafs die Bleifiguren nicht
zu jeder Zeit in Frögg vorhanden waren, beweifet der
Umftand, dafs fie in den nördlich gelegenen Gräbern
fehlen.
Die l'.rlialtung der Graber bis in die Gegenwart,
läßt fich nur aus dem Umftande erklären, dafs das
Grjiberfeld feit den älteften Zeiten ununterbrochen
Waldbodcn war, welcher zwar, wie nachweislich, wie-
derholt abgeftockt, doch immer Waldboden blieb; denn
dort, wo einmal der Pflug über die Gräber ging, ift
deren Spur auf immer vcrwifcht.
Was die innere Einrichtung der Griiber betrifft,
fo ift diefelbe, wie oben erwähnt worden, äußerft
mannigfaltig. Die kleineren Gräber find theils mit, theils
olme Steinfatz, welch letzterer aus Schieferplattcn
hcfteht, die an mehreren Stellen des Gräberfeldes vor-
kommen. Die Mehrzahl der kleineren Griiber ift im
Laufe der Zeit \'crfcli\vuiiden und dabei ihres ohnehin
Ip.niicliL-ii Inhaltes Neriuflig gewonlcn, wiihrcnd die
- 87
großen, meifl: mit Räumen beflandenen, geblieben find.
Es ift zwar nicht ausgcfcliloffen, dafs auch mehrere
der letzteren im Laufe der Zeit durchwühlt worden
find, allein die VVerthlofigkeit ihres Inhaltes fchützte
die übrigen vor gänzlicher Zerftörung. Aber ein
großer Unterfchicd beliebt zwifchen der inneren Ein-
richtung der großen Gräber im nördlichen und im
füdlichen Theile des Gräberfeldes. Während jene ein
ganzes Syftem von Steinplatten, bis zu 50 Stück ent-
halten, deren jede eine Beflattung deckt, enthalten
diefe nur wenige Befbattungen, weiche unter einer
viereckigen Mauer von fchweren Bruchfteinen liegen.
Erftere enthalten vorzugsweife Waffen,' letztere Blei-
figuren.
Spuren von Gold, fowie Bernftein kommen nur
feiten und nur in einem kleinen Theile des Gräberfeldes
vor, ebenfo Räuclierwerk, deffen jedoch nicht wenig
im erften Jahre der fyftematifchen Grabung gefammelt
wurde.
Im Ganzen gehören die Gräber in Frögg zu den
armen, und wurden fchon Viele, welche dort auf eigene
Rechnung gruben, zumal Sommcrgäfte aus Velden,
bitter enttäufcht, indem fie nach unverhältnismäßigem
Aufwände an Zeit und Geld nichts oder höchftens
einige Topffcherben oderBruchflücke vonMetallgegen-
rtimden heimbrachten. Nur wenigen, vom Glücke be-
fonders ]5egünftigten, war Befferes befchieden. Der
kärnthnerifche Gefchichts-Verein aber, durch die be-
deutende Dotation der kärnihneri/clien Spai-cajfe für
Ausgrabungs Zwecke, durch diejährliclieUnterftützung
der k. k. Central- Cointniffion für Kuiijl und hißorijche
Denkmale, insbefondere aber durch die großen Geld-
beiträge, welche Herr Bacliofen von Echt für diefe Aus-
grabungen fpendete, war in der Lage, feit dem Jahre
1883 alljährlich Ausgrabungen in Frögg vornehmen zu
laffen, und in feinem Mufeum eine Sammlung von
Funden aus Frögg anzulegen, welche, insbefondere
durch ihre Bleifiguren, ihres Gleichen nicht findet.
Die Pfarrkirche von Gais im Pufterthale.
|IT Ausnahme der Stiftskirche von Innichen
dürfte fich kein fo großes, einheitlich ausge-
führtes Werk des fpät-romanifchen Styles in
Nord-Tyrol finden, als die etwa eine Stunde von Brun-
eck an der Tauferer Straße gelegene Kirche der Pfarre
Gais. Schon von weitem ifl der fchlanke Thurmhelm
dem Wanderer fichtbar, aber erft nach Ueberfchreitung
der Kehlburger Muräne erfcheint das freundliche
Dörfchen Gais, in deffen Mitte, von Obftgärten umge-
ben, das uralte Pfarrhaus, und weiter zurück die Burg
Neuhaus als Hintergrund eine wirkliche romanifche
Bafilica des 13. Jahrhunderts den Kunftfreund nicht
wenig überrafcht. Der dreifchiffige Bau Fig. i ift fchon
von außen fchön gegliedert durch den hohen Licht-
gaden des Mittelfchiffes, deffen Oftgiebel über den Chor-
bau emporragt, durch Haupt- und Neben- Apfis, welch'
letzterer an der Nordfeite die Sacriftei entfpricht;
endlich durch den hübfclien Thurm, der fich auf dem
letzten Quadrate des füdlichen Seitenfchiffes erhebt
und fo die Fa^ade fehr günftig zeichnet. Der Bau ift
durchwegs, die Sacriftei als Verlängerung des nörd-
lichen Seitenfchiffes nicht ausgenommen, aus kleinen
Quadern mit \ielcm Mörtel dazwifchen ohne Bewurf von
außen aufgeführt, und wenn auch die Jahrhunderte ihre
Spuren hinterlaffen haben, fo ift doch die erfle Anlage,
die ein Meifter nach einheitlichem Plane und in kurzer
Zeit hergeftellt hat, noch klar und ficher erhalten.
Die Längenaxe der Kirche geht nach Südoft, was
fich vielleicht aus der Bodenbefchaffenheit zur Zeit
des Baues erklären läßt. Der Bauplatz war damals
ficher nicht fo tief gelegen, wie jetzt, fondern ein kleiner
Hügel mitten in der Thalfohle, und die Sage, dafs die
Kirche dreimal im Waffer geftanden fei, findet bei
einiger Betrachtung der umliegenden Schuttmaflen ihre
Beflätigung. Die 1-3 M. dicken Mauern haben jedoch
Stand gehalten, alle Gewände find mit Hauftein einge-
fafst, felbft die der kleinen Lichtgaden-Fenfter, freilich
einfach "-eiuuj ohne Profilirunsj, ohne Abfaffung und
weder vor noch zurücktretend in der Mauerflucht. Die
Fenfterfchrägen aus Häuflein fetzen befonders in der
Haupt-Apfide großen Aufwand und nicht gewöhnliche
Tüchtigkeit voraus. Die Apfiden haben Kugelgewölbe
ohne Gefims, Chor und Sacriftei Tonnengewölbe, das
des erfteren ift über i M. dick, am Scheitel gemeffen;
Fig. I.
im übrigen fcheinen bloß die Seitenfchiffe zur Wölbung
beftimmt gewefen zu fein. Vom füdlichen Seitenfchiffe
öffnet fich ein abgefafster Rundbogen von der Breite
des Schiffes in den Thurm. Nahe der Ecke an der
Nordfeite ift ein kleines Portal, nur i M. breit, ohne
Zweifel das fogenannte Pfaffenthürl, weil es dem Thore
des Pfarrhaufes gerade gegenüber fteht, für die übrigen
— 88
Kirchenbefucher aber das Haupt-Portal und ein mittel-
"roßes an der Südfeite viel bequemer find. Alle drei
haben — wie die Fenfter — Rundbogen.
Die Haupt-Apfide hat zwei Fenfter, die im Innern
15 M. hoch und 3 Cm. breit find, die Seiten- Apfis wird
durch ein ganz kleines, ftark ausgefchrägtes Fenfter-
chen erhellt, nur 5 Cm. hoch und i Cm. breit. Der
Lichtgaden hat auf jeder Seite drei Lichtöffnungen, die
in der Größe zwifchen den vorgenannten ilie Mitte
halten, in den Seitenfchiffen find je zwei. Wie das
jetzige Fenfter an der Fagade früher ausgefehen, läßt
fich nicht mehr beftimmen; um den Gang auf die
Empore zu erhellen, ift in der Höhe der Schlußmauer
des nördlichen Seitenfchiffes eine Schlitze angebracht,
Fig. 2.
und eine eben folchc zwifchen Sacriftci und Ilaupt-
Apfide, jedoch nur 1-5 M. über dem Boden. Der von
Quadern viereckig cingefafste Eingang zur lunpore
befindet fich ober dem früher genannten Pförtchcii für
die Geiftlichkeit, und es fcheint eine hölzerne Stiege
von außen auf diefclbe geführt zu haben. Der Oftgiebel
des Schiffes hat über dem Chordache eine rundbogige
Oeffnung. in welcher früher die San(5lus-Glocke hing;
die zwei Kragfteinc, in denen fie fich bewegte, find
noch erhalten.
Nach einer im Pfarr-Archiv vorhandenen Urkunde
wurde die Kirche mit Friedhof und vier Altären vom
Weilibifchof Johannes anno 1326 neuerdings geweiht.
Offenbar ift diefe Weihe für die Bauzeit verfpätet,
und nur in Folge einer Entweihung durch Blutver-
gießen in Kirche und F'reithof erklärlich. Ein Altar
in flcr Mitte wurde zu l'Llnen des heil. Kreuzes, der
Haupt Altar wie die Kirche zu IChrcn des Evange-
Uilen Johannes geweiht. Die Urkunde, nicht größer als
Einachtel-Schrpjbbogen, hat eine fehr kleine und zier-
liche Schrift, das Siegel befteht aus gewöhnlichem
Wachfe, das mit der Hand dem Petfchaft aufgedrückt
wurde. Es zeigt in der Mandelform oben das Bruftbild
des Täufers, in der unteren Hälfte einen Rundbogen,
in welchem ein Bifchof betend kniet, den Stab hinter
fich. Die Umfchrift in Majuskeln: Sigil. Joh. Epi. . . .
(Hier fei bemerkt, dafs in einer andern Urkunde
von 1311 die ältere und jüngere Gräfin-Witwe von
Taufers eine Schenkung auf den Johannes -Altar
machen). Von Bildhaucrarbeit findet fich keine Spur,
eine fehr zerftörte Malerei an der Südfeite, die Kreuzes-
gruppe vorftellend, dürfte vielleicht aus der Zeit des
Kirchenbaues ftammen.
Nun zu den baulichen Aenderungen der Folge-
zeit. Das füdliche Seitcnfchiff fcheint bald nach dem
Baue eingewölbt worden zu fein, es hat gothifche
Kreuzgewölbe. Vielleicht in Folge eines Brandes
wurden fpäter die Giebel fämmtlich erhöht, und zwar
die des Mittelfchiffes um 33 M., während fie früher nur
I M. hoch waren; fo wurde der Mauerreiter über dem
Chore, deffen Schallöffnung oben befchrieben, unter
das neue Dach gebracht. Gleichzeitig mag der Thurm
erhöht worden fein und feinen Spitzhelm bekommen
haben. Die zwei andern Schiffe erhielten fchöne hohe
Netzgewölbe (Fig. 2).
Das Gewölbe des MittelfchifTes (Scheitelhöhe vom
Kirchenboden 13 M.) ragt weit über die Seitenmauern
empor, fo dafs der Dachftuhl in Schiffskielform gebaut
ift. Etwa 50 Jahre fpäter wurde die Vorhalle unter der
Pfarrkirche gewölbt, und ein breiter Bogen auf zwei
zierlichen Confolfteinen derfelben vorgelegt.
Alle diefe Arbeiten find in ihrer Eigenart, aber
mit forgfältiger Schonung des alten Werkes ausgeführt.
Leider kann man dasfelbe nicht fagen von den Aende-
rungen in den Zeiten der Renaiffancc.
Von Bauten diefer Periode kann man bei der
befprochenen Kirche eigentlich nichts anfiihren, denn
es wurde nur zerftört. Es ergibt fich das am füglichften,
wenn wir kurz den heutigen Zuftand des Bauwerkes
angeben. Das Haupt-Portal an der Weftfront ift einfach
viereckig, von vier Granitftücken eingerahmt. Das
füdliche Seiten-Portal ift unten vermiauert, oben zu einem
riefigen viereckigen Fenfter ausgebrochen, das kleine
Pförtchen an der Nordfeite in eine Nifche verwandelt,
aber gleich daneben eine andere Thüröffnung ange-
bracht. Von allen 18 Fenfteröffnungen ift nur mehr das
Fenfterclicn der kleinen A]ifis erhalten, die andern
find vermauert oder erweitert.
Die Haupt- Apfis dient jetzt als Sacriftei, die
kleinere als Spritzenhaus, und hat von außen einen
lüngang erhalten. Die Fenfter der Seitenfchiffe find zu
häfslichcn Thüren erweitert und nicht einmal durch
einen Slichbogen gefchloffcn, fondern dünne Bretter
müßen das darüber ftehende Mauerwerk tragen. Von
den fchönen Rippen der Schiffsgewölbe find nur mehr
auf der Emporftiege ein paar verfteckte Mufter er-
halten, dafür ficht man neuere Malereien ohne befon-
deren Wcrth.
Die alten Leute erzählen, dafs fiiiher f^att (oder
beffer an Seite") der zwei Mauerpfeiler im Schiffe vier
.Säulen gcftandeii feien, man hätte fie aber mit Stricken
und angefiJannlen Pferden herausgerilTen ! lün Blick auf
89 -
die Seitenfchiffgewölbe, deren Coiifolen in den jetzigen
Scheiteln der Arcaden-Bogen fehlen, beflätigt diefe
Anficht. Leider ift auch Gefahr für das Beftehen der
Kirche vorhanden wegen des Läutens der großen
Glocke, fei es, dafs fie zu ungeftüm gefchwungen wird,
oder der Glockenfluhl fehlerhaft ift, genug, dafs das
Gewölbe ober der Empore bedeutende Riffe zeigt.
Dafs oberhalb der alten Empore noch eine fehr
unfchöne angebracht ift, welche weder für die Kirchen-
mufik brauchbar, noch für die Kirchenbefucher noth-
wendig ift, fei blos erwähnt.
Fr. J. Untergafser.
Die beiden biblifchen Gemälde-Cyclen des Domes zu Gurk.
Vom Correfpondcnten Dr. Alfred Schnerich.
II.
14. a) Das letzte Bild diefer Reihe gibt je eine
Darfteilung aus den beiden berühmteften Büchern des
alten Bundes, Job und Tobias; leider find gerade diefe
in fehr verdorbenem Zuftande auf unfere Zeiten ge-
Icommen.
Wir fehen links Job fitzend, nackt, mit Beulen
bedeckt, die Linke an das Haupt haltend, in der
Rechten ein nach aufwärts gerichtetes Spruchband;
über ihm fchwebt der Teufel mit einem Bogen nach
ihm fchießend. Ihm gegenüber fitzen auf polllerbeleg-
ten Bänken deffen drei Freunde in reicher Kleidung,
jeder eine Krone auf dem Haupte, in der Hand ein
Spruchband. Diefe enthalten Stellen aus den Gefprä-
chcn. Bei Job: Si bona fnscepi[uius d]e inanu[dci]
{Job II, 10) eigentlich die Antwort auf die Läfterworte
feiner P'rau. Das nächfte Spruchband gibt etwas ver-
ändert die Anfangsworte des Eliphaz: Venit plaga
supejr te et dcfecisti] (IV, 5), das weitere die Worte des
Baldad: Usquc a[d qiijcin ßne[m] verba iacla (VIII, 2).
Das letzte Spruchband aber enthält nicht Worte des
Sophar, des dritten Freundes, fondern die Anfangs-
worte des nach den dreien auftretenden früher gar
nicht genannten Eliu: A[iidi igiticr e ] lo[qiiia inea jet
omnes (XXXIII, i). Am Rande ober dem Teufel endlich
fteht: [djiaboliis. . . .
Die Gefchichte des Job hat das Mittelalter mit
großer Vorliebe, oft auch als Cyclus dargeftellt (Campo
Santo in Pisa). Das Gurker Bild fteht gegenüber dielen
vielen ziemlich vereinzelt da, fo fitzt hier Job, während
er fonft meift mehr liegend dargeftellt wird; ficher war
wohl auch hier der Afclienhaufen angegeben. Noch auf
fallender ift die Darftcllung der Freunde als Könige, als
welche fie der in die Vulgata nicht aufgenommene
Nachfatz bezeichnet, vielleicht auch anfpielend an die
Worte des Job, XIX, 9 : „abstulit coronam meam".'
Der fliegende Teufel ift fehr kühn gezeichnet und erin-
nert an die „morte" im „Triumph des Todes".
bj Sehr fpärlich find die Refte der zweiten Hälfte;
zu erkennen ift: Rechts ein Haus, aus deffen Thor eine
Perfon tritt mit kurzem Rock, die Hand ausftreckend;
links zwei andere Perfonen, dem Haufe zufchreitend,
voran ein Engel in weißem Gewand mit Nimbus und
gelben Flügeln, einen Stab und Spruchband haltend:
Sds quoitiam pater tiius iit[ultos numerat] dies. Ihm
* Im Cyclu5 von .S. Gemigitano (Bartolo di Fredi u. Benia) ift bei der
Tafel Jobs diefer und deiTen Fi-au gekrönt dargeftellt. Der Cyclus ift bei
Alinari Nr. 7095 — 7116 und 7119 — 7139 photngraphirt.
XIX. N. F.
folgt, von rückwärts aus einem tieferen Terrain hinan-
fleigend, ein bärtiger aber jüngerer Mann. Beide find in
Gefpräch miteinander und halten ihr Gewand aufge-
fchürzt. Dafs hier eine Scene aus der Gefchichte des
Tobias dargeftellt ift, ift durch den Engel außer Zweifel
gefetzt; nicht fo ganz klar erfcheint es, welche; es
könnte die Ankunft bei Raguel (Cap. 7), fowie die
Rückkehr in das väterliche Haus (Cap. 11) gemeint fein.
Für erfleres fpricht die Perfon beim Haufe, die doch
nur ein Mann, nicht aber die Mutter des Tobias, Anna
fein kann, die auf den Sohn fehnlich wartet (Cap. X).
Die Worte des Spruchbandes fchwanken zwifchen
IX, 4 und XI, 2. Sie folgen dem Wortlaute der erfteren
Stelle, find jedoch ftatt des Tobias dem Engel beige-
geben, daher die Veränderung von „mens" in „tuus" ;
dem Engel gehört zwar die letztere Stelle an, diefelbe
ift jedoch wefentlich verfchieden, auch kommen die
erfteren Worte vor der Ankunft bei Raguel vor, wäh-
rend letztere beim Abfchied gegeben werden. Es wird
alfo unter diefer Darfteilung die Ankunft bei Raguel
anzunehmen fein, als welchen wir demnach die Perfon
unter dem Thore bezeichnen müßen; Tobias fteigt eben
vom Meer herauf, aus dem er den Fifch geholt hatte.
Die Gefchichte des Tobias war bekanntlich in
der alt-chriftlichen Kunft einer der beliebteften Gegen-
ftände; von fpäteren nicht fehr häufigen Darftellungen
feien erwähnt die Heilung der Augen des Vaters im
Antiphonar von St. Peter, * fowie verfchiedene andere
Scenen in Miniaturen.^
15. Die unterfte Reihe beginnt wieder an der Weft-
wand ; leider ift das erfte Bild verloren gegangen, eben
fo die linke Hälfte des folgenden.
16. b) Die rechte Hälfte zeigt wenigftens in den
oberften Theilen noch erkennbare Spuren. In einer
gothifchen Halle erblickt man drei Perfonen. Links
ein König — mehr als die Krone ift nicht erhalten — ,
zu ihm gewendet eine gleichfalls gekrönte Frau, hinter
diefer noch eine weitere weibliche Perfon, einen Kranz
in den Haaren. Das Gefpräch zwifchen den erfteren
zwei Perfonen erläutern Spruchbänder, welche fie offen-
bar hielten, beim König : Iiester, bei der Königin
/ popuhi])ii ineuin pro quo oro, zwei Stellen nach
Efther VIII, 2 und 3. Hier war alfo das Gaftmahl der
Königin dargeftellt: links faß Affuerus, zu ihm redend
Efther; die bekränzte Geftalt hinter ihr kann wohl nur
' Lind, a. a. O.
• Vgl. Heider, Jahrb. der Centr.-Comm. 5. S. 128.
— 90 —
die Dienerin fein. Den Vordergrund nahm offenbar die
gedeckte Tafel ein, an deffen Schmalfeite der König
faß; ähnlich erfcheint die Darfteilung des hortus delici-
arum der Herard von Landsberg,' anders imSpeculum,
f 46 bj, ebenfo auch in der Biblia pauperum XXIV-
c) Schwieriger ift die Erklärung des letzten ganz
fchmalen Stückes, welches gleichfalls nur in den
oberften Theilen erhalten ift. In einer Halle fteht rechts
ein Mann in engem Gewände, einen Helm auf dem
Haupte, nach links gewendet, mit feinem Schwerte
eben zum Streich ausholend. Den Raum ihm gegen-
über nimmt oben ein Spruchband ein, welches von
einer kleineren, ihm gegenüber befindlichen Perfon
etwa in knieender Stellung, ausgegangen zu fein
fcheint. Die Infchrift darauf ift leider nicht mehr zu
entziffern. Es kann beim erften Anblick zweifelhaft fein,
ob diefes letzte kleine Stück noch zur Darfteilung des
Gaftmahles gehört oder nicht. Für letzteres fpricht
aber fchon die ^räumliche Dispofition, indem beide
Darftellungen mitfammen faft zwei Drittel der ganzen
Länge der Bildfläche einnehmen; auch ift es fchwer,
diefen mit dem Schwerte hauenden Mann für die
Gefchichte der Efther zu beanfpruchen. Haman wird
bekanntlich an den Galgen gehängt, was hier etwa
links vom König dargeftellt gewefen fein mag, wie wir
es ähnlich auch am Faftentuche finden werden. Es
möchte fomit fcheinen, dafs auf der langen Bildfläche
ein kleiner Raum^^übrig blieb und derfelbe noch für
eine dritte Darftellung benützt wurde. Vielleicht war
hier die Tödtung der Königskinder durch Athalia
dargeftellt, etwa verbunden die Rettung des Joas durch
Jofabeth 11. Par. XXII, 11), was die Bibl. paup. VII gibt.
Der Mann mit dem Schwerte wäre demnach der
Scherge der Königin.
Schwierig bleibt es immerhin, zu beftimmen, was
das Schriftband enthalten haben mag.
17. a) Beffer erhalten find die beiden folgenden
Bilder, wenn auch in ihren unteren Partien übertüncht.
Die erftere Darfteilung zeigt links einen zinnenge-
krönten Thurm, davor fteht eine reichgefchmückte mit
Rofen bekränzte Frau, die Linke redend erhoben, die
Rechte — nur theil weife erhalten — nach abwärts
gerichtet; vor ihr ein Spruchband: Lajida[te] domimun
dewn nostnim (Judith XIII, 17). Ihr entgegen kommen
zwei Frauen in dunklen Gewändern, den Mantel über
den Kopf gelegt, jede in den Händen eine Fackel
tragend. Vom Thurmc herab fleht ein Mann und ftößt
ins Hern. Hier ift alfo die Rückkehr der Judith nach
vollbrachter That gefchildcrt (Cap. XIII). Judith hielt
offenbar in der Rechten das Haupt des Holofernes.
Die vordem hart bedrängten Bewohner — hier freilich
nur zwei Frauen — umftehen fie und zünden Lichter an
(Vers 16), worauf Judith ihre Rede beginnt, deren An-
fang das Spruchband enthält. Die Gefchichte der Judith
findet fich in älteren Bildwerken nicht feiten, fehr ausge-
führt namentlich in der Bibel von St. Paolo fuori,- Die
Gurker Darftellung fcheint jedoch ziemlich frei erfunden
zu fein, gehört dabei zu den fchönften des Cyclus.
b) Die zweite Hälfte zeigt eine Halle mit zicgel-
gedeckten Thürmchen. Darin liegt auf einem Bette,
den Kopf nach links auf zwei farbige i'olftcr geftützt, ein
bärtiger Mann, in der Rechten ein Spruchband: 0 ßlii
' F.ngtlliarill irortiti dclicJ.'irum, T.if IV.
- Agincourt, 'J'af. XLM.
viei CDLulatorcs estote legis et da (1. Makkab. II. 50). Ihm
gegenüber ftehen zwei Männer von verfchicdcnem Alter,
beide theilnehmend die Rede anhörend.
Die Worte des Schriftbandes beftimmen den Vor-
gang ficher: Der im Bette liegende Mann ift der fterben-
de Mathatias, der fich in feinem Leben fo vielVerdienfte
um die Reinigung des Gottesdienftes erworben hatte;
er hat feine Söhne berufen, und mahnt fie dem Gefetze
treu zu bleiben. Die Darftellung ift beiläufig dem Tod
Jacobs nachgebildet.
18. a) Vom nächften Bilde find gleichfalls nur die
oberen Theile und auch diefe fehr mangelhaft erhalten
Die größere Hälfte nimmt die Darftellung links ein. In
der Mitte erfcheint die Büfte eines Mannes, nach unten
durch einen halbkreisförmigen Streifen, der fich nach
außen in zwei ovale Oeffnungen theilt, begränzt. Beider-
feits befindet fich, fymmetrifch einander gegenüberge-
ftellt, je ein Ungeheuer mit grauem Efelskopfe, die
Zunge herausgeftreckt, Flügeln und Adlersfüßen. Sie
fchreiten fenkrecht nach aufwärts, die Köpfe gegen-
einander gerichtet; ihre Fluge! berühren fich oben in
der Mitte.
Für die Erklärung bietet die Darftellung einige
Schwierigkeit; man möchte zunächft an eine Vifion den-
ken, namentlich an Ezechiel (Cap. I), Daniel (Cap. VII),
dazu etwa auch Jefaias (^Cap. VI). Doch ftimmt die
Darfteilung mit keiner diefer Befchreibungen überein.
Der Umftand, dafs im folgenden Bilde eine Scene aus
dem Leben des Elifäus dargeftellt ift, macht es indefs
kaum abweisbar, dafs hier die Himmelfahrt des Elias
im feurigen Wagen dargeftellt ift.
b) Der zweite viel kleinere Theil des Bildes zeigt
uns links einen nimbirten Greis, in der Rechten ein
Spruchband haltend: Helyseus vocem .... Ihm ent-
gegen ift eine halbgeöffnete Fauft gerichtet, darüber
das Spruchband: Ascende calve (4. Reg. II, 23), weiter
unterhalb find noch mehrere Köpfe einigermaßen
erkennbar.
Auch hier könnte man den Inhalt ohne Schrift-
bänder nur beiläufig vermuthen; hier war die Verfpot-
tung des Elifäus durch die Knaben von Bethel darge-
ftellt. Auffallend groß, doch gefichert ift die dem Pro-
pheten entgegengeftreckte Hand, durch deren Haltung
er wohl verfpottet wird, da darüber das Spruchband
lauft. Weiter unten werden wohl die Biiren dargeftellt
gewefen fein. Zu vergleichen wird hier die Bibl. paup.
von St. Florian (XXI) fein, doch ohne dire6teBeziehung.
Statt der Bären erfcheincn dort Löwen; derfelbe
Gegenftand findet fich auch in lünaus zu Prag;' das
Malerbuch gibt als Ort einen Wald an.
19. Die letzten beiden Darftellungen des alt-tefta-
mcntlichen Cyclus find durch Uebertünchung verloren,
nur drei Nimben find fichtbar; möglich, dafs hier zwei
Scenen aus der Jugendgefchiciite der heiligen Jungfrau
dargeftellt waren, welche im fpäteren Mittclallcr in
der Regel die Gefchichte Chrifti einleitet.
Neues Teftament.-
20. Die Reihe lier Bilder eröffiiet die Verlaindigung
Maria. Das Local ift durch die in der Mitte des Bildes
' Gruebt't't Die Klinft in lioliiiicn, Ul, iifi, Spriui^ey, OrK;in für Kirch
liehe Klinft. 1854, s. 65 rr.
2 Ob der vielen Piiriillelftcllcn wird die IJibel liier nur cilirt, wenn
eine BcEcbcnhcit nur eiHtnat bcriclitet wird, oder .niich, wenn verfclliedcnaniKC
Berichte auf die n.-irftelhing I?:inntilJ ncnoiiniien ll.-iljcri.
91
einem Blumentopf entfpricßcnde Lilie finnreich als
Gemach der Jungfrau gekennzeichnet. Rechts fteht
Maria, der der Engel entgegentritt. Gabriel, ein kräfti-
ger Jüngling mit Flügeln, in langem faltenreichen Ge-
wände, an den Füßen genetzte Schuhe, hat die Rechte
fegnend erhoben; mit der (eigentlich doppelt gezeich-
neten) Linken weist er auf Maria und hält ein gegen
das Haupt der Jungfrau gerichtetes Spruchband
mit dem Gruße : Ave Maria gracia plena (Luc. I, 28).
Maria, in blauem Kleide mit weißem rothgefütterten
Mantel, hat demüthigdie Arme über die Bruft gekreuzt
und neigt zuHimmend das Haupt; das von ihr ausge-
hende Spruchband ift ihrer Haltung entfprechend nach
abwärts gerichtet: Ecce ancilla domini, fiatm (Vers 38).
Auf fie zu fchwebt die Taube. Diefe Darftellung
gehört unbedingt zu den fchönften und zugleich ein-
fachften diefer Art; fie befchränkt fich auf die zwei
wichtigften Momente: Gruß und entfcheidende Ant-
wort; dieß ift aber mit höchfler Vollendung gegeben
Fig. I.
und klingt fo fchön in den Spruchbändern aus. Alles
übrige Beiwerk ift fortgelaffen, nur die Lilie beibehalten.
Keines der einzelnen Details ift übrigens befonders
neu, am eheften die gekreuzten Arme der Jungfrau, die
fich am früheften wohl bei Giotto finden, fpäter ver-
einzeint aus anderwärts z. B. in Emaus in Prag (1348).*
Auch finden wir Maria meift knieend oder auch fitzend,
letzteres z. B. auch am Bilde der Empore, durchwegs
aber erfchreckt (Vers 29). Stehend finden wir Maria am
Antepeiidium'' und Antiphonar in Salz.burg, im Karner
zu Pifsweg,* wie auch in den fpäteren römifchen
Mofaiken, z. B. in Maria Maggiore und Traftevere.*
21. Ganz anderer Art ift die folgende Darftellung:
Die größere Hälfte des Bildes nimmt links der felfige
Berg ein, der fich nach \orn zu einer Höhle öffnet;
rechts, weiter im Hintergrunde, ift ein zweiter fichtbar.
' .\bgeb. bei Gnteber. a. a. O.
- Came/ina und Heider, Rlitth. der Centr.-Comm., VlI. S. 29. Vgl. auch
meine Arbeit. Neue Beiträge, ebenda N. F. 17. (Dom zu Salzburg)
' Mitth. der Centr.-Comm. 13, S. XVI.
* Roßt, Musnici Cristiani.
Vor der Höhle liegt auf einem Bette Maria, eingehüllt,
die Hände gefaltet, ihr zur Seite in einem Korbe das
eingewickelte Jefu.s-Kind, dahinter Ochs und Efel.
Rechts fitzt Jofeph ohne Nimbus, ein bejahrter Mann
auf den Krückftock geftützt, mit fpitzem Hut. Ober
dem Berge blicken drei Engelchen hervor. Eine zweite
Scene fpiclt fich um den Berg rechts ab; wir erblicken
zwei Hirten bei ihren Schafen, der eine im Vordergrund,
der andere hinter dem Berg eben hervorblickend: fie
fehen erftaunt nach dem rechts von oben kommenden
Engel, welcher die Hände ihnen entgegenflreckt; ein
Spruchband enthalt deffen Rede: amiuncio vobis
gandium. Diefe Darfteilung fchließt fich faft unmittel-
bar an die älteften Vorbilder an; die Höhle, die ftarr
daliegende Maria, das feft eingewickelte Kind, Jofeph,
die Engel und Hirten, alles findet fich in derfelben
Anordnung fchon auf den älteften Bildern, fo im Meno-
logium des Vatican/ in griechifchen Monumenten, wo
fich diefes Schema bis heute kaum wefentlich ver-
ändert hat, inMonreale,^ anderfeits auch im Antiphonar
zu Salzburg.» Weggelaffen ift hier nur das Bad, welches
fich auch auf den fpäteren römifchen Mofaiken, fowie
am Antependium des Doms zu Salzburg nicht mehr
findet. Die beiden Salzburger Monumente wie auch
die Darfteilung im Karner zu Pifsweg zeigen, obfchon
älter, Maria dennoch bewegter und mit dem Kinde
befchäftigt; in Gurk ift diefes verhältnismäßig fchon
fpäte Motiv ganz befcheiden durch die gefalteten
Hände angedeutet. Das Malerbuch kennt die knieende
Madonna (1)
22. Es folgt die Anbetung der heiligen drei
Könige. Rechts fitzt auf einem Throne Maria mit dem
fegnenden Jefuskinde, ober ihnen fchwebt der Stern.
Ihnen entgegen find die Könige und ein Mann aus dem
Gefolge gekommen; der vorderfte ift niedergekniet
und hält dem Kinde das offene Kärtchen mit feinem
Gefchenke entgegen; er trägt langes faltenreiches
Gewand, darüber den Mantel, an den Füßen Radfporen.
Seine Krone hat er dem links von ihm ftehenden Man-
ne gegeben, der fie über den Arm gelegt hat; diefer
hält in der Linken einen Wanderftab, blickt gefpannt
auf den wunderbaren Stern und ift eben im Begriffe
den Hut zu ziehen. Die beiden folgenden Könige tragen
enge Höfen und kurze Röcke, am Haupte die Krolie.
In der Hand hält jeder ein Kärtchen. Der vordere
weist auf den Stern und blickt nach dem Gefährten um,
welcher gefpannt die Mittheilung vernimmt. Wenige
Gegenftände waren im Mittelalter beliebter als diefer,
namentlich gefällt fich das fpätere Mittelalter in glän-
zenden Aufzügen. Hier befchränkt fich das Gefolge
auf einen Diener, der fich fchon auf älteren Monumenten
findet, meift die Roffe hütend, z. B. am Salzburger
Antependium und in der Johannes-Capelle zu Brixeli."
Der Fußkuß, welchen die Franciscaner aufbrachten,''
fehlt hier noch,« doch kniet der vorderfte König be-
reits. Der Hinweis auf den Stern findet fich fchon auf
Sarkophagen;' das fpätere Mittelalter gibt denfelben
^ Aglncourt. XXXIII. Vgl. namentlich : Ä-/,»/.V/. Die Darftellung der
Geburt Chrifti. Stuttgart. 1890.
- Gravtna, a. a. O., Taf. \-jb.
' Lind. Mitth. der Centr.Coram., XIV, Taf. V.
' Vgl. Repertorium für Kunftwiircnfchaft. VI, 126.
■i Vgl. T/iode: Franz von AfTifi, S. 431.
« Am jMaria Saaler-Bild von 1435 finden wir den Handkuß glcichfam
als Lebergang; vgl. meinen vorläufigen Bericht in der Klagenfurler Zeitunz
19. Sept. 1885.
' Lehner, Marienverehrung, Taf. V, VI u. f.
12 *
92 —
entweder ganz auf oder fchwächt ihn doch lehr ab. Zu
den verwandteren Werken gehören übrigens weniger
die genannten, als mehrere mittel-italienifche, fo die
Bilder in den Apfiden von Maria Maggiore und
Traflevere in Rom,' fowie das Relief an der Fagade
des Domes zu Orvieto.-
23. Das folgende'Bild enthält die Reinigung Maria
und Darflellung Jefu im Tempel. In der Mitte fteht der
bekleidete Altar, darauf ein rothes Kärtchen, lieber
denfelben wölbf'fich ein auf fechs Säulen ruhendes
Ciborium, von deffen Schlußftein eine brennende Ampel
herabhängt. Zum Altar treten von rechts ein Mann in
langem Gewände mit Nimbus, Simon; über die Schul-
tern hat er ein Tuch gelegt und damit die Hände ver-
hüllt, um das' Jefuskind, welches ihm Maria von der
andern Seite reicht, zu empfangen. Das Kind weist
einerfeits auf Simon, ftreckt aber lebhaft die andere
Hand sresen die Mutter aus. Hinter Maria fchreitet
Jofeph mit dem Taubenopfer.
Es gibt eine große Gruppe von übereinil:immendcn
Bildern diefes Gegenftandes. Das Gurker Bild folgt
dem gewöhnlichen Schema mit Hinweglaffung der
Prophetin Anna Befonders nahe kommt es den rö-
mifchen Mofaiken, welche den Tempel durchwegs als
Ciborium, aber mit nur vierSäulen darftellen; der fechs-
eckige Bau des Gurker Bildes erinnert an die Ciborien
der Marcus-Kirche oder zu Arbe;^ erfcheint aber auch
faft wie ein Mittelglied zwifchen den Ciborien der
römifchen Mofaiken und den Darftellungen des Tem-
pels als Centralbau in der Renaiffance. Die nordifchen
Bilder laffen bei fonfl gleicher Dispofition das Ciborium
weg, fo derCod. Egberti,* das Salzburger Antependium,
die Bibl. paup. IV., das Bild in Pifsweg etc. Die durch
das fechseckige Ciborium bewirkte Dreitheilung des
Bildes findet fich am Antipendium von St. Ambrogio
zu Mailand'' in ähnlicher Weife. Uebrigens wird die
Darftellung Jefu (Luc. II, 22 — 39) nicht immer ftreng
von deffen Befchnei düng (Luc. II, 2i)gefchieden.Auf dem
Gurker Bild ift wohl erflere gemeint; nur die Bewegung
des Kindes ift der letzteren entnommen; in den römi-
fchen Bildern, fowie denen des Cod. Egberti und Pifs-
weg ift das Kind ruhig. Deutlich gcfchieden werden
wir beide Scenen am Faftentuch finden.
24. aj Das nun folgende Bild ift eines der wenigen
des neuen Teftamentes, welches zwei Scenen enthalt.
Im Gegenfatz zu den vorhergehenden fchön compo-
nirten Darftellungen fällt hier die mechanifchc Neben-
einanderflellung der Perfonen ganz befonders auf; die
linke Hälfte gibt die Taufe Chrifti zur Anfchauung.
Das Waffer ift als grüner Hügel mit Fifchen ange-
deutet ; darin fteht bis zu den Hüften Jefus, ganz nackt,
die Hände den Wogen des Waffers nachgebend. Auf
ihn zu fchwebt die Taube. Links von ihm außerhalb
des Waffers fleht Johannes, bärtig, in langem falten-
reichen Gewände. Er hat die Rechte auf Chrifti Schulter
gelegt und mit der Linken deffen (Jberarm erfafst, um
den Heiland unterzutauchen.
Diefe Darflellung unterfcheidet fich von den
älteren'"' hauptfächlich dadurch, dafs der Engel fehlt,
' Ro/fi, Muxaici Cri<iti:ini, f. o.
* A/^incourt, I, Taf. XXXII, ii. ö.
• EHeltergcr, Jahrb. tl. Ccnlr.-Comm., V, Taf. I.
bürg
* Ära«/: Der Codex Egberti auf der Stadt-ßibliolhek zu Trier. I''rei-
■■• Agincourt, I, Taf. XXXII.
• Vgl. hicrüiier Strzygowtki: Die Taufe Clirifti. München 1885. Darnach
im folgenden die Bezeichnung der Tafeln.
der hier wohl aus raumlichen Gründen fortgelaffen
wurde; im übrigen fchließt fich diefelbe ganz den
älteren Typen an. Die Ceremonie ift hier noch auf
das Untertauchen befchränkt und ziemlich energifch
angedeutet, wie auch im Echternacher und Brüffeler
Evangeliar (S. IX 4, X i). Auch die eigenthümliche
Haltung der Hände bei Chriftus findet fich fchon fehr
früh, befonders in der griechifchen Kunft, fo in den
drei Handfchriften des P. v. Nazianz in Paris (S. 111,
4, 6; V i), in Monreale (V, 6), wie auch im Evangeliar
zu Goslar (IV, 4). Im Salzburger Antiphonar (XII, i)
noch deutlicher im Bilde zu Pifsweg,' findet fich bereits
der fpäte Geftus des Segnens, der hier noch fehlt. Das
WaiTer als Hügel findet fich namentlich in nordifchen
Bildwerken, fo im Cod. Egberti, dem Echternacher
Evangeliar (IX, 2, 4), im Antiphonar von St. Peter,
fowie am Taufbecken von St. Barthelemv zu Lüttich.
(XVII, 3.)
b) Die zweite Hälfte des Bildes enthält die Ver-
fuchung; links Chriftus, nach rechts fchreitend; ihm
tritt der Teufel entgegen. Chriftus hat die Rechte mit
ausgeftrecktem Zeigefinger erhoben. Der Teufel, ein
zottiges Ungeheuer mit grimmigem Geficht, fpitzen
Ohren und Löwenkrallen, trägt in der linken Tatze
mehrere Steine. Das Gefpräch beider follten zwei
Spruchbänder verdeutlichen; das von Chriftus geht
nach oben, das des Teufels nach unten; die Infchriften
find verblichen.
Die Vcrfuchung Chrifti findet fich in Monreale in
drei Scenen gegeben. Die erfte Verfuchung, welche
ficli fonft am öfteften findet, wird im fpäteren Mittel-
alter fchr beliebt; die Geftalt des Teufels ift fehr ver-
fchieden; in Monreale mit Flügeln, in Pifa mit Hörn
und- Schwanz, im Kremsmünfterer Speculutn gar als
Mohr; in dem Schöpfungsbilde unferes Cyclus fanden
wir ihn als Löwen, noch weit phantaftifcher werden
wir ihn am Faftentuche dargeftellt fehen. Das Haupt-
merkmal fcheint hier in den fpitzen Ohren zu liegen,
welche auch die Schlange in der Schöpfungsgefchichle
aufwies. Wie gewöhnlich hält er die Steine in den
Krallen, bisweilen wirft er fie auch dem Heiland vor
die Füße, z. B. in der Bibl. paup. X.
25. Das folgende fchmale Bild ftelit links Chriftus
dar, dem ein Mann entgegentritt. Chriftus fchreitet
ziemlich lebhaft aus, hält beide Hände gegen den
Mann, die Reclite etwas höher, fegnend, erhoben. Der
Mann, nur mehr zur Hälfte fichtbar, ift barfiiß, trägt
kurzes Gewand und ftützt fich mit beiden Händen auf
einen langen flarken Stab.
Es ift einigermaßen unklar, was diefes Bild darftellt.
P'ur eine Krankenheilung fpricht der ftarke Stab; die
Heilung des Lahmen oder Gichtbiüchigcn, an die man
zunäclift denken möchte, erfcheint ausgefchloffcn, da
das folgende Bild einen folchen Gegenftand behandelt,
gegen die Biindcnheilung fpricht die Haltung des
Stabes (vgl. Monreale, Cod. Egberti). Es wird alfo
wohl die Math. VIII, Marc. I erzählte Heilung des Aus-
fatzigen gemeint fein nach den Worten : „Ein Aus-
fatziger kam zu ihm, betete ihn an; .... Jefus ftreckte
die Hand aus und fprach: Ich will feigereinigt ...
fielie zu, dafs du es niemandem fageft." Sehr verwandt
' Millh, der Centr.-Comm. Bd. 15, S. XVI.
— 93
mit unfei-em Bilde erfcheint die Darftellunjj auf dem
Deckel eines Codex von St. Emmcran,' nur dafs der
Kranke, als Lahmer, fich auf eine Krücke flützt. Hiemit
ift alfo die Reihe der Wunder Chrifti eröffnet, die fich
in mehreren Bildern fortfetzt.
26. Als Schluß der erften Reihe folgt das ]V\[d der
Weflwand. Dasfelbc zeigt ein aus Holzbalken gezim-
mertes Haus mit rothem Dach. Links vorne fitzt Jefus,
die Hände halb erhoben; er blickt auf den vor ihm
auf einer Matratze liegenden Mann in betender Stel-
lung. Diefer ift nackt, nur bis an die Hüften mit einem
Tuche bedeckt; feine Haare -find in Unordnung; zwei
Männer, welche über dem Dache des Haufes fichtbar
werden, haben ihn eben vermittelft Stricken vor den
Heiland herabgelaffen.
Die Darftellung folgt dem bei .Marcus II, 4. ff.
fehr anfchaulich gegebenen Berichte \'on der Heilung
eines Lahmen. Um ihn vor den von Menfchen um-
ringten Heiland zu bringen, deckt man das Dach des
Haufes ab und läßt ihn mittelft Stricken herab. Es ift
augenfcheinlich, dafs die Darfteilung, obfchon dem
biblifchen Berichte folgend, eine abgekürzte ift ; nach
unferem Bilde erfcheint es nicht ganz gut verftändlich,
weshalb der Mann herabgelaffen wird. Dies bringen
dafür in fonft ganz übereinftimmender Weife mehrere
ältere Bilder zur Anfchauung, fo das Mofaik im Cyclus
von Monreale,- ganz ähnlich auch die ziemlich gleich-
zeitige griechifche Miniatur in Paris:'' beiderfeits ftehen
zahlreiche Menfchen. Weniger verwandt, doch mit
gleichem Schema erfcheint die Darfteilung in St. Apol-
linare nuovo in Ravenna.*
27. Die zweite Reihe beginnt mit einer Teufels-
austreibung. Von links kommt Chriftus, die Rechte
fegnend erhoben, in der Linken ein Spruchband. Ihm
entgegen wird der befeffene Jüngling von einem älteren
Manne geführt. Der erftere trägt kurzen Rock und
zerriffene Schuhe; die Hände find ihm nach rückwärts
gebunden, er neigt fich krampfhaft vor; feinem Munde
entfährt eben ein kleiner Teufel. Der Mann hinter ihm
i[\ bärtig, in ähnlicher, aber wohlgeordneter Kleidung;
er hält den Unglücklichen am Oberarme feit. Das vom
Befeffenen ausgehende Spruchband enthält die Worte:
Libcra nie doniine a spiritu. Das bei Chriftus: Exi
inmunde '• spiriüis.
Hier ift augenfcheinlich die Heilung des Mond-
füchtigen (Math. XVII, 14 — 17) dargeftellt, darnach
der den Jüngling Haltende der Vater desfelben. Die
Art, wie der Teufel ausfährt, findet fich ganz überein-
ftimmend in griechifchen Miniaturen, ferner in Monreale,
Oberzell," im Cod. Egberti etc.; „ex ore", wie das
Evangel. infant. arab.^ es angiebt. Uebrigens ftellen
diefe genannten Darftellungen nicht die Heilung des
Mondfüchtigcn vor, vielmehr ift die Gurker Darfteilung
erft durch Abkürzung fo geworden, dafs fie diefer Er-
zählung am beften entfpricht. Es darf deshalb nicht
befremden dafs der Text der Spruchbänder nicht
diefer Erzählung entnommen ift, fondern nur eine all-
gemeine Erläuterung des Vorganges gibt. Die Worte
' Labarte: Les arts induslrielles. I, pl. XXIX, vgl. hierüber auch
Rohault: L'Evangile, Tours 1874.
- Graviiia , a. a. O., Taf. ig D.
^ Kraus: Le.xikon, I. 605.
* Garrucci, IV, 248, 2.
^ Ein Schaft fehlt.
" Kraus: Die Wandgemälde der Georg-skirche in Oberzeil, Taf. III.
' Ti/chcndürJ, Evangelia spuria, S. 176.
Chrifti find Marc. I 25 (Befeffener in der Synagoge)
nachgebildet, die des Befeffenen aber frei erfunden. Der
Künftler wollte hier alfo eine Teufelaustreibung mehr
im allgemeinen fchildern, ohne fich ftrenger an einen
einzelnen Bericht zu halten.
28. Die Reihe der Wunder befchließt eine Todten-
erweckung und zwar die bcrühmtefte von allen, die des
Lazarus (Joh. IX). Den Vordergrund nimmt der Sarko-
phag ein, deffen Deckel vorn an die Wand gelehnt
ift. Von links ift der Heiland an denfelben herange-
treten, hat fich etwas vorgebeugt, um in das Grab zu
fprechen. Die Rechte hält er fegnend erhoben, in der
Linkenein Spruchband: „Lazareveniforas-' (Vers 43).
Lazarus fteht im Sarkophag bereits aufrecht, bis
auf das Geficht gänzlich eingehüllt, die Hände halb
ausgeftreckt. Hinter dem Sarkophag werden zwei
Frauen Martha und Maria fichtbar, ganz rechts fteht
ein bärtiger Mann, Lazarus mit beiden Händen haltend.
Sämmtliche Perfonen haben Nimben.
Diefe Darfteilung gehört wohl zu den abgekürz-
teften; fie fteht zwifchen der älteren und neueren Auf
faffung. Noch fteht Lazarus eingewickelt, wie es die
Katakomben bis zur Arena zeigen; das Grab aber,
deffen Oeffnung früher einen verticalen Eingang zeigte,
ift hier zu einem Sarkophag geworden, bei Lazarus
zeigt fich auch bereits Bewegung der Hände. Die zu-
fehenden Perfonen find im Gegenfatz zu den älteren
fehr umfangreichen Darftellungen ganz wenige und
auch diefe kaum charakterifirt; in der Haltung des
Mannes rechts ift das Freimachen (Vers 44) kaum
mehr zu erkennen.
29. Es folgen nun noch andere wichtige Ereig-
niffe aus dem Leben Chrifti vor der Leidensgefchichte
im engeren Sinne. Voran geht die Tempelreinigung.
Zwei Säulen, welche Arcaden tragen, theilen die Bild-
fläche in drei Theile; eine zweite Arcadenreihe lauft
etwas weiter rückwärts parallel. Das Local ift alfo der
Corridor des Tempelvorhofes. Von links kommt
Chriftus. Er fchwingt mit der Rechten eine Geißel, die
Linke hält er gegen die vor ihm befindliche Bank, die
eben umfällt; die darauf befindlichen Münzen fallen
herab. Von der Bank ift eben ein Mann im kurzen Rock
mit fpitzem Hut aufgefprungen; er fieht fich nach
Chriftus um und hält abwehrend die Hand gegen ihn.
Weiter rechts find mehrere andere ähnlich gekleidete
Männer fichtbar, im Begriff fich zu entfernen; fie fehen
fich fcheu um. Vor allem fällt die Stellung des Bildes
auf: Vor dem Palmeinzug. Bekanntlich wird die Zeit
der Tempelreinigung verfchieden angegeben, fo dafs
die Exegeten gewöhnlich zwei folche annehmen. Der
Gurker Künftler fcheint wie der des Cod. Egberti das
Evangelium des Johannes oder wenigftens ein der-
artiges Vorbild vor Augen gehabt zu haben; wir
werden übrigens auch die folgenden Scenen fehr will-
kürlich aneinander gereiht finden. In der Regel ift
diefe Scene nach den Synoptikern eingereiht.
Was die Darfteilung felbft betrifft, ift diefelbe
ziemlich kurz aber anfchaulich gegeben. Das Schwer-
gewicht ift auf Joh. II. 18 gelegt: Er ftieß die Wechfel-
tifche um u. f. w. Die Thiere fehlen und Jefus fchwingt
wie gewöhnlich die Geißel gegen die Verkäufer felbft,
was freilich neuere Erklärer nicht annehmen.' Die
Darfteilung felbft erinnert durch die Dreitheilung an
' V%\.' FüUl: Commentar zu den heil. Evangelien III, S. 62.
- 94 —
das Antependium von S. Ambrogio;' fehr verwandt
erfcheint auch das Bild in Monreale, weniger die
griechifchen Miniaturen.
30. Es folgt der Palmeinzug. Flache Gegend,
rechts im Hintergrunde ein Baum. Von links her reitet
Jefus auf der Efelin, die Rechte hat er fegnend erhoben,
die Linke hält einen Palmzweig. Es folgen Petrus mit
Buch und Schlüffel und die anderen Jünger. Ihnen ent-
gegen kommen vier Juden in gewöhnlicher Tracht, die
fpitzen Hüte zurückgefchoben. Der vorderfte, jung,
legt fein Gewand auf den Boden, auf den das Thier
eben tritt. Der ältere neben ihm, auf einen Krückftock
geftützt, fchiebt den Hut eben zurück, diebeiden andern
fmd befchäftigt, vom Baume Zweige herabzuhauen;
zahlreiche Blätter fallen herab.
Diefe fchöne Darflellung fchließt fich dem gewöhn-
lichen Schema an, nur ift hier wieder einiges wegge-
laffen, fo vor allem die Stadt. Auffallend ift der lange
nach abwärts gerichtete Hals des Efels, der fich ganz
ähnlich in der Darftellung der Gurker Empore, fowie
im Melker Gebetbuch- findet; anderfeits ift gegenüber
den älteren Darftellungen z. B. vonMonreale beachtens-
werth, dafs in den erftgenannten Jefus den Palmzweig
hält, in den älteren aber in ganz gleicher Weife die
GefetzesroUe trägt, die wir in unferem Cyclus nur ein-
mal und zwar beim Gott Vater, fanden.
31. Die Fußwafchung (Joh. XIII). Gothifche Halle.
Rechts fitzen in zwei Reihen auf einer Bank — nach
dem Abendmal (Vers 2) — die Apoftel, vorn links
Petrus, der feinen linken Fuß in die Schüffei gefetzt hat.
Vor ihm kniet Chriftus im Begriff diefen zu wafchen;
Petrus macht eine erftaunte Gebärde und deutet auf fein
Haupt. Chriftus blickt auf ihn und hält ihm die Rechte
mit ausgeftrecktem Zeigefinger entgegen. Die übrigen
Jünger hören dem Gefpräch zu, einige löfen bereits
die Sandalen (f. Abbildung auf der beigegebenen
Tafel)
* Aglttcourt^ XXVI, 7. .,, .,
» Sacirn: Archäol. Wcgweifer durch NicderOcftcrrcigh, II, 85. Abbil-
dungen dicfcs wichtigen Biidcr-Cyclus fehlen bisher.
Die Darftellung folgt wie gewöhnlich den Worten
Petri Vers 9: ,;Herr, nicht nur die Füße fondern auch
das Haupt." Die vorgerückte Zeit der Entftehung zeigt
fich hauptfächlich darin, dafs Jefus kniet, während er
auf älteren Bildern, fogar noch im Speculum (f. 4),
durchwegs aber in der griechifchen Kunft ftehend
dargeftellt \vird,' nur das Malerbuch macht hieven
eine Ausnahme. Zu den verwandteften Darftellungen
gehören die von Monreale, fowie die des Antiphonars
von St. Peter in Salzburg,^ auf letzterer Jefiis bereits
kniend, die Jünger fymmetrifch gruppirt. Die Darftel-
lungen des Giotto find viel freier.
32. Das folgende fchmale Bild enthält die Darftel-
lung des Abendmahles; dasfelbe hat durch Feuchtig-
keit fehr gelitten; fichtbar ift noch: links Chriftus, das
Haupt nach vorn gefenkt, neben ihm der Nimbus des
Johannes, der das Haupt an des Herrn Bruft gelegt
hatte; ihnen gegenüber find acht andere Jünger, der
Mehrzahl allerdings nur mit den Nimben fichtbar, zwei
weitere befinden fich vorn rechts.
Die Darftellung ift hier auf einen fehr engen Raum
verwiefen; die Jünger find daher nicht fymmetrifch zu
beiden Seiten des Heilandes wie fonft gewöhnlich
gruppirt, fondern dichtgedrängt auf eine Seite gerückt,
einige fitzen auch vorn, was fich fonft kaum findet. Im
Ganzen kommt das Bild denen im Speculum und
Melker Gebetbuch fehr nahe; wir werden uns demnach
den Tifch halbrund — hier nur zur Hälfte fichtbar —
zu ergänzen haben. Vorn links, dem Heiland gegen-
über, Judas, dem der Teufel in den Mund fährt,
während ihm Chriftus den Biffen reicht. Gegen den
biblifchen Bericht folgt hier das Abendmahl auf die
Fußwafchung. Die Aneinanderreihung ift alfo eine ziem-
lich willkürliche.
• Vgl. die fpäte rulTifclie Miniatur, abgeb. bei Konitakoff, Histoire de
I'art byzantine, I, 168.
- Lind. Mitth. der Centr..Comm. XIV, Taf. X. Janit/chek, a. o. O.
S. 101, hat die Uebereinftimmung der Darfteilung des Antiphonars mit der
Angabe des Malerbuches bemerkt, das Abweichende von den alteren Dar-
ftcllungen jedoch nicht berückfichtigt.
(Fortfetzung folgt.)
Die ober-öfterreichifche Landes-Galerie in Linz.
Von Dr. Th, v. Frimvu-I.
X der Hauptftadt Ober-Oefterreichs ift eine Ge-
mäldefammlung im Werden begriffen, die der
Beachtung werth ift, zumal für alle jene, die an
dem Gedeihen unferer vaterländifchcn Mufecn Antheil
nehmen. Die Galerie ift als folche fchon vorhanden,
aber weder in paffender Weife aufgeftcllt, noch fürs
Publicum zugänglich. lünftweilen von noch geringem
Umfange, gibt die Linzer Galerie, die fich ja einer Do-
tation erfreut, zu Hoffnungen auf eine baldige Ver-
mehrung Anlafs, wonach es wohl berechtigt ift, von
einer erft im Werden begriffenen Galerie zu fprechen.
Die maßgebenden Kreife in Linz find eifrig bemüht,
manchenUebelftänden in der Landes-Galerie abzuhelfen.
Dies läßt auch die Hoffnung aufkommen, dafs die kleine
Sammlung in abfehbarer Zeit als allgemein zugäng-
liches Bildungsmittcl begrüßt werden darf. Es ift viel-
leicht gerade jetzt an der Zeit, von der Linzer Galerie
zu fprechen, jetzt, da noch eine Neuaufftellung, eine
Catalogifirung zu erwarten ift, d. h. folang einfchlägige
Mittheilungen noch nicht post fcftum kommen. Ein
befchrcibeiider Catalog ift noch nicht vorhanden. Nur
eine Art gedruckten Inventars unterrichtet über den
Beftand der Galeric. Mir liegen die Jahresberichte des
obcr-öfterreichifchen Kuiiftvereins von 1884 und 1887
vor, deren erfterer 48, deren zweiter 51 Nummern ver-
zeichnet, von denen freilich einige nur Photographien
betreffen, alfo mit einer Gemäldefammlung nichts zu
fchaffen haben. Auch die Stiche, fo werthvoU einige
darunter find, gehören nicht mitten unter die Gemälde
hinein, wie fich denn auch eine Abfonderung der
Aquarelle von den Oelgemälden gewifs empfehlen
würde.
Die Neuaufftellung der kleinen Galerie findet
darin ein großes Hindernis, dafs der größte Raum, <\i:\-
95 —
Hauptfaal, neben dem Oberlicht noch von drei Seiten
her durch je drei Fenfler beleuchtet ill, die nun
wieder durch Wände verdeckt werden müßen, bevor
eine erfprießliche Thätigkeit in Bezug auf eine neue
Anordnung der Gemälde beginnen kann.
Hier möchte ich zunächft einen Ucberblick über
das geben, was gegenwärtig in der Linzer Galerie vor-
handen ift, um dann einige kunftgefchichtlich inter-
elTante oder kimftlerifch bedeutende Bilder des befon-
deren zu befprechen.
Ein Abdruck des Galerie- Inventars aus den
Jahresberichten des ober-öfterreichifchen Kunftvereins
wird uns bald in medias res einfüliren.
..Ober-öfterreichifche Landes-Galerie.
Gegründet durch den Verwaltungs-Ausfchuß des überöfterreichifchen
Ivunflvereines. Am i. September 1855 wurden die crßen acht von
jenem erworbenen Kunftwerke am 19. Oiflober 1S66 an den Landes-
Ausfchuß mit der Widmung ,,ztir Begründung einer ober-ößerr.
Landes-Galerie" übergeben, am 22. November desfelben Jahres vom
Landtage als Landeseigenihum übernommen und von da ab durch
delTen Unterftützung unter gleicli fortdauernder Antheilnahme des
Kunftvereines weitergeführt.
Stand der ober-öfterr. Landes-Galerie Ende des
Vereinsjahres 1887.
Ä. Erworben durch den Kunßverein vor Ucbernaliiiie
in das Eigentimm des Landes.
1. Mevius Hermami in Düffeldorf (geb. 1820 f
1S73). Oelgemälde: „Cap Capra Zoppa", Schiffbruch
an der ligurifchen Küfte. Gekauft am 4. September
1855.
2. Zimmermann Albert (geb. 1809, lebt ^ in Mün-
chen). „Ifar-Gegend". Oelgemälde. Am 10. Januar 1860
als Gefchenk des hohen Landes-Collegiums für die
neubegründete Galerie erworben.
3. Oosterivyk Maria van (geb. I630 f 1693). Oel-
gemälde. „Blumen." Erworben am 6. März 1860 als
Gefchenk des Herrn Dr. Karl Wifer.
4. \Kcller Jofeph (geb. 1811 f 1872). Kupferflich
nach Rafaels Dlsputa, Gefchenk des Malers H. Mevius
an den Kunftverein, 21. Mai 1860.]'
5. von Bitizer Karl (lebt meilt in Italien). Oelge-
mälde. „Portrait des Malers Sutter" Gefchenk des
Künfllers an den Kunftverein. 6. März 1861.
6. H'öfer Heinrich von in München (geb. 1824
f Februar 1878). Oelgemälde. „Almhütte im Pinzgau."
5. November 1862 angekauft vom Kunftvereine.
7. Loffow Heinrich (geb. 1843, l^bt in München).
Oelgemälde. „Der orgelfpielende Knabe Mozart im
Chore der Kirche zu Ybbs." 4. November 1864 vom
Kunllvereine mit Unterftützung des hohen Landtages
angekauft und durch J. Bauer in Wien in Lithographie
vervielfältigt.
8. Sutter Jofeph (geb. 1782 zu Linz und dafelbft
geftorben 1868). Oelgemälde. „Judith." 20. Auguft 1866
dem Kunitvereine übermittelt und als Legat teftamen-
tarifch vermacht.
' Stiche, Aquarelle und Photographien werden hier in eckige Klammern
gefetzt.
- Der fcheinbare Anachronismus erklart fich aus dem frühen Datum
des Inventars. Ziminennann ift feither geftorben.
B. Erivorben durch den Kunßverein mit theilwetfcr
Unierßidcung aus der hiefür bewilligten Subvetition des
Landen fett Lieber nähme in das Landeseigenihum.
9. Obermüllner Adolf [ge.h. zu Wels 1833, lebt in
Wien). Oelgemälde. „Das Naßfeld im Pinzgau." 20. Juli
1867 aus der Subvention angekauft.
10. Axmani! Ferdinand (Profcffor in Salzburg).
Oelgemälde: „Portrait des am 14. Juli 1874 verflor-
benen ober-öflerr.Dialectdichters P^-anz Stelzhammer."
5. Juni 1868 vom Künftler durch Vermittlung des
Kunftvereines erworben.
IL Schex Jofeph (lebt in Düffeldorf). Oelgemälde:
„Oliver Cromwell und feine Tochter Franzi.ska Baronin
Rieh vor dem Bilde des 1649 enthaupteten Karl I.
Stuart, Königs von Großbritannien und Irland." 19.
September 1870 aus der Subvention angekauft.
12. Falciatore Filippo (f in Neapel um 1740). Oel-
gemälde: „Auffindung des Kindes Mofes." 22. Mai 1871
vom Kunftvereine aus dem Nachlaffe des Herrn Rein-
hold Körner als Gefchenk erworben.
13. {Albert J. (in München). Photographie nach
dem Carton des am 7. April 1874 verftorbenen be-
rühmten Malers Willi, von Kaulbach: „Don Pedro
Arbues d'Epilla, Inquifitor von Zaragoffa (ermordet
15. Sept. 1485) verurthcilt-eine Ketzerfamilie zumTode."
Gefchenk Sr. Durchlaucht des Fürften Camillo Hein-
rich Starhemberg 20. December 187L]
14. Fux Jofeph (geb. 1842, lebt in Wien). Oelge-
mälde: „Cardinal Melchior Khlesl (geb. 1553 t 1630),
Minifter des Kaifers Mathias I. und Bifchofvon Wien,
in der Gefangenfchaft auf dem S. Georgenberge."
15. Jänner 1872 durch Vermittlung des Kunftvereines
aus der Landes-Subvention um den halben Katalogs-
preis erworben.
15. [Munfch Jofeph (geb. zu Linz 1838, lebt in
München). Photographie nach dem eigenen Gemälde:
„Concert."]
16. [Munfch Jofeph. Photographie nach dem
eigenen Gemälde: „Die Werber." Beide Bilder am
\. März 1873 vom Vater des Künftlers, Herrn Cajetan
Munfch, dem Kunftvereine gefchenkt.]
17. Stadcmann Adolf in München (geb. 1824I. Oel-
gemälde: „Winterlandfchaft." Vom Kunftvereine zur
Verlofung angekauft und von dem Gewinner Herrn
J. Scharinger, k. k. Major, 22. Juni 1873 ten;amentarifch
dem Kunftverein vermacht.
18. Stotz Otto (geb. 1805 t 1868?), k. k. Hofmaler.
Oelgemälde: „Walachifche Pferde." 1841 von Sr.
Majeftät Kaifer Ferdinand I. für die Gemälde- Galerie
des Belvederes um looo fl. Conv. Münze angekauft.
(Diefes Gemälde, wie die nachfolgenden Nummern
19, 20, 21 und 22 wurden dem o. ö. Kunftvereine von
Sr. Majeftät KaiferFranz Jofeph I. am 2. September 1874
huldvollft zum Gefchenke gemacht und ihre bleibende
Einverleibung in die Landes-Galerie vom hohen Land-
tage am 27. April 1876 gegen eine einmalige Jahres-
Subvention übernommen.)
19. Ender Thomas (geb. 1793 t i87S)- Oelgemälde :
„Der Großolockner-Gletfcher." Um 200 fl. C. M. an-
gekauft für die Belvedere-Galerie.
20. Aertinger Auguß (lebte in Wien). Oelgemälde:
„Erzherzog Carl und fein Stab." Von Sr. Majeftät
96
Kaifer Ferdinand I. bellcUt und für das Belvcdcrc um
600 fl. C. M. angekauft.
2\. Steinfeld Frans (geb. 1787 f '868). Oelge-
mälde: „Helgoland." Von Sr. Majeftät Kaifer Ferdi-
nand I. um 150 fl. C. M. angekauft.
22. ScotoUa Domenico (geb. 1817, flarb in Mailand).
Oelgemälde: ,. Italien. Bettlerfamilie." Für die k. k.
Belvedere-Galerie um 200 fl. C. M. angekauft.
23. Fritfch Melchior (geb. 1826, lebt in Wien).
Oelgemälde: ,Praterlandfcliaft." 25. November 1874
aus der Subvention durch Vermittlung des Kunft-
vereins zu bedeutend ermäßigtem Preife angekauft.
24. Jan van der Lys (geb. 1600 f 1657). Oelge-
mälde: „Ariadne." 1875 vom Bilder-Reftaurateur M.
Pitzer der Landes-Galerie gewidmet.
25. Schoetifeldt Heinrich (geb. 1609 f 1675). Oel-
gemälde: ,.Flucht aus dem brennenden Dorfe." 1875
von M. Pitzer der Landcs-Galerie gewidmet und derzeit
noch nicht aufgell:ellt.
26. \Hdfel Blafius (geb. 1792 f in Salzburg 1863).
Kupferftich: „Rebhühner." Gefchenk des Herrn k. k.
Rittmeifter Vanderbank an den Kunflverein am 10. Mai
1876.]
27. Angeli Heinrich von (geb. 1840, lebt in Wien).
Oelgemälde: „Männlicher Studieiikopf " 28. April 1877
aus der Subvention angekauft.
28. Paufinger Franz von (geb. 1839 zu Franken-
burg, lebt in Wien). Oelgemälde: „Hirfch im Morgen-
nebel." Durch Vermittlung des Kunftvereines am
17. Oftober 1877 aus der Subvention angekauft.
[29. Schwind Moritz von (geb. 1804 in Wien,
f 8. Februar 1871 in München). Farbenfkizze zu einem
Theile der einft für den fteinernen Saal des Landhaufes
projeflirten Fresco-Gemälde. |
30. Friedrich Friedländer in Wien (geb. 1825, lebt
in Wien). Oelgemälde: „Stillvergnügt." Aus der Sub-
vention am 13. November 1879 angekauft.
31. Lichtenheld Wilhelm in München (geb. 1818
zu Hamburg): „Mondnacht an der Ammer". Aus der
Subvention am 15. November 1881 angekauft.
32. Adam Benno (geb. 18 12, lebt in München).
Oelgemälde: „Stallfcene." Aus der Subvention an-
gekauft am 2. November 1882.
33. Beßändig Ludzvig (geb. in Preßburg, derzeit
k. k. Oberpoftverwalter in .Salzburg). „Aus den ober-
öfterr. Alpen". Crayonzeichnung, angekauft aus der
Subvention am 2. November 1882.
34. Beßändig Ludwig. „Aus den obcröftirr.
Alpen", Pendant zu Nr. 33. Angekauft aus der Sub-
vention am 2. November 1882.
35. Geiger P. J. N. (geb. 1805 f 1880 in Wien).
Oelgemälde: „Abdias", nach Adalbert Stifter's gleich-
namiger Novelle. Von A. Stifter's Witwe dem ober-
öflerr. Kunflvereinc teflamentarifch vermacht uni\ der
Landes-Galerie gewidmet.
36. Unbekannter Maler. Oelgemälde: „Der Tod
des hl. Jofeph." Ebenfalls aus A. Stifter's Nachlaffe.
37. Carl Kahler (geb. 1856 zu Linz, machte feine
Studien in München und Paris und lebt gegenwärtig
in erftercr Stadt). Oelgemälde: „Die Königin der
Saifon." Aus der Subvention angekauft am 31. Ofto-
ber 1883.
38. Eluard Peinfhncr von Lichten/eis (geb. 1883
zu Wien, feit 1871 Profeffor der Landfchaftsmalerei an
der k. k. Akademie der bildenden Künfte in Wien).
Oelgemälde: „Stimmungslandfchaft."
39. Derfelbe. Oelgemälde: „Stimmungslandfchaft."
40. Bonaventura Peeters (geb. 1614 in Antwerpen
und ebendafelbft geftorben 1682). Oelgemälde:
„Marine."
41. Derfelbe. Oelgemälde: „Marine."
42. Ignaz Rafalt (geb. 1800 zu Weißkirchen in
Steyermark, ftarb 1857 zu Haimbach bei Wien). Oel-
gemälde: „Landfchaft."
43. Anton Franz Maulfertfch (geb. 1724 zu
Langenargen am Bodenfee, ftarb 1796 als kaif. Profeffor
und Ratli an der Wiener Akademie). Oelgemälde: „Ein
fberbender Heiliger."
44. Godefrcd Schalken (geb 1643 zu Dortrecht,
ftarb 1706 im Haag). Oelgemälde: „Ein Einfiedler."
45. Hanns Makart (geb. 1840 in Salzburg, k. k.
Profeffor an der Wiener Akademie, ftarb 3. Oftober
1884). Oelskizze: „Theophrastus Paracelsus in feiner
lateinifchen Küche."
Nr. 38 bis 45 wurden der ober-öfterr. Landes-
Galerie von dem verftorbenen Präfidenten des ober-
öflerr. Kunflvereines Herrn k. k. Hofrath Moriz Ritter
V. Az laut Teflament vermacht.
46. \Jacoby Louis (geb. 1828 zu Havelberg, k. k.
Profeffor der Kupferftecherkunft in \\'icn). KupferO;ich
„die Schule von Athen" nach Rafael. Vom ober-öflerr.
Kunftvereine der Landes-Galerie gewidmet im Januar
1884.]
47. Piepenhagen Louife'm Prag. „Mondlandfchaft."
Angekauft vom ober-öfterr. Kunllvereine, gewonnen
von der löblichen allgemeinen Sparcaffe in Linz und
von diefer der ober-öflerr. Landes-Galerie gewidmet
1884.
48. Pollinger Feli.v, vormals in Linz. „Stilleben."
Vom Präfidenten des Kunflvereines Herrn Vi^or Rit-
ter V. /^rw/ö/ der ober-öflerr. Landes-Galerie gewidmet
1884.
49. Wcicliart Johann Georg (geb. 1745 zu Wien,
geftorben dafelbfl 179S). Porträt eines jungen Edel-
mannes in idealem Coflüm. Gefchenk feitens der Frau
Marie Spängier, Landesgerichtsraths-Gattin in Linz,
vermittelt durch den ober-öflerr. Kunftverein. Vom
Landesausfchußc übernommen am 23. December 1885.
50. Unbekannter Maler. Porträt einer h'rau. Ver-
mächtnis der Frau Baronin v. Henikftein in Linz.
51. \Kaifer J. M. in Linz (geb. 1824 in Krems-
münfter). Linz 1594 — 1610. Aquarell. Infolge Auftrags
des ober-öflerr. Landesausfchußes gemalt und ange-
kauft am 20. September 1887.]
Schätzungswerth der ober-öflerr. Landes-Galerie
gegenwärtig 26.200 fl., von welchem circa 8000 fl. anf
die Anlheiinahme des Kunllvereines entfallen.
In jiuigfler Zeit find noch zwei Gemälde in die
Galerie gekommen, die ich als die Nummern 52 und 53
anreihe. Es ifl: ein Bildnis, das höchfl wahrfchcinlich
von Jofeph Abel's\\iw\i\ gemalt ifl und diefem Künfller
auch traditionell zugefchriebcn wird, und eine liauern-
fchliigerei von Egbert van LIeemskerk, die fich bis in
die (jaleric Gsell zurück verfolgen läßt. DerHeemskerk
wurde vor kurzem der Galerie gefchcnkt, und zwar von
dem bek.inntcn Wiener Kunflfammlcr Dr Albert
97
Figdor. Das Porträt von Abel's Hand wurde im Laufe
von 1892 für die Galerie angekauft.
Ueber Jofeph Abel unterrichten uns alle Kiinltler-
Lexika. Hervorftechende neue Forfchungcn über ihn
find nicht zu verzeichnen. Zu Egbert v. Ileeinskei'k ift
einiges zu bemerken. In den meiften älteren nieder-
ländifchen Katalogen, fo in vielen des 18. Jahrhunderts
wird jener Heemskerk, welcher Bauernkneipen malte,
Hendrick Heemskerk genannt. In der Hoet'fchen
Katalogfammlung (I. S. 516) heißt es fchlechtweg
Heemskerk; „Ken Boere Gefeldfchap, door Heems-
kerk." Soweit ich die Monogramme auf Heemskerk'-
fchen Bauernftücken kenne, läßt fich daraus kein Rück-
fchluß auf den Vornamen ziehen. Neuere Forfchungen
über den oder die Künftler Heemskerk, welche im
17. Jahrhundert und zu Anfang des 18. Jahrhunderts
Bauernkneipen gemalt haben, findet man bei Immerzeel
und im neueflen Woermann'fchen Katalog der Dres-
dener Galerie, wo eine Mittheilung von Dr. Brcdins
benützt wird, dafs außer dem Haarlemer Egbert van
Heemskerk auch ein älterer Maler gleichen Namens in
Amflcrdam gelebt hat. Ob von diefem Maler Gemälde
erhalten find, weiß ich nicht zu fagen. Die Frage nach
den fpäteren Heemskerks fcheint mir heute noch nicht
fpruchreif zu fein, wefshalb ich unterdeffen bei der
neuerlich conventioneil gewordenen einfachen Benen-
nung ^Egbert van Heemskerk'-' bleibe (die unter anderm
auch in der Zeitfchrift „Oud Holland'' IV, S. 53 bei-
behalten ift). Mit Beftimmtheit läßt fich jedoch der
Vorname Martin zurückweifen, der dem Maler unferes
Bildes vom Katalog der Sammlung Gfell gegeben
worden ift. Märten van Heemskerk ifl der überfrucht-
bare Hauptvertreter der italifirenden Niederländer des
16. Jahrhunderts und heißt, wie bekannt, eigentlich
Märten van Veen. Eine weitverzweigte Literatur
knüpft fich an feinen Namen.
Unter den Bildern des älteren Beflandes hebe ich
einige hervor, fo Nr. i von H. Meviiis als ein flott
gemaltes großes Breitbild, das nicht nur wirkungsvoll,
fondern auch fehr gediegen gemalt ift. Nr. 3 von der
feltenen Marie van Oßcrivyck (Breite 048; Höhe 038).
Dargeftellt find Blumen und Bandgras in einem Glafe.
Rechts auf dem Steintifche liegen Conchilien. Die volle
Bezeichnung: „MARIA VAN OOSTERWYCK" findet
fich rechts unten. Das Linzer Bild ift, wie die ganze
Linzer Gemäldefammlung, bisher von der kunftge-
fchichthchen Literatur überfehen worden, ein Schick-
fal, das es mit dem fignirten Bildchen von derfelben
Künftlerin in der Prager Galerie theilt. Wenig gekannt,
aber in Woermann's Gefchichte der Malerei wenigftens
andeutungsweife angeführt, find die Bilder in Karlsruhe
(Nr. 368) und Kopenhagen (Nr. 253). Die kaiferliche
Galerie in Wien befitzt zwei treffliche Werke der
Oofterwyck, die Dresdener Galerie eines. In Schwerin
wird ihr aus ftylkritifchen Gründen ein Bild zuge-
fchrieben (Nr. 756). Viele Bilder der Oofterwyck flehen
in alten niederländifchen Katalogen verzeichnet.
Nr. 12 von F. Falciatore ift ein anmuthiges Bild-
chen (breit 0-39, hoch 0-25). Bezeichnet in curfiven
Zügen links unten: „F. Falciatore P." — (auf Kupfer).
Nr. 20 ift bezeichnet und datirt: ,^Acrttinger 1842'^.
Täufche ich mich nicht, fo befitzt der Händler Cii/>a/eh
in Vv'ien in feiner Privatfammlung ein großes Breitbild
mit einem militärifchen Aufzug, das von derfelben
Hand gemalt ift.
Nr. 24 ift weder von Jan Lys noch von Dirk van
der Liffe, der fo oft mit Jan Lys verwechfelt wurde.
Nr. 25 von H. Selidnfeld flellt eine gravide Frau
dar, die aus einem brennenden Dorfe herkommt. Gut
erhalten. Bezeichnet links: „H. Schonfeld T." Eine
Copie nach diefem Bilde war 1892 in einer kleinen
Wiener Verfleigerung zu fehen (26. November).
Nr. 26, ein Stich von Blafius H'ofel, pafst zwar
nicht in die Gemälde -Galerie als folche, ifl aber
ein überaus werthvoUer Befitz. Dargeftellt find zwei
liängende Rebhühner auf dunklem Hintergrund. Durch-
bildung von bewundernswerther Feinheit. Links unten
Heht: „ P. F. de Hammilton pinx", rechts: „BI. Höfe!
Sc. Wiener Neufladf, mitten die folgende Widmung:
„Sr. Hochwohlgeboren Herrn Maximilian von Speck,
Ritter des kaif Ruffifchen St. Wladimir-Ordens, Mit-
glied mehrerer gelehrten Gefellfchaften und Befitzer
der Rittergüter Lützfchena, Freiroda etc. Hochach-
tungsvoll zugeeignet von Hl. Höfel"; ferner die Adreffe:
„zu finden bey dem Kupferflecher zu Wr -Neufladt" .
Die weitverzweigte Literatur über Blafius Höfel, die
ich in meinem Buche: „NeueBeethoveniana" undneuer-
lich in Liitaozu- Seemann s „Zeitfchrift für bildendeKunfl"
(Neue Folge, IV. Heft, i) zufammengeftellt habe, müßte
ich erft ad hoc wieder durchfuchen, um zu ermitteln, in
welcher Weife der in Linz vorhandene Stich fchon be-
fchrieben oder erwähnt ifl. Das Original desHöfel'fchen
Stiches, offenbar ein Gemälde des P. F. de Hammilton
finde ich im großen Katalog der Galerie zu Lützfchena
nicht verzeichnet. Es mag fich trotzdem in Speck'fchem
Befitz befinden.
Nr. 40 und 41 find nicht von Bonaventura Peeters,
fondern moderne Bildchen etwa aus den Dreißiger-
Jahren des Jahrhunderts.
Nr. 44 ill unter den alten Gemälden zweifellos
das Hauptbild der Galerie, fo klein es auch ift (Höhe
0-217, Breite O'iö). Es ift ein Werk nicht von Gottfried
Schalken, fondern von Gerrit Dov und ftammt, wie
mir aus einem handfchriftlichen Inventar gütigft mit-
getheilt wird, aus ^.j'fchem Befitz, und zwar als Schen-
kung. Als ich das Bildchen im Augufl des laufenden
Jahres zum erftenmal fall, befand es fich in einem
wenig gepflegten Zuftande, fo dafs ich anfangs die
Diagnofe auf G. Dov zwar ausfprach, mir aber eine
eigentliche Beflimmung vorbehielt, bis die Bildfläche
klarer geworden wäre. Ich bat mir das Bildchen zur
Regenerirung nach Pettenkofer's Verfahren aus, die
mirin ähnlichenFällen fchon guteDienfte geleiftet hatte.
Der Zuftand des kleinen Nachtftückes, das einen
betenden Einfiedler darftellt, wurde eingehend be-
fchrieben, bevor ich die Regenerirung vornahm. Es
gehört in den Zufammenhang, wenn ich hier den
Befund zum Abdruck bringe:
Wien 19. September 1892.
Auffallende Fehlftellen in der Farbenfchichte
finden fich nur an den Rändern, und nur bis etwa i Cm.
von den Rändern entfernt. Faft 4 Cm. vom Unterrand
entfernt etwa in der Mittellinie ein kleinerer Defe(5l. Im
Laternendach ober der Flamme eine kleinfte alte
Lädirung.
Die eigentliche Bildfläche ift ganz nachgedunkelt
bis zur Unkenntlichkeit aller dunklen Partien. Nament-
XI.\. N. F.
'3
98
lieh das untere Drittel erfcheint wie ein dunkles Band,
das quer über das Bild verläuft. Nur rechts bemerkbare
Spuren der beleuchteten Seite des Baumftammes. Der
Vorhang rechts oben läßt in feiner ganzen dunklen
Fläche nicht das minderte Detail erkennen.
Der Firnifs ift über der ganzen Bildfläche fein und
gleichmäßig in fpinnennetzartiger Weife craquelirt.
Weiß geworden ift die Firnifsfchichte an einer circum-
fcripten Stelle von etwa 2 Mm. Durchmeffer am Aermel
des Eremiten nahe dem Ellenbogen, ferner in mehr
diffufer Weife rings um das Geficht, rechts über der
Laterne, unter der Laterne, hinter dem Rücken des
Eremiten, Hnks bei der rechten Hüfte des Gekreuzigten,
zwifchen dem Vorhang und dem Baumflamm bei der
Gabelung des Baumes und an einigen weniger belang
reichen Stellen. Rechts unten (3 Cm. vom rechten Rand
und 2 Cm. vom Unterrand entfernt) findet fich ein
niedriger Buckel in der Kupferplatte.
Eine niedrige ftreifenförmige breite Erhebung im
Firnifs zieht über der Laterne und dem Kopf leicht
nach rechts aufwärts.
Nach gefchehener Regenerirung zeigten fich nun
fämmtliche vorher weiß gewefenen Stellen (die Stellen
mit dem „chanci" der Franzofen) vollkommen klar.
Viele Einzelheiten, die vorher hinter dem trüben Firnifs
gänzlich verborgen, oder nur verfchwommen zu fehen
waren, kamen nun zum Vorfchein oder wurden deut-
licher. Die Begränzung der Kutte des Eremiten bis zu
den Füßen hinab wurde fichtbar, ebenfo die einzelnen
Verzweigungen des Baumes zur Rechten und einige
Falten des Teppichs gegen oben rechts. Nunmehr kann
man auch das weiße Blatt vor derLaterne ganz deutlich
unterfcheiden und bemerken, dafs auf demSteintifch ein
ganzes Stilleben aufgebaut ift. Die Schlagfchatten, die
von einem Todtenfchädel und Femurknochen nacli dem
Befchauer zu fallen, find ganz zweifellos zu umgränzen.
Auch einige wefcntüche Linien in der Architeflur, fo-
wohl am Pfeiler links als auch an der Wölbung können
jetzt unterfchieden werden und, was uns befonders
wichtig ift, die Signatur CdoV an dem kleinen Crucifixe
unterhalb der Füße des Gekreuzigten erfcheint nach der
Regenerirung ebenfo zuverlhßig wie vorher. Es läßt fich
keinerlei Anhaltspunkt finden, fie für apokryph zuhalten.
Unklar bleiben auch nach der Regenerirung die Schatten-
maffen unten mitten und oben rechts. Die Fehlftellen
in der Farbe find jetzt eher mehr als weniger deutlich zu
fehen, was ja in der Natur der Sache liegt. Einige kleine
alte Lädirungen können erft jetzt bemerkt werden.
Das Bildchen in Linz gehört zu Dov's fcinften
Arbeiten, wenngleich der Gcgenftand der Darftellung
durch Dov felbft und durch feine Nachtreter eigentlich
fchon zu todt gemalt worden ift. Befonders gciftrcich
find die Mände und das Antlitz des Eremiten behantlelt.
Die Wirkung des gedämpften fchvvachen Lichtes, das
fich trüb aus der Laterne auf die nächfte Umgebung
ergießt, ift ganz meifterhaft wiedergegeben.
Was mich anfangsüberrafchte iftderUrnftand, dafs
das Bildciicn auf Kupfer gemalt ift, wogegen Dov
fonft meiftens Eichenholz als Malgrund benützte. Doch
mußte ich den zwingenden Gründen, die aus der Mache
und aus der vollkommen unverdächtigen Signatur deut-
lich genug fprechen, nachgeben und eben annehmen,
dafs Dov in der crften Periode feines künnierifchen
Schaffens eben auch gelegentlich in der Wahl des Mal-
grundes experimentirt hat, wie manche andere Künft-
1er, des befonderen einige Holländer, voran der große
Rembrandt, der berühmte Lehrer des Gerard Dov.
Das frühe Selbftbildnis des Rembrandt in der fürftlich
Liechtenftein'fchen Galerie ift z. B. ausnahmsweife auf
Lindenholz gemalt, ohne dafs jemand deshalb die Echt-
heit diefes Rembrandt beftreiten würde. Das kleine
Bildnis der Mutter Rembrandt's in der gräflich Czernin'-
fchen Galerie ift auf eine (wie es fcheint vergoldete)
Kupferplatte gemalt. Noch einen andern Holländer
des 17. Jahrhunderts will ich als Beifpiel heranziehen
dafür, dafs gelegentlich ftatt des gewohnten Eichen-
brettchens auch Kupfer benützt wurde. Ich meine
Cornelis Poelenburg, deffen Verkündigungsbild in der
kaiferlichen Galerie zu Wien das eclite Monogramm
des Künftlers trägt, aber dennoch auf Kupfer gemalt
ift. Das Monogramm auf diefem Bilde ift von der neu-
eren Kunftliteratur einfchließlich des großen Engert'-
fchen Kataloges und der neueren Führer durch die
Wiener Galerie gänzlich überfehen worden, obwohl
es mit hinreichender Deutlichkeit unten an der Stufe
des Betpultes zu fehen ift („ • C • P • F"). Auch Poelen-
burg's Kalypso in der gräflich SchönbornTchen Galerie
in Wien ift auf Kupfer gemalt, ohne dafs man es des-
halb dem Poelenburg abfprechen dürfte. Es wird uns
alfo auch hier bei einem der fauberften und netteften
Werke des Gerrit Dov nicht an der Echtheit irre
machen, dafs es auf Kupfer gemalt ift. Meine Anficht
wird auch von Ferdinand Siegmund in Linz getheilt,
dem jedenfalls viele Erfahrungen über alte Gemälde
eigen ift.
Nr. 48, Stilleben von Felix PoUinger. Trügt mich
meine etwas verwifchte Bleiftiftnotiz nicht, fo ift das
nette Bildchen bezeichnet und datirt mit ,.Fel. PoUinger
1861" PoUinger war ein vielleitiger Maler von mäßigen
Gaben, die er gelegentlich auf Reifen in Oefterreich
verwerthete. In den Jahren gegen 1860 war er u. a.
in Amftetten thätig. Ich kenne einige Bildniffe und
ein Stilleben mit Trauben von PoUinger aus jener
Zeit. PoUinger lebte eine Zeit lang in Ottensheim bei
Linz, wie ich von meinem Vater erfahre, der Pollingern
in jenen Jahren perfönlich gekannt hat.
Nr. 49. Lebensgroßes Bruftbikl eines jungen
Mannes, dem J. G. Wcickert wohl nach der Ueber-
lieferung zugefchrieben. Die Feder (auf dem Barett
nach meiner Erinnerung) ift übermalt. Ueber Weickert
oder Weikardt, einen Wiener Maler des 18. Jahrhun-
derts, der noch wenig ftudirt ift, erfährt man einiges
aus den Nachträgen zu /vV/?//^ großem Lexikon (S. 5012)
und aus der dort genannten Literatur. Nach Hormayr's
Archiv von 1828 ^S. 288) war damals in der Galerie
Attems zu Graz das Porträt der Gräfin Mutter des
Landeshauptmanns [Attems] von Weikhardt. Ich bin
nicht ficher, ob ich dasfelbe BiKl in der heutigen
Galerie Attems gefehen habe oder nicht. Dagegen
kenne ich folgende Gemälde des genannten Malers :
zwei tüchtige Arbeiten im Mufeo Filangieri zu Neapel
(lebensgroße Bruftbilder von Damen in Rococo-Tracht,
kräftig, etwas derb modellirt); ferner ein fignirtes Bild-
nis, das 1888 bei dem feither verftorbenen Kunfthändlcr
Ilirfchler in Wien zu fehen und damals auch in die
Kaiferin Mai-ia Therfia-Ausftcllung gefcliickt worden
war. Der Dargeftellte erfcheint in Lebensgröße und
halt einen Brief in der Hand, auf welchem man die
Helpfati, Funde einer röin. Töpferei.
Mitth. ci. Centr.-Comm. 1893. Zur S. 99 u. f.
Fig.
Fig- 4-
Fig. 2.
l'ig- 5-
■V^-'^^'/^^.^,^...-^.
99 —
Adreffe: „Monsieur .... AUegre ..." mit einiger
Mühe lefen kann. Nach Weickert fchabte 1789 J. P.
Pichler das Bildnis von Andr. Hadik.
Mögen die vorfteheuden Mittheikingen über die
ober-öfterreichifche Landes-Galerie da/.u Anlafs geben,
dafs man in weiteren kunftliebenden Kreifen auf die
viel verfprechenden Anfänge aufmerkfam werde und
zum Gedeihen der Linzer Gemälde-Galerie beitrage.
Fund einer römifchen Töpferei bei Heipfau.
(Mit einer Tafel.)
ION den aus Altheim im Innkreiie über Weng
nach Mauerkirchen und von dort auf der das
Mattigthal öftlich begränzenden Hohe über
Sonnlcithen, Haflau, Minatha! in den Kobernaußerwald
führenden Straße zweigt, und zwar nahe bei Sonn-
leithen, die Straße nach Heipfau — Uttendorf in weft-
licher Richtung ab. Ganz nahe diefer Straßengabe-
lung liegt die gegen Weften fanft abfallende Wiefen-
Parcelle 1017. Diefe zur Steuergemeinde St. Florian
gehörige, mit dem Flurnamen „Schüffeltreib" bezeich-
nete Parcelle war vor circa 20 Jahren noch bewaldet.
Dafs der obige Flurname die einflige Bedeutung
diefer Oertlichkeit richtig kennzeichnet, wird durch die
dafelbll jüngll aufgefundenen Ueberrefte aus längft
vergangener Zeit unzweifelhaft dargethan.
Auf dem erwähnten Wiesgrande wurden im ver-
gangenen Spätherbfte an mehreren Stellen zum Zwecke
der Gewinnung von Ziegellehm Grabungen gemacht.
Die Veranlaffung, gerade an diefer Stelle brauchbares
Material zu fuchen, war dadurch gegeben, dafs in der
Nähe derfelben eine fehr ergiebige Tegelgrube, aus
welcher die Töpfer in weitem Umkreife feit Menfchen-
gedenken ihren Bedarf decken, vorhanden ift.
Bei den erwähnten Verfuchsgrabungcn kamen
Gefaßfeherben, erft einzeln, dann in großer Menge,
fchließlich aber auch ein in den Lehmboden ein-
gebautes Obje6l zum Vorfchein, welches, wie aus der
folgenden Befchreibung und der angefchloffenen Skizze
zu erfehen ift, den Brennofen einer Töpferei vorftellt.
Die Herftellung diefer Anlage dürfte nach dem
Eindruck, den ich bei der forgfamen Unterfuchung und
Erwägung aller in Betracht kommenden Umftände ge-
wonnen habe, in der Weife erfolgt fein, dafs man eine
länglich runde 180 Cm. tiefe Grube aushob, diefelbe
am Boden und ringsum aufwärts bis zur Höhe von
130 Cm. mit feuerbeftändigem Thon in ungleicher
zwifchen 5 und 10 Cm. varirenden Stärke bekleidete.
Diefer fo gebildete Hohlraum wurde 10 Cm. über der
halben Höhe unter Verwendung des gleichen Mate-
riales untertheilt und diefer horizontalen Zwifchen-
wand eine Stütze von dem nämlichen feuerfeften Thon
gegeben (Fig. I und 3).
Die Zwifchenwand haben die Arbeiter leider vor
meiner Ankunft zum Theile durchgefchlagen, der noch
intafte größere Theil ift an zwölf ziemlich gleichmäßig
vertheilten Stellen mit 10 Cm. im Lichten meffenden
durchgehenden Löchern verfehen. Eine diefer Oeff-
nungen war mit einer feuerfeften Lehmkugel gefchloffen
(Fig. 2).
An einer Stelle wurde fodann der fo entftandene
Ofen bis an den Boden blosgeleg^t und die Wand be-
hufs Herftellung der
brochen.
Heizöffnung (Schürloch) durch-
Die feuerfefle Verkleidung, Zwifchenboden und
Stütze find graufchwarz gebrannt und, trotzdem dafs
fie Jahrhunderte lang der Einwirkung der Boden-
feuchtigkeit ausgefetzt waren, noch fehr widerftands-
fähig. Der die fefte Wandung umgebende Lehmgrund
ilT: ziegelroth gebrannt. Ich zog einen erfahrenen
Töpfermeifter zu Rathe, um feine Anficht über die
angenommene Art der Herftellung und Verwendung
des Brennofens vom praktifchen Standpunkte aus zu
vernehmen. Derfelbe ftimmte meiner Anficht bei und
erklärte, dafs mit reichlichem Holzaufwand das Brennen
von Thongefchirr in Üiefem Ofen ganz gut gelingen
konnte. Der Hohlraum des Ofens wie auch der weite
Vorraum vor dem Schürloche war mit Gefäßfeherben
der verfchiedenften Art vollfländig ausgefüllt.
Bemerkenswerth ift es, dafs das Material, aus
dem diefe Scherben beftehen, weder aus der oben er-
wähnten Tegelgrube herrührt, noch überhaupt in der
näheren oder ferneren Umgebung vorkommt, daher
von weither, etwa aus der Gegend von Paffau, Hafner-
zeil etc. herbeigefchafft worden fein mußte. Es ift ja
einleuchtend, dafs mit Rückficht auf die Schwierigkeit
des Transportes fertiger Töpferwaare man es vorge-
zogen haben dürfte, das Rohmaterial von Orten, wo
es leicht und in guter Qualität erhältlich war, herbei-
zufchaffen und dort zu verarbeiten, wo der Holzreich-
thum — wie am Kobernaußerwalde — günftige Gele-
genheit hiezu gab.
Der von mir beigezogene Töpfermeifter meinte
allerdings, es könnte einftens in der nahen Tegelgrube
auch eine derartige Lehmfchichte vorhanden gewefen,
aber mit der Zeit ganz erfchöpft worden fein, was
mir jedoch nicht fehr wahrfcheinlich fcheint.
Obwohl in Betracht zu ziehen ift, wie fehr die ge-
fundenen Scherben durch die lange Lagerung in dem
fehr durchfeuchteten Boden an Feftigkeit verloren
haben, fo ift doch nicht zu verkennen, dafs wir zumeift
Scherben von mislungenen und nicht vollkommen ge-
brannten Gefäßen vor uns haben, welche beifeite ge-
fchafft und bei Auflaffung der Töpferei zum Verfchütten
der Anlagen verwendet worden find. Eine Anzahl von
Scherben ift klingend hart gebrannt. Gutgearbeitete
Stücke find an der Oberfläche fchwarz gebrannt,
andere nicht nur oberflächlich, fondern auch im Bruche
fchwarz oder fchwarzbraun , eine Anwendung von
Graphit, fei es zur oberflächlichen Schwärzung oder
aber als Beimengung zum verarbeiteten Material ift
nicht wahrnehmbar.
So überreich auch die Menge der vorhandenen
Scherben ift, fo ift doch keine große Verfchiedenheit
an Formen, wohl aber ein großer Unterfchied in den
Dimenfionen der Gefäße, von denen fie herrühren, zu
conftatiren. Den Großtheil der gewonnenen Scherben
13*
— lOO
habe ich in Uttendorf deponirrund^eine mit Sorgfalt
ausgewählte Anzahl an mich genommen.
Soviel aus den Rand- und Bodenftücken fich er-
kennen läßt, find es Schalen, Schüffein, henkellofe
urnenförmige Töpfe und Urnendeckel, diefe letzteren
mit roh gearbeitetem Grift'knopf \erfehen und ohne
irgend eine Verzierung, während die Rand- und Wand-
ftücke theils mit mehreren horizontalen Linien, zum
größten Theile außerdem noch mit dem bekannten
Wellenlinien-Ornamente ausgeftattet find, das fich bei
mehreren SchülTel- und Schalenitücken zwei-, drei-
und viermal, mit horizontalen Linien abwechfelnd
wiederholt (Fig. 4 und 5).
Zur Beurtheilung der Frage, welcher Zeitperiode
der aufgedeckte Töpferei-Brennofen und die in dem-
felben aufgefundenen Gefchirr-Bruchftücke angehören,
glaube ich befonders hervorheben zu follen, dafs unter
der Menge von Scherben auch ein Bruchftück einer
kleinen Schale aus terra-sigillata vorkam. In geringer
Entfernung vom Fundorte, nämlich in Heipfau, find
wiederholt römifche Münzen gefunden worden, von
denen fich mehrere aus der Zeit des Gordianus III. bis
Gallienus in der Münzfammlung des Linzer Mufeums
befinden.
Werden alle diefe Umftände erwogen und insbe-
fondere auch in Betracht gezogen, dafs die Meinung,
das Wellen-Ornament fei ein Specificum der flavifchen
Periode, von Dr. Mitch und Anderen gründlich wider-
legt worden ift, fo dürfte es kaum zweifelhaft fein, dafs
es Ueberrefte einer fpät-römifchen Töpferei find, die
durch einen glücklichen Zufall zutage gekommen find.
Es war mir felir darum zu thun, den Ofen in feiner
Vollftändigkeit an Ort und Stelle bleibend zu erhalten.
Zu diefemBehufe habe ich die Aufllellung einer Schutz-
hütte über denfelben und über den freigelegten Vorraum
vor dem Schürloche veranlafst, was wegen der weit
vorgefchrittenen Jahreszeit fofort gefchehen mußte, da-
mit diefes höchft intereffante Objeft nicht durch
Regen, Schnee und Froll: zerftört werde. An der
Schutzhütte ift eine fperrbare Thür angebracht, zu
welcher der Grundeigenthümer den Schlüffel in Ueber-
wachung hat.
Die in die Tiefe führenden Stufen find proviforifch
aus Rafenftücken hergeftellt und werden, wiebald eine
entfprechende Vereinbarung mit dem fchwer zu be-
friedigenden Grundbefitzer wegen Errichtung eines
Pachtvertrages, eventuell kauflichen Erwerbung der
betreffenden Grundparcelle erzielt fein wird, durch
eine fefte Stiege erfetzt werden.
Der Verwaltungsrath des Mufeums Francisco-
Carolinum in Linz hat in feiner letzten Sitzung über
meinen Antrag befchloffcn, die Koften der Schutzhütte
zu beftreiten, die Grundparcelle zu pachten, oder nach
Umfländen käuflich in das Eigenthum zu bringen, oder
aber, wenn mittlerweile ein Befitzwechfel eintreten
foUte, was höchft wahrfcheinlich ift, eine Servitut zu
erwirken.
Straberger.
Kunfthiftorifche Notizen aus Friefach und feiner Umgebung.
Von Dr. Albert llg.
II.
Indem ich mich nun den umliegenden Ortfchaften
um Friefach zuwende, lenke ich meine Schritte zunächft
nach dem^füdlich gelegenen Micheldorf. Demjenigen,
was die Topographie, pag. 223, mittheilt, ift neu hinzu-
zufügen: an der Südfeite der Kirche befindet fich ein-
gemauert ein kleines fragmentirtes Marmor-Relief, den
auferftandenen Heiland vorftellend, eine intereffante
italienifchc Sculi^tur aus der zweiten Hälfte des 16.
Jahrhunderts "Die Füße des Erlöfers ftehen auf einem
Engelskopf, ein zweiter fchwebt über ihm in den
Wolken. Die fchöne Arbeit verdiente eine bcffcr
geficliertc Stelle. Die Sacriftei der fcjnft ganz unintcr-
elfantcn Kirche hat noch gothifche (iewulbe.
In dem Dorfe St. Stephan ftcht eine wenig
bemerkenswerthe Kirche, deren Thürc das Datum
1780 trägt, während die übrigen Theile 1759 neu er-
richtet wurden. Beim Eingang liegen im Pflaftcr des
Fußbodens einige ältere Grabftcine. Auf der Com-
munionbank find zwei Agnusleuchter von bizarr-
barocken Formen von bronzirter Holzfchnitzerei auf-
geftellt. Der Karncr auf dem Friedhofe hat einfach
gothifche P'ormcn, eine Steintreppe führt zu feiner
mit dem Efel.srucken bekrönten '1 hüre mit der Jahres-
zahl 1522 empor, unter dcrfelben befindet fich das
Beinhaus. Die Rückfeite zeigt drei Flächen des 06lo-
gons. Das Innere hat zwei Travees mit Netzgewölben,
welche auf WandConfolen, die nach unten fpitz ver-
laufen, aufruhen. Bei einer neiigebauten Scheuer an
dem Wege gegen P'riefach lag bei meiner Anwefenheit
eine fehr fcliöneBafis einer römifchen cannelirten Säule,
mit einem Theil des Schaftes und dem unteren Torus.
In dem Loche war noch das alte Blei reichlich cin-
gegoffen. Daneben eine rohe Platte mit Rändern, tleren
Beftimmung zweifelhaft fein mag. Beide Stücke wurden
vor einiger Zeit auf einem Kartoffelacker in der Thal-
ebene jenfeits des Eifenbahndammes ausgegraben. Da
fchon 1S47 hier ein jetzt in l'ricfach befindlicher
Romerftein gefunden wurde und ein zweiter fich im
Pfarrgarten befindet, St. Stephan auch als der Stand-
ort des römifchen Beliandrum gilt, fo hat der Fund
jener Säulenbafis gewifs anfehnlichen Werth. Obwohl
ihn nun das Klagenfurter Mufeum verfchniähtc, habe
ich doch dafür geforgt, dafs er an eine fichere Auf-
bewahrungsftätte gelange.
St. Thomas in Ilartmannsdorf, alte aber unbedeu-
tende Kirche, deren viereckiger Thurm über einer
Halle ftehl. Im Schiff flache Holzdecke, das tjuadra-
tifche Presbyterium liat oben Gewölbe. Eine kleine
Statuette des heil. Sebaüian von Holz an der Seiten-
wand hat faft noch mittelalterlichen Typus. Zu den
— lOI —
Notizen über Grafendorfm der Topographie (pag. 78)
kann ich Folgendes beifügen: das merkwürdig kleine
Portal der Jacobskirche iil obwohl gothifch, doch nicht
fpitz- fondern rundbogig und hat in diefem Rundbogen
drei gemeißelte Köpfe, welche mit einer Kriechblume
abwechfeln. Zwei derfelben ftellen Mönche, einer einen
Schalksnarren mit Efelsohrenkappe vor. Die Schrift-
rolle bei dem oberften ift leer. Ueber diefer Thür in
der Vorhalle, deren fchöne Eifenverkleidung a. a. O.
reproducirt ift, fah ich Refte eines Fresco aus der
Renaiffance, in welchem aber bloß die Geflalt des
Kirchenpatrons erkennbar ift. Von den beiden
Bildern der Vorhalle in fchönen Rahmen fcheint
mir nur eines beachtenswerth, welches Chriftus in
einem Blut ergießenden Brunnen darftellt, um den
alle Stände der Menfchen verehrend gefchaart find.
Als Kunftwerk mittelmäßig ift die Tafel darum wichtig,
weil fie aus der Friefacher Heiligenblutkirche flammt.
Eine lange Infchrift befagt, dafs im 17. Jahrhundert
das Bild von einer dortigen Familie gefliftet wurde.
Ein ähnliches Votivbild befindet fich noch in der
Heiligenblutkirche; es entftammt der Erinnerung an
die Peft von 17 13 und hat großes Intereffe, weil im
Hintergrunde das damalige Bild der Stadt wieder-
gegeben ift. In der Topographie ift Fig. 75 als Sacriftei-
thüre in Grafendorf ausgegeben, es ift aber die Haupt-
thüre; ferner Fig. ']6 die fchone gothifche Nifche mit
Efelsrücken als Lavabo, in Wahrheit aber Sacraments-
Häuschen. Die beiden Engelbüften an den Seiten waren
Kerzenhälter. Die Rückwand der barocken Kanzel
ziert ein kleines gutes Oelbild des heil. Jacob aus dem
17. Jahrhundert. Der vierfeitige Taufrtein ift eine fehr
rohe Arbeit. Das nahe kleine Capellchen St. Mauritzen,
auf einem niedrigen Hügel gelegen, fieht fehr viel-
verfprechend aus, enthält jedoch gar nichts bemerkens-
wcrthes, obwohl es fchon 1460 erbaut wurde. Weiter
thalabwärts erhebt fich auf hoher Bergwand, Michel-
dorf gegenüber, das Kirchlein St. Lore7izen, welches
bereits 1115 in einer Urkunde genannt wird. Ich hatte
leider nicht Gelegenheit, dort hinauf zu kommen, und
vernehme, dafs außer einem fchon publicirten Römer-
Rein und einem Beinhaus fich dafelbft auch nichts
bemerkenswerthes befinden foll, berühre den Gegen-
ftand aber einer intereffanten Sage willen. Es wird
nämlich erzählt, jene ganze Thalgegend fei einft ein
See gewefen, was die geologifchen Verhältniffe und
die fumpfige Befchaffenheit des Thalbodens auch fehr
wahrfcheinlich machen. Darum wäre auch das Kirchlein
fo hoch oben erbaut worden, und foll ferner ein in
Stein gehauener Fifch an dem Gotteshaufe noch an
jene alten Zeiten erinnern.
Das gleichfalls hochgelegene kleine Dorf Gaisberg
birgt in feiner Kirche eine Reihe von Alterthümern und
Kunftwerken, welche hohe Beachtung \-erdienen. Auch
hier feilen meine Angaben bloß zur VervoUfländigung
der Topographie (pag. 62) dienen. Der Thurm erhebt
fich, ähnlich wie in Hartmannsdorf, über einer Halle,
in welcher an der Wand das bemalte Holz-Relief eines
heil. Martin, welcher dem Bettler feinen lialben Mantel
gibt, angebracht ift, eine ziemlich derbe Arbeit des
17. bis iS. Jahrhunderts. Unter derfelben aber ift der
Reft eines gothifchen Altars befeftigt, eine Holz-
Predella kleinen Formates, auf welcher drei Halbfiguren
der leidende Heiland
in Malerei dargeftellt find
zwifchen Maria und Johannes. Letztere haben weiße
Kleider mit ziemlich ftrengen gezogenen Falten,
Chriftus in gelber Mandorla. Alles beftimmt gezeichnet
im Charakter altdeutfcher, ins 16. Jahrhundert ver-
laufenden Kunftweife. Der innere Chor der Kirche hat
drei Achteckfeiten, im Scheitel einen Schlußftein mit
dem Lamme, welches die Ofterfahne trägt, dann zwei
ungleichgroße Joche, in deren größerem das Stern-
gewölbe fünf Schlußflcine enthält. Das Sacraments-
Häuschen zur Linken ift mit feinem Bildwerk der
Auferftehung und mit dem Steinmetzzeichen in der
Topographie erwähnt. Hinzuzufügen wäre nur, dafs
oben in der Lunette ChrilTius im Grabe flehend, von
Engelputti betrauert, dargeftellt ift, ferner rechts das
Kreuz, links der Kelch, am unteren Rande des
Sacraments-Häuschens drei Köpfe als Confolenträger.
Ausnehmend fchon find im Presbyterium die Träger
der Rippen an den Wänden. Sie reichen tief herab als
Wandfäulchen mit reichen Laubwerk-Capitälen und
ruhen unten auf gegliederten Confolen auf. An der
andern Altarfeitc befindet fich in der Mauer eine ein-
fachere Nilche mit Kleeblattverzierung im Spitzbogen-
feld, für das Hineinftellen der AmpuUae beftimmt. Das
große Fenfter darüber ift ganz mit Glasmalereien ausge-
füllt und fowohl durch feine Dimenfionen als durch das
überaus prachtvolle feine Maßwerk ausgezeichnet,
deffen eigenthumliche Radform mit S-förmigen Spei-
chen fich an den Ornamenten in dem nahen Zeltfchach
wiederholt, was wohl auf denfelben Künftler hindeutet.
Von zwei Steinftäben untertheilt enthält es 15 gemalte
Tafeln in fünf Reihen unter einander, mit je einer Figur
unter weißem Rundbogen mit gelben Capitälen; die
Hintergründe find in Roth, Grün und Blau gemuftert.
DasFenfterbefindet fich abernichtim Süden des Chores,
wie die Topographie fagt, fondern im Weften, auch
find dort die Gefialtcn unvoUftändig und nicht richtig
verzeichnet. Die Anordnung ift folgende:
Gott Vater mit dem Gekreuzigten.
Georg. Maria m. d. Kind.
Paulus. Petrus. Johann. Ev.
Jacobus maj. Andreas. Bartholomäus.
Philippus. Jacobus min. Simon.
Mathaeus. Thomas. Thaddaeus.
Die Erhaltung eines fo completten unbefchädigten
Glasfenfters ift etwas koftbares, fein Kunftwerth aber
doch fchon ein geringerer, denn das Objeft zeigt
bereits die Spuren der Spätzeit diefes Kunftzweiges
und eine rohere Durchführung aus den Tagen des 16.
Jahrhunderts. St. Georg eröffnet hier den Reigen, weil
er der Kirchenheilige von Gaisberg ift.
Ich komme nun zu dem großen Frescogemälde
über dem Sacraments-Häuschen, von welchem es in
der Topographie blos heißt: „Aeltere Malerei (Manna-
regen)." Es ift das eine Arbeit des 16. Jahrhunderts
im reifen Styl der Renaiffance, welche mit deutlicher
Beziehung auf die ältere Sacramentnifche unter dem-
felben hier durch eine fpätere Generation angebracht
wurde. Denn in der Nifche wurde das heilige Brot, die
Hoftie, aufbewahrt, und das Manna ift deren alttefta-
mentarifches typologifches Symbol. Das Bild zeigt alfo
das Lager der Ifraeliten mit Zelten, Mofes, Aaron, und
gerade über der Nifche zwei Engel, welche dem dort
eingeftellten Sacrament mit Rauchfäffern huldigen. In
— I02 —
der Ecke ficht man einen Mann mit Turban auf den
Knieen liegend, was wohl andeuten foll, dafs auch die
Heiden von der Chriftuslehre gewonnen wurden, und
vorn reicht ein Knabe einem Vogel eine Schüffei,
vielleicht der Phönix als Sinnbild des Heilands. — Der
achteckige Taufftein hat nicht blos das Datum 1512,
fondern auch die Buchftaben: WAR und fteht auf
einem achteckigen Fußgeftelle; die fpitzbogige Sacri-
fteithüre ilt mit einer gothifchen Giebelblume ge-
fchmückt.
Ueber die Kirche in Zeltfchach, welche eine der
prachtvolUten Baulichkeiten der reichen Spät-Gothik
ift, wie fie an diefem Orte eben der Segen der einft-
mals reichen Bergwerke fchaffen konnte, verbreite ich
mich nicht eingehend, fo viel beträchtliches fie auch
im Aeußeren und Inneren enthält, da ihr Reichthum
in der Topographie (S. 423) bereits eingehend gewür-
digt erfcheint. Eine fehr fchlechte Reftauration aus
ne'uerer Zeit hat das bedeutende Denkmal aber an-
fehnlich gefchädigt, namentlich die entfetzliche An-
ftreicherei einzelner Architekturtheile mit grauer
Farbe. Das Haupt-Portal im fpät-gothifchen Styl ifl ein
prachtvolles Werk durch feine reiche Verfläbung, die
Lunette mit dem radformigen Maßwerk, die Engel-
confolen mit Spruchbändern, Efelsrücken und heute
leider fchon fehlenden Fialen, darüber ift ein großes
Rofenfenfter angebracht, die Strebepfeiler an der
Fagade find fchräg geftellt, das dort in Fragmenten
erfichtliche Fresco des Oelberges weift italienifchen
Einfluß des Quatrocento aus. Intereffant ift ferner die
fteinerne Almofenbiichfe an diefer Fagade, an welcher
ein metallenesgothifches Schloß in Stein-Technik imitirt
ift. Alles Maßwerk hat die größte Verwandtfchaft mit
demjenigen in dem nahen Gaisberg. Im Innern gehen
die die Rippen tragenden Rundftäbe ebenfo tief herab
wie dort, und haben diefelben üppigen Blattknäufe, da-
rüber aber ein reiches Gewölbe mit gemalten Blumen-
Ornamenten fowie eine ganze Folge von mit Wappen und
Symbolen gemeißelten Schlußfteinen. Das Langhaus
hat vier hohe Joche, dann folgt ein Zwifchenraum von
gothifchen Formen und endlich der ältere niedrigere
Chor mit drei Achteckfeiten, zwei Jochen undRippen-
Confolen. Der prächtige Orgel-Chor ruht auf zwei
gothifchen Pfeilern mit Blattknäufen und hat eine reiche
Hrüftung von Fifchblafcn-Maßwerk, über dem fich zwei
fchlanke Fialen erheben. Unter diefem Mufikchor be-
findet fich ein Sterngcwölbc. I-'enftermaßwerk und
Rundfenfter mit S-förmigen Radfpeichen find von
höchfter Schönheit, kurz, die ganze Kirche ein Kleinod
der reichen Spät-Gothik, weichem wir nur beffcre
Obforge wünfchen würden, da an ihren Formen Unver-
ftand und Vernachläffigung viel gefündigt haben.
Die Baubefchreibung der anfehnlichcn fpät-gothi-
fchen Pfarrkirche von St. Salvator in der Topographie
(S. 304) ift eingehend; hin und wieder eine Reihe
kleiner Zugaben. Das fchönftc find entfchieden die
großen Fenftcr in der Höhe des viereckigen Thurmes,
der mit feinem fpitzen Nadeldache bereits ftark an die
in Salzburg und Tyrol landesübliche Bauweife erinnert.
Auf jeder Frontfeite des Thurmes ift folch' ein mit
fteinernem Rahmenwerk und Kreuzftock eingerichtetes
Fenfter angebracht. Die Formen und Ornamente aller
vier find verfchieden, die Maßwerke mit Nafen be-
fetzt. Der Standort des Thurmes ift an der Nordfeite
an der Gränzlinie des Langhaufes und des Chores;
feine unterfte Halle bildet den Raum für die Sacriftei.
An dem 15 17 datirten, etwas fchwerfälligen Portal
wären die Sockel der Rundftäbe zu erwähnen, welche
theils cordonnirt, theils mit Rauten ornamentirt find,
die gothifchen Eifenbefchläge dürfen auch nicht ver-
geffen werden. Vor diefem Eingangsthor liegt eine
fpitzbogige ziemlich derb gehaltene Vorhalle. Auch
an der im Efelsrücken gewölbten füdlichen Thüre be-
merken wir derlei Befchläge, Rofetten und einige Thür-
zieher. Rückwärts am Chor befinden fich Refte eines
al fresco gemalten Oelbergs aus der Renaiffance. Im
Innern überrafchte mich ein fehr origineller hölzerner
Hängelufter des Barockftyles. Auf dem Reifen ftehen
die gefchnitzten und bemalten Figuren der Apoftel,
oben Chriftus, unter ihm die Verkündigung. Dabei die
Infchrift : Laffet Euer Licht leuchten unter den
Menfchen. Apollelleuchter gab es bekanntlich fchon
in älteren Kunftepochen, ich erinnere an den fpät-
gothifchen aus Eger im Wiener Hofmufeum, eine
barocke Löfung diefes Themas ift mir aber noch nicht
vorgekommen.
Ober dem Orte fteht die kleine Jolianncs-Kirche,
ein zwar zierlofer einfacher Bau der Gothik, welcher
aber durch einen feltenen Umftand höchft merkwürdig
ift. Die Topographie erwähnt ihn bloß wegen der dort
fichtbaren Refte eines P^resco des heil. Chriftoph,
wovon heute bis auf wenige Ornamente nichts mehr zu
fehen (auch die Ueberbleibfel von Glasmalereien in
der Hauptkirche find verfchwunden); das wichtigfte
beruht aber auf dem Umftande, dafs der Chor mit
zwei Seiten des Sechseckes fchließt, eine wunderliche
und höchft feltene Anlage. Diefer Presbyterium-Raum
hat im Innern Strahlenförmig zufammenlaufende Ge-
wölbe, jedoch nur mit Graten, nicht Ivippen. Streben
befinden fich bloß am Chore, und zwar drei, indem die
mittlere in der Gebäude- Achfc fteht. Die Fenftcrchen
haben bloß zwei feitliche Nafen als Ornament.
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— I03
Gefammelte Daten im Laufe d. J. 1891 über einige hervor-
ragende Baudenkmale im nordöftlichen Böhmen.
Reifebciichl von Confervator Emanuel Pippich.
I.
Die Decanats-Kirche zum heil. Laurentius in Nachod.
|Pff^9II'"SE Kirclie wird fchon im Jahre 1350 als l'farr-
k^yi kirche bezeichnet. Es ift eine altcrthumliche,
IKtS^äi mehr kleine, einfcliiffige, offenbar aus früh-
gothifcher Zeit ftammende Anlage, worauf noch die in
Spitzbögen gebrochenen und einfach profilirten Ge-
wölberippen im Chore, die auf plumpen Confolen in
iig. I. (Ndchod.)
halber Höhe aufruhen, hinweifen. Hier bemerkt man
bloß ein Travee und fünffeitigen eckigen Oftfchluß.
Fig. 2. (Ndchod.)
Soviel man noch an den erwähnten derben und jetzt
ftark übertünchten Confolen unterfcheiden kann, foUen
diefelben große thierifche Köpfe mit mächtiger Mähne
umrahmt darftellen. In den runden Schlußfteinfcheiben
Rofetten in magerem Relief ausgeführt. In den drei
mittelgroßen und fpitzbogigen Chorfenftern kein Maß-
werk. Südlich des Chores lloßt die alte Sacriftei noch
mit einem fpitzbogigen Eingange verfehen an. Diefelbe
wurde fpäter in einen gleich großen nordwärts angrän-
zenden Anbau übertragen, unter welchem die urfprüng-
liche Gruft der Grafen Piccolomini vermuthet wird.
Der Eingang von außen in diefen letzteren Anbau ift
in Renaiffance-Form hergeflellt. Die beiden Anbauten
(die ehemalige und die gegenwärtige Sacriftei) zeigen
(N.-iclioil.^
koloffal ftarkes Mauerwerk, da über denfelben die zwei
überaus kräftigen Kirchenthürme emporfteigen. Ihre
Bauart, zur Hälfte aus Stein, zur Hälft aus Holz, ift ganz
analog wie bei den Thürmen in Krcin, Slavonov und
Hronov, bloß mit dem Unterfchiede, dafs hier die beiden
Thürme mit dem Kirchenbaue vereinigt ftehen, woge-
gen die einzelnen Thürme in den genannten Ortfchaf-
ten fich als ganz freiftehende Bauten darfteilen. Ueber-
dies find in den Ndchoder Kirchenthürmen noch
befondere Emporen errichtet, welche aber nichts merk-
— 104 —
würdiges zeigen. Ihre neuartige Adaptirung pafst wenig
zu dem fonftigen gothifchen Kirchenüyle. Auch die
zwiebeiförmigen Ueberdachungen der Kirchenthürme
geben ein eigentliümliches Bild (Fig. i).
An der Epiftelfeite des Chores ift ein fehr großer
Grabftein eingefetzt, welcher unfer Intereffe deshalb
in Anfpruch nimmt, weil er als Familien-Epitaphium
der Herren von Siiu'ric erfcheint. Diefe Familie war
während des i6. Jahrhunderts im Befitze der Herr-
fchaft Nachod. In der Infchrift oberhalb des Mittelfeldes
kommen die Namen des Vaters Albrecht, und dreier
Söhne: Sigmund f 1558, Jaroflav t 1570 und Albrecht
t 1567 vor.
Im Mittelfelde felbfi: knieen vor einem Crucifi.K
zwei Ritter in voller Rüftung. Zwifchen ihnen am Fuße
des Kreuzes liegen die Helme, unter denen nochmals
Flg. 4. (Isäcliod.r
die obcruahnten Jahreszahlen. Das Mittelfeld fchließt
halbkreisförmig ab, in den Ecken der Archivolte
kleine Engelsköpfe mit P'lügeln. Das Ganze wird von
fchiankcn korinthifchcn Pilaftern flankirt, welche ein
complettes im llrengen Kcnaiffance Styl gebildetes
Gebälk tragen. Der hohe Frieß dient als Infciiriftfeld.
Ueber dem Kranzgefimfe ein bekrönender Auffatz mit
einem frommen Spruche. Unten am mächtigen Sockel
vier bereits flark befchädigte Wappen der Smificer
Herren. Im übrigen zeigt der ganze architcktonifche
Aufbau gelungene Proportionen und ziemlich gute
Behandlung in den Details.
.Sehr beachtenswerth ilt auch das an der ]'"van-
gelienfcite des Presbyteriums angebraciitc und als
Wandnifche geftaltete Sacraments-IIäuschen im fpät-
gothifchen Styl. Ueber dem rechteckigen Nifchenraume,
der mit einem Flifengitter verfehen ifl, jiält ein Engel
in feinen ausgebreiteten Händen das Schweißtuch
Chrifli. Zu beidenSeiten derNifchenöffnungzwei andere
Engel in ganzer Gertalt auf Confolen Itehend, welche
auf einem untergelegten Sockelgefinife aufruhen. An
demfelben bemerkt man noch zwei Wappenfchilde mit
undeutlichen Figuren. Die weitere Umrahmung des
Sacraments-Häuschens bilden oberhalb der Engels-
köpfe angebrachte hübfche Baldachine, welche in fehr
hohen Fialen auslaufen. In gleicher Höhe mit ihnen
fchließt auch die Kreuzblume des doppelt gefchweiften
fpät-gothifchen Wimpergbogens über dem Nifchen-
raume ab. Das ganze Sandluarium ilt fehr fchdn
l'ii;. 5. (Nacliod.)
componirt, allein gegenwärtig fchon im äußerfl bedau-
ernswerthen Zuflande, fehr renovirungsbeclürftig. Das
Füllungsgitter ift zum Theile herausgebrochen und die
fclionen Bildhauerarbeiten an den äußeren Riuuleni
fnid mehrfach abgefchlagen (P'ig. 2).
Eine flylgemäße Keftaurirung ift überhaupt im
ganzen Presbyterium im hohen Maße vonnöthen.
Einen entfchieden würdigeren Eindruck macht
auf den Befchauer das einfchiffige Langhaus, welches
ein f[)itziger unprofilirter Bogen vom Presbyterium
trennt (Fig. 3). Das lichtere und reinlichere Ausfehen
erklärt fich durch die hier in neuerer Zeit durchge-
führte jMüdernifirung, welche den urfpriüiglichen gothi-
fchen .Styl kaum mehr erkennen läßt. In den vier
Jochen, die inittelfl kräftiger Wand-Pilafter im Renaif-
fance-Styl von einander getrennt werden, ficht man
jetzt rundbogigc Kreuzgewölbe mit fcharfcn Graten.
Beiderfeits lK)he I""enfter noch nn't Spitzbögen, jedoch
ohne Maßwerk.
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Wo
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An der Weftfeite ein in fechs Jochen ganz modern
eingewölbter Orgel-Chor. Mit ihm hängt zufammen
eine an der Nordfeite des Schiffes anftoßende offene
Empore, getragen von fieben Säulen, welche an-
fcheinend einer fpäteren Bauzeit angehört. Der hier
befindliche Seitenausgang zeigt abernoch imgothifchen
Bogen anlaufende Profilirungen. An der Außenfeite
derfelben eine ganz unanfehnliche Vorhalle.
Der weftliche Haupteingang ift wieder halbkreis-
förmig. Ueber dem Bogenfchluß eine Marmortafel
mit den Abzeichen der Smificer Herren und der In-
fchrift: „Albrecht Smirzicky ze Smirzic na Nachode
a Hedwika z Harmburku na Nächode 1510", welche
wahrfcheinlich den Impuls zu einem Umbaue des alten
gothifchen Baues gegeben haben. Die vor dem Weft-
gange ftehende große Vorhalle datirt aus jüngfter Zeit.
In der ganzen Kirche zeigt fich überall eine fehr
große Feuchtigkeit, was fich dadurch erklärt, dafs der
Bau einft gar zu tief angelegt wurde; in Folge deffen
dringt das vom angränzenden Ringplatze herablau-
fende Regenwaffer conftant in das Mauerwerk ein.
Hier müßte bei einer eventuellen Renovation, welche
befonders im Presbyterium fchon fehr angezeigt wäre,
Abhilfe gefchaffen werden.
In der Sacriftei der Nachoder Decanat-Kirche
befindet fich noch ein fpät-gothifcher Mefskelch (Fig. 4).
Die breite Bafis des fchlanken Fußes ift nach gothi-
fcher Art im Sechspafs geftaltet. In den nach
oben fich verengenden fechs Feldern je eine fünf-
blättrige filberne Rofette aufgenietet, gefchmückt mit
Emailpaften. Am oberen Ende des Fußes noch zwei
ovale Schildformen mit gravirten Abzeichen der
Herren von Smiric und die Jahreszahl 1567. Der
Uebergang aus dem Fuß in den Schaft wird durch ein
fcharfes fechstheiliges Glied markirt, über welchem in
fechs kleinen Feldern Rofettcneinlagen vorkommen.
Von hier breitet fich der Schaft in einen großen, aber
ziemlich niedrigen fechseckigen Knauf aus, welcher
theils mit vierblättrigen Reliefrofetten, theils mit den
üblichen rautenförmigen Anfätzen geziert erfcheint.
DieHöhlungen diefer Anfatze zeigen wieder eingefetzte
Emailpaften. Darüber folgt ein kurzer und glatter fechs-
kantiger Hals, auf welchem der Haupttheil des Kelches,
nämlich die fanft gefchweifte runde Cuppa ruht. Die-
felbe ift jedoch nicht ganz glatt, fondern an der
unteren Hälfte mit einer aufgelötheten plaftifchen
Ornament-Bordüre umgeben, wo in Zwifchenflellen
ahnliche Rofettenfüllungen zu fehen find, wie fie am
unteren Rande des Fußes vorkommen. Darüber fchließ-
lich ein herumlaufendes glattes Band mit Saum-Orna-
ment. Der Kelch ift von Silber, und an der Oberfläche
vergoldet.
Die Kirche befitzt ein zinnernes Taufbecken.
Dasfelbe ftammt aus dem Jahre 1463, zeigt im Unter-
fatze drei fchlanke Füße mit kräftigen Vogelpratzen
und unter dem Beckenrande gladiatorenartig gebil-
deteHalbfiguren mit vollbärtigen Gefichtern. Das ganze
Becken ift fonft glatt, nur am oberen Rande lauft eine
zweizeilige, mehrfach befchädigte gothifche Auffchrift,
in der auch die obcitirte Jahreszahl vorkommt. Der mit
einem Crucifix gezierte Deckel rührt aus neuerer Zeit
her (Fig. 5).
Römifches Mauerwerk, gefunden in Barcola.
(Mit einer Tafel.)
|IP2 alten Baurefte liegen wenige Schritte weit
von der jetzigen Fahrftraße zwifchen Trieß und
Schloß Miraniar und ebenfalls nicht weit von
der Stelle, wo vor drei Jahren die große römifche Villa
entdeckt wurde.
Die erften Unterfuchungen wurden von dem
Ingenieur Geiringer auf eigene Koften und mit Beiträgen
anderer Perfonen vollführt. Derfelbe hat auch einen
Plan über die Fundftelle angefertigt, nach welchem
die beigegebene Tafel angefertigt ift. Erft im Monate
Januar 1891 übernahm ich, alsDireftor desAntiquitäten-
Mufeums, die Fortfetzung derfelben, indem der Ge-
meinderath die zu diefem Zwecke erforderlichen Mittel
bis auf iioo Guldenlieferte, und dieGrundbefitzer Herren
Adv. Dr. Joachim Coen, Domeniciis Idone, Anton
Pogoreli und Frau Jofep-Ii von Hainifcli das Ausgraben
ohne irgend eineEntfchädigung bereitwillig geftatteten.
Es wurde eine Oberfläche von beinahe 3000 QM.
ausgeforfcht, indem man gewöhnlich anderthalb Meter,
an einigen Stellen jedoch über 3 M. tief grub. Die
Arbeit wurde außerdem durch eine dicke Schichte
Meereskiefes bedeutend erfchwert, welcher auf dem
vordem Theil der Ruinen gelagert war.
Das alte Gebäude befand fich in dem Zuftande
des größten Verfalles. Die meiften Mauern find nur
\]X. N. F.
wenig über die dermalige Erdoberfläche erhalten ge-
blieben, fo dafs die Thürfchwellen etlicher Gemächer
nicht mehr erfichtlich find. Ebenfalls war es unmög-
lich den Deffin der Mofaikböden aufzunehmen, da fie
bis auf einige unbedeutende Refte zerftört waren.
Die Räume mit würfelartigem Steinpflafter find in
dem Plane hell fchrafhrt, diejenigen aber, welche als
Boden nur eine fefte Beton-Unterlage darbieten, wurden
dunkel angelegt.
Der vordere Theil der Anlage, der dem Meeres-
ufer näher lag, war unzweifelhaft als Bad verwerthet.
Die Hypocaufis d erwärmten die Räume e,f, g und //,
deren fchwebender Boden auf kleinen quadratifchen
Ziegelpfeilern (suspensoriae) ruhte. Die Kammer i be-
fteht aus einem großen ringsherum mit Sitzbänken ver-
fehenen Becken, in welches eine dreiftufige mit Marmor-
platten bedeckte Treppe hinunterführt. Ein kleines
Poftament zeigt noch die Stelle, wo das frifche Waffer
in das Becken durchrann, f Das Local o, hat in der
Mitte das Compluvium/, mit fichtbarem Abfluß-Canal,
und vier auf gleicher Entfernung gelegte Steinplatten
gehörten zu den Säulen, welche das offene Dach auf-
recht hielten.
Der lange von feften Mauern umfchloffene Raum /,
ftellt fich als ein Sudarium vor. Er hat zwei entgegen-
14
— io6
gefetzte Nifchen. Sein Fußboden dürfte mit buntem Mar-
morftein gepflafiiert und feine Wände mit Glasmofaiken
decorirt gewefen fein. Man hat hier nämlich viele Mar-
morplatten verfchiedener Größe und Art, darunter
einige fchöne Breccie und viele Fragmente an Glasmo-
faiken gefammelt. Die letzteren haften an Thonziegeln,
und flellen Blumenkränze und andere Verzierungen dar,
die durch Seemufcheln und fchraubenförmige Glas-
ftiele als umrahmt erfcheinen. Eine tiefe künftliche
Oeffnung des Bodens neben der rechten Nifche zeigt
mehrere gewölbte Canäle, die den ganzen Raum unter-
irdifch durchziehen. Sie werden in dem Plane durch
die Verticalfchnitte AB, CD und EF befonders an-
gegeben.
Die hinteren Bauten diefer römifchen Anlage zer-
fallen in drei Theile. Der mittlere und größere Theil
befteht aus einer Reihe von Zimmern d', e',f', . . . . p' ,
die um den halbkreisförmigen Hof <:', gruppirt find,
von welchem fie das Licht bekamen. Diefer geräumige
und mit bedachtem Gange verfehene Hof war wahr-
fcheinlich als Palaestra verwendet, wo man die beim
Bade gewöhnlichen Körperübungen und fonftigen
Spiele ausführte. Die lange Mauer, welche den Hof
vom Gange a' trennt, war innerhalb mit Pilaftern
decorirt. Ein kleines corinthifirendes Capital, das
man hier getroffen hat, gehörte vielleicht zu diefen
Pilaftern.
Unter den Gemächern zur linken Seite ift das
größere v' wegen des mit Marmorplatten ausgelegten
Fußbodens und wegen einer Apfis befonders hervorzu-
heben. Leider hinderte mich die zurDorffchule führende
Straße dem Ganzen nachzuforfchen. Von geringerer Be-
deutung erwiefen fich dieMauerrefte zur rechten Seite,
die weniger feft gebaut find als die übrigen. Der Bo-
den des kleinen Ganges b" , war aus kleinen Thon-
würfeln zufam.nengefetzt.
Durch die Grabungen war es nicht möglich, den
Zweck der langen und mächtigen Mauer /', feftzuftellen.
Wenn man aber auf die vielen Kiefelfteine Rückficht
nimmt, die fich jenfeits derfelben mit der Erde gemifcht
vorfinden, und deren Vorkommen man nicht der Ein-
wirkung der Meeresflut zufchreiben kann, fo muß man
zu der Annahme gelangen, dafs diefe Mauer die Anlage
gegen eine angränzende Landftraße fchützte, welche
vielleicht von den Höhen Moncolani's (ehemals ein Ca-
ftrum, nun Conto\'ello genannt) herabkommend nach
Tergefte führte. Und diefe Annahme wird dadurch
bekräftigt; dafs es mir vor vier Jahren gelungen iil,
200 Schritte örtlich von diefem Orte, aber in der
Richtung der genannten Mauer die Spuren einer folchen
Straße zu entdecken. Neben der Mauer liegen bei y zwei
mit Steinen und Ziegeln gebaute Gräber, die je vier
menfchliche Skelette ohne andere Beigabe enthielten.
Weder Infchriftfteine, noch werthvoUe Gegen-
ftände find bei diefen umfangreichen Grabungen ge-
fammelt worden; ein Beweis, dafs das Gebäude nicht
auf einmal verfchwunden war, fondern von den Menfchen
feines Schmuckes beraubt, nach und nach gänzlich
niedergeriffen wurde. Alte Dorfbewohner erzählen,
dafs fie hier nachgruben, um Baumaterial zu gewinnen.
Außer den erwähnten Marmor- und Mofaik-Stücken
wurden noch einige Dachziegel mit Fabriksmarken,
etliche kupferne Kaifermünzen, eine eiferne Lanzen-
fpitze und viele Scherben getroffen. Trotzdem bin ich
der Anficht, dafs diefe ausgedehnte römifche Anlage
zur Zeit der Antonine, vielleicht als Landfitz einer
mächtigen Familie aus Aquileja, gebaut wurde.
A. Puschi.
Alte Steinkreuze und Kreuzfteine in Mähren.
Jiefprochen von A. Franz.
(Mit vier Tafeln.)
allem Anfcheine nach großen und
lEBER einen
zwar, wenn nach dem bekannten Materiale
a gefchloffen werden darf, mehr nördlichen Theil
Mährens zerftreut, finden fich alte fchon ftark verwit-
terte und bemoofte Steinplatten vor, auf v\'elchcn in
mehr weniger ungefchlachtcr Weife die Kreuzesform
ausgehauen ift und welche Steinkreuze von der flavi-
fchen Landbevölkerung zumeifl als Denkmale der
Stätten bezeichnet werden, an welchen die mährifchen
Landes-Apoftel Cyrillus und Methudius das Cluiflen-
thum gepredigt haben folien. Eine andere, elwa.s
weniger wahrfcheinlichere, aber natürlich ebenfowenig
erwicfenc Verfion geht dahin, dafs diefe Steinkreuze
umgebildete Götzenbilder und Idole aus der Zeit der
Einführung des Chriftcnthums in Mähren feien, welche,
freilich ohne dauernde ICrfolge, fchon im 8. Jahrhundert
durch Erzbifchofyi/-»ö vonSalzburg und durch dcutfche
Miffionärc aus Paffau unter \Y\(choi Rcgiii/iart, den die
Chronik von Lorch (818) den „Apoftel der Mährer"
nennt, verfucht und ein halbes Jahrhundert fpäter
(Juni 863) von dem Cyrillus genannten byzantinifchen
Mönche Conßantm dem Philofophen und dcffen Bruder
erfolgreicher wieder aufgenommen worden ift.
Diefe letztere Verfion wäre deshalb als die wahr-
fcheinlichere zu bezeichnen, weil bekanntlich fchon die
alten „Dingbäume" „Gerichtspfähle," „Malbäume,"
„jährige Balken" etc. der Germanen in, wenn auch
rohefter Weife, derMenfchengeftalt nachgebildet waren,
uikI die Miffionäre aus nahe liegenden Gründen es
liebten, die heidnifchcn Opferfliittcn, Fefte, Gebräuche
etc. allmälig in chrillliche umzugeftalten.
Die Steine felbft aber bieten auch bei genauefter
Unterfuchung für diefe letztere Verfion nicht den ge-
ringllcn Anhaltspunkt, und gegenüber der erfleren Ver-
fion ift zu bedenken,, dnfs diebckehrten I leiden die große
]5edeutung des Chriftenthumes und der Verkünder dcs-
felben wohl kaum fo voll und klar erfafst haben werden,
dafs fie die .Stellen, an denen dasfclbe ihnen gepredigt
worden, durch Denk Heine ausgezeichnet hätten, abge-
fehen davon, dafs Cyrill und Methudius wolil kaum an
— I07 —
Co vielen Orten gepredigt haben werden, als ficli alte
Steinkreuze in Mähren vorfinden dürften.
Neben diefen einer eingehenden Forfchung wür-
digen, in Mähren zumeifl als Cyrillkreuze bekannten
Steinkreuzen finden fich auch einer folchen Forfchung
nicht minder würdige, ebenfalls faft über ganz Mähren,
namentlich aber, foweit nach den bis jetzt bekannten
Steinen geurtheilt werden kann, den füdlichen Theil
des Landes verbreitet, bald verhältnismäßig dichter
bei einander fbehende, bald ganz vereinzelt vorkom-
mende, bald in Ortfchaften felbft oder unmittelbar vor
denfelben, am häufigllen aber an Straßen und Wegen
oder Feldrainen flehende, ebenfalls oft fahr ftark ver-
witterte, meift aus Granit oder anderem Urgeftein her-
geftellte Steinplatten vor, auf welchen die meift ein-
fache Kreuzesform mit oder ohne Beiwerk, vertieft
oder halberhaben ausgemeißelt ift, oder auch blos in
Conturen eingeritzt erfcheint, — ah'o, wie man füglich
zum Unterfchiede von den Steinkreuzen fagen kann,
alte Kreuzfteine vor, welche aber keine folche gemein-
fame Legende zu haben fcheinen, wie die Cyrillkreuze.
Auch finden fich, allerdings allem Anfcheine nach
viel feltener, Zwifchenformen, die halb Steinkreuze,
halb Kreuzfteine find und daher eigentlich diefen Formen
nicht zugezählt werden follten. So der Padochauer
Stein (Fig. 31), deffen Kreuz zum Theil ausgemeißelt,
und der Stein im Dobrau-Walde (Fig. 9), bei welchem
das Kreuz wiederum faft ganz aus der Steinplatte vor-
fleht und welche Steine infofern beachtenswerth find,
als fie leicht zu der Folgerung verleiten könnten, dafs
die Kreuzfteine älter find als die Steinkreuze, da letztere
aus den erfteren hervorgegangen. Geradezu behaupten
kann man dies nun allerdings nicht, umfoweniger, als
\-orläufig nur zwei Repräfentanten diefer Zwifchenform,
eventuell richtiger Uebergangsformen, vorliegen, von
denen derPadochauerStein leicht möglich ein gewöhn-
licher Kreuzftein gewefen, dem man, als etwa beim
Transporte oder der Aufftellung etc. das eine leere
obereFeld befchädigt worden ift, derSymmetrie wegen
beide oberen Felder abgenommen hat.
Ohne dem Vorkommen diefer Zwifchenformen
würde man aber nach der Technik derBearbeitung, der
oft forgfältigeren Ausführung des Beiwerkes, elier zu der
Vermuthang berechtigt fein, die Kreuzfteine für die
jüngeren zu halten.
Die Forfchung nach dem einftigen Zwecke, der
Beftimmung oder Bedeutung diefer bis nun in der
Oeffentlichkeit wenig bekannten und noch gar nicht
gefammelten alten Steinkreuze und Kreuzfteine wird
fchon dadurch ungemein erfchwert, dafs wahrfcheinlich,
namentlich die älteften derfelben gar nicht mehr vor-
handen find, andere diefer Steine gewifs fchon vor
Jahrhunderten, viele in fpäterer Zeit und gar manche
in unferen Tagen aus dem dichten Walde oder dem
offenen Felde, wo fie .urfprünglich geftanden haben
mögen, durch die fortfchreitendeCultivirung desLandes
verdrängt und an Feldraine (id est Gränzen) oder
fpäter angelegte Straßen und Wege verfetzt worden
find, wo fie den Landwirth bei der Bearbeitung feines
Grundftückes weniger behindern. Ueberdies find diefe
(noch vorhandenen) Steine, felbft wenn man von ihnen
Kenntnis hat, wegen ihres unfcheinbaren Ausfehens und
ihrer befcheidenen Dimenfionen fowie der Abgelegen-
heit ihrer Standpunkte halber nicht immer, namentlich
wenn fie auf R-ainen oder in den Feldern flehen, fo leicht
auffindbar, als man vielleicht annehmen würde, es daher
auch jahrelangen Sammeins bedarf, um eine nur halb-
wegs nennenswerthe Anzahl derfelben aufzubringen.
Endlich weifen nur verfchwindcnd wenige diefer Steine
(von den in Zeichnung wiedergegebenen 43 Steinen
nur 6), und da nur die aus jüngeren Epochen flam-
menden, Infchriften und Jahreszahlen auf, welche
wiederum durch Verwitterung der Steine fo fehr ge-
litten haben, dafs ihre Entzifferung nur fchwer, ja oft
ganz unmöglich ift; übrigens ift auch die Möglichkeit
nicht ausgefchloffen, dafs derartige Infchriften und
Zahlen auf den ahen Steinen fpäter angebracht worden
fein können, wenn etwa ein folcher Stein renovirt
wurde, oder fich in deffen Nähe ein Unfall etc. ereig-
net hat.
Auch dürfte eine wiffenfchaftliche Forfchung erfl
dann mit einiger Ausficht auf Erfolg verfucht werden
können, bis eine größere Anzahl folcher Steine fach-
verftändig aufgenommen, fie in der Zeichnung gegen-
einander verglichen und ihre Standorte auf der Land-
karte genauer verfolgt werden können.
Deshalb wäre es aber auch fehr wünfchenswerth,
wenn über alle diefe Steine eine Art illuflrirter Katafter
angelegt würde, aus welchem alle maßgebenden und*
entfcheidenden Daten zu entnehmen wären, etwa fo
wie dies hier mit vorläufig 43 Steinen verfucht werden
foll (f. Tabellen S. 108—112).
