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Full text of "Mi Unkel : Milhüser Revue in finf Bilder"

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Connecticut 

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Mi  Unkel  : 


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Charles  Bahy         5^ 

MÜLHAUSEN    l.  E. 


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UNKEÜ 


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MÜLHAUSER  REVUE 
::  in  fünf  Bildern  von  :: 
A.  BRAUNSCHWEIG 
::  &  W.  PAPRZYCKI  :: 


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„Mi  Unkel" 

Milhüser    Revue    in    finf    Bilder 

von 

A.  Braunschweig  und  W.  Paprzycki 


Prolog  der  Milhusina 

1.  Bild:  An  dr  Gare 

2.  Bild:  's  Nachtlawe  uff'm   Neuquartierplatz 

3.  Bild:  E  Zwischenakt  im  Theatr 

4.  Bild:  E  Wahlerversammlung 

5.  Bild:  's  Wahlresultat 


Erschtuffiehrung  dur's  Elsasser  Theater  Milhüse 
am   30.  Oktober  1908 


1908 

DRUCK  «ON  CH.BAHY,  MÜLHAUSEN  I.E. 


Prolog 


Bevor  zum  luschtge  Spiel  dr  Vorhang  sich  wird  hevve 

Mecht  alle  n'eich  rächt  herzlig  ich  willkumme   heisse 

Ihr  kenne  mich,  mr  nennt  mich  d'Stadt  Milhüse 

Verkerper  unsre  liewe  Vaterstadt. 

Doch  will  mt    arnschte  Botschaft  ich  eich  jetzt  verkinde 

Nei,  hitte  bin  i  guet  uffglegt  hit  isch's  mr  nur  um's  Lache 

Un  wer  vu  unsrer  heimatlige  Kunscht  erwartet 

E  fine,  künschtlerische  Kost  serviert  z'bekumme 

Wird  hinnecht  schwarlig  sine  Rachnung  finde. 

Mr'  siehts  jo  gli,  do  bschäue  nur  mi  Kappe 

S'isch  d'Narrekappe  wu  n'i  ufgstilpt  ha 

Un  do  da  Spiegel,  dr  Narrespiegel  isch's 

E  koschtbar  Ding,  verschafft  eim  viele  luschtige  Stunde 

Ein  gschliffe  isch'r  doch  gar  schlimm  isch  oft  si  Wase 

Un  was  er  uffangt  thuet  er  schonungslos   verzerre 

Bringt  d'tollschte  Bilder  wu  ma  sich  ka  danke 

Da  wu  do  dri  luegt,  isch  er  schlank  o  wie  ne  Tanne 

Wird  umgformt  drinn,   wird  schief  un  pucklig 

Un  wer  so  dinn  isch  wie  ne  Kritzerhölzle 

Erschient  ganz  breitdruckt,  dick  ,  uffblose  wie  ne  Frosch 

Dr  Gegenstand  wu  me  [do  drinn  losst  spiegle 

Bliebt  zwar  dr  namlig,  nur  thuet  d'Form  changiere 

Jed'  Ordnung  wird  zersteert  un  alles  muesst  verzerrt  sich  presentiere. 

So  folge  denne  hitte  minre  guete  Luene 

Mr  wann  da  Spiegel  jetzt  vor  ganz  Milhüse  halte 

Sieht  ein  si  Bild  drinn,  danke   sisch  e  Narrespiegel 

S'liegt  in  sim  Wase  Fratze  z'reflektiere 

Un  wenn  o  s'scheenschste  Gsichtle  ineluegt 

Die  wu  n'eich  jetzt  da  Spiegel  anehalte 

Hann  nur  dr  Zwack  verfolgt  eich  harzlig  z'amüsiere. 

Ihr  kenne  vu  dr  Mass  har  alle  gwiss  die  Buede 

Lachcabinett  thuet  mr  se  nenne,  gehn'r  dert  ine 

Un  thien  in  dane  Spiegel  eich  erblicke 

In  eim  ganz  zammedatscht,  im  andre  ferchterlig  in  d'Länge  zöge 

So  miehn'r  salver  lache,  d'Häuptsach  isch  jo 

Ass  wenn'r  üsekumme,  d'alte  Form  sich   wieder  istellt.  — 

Grad  so  sells  hinnecht  si,  mr  wann  nur  heizlich  lache 

Glingt  das  mim  Spiegel,  isch  si  Zwack  ertillt 

So  hoff  i  denn  nur  luschtge  Gsichter  z'sa  do  inne 

Un  in  dam  Sinn  kas  Spiel  beginne 


3   - 


I.  AKT 

Personen -Verzeichnis 

Herr  Pickel,  Bauunternehmer 

Frau  Pickel,  seine  Frau 

Germaine,  beider  Tochter 

Borax,  ein  Chemieschüler    (im   chambre   garnie   bei 

Pickel;  heimlicher  Liebhaber  von  Oermaine) 
Friedrich,  ein  sächsischer  Maurerpolier 
Herr  Friedrich  Maurer,  aus  Sachsen,  ein  Verwandter 

von  Pickel 
I.  Streikposten 
H.  Streikposten 

Delegierter  der  Ligue  des  Employes 
Delegierter  des  Reisebureaus 

I.  Italiener 

II.  Italiener 

Ein  Bahnhofsportier 

Eine  Bauersfrau 

I.  Regierungsbeamter 

IL  Regierungsbeamter 

Tissi    ;  zwei  arbeitsscheue,  zu  allerlei  Streiche  bereite 

Peter  >         Personen 

L  Jäger 

IL  Jäger 

Stadtrat  Negre 

Direktor  Henri 

Eine  Dame 

Ein  Schutzmann 

Ein  Oktroibeamter 

Französischer  Reisender 

Zeitungsträger 

Scheller  Charles    iCostume:  weisse  Hose,  Sammet- 

Veston) 
Ein  Lyoner  Employe 
Ein  dicker  Herr 
Eine  Dame 

Ein  Heilsarmee-Offizier 

Streikposten,  Italiener,  Reisende,  Gepäckträger,  Post- 
beamte, eine  Dame,  Jäger,  Fischer,  viele  Passagiere 
etc. 


I.   AKT 

Die  Bühne  stellt  den  Mülhauser  Bahnhof  getreu  dar.  im  Hintergrund 
das  Bahnhofgebäude  mit  dem  Haupteingang. 

Der  ganze  Akt  spielt  sich  im  Vorhofe  des  Bahnhofes  ab.  Die  Haupt- 
eingano-stür  steht  beständig  offen  und  sieht  man  die  Wartehalle.  Der 
Hintergrund  ist  weit  zurückgestellt.  Ein  Schutzmann  patrouilliert  auf  und  ab. 
Gepäckträger  gehen  aus  und  ein.  Reisende  Herren  und  Damen,  kommen  an 
und  fahren  fort. 

Sittenpolizei  Seh.  steht  auch  dort. 

I.  Streikposten  :  Ich  ha  jetz  boll  genue  mit  dam  do  ane 
steh  dr  ganze  Tag  un  z'warte,  bis   ass  wider  ein  tcunnt! 

II.  Streikposten:  Ich  ha  grad  o  gnue;  mr  sin  zwar 
bezahlt  drfir,  awer  mr  wird  miader  ass  wenn  me  schaffe  thuet. 

I.  Streikposten  :  Sali  schu,  jetz  mache  mr  schu  vier  Wuche 
Greve  un  mien  do  ane  steh  dr  ganze  Tag  un  warte,  ebb  a 
Mürer  vu  uswarts  kunnt  fir  z'schaffe,  un  do  seile  mir  se  z'ruck- 
halte  und  wider  furtschicke,  fir  ass  unsere  Meischter  kei  Arweiter 
sötte  bikumme.  Sitter  ass  mr  jetz  do  ane  kumme,  han  mr 
iwerhaüpt  noch  gar  kei  Mürer  tröffe,  un  mr  froge  doch  jede 
verdachtige  Person,     ich  hatt  jetz  boll  gnue! 

II.  Streikposten:  S' isch  jo  net,  ass  mr's  ohne  schaffe 
net  mache  kännt  ! 

I.  Streikposten:  Ja,  wenn  mr  am  Zahltag  doch  kannte 
geh  dr  Lohn  hole  ! 

II.  Streikposten:  Jo,  mr  kännt  dich  jo  noch  in's  Bad 
schicke  im  Summer  un  im  Winter  uf  Nice.  Ich  bi  ganz  z'friede 
wenn  ich  mi  Lohn  bikumm,  wu-n-i  verdient  ha . 

I.  Streikposten  :  Die  vier  Wuche  g'spire  mr  doch,  un 
dr  Hüsmeischter  un  Back  wird  wider  schimpfe.  Do  heisst's  als 
nur,  mir  sin  Fülanzer  un  mr  warde  doch  küm  g'frogt,  ebb  mr 
schaffe  wann  oder  nit ! 

II.  Streikposten:   Ja,  mr  sin  nimmig  Meischter  iwer  uns! 


5   — 


I.  Streikposten  (auf  zwei  Arbeiter  deutent,  die  aus  dem  Bahnhofe 
kommen  und  hnks  abgehen) :  Lüeg  do  kumme  zwei,  das  kannte 
Mürer  si,  se  han  d'Hand  in  de  Hose,  gang  frog  se! 

II.  Streikposten  (zu  den  Arbeitern):  He!  Kamerade!  Sin  ihr 
ebbe  Mürer  ? 

1.  Arbeiter:  Nai,  Rentier!  (Gehen  ab). 

I.  Streikposten:  Üs'm  Ditsciiland  wann  se  schints  Mürer 
kumme  lo,  un  mi  alter  Meischter  erwartet  iiit  e  Polier  üs  Sachse, 
so  hat  me  mr  hite  gsait. 

II.  Streikposten:  Di  alter  Meischter,  dr  Pickel?  Üss 
Sachse?  Dam  that  i  o  garn  ein  bringe!  ich  ha  schu  bi 'nem 
g'schafft,  ar  hat  mr  uffkinde,  will  i  sallemol  fir  dr  Büeb  g'stimmt 
ha.  (Auf  und  ab  gehend.)  Mr  wann  se  schu  empfange,  wart  du 
alter  Schlaüfuchs!   Mr  wann  dr  dine  Mürer  schu  rekommandiere! 

(Während  dieser  Scene  sind  fortwährend  Reisende  angekommen,  weiche 
in  den  Bahnhof  hereingehen;  eine  alte  Bauersfrau  erscheint  und  fragt  einen 
Bahnbeamten,  welcher  unter  der  Tür  steht). 

Bauersfrau :  Wenn  fahrt  s'  Pfirter  Zügle  fürt  ? 

Beamter  (Portier) :  Welches  ? 

Bauersfrau  :    s'Siewenerzügle  ? 

Beamter:     Um  1/2  8. 

Bauersfrau:     Sage  d' ihr,  wu  nimmt  mr  d'Billet? 

Beamter:     Es  gibt  keine  Billets  mehr. 

Bauersfrau :  Eh,  was  d'  ihr  nit  sage !  Ja  was  git's  denn  jetz? 

Beamter :     Fahrkarten ! 

Bauersfrau  :     Merci,  merci !    (Geht  weiter  —  kommt  nach  ein 

paar  Schritten  wieder  zurück.)  Sage  Herr,  WU  nimmt  me  die  Fahrkarte? 

Beamter:     Dumme  Frage,  am  Billetschalter  natürlich! 

Bauersfrau:     Ah,  am  Billetschalter!  (Ab  durch  die  Tür). 

(Zwei  auf  deu  ersten  Blick  zu  erkennende  höhere  Beamte  sind  in- 
zwischen von  links  in  den  Bahnhofvorplatz  gekommen.  Der  eine  trägt  eine 
grosse  Aktenmappe  unter  dem  Arm.   Beide  bleiben  vor  dem  Gebäude  stehen). 

I.  Beamter :  Es  wäre  wirklich  schade,  den  Bahnhof 
niederzureissen,  und  ich  kann  die  Mülhauser  Bevölkerung  gar 
nicht  verstehen,  diesen  Bahnhof,  welcher  doch  sozusagen  ein 
historisches  Monument  ist,  absolut  durch  einen  neuen  Bahnhof 
ersetzt  haben  zu  wollen. 

II.  Beamter:  Ganz  meine  Meinung,  und  ich  glaube,  dass 
die  Regierung  auf  unsere  Veranlassung  den  vernünftigen  Weg 
eingeschlagen  hat,  indem  sie  so  nach  und  nach  —  ich  sage,  so 
nach  und  nach  —  eigentlich  stückweise,  den  alten  Bahnhof  durch 
einen  neuen  ersetzt.  So  hat  sie  z.  B.  jedes  Jahr  ein  neues 
Stück  angebaut,  dann  die  Vorhalle  vergrössert,  dann  wieder  eine 


-  6  - 


neue  Tür  angeschafft,  und  erst  kürzlich  hat  man  den  Namen 
„Bahnhof"  hier  oben  wieder  neu  angestrichen  und  so  wird 
Mülhausen  eines  schönen  Tages  einen  ganz  neuen  Bahnhof 
haben,   ohne,  dass  man  etwas  davon  merkt     (reden  still  weiter). 

(Verschiedene  Jäger  kommen  zum  Bahnhof  heraus  und  bleiben  bei- 
sammen stehen;  Tissi  und  Peter  streichen  im  Vorhofe  herum). 

Tissi  (zum  I.  Jäger);  Han  Ihr  ebbes  gschosse,  Herr  Pfaffer? 
I.  Jäger  (barsch);  Naj,  wurum? 

(Währendem  hat  Peter  dem  II.  Jäger  einen  Hasen  abgehängt  und  geht 
auf  den  1.  Jäger  zu). 

Peter:  Ich  ha  ein  z'verkaüfe,  fir  a  Thaler  kenne  ihr  ne  ha, 
ar  isch  frisch  g'schosse. 