Was die hier vorgeführten und in '/20 der natür-
lichen Größe in Zeichnung wiedergegebenen 43 Steine
felbft betrifft, fo befitzen fie eine unverkennbare Aehn-
lichkeit fowohl in den im allgemeinen wenig variirenden
Dimenfionen, als auch in der Anordnung der Kreuzes-
form und dem Beiwerke. Aber trotz diefer augen-
fälligen allgemeinen Verwandtfchaft aller diefer Steine
undderfpeciellen, der^Kreuzfteine" und „Steinkreuze",
endlich einzelner derfelben untereinander, fo find doch
kaum je zwei diefer Steine, wie der Löfcher (Fig. 36)
und der Julienfelder (Fig. 35), der .Heroticer (Fig. 19)
und der Morbefer (Fig. 33), der Boracer (Fig. 21) und
jener von Kaly (Fig. 20) etc. und felbft diefe nicht voll-
kommen gleich. Es dürfte daher, da Gränzfteine eines
Befitzers wohl immer gleiche Formen oder wenigftens
ganz gleiche Zeichen befeffen haben werden, die An-
nahme, dafs alle diefe Steine Gränzfteine größerer
oder kleinerer Gaue, Gemarkfchaften, Bannforfte oder
Klofterbefitzes etc. find, zum mindeften verfrüht und
fchon deshalb fchwer er\Veisbar fein, weil die Einbezie-
hung ihrer, wie fchon gefagt, an und für fich ohnehin un-
ficheren und zweifelhaften „damaligen" Standpunkte in
einer Karte von Mähren kaum irgend welchen Anhalts-
punkt in diefer Beziehung bietet.
Diefe Steine als Ma]- oder Gerichtsftätten, für
welche die Legenden des Slapanicer Steines (Fig. 18)
und des Aufterlitzer (Fig. 16), fowie das Beiwerk des
Eibenfchützer (Fig. 29), Kritfchner (Fig. 17) und Klein-
Kinitzer (Fig 37) und wenn man will, noch manch
anderer fprechen, zu halten, hätte wohl manches für
fich, wenn nur nicht das Beiwerk von Schwertern,
Lanzen, Beilen, Dolchen u. f. f. nicht ganz ebenfogut,
wenn nicht beffer für Gedächtnis- und Sühnkreuze
fprechen und diefe Steine manchmal, wie die Brünner,
Tifchnovicer und Littauer nicht doch für Malftätten
relativ all zu nahe aneinander ftehen würden.
14'
— io8 —
Figur
Jetziger Standort
Dimenfionen
in
Metern
Ge-
wendet
gegen
Tradition
Iiifchrift
Anmerkung
I
Am Oftende von Mähr.-Aujfee
am Wege gegen Steinmetz an
der Ecke eines kleinen Pla-
teaus.
hoch 006
breit o'45
Mitte 0 2Ö
dick 0-21
0.
•
•
2
Am weftlichen Ende von X'ffl-
lein an einem Feldwege in
einer gemauerten Nifche einer
Gartenmauer.
hoch 112
breit :
unten 0'45
Mitte 0-26
Kopf 0-34
dick 027
W.
Cyrill, beziehungs-
weife Methudkreuz.
„Znovu ostaven ku
cti SV. Metuda na
rok jubiiejni
1S85"
in weißer Oelfarbe.
Die Infchrift ift auf
der Zeichnung
weggelaffen.
3
Zwifchen Mäkr.-Neufladt und
Meedl am MeedlerBach, nächft
der Abzweigung der Fahr-
ftraße nach Pinke. .
liocli 098
breit 0-58
dick o-l8 — 0-26
N.
W.
•
•
•
4
Hinter Strzelitz gegen Mähr.-
Neuftadt beim Haus Nr. 87.
hoch o'go
breit 086
dick 024
•
Wenn eine gewefen,
jetzt fchon ganz
verwittert.
Dem Anfcliein nach
uralt und fehr ftark
verwittert.
5
Bei Dreihöfi'ii an der Fahr-
ftraße nach Littau
hoch 085
breit 070
dick 0-30 — 0-35
N.
•
■
•
6
An der Bezirksftraße zwifchen
Schwarzbach und Strzelitz-
(Mähr.-Neuftadt).
hoch l-iö
breit 0S7
die Arme
breit 025
dick 0'20
0.
Diefer Stein ftammt
aus der Schwedenzeit
1625
7
Auf einem alten Raine zwifchen
den von der Bezirksftraße von
Prace nach Kfenovic ab-
zweigenden zwei Feldwegen
nach Jirikovic und Blazejovic.
lioch 110
breit 0 75
die Arme
breit 030
dick 030
sw.
Denkftein an ein
Unglück durch
Pferde. >
Der Stein ift vom
Alter gefchwärzt und
flark mit Moos be-
deckt und hat auf
beiden Seiten tiefe
Aushöhlungen, ift
aber noch fehr feft
und hart.
8
An dem Weflende von Sokolnic
300 Schritte vom Orte entfernt
an einem Feldwege.
hoch 171
breit 0-90
dick : oben o'ig
, unten 0-28
Kreuzavm
breit oben 040
„ unten 0'6o
0.
Cyrillkreuz?
•
•
9
Bei Mähr.-Neuftadt im Dobrau-
■waldf am Fußwege von Königs-
lofen nach Neuhof.
hoch (m) 073
am Fuße
breit 0'64
Platte dick 919
das Kreuz fpringt
006 vor die
Platte vor.
Das kleine Kreuz
I V2 Cm, tief und
hoch 0 66, breit 0-22
SSO.
Gedenkftcin an
einen hier gefallenen
fcliwedifclien
General.
•
•
lO
Unweit des Weges zwifchen
Meedl und Kliwilz am alten
Gränzrain diefcr beiden Ge-
meinden.
hoch 089
breit (u.) 0-44
dick unten 026
„ oben 010
0.
keine Vermuthung,
dafs es ein Gränz-
ftein fei.
Von dem einft einge-
ritzt gewcfenen Kreuz
ift wegen der Ver-
witterung nichts
mehr zu fehen.
— log
Figur
Jetziger Standort
Dimenfionen
in
Metern
Ge-
wende
gegen
Tradition
Infchrift
•
Anmerkung
1 1
Am Fahrwege zwifchen Meeill
und Koniglofin am Felde hart
am Straßengraben.
hoch 058
breit (u.) o-.t4
dick 014
W.
Grabftein eines
fchwedifchen
Officiers.
•
•
12
Bei Iglau. Am Fahrwege zum
Wctterhöfel liegt derfelbe über
den Straßengraben und dient
als Brücke.
hoch 1-67
oberer Theil allein
hoch 1-17
breit 080
dick 008
•
•
•
13
200 M. örtlich von Eißnöerg
an der Iglauer Staatsftraße,
500 M. vom Straßenrand im
Felde.
hoch 0-65
0-55
045
breit 043
dick 0-07
Kreuz fpringt
0'02 vor.
S
•
•
Material: Granit-
Syenit. Der Stein
ift fehr gut erhal-
ten.
14
An derlglauer Staatsftraße 1000
M. örtlich von Regens, ift unter
dem Namen „Pod Knezem"
bekannt.
hoch I 00
der obere Theil ift
hoch 0S2
breit 054
dick 0-23
N.
Ein Geirtlicher
wollte fich einrt
durch das Setzen
vieler ahnlicher
Steine berühmt
machen; der vor-
liegende fei fein
Leichenrtein.
•
Ift fchon ftark vorn-
über geneigt.
15
An der Fahrweggabelung
zwifchen Si'vtce und Bofcnitz,
vor einem hölzernen Kreuze.
circa hoch o'So
breit 0-55
dick 0-20
SW
Grabftein eines in
der Aurterlitzer
Schlacht gefallenen
franzöfifchen
Generals.
•
16
17
18
Weftlich von AußerliH in dem
Bilde : ,Honipodspravedlnosti"
auf einem Feldraine zwifchen
der Vlarapaßbahn und dem
Feldwege nach Birnbaum, von
diefem 203 Schritte entfernt.
hoch 0'6o
breit 0-45
dick Ol 7
0.
Ort einer alten
Richtftätte.
Honi pod
spravedlnosti
Dichle, ftark mit
Moos bedeckte
Grauwacke. Zeigt
an der Seite und
rückwärts fehr ftark
ausgehöhlte Löcher.
Steht angelehnt an der Hohl-
wegböfchung eines Feldweges
bei Kritjchen gegen Hoidkov.
hoch 1-50
oberer Theil roo
breit 085
pp. dick 0-20
0,
•
SchlapanUz an der Weglheilung
nach Turas und Latein.
pp. hoch 140
breit 0 70
dick O'IS
SW.
Alte Gerichtsrtälte
•
Gegenüber fteht
ein viel jüngeres
gemauertes Marterl.
19
Herolice bei Wifchau an der
Kreuzung der Bezirksftraßen
von Schwabenitz und Eywano
witz
hoch 120
breit 070
p, dick 0-20
s.
•
•
20
5-40 M. feitlich der Fahrrtraße
von Vorklorter • Tifchnowitz
nach Kally, unweit des Feld-
weges nach Zahrada.
hoch I 10
breit 0-57
dick 014
SW.
Unglücksftätte
durch Pferde (.= )
Der Stein ift in
zwei Theile ge-
brochen, welche nur
lofe aufeinander
ftehen.
21
An einer rteilen Lehne vor dem
Walde des Kamena-Berges an
der Straße zwifchen Stefanovice
und Bora^.
hoch 080
breit 0 55
dick 015
NNO.
•
•
Marmor. Sehr ftark
vornüber geneigt.
■
— 110 — -
Figur
Jetziger Standort
Dimenfionen
in
Metern
Ge-
wendet
gegen
Tradition
Infchrift
Anmerkung
22
Zwifchen Borac und Doubrav-
nik bei einer Abzweigung eines
Feldweges von der Straße in
eine Umfriedungsmauer einge-
fügt.
hoch 073
breit 0-53
dick Ol 2
W.
•
Marmor. Das Kreuz
tritt nur äußerft
wenig vor, wenn es
nicht mit Kalk ge-
tüncht wäre, wäre
diefeskaumzu fehen.
23
Hinter den letzten Häufern von
Tifchnovic an der Straße gegen
Lomnitz, 3 Schritte weiter fleht
ein gemauertes Marterl.
circa hoch 0'6o
„ breit 050
„ dick 0-15
SO.
•
•
•
24
An der Straße von Cc-bin nach
Gurein, anderGrabenböfchung.
hoch 0 62
breit 0 49
dick 0-20
S.
(Zde) (odpo)c(i)
wa. wacl (aw)
Favwiche (hl) ed
(t) ess ab (y) (sp)
a (sila) duss (e) (g)
eho (Li et magic
XXVII
•
25
An einem 100 M. vom Fried-
hofe von Mähr.-Biidzuih an der
Znaimer Reichsflraße abzwei-
genden Feldwege, von der
Straße 20 M. entfernt und mit
diefer parallel.
hoch o'76
breit o'83
dick 0-19 — 25
W.
•
•
26
An der Bezirksllraße zwifchen
Kunßaäi und Rutka.
hoch 0-40
lang 070
dick 017
•
•
•
27
Im freien Felde zwifchen T,lnic
und Mönitz.
circa lioch l'oo
breit 0-55
dick 020
W.
■
Seit 1889 nicht
mehr vorhanden,
foll beim Bau einer
nahen Bezirksflraße
abhanden gekommen
fein.
28
An der Bezirksftraße von Hora
nach Kanitz in der Nähe von
Hora mitten in einem Felde,
16 Schritte von der Straße ent
fernt.
hoch 062
breit oben o'25
„ unten 0-55
p. dick 022
N.
•
5
17 . . (=)
Ifl an der Rückfeite
bereits fo fehr be-
fchädigt, dafs fein
Bedand nicht mehr
von langer Dauer
fein dürfte.
29
Am (leilen Gartenrand der
Straße Eibenfchütz nach Neßo-
ivilz angelehnt, 122 00 M. vom
Kilometerftein 7'4.
hoch 0-98
breit 0-56
dick 022
W.
•
Sanddein.
30
Bei Zakfan auf dem Feldwege
nach Popovic.
hoch 088
breit 082
dick 0-20
SW.
•
Gneis
31
Padochau. Stand früher am Ein-
gange des Ortes, an delTen
Stelle einfl Hochwald war.
Jetzt liegt er im Garten des
Bcrgverwaltcrs.
lioch 0 90
breit 0-53
dick 0-21
•
•
Anno doniini
1596
13 lok gulmi ste
(f) anus 13i)ka ist
drsusen durch Kbis
Lait bu (r) au bt
(bo) r (dj e (n)
Bei deffen Trans-
ferirung wurden
keine menfchlichen
Ueberrcfle vorge-
funden. Kr wurde
übertragen, um ihn
vor liefchädigung
durch die Dorfjungen
zu bewähren.
III —
Figur
Jetziger Standort
Dimenfionen
in
Metern
Ge
wendet
gegen
Tradition
Infchrift
Anmerkung
32
Wenige Schritte von dem Fuß-
wege von Pohonitz (Laska-
Mühle) nach Morbes an einem
Feldraine.
hoch 085
breit unten 0 70
„ oben 0-53
dick 0-20
W.
S.
•
•
33
1277 Schritte näher an Morbes
als 1 Fig. 321, 20 Schritte von
demfelben Fußwege im freien
Felde.
hoch 073
breit 0-59
dick 0 18
Grabftein einer
Mutter mit ihrem
Kinde
•
34
35
Am Schneeberge bei Morbes,
an der Kreuzung der Feldwege
zwifchen Morbes, Mödritz und
Nebovid Priefenitz.
hoch o'77
breit o'8o
dick o'22
N.
•
•
Julienfeld bei Brunn nächft der
Straße auf die Kleidufka, am
Fuße einer gemauerten Marter.
hoch 040 ■
breit 0-52
dick 0 20
W.
•
•
36
Löfch bei Brunn an der füd-
lichen Langswand des Kirchen-
fchiffes.
hoch 07S
breit 0-53
dick 0 20
S.
•
•
•
37
3S
und
39
Bei Klein-Kinitz an einem, wie
es fcheint aufgefchütteten, etwa
mannshohen Erdhiigel, auf wel-
chem hinter dem Steine ein
gemauerte Marter lieht.
hoch 0-54
breit 036
dick Ol 8
s.
•
Bei Bri'mn nächft dem Fußwege
von der Wienergaffe via Epi-
demie Spital zur IglauerReichs-
ftraße. Am Fuße des ,rothen
Berges," 400 M. von einander
entfernt. (Fig. 38) an einem
Raine (Fig. 39) im Felde.
38) hoch 0-65
breit 0.41
dick 0 20
391 hoch lio
breit 0 40
dick 018
s.
•
19) hateineinfchrift,
die aber fo verwittert
ift, dafs nicht einmal
mehr zu erkennen
ift, ob fie deutfch oder
böhmifch gewefen.
•
40
Bei Briinn. An einem von der
Wiener-, beziehungsweife Gra-
ben-Gaffe gegen die Iglauer
Reichsftraße abzweigenden
Feldwege, liegt quer vor einem
hölzernen Wegkreuze, von der
Reichsftraße 40 Schritte ent-
fernt.
lang 1-30
beziehungsweife
lang 0-90
breit 0-49
dick 022
•
3 Schritte von
diefem Stein liegt
ein anderer Stein
von faft gleichen
Dimenfionen,
welcher auch ein
Kreuzftein zu fein
fcheint, deffen Kreuz
jedoch auf der
Unterfeite fich be-
finden dürfte.
41
Brunn. Am Fahrwege vom Au-
garten gegen Karthaus.
hoch o*99
breit o'bo
dick 0 20
0.
Ift bereits feit vielen
Jahren verfchwunden,
da die Stelle durch
die Häufer der
neuen d'Elverl-
Straße verbaut ift.
1
I 12
Figur
Jetziger Standort
Dimenfionen
in
Metern
Ge-
wendet
gegen
Tradition
Infchrii't
Anmerkung
42
43
Brunn. Am grollen Exercier-
platz an der Straße gegen Eich-
horn, beziehungsweife Wein-
berg Sebrowitz.
hoch o'99
breit 0-87
dick 0 25
W.
In früheren Jahren
erzählte man fich die
jetzt nur noch den
älteren Brünnern
erinnerliche Sage,
die beiden Steine
(Fig. 41 und Fig. 42)
feien einfl die
Standpunkte von
zwei Recken ge-
wefen, welche im
Zweikampfe (?? )
gleichzeitig gefallen
wären.
Unweit diefes
Steines ftand in
frühereu Jahrzehnten
ein gemauertes
Marterl, Diefer Stein
dürfte nach feinen
Dimenfionen zu
fchließen kein Kreuz-
ftein, fondern eine
vertical aufge-
(lellte Grabplatte
fein.
Anderfeiben Straße wie Fig. 42,
nächft dem Dorfe Weinbergen-
Sebrowitz.
hoch o-8o
breit 045
dick 019
N.
•
Stand in fiüheren
Jahren unmittelbar
vor Weinbergen in
einem tiefen Straßen-
graben, jetzt fleht
er näher an Brunn
auf dem Stralien-
banquette.
Alle diefe Steine oder einzelne Serien dejfelben
als Grabkreuze, als welcher fich nur der einzige Cebiner
(Fig. 24) durch feine Infchrift documentirt, anzufehen,
flößt wieder auf das Bedenken, dafs man in chrift-
licher Zeit — und diefer gehören alle diefe Steine
zweifelsohne an — , ja fchon früher die Todten in
gemeinfamen Begräbnisftätten beerdigt haben wird,
und nicht anzunehmen ift, dafs man in Mähren etwa
Selbftmörder oder flandrechtlich Hingerichtete, wenn
man diefe auch nicht in geweihter Erde zu besfraben,
fondern an Ort und Stelle einzufcharren pflegte, Grab-
fteine gefetzt haben foUte, wiewohl der Cebiner Stein
(Fig. 24) in diefer Beziehung, wenn man das Beiwerk
des erflen unteren F'eldes etwa als ftylifirten Galgen-
ftrick anfehen will, im Zufammenhalte mit der Infchrift
zu denken gibt, fowie es auch auffällig erfcheinen
muß, dafs man Grabfleinen an Orten, welche wie
Morbes und Herotitz über 40 Kilometer von einander
entfernt find, fo verwandte F'ormen gegeben haben
füllte, wie dies der Fall ift.
Die hier fo wichtige „Orientirung" der Steine
bietet, wie aus obiger Tabelle des Näheren zu erfehcn
ifl, für diefe Annahme gar keinen Anhaltspimkt.
Selbfl wenn man annehmen wollte, dafs diefe
Steine Grabfteine gefallener Krieger feien, wogegen in
Bezug auf ihre Zahl, zcrftreuten Standpunkte etc. nichts
principielles einzuwenden wäre und wofür die Legende
und Jahreszahl des Scinvarzbacher Steines (Fig. 6.), fo-
wie die Legenden von Fig. 9, 11, 15 fprechen würden,
fo müßen doch dagegen wieder die Ungleichheiten der
Formen angeführt werden, und wären die Beiwerke von
Rädern, Spaten, Winzermeffcrn, Tuchfchecren, Ffiug-
ftfhaaren etc. inierklärlicli.
Achnliches gilt von der Annahme von „(ietlächt-
nis-Krtuzen" (Kenotaphien), das heißt alfo von der
Annahme, dafs diefe Steine blos zum Gedächtniffe
eines Todesfalles (ähnlich den „Marterln" unferer
Alpenländer) am Orte des Unglücks felbft erichtet, der
Verunglückte aber am Kirchhofe beerdigt worden fei,
als welches Gedächtnis-Kreuz wenigftens der Padoch-
auer Stein (Fig. 31) mit mehr Berechtigung als Grab-
ftein anzufehen ift, weil feine Infchrift lediglich die
Thatfache der Ermordung und Beraubung meldet, und
weil gelegentlich der Uebertragung diefes Steines
fich bei demfelben keine menfchlichen Ueberrefle vor-
gefunden haben follen.
Und nun bliebe nur noch eine vielleicht, neben der
vorflehenden, der Wahrheit am nächften kommende
Vcrmuthung übrig, nämlich die, dafs diefe Steine Sühn-
oder Mordkreuze find, welche bekanntlich in Mittel-
und Süddeutfchland feit dem 10. bis über das 14.
Jahrhundert Mörder, nebft der Ableiflung des Wehr-
geldes an die Hinterbliebenen und des fogenannten
„Seelengeräthcs" zu Gunflen der Seele des Gemorde-
ten im P'egefcuer, ihren Opfern am Thatorte oder der
von der Familie des Gemordeten bcflimmten und aus-
gewählten Stelle, zur Sühne errichten mußten, um fich
von dem IMutbanne zu löfen.
Diefer Vermuthung würde die Anzahl der Steine,
ilu'c diverfen Standpunkte, willkürliche Orientirung,
das Beiwerk von allerlei Gewaffen, in diefem Falle der
Mord-Inftrtuncnte, aber auch der auf den Beruf des
(jemordeten hinweifentlen Werkzeuge und Geräthe,
fowie das fichtlich ziemlich verfchiedene Alter der
Steine zum mindeflen nicht widerfprechen, und fich
der gewiffe einlieitliche Tyinis aller Steine und insbe-
fiindcn; einzelner (iruppen derfelben, luid zwar etwa
dadin'ch crl<liiren laffcn, dafs diele Steine an ein imd
dcmfeliien ()rte, etwa durch eigens hitzu bcflcllte
Tafel I.
Fig. 7 Bei l'race.
\
Fig. 2. Köllein.
M^
Fia;. S. Sokolnic.
K'-
y.-A^
Fig. 6. Scluvcirzbach-Strzelitz
(M.-Neuftadt).
% ihr
Fig. 3. Bei M.Xeuftadt.
#
Fig. 4. Strzelitz bei M.-Neuftadt.
Maßftab '/j^ Naturgröße.
Fig. 5. Bei Dreihöfen (Littau).
Tafel II.
/-|1^
Fig. 9. Dubrauwald bei M.-Neuftadt.
A
^
\
1
\
1/
J
v
Fig. 12. Bei Iglau.
^.
\
,JJ1LJWWV>^J'.I1
Fig I 7. bei Kiitfclitn.
Fig. 10. Meedl und Kliwitz.
|rp!--.Erj^
Fig. 13. Eifenberg.
.3 '^\
Fig. 15 Bei Sivice.
■aicv
Fig. iS. Schlapanitz.
Maßftab '/j,, Naturgröße.
Fig. II. MeedlKöniglofen.
J ■ '^l
.LI
Fig. 14' Bei Regens.
r r
r
/-]
i>fiS-4£..
^^^--^kw .M'^
Fig. 16. Bei Auflerlitz.
I >
1 :
Fig. ig. Herotice.
Tafel III.
'U -_:
Fig. 21. Bei StJpanovic Borac.
-'V-fv^
Fig. 22. Ijoiac Dojliravnik
Fig. 20. Kaly iTilclinovic).
r
^
r
Fig. 23 Tifchnovi
Fig. 24. Cebin Giirein.
u.
Fig. 25. Bei Mährifcli-Budwitz.
i^'f^
1
Flg. 28. Bei Hora.
>...
Fig. 2Ö. Kunlladt Rutlia
, i'V,-
"^
\
Fig. 30. Zakran.
Maßftab '/an Naturgröße.
u
Fig. 27 Bei Telnic.
'A3401
,. ■' p;-r|<WSK5>4
Fig. 31 Padochau.
r^ r
Tafel IV.
-V^-
Fig. J2. Pohonitz iMorbes.
Fig- 40. Bei Brunn.
A^ . >;- --«^
Fig. 33. Bei Morbes.
uJti-
^5
Fig. 35. Jiilienfeld bei Brunn.
SS'
Fig. 37. Kl.-Kinitz.
Flg. 3S. Bei Briinn.
Fig. 34. Bei Morbes.
r^
«BMlr-
yv
i 1
. 1
^--k.^
/ !
Fig. 30. I.ulU
•/y i!ri
Fig. 41. Brunn.
I
Fig. 42. Briinn.
Fig. 3y. Hei Brunn.
h
Fig. 43. Bei Weinbergen nächll
Brunn.
Maßftab ' g„ Naturgiöße.
— "3 —
Steinmetze hergeftellt und dann auf den Aufrtellungs-
platz überführt worden find.
Auch würden für diefe Annahme noch zwei,
gewifs nicht zu unterfchätzende Umflände fprechen :
einmal der, dafs wenn nicht immer, fo doch nicht feiten
das Material der Steine ein folches ill:, welches in der
nächften, zu oft felbft weiteren Umgebung des Stand-
ortes der Steine nicht vorkommt, und zum zweiten,
dafs an manchen Orten Deutfchlands „notorifche"
Sühnkreuze die Bezeichnung „Schwedenkreuze-', an
anderen, wie im ehemaligen Kurmainzifchen, „Bonifa-
ciuskreuze" führen, und daher analog wohl angenommen
werden kann, dafs unfere mährifchen fogenannten
Cyrillkreuze und die Kreuze Fig. 6, 9 und 11 eben
auch nichts anderes als Sühnkreuze find, welche das
Volk, als ihre eigentliche Bedeutung allmählig in Ver-
geffenheit gerathen war, eben Cyrillkreuze beziehungs-
weife Schwedenkreuze benannt hat.*
'. Hier ifl vielleiclit ein Hinweis auf tue weitere Literatur über Stein
kreu/e bei OtU\ Handbuch der kirchl. Kunft-Archaologie, V. Aufl., I, Bantl.
Seite 382 am Platze.
F"reilich würden wieder die Kreuzfleine von Eiben-
fchütz (F"ig. 29) und Kritfchen (Fig. 17) mit ihren
Rädern, die eher auf einen Unfall mit Pferd und Wagen
oder auf Richtflätten (Rabenfteine) hindeuten, diefer
Annahme widcrfprechen, und kann es daher nicht
ausgefchloffen werden, dafs eben nur ein Theil diefer
Steine Sühnkreuze, ein anderer aber Denkfleine, ein
anderer vielleicht Gränzllieine etc. etc. fein könne.
Doch es foU und kann ja nicht der Zweck diefer
Zeilen fein, eine ganz bcftimmte Vermuthung oder
Behauptung bezüglich aller oder felbft nur der vorge-
führten alten mahrifcheir Steinkreuze und Kreuzfteine
aufzuftellen, fondern es kann und foU der Zweck der-
felben lediglich der fein, vorläufig eine Anzahl folcher
Steine zur Kenntnis der k. k. CentralCommiffion und
ihrer Organe zu bringen und Material zu weiterer
Forfchung herbeizutragen, welcher es vorbehalten
bleiben muß, eine Aufklärung über diefe Steine zu
erlangen.
Nachrichten über das k. k. Staats-Mufeum in Aquileja.
Vom k. k. Confervator ProfelTor Majonica.
VI.
VJII. Jahrgang 1889.
1. Bruchftück einer Kalkllein - Platte, f. w. e.
037 hoch, 1067 breit, 0145 == '/^ röm. Fuß dick. Der
obere Rand mit einer o\6 langen Vertiefung theil-
weifc erhalten, foiill: mehr oder weniger befchädigt.
Gefunden auf dem vom Patriarchen Popo aufgerich-
teten Erdwallc, auf einem Grundftücke des Herrn
y. Comelli. Schöne alterthümliche 010 hohe Buch-
ftaben. Unedirt.
I//MAS-LAVD
(^/VIVIINE -CON
2. Chriftlichc Grabplatte aus Kalkftein, 080 breit,
045 hoch, O'io dick. Gefunden in der Localität Beligna,
auf dem Wege rechts, in der Nähe des öffentlichen
Brunnens, als untere Deckplatte eines aus Ziegeln ge-
bauten Grabes. Innerhalb des Grabes ein Fläfchchen,
in der Nähe die Bruchftücke der Marmorplatten Nr. 3
und 4. In der Mitte der Platte ilT: ein Lorbeerkranz von
027 Durchmeffcr in Relief dargell;ellt, und innerhalb
desfelben ein o-20 hohes Monogramm Chrifti. Unter
dem Kranze ein betendes Kind und daneben rechts
und links je ein Vogel. Un.edirt.
B M
INNOCENTI PROCLINAE
Sic' QVIVIXIT AN-VI-M-V
DVIIII Kiaiu RECESSIT
IN,PACE FEDELIS
D-PR-NON Vogel Vo-cl IVNIAS
Beleiules Kind
XIX. N. F.
3. Bruchftück einer chriftlichen Marmorplatte,
f. w. e. 0-24 hoch, o-i8 breit, 004 dick, gefunden wie
Nr. 2. Rohe Buchfl:aben (0-03 — 0-02 hoch) aus dem
Ende des 4. Jahrhunderts. Unedirt.
äep. est.
ysINHANCPIS
/1NPACEINN..M
SALVATORIS
VIXITANPM CS
KALNoVEMB
sie !
4. Unbedeutendes Bruchftück einer Marmorplatte,
gefunden wie Nr. 2. Unedirt.
(DVMION
5. Bruchftück einer Platte aus Kalkltein, f. w. e.
0-35 hoch, 024 breit, 6-15 dick, gefunden in der Nähe
von Nr. 2, jedoch links von der Straße. — Schöne
Bucliftaben aus der beften Kaiferzeit. Unedirt.
IVLI VRA
'en-res
's-OE
1 1 ■ PED
6. Kalkfleinplatte 0-36 hoch, o 50 breit, 020 dick,
welche als Pflafterflein im Stalle des Herrn v. MaJigilli
diente. Edirt bei Pais 289. Die 4. Zeile ift knapp an
der dritten angebracht und hat nur 0035 hohe Buch-
ftaben, während diejenigen der übrigen Zeilen 005 hoch
find und einer älteren Periode angehören dürften.
7. Bruchftück einer Votiv-Ara aus Ka!k(l;ein,f w. c.
0-32 hoch, 0-2I breit, 0-295 = röm. Fuß dick. Gefun-
"5
— 114
den auf derfelben Stelle, auf welcher die Infchriften
Nr. lO, II und 12 des Jahrganges 1886 aufgedeckt
wurden, nämlich auf dem .braida iniimta" genannten
Grundftücke des Herrn J. Pasqiialis in Aquileja. Oben
find noch Spuren der Krönung, rechts noch folche der
Randeinfaffung erhalten, die linke und die untere Seite
arg befchädigt.
Die 003— 005 hohen Buchftaben find etwa aus
dem 2. Jahrhundert. Unedirt.
I !• O • M
iT E R N O
iNSOTERIC yiuis
ilR-AQVILEX
'n V M I N I S
N V M I N I
VIT
[lovi] O(ptimo) M(aximo) (ae)terno" (C)n Soteric(hus)
(vi v)ir Aqui!(eiae) ex(iussu) numinis(ipsius) numini. . . .
posuit. Vgl. z. B. C. V. 5081.
8. Bruchftück einerVotiv-Ara aus Kalkflein, f. w. e.
019 hoch, 0-215 breit, 0145 = '/^ röm. Fuß dick.
Gefunden wie Nr. 7. Die Buchftaben aus dem 2. Jahr-
hundert 0045 hoch. Unedirt.
9. Bruchflück einer Votiv-Ara aus Kalkftcin, f w. e.
032 hoch, 010 breit, o 17 dick. Ein Theil des linken
Randes und des Poflamentcs erhalten, fonft fehr vcr-
flümmelt. Die zierlichen 0'025 hohen Buchflaben etwa
aus dem 2. Jahrhundert. Gefunden wie Nr. 7. Unedirt.
10. Cippus aus Marmor, oben abgerundet 104
hoch, 0295 = I röm. Fuß breit, 0-145 = Vz •'""t- ^'"^
dick. Der untere roh behauene Theil 0-32 hoch, 033
breit war zum Einiaffen in die Erde bcftinimt. Unter
den kleinen zierlichen 002 hohen Buchftaben ein Loch
im Durchmeffer von 0*055. Gefunden wie Nr. 7 zufam-
men mit einem fchlanken, fafl runden I'ilafler, welcher
mit fehr forgfaltig au.sgeführten Akanthus- Blattern
gefclimückt, innerhalb der ganzen Lange mit einem
0055 breiten Loche verfehen ifl, und fomit wahrfchein-
lieh als Bekleidung eines Wafferlcitungsrohres diente.
Unedirt.
L ■ PESC EN I V S
TRIPTOLEMVS
AQVILAM POSVIT-
ETAQVAM INDVXIT
I I. Runde Afchcnurne aus Kalkflein, 0295 =^
1 rom. Fuß hoch, 040 Durchmeffer, rückwärts etwas
abgebrochen, auf dem oberen und unterem Rande
Vrrii(fMngen zur Befeftigung von Klammern. Buch-
ftaben aus dem 3. Jahrhundert. Gefunden in der
Localität Beligna, auf dem Grundflücke Tullio. Unedirt
■ sie' OSSSAHIC
FANIAE
GLYCAERAE-
Bei Z. I war das mittlere S zu nahe an das erfte
gerathen und wurde eradirt.
12. Eck-Cippus oben rund verlaufend, Kalkftein,
0-50 hoch, 0-295 ^ I röm. Fuß breit, 009 dick. War
früher im Hofe des Herrn J. Mastrella aufbewahrt. Die
Infchrift bis auf wenige Buchftaben zerllört. Unedirt.
L ■ M
i
13. Grabftein in Form einer Votiv-Ara, oben mit
Krönung, deren Ende in zwei flache Akroterien aus-
geht, unten abgebrochen. Kalkftein, f. w. e. 0-47 hoch,
0-43 breit, 035 dick, die Infchriftflache allein 0-23 hoch,
0-32 breit, 026 dick. Kleine zierliche O 915 — 0025
hohe Buchftaben. Urfprünglich im Hofe des Haufes
Tunet eingemauert. Diefe intereffante in choliam-
bifchen Verfen abgefafste Grabinfchrift wurde vielfach
edirt und befprochen, zuletzt C. J. L. V. 8974 und
Pais 151, jedoch die Abfchrift war bisher überall etwas
ungenau angegeben.
ALEXANDREAM
Q_V I S Q_V E-NOVERAS
QVAESO • LEGE • PA VGA • VERB
PAVLVLVM • ET ■ DOLENS ■ VADE
AVTNILDOLETO-NILMALI-EST
VBI • NIL c' EST
DISTI ■ VTOCCVBA^
Z. 7 lautet der Schluß: [occijdisti iii oaiibas . . . .
14. Bruchftück der unterften Einfaffung eines
Grabmonumentes aus Kalkftein, f. w. e. 0-12 hoch,
10-60 breit, 0-19 dick. Die Buchftaben aus der heften
Kaiferzeit. Erworben zufammcn mit Nr. 13. Unedirt.
)(X1I INAG
jL. M. in Fr. p. xlxxii .in .agr .p .x . . . ..'
15. Unterer Theil einer Votiv-Ara aus Kalkftein,
f w. e. 058 hoch, 0-54 breit, 040 dick, die Infchrift-
flache allein ohne Poftament 0-38 hoch, 0-36 breit, 036
dick. Gefunden in der LocalitJit Monaftero, auf dem
braida dclla pila genannten Grundftücke der Baron
Ritter'fchen Gut.sverwaltung. Dafelbft wurde fowohl
diefe als auch die folgende Mithras-Infchrift gefunden,
ferner die prachtvolle Darnellinig in Relief des Stier-
opfers des Mithras, welche fich gegenwiirtig in den
kunfthiftcrifchen Sammlungen des Allerhöchften Kaifer-
haufes in Wien befindet. (Vgl. Ueberficht der kunfth.
Sammlungen Wien i89i,S. 74, Nr. 39 und die Abbildung
in den Kunllgefchicjitl. Cliaraklerbiklcrn aus Oefter-
reich Ungarn, Prag Tciiipslc}', 1892, .S. 29.)
Auch fonft wurden die meiften Mithras-lnfchiiften,
wie C. J. L. V. 7G6, 805, 806, 808, 8lo, 811 in Monaftero
gefunden, und (hi die Infclirift C. 8j i fogar ein spclciim
cum omni apparalu erwidnit, fo hätte man i)ei f)fte-
matifclicn ,'\us;;rabungen vielleicht auf diefer .Stelle
das Mitln-asI leiliL'thuni finden können.
115 —
Die Infchrift zeigt Buchftaben aus dem 3 Jahr
luindert n. Chr. Unedirt.
INVIC
TO DEO
SAG
InviSlo Dco sac(rum).
16. Rechte Hälfte einer Votiv-Ara aus Kalkftein,
f. w. e. 0'47 hoch, 0-24 breit, 0-295 = i röm. Fuß
dick. Unten ein O'io hohes Poftament. Gefunden wie
Nr. 15. Unedirt. Auf der oberften Fläche in der Mitte
eine Vertiefung und recht.s davon ein mit Blei be-
feftigtes Eifenftück.
M-D
ANIVS
MVS
RAQVIL
lALPATAVI
l D
Nach Analogie von C. J. L. III, 1697 könnte man
lefen. [Soli] M[ilhrae] DfeoJ .... anius mns[vi
vijr Aquilieiae) [concord[i at(is) Patavi [d. d.] d.
17. Bruchftück einer viereckigen Afchenurne aus
Kalkftein, f. w. e. 026 hoch, 024 dick, 034 breit, ge-
funden bereits im Mai 1885 auf dem palude/la genann-
ten Grundftücke der Ritter'fchen Gutsverwaltung.
Mangelhaft edirt, Arch. tr. XIII, p. 206, Nr. 344.
/nvsmil
l ASILIAIS
\i .MVGACE
/.. XiSVIT
18. Drei zufammengehörige Bruchftücke einer
Sarkophag-Platte aus Kalkftein, f. w. e. i breit, 0-64
hoch, 062 dick (fammt einem Theile der Seitenfläche).
Die Infchrift innerhalb einer Linear-Einfaffung, rechts
davon befonders eingekerbte Linien mit Blatt in der
Mitte, als eine Art tabula ansata. Gefunden wie Nr. 17.
a />
ARTILLVS
BIPOSVITr
Stück a und b im Arch. tr. XIII, p. 206, Nr. 345
edirt, Stück c vom Berichterflatter als hinzugehörig
erkannt.
19 Marmorplatte, aus chrifllicher Zeit 0-42 hoch,
052 breit, 002 dick, gefunden wie Nr. 15 zu Monafiero.
In der Mitte der Platte die Figur eines Adoranten,
deffen Kleid unten mit der crux gamniata gefchmückt
ift, rechts und links davon je ein Vogel.
BENEMERITO CARICVS
QVIVI XI T ANN
PM L>: DE POSITVS
Villi » KAL KCS...sic<
20. Marmorplatte 026 hoch, 092 breit, 1008
dick, gefunden wie Nr. 15. In der Mitte der Platte die
flehende Figur eines Mannes, deffen Kleid ebenfalls
mit der crux gammata gefchmückt ift. Unedirt.
BENEMERITO DIDATI
QVIVIXIT ANNOS
»PiMLXDEP OSITVS
III NONAS NOBEMBR -'>.'
IS
21. Marmorplatte 055 breit, 045 hoch, 0-02 dick,
gefunden wie Nr. 15. In dem mittleren Räume unter
der Infchrift ein nach links fchreitender Mann, mit
verzierter tunica, die linke Hand mit Zweig? über den
Kopf erhebend, in der Rechten eine zweihenkelige
große Amphora tragend. Ueber dem Kopf ein feflon-
artig gebogener Zweig und links und rechts je eine
flatternde Taube. Die Infchrift unedirt.
D M
«•<■.' VINCETIO - BENEM
ERENTHCONTRBOT
VMß FECRVNT ?
S)Cl
sir !
22. Marmorplatte 042 hoch, 0-57 breit, 006 dick
gefunden wie Nr. 15. In dem mittleren Räume unterhalb
der Infchrift eine betende Frau mit einer Art nimbus
mit Sternen? über dem Kopf. Die Infchrift unedirt.
B M
BENEMERENTIBVS
PARENTIBVS^PIENTIS
SIMISFILIDVlclSs)^ Sic'.
POSVERVNT-OyiFVER
VNT-IN-SEANXXX
VIRGINI-SVRAET
VITALIOo
Z. 5 und 6. Qui fucrunt in sefailoj an fnonnnj
XXX etc.
23. Marmorplatte 0-25 hoch, 0-42 breit, 055 dick.
Gefunden wie Nr. 5. Diefe Platte befand fich an der
Seite eines aus Ziegelfteinen gebauten Grabes, deffen
Bett durch eine Lage von Bruchftücken fchöner
Architeftur-Ueberrefte aus der bellen Zeit römifcher
Kunfl gebildet war. In dem mittleren Räume der
Infchrift das Monogramm Chrifti, und rechts und links
davon auf einem Zweige je eine Taube. Unedirt.
BONEMEMORIE
MASCOLIANVS
QVIVIXITANVS "V-'
ANVSXL • M ■ VI sic<
Z. 3 und 4 ift das Wort anus anftatt annos
wiederholt.
24. Marmorplatte unten etwas abgebrochen,
f w. e. 055 hoch, 038 breit, 005 dick, gefunden wie
Nr. 15. Unedirt.
AVRELIANIGELA « sie!
VRSOBENEMERETI sie!
CONPARIPONSVIT-
Ci_. VI-AN-ME-V- » sie'
SVCIPE-INNOCETEV.vV
FILIVN-TVN-VRSIGINVI sie. sie!
OyiANIIIIMEI-
ISPIRITVSBERTER sie!
IN BONVM-
ii6 —
25. Marmorplatte 0-22 hoch, 022 breit, 002 dick,
gefunden wie Nr. 15. Unedirt. Unterhalls der Infchrift
die fehr kleine Figur eines Adoranten.
HIC REQVIESCET
lOVINVSARGENTA
RIVSQVIVIBVSLOCO ->vV, >/■ '
EMET SIBI DEPOSITV ^^V
DVIII-K FEBRAw.'
FED ELI////,
26. Bruchftück einer chriftlichen Marmorpiatte,
f. w. e. 0-26 hoch, 024 breit, 003 dick. Die rechte
Hälfte abgebrochen, in der Mitte das Monogramm
Chrifti und Spuren der Figur eines Adoranten. Gefun-
den wie Nr. 15. Unedirt.
BENE • MEREN
TI-DVLCISSI/ mo
FILIOPISIT ,p<i
VIXE g an,,
mensfs
f
OSIII
V*DI
ARE
TRA
e. 0*40
Nr. 15.
nies con
Votum ficere
27. Bruchfliiclc einer Marmorplatte, f. w.
hoch, 020 breit, 0'03 dick, gefunden wie
Unedirt. Die Buchftaben 005 — 006 hoch und fchräg
auffteigend.
SESTILA
TIAAQVA ■• Hxii
an NISPM Sir!
infelüissint AMATER
conlia eVOTVMP osuit
28. Bruchflück einer chriftlichen Marmorplatte,
f. w. e. O'i/ hoch, 013 breit, 0'03 dick. Die 004 hohen
Buchftaben fehr wenig vertieft, gefunden wie Nr. 15.
Unedirt.
PLIAE
AGIAE
co„i RAVOTV m
28. Eine Reihe von Bruchfliicken, gefunden wie
Nr. 15. Unedirt.
a) Marmor 018 hoch, 017 breit, 003 diele, die Buch-
ftaben 005 iioch.
ft CITBoNE Sic'
„„■„, oriaeqI
b) Marmor o-i8 hoch, 0'I2 breit, 012 dick.
V.I
M
ONES
c) Kaikftcin mit fclionen 0075 hoiien BuclinaJjLii,
f. w. c. 025 hoch, 031 breit, 006 dick.
IN- llls
TLVPAE
d) Marmor 021 liocli, 021 breit, 006 dick, init S])ur
der oberen Minfaffung.
C • HO
c) Bnichftück aus Marmor.
SI
SVITQ_
XXIIIM
f) Bruchftück aus Marmor o'i7 hoch, o-2i breit,
0'05 diel-;.
g) Bruchftück eines flachen Dachziegels als Grab-
ftcin verwendet, 0-31 breit, 0-15 hoch, 003 dick.
Hoc loco .... OCLOCO'^
h) Bruchftück aus Kalkftein, f w. e. 020 hoch, 0-40
breit, 0-09 dick, mit rohen Buchftaben.
N-XXXV-M n,scs
MILITAV //
i) Marmor-Bruchftück, die Buchftaben kaum ein-
geritzt.
iiifcl ICI ssiiii
s.wficni VRES-
dcposil. EST
k) Bruchftück aus Marmor.
>-•
DQJM
NTIA
Ij Bruchftück aus Marmor.
RIC
Die Bruchftücke // bis / find vom Herrn Coope-
rator L. Quaglia gefchenkt worden.
29. Große Kalkfteinpiatte in Form einer Tempel-
P'agade faediatlaj, bis auf die oberfte Kante rechts
vollkommen erhalten. Die Infchrift innerhalb zwei
0'09 breiten, 15 hohen Pilaftern, welche mit l^afis und
flachem Capital verfchen find Oberhallj eine Art
Architrav mit flachen Eck-Akroterien und l'almette in
der Mitte. Auf dem unteren Geftell in Fiachreh'ef ein
0'63 hoher, 0'22 breiter Altar mit cigenthümlicheii
Auffatze. Unter dem Poftamcnte ein 0-23 hoher Zapfen
zum Einlaffen in die fteinernc Hafis. Schone alterthüm-
liche 0-05 — o'ii5 hohe Buchftaben. Gefunden in der
Localität Beligna auf einem vom Colone Lazzar ge-
pachteten Grundftück des Herrn Dr. Tidlio. Edirt
u. A. bei Pais, Nr. 265.
Der Raum zwifchen Z. 9 und 10 ift in Wirklichkeit
bedeutend größer als der bei Pais angegebene. J'Linc
Analogie für die Darftellung des Altars bietet die
eijcnfalls in der Localitiit Beligna gefundene, gegen-
wartig in Duino im Schlöffe Sr. Durchl. des l'~ürften
Ilohenlohe aufbewahrte Infchrift C. V. 932.
30. Eck-Cippus aus Nabrefina-Stein, oben rund
verlaufend, V2\ hoch, 0-22 breit, 018 dick mit der
Infchrift C. J. V. 836S. I'^rüher aufbewahrt und erwor-
ben zufammen mit Nr. 29.
31. Bruchftück eines Eck-Cippus aus Kalkftein
095 hoch, 031 breit, 0-145 = Vs •""m- ^'""'^ ^\^\<, mit
Spuren einer Infchiift, welche \ielleicht idcnlifch ift
117 -
mit C. J. V. 1416 — S533. [Jrfpriinirlich ruifbcwalui
z-ufammen mit Nr. 29.
1///LIC
IN-FR-P-XX
INAGRPXXXH
32. Bruchftuck einer Iiifciirift aus Marmor mit
wenigen Buchftaben :
/PIDI/-
33. Deckel eines kleinen Sarkoj^hages aus Kalk-
ftein 0'5i breit, o\g hoch, 025 dick, wie gewöhnlich
dachförmig und mit je einem Akroterium auf jeder
Ecke gebildet. Recht.s und link.s die Bucliftaiicn.
Unedirt.
D
M
34. Marmorplatte mit chrifllicher Infchrift 054
hoch, 0-65 breit, 003 dick. — Eigenthünilicher Weife
befand fich ein Stück diefer Platte im ehemaligen Mu-
feum Caffis, ein zweites im Baptifterium zu Aquileja, ein
drittes gelangte mit der Sammlung Zandonati in das
ftädtifche Mufeum in Trieft. Durch einen von den
hohen k. k. Behörden gut geheißenen Taufch find alle
zufammengehörigen Bruchftückejetzt im Staats-Mufeum
vereinigt. Die Infchrift ift C. V. 1696 bis auf manche
Punkte, welche nicht beachtet wurden, ziemlich genau
edirt.
35. Kalkfteinplatte 0-93 hoch, 046 breit, 0295 ^
I röm. Fuß breit mit fchönen, 0095 hohen Buchftaben
aus der erften Kaiferzeit. Gefunden in der Localität
Colombara im December 1889 auf einem dem Colone
G. Violin überlaffenen Grundftücke des Herrn £d.
Prißer. Unter der Platte befindet fich ein O'io hoher,
0*25 breiter, 0'i47 = '/g röm. Fuß dicker Zapfen, zum
Einlaffen in die fleinerne Bafis. Unedirt.
C ■ SERViLivS
C • L • VENETO
R A V C O N I A
M-F-SECVNDA
V-FSIBI-ETSViS
LIBERTLIBERTAB
L • Q • P • XVI
36. Eck-Cippus aus Kalkftein, oben rund verlau-
fend, unten mit einem roh behauenen Poftamente, zum
Einlaffen in die Erde verfehen. Das Infchriftfeld 076
hoch, 038 breit, 012 dick; das Poftament 050 hoch,
0'35 breit, 0145 =: '/z röm. Fuß dick. Gefunden wie
Nr. 35. — Die fchönen Buchftaben aus der fri^iheften
Kaiferzeit find ooSo, 0065 hoch. Unedirt.
L • M
P • GAVI PF
P O L L 10 N I S
IN • FR • P • VIII
INAGR-P-XXXVI
Z. 4 ifl die Zahl VIII auf einer eradirten Stelle.
IX. Jalirgang iSpo.
I. Große Platte aus Kalkftein 058 hocli, 104
breit, 010 dick, in der Mitte mit einem 043 hohen,
070 breiten Infchriitfelde verfehen. An der linken und
der rechten Seite eigenthi.imlich gefchwciftc Linien,
welche der Platte das Ausfeilen einer tabula ansata
geben. Gefunden wie Nr. 35 und 36 vom Jahrgang 1889.
Unedirt.
D-fM-i-ET IN PERPETVQ »
SECVRITATEMLICINIVS
FVLGENT + EX-N + EQ + STABLts
NATVS-IN-NOR + RAGAND
QVI-VIXITöANLMVI c«
D + IIIQVI e PERIT IN AQVA 3
AQVIL DIE I VI IDVS IVL
FACTA + MEMORDESVO
PERAVIT EXARCHVM
FILIVM ADIVRMIVM
Die wichtige Infchrift lautet:
D(is) M(anibus et in perpetua securitate M(arcus)
Licinius Fiilgeiit(iHs) ex nficineroj eqfm'ti/inj Stablfe-
sianorum) natus in Nor(ico) Ragand(one) qui vixit
an(nos) Lin(enses)vi, d(ies) in, qui periit in aqua Aqui-
l(eiae) die vi idiis JulliasJ, facla memoria de suo per
Avitfiim) cxarchum, [et] fdiuni Aditirmiiim.
Der hier genannte numerus eqjiitum Stablesiano-
rum wird auch C. V. 4376 und mehrfach in der Notitia
dignitatuni erwähnt; die Ortfchaft Ragando liegt nach
Momuifen, C J. L. in, S. 645, zwifchen Cilli und Pettau,
etwa bei Lofsnitz; beide Bezeichnungen find infoferne
wichtig, weil durch fie die Varianten Siablesiani und
Ragundo befeitigt werden.
Ueber die militärifchen Einrichtungen vom 4. bis
6. Jahrhundert n. Chr., fpeciell über den Exarchus vgl.
C. J. V. 4376 und Monimfen-Marqitard, Handbuch der
röm. Alterth. IP, 471 Anm. 4 und S. 609 ff
(Fortletzung folgt.)
Das Tartaren-Denkmal bei Warna.
ER verftorbene Confervatcr JoJepJi R. v. Gntter
hat bereits im Jahrgange 1883 der „Mitthei-
lungen", Notiz 114 (S. CXLIX) das fogenannte
Tartaren-Denkmal bei Wama kurz erwähnt, das, abge-
fehen von Grabfteinen, den einzigen älteren Denkftein
der Bukovina bildet.' Der Notiz ift eine Ueber-
fetzung der Infchriften beigefügt, welche aus der
Mitte unferes Jahrhunderts ftammt, wo
' Einen weiteren Bericht fandte 1890 Confervator //. Klau/er ein
ein großer
Theil der letzteren bereits verwittert war. Da mir nun
weitere Daten über das Denkmal und namentlich eine
vollftändigere Ueberfetzung der Infchriften bekannt
geworden find, fo dürfte der nachflehende ausführliche
Bericht über das Denkmal unter Beigabe einer im
heurigen Jahre von mir angefertigten Zeichnung des-
felben nicht unwillkommen fein (Fig. i).
An der im Süden der Bukovina von Suczawa aus
das Moldawathai aufwärts verfolgenden Karpathen-
- iiS
ftraße, welche nach Ueberfetzung der Paßhöhe des
Mefticanesti (1099 M.) das Thal der goldener Biflriz er-
reicht und im Thal ihres Nebenfiüßchens Borna die
Verbindung mit Siebenbürgen herftellt, liegt, etwa
halbwegs, die Ortfchaft Warna. Unmittelbar außer-
halb derfelben, 40 Schritte von der fpäterhin Eifenau
berijhrenden Straße entfernt, befindet Ikh rechterhand
auf einem, der Hügelkette vorgelagerten circa S M.
hohen Plateau, im Weideland, mit der heutigen Vor-
derfeite genau nach Oflen gerichtet, das primitive
Denkmal, 3 M. hoch über die Erde ragend, ein 70 Cm.
im Quadrat meffender Monolith aus weichem grob-
körnigen glimmerhältigen, mit Kiefelfteinchen durch
fetzten Sandftein, der namenlich an der Nordfeite
bereits ftark verwittert erfcheint. Es wird von einem
welcher eine Fläche von 8 M. im Quadrat cinfchließt.
Unmittelbar an denfclben ftoßt ein mit Flechtzaun ein-
gefriedetes kleines Gärtclien mit verfchiedenen Laub-
und Nadelbäumen, welches von der Ortsgemeinde
Warna im Jahre 1879 zur Erinnerung an die filberne
Hochzeit Seiner Majeftät des Kaifers angelegt wurde.
Im Volksmunde heißt das Denkmal Stilpul lui Voda
(Säule des Fürften).
Die ältefte, alfo jedenfalls voUlTiändigfte Copie der
Infchriften des Tartaren-Denkmals befitzt der Corre-
fpondent der k. k. Central-Commiffion, k. k. Bezirks-
richter Tlieodor Stefanclli in Kimpolung, welcher fol-
gende Worte beigefügt find: „Copie der Infchiift,
welche die Säule des Mihai Voda Racoviza enthält,
und die Säule ifl im Dorfe Vama errichtet, als er
Kig.
wohl aus fpäterer Zeit ftammcnden pyramidenförmigen
Steinhute überdeckt. Die Nordweftrecke zeigt in etwa
i.M. Höhe einen bedeutenden (in der Abbildung er-
fichtlichcn) Ausbrucii, der dem Stein augenfchcinlich
mit eifernen Werkzeugen gewaltthätig beigefügt wurde.
Die im übrigen glatten Seiten find mit Infchriften in
kirchen-flavifchen, erhaben ausgemeißelten Lettern ver-
fehen, und zwar mit je 15 bis 20 Zeilen, wovon heute,
namentlich die unterflen derfelben, fall vollfliindig
abgewittert, theilweife auch abgekratzt find, fo dafs
es nicht mehr möglich ifl, einen einigermaßen brauch-
baren Naturabtinick von den Infchriften abnehmen zu
können. Rund um das Denkmal zieht fich eine 5'/.^ M.
im Geviert mcffendc, i'/^ M. hohe, '/j, M. flarkc, mit
Mörtel beworfenc Bruchfleinmauer, weiche laut einer
auf der Vorderfeitc derfelben angebrachten gravirtcn
Steininfchrift (f Abijildung) von l'anaite Moldovanu im
Jahre 1851 errichtet wurde. Um die Mauer herum
befleiit cndlicli ein über nielcrliolier Holzfcliraiikcn,
(der Fürfl) mit den Tartaren nach Ungarn ging zur
Zeit feiner dritten Regierung im Jahre 1224 (1716).
Ich habe die Infchrift abcopirt, foweit es möglich
war, da felir viele Zeilen untl Buchilaben nicht
mehr entziffert werden konnten. Im Jahre 1802,
24. März. Fotaki Ciurea " — Nach der mir von Herrn
Sfffaiiel/i giitigfl mitgcthcillcn Ueberfetzung lauten die
Infchriften:
(Sud feile) : Mihai Racoviza Voevod, von Gottes
Gnaden Herrfcher der ganzen Moldau.
Im Jahre 1224 ' zur Zeit Unferer dritter Regierung
haben wir das mächtige Türkenreich mit einem großen
Heere gegen die Deutfchen aufgeboten; und beim
Uebcrfchrciten der Gränze, fowie auf dem Marfche ifl:
feitens der Deutfchen viel geplündert worden, da fie
von einigen moldauifchen Bojaren, und zwar von den
angefehendflen Bojaren ins Land gebeten und gebracht
worden waren — — — — — — —
I 1716.
— 119 —
(Oßfeite): Mit einigen Deutfchen, Moldauern und
Walachen und Ungarn und Serben zufammengewür-
feltes Volk- und fo haben fie uns unverfehens in Unferer
Refidenzftadt in Jaffi überfallen, in der Abficht Uns den
Thron zu rauben, eben alfo wie die Soldaten den Voe-
voden Nicolai Mavrocordat, Hcrrfcher der Walachei ge-
fangen genommmen und ihn und den Regierungsfitz
von Bucurefli nach Hermannftadt gebracht haben, Wir
aber haben fie mit Gottes Hilfe befiegt und getödtet,
und haben aus ihren Leichnamen einen Haufen ge-
bildet, und haben ein fchöncs Kreuz darauf errichtet und
eine Baluflrade gemacht neben den Haupturhebern,
gegenüber der Feflung, vvofelbft der Kampf in Jaffi '
Itattgefunden — — —
(Nordfeitc): Diefe Säule haben Wir errichtet, als
Wir über das Gebirge Mestecanifch und über das
Gebirge Suhardul gingen und in Cofchna herabfliegen
und fo gelangten Wir in das Ungarland in ein Dorf,
das Rogna^ heißt und gemeinfani mit dem Khan und
mit einer großen Menge Tartaren gingen wir weiter
plündernd und fengend bis nach Biflriz und um-
zingelten die Stadt von allen Seiten und fie ergab fich,
nur die Feftung blieb; Wir bewilligten aber den Tar-
taren auf ihrer Rückreife in Ungarn zu plündern, damit
fie zu effen haben, und fie trennten fich von uns und
kehrten über Marmarofch zurück, um dort zu plündern
und in die Sclaverei zu fchleppen aus den Dörfern, was
die Ungarleute gedenken werden. Wir aber kehrten in
Frieden zurück, nur die Tartaren hatten — —
— — als fie waren (Weßfeite) : Jordaki
Kantakuzino, Vel-komis — — ^_ __ und fehr viel
Scla\'en find gemacht worden im Moldauerland und im
Ungarland, und die Urfache deffen waren die Generale
aus Siebenbürgen Stephan Steinville, General aus Her-
mannftadt und Baron Tedeteg, General aus Kronfladt,
— Santamoi, General von Biftriz, welche hiefür
Rechenfchaft ablegen follen vor Gott und dem jüngftcn
Gericht, weil fie aus Habgier — diefelben wie
Rauber in fremde Lande ihres Vortheils willen fchickten
— — — fo viel Sclaverei
— — in Vama — — — —
' In Jaffi befindet fich ebenfalls ein Denkflein mit Kreu/ und Unifric
diing und heißt die Czcrdack des Ferenz, weil diefer ungarifche Anführer
dafelbft getödtet wurde.
- Rodna.
Die erfte Mittheilung über das Tartaren-Denkmal
machte Theophyl Bendella, Rector des bifchöflichen
Seminars in Czernowitz in feiner Brofchüre: ^Die
Bukowina im Königreiche Galizien", Wien 1845. Kr
bemerkt, dafs die Infchriften die Gefchichte des vom
Wojevoden Miciiael Rakavitz, Fürficn der Moldau mit
den Tartaren im Jahre 1716 errungenen Sieges geben
und fügt die Ueberfetzung der unvollftändigen In-
fchriften bei, welche UeberfetzungConservatoriy. Gutter
in der eingangs erwähnten Notitz der ..Mittheilungen"
zur weiteren Kenntnis brachte.
Nach einem Briefe des Pfarrers Emilian Dan in
Wama an den Corrcfpondenten der k. k. Central-Com-
miffion Dionys Olinski Olinescu (vom 19. November 1885)
foU die Steinfäule durch den F"ürlT:en mittelft Auer-
ochfen aus dem Gebirge von Rusboului (Rus pe beul)
gebracht worden fein. Olinski, welcher eine weitere,
vom Pfarrer Mironovici Georgiu in Bahrinesci aus den
fünfziger Jahren herrührende Ueberfetzung der In-
fchriften befitzt, befpricht in feinem Auffatze: „Anti-
quitäten der Bukowina"' („Vointa Natiünalü'^ Bukareft,
25. und 30. September 1886) das Denkmal, welches
mit einem zweiten in Jaffy unter dem Namen Cerdacul
bei Ferenz bekannten, ebenfalls von Michaiü Raco-
vita errichteten Steine in Beziehung fleht. Er erwähnt
dabei, dafs vor etwa 15 (nun 20) Jahren deutfche Colo-
niften (Zipfer) den Monolith mit Hacken demolircn
wollten, in der Meinung, dafs das Innere hohl fei und
Geld enthalte.
Nach freundlicher Mittheilung D. Olinski's findet
fich ferner eine kurze Befchreibung des Denkmals in
der „Revifla politica", Nr. 11, 1887. Es wird darin der
oben in Ueberfetzung gebrachten Copie Erwähnung
gethan, welche von dem Bojaren Fotaki Ciurca aus
Folticeni im Jahre 1802 gefchrieben wurde und die
Bemerkung beigefügt, dafs nun das Denkmal von der
Gemeinde Wama in Folge der Anregung und unter
Fürforge des Herrn Vafile Jonascü, Gemeinde-Secre-
tärs, erhalten werde, früher aber einmal durch Panaite
Moldovanü reftaurirt wurde. Endlich hat Olinski
eine kurze Gefchichte über das Tartaren-Dcukmal
in Warna und die Czerdak des Ferenz in Jaffy ge-
fchrieben.
Romsdorfcr.
Tyroler Burgen.
Von Paul C'emcn.
II.
Kn<z\\ Signiundski'on\\\xA mit den romifchen Be-
fefligungen in Verbindung gebracht.**' Im 10. Jahr-
hundert befand fich auf dem Felfenkegel, der faft un-
vermittelt aus dem Etfchthale auffteigt, die Grenzvefte
des italifchen Herzogthums Trient gegen die bayrifche
Graffchaft Botzen. Als Berengar von Irren durch den
Vinflgau von Schwaben nach Italien eilt, tritt ihm die
■•' Nach Giovanclti hier d. pons Drusi, erwähnt i-n Itinerarium Antonii
und auf der Theudofianifchen Tafel.
Burg Formigar (Furmicaria, Furmicarium, Furmiano,
Firmiano, Formianum, Formejanum) entgegen, die
Manaffes, der Erzbifchof von Arles und Bifchof von
Trient, durch feinen Cleriker Adelhard befetzt hält.'*
Sie öffiiet fich ohne Schwertfireich und Blutvergießen.
Die Bifchöfe von Trient hatten hier ihren eigenen
■" //. Sccl, Gefchiclile der gefürftetcn llraffchafl Tyrol II, S. 15; i'. Hör-
iituyr, Kritifcti-diplomat. Beiträge zur Gefchichte Tyrols ini Mittelalter, im hiflor.
ftatifl. .Archiv fiir Süddcutfchland Frankfurt 1S07, S. 232. Vgl. Lindpranä, IV,
c. 3 ; V, c. 12.
I20
Palaft, den fie bewohnten, fobald fie Ueberetfch bc-
fuchten.^Mm Jahre 1400 verleiht Bifchof Georg von
Trient dem Berthold von Firmian die Vefte, 1473 geht
fie an Herzog Sigmund,'"" durch den fie den Namen
Sigmundskron erhält."' Durch Sigmund wurde nun die
Burg mit neuen Werken verfehen, er erweiterte die
äußere Ringmauer, die einen gedeckten Gang erhielt,
mit ftarken dicken Flankirungsthürmen und brachte
innerhalb der Umwallung vier getrennte Herren-
Wohnungen an, die fich um den älteften Theil der Vefte.
den in der Höhe gelegenen Thurm, gruppiren. Eine
Aufzählung der baulichen Erneuerungen durch Sig-
mund gibt Felix Fabers Evagatorium von 1483.'"^ Die
■m¥wh„ -^
-5' iÄt, 'r
Fig. 5 (Sigmundskron.)
Ringmauer folgt in ihrer Peripherie genau tlcn Um-
riffen des Felskegels. Die Rundthürme find fämmtlich
erfl nach dem Jahre 1473 entftanden, fie trugen ehe-
mals ein flaches Kegeldach und einzelne Pechnafen.
Nach dem Abhänge zu hängen eine Anzahl vorge-
kragte l">ker, die als Aborte dienen. An den Wart-
thurm der Tricntiner Hifchöfe fchließt fich ein fchmaler
Palas an, der mit den unteren Baulichkeiten durch eine
™ Im J.-ihre 1163 licilil die Volle castrum l'orniigur (Codix IVangiuuiis,
Nr. 10), glckhbedculcnd mit Furmianum (Baldninus heißt Urk, 60 de Kormi-
garq, IJrlc. 70 de Kurmiano) Kurmianum Urk. 24, Forniciamim Urk. 28.
I" IJer Bifchof Johann von Tiieiit belehnt den Heinrich Anich, lierzogl.
Oberllamlmann, Peter v. Spaier, Richter und Amtmann zu Curtatfch, und Citri
ftoph Hafsler, Kanzclfcbrciber, mit dem K.inzcn l.ehen (cinfchlielSlich «urgbühcl,
linrgllali und Zoll an der Brücke) und bewilligt, es follc n.icli dem Wunfche
dci Herzogs Sigmundskron heißen. Mon. Ilabsburg 11, Urk. 28.
'"' Aehnlicb die Bildungen Sigmundsried, — lull. — freud, -- bürg, — eck,
fricd. Vgl. ausführlich über die (jefchichte der Vefte Just. Ladurner, die
Vcftc Sigmundskron im Arthiv lür Tyrol. fjefch. und Kunft III, S. 242. Ucber
dem Haupthorc findet fich das Wappen des Herzogs mit der Infchrift: Sigis-
mundus arcbidux Avstriae anno MCCCCLXXIll. Im Jahre 1806 ging die liurg
in den liefitz der Herren von Wcnz über, dann folgte die l'.imilic Parnlhein.
Zur Zeit in den Händen des Mililar Acrars. Vgl. Siineoncr in den Mitth. N. 1'.
XIV, S. 52.
iu3 Felix /'alter, Kvagalorium 1483; Oben am linde mäßiger Anhöhen
liegt ein Schloß, l-'irmianum geheißen, von weh liem jene adelichcn Herren ent-
f|<rungen, welche Herrn von Firini.tn heißen. Dies Schloß bcfet/t nun Sigmund,
Herzog von Oeftcrreich, der es von neuem erbaut und erweitert, indem er es
mit fchr dicken Mauern, auch hohen und großen 'i'hiirincn umgibt. Die l>icke
fler Mauer betragt 90 Schuh und in den vier Kcken erheben fich eben fo viele
Wobngcbiiude fcfl und weitläufig gebaut, durch Zwifchenthürme und Maliern
von einander getrennt. Jede Wohnung bat ihren eigenen Zugang und ihre eige-
nen Stallungen für Pferde, fo dafs vier Kurilen in dem SchlolTc fidler weilen
können.
Mauer verbunden ilt. Diefe Mauer ift der Reit des zer-
Hörten Verbindungsganges zwifchen dem oberen und
dem unteren Schlöffe. Der höchfte Thurm dient jetzt
als Pulvermagazin desArtilleriepoften Commandos von
Bozen. Auf der Zeichnung im Brandis'fchen Codex
(Nr. 104) erfcheint neben dem Pulverthurm eine Reihe
niederer Gebäude, zur Linken eine der beiden Schloß-
capellen. Die erfle dem heil. Stephan, darnach dem
heil. Ulrich, die zweite dem heil. Blafius geweiht.'"''' Die
im oberen Schloß gelegene Capelle bewahrt noch die
romanifche Apfis, während das Langhaus einer gothi-
fchen Erneuerung entflammt (Fig. 5).
Hock-Naturiis bei dem Dorf Naturns entftand in
feinen Grundlinien gleichfalls im 1 1. Jahrhundert. Das
Gefchlecht der Herren von Naturns war bereits 1380
erlofchen, die Vefte kam an die Starkenberger, wurde
1422 von Herzog Friedrich eingenommen, kam dar-
nach an die von Maretfch, 1545 an die von Tfchötfch,
1836 ward fie vom Ritter P"ranz von Goldegg zu Part-
fchins wieder in Stand gefetzt.'"* Von befonderem Inter-
c\{<t ift hier die Stellung des Bergfrits mitten zwifchen
den Wohngebäuden, die fich auf der einen Seite an ihn
anlehnen und ihn zumTheil verdecken. DerThurm zeigt
ftarke Eckverklammerung durch langliegende forgfam
behauene Quadern mit hervortretenden Boffen, nach
innen find die Quadern fafl unbehauen und nur in ftarker
Mörtelbettung nach der heften Lagerung aufeinander-
gefetzt. Auf 3 Seiten lauft um den Thurm in halber
Höhe eine hölzerne Galerie mit Holzdach, aber ohne
Sti.itzen. Die gleiche auffällige Boffirung zeigt fich auch
an der Thalfeite des Flauptbaues, vor den ein halb-
runder Thurm tritt, der oben eine offene Galerie, mit
Halbkegeldach und wechfelnden Stein- und Holz-
rtiitzen trägt, ebenfo an dem ftarken Buckelthor.
D\cEhrcnl)iirg (Airnburg) beiBruneck, dasStanim-
fchloß der Grafen von Künigl, regelmäßig im Viereck
gebaut, mit zierlichen Galerien innen, gehört gleich-
falls hierher — fchon im 11. Jahrhundert hat Rudolph L
Chunig von Airnburg das alte Schloß auf dem Hügel
und eine Behaiifung im Dorfe drunten im Befitz,'"'' —
ebenfo die Lambrcchtsbuyg bei Walchhorn im Pufter-
thale, ein umfangreicher Bau mit viereckigem maffiven
Burgfrit, den fchon 1100 Tagini von Rifchon mit der
Capelle dem Hochitifte Brixen fchenkt.'"'' Der bedeu-
tendfle Bau Oft Tyrols diefer Periode ift aber die Vefte
Tau fers, 3 Stunden von Bruncck, am linken Ufer der
Ache gelegen, den fchmalen Eingang und die Klaufe
geeen das Ahrnthiil vollkommen beherrfchend. Zwei
Bauperioden find zu untcrfchcidcn, die eine in den
erften Jahrzehnten des 12. Jahrlumdcrts — 1130 er-
fcheint zuerft Hugo von Tuvers — und die andere
nach dem Ausfterben der Edlen von Taufers im Jahre
1337 am Ende des 15. Jahrhunderts — 1481 ward das
Schloß völlig umgebaut.'"' Die Burg nimmt den ganzen
I« Abbildung bei J. 11. l'/allcr, Bozen und firies S. i. I.iiihvii; und Georg
Lange, Die hillorifch incikwürdiKftcu Städte in Dculfclilaud, Darmlladt 1843, IV.
1"* 7. J. Sla/fler, l'yrol und Vorarlberg II, S. (•174- l'-gKcr, Gefch. von
'lyrol I. S. 50J, 504. Im J.ilire 1508 wird ilie Si hweftcr des llicronymus
Marclfcher mit ilcin SchlolS bciclmt Arcliivbericluc von 'rynil S. 444, Nr. 2572).
1545 ift Abuiidiu» von Tfcholfdi im ISefilz (Arthivbcrichle S. 44S, Nr. =S75>
'»' Urkunde im SchlolSarcbiv zu Khrcnburg.
"'• y. 7, Sla/Jler, a. a. Ü., II, 11, S. 198. Ucber die fpiilcrcn Schickfalc.
Siiinac/iQr, Beilrage IV, S. 151.
"" J. 7. Slaf/hr, a. a. (). II, II, S. 248, 1225 tragt Hugo von laufers
feine Schlofier Täufer« und Volenlicini dini Bifchof und der Kinbe von lirixen
auf. V. Ilarnmyr. (Icfcbichte der gufiirll. (iraffchaft Tyrol I, II. Urkundcnbucb
S. 272. Vgl. auch Sinnacller, Beiliiige IV, S. 195; Tiiikhau/er, in den Mllth.
d. Cenlr.Comm. I, S. 203. Vgl. ausfiihrlirh Just. Lailurner, Urkundl. (iefcb.
der Edlen von lauvers in der Zeilfclirifl des KcrdiiMiidcuins 111, S. 12, XII,
— 121
länglichen Kegel ein, an deflen einer Längsfeite der
J-^urgweg hinaufführt. Aehnlich wie in Lanaburg ifl der
Burgweg nocli innerhalb des Hofes weitergeführt und
durch eine Seitenmauer mit dahinter liegender Auf-
fchüttung aufs Neue gefchützt. Zur Rechten des Ein-
gangs erhebt fich an der nordöftlichen Kcke der vier-
eckige Bergfrit, der den ganzen Burgweg beherrfcht,
neben ihm liegt, nach OSO orientirt, die Burgcapelle,
deren Chornifche nach dem Burgweg zu vorfpringt.
Zur Linken des Einganges liegen die Wirthfchaftsge-
bäude, die den Hof auf 3 Seiten umziehen, dem Flin-
gang gerade gegenüber der rechtwinklige vierftöckige
Palas, der übereinander vier große, aber niedrige
durchgehende Säle enthält, die unterften drei mit
Säulenftellungen, nur der oberfte mit einer flachen
Holzdecke. Den Eingang zum zweiten Stockwerke
vermittelt eine an der äußeren Mauerfläche hinge-
führte Holztreppe. Die Säle erhalten vom Hofe aus
ihr Licht durch große, faft quadratifche Fenfter mit
Steinkreuzen, auf der nordweftlichen, der Angriffsfeite,
zeigt die dicke Mauer nur im oberflen vierten Stock
Fenfleröffnungen.
Das Schloß Maultafch, oberhalb von Terlan be-
ft:eht nur noch aus einem hohen viereckigen Bergfrit,
der urfprunglich mit einer tiefen, faft an der Straße
gelegenen Vorburg durch Parallel-Mauern in Verbin
düng ftand. Das Schloß hieß ehemals Vefte Neuhaus. '"^
Graf Heinrich von Tyrol bittet noch 1184 den Bifchof
Albert von Trient vergeblich um die Erlaubnis, auf
einem Hügel über Seif ein Schloß erbauen zu dürfen,'"^
aber fchon 1206 fleht die Burg. In der Belehnungs-Ur-
kunde des Herzogs Heinrich für Chriftian von Serntein
heißt fie 1320: „Burg ob der Claufe." •'"
Der Grcifenßein, das Saufchloß, wie es im Volke
heißt, beherrfcht von feiner unzugänglichen Felsnadel
über Terlan und Jenefin aus das ganze Thal und die
Heerftraße. Die Veite liegt gänzlich in Trümmern, nur
der äußerfte Mauerkranz zieht fich noch um den Berg-
kegel herum. Sie erfcheint gleichzeitig mit Hoheneppan
in der Gefchichte, loSo wählen Heinrich und Arnold
von Piano die Burg zum Sitze.'" Die Burg wurde zum
S. 5 und A. yHger, Gefch. der landesftändifchen VerfaiTung in Tyroi I, S. 177.
Aquarelle von R. Alt in der Sammlung der Akademie der bildenden Künfte
in Wien (Nr. 2249). Die Abhandl. bei i1/. Merian, Topographia provinciarum
Austriacarum p. 80 zeigt Bergfried und Palas in der ganzen Höhe. Nach dem
Au&fterben der Dynaften eine landesfiirftliche Burg, im Jahre 1456 von
Herzog Sigmund an Cardinal Cufanus verkauft (.-I. Jäger, I^andesftänd. Ver-
faffung U, S. 148).
'"^ Die faUche Anficht, dafs Neuhaus und Maultafch (Eigenthum der
Erbgräfin und Landesfiirftln Margarethe Maultafche) zwei getrennte Burgen
gewefen, noch bei allen früheren Tyroler Topographen. Vgl. Beda ii-'cber,
Land Tyrol 11, S. 266; Staffier, a. a. O. H, S. 928. Der Identitats-Nachweis ge-
führt von Just. Ladurner, Schloß Maultafch-Neuhaus im Archiv für Tyrol.
Gefchichte \\, S. 41. Vgl. auch Kögt, Gefch. des erlofchenen Edelgefchlechtes
Tyrols in der Neuen Zeilfchrift des Ferdinandeums Bd. XI.
'"^ Cod. iWingianus ed. Kink, Nr. 19, p. 54. Dies Selfi ift nicht der
Berg Selfi bei Gurlan, wie hurig, Beitr. zur Gefch. Tyrols in der Zeit Bifchof
Egenos S. 12 annimmt, auch nicht Soll bei Tramin, wohl aber hieß die Gegend
bei Terlan früher Sels.
"'' Just. Ladurner a. a. O. S. 49; Unfer Purch ze dem Newenhaufe. die
gelegen ift ob der Claufen dafelben, die ennenther wohl vierzich Jar öd und
unerpaun ift gelegen, die er uns und unfern Erben ze eren und ze nuzn von
fein felbs fchen wider erpaun hat, behaufet haben. In Marx Sittich's von Wol-
kenfteins Handfchrifll. Chronik heißt es: „Von difer Revir herumb gegen den
Perg, da liegt der Schön Hoff Keller am Marftall, fo der Herrfchaft gehört.
Davon herum gegen der KhlaulTen da ligt im Mofs das alt zerfallen gebev ein
Palaft gleichfehent, dafs holt Frau Margret Maultafch zungenandt, fo Herzogin
in Kärnten und Tyrol, erbauet und bewant haben im windter ires Ungefund-
heit halber darob hier chradt hinauf ligt das Schloß Nenbaufs, daraufF die
Herrn von Niederthor gehaufst diefes Schloß ift noch ziemblich in wirden, dafs
es ein baumann bewonen kann; darumb her hat es bey 50 Oelpaum.** Marx
Sittich macht hier gleichfalls auf Oberburg und Niederburg zwei verfchiedene
Anlagen.
'" KSgl, Fünf genealog. Tafeln d. Tyroler Adelsgefchlechter im Archiv
für niederöfterreich. Gefcbichtsquellen V, S. 383. Jo/eph. v. Hormayr, Gefam-
melte Werke II, S. 15. Die großen Gefchlechter des Tyroler Hochgebirgs. Der
letzte Graf von Greifenftein, Egeno, Bifchof von Trient, ftarb 1273 am 25. Mai
im Klofter ad carceres zu Padua in der Verbannung. Im Jahre 1163 der i. comes
XIX N. F.
erften Male in dem Kriege zwifchen Graf Meinhard IL
von Görz und Tyrol und Bifchof Heinrich II. von
Trient zerflort, zum zweiten Mal im Jahre 1426 durch
Herzog Friedrich. Die noch erhaltenen Ringmauern
flammen von dem Neubau im Jahre 1334."^
Auch die Entflchung von Schloß Ainras fällt in
das Ende des 11. Jahrhunderts. -Es fland auf dem
Schloßberge die Burg des Grafen Andechs, die bei
der Spaltung des Stammes an die Andechs-VVolfarts-
haufen kam. Aber diefe Vefte ging fchon 1136 in der
Fehde Ottos III. mit Heinrich dem Stolzen zu Grunde."-'
Der Neubau ward fofort in Angriff genommen, fchon
1145 befland die Schloßcapelle wieder. Das Schloß
wechfelte wiederholt den Befitzer und befand fich im
15. Jahrhundert in den Händen des Gefchlechtes der
Schurff, aus deren Befitz es 1563 an den Kaifer Ferdi-
nand überging. Das .Schurffifche Schloß ifl das jetzige
Hochfchloß, doch mangelte der dritte Stock, deffen
Erbauungs-Periode die Zahl 1566 an mehreren Thüren
angibt und die innere Einrichtung. Von der alten Ein-
richtung des Hochfchloffes zeigt aber heute noch die
große Küche im Erdgefchoffe mit den mächtigen Pfei-
lern. Die Burg, die nach dem von den Georg Schurff-
fchen Erben 1564 ausgeflellten Inventar eine fehr unbe-
deutende künftlerifche Ausflattung befaß,"'" wurde
durch Erzherzog Ferdinand ausgebaut."*
Aehnlichen Verhältniffen unterliegt die Bauge-
fchichte des Schloffes Tratzberg, zu Beginn des
12. Jahrhunderts vom jüngeren Sohne des Haufes
Rottenburg erbaut."''
de Grifstaine erwähnt (Cod. Wangian. Nr. lo), 1181 wird das Schloß von den
Grafen Friedrich und Heinrich von Eppan dem Bifchof Salomon von Trient
übergeben {Cod. Wangian, Nr. 14: Bonclli, Notizie istorico-critiche della chiesa
di Trento II. p. 468). 1191 auf der Burg die i. Urkunde ausgeftellt {v. Hor-
mayr, Gefchichte der Graffchaft Tyrol I. II. Urkundenbuch S. 153); 1230 wird
die S. Cosmas-Capelle unterhalb Greifenftein erwähnt {Cod. IVang. Nr. 157;
Bonelli, III, p. 57). 1257 als feudum castrum de Griffenftein angeführt
(7/. Hormayr, ebenda I, II. S. 365). Im Jahre 1283 war Conrad von Greiffenftein
de iusticia burgi Bozani integrali belehnt v. Hormayr, I, II. S. 33); Gengier,
Cod. iur. municipalis Germaniae I, p. 264. In dem Spruchbriefe Königs Rudolph
zu Wien vom 3. November 1277 war beftimmt, das Schloß nicht wieder aufzu-
bauen und die indelTen aufgeführten Mauerwerke niederzureißen. Im Jahre 1350
wird das Schloß wieder zerftört und 1361 zum dritten Mal von Friedrich von
Greifenftein aufgebaut {Egger, Gefchichte Tyrols I, S. 400).
"" Vgl. Ja/. Rdggel, Das Schloß Greifenftein und delTen Befitzer, in den
Beiträgen zur Gefchichte, Statiftik und Kunft von Tyrol IV, S. 169, 247. Origi-
nal-Urkunde im Innsbruclcer .\rchiv: ,.denfelben Paw und Vefte, die fie darauf
pawen". 1426 erfolgt die Uebergabe der Vefte durch Kafpar Auer und die
Starhemberger Kriegsknechte an Herzog Friedrich. Ueber die erfte Belagerung
im Jahre 1418 vgl. .-). Noggler, Die Starbembergifche Streitfchrift gegen Herzog
Friedrich von Oefterreich in der Zeitfchrift des Ferdinandeums 3. Folge XXV U,
S. 71. Eine gleichnamige Vefte in Ruinen bei Villifur am Ausgange des Darofer
Thaies (TV:, -j. Mohr, Cod. dipl. III. Nr. 86, 87. Vgl. Ülr. Campells zwei Bücher
räthifcher Gefchichte, herausgegeben von Tk. v. Mohr, Chur 184g, I, S. 46).
"> Edm. V. Oe/ele, Gefchichte der Grafen von .andechs, S. iio; A. Jäger
Landesftändifche Verfafi^ung Tyrols I. S. 79; Egger, Gefchichte Tyrols I,
S. 195," V. Hortnayr im Tyroler Almanacb vom Jahre 1804.
'"« J. Hirn, Ein Ambrafer Inventar vom Jahre 15Ö4 in der Zeitfchrift
des Ferdinandeums XXXI. S- J57. Es nennt auPer der Capelle nur die Bad-
ftube, das kleine Stübl, den hinteren Söller, die Stube mit dem fteinernen Pfeiler
und mehrere andi-re Kammern, weiterhin die Pfaflenkammer, die Harnifch-
kammer, die Spießkammer, das Schreibftübl, den kleinen Saal, Kaifer Maxi-
milians Kammer.
"* Erzherzog Friedrich erbaute für das fürftliche Hofleben den originellen
fpanifchen Saal und die gegenüberliegende Pagenwohnung, für die Sammlungen,
Rüftungeji, die Kunftkammer drei lange einftockige Tradle mit hohen Bogen-
fenftern, die den großen unteren Schloßhof nach Weften abfchließen. Der Bau
1589 vollendet. Seit 1879 unter A. llg und W. Bocheim reftaurirt. Vgl. .-J. Ilg,
Schloß .Ambras in Tyrol im Repertor. für KunftwilTenfchaft V, S. 68. Der Zurtand
des reftaurirten SchlolTes ift ausführlich angegeben in der Reifebefchreibunj^
des Stephanus Vinandus Pighius vom Jahre 1574. Eine genaue Befchreibung
auch bei M. Merian, Topographia provinciarum .Austriacarum p. 83 von .\bb.
Braun und Hogenberg, Befchreibung und Contrafa<5tur der vornembften Sluk
der Welt, 1574. geben II, pl. 42 eine .anficht des alten Hochfchloffes, zwei-
ftöckig, mit abyewalmten Satteldach, die Umfangsmauer mit viereckigen Halb-
thürmen. den Mittelbau eng einfchließend und V, pl. 58 eine .\nficht des Neu-
baues mit dem dreiftöckigen. mit kleinen Ecktliürnichen und Vorkragungen
verfehenen Palas. Der Stich bei Franciscus Nigrinus, T:ifel zu p. 514 zeigt das
Hochfchloß mit feinen Gartenanlagcn. Ebendafelbft ausführlich über den Inhalt
dir Kunftkammer. Vgl. U'endelin Bocheim, Schloß Ambras zur Zeit der Lehcns-
ablöfung desfelben durch Kaifer Ferdinand I, 1564 in den Mitth. der Centr.-
Comm. N. F. VII, S. XXX. Vgl. Schloß Ambras in Tyrol im Correfpondent von
und für Deutfchland 1867, S. 37 (deutfche Berge und Burgen XI); imilluftrirt.
Buch der Welt 1867, Nr. 6, S. 190; in der Biene 1S68, Nr. 15. u. f. w.
■'* Vgl. A. Procop, Schloß Tratzberg in Tyrol. Beilage zu Nr. 11 der
Mitth. des Mährifchen Gewerbe-Mufeums, 1890.
16
— 122 —
Die Burganlage von Tfchengls am rechten Ufer
der Etfch entftand Ende des 12. Jahrhunderts, eine
Anlage ganz entfprechend dem fpäter zu nennenden
Fragenftein mit der Hinterburg, einem hochgelegenen
Wartthurm mit angelehntem Bauernhaus, und der
Tfchenglsburg, über dem Dorfe in gefchützter Stellung-
gelegen. ""
Auf dem länglichen Felfenhügel von Matfcli, nord-
öfllich von Schluderns, erheben fich die dürftigen
Ruinen der Burgen derVefte von Matfch, an der Vor-
derfeite des Hügels Untermatfch, darüber Obermatfch,
auf der hinteren freien Spitze, mit Ausblick nach
Fichtenberg. Von dem letzteren ift fall nichts als die
Schloß-Capelle erhalten, jetzt in ein Kirchlein des heil.
Martin umgewandelt. Im Jahre 1159 bereits erfcheint
ein Ulrich I. von Matfch,"^ 1160 in einer Urkunde
Ulrichs vonTarasp ein Friedrich von Maza als Zeuge,"*
1192 übernimmt Egeno von Matfch die Schirmvogtei
des Klofters Marienberg,"* im Jahre 1212 endlich wird
der erfte Graf von Matfch genannt.'-" War Obermatfch
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Fig 6. (Boymunt.)
die Stammburg, fo entftand Untermatfch erll bei der
Theilung der Linien zu Beginn des 13. Jahrhunderts,
doch bertand es bereits im Jahre 1243.'-' Neben den
Grafen von Tarasp,'^^ einem bundnerifchenGefchlecht,
"• Zum erllenmal 119a in einer Urkunde des Egno von Matfch ein
Helico de Scenglis als Zeuge ani^efiihrt. Vgl. die erlofchenen Tyrolcr Edel-
gcfchlcchter in der Neuen Zcitfchrift des Kerdinaiideums XI, S. 119. In einer
1226 am 16. Januar in Trient ausgcftellten Urkunde (Vergleich /wifchen Chur
und Trient über St. Johann in Tyrol) erfcheint als Zeuge Ezillo de Zingler
(Annal. Curiens. Ms. A. 139.
'" Kogl, Fünf gencalog. Tafeln nach Tyroler Adelsgefchlechtcrn, im
Archiv für Kunden öfterr. Gefchichtsquellcn V, S. 383. In der Genealogie bei
Bucclin Rhaetia Kthrusca Sacra et prophana. Augsburg 1666, Die im Jahre 1243
zum erllenmal genannten Herren de Vcnusta (7/. Mohf, Cod. dipl. I. Nr. 2iy)
find nach J. V. v. Satit-Seewis, hintcrlafTencn Schriften II, S. 7, 50 identifch
mit den Herren von .Matfch III, S. 54 viele Verwechslungen.
"' Conraiiin v. Mohr, Cod. diplom. Rhaeliac 1. Urk. 136. Die Anficht
von fteda ll'eber, Das Land Tyrol 111, S. 200, die Matfcher Vögte feien Nach-
kommen der karolingifchcn Gaugrafen. ift irrig.
"• V. Mohr, Cod. diplom. I. Urk. 328. Eichhorn, 60.
'=' Arno/'f, Bifchof v. Chur und Graf v. Matfch begleitet Kijnig Friedrich
von Sicilien auf dcffcn Reife nach Deutfchland. Annal. Curiens. Ms. A. 27.
'-' Vgl. Just. Lattitrner, Die Vögte von Matfch I, in der Zcitfclir. des
Kerdinandcums, 3. Folge, XVI. Vgl. die Urkunde bei All't-rt ytif^cr, Archiv für
Kunde ofterr. <jefchichts()ucllen XV, S. 344; Annal. Curiens. Ms. 37, XVll
und XVIII; A. Jäger, Landftändifche Verfairung I, S. 166.
**^ Vgl, A. Jager, Uebcr die (Irafcn von 'l'araspo in den Beitragen zur
Gefchichte, Statiftik und Kunft von Tyrol V, S. 27t. Bereit» zwifchen 1070 uiul
1080 ein castrum de Tr.ispes /wifchen I'ont.dt und Martinthruck erwiihnt. Vgl.
Goxwiil, Chronik von Marienberg ed. Bafdiuft Schwitzer S. 49, 115, 133, 141.
Im Jahre 1150 fclienkt Ulrich H. von Tarasp dem IJifchof Adalgot von Chur
da» Schloß (/'//. T'. Mohr, Cod. dipl. Nr. 136). Im Jahre 1239 verkauft .Sw-ickhcr
Reichenberg dem Grafen Albert xon Tyrol das Schloß {v. Ilormayr, Heitrage I, 11,
Nr. 98. Gefchichte der Graffchaft Tyrol I, 2. S. 335). Vgl. Couratiin v. Moor,
Tara»p im Anzi'igcr für Kunde der flcutfchen Vorzeit 1861, S. I. 41, 73, i«»5,
145, Vgl. Ulrich CatnpclU zwei Bücher raetifcher Gefchichte, hcrau»gegeben
von Th. V. Mohr, Chur 1849,!, S. 102.
find die Vögte von Matfch die begütertflen Herren
und Burgenbefitzer im weftlichen Vinftgau: in einem
Revers des Vogtes Ulrich von Matfch von 1363 wurden
in feinem Befitz die Veften Matfch, Churburg, Trasp,
Härtenberg, Efchenloh, Naudersberg genannt. '-•'
In den erften Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts
entftand füdöftlich von Hoheneppan am Fuße des
Gantkofel hoch über Ueberetfch eine der großartigften
Burganlagen Südtyrols, Boyvmnt. Ein ganz anderes
Schema herrfchte hier vor, begründet durch andere
materielle Mittel und Bedürfnifle. Die Grundfätze des
Befeftigungsbaues find bei Seite gefchoben, dafür rein
architektonifche Principien befolgt; es galt hier kein
Vorwerk, fondern einen Herrenfitz mit mächtigem
Palas zu fchaffen. Dies der leitende Gedanke. Die
Burg fleht einzig da in ilirer Regelmäßigkeit, fie ward
als Ganzes erfonncn und ausgeführt, und von fpäteren
Umbauten und Reftaurationen verfchont. Die ältere
Burg Dietmars von Boymunt, der fchon 1200 genannt
wird, war bereits 1228 verfallen; in diefem Jahr wird
Reimprecht von Boymunt vom Grafen Albrecht von
Tyrol aufgefordert, feine Burg, die fall ganz zerftört,
wiederherzuflellen; der Neubau ward wohl fofort in
Angriff genommen.'^* Jetzt gehört die Ruine dem Gra-
fen von Wolkenftein-Troftburg. Die Burganlage (Fig. 6)
bildet ein regelmäßiges Rechteck von 49 M. und 26 M.
Seitenlange. Die Hauptgebäude lehnen fich direfl an
die ftarke Umfaflungsmauer an, die zugleich für diefe
als Seitenmauer dient, auf der Ueberetfch zugekehrten
Langfeite und der Frontfeite find eine Reihe großer
Fenfteröffnungen durch die Mauer hindurchgebrochen,
während die beiden übrigen Seiten nur fchmale
Schlitze zeigen. Das Thor, ein mitBuckclquadern umge-
benes Rundbogenthor, befindet fich etwa in der Mitte
der Frontfeite; direft über dem Thorgang ift die Burg-
capelle B untergebracht. Hinter derfelben, in der
Axe des Thorweges, lauft ein fchmaler offener Gang
zwifchen den Gebäuden hin, der in den hinteren offe-
nen Burghof mündet, der die ganze Breite von 26 M.
einnimmt. Der Laufgang trennt die Burggebäude ähn-
lich wie in Hoheneppan in zwei Gruppen, zur Linken
liegt der Palas mit den Herrenkemenaten, zur Rechten
liegen die Wirtlifchaftsgebäude. Die vordere linke
Ecke nimmt der riefige Palas A ein, der zwei große
Säle von 14 M. Länge und 790 M. Breite übereinander
enthält. Die Decke ward durch eine doppelte Balkcn-
reihe gebildet, die aufConfolen an den Langfeiten auf-
lagen und auf einem ftarken von einer Säule getra-
genen Mitteltragbalken ruhten. Das erfte Stockwerk
zeigt nach der Schmalfeite vier prachtvolle romanifche
Rundbogenfenfter, mit je zwei zierlichen Säulen- und
Knofpen-Capitälen, ebenfo vier nach der Langfeite, von
denen eines ornamentirl ill. Der obere Saal zeigt nach
der Schmalfeite zwei ganz entfprechend gebildete
Fenfter, nach der Langfeite drei. Der Aufgang zu den
beiden Sälen gefchah durch das Treppenhaus x, der
Eingang zu den unteren zum größten Tlieil wohl ge-
wölbten Räumen durch diu Tliorweg y, der mit einer
'•' Archiv für Gcfdiichlc Tyrols IV, S. 344; A'i.-.cf, Gefchichte Tyrols I,
S. .|io.
'-' I'r. Ali. Graf v. lirniuiis. Des 'l'yrolcr Adlers inuncrgrüncudc»
Khrcn-Krantzcl. Bol/en ift78, S. 154. Vgl. Noii/cn über das (Jcfchlccht der Hoi-
iiiunt, Freilierrn von l'ayersbcrg im Holen für 'l'yrol und Vorarlberjr 1840,
Nr. 14; Cal'rid iiiitgiinus, Khaclia l'".thrusca sncra et prophana. S. 28g. Im
Jahre 1298 wird eine Urkunde ausceRclIt in Piano in luco ([ui dicitur /e PucI
sub Castro d. Ilcinrici de Hoiinoto {Arcliivbcriclilc aus Tyrol S. 280, Nr, 1574);
ift Chriftan der Chcver im liefitz von Hoymunl ( Archivbciichlc S. i»9, Nr. 877J.
— 123 —
Tonne überwölbt ift. Eine ebenfolche Tonne s führt
aus dem Gange in die Kemenaten G und F, deren
Unterftock gleichfalls als Keller diente. Rechts von
dem Mittelgange erhebt fich zunächft der mächtige
Hergfrit, 820 M. im Quadrat meffend, von der Capclle
durch einen 25 M. breiten Raum getrennt. lir zeigt in
gleicherHöhemit dem zweiten Stockwerke des l'alas ein
zierliches Rundbogenfenfter mit Mittelfaule, darüber
eine riefige thorartige Oeffnung, der wohl ehemals ein
hölzerner Balkon vorlag. An den Thurm C fciiheßen
fich dirc(5l die Wirtlifchaftsgebäude D und E an. An
den beiden hinteren, dem Haupteingang abgewandten
Ecken erheben fich zwei niedrigere Thürme H und I,
der letztere 78 M. im Quadrat meffend, der zweite mit
einer Seitenlänge von 7 M. und 9-5 M. Zwifchen beiden
zog fich in der Höhe der Mauer eine hölzerne Gallerie
Fig. 7. (Brunnenburg.)
mit Laufgang liin, von der nur die Ralkenlöcher er-
halten find. Die Frontfeite bietet einen durchaus male-
rifchen Eindruck und ift ganz und gar nicht für Befefti-
gung und Vertheidigung eingerichtet — das ift es, was
Boymunt eine Ausnahmeftellung unter den Tyroler
Burgen einräumt. Die Anlage des regelmäßigen Recht-
eckes mit dem aufragenden Bergfrit an der einen, dem
Palas an der anderen Seite kehrt wiederholt wieder,
fo in Burg Gronumberge (Grünberg) bei Sibidat,'^'
im Schloß Laa an der Thaya'-'' und im Palaft Jeans
XXII. zu Gabors. '-"
Auf den Trümmern des Römer-Caftells Teriolis,
das die Straße nach Teloneum befchirmen follte, hoch
über der Stadt Maja, bauten die Grafen von
Tyrol — crft II 40 legten fich Berthold und Albert, die
Söhne des Grafen Albert von Churrhätien, diefen Titel
bei — ihr Stammfchloß, das Hauptfchloß Tyrol. Der
füdliche Theil beftand fchon im 11. Jahrhundert. In
dem Verzeichniffe der Aemter und Lehen, welche die
von Reichenberg in Bünden vom Bifchof zu Chur inne
hatten, heißt es mit Beziehung auf das Jahr 1090: item
haben wir ein amt vom häufe Tyrol, und heißt mar-
fchall amt von Pontalt diesfeits und vom Klofter jen-
feits (fpätere Faffung). Kurz vor 1317 erhielt es einen
neuen Zubau, wahrfcheinlich den nördlichen Theil, eine
Urkunde aus diefem Jahr ift ausgeflellt: Tyrol am
Samstag vor St. Veits-Tag in dem neuen Mushaufc. '-*
'■^ y. V. Zahn, Die deutfchen Burgen in Friaul S. 44.
l:ß l'ifcher, Topogr.-iph. .irchiduc. .\ustr. III, p. 125.
'■^ Bulletin monumental XXXI, p. 708.
"» GMer. Das Schloß Tyrol in den Mitth. XIII, S. XXXVIII; BtJii
IVeber, Meran und feine Umgebungen S. 157; Puul Cletuen. Beitrage zur
Kenntnis alterer Wandmalereien in Tyrol in den Mitth. N. F. XV, S. 2. Ueber
die älteren Grafen von Tyrol vgl. Zeitfchr. des Ferdinandeums 1828, S. 153:
Bis zum Jahre 1303 blieb die Burg die Refidenz der
Landesfürften.
Das Terrain, auf dem die Burg erbaut, befteht aus
Sand, Schotter und wenigen großen Blöcken, fowie
einer Diluvial-Ablagerung zwifchen zwei kleinen Thälern,
von denen das öflliche, der Käftengraben, voUftändig
der Verwitterung preisgegeben ift. Der ältere, jetzt
allein noch bewohnte Haupttheil, das Hauptfchloß liegt
gegen Süden und Often hin und beflelit aus zwei recht-
winklig an einander floßenden Traften; der füdliche
enthält die Capelle und den Ritterfaal, beides früh-
romanifche Bauten — den architektonifchen Einzel-
formen nach um lioo entftanden — von höchft inter-
effanter Anlage und Formenfprache. An der gegen
Südoflen gewendeten ausfpringenden Ecke, wo die bei-
den Tra6le fich verbinden, bildet die in Halbkrcisform
vorfpringende Chornifche der Doppel-CapcUe einen
Erker. "*' Der zweiftöckige Süd-Tra6t enthält einfache
romanifche Rundbogenfenfter mit zierlichen Säulen
und einem überdeckten Vorhau, zu dem eine fchmale
Treppe emporführt. '•"' Die zweite Baugruppe liegt
gegen Norden hin und enthält zunächft den innen mit
Steinen erfüllten fchon genannten Römerthurm, an den
rechts noch ein Kellergebäude ftößt, die übrigen Theile
der Burg find mit dem unficheren Gefchiebe in die
Tiefe gerutfcht. '•'" Der Eingang zum Ritterfaal —
unter der erwähnten Vorhalle — und zur Schloß-Capelle
Fig. 8. (Kotiind.)
St. Pancratius zeigen die bekannten vielbefprochenen
Portal-Sculpturen . '•^-
G. Tinkhau/er, Milth. II. S. 322; Just. Ladurner, Etwas über die urTpriing-
lichen Grafen von Tyrol in der Zeilfchrift des Ferdinandeums 1860, S. 137;
Archiv für Gefchichte Tyrols IV, S. 187. Der Urfprung der Grafen von Tyrol
nicht völlig aufgeklart. Coronini, Tentamen genealog. comit. Goriziae, Wien
1752. p. 87, nennt als erften Adalbert (1106), Er. FrbHch, Specimen archaeo-
log. Carinthiae, tab. V Berchtold und .Mbert I. (1140). während Hormayr
Gefchichte I, S. 316, fie von dem karolingifchen Gunfried ableitet. Nach yäg-rr,
I.andftändifche Verfalfung I, .S. 114, gingen fie aus von einem Haufe von
Amtsgrafen, denen die Verwaltung des Vinflgau übertragen war; als erfter
Graf von Vinftgau wird in den Jahren 1077 ""^i loj^ in zwei Urkunden des
ICaifers Heinrich IV. Gcrung genannt {ilorniayr, Eeitr. II, Nr, 26. 27). Ueber
die rechtlichen Beziehungen der Grafen zu den Bifchofen von Trient vgl.
Gcugter, Codex iuris nuinicipalis Germaniae I, p. 263; A*. AVmX-, Akademifche
Vorlefungen über die Geschichte Tyrols bis zur Vereinigung mit Oefterreich
S. 281; J. .1. Totiia/chfk, Ueber die ältere Kechtsentwickelung der Stadt und
des Bisthums Trient, Wien 1860, S. 19.
'=9 OtU, Gefchichte der roinanifchen Baukunfl S. 699. Abb. in der Illullrir-
ten Leipziger Zeitung 1869, Nr. 1301; Ludzvig und Georg Lange, Die hiftorifch
merkwürdigften Städte in Deutfchland, Darmftadt 1843, IV.
"" Gotler. in den Milth. XIII, 8. XXXVIII.
"I .iVbb. Carl Wolf, Meran S. 68; y,>han>ies und iVoi-, Burgen von Tyrol,
Taf. 3.
'33 Vgl. Heider, Die Kirche zu Schöngrabern in Nieder-Oefterreich
S. 154; Mitth. I, S. 64; Karl Eggers, Kunfthiftorifche Wanderungen in und um
Meran S. 14; Graf v. Giovanelli, in den Beiträgen zur Gefch-, Stat. und Kunft
von Tyrol IV, S. 153; Beda Weber, Das Land Tyrol II, S. 338; Tyroler Monats-
blättcr. Innsbruck 1858, S. 228; Jo/eph Thaler, Alterthümliches aus dem
Burggr.ifenamt in den Mitth. X, S. LXXIX; Neei in den Mitth IV, S. 333:
.1/: in den Mitth. N. F. IV, S. LXIII ; y. Thaler, Die Portale im SchlolJ
Tyrol. Innsbruck 1858; Derf. Gefchichte Tyrols I, S. 140; Rud. Seydel, Die
Portale auf Schloß 'I'yrol und Zenoburg in d. Jahrb. für Kunft u. Wiffenfchaft
IV, S. 358; Theodor Hutter, Das Portal der Capelle in der Burg Tyrol in
technifcher und fymbolifcher Beziehung in dem Botzener Kirchenfreund II,
1868, Nr. 10; .)/. Koch, Die Portale aufschloß Tyrol und Zenoburg, fowie das
Löwenthor an der Pfarrkirche zu Botzen im Correfpondenzblatt des Gefammt-
Vereins II, S. 8i. Vgl. dazu noch über die Kirche y. Thaler, Die uralte Pfarre,
und Kirche zu St. Peter bei Tyrol: Oftergabe des Meraner Lefevereins 185g
S. 5: Botzener Zeitung 1859, Nr. 30; Hiftorifches über die Pfarrkirche zu
Tyrol in der Volks- und Schützenzeitnng für Tyrol 1859, Nr. 53, 56, 57.
i6*
124
Mit Burg Tyrol ftand die Brimncnbiirg , feit 136 1
im Befitz der Vögte von Matfch, '•''^" auf dem vor-
gefchobenen Grate der Tyroler Berglehne gelegen, in
Verbindung, ob durch unterirdifche Gänge, wie Staffier
annimmt, '•'•' ifl: fehr zweifelhaft, wahrfcheinlich nur durch
Befeftigung des dazwifchen liegenden Kegels. Der
Grundrifs fchmiegt fich vollkommen der Formation des
Terrains an. Der Thurm A (Fig. 7) zeigt ftarke Eckver-
klammerung durch behauene Quadern, die äußeren
Seiten beflehen aus zugerichteten Quadern bis in die
Höhe des zweiten Stockwerkes. Von hier an ift der
Zu'ifchenraum zwifchen den Eckquadern nur durchFind-
linge in ftarker Kalkbettung gebildet, innen ift vielfach
Fig. 9. (Ober-Mont.ini.)
Schotter zur Füllung verwendet. Der obere Theil des
Mauerwerkes zeigt tlieilweife ährenförmige Steinlage,
die Fugen find roh mit dem Finger ausgefchmiert. Der
Thurm fteht nicht genau in einer Linie mit der Ein-
gangsmauer, fondern ragt etwas darüber hinaus, da-
durch ifl: der Angreifer den Gefchoßen von zwei Seiten
des Bergfritcs ausgefetzt. An den Thurm A fchloßen
fich rechts dieWirthfchaftsgebäude B an, zurLinken er-
hoben fich gerade über dem Abhang Palas C und
Kemenaten D. Der Palas zeigt ähnlich wie Boymont
ein mächtiges gewölbtes Fenfter, das wohl ehemal.= für
einen hölzernen Balcon als Austritt diente.
Die Zenoburg bei Meran geht wie Schloß Tyrol
auf römifche Hefefligungen zurück. Wahrfcheinlich war
derFelfen in die Anlagen hineingezogen, die in weitem
Umkreife das Caflrum auf dem Küchelbcrge umgaben.
Das Edelgefchlecht von Suppan erfcheint fciion 1140
mit dem Prädicat de monte St. Zenonis, '•''* 1 1 69 taucht
CS auch in Goswin's Chronik von Marienberg unter
diefer Bezeichnung auf Der Name rührt von der
'•*« Kn^l im Archiv für Kunde öfterr. f)cfchicht«q!iellen V, S, 383, IV.
'" Siafßer, .-1. .*». O. II, S. 680. Abbildung bei Johannes und N^l'e, ßurgen
von Tyrol 'rafel r<.
I** liranäis, I. c. Ehrenkran?! 11, S. 93, 1358 als caxlrum sandli Zenonis
apud Maianum erwähnt; !ylam/'/rr, Chronik von Meran S. 19.
Capelle des heil. Zeno her, die auch um 1240 in dem
Legendarium des Dominicaners Bartholomäus von
Trient erwähnt wird: ecclesia sancti Zenonis, quae sita
est in monticula super flumen Passerem inter castrum
Tirolense et villam Mais. '■'' Aber fchon die Belagerung
durch Karl IV. im Jahre 1347 zerftörte einen großen
Theil der Burg, die bis dahin eine Lieblings-Refidenz
König Heinrichs gewefen war'^''" und bereits 1640
berichtet Graf Max v. Mohr, dafs von dem Schloß nichts
übrig geblieben fei als die Kirche und ein Thurm. '■"'
Die Kirche ift eine einfache kleine Capelle mit halb-
runder gewölbten Apfis, dicht neben ihr befindet fich
ein ganz cimlich conftruirter wenig kleinerer Raum;
das Portal fchmücken Sculpturen, die denen
von Tyrol völlig entfprechen und wahr-
fcheinlich der gleichen Künftlergruppe
ihre Entflehung verdanken.'*^ Der Thor-
thurm zeigt einen bemerkenswerthen Erker,
von dem nur noch die vier Tragbalken
und das fchmale Dach erhalten find. Den
hinteren Raum des Burg-Terrains, rechts
von der Capelle, trennt eine ftarke Mauer
mit vorgelegtem Stützmantel ab, hart am
Felfenabfturz ftehen hier als einzige Refte
der VVohngebäude noch die Fragmente
eines viereckigen Thurmes und die Grund-
mauern zweier länglicher in ftumpfem
Winkel aufeinander flößenden Trafte.'''*
Die ausgedehnte Ruine der Burg
Wangen erhebt fich auf demfleilflen felfigen
Vorfprunge unweit des Langeck-Hofes über
der Talfer, zwei Stunden von Bozen ent-
fernt, nur an der Oft:feite mittelft einer
Felstreppe zugänglich. Das ganze fchmale
Felsplateau ift von einer Ringmauer einge-
faßt, innerhalb derfelben der Boden erhöht.
Ganz frei liegt auf dem fo gefchaffenen
'^^^ Piedeflal das riefige Herrenhaus mit dem
Bergfrit. Das Schloß ward zwifchen 1209
und 1241 von dem gleichnamigen Edlen
erbaut.''" Ihre Stammburg lag drei Stunden weit ent-
fernt auf dem Pfarrhügel von Dorf Wangen oder auf
dem gegen das Sarnthal zu gelegenen Felsvorfprung,
13,'. Nach Liitiurner, Befchreibung von Meran im Tyroler Nationalkaien,
ilcr für 1834, S. 78 und Jo/fph Thaler, Gefchichte von Tyrol S. 163 die Capelle
von St. Corbinian erbaut. Vgl. Philipp Neel>, St. Zeno und feine Kirchen in
den Mitth. IV, S. 333; derfclbe in der Oftcrpabe des Meraner Lefevercins 1859,
S. 9; Uot/ener Zeitung 1859, Nr. 32 — 34. Vgl. G, Tinkhau/er, in den Mitth. II.
S. 323. Nach Schduherr ift auch der Erbauer des SchlofTcs erft (Jraf Meiii-
bard H. von 'j'yrol; ein im Statthalterei-Archiv /u Innsbruck liegendes Urbar
von 1285 befagt: min hcrr hat gcfchaufTet von Oebhart dem Suppan finen
teil der bürge zu fand Zcncnberge per MXL. — Itcm alteram partem cinsdcm
oastri emit dominus incus de p.'ilrun üebhardi Supani etiam per MXL. Vgl.
Atz in den Mitth. N. F. IV, S. LXIII.
'*''« Egser, Gefchichte von Tyrol I, S. 359. 564.
n« Neeb, in den Mitth. IV, S. 333.
"' Vgl. Tinkhau/er, in den Mitth. II, S. 322. Die jetzt beflehcnde Capelle
rührt w.-ihrfchcinlicli von einem durch papfttichc Ablafsbriefe von 1388 bekun-
detcn Wicderhcrfteliungsbau her {Olle a, a. O., .S. 700). Darnach würden auch
die 'I'yroler Sculpturen cirt an den Ausgang des 13. Jahrhunderts zu fetzen fein.
Vgi. F.i;/:er im dcutfchcn Kunftblalt 1858, S. 139.
'^'' Abbildungen in der llluftiirtcn (Leipziger) Zeitung 1869. Nr. 1334, Vgl.
AI. Ko'h im Currefpondenzblatt des (lefammtvereins II, S 81.
'**" Im Jahre 1309 bclclnit Hifcliof Kricdrich von Trient die Brüder Adal-
bero tuid Herthold von Wangen mit der Anhohe und dem dabei beliiullichen
Mcierliofc zu I. angeck, um dafelbft ein bcfcftigtes Haus zu bauen. (Cod, W.ui-
giamiÄ Nr, 83), diefes wird im Jahre 1241 genaiuit (ebenda Nr. 18^). Just,
/.ailuyner, Die Edlen von Wanga im Archiv für 'l'yrol, (jcfchichle II, S. 209.
Zucrft ein Wang;ts genannt 814 yMohr, Cod, diplom. Rhact. 1, Urkunde 24),
998 ein Wanges {Mohr, Urkunde 731, 1218 Wangin (j»/o/ir, Urkunde 188), 1178
erfcheint Albero de Wangen {v. iiormayr, (Jefchichte der (.Iraffch.-tfl Tyrul
I, 11. Urkundenbuch S, 87), hn Jahre 1235 ift das Gefcblecht in dem liefil/c des
wichtigen ßotzencr Hohes illoritiayr, Gefchichte Tyrols S, 322,- A. yHt^er,
Landftandifi:he Vcrfaffung 1, S, 249), Vgl, Anto» Einiiiert, Mnnumenta 'I'irolensia
in Chmcis Oefterreichifchem Gefchichlsforfclier I, S 566. 570, Johann Mal/etti.
Hiographic Kriedrichs von Wanga, 'rricnter Gymnafial Programm vrin 1858,
125
von dem jetzt das St. Johannes - Kirchlein licvab-
blickt.""'
Der Befitz der Grafen von Eppan reichte durch
das ganze Vinftgau bis ins Munllerthal, hart bis zur
Graubündner Granze. Die Burg Reichenberg war hier
ihre Gränzvefte, die fie mit allen Mitteln der Technik
befefligten. Als die Macht der Eppaner gebrochen
war, kam die Burg in den Ikfitz der Herren von Rotund,
Fig. 10, II. (Unter-Montani.)
die fich nun die Reichenberger nannten,'*' nach ihrem
Ausflerben in die Hände der Schlandersberger. '*^ Die
Burg war ehemals Churer Lehen, das fpäter an die
öfterreichifchen Fürften überging. Friedrich mit der
leeren Tafche zerftörte Reichenberg wie Rotund. Die
zwei Burgen bilden zufammen mit dem tiefer gelegenen
Thurm Helfmirgott, einem runden Bergfrlt mit Auffatz
von kleinerem Durchmeffer, eine zufammenhängende
Befeftigungsanlage, die die Straße nach Münfter be-
herrfchen Ibllte. In Reichenberg bildet den Mittelpunkt
der alte Eppaner Bergfrit, auf den oben zwei fpätere
Stockwerke mit fchmalen Fenfterfcharten aufgefetzt
worden find. Die Wohngebäude lehnen fich direcl an
ihn an und erreichen faft feine Höhe, nur nach dem
Thal zu hatte eine reichere Fenfler-Architektur Raum.
Das Herrenhaus bildet ein unregelmäßiges Sechseck.
Zur Seite ift etwas tiefer noch ein Theil der Ring-
mauer mit einem Halbthurm erhalten. Rotund (Fig. 8)
'*" Lehensbrief des Kaifers Max \on 1497, worin er an Paul von I.iechten-
ftein den bden Biirgftall St. Johannes-Kofel und Wangen verkauft. Jetzt heißt
das Schloß allgemein Langeck. fo auch in Peter Anichs Karten. Seit den Zeiten
Kaifer Maximilian 's Ruine un<l in den Urkunden nie mehr erwähnt.
•*' In einer Urkunde von 1178 zuerft genannt Schwikerus de Reichenberg
[v. Horwayr, Urkundenbuch II, S. 87). Derfelbe in einer Urkunde des Bifchofs
Egino V. Chur 1160— 1186 (Archiv des Fraiienftiftes Münfter in Oranbiinden).
Ein zweiter Schwicker 1211 (Urkunde im Archiv für Gefchichte und Statiftik
XVIII, S. 544) und 1258 (Annal. Curiens. Ms. A. 48—54).
"'- 1310 verkauft Bifchof Siegfried v. Chur dem Heinrich v. Reichenberg
die Burg Rotund mit Weg, WalTer, Weide und Aeckern, die ob der Burg an
der Halde gelegen, um 160 Mark Berner, je für die Mark 10 Pfund Berner
gerechnet, wofür der Herr von Reichenberg dem Bifchofe verfchiedene Getreide-
und Käfegülten, von 144 Muth 2 Theile Roggen und den 3. Gerftc, und
74 Schott Käfe, jede Muth zu 7 Pfund Berncr, und 2 Schott Kafe, für 7 Pfund
Berner Geldwerth angefchlagen, überantwortete. Diefe für die materielle Wcrth-
fchätzung der Burg höchft interelTante Urkunde in den Annal. Curiens. Ms. B. 26.
1382 verleiht Bifchof Johann v. Chnr, dem die Vefte Rotund ob der Burg Reichen-
berg als Gotteshauslehen anheimgefallen, folche an Herzog Leopold von üefter-
reich (Annal. Curiens. Ms. B. 83I. Vgl. auch P.tu! Giemen, in den Mitth. N. F.
XIV, S. 186, Anm. 2. Verzeichnis der Aemterund Güter, die die von Reichenberg
vom Bisthuni Chur zu Lehen hatten aus dem 13 Jahrhundert bei A. Jäger, Enge-
deinerkrieg S. 170; Tk. v. Mi>hr. Cod. dipl. III, Nr. 3, S. 8. Ulrich Campella,
Zwei Bücher raetifcher Gefchichten I, S. 132.
zeigt wie Fragenflein und Petersberg abfeits nach dem
Berg zu eine eiiifame Warte, einen alleinflehenden
runden Thurm mit hochgelegenem Eingang, der untere
Theil nur aus groben Findlingen und rollen Bruch-
fleincn gebaut, erfl in den oberen Partien kommen be-
hauene und mit dem Hammer gerichtete Steine in einer
Bettung fehr grobfandigen Mörtels zur Anwendung. Die
Wohngebäude lagen hier nach dem Dorfabhang zu, die
Schiidmauer zugleich als Befeftigungs-
mauer dienend, der polygonale Hof dem
Thale zugekehrt.
Am Eingange des engen Martellthales
an der reißenden Plima hatte im Jahre
1228 Graf Albrecht von Tyrol das obere
Schloß Montani (Fig. 9) errichtet, mußte
aber, da die Bauflelle dem Bifchof zu Chur
durch kaiferliche Schenkung eigen war,
nochmals dieBurg als churifches Lehen aner-
kennen.'*-' 1331 ward das Schloß an Dietrich
von Marötfch verliehen, der von diefer Zeit
an den Namen de Montani, Munteni führte.'**
1495 erhielten die Brandifer von Leonburg
die halbe Vefte, 1501 wird Viftor von Mon-
.tani mit der anderen Hälfte belehnt. '***
Durch ihn wird die Burg, befonders der
Innenhof, einem gründlichen Umbau unter-
zogen. Durch drei Thorbogen, auf einem
vielfach gewundenen Wege, der von dem
Thurme aus völlig beherrfcht wird, gelangt
man in den Burghof, lieber der ganzen
Breite desfelben ift zuletzt ein weiter Bogen
gefpannt. Zur Rechten erhebt fich der 1544 durch
Viftor von Munteni neu errichtete Palas. Zu unterft
eine offene Halle, eine Loggia mit marmornen Pfeilern
und einem marmornem Knofpen-Capitäl, die Gewölbe
Fig. 12. (Fragenftein.)
leicht gedrückt mit fchmalen Rippen. Rechts daneben
öffnet fich eine zweite Halle, mit einem einzigen fpitz-
bogigen Gewölbe und zwei Nifchen an der Seite. An
**3 Urktmde vom ii. November 1228. Quod idem comes aedificavit
castrum quod dicitur Montani in fundo ecclesiae zu Worms: t. Hormayr, Bei-
träge I, II, S. 1^0; Mohr, Cod. diplom. p. 308, Nr. 200. Außerdem mußte
Albrecht dem Bifchof die Vefte Steinberg im Unter-Engadin zufprechen. Vgl.
Brandis, Ehrenkränzl S. 187. Nicht zu verwechfeln mit dem Montani bei Bruneck
(Adia Tirolensia I, S. 39, Nr. 95). Noch 1348 wird durch Karl \\ . dem Bifchof
Ulrich v. Chur das Schloß rcftiluirt {^Eichhorn, Ep. Cur. Cod. prob. Nr. 104,
p. 117; ZI. Mohr, Cod. dipl. III. Nr. 30, S. 47).
'" Paat Clemeil, in den Mitth. N. F. X\\ S. 190.
'**^ Die eine Hälfte war ehemals im Befitz der Maretfcher. 1421 wird
Joachim v. Montani mit diefem Theil belehnt (.■\rchivbcrichte S. 436, Nr. 2500);
im Jahre 1501 verleiht Kaifer Max die durch den Tod des Hans Krandis heini-
befallene halbe Burg an Vi(51or von Montan und .\nton von Brandis (Archiv-
gerichte S. 444, Nr. 2571).
126
diele fchließt fich der altere Theil des Herrenhaufes,
mit einem Zinnenkranze gefchmückt, ein fchmales
gewölbtes Treppenhaus tritt vor dasfelbe. Ueber der
erften prächtigen Loggia dehnt fich ein großer Saal
mit weiten Lichtöffnungeii. Ein vorzüglich gearbeitetes
Marmor-Medaillon ift über der mittleren Säule ange-
bracht, es zeigt die Wappen der Munteni und
Schrofenftein mit der Umfchrift:
Vi6lor von Manteny Margret von Manteny geporn
von Schrovenstain 1544.
Zur Linken des Thorbogens erhebt fich der
zinnengekrönte Bergfrit von bedeutender Stärke. '*'
Die Burg Unterjiiontatii [¥\g. 10, 11) entftand wohl gleich-
zeitig mit der Gründung der Oberburg zur Vertheidigung
des langfam abfallenden Felsgrates. Sie befleht aus
einem außerordentlich ftarken Thurm mit niedrigen Zin-
nen und dünnen Spitzfenftern und einem nicht direft da
ran gelehnten Wohngebäude, das rings von hoher Wehr-
mauer mit Zinnenkranze umgeben ilL Litereffant ift
die Thorbefeftigung mit den Zuglöchern für die Zug-
brücke, die über den künftlich hergeftellten Graben
führte.
'-'~y j
Fig. 13. (Liclitcnlier^.)
Eine ähnliche Stellung wie Montani, Tfchengls
und Pröfels nimmt die Burganlage von Fragoißei)'.
nordvveftlich von Zirl an der Zirler Klamm ein. Das
Schloß (Fig. 12) entfland in feiner jetzigen Form im Laufe
des 13. Jalirluinderts — wahrfchcinlich im Jahre 12Ö4 '*''"
— eine Erweiterung fand erft, nachdem der Bau 1480 in
landcsfürftlichen Befitz übergegangen, durch Kaifcr
Maximilian ftatt. Im Jahre 1227 erfcheint zuerft ein
Friedrich von Fragenftein, 1229 ein Ulrich, 1239 ein
Griffo von Fragenftein, fchon 12S4 flirbt die erfle
Linie des Gefchlechts mit dem kindcrlofen Conrad
aus.'** Die wcftliche kleinere Anlage iR ebenfo wie
Unter-Montani ein vollftiindiger Burgflaii. Er befleht
aus einem quadratifclien Bergfrit von io"5 Fuß Durch-
nieffer, mit aus Bruch- und Backfteinen errichteter fafl
5 Fuß dicken Mauer, erft im zweiten Stock zeigt er eine
behauene im Rundbogen gefchloffene Pforte. Nach
Süden legt fich ein fchmalcr Platz, 20 Fuß breit,
\C) Fuß lang davor, umgeben von einer 4 Fuß dicken
*** Abbildungen bei PaiilCleinen,^c\\\<i{^QT undHiirKcn inTyrnl im IJ^ihcitn,
1890, S. 716.
^^^a Fr. Nigroniis. Die iiefiirftetc Gr.Tffcbafl Tyrol S. 573.
'^* Noch 147a erfclicint in der 'l'yrolcr AilcUm.itrikcI ein Oefcblecht der
Etilen von Fraßenftcin; dies ift dcmnflch ein /weile» (Jcfchlcrlit, d.'i» dem erften
i^efolgt. Vyl. I.)ic erlof'Jieneii lyrnlir<:lien A^leNReffrbleelitcr in der Neuen Zcil-
fchrifl des Fcrdinandeum» XI, S. 88. i-.((>q ein Ud.ilricu» de Kr.-tKcnftein narh
Ilrandis, Ehrcnkranzl 11, S. 16C).
Ringmauer, mit dem Zugange gegen die tiefer gelegene
Hofburg. Die öftliche Hofburg felbft war auf einer
gemauerten I2 Klafter langen Brücke zugänglich, die
auf zwei Pfeilern ruhte. Man gelangte auf ihr in einen
Thorthurm, der nach beiden Seiten kleine Lugfenfter
zeigte und fo weit über die Ringmauer hervortrat, dafs
auch ein feitlich anfchleichender Feind erblickt und
befchoffen werden konnte. Der Weg wendet fich dann
zur Rechten nacli dem ftattlichen Bergfrit C, der
15 Klafter hoch war, 21 Fuß im Gevierte maß mit einer
6 Fuß dicken Mauer, die eine Eckverklammerung aus
behauenen Quadern zeigt. Der Thurm enthält drei
Stockwerke, vom zweiten Stock aus führte eine Thür
in den dire6t an den Thurm gelehnten Palas C, der
nur fchmale Räumlichkeiten enthalten zu haben
fcheint.'*' Nach dem Abhänge zu zeigten fich etwas
tiefer liegend die Refl-e eines weiteren Gebäudes D,
das wohl Wirthfchaftsräume enthielt. Die Ringmauer
ift nur bruchftückweife erhalten. Die Länge der Hof
bürg beträgt von Norden nach Süden 15 Klafter, die
Breite von Welten nach Often 10 Klafter.'*®
Die Burg Lichtenberg (Fig. 13) bei Glurns, einft die
Gränzveftc des Landes gegen das Engadin, erfcheint
fchon um die Mitte des 13. Jahrhun-
derts.'** Im Jahre 1259 Witwenfitz der
n Gräfin Elifabeth von Tyrol. '*^" Die Rit-
• \ ter von Lichtenberg erlofchen 1420
I mit Daniel von Lichtenberg; '''" durch
I Veronica von Lichtenberg kam es an
1 die Spaur, von diefen an die Grad-
t..,^ ner, die aber durch Confiscation die
v;'_ — -• , Burg verloren, und weiter an die
" ^ ' ' ' " Grafen von Khuen .'•"' Umgebaut
und erweitert ward die Vefte durch
Jacob Grafen von Khuen, Erzbifchof
von Salzburg, der unter Beibehaltung
des alten Mauerringes das Hoch-
fchloß erweiterte, den nördlichen
Traft hinzufügte und die Capelle über
der Eingangshalle errichtete. Seit der Zerflörung durch
die Franzofen ift das Schloß dem Verfalle anheimgege-
ben. Eines der ausgedehntellcn Trümmcrfcklcr Tyrols
füllt die -flache Hügelkuppe über Dorf Lichtenberg.
Eine hohe zinnengekrönte Ringmauer umzieht das
ganze Plateau, der langfam auflteigende Fahrweg ift
gleichfalls durch eine Mauer gefchützt. Der iiltefle Theil
ift der zur äußerften Rechten gelegene miichtigc Rund-
thurm, mit einem Mantel am Fuße, von einem Zinnen-
kranze gekrönt, ehemals von einer Reihe von Pecli-
nafen umgeben. Dicht daneben ift der Eingang in den
vordem Burghof Ueber der Thoihalle liegt die Burg-
'*' Im Jahre 1469 wird von einer Kinweiluing der Scllloß-Capelle durch
Rifchof (ieorg II. von Brixcn berichtet. Wo dicfeibe fich befunden, ift nicht
nacb/uweifcn.
'*•* ICinc Befchrcibunf; der Burg bei 7. Zingerlc, die Burgen im Obcr-
Innth.de Tyrols in den Mittli. V, S. 324. Anficht bei Johannes und Noe, Burgen
von 'ryrol 'l'af. 15.
'*" Urkunde von 1252, als Sclüedsrlcbtcr Ilertnann von Lichtenberg (Annal.
Curicns. Ms. A. 43; Alb, Jäger, im Archiv XV, S. 345). 1313 Dyetniarus de
Liclhenlierg (Urkvni ie bei Gosiuiit, Maricubcrger Chronik 125, 130).
'*"(/ Fr. Nit^rinus, Die gefürftctc tlraffcbaft Tyrol S. 63 i.
I-'" So nach lirandU, Ehrenkranzl S. 152. Nach Sla/ßer, a. a O , II,
S. 168 und Milth. N. F. VI, S. CXXV. Im Jahre 1380 wird Wilhelm v. Lichten-
berg mit der Vefte Iicichnt (Archivberichtc S. igo, Nr. 886), Im Jahre 1411 Daniel
1417 Cbriftian v. Liechtenberg { Arcliivberichte S. 191, Nr. 895,900); 1395 beftand
fchon die Capcllc auf dem Berg (Mohr, Corl. dipl. III, Nr. 187).
•■"•' Nach fidiriftlichcn Mitthcilungcn des ObcrftlieutenaiUs Crafen Gafton
Khuen in Linz. Im Jahre 1503 wird die Burg durch die Herren von Spaur nn
Pangra/ Chueu, Hauptmann und Vikari auf Nons und Sulz verpfändet, 1506
wieder den» Hans v. Spaur verliehen (Archivbcrichle S. 197, Nr, 9.(9, 951). Im
Jahre 1577 wieder im Bcfit/ der Kreiherrrn von ('bncn von Belafi, IMlcger von
Nandcrsbrrg {Uirnh v. Cainf<e//, Zwei Bücher raetifcher (Jefcbichte I, S. 136).
127
Capclle, die dt-in Clior gegenüber eine geräumige
Empore als Aufenthaltsort der Schloßherren zeigte.
Der vordem Ringmauer zugekehrt zeigen fich die
Refte — nur drei Wände find ftehen geblieben —
eines thurmartigen dreiftöckigen Wohngebäudes, das
fich hoch über die Ringmauer erhebt, zur Rechten
lehnte fich ein niedrigeres Wirthfchafts-Gebaude daran,
von dem nur noch der Giebel fleht. Am äußeren linken
Ende zeigen fich die Neubauten des Salzburger Erz-
bifchofs, fämmtlich auf den Fundamenten einer älteren
Anlage errichtet. Das Ilinterfchloß, der Palas ift eine
der riefigften Saalanlagen Tyrols. Uebcreinander liegen
zwei mächtige, wie es fcheint ehemals die ganze Breite
des Baues, wie in Boymunt, füllende Räume mit weiten
Lichtöffnungen und Sitzen in den Fenflernifchen. Die
noch erhaltene Bemalung ''^ gibt den Beweis, dafs das
Hochfchloß in diefer Form bereits in der erften Hälfte
des 15. Jahrhunderts befland. Die Erweiterung durch
Johann Jakob von Khuen kann demnach nur die An-
bauten betroffen haben. Von dem runden Eckthurm
führt eine anfteigende Zinnenmauer nach dem Hoch-
fchloß empor, ein viereckiger Thurm lehnt fich in der
Mitte an fie, eine Treppe führt in der Form eines
Laufganges neben der Mauer empor. Die Federfkizze
im Brandis'fchen Codex (Fig. 14) gibt ein ziemlich ge-
naues Bild des Schloffes vor der Zerftörung. Die
Capelle war mit einem fpitzen Dach eingedeckt, ein
ebenfolches krönte den Wohnthurm in der Mitte der
vorderen Ringmauer. Ein am linken Ende der Hinter-
burg fich zeigender Bergfrit ift gänzlich verfchwunden.
Zu hoch erfcheint der die linke Flanke deckende
zinnengekrönte Vierecksthurm. '"'■'
Ift das Etfchfchloß des Salzburger Erzbifchofs
der Zerftörung anheimgegeben, fo ift der Sommerfitz
des Churer Bifchofs um fo vollftändiger erhalten, zum
Theil noch mit der alten Einrichtung, Wandverkleidung
imd Verzierung, zum mindeften faft ganz unter Dach
luul Fach, die Fürßenbitrg bei Burgeis. Auf einem fafl
in das Bett der tofenden Etfch hineingefchleuderten
F"elsklotz liegt das braune Gemäuer, auf dem oberften
Zinken der bis zur vollen Höhe erhaltene Bergfrit,
tiefer nach dem Waffer zu fich ziehend die Wohnge-
bäude. Schon Bifchof Heinrich von Chur hegte den
Wunfeh, hier eine Vefte zu errichten'"'*, aber erft Con-
rad von Belmont, der 1272 Bifchof geworden, führte
den Plan durch, erwarb von Meinhard von Tyrol den
Burgplatz '^■'' und erbaute das Schloß;'"'" 13 10 wird hier
!■" Vgl. ausführlich Mitth. N. F. VI, S. CXXV; Paul Clciitcn in iluu ,MilUi.
N. F. XIV, S. 187. Abl)ildungcn bei Piuil Clemen, Schlöffer und Burgen in
Tyrol ini Daheim 1890, S. 716,
''■' Unklar erfcheint mir die Stellung der drei Thiirrnchen rechts. Hier
tritt ergänzend hin/u eine Zeichnung des Schlofles auf dem dritten Bilde des
Wandgemalde-CycUis im St. Ghriftian-Kirchlein zu Lichtenberg (infchriftlich
1575 entftanden). Es zeigt das Dach der über dem Thoreingang gelegenen
Capelle als abgeftumpftcn Kegel und direkt über diefem als Thurmauffatz das
auf der Erandisfehcn Zeichnung zu weit nach rechts gerückte Thürmchen. Eine
merkwürdige Aehnlichkeit in der Anlage mit Lichtenberg zeigt die Burg
Stahremberg in Nieder-Oefterreich (Mitth. XV. S. 97), bereits im 11. Jahrhun-
dert gegründet (J. Newald, üefchichte von Guttenftein 1870, I. S. 43I.
'■■> Vgl. ausführlich Coelejiiti Stampfer, Gefchichte des SchlolTcs Fürftcn-
burg im Vinftgau: Programm de> k. k. Gymnafiums /u Meran 1866 — Ö7. Nach
Conradin -j. Moor, die Herren von Tarasp (Rhaetia II) wäre der Baiihc.r in
der That fchon Heinrich IV. von .Montfort (1251 — 1272). Goswtn, Chronik von
Marienberg ed. Basilius Seh« > tzer p. 49 : Postea vero dominus Hcinricus epis-
copus Curiensis dictam collem a domino Meinhardo comite de 'l'yrol eniit pro
qnibusdam praediis et castium, quod nunc Fürstenburg dicitur, in eodem loco
f.abricavit. Vgl. p. S8, 89, 106, 114, 136. 140, 144,228,231. Diefe Nachricht, wie
die folgenden Uikunden erweifen, ifl Irrlhum.
•^' Urkunde in Annal. Curiens. Ms. B. 14; Konrad, Freiherr v. Belmont,
Bifchof von Chur. taufcht von Meinhart von Tyrol gegen iwei Höfe eineti
Hügel ein, auf dem die St. Fhiriani-Kirchc ftand und wo hernach das SchloB
Fürftenburg erbaut ward. Archiv XV, S. 346.
'■■'* Eichhorn, Episcop. Curiens. p. 97; Perennem porro sui inemoriam
reliquit Conradus in Venusta valle, ubi prope Burgusiuin ex consensu Mein
die erfte Urkunde ausgeflellt,'^' wiederholt wechfelt
das Schloß in der Folgezeit den Befitzer, es dient den
Bifchöfen von Chur durchweg als Pfand-Objeft '''" Ein
erfter bedeutender Erweiterungsbau fand ftatt 1388
unter Bifchof Johannes von Chur, „daß er das Schloß
Fürftenburg mit vil aufgefierten Mauern und ander-
weitigen Bau verbefert'', berichten die Annales Curien-
ses. '■■* Bei der Schlacht auf der Malfer Heide am 22.
Mai 1499 litt die Burg von neuem großen Schaden.
So kam im 16. Jahrhundert unter dem bauluftigenSchloß
hauptmann""' Conrad Rafchär eine zweite Periode
der Erneuerung, die von 1545 bis 1617 reichte."*'
Aus diefer Zeit ftammte die Vertäfelung der Zimmer
und der reiche malerifche Schmuck der einzelnen
Riuime und der Hoffagade des Palas. '"^ Die Burg bildet
ein unregelmäßiges P'ünfeck, das eine gleichmäßig holie
Wehrmauer umzieht, nach dem höchften Theile der
Hinterburg treppenfönnig auffteigend. Dort beherrfcht
der riefige Bergfrit, auf den im 16. Jahrhundert wohl
ein letztes Stockwerk mit Schlitzzinnen aufgefetzt
ward, vollkommen die am F'uße vorüberführende
Kig. 14. (Lichtenberg.)
Etfchrtraße. Diefer hintere Theil des Schlofles ift der
ältefte, er ift von der Unterburg noch durch eine Wehr-
mauer getrennt, die einen neuen vollftändig verthei-
digungsfähigen Abfchnitt bildet. In diefem Theile,
alfo auf dem höchften Punkte liegt auch die Cifterne.
Der einzige Zugang der Burg befindet fich auf der
hardi junioris comiti Tyrolensis arcem Fürstenburgicam magnis sumptibus
exstruxit. In dem dem 15. Jahrhundert angehörenden Verzeichnis der Sch.'olTer
des Gotteshaufes zu Chur heilit es {Eichhorn, Cod. diplom. p. 159): Item die
Vefti Fürftenburg, gelegen an der Etfch, die Bifchof Conrad von Belmont
gebauwen hat, ift mit Leut und Gut des Gotteshus zu Chur, da zu den Ziten
/u Chur Bifchof was, do man zalt a. d. 1282. Vgl. Annal. Curiens. Ms. B. 14:
1282. 25. Sept.: Conradus episcopus Curiensis in arcc Fürstenburg, quam a se
struClam incolere coeperat, magno bonorum omnium iuctu morte abripitur. Vgl.
Gul>r. Biicelin, Rhaetia Sacra et prophana I. p. 261. Nicht in Einklang hier-
mit zu bringen die Nachricht. d.-Lfs 1289 Heinrich von Rhazuns dem Bifchof
Friedrich von Chur einen Theil des Berges verehrt, auf dem Fürftenburg
erbaut: Annal. Curiens. Ms. B. 16.
>=" Annal. Curiens. ■„Ms-JP.. 26.
'» Die Urkunden Annal. Curiens. Ms. B. 31, 32 33, 42. Archiv für Kunde
ofterreich. Gefchichtsquellen XV, S. 346; Alphons Huber, Vereinigung Tirols
mit Oefterreich S. 199. Im Jahre 1358 crftattet Ludwig Markgraf von Branden-
burg dem Bifchof Peter von Chur das Schloß (;'- Mohr, Cod. dipl. III, Nr. 76),
1366 verpflichtet üch Bifchof Peter die Burg den Herzögen von Oefterreich
gegenüber olTenhalten zu wollen (Cod. dipl. III. Nr. 130). InterelTant ift die
Notiz .-Xnnal. Curiens. Ms. B. 84: Johann v. Chur übergibt dem Conrad von
Stadion die Vefte und jahrlich 40 Mark Tyroler Münze zur Burghut und
niehicren :inderen namentlich aufgeführten Bezügen, dafür folle Stadion die
Burg wohl verforgen mit einem Thürmer, mit Wächtern, die ftcts in der Burg
bleiben müC-ten, und mit einem Thorwartc. Conrad v. Stadion wird im Jahre
1382 belehnt (i/. Mohr, Cod. dipl. IV, Nr. 53).
'S' Cod. Stampfer, a. a. O. S. 10.
'«' Ueber die Füiftenburger SchloOhauptmannfchaft vgl. Alb. Jacger,
Engadiner Krieg S. igS ; Sprecher, Pallas Rhaet. p. 240.
"■1 Im SchlolShofe findet fich die Infchrift: Conradt Rafchär der Zeitt
Haubtmann zu Fürftenburg Maria Rafcharin Geborne von Saus Haubtmannin.
.■\m haufigften die Jahreszahl 1545 angebracht, am BurgverlicIJ 155S, am
K:iniin im Ritterfaal r593, in der Capelle 1617.
' - Faul Clemen, in den Milth. N. F. XV, S. 84.
— 128 —
Seite des Dorfes Burgeis. Der Burgweg fiahrt durch
einen völlig erhaltenen zinnengekrönten Zwinger — nur
der fchmale Thorthurm ifl: zerftört — , dem zum Ucber-
Fig. 15. (Fürflenburg.)
niedriger nnKJer
fluß nach der Etfch hin noch ein
Wartthurm, der beide Flanken der Burg beherrfcht,
zur Seite tritt (Fig. 15). Die eigentliche Angriffsfront ill
dieDorf- und dieStraßen- undBergfeite, darum findauch
dem Hauptwohngebäude alle diefen abgewandt nach
der Etfch zu. Direft über dem Thorwege liegt, wie in
Lichtenberg und Boymunt, die Schloß-Capelle. Zur
Rechten, nach dem Bergfrit zu, fchließen fich eine
Reihe Wirthfchaftsraume an, zuletzt die Kirche, links
liegt ein fefter mit einer Tonne überwölbter Raum, mit
zwei Fenflerfchlitzen nach der Etfch zu, einem kleinen
Fenftcrchen mit Austritt nach dem Thorwege, wahr-
fcheinlich eine Art Archiv. Die Reihe der Wohnzim-
mer im oberen Stock eröffnet an der Ecke das Fürften-
zimmer, an das fich zur Linken zwei kleinere Neben-
räume anfchließen. Eine ganze Seite des Fünfeckes
nimmt fodann der große Ritterfaal ein, mit fechs
Fenftern, alle mit geräumigen Seitenfitzen, die Decke
von ftarken Balken getragen. Der Saal ift 26 '/j Schritt
lang, 12 Schritt breit. Hinter dem Ritterfaale zieht fich
nach dem Hofe zu ein breiter Gang mit offenen
Fenfterluken, an feinen Verlängerungen liegen an
beiden Ecken des Hofes zierliche weit vorgekragte
Erker."''' Am weiteflen ifl die Zerftörung an den öft-
lichen dem Eingang entgegengefetzten Theilen vor-
gefchritten. Hier befanden fich eine Reihe von Fach-
werkbauten, die zum Theil eingeftürzt find. Neben
Runkeiflein gewährt die Fürflenburg heute das voU-
kommenfte Bild der Einrichtung der Tyrolcr Herren-
fitze im 15. und 16. Jahrhundert.
'■'^ Ein anfchaiili^hes Bild der malerifchen .^^lsfcIlmiickllng des SclilofTes
l^ibt das 1847 gemalte Bild von Rofiert Ru/s, „Burghof bei Burgeis", vgl. die
Kiinft des 19. Jahrhunderts in Seeniann's Kunflhiflor. Bilderbogen. ThI. 63, 3
und Zeitfchrift für bildende Kunfl VH, S. 163.
(Fortfetzung folgt.)
Notizen.
39. Confcrvator Ats hat der Central-Commiffion
die erfreuliche Mittheilung gemacht, dafs — um die
Fresken im alten Virgilius-Kirchlein auf dem Calvarien-
Berge bei Bozen zu conferviren — Hermann Ritter von
Widinann zu Stajfelfeld einen Beitrag zugefagt hat,
der in der Weife verwendet werden foll, dafs für den
im Kirchlein cinlogirten Mefsner eine andere Wohnung
und zur Unterbringung des bi.-^nun dafclbff eingela-
gerten Viehfutters ein Futterhaus hergeftellt, bezie-
hungsweife die Kirche von diefen Ungehörigkeiten ganz
geräumt werden kann. Für die übrigen Adaptirungen
foll von Seite der Bozener Probffei vorgeforgt werden.
40. Confervator Brofeffor Gelcich hat mitgelhcilt,
dafs fich im Keftoren-I'alafte zwei wichtige, aber rcftau-
rirungsbedürftige Bilder befinden. Das eine flammt
von Paris ßordone und flellt vor Venus und Adonis,
das andere die Taufe Chrifli, doch ifl der Mcifter
dicfes Bildes bisnun nicht bekannt.