I.  Jäger:  Ar  isch  verkauft!  (Gibt  ihm  einen  Taler,  nimmt  den 
Hasen  und  lacht). 

Peter  (zum  II.  Jäger):  Un  Eich  kann  1  dr  Leonhardt 
empfähle,  wenn  ihr  a  scheener  Haas  kaüfa  wann. 

II.  Jäger  (zornig):  Mach  nit  oder  i  schla  dr  min  um  dr 
Kopf  ume !  (Will  nach  seinem  Hasen  greifen  und  merkt  dass  er  ver- 
schwunden ist).     Wu  isch  mi  Haas  ? 

Peter  (ausreissend) :  Do  dr  ander  Herr  hat  ne,  ich  ha  jo 
g'sajt,  ich  ha  ne  frisch  g'schosse!  (ab). 

(Stadtrat  Negre  erscheint  im  Frack  und  weisser  Weste,  ein  grosses 
Bouquet  in  der  Hand;  ihn  begleitet  der  Herr  Direktor  Henri  im  Gehrock 
und  Zylinder  —  er  hat  eine  grosse  Platte  —  beide  werden  auf  die  noch 
immer  sprechenden  Beamten  aufmerksam). 

I.  Beamter  :  Überhaupt  haben  wir  dem  Mülhauser 
Publikum  gar  nicht  so  viel  Rechnung  zu  tragen,  sie  nehmen 
eben  den  Bahnhof  so,  wie  wir  ihn  herstellen.  Ausserdem  lassen, 
wir  ihn  vielleicht  neu  anstreichen  und  dann  ist  die  Chose  wieder 
so  gut  wie  neu. 

(Während  dem  ist  Stadtrat  Negre  näher  getreten  zu  beiden 

Stadtrat  Negre:  Da  hätten  wir  doch  auch  noch  ein  paar 
Worte  mit  zu  sprechen. 

II.  Beamter:  Was  fällt  ihnen  denn  ein?  Wer  sind  sie 
denn  eigentlich? 

Stadtrat  Negre  (zu  Direktor  Henri):  Was,  die  Herren  kennen 
mich  nicht?     Wie  ist  das  möglich? 

Direktor  Henri:  Verzeihen  die  Herren  mein  Name  ist 
Henri,  gestatten  sie,  dass  ich  Ihnen  Herrn  Negre  vorstelle,  einer 
unserer  bedeutendsten  Stadträte. 

Stadtrat  Negre:  Sie  kennen  mich  vielleicht  blos  vom 
Koren   sagen? 


II.  Beamter:  Aber  meine  Herren,  das  ist  ja  uns  vollständicr 
schnuppe,  Stadtrat  hin  oder  Stadtrat  her,  sie  werden  einfach  neu 
angestrichen  —  nicht  sie  natüHich  —  sondern  die  Bahnhofs- 
gebäulichkeiten  und  damit  basta  !  Mojn  !  (Lässt  beide  stehen  und 
geht   mit   seinem    Kollegen    ab  in  den   Bahnhof). 

Stadtrat  N^gre  (zu  Direktor  Henry):  S'geht  doch  nit  iwer 
d'Hefiigkeit!  (Während  dem  haben  Tissi  und  Peter,  die  wieder  erschienen, 
aus  dem  von  Negre  hinter  dem  Rücken  gehaltenen  Bouquet  einige  Rosen  ab 
geschnitten  und  sich  angesteckt.  Stadtrat  Negre  und  Direktor  gehen  beide 
zum  Eingang,  wo  sie  stehen  bleiben.)  Sage  Herr  Dirakter,  s'isch  eigentlig 
doch  besser,  wenn  ihr  da  Bouquet  gan  un  a  kleine  Ared  haUe. 

Direktor  Henry:  Mein  lieber  Herr  Stadtrat,  sie  sind  von 
ihrer  Vaterstadt  ausersehen,  die  grosse  Sarah  Bernhardt,  die  zum 
ersten  Mal  seit  1870  wieder  hier  auftreten  soll,  würdig  zu  em- 
pfangen. Wie  könnte  mann  der  grossen  Tragödin  einen  besseren 
Eindruck  von  Mülhausen  verschaffen,  als  ihr  zum  Empfang  in 
unserer  Stadt  einen  unserer  würdigsten  Stadtväter  zur  Bahn  zu 
senden  ! 

Stadtrat  Negre  (gibt  Direktor  Henry  die  Hand):  Liawer  Herr 
Dirakter!  Merci  vielmol,  fir  die  paar  Worte!  Ich  bin  schu 
mangmol  verkennt  worde,  in  minere  Eigeschaft  als  Stadtrat,  awer 
das  was  ihr  do  g'sait  han,  das  macht  eim  wohl!  Milhüser! 
Noch  sin  Manner  do,  wu  eich  nit  fahre  lehn! 

Tissi:  (welcher  mit  Peter  auf  die  Gruppe  zukommt)  Nai  mr 
kenne  z'fuess  geh! 

Peter:  Salut  Genosse!  (Streckt  Negre  die  Hand  hin;  dieser  gibt 
ihm  seine  Hand  mit  Wiederwillen). 

Tissi:  Wit  a  ne  Hochzit? 

Stadtrat  Negre:  Bonjour! 

Tissi:  Müesch  jetz  nitt  welle  dr  Dick  spiele  will  de  a  Glesse 
un  a  Stellkragle  a  hasch!  Weisch  wu  mr  di  g'wehlt  han  bisch 
nit  so  nowel  g'si  un  s'hat  mangmol  a  Humpe  üseglüegt! 

Stadtrat  Negre:  s'kunnt  nit  druf  a!  (Gibt  ihm  ein  Geldstück) 
trinke  eis  uff  mi  G'sundheit!  (Dissi  und  Peter  lachend  ab)  Wenn 
mich  d'Sarah  Bernhardt  mit  dane  g'sah  hat!    (Während  der  letzten 

Scene   ist  ein  Zug  eingefahren,  was  man  durch  die  offenstehende  Eingangstür 
gesehen  hat.     Verschiedene  Personen  kommen  heraus,   auch   zwei   Dameli   in 
grossem  auffallendem  Hut  und  Staubmantel,  kleine  Ledertaschen  umhängend 
treten  heraus.  Stadtrat  Negre  stellt  sich  der  ersten  entgegen,  zieht  den  Hut  ab 
Direktor   Henri    ebenfalls,    macht   eine   linkisehe   Verbeugung  und  streckt  ihr 

das  Bouquet  entgegen):    Madame  ...    Ma  .  .  .    Ma  .  .  .    Madame! 
Au   nom   de  la  ville  de  Mulhouse  !    (kleine  Pause)    Voilä  . 


Direktor  Henri  (stösst  Negre  an):  Aber  das  ist  sie  doch 
gar  niciit. 

Stadtrat   Negre   (tritt  nach   hinten  aus) 

I.  Dame:  Merci  Monsieur,  en  voilä  une  reception.  (Negre 
mid  Henri  treten  zurück.  —  Zur  zweiten):  Was  meinsch  Cecile,  wäre 
mir  empfange  siter  dane  sechs  Wuche,  wu  mr  fürt  sin  vu 
Milhüse  uff  Befort  (Beim  Abgehen  zu  Stadtrat  Negre)  Salut  mon 
vieux,  au  revoir  et  merci  !  (leiser)  il  en  a  un   oeil. 

Stadtrat  Negre  (ganz  verstört)  Das  isch  se  gläuwi  gar  nit! 

Le   beatl  Jules    kommt    zum    Bahnhof    heraus,  zu   Negre)     Hein, 

meinsch  han  se  si  g'macht? 

Stadtrat  Negre:  Wer  isch  denn  das? 

Le  beau  Jules:    s'Cecile   un    s'Meianie,  wu   als  im  Kind'l 

g'serviert  han,  salut  Negre  (geht  den  beiden  Damen  nach  und  spricht 
sie  vor  Verlassen  der  Bühne  an  und  gehen  alle  drei  ab.  Ihnen  folgt  auffällig 
auch  der  Geheimpolizist,  bekannte  Erscheinung) 

Direktor  Henri:  Aber  Herr  Negre,  so  n'e  Blamage  ohne 
Bouquet!  Wenn  nun  die  Sarah  Bernhardt  ankommt,  haben  sie 
gar  kein  Bouqi;et,  was  tun  wir? 

Stadtrat  Negre:  Ich  ha  jo  glich  g'sait  Ihr  solle  rede! 

I.  Streikposten:  (zum  zweiten)   Gang  frog   fir   a  O'spass, 

ebb  die  zwei  dert  Arwet  sueche  als  Mürer. 

H.  Streikposten:  Erseht  noch  (geht  auf  N  &  H  zu)  Süeche 
ihr  villicht  Arwet  als  Mürer? 

Stadtrat  Negre:  Gehn  zum  Kükük 

H.  Streikposten:  Wart  Brüader  bis  an  dr  nachschte  Wahl! 
no  sage  mir  o  gang  zum  Kükük!  —  Ja  wenn  se  Glesse  a  han 
ka  mr  nit  mit  ene  rede! 

Borax:  Bonjour  lieb  Kind,  ich  bi  schu  ganz  unrüehig 
worde.  Ich  ha  mr  nit  kenne  erklare,  wurum  ass  du  mr  pletzlig 
a  Billet  in  d'Schüel  g'schickt  hasch,  ich  sott  do  ane  kumme. 
Was  isch  passiert? 

Germaine:  Passiert  isch  grad  nit,  awer  du  weisch,  ass 
dr  Pape  schu  lang  soupgon  hat  uff  dich,  bsunders  siter  ass  du 
di  chambre  garnie  bi  uns  hasch. 

Borax:  Ja  .    .    .  hat  denn   di  Pape  ebbes   g'sait   derwage? 

Germaine:  (embarassiert)  Eh  jo  .  .  .  ar  hat  g'sait,  ich  sett 
mr  die  Dummheite  üss'm  Kopf  schlage.  Du  heigsch  noch  kei 
Exame  g'macht,  tatsch  noch  nit  verdiene  .  .  .  un  üs  was  da 
lawe  wotsch  ?     Awer  du  derfsch  mr  nit  bös  si.  Theo! 

Borax:  Bös  si?  O  nei,  mi  Schatzele!  Di  Pape  mag  jo 
rächt  ha,   ich    ha   noch   nit   verdient,  awer   d'nachschste  Wuche 


stieg  i  ins  Exame,   drno  ka-n-i  bi  mim  Unkel   als  Chimist   itrate 
un  bi  dim  Pape  um  di  Hand  ahalte. 

Germaine:  Ja  lüeg,  liawerTheo,  wage  dam  han-i  dr  eigentlig 
g'schriwa,  denn  s'isch  d'höchschte  Zit,  ass  mr  uns  riehre,  sunscht 
kennt  is  jetz  noch  a  Strich  dur  d'Raciinung  gmacht  warde. 

Borax:  E  Strich  dur  d'Rachnung?  Jetz!  So  ganz  pletzlig? 
Zeig  Schatzela  explizier  di,  s'muess  doch  ebbes  passiert  si,  ass 
du  plötzlig  a  so  redtsch  ! 

Germaine:  Eh  jo,  du  müesch's  jo  doch  erfahre!  —  Also, 
dr  Pape  hat  üssegfunde,  ass  si  Schwester,  wu  im  Ditschland 
mit  em  a  Beamte  verhirote  isch,  a  Sühn  hat,  un  hat  hinter  mim 
Ricke  mit  minere  Tante  abgmacht,  ass  mir  zwei  uns  seile  hirote, 
un  jetz  seil  ar  harkumme  fir  ass  mir  uns  kenne  lehre  un  fianciere 
solle.  Mi  Cousin  soll  allei  do  ane  kumme  un  sine  Eitere  kumme 
drno,  wenn  mir  einig  sin. 

Theo:  Eh  dass  isch  jo  grossartig,  un  das  alles  seisch 
du  mir  erseht  hite? 

Germaine:  Eh  wenn  hat  i  dir 's  seile  sage?  Ich  weiss  die 
ganze  Oschichte  erseht  a  halb  Stund,  un  wisst's  viliicht  jetz 
noch  nit,  wenn  mr  dr  Pape  nit  gsait  hett:  Leg  di  a,  mr  wann 
geh  di  Hochzitter  abhole!  Kasch  dr  danka,  was  i  fir  a  Schracka 
biku  ha !  Uff  das  ana  hat  ar  mir  drno  g'sait,  ass  da  betraffende 
Herr  Maurer,  oder  besser,  da  betraffende  Herr  Cousin  in  ere 
halb  Stund  do  an  dr  Gare  akumme  soll. 

Theo:     Wie  heisst  da  Cousin? 

Germaine:     Maurer  Friedrich. 

Theo:     Un  wia  sieht  ar  denn  üs  ? 

Germaine:  Ja,  do  hasch  mi  z'viel  g'frogt !  Mr  han  ne 
noch  nie  g'sah,  un  d'einzige  Photographie  wu  mr  vu  n'em  han 
isch  wu  n'er  sechs  Monet  alt  g'si  isch.  Ar  wird  si  wohrschinlig 
a  bitzi  verändert  ha! 

Borax:  Wohrschinlig!  Awer  los  Germaine,  wie  soll  das 
alles  nur  o  wäre? 

Germaine:  Oh  Theo!  Du  wirsch  doch  nit  zwifle  an 
mir  ?  Ich  halt  zue  dir,  mag's  ku  wia's  will  !  Du  hasch  im  Pape 
eso  viel  Service  g'leischte  wahrend  dane  Wähle  ass  ar  di  jetz 
nit  ka  üssestelle,  un  fir  dr  Rascht,  wird  ich  da  Cousin  schu  so 
behandle,  ass  ihm  d'Luscht,  fir  mich  z'hirote,  ganz  allei  vergeht! 
Gang  jetz  du  scheen  in  d'  Ecole  de  Chimie  un  wart  ab,  was 
kumme  wird.  Dr  Pape  un  d'Mamme  kumme  jede  Moment  un 
se  derfe  uns  doch  jetz  nit  binenander  sah : 

Borax:  Nai  Germainc,  fürt  gang  j  net!  Denn  ich  will  ne 
o  sah,  da  Concurant,  wu  mir  mi  Schatzela  nah  will !  Do  blieb 
ich  jetz,  un  viellicht  kasch  mi  glich  brüche. 