41. Ueber Antrag der k. und k. Genie Direflion
in Linz genehmigte das Reichs-Kriegs-Miniflerium die
Jnflandfetzung des Orgelwerkes auf der Fcflung
Ilokcnfalzburg in der vom Confervator l'rofeffor
V. //fr^^r beantragten Weife (fiehe Notiz 32) und wurde
hiefür ein Paufclialbetrag von 150 fl. bewilligt. Die
Arbeit bcforgt der Salzburger Orgelbauer Mauraclicr.
Es werden die Pfeifen und Windführungen ausgebeffert
und fieben Mufikftucke mit theilwcifer Benützung der
alten Walzen hergeflellt, als der alte Choral ( wahr-
fcheinlich von Auguflin Elbli), eine Hymne von Paul
Ilofwagener (f 1537), ein Lied vom Hofürganill J. E.
ICberlein (f 1762), die Volksln-mne, ein Duett aus der
Oper „Das unterbrochene Opferfefl" von Peter Winter
(f 1796), ein Lied von Michael Haydn und eines von
Mozart. Die Orgel foll alsdann wietler täglich zweimal
ertönen.
42. Confervator Trapp und Herr Franz Janick
haben auf die Marienfäule in Ungarifcli-Ilradifch ?m.{-
merkfam gemacht. .Selbe entfland in Folge eines (lelüb-
des des Stadlmagiflrates, de dato 28. Juli 1715 zur
glücklichen Abwendung der Peflgefahr. Der Bau wurde
dem Brünner Bildhauer Anton Riga übertragen, der
hiefür 856 fl. damaliger Währung erhielt. Anton Riga
Aammt aus Königsberg in Preußen, wurde in Italien
gebildet und lebte bis zu feinem Ende in Hninn, Die
Grundfleinlegung erfolgte am 7. September, die Ein-
weihung am II. September 171 8. Zwifchcn 1841 — 1845
wurde die Säule einer, aber nicht genügenden Rcllau-
rirung um 850 fl. unterzogen. Die Siuile wurde mit
Oelfarbe überzogen und theilweife vergoldet. Im Jahre
1892 wurde eine neuerliche Reflaurirung nothwendig,
die 3500 fl. koftete.
129 —
Die VotivSäulebefteht aus einem mächtigen capel-
leiiförmigen vicrfeitigen Unterbau, der auf zwei kriiftigen
Stufen ruht (Cetechovicer Marmor). Auf dem Unter-
baue fteiien vier Freifiguren und dazwifchen Engel
mit Lampen. Der Unterbau ift innen hohl und gegen
Süden offen, darin die liegende Figur der heil. Rofalia,
nach welcher Heiligen die ganze Säule im Volksmunde
benannt wird.
Dann erhebt fich ein pfeilerartiger vierfeitiger
fchlanker Aufbau, der fich in der Höhe in eine Wolken-
fäule verwandelt. Das Material wechfelt hier mit
rothem Marmor Itellenweife ab. Hier finden fich Engcls-
figuren, Engelsköpfe und Kinderftatuetten, zu oberfl
die Figur der heil. Maria (Maria-Empfängnis), auf der
Erdkugel flehend, um die fich die Schlange fchlingt.
Auf der Stirnfeite des Sockels das Reliefbildnis
der heil. Vi61oria, die vier Figuren beziehen fich auf
die Heiligen: Carolus B, Franciscus X., Florian und
Petrus d'Alcantara.
43. Confervator Dr. Ritzingcr hat der Central-
Commiffion mitgetheilt, dafs er im Archive zu Stadt
Steyr einige nicht unwichtige kunfthiftorilche Daten
aufzufinden in der Lage war. So findet fich z. B.
folgende Stelle : Magnus Ziegler wird zum Stadtge-
bäuden als verordneter Baumeifter angeftellt, der auch
das neue Gottesacker-Gebäude über fich hat (1572).
Da das jetzige Rathhaus-Gebäude erft 26. April 1765
begonnen wurde und 1778 zur Vollendung gelangte,
fo erfcheint Magnus Zicgler als der Baumeifter des
ehemals als Rathhaus in Verwendung geflandcnen,
jetzigen Riefel-Haufes, deffen innere Architektur ftark
an die Friedhofs-Capelle erinnert.
In dem Protokolle von 1684, dem auch eine
Schlußabrechnung über den am Stadtplatze befind-
lichen Leopoldi-Brunnen beiliegt, erfcheint folgende
Stelle: „Dem Peter Petz in Linz für die Statue des
heil. Leopold und die Engeln und anderen Zierat
146 fl. 3. 22. bezahlt."
Uebcr das jetzt beftehende Rathhaus erfcheint
im Protokolle von 1757 unterm 26. Oftober folgende
Stelle: Der Baumeifter Heuberger legt den Grundrifs,
wie das Rathhaus erbaut werden kann, vor.
Ueber den Bau der Dominicaner-Kirche findet
fich folgende Stelle: Dom-Kirche und Klofter 1642 bis
1646 vollendet. Der Maurer, der den Bau machte, hieß
Hanns Danner.
44. Confervator Profeffor Muller hat die Central-
Commiffion aufmerkfam gemacht auf ein fteinernes
Rehef (Fig. i), das in der Rückwand des Hochaltars
in der Rund-Kirche zu Levin (Böhmen) eingemauert ift.
Regierungs-Rath Dr. Kenner fprach bezüglich
desfelben die Vermuthung dahin aus, dafs die Sculptur
nach dem Modell einer Münze des 13. Jahrhunderts
angefertigt worden fein dürfte und dafs darauf Buch-
ftaben ohne Sinn nachgeahmt find, nur um den Schein
einer Infclnüft zu geben und leere Stellen auszufüllen.
Die Hauptfigur des Reliefs ift ein ftylifirtes vierfüßiges
Thier, mit einem Wolfe einigermaßen zu vergleichen.
Die Sculptur gehört der früh-gothifchen, eher aber
der Uebergangszeit aus dem romanifchen in den go-
thifchen Styl an, da die eingeftreuten einzelnen Buch-
ftaben dem Charakter der Mönchsfchrift ziemlich
XI.V. N. F.
naheftehen. Die Verfuche, die Buchftaben zu einer
verftändlichen Lefung zu combiniren, waren bisher
erfolglos. Eine ehemalige Verwendung diefer Sculptur
als Gewölbe-Schhißftein wäre nicht unmöglich.
45. (Die Porta aurea in Pola.J
Wie bekanntj ftehen in Pohl noch drei römifche
Thore aufrecht, die Porta gemina, die Porta ercola
und die fogenannte Porta aurea. Die Beftimmungen
diefer Thore und der Bezug derfelben zur römifchen
Stadtmauer, deren Linienzug fie in ihrer Stellung
folgen, waren aber nicht durchweg die gleichen.
Schon in der äußeren Ausgeftaltung macht fich dies
geltend. Die Porta gemina wie die ercola find wenig
gefchmückte, einfach gegliederte Bauten, wogegen
die Porta aurea ein reiches, auf plaftifche Wirkung
berechnetes, fchön decorirtes Monument ift. Aber
auch die bauliche Grundform und conftruftive Figu-
ration läfst deutlich erkennen, dafs die erfteren
Mauerthore waren, die in Verbindung mit der Stadt-
mauer ftanden, hinter fich einen Thorraum deckten
und mit Falzen in den Pfeilern und mit durchgehenden
Schlitzen in den Bögen für auf- und abgehende Gitter
oder Thore zum Verfchließen eingerichtet wurden.
'^. 0.^:^:'^
j
V y
Fig. I
Die Porta aurea zeigt weder jene Verfchließ-Vor-
richtungen noch hat fie mit der Stadtmauer in direkter
Verbindung geftanden, fie ift im Gegenfatze zu einem
Stadtthore ein fogenannter Triumphbogen, ein Ehren-
thor, ein Gebäude, das in der Regel nach allen Seiten
freifteht und auch feinem Zwecke und feiner Widmung
gemäß eine ganz andere Ausgeftaltung erfuhr als ein
Mauerthor. Eine Frau Salvia Postumia hatte das Thor
auf ihre Koften zu Ehren ihres Gemahles Lucius
Sergius, feines Vaters gleichen Namens und feines
Oheims Gnaeus Sergius errichten laffen. Die Erbauung
fällt in die Zeit des Auguftus und wahrfcheinlich vor
jener des Tempels des Auguftus in Pola, mit dem
unfer Bogen in der formalen Behandlung viele Ver-
wandtfchaft zeigt. Der Thorbogen wird beiderfeits
von gekuppelten korinthifchen Säulen flankirt, welche
ein durchgehendes Gebälk mit Attika tragen. Gebälk
und Attika find über den Säulenpaaren verkröpft, die
letztere auch in der Mitte der Front mit einer pofta-
ment-bildenden Verkropfung verfehen, fo dafs zur Auf-
ftellung von Statuen der Familienmitglieder der Sergier
— i.^o
drei Poftamente fich ergaben, zu deren erhaltenen In-
fchriften allerdings heute die Standbilder fehlen. Zu
den großen in edlen Verhältniffen ausgeführten Formen
der Architektur gefeilt fich ein reicher ornamentaler
Schmuck fowohl an Säulen und Gefimfen wie auch an
den Friefen, Zwickelflächen und den Leibungen der
Thoröffnung. Die zierlichen Weinranken wie die
fchöne Caffettirung des Bogens, die Viftorien in den
Zwickeln, Feftons und Waffendarftellungen im Friefe
laffen erkennen, dafs es fich hier um einen Decorativ-
bau handelte, der dem Andenken einer Militärperfon
gelten follte, wie auch thatfächlich Lucius Sergius
Tribun der XXIX. Legion war.
Die untenftehende Abbildung, Fig. 2, gibt jene
Seite des Bogens, welche nach der Stadt gekehrt war
und den obengenannten vollen Schmuck an Sculpturen
und Infchriften tragt; mit ihr kamen auch die beiden
Fig. 2. (Pola.)
Schmalfeiten des Gebäudes zur vollen architektonifchcn
und ornamentalen AusgcOaltung, dagegen war dies
bei der in unferem Hilde nicht fichtbaren Frontfeite,
die fich von der Stadt abwendet, nicht der Fall. Diefc
Seite ifl: faft ganz unvollendet geblieben, denn der
Bogen rückte hier nahe an das Stadtthor heran, fo
dafs die völlige Ausarbeitung feiner P'ormcn ebcnfo
zwecklos als unmöglich gewefen wäre. Wir fchen da-
her heute, nachdem das alte Mauerthor längfl gefallen
ift, eine fcheinbar nicht fertig gewordene F'ront vor
uns flehen. Die Säulenpaare find nur gegen die ficht-
bar gewefcne Schmalfcitc und gegen den Durchgang
zu cannellirt, auch die Capitäle wurden nur i.ibcr den
cannellirten Theilcn der Säulen fertig ausgearbeitet,
blichen aber fonfl in rohen Umriffen boffirt flehen.
Architrave und Friefe der Verkropfungen find ganz
ungegliedert als gerade Fläche glatt geblieben, die
Sima diefer Theile fehlt fogar vollftändig; dagegen ill;
das Kranzgefixns über dem Durchgang, das weiter zu-
rücktrat, fertig ausgearbeitet. Der Zufland der Un-
vollendetheit der verkröpften Partien, refpeftive der
Pfeiler mit ihren Säulenpaaren nach diefer Seite läfst
keinen Zweifel über, dafs, wie oben gefagt, der Bogen
hier knapp an das eigentliche Stadtthor und an die
Innenfeite desfelben geftellt wurde, fo dafs der geringe
Zwifchenraum felbft das Abarbeiten flehen gebliebener
Ouaderpoffen und fonfliger Unregelmäßigkeiten nicht
möglich und auch nicht nothwendig gemacht hat.
Die vor wenigen Jahren vorgenommenen Gra-
bungen zur völligen Bloßlegung der Porta aurea oder
des Sergier-Thores haben auf das alte Steinpflafler mit
feinem Wagengeleife, das mit einer Radweite von
einem Meter durch die Porta aurea und das Stadtthor
ging, geführt; gleicherweife wurde in einer Entfernung
von 70 Cm. von der Rückfeitc des Sergier-
Thores der Unterbau des Stadtthores aufge-
deckt; endlich traten die Sockelunterbauten
der Pfeiler der Ehrenpforte in ihrer vollen
Höhe von 170 M., die bis nun i M. hoch im
angefchütteten Niveau verborgen waren, zu
Tage. Die auf der beigegebenen Tafel er-
fcheinende Abbildung wurde nach einer Auf-
nahme angefertigt, die der feither verflorbenc
Correfpondcnt Anton Widter im Jahre 1872
ausgeführt hatte.
A. Hanfer.
46. Correfpondcnt Direflor Piifcki hat
der k. k. Central - Conimiffion über die Ent-
deckung einiger alten Fresco-Bilder, die der
Maler Anton Bertolli\\\ der Domkirche zu Trieß
und zwar in der Nifche des heil. Apolonaris
gefunden hatte, Mittheilung gemacht. Da ihm
der Municipal-Ausfchufs den Betrag von 100 fl.
bewilligt hat, fo wurde die Unterfuchung nach
alten Malereireflen mit gutem Erfolge fortge-
führt. Man brachte nämlich noch dieUeberrefle
verfchiedener Malereien ans Licht, von denen
die älteren, nach dem Gutachten fachvcrilän-
(liger Perfonen, höchfl wahrfcheinlich mit dem
Bau der kleinen Julius -Kirche durch den
Bifchof Frugiferus gleichzeitig find, und die
jüngeren, das ifl die von demfelben bereits
erwähnte Büfle der heil. Gottesmutter, dem
10. Jalnlnniderte zu gehören fcheinen. Its ifl nur noch
beizufügen, dafs die Nachforfchung auf fämmtliche
Wiinde der Kirche erflreckt wurde, und dafs unter der
weißen Tünche ein Bild des heil. Julius, ein „Ecce
homo", lieide vom 14. oder 15. Jahrhundert, und andere
Spuren von P'resco-Malereien bloßgelegt wurden. Das
genügt, um die uns aus den ArchivsAflen erholte
Notiz zu heflätigen, dafs die Wiuide der Donikirche
einmal niil v. crtlnollen Malereien decorirt waren.
47. Corref])(>n(lent l'rofeflor /^rf/v/ hat di-r Cen-
tral-Coiiimiffion mitgethcilt, dafs es ihm bei feinem
jungden Studienreifen in Mähren geglückt ifl, einen
weiteren Baumein:er der Spät-(iothik durch dcffen
Grabflein kennen zu lernen. Er fand nämlich in der
an den Kreuzgang der St. MichaelsKirchc in Oliiüia
angci)aulen fogcnanntt'ii ixihniifchen odci' Alcxi-
POLA
^^pBBS%S
Ltlh..\ U'i laK \. oJt..i Kiu'^^t >,\ /-(..ii^.. K ^^1-
1 II
Capelle eine Grabplatte der Früh - Renaiffance; die
fchwer leferliche Umfchrift in verzerrten Lettern der
Majuskelfchrift bildet die Umrahmung des Steines. In
einer Bogennifche fteht ein Mann, die Hände über der
Brufl gefaltet; unterhalb der Nifchen-Architcktur vvirtl
eine Cartouche mit Schild von zwei Puttis gehalten ;
darin das Zeichen des Steinmetzes (Fig. 3). In der den
50 Cm. breiten, 120 Cm. langen Stein umrandenden
Infchrift befinden fich rechts und links oben in den
Ecken zwei kleine Wappen (Baum- und Arm-Schwert).
Die Infchrift ift fchwer zu lefen, weil die Buch-
flaben vielfach verzogen und in ihrem Stamme ver-
krümmt, verdreht find. Sie befagt, dafs 1524 Joanes
defs Hans Eibenrtock Sonn geftorben.
In dem über den zwei candelaberartig gehaltenen
reich verzierten Säulen fich aufbauenden Bogen fleht
in Renaiffance-Lettern: „Bit Got vor mich Johannes."
Hiemit wäre neuerlich ein in Mähren Ihätiger Bau-
meifter bekannt geworden , wahrfcheinlich derfelbe
der diefe im fpät-gothifchen Style gehaltene Alexi-
Capelle gebaut und in Folge des Zufammenhanges der
jetzigen Dominicaner-Kirche (auf der Pilten) mit dem
früheren Dominicaner-Klofber (St. Michael) höchft wahr-
fcheinlich auch beim Baue der erfteren fich bethätigt
haben dürfte. Als die Dominicaner das alte Klofter
übergaben, wurde in der Vorftadt Pilten das neue
errichtet.
Fig. 3. (Olmüz.)
Nach Auflaffung des Landtagsfaales im alten
Klolter wurde dasfelbe zur kirchlichen Wiederbe-
nützung rückerflattet, mit der Bedingung, dafs die
herrlichen W'appen der Landftände aus dem alten
mährifchen Adel wohl erhalten bleiben müßten.
Von diefen findet fich aber leider keine Spur
mehr; beim Umbaue des Klofters find diefe Wappen-
fchilder, welche ähnlich wie jene erhaltenen, im alten
Brünner Landtagsfaale befindlichen W'appenbilder
gewefen fein mochten, verfchwunden.
Weiters hat Profeffor Prokop mitgetheilt, dafs
der Name jenes Baumeifters, deffen Sohn eine Grab-
platte in der Aegidius- Capelle (Michaels -Kirche) in
Olmüz hat, fich in alten Rechts-Urkunden der Stadt
zweimal findet. Nämlich : Hans Eibenßock „hat Hab
und Gut in Olmüz, ilt aus Salzburg" (1522) und
„Burger in Wien" (1525). Hans Eibenftock lebte in
Olmüz zur felben Zeit wie Meifter Pilgram in Brunn,
der das abgetragene fehr intereffante Judenthor, dann
am nördlichen Theile der St. Jacobs-Kirche gebaut
hatte und von dem nach Styl und Form auch das
berühmte Brünner Rathhaus-Portal hcrftammen dürfte.
Meifter Eibenftock dürfte, wie Profeffor Prokop meint,
den Bauformen nach die Alexius-Capelle, das gothifche
Waghaus beim Rathhaufe gebaut und vielleicht den
.Vbfchluß der Mauritius-Kirche veranlafst haben.
48. (Das Kirclilein S. Erinetc im Dorfe Calce-
ranica am Lago di Caldoiiasso.)
Diefes Kirchlein, welches neben der künftlerifch
wenicj bedeutenden Pfarrkirche befteht, ift, wie in den
Fig. 4. (Calceranica.)
hier beigegebenen Skizzen dargeflellt ift, ein kleiner Cen-
tralbau von quadratifcher Grundform mit einem aus fünf
Achteckfeiten conflruirtenPresbyteriuman der Oftfeite.
Letzteres ift durch ein combinirtes Tonnen- und
Kappengewölbe mit Stucco-Rippen gedeckt, während
der Centralraum mit einem Spiegelgewölbe überfpannt
ift. Der Centralraum hat eine Lichtweite von nur 7 M.
im Quadrat, der Chor eine Länge von 5 M. (Fig. 4).
An der Nordfeite ift links vom Haupteingange ein
kleiner aus Bruchfteinen von rothem Marmor erbauter
Campanile fituirt, der von quadratifcher Grfundorm ift
und einen gemauerten Helm trägt. Diefer verwitterte
«7*
132 —
und zerklüftete Thurm fteht mit einer offenen Vorhalle
in Verbindung, deren zwei ungleich lange Bogen an
der Ecke durch eine Renaiffance-Säule und an den
Wänden durch diefer entfprechende Confolen geftützt
find (Fig. 5).
Der Sage nach fteht diefes Kirchlein an Stelle
eines ehemals dort beftandenen Diana-Tempels, von
welchem noch das links vom Haupteingange auf-
geftellte Poftament aus weißem Marmor, welches als
Opferftock dient, herrühren foU. Sowohl die Verhält-
niffe als auch die Profilirung und die eingemeißelte In-
fchrift diefes Poflamentes, welches feiner Patina nach
immerhin fehr alt fein mag, laffen dem Gefertigten
indefs die römifche Provenienz diefes Objeftes be-
zweifeln.
Gegen das befonders hohe Alter, welches man
diefem kleinen Kirchenbau zufchreiben will, fprechen
verfchicdene Anzeichen. Insbefondere laffen die fchwa-
chen Mauern des quadratifchen Raumes nicht darauf
fchließen, dafs es ehedem ein romanifcher Bau war,
welcher etwa an Stelle des polygonen Chores eine
halbkreisförmige Apfis befeffen hätte.
yig. 5. iCakeranica.i
Es fcheint vielmehr kaum zweifelhaft, dafs der
ganze Bau, ohne feither wcfentlich verändert worden zu
fein, aus dem Jahre 1512 ftammt, welche Jahrzahl am
Gefimfe der ftcincrnen Altarmenfa eingemeißelt ift.
An den Wanddächen aj und dj befinden fich in
geringer Höhe über dem P'ußboden noch zwei Frcsco-
Gemälde aus dem 16. Jahrhundert zum größten Thcile
gut erhalten.
Das Fresco bei aJ enthält in der Mitte die Dar-
fleiiung der hl. Dreifaltigkeit, links die Figur des hl.
Nicolaus und rechts eine nur mehr in wenigen Spuren
erhaltene Heiligenfigur. Die Infchrift unter diefem
Gemälde ifl: nicht mehr leferlich, nur die Jahrzahl 1578.
Das in der Bildfläche mit jenem bei aJ gleich
große Fresco-Gemälde an dcrWand /jj enthält die Dar-
Itellung der heil. Maria mit dem Jefuskinde und rechts
davon die Figur des heil. Laurentius (die Symbole i'alm-
zwcig und Buch in den Händen haltend), darunter das
Wappen der Grafen von Trapp, welche heute noch das
Patronatsrecht'über diefe Kirche ausüben. Die Figuren
diefer Fresken find vollendet in der Zeichnung und von
kräftigem Colorit.
In der Mitte des Spiegelgewölbes befindet fich
ferner eine künfllerifch wenig werthvolle Malerei, dar-
fteilend die hl. Maria, welche aus dem vorigen Jahr-
hundert ftammt.
Zur Zeit al^ Gefertigter diefes Kirclilein befich-
tigte, wurden dafelblt an den Gewölben Renovirungs-
arbeiten vorgenommen. Der Pfarrer hatte auch die
unheimliche Abficht, die beiden vorgenannten Fresken
zu entfernen, da fie nicht mehr fchön genug wären.
Auf die Vorftellung des Gefertigten hin, welche
trotz des fchlechten Italienifch, mit der fie gegeben
werden konnte, wirkte, verficherte der Herr Pfarrer von
Calceranica fodann, diefe werthvollen Gemälde, fo wie
fie jetzt find, ohne „Ausbefferung" beftehen zu laffen.
Deinins:cr.
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Fig. 6. (Uriinn.)
(Der jetzt als Opferftock benützte Votiv- Altar zu
Ehren der Diana war, nach Rofchvianu, früher in der
fiidolllichen Außenmauer der Kirche eingelaffen und
wurde die Infchrift nach iibereinftimmendeii älteren
Berichten dinxh Uebereifer rellaurirt, das heißt nach
wilkürlicher Lefung erzeugt, indem die Buchdaben
fo, wie fie der Correcftor las, vcrthcilt wurden, aller-
dings in einer Weife, dafs man die Refte der alten
133
noch erkennen kann. Im Corpus inscr. ift die Infchrift
V. I. 5648 piiblicirt; fie lautet:
Dianae anthus . . . cos v . . . a6los ex v(oto) f(ecit) ]
Die Redaclion.
49. Profeffor Prokop hat der Ccntral-CommilTion
mitgetheilt, dafs er bei den Reftaurirungs-Arbeiten an
der Nordfeite des Brünner Domes, i M. tief unter der
Erde, zwei Grabfteine aufgefunden habe, die fich auf
ANN0'DNI-^y-)-9
^Frav-den-g©^
«^DHAdSN3D3HO
Fig. 7. (Briinn.)
Steinmetzmeiftcr beziehen, die beim Dombau befchäf-
tigt waren. Der eine, vom Jahre 1579, ift 78 Cm. breit,
1-25 M. lang und gehört .dem Meifter Jörg Penniczgo
(Benisko); der zweite, vom Jahre 1519, ift 83 Cm. breit,
1-48 M. lang und barg die Leiche des Meirters Michel
von Regensburg und feiner 1542 verftorbenen Hausfrau
Barbara Stanglyn. Profeffor v. Rii/ia bemerkt zu dem
Steinmetzzeichen des Erftgenannten ~t~" , dafs das-
felbe dem Zeichen auf dem Plane des St. Stephans-
thurmes der Brünnerhütte und mehreren Zeichen an
der Kirche zu Dobrovnic bei Pernßein ähnlich wäre.
Da in einer und dcrfelben Steinmetzfamilie die Zeichen
immer einander iihnlich waren, fo müßen diefe in Mähren
vorkommenden iihnlichen Zeichen unbedingt mit dem
Meifter Penniczgo in Familien-Beziehung flehen, weil
unter der betreffenden Hüttenfamilie der Gebrauch
beftand, fich Zeichen zu wählen, die einen gemeinfamen
Charakter haben, wie folches bei vielen Familien
(Roritzer, Böblinger etc.) der Fall war. Die beiden
Grabfteine find daher von großem Iiitereffe. Das eine
Grabmal wird auch intcrcffant durch die beigegebenen
Embleme des Bauhandwerkes und der Steinmetzerei
(Steinkämmer, Winkelmaß und Zirkel, Fig. 6), das
andere zeigt als Embleme den Steinhammer und eine
Hacke. Dies wäre zu deuten, entweder dafs der Meifter
Michel auch Zimmermann war, oder, was aber weniger
wahrfcheinlich ift, dafs feine Hausfrau aus einer Zim-
mermanns- oder Flcifchcr-Familie ftammte (Fig. 7).
50. (Funde in und um Pola.J
In Pohl ftieß man bei F'undamentirung des neuen
Zollamts-Gebäudes auf der Riva, rechts von der In-
fanterieCaferne, in einer Tiefe von 0-4 — 07 M.
unter dem heutigen Niveau auf römifches Mauerwerk,
das mit feinem unteren Theile in einer Tiefe von circa
2-2 M. in das Grundwaffer hineinragt. Es ift Gußwerk
mit theilweifer Plattenverkleidung. Als Bindemittel
diente Kalkmörtel. Der Grundrifs zeigt eine An-
zahl von Zimmern, Gängen und zwei Thüren. Auch
eine alte Cifterne wurde aufgedeckt. Wir haben es
fomit nicht, wie man wegen der Lage und der Dicke
der Mauern — eine Doppelmauer erreicht eine folche
von 37 M. — vermuthen könnte, mit Reften der Stadt-
befeftigung, fondern wahrfcheinlich mit Hafenbauten,
etwa einem Magazin zu thun.
Aus den römifchen Mauern wurden herausge-
brochen: •
I- CNMINVCIO
AGABOPo
nun "^"vTTXacg
M I N V C I A
5 C N ■ L I B
THALLVSA
VXOR
V ö F
I. Ein oblonger Grabftein aus grauem Kalk, quer
durchgebrochen, fonft faft unverfehrt; hoch r4S, breit
0-58, dick 0-22. Unten ift der Stein mit einem Zapfen
zum Einlaffen in eine Bafis verfehen. Außerdem fcheint
er urfprünglich in eine Mauer eingefenkt gewefen zu
fein; rückwärts ift er nämlich ganz, an den beiden
Nebenfeiten bis auf einen vorderen Saum von 0'o6 M.
unbearbeitet. Eine oblonge Vertiefung von 041 M.
Länge und 0"06 M. Breite auf der unteren Hälfte der
Vorderfeite rührt von fpäterer Verwendung her. Die
Infchriftfläche ift einfach umrahmt und mit einem
Reliefgiebel verfehen. Die Infchrift lautet:
Buchftaben fchön und tief, Z. i ff. 006, Z.
007 M. hoch.
Cn. Minucio | Cn. 1. Agathopo |
sevir(o) Aug(ustali) | Minucia | Cn. lib, |
Thaliusa | uxor | v(iva) f (ecit).
— r34 —
2. Untere rechte Ecke einer Kalklleinplatte mit
umrahmter Vorderfläclie.
Buchrtabenhöhe 007 M.
Ebenda fand man einen „Thonziegel," der nach
Parenzo verfchleppt wurde. Die Infchrift lautet nach
der Copie meines Collegen Bencdetti:
L M I N
P V D r N
Vgl. CIL. V 104 L • MINICPVDENtS
Außer diefen Infchriften fand man ein Stückchen
fchlechtes Mofaik (verfchwunden), eine unten abge-
brochene, auch rückwärts bearbeitete profilirte Platte
aus graublauem Marmor (036: 0-32: 007 M.), ein
rechts gebrochenes allfeits bearbeitetes Gebälkftiack
aus Kalkflein, das auf feiner Vorderfeite mit Flechtband
und darunter mit laufendem Hund verziert, auf der
Rückfeite mit rundem Einfatzloch verfehen ift (037:
0-17 : 0'II5 M.), einen Architrav-Block aus Marmor
(wieder verbaut) und ein fpäter koiinthifches Capital
aus Kalkftein.
Fig. 8. (Altftadt.)
Die Stücke, bei welchen nichts anderes vermerkt
ift, wurden in den Auguftus-Tempel gebracht.
Bei Ausbcfferung der Gartenmauer neben dem
Dom fand man zwei korinthifche Capitiüe, die ebenfalls
im Auguftus-Tempel hinterlegt wurden.
Im „römifchcn Steinbruche" bei Pola, der jetzt
für den Bau der Wiener Hofburg ausgebeutet wird,
ftieß man bei Hinwegräumung des alten Schuttes auf
eine antike Kutfche, die abgebrochen wurde, ehe ich
fie beficlitigen konnte. Ein Fragment einer uncanne-
lirten Stütze mit dorifchem Capital (Schaft-Durch-
meffer 0'075), ein Kalkftück, deffen eine Fläche bereits
theilweife geglättet und profilirt ift, und ein Bronze-
Keil, alles vor kurzem dafclbft gefunden, bcweifcn nur
wieder, dafs der Steinbruch feinen Namen mit Recht
führt. Vor einigen Jahren follcn dafelbft noch drei
Sarkophage zu fehen gewefen fein Diefelbcn fintl
heute bis auf Deckelfragmente verfchwunden.
Wenn man von der Straße, die von Dignano nach
Rovigno fuhrt, etwa eine ftarke Viertclftunde vor Valle
nach links abbiegt, ftüßt man nach einem Marfche von
einer Viertclftunde in der Nähe der Stanzia Negri
mitten in dichtem Gebüfche auf einen kleinen Hügel,
der die Refte eines römifchen Haufes deckt.' Zu Tage
liegen zwei Güage, deren einer eingeftürzt ift, während
fich der andere fammt feiner aus großen Platten feft-
gefügten Decke in einer Länge von etwa 4 M. und
einer Breite von ungefähr i '/a M. gut erhalten hat;
ferner eine Brunnenanlage: ein fchmaler Gang mit
gemauerten Wänden führt zu einer eingefafsten Quelle (?)
hinab; endlich zwei große Steinbecken von auffällig
geringer Tiefe (circa O'i M.). Ein Stück
Säule fteckt in der
ftückes.
Weißhänpel.
51. Correfpondent Alvk/ik hat an die Central-
Commiffion''über die St. Johannes-Capelle zu Altßadt
bei Ungarifch-Hradifch berichtet. Selbe fteht am Fried-
hofe, dient als Beinhaus, wie auch als Glockcnhaus
für die benachbarte Filial-Kirche zum heil. Michael. Ob-
wohl Woliiy meint, dafs diefe Johannes-Capelle bereits
Umfaffungsmauer
uncannellirte
des Grund-
"«'fir-J!?''
Fig. 9. (.Mift^i.ll.)
verfchwunden fei, fo ii'rt er fich. Selbe bciloht, wenn
auch ftark befchädigt, heute noch. Seit der Zerilörung
der benachbarten Veits- Kirche und Wiedcrherftellung
der ebenfalls benachbarten tlnnmlofen Michaels-Kirchc
— traurige Folgen des Schweden-Einfalles — dient die
Capelle auch als Glockenthurni. Behufs der Anbringung
der (ilocken mußte ein entfprccheiides Dach fammt
Aufgang dahin hergeftellt werden. Das Gebäude ift aus
Briichfteinen erbaut und hat eine fechsfeitigc Grund-
rißgeftalt mit ausfpringendem Altar-Raume (Fig. S),
der obere Raum reprafentirt fich als fechsfeitigc Halle
mit flacher Ilolzdecke. Die Altar-Nifche befindet fich
dem Eingange gegenüber, der fich felbft wieder als
gemilcht.
Icli wurde vom Corrcfporulcntcn M.ijor Schaltek cJ.tr.Tiif aiifmurkfain
- 135
mit drei Seiten aus einem Sechseck conflruirt darfteilt.
Die vier F'enfter find halbkreisbogig gefchloffen, find
aber gewifs nicht mehr in ihrer Original-Geftalt erhalten.
Der Unterraum der Capelle ift mit (iebeinen angefiillt.
Das Gewölbe e.xiftirt nicht mehr, llatt deffen nur ein
hölzerner Zwifchcnboden. Von den zwei Glocken ift
eine von W'aclaw Maliz Walchic 1672 gegoften, die
andere kleinere gehört dem Jahre uSjiS an. Obgleich
außen ganz fchmucklos gibt, doch die Capelle mit ihrer
fpitzen Dachconftruclion ein zierliches Bild (Fig. 9).
52. Das Minifterium für Cultus und Unterricht hat
für die Durchführung von Renovirungs- Arbeiten an der
Fac;ade und den 'l'hürmen des Domes von Sahburg
einen namhaften Staatsbeitrag bewilligt. Da diefc
Arbeiten in Folge ftellenweifer bedenklichen Schäden
fehr dringend fchienen, fo wurde mit denfelben noch
im Jahre 1892 begonnen und heuer dürften fie zum
Abfchluß gelangen. Die Gefammtkoften werden den
Betrag von 12.000 fl. nahezu erreichen.
53. Confervator Dechant Großer hat die Central-
Commiffion auf das alte Verweferhaus zu Urtl bei Giil-
tariiig (Kärnthen) aufmerkfam gemacht. Selbes wird
wichtig durch die Sgraffito -Decoration, womit die
Außenfeite des Haufes bedeckt ift. Diefe Wand ift
8 60 M. lang, durch einen Horizontalftreifen zwifchen
Erdgefchoß und Stockwerk (0-47 M. breit) in zwei
Flächen getheilt. Auf dem Streifen erkennt man
Pflanzen-Ornamente, Figuren, Köpfe, Mufikinftrumente.
In der oberen Wandpartie fieht man das Wappen von
Kärnthen mit dem Herzogshute, dabei zwei Engel mit
den Bändern des Hutes fpielend, dann das Wappen
von St. Veit und St. Vitus im Keffel, dabei zwei Engel
ebenfalls mit Bändern fpielend, weiter eine Vafe mit
daraus trinkenden geflügelten Thieren und den Reft
eines Engels; diefe Stelle ift durch eine angebaute
Thüre verdeckt. Die Sgraffiti find wegen der Feuch-
tigkeit fchlecht erhalten, ftellenweife abgefallen und
kräftig fchwarz-blau übertüncht. Wie der genannte
Confervator bemerkt, hatte die alte Landes-Hauptftadt
von Kärnthen (St. Veit) im Jahre 1570 den erften Floß-
ofen im Lande erbaut, um die Ausbeute der ergiebigen
Erzlager um Waitfchach hier zu verfchmelzen. Die er-
wähnte Verzierungsweife war im 16. Jahrhundert im
gefegneten Gebiete der Hüttenberger Erzbauer fehr
beliebt. Jetzt freilich find wenig Refte mehr vorhanden;
einft waren fclbft einfache Bauernhäufer an den Thür-
und Fenfter-Umrahmungen, an den Ecken, zwifchen
den einzelnen Stockwerken derartig geziert.
54. Conl'ervator geiftlicher Ratli Jofepli Graus
hat zur Kenntnis der Central-Commiffion gebracht,
dafs das auf Koften der Marktgemeinde Kapfenberg
durchgeführte Reftaurirungswerk des gemauerten go-
thifchen Wegkreuzes auf der Straße zwifchen diefem
Orte und Brück a. d. M. nunmehr abgefchloffen ift.
Die Herftellung ift programmmäßig durchgeführt. Der
Sockel wurde aus hartem Stein ganz erneuert, die
Eckfteine an den vorfpringenden Pfeilern find, ohne
das Steingefüge zu verklexen, in ihrer braunröth-
lichen Farbe ausgebeffert und neu verfugt worden. In
den tiefen Gründen find der Putz und die Weißigung er-
neuert worden; das Dach ift ganz neu; das Maßwerk
in der obern Nifche wurde erneuert, auch das oberftc
eiferne Kreuz ift neu, die Statuen wurden neu gefafst,
eine Marienfigur aus dem Ende des 15. Jahrhunderts ift
fehr beachtenswerth. Die Säule wird durch ein neu
angelegtes Gitter gefchützt. Der genannte Confer-
vator fpricht fich über das Reftaurirungswerk fehr
günftig aus.
55. Confervator Baurath Wiclil hat an die Cen-
tral-Commiffion über die Reftaurirung von alten
Wandgemälden im Dome am Vy.sehrad zu Prag be-
richtet. Anläßlich der Wiederherftellungsarbeiten an
diefer Kirche in den Jahren 1886 und 1887 wurden in
der 2., 3. und 4. Seiten-Capelle rechtsfeitig Wandge-
mälde aus dem 14. und 15. Jahrhundert aufgedeckt.
Der Erhaltungszuftand derfelben war ein fehr verfchie-
denartiger. Am übelften ftand es mit der 3. Capelle, fo
dafs es gar nicht möglich war, die Vorftellung gegen-
ftändlich feftzuftellen. Beffer ftand es um die 2. und 4.
Capelle, dafelbft konnte der Bilderfchmuck und das
Decorationsmotiv als Sockel, Teppichmufter, Bordüre
klar erkannt werden. Die Malerei in der 3. Capelle ift
bereits durch den Maler Jobjl reftaurirt worden,
die der beiden anderen Capcilen fteht bevor.
56. Wir entnehmen aus den aus der Paeder des Pro-
feffors Dr. F. G. Hann ftammenden, in der ..Carinthia"
1892 publicirten Artikeln, dafs fich um das Aeußere
der St. Leonhards-Kirche in den Schlanitzen noch
vor kurzem, ähnlich wie um die Leonhards-Kirche
am Berge bei Brixen, eine Kette fchlang. Sie wurde in
neuefter Zeit eingefchmolzen und zu Querftangen in
den Mauern des umgebauten Thurmes zu Dropolach
verwendet.
Derfelbe Autor befpricht in fehr beachtenswerther
Weife einige Kirchen in Kärnten und bringt damit
dankenswerthe Ergänzungen der kärnthnifchen Kunft-
Topographie. Es wird befprochen die gothifche Kirche
zu Podlaiiig im unteren Lefachthale. Sie wird befon-
ders wichtig durch Refte alter Bemalung (etwa 15. Jahr-
hundert), die aus der Tünche ftellenweife heraustreten,
Chriftus ftehend mit den Wundmalen, beiderfeits Maria
und Johannes, über diefen drei Figuren beftimmt
gothifchen Charakters gemalte Baldachine. Weiters
wird befprochen die Filiale St. Radegund bei St. Loren-
zen im LcfacJi- lliale, fie ift richtig als gothifcher Bau
bezeichnet utid auch ihre alte Bemalung hervorge-
hoben. An der Außenfeite ein fehr beachtenswerthes
St. Chriftoph-Bild. Befprochen werden ferner die Refte
alter Malerei im Untergefchoß des Thurmes zu Maiitlicn
und eines St. Chriftoph an der Außenfeite der Kirche.
Die gothifche Kirchenruine von St. Elifabeth am
Pläkeii zeigt noch Spuren alter Bemalung an der
nördlichen Außenwand und einen St. Chriftoph. Auch
die Malereien an der Kirche zu Grafendorf werden
eingehend und richtig gewürdigt.
57. Confervator F. Berger hat an die Central-
Commiffion berichtet, dafs in der linksfeitigen Capelle
neben dem Hochaltar in der Nonnberger Frauen-
klofterkirche zu Salzburg einige baLiliche Veränderungen
vorgenommen wurden. In der Apfis diefer Capelle
wurden die Wände und Decken von den Zuthaten des
17. Jahrhunderts befreit und im alten Beftande des
1.16 -
gothifchen Baues mit genauer Berückfichtigung der
vorfindlichen Anhaltspunkte alter Zeit wieder herge-
ftellt. Rippen und Wandgurten wurden ergänzt, das
OlTifenfter erfcheint in der alten Form, die erkennbar
geblieben war, ein fpäter ausgebrochenes Fenfter ver-
fchwand. Der genannte Confervator fand keine Veran-
iaffung gegen diefes Vorgehen Einfprache zu erheben.
58. In neuefter Zeit hatten fich in Betreff der An-
erkennung der heil. Kreuzkirche in B. Leipa als Bau-
denkmal in den maßgebenden Kreifen fo große Dif-
ferenzen ergeben, dafs der Beftand diefer Kirche
in Frage geftellt erfchien. Die Central-Commiffion
hielt es nothwendig, um eine Klärung in diefe
Frage zu bringen, eine fachmännifche Capacität zur
Abgabe eines Votums nach commiffioneller Berichti-
gung des Objecles und unter Beiziehung der Confer-
vatoren Profeffor Miiller und Braiifetvciter zu veran-
laffen. Confervator Dombaumeifter Alocker in Pra«-
war zu diefem Ziele gebeten worden, fein Gutachten
abzugeben. Selbes liegt nun der Central-Commiffion
vor und muß als eine fehr beachtenswerthe Emanation
bezeichnet werden. Nach diefem Gutachten flellt fich
die heil. Kreuzkirche, die am äußerfben Ende der Stadt
gelegen unterhalb einer Berglehne, wo der neue Fried-
hof angelegt ift, als ein einfacher fchlichter Bau dar,
welcher feiner originellen Dachlöfung wegen eine fehr
malerifche Wirkung auf den Befchauer ausübt.
Diefelbe befteht aus einem Kirchenfchiffe in Form
eines länglichen Rechteckes, an das fich an der Oft-
feite das Presbyterium, auf der Weftfeite eine Vorhalle
mit einem Treppenaufgange zum Orgel-Chore an-
fchließt. An der Nordfeite ift die Sacriftei angebaut.
Das Presbyterium, welches polygonal abge-
fchloffen und an der Außenfeite mit Strebepfeilern
verfehen ift, war urfprünglich beftimmt, zwei Gewölbe-
Traves in fich aufzunehmen.
Die Vorhalle, welche fich in zwei Seitenmauern
einfpannt und aus vier Seiten eines Sechseckes gebil-
det wird, war an der Polygonfeite mit zwei Bogenöff-
nungen verfehen, welche jedoch fpäter bis auf die be-
ftehende 'riiüruffnung vermauert worden find. Die
Vorhalle ift auf Steinrippen mit liirnprofil und Schluß-
ftein-Doppelro fette eingewölbt.
Das Kirchenfchiff fowohl als auch das Presby-
terium find nach oben zu mit einer einfachen Holzdecke
(Bretterverfchalungj abgefchioffen. Erftere war un-
zweifelhaft gleich urfprünglich vorhanden, wenn auch
vielleicht in einer anderen Form, und ift die Anlage
eines Gewölbes dafelbft vollftändig ausgefchloffcn; wo-
gegen das Presbyterium wohl als gewölbter Raum
beantragt war, jedoch derzeit nicht fichergeftellt
werden konnte, ob der Einbau eines Gewölbes wegen
Mangels an Geldmitteln unterblieben oder aber infolge
Schadhaftigkeit desfelben abgetragen werden mußte.
ICrfteres ]iat viele VVahrfcheinlichkeit für fich, da
nicht die geringfte Spur von Widerlager vorhanden
ift, und müßte zur Sicherftellung deffen der Verputz an
den betreffenden Wandflächen abgefchlagen werden
und aus der Befchaffenheit des darunter befindlichen
Mauerwerkes der Schluß auf das Vorhanden- oder
Nichlvorhandenfein des Gewölbes gezogen werden.
Der Zutritt in die Kirche erfolgt durch die ehe-
mals offene Vorhalle, wo fich in der weftlichcn Il.ni])t
mauer der Haupteingang befindet; ein zweiter Eingang
ift auf der Südfeite, wogegen jener auf der Nordfeite
vermauert worden ift.
Die Wandflächen der Süd-, Oft- und weftlichen
Hauptmauer find unterbrochen durch zehn fpitzbögige
Maßwerkfenfter, wovon je zwei im Schiffe und Pres-
byterium dreitheilig, die übrigen jedoch nur zweitheilig
find. Die P'enfterpfoften find zumeift aus dem Lothe
und ftellenweife fchadhaft. In der nordlichen Haupt-
mauer fehlen die Fenfter gänzlich.
Das Mauerwerk, aus welchem der Bau hergeftellt
worden, ift Bruchftein mit Eck-Armirungen von Qua-
derfandftein. Aus demfelben Materiale find auch die
fämmtlichen Gefimfe, Fenfterlaibungen und Maßwerke
hergeftellt. Die Fenftermaßwerke mit Vierpaß und
Fifchblafenform weifen auf eine etwas rohe Bearbeitung,
wozu jedoch der Umftand beiträgt, dafs fich die Falze
für die Verglafung an der Außenfeite und nicht, wie
man es fonft zu thun pflegt, an der Innenfeite der Kirche
befinden.
Die Umfaffungsmauern der Kirche zeigen keine
wefentlichen Mängel, bis auf einige verticale Riffe,
welche ober den F"enfterbögen vorkommen und die bis
zum Hauptgefimfe reichen. Am meiften fchadhaft und
abgetrennt find die beiden Mauerecken an der Weft-
feite, wo die Fenfter im Bogenfchluße ziemlich ftarkc
Riffe aufweifen und welche einzig und allein nur von
dem Schübe der Gratfi^arren des Kirchendaches her-
rühren.
Einen ganz wefentlichen Beftandthcil der heil.
Kreuzkirchc bildet das oberhalb des Kirchenfchiffes fich
aufbauende fteile I'yramidendach, welches an den vier
Ecken abgefafst, allmählich in ein regelmäßiges Acht-
eck übergeht und mit einem darauf auffitzenden
Thürmchen endigt. An das Pyramidendach fchließt
fich jenes oberhalb des Presbyteriums an. Die Be-
dachung der Kirche ift aus Schindeln hergeftellt,
wogegen das Tliurnichcn fammt Laterne mit Blech
gedeckt find.
Die Conftruction des Dachftuhlcs ift eine hochft
intereffante und zeigt die Abficht des Erbauers, ober-
halb der Balkenlagen jene breite und ftarke Unterlage
zu fchaffen, welche nach mehrmaliger Abtreppung mit
den acht Säulen der Laterne abfchließt. Die Abbin-
dung des Dachftuhlcs ift ganz nach alter Art durch-
geführt, fowie man es in Praclialic, Bcraiin, Latin und
an anderen Orten findet. Ebenfo zeigt auch der Dach-
lluhl oberhalb des Presbyteriums noch Spuren der ur-
fprünglichen Conftruflion, wenngleich bereits vieles
llol/.werk hier herausgefchnitten worden ift.
Zu der gefammten Holz - Conftru6lion wurde
ausfchließlich vorzügliches fettes Kernkiefernholz ver-
wendet, welches fich zum größten Theile bis auf den
heutigen Tag noch recht gut erhalten hat.
Infolge Mangelhaftigkeit der Schindeleindeckung
am Kirchendache und Dachreiter find mit der Zeit
einige Holzfaulen in der Höhe der Laterne angefault
luul wurde deshalb das Thürmchen abgetragen, in
feinem Obertheile erneuert und ftatt wie früher mit
Schindeln, jetzt mit Blech eingedeckt. Bei diefer Aus-
befferung wurden neben den acht verticalen Säulen
der Laterne weitere acht Holzfaulen an der Ihnenfeite
mit angefügt. Zu derfelben Zeit ilürften fich auch
.'-Schaden an den Bundtränien, Welche zugleich die
- 137
untere und obere Bretterlag^e zu tragen haben, gezeigt
haben, weshalb zwifchen die DachconllrucliDn drei
flarke Hängewerke eingefügt wurden zu dem Zwecke,
die Deckenträme fammt ihrem Unterzuge mittragen
zu helfen.
Diefc letzteren Ausbefferungcn dürften etwa im
i8. Jahrhunderte vorgenommen worden fein; doch ift
bereits das fammtliche flarke Holzmaterial der drei
Hängwerke gänzlich morfchund wurmftichig geworden.
Dies läßt fich nur daraus erklären, dafs das hiczu ver-
wendete Bauholz zur Zeit des Saftes gefällt worden
war und fomit frühzeitig zu Grunde gehen mußte.
Nach der vorangegangenen Befchreibung des
Bau-Obje6les wäre wohl die Frage zu beantworten :
Hat die heil. Kreuzkirche eine archäologifch-künft-
lerifche Bedeutung, um erhalten zu werden, odernicht?
In Bezug auf das Innere der Kirche könnte die
Frage kaum bejaht werden; denn mit Ausnahme
eines Bildes an der Decke des Presbyteriums aus dem
Jahre 1675, darftellend die Krönung Mariens, und
einiger Grabdenkmale aus dem Jahre 1615 hat fich wohl
nichts erhalten, was \'on Bedeutung wäre.
Immerhin ift fie einer dringenden Reftaurirung,
namentlich im Holzwerke zu unterziehen, l-ls fei nur
noch bemerkt, dafs an der lieil. Kreuzkirche zu wenig
Anhaltspunkte für eine Beurtheilung der Wirkfamkeit
Benes von Latin vorhanden find; es wäre denn das
Cordongefimfe fowie auch das Hauptgefimfe, und
eventuell noch die Dachconltru6lion. Vorläufig wurde
die Kirche behördlich gefperrt.
Die Fig. 10 veranfchaulicht den Grundriß, Fig. il
die Langanficht diefer Kirche.
59. Confervator Reg.-Rath Kenner hat der Cen-
tral-Commiffion mitgctheilt, dafs in allerneuefler Zeit
in einer neu angelegten Straße in Lains, nahe dem
\&aW.F
Fig. 10. (Böhmifch Leipa.)
Die aus derfelben Zeit herrührenden Malereien
an der Decke des Kirchenfchiffes, circa },6 Bilder mit
Darfiellungen aus dem alten Tertamente, mußten einer
im Jahre 1868 durchgeführten unfchönen Malerei
weichen.
Das einzige was von einiger Bedeutung ift, ift die
Vorhalle mit dem Haupt-Portale, welches in feiner
fchlichten Spitzbogenform eine Gliederung aufweifl,
die unzweifelhaft in die zweite Hälfte des 14. Jahrhun-
derts einzureihen ift und an die Arbeiten Peter Arier s
erinnert.
Hingegen zeigen die Fenfter mit ihren Maßwerken
an der Außenfeite auf eine Bauperiode gegen Ende
des 16. Jahrhunderts, um welche Zeit wohl auch das
Kirchendach mit dem Dachreiter entftanden fein
durften.
Wenn auch von einer großen künftlerifchen Be-
deutungderheil. Kreuzkirche nicht gefprochen werden
kann, fo macht diefelbe dennoch mit ihrer Gefammt-
anlage auf den Befchauer, namentlich von der Süd-
Ofifeite, einen malerifchen vornehmen, ja wirklich
monumentalen Eindruck, fo dafs nach meinem Dafür-
halten es vom Schaden wäre, diefes in feiner Art ganz
originelle Bauwerk, eines der fchönften Wahrzeichen
von Böhinifcli- Leipa vom Erdboden verfchwinden zu
machen. Eine Meinung, die die Central-Commiffion
mit dem Bericherftatter vollkommen theilt.
XIX. N. F.
Fig. II. (BöhmifchLeipa.)
Bahnhofe, nächft der Stelle, wo im Sommer 1892 zwei
Römergräber gefunden worden find, ein neuer der-
artiger Fund gemacht wurde. Bei Befichtigung der
Fundftelle durch den genannten Confervator war erft
der Rand eines Steinfarges biosgelegt und wurde
alsdann die Grabung fortgefetzt. Freigelegt war der
Sarg 177 M. lang, 0'6o M. breit, am Fußende 0-45 M.,
am Kopfende 0^50 M. hoch. Am Kopfende fand fich
in einer Tiefe von 40 Cm. ein Steinpolftcr ausgemeißelt,
das muldenförmig, alfo nicht als Stufe in den Boden
auslief Auf den Polfter war zur Erhöhung der Rücken-
vorlage des Skelettes noch ein zubehauener Stein
gelegt, beides offenbar aus dem Grunde, weil der Sarg
eigenthümlicherw'eife am Fußende weniger tief ift, als
auf der Kopffeite, alfo die Füße höher zu liegen ge-
kommen wären.
Dr. Kenner berichtet ferner, dafs die Aufräumung
die Gewifsheit ergab, dafs das Grab fchon in alter Zeit
geöffnet und geplündert worden war. Man fand im
Erdreich kleine Bruchftücke einer feichten Thonfchale
18
138 -
von rother Farbe, auf der Scheibe gedreht, doch nicht
terra figillata, das Bruchftück eines Glasfläfchchens,
das eines Gefäßes aus grauem Thone von fehr derber
Arbeit, fehr wenige Skelettheile, kräftige gute Zähne,
die auf ein Individuum in den heften Lebensjahren
fchließen laffen würden. Der Steindeckel des Sarges
war in viele größere und kleinere Trümmer zerfprengt
und mit dem Schutte vermengt, der den Sarg füllte.
Als Material für den Sarg fammt Deckel war ein grober
Sandftein verwendet Der Sarg enthielt weder ein
Schriftzeichen noch ein Relief.
60. In der Sitzung der Central-Commiffion am
14. April 1893 referirte Confervator Dr. Mtich über
einen Bericht des Herrn Bai-il. Pecnik in Gurkfeld
betreffend die in neuefler Zeit am Magdalenen-Berge
bei St. Marein gemachten Funde und bezeichnete felbe
als von ungewöhnlicher Wichtigkeit. Hiefür fpricht
fchon der Umftand, dafs in einem einzigen großen
Grabhügel mehrere Beflattungen vorgenommen wor-
den find, davon bis jetzt, da doch die Grabungen
nicht abgefchloffen find, fchon mehr als 50 Skelette
aufgegraben wurden. In zwei Gräbern fand man die
Kleiderrefte dicht mit Glas- und Bernftein - Perlen
benäht, mitunter von bedeutender Größe, bei einem
andern Skelette fand fich ein aus Ruthen geflochtener
und mit Bronze-Nägeln befetzter Helm, bei einem
dritten ein Bronze-Helm mit doppeltem Kamme. In
erftaunlicher Menge fanden fich Bronze-Situlen, unter
den neun gefundenen zwei mit figuralen Darftellungen,
ähnlich der Watfclier Situla, Erfcheinungen von weit-
tragender Bedeutung für die culturgefchiciitliche
Forfchung, Fibeln, Armringe und Fußringe, Pferde-
gefchirre u. f. w.
61. Dr. Kaindl in Csernoivitz hat der Central-
Commiffion mitgctheilt, dafs fich im Münzcabinct der
dortigen Univerfitat eine Münze von Lucius Verus
(161 — 72) befindet, welche vor etwa 2 7g Jahren bei der
Anlegung einer Straße, welche die Neugaffe und den
katholifchen Friedhof verbindet, in der Tiefe eines
Meters gefunden wurde. Sie wurde am Fundorte für
das genannte Cabinet erworben.
62. Zu der in diefem Jahrgang S. 68 gegebenen
Notiz von Ilg über ein Madonnenbild der allböhmifchen
Schule in Krumau erhalten wir durch unfern Cor-
refpondenten Anton Möratli, Dire6lor des fürfllich
Schwarzenbcrgifchen Central-Archivs dortfelbfi:, einen
intereffanten Beitrag. Derfelbe ift der Anficht, dafs die
Rofenberge es vom König Ludwig I. von Ungarn
(134?. — 1382) erhalten haben dürften, worauf fie es 1357
dem von ihnen gegründeten Minoriten - Klofter in
Krumau fchenkten. Auf dicfe Vermuthung führte eine,
bei Pangerl ^Urkundenbuch des Stiftes I lohen furth in
Böhmen" (Wien 1865, S. in) abgedruckte Urkunde,
welche als Regeft lautet:
^1354- S- Oclobcr Krumau. Peter, Jodok, Ulrich
und Johann, Gebrüder von Rofenberg und Tobias von
Bechin bezeugen, dafs ihnen die, in der v(jn Katharina
von Rofenberg, der Mutter vorgenannter Brüder, er-
worbenen keli(|uientafel aufbewahrten Reliquien von
Kaifer Karl IV., König Ludwig I. von Ungarn, von
dem Patriarchen Nicolaus von Aquileja und dem Erz-
bifchofe Arncfl von Prag gefchenkt worden find."
Correfpondent Mörath ift nun der Anficht, dafs
die Rofenberge auch gleichzeitig das Madonnenbild
von dem Könige verehrt erhielten. Reg.R. Dr. Ilg
macht hiezu darauf aufmerkfam, dafs mit diefer in der
Urkunde gemeinten Reliquientafel jedenfalls jenes by-
zantinifche Madonnenbild im Oratorium der St. Veits-
Kirche in Krumau zufammenhängt, welches er in
unferen Mittheilungen 1S91, S.'37, befprochen hat und
an deffen Rahmen die Wappen von Frankreich, combi-
nirt mit Alt-Ungarn, Neu-Ungarn und Polen, ange-
bracht find, während der Hintergrund des Madonna-
Bildes ebenfalls mit den franzofifchen Lilien beflreut ift.
Ilg ift nicht der Meinung, dafs diefes Marienbild das
in der Urkunde erwähnte Reliquiar fei, denn es ilT: eben
kein Reliquiar, und trägt rückwärts das aus viel fpäterer
Zeit herrührende Siegel der Schatzkammer von Maria-
Zeil; bekanntlich war aber Ludwig I. ein großer Wohl-
thäter diei'es fteierifchen Wallfahrtsortes und hängen
alfo gewifs alle diefe auf die AnjouTchen Ungarkönige
bezüglichen Kunftnachrichten in Krumau auf höchft
intereffante, wenn auch allerdings bisher noch nicht
ganz aufgeklärte Weife zufammen. Wenn aber Cor-
refpondent M'örath weiters der Anficht ift, dafs das
Madonnen-Bild der Minoriten-Kirche, welches jetzt in
den Befitz des Prager Rudolfinums übergegangen ift,
in Ungarn und nicht in Böhmen gemalt fei, fo wider-
fpricht dem nach Dr. Ilg wohl deutlich der an den
Tag tretende Schulcharakter des Werkes.
6},. Die Central-Commiffion hatte bereits vor
einiger Zeit die traurige Veranlaffung mitzutheilen,
dafs Confervator beziehungsweife Correfpondent von
Vintler geflorben ift. Sie muß heute auf diefen Trauer-
fall zurückkommen, da in der Verlaffcnfchaft Vintler's
fich viele für Tyrol wichtige Sammlungs-Gegenftände
befinden, dienuimiehrverkäuflich geworden fein dürften.
So die Bibliothek, beziehungsweife die berühmte Hand-
fchrift der Chronik, welche fich Nicolaus der Vintler
auf dem Runkelftein 1399 von Hainz Sentlinger aus
München fchreiben ließ. Diefelbe ift;, wie Cuftos
Cliniclarz bemerkt, ein Pergament-Band von 305 Blät-
tern, theilweife von Profeffor Ignac v. Zingerle im
Bande L der Sitzungsberichte der Wiener Akademie
der Wiffenfchaften befprochen. Alsdann die Bilder-
fammlung; felbe wurde wiederholt in den Mittheilun-
gen der Central-Commiffion befprochen (N. F. VI,
VII und IX). Als befondere Objecle müßen bezeichnet
werden: DarftellungMariens von einem Tyroler Maler,
eine thronende Maria zwifchen St. Margaretha und
Barbara von c. 1500 (bair.-tyr.), eine Krönung Mariens,
Maria mit den lüigel ^und St. Jofeph (Altdorfer.'), Be-
weinung Chrifti (Altdorferr). P"ür die tyrolifchc Kunil-
gefchichte find befonders die beiden erftgenannten
Bilder wichtig und foUten, weil tyrolifchen Urfprunges,
dem Lande erhalten bleiben. Leider muß man fagen,
dafs man die ICntwicklung der tyrolifchen Tafelmalerei
heutzutage beffer in München, I-'reiüngen luul .Sclileiß-
heim, als im Lande felbft ftudiren kann. Aber auch
die meiften anderen Bilder, davon die dem Cranach
zugefcju'iebenen Sl. CIn-iftoph und St. Michael, Frb-
ftücke Vintler's vom .Schloße herklehen, follten für
Tyrol verbleiben, vor allem der fogenannte Utten-
heimer Altar, der aus der fo benannten Dorfkirche
ft.innnt.
— 139 —
64. Die k. k. General-Direftion der öfterreichifchen
Staatsbahnen hatte die befondere Gefälligkeit, der
Central-Commiffion über die beim Baue der Unter-
kraincr - Bahnen gemachten Funde Mittheilung zu
machen.
Im Bahneinfchnitte bei Huhnerdorf, wo fchon im
Jahre 1892 Urnenrefte zu Stande gebracht wurden, fand
man anfangs October in einer Tiefe von 2 M. in blauem
Lehme zwei Fichtenholzfarge, arg zerftört, Bretter-
dicke 1 — 4 Cm. und Höhe r6— 135 M. Man fand darin
mehrere Lederfohlen, theils zugefpitzt, theils vorn
dreit, im Lehm darunter erkannte man die Abdrücke
her Nägel, mit denen die untere Sohlenflache befchla-
gen war. Von Skelelreflcn keine Spur, dabei eine
Grofi ■
erhal-
wenig
Fig. 12. (Salzburg.)
Kupfermünze von Trajan. Wenige Meter davon ftieß
man auf ein Urnengrab, gut erhalten, eiförmige Urnen,
50 Cm. hoch, 125 Cm. größter Umfang, rother Thon,
mit flachem Rande und mit Pech gefchwärzt. Auch
unter dem Rande ift am Halsanfange eine Pechzone
gezogen. Am Körper der Urne acht parallele feine
Rillen eingeritzt. Die Urne war bis zur Hälfte mit
fchwarzem Leichenbrande angefüllt, dochmehrKohlen-
als Knochenrefte, dabei lag eine gut erhaltene rothe
Thonlampe und ein Scherben eines dünn-
wandigen Gefchirrs. Auf dem Boden der
Lampe der Stempel: CASSI innerhalb
eines Kranzes. Die Dochtöffnung ftark
berußt, die Urne mit einem Leiftenziegel
bedeckt, auch um die Urne herum waren
folche gefl:ellt; auch umgab die Urne in
der untern Hälfte eine 15 Cm. dicke
Afchenfchichte. Das Grab ftammt aus
dem I. Jahrhundert, gehört aber keinem
Römer an.
Am 12. November ftieß man in der
Nähe diefer Fundflelle auf ein Brandgrab,
das nur i M. unter der Oberfl.äche lag.
In der Brandftätte, welche fich durch
zerftreute Kohlen kenntlich machte, ftand
eine fchwarzgraue Urne (2'5 Cm. Höhe) mit den
Knochenreften, darüber zwei Leiftenziegel dachförmig
geftellt und darüber wieder ein Hohlziegel. Das ganze
fehr primitive Grab war mit zwei gleichen Leiftenzie-
geln, welche vorn und rückwärts angelehnt waren,
gefchloffen. Als Beigabe nur eine o.xydirte Münze
der Domitia Longina, Bruchftücke von Schalen mit
einfeitiger Glafur.
Außerdem fand man noch eine Kupfermünze vom
Dogen h. Mocenigo, 82 Stück türkifchc Silbermünzen,
5 Stück vcnetianilchc Silbermünzen.
Bei St. Marein fand man in der Nähe der älteren
Fundflielle einen verfchlackten eifenhaltigen Stein, prä-
hiftorifche Topffcherbcn und Scherben einer Urne
mit Knochenreften.
Dann eine Münze von Conftantin II.; bei
/.////' zahlreiche Urnenfcherben und einen gut
tenen lichtroth gebrannten Topf 1 60— 175 Mm.
o-ebaucht, mit einfachem Rande; der Topf war mit
einem Gemenge von Lehm und calcinirten Knochen-
fplittern gefüllt, Kohlen und Afche fehlen, fo dafs die
Maffe die lichte Lehmfarbe zeigt, auf dem Inhalte
la" der Bodentheil eines zertrümmerten Topfes.
Eine zweite Urne ähnlicher Größe und gleichen Inhal-
tes war nur fchwarz gebrannt und mit zwei Hen-
keln. Das Fehlen jeder Metall-Beigabe
deutet auf Armuth der Begrabenen. Die
Refte fehr zarter Knochen deuten auf
eine Kindesleiche.
Bei St. Stephan fand man eine folche
gut erhaltene römifche Fibel aus Bronze
und eine römifche Urne, 45 Cm. hoch.
65. Der Gemeinderath von Salz-
burg beabfichtigt die dortige Bürger-
fpitalkirche (auch Pfarre) renoviren zu
laffen, auch foU das Innere bemalt
werden. Die Kirche ift als Bauwerk fehr
intereffant; es ift eine dreifchiffige gothi-
fche Hallen-Kirche aus zwei Abtheilungen beftehend,
ohne ausgefprochcnes Presbyterium und gerade ge-
fchloffen. Die eine Abtheilung in jedem Schiffe befteht
aus drei ungleichen, io-8o hohen Jochen, mit fpitzbogi-
gen Kreuz- Gewölbjochen und kräftigen Rippen, bezie-
hungsweife mit vier freiftehenden achtfeitigen Pfeilern
als Gewölbeträger; der rückwärtige Theil befteht aus
je vier mit Sterngewölben verfehenen untertheilten
Jochen in jedem Schiffe, wie dies Fig. 12 und 13 vcr-
Fig. 13. (Salzburg.)
anfchaulichen. Diefe eigenthümliche Kirche dürfte aus
der erften Hälfte des 15. Jahrhunderts ftammen. Es
fehlen ihr jedwede Strebepfeiler; die Außenfeite ift
ziemlich einfach ; die fpitzigen Fenfter befinden fich
bloß an der linken und Presbyterium-Seite. Immerhin
aber ein hoch intereffantes Bauwerk.
66. Correfpondent Direflor Pliwa hat der Central-
Commiffion die Aufnahme eines Getreidekaftens in
Arriacli (Kärnten) vorgelegt, der in feiner Art Beach-
tung verdient. Die bezugliche Aufnahme, welche von
18*
— I40 —
einem Schüler der k. k. Fachfchule in Villach ange-
fertigt worden ift, gibt ein fehr gutes Bild von der
Tüchtigkeit unferer alten Zinimermeiftcr, welche felbft
bei untergeordneten Xutzbauten nicht nur mit prakti-
fchem Verftande walteten, fondern auch fich vom
Schönheitsfmne leiten ließen.
Derlei Getreidekäften finden fich in Ober-Kärnten
faft bei jedem bedeutenderen Bauernhaufe, find aus
Lärchenholz angefertigt, enthalten die Lebensmittel-
Vorräthe und dienen zur Aufbewahrung von Fleifch
und Fleifchwaaren, Werkzeugen im Erdgefchoß, Ge-
treide im erflien Stockwerke, Mehl, Brot und Speck
im zweiten. Zur Abhaltung der Mäufe ift außen zwi-
fchen dem erflen und zweiten Stockwerke die foge-
nannte Mauswehr angebracht. Intereffant find an diefen
durch das Alter gebräunten Holzbauten einerfeits die
Eine gründliche Reftaurirung, verbunden mit nicht
wenigen Neubauten, fällt in die Blüthezcit des Gefchlech-
tes, als Bernhard v. Clcs Cardinal undBifchofvon Trient,
war. (1514 — 1539.) Die künftlerifche Ausftattung und
Vollendung kann jedoch nach der Meinung des Corre-
fpondentcn Luigi de Cajitpi dem Cardinal unmöglich
zugefchrieben werden; wohl aber feinem Neffen Hilde-
brand V. Cles, kurze Zeit vor oder unmittelbar nach
feiner Vermählung mit Anna von Wolkenftcin-Rodenegg.
Als vor einigen Jahren das reiche Cles'fche Familien -
Archiv, um es vom Untergange zu retten, von dem
Ebengenannten catalogifirt der Biblioteca comunale di
Triento bis auf Widerruf zur Aufbewahrung überlaffen
wurde, kamen bei Sichtung des reichen Materials einige,
wenn auch nur dürftige Notizen und Daten über die
vorgenommenen Reftaurirungen des fraglichen Schloffes
!■ ly. \.\. (.Vni.icli.j
fciiönen Molzverbände, dann die Architektur überhaupt
und die Baicon-Aniage. Das hier abgebildete 01)je6t
durfte aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts
flammen und fehr gut erlialtcn fein (Fig. 14).
67. Das Schloß Cles kommt urkundlich im 12. Jahr-
hundert vor und bereits damals erfcheinen tlie Herren
V. Cles oder Glöss. Noch heutigen Tages laffen fich
einige 15autheile mit ziemlicher Genauigkeit auf jene
Zeit zurückführen. Um das Jahr 1448 ift das Schloß faft
ganz umgebaut worden durch Georg Ritter v. Cles.
vor ; dafür aber nicht unbedeutende Aniialtspunkte über
die Renovirung eines aus dem 14. Jahrhuiideit Itanunen-
den palaisarligen Baues, einll lügenthum der I*"amilie
des. Es ifl eines der intereffantelten des Thaies, liegt
im Mittelpunkte der Ortfchaft Cles, dient derzeit zum
Theil als Wohnung der Gerichlsdiener und zum Theil
als (jcfangenluuis. Unter der hifehöfiichen Ilerrfchaft
hatte darin der Affeffor feinen Sitz und es heißt daher
noch heutzutage l'alazzo assessorile. Gegenwärtig
theilen fich in das Eigenthumsrccht die Ortsgemeinde
und das kaif Aerai' (Juflizverwaltung). Diefes Gehiuuic ifi
141 —
urkundlich im Jahre 1543 von Hildebrand v. Clcs reftau-
rirt und umgebaut worden, mit reichen Fresco-Male-
reien, getäfelten Plafonds, zierlichen Bildern, Wappen,
allegorifchen und mythologifchen Darftellungen im
Style der italienifchen Renaiffance vcrfehen, und diente
fchon im Jahre 1547 als Winterpalais der Familie und
fpäter als Witwenfitz für Anna von Wolkenftein. Sow ohl
die Fresco-Malereien, Wand-Decorationen, die Holz-
plafonds des Palazzo assessorile, wie die des Schloffes
Cles bekunden den gleichen Einfluß, find gleichen
Styles und Charakters und ftammen gewifs von den-
felben Meiftern. Die Veranlaffung zur Reftaurirung
des Schloffes und diefes Palazzo ifl auf die Ver-
mählung Hildebrand von Cles mit Anna von Wolken-
ftein zurückzuführen, denn an der Holztäfelung kommen
die vereinten Wappen unzählige Male vor. Es wird
urkundlich fichergcftellt, dafs der Umbau und die
Decorirung des Palazzo im Jahre 1543 gefchah, und
wenn man im Schlöffe Cles die gleiche künftlerifche
Ausftattung findet, fomuß man ohne weiters die Anficht
jener Hiftoriker verwerfen, welche dem Bernhard von
Cles die gänzliche Reftaurirung des Schloffes zufchrei-
ben, der zu der Zeit, wie Hildebrand Anna von Wolken-
ftein heiratete, nicht mehr am Leben war. Ein anderer
Umftand fchließt gänzlich die Möglichkeit aus, dafs die
Malereien zur Lebenszeit des Cardinais ausgeführt
wurden, weil man an der Hof-P'agade des Schloffes die
reiche Friesdecoration, die vereinten Wappen Cles,
Bisthum Trient und Brixen mit dem Cardinalshut nur
dann aufnehmen konnte, nachdem Bernhard Clesius
auch Bifchof von Brixen geworden war. Nun aber trifft
der Todestag des prachtliebenden Cles gerade mit
jenem Fefte zufammen, wo er vom Bisthum Brixen
Befitz nahm. (Aus einem Berichte des Correfpondenten
L. d. Campi?)
68. Confervator Krouttl hat der Central-Commif-
fion mitgetheilt, dafs man in der Kirche zu Brißev bei
B. Brod intereffante alte Wandbemalungen gefunden
hat. Die Kirche felbft hat eine ungewöhnliche Anlage
und dürfte aus dem 14. Jahrhundert ftammen. Sie
befteht aus einem mit vier 06logon - Seiten abge-
fchloffenen Hauptfchiffe mit einem Ouerfchiffe, beider-
feits ebenfo abgefchloffen. Alles in der urfprünglichen
Geftaltung erhalten. Diefe Räume waren Zeuge der
Spuren bemalt. Das Langfchiff ftammt aus dem vorigen
Jahrhundert.
In welcher Weife die Malerei befchaffen war, kann
heute noch nicht beftimmt angegeben werden, die
Seiten-Capellen haben aber, foviel conftatirbar, einen
geradezu für Böhmen feltenen Gemäldefchmuck, wahr-
fcheinlich noch aus dem 14. Jahrhundert. In der rechten
Capelle ficht man dargeftellt die himmlifchen Freuden,
links die Höllenpein der Verftorbenen. Die Wand-
flächen dürften in vier Horizontal-Gruppen getheilt fein,
davon die dritte die bedeutfamfte ift. Man ficht darin
rechts Maria-Schutz, die Gottesmutter fchlägt ihren
Mantel rechts um Geiftliche links um Weltliche. Auf
anderen Bildern ficht man einen Abt, dann St.
Johannes den Täufer, dann Chriftus mit den Apofteln,
dann die Kirchenväter u. f w. Zunächft handelt es fich
darum, die Tünche von den Bildern mit Vorficht abzu-
löfen.
69. Es ift zur Kenntnis der Central-Commiffion
gekommen, dafs die Reftaurirungs-Arbeiten an der
Kirche St. Helena zu DezUfchenofcn in Tyrol nunmehr
vorwärts gehen. Die zum Schutze der werthvoUen
Fresken am Gewölbe nothwendig gewordenen Arbeiten
find vollendet. Jene in der Vorhalle hingegen find noch
ausftandig. Confervator Direclor Deiuinger ift in der
Lacfc zu conftatiren, dafs auch die Innenwimde der
Kirche ganz bemalt find und nur jetzt unter der
Tünche ftecken. Das Bioslegen diefer Malerei wäre der
letzte entfcheidendc Schritt, den die Pietät für jenes
kunfthiftorifch wichtige Bauwerk fordert. Das Mini-
fterium für Cultus und Unterricht hat nun auch für das
laufende Jahr eine Subvention von 500 fl. für Reftau-
rirungs Zwecke als letzten Beitrag gewidmet.
70. Confervator Heinrich Riclily in Neuhaus hatte
mit Schluß des vergangenen Jahres einen Thätigkeits-
Bericht crftattet, der fehr viel Intereffantes enthält.
Zunächft befpricht derfelbe die als reiche Fundftätte
von prähiftorifchen Gegenftänden und von Hügelgrä-
bern bekannte Gegend von Bccliyn. Und doch war ein
gewiffes Territorium dortfelbft bisher ganz unergiebig
an derartigen Funden gewefen; es ift dies die Strecke
von Bechin gegen das nördlich gelegene Ratay und
in Süden bis zum Zufammenfluße der Moldau mit der
Luznic bei Moldautein. Es ift dies eine Hochebene,
deren höchfter Punkt 500 M. Sechöhe nicht überftcigt.
Einige Rinnfale mit fcharfen Böfchungen durchziehen
diefes Terrain und machen es dadurch fchwer paffirbar.
Confervator RicIily hat nun diefe Gegend durch-
forfcht und ift zu hochwichtigen Refultaten gekommen.
So fand er zunächft Bechyn beim Orte Hvoid'an unfern
des rechten Smutna-Ufers eine Anzahl von Hügel-
gräbern, die aber nur mit großer Aufmerkfamkeit
erkannt werden können. Am 27. Juli wurde einer diefer
Hügel angegraben. 15 Cm. unter der Ackerkrume
fanden fich zahlreiche, eng aneinander gereihte und
abfichtlich in Lehm gebettete größere flache Steine,
die einen Flächenraum von5QM. decken. An der
Oftfeite Kohlen und Spuren von gebrannten Knochen.
Der Ort wird „Na Hrobech'' „auf den Gräbern" be-
zeichnet.
Nördlich von Radetic auf der Gemeindehutweide,
auf einem mächtig anfteigenden Terrain befinden fich
13 abgeflachte Hügelgräber, im Walde zunächft noch
zwei. Die Anlage ift unregelmäßig. An dem größten
Hügel wurde eine Verfuchsgrabung durchgeführt. Der
Durchmefler des Hügels 21 — 24 Schritte, der Umfang
an der Sohle ^6 Schritte. Die Verfuchsgrabung begann
auf der Oftfeite und gab bald Funde an Thonfcherben
von Gefäßreften (Arbeiten auf der Drehfcheibe) mit
Wellen-Ornament, Kohlenreftc, Afchenfpuren. Auch
ein zweiter Hügel wurde angegraben, man kam bald
auf die Culturfchichte — beftehend aus Kohle, Afche,
Gefäßfchcrben und ergab fich die Vermuthung, dafs
vier Grabgefäße beftanden hatten, von denen zwei an
der Südofi:- und je eines an der Oft- und Südfeite
ftanden. Ferner fand man eine Pferdetrenfe aus Eifen (.').
Diefe Nekropole dürfte in das 5. Jahrhundert zu ver-
legen fein. Gefäße mit Wellen-Ornament mit abfiiehen-
dem verdickten Rand treten bis ins 12. Jahrhundert
hinein auf
XIX. N. F.
19
142 —
Zu Hodonic finden fich auf einer zungenförmigen
Terafle mit fchroff abfallenden Randern überall Thon-
und Graphit-Gefaßfcherben mit Afche und Kohle ver-
mengt, ftellenweife auch fchwarze Erde dabei, auf eine
mittelalterliche Anfiedlung deutend.
Weftlich von Hodonic fand der Confervator ein
kreisrundes Hügelgrab mit einem Durchmeffer von lo
Schritten. Bei Drazic ein länglich-elliptifches (21 und
30 Schritte im Durchmeffer), davon etwa 200
Schritte entfernt eine kleine Nekropole von 8 — 12 fehr
abgeflachten Grabhügeln. Bei Kolodej conftatirte
derfelbe 21 Hügelgräber, darunter eines mit 70 Schrit-
ten im Durchmeffer. Die meiften Hügel find arg
zerzauft, feit Jahren fchefnt man den Bedarf an Lehm
und Steinen, gleich wie heute noch, ihnen entnommen
zu haben. Nach Anlage und Form der Hügel und den
Topffcherben zufolge dürfte es fich hier um Denkmale
aus der Bronze-Zeit handeln.
Nahe der Nekropole von Radetic nächft dem Herr-
fchafts-Walde befindet fich eine andere Hügelgrabftätte
von ganz ungewöhnlicher Anordung. Selbe ift eliptifch
mit einem Durchmeffer von looo— 500 Schritten, die
einzelnen Hügel folgen einander in leicht gefchweiften
Bogen, meifl in regelmäßigen Abftänden von 80 Schritten,
und zwar von Süd-Weft gegen Nord-Weft, Durchmeffer
25—30 Schritte, Höhe 2 — 4M., viele find in der Mitte
muldenförmig vertieft.
Weftlich von Bechyn an der Luznic beim Bache
Zidov.*ka conftatirte Confervator Riclily eine Wallburg
j.Hradce", obzwar an drei Seiten durch faft fenkrechte
hohe Felswände beinahe unzugänglich, dennoch
zu größerer Sicherheit mit ftarken Wällen und,
nach den Kohlen- und Afchenfpuren, auch mit Palli-
faden gefchützt. Ueberall finden fich Thonfcherben von.
früh-prähiftorifcher Befchaffenheit und Handarbeit.
Hervorzuheben ift das Fragment eines dickwandigen
keffelartigen Graphitgefäßes, Fragment eines fchwarzen
Thongefäßes mit Fingerfurchen, ein anderes mit ein-
geritzten Strichen — eines mit folchen Dreiecken,
Bruchflück einer Schüffei und eines mit Glimmer
beftreuten Gefäß-Fragmentes.
(FortTetzung folgt. j
71. Als man vor etlichen Jahren einige werthlofe
Seitenaltäre in der Pfarrkirche zu Untermais bei Meran
entfernte, fand man hinter einem folchen Altare über
der Menfa eine Kreuzigungsgruppe gemalt. Die an
dem Gemälde betheiligten Meifter haben fich mit ihren
Namen erhalten: Jud (aeus) Maura (eher) fecit Johannes
Keller (.') de (lineavit) a dni mcccc Das Gemälde
ift gut und macht einen befriedigenden Eindruck.
Engclchen, deren Füße noch in ein langes Kleid gehüllt
find, fangen das Blut aus den Wunden des Heilands
auf Neben dem Kreuze flehen, wie Confervator Atz
berichtet, Maria und Johannes, St. Benedict und Jacob
und die Stifter mit ihrem Wappen (gekröntes Hufeifen).
Auch hinter dem entfernten Seitenaltare der anderen
Seite erkannte man Reite einer Wandmalerei, doch
waren diefelben bereits fehr defeft und nicht des Er-
haltens werth.
72. Se. k. und k. Apoftolifche Majeftät liaben mit
AUerhöchfter Entfchließung vom 2. März laufenden
Jahres in Anerkennung ihrer verdienftlichen Thätig-
keit als Confervatoren dem Director des ftädtifchen
Mufeums Carolino-Augusteum in Salzburg Dr. Alexan-
der Petter den Titel eines kaiferlichen Käthes und dem
Architekten Anton Wiehl in Prag den Titel eines Bau-
rathes taxfrei allergnädigft zu verleihen geruht.
"jl- Se. Exellenz der Herr Minifter für Cultus und
Unterricht hat der von Seite der k. k. Central-
Commiffion am 20. Januar 1893 erfolgten Wahl von
neun Ehrenmitgliedern mit hohen Erlaffe vom 14. April
1S93 irn Sinne des §. 12 des Statuts diefer Commiffion
die hohe Genehmigung ertheilt. Zu Ehrenmitgliedern
wurden gewählt:
1. Se. Durchlaucht Fürft Johannes von und zu
Lichtenßein in Wien;
2. Se. Durchlaucht Fürll: Adolf Jofefph von
Scliwarzenberg in Wien;
3. Se. E.xcellenz Maximilian Freiherr v.Z>^«/;/ci^j/^j'
V. Sternegg, k. u. k. Admiral und Marine Commandant
in Pola;
4. Se. fürftliche Gnaden Simon Aichner, Fürft-
bifchof zu Brixen;
5. Ihre Durchlaucht Fürftin Marie zu Hohenlohe-
Schillingfürß in Wien ;
6. Se. Exceilenz Franz Freiherr v. Schmidt-
Zabieroiv, k. k. Landeschef für Kärnten;
7. Se. Excellenz Arthur Graf w Enzenberg,
k. k. Se6t.-Chef i. R. zu Innsbruck;
8. Herr Theodor Momnifen, Profeffor der claffi-
fchcn Philologie und der alten Gefchichtc in Berlin;
9. Cavaliere Dr. G. B. de Roffi in Rom.
74. Veränderungen im Stande der Ccntral-Com-
miffion:
Zum Confervator wurde ernannt:
Herain Johann, Ingenieur und Baumeifter in Prag.
Zu Correfpondenten wurden ernannt:
Fifclier Gerhard, Profeffor am k. k. Real- und Ober-
gymnafium in Feldkirch
Greger/en Ödön v., Ingenieur in Prag und
Palliardi Jaroslav, Notariats-Candidat in Znaim.
Polek Johann, Dr. Cuftor der Univerfitäts-Bibliothek in
Czernowitz.
Wie/er Jofeph, Dr., Pfarrer in Terlan.
Geftorben find die Correfpondenten:
Kluge BenedicT:, Pfarrer in Würflach, C. O.,
A'?c/('«//Vr7V-Sakcinski Johann, Freiherr v., Obergefpan
in Agram.
Neeb Philipp, Forftmeiftcr in Bozen.
Pichl V. Gamfenfels Karl, Ritter, Gutsbefitzcr auf
Eggenwald,
Stippler Johann, Dom-Capitular in Brixen.
— M3 —
Die beiden biblifchen Gemälde-Cyclen des Domes zu Gurk.
Vum Correfpoiulenten Dr. Alfred Schncrich.
III.
^Tj. Die Verklarung, deren Darflellung zwei
Streifen übereinander vereinigt, ift offenbar aus räum-
liclien Gründen auf die Weftwand gekommen, als letz-
tes Bild vor der Leidensgefchichte. Das Local ift der
Gipfel eines Berges. Auf demfelben fteht, von der
rothen Wolke umgeben, in weißem Gewände Chriflus,
nach vorn gewandt, die Arme über die Bruft gekreuzt;
auf ilin zu fliegt die Taube Ober ihm, durch einen
fchmalen Wolkenfbreifen gefchieden, ift Gott Vater
fichtbar, mit der Rechten auf feinen Sohn weifend; in
der Linken das Spruchband: Hie est filius mens
dilectics (Math. XVII, 5). Beiderfeits von Chriftus knieen
links Mofes mit fpitzem Hut, rechts Elias mit kahlem
Scheitel, beide ohne Nimbus. Ganz vorn hocken die
drei Jünger mit erftaunten Gebärden, links Johannes
und Jacobus, rechts Petrus, auf Jefum weifend, mit
einem Spruchband: Douiine faeianius hie tria taberna-
eitla, tibi uiiuin mo. (Math. XVII, 4).
auf dem erften Bilde des Cyclus das Hmpyrcum vom
Kreis zur Mandorla geftaltet hat, dicfe hier bereits
ganz weggeblieben ift. (Fig. 3.)
34. Die dritte Reihe enthalt die Paffionsgcfchichte ;
mehrere diefer Darftellungen gehören zu den bedeu-
tendften des Cyclus, find aber in fehr fchlechtcm
Zuftand auf unfere Zeiten gekommen.
Die Reihe eröffnet die Todesangft am Oelberge.
Vor dem links anfteigenden Berge kniet Jefus in die
Höhe blickend; in den gefalteten Händen hält er ein
Spruchband: [Pater trans]fer a nie calieem istuiii (nach
Marc. XIV, 36 Luc. XXII, 42). Rechts fehen wir die
drei Lieblingsjünger fitzend eingefchlafen (nur mehr in
Umriffen erkennbar), der vordere links Johannes, rechts
Petrus, dahinter Jacobus. Zu ihnen tritt, die Hand
redend erhoben, Jefus. Das Spruchband neben ihm ent-
hält die Worte: Non potuistis una liora [vigilarej
(Math. XXVI, 40).
Fig. I. (Nr. II.) Gurk.
Im Gegenfatz zur ftreng architektonifch angeord-
neten Darftellung der Empore, bricht fich hier eine
ganz neue Weife Bahn. An Stelle der Mandorla oder
der Strahlen, wie es die älteren Bilder zeigen, ift hier die
ganz naturaliftifch behandelte rothe Wolke getreten;
Mofes und Elias haben wieder ihre Nimben verloren,
namentlich aber find die Apoftel ganz frei gruppirt,
was fich weder vor noch nachher eingebürgert hat.
Die Taube ift offenbar den Darftellungen der Taufe
entnommen, bei der fich auch die Worte des Vaters
wiederfinden. Es ift bcachtenswerth, dafs, während fich
XIX. N. F.
Diefes Bild lehnt fich faft direft an die älteftcn
Vorbilder an; das fpätere Mittelalter gibt Chriftus nur
betend, fo fchon das Antependium in Salzburg; die
älteren Darftellungen geben dagegen Chriftus, wie hier,
durchwegs zweimal, fo die Codices von Roffana,'
St. Paolo,- Cambridge,^ ebenfo das Mofaik in Mon-
reale, das Antependium in Aachen^ u. f w., auch das
Malerbuch. In der Darfteilung der Jünger geht dicfe
* Veröffentlicht von Gtbhayd und Itarnak, Leipzig 1880, Taf. XI.
- Aghtcourt, T.-if. XCVl.
* Garrucci, III, T.if. 141.
* Rohault. La messe I, p. LXXXVII.
20
— 144 —
ältere Gruppe auseinander, die Mehrzahl gibt nach
dem Bericht des Lucas fämmtliche Apoftel, andere
aber, wie durchwegs das fpätere Mittelalter nach
Mathäus und Marcus, nur die drei Lieblingsjünger, fo
bereits auch der Codex Roffanenfis, welcher diefe Scene
wohl am allervollendetften dargeftellt hat. Wie dort
fcheint auch in Gurk gegenüber Chriftus keine Erfchei-
nung dargeftellt gewefen zu fein, etwa das Antlitz
Gottes (Antependium in Salzburg) oder deffen Hand,
(Pifsweg), da keine Spur eines Nimbus zu erkennen ift,
auch der Platz hiefür kaum ausgereicht haben dürfte.
35. Es folgt nun die Gefangennahme. Rechts im
Hintergrund ift der Eingang in den Garten, daneben
Kig. 2. (Nr. 31.) (Gurk.)
die Stadt durch eine Kuppel angedeutet. Von links ift
Chriftus gekommen, ihm entgegen Judas in kurzem
Rock (gemeine Tracht). Kr nähert fich dem Heiland
gebückt, umarmt und küßt ihn. Durch das Thor find
dem Verräther zahlreiche Schergen und anderes Volk
mit Waffen und Fackeln gefolgt, und eben im Begriff,
den Heiland zu ergreifen. Rechts hat Petrus den Mal-
chus bei der Keiile erfafst zu Boden geworfen, und holt
mit dem Schwerte zum Streich gegen ihn aus.
Die Darflellungen diefes Gegenflandes zeigen
unter fich verhältnismäßig wenig Verfchiedenheit; man
war ftets beftrebt mögliclifl viel durch eine Darflellung
anzudeuten; hier ift dies auf ein weifes Maß hefchriinkt
Die einzelne Ausführung und Charakterifirung ill
gerade hier gegenüber anderen oft fehr unbeholfenen
Bildern, z. B. im Antiphonar, Cod. Egberti, Speculum,
befonders meifteriiaft, und kann fich den fchuiiflen
diefer Art, namentlich dem in der Arena zu l'adua
würdig an die Seite ftellen. Im Kampf zwifciien Petrus
und Malchus zeigt fich fichtlich das Streben nach
Naturwahrheit; nach diefer Darflellung wollte der
Knecht eben Jefum ergreifen, wird aber von Petrus
gehindert.
36. aj Es folgt ein Bild mit zwei Scencn. Rechts
eine Halle mit zwei Arcaden, die eine Ecke bilden.
Unter der linken fitzt auf polfterbelegtem Stuhle der
Richter mit langem reichgezierten Purpurkleide und
Mütze. Mit einem Stabe weist er auf Chriftus, der ihm
gebunden von einer Schaar Krieger vorgeführt wird.
Dem Richter zunächft: fteht eine unbärtige Perfon, über
das Haupt ein Tuch gelegt, zu ihm redend.
dj Eine zweite Scene fpielt fich in der anderen
Arcade, innerhalb des Haufes ab. Jefus fitzt darin, nur
theilweife mit einem Purpurmantel bedeckt; zwei
Krieger — von dem rechts nur die Hand fichtbar —
haben über fein Haupt Stäbe kreuzweis gelegt, während
ein Dritter vor ihm niederkniet
und die Hand nach ihm aus-
ftreckt, offenbar um ihn zu
fchlagen.
Diefes Bild flellt alfo einer-
feits das Verhör, anderfeits
die Verfpottung Chrifli dar. Es
mag bei dem erflen Anblick frag-
lich erfcheinen, ob hier Anas
oder Pilatus gemeint fei, doch
ift wohl der letztere anzuneh-
men, da das Zerreißen der Klei-
der nicht zu erkennen ift, auch
erfcheint Anas fonft durchwegs
■ — wie oben Aaron — als Bifchof
gekleidet; die ganz ähnliche
Darftellung der Biblia pauperum
XX ift als Verhör des Pilatus be-
zeichnet. Für Anas möchte nur
der Stab fprechen; derfelbe
findet fich z. B. im Antiphonar
bei Anas, pafst jedoch auch für
den Landpfleger. Die Perfon
neben diefem fcheint aber ein
Weib zu fein, da ihre Tracht
mit der der Frauen bei lya fehr
ähnlich ift. Wird demnach als
die von Pilatus Weib abgefandte
Magd zu deuten fein (Math. XXVII, 19) was in Mon-
reale ein eigenes Bild veranfchaulicht.
37. al Das folgende Bild ftellt eine zweigctheilte
Halle vor; in denen fich entfprechend zwei Scenen
der tiefften Erniedrigung des Heilandes dargeftellt
finden. Wir fehen in der linken 1 lalfte Jefus nur mit
einer kurzen Hofe bekleidet; ein bärtiger Krieger rechts
ift eben im Begriff deffen langes Gewand ihm üijcr den
Kopf herabzuziehen, woduich diefer ganz verhüllt ift.
Ein zweiter junger Mann mit fpitzcm Hut auf der an-
deren Seite fcheint ihm zu helfen.
Die Darfteilung befremdet durch ihre Seltfamkeit
in nicht geringem Grade, doch laffen fich die Vorbil-
der hiefur deutlich erkennen. Das Melker Gebetbuch,
ähnlich auch ein Holzfchnitt des 15. Jahrhunderts '
geben Jefus auf einer Leiter auf das Kreuz fteigend,
er kehrt fich eben um, ein Scherge mit fpitzem Hut
zieht ihm fein Gewand in gleicher Weife herab, nur
dafs der Kopf bereits frei ift; auf der anderen Seite
fteht ein Mann mit Haminer und Nägeln, im Begriff ans
Werk zu fchreiten. Eine folche Darftelhuig lag dem
Künftler vor; hieraus erklart fich auch die nicht ganz
' Eßtnv'Cin: UDUfcliTiilcc- ilt-s ijcini. Miifciuns, T;if. I.XX.WIII.
145
deutlich ausgefprocheiie Gerte des Mannes links. An-
derfeits iil: zu beaciiten, dafs über den Kopf gezogene
Kleider fich mehrfach bei anderen Scenen finden, in
den Bildern der Arena beim Palmeinzug als Zeichen
tiefer Demuth, noch ähnlicher bei Darftellungen der
Taufe, z. B. im Antiphonar von St. Peter in Salzburg,'
wie auch im Gregor von Nazianz zu Paris. ^' u. f \v.
b) Die andere Hälfte des Bildes zeigt in der Mitte
eine ftarke Säule mit einigermaßen antikifirendem
Fig. 3- (Nr. ZI) Gurk.
Capital. An dicfe ift Jefus mit den Armen gebunden-
Beiderfeits von ihmfteht je ein Jüngling in der gewöhn-
lichen Judentracht; fie holen mit Geißeln zum Streich
aus; der links hält noch außerdem eine Ruthe, der
rechte hat Jefus am Arme erfafst und zerrt ihn gegen
fich.
Die allgemeine Dispofition für diefen Gegenftand
ift in der mittelalterlichen Kunft im wefentlichen ftets
diefelbe geblieben; hier mag wiederum die fehr auffal-
' Mitth. der Centr.-Comm., 14. Taf, 24.
- Bordier: Manuscrits Grecs de la bibliotheque National, p. 140.
lende Uebereinftimmung der Details mit dem Melker
Gebetbuch befonders erwähnt werden. Am Salzburger
Antependium ift noch ein dritter Mann beigegeben, der
an einem Strick zerrt, was hier in ähnlicher Weife der
Mann rechts thut.
38. Ks folgt nun die Kreuztragung, leider nur
mehr in fehr fparlichen und fcliwer erkennbaren Reften
erhalten. Die Scene fpielt vor dem Thore der Stadt;
links das fefte Thor aus Quadern auf Felsgrund gebaut,
davor eine zweibogige Brücke mit Strebepfeilern und
Zinnenbekrönung, die über den Stadtgraben auf das
freie Feld fuhrt. Aus der Stadt fchreitet eben der Zug.
Zu erkennen find zunächft drei hintereinander getra-
gene Kreuze, voran die der beiden Schacher, die nach
Lucas XXIII, 32 mitgeführt wurden, ohne den obern
Balken und hoch aufrecht gehalten ; dahinter folgt
Chriftus, das Kreuz auf der Schulter fchleppend, ein
bärtiger Mann hinter ihm, eben aus dem Thor kom-
mend, ftreckt beide Arme gegen den ihm zunächft
befindlichen Kreuzesbalken aus, um Jefus zu helfen, ift
alfo Simon von Cyrene. Von den übrigen Perfonen,
welche Jefum vorangehen, find nur mehr wenige Köpfe
zu erkennen. Ganz rechts, fchon halb vom Rahmen
verdeckt, erblicken wir einen Mann mit Spitzhut, einen
Strick haltend, an den offenbar ein Schacher gebunden
dargeftellt war; er trägt das erfte Schächerkreuz.-
Weiter links folgen vier in die Höhe fehende Köpfe
dicht hintereinander, dahinter unmittelbar vor Chriftus
ein zweiter Mann mit Spitzhut geradaus blickend,
offenbar das andere Schächerkreuz tragend.
So geläufig manche Details diefer Darfteilung find,
wie Chriftus und Simon, Stadtthor und Brücke, find
anderfeits die zwei getragenen Kreuze der Schacher
ganz befonders auffallend. Die Abficht des Künftlers
war offenbar, die fchweren Leiden Chrifti im Gegenfatz
zu den weit geringeren der Schacher darzuftellen.
Chriftus trägt fein Kreuz mühfam auf den Schultern,
Simon hilft ihm in gewohnter Weife nur wenig (als
Compromifs zwifchen den Synoptikern und Johannes),
während die beiden anderen Kreuze viel höher, alfo
leichter, dazu nicht von den Verbrechern felbft, fondern
von den Schergen getragen werden. Der Künftler hat
alle ziemlich differirenden Berichte hier vereinigt und
feine Aufgabe trefflich gelöst; jedenfalls gehört diefe
Darftellung zu den bedeutendften des Cyclus. Ich habe
das Schächerkreuz fonft nur auf einer Darftellung
diefes Gegenftandes gefunden, nämlich im Cyclus von
S. Gimignano,' wo wir eines derfelben, wie hier halb
vom Rahmen verdeckt, erblicken.
39. Das folgende Bild der Kreuzigung nimmt
nicht nur den fchmalen Raum diefer, fondern auch den
entfprechenden der unteren Reihe ein. Leider ift faft
nur mehr die obere Hälfte, und auch diefe nur frag-
mentarifch erhalten, in den Details aber noch ziemlich
ficher erkennbar.
Der dunkle Hintergrund deutet auf Nacht. In der
Mitte hängt der Heiland am Kreuze; er hat fein Haupt
geneigt und die Augen gefchloffen. Seiner Seite ent-
ftrömt bereits das Blut. Beiderfeits von ihm, aber viel
niedriger und kleiner, find die beiden Schacher in
verrenkter Stellung an das Kreuz gebunden (nur mehr
in Umriffen zu erkennen). Ober dem Kreuze des
' Vgl. oben, bei Job. Die viel fp.iteren Darftellungcn diefes Gegenftandes
an den Chorftiihlen von St. Stephan in Wiea (//g-, Älitth. des Wiener Alter-
thnmsvereinÄ B. 13, S. 18) voai Jahre 1484 u. a., kommen hier nicht in Uetracht.
146
Schachers links (von Chriftus rechts) fchwebt ehi
nimbirter Engel, der deffen Seele, ein betend zu Jefiim
gewendetes Figürchen, in Empfang nimmt. Alles übrige
ift verfchwunden.
Die letzte Bildfläche der Südwand ift offenbar für
dicfe Darfteilung fo fchmal geftaltet worden; die obigen
Bilder waren dadurch fehr verkürzt, wahrend diefes
vorliegende, wie die Refte zeigen, fehr ausgeführt war.
Im Vergleich zu den anderen überaus zahlreichen
Kreuzigungsbildern fcheidet fich zunächft eine bedeu-
tende, ja die weit größere Zahl, dadurch aus, dafs die-
felben nicht die Schacher darftellen, fo die Salzburger
Monumente durchwegs. Drei Kreuze finden fich da-
gegen auf Sarkophagen, weniger auf Mofaiken; in
Deutfchland auf einigen Buchdeckeln, ebenfo im Cod.
Egberti, meift fehr fchwerfallig. Nahe verwandt mit der
Gurker Darfteilung find dagegen die fpateren mittel-
italienifchen Wandgemälde, namentlich die der älteren
Sienefifchen Schule, um die w'ichtigften zu nennen: in
der Cap. degli Spagnioli in Florenz, Campo Santo zu
Fifa, St. Gimignano,' in der Unterkirche von Affifi.'' Im
15. Jahrhundert werden auch in Deutfchland folche
ausführliche Kreuzigungsbilder beliebt. Wie aus dem
Vergleich mit diefen im Ganzen fehr übereinftim-
menden Gemälden hervorgeht, können wir uns das
Gurker Bild folgendermaßen ergänzen: Ueber dem
Kreuze war die Infchrifttafel angebracht, etwas höher
zu beiden Seiten Sonne und Mond. Der gute Schächei-
blickte fterbend auf Chriftus, feinem Munde entfchwebt
die Seele, der böfe Schacher war abgewendet, feine
Seele holte der Teufel. In der unteren Hälfte des Bildes
war der Berg angegeben; die Fläche bot für die ver-
fchiedenen Gruppen reichlich Raum.
40. Das folgende Bild, das erfte der unterften
Reihe, ift übertüncht, theilweife auch durch den ein-
gefügten Grabftein zerftört. Sichtbar find nur in der
Mitte nebeneinander drei Nimben von Gefichtern
welche nach rechts abwärts blicken. Es ift fchon aus
diefen kargen Reften, noch mehr durch die Einreihung
des Bildes zwifchen Kreuzigung und Auferftehungkaum
zweifelhaft, dafs hier die fog. „Pieta" oder Grablegung
dargeftellt war. Näheren Auffchluß hierüber bietet der
Vergleich mit verwandten Darftellungen; ein flüchtiger
Blick durch diefelben — einerlei ob Pieta oder Grab-
legung — zeigt, dafs fich faft durchwegs dasfelbe
Schema findet, fo die Pieta des Martyrologium im
Vatican, die in Affifi, ferner die Grablegung am Salz-
burger Antependium und im Antiphonar. Wie oben
bei Lazarus nimmt in den beiden letzteren Darftel-
lungen den Vordergrund der Sarkophag ein; fo war
es unzweifelhaft auch hier. Chriftus lag mit dem Kopf
nach rechts (Nimbus nicht mehr erhalten), der nächfte
(erhaltene) Nimbus gehörte Maria an, die vom Schmerze
überwältigt ihren Sohn umarmte, der weitere der
Magdalena, der letzte dem Johannes. Links dürfte an
den Sarg Jofeph von Arimathäa getreten fein, die Füße
des Heilands haltend (wie gewöhnlich ohne Nimbus).
Nicht angegeben war im Hintergrund das leere Kreuz,
welches fich z. B. am Antependium zu Salzburg findet,
da kein Raum hiefür vorhanden war.
41. Die unterftc Reihe wird durch die Grablegung
eingeleitet, um die folgenden Bilder, welche die Ver-
' Vgl fihcn. Dicfc l>;irflcltiing nimmt K'cichfjtlU zwei .Slrcifcn ein. Siehe
auch tiiitcn.
' Thoiir, a a O , 378
herrlichung Chrifti behandeln defto wirkfamer hervor-
treten zu laffen. Es folgt nun die Auferftehung. Der wie
vorher die Breite des Bildes einnehmende Sarkophag
ift geöffnet, der Stein links vorn fchräg angelehnt. Im
Sarkophag fteht der Heiland. Er blickt feierlich nach
vorn, die Rechte hat er fegnend erhoben (nicht mehr
ganz erhalten), in der Linken hält er die Siegesfahne
mit Kreuz. Vor dem Sarkophag erblicken wir einen
Krieger mit Hellebarde, eben aufblickend; die linke
Seite des Bildes ift übertüncht, dadurch der andere
Krieger verfchwunden (Fig. 4).
Selten findet man die Auferftehung, das glor-
reichfte Wunder aus dem Leben Jefu, erhabener dar-
geftellt als hier. Die Anordnung ill: übrigens eine fehr
normale, ftimmt namentlich mit dem Relief an der
Thüre der Vorhalle, aber auch den Salzburger Bildern
fehr genau überein.
42. Im Vordergrund wieder der Sarkophag mit
angelehntem Stein. Ein Linnen hängt über die rück-
wärtige Wand desfelben. Von hinten find links drei
Apoftel, rechts die drei Frauen, alle mit Nimben heran-
getreten. Der vorderfte, Petrus, bückt fich über die
Fig. 4. (Guik.)
Ocffnung und hält die Hand gegen das Linnen, um es
zu durchfuchen; den Blick hat er fragend gegen die
Frauen gerichtet. Die beiden anderen Apoftel, welche
anfcheincnd erft in die Grabeshöhlc hinabfteigen — das
Local ift übrigens weiter nicht angegeben — fehen
erftaunt zu. Die Frauen tragen Salbgefaße; die vorderfte
fpricht mit Petrus, die zweite ficht in das Grab, die
dritte hört zu. Ein Infchriflband über den Apoftcln ent-
hiilt die Worte: Non est liic quem qucritis (vgl. Math.
XX VIII 5, Marc. XVI, 6 Luc. XXIV 5). Die Darftellung
vereinigt hier in fehr origineller Weife die Berichte der
Synoptiker mit tlcm des Johannes. Die übrigen Bilder
diefes (legenftandes folgen durchwegs nur den erfteren,
inilem fic einerfeits, wie hier die ilrci Frauen, ander-
feits aber den Engel am Sarkophag geben, fo Duccio's
Dombild in Siena, Monreale, die Salzburger Bilder, etc.
Die Apoftel find mir bei diefer Scene in dicfer
Weife nie untergekommen; die Grup[)e erinnert
augenfcheinlich an die fpätci' fo hiiufigcn Darllellini;.;cn
— 147 —
der Himmelfahrt Maria, fo namentlich der in das Grab
taftende, dabei in die Höhe fehende Petrus. Der Engel
fehlt, doch ift der Inhalt des Schriftbandes deffen
Worten nachgebildet; derfelbe ift alfo wohl unfichtbar
gedacht; keineswegs gehört das Band einer der dar-
geflellten Perfonen an. Jedenfalls ift die DarftcUung
durch Combination entftanden.
4;;. Eigenthümlich erfcheint es, dafs erft jetzt, un-
mittelbar vor der Himmelfahrt, die Hollenfahrt einge-
reiht ift. Diefes wie die folgenden Bilder haben fehr
gelitten. Wir erkennen noch rechts eine Höhle, davor
die offene Pforte. In der Höhle wird zwifchen Flammen
ein Teufel fichtbar. Von links kommt Chriftus; er hält
in der Linken hocherhoben die Siegesfahne gegen die
Höllcnpforte, offenbar um fie einz.ulloßen. Aus diefer
kommen Adam und Eva; beide zeigen freudiges
Erftaunen; Eva verbirgt fich fchüchtern hinter Adam,
deffen Rechte Jefus erfafst hat.
Den Abftieg Chrifti in den Limbus erwähnt zwar
nicht die Bibel, wohl aber das apoftolifche Glaubens-
bekenntnis; ausführlich befchreibt denfelb£n die apo-
kryphe Schrift: Descenfus Chrifti ad inferos, ' dem die
Darltellungen ziemlich genau folgen.
44. Von der Himmelfahrt ift nur die oberfte Partie
erhalten. In der Mitte fchwebt Chriftus empor, in der
lichten W'olke verfchwindend, nur mehr der Saum feines
Kleides und die Füße find fichtbar. Zu beiden Seiten,
zu äußerft des Bildes erblickt man noch mehrere
Nimben der Apoftel, von den Gefichtern hat fich nur
mehr der jugendliche Kopf des Johannes rechts er-
halten; er blickt dem entfchwebenden Heiland nach.
Die Darftellung folgt dem fpäteren Typus, der fich
bereits an der Thüre von Gurk, dem Verduner-Altar, fo-
wie am Salzburger Antependium findet. Die Compo-
fition fcheint hier fehr ausführlich gewefen zu fein; die
Mitte dürfte der Hügel mit den P'ußftapfen eingenom-
men haben (Salzburger Antependium), feitlich davon
die zwei Engel; die Apoftel um den Hügel gruppirt,
etwa wie im Melker Gebetbuch.
45. Als letztes Bild folgt an der Weftwand die
Ausgießung des heiligen Geiftes. \\'ir erkennen nur
mehr in der Mitte oben die fchwebende Taube, links
davon fieben, rechts fechs Nimben von zwei gegen ein-
ander gerichteten Perfonengruppen. Die Farben find
gänzlich verfchwunden. Unter den Perfonen befanden
fich demnach außer den Apofteln Maria und — dem
Bericht der Apoftelgefchichte vorgreifend — Mathias.
Die Ausgießung war durch die Taube angedeutet, wohl
möglich auch durch Flämmchen über den einzelnen
Häuptern. Für Streifen, die fich gewöhnlich finden, er-
fcheint der Raum zu klein. Die Apoftel faßen offenbar
am Haufe oben, was aus der hohen Stellung derNimben
hervorgeht; dies zeigt auch dieDarftellungan derThüre
der Vorhalle. Dort wie hier bildet diefe Scene den
Schluß der Reihe. Walirfcheinlich waren vor dem
Haufe auch die Leute abgebildet, welche das wunder-
bare Braufen (A61. II 2) belaufchen, wie z. B. im Cod.
Egberti.
Wir gehen nun von der Einzelbetrachtung zur
allgemeinen über, um daraus weitere Schlüße über die
' Ti/chendorf: Ev.ingeli.a spuria, S. 376 f. Ueber n.irftelluiiRen ilicfes
Gegenftandes vgl. Springt'}-. Ikonograhifche Studien. Mittli. der Cenlr.-
Comm. V, S. 132.
Entftehung des Werkes, worüber uns leider keine In-
fchrift, noch fonft eine Nachricht direcl belehrt, ziehen
zu können.
Was zunächft die Anordnung wie Auswahl der
Bilder betrifft, unterfcheidet fich unfer Cyclus von den
im fpäteren Mittelalter weitaus am häufigften zu finden-
den vor allem wefentlich dadurch, dafs hier die alt-
teftamentlichen Gegenftände denen des neuen nicht
einzeln, ohne Rückficht auf chronologifche Anordnung
beigegeben find, wie dies auch die Thüre der Vorhalle
zeigt; unfer Cyclus geht vielmehr wieder auf den
Gebrauch der alt-chriftlichen Kirche zurück. Der alte
Bund ift vom neuen getrennt und in chronologifcher
Reihe geordnet und fo als Ganzes dem neuen Bunde
gegenübergeftellt. Auch die Anordnung der Bilder in
mehreren Reihen findet fich fchon früh z. B. in Mon-
reale in zweien, in noch mehreren auf Antependien,
Miniaturen u. dgl.
Dem vorgefchrittenen Mittelalter aber gehört die
Zweitheilung des alten Teftamentes in ante legem und
sab lege an, welche fich am deutlichften am Verduner-
Altar, freilich in der anderen Anordnungsweife findet.'
Die weitere Theilung der oberen Hälfte des alten
Teftamentes, etwa in Ur- und Patriarchen- Gefchichte, er-
innert einigermaßen an Monreale, wie auch an die
Gruppeneintheilung an den Kuppeln der Vorhalle von
St. Marco in Venedig. Die Scenen aus dem Leben der
Patriarchen find darnach gewählt, dafs diefelben mit
ihren Söhnen dargeftellt find.
Am augenfcheinlichften aber zeigt fich das vor-
gefchrittene Mittelalter in dem deutlich ausgefproche-
nen Beftreben, das alte Teftament bis zur Erfcheinung
Chrifti fortzufetzen, was übrigens auch in diefer fpäten
Zeit fich nicht häufig findet. Die Aneinanderreihung ift
hier weniger chronologifch, als nach Gruppen geordnet.
Auf die noch ganz chronologifch geordneten Dar-
ftellungen aus der Richter- und Königsgefchichte folgen
die Lehrgedichte Job und Tobias ; in der folgenden
Reihe nach der Lücke von drei Darftellungen, Helden-
thaten von Frauen: Efther, Jofabeth (r), Judith, dann
verdienftvolle Männer und Propheten: Matathias, Elias,
Elifäus. Beiläufig genommen fcheint, wie bemerkt, bei
den unteren Streifen das babylonifche Exil der Tren-
nungsgrund gewefen zu fein. An die ältere Anord-
nungsweife erinnert anderfeits,' dafs beim alten Tefta-
ment je zwei Darftellungen in eiiier Umrahmung ver-
einigt find. Dies findet fich in den älteften Cyclen, z. B.
der Wiener Genefis, fowie in den Mofaiken von Maria
Maggiore zu Rom. In beiden find je zwei Scenen über-
einandergeordnet, die Bilder aber nicht unmittelbar
aneinander gerückt, wie bei unferem Cyclus. Durch
die unmittelbare Aneinanderreihung wurde bei unferem
Cyclus die chronologifche Aufeinanderfolge ftärker
betont, daher die Darftellungen paarweife nebenein-
ander, aber doch in je eine Bildfläche gefetzt. Hier wie
dort gibt es aber auch DarlT;ellungen, die den Raum
zweier Streifen übereinander umfaffen. Beim neuen
Teftament ift diefe paarweife Aneinanderfügung faft
durchwegs aufgegeben, die Gegenftände übrigens
gleichfalls gruppenweife geordnet, nämlich in Jugend-
gefchichte, Wunder- und Lehrthätigkeit, ferner Leidens-
gefchichte und Verherrlichung. Nach den Streifen find
übrigens nur die beiden letzteren Gruppen gefchieden.
' Vgl. lleiiür, :>. a. O., S. =7. Aiini. =.
— 148 —
Bei diefer fo eigenthümlichen Anordnung wie Aus-
wahl fragt es fich zunächft wohl, welche Einflüße fich
hiebei geltend gemacht haben. Dals die Bibel nicht
allein zu Rathe gezogen wurde, ift bereits oben be-
merkt, und hiefur die hiftorifch-exegetifchen Schriften
der Dominicaner ' als litterarifche Quelle nachgewiefen
worden. Wie im einzelnen, zeigt fich diefer Einfluß
auch im allgemeinen, am deutlichll:en wohl in der aus-
führlichen Behandlung derfpäteren Schickfaledes aus-
erwählten Volkes. Dafs die Dominicaner-Litteratur auf
das Domftift Einfluß ausübte, erklart fich hinlänglich
aus dem Umftand, dafs im benachbarten Friefach ein
großer Convent diefes Ordens beftand, von deffen
einfliger Bedeutung die erhaltenen Monumente noch
heute beredtes Zeugnis geben. Direft benützt fcheint
übrigens keine Quelle zu fein ; vielmehr mag ein gelehr-
ter Geilllicher des Domftiftes, vielleicht wohl auch
unter Beihilfe eines Dominicaners das Programm ent-
worfen, die Bibelftellen zufammengefucht, fowie die
erläuternden Sätze felbfliändig verfafst haben. Nur
fo dürften fich die oft ungenauen vielfach auch eigen-
thümlich gewählten Citate z. B. bei Balaam, Ezechias,
Jofias, ebenfo aber auch die willkürliche Aneinander-
reihung vieler Scenen des neuen Teftamentes, die
wie bemerkt, mehr gruppenweife als chronologifch ift.
erklären. Ganz befonders beachtenswerth ift es, dafs
die Höllenfahrt erft nach der Auferltehung eingereiht
ift, wie fich dies auch im speculum des Vincenz von
Beauvais lib. VII, Cap. 50 findet. Für die Auswahl einzel-
ner Gegenftände mochte nebenbei wohl auch das Vor-
handenfein von Vorbildern beftimmend gewcfen fein,
weiche wie gezeigt oft fehr mechanifch benützt wurden.
Bei der Betrachtung der einzelnen Darftellungen
ergaben fich zwei Seiten als befonders einflußreich.
Zunächft die Kunlt der Erzdiöcefe Salzburg im weite-
ftcn Sinne, nicht minder flark aber war auch die Ein-
wirkung von mittel- und unter-italienifchen Vorbildern
bemerkbar, namentlich bei den auch fonft häufig vor-
kommenden Darftellungen. ^ Die Salzburger Denk-
mäler ftehen allerdings auch mit Italien in Beziehung,
die Gurker Bilder gehen aber, obfchon augcnfcheinlich
jünger, nicht feiten auf viel frühere Typen zurück, was
fich namentlich bei der Geburt Chrifti (21) und dem
Oeiberg (34) gezeigt hat. Am deutlichften aber gibt
fich der italicnifche Einfluß im Ornament zu erkennen.
Blauer Grund mit goldenen Sternen war in Italien für
Deckenbemalung ganz befonders beliebt, dazu kommen
noch die der Antike entlehnten Kränze an der Decke,
fowie das dem Mofaik nachgebildete Rahmenwerk,
welches fich namentlicii in der alt-fiencfifchen Schule
oft ganz gleich findet, z. B. in Affifi, Campo Santo
zu I'ifa, St. Croce in Florenz, St. Gimignano.-' Im letzt-
genannten Cyclus nimmt die Kreuzigung wie liier zwei
Streifen übereinander ein. Entfpreciiendc Heziehungen
haben fich vielfach in Detail, namentlicii bei Gideon, der
Kreuztragung etc. gefunden. Dafs mittel-itaiienifche
Künftler nacii Gurk kamen beweift die Hochaltar-
Menfa,* welche reiches Cosmaten - Mofaik aufweift.
Vollkommen anderer Art, fowohi in der Zeichnung
' V«!. hierüber ileri;€nrotlttr, Kirchuti^'efchiclile IJd. I, S. 982, ilnzu
IM. III. S. 320. ;i«ch I'ipfr: Monumentale Tlieclogie, S. 578 f.
- Vgl. hierüber .luch Schtuia/t: Zur Oefchichte der öflcrreichirchcn
M.nlcrei. Milth. der Centr.-Comm. VII, S. 30«.
' Can/ .inücrcr An find die gleichfalls dem Mofriik n.ichKenbntten
r>rnimentc .in den (iemiildcn dct Aviin/i /u l'adu.i ti. a.
* Vgl. meine Arbeit, in den Mitth. der Ccntr.-Coinm. N. !•". 15. S. 6.) f.
wie Technik, find die Ornamente der Empore. Nur
die grüne Einrahmung des blauen Grundes erinnert
an diefes Vorbild, findet fich übrigens auch andcrweits,
namentlich in Miniaturen keineswegs feiten.
Es ift am Werke felbft fehr deutlich zu erkennen,
dafs daran mehrere Hände gearbeitet haben. Sclion
oben wurde bemerkt, dafs die Söhne des Noah auf-
fallend fchlecht gezeichnet find; dazu kommen noch
andere Merkmale an einzelnen Bildern, fo die häufig
vorkommenden dürren knochigen Beine z. B. bei
Mofes (9), Ezechias, Jofias (13), Tobias (14) u. f w. ;
anderfeits finden fich nur bei Gabriel, Jofias und
Ezechias genetzte Schuhe, fonft weiiigftens weiter nicht
erhalten. Auch ändert fich, wie fchon in der Einleitung
bemerkt, im neuen Teftament das Colorit nicht un-
merklich. Die verfcliiedenen Hände mögen wohl viel-
fach am felben Bilde gemalt haben.
Der ältefte Theil des Gemäldefchmuckes find un-
zweifelhaft die Medaillons über dem Portalbogen. Sie
erinnern noch ganz an die altchriftliche Decorations-
Weife, z. B. an das Mofaik am Triumphbogen von
St. Sabina in Rom (5. Jahrhundert),' wo den beider-
feitigen Abfchluß der Medaillons gleichfalls je ein
leeres halbes bildet. Mit den Medaillons der Empore
(vollendet vor 125S) haben fie dagegen fo wenig als
möglich gemein; von den übrigen Gemälden der Vor-
halle unterfcheiden fie fich fehr deutlich dadurch, dafs
fie nicht vergoldete, fondern farbige Nimben zeigen.
Da der Portalbogen fchon urfprünglich für Bemalung
beftimmt war, könnte der heute vorfindliche Schmuck
immerhin vor der Schließung der Vorhalle entftanden
fein. Weiter wurde nach wohlüberdachtem Plane die
Decke und dann das alte Teftament gemalt. Das
Rahmenwerk zeigt hier durchwegs eine fehr forgfal-
tigc Au.slührung; farbige Scheibchen unterbrechen das
fchwarz-weiß-rothe Mufter, delTen Hilfslinien in den
nahen Kalk eingeritzt wurden. DieDarftellung fchneidet
in der oberften Reihe in das Rahmeiiwerk ein. Beim
neuen Teftament ift das Rahmenwerk viel oberfläch-
licher gemalt. Statt der Scheibchen finden licli hier
fchwarze über Eck geftellte Quadrate, deren Mitte ein
rother Stern einnimmt. Die Darfteilung hält fich hier
durchwegs innerhalb des Rahmens, es gefchieht fogar
fehr oft, dafs derfelbe P'iguren halb verdeckt.
Zur Beftimmung der Entftehungszeit ift vor
allem die Füllmauer zu betrachten, die, wie oben ge-
zeigt, vor Beginn der Bemalung entftanden ift. Die
Maßwerke weifen durchwegs reine geometrifclie Con-
ftruflion auf, am Portal ift das Birn-Profil angewendet,
Merkmale, die fich im 14. Jahrhundert finden, fich aber
im folgenden verlieren.*
Eiitfprechend erfcheint auch die Architeftur auf
den Gemälden felbft. Im großen Ganzen felicn wir
hier die romanifchen Formen noch nicht voilftändig
überwunden, was namentlich an dem älteren Tlieile
hervortritt. Der Rundbogen fiiulet fich noch häufig
(8, 12, 16 u. f.); manches, wie bemerkt, erinnert direft
an ältere Vorbilder, z. B. der Unterbau der Tiirone
des David und Saul (12) an das Salzburger Antependium,
die Tliiirmchen an der lllillc hei Malathias' Tod an tlie
* Garrucci, IV. IJd. 'l'af. 209.
- V>;1. die ganz ähnliche Conftriit*tion der Poilalc iiiwl I-'L-iiflcr an der
Kirche l\\ StraftenKel in Steiermark. W't'ijs, Milth. der Cenlr.-Cninm. I. 95 f.
Ctaus: Kirehenfchmnclc 1H83 Nr. 2, f. n. a.
- 149 —
Arcliitcfluren der Gemälde im Braunfchweigcr Dom '
u. f. w. Die dünnen Säulen kommen in diefer Art gleich-
falls, nur mit etwas reicheren Capitälen, in Miniaturen
des 12. und 13. Jahrhunderts vor, z. B. im Melker Gebet-
buch. Doch findet fich die Gothik fchon ausgefprochen
in den Rippengewölben mit Schlußftein (7), fowie den
Balken am noch rundbogigen Bau (5).DieNafenbildung
zeigt fich anfangs nur fchüchtern (7). Erft im neuen
Teftament entwickelt fich die Gothik deutlicher, zu-
nächft am Ciborium (23). Die Throne, die vorher fchr
einfach waren, werden nun mit Säulchen verziert (22),
bei 29 tritt fogar der Efelsriicken auf, der fich weiter
31 findet. Am au.'^gebildetften zeigt fich die Gothik an
dem Stadtthor und der Brücke (39). Die Bogen find
zwar wie bei Nutzbauten gewöhnlich auch hier rund,
dagegen die Strebepfeiler vollkommen entwickelt. Den
Charakter der FrühGothik trägt auch das Stoff-
mufter an den Ueberzügen der Altäre (7, 13, 23).^
An die romanifche, und fpeciell italienifche Kunft er-
innert, wie oben bemerkt, das Rahmenwerk, welches
fich in diefer Art wohl nicht über das 14. Jahrhundert
hinaus findet, und auch an den 1435 vollendeten Maria-
Saaler Bildern fowie in dem vielleicht einige Jahr-
zehntefpäteren ander Außenfeite des Chores derKirche
zu Lieding'' ganz anders, nämlich als Maß- und Ranken-
werk geflaltet ift. Auf das nicht zu fehr vorgefchrittene
14. Jahrhundert weifen auch die Coftüme. Männer und
Frauen tragen enge Acrmel mit Knöpfen (8) oder
Verfchnürungen (9), darüber das Obergewand mit
langen Aermeln. Die Schuhe erfcheinen hoch, oder
nieder, bisweilen auch genetzt (vgl. o.). Radfporen find
bereits vorhanden, diefe zeigen große Räder an fehr
kurzen Stielen und find durch Riemen befeftigt (22).
Die Judenhüte haben noch eine ganz einfache fpitze
Form, anders am Faftentuch.* Sehr lehrreich endlich
ift der Vergleich der Infel des v\aron mit dem an den
Bildern der Empore und der des Hohenpriefters auf
dem weiter unten zu betrachtenden Faftentuch (Nr. 80)
vom Jahre 1458. Es zeigt fich, dafs die Vorhalle gerade
die Mitte der Entwicklung einnimmt. Die Mitren der
Empore find ganz nieder mit geraden ftumpfen Spitzen,
die des Faftentuches ftark ausgebaucht und überaus
hoch, die der Vorhalle dagegen nur ganz mäßig. Etwas
niedriger noch geftaltet find die Mitren der Heiligen
auf den jedenfalls ziemlich gleichzeitigen Glasgemälden
der Vorhalle.
Eigenthümlich unvoUftändig, wie bemerkt, cr-
fcheint die Bewaffnung, ■' doch immerhin erklärlich, da
der Künftler an den geiftlichen Höfen in Gurk, Friefach
und Straßburg ebenfoviel Söldner als Ritter gefehen
haben mochte.
Durchwegs finden wir den Ringelpanzer, und zwar
nicht ohne Verftärkung durch Platten an Gelenken und
Achfeln, die fich imLaufe des 14. Jahrhunderts allmählich
einbürgern. Ueber den Panzer ift das bereits fehr aus-
gezackte Waffenhemd gelegt. Der Helm ift fpitz, oft
fehr hocli (35, 36), der Wangenfchutz findet fich nur
' A. a. O., eine Abbildung auch bei Henne am Rliyn. Deutfche Kultur-
gefchicbte I, S. 182.
- Vgl. das Bild aus der manefhfchen Handfchrift circa 1300 in Fitlkcs
Coftüme S. 225, oder die Glasgenialde in Klofterneulturg, namentlich den Ueber-
zug des Altars bei ISIelchifedehs Opfer, Ciiitw/ma, }^\\rhuch. der Centr.-Comm. II.
Tafel II u. a.
5 Kunfttopographie Kärntens S. T76, vgl. übrigens beim Faftentuch
Numer 48.
4 Vgl. hierüber Wci/s, Coftümkunde III, 1 S. 60 f.
5 Vgl. Dennltine : Die Kriegswaffen. S. 385.
einmal (l6) und zwar bereits aus Schmiedeeifen mit
dem Helm verbunden als „große Keffelhaube"; die
Beckenhauben fehlen durchwegs. Das Salzburger
Antependium ' ftellt die Krieger durchwegs noch voll-
rrerüftet und mit ]5eckenhauben dar, erweist fich
hiermit alfo älter (Erzbifchof Friedrich III. 1315 — '338)-
Wie wir am Panzer keine fonderlich vorgefchrittenen
Formen finden, zeigt namentlich der Schild (11) durch-
wegs eine verhältnismäßig noch fehr frühe Form,
nämlich groß, lang und ausgebaucht.^ Alle diefe Merk-
male weifen uns auf das 14. Jahrhundert.
Die Infchriften möchten beim erften Anblick faft
für fpätere Zeit fprechen. Wir finden bereits durchwegs
die Minuskel angewendet, und zwar mit ziemlich ftark
gebrochenen Schäften. Im Vergleich mit anderen,
namentlich denen des Faftentuches (1458). g'bt fich
jedoch auch hier ganz deutlich der ältere Charakter
kund.'' Die großen Buchftaben zu Anfang eines Satzes
find noch fehrregelmäßig gebildet, die I-Striche kommen
nur zur Unterfcheidung mehrerer gleichartigen Schäfte
vor, U-Striche und I-Punkte fehlen noch gänzlich; wir
werden fie am F'aftentuche finden. Die nach aufwärts
gebogenen Kürzungsftriche weifen gleichfalls auf frü-
here Zeit; Verfchränkungen von Buchftaben find ganz
vereinzelt. Sehr beachtenswerth, weil ganz an mo-
derne Kürzungsart erinnernd, ift die oftmals fich
wiederholende Erfcheinung, dafs in dem Falle, als der
Raum nicht mehr die volle Schreibung eines Citates
erlaubt, dasfelbe mitten im Wort abbricht und die
Kürzung durch einen Punkt am Ende bezeichnet ift.
Der Befteller des Werkes kann leider nur ver-
nnithet werden. Jedenfalls war es einer der Pröpfte
des Domftiftes, die durchwegs die geiftigen Urheber
der fpäteren Kunftwerke des Domes find. Die äußeren
Merkmale des Cyclus wiefen uns auf die Mitte des
14. Jahrhunderts, zu welcher Zeit fich das Domftift,
welches unter Bifchof Heinrich III. (f 1326)* fehr
heruntergekommen, durch eine Reihe kluger Bifchöfe
und Pröpfte, unter welchen letzteren Georg von Teu-
tendorf(l347 — 67) hervorragt, erholte und zu neuer
Blüthe gelangte. Mit dem Domftift war auch die Kirche
und ihre Ausftattung fehr herabgekommen. In einer
Urkunde vom 18. November 1333 bezeugt das Dom-
capitel die Verbefferungen des Bifchofs Gerold (geftor-
ben am 9. December 1333), befpricht aber auch eben-
fo eingehend den herabgekommenen Zuftand unter
deffen Vorgänger Heinrich.'' Die Verbefferung der
Gebäude dauerte jedenfalls noch lang fort, eine Ur-
kunde vom 6. Juni 1354'^ erwähnt gleichfalls die fchad-
haften Gebäude, doch konnte Propft Georg fchon an
' Mitth. der Centr.-Comm. VII, Taf. II.
- Vgl. hierüber Wei/s, III. i S. j6 f. Dcmmint, S. 428 u. f.
' Noch ftärker markiitc Enden der Schafte finden fich anderweits auf
Infchriften des 14. Jahrhunderts z. B. am Glasgemälde aus Gaming (Albrecht
II. t 1338). Mittheilungen der Ccntral-Commiffion 18 S. r26, an der Licbtfäule
in Klofterneuburg i^ii. {/iffetiiucin XV, 320.1 Die Infchriften auf den Glasge-
maldcu der Vorhalle zeigen dagegen durchwegs noch die Majuskel.
* Vgl. B. SchroU Serics episcoporum Gurcensium. .\rchiv für Kärnten
Band 15.
* Orig. im .Archiv zu Gurk. Copie von Eichhortt im Archiv zu Klagen-
fiirt. Von Heinrich heißt es : ,,Omnia granaria in omni btado vacua, ncc
non ipstim ccclesiam in vasis argeitteis et ornaiiwntis dcrcliquit iicsotatant,
nullit»! enim in/tilavi licceutem habttit nee eliam bacultnn pastorale^ non
aniilos, neijue cetera clenotiia ecclesiac rcfipientia honestatem guae otnnia et
singula iiiem dominus Geroldus decenter et honorijice re/ormavit ;
weiter; reverendus in Christo pater ae dominus Geroldus ecclesie nostrite
pritedictae cpiscopus oriundus de Frisaco ecindcm ecclesiant quae proptcr
dehilitaiem et senectutis de/ectum /elicis rerordationis domini Hainrici
itnmediati anteccssoris eiusdetn mutta inciderat incomoda ac onera debitorum
(reformavit).
•> Original im Archiv zu Gurk, Lade, 20, Nr. 731.
I50
weiteres denken. In der Urkunde vom 8. November
1362' beftättigt das Domcapitel eine Anzahl von Stif-
tungen fiir die Gurker Kirche, beftehend in einer
feierlichen ewigen JMcffe am Grabe der damals noch
nicht feiig gefprochenen Stifterin von Gurk Hemma,
einem ewigen Lichte am Friedofe der Kirche, fowie
fünf Wachskerzen für das heilige Grab am Charfreitage
in der Krypta.
Man wird der Anficht von Sc/ie//a/ider^ beliWmmcn
können, dafs die Lichtfäulc, welche fich füdwelllich von
der Kirche im Friedhof befindet, von diefer Stiftung
' Copie von Eichhorn im Archive zu Klagenfvirt C. boo, vgl. übrigens
auch A. Eichhorn. Beiträge /«r Gefcbichte Kärntens I, S. 131.
- Die feligc Hcmma von Gurk, S. 71 und 193.
herrührt. Im Ges^enfatz zu andern, z. B. in Kloflcrneu-
burg (1381) od«r den noch viel fpäteren in Volkermarkt
(1477) und Maria Saal (gefliftet 1497)' erfcheint fie fehr
fchlicht, was wohl auch für deren weit frühere Ent-
ftehung fpricht. Diefe wie die Füllmauer der Vorhalle
wären demnach ziemlich gleichzeitig entftanden. Für
die Herftellung der letzteren mochten die zahlreichen
Kirchenbefuche in Folge der wachfenden Verehrung
der heiligen Hemma beftimmend gewefen fein. Die
Ausfchmückung des Raumes durch die Gemiilde mag
fich wohl noch einige Zeit hinausgezogen haben.
' Vgl. auch Effenwein : „Ueber einige Totenleuchtcr." Mitlh. VI!,
S. 317 f., wo unter Fig. 3 die Gurker (mit reftaurirler Spitze)abgcbildct ift.
Zwei Thürme der alten Stadtmauern in Prag.
Befproclien vom Confervator .•/. Wichl.
(Mit 4 Tafeln.)
jS dürften wohl wenige Städte in deren Be-
I felligungs-Reften fo prächtige Thürme aufzu
■aj weifen haben wie Prag; deffen alte berühmte
Jiruckenthürme und der jüngere Pulverthurin wahrhaft
koltbarc fortificatorifche Denkmale find ja allbekannt,
diefelben find gut reftaurirt und bilden li'eute den Stolz
der Stadt.
Welt am Hradfchin, und nächflens dürfte dasfelbe
Schickfal ein Thurmreft bei der Karlshofer Kirche
erleiden, wo fo eben ein neuer Stadttheil in Entflehung
begriffen ift.
Den Gegenftand vorliegender Zeilen bilden je-
doch zwei Thürme, die fich im Centrum der Stadt be-
finden, und von deren Exiftenz die wenigften Prager
, 0 ■ a-^-<*
Fig. I.
Doch mancli andere, wenn auch fchmucklofc
Thürme befaß die königliclic Prager Stadt, viele
mußten der gegenwärtigen fortfchreitenden Entwicke-
luiig der Stadt weiclicn; wir erwiihnen blos einige
Tiuirme, fo den, der anläßlich der Anlage des Nordweft-
bahnhofesdemolirt vvurde, den Thorthurmijci der Neuen
wiffen, weil diefelben von Gebiiude-Complexen voll-
ftändig eingelchloffen und auch ziemlich unzugänglich
find.
Einer diefer Thüime befindet fich im Hofe des
Maufcs Nr. 28y/III in der Badgaffc auf der Kleinfeite.
alfo im MittcliHinkte diefes Stiulttheiles.
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CO
CO
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D
X
5
13
(=1
a>
PI
TAF.
Mittheilungen der k. k. C. Com. 1893.
THURM IM HAUSE N" 289-III IN PRAG.
ANSICHT VON WESTEN.
ttheilungen der k. k. C. Com. 1893.
THURM IM HAUSE N" 313-1 IN PRAG.
SEITE GEGEN DIE FERÜlNANDijTliASSE.
-10 5 J
lllllll
2 3
IOQ1&.
Mittheilungen der k. k. C. Com. 1893.
TA F. IV.
THURM IM HAUSE N« 313-1 IN PRAG.
SK.ITK (iKGKiN ]jJF, lOSTGASSE
10 5 <7
a 9 «o
(?11£>.
iSi -
Diefer überrafchendc Umlland findet darin feine
Aufklärung, dafs zur Zeit, als die Kleinfeite vom König
Ütakar um das Jahr 1257 gegründet wurde, diefelbe
einen viel kleineren Umfang hatte. Die Stadtmauer
zog fich damals auf jener Seite der Stadt von der
Juditha-Brücke Uingfl des jetzigen Kleinfeitner Markt-
platzes, bog rechts gegen die Spornergaffe bis zu dem
Burgthor, dem gegenwärtigen Hradfchin, hinauf. Das
beigegebene Fragment (Fig. i) eines Planes der Stadt
Prag aus dem Jahre 1348 gibt über die Mauerzeile und
die eingebauten Thürme eine veranfchaulichende Auf-
klärung. (S. Mitth. 1893, S. 3, II.) In der ganzen Um-
wallung werden fechs Thore genannt; der zu befchrei-
bende Thurm lag zvvifchen dem alten Oujezder Thor,
welches fich in dem Gäßchen befand, das in den
Radetzky-Platz mündet und jenem Thor, welches in der
Badgaffe fich befand, und zwar dem letzteren viel
näher.
Als der böhmifche König Kaifer Karl IV. die
Kleinfeite im Jahre 1350 mit einer neuen viel ausge-
dehnteren Stadtmauer umgab, wurden die alten Stadt-
mauern und Thürme erneuert, diefelben blieben wohl
erhalten, doch dürften diefelben entfprechend den
Anforderungen der Damals-Zeit hie und da umgeändert
worden fein. Der Wallthurm, der in diefer Stadtmauer
eingefügt ift, war bis zum Gefimfe 22 M. hoch, 472 M.
breit und 5 M. lang. Gegenwärtig enthält er fünf mit
Kreuzgewölben verfehene Gefchoße, ein Mittelgefchoß
und das Dachgefchoß. Das letztere fpringt gegen
Süden über zwei Confolen i M. weit über die äußere
Mauerflucht heraus, einen Wehrgang bildend. (S. auf
Tafel I. Parterre- und i. Stock-Gefchofs und Tafel II.)
Die Mauerfkärken betragen im Erdgefchoß bis
]-50 M., fo dafs die Kammer dafelbft bloß 2 M. .im
Quadrat mifst, nehmen jedoch nach oben bis auf eine
Stärke von circa 45 M. ab.
Die erhaltenen Nifchen dürften Refte der ehe-
maligen Zugänge in die einzelnen Stockwerke fein.
Spuren einer gewefenen Treppenanlage find nicht
erhalten.
An welcher Stelle fich die Stadtmauer anfchloß,
läßt fich nicht mit Sicherheit anheben, doch fcheint
diefelbe in der Stärke von 1-30 M. beftanden zu
haben.
Der gegenwärtige Zuftand des Thurmes weifl;
wohl mancherlei bauliche Umänderungen auf, z. B.
die Anlage der Fenfter; in der Hauptfache blieb er
jedoch unverändert.'
De7' .■:tvei/e Thurm fleht im Haufe der k. k. Polizei-
Dire6lion N. C. 313— T in der Ferdinandsflraße.
Bekanntlich zog fich die doppelte Umwallung mit
zweifachem Graben von der gegenwärtigen Ketten-
brücke, längs der Ferdinandsftraße, Obrtgaffe, des
Grabens und der Elifabethftraße wieder zur Moldau.
Der Thurm fteht zwifchen dem ehemaligen Stephans-
thor am Ende der jetzigen Poflgaffe und dem St.
Martinsthor, welches am jetzigen Bergftein fich befand.
Die Stadtmauer fammt Thürmen wurde unter der
Regierung König Wenzel I. (1235 — 1305) aufgeführt.
Die Höhe des Thurmes mifst bis zum Gefimfe 16-5,
refpe6live 19 M., je nach dem man denfelbcn in Folge
des abfallenden Terrains von der einen oder anderen
Seite aus mifst. Die Breite beträgt 6'4o, die Länge
6-8o M.; er enthält vier Gefchoße mit Balkendecken,
und es find die einzelnen Stockwerke mittelfl einer
Wendeltreppe unter einander verbunden. Die größere
Treppe im Erdgefchoß ifl neu. Gegen den ehemaligen
Stadtgraben, der aber gegenwärtig verfchüttet ift und
fogar höher als das urfprüngliche Terrain war, ift der
Thurm durch Eckpfeiler verflärkt, die wahrfcheinlich
nach Abbruch der Stadtmauer fich als nothwendig
erwiefen. Die Fenfter find im Gefchmack des 17. Jahr-
hunderts modernifirt (S. Tafel II. Grundrifs im 2. und
4. Stockwerke und Tafel III IV).
Dem Beftande des erften Thurmes droht in
abfehbarer Zeit keine Gefahr, wohl aber könnte die
in Ausficht genommene Erweiterung des Polizei-
direflionsGebäudes den anderen Thurm in Frage
ftellen. Als felbftändiges Obje6t mit eigenem Stiegen-
haufe läßt fich deffen Erhaltung unter allen Umftänden
und ohne Opfer bewerkftelligen.
' S. Het/ert: Drei Stadtplane und eine Stadtanfichl vom allen Prag,
Wien 1893, S. 12.
Nachrichten über das k. k. Staats-Mufeum in Aquileja.
Vom k. k. Coiilervator Profeffor Ma/onicii.
VII.
B. Archaologifcher Bericht.
/. Jahrgang 1S82.
1. Sculpturen uinl Reliefs.
Kein einziges Stück erworben. '
II. Architeiflurftüke und Steingeiäthe.
I. Großes korinthifches Capital aus Marmor.
//. Jahrgang i88j.
I. Sculpturen und Reliefs.
I. Kleiner Marmorkopf, epheubekränzter Bacchus.
Gelegentliche Erwerbung.
' Das k. k. Staats-Mufeum wurde bekanntlich erft am 3. Deccmbcr 1882
eröffnet und die regelmäßigen Erwerbungen begannen erft mit Januar 1883. —
Den hier iehr hüufig mitgetheilten knappen Notizen follen womöglich genauere
Befprechungen folgen.
XIX. N. F.
2. Lebensgroßer Kopf eines Mannes, wahrfchein-
lich von einem Grabdenkmal herrührend. Vgl. Nr. i.
3. Sogenanntes Todtenmahl, griechifches Grab-
Relief vergl. Mitth. der k. k. Centr.-Comm. Bd. IX,
S. CXXX, Nr. I und Wegweifer des Staats-Mufeums.
4. Schöner hockender Löwe aus Kalkftein, Mitth.
der k. k. Centr.-Comm. a. a. O. Nr. 4.
5. Torfo des phrygifchen Gottes Attis, Mitth. der
k. k. Centr.-Comm. a. a. O. Nr. 3.
6. Bruchftück eines reichverzierten Sarkophages
aus Marmor mit der Darftellung der Jahreszeiten.
Mitth. der k. k. Centr.-Comm. a. a. O. Nr. 5.
7. Bruchftück eines Putto aus Marmor. Früher
eingemauert im Haufe Bergamasco.
8. Bruchftück eines Ibisvogels mit Schlange.
— iS:
g. Kleine Marmor-Satuette von vorzüglicher
Arbeit. Zulammen mit Nr 9 erworben von H. D.
Delneri aus Fiumicello.
10. Tigerkopf aus Marmor , Bruchflück einer
menfa, Trapezophoion.
11. Anfehnliche Reihe von Bruchflücken vonSculp-
turen, gefunden bei dem Grabdenkmale des C. Fulvius
Agatho (flehe epigr. Bericht 1883 Nr. 54).
bj Gefchenkt wurden:
Vom Herrn Correfpondenten der k. k. Centr.-
Comm. Michael Dr. v. Hentsclil :
12. Unbefchriebene Ära aus Kalkfbein, auf beiden
Seiten in Relief die Darflellung de.s phrygifchen
Gottes Attis.
13. Jugendlicher Kopf in Lebensgröße.
14. Kopf und Halspartie der Statue eines Putto
aus Marmor.
15. Bruchflück einer Platte mit der Darllellung
in Relief des oberen Theiles einer Fortuna mit Füllhorn.
16. Viereckige Nifche mit zwei Köpfen in Relief,
Protome's eines Grabfteines.
II. Architefturftücke und Steingeräthc.
17 bis 21. Fünf gewöhnliche Steinurnen, davon eine
viereckige.
22. Ein korinthifches Capital aus Marmor, Flach-
Relief. Vgl. Nr. 7.
23. Eine kleine Grabpyramide mit Epheublättern
gefchmückt. Vgl. 9.
24. Mehre Steingewichte.
25. Canellirter Pilafter von großen Dimenfionen.
Vgl. Nr. 9.
26. Akroterion von einem Grabe.
27. 28. Zwei kleine Kinderfarkophage.
29. Afchenurne.
30. Bruchftück einer Sonnenuhr, gefunden bei
Infchrift Nr. 60.
31. 34. Vier Stück Capitäle.
35. Sarkopliag.
36. Anfehnliche Reihe von verfchiedenen kleineren
Archite6lur Bruchflücken.
37. Architeclur-Fragment, Rofette, Gcfchenk von
Herrn Dr. Michael v. Ilentschl.
III. Jahrgang 188 4.
I. Sculpturen und Reliefs.
1. Torfo einer kleinen Marmorfigur. Aus den Aus-
grabungen Urbanetti, Fundort Colombara.
2. Bruchflück einer Reliefplatte aus Marmor,
Pferdekopf und Schild. Gelegentliche Erwerbung.
3. Große Marmorplatte mit Darftellung von
Caffetten, eine davon gefchmückt mit einem großen
Gorgoneion. Gefunden im Garten des H. Erzpriefters
A. Veliscig.
4. Bruchflilck einer Marmorplatte, f w. e. 024
hoch, 029 breit, o 03 dick, mit der Darftcllung eines
Priapus mit Fruchtfchurz. Gelegentliche Erwerbung.
5. Kleine Marmorflatue eines Silenus als Brunnen-
figur, f w. e. 04s hoch, 025 breit, rückwärts zwei
Locher, das eine zum Aufteilen der Statue, das zweite
für das Einlaffen des Wafferrohres, welches durch
das Glied emporquoll. Erworben wie Nr. 9 vom Jahr-
gang 1883.
6. Intereffante Darflellung einer Sirene als Grab-
auffatz. Aehnliclie Darflellungen fehr oft als Krönung
griechifcher Grabreliefs, f w. e. 015 hoch, o'io breit,
O'io dick, gefunden auf den Marignanis. Gelegentliche
Erwerbung.
7. Kalkfleinplatte, \ielleicht Seitenverzierung eines
Grabdenkmales, unten Pflanzen Ornamente, oben inner-
halb einer halbkreisförmigen Einfaffung ein hockender
Hund, ahnlich wie bei Infchrift i vom Jahre 1884. Erwor-
ben wie Nr. 5.
8. Bruchflück eines Marmorfarkophages. Spuren
\on drei kämpfenden Figuren. Erworben wie Nr. 5.
9. Marmor-Relief mit der Darflellung einer halb-
nackten Venus. Erworben wie Nr. 5.
10. Kleiner liockender Löwe aus Kalkftein 0'2o
hoch, 020 breit, gefunden in Monaflero, vgl. Nr. 4 vom
Jahrgang 1883.
II bis 12. Zwei große Delphine, gefunden in der
Nähe des fogenannten Circus auf den Marignanis.
Zwei ähnliche Stücke kamen bereits früher mit der
Sammlung Caffis ins k. k. Mufeum. Zur Erklärung der
Verwendung diefer Delphine als Treppengeländer
für die Theaterftufen diene die Infchrift bei Wilmanns
Exempla inscr. latiii. Nr. 716 b.
II. Architetflurflucke und Sleingcrätlie.
13. Bruchflück eines Capitäls, gelegentliche Er-
werbung.
14. Gefimsftuck. Gelegentliche Erwerbung. Vgl. 13.
15. Palmette als Akroterion. Fundort Colombara,
Ausgrabungen Urbanetti.
16. Grabeinfaffung in Form von Steinkuppen.
Vgl. Nr. 15.
17. Große Deckplatte eines Grabes mil runder
Oeffnung. Vgl. Nr. 15.
18. Große maffive Grabvafe. Vgl. 15.
19. Exedra von einem Grabmonumente, gefunden
bei Infchrift Nr. 60 von 1883.
20. Prachtvolle Archite6lurMenfola mit fchönen
Akanthus-Blättern. Gefunden zufammen mitderinfchrift
Nr. 15 vom Jahrgang 1884.
21. Basis einer Statue.
22. Säule.
23. Capital.
24. Verfchiedene einfache Kalkflein-PIatten.
25. ff 120 Stück Stcinuriien, ilie meiflen von der
Nekropole Urbanetti bei der Colombara.
26. Als Depot wurde In's k. k. Mufeum überführt
ein auf dem Grundflücke des Herrn Correfpondenten
der k. k. CentralCommiffion /;'. Prißer, gelegentlich
der von Herrn Correfpondenten der k. k. Central-
Commiffion Baron Eugen Ritter- Zdhony durchge-
führten Ausgrabungen gefundener fchöncr Grabanf-
fatz in Form einer Pyramide, welche an drei Seiten
mit P)lunienverzierungen oben mit einem Pinienzapfen
gefchmückt ifl:. Aehnliclie P)-ramiden als Deckel der
(jrabAren, die zugleich mit Afclienbehältern verfehen
find, find in Acjuileja fehr häufig.
- 153
IV. Jahrgang 188^.
I. Sciili)tuicn und Reliefs.
1. Kleines Marmorbruchftück, Hälfte eines Votiv-
täfelcheiis mit kleinen ReliofDarltellinigen barbarifcher
Gottheiten, wie auf den bekannten MithrasTäfelchen
aus Ungarn und Siebenbürgen. Gelegentliche Erwer-
bung.
2. Grabauffatz aus Kalkftein mit Darflellung im
Hoch-Relief von zwei hockenden Löwen, gefunden bei
der Via Annia, Grundfliick Venturini. Wahrfcheinlich
ftand zwifchen den Löwen der phrygifche Gott Attis.
Vgl. Mitth. d Centr.-Comm. 1891, S. 41, Nr. 78 Anm.
3. Unteres Bruchflück einer größeren Marmor-
platte mit Spuren der urfprünglichen Randverzierung,
aus Blatt-Ornamenten beflehend. Im Hoch-Relief von
kräftiger ficherer Arbeit. Spuren von drei flehenden
Figuren (Mufenr). Gefunden nördlich von Monaftero
auf einem Grundftücke Maftrella's.
3«. Knapp daneben auf einem Grundflücke im
Befitze der Familie Ritter ifl: die Fortfetzung diefes
fchönen Reliefs mit Spuren einiger P'iguren gefunden
worden und das dazu gehörige Bruchflück ill: von Grafen
Grafen Tlieodor Latour en Voivre im Namen der Ritter'
fchen Erben dem Staatsmufeum gefchenkt worden.
4. Bruchflück einer fogenannten Oscilla, mit Dar-
fteilung aus dem bacchifchen Kreife.
II. Archite(5lur(lückc und Steingeräthe.
5. Zwei kleine Säulchen, Bruchftückc von einer
Grabplatte.
6. Eck-Akroterion eines Grabmals aus fpäterer
Zeit, mit merkwürdig flylifirten Palmetten in Form
aufftcigender Horner.
7 bis 8. Säulentrommel mit korinthifchem Capital.
9. Anfehnliche Reihe von verfchiedenen Archi-
teftur-Bruchüücken, gefunden zugleich mit Nr. 2.
10 bis 12. Drei dü?ine altchriftliche Säulen aus den
Ausgrabungen beim „Capitolo".
13^. 40 Stück Afchenurnen gewefener runder
Form, oder pyramidal auffteigend bei verfchiedenen
Ausgrabungen gefunden, die meiflen bei der Fundflelle
Colombara, alle mit Deckel verfehen.
14^. 3 Afchenurnen ohne Deckel.
15.^. Eine Reihe von Steinplatten aus den Aus-
grabungen beim „Capitolo".
16 bis 17. Zwei Steinmörfer.
iS. Grabauffatz in Form einer Pyramide mit Del-
phinen um einen Dreizack auf der vordem Seite, und
Schuppenverzierungen auf den Seitenflächen verziert.
19. Deckel einer Urne von pyramidaler Form.
V. Jahrgang 1886.
I. Sculptilren und Reliefs.
1. Bruchflück eines Armes aus Marmor, kräftige
Arbeit.
2. Grabauffatz von pyramidalerForm, alsKrönung
auffleigende Flammen. Urfprünglich in drei Felder
eingetheilt ; das untere mit einer fchönen Vafe mit
Blumen und Trauben, woran Vögel nafchen; das
mittlere mit fchönen ftylifirten Palmetten, das obere
mit den erwähnten Flammen verziert. Rückwärts unbe-
arbeitet, f. w. e. 053 hoch, 10-25 breit. Gefunden auf
den fogenannten Marignanis zufammen mit den Infchrif-
ten 16 — 18 des epigraphifchen Berichtes des Jahre«.
3. Bruchflück einer Marmorplatte, mit der Dar-
flellung in Reliefeines mit einem Thierfcllc bekleideten
Roffelenlcers, welcher im Begriffe ift fein Zweige-
fpann zu befteigen. Arbeit und Darflellung fehr auffal-
lend; fehr wahrfclieinlich eine moderne Fälfchung, an-
geblich zufammen mit vielen anderen Sculpturfrag-
menten auf dem Grundftücke des Johann Bapt. Fogar
gefunden.
4. Bruchflück einer kleinen Figur in Relief.
5. Gefchenkt wurde: Von der löbl. Güterverwal-
tung Jacchia in Ruda: Torfo einer Statue aus Kalkftein,
Lebensgröße, f. w. e. 106 hoch, 0-6o breit. Der Einfatz
ür den fehlenden Kopf mit einem Durchmeffer von 030.
II. Aiehitefturflücke un<I Steingerätlie.
6. Kleine Saulencapitäle aus fehr fpäter Zeit,
gefunden auf dem Grundflücke Coffar auf dem Capitolo.
7. Bruchflücke von Architeflurbeftandtheilen, ge-
funden bei den Ausgrabungen Fogar, Venturini, Coffar.
8. 16 Stück Steinurnen.
Als Depot wurden übergeben:
9. Von der löbl. Güterverwaltung Monaflero 30
Stück Steinurnen.
10. Gefchenkt wurden von Herrn Johann Maflrella
aus Aquileja einige Bruchflücke einer korinthifchen
Säule.
/ 7. Jahrgang 188 j.
I. Sculptui'eti und Reliefs.
1. Bruchflück eines Brunnens aus Marmor, ge-
funden im December 1886 auf dem Grundflücke Coffar
beim „Capitolo". Auf einem Hemicyclus ruhend oben
ein Flußgott, der wahrfcheinlich unter dem Arme eine
Urne hielt, aus welcher der Wafferflrahl über einige
Stufen in das Becken floß. Auf der erflen Stufe ift: noch
ein Loch vorhanden ebenfalls als Wafferausfluß. Rück-
wärts eine viereckige große Vertiefung für das Leitungs-
rohr und am oberen Rande eine Art Gefims aus Perlen-
fchnur, Eierftab und Zahnfchnitten beftehend. Unter-
halb derfelben eine Art Fries, eine Waffernymphe mit
Mufchel in der Hand, und rechts davon ein auf einem
Delphin reitender Amor, im Hintergrunde Dreizack.
Beim Stufengländer ein Amorkopf en relief S. w. e.
034 hoch, 034 dick, 0'28 breit. Etwas unbeholfene
Arbeit aus dem III. Jahrhundert n. Chr.
2. Marmorplatte, f w. e. o 40 hoch, io'30 breit,
0'o8 dick mit der Darfteilung en relief eines römifchen
Feldzeichens (LegionsfahneK gefchmückt mit zwei
Phalerae, die eine mit einem Stierkopfe, die andere
mit einem Gorgoneion geziert, und oben mit Lorber-
kranz. Gefunden bei den Ausgrabungen TuUio, Fund-
ftelle Beligna.
3. Marmorplatte, f w. e. 0'35 hoch, 0-23 breit,
I0-20 dick. Reliefdarftellung der Fasces. Pendant zu
Nr. 2? Gefunden dafelbft.
4. Bruchftück einer Marmorplatte, von einem
Sarkophage herrührend, f w. e. o 20 hoch, 0'54 lang,
010 dick. Oben ein mit Arabesken verzierter Rand,
unten der Hintergrund ebenfalls mit Palmetten geziert
und im Hoch-Relief Spuren von zwei Pferden und da-
154 —
zwifchen Krieger mit Helm, welcher mit der erhobenen
Rechten einen Ausfall macht. Gefchickte Arbeit, ge-
funden wie Nr. 2.
5 Sirene als Grabauffatz aus Marmor, f. w. e.
020 hoch, 1016 breit. Gefunden bei Belvedere.
6. Kleine Statuette eines thronenden Jupiter,
f. w. e. 0-15 hoch, 1015 breit, 10-05 dick, gefunden
wie Nr. i.
7. Kleine Bafis mit Spuren von zwei Füßen, ge-
funden wie N. I.
8. Delphin aus Kalkflein, Bruchftein eines Grab-
fleines, gefunden wie Nr. 2.
9. BruchÜück eines Marmor-Sarkophages mit Ge-
nius, rechts davon Pilaflier, gefunden wie Nr. 2.
10. Deckel einer viereckigen Graburne, 0295 breit,
0'295 dick, O'O/ hoch. Darauf im Hoch-Relief ein lie-
genderHund, gefunden bei den Ausgrabungen Rofin auf
dem fogenannten „Capitolo". Vgl. Mitth. d. Centr.
Comm. 1890, S. 126, Anm. i.
11. Kleine Platte aus Kalkflein, 025 hoch, 1025
breit, I0'03 dick, vielfach zerbrochen, darauf Greif und
Arabesken, gefunden bei den Ausgrabungen der Frau
Venturini längs der . P"m Annia" .
12. Verfchiedene Bruchftücke von Statuen, ge-
funden bei den Ausgrabungen Adrian auf den Mari-
gnanis.
13. Grabauffatz in Form eines fchlanken Capitals
mit fchönen Akanthusblättern, gefunden auf dem
Grundflücke Fonzar gegenüber dem Mufeum.
14. Kopf aus Kalkftein,Bruchflück einerSepulchral-
flatue, Fundflelle Beligna auf dem Grundflücke Tullio.
b) Gefchenkt wurden:
Vom Herrn Correfpondenten der k. k. Central-
Commiffion Eugen Freiherrn Ritter- Zaliony:
15. Torfo einer überlebensgroßen nackten mann-
lichen Statue aus Marmor, fehr kräftige Arbeit, früher
im Mufeum Caffis.
16. Torfo einer intereffanten Figur aus Kalkftein,
fehr lehrreich für die antike Technik, man ficht noch
die Vertiefungen zum Einfetzen der übrigen Stücke und
die Pun teilt.
17. Ueberlebensgroßer Marmorkopf, fehr chara6le-
riflifch, ähnlich dem Typus des Philetas von Kos.
18. Grab-1'yramidc mit fchönen Verzierungen, oben
en Relief Triton mit Mufchel.
19. Delphin, frei gearbeitet.
20. Kleiner Löwe aus Marmor.
21. Intercffante Sonnenuhr mit Stil, ganz frei ge-
arbeitet.
22 Hermenkopf eines Bacchus, aus dem Mufeum
Caffis herrührend.
23. Prachtvoll erhaltener Marmorkopf einer Stadt-
göttin mit Mauerkrone, gefunden zufammen mit
Nr. 24 — 28 auf einem Grundflücke gegenüber dem
Mufeum.
24. Weiblicher Marmorkopf, unfertige Arbeit.
25. Sehr charaöleriftifcher weiblicher Marmor-
kopf, forgfaltig bearbeitet, die Büfle indeffen nicht aus-
geführt.
26. Großer charafteriflifcher Kopf aus KalkAcin,
Typus des Socrates.'
27. Marmorkopf eines jugendlichen Satyrs.
28. Doppelherme, einerfeitseinmännlicherbärtiger
Kopf, anderfeits ein jugendlicher Bacchus, etwas ver-
wachfen.
29. Marmorftatuette einer jugendlichen Figur mit
Nebris und Schlauch, f w. e. 0'30 hoch, o 20 breit, fehr
gute Arbeit. Aus dem Mufeum Caffis.
30. Bruchftück einer ägyptifchen Figur in der
charafleriftifchen fleifen Stellung und mit dem typi-
fchen Kleide. Gefunden wie Nr. 23.
31. Statuette eines jugendlichen Attis.
32. Runde Oscilla (Votivfchild) aus Marmor, f. w. e.
O'ij im Durchmeffer, mit fitzendem Satyr auf der einen
Seite und Pankopf auf der anderen. Aus der Samm-
lung Caffis.
33. Detto mit Syrinx und Doppelflöte r, rückwärts
unbearbeitet.
34. Schöner Marmorkopf mit chara6lerift:ifcher
Darftellung einer komifchen Maske, unten zerbrochen.
35. Weiblicher Kopf, bis zur Hnlfte erhalten.
36. Männlicher Kopf, etwas befchädigt.
2i7. Vordere Partie eines weiblichen Kopfes.
38. Kopf eines Pferdes.
39. Kopf eines Greifes, aus dem Mufeum Caffis.
40. Kopf einer Venus, fehr klein, unausgeführt.
41. Kleiner Kopf eines lachenden Jünglings.
42. Sehr kleiner weiblicher Kopf
43. Kleiner fchöner Kopf einer Venus mit Diadem.
44. Kleiner Kopf, unfertige Arbeit.
45. Kopf mit Helm von einem Basrelief
46. Kleiner Kopf
47. Detto.
48. Jugendlicher Kopf, oben ein Bohrloch.
49. Tigerkopf
50. Kleine Statuette einer Minerva, unausgeführt.
S'^-ff Zahlreihe Bruchftücke von .Sculpturen, wie
Hände, Füße, einzelne Finger, Gewandbruchftücke,
kleine Poftamente, darunter befonders namhaft: Bruch-
ftück eines kleinen Capitals mit fchönem Kopfe in
der Volute, Poftament mit Spuren der Tatzen eines
zweihufigen Thieres und eines Hundes, untere Partie
einer kleinen flehenden Figur en relief; fchönes Ge-
wandftück, Schenkel einer großen Statue (Kaiferftatuer),
Marmorhand mit Ring, einen Stab haltend; unausge-
führte Marmorhand, fchön ftylifirte Marmorpalmette.
Sämmtliche .Stücke wurden in einer Mauer aus fpät-
römifcher Zeit auf einem Grundftücke gegenüber dem
Mufeum gefunden. Vgl. Nr. 23.
II. Aicliileoturftücke uinl funllige Steiiigerälhe.
52. 26 Stück Graburnen aus den Ausgrabungen
des V. Ferman in Belvedere.
53. 11 Stück Graburnen aus den Ausgrabungen
des H. Tullio, l'"undftelle l?eligna.
54. I Stück (irabuine, fehr klein aus den Ausgra-
bungen Coffar, auf dem fogenannten Capitolo.
55. Vollkommen erhaltene Brunnenanlage mit
Brunnentrog, Leitungsrohr, Pflaftcr.Abzugs-Canäle und
Trottoir, gefunden auf dem Grundftücke Colloredo-
Zucco gegenüber dem Mufeum.
56. 3 Stück marmorne Dachziegel von einem
Prachtgebäude, gefunden auf dem Grundftücke Coffar,
auf dem fogenannten Capitoln.
57. Wafferablauf Canal, gefunden wie N. 56.
- 155 -
58. Säulenbafis und Sanlentrommel, gefunden
wie Nr. 56.
59, 60. Zwei Säulen-Capitäle korinthifclicr Ord-
nung.
61. Säulentrommel und Säulenbafis, gefun den wie
Nr. 56, vgl Nr. 58.
62. Eine Reihe kleiner ArchitedturBruchilücke,
gefunden wie Nr. 56.
63. Marmorplatte, Akroterion eines Grabdenk-
males aus der Via Annia.
64. Canellirtes Säulenftück, gefunden bei St.
Stefano.
65. Eine Reilie Architeflur-Bruchftiicke aus ver-
fchiedenen Gegenden.
66. Säulentrommel und Marmor aus dem Hofe
CoUoredo-Zucco.
6"], Säule und Bafis aus dem Hofe Colloredo-
Zucco.
68. Gewaltige Architeflur-Brucliftücke aus dem
fogenannten Spalto, Ausgrabung des H. Julius Comelli.
6g. VoUfiändige Gruft mit Marmorbekleidung,
gefunden auf dem Grundftücke Tullio auf der Beligna.
Gefchenkt wurde.
70. Von Herrn H. Ciotta, Bürgermeifter in Fiume,
eine Steinurne mit fonderbarem Deckel in Form eines
Zeltdaches, wie bei einem Rundtempel.
C. Antikaglien.
Die Befchreibung diefer Erwerbungen erfolgt
nicht abgefondert nach Jahrgängen, fondern nach
Claffen und nur bei befondert hervorragenden Stücken
werden befondere Nebenumftände, wie Fundnach-
richten und fonftige detaillirte Angaben mitgetheilt.
a) Aus Bi-in und Knochen.
1. Sammlung verfchiedener Haarnadeln von ver-
fchiedener Form und Große.
2. Sammlung verfchiedener Nähnadeln von ver-
fchiedener Form und Größe.
3. Sammlung verfchiedener Knöpfe von verfchie-
dener Form und Große.
4. Sammlung verfchiedener Würfel von verfchie-
dener Größe.
5. Sammlung verfchiedener Löffel von verfchie-
dener Größe.
6. Sammlung verfchiedener kleinerer Figuren,
Beftandtheile von kleinen Schmuckkäftchen.
7. Sammlung verfchiedener kleiner runder Büch-
fen für Salben und fonftige Toiletteartikel. Darunter
eine vollkommen erhalten, von fchöner Arbeit. Oben
auf dem Deckel ein flilifirter Frauenkiopf unten auf
dem Bauche eine fehr lebendige Darftellung eines
Kampfes zwifchen zwei Amoretten, von welchen der
eine mit Dolch und Schild bewaffnet den anderen
angreift, der knieend hinter einem Spitzhund fich ver-
fteckt. Aus den Ausgrabungen Urbanetti, Fundftelle
Colombara.
7 a. Brucliftück einer Salbenbüchfe mit einem
Delphine. Ebendafelbft gefunden.
8. Kleines Oelfläfchchen mit dazu gehörigem
Stöpfel. Gefunden wie Nr. 7.
9. Sammlung von Meffergriffen und Beftand-
theilen von Schwertern, darunter ein vollkommen er-
haltenes Eifenmeffer mit Griff, welcher in einen Greif-
kopf auslauft.
(Foitfefzung folgt.)
Ueber eine alte Hausbemalung zu Grins in Ober-Innthal.
Befpiochen von Karl At%.
IE die kunftfinnigen Ritter und Landesherren
Tyrols fchon im früheften Mittelalter, im 12. Jahr-
hundert, ihre Burgen und Abfteigequartiere,
Fürftcnhäufer mit Gemälden gefchmükt haben, fo be-
wahrten auch ihre Lehensherren in fpäterer Zeit diefe
Sitte mit Vorliebe, wovon uns noch manche Ueberrefte
geboten find. Ein Unterfchied befteht hauptfächlich nur
im Inhalt diefer Wandgemälde. Zuerll: galt es meiftens
einer Verewigung der Sage von den Hcldenkämpfen
und den Aventuren wandernder Ritter, während Ipäter
öfter humoriftifche Darftellungen den Vorzug erhielten.
Ein graziöfes wie feltenes Beifpiel diefer Art eines grö-
ßeren Innenfchmuckes in einem öffentlichen Gebäude
erhielt fich in einem Haufe zu Grins im Ober-Innthale,
nahe an der Ausmündung des Stanzer-Thaies, durch
welches nun die Eifenbahn nach Vorarlberg abzweigt.
Diefes Dorf ift ein gar alter Ort am fonnigen Abhänge
des Berges und hat heute noch mehrere alte Häufer
von auffalliger folider Bauart. Zu ebener Erde maffive
Gewölbe, in den oberen Stockwerken vorfpringende
Erker, Eingänge und Fenfter mit fein gehauenen Werk-
ftücken verfehen. Diefe Bauwerke deuten auf Herbergen
da durch Grins bis in die neuefte Zeit die große Ver-
kehrsftraße über den Arlberg führte. Den 14. September
1372 fertigte König Heinrich von Böhmen, dann als
Landesherr von Tyrol, einen Brief aus des Inhaltes, „dafs
die alte Landftraße auch fürderhin über Grins gehen
foU." Unfere intereflanten Fresken finden fich im foge-
nannten „großen Haufe", welches für das ältefte des
Dorfes gehalten wird und von der Landesherrin
„Margarethe Maultafch" erbaut fein foll, und zwar als
ein Jagdfchloß. Es ilt maffig gemauert, hat große
gewölbte Kellerräume, aber nur ein Stockwerk. Ver-
fchiedene Einzelbilder fchmückten einfl die Außenfeite,
find aber heute bis auf kleine unkenntliche Rede zer-
ftört. Ueber einer ziemlich hohen Stiege im Innern
gelangt man in eine Hausflur, welche fich über die
ganze Breite des Gebäudes hin ausdehnt, auf der einen
Seite in einen Erker auslauft, auf der andern mit einem
Fenfter abfchließt. Das Ganze bedeckt ein Tonnen-
gewölbe, welches über den Thüren in die verfchiedenen
Zimmer fchwache Kappen eingelaffen hat. Wände
- is6 -
wie Decke find überreich bemalt. Die Darftellungen
find größtentheils huoioriftifchen Inhalts aus dem
Landleben, vermifcht mit mehreren Bildern religlöfen
Inhalts.
Nahe beim Fenfter im Erker ift auf der rechten
Seite eine Bäuerin dargeftellt mit einem Körbchen im
Arm, worin fich Brode zu befinden fcheinen. Die
Aermel ihres Kleides find aufgebaufcht und ihr Haupt
ift zierlich mit einem Tuche in Form einer eng anlie-
genden Haube eingebunden; die Enden diefer Binde
find fo lang, dafs fie nach Nonnentracht auch den Hals
ganz umhüllen. Gegenüber fteht ein fchlanker Bauers-
mann fröhlichen Blickes, mit einer Sichel in der Linken
und einer Garbe unter dem rechten Arm. Eigenartig
fieht feine Bekleidung aus; die Schöße des rothen
Wamms, das grün ausgefchlagen ift, hängen etwas über
die Hüfte hinab. Die Höfen, weit und baufchig, reichen
bi.s zu den Knieen und darunter kleiden die Waden nur
weiße Strümpfe. Das Schuhwerk ift nicht mehr ficht-
bar. Der mittelhohe Hut lauft etwas fpitzig zu und hat
die Krampe vorn ein klein wenig aufgeftülpt.
Das Gewölbe des Erkers beleben vier Engels-
geftalten in fchmuckem Kleid, aber ohne Nimben. Der
erfte in grünem Kleide fitzt auf einem Delphine und
fpielt die Violine; der zweite, himmelblau bekleidet, ift
mit einem der Guitarre ähnlichen Saiteninftrumente
befchäftigt; der dritte in goldfarbigem Gewände hält
mit beiden Händen eine Trompete an den Mund und
bläft in diefelbe mit Leibeskräften, wie die ausgefpann-
ten Wangen und feine ganze Stellung bezeugt. Von
feiner Linken hängt überdies noch eine Schalwage.
Der vierte im rothen Kleide fpielt eine Schalmei, indem
er in der Linken eine Blume (Mai-Glöckleinj hält. Zu
unterft in jedem Gewölbezwickel wachfen aus einer
Vafe Arabesken mit Blumen in verfchiedenen Farben
hervor, hie und da noch an die Gothik erinnernd, und
ziehen fich um die Hauptfiguren herum, während im
Laubwerke felbft vier kleine Genien, deren Flügel
verfchieden polychrom erfcheinen, zierlich poftirt find.
Verwandte Ornamente wiederholen fich fofort an einem
jeden Gemälde des Gewölbes und die einzelnen
Ranken endigen oft in gar zierliche Formen; bald
wächft eine Blume in ein Geficht aus, bald in eine
Herzensform, neben Chriftus am Kreuze in die Mond-
fichel und in eine Sonne, dann in einen Spiegel, in
eine Sanduhr, in zwei verfchlungene Hände u. f w.
Im Rücken der obengenannten Bäuerin hat der
Meifter einen Fuchs gemalt, wie er den Efel in einer
Wiege fchaukclt. Der Fuchs fitzt auf den Hinter-
füßen am unteren Ende der Wiege; mit einem Vorder-
fuße fetzt er die Wiege in Bewegung, mit dem anderen
hält er einen nicht mehr recht kenntlichen Gegenftand,
vielleicht eine abgebrochene Ruthe, mit der er dem
Langohre droht. Diefer liegt ruhig in die Wiege hinein-
gebunden und unter den grünem Ucberbette ragen
feine Vorderfüße hervor. Ein l'apagei und ein Gimpel
wiegen fich darüber auf den Aeften des bunten Ranken-
werks. Auf dem Boden kriecht eine Schnecke dahin,
die I-'ühler mit den Augen hoch emporgeftreckt, auf
dem Rucken ein großes Gehäufe. Auf diefem fitzt dann
noch ein iMchhörnchen, mit den Vorderpfoten ein
kleines Windrad vor fich hinhaltend.
An diefe fo naive DarftcUung bis zur l'hur
hin, welche in das große Ziuinier fülnt, fchlicljl firli
eine luftige Jagdfcene an. Der Hintergrund befteht aus
einer freundlif^hen Gebirgslandfchaft; auf einer felfigen
Anhöhe ragt ein Schlofs luftig empor. Zwei Jäger
verfolgen das aufgejagte bereits davonfliehende Wild,
worunter wir unter mehreren Thiergeftalten nur einen
Hafen und einen Hirfch näher zu erkennen glauben.
Der eine Jäger ift mit Speer und kurzem Jagdmeffer
bewaffnet, der andere bläst in ein gebogenes Hörn
und führt einen leichtgebauten Jagdhund an einer
Schnur. Jagdtafche haben beide Jäger. Darüber predigt
der Fuchs den Gänsen von einer Kanzel aus, die
zierlich mit einem Tuche belegt ift und einen Schall-
deckel hat, auf welchem ein Affe poffirlich fitzt und
einen Art Schirm oder Baldachin frei hinaushält. Im
Gewölbefclde daneben fehen wir Ochs und Efel mit-
fammen im Damen- oder Schachfpiel eifrig begriffen.
Die Thiere fitzen auf den Hinterfüßen und verfchieben
mit den Vorderfüßen die Steine oder Figuren. Im
kleinen Felde über der Thür in das genannte große
Zimmer ift ein Franciscaner-Mönch dargeftellt, beide
Arme ausbreitend und in der einen Hand ein offenes
Buch haltend. Er fcheint fo eben etwas gelefen zu
haben, das er nun dem Eintretenden erklären will.
Auch einer Kreuzigungsgruppe begegnen wir hier in
der gewöhnlichen Darfteilung aus der Zeit des
Schlußes des Mittelalters; das Schamtuch des Herrn
flattert auf beiden Seiten etwas hinaus, Maria hat das
Haupt noch umfchleiert. Magdalena trauert am Fuße
des Kreuzes, dasfelbe mit beiden Armen umfchlingend.
Am Laubwerk find die bereits genannten Gegenftändc
bemerkbar, wozu noch ein Thürmchen über dem
Jünger Johannes beizufügen wäre, fowie das Erfcheinen
von Gott Vater mit dem heiligen Geift über dem
Kreuze und dem Pelikan am Fuße des Kreuzes.
Weiter rückwärts an der Wand nimmt die An-
betung der Könige eine größere Fläche ein. Diefe
Darfteilung, noch eng an die Manier des früheren
Mittelalters fich anlehnend, hat auch einige Verwandt-
fchaft mit jenem Bilde im berühmten MilTale von Reiß:
Maria reicht ihr göttliches Kind aus dem Stalle
heraus dem älteften unter den drei Weifen. Kameele,
Pferde, Diener und ein fehr jugendlicher fiinker Page
beleben als Zuthat die hübfche Compofition. Im
Bogenfelde darüber trägt eine männliche P'igur mit
ftark aufgcbaufchten Kleidern eine Flagge auf der
Schulter; der von der Stange herab wallende Stofi
wird durch zwei Streifen in Form des fogcnannten
Andreas-Kreuzes in vier l'^elder getheilt. In je einem
derfelben fteht VD/ einer der vier erften Buchftaben
des Alphabets "^X^ • Aus der Halskraufe diefer
Figur ragt aber nicht das Haupt eines Mannes
hervor, wie der Lefer erwarten dürfte, fondern ein
Schafskopf, der fich in einem gegenüberftehenden
Spiegel, hervorragend aus dem Ornament, gcmüthlich
bcfchaut.
Auch aus der Legende wollte der alte Meifter
eine und andere Scenen nicht fehlen laffen; dies beweift
vorzugsweife nächftfolgendes Bild. Uifter einem mit
Meffern befetzten Rade liegt auf dem Rücken eine
Mannesgeftalt; daneben ein blutender Riunpf eines
andern, dem lias Haupt abgefchlagcn ill. ICin dritter
Main), ebenfalls auf dem Rücken liegend, wird unter
das fich drehende Rad hineingezogen, feine Hände
\']Ui\ bereits abtrehaucn. Zwei vornehmere Männer mit
157 -
langen Röcken und Zipfelkappen unterreden fich
eifrig miteinander, wie es fcheint, über die, welche
gemartert werden, an deren Qualen fich erfreuend. Es
find fo recht eigentliche Judengefichter, wie das fpätere
Mittelalter in Deutfchland oft heidnifche Richter oder
Zufchauer bei Marterfcenen dargeftellt hat. Auf der
andern Seite des Rades — links vom Befchaucr —
kniet eine junge Königin mit Krone und Nimbus
geziert, die Hände flehend gegen Himmel empor-
geftreckt. Hinter ihr fleht der König und eine Frauen-
geftalt von etwas verdächtigem Ausfehen. Der König
ftößt die Königin mit der Hand an der Schulter, als
hätte er ihr etwas zu bemerken, worauf fie aber nicht
zu achten fcheint. In der Höhe ift Gott Vater fichtbar,
wie er auf die unter dem Rad Liegenden runde Scheib-
chen herabftrcut. (Eine verwandte Marterfcene aus
etwas frührer Zeit, 15. Jahrhundert, kommt im
bifchöflichen Amtshaufe zu Corredo auf dem Nonns-
berge vor.) Noch höher, im Gewölbe erfcheint Johannes
Baptifta mit einem Tuche, darauf ruht das Lamm
Gottes, umgeben von einem großen Heiligenfchein.
Es folgt nun eine Darfteilung der Frauen am
Grabe Chrifti. Auf dem Rande der Wand eines offenen
Sarges fitzt ein Engel in weißem Gewände, während ein
anderer Gottesbote in goldenem Kleide vom Himmel
herabfliegt. Die Frauen mit ihren Spezereibüchfen
fchauen verwundernd und zugleich trauernd ins leere
Grab hinein.
Im letzten Gewölbefelde über der bereits genann-
ten dem Erker gegenüberliegenden Thüre, welche ins
Freie auf einen Balcon führt, find zwei Heilige dar-
geftellt; der eine in der Vollkraft des Mannesalters
trägt einen kraftigen Vollbart und hält ein Beil in der
Hand (Evangelill; Matthäus"); der andere eine liebliche
jugendliche Geftalt ohne Bart, das Haupt mönchs- oder
diakonenartig gefchoren, mit großer Glatze, ja nur
mehr mit einem Schöpfe von Haaren über der Stirn
hält in der Linken einen langen Stab mit einem Kreuz-
chen darauf (Apoftel PhilippusY Unterhalb im Gewölbe-
zwickel ein Adler, in Feuerflammen flehend, mit den
Schwingen heftig um fich fchlagend; auf dem Kopfe
trägt er eine Krone. Ober der Thür ift ein Wappen
angemalt, mit einem Einhorn im Schildfelde und als
Helmzier wiederholt, wahrfcheinlich an die Familie der
Edlen Cholwein erinnernd. Die nebenanftehenden
Ornamente find durch Thiergeftalten belebt, eine
Katze, einen Affen der Beeren von Weintrauben an
den Mund führt, und einen Vogel der fich an einer
Weintraube gutlich thut.
Wir kommen nun zur Betrachtung der anderen
gemalten Langfeite des Hausganges. Zunächft an der
Thür ift eine hübfche Figur des heiligen Sebaftian
dargeftellt, die an dem bis auf die Hüfte durchaus
unbekleideten Körper befriedigende Kenntniffe der
Anatomie des Meilters bezeugt. Der Heilige ift wie
öfter mit dem einen Arni aufwärts, mit dem anderen
abwärts und zugleich rückwärts an einen Baumftamm
feftgebunden und mit faft unzähligen Pfeilen bereits
befchoffen; aus den Wunden fließt reichliches Blut.
Das Haupt umgeben die dichten in der Mitte gefchei-
telten Haare wie ein zierlicher Helm und wallen zugleich
über Schultern und Rücken hinab. — Ueber einer
andern Thür, die in ein Zimifter führt, fehen wir St.
Nicolaus in vollem und reichem Bifchofs-Ornate; die
rothe weite und faltenreiche Cafula ift auf der
Vorderfeite mit einem Kreuze verziert; gleich reich
behandelt find Handfchuhe und das Paftorale, unter
deffen Krümmung das bekannte Stoffftück (Sudarium)
herabhängt; die Rechte trägt ein Buch mit den tradi-
tionellen goldenen Kugeln oder Aepfeln darauf. Die
behaln'te Figur mit hoher Inful präfentirt eine fchöne
Bifchofsgeftalt. Nun find wieder dieFratzengeftalten im
Ornamente am Gewölbe, beftehend halb aus Menfchen-,
halb aus Thierleib. Trefflich gelang unferem Meifter
auch die nächftfolgende Darftellung der heiligen
Diacone Stephanus und Laurentius, wozu die weiten
farbenreichen Dalmatiken zu den wohlgenährten
Gefichtern gut ftimmen. Merkwürdig zu nennen ift ein
nackter Genius, der neben St. Laurentius Trauben mit
einer Sichel von dem darüber ausgebreiteten Orna-
mente abfchneidet.
Ueber einer zweiten Zimmerthür nahe der Stiege,
welche von unten in den Gangheraufführt, lieft ein Mönch
in brauner Kutte in einem Buche, deffen aufgefchlagenes
Blatt mit „Afe Maria-' befchrieben ift. Daran fchließt
fich wiederum eine ftattliche Bifchofsfigur, mit dem
Pluviale bekleidet und einem Kirchen-Modelle in der
Hand (St. Conrad, Gotthart, wahrfcheinlicher St. Wolf-
gang).
Eine heitere Abwechslung bietet die Bemalung
des Mauerftückes über dem Stiegenbogen; es ift näm-
lich ein jugendliches Brautpaar abgebildet. Die Braut
in rothem Rocke mit mäßig breiter weißen Schürze
darüber und in eng anfchließender Jacke, von welcher
zwei Spitzen über die Schürze hinunterreichen, trägt
einen kleinen Blumenkranz wagrecht auf dem Scheitel,
von welchem lange Zöpfe über den Rücken hinablie-
gen. Ihre Linke hält einen zarten Blumcnftraus. Male-
rifch machen diefe Figur unter anderem auch die
Aermel, welche als mächtiger Baufch nur den Oberarm
bedecken, fonft den Arm ganz nackt laffen. Vom
fchmalen Gürtel hängt ein Tafchchen. Der Bräutigam
trägt gelben langen Wams, der um die Hüfte gegürtet
ift. Die Aermel desfelben find kurz, fo dafs der Vorder-
arm nur vom Unterkleid bedeckt werden muß; der
ziemlich breite Kragen erfcheint unter der Halskraufe
herabgebogen. Am Gefimfe zu den Füßen hat der
Meifter den Namen Jefus in Form des gewöhnlichen
fpät-gothifchen Monogramms angebracht.
An der Laibung der auf den Dachboden führenden
Stiege kehrt ein luftiges Jagdftück wieder, ähnlich dem
bereits befchriebenen, das gegenüber liegt. Drei Jäger,
grün bekleidet, in kurzen Beinkleidern, mit Waden-
ftrümpfen, bewaffnet mit Specren und Jagdmeffern, aus-
gerüftet mit Hörnern, Jagdtafchen und begleitet von
fpringluftigcn Hunden ftehen in voller Bereitfchaft da,
voll Begierde den Jagdtanz zu eröffnen. Als untere
Randeinfafiung könnten, wenn man will, zwei Menfchen-
geftalten in fonderbarer Stellung bezeichnet werden;
es ift nämlich der Leib eines Mannes und einer Frau
flach auf den Boden hingeftreckt und mit den Gefichtern
einander zugewendet, an den Händen gegenfeitig fich
haltend. Ihr Oberleib erfcheint als ein Menfch mit
Drachenflügeln auf dem Rücken, ihr Unterleib läuft in
einen Fifch aus, an deffen Schwanzfloße beiderfeits
ein geflügelter nackter Genius fich einhängt.
Was den Charakter aller diefer Bilder betrifft, fo
deutet er auf einen Meifter, der einerfeits noch
- 158
einigermaßen an das Mittelalter fich anfchmiegt, ander-
feits aber mit vollfter Luft und Freiheit dem italieni-
fchen Style des i6. Jahrhunderts zu huldigen fich
bemiiht. Flott mit breitem Pinfel ohne weitere einge-
hendere Cartons bringt er mit geübter Hand feine
Phantafien in ziemlich hellen bunten Farben mit be-
friedigender Harmonie auf die Wand. Näheres über
ihn ift noch nicht bekannt geworden; er dürfte aber
doch ein Eingeborner und kein Italiener gewefen fein,
der aber die Fortfehritte des Südens lludicrt und fchr
lieb gewonnen hat, um deren Motive fo behend
zu verwenden. Die Zeit feines Wirkens konnte
man noch in die erfte Hälfte des i6. Jahrhunderts ver-
fetzen. Eine Jahreszahl an einem hölzernen Oberboden
von anflehender eigenthümlicher Form : "j, C^ V ft
muß doch als 1578 gelefen werden, denn 1478 würde
für diefe Malerei eine zu frühe Zeit bezeichnen.
Notizen über Werke von Oefterreichifchen Künftlern.
Von Dr. Tluoiior v. Frimmel.
I. Ein Werk des Hans von Aachen in der Galerie
Corfmi zu Florenz.
• Hansv. Aachen gehört zweifellos in unfere vater-
ländifche Kunftgefchichte, obwohl er (1552) zu Köln
geboren ift. Seine Hauptthätigkeit war dem Prager
Hofe gewidmet. In Prag ift der Künftler auch geftorben
(1615). Ein bisher unerkannt gebliebenes Werk des
Van Aachen befindet fich in der Galerie Corfini zu
Florenz, die neben ihrer berühmteren Schwefler in Rom
und neben den ungeheueren Gemäldevorräthen der
Uffizien und des Pitti Palaftes von den meiften Italien-
pilgern überfehen oder fehr vernachläßigt wird. Einiger-
maßen unverdient ift diefe Zurückfetzung. Enthält
doch die Florentiner Corfini-Galerie eine Reihe von
intereffanten Gemälden, von denen nur die wenigflen
kunftgefchichllich gewürdigt find. Eine Madonna^ von
Signorelli, ein Bildnis aus der Richtung des Anto7iello
da Meffina. ein religiöfes Bild von Filippino Lippi
(Nr. 176), eines von Sandro Botticelli ^r. 167), ficherc
Werke des Salvator Rofa, viele Bildniffe von Sußer-
mans und einige andere find in der Litteratur fchon
erwähnt, fo bei Croive und Cavalcafelle, in der Ge-
fchichte der italienifchen Malerei bei Lcruiolieff, in den
Kunstkritischen Studien und in Jac. Burckhardl's
Cicerone. Nun find in der Galerie Corfini aber auch
viele Gemälde vorhanden, die als fichere Werke feltener
oder wenig ftudirter Meifter, allen jenen hefonders
willkommen fein dürften, die mit ihrem l^ilderaudium
über die akademifchen Gränzen hinausgehen. Ich deute
hier nur an, dafs ein reich componirtes prächtiges
Blumenftück von Forüenay vorhanden ift, dafs wir im
Palazzo Corfini zu Florenz beglaubigte Bilder des
Cerquozzi, einen guten Schalken, zwei Scibolds, eine
hübfche Skizze von Van Dyck, gute Domenüo Felis.
einen Moses van Uytenbroeck (Nr. 300), fichere Werke
des Carlevaris finden können.
Zu den I^ildern, die ich bisher von der neueren
Kunftgefchichte als nicht richtig erkannt gefunden
habe, gehört auch das Werk des Hans van Aachen.
auf das ich hier aufmerkfam machen will. „Im Cata-
logo della Galleria dei Principi Corfini in Fircnze,
compilato da Ulderigo Medici, scultore e conservatorc
della Galleria suddetta" von 1886, wird unfer Bild als
Werk der Scuola fiamminga in folgender Weife be-
fchrieben (Nr. 35):
„Ritratto del padre dcl pittorc Giovanni Bilivcrt.
— Busto; grandezza naturale. Tela alto mctro 059,
largo metro 0-46". Beigefügt wird die Bemerkung :
„Questo ritratto avendo molto sofferto, fu di recente
rintelato, e sul dietro della vecchia tela vedevasi scrit-
to: Ritratto del Sig. Giaches Bilivert fia. Padre di
Giovanno Bilivert pittore dipinto per mano di
Ans. Vanach pittor Flamingo l'anno 158.."
Durch diefe Infclirift, die freilich den Namen des
Autors ganz verballhornt, wird das beftätigt, was die
Stylkritik von diefem Bilde fagen kann. Wir haben
alfo ein Werk des Hans („Ans") van Aachen („Vanach")
vor uns. Der genannte Maler gehört nicht zu denen,
für welche die heutige Gefchmacksrichtung mit Eifer
eintritt. Man meint ihn über die Achfel anfehen zu
dürfen. Immerhin ift fein tüchtiges Können nicht zu
verkennen. Er ift des Studiums jedenfalls werth, ganz
befonders aber deshalb, weil Aachen's Werke gelegent-
lich mit Bildern befferer Meifter verwechfelt werden
(unter andern einmal mit einem Correggio). Ein Werk
von der Hand des Van Aachen verdient zum mindeften
eine Erwähnung. Diefe hätte nun das Florentiner Bild
hiemit gefunden, das zuverläffig dem erften italienifchen
Aufenthalt des Malers angehört, alfo der Zeit vor feiner
Rückkehr nach Köln im Jahre 1588. Ueber Van Aachen
ift man durch Schlager, Dlabacrj, Füffli, Venturi, W.
Schmidt verhältnismäßig gut unterrichtet. Die wich-
tigften Bilder des Van Aachen befinden fich in der
kaiferlichen Galerie zu Wien. Indes bieten auch Schleiß-
heim, Augsburg, Köln manches Studienmaterial. Eine
kleine heil. Nacht von Hans van Aachen befindet fich
bei R. van Haanen in Wien. Bezüglich der Literatur
über Van Aachen wäre neben dem W. Schmidt' fchen
y\rtikel in Julius Meyers Künftlerle-xicon auch das erfte
und einzige Heft von Kabdebo's Oefterreichifchem
Künftler-Lexikon zu beachten, fowie meine „Kleinen
(jallerieftudien", wo fich noch andere Litteratur zu-
fammengeftellt findet.
II. Ein jüngftes Gericht von Rottmayr in Prefsburg.
Im Jahre 1814 wurde in Wien bei Anton Strauß
folgender Katalog gedruckt: „Verzeichnis einer be-
trächtlichen Sammlung von Oclgemälden der berühm-
leften italienifchen, nicderländifchen, deutfchen und
franzöfifchen Meifter, aus der Verlaffenfchaft des ver-
ftorbenen Herrn Ignaz Theod. Reichsritters v. Pachner
Indien V. Eggenftorf. (Auf der Landftraße, Haupt-
ftraße Nr. 107"). In diefem Katalog finde ich aufSeitc
— 159 -
38 verzeichnet: „J. Rottinayr Nr. 486. Das jüngfte
Gericht. Höhe 4' 7'//', Breite 4' 7"". Es unterliegt
keinem Zweifel, dafs diefes jüngfte Gericht identifch
ift mit einem Gemälde des Rottmayr, das fich gegen-
wärtig beim gelehrten Sammler Herrn Ingenieur Gra-
ziofo E.r\ta.Laiifranconi 7.U Prefsburg befindet. Ich gebe
hier eine kurze Bcfchreibung des Bildes.
Oben mitten der Weltenrichter in zinnoberrothem
Mantel mit fchwefelgelben Lichtern. Zur Rechten des
Herrn kniet Maria. Nach beiden Seiten hin auflteigend
je eine Reihe von heiligen Geftalten. Unterhalb des
Weltcnrichters in den Lüften vier Engel mit bunten
Flügeln, je zwei Engel mit Tuben und je zwei, welche
das Kreuz halten. Weiter unten links im Bilde die
Auferftehcnden, fämmtlich gefchickt bewegte Figuren,
deren einige von Engeln nach oben getragen werden.
Rechts die fmkenden Verdammten, gegen welche Erz-
engel Michael mit flammendem Schwert herabftürmt.
St. Michael erfcheint in dunkelgrünem Gewand und mit
gelbem Ueberwurf Ein zweiter Engel mit Flammen-
fchwert, der auf die Verdammten von oben eindringt,
ift unbekleidet. Unten mitten unter einem Bogen ein
liegendes Skelett. Männliche und weibliche Körper find
in der Carnation ftark verfchieden.
Links unten in fchwarzer Curfive die Bezeichnung
und Datirung:
„Jo: Michael Rottmayr Fecit 1691"
Das Bild ift auf Leinwand von quadratifcher Form
gemalt und mifst r45 M. im Gevierte. Die Erhaltung
ift eine treffliche.
Ich vermöchte nicht anzugeben, ob der Künftler
diefelbe Compofition auch im Großen etwa als Decken-
Gemälde ausgeführt hat. Eine bloße Skizze übrigens ift
das Bild bei Lanfranconi nicht. Es ift in allen Theilen
wohl durchgebildet und verdient jedenfalls Beachtung
auch neben den großen zahlreichen Fresken des
Meifters. Erwähnt habe ich das Gemälde in Seemann-
Lützows Kunft-Chronik, 1892 Nr. 26.
An Rottmayr'?, Namen und an viele feiner Werke
knüpft fich eine überaus reichliche oft gar heimtückifche
Literatur, die mir zwar im allgemeinen nicht fremd
ift, der ich aber bisher noch nicht in alle Schlupfwinkel
nachgegangen bin. Ich halte es daher für paffend, es
den berufenen Kräften zu überlaffen, die Angelegen-
heit des Rottmayr' (chcn Gemäldes bei Lanfranconi
weiter zu verfolgen.
Hier möchte ich nicht verfäumen, darauf hinzu-
weifen, dafs der genannte Sammler neben einer viel-
leicht einzigen Menge von Hungaricis auch viele Bilder
befitzt, deren Befichtigung kunftgefchichtliches Intereffe
gewährt. Mehrere gute Venezianer feien erwähnt, dar-
unter ein Dogenbildnis, das aus der Galerie Kaunitz
ftammen foU. Unter den Niederländern find mehrere
ausgezeichnete Stücke, wie z. B. ein reizendes Stilleben
vom jüngeren David Teniers. Mitten etwa im Bildchen
fteht ein Steinkrug auf einem Faß. Davor lehnen und
liegen Beftandtheile eines Harnifches. Links ein Degen.
Im Mittelgrunde gewahrt man auf einem Ständer zwei
Büchfen. die hori "TTN zontal aufgelegt find. Das
echte MonogrammJ__>' findet fich auf dem Kruge.
Tadellofe Erhaltung. Mehrere treffliche Holländer
gereichen der Sammlung zur befonderen Zierde, fo ein
monogrammirtes Bild des Pieter Codde: Eine Familie im
XIX. N. F.
Freienaneinembewaldeten Ufer. Rechts imMitteigriinde
ein Schlofs. Ueber i M. breit. (Die Figuren find auf-
fallend lang geftreckt.) Mehrfach intereffant ift eine
Befchneidung, die ehedem bei Kaunitz war und bis in
die neuefte Zeit für ein Werk des Rembrandt gegolten
hat. Wenn nun auch Rembrandt niclit der richtige
Name ift, der hier zu nennen ift, fo kann man doch
wcnigftens mit Sicherheit einen anderen guten Namen
dafür einfetzen, und zwar den des L. Bramer, des
Delft'fchen Haupt\ertreters der Helldunkelzeit in der
hoUändifchen Malerei. Bei Kaunitz in der erften Ver-
fteigerung hatte das Bild Nr. 137. Auf der Rückfeite
klebt neben etlichen Siegeln auch ein Blatt mit folgen-
der Schrift „Nr. 26 Galerie du prince Kaunitz. Tableau
original de Rembrandt autrefois dans la Galerie du
prince Zampieri ä Bologne". Auf der Vorderfeite rechts
unten der Stempel der Kaunitz-Galerie. Zwei gute
J. Lievenss aus der Sammlung Klinkofch müßen jeden-
falls genannt werden, ebenfo ein großes Vanitas-Bild
von dem fcltenen J. Gysbreckts. Ein altes Ecce-homo-
Bild aus der Richtung des Gerard David und ein ver-
muthlich brabantifches Triptychon gehören ebenfalls
zu den intereffanteften Bildern der Sammlung. Das
Triptychon ftammt aus der BoffiTchen Verfteigerung
in Wien (Nr. 45 des BoffiTchen Catalogcs). Ich be-
fchränke mich hier auf die knappften Angaben, wobei
unter den vorhandenen modernen Bildern nur yJ/rt/('ß;-/'j
Walküre und Bencziirs mildthätige Burgfrau genannt
werden können. DicneucftenErwerbun gen Lanfranconi's
habe ich noch nicht gefehen.
in. Farbige Ausführung einiger Blätter aus Johann
Bernhard Fifcher's von Erlach „Entwurf einer hifto-
rifchen Architectur".
Zu Anfang des 06lobers 1892 hatte ich Gelegen-
heit, auf dem gräflich KuenbergTchen Schloße zu
Jung-Wofchitz bei Tabor eine Reihe großer Architec-
tur-Bilder zu fehen. Es find Werke eines fonft kaum
bekannten Malers G. Minderliout aus dem 18. Jahr-
hundert, welche auf großen Breitbildern Phantafie-
bauten zur Darftellung bringen. Mehrere derfelben
erinnerten mich fofort an Stiche, die ich fchon früher
gefehen hatte, und eines konnte ich fofort für eine
Copie nach einem BrueghelTchen Gemälde der kaifer-
lichen Galerie in Wien erklären. Die Stiche, deren
Benützung mir anfangs nur dunkel vorfchwebte, konnte
ich hinterher bald als einige Blätter aus Fifcher's von
Erlach „Entwurf einer hiftorifchen Architektur" nach-
weifen.
Vom gegenwärtigen Schloßherrn, dem Grafen
Vincena Kucnberg in der freundlichften Weife aufge-
nommen, verzeichnete ich mir in Kürze die vorhan-
denen Architedlur-Bilder, die alle faft genau diefelbe
Größe haben (Breite 1S5, Höhe 1-17) und die alle auf
Leinwand gemalt find. Es waren die folgenden:
1. Feft im Colifeo zu Rom. Mit unzähligen netten,
flott gemalten P'iguren, die zum Theil coftümirt find.
Auf den Bänken die Zufchauer in Roccoco-Tracht.
Links gegen unten die Signatur: „G. Minder Hout".
2. Mitten ein großer Obelisk. An den Seiten
fymmetrifchc Barockbauten mit Benützung antiker
Säulen. Einige Figuren. Unten gegen links das Hand-
zeichen: -G. M-'.
i6o
3. Der babylonifche Thurmbau. Wenig variirte
Copie nachdem Bilde des P.Bntegker]\in. in der Wiener
Galerie (Nr. 739 des Engert'fchen Cataloges, Nr. 734
des neuen Führers). Bezeichnet links unten „G. Minder
Hout".
4. Triumphzug, der eine Brücke paffirt. Zahllofe
Figuren. Copie nach dem Stiche in der FifcherTchen
hiftorifchen Architeclur, der die Tiberbrücke des
Auguftus darftellt. II. Theil, Taf. 3. Rechts unten
„G. M".
5. Große Feftlichkeit. Im Mittelgrunde querüber
ein phantaftifcher fchiftartiger Aulbau, von dem nach
vorn eine Brücke führt. Viele Figuren mit antikifirenden
Coftümen. Zwar fand fich keine Signatur, doch ift es
zuverläßig von derfelben Hand, wie die fignirten Ge-
mälde derfelben Suite.
6. Der Kolofssu Rhodos. Nach der Tafel mFi/chers
hiftorifcher Architectur I. Nr. 8. Nicht fignirt, aber von
derfelben Hand, wie die übrigen Bilder der Suite.
7. Große Siegesflraße, die gegen eine phantaftifch
gebildete Stadt zuführt. Rechts vorn der Triumphator
auf einem Viergefpann. Im fernen Mittelgrunde ein
Triumphbogen. Nicht fignirt, aber von derfelben Hand
wie die übrigen Bilder der Suite.
8. Phantaftifch geftaltete Pyramide. Wenige
Figuren. Rechts unten bezeichnet: „G. Minder Hout."
9. Steile Pyramiden, von Büften bekrönt. Mitten
eine riefige Stufenpyramide, auf welcher Leute empor-
fteigen. Rechts unten das Handzeichen: „G"M".
10. Phantaftifcher Rundbau in einer großen Hafen-
ftadt. Gebäude im Charakter der Spät-Barocke. Rechts
unten: ,.G-M".
11. Mitten eine Art Abbildung der Trajanjäulc.
Im Mittelgrunde und Hintergrunde fymmetrifch ver-
theilte antikifirende Bauten. Beiderfeit'- je ein Reiter-
denkmal. Nach Fifclicr's hiftorifcher Architcflur Th. 11,
Taf 3. Rechts unten: „G-M".
12. Der Salomonifclie Tempel. Nach Fifclier's
hiftorifcher Archite6lur Theil II, Taf 2. Rechts unten
bezeichnet: „G" Minder Hout".
13. Rennbahn (Circus). Links unten die Signatur:
„G- Minder Hout-'.
14. Das Maiifoleum der Artemifia. Nach Fifclier's
hiftorifcher Architeflur Theil II, Tafel 6. Links unten
das Handzeichen: „G'M".
15. Naumachia. Amphitheater, in welchem eine
Seefchlacht aufgeführt wird. Nicht nach i^?y?//^r'j Dar-
fteilung einer Naumachia. Links unten das Hand-
zeichen „G'M".
16. Opferfeft vor einem großen antikifirenden
Tempel von dipteraler Anlage. Viele nette Figürchen.
Links unten: „G' Minder Hout".
17. Moles Hadriani, in phantaftifcher Weife recon-
ftruirt. Soweit ich meiner Erinnerung trauen darf nicht
nach Fifclier. Rechts unten: „G"M".
18. Rieliger Leuchtthurm, womit wohl der von
Alexandria gemeint ift. Kaum nach Fifchers Tafel mit
dem Leuchtthurm von Alexandria. Nicht fignirt, doch
ficher von derfelben Hand, wie alle übrigen Bilder der
Suite.
Vielleicht gibt diefe Notiz dazu Anlafs, eine
Beziehung perfönlicher Art zwifchen dem berühmten
Baumeifter Joh. Bernhard Fifclier v. Erlach und unfe-
rem Mindcrhout aufzudecken. Vielleicht handelt es
fich auch nur um eine Ausnützung der Stiche in
Fifcher's hiftorifcher Architeftur, eine Benützung, von
der Fifclier keine Ahnung hatte. Eine in Ausficht
geftellte Monographie über die beiden Fifcher aus
Ilgs Feder wird wohl darüber Auffchluß geben, ob
G. Minderhout zum Bckanntenkreifc der Fifcher ge-
hört hat.
Durch die Jahreszahl auf Fifcher's Entwurf einer
hiftorifchcn Architcftur „1721" erhalten wir für die
Minderhout'fchen Bilder einen ziemlich wahrfcheinlichcn
Terminus a quo, da man annehmen kann, dafs die Bilder
nicht fchon nacli den \'orbereiteten Stichen oder vor-
bereitenden Zeichnungen P^ifcher's gemalt, fondern crft
nach dem Erfcheinen des ganzen Werkes hergeftellt
wurden. Um recht weite Gränzen zu ziehen, werden wir
die Entftehung der Gemälde in Jung-Wofchitz zwifchen
etwa I720und 1750 anfetzen. DcnbabylonifchenTluirm-
bau des Peter Brueghel konnte G. Minderhout damals
in der Stallburg zu Wien gefehen haben. Vermuthlich
hat er ihn dort copirt, fo dafs man daran die befchei-
dene Vermuthung knüpfen kann, G. Minderhout fei zur
angegebenen Zeit in Wien thätig gewefen. Der Name
felbft weift auf die Niederlande, was aber begreiflicher-
weife eine Thätigkeit in Wien nicht ausfchließt.
(Fortfetzung folgt.)
Die Pfarrkirche U. L. F. zu St. Marein.
Aufgenommen und licfcliiieben von Konrail Crnologar.
lESE der Mutter Gottes geweihte Pfarr- uiul
V/^J /iigleicJi Decanats-Kirche fteht an der Unter-
lilii^ krainer Reichsftraße im Dorfe .St. Marein, etwa
drei Stunden öftlicl) von Laibach entfernt. Die Pfarre
wurde frülier „Haarlander Pfarre" genannt, und noch
im Jahre 1771 findet fich in einem Urbar die Bezeich-
nung „ex parochia .Stae. Mariae in Haarland".' Diefe
ift eine der älteften im Lande, denn fchon 1228 wird
Wh'ingus plebanus de Harlant urkundlich crwiihnt.^
* Im Pf.irr*Archivc zu Sl. Veit hei Sitticli.
* Schumi, Urkiin^cn. und Rcgiftcrbuch 11. p. 45. L:ub.%cli 1881 — 1887,
Im Jahre 1497 wurde lie vom Patriarchen Nicolaus von
A(iuileija dem Klofter Sittich incor[)orirt ' Nach der
Aufhebung desfelben wurde fie wieder felbftiiiulig
und nach der neuen I'jiitheilung des Laibacher Bis-
tluims (1787) Sitz eines Decanes."*
Ueber den urfprünglichcn Sitz der Pfarre fcheint
ein Irrthum zu walten. Man ift der Anficht, die p'ilial-
kirclie zu Lanisce, einem etwa '/i Stunde weftlich von
' Cat:ilo(;nft Clcri Diocc. I,:ibnc,
* /'. Ilitziiigtr, „Die kirchliche Kinlhcihin^ Kraliis im Milti^hiltcr" in
y. F. Kfun's „Archiv für ilie I.andcsgefchichlc" 2 und 3. Heft p. 113
— i6i
St. Marein entfernten Dorfe, fei früher Pfarrkirclic von
Haarland gevvefen.' Man ift wahrfcheinlich durch die
alte Benennung „Haarland" in der Bedeutung „Flachs-
land", welchem der Dorfname Lanisce* entfprechen
foll, zu diefem Irrtluime gekommen. Die Kirche zu
Lanisce ift gothifch und unanfehnlich, gewifs zu klein
für eine fo große Pfarre, die früher noch beutend großer
war; fie entfpricht keineswegs in ihrer gegenwartigen
Geflalt dem Jahre 1228. Wenn früher an ihrer Stelle
eine romanifche Kirche ftand, fo war jene vermuth-
lich noch kleiner; an der gegenwärtigen Kirche zu
St. Marein finden wir jedoch einen bedeutenden ro-
manifchen Bau, der entfchieden noch aus dem 13. Jahr-
hundert flammt.
Regenwaffer in die Kirche eindrang, erhöhte man
zweimal den Fußboden, gewifs zu keinem Vortheile
der ohnehin niedrigen Seitenfchiffe.'
Die Kirche ift orientirt, 322 M. lang, in den
Schiffen 13-9 M. breit und im Mittelfchiffe 7-8 M. hoch.
In ihrem gegenwärtigen Beftande ift fie drcifchiffig
(fiehe Grundriß, Fig. i, und Querfchnitt, Fig. 2). Das
Mittelfchiff ift i/ö M. lang und 53 M. breit. An das-
felbe fchließt fich im Weften der viereckige, 57 M.
breite, auf flarken aber niedrigen Pfeilern und unpro-
filirten Rundbogengurten ruhende, in die Fa(;ade ein-
gebaute Thurm, neben welchem fich die Seitenfchiffe
bis an die Weftfront in nicht ganz regelmäßiger Weife
fortfetzen und in diefem Theile um 077 M. breiter
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Fig. I. (Marein.)
Die Pfarrkirche lieht in der Mitte des mit Mauern
und Pfarrgebäuden begränzten Friedhofes, welcher bis
in diefes Jahrhundert mit Ringmauern und Thürmen
befefligt war. Von diefen fleht noch ein großer zwei-
llöckiger runder Thurm, der zur Wohnung des Caplanes
dient. Das Niveau des Friedhofes ift jetzt höher als
der urfprüngliche Fußboden in der Kirche. Da das
' „Antiquitus a loco H.irlandt (Lauise) nuncupata- ficht im Catal. Cleii
D. Labac. Schtirni in feinem Archiv für HeimatskunJe II,, p. I24 nimmt an,
die Pfarre fei zu Lanis'e gewefen und dafs der Name Lanisce einen Hirfch-
wald bedeutet. Valvajor erwähnt nichts davon.
- Lan = Flachs.
werden. In gleicher Linie mit dem Triumphbogen
enden diefe in etwa 2 M. tiefe rechtwinkelige Altar-
nifchen. Die Seitenfchiffe find 22"6 M. lang; das
füdliche ifl 3 M., das nördliche 37 M. breit, und beide
ca. 5-2 M. hoch. Mit dem Mittelfchiffe find fie durch
drei 3-5 M. bis 372 M. breite und ca. 47 M. hohe
rundbogige Oeffnungen verbunden, deren Gurten
auf ftarken, aber niedrigen Pfeilern ruhen. Die Pfeiler
* Dies verdanke ich dem hochw. Heim Decane Andreas Drohnic,
welchem ich viele Notizen verdanke und der mich fehr bereitwillig beim
Unterfuchen unterftiitzt hat. Es fei ihm an diefer Stelle im Intcreffe der
WiITenfchaft mein innigfter Dank ausgedrückt.
22
*
l62
find viereckig, je r3 RI. und og M. breit, mit der breiteren
Seite gegen die Schiffe gekehrt. Gegen das Mittelfchiff
haben fie 0-25 M. breite, 0-3 M. vorfpringende, bis zum
Boden reichende Vorlagen. Dem entfprechend find
auch die Gurten gegliedert. Die Pfeiler haben einfachen
Sockel und Flachgefimfe. Den Bogen gegenüber finden
fich in der Umfaffungsmauer der Seitenfchiffe jederfeits
drei etwas engere, 044 M. tiefe rundbogige Nifchen,
von welchen die beiden öftlichen als Eingänge in die
erft in der Neuzeit hinzugebauten, 4*95 M. breiten qua-
dratifchen, mit großen Halbkreisfenftern erhellten und
mit einer fenfterlofen Kuppel überwölbten feitlichen
Capellen dienen. Der Triumphbogen ift 4-5 M. breit,
66 M. hoch und mit einem unprofilirten Rundbogen
gefchloffen. Die Seitenfchiffe hatten bis zur neueflen
Zeit große Halbkreisfenfter, feit einigen Jahren her aber
find an der Stelle der früheren 2'5 M. hohe, 1 M. breite
nach außen und innen abgefchrägte Fenfter hergeftellt.
Jedes Schiff hat einen modernen Eingang in der weft-
lichen Schlußwand; der mittlere zeigt die Jahreszahl
1S84. Im nördlichen Seitenfchiffe ift neben dem Ein-
gange ein fteincrner VVeihwafferkeffel mit der Jahres-
A'
Fig. 2. (St. Marcin.;
zahl i63f. aufgefteiit. Im Mittelfchiffe ift beim Thurme
der 2 1\I. breite auf einem gedrückten Tonnengewölbe
ruhende, fpätcr durch Holz-Conflruction nach vorn
erweiterte Orgelchor eingebaut. Eine enge Treppe
führt aus dem nördlichen Seitenfchiffe, durch eine fpatcr
aufgeführte dünne Mauer von demfelbcn getrennt, in
den Thurm.
Die ganze Kirche ift gewölbt. Das Mittelfchiff ift
bedeutend hölier als die Seitenfchiffe, hat jedoch kein
Oberlicht. Das gothifche Kreuzgewölbe der Schiffe
ift bis zum Thurme ganz regelmäßig, in den Thcilen
der Seitenfchiffe neben demfelbcn ebcnfo, aber
fchlechter und unregelmäßig ausgeführt, da fich im
nördlichen nur ein Travec, von den übrigen durcli
einen breiten von zwei Querrippen bcgränzten Gewol-
bebogen gefchieden, befindet, im füdlichen find .ui
jener Stelle zwei Travöcs. Diefe Theile fcheincn erft
nachträglich gewölbt zu fein. Das Mittelfchiff befteht
aus drei, das nördliche aus vier und das füdliche aus
fiinf Travöes. Die einfach profilirten Rippen ruhen zu
dreien im Mittclfchiffe ftets auf einfachen Confi^len und
die Kreuzrippen vereinigen fich im erften und dritten
Joche in glatt^iu runden Schlußfteinen, im mittlem aber
in einem größeren, mit einer runden Luftöffnung durch-
brochenen und von einem rippenähnlich profilirten
Ringe umgebenen Schlußfteine. In den Seitenfchiffen
ift nur im zweiten Travee, vom Triumphbogen aus, je
ein kleiner runder und glatter Schlußftein und nur im
nördlichen finden fich einige Auflagerungs-Confolen.
Der mit dem Mittclfchiffe ungefähr gleich hohe
Chor ift 9 M. lang und 5 M. breit und mit drei Seiten
eines nicht ganz regelmäßigen Sechseckes gefchloffen.
In diefen Schlußfeiten ift je ein vermauertes, an der
inneren Wandfläche 0"65 M. breites hohes Fenfter,
deffen Bogen fich fehr dem Rundbogen nähert. Das
mittlere ift im Bogen noch offen erhalten. Bei diefem
erkennt man, dafs die ohnehin nicht fehr breiten Fenfter
ftark abgefchrägt find und die Lichtöffnung nur ca.
35 Cm. breit war. Zwei auf modernen Pilaftern ruhende
unprofilirte Rundbogengurten theilen das erft in der
Neuzeit aufgeführte Gewölbe in drei ungleiche Felder,
welche mit Hängekuppeln überfpanat find. An diefer
Stelle hat fich früher gewifs ein gotbifches Gewölbe
befunden, welches wahrfchciiilich deswegen
entfernt wurde, um einen höheren Altaraufbau
aufftellen zu können. In der Nordwand öffnen
fich viereckige ziemlich große Fenfter, zwei
über, zwei unter dem modernen Gefimfe.
Diefen gegenüber find Fenfteröffnungen aus
der über der Sakriftei angebrachten Empore
eingefügt und dort ift die viereckige Sacriftei-
thür.
Die dem Presbyterium an der Südfeite
angebaute, 88M. lange und 5 M. breite Sacriftei
ift mit Tonnengewölbe und Stichkappen über-
wölbt; fie reicht weiter gegen Often, als die
Schlußfeiten des Chores. In der Oftwand hat
fie zwei kleine fteinumfafste viereckige P'enfter
und an der Südfeite eine ebenfolche Thür,
,.»;._.» neben welcher fich eine Stiege auf die Empore
j^f-ß befindet. Den wcftlichen Thcil, der durch eine
Gurte von dem übrigen Raum getrennt ift,
bezeichnet man als die alte Sacriftei. Dafs die
Sacriftei urfprünglich nicht fo weit gegen
Often gereicht hat, ift erklärlich; fie ift ja größer als
der Chor.
Von außen betrachtet ift die Kirche recht einfach.
Alle drei Schiffe und der Chor haben ein gemeinfchaft-
liches Ziegeldach. Die Capellen und die Sacriftei
reichen über die Umfaffungsmauer der Seitenfchiffe
hinaus. Die Wände find \'erputzt, ein rein conftructi\er
Sockel fehlt; es ift möglich, dafs fich der eigentliche
Sockel unter der Erde befindet. Eine einfache Viertel
kehle dient als Gefimfe.
Die FaQade ift barock, mit Pilall;ern, Trigly[)lien,
Schnecken und zerftückelten Fenftern gegliedert. Sie
ift in keiner conftruftiven Verbindung mit dem Innern.
In zwei Rundnifchen ftehen zwei hölzerne Statuen des
heiligen Petrus und Paulus, ohne allen Kunftwerth.
Die drei .Steineingäiige find modern (18S4).
Der Thurm über der Fagade ift maffiv, durchwegs
viereckig und kahl. An jeder Seite ift eine breite und
niedrige mit einem gedrückten Rundbogen gefchloffene
Schallöffining angebracht. Bedeckt ift der Thuini mit
einem ca. 19 M. hohen zo[)figen, mit Vafen unti
i63 —
Schnecken verzierten Blcidache. Die Tluummauer foll
ca. 24 M. hoch fein. Die gegenwärtige Gloclvcnflube
foll erfl 1784 efrichtet worden fein, und thatfächlich
findet man im Innern des Thurmcs vermauerte zu
zweien gekuppelte Rundbogcnfenflcr — die alten
Schallöffnungen.
Die Seitenfchiffe haben an der Nordfeite drei, an
der Südfeite dagegen nur zwei niedrige ungegliederte
und mit einem Pultdache bedeckte Strebepfeiler (i M.
breit und ri5 M. bis 112 M. hervorftehend). Der
Mittelpfeiler an der Nordfeite ift breiter. Dicfer kommt
eben dort zu ftehen, wo fich im Innern der oben
erwähnte \on zwei parallelen Querrippen begränzte
Hogenflreifen befindet. An der entfprechenden Stelle
an der Südfeite keine Strebe.
Was das Innere anbelangt, ifl: dasfelbe fehr einfach
gehalten. Die wenigen Gefimfe find aus fpäterer Zeit.
Der Fußboden ift mit Kalkfteinplatten belegt. Vor
dem Triumphbogen und in der nördlichen Capelle ift
je eine Gruftplatte zu fehen. Der Chor ift mit Wand-
gemälden des jün^ft verftorbenen Malers und Bild-
hauers Stephan Subic aus Pölandt bei Bifchoflack
geziert. Die Kircheneinrichtung ftammt aus neuerer
Zeit.
Wenn man jedoch das Innere wie das Aeußere
genau betrachtet, von den entfchieden neu zugebauten
Theilen abfehend, fo taucht die Vermuthung auf, dafs
man es hier mit einem urfprünglich idteren als einem
gothifchen Bau zu thun hat. Die rundbogigen Längs-
gurten, die ftrammen Pfeiler, die Nifchen in den
Seitenfchiffen, die formlofen Strebepfeiler paffen doch
nicht zu dem ftreng conftructiven gothifchen Gewölbe.
Man mufs hervorheben, dafs man unter dem
Kirchendache die Wände verputzt findet. Die Kirche
hat entfchieden flache Decken gehabt.
Wenn man die ganze Anlage, die Längsgurten
und die allerdings ftark veränderten Lichtgadenfenfter
des Mittelfchiffes in Betracht zieht, und dies alles mit
der beffer erhaltenen Sitticher Klofter kirchevergleicht,
fo bleibt es nicht fchwer zu begreifen, diefe Kirche
müße noch aus romanifcher Stylperiode flammen.
Die Pfarrkirche zu St. Marein war als dreifchiffige
flachdeckige Pfeiler-Bafilica mit Chorquadrat, einer Art
Nebenchören und Lichtgaden, aber ohne Ouerfchiff
angelegt.
Unter dem Dache fleht man die Wände des Mittel-
fchiffes und den Triumphbogen, foweit diefe über das
Gewölbe reichen, an der Innenfeite verputzt, ebenfo
den Chor bis circa 5 M. vom Triumphbogen, wo fpäter
hinzugebaute Mauern des Chorfchlußes, ungefähr dort,
wo das crfte Pilafterpaar unten im Chore fteht, be-
ginnen (vgl. Fig. I.). Die Seitenwände des Mittelfchiffes
erheben fleh ungefähr i'/^ M. über das Gewölbe des-
felben. In diefen Wänden flnd jederfeits drei ftark
umformte, circa v6 M.. breite, 14 M. hohe Nifchen,
welche an der Außenfeite in 06 bis oy M. breite
und 07 bis O'S M. ' hohe viereckige Oeffnungen, welche
jedenfalls erft fpäter diefe Form erhalten haben,
münden. Solche findet man auch in den Chorwänden.
Steigt man auf das Gewölbe der Seitenfchiffe hinab,
fo fleht man die Mauern des Mittelfchiffes aus großen
Tuffcjuadern ausgeführt; um die erwähnten viereckigen
' ]);i die M.-ißzahlen unter dem Dache bedeutend vaiüren, kann man
nicht ganz beftimmte Zahlen angeben.
Oeffnungen ift Mörtelverputz. Die Seitenfchiffswände
find ebenfalls einige Centimeter über das Gewölbe
verputzt, foweit das Mittelfchiff reicht. Die Nifchen
ftehen eben über den Rundbogengurten. Diefe können
nurUeberrefte der ehemaligen Lichtgadenfenfter fein.
Welche Form und Größe diefelben hatten, und warum
fie fpäter umformt worden, laßt fich nicht feftftellen.
Man fieht auch, dafs die urfprüngliche weftliche
Abfchlußmauer des Schiffes niedergeriffen wurde, als
dort der Thurm angebaut wurde. Hier endet auch der
Verputz der Seitenfchiffe; diefe mußten daher erft,
nachdem der Thurm aufgeführt, oder mindeftens zu
gleicher Zeit mit demfelben gegen Werten erweitert
worden fein. Beim Chore reichen die Ouaderreihen
nicht bis zur Hohe der Mittelfchiffsmauern. Hier ift die
Jahreszahl 1776 in eine Mörtelfchichtc eingeritzt. Der
Chorfchluß und der obere Theil des Chorquadrats ift
aus Bruchftein aufgeführt.
Zieht man das bisher Gefagte zufammen, fo folgt
daraus:
1. Dafs die fenkrechten Theile vom Thurme bis
zum erften Pilafterpaare im Chore, die Capellen und
die Sacriftci ausgenommen, älter als das gothifche
Kreuzgewölbe fein müßen;
2. dafs diefe Theile früher eine flache Decke
hatten und das Mittelfchiff und Chor einen Lichtgaden;
3. dafs die übrigen Beftandtheile erft nach und
nach hinzugekommen find.
Der Thurm wurde entfchieden fpäter aufgebaut, da
man zu diefem Zwecke die weftliche Mauer des Mittel-
fchiffes niedergeriffen hatte. Vielleicht gefchah dies,
als man die Schiffe mit Gewölben verfah und den Chor
erweiterte. Der Thurm hat nichts von der Gothik an
fleh. Die Theile der Seitenfchiffe neben dem Thurme
konnten doch erft, nachdem der Thurm fchon ftand,
aufgeführt und gewölbt werden. Wenn man das un-
regelmäßige Gewölbe in diefen Theilen betrachtet,
kann man zum Schluße kommen, die Seitenfchiffe feien
erft verlängert worden, nachdem die Schiffe fchon ge-
wölbt waren.
Die Seitenmauern waren jedenfalls dort am
fchwächften, wo die Mauern anfchließen. Im füdlichen
Seitenfchiffe ift aber eben dort kein Strebepfeiler, ver-
muthlich, weil hier zwei Travees aufgeführt worden
flnd und weil das füdliche Seitenfchiff enger ift. Im
nördlichen Seitenfchiffe ift nur ein Travee und das
Seitenfchiff breiter, daher war es nothwendig, an diefer
Seite einen viel kraftigeren Strebepfeiler zu errichten als
die übrigen find.
An der Außenmauer find die Strebepfeiler jeden-
falls erft aufgeführt worden, als man die Kirche einzu-
wölben begann, denn bei ebenen Decken flnd folche
nicht nothwendig gewefen.
Die Capellen find erft nach 1689 errichtet worden,
da Valvafor bei der ]?efchreibung diefer Kirche' wohl
die drei Altäre aufzählt, die Capellen jedoch nicht
erwähnt.
Nach dem, was noch vorhanden ift, war diefe
Kirche urfprünglich eine dreifchiffige Bafilika mit
Chorquadrat und ebenen Decken. Das Aeußere war
aus Tuffquadern, das Innere verputzt und übertüncht.
Die Schiffe waren im Lichten circa 17 M. lang und
13-9 M. breit. Die Seitenfchiffe hatten an ihrem öftlichen
I Valv. Vni., p. 764.
— 164
Ende eine Art kurzer Nebenchöre. Vermuthlich hatte
der Chor eine Apfis.
Wenn das noch Vorliandene auch einer fo weit-
läufigen Abhandlung nicht werth erfcheint, dennoch
ift diefer Bau zur Beurtheilung der noch zu erforfchen-
den romanifchen und gothifchen Bauten nicht ohne
Bedeutung. Die Kirche zu St. Marcin bildet eine
gewiffe nicht zu iiberfehende Stufe in der Reihe der
bis jetzt bekannt gewordenen romanifchen Bauten.
Vom unfcheinbctren Karner zu Obernaffenfuß bis zur
großartig angelegten, 60 M. langen Stiftskirche zu
Sittich find alle Arten der romanifchen Kirchenbauten
in Krain erhalten. Im formellen Sinne ifi: bis jetzt die
Bafilica zu St. Marein die erfte, fchwerlich aber die
einzige in ihrer Art.
Alt-römifche Tintenfäffer im Mufeum von Spalato.
Befpruchen vom Confervator Diredor Bultc.
XTER den kleineren metallenen antiken, be-
r 'iidersderHaus-IndufirieunddeniHausbedarfe
angehörenden Gegenftänden, welche fich zahl-
reich im Mufeum von Spalato vorfinden und größten-
theils aus Salona und deffen nächfter Umgebung
flammen, verdienen befondere Aufmerkfamkeit mehrere
römifche Schreibbehelfe, welche in der letzten Zeit in
der vom k. k. Handels-
Minifterium veranftalteten
Ausftellung des Poft-
Mufeums in Wien ausge-
flellt wurden.
o
l'i«.
(Salona.) Fig. 2.
gewefen: Ein Zirkel, zwei metallene Federn, und fol-
gende Tintenzeuge (atramentarium, \i.iK(x\i'jui-/Tj, mKol-
ixd(^'.tiv), welche, fowohl was ihre Form, als auch den
Inhalt betrifft, eine fpecielle Erwähnung verdienen,
und von welchen hier im Folgenden eine kurze
Befchreibung fammt Illuftration gegeben wird. Der
Gegenftand in Fig. i in natürlicher Größe gegeben,
ift eine cylindrifche bronzene Büchfe mit mehreren in
das Metall felbft eingeritzten auf einer Drehbank
hergeftellten Reifen, und zwar fo, dafs fie ihrer ganzen
Länge nach in drei Theile getheilt erfcheint. Der Deckel
bildet eine Verlängerung der Büchfe und fchließt
genau den oberen Theil derfelben. Die zwei Grund-
flächen der Büchfe find konifch vertieft, a mit einer
centralen Erhöhung, in welcher die Spuren der Zapfen
der Drehbank noch fichtbar
find. Der Gegenftand, wie er im
Jahre 1886 in Salona gefunden
wurde, war beim Deckel ver-
roflet; dcrfelbe wird im Mufeum
von Spalato unter der Zahl 1927,
Cat. H aufbewahrt und diente
als Tintenbehälter. Der zweite
Gegenftand (f Fig. 2 in natiu'-
lichcr Größe), welcher im Jahie
1887 in Salona gefunden wurde,
ficht dem vorhergehenden, was
die Form betrifft, ähnlich, nur
befitzt er eine Reihe von Reifen
mehr, weil er höher ift, und ent-
hielt gleich dem anderen ein
fchwarzes Pulver, nämücli die
Tinte. Er befindetfich iniMufeimi
unter Zahl 2243. Der Gegen-
ftand unter der I""ig. 3,
l'jy. J. i-Salou.i.j
Unter diefcn find mehrere metallene Schreibflifte
(fliligraphia) in verfchiedencn I'"ormen und Dinicnfioncn
im Jahre 1884 in Salona in
mehreren Stücken gefunden uiul dann zufammcnge-
fctzt und completiert wurde, ift auch cylinderartig; er
bildet eine Büchfe mit Verzierungen verfehen und weift
mehrere, wahrfcheinlich auf der Drehbank hergeftellte
Reifen auf; dcrfelbe füll auch Tinte enthalten haben und
befindet fich im Mufeum unter der Zahl 1277. Der
folgende Gegenftand, welcher vor mehreren Jahren
und vermutiilicii auch in Salona gefunden wurde und
im Mufeum unter Zahl 147 vorkommt (hier unter der
Fig. 4 in drei Theilen angegeben), ift ebenfo cylinder-
artig, nur dafs er fich gegen das ICnde etwas konifch
verengt. Derfilhe ill dji-iifu au^ lärcm/.e verfcrligct und
lös
noch voll Tinte aufgefunden, die mit der Zeit felbfl-
verlländlich zu einer harten Maffe geworden ift. In der
Mitte der oberen Fläche desfelben ift eine Oeffnung
zum Eintauclien der Feder angebracht. Der obere
Theil (feparat unter
Fig. a angegeben)
macht den Deckel aus;
diefer befteht aus drei
concentrifchen Ringen,
zwifchen denen der
RaiHii mit einer Art
Emaillloff ausgefüllt ift.
Der äußere Zwifchen-
räum befteht aus einem
aus fchvvarzblauer Pafta
gemachten Email, auf
welchem weiße kreuz-
förmige Blumenverzie-
rungen angebracht find.
Der zweite Zwifchen-
raum befleht aus grü-
nem Email, welches
ebenfo wie der erfte,mit
weißen kreuzförmigen
Blumen verfehen ift.
Das mittlere Feld bildet
ein gelbliches Email
mit fünfblättrigen Blu-
men, von denen die in
der Mitte weißfarben
ift, die übrigen vier
herum aber fcliwarz.
Der Deckel, der am
Rande gefchädigt und
mangelhaft ift, befaß am
unteren Theile einen
Zapfen aus demfelben
Metalle und pafste in
die Oeffnung der
Büchfe, w^o er natürlich
als Verfchluß diente.
Unter allen Tinten-
fäffern von Salona ift
aber das intereffantefle
dasjenige, das wir hier
(unter Fig. 5 in natür-
licher Größe) geben. Es
befteht aus zwei neben-
einander gelötheten
bronzenen Cylindern, am äußern Rande mit je zwei
erhabenen Reifen verfehen. Jeder diefer zwei Cylinder
ift mit einem kleinen runden Deckel, der die Hälfte
der oberen Grundfläche ausmacht und um eine Schar-
niere drehbar ift, verfehen. An einer Seite des kleinen
runden Deckels ift gegenüber der Schaniere ein Ver-
fchluß in Form eines drehbaren Zapfens angebracht.
Um den Deckel zu verfchließcn dreht man den Zapfen
fo lang, bis der untere Auslauf desfelben an den Rand
des Cylinders anftößt; beim Oeffnen desfelben dreht
man den Zapfen bis deffen Querlauf vom Rande weg-
kommt. Um das Tintenzeug tragen zu können, fchob
man zwifchen die zwei Verfchlußzapfen eine recht-
eckige, mit einem Ringe (der aber verloren gegangen
ift, und deswegen neuerfetzt werden mußte) verfehene
Fig. 4. (Salona.
Platte [a], welche an den zwei kürzeren Parallelfeiten in
der Mitte halbkreisförmige Einfchnitte befitzt, in
welche die Zapfen zu Hellen kamen, dicfe wurden dann
umgedreht, und dadurch wurde das Tintenzeug ver-
fchloffen und die ringtragende Platte an dasfelbe be-
feftiget.
Fig. 5. iSiculi.)
Diefes w'egen feines Verfchlußes fo intereffante
Tintenzeug ift im Jahre 1888 in Sicitli, jetzt Biac, bei
Caftelnuovo, 20 Km. vveftlich von Salona in der Rich-
tung von Trau fammt anderen metallenen Gegen-
fländen: Schnallen, chirurgifchen Inftrumenten, Schlüf-
feln, Zahnftochern, Ohrlöffelchen und Spiegeln gefun-
den worden und wird jetzt im hiefigen Mufeum unter
der Zahl 2372 aufbewahrt. Es ficht jenem ähnlich,
welches im Culturhiftorifchen Bilderatlas von Schrei-
ber, I. Alterthum, Tafel XCI, Illuftration 5, angegeben ift.
Die befagten Tintenfäffer enthielten alle eine
größere oder kleinere Quantität von Tinte im verhär-
teten Zuflande, von welcher Hofrath Dr Alexander
Bauer, Correfpondent der k. k. Central-Commiffion
folgende chemifche Analyfe geliefert hat:
„Nach der Meinung der meiflen Striftfteller glich
die Tinte der Alten unferen heutigen Arten von Tufch.
Flinius, Vitruvius fowie Diocorides befchrieben die
Tinte als eine Mifchung von Ruß oder Lampenfchwarz
mit Leim oder Gummi. Diefer Mifchung wurde nach
einigen Angaben die vom Tintenfifch gewonnene
Tinctur zugefetzt, fowie auch Metallfalze (Vitriole) von
den Alten bei der Herflellung von Tinte angewendet
worden fein dürften, denn bei \'ielen griechifchen und
i66 —
römifchen Manuscripten, die im Mittelalter durch
Radirung entftellt wurden, hat man foviei vitriolhaltigen
Stoff (?) gefunden, dafs man fie durch Anwendung
chemifcher Mittel wieder leferlich machen konnte.
Nach Holtz-Oßenwald wurde mit dem Ende des 3.
Jahrhunderts n. Chr. eine Abkochung aus Weinhefe (?),
das „Rebenbraun" zuerft in Griechenland zur Erzeu-
gung von Tinte angewendet und herrfchtc, die meiften
Handfchriften der antiken Welt umfaffend, bis zur
Einführung der Gallustinte im 14. Jahrhundert, welche
übrigens eine arabifche Erfindung ilT:, fowie die Tufche
als eine Erfindung der Chinefen angefehen werden
muß, wo fie fchon in der Zeit von 260—220 v. Chr., ja
in nur wenig vollkommener Form, nach Jainetat, fchon
2697 — 2597 V. Chr. angefertigt wurde.
„Mit Rückficht auf diefe Verhältniffe wurde der
Inhalt der vorgelegten vier Gefäße einer eingehenden
Prüfung unterzogen, wobei zu bemerken kommt, dafs
bei den beiden größeren Gefäßen die Zerflörung fchr
weit vorgefchritten und der urfprüngliche Inhalt der-
felben durch äußere Einflüße jedenfalls bedeutend
verändert und in fehr erheblichem Maße mit fremden
Stoffen verfetzt erfcheint, während die nur wenig alte-
rirten länglichen Röhrchen in erhöhtem Maße hoffen
ließen, etwas vom urfprünglichen Inhalt als l'robc-
material zu erlangen.
„Thatfächlich wurde aus einem folchen Röhrchen
durch eine bereits vorhanden gewefene kleine Oeffnung
mit Hilfe eines Platin-Drahtes ein fchwarzes Pulver
hcrausbefördert, welches zum Theil aus überaus feinem
lockeren Kohlenftoff beftand, der ganz die Eisjen-
fchaften von feinem Lampenruß zeigte. Die Menge
diefer fehr IHcht verbrennlichen und etwas Wafferftoff
enthaltenden Kohle betrug 34-5 Procente von der
gefammten Subftanz des Röhreninhaltes. Der unver-
brennliche Reff enthielt hauptfächlich Kupfer, offenbar
von der Subffanz der Metallgefaßc herrührend, und
Kalk.
„Der Inhalt der größeren Gefäße enthielt: Kupfer,
etwas Blei, Spuren von Zinn, Eifen, Spuren von Zink
und Mangan, Thonerde, Kalk und Magnefia und war
mit kohlenfaurem Kalk, Thon und kiefelfäurehältigem
Sand (Seefand?) fo fehr vermengt, dafs ein ficheres
Urtheil über die Natur des urfprünglichen Inhaltes nicht
gewonnen werden konnte.
„Lösliche Vitriole konnten mit Sicherheit nicht
nachgewiefen werden. Allerdings ließen fowohl der
wäfferige Extraft als auch die falzfaure Löfung der
erdigen Maffen des Inhaltes des größeren Gefäßes fowie
der kleinen Röhrchen die Gegenwart von Schwefelfäure
nachweifen, allein ob diefe von Vitriolen herrührt,
und ob überdies diefe in der urfprünglichen
Maffe enthalten waren, kann felbftverftändlich nicht
angegeben werden.
„Auf organifche Stoffe zu prüfen mußte aus nahe-
liegenden Gründen ebenfalls verzichtet werden. Allein
es kann auf Grund der gewonnenen Unterfuchungs-
refultate, mit befonderer Berückfichtigung des Nach-
weifes der Kohle in den länglichen Rohrchen, der
Schluß, dafs hier fcincrzcit eine kolilenhällige Tinte
vorhanden ivar, immerhin als nicht unbegründet
angefehen zvcrden}''
Das ehemalige Ciftercienferftift Welehrad (Mähren).
Aufgenommen und befclirieljen vom Architeklen rrufeffor Auguß I'rokiyp. U. 1;. Confcrvator. '
(Mit 2 Tafeln.)
II.
Diefe Fundirung erklärt ficli aus der allgemeinen
Erhöhung des ganzen Terrains um 2 — 2'/,^ M., alfo
auch aus einer fpäteren Möherlegung des Kirchen- und
Kreuzgang-P'ußbodens etc. Diefe Auffchiitlung gefchah,
weil man dem fchädigenden Einflüße des Grundwaffers
und den Uebcrfchwemmungen entgehen wollte.*
Ein weiterer Beweis, dafs die Kirche von Haus
aus nur cheifchiffig gewefen, ergab fich durch folgende
Unterfucliung: An der Längsmauer des nördlichen
Scitenfchiffes ficht man in gleichen Entfernungen von
je 575 M. vertical aufflcigende lichte Streifen ; man
hielt dafür, dafs felbe von den aus der Gruft aufwärts
füiirendcn Ventilationsfchläuchen iierrühren. Jedem
Sachverfländigen aber drängt fich fofort die Ueber-
zcugung auf, dafs dies die alte (von der jetzigen Tra-
vee-Anordnung abweichende) Jochtheilung der Seiten-
fchiffe war, refpeflive dafs diefe lichten Streifen von
den Lifenen der Seitenfchiff-Außenmauer herrühren.
' Im I. Artikel dicfcs Aufrntzcft ift in der i. Kußnote fl.-ilt friedlich
nfcindlich** zu lefcn.
' I'cr Ciftercienfer Ordens- Pricflcr //ermann fchrciht in den Wcichradcr
Aiinalen, d.-ifi^ die Kirche hilosn et .'iijiiosa war.
Durch Bloslegung des Mauerwerkes trat auch die
alte romanifche Seitenfchiffmauer zu Tage; die Lifenen
fljrangen 15 Cm. vor; durch die Vorbleiulung einer
halblleinftarken Ziegelmauer kam die Lifenen-Vorder-
fläche mit in die neue Mauerflucht zu liegen, fo dafs fie
verfchwand, was nothwendig war, weil man beim Um-
baue der Kirche flatt der früheren zehn Joche deren
nur fieben tlurchführte.
Außerdem kam bei diefer Unterfucliung auch
ein altes romanifches Fenfter zum Vorfchein. Die Sohl-
bankunterkante diefes P'enflers liegt nur 62 Cm. höher
über dem jetzigen Terrain; da aber eine Grabung erft
bei 2'/j — 3 M. den gewachfenen Grund ergab, mußte
das Fenüer ehedem fich über 3 M. über dem damaligen
Terrain befunden haben.
Das ganze Klofferterrain wurde alfo 2'/^ — 3 M.
hoch aufgefcliültet; zugleich wurden, wie fchon gefagt,
das Pflafter iler Kirche und die I""ußböden anderer
Räume, fo auch des Kreuzganges etc. höher gelegt;
darin liegt alfo die ICrklärung, warum der Sciiweller
des im .Siiätfrülijahr 1.S91 im füdlichen Kreii/.gange auf-
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Mittheilungen der k. k. C, Com. 1893.
TAF. 111.
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167 —
gedeckteil lomanifclien Portales i '/^ M. tiefer liegt als
das dermalige Pflafter des Kreuzganges.'
Alle an diefes Portal (Tafel II) geknüpften Muth-
maßungen, dafs dasfelbe den Eingang zu einer
Kirche gebildet, dafs dahinter vielleicht das Grab des
heil. Methudius zu finden fei oder gewefen war etc., fo-
wie endlich die Behauptung, dafs das Portal einer
weit früheren Periode als der Erbauung der romani-
fchen Kirche durch die Ciftercienfer angehöre, find
hinfällig. Das Portal wurde, wie der ehemalige Kreuz-
gang mit der Kirche gleichzeitig erbaut, zeigt mit den
Apfiden verwandte Formen und Technik; es führte
(fiehe Tafel i) einll in das anftoßende Refektorium,
welches an derfelben Stelle, aber unter dem dermaligen
höherliegenden Refe6lorium gelegen war und auch die
gleiche Größe hatte. In der nordöftlichen Ecke diefes
unteren, jetzt als Keller dienenden Raumes laffen fich
noch die Umfaflungsquadern des alten Brunnens er-
kennen ; auch einige romanifche .Steinmetzzeichen
treten uns hier entgegen.
In dem jetzt als Weinkeller benützten, an der
Oftfeite des Kreuzganges befindlichen Räume fieht
man gleichfalls romanifches Quaderwerk; in der nord-
weftlichen Ecke diefes Raumes, der früher, weil ober
Terrain liegend, eine andere Beflimmung hatte, be-
findet fich eine vermauerte Thüre, welche, wenn wir
die Anfchüttung abrechnen, einft auf den damals tiefer
liegenden romanifchen Kreuzgang hinaus leitete.
Eine fchließlich an der Oftfeite der Kirche, bei
der Ilaupt-Apfide angeordnete Grabung brachte die
Oberkante des jetzt verfchütteten Sockelprofiies der
Apfide fi5 M. unter dem beftehenden Terrain zu Tage
und zeigte, dafs die Apfide unter das jetzige Niveau
noch 2'37 M. tiefer herabreichte; eine Grabung von
weiteren 80 Cm. brachte endlich die Eundamentfohle
zum Vorfchein.
Liegt diefe fomit 3- 17 M. unter dem heutigen
Terrain, fo ergibt fich, da wir von diefem Maße die
ringsherum durchgeführte Anfchüttung von 2'40 M.
abziehen müßen, die Lage des früheren Kirchenfuß-
bodens und folgt weiter daraus, dafs hier niemals eine
Krypta fein konnte, weil unter dem ehemaligen Kirchen-
fußboden nur ein Fundaments-Mauerwerk in der Höhe
von 80 Cm. vorhanden ift.
Ebenfo war die Behauptung bezüglich der ge-
wefenen Balkendecke oder der flachgedeckten Bafilika
eine ganz und gar unrichtige. Nirgends ober den
Wölbungen bis zu ihrem Anlaufe herab finden wir im
alten romanifchen Mauerwerk Spuren von Balkenauf-
lagen, von Auflage-Confolen oder von Ausfparungcn
im Mauerwerk, noch weniger die Refte verkohlter
Balken.
Wohl find in den Kreuzarmen der Kirche Mauer-
löcher zu fehen; aber diefe Löcher befinden fich niir
in dein aus fpäterer Zeit ßaniinenden Zicgelmaucrwcrk,
und die Balkenrefte, welche Meretta gefehen, waren
Theile eines proviforifchen Fußbodens, der über einem
Theile der Kirche beftanden hatte und der vor und
von ihm felbft wegen des defekten Zuftandes entfernt
' Casopis 1891, 157. Ingenieur AI. Pallat und Architekt K. Lerny ver-
legen die Entftehung des Portales richtig in das 13. Jahrhundert. Casopis 1892,
S. 30. J. D. Stocek fchreibt dagegen mit Unrecht den -apfiden und dem Portale
einen viel alteren Urfprung zu. Diefes Portal entflammt dem Anfang des 13.
Jahrhunderts.
XIX. N. F.
worden war. Von den angeblichen Behauptungen
Merctta'i, hat fich fomit keine als richtig erwiefen.
Von der romanifchen Kirche hat fich noch heute
fichtbar k'olgcndcs erhalten: Das Mauerwerk des
Ouerfchiffes und der öftliche Ausftoß des Hauptfchiffes
über das Querfchiff hinaus, überall mit Lifenen an den
Ecken, dann die ganze Apfidialpartie (Mittel-Apfide und
zwei kleinere Apfiden), die umgebauten und fpäter
erhöhten Außenmauern des nördlichen Seitenfchiffes,
die Fundamente des Kreuzganges, des Refc6loriums,
das im Vorjahre aufgedeckte Portal im Kreuzgange,
der Weinkellerraum etc.
Nach diefen erhaltenen Theilen und auf Gruntl-
lage der in der Vierung gegebenen alten Mittclfchiffs-
weite, fowie durch die an der nördlichen Seitenfchiffs-
mauererhalteneEntfernungderWand- Lifenen, refpeftive
der Jochweiten, läßt fich die alte romanifche Kirche im
Gcifte vollftändig reconftruiren (fiehe Fig. i). Nach
diefen Lifenen hatte die Kirche in den Seitenfchiffen
10 Joche. Das Hauptfchiff befaß nun wirklich nach einem
uns erfreulicher Weife erhaltenen, höchft intereffantcn
und für die vorliegende Unterfuchung wichtigen Bilde,
welches uns Kirche und Klofter vor dem großen
Brande von 1681 zeigt,' gleichfalls 10 Joche von gleicher
Breite wie die Seitenfchiffe; daraus ergibt fich fomit,
dafs die, nach den Ausmaßen zu den größten und be-
deutendften Kirchenbauten Mährens zählende Wele-
hrader Kirche ein nach einheitlichein Plane liergeßellter
Bau des fpäteren, bereits vollßändig entwickelten roma-
nifchen Styles, alfo ein Bau aus der Zeit um 1200 war.
Die Kirche mußte fomit, von Haus aus, fchon gewölbt
und konnte daher unmöglich eine flachgcdeckte Bafilika
gewefen fein und hatte nie fünf Schiffe gehabt.
Vergleicht man fchließlich den reconftruirten
Grundrifs der Welehrader Kirche mit jenem der
Klofter-Kirche zu Plafs, aus welchem Klofter Welehrad
feine Mönche bekommen hatte, fo finden wir vielfache
Verwandtfchaft, nur ift die Welehrader Kirche wefent-
lieh länger; felbe zählt 10 rechteckige Mittelfchiffs-
Joche, während die Kirche zu Plaß deren nur fieben hat.
Auch die bis jetzt aufgefundenen Steinmetzzeichen
zeigen, der längeren Bauzeit von 1201 bis mindeftens
1238 entfprechend, mehrere Gruppen, folcheromanifcher
und folche aus der Uebergangszeit.
1. Aeltefter refpeflive frühefter Bau; Haupt-Apfide
außen :
2. Fortfetzung, Kreuzgang und Refectoriumbau,
und zw. die Zeichen am romanifchen Portal:
ö\\l^
und im Keller unter dem jetzigen Refeftorium:
\^
* Htr/chmentzl^ ein Welehrader Ciftercienfer-Ordens-Priefter (geb. 1638,
geft. T703), hat in dem in der Olmüzer k. k. Studienbibliothek befindlichen
Manufcripte : „Miscellaneum jovialium centuriae VII. " diefes Bild mit eingefügt ;
dasfelbe wurde im Jahre 1884 anlafsllch der looojährigen Erinnerung an CyrÜI
und Methud vom k. k. milit. geograph. Jnftitute in Wien auf photographifchem
Wege vergrößert und vervielfältigt. Auch noch ein zweites aus gleicher Zeit
flammendes, gleichfalls vom genannten Inflitute vervielfältigtes Bild der Kirche
zeigt uns diefelbe von der Oft- und Nordfeite; es ift, mit Ausnahme des Thurm*
Helmes ein voUftandiger ronianifcher Bau. iTaf. II.j
23
— i68 —
3. OftTracl des Kreuzganges und Capitelfaales
refpective die Zeichen im jetzigen Weinkeller:
X5d^P
Auch aufgefundene Profile, worunter insbefon-
dere das Bafisprofil eines Mittelfchiffspfeilers, geben
uns über einzelne Details Auskunft; diefes Pfeiler-
profil zeigt große Verwandtfchaft mit dem Pfeiler-
profile der Kirche zu Sz. Jak in Ungarn (fiehe Jahr-
buch der C. C. Band I), und da diefe Kirche ein
mit dem Riefen-Portale der Wiener Stephans-Kirche
verwandtes Haupt-Portal befitzt und auch mit dem
berühmten Tifchnowitzer Portale von 1225 eine gewiffe
Verwandtfchaft zeigt, fo darf man annehmen, dafs die
wohl etwas früher gebaute Welehrader Kirche ein
ähnhches figuren- und blattwerkreiches Pracht-Portale
gehabt habe.
Nach dem baulich Vorhandenen, nach den vor-
ftehenden Unterfuchungen und auf Grundlage des
HirfchmentzlTchen Bildes können wir uns alfo ein ganz
genaues Bild von der W' elehrader Kirche reconftruiren.
Folgendes ift fomit erwiefen:
1. Ciftercienfer waren es, welche diefe Kirche
zvvifchen 1201 und 123S vom Grund aus aufgebaut
haben.
2. Diefelbe war genau nach dem Baufchema des
entwickelten romanifchen Styles aufgebaut und ein-
heitlich geftaltet.'
3. Die Welehrader Kirche gehörte zu den größten,
reichften und fchönften Kirchen Mährens. (Brunn,
rom. Dom 168', Plafs 180', Tepl 188', Kladrau 200',
Welehrad 264' lang).
4. Sie war fchon nach urfprünglichem Plane drei-
fchiffig gebaut worden, ein viertes und fünftes Schiff
hat nie beftanden.
5 Sie wurde dem Plane und der ganzen baulichen
Entwicklung gemäß als gewölbte Bafilika errichtet ; es
kann alfo von einer Balkendecke keine Rede fein.
6. Die Ciftercienfer (fie waren die erften, welche
den Kryptenbau fallen ließen) hatten auch hier keine
Kr>pta vorgcfehen.
7. Das Langfchiff zählte im Mittelfchiffe zehn
Schmal- und in den Seitenfchiffen je zehn Ouadrat-
joche.
8. Die Kirche hatte mit der Kirche Sz. Jak in
Ungarn manche Aehnlichkeit; fo hatten zum Beifpiel
die Mitteifchiffspfciler fafl genau diefelbe Form wie in
Sz. Jak.
9. Der aus dem 17. Jahrhundert flammende jetzige
Kreuzgang fteht über dem alten romanifchen, nur er-
fcheint deffcn Pflafler um i'/j, M. höher gelegt, was fich
in Folge der 1587 ausgeführten Auffchüttung ergab.''
10. Das aufgedeckte romanifche Portal, welches
unter einem mit der Kirche und mit dem Kreuzgange
gleichzeitig erbaut wurde, führte aus dem füdöfllichen
Traclc des Kreuzganges in das damalige Refeftorium,
welches diefelbe Lage und Größe wie das heutige
befaß und nur tiefer lag.
' Als ernei ßcirpicl dtcrcft Style» tritt uns in Oederrcich Mciligenkreuz
(1187) entgegen.
* Abt l-l^khartl von Scliwabcn h.itt«: nicht nur das Convents-Gcbaiidc
wieder hcrgcftcllt, fondern auch die Aufrchiittung um die Kirche durchgerührt
und den feit 1431 verödet gcwcfenen 'rhurni refpcdtivc den 'rhurmlielm er
neuerL
11. Die Kirche hatte fchon nach urfprünglichem
Plane einen mächtigen oflogonalen Centralthurm.
12. Nach dem Hirfchmentzel'fchen Bilde behielt
die Kirche im Großen und Ganzen und mit Ausnahme
des neueren Thurmhelmes die urfprüngliche romanifche
Form bis 1681 bei.
13. Beim Wiederaufbaue der Kirche nach dem
großen Brande von 1681 und in Folge desEinflurzes des
Thurmes wurde eine voUftändige Umgellaltung des
Schiffes vorgenommen; llatt der bisherigen zehn
wurden nur fieben Joche angeordnet; das Mittelfchiff
wurde erbreitert; durch die zur Ausfuhrung gekom-
menen ftarken MittelfchifTspfeiler und durch die vollen
Ouermauern bei den Seitenfchiffen kommen diefe kaum
zur Geltung und erfcheinen felbe nur wie nach dem
Hauptfchiffe fich öffnende Capellen.
14. Ueber der Vierung wurde in der Renaiffance-
zeit eine Kuppel ausgeführt, welche einen niedrigen
hölzernen Thurm erhielt; der Kirche wurden zwei
Frontalthürme vorgefetzt.
15. Der romanifche Bau hatte in den Seitenfchiffen
je zehn Capellen; die zwei Frontthürme nahmen hievon
je eine in Anfpruch; es bleiben fomit noch neun übrig,
und da durch die neue Jochtheilung nur heben Capellen
gewonnen wurden, fo verfchwanden in jedem Seiten-
fchiffe zwei Capellen, was die Tradition dahin deutet,
„dafs die alte Kirche viel länger gewefen. da jedes
Seitenfchiff ehedem noch zwei Capellen mehr hatte."
Im Gegenhalte des romanifchen Baues zum heu-
tigen zeigen fich alfo folgende Abweichungen:
10m. Hau denn. H.iu
Totale Länge (innere 74 M.)
äußere 79 ' SO 84-00
Totale Breite (die 3 Schiffe
24 M.); Querfchiff 33 '20 (24); 33-20
Mittelfchiffsbreite 9-20 ii'3S
Seitenfchiffsbreite 4*60 3 00
Anzahl der Joche des Mittel-
fchiffes 10 7
Anzahl der Joche des Seiten-
fchiffes 10 7
Jochweite S '35 6-88
Thüime I Ctrlthurni i Ctrlth. u.
2 Frontth.
Das bereits früher erwähnte Hirfcliiiu')ttzcr'ic\\c.
Bild (Taf III) ill für uns noch in anderer Beziehung von
Intereffe; es führt uns nämlich auch die gefammte
fonftige Klofteranlage mit ihren Wallgräben und
Schutzmauern vor ; wir fehen die Kirche mit den noch
ijcftchenden zwei Klofterhöfcn an der Südfeite; hinter
dem dermaligen Klofter erblicken wir aber eine zweite
große, jetzt gänzlich verfchwundene Klofteranlage mit
zwei kleinen Kirchenbauten und gleichfalls mit zwei
Klofler- (.') höfen. liier befand fich der Tradition nach
die alte Prälatur (wahrfcheinlich das mit dem Vorhaue
und dem miichtigen Tluu-me ausgezeichnete Gebäude);
deren Ruinen waren noch in diefem Jahrhunderte ficht-
bar. I'"s ifl fraglich ob diefe Gebäude nicht etwa älter,
als die von den Cillercienfcrn hergedellten waren und
ob nicht etwa die eine oder die andere der erwähnten
Kirchen die viel beredte „Johannis-Kirche" war?
Mtjglich auch, dafs in diefen Bauten die Bcgräbnis-
fliitte des heil. Mctiind zu fuchen war.
i6g —
fj Convent
Umfaffende Nachgrabungen und Unterfuchungen
der hier noch ficherzu findenden Fundamente könnten
wohl manchen intereffanten Auffchluß bringen.
Im Hintergrunde des Bildes, nordöftlich, ganz in
der Ecke fteht die noch heute erhaltene Capclle
(Cyrilka), welche ehedem Capelle zum letzten Abend-
mal des Heilands hieß und in ihrem erhaltenen ältelten
Beftande der gothifchen Bauperiode angehört.'
Erklärung des allgemeinen Situationsplanes.
a) romanifche Stiftskirche;
d/ Kreuzgang.
\c alter
(c neuer
äj ümgränzungsmauer, jetzt neue Prälatur.
ej Wallmauer und Graben, jetzt Fremdentraft.
/J Heutige Förlterei mit gleichem Thurm, wie an den
Ecken zwifchen c und d
g) Alte Prälatur mit großem Thurm.
h) Kirche dabei.
i) Kreuzgangartiger Hof und
k) Kirche dabei.
l) Cyrilka; alleinftehende Kirche (14. Jahrhundert).
Jiij Alte Schlaffäle (1587 von Abt Eckhard).
n) Capitelfaal (1630 wieder aufgebaut).
o) Refeftoriumsflügel (1630 wieder aufgebaut).
p) Klofterflügel und großer Weinkeller 1718.
q) Königs-Capelle 1665.
Anhang: Baugefchichtliche und fonstige gefchicht-
liche Momente, welche auf Welehrad Bezug haben.
Durch Zuthun des mahrifchen Fürften Raflislav
waren die beiden griechifchen Priefler Cyrill und
Methud nach Mähren gekommen; auf ihrem Zuge
von Bulgarien hatten fie den aufgefundenen Leichnam
des heil. Clemens, des 102 in der Krim zu Tode ge-
marterten Pabfles, mitgebracht; die Sage erwähnt,
dafs an allen Orten, wo fie mit dem Leichnam rafte-
ten, dem Heiligen zu Ehren Capellen errichtet wurden;
die dem heil. Clemens geweihten Capellen und Kirchen
gehören auch wirklich zu den älteflen im Lande.
Bald beftand eine Probflei St. Clemens in Osvietiman.
Im Jahre 863 ließ fich Svatopluk mit feinem ganzen
Hofrtaate taufen; 863 foUen Cyrill und Methud die
Peters-Kirche inOlmüz geweihthaben; 868 — 869 waren
die beiden Apoflelfürften in Rom, wo Cyrill ftarb.
869 oder 870 wurde Methud zum Erzbifchofe ge-
weiht; 884 foU Methud die Brünner Peters-Kirche
geweiht haben und im gleichen Jahre geftorben fein.
Die Zerflörung des großmährifchen Reiches läßt
Mähren für faft 100 Jahre aus der Gefchichte gänzlich
verfchwinden und hiemit werden auch alle Spuren
der Refidenz der Fürfleh und des Methudifchen Bis-
thums verwifcht.
Mit Böhmen, welches während der Zeit des
großmährifchen Reiches zu Mähren gehört hatte, dem
aber jetzt Mähren angegliedert war, wurde in den
Jahren 967 — 973 in Prag wegen der neuerlichen Er-
richtung eines Bisthums verhandelt.
' Auch hier fucht die gläubige Menge die urfprüngliche Kirche der
Apoftelfürften und das Grab des heiligen Methud.
992 wird das erfte KloQer in Böhmen zu Bi^evnov
ins Leben gerufen und mit römifchen Mönchen befetzt.
1028 befland bei oder in Welehrad bereits eine
St. Johanni-Kirche, welche von Bfetislav I. dem Lei-
tomysler Klofler gefchenkt wurde, während der
andere Theil der dafelbfl gelegenen Befitzungen dem
Stifte Spittinau zufiel.
1038 gründet Bfetislav das Klofter Säzava in
Böhmen, ein Stift mit flavifchem Ritus.
1043 wird gleichfalls von einer St. Johannis-Kirche
in Mähren gefprochen.
1063 wird das 01mi.izer Bisthum endlich gegrün-
det; der erfte Bifchof war ein Mönch aus Bfevnov.
107 1 foU in Welehrad fchon eine Probftei be-
ftanden haben, was eine Klofter- oder Stiftsanlage
vorausfetzt.
1190 oder 1198 kauft Markgraf Wladislaw (Hein-
rich) von den Leitomysler Mönchen die früher er-
wähnte Johannis-Kirche zu Welehrad, um dafelbft ein
Ciftercienfer-Klofter zu errichten; das Klofter wurde
durch Mönche aus Plafs befetzt, und zwar kamen die
Mönche Wolkun, EberhanJ und Gerung unter Abt
Ticezlin hieher.'
1202 wird diefe Stiftung von feinem Bruder
Pfemyfl Otakar beftätigt.
120 1 verließen die Welehrader Mönche ihre erfte
Niederlaffung, welche fich nicht als günüig erwies und
wählten jene Stätte, auf welcher das heutige Welehrad
liegt. (Demnach hätten fie die ihnen zur Niederlaffung
übergebene Johannis-Kirche und das dabei befindliche
Klofter verlaffen.)^
1222 wurde der Stifter Markgraf Wladislaw zu
Welehrad begraben.
1238 war das Klofter noch nicht ganz vollendet;
aller W'ahrfcheinlichkeit nach dürfte daher an der
Kirche noch gearbeitet worden fein.
1421 überfielen die Hufiten Welehrad, verbrannten
Kirche und Klofter.
1427 wurde Welehrad neuerdings verödet.
1430 und 1439 wurden die Kloftergebäude nur auf
das nothdürftigfte ausgebeffert, verfielen daher immer
mehr; auch die klöfterliche Zucht hatte aufgehört.
1587 wurde über Vorfchlag Bifchofs Stanislaw
Pawlowsky (1579 — 1598) der Probft Eckhard von
Schwaben zum Abte beftimmt.
1587 wird von diefem Probfte das ganze Terrain
um die Kirche herum angefchüttet, da die Kirche viel
von der Feuchtigkeit zu leiden hatte. — Abt Eckhard
ftellt auch das fog. alte Convents-Gebäude her (der
gemeinfchaftliche Schlafsaal theihveife noch erhalten).
1598 wird der feit 1421 verödete Central-Thurm
hergeftellt (der romanifche Charakter der Kirche und
des Thurmes blieb aber inta6t).
1604 wurde das Stift Welehrad von den Ungarn
theihveife verbrannt.
1610 übernachtete König Mathias im Welehrader
Stifte, fchenkte demfelben zehn golddurchwirkte
Gobelintapeten, 15 PaffionsBilder und ein fehr reiches
Oberkleid.
• Filiation : Moriittonti^VLhcr'Ach (Würzburg), Langheim (Bamberg), Plafs.
dann Welehrad. In Mahren wurden 1784 folgende Ciftercienfer-Kiöfter aufge-
hoben, und zwar die Mönchklöfter: Welehrad und Saar (Wifowitz war fchon
längft eingegangen), fowie die Nonnenklöfter: AUbrünn und Tifchnowitz (Dou-
brawuik war langft aufgeloft).
- Im Jahre 1201 follen die Ciftcrcienfer : f^von ihrer nr/prüft^iic/iQn
^i'icderlaffuns zu St. Johanni nach Welehrad überfiedelt fein".-
I/o —
1623 wird Welehrad von Kofakenhorden geplün-
dert.
1630 baut Prälat Johann Greifenfels von Pilfenburg
(f 1650) die Prälatur (das allein ftehende Vorder-
gebäude), dann das Convent-Gebäude fammt Capitel-
und Speife-Saal neu auf;' diefe Bauten find durch die
verfchiedenen erhaltenen Außen-Thürme der Stifts-
Gebäude chara6lerifirt.
1650 wurde das neue Convent-Gebäude feierlich
eingeweiht.
1660 werden Bau-Ausführungen in der Kirche
erwähnt.
1665 wird an der Nordfeite des Querfchiffes die
königl. Capelle (Wladislaus-Capelle) gebaut.
16S0 war Maler Paul Pagini in Welehrad thätig;
er ftellte die Kuppel- und Decken-Gewölbe her.
1680 lebte der durch feine Malereien gefchätfte
Laienbruder Heinz auch im Welehrader Klofler.
c. 1680 entflammt das Manufcript des C. O. P.
Hirfchmentzel (geb. 1638 f 1703), welches ein Bild der
vollftändigen Klofteranlage in dem Beüande vor dem
großen Brande von 1681 zeigt; die Kirche ift noch ganz
in ihrer urfprünglichen romanifchen Form erhalten
(f. Taf. III).
1681 verheerte ein großer, von dem Laienbruder
N. Zapotocny gelegter Brand Kirche und Klofter; ver-
fchont blieben nur die königl. Capelle und der öflliche
Theil des Convents- Gebäudes (im erflen Stock noch
derEckhard'fche gemeinfchaftliche Schlafsaal); Schaden
über 100.000 fl.; Convent nur nothdürftig aufgebaut.
1684 der Wiederaufbau der Kirche wird auf das
reichfte begonnen; Herflellung der 2 Fagaden-Thürme;
der Bau ift 1699 noch im Gange.
1695 die Chorftühle von Johanti Martin Heyden,
einem geborenen Littauer, angefertigt.
1700 fchreibt der C. O. P. Engelbert Herman
(geb. 1675 t 1714), dafs die Kirche ehedem feucht und
von Waffer durchzogen war.
1703 die Thurm-Kuppcln werden mit Blech
gedeckt.
1710 wird das Stifts-Gebäude in feiner jetzigen
Geftalt erbaut.
* Prälat Grcifcnfcls f.tiid in den .-tltcn, vicllciclit in den ehemals, hinter
dem jetzigen Klofter befindlich gewefenen Hausgriinden die in Holz- und Stein-
gefallen feil 200 Jahren vergrabenen Begabnisbricfc des Klofters wieder auf.
1718 brannten Kirche und Klofler ab; Schaden
100.000 fl; das Kircheninnere fcheint aber hochflens
vom Rauch gelitten zu haben, da die Heyden'fchen
Chorflühle erhalten blieben. Die Wiederherflellung
wurde fofort vom Abt Florian Nezoriii (1699 — 1724) in
Angriff genommen; der gegen die Kirche gerichtete
Klofterflügel und der große Weinkeller dafelbfl rührt
von ihm her; die I""enfter haben eine andere Verzierung
als in der weiteren Front. Nezorin ging dann auch an
die Bauherflellung der Kirche.
1721 unter Abt Plorian Nezorin erfchcint die
Kirche im Aeußern hergeflellt ; der Koflen-Aufwand
betrug 40.000 fl.; feit 1724 wird an der inneren Aus-
flattung gearbeitet, der Bau wird durch den Abt Jof.
Maly fortgefetzt; er beruft den eben in Olmüz thätigen
Architekten und Bildhauer Baltluifar Fontana; diefer
ftellte den Hochaltar, die zwei mittleren Seitenaltäre,
fowie die überaus reichen Stuckarbeiten in der Kirche
her.' Die von Pagani herrührenden verfchmutzten
Fresken in der Kuppel, dem Presbyterium und die
Benedifts- und Leonhard-Altäre werden von dem
Brünner Maler Franz Ig. Eckßein übermalt.
1730 flellt dann Johann Eigens die Fresken und
Seiten-Capellen her; die Kanzel wird erneuert. Das
Hochaltarbild wird von dem Jefuiten Laienbruder Raab
(JI787 zu Welehrad) neu gemalt, da das 1707 von Pa-
gani hergeflellte im Jahre 1557 nach Strzilek verkauft
worden war; die zwei Altarblätter des heil. Benedift
und Bernhard werden von dem Maler Michael Will-
iiiann gemalt; über dem Hochaltar wird die auch als
Tabernakel verwendbare Kugel angebracht.
1735 wird die Kirche durch den Olmüzer Sufragan
Graf von Eckgh confecrirt.
1739 datirt das Haupt-Portal des Kloflergebäudes.
1744 datirt Gitter im Hauptthor.
1745 flellt der Brünner Orgelbauer Anton Richter
die große Orgel auf.
1784 wird das Klofter aufgehoben.
1853 werden die in Rom vom Bildhauer /:'. ^fax
hergellellten Statuen des heil. Cyrill und Methud zur
Aufflellung gebracht.
1891 wird das romanifche Portal im Kreuz-
gange aufgedeckt.
' 1 >H' AU.irc werden aus Czeltechowit/cr Marmor errichtet.
Ein Nachtrag zu dem römifchen Grabfelde am Birglftein
in Salzburg.
Von Dr. Alex. Pcller.
!I"IM iMntritte des Salzach-Flußes in das Stadt-
gebiet von Salzburg wird derfelbe beiderfcits
3) von Hügeln eingeengt. Der eine am linken
Ufer triigt das Frauenflift Nonnberg, eine Stätte weihe-
vollfler hiflorifcher Erinnerung; am andern, rechten
Ufer dagegen erhebt fich der malerifche BirglRein
mit parkartigen Anlagen. Beide J lügel waren fchon in
den Cultus der Römer einbezogen, und während auf
der Höhe des jetzigen Nonnberges damals die lalini-
fchen Einwohner vielleicht den GoUern Roms Opfer
brachten und Lobgefangc zum Himmel fchallten,
beleuchteten gleichzeitig gegeniiber llammeiule Schei-
terhaufen Bäume und h'elfen des BirgKleines, uiulfchrillc
Todtcnklage drang in die Lüfte, denn am Fuße des
Hügels lag ja der römifche Begräbnisplatz.
Aus diefem Leichenfclde find hunderte von
Zeichen römifchcr Pietät gegen die Todten und
fchönc ICrzeugniffe des Kunflfinnes diefes Culturvolkes
171
gehoben worden, aber auch leider in das Ausland
gewandert. Nur ein kleiner Theil blieb Salzburg erhal-
ten, um in dem ftädtifchenMufeumCarolino-Augufteum
den allein richtigen Platz zu finden.
Von 1792 bis in die Vierziger-Jahre diefes Jahr-
hunderts wurden die Nachgrabungen in größeren oder
geringeren Zwifchenraumen mit ebenfo wechfelndem
Erfolge fortgefetzt und es unterliegt keinem Zweifel,
dafs an diefer und benachbarter Stelle noch fo manches
Stück aus römifcher Vergangenheit im Schöße der
Erde verborgen ruht.
Wenn man von der Ortfchaft l'arfch in die Vor-
ftadt Stein (Arenberggaffe) einbiegt, fo bleibt diefer
römifche Begrabnisplatz, gegenwärtig im Befitze der
Fürftin Arenberg, zur linken Hand, während rechts
ziemlich fleil die Wände des Capuziner- oder Imberges
auffteigen und am Fuße derfelben die Häufer der Vor-
ftadt, um genügend Raum zu finden, ganz an die Straße
reichen. Gegenüber der Befitzung Birglftein, nur durch
eine 4 — 5 M. breite Straße von ihr getrennt, wurden
nun im Monate April 1892 bei der Grundgrabung für ein
neues Haus, zwifchen den Haus-Nummern 21 und 23
gelegen, Eigenthümer Herr Architekt Weffiken, drei
römifche Gräber aufgedeckt, welche alfo unbedingt im
Zufammenliange mit dem römifchen Leiclienfelde jen-
feits der Straße ftanden.
Es ift überhaupt fehr wahrfcheinlich, dafs der gegen-
wärtige Straßenzug ziemlich die gleiche Richtung am
Berge hin hat wie zur Römerzeit und als Fortfetzung
jener Römerftraße gedacht werden kann, die, von
Kuchl (Cucullae) über Puch, Glas und Aigen kommend,
oberhalb des rechten Salzach-Ufcrs, fowie heute dem
Capuzinerberge fich anfchmiegend, hinführte und
zu fituiren, anderfeits bauten römifche Ingenieure
häufig ihre Straßen, wie man die Wahrnehmung im
ganzen Lande Salzburg machen kann, lieber an den
Gehängen der Berge, oft in bedeutender Höhe und
nicht in die Thalfohlen; außerdem wäre eine Straße
unterhalb den Gräbern wegen Nähe der Salzach häufi-
gen Inundirungen ausgefetzt gewefen oder hätte
bedeutende Uferfchutzbauten nothwendig gemacht.
Uebrigens ging ganz ficher auch eine Straße direkt
vom Aigner-Thale am öftlichcn Fuße des Capuziner-
Berges nach der gegenwärtigen Ortfchaft Gnigl durch
eine Thoröffnung jenes Walles, welcher das Thal von
Neuhaus (Gersberg) bis zum Capuziner-Berge durch-
querte und abfchlofs, wie Schreiber diefes vor mehreren
Jahren nachzuweifen Gelegenheit hatte.
Eine genaue Einzeichnung und graphifche Dar-
fteilung aller römifchen Fundorte und Baurefte auf
guter Specialkarte der Stadt Salzburg und nächften
Umgebung, die wohl geplant ift, aber bisher noch
nicht durchgeführt werden konnte, müßte die Richtig-
keit diefer Anficht erhärten.
Ob eine Brücke oder nur Fähre die beiden Ufer
und Stadttheile verband und an welcher Stelle, gelang
bisher nicht zu bcftimmen, doch ift erftere wahr-
fcheinlichcr.
Zufolge diefer kurzen Einleitung, fowie aus den
Funden felbfl erhellt alfo der Zufammenhang der neu
aufgedeckten Gräber mit den früheren vom Birglftein,
und es können nun die Refultate der Grabung, welche
von dem Bauherrn mit dankenswerther Bereitwilligkeit
geftattet wurde, nähere Erörterung finden.
Das zuerfl aufgefundene Grab befand fich 10 M.
von der Arenberg-Straße gegen den Berg zu, faft im
Fig. I. (Salzburg, Birglftein.^
hiebei die oberften Partien der Gräberftätte durch-
fchnitt. Es ifl zu vermuthen, dafs fie dann weiter bis in
die Gegend der jetzigen Staatsbrücke und von dort
als Arm in fcharfer Biegung um den Berg in der
Richtung des heutigen Linzerthores und Gnigl ab-
zweigte und andere Straßen gegen Muntigl, Straß-
walchcn etc. einbogen.
Für die Annahme, dafs fchon ein Römerweg die
Steingaffe entlang durch das Gräberfeld in beiläufig
der gegenwärtigen Straßenhöhe angelegt war, fpricht
einmal die nationale Sitte, Gräber an belebte Straßen
gleichen Niveau der Straße, hart an der Mauer einer
Baulichkeit des Nachbarhaufes Nr. 23. Es war ein
Ziegelgrab. Das Skelett, von Often nach W'eften
gekehrt auf eine Unterlage viereckiger Ziegel hin-
geftreckt, hatte nur unter dem Kopfe eine doppelte
Reihe von Ziegeln gleichfam als Polfter. Die Seiten
waren von Lehm, wahrfcheinlich mit Brettern aus-
gefchlagen, da fich an mehreren Stellen bei dem
Skelette Nägel mit noch Stückchen von Holz befanden.
Das Grab maß i M. 80 Cm. Länge und 6"] Cm. in der
Breite; die Tiefe desfelben betrug 66 Cm. Es fchlofs
172 —
am oberen Rande wieder mit einer doppelten Reihe
aufeinanderliegender Ziegel ab. Deckel wurde keiner
wahrgenommen, fondern das ganze Grab füllte kleiner
Schotter aus. Unter dem Ziegelboden des Grabes kam
noch eine 5 Cm. hohe Sandlage und dann wieder
Schottergrund.
Die beiliegende Zeichnung (Fig. i) gibt eine fchema-
tifche Darftellung des Grabes. Das Skelett felbft war,
nach verfchiedenen Eindrücken an den Knochen zu
fchließen, das eines alten ]\Iannes. Die Arme lagen dem
Kürperausgeftrecktan,bei derrechten Hand befand fich
ein ziemlich großes kolbenartiges Glasgefäß mit röhren-
förmigem langen Hälfe, an den Füßen ein kleiner
urnenförmiger leerer Topf aus gebranntem Thon,
fowie Schweinsknochen mit Spuren vonMefferfchnitten,
wahrfcheinlich Speiferefle. Andere Funde wurden in
der Seitenvvand am Kopfe etwas über der Höhe des-
felben und 10 Cm. von ihm entfernt gemacht.
Es find nach den beigegebenen Abbildungen:
Eine kleine viereckige l'afel aus Griffelfchiefer (Fig. 2),
Fig. 2. (Salzburg.)
ferner das eiferne vom Roft theilweife zerftörte Meffer
(Fig. 3) mit fchön gedrehtem und ornamcntirtem
Bronze-Griff, welcher noch in der Mitte einen fchmalen
und dünnen Goldreif zeigt. Daneben lag eine fchlanke
Bronze-Nadel, wie felbe Fig. 4 darflellt, vielleicht eine
Art Spatel zum Herausnehmen der Subftanz aus dem
fpiiter erwähnten Büchschen, mit langgeftrccktcr löffel-
artigcrlCrweiterung an dem einen und einem Knaufe am
andern ICnde. Eine falzbeinartige Hornplattc (Fig. 5),
glatt, fchm'al und lang, an einem Ende leicht orna-
mentirt, und tlann noch ein gedrehtes Metallbüchschen
mit kohligem zufammengebackcnen Inhalte. Letzteres
war von fahr dünnem Bronzeblech und ganz zerdrückt,
fo dafs es wohl nicht mehr zufammengefetzt werden
konnte. Es befinden fich jedoch Büchschen ähnlicher
F'orm, aber aus 13ein gedreht, unter den Grabbeigaben
früherer Provenienz vom Birglftcin im Mufeuni. Die
Originale von Fig. 3, 4 und 5 find um die Hälfte
größer als die Abbildungen.
Das Skelett mit den Grabbeigaben wurde vorfich-
tig gehoben, ebenfo die Ziegelpiatten und fpätcr im
flädtifchen Mufeum das ganze Grab xollkomnicn
reconflruirt. Es ifl unter einer Vitrine im Lapidarium
aufgehellt.
Fafl gegenüber diefem Grabe, in gerader Richtung
gegen das Haus Nr. 21, 14-5 M. von der Straße gegen
den Berg zu, 375 M. von dem Gartenzaun obigen
Nachbarhaufes entfernt, befand fich das zweite Grab
in der Tiefe von i M. 60 Cm. des hier etwas abfchüf-
figen Terrains. Die Bettung in die Erde war hier nicht
mit gleicher Sorgfalt wie bei dem erfleren Grabe durch-
geführt, fondern das Skelett lag einfach auf dem
Schotter, nur einige Holzdielen, mit cifernen Nägeln
zufammengefügt, waren wahrfcheinlich auch hier als
Körperfchutz angebracht, wenigflens fanden fich eiferne
Nägel mit daran haftenden Holzflückchen ebenfo hier
Kil
Ö
Q
»
Fig- j. 4. 5- (Salzburg.)
wie früher. Kopf und Beckcnknochcn diefes Skelettes
einer jüngeren weiblichen Perfon waren eingedrückt,
die Hände unter der Bruft gekreuzt, die Richtung dem
erften entgegengefetzt, nämlich der Kopf nach
Weflen, die Füße nach Oflcn. .Seine Länge vom Kopfe
bis zu den F'ußwurzelknochen betrug i M. 45 Cm.
Als Grabbeigaben wurden gefunden: In Nähe der
F"üße zwei Gläfer, ähnlich denen im erflen Grabe, aber
etwas kleiner, auch wieder ein thönerner urnenartiger
grauer Topf, dann um die Halswirbel zcrftrcut eine
Anzahl fchwarzer glasglänzender langgeltrecktcr
Perlen als Schmuckgcgenftand.
Unter einem 1 lalswirbelknochen waren die Perlen
noch in der Reihe und Lage, wie felbe um den Hals
getragen wurden, in die lelimarlige weiche Scholle
eingedrückt, es konnte daher das Halsband genau
wieder ilie urfprüngliche Zufammenfetzung erhalten
und fand ficli auch ziemlich vollfländig zufammen, ob-
wohl das Auffuchen der kleinen Perlen in dem feuchten
klebrigen pjdreiclie bei eben einfallendem Regen-
und Schneewetter eine fchr mühevolle Arbeit war
— ^71
Fig^. 6 veranfcliaulicht die Form des zweireihigen
Halsbandes und die Lage der Perlen, auch find
im Kreife die äußeren und inneren Perlen in Natur-
größe dargeftellt, rechts vom Befchauer die äußeren,
links eine innere und deren Durchmeffer oder Darauf-
ficht. Diefe Perlen, zum Zwecke ihrer Anreihung der
Länge nach durchbohrt, beftehen aus Pechkohle, dem
im Alterthume nicht feiten zu diefem Zwecke verwen-
deten und werthgefchätzten Gagat, fchwarzen Bernftein,
deffen auch Piiniiis in feiner hilloria naturalis erwähnt.
Fig. 6. (Salzburg.)
Bei den Rippenknochen wurde noch ein orna-
mentirter Bronze-Nadelkopf entdeckt, der mit dünnem
Goldblech überzogen ift. Er nimmt in natürlicher
Größe die Mitte der Halsbandzeichnung ein. Bei den
Handknochen wurden mehrfach eingekerbte, oben
und unten der Faffung halber durchlöcherte längliche
Ebenholzflückchen gefunden, welche in Abbildung
Fig. 7 fowohl aneinandergereiht dargeftellt find, als auch
ein einzelnes folches Stückchen in natürlicher Größe.
Etwa zwei Meter von diefem Grabe entfernt, gegen
den Bergabhang zu und fo gelegen, dafs, bei der
Richtung von Ofben nach Weftcn, die Füße gegenüber
jenen des zweiten Skelettes fich befanden, wurde ein
drittes aufgedeckt. Die Knochen desfelben erwiefen
fich als ziemlich morfch, der Kopf war eingedrückt
und die Leiche ebenfo einfach beigefetzt worden wie
L*Am i«;ji«J»«i ;«
Fig. 7. (Salzburg.)
die zweite. Am Kopfe fand fich eine thönerne kleine
Urne und ein napfförmiges Thongefäß, beide gebrochen
und zerdrückt, auch zwei viereckige Gagat-Schmuck-
Stückchen, von welchen das eine halb, das andere der
Länge nach durchbohrt war. Diefes ebenfalls weibliche
Skelett maß i M. 66 Cm.
Wie der Schädel des erften Skelettes find auch
die beiden anderen Dolicephalen und Orthognaten,
dem erften Schädel fehlten die Weisheitszähne ganz;
er hatte keine, bei den zwei anderen waren fie im
Ober-, aber nicht mehr im Unterkiefer vorhanden.
Ueber der Gräberftätte erhebt fich nun ein
fchöner Bau, jede Spur derfelben ift verfchwunden und
nur diefe Aufzeichnungen, fowie die in das Mufeum
übertragenen Refte geben Kunde davon. Wenn auch
das Refultat der Grabungen kein hervorragendes war,
fo bereicherten fie doch die iocale Kenntnis über das
römifche Territorium in etwas wieder, und wenn allen
diefen Wahrnehmungen ftets die nothwendige Aufmerk-
famkeit entgegengebracht wird, gewinnt auch das
Bild des römifchen Juvavum immer mehr an Umfang.
Manches bleibt freilich noch unaufgeklärt, z. B.
die Brückenfrage etc., für andere Forfchungen ift die
Iocale Lage, der frequente zu Grabungen ungeeignete
Platz ein Hindernis, doch haben glückhche Umftände
und Zufälle fchon vielen Vorfchub geleiftet und es ift
kaum zu zweifeln, dafs die nächfte Zeit wieder Inter-
effanteres, wenn auch auf anderem Platze, zu Tage
fördern werde.
Die Verwelfchung der Baumeifterzunft in Graz
im XVII. Jahrhundert.
Von Jofeph IVaßUr.
N der Abhandlung: „Gefchichte der Befefti-
gungsbauten des Schlofsberges und der Stadt
Graz im XVI. und XVII. Jahrhundert"' und in
der Monographie „Das Landhaus in Graz"* konnte ich
zeigen, dafs im XVI. Jahrhundert eine förmliche
Invafion italienifcherBaumeifter in Steiermark rtattfand.
' Mittheilimgen der k. k. Cent. Com. XUI., n. F.
- Wien, Verlag von Kari Gerold's Sohn 1890.
Die italicnifchen Meifter, faft durchwegs Comasken und
Luganefen, waren urfprunglich zum Bau der Feflungen
gegen die Türken berufen, bemächtigten fich aber im
Laufe der Zeit auch derl'alaft- und Kirchen- Architektur,
die deutfchen Baumeifter fucceffive verdrängend. Sie
brachten aus ihrer Heimat den Styl der italienifchen
RenailTance und verpflanzten ihn auf fleirifchen Boden,
aber fie zogen auch fortwährend neue Kräfte aus ihrer
174 —
Heimat heran und befetzten mit ihnen die einträgUch-
ften Stellen. Do)iienico de Lalio, als „oberfter Bau-
meifter der windifch-croatifchen Gränze" vom Kaifer
mit unumfchränkter Macht auf dem Felde des Feftungs-
baues ausgeftattet, kam 1 545 nach Graz, und fchon
1549 fehen wir deffen Bruder Gianinaria de Lalio als
Leiter der Befeftigung von Pettau, 1550 einen zweiten
Bruder Andrea als Leiter der Bauten in Marburg. Im
Jahre 1550 hatte Domenico de Lalro feinen Landsmann,
den Luganefen Antonio de la Porta de Riva zur Befe-
ftigung von Warasdin berufen, und in den Neunziger-
jahren zählen wir bereits neun Mitglieder der Familie
de la Porta, die in Steiermark als BaumeiHer arbeiten.
Ebenfo verhält es fich mit den Marmoro, in Steiermark
Marbl genannt, von denen Franz 1566 in Fürftenfeld
baute, in den Neunzigerjahren bereits fünf: Sohn,
Brüder und Neffen des erftgenannten; fo verhält es
fich mit den aus Gandria am Luganer See flammenden
Tadei, 6.\iL es auf acht Familienglieder brachten; mit
den ebenfalls aus Gandria eingewanderten de Verdds,
von denen wir fünf zählen; mit den Gurions, den Lan-
cio's etc. etc., fo dafs bis zur Mitte des XVII. Jahrhun-
derts die Zahl der mir bekannten italienifchen Bau-
meifler in Steiermark an hundertfünfunddreißig beträgt,
denen wir nur vierundvierzig Deutfche entgegen zu
ftellen haben.
War fchon unter Kaifer Ferdinand I. durch Beru-
fung der Fellungsbaumeifler der Einwanderung italie-
nifchen Baumeifler und Werkleute Thür und Thor
geöffnet, fo wurde diefelbe unter der Regierung des
fleicrifchen Herzogs, des Erzherzogs Carl II. noch
ganz befonders begünftigt. Für feine baulichen Unter-
nehmungen: Burg, Hof-Oratorium, Reitfchule, für die
Luflfchlöffer Carlau, Gjaidhof und Weinburg bediente
fich der Erzherzog der bereits vorhandenen italienifchen
Baumeifler, für Malerei und Bildnerei aber mußten
fremde Kräfte herbeigezogen werden. Kein Wunder,
dafs auch hier der fuchende Blick nach Italien gerichtet
wurde. So berief der Erzherzog für die malerifche
Ausfchmückung feines Maufoleums in Sekkau den
Mantuaner Theodoro (iliifi und Baltliafar Grineo, für
die plaftifchen Arbeiten dafelbft den Bildhauer 6>i5'(;/?/a«
Garion, für die Herflellung eines Altarbildes der
Burg-Capelle den Hofmaler Giiilio Licinio, der fich
zwar nicht in Graz feßhaft machte, fondern nach
Wien zurückkehrte. Nach dem Tode Carl's war es
deffen Witwe Maria, welche den Univerfalkünfller Giov.
Pieiro de Points dauernd an den fleierifchen Hof zog,
einen Mann, der durch 35 Jahre Architektur und Malerei
in unferer Stadt beherrfchte.
Die fleierifchen Landftände waren mit dem
Ucberhandnehmen des welfchcn Elementes in Graz
nicht einverftanden und erlaubten fich wiederholt, dem
Erzherzog dagegen Vorftellung zu machen. Als z. B.
im Jahre 1576 Jos. Vinlana von Görz als „Feftungs-
baumeiflcr der winciifch-croatifchcn Gränze" mit einem
Monatsgehalt von 35 fi. nach Graz kam, machten fie,
unwillig über die Berufung fo vieler italienifchen Bau-
meifler, dem Erzherzog Vorftellung über den fo hohen
Gehalt des , Weifchen" und bemerkten, dafs „in der-
gleichen iiochwichtigen Dienften nit aillain Pau-
verftändige und wolcrfarene Perfonen, fondern fürnäm-
lich fovil vwgliclt Tetil/che beftellt und aufgenom-
men werden foUen".' Befonders dem etwas anmaßend
und felbftbewufst auftretenden Peter de Pomis waren die
Stände nicht fehr hold, und wenn man die Einfchrei-
bung des landfchaftlichen Zahlmeifters vom I. Decem-
ber 1617 in dem ,,Ausgabebuch" liest: Dem Job. Peter
de Pomis hab ich auf {€\\\ ßarkes Anhalten und Praeten-
diren in Aufrichtung der khönigl. Triumphporten die
verwilligten 100 Taller zu Erzeugung ainer gülden
Khetten, neben dem was er hievor empfangen, zu einer
fürfhl. und entlichen Verehrung aufRathfchlag entricht",
fo hat man das Gefühl, dafs der Beamte das Geld nicht
ohne inneren Groll hergab.