10 


I.  Streikposten  (zu  Germaine):  Bonjour  Madenioiselle  Pickel! 

Germaine:     Bonjour  Monsieur!     Awer  ich  kenn  sie  nit ! 

I.  Streikposten:  Oh  hat  sie  awer  a  schlaciit  Gedächtnis! 
Sie  wird  sich  doch  wohl  noch  b'sinne  vu  mir,  ich  bi  als  Mürer- 
polier  bi  eirem  Vater  g'si,  un  ihr  wisse  doch  o  ganz  gnaü  ass 
mr  momentan  Greve  mache  un  meh  Lohn  wann!  Awer  ich 
weiss  o,  ass  eier  Vater  Mürer  un  sogar  noch  e  Polier  hite  üss 
Sachse  erwartet.  Viellicht  isch  Sie  do  fir  se  z'empfange,  fir  ass 
mr  nix  merke  soll.    Awer  gann  acht,  mir  han  d'Aüge  uff! 

Germaine  :  Nai,  nai !  Do  trumpiere  ihr  eich,  mit  dam 
han  ich  nix  z'thüe,  s'Gschaft  vu  mim  Pape  geht  mich  nix  a! 
(Zum  Theo)  II  faut  que  je  me  sauve!  Au  revoir  Theo!  Bon 
courao"e!  (g'bt  ihm  die   Hand  dann  ab). 

I.  Streikposten  :    Adie  einewag  ! 

Borax  (zum  I.Streikposten):  Ihr  sin  schint's  nit  güet 
z'sprache  uff  dr  Herr  Pickel  ? 

I.Streikposten:  Nai!  Krütverdatschmi  nit!  Da  han'i 
uff'm  Mage,  un  wenn  ichs  ihm  emol  heimzahle  ka,  so  soll's 
an  mir  nit  fahle! 

Borax:  Eh  bien  liawer  Frind,  ich  bi  o  nit  güet  z'sprache 
uff  dr  Herr  Pickel!  Ihr  han  vorig  g'sait,  es  soll  a  Polier  üss 
Ditschland  fir  ne  ku  !  .    .    .    . 

I.  Streikposten :    Ja,  das  han  mr  erfahre  !  .    .    . 

Borax  (fir  sich) :  Das  isch  a  grossartige  Idee  !  (zum  Streik- 
posten) Eh  bien,  ich  will  Eich  behilflig  si  !  Ich  weiss,  s' isch 
wohr,  ar  soll  sogar  glich  akumme.  Dr  Herr  Pickel  hat  ihm 
g'schriewa,  ar  seil  sage,  ar  wott  zue  sim  Unkel,  wenn  ihn 
d'Streikposchte  ahalte  thate,  fir  ass  die  nit  merke.  Glaüwe's  ihm 
awer  nit  !  Lehn  nur  mich  mache,  ich  zeig  eich  da  Polier,  un 
drno  kenne  ihr  drfir  sorge,  ass  ar  nit  zuem  Herr  Pickel  geht 
geh  schaffe!  Ich  bi  allewill  uf  dr  Site  vu  de  Arweiter,  wu  fir 
a  Hungerlohn  schinde  un  schaffe  mien  un  die  Meischter  thien 
sich  drbi  dicke  Bich  pflanze!  (Borax  hat  das  letztere  laut  gesprochen. 
—  Darauf  stellen  sich  H.  Streikposten,  Tissi  und  Peter  dazu). 

n.  Streikposten:     Bravo  Kamerad!     Das  isch  gredt! 

Borax  :  S'  Harz  im  üb  thüet  sich  in  mir  umeüraije, 
wenn  ich  sieh,  wie  me  de  arme  Arweiter  s' Blüet  unter  de 
Fingernägel  fire  holt !  .    .    . 

Tissi  :     Bravo  !     Dass  heiss  i  gredt  ! 

Borax  :     Dr  Arweiter  müess  schaffe  un  ar  will  schaffe ! 

Tissi:     Oho  Kamerad!    Nit  eso 

Schutzmann  (langer  Mann  mit  Bart  —  bekannte  Erscheinung) : 
Nicht  stehen  bleiben  hier,  ich  hab  sie  jetzt  schon  zweimal 
gewarnt !     (Die  Gruppe  geht  auseinander). 


(Es  fährt  wieder  ein  Zug  ein.  Oktroibeamte  stellen  sich  bei  jedem  Zug 
an  der  Ausgangstüre  auf,  Tissi  und  Peter  auch.  Die  andern  bilden  Spalier. 
Es  kommen  viele  Leute  heraus.  Ein  typisch  französischer  Reisender  erscheint 
und  hat  eine  rot-weiss-blaue  Dekoration  im  Knopfloch  —  er  wird  vom 
Schutzmann  angehalten  i. 

Schutzmann  :     Runter  mit  dem  Zeug  ! 

Französischer  Reisender:    Qu'est-ce  qu'il  veut  celui-lä? 

Schutzmann:     Hier  wird  deutsch  gesprochen! 

Zeitungsträger  (ruft):  Le  Journal,  journaux  frangais! 
(zum  Schutzmann)  Wissen  sie  das  rot-weiss-blaue  Bändchen  ist 
eine  Medaille  de  Sauvetage  —  eine  Rettungsmedaille  (zum  Franzose) 
Vous  savez,  il  est  defendu  ä  Mulhouse  de  porter  le  rouge- 
blanc-bleu. 

Franz.  Reisender:     Mais,  tas  de  sauvages  .    .    . 

Zeitungsträger  (zum  Schutzmann):  Ach  lassen  Sie  ihn  doch 
gehen  ! 

Schutzmann  (zum  Zeitungsträger):  Scherren  sie  sich  zum 
Teufel,  sie  verdammter  Franzosenkopf ! 

Zeitungsträger  (zum  franz.  Reisenden):  Ah,  VOUS  savez,  il 
faut  faire  attention  —  vous  n'etes  pas  en  France  ici. 

Franz.  Reisender :  Fichez  moi  la  paix,  espece  de  tete 
carree  (geht  wieder  zurück). 

Zeitungträger  (verblüfft  stehen  bleibend) :  Do  hamer's  mir 
Elsasser,  bi  de  Schwowe  sin  mr  „Franzosenköpfe"  un  bi  de 
Franzose  heisse  mr  „Tete  carree".  I  weiss  boll  nimmig  was  i 
danke  soll  —  mais  quand  meme,  je  prefere  .... 

Scheller  Charles  (kommt  von  links  —  unterbrechend)  :  Mach 
verdammi,  ass  de  wittersch  kunsch  mit  dine  Gimp,  zahl  ich  dl 
fir  ass  du  Sprich  klopf'sch,  oder  fir  ass  du  Zitunge  verkaüfsch 
(beide  ab  rechts). 

(Verschiedene  Passagiere  kommen  noch  aus  dem  Bahnhof).  Einer 
Dame,  die  den  Matin  in  der  Hand  hält,  nimmt  der  Schutzmann  die  Zeitung 
ohne  ein  Wort  zu  sagen  aus  der  Hand). 

Dame  :     Ah,  par  exemple,  c'est  trop  fort  ! 

Oktroibeamter  (zu  sehr  dickem  Herrn  mit  Valise)  :  Han  se 
ebbis  z'declariere  fir  dr  Octroi  —  Schnaps,  Kaffee,  Wi  oder 
sunscht  ebbis  ? 

Dicker  Herr  (angeheitert) :  Ich  ha  fimf  Liter  Wi  bi  mr, 
Wurum  ? 

Oktroibeamter  :    Ja  do  mien  ihr  Octroi  bezahle  ! 

Dicker  Herr  :     Fallt  mr  jo  gar  nit  i  .    .    . 

Oktroibeamter :  Ja  das  schlackt  eich  kei  Geis  ewag, 
ihr  mien   eifach  zahle. 

Dicker  Herr  :     Un  ich  zahl  eifach  nit,  voila  ! 


Oktroibeamter :  Das  wa  mr  sah  !  Wu  han  ihr  denn 
la    Wi  ? 

Dicker  Herr:     Im  Buch  han  i  na  —  fimf  Liter  rot-wiss- 

)lauer  Wi,  wu  kei  Zoll  un  kei  Octroi  zahlt!  (Geht  lachend  ab). 

(Ein  Reisender,  welchem  man  auf  der  Bahn  ein  Plakat  ,  Dames  seules" 
■n  Coupe  angehängt  hat,  kommt  vorüber  —  alles  lacht.  —  Zwei  Heilsarmee- 
oldaten  kommen  vorüber) 

Peter  (zum  ersten  Heilsarmee)  :  Was  bisch  den  dü  fir  a 
Boldat  ? 

Heilsarmeesoldat :     Wir  sind  Soldaten  des  Himmels  ! 
Tissi  :     Gottverklemmi,    do  hasch    awer    noch    witt   fir   in 
d'Kasarne  ! 

(Heilsarmee  ab). 

(Milchmann  mit  Handwagen  und  zwei  Kannen  aufladend.  Polizei- 
vachtmeister  kommt  mit  Tasche  un  kontrolliert  die  Milch  —  stumme  Scene. 
3orax  kommt  zum  Bahnhof  raus  und  spaziert  auf  und  ab.  Tissi  und  Peter 
nachen  sich  auch  zu  schaffen.  Von  rechts  kommen  Herr  und  Frau  Pickel 
ind  Tochter,  bleiben  ziemlich  weit  von  der  Eingangsture  stehen). 

Pickel  (sieht  auf  die  Uhr)  :  Ar  seil  doch  scho  do  si,  gang 
3ermaine,  frog  dert  ebb  dr  Zug  vu  Mihle  schu  do  isch. 

Frau  Pickel  :    Ja  kunnt  er  denn  iwer  Mihle  ? 

Pickel  :  Eh,  nai,  üs  Sachse,  kunnt  er  vvohrschinlig  iwer 
iBefert ! 

Frau  Pickel  :  Kennt'sch  mr  o  ne  astandige  Antwort  ga, 
ich  bi  net  garn  fir  a  Dottel  gnu  ! 

Pickel  :     Germaine :  mach  was  i  di  ghaisse  ha  1 

Germaine:    Ja  Pape,  ich  gang  jo  schu    (geht  ab  nach  dem 

Bahnhofeingang  und  Borax  gleich  hintenher). 

Pickel  (zu  seiner  Frau)  :  Lüeg  dert  steht  mi  alter  Polier. 
Das  hat  mr  grad  noch  g'fahlt,  a  Greve  wahrend  de  Wähle,  ass 
mich  d'  Greviste  kenne  rächt  im  Drack  ummeschleile,  —  Kumm 
Karlin,  ich  möcht  mi  doch  net  garn  sah  lo  vu  ihm ;  se  sin 
sicher  wider  do,  fir  d'Arvveiter  abz'fange,  draih  di  um. 

Frau  Pickel  :    Ja,  erwartsch  Arweiter  ? 

Pickel  :  Eh  jo,  s'selie  üs  Ditschland  kumme  hit  oder 
morne,  awer  da  kasch  net  druf  zähle,  se  thien  eim  jo  alle 
awagschnappa. 

Frau  Pickel  :  S'g'schieht  dr  o  ganz  rächt,  dü  Wasch- 
lumpe, dü  witt  se  nur  allewill  mit  Handschick  ariehre  anstatt 
ass  dü  ne  ne  zeigsch  wer  Herr  im  Hüs  isch,  —  Qie  wann  kä 
Arweiter  dure  lo,  die  paar  ? !  Ich  ha  d'beschte  Luscht  (macht 
Miene  als  ob  sie  auf  die  Streikposten  los  wollte  —  Pickel  hält  sie  zurück 
—  sprechen  erregt  weiter) 

(Es  treten  auf  von  links  :  I.  Vertreter  vom  Reisebureau  Mülhausen 
I.  Vertreter  der  Ligue  des  Employes  de  Commerce). 


—  13  — 


Vertreter  der  Ligue :     Ah,    les    voila!    (aus   dem  Bahnhof 

heraus  kommen  circa  20  itah'enische  Arbeiter  mit  Handkoffer,  Stöcken,  Bündeln 
etc.,  rotes  Band  Schlapphut  etc.     Die  zwei  Vertreter  machen  tiefe  Verbeugung). 

Delegierter  der  Ligue  (des  Employes  de  Commerce)  j 
Messieurs,  chers  confreres  I  C'est  au  nom  du  Commerce  et  de 
l'lndustrie  de  Mulhouse,  que  nous  venons  vous  souhaiter  la 
blenvenue  dans  notre  ancienne  cite.  Vous,  les  employes  du 
commerce  de  la  belle  ville  de  Lyon,  vous  etiez  enfin  ä  Berlin,  ä 
Berlin.  Nous,  vos  freres  perdus,  nous  sommes  heureux  etfiersä  la 
fois,  de  voir  votre  voyage  triomphant,  couronne  par  votre  entree 
en  Alsace,  chez  vos  anciens  compatriotes.  On  vous  a  fetes,  on 
vous  a  crie  „Vive  la  France",  partout  en  Allemagne,  on  vous  a 
joue  la  A^arseillaise,  nous  ne  pouvons  pas  en  faire  autant  ,    .    . 

I.  Italiener  (auf  italienisch) :  Non  capisco,  parla  francese 
parla  te  . . . 

II.  Italiener  (italienischer  Accent)  ;  Merci  Messieurs,  auriez 
vous  la  honte  de  nous  recomrnander  oun'albergo? 

Delegue  der  Ligue  (des  Employes  de  Commerce)  :  Mais» 
Messieurs,  il  n'y  a  rien  qui  presse.  Vous  nous  permettrez  de 
vous  offrir  le  vin  d'honneur?  (Die  Italiener  haben  die  Koffer  hingestellt 
und  wollen  sie  wieder  aufnehmen.) 

Delegue  des  Reisevereins  (schweizerischer  Accent) :  Mais 
Messieurs,  laissez  nous  soigner  vos  bagages ! 