So war denn im erften Drittel des XVII. Jahr-
hunderts die italienifche Künftler-Colonie in Graz zu
ungeahnter Höhe angewachfen. Alle namhaften Bauten
waren in den Händen der Italiener, nur Ruprecht von
Eggenberg, der gewaltige Kriegsheld, fand für die
Erbauung feines Maufoleums in Ehrenhaufen einen
Deutfchen — den Baumeilter Hans Walter. Dafs die
Italiener, welche fich hier fefshaft machten und nicht
feiten deutfche Frauen nahmen, das Bürgerrecht von
Graz erwarben, und bürgerliche und fladtifche Bau-
meifter wurden, ift felbftverftändlich und hatten fie ein-
mal in der Zunft die Majorität, fo wurden für die
Neuaufnahme von Mitgliedern flets wieder nur
Italiener vorgefchlagen.
So kam es, dafs im Jahre 1638 unter den zwölf
Vorftehern der Maurer- und Steinmetzzunft in Graz fich
nur mehr ein Deutfcher befand. Wir erfehen dies aus
einem Aftenltück vom 27. Februar des genannten
Jahres.''' „Die von Graz", d. h. die Stadtgemeinde, hatte
in diefem Jahre die Lade der Maurer und Steinmetzen
„arreftirt", weil einige der Mitglieder das Bürgerrecht
nicht erworben hatten. Die Zunftvorftände machten
eine Eingabe an die Regierung, mit der Bitte um Rück-
ftelluiig der Lade, wobei folgende Namen unterzeich-
net find: Simon Valnegro, Peter Feretti, Joh. Fafol,'
Peter Valnegro, Dominicus Chegralo, Dionyfius Lan-
dervveg, Peter Riklia (Ricca), Jakob Simonis, Domenico
Bianco, Peter Fafol, Candid Giuliano und Francifcus
Durino. Unter den Zwölfen ift der einzige Landerweg
ein Deutfcher. E^r war Hoffteinmetz, und fomit waren
die Baumeißer der Zunftvorßehungfäiinntlich Italiener.
Dafs diefe Verwelfchung der Zunft für die das
Meifterrecht anftrebenden deutfchen Maurergefellen
fehr nachtheilig war, wurde früher angedeutet. Einen
intereffanten lünblick in die beftehenden Zuftände
gewiihrt uns ein Aftenftück* aus dem Jahre 1660.
Drei deutfche Poliere: Michael Urhans, Mathias
Körner und Mathias Lang bewarben fich feit Jahren um
die Meiftcrwürde, wurden aber von der fozufagen
italienifchen Zunft unter allen möglichen Titeln hin-
gehalten. Sie richteten daher eine lüngahe dire6l an
den Kaifer, worin fie fich über die ihnen zutheil gewor-
dene Behandlung beklagten und, nachdem die Zunft
ihre Meinung abgegeben, nochmals an die Regierung
mit einem Schriftftück, welches alfo lautet:
' H'ifkiimiMcriiclcii Odlohur 1576 Nr. 3.
- StAtthiillcrci, Kc(;icrun(;s.TClcn, Kxpcditn Februar Nr. 15.
^ JoJi.'uin (ind Pctcr Fafol waren die Söhne des im XVI. Jahrhundert in
(ira/ eingewanderten Comasken l'ictro Va/olio. Sie waren bereit-; in Craz
gehören und veränderten ihren Familiennamen in das mehr deiitfch khn-
>;ende F.'ifol.
^ Kegierungsai^tcii, (lUtachtcn i^^io, April Nr. 15.
175 —
„Allcrgenedigifter Herr!
Im hicbey verwahrten Anbringen haben bey
E. k. Maj. Michael Urhans, Matliias Chörner und
Mathias Lang aliergehorfamn; angebracht, dafs, unan-
gefehen diefelben fich bey dem Hantwerkh der
Maurer-Meifter alhie zu Graz geziembendermaffen zum
öfteren angemelt, und gegen Erlegung der Gebühr
umb Auf- und Annembung der Mitmaifterfchaft gebet-
ten, fo heten fie, Supplicanten, doch villeicht aus der
Urfach, dafs diefelben Teutfche und hiefige Landt-
khinder fein, bis dato ainiche Refolution von ihnen
nicht erhalten khinen, fondern heten fie jederzeit zu
der Gedult gewiefen, weliche aber ihrer Mainung nach,
fo lang getriben würde, dafs fie, Supplicanten, foliche
nicht erwarten und villeicht des zeitlichen Hinfcheidens
von diefer Welt fich ehunder zugetragen hete, da fie
allem Anfehen nach nicht gefonnen, ainen Teutfchen
zu ainem Mitmaifter an- und aufzunemben.
„Nun aber fey wiffentlich, dafs die Supplicanten
fich vill lange Jahre hero für Pallier und würkliche
Meifler gebrauchen laffen, wie denn auch Jeder feine
Prob und Maifi:erftukh, als ainer mit Erbauung des
Chlofters S. Joannis bey Herberftain, der andere des
Chlofters alhie zu Graz iaey denen Carmelterinnen, und
der dritte des fchönen Gepey zuReggerspurg volflendig
gemacht und vollführt heten, und hingegen dergleichen
wailifche Maifter unter ihnen wären, weliche gar nie-
mahlens ainiches neues Haubtgepey geführt und gleich-
wollen zu Mitmairtern an- und aufgenomben, und die
armen Teutfchen, weliche ihr Khunfi: fo guth als die
wailifchen erfahren und gelehrnet, aufsgefchloffen
werden, weliches aber khaineswegs rümblich, noch
zueleffig, dafs die frembden Nationen alhie paffirt und
die Landthkünder beyfeits gefetzt werden follen. Und
weillen fie, Supplicanten, nun wie vermelt, alberaith
ihre Maifterftukh genubfamb an Tag geben, fich auch
vorhero wie gebreuchlich, für würkliche Palliere und
jezo nicht allain in diefen Hauptgepeyen, fondern auch
anderen mehreren für Maifter thunlich gebrauchen
laffen, inmaffen fie diefelben auch darfür halten und
erkhennen muffen, als haben die Supplicanten aller-
gehorfam gebctten, die geruheten bey dem Stattrath
alhie allergenedigft darob zu fein, damit fie gegen diefen
Erbieten, dafs diefelben auch das gewöhnliche Bürger-
recht annemben und fich heyfflich niderrichten wollen,
unter die Zunfft und Hantwerch der Maurer für Mit-
maifter würkhlich an- und aufgenomben werden.
„Hierauf berichten die bürgerlichen Maurer-Maifter
alhie, dafs diefelben der genzlichen Hoffnung ftehen,
dafs Ihre kaiferliche Majeftät diefelben wider ihre Frey-
heit nit antragen, fondern vill mehres, weillen die-
felben von Ihrer Durchlaucht Erzherzog Carl und nach-
volgend regierenden Khayfern und Lantsfürften und
der izt regierenden k. Maj. Leopoldo felbll con-
firmirten Freyheit und Hantwerchsordnung ohne
Clag allen Articlen nachgelebt, dafs in bege-
bender Occafion taugliche Maifter alhie bey ihrer
Zunfft gefunden werden, allergenedigll; fchützen und
fchirmben werde, und heten diefelben von undenklichen
Jahren hero in Brauch erhalten, dafs, wan ain Gefell
fich bey dem Hantwerch alhie etlich Jahr ain Zeitlang
gottsfürchtig, züchtig, fromb und erbar, wie es ainem
redlichen Gefeiten zufteht, nach Ordnung der k.
Confirmation verhalten, das Gebey und Gefims,
XIX, N F.
fo ihnen von ainem Maifter anvertraut, alfo adminiürirt
hat, dafs der Maifter und Pauhcrr ohne Clag geweit,
hernach umb die Maifterfchaft angelialten, fey es
niemallen, ainer was Nation er fey, abgefchlagen
worden und wann deren drey oder vier zufambcn
khemen und das Maifterftukh zu weifen begert, alle-
zeit der Filtere, fo zum erften angehalten, vor denen
anderen darzue gelaffen, damit in folchem cafu, wan
mehr Competenten umb die Maillerfchaft, unter denen
Gefeiten ain gewiffe Richtfchnur gehalten und zu
Erhaltung gueter Poiicey, Ordnung und Manszucht,
auf dafs niemand beträngt, fondern ain Jedweder fein
Stuckh Brott mit Ehren gewünnen möge, nit etwa ain
fchadlicher Zwitraclit caufirt werde.
„Nun aber fo wären ohne das vier der Maurer-
gefellen, welche fich vor ainer gcraumben Zeit umb die
Maiflerfchafft angemeldet, deren darunter fogar drei
alhiefige Bürger- und Maiftcrkhindcr waren, von wel-
chen ainer jüngd für ainen Mitmaifter alhie aufgenom-
ben worden, auch das Bürgerrecht angenomben.
So fey am änderten die Stadt Graz bcraits anvor, mit
Maiftern genugfamt verfehen, und da noch darzue dicfe
drey Supplicanten eingefclioffen werden follten, fo
wüffen diefelben nit, wie fovil Mailter fich bey fo
fchweren Zeiten und groffen Anlagen mit Weib und
Khindern ernehren und erhalten könten So fey
drittens unerhört, dafs aus derfelbcn Hantwerkh drei
oder vier auf ainmal zu Stattmailler aufgenomben wer-
den Viertens tlieten die Gefeiten vorwenden, als
heten fie fich all drey alhie zu Graz geziembender-
maffen zum öffteren angemellt und umb die Maifter-
fchaft gebetten. Auffer dafs der Michael Urhans fich
zwar umb die Maifterfchaft am Tag St. Rochi verfchie-
nenen 659. Jahres infinuirt, fey derfelbe auf die negfte
Quatember fich anzumelden befeinden worden,
worüber er trutziger weifs vermelt, er wiffe fchon
anderft zu thun und davon gegangen. Zudem habe er
nie ainen Sommer oder ain Jahr alhie gearheit und
ferner er, weder die andern Zween nit mehr vor oder
hernach bei ihrem Hantwerkh um die Maifterfchaft
angemelt, weliches fie, fo es die Notturft erfordert,
erweifen wollen. Und was fünftens der Supplicanten
Vorgeben war, dafs fie kliaine Teutfchen aufzunemben
Willens weren, fo würden diefelben den Franzen
Crtr/ö;/, welcher alhie gebürtig, auch niemallen in Italia
gcwefl, und fchon lange Zeit würklich gemainer Statt-
maifier alhie fey, und Hänfen Pozcn,^ auch hiefigen
Maifters Solm nit einkliomben laffen
„Dafs aber pro fenno vermeldet werde, dafs fie,
Supplicanten, ihr Proben gemacht, in denen ainer die
Kürchen und Cloftergebey St. Johann zu Herberflein
erbaut, fey dicfes zu beachten, dafs der P. Dominicus,
ainer aus denen reformirten Auguftinern, wie auch ihr
Mitmaifter Antonius Sollar foliche Abrifs gemacht,
auch alles angeben und bey Aufstheilung auch Legung
des Grunts, wie auch fonft die Abficht gehabt, für
weliclie er von dem Herrn Landhaubtmann remunerirt
worden. Im Uebrigen, und dafs der Andere das Cloflcr
bey den Carmeliterinnen erbaut, werde derfelbe niemals
probiren khönnen. da derfelbe Mitmaifter Domenico
das Clofter von Grünt auf volftendig fambt des Pfleger
Haus aufgebaut, auch die Kürchcn mit demfelbigem
Poftament wenigift vier oder fünf fchuch hoch erhebt,
' Carlon und Pozzo w.ircn eben Söhne von Italienern.
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worbey er (Körner) für ainen Gefeilen gearbaith, über
welichen auch damallen ain rdo Diebftall offenbar
worden, und wan nit die Herrn P. P. Carmelitani geweft,
er von dem Hantwerkh ganz entfetzt hete kinen
werden. Hernach zwar foliche Khürchen vellig aufge-
mauert und folicher Geftalt den Maifter hintergangen,
weliches den 20. Articl ihre k. Freyheit geflraggs
zuwider fey. Es fey auch leicht, ain Werkh zu
vollführen wan es guet angefangen und alle Abrifs
gemacht worden. Der dritte fey im Schlofs Reggers-
purg nur zum Ausflickhen gebraucht worden, denn
wann die Frau Gallerin' ain neues wichtiges Gebey
gehabt, habe fie es ihm nit anvertrat, fondern alle Zeit
ainen Maifter von hier oder Fehring gebraucht, bey
welichen er jederzeit für ainen Gefeilen gearbaith
„Hierüber feint die alhiefigen Maurer bey denen
von Graz mit beyliegendem Additional-Bericht ein-
khomben, in welchen diefelben vermelden, dafs vor
khurzer Zeit zween Gebrueder Nambens Feeti, item
Peter Ricca, Carl Simonis, Candid Julian, alle fünf
Maurer-Mitmaifter alhie feel. Verlaffenfchaft fich
khaumb dahin erflrecket, dafs man fie zur Erde hete
bellatten könen ; ja den Peter Ricca fogar die Condufl-
Unkhoften aus der Lat hete muffen fpendirt und bezalt
werden, fowol auch des Carl Simonis zwei hinter-
laffene Khinder in das Spitall khomben und fogar des
Feeti Khinder betin muffen, wenn deren Aendl fich
ihrer nit erbarmet und diefelben umb Gottes Willen
auferziehen thete. So waren auch Vier in ihrem Proto-
coll eingefchrieben, fo umb die Maifterftükhe zu machen
angehalten, welichen auch die Maifterftukh aufzugeben
und jährlich ainen, der fich zum erften angemeldet,
darzue gelaffen werden foll, verfprochen worden . . . . "
Der oben erwähnte Additionalbericht der Zunft-
mciQer kommt, nachdem dafelblt die ganze Sache
breitfpurig wiedergegeben, zu folgendem Schlufs:
„Damit nun fowohl denen Supplicanten, als dem Hant-
werkh auf dafs fich khain Thaill zu befchwähren
Urfacli habe, die Satisfaflion gegeben, und nit weniger
auch die alltiefigen Nationales bcßirdcrt werden, wolten
wür uns mit denen von Graz folicher Geflalt aller-
gchorfamfl verglichen haben, dafs von diefen dreyen
Supplicanten alle Jahr ainer, wie im gleichen auch
unter denen Jenigen, welichen es das Maurer-Hant-
werkh beraith vcrfproclien, in finiili jahrlich ainer,
jedoch dafs riincr und ander vorhero dasjenige, was
fonftcn die Ordnung und Freyheit vermag, und jeder
Maifter zu tluin fchuldig ifl, präftire, fodan die Zunfft
und Innung würklich als Mitmaiflcr an- und aufgenom-
bcn werden mechte. Diefes jedoch, wie alles, ohne
wenigiftc Mafsfürfchreibung E. k. M. darneben fich
in alier Unterthenigkhait bevelhent. Den 13. Aprilis
1660." Die Regierung refolvirt darauf, dafs fich die
Supplicanten bei dem Handwerk melden, zuwarten
und iiire MaiO.erftückc maclien foUen.
Wir können heute niciit entfchciden, ob die J5itt-
flclicr Recht hatten, dafs einer von ihnen, Urhans, das
Kloftcr St. Johann bei Ilcrberftein, der andere, Körner,
das Kloftcr (oder Kirclie) der Carmelitterinncn zu
Graz und der dritte, Lang, das fchöne Gepey, d. li.
einen Traft des Schioffes Ricgersburg erbauten, oder
ob die zünftigen Meifter im Recht find mit der Angabe,' '
dafs aile drei bei den Hauten nicht die erfte Rolle!
' Ktif.-tbct Frcifr.lii von G.-illcr, geborene Wechsler, die Ijaiiliifligc
ncfitzerin des SchlofTcs Kiegertburg.
fpieltpn. Jedenfalls haben wir Bedenken zu glauben,
dafs der reformirte Auguftiner P. Dominicus die l'läne
der Kloftcr St. Johann und der Carmelitterinncn
anfertigte und die Bauten leitete, denn Mönche als
Baumeifter gab es allerdings im früheren Mittelalter,
im XVII. Jahrhundert jedoch dürften fie eine Seltenheit
gewefen fein. Pater Dominicus mag im Allgemeinen
die Grundrifsdispofitionen gegeben haben, aber den
faktifchen Bau wird wohl ein weltlicher Maurer geführt
haben. Uebrigens fagen die Bittfteller ausdrücklich,
dafs fie als Poliere gearbeitet, was die Zunftmeifter
nicht widerlegen konnten. Was endlich Riegcrsburg
betrifft, fo ficht es der Freiin von Galler, die wegen
der fortwährenden Streitigl^eiten und Proceffe mit
ihren Werkleuten und den Behörden im Volke die
„fchlimme Liefel" genannt wurde, ganz gleich, dafs fie
einmal zum Bau eines Flügels ihrer weitläufigen Burg
einen ganz jungen Gefeilen nahm, der fich ihrem
Willen beffer fügen mochte, als ein in technifchen
Dingen auf feinem Willen beftehender Meifter.
Auf die Eingabe der deutfchen Gefeilen fand über
Auftrag der Regierung am 10. Jänner 1661 im
Gemeindehaufe ein „magiftratliches Verhör" ftatt,'
deffen Verlauf, kurz gefaßt, folgender war: Die drei
Gefellen erklären, dafs fie nach dem Regierun gserlafs
vom April 1660 um die Aufnahme in das Handwerk
nachfuchten, dafs aber nichts gefchehen fei. Sie verlan-
gen, dafs die Meifter zu einer Strafe von fünf, eventuell
bei abermaliger Nichterfüllung des Regierungsauftrages
zu zwölf Dukaten zu verhalten feien. Die Meifter
erklären, keine Strafe zu zahlen, da fie mittlerweile
die anderen, denen fie das Meifterrecht bereits ver-
fprochen," aufgenommen und erbieten fich, die drei
Deutfchen, einen nach dem anderen, jedes Jahr einen,
zu Meiftern aufnehmen zu wollen. Der „Abfchicd"
(das Urtheil des Magiftratcs) lautet : Die Meifter hai)en
jedes Jahr einen PJeutfchen neben den anderen Meifter-
föhnen (den Welfchen) aufzunehmen und in diefem
Jahre, 1661, mit Urhans den Anfang zu machen. Die
Strafe bleibt in fufpenfo. Diefer Erkenntnis fchlicßen
fich am 14. Jänner 1662 Bürgermeifter, Richter und
Rath der Stadt an, worauf am 6. März eine Rcfolution
des Kaifers im felben Sinne erfolgte.
Urhans liatte fein Ziel erreicht, aber von den
beiden Anderen liegt noch eine Eingabe (ohne Datum)
dem P'ascikel bei, worin fie neuerdings Klage führen
und angeben, dafs die Meifter den Erlafs des Kaifers
dahin auffaffen, jährlich nicht einen Deutfchen und
einen Welfchen, fondern überhaupt nur einen aufzu-
nehmen. Was weiter gefchali, darüber fchweigen die
A6len. Wir wiffen nur, dafs nach und nach die Italiener
wieder vom Schauplatz verfchwanden und dafs im
XVIII. Jahrhundert außer den bereits durch mehrere
Generationen in Graz lebenden und daher deutfch
gewordenen Carions'' nur mehr denlfche Baumeifter
vorkommen, wie deren Namen: Ebner, p'uchs, Hueber,
Kräxner, Leitncr, Stadler, Steng und Weifs beweifen.
Die wenigen italienifchen Namen des vorigen Jahr-
hunderts gehören ausfchließlich den Sluccators an.
I Reg. A(^en, Expedita i()6a, März Nr. 38.
- Alfo trr)tzdcm die Meifter im Additioii.'ilbcricht nlisfprac.bcn, d.ifs von
den vorKenicrklcn drei Sühnender Italicner jedes Jalir nur t'incr aiifKcnniniiicn
werde, hatten fie dicfelbeti nun fchncll aiiT einmal untcrj;chrai"ht.
' Der Rcicll*.ta('>ahj;ciirdnclc Mi'ltsi^Hfffe Caytolt uiul tlic riiftigc
Wirthin l.ori Cttilon, welche einige J.ihrc hindurch das am Kiine des Hoch*
fchwah ycIcKcne Alpenh'itcl „zvim linJenh.incr^ fo vortrefflich leitete, flammen
von der italienifchen It.nimciftcrramilic ah.
177 -
Tyroler Burgen.
Von Paul ChiiiLn.
III.
Eine ganze Fülle von Burgen erzeugt das 13. Jahr-
hundert auf den feitlich anfteigenden Hängen des
Etfch- und des Pufter-Tliales. In die vordcrftc Linie
treten hier die Vinftgauburgen. Von hohem Intereffe
für die Conflruftion des Innenhofes und Anordnung
der Gebäude um diefen herum find Churburg und
Tarantsberg.
Die Churburg bei Schluderns wird fchon 1259
zum errtenmal erwähnt: Henricus de Monteforti flellt
hier eine Urkunde aus.'"* 1311 bereits ftirbt mit Werner
das Gefchlecht der Herren von Churburg aus, es folgen
im Befitz die Vögte von Matfch,"'' endlich die Grafen
von Trapp, deren Sommerfitz das, man könnte fagen,
pietätvoll erhaltene Schloß noch heute ift. Den Mittel-
punkt der Baulichkeiten bildet hier der hochaufragende
Bergfrit, deffen oberer Stock vorgekragt ifl, aber ohne
verzierte Maimorfäulen mit ornament-überflochtenen
Bafen und Capitälen. Die Pfortnerwohnung befindet
fich direct über dem Thorweg. Um den mittleren
Bau-Complex zieht fich auf drei Seiten ein äußerer Hof,
der rings von einer hohen Ringmauer umgeben wird;
nach der Bergfeitc fchließt fich an den Hof ein breites
— jetzt zu einer wohl gefüllten Rüftkammer umge-
bautes — Wirthfchaftsgebäude. Der tiefer gelegene
ummauerte Zwinger dient jetzt als Schloßgarten. Eine
Federzeichnung des 18. Jahrhunderts im Ferdinandeum
-zeigt noch deutlicher die Trennung des mittleren I'alas
von dem umgebenden Mauerkranze (Fig. 17).
Aehnlich ift die Anlage von Taranisberg (Dorns-
berg) über der Gemeinde Plans weftlich von Meran.
Die Burg ward 1217 erbaut von l^erchtold II. von
Tarant,'"" dem Sohn des iiSo verftorbenen Berchtold.""^
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^'■Ä'iB
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Fig. 17. (Churburg.)
Fig. 16. (Churburg.)
Pechnafen und auf dclTen Schlitzzinncn dirc6l die Balken
des niedrigen Pyramidendaches lagern (Fig. i6). Um
ihn gruppiren fich die Wohnräume, die ein ziemlich
regehnaßiges Viereck bilden und einen quadratifchen
Hof in fich fchHeßen mit einer doppelten Arcadenreihe,
einem Meifler werke der Tyroler Renaiffance-Architek-
tur, flache Steingewölbe mit fcharfen Rippen und reich
'■* Eichhorn, Cod. prob. p. 77.
•'■5 Im Jahre 1351 muß Ulrich IV. von Matfch die Burg an Ludwig von
Ilrandenburg abtreten und von diefem zu Lehen nehmen {Kö^l im Archiv für
Kunde tiflerr. GefchichtsqueUen V, S. 583, IV.). Annal. Curiens. Ms. B. 58:
1367 empfängt Vogt Ulrich von Matfch von Peter von Chur die Hälfte der
Vefte Churburg. 1453 belehnt Herzog Sigmund Vogt Ulrich den Aeltercn von
Matfch mit Matfch, Tarasp. Hall, Churburg, Rtichenberg. Der etztc Graf von
Matfch wird am 24. April 1504 in Churburg begraben. Es folgen Herren von
Trapp (Ulrich vun Campell. Zwei Bücher raetifcher Gefchichten I, S. 135^-
Eichhorn, Cod. prob. Nr. 128- Item die Vefti Curberg ift auuli ein Lehen von
dem Gottshaus: das findet man an dem Leehenbuch, dafs die von Matfch alfo
hend empfangen.
Arnold verkauft die Burg 1291 an den Grafen
Meinhard von Tyrol um 226 Mark Berner, dann
geht fie an die Nawnftoffelncr, Reichenberger,
Annenberger/''* deren wichtigfter Sitz das Schloß
lange Zeit war, Finger, Grafen von Mohr über;
der jetzige Befitzcr ift Freiherr J. von Giovanclli
in Bozen. Auch hier gruppiren fich die Wohnräume
um den Bergfrit zu einem regelmäßigen Viereck, das
"»^ Eichhorn, Cod. prob. p. 65: Als Zeugen erfcheinen: 1215 Berchtoldus
et Engelmarus fratres diÄi Tarant. Ebenfo Gostviu , Chronik von Marienberg
p. 45. z>. Hormayr, Gefch. der Graffchaft Tyrol I, II. Urkundenbuch S. 230.
Berchtold noch 1238 erwähnt: ebenda II, S. 334. Die Archivbeftande von
Tarantsberg verzeichnet in den Archivberichten aus Tyrol S. 394.
'"■^ Uebrigens erfcheint fchon 1140 ein Pilgrin Tarandus. Nach dem
Gefchlechtsbuche des Johann Veit von Annenberg von 1568 find die Tarant
zu Taranto in Unteritalien machtig gewefen. Vgl, erlofchenen tyroler Edelge-
fchlechter in der Zeitfchrift des Ferdinandeums XII, S. 189.
'ß^ Ulrich von Reichenberg verkauft 1347 feinen Theil der Burg an
Heinrich von Annenberg um 400 Mark Berner, 1357 Benz von der NewnftofFelu
den zweiten (.\rchivberichte S. 423, Nr. 2401), im Jahre 1366 wird fie von Hein-
rich von Reichenberg eingenommen, 1465 werden Parceval, Jörg und Antoni
von Annenberg mit der lUirg belehnt (Archivberichte Nr. 2414, 2551). Dem
Georg Lenguerrand aus Mons in Hennegau, der i486 den Vinftgau durchzieht,
fällt die Burg bereits auf, er raftet en ung village nonime Doronys (Tarants-
berg): Mone, Anzeiger für Kunde der deutfchen Vorzeit 1835. S. 273; Reifen
einiger Niederlander in Tyrol im 15. Jahrhundert im Notizenblatt für Öfter-
reichifche Gefchichte, Beigabe zu ChineVs Oefterreichifch. Gcfchichlsforfcher
II, S. 56.
24*
_ I7S
einen quadratifchen Hof einfchließt (Fig. i8). Zwei
Seiten desfelben lind von Arcaden umgeben, etwas
plumper als in Churburg, nur die oberen Säulengänge
mit zierlichen Capitälen verziert, an der dritten führt
eine offene Freitreppe zu dem erften Stockwerke
empor. Eine aus drei aneinanderfloßcnden Tra6len
lichem Befitz, 1351 verleiht fie Markgraf Ludwig von
Brandenburg dem Erhard von Holm, 1363 Margaretha
Maultafch dem Ulrich von Matfch'''". Nach den Star-
hembergern — 1422 wurde die Burg durch Herzog
Friedrich eingenommen
ITl/.
— kamen die Tavvbler
~'l T
■ r
Fig. iS, (Tarantsbeig.)
beftehende Thorbefefligung mit ringsherumlaufendem
Pechnafenkranze wendet fich dem ausgedehnten Vor-
hofe zu, der rings von einer mäßig hohen Ringmauer
umgeben ift und an den Ecken von Rundthürmen ge-
deckt wird. Niedrige hölzerne Wirthfchaftsgebäude
füllen den Vorhof.'«»
1-ig. 19. (Juval.)
Die GrJmzvefle des Vinflgaues gegen das Burg-
grafenamt bildet das Schloß Juval, dirci5l über dem
Felfcnthor des Schnals-'l'hales gelegen. ICin Udahicus
tic: Juvalt crfchcint zuerfl 11 60 als Zeuge auf einer
Urkunde im Archiv des Fraucnfliftcs Miinfler in Grau-
bünden.''" Die Burg ift von Anfang an in landcsfiuil-
'"• Auf der AhbiMunK im /lr,tri,/is'!ch<:n Codex (Nr. i8) fehlt der
gan/c Vorhuf mit dem M;iucrriiie. Abhildiine des Hofes und des 'J'hortliurins
bei htut CUmeH, Scbl'ilTcr und BiirKen in 'ryrol im r)abcliri 1850, S. 717.
"" A. yäefr, v\rtbiv für Kunde u[lcrrcii;liifchcr üc fcbicbtsforfcliling
XV, S. 3<».
und die von Matrutfch in den Befitz der Vefte, 1540
verkaufte fie Hans Gaudenz von
Matrutfch dem Hans Singkmofer, der
die Burg durchweg, aber mit Bei-
behaltung aller alten Grundmauern
reftaurirte und reich mit Malereien
ausfchmückte.'"' In dem Haupt-
fchloß findet fich neben dem Wap-
penSingkmofer'szunächfl: die Jahres-
zahl 154S, über dem Portal ift ein
Marmormedaillon angebracht mit
der Infchrift : Hans Singkmofer zu
Jufal, Källner zu Tyrol 1544. Die
Burg nimmt den ganzen langge-
ftrekten Höhenrücken ein und folgt
mit ihren Umriffen den Kanten des
fchmalen Plateaus (Fig. 19). Sie ift
eine vollftändige Doppelburg mit
zwei getrennten Anlagen, die aber
durch den äußeren Mauerring feft
Der ältefte Theil ift die Hinter-
dem die äußerfte Ecke
zur Rechten daran gelehnten
verbunden find
bürg A, beftehend aus
bildenden Bergfrit a mit
Gebäuden. Neben ihm führt durch einen gewölbten
Raum /; der Weg auf den Höhenkamm hinaus. Die dem
Schnalfer Bach zugewendete Seite zeigt drei zierliche
Austritte. Zwifchen Hinterburg A und Vorburg B
liegt der hintere Burghof, 20 M. lang. Zur Linken
fteigt
fuhrt.
der Fels auf, über den die Ringmauer hinweg-
Das Terrain ift nicht voUftändig geebnet. An
" I^W^J ' " '
Fig. 20. (Juval.)
den 19 M. langen, vier Stockwerke iioheii 1 laiiptbau
ß lehnt fich ein offenes Treppenhaus an, das wohl erft
dem Neubau unter Hans Singkmofer feine Entftehung
verdankt, die Burg-Capelle mit erkerartig hervor-
tretender Apfis ift diefem eingefügt. Vor der Vorburg
dehnt fich der große vordere Hof, 27 M. lang, deffen
Ringmauer von drei vorfpringenden viereckigen
Thürmen flankirt ift. Der Thorthurm D fpringt der-
artig zur Seite hervor, dafs der auf dem fteilen IJnrg-
weg hinanklimmende Angreifer den ganzen Pfad über
feine linke Seite dem Vertheidiger ungefchirml dar-
bietet. Ueber dem Thorthurm felbft ift ein dreifaches
Gußloch mit drei Stützen angebracht. Der Grundriß
gibt in Verbindung mit der BrandisTchen Zeichnung,
I''ig. 20, eine ziemlich tleutliche Vorllellung iler Hurg-
anlage."*
'"rt lif.trrr, Ocfcbichtc 'ryrols I, S. 400.
'" A /-Vc''» tlefcliiclue Tyrols 1, S. 504.
I" l'.iiii C/riiiiH in ilcn Millli. N. V. XVI, S. 1.
"• Kine alllllichc l:inKt;<-Hrc(:klc Anl.inc mit Vcirdcrl.uic und ninHilnil u
und zwei Mofeii Ijitlcl d^s :dtc SchlulJ M.ilval (lliill. niunnm. XLV, S. iCo).
— 179 —
Die Vcfle Sclilandersbcrg, über dem Dorfe Sclilan-
ders,''''an der linken Seite des Schlandernaun-15aches,
zeigt eine gedrängte Anhäufung der dunkelbraunen Ge-
bäudemaffen um den mit Schlitzzinncn gekrönten wenig
aufragenden ßcrgfrit. Der ganze Complex bildet ein faft
regelmäßiges Quadrat, über das nur an einer Ecke die
Capelle mit ihrem Unterbau erkerartig vortritt; die
Eingangshalle ift in den Hauptbau eingezogen. Eine
ähnlich gedrängte Anlage zeigt iW^Yede Naudcrsberg
an der Gränzfcheide des Inn- und Etfchthales.''*
Im Burggrafenamt gruppiren fich eine Reihe der
diefer Periode angehörigen Edelfitze um die Landes-
hauptftadt Meran felbft. Die Anlage im Flachland gab
von vornherein eine Reihe neuer architektonifcher
Probleme auf: der Verzicht auf die Befeftigung lag
nahe, das Herrenhaus allein ward der Grundflock des
Baues, und dies um fo mehr, je weniger natürlichen
Schutz der Baugrund bot. In Schloß Greifen- Planta ift
noch der Gedanke der Umwallung durchgeführt. Eine
hohe Ringmauer umfchiießt ein regelmäßiges Viereck,
deffen Ecken von vier mächtigen weit vorfpringenden
Rundthürmen gebildet werden, eine ähnliche Anlage
wie in Annenberg und Maretfch. In die Ringmauer
felbft find aber Fenfleröffnungen für die im Inneren
darangelehnten Wohngebäude gebrochen, damit ift
der Gedanke der Wehrmauer felbft durchbrochen.
Diefer innere Bau ift erft im l6. Jahrhundert von den
Freiherren von Völs aufgeführt worden,"^ während
ein Conradus Planta felbft fchon 1139 genannt wird.''"
Burg Ritbcin, der Sitz der im 14. Jahrhundert fchon
\
■K
ü-
W .^l-
Fig. 21. (Forfl:.)
ausgeftorbenen Herren von Rubeln, '"^ darnach im
Befitz der Starhemberger und Rottenburgcr, zeigt die
Anordnung der Baulichkeiten um einen quadratifclien,
neuerdings prachtvoll wiederhergeftellten inneren Hof
mit Arcaden; die eine Ecke bildet der Thurm, auf
'■3 7. J. staffiere, a. O. H, S. 602. Die Ritter von SLlilandcrsberg
nach dem Stammbaum der Grafen von Hendl 1240 aus Schwaben ein<;e\van-
dert; wahrfcheinlich find fie die Erbauer der Vefte. Im Jahre I383 geht das
Vitztumamt im Vinftgaii an die Herren von Schiandersberg über (7/. Mohr,
Cod. dipl. \\, Nr. 58); noch 1450 eine Belehnung (Archivberichte S. 441,
Nr. 2539).
''* Ueber die Schickfale der Vefle fiehe die Urkunden bei A. Jäger,
Engadiner Krieg. 1838. S. 172; Eichhorn, Cod. probat. S. 105; Zeitfchrift des
Ferdinandeums IV, S. i6ö ; Archiv für Tyrol. Gefchichtc IV, S. 347. Im
Jahre 1348 wird die Vefte durch Kunig Carl von Böhmen an Bifchcf Ulrich
von Chur gefchenkt {v . Mohr, Cod. dipl. III, Nr. 31), am 9. März 1498 wird
fie ausgeplündert und in Brand gefleckt. {Ulrich v. Catnpeü, zwei Bücher
raetifcher Gefchichte II, S. 162). Späterhin Sitz des öfterreichifchen Pflegers
(ebenda I, S. 11 1).
*'■'' Das Schloß fteckt mit feinen urrprünglichen Grundmauern tief in
der Erde, nicht weit davon fand man eine ganze Lage von zerfchmetterien Dach-
ziegeln, Kaminfchlaken, Grundmauern von ungeheurer Lange. Cod. Stampfer,
Chronik \on RIeran S. 7 folgert hieraus, es fei dies die Stelle des Bergfturzes
aus dem Naifthale. Vgl. Roger Schranzhofer im Tyroler Almanach 1805, 5. 161 ;
BcJa Wtbfr, Meran und Umgebung S. iio.
'"* Gabr. ßucclin, Uhaetia sacra et prophana p. 409.
'■■ Sta/fler. a. a. O. III, S. 650.
deffen Zinnenkranze direft die Dachbalken lagern.
Die Mauer ift durchweg von einem Zinnenkranze um-
geben, neben dem Eingange zeigen fich zierliche Erker-
bauten, die aber des Befeftigungs-Charakters vollfländig
entbehren. Beffcr gewahrt ift diefer bei Burg ForßX*^
auf einem frei auffteigenden Hügel am Ufer der Etfch
weftlich von Meran gelegen (Fig. 21, 22). An einen
Fig, 22. I Forfl. )
ftarken viereckigen Wartthurm mit je vier tief einge-
brochenen Zinnen auf jeder Seite lehnten fich auf drei
Seiten die ziemlich hoch anfteigenden Wohngebäude
an ; auf der dem Thurm entgegengefetzten Seite er-
fcheint die Capelle, mit ihrem Unterbau, der der Form
des Chores fich anpafst, weit über den Bauten-Complex
hervortretend. In TImrnflein gehört nur der niedrige
fch werfallige Zinnenbergfrit dem alten Bau an, das
darangelehnte Herrenhaus ift ein moderner Bau.
Die Burgen Brandis und Lanaburg (Leonburg),
beide im Befitze des Grafen Anton von Brandis, find
offenbar nach dem gleichen Schema angelegt — der
viereckige Bergfrit getrennt von dem fehr geräumigen
Palas, von diefem wieder abgefondert das Wirth-
fchaftsgebäude — einem Schema, das in den Grund-
riffen der beiden Bauanlagen befonders deutlich her-
vortritt. Die FolenBrandeßer werden bereits im 11. Jahr-
hundert erwähnt *'^ Hilebrand und Heinrich erfcheinen
1179 als Schirmvögte des Stiftes Wüten und erw^erben
Lanaburg. ^^^ Heinrich ift es, der Brandis, von dem nur
der viereckige Thurm, der alfo der einzige Reft des
alten Baues, noch ftand, wieder aufführte. '^* Der
'"-' Im 12. Jahrhundert Befitz der jüngeren welfifchen Linie der Herzoge
von Bayern {Egger, Gefchichte Tyrols I, S. 276). 1242 erfcheiot zuerft Meinh.trd
von Vorft. 1321 räumt Konig Heinrich als Tyroler Landesfürft das Schloß
feinem natürlichen Bruder Albert ein, 1388 kommt es an Chriftoph von Lich-
tenflein, 1396 an Siegmund von Starkenberg, 1422 wird es von Herzog Fried-
rich erobert {Egger, I, S. 503), 1477 an Burkhard von Brandis. Durch Wolfhard
Fux-, der es 1497 kaufte, erhielt c s vorübergehend den Namen Neu-Fuxberg.
Vgl. die erlofchenen Tyroler Edelgefchlechter in der Zeitfchrift des Ferdi-
nandeums XII, S. 161.
''» Nach Brandis, Tyroler Ehrenkrautzl S. 181 fchon unter Albert Graf
von Tyrol 1036 Lanaburg von Urandis abgetrennt, „weilen es ain Lini dern von
Erandiß davon zufchreiben angefangen, dern Namenträger es noch innhaben.
Die Brandeßer Abkömmlinge der fchwäbifchen Grafen von Brandeß (Stumpfs
Schweizer Chronik). Bei Gnbr. Bucelin, Khaciia profana et sacra. Augsburg
'3^6, p 301 der Stammbaum der Brandcfler von dem fagenhaften Joannes
Baro de Brandis 935 an.
>-ö y. y. Sta/fler, a. a. o. II, S. 759; Fr, Nigrinus, Die yefürftete
Graffchaft Tirol, S. 547.
'31 Brandis. Tyroler Ehrenkräntzl, S. 155. Die erfte Urkunde von 1206
bei z>. Hormayr, Urkundcnbuch II, S. 204. Im Jahre 1236 in Gegenwart des
Grafen Albert von Tyrol erhalt Prandhof von Brandiß den Alleinbefiiz der
Veft:e von feinen Brüdern Konrad. Heinrich und Berchtold und die Erlaubnis
tiirrim ad caftellum aedificandum. (Nach Mittheilung des Grafen Anion von
Brandis.) Vgl. Archivberichte aus Tyrol S. 241, Nr. 1198, 1201. Danach er-
fcheint es zweifelhaft, ob der Thurm noch von der älteren Anlage herrührt.
— i8o
Gefahr, von Meinhard II. von Tyrol niedergeriffen zu
werden, entging die Vefte glücklich. Sie verblieb bis
auf unfere Zeit im Befitz der Nachkommen der Gründer.
Der Grundrifs bildet im Ganzen ein unregelmäßiges
Fünfeck. Der ehemals aus fechs. Stockwerken beftehende
Bergfrit, Fig. 23, tritt an der Hauptangriffsfront vor
Fig. 23. (Brandis.)
die Gebäudemaffen, den Palas felbfl; faft völlig deckend.
Diefer lehnt fich nach rechts an den Bergfrit und die
Seitenmauer an, mit feinen Lichtöffnungen dem Hofe
zugewandt. Der Hauptbau befteht aus vier Stock-
werken über einander, deren jedes nach dem Hofe zu
einen die ganze Breite des Baues einnehmenden Saal
enthält. (Fig. 24.) Die völlig getrennt dem Palas gegen-
über auf der anderen Seite des Hofes liegenden Wirth-
Anlage nach in zwei felbftändige Theile. Der vordere
fafl quadratifche Theil, dem Aufgange zugewendet,
wird durch den Thurm A gefchützt, den älteren der
beiden Bergfrite, der eine regelmäßige rhombifche
Form erhalten hat. Der durch den Thurm gedeckte
Haupteingang a liegt bedeutend tiefer als das Funda-
ment des Thurmes, der auf der höchften Stelle des
fchmalen Plateaus errichtet ift; eine Terrainaufmaue-
rung l> begleitet fomit den Burgweg, die zugleich für
die Vertheidigung der Vefte einem bereits durch das
Thor eingedrungenen Gegner gegenüber die größten
Vortheile bot. Der zweite Abfchnitt der Burg, durch
eine neue Aufmauerung von dem Vorhofe getrennt, ift
wieder felbftändig durch den zweiten Bergfrit B ge-
deckt, von regelmäßiger quadratifcher Form im Grund-
rifse. Von ihm getrennt, wie in Brandis, aber von ihm
gedeckt, erhebt fich ihm gegenüber, nach der Thal-
feite zu, der Palas, aus einem Hauptbau mit vier gleich-
mäßig großen Räumen und einem kleineren Nebentracle
beftchend (Fig. 25). Das Wirthfchaftsgebäude liegt
unverbunden in der dem Kingange und der Angriffs-
feite am meiften abgewendeten Ecke der Umfriedigung.
'■' Q. ; £JiJ Olli]
Fig. 24. (Brandis.)
fchaftsgebäude zerfallen in zwei größere Tra6te, von
denen der eine kleinere, dem Tluirme und der Angriffs-
fcite ziinächft liegende und deshalb mit ftiukeren Mauern
verfeJiene der älteren Anlage angehöit. (Die horizon-
tale Ebene bei dem Grundrifs, Fig. 23, von Brandis ift
durch das unterfte Stockwerk gelegt.)
Lanahurg, auf einem unregelmäßigen längliclicn
Felskegel über dem Weiler Ak|jfeif errichtet, jetzt nur
noch von einem Baumanne bewohnt, zerfallt feiner
Wahrfchcinlich flammt der Unterbau nur aus dem la. J.ilirhundcrt, die oberen
Stockwerke, wie die beiden fpiitromanifchen Kcnftcr bcweifcn. aus dem
13. Jahrhundert. Aus dem Jahre 1500 ift ein Ablnfsbrief für die in Bau bc-
Rriffenc Schloß Capclle erhalten (Archivberichte Nr. 151a), im Jahre 1617 hören
wir von eirier (zweiten) Weihe (Arthivberichle Nr. 1530). l)cr 'l'hlirm ift am
11. Novemtier 1811 eingeftürzt. Johann (jraf Hrandis erbaute, als die Burg
unbewohnbar (tew<»rfien, in Rerinßer Entfernung davon das Schlofs Neu-13randis.
Ucber eine Kpifudc aus der letzten Zeit der FaniilieiiRcfchichtc vrI. Anton
(jraf von Hrnntiis, Üie Vogtei der Pfarre Lana i. d. Zf. des Kerdin.-indcums \\\,
lieft 31, S. I.
Fig. 25. iLaiiaburg.)
In der Ausbildung des Grundriffes fchließt fich an
Fürftcnberg und Tarantsberg Schlofs GraTct/ch bei
Villanders an, urfprünglich den Folen von Villanders
zugehörig und von diefen im Jahre 1331 mit Hilfe des
Grafen Heinrich von Tyrol befeftigt,"*"' fpäter im Befitz
iler Herren von Gufidaun und von Soll. Die Baulich-
keiten gruppiren fich hier um den großen faft ([uadra-
til'clien Hof, der auf der einen Seite einen hoch interef-
fanten gut erhaltenen Wehrgang enthält. Der ältcfte
Theil ift der nordlich gelegene mit einem fpitzen Sattel-
dach eingedeckte Tracl, im Weften den Eingang, da-
neben eine Ca])elle und über diefer den gewölbten
Ritterfaal enthaltend, nach dem Ilofraume zu mit einem
großen Erker ausladend, der über der von dem Hofe
zu der Caiielle emporführenden Treppe liegt. Wie in
P'urflenberg find die Kemenaten getiifelt, der Ritter-
laal mit Malereien bedeckt. Auffallend ift das Vor-
handenfein einer zweiten füdlich gelegenen älteren
gewölbten Capelle, wiederum mit rechteckigem Chor-
abfchlufs, die im Jahre 1510 ausgemalt wurde.
Seit Jojcpk von Görrcs zuerft auf die Ruiikcl-
fteiner Wandgemälde aufmerkfam gemacht undSchwan-
'"'* Simeoner i. d. Milth. N. !•'. XIV, S. 115 mit l''ig. 9 u. 10. liis 1389
waren die Herren von Villanders im IJefit/. die Herren von (iufidauii bis
HSo. Im Jahic iyti> wurde <;riivcirch dem Kafpar Ncuhaufer zu I!.inrc(;ht und
Zinslebcu verliehen, von ihm ftammt wahrfchcinlich der Ausbau und die Aus.
m.ilunß der Vcfte
- i8i
thaler das erfle künfllerirclie Urtheil über fie abge-
geben, ift die Vefte im Talferthale neben dem Haupt-
fchlofs Tyrol die bekanntere und gepriefenfle aller
rhätifchen Felfenburgen. Das Jahr 1237 '^^ ^l^^ Geburts-
jahr von Runkelßdn. Am 10. Februar 1237 gewährt
Bifchof Ulrich von Trient den Herren Friedrich und
Beral, den Söhnen des Adalperd von Wanga die Er-
laubnis, auf dem Burgftall Runkelftein ein Schlofs zu
bauen, und Graf Adalpert von Tyrol als Vogt des
Stiftes gibt hierzu feine Einwilligung. "*^ Aber bereits
in der Fehde zwifchen Bilchof Heinrich von Trient und
Grafen IMeinhard II. von Görz und Tyrol wurden die
Schlöffer der Wanga verheert, in der Befchwerdefchrift
des Tridentiner Bifchofs wird als der 10. Befchwerde-
punkt angeführt: et decimo de damnis ecclesiae Triden-
tinae in destructione Bulsani, castrorum de Traminne
et Ravenstain et turris de Liechtenstain nee non
castrorum illius de Vi'anga. Die Wanga ftellten indeffen
weder Langeck noch Runkeiflein wieder her, die Burg
blieb Ruine. Als Ruine verlieh fie der Bifchof von
Trient als Ffandobjeft an den Ritter Gotfchalk von
Bozen, der die Burg nothdürftig wieder aufführte. Seine
Tochter Agnes heiratet Konrad von Schenna, auf
diefem Wege kommt 1341 Runkelllein an die Herren
von Villanders, 1385 tritt Cyprian von Villandcrs feinem
Oheim Nicolaus die Vefte ab,'*'* 1385 ward fie an Franz
Vintler und Niclas Vintler veräußert,"** Rath und Amt-
mann Herzog Leopold's von Oefterreich, die 1385 durch
Bifchof Albert von Trient belehnt wurden und 1391
den Befitz antraten. Unter den Vintlern fand nun der
endgiltige Ausbau der Burg ftatt. Die kleinere Vefte
der Wanga fland wahrfcheinlich auf dem höchllen
Punkte des Felskegels, der Eckthurm rechts neben
dem Eingange und die Baumannswohnung mit dem
an flößenden Tracl mögen ihre Beflandtheile gewefen
fein; die Reconftru6lion durch Ritter Gottfchalk be-
ftand aller W^ahrfcheinlichkeit nach nur darin, dafser die
Ruinen von neuem unter Dach brachte. Jetzt fügten
aber die Vintler den ganzen nordweftlichen Flügel hinzu,
das Sommerhaus, eine Capelle zu Ehren der heiligen
Katharina, dazu zwei neue Befeftigungsthürme und ein
neues Vorwerk — antemurale — zum Schutze des
der Stadt Bozen zugewendeten Aufflieges.'*'' Nach
dem Tode des Nicolaus ward die Velle als fürftlich
Tridentiner Pfandlehen eingezogen, aber fofort von
neuem an Franz Vintler verliehen. Dann kam fie in die
Hände der Landesfürflen — unter dem Burgvogt
Georg von Freundsberg fand eine Erneuerung der
„guten alten Iflory" auf Befehl des Kaifers Max ftatt.
Ein Brand im Jahre 1520 zerftörte einen Theil des
Schloffes wieder; ein Bericht vom Jahre 1523 befagt:
***• yuß. Ladttrner, Das Schlofs Runkelttein im Archiv für Gefchichte
und Alterthumskunde Tyrols I, S. 297. Vgl. noch Mitth. d. C. C. N. F. I,
S. LXXXIV. Ausführlich Dav. Schimherr, D.is Schlofs Runkelftein bei Bozen.
Innsbruck 1S74. y, Zingerle, Die pluemen der tugent des Hans Vintler. Inns-
bruck 1874 Einleitung. Grundriß bei J. Seeh's und y. Zini;crle, der Fresken-
fchmuck des Schlofses Runkelftein Taf. 2 und Mittheil. N." F. XIII, S. CLIX.
Kinc .gute Zeichnung von E. Noräick '187Ö (Zuftand vor der Reftauration) im
k. k. Oefterreich. Mufeum für Kunft und Induftrie zu Wien. Treffliches Eild
von von Kamcbe 1890 auf der Berliner Ausftellung.
'*" Graft. Wolkenftein'fches Archiv zu Troftburg.
'"* Ijiechtenftein'fche Urkundenfanimlunfj im Statthaltcreiarchiv. Vgl.
Milthcil. N. F. I, S. LXXXIV. Vgl. CoV. iVa)K//ir, Das Tyrol. Adelsgefchlecht
der Vintler von Runkelftein und Platfch. im Tyroler Gefchichtsfreund 1866,
S. 298; Anzeiger für Kunde der deutfchen Vorzeit N. F. III, 1856. S. 394.
'^5 Wilhelm von Vintler fand im 17. J.ihrhundert auf der Capelle die
Infchrift: Ego Nicolaus Vintler hoc caftrum Runkelftain iiuncupatum legalitcr
comparavi. Tandem anno MCCLXXXVIII menfe Augufti polTefnonem
eiusdem caftri corporaliter fubivi, quod quidem caftrum hatlenus inftructuris,
minalibus, muris vactm (r) mar ... clefolatum edificiis, folTato. ante-
niuralibus, campis, cifternis, falls, fubis et pluribus commodis augendo a novo
cdidi et reformavi.
Die Dachung fei ganz verfault, das Waffer rinne durch
alle Böden.""' Ein Inventar vom Jahre 1493, durch
Amtmann Hans Abnflorfer von Bozen aufgenommen,
als Kaifer Ma.x I. die Pflege feinem getreuen Kanzler
Cyprian von Nordheim, genannt Sarnteimer, gegeben
hatte, gibt ein voUfländiges Bild der inneren Ein-
richtung der Burg.'**^
Der rechts neben dem Eingang gelegene Eck-
thurm, der durch Jahrhunderte hindurch in Trümmern
lag, ift erft in den letzten Jahrzehnten wieder herge-
flellt worden, ebcnfo der hölzerne Wehrgang über dem
Thore. Die älteren Räumlichkeiten erheben fich in
einer ununterbrochenen Reihe zur Rechten des
langgeftreckten Burghofes, ihnen gegenüber liegt völlig
frei, nur an die der Stadt zugewendete Burgmauer an-
gelehnt, das hohe neue Sommerhaus. An den ge-
nannten Eckthurm fchließcn fich zur Linken die Kaifer-
fäle an, zwei fall: quadratifche nicht übergroße Räume,
Fig. 26. (Ried.)
hinter denen auf der Talfcrfeite noch ein fchmaler Gang
hinführte. Es fchlicßt fich die mit ihrer Apfis erker-
artig nach dem Thal hervortretende im Jahre 1400
geweihte Capelle der heiligen Katharina an. Dem Ein-
gangsthor gerade gegenüber liegen die Vintler'fchen
Prachtbauten, den Saal der Tafelrunde und den Saal
von Trirtan und Holde im erllen Stockwerk enthaltend,
vor ihnen der Söller. Das Sommerhaus endlich enthält
zwei große Feflräume neben einander, den Waffenfaal
und den Vorfaal mit den P^resken auf Margarethe Maul-
tafch.'**
'^" Statth. Archiv. Cop. B, Emb. Fol. 137. Ueber die moderne Reftau-
ration vgl. Centralblatt für liauverwaltung IV, S. 441, VI, S. 204.
'^' Abgedruckt bei Dai'. Sc/ionhi-yy, a. a. O. S. 47.
'« Ueber die Fresken vgl. />. Ctemen i. d. Mitth. N. F, XV, S. II.
Auier der fchon genannten l'ublication von Seftos noch Karl Graf H'atdfleitt,
Die Wigaloisbilder im Sommcrhaufc der Burg Runkelftein : Mittheil. N. F. XIII,
S. CLlX; O. ZingerUt Zu den Runkelfteiner Fresken, in der -allgemeinen
(Augsburger) Zeitung 1885. lieil. 205; yanitßhek, Gefchichte der deutfchen
Malerei S. 198. Vgl. Franz /***«/•*•?■/, Die Zimmergothik in Deutfchtirol. I,
Taf. 30.
lS2 —
Eine kurze Strecke nordwärts von Runkelflein
ragt aus dem Talferbette ein riefiger brauner Felsklotz
hervor, der fich vor Zeiten von der Steinwand gelöfl.
und in die enge Schlucht geftürzt. Er beherrfcht fo das
Thal vollftändig. Den fortificatorifchenWerth erkannten
fchon die Römer, indem fie auf dem Felsblock einen
viereckigen Quaderthurm errichteten, als Wartthurm
für den Saumpfad nach Sarntheim, der noch heute bis
zur Hälfte mit fpäterem Auffatze und Zinnenkranze im
Schlöffe Ried erhalten ift. Die VVanga waren es, die die
Erbfchaft der Römer übernahmen, fie zogen den
Thurm in ihr Vertheidigungsnetz mit hinein, als
Rückendeckung von Runkelftein, die Edlen von Ried
löften fie ab. Die Burg war ehemals churifches,"**''
fpäter landesfürftliches Lehen. 1349 ward die Burg
durch Markgraf Ludwig von Brandenburg an Heinrich
Mayr, 1350 an Konrad Schiniin von Kaltem verliehen;
die Goldegger und VVeinecker folgten rafch im Befitz,
bis die Vefle unter Kaifer Max zum Zollhaufe für den
Sarntheimer Weg ward. Der kärgliche Raum des
fciimalen Plateaus gebot hier von felbft eine bauliche
Entwicklung mehr nach der Höhe als in die Breite.'*^
An den altern Thurm wurde wahrfcheinlich durch die
Edlen von Ried auf drei Seiten neues Mauerwerk ge-
fügt, bis zur Höhe von drei Stock anfteigend, die Ver-
bindung zwifchen dem rechtwinklig an die beiden nach
Runkelftein zu gerichteten Thurmfeiten angefügten
Tradle ward durch einen Kreisfeftor gegeben, deffen
Dach aber nicht durch einen Kcgelausfchnitt, fondern
durch Zufammenfetzung fpitzwinkeliger Dreiecke ge-
bildet ward. Der zur Verfügung ftehende Raum war fo
ausfchließlich für die Wohnbedürfniffe beftimmt, dafs
die beiden fteinernen Treppen außen angebracht
werden mußten. Auch die Capelle ward noch befon-
ders an der der Talfer abgewendeten Seite angefügt.
Für den Burghof blieb nur ein ganz fchmaler Raum
übrig, der rings auf drei Seiten um den Baucomplex
herumlauft, er ward durch eine Zinnenmauer gefchützt,
wo der Fels nicht felbll; die natürliche Brüftung bot;
Fig. 26.""'
Die Werburg bei Priffian liegt in Trümmern, feit
die letzten Befitzer, die Herren von Andrian-Wchrburg
1798 ausgeftorben. Sie ward von den Rittern von
Wehrburg im 13. Jahrhundert erbaut, 1332 ging fie an
die Andrianer über, 1353 kam fie zurück an die Wehr-
burger, erfti4ii gelangte Jakob Murendeiner von And rian
wieder in den Befitz der Burg, feine Nachkommen
nannten fich von nun an „von Andrian-Wchrburg".
Die Burg zeigt wieder die Trennung und Auseinander-
reißung von Bergfrit, Palas, Thorbcfeftigung und Wirth-
fchaftsgcbäude, die alle von einer gemeinfamen Mauer
umfchloffen find (Fig. 27). Eine Terrainauffchüttuiig führt
zu dem Thortiuirm A, dem ein Thurm B zur Seite
tritt, beide gleich hoch und mit dem gleichen Dach
eingedeckt. Der Aufgang zu dem Obcrftock des Thor-
thurmes erfolgt durch eine offen im l?urgwcg liegende
Freitrcpije. An den Thurm B lehnt fich rückwärts die
Capelle, ein Neubau vom Jahre 1633,''-" unter der ein
'"* I^Kgtr. Gcrchichtc TyroU I, S. 278. 385.
'" p;ine mcrkwürdii-c l'.ir.illclc 7.11 Schlof« Rjcd l)il(l(!l der fogcnannlc
Thurm Cif.ir« im Chulciu de Tiircnnc. Vgl. Jul. ilr Vrrnfilh, Unc cxcursion
cn Quercy, im Hiillclin ii.oniimcnl.il XXIX, p. 637; XXXI, |i. 57a, S77 mit Alili.
'"" Abb. bei Joh.innc« 11. Not, Kursen v. Tyrol, T;if. 13; P.iiil tV.'-
meit, Schlrjffler und Iturgen in Tyrol im Dalieim.
'" Infchrifl: \(y^-i. Kcnovirl .inno 1837 durch Outletcr der (Jemeindc
Prirfian und Oriffi-in wie auch .inderc gut Chriftcii.
zweiter gewölbter Eingang von der Etfchfeite her zur
Burg führt. Der Palas CD erhebt fich zu bedeutender
Höhe und überragt bei weitem die Thorthürme. Er
befteht — im ganzen von faft quadratifcher Form —
aus dem Hauptraum C, der übereinander große Säle
enthält, der untere durcli eine Tonne eingedacht, und
dem kleinern Raum /J, an den fich nach der Bergfeite
Fig. 27. (Wcrijurg.)
das Treppenhaus und ein fchmales Gemach mit vor-
gekragtem Erker anfchließt. Der mächtige Bergfrit E
— auch als Wohnthurm eingerichtet — zeigt nur in den
beiden oberen Stockwerken Fenfteröffnungen, nach
der Capelle zugekehrt, ein romanifches Doppclfenfter
mit Knospencapitälen; der obere Stock ift offenbar
erft fpäter aufgefetzt, um den Burgherren einen luftigen
^^^uJ^ißäM^ßp^*"
Fig. 28. (Werburg.)
Aufenthalt zu gewiihrcn. lü'n fchmales Gebäude £
fchließt fich an den Bergfrit an. Sind alle die genannten
Baulichkeiten ungefähr gleichzeitig aus einem Guße
und nach einem Plane entftandeii, fo ift das dem Ein-
gange abgekehrte Wirthfchaftsgebiuide G mit dem
großen, durch eine Mauer befonders abgefperrten
Wirthfchaftshof, ein Produ6l fpäterer Jahrhunderte
vielfach unv.jcbaut und vt-räiulert; I'ig. 28.
- i83 -
Karneid bei Bozen, über der Straße nacli Kardaun
gelegen und von Anton Ritter von Goldegg wieder her-
geftellt, zeigt nach dem Abhang des Kardauner Wild-
baches ein gedrängtes Durcheinander von Thürmen
und Erkern. Die Burg liegt auf einem fchmalen Plateau,
vom Dorfe Karneid aus leicht zugänglich. Der zwei-
ftöckige Thorthurm, zu dem eine Brücke mit zwei
Bogen führt, öffnet den Weg zunächfl: in den tiefer ge-
legenen Zwinger, der die ganze Länge der Anlage ein-
nimmt und vollfländig von der oberen Burg getrennt
ift. Diefe befteht aus dem hohen viereckigen Bergfrit, an
den fich der Palas in der Form von zwei rechtwinkeligen
Traflen anlehnt, der eine derfelben enthält den Ritter-
faal mit offener Freitreppe und hübfchen großen Erker-
,.•■ ^.
fJlVM^^^^
fc*'
/
Fig. 29. (Karneid.)
fenftern. Die übrigen Gebäude gruppiren fich um die
beiden Burghöfe, von denen der innere kleinere den Zieh-
brunnen enthält. Die der Kardauner Schlucht zugekehrte
Seite erhält durch die vielen vorfpringenden Einbauten
und die kleinen angeflickten Erker, die zum großen Theile
fehr profanen Zwecken dienen, einen ftark malerifchen
Charakter. Die Burg ift eine Gründung der Greifen-
fteiner, im 14. Jahrhundert ging fie an die Edlen von
Velfer über, 1370 endlich an Heinrich den Gäfsler, im
nächften Jahre an Hans von Greifenftein, 1385 an die
Liechtenfleiner, die bis 1760 im Befitz der Vefte
blieben. '^^ Im Jahre 1407 wurde die durch Wilhelm den
Liechtenfteiner vertheidigte Vefte von Vogt Ulrich
dem Jüngeren von Matfch eingenommen. Fig. 29.
Die Schlöffer Fragsbtirg und Kat::ciiflein, beide
in geringer Entfernung von einander auf dem Freiberg
über Untermais gelegen, find von baugefchichtlichem
Intereffe nur durch die eigenthümliche Art der Thor-
bcfeftigung. Der alte Eingang zur Fragsburg — der
neue befindet fich auf der entgegengefetzten Seite des
länglichen Rechteckes — wird gebildet durch eine in
der Höhe des erften Stockwerkes eingemauerte Thor-
öffnung, zu der eine Zugbrücke hinüberführte, an
deren Stelle jetzt eine rohe Bohlenbrücke getreten ilt.
Seltfamer Weife war das Thor nicht durch einen
"■ staffier, U, S. 916.
^^a '^äger, Landftandifche VerfaiTung \\, I, S. 291.
XIX. N. F.
direfl über demfelben gelegenen Erker gefchützt, fon-
dern durch zwei feitlich hinausgerückte Vorbauten, zur
Linken durch einen einfachen fteinernen Balcon mit
Gußloch, von dem nur die Tragfteine erhalten, zur
Rechten durch einen in der Höhe des Zinnenkranzes
gelegenen übereck geftellten tlrker, von dem aus fo-
wohl eine Vertheidigung der Thorfchmalfeite der Burg
wie der dem Thale zugewandten Langfeite ermöglicht
war.'^'' Katsenßein, eine fall quadratifche Gebäude-
maffe, mit quadratifchem die eine Ecke bildenden
Bergfrit, ohne inneren Hof, umgeben im Fünfeck von
einer niedrigeren Wehrmauer, zeigt über dem Thore
die einfachfte Art der Pechnafen, gebildet aus zwei an-
_l^^^ß^h
Fig. 30. {Trautmannsdorf.)
N ' ^
einander gelehnten Steinplatten, von der Geflalt eines
langfchenkeligen Dreiecks. Von einer anderen Vefte,
die am äußerften fudlichen Rande von Obermais ge-
legen ift, von Trautmannsdorf, vermag nur noch die
Skizze im Brandis'fchen Codex eine Vorftellung zu
geben. Die von den Edlen von Neuberg gegründete
Burg, die dann an die Angerheim und Suppan über-
ging, ward am Ende des vorigen Jahrhunderts durch
den Einfturz des großen Mittelthurmes zerfturt. Die
wenig ftilgemäße Wiederherftellung erfolgte in den
Vierziger-Jahren durch einen Grafen Trautmannsdorf.
In der Brandis'fchen Zeichnung erhebt fich der recht-
eckige Mittelbau mit den vier runden Eckthürmen
etwas zu weit über die Ringmauer. Fig. 30.
Fig 31. (Schönna.)
Alle diefe in weitem Kranze um die Landeshaupt-
ftadt Meran gelegenen Burgen vermögen doch nur ein
unvollkommenes Bild des füdtyroler Burgenbaues um
'-'^ Die Fragsburg befand fich vom Jahre 1356 an im Befitze der Herren
von .'\uer. im Jahre 1479 fol;;ten die Ritler von Niederthor, deren Wappen
auch über dem Schlolj-Portal angebracht ift; bis 1S35 blieb fie im Befitz der
Herren von Mammingen (Mamming). IJer jetzige Befitzer ift ein Herr Erwinn.
Die Schloß-Capelle wird 1376 zuerft genannt (Archivberichle S. 256, Nr. 1360).
25
iS4 —
die Mitte des 14. Jahrhunderts mit feinen langen un-
regelmäßig aneinandergereihten Tra6len und Einzel-
thürmen zu geben, die Zerdörung oder ein fpäterer
Umbau haben das alte Bild verwifcht. Zwei der um-
fangreichften Burganlagen Tyrols, die fich ziemlich
direct gegenüberliegen, die Stadt Meran in die Mitte
nehmend, Lebcnberg und Sch'öiuia, können als Typen
der Etfchthal-Bauten gelten. Lebenberg ift von den
Herren gleichen Namens gegründet worden, fchon 1275
in der Stiftungsurkunde von Stams nennt fich ein
Konrad von Marling und Lebenberg. '^* Aber der Aus-
bau der Vefle gefchah doch crft im Laufe des 14. und
Fig. 32. (Schönna.)
15. Jahrhunderts unter den letzten Lebenbergern und
den Fuchsbcrgern, die 1450 im Lchenbefitz folgten.
Karl Kirchlcchncr, der Meraner Macen, der Freund
und Schwiegervater Friedrich Leutners, der des
Schloffen Chronik gefchrieben, ftellte 1835 den ver-
fallenden Bau wieder her. Die Vefle ift fo zu einem
unregeimiißigen und unzufammenhängenden Comple.x
von 'iiiürmen und Wohngcbauden geworden, mit einer
großen nach dem Bozener Etfchthal zu freien Terraffe,
einer befonderen Thorbefeftigung und einer dem heil.
Stephan geweihten freigelegcneii Capelle, die mit der
'>* Ob die Kdicn von I.cbcnberg und Lanabur^ eines Stammes find.
wie Brandts, Tyrolcr Khrcnkruntzl II, S. 7a, will, ift zweifelhaft. Dadurch
würde die Knlftchtini; der Rur^ noch weiter /uriickceriiclct werden. (Sclion
la^C» Kudulf von Maring.-i.) Vgl. Neue Zcitfciir. d. Ferdinandcums XI. S. 10;
Schlofl J.cbcnbert; und feine Chronilc in der Allgemeinen Zeitung 1869,
Beil. 138.
weit hineinragenden Empore fafl als DoppelCapelle
erfcheint — nur dafs der Altarplatz ein gcmeinfamer
ifl.'s-^
Die Baugefchichtc von Schloß Sciionna, durch die
forgfamen Unterfuchungen von David Ritter von Scliöit-
herr feftgeftellt,'^'"' gewährt die Möglichkeit, an einem
einzelnen Bau die Arbeiten und Erneuerungen aller
Jahrhunderte genau zu verfolgen, die theilweife inein-
andergreifen oder die früheren Anlagen erfetzen. Der
Grundriß, Fig. 31, zeigt die ganze Bauanlage in der
heutigen Anordnung.
Der eigentliche Stammfitz der Herren von
Schenna, die fchon 1149 als Minitterialen der Grafen
von Tyrol erfcheinen,"' war der Burgftall Alt-Schönna
oder St. Jürgen, auf der Höhe zwifchen Gayen und
Schönna gelegen — jetzt fteht nur noch die Schloß-
Capelle des St. Georg, um die fich die einzelnen Ge-
bäude gruppirten, urfprünglich innerhalb der äußeren
Befelfigung gelegen. Diefe Schloß-Capclle ift eine der
intereffantelten baulichen Anlagen Tyrols; völlig kreis-
rund in der Mitte von einer mehr als i M. ftarken Säule
geftützt, Fig. 32, auf der die vier breiten Gurten des
Gewölbes laften. '^"''' Der Erbauer der neuen Vcfte ift
Fig. 33. (Scliöiina.)
Petermann von Schönna, der die Erlaubnis zum Schloß-
bau vom Markgrafen Ludwig von Brandenburg erhielt
und die Zullimmung feiner Vettern Reiniirecht und
Wcrnher durch Abtretung des Stammhaufes er-
„Gefiiß auf dem ]Uihel", das 1346
Ludwig erhalten,'^" entftancl nun
Der Hau Petermann's bcitand wahr-
kaufte. Aus dem
Petermann von
Schloß Schönna.
fcheinlich aus einem viereckigen Bergfrit und den beiden
'"■^ Jahrcs/ahl im Kußhoden: 1508. Nach neuerer Infchrift 15^8 und 1581
durch Degen und Karl Kux erneuert. Abbildung bei Carl Wolf, Meran, 8.72.
'"" D/iv. R, V. Schönkcrr, das Schloß Schünna. .Seine Gefchichtc und
feine Hcfitzcr. Meran :88fi.
'"' Hartwig: tfr Sftnano 1149 in einer BencdicHbcvircncr Urkunde.
Neue Zcitfchrift des Kcrdinandeums XI, S, 115.
'"/■ Alz, die Rundkirchc St. Oeorg in Schünna i, d. Miltlic-il. N. K.
XIII, S. XI, II.
"" Vgl. iibr. /iö/iiiter. Regelten Kaifer Ludwigs d. Bayern. Nr. 2313,
S. 145; Mathias Kocli, Mittheil, aus 'I'yrol. Urkunden im Oberbayerlfchen
Achiv VII, S, 2y7, 299. Achnlicllc Kiillc von aiisdrücklichci' Kriaubnis zum
Burgenbau fch'in 1194 und 1240 (:'. Ilormayr, Ui kundciibucli II, S. i'ia, 337),
1329 in Hochgalfaun {Sla/ßi-r II, S. (102;, 1363 in liurgflall ('ryrol. Archiv IV
S. ZA^).
i8s
Tracflen A und ß, die in fpit7.em Winkel aneinander-
ftießen. Der Thurm felbfl bildete die Ecke. Fig. ^;i. Die
kärglichen römifchen Trümmer, die den Hügel krönten,
wurden, wie üblich, in der Anlage mitvervvendet, die
Mauerrefte finden fich noch am füdöftlichen Schloß-
flügel yi. Von dem Thurm ift nichts erhalten; eine aus
dem i6. Jahrhundert llammende colorirte Zeichnung
im Befitze des Erzherzogs Johann (Fig. 34) zeigt an
der äußerften rechten Ecke noch die Bruchftelle des
eingeftürzten Bergfrites. In dem Waffenllillftand, der
1423 zwifchen Herzog Friedrich und Ulrich von
Starkenberg abgefchlofl'en ward, erhielt Petermann
von Liebenberg das Recht, den Thurm zu befetzen.
Diefer bildete alfo damals den fefleften Punkt im
Schlöffe. Schon 1469 llürzte er zufammen, inii nic
wieder erbaut zu werden. Wahrfcheinlich riß er ein
gutes Stück des füdueftlichen Tracles .ß mit fjch, daher
die Lücke in der Zeichnung Fig. 34. Die Vefte ward
^'S- 34- (Schönna.)
dem Burggrafen Hans von Königsberg übergeben,'^'
der durch den Büchfenmeifter Chrifioph die Wehren
herftcllen und den Zwinger räumen ließ. Eine bedeu-
tende Summe ward dann durch Georg von Starken-
berg verbaut, 1510, nachdem die Vefte 1497 an Paul
von Liechtenftein übergegangen, '^''" bewilligt der
Kaifer Max L noch mehr: „da das Schloß uns und
unferen Erben, wann wir an der Etfch fein würden, zu
unferer Luft wohl dienen mag". Dies ift der Zuftand, in
welchem die genannte Zeichnung das Schloß zeigt, die
vor 1522 entftanden fein muß. Der Halbthurm D mit
dem Tract £ als Thorbefeftigung ftand bereits, noch
völlig fehlte aber der nordliche Traft C. Die große
Ringmauer beftand gleichfalls fchon. Der eingeftürzte
Mitteltheil des Trafles ß trägt ein Nothdach und ein
frifch aufgefetztes Stockwerk. Die Reconflru61:ions-
fkizze, Fig. 35, zeigt die nuithmaßliche Geflalt des
Baues unter Petermann in der Vogel-Perfpe6live.
199 Vgl. yitji. Ladurner in der Zeitfchrift des Ferdinandeunis HI,
Zwifchen 1522 und 1529 findet der wichtigfle Um-
bau ftatt, die letzten Rcfte des Eckthurmes werden
befeitigt. Es ift charakteriftifch für das 16. Jahrhundert,
dafs es auf den Schmuck und Putz des Bergfrites ver-
zichtet. Dafür werden in dem Tratte ß übereinander
zwei große Säle errichtet, die Feftfälc, deren unterer
jetzt als Waffenfammlung dient. Dadurch ward B zur
gleichen Höhe mit A erhoben, die Zinnen wurden ab-
getragen und wahrfcheinlich fchon damals auf die
beiden Tracle ein Satteldach aufgefetzt.'"'" Kurz darauf
ward auch durch die Liechtenfteiner der lange fchmaie
nördliche Traft C in Angriff genommen und vollendet,
der den Thorbau mit dem Palas verband, Graf Thomas
von Liechtenftein leitet 1727 die letzte Bauperiode ein.
30.000 Gulden verwendet er auf den Ausbau, der
hauptfächlich die Kaiferzimmer und die Sciiloßbrückc
S. 153.
F'g' 35- (Schönna.)
betraf, 1S44 endlich ließ Erzherzog Johann den
freien Gang am Nordtraft anbringen, den Erker am
Traft ß abtragen und dafür einen großen, auf Säulen
geftellten Balcon anfügen. Das ift die Geftalt, in der
die vielgenannte Vefte auf uns gekommen ift.^"'
20« Im Jahre 1522 wird der Hofmaler Jörg Kölderer von Innsbruck
berufen, den Bau zu beauffichtigen. Nach feinem Bericht l.Hßt fich der Stand
des Baues ziemhch genau feftftellen. v. Schbnkcrr a. a. O. S. 27.
-"' Das Schweizer Schloß Moriinont (Modell in der miltelalterlichen
Sammlung zu Bafel) weift in Grundriß und Aufbau große Aehnlichkeit mit
Schönna auf.
(Fortfetzung folgt.)
'^'a Archivberichte aus Tirol S. 196, Nr. 942.
Notizen.
75. Confervator kaif Rath Dr. Jenny hat an die
Central Commiffion über das Ergebnis einer von ihm
im Monate März d. J. durchgeführten wiffenfchaftlichen
Verfuchsgrabung in der Gegend von Pettau berichtet.
Zunächft befchäftigte fich derfelbe mit der Prüfung
eines römifchen Tumulus gegen Laak hin gelegen,
welcher vor zwei Jahren von Bauernburfchen eröffnet.
geplündert und dann wieder verfchüttet worden war.
Zwei Glasfläfchchen hatten die Plünderer zurückge-
laffen, eine ziemliche Anzahl von Gefäßen und Eifen-
geräthen, die fich bei einem Bauern vorfanden,
waren die Ausbeute für das Joanneum. Unter Zurech-
nung eines großen vierfeitigen Glaskruges und einer
etwa 40 Cm. hohen Bronzekanne, von welcher nur der
25'
i86
reich verzierte Henkel übrig, das Gefäß felbfl aus der
Sacriftei geftohlen worden, dürfte das Inventar des
Tumulusgrabes gewefen fein.
Ferner richtete der genannte Confervator feine
Aufmerkfamkeit auf das Peitauer-Feld, das allem An-
fcheine nach römifche Gebäuderefte in fich fchließen
mußte. Es war in der That der Fall, und da alle auf-
gefundenen Mauerrefte den Charakter von Wohnge-
bäuden tragen, ift damit die äußerfle Region der Civil-
ftadt Poetovio an der Nordfeite umfo ficherer feftgeftellt,
als zu beiden Seiten der Ausgrabung noch viele folcher
Objecle vorauszufetzen find. An dem Fußweg längs des
hohen alten Uferrains der Drau beginnen die Mauern
eines Baues, der fich bis zu einer Ausdehnung von 53 M.
erftreckt, der ein größeres Hypocauft mit Säulchen aus
runden Platten einfchließt und in welchem eine große
Thürfchwelle, wahrfcheinlich des Eingangsthores ge-
funden wurde. Abbruch hatte fämmtliche Mauern bis
unter die Fußboden zerftört. In einem ebenfalls großen
Gebäude (ca. 30 M. lang) näher der Marburger Straße
fand der Confervator theils ganz erhaltene Mofaik-
böden, theils Refte von folchen in namhafter Zahl (7
bis 8). Der Mehrzahl nach zeigen fie reichere Compo-
fition und häufig Einfatze in polychromer Ausführung,
fo z. B. erfchienen im größten Boden, welcher 42 ;ä*
Fläche bedeckt und einem Sommer-Triclinium anzuge-
hören fcheint, die Figuren eines Tigers, einer Ente,
einer Dohle und eines Rebhuhnes in effe6lvoller Farben-
frifche und naturwahrer Darfteilung; in der Ecke eines
anderen Fußbodens eine farbige Theatermaske; das
Mittelbild eines dritten ftellte den Kampf des Thefeus
mit dem marathonifchen Stier vor, aber leider waren
an diefem in Steinchen kleinfter Sorte (2 bis 3 Mm.)
ausgeführten Mofaik nur noch Beine und Thierkopf
vorhanden; an einer Wandfeite hatte fich auch noch
ein Tritone in fchwarz-weiß erhalten.
Zwifchen obgenannten Bauten von großem Um-
fange liegen zwei weitere von wefentlich kleineren
Dimenfionen, etwa in den Verhältniffen von 14 X 16
und 12X19 M., das eine mit bemalten Wänden, die
noch auf eine Höhe von 70 Cm. erhalten waren, aber
ohne heizbare Räume, das andere comfortablcr und
reicher eingerichtet, ebenfalls bemalt, aber mit
Heizung verfehen und in einer Abtheilung mit
einem Mofaikboden bedeckt, der als Mitte in
einem kreisrunden Medaillon, umgeben vom Wellen-
Ornament, die Entführung der Europa zeigt, wohl er-
halten bis auf den fehlenden rechten Vorderarm. Auch
plaftifcher und architektonifcher Schmuck fehlte nicht
dem kleinen Wohnhaus, was die Auffindung von
Friefen aus Stucco mit Eierftab und Palmetten und
hübfcher korinthifcher Capitäle bezeugt.
An Einzelfunden erwies fich das bearbeitete
Terrain ganz ergiebig, befonders befriedigte die Aus-
beute an Lämpchen mit Stempeln, Thongefiißcn und
Münzen (von letzteren etliche 40 Stücke, vorwiegend
3. und 4. Jahrhundert); zu bemerkenswertheren Stücken
gehört eine filberne Fibula, eine fchonc Eifenfchaufel,
ein Stirnziegcl mit Maske (Antefixa), wogegen infchrift-
Mchc Funde außer zahlreichen Ziugelftcmpeln nicht zu
verzeichnen find und Terra sigillata-Gefchirre — im
Gegenfatz zu Bregenz — auffallend feiten vorkommen.
j6. Confervator Riclily hat an die Central-Com
miffion weiters berichtet, dafs ein Fragment eines
größeren Steinbeiles von faft fchwarzer Farbe bei einem
Canalbaue in der füdbohmifchen Stadt Platz gefunden
wurde. Es befteht aus der fcharfen Schneide und dem
fich bis an das Bohrloch durch eine rinnenförmige Ver-
tiefung charakterifirenden Klingenkörper, 11 Cm. lang
und 6 Cm. breit. Diefer Fund fcheint hochbemerkens-
werth, weil Stein-Artefacte im füdlichen Böhmen zu den
archäologifch - prähiftorifchen .Seltenheiten gehören.
Ferner berichtete derfelbe Confervator, dafs vor ca. fechs
Jahren beim Steinbrechen ein Depotfund von Bronzen
in einer Felfenfpalte bei Bfesi'm Böhmen gemacht wurde ;
man fand 28 Stück ganze und ein viermal gebrochenes
Bronze-Artefa6l; fämmtliche Stücke find bis auf ganz
kleine Differenzen einander ähnlich. Jedes Stück be-
fteht aus einem langen und fchmalen, nach beiden
Enden gleichmäßig verjüngten und zu einer halben
EUipfe umgebogenen maffiven Bronzeftreifen, von
denen einer, der größte, 30-5 Cm. lang, in der Mitte
170 Mm. und an den verzierten Enden 9 Mm. breit ift.
Aehnliche Bronzeftreifen wurden ebenfalls in größerer
Anzahl in Hradiste bei Pifek gefunden. In unmittel-
barer Nähe von Slavce wurden ebenfalls etliche folche
Bronzeftreifen gefunden (f Notiz 70).
Tj . Profeffor Trenkwald hat der Central-Com-
miffion mitgetheilt, dafs in der Dominicaner-Kirche zu
Ragu/a fich drei Holztafelbilder befinden, echte Nicolo
Ragusanus, und in der Kirche zu Dance-, nahe bei
Ragufa, ein Altarwerk, beftehend aus in drei Felder
getheiltem Hauptbilde, einem Halbbogenbilde und drei
Predellabildern, die befonderer Beachtung werth er-
fcheinen.
78. Es ift für die Central-Commiffion äußerft
erfreulich , über den gelungenen Abfchluß der der
Künftlcrhand des Malers Theoph. Hlclichcr anver-
trauten Reftaurirung der alten hochwichtigen Wand-
malereien im //ifz'ö'^w/'fw/d'/zuZnaim berichten zu können.
Im Mai d. J. ging diefe nahe zwei Jahre wiihrende
recht fchwierige Arbeit zu Ende. Profeffor Trenkwald
hat im Auftrage der Central-Commiffion die Reftau-
rirung gelegentlich ihrer Beendigung befichtigt und
erklärt, dafs die Auftrocknung der im vorigen Jahre
rcfiaurirten Farben bereits weit vorgefchritten fei und
fich hinfichtlich des Farbeneffefles fehr günftig ent-
wickelt, FigLirenzeichnung und Färbung treten fciiün
und klar hervor und kann alles als gelungen bezeichnet
werden. Große Schwierigkeit ergab fich bei zwei
ziemlich unklar gewordenen Bildern : Verkündigung
und Geburt Chrifti. Mit Sorgfalt wurden die rothen
Contouren kräftig lafurend verftärkt und dort, wo von
einer ehemaligen Farbenfüllung Spuren vorhanden
waren, diefe benützt. Auf diefem Wege ift es gelungen,
auch diefe beiden wichtigen Darftcllungen den übrigen
harmonifch einzuordnen. Bei Wiederherxorrufung und
Belebung diefer halbverloren gegangenen Bilder hatte
der reftaurirendc Künftler allen gerechten Anforde-
rungenentf])rochen und verdient volles Lob. Die Central-
Connniffion kann aber mit Recht zur freudigen Kennt-
nis nehmen, folcli ein in feiner Art einziges und
kunfthiftorifch bedeutfames Werk vor völligem Unter-
gange gerettet und der Nachwelt überliefert zu ha!)t:n.
- i87 -
79. Der Ccntral-Commiffion wurde vom k. k.
Forft- und Domänen- Verwalter Lcop. Sc/niwlc in
Sachfenburg mitgetheilt, dafs beim Ziehen eines 6 M.
tiefen Grabens im April d. J. am Marktplat;'-c ein Pal-
ftab ausBronze mit fehr fchöncr Patina gefunden wurde.
Er hat eine Länge von 25 Cm. und ift mit breiten
Schaftlappen verfallen.
80. Die Central-Cömmiffion hatte bis in die neuefte
Zeit alle ihr zulaffig erfclieinenden Schritte gcthan, um
das fogen. LinzertJior in Salzburg zu erhalten. Für die
Central-Commiffion ift es wichtigconftatiren zu können,
dafs irgend ein Vorwurf, in diefer Sache nicht genügend
eingegriffen zu haben, nicht gemacht werden kann.
Seit drei Jahren fchwebt diefe Angelegenheit, und
fprach fich damals der Gemeinderath mit nicht
bedeutender Majorität für die Belaffung des Thores
aus; in jüngfter Zeit wurde die Demolirungsfrage wieder
aufgeworfen und der bezügliche Befchluß mit nicht
unbedeutender Majorität gefaßt. Für die Central-
Commiffion befteht nur noch ein günftiger Moment,
der ift, dafs die mit den Anrainern des Thores einzu-
leitenden Verhandlungen nicht die wünfchenswerth
fiebere Gewähr dafür bieten, dafs die derzeit an das
Linzerthor angebauten Häufer eine derartige Ausge-
ftaltung erhalten, wodurch die ganze Situation den An-
forderungen des guten Gefchmackes entfprechen würde.
Die maßgebenden Kreife erkennen dem befagten Thor-
baue nicht die Eigenfchaft eines Kunft den kmales, fondern
nur die eines hiftorifchen Denkmales zu, was auch richtig
ift. Man findet in derErhaltungdiefesBaues für die Stadt
keinen Vortheil. Das Wahrzeichen der Stadt Salzburg,
das diefelbe hinreichend charakterifirende und der-
felben in jeder Beziehung zur Zierde und Schönheit
gereichende Denkmal bleibe einzig und allein, nach der
Meinung maßgebender Kreife, die Feftung Höhen-
Salzburg, für deren Erhaltung jederzeit die ganze
Bevölkerung der Stadt einftimmig einftehen wird. Für
das Linzerthor fchiene fich, diefer Auffaffung zufolge,
die ungeheuere Majorität der Bevölkerung hingegen in
gar keiner Weife zu intereffieren. Wir möchten aber
doch glauben, dafs nebft der herrlichen Vefte Höhen-
Salzburg fich doch noch manche Denkmalbauten in Salz-
burg befinden, diefelbfteiner AnftrengungzuihrerErhal-
tung würdig find, wie z. B. die Stifts-Kirchen zum heil.
Peter und am Nonnberg, die Franciscaner- und CoUe-
gien-Kirche, der Dom, das Refidenzgebäude, die Reit-
fchule und noch recht vieles andere, und auch in Be-
treff der um das Denkmal fich intereffirenden Kreife
dürfte es gerade gegentheilig fich verhalten.
81. Die durch den Confervator Profeffor V. Beiger
gepflogenen Erhebungen über das Bild in der Hauer-
hau.s-Capelle am Salzberge zu Hallßatt haben fehr
intereffante Refultate ergeben. An der linken Wand
der Capelle befindet fich über den Betftühlen das Bild.
Es befteht aus einem Hauptbilde und zwei beweglichen
Flügeln: ein Tryptychon, ein Werk des XV. — XVI.
Jahrhunderts und ift ziemlich gut erhalten. Das Haupt-
bild mifst fammt dem 7 Cm. breiten Rahmen 1-82 M.
in der Hohe und ri4 M. in der Breite, die beiden Flügel-
bilder liaben einen etwas breiteren Rahmen (g Cm.),
und mit halber Breite des Hauptbildes bei gleicher
Höhe. Die Rahmen find alt und bilden innen einen
vergoldeten Blätterftab mit rothen Blattrandfeitcn aut
blauem Grunde — außen nur eine rothe Leifte mit
goldenen Sternchen.
Die Bilder find in Temperamalerei auf Holztafeln
ausgeführt; jene des Hauptbildes und der Innenfeite
der Flügel mit plaftifch-dcffinirtem Goldliintcrgrund,
desgleichen find behandelt die Nimben, Mitren, Kleider-
fäume, l'ferdezäumungen u. f w. Die Rüftungsftücke
der Krieger find ebenfalls plaftifch, aber verfilbert.
Das Mittelbild zeigt eine figurenreiche Darftellung
der Kreuzigung, im Vordergrunde rechts (herald.) die
Frauengruppe und Johannes, links die um den Rock
des Herrn würfelnden Krieger. Im Mittelgrunde Chriftus
am Kreuze und die beiden Schacher, vor dem Kreuze
die zwei Hauptleute in reicher Gewandung, einer mit
einem Schriftbande, darauf: vere. filivs. dei. Im Hinter-
grunde viele Krieger. Die Rückfeite des Hauptbildes
unbemalt. Am rechtsfeitigen Flügel finden fich zwei Dar-
ftcllungen untereinander gruppirt, oben St. Rupertus
und ein Bifchof unten St. Anna Selbftdritt; am an-
deren Flügel St. Wolfgang und wieder ein zweiter
Bifchof, unten St. Chriftoph; außen oben St. Joachim
(am Rahmen: iochimj; unten St. Anna und Joachim
fich begrüßend (am Rahmen: iochim vn anna), dann
St. Anna und der die Geburt Mariens verkündende
Engel (am Rahmen: anna), unten beide Eheleute an
einem Tifche fitzend (am Rahmen: anna vn iochim).
Wenn auch der künftlerifche Werth des Bildes
kein hervorragender ift, obwohl das Mittelbild feiner
reichen Compofition wegen vollfte Beachtung verdient,
fo ift doch das Obje6t feines Alters und guten Be-
ftandes wegen von hohem Intereffe und verdient forg-
fame Erhaltung.
82. (Groß-Reinprechts.)
Auf Veranlaffung des Herrn Pfarrers Binder
in Groß-Reinprechts befichtigte Confervator v. Riewel
im Auguft vergangenen Jahres die Kirche dafelbft, um
feine Anficht über die gewünfchte Reftauration und
deren Einrichtung bekannt zu geben. Diefe einfchiffige
gothifche Kirche war früher romanifch, aus welcher
Zeit noch die Halbkreis-Apfis befteht, auf welcher
fpäter ein Thurm mit der Grundform eines unregel-
mäßigen Zehneckes aufgebaut wurde. Das Schiff ift
mit einer Holzdecke verfehen, doch find noch vier der
Wand-Confolen als Träger des früheren Gewölbes
vorhanden. Statt der Seitenfchiffe waren an der Oft-
feite rechts und links zwei gothifche mit je zwei Kreuz-
gewölben abgefchloffene Capellen angebaut, von
welchen die füdliche noch vollftändig und die nördliche
nur noch in Bruchftücken vorhanden ift. Von der alten
Einrichtung hat fich nur noch ein einfacher Taufftein
aus rothem Marmor erhalten, während die Altäre und
die Kanzel aus dem vorigen Jahrhundert ftammen und
nun reftaurirt werden follen. Am Friedhofe dafelbft
fteht noch ein fehr fchönes fchmiedeifernes Grabkreuz
aus der Barockzeit.
83. Profeffor Liaitz hatte jüngft Gelegenheit, die
Kirche zu Eifenerz anläßlich ihrer Reftaurirung zu be-
fichtigen. In dem an die Central-Commiffion hierüber
erftatteten Berichte bemerkte derfelbe, dafs im Ganzen
— iS8 —
nicht nur alle phantaftifchen decorativen Theile der
Orgel-Empore, fondern auch theilweife flru6live Ele-
mente als Wände, Zargen, Bogenftücke völlig ftein-
metzgerecht, jedoch aus einer Art KunO:0:einmalfe be-
ftehen dürften. Die Materie ift höchft compaft und
glatt, aber beim Berühren fühlt man einzelne fcharfe
vorftehende Punkte. Eigenthümlicherweife findet fich
fogar ein Steinmetzzeichen. Y Was die Rede alter
Fresken an den Stirnfeiten | {/ der Chor-Strebepfei-
ler betrifft, Apoftelfiguren unmittelbar unter dem
durchlaufenden Cordongefimfe, fo ift es wohl das befte,
fie an Ort und Stelle, wie fie find, zu belaffen, ihr
Werth ift nicht fehr groß, ihr Zuftand nicht befonders.
Andere Malereirefte neben den beiderfeitigen Zu-
bauten fcheinen werthlos.
84. Correfpondent Dr. Hans SchmöUer in Trient
hat die Central-Commiffion auf die Ruine Caßellbarco
aufmerkfam gemacht. Selbe liegt hart an der Gränze
Tyrols gegen Italien, oberhalb der zur Gemeinde Avio
gehörigen Fraftion Sabionara. auf einem fteil abfallen-
den Hügel, eine impofante Ruine, die den gewaltigen
Maffen der noch ftehenden Mauern und den kühnen
grandiofen Formen nach der Reft eines hochbedeuten-
den Burgbaues fein dürfte. Man erkennt das eigent-
liche Schloß, das von einem Thurme überragt wird,
aus einem von weitausgreifenden Mauern einge-
fchloffcnen Hofe. Diefe Mauern ziehen mächtig den
Hügel herab und find ftellenweife mit mancherlei Ver-
theidigungszwerken verfehen. Im Hochfchloffe be-
fand fich links die Burg-Capelle, fie war mit alten
Wandmalereien geziert, ift aber bereits feit einigen
Decennien zerfallen. Die Refte zeigen eine ziemlich
ungefügige Hand und den Charakter der ausklingen-
den romanifchen Kunftzeit. In einem Räume des rech-
ten Schloßflügels hat fich eine Wandnifche mit alter,
man könnte fagen, grotesker Malerei, einer Kreuzigung,
vorzüglich erhalten.
Unmittelbar unter dem Hochfchloffe und von
diefem überragt, fleht ein kleiner ifohrterSaalbau,deffen
unteres und oberes Gcfchoß in je zwei Räume abge-
theilt ift. In letzterem find die Wände des einen Rau-
mes fchachbrettartig bunt bemalt. In diefem Räume
wird Heu aufbewahrt. In dem anderen Räume fehlt
zum Glück der Fußboden. Dcrfelbe mißt ca. 5 M. im
Geviert und ift reich und merkwürdig bemalt. An allen
vier Wänden finden fich in zwei Reihen übereinander
figurenreiche Darftellungen etwas unter Lebensgröße,
meiftens Kampffcenen vorftellend. Der hochalterthüm-
liclie und ganz eigenartige Charakter diefer Malereien,
die, man konnte fagen, an affyrifchc Reliefs erinnern,
die klare Anordnung der Mgurcn, die oft bis ins Ein-
zelne klar und ficher ausgeführte Tracht und Bewaff-
nung geben den Gemälden einen größeren Werth und
erhöhte Wichtigkeit; dabei find fie im Ganzen noch
wohlerhalten, nur fehr verkritzelt und mit .Staubkruften
überzogen. Leider find diefe Bilder in ihrer Fortc.viftcnz
fehr bedroht. Die Südoftwand nämlich ift an beiden
Ecken geborften und um fie aufrecht zu erhalten, find
durch diefelbe und die gegenüberliegende Wand zwei
Querbalken gezogen, wodurch die Malereien an den
betreffenden Stellen arg gelitten haben. Die Südweft-
wand mit dem Bilde eines Reitergefechtes ift von einem
doppelten Sprung durchriffeii. Diefe Wand weicht all-
mählig dem Schübe des dahin herabrutfchenden Erd-
reiches. Ueherdies aber wird der ganze Raum noch
von dem Mauerwerke bedroht, das dahinter thurmhoch
am Hochfchloffe emporragt und eben im Zufammen-
fturze begriffen ift. In allernächfter Zeit werden diefe
Malereidenkmale aus dem 13. oder 14. Jahrhundert, die
zu den werthvoUften Schätzen alter Kunft in Tyrol
zählen, unaufhaltfam ihrem Verderben erliegen.
85. Als hocherfreuliche Nachricht muß regiftrirt
werden, dafs das Minifterium für Cultus und Unterricht
über Befürwortung der Central-Commiffion dem An-
fuchen des krainifchen Landesausfchuffes dahin will-
fahrt hat, dafs es geftattete, die im Gebäude des
Staatsgymnafiums zu Laibacli theils eingemauerten,
theils aufgeftellten Lapidar-Monumente in das krai-
nifche Landes-Mufeinn Rjidolpliinuui zu übertragen, in-
foweit dies ohne Schädigung des Gymnafiumgebäudes
möglich ift. Es find 43 theils Votiv-, theils Grabfteine,
aus Aemona, Treffen, Laibach und Sandörfel ftam-
mend, fünf Stück antike Ziegel und 14 mittelalterliche
Grabfteine.
86. Die alte kunfthiftorifch unbedeutende Kirche
zu Losaii in Böhmen foU demolirt werden, wogegen
die Central-Commiffion keine Einwendung erhebt;
nur für die Erhaltung der vier Glocken hat fich die
Central-Commiffion verwendet. Die größte, 125 Kg.
ftammt aus dem Jahre 1709 und trägt folgende In-
f
.chrift:
LETHA 1709 SEIT GEST KE CZTI A SLA WIE
P BOHA WSE MOHOVC ZIHO NAKLADEM
ZADVSI CHRAMVPANIE-
Rankenornamente und zwei Kreuzbilder.
Die zweite, 60 Kg. fchwer, trägt das Kutten -
berger Stadtwappen und folgende Infchrift:
Tento*zwon*vdielan*gest*za*m*vichtarze*c*
lossansteho*a(?)*c*dila*v*wondrzcge*kotka*
zwonarze*i550.
Die dritte Glocke ftammt aus dem Jahre 1868,
das San6lus-Glöcklein ift neu.
87. Die Central-Commiffion hat Nachricht er-
halten, dafs das Reftaurirungswerk am Donjon zu Fric-
facli in befriedigender Weife vorwärts fclireitet. Die
geplante Herftellung der beiden Zwifchenböden unter
und über der Capelle find infoweit fcrtiggeftellt, dafs
nunmehr das obcrfte Gemach mit dem romanifchen
Kamine betreten werden kann. Mit diefer Arbeit ging
felbftverftändlich die bauliche Reconftruftion des
Thurmes Hand in Hand, befonders die Ausfüllung der
koloffalcn Lücken in den Ecken. Von den Wand-
malereien find leider nur mehr einzelne Fragmente
erfichllich, ober dem Kamine miißen ganze Mauer-
partien abgetragen werden, da diefelben fehr fchad-
iiaft find und ein Auffetzen des Dacliftuhles umnöglich
wäre.
88. Confervator Dr. Iknak hat an die Central-
Commiffion berichtet, dafs in neuefter Zeit auf dem
Gräberfelde füdlich des Bahnhofes zu Wels, wofeIi)ft
i89 —
vor ca. zwei Jahren vcrfchiedcnartige Gräber, niclirerc
Sarkophage und die Tafel Cajus Bei. Comm. erfchloffen
wurden, eine Erdaushebung zum Baue eines Wohn-
haufes erfolgte, wobei, wie erwartet, neuerliche Funde
gemacht wurden.
Man fand in fehr geringer Tiefe 30 — 40 Cm. unter
der Bodenflächc eng beifammen, aber nach verfchiede-
in
Fig- I.
neu Richtungen gelegt, Gebeine theils in der Erde
felbft (eigens befchafftem feinem Riefelfchotter), theils
von Conglomerat-Bruchfteinen umfchloflen, theils auch
in Ziegelgräbern, wie folche bereits an anderen Stellen
des Feldes gefunden wurden. Die Skelette find alle von
der Erde zerdrückt, vielleicht aufgewühlt und bei wie-
derholtem weiteren Belege zerftört worden.
Beigaben: Das Fragment eines weißen kolben-
förmigen Glafes, ein 10 Cm. hohes grünes Thongefäß
defeft, mit ovalen Eindrücken in roher Ausführung
geziert (Fig. i). Acht Stück Arm (?)- Reife, drei aus
dunklem grünen Glas, fünf aus Bronze, fünf davon lagen
Fig. 2.
beifammen neben einem in Sand gebetteten Skelette,
das aber nicht mehr vollftändig war (Fig. 2 Bronze-
reif). Die Glasreife find innen flach, außen convex,
auf einer Seite ftärker, dagegen anderfeitig fchwächer
arehalten, auffällitj ahnlich den modernen Braceletten
diefer Art. Die Bronzereife find fein ausgearbeitet
Einzelne find durch Feilenftriche verziert (Fig. 3).
Sämmtliche Gegenflände kamen in das ftädtifche
Mufeum zu Wels.
89. Herr Bar^/io/üi/iäus Pfü/n'/c in Guvk{e\dha.t an
die Central-Commiffion berichtet, dafs dortfelbft beim
Abtragen einer alten Mauer ein Infchriftftein-Fragment
gefunden wurde. Die Platte ift 47 Cm. dick. Regierungs-
rath Kenner referirte über dasfelbe und bezeichnete den
Fund als wichtig. Es ifl zu vermuthen, dafs der Stein
von einem Baue herrührt, der die Beftimmung eines
Sol- oder Mithras-Heiligthums hatte, erbaut oder ge-
widmet von Kaifer Septimius Severus. Die Lefung
dürfte folgendermaßen fein:
mip
Deo in VICTO mithrae
■ caes • L (?) SEPTImius severus
p ERTINA aug
arab • adia B PAR thicus
Demnach würde das Denkmal kaum vor 198
n. Chr. anzufetzen fein, in welchem Jahre zum früheflcn
die Triumphaltitel: arabicus, parthicus u. f. w. des
Kaifers Septimius Severus vorkommen.
90. Der Befitzer des Sternwirthshaufes in der
Altenmarktgafle zu Brixcii, Peter Kinigadner, hat beim
Loslöfen einer Tapete Farbenftücke gefehen und be-
hutfam nachgefucht, wodurch es ihm gelang, ein Bild
von ca. 2'/2 M. Länge und faft 2 M. Höhe bloßzu-
legen.
Das Bild zeigt fünf Heilige, einen Bifchof, St. Seba-
Itian, St. Dorothea, einen Ritter (Florian?) und St.
Chriftoph. Diefe find mit einer Bordüre eingefaßt,
deren Stabe fich in gewiffen Abftänden fo kreuzen,
dafs eine Rhombe gebildet wird. Da diefe Bordüre
gleichfam den Rahmen um alle fünf Heiügen-Bilder
bildet, fo kann man fchließen, dafs das ganze Gemälde
bloßgelegt fei. Allerdings findet fich im Gemälde kein
rechter Mittelpunkt; aber da der Bifchof und St. Se-
bartian einerfeits und St. Dorothea und der Ritter ander-
feits gegeneinander gekehrt find, fo dürfte man wohl
fchließen, dafs der ehemalige Befitzer des Haufes blos
feine Schutzheiligen hier aufftellen wollte. Dafür fpricht
auch, dafs man hier vielleicht nicht die Wand einer
Capelle, fondern höchft wahrfcheinlich eine Vorhalle
oder die Außenwand des Haufes von früherer Zeit vor
fich haben dürfte.
Nun zu den Bildern felbft. Ich möchte fie in Zeich-
nung, Farbenbehandlung und Gefichtsausdruck den
Bildern in Arkade 12 des hiefigen Kreuzganges (und
an der Außenwand der Apfis von der Frauenkirche)
gleichftellen, alfo ihre Entftehung an die Neige des
14. oder in den Anfang des 15. Jahrhunderts verfetzen.
Es herrfcht im ganzen Bilde noch der ideale gefchweifte
Faltenwurf, die Geftalten find lang und zierlich, die
Gefichter, wenn auch einander ziemlich ähnlich, doch
fehr edel und ausdrucksvoll, die Hände fein mit gutem
Verftändnis, wenn auch nicht ganz richtig behandelt,
die Nimben find gravirt, und zwar nur ftrahlenförmig
ohne eine umgebende Perlenfchnur. Eingravirte Um-
riffe finden fich nur als Hauptumriß der Köpfe und
IQO
eine Spur am Gürtel (Schwertgehäng) des Ritters. Der
Bifchof hat ein Humerale mit Perlenbefatz aber ohne
Buchflaben. St. Sebaflian trägt mit der linken Hand die
Pfeile in ganz gleicher Weife und macht mit der rech-
ten die gleiche Gebärde, wie derfelbe Heilige in Arkade
12 des Kreuzganges, wiewohl auch die Haltung und Ge-
wandung diefelbe id. Das gleiche gilt von der Figur
St. Dorothea's, welche deifelben Heiligen im Kreuz-
gange gleichkommt.felbft in der Zeichnung desBIumen-
körbchens. Die Eifenrüftung des Ritters, die an Armen
undBeinen zutage tritt, ftimmt inZeichnung undFarben-
ton mit König Lucius in obgenannter Arkade auffallend
überein. Bemerken möchte ich noch über jene Figur,
welche die Entdecker als St. Florian gelten laffen
wollen. Diefe Figur flellt einen Ritter mit der Fahne
vor, welcher mit der linken Hand fich auf einen weißen
Schild ftemmt, in dem eine Flamme gemalt ift. Ift ein
Bild Florian's für diefe Zeit ohnehin feiten, fo dürfte
diefe Darflellungsweife noch feltener fein. Ich kann
mich im Augenblick nicht genauer hierüber aus-
fprechen, bemerke aber nur, dafs es auch eine alte
Tyroler Familie Flamm gibt, welche eine Flamme im
Wappen führt.
Da die Bilder nur übertüncht waren, fo find fie
recht gut erhalten. Der Eigenthümer, Herr Feier
Kinigadner, weiß den Fund auch zu fchätzen und wird
für weitere Maßnahmen die Ankunft der Kreuz-
gangs-Reftauratoren abwarten.
So viel als erften Bericht, vielleicht gelingt es mir
im Laufe der Zeit, die hohe k. k. Central- Commiffion
mit genaueren Daten zu bedienen.
Walclii'gger.
91. Correfpondent Oberförfter Großinann in
Gleink hat an die Central-Commiffion über einige Male-
reien berichtet, die die alte Stifts-, nun Pfarrkirche zu
Gleink zieren. Die Kirche ift dreifchiffig, das Mittel-
fchiff fehr hoch, die Seitenfchiffe nieder; vielleicht
fleckt in dem heute vollfländig im Renaiffanceftyle er-
fcheinenden Gebäude noch die alte ronianifche (?) Kir-
che. Das große Presbytcrium ift wohl aus neuerer
Zeit. Die Wände des Mittelfchiffes find neben dem
rundbogigenVerbindungs- Arkaden zudenSeitenfchiffen
hin mit acht größeren, in der Breite ausgedehnten
l)ildern geziert. Sechs von diefen Bildern wurden vom
Abt Rupert I. (1678 — 170S) um den Betrag von 250 fi.
bcfchafft. Die Bilder find figurenreich, der Meifter ift
dermalen noch unbekannt. Sie ftellen vor: das letzte
Abendmahl, Chriftiis am Oelberge, die Geißelung, Vcr-
fpottung, Krcuztragung und Kreuzigung zwifchen den
Schachern, die Kreuzabnahme und gegenüber die
Grablegung. Die letzten beiden Bilder find fignirt mit
y. N. Fcichtmann. Diefelben find weniger figurenreich,
bekunden aber einen tüchtigen Meifter, fie entftandcn
unter Abt Rupert II. (1710). Obiger Name fleht tliat-
fachlich bei den Bildern, dürfte aber durch die Hand
eines Rdflaurators unrichtig ausgebeffert worden fein.
Er muß heißen Feuchtviayr, welcher ein Verwandter
der beiden aus Mahren lammenden Stuccatorer Franz
X. und Johann Michael Feuchtmayer war. (Ilg.)
Das Presbyterium zieren zwei fehr bcachtens-
werthc Oclgemälde von Altomonte: Maria Mutter-
Gottes und St. Jufcph in herrlich gefchnitzten, vergol-
deten Rahmen.
Das Deckengewölbe der Kirche ift mit Malerei
geziert, die aus den Jahren 1708 und 1709 ftammt, in
neuerer Zeit nicht ungefchickt reltaurirt wurde, und die
urfprünglich Maler Dallinger anfertigte, ein Name, den
die Urkunden in Steyr, Garflen u. f w. wiederholt nen-
nen. Auch das Deckengemälde in der Sacriflei flammt
von diefem Meifter (1711), leider von einer anderen
Hand als die Malereien der Kirche unglücklich
reftaurirt. Die Bilder beziehen fich auf die Legende
vom heil. Andreas und die Stiftung von Gleink.
In Gleink waltet feit einigen Jahren eine forg-
fam pietätvolle und in ihren Erfolgen glückliche Hand.
Für die Confervirung der überaus netten Kirche ge-
fchieht fehr viel, es ift eine wahre Freude, fie zu be-
treten. An der Hauptthüre find die zwei romanifchen
Löwenköpfe mit dem Ringer noch angebracht und gut
erhalten. ^
Sehr beachtenswerth ift der fogenannte Garftner-
faalmit vielem Getäfel, das ausGarften hieher übertragen
— oderbefferdamitgerettetwurde. In denbifchöflichen
Gemächern befindet fich ein reich gefchnitzter mächti-
ger Frührenaiflance-Rahmen in Vergoldung, der zu den
fchönflen Arbeiten diefer Art überhaupt gehören
dürfte; auch diefer ftammt aus Garflen und wurde
wahrfcheinlich vom Laienbruder Michael Oberniüller,
1 1655, angefertigt. Die Vcrtäfelungen flanden im
Capitelfaale, wofclbfl auch der befagte Rahmen das
Altarbild zierte.
Auch die von Röffelfeld angefertigten Kaifer-
bilder wurden aus GarRen glücklicherweife nach Gleink
übertragen.
92. Confervator Domcapitular Petruszewics hat
an die Central-Commiffion berichtet, dafs er im ver-
gangenen Jahre wieder Nachgrabungen bei der alten
Kathedralkirche in Halicz vorgenommen hat. Man
conflatirtc, dafs die befagte Kirche beinahe 4 M. tief
fich im angefchwemmten Erdreiche befinde und dafs
an ihrer wefllichcn Seite, gleich wie derzeit, fich auch
früher kein Eingang befand.
93. Vor einiger Zeit wurde der Central-Commif-
fion ein von dem Confervator Dir. Deininger im Vereine
mit dem Bildhauer Ilcinricli Fuß in Innsbruck aus-
gearbeitetes Projekt für einen Monumental-Brunnen
vorgelegt, u. zw. deshalb, weil die wichtigen Theile des
neuen Brunnens einem alten Kunftwerke entflammen
und felbe damit nun wieder eine paffende Verwendung
finden follten. Es find dies die Reiterftatue des Erz-
herzogs Leopold V. von Tyrol, Nymphen, Tritonen
und Puttis, welche über Auftrag des genannten Erz-
herzogs mit der Beflimmung für einen Prachtbrunnen
im Jahre 1627 tlurch den Innsbrucker Bildhauer Cafpar
(jras modcllirt und vom I'>zgießer Heinrich Reinhardt
in Bronze ausgeführt wunlen. Es ift fehr wahrfcheinlich,
dafs befagter Brunnen damals nicht zur Aufftcllung ge-
langte. Die einzelnen Partien waren feither getrennt, im
Hofgarten und vor dem alten Theater in Innsbruck auf-
geflellt. Später kamen mit Ausnahme des Reiterlland-
bildes die übrigen Bcllandtheile in ein Magazin zu
Schloß Ambras. Vor drei Jahren faßte nun Confervator
Deininger das Projefl für einen Monumental-lJrunncn
in Iiuisbiuck, um jene Biuchltücke in entfprechcnde
Verwendung zu bringen. Das Projc6t wurde von iler
— 191
gut
Central- Commiffion in anerkennender Weife
gclieißen und nun wird einem Befciiluffe des Gemeinde-
ratlies der tyrolifchen Landesliaiiptfladt entfprechend,
der Brunnen in der Stadt zur Aufftellung gelangen. Von
Seite des k. u. k. Oberfthofmeifteramtes wurden die
erwähnten Beftandtheile der Stadt Innsbruck überlaffcn.
VorerlT: bildet der Brunnen eine vornehme Zierde der
eben jetzt abgehaltenen Ausftellung zu Innsbruck.
94. Confervater Ritter von Riezvel hat an die
Central-Conimiffion berichtet, dafs die Kirche in Klein-
Pöchlani in Niederöfterreich in Reftaurirung genommen
wurde, wodurch fie wieder erfreulicherweife in vielen
Partien auf ihre alte Geftalt zurückgeführt werden konnte.
Die Kirche ift ein einfacher fpät-gothifcher Bau aus Lang-
haus und Prcsbytcrium beftehend, an der rechten Seite
am Schluffe des dreifchiffigcn breiteren Langhaufes in
Fig. 3. (KleinPöchlarii.)
der Ecke beim fchmäleren Presbyterium erhebt fich
der vierfeitige Thurm, der in der halben Dachhöhe in
das Achteck umfetzt und mit fchlanker Spitze über
den entfprechenden acht Spitzgiebeln abfchließt
(Fig. 3). Die einzelnen Schiffe beftehen aus je drei
Jochen mit Kreuzgewölben, die vier Freipfeiler im
Schiffe find achteckig und fehr fchlank angelegt. Im
erften Joche jedes Schiffes ift der Mufikchor eingebaut.
Am Presbyterium und auch ftellenweife am Langhaufe
finden fich Strebepfeiler. Das Presbyterium befteht aus
dem polygonen Schluffe und einem vorgebauten Qua-
XIX. N. F.
drate mit Kreuzgewölbe-Ueberdeckung. Die Fenfter
find theilweife fpitzbogig, follen aber ihre frühere
gothifche Geftaltung erhalten. Die Außenfeite der
Kirche ift höchft einfach, dcffcn ungeachtet aber fehr
malerifch.
95. Ein intereffantes Stück von Alt-Wien ift eben im
Verfchwinden begriffen. Es find dies zwei an die ehe-
malige Minoritenkhßer- Kirche, jetzt Maria Schnee-
Kirche, angebaute Wohnhäufer gegenüber dem Land-
haufe, die bis in die allerneuefte Zeit dem Minoriten-
Convente gehörig, feft an die linke Südfeite der Kirche
angebaut waren und mit ihrem hohen Dachftuhle bis
an nahezu zwei Drittel des Kirchengebäudes empor-
ftiegen. Die Häufer felbft bieten nichts bemerkens-
werthes, nur den Eingang des einen Haufes zierte ein
kleines Relief, vorftellend zwei gegeneinander gekreuzte
aus den Wolken reichende Arme mit
einem Kreuze, dem Symbol des Mino-
riten-Ordens, dabei die für das Entftehen
der beiden Häufer maßgebende Jahres-
zahl 1718.
Wien verliert durch die Demolirung
diefer zwei Häufer mit ihren winkeligen
Anlagen und niedrigen Räumen gewifs
nichts; wohl aber geht ein äußerft an-
heimelndes, an die alte Stadt und an
eine altftädtifche Anlage erinnerndes
Bild für immer verloren. Freilich wohl
hat diefes traulich-freundliche Bild
fchon vor einigen Jahren ftark an feinem
Gefammt-Chara6lereingebüßt,alsmanein
drittes dort beftehendes Gebäude ,^Zum
Fafaii'-'' genannt, demolirte. Allein nun-
mehr ift das Bild bleibend und gänzlich
verfchwinden gemacht. Den Häufern felbft
wird gewifs keine Thräne nachgeweint,
aber das alte Wien, das wird bald nur
mehr in kleinen Reften mühfam zu fehen
und zu fuchen fein, und um fo manch
damit verfchwundenes Bauwerk ift es
recht herzlich fchade. Was erft die nächfte
Zukunft in ihrem Schöße birgt, z. B. die
gar nicht nothvvendige Regulirung des
Neuen Marktes, die Eröffnung von Stra-
ßen von der Aula gegen die Wien u. f. w.,
damit im Zufammenhange die Umgeftal-
tung des Auwinkels, hiedurch find Re-
gulirungen inaugurirt, die gewifs nöthig,
aber das Herz des alten Wien treffen.
Nun aber drängt fich die Frage auf,
was foll denn mit der freigeftellten fogenannten Mino-
riten-Kirche gefchehen? Frei von Anbauten find oder
werden doch in Bälde fein die Fagade mit dem fchö-
nen gothifchen Portal vom Bruder Jacobus Parisiensis
und faft die ganze linke Langfeite, auch eine größere
Partie der Rückfeite mit dem Thurme, der heute
nur ein Nothdach trägt. Der fogenannte alte Chor
befteht heute noch und repräfentirt fich als ein nicht
genau in der Achfe des rechten Seitenfchiffes liegen-
der, vielmehr über diefe hinausragender Anbau, derzeit
ein vierftöckiges Zinshaus, das aber die unverkennba-
ren Spiiren feiner kirchlichen Beftimmungin den Mauern
und bis zum Dachftuhle hinauf noch zur Schau trägt.
26
192
Diefes von feinem Anfange fich ganz unorganifch
in das Kirchengebäude einfügende Bauwerk, das heute
fowie die Kirche Eigenthum der italienifchen Confra-
ternität in Wien ifl, bleibt der wichtigfte, heikhgfte und
fchwierigfle Punkt der ganzen A6lion der Freilegung
der Kirche und der infolge deffen nothwendigen
Kirchenreflaurirung. Es ift heute recht fchwer zu er-
gründen, welche Idee die Minoriten fich machten, als
fie das alte Presbyterium, den fogenannten alten Chor,
wahrfcheinlich den Anfangsbau für eine große Ordens-
kirche, in der Zeit der Herrfchaft Pfemysl Otakar's,
der als öfterreichifcher Landesfürft ein Freund (bene-
faflor) diefes Klofters war, als Haupttheil der Klofler-
kirche aufgaben und unmittelbar daran eine neue
Kirche bauten. Lag es in ihrer Intention den alten
Chor feinerzeit ganz zu befeitigen, und follte der Theil,
den wir heute die Minoriten-Kirche nennen, eben
nur das Presbyterium für einen großen Klofterdom
abgeben, deffen Schiffanlagen in der Folgezeit nicht
mehr zur Ausführung kamen? (kaum glaublich) Nicht
überfehen darf werden, dafs bei diefer Kirche, die doch
in vielen Einzelnheiten an franzöfifch-gothifche Kirchen-
bauten erinnert, kein weiterer Chorabfchluß beabfich-
tigt war, da der Thurm fich unmittelbar an den Mittel-
abfchluß, aber auch wieder unregelmäßig anlegt und die
linke Abfeite mit einem polygonen Chörlein ausgeziert
ift. Alle diefe Eigenthümlichkeiten bedürfen noch eines
gründlichen Studiums und eingehender Unterfuchung,
wenn bei diefer Anlage damals nicht etwa gar über-
haupt nur die momentane Idee ftatt eines feftftehenden
Planes mitfpielte. Selbft die Fagadefeite hat den
Charakter des Unfertigen, eines Nothabfchlußesan fich,
die dann, da fchon einmal abgefehloffen fein mußte,
dafs fchone Portal erhielt.
Immerhin aber wird die Freilegung diefer Kirche
noch die Löfung mancher Fragen erheifchen, und ins-
befondere wird der Koltenpunkt in Betracht gezogen
werden müßen. Sehr viel Geld wird nothwendig
werden, wenn ordentliches gefchaffen werden foU.
Als man die Minoriten vertrieb und die Kirche in
andere Hände übergab, jring man in der Uebergangs-
zeit mit der Kirche geradezu graufam um. Architekt
Hohcnbcrg machte im Innern gothifche Spielereien,
baute einen Mufikchor ein und machte allerlei Scherze
in den beiderfeitigcn Abfchlußwänden der Schiffe, wo-
bei auch das linke Chörlein verrammelt wurde. Dicfe
Sünden werden bei einer Reflaurirung gutzumachen
fein ; der intercffante polygone Thurm muß wieder
einen paflenden Helm erhalten. Ob die vermauerten
Fenftcr wieder aufgemacht werden foUcn und auch
können, ifl eine noch offene Frage. Wie foU die innere
Einrichtung beftcllt werden.- Die Außenfeiten find fehr
verwahrlost, die rechte Langfeite ifl geradezu fchad-
haft, und eben da wird es ficii fragen, wo die Woh-
nung für den Pricfter und das Kirchenperfonal anzu-
legen fein wird. Mit Intcreffc und Aufmerkfamkeit
werden wir die Entwicklung diefer Sache verfolgen.
96. In einem traurigen, ja bedenklichen Zuftandc
befindet fich die Giebclpartie der Domfacadc in Salz-
burg. In einem in iliefer Angelegenheit an die Central-
Commilfion gerichteten Referate wird hervorgehoben,
dafs von dem Gerüflc aus, welches behufs der gegen-
wärtig in den unteren Theilcn in der Durchführung
begriffenen kleineren Reparaturen aufgeftellt ift, ein
Blick auf den fchadhaften Bau möglich ift:. Es zeigen
fich da gewaltige kranke Stellen im Steinwerk, fo dafs
nicht geringe Mittel erforderlich fein werden, um eine
richtige Abhilfe zu fchaffen. Ein mit dem Baue ver-
trauter Fachmann bemerkte, dafs man feinerzeit bei
der Wahl des Materials nicht forgfam genug vorging
und fo manches Steinftück aus den oberften Schichten
des Steinbruches genommen hat, aber auch häufig
gegen die Lager bearbeitet und verfetzt habe, diefer-
wegen ein tiefgreifendes Abblättern oder Abfpringen
die Folge ift. Ueberdies wurde in der Anwendung
von Eifen beim Baue felbfl und bei den Reftaurationcn
nach den Bränden ftark gefündigt.
97. Correfpondent Karl Alcrz hat der Central-
Commiffion mitgetheilt, das fich in der Kirche zu
Hor-fching (Oberöfterreich) mehrere alte Grabfteine
befinden, darunter fo manche einer eingehenderen
Würdigung werth wären. Im Mittelfchiffe links ift eine
Platte, nach Art eines Tumbendeckels von dunkel-
rothem Marmor eingelaffen. Sie ift an den Kanten ab-
"■efchrä^t und enthält im Bildfelde eine aufrecht-
ftehende Rittergeftalt in gothifchcr Rüftung, auf dem
Haupte den Schallern, mit der Lehensfahne, mit
Schwert und Dolch und fpitzen Schnabclfchuhen. Zu
Füßen rechts der bekannte einfache 7Vö?^?«'fche Schild
mit Helm, darauf ein gefchloffener Flug und mit Helm-
decken. Die Umfchrift erzählt: „Hie. ligt. begraben,
der. Wolgeporne | her.hanns . von . Traun . der ge-
ftorben . ift den .xxiii.tag. des .brachmonats | als . man .
zalt . von.chrifti.gepurt [ Taufent. fünfhundert Jahre."
Hans von Traun ftarb am 23. Juni 1500.
98. Die Befprechung über eine angebliche Preis-
gebung von Denkmalen der germanifchen Vorzeit im
Viertel ober dem Manhardsberge im n. ö. Landtage
und im Abgeordnetenhaufe haben den luidesge-
fertigten veranlafst, jene Stätte in Augenfchein zu
nehmen, auf welcher die gerügte Zerftörung eines her-
vorragenden derartigen Denkmals erfolgt fein foll. Es
war das der „Iiibenjlciir' bei Giniind im V. O. M. B.,
auf welchem fich ein gcrmanifcher Ojjfcrftein mit Blut-
fchüffel unil Blutrinnc und ein um ihn errichteter Stein-
kreis befunden haben foll.
Wefentlich gefördert wurde die Abficht durch
eine kurze Meldung des Monatsblattes des Alterthums-
Vcreines im Ajiril 1. J., welche von einem angeblich
neu aufgefundenen Opferlleinc, dem ^^iBrünnl/leiiie"
bei Zuggers nächft Gmünd, alfo unfern vom Eiben-
ftein, dann von den d'ifelbll: noch erkennbaren Formen
einer knienden P'rau, des Gefichtes einer Katze, des
Lieblingsthieres der germanifchen (löttin Frauwa, und
von einer Höhle bericlitete, „welche wahrfcheinlich
den Prieflcrinnen als Erdftall diente".
Ich war fiimit in die Lage verfetzt, fowolil noch
unverfehrt erhaltene und eine genaue Beobachtung
zulaffende Erfcheinungen als auch den Umfang der
Zerftörung an anderen in einem verhältnismäßig
eng umgränzten Gebiete einer Unterfuchung und Beur-
thcilung unterziehen zu können.
Was zunächft den Brünnlflein bei dem Dorfe
Zuggers betrifft, fo gehört er einer zufammenfchließen-
dcn Gruppe jener mehr oder weniger abgeruiuletcn
- t93 -
Granitblöcke an, welche einige größere Bezirke des
V. O. M. B. zu Taufenden bedecken und befonders
zahlreich auf dem nördlich von (jmünd fich hinzie-
henden einen Theil des „Soßvvaldes" bildenden Berg-
rücken vorkommen. Sein Merkmal bildet eine unregel-
mäßige aus zwei ungleichen, doch zufammenhängenden
Theilen beftehende Vertiefung auf der Oberfläche,
welche ziemlich fteil, an einigen Stellen felbft fenkrecht
begränzt ift, fo dafs das Regenwaffer in diefem Becken
ftehen bleibt, wo es fich, durch die darüber aufragenden
Waldbäume vor Sonne und Wind gefchützt, längere
Zeit hält. Bei andauerndem Regenwetter fließt das
Waffer an der Nord- und Oftfeite über, wo fich kleine
Rinnfale gebildet haben.
Ohne Zweifel hat der Stein von dem andauernden
Wafferinhalte feinen Namen „Brünnlflein", der dem
Volke vollkommen genügte. Andere Leute fehen in
dem Wafferbecken eine „Blutfchüffel" zur Aufnahme
des Blutes der Opferthiere, in den Auslaufrinncn
„Blutrinnen".
Von den im Geflein erkennbaren Formen einer
knienden Frau und von dem Katzengefichte habe ich
nichts fehen können, und was die Höhle betrifft, fo ift
fie mit den im Kalkgebirge vorkommenden Höhlen
nicht zu vergleichen und offenbar nur durch über-
einander liegende Blöcke gebildet. Mein Führer fagte,
das Loch müße eine Räuberhöhle gewefen fein; der
Berichterftatter des Monatblattes erklärt es als die
Wohnung der Priefterinnen! Welche Gründe aber
nicht nur diefer, fondern alle Berichterftatter für ihre
Behauptungen haben, woraus fie fchließen, dafs das
jetzige Wafferbecken auf dem Steinblock eine „Blut-
fchüffel", die Ablaufrinnen „Blutrinnen" feien, dafs in
demFelfenloche die Priefterinnen der Frauwa gewohnt
haben, ift nirgends gefagt, und ich beforge, dafs fie
keine Gründe dafür befitzen.
Es ift ja kein Zweifel, dafs die Germanen den
Göttern Thiere als Opfer gefchlachtet haben, und dafs
insbefondere das Blut der Thiere als folches ver-
wendet worden ift; allein woher weiß man, dafs man
es in künfllich hergeftellten Vertiefungen auf Fels-
blöcken imd nicht \'ielniehr in Opfergefäßen gefammelt
habe? Wenn man von Blutrinnen fpricht, fo muß man
doch vorausfetzen, dafs fie das Blut dem Becken zu-
und nicht, wie es beim Brünnlftein und anderen ähnli-
chen Vertiefungen der Fall ift, aus ihm hinausleiten.
Betrachtet man die Form des Beckens, fo ift aller-
dings im hohen Maße auffallend, dafs es von fteilen,
zum Theil felbft fenkrechten Wänden begränzt ill;
allein man follte doch glauben, dafs es eine irgend
einem anderen Gefäße nachgebildete oder doch regel-
mäßig geftaltete haben müßte, nicht aber eine fo
völlig unregelmäßige und zerriffene wie hier.
Es ift ferner zu beachten, dafs die Gruppe von
Steinblöcken, deren einer das Wafferbecken trägt,
nicht auf einem hervorragenden Punkte des Bergzuges,
fondern auf der Abdachung des breiten Rückens fich
befindet. Man ift nämlich gewohnt vorauszufetzen, dafs
man zu feierlichen Opfern freiflehende Hügel, aus dem
Bergrücken fich erhebende Kuppen und ähnliche dem
allgemeinen Anblicke fich bietende Punkte vorge-
zogen hätte. An folchen fehlt es in der Umgebung
nicht, und in der That fand ich auf der Höhe eines
größeren freiftehenden Hügels, des fogen. „Fürhappls"
(Vorhäuptl) in einer aus vielen Blöcken gebildeten
Gruppe einen mit einem Wafferbecken, welches durch
fein fcharf ausgedrücktes Gepräge, die faft allfeits
fenkrechten Wände, die regelmäßige Geflalt und durch
die gute Erhaltung die meiften ähnlichen Gebilde über-
treffen dürfte. Es hat die namhafte Tiefe von 20 Cm.
und H\ faft kreisrund mit einem Durchmeffer von mehr
als einem Meter. Bei meinem Befuche ftand das zurück-
gehaltene Waffer 5 Cm. hoch. Allein auch hier führen
die zwei vorhandenen Rinnen nicht in das, fondern aus
dem Becken, fo dafs das Waffer bei etwa lO Cm. Höhe
durch fie ausfließen muß, obwohl die Wände eine
Höhe von 20 Cm. haben.
Dafs die von mir nicht gefehenen Formen einer
Frau und das Katzengeficht nur von einer lebhaften
Phantafie hingezaubert werden, bedarf kaum eines Be-
weifes. Ein folches durch viele Jahrhunderte der Verwit-
terung ausgefetzte Gebilde hätte fich kaum erhalten
können. Dann weiß man kein Beifpiel, dafs die Germa-
nen je die Geftalt der Götter und ihrer Attribut-Thiere
in Felfen eingemeißelt haben; dagegen weiß man, dafs
die Natur nicht feiten in ihren Gebilden geeignete
Gegenftände für das Spiel der Phantafie bietet.
Endlich follte man glauben, dafs fich in der unmit-
telbaren Nähe von Opferplätzen, denen eine fo hohe
Bedeutung beigelegt wird, auch anderweitige Spuren
der Anwefenheit der Menfchen finden foUten, wie z. B.
Refte der Wohnflätten mit dem mannigfaltigen der Zer-
flörung widerftehenden Abfall, oder doch Kohle und
Afchc der Opferfeuer, Knochen der gefchlachteten
und verzehrten Thiere, Scherben der gebrauchten
Gefäße, die fich alle durch Jahrtaufende erhalten
können und durch abfichtliches Graben oder unbeab-
fichtigt an den Tag kommen. Aber weder ich war fo
glücklich, einen derartigen Beleg menfchlicher Anwe-
fenheit zu finden, noch fcheint es, dafs die verfchiedenen
Berichterftatter glücklicher gewefen find; es wäre
ihnen zu empfehlen, mit Eifer nach folchen Reflen zu
fuchen.
Nicht anders kann es fich mit dem angeblichen
Opferfteine auf dem „Eibenfteine" bei Gmünd verhal-
ten haben. Die Zerflörung und Wegfchaffung der
Steinblöcke auf dieferStelle ift keineswegs fo umfaffend,
wie fie der Herr Abgeordnete Hmick gefchildert hat.
Die Verarbeitung der in unendlicher Zahl frei herum-
liegenden Steinblöcke erfolgt nämlich nicht an diefer
Stelle allein, fondern überall wo fich auf dem ganzen
mehr als eine Wegftunde fich ausdehnenden Höhen-
zuge Gelegenheit bietet. Vom Eibenftein felbft wurde
nur ein Theil der Blöcke fortgefchafft, und darunter
mag fich wohl auch der Block mit einer der befchrie-
benen Schalen befunden haben. Der größere Theil ift
jedoch erhalten, und es müßte, wenn hier, wie fo
beftimmt behauptet wurde, ein Steinkreis beftanden
hätte, ein anfehnlicher Reft noch vorhanden fein. Ich
aber bemühte mich vergebens, eine Spur von ihm zu
finden, und behaupte auf das beiHmmtefte, dafs hier
niemals ein Steinkreis beftanden hat.
Aehnlich verhält es fich mit der fogenannten
„liitherifchen Kirclie'^ unfern vom Eibenftein, einem
riefigen fphäroidifchen Steinblocke von 8 M. Höhe,
der, wie von den Berichterftattern zugeftanden wird,
nicht das geringfte Zeichen menfchlicher Einwirkung
an fiqh trug, und den man nur wegen feines Namens
26*
194 —
als einen Opferftein anfprach. Es ill; richtig, dafs der-
lei Namen zuweilen auf vorgefchichtlichen Urfprung
hinweifen, hier aber, wo alle anderen Belege für eine
folche Annahme fehlen, kann der Name nur als Spott-
name aufgefafst werden.
Man muß mir fchließlich das Auffallende der
Thatfache zugeben, dafs fich gerade im V. O. M. B. fo
viele Erfcheinungen in gedrängter Nähe beifammen
finden, welche die Meinung hervorgerufen haben, dafs
fie ein Werk von Menfchenhand und mit Rückficht
auf ihr Alter und ihre einftige Beftimmung gewiffer-
maßen geweiht feien. Die Zahl der bekannten Schüffei-
oder Schalenfteine, auf welche fich alle diefe Erfchei-
nungen eigentlich zurückführen laffen, beträgt fchon
mehr als hundert, während fie in anderen Gegenden
gänzlich fehlen.
Ich habe fchon bei meinen früheren Unterfuchun-
gen gefunden und mich auch bei den eben gepflogenen
wieder überzeugt, dafs diefe Erfcheinungen, wie die
fogenannten Schalenfteine, Wackelfleine, dann Ein-
drücke anderer Art mit der geognoftifchen Befchaffen-
heit des Bodens in Beziehung flehen und an das Vor-
kommen des Granits gebunden find, d. h. dafs fie nur in
Gebieten fich zeigen, wo der Granit zutage tritt, dafs
fie überall dort fehlen, wo der Granit fehlt.
Die Thatfache wird auch von einem Bericht-
erftatter beftätigt, der von der Weihe jener Stätten
überzeugt ifl:. Alois Pleffer, der fich ihrer Unterfuchung
mit befonderem Eifer gewidmet hat, weifl in feinem
Berichte (Blätter des Ver. f. Landeskunde v. Nied.
Oefterr. 1887, S. 414) auf die Granitblöcke hin und
fagt (S. 416) ausdrücklich, dafs fich die Opferfchüffeh:
oder Blutfchüffeln über das Granitrevier ausbreiten.
An fpäterer Stelle (ebenda, 1890, S. 162) fagt er: „Man
findet fie in der Schweiz, wo fie wie im Waldviertel
faft ausfchließlich erratifche Blöcke aus Granit find".
Der Granit erfcheint in der Regel nicht in fcharf-
kantigen, fondern vermöge der ihm eigenthümlichen
Art der Abwitterung in mehr oder weniger runden
Blöcken, welche zum Theil einzeln über die Erdober-
fläche hingeflreut find, nicht feiten in den fonderbarflien
Stellungen wie ein auf die Spitze geftelltes Ei oder
gleichfam fchwebend auf einer kleinen Unterlage
(Wackelfleine), zum Theil maucrartig aus dem Boden
heraustreten („Teufelsmauern"), zum Theil endlich
namentlich auf Berg- und Ilügelkuppcn polfler- und
wollfackförmig wild und abenteuerlich übereinander
liegen und wegen ihrer fonderbarcn Erfcheinung
Gegenfland der nie ruhenden Mythenbildung des
Volkes geworden find. In den Namen „Teufelskir-
chen", „Teufclskanzeln", „Teufelsfitz", „verwunfchenes
Brautbett" geben uns die an derlei Ocrtlichkeiten fich
knüpfenden Erzählungen, wie jene vom Hans Heiling-
Felfen bei Karlsbad und viele andere, zutreffende Be-
lege hievon.
Ich muß allerdings zugeben, dafs die Bildung der
eigenthümlichen VVafferbecken auf den Granitblocken,
auf welche fich die Annahme heidnifcher Opferflätten
wcfentlich gründet, wenigfiens fo viel ich weiß, von be-
rufenen Fachmännern noch keine anerkannte iM'klärung
gefunden hat. Ich möciite mir aber doch erlauben, auf
einige Umflände aufmerkfam zu machen.
Der Granit, um den es fich ja handelt, zerklüftet
blockweife und verliert durch die Verwitterung Kanten
und Ecken. Hat die nach aufwärts gerichtete Seite zu-
fällig eine fanfte Vertiefung, in der zeitweilig Waffer
flehen bleibt, fo tritt auch die Einwirkung des Froftes
hinzu, der im Umkreife des in die feinen Haarfpalten
der Oberfläche eindringenden Waffers das Gefüge
lockert und allmählich aber ftetig jene Schalen oder
Becken mit fleilen Wänden austieft.
Dazu kommt, dafs in Folge der ungleichen Zu-
fammenfetzung oder Stru6lur manche Partien des
Granits rafcher verwittern, wodurch auffallende Aus-
höhlungen entftehen. Einige haben die Geflalt eines
Sitzes, und es heißt dann, wie z. B. auf der Heidenfladt
bei Eggenburg, der Teufel habe feinen H. in den
Stein gedrückt, andere laffen bei einiger Phantafie die
Geftalt eines Menfchen erkennen (z. B. eine in der Nähe
des Eibenfleines), und da follen die unglücklichen
menfchlichen Opfer gefchlachtet worden fein ; noch
andere befinden fich an den Seitentheilen und feheii
aus wie künfllich ausgehobelte Kehlungen, für welche,
wollte man eine abfichtliche Herflellung gelten laffen,
durchaus kein vernünftiger Grund angegeben werden
könnte.
Aber auch für die als Blutfchüffeln angefprochenen
Becken iäfst fich der behauptete Gebrauch einer
Schale, welche das Blut der Opferthiere aufzunehmen
beflimmt fein foll, nicht unter allen Umfländen feft-
halten. Denn was foll man dazu fagen, wenn fich eine
folche vermeintliche Blutfchüffel thatfächlich auf der
Spitze eines riefigen, durchaus unerlleiglichen Fels-
blockes befindet, die eben nur Raum für die Schüffei
hat, fo dafs kaum ein Menfch darauf zu flehen vermag?
Man hätte neben dem Blocke ein eigenes hohes Gerüfl
bauen müßen, um Platz für das Opferthier und für den
Opfernden zu fchaffen.
Aus meinen Unterfuchungen glaube ich folgende
Schlüffe ziehen zu dürfen:
1. Sämmtliche Erfcheinungen, welche im V. O. M.
B. zu heidnifchen, beziehungsweife germanifchen Opfer-
plätzen in Beziehung gebracht werden, laffen fich auf
das Vorhandenfein von eigenthümlichen, oftmals Waffer
haltenden Vertiefungen in Felsblöcken zurückführen.
2. Die thatfächliche Beziehung diefer Erfchei-
nungen zu den religiöfen Handlungen des Heiden-
thums Iäfst fich weder durch begleitende Funde noch
durch andere Umflände erweifen.
3. Die in Frage flehenden ICiTcheinungen finden
fich nur im geognoftifchen Gebiete des Granits.
4. Die natürliche Bcfchaffenheit des Granits bietet
genügende Anhaltspunkte zur Erklärung diefer Er-
fcheinungen.
Dr. Much.
gg. Correfpondcnt Morath, fiirftl. Schwarzenberg-
fcher Central-Archiv-Vorltand hat der CentralCom-
miffion mitgetheilt, dafs jüngft in einem Gewölbe des
Schloffes Krumau das Fragment eines Epitaphes aus
weißem Marmor, 107 Cm. breit und 68 Cm. hoch, vor-
gefiniden wurde. Auf dcmfclhen finden fich weder
I'iguren noch Wappen eingemeißelt. Die zehnzeilige
Legende, welche durchgängig aus großen Capitalbuch-
ftaben befielit, lautet:
195 —
HIE LIGT VISD RVffiT IN GOTT DER WO.. .|
lACOB VON WINDISCHGRÄTZ FREVFEKR
ZV. ... I ERBLANDSTAtMAIStR IN STEYR
FVR: D VR : H . . . . ' ZOGEN ZV ÖSTERREICH
RATH. ZG. WELPER | LXXVII. lARS
SELIG ENTSCH.AFFEN IST | GELIEB-
"ER SOH^ lERR VICTOR VON WI | EI:
ERS: LANDTS: IN STEYR VBER AIN FAHSE
... I TENANT. ZC. DERAXH DE XVI, SEPT:
DES X. . . I GLICH VERSCHIDEN IST. GOTT
VERLEIC. . . I DVRCH CHIISTW EIN FRÖ-
LICLE AVFER |
Ein Blick auf den Windifch-Grätzfchen Stamm-
baum belelirt uns, dafs es nur einen Freiherrn Jacob
von Windifch-Grätz gab, der einen Sohn Namens
Vißor befaß. Es ift dies der im Jahre 1577 verflorbene
Freiherr Jacob II, der mit Anna Marie Welzer von
Eberftein, verwitweten Khevenhüller, vermählt war.
Einer der Söhne aus diefer Ehe hieß Victor und flarb
im Jahre 1594 und zwar, wie unfer Epitaphfragment
befagt, am 16. September diefes Jahres. Diefer Jacob
befaß das Schlofs Katfch in Steiermark, in deffen
Capelle er feine letzte Ruheftätte fand. Katfch ging
im Jahre 1696 in den Befitz des Fürftenhaufes Schwar-
zenberg über und im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde
unfer Epitaph, um es vor dem vollftändigen Unter-
gange zu retten, aus den Ruinen des Katfcher Schloffes
nach Krumau in Böhmen gefchafft, wo es gegenwärtig
im fchönen Urkundenfaale des fiirftl. Schwarzenberg-
fchen Central-Archivs untergebracht ift.
100. In der Filial-Kirche zum heil. Conftantin der
Pfarrkirche zu Völs in Tyrol fand man gelegentlich
der Legung eines neuen Fußbodens in ganz eigen-
thümlicher Weife eine alte gothifche Holzkanzel. Man
trug nämlich bei diefem Anlaffe die im einfachen
werthlofen ZopflT:) le ausgeführte Kanzel ab und fand
unter der Brüftung und Verfchalung den alten gothi-
fchen Kanzelbau mit fechs Wänden, die durch fchönes
Flach-Ornament belebt fmd; auf zwei Flächen ift die-
felbe Darfteilung angebracht, nämlich St. Georg und
auf einem Felde dazwifchen der Drache allein. Die In-
fchrift lautet: Diefen Predigtftuhl hat gemacht Peter
Deffau 1524. Es ift das Beftreben der Central- Com-
miffion diefes feltene Stück dem Lande zu erhalten.
loi. Die Pfarrkirche zu Pens im Sarnthale (Tyrol)
ift im Befitze von intereffanten Betftühlen, die im
Kirchenfchiffe aufgeftellt find. Leider find diefelbcn
bereitsaußerordentlich fchadhaft, fo dafs derenRepara-
tur behufs weiterer Belaffung im Gebrauclie der
Kirche unmöglich ift. Die Wangenflücke der Stühle
find wegen ihrer Auszierung im Flach-Ornament mit
Thier- und Schlangengeftaltungen ganz merkwürdig,
wenn auch diefe Wangenftücke klein und unanfehnlich
find. Die Central-Commiffion hat die Abficht, vorzu-
forgen, dafs diefes Stuhlwerk mindeftens in Mufeen
dem Lande erhalten bleibe.
Die Kirche felbft ift, wie der angefchloffene
Grundrifs, Fig. 4, zeigt, ein einfacher fpät-gothifcher
Landkirchenbau, außen fchmucklos, nur am Chore ein
Sockel und mit einfachem Portale. Das Schiff bildet
vier in der Rippenlage des fpitzbogigen Netzgewölbes
zum Ausdruck kommende Joche, die Rippen laufen
auf kräftigen dreitlieiligen Wandpfeilern an. Das Presby-
terium fchließt fich durch einen einfachen engen fpitz-
bogigen Triumphbogen an das Langhaus an, befteht
aus einem Joche und fünf Seiten des Achteckes als
Schlußmauer und ift mit einem einen Stern bildenden
Netzgewölbe in fpitzbogiger Wölbung überdeckt. Die
Rippen laufen ebenfalls auf Wandfäulen an, doch diefe
Fig. 4.
fchließen an der Wand in der Verlängerung eines
Meters mit einer Spitz-Confole ab. Faft alle Fenfter
haben noch ihr urfprüngliches Maßwerk. Diefe Kirche
war bereits vor 1517 geweiht; von der älteren Kirche
aber hat fich der Thurm erhalten, in der oberen
Ecke der linken Schifffeite, mit fäulengetheilten roma-
nifchen Doppelfenftern. Die Kirche entbehrt derStrebe-
pfeiler, es wäre nicht unmöglich, dafs die Umfaffungs-
mauern des Schiffes aus romanifcher Zeit ftammen, da-
mals war das Schiff flach gedeckt. Außen beim P^in-
gange ein gutes Chriftophbild.
102. Correfpondent Profeffor Dr. Jos. Neiizvirth
in Prag hat der Central-Commiffion mitgetheilt, dafs
die Kirche in Oberdorf bei Komotau, ein beachtens-
werthes Werk der Spät-Gothik, mit größter Wahr-
fcheinlichkeit als eine Schöpfung des am Beginne des
16. Jahrhunderts genannten urkundlich erweisbaren
Meiflers Hans Günther aus Oberdorf felbft bezeichnet
werden darf.
Auch wurde über deffen Anregung in der
Decanatskirche zu Brüx, welche Jahrhunderte hindurch
als ein Werk des Meiflers Benes von Laun galt,
eine eherne Gedenktafel angebracht, darauf auf
Grundlage zuverläßiger urkundlicher Forfchungen mit-
getheilt wird, dafs diefer Bau nach dem Plane und
unter perfönlicher Leitung des bekannten Annaberger
Baumeifters Jacob von Schweinfurt durch Meifter
Georg von Maulbronn und Steinmetzmeifter Peter
zwifchen 1517 und 1532 aufgeführt wurde.
103. Correfpondent Leop. Beckli-Widnianßetter
hat die Central-Commiffion auf ein durch feine Darftei-
lung wichtiges Grabdenkmal aufmerkfam gemacht,
das fich in der Pfarrkirche zu Radkersbiirg befindet
und hiebei die Verhältniffe im allgemeinen zur Sprache
gebracht mit dem Wunfche einer Anregung, den werth-
voUeren Denkmälern beffere, ihre Erhaltung fichernde
Plätze anzuweifen.
196
Im Innern der Stadtpfarrkirclie der im Mittelalter
vielbedeutenden befeftigten Handels- und Gränzftadt
Radkersburg und außen herum befinden fich im Ganzen
32 Grabdenkmale, ungezählt jene, welche wahrfchein-
lich unter den zahlreichen Kirchbänken völlig ver-
borgen find, fo dafs von ihnen gar nichts zu fehen ifl:.
Aus diefer beträchtlichen Zahl ifl die größere
Hälfte nicht gut geborgen, darunter mehrere von künft-
Icrifchem und gel^chichtlichem Werthe. Die ungenügend
untergebrachten find nach ihrem Alter folgende:
1457, Riettenburger Georg, ftylvolle Arbeit mit
zwei Wappen, im füdlichen SchifT am Boden.
1497, Riettenburger Barbara, gleiclie Arbeit,
neben vorigem am Boden.
1480, Ras Ehrentraut, Hausmarke, nördliches
Schiff am Boden.
1481, Eggenberg Hans, einer der Ahnherren des
fpäter fürfflichen Haufes, lehnt an der füdlichen Außen-
feite, ift der Breite nach zweimal geborflen. Abbildung
bei L. Beckh- Widmaiifletter: Studien an den Grab-
flätten aher Gefchlechter, IV. Eggenberg.
1491, Barczer Hans, mit Hausmarke im Dreipafs.
füdliches Kirchfchiff am Boden.
1500 ff. — 1552, Königsfelder Hans und Erasmus,
mit dem Todtengerippe im ISildfelde, ift an der Süd-
feite außen gut untergebracht, nicht aber der Grab-
fliein des am 30. November 1552 verftorbenen Georg
Kunigsfelder, letzten diefer Linie, welcher an der Nord-
feite an einem Pfeiler einfach angelehnt ifl.
1517, Wechsler Michael, ift jetzt gar nicht zu fin-
den, wahrfcheinlich irgendwo unter den Bänken, be-
ftand aber Zeuge der Abbildung bei Haiiniicr-Pnrg-
Jia//: Die Gallerin auf der Riegersburg I. Band. Von
derfelben Familie :
1536, Wechsler Niclas und Gemahlin Katharina,
geb. Lanthieri, aus der görzifchen nun griifiichen
Familie. Faft ganz von einem Kirchftuhl im nördlichen
Seitenfchiff bedeckt. Abbildung bei Hammer-Purgftall :
Gallerin I. Band.
1572, Wechsler Franz, welcher am 9. Decembcr
1572 im Dienfte auf der fpanifchen Flotte flarb. Der-
felbe dürfte die Seefchlacht bei Lepanto am 8. Oclober
1571 mitgemacht haben. Schönes, an der Nordfeite
außen mit Klammern befeftigtcs Denkmal, eine nicht
völlig genügende Abbildung bei Hammer: Die Gal-
lerin. Ritterbild und Infchrifttafel find jetzt getrennt,
wären zu vereinigen.
1526, Mettnitz (nicht Mägnitz oder Racknitz)
Achaz, an der nördlichen äußeren Wand zwar aus-
reichend geborgen, könnte aber doch beffcr geforgt
werden.
1566, Welzcr von Frauenftcin, Chriftoph, Landcs-
vcrwefer in Kärnten, im Feldlager gcftorben, außen an
der Südfeite, die beiden das Denkmal flankiicnden
Wappen find verwechfelt.
1571, Grießer Jacob und fein Weib Klara geb.
.Steinpeiß, im füdlichen Kirchfchiff am Boden, von
Banken bedeckt.
1583, Scheitt Georg und Efther von Rattmans-
dorff, außen nordfeitig, neben einem Piffoir, außerdem
Wappen verwechfelt, wie bei Welzer, fiehc oben 1566.
1631, Mucher Veit, Rathsbürger, neben dem Piffoir.
1649, Zambanclli (.-) Bartlmä, faft ganz abge-
rieben, füdlicbes Kirchfchiff nächft den Rietenburgern
1457 und 1497.
1692, Fu.x Katharina, foU dem Gefchlechtc der
fpätcren Grafen Fuchs angehören. Nördliches Schiff
am Boden.
c. 1700, Koller Balthafar, Wundarzt, nördliches
Seitenfchiff und fchon faft ganz abgewetzt, alfo dafs
eine Aenderung gar niclit mehr empfohlen werden
kann.
Dann nocli folgende jetzt nnbejliinmbare Denkmale:
Frühes 15. Jahrhundert: Priefterliches Denkmal
mit Kreuz, Kelch und Wappen, im nördlichen Schiff
nächft dem Taufbecken am Boden, 190 Cm. lang, i M.
breit, Infchrift jetzt nicht lesbar, das Ganze ftark ab-
genützt.
Frühes 15. Jahrhundert: Ebenfo, ebenda unter
Kirchbänken verborgen, hervorlugend eine Seite des
Schriftrandes meldend: „scxta feria port (?) omni (?) . .
16. Jahrhundert: Schrift zerftört, Hausmarke, füd-
liches Kirchfchiff ganz rückwärts, werthlos.
16. oder frühes 17. Jahrhundert: P?in einem Priefter
Namens Kefsler gehöriger Grabftcin mit fchönem go-
thifchen Vierpafs, gut erhalten, im füdlichen Kirch-
fchiff, Kirchbänke darüber.
(16) 78, ein einem Priefter Thom(as) N. zuhöriges
Denkmal im nördlichen Schiff verdeckt durch einen
Beichtftuhl, anfcheincnd gut erhalten.
Im nördlichen Kirchfchiffe find zwei, im füdlichen
neben Zambanelli ein Grabftein ganz zerftört, eine
Bergung hätte kaum mehr einen Zweck.
In der Frauenkirche in der Stadt Radkcrsburg
ift am Boden gelagert der Grabftein eines am 8. Og-
tober 1729 verftorbenen ungarifchen Edelmannes
Nikolaus Lancsar de Bydoncz, bereits ftark abge-
treten.
In der Pfarrkirche St. Peter in Ober-Radkersburg
wurden bei der Kirchenreftauration im Jahre 1889 die
vorhandenen Denkmale gut geborgen.
Von diefen hiemit nur einfach aufgezählten Denk-
mälern fei das Haus Kunigsfelder als durch feine fel-
tene Darftellung bcmcrkenswerth, fchon jetzt näher
befprochen. Dasfelbe ift an der Südfeite der Kirche
außen in die Wand eingefügt, wahrfcheinlich erft fpäter
hieher übertragen, 160 Cm. hoch, 65 Cm. breit, aus
Marmor gemeißelt (iMg. 5). Es hat zu beiden Seiten
und unten Randfchrift, die der rechten Seite ein-
wärts, jene an den beiden anderen Leiften aber
auswärts gewendet. Die obere Zeile enthält die
nur mehr theilweife erhaltene Jahreszahl: 15 — . .2. |
Daraus bildet fich folgende Widmung rechts: Hannfen
Kunigsfelder begrebnvs und geftorben ij. . . . ) oben:
15 — .2, I unten: Und erafen | links: Khunigsfelder fein
Vater flarb am .Sanft pauls pekcher. . . .
Das Bildfeld füllt ein aufrecht ftchendcs Todten-
gerippe mit gefpreizten Beinen aus. In den vier Ecken
cles Feldes, theilweife in den Schriftrahmen aus-
ladend, Wappen, und zwar oben rechts der redende
Schild der Kunigsfelder: im Felde das Bruflhild eines
Königs mit der Krone auf dem Haupte, i)reitcm llals-
kragen, doch ohne Arme — links ein Helm fanimt Zier,
dem Hau])te eines bärtigen mit einer Zackenkrone gc-
fchmückten Mannes, alfo eines Königs. Unten zwei
einfiiche Wappenfchilde, rechts drei Korn.ihren, dar-
- 197 —
über quer eine Sicliel, links ein Baumftrunk mit zwei
Aeften an beiden Seiten.
Dem Wappen nach gehört der Stein Angehörigen
des in den Jahren 1654 und 1685 in den GrafenOand
erhobenen, feit 19. Januar 1845 im Mannsftamm er-
lofchencn Haufes der Königsfeld, welches dem bayri-
fchen Uradel angehörte. Diefer Stein, fowie das fpätere
Denkmal von 1552 beglaubigen die Anfäffigkeit eines
Aftes zu Radkcrsburg und habe dafelbft fchon 1472
•lg 5-
(Radkersburg.)
ein älterer Erasmus gelebt, delTen Bruder Otto jener
Zeit als Deutfchordens-Comthur in der Balley Oefter-
reich genannt wird. Nach Shidfs fteiermärkifchem
Ehrenfpiegel IX. Band habe des Erasmus Bruder
Stephan einen Sohn Sigmund, Pfleger zu Griffen 11539,
letzterer einen Sohn Erasmus, Bürger zu Radkersburg,
befeffen, welcher mit Elifabeth, Tochter des Lienhart
V. Kolnitz und der Elifabeth v. Windifchgrätz beweibt
und aus diefem Verhältniffe Vater dreier Söhne Eras-
mus, Andrä und Georg gewefen fei. Der letztgenannte
fchlofs, Zeuge feines Grabfteines ebenda, als der letzte
diefes Zweiges der Königsfelder am 30. November
1552 zu Radkersburg fein Leben.
\0\. Rontcrfiaid in Wien.
Bei den Grundaushebungen für den Neubau
„Annahof in der Annagaffe (erfter Bezirk, Bauherr
V. V. Silberer) wurde am 22. Juni 1893, ziemlich nahe
bei der St. Annakirche eine römifche Ära aus weißem
Kalkftein ausgegraben. Man fand fie in einer Tiefe von
12 M. unter dem Trottoir der Annagaffe auf dem
gewachfenen Boden (Schotter) aufrecht ftehend. Sie
ift jj Cm. hoch, am Gefimfe 38, am Sockel 39 Cm.
breit und 20 Cm. ftark. Die Rückfeite ift flach. Gefimfe
und Fuß find in der häufig vorkommenden Art profilirt.
Die Schriftfeite ift ftark corrodirt; fchon urfprünglich
fcheinen die zahlreichen Vertiefungen mit einer Maffe,
welche noch hie und da in Spuren vorhanden ift, aus-
geglichen worden zu fein. Da diefe fpäter herausgefallen,
macht der Stein den Eindruck, auffchriftlos gewefen
zu fein. Eine genauere Unterfuchung wird darüber
Aufklärung bringen. Bei der für Römerfunde in Wien
ganz abnormen Tiefe von 12 M. und dem völligen
Mangel von Römerfunden in der nächften Umgebung
ift kaum daran zu denken, dafs die Fundftelle der
Ära der Ort ihrer urfprünglichen Aufflellung fei, viel
näher liegt die Annahme, fie fei bei einem älteren
Baue an jene Stelle gekommen. Nach einer gefälligen
Mittheilung des k. k. Hofrathes, Franz Ritter von
Raiinann wurde fchon am Beginne der Erdaushebungen
für den Annahof, alfo in viel geringerer Tiefe, eine
Bronzemünze (Dupondius) des Kaifers Hadrian (reg.
117 — 138 n. Chr. Geb.) mit der fitzenden Concordia
(Umfchriften verfchliffen) aufgefunden.
Auch fand man eine quadratifche Tafel aus dem
Beginne des 18. Jahrhunderts, augenfcheinlich vom
Baue des Jefuiten-Gebäudes herrührend. Sie ift aus
Sandftein gemeißelt und zeigt im Relief den Namen
Jefu über dem Herzen, in welchem Nägel ftecken,
alles in einem Kranze flammender Strahlen, in den
Ecken vertheilt die Ziffern der Jahreszahl 1709, links
in der Mitte zwifchen i und o den Buchftaben A,
rechts zwifchen 7 und 9 den Buchftaben M. Die Arbeit
und Erhaltung find gut. Der Stein wird im neuen
Annahofe eingemauert, alfo erhalten bleiben.
Kenner.
105. Confervator Baurath Hau/er hat an die
Central- Commiffion berichtet, dafs vor wenigen
Tagen gelegentlich der Einfügung der Steine zur
Errichtung des Monuments für Herzog Heinrich
Jafomirgott an der füdlichen Außenfeite der Scliotten-
kirclie zu Wien ein Theil der Stirnmauer des Quer-
fchiffes theilweife ausgebrochen werden mußte. Man
fließ bei diefer Arbeit im Innern der Mauer in der
Höhe von ca. 7 M. vom Straßenniveau auf zwei als
Bruchllücke eingemauerte Sculpturwerke, darftellend
liegende Löwen. Die eine Sculptur wurde herab-
genommen. Die zweite konnte aus Stabilitätsrückfichten
nicht gewonnen werden und war nur in der rückwär-
tigen Hälfte fichtbar geblieben. Aus dem Körper und
der Schwanzlage waren beide Löwen als fymmetrifch
geflellte Thiere zu erkennen. Der frei gewordene Löwe
ift 74 Cm. lang und 38 Cm. hoch, er hält in feinen
vorderen Tatzen einen menfchlichen Kopf bei deffen
— 198 —
langwalleiiden Haaren. Die Mähne des Löwen ift
typifch geringelt, die Augenfterne find aus Blei, an
Stelle der Ohren finden fich tiefe Löcher. Am Rücken,
knapp über den Hinterbeinen findet fich eine große
horizontale Bruchfläche, die auf das Aufruhen einer
Säule oder eines Kreuzes hinweift. Spuren von Bema-
lung find vorhanden. Der Ablchluß der Figur läßt ver-
muthcn, dafs fie an diefer Stelle in eine Mauer einge-
laffen war.
Es kann kein Zweifel fein, dafs diefe Löwen, die
den ausgefprochenen romanifchen Charakter tragen,
in der alten Schottenkirche zu beiden Seiten eines
Portales oder eines umrahmten Feldes flanden, da fie
aber nicht die einzigen romanifchen Refte find, welche
im Baue der neuen Kirche als Bruchfleine Verwendung
fanden, fo findet die Meinung des Baurathes Haufer,
dafs die vor der gegenwärtigen Kirche beftandene
Kirche den zumeift gothifchen Stylcharakter trug, das
heißt, dafs die romanifche Kirche in gothifcher Zeit
nicht völlig verfchwand, fondern nur theilweife umge-
ftaltet wurde, eine befondere Beftärkung.
io6. Con(eTva.tor Rosi/melhsit der Central-Commif-
fion mitgetheilt, dafs zu Serowitz bei Ung. Hradifch am
21. Juni d. J. gelegentlich der Feldarbeit in einem
Thontopfe 86 Stück verfchiedene Silbermünzen aus
den Jahren zwifchen i66i — 1677 gefunden wurden. Ein
weiterer Münzenfund in Mähren kam der Central-
Commiffion von Seite der k. k. Bezirkshauptmannfchaft
in Datfchitz zur Kenntnis. Er umfafst über 770 Stücke
und wurde im Gemeindewalde von Reifpitz zu Stande
gebracht. Die Unterfuchung dfes Fundes ergab, dafs
derfelbe Prager Grofchen (Parvuli) und in überwiegen-
der Anzahl öfterreichifche Denare der Herzoge Wil-
helm und Albert aus dem beginnenden 15. Jahrhundert
enthält. Derlei Münzen bilden den Hauptbeftand der
Courants jener Zeit in den dortigen Gegenden. Von
Seite des galizifchen Gendarmerie Commando erhielt
die CcntralCommiffion Nachricht, dafs in Strzeinilcze
bei Brody am 3. Mai d. J. eine lederne Tafche mit
Münzen etwa '/^ M. in der Erde gefunden wurde. Der
Beutel enthielt 3550 Stück Kupfermünzen, lithauifchc
Münzen des polnifchcn Königs Johann Cafimir,
1648 — 1668. Die große Anzahl der Münzen gibt dem
Funde einen gewiffen Werth für die Gefchichte des
Localverkehres.
erkennt Prägungen der Patriarchen von Aquilcja, der
Grafen von Görz, Münzen der Stadt Padua. Die älte-
ften Stücke gehören dem venetianifchen Dogen
Pietro Ziani (1205 — 1229) und dem Bifchofe von Trient
Friedrich von Wanga (1207 — 1218) und diejüngften
dem Dogen Giovani Soranzo (1312 — 13 18) an. Der
Zeitpunkt der Vergrabung kann in die letzten
Jahre der Regierung des Patriarchen Ottokar von
Aquileja verlegt werden, um welche Zeit die Gegend
von Monfalcone durch feindliche Einfälle fehr zu leiden
hatte. Der Münzfund ift fehr wichtig, nicht fo fehr durch
die Münzen felbft, als vielmehr wegen der großen
Anzahl, der Sortenmifchung und der Verhältniffe der
Quantität, in welcher die einzelnen Sorten auftreten,
wodurch fich die Verkehrsverhältniffe jener Gegend
im 13. Jahrhundert, hauptfächlich in der 2. Hälfte des-
felben, darin fpiegeln; es ift fehr lehrreich, dafs größere
Porten nur Venetianer Dogen- und Tyroler Münzen
enthalten, u. zw. beide zufällig ca. von 1253 an bis
Schlufs des 13. Jahrhunderts; diefer Epoche gehören
nicht weniger als 11 20 Venetianer und 742 Tyroler
Münzen, zufammen 1862 unter fchließlich gefammelten
2200 Stücken an. Die Münzen find übrigens fchlecht
erhalten.
108. Confer\ator Sterz in Ziiaiiii hat der Ccntral-
Commiffion mitgetheilt, dafs innerhalb der letzten zwei
Monate in feinem Bezirke mehrere wichtige prähiflori-
fche Funde conftatirt wurden; fo in Miihlfrmtn aus
Anlafs eines Hausbaues das I?ruchftück eines Stein-
beiles, in Tvozehraz ein Kupferbeil, in Neujlift Topf-
fcherben, Feuerftein-Splitter und ein Serpentin-Flach-
beil, im Krepitzer Burgwall Thongefäße, im Förfter-
häufel-Acken zu /'(?//?/'.;' wurde ein Flachgrab biosgelegt,
darin i Skelett, 2 Urnen, 2 Teller, Schüffein, i Bronze-
Armring und eine Fibel fich befunden haben follen.
Das Kupferbeil gehört in jene Claffe kupferner P^lach-
beile, welche in den Fig. 16, 17 und 20 der Taf XVII
der I. Abth. des kunfthiftorifchen Atlaffes dargeftellt
find, übertrifft aber alle hierher gehörigen Funde durch
feine Größe (156 Mm. lang, an der Schneide 94 Mm.,
im Rücken 75 Mm. breit, 8 Mm. dick, 873 Gr. fchwer),
feine fchone Form und gute Erhaltung. Durch diefen
Fund wird Mähren immer mehr als eines der an pr;i-
hiftorifchen Kupfergegenftänden reichften Gebiete zu
betrachten fein.
107. Die Central-Commiffion erhielt von mehreren
Seiten Naciiricht über einen fehr wichtigen Münzfund
zu Monfalcone aus neuefter Zeit. In der via del Duomo,
auf jener Stelle, wofelbft fich der feit dem Jahre 1735
verfchwundene Palaft des Patriarchen befand, wird ein
Theater erbaut. Nahe dieferStelle neben derStadtmauer
befand fich das alte Meeresthor. Bei Anlage einer Kalk-
grube kam ein irdener Topf mit Silbermünzen voll ange-
füllt in einer Tiefe von i M. zum Vorfchein. Obwohl
man erfl nach Verfchleppung von etlichen 100 Münzen
das mehrere weiter verhindernd bei der Hand war, fo
war es doch noch möglich über 1600 Stück als Haupt-
partie des Fundes zufammcnzuhalten und gewiffer-
maßen zu retten. Befonders wichtig war der Bericht,
den Correfpondent Profeffor /'«jc/« darüber erftattetc.
Derfelbe konnte mehr als lOOO Stück claffificiren. Man
109. Ueber einen äußerfi: wichtigen Fund hat
Barth. Pecnik der Central-Commiffion am 25. Juni
berichtet. Er machte denfelben in der ausgedehnten
Fundftätte am Magdalensberge bei St. Marcin in Kraiii.
Man fand in einem Grabe den Mann und fein l'ferd
gemeinfam beftattet. Der Mann unten, das Pferd am
Rücken tiarauf Bei der leider faft ganz ver-
gangenen Leiche lagen ein Bronze-Keffcl, ein zerdrück-
ter Bronze-1 lehn, zwei Gürtelbleche, Nadel, Kelt, zwei
Lanzen, 40 Pfeilfpitzcn, Schleiflleine, Schmuckftücke,
daini fantien fich viele Gegenftände aus Lehm und
Refte der Pferderüftung. Die Leiche fcheint in einem
Sarge aus ftarken Holzbohlen gelegen zu haben. Der
ganze Fund ftak in naffcr I.ehmerde, daher er fehr
gelitten hat.
- 199 -
Ueber neuefte Funde zu Wels.
Berichtet vom Confervator Dr. von Benak.
I.
pON dem Gräberfelde füdlich des Bahnhofes zu
Wels (Dr. Franz Groß-Straße und Alois Auer-
Straßc), über deffen Aufdeckung ich im October
1890 berichtet habe, ift im Auguft 1892 gelegentlich der
Erdaushebung für den Neubau eines Wohnhaufes ein
weiterer Theil erfchloffen worden. Die Bodenbefchaffen-
heit ift diefelbe wie an den übrigen dortigen Fund-
ftellen; Schotter- Alluvium mit einer 40 — 50 Cm. mäch-
tigen Humusfchichte überdeckt, welcher Humus in die
Grabftellen hinabreicht. Die Aushebung umfaßte eine
Fläche von circa 440 Q M. bis zur Tiefe von 130 Cm.
Dafelbft fanden fich folgende Objefte:
1. In fchmaler gemauerter Einfaffung 109 Cm.
tief, auf Sand gebettet, Richtung Weft-Oft, und zwar
Fußende gegen Oft, das Skelett einer im Jünglings-
alter geftandenen Perfon. Um das linke Handgelenk
lag ein Armband aus ftrickförmig gewundenem Bronze-
draht, die Enden ineinander gehackt, 2 Mm. dick, 6 Cm.
inneren Durchmeffer. Daneben eine eiferne strigilis,
fragmentirt und in zwei Theile zerbrochen, der Griff
durch paralleles Anlegen des zurückgebogenen Stiel-
endes gebildet, wodurch ein langer Schlitz zum Durch-
ziehen des Tragbandes entfteht.
2. und 3. Zwei Skelette in derfelben Lage, hart
neben einander, kaum 60 Cm., Schädel und Bruft-
knochen ganz zerdrückt, zwifchen den Rippen Brocken
römifchen Mörtels. Diefelben find, wie dies auch in den
früher aufgefchloffenen Theilen diefes Gräberfeldes
vorkam, offenbar gewaltfam aus ihrer urfprünglichen
Lage gebracht, fei es gelegentlich einer fpäteren Neu-
belegung, fei es behufs Spoliirung.
4. Verfchiedene, wirr durcheinander liegende
menfchliche Gebeine an mehreren Stellen, ohne Zweifel
in gleicher Art beifeite gefchafft.
5. 6. 7. Drei Grabftellen, 60 — 70 Cm. tief, mit
Skeletten, deren Lage nahezu fenkrecht den i bis 3
befchriebenen orientirt ift. Selbe dürften aus der
Periode der Neubelegung flammen. Die Schädel von
zweien waren ganz, der dritte größtentheils gut er-
halten und wurden behufs ihrer anthropologifchen
Unterfuchung aufbewahrt.
8. Einige Meter füdweftlich von den Gebeinen
fand fich, wie die Arbeiter fagten, „zwifchen Knochen"
eine Silbermünze des Kaifers Alexander Severus.
Av. Büfte mit Lorbeerkranz:
IMP • C • M • AVR ■ SEV • ALEXAND • AVG •
Rev. Jupiter nach links mit Scepter und Blitz-
bündel.
P-M-TRPII- COS • P • P •
9. 2 bis 3 M. nördlich im aufgegrabenen Erdreich
lag eine bronzene Armfpange, 5 Cm. zu 4^3 Cm. innere
Weite, offen, die Enden in Drachen- oder Schlangen-
köpfe auslaufend.
XIX. N. F.
10. Ebendort ein bronzener Fingerring, offen, die
Ecken in mit den Grundlinien einander gegenüber-
flehende dreieckige Platten auslaufend.
11. Sonll: fanden fich keine Beigaben bei den
Leichen, wohl aber öfters Nägel bei den Knochen.
12. Allenthalben wurden im Erdreich gefunden:
zahlreiche Trümmer von Sigillata-Gefäßen, aber fämmt-
lich klein, von verfchiedenften Formen und nicht zu-
fammenfetzbar; nur ein 10 Cm. hoher Becher aus
feinem grauen Thon, mit einfachem gefirichelten
Wand-Ornament ifl: faft ganz wohl erhalten, ferner
verfchiedene Eifengeräthe, darunter eine, wie es fcheint,
für den Gartenbau befiiimmt gewefene Hacke: kurzer,
flark gekrümmter breitfchneidiger Theil zum Hauen,
auf der andern Seite ein beiläufig viermal fo langer
mäßig gekrümmter Stachel, deffen Durchfchnitt ein
auf die Diagonale geflelltes Quadrat bildet; endlich
eine fahr gut erhaltene Bronze-Fibel.
13. Ungewiß, ob neben Leichen gefunden, aber
jedenfalls von dort: eine Kupfermünze des Geta:
[6] S (ej PTIMIVS GETA CAES
(Büfle ohne Bekränzung.)
Rev. Pallas, fitzend, die um einen Oclbaum gerin-
gelte Schlange fpeifend.
PONTIF ■ COS • II ■
Im „Abfchnitt":
S ■ C
14. Ebenfo: eine bronzene (Sefterz ?) des Anto-
ninus Pius:
ANTONINVS • AVG • PIVS • PF •
Lorbeerbekränzter Kopf.
Rev.:
SALVS • AVG •
Die Göttin nach links flehend.
S • C •
Im Abfchnitt:
COS • II
15. Einige Wochen fpäter überbrachten mir Ar-
beiter, als angeblich in einem Straßengraben unweit
von diefer Bauflelle offenliegend gefunden, eine Münze,
welche mir als ein Billon des Philippus Arabs bezeich-
net wird.
Rev.
ROMAE AETERNAE
16. An einer Stelle des Bauplatzes fanden fich
Rinderknochen.
Sämmtliche Fundgegenflände, deren Eigenthum
fich übrigens die Stadtgemeinde fchon beim Verkaufe
des Bauplatzes, wie jetzt über mein Einfehreiten flets
gefchieht, vorbehalten hatte, werden dem ftädtifchen
Mufeum einverleibt. Der Eigenthümer und Bauherr,
27
— 200
Herr Baumeifter Robert Ktinz, hat übrigens in dankens-
werther Weife die Durchforfchung der Bauftelle und
Ueberwachung der Arbeiten ermöglicht, fowie für vor-
läufige Verwahrung der Fundgegenftände Sorge ge-
tragen.
Herr Dr. Eduard Nowotny, welcher eben in Wels
weilte, hatte die Freundlichkeit, fammtliche Fund-
ftellen zu conftatiren und mir bei der vorftehenden
Befchreibung der Objecte an die Hand zu gehen.
II.
Ende Auguft wurde im Garten des Herrn Ferdi-
nand Rochhart, Vorftadtplatz Nr. 35, ein Baffin aus-
gegraben, bei welcher Arbeit man in 90 Cm. Tiefe auf
eine circa 50 Cm. hohe und 2 M. lange Mauer ftieß,
aus Conglomeratfteinen mit Weißkalkmörtel hergeftellt,
Richtung NW. — SO., deren Alter und Beftimmung
noch nicht aufgeklärt ifl:. Etwa 50 Cm. nördlich fanden
fich Gefäßtrümmer und wenige Rede von Knochen
verfchiedener Thiere. Die Scherben flammen von
Gefäßen des Hausgebrauches, einige Terra sigillata,
ein feineres Stück aus fchwarzbraunem Thon mit
Flecht-Ornament und größere Fragmente einer, wie
es fcheint glafirten Schale, deren Innenfläche mit feinen
weißen und grauen Steinchen faft mofaikartig belegt ift.
Erft vor 14 Tagen ift in demfelben Garten ein Stück
Gewölbe, gleichfalls aus Conglomerat gemauert, auf-
gegraben worden, welches parallel mit der früher er-
wähnten Mauer, 2 M. unter dem Niveau — bis zum
Gcwölbefcheitel gemeffen — liegt, r5 M. hoch und
ebenfo breit, theilweife eingedrückt und dort mit Erd-
reich ausgefüllt ift. Mit einer Begräbnisftätte hat man
es hier — wo keinerlei Indicium dafür vorhanden ift —
offenbar nicht zu thun. Der Mörtel, welchem die Bei-
mengung von Ziegelmehl fehlt, die hier bei allem
römifchen Mauerwerke vorkommt, fowie das Bau-
Materiale fcheinen mir auf das Mittelalter hinzuweifen,
in welchem diefcr Gang kriegerifchen Zwecken gedient
haben mag. Hiemit würde die Sage übereinftimmen,
dafs einft vom befeftigten Schlöffe Pollheim, welches
fich im nordweftlichen Theile der inneren Stadt befand,
ein unterirdifcher Gang in der Richtung gegen Bern-
hardin geführt habe. Die Richtung des Gewölbes
würde diefer y\nnahme entfprechen. Die Topffcherben
etc. mögen einer, mit dem Mauerwerke nicht im Zu-
fammenhange ftehenden Ablagerungsftätte von ftädti-
fchem Kehricht angehört haben: lag ja doch die rö-
mifche Orilava an dcrfelben Stelle wie die heutige
Stadt. Ein Canal oder eine Wafferleitung kann bei dem
Mangel eines jeden Gefälles dort nicht beftanden
haben. Die Grube mußte wieder verfchüttet werden,
doch gedenke ich diefen Gcgenftand weiter zu ver-
folgen, eventuell dem Gange von einer anderen Stelle
beizukommen.
III.
Bei dem Eifenbahnbauc in Afchet — rechtes
Traun-Ufcr — find in den Monaten Juli bis Sep-
tember zahlreiche hoch intereffante Funde gemacht
worden, welche ich hier nur in Kürze erwähne: ge-
mauerter römilchcr Wafferleitungs-Canai auf circa
50 M. Länge blosgelegt, darauf und daneben Schutt
von römifchen Werk- und Wohnftätten, Fragmente
von Töpferwaaren aller Art, 18 Töpfer-Infchriften, zwei
Graffiti, Eifengeräthe, Bronzegeräthe, Fibeln' und
Münzen, hölzerne Käften zur Auffangung von Quellen,
Thierknochen.
Herr Cand. prof Dr. Eduard Nowotny hat nicht
blos die Uebervvachung der Arbeiten, fondern auch
die wiffenfchaftliche Sichtung des gewonnenen Mate-
rials freundlichft übernommen, und wurde von mir
gebeten, feinen diesfälligen Bericht unmittelbar der
k. k. Central-Commiffion zu übergeben.
Ohne Zufammenhang mit diefer Fundftätte ftehen
die an der Bahntrace aufwärts, jenfeits des Fransineir'-
fchen Ringofens, aufgefchloffenen Abfalle eines Töpfe-
reibetriebes, dabei Brandgräber und als Einzelnfund
ein Schaftkelt.
Fig. t.
Im Uebrigen find beim Bahnbaue keine erwähnens-
werthen Funde gemacht worden, insbefondere keine
folchen, welche auf die hier gefuchte Römerftraße hin-
deuten würden. Denn ein auf dem Plateau nächft tler
Abzweigung der Steiermärker Reichsftraße und der
Kremsmünfterer Bezirksftraße (beim „Wirth im Holz")
aufgedecktes Fragment eines älteren Fahrweges dürfte
kaum antiken Urfprunges fein.
IV.
Auf dem weftlich an den oben bezeichneten
Kunz'fchen Bauplatz gränzenden Bnick/chweigerkhcn
Bauplatze fanden fich gelegentlich einer im December
1892 vorgenommenen Fundamentirung keine regelmä-
ßigen Gräber, fondern nur durcheinander geworfene
Mcnfchen- und Thierknochen fammt Topffcherben ohne
Zufammengcliörigkcit. (Alfo ganz fo wie im weftlichen
Theile [bei F\ des Kunz'fchen Platzes.) Der zum Theil
noch unter das Aushebungs-Niveau hinabreichende
Humus ift von diefen Fragmenten durchfetzt. Darunter
befand fich nun ein ziemlich wohl erhaltener Schädel
f„S"J, der wegen feiner augenfcheinliclien Zugehörig-
keit zu dem wenige Meter öftlich davon angegrabenen
Griiberfelde aufbewahrt und zugleich mit den zwei
Schädeln der oberwähnten Skelette A und B an das
k. k. naturhiftorifchc HofMufeum abgegeben wurde.
Die dafelbft durch gütige Vermittlung des Herrn
' Die in Fig. I .ibgcbildetc Kibuln gehört zur Gattung der Knicfibcln
mit oblonger Kojtfplaltc. Dicfc ift ctw.is irrcgiil.ir, in der T^ärigsriclitutiK an
zwei Stellen mit Reihen fchraKer Stri<:hhigen verziert und .Tn der riickwar
tigeii L.-ingsfcite in der Vcrhingei ving der Biigclaxc mit einem kleinen Anfatz
vcrfchen, welcher nach abwärts mit dem Axenlager dir Spiralrolle currefpon-
dirt.
— 20I
k. und k. Affiftenten Dr. M. Hoenics von Herrn Dr.
j1/. //«'«^cA'orgenommene Vermeffung ergab folgendes,
von den genannten Herren in zuvorkommendfter Weife
zur Verfügung geftellte Refultat:
Schädel A: Cranium prognath, mesocephal,
chaniaecephal mit chamaeprofopem Geficht; Oberge-
ficht Icptoprofop; Orbita chameokonch; Nafe platy-
rohin. Es ifl ein wahrfclieinlich weiblicher Schädel,
erwachfen. mit vollentwickeltcm, wenig abgenütztem
Gebifs. Nähte offen.
Schädel B. Mesocephale, orthoccphale Calv^aria.
Männlicher Schädel, Sagittalnaht verftrichen, Coronar-
und Lambda-Naht in theilweifer Obhtteration. Zähne
flark abgenützt.
Schädel S: Mesocephales Cranium mit Icptopro-
fopemObcrgeficht. Orbita mesokonch, Nafe platyrohin.
Weiblicher erwachfener Schädel, Gebiß vollentwickelt,
faft vollfländig vorhanden, mäßig abgenützt. Sagitta-
naht in beginnender Obhtteration. Im rechten Stephal-
nion zwei Zwickelbeine.
I n d i c e s :
Schädel
Prof <
B : L
H : L H : B ^,^^'^\\-
Joch-B.
Geficht-
Ges.-B
Ober-
geficht-
Joch-B.
Ober-
Gesicht-
Ges.B.
Nafe
Augen i Gaumen
A
B
S
72°
7S-5
78-4
75-3
69-0
70-0
87-8
89-3
83-5
—
50-4
55-5
763
52-0
52-2
78-0
84-7
90-5
93-9
Die abfohlten Maßzahlen find:
Hirnfeh ad el.
Schädel:
Capacität ......
Große L
Größe B
B über dem Ohr .
Stirn B
H
Ohr-H
L. der Bafis . . . ,
Bas.-Alocol.-R. . . .
Horizontal-U. . .
Sagittal-U
Quer U
Geficht.
A
B
S
400
1410
_
187
190
186
147
149
140
120
128
114
—
96
94
129
133
—
109
120
118
104
lOI
—
102
—
—
526
535
S2I
368
377
—
314
315
310
Schädel:
Joch-B
Gefichts-B. . .
Gefichts-H. . . .
Obergefichts-H
Nafen-H.
, B
InterorbitalB.
Augen-H
B
Gaumen-L. .
. B. ..
Unterkiefer-L.
Winkel-B
Aft-H
Kinn-H
133
III
67
5°
26
29
32
41
42
38
84
106
65
30
92
101
128
93
71
46
24
28
33
39
36
34
62
Funde aus den Bronze-Schmelzöfen in der „Särka" bei Prag.
Vom k. k. Confervator Bretislav yelinek.
f^S^ vergeht faft kein Jahr, ohne dafs aus dem
Särka-Thale irgend ein Fund verzeichnet
würde. Das ganze über 8'5 Km. lange Thal,
von Vokovic und dem^Hradiäte in der Wilden Sarka
angefangen, längs des Särka-Baches bis zu feiner Mün-
dung bei Podbaba in die Moldau, bietet eine reiche,
in alle Fächer der Antliropologie einfchlagende Aus-
wahl von wichtigen Denkmalen, die uns über Tau-
fende von Jahren in die graue Vorgefchichte zurück-
führen.
Den hochwichtigften Punkt diefes Thaies bildet
allerdings das Hradiste am Äö^(?/C'-Berge mit der
Gräberftätte von Vokovic, welche beide Fundftätten
für die Vorgefchichte Böhmens wohl das Epitheton
„böhmifche Terra marna'' verdienen; denn die Funde
von diefen zwei, durch die Gleichartigkeit der Fund-
objefte im innigften Zufammenhange ftehenden Orten,
kann man als den Spiegel der alten mitteleuropäifchen
Cultur in Böhmen anfehen. Leider ermannte fich unfere
einheimifche Archäologie noch immer nicht fo weit,
diefe zwei Fundftätten durch Veröffentlichung auch
jenen Kreifen, welchen nicht die Gelegenheit geboten
war, diefelben im Original kennen zu lernen, zu unter-
breiten, und es ift umfomehr bedauernswerth, indem
diefe Funde, die ohnehin ohne jede syllematifche
Ausgrabung, blos auf's Gerathewohl aus der Erde
27*
202
gehoben wurden, nunmehr unter verfchiedenen Privat-
fammlern und Mufeen fehr zerfpHttert find.'
Hierorts habe ich nicht die Abficht, über diefe
zwei Fundftätten zu handeln, ich brachte fie nur des-
halb zur Rede, weil die Funde, die mir Veranlaffung
zur nachfolgenden Abhandlung gaben, in die Aera der
erwähnten Fundllätten fallen, welche von hier 4 Km.
gegen Weften entfernt, zu einer beftimmten Zeit mit
denfelben coexiftent waren und offenbar auch im Zu-
fammenhange ftanden.
Eine halbe Stunde von der Prager Burg gegen
Nordweft, fteht hoch oben am Berge nächft der Ge-
meinde Klein-Särka die St. Matthäus-Kirche und deren
Kirchhof am Bergplateau, welches gegen drei Seiten
über Felsklippen und fteile Bergabhänge in das Thal
fich herabfenkt. Bei genauerer Unterfuchung des Erd-
bodens findet man hie und da zerftreute Thierknochen
und Scherben von Thongefäßen von alter und auch
von jüngerer (Burgwall-) Keram.ik. Man orientirt fich
fogleich, dafs die jetzige Kirche mit dem Friedhofe
und die an diefelben floßenden Felder auf einer längft
verfchollenen Anfiedlung, oder beffer gefagt, auf einer
ehemaligen Burgftätte fich ausbreitet. Die locale Sage
bezeichnet den Ort, auf welchem die jetzige Kirche
fteht, als die Gräberftätte Ctirad's und feines Gefolges,
welcher in dem nahe liegenden Walde von der reizen-
den Jungfrau Särka von Okofin und ihren Amazonen
meuchlings ermordet wurde.
Südlich von der genannten Kirche, dort, wo jetzt
der neue Friedhof angelegt ift, ftieß man im Jahre 1889
bei Feldarbeiten auf eine Grube, welche fchwarze Erde,
Afche und Scherben von Thongefäßen enthielt und
die mir Dr. Ottakar Rozänek als einen Schmelzofen
bezeichnete, welche Angabe infolge der nachher ein-
geleiteten Nachforfchungen in keinen Zweifel gezogen
werden kann.
Unweit von diefer Grube wurden verfchiedene
vorgefchichtliche Objefle gefunden, die in die Samm-
lungen des genannten Herrn gelangten und find dies
namentlich:
Von Bronze: Bruchftücke von vier Sicheln, deren
eine ausgefchweifte Form hat. Zwei ganze Leiftcn-Pal-
ftäbe und drei Bruchftücke (Barthen) von anderen Pal-
ftäben, ein Meißel mit Dille, eine Spitze und die Hand-
habe von einem Meffer, drei offene Armbiuider, fünf
Neffelftifte und einige zehn Stücke von Rohguß.
Von Bein: Eine Ahle und von Thon Scherben
und Henkel von Gefäßen alter Keramik und ein Wintel.
Alle hier gefundenen Bronze-Obje6le find mit roher
Patina bedeckt, woraus erhellt, dafs diefelben zum Ge-
brauch noch nicht verarbeitet waren, weil Rohguß nie-
mals hübfch patinirt.
Zwei Jahre fpäter (1891) als der Friedhof erweitert
wurde, ftießen die Arbeiter auf demfelbcn Felde beim
Graben für die Grundfefte der l'"riedhofmauer abermals
an zwei nahe bei einander liegenden .Stellen auf lockeres
Erdreich, welches mit Afche und Holzkohlenfplittern
* Der größte Thcil von fliefcn Funden bcfinrlct fich in den reichhaltiKen
Sammlunfren dca Herrn Dr. Stephan Ilerger in Pr.ig und v. Strafier» in Rusin.
Etw:is wenige» hat auch Herr Km. Miks, Privatier in Prag, das bbhniifchc
I..'tndes. und das nadtifchc Mufeum in Prag crworlicn. Außerdem findet man
Objctfle aus diefcn Fuiidflattcn faft in jeder Privatfamnilung /erftreut. Üic Zaiil
jener Mcrrcn, die fich um die Ausgrabungen von diefen l''und(latten aufrichtig
intcrcffirt haben, ifl eine fehr geringe; blos drei, namentlicli Herr Dr. St. Berger,
Herr Em. Miks und meine Wenigiceit.
vermengt war. Es zeigte fich, dafs es Gruben waren,
weshalb an diefen Orten die Grundfefte bis 1-5 tief an-
gelegt werden mußte. Bei diefer Arbeit mußte eine
naheliegende große Steinplatte gehoben und befeitigt
werden und, man fand unter derfelben ein von der Laft
derfelben zerdrücktes rohes rothgebranntes Thon-
gefäß, welches nebft einem Steinmeißel Bronze-Roh-
guß und theils inta6le, theils gebrochene Bronze-
Objefte enthielt. Der ganze Fund, zu welchem fich
vier Arbeiter meldeten, wurde von einem, glücklicher-
weife hier patrouillirenden Sicherheitswachmanne
gegen Protokollaufnahme in Befchlag genommen und
an die k. k. Polizeidireftion in Prag gebracht, wo es
mir durch das freundliche Entgegenkommen der p. t.
Herren k. k. Polizeibeamten ermöglicht wurde, den
Fund zu befichtigen und, weil derfelbe der k. k.
Statthalterei zur weiteren Verfügung überantwortet
werden mußte, dem Zwecke entfprechende Anftalten
zur Erwerbung desfelben für das ftädtifche Mufeum
einzuleiten. Die Statthalterei geruhte den Fund gegen
Erfatzleiftung an die Finder dem Mufeum auszufolgen,
wodurch der ganze vorgefchichtliche Schatz der Wiffen-
fchaft erhalten blieb. Leider waren die Objefle von den
Findern in ein einfaches Schnupftuch eingewickelt, wo-
durch die feineren Obje6te und namentlich die dünnen
Lunulen von der rohen Gußmafle ftark befchädigt
wurden.
Nach den an Ort und Stelle gepflogenen Erhe-
bungen gelang es mir ficherzuftellen, dafs dafelbft
zwei Schmelzöfen vorhanden waren, von welchen der
eine keffelförmig rund, ca. I M. tief und an der Mündung
80 Cm. im Durchmeffer hatte. Die Ofen wände des-
felben waren vom Feuer ganz roth gebrannt. Der
zweite Schmelzofen war bereits zerftört.
Zwifchen diefen zwei Schmelzöfen befand fich
unter der erwähnten Steinplatte der Fund deponirt,
welcher enthielt:
Zwei Lunulen, welche, als ich den l'^ind das erfte-
mal befichtigt habe, noch ziemlich erhalten waren. Die
erfte von ihnen ift mondformig, oben ausgefchweift
und haftet an einem zweiäftigen Stiele, deffen Ende
ein Ring befchließt. Diefelbe ift fammt dem Stiele
16 Cm. lang und 12 Cm. breit. Die zweite Lunula ift
halbmondförmig, mit einem dreiiiftigcn Stiele verfehen,
deffen Ende ebenfalls mit einem Ringe gefchloffen er-
fcheint. Diefelbe ift 23 Cm. lang und 13 Cm. breit.
Beide Lunulen find noch unbearbeitet, roh, fo wie fie
aus der (iußform genommen wurden; deshalb find fie
auch mit einer warzigen Patina bedeckt. Dies gilt auch
von allen nachfolgenden Bronze-Objetflen.
Von Pfeilfpit!::en enthielt der Fund drei Stücke,
von welchen zwei blattförmig und die dritte mit
Widerhacken verfehen erfcheint. Die erfte Pfeilfpitze
hat unten an der runden Tülle abgerundete Flügel,
welche vom Anfatzknoten ausgefchweift in die
Breite fich entfalten. Diefelbe hat eine Länge von 32
und eine Breite von 14 Mm. Die zweite blattförmige
l^feilfpitze hat ftumpffpitzige Flügel, die aus der etwas
achteckigen 'lulle auslaufen. Diefelbe ift 23 Mm. lang
und 13 Mm. breit. Die dritte Pfeilfpitze ift mit Wider-
haken verfehen, die aus der .Spitze der hohlen und eljen-
falls achteckigen Tülle auslaufen. Diefelbe ift 30 Mm.
lang und 14 Mm. breit. Alle drei Pfeilfpitzen fcheinen
— 203
ein Felilguß zu fein, weil ihre hohlen Tüllen je auf einer
Seite löcherig erfcheinen.
Von Armbändern waren im Ganzen 6 Stück oder
3 Paare. Diefelben find ovalförmig, offen und auf der
Außenfeite längs des ganzen Bogens mit einer vor-
tretenden Kante verfehen, fo dafs deren Durchfclmitt
ein Dreieck bildet. Von denfclben ift blos ein Paar mit
gravirten Bändern und Augen verziert; fie find ii Mm.
ftark und haben in der Spannweite 7 Cm. im Durch-
meffer. Die anderen zwei Paare find glatt, mit den
eben erwähnten von ziemlich gleicher Form und Größe
und variiren blos in ihrem Durchfchnitte von ein-
ander.
Außer diefen Armbändern ift noch ein runder
6 Cm. im Durchmeffer haltender und 6 Mm. ftarker
Armring zu verzeichnen.
Die übrigen Bronze- Objefte, welche in diefem
Funde fich befunden haben, find blos Bruchflücke, von
welchen eine 7 Mm. breite und i Mm. ftarke Blech-
platte angeführt zu werden verdient. Diefelbe mochte
zu einer Verzierung gedient haben. Intereffant an der-
felben ift das W'olfszahn-Ornament, welches etwas
erhaben erfcheint und durch Einfchlagen mittelft einer
dreieckigen Stanze bewerkftelligt wurde.
Von anderen Objeflen enthielt der Fund:
Zwei Bruchflücke von Lanzenfpitzen (eine Spitze
und eine Tülle).
Sechs Bruchftücke von fechs verfchiedenen
Sicheln.
Ein Bruchftück von einem Meißel.
Fünfzehn Stück Bronze- Roligiifi und einen Giifi-
ßrahl aus dem Gußloche.
Alles zufammen waren 38 Bronze-Obje6le nebft
einem Steinmeillei aus Hornblende, Fig. 9 (7^ natr. Gr.),
welcher 72 Cm. lang, an der Schneide 2 Cm. breit
und I Cm. ftark ift.
Der ganze Fund, welcher an und für fich von ge-
nug großer Bedeutung ift, weil durch denfelben die
Fabrication von Bronze-Geräth als einheimifch erwiefen
ericheint, findet zur Zeit keinen zweiten feinesgleichen
in Böhmen, da die Zahl ähnlicher Funde bislang keine
namhafte ift. Trotzdem, dafs man oft verfchiedenes
von Schmelzwerkftätten zu hören bekommt, mangelt
es dennoch an authentifchen Berichten über diefelben,
weil die Nachgrabungen, wie man aus diverfen Berich-
ten und Befchreibungen erfehen kann, häufig fehr ober-
flächlich geleitet werden. Nichtsdeftovveniger tauchen
dennoch Funde auf, die Zeugenfchaft von der einhei-
mifchen Fabrication der Bronze-Geräthe hinlänglich
ablegen. Es find vornehmlich jene Funde, deren Arte-
facle uns vorliegen, u. zw. aus den Schmelzöfen von
Plesivec, welche dafelbfl in den Jahren 1867, 1876 und
neuerdings 1886 gemacht wurden.'
An diefe Funde reihen fich jene von Hrädek bei
Caslau,^ von Welwarn^ und von Stradonic (Bz. Bürglitz,
* Jelinek: Plesivec in der vorgefchichtlichen Zeit, in den Mitth. der
anth. Gefellfchaft, Wien, Bd. XII, 148. — Diefe Funde enthielten Bronze-Roh-
guD, theils intaAe, theils gebrochene und halbgefchmolzene Sicheln, Meffer,
Gelte Ringe u. dgl. Bronce-Objedle. Der letzte Fund vom Jahre 1886 enthielt
Sicheln und der Schmelzofen, den ich nur mehr in Ruinen vorgefunden habe,
war in die Erde eingeladen und deffen Wände mit Stein und Erde, die roth-
gebrannt war, umlegt.
^ Ktim. CermAk in den Mitth. der anth. nefelirchaft, Wien, XXII p. 24.
3 Notiz in den Pamätky Archaeologicke. Prag. Bd. XI, p. sSr.
an diefem Orte aus der la Tene-Periode)', welche
Schmelztiegeln und Gußlöffeln aufweifen. Von ähnli-
chem Belang find die F'unde von Gußformen aus
Zvolehoves (Bz. Schlaji)'^ Vokovic (Bz. Smichow)^, Ho-
ßomic (Bz. Bilin)*, Lobosic', Velemysloves (Bz. Saaz)"
und Levy-Hradec (Bz. Smichow)," welche durch ver-
fchiedene Bronze- und Kupfer Rohgußkuchen ergänzt
zu werden verdienen, die hie und da, wie z. B. in Hro-
c/tozi' [Bz. Libochowic)*, Rade'tic {]iz. Pfibram)*, Rydec
(Bz. Leitmeritz)'", Zähäj (Bz. Frauenberg)" u. a. a. O.
gemacht wurden.
Von Intereffe find auch die hier gefundenen Lu-
nulen, die für Rafirmeffer gehalten werden. Ob diefe
Annahme richtig ift, laffe ich aus Mangel an Beweifen
dahingeftellt fein, widerfpreche aber derfelben nicht;
denn dafs die Lunulen Rafirmeffer gewefen fein mochten,
gewinnt umfomehr an Wahrfcheinlichkeit, weil es
bekannt ift, dafs die Barbaren mitunter nicht blos den
Bart, fondern auch das Haar rafirt haben und fomit zu
diefem Zwecke auch der Rafirmeffer fich bedient
haben mußten. Jedenfalls fcheint diefe Annahme
begründeter zu fein als jene, die die Lunulen als Cere-
monienmeffer erklären will.
Die Lunulen kommen überall unter Objeflen
der alten mittel-europäifchen Culturvor. Sie find düim
und gewöhnlich zweifchneidig. Auch in Böhmen wurden
mehrere folche unter Objeften der eben genannten
Cultur gefunden, von welchen die Mehrzahl die Form
unferer fub Fig. i \'erzeichneten Lunula haben und
fomit jenen aus den fchweizerifchen Pfahlbauten'^ am
ähnlichften erfcheinen. Nichtsdeftoweniger wurde in
Böhmen ein Doppelrafirmeffer gefunden, welches in feiner
Form an jene aus den Terramaren mahnt,''* woraus
erfichtlich ifl, dafs diefe Utenfilien nicht chablonenmä-
ßig, fondern verfchieden, dem Zwecke entfprechend
und nach Gefchmack ihrer Fabrikanten verfertigt
wurden.
Des intereffanten Gegenflandes wegen will ich die
bis jetzt in Böhmen gemachten Funde von Lunulen
mit Beifchluß der Umflände, unter welchen fie gefun-
den wurden, anführen.
Bei Brozanek (Bz. Melnik) wurde eine Lunula
nebft einer großen Bruftfibel, einem Meffer und einem
' Sammig. des Herrn Dr. 5;*. Berger in Prag.
- Dafelbft wurden 21 Stück Guliformen von Stein zu Hohlmeißeln,
Hohl- und Lappenkelten, Nadeln, Ringen und Ringeln gefunden. Jos. Smolik
Pam. Arch. XIII, 206 u. XY 411.
•* Hier wurden drei Gußformen von Stein, u. zw. zum Hohlkelt, Pfeil-
fpitzen und Knöpfen in KelTelgräbern mit Leichenbrand gefunden. Dr. St-
.Si-r^ifr ,. Depotfunde^ in Mitth. der k. k. Centr.-Comm. Wien XIV, p. 166.
* In den Skelettgrabern befanden lieh eine Gußform aus Thon zu einem
Lappenkelt; eine andere aus Sandftein zu einer Sichel. Dr. Berger ih. und
Faffcls Bericht ib. XIIL 32t.
^ Aus den Uftrinen: Eine Gußform zu einem Hohlmeißel. Dr. Berper
ib. XIV. 23.
s Diefe Gußform ift von rohem Lehm und foU zum Guße von Ringeln
gedient haben. Dr. Foedi/rh's Bericht in den Pam. Arch. VII, 64.
' Gußform zu Nadeln, gefunden auf der Wallburg. Dr. J. L. Fie ib.
XIV. 500 Fig. 45. Diefelbe fcheint jedoch viel jüngeren Zeiten anzugehören.
B. y.
* Rohguß und FehlgülTe von Kelten, Palftäben, Ringen und Rafir-
melfern. Vocet's „Pravek zeme ceske" p. 34, 44.
^ Kupfer- und Bronzekuchen nebft Nadeln, Sicheln u. f. w. Notizen
in den Pam. .4rch. XIV 150, 415, 456, 660.
'^t Bronzerohgufj nebft Bruchftücken von Schwertern, Dolchen, Lanzen-
fpitzen, Kelten u. dgl. ib. XIII 93.
•' Bronzekuchen nebft einem Hohlkelte, einer Lanzenfpitze, einer Nadel
und vier Fragmenten von Sicheln. Dr. Joh. Nep. IVoldfich in Mitth. der anth.
Gefellfch. Wien XIX, 93.
'- Vergl. Kellers V. Pfahlbautenbericht. Zürich, 1863 Fig. 14, 15, at. u.
y. Staub's Pfahlbauten in den fchweizerifchen Seen, Zürich 1866 p. 6t Tab.
VI. Fig. 18.
13 Vergl. bei Wolf. Heibig, Italien in der Po-Ebene. Leipzig 1879 S. 20,
Tab. I, Fig. 3 angeführt als ein RafirmelTer aus der Terramare von Canipeg-
gnine, ib. p. 133.
204
Spiralringe in Urnengräbern' und in Hoßin (Bz. Böhm.-
Brodr) in einer Urne gefunden.'' In Vokovic wurde eine
Lunula in Keffelgräbern mit Leichenbrand^ und
andere wurden in Grabhügeln mit Leichenbrand gefun-
den, u. zw. in Cemin ;Bz. Tufchkau)*, in Ejpovic ^Bz.
Rokycan) neben diverfen Meffern und Nadeln'^ und in
Koflelec (Bz. Frauenberg) neben Dolchklingen, Meffern,
Ringen, Pfeilfpitzen, Spiralen u. dgl. Objeclen.'' Auf der
Burgftätte Hoiiiole oberhalb Cimburk bei Kuttenberg
wurde eine Lunula unter Nadeln, Ringen, u. dgl. Ob-
jeclen" und in den Funden von Budchoßic (Bz. Wehvar)
unter Speerfpitzen, Bronze-Draht und Neffelftiften
gefunden.* In dem Funde von Hrochov (Bz. Libo-
chovic) wurden mehrere Rafirmeffer (fic) neben Bronze-
und Fehlgüßen von Palftäben, Ketten, Ringen u. dgl.
verzeichnet.*. Außerdem befinden fich noch in den
Sammlungen des Landesmufeums in Prag Fragmente
von Lunulen aus den Urnengräbern von Veseli (Bz.
Auffig), aus den Grabhügeln mit Leichenbrand von
Milavce und Chrastovic (Bz. Taus), aus den Brand- und
Skelettgräbern von Premysleni (Bz. Karolinenthal), aus
den Brandgräbern von Brnmi (Bz. Leitmeritz) und aus
den Skelettgräbern von Radovesic (Bz. Libochovic).
Anbei muß erwähnt werden, dafs außer diefen
Meffern noch andere, unzweifelhaft auch Rafirmeffer
gefunden wurden, welche theils aus Bronze und theils
aus Eifen verfertigt find. Diefelben find aber kleiner,
beiläufig wie die Hälfte der Lunulen, halbmond-
förmig und blos einfchneidig, gehören der la Tene-
Cultur an und haben fomit mit unferem Funde nichts
gemeinfchaftliches. '"
Es wäre noch ein dritter, offenbar auch aus
Schmelzöfen herrührender Fund aus der Särka zu ver-
zeichnen, welcher fich in den Sammlungen des ftädti-
fchen Mufeums in Prag befindet, über welchen ich
aber keine nähere Nachrichten einholen konnte. Der-
felbe gelangte nebft anderen diverfen archaeologifchen
Objeften durch Kaufan das Mufeum; weil aber unter
, Särka" das ganze über 8'5 Km. lange Särka-Thal ver-
flanden wird, ifl die F"undfi;elle desfelben nicht feftzu-
flellen. Aus diefem Funde find zu verzeichnen: Bruch-
flücke von acht Sicheln, von einer Dolchklinge und
von einer Lanzenfpitze. Alle diefe Obje6tc find mit
einer hübfchen Patina bedeckt, ein Beweis, dafs fie
' Jos. Smolik Pam. Arch. XI, p. 7s, Tab. III u. IV, Fig. 2.
s Notiz ib. XII, p. 187.
• Sammlung Dr. Berger. Es ift die oben in Anmerkung l erwähnte
I.unula, welche mit der von Campeggnine zu vergleichen ifl.
• Dr. Harnes in Mitth. der anth. Uefellfch. Wien XVIII. p. 87.
• Smolik in Pam. Arch. XII, 34s, Tab. XV, Fig. 4 bezeichnet flc als
ein Bruchtlück von einem ßronzemefTer.
• Ur. J. N. Woldfich, Mitth. der anth. Gefellfch. Wien XIII, Tab. I,
Fig. 2 bezeichnet fic ebenfalls als ein Bruchftück von einem Melter.
' Klim. CermiH- Pam. Arch. XIII, 246, Tab. X, Fig. 2.
• Notiz ib. XIV. 306.
• Vocel's Pravck, p. 34, 49, Notiz im Pam. Arch. IV. i, p. 96.
'" In Stradonic (Hz, ßUrglitz) wurden mehrere folche gefunden. Samm-
lung I-)r. Berger.
bereits gebraucht und zum Verfchmelzen bellimmt
waren.
Unfere Schmelzöfen ergänzen außer ihrem Inhalte
auch die in und um Prag feftgeftellten vorgefchicht-
lichen Funde in erfreulicher Weife, indem fie die
Localfabrication außer Zweifel fetzen. Die Zahl prae-
hiftorifcher Fundftellen in Prags Umgebung erweift fich
bereits fehr bedeutend; denn von den 88 Ortfchaften,
die im Umkreife von 7 Km. um diefe Stadt liegen, ent-
fallen 50 feftgeftellte auf prähiftorifche Anfiedelungen,
die aus der neolithifchen, ja fogar aus der diluvialen,'
bis in die chriftliche Zeit bewohnt erfcheinen. Es find
dies VVohnplätze, Wallburgen und Werkftätten nebft
einer großen Anzahl von Begräbnisplätzen der verfchie-
denften Epochen theils mit Brand- und theils mit
Skelettgrabern, wobei noch beachtet werden muß,
dafs in der Mehrzahl von diefen Ortfchaften oft zwei,
drei und noch mehrere Fundplätze fich befinden, die
nicht feiten über ganze Fluren fich ausbreiten. Diefe
Thatfache ftellt feft, was bereits Freiherr von Helfert
bemerkte, nämlich, dafs in der vorgefchichtlichen Zeit
wohl keine Gegend Böhmens von vorgefchichtlichen
Anfiedelungen dichter belebt war, als eben Prag mit
feiner Umgebung, deffen aufgewühlter Boden Zeugen-
fchaft von uralter Bewohnung diefer Stätte ablegt.*
Unfere Schmelzöfen gehören zur nächften Umgebung
diefes vorgefchichtlichen Mittelpunktes Böhmens.
Zum Schluße wäre noch zu verfuchen, die Her-
kunft und Bedeutung des Namens „Särka" zu erklären,
welcher öfters in Ortsnamen und namentlich bei Thä-
lern und in Gebirgsgegenden fich wiederholt. So finden
wir ihn in der Slovakei beim „S^n'-f-Thale", — in
Makedonien heißt ein Gebirgszug „Sar'', — im nördli-
chen Tyrol befindet fich das ,,5c//rt/'«z'/'.o--Thal" (alt filva
Scarnitze, Scaruntia folitudo) und im füdlichen Tyrol
das „5^r^a-Thal".
In Hinficht auf den rauhen Charakter der Thäler,
welche durch viele fteile und abfchüßige Abhänge
gebildet, fich verfchiedenartig in gekrümmten Nie-
derungen hinziehen, kann man den Namen diefer
Thäler wohl aus dem Slavifchen ableiten, denn sar, sory,
sury und szurny bedeutet foviel als rauh, fteil, abfchüf
fig, fchräg (afper, abruptus, deruptus, obliquus) und
sorochac (weißrufufch) rauh machen. So auch lithau-
ifch htrkstiis rauh fcharf Böhmifch bedeutet sär einen
gekrümmten oder krummen Gang, posar (kleinruffifch)
Landftrich, soroch (großruffifch) rauhe Oberfläche, sor
(ferbifch) Straße u. f w., was alles für eine flavifche
Herkunft diefer Benennung fprechen würde.
' Ver^l. in Dr. y. N. IVotdrich' s „Beilrrigcu", „Die dihivlalc Faun.x
und der Menfch der Procopi-Höhle von Jinonic bei Prag". Mitth. der anth,
(Jefellfch. Wien Bd. XIX. p. 72.
- Desfelben: ^Drei Stadtplane und eine Sladtanllclu vom alten Prag"
in den Mitth. der k. k. Ccntr.Com. in Wien 1893, lid. XIX, p. i.
— 205
Studien in der ehemaligen Ciftercienfer-Kirche zu Neuberg
in Steiermark.
Von Dr. Albirl Ilg.
|LS ich im Auguft 1892 im Auftrage der k. k-
Central-Commiffioii beluifs Unterfuchung der
feit der letzten Reftauration vom Jahre 1870
wieder mannigfach befchädigten Gruft-Capelle Herzogs
Otto des Fröhlichen und feiner Familie im ehemaligen
Ciftercienfer-Klofler zu Neuberg in Steiermark ver-
weilte, hatte ich Gelegenheit, die Kunftwerke an
diefem Orte ziemlich eingehend zu befichtigen. Der in
der Schule unferes vortrefflichen Confervators Johann
Graus kunftgebildete Herr Pfarrer Dom. Königsliofcr
war mir ein kenntnisreicher Begleiter bei diefen Beob-
achtungen, ein Priefter voll Intereffe und Eifer für feine
fchöne Kirche. Ich beabfichtige, meine Wahrneh-
mungen hier niederzulegen, welche größtentheils
Details betreffen, von denen noch nicht Notiz ge-
nommen wurde oder über welche hier wenigftens vom
kritifch-kunfthiftorifchen Standpunkte ein neues Wort
gefprochen wird. Das allgemein Hiftorifche und das
Baugefchichtliche berühre ich nicht, da wir über diefen
Gegenftand bereits eine ziemlich eingehende Literatur
befitzen.
Von einer der gegenüberliegenden Höhen, z. B.
vom Eingange des Veitfchbachthales, gefehen, bietet
der Complex der ehemaligen Stiftsgebäude mit der
alles überragenden gewaltigen Kirche das Bild eines
großen geifllichen Haufes, deffen einzelne Baulich-
keiten kunftgefchichtlich den Zeitraum vom 14. Jahr-
hundert bis in die Tage der früheren, noch fehr ein-
fachen und ftrengern Barocke umfaffen. Die Befefli-
gungsmauern um das Klofter find zwar leider auf allen
Seiten verfchwunden, aber noch ftehen einige vier-
eckige Thürme da. Die fehr ausgedehnten mannig-
faltigen Baulichkeiten dienen heute den verfchieden-
flen Zwecken. Ein anfehnlicher, fehr fchön eingerich-
teter und in den Appartements mit vielen werthvollen
modernen Gemälden ausgeftatteter Theil bildet das
Abfteigequartier Seiner Majefhät des Kaifers während
der in der Umgebung ftattfindenden Jagden, andere
Partien find den Beamten des großen Eifenwerkes,
dem Pfarrer, der Schule, der Apotheke etc. einge-
räumt. Die Reconftruftion auf den Zuftand des ziem-
lich chaotifchen Enfembles in der alten Klofterzeit
müßte fchwierig fein; wäre aber von dem Gefichts-
punkte unferes Intereffes auch, abgefehen von dem-
jenigen was die folgenden Bemerkungen ohnehin
liefern, ohne befondere Bedeutung.
Wenn man von der neuen Parkanlage fich dem
Stiftsgebäude nähert, einem Platze, wo fich früher
Graben und Mauern vor demfelben befanden, fo hat
man einen Traft gegenüber, welcher zu den fpäteften
Bauten des Klofters gehört. Mit Parterre und zwei
Stockwerken, die Ecke gegen Südweft bildend, zeigt
derfelbe einen ziemlich nüchternen Architekturftyl, der
fpäteren Renaiffance entfprechend. Den Eingang bildet
ein großes Thor mit Rundbogen-Ueberwölbung und
von Quadern umrahmt, daneben kleine Ausfallthörchen,
denn hier befand fich dereinft eine Brücke über den
Graben. Im Schlußfteine liest man die Jahreszahl 1597,
es ift fomit diefer Theil unter dem Prälaten Thomas
Schmoll, einem Schwaben aus Dinkelsbühl, erbaut,
welcher früher in dem Mutterklofter von Neuberg, dem
Ciftercienfer-Stifte Heiligenkreuz, fodann in dem dem-
felben Orden gehörigen Neuklofter zu Wr.-Neufladt
wirkte, 1591 Abt von Neuberg wurde und dafelbft am
22. December 1600 ftarb. Reizvoller als die ftrenge
Architektur diefes Portals ifh an der Ecke desfelben
Tra6les der durch die zwei oberen Stockwerke durch-
gehende Erker, welcher auf zwei mächtigen, unten in
Voluten ausgehenden Confolen, fchon barocken
Charakters, aufruht. Geht man nun durch den Thor-
flur in den erften, großen Hof, fo hat man zunächfi; an
deffen Wand zur Rechten in den Fenftern mit ihren
Umrahmungen und Bekrönungen im reifen Barockflyl
eine Stylprobe aus der Epoche Karl VI. vor fich; zur
Linken aber, wo einfl der Aufgang zur Wohnung des
Praelaten gewefen, ift der Treppe ein Laubengang vor-
gelegt, in deffen Mitte zwei ftämmige toscanifche
Säulen auffallen. Die gegenüberliegende Wand hat in
der Höhe ein Frescogemälde, das als Sonnenuhr
diente. Es flellt eine Renaiffance-Fontaine vor, in deren
geriefter Mufchel ein Putto fitzt, mit Inful und Pedum
in Händen. Auf den Pfeifen der Brunnenfchale find
die Stundenzahlen gefchrieben, welche der Sonnen-
zeiger weift, diefer ift aber eben das Pedum.
Eine Infchrift befagt:
M • A- 1709 Z-N-
und dann:
RENOV- rS85.
was auf Martin (Prunnmayer) Abt zu Neuberg hin-
deutet. Er regierte von 1700 bis zum 3. April 1723;
die Fontaine ift fein redendes Wappen, denn er hieß
Prunnmayer und nicht, wie im Kirchenfchmuck, 1882,
pag. 25, fteht, Preumaier; ftammte aus Bayern und wird
uns mit diefem feinen Brunnenwappen noch mehrmals
im Verlaufe begegnen.
Unter dem Fresco fteht in dem Hofe ein moderner
Brunnen, deffen viereckig-länglicher Steintrog aber alt
ift und folgende Infchrift trägt:
CON • R • EI • N ■ ABBT • IM • NEVPERG • 1511-
DEN • 5 • DECEMB •
Diefe Worte auf dem ganz fchmucklofen Steine
find mir nicht verftändlich, denn ich weiß nicht, auf wen
fie fich beziehen follen. Abt Coloman aus St. Veit ftarb
fchon 1504 und fein Nachfolger Wolfgang Rotelftorfer
aus St. Polten 1513. Wer ift alfo der mit jener Infcrip-
tion gemeinte Abt von Neuberg im Jahre 151 1.'
— 206
Wir betreten nun den gothifchen Kreuzgang,
deffen Gewölbefchlußfteine der einzelnen Travees uns
befchäftigen follen. Diefelben enthalten plaftifche, be-
malte Wappenfchilde, und zwar in folgender Ordnung:
Nordfeite: Steirifcher Panther. Oefterreichifcher
Bindenfchild. Schwarzer Löwe in Weiß. Schwaben.
Dalmatien. Weißer Greif in Roth.
Oftfeite: Alt- und Neu-Ungarn. Neun weiße Lilien
in Grün. Friaul. Portugal. Weißer Schrägbalken mit
rothen und weißen Wecken, in Schwarz (Wappen des
Abtes Paul aus Wien, 1427— 1445). Wappen des Stiftes.
Römifcher Königsadler. Römifcher Kaiferadler,
Südfeite: Enthalt blos ornamentale Rofetten.
Weftfeite: Alle Wappenfchlußfteine rühren fchon
aus dem 18. Jahrhundert her. Arm in weißem Aermel,
einen Abtsftab haltend. Greif, fchwarz und gelb auf
alternirendem quergetheilten Grund, einen goldenen
Pfeil haltend. Dabei: E. A. Z. N. 1736. (Wappen des
Praelaten Edmund Spormaier, geft.20.Septemberi747.)
Bayern. Tyrol, Schwarzer Adler mit roth und weißem
Kränzlein. Kärnten.
DasSandftein-Relief derKreuzigung in der Lünette
über der Thür, welche im füdlichen Arme des Kreuz-
ganges gegenüber der Brunnen-Capelle zum ehema-
ligen Refecloriumfaale führt, ifl eine an Figuren fehr
reiche Darftellung, zwar ohne befonderes künftlerifches
Verdienft. wohl aber technifch tüchtig durchgeführt im
Style des 15. Jahrhunderts. Die Compofition ift etwas
wirr, die Geftalten find hart charakteriftifch, die Köpfe
derb, der am Fuße des Kreuzes knieende Mann mit
fehr langen Locken unter dem Barett ift wohl der
Senator. Im gegenüberliegenden achteckigen Brunnen-
haufe, einem reizvollen Architekturwerke, ift der
Brunnen jetzt leider befeitigt worden. Der Schlußftein
des Gewölbes zeigt ein fchönes Chriftushaupt in
Meißelarbeit. In der Mitte des Nordarmes des Kreuz-
ganges ift ein hölzerner Stuhl fpätern deutfchen Re-
naiffanceftylcs erhalten, fchön gefchnitzt und im Rücken-
feldc der Kathedra mit dem Schnitzbilde der Mon-
ftranze und den Buchftaben IHS verfchen; dabei die
weiteren Zeichen: 16 BAZN 30, wodurch die Ent-
ftehung des Geftühls unter Abt Balthafar II. Huebman
(1625 — 1663) documentirt wird.
In einer Anzahl der Wandbogen des Kreuzganges
find in Rahmen große nach dem Spitzbogen zuge-
fchnittene Oelgemälde auf Leinwand angebracht,
welche die Mehrzahl der Aebte Neubergs vorftellen.
Durch die k. k. Reftaurirfchule in Wien 1870 reftaurirt,
haben mehrere feitdcm gleichwohl fchon wieder ftarke
Schäden aufzuweifen. Wenn dicfe Bilder nun für Ar-
beiten der venezianifchen Schule in den genannten
Publicationen ausgegeben werden, fo ift dagegen wohl
manches einzuwenden. Mit Ausnahme des erften,
welches die herzoglichen Stifter zum Gegenftande hat,
fmd auf jeglichem zwei Aebte dargeftellt, ziemlich
in Lebensgröße. Den Hintergrund bildet in wenigeren
Fällen ein Interieur, meiftcns aber eine Landfchaft, in
welcher mehrmals das Klofter oder die Stiftskirche
oder die St. Aniia-Capelle zu fehcn ift. Die Wappen
der Praelaten find klein beigefügt, ferner Attribute ihrer
Würde: Infula, Kreuze etc., endlich Tafeln mit latei-
nifchcn Infchriften, deren Angaben werthvoll find, da
die scries abbatum von Neuberg in den Daten und
Namen noch vielfach unficher bekannt ift. Dicfe Ge-
mälde rühren nun durchaus nicht von einer Hand her,
die beiden letzten gehören z. B. fchon dem 18. Jahr-
hundert an, die übrigen dem vorhergehenden; für älter
erachte ich keines, obwohl manche Traditionen der
deutfchen und niederländifchen Schule des 16. Jahr-
hunderts in denfelben wahrzunehmen find. Spuren vene-
zianifcher Elemente laffen fich nur in einigen der Land-
fchaftsgründe erkennen: die Maler waren eben Eklek-
tiker, welche die Pourbus oder Moro fo gut wie die
Baffanos gefehen hatten. Dafs die älteren Bilder nur
Phantafieporträts enthalten, ift felbftverftändlich, die
fpäteren find, wohl kaum nach der Natur, wohl aber
nach älteren Bildniffen hergeftellt. Ich gebe hier die
Reihenfolge der Namen der dargeftellten Aebte:
Nordfeite. Vom Eingang in die Kirche nach links:
1. Die herzoglichen Stifter.
2. Henricus Spanhalb, 1333, der crfte, aus Hei-
ligenkreuz gekommene Abt, und Simon de Pulderftorff
Im Kirchenfchmuck heißt es (pag. 24) Boldersdorf
1372-
3. Heinricus 13S7 und Jacobus 1396.
4. Erhardus Krakauer 1410 und Chriftian 14 17.
5. Sigismund 1427 und Paulus de Vienna 1445
6. Joannes de Tuln 1453 und Auguftin de Eden-
furth (Ebenfurt) 1469.
7. Nicolaus Zirndorfer ca. 1471 und Bartholomaeus
Dremel de Krieglach (Kirchenfchmuck: Tremmel)
1492.
8. Cafpar Kreyzer (Kirchenfchmuck: Kreuzer) de
Ebenfurt 1495 und Colomannus de S. Vito 1504.
9. Wolfgangus Rocklftorfer de S. Hypolito
(Kirchenfchmuck: Rotelftorfer) 1513 und Oswaldus
Staindl ex Pvrckveldt (Kirchenfchmuck: Steindl aus
Birkfeld) 1528.
10. Martin Haug von Leoben 1540 und Leonar-
dus de Bavaria 1542.
1 1. Ambrofius de Mvrtzvefchlag 1546 und Cantia-
nus Haidt ex Labaco 1553-
12. Joannes Schaver (Kirchenfchmuck: Schaffer
de Gratz) 1553 und Joa. Krecht Landspergenfis 1563.
13. Cafp. Masculus de Lindeprun Suevus 1570
(Kirchenfchmuck: ein Oefterreicher) und Conr. Feyler
de Peyftingen Suevus (Kirchenfchmuck: Feindler aus
Baitingen) 1578.
14. Georg Hemer de Waal Suevus 1584 (Kirchen-
fchmuck: aus Wall) und Gregor Planck Landspergen-
fis 1590.
15. Thomas Schmoll aus Dinkelsbühl 1600 und
Cafp. Seemüller Landspergenfis 1618.
16. Balthafar P'abricius 1621 oder 1622 und Adam
Knorr 1625.
17. Balthafar Hvebman 1663 und Joh. Luilw. Holz,
Prvtenvs 1671.
18. Leopold Tolfch Styrus 1700 (Kirchenfchnnick :
ein Grazer) und Mart. Priuimayer (Kirchenfchmuck:
l'reumayer) 1723.
19. Name unlefcrlich, und Jofcnh Erko von Erken-
ftein I77r).'
Somit fehlen in den Bildern zwifchen 18 und 19
Gottfried Holler, Edmund .Spormaier, Georg Hautzen-
berg und endlich der letzte Abt Benedi(5l Schulz,
unter welchem am 18. Februar 1786 das Stift aufgelöst
' IJic hier bciKcfct/Icn Z.ihlcn bezeichnen die Todesjahre der Aeble
'ider <he Jahre, in welchen ihre Merrfch.lft zu Neuberj^ aus fonftigen UrLtchen
endigte .
207
wurde. Meines Wiffens verfügt kein anderes öfter-
reichifches Klofter über eine fo reichliche Porträlfolge
feiner Vorftände, wie Neuberg.
Der Kreuzgang enthält keine Epitaphien außer
einer gewöhnlichen kleinen Fußbodcnplatte in dem
öfllichen Flügel, worauf Inful und Pedum mit der
Jahreszahl 1776 und lAZN — Todesjahr des Praelaten
Erko von Erkenftein — fehr roh eingegraben find.
Die Jofephs-Capelle ift eigentlich bloß eine tiefe Wand-
nifche, urfprünglich gothifcher Anlage, und wahrfchein-
lich nur ein Durchgang gewefen, fpäter barock umge-
wandelt. Sie liegt neben dem öftlichen Arm des Kreuz-
ganges und enthält an den Seitenwänden zwei inter-
effante mittelalterliche Epitaphien.
Den unbedeutenden kleinenBarock-Altar von Holz
fchmückt ein ovales Oelbild auf Leinwand, Bruflbild
St. Jofephs mit dem Jefuskinde, fehr gefällig componirt
und ausgeführt, liebliche ausdrucksvolle Köpfe. Die
Stuccaturen der Capelle find an der Innenfeite des Ein-
gangsbogens datirt, 1702, alfo unter dem Abte Prun-
mayer entftanden, welcher viel Kunftfinn gehabt zu
haben fcheint; außerdem deuten die Buchftaben PTG
auf den unbekannten Meifter, der fie ausführte. Auch
die Außenfeite des Einganges gegen den Kreuzgang
hat hübfche Stuccaturen mit Putti; endlich führt von
demfelben eine Treppe empor, auf deren Innenwand
ein ziemlich roh in Stucco ausgeführtes Abtswappen,
dasjenige des 1671 geftorbenen Johann Holz, an-
gebracht ift; an den Treppendecken find noch
weitere zu fchauen, welche theils einfach ornamental,
theils mit Obftkörbchen etc. decorirt find.
Es wurde fchon der gothifchen Thüre gegenüber
der Brunnen- Capelle gedacht, welche im Süden des
Kreuzganges zum ehemaligen Refe6lorium führt. Im
„Kirchenfchmuck" heißt es(pag. 36) vondiefemRaume,
dafs er leider keine Sehenswürdigkeit mehr wäre; man
bemerke nur noch die zweifchiffige Anlage mit drei
Pfeilern, welche in der Mitte die Kreuzgewölbe tragen.
Trotzdem finden wir aber diefen heute im Innern
durch Wände abgetheilten und für eine Regiftratur
fowie Mufikfchule adaptirten, nach dem Hofe auch mit
einer neuausgebrochenen Thür verunilalteten Saal
noch immer fehr intereffant. Zwar von feiner mittel-
alterlichen Anlage find bloß die Gewölbe und Pfeiler
übrig geblieben, jedoch die Ausftattung aus dem
Barockzeitalter ill höchfl bemerkenswerth und von
befonderer Schönheit.
Der im Erdgefchoße des nach dem Hofe hin noch
mit ftarken gothifchen Strebepfeilern verfehenen
Prioratgebäudes gelegene Saal hat einfache acht-
eckige Steinpfeiler, an den Schmalenden aber entfpre-
chende Halbpfeiler. Die Kreuzgewölbe müßen wegen
ihrer fehr flachgedrückten Form fchon der fpätern
Gothik angehören, find aber mit herrlichen feinen
Stuccaturen, welche den Uebergang von der Barocke
zum Rococco bedeuten, reich überkleidet. Sehr ge-
fällige graziofe Putti, Adler, Früchte und Ornamente
faffen verfchieden geformte Felder ein, in welchen noch
in den fünfziger Jahren Frescomalereien zu fehen
waren, damals aber übertüncht wurden. Der Styltypus
diefer eleganten Stucco-Decoration, welche einer Auf-
nahme im hohen Grade würdig wäre, erinnert mannig-
fach an diejenige des Belvedere in Wien in feinen
XIX. N. F.
Sälen, in denen ficli früher die Ambrafer-Sammlung
befand.
Die Stiege neben diefem Räume im füdlichen
Kreuzgangsarme emporfleigend, gelangen wir in den
fehr großen Saal, in welchem der „Kirchenfchmuck" das
Dormitorium erkennen will. Ich muß geflehen, dafs
ich von der Sicherheit diefer Deutung nicht unbedingt
überzeugt bin. Zwar ift es auffallend, dafs in dem
feinem Mutterftifte Heiligenkreuz fonft fo genau nach-
gebildeten Klofter fich von einem Schlaffaale fonft fo
gar keine Spur nachweifen läfst ; jedoch, wenn diefer
weite leere Saal, welchem das charakteriftifche Ana-
logen mit Heiligenkreuz, Pfeilerftellungen und Gewölbe,
abgehen, wirklich das einftige Dormitorium fein follte,fo
muß er ganz gewaltige Umgeftaltungen erfahren haben;
denn heute hat er eine flache Balkendecke, das Holz
der Trame liegt voUftändig bloß, an den Wänden unter
derfelben bemerkt man oben den Anfatz eines abge-
brochenen Spiegelgewölbes mit Stucco-Verzierungen,
die fich gewifs dereinft über den Balkenplafond
erftreckten. Die kahlen Wände des ziemlich niedrigen
Raumes find durch fechs Thüren durchbrochen, welche
Supraporten von Stuccoreliefs tragen. Die Gegenftände
derfelben find: das Stiftswappen, das Wappen mit der
Renaiffance-Fontaine, jenes mit dem Arm im Aermel,
welcher ein Pedum hält, zwei mit ornamentalem
Mufchelwerk, endlich ein aufgefchlagenes Buch. Die
Fontaine weift alfo wie bei der Sonnenuhr im Hofe auf
den Praelaten Prunmayer (geft. 1723) hin.
Wir betreten nun das hinere der großartigen
Kirche, wobei aber ebenfalls nur von einigen Obje6len
die Rede fein foll, welche hier zum erftenmal oder in
neuem Sinne befprochen werden. Den Bau felbft anbe-
langend, wäre den vorhandenen Befchreibungen nichts
hinzuzufügen, als dafs, wie ich mich überzeugt habe,
unter der Tünche faft an allen Wänden mittelalterliche
Fresken erhalten find, deren Bloßlegung in hohem
Grade wünfchenswerth wäre.
Der Hochaltar, 1612 durch Abt Cafpar Seemüller
errichtet, ift ein höchft merkwürdiges Specimen unferes
heimatlichen Architekturftyls. Ganz von Holz gearbeitet,
baut er fich bereits hoch empor gleich den fpäteren
eigentlichen Barockaltären, zeigt aber im Detail der
Architektur- und Ornamentformen noch vollen Renaif-
fance-Charakter. Die fpätere Vorliebe für Marmor oder
Imitation diefes Materiales fehlt noch, ftatt deffen
herrfchen die Töne blau und gold vor. Ift der Typus
auch fchon der des Triumphbogens, mit Säulen, Ver-
kröpfungen und korinthifchen Capitälen, fo verräth Aus-
führung und coloriftifches Element doch deutlich, dafs
hier, wenn auch in vollends antikifirenderFormenfprache,
in Technik und Gefchmack fich felbft von der Tradi-
tion des mittelalterlichen Flügelaltars noch etwas
erhalten hat, wie folches in unferen Gebirgsgegenden
fo häufig begegnet, wo zähe confervative Art fich er-
hielt, die Nähe Italiens aber doch ftets mit Neuem
beeinflußte. Die Statuen mit gemalten Fleifchtheilen
und fonftiger Vergoldung, fowie die ebenfo behandelten
Reliefs der Predella beftätigen diefe Tradition Die
Stiftskirche Neuberg befitzt noch einen zweiten Altar
aus derfelben Epoche und Kunftrichtung, denjenigen
der heiligen Georg, Lorenz und Gottfried an der Nord-
feite der Kirche, welcher fich durch die mit zierlich
gefchnitztem und vergoldetem Laubwerk gefchmückten
28
— 208
Säulenfchäfte befonders auszeichnet. Aber der Typus
ift in der Gegend überhaupt ausgebreitet, wie denn die
Pfarrkirche des nahen Spital am Semmering ebenfalls
kleinere Altäre diefer Gattung befitzt. Sciiade, dafs
von den Meiflern gar nichts bekannt ift!
Abt Scemiiller, der mich vielfach an feinen Zeit-
genoffen und CoUegen Abt IVIosmüUer in Klofterneu-
burg — wie er ein Bayer — erinnert, war einer der
kunflfinnigflen Praelaten des Haufes, auf deffen Spuren
man in demfelben auf Schritt und Tritt geräth.
Sein Wirken fiel in die Periode öflerreichifcher Kunfl-
blüthe, weiche man heute in Gelehrtenkreifen die
Rudolfinifche zu nennen liebt, weil jener kunftliebende
Monarch damals den höchften Auffchwung auf diefem
Culturgebiete im Vaterlande repräfentirte. Den Cha-
rakter diefes fogenannten Rudolfinifchen Styles trägt
nun der merkwürdige Hochaltar von 1612 in ausgefpro-
chenem Maße. Freilich fland dem Abte in dem damals
weltentlegenen fteirifchen Alpenthal für feine Abficht
nicht ein Künftler zu Gebote, wie es die Jamitzer, die
Lenker, die Vianen, wie es Adriaen de Fries war, kein
Maler wie die Heinz und Spranger, er hatte wohl
bloß einen tüchtigen Handwerker zur Verfügung,
deffen Vater oder Lehrer noch gothifche Flügelaltäre
gefchnitzt und gefafst haben mochte. Aber es ift
für uns heute hoch intereffant, zu fehen, wie eben
ein folcher naiver Alpenfohn fich aus feinen mittel-
alterlichen Ueberlieferuiigen heraus die fo verfchie-
dene Kunftweife Italiens zurecht gelegt habe. Und in
diefem Sinne hat der Neuberger Altar die größte
Bedeutung und würde längft verdienen, im Bilde genau
reproducirt zu werden, was hier zu veranlaffen mir zu
meinem Bedauern nicht möglich ift. Möchte man fich
doch einmal davon emancipiren, in archaeologifchen
Zeitfchriften in einemfort nur jeden banalen und
fchablonenhaften Dorfkirchenkram der Gothik forg-
fältig abzubilden und an den wichtigften kunftgefchicht-
lichen Denkmälern anderer Epochen intereffelos vor-
beizugehen.
Im „Kirchenfchmuck" (pag. 58) wird gefagt, dafs
an dem fchönen Altäre das Figuralc „merkwürdig
fchwach" wäre. Ich glaube, diefes Urtheil hängt damit
zufammen, dafs im Figuralen des Werkes verfchiedene
Hände ficiitbar werden. Die äußeren Figuren und die
Reliefs an der Predella haben nämlich Renaiffance-
Typus, während jene in dem Hauptbogen — dem
mittelalterlichen Altarfchrein vergleichbar, coronatio
virginis — ebenfo die lieblichen drei Engelchen darüber,
welche muficiren, älteres, faft noch fpät-gothifches
Gepräge aufweifen. Einige halten dafür, dafs letztere
von einem früher beftandcnen gothifchen Hoclialtar
in denjenigen von 16 12 aufgenommen worden feien;
aber es könnte auch ganz einfach der Fall fein, dafs
nur ein Künftler älteren Schlages an diefem Thcil
des Altars gearbeitet hat. Dabei wäre zu beachten,
dafs aucli an der Brüftung des fpät-barocken Orgcl-
chores mehrere Engelchen mitinftrumenten angebracht
find, aus Holz gefchnitzt und reizend bemalt, von
denen befonders der eine mit einer langhalfigcn
Laute von alierliebftcr Erfcheinung ift. Hatte aifo
Praclat Scemiiller für dicfe Partie des Werkes alter-
thümlichc Künftler in feiner Verwendung, fo zeigt die
ganz flache decorativ bemalte Rückflächc des Altars,
dafs ihm hier wieder Italiener oder in Italien gcfchultc
Nordländer zu Gebote ftanden, welche bereits fein-
flüchtig und fchablonenhaft in einer Manier vorzugehen
gewohnt waren, in welche Studien nach den großen
Claffikern Roms fchon beftimmt hereinklangen und
in der folche Subftrate bereits mit oberflächlicher
Handwerklichkeit ausgebeutet erfcheinen. Die ganze
grau in Grau gemalte Triumphbogen-Architektur die-
fer Rückfeite mit Voluten, Verkröpfungen, Gefimfen,
den ebenfalls gemalten Nifchen mit Figuren der Ordens-
HeiiigenRobertundWilhelm,endlichdemMittelbild, Ver-
ehrungderEuchariftie.in welchem, wenn auch recht derb
und naiv, Raffael und Michelangelo verwerthet zu Tage
treten, zeugt davon; fie gemahnt an den Einfluß
der fpäten florentinifchen und römifchen Manieriften
im Medium eines groben deutfchen Pinfels, und doch
fehen wir darüber Seemüller's Abtswappen und die
Zahl 161 2! Der Altar, welcher alfo fpät-gothifche,
deutfche Renaiffancc- und rein italienifche Elemente in
fich vereinigt, verdient daher gewifs hohe Beachtung
im Rahmen der localen Kunftgefchichtsforfchung. Der
jetzige Tabernakel, deffen Styl zu dem Ganzen nicht
pafst, ift erft 1754 befchafft worden; der urfprüngliche
befindet fich noch auf dem Mufikchor und follte wohl
wieder an feine Stelle kommen, wobei denn auch die
gleichzeitig gemachte Verbreiterung der alten Mensa,
welche noch in der fpäteren Holzverfchalung fteckt, zu
befeitigen wäre.
Die Sacriftei mit ihrer Säule, den fchünen mittel-
alterlichen Capitälen und Gewölben, Schränken aus
der Barockzeit etc., ift ein fehenswerther Raum. An der
Fenfterwand befindet fich ein Lavabo in einfachen
Renaiffanceformen von weißgeflecktem rothen Marmor
mit der Infchrift: 16. Nit vil prangens. 35. Es ift dies
der Wahlfpruch des Abtes Balthafar Hubmann, von
dem auch der hölzerne Stuhl im Kreuzgang herrührt.
Schreiten wir nun wieder in die Kirche zurück, da
uns die ausgeplünderte Sacriftei an Kirchcngefaßen
und Paramenten weiter nichts Intcrcffantes bietet. Hier
feffeln unfern Blick zunächft die beiden Altäre, welche
mit dem Rücken an das dritte Pfeilerpaar des Mittel-
fchiffs vom Mufikchor aus aufgeftcllt find. Ihre Tafel-
bilder und gefchnitzten Figuren rühren von fpät-gothi-
fchen Flügelaltären her, während die architektonifche
Umrahmung barocken Styles aus dem Jahre 1668, der
Regierungszeit des Abtes Johann Holz, herrührt. Im
„Kirchenfchmuck" (pag. 58) ift von den altdeutfchen
Gemälden diefer Altäre die Rede. Es heißt, dafs auf
dem nördlichen Altar im Schreine die Kreuzigung, auf
den I'lügeln aber weitere Paffionsfcenen mit der
Jahreszaiil 1505, rückwärts aber die Gefchichte der
heiligen Helena und in der Mitte die fitzende Madonna,
eine heilige Jungfrau mit einer Rofe und ein ]<niender
Abt zu fehen feien. Somit wurde diefer Altar im erften
Regierungsjahr des Praelaten Wolfgang Rockelstorffer
errichtet. Der füdliche cnthiilt im Schreine eine Kreuz-
abnahme und an den Vorderfeiten der Flüge! andere
.Scenen der Leidensgefchichte; rückwärts folche aus
der Legende des heiligen Bernhard und das Veronikon
mit dem Datum 1515, nach Gratis, das ich aber 1518
lefe. Aber auch auf diefem füdlichen Altar begegnet
außerdem die Zahl 1505. Sie fanden ihre iMit-
ftehung alfo unter den Aebten Rockelftorffer mid
Staindl, und find von tüchtiger heimatlicher Arbeit. Da
fie gcvvifs aber urfprünglich nicht an diefer Stelle ftanden.
— 209
wo die Kirchenpfeiler ihre Rückfeitcii t^anz verdecken,
fo wäre eine Verfetzung der bcachtenswerthen Kunll-
werke fehr zu empfehlen, wozu fich der weite Raum
hinter dem Hochaltar beflens darböte. Hier könnte
man fie von allen Seiten bequem fehen. Auch die
kleinen hübfchen Barockaltare des zweiten Pfeiierpaares
follten zur Freimachung des Durchblickes durch die
Schiffe translocirt werden. Es wäre an der Nord- und
Südwand der Kirche, unter den dritten Fenftern vom
Chore aus, ein geeigneter Platz für diefelben. Auch die
übrigen barocken Altäre an der Nord- und Südwand
find nicht ohne Intereffe. Ein weiterer Barockaltar hat
eine mittelalterliche gefchnitzte Madonnenfigur, einer
ein Tabernakel von politirtem braunen eingelegten
Holz aus der Therefianifchen Zeit. Endlich find die bei-
den hohen Barockaltäre bemerkenswerth, welche hinter
dem Hochaltare zu beiden Seiten an der geraden Ab-
fchlußmauer des Kirchenchores ihren Platz haben. Der
Werth diefer Altäre beruht auf den beiden großen
Gemälden, überhaupt den fchönften in der Kirche. Das-
jenige des füdlichen hat die Verkündigung zum Sujet,
das des nördlichen zeigt uns den Stifter Otto den Fröh-
lichen, welcher den Plan des Kloflers in Händen hält,
umgeben von Vertretern des Ciftercienfer-Ordens; in
den Wolken erfcheint die Madonna mit zahlreichen
Heiligen. Jedes der Altarblätter ifl: Ilauckh f. 1738
fignirt.
Von Johann Veit Haitck, einem der bedeutendften
Barockmaler Steicrmarks, willen wir leider fehr
wenig. Die Angaben über ihn in Waßlefs Steyr.
Künftler-Lex. (pag. 42) find nicht ausreichend. Wenn
es dort heißt, dafs in feinen größeren Schöpfungen bei
ftarker Manirirtheit der Zeichnung eine breite flotte
Behandlung der Farbe zu erkennen fei, fo ift das ohne
alles Verftändnis künftlerifcher Mache gefprochen;
denn Hauck zeigt fich in diefen trefflichen Bildern ganz
von Maratta's Einfluß beherrfcht — man fehe den
finnlich fchönen Engel Gabriel — da ift alles Grazie,
Formenreiz und Anmuth,dieFormenfprachegefchult an
römifchen und bolognefifciien Typen. Auf dem nörd-
lichen Altar fleht auch ein hübfches Crucifix aus dem
17. Jahrhundert, das Kreuz von Holz mit Perlmutter-
einlagen, der Heiland von Elfenbein.
Zwei riefige, aber ganz werthlofe Gemälde, welche
den heiligen Edmund und fein Wunder, die Heilung
des Veitstanzes, vorfiellen, an den Längswänden hoch-
oben, einander gegenüber aufgehängt, find wegen ihrer
herrlichen Barockrahmen, Meifterwerken der Holz-
fchnitzerei, anzuführen. Von ähnlichem Charakter ift die
prachtvolle, überreich mit Wolken, Engeln und Orna-
menten ausgeflattete Empore über dem Eingang zur
angebauten Capelle an der Nordfeite, von gerundeter
Form, theils braunes Holz, theils vergoldet. Sie trägt
das Wappen tles Praelaten Edmund Spormeyer und
das Datum 1734. Man fleigt zu diefer originell compo-
nirten Eflrade,auf der früher eine kleine Orgel gewefen,
in der gedachten Neben-Capelle durch eine gothifche
Wendeltreppe empor, welche auch in das Obergefchoß
der Capelle führt. Dasfelbe war einft Vertheidigungs-
raum, wie die Schießlöcher bezeugen, denn hier, wo
außen vordem die Mauern vor der Kirche (landen, war
ein wichtiger Punkt der Befeftigung. — Gegenüber
diefer Empore, doch näher gegen den Hochaltar
fituirt, Itoßen wir auf ein mit einem Glasverfchluß und
Bedachung, im Barockftyl ausgeführtes bogenartiges
Oratorium mit reicher Ornamentation in Gold, 1720
durch Abt Prunmayer hergeflellt. Von Bildern find
noch zu erwähnen: Ecce homo und Madonna, Hüft-
bilder von derfelben Hand des 17. Jahrhunderts, von
edler Stimmung und idealer Haltung; Leichnam Chrilli,
Ouerbild, die wahre Länge der Geftalt des Erlöfers
laut Infchrift darflellend, von anatomifch großer Reali-
ftik, gleichfalls aus dem 17. Jahrhundert, auf ausgezeich-
nete Vorbilder zurückdeutend, aber von geringerer
Hand ausgeführt.
Was die Grabmäler in dem Gebäude betrifft, fo
gibt es dafelbft mittelalterliche, folche der Renaiffance
und barocke. Ich fpreche hier nur von einigen der
zweiten Kategorie. Im linken Schiff, nahe dem Hoch-
altar, ift an der Wand das Epitaph des Hofrichters
Wolfgang Wünfch mit dem Oelbild des Samaritaners
gefchmückt, einer tüchtigen Malerei, welche Berührun-
gen mit der Schule der Baffano verräth. Der Hofrichter
war 1590 geflorben, die Infchrift bezieht fich aber auch
auf deffen 1604 verftorbene P"rau, nach welchem Jahre
alfo das Epitaph erll: zu beftimmen ifl. Viel bedeuten-
der erweift fich da.sjenige des Abtes Georg Remer
Suevus, welcher 1584 ftarb, an der Südwand. Es hat die
Formeines vonRenaiffance-Säulen und fonlligen Archi-
tekturtheilen gebildeten Rahmens, welcher ein Relief
von gelblichem Marmor einfaßt. Der Abt, von feinem
ritterlichen Patron befchützt, kniet vor dem Gekreuzig-
ten; Spuren von Bemalung haben fich erhahen. Nahe
dabei befindet fich ein ähnliches, aber künftlerifch bei
weitem bcfferes Epitaph, gleichfalls von Marmor und an
einzelnen Stellen vergoldet, mit einem Säulenrahmen
von bereits flrengerer Architektur. Das Relief flellt Gol-
gatha mit den drei Kreuzen und den würfelnden Kriegs-
leuten dar, und hat ebenfalls Spuren von Polychromie.
Die Infchrift verkündet diefes fehr bedeutende Werk als
das Grabmal des 1590 verflorbenen Praelaten Gregor
Planckh, ift überdies durch die Signatur des ita-
lienifchen Meiflers hoch intereffant, der es ausgeführt
hat. Nachdem ich Jahrhunderte alte dicke Staub -
fchichten weggewifcht hatte, kam im Bilde der
Kreuzigung links unten in fchönen Buchftaben zu
Tage :
OPVS ANTONII
ZoIA
-VN-
Wir liehen hier vor einem im Rahmen der öfter-
reichifchen Kunftgefchichte fehr wichtigen Werke.
Ich hatte die Freude, es der erfte gewürdigt zu haben
und feine Künftler-Infchrift zu entdecken, aber ich
empfand gleichzeitig das Leid, von dem bedeutfamen
Monumente keine Aufnahme mitnehmen zu können.
Wollte doch in das zudringliche Gefchlecht der Ama-
teurs-Photographen, welche heute fchon jedes arme
Salatfeld unficher machen, einmal foviel menfchliche
allgemeine Bildung, foviel hiflorifcher Sinn eindringen,
dafs fie mit ihrem fonll höchft überflüßigen Dilettantis-
mus wenigrtens durch Aufnahme von Kunlldenkmalen
der Forfchung Dienfte leifteten! Was nun die Künftler-
Infchrift betrifft, fo bin ich der Anficht, dafs, dem Styl-
typus des fchönen Reliefs entfprechend, das VN
ficher: Veneti oder Venetiani bedeutet. Z- ift vielleicht
eine Abbreviatur für Zoan oder Zuan oder Zan, d. i.
28*
— 2IO
Giovanni, den Taufnamen des Bildhauers im Dialekt der
Lagunenftadt, während das räthfelhafte lA dann feinen
uns leider unbekannten Familiennamen bezeichnete.
Er hieße demgemäß alfo Antonio Giovanni lA ,
oder es könnte, wenn man bloß Antonio als Vornamen
annehmen wollte, Z'IA, etwa Zonia, Zognia oder
ähnliches der Zuname fein.' Wir miißen es Special-
forfchern derVenetianifchen Kunftgefchichte überlaffen,
genaueres über den Meifter ausfindig zu machen, der
damals in Steiermark thätig war; es ift uns aber fchon
intereffant genug, abermals einen Beweis mehr für die
flarke Ingerenz der Italiener jener Aera in unferen
Gegenden gefunden zu haben. Der Abt Gregor Planckh
war aus Landsberg in Bayern; er regiert in einem
öfterreichifchen Ciftercienferklofler in einem flilleii
Alpenthal; er erhält von der Hand eines durchwan-
dernden venetianifchen Künftlers fein fchönes Epitaph.
Diefe Umftände muß man im Geifte zufammenfaffen,
um den Gang der kunfthiftorifchen Entwicklung in
unferer Heimat zu verflehen.
An einem der rückwärtigen Pfeiler des linken
Seitenfchiffes ift in ziemlicher Höhe, in kleiner Figur
ein Schütze oder Jäger gemalt und dabei die Tnfchrift
angebracht:
CAS. MAS- ABB- NOV- 1508-
Die Localtradition bezieht dies auf die Sage, dafs
bei dem Türkenanfall der wohlgezielte Schuß eines
Vertheidigers des Kloflers den feindlichen Befehls-
haber getödtet habe, worauf die fchlimmen Galle die
Belagerung aufhoben. Man fieht aber an diefem Bei-
fpiel, wie wenig romantifchen Sagen und Traditionen
zu trauen ill; denn es ergibt fich nach nüchterner hifto-
rifchcr Forfchung, dafs von diefer Deutung des Bild-
werkes gar nichts zu halten ift. Die Infchrift beweift,
dafs fich hier kein heroifcher Schütze, fondern der
Praelat Cafpar Masculus von Lindeprunn aus einem uns
unbekannten Anlaß verewigen ließ. Sein Schild bei
feinem Bildnis in der Aebtegalerie des Kreuzganges
nämlich beweift, dafs er ein Männchen (Masculus) in
Jägertracht als redendes Wappen führte — dalicr alfo
die Darftellung an dem Kirchenpfeiler.
Die ehemalige Capelle des heiligen Bernhard im
Bienengarten, ein reizend malerifcher gothifcher Bau,
längft entweiht, gehört heute zu den Räumen des kai-
ferlichen Jagdfejours. Sie tritt mit einer polygonen
Apfis in den Hof vor, hängt im übrigen jedoch mit
den ehemaligen Kloftergebäuden zufammen. Im Innern
ift fie heute gänzlich verbaut und untertheilt, man
erkennt aber noch zwei Joche des ehemaligen Schiffes,
die Kreuzgewölbe und deren fpäte Capitale.
Im Orte Neiiberg findet fich heute nur wenig
altertluimliciies melir. Ich bemerkte bloß folgendes:
Beim Badhaus fleht an der Straße eine große offene
Capelle des heiligen Johannes von Nepomuk, deren
Nifche zwar flüchtige, aber doch befehensvverthe Fres-
ken des vorigen Jahrhunderts mit befonders gef.iUigen
Engelgeflalten enthalt. Auch an der Fagade des nahen
Hotels Poft, früher fcliwarzer Adler und voreinfl
' Der Name konirnt in Venedig th.itfärhlich vor; noch in iinfcrcni
Jahrhundert lebte dAfclbft ein Maler Antonio Zona.
Taberne des Stifts, ift ein Fresco angebracht, welches
Maria, von Engeln auf Wolken verehrt, darftellt, aus
dem 18. Saeculum. Im unteren Ort Nr. 20, Gaflhaus zum
Kaifer von Oefterreich, befindet fich ein fehr fchöner
Eifenarm mit dem Wirtshausfchild, von reichfler
Ausftattung im Louis XVI. Style.
Das hoch intereffante Neuberg wird künftigen For-
fchern noch genug Material bieten. Befonders die
mittelalterlichen Aebte-Epitaphien in der Kirche, fowie
die zwei anderen, gleichfalls gothifchen in der Jofephs-
Capelle harren noch einer gründlichen Erforfchung. Ich
hielt mich — ohne Reprodu6lionen nehmen zu können
— lieber davon fern und raffte nur zufammen, was ich
von fonfligem bisher noch wenig beachteten Material
bei kurzem Aufenthalte zur Kenntnis zu bringen ver-
mochte. Auch über die ehemalige St. Anna-Capelle
und die einftige Pfarrkirche wäre daher intereffantes
mitzutheilen; über die barocken Aebte-Grabmäler in
der Stiftskirche, die Gruft im Capitelhaufe u. A. Was
z. B. die ehemalige Pfarrkirche betrifft, welche fich
unter anderem auch durch ihre intereffanten, denjenigen
in der Stiftskirche verwandten Gewölbemalereien in
gothifcher Ornamentik auszeichnet, fo dürfte den
Wenigften bekannt fein, dafs fich eine Anzahl runder
Glasgemäldefcheiben diefes Gotteshaufes heute in den
kunfthiftorifchen Sammlungen des A. H. Kaiferhaufes
zu Wien befinden. Man findet diefelben im Führer
durch die Sammlungderkunftinduftriellen Gegenftände,
Wien 1891, Saal XX., pag. 92, ff. befchrieben, nämlich
die Stücke: Madonna im Strahlenkranze, Maria mit
dem Kinde und St. Anna; Hausmarke des Hans Hoff-
richter mit Johannes Ev. und Elifabeth; der heilige
Chriftoph; die Meffe des heiligen Papftes Gregorius.
Ueber eine intereffante Marienftatue an einem Seiten-
altar, 14. Jahrhundert, erfchien fo eben Abbildung und
Abhandlung im „Kirchenfchmuck", 1892, pag. 118.
Ich habe diefe, fowie fchon manche ähnliche
Mittheilung hier veröffentlicht, wenn ich fchon darauf
gefafst fein muß, dafs man dem Auffatz vorwerfen
könnte, dafs er nur kleine Abfallbröckchen von einer
großen Tafel zufammentrage. Jedoch es will mir fchei-
nen, dafs gerade derartige Arbeiten auch fehr noth-
wendig feien. Genügt es ja doch gewifs nicht an jenen
bloßen Baubefchreibungen hervorragender Kirchen,
wie wir fie fo vielfach befitzen, welche bloß vom archi-
tektonifchcn Standpunkte das Gcbiiude erörtern, auf
feine mannigfaltigen, verfchiedenenKunftperioden ange-
hörigen Altäre, Einrichtungsflücke und fonftige Kunft-
werke aller Art aber gar keine Rückficht nehmen.
Alles, was aus der Vergangenheit auf unfere Tage
gekommen ift, hat für die Wiffenfchaft gleichen An-
fpruch auf Berückfichtigung; es gibt nicht vornehmere
Stylperioden und wieder geringfügigere. Für die Kunft-
gefchichtsforfclumg und Topographie unferer Heimat
muß uns ein Rococco-Tabernakel aus der Zeit Maria
Therefias geradefo wichtig fein als eine Elfenbein Dip-
tychon des II. Jahrhunderts. Jene andere, fogenannte
gelehrtere, vornehmere Huldigung des Alterthümlichen
allein ift im Gnuide genommen doch nur Dilettan-
tismus, dem es an echter wiffenfchaftlicher Obje6tivi-
tät mangelt.
21 I
Die beiden biblifchen Gemälde-Cyclen des Domes zu Gurk.
Vom Correfpondenlcn Dr. Alfred Schncrich.
IV.
B. Das Fastentuch.
War fchon in den Gemälden der Vorhalle das
Streben deutlich erkennbar, die Gefchichte des Heiles
ausführlich chronologifch zu behandeln, fo fcheint diefer
Verfuch noch nicht vollkommen befriedigt zu haben.
Man fchuf ein Jahrhundert fpäter einen zweiten Cyclus,
welcher der Anordnung wie den Gegenf^änden nach
dem älteren vollkommen ähnlich ifl:, das Beflreben
nach Vollkommenheit und Deutlichkeit jedoch noch
mehr an den Tag legt als das ältere Vorbild.
Das Faftentüch (Hungertuch) hat die Form eines
Quadrates von S'SjM. Seitenlänge; es befteht aus
zehn der Länge nach zufammengenähten gleich breiten
Streifen (larker Leinwand, welche vertical laufen. Diefe
Fläche ift bemalt; zunächft ift jede Nath durch eine
rothe Bordüre von 0-03 M. Breite markirt und jeder
einzelne Streifen durch ebenfolche Bordüren in zehn
Quadrate eingetheilt, fo dafs die ganze große Fläche
in hundert kleinere Quadrate zerfällt.
Jedes diefer kleineren Quadrate weist eine, bis-
weilen auch zwei und mehrere Darftellungen der
Gefchichte des alten und neuen Bundes auf; die Gegen-
flände find derart geordnet, dafs das alte Teftament
die linke, das neue die rechte Hälfte einnimmt. Die
einzelnen Darftellungen find chronologifch aneinander
gereiht und laufen von links nach rechts. Zahlreiche
Infchriften am Rande oder in der Bildfläche erläutern
die weniger bekannten Darftellungen.
A. Altes Teftament.
L Reihe, i. Die Schöpfung (Gen. I). Gebirgige
Gegend, vorn ein Teich mit zwei Abflüßen, daneben
ein flammender Schlund, aus dem ein Ungeheuer fieht.
Links fteht Gott Vater mit dem Kreuznimbus, die
Rechte fegnend erhoben, mit der Linken auf den
Schlund weifend. Ober den Bergen wird ein betender
Engel fichtbar; am Himmel Ifeht die Sonne; zu Land
und Waffer erfcheinen Thiere aller Art. — Diefes Bild
ift augenfcheinlich den entfprechenden Darltellungen
der Vorhalle nachgebildet; doch ift hier alles eigen-
thümlich vermengt. Ohne den Vergleich mit jenen
beiden Bildern wäre der Abyffus, noch weniger der
betende Engel, derRefldes Empyreums.kaum verftänd-
lich. An Stelle der iVIandorla ift nun die Sonne getreten,
durch die Abflüße des Teiches find die Paradiefes-
flüße angedeutet.
2. a) Erfchaffiing des Adam (Gen II, 7); bj der
£va{Gen. 11,22). Rechteckig von einer zinnengekrönten
Mauer umgebener Garten mit zwei Bäumen; links Gott
Vater fegnend, mit der Linken dem in Lehm flecken-
den Menfchen heraushelfend. Rechts abermals Gott
fegnend; Eva fleigt aus der Seite des fchlafenden
Adam.
Auch hier zeigt fich gegenüber der älteren Dar-
ftellungsweife eine merkwürdige Neuerung. Während
in den älteren Bildern Gott Vater den Menfchen, der
am Boden liegt, aus Lehm formt und ihm die Seele
einhaucht, zieht er hier denfelben — in kaum minder
finnreicher Weife — • aus dem Lehm, etwa anfpielend
an Pfalm 112. Conventioneller ift die zweite Dar-
flellung; das Streben nach Naturwahrheit zeigt fich in
der Art des Hervorgehens der Eva.
3. Das Gebot (Gen. II, 16). Der Garten wie vorher
eingezäunt; in der Mitte der Baum mit Früchten.
Links Gott Vater darauf hinweifend, rechts die beiden
Menfchen, die Hände gefaltet. — Gegenüber den älteren
Bildern in Gurk und Pißweg ifl: es auffallend, dafs Gott
hier nicht mehr die Gefetzesrolle hält, obfchon die
Handhaltung darnach ifl;; offenbar ein Mifsverftändnis
des Malers.
4. Vertreibung. (Gen. III, 23). Links die Pforte,
rechts der Baum mit den Früchten, von deffen Stamm
die Schlange mit dem Apfel herabfallt. Ein Engel in
reichem Gewände — ohne Nimbus — treibt mit hoch-
erhobenem Schwerte beide die Früchte effenden
Menfchen, welche fich zugleich die Feigenblätter vor-
halten, aus dem Paradiefe. — Die Darftellung des
Sündenfalles felbft hat der Meifter weggelaffen, und
hier nur angedeutet. Beachtenswerthifl die vom Baume
fallende Schlange in Anfpielung auf Gen. III, 14, welche
fich in ähnlicher Weife bereits auf Sarkophagen, fowie
auch in S. Marco zu Venedig, und in der Alcuins-
bibel' findet. Von verwandten Darftellungen fei die des
Faftentuches zu Hainburg genannt,^ und gleichzeitig
bemerkt, dafs dort die Schlange bereits einen -weib-
lichen gekrönten Kopf hat.
5. Adam ackert, Eva fpinnt (Gen. III 16 f.). Gebir-
gige Gegend, links ein Zelt; vor demfelben fitzt Eva,
mit Fell bekleidet, an einem Spinnrocken arbeitend,
ein Kind an der Bruft, das andere hält fich an ihr Kleid
Rechts ackert Adam mit Haue ; ein Engel vom Himmel
kommend wirft Samen auf die Erde. Diefe Darftellung
wird fchon früh, z. B. bei Ermoldus Nigellus erwähnt
und findet fich vielfach dargeftellt, in ziemlich gleicher
Weife, fo in Monreale, der Bibel von S. Paolo fuori,
S. Marco etc., ebenfo auch im fpäteren Mittelalter, z.B.
am Haimburger Faftentüch.^ Neu ift der famenftreu-
ende Engel, offenbar eine finnreiche Anfpielung an die
Bezeichnung des Brodes als Gabe Gottes.
II. Reihe, e.rty* Opfer des Abel und Kam (Gen. IV 3),
bJ Tod des Abel (Gen. IV 8). Abel bringt fein Opfer
knieend, Kain ftehend Ober ihnen erfcheint Gott
Vater, erftern fegnend, letztern mit der Linken
abweifend. Rechts davon erfchlägt Kain feinen Bruder
1 Leit/chuli: Schätze der königlichen Bibliothek zu Bamberg.
- Kunfttopographie des Herzogthums Kärnten S. loi. Hann : Die
F.nftentücher in Kärnten. Carinthia 82, S. 48.
3 Durch Reftauralion verdorben und entftellt.
— 212
mit einem Drefchflegel. Im Rahmen oberhalb die
Infchrift : Das Opher Kae abell. Kaem erfing Käe ab//.
Gegenüber der Vorhalle hat die Darftellung nicht
gewonnen; der Meifter war bemüht, die Frömmigkeit
Abels und die Gottlofigkeit des anderen auf möglichft
neue Art zu geben. In der zweiten Darftellung ift der
Knüttel Kain's zum Drefchflegel geworden.'
7. Ennoch wird entrückt (Gen. V, 24). Links die
Pforte des Paradiefes und ein 13aum mit Früchten; ein
Engel mit langem weißem Gewände und Stola führt
Ennoch, einen Greis mit entfchieden jüdifchem Typus,
dahin. Am Rande die Infchrift: Enocli bardt in das
paradis gefiirt. In diefer nicht fehr häufigen Darfteilung
unterfcheiden fich zwei Arten: Ennoch, wie hier vom
Engel oder von Gott Vater geführt, fo am Verduner
Altar, oder auch fchwebend beim Schopf gepackt.
(Biblia Paup. XXXIV.)"
8. Die Sündflut (Gen. VII, VIII). Waffer; vorne
der Gipfel eines Berges. Im Waffer fchwimmt die
Arche, ein auf ein Schiff geftelltes Haus mit Oeffnun-
gen in den Wänden. An der Giebelfeite links erfcheint
Noah, dem die Taube den Oelzweig bringt; durch die
Oeffnung an der Seite erblickt man die in der Arche
befindlichen Menfchen und Thiere. Vorne am Berg
frifst der Rabe ein Aas; ein Fifch tummelt fich im
Waffer. Im Rahmen oberhalb die Infchrift: Dyee archen
noy. Merkwürdig kurz erfcheint die fo populäre
Gefchichte des Noah hier behandelt und auf die zwei
allerdings bekannteften Scenen befchränkt. Die erfte
hier gibt die Sündflut, in der altchriftlichen Kunft
bekanntlich eine der beliebteften Darftcllungen. Die
Gurker bietet nur Anklänge an ältere; fo ftehtNoah wie
am Vcrduner Altar, Speculum etc. an der Giebelfeite
der Arche, ebenfo findet fich im letzteren Cyclus der
Rabe.
9. Noahs TriinkenJieit (Gen. IX, 21 — 23). Rechts
der Weinftock, an dem ein Ziegenbock frifst. Vorn
liegt Noah; links fteht Cham, auf ihn weifend, rechts
davon die Brüder, einen Mantel über den Vater
deckend, anderfeits fich die Hand vor das Geficht
haltend. Am Rande die Infchrift: noy lag verfchamlcr
pockk an weinflohli. Der Dispofition nach fchließt fich
diefes Bild wieder der Vorhalle an; beachtcnswerth ift
das Vorhalten der Hände — mit etwas auseinander-
gefpreizten Fingern — was fich auch bekanntlich an
Gozzoli's Bild im Campo Santo zu Fifa findet, hierkaum
minder naiv bei dcffen Söhnen gegeben. Der Bock am
Weinftock, der den Meifter derart intereffirte, dafs erauf
denfelben fogar durch die Infchrift aufmerkfam macht,
ift wohl weniger als Andeutung an den Schaden wie
als allgemeines Symbol der Lüfternheit beigegeben;
dcrfelbe findet fich bei diefer Darfteilung, z. B. im
Cyclus von Gorkum,'"' fowie auch in Haimburg.
10. Der Bau von Babylon (Gen. XI). Links der
Thurm, eben im Bau begriffen, rechts die Bauhütte.
Arbeiter aller Art find herum befchäftigt. Im Rahmen
üben die Infchrift: Das paw babolony. Der Thurm zeigt
• I)ic DArftellnng des Haimburger Kaflcntuches ift ni.ißigcr; als Mord-
inftrumcnl dient die Haue. \>ct Rauch ift crft durch die Kcftauration hinzu-
gekommen.
- Am Haimburgcr Faftcnluch findet Heb ftatt diefer Darfteilung die
'fodtung Kain's durch Lamech (Gen. IV, 33 0-
» Schnaa/t Gcfch. der Kiinftc V. 516; datfelbe im Tiibingcr Kunftblatt
1B47, S. 39. Die Wandgemälde find in Karben veröffentlicht von Jan/en:
Mnrfchildcrijcn der fan Janskerk tc Gorinchen,
hier wie auf älteren Denkmälern Thore; \-om Sprachen-
wunder ift weiter nichts zu bemerken.
III. Reihe, ii. Untergang von Sodoma (Gen. XIX).
Links die brennende Stadt, davor Loth's Weib, die
Hände gefaltet, grau, zu Salz werdend, rechts von ihr
Loth, den ein Engel mit redender Geberde führt. Im
Bilde oben: Dye verprc7inng fodome fara ein J/ain. Das
Strafgericht über Sodoma findet fich fehr häufig darge-
ftellt, z.B. in der Wiener Genefis, Biblia paup., Specu-
lum, Zittau u.f w. Amintereffanteften aber erfcheint der
Vergleich mit der Darfteilung von Monreale. Die Dis-
pofition ift dort diefelbe, alles aber viel ausführlicher;
aus der brennenden Stadt fehen Todtenköpfe heraus,
Loth und Töchter fliehen; das Weib des Loth fieht
zurück, die Hände abwehrend vor fich haltend. Der
Meifter des Faftentuches — oder die Ueberlieferung —
hat dies mifsverftanden und gibt die Hände gefaltet.
oniüidnfipnnttoitiitT
Fig- 5-
12. a) Opfer Ifaaks (Gen. XXII), b) Melchifcdech
(Gen. XIV, l8). Die linke Hälfte zeigt eine gebirgige
Landfchaft, rechts einen Baum. Ifaak kniet am Boden,
das Holz am Rücken, Abraham erfafst ihn am Kinn
und hat das Schwert erhoben, das der herbeifclnve-
bende Engel aufhält. Am Baume der Widder. Die
rechte Hälfte zeigt uns Melchifedech mit Talar und
Mantel bekleidet, am Haupte eine zipfelartige Mütze;
über die Arme hat er ein Tuch gelegt, darin l'.rotc
liegen, in den Händen hält er eine Kanne. Am Himmel
erfcheint Gott Vater. Im Gegenfntz zu zahlreichen
Monumenten, welche die Begegnung Abrahams mit
Melchifcdech fcliildern, erfcheint der letztere hier in
feinem eigentlichen Berufe „als Pricfter des AUerhoch-
ften". Angedeutet findet fich dies mehrfach z. B. in
der Wiener Genefis; das Opfer am Altare allein
fiiukt ficli am Vcrdnnri- .Altar und an einem Glas-
213
geinälde zu Klofterneiibui'g,' auf letzterem fafi: als Meffe
gelchildeit.
13. Der Segen Isaaks (Gen. XXVII). Links das
Haus in deffen Inneres man ("leht, rechts freie Gegend.
Im Haufe fitzt auf einem Krankenftuhl, mit einer grünen
Decke bedeckt, Ifaak; er fegnet den mit einer Schüffel
herbeikommenden Jacob. Hinter dem Stuhle fteht
Rebekka, die Hände gefaltet. Rechts tritt eben Efau
mit der Jagdbeute in das Haus und zeigt erftaunte
Geberde. Wie in der Vorhalle ift auch hier Ifaak fitzend
dargeftellt, deffen gebrechliches Alter hier aber ftärker
betont ift. Rebekkas betende Gefte veranfchaulicht
freilich wenig ihre That, dagegen fehlt Efau nicht.
14. Die Himmelsleiter (Gen. XXVIII, 11 — 22). Ein
von einem Zaun umfriedeter, nach rechts abfallender
Platz, in der Mitte ein runder Stein. Links davon kniet
Jacob, ein Greis, denfelben mit Oel begießend. Ueber
Jacob erfcheint Gott Vater, welcher mit drei über eine
vor ihm angelehnte Leiter gehenden Engeln fpricht.
Die Engel zeigen weiße duftige Gewänder und rothe
Flügel. Diefer Darftellung begegnen wir in der Gurker
Empore und in Pißweg, doch beidemale ganz archi-
tektonifch gefafst^ dafs fie hier weniger in Betracht
kommen. Sehr verwandt dagegen erfcheinen die Dar-
ftellungen von Monreale,* Salerno,'' Ravello,* M. S.
Angelo*. Gewöhnlich find nur zwei Engel, einer auf-,
der andere abfteigend, gegeben, z. B. Antiphonar von
St. Peter in Salzburg". In letzterem ift Jacob wie hier
nicht fchlafend, fondern den Stein begießend darge-
ftellt; ältere Cyclen, z. B. in Monreale oder die Mill-
ftätter Genefis' geben dies oft in einem eigenen Bilde.
15. Jofeph lüird verkauft {Gftw. XXXVII). Hügelige
Gegend, links vorn der Brunnen. Dahinter ftehen die
Brüder Jofeph's in Unterhandlung mit den beidenKauf-
leuten, welche ihnen eben eine Pinie übergeben. Rechts
im Vordergrunde ein Pferd mit gefpaltenen Hufen,
dahinter ein zweites, alfo wohl Kameele. Auf dem
vordem fitzt Jofeph fich umwendend, auf dem anderen
die Käufer. Im Bilde oben: Jofeph wad vercliaift
und gefurt in egypten. Mit voUftändiger Vernachlaffi-
gung der vorherigen Begebenheiten, welche die Cyclen
von Maria Maggiore, die Wiener, wie auch die Mill-
ftätter Genefis fo ausführlich fchildern, langen wir mit
diefem Bilde bereits bei der Gefchichte Jofeph's an. Von
Verwandtfchaft mit älteren Bildern ift hier weiter wohl
nicht die Rede; die fonderbaren Kameele finden fich
übrigens ganz ähnlich am Dreikönigsbild in der Johan-
nis-Capelle zu Brixen.^
IV. Reihe, 16. Jacob kommt nach Acgypten (Gen.
XL VI). Links das Stadtthor, zu dem eine Zugbrücke
führt. Aus dem Thorekommt JofephinreichemGewande,
hinter ihm noch unter dem Thore ein Mann und Weib.
Jofeph geht feinem Vater entgegen, dem deffen Söhne
mit Weibern und Kameelen folgen. Aus einem Fenfter
über dem Stadtthore blickt der König heraus. Am
Rande oben aber fteht: Jofeph was ein her in egiptenfein
vater mit den bniedrn kam su ilii. Diefe Scene gibt
nur das Malerbuch in ähnlicher Weife an, auch die
Pferde.
• Jahrb. der"Centr.-Comni. II. Taf. 2.
- Gravina, 41.
ä Rohault: La Meü'e p. LXXXIX.
» Schul:, Denkmaler von Unteritalien Taf. XIX.
5 Ebenda Taf. XXXIX.
« Mitth. der Centr.-Comm. 14, S. 183. . . -r i
■ Diemer, Genefis und Exodus nach der Millftatter Handfchrift 1.. b. 45-
» Repertorium für Kunftwiffenfchaft, VI, 126.
1 7 aj Ertränkitng der Jndeiiknaben \\L-x.. 1), b) Fin-
dung Mofis (Ex. II). Waffer; links der König vor ihm
zwei Knechte, welche die nackten Kinder ertränken.
An das Uler rechts ift die Königstocher, in weißem
Gewände, am Haupte die Krone, getreten, hinter ihr
die Begleiterinnen; im Waffer watet eine Frau und
hält ihr den Korb mit dem darinliegenden Knäblein
entgegen. Im Bilde oben: Dye tochter pliaronis Ines
aiiff vachen Moyfes inder reufchen. Diefes Bild congbi-
nirt zwei Darftellungen nach einem Schema, welches
fich fchon auf alten Monumenten, z. B. der Bibel von
St. Paolo,' fpäter auch in Emaus in Prag^ findet.
i8. Der brennende Dornbnfch (Ex. III). Felfige
Gegend, rechts der Bufch; darüber erfcheint Gott
fegnend, in der Linken drei Stäbe haltend. Vor dem
Baum kniet Mofes mit langem Bart, die Schuhe aus-
ziehend. Im Rahmen oben: Moyfes fach prinen den
pnfch und den lieren darinen. Diefe Darftellung erzählt
Fig 6.
den biblifchen Bericht in fchlichter Weife nach; etwas
unklar erfcheinen die drei Stäbe in der Hand Gottes,
die wohl nur auf das Wunder mit dem Stabe gedeutet
werden können; ähnliche Mifsverftändniffe finden fich
fpäter mehrfach.
19. Tödt2ing der Erßgeburt (Ex. XII, 29). Links
ein Thor mit Zinnen, wohl der königliche Palaft. Eine
Anzahl Todter bedeckt den Boden, zuvorderft der
Sohn des Königs mit Krone. Aus dem Palaft tritt der
KönicT und ein anderer Mann mit verzweifelter Geberde.
Rechts fchwebt von Wolken umgeben Gott Vater mit
ausgeftrecktem Zeigefinger. Im Rahmen oben: Der
Jlerben tind saichen in egipten. Vom Auszuge der
Israeliten find hier zwei Scenen gegeben; diefes erftere
fchildert in anfchaulicher Weife die letzte und größte
Plage, infolge deren Pharao die Söhne Jacob's ziehen
läfst. Nicht der Engel mit dem Schwerte tödtet, wie
' Agincourt XLI., 3.
= Grueber III, S. 116.
214
am Verduner Altar, foiidern das Wort Gottes, der
unfichtbar über den Menfchen fchwebt.
20. Das Elfen des Oßerlanimes und Atissng der
Israelitefi (Ex. XII). Links die Stadt, davor ein Mann
und Weib, im Begriff große fchwarze (filberne) Gefäße
einzupacken; rechts die Juden mit den Spitzhüten ab-
ziehend, am Ofterlamm nagend; ihnen folgt ein Mann
ohne Hut, mit eingehülltem Haupt, wie es fich aus den
fpäteren Bildern ergibt, ein Priefter. Am Rande oben:
Das ejfen des Laps Jind aiisgang der cliinder von isrl.
V. Reihe, 21. Untergang des Pharao (Exod. XIV,
24 f). Meer, rechts das Ufer. Am Ufer dichtgedrängt
die Juden, voran Mofes mit erhobenem Stab. Ihnen
nach ift zu Wagen Pharao gefolgt, hinter ihm Soldaten.
Pharao hält eine Fahne mit Mohrenkopf Die Efel, die
feinen Wagen zogen, find zufammengeftürzt. Im Rahmen
oben: Dye ertrenchnis des wagens atiff dem roeten nier.
Im Gegenfatz zu den großartigen Darftellungen der
älteren Zeit, z. B. in M. Maggiore, der Bibel von
S. Paolo etc., zeigen die i'päteren einen entfchiedenen
Rückgang, fo auch die bibl. paup. Die vorliegende ill:
wohl eine der allernaivften und unbeholfenften; viel
bedeutender ift die Darftellung am Hainburger Faften-
tuche; das Meer ift dort roth.
22. a) Mannafegen (Ex. XVI, 14), b) Mofes
etnpfängt das Gefetz (Ex. XV 14). Rechts ift das Volk
befchäftigt, die als Hoftien mit Kreuz dargeflellten
Brote einzufammeln, welche die aus Wolken hervor-
ragende Hand Gottes fpendet. Rechts davor kniet
der mit Ochfenhörnern verfehene Mofes. Gott reicht
ihm aus den Wolken die Gefetzestafeln mit dem para-
doxen Spruch: gelab in ainen galt nicht. Im Rahmen
oben: Das himelbrot in der zvtiß vioyfes mit den tafeln.
Beide Darftellungen bieten außer den felbftredenden
Befonderheiten wohl wenig bemerkenswertes. Das
Haimburger Faftentuch ftellt neben der Gefetzgebung
das goldene Kalb dar.
23. Die eherne Schlange (Num. XXI, 9). F"elfige
Gegend. In der Mitte auf gabelförmigem Pfahl die
Schlange von grüner Farbe; rechts Mofes mit dem
Stab darauf weifend; zu ihm gewandt knieen Juden,
mit bittender Geberde, links liegt eine Anzahl Sterben-
der, welche fich abgewendet haben. Im Bilde oben:
Dy anjfgehengte flang von moyfi zwifclien lebentig und
tot. Wie in der Vorhalle ift auch hier die Schlange in
der Mitte des Bildes aufgehängt, aber geringelt; der
zweite Anführer fehlt, ebenfo die feuerfarbigen Schlan-
gen; auffallend ift es, dafs die Genefenden niclit auf die
Schlange, fondern auf Mofes blicken.
24. Die zwölf Stäbe werden in das heilige Zelt
gelegt (Num. XVII, 6). Links die Stift.shülte, in deren
Inneres man ficht; darin fteht die Bimdeslade, in Form
eines bedeckten Altares, darauf der Leuchter, fowic
die Stäbe in zwei Bündeln gekreuzt übereinander
liegend. Vor dem Zelte kniet das Volk. An die Lade
find zwei Priefter getreten; der links blickt gegen das
Volk mit redender Geberde. Im Rahmen oben: Dy XU
nieten iitnb arons briflerfchaft. Eine etwas verwandte
Darftellung bietet der Verduner Altar in der Bergung
des Manna, noch mehr griechifche Mofaikcn, z. B. das
im M. Theototos in Conftanlinopel, welch letzteres
Zacliarias vor den zwölf Ruthen betend darfteilt.' Die-
' Photogr.iphie Leval Condnntinopet Nr. 33 der crkL-iicndc Katalog
v«>n Faxcal Sf/'ach.
felben liegen nebeneinander auf der Bundeslade oder
Altar unter einem Ciborium; eine ähnliche Darfteilung
mag dem Meifter vorgelegen haben.
25. jFob am Afclienhaufen. Felfige Gegend ; links
liegt Job mit Beulen überdeckt wie fchlafend, hinter
ihm ein dreiköpfiger Teufel, ihn mit der Geißel fchla-
gend. Rechts flehen deffen drei Freunde mit lebhafter
Geberde, daneben das Weib auf Job zeigend. Im Bilde
oben : hie leit Job anff dem miß fein beib pei im. Wäh-
rend das Bild der Vorhalle in Bezug auf die Freunde
wie auf den Teufel ziemlich vereinzelt dafteht, ift hier
eine größere Reihe verwandter Darftellungen erhalten.
Job's Weib, mit fpottender Geberde an Cham erin-
nernd, findet fich faft durchwegs neben den Freunden
dargeftellt. Am meiften Intereffe bietet der Teufel.
Seine dreiköpfige Geftalt — die Seitenköpfe find frei-
lich eigentlich nur an deffen Oberarme' — im Gegen-
fatz zu der durch das Tridentinum verbotenen Darftel-
lung der Trinität, findet fich als das Bild des Lucifer
fehr oft, bekanntlich bei Dante, danach im Campo
Santo zu Pifa, fowie in Miniaturen^. Der Teufel Job
fchlafend findet fich in ganz ähnlicher Weife in einer
Handfchrift zu Herzogenburg, aber nur einköpfig.*
VI. Reihe, 26. Traivn des Jcjje (Isaias XI, vgl.
Römer XV, 12). Gemach. Auf einem Bette unter reich-
geftickter Decke liegt Jeffe fchlafend; feinem Schöße
entfprleßt ein Baum mit drei Blätterkronen, dazwifchen
die Madorina mit dem Jefuskinde, welches auf Jeffe
weist. Im Bilde oben: Jeffe fach in dem flaff dy f nicht
des pawmes. Die Wurzel des Jeffe war im Mittelalter
ein fehr beliebter Gegenftand für Darftellung; der Reft
der Schnitzereien des linken Thürflügels der Vorhalle
gehörte, wie oben bemerkt, einer folchen an.*
In unferem Cyclus bildet diefe prophetifche Dar-
ftellung den Anfang der zweiten Hälfte der Bilder des
alten Bundes, wo nun die Begebenheiten nach dem
Einzug in das gelobte Land gefchildert werden.
Das alte Teftament ift hier nicht mehr in ante
legem und sub lege getheilt.
27. Jofua und die ßillßehende Sonne; T'ödtung der
Amorrhiter-Kö?iige (Jud. X 13 — 27). Links Jofua
gcrüftet im reichen hermelingefütterten Mantel; er
holt hoch zum Streiche aus und fchlägt der Reihe
nach fünf vor ihm befindlichen Königen die Köpfe ab;
rechts im Hintergrunde ftehen gerüftete Ifraeliten.
Am Himmel werden Sonne (gelb) und Mond (grün)
nebeneinander fichtbar. Am Rahmen oben: lofue
macht um den chinigg. Diefe Darftellung entfpricht
dem Bibeltext natürlich nur beiläufig und ift keines-
wegs etwa den älteren von Maria Maggiore oder dem
Jofue des Vatican zu vergleichen; der Befehlshaber
fchlägt hier höchft eigenhändig die Köpfe ab. Das
berühmte Wunder von der ftillftehenden Sonne und
Mond hat der Meifter mit diefer Scene verbunden
und diefelben in gewöhnlicher Weife dargeftellt, wie
aus der Cod. von Michclbeuern dies bei der Schö-
pfungsgefchichte zeigt."
' Vgl. liidron IconoKr.iphic crcticnnc S. 545.
* Vyl. Neuivirlh Studien a. a. O. .S. 183.
* V>;1. meine Arlicit. Mittli. der Cciitr.-Comm. N. F. 15. S. 174. In
Bezug auf die darin cpifodifch crwiduilc IJefijhreibung des Paulinus und das
ApOsinofiiik in .S. Apollinare zu Ravenna ift nachzutraben, dafs über dicfen
(Jcgenftand Herr Prof. IJr. F. IVichhoff in der röm. (^)uartalfchrift Jahrg. 1890
eine umfangreirhc .Studie verofTcntlicht und mich fchon früher gelegentlich der
Ueliungcn auf diefen Gegenftand aufmcritfam gemacht hat.
* Die Erklärungen von Xeuwirth a. a. O. S. 140. der z. IJ. das grüne
Geftirn al« Sonne, d.is gijlbe als Mond ausgibt, liat fchon RicsL Mitth. des
liiftitutcs für öftcrr. Gefchichtsforfchung VUI, 663. bcriclitigt.
215
28. Gideons Fell (Jud. VI, 37). Felfige Gegend;
links kniet betend Gideon, als blonder Jüngling, voll-
gerüftet; vor ihm (halb verwifcht) das Fell, darüber
eine Wolke. Am Rahmen oben : Gideon fach ein vell
nas. Das von Gideon auf die Tenne gelegte Fell, wel-
ches ihm durch denThau das Zeichen zur Schlacht gibt,
wird im Mittelalter nicht feiten dargeftcUt, meill: als
Vorbild der Verkündigung, fo im Speculum und der
Bibl. paup.; auch das Ausfehen Gideon's ift durchwegs
dasfelbe; bisweilen fchwebt ein Engel vom Himmel
herab. Die Darfteilung der Vorhalle kommt hier in
keiner Weife in Betracht.
29. Samfon tödtet die Philißer (Jud.^XV, 16). Links
Samfon weit ausfchreitend, mit einem ungeheuren
Efelskinnbacken auf eine Reihe Philifter losfchlagend.
Er hat fo eben einem vollgerülleten Angreifer den
Panzer am Bauche voUftändig zertrümmert; andere
halten fich die Köpfe, wieder andere flehen um Gnade
oder lind bereits todt. Im Rahmen oben: Sarnfan
er/lug dy philißern mit der efelchewzin tod. ' Die Dar-
Itellung fchließt fich unmittelbar an die Vorhalle an
mit dem Beftreben nach größerer Mannigfaltigkeit; die
Coftüme hat der Meifter nach feiner Zeit umgebildet.
30. Samuel falbt Sani (i Reg. X). Gothifche Halle;
rechts auf einem riironeSamuel im hohenprielterlichen
Gewände; er hält in der Linken das Salbgefaß; vor
ihm kniet Saul in reichem Gewände, die Krone auf
dem Haupte; Samuel falbt ihn auf der Stirn. Im Hin-
tergrunde werden ein jugendlicher Schwertträger und
zwei altere Männer fichtbar. Im Rahmen oben: Saniucll
macht den erßen chinig in IJraliell. Diefe Darftelkmg
entfpricht in keiner Weife dem biblifchen Bericht und
ift frei erfunden einer Königskrönung nachgebildet.
VII. Reihe 31. David erßlilägt Goliath (i Reg.
XVII). Links auf einem Felfen eine Burg. Vorn käm-
pfen miteinander: links ein kleiner zwergartiger Mann,
David in fchwerer Rüftung auf ein großes Schwert
geftützt, eine Schleuder fchwingend, ihm gegenüber
ein fafl doppelt fo großer Goliath in grünem unten
fehr ausgebreiteten Harnifch, breitem Hut am Haupte,
die Beine jedoch ohne Panzerung. Diefer holt zum
Streiche mit einer Stange aus, von deren Ende drei
Gewichte herabhängen. Er ift an der Stirn ver-
wundet und mit Blut überftrömt. Vor der Burg fitzt
ein König mit einer jugendlichen und einer älteren
Frau. Den Vorgang erläutert die Infchrift: der
chlain dautt den groffen golias da pey faull. Diefe Dar-
flellung zeigt in höchft anfchaulicher Weife, wie der
Meifter die biblifchen Berichte nacherzählt. Die
Gefchichte der Tödtung des Goliath durch David als
Zweikampf findet fich allerdings mehrfach, z. B. in
einem Choralbuch in Vorau, jedoch ohne die weiteren
Abfonderlichkeiten, die fich hier zeigen; bei unferem
Bilde tritt deutlich das unbeholfene Beflreben, genau
dem Bericht der Bibel zu folgen, zu Tage. Der Mei-
fler las Vers 7: „Und der Schaft feines (Goliaths) Spie-
ßes war wie ein Weberbaum und felbft das Eifen feines
Spießes hielt fechshundert Seckel Eifen." Das „Eifen'
ifl hier durch die Gewichte angegeben. Weiter V. 38
f : „Saul zog dem David feine Kleider an und fetzte
ihm den ehernen Helm auf" u. f. w. Dies las der Mei-
ller, weiter aber auch nicht mehr, nämlich dafs David
dies als zu fchwer wieder ablegte und in Hirtenklei-
^ Soll iedenf;ills esel-Kinzan (Kinnezan) heißen.
XIX. N. F.
düng, nur mit der Schleuder bewaffnet dem Philifler
entgegengeht. Von einem Kampf beider ifi: überhaupt
nicht die Rede. Auch find gegen den biblifchen Bericht
Saul und zwei F"rauen, wohl die Königin und Michol
als zufehend, etwa wie bei einem Turniere beigegeben.