Peter  u.  Tissi  (stehen  dabei) :  Ka  mr  ebbis  verdiene,  ihr 
Herre  ? : 

Delegue  der  Ligue  (zu  beiden) :  Schaffe  ne  mol  das 
Gepäck  in  d'Bourse ! 

Peter  (erstaunt):   In  d' Bourse  ?     (Beide  mit  Gepäck  ab). 

(Inzwischen  sind  die  wirklichen  erwarteten  Gäste,  aus  Lyon,  heraus- 
gekommen, circa  zehn  Herren  und  einige  Damen.  Die  Streikposten  halten 
dieselben  an,  werden  von  denselben  als  Maurer  angesehen). 

\.  Streikposten  (zu  l.  Lyoner)  :  Sin  ihr  Mürer,  fir  hie  ku 
schaffa  ?  No  sag  ich  eich,  ass  ihr  besser  mache,  wenn  ihr  glich 
wider  furtfahre  ! 

\.  Lyoner  (welcher  nicht  versteht  zum  Delegue  der  Ligue):  Pardon, 
Monsieur !     Parlez-vous  franqais  ? 

Delegierter :     Parfaitement,  Monsieur! 

I.  Lyoner  :  Voyez,  ce  Monsieur  me  cause  et  je  ne  puis 
pas  le  comprendre.  Nous  venons  d'arriver  de  Strasbourg;  nous 
sommes  les  Employes  de  Commerce  de  Lyon  et  probablement, 
ce  Monsieur  doit  nous  recevoir,  mais  je  regrette  ne  .    .    . 

Delegierter  der  Ligue:  Mais  ....  comment  donc?! 
C'est  vous  les  employes  de  Commerce  de  Lyon?  (zum  1.  Italiener) 
Mais  alors  vous  netes  pas  de  Lyon? 


I.  Italiener:  Non  Monsieur!  Moi  de  Napoli,  lui  de 
Milano,  Italic. 

Delegierter  der  Ligue :    Alors,  allez-vous-en!  .    .    . 

I.  Italiener  :     Et  mes  bagages  ! 

Vertreter  des  Reisevereins  :  Oh,  Sapristi !  Jetz  sin  dane 
ihre  Bagages  in  dr  Bourse  ! 

Delegierter :  Attendez,  je  les  ferai  chercher !  (zum  bei- 
stehenden Dienstmann)  Geiin  in  d' Bourse  un  hole  dane  Macaroni 
ihre   Kifferla   wider,    wu   die  zwei   Manner  vorig  ane    trait   han. 

(Dienstmann  ab). 

(Die  zwei  Delegierten  begrüssen  die  Lyoner  und  ziehen  mit  denselben 
ab.  —  Die  ItaHener  werden  von  den  Streikposten  in  Empfang  genommen;. 

I.  Streikposten  (zu  Italiener  nach  vielen  Gesten)  :  Nai,  nai, 
Kamerade,  do  wird  nit  gschafft,  mr  han  Greve  hia  un  s'kunnt  is 
kei  Mürer  ine! 

II.  Italiener:  Perque,  Perque  ?  .    .    . 

I.  Streikposten  :  Do  git's  nit  Herberge,  ihr  bekumme 
höchstens  eier  Billet  bezahlt  bis  uf  Basel  un  kenne  eich  dert 
Herberge  süeche  ! 

IL  Italiener:     Nous,  que  vuole.  .  . 

I.  Streikposten  :  Nix  geh  hole  —  nous  greve  —  vous 
pas  travailler,  allez 

(Die  Italiener  ziehen  sich  mit  den  Streikposten  vom  Eingang  zurück, 
wo  sie  sich  zusammen  noch  unterhalten.  —  Inzwischen  ist  wieder  ein  Zug 
eingefahren  und  Passagiere,  meistens  in  Lodenanzügen,  kommen  aus  dem 
Bahnhof). 

Pickel  (welcher  wieder  erscheint  zu  seiner  Frau)  :  Das  kennt 
dr  Zug  si. 

Germaine  (kommt  aus  dem  Bahnhof  gesprungen)  :  Papa,  das 
isch  dr  Zug  ! 

Pickel  :  Mr  g'sieht's  an  de  Toilette,  ass  da  Zug  net  vu 
Befert  kunnt. 

Frau  Pickel  :  Ja  wenn  de  rte  jetz  numme  kenne  that'sch. 
Das  glicht  dr  wider,  ebber  abz'hole  an  dr  Gare  wu  me  net  kennt! 

Borax  (kommt  langsam  vom  Bahnhof  auf  die  Gruppe  zu):   Bonjour, 

Messieurs  et  Dames  !     Wann  ihr  verreise  ? 

Pickel  (verlegen)  •  Eh  jo  !  —  eh  nai !  (für  sich)  —  Da  hat 
mr  jetz  grad  noch  g'fahlt  do  —  (laut)  Mr  warte  uff  ebber ! 

Germaln  s    Uff  dr  Cousin  üs  Sachse  ! 

Pickel   (zu  Germaine)  :     Dü  hasch  s'Mül  z'halte  ! 

Frau  Pickel  (zu  Borax) :  ja,  un  s'beschste  isch,  mr  kenne 
ne  ear  nit,  mr  Wisse  rtur  ass  ar  Maurer  heisst ! 


15  — 


Borax  :  Ja  do  wäre  ihr  ne  schwär  finde,  gehn  doch  an 
d'Thüre,  wu  d' Lit  üsekumme! 

Frau  Pickel  :  Ja  mi  Mann  will  nit.  Si  alter  Polier  steht 
dert  als  Streikposchte  un  wage  dam  traut  ar  net  ane. 

Pickel  :     Traut  ar  net   —   ar  traut  frilig  awer  ar  will  net ! 

Borax  :  Eh  warte  ich  will  lüege,  viellicht  find  ich  ne  üse, 
no  bring  ich  ne  do  ane. 

Pickel:  Ja  finde  ihr  ne  besser  als  ich? 

Borax:  Sie  sage  ar  heisst  Mürer.  Eh  bien  ich  stell  mich 
eifach  an  d'Thüre  und  rief  si  Name. 

Pickel:  Na,  prowiere's  emol. 

Frau    Pickel     (während    Borax    zur   Eingangsthür  geht)  :     S'isch 

doch  e  ordliger  Karle  da  Borax. 

Germaine:  ich  ha's  jo  allewil  g'sait  gall  Mamela,  seil  i 
villicht  hälfe  luege  dert? 

Pickel:  Du  blibsch  mr  do,  schla  dr  nur  dine  Idee  üs'm 
Kopf  ich  kenn  se  ganz  güet ! 

Germaine:  Awer  Pape,  Du  brüch'sch  ihn  gar  nit  eso  wit 

ewag  z'keie.  Ar  leischtet  Dir  doch  jetz  eso  viel  Dienschte  fir  dia 
Wahl.  Wer  hatt  denn  die  Artikel  g'schriewa,  wenn  nit  dr  Herr 
Borax. 

Borax  (an  der  Tür  fragt  verschiedene  Personen,  ruft  laut):  Herr 
Maurer  .    ,    .  Maurer. 

Maurer  (äusserst  linkisch,  Londenanzug  Handtasche,  geht  auf  Borax 
zu,  sehr  schüchtern,  sächsich):  Ej  verzeihen  sie,  ich  glaube  sie  haben 
mir  gerufen.  Sind  Sie  vielleicht  ein  Herr  Pickel? 

Borax:  Sind  Sie  nicht  Herr  Maurer  aus  Sachsen? 

Maurer:  Nu  äben,  un  ich  möcht  sie  nämlich  zu  meinem 
Onkel  gehen. 

Borax:  Ja,  ja,  mr  wisse's  scho  (ruft  dem  Streikposten).  Do 
isch  da  Maurer,  wu  Ihr  uf'ne  warte,  wu  zum  Herr  Pickel  will 
(leise)  ar  sait  s'seig  si  Onkel,  was  han  i  g'sait  (zu  Herr  Maurer) 
Ja,  ja  die  Herre,  warde  scho  fir  eich  sorge  (die  Streikposten  nehmen 
den  Herrn  Maurer  in  die  Mitte). 

Maurer:  Zu  Herrn  Pickel,  zu  meinem  Onkel 

I.  Streikposten:  Ja,  ja,  Brueder  Nusskueche,  mr  wann  dr 
di  Onkel  istriche. 

II.  Streikposten:  Mir  schicke  ne  gli  widder  fürt  das  wird 
s'Beschte  si. 

Borax:  B'sorge  mr  da  Mann  guet  un  gan  Achtung  uf  ne 
(leise)  lehn  ne   net  ÜS   de  Auge  (geht  nach  dem   Eingang) 


—  16 


I.  Streikposten  (zum  ll.  Streikposten):  Mr  wann  z' erseht 
dam  Streikbrecher  a  bizi  Milhüse  kenne  lehre,  fir  ass  ar  nimme 
kummt. 

Friedrich  (Stiefel  Lodenjoppe,  Handtasche,  kommt  zum  Bahnhof 
raus,  wendet  sich  an  Borax):  Sie  haben  vorhin  Maurer  gerufen,  ich 
bin  Sie  nämlich  Maurer  und  soll  zu  meinem  neuen  Mester 
gehen.    Sie  können  mir  vielleicht  helfen    (nimmt  ein  Zettel  aus  der 

Tasche  und  zeigt  ihn  Borax) 

Borax  (liest  für  sich):  Tiens  das  läuft  jo  wie  uff  Redla.  (Zu  Frie- 
drich) Ja  frielig,  das  trifft  sich  jo  güet  dert  steht  d'ganze  Familie.  Awer 
uff  eis  will  ich  i  ufmerksam  mache.  Dr  Herr  Pickel  isch  e  Ori- 
ginal un  s'isch  ganz  meglig  ass  ar  i  fir  e  Verwandter  vu  ihm 
nimmt.  Ihr  derfe  ihm  in  dam  Fall  nit  widerspräche.  Wenn 
ar  sait,  ihr  seige  si  Brueder,  drno  sage  jo,  sait'r  ihr  seige  si 
Neveu,  drno  sage  widder  jo.  D'Hauptsach  isch  ass  ihr  ihm  nit 
widerspräche,  ihr  warde  sah,  ass  ihr  drno  in  d'  Familie  uff- 
gnumme  warde  wie  ne  eigener. 

Friedrich  :  Ah,  das  kann  mir  schon  recht  sein,  wenn  ich 
gleich  Familienanschluss  finde. 

Borax  :  Also  nur  nit  froge  un  nit  widerspräche !  Wenn'r 
ebbis  z'froge  han  so  froge  mich. 

Friedrich  :    Schon  recht,  machen  wir 

Borax :  Kumme,  ich  will  i  jetz  anefiehre.  (Beide  gehen  auf 
Gruppe  Pickel  zu)  Voilä,  Monsieur  Pickel  !  Do  isch  da  Herr 
Maurer  üs  Sachse,  wu  se  uff  ne  warte. 

Pickel  :  Eh  guten  Tag  mein  Lieber !  Mir  haben  schon 
gemeint,  du  kommst  nit!     Wie  geht's? 

Frau  Pickel  (zu  ihrem  Mann) :  Loss  ihn  doch  mir  o 
Bonjour  sage. 

Pickel  (stellt  vor) :  Mi  Frau,  mi  Tochter  Germaine,  das 
isch  se,  was  saisch  drzüe  ?  (stösst  ihn  in  die  Seite). 

Frau  Pickel  (gibt  ihm  die  Hand  und  küsst  ihn)  :  BonjOUr, 
bonjour!     Du  bisch  a  strammer  Burscht! 

(Borax  lacht  und  hält  sich  den  Bauch). 

Germaine  (zu  Borax  leise) :  Dü  lachsch  noch,  ich  möcht 
liewer  grine. 

Borax  (leise)  :  S' isch  jo  dr  latz,  loss  mich  jetz  nur  mache! 
Mach  ass  wenn  dü  nix  wisst'sch  ! 

Pickel  (Borax  vorstellend)  :     Un  das   isch  dr  Herr  Borax,  a 

güeter  Frind  vu  uns. 

(Friedrich  hat  sich  bei  der  ganzen  Scene  sehr  linkisch  und  erstaunt 
benommen). 

Pickel  :     Dü  redsch  jo  gar  nix  !  ? 


17  — 


Friedrich  :  Ei,  das  ist  ja  so  scheene  und  ihr  empfängt 
mich  ja  so  scheene,  dass  ich  gar  net  wess  wo  mir  der  Kopf 
steht.     So  empfangen  bin  ich  noch  nie  geworden. 

Pickel:  Ar  isch  noch  a  bitzele  schich,  awer  s' wird 
schu  kumme. 

Friedrich  (zu  Borax) :  Das  sind  aber  reizende  Leute.  Ich 
glaube  die  nehmen  mich  wirklich  für  einen  Verwandten. 

Pickel  :  Allez  Kinder,  kumme  jetz  heim  geh  z  Nacht  asse. 

(Tissi  und  Peter  kommen  mit  dem  Gepäck  und  die  Italiener  stürzen 
sich  auf  dasselbe. 

Tissi:   Eh,  langsam  Brieder!   Wer  vu  eich  zahlt  das  Dings? 

Maurer  (zum  Streikposten)  :     ich  will  ZU  meinem  Onkel ! 

I.  Streikposten:    Ja,  ja,   mr  wisse's!     S'isch   di  Onkel! 

(Alle  machen  sich  bereit  die  Bühne  zu  verlassen.  Gruppe  Pickel  nach 
rechts,  die  andern  nach  links. 

Borax  (im  Abgehen) :     B'sorge  mr  ne  güet    (ab). 
I.  Streikposten  :     Ar  isch  scho  versorgt !    (ab). 
Peter  :    Jetz   ha   mr   schu  wider   nit  verdient,     ich  sag  jo, 
Milhüse,  wu  bisch  du  aneku  ?  ! 