Beachtcnswerth ift es auch, dafs Goliath nicht" voll-
kommen gerüftet ift, wodurch wohl deffen geringer
Rang angedeutet fein mag.
Fig. 7-
32. a) Peß in Israel (2 Reg. XXIV, 15), b) Tod
des Abfolon (2 Reg. XVIII, 9 f). Links David; er kniet
betend; vor ihm liegen zahlreiche Juden am Boden.
Ober David erfcheint in einer Wolke der Engel mit
langem Schwerte zu ihm fprechend. Auf diefe Darftel-
lung bezieht fich die Infchrift oben im Rahmen: Danit
fach den zornigen eng eil.
Rechts hängt mit den Haaren Abfolon am Baum;
fein Thier rennt davon. Mehrere Reiter fprengen im
Galopp gegen . ihn heran und durchbohren ihn mit
langen Speeren; das Pferd des vorderen beißt noch
obendrein den Getödteten. Neben Abfalon die Infchrift:
Abfolon hing am pawm} Anklänge an die erftere
Darftellung bieten mehrere griechifche Miniaturen,
welche Nathan vor David, darüber den Engel mit dem
Schwerte zeigen, fo an der Thür von S. Angelo,^ im
Gregor von Nazianz zu Paris^ u. f w. Die zweite Scene
findet fich ganz ähnlich in der concordantia caritatis
zu Lilienfeld,* was um fo merkwürdiger erfcheint, als
diefes umfangreiche Bilderwerk fonft durchwegs fehr
freie Darftellungen aufweift. Im Speculum wird Abfo-
lon, gegen den biblifchen Bericht, von F"ußfoldaten
getödtet.
' Spater, doch .infcheinend von derfelben Hand nachgetragen, wie
alle folgenden in der Uildflache angebrachten Infchriften.
- Schulz-Quaft a. a. O. I, S. 242.
^ Abgeb. bei Kon.iakoff Hiftoire de 1' art byzantin, I 29.
* Vg . Heider, Beiträge a. a. O. S. Iig.
29
2l6 —
S3. Salonios Urlheil (3. Reg. III, 16). Gewölbte
Halle, links der Thron; darauf fitzen König und Köni-
gin. Vor ihnen kniet bittend eine Frau, während eine
zweite hinter ihr das nackte Knäblein einem vollgerü-
fteten Krieger reicht (fchlecht erhalten). Salomo hat
das Scepter erhoben. Im Rahmen oben: Salonion
fprach das urtaill zbijfcn Die Darflellung des
Urtheils findet fich in der mittelalterlichen Kunft nicht
häufig; fo ill; auch diefes Bild ziemlich frei ausgefallen.
Die Frau neben Salomo, welche fich auch im Speculum
f 41 b findet, ift dort als Betfabe, Mutter Salomos,
welcher diefer neben ihm am Throne den Platz an weift,
bezeichnet (3 Reg. II, 19).
34. Tcmpelbau Salonios (3. Reg. ii). Auf einem
befefligten Berge fleht der Tempel, ein phantaftifches
Gebäude mit mehreren Thürmen, von denen zwei
durchbrochen, die anderen mit Ziegeln gedeckt find.
Zwei Arbeiter find eben mit der Aufführung der Befe-
fligungsmauer befchäftigt; links fitzt auf einem Throne
Salomo. Im Rahmen oben die Infchrift: Salonion pawtt
den tenipell. Der Meifler hatte hier eine befeftigte
Kirche auf einem Berge vor Augen; Beifpiele hievon
boten fich ihm in der Umgegend zur Genüge.
35. NabucJiodonofor erobert Jerufaleni (4. Reg.
XXIV, f.). Links die befeftigte Stadt; die Mauern der-
felben find vielfach umgeworfen. In der Stadt fetzen
Soldaten und Arbeiter das Zerftörungswerk fort,
indem fie eine goldene Säule, darauf, wie es fcheint,
ein Judenhut, umwerfen. Aus der Stadt find mehrere
Juden geflohen, die aber vonSchergenergriffen werden.
Im Rahmen oben: Nabochodonsor prach die ßa und
ving die luden. Die Eroberung von Jerufalem wird im
Mittelalter bisweilen dargeflellt, z. B. im hortus delicia-
rum. Die goldene Säule wird wohl eine der beiden
in der Bibel fo oft genannten am Tempel bedeuten,
welche Nabuchodonofor zerftörte (XXV 16, 17.).
VII. Reihe, 36. Die Hiunnelfahrt des Elias (4. Reg.
II, II). Felfige Gegend, Wolken. Elias fährt im rothen
Wagen, welcher von einem gleichfarbigen, theilweife
fchon in den Wolken verfchwundenen Pferde "ezo^cn
wird, in den Himmel. Im Vordergrund knieen vier
verhüllte Männer, deren vordcrftem Elisäus, der fchei-
dende Prophet, feinen Mantel herabreicht. Im Rahmen
oben : Helias für in einem feiverig ivagen in das para-
dis. Die Darflellung gibt die gewöhnlicli gebrachten
Details wieder. Auf mehreren Holzfchnitten fährt der
Prophet ohne Pferde.
37. Jefaias Martyrium. In der Mitte kniet der Pro-
phet in weißem Gewände, dicHändegefaltet. ZwciMän-
ner, der eine kurz gefchoren, der andere mit langem
kraufem Haar, haben eine große Säge an feinen Nacken
gelegt; Blut übcrflrömt den Propheten. Im Rahmen
oben: Ifaias\ darunter im Bilde: Ifaias zvardt von
ein ander gefagtt.^ Das Martyrium des Jesaias, unter
König Manaffes,fowic das der anderen Propheten berich-
tet die jüdifche Tradition' (vgl. Heb. XI, 37), danach
Hieronymus (Jesaias XV, 8), Isidorus de ortu et obitu
sanaorum patrum, c. 35,^ weiter Comeflor in feiner
Hift. Schoiaflica CXXXII,* fowie Vinzenz v. Bcauvais
Cap, CVI etc. Die Gurkcr Darftellung ftimmt ganz
I Spiiter nücliKcir;,Kcn. Vgl. oben, Nr. la.
5 Sp.iter AfclioJtke . Iliftori.-! farci 3.7
> Mign' Palr. lai. B<l. 198.
» Mignt 83, S. 130.
auffallend mit der eines Goldglafes,' fowie anderen
griechifchei. Miniaturen überein, z. B. dem Gregor
von Nazianz in Paris,* während das Speculum, die
Michelbeuerner Bibel, fowie die Lilienfelder Concor-
danz, ebenfo auch das Malerbuch den Gegenftand
ganz anders geben. Beachtenswerth ifl in Gurk die
naive Charakterifirung der beiden Bofewichter, welche
fich weiter mehrfach wiederholt; der König Manaffes,
der fich meiftens findet, fehlt hier.
38. Steinigung des Jereniias. Der Prophet kniet
eben zufammenbrechend; er trägt reiche Kleidung;
um ihn vier Männer, welche ihn fteinigen. Im Rahmen
oben : Jerinii[a]s'^ bartt verßaini. Den Gegenftand
berichtet gleichfalls die jüdifche Sage, danach zahl-
reiche chriftliche Schriftftcller, fowie das Martyrolo-
gium Romanum vom i. Mai.' Seinen Tod ftellt die Con-
cordanz von Lilienfeld dar, ohne befonders verwandte
Motive.
39. Ezechiels Feuertod. Der Prophet fteht betend;
Feuer lodert unter feinen Füßen hervor. Drei Männer
fachen dasfelbe mit Blasbälgen an; einer verfetzt ihm
einen Fußtritt; links erfcheint auf einem viereckigen
Pfeiler das Antlitz Gottes mit Kreuznimbus. Im Bilde
oben: Esechiell bardtt verbrant. Dafs Ezechiel gewalt-
fainen Todes ftarb, berichtet gleichfalls die jüdifche
Sage.^ Ueber die Art desfelben verlautet nichts
beftimmtes. Der Meifter wählte hier den Feuertod; er
mochte ihm wohl am geläufigften fein. Etwas merk-
würdig erfcheint das Haupt Gottes; es erinnert auf-
fallend an den aus den Fenftern zufehenden Manaffes
beim Martyrium des Isaias im Gregor von Nazianz;
hier ift damit das feurige Rad, in welcher Geftalt
Gott den Propheten erfchien, dargeftellt.
40. Daniel in der Löwengrube (Dan. XIV). Ein
Berg der fich vorn zu einer feft vergitterten Höhle öff-
net. In derfelben kniet zwifchen Löwen Daniel,
jugendlich, betend; er blickt in die Höhe gegen Haba-
kuk der, vom Engel beim Schopf gepackt, ihm durch
die Lüfte in einer Schüffei die Speife bringt. Im Rah-
men oben: Abakuk fpeisat danicll in [der'^] leo grub.
Daniel in der Löwengrube ift bekanntlich einer der
beliebteften Gegenftände der altchiiftlichen Kunft. Die
Darftellung des Faftentuches hat mit den älteren
wenig gemein, am mciften erinnert noch der beim
Schopf gepackte Ilabakuk an die Biblia pauperum
XXIX (Daniel) ebenfo XXXII (Ennoch),
VIII. Reihe 41. Jonas (Cap. II). Meer, rechts das
Ufer mit Schilf und Waffervögeln. Vorn der forellen-
artige Fifch, weiter rückwärts das Schiff Drei Leute
werfen den nackten Jonas eben ans dem Schiff, während
der Fifch denfelben in kniend und betender Stellung
ans Land fpcit. Im Rahmen oben: Jonas bardt gebor-
ffen aus dem ßhiff der vifcli in aiiff.' Auch diefc Dar-
ftellung ift der altchriftlichen Kunft ganz befonders
eigen; man möchte hier faft an ein folches Vorbild
denken, da hier mehrere Scenen auf einem Bilde ver-
einigt find, während tlie fonftigen Bilder des Mittelalters
in der Regel nur eine geben; auch wird auf den letz-
teren Jonas immer in die Hohe ausgefpieen, fo an der
' Abgcb. bei Kondakoff I. ag.
2 Abgcb. Garucci III 171 Nr. j.
■' .Spiilcr corrigirt.
> /./chokkt S. 253-
* //cliokke ;i. ri. O. S. 253.
" Spiitcr oben nachgetragen.
^ Schlecht erhalten.
17 —
Gurker Thür, dem Verduner Altar, ebenfo in der
Biblia pauperum; anders die altclirilUichen Dar-
ftellungen.'
Die fo ausführlich gefchilderten Schickfale und
Leiden der Propheten find augenfcheinlich als Parallele
zur gegenüberftehenden Paffion Chrifli gegeben; es
folgen wie in der Vorhalle die Thaten der beiden
Heldenfrauen; voran:
42. Judith mit dem Haupte des Holofernes (Judith,
Cap. XIII, 10 f). Links die befefligte Stadt; vorn
liegt am Bette Holofernes in voller Rüftung, aber ohne
Haupt; über feinen Oberkörper ift ein vogelbauer-
artiger Sturz geftellt. Links vom Bette fteht Judith,
welche in den geöffneten Sack der Magd das Haupt
des Getödteten hineinlegt. Vom Befefkigungsthurm
der Stadt ragt eine Stange mit dem Haupte hervor. Im
Bilde oben rechts: jfudit ßug Oliver -us das liaubt ab.
Diefes Bild ift wieder für die freie und zugleich überaus
naiv der Bibel nacherzählende Darftellungsweife des
Meifters charakteriftifch. Die Scene felbft findet fich
nicht feiten; den ausgefteckten Kopf gibt fogar das
Malerbuch an, aber was bedeutet der eigenthümliche,
unleugbar einem Vogelhaus ähnliche Sturz über Holo-
fernes? Der Meifter ftellte damit das vielgenannte
Mückennetz dar, hinter dem Holofernes faß, welches
Judith nach der That auch als Beute mitnahm.
43. Efliier vor dem Könige ; Haman am Galgen
(Efther Cap. V). Gemach mit caffetirter Decke. Links
fitzt der König mit zwei Rätlien, von denen der eine
auf den rechts an einen Galgen gehängten Haman
zeigt. Vor dem König kniet Efther, verhüllt, die Krone
am Haupte. Im Rahmen oben : Heßer patt asbern
homo an dem holz gehattgen. Während die Vorhalle
höchftwahrfcheinlich dasGaftmahl der Efther darftellte,
ift hier augenfcheinlich die erfte Audienz gegeben, in
■welcher Efther den König dazu lädt, freilich dabei
auch gleich das Gericht an Haman vollzogen. Der
auf den Hingerichteten weifende Rath fcheint Mardo-
chäus zu fein.
44. Jerufalem wird tvieder erbaut (i. Esdr. III ff.).
Stadt, von einer Ringmauer umgeben; vorn rechts
die Bauhütte. Zahlreiche Arbeiter find beim Bau
befchäftigt. Innerhalb der Stadt fteht ein Mann in
reicher Kleidung, Befehle ertheilend, wohl Esdras. Im
Rahmen oben: Die wider pauung ierußem. Die Wieder-
erbauung der heiligen Stadt findet fich im Speculum,
der Auftrag des Darius an Esdras in der Bibl. paup.
XV; hier ift offenbar die Verkündigung des Befehles
gegeben (r. Esdr. VII).
45. Alexander der Große hiddigt dem Prießer.
Rechts auf einem Berg die Stadt. Aus dem Thore
treten der Hohepriefter, hinter ihm mehrere Juden.
Von links kommen Krieger, voran ein reicher Wagen;
der König ift von demfelben abgeftiegen und vor dem
Priefter niedergekniet, welcher ihn fegnet. Im Rahmen
oben: Der groß alexander petat den brißer an. Für
die fpäteren Ereigniffe der jüdifchen Gefchichte bis'
auf Chriftus gibt die Bibel wenig Auffchlüße; hier
muß zur Fortfetzung die Profangefchichte und
Legende aushelfen. Die Begegnung Alexander's vor
dem Hohenpriefter wird im Mittelalter vielfach erwähnt
' Vgl. Garrucci II. 6 Nr. 2 u. f. w. Von fpäteren Darftellungen ift
namentlich der an der Thür zu gedenken (Mitth. N. F. 15, S. 174).
und befonders in der byzantinifchen Kunft dargeftellt.'
Erzahlt wird diefe Begebenheit in der Ilift. Scholaftica
des Peter Comeftor, bei Vincenz von Beauvais, Mar-
tinus Polonus etc. Meift fehr ausführlich.
X. Reihe, 46. Sieg des Judas Makkabaeus.
Schlachtfeld. Links die Juden auf eine Anzahl von
Konigen eindringend; faft alle zu Pferd. Judas,
den Juden im Galopp voranfprengend, hat das
Schwert erhoben, packt einen König beim Bart, um
ihm das Haupt abzufchlagen. Abgehauene K(jpfe, noch
mit aufgefetzten Kronen, und Gliedmaßen liegen am
Boden herum zerftreut. Im Rahmen oben: Judas
Machabeus erßug dy cliunge. Gemeint fein kann hier
doch nur der Sieg über Nikanor, welcher dann ent-
hauptet wird (2. Makk. XV f ). Der iVIeifter dachte hier
offenbar an die oben dargeftellte Tödtung der Könige
durch Jofua, welche er hier an Grauenhaftigkeit wie
auch an Kühnheit zu überbieten fucht. Er hat übrigens
beide Berichte verwechfelt, indem er oben „den chi-
nigg" fchreibt, hier aber den Plural fetzt.
Fig. S.
47. Tod des Julius Cäßar. Inneres des Palaftes.
Auf reich gepolftertem Throne fitzt in der Mitte Cäfar
in Talar und pelzverbrämterDalmatica, auf dem Haupte
die Tiara mit Kreuz, in Händen eine offene rothe Perl-
fchnur. Er wird von zwei Männern, Brutus und Caffius,
angefallen. Der rechts fticht ihn mit einem Dolche, der
andere, mit großem Schwert an der Seite, fchlägt auf
ihn mit einem Hammer. Im Rahmen oben: Julius der
clihcyßr zu roiii bard erßagen in fein palaß. Der Tod
heidnifcher Könige wird im Mittelalter nicht feiten als
Vorbild Chrifti gegeben, z. B. im Speculum der Tod
des Codrus (f. 36 a), fowie der Tod des Cyrus (f. 36 b).
Der Meifter des Faftentuches kann fich den römifchen
Cäfar nur als Papft vorftellen. Nicht ganz klar erfcheint
die Bedeutung der Perlfchnur; an einen Rofenkranz*
als Schmuck wird hier nicht zu denken fein, dagegen
' Vgl. Koyidakoff 1. S. 42, 61; Henne van Rhyn: Deutfche Cultur-
gefchichte I, aoS.
2 Vgl. iVet/s: Coftümkunde III, i S. 119, daza namentlich Fig. 72.
29*
— 2 1 8 —
finden wir Perlfcliiiüre bei Lehensberren und Richtern,
z. B. in der Heidelberger Handfchrift des Sachfenfpie-
gel', dort mit rothen und gelben Kugeln undzufammen-
gebunden, jedenfalls wie hier als Abzeichen befonderer
Würde, weiter jedoch nicht erklärt.
48. Aitgujhis tind die Sibylle von Tibur. In der
Mitte des Bildes erfcheint, von Strahlen umgeben, auf
derverkehrtenMondesfichel flehend, Maria mit der drei-
fachen Krone, das Jefuskind, welches einen Apfel
hält, tragend. Darüber ift auf einem Bande zu lefen:
Maria. Links kniet in ähnlicher Tracht wie im vorigen
Bilde Cäfar, nur das Oberkleid mit Zatteln verfehen,
Auguftus, rechts ihm gegenüber die Sibylle, als Königin
ganz verhüllt, beide anbetend, die Hände gefaltet.
Von beiden gehen Spruchbänder aus; bei Auguflus:
Oclavimius fach Maria und J ef um} Bei der Sibylle:
Sabillafach Maria in der fun. Wären nicht die Infchrif
ten beigegeben.'^möchte man glauben, die beiden An-
dächtigen feien etwa die Donatoren des Werkes.
Solche find auch auf dem ganz ähnlich disponirten
Bilde an der Kirche zu Lieding^ gemeint. Neben Maria
in der Sonne flehen dort die heilige Margaretha und
Katharina; dieknienden Donatoren find kleiner geBildet.
Die fonft üblichen Darftellungen, z. B. im Speculum,
haben mit der Gurker nur den Gegenftand gemeinfam.
Erzählt wird diefe Begebenheit vielfach, z. B. in der
Legenda aurea des Jacobus de Voragine, Cap. VI,*
' Vgl. U. F. Kopp: Schriften und Bilder I, S. 60, auch Henne v. Rhyn:
Deutfche CuUurgefchichte I, S. 276 u. 279.
- Das letzte Wort das misverftandcne Monogramm.
' Kunfttopographie Kärntens, S. 176. Gute Photographie von 7. Wlha
in Wien.
* Ed. Graeffe, p. 44.
Martinus Polonus Hb. II, Cap. XV etc. Die Schilderungen
erfcheinen .*"ehr von der Apokalypfe, Cap. XII, beein-
flußt.' Die Hiftoria Scholaftica fchweigt davon.
49. Geburt Mariae (Protoevangel. Jacobi V).
Zimmer; links liegt auf einem Bette mit einer Decke
bedeckt, Anna mit gekreuzten Armen. Zwei Frauen
flehen hinter dem Bette und bringen ihr Speife (fchlecht
erhalten). Vorn rechts flehen am Feuer zwei große
Krüge, daneben ift eine Frau befchäftigt das neuge-
borne Kind, Maria, in das Bad zu fteckeii. Im Rahmen
oh&n: Hie bardt unfer fruw geboren. Den Schluß des
alten Teflamentes bildet die Jugendgefchichte Mariae.
Diefes erftere Bild findet fich befonders in der griechi-
fchen und italienifchen Kunft häufig; typifch find die
Frauen mit der Nahrung, das Bad, fowie die Krüge am
Feuer; ähnlich find auch deutfche Darflellungen, befon-
ders die am Altärchen zu Mariapfarr^ u. a.
^o. Maria Opfei-uiig[\iv:xnge.\. de nativ. Mariae VI;
Protoevang. Jacobi VII; Pseudomatthäus IV). Tempel;
rechts der Altar in ähnlicher Ausftattung wie bei Nr. 24.
Mehrere Stufen führen zu demfelben, links der Eingang.
Neben dem Altare zwei Prieftcr. Die Stufen hinan lleigt
Maria, gefiüirt von ihrem Vater Joachim (fehr verdor-
ben), dahinter betend Anna und eine andere Frau,
einen Korb mit zwei Tauben haltend. Im Rahmen oben;
Da hart tinfcr fraw in den tenipcll geophert.
' Vgl. über die Sibyllen Piper: Mythologie und Symbolik der chrifU.
Kunft I. 481; vgl. übrigens auch .4. Prfikop: Der Briinner Teppichfehatz,
Mitth. der Centr.-Comm.. N. F. XIII, S. CXXl f.
- Mitth. der Centr.-Comin. XVin,2o6
(Fortfetzung folgt.)
Die Kirche zu Höflitz bei Benfen in Böhmen.
Befprochen von Emil Nedler.
Is'P^ AS uralte Dörfchen Höflitz, bis um 1500 unter
Lc^l dem "N amen P/ew/in oder Jedlka vorkommend,
CsJ*:^ befitzt ein altes, bisher ganz unbeachtet ge-
laffenes Kirchlein aus der Zeit der Spät-Gothik. Die
Kirche in Höflitz ifl zwar fchon 1234 errichtet worden,
doch ifl der jetzt beflchende Bau ein Conglomerat aus
verfchiedenen fpäteren Perioden. Die frühere Holz-
kirche fiel wohl, wie die in Benfen, in den Hufiten-
kriegen (um 1430) und wurde einige Jahre fpäter, um
oder nach 1440 aus Stein wieder aufgebaut. Sie trägt
unvcrkeiinbar das Gepräge der fpätgothifchen Bau-
weifc und liegt die Vcrmuthung nahe, dafs diefelben
Verhältniffc um die Mitte des 15. Jahrhunderts hier
gewirkt haben, welche auch den fchoiien Chor in
Benfen fchufen. Höflitz gehörte nämlich feit alter Zeit
zur MerrfchaftScharfenflein, deffen Herren ja meifl auch
die Befitzcr von Benfen waren. In der alten Kirche
war auch ein Wappen von 1416 vorhanden. J5ei dem
wefllichen Portale der Höflitzer Kirche finden fich ganz
den Benfencrn ähnhche Steinmetzzeiciien. Die Archi-
tektur diefes fowic des SüdPortalcs ifl fchließlich die
gleiche, aber noch beffcr erhalten als in Benfen. Das
jetzige Kirchcnfchiff flammt theilweife aus dem Jahre
1588 und ifl i8-6 M. lang und 13-8 M. breit, bei einer
Höhe von ungefähr 105 M. Es ifl zwar nicht einge-
wölbt, doch laffen die außen auf l^eiden Seiten ange-
brachten fieben Strebepfeiler darauf fchließen, dafs
vor 1588 eine gew-ölbte Decke bellanden hat oder
doch zum mindeilen geplant war. Die fchönen Por-
tale auf der Wefl- und Südfeite berechtigen auch
zur Annahme, dafs die Abficht befland, hier eine vor-
nehme Pfarrkirche als Mittelpunkt für die Umgebung
anzulegen, umfomehr da diefelbe, wie noch gegen-
wärtig, in früheren Zeiten als Wallfahrtskirche weit
und breit bekannt war.
13cr im Achteck gefchloffcne nach Ollen gerich-
tete Chor hat eine Breite von 5'5 M. und eine Länge
von 93 M. Die Höhe beträgt nur 5 M. Er ifl; mit ilark
vortretenden, im fogenannten Birnenprofil geflalteten
Kippen eingewölbt (Fig. iV Die Hauptfchlußfteine
find rund. Der letzte bildet eine flach gcarijcitcte Ro-
fette; der vordere trägt das Wappen der (irafen von
Thun mit der Jahreszahl 1710. Es fchcint letzteres an
Stelle eines ehemaligen Doppelwappens angebracht
worden zu fein. Das Material fowohl zum Thorbau (an
den Portalen) als auch im l'resbyterium ift rothlich-
gelber Sandflein. Die drei Fenftcr des Chores find im
Spitzbogen gefchloffen. Aus dem vorderften derfel-
ben ifl, wie erfichtlich, das Maßwerk herausgebrochen
worden, jedenfalls um dem etwas dunklen Presbyteriuin
219
mehr Liclit zukommen zu laffen. Dagegen find die
zwei hinteren Fenfter im oberen Theile in der Geftalt
von Kleeblättern mit reichem Maßwerk ausgefüllt
und zeigen eine befonders reine technifche Ausführung.
Die Zeichnung \i\ fchlicht und edel. Ein viertes
Fenfter fcheint ehemals beflanden zu haben, aber ver-
mauert worden zu fein. Der Eindruck des Chores von
außen ift allerdings kein befonders günftiger, da derfelbe,
etwas tiefer als der vorbeiführende Weg, im Friedhofe
cele^en und über das Fundament hinauf verfchültet
worden ift, dadurch aber wie in die Erde vergraben
erfcheint. Die Erklärung für diefe unfchöne Gruppirung
kann nur in fpäter eingetretenen Terrainfchwierigkeiten
gefucht werden, die fich infolge der Friedhofanlagc
ergeben haben mögen.
Das Kirchenfchiff hat an der Südfeite drei Fenfter
mit fchönem Maßwerk, ein viertes war anläßlich des
Thurmbaues überflüßig und ift deshalb vermauert
worden. Der Thurm enthält auch die Vorhalle zum Süd-
Portal, welch letzteres mit einer alten großen Holzthür
verfehen ift. Diefe Thür ift mit einem Rahmen um-
geben, welcher fehr fchöne traditionell gcftochene oder
gefchnittene gothifche Ornamente aufweift. Leider ift
aber bereits an einigen Stellen das Schnitzwerk gcfpal-
ten und von Würmern zernagt worden. Die Sacriftei ent-
hält ebenfalls eine gothifche mit Eifen befchlagene Ein-
gangsthür.
An der Nordfeite des Kirchenfchiffes, fall an-
fchließend an den Chor, ift nur ein Fenfter. Auch diefes
ift mit Maßwerk verfehen. Was die vier Altäre betrifft,
fo find diefelben in ihrer jetzigen Form fämmtlich aus
der Neuzeit. Der jüngfte ift zwifchen 1670 und 1675
errichtet worden. Der Hochaltar reicht bis an die Decke
und ift 5 M. hoch. Er enthält als Altar-Bild „die
Familie der heiligen Mutter Anna" — das heißt Anna,
ihr Gemahl Joachim und ihre Tochter Maria als Kind.
Das Bild ift zwar theilweife übermalt; doch unver-
kennbar eine werthvolle Schöpfung» aus der nieder-
ländifchen Schule. Die Herkunft desfelben läßt fich auch
verfolgen, da die zeitweilige Anwefenheit und Ver-
fchwägerung von reichen Holländern mit Salhaufen-
Töchtern aus den hiefigen Kirchenbüchern erfehen
werden kann, und dürfte fomit als Schenkung an die
Kirche aus den Niederlanden hieher gekommen fein.
Als Spender könnte wohl der „voll Edle Herr Arnolig
Wichers" aus Holland, feit 1683 Gemahl der Maria
Ludmilla \'on Salhaufen, angenommen werden. An der
linken (Evangelium-) Seite des Presbyteriums find auch
Wandmalereien, welche Max Ritter von Grünthal 1699
herftellen ließ. Diefelben find jedoch gegenwärtig, an-
geblich wegen ihrer anftößigen Form, übertüncht. Auch
an der Decke des Kirchenfchiffes find alte Malereien
in guter Ausführung vorhanden. Es find in der Kirche
zwar noch eine Anzahl alter Bilder, darunter fogar eines
aus Rom, ein anderes aus einem aufgehobenen Klofter;
doch ftehen fie dem oben erwähnten Altarbilde an
künftlerifcher Ausführung nicht gleich. An der Chor-
gränze — gegen das Schiff zu — find an einem Bogen
am Gewölbe folgende Nachrichten verzeichnet. „Anno
1234 ift diefes Gotteshaus erigirt. 1588 das i.mal reno-
virt. 1715 den 12. Februar Nachts durch einen Sturm-
wind ruinirt. 1716 mit großen Unkoften wieder reftaurirt.
1716 bis 1718 der Thurm von Grund auf modificirt. 1723
die obere Mauer demolirt und dann in diefem Stande
perfeftionirt". Später ift beigefügt worden: „760 und
801 der Thurm reparirt worden."
Von den Thurmglocken ift nur noch die größere
mit gothifchen Schriftzeichen (aus der Zeit von 1430 bis
1470) verfehen. Die Umfchrift am äußeren Glockcnrande
lautet überfetzt: „Das wir beginnen, das endige mit
Gott, Maria berath Alles." Die zwei anderen Glocken
find 1719 und 1867 umgegoffen worden.
Was die Gefchichte diefer Kirche betrifft, fo ift
darüber folgendes zu berichten:
Diefelbe wurde, wie die Kirchenbücher angeben,
im Jahre 1234 begründet und foll älter fein als diejenige
zu Benfen. So erzählt wenigftens der Volksmund. Die
Namen der hiefigen alten Pfarrherren find jedoch erft
feit der Mitte des 14. Jahrhunderts bekannt. Als erfter
eröffnet die Reihe ein gewiffer Nicolaus, diefer taufchte
am 9. April 1359 mit dem Pfarrer zu Sebnitz in Sachfen.
Sein zwölfter bekannter Nachfolger Balthafar Richter
trat 1532 zum Proteftantismus über und fungirte bis zu
feiner Vertreibung im Februar 1555 dafelbft als Paftor.
Die Salhaufen waren feit 24. Juli 15 15 die Patrone der
Höflitzer Kirche und wandten, wie im 13. und 14. Jahr-
U— zoctm-»:
Höflitz.
Fig.
hunderte die Herren von Michelsberg und Wartemberg,
ebenfalls derfelbcn ihre Fürforge zu. Von 1532 bis 1628
wirkten in Höflitz nacheinander acht proteftantifche
Seelforger. Der letzte derfelben, Paul Kanneberger,
wurde mit feiner Familie im Juli 1628 zur Flucht ge-
nöthigt. Hierauf war die Kirche zu Höflitz ohne eigenen
Pfarrer und wurde der Benfener als Filiale zugewiefen.
Im Jahre 1675 wurde endlich infolge der Bemühungen
der Grundherrin Maria Magdalena von Rofenfeld für
Höfliz ein eigener Pfarrer angeftellt in der Perfon des
„Johannes Uding aus Münfter in Weftphalen". Derfelbe
hat bereits 14 Nachfolger.
Die Höflitzer Kirche ift mehrmals von Dieben
beftohlen worden. So heißt es ,Anno 1547 am Abend
vor dem heil. Drei König-Feiertag, wurde die Kirch
zu Höflitz von Mathias Töpfer aus Benfen erbrochen."
Er wurde aber bald entdeckt und geköpft. Auch in der
Nacht auf den 19. März 1687 drangen Diebe in die
Kirche ein und ftahlen unter anderem fogar den Kelch
aus dem Ciborium. In der Nacht vom 15. zum 16. März
1826 verfuchten Diebe eine der Glocken zu ftehlen.
Sie hatten bereits den Schwengel herausgefchnitten,
wurden aber durch Zufall wieder verfcheucht.
220 —
Gefammelte Daten im Laufe d. J. 1891 über einige hervor-
ragende Baudenkmale im nordöftlichen Böhmen.
Reifebericht von Confervator Enianui-l Pippicli.
II.
Schlofs und Schlofspfarrkirche in Opocno.
Ion der alten Burg Opocno hat fich nur ein ?-un-
ij, der Thuriit erhalten, welcher fich, anfchließend
MtiftSS an den neueren Schloßbau, bei dem ehemaligen
Schloßgraben erhebt. Diefer wurde im Anfange des
laufenden Jahrhundertes in einen prächtigen Park um-
gewandelt. Die Situation der alten Burg hatte eine
dreieckige Geftalt gehabt; die heutige Schloßanlage,
welche in einzelnen Theilen bis ins i6. Jahrhundert
hinaufreicht, ift in ihrer länglich-rechteckigen Form
bedeutend kleiner.
Der intereffantefte Theil diefer zweigefchoßigen
Anlage ift der architektonifch fehr wirkfame grojk
Hofranni im Style der italienifchen Renaiffance. An
der Südoftfeite des nach den übrigen drei Seiten
gefchloffenen Hofes befindet fich eine geräumige Ter-
raffe, von welcher eine breite Freitreppe zu dem ober-
wähnten Schloßparke führt. Das ganze Schloß hat
fomit eine fchöne dominirende Lage.
An allen drei Hoffeiten erftrecken fich im Par-
terre und zwei Stockwerken fehr elegant-behandelte
Arcaden, von denen die unteren zwei mit runden Kreuz-
gewölben auf toscanifchen fchlanken Säulen eingedeckt
find,jeneim zweitenGefchoß jedoch blos flachePlafonds
tragen. Die Zwifchenräume füllen durchbrochene ftei-
nerne Balluflraden in Dockenform aus.
In jüngfler Zeit wurden alle diefe Arcaden fehr
forgfältig reflaurirt. Von dem ehemaligen röthlichen
Anitrich findet man heute keine Spur mehr; denfelbcn
deckt heute ein lichter Kalkanibich. Auch die an eini-
gen Stellen früher befindlichen kurzen Sinnfprüchc,
von denen noch Sedläcek in feinen „Hrady a zämky"
(II. Theil, Heft 3) Erwähnung thut, find bereits überall
verfch wunden.
An mehreren Punkten der Wafferrinne oberhalb
des Kranzgefimfcs ficht man weit vorragende metal-
lene Wafferfpeier, intereffante Erzeugniffe älterer
heimifcher Schmiede-Technik.
Die hoch über die Dachflächen auffteigendcn
Rauchfchlöte machen von weitem den Eindruck von
lineal-fgraffitirten Pfeilerflücken. Thatfächlich kommen
aber im ganzen Schloße keine Verzierungen in Sgraf-
fitomanier vor.
Die auswärtigen Scliloßfronten haben ein höchll
einförmiges Anfehen. Gewöhnliche viereckige Fenfter,
paarweifc gruppirt, zeigen keinen befondcrn ornamen-
talen .Schmuck, nicht einmal eine einfach profilirte
Umrahmung, die Zwifchenijfciier find vollkommen leer.
Lediglich der tiurdöJIHclw Ilaupteingang ift durch ein
halbkreisförmiges Portal, das oben mit einem Spitz-
giebel bekrönt und an den Seiten ruilicirt erfchcint,
verziert. In diefem nordöftlichen Schloßflügel befindet
fich auch die durch zwei Gefchoße auffteigende Capelle,
die augenfcheinlich erft im 17. Jahrhundert in der
gegenwärtigen Geftalt hergerichtet wurde. Das hier
vorkommende Altarbild, die Ermordung des heiligen
Wenzel darftellend, foll vom Maler i?;-(?«i// herrühren.
Sonft findet fich in dem befchränkten quadratförmigen
Raum nichts erwähnenswerthes vor.
In den übrigen fehr zahlreichen Räumlichkeiten
des Schloßes intereffiren einige trefflich gearbeitete
alte Schränke, Tifche und Stühle, fämmtlich im Renaif-
fanceftyle, ferner insbefondere cmegroße Anzahl von ge-
malten Poriraits von den ehemaligen Befitzern des
Schloßes theils aus der Zeit der Herrn Trcka von Lipa
(16. und Anfang des 17. Jahrhundert), theils aus der
fpätern Zeit, wo Opocno fchon im Befitze des Haufes
Colloredo war. Beachtenswerth erfcheint namentlich
das Portrait des letzten Trcka von Lipa, Adam Erd-
mann, Waldfteins Schwager, der im Jahre 1634 in Eger
ermordet wurde.
Auch befindet fich hier ein aus der Schloßkirche
\\htrU-a.genes gemaltes EpitaphiiiDi mit der Infchrift:
„Toto epitaphium dal jest udclati urozeny pän pan
Jeti^ich starsi synovi svemu." Diefes alte und fehr gut
erhaltene Bild, deffen Maler unbekannt ill, nimmt unfer
Intereffe deshalb in Anfpruch, weil man im Hinter-
grunde desfelbeirdie ganze Perfpective der Kirche, wie
fie noch im 16. Jahrhundert ausgefehen hat, erblickt.
Nach den vorhandenen Gewölben und den Trennungs-
pfcilern erkennt man ganz gut den damaligen Ueber-
gangsftyl aus der Gothik in die Renaiflance. — Im
Vordergrunde nach fünf Gruppen getheilt: Darftellun-
gen der heiligen Taufe, Beichte, Communion, Ehe und
Predigt (Firmung.^) — Hauptperfonen : der oberwähnte
Jctiicli ze Zcrutina und feine Braut Barbara von Biber-
ftein.
Die Schlofs- und zugleich Ortspfarrkirche in Opocno.
Diefe der heiligen ]3reieinigkcit geweihte mittel-
große Anlage foll aus dem 14. Jahrhundert llammen,
in welcher Zeit fie nur als Schloßcapelle in kleinerer
Geftalt und dem heiligen Andreas geweiht beftanden
hat. Damals diente die gegenwärtige P""riedhofskirche
(Marienkirche) als die urfprünglichc Pfarrkirche. Laut
des Memorabilienbuches in Neuftadt an der Mcttau
entftand fpäter, u. zw. im Jahre 1567, aus der kleinen
.Schloß-CapcUe die vergrößerte Ortspfarrkirche, zu der
im Jain-e 1715 noch das letzte weftliche Joch zugewach-
fen ift. Gleicherzcit wurde eine Reconftruftion des
ganzen Haufes vorgenommen.
In der jetzigen Geftalt befteht der Bau aus drei
Schiffen in Ilallenform und dem geradegcfchloßenen
l'rcsbyterium, welches gleich dem Langhaufe mit ein-
Miltheilungen d.k.k.C.Com.
Kloslerkirche Rosa coelis inKanilz.
ßx- fr tf ^=
1' .-p)r,>Ci.ifi^6^ AWorSdCkWien.
221 —
fachen gothifchen Kreuzgewölben überdeckt erfcheint.
Die drei gleicli hohen und breiten Schiffe werden
durch ganz runde und fehr liohe Säulen mit Blatt-Capi-
tälen getrennt, an welche die Gewölberippen ziemlich
ftumpf anlaufen. In den Schlußfteinen bemerkt man
undeutliche Embleme.
Unter den Nebenfchiffen wurden in fpäterer Zeit
(vielleicht in dem oberwähnten Jahre 17 15) durchlau-
fende Arcaden mit rundbogigen Kreuzgewölben, ähn-
lich denen, wie fie im Opocner Schlofshofe vorkommen,
eingerichtet. Im Obertheile find diefe Arcaden zur
Aufnahme der Kirchenbefucher beflimmt. Als Träger
fungiren zierliche Säulchen ionifcher Ordnung, und in
den Feldern der Bailuftraden ficht man pflanzliche
Relief-Ornamente abwechfelnd mit kündlichen Symbo-
len ohne wefentliche Bedeutung.
Infolge diefer neueren Arcaden-Einbauten mußten
die alten gothifchen Fenfter in den unteren Hälften
vermauert werden, was wieder zur Folge hatte, dafs
man zum Behufe einer Erweiterung nach oben den
alten fpitzbogigen Abfchluß in eine neue fehr flache
Segmentform verwandelte. Von irgend einer Maßwerk-
verzierung hat fich daher gar keine Spur erhalten.
Desgleichen finden fich auch keine Strebepfeiler
an den Außenwänden der Kirche vor. Dies erklärt fich
daraus, dafs die urfprünglich gewählte Situation der
Kirchenanlage die Anbringung befonderer Außen-
ftützen gar nicht erheifchte. Es ifl: nämlich die eine
volle Kirchenfront, und zwar die Südfeite, in das angren-
zende Pfarrgebäude eingebaut, wodurch auch ein
Theil dei- weftlichen Front durch das genannte Gebäude
verdeckt erfcheint. Diefer große Uebelfland trägt
freilich wenig zur würdigen Repräfentanz des Gottes-
liaufes bei. Dazu kommt noch der zweite bcdauerns-
wcrthe Umftand, dafs diefe fonft fo geräumige und flatt-
liche Kirche keinen größeren Thunn erhielt, fondern
nur einen am Dachfirfl der Weltfront fitzenden Dach-
reiter befitzt.
Oberhalb des Hauptaltares (ohne größern künfl-
lerifchen Werth) befindet fich das fürflliche Oratorium,
das durch einen fehr langen und fchmalcn Corridor
einerfeits mit dem alten Schloße, anderfeits mit einem
in nördlicher Richtung weiter gelegenen Luftfchlöß-
chen aus neuerer Zeit verbunden ifl.
Von den ehemaligen Befitzern des Schloßes, der
Familie TrckavonLipa, werden in einem eigenen Anbau
der Sacriftei fechs zinnerne Särge, welche aus der
urfprünglichen Gruft an der Nordfeite des Presby-
teriums herrühren, aufgeftellt. Bei einer im Jahre 1884
erfolgten Befichtigung diefer Särge fand man im
Innern noch drei koftbare Ringe, welche gegenwärtig
im fürftl. Colloredo'fchen Palais in Wien aufbewahrt wer-
den. An den Deckeln der erwähnten Särge liest man fol-
gende Namen und Jahreszahlen: Wilhelm Trcka von
Lipa.geftorben 1569; derfelbewarderStifterdesGottes-
haufes — Barbara Trcka von Li'pa, geborene von
Biberflein, geftorben 1585 — Jaroslav Trcka von
Lipa, geftorbeji 1588 — feiner Gemahlin Johanka,
geborene von Zerotin, geftorben 1596 — zweier Söhne
Johann Karl, geftorben 1588, und Chrifloph Jaroslav,
geftorben 1601.
Die beiden an den Schiffswänden vorkommen-
den Grabfteine aus Marmor mit aufrechtftehenden
Ritterfiguren des Wilhelm und Jaroslav Trcka von
Lipa aus dem 16. Jahrhundert find noch ganz gut er
halten.
Klofter Rofa coeli in Kanitz und Burgruine Boskovic.
Uefprochen und aufgenommen vom Confervator k. k. Bauratli K. Rosner
(Mit I Tafel.)
W'^^lllACH der „Topographie des Markgrafenthum
M^i ^''^'^''^"" von Schwoy, 1793, ift der Stifter des
[C^^^ Klofters Wilhelm Comes de Kaunitz, Herr auf
Dirnholz — ein Tochtermann des Fürften Konrad III.
— welcher während des Krieges mit dem damals
feindlichen Oefterreich in diefem Lande auch fehr viele
Klofter und Kirchen verheert hatte. Zur Sühne ftiftete
und erbaute er am Fuße feiner Burg zu Kanitz unter
dem Namen Rosa coeli ein fchönes Klofter für hundert
Nonnen Prämonftratenfer Ordens, in deffen Kirche er
und feine Nachkommenfchaft ihre Begräbnisftätten
hatten. Die Bauzeit wird angegeben von 1181 bis 1183.
In den Hufitenkriegen wurde das Klofter ftark
hergenommen. 1703 brannte die Kirche ab und ift feit-
her ohne Dach geblieben.
Die neben dem hohen Chor befindliche Capelle
wurde wieder mit einem Dache und dazu mit einem
Thürmchen verfehen, und wurde noch in diefem
Jahrhundert Meffe in ihr gelefen. Gegenwärtig ift auch
diefe Capelle dachlos.
Der Anblick, den Kirche und Klofter, beziehungs-
weife der Kreuzgang (Fig. i) heute gewähren, ift ein
fehr trauriger, vollftändig ruinenhafter und namentlich
deshalb fchmerzlicher, weil man fofort erkennt, dafs
nicht der Zahn der Zeit, fondern frevelhafte Hände
den einfach fchönen edlen Bau verwüfteten. Alle
Steinprofile, die noch vorhanden find, haben jetzt, nach
fiebenhundert Jahren, noch die urfprüngliche Schärfe
und Reinheit. Der verwendete Sandftein von geblicher
Farbe — aus Krumau — ift außerordentlich hart und
widerftandsfähig.
Die weftliche Stirnmauer, in der fich das Haupt-
Portal befindet, mit ihrer hohen Giebelwand und einem
Treppenthürmchen zur Seite, fteht noch, aber aus dem
fchönen dreitheiligen Fenfter diefer Front ift das Maß-
werk großentheils herausgebrochen, die Strebepfeiler
find ihrer fteinernen Deckplatten beraubt, aus dem
Treppenthürmchen find die Steinftufen entfernt. Wenn
man bedenkt, dafs die fehr hohe fpitze Giebelmauer
— vollftändig ohne jeden Rückhalt — nun fchon durch
faft zwei Jahrhunderte frei in die Lüfte ragt und dem
Drucke der Weftftürme fiegreich trotzte, fo kann man
fich
machen.
Es fei hier gleich bemerkt, dafs der ganze Bau
größtentheils aus Bruchfteinen aufgeführt ift und nur
eine Vorftellung von der Fertigkeit des Baues
die wichtigften Beftandtheile aus Werkftucken her-
geftellt wurden. Diefe verhältnismäßig- fehr geringe
Menge von Steinmetzarbeit kann auch (nebft dem
Willen des Bauherrn) die für das Mittelalter wunder-
lich klingende Kürze der Bauzeit erklären.
Betritt man durch das fchönprofilirte Weftportal
— ein Spitzbogen mit dem fegnenden Chriftus im
Tympanon (Bruftbild) — den oben offenen Kirchen-
Neben dem KirchenfchilT Hl an der Nordfeite der
Kreuzgang angebaut; ein fehr einfacher Bau mit Spitz-
bogenöffnungen ohne Maßwerk. Auch diefer befitzt
noch feine Kreuzgewölbe und wird gegenwärtig als
Depot für Petroleumfäffer und alles erdenkliche alte
Gerumpel benützt. Der Hof des Kreugangs ift durch
Steintrümmer faft unzugänglich gemacht.
11* * " f* f
Fig. I.
räum, fo präfcntiren fich die Umfaffungsmaucrn einer
einfchiffigcn Kirche mit einem Qucrfchiffc, beide von
ungewöhnlicher Höhe (vom Boden bis zum Gewölbc-
anlauf i6 M.); Steintriimmer und Geftrüppe bedecken
den I5oden, allüberall ifl: das Maßwerk der Fcnfler aus-
gebrochen, fämmtliche Gewölbungen geftürzt. Das
durch fünf Achtecksfeiten abgefchloffene Presbyterium
hatte nahezu gieiciic Hohe mit dem Kirchen- und Quer-
fchiff. Anftoßend an das nördliche Querfchiff befindet
fich eine fchmucklofc fchmaleCapelle, die heute noch
ihr Gewölbe befitzt.
Die fchöncn Verklcidungs{|uadci-n dci- Strebe-
pfeiler find fall alle gewaltfam ausgebrochen, fo dafs
nur die Bruchflein-Mauerrefte derfelben übrig blieben.
Uebcr den Kreu/.gangarnieii erhebt fich noch ein
Stockwerk des alten Klofterbaues und diefes ifl durch
ein Nothdach gefchützt.
Die Gewölberippen des Querlclüffcs untl zweier
Travöes des Presbyteriums laufen herab, zeigen unter-
halb des Bogenanlaufes eine baldachinartige Capitäl-
form, durchbrechen das Kaffgcfimfe und enden unter-
halb dcsfclbcn in einer confolcnai-Lii/cn ILinzielning.
— 22^
Nur im Achtecksabfcliluß des hohen Chores und
im nächftliegenden Travee gehen die Gewölberippen
bis ganz herab und fcheinen Sockel gehabt zu haben.
Die Gewölberippen des Langfchiffes und der Capelle
ruhen auf confolenförmigen Thier- und Engelgefbalten
und Wappenfchildern.
Der Kreuzgangs-Aufbau gehört eben-
falls der Blüthezeit der Gothik an, wie die
Fenfler-Profile zeigen. Die Gewölberippen des
Kreuzganges gehen an den Wänden der Hof-
feiten herab und haben unten ein Fußgefimfe;
an den vier Umfaffungswänden enden fie
unterhalb des Anlaufes confolenartig.
Im Schiffe der Kirche war auch eine
Empore eingebaut, wahrfcheinlich der Nonnen-
]5etchor. Sie wurde getragen durch fechs
Kreuzgewölbe, welche fich auf drei in der
Mittelachfe des Kirchenfchiffesgeftandene Frei-
pfeiler ftützten. Dicfe Anordnung der Unter-
wölbung der Empore war Urfache, dafs das
Portal an der Weftfeite nicht in der Mitte,
fondern feitwärts links angebracht wurde.
Von den drei Freipfeilern ift keine Spur
mehr vorhanden, man fieht nur an den drei
Kirchenwänden in geringer Höhe oberhalb
des Bodens die Confolen, auf denen die Gewölberip-
pen der Empore auffaßen (confolenartige Einziehungen
der Rippen).
Der ganze Bau macht den Eindruck edler erha-
bener Einfachheit. Ein paar hundert Schritte entfernt
von ihm fteht auf einem Hügel eine ganz neue moderne
Kirche — die Pfarrkirche — ein gefchmacklofes Mach-
werk aus dem Jahre 1878.
Noch ift zu erwähnen, dafs einzelne Details aus
diefer Kirche, als: Figuren, Schlußfteine, Grablleineetc.
ins Brünner Franzens-Mufeum kamen; dafs ferner in
der neuerbauten Pfarrkirche fich die Kanzel der alten,
durch das Hochwaffer zerftörten fpät-gothifchen Stadt-
pfarrkirche befindet — ein nicht bedeutendes Werk
vom Jahre 1529.
Das Schloß Kanitz, auf einem Hügel nächft der
Klofterruine gelegen, ift ein im Viereck hergeftelltes
Gebäude mit Baftionen und Gräben, das in keiner Be-
ziehung ein hervorragenderes Intereffe erregt. Die
Haupttheile ftammen aus dem 17. Jahrhundert; die
kleine Capelle aus gothifcher Zeit. Hübfeh ift im
Schlöffe eine fteinerne freitragende Wendeltreppe
(ohne Spindel) des 15. Jahrhunderts, deren Stufen man
im 16. Jahrhundert durch gefchmackvoU verzierte
fchmiedeeiferne Träger unterftützen zu muffen glaubte.
Burg Boskovic.
Von diefer Burg wird viel Auffehens gemacht und
fie zu den fpät-gothifchen Bauten gezählt; ichwar daher
nicht wenig überrafcht, als ich den Eingangstraft —
das ift der einzige Bautheil der ganzen Burg, der über-
haupt noch eine architektonifche Form darbietet (alles
andere find kahle Mauerrefte mit äußerft fpärlichen
Zeichen von Kunll:formen) — als ich, wie gefagt, den
Eingangstraft der Reiiaijjfanceseit angehörig fand.
Eine eingemeißelte Jahreszahl an einem Sockel-
gefimfe diefes Bautheiles lautet: 1671. Diefer Eingangs-
traft ift eine Partie der Ringmauer, welche den Burg-
bau in einer Umfaffungslänge von 350 M. umfchlicßt.
XIX. N. F.
An der Siidfeite fällt das felfige Terrain fehr
fteil ab. Da konnte man fich mit dem Bau einer ein-
fachen fortlaufenden hohen Wallmauer begnügen. Von
diefer Seite war die Burg faft fturmfrci. An den übri-
gen drei Seiten ift das Terrain dem Angreifer günftiger.
Da find der Mauer Thürme und Ravelins eingefügt;
mim.
Fig. 2.
die Mauer ift mit Schießfeharten und Mordgalerie ver-
fehen (Siehe Grundrifsfkizze. Fig. 2).
Innerhalb diefer einheitlichen Umwallung liegt das
gefchloffene Burggebäude (mit dem Eingange 6" an der
Nordfeite) ohne weitere Vertheidigungswerke. Um
diefen Eingang noch mehr zu fchützen, wurde der
Zwingerraum durch zwei Radialmauern abgetheilt.
War der erfte Eingang A erftürmt, fo mußte noch
das Thor B der einen Radialmauer genommen werden,
um zum Eingang 6" zu gelangen.
Die Burg irt vollftändige Ruine; außer den Kellern
findet fich kein einziger gedeckter Raum mehr als
vorhanden.
An den hoch in die Lüfte ragenden kahlen, theil-
weife mit Werkftücken armirten Bruchfl:ein-Mauern
find an Kunflformen erfichtlich:
an der Südfeite ein einfacher Erkerausbau auf
drei Tragfteinen (Fig. 3);
F'g- 3-
an der Nordfeite ein kleines verftäbtes gothifches
Spitzbogen fenfter;
im Innern eine einfache verftäbte Thür mit geradem
Sturz und
an der Nordfeite das Eingangsthor C im Renaif-
fancc-Styl (Fig. 4). Sonft ift in der Burg an Kunft-
fornien nichts vorhanden.
Die Mauern (aus Bruchfteinen und Ziegeln aus-
geführt) find theihveife gekürzt, fo dafs es heute z. B.
fchwer mit Sicherheit zu beftimmen ift, wo die Stiegen-
anlagen waren.
Das früher erwähnte Thor B der einen Radial-
mauer zeigt den Uebergang von der Gothik zur
— 224
Renairiance; der Spitzbogen ift oben ausgefchwcift, ill
abgefafst und an Stelle des gothifchen Wafferfchlags
hat man eine Renaiffanceform angebracht (Fig. 5).
Im Zwins^er liegt mi
Fig. 5-
Auch die Zinnen des Eingangstrafles und des
danebenftehenden Thurmes find abfonderlich geformt
(Fig. 6).
Gräfe eine fteinerne Gruft
deckplatte. Sie bezieht fich auf Herrn Joannes Bohu.s,
Wenc. Morkowski und flammt aus dem Jahre 1694.
Fig. 6.
Es ift ]<ein Zweifel, dafs die Totalanficht der Burg-
ruine eine intereffante, wenn auch nicht großartige ift
und felbe als eine Zierde des landfchaftlichen Bildes
betrachtet werden muß, namentlich der Einzugstraft.
Särge zweier polnifcher Königinnen aus dem kaiferlichen
Haufe Habsburg in der Königsgruft am Wawelberge
in Krakau.
Befprochcii von Prof. Dr. Jofeph von
(Mit zwei
BN der Königsgruft unter der Domkirche am
Wawelberge zu Krakau befinden fich unter
anderen zwei Särge polnifcher Königinnen,
welche dem erlauchten Haufe Habsburg entftammten.
Es waren nämlich Anna und Conflantia von
Oeflerreich, Enkelinnen Kaifer Ferdinands I., Töchter
Erzherzog Karl Ferdinand's und Schweflern Kaifer
Ferdinand II. Sie folgten einander nach als Gemah-
linnen des polnifchen Königs Sigismund III. aus dem
fchwedifchen Königshaufe Wafa. So wie fie ihre Jugend
im elterlichen Haufe mitfammen in fchwefterlicher
Liebe verlebt, fo ruhen fie auch nach dem Tode neben-
einander in derfelben Gruft fchon drei Jalirhundcrtc
lang, ungeachtet aller politifchen Stürme und Regie-
rungsumwälzungen.
Beide Särge find kunftvoll aus Zinn gegoffen, mit
reichen Ornamenten verziert, an der obern Breiten-
feite mit königlichen Wappen und an der unteren mit
einer Infchrift vcrfehen.
Der Sarg der Königin Anna (vermählt 1592,
1 1598) ift an den Längsfeiten mit flylifirten erhabenen
Renaiffance-Pflanzen-Ornamcnten verziert. Auf dem
Sargdeckel befindet fich ein Kreuz, welches am unteren
Ende zwei Engel ftützen.
Das Königswappen zeigt in einem geviertheilten
Schilde abwechfelnd den polnifchen Adler und den
lithauifchen Reiter, der mittlere Schild, ebenfalls
geviertheilt, wechfelt die fchwedifchen drei Kronen
mit dem habsburgifchen Löwen, und der Herzfchild
ftellt das öflerreichifche Hauswappen dar. Das Ganze
wird von zwei Engeln als Schildhältern getragen.
Lepkow»ki, Confervator in Krakau.
Tafeln.)
Diefer Sarg war urfprünglich polychromirt, wovon
noch deutliche Spuren zurückgeblieben find, nament-
lich waren alle Pflanzenzweige vergoldet, die Rofetten
aber, fowie die Blumen und Früchte roth überzogen.
Der Grund des Wappenfchildcs und die Umrahmung
der Infchrifttafel waren vergoldet. Die letztere ift vier-
eckig in Cartoucheform und trägt folgende Infchrift:
Chriflo Deo Salvatori.
Anna Poloniae Svcciaec]. Regina Archidux Austriae
ex Carolo Ferdinandi Caesaris F. et Maria Alberti
Ducis Bavariae quam c.k Anna Ferdin. Caesaris F.
susceperat. Anno a Christo nato MDLXXXXII matri-
monium contraxit cum Sigism.III. Poloniae Sveciaeque
Rege inclyto. MDLXX.XXVIII uterum fcrcns iam
mensem oflavam, annos nata viginti (|uin(iiic obdor-
mivit in Domino.
Pia, Religiosa, Prudens,
Laude Regalium virtutum admirabilis
Mater pauperum.
Der zweite Sarg, nämlich der Königin Conftantia
(vermählt 1608, f 1631"), ebenfalls aus Zinn, ill mit
reichen Ornamenten im Barockflyl decorirt. An den
vier l'"cken des Sarges fowie auch an den iJuigsfeiten
find acht weibliche Statuetten gleichmäßig angebracht,
welche verfchiedene Tugenden mit entfprechenden
Attributen vorftellcn. Die Zwifchcnfelder find mit
(lylifirten erhabenen Pfianzen-Ornamenten verziert. An
der fchmalen Kopffeite des Sarges fehcn wir dasfelbe
Wappen, wie am Sarge der Königin Anna. Am Fuß-
ende des Sarges befindet fich eine ovale Infchrifttafel ,
auf welcher fol;^ende Worte zu lefen find:
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225
D. O. M.
Serenissima Regina Poloniarum
Conftantia
Ferdinandi I Imperatoris optimi iieptis
Caroli Archiducis Austriae et Mariae Boiorum Ducis
Filia
Ferdinandi II Caesaris semper Augusti Soror
Sereniss. ac. Potentiss. Pol. et Svec. Regis
Sigismundi III Coniux
Mortalitatis suae exuvias ad Dei Judicis usque
adventum hie deposuit.
Joannem Casimirum,
Joannein Albertum,
Carolum Ferdinandum,
Alexandrum Carolum,
Annam Catharinam
Le6lissimos terris Principcs
reliquit.
Foecunditatis suae partem Filium et Filiam Infantes
coelo consecravit.
Multis illa decora, qua prosapia qua Sanguinis qua
proquinquitatis qua affinitatis nominibus
sed eminentissima
ob eximium catholicae pietatis cultum
ob siiigularem a maioribus traditam erga adorandae
Eucharistiae Sacramentum reverentiam,
ob incredibilem in Superos observantiam
ob magnum religionis promovendae augendaeque
fervorem ob infinitum prope egenis pupillis viduis
benefaciendi Studium.
In opino mortis casu
Regina regnum, Coniux Regem, Mater Principes
Totam Chriftianitatem piissima Princeps
in moerorem traxit
Varsaviae X Julii anno reperatae salutis MDCXXXI
aetatis XLIII coniugii XXVI.
Der Sargdeckel trägt ein erhabenes Kreuz längs
der Mitte, neben welchem unten zwei Geftalten unter
dem Kreuze flehend eingravirt find, nämlich die Mutter
Gottes und der heilige Johannes; etwas höher zu bei-
den Seiten fieht man zwei eingravirte fliegende Engel
mit dem Kelche in der Hand, den Arm des Heilands
unterfliitzend. An den vier Ecken des Sargdeckels
befinden fich noch vier eingravirte Medaillons, welche
die Evangeliften vorteilen. Drei fchiefe fchmale Fel-
der des Sargdeckels find ebenfalls mit eingravirten
Ornamenten mit Engelköpfchen verziert, auf dem vier-
ten Felde an der Kopffeite ift der auferflchende Chri-
ftus eingravirt. Auch diefer Sarg trägt Spuren der
Polychromie, namentlich die Gcfimfe und das Feld des
Wappenfchildes zeigen eine rothe Farbe.
Beide Särge wurden im Jahre 1873 bei der allge-
meinen Reftaurirung der Königsgruft einer gründlichen
und pietätvollen Reftaurirung durch mich als den beru-
fenen k. k. Confervator unterzogen.
Der Jefuiten-Priefter Peter Skarga, der weife Rath-
geber der polnifchen Könige und unerfchrockene
Verkünder der Wahrheit dem Volke, fpricht, die dritte
Auflage feines Werkes: „Leben der Heiligen" der
Königin Anna widmend, feine Freude darüber aus,
dafs Sie die Sprache des Landes, dem Sie Köni-
gin geworden, fo lieb gewonnen habe und durch die
Angewöhnung und Beobachtung der Sitten Ihres neuen
Vaterlandes allen theuer geworden fei.
Sehr fchön fpricht Skarga weiter zu Anna von
Ihrem Haufe. Ueber dies würde diefer Priefter, Gott fei
Dank, auch heute, wenn er nacli drei Jahrhunderten
wieder auf der Kanzel am Wawel ftände, ganz ebenfo
fprechen.
Diefer gottfelige Jefuit, welcher die geiftlichen
Pflichten am Hofe Sigismund III. und deffen zwei
Gemahlinnen beforgte, hat auch die Königin Anna zum
Tode vorbereitet und mit den heiligen Sterbefacra-
menten verfehen.
Gothifche Holzgegenftände der kirchlichen Kunftinduftrie
in Weft-GaUzien.
(Mit einer arti
]RAKAU gilt mit Recht als die Hauptftätte der
mittelalterlichen Kunllpflege in den polnifchen
Ländern. Ungeachtet vielfacher Verwüftungen,
die es in Folge von Belagerungen, feindlichen Plün-
derungen und zahlreichen Feuersbrünften erlitten,
befitzt es in feinen Kirchen und Klöftern eine Anzahl
von Kunftdenkmalen aus dem Mittelalter, welche auf
ein reges Leben in diefer Hinficht zu fchließen erlau-
ben und die kunftgefchichtliche Bedeutung diefer
Stadt ganz befonders in den Vordergrund fchieben.
Aber neben diefem Reichthum an Gegenftänden
der eigentlichen Kunftprödu6lion fowie der Kunftindu-
ftrie früherer Jahrhunderte, hat die alte Königftadt in
einer Richtung merkwürdigerweife fo wenig, ja beinahe
gar nichts aufzuwcifen: ich meine die in den Bereich
der Kunftinduftrie gehörenden Holzarbeiten aus der
gothifchen Periode. Durch Kriegsunglücke und Feuers-
brünfbe wird die diesbezügliche Armuth nicht genügend
erklärt, indem doch ungeachtet alledem in unferen
Kirchen fo viele mittelalterliche Bilder, Schnitzerei-
(lilchen JUeliagc )
werke und Flügelaltäre erhalten find. Angcfichts diefer
befremdlichen Thatfache wird man verfucht, fich zu fra-
gen, ob denn in diefer Gegend Polens im Mittelalter gar
keine Kunftinduftrie in Holz vorhanden war, hier, wo es
doch an Holzmaterial nie gefehlt, wo die Sculptur, die
Goldfchmicdekunft, die Kunftfchlofferei, die Metall-
gießerei, die Glasmalerei im 14. und 15. Jahrhundert
auf einer fo hohen Stufe der artiftifchen Ausbildung
ftanden, und wo nachher das 16. und 17. Jahrhun-
dert uns mit fo zahlreichen Arbeiten der Kunfttifch-
lerei an Altären, Kanzeln und Chorftühlen befchenkt
haben?
Glücklicherweife wird diefe bisher nicht genügend
erklärte Lücke durch die in näherer und weiterer Um-
gebung Krakaus vorhandenen hölzernen Denkmale der
mittelalterlichen Kunftinduftrie wenigftens theilweife
ausgefüllt.
Unter diefen find vor allen anderen die alten
Chorftühle der Kathedral-Kirche zu Taniöw zu er-
wähnen, einer Kirche, welche überhaupt eines der
226
intereffanteften Denkmale bei uns zu Lande ifl:, und
deren Kunftfchätze erften Ranges leider noch einer
monographifchen Befchreibung harren. Die Chorftühle
von Tarnow, jetzt an beiden Seiten des Hauptein-
ganges der Kirche, unterhalb der Mufik-Empore auf-
geftellt, find fchon
vor Jahren befpro-
chen und einer der-
felben nach Auf-
nahmen des verflor-
benen Architekten
Makarewicz in den
Mitth. (Jahrg. 1875,
S. 14 u. 47) ver-
öffentlicht worden.
Unter Verwei-
fung auf den jene
Zeichnungen beglei-
tenden Auffatz, wer-
den hier neueRepro-
du6tionen diefer
typifchen Chorftühle
beigefügt, nach im
Jahre iS92aufgenom-
menen Photogra-
phien, welche den
Gegenftand mit
größerer Treue wie-
dergeben und die bei
der unlängft vorher
durchgeführten Re-
ftaurirung ftattgefun-
denen Aenderungen
erfehen laffen.
Fig. I ftellt die
eine Reihe der Chor-
ftühle, links vom
Haupteingange der
Kirche in perfpefli-
vifcher Gefammtan-
richtdar;Fig. 2' gibt
den obern Theil der-
felben in Vorderan-
ficht, wobei die Rück-
Ichn-Füllungen deut-
licher hervortreten.
In Fig. 3' fehen wir
die obere Hälfte der
zweiten, rechts vom
Haupteingange auf-
geftellten Chorftuhl-
reihe, deren Orna-
mentation imGcgen-
fatze zur crftcren
Reihe ganz flach
gehalten, nur aus
einer furchenartig
geritzten Contur-
zeichnung befteht.
Ein weiterer Unterfchied ift in der Refchaffenheit
der refpcctiven Ikildachin-Ilimmcl; während derjenige
der crfteren Reihe (Fig. i) nach Art eines Kreuzgewöl-
bes conftruirt ift, befteht derjenige der zweiten Reihe,
' S. die bcigcgcbenc Tafel.
wie in Fig. 3 zu fehen, aus einer concaven Decke, auf
welcher Band-Ornamente in Conturzeichnung eingra-
virt find. Uebrigens wäre noch zu bemerken, dafs
die beiden Seitenwände der Chorftühle, in neuerer
Zeit theilweife ergänzt worden find, und endlich dafs
die fonft fachgemäße
und gewilTenhafte
jüngfte Reftaurirung
die damals noch
fichtbaren Spuren
ehemaliger Poly-
chromie unberück-
fichtigt ließ, indem
die ganze Holzober-
fläche bei diefer
Gelegenheit dunkel-
braun gebeizt wurde.
Eine ganze
Fundgrube zur go-
thifchen Periode ge-
hörender Holz-
gegenll:ände der
Kunftinduftrie bietet
die in meinem Con-
fervatoreiibezirk lie-
gende Pfarrkirche zu
Biecz, welche in neu-
erer Zeit aus Anlafs
der dafelbft vorge-
nommenen Reftau-
rirungsarbeiten
öfters genannt
wurde, und wegen
ihrer architektoni-
fchen Bedeutung
fowie ihres ganz un-
gewöhnlichen Reich-
thums an Denkma-
len der Kunft und
Kunftinduftrie aus
dem 15., 16 und 17.
Jahrhundert im ho-
hen Grade Beach-
tung verdient.
Hier fehen wir
im Mittelfchiff, unter
der Mufikemporc
rechts vom Ilaupt-
eingang, eine Reihe
von Chorftühlen auf-
geftellt, die trotz
ihres vernachläffig-
ten Zuftandcs die
Aufmcrkfiim]<eit des
Kenners auf fich
lenken.
Das vordere Betpult
ift aus fpätcrer
(''■»■•"öw.) 2eit. 15emerkcns-
werth find die forgfältig profilirten, zweimal gefchweif-
ten und in ihrem oberen Theilc maßweikartig ver-
zierten Scheidewiinde zwifchen den Sitzen. Die in
den Ausfchnittcn angebracliten Säulchen find
acht-
eckig. Das crrößte Intcreffc diefer Chorftühle liegt
Beilage zu den Mitlh. d. Centr.-Comm. 1893.
Gothifche Holzgegenftäiide der kirchlichen Kunftinduftrie in Wefl-Galizien.
Fi". 10. Kircbenftuhl in Skrzvszöv
Fig. 2. Kirchenfiuhl in TarnOw.
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227 —
in der hohen verzierten Rückwand (Fic^. 4 und 5 auf Bei-
blatt). In ihrem heutigen Zuftande befteht fie aus einem
flach ornamentirten 1-65 M. hohen Getäfel, deffeii Ein-
theilung den darunter angebrachten fechs Sitzen ent-
fpricht. Die ganze Wand ift von oben und von beiden
Seiten in einem flach gefchnitzten, mit fortlaufendem
Blatt-Ornament verzierten Leiften rahmenartig einge-
fafst. Derfelbe Leiften bildet auch die verticale Einthei-
lung. Die vertical rechteckigen Füllungen find nur in
ihrem oberen Theileornamentirt; oberhalb der Arm- und
Rücklehnen ill; ungefähr ein Viertel der Oberfläche als
Brett zurückgelaffen. Nach zwei verfchiedenen Prin-
cipien gefchnitzte Füllungen wechfeln mit einander. Die
eine Art befleht aus in zwei Flächen fozufagen eingra-
virten Pflanzen-Ornamenten. Wenn wir von links anfan-
gen, fo ift von den drei in diefer Art verzierten Feldern
das erfte mit rankenartigem Blattwerk, welches aus
einemBlumentopfemporwächft, bedeckt. Ganzoben find
in die Ranken zwei fleh gegenfeitig beißende Drachen
eingeflochten . Die Verzierung des zweiten Feldes befteht
etwa aus Schilf, deffen unterer Hauptftamm einem den
zwei erwähnten ähnlichen Unthier aus dem Rachen
emporzuwachfen fcheint. Ungefähr die Mitte des Feldes
nimmt das altpolnifche Wappen Odroivqi ein, mit
Helm und Federbufch bekrönt. Diefen letztern durch-
fticht dasfelbe hier in horizontaler Lage wiederholte,
einem Pfeile ähnliche Wappenzeichen. In gleicher
Weife ift im dritten Felde, deffen Blattrankenmotiv
nicht leicht zu definiren ift, ein Wappenfchild mit Helm
angebracht; das Zeichen dürfte als das verkehrte
Wappen Abdank zu erklären fein.
Grundverfchieden find die drei anderen mit jenen
alternirenden Felder; ihr Motiv ift rein geometrifch
und wird aus einer fymmetrifchen, aber ziemlich ver-
wickelten Verbindung zahlreicher, um eine Anzahl
fefter Punkte geführter und ineinander übergehender
Kreislinien gebildet. Diefe Linien find in einer Art
Rundftäbe ausgeführt, deren Begegnen mittelft eines
kleinen flachen Kleeblättchens markirt wird. Die da-
zwifchen vorkommenden vollftändigen Kreife werden
durch forgfältig modellirte, Marienblümchen ähnliche
Rofetten ausgefüllt. Auch hier entfteht der Hinter-
grund durch ein entfprechendes etwa i/^ Cm. tiefes
Abtragen der Brettoberfläche. Die drei auf diefe Art
entftandenen Füllungen unterfcheiden fich unter ein-
ander in Folge ungleicher Combination desfelben
Motivs. Eine vierte Abart desfelben Syftems bildet der
noch erhaltene untere Theil der linken Seitenwand,
deren Verzierung fich am meiften dem vierten
Felde der Rückwand nähert. Leider fehlt der ganze
obere Theil, der, wie aus den erhaltenen Anläufen zu
erkennen, durchbrochen war, und wahrfcheinlich Maß-
werk-Ornament befafs. Ebenfo fehlt die ganze andere,
•durch einen fpäteren Abfchluß erfetzte Seitenwand,
fowie auch jede Spur von einem das Ganze bekrönen-
den Baldachin.
Seinen Hauptreiz bekommt nun diefes Chor-
geftühl durch die noch ziemlich deutlich erhaltene
Polychromie. Die kleinen durch die Conturen der
Schnitzwerkmufter begränzten Flächen des Getäfels
find mit Benutzung von vier gefchmackvoU zufammen-
geftellten F'arben: roth, gelb, grün und blau, mofaik-
artig gefärbelt. Diefe abgeblafste Temperamalerei
gibt der ganzen Rückwand viel Aehnlichkeit mit einem
alten fein gemufterten türkifchen Teppich, deffen
Grundton aus gelb und blau gebildet wird.
Chorftühle in der Art der oben befchricbenen
kommen in Polen meines Wiffcns fonft nur noch in
einem Beifpiele vor: es ift dies in der Pfarrkirche des
etwa fünf Meilen nordvveftlich von Krakau, aber fchon
auf ruffifchem Boden liegenden Städtchens Olkiisz. Bei
weitem beffer erhalten, befitzcn diefe letzteren noch
einen Baldachin, der bei einer künftigen Reftaurirung
des Bieczer Chorgeftühls als Vorbild benutzt werden
dürfte.
Ein zweiter, vielleicht noch wichtigerer Gegcn-
ftand der Bieczer Kirche find ein Paar hölzerne
Flg. u. (Biecz.)
gothifche Altarleuchter, davon einer in Fig. 6 in dem-
jenigen Zuftande reproducirt wird, in welchem er
im Jahre 1887 von dem jetzt verftorbenen Confervator
V. Rogm.i'ski in einer Rumpelkammer neben der Sacri-
ftei fammt dem anderen entdeckt worden ift. Unge-
fähr 065 M. hoch, find fie aus Lindenholz angefertigt,
das im Laufe der Zeit wurmftichig und vom Moder
ftark angegriffen wurde. Die beigegebene Aufnahme
macht eine nähere Befchreibung überflüßig. Es genügt
zu bemerken, dafs die Schnitzarbeit eine ziemlich grobe,
— 228
aber forgfältige ifl. Offenbar war der Verfertiger ein
Provincialbildhauer, dem gute gothifche, aber auch
romanifche Motive vorlagen, der fich aber mit der gan-
zen Compofitioii nicht gut zu helfen wufste. Die Zeich-
nung einer gothifchen Säule, die ihm vorfchwebte, ill:
plump und ungefchickt ausgefallen. Der Schaft ift zu
kurz, das Capital zu fehr ausgebaufcht und etwa an
ein abgerundetes romanifches Würfelcapital erinnernd.
Zwifchen den den Schaft umgebenden Weinranken
hüpft hie und da ein taubenahnliches Vöglein, welches
nach den Reben pickt. Den achteckigen Abacus
Fi(;. 7. (Biccz.)
bekrönt eine Eifcnblcchcinfaffung, welche aus einer
Schnur und darüber frei aufgehellten Lilienblättern
befteht.
Trotz des fehr traurigen Ziiflandes der beiden
Leucliter waren an ihnen noch deutliche Spuren einer
Vergoldung aller Kanten und emporragenden Orna-
mente zu fehen. Hintergrund und Flächen fcheinen
dunkelblau bemalt gewefen zu fein. Demgemäß wurde
auf Veranlaffung des Jetzigen Confervators der eine
diefer Leuchter reflaurirt und ein zweiter ganz gleicher
neu verfertigt; zufammen dienen fie heute wieder zur
Zierde eines der Nebenaltäre in Hiccz. 13cr andere
Leuchter, deffen zu arger Zuftand keine Reflaurirung
zuließ, wird im Krakauer Nationalmufeum als ein
werthvolles Unicum aufbewahrt. Vom Cuftos des ge-
nannten Mufeums Herrn Theodor von Ziemiecki v/uvde
auch vor einigen Jahren eine Hefchreibung und Rcpro-
duclion diefer Leuchter in der illuftrirten polnifchen
Zeitfchrift „ Swiat'^ veröffentlicht. Bei uns zu Lande
kommt kein zweites Specimen folcher Leuchter vor.
Auch in Deutfchland kennt der VerfalTer diefes
Berichtes nur einige feltene Gegenftände, die an die
Bieczer Leuchter von weitem erinnern. Es find dies
zwei Proceffionsftangen der Ingolstädter Fifcher aus
dem Jahre 150g im Münchener Nationalmufeum (Inv.
Nr. S13 u. 814), fowie die Vortrageleuchter in demfelben
Mufeum (Inv. Nr. 354, 501/4322 u. 25).
Die Bieczer Kirche beherbergt aber noch einige
andere mittelalterliche Holzgegenftände, die, wenn
auch den oberwähnten ungleich an Werth, doch
intereffante Produ6le der gothifchen Kunftinduftrie zu
nennen find.
Neben dem Hauptaltare, fowie in der Nähe eines
der Nebenaltäre fah man noch unlängft hoch an der
Kirchenwand befeftigte Glockengeftelle von ungleicher
Größe aber gleicher Geftalt, deren eines neulich glück-
licherweife wiedergefunden wurde und demnächft an
feiner früheren Stelle angebracht werden foll. Wie
Fig. 7 zeigt, ift es eine Art architektonifch compo-
nirtes hölzernes Gerüft, welches im Ganzen 0'335 M.
Hohe und 0212 M. Breite hat und mittelft eines kleinen
horizontalen Balkens in die Wand eingemauert wird.
Auf dem frei emporgeftreckten Ende des Balkens ifl
ein Querbalken befefligt, an deffen beiden Enden fich
zwei kleine fialenbekrönte Thürmchen erheben. Un-
gefähr in der Mitte ihrer Höhe find diefe Thürmchen
wieder durch einen Querbalken verbunden, der aber
beweglich ift und als Glockenträger diente. Die Glocke
felbft fehlt jetzt, doch find noch die Löcher zu fehen,
wo ihr Kopf befeftigt wurde. Es war wohl eine kleine
Glocke, die von dem Miniflranten mittelft einer langen
an das Ende des kleinen horizontalen Holzarmes ge-
bundenen Schnur durch Achfenfchwingungen des
Querbalkens in Bewegung gefetzt wurde.
Das Ganze hat fpät-gothifche Formen und find
noch Spuren alter Polychromie daran fichtbar. Auf
weißem Grunde find die architektonifchen Glieder mit
dunkehother und blauer Farbe bezeichnet, auch find
die Fliichen des unteren Thciles mittelft farbiger
Linien und Punkte belebt, die auf der Zeichnung an-
gemerkt worden find. Oberhalb der Anhängeftclle der
Glocke foll ehedem in der Mitte des beweglichen
Querbalkens eine hölzerne Taube ftehend angebracht
gewefen fein, welche beim Läuten mit in fchwankendc
Bewegung gefetzt wurde. Dies ift umfo glaubwürdiger,
da an einem anderen fpätern Glockengeftell dafelbft,
barocken Styls ebenfo eine fich fchaukelnde Taube bis
heute noch zu fehen ift.
Endlich haben wir noch zwei Gcgenftände zu be-
fprechen, die fich in der Sakriftei zu Biecz befinden.
Der eine ift ein ziemlich einfaches ftehendes Pult, deffen
oberes zum iVuflegen der Gefangbücher — der Größe
nach etwa eines Evangeliars oder eines größeren
Breviars — bellimmtes Brett das in Fig. 8 wieder-
gegebene flach fculptirte Ornament enthält. Durch
Aushebung des HinterLrruiules auf eine Tiefe von un-
— 229 —
gcfälir 0003 M. findet fich die Zeichnung eines ranken-
umgebenen Raubvogels mit ausgebreiteten Plttigen
entftanden, dem Anfcheine nach eines Adlers, der aber
merkwürdigerweife nach Pelikanenart fich die Brufl; auf-
reißend dargeftelltift. Das Gefieder, fowie dieDetails des
Kopfes, werden durch weniger tiefe Conturfurchen ange-
deutet. Das Ganze hat echt gothifchen Charakter und
weift Spuren von ehemaliger Polychromie auf
fie als Beweife unferer ehemaligen landläufigen kunft-
indurtriellcn Thatigkcit dienen können, fozufagcn echt
typifchc Beifpiele gothifcher ins bäuerifche überfetzten
Kunflformen abgeben.
In Skrzyszöiv, einem Dorfe bei Tarn(')w, befinden
fich in der dortigen Pfarrkirche, die ein alterthümlicher
Holzbau ifl, zwei ganz gleiche, auf beiden .Seiten des
Hauptaltars aufgeftellte Collatorenbänke. I-'ig. 10, (f die
(Fig. 8. Biecz.;
Der zweite Gegenftand ift die hölzerne Umrah-
mung einer Mauernifche, die als Wandfchrank zur Auf-
bewahrung von Sacrifteigeräthen dient. Der Schrank
hat eine beinahe quadratifche Geftalt (ri4 M. Breite zu
118 M. Höhe). Während drei Seiten der Umrahmung
aus einem fehr einfachen fchmalen, mittelft Blatt-Orna-
ment verzierten Leiftens beftehen, ift die vierte obere
zierlicher ausgeftaltet. In der Mitte ift ein horizontal
ausgebreitetes rechteckiges Feld durch ein Schild von
fpät-mittelalterlichen Formen ausgefüllt, welches das
Wappenzeichen „Zadora", einen feuerfpeienden Löwen-
kopf, trägt. Längs des unteren Randes des Leiftens
beigegebene Tafel). Das Bäuerifche der Arbeit ergibt
fich nicht nur aus einer ganz unverftändigen Benützung
gothifcher Motive und einer willkürlichen Verbindung
derfelben mit Renaiffancemotiven, fondern auch aus
der ungerechtfertigten Eintheilung der Rückwand in
fünf fchmale Felder, während auf der derfelben entfpre-
chenden Bank kaum für drei Perfonen Platz ift. Jeden-
falls gibt fie einen Begriff von der durch ungeübte
Hand gemachten Anwendung des Maßwerkmotivs,
von der originellen an Krakauer Kirchen- und
Häufergiebel erinnernden Bekrönung des Baldachins,
und von der eisenthümlichen Combinirung' der vom
(f'ig- 9-
läuft eine Minuskel-Infchrift: //öc est armarium Altaris
Sancti Nicolai coti — das übrige fehlt. Durch fchräge,
an dem oberften Rande angebrachte Ausfchnitte be-
kam der Rahmen eine Zinnenbekrönung, deren vier
Mittelfelder die Jahreszahl 1497 tragen. Diefen ganzen
oberen Theil der Nifchenumrahmung gibt die Zeich-
nung in Fig. 9 wieder.
Noch wollen wir zu allerletzt zweier Chorftühle
erwähnen, die dadurch befonders intereffant find, dafs
Biecz.)
Baldachin frei herabhängenden Maßwerknafen mit
immer zu drei auftretenden naturaliftifch aufgefafsten
fculptirten Rofetten, die auch an anderen Stellen ver-
wendet worden find und an die Rofetten des Bieczer
Chorftuhls erinnern. Das ganzehr einen ziemlich fchwer-
fälligen Charakter, wird aber durch die bei einer neue-
ren Reftaurirung leider in Oelfarben aber mit möglichfl
getreuer Behaltung der alten Farben durchgeführten
Polychromie belebt. Das an der inneren Seitenwand zu
— 230 —
fehende Schild mit den Zeichen des Halbmondes und
eines Sternes ift das Wappen „Leliwa" der Familie
Tarnowski, welche bis Ende des i6. Jahrhunderts die
Güter der Graffchaft Tarnöw innehatte.
Fig. 11 ftellt eine zweite derartige CoUatorenbank
dar, die fich im Dorfe Zbyszyce bei Neu-Sandec be-
findet und heutzutage im dunkelften Winkel unter der
Orgel-Empore aufgeftellt ift. Die malerifche und in einer
wunderfchönen Gegend gelegene Kirche birgt noch
manches andere intereffante, das bei einer anderen
Gelegenheit zur Sprache kommen dürfte. Die in Rede
ftehende CoUatorenbank hat einen demChorftuhltypus
fich nähernden Charakter. An der Rücklehne find
fogar Spuren ehemaliger, fpäter abgetragener Ein-
theilung in fünf — den vier Feldern der Rückwand
alfo nicht entfprechende —
gefonderte Sitze zu fehen.
Das Ornament der rahmen-
artigen Leifteneinfaffung und
der vier Füllungen der Rück
wand ift durchwegs flach gehal-
ten, in einer an die pflanzen-
verzierten Felder der Bieczer
Chorftühle erinnernden Tech-
nik. Nur in einem der Felder —
dem dritten von links aus
gerechnet — wurde der Hinter-
grund nicht ausgehoben, fo
dafs Zeichnung und Hinter-
grund auf derfelben Fläche
liegen und nur die Conturen
als wenig tiefe Furchen einge-
graben find. Die fehr wahr-
fcheinliche ehemalige Polychro-
mieift unter einer neueren brau-
nen Oelfarbenbemalung ver-
fchwunden. Mit zwei blattran-
ken-verzierten Feldern alter-
niren auf der Rückwand zwei
andere, deren Füllungen mit
künftiich verfchnörkelten
BanderoUcn bedeckt find. Auf
beiden find auf den Bändern einzelnftehende l^uch-
ftaben zu fehen, aus denen auf dem mittleren Felde die
Infchrift
IHESVS NAZARENVS REX IWDEORVM
auf dem SeitenfcUle aber die Infchrift
MARIA HILF VNS 8E(?)
herauszulefen ift. Diefe letzere läfst errathen, dafs man
es hier mit dem Werke eines deutfchen Arbeiters zu
tliun hat, was um fo erklärlicher, als im Mittelalter die
Mehrzahl der Bevölkerung der nahen Städte Neu- und
y\it-Sandec aus Deutfchen beftand. Auch ift es nicht
ausgefchloffen, dafs der Chorftuhl aus einer in Alt-
Sandec abgetragenen Kirche hieher überführt worden
ift. Die Seitenwände find je an zwei Stellen durch-
brochen und mit Maßwerken verziert. Der Baldachin
ift neueren Urfprunges.
Ich habe die oben angeführten Specimina der
mittelalterlichen Kunftinduftrie ziemlich ausfiihrlich
behandelt, vielleicht in Anbetracht ihrer abfolutcn
Bedeutung fogar zu ausführlich. Keineswegs will ich
dcnfolben damit einen fehr hohen Knnftwcrth zu-
fchreiben. Indefs befitzen fie meines Erachtens einen
nicht gering zu fchätzenden relativen Werth, als Denk-
male einer ehemaligen kunftgewerblichen Thätigkeit,
die in unferem holzreichen Lande einft recht lebendig
gewefen fein muß und nicht nur das kleinftädtifche,
fondern auch das Dorfgewerbe beeinflußt hat, wie es
die erwähnten Beifpiele bäuerlicher Holzfculptur be-
weifen, deren Denkmale aber feitdem beinahe fpurlos
aus der Erdoberflache verfchwunden find. Befonders
in den größeren Städten, wie z. B. Krakau, wurde diefe
mittelalterliche kunftgewerbliche Thätigkeit durch den
früh eintretenden Einfluß der italienifchen Apoftel der
Renaiffance fo forgfältig verdrängt, dafs z. B. von er-
haltenen hölzernen Producten der gothifchen Kunft-
induftrie ich in den Kirchen unfcrer Königsftadt viel-
einzigen von lijfenwein
Chorftühle der heil. Kreuzkirche
gezeichneten
leiclit nur die
fehr einfachen
nennen wüfste.
Auf dem Lande wurden fie in etwas größerer An-
zahl erhalten. Wenn aber in Weft-Galizien kaum ein
Dutzend folcher Gegenftände aufgezählt werden konnte,
die fich alle um wenige Centren in nicht allzuweitem
Umkreife gruppiren (Tarnow, Biecz, Ncu-.Sandec), fo
ift das meines Wiffens beinahe alles, was in diefer
Hinficht übrig geblieben. In Oft-Galizien ift erft recht
weniges zu erwarten, faft gar nichts in diefer Art, da
die abendländifche Cultur dort überhaupt fpäter als
im Weften ihren Einzug hielt, lüniges dürfte wohl noch
im Königreiche Polen zu finden fein, wo in den erhal-
tenen Denkmälern der Architektur namhafte Bevveifc
eines frühen Culturlcbens fowohl aus der gothifchen,
als auch aus der romanifchcn Epoche zu uns gekommen
find. Indefs werilen dort eincrfeits in Folge unglück-
licher politifcher Verhiiltniffe alle leichter zerftörbaren
Spuren weftlicher Cultur gewaltfam entfernt, anderfeits
wird das Studium der noch vorhandenen principiell
erfchwcrt, ja fogar rein unmöglich gemacht.
Wenn wir nun alles oben Beriihrte noch einmal
iiberblicken, fo kommen wir zu der Ueberzeugung,
dafs die erhaltenen hölzernen Denkmale der gothifchen
— 2ti I —
Kunftinduftrie diefer Gegend nach zwei Seiten hin auf
verwandtfchaftUche Beziehungen deuten. Einerfeits ift
eine Analogie mit kunflgevveibUchcn Produ6len deut-
fchen Geiftes nicht zu leugnen. Es genügt wohl in
diefer Hinficht, außer den oben fchon erwähnten Ana-
logien, die in Fig. i reproducirten Tarnower Chor-
ftühle mit denjenigen von St. Maria an der Gail bei
Villach (Mittheil. Band IX) oder die Collatorenbank
von Zbyszyce (Fig. 8) mit dem Betfluhl aus der
Klofterftirche zu Neuberg (Mittheil. Jahrg. 1871, S.
CXXVIII) nebeneinander zu ftellen. In diefem letzten
Beifpiele tritt noch zur Bekräftigung unferer Anficht
die deutfche Infchrift eines der Rückwandfelder der
Bank von Zbyszyce hinzu. Anderfeits aber ift eine
Familienähnlichkeit unferer Denkmale mit den be-
kannten Denkmalen des flavifchen Nord-Ungarns
geradezu auffallend. Die zweite Choriluhlreihe von
Tarnöw fowie die CoUatorenbank von Zbyszyce
erinnern in ihrer Gefammtanlage und in ihren Motiven
unwillkürlich an die aus Mittheilungen Band V und
Band XIX bekannten ChorlTiühle von Leutfchau.
Noch fchlagender fallt in die Augen die faft genaue
Wiederholung des gcometrifchen Kreismotivs der
Rückwandfelder der Bieczer Chorftühlc — eines
Motivs, das, nebenbei gefagt, vom Confervator Lo-
zinski unlängft in der lateinifchen Kathedrale zu
Przemysl an einer hölzernen Thürverkleidung wieder-
gefunden worden ift — auch an dem Geflelle des Bart-
felder Rathhaustifches, welcher in Myskovszky s Kunft-
denkmalen des Mittelalters und der Renaiffance in
Ungarn auf Tafel V und VI veröffentlicht worden ift.
Allen diefen unverkennbaren Analogien gefeilt
fich noch die fafl ganz gleiche an orientalifche Teppich-
mufter erinnernde Polychromirung fowohl der bei uns
als der im nördlichen Ungarn bekannten Denkmale.
Ob nun der Einfluß in der Richtung von Ungarn
nach Polen oder, wie uns fcheint, eher umgekehrt von
Polen nach Ungarn zu denken ift, das ift eine P'rage,
deren Beantwortung eingehender Studien und einer
ausführlichen Prüfung bedürfte.
Vom Confervator Dr. Stanislans von Tomkiewicz.
Notizen.
HO. Confervator k. Rath T)x.Petter\\zX der Central-
Commiffion in Betreff des Steines mit den fieben Vertie-
fungen in der Kirche zu Hollein mitgetheilt, dafs er der-
lei Steine einfach für Fackelfteine, d. i. Steine, in deren
runde Vertiefungen beim Eintritte in ein Haus, Kirche
etc. die brennende Fackel sjefloßen und hiedurch
Fig. I. (Salzburg]
gelöfcht wurde, halte. Jene Steine mit fehr tiefen
Löchern vertraten zugleich die Stelle ^von Fackel-
hältern.
Solcher Steine exiftiren noch einige in Salzburg,
fo einer aus dem gegenwärtigen erzbifchöflichen Refi-
denz-Gebäude (nun in das Mufeum übertragen). Zeit:
XIX. N. F.
circa 160O. (Fig. I.) Noch gegenwärtig ift im Mirabell-
fchloffe einer beim Aufgang zur Prachtftiege, aus
circa 1700 (Fig. 2) zu fehen, und ein Stein, welcher
fich ebenfalls jetzt im Mufeum zu Salzburg befindet und
früher an einer Kirchenthür in St. Georgen an der
Salzach angebracht war. Diefer letztere gleicht wohl
fehr dem zu HöUein.Er hat auch ein viel höheres Alter.
Die fieben Vertiefungen, befonders bei Kirchenfteinen,
find in der heiligen Zahl begründet (Fig. 3).
«RS» -
-i^x
^g^.???^^ .,^-
Fig. 2. (Salzburg.)
Auch der Umftand, dafs man ftets in den Höh-
lungen kohlige, harzige etc. Reftc fand, muß diefe
Anficht bekräftigen, ebenfo wie der Fundort bei
Kirchen und Gebäuden.
Auch in Wien waren folche Steine noch bis in die
neuefte Zeit zu beiden Seiten des Hauptthores am
Modenefer Palafte in der Herrengaffe erhalten. Erft
31
23:
jüngfter Zeit hat fie der Unveiftand entfernt. Es
waren zwei längliche Steine mit je fünf fchüffeiartigen
flarken Vertiefungen. Sie hatten die Beftimmung, dafs
die herrfchaftlichen Läufer ihre Fackeln hineinftießen,
um fie auszulöfchen oder ftärker brennen zu machen.
(ein fchöne.'; Exemplar nunmehr im Diöcefan Mufcum
ift der Stempel erfichtlich
eher
auffallenderweife
FIG.JVES
wie ein fol-
fchon früher
Fig. 3. (Salzburg.)
III. (Römifche Funde in St. Polten.)
Jenen in den Mittheilungen der Central-Commif
fion, Jahrg. 1893, S. 66, aus St. Polten fignalifirten
Fund-Objeclen ift eine weitere noch ausgiebigere
Gruppe anzureihen.
Es kommt die nämliche Fundfläche in Betracht im
W. und NW. der Stadt, wohin eine römifche Gräber-
ftätte zu verlegen ifl:. Entfprechend dem neuen Stadt-
plane vollzieht fich nun auch in diefer Richtung hinaus
eine Erweiterung des Straßennetzes. Gelegentlich der
Fundamentirung für Neubauten und Herftellung eines
Canalcs längs der proje6tirten „Praterftraße" fließ man
nacheinander vorläufig auf fünf deutlich erkennbare
römifche Gräber mit Falzziegeleinfaffung, die allerdings
fchon in früheren Perioden Schaden genommen haben
mußten. Es gebührt dem Herrn Stadtkämmercr und
Vicc-Bürgermeifter Fr. Ertl (cf d. Mitth. d. Centr.-
Comm. 1893, S. 67) wieder die Anerkennung, dais
die bezüglichen Arbeiten durch ftädtifche Polizei-
Organe thunlichft überwachen und das Beachtens-
werthe in's Rathhaus fördern ließ.
Leider find weiteren Forfchungen auf befagtem
Terrain durch emfig betriebene Bauten, durch geplante
Gartenanlagen u. dgl. bedenkliche Hinderniffe gefetzt,
während eine Strecke des vcrmuthlichen Gräber-
gebietes unter das Niveau der einftweilen freilich blos
befchotterten „Praterftraße" zu liegen kommt.
Diesmal kamen Trümmer von Falzziegeln zum
Vorfchein; auch ein Röhrenzicgel (27 Cm.) mit Seiten-
öffnungen, alfo wohl einer antiken Ileizvorrichtung
entflammend. Das Intereffc mußte noch mehr wachfen,
als die vorerwähnten Gräljcr an's Tageslicht
traten. Von den in Sicherheit gebrachten Ziegeln
(durchfchnittlich 47 Cm. X 33 Cm.) find ca. ein Dutzend
ziemlich gut erhalten. Die Innenfläche des einen füllen
die zwei Worte:
VI VAS
NOBIS
Ein zweiter zeigt auf dem nämliclien Räume nur
die großgeformten Buchfliabcn RO. Auf vier Ziegeln
und neueftens wieder auf Fundftücken in Mantern
beobachtet werden konnte (cf. d. Mitth. d. Centr.-
Comm. 1892, S. 217); doch dürfte das an der citirten
Stelle vermuthete: IXES entfchieden zu ftreichen fein.
Nur auf einem Stücke ift der Stempel:
endeckt worden, wovon gleichfalls in
FIG. SAB
Mommfen's C. I. L. ein Beifpiel erwähnt wird, jedoch
nach Altofen {f) verweifend. Nebfl einer namhaften
Anzahl von menfchlichen Gebeinen (guterhaltener
Todtenkopf) hob man noch folgende Gegenflände
heraus: Zwei gläferne Balfaviarien, kugelig mit engem
Hälfe. Von einem ähnlichen Fläfchchen fand fich nur
mehr der Hals und von einem größeren Glasgefäße
ebenfalls blos der Hals und die benachbarte Partie.
I Glasbecher, hübfch irifirend, unten 4 Cm., oben
8 Cm. im Durchmeffer.
I Tlionnrne, graufarbig, unglafirt, 15 Cm. hoch,
mit engerem Hälfe; an der Bauchung 11 Cm.
I Bronze-Fibula mit Zwiebelenden (eine ganz ähn-
liche, aus Pöchlarn flammende wird im Diöcefan-
Mufeum aufbewahrt).
I Armring aus fchivarzcui Glasfluße (?).
4 'SironT.e.-Arm/pangen, davon eine mit Schlangen-
kopf-Enden, eine mit einer Draht-Spirale und zwei höchfl
einfach geformt.
6 Kupfermünzen (Conftantin Periode').
Aus Traismauer gelangten in den Befitz des
Diöcefan-Mufeums St. Polten verfchiedene Gefaße-
Refte aus Römerzeiten; darunter intereffante Stücke
von Terra sigillata mit ganz ähnlichen Zieraten, wie fie
auf den neueren Funden in Maittern bemerkbar find
(cf d. Mitth. d. Centr.-Comm. 1892, S. 218); unter den
Figuren eine Taube (?) in einem doppelten Kreife. Auf
der Scherbe von einem flarkwandigen (bis 2 Cm.
dicken) Gefäße der leider unvoUfländige Stempel mit:
Vor kurzem befichtigte Gefertigter mit I Icrrn
Correfpondenten Fafching ca. drei Kilometer von
St. Leonhard a. d. F., unfern der Bezirksflraße nach
Wiefclbnrg beim fogenannten Schlaltenbauer befind-
lichen römifchen Infchriften. Aus den fechs auf den
Sandfleinwänden angebrachten Tafeln befitzen nur
mehr drei einigermaßen lesbare Schriftzeichen.
Fahrngruber.
112. Correfpondent Prof Mo/er hat der Ccntral-
Commiffion mitgetheilt, dafs in Dolina auf einem
Grundflücke beim Roden eines Weingartens eine Sta-
tue aus Weiß-Bronze gefunden wurde, von welcher
er erft nach fieben Jahren ein Fragment — nämlich den
Kopf — erwerben konnte. Das bis an die Achfeln und
am Nacken in reiclien Locken hcrabwallende Haar
wird auf der Stirn durch einen Epheukranz zufammcn-
gehalten, von wo über das lockige Stirnhaar nach
rechts und links zwei Ornamente (Träubchen) gelegt
find. Auf der Rückfeitc ifl das Haar glatt anliegend
') K.ift Klcichzcitis wurden bei den Cun.il.iibcitcn in der Stadt zwei
Mün/cii (vVureliiiii und Probus) gefunden.
— 233 -
und durch eine Art Band von dem lockigen Theile ab-
gegriinzt. Das Geficht zeigt fchön geformte Züge. Das
Fragment ift von der Feuchtigkeit fo fehr angegriffen,
dafs es wie von kleinen Grübchen überfäet erfcheint.
Die Höhe des Kopfes beträgt nur 4 Cm. Die Entflc-
hungszeit dürfte in dem 2. Jahrhundert n. Chr. zu
fuchen fein. Die Statue dürfte eine Maenade vorgeftellt
haben und höchftens 20 Cm. hoch gewefen fein.
1 13. Confervator Dr. Wcißhixjtpel berichtete an
die Central-Commiffion, dafs im Garten des Haufes
Via deir Arena 4. ein Kalkfteinblock gefunden wurde,
unten gebrochen, oben wegen Wiederverwendung,
glatt abgefchnitten, auf der Vorderfläche im Hoch-
Relief ein nackter ithyphallifcher Satyr, der nach links
ausfchreitet. Der oberfle Theil des Rumpfes fammt
Armen und Kopf fehlt. Die rohe Arbeit und der eigen-
thümlich fchlanke, faft thierähnlich gebogene, jeder
Gliederung entbehrende Körper weifen auf fpäten Ur-
fprung. Höhe des Steines 072, Breite 0^30, Tiefe
0-25 Cm. Symbol der Fruchtbarkeit. Ferner fand
man zwei Pflafterziegel oblonger Form aus feinem ge-
brannten Thon; der eine ift in der Mitte entzwei-
gebrochen; Länge 0445, Breite o'3o, Dicke 0-075 Cm.
Einer von ihnen trägt in ziemlich flachem Relief einen
ornamentalen (?) Schmuck, etwa zwei fich kreuzenden
Halbkreifen vergleichbar, der fich, von der Schmal-
kante durchfchnitten, auf der anftoßenden Platte fort-
gefetzt haben wird.
Profeffor Miorini ftieß bei einem Spaziergange
in unmittelbarer Nähe des Wächterhäuschens Nr. "jQ
der iftrianifchen Staatsbahn, etwa eine Stunde von
Pola entfernt, mitten im Dickicht auf römifche Ueber-
refte.
Bei einer mit ihm und anderen vorgenommenen
gemeinfamen Befichtigung derfelben flellte es fich her-
aus, dafs an dem bezeichneten Punkte einft eine ausge-
dehnte römifche Hausanlage beftanden haben müße.
Beweis dafür find verfchiedene Mauerrefte, Stücke von
Säulen, Halbfäulen und Pfeilern, Fragmente von zwei
Mühlfteinen, Urnen-Fragmente und 15 auffällig große
und gut bearbeitete .Steinplatten mit Dübellöchern
und Anfatzfpuren ; zwei derfelben tragen architckto-
nifch-ornamentalen Relief Schmuck. Diefe Platten find
in einer Weife aufgefcliichtet, welche die Abficht baldi-
ger Verführung und Verbauung erkennen läßt. Danach
zu fchließen, dürfte die Stätte fchon öfter zu ähnlichem
Zwecke ausgebeutet worden fein. Dafs das kaum 30
Schritte entfernte Wächterhaus aus römifchem Mate-
riale aufgerichtet wurde, unterliegt kaum einem Zwei-
fel, obwohl deutliche Spuren davon bis jetzt nicht
zu entdecken find.
Im Laufe des vorigen Jahres wurden fünf Silber-
münzen zu Lavarigo gefunden, nämlich:
1. Attifche Tetradrachme, Gewicht i3'9o Gr. — •
Archaifcher Athena-Kopf nach rechts mit attifchem
Helm. R im Viereck, Eule nach rechts, links davon
Oelzweig.
2. Desgleichen, Gewicht 16-85 Gr. ; Av. vgl. Bau-
meifter Denkmünzen II Abb. 1043; R; rechts von der
Eule AC-
3. Denar; Kopf der Roma mit attifchem Flügel-
helm (Baumeiller Denkmünzen II ii76).Vordem Hälfe
das Werthzeichen *, links vom Kopf ROMA; R: Nike
auf Zweigefpann mit Kranz nach rechts; aufderBafis-
linie MCALI 4
Q•^E•CI^f:/
4. Dergleichen, ftark verfcheuert und befchnitten ;
Av. wie bei 3, ohne ^ und ROMA; R wie bei 3, aber
mit ^sENX^
5. Dergleichen, ftark verfcheuert; Av. wie bei 3,
links vom Kopfe der Roma X ; R wie bei 3, mit
CREN
Der Münzfund ift fchr beachtenswerth, da er zwei
attifche Detradrachmen und ein feiten vorkommendes
Denar der römifchen Republik enthält.
114. Correfpondent Profeffor Maska in Teli
hat der Central-Commiffion mitgetheilt, dafs die Auf-
ftcllung feiner Sammlung in zwei Localitäten der dor-
tigen Landes-Oberrealfchule nunmehr dem Abfchluße
nahe ift. Die Sammlung nach Fundorten, womöglich
in chronologifcher Reihenfolge gruppirt, enthält Be-
lege aus allen Zeitepochen der Prähiftorik, namentlich
Mährens, zahlreiche Beifpiele entflammen Niederöfter-
rcich, Preußifch - Schlehen, Frankreich und der
Schweiz. Hervorzuheben find 25 römifche Münzen
mährifcher Provenienz, zahlreiche Bronzen, an 60
Thongefäße und über 200 gefchliffene Steinwerkzeuge,
darunter drei mährifche Jadeit-Beile. Am bedeutend-
flen ift wohl das Diluvium vertreten. Die Originalfunde
der Strambei'ger Kohlen, fowie der Mamuthflation in
Prcdmost verleihen diefer reichen Sammlung einen
befonderen Werth. Sie zählt über2ooo Nummern fpeciell
prähiftorifcher, das ift prädiluvialer und über 5000
Nummern diluvialer Objefle, darunter viele Unica.
115. Die neue freie Preffe brachte unter dem 7. Juli
d. J. eine Notiz über die angeblich im heurigen Früh-
jahre bei einer Straßenabgrabung in Laiuz vorgefun-
denen wohlerhaltenen römifchen Steinfärge und deren
ungeeignete Behandlung. Die Central-Commiffion
hat fich deshalb felbftverftändlich veranlafst gefehen
an Ort und Stelle Erhebung zu pflegen. Diefe gab
folgendes Refultat: Die befagte Straßenabgrabung
wurde thatfächlich fchon im Frühjahre 1892 vorgenom-
men und find bei diefer Gelegenheit zwei römifche Grä-
ber bloßgelegt worden. Die Steine, mit welchen diefe
Gräber ausgelegt und bedeckt waren, ganz roh behau-
ene Blöcke von theilueifc großem Umfange, ohne jede
Sculptur und Infchrift, liegen in der Nähe der Fund-
ftelle auf einemBauplatze aufgefchichtet. Sie werden in
einem eben in der Aufführung begriffenen Gebäude
eingemauert werden, und eine Infchrift foU deren
Bedeutung erläutern (f. übrigens Monatsblatt des Wr.
Alt. Vereines 1892, Nr. X).
116. Die General-Direftion der öfterreichifchen
Staatsbahnen hat der Central-Commiffion über die
beim Baue der Unterkrainer Bahnen in der Zeit vom
I. Januar bis 30. Juni d. J. gemachten Funde Mitthei-
lung gemaclit:
Bei Razdcrio vor St. Marein ftieß man beim
Terrain-Einfchnitt im Februar auf die alte Römerflraße
und auf ein hart dabei gelegenes Grab. Es ftellte fich
hiebei heraus, dafs die heutige Reichsftraße hier fafl
— 234
ganz genau mit der antiquen Straße zufammenfällt. Man
fand unter dem heutigen Straßenkörper eine Sand-
fchichte von 85 Cm. Mächtigkeit und fand in diefer
Tiefe die Römerftraße und am Rande über einen
Meter tief eine Grube in den Stein gehöhlt, welche
Afche und Leichenbrand und darin eine Urne enthielt,
die mit einem Ziegel bedeckt war, darin Refte eines
Kindes, ein Salbenfläfchchen und einen Dattelkern.
Leider wurde das Gefäß bei den Arbeiten zertrüm-
mert. Nahe bei- demfelben fand man einige Knochen
und das Bruchftück einer römifchen Lampe.
Bei Groß/aufand man eineDomitian-Bronzemünze.
Bei Grofilupp traf man auf römifche Graber in
einer Tiefe von 80 Cm., darin zwei Schüffein von Thon,
deren eine mit zwei Zonen fenkrechter Striche geziert;
ferner drei Töpfe von 90, 150, 180 Mm. Höhe, fämmt-
lich eefüllt mit Erde und Knochenreften. Ln Leichen-
brande fanden fich drei Lampen, eine mit dem Stem-
pel FORTIS, eine mit TITOGENE; dann zwei Glas-
gefaße — eines, eine gehenkelte Flafche von 122 Mm.
Höhe, fcheint bis zur Hälfte mit einer Flüßigkeit gefüllt
gewefen zu fein; das zweite ein viereckiger an den
Seiten eingedrückter Becher von 73 Mm. Höhe und
60 Mm. im Durchmeffer aus faft papierdünnem Glafe,
nur mit Erde und Knochenfplittern gefüllt. Die Gegen-
ftände befanden fich in einer zerdrückten Urne und
deuten auf den gleichen Leichencult, wie er bisher
in Unterkrain confi;atirt wurde. Er fchließt fich dem
Maria-Rafler Typus an, deffen Wefen darin beftand,
dafs die Leichen verbrannt, die Hauptmaffe des
Leichenbrandes in eine große Urne gelegt, ferner
kleinere Gefäße, als Vafen, Krüge, Schalen, mit Erde
von der Uftrina gefüllt in die große Urne, über die
Refle der Leiche beigelegt wurden. Die Sitte blieb noch
nach der Occupation, nur bediente man fich der billi-
geren, auf der Töpferfcheibe erzeugten Gefäße, ftatt der
früheren fogenannten Freihandgefäße.
Bei Treffen: eine Bronzefpange, 53 Mm. im Durch-
meffer.
Bei Cestabreg: zwei Münzen vom Dogen Mocenigo.
Bei Altemnarkt in angefchwemmter Schlammerde
10 M. tief eine Münze von Claudius Gothicus.
Sämmtliche Gegenftände kamen in das krai-
nifche Landes-Mufeum zu Laibach.
1 1 7. Die prähiflorifche Culturflättc im Mühlbach-
graben zu Steyr.
Der fogenannte Mühlbachgraben mündet eine
halbe Stunde füdlich von der Station Sand in das
Ennsthal. Seine Richtung ift eine füduftliche, er thcilt
fich eine Wegflunde vom Eingange entfernt in zwei
Thäler, deren eines die füdöftliche Richtung beibehält
und auf den Sattel des Jochberges führt, über welchen
man nach Lofenftein gelangt. Der andere Zweig des
Thaies hat eine öftliche Richtung, am Ende desfelbcn
geht der Weg über einen Sattel nach Lauffa. In diefer
Abzweigung des Thaies erreicht man nach kurzer
Strecke das ftattliche Schellhammergut, dem Martin
und der PVancisca Bramberger gehörig. Die Außen-
feite des jjauernhofes zieren Refte von .Sgrafito-Orna-
menten mit den Jahreszahlen 1636 und 1690.
In dicfem Haufe fah im Mai 1893 die Bankdirec-
tors- Gattin Frau Marianne Kautfch, welche ficli um
die Sammlung und Erhaltung von für Steyr und deffen
Umgebung wichtigen Alterthümern große Verdienftc
erworben hat, ein Steinbeil aus lichtgrünem Serpentin,
12 Cm. lang, an der Schneide 5-5, am entgegengefetz-
ten Ende 4 Cm. breit und 3 Cm. dick. Sie erfuhr, dafs
diefes Steinbeil und noch zwei andere, die inzwifchen
nach Ternberg gelangt waren, im Mühlbachgraben
gefunden worden find, und gab die Veranlaffung zu
einer Nachgrabung.
Etwa 20 Minuten vom Schellhammergute thal-
aufwärts erheben fich an der Lehne des die linke
Thalfeite bildenden Berges, eines Ausläufers des Joch-
berges Felswände aus Kalktuff, welche gegen die
Thalfohle hin fteil abfallen, gegen die Bergfeite hin
aber eine zu Lagerplätzen geeignete Mulde bilden.
Diefe Felswände erreichen eine Höhe bis zu 40 M.,
find öfter durch fchmale Wiefenabhänge unterbrochen
und fehr zerklüftet. Die auf der fogenannten Bergwiefe,
welche den Eheleuten Bramberger gehört, fich erhe-
bende Wand bildet oben einen natürlichen Thorbogen
und an der dem Berge zugewendeten Seite eine Höhle,
deren 3 M. breiter Eingang durch einen mit Gefträuch
befetzten Steinfchuttkegel verlegt ift, fo dafs die Oeff-
nung nur eine Maximalhöhe von I M. erreicht. Der
erfte Raum der Höhle, deffen Breite jener des Ein-
ganges entfpricht und der nur eine Tiefe von wenig
mehr als einem Meter hat, ift fo niedrig, dafs man nur
gebückt in demfelben ftehen kann. Links betritt man
einen etwa 2 M. im Durchmeffer haltenden Raum, der
nach oben in einen kaminartigen Schlauch auslauft.
Der Boden des erften Höhlenraumes wurde bis
auf die Tiefe eines Meters ausgehoben, hiebei die
oberfte aus Erde und verwesten Pflanzentheilen bcfte-
hende Schicht noch nicht durchgearbeitet. In der-
felben fanden fich einzelne Thierknochen, die vor nicht
langer Zeit durch Raubthiere oder auf andere Art in
die Höhle gerathen fein dürften.
Neben dem Eingange in die Höhle liegt an der
Felswand außen auch ein mit geringer Humusfchichte
bedeckter Kegel von Steinmaffen, die von der Wand
abgeftürzt fein dürften. Dort wurde eine zweite Gra-
bung unternommen und nach kaum einer halben
Stunde waren 2 Steinbeile aus Serpentin, 3 Theile von
folchen Beilen und 2 Gefäßfeherben zu Tage gefördert.
Die Fund-Objecle lagen nur in einer Tiefe von ca,
15 Cm.
Das eine Beil, deffen Material außen eine licht-
braune Farbe angenommen hat, ift 8 Cm. lang, an der
Schneide 5-5, an entgegengefetzter Seite 3-5 Cm. breit
und 2 Cm. dick; das zweite Beil aus mit Glimmer
durchfetztem dunklen Serpentin, der ein fettiges
fpeckfteinartiges Ausfeilen hat, ift 8 Cm. lang, 5-5 Cm.
breit und 1-5 Cm. dick. Die Schneide ift wie bei den
anderen Beilen etwas convex, die Längsfeiten laufen
aber parallel. Von den drei Stücken ift eines aus licht-
braun gefärbtem, die anderen aus dunklem Serpentin
angefertigt.
Die beiden kleinen Gefäßfeherben find aus fehr
grober mit kleinen .Steinchen vermengter Thonmaffe,
einer derfelben ift ficherlich nicht auf tk:r Drchfcheibe
gemacht.
Außerdem fand fich ein 12 Cm. langer, 9 Cm.
breiler und 2 Cm. dicker flacher kalkhiiltiger RoU-
ftcin, der, wie deutliche Spuren zeigen, als .Schleifftein
in V^erwendiing war.
235
Ob ein 9 Cm. langer und bis zu 35 Cm. breiter
Kiefelftein, dem durch Abfchlagen einer Seite eine
Schneide gegeben ift, als ein Meffer anzufehen wäre,
bleibt fraglich. Der frühere Befitzer des vom Schell-
hammergute nur 10 Minuten entfernten Neidlgutes hat
vor zehn Jahren an der Außenfeite einer der erwähnten
Felswände, bevor man zu jener Wand gelangt, welche
die Höhle birgt, einen fchönen Serpentin-Steinhammer
gefunden und es gelang auch, ihn für das ftädtifche
Mufeum in Steyr zu erwerben. Er hat eine Länge von
II, eine gleichmäßige Breite von 4"8, in der Mitte eine
Dicke von 5 Cm. Die Schneide ift wohl erhalten, die
Hammerfläche, nicht ganz kreisrund, hat einen Durch-
meffer von 35, rückfichtlich 4 Cm. Das mit ausge-
zeichneter Schärfe und Reinheit gebohrte Loch hat
einen Durchmeffer von 2"5 Cm.
Auch die beiden erwähnten, nach Ternberg
gelangten Beile wurden angekauft. Das größere hat
eine Länge von /''S, an der etwas convexen Schneide
eine Breite von 6, an der entgegengefetzten etwas
abgefchlagenen Seite eine folche von 4 Cm. und eine
Dicke von r5 Cm. Das kleinere ift 7 Cm. lang, an der
Schneide 5, an der Rückfeite 2-5 Cm. breit und hat
eine Dicke von i Cm.
Erwähnenswerth iü, dafs eine halbe Stunde von
der Hauptfundftätte entfernt fich ein Sonnberg befin-
det und dafs auf der fogenannten Pathenbaclier Alpe
am Pairsberg (Mathäusberg), welche über den Joch-
berg in einer Stunde zu erreichen ift und in das Enns-
thal zvvifchen Ternberg und Lofenftein abfällt, auch
eine Niederlaffung der Steinzeit gewefen zu fein fcheint,
da vor kurzem hier Cuftos Anton Petermandl ein dort
gefundenes prächtiges Steinwerkzeug für die Meffer-
fammlung der k. k. Fachfchule zu Steyr erwarb.
Edmund Schmidl.
118. Confervator Dombaumeifter Mocker hat an
die Central-Commiffion über die St Wenzelskirche in
Pro/ek bei Prag berichtet. Sie ift eine dreifchifhge
Pfeiler-Bafilika romanifchen Urfprunges (12. Jahrhun-
dert), welche in den verfchiedenen Zeiten vielfache
Umänderungen erlitten hatte.
Das Mittelfchiff und beide Seitenfchiffe find ge-
wölbt und an der Oftfeite mit runden Abfiden abge-
fchloffen. Die Länge der Kirche beträgt 2r40 M., die
Länge der Kirchenfchiffe 15 M. und die Gefammtbreite
12 M. im Lichten. Das Mittelfchiff und das rechte Sei-
tenfchiff bilden 4 Gewölbe-Travees, und find die Kreuz-
gewölbe dafelbft auf Steinrippen in Spitzbogenform
eingewölbt, wogegen das linke Seitenfchiff bei der glei-
chen Jochzahl mit Lunetten verfehen ift (Fig. 4 Grund-
riß).
Oberhalb des Chorjoches ift der gegenwärtig noch
beftehende Thurm aufgebaut. Die fechs freiftehenden
Säulen, welche mit Rundbögen übergurtet find, ruhen
auf einfachen viereckigen Bafen und find nach oben
zu mit Deckplatten in Barockform abgefchloffcn. Das
Kirchendach ift mit Tafchen eingedeckt, das Thurm-
zwiebeldach mit Schindeln.
Von dem urfprünglichen Baue haben fich nur die
Hauptmauern mit dem weftlichen Eingange und den
Abfiden erhalten, wogegen die fechs freiftehenden
quadratifchen Pfeiler in Rundfäulen, u. zw. in primitiv-
fter Weife umgearbeitet worden find. Von decorativen
l''ornien hat fich blos ein gefchachtes einfaches
Pila.fter- Capital (Fig. 5) an der Weftwand erhal-
ten. Auch find bereits die fämmtlichen alten Fenfter
/2M.
Fig. 4. l'rofek.
umgeftaltet worden. Die Gewölbe im Mittelfchiffe und
im rechten Seitenfchiffe, welche von einfachen Con-
folen getragen werden, gehören der fpät-gothifchen
Periode an und befindet fich im Schlußfteine zunächft
Fig. 5. Profek.
dem Presbyteriumeinplaftifch ausgearbeiteter Wappen-
fchild in den Farben gelb, weiß und blau, darüber eine
befchädigte Helmzier (Fig. 6). Nachdem der Thurm
Setzungen zeigte, wurden die Glocken in einem hie-
für erbauten Glockenhaufe zunächft der Straße unter-
gebracht.
236
Wenn auch die Kirche nicht mehr vollen künft- Unterhalb der Fenfler eine Reihe von Wappen-
lerifchen Werth befitzt, fo ift doch ihre Erhaltung fchildern, üle leer bis auf eines: das des Grafen
auch für weitere Zukunft unbedingt anzuempfehlen. Martinic.
Fig. 6. Profek.
1 19. Confervator Aföf^^r hat an die Central-Com-
miffion berichtet, dafs die im Jahre 1885 genehmigte
Reftaurirung an der St. Peter- und Paulkirche am
Vysehrad zu Prag bereits im Jahre 1886 begann.
Man baute das Presbyterium theilweife um und ver-
längerte es, 1887 begann die Einwolbung des Mittel-
fchiffes, Polychromirung des Presbyteriums und Auf
fteilung des neuen Hoch-Altars. Jetzt wird die Poly-
chromirung der einzelnen Capellen durchgeführt. In
den Capellen find Refte ehemaliger Fresken aus dem
14. — 15. Jahrhundert bloßgelegt, diefelbcn find fo fchad-
haft, dafs fie kaum reftaurirt werden können. Die alten
Malereien flellen dar, in der i. Capeile: Maria mit dem
Kinde, dabei St. Georg mit dem Drachen und St. Adal-
bert (?), gegenüber das Lauenburg'fche Wappen, der
einköpfige Adler in fchwarz und weiß; in der 2. Capeile
vvahrfcheinlich Maria-Heimfuchung, in der 3. eine ge-
krönte heilige Jungfrau, dann Fragmente eines Chri-
ftophbiides; auf einer weißen Tafel:
Anno. . . .i millimo ona. . . .mo arto o. . die
pr tebris C . . secratum h . . . . altare a . . .
dissemo in .r pre etd o dno wcncehlao priarcha. .
o ch ria feta I'lcclesia cfl . . . .
ul ssae liic
könnte heißen:
Anno domiiii millesimo ciuadringcntesimo
quarto 0(5\ava die (?) septembris consccratum hoc
altare a reverendisimo in Chriflo patrc et domino
Domitio Wenzelao patriarcha .\iitiochcni.
120. Correfpondent Staub machte der Central-
Commiffion nachflehende Mittheilung über Glocken,
die fich beim Glockengießer Hiltzcr in \Vr. Neußadt
befinden und zürn Umguße beftimmt find:
a) Glocke ans Ceiikovic, Mähren, ca. 150 Kg.
Flacher Helm mit 6 Henkeln. Oben an der Haube
zwifchen zwei Leiflen folgende Infchrift in Capital-
Majuskeln; der Anfang durch einen Handweifer be-
zeichnet :
zV Lob IesV, Vnser LIben fraVen MakIa, VnD
HEILIGEN RItTERS GEORGII.
Die Infchrift bildet das Chronogramm 1683 Auf der
oberen Leifte fitzen in kurzen Zwifchenraumen flylifirte
Fruchtkelche mit Weintrauben auf. Von der untern
Leifte hängen, durch einen Perlftab zufammengehalten,
Palmetten nach abwärts; dazwifchen abwechfelnd
Feftons und geflügelte Engelköpfchen. Im Felde, das
unten durch drei Schmalleiften abgefchloffen wird, zwei
handwerksmäßig und roh ausgeführte Reliefs, aus orna-
mentalen Confolen herauswachfend: einerfeits St.
Georg zu Pferde mit Lanze, Helm und Schild; den
Drachen mit der nach abwärts eingelegten Stoßlanze
durchbohrend; anderfeits Chriflus am Kreuze, zu
beiden Seiten in einiger Entfernung Maria und
Johannes.
Am Kranze zwifchen zwei Schmalleiften findet fich
zweizeilig angeordnet folgende Infchrift in Capital-
Majuskeln von gleicher Stärke; der Anfang durch
einen Handweifer bezeichnet:
AVF H;IGENE VNKOSTEN, BEEDER GE-
MEINDE, WORLIczKE VND TSCHENKOWITZ
Hat Mich l'AVL Streckfvs In Brvnn Ge-
gossen A: 1683.
bj Glocke aus Lang- Augeß bei Bilin, Bö/nnen. 43 Kg.
An der Haube zwei flark ausladende Leiflen.
Dazwifchen in fehr rohem Guße folgende Infchrift in
gothifchcn Minuskeln:
+lijcn0+iiiarcos+iol)nnncs+matcos+
Die einzelnen Worte find getrennt durch große Kreuze
von der Form:
In der Mitte des Feldes in gleicher Huciillaben-
größe wie oben das Wort:
toiiin
Der Kefl: des Feldes leer; der Kranz ungegliedert.
Die Glocke dürfte noch dem 15., fpätellens den
crftcn Decennien des 16. Jahrhunderts angehören.
cj Glocke aus I.autfcli hei Üdrau in Schießen. 27 Kg.
An der Haube zwifchen Randleillen in Capital-
Majuskeln:
S • DONATVS • LAVTSCH • A • 1735 •
An der unteren Leifte ein breites ornamentales
]5an(l, faft t:in Drittel des Feldes einnehmend, fehr
zierlich; wohl nach einem älteren Modell gegoffen.
= 37
Im Felde das Reliefbruftbild eines Heiligen mit
fegnend emporgehobenem Arme im Strahleiinimbus;
fehr roh ausgeführt. Daneben ein barock umrahmter
Wappenfchild, deffen horizontal getheiltcr Blafon
folgende Form hat:
Im oberen Felde ein Pferd, im unteren ein nicht
beftimmbares Inftrument. Auf der andern Seite ein
gleichfalls barock umrahmtes Wappen, deffen ein-
facher Blafon folgende Form hat:
Im Felde eine Blume.
Am unteren Rande des Glockenfeldes die Infchrift:
•Illv Fran -S -R-I-Com.Lichnowskv-H-D • In-
■ Odrav-
Darunter 8 Parallel-Leiflen.
d) Glocke mts dem Praemonßratenferflifte Tepl.
107s Kg.
Am fchwach gewölbten Helm 6 Henkel in der
Stellung I I ; an den äußeren Bogenlaibungen der-
felben Gefichtsmasken im Relief (bärtige Männerköpfe),
welche unten in flache Schuppenblätter ausgehen.
An der Haube zunächft ein fchmales Band von
einfachen Palmetten; darunter in derben Capital-Majus-
keln folgende Infchrift, deren Anfang durch ein geflü-
geltes Engelsköpfchen bezeichnet ift:
AD ■ GLORIAM • DEI ■ ET • HONOREM • S JO-
ANNIS • BAPTISTA • SVB • REGIMINE • DNI-
RAYMVNDI • ABBATIS • FVSA • SVM • A •
BALTH •
Darunter ein Kranz von derbgeftalteten Orna-
menten, welche geflügelte Engelköpfchen umgeben.
Im Felde das ftark erhaben ausgeführte Relief Johan-
nes des Täufers in ganzer Figur, in härenem Gewände;
in der Linken einen langen Stab mit Kreuz, in der
Rechten ein Buch; zu feinen Füßen ein Lamm. Am
Kranze zwifchen zwei Doppelleiften die Fortfetzung
der an der Haube befindlichen Infchrift:
PLATZER . EGRAE • A ■ 1702.
e) Glocke aus dein Praenionßratenferßifte Tcpl.
S08 Kg.
Am fchwach gewölbten Helme 6 Henkel in der
Stellung I [ ; an den äußeren Bogenlaibungen der-
felben Frauenköpfe im Relief. Der obere Theil des
Helmes verziert mit mehreren Rundleiflen, aus denen
in größeren Abfländen nach auswärts Palmetten her-
vorragen.
An der Haube zunächft ein ornamentales Band;
dann zwifchen zwei Rundleiften, zweizeilig angeord-
net, folgende Infchrift in fchönen Antiqua-Majuskeln;
der Anfang bezeichnet durch einen Stern:
ANNO-M-DC-LIX-OVO MONASTERIVM TEP-
LENSE CONFLAGRAVIT, HANG CAMPA-
NAM REFVNDI CVRAVIT, ET CONSECRA-
VIT R^ys
Eine Hand zeigt nach abwärts in die zweite Zeile:
D-D.RAYMVNDVS ABBAS, IN HONOREM
SS. PATRON: BOHEMIÄ, ET SS-CONFESS:
PONTIFIC : NORBERTl, AVGVSTINI, ET
MARTINI-
Darunter eine Leifte, von der abwechfelnd fein-
gcfchwungeiie Palmcttcn und gcfchloffene Blutenkelche
herabhängen.
Im Felde 6 kleine Flach-Reliefs: i. Crucifix mit
Johannes und Maria, dabei das Wappen von Tepl (in
einfachem Felde drei Hirfchgeweihe in der Ordnung
2 : i), barock umrahmt und bekrönt von Inful und
Pedum.
2. St. Martin zu Pferde, mit dem Schwerte den
Mantel theilend; vor ihm der Bettler.
3. Die gekrönte Himmelskönigin, auf einem Halb-
monde ftehend, in der Rechten das Scepter, mit der
Linken das Kind haltend. Darunter:
Melchior S> Mathaeus
Michelii
Piir
^ Ciui!
nensis nie fudit.
4. Herzog Wenzel in Rüftung mit Krone, Panzer
und Fahne; in der Linken den Schild mit dem ein-
köpfigen Adler haltend 5. St. Norbert im Bifchofs-
Ornate mitMitra und Pluviale; die rechte Hand fegnend
emporhaltend, in der Linken ein Oflenforium. Das
Pedum zur rechten Seite frei fchwebend. 6. St. Augu-
flinus gleichfalls in Bifchofskleidung mit Inful und Plu-
viale; die rechte Hand fegnend wie oben, in der linken
ein Herz. Das Pedum freifchwebend. Am Kranze zwei-
mal je drei Leiften.
Glocke aus Sznako in Ungarn, Kafchau-Oder-
berger Bahn, Station Orld, 120 Kg.
Am Helm 6 einfache Henkel, central geftellt.
An der Haube zwifchen je zwei ftarken Doppelleiflen
folgende Infchrift in großen dickfchaftigen Capital-Ma-
juskeln:
+HOC0 OP9o ERFECI\o lOFRNo OLEA« A'o
1598+
In der Mitte des Feldes, wieder zwifchen zwei
ftarkvorfpringenden Doppelleiften :
+INHONOETLAVDSLÄTISSTRANSEIGg
SALVATOR
Darunter in fehr ungleicher Buchfi^abenlage;
ISCH^oATQ BEAT/?.
VIRoMARIAE*
Der Kranz leer.
121. In den angefchloßenen Abbildungen, Fig. 7
und 8 veranfchaulichen wir die Siegel der Gemeinde
Pirnitz (Brtnice) in Mähren. Das größere derfelben,
rund, mit einem Durchmeffer von 43 Mm., muß wohl
zu den fchönften Siegeln von Gemeinden gezählt wer-
den. Der Grund ift ganz gegittert. Nicht ganz in der
Mitte, mehr gegen heraldifch-links gerückt, ficht man
eine auf einem breiten einfachen Lehnfluhl fitzende
gekrönte Frau gegen vorwärts gewendet dargeftellt, die
Hände an die Bruft gelegt, daneben gegen rechts ein
tartfchenförmiger Schild, darin ein gegen rechts fchrei-
tender,doppeltfchwänziger gekrönter Löwe; oben ift an
dem Schilde ein oftmals verfchlungener Tragriemen
befeftigt. Ein Spruchband fchhngt fich in zahlreichen
Krümmungen im Hintergrunde vom Schilde über die
Frauengeftalt, von rechts nach links. Es enthält in
- 238 —
theilweife weit auseinandergeftellten Buchftaben mit
Rofetten dazwifchen folgende Legende: .s. civivm. de.
pvrncniec. Das fchöne Siegel dürfte wohl aus dem
Ende des 15. Jahrhunderts flammen. — Das kleinere
Siegel ift achteckig mit einem Durchmeffer von 29 Mm.,
es ift von einemKetten-Ornament umfäumt, zeigt eben-
falls in der linksfeitigen Partie die fitzende gekrönte
Frau, doch die Hände im Schöße liegend. Der Stuhl
ift beim Sitze mit Stoff geziert und auf jeder Seite mit
einer Blumenranke befetzt. Rechts frei fchwebend das
Wappen mit dem böhmifchen Löwen, darüber: .B.T.
Fig. 8.
122. Confervator Prof V. Berger hat der Central-
Commiffion mitgetheilt, dafs gelegentlich des Umbaues
des ehemaligen Capuciner-Klosters fammt Kirche zu
Tainszueg (1644 gegründet, 1790 aufgelöft) im Funda-
mente des Kirchentra6les der Grundftein in einer Tiefe
von r6o M. unter dem Parterre-Fußboden aufgefunden
wurde. Im Grundftein war eine Bleiplatte eingelegt,
darauf eine Widmungsinfchrift. Der ganze Fund
gelangte zur bleibenden Hinterlegung an das Salz-
burger-Mufeum und ift im Lapidarium aufgeftellt. In
diefer Angelegenheit hat fich der genannte Confer-
vator wie auch Correfpondent Dr. Petter fehr verdient
gemacht. Die Legende lautet:
Deo Optimo Maximo ejusque in carne Virgini
Matri A. 1644 post Christum natum, Ecclesiae mili-
tantis gubernacula tenente Urbano VIII anno XXI,
Fernando III Austriaca, Rom. Imp. anno VIII, Paride
ex Comit: Lodroni Archiepis. Sali.sburg. Principatus
sui anno XXV ad aeternam gloriam R. P. Fr. Joachi-
mus Gey(censis ? ) ordinis Min. s. Francisci Capucci-
norum Minister Provincialis Prov. Styriae, 2. Augusti
ex concessu praefati Illus. et Rever. Principis Archicp.
Salisburg. primarium lapidem posuit in honorem D.
V. Laurentanae, cum ante annos paucos gcnerosus
Dnus Guglielmus Locher a Consiliis Principis Electoris
Bavariac pro hospicio V . F. Capuccinorum acdificando
in Damswcgh 2000 florenorum legata rcliquerit, cujus
animam Deus servet in gloria. Amen.
123. Herr Vice-Diredlor Bruno Bucher erwähnt
in feiner „Gefchichte der technifchcn Künflc" (Ab-
fciinitt XI, S. 98) einer mchrfacli vorhandenen Schiiffcl
und Kanne in edlen KenailTanceformcn des Cafpar
linderleiii ans Bafel, geflorben zu Nürnberg 1633,
deffcn Arbeiten in Zinn zu den höchden künfllerifchen
Leillungen fich erhoben. Die k. k. Central- Com-
miffion nimmt gewifs gern zur Kenntnis, dafs eine
folche Garnitur, bis in jede Einzelheit identifch mit
einer zweiten im königl. bayr. Nationalmufeum in
München, in der Wallfahrtskirche Rankwcil aufbewahrt
wird, von der feltfamerweife nicht zu erforfchen ift,
wie und wann fie in deren Befitz gelangt. Im Wege
direkter Auftraggebung gewifs nicht, denn weim fie
auch dort als Tauffchüflel angefehen wird, fo fehlt
doch in ihrer bildlichen Ausfchmückung und Orna-
mentirung jede Beziehung zu kirchlicher Verwen-
dung. Schüffein mit Kannen folcher Art dienten viel-
mehr als Credenz bei fefllichen Anläffen, zu welchen
das Hauptbild mit der Temperantia, welche mit der
Rechten den Pocal vorhält und in ihrer Linken den
Krug zum Nachfüllen bereit hält, den fprechendften
Beweis liefert. Man könnte dadurch verfucht fein, in
der Stadtbehörde des nahegelegenen Feldkirchs den
Befteller, vielleicht auch den fpatern Donator zu ver-
muthen, fo wenig auch in deffen Archiven etwas über
die Sache fich erfahren läßt.
Der Durchmeffer unferer in der beigegebenen
Tafel fammt Kanne abgebildeten Schüffei beträgt 47 Cm.,
der des mittleren die Kanne tragenden Auffatzes
102 Cm.; in der Höhe mifst letztere 26 Cm. zum
Schnabel, 30-2 Cm. zur höchften Biegung des Henkels.
Die Auffatzfläche der Mitte ziert innerhalb fehr plafti-
fcher Perl- und Eierflabreifen die eben erwähnte
fitzende Figur der Temperantia, um fich her zwifchen
Pflanzenwerk, Sichel, Dreizack und Mercurftab. Alle
übrigen allegorifchen Darftellungen in cartouche-artigen
Ll^mrahmungen im Styl von Schildwerk mit aufgerollten
Enden flimmen mit jenen von Bucher erwähnten über-
eih, nämlich auf der Schüffei find es an der Innenfläche
die Elemente, am äußern Rand Minerva mit Azw fieben
freien Künßen, welche fie zieren, und auf dem Krug drei
Jahreszeiten (Autumnus, Hyems, Ver:) in der oberen
Hälfte, drei Welttlieile (Europa, America, Africa) auf
der unteren; am Hälfe fand noch ein Faun in halb
hockender Stellung Platz. Allenthalben fleht den Bild-
chen die erklärende Schrift beigefetzt: Arithmetiqua,
Musica, Retorica, Diale(5tica,Gramatig, Minerva, Astro-
logi, Geometria, weiter: Ignis, Aer, Aqua, Terra.
Die Form der fchlank gebauten Schenkkanne, wie
auch das Profil der Schüffei zeugt von höchflem künfl-
lerifchen Verfländnis, das nicht minder in der Compo-
fition der hochfeinen Verzierungen fich ausdrückt, mit
denen beide völlig bedeckt find. Wie gefchäftig grup-
pirte die Phantafie des Künftlers das reizendfte Füll-
werk in die Räume, welche die Darflellungen fcheiden!
In reichfler Mannigfaltigkeit verfiechten fich mit den
Ornamenten der Renaiffance Masken, Löwenköpfe,
Reiher, Delphine, Schlangen, Eichhörnchen, Vordcr-
körper geflügelter Pferde (letztere befonders reizend
behandelt), überall in gefallige Verbindung mit den
Umrahmungen der Allegorien gebracht. Die vier bis
zur Hüfte nackten Miuinergcfl alten, durch welche der
Innenrand eine Viertheilung gleiclifam erfährt, drücken
die Beziehung zu den zwifclieninne liegenden Darflel-
lungen der lüleinente aus: dem Waffer ift eine Figur,
deren Heine als l)cl[)hinfcluvänzc geformt, um fie her
Plfche in Feflons zur .Seite geflellt, der Erde eine Ge-
ftalt, deren Füße als Baumwurzcln verlaufen, der Luft
eine geflügelte Figur u. f w.
In die untere Seite der Schiiffcl ill das Bildnis
Enderlein's mit der Umfchrift am Rande des Mcdail-
Rankweil
Mitth. d. C. C. 1893
Lichtdruck von J. Löwy, k. u. k. Hofphotograpb, Wien.
Ions: Sculpebat Casbar-(!)- Enderlein- eingelaffen.Der
Meifter trägt Schnurr- und Spitzbart der fpanifchen
Krieger, erfcheint als hübfcher Mann zwifchen 40 und
50 Jahren, mit kraftigen Zügen und ftarken Runzeln auf
der Stirn. Von der Kleidung ift die geröhrte Halskraufe
forgfaltig ausgefiihrt, der obere Theil des Wammfes
bis zur Schulter nur angedeutet, an diefer die Initialen
C. E. Ueber den unterhalb des Medaillons einge-
prefsten Befchauftempel von ovaler Form, deffen
linke Hälfte ein halber Adler ausfüllt, die andere
ein G zwifchen fchrägeti Streifen, war nirgends
Auffchluß zu erhalten, felbft in Nürnberg nicht; doch
erfuhr ich, dafs zwei Gelehrte damit befchäftigt feien,
das. wichtige Gebiet der Stempel auf Zinnarbeiten an-
zubauen, wodurch hoffentlich auch der obige feiner
Erklärung entgegengeht.
5. Jenny, Confervator.
124. Correfpondent Dr. Kupido hat an die Central-
Commiffion berichtet, dafs der feit kurzem abgetra-
gene Thurm auf dem Stadtplatze von Stadt Lüdati feit
etwa 250 Jahren hier geftanden haben mag. Ueber
die Veranlaffung und die Zeit des Baues war im Ge-
meinde-Archiv nichts zu finden und die im Thurm-
knopfe gefundenen Urkunden geben nur Auffchluß
über die nothwendig gewordenen Reparaturen. Ebenfa
wenig wurde bei der Demolirung, die in Folge totaler
Baufälligkeit von den technifchen Organen der k. k.
Bezirkshauptmannfchaft angeordnet wurde, ein Grund-
ftein mit einer Jahreszahl oder Infchrift gefunden. Da
eine der Uhrglockenfchalen die Jahreszahl 16 17 trägt,
kann man annehmen, dafs der Bau im Anfange des
17. Jahrhunderts errichtet wurde.
Die Demolirung begann am 5. Mai und wurde
in eilf Tagen beendet. Das Steinmaterial des Thurmes
beftand aus Grauwackenfchiefer, ilntt des Mörtels war
ausfchließlich Lehm verwendet worden und offenbar
wurde das Bauwerk fchon feit Jahrzehnten nur durch
die angebrachten eifernen Anker zufammengehalten.
Der Thurm hatte wohl nur geringe architektonifche
Bedeutung, da derfelbe lediglich aus den vier Grund-
mauern befland, die fich gegen die Höhe zu etwas ver-
jüngten. Zwei kleine Lücken, eine an der Nord-, die
andere an der Südfeite beleuchteten den inneren Raum.
Die Höhe des Mauerwerkes betrug 1577 M. und darü-
ber erhob fich der aus Holz conftruirte zweikuppeligc
Thurmhelm, fammt Wetterfahne und Knopf 12 M. hoch.
Im Innern des Thurmes war die .Stadtuhr mit je
einem Zifferblatte auf jeder Seite des Thurmes ange-
bracht. Im vorigen Jahrhunderte hatte man an den
Thurm dasftädtifche Brauhaus angebaut; doch ift diefes
fchon feit langer Zeit demolirt, fodafs der ifolirt flehen-
de verfalleneTliurm einen nichts weniger als erfreulichen
Anblick darbot. Die beiden Uhrenfchalen und die
Feuerglocke des Thurmes werden im Gemeindehaus
aufbewahrt. Die kleinere (ViertelHunden-) Schale hat
die Umfchrift : ANNO 16 17 16. SEPTEMBER und die
größere zeigt die Legende: FRANCISCVS STANKE
OPPAVIAE 1791. Die Feuerglocke hat die Umfchrift:
IM 1662 JAHR IST DIESE GLOCKEN ANHERO
GEGOSSEN. Im Thurmknopfe befanden fich drei
blecherne Büchfen mit Urkunden, von denen die alterte
jedoch nur bis zum Jahre 1789 zurückreicht und die
nur !ocalge'"chichtliche Bedeutung haben.
125. Du Mondfcluibe an den gothifehen Glocken-
tlinnnen in Tyrol.
Bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts fcheint man
fich an den Glockenthürmen, Kirchen und anderen
Gebäuden der Sonnenuhren bedient zu haben, um die
Tagesrtunden anzuzeigen. Die urkundliche Erwäiinung
einer mechanifchen Uhr mit Schlagwerk findet fich
mit Beziehung auf den alten Thurm an der Pfarrkirche
zu Bozen — der jetzige fchöne Thurm an derfelben
rtand noch nicht. — In den Beiträgen zur Gefchichte
derfelben Kirche v. P. Juft. Ladurner heißt es nämlich
S. 16 : „Im Jahre 1489 goß Urban Mölfer im Vorderer-
walde (Unterinnthal) die kleinere Schlagglocke zu der
Uhr, welche Meifter Niclas, Schloffer von Meran in
demfelben Jahre gemacht hatte; fie wog 303 Pf 32 M.
7 Pf B. Deffen Bruder Hans Mölfer goß dann 1493 die
größere Schlagglocke im Gewichte von 14 Cent, "jt Pf.,
den Centner um 14 fl. rh". Im Jahre 1499 i. Mai
war aber wahrfcheinlich, wie aus einigen Andeutungen
hervorzugehen fcheint, durch Unvorfichtigkeit des
Thurmwnchters ein Brand ausgebrochen, wodurch
nebft dem Glockenftuhl und allem Holzwerke (Dach-
ftuhle) auch die Thurmuhr nebft allen Glocken zu
Grunde gegangen ift, mit Ausnahme der größeren
Schlagglocke. Der ganze obere Theil des Thurms war
ausgebrannt, fo dafs ein Neubau befchloßen wurde,
der heute noch dafteht und allgemein bewundert wird.
Auch an eine neue Thurmuhr dachte man bald und
ließ fie 1502 von Arnold Grienberger aus Stubai anfer-
tigen, welcher 1544 auch eine Thurmuhr für St. Pauls
in Eppan fertigte. Auch Simon Grienberger aus dem-
felben Thale fcheint daran etwas gearbeitet zu haben,
denn 1553 weift ein Mann aus Stubai einen Schuldbrief
auf wegen einer Summe, welche man diefem Uhr-
macher fchuldig war. Im 16. Jahrhundert waren Uhr- ^
macher und ihre Werke keine Seltenheit mehr im/
ganzen Lande, wie uns die diesbezüglichen Notizen irl
verfchiedenen Urkunden belehren.