Couplet   vom    Peter 

Ich  bi  dr  Peter  vu  Milhüse 

Un  sing  eich  jetzt  ebbes  vor 

S'stackt  mr  do  un  s'muess  jetzt  üse 

Achtung,  spitze  eier  Ohr 

Asphaltiert  isch  alles  jetze 

Geht  mr  heim  am  elfe  z'Nacht 

Losst  eim  d'Stadt  noch  d'Fiess  abspreize 

Ass  me  's  Bett  nit  drackig  macht 

Un  u^enn  me  d'Schuele  bschäut 

Wie  warde  die  hit  baut 

Mr  sieht  kei  Fanschter  un  kei  Türe 

D'Saal  sin  dunkel  zum  bedüre 

Derfir  isch  wolbedacht 

's  Dach  drei  mol  grösser  gmacht 

Doch  d'  Hauptsach  isch  für  diese  Herrn 

Der  Bau  ist  stilvoll  und  modern 

(Refrain)   Ihr  liewe  Lit 

Wenn  bi  dar  schlachte  Zit 

E  jeder  rächt  vil  Stire  zahlt 

Fir  d'  liev.'e  Vaterstadt 

Ich  weiss  wenns  niene  langt 

E  Mittel  in  dr  Not 

Ich  nimm  d'  Gleislose  Bahn 

Un  suech  eso  mi  Tot. 

Fir  nit  wittersch  Zit  z'  verliere 
Un  a  rachter  Kunstgnuss  z'  ha 
Thuen  ich  vor  d'  Mairie  spaziere 
Mr  meint  mr  kunnt  in  Versailles  a 
Will  halt  in  Italie  leider 


18  — 


Sich  kei  Keifer  g'  funde  hat 

Hann  jetzt  mir  als  Grundarvveiter 

Kauft  als  Zierde  unsrer  Stadt 

Uff  me  verheite  Stei 

Do  steht  mit  gspreiztem  Bei 

E   blutter  Itah'anerbue 

Uli  hebt  vor  Scham  sich  d'Aüge  zue 

Er  hebt  rächt  elegant 

E  städtischer  Pickel  in  dr  Hand 

Jetzt  fahle  nur  noch  sisch  e  Olick 

699  Stick 

(R  e f  r  a  i  n  \v  i  e  oben.) 

Will  ich  grad  dra  bi  am  vezehle 

Mues  ich  alles  sage  gli 

Was  eim  weh  macht  in  dr  Seele 

isch  unsre  Tramwaycompagnie 

Fahrt  ein  im  e  so  ne  Wage 

Nur  vu  Pfascht  bis  zruck  in  d' Stadt 

Derf  er  misel  vu  Glick  sage 

Wenn  er  d'  Seekrankhet  nit  hat 

Un  wird  erseht  repariert 

Vielicht  a  G'leis  g'  changiert 

Wie  dado  grad  am  Jungator 

Dr  liewe  Gott  b'  biet  is  drvor 

's  thuet  fascht  dr  Aschin  ha 

Sie  heige  laweslangiig  dra 

Arwet  un  Tram  s'isch  einerlei 

Langsam  gehn  vorwärts  alle  zwei. 

(Refrain)  Ihr  liewe  Lit 
Doch  das  macht  alles  nit 
Wenn  alles  zunderscht  z'  öwerscht  geht 
So  han  ich  noch  e  Trost 
Denn  d'  Freid  nur  z'ha 
Ass  ich  Milhüser  bi 
E  jeder  wu  das  sage  ka 
Derf  stolz  druf  si. 


(Vo  rhang   fällt) 


—  19  — 


II.   AKT 
Personen  -Verzeichnis 

Herr  Pickel 

Frau  Pickel 

Friedrich 

Borax 

Maurer 

Peter 

Tissi 

Herr  Dertele 

Kellner  bei  Moll 

Kellner  im  Bristol 

I.  Wackes 

II.  Mackes 
Hochziter 
Hochzitre 

I.  Hochzitsgascht 

II.  Hochzitsgascht 
Dessen  Frau 
Eine  Kellnerin 
Eine  Dame 
Sporn 

Scheller 

Zeitungsträger 

Fischer 

Pfälzer 

Streikposten 

Stadtrat  Fuchs 

Stadtrat  Negre 

Stadtrat  Dr.  Gabriel 

Stadtrat  Ruri 

Pompier 

I.  Sreikposten 

II.  Streikposten 

I.  Schutzmann 

II.  Schutzmann 
Strassenkehrerinnen 
Fischer 

Wächter   der  Wach-   und 

Schliesgesellschaft 
Heilsarmeesoldaten 
Gäste  die  in's  Bristol  gehen 


—  21  — 


II.   AKT 

Die  Bühne  stellt  den  Neuquartierplatz  dar.  Man  sieht  rechts  das 
Cafe  Moll  und  links  Cafe  Bristol ;  in  der  Mitte  zieht  sich  die  Riedisheimer 
Strasse  durch.  Es  ist  2  Uhr  nachts.  Beim  Aufgehen  des  Vorhanges  ist  bei 
Moll  ein  Kellner  beschäftigt,  Stühle  auf  die  Tische  zu  stellen  und  abzuräumen. 
Nur  ein  einzelner  Gast  sitzt  noch  da  eingeschlafen.  Ein  anderer  Kellner 
lehnt  an  einen  Pfosten  und  gähnt  und  wartet  bis  der  letzte  Gast  weggeht. 

Gast  (murmelt  unverständliche  Worte  vor  sich  hin,  plötzlich  fällt 
er  mit  grossem  Gepolter  vom  Stuhl  und  reisst  den  Tisch  mit  sich  —  am 
Boden  liegend)  :  Jesses  Maria,  mine  Frau  un  mine  Kinder !  Rette 
mi  !     Rette  mi !  .    .    .    . 

Kellner  (fahrt  auf,  springt  hinzu) :  Jesses  !  Was  isch  denn 
passiert,  Herr  Dertele  ? 

Gast  (erstaunt)  :    Ja,  ja,  wu  bin  i  —  wu  bin  i  denn  ? 

Kellner :     Eh  bi  uns,  Herr  Dertele,  in's  Moll's  ! 

Gast  (fällt  dem  Kellner  um  den  Hals)  :  Gott  sei  Dank,  Joseph! 
Jetz  kumm  i  wider  züe  mr. 

Kellner :     Awer  Herr  Dertele,  was  han  ihr  denn  ? 

Gast :  Eh  dank  dr,  Joseph,  ebbis  Schreckligs  hat  mir 
traimt.  S'hat  mr  traimt,  ich  seig  mit  dr  Gleislose  Bahn,  dr 
Rabbarg  aweg'fahre  ! 

Kellner  (lacht  aus  vollem  Hals) :  Eh  was  danke  ihr,  Herr 
Dertele,  die  derf  jo  am  Tag  net  fahre,  verschwiege  noch  z'Nacht! 

Gast :     Uff  da  Schracke  he,  ga  mir  noch  a  Humpe  ! 

Kellner :     Nai,  s'isch  Firowe,  s'thüet  mr  Leid  ! 

Gast :    Was  han  i  z'zahle  ? 

Kellner:     S' sin  13  Humpe,  Herr  Dertele. 

Gast :  Ja  drno  müess  i  noch  ein  trinke,  sunscht  passiert 
mr  e  Unglick.  Durch  die  Zahl  13  isch's  mr  vorig  fascht  schlacht 
gange.     Nai,  mit  13  Humpe  gang  i  net  heim. 

Kellner:     S'isch  züe,  s'git  nit  meh  ! 

Gast:  No  gang  i  eifach  in's  Bristol.  Guet  Nacht,  Joseph! 
ich  zahl  i  morn  ! 

Kellner:     S'isch  scho  güet,  Herr  Dertele. 

(Dertele  geht  langsam  hinüber  zum  Bristol.  Aus  der  Tür  kommen 
eben  zwei  Wackes  heraus). 


-  22 


I.  Wackes  (schreit  in's  Kaffee  Bristel  hinein)  :  Will  mr  kei 
Stellkragle  a  han,  wann  ihr  uns  nit  serviere ! 

II.  Wackes:  Will  mr  kei  Capsule  a  han,  ah  das  Cafe 
isch  nur  fir  d' Fitzer  I  Isch  unser  Gald  net  so  rund  wie  in  andre 
Ihr's  ?!     Warte    eich   wa   mr  scho   ein   inedrucke    (beide  links  ab, 

weiterschinipfend). 

(Zwei  Kellnerinnen  kommen  von  rechts,  zwei  Herren  folj<en  ihnen  a. 
distance.  Einige  Fischer  ziehen  über  den  Platz.  Die  Kellnerinnen  gehen 
jn's  Bristoll. 

Kellnerin  (zu  den  Fischern):    Wann  ihr  geh  fische? 

Fischer  :    Jo,  ihr  o? 

Kellnerin  :     Zahlsch  nit,  Dolfi  ?  ! 

Fischer :     Allez,  kumme  Kinder,  mr  gehn  in's  Bristol. 

Zeitungsträger  (geht  gleichfalls  in's  Bristol) :    Pickt's!    Pickt's! 

Fischer :     Mach    ass    d'  abkunnsch  !     (Alle   ab  in's   Bristol. 

Inzwischen  geht  Dr.  Gabriel   —  von  kleiner  Gestalt,  Schnurr-  und   Spitzbart, 
pince-nez  und  Hut  schief  —     mit  Fuchs  über  die  Scene). 

Dr.  Gabriel  (im  Vorübergehen) :  Ja,  un  wurum  han  se  ne 
grad  nit'm  Rücke  gege's  Omeinhüs  uffg'stellt  ? 

Fuchs:  Ja,  das  isch  fir  später,  we'mr  emol  nimmig  uff'm 
Omeinhüs  sin ! 

(Eine  Arbeiterhochzeit,  ziemlich  angeheitert,  kommt,  den  „Böhmerwald" 
singend,  angezogen.  Die  Hochzeit  —  alle  schwarz  angezogen,  Männer  mit 
Cylinder  —  besteht  aus:  Hochzitter  mit  einem  Freund  am  Arm,  I.  Gast 
mit  einer  Frau  am  Arm,  H.  Gast  mit  zwei  Frauen,  Tissi  und  Peter,  welche 
in  der  Mitte  die  Hochzitere  im  schwarzen  Kleid  und  weissen  Schleier  führen, 
kommen  etwas  später  als  die  ersteren). 

I.  Gast :     (zum  Hochziter) :     Sag  Edi,  wu  hasch  di  Frau  ? 

II.  Frau:     Hasch  se  versetzt? 

Hochziter  :  Wu  isch  jetz  die  ?  Ja  so  —  ich  ha  jo  ganz 
vergasse,  ass  mr  g'hirote  sin  ! 

I.  Gast :  Du  g'fallsch  mr  jetz  !  Verliersch  du  scho  am 
Hochzittsowe  die  Frau! 

Hochziter  :     Die  weiss  dr  Wag  allei ! 

(Inzwischen  sind  Tissi  und  Peter  mit  dr  Hochzitere  in  dr  Mitte  eben- 
falls angelangt  und  singen:    „So  leben  wir,  so  leben  wir"  etc.) 

Hochziter  :  Wo  blibsch  denn.  Philippine  ?  ich  ha  scho 
g'meint,  du  bisch  verlöre  ! 

Hochzittere :  Du  machsch  jetz  a  Spektakel !  ich  war 
scho  wider  ku,  wenn's  net  hite  gsi  war,  so  war's  morn  gsi. 
(Alle  lachen). 

I.  Gast :  Allez,  a  bitzi  astandig  !  Mr  gehn  in  a  Herrekaffee 
(Alle  hinein). 


-  23  - 


I 


(Während  der  letzten  Scene  sind  Dr.  Gabriel  und  Negre  über  die  Bühne 
gegangen  und  haben  mit  einander  aufgeregt  gesprochen.  Dieselben  erscheinen 
alle  fünf  Minuten  und  machen  denselben  Spaziergang.  Tissi  und  Peter 
werden  vom  Kellner  kurz  nach  Eintreten  wieder  hinausgewiesen). 

Peter  (vor  der  Tür  zum  Kellner):    Kappe!  Wage  dare  Kappe! 

Tissi  :  Das  isch  doch  grossartig,  in  dr  G'nieinrot  derf  mr 
mit  re  Kappe  awer  in's  Kaffee  Bristol  net.  (Kellner  geht  wieder  hinein). 

Peter  :  Mir  han  allewii  a  so  Chance.  Mr  han  derfe  Zige 
si  an  dare  Hochzit,  mr  han  nit  biku  ;  bim  Asse  hat's  net  g'langt 
fir  uns,  un  jetz,  wu  mr  ebbis  z'trinke  bikame,  derfe  mr  net  emol 
ine.  S'dumme  isch,  ass  se  d'Hochzitere  innegio  han,  sunscht  wäre 
mr  in's  Monopol,  dert  darf  mr  mangmol  inne  in  ere  Kappe. 

Hochziter  (ruft  vom  Balkon  herunter).  Peter !  Tissi !  Wurum 
käme-n'ihr  net  ufe  ? 

Tissi  ?  Wurum !  Eh  mir  derfe  nit  in  das  Herrekaffee 
will  mr  Kappe  a  han. 

Hochziter :     Wage  de  Kappe  ?    Wart  i  wirf  dr  mi  Gibüs 

awe  —  sä  fang  ne.  (Er  wirft  zwei  Zylinderhüte  hinunter.  Tissi  und 
Peter  ziehen  sie  an,  nehmen  die  Mütze  ni  die  Tasche  und  spazieren  stolz 
in's  Kaffee,  man  sieht  wie  der  Kellner  Knixe  macht  an  der  Türe). 

Kellner :     Guten  Abend  die  Herren  !  (zu). 

(Die  beiden  Herren  spazieren  wieder  über  die  Bühne). 

Dr.  Gabriel:  Nai,  ich  bi  absolut  drgege  gsi,  fir  II/2  Millione. 
Han  mir  s'  Rächt  g'ha  ?  Un  drno,  wie  isch  abgstimmt  worde  ? 
S'isch  güet  ass  is  als  nieme  züeglüegt  hat.  Ich  bi  drüss,  ich 
ha  gnüe  g'ha (verschwinden). 