Konnten aber die einzelnen Gemeinden und
Kirchenvorftehungen damaliger Zeit in Tyrol groß-
artigere Spielereien und Künfteleien, wie fie mit den
Jahren in den Niederlanden, Deutfchland und Italien
immer mehr aufkamen, nicht ausführen, fo wollten fie
fich in vielen Fällen doch nicht begnügen durch die
Thurmuhr nur einfach vermittelft des Zeigers auf dem
Zifferblatte den Ortsbewohnern und Vorbeireifenden
die Tagesftunden anzeigen zu laffen; auch irgend einen
anderen Dienft zu verrichten, wollten fie von ihrer
Thurmuhr doch verlangen und dies war, dafs fie auch
die „Mondeswechfel" genau andeutete. Zu diefem
Zwecke ficht man heute noch an mehreren Kirchthür-
men als am Pfarrkirchthurm zu Brixen, zu St. Lorenzen
im Pufterthal und an der hohen Fagade der Pfarr-
kirche zu Schwaz unter dem Zifferblatt — zu
Schwaz oberhalb desfelben — - eine etwa 50 Cm.
weite kreisrunde Oeffnung in der Thurmmauer, welche
gleich einem Rundfenfter ganz hindurch geht. In
diefer Oeftnung wird dann eine faft ganz gleich große
Kugel an einer Achfe fchwebend gehalten, die eine
Hälfte derfelben erfcheint pechfchwarz, die andere
in hellem Goldglanze. Erftere Hälfte zeigt den Neu-
mond, letztere den Vollmond an, und durch die fuc-
ceffive Weiterbewegung kehren die verfchiedenen
Wcchfel des Mondes genau wieder. Man braucht
XIX. N. F.
240
an der Uhr blos eine einfache Vorrichtung anzubrin-
gen, um diefes Mondfpiel regelmäßig einzuhalten.
Am abgetragenen fchief geftandenen Giocken-
thurm von Terlan war die Oeffnung für die Alondfchein-
kugelmit einer eigenen gemalten Decoration umgeben,
ein Beweis, dafs man dem Ganzen eine größere Auf-
merkfamkeit fchenkte. Wird am Neubau wieder her-
geftellt.
Wie weit diefe Liebhaberei im Lande verbreitet
war und wie dafür Sorge getragen wurde, beweift eine
Notiz aus dem EppanerPfarr- Archiv desPriefters Spo-
renberger, welcher bemerkt, dafs fchon vor 1560 auch
an dem einfachen Thurme der kleinen St. Michaels-
kirche zu St. Michael in Eppan „Mondfchein" und
auch „Stern" beflanden haben. Was unter letzterem
zu verftehen fein dürfte, ift uns noch nicht klar. Im
Jahre 1613 noch wird dem Meffner von St. Pauls einge-
fchärft, ..das Uhr- und Gloggengewerch fammt der
Mondfchei7ikugel in gutem und gerechtem Gange zu
halten". Möchte diefe alte für einen gothifchen Glo-
ckenthurm intereffante und kunfthiftorifch merkwür-
dige Vorrichtung der Mondfeheibe überall, wo fie
bereits eingeführt war, in gutem Gange noch erhalten
bleiben!
Atz.
126. Confervator Branis berichtete, dafs die ftyl-
gemäße Reftauration der Klofterkirche in Biidiveis
wegen der nothwendigen Vorarbeiten gewifs noch
einige Zeit brauchen wird, dafs aber fchon im Laufe
des Jahres 1890 einige unumgängliche und aus fanitä-
ren und baupolizeilichen Rückfichten unauffcliiebbare
Ausbefferungen in derfelben vorgenommen wurden.
Vier morfche Seitenaltäre wurden entfernt und
ihre Beftandtheile, inwiefern fie in den Händen der
Arbeiter nicht zerfallen waren, paffend deponirt, der
von Feuchtigkeit durchdrungene hohle Verputz zu den
unteren Partien der Wände wurde abgefchlagen, das
Dach wird mit Rinnen verfehen und ringsum die Kirche
wird das Terrain geordnet.
Da bei der Reflaurirung der Kirche im Jahre 1S64
alte Wandgemälde gefunden worden waren, von denen
der damals zufällig in Budweis anwefende Kunfl-
iiiftorikcr Profcffor Grueber in feinem Werke: „Die
Kunft des Mittelalters in Böhmen" 1, 90 bemerkt, fie
feien in kurzer Zeit bis auf einige Flecken fo verblalst,
dafs weder Durchzeichnungen noch Photographien
genommen werden konnten, veranlafste der genannte
Confervator, dafs der Maueranwurf befonders in dem
Presbyterium und in dem füdlichen Seitenfchiffe nur
mit größter Vorficht entfernt wurde, und überhaupt
auf alle archäologifchen Funde, die fich bei den jetzt
vorgenommenen Arbeiten ergeben dürften, Acht ge-
nommen werde.
An den Wänden des Presbyteriums fand man nur
fpärliche Ueberrefte eines röthlich gelben Teppichs
und aufder Epiflelfeite eine viereckige Nifche (Sanftua-
rium), deren Marmorgewimde !)ei der Vermauerung im
17. Jaiirhuiiderte fo gründlich abgefchiagcn worden
war, dafs eine Zeitbellimmung in Betracht deren Ent
ftehung unmöglicii ift.
In dem nijrdiichen Seitenfchiffe, wo Aqx- Anwurf
bereits einigemal erneuert worden war, zeigten fich nur
hinter einer fpäteren Altarmenfa fchwache Spuren des
urfprünglichen Teppichmufters. Als auch der durch-
näfste Verputz in einigen Kappen des Kreuzgewölbes
entfernt werden mußte, conftatirte man, V^ dafs die
Gewölberippen der Seitenfchiffe aus Formziegeln
beliehen, was für die Gefchichte der Baukunft in Süd-
böhmen fehr wichtig fein dürfte, indem auch bei dem
Baue des aus der erften Hälfte des 13. Jahrhunderts
flammenden Kreuzganges in Strakonic und in dem Capi-
telfaale zu Goldcnkron Terracotten zur Anwendune
kamen. Weiter überzeugte man fich, dafs die im 17.
Jahrhunderte unter den urfprünglichen Spitzbogen-
arcaden ausgeführten plumpen Rundbögen fehr fchwach
untl innen hohl find.
Recht intereffant waren die Alterthümer, welche
in dem an den Kreuzgang angränzenden füdlichen
Seitenfchiffe zum Vorfchein kamen. Bei der Ent-
fernung der Altäre fand man einige kunftlofe Thon-
gefäße, Münzen, Papiere und gedruckte Gebete, alles
aus dem vorigen Jahrhunderte, und endlich einen wohl-
erhaltenen Grabftein ohne Legende, der nach den ein-
fach in die Platte gemeißelten
Umriffen noch dem 13. Jahr-
hunderte angehören mag (Fig. ■
9); außerdem ift eine hölzerne
Statue des im Rufe der Heilig-
keit (1281) verflorbenen erften
Priors des Klofters Heinrich Li-
brarius, mit den Ueberreften
desfelben, welche in unferem
Jahrhunderte in einer gothi-
fchen Nifche vermauert worden
waren, gefunden worden.
Weiter entdeckte man an
der Südwand Ueberrefte einer
ganzen Reihe intereffanter Ge-
maide. Gleich links von der bei
Grueber I, 91 abgebildeten
aber fchon gänzlich verblafsten ^"'S- 9- (Budweis.]
und langft unkenntlichen Thomas-Scene fand man
Ueberrefte von einer größeren Jagdfcene, nämlich
in dem Vordergrunde zwei Bogenfchützen, von denen
der eine auf ein nicht erkenntliches Obje6l zielte, der
andere, mit Jagdhorn auf der Schulter, mit einem
Fuße die Armbruft fpannte. Es waren treffliche
Geflalten, aber leider llark befchädigt und ohne
Köpfe. Im Hintergründe fah man eine Biu'g mit riniden
Thürmen.
Weiter rechts \on der Thür waren zwei große
braunrothe gänzlich verblafstc Geftalten, von welchen
die eine den heiligen Antonius Eremit, die zweite
vielleicht den heiligen Paulus darllellte.
Noch weiter rechts fah man Ueberrefte einer
figurenreichen, einft gewifs großartigen Compofition,
welche aber fo ruinös waren, dafs hiei' nur noch ein
KuiHier mit fcharfem Blick etwas bellimmtes wahr-
nehmen konnte. In der Mitte war ein vor einer Matlon-
nenftatue knieender Bifchof, dann fah man noch Spu-
ren von einem zweiten Bifchofe, Farbenficcke, eine
Menge Contoui-liin'en ohne jegliciien Zufanmicnhang
und zwifchen denfelben einige .Schriftrollen mit Majus-
kellettern, von denen man nur die Worte:. . . .in golo.
. . .domine. . . .contenta. . . entziffern konnte.
y\uf der Stelle, wo fich in der Nähe des Kreuz-
armes der .St. Bai'bara-Altar befand, follte urfprüng-
— 241 —
lieh ein Altar des heiligen Laurentiiis gewefen fein.
Die hier entdeckte Malerei beftätigt die alte Tradi-
tion. Man fah einen Riefenofen, über welchem der
auf einen Roft gelegte Heilige durch Flammen
gemartert wurde, und ein Knecht mit einem Blafebalg
in den Händen fachte das Feuer an (Fig. lo).
Die meiftcn Scenen waren in braunrothem Grunde
ausgeführt, von verfchiedener Größe und durch orna-
mentale Streifen, von welchen hie und da noch Spuren
vorhanden waren, getrennt. Sie bildeten keinen
gefchloffcnen Cyclus, gehörten auch nicht einer und
derfelben Zeit an. Die alterten Partien, z. B. der Bifchof
vor der Madonnenftatue, entflammten von Gemälden,
die gleich nach der Erbauung des Gotteshaufes in der
zweiten Hälfte des 13. Jalirhunderts ausgeführt und der
bekannten Malerei in dem Dome von Gurk nicht un-
ähnlich waren; diefe urfprünglichen Gemälde mußten
aber bereits im 15. Jahrhunderte fo verblafst fein, dafs
fie übertüncht und von neuen Gemälden verdeckt wur-
Fig. 10. (Budweis.)
den. Im 17. Jahrhunderte wurden auch diefe fpäteren
Gemälde zerfchlagen, zerkratzt und mit einer ziemlich
ftarken Mörtelfchichte verdeckt; als man fie im Jahre
1864 entdeckte, konnten diefelben nach dem gewifs
verlaßlichen Urtheile Gruebers nicht mehr erhalten
werden, und man verkleckfte fie wieder, — und daraus
folgt leider, dafs auch bei der heurigen Entdeckung in
noch weit höherem Grade alle Hinderniffe vorhanden
waren, welche die Erhaltung diefer Denkmale unmög-
lich machten.
Es waren Ueberrefte und Spuren von Gemälden
aus verfchiedenen Zeitperioden, und zwar in einem
folchen Zuftande, dafs hier meift Ueberrefte der Male-
rei aus dem 13. Jahrhunderte mit Ueberreften jener
aus dem 15. Jahrhunderte vermifcht erfchienen.
Weder eine Scene noch eine einzige Figur war
vvenigftens zum Theile intaft geblieben, was man fah
war bald ganzlich verblafst, im Laufe der Zeit von
unzählichen Nägeln durchbohrt, abfichtlicli zerkratzt
und zerfchlagen, imi den fpäteren Anwurf dauerhafter
befeftigen zu können; aber das fchlimmfte dabei
war, dafs der Verputz, auf welchem die Bilder gemalt
waren, gänzlich durchnäfst und größtentheils hohl war,
indem er fich infolge der Feuchtigkeit von dem Mauer-
werke losgeriffen hatte. So hat fich z. B. ein Theil des
den heiligen Laurentius darltellenden Gemäldes nach
fünf Tagen losgelöst und fiel plötzlich herab.
Dabei zeigte fich auch die Wahrheit der Worte
Gruebers (I, 90), dafs die anfänglich überrafchend
deutlichen Malereien in kurzer Zeit bis auf einige Fle-
cken verblafs:en. Die Zeichnung der Marter des heili-
gen Laurentius ift gleich nach der Entdeckung
gemacht worden, und nach vier Tagen war es,
fall unmöglich ein photographifches Bild aufzunehmen,
obzwar es 10 Minuten lang exponirt worden ift.
127. Herr Dr. Valentin Knzsinssky, Cuflos am
National-MufeuminBudapeft, hat unter dem Titel: „Die
Ausgrabungen zu Aquincum
1879 — 1891" mit 2 Beilagen und 48
lUurtrationen, (Budapeft, Friedricli
Kilians, Ung. Univerfitätsbuch-
handlung 1892) eine Zufammen-
Rellung der Ergebniffe jener wichti-
gen, von Seite des Staates unter
Leitung der Herren Profefforen
Karl von Torma, J. Hampel und
des Herrn Verfaffers felbfl (feit
1887) planmäßig vorgenommenen
Ausgrabungen in deutfcher Spra-
che veröffentlicht, welche allen
Jenen, die dießfeits der Alpen mit
ähnlichen Arbeiten zu thun ha-
ben, angelegentlich empfohlen fei.
Dies umfomehr, als die in der
ungarifchen Revue in mehrere
Bände zerftreuten einzelnen Theile
hier in Eines verarbeitet find. In
eingehender Weife, aber in
knappller Form befpricht Ver-
faffer alle baulichen Erfcheinun-
gen, die fich bei den Ausgrabun-
gen ergaben, erklärt fie in fach-
männifcher Weife unter Herbei-
ziehung analoger Erfcheinungen an anderen Ausgra-
bungen und unter Angabe werthvoller antiquarifcher
Erläuterungen, fowie zahlreicher Pläne. Die meiften
Objefte gehören Cannabae, der Marketenderfladt hart
an der Oftfeite des Standlagers, an. Es werden das
Mithraeum, das Amphitheater, das Heiligthum der
Nemefis, die verfchiedenen Badeanlagen, die Markt-
halle (Macellum) und andere öffentliche Gebäude,
die Wohnliäufer und die Funde nacheinander mit allen
Einzelnheiten vorgeführt. Die Ausgrabungen dauern
fort.
Kenner.
128. Confervator Profcffor Berger hat der C'en-
tral-Commiffion mitgetlieilt, dafs in der alten angeb-
lich 13S9 erbauten gothifchen Kirche zu Bad Gaflein
alte Wandmalereien conftatirt wurden, die er alsdann
Gelegenheit hatte theilweife aufzudecken und zu beur-
theilen. Zunächft wurde das Innere der Kirche in den
32*
— 242
an die füdliche Ecke des Schiffes angränzenden Wand-
theilen über dem rechten Seitenaltar unterfucht. Pro-
feffor Berger conftatirte dafelbft in der Ecke ein
größeres Gemälde vom Gewölbefcheitel bis zum Kaff-
gefimfe — (4'40 M. breit und 6-40 M. hoch, die unte-
re Partie noch nicht frei) — das jüngfte Gericht vor-
flellend. Die Anordnung ift in der Hauptfache eine
fymmetrifche. Zu oberftChriftus in derMandorla,auf der
Weltkugel fchwebend, etwas tiefer beiderfeits zwei
kniende Geftalten, die Hände zum Gebet gefaltet
(Maria und Johannes), weiter darunter die zwölf Apo-
ftel in Gruppen von je 6 Figuren ftehend, unterhalb
eines zu Füßen desfelben fich hinziehenden Bandes
erfcheinen vom Himmel herabfchwebende Engel mit
Pofaunen, welche je ein Schriftband halten, darauf in
gothifchen Lettern: ftehet .auf .ir. toten, vnd .gehet.
vor.gericht. Weiter unten läßt fich die Darftellung
der Auferflehenden nach einzelnen
Anzeichen als unter der Tünche be-
findlich vermuthen. Trotz mancher-
lei Schäden, welche die alte aus
dem 15. Jahrhundert flammende
beachtenswerthe Wandbemalung
aufweift, ift diefelbe des Erhaltens
werth.
129. Confervator Profeffor f<7«
Otteiithalhnt"\m Juli an die Central-
Cominiffion mitgetheilt, dafs bei
der k. k. Bezirkshauptmannfchaft
zu Kufßein eine größere Scartirung
politifcher A6ten durchgeführt
wurde. Da es fich um Acten han-
delte, welche im P'alle ihrer wün-
fchenswerthen Erhaltung an das
Centralarchiv der politifchen Ober-
behördc — an das fo trefliich und
fachkundig geleitete k. k. Statt-
halterei-Archiv in Innsbruck abzu-
geben wären, fo verwendete fich
der genannte Confervator bei Se.
Ivxccllenz dem Herrn Statthalter
und legte die Gründe dar, aus
welchem das Intcreffe des Amtes
wie der Wiffenfchaft am heften wie
am einfachften gewahrt erfcheine,
nämlich dadurch, wenn einStatthalterei-Beamtermit den
betreffenden Erhebungen, beziehungsweife mit der Aus-
wahl der für diefes Archiv paffenden Aften betraut
würde. Se. Excellenz der Herr Statthalter, welcher dem
Statthalterei-Archiv das lebhaftcfte Intcreffe ent-
gegenbringt, verfügte die Scartirung im Sinne dicfcs
Antrages. In der Folge wurde eine ähnlich organifirtc
Scartirung bei der k. k. Bezirkshauptmannfchaft
Schwaz durchgeführt. Die Central-Commiffion hat
hievon mit großer Freude und lebhafter Befriedigung
Kenntnis genommen. Sie erkannte hierin einen Anlafs,
Se. Exe ellenz dem Herrn Statthalter ihren befonderen
Dank auszufprcchen.
130. Confervator Ronißorfer hatte mitgetheilt,
dafs ihm angezeigt wurde, dafs bei dem Umbaue des
griechifch-orientalifchen Klofters zu Sticzawa unter-
irdifclic Gewölbe aufgedeckt worden wären, was ihn
veranlafste, über diefen Fund nähere Erhebungen zu
pflegen. D'efe ergaben, dafs bei den bisher durch-
geführten Erdaushebungen fürzwei Kalkgruben (mit dem
Flächenmaße von 60 [JM. und der Tiefe von 2 M.) und
der Kellerräume für die Priorswohnung mit der Fläche
von 500 QM. und in der Tiefe von i — i'/j M., zwar kein
altes Mauerwerk, wohl aber über 300 menfchliche
Gerippe ausgehoben wurden.
131. Correfpondf.nt Staub hat der Central-Com-
miffion mitgetheilt, dafs über fein Anregen und unter
feiner Intervention das Tympanon des Kreuzportales
der Wr. Neitßädtcr Domkirche unterfucht wurde und
dafs man nach vorfichtiger Entfernung eines dort einge-
laffenen auf Holz gemalten Oelbildes ein Wandge-
mälde fand, das unter der Tünch- und Staubkrufte
verdeckt, leider nicht mehr ganz erhalten ift. So weit
Kig. II. (St. Veit.)
bis jet/.t crfchcn werden kann, dürfte es lieh um ein
Gemälde aus dem XIV. Jahrhundert handeln, das die
thronende Maria mit dein Kinde, umgeben von zwei
anbetenden Engeln vorftcllt.
132. Confervator Stif^perger hat an die Central-
Commiffion berichtet, dafs die Kirche zu St. Veit in
Kärnten einer Keftaurirung unterzogen wird. Die alte
Tünche wird abgcfchlagen, die Steine werden abge-
ftockt, die Ri]5pen gereinigt, das Steinmauerwerk
bleibt fichtbar. An der Außenfeite werden die fchad-
haftcn Strebepfeiler ausgebeffert. Die Kirche ift eine
fehr beachtenswerthe Anlage, leider hat fie in den ver-
fchiedenen Jahrhunderten durch Umgeftaltungen fehr
gelitten, fo dafs nur wenig lufprüngliche Refte des alten
Baues mit theihveife gothifchem Ciiaraktcr übrig ge-
blieben find. Die weftliclie Außenfront ift unzweifelhaft
der älteftc Thcil. Der hier beftehcnde Haupteingang
- 243
repräfentirt fich nocli als ungcfalfchtcs romanifclies
Werk (Fig. ii). Der Eingaiiy; ftuft fich an den beiden
Seiten, fo wie im überdeckenden Halbkreisbogen gegen
innen ab, die Dienflre haben Knollen-Capitäle mit um-
gekehrten attifchen Bafen. Ueber der Thür mit geradem
Sturze befindet ficli ein Tympanon romanifcher Sculp-
tur, darfteilend das Lamm Gottes zu defien Seite Löwe
und Adler. Ueber denfelben im Rundbogen folgende
Infchrift in lateinifchen gekreuzten Uncialen: Sta..retro
siste pedem, manus oblaturus in aedem, fratris amicitia
panditur ista via. Freilich wohl haben wiederholte
Brande und Witterungseinflüße dem Steinwerk ge-
fchadet, allein die jetzige Reftaurirung foU die lang-
jährigen Schäden befeitigen. Bi.s nun bekrönt den
Portalbau ein gefchweifter Giebel aus weit jüngerer
Zeit. Das Portal wurde bereits vor zwei Jahren in fehr
gelungener Weife reftaurirt. Hoffentlich wird nun der
Giebel ftylgerecht hergeftellt werden.
133. Der in der beigegebenen Abbildung (Fig. 12)
erfcheinende Grabftein befindet fich laut Mittheilung
des Correfpondenten Direftor Plhva an der Außen-
feite der Stadtpfarrkirche zu Mllacli und ift noch fehr
gut erhalten. Eine dunkclrothe Marmorplatte in fchö-
ner Sandfleinumrahmung. Die Platte enthält in ihrer
obern Hälfte die achtzeilige Legende, in der unteren
in einer oben halbkreisförmig abgefchloßenen Vertie-
fung ein fehr fchwungvoll ausgeführtes behelmtes Wap-
pen, unten in den Ecken begleitet von zwei unbchelm-
ten Schilden, davon fich einer auf die FamiHe Pibriach
bezieht. Die erwähnte Legende lautet: Hie ligt Begra-
ben der Fürnemb Joachim Megerl, gewefler Rats-
bürger, allhie fambt zwajen Fliehen Hausfrawen und
Kindern, deme Gott der Herr genedig und Barmherzig
fein welle, welicher geftorben ift Im 1584 . Jar am
8. April. Im Wappenfchilde ficht man eine ftylifirte
Lilie, die fich am Helme mit reicher Helmdecke zvvi-
fchen dem offenen Fluge wiederholt.
134. Vor längerer Zeit fchon hat Confervator Sed-
lacek, neueftens Confervator ^rrt;/;i die Centr.-Comm.
auf die Kirche zu Barati aufmerkfam gemacht, wie
denn hierorts auch ein Gutachten des Dombaumeifters
Mocker vorliegt, dem zufolge die genannte Kirche als
gothifcher Bau als ein Kunftdenkmal von Bedeutung
zu betrachten ift und wohl verdient in gutem Zuftande
erhalten zu bleiben. Sie wurde in den Jahren 1358 — 1384
durch die Herren von Rofenberg erbaut. Der lO'SO M.
lange und 6'97 M. breite Chor befteht aus einem aus
fünf Seiten des Achteckes conftruirten Schluffe mit
einem vorgelegten Joche, daran fich das aus drei
Gewölbejochen beftehende Ouerfchiff (1470 M. lang
und 7 M. breit) anfchließt. Nach der urfprünglichen
Intention foUte das Langhaus einfchiffig fein, als man
aber zur Ausführung kam, wurde eine zweifchiffige
Halle errichtet, deren Gewölbe zwei in der Längenachfe
angebrachte Pfeiler trugen. Ganz bemerkenswerth ift
die vorzügliche Steinmetzarbeit. Im Jahre 1649 brannte
die Kirche ab und ftürzte das Langhausgewölbe ein.
Gelegentlich der Wiederherftellung des Kirchenge-
bäudes durch dqn fürftlich Eggenberg' fchen Baumeifler
Pclcr Spinct wurde eine Neuwölbung und damit eine
Theilung in drei Schifl"e mittelfl: aufgeftellter maffiver
Quadratpfeiler durchgeführt. Seither gefchah recht
wenig für die ICrhaltung desBaucs, bis zurGegenwart, in
welcher eine eingreifende Reftaurirung im Zuge ift. Bei
dieferGelegenheit wurden an der Nordwand des Prcsby-
teriums Spuren von den urfprünglichen Wandmalereien
wahrgenommen. So weit diefe zu einem Urtheile be-
rechtigen, fo waren fie niemals von Bedeutung. Man
erkennt nur einen Donator mit fünf Kindern und die
Gefangennahme Chrifti. Man hat nie diefen Bildern
die entfprechende Schonung angedeihen laffen, denn
durch die Ausbrechung eines Sacriftei-Einganges hat
man den größten Theil des letztgenannten Bildes zer-
ftört, an eine Wiederherftellung desfelben ift nicht zu
denken.
135- (Gefäße ans Schipenitz.)
Nach Mittheilungci. des Profeffors E. Kolhenlieyer
und des Landesausfchuß-Beifitzers Nicolaus P'reiherrn
von M^ißatza wurden vor kurzem in Schipenits, einem
kleinen im breiten Pruththale in der Nähe der galizifch-
bukowinifchen Gränze faft eben gelegenen Orte, vom
dortigen Lehrer intereffante Gefäße aufgedeckt. Letz-
terer fließ nämlich, als
er im Innern feines
Viehflalles ein Loch be-
hufs Aufftellens einer
Holzfäule aushub, vor-
erfl auf eine ziemlich
verwitterte Ziegel-
(oder gebrann teThon-.')
fchichte, deren fcitliche
Begränzung er, nach-
dem er das Loch bis an
2 M. Durchmeffer ver-
breitert hatte, noch
nicht erreichen konnte.
Der Boden erwies fich
bis auf die Oberfläche,
d.h. bis zum Stallboden
aus fefter Letten. Unter-
halb der erwähnten
erften Ziegelfchichte
ftieß er wieder auf eine
Lettenfchichte, dann
auf eine zweite Ziegel-
fchichte, unter welcher
er einen mit lockerem
Material, Thonfcherben
und Ziegelbrocken er-
füllten Raum aufdeckte, der überdies mehrere ganze
oder aus den Scherben ergänzbare Thongefäße ent-
hielt. Die Sohle diefes Raumes lag c. 2 M. unter dem
Stallfußboden. Von den Gefäßen übernahm vorläufig
E. Kolbcnlieyer eine Schüffei und zwei Töpfe (f. die
Fig. a — c, S. 256), dann Baron Aliißatza zwei Töpfe.
Diefe Gefäße, aus feinem Thon mit freier Hand ange-
fertigt und nach dem Trocknen mit einem fcharfen
Inftrumente nachgebeffert, find unglafirt; ihre Ober-
fläche ift jedoch mit einer eigenartigen Ornamentirung
verfehen, welche in den Abbildungen developpirt und
ziemlich charakteriftifch zur Anfchauung gebracht ift.
Der Hauptfache nach befteht das Ornament aus ver-
fchieden breiten, flott mit dem Pinfel gezeichneten, fich
kreuzenden und verfchlingenden, mehr oder weniger
geraden undKreis-Linien und find die dicken Linien mit
Fig. 12. (Villach.1
244
theils fchon verwitterter fclnvarzbrauner, die dünnen
Linien mit rothbrauner, beffer erhaltener Farbe her-
geftellt. Ueber die dünnen Striche, welche ein noten-
linienartiges Ausfehen zeigen, find bei dem einen Ge-
fäße kurze breitere Querftriche mit fchwarzbrauner
Farbe gezeichnet. Das erfle Gefäß, Abbildung Fig. a,
ifl eine Schüffel mit etwa 5 — 6 Mm. ftarken Wänden;
der lichte Durchmeffer beträgt 27 Cm., die Höhe 7-5 Cm.
Die Bemalung ift äußerlich angebracht und zieht fich
fowohl an den Seiten herum alr. über dem Boden. Die
Töpfe, Fig. l> und c, haben einen lichten Durchmeffer
von 10, bezw. 8'5, einen Bauchdurchmeffer von 15, refp.
II, einen äußeren Bodendurchmeffer von 5-5 und 4 und
eine Höhe \'on 15 und 12 Cm.; die Wanddicke beträgt
3—4 Mm. am Boden und in den Ecken entfprechend
mehr. Bei den Töpfen ift nur die obere, äußere Hälfte
bemalt. — Von Knochen wurde nichts vorgefunden,
dagegen foU ein weißes Feuerfteinmeffer von 9 Cm.
Länge, durchfchnittlich 2 Cm. Breite, und einer größten
Dicke von 0'5 Cm., deffen beide Längskanten fageartig
ausgefplittert erfcheinen, ebenfalls aus diefer Fundftelle
ftammen. Das Terrain neben der letzteren, derzeit mit
Kukurutz bebaut, ift ganz eben und zeigt keinerlei
hügelartige Erhebungen, dagegen findet man hier
leichte Schlacken und Afche. Schreiber diefer Zeilen
wird demnächft mit Baron Miißatsa den Fundort
befuchen und für das Bukowiner Landes-Mufeum mit
größter Vorficht weitere Grabungen vornehmen laffen.
Es fei bemerkt, dafs Schipenitz in der Nahe von
Hlinitza liegt, in welchem Orte fich das fegen. Tar-
tarenlager befindet, wofelbft ebenfalls weiße im Buko-
winer Landes-Mufeum deponirte Feuerfteinfplitter
aufgedeckt wurden.
Karl A. Roiiißorfcr.
136. (RovianifcJie Ueberblcifcl und gotliifche
Prof an- Architektur in Grats I.J
Der mittelalterliche Charakter der Stadt Grätz ift
vollftändig verwifcht. Die jetzige Bevölkerung, felbft
jene, die für Architektur Intereffe hat, wird ziemlich ver-
wundert fein, wenn man fagt, dafs Grätz vor Jahrhun-
derten gothifch gebaut war und früher fogarromanifche
Bauten in der .Stadt beftanden haben.
Die älteren Anfichten der Stadt ftammen alle aus
der Zeit, wo Grätz meift durch Italiener umgebaut wor-
den und nur wenige Objecte aus dem Mittelalter haben
fich erhalten. Die Lechkirche, der Dom, die Stadtpfarr-
kirchc find intacl. Von der alten Burg beftcht noch
die intereffante gothifche Doppcltreppe, einige Thor-
bögen und Fenftcrgewände. Der Uhrthurm blickt
noch mit feinem mittelalterlichen Charakter auf die
Stadt herunter; und doch muß Graz zur Zeit Friedrich
III. (IV. J und früher einen ausgeprägt mittelalterlichen
Charakter gehabt haben. Nur dem Fachmann ift e.s
möglich, auf feinen Streifzügen alte Uebcrbleibfel zu
finden, da die Henaiffance, das Baroco und felbft das
Kococco die Stadt ganz umgeftaltet haben, lil doch
die alte, in neucfter Zeit weiß getünchte Dovikirchc
mit italienifchen Marmor-Altärenvcrfehen, das Mobiliar
ift barok, ebenfo der Orgelchor und find es die
Capelien-Ausbauten, überdieß ift der ganze Bau von
der oppulenten Architektur des Maufoleimis eingefafst.
man kann daher wohl mit Recht fagen, es bleibt nur
die Architektur der drcifchiffigen Hallenkirche mit den
fchönen Reihungen in dem hohen Chore und dem
prächtigen, decorativ mit gefchweiften Wimbergen
gefchmückten vorkragenden Oratorium dafelbft, welche
den gothifchen Charakter wahren. Zum Glücke ift das
hohe Portal mit den gefchweiften Bogen, den Wappen-
fchildern und Spruchbändern, unten in der fchrägen Wan-
dung mit figuralem Schmucke und oben mit dem Stein-
dach auf Segmentbogen ruhend, noch inta6l. Seinerzeit,
es ift nicht lange her, war dafelbft die Fronte durch
zwei große Fresken, Maria Schutz und Chriftus am
Kreuze, färbig belebt ; nur das Frescobild am Chor-
abfchluße, die Geißelung Chrifti, ift glücklicherweife
noch erhalten.
Die Stadtpfarrc hat gegen die Herrengaffe eine
zopfige reiclidurchgeführte mit einem folchen Thurm
mit Zwiebeldach (Holz mit Stucco bekleidet) verfehene
Fagade erhalten und der Eintretende wird ficherlich
überrafcht fein, dafelbft eine gothifche Hallenkirche zu
finden. Der Innenraum wurde mit neuen gothifchen
Altären und Mobiliar, fowie mit Glasgemälden ver-
fehen; die Wände, Rippen etc. find polychrom durch-
geführt; man hat da des Guten beinahe etwas zu viel
gethan.
Die Lechkirche, welche \'or einigen Jahren
bedenkliche Riffe und Ausbauchungen gezeigt hatte,
wollte man abtragen, doch hat lieh der deutfche
Ritterorden doch bewogen gefunden, diefes ältefte
Kirchenbauwerk, welches ftyliftifch höchft intereffant
ift, wieder reconftruiren zu laffen.
Außer diefen Bauten tritt dem Befucher der Stadt,
felbft wenn er nicht Fachmann ift, nichts Mittelalter-
liches entgegen.
Forfcht man aber, fo findet man dennoch
manches intereffante noch hie und da.
Wer follte glauben, dafs in einem ganz unfchein-
baren Hofe der Münzgrabenftraße Nr. 8 fich ein offener
Communicationsgangbefindet, deffen Rundbogen durch
drei früh-ronianifche Säulen getragen wird, und zwar in
der einfachften Form. (Fig, 13 und 14.) Es find Würfel-
Fig. 14
capitälc, unten durch einen wulftigen Ring ab-
gefchloffen. Am .Siiuleiifiiß find die Anfätze der
Knollen iiielil zu feilen, da ein Holzpfoften darüber
reicht. Man muß fra<:en, wie kommen diefe Säulen,
— 245 —
welche man in das Ende des il., höchftens zu Anfang
des 12. Jahrhunderts einreihen muß, hieher? Weit her
find diefelben nicht geholt worden, fie müßen in der
Nähe vorgefunden worden fein, vielleicht im Schutt. Das
befagte Gebäude dürfte, nach den unteren Pfeilern zu
urtheilen, Ende des 17. Jahrhunderts oder noch fpätcr
und ftützt das Kreuzgewölbe, welches den Raum um-
fpannt. Das Capital ift von einfacher Grundform
O'jO Cm. hoch, oben im Gevierte 0-56 Cm. Die noch
roh gehalteneSculptur zeigt einenThierkopf, rechts und
links find Flügel zu erkennen, fchncckenformig fchließt
lieh die Gewandung des Capitäl.s an den Tliierkopf an.
Fig. 16.
l-,g. 15.
Fig. i8.
Fig. 19.
Fig. 17. (Grätz.;
erbaut worden fein. Weder fchriftliche Nachweifungen
noch traditionelle Ueberlieferungen fagen uns, dafs in
diefem Stadttheil ein romanifcher Bau, eine Kirche
oder Klofter mit Kreuzgang geflanden habe und von
dort die benannten Säulen herflammen.
Ebenfo überrafchend ift es, in der Sackftraße am
andern Theile der Stadt mitten in einem Schanklocale
des Haufes Nr. 36 eine romanifche Säule vorzufinden.
Die Säule ift v6g M. hoch, im Durchmeffer 0-45 Cm.
Der Fuß, welcher mögliclierweife auch fpäter angefetzt
worden ift, trägt das Profil der Uebergangsperiode,
ift rund und ohne Blatt- oder Knollenwerk. Jedenfalls
gehört die Säule dem 12. Jahrhundert an.
Weiter gegen die Stadt zu ift der zweite Hof im
Haufe zum rothen Krebfen bemerkenswerth. Auf den
erften Blick glaubt man fich in einen italienifchen Hof-
raum verfetzt. Die offene Loggia, die Locanda darunter
und die edlen doppeltgetheiltcn Renaiffance-Fenfter,
246 —
fowie die jonifchen etwas derb geformten Säulen beim
Eingang vervollftändigen den Bjndruck. Bemüht man
fich jedoch in das erfte Stockwerk und befieht fich die
Säulen näher, Ib lieht man vollftändig ausgefprochenc
romanifche Formen.
Gegen die Felfen des Schloßberges 7.u gelehnt,
wird ein Segment-Gurtbogen durch eine Säule (Fig. 15)
mit Sattelcapitäl geftützt, welche Form bei Fenfter-
anlagen in Thurmbauten der romanifchen Periode
häufig vorkommt. Die nach dem Hofraum hingehende
Loggia (Fig. 16) mit vorgebautem Mittelpfeiler zeigt
Säulen romanifcher Architektur. Die Säulenfchäfte find
ausgebaucht, die Capitäle zeigen Blattwerk, welches
gegen die quadratifche Platte aufltrebt, der Fuß hat
fogar ähnliches Blattwerk wie das Capital und fetzt
fich vermittelnd vom Rundftab an die Ecken der Fuß-
platte.
In dem zurückftehenden Theile der Loggia
(Fig. 17) find zwei freiftehende und eine eingefügte Eck-
fäule angewendet, fie ftützen Rundbögen. Hier (Fig. 18)
fieht man einfach behandelte Knollen als Vermittlung
gegen die Deckplatte (Fig. 19), fcharf gezahnte Eck-
blätter, am Fuße fenken fich Eckblätter von der runden
Säulengliederung an die Fußplatte. Leider find durch
die oftmalige Kalktünchung die Formen beinahe un-
kenntlich geworden und an den Säulenfüßen arg be-
fchädigt.Dafs diefes Gebäude einft im romanifchen Style
erbaut war, zeigt eine abgeftumpfte Ecke an der gegen
den Eingang ftehenden Seite. Oben ift im Abfchluß
ein romanifches Blatt angebracht, während unten ein
fogenannter Balli den nach abwärts gehenden Ab-
fchluß belebt. In der Giebelmauer fieht man geradlinige
Fenfter mit der gothifchen Schräge. Im erften Stock-
werke diefes Gebäudes befindet fich ein jetzt unter-
theilter oblonger Raum, deffen Plafond Stuccos von
reicher oppulenter Form, jenem der Sacrill;ei am Dome
ähnlicli, zeigt. Offenbar war es ein Refeflorium in
früherer Zeit, fo findet man in diefem kleinen Hofe vier
]5aufl)-le vertreten.
4
%Li
Fig. 20. (Grätz.) Fig. 21
Sehr charakteriflifch und ausgefprochen iin Style
der romanifchen Baiipcriode fallen zwei Löwen,
(Fig. 20 — 21) in dem Haufe Nr. i der Mariahiiferflraße
auf. Sie ftelieii fich gegenüber auf einem ungefchlachten
Sockel und dienen einfachen Pfeilern, welche einen
Tiiorbogen tragen, zur Stütze. Wo diefe Löwen ur-
fprünglicli ihre Verwendung gefunden halicn, ifi niclil
zu ermitteln. Wohl fpricht die Tradition von der St.
Thomaskirche auf dem Schloßberge und der St.
Kathrein-Capelle an der Stelle, wo fich jetzt dasMaufo-
leum befindet; aber ein fefter Anhaltspunkt läßt fich
nicht gewinnen.
137. (Raphael Donner )
Am 24. Mai d. J. veranftaltete die Wiener Künil-
ler-Genoffenfchaft in Verehrung des großen Künfllers
Georg Raphael Donner, anläßlich der zweihundert-
jahrigen Wiederkehr des Geburtstages ein würdiges Erin-
nerungsfeft. Die Theilnahme daran lieferte den erfreu-
lichen Beweis in wie weite Kreife unferer Heimat die
Verehrung und ihn fchätzen de Erinnerung gedrungen ift.
Eine hochwichtige Ergänzung diefer rafch vorüber-
gegangen Feier fand fich in der Veranftaltung einer
Donner-Ausftellung, die den Zweck hat, den Kunft-
freunden die Bedeutung und die Schaffensmenge die-
fes geiftvoUen Bildhauers durch Vorführung des größ-
ten Theiles feiner Werke im Original oder in Bildern
zu veranfchaulichen.
Diefe Ausftellung fand thatfächlich im Wiener
Künftlerhaufe ftatt und kann man ihr, wie wohl zu
erwarten ftand, einen fehr bedeutenden Erfolg zuerken-
nen. Das Comite hatte fich bemüht, alles was von
Werken diefes Künftlers im öffentlichen oder Privat-
befitz noch vorhanden ift, ausfindig zu machen und, fo
weit thunlich und überhaupt möglich, herbeizufchaffen.
Wo das nicht erreichbar, mußten gute lUuftrationen
ausreichen. Dr. Ilg's handfchriftliches Verzeichnis der
Werke Donner's half einen großen Theil der bewegli-
chen Kunftwerke aufzufinden, unmittelbare Anmeldun-
gen von Seiten des Publicums brachten fo manches
Neue. Freilich wohl hatte es mit diefen Anmeldungen
auch manche Schwierigkeit, da es fich diesmal nur um
Werke Georg Raphael's und nicht feiner Brüder
Mathias und Sebaftian handelte.
Es mußte daher fo manches Stück, das unter dem
Namen Donner erfchien, aber nur von feinen Familien-
genoffen, oder nur von feinen Schülern, — oder gar
nur von Zeitgenoffcn ftammt, in llrcngere Prüfung ge-
zogen werden.
Die Donner-Ausftellung enthielt nun thatfächlich
Gegenftände, welche nach der heute i)ellehendcn An-
fchauung der Befitzer unter feiner allgemeinen Bezeicli-
nung vorkommen, und welche — neben den unzweifel-
haften Arbeiten des Meifters — docli infofern beach-
tenswcrth find, als fic den Einfiuß des Künftlers auf die
ihn umgebende Künftlerwelt und auf die nüchften
Nachfolger veranfchaulichen. Diefe Ausftellung ent-
hält auch eine Anzahl von Scliaugegenftänden, die fich
auf die Perfon Donner's beziehen, wie Briefe, Urkunden,
Portraits des Meifters und einiger feiner Gönner,
Anficliten, die mit dem Leben Donner's in Beziehung
ftehcn.
Wir wollen im Nachftehendcn nur einige, die
uns wichtigft erfcheinenden Werke des Meifters hervor-
heben, verweifen übrigens auf die aus Dr. 11;^' s Paeder
hervorgegangene hochwichtige P'eftfchrift:
Bruftbild des Grafen Gundaker von Althann, des
Wirich Philipp Dann, Fürften von Tliiano, Bilfte des
Reichsgi afcn Karl Anton Salm-Kciffcrfclieid, Mufter
und Modelle des herrlichen llruiuicns am Neuen Mai'kle
— 247 —
zu Wien, des Andromeda-Brunnen-Reliefs im alten
Wiener Rathhaufe, die St. Martins.ü;i-uppc am Dome zu
Prefsburg, die Pietä-Gruppe im Dome zu Gurk, das
Grabdenkmal des Fürften Emerich Efterhazy in Prefs-
burg u. f. w. Zu bemerken ift vvertli, dafs die Kanzel
im Dome zu Gurk Reliefs enthält, die von Donner
herrühren.
138. Anlaßlich der Fundamentirung für das Monu-
ment zur Erinnerung an die heldenmüthige Vertheidi-
gung der Stadt Wien während der zweiten Türken-
belagerung (1683), welches in der Halle des Hochthur-
mes des St. Stepliansdomes an deffen Nordfeite aufge-
ftellt werden wird, ift man auf Refte von fünf alten Grab-
platten geftoßen. Sie wurden ausgehoben, gereinigt
und find im Bauhofe aufgeftellt, um feinerzeitan geeig-
neten Stellen an der Außenwand befefligt zu werden.
Leider find die Grabfteine theils fo zerftückelt,
theils fo fehr abgetreten, dafs fich aus den Umfchrifts-
fragmenten nichts herausbringen läßt. Bemerkenswerth
davon find zwei, deren einer Spuren eines fehr fchönen
Wappenbildes lammt Helm enthält, während der
andere, eine roth marmorne Platte, einen unbehelmten
Wappenfchild noch ganz deutlich zeigt, darin allerlei
Gebäcke, Bretzen und verfchieden geformte Sem-
meln dargeftellt find, alfo auf einen Bäckermeifler
bezüglich. Das erftere Grabmal dürfte dem 15., das
letztere dem 16. Jahrhundert angehören.
Die Reftaurirung der alten Grabdenkmale geht
erfreulicherweife fehr gelungen weiter. In Reftau-
rirung flehen die Monumente des Sebaftian Khobter,
1 1566, des Georg Hörbft, 71602, des Superintendenten
des Bürgerfpitals Regierungsrath Dr. Johann Bosl,
f 1562, dann des Apothekers Auguftin Holdt, f 1509.
Nach Mittheilung des Herrn Dombauleiters Archi-
tekten Julius Hermann lautet die dortige Infchrift:
„Anno den. 1509 am eritag Severiny pifchoff ift gellor-
ben der Erber maifler auguftin holdtt, apateker dem
got genoidig Sei. amen. (S. Notiz 146.)
139. (Grabkaniincr in Laak bei Pettau.)
Nach altem Brauch verfuchten in der Nacht
zum I. Mai 1891 einige Bauernburfche in Laak
(eingepfarrt zu St. Johann im Draufelde) den Mai-
baum vor die kleine Marien - Capelle zu pflanzen,
welche hart an der Straße Pettau-Marburg auf einem
ungefähr 3yj M. hohen Erdhügel erbaut ift. Bei diefer
Arbeit brach der fchwere Maibaum plötzlich durch und
in ein leeres Grabgewölbe hinein, welches reich an Ge-
fäßen durch die Entdecker geplündert, darauf wieder
verfchloffen wurde. Im März diefes Jahres machte ich
dasfelbe von derfelben Seite aus wieder zugänglich,
von welcher zum erftenmal eingedrungen worden war,
nämlich vom Scheitel aus; dadurch gelangte ich in die
Lage, nähere Mittheilungen über diefe befondere Art
Grabkammer zu veröffentlichen.
Wie fich faft für jede Gattung der mannigfaltigen
römifchen Grab-Monumente Analogien in der griechi-
fchen Baukunft vorfinden, dürfte auch die Form von
Laak mit den fogenannten Thefauren oder Kuppel-
gräbern verglichen werden. Wie diefe gehört das zu
h)efprechende auch zu jenen Bauten, die frei über dem
Boden errichtet, mittelll Erde zu einem Tumulus auf-
gefchüttet wurden. Ein gemeinfames Merkmal befteht
außerdem in dem kugelförmigen Gewölbe mit kreis-
rundem Querfchnitt, in"Laak natürlich in fehr redu-
cirten Dimenfionen — ein Durchmeffer von 3-38 M.
und eine Höhe von 2-30 M. (Fig. 22).
Das Mauerwerk entbehrt forgfältiger Behandlung,
fowohl in Bezug auf Schichtung der Stcinlagen, als der
Bearbeitung; als Material diente ein weißlich-gelber
Stein, wahrfcheinlich in Ober-Teibling bei St. Martin
jenfeits der Drau gebrochen, der ohne jede eigentliche
Meißelarbeit in mäßig großen rohen Stücken z. B. 12
und 14 Cm., 10 und 25 Cm. reichlich in Mörtel gefetzt
wurde, befonders nach oben nimmt die Unregelmäßis-
keit der Schichten wie der einzelnen Steine zu, fo dafs
der Gewölbefchluß ein ziemlich rauhes zackiges Aus-
fehen bietet. Der Fußboden befteht aus Eftrichverguß;
ein fehr dünnes und niedriges Gußmäuerchen (16 Cm.
dick und ebenfo hoch) fondert in dem kreisförmigen
Raum einen kleinern a in Form eines Bogenfegments
NO
sw
|mii|iii I
F"ig. 22. (Laak.)
ab, welchem keine andere Beftimmung zukomuien
konnte, als die Afchenurne fammt ihren Beigaben auf-
zunehmen.
Der Eingang b zur Grabkammer, in genau nord-
öftlicher Richtung angelegt, von länglich rechteckigem
Querfchnitt 60 bis 69 Cm. breit und 103 Cm. hoch,
läßt foviel Raum, um in gebückter Stellung durch-
fchritten werden zu können. Zwei dicke Steinplatten
von 72 M. Tiefe bilden die Pfoften, über welche fich
eine 125 M. lange als Sturz legt. Da die Entdecker
mittelft der Einfteigöffnung am Scheitel das Gewölbe
auch wieder verlaffen hatten, fand ich den Eingang b
noch unverfehrt in dem Zuftande vor, wie er nach er-
folgter Beifetzung der funeralen Gefäße und Gegen-
flände verlaffen worden vor, nämlich flüchtig mit
Bruchfteinen in reicher Mörtelbettung vermauert. Den
Gewölbefchluß überlagern nur 35 Cm. Erde, dickere
Schichten derfelben den Eingang, der in der Linie der
XIX. N. F.
248 —
zur Capelle führenden Stiege gelegen, etwa zwifchen
der v'ierten und fünften Stufe.
Das Grab-Inventar, unter welchem mehrere Gegen-
ftände, wie Küchengeräthe und ein Spiegel auf die Bei-
Fig. 23. (Laak.)
fetzung einer Frau hinweifen, Münzen und Schmuck,
welche eine zeitliche Feftftellung geftatten könnten,
gänzlich fehlen, befteht nach dem, was von vcrfchie-
dcnen Seiten bei meinem und Herrn Dr. Fifclibacli s
Befuch vereinigtwerden konnte, aus folgenden Stücken:
Befeftigungsgriffen, die ihn am Mundungsrande der
Vafe ftfthielten, fehlt einer. Unten endigt er in einer
bärtigen Maske, über welcher zu beiden Seiten ein
Hundekopf mit langen Ohren, einander zugekehrt,
weiter nach oben noch Blätters/ehänee in Relief folgen.
Fig. 23 und Nr. i in Abbildung Fig. 24.
Runder Handfpiegel aus Weißmetall, von be-
kannter an der Peripherie mit durchbohrten Kreifen
verzierter Form, nur in Fragmenten vorhanden, auch
der Stiel fehlt.
Roft, Pfanne und Schaufel au.s Eifen, theils ahnliche,
theils identifche Exemplare befitzt das loanneum in
Grätz. Der kleine 57 Mm. hohe auf vier Füßchen
fliehende Roft (13 Cm. im Quadrat meffend) ifl durch
fechs kantig geftellte Querftäbchen von quadratem
Querfchnitt verbunden. Die Pfanne — 12-5 Cm. im
Durchmeffer — mit 17 Mm. hohem Rand fteht auf zwei
gebogenen Beinen, das dritte bildet der i 5 Cm. lange
Stiel. Die 53 '/j Cm. lange fchmale Schaufel, am einen
Ende als Löffel geformt, am andern fchraubenförmig ge-
dreht und zum Aufhängen eingerichtet, erfcheint ganz
dazu geeignet Gluth zu vertheilen, nicht aber das Feuer
mit Kohle zu befchicken. Fig. 24, Nr. 2, 3 und 4.
Viereckige Flafche aus grünem Glas mit runder
weiter Oeffnung und breitem Henkel, foll bei ihrer Auf-
findung eine dicke öhlige Flüßigkeit enthalten haben,
Nr. 5.
Zwei gläferne Baifamarien mit langen Hälfen
10-5 Cm. hoch, von den Entdeckern überfehen, waren
in der Grabkammer zurückgeblieben. Fig. 24, Nr. 6
und 7.
Mindeflens neun Gefäßen entfprechen die gefam-
melten Glasfeherben, die glatt und von weißer und
grünlicher Farbe find; ein einziges Fragment zeigt ge-
kerbten Rand.
Große Urne aus rothem Thon, \erziert mit
Gruppen geflrichelter Horizontallinien, dazwifchen
flüchtig eingekratzte Wellenlinien. F"ig. 24, Nr. 8.
Fig. 24. i l.aaU
Bronze-Krug von etwa 40 Cm. Höhe, wie ein
Augenzeuge berichtet, von einer Form ungefähr wie
die Kanne reciits in Fig. 264, S. 71 von Overbcck's
, Pompeji"; der Krug wurde aus der Sacriflei von St.
Johann entwendet, indeffen der reich verzierte Henkel
zurückblieb. Derfelbe ifl 20 Cm. hoch, von den beiden
Vier kleinere ordinäre Töpfe aus grauem Thon,
125, 15 und 16 Cm. hoch, zwei davon mit Deckel
(Fig. 24, Nr. 9, 10, II und 12).
Zwei rothe flache Teller von iS und 20 Cm. Durch-
meffer, eine Form, die in diefer (jcgeiul fehr einge-
bürgert war (l'"ig. 24, Nr. i_-
14).
249 —
Aus den übrigen Scherben laßt fich noch auf das
Vorhandenfein \on weiteren fünfTliongefäßen fchUeßen,
fo dafs wir mit einer Anzahl von mindeftens 24 Gefäßen
aus Glas und Thon zu rechnen haben, die in die Grab-
kammer beigefetzt wurden.
S. Jenny.
140. Confervator Kroutil hat der Central- Com-
miffion die Mittheilung gemacht, dafs es in Abficht
fleht, die alte Filialkirche zu Veletov bei Kuttenberg
anläßlich eines aufzuführenden Neubaues zu demoliren.
Der genannte Confer\ator hat unter gewiffen von der
Central-Commiffion gutgeheißenen Bedingungen der
Deniolirung zugeflimmt. Diefe Bedingungen find, dafs
die drei Glocken erhalten und im Neubaue wieder ver-
wendet werden, dasfelbe gilt vom Hochaltare und \'on
dem Sacriflei-Eingangsportalc. Die alte Kirche beliebt
aus einem aus dem Jahre 1712 flammenden kahlen
nüchternen Langhaufe von 9'25 M. innerer Länge und
von 752 M. Breite, dem ein gleich alter quadratifcher
Thurm im Jahre 1835 vorgebaut wurde. Wichtig feines
Alters wegen ifl das aus der Zeit von 1250 — 1300
flammende Presbyterium von 5-10 M. Länge und
4'9 M. Breite mit maffivem Bruchfleingewölbe ohne
Rippentheilung, roh und kunftlos, wie der fpitzbogige
Triumphbogen. Links davon und mittelft eines fpitz-
bogigen Einganges verbunden befindet fich die gleich-
alte Sacriftei, 4"64 M. lang und 231 M. breit, mit rohen
Bruchfteintonnen überwölbt. 1481 kam die Kirche in
den Befitz des Kuttenberger Bürgerfpitals. Am
20. April 1616 brannte die Kirche ab, wurde ein Jahr
darauf neu erbaut und aus diefer Zeit flammen die drei
Glocken. Zwei größere mit dem Kuttenberger Stadt-
wappen, dem Wappen des Primators Mikulas Ver-
tuansky z Cazarova und Flach- Ornamentation, eine
mit utraquiflifcher, die andere mit böhmifcher In-
fchrift. Name oder Zeichen des Gußes ifl nicht zu
finden. Die dritte Glocke ill möglicherweife älter.
141. Es war ein fehr glücklicher Gedanke, mit der
diesjährigen tyroler Landesausßellung auch eine hifto-
rifche Abtheilung zu verbinden und in diefer vieles aus
dem noch immer reichen Schatze der für die Kunfl-
und Alterthums-Forfcher hochwichtigen Kunfl- und
Cultur-Denkmalc Tyrols zur Schau zu bringen. Freilich
wohl haben die widrigen Schickfale in neuerer Zeit
und die in neuefter Zeit üljermäßig erwachende Sucht
nach Anlage von Privatfammlungen und Zimmerdecora-
tion mit echten alten Gegenftänden ungemein viel koll-
bares und wichtiges außer Landes gebracht und gerade-
zu Zierftücke an die Mufeen in München, Berlin, Nürn-
berg, Freifingen u.f w. gebracht. Doch ging damit nicht
alles, was Tyrol verlaffen mußte, ins Ausland ; Ty rol felbfl,
ja das ganze Inland, namentlich W'ien hielt die fchützende
Hand über viele und viele tyrolifche Objefte, die wenn
auch nicht in der engflen Heimath, doch unferem ge-
meinfamen Vaterlande erhalten geblieben find und zu
Wien und anderen Orten in den öffentlichen und
Privat Sammlungen bewundert werden können. Tyrol
hatte, wie nicht leicht ein anderes Land Oefterreichs,
eine fo lange dauernde und üppig blühende Zeit der
frifcheflen und landeseigenen Kunflentwickelung durch-
zumachen Gelegenheit gehabt und faft jedes Stück der
Ausflellung zeigt uns den ureigenen Einfluß des fchaf-
fenden Individuums auf fein Erzeugnis, ohne dafs das-
felbe des jeweilig geltenden Styl- und Kunfleinflußes
entbehren würde. Mögen nun die Gegenflände auf der
Innsbrucker Ausflellung zu fehen fein, im Ferdinandeum
oder auf den Schlöffern Tratzbcrg, Churburg oder im
Brixener Domfcliatze befichtigt werden, oder die
Wiener Hofmufeen zieren, immer bleibt denfelben ein
gewiffes feines Characleriflicum eigen, das fie als tyro-
lifches Producl uns kenntlich und damit in gewiffer
Beziehung werthvoller macht.
Dafs die Ausflellung reichhaltig und hochwichtige
Objefle vorführend fei, war bei einem Blicke auf
die Namen der Ausfleller felbflverftändlich und zu er-
warten, denn wir finden als Ausfleller unter anderem
genannt: die Domfchätze zu Bri.xen und Trient, die
Pfarrkirchen zu Brunecken, zu Innsbruck, zuSchluderns,
zu Ehrenburg u. f w. die gräflichen P"amilien Trapp
auf Churberg, Künigl auf Ehrenburg, Enzenberg auf
Tratzberg, Fedrigotti zu Sacco, die Stifte Gries, Marien-
berg, Neuftift, Stams und Wilten, die Innsbrucker
Univerfitäts-Bibliothek, das Ferdinandeum u. f w.
Selbllverftändlich überwiegen die Ausftellungs-
gegenflände kirchlichen Charakters, doch findet fich
genug profaner Richtung, das die aufmerkfamfle
Betrachtung verdient. Eines überaus erfreulichen Um-
ftandes ifl zu gedenken, nämlich dafs aus den verfchie-
denften Theilen des Landes Tyrol — alles nicht tyro-
lifche Land ift völlig ausgefchloffen — den deutfchen
und italienifchen Gegenden ohne Unterfchied die her-
vorragenden Erzeugniffe der Kunfl und des Kunfl-
gewerbes zufammenfloßen und jederfeits in reger
Theilnahme beigetragen wurde, die hiftorifche Aus-
flellung reichhaltig, werthvoll und befichtigenswerth zu
machen. Der Catalog zählt auch nahezu 600 numerirte
Obje6le, von den SammeKlücken abgefehen. Gegen-
wände, wenn auch tyrolifcher Provenienz, die fich nicht
in Tyrol felbfl befinden, waren ausgefchloffen.
Wenn wir unter den einzelnen Objeclen eine Um-
fchau halten, fo treffen wir auf viele Gegenflände, mit
denen die Central-Commiffion bereits Gelegenheit
hatte, fich zu befchäftigen, und die in den Mittheilungen
befprochen und auch abgebildet find. So die fieben
lierrlichen golddurchwirkten Wandteppiche aus dem
Trienter Domfchätze, den in feinen letzten Schick-
falen intereffanten fogenannten Zimmerlehen-Altar mit
36 Emailbildern, der jetzt feine bleibende Stätte im
Ferdinandeum gefunden hat, das Sterzinger Lufler-
weibchen, die fehr merkwürdige Glocken-Cafula mit
dem Adlermuiler ( II. — 12. Jahrhundert) und mehrere
romanifche Mitren aus dem Brixener Domfchätze, die
beiden Reliquien-Monflranzen, eine Reliquien-Cafette,
ebenfalls von daher, der berühmte romanifche Speifc-
kelch fammt Patena aus dem Stifte Wilten; hoch inter-
effant find einige alte Objecte aus dem Stifte Marien-
berg, die bisher fafl ganz unbekannt waren, darunter
befonders eine romanifche Cafula.
Als befondere Obje6le hervorzuheben fcheinen
ferner würdig: ein gothifcher Kirchenfchrank (16. Jahr-
hundert) aus Schloß Churburg, eine Cafula aus
romanifchem Purpurfloff (Domfehatz Brixen), das eben
dorthin gehörige gothifche Reliquiarium in Form der
Bulle der heiligen Agnes, die große gothifche Mon-
ftranze aus der Pfarrkirche zu Bozen, ein romanifches
Rauchfaß aus Schloß Tratzberg, das große Antiphona-
— 250
rium aus Klofter Neuftift (1442), ein ä^othifcher Flügel-
altar aus der Veitskirche in Tartfch und ein folcher
aus Goffenfaß, der Waldau'fche Todtenfchild aus Hall
und ein folcher für Georg Trapp aus Churburg, das
hochmerkwürdige Turnierbild aus Schloß Tratzberg,
das Altarbild aus Uttenheim (Vintler). Ein fehr fchönes
Lufterweibchen war ebenfalls aus Schloß Tratzberg
ausgeftellt. Es würde zu weit führen, wollte man in die
Ausftellungs-Colleflion tiefer eingehen, da faft nur
gutes und befonderes darunter zu treffen war. Zahl-
reiche Kelche und Monftranzen, kirchliche Gewänder
neuerer Zeit, viele alte Bilder vermochten den Befucher
zu feffeln und müßen in ihm die Ueberzeugung reifen,
dafs gerade die archaeologifche Gruppe der Inns-
brucker Ausftellung zu den gelungenften Partien der-
felben gerechnet werden muß und eine weit über die
Landesgränzen hinausreichende Bedeutung hatte.
142. Confervator Profeffor V. Bei-ger hat der
Central-Commiffion mitgetheilt, dafs die auf dem
Hochaltare der Filialkirche in Scheffau bei GoUing be-
findliche St. Ulrichs-Statue, noch der einzige dort-
felbft verbliebene bemerkensvverthe Reft des feiner-
zeit an die Stiftskirche am Nonnberg abgegebenen
gothifchen Flügelaltars, einer Rel^aurirung dringend
bedürftig wurde. Diefe Reflaurirung wurde unter des
Confervators Leitung durchgeführt und ift fehr gut aus-
gefallen. Die Statue fteht wieder auf ihrer Stelle am
Hauptaltare der genannten Filialkirche. Bei der Unter-
fuchung der etwas über Lebensgröße hohen Statue
zeigte fich der Holzfokel total wurmftichig geworden,
daher die Reflaurirung fehr fchwierig war und mit
großer Sorgfalt durchgeführt werden mußte.
143. Der durch feine alten Malereien berühmte
DoiijoH ober Friefach, deffen Baufälligkeit bereits ge-
fahrdrohend geworden war, ift durch die Initiative des
Verfchönerungs-Vereines und mit Unterftützung des
Miniftcriums für Cultus und Unterricht und der Central-
Commiffion einer eingehenden Confervirungsarbeit
unterzogen worden. Die einzelnen Stockwerke find mit
Fußbodeneinlagen unterthcilt, fiebere Stiegen führen
auf- und abwärts und ein hoher hölzerner Dachhelm
fchließt den Bau ab. Der Reflaurirung wurden
Projc6le des Architekten Jordan und des k. k. Landes-
ingenieurs Grueber zu Grunde gelegt und hat fich felbes
in der Ausführung vollkommen bewährt. Die Central-
Commiffion ift mit dem Abfchluße ganz cinvcrftanden.
144. Der in Fig. 25 abgebildete Zinnkrug ift 31 Cm.
hoch, hat einen unteren Durchmeffer von 17 Cm und
einen oberen Durchmeffer von 13 Cm. Länge.
Aus einer runden von drei Kugeln getragenen
Bafis auffteigend geht er, allmählich fich verengend,
ins Achteck über, um wieder in einen runden Ausguß-
rand ficli zu erweitern, fo dafs die Gcfainmtform eine
hypcrbolifche genannt werden kann. Der runde Deckel,
welcher mittels einer Scharnireinrichtung um den
oberen Tlieil des Henkels beweglich ift, wird in der
Mitte von einem auf runden Poftamcntchen fitzenden
kleinen Löwen gekrönt. Die Profilirung ift durchwegs
edel und der Gefammtform angcmeffen.
Der achteckige Theil des Kruges ift mit einer
befonders fchunen in vertieften Contourcn und fchiaf-
firtem Grunde ausgeführten Ornamenlirung reich ge-
fchmückt. A;ht Stäbe trennen die acht Felder und
erweitern fich oben in üppige Pflanzen- und Maßwerk-
formen, die den obern Theil eines jeden Feldes theils
ganz ausfüllen, theils noch für einen pofaunenden Engel
dort Raum laffen. In dem untern Theil eines jeden
Feldes befindet fich je eine menfchliche Figur fchön
hineincomponirt. Die Bedeutung diefer F'iguren ift
wohl fchwer zu beftimmen. Unter Rittern in voller
Iß- 25-
RulUing und gekronUn l'crkjncn mit wallenden Ge-
wändern befindet fich auch eine nackte weibliche
F"igur. Die über den Figuren angebrachten Schrift-
biuider find mit Ausnahme eines einzigen, das den
Namen Maria triigt, nicht mit .Schriften vcrfehen.
Auf der Außenfeite des Henkels befinden fich ein-
gefchlagene Zeichen in Wappenform, jedes in der
Größe von ca. 2 Cm., und zwar dreimal ein gothilches
M und dreimal eine Art Pilgennufchel.
251
Nach dem allgemeinen Charakter zu fchließen,
llammt der Krug aus dem Ende des 15 Jahrhunderts.
Seit der Au6lion Fruhwirth erworben, befindet er fich
derzeit in der Sammlung ]]'idfcr.
Friedrich Widtt-r.
145. Alle Zinngefäße der Brauiiaiter Tucliniacher-
zi/nfi.
Als fich die eiuft fo berühmte Braunauer Tuch-
macherzunft im Jahre 1880 auflufte, wurde das
Gefäßes find mit Ornamenten und einem gewundenen
Spruchbande geziert. In dem Henkel find vier Stempel
eingedrückt. Die Pipe ift allem Anfcheine nach erfl
fpäter angebracht worden; rechts von derfelbcn die
Infchrift:
HCSIW1N6&L
Die erfien Buchftaben des Vornamens find durch
die fpäter angebrachte Pipe verdeckt. Der ganze
Körper der Kanne ift mit eingravirten Ornamenten
reich verziert. Die Kanne zeugt von vielem Gebrauche,
Fig
gefammte Inventar derfelben geradezu verfchleudert.
Befonders reich an Zinngefäßen war der Zunftfehatz.
Diefelben wurden um einen Spottpreis verkauft und
wanderten meift zu Antiquitätenhändlern. Mit Rück-
ficht darauf ift der Umftand, dafs der hochwürdige
Abt Joh. Nep. Rotter (f 1886), ein geborener Braun-
auer, acht Gefäße ankaufte, deshalb erfreulicli, weil
diefelben auf diefe Weife für Braunau doch nicht ganz
verloren gegangen find. Diefe find :
I. Die Zunftkanne, fie ift das größte Stück der
Sammlung und zeichnet fich befonders durch kunft volle
Gravirung aus. Die Kanne, deren Form konifch ift,
ift inclufive Deckelknopf 48'S Cm. hoch, bei aufge-
klapptem Deckel beträgt die Höhe bis zum Trink-
rande 37 Cm. Sie ruht auf drei knopfförmigen Füßen
von je 35 Cm. Durchmeffer und i Cm. Höhe. Am
Fußrande beträgt der Durchmeffer 20'5 Cm, der Durch-
meffer des Deckelrandes 16 Cm., der innere untere
Durchmeffer 19 Cm., oben 13 Cm. Auf der Mitte des
Deckels befindet fich ein 8 Cm. hoher, 6 Cm. im Durch-
meffer breiter Knopf mit der Infchrift (rund um den
Knopf laufend):
26.
der Boden ift vielfach mit Zinn
(Fig. 27 b).
gelöthet (geflickt)
R ; E
G : F : K
5 1-
A: I : S ^
Der Daumengriff des Deckels ftellt zwei neben-
einander hockende Löwen vor. Innen mitten auf dem
Boden befindet fich eine 5 Cm. im Durchmeffer große
Marke, darftellend den gekreuzigten Heiland nebft
Maria und Johannes. Mitten auf der unteren Fläche des
Deckels ift eine Marke (3 Cm. Durchmeffer), darftellend
eine fünfblätterige Rofe, angebracht. Die Flachen des
2. Die kleinere Zunftkanne ift das ältefte Stück
der Sammlung, ftammt aus dem Jahre 1578. Höhe incl.
Daumengriff des Deckels 36'5 Cm., ohne Deckel 31 Cm.
= 3-
Durchmeffer des Fußrandes i8 Cm., unten innen i6 Cm.
oberer 14 Cm., oberer innen 12-5 Cm. Innere Höhe ca.
30 Cm. Innen mitten auf dem Boden eine Marke wie
beim vorigen. Auf dem Henkel drei Stempel. Die
Kanne zeugt von vielem Gebrauche, der Boden ill:
fchon ganz durchlöchert.
3. Die fogenannte Meifterkanne.Fig. 26 a, ift fammt
Deckelknopf 27'5 Cm. hoch, der Durchir.effer des Fuß-
randes beträgt 13 Cm. der des Deckels 11 Cm. Die innere
Höhe bis zum Trinkrande beträgt 19-5 Cm. Oben auf
dem Deckel ift das Tuchmacherwappen von einem
Kranze umgeben eingravirt. Innen (unten) auf dem
Deckel zwei Stempel. Einer ftellt ein Wildfehwein vor,
der andere enthält die Buchftaben I C K, darunter
eine fünfblätterige Rofe.
Auf der Kanne felbfl ift folgende Gravierung:
1830 Andenken \^ H. Jofeph Trautmann Ober-
Aelfter
Herrn Alt : Gefein :.
Johann : Plagvvitz . 2 ■ Joan . Zink :.
Anton : Sax : Tobias : Traut : mann : .
Heinrig : Plagwitz : Andreas : Tobias : Zinck :.
Schreiber : Heinrich : Hosser : .
H : Beyfitzer : Caspar Hofmann : Danel Dolde :
H : Vater : Antonius : Franciscus : Teuber :.
17|44
w
4. Eine zweite Kanne ift kleiner wie die frühere,
mißt fammt Deckelknopf 23 Cm., Durchmeffcr des Fuß-
randes 12 Cm., des Deckelraiides iO'5 Cm., innere
Höhe 15 Cm. Auf dem Deckel Gravirung, Tuch-
macherwappen, Jahreszahl 1715. Innen am Deckel die-
felben zwei Stempel wie bei Nr. 3. Auf dem Körper
ein fauber gravirtes Blumenmufter (Fig. 26, b).
5. und 6. Zwei kleine Kannen. Höhe mit Deckel-
knopf 24 Cm., Durchmeffer des Fußrandes 12 Cm.,
des Deckelrandes 9'5 Cm. Stempel wie bei 3 und 4.
Der Körper ohne Gravirung.
7. Diefe Kanne, I'ig. 26 c, ift die jünglle und vcr-
räth, was Form und Gravirung anbelangt, auch kein
befonderes Formcnvcrftändnis des Erzeugers. DieGra-
virung ift ftümperhaft. Die Kanne ift insgefammt 2575 cm.
hoch. Höhe ohne Deckel 21 Cm. Durchmeffcr des Fuß-
randes 12 Cm., des Deckelrandes 9 Cm. Innere Hohe
bis zum 'iVinkrande 20 Cm. Oben auf dem Deckel
keine Gravirung. Innen auf dem Deckel eine Marke.
Auf dem Henkel drei Zinnftcmpcl. Auf dem Körper
der Kanne fteht:
Wcntcel l'feifer I lerhcrks-Vater 1835
I'.iifabctin l'feifer Ilcrbcrks Mutter 1835.
Außer diefen 7 Stücken befindet fich im Befitze
des hochwürdigen Abtes noch eine Tuchmachcrkufc.
Sie ähnelt der bereits befchriebcnen Schuhmacherkufe
(Ahhandi. von Herrn Ritter von Rzilia, Tafel 2). Höiie
fammt Daumengriff 16-5 Cm., olnic Deckel 10 Cm.
Durchmeffcr des Fußrandes 14 Cm., des Deckeh-andes
II Cm. Innerer Durchmeffer 10 Cm., innere Höhe 9 Cm.
Auf der unteren (inneren) Seite des Deckels zwei
Stempel, einer enthält ein Wildfchwein, i\i:x andere
eine dreizackige Krone, zwei Sterne und die Buch-
iT;aben H D, etwa fo:
Außer den hier angeführten Zinngefäßen dürften
fich noch viele andere von den ehemaligen Braunauer
Zünften herftammende Gefäße im Befitze einzelner
Familien befinden.
Allton Zocker.
146. Im Nachhange zur Notiz 138 ift noch mitzu-
theilen :
Der Confervator Baurath Hau/er hat der Central-
Commiffion in der Sitzung vom 13. 06lober 1893 mit-
getheilt, dafs folgende weitere Grabmale an der Außen-
feite der St. Stepliaiiskirclic einer entfprechenden
Renovirung unterzogen werden. An der Weftfronte:
das des Matthäus Bauer 71515, des Studiofus Friedrich
Schmidt 11562, des Simon Ruckhenbaum, 'Handels-
mannes 11643, des Georg Prügl vom inneren Rath
1 1609, des Steinmetz Georg Prunner f 1701, des
Sattlers Achatzy Müllner ti539, des Dr. Jacob Himl-
reich ti570. An der Oftfeite; des Eifenhändlers Philipp
Ziegler ti547, des Richters Georg Plazger f 1620, des
Wolfgang Egiauer ti573 und des Sebald Stembter,
Handelsmannes 71560. Die ebenfalls an der füdlichen
Langfeite der Kirche angebaute gothifche Todten-
leuchte, ein herrliches Denkmal gothifcher Kunft, ift fo
verwittert und befchädigt, dafs fie abgetragen werden
muß. Die zugehörige kleine Ecce homo-Statue wird
aufgehoben.
147. (Palaz::o in Cavalefe.)
Das Fleimser Thal in Süd-Tyrol ift von Bozen
zwar ganz unfchwer zu erreichen, aber doch erft feit
wenigen Jahren mehr in den Bereich des Fremdenver-
kehrs gezogen; aber auch heute noch weilt feiten
gerade in dem Hauptortc des Thaies Cavalefe ein
Fremder länger, als eben der Poftaufenthalt dauert; er
ftrebt weiter, die Naturfchönheiten der Palla-Gruppe zu
erreichen. Und doch bietet auch Cavalefe Schönheiten
der Natur und Kunft. Die letzteren befonders waren
uns überrafchend. Das gothifche Thor der Pfarrkirche,
ein altes romanifches Bild, und vor allem die Malereien
des Palazzo bieten im Orte felbft genug des Schens-
werthen, dem (ich noch einige Stücke in der nächften
Umgebung anreihen.
Der Palazzo, urfprünglich ein gothifcher Bau, von
dem außer dem Gemäuer noch ein fchniuckreichcres
Fcnfter geblieben, wurde in den Dreißiger-Jahren des
16. Jahrhunderts unter demfelben kunftfinnigen Cardi-
nal Cle.sl, dem das Trienter Caftell einen fo großen
Theil feines Schmuckes x'crdankt, reizvoll erneuert. Der
i5au wurde innen und außen mit (iemiilden verziert, die
zum Theil erft bei den Forfchungen des Unterzeich-
neten wieder von der fpäteren Uebcrtünchung befreit
wurden. Vollendet wurde die Umgeftaltung erft unter
dem Nachfolger des Cardinais Clcsl, Clirilloi^h Madruz
(15.39)-
Bis auf das erwähnte P'enfter ift der Bau ringsum
glatt, die fclimückcnde Architektur nur gemalt ; reicher
ausgeftattet ift die Vorderfeite, die urf|)rünglich mit
hohem diebel ''eziert war. ,\ußer der geniallen Archi-
253
tektur, Sinnbildern und Zieraten finden wir da eine
Reihe anfclieinend kaiferlicher BildnilTe, dann darunter
die Geftalten der Juftitia und Temperentia' an den
Seiten des Hauptgefchoßes und zvvifchen iiinen d^is
Parisurtheil und den Kampf der Horatier und Curiatier
als berühmte Beifpiele folgenfchwerer (Jrtheile, alles
alfo Darftellungen, die fich für einen Rechtspalaft
fchicken.
Im Innern des Palafles, der jetzt die Verwaltung
der Großgemeinde Fleimsthal, eine Sparkaffe, Speicher,
Kerker und Wohnung des Gefangenhausauffehers ent-
hält, laffen noch fieben Räume den urfprüngliclien
Schmuck wenigftens theihveife erkennen. Im Unter-
gefchoß finden wir einen großen Saal mit breitem
ringsum laufenden, grau und braun gemalten Friefe,
der, foweit er bisher abgedeckt werden konnte, Jagd-
darflellungen enthält. Es folgt ein kleiner Raum mit
prächtiger holzgefchnitzter Decke, deren Schmuck
freilich zum größten Theile fchon geraubt ift, dann ein
zweiter mit buntgetäfelter Decke und einem reizenden
Friefe darunter.
Im Obergefchoße befindet fich ein mächtiger Saal
mit einem in 14 Theile getheilten Friefe, der außer
Wappen 12 Darftellungen einzelner Geftalten oder
Paare enthält, welche die allbezwingende Macht der
Liebe in launifch, auch tief empfundenen Bildern vor
Augen führen. Diefe Werke find von meillerhafter
Vollendung, ficher von einem bedeutenden Italiener,
anfcheinend der venetianifchen Schule, und den Ge-
mälden des Trientiner Caftells in Feinheit des Aus-
druckes und Verinnerlichung des Vorganges weit über-
legen, daher voll Anmuth und frifchefter Laune. Die
Wahl der Momente mag einem Dichter entlehnt fein.
Ein zweiter kleinerer Saal ift wieder übertüncht;
doch konnte man Refte eines Friefes und der Farben
an der Decke nocli finden. Ein dritter Raum ift bloß
mit Holz getäfelt, während ein vierter wieder einen
prächtigen Fries aufweist, an dem befonders die natür-
lich durchgeführten Thiere auffallen.
Der Bau ift leider fchon arg zerflört, beraubt und
fchlecht gehalten, aber dennoch genügt das Erhaltene,
uns die befeelende Atmofphäre einer gewaltig-kraft-
vollen, natürlich-lebensfreudigen und dabei doch zarten,
leider fo kurzen Epoche der Welt in vollen Zügen ein-
athmen zu laffen.
Es wird dem Unterzeichneten hoffentlich gelingen,
über den Meifter, wie die Werke in diefen Blättern
bald des näheren berichten zu können.
Dr. Aloriz D reg er.
148. Correfpondent Dir. Taiiianiiii\\-\ Cortinad Am-
pezzo hat an die Central-Commiffion berichtet, dafs
man in einem kleinen ebenerdigen Locale eines im
Centrum des Platzes gelegenen Gebäudes, das mit
dem anftoßenden Gebäude einer gemeinfamen Re-
ftaurirung unterzogen w-erden follte und wobei das
alte Gewölbe des Locales um 20 Cm. niedriger zu
ftellen war, unter dem alten Verputze Refte einer alten
ausgedehnten Wandmalerei fand. Die Verputzdecke
war ftellenweife 4 bis 7 Cm. dick, die Bilderfläche felbft
' Iiitereffant war mir. die Geftalt der Temperentia ganz genau in ver-
kleinertem Relief auf einer gußeifernen Ofenkachel wieder 2U finden, die aus
dem Belltze des Herrn Ludwig Schuhmacher in Hall in der hiftorifchen Ab-
theilung der diesjährigen Tyroler Landesausllellung unter Nr. 64 ausgefteilt war.
aber gräßlich ruinirt; um den feinerzeitigen neuen
Kalkanwurf auf der Mauer feil, haltbar zu machen, hat
man die ganze Bilderwand mit dem Spitzhammer fafl
ganz eingepickt, fo dafs heute von einer Wiederherflel-
lung der Malerei keine Rede fein kann. Diefelbe mag
bis gegen das 14. Jahrhundert zurückreichen und
könnte fich an die florentinifche Schule anfchließen.
Anbelangend die Darfteilung des Gemäldes, info-
wcit dasfelbe freigelegt ift, was aber kaum mehr als ein
Drittel der oberen Hälfte der ganzen Wandfläche be-
trifft, fo ficht man fünf aneinander gereihte Frauen-
gellalten mit Kronen und je ein gefchwungenes
Spruchband haltend, zu ihren Füßen drei Löwen; eine
der Frauengeftalten hält eine Wage, eine andere einen
Palmzweig. Der Berichterflatter will in den Frauen-
bildern Sibyllen erkennen. Auf den Schedulen find
Worte in zwei Zeilen gereiht angebracht, leider aber
nicht mehr entzifferbar.
149. In Oliiüiz hat fich ein Comite gebildet, das
fich zur Aufgabe geftellt hat, die aftronomifche Kunft-
uhr, die fich im Anbaue des Rathhaufes befindet, wieder-
herflellen zu laffen. Bereits find bedeutende Sammel-
gelder vorhanden, um diefe auf ca. 16.000 fl. kom-
mende Aufgabe durchführen zu können. Der Mecha-
nismus diefer feit \'ielen Decennien flillftehendcn Uhr
war ein fehr complicirter. Nach Angabe derStunde follte
die Uhr noch fo manches aus den flüchtigen Erfchei-
nungen des Lebens, Glaubensbilder veranfchaulichen,
Sinnbilder der Tages- und Jahreszeiten, die menfch-
lichen Altersftufen, das Todtengerippe mit der Sand-
uhr, die Weifen des Alterthums, die frommen bibli-
fchen Geftalten, Heilige und Engel, Chriftum, die
Apoftel u. f w. Der Mahnruf des Hahnes follte fich
hören laffen, Glockenfchläge und Mufik ertönen, die
flarren Figuren follten ihre Glieder bewegen und ver-
borgen gebliebene Wefen follten, fich verneigend,
heraustreten.
Diefe Ulir ift in einem traurigen Verfall befindlich
und nur noch die große Nifche und die darin erhal-
tenen Refte der Wandmalereien des Uhrgebäudes und
äußerer Decoration erinnern an die ehemalige Beftim-
mung und Bedeutung diefes Wahrzeichens aus der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Es ift höchft er-
freulich, dafs die öffentliche Aufinerkfamkeit in Olmüz
auf diefes Denkmal gelenkt wurde; noch mehr aber,
dafs die Wiederherflellung ganz im Geifte des ehe-
maligen Werkes gefchehen foll. Der alte traditionelle
Theil der Kunftulir muß daher beibehalten werden.
150. Correfpondent Biefel hat an die Central-
Commil'fion berichtet, dafs zwifchen dem 14. und
20. Auguft d. J. anläßlich einer Grabung an dem nörd-
lich fich hinziehenden Schneedamme an der Nordeifen-
bahn (Station Evanovic] einzelne aus Urnengräbern
herrührende Stücke in Umlauf gekommen find. Der
Correfpondent befuchte die bezeichnete Fundftelleund
conftatirte, einen Kilometer von der Eifenbahnftation
entfernt, 40 bis 45 Cm. tief, den Fund von vier henkel-
lofen thönernen Graburnen mit Afche, größerer und
kleinerer Knochenrefte von Leichenbränden; eine der
Urnen ift nahezu ganz, die drei übrigen find in
Scherben. An der ganze Urne lagen ferner drei
kleine runde Gefäße, in einer ein Kranz \-on rothen,
254 —
violetten, gelblichen und blauen Perlen. An einer an-
dern Stelle fand man zwei Menfchenfkeletrefte in
eigenthümlicher Lage — mit den Rücktheilen gegen-
einander in verkehrter Stellung gelegt; das ftärkere
Skelet — mit allen Zähnen — dürfte einem Manne,
das andere — mit wenig Zähnen — einem Weibe an-
gehören. Die Schädel beider find eingefchlagen.
151. Es verdient regiftrirt zu werden, was beifpiels-
weife in O her- Oeßer reich für die würdige Reftaurirung
alter wichtiger Kirchen und ihrer Einrichtung ge-
fchieht. So hat fich eine Reflaurirungsaclion durch
einen archäologifchen Verein in Enns für die gewifs
fehr intereffante Kirche zu Lorcli gebildet. Diefe
gothifche Kirche enthält nebft vielen fehr wichtigen
und weit zurückreichenden mittelalterlichen Grabmalen
zwei prachtvolle gothifche freiftehende Sacraments-
häuschen, jetzt dick von Kalkkruüen überzogen, welche
vor allem entfernt werden müßen. Neben der Kirche
fteht ein alterthümlicher ftark verbalhornter Karner und
eine fchöne mächtige gothifche Lichtfäule. Nach dem
Anlaufe, den der genannte Verein in der bezeichneten
Angelegenheit zu nehmen fcheint, dürfte das Reftau-
rirungswerk einen befriedigenden Verlauf nehmen,
wenn nur einmal die behördlichen Formalitäten erfüllt
find. In der hochwichtigen Kirche zu St. Wolfgang am
See fteht es in Abficht, . den prachtvollen Orgelkaften
— eine vorzügliche Arbeit der Spät-Renaiffance —
wiederherftellen zu laffen. Auch in der Kirche zu Hall-
flatt wird der gothifche Orgelkaften reparirt und im
Vereine damit gleichzeitig die Orgelbühne felbft einer
eingehenden ICrneuerung unterzogen. Auch ift eine
durchgreifende Reftaurirung des alten berühmten
F'lügelaltars dortfelbft im Zuge. An beiden Objeften
arbeitet die dortige k. k. Fachfchulc infoweit mit, als es,
ohne durch Concurrenz die dortigen Gewerbsleute zu
fchädigen, alfo in einzelnen fehr heiklichen oder
muftergebenden Partien, zuläffig ift. Uebrigens darf
es wohl bemerkt werden, dafs der eine Kreuzaltar
diefer Kirche — aufgeftellt im linken Schiffe, bezie-
hungsweife Chorfcliluße — ebenfalls ein Flügelaltar,
aus diefer k. k. Lehranftalt für Holzbearbeitung hervor-
gegangen ift und fich allgemeinen Beifalles erfreut.
152. Bereits im Jahre 1S92 hatte die k. k. Statt-
lialterei zu Prag der CentralCommiffion mitgethcilt,
dafs die reftlichen Baulichkeiten der ehemaligen Lud-
tnillaCapelle neben der Prager Teynkirche fo fchad-
liaft werden, dafs der dortige Stadtrath deren Demo-
lirung für nothwendig erkannt hat. Die Ccntral-Com-
miffion zur Abgabe ihres Gutachtens aufgefordert,
hat fich unterm 9. Juni 1892 dahin au.sgefprochen,
dafs die Capelle erhalten bleiben möge, da kein zwin-
gender Grund für deren Befeitigung bcftche. Die Auf-
forderungen zur Zuftimmung zur Demolirung wieder-
liolten fich im felben Jahre noch zweimal, ohne dafs
die Central-Commiffion ihr Votum abgeändert hätte,
ländlich kam im Laufe Septembers diefes Jahres ein
ncucrliciies Schriftftück anher, damit die Central-Com-
miffion, den Umftimdcn Rechnung tragend, die Demo-
lirung gutheiße, zumal die Abtragung des obern
Thciles der Capelle aus öffentlichen Rückfichtcn in
Angriff genommen werden mußte und die Demolirung
nicht unterbrochen werden foll. Nunmehr hat die
Central-Commiffion von diefem Demolirungsafte
Kenntnis genammen, ohne denfelben gutzuheißen. Der
Situation Rechnung tragend, bedauert fie vielmehr die
unvermeidliche Thatfache, nachdem die Saclnerftän-
digen die Nothwendigkeit der Befeitigung der Capelle
anerkannt haben und kein Mittel zur Verfügung ftehen
foll, den gänzlich unhaltbar gewordenen Zuftand der
Capelle zu verbeffern oder deren Verfall aufzuhalten.
153. Confervator Dechant Größer hat an die
Central-Commiffion berichtet, dafs man in der Vorhalle
des alten jMillJlätter Domes rechtsfcitig eine große
Wandmalerei theilweife freigelegt hat. Ein Farbftreifen
theilt horizontal zwei figurenreiche Gemälde, welche
unten den TodChriftiund die Grablegung und oben die
Früchte der Erlöfung darfteilen. Die Zeichnung wird
als correft gefchildert und als gleichwerthig und gleich-
zeitig mit dem großen Bilde des jüngften Gerichtes.
Auch follen der gänzlichen Freilegung des Bildes
keine wefentlichen Schwierigkeiten entgegenftehen.
Auf dem erwähnten Theilungsftreifen kann man, ' fo
weit er bis nun von der Tünche freigelegt ift, erkennen:
opvs hoc
154. In der hier beigegebenen Abbildung Fig. 28
wird eine Säule veranfchaulicht, welche fich als Trägerin
eines Verbindungsganges im Hofe eines zum Schloße
zu Bcnfeii in Nord-Böhmen gehörigen Haufes befindet
und die Jahreszahl 1552 trägt. Diefe Säule erfcheint
-y^.i^yttya
Fig. 28. (Benfen.)
darum beachtenswerth, als fie — alfo doch dem
16. Jahrhundert angehörig — noch in ungewöhnlicher
Weife die Conftruflionsformen romanifcher Säulen,
wie wir fie fo häufig bei Fcnftcrtheilungcn finden,
zeigt. Sie ift 273 M. hoch.
155. Von außeroi-dentlicher Wichtigkeit für die
Central-Commiffion unii ihre Krcife ift jener Theil des
eben veröffentlichten Voranfchlages des k. k. Mini-
fteriums für Cuitus und Unterricht, welcher ilie Koften
der Central-Commiffion fowie jene für Confcrvirung und
Reftaurirung alter Baudenkmale behandelt.
Die Ko'len der CentralComniiffion felbft bczif-
lerii fich mit 22.165 iL, was eine Steigei'inig um 2.110 ll.
'SS
bedeutet, die haiiptfächlich in der Erweiterung des
Bureaus durch Beilleliung eines Minifterial-Concipiftcn
und eines Ingenieurs extra ftatum begründet wird, was
wieder in der ftetig wachfenden Agende feine gewifs
berechtigte Begründung findet. Beifpielsweife fei nur
bemerkt, dafs feit dem Jahre 1873 die Anzahl der
Gefchäftsftücke mit 244 bis 1893 ^^^ ca. 1800 per Jahr
angewachfen ift.
In Betreff der Reftaurirung und Confervirung
alter Baudenkmale ift zur Dispofition des Minifte-
riums der Betrag von 6000 fl. wie bisher geftellt
worden. Außerdem erfcheinen folgende beftimmte
Beträge zugewiefen: Für den Wiener Dom (4. Rate
der Gefammt-Sub\-ention per 25.000 fl.) 5.000 fl., für die
Finalifirung der Reltaurirung des Jofephsbrunnens auf
dem Hohen Markte in Wien 3.200 fl. (nach vollftändig
durchgeführter Eingerüflung des Monuments ergaben
fich hauptfächlich in den oberen Partien mehr Schäden,
als erwartet wurden, daher die Gefammtkoften auf
18.157 fl. ftiegen), für die Reftaui'irung der Fresken im
Kreuzgange zu Brixen (3. Rate der Gefammt-Subven-
tion von 7. 150 fl.) 1800 fl., zur Reftaurirung und theil-
weifen Reconftruftion der Bafilica in Sekkau 3.000 fl.,
dann zur Vornahme weiterer Reftaurirungsarbeiten an
den Mofaiken im Dome zu Parenzo (20.000 fl. Gefammt-
erfordernis) 3000 fl., hauptfächlich beftimmt zur Reftau-
ricrung des muflvifchen Schmuckes des Baldachin-
altares und zur Abnahme und Deponirung der an der
Hauptfagade noch vorhandenen und nicht reparatur-
fähigen Mofaikrefle. Für zwei bei der Freiftellung des
Domes in Spalato in das Staatseigenthum übernom-
mene Capellen ein Paufchalbetrag von 2.800 fl.
Eine diefer Capellen wurde behufs der Ifolirung des
Domes demolirt, die andere für Baukanzleizwecke in
Verwendung genommen.
Fiir die Reftaurirung des Glockenthurmes von
San Marco auf der Infel Lefina, ein volle Beachtung
verdienendes Werk der italienifchen Früh-Renaiffance
mit romanifchen Anklängen, das die Ccntral-Commif-
fion wiederholt befchäftigt hatte, bei einer Gefammt-
koftenziffer von 5.200, die erfte Rate von 2. 100 fl.
Zur Reftaurirung des Glockenthurmes am Dome zu
Spalato bei einer Gefammtfubventionsfumme von
85.000 fl. die 9. Rate mit 30.000 fl. Im Hinblicke auf
die Nothwendigkeit der Befchleunigung des Reftau-
rirungswerkes wurde die Baurate des nächflen Jahres
um 5.000 fl. erhöht, wobei bemerkt wird, dafs, da im
Jahre 1893 das erfte Thurmgefchoß vollendet werden
wird, die Wiederherftellung des zweiten Gefchoßes
im Jahre 1894 bewerkftelligt werden füll.
Für die Reftaurirung der hochwichtigen S. Nico-
laus-Kirche in Eger wurde eine erfte Rate von 5.000 fl.
beanfprucht und zum Ausbaue des Prager Domes eine
Rate von 15.000 fl. in Ausficht genommen. Letztere
Staatsfubvention ftellt fich fomit feit 1863 auf 395.000 fl.
Bezüglich der Egerer Kirche ift zu bemerken, dafs die-
felbe — ein eminent wichtiges Bauwerk — bereits fo
fchadhaft ift, dafs fie gefperrt werden mußte. Zu den
Reftaurirungskoften, die 130.000 fl. mindeftens errei-
chen dürften, hat der Landtag des Königreiches Böh-
men bereits 30.000 fl. bewilligt und ift eine Staatsfub-
vention in gleichem Betrage in Ausficht genommen,
welche auf fechs gleiche Raten zu vertheilen wäre.
XIX. N. F.
Die Gefammtfumme für Confervirung und Reftau-
rirung alter Baudenkmale ftellt fich für das Jahr 1894
auf 76.900 fl., d. i. um 9.600 fl. größer als 1893.
Die dritte Abtheilung bezieht fich auf Auslagen
für Ausgrabungen, Subventionen von archäologifchen
Unternehmungen u.f. w.,als da find dem archäologifchen
Mufeum in Aquileja für Grabungen und Fundankäufe
2 300 fl. und für das Perfonale 1.480 fl., dann für das
archäologifche Mufeum in Spalato und Ausgrabungen in
Salona 4.800 fl. Für das Mufeum S. Donato in Zara
400 fl. Zur Dispofition des Minifteriums 2.500 fl. Zur
theil weifen Erwerbung der SammlungGregorutti 6. 500 fl.
Zu baulichen Herftellungen am Mufeum in Aquileja 1800 fl.
und zu den Ausgrabungen der alten Mofaikfußböden
beim Dome in Parenzo als 3. Rate 775 fl. von 3.100 fl.
Hinfichtlich der Sammlung Dr. Gregorutti's ift zu
bemerken, dafs die die Anticaglien fowie Infchriftfleine
und Sculpturen umfaffenden Partien angekauft werden
follen und als Ergänzung des Beftandes des Mufeums
zu Acjuileja an diefes abzugeben wären. Zufammen
20.555 fl-. ^- '• uni 5.900 fl. mehr als im Jahre 1893.
Die Gefammtfumme aller drei Gruppen beziffert
fich fomit mit 119.620 fl., d. i. gegen 1893 mit I02.010 fl.
mehr mit 17.610 fl.
Außer diefen Auslagen enthält der Staatsvoran-
fchlag noch folgende, die Central-Commiffion tangi-
rende Pofitionen:
Wien, für die Reflaurirung des Gebäudes der k. k.
Akademie der Wiffenfchaften (2. Rate des Gefammt-
erforderniffes von 1.700 fl.) fl. 4.000
Für Reftaurirung der Fagade der
Pfarrkirche am Hof ,, 14.600
F'ür Reftaurirung der Marien-Säule am
Hof (2. und letzte Rate vom Gefammterfor-
dernis mit 3.300 fl.) ,, 1.500
Zur Fortfetzung der Reftaurirung der
Maria Stiegen-Kirche (7. Rate des Gefammt-
erforderniffes mit 132.000 fl.) „ 25.000
Wr. -Neuftadt, für den Wiederaufbau
der Thürme an der Frauen-Kirche (5. Rate
von 120.000 fl.) ,. 12.000
Kuttenberg, für Reftaurirungsarbeiten
an der St. Barbara- Kirche in Kuttenberg
(5. Rate) „ 12.000
Summe. . fl. 69.100
Gefammtfumme des Erforderniffes der Auslagen
für archäologifche Zwecke im Jahre 1894 fomit:
188.720 fl.
156. Confervator A/.:: hat an die Central-Commif-
fion berichtet, dafs man an den Wänden des gothifchen
Kreuzganges im Franciscaner-Klofter zu Boce/i, woklhd
auf Leinwand ausgeführte Oelbilder aufgehangen find,
die fich auf das Leben des Ordensftifters beziehen,
Refte von Fresken fand, als man im Laufe diefes Som-
mers ein Bild behufs Ausbefferung von feiner Stelle
entfernte. Man fand eine Darfliellung der heiligen drei
Könige in realiftifch ausgefprochener Auffaffung und
Ausführung des 17. Jahrhunderts. Der Meifter nennt
fich Ludwig Pfenter 1607. Eine Malerei nach dem
Recept, wie es bei fo manchem romfahrenden Künlllcr
damaliger Zeit üblich gewefen ilt:. Man fand übrigens
auch noch viel ältere Malereifpuren, leider äußerft rui-
34
— 256 —
nirt, kaum erkennbar, nur obere Theile von Darftel-
lungen, während die untere größere Hälfte bis auf den
Mörtel abgefchlagen ift. Mit diefen Reften ift wohl fehr
wenig anzufangen.
Fig. 29. iFunHe in Schipenitz, S. 243.1
157. Die Central-Commiffion ift zur Kenntnis
gelangt, dafs das hochmerkwürdige Melnntriclifclie
F'ß- 3°- (Funde in Schipenitz, S. 243 )
Haus in der Prager Altßadt ganz eingeriffcn wurde.
Das alte Portalgittcr, zwei gothifche Deckbalken mit
gemalten Füllungen und der Schlußftein des Parterre-
Rippengewuibcs wurden dem Mufeum zu Prag über-
geben. Das Wappen hat man mit großer Sorgfalt abge-
nommen, um es im neuen Gebäude wieder anzubrin-
gen. Die innere Loggia konnte, obwohl fich die Cen-
tral Commiffion für die Erhaltung verwendete, wegen
allzugroßer Schadhaftigkeit nicht crlialten werden.
158. Die auf dem Fuße des Iiulu.xBIattcs ange-
brachte Illuftration veranfchaulicht das Relief, das ober
dem Eingange des Zinshaufes des Minoritenklofters in
Wien, Minoritenplatz, angebracht war und nun neben
der Kirche eingemauert ift, nach einer Aufnahme des
Profeffors f. JadUz.
159. Confervator Gratis hat die Central-Com-
miffion auf die Franciscaner-Kirche in Novejlnje auf-
merklam gemacht. Der Convent wurde 1515
gegründet und zeigt die kleine Kirche eine
Grundanlage, wie eine folche aus der romani-
fchen Periode ftammt, mit einem oblongen
Scliiffe und Chorquadrate, das zu einem län-
geren Altarraume erweitert worden ift. Der
ganze Bau ift aus kleinen Quadern ausgeführt.
Merkwürdiger als alles andere ift der Glocken-
thurm, füdlich vom Chorquadrate im 16. Jahr-
hundert angebaut, aber von ganz entfchiedener
Phyfiognomie in romanifchem von der Re-
naiffance wohlthuendft beeinflußten Styl mit
feinen doppeltheiligen Fenftern und dem Stein-
Fig. 31. (Funde in Schipenitz, S. 243.)
heime von unten bis oben aus Quadern aufgeführt,
ein wahrhaft fchönes Werk, um das der arme Kirchen-
bau von mancher Kathedrale beneidet w^erden dürfte.
160. Die Central-Commiffion ift zur Kenntnis ge-
kommen, dafs es in Abficht fteht, die Orgel in der
berühmten Kirche zu St. Wolfgang am See zu er-
neuern, infolge deffen auch der Orgelkaften einer
Reftaurirung unterzogen werden foil. Der Orgelkaften
ift ein hochintereffantes Werk von unzweifelhaftem
Kunftwerthe, ftammt aus dem Jahre 1629, ein fehr be-
achtenswerthes Werk der Spät-Renaiffance, das volle
Schonung, beziehungsweife pietätvolle Reftaurirung
verdient. Die Central-Commiffion hat fich daher über
den Zuftand diefes Gcgenftandes durch den Confer-
vator Profeffor Berger informiren laffen. Derfclbe
berichtete, dafs der Kaften bezüglich feines architek-
tonifchen Aufbaues in horizontaler und verticaler Rich-
tung dreitheilig gegliedert ift, aus Holz angefertigt,
mit reicher Vergoldung vcrfehen, aber fich in fo gutem
Zuftande befindet, dafs eine Reftaurirung keinesfalls
nothwendig ift und höchftens der Anftrich fammt Ver-
goldung erneuert werden füllte. Das am Kaften ange
brachte Bild — die Mufik darftcllcnd
Ausbcffcrun</en brauchen.
würde einige
161. Der Central-Commiffion ift die Nachricht zu-
gekommen, dafs in dem romanifchen Karner zu Neit-
iiiarkt in der Steicrmar]< (kiirntncrifchc Griinze gegen
P'riefach) fich bcftimmte Spuren alter Wandbemalung
conftatiren laffen. ICinc Bloßlegung derfelben fteht für
Biildc in Abficht.
Druckfehler-Verbefferuns^en.
s.
17-
s.
17-
s.
>7-
s.
i8.
s.
i8.
s.
19-
s.
19-
S.
22
S.
22
S.
22
S.
22
S.
22
s.
22
23-
23-
24.
24.
2,
n
30 \
2,
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I,
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30
2,
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10
Anm
3. ^
n
6,
I
„
9.
2
Zeile
12
Anm
1 2
n
*3i
n
16,
16,
16,
Spalte I, Zeile 9 von unten für „Otto" lies „Otte."i
30 von oben für „Schönau" lies „Schönna".
für „verfchiedenartigen" lies
„verfchiedenwertigen".
für „Jähus" lies „Jahns",
für „Fren" lies „Eren".
Zeile 9 für „aus" lies „auch".
„ 3 für „Die" lies „Zur."
„ 4 für „Pankert" lies „Paukert".
von oben für „Erdfpangen" lies „Erd-
fchanzen".
Zeile I für „Jähn's" lies „Jähns"T
„ I für „Mampel" lies „Mampell".
„ 2 für „Mediaeval (Curfiv)" lies
„Mediaeval (Antiqua)".
„ 5 für „Butyfi" lies „Betyfi".
„ 8 für „Peigne-Delacourt" lies „Pei-
gn^-Delacourt".
9 für „M^moirs" lies „Memoires, f.
„socrit^" lies „societe.
le 6 von oben für „15 Cm." lies „150M.".
, 3 „ „ für „letzten" lies „beften".
„ 0 „ „für „Grunsbühel" lies „Grums-
bühel".
Anm. '21 Zeile 6 für „fpecififcher" lies „fpecieller"
„ 21 „ 9 für „Befefligungsmauern" lies
„Befeftigungsmanieren".
„ 22 „ 7 für „architecflur" lies „archi-
teiflure".
I, Zeile 6 von unten für „Pouzac" lies„Ponzac".
Anm. 34, für „monumental" lies „monumentale".
„ 36, Zeile 12 für „N. Vitruvius" lies „M. Vi-
truvius".
17 für „suscitantia" lies „suscitan-
tur".
4 für „V. Decken" lies „v.
Dechen.
6 für „Nanten" lies „Xanten".
16,
s.
20.
ri
I,
s.
20.
yj
2,
s.
20.
n
2,
2,
36.
41,
V 41. V
Zeile 17 von oben für „Suben" lies „Säben"
31 „ „ für „Spenna" lies „Schenna".
40 „ „ für „Saifthale" lies „Naifthale"
47 n r, für „1260" lies „1250".
48 „ „ für „opidum" lies „oppidum".
I „ „für „Ausgrabungen" lies „Fun-
damenten".
Anm. 52, Zeile 3 für „Tage" lies „Lage".
„ 52, „ 4 für „Mojes" lies „Majes", für
,1290 Kaiz" lies „1250 Mais"
„ 52, „ 5 für „Mais" lies „Rain".
„ 52, „ 6 für „Mara" lies „von Mara".
„ 52, „ 14 für „Rains" lies „Kains".
1, Zeile 5 von unten für „Ferrugo" lies „Ferruge".
Anm. 55, Zeile 3 für „von" lies „wie", für „Tre-
dazzo" lies „Predazzo".
„ 57i5, „ I für „Naumia" lies „Naunia".
„ 57c, „ 2 für „i" lies „f".
„ 59, „ I für „a. a., 767" lies „a. a. 767".
2, Zeile 7 von oben für „Marsonil" lies „Marsoeil".
2, „ 5 „ unten für „Hochselsftein" lies „Haffel-
ftein",
Anm. 62, Zeile b für „SU. G." lies „MG.-
„ 63, „ 3 für rif-'^''''' J^'JpViä" lies „uovo-'jry
•/ta", für „i'opuvTo" lies „i'dp'jvrs".
I, Zeile 22 von oben für „fteht" lies „flellt".
Anm. 67, Zeile 7 für „Sivynburg" lies „Scoynburg".
Spalte 2, „ 73, „ I für „descripte e" lies „descriptac".
„ 73, „ 2 für „Aaa SS, V" lies „Ada SS.
V", für „virotens" lies „vir potens".
„ 75, ■„ I für „Vybor y" lies „Vybor z".
„ 78, „ 6 für „Plante" lies „Planta".
„ 78, „ 9 für „im füdlichen unter" lies „füd-
liehen baulich unter".
„ 78, „ 10 „beftehenden Bauten" fällt weg.
S. 25. „ I, Zeile 10 von oben für „Havrianus" lies „Hadria-
nus".
* Die in den Mittheilungen abgedruckten erften drei .\bfchnitte der
Abhandlung über Tyroler Burgen von Herrn Paul Giemen konnten in der letzten
Corredlur dem zur Zeit in Süditalien und Nordafrika weilenden und für die
Redaktion nicht erreichbaren Autor nicht mehr vorgelegt werden. Es ift infolge
deffen eine .\nzahl fmnftörender Druckfehler ftehen geblieben, deren wichtigfte
in dem vorliegenden Druckfehlerverzeichnis berichtigt find.
Anm. 82, Zeile 5 für „Befeftigungsmauern" lies
„Befeftigungsmanieren".
„ 83, „ I für „Innius" lies „Junius".
„ 84, „ I für „cafteluni" lies „caflelum".
„ 87, „ 3 für „Pailhaufen" lies „Pall-
häufen".
„ 88, „ 4 für „Caffiante" lies „Caffiani".
„ 88, „ 5 für „Säbeni" lies „Säben".
S. 25. Spalte 2. „ 89, „ 2 für „Tyrolos" lies „Tyrolis".
„ 89, „ 4 fUr „geftandt" lies „geftande".
„ 89, „ 5 für „Negrinus" lies „Nigrinus".
„ 90, „ 3 für „Autheris" lies „Autharis".
„ 90, „ 4 für „Ghadin" lies „Ghedin".
S. 77 (Notiz 2S1 3. Zeile von unten foU es heißen: „15 Cm." ftalt
„75 Cm."
^- 78 ( „ 32) 15. „ von unten foll es heißen: „Reperirt und
geftellt von Gitzl Bixen (Büchfen)
macher in Salzburg 1820".
S 78 „ 21. ., von unten foll es heißen: „anfprachen"
ftatt „entfprechen".
S. 106 I. Spalle 5. „ von oben foll es heißen: „aus welchen"
ftatt „auf welchen".
S, loö I. „ 12. „ von oben foll es heißen: „weniges" ftatt
„weniger".
S. 109 gehört bei 16 in der Columne „Infclirift" „Honi pod zpravedl-
nofti" weg, da diefer Stein keine Infchrift enthält.
S. IIO bei 24 in der Columne „Infchrift" foU es heißen: „Farwicke"
ftatt „Favwiche".
S. III bei 38 und 3g in der i. Spalte foll es heißen: „4'OoM, "ftatt
„400 M."
Spalte I, Zeile 2 von unten für „Irren" lies „Ivrea".
s.
119.
s.
120
s.
121
s.
121.
s.
122.
s.
122
s.
122
s.
122
s.
122
I oben für „geht" lies „kommt",
unten für „Seif" lies „Selfi".
Zeile 2 von unten für „auf" lies
s.
123-
s.
123-
s.
123-
s.
123.
s.
124.
s.
125.
S. 125.
Anm.
Zeile
Anm
2ö
14
6
5
0
14
15
139.
142,
1, . 12 ,
Anm. I IG
2, , 114, „ 10 „ oben für „Stuk" lies „Stät".
1, Zeile 10, von oben für „Vefte" lies „Vögte".
Anm. 1 1 7 Zeile 6 „viele Verwechfelungen" gehört
hinter „1666" Zeile 3.
2, Zeile 5 von oben für „Härtenberg" lies „Hörten-
berg".
„ „ für „49 und 26 M." lies „54 und
31 M.".
„ unten für „14 und 7-90 M." lies l5'6o
und 1030 M.".
„ „ für „ornamentiert" lies „ver-
mauert".
24, Zeile 7 vor „ift Chriftau" ift „1357"
einzufchieben.
.■on oben für „820 M." lies „8-40 M."
„ „ für „25 M." lies „3 M."
„ „ für „7-8 M." lies „730 M.-
„ „ für „7 und 9-5 M." Iies_ir30
und 870 M."
Zeile to für „HoUes' lies „Zoller".
2 von unten für „Campella" lies
„Campells".
, Zeile 18 von oben für .nochmals" lies „nachmals".
Anm. 143, Zeile 2 „zu Worms" gehört zu „1228"
Zeile I.
S. 126. „ 1, „ I45''. für -Nigronus" lies _Nigrinus".
S. 127. „ ■' „ 153. Zeile 3, für „Chriftian" lies „Chriftina".
S. 128. _ I, Notiz 40, 2. Zeile einzufchieben vor „zwei" „zu
Ragufa".
S. 142. „ 2, „ 74, Zeile 10 foll es heißen: „Cuftos" ftatt
Cuftor.
2, Zeile 18 von oben für „Källner" lies .Kellner".
2, „ 6 . unten für _Folen" lies .Edlen".
Anm. 179, Zeile 6 für „Brandefter" lies „Brand-
elfer".
Anm. 181, „ 3für „Prandhos"lies „Prandhoch."
2, Zeile 20 von unten für „Folen" lies „Edlen".
2, „ I „ oben für „1568" lies „1508".
1, . 2 „ unten für „35" lies „33".
2, s 5 „ „für „ließ" lies „läßt".
Auf Tafel II find die Abbildungen der Steine 14, 16 und 19 unter-
einander verwechfelt worden und es hätte „Fig. 16. Bei Aufter-
litz" ftatt „Fig. 14. Bei Regens", „Fig. 19. Herotitz" ftatt
„Fig. 16. Bei Aufterlitz" und „Fig. 14. Bei Regens" ftatt
„Fig. 19. Herotitz" zu lauten.
142.
178.
179
S.
180
s.
184
s.
IS5
s.
185.
REGISTER
IN DIESEM (XIX.) BANDE ANGEFÜHRTEN PERSONEN-, ORTE- UND SACHEN-NAMEN.
Aachin, Hans von, Maler, 158.
Abel, Jac, Maler, 96, 97.
Abendmahl (heil.), Bild in Gurk, 94.
Adam''! Erfchaffung, Bild am Faftentuche in
Gurk, 211.
AlUrsdorf, Funde, 27.
Altenmarkt Funde, 234.
Altßadt, Capelle, 134.
Alt- Steindorf, altes Steinkreuz, 7g.
Amras, Burg, 121.
Angelt, Heinrich, Maler, 96.
Appianum, 25.
Aquileja, Sfaatsmufeum, Grabungen, 57, 113,
151, 241,255.
— antiker Brunnen, 153.
Archiv zu Stejr, 129.
— zu Innsbruck, 242.
Arriach, alter Getreidefchüttkaften, 140.
Au/erßehung Chrifli, Bild in Gurk, 146.
Außerlitz, Steinkreuz, 109.
Ausßellung, Tyioler Landes-, 249.
B.
Barau, Kirche, 243.
Barcola, römifches Mauerwerk, 105.
Baumeißer, Carlone, 176.
— Günther Hans, 195.
— Laun, Ben. von, 136.
— Heuberger in Steyr, 129.
— Schweinfurt, Jacob von, 195.
— Spinet, Peter, 243.
— Tadei, 174.
— Verda, de, 174.
— Vintana, Joh. und Georg, 174.
— Walter, Hans, 174.
— Ziegler, Magnus, 12g.
Bechin, prähiflorifche Funde, 141.
Ben/en, Schlorj, 254.
Betßühle zu Biecz, 226, 227.
— zu Olkucz, 227.
— zu Pens, 195.
— zu Skrzyszow, 229.
— im Dome zu Tarnüw, 226.
— zu Zbyszycc, 230.
Biecz, wichtige gothifche Holzgegenftände
in der Kirche zu — , 226.
Bilderrahmen in derKirchezu Neuberg, 209.
— im Stifte Gleink, 190.
Bileam, Bild in Gurk, 43.
Birglßein, römifche Funde, 170.
Böhm.-Leipa, heil. Kreuz-Kirche, 130,
Boskovic, Ruine, 79, 223.
— Czernahorska, von, Anna, 32.
Boymont, Ruine, 122.
Bozen, der Thurra an der Frauenkirche, 239.
— Calvarienbergcapelle, 128.
— der gefcheibte Thurm, 22.
— Malereien, 255,
Brake, Tycho de — , 71.
Brandis, Ruine, 17g.
Branzoll, Burg, 25.
Braunau, Böhmen, Zinngefäße, 251.
Br'eei, Depotfund, 18Ö.
Brigantium, bauliche Ueberrefte, 44.
Briftov, Kirche, 141.
Brixen, GemäUlefund, 1S9, 255.
— Domfehatz, 249.
Brück a. d. M., Marterkreuz, 135.
Briinn, Steinkreuze, in, 112.
— Dom, Grabfteine, 133.
Br'unnlflein bei Zuggers, 192.
Brüx, Decanatskirche, 195.
Brunnenburg, Ruine, 22, 124.
Budweis, Klofterkirche, 240.
Buckelqtiaderbauten, 21.
c.
Calccranica, Romerftuin, 133.
— Kirchlein, 131.
Caldonazzo, Kirchlein, 131.
Carlone, BaumeiHer, 176.
Cäslau, Funde bei — , 60.
Caflell Barco, Ruine, 188.
— Latfch, Burg, 24.
Caßrum Majenfe, 22, 23.
Caz/a/^ir, Palazzo, 252.
Ceukovic, Glocken, 236.
Central- Comi/ii/ßoii für kunflhiflor. Denkmale,
Budget, 254.
— Ehrenmitglieder, 142,
Central-ComniiJI/ionim kunfthiftor. Denkmale,
Perfonal-Nachrichten, 142.
Ceßabreg, Münzfund, 234.
Charfrfit, Funde, 74.
Chotoun, Kirche, 6g.
C4ri/?j' Geburt, Bild in Gurk, 91.
C/ir5/?ai heilet den Lahmen, Bild in Gurk, 93.
Churburg, die, 177, 249.
Cles, das Schloß, 140, 253.
Cortina, Wandmalereien, 253.
Cyrill \m.& Methud-Steine, 107.
Czernahorska von Boskovic, Anna, 32.
D.
Dachberg, Infcliriftftein, 28.
Danfe, Kirche, 186.
Daniel, Bild am Gurker Faftentuche, 216.
David erfchlägt den Goliath, Bild am Gurker
Faftentuche, 215.
Deut/chsn-Ofen, St. Helena-Kirche, 141.
Deblin, Franz Max, von, 80.
Dolina, Funde, 233.
Dornbufch, brennender, Bild am Gurker
Faftentuche, 213.
Donner, Raphael, 246.
Dov, Gerrit, Maler, g7.
Drcihofen, Steinkreuz, 108.
Drei Könige, Bild in Gurk, 91.
Eger, Nikolaus Kirche, 69, 255,
Eggenburgcr, Hanns, 196.
Efferding, Grabungen, 78.
Eherne Schlange, Bild in Gurk, 43.
Ehrenburg, Burg, 120.
ÄA/wz-Mitglieder der Centr. Comni., 142.
Eibcnßock, Hanns, 131.
Eifenberg, Steinkreuz, 109.
Eifenerz, Kirche, 187.
Elias, Faftentuchbild in Gurk, 216.
Elifaeus, Bild in Gurk, go.
Ender, Thomas, Maler, 95.
F.ndi-rliin, Cafpar, 238.
Ennoch, Faftentuchbilil in (Jurk, 212.
— 259 —
Efpan, Burg, 19.
Erfchaffung der Welt, Bild in Gurk, 39.
Eßher, Bild am Giirker Faflentuche, 217.
Eva's Erfchaffung, Bild in Gurk, 3g.
Evanovic, Funde, 253.
Ezechiel, Fartentuchbild in Gurk, 216.
Fackelflein in der Kirclie zu liöllein, 80.
— in Salzburg, 231.
Faflentiich in Gurk, 211.
Feuchtinay>\ Franz, X. und Michael, igo.
Fifchcr, Joh. Bernh., 159.
Formigar, Burg, 1 1 9.
Forß, Schloß, 179.
Fragburg, Schloß, 1S3.
Fragenflein, Burg, 125, 126.
Freunsberg, Burg, 24.
Friedländer, Friedrich, Maler, g6.
Friefach, Bartholomäus-Kirche, 14.
— heil. Blut-Kirche, 12.
— Dominicaner-Klofter lammt Kirche, 15
— Donjon, 188, 250.
— Friedhof-Capelle. 15.
— der Fürftenhof, 13.
— Johannes-Capelle, 14.
— der Renaiffance-Brunnen, 9.
— Schloß Lavant, 15, 16.
— Vigilienberg, 16.
— Schwarzhafnerhaus, 12.
— Schießftätte, Ib.
Frögg, Funde, 84.
Fröhlichsburg, 22.
Flirflenburg, Burg, 127.
Fiißauafchimg Chrifti, Bild, in Gurk, 94.
Gais, Kirche, 87.
Gaisberg, Kirche, loi.
Gajen, Thurm, 22.
Gedeon, fiehe Gideon.
Gefangennahme Chr\f\.\, Bild in Gurk, 144,
Geiger, P. J , Maler, 96.
C«J/?^j-Ausgießung (heil.), Bild in Gurk, 147
Geißelung Chrifti, Bild in Gurk, 145.
Gideon, Bild in Gurk und am Faflentuche,
43. 215.
Glasmalerei aus Neuberg im Hofmuleum, 210.
— in Gaisberg, loi.
Gleink, Stiftsgebäude, 190.
Glocken zu Cenkovic, 236.
— zu Chotoun, 69.
— zu Höflitz, 2ig.
— zu Lang-Aujeft, 216, 236.
— zu Lautfeh, 23Ü.
— zu Liebau, 23g.
— zu Losan, 188.
— zu Sznako, 237.
— zu Tepl, 237.
— zu Veletov, 249.
— zu Vidic, 70.
Glockengießer^ N. I,üw, 69.
— Klabel, 70.
Glockengießer, N. Mölfer, 239.
— Planck, Andr., 70.
— Stanke, Fr. 219, 239.
Glockenßänder zu Biecz, 228.
Goldenkron, Capitelfaal und Grabmale, 76.
Goliath am Gurker Faftentuche, 215.
Görnes, Jofef von, 180.
Grablegung Chrifti, Bild in Gurk, 146.
Grabmale, alte, im Dome zu Brunn, 133.
— in Goldenkron, 76.
— in Hörfching, 192.
— in Nächod, 104.
— in Neuberg, 209.
— in der Michaels-Kirche zu Olmütz, 131
— in Prezinovec, 32.
— in Radkersburg, 195.
— in Prag, Teyn-Kirche. 71.
— in Tarnüw, 72.
— in Wien, St. Stephans-Kirche, 247, 252.
Grabßein für Anna Cernohorska von Bos-
kovic, 32.
— für Hanns Eibenflock. 131.
— für Abt Gregor in Neuberg, 209.
— für Hanns Kunigsfelder, gü, igö.
— für Joachim Megerl, 243.
— des Hanns Pennefchko, 133
— für Georg Renner, Abt, 207.
— für Barbara Stanglyn, 133.
— für die Gräfin B. Tarnowska, 72.
— für Hanns von Traun, 192.
— für Tycho de Brahe, 71.
— für J. PrSmek von Vickov, 33.
— für Arkleb von Vickov und feine beiden
Frauen, j3-
— für Dorothea von Vickov, 34.
— für Zavice von Vickov, 33.
— für Heinrich von Welecin, 76.
— für Jacob von Windifch-Grätz, 195.
— für W. Wunfeh in Neuberg, 20g.
Gl afenßein, alte Wandmalereien, 135.
Gravetfch, Schloß, iSo.
Graz, gothifche Profan-Architektur, 215.
— wälfche Baumeifter in — 173.
Gregorutti, Sammlung, 255.
Greif enßein, Burg, 121.
Crci/ifH-Planta, 17g.
Grießer, Jacob und Clara, 196.
Grins, bemaltes Haus, 155.
— Glockenthurm, 23.
Groß-'L2M, Münzfund, 234.
— Lupp, Funde, 139. 234.
— Reinprechts, Kirche, 1S7.
Günther, Hanns, Baumeifter, 195.
Gurk, Gefchichte des Kirchenbaues, 36.
— Gemälde in der Vorhalle, 35, 8g.
— Mutter-Gottes-Statue in der Krypta, 75,
14Ö, 247.
— Faflentuch, 35, 211.
— Relief an der Kanzel, 247.
H.
Halicz, Grabungen, igo-
Hallßatt, Capelle am Salzberge, 187.
Hallßatt. der alte Flügelaltar, 254.
— ein Orgelkaften, 254.
Hartmannsdorf, Kirche, loi.
Hauck, J. Veit, Maler, 209.
Heermskerk, Eybeck von, Maler, 96.
Helfmirgott, befeftigter Thurm, 125.
Heipfau, Refte einer römifchen Töpferei, gg.
Hellten, Funde, 77.
Herotice, Steinkreuz, 109.
Heuberger, Baumeifter, 12g.
Himmelfahrt Chrifti, Bild in Gurk, 147.
Himmiisleiter, Faftentuchbild in Gurk, 213.
Hoch-'üa.turns, Burg, 120.
Hfffel, Blafius, Radirer, g6, g7.
Hößitz, Kirche, 218.
Hoheneppan, 25.
ÄöjifK-Rhätien. 24.
Höllein, Kirche, 7g, 80.
— Fackelftein, 231.
Höllenfahrt Chrifti, Bild in Gurk, 147.
Holzarbeiten, wichtige, im Dome zu Tarnow,
225.
Hörfching, Grabftein, ig2.
Hradek bei Caslau, Funde, 6g.
Hradüte, Funde, 106.
Hühnersdorf, Funde, 139.
Hypokaußuin in Brigantium, 45.
I.
Iglau, Steinkreuz, log.
Innsbruck, Monumentalbrunnen, igo.
Isaak, deffen Opfer und Segen, Bilder am
Faftentuche in Gurk, 212, und Bild in
der Vorhalle dortfelbft, 41.
Jacob in Aegypten, Faftentuchbild in Gurk,
216.
Jac kling, 28.
yeremias, Faftentuch in Gurk, 216.
Jefaias, Faftentuch in Gurk, 216.
feffe, Faftentuchbild in Gurk, 214.
Job, Bild in Gurk, Sg, am Faftentuche, 214.
Jofeph als Traumdeuter, Bild in Gurk, 42.
— wird verkauft, Faftentuchbild, 213.
'Jofua, Bild am Faftentuche in Gurk, 214.
Josyas, König, Bild in Gurk, 44.
Judith, Bild in Gurk, go, Faftentuch, 217.
fulienfeld, Steinkreuz, iii.
Julius Cäfar, Faftentuchbild in Gurk, 207,
Juval, Ruine, 71, 178.
K.
Kain und Abel, Bild am Faftentuche in Gurk,
211, Bild in der Vorhalle zu Gurk, 40.
Kanitz, Rofa coeli, Klofter, 79, 221.
Kapfenberg, Marterkreuz, 135.
Karneid, Schloß, 183.
Katzenflein, Schloß, 183.
Kelch in der Kirche zu Nachod, 105.
Kette um die Kirche zu Hollein, 79.
Kiens, Burg, 24.
Kinigadner, Peter, 1S9.
Klabel, Glockengießer-Familie, 70.
— 26o
AVt'jÄ-Kienitz, Steinkreuz, iii.
KöUein, Steinkreuz, loS.
Königsfelder ^ Hanns und Erasmus, 96, 196.
Königslofen, Steinkreuz, 108.
Koriner, Math., 17g.
Kozarskc, römifche Gräber, 23.
Krakati, Gruft am Wawel, 224.
Kralovic, Funde, 74.
Krenovic, Steinkreuz, 108.
Krepitz, Funde, 198.
Kreuze, alte, in Mähren, 79.
Kreuzigung Chrifti, Bild in Gurk, 145.
Krcuzßeine in Mähren, 106.
Kreuztragung Chrifti, Bild in Gurk, 145.
Kritfchen, Steinkreuz, 109.
Krumau, Madonnenbild, böhm. Schule, 68,
«38.
— Epitaphfragment im Schloße, 195.
Küchelberg, der Pulverthurm, 22.
— präh. Anfiedlung, 20.
Kufflein, A<flenScartirung zu — 242.
Kunigsfelder fiehe Königsfelder.
Kuttenberg, St. Barbara Kirche, 255.
L.
Laak, röm. Grabkammer, 247.
Laibach, röm. Steine am Gymnafial Gebäude,
188.
— Mufeum, Rudolph., 1S8.
Lainz, römifche F'unde, 137, 239.
Lalio, Domenico de, 174.
— Gianmarla de, 174.
— Andrea de, 174.
Lanabtirg, Schloß, 180.
Lang, Mathias, 174.
— Aujeft, Glocken, 236.
Laun, Meifter, Benes von — 13O.
Lautfeh, Glocken, 236.
Lavantthal, das, 26.
Lavarigo, Münzfund, 233.
ZazariM-Auferweckung, Bild in Gurk, 93.
Leonhard [Si.), Funde, 67, 232.
Lefepult in der Kirche zn Biecz, 229.
Lefina, Thüren der St. Marco-Kirche, 255.
Leuchter aus Holz in der Kirche zu Biecz,
227.
Levin, Relief, 129.
Libic, Funde, 79.
Lichtenberg, Burg, 126.
Liebau, Stadtthurm, 239.
Linz, die oberöfterr. Landesgalcrie, 94.
— Steinhammer Fund, 74.
Lifsa, Grabungen, 74.
Littai, Pfarrkirche zu St. Marlin bei, 29.
Löfck, Steinkreuz, ill.
Low, Nicol., Glockengießer, 69.
Lorch, Kirchcnrcftaurirung, . .
Lofan, Glocken, i88.
Lutherifche Kirche, 192.
M.
Magdalenenberg, Funde, 198.
AAvAr. Auffee, Steinkreuz, 108.
yI/ä.4r.-Xeuftadt, Steinkreuz, 108.
Makart, Hanns, Maler, 96.
Makkabaeer, Faftentuchbild in Gurk, 217.
Maler, Aachen, Hans von . 158.
— Abel, Jac . 96, 97.
— Angeli, Heinrich, 96.
— Dov, Gerrit — 97.
— Ender, Thomas, 95.
— Friedländer, Fr., 96.
— Geiger, P. J. H., 96.
— Harmskerk, Eybert von, q6.
— Hauck, Joh. Veit, 20g.
— Makart, Hans, 96.
— Mevius, H., 97.
— Munfch, Jof., 95.
— Paufinger, Franz, 76, g6.
— Pollinger, Felix, 92, g8.
— Rafalt, Ignaz, 7Ö.
— Ragusamus, N., 186.
— Rottmayer, M., 15g.
— Schwind, Mor. von, 96.
Malereien (alte), in Brixen, 189, 255.
— in Bozen, 255
— in Cortina, 253.
— in der Nicolaus-Kirche zu Eger, Ö3, 255.
— in der Ruine Juval, 71.
— in Millflatt, 254.
— in der Schloß-Ruine zu Strafsburg, 77.
— in Untermais, 142, 192.
— in Wr. Neuftadt, 242.
— in der Burg zu Znaim, 80, 186.
— flehe Wandmalereien.
Mannaregen, Bild am Faflentuche in Gurk,
214.
Marein (St.), Funde, 139.
— Kirche, i6o
Maria Geburt und Opferung, Bilder am
Faflentuche in Gurk, 218.
— Reinigung, Bild in Gurk, 92.
— Saal, Muttergottes-Statue, 76.
— Verkündigung, Hild in Gurk, 91.
— Zell, Muttergottes-Statue, 75.
Marienkeufche, römifcher Stein, 67.
Marterkretiz zwifchen Brück und Kapfen-
berg, 135.
Martin (St ) bei Littai, Kirche, 29.
Musculus, Cafpar, Abt von Neuberg, 210.
Matfch, Burg, 122.
Maultafch, Burg, 121.
M'cdl, Steinkreuz, 108, 109.
Megerl, Joachim, 243.
Merezei, Fund eines Goldfchmuckes, 65.
Mettnitz, Achaz, 196.
Mevius, H., Maler, 97.
Alichcldorf Kirche, Relief, 100.
Michle, Funde, 74.
Millßatt, Wandmalereien, 254.
Mithras-^\.i:'in, I 14.
Mölfer, Hanns, Glockengießer, 239.
Mondfchciben (bewegliche) auf Kirchthürmcn,
239-
Montani, Burg, 125.
Morbes, Stcinkrcu/, iii.
Mofaiken zu Parenzo, 255.
Mühlbachgraben bei Steyr, Funde, 234.
Mühlfraun, Funde, 198.
Munfch, Jofef, Maler, 95.
J/««:^«Hf/ bei Ceftabreg, 246.
- — bei Czernowitz, 67, 138.
— in Großlau, 234.
— in Lavarigo, 233
— in Monfalcone, 198.
— in Oujezd, 74.
— in Reifpicz, 19S.
— in Resize, 68.
— in Serovitz, 198
— in Strzemilcze, 198.
Mufeum in Aquileja, 255.
— in Czernowitz, 67, 138.
— in Laibach, 18S.
— in Pilfen, 74.
— in Spalato, 164, 255.
— in Tele, 233.
— in Zara (S. Donato), 255.
N.
Nabuchodonofar ,¥ aheniwchhiM zu Gurk, 216.
Nachod, die Laurentius-Kirche, 103.
— Grabmale, 104.
Neuberg, Kirche und Klofter, 205, 207.
— Merkwürdigkeiten im Orte, 210.
— Kreuzgang, 207.
— Grabmale, 209.
— Brunnen-Capelle, 207.
Neumarkt, Urtlkreuz, gg.
Noah, Bild in Gurk und am Faftentuche,
41, 212.
Novefigne, Franciscaner-Kirche, 256.
0.
Oberalui, Schrannentifch, 77.
Oberndorf Kirche, 195.
Ohrad, La-Tene Fund, 74.
Olkucz, Betftühle in der Kirche zu, 227.
Olmüz, Dominicaner-Kirche, 131.
— Michaels-Kirche, 130.
— vom alten Dome, 55.
— alte Uhr im Rathhaufe, 253.
Opo^no, Schloß und Kirche, 220.
Opus pfeudisodemum, 21.
— rufticum, 21.
— fpicatum, 22.
Orgel in St. Wolfgang, 254. 256.
— in Hallftatt, 254.
Orgelgefchrei in Salzburg, 78, 128.
0//erl,i mm, Bild am Gurker Fallentuche, 214.
Oßerinayer Marie, Malerin, 97.
Oujezd, Münzfund, 74.
P.
J'almciitzug Clirifti, Bild in Gurk, 94.
Paradies, Bild am Gurker Faftentuche, 2ii.
— Vertreibung daraus, Bild in Gurk, 40.
— gcfchloffcn, Bild in Gurk, 40.
Parenzo, Mofaikcnrcftaurirung, 255.
26 I
Parenzo, Mofaikfußböden, 255.
Paiijlnger, Frz. von, Maler, 76, 96.
Pecnik, Barth., 198.
Pens, Kirchenftühle, 195.
Pennefchko, Jörg, Grabftein, 133.
Pcttaii, Grabungen, 185.
Pharao, Bild am Faftentucbe in Gurk, 214.
Pieta, Bild in Gurk, 75, 146, 247.
Pilfen, Mufeum, 74.
Pirniti, Siegel, 237, 238.
Pläkeii, St. Ulrich am, 135.
— St Elifabeth am, 135.
Planck, Andr., Glockengießer, 210
Planckh, Gregor, Abt in Neuberg, 20g.
Platz, Funde zu — 18Ö.
Pöchlarn (Klein-), Kiiche, 191.
Podbaba, Funde, 74.
Podlany, Kirche, 135.
Pohonitz, Steinkreuz, iii.
Pola, porta aurea, 129.
— Funde, 133, 233.
Pollingt-r, Felix, Maler, 92.
Polten (St.), Funde, 66, 232.
— Schwertfund, 79.
Pontes, F. d., 174.
Pons drusi, 23.
Pofjitz, präh. Funde, 198.
P^ag, alte Stadtpläne und Anflehten, I.
— Gründung der Anfiedlung, 2.
— Judithbrücke, 4.
— Vylehrad, 4.
— — alte Malereien, 135.
— — Peter-Pauls-Kirche, 236.
— alte Stadtthürme, 150.
— Ausbau des Domes, 255.
— Melantrich'fches Haus, 256.
— Teyn-Kirche, Grabmale, 71.
— Ludmilla-Capelle am Teyn, 254.
— im Jahre 134S, 3.
— im Jahre 1419, 4.
— im Jahre 1616, 8.
Premeek, Job. von Vickov, -^t^.
Prefsburg, Bild von Rottmeyr, 159.
— Donner'fche Figur, 247.
Profek, WenzelsKirche, 235.
Priißnovec, Grabdenkmale, 32.
R.
j^anV^«?!«" (St.), Kirche, 135.
Radierer, Blafius, Höfel, 96, 97.
Radkersburg, Grabmale, 195.
Rafalt, Ign., Maler, 96.
Ragn/aniis, Nie, Maler, 186.
Rankweil, Zinnfchtiffel, 238.
Razdeflo, Funde, 233.
Regens, Steinkreuz, log.
Reichenberg, Burg, 125.
Reiterßatue Y.rzh. Leopold V., 190.
Renner, Georg, Abt zu Neuberg, 209.
Refize, Miinzfund, 68.
Ried, Schloß, 182.
Riettenburger, Barbara und Georg, 196.
Ring- (Gold-) Fund in Charfrait, 74.
Rofa coeli, Klofter, 29, 221.
Roltmayr, M., Maler, 75, 159.
Rotund, Burg, 125.
Rozice, römifche Funde, 67.
Roinanek, Funde, 70.
Ruina, Münzenfund, 67.
Runkelßein. 181.
s.
Säben, Klofter, 25.
Sabione, 25.
Sachfenburg, Palflabfund, 187.
Sacramentshäusehen zu Nachod, 103
Salomon, Bild am Faftentuche zu Gurk, 216,
Bild in der Vorhalle, 44.
Salona, Grabungen, 79.
Salvator (St.) bei Friefach, Kirche, 102.
Salzburg, Reftaurirung des Domes, 135.
— Domfacade, 192.
— Linzerthor, 187.
— Nonnberg-Kirche, 135.
— Hornwerk (Orgelgefchrei, Stierj. 78,
128.
— Winterreitfchule, 75.
— Spitalpfarrkirche, 139.
Sammlung Gregorutti, 255.
— Vintler, 138.
— Widter, 251.
Samuel, Faftentuchbild in Gurk, 215.
Samfon. Bild in Gurk, 43, am Faftentuche,
215.
Särge zweier poln. Königinnen, 224.
Sarnteiner, Cyprian. der, 181.
Satil und David, Bild in Gurk, 44.
Scartirung von Aiflen in Kufftein, 242.
Scheffau, St. Ulrichs-Statue, 75.
Siheitt, Georg und Efter, 196.
Sehipetiitz, Funde, 243.
Schlange, eherne, Bild am Faftentuche in
Gurk, 214.
Schiandersberg, 179.
Schlanitzen Kette um die Kirche, 135.
Schlapanitz, Steinkreuz, 109.
Schmelzofeti für Bronze, alte, bei Prag, 201.
Schönna, 184.
Schöpfung, Bild am Faftentuche in Gurk 211.
Schwarzbach, Steinkreuz, 108.
Schweinfurt, Jacob von, Baumeifter, 195
Sehwind, Moriz von, 96.
Seemüller, Cafpar, Abt, 207.
Sekkau, Reftaurirung des Domes, 255.
Sgraffittos im Urtl, 135.
Sibille\on Tibur, Faftentuchbild in Gurk, 218.
Siegel der Gemeinde Pirnitz, 237.
Sigmundskron, Burg, 11 g.
Sinichkopf, 20.
Sittich, ehemaliges Abteigebäude. 82.
Sivic'e, Steinkreuz, 109.
Skrzyszöw, Betftuhl, 229.
Smiric, Grabmale der Familie, 104.
Smolnic, alte Grabftättten, 54.
Sodoma's Ende, Bild des Faftentuches in
Gurk, 21 2.
Sokolnic, Steinkreuz, 108.
Spalato, Domthurm und Reftaurirung, 255.
— Mufeum, 164.
Spinet, Peter, Baumeifter, 243.
Stangljn, Barbara, Grabftein, 133.
Stanke, Franz, Glockengießer, 239, 249.
Steinaeh, Brückenkopf, 22.
Steinbeil, gefunden zu l'latz, 18Ö.
Steinkreuze in Mähren, 106.
Stephanovice, Steinkreuz, 109.
Stephan (St.) bei Friefach, Kirche, 100.
Steyr, Archiv, 129.
— Baumeifter Magnus Ziegler, 129.
Strafsburg, Schloßruine und Malereien, 76.
Strzelitz, Steinkreuz, 108.
Sihidenfall, Bild in Gurk, 3g.
Sündfluth, Faftentuchbild in Gurk, 212.
Suczawa, Funde, 242.
Sznako, Glocke, 237.
Tadel, Baumeifter, 174.
Tamsweg, Grundftein des ehemaligen Capu-
ciner-Klofters, 23S.
Tanzenberg, Burg, 10.
Tarantsberg , 77.
Tarnöw, wichtige Holzarbeiten im Dome,
225.
— wichtige Grabdenkmale im Dome, 72.
Tarnowska, Gräfin Barbara, 72.
7ar/a;-i'« -Denkmal bei Warna, 117.
Taufbecken in der Kirche zu Nachod, 105.
— in der Kirche zu Rankweil, 238.
Taufe Chrifti, Bild in Gurk, gg.
Taufers bei Brunnecken, Verfall der Burg, 78.
Tele, Mufeum, 233
Tempelreinigung, Bild in Gurk, g3.
Tenfelsaustreibung durch Chriftus, Bild in
Gurk, 93.
Tepl, Glocken, 217.
Teutendorf, Georg von, Propft in Gurk, 14g.
7'/4<j«-Zeichen, Bild in Gurk, 42.
Thurm Babel, Bild in Gurk, 41.
Thurnßein, 179.
Tintenfäß'er , altrömifche, im Mufeum zu Spa-
lato, 165.
Tifchno-ivitz, Steinkreuz, log.
Tobias, Bild in Gurk, Sg.
Todesangfl Chrifti, Bild in Gurk, 143.
Töpferei, römifche, in Heipfau, gg.
Traismauer, Funde, 232.
Tratzberg, Burg, 121.
Traun, Hans von, Grabmal, 192.
Trautmannsdorf, Schloß, 183.
Treffen, Kirche, Sl.
— Funde, 234.
Trieß, Fresken im Dome, 130.
Tfchungels, Ruine, 122.
Tfchungelsburg, Thurm, 22.
Tycho de Brahe, 71.
T^''"'"''"'' Burgen, 17.
Tyrol, Schloß, 2 1, 123.
— 202
U.
Uhr, alte, in Olmüz, 253.
f/Z/'/V^VStatue zu Scheffau, 250.
UtJg.-Hradifch, Marienfäule, 12S.
Unter- Alois, Kirche, Malerei, 142, 192.
Urhans, Mich., 174, 176.
Urtl, das Verweferhaus, 135.
V.
Veit (St.), Kärnten, Kirche, 242.
Veletov, Filial-Kirche, Glocken, 249.
Verklärung Chrifli, Bild in Gurk, 140.
Verda, de, Bauleute, 174.
Ver/pottung Chrifti, Bild in Gurk, 144.
Verfuchung Chrifti, Bild in Gurk, 92
Via Claudia Aug., 22.
Vickov, Zavise von, 34.
— Wilhelm von, 34.
Vickov, Hartlieb von, 33.
— Dorothea von, 34.
Vidic, Glocken, 70.
Villach, Grabftein, 243.
Villanders, Cyprian von, iSi.
Vintana, Jof. und Georg, Baumeifter, 174.
Vintler, Franz und Niclas, 181.
VintUr'fche Kunftfammlung, 138.
Völs, Kirche, 195.
w.
Walter, Hanns, Baumeifter, 74.
Warna, TartarenDeiikmal, 117.
Wandmalereien im Franciscaner-Klofter zu
Bozen, 255.
— in der Kirche zu Briftov, 141.
— in Brixen, 189.
— in der Klofter-Kirche zu Budweis, 240.
— alte, in Calceranica, 132.
— in Cavalese, 253.
— alte, im Schloß Cles, 141, 253.
— in Grins, 157.
— zu St. Elifabeth am Pläken. 135.
— zu Prag, Vysehrad, 135, 23Ö.
— alte, im Dome zu Trieft, 130.
— — zu Untermais, 149.
— — am Dome zu Wr. Neuftadt, 242.
— — im Heidentempel zu Znaim, 1S6.
Wandfchrank zu Biecz, 229.
Wangen, Burg, 124.
Wechsler, Mich. Franz, 196.
Weleein, Heinrich von, 76.
Welehrad, Ciftercienfer-Stift, 62, 166.
Welczer von Frauenftein, 196.
Weh, Funde, 189, 199
Welfche Baumeifter in Graz, 173.
Werburg, Schloß, 182.
Wien, Fund eines Römerfteines, 107.
— St. Stephans-Kirche, Staatsfubvention,
255-
— Grabmale, 247, 252.
— — Todtenleuchte, 252.
— Fund romanifcher Refte an der Schot-
ten-Kirche, 197.
— ehem. Minoriten-Kirche, 191, 256.
— Maria-Stiegenkirche, 255.
Wien, Gebäude der k. Akademie der Wiffen-
fchaften, 255.
— Jofephs-Brunnen, Reftaurirung, 255.
— Marien-Säule am Hof, 255
Wien, Kunfthiftor. Hofmufeum Mithrasfteiii,
114-
— Sammlung Widter, 251.
Wr.-Neußadt, alte Malereien am Dome, 242.
— Thurmbau dafelbft, 255.
Widler, Sammlung, 251.
Windifchgrätz, Jacob von, 195.
Wolfg anglet..), Kirche und Orgelkaften. 254,
256.
Wolfsthal, prähiftor. Gräber, 74.
Zbyszyce, Betftuhl, 230.
Zeltfchach, Pfarrkirche, 102.
Zenoburg, Burg, 124.
Ziegler, Magnus, Baumeifter in Steyr, 129.
Zimmerlehen Anfitz, 19.
— Altar, 249.
Zinngefäße zu Braunau in Böhmen, 251.
Zinnfchüffel in Rankweil, 238.
Zinnkrug in der Sammlung Widter, 250.
Zinntaufbecken in Nachöd, 238.
Znaym, Burg und Heidentempel, 80, 186.
Zölkicw, Stadtthore, 7Ö.
Zuggers, Funde, 192.
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