(Man  hört  singen  hinter  der  Bühne  und  es  erscheinen  circa  15  —  20 
Chemiker.  Sie  laufen  im  Gänsemarsch  um  den  Laternenpfosten  in  der  Mitte 
nachstehender  Refrain  singend)  : 

Refrain  aus  dem  Weibermarsch  „Lustige  Wittwe" 

In  Milhüse  do  labt  sich's  famos, 

Denn  do  isch  aliwil  ebbis  los. 

Mir  sin  luschtig,  fidel,  s'isch   uns  eins. 

Ob  mir  Gald  han  oder  keins  ; 

Fir  d'Plaisier  sin  mr  allewiil  z'ha, 

Un  wenn's  Krach  git,  sin  mir  vornedra; 

Anstatt  fir  Chemie  z'studiere, 

Thien  mir  uns  hie  amüsiere. 

Denn  fir  uns  isch  Milhüse  a  Paradies. 

Borax  (commandiert)  :  Bataillon,  halt  !  (Alle  halten).  Setzt 
euch  !  (Alle  sitzen  an  den  Boden  im  Halbmond).  Wer  zahlt  jetz 
snachschte  Tournee  ?    Mr  gehn  in's  Bristol  !    (Niemand  antwortet) 

—   Rede    nit  alle    mit   anander  !    —    Pickel   erscheint  mit   Friedrich   am 

Arm  —  Borax  geht  auf  sie  zu)  Eh  !  gse  .  .  .  ni  racht  ?  Dr  Pape 
Pickel  mit  sim  Neveu  !  Ja  wie  kumme  denn  ihr  do  ane  ?  (gibt 
Pickel  die  Hand  —  zu  Friedrich)    Guten  Abend  Herr  .    .    .  Herr  .    .    , 


Pickel:  Sage  n'ihm  numme  Friedrich!  S' isch  jo  kei 
Schand,  Friedrich  z'heisse.  Se  han  a  Frederic  le  Grand  g'ha, 
wie  mir  dr  Napoleon  le  Grand  g'ha  hann. 

Borax :  Ganz  rächt,  un  wenn  ihr  nix  drgege  han,  mir 
sin  a  luschtige  Bande,  so  mache  mit  uns  un  ihr  wäre  eich  güet 
amüsiere. 

Pickel:  Mir  han  namlig  a  Asse  bi  uns  g'ha,  so  ne  — 
wie  seil  i  sage  —  so  ne  genre  fian^ailles. 

Borax  :     Fiancailles  !     Vu  wem  ? 

Pickel:  Hä,  do  Riege  n'ihr!  Vum  Friedrich,  awer  mit 
wem  sag  i  net  !     S*  isch  no  net  ganz  so  wit. 

Friedrich  :  Von  meiner  Seite  schon,  nur  die  Braut  will 
eben  noch  nicht. 

Pickel  :     Nur    kei    Angscht,    se    wird    scho    noch   wella 
(zu  Borax)  Ihr  warde  lüege,  wenn  ihr's  erfahre. 

Borax  :  ihr  am  And  O  !  Also  (zu  seinen  Kameraden)  do 
isch  mi  Hüsmeischter  un  si  neveu.     Se  mache  o  mit  ! 

Pickel  :  ja,  un  vergasse  net,  ass  ich  Candidat  bi  fir  in  dr 
G'meinrot,  ass  es  die  Herre  net  vergasse,  wenn  se  gehn  geh 
wähle,  rauche  die  Herre  villicht  ?  (offeriert  Cigarren.  Jeder  nimmt  so 
lang  Vorrat  reicht). 

Borax  :  Rauche  thien  se  alle,  awer  wähle  derf  kein.  Die 
wu  vu  hie  sin,  sin  noch  z'jung,  un  d'andere  sin  Russe,  Italianer, 
Negre,  Spanier,  Chinese,  un  die  derfe  nit  wähle  ! 

Friedrich  :     Sind  das  auch  Maurer  ? 

Borax  :  Nai,  no  net.  ich  ha  hite  in  eim  a  güet  Stickla 
g'spielt,  wage  dam  si  mr  eso  luschtig,  un  wenn's  grotet,  ihr 
Herre,  no  lad  ich  eich  i  züe  ne  re  güete  Flasche. 

Friedrich:  Ei,  da  bin  ich  aber  sehr  gespannt,  ich  wünsch 
ihne,  dass  es  gelingt ! 

Pickel  :  Ich  wünsch's  eich  o!  Gsahn'r,  ich  wünsch  eich 
doch  nix  Böses ! 

(Vom  Bahnhof  her  sieht  man  den  Streikposten  mit  Pfälzer  und  einer 
Reihe  von  Genossen  kommen,  die  Pfälzer  am  Bahnhof  abgeholt  haben. 

Pickel  (den  Streikposten  erblickend)  :  Do  kunnt  bigüt  ein  VU 
mine  Arweiter,  wu  Greve  mache.  S'isch  nit,  ass  i  Angscht  ha, 
awer  s'  isch  besser,  me  geht  de  Handel  üs  Wag.  ich  gang  nur 
in's   Cafe  (geht  allein  in's   Kaffee). 

Borax  (zu  Pickel) :     Mir  kumme  gli !     Gehn  numme ! 

Streikposten  (geht  auf  BoraK  zu  und  streckt  ihm  die  Hand  hin): 
Salut  Kamerad  !     Kenne  ihr  mich  nimmig  ? 


25 


Borax  :  Ah  jetz  b'sinn  ich  mich.  Ihr  sinn  da  Mürer,  wu 
an  dr  Gare  g'stande  isch  hit  z'Owe  !  Was  han'r  mit  dam  Mürer 
g'macht,  wu  zu  sim  Onkel  hat  wella  ?     Han'r  ne  versorgt? 

Streikposten  :  Sinn  nur  rüehig,  ar  kunnt  is  net  üs  de 
Klaue  !     Mi  Kolleg  isch  rnit'm  geh  ne  Nachtquartier  süeche. 

Borax  :     Wu  kumme  n'r  har,  noch  eso  spot  ? 

Streikposten :  Eh  do  —  ich  ha  miesse  vu  dr  Partei  üs, 
geh  ne  Wanderredner  abhole  an  dr  Gare.  S'isch  namlig  a  grosse 
Wählerversammlung  morn  z' Nacht  im  Thalia.     Kumme-n'ihr  o? 

Pfälzer  :     Auch  ein  Genosse  ? 

Borax:     Natirlig  !     Mr  sin  alles  Genosse! 

Pfälzer:  Freut  mich,  meine  Herren!  Pfälzer  ist  mein 
Name,  Pfälzer  aus  Nürnberg.  (Begrüssen  sich  —  die  andern  Chemiker 
gesellen  sich  dazu). 

Borax:     Ah,  do  kumme-n'r  ku  rede  morn  z' Nacht! 

Plälzer  :  Ja,  junger  Mann.  Wir  wollen  mal  den  Mülhauser 
Dunkelmännern  ordentlich  auf  die  Hosen  klopfen.  Hoffentlich 
kommen  sie  auch  in  die  Versammlung ! 

Borax :  Eh  natirlig  kumm  i,  un  do  sin  mine  Kamerade, 
die  mien  alle  o  kumme  ! 

Pfälzer :  So  !  Na,  das  freut  mich,  dass  ich  gleich  bei 
meiner  Ankunft,  die  Mülhauser  Jugend,  die  ja  die  Hoffnung  des 
Landes  in  sich  trägt,  begrüssen  darf. 

Borax  :    Ja  kenne-n'ihr  eigentlig  d'  Milhüser  Verhältnisse  ? 

Pfälzer  (mit  grossem  Pathos)  :  Mein  lieber  Freund  !  Hier 
handelt  es  sich  nicht  um  Verhältnisse,  hier  handelt  es  sich  um 
das  Prinzip,  die  geknechtete  Menschheit  von  dem  Joch  ihrer 
Unterdrücker  zu  befreien.  Ich  bin  glücklich,  gerade  hier,  wenn 
ich  so  sagen  darf,  auf  altem  historischem  Boden  zu  stehen,  in 
einem  Lande,  wo  die  Väter  noch  mitgeholfen  haben,  an  dem 
grossen  weltumstürzenden  Werke  der  Befreiung.  Auch  ihre 
Väter  haben  die  grosse  französische  Revolution  noch  mitgemacht 
und  haben  ihr  Blut  vergossen,  um  uns  aus  der  Knechtschaft 
und  Unterdrückung  dem  Lichte  und  der  Befreiung  zuzuführen. 
(Immer  leidenschafthcher)  Auch  eure  Väter  haben  mitgeholfen,  die 
Bastille  zu  stürmen  und  ihr  eigenes  Leben  eingesetzt,  für  die 
herrlichen  Ideale  von  Freiheit,  Gleichheit  und  Brüderlichkeit !  !  ! 
Hat  es  je  ein  Volk  gegeben,  das,  wie  die  Elsässer,  mit  be- 
wunderungswürdiger Tapferkeit,  wahre  Heldentaten  vollbracht 
hat,  wenn  mutige,  tatkräftige  und  besonnene  Männer  sie  angeführt 
haben.  Folgt  auch  heute  wieder  euren  Führern,  die  euch 
glücklich  an's  Ziel  führen  werden.  Und  welches  ist  unser  Ziel  ? 
Wohin  wollen  wir  euch  führen  ?  ! 


26  — 


Peter  U.  Tissi   (die  vom  Balcon  aus  den  Schluss  der  Rede  angehört, 

schreien)  :     In's  Wirtshüs  !  !  ! 

(Alles  fällt  in  den  Ruf  ein  :  „In's  Wirtshüs!"  und  zieht  zusammen  in's 
Kaffee.     Borax  nimmt  Friedrich  am  Arm  und  bleibt  mit  ihm  zurück. 

Friederich  :  Ach,  entschuldigen  sie  Herr  .  .  .  Herr  Borax' 
Herr  Borax,  ich  möchte  sie  doch  etwas  fragen.  Ich  weiss  ja  gar 
nicht  wo  mir  der  Kopf  steht.  E  so  a  netter  Mester,  hab  ich 
meim  Lebtag  noch  nicht  gehabt  —  dutzen  muss  ich  ihn  auch 
schon.  Ich  wollte  blos  mal  wegen  der  Arbeit  fragen  für  morgen, 
da  hat  er  mir  gesagt,  ich  wäre  verrückt.  —  Furchtbar  nette 
Leute  !  Die  ganze  Familie  dutzt  mich  schon.  Ich  kann's  ja 
schon  machen  ohne  zu  arbeiten.  Aber  so  freindliche  nette  Leite, 
so  freindlich.  Übrigens  es  ist  so  wie  sie  mir  gesagt  haben,  er 
hält  mich  für  einen  Verwandten,  aber  ich  habe  keine  Spur 
widersprochen.  Na  ja,  er  muss  es  ja  wissen.  Er  sagt,  er  wäre 
der  Bruder  von  meiner  Mutter  —  ha  ha  ! !  Dabei  habe  ich  gar 
keine  Mutter  gehabt,  blos  ne  Tante,  ja  ! 

Borax  :     Ihr  han  meh  Glück  ass  Verstand. 

Friedrich  :  Ja,  da  haben  sie  recht.  E  so  a  Glück,  e  so 
a  Glück  I  !  Na,  wissen  sie,  unter  uns  gesagt,  der  Mann  scheint 
mir  nicht  ganz  klar  zu  sein,  im  Oberstübchen.  Nu  aber,  erst 
die  Tochter  —  ha  —  was  ne  scheenes  Mädchen,  wie  —  wie 
heest  se  doch  nur,  ich  kann  den  Namen  gar  nicht  behalten. 

Barox  :     Germaine  ! 

Friedrich  :  Ja,  ja  Germäne  !  Ja  denken  sie  sich,  der  Alte 
will  immer,  dass  ich  mich  neben  sie  setze  und  heute  Abend 
wollte  er,  dass  ich  ihr  einen  Kuss  gebe.  Aber  da  bin  ich 
scheene  angekommen,  sie  ist  vom  Tisch  weg  und  hat  geweint. 
Na  ja,  das  Mädel  hat  sich  äben  gegeniert,  aber  das  kommt  noch, 
hat  der  Papa  gesagt.  Un  uf'm  Weg,  da  hat  er  mir  erzählt,  dass 
er  mir  die  Tochter  zur  Frau  geben  will  und  dann  dass  er  mir 
dann  später  sein  Geschäft  übergeben  will.  Ach  denken  sie  blos, 
so'n  Glück,  so'n  Glück ! !  Der  Papa  hat  mir  auch  im  Vertrauen 
erzählt,  dass  die  Germäne  einen  andern  im  Kopf  hätte,  aber  den 
werde  ich  schon  aus  dem  Felde  schlagen  —  so'n  Schafskop  ? 

(Während  dem  Dialogs  zwischen  Friedrich  und  Borax,  gehen  Wächter 
der  Wach-  und  Schliessgesellschaft  über  die  Bühne.  Tirolergehen  in's  Bristol. 
Heilsarmeeleute  mit  Kriegsruf). 

Borax:  Natirlig !  Lüege  do  isch  mi  Hand,  Friedrich 
(Friedrich  schlägt  ein).  Wenn  ihr  ebber  brüche,  fir  da  Schafskopf 
üs'm  Fald  z'schlage,  ich  hilf  Eich,  un  mir  zwei  warde  scho 
Meischter  warde ! 

(Zwei  gleichgekleidete  Zwillingsbrüder  gehen  vorüber  von  links  nach 
rechts.  Die  beiden  Spaziergänger  kommen  wieder  zurück  und  grüssen  die 
Zwillingsbrüder). 


—  27  — 


Dr.  Gabriel  :  Isch  das  a-n'Art,  a  Dokter,  wu  doch  a 
gebildeter  Mann  isch,  a  so  z' empfange.  Ar  ka  jo  nix  drfir. 
Hätte  se  ne  in  Hamburg  glo  ! 

Friedrich  :  Hären  se,  mein  Guedester,  mein  Schwieger- 
vater —  ich  darf  ihn  doch  so  nennen  ? 

Borax  :     Natirlig  ! 

Friedrich  :  Er  hat  g'sagt,  er  möcht  mir  a  goldene  Uhr 
kaufen,  glauben  sie  nicht,  dass  ich  mich  da  revengieren  soll.  Ich 
bin  natürlich  nur  en  Arbeiter  und  habe  keine  Mittel  um  teure 
Geschenke  zu  machen,  aber  ne  paar  Mark  kann  ich  schon 
ausgeben. 

Borax  :     Ä  bäh  !     Kaufe  ne  Automobile  ! 

Friedrich  :  So,  glauben  Sie  !  Aber  so'n  Ding  wird  am 
End  doch  zu  teuer  sein.  Ich  möcht  halt  doch  nicht  mehr  wie 
zwei  bis  drei  Mark  ausgeben. 

Borox  :     Oh  !    Um   da  Pris   bekumme   ihr  scho  ne  natts  ! 

Friedrich  :    Ja,  wo  kauft  man  denn  die  ? 

Borax  :     Eh,  gehn  nur  zum  Wronker ! 

Friedrich  :  Also  nix  für  ungut,  Herr  Borax.  Aber  das 
bleibt  doch  unter  uns,  und  wenn  ich  einen  guten  Rat  brauche, 
dann  darf  ich  doch  zu  ihnen  kommen  ? 

Borax  :  Awer  natirlig !  Ich  wir  eich  scho  helfe,  ass  ihr 
d'  Germaine  bekumme  ! 

(Die  beiden  Zwillingsbriider  gehen  wieder  vorüber). 

Friedrich  (schaut  ihnen  nach  und  reibt  sich  die  Augen)  :  Ich 
weiss  nicht  bin  ich  besoffen,  oder  sehe  ich  doppelt.  Das  ist 
doch  nur  einer  der  da  geht !  ? 

Borax:  S'sin  zwei,  awer  s'isch  doch  nur  ein!  Allez, 
d'andra  warte  uff  uns,  warte,  kumme  jetze  ! 

Zeitungsträger  (kommt  heraus) :  Le  Journal !  Journaux 
francais,  Messieurs  ! 

Friedrich  :     Was  quatscht  der  Kerl  da  ? 

Borax  :     Das  isch  a  Zitungsverkaifer ! 

Friedrich  (zu  letzterem)  :  Sie,  gäben  sie  mir  den  Leipziger 
Arbeiterfreund. 

Zeitungsträger  :     Mir  han  kä  so  Drackblättle  ! 

Friedrich  :  Was  sagt  der  Kerl  ?  Der  Leipziger  Arbeiter- 
freund ist  en  Dreckblatt !  Nun  mach  aber,  dass  du  weiter 
kommst !     Ich  geb  dir  Dreckblatt ! 

Zeitungsträger  (abgehend) :  Oh,  qu'ils  sont  grossiers,  ces 
Allemands  !  (ab.) 


-  28  — 


(Dr.  Gabriel  und  Stadtrat  Negre  kommen  wieder  und  von  der  ent- 
gegengesetzten Seite  kommen  noch  drei  Stadtratsmitglieder.  Alle  fünf 
begriissen  sich). 

Stadtrat  Fuchs  :  Was  mache  denn  Ihr  noch  do,  um  die 
Zit  ?     Ihr  sötte  scho  lang  im  Bett  si  ! 

Ruri  (dicker)  :    Ich  wett,  se  han  vum  G'meinrot  g'redt ! 

Stadtrat  N^gre  I     Vu  was  seil  mr  denn  verzähle  ? 

Dr.  Gabriel  :  Siter  ass  i  nimmig  drin  be,  han  i  mi  gar 
nimmig  amüsiert ! 

Fuchs  :  Das  glaub  i.  Fir  was  meine  ihr,  ass  mr  drin  sin? 
Mir  wann  is  amüsiere,  un  —  wer  weiss  ebb  mr  drin  bliewe  ! 
Die  kurze  Zit,  wu  mr  noch  drin  sin,  wa  mr  da  andre  d'  Höll 
scho  heiss  mache  ! 

Dr.  Gabriel  :  A  propos,  wie  isch's  gange,  mit  dr  Gleis- 
lose Bahn? 

Negre  :  Eh,  wie  wird's  geh  !  Wenn  se  net  lauft,  so  verkaufe 
mr  se  im  Fripie-haas: 

(Dr  100-Kilos-Verein  kommt  vom  Bahnhof.  Scheller  von  der  entgegen- 
gesetzten Seite). 

Scheller:     Salut  Ihr  Herre !    Wu  kumme-n'ihr  har? 

Sporn  :    Mr  sin  z'  Neieburg  gsi,  geh  d'Spargle  versüeche! 

Scheller  :    Han'r  güet  g'asse  ?    Was  hat's  alles  gah  ? 

Sporn  :  Nix  b'sunders.  Mr  han  ebbene  drei  Zantner 
Spargle  un  30  Kilos  Friture  g'ha.  Se  han  jo  kä  G'flügel  do 
ane.  S'sin  küm  zwei  Hiehnle  uff  dr  Mann  kumme.  Wenn 
nit  jeder  e  Schiefele  mitg'numme  hat,  hätte  mr  kenne  verhungera  ! 

Scheller  :    Wu  geht's  jetz  ane  ? 

Sporn  :  Allez,  kumme  mit  in's  Bristol !  Mr  wann  geh 
ne  Schinkebrödle  asse.  (Alle  in's  Bristol,  Sporn  ist  zu  dick  und 
kommt  nicht  zur  Thüre  hinein)  :  Was  isch,  mache  n'r  SCho  ZÜe  ? 
(Kellner  kommt  und    reisst   den    andern  Türflügel  auf). 

(Pompier-Sergeant  kommt  von  links  gegen  Kaffee  Bristol). 

Dertele   (der  eben  herauskommt  zum  Pompier)  :    Wu  brennt's? 

Pompier :  Wu  wird's  brenne  !  Niene  —  ich  bi  nur  an 
ere  Licht  gsi ! 

Dertele  :    Jetze,  an  ere  Licht !  ? 

Pompier  :  Nai,  hite  morge  am  zehne.  Awer  mr  müess 
si  doch  zeige  un  morn  isch  wider  a  Licht,  drno  isch's  doch 
net  drwart,  ass  mr  si  Pompierplünderla  üszieht ! 

Dertele  :  Hite  morge  han'r  ein  vergrawe,  un  jetz  thien'r 
ne  ne  noch  versüffe  ! 


29 


(Es  kommen  von  verschiedenen  Seiten,  Gassen-  und  Strassenkehrerinnen 
mit  Besen). 

Frau  Pickel  (die  eilig  gelaufen  kommt  und  über  den  Besen  einer 
Kehrerin  fällt,  erbost) :  Kenne  ihr  net  Achtung  gah  !  Brüche  ihr 
dr  ganzs  Platz  do  fir  Eich,  ass  d'Lit  net  dure  kenne,  un  fir  mit 
enander  z'ratsche !  Kä  Wunder,  ass's  niene  süfer  isch  in  dr 
Stadt,  wenn  mr  eso  Lit  hat  fir  d'Strosse  z' wische,  Do  ka  mr 
sage:  v/ie  dr  Herr,  so  dr  Diener!  S' Pack  hat  afange  alle  Rächte 
un  d'ehrlige  Lit  mien  si  ducke.  Wenn  ich  z' kommandiere  hat, 
ich  wott  scho  uffrühme,  ihr  miesste  mr  anderscht  tanze  !  ! 

(Alle  Kelnerinnen  erheben  drohend  den  Besen  und  umkreisen  Frau  Pickel). 

I.  Kehrerin  :  Awer  jetz  isch's  genüe !  Jetz  isch's  Zit 
ass  de  fürt  kunnsch,  du  alte  Hax  !  Ah,  du  findsch  o,  ass 
d'städtische  Arweiter  Fülanzer  sin !  Was  bisch  denn  du  fir 
eine,  ass  du  z'morge  am  eins  noch  uff  dr  Stross  umelaüfsch  ? 
Mach  ass  de  Üsrisch  !  Frau  Pickel  will  sich  in's  Bristol  flüchten.  Im 
selben  Augenblick  kommer  die  Chemiker  wieder  heraus  und  sehen  die 
Kehrerinnen  mit  erhobenem  Besen  vor  dem  Cafe  stehen). 

Borax:  Oho!  Was  isch  denn  do  los?  Wann  ihr  s'Cafe 
belagera  ?  (bemerkt  Frau  Pickel)  Un  sie  do,  Madame  Pickel  ?  Ja 
wie  kunnt  sie  do  ane  ?  ! 

Frau  Pickel  :     Wu  isch  mi  Mann  ?    Da  Lump  ?  ! 

Borax  :  Ich  glaub,  ar  isch  dine  (Frau  Pickel  geht  hinein  — 
zu  den  Kehrerinnen)  Allez,  mache  kei  Dummheite  !  (Zu  den  Chemikern) 
Ailez  Kamerade !  En  place,  pour  quadrille  !  Engagier  jeder 
si  Dame  !  (Jeder  nimmt  eine  Kehrerin  am  Arm  und  sie  führen  zusammen 
einen  Tanz  auf). 

Tanz 

Peter  (vom  Balcon)  :  Tissi !  Do  unte  wird  tanzt !  Ailez 
Tissi,  kumm  awe,  do  mien  mr  drbi  si  !  (Beide  kommen  schnell 
herunter,  stellen  sich  dazu  und  wenn  der  Tanz  beendigt,  so  stellen  sie  sich 
in  die  Mitte  und  tanzen  mit  komischen  Bemerkungen). 

Tanz   von    Tissi    und    Peter 

(Bei  Scliluss  des  Tanzes  erscheinen  die  drei  Streikposten  und  führen  den 
Herrn  Maurer  am  Arm). 

Maurer :  Aber  lassen  sie  mich  doch  gehen,  ich  muss 
doch  zu  m.einem  Onkel  ! 

I.  Streikposten  :  Ja,  scho  güet  I  Mr  kenne  jetz  efange 
das  Liedla  vu  dam  Onkel  !  Du  bisch  do  fir  z'schaffc  bim  Herr 
Pickel,  un  jetz  wit  du  uns  vorschwatze,  s'seig  die  Onkel ! 

Maurer  :     Aber,  er  ist  doch  mein  Onkel  ! 

II.  Streikposten:.  Los  Kamerad!  Dii  geh'sch  jetz  do  in 
d'Hoffnung  geh  schlofe  un  morn  v/a  mr  drno  lüege,  was  mr 
mit  dr  mache  ! 


30  - 


Borax  (zu  sich,  die  Gruppe  bemerkend)  :  Jetz  klinilt  da  O 
noch  !  Da  hat  jetz  noch  g'fahlt.  Wenn'r  nur"^  nit  mit'm  Pickel 
z'sammekunnt,  sunscht  han  i  mi  Spiel  verlöre. 

(Im  selben  Augenblick  gibt  es  ein  grosses  Gepolter  hinter  der  Bühne. 
Es  fliegt  eine  Stange,  ein  l^olster  und  eine  grosse  Tafel  mit  „Uebungswagen" 
von  links  auf  die  Bühne  und  gleichzeitig  ein  Mann  in  Uniform  der 
Tramwayschaffner.  —  Alles  stürzt  hinzu.  Aus  dem  Cafe  kommen  alle  Leute). 

Frau  Pickel:    Jeses  Maria!    S'isch  a  Ardbewe  ! 

Friedrich  :  Ach,  Herr  Jemersch  !  Ich  glaube  die  Welt 
geht  unter! 

Tissi  :  Nai,  nai !  S'isch  je  nur  d' Gleislose,  wu  lewungs- 
fahrte  macht ! 

Peter  :    S'  isch  noch  güet  gange  ! 

Stadtrat  Fuchs  (welcher  mit  den  andern  herbeigelaufen  kommt): 
S' macht  nit  !    Mr  sin's  jetz  hol  g' wohnt! 

Frau  Pickel  :    Ja,  un  im  Conducteur,  hat's  nix  g'maclit  ? 

Fuchs :  Nai,  Nai  !  Da  ha  mr  lo  üswatiere,  s'  kat  ihm 
nix  mache! 

Pickel  :  S'jisch  bigüt  a  Schand  fir  Milhüse,  a  so  ne 
Tramway  a  z'schaffe.     Mr  müess  si  jo  schäme  ! 

Stadtrat  Negre  :  Ja,  s' hat  am  nöthige  Droht  g'fahlt, 
wage  dam  ha  mr  kä  G'leis  g'macht. 

Pickel  :  Schäme  sötte  ihr  i  !  Fir  so  ebbis  wird  g'spart, 
do  han  ihr  natirlig  kei  Oald  !  Awer  wenn's  fir  d'Arweiter  isch, 
do  isch  nix  güet  genüe,  do  wird's  numme  so  üsekeit ! 

II.  Streikposten  :  Ihr  han's  notwandig,  ebbis  iwer 
d'Arweiter  z'sage  !    Ihr  Litüssüger ! 

Peter:  Ganz  rächt!  Nur  nit  g'falle  lo  !  (und  hetzt)  gss,  gssü 

Pickel  :  Ihr  Fülanzer,  ass'r  sin  !  Das  sin  alles  die  arme 
Arweiter,  wu  z'morge  am  zwei  noch  in  de  Wirtshiser  umefahre! 

Hochziter  :     Schia-n'm  doch  eins  uff's  Dach. 

Friedrich  :  Aber  nur  die  Ruhe,  gan's  machen  immer 
gemietüch. 

I.  Hochzeitsgast :     Putz  doch  dam  Schwed  eine  ! 

Borax :  Allez,  handle  doch  nit !  S'  isch  jo  nit  bös 
g'meint  gsi  ! 

Frau  Pickel  (geht  mit  erhobenem  Schirm  los)  :  So  Lunipepack  ! 
Ihr  thate  liawer  dr  Hüszins  zahle  !  (will  schlagen  —  Pickel  reisst 
sie  zurück). 

Hochzittere:  Was?!  Lumpepack?!  Wart  i  gib  dr  Lumpe- 
pack, du  alte  Hax  !   (will  auf  sie  los,  ihr  Mann  hält  sie  zurüch). 

Peter  (schreit):  Achtung!  D' Schucker  !  (Zwei  Schutzleute 
erscheinen,  mit  Mantel  umgehängt,  langsamen  Schrittes  und  der  eine  ergreift 
den  Hochziter  und  der  andere  Pickel  am  Kragen). 


—  31 


Hochziter  :     Lehn  mi  geh!    Se  han  mit  uns  ag' fange! 

Frau  Pickel :    Alte  Hax,  hat  se  g'sait : 

I.  Schutzmann  (zum  Hochziter)  :  Wollt  ihr  wohl  ruhig  | 
sein  !  Was  fällt  euch  denn  ein,  mitten  in  der  Nacht  so  ein  * 
Skandal  zu  verführen! 

Hochziter  :     Ihr  han  mir  gar  nix  z'sage  !   Verstände  ! 

I.  Schutzmann  :  Ruhig  sage  isch,  sonst  bringen  wir  sie 
zur  Wache  ! 

Hochziter  :     Sal  isch  bigüscht  nit  wohr  !    (wehrt  sich). 

I.  Schutzmann  :  Los  !  Mit  zur  Wache  !  (führt  den  sich 
"Wehrenden  ab  —  zu  seinem  Kollegen)  :  Sie,  Kollege,  stellen  sie  mal 
die  Personalien  der  andern  fest ! 

Hochziter  (im  Abgehen)  :  Das  isch  mr  a  natta  Hochzitts- 
nacht.     Adie  Philippine  I    (zu  Tissi)   Tissi,  gib  mr  acht  uff  mi  Frau! 

Tissi  :     S'wird  b' sorgt ! 

H.  Schutzmann  (zu  Pickel)  :  Ich  muss  ihren  Namen  fest- 
stellen.    Wie  heissen  Sie  ? 

Borax :  Aber  Herr  Schutzmann  !  Lassen  sie  doch  den 
Herrn 

Schutzmann  :  Halten  sie  s'  Maul  !  (zu  Pickel)  :  Wie 
heissen  sie  ? 

Pickel  :  Oh !  Ich  brüch  mich  nit  z'  schäme.  Ich  bi  dr 
Bauunternehmer  Pickel,  mich  kennt  jeder.  Ich  bi  Candidat  fir  in 
dr  G'meinrot. 

Maurer  :  Ach  du  guter  Himmel,  das  ist  der  Herr  Pickel, 
das  ist  ja  mein  Onkel,  den  ich  überall  suche  !  (in  dem  Augenblick 
wirft  Peter  dem  Schutzmann  das  Plakat  „Übungswagen"  an  den  Kopf. 
Maurer  will  eben  auf  Pickel  zu  stürzen  und  befindet  sich  hinter  dem 
Schutzmann). 

H.  Schutzmann:     Zum  Donnerwetter!     Wer  war  das?! 
Borax  (auf  Maurer  zeigend)    :     Do,  da  do  isch's  gsi  ! 


Schutzmann  (stürzt  auf  Maurer) :  Sie  unverschämter  Lümmel! 
Das  sollen  sie  mir  Süssen  !     Sie  sind  verhaftet ! 

Maurer  (stammelt)  :    Aber  verzeihen  sie,  ich  .    .    . 

Schutzmann  :     Maul  halten  !  (führt  in  ab). 

Borax :  Ouf ! 

n.  Streikposten  :     So   jetz  brüche  mr  dr   ewe  kei  Logie 
süeche ! 

(Vorhang   fällt) 


—  32  — 


III.  AKT 

Personen -Verzeichnis 

Herr  Pickel, 

Frau  Pickel 

Germaine 

Friedrich 

Direktor  Henri 

Stadtrat  Fuchs 

Stadtrat  Negre 

Stadtrat  Ruri 

Stadtrat  Kolb 

Stadtrat  Baumeister 

Commissionsmitghed  Schrumm 

1.  Schauspieler 

2.  Schauspieler 

3.  Schauspieler 
Heldentenor 

1.  Kapellmeister 
1.  Theaterarbeiter 
Feuerwehrsergant 
Regisseur 
Sängerin 
Theaterdiener 

Schauspieler,  Schauspielerinnen,  Balleteusen,  Theater- 
arbeiter 
Polizeikommissar 


33  - 


in.   AKT 

Die  Bühne  stellt  die  Theaterbühne  von  rückwärts  gesehen  dar.  Den 
Hintergrund  bildet  der  Vorhang  mit  Guckloch.  Die  Dekoration  stellt  einen 
Garten  von  rückwärts  gesehen  vor.  Beim  Hochziehen  des  Vorhanges,  geht 
hinten  der  Vorhang  (Hintergrund)  herunter.  Man  sieht  in  den  Zwischenraum 
eines  Theaters  hinein.  Kapellmeister  Hess  am  Dirigentenpult  wird  gesehen. 
Auf  der  Bühne  ist  ein  Schauspieler  (Heldentenor),  der  sich  beim  Sengen  des 
Vorhangs  (Hintergrund)  verbeugt.  Sobald  der  Vorhang  drunten  ist,  gestikuliert 
er  heftig.  Ein  Garderobier  wirft  ihm  einen  bereitgehaltenen  Mantel  über. 
Man  hört  starkes  Beifallklatschen.  Aus  den  Coulissen  hört  man  den 
Regisseur  rufen. 

Regisseur  (hinter  den  Coulissen) :  Vorhang  hoch  !  Vorhang 
hoch  ! 

Heldentenor  (aufgeregt) :  Auf  keinen  Fall !  Der  Vorhang 
muss  drunten  bleiben  !     Ich  geh  nicht  mehr  raus  ! 

Direktor  (schmeichelnd):  Aber,  ich  bitte,  Herr  Heldentenor 
das  Publikum  will  sie  sehen,  hören  sie  doch  den  Applaus 
Vorhang  hoch  ! 

Heldentenor :  Zum  Teufel  noch  mal,  —  lassen  sie  den 
Vorhang  drunten,  sonst  verlasse  ich  die  Bühne  !  Die  Bauern 
können  mir  gestohlen  werden  !  Was  wissen  denn  die  Leute 
von  Kunst  ? 

Direktor  :     Was  ist  denn  schon  wieder  los  ? 

Heldentenor :  Das  sind  meine  Sachen,  Herr  Direktor, 
und  damit  basta! 

Direktor  :    Also  Schluss  !    Bühnenwechel !    Etwas  fix  ! 

Regisseur  :  Schnell,  schnell !  Wir  haben  keine  Zeit  — 
nicht  so  bummeln  !  (Von  sämtlichen  Theaterarbeitern  arbeitet  wirklich 
nur  einer,  die  andern  stehen  herum). 

(Es  kommen  von  links  herein,  zwei  Stadträte,  Mitglieder  der  Theater- 
kommission, bekannte  Gesichter.  Beide  gehen  direkt  an  das  Guckloch  im 
Hintergrund  und  tuscheln  zusammen. 

Direktor  (geht  auf  beide  zu) :  Guten  Abend,  meine  Herren  ! 
Welch'  hohe  Ehre  sie  uns  erweisen  !  (gibt  beiden  die  Hand). 

Stadtrat  Fuchs  (grosser  Lockenkopf,  schwarzer  Schnurrbart, 
circa  36  Jahre  alt,  grosser  schwarzer  Schlapphut,  immer  Hände  in  den 
Taschen  —  blinzelt  dem  Direktor  zu)  :  Ar  iscll  do  !  (beide  gehen  wieder 
an's  Gucklocli  und  sehen  nach  der  Bürgermeisterloge). 

Stadtrat  Negre  :     Isch'r  do  ? 


34  — 


Fuchs  :     Ar  isch  do,  —  do  kasch  ne  g'sah  ! 

Schauspieler  und  Schauspielerinnen,  Tänzerinnen  und  Statisten  sind 
herausgekommen  und  treiben  allerlei  Unsinn). 

Fuchs  (zum  Direktor)  :  A  propos,  Herr  Diracter,  d' Fräulein 
Lieblich  hat  sich  bi  mir  entschuldigt,  se  ka  net  ku  hite. 

Direktor :  Aber  das  ist  doch  sehr  unangenehm,  jetzt  im 
letzen  Augenblick  ! 

Fuchs  :  Se  hat  mr's  geschtert  scho  g'sait,  awer  ich  ha's 
vergas se  ! 

Direktor :  Eigentlich  sollen  sich  die  Schauspieler  an 
mich  wenden  ! 

Fuchs:  Das  isch  grad  so  güet,  wenn  se's  mir  sage,  fir 
was  bin  i  in  dr  Theaterkommission? 

Direktor:  Allerdings,  Herr  Stadtrat!  Es  war  ja  nicht  so 
gemeint ! 

Regisseur  (zu  den  Theaterarbeitern)  :  Schnell,  schnell  !  Was 
fällt  Euch  denn  ein  ?    Ihr  seid  doch    nicht   hier  zum  Faulenzen  ! 

Negre  (zum  Regisseur)  :  Herr  Regisseur,  ihr  mien  die 
Arweiter  net  so  aschreie,  se  sin  so  guet  vu  dr  Stadt  ag'stellt 
ass  ihr,  un  a  Arweiter  isch  o  ne  Mensch  !  (Regisseur  rauft  sich 
die  Haare). 

Negre  (zum  I.  Stadtarbeiter  —  gibt  ihm  die  Hand):  Ihr  brüche-n-i 
nit  g'falle  lo,  sage  nur  mir's  (zum  II.  Theaterarbeiter,  ihm  ebenfalls  die 
Hand  gebend)  Salü  Schaki  !  Was  hat's  geschtert  z' Nacht  neis  ga 
in  dr  Fraction  ! 

II.  Theaterarbeiter  :  Net  viel,  awer  de  derftigsch  o  wieder 
emol  ane  ku,  bsunders  jetz,  vor  dr  Wahl ! 

Regisseur  (aufgeregt  zum  Direktor)  :  Wir  werden  nicht  fertig! 

(Direktor  zuckt  die  Achseln  und  geht  weg). 

Regisseur:    Nun,  mir  soll's  recht  sein! 

(Drei  Schauspieler  stehen  beisammen). 

I.  Schauspieler :  Nee,  mein  Lieber !  Da  bin  ich  nun  gar 
nicht  verlegen.  Ich  krieg  mit  jeder  Post  Kontrakte  zugeschickt. 
Momentan  stehe  ich  in  Unterhandlung  mit  München.  Die  wollen 
nich  um  jeden  Preis  dort  haben.  Was  ich  nach  Mülhausen 
rage  —  ich  will  ja  gar  nicht  hier  bleiben.  Ich  kriege  Engagement 
n  jeder  Grosstadt ! 

II.  Schauspieler:  Es  ist  auch  ein  trauriges  Nest,  das 
Vlülhausen,  und  ich  bin  froh,  wenn  ich  mir  wieder  den  Staub 
/on  den  Sohlen  schütteln  kann  ! 

III.  Schauspieler:  Na  wissen  si,  hier,  und  so  was  von 
inem  Publikum,  nicht  ein  Vota  von  Kunstverständnis.  Zum 
jrossen  Glück  haben  wir  eine  Theaterkommission  ! 


35  - 


I.  Schauspieler:  Ah  pardon!  Da  sehe  ich  gerade,  dass 
mich  der  Herr  DireI<lor  wünscht  !  (geht  auf  den  Direktor  zu,  während 
die  andern  zwei  weitersprechen  —  zum  Direktor)  :  Acil  Verzeihung, 
Herr  Direktor  !  Dürfte  ich  mir  gestatten,  mich  wegen  dem 
Reengagement  zu  erl<undigen.  Ich  wäre  ihnen  wirklich  von 
ganzem  Herzen  dankbar,  wenn  sie  mich  für  die  nächste  Saison 
prolongieren  wollten,  ich  hab  mich  in  Mülhausen  jetzt  schon 
so  eingelebt,  dass  mir  Mülhausen  zur  zweiten  Heimat  geworden 
ist  und  es  wäre  ein  schwerer  Schlag  für  mich,  wenn  ich  jetzt 
wieder  von  Mülhausen  fortmüsste. 

Direktor :  Meine  Unterstützung  haben  sie,  mein  Lieber, 
aber  sie  wissen,  dass  es  nicht  allein  von  mir  abhängt.  Ich  kann 
ihnen  leider  keine  zu  grossen  Hoffnungen  machen.  (I-  Schauspieler 
verbeugt  sich  und  geht  zurück  zu  den  zwei  anderen  Schauspielern.  —  Direktor 
zu  den  beiden  Stadträten  sich  wendend)  Nun,  meine  Herren  !  Wie  hat 
ihnen  der  zweite  Akt  gefallen  ? 

Fuchs  :     S'isch  nit  b'sunders  gsi,  das  Lied i  weiss 

nimmig  wie  ihrs  heisse,  wu  ar  un  sie  mitanandersinge  ! 

Direktor  :     Ah,  sie  meinen  wohl  das  Liebesduett  ? 

Fuchs  :  Natürlich,  das  Liebesduett !  Eh  bien,  sie  hat  viel 
stärker  und  viel  höcher  g'sunge  wie  ar  ! 

Direktor  :  Ja,  das  weiss  ich.  Sie  hat  eben  die  Melodie 
zu  singen  und  er  hat  die  Begleitung  ! 

Fuchs  :  Ja,  das  weiss  ich.  Ar  müess  awer  doch  stärker 
singe  —  wenn  mr  so  güet  bezahlt  isch  wie  ar,  so  derf  mr  O' 
stark  singe ! 

Negre  :  Un  dare  dicke  Tanzere  isch  a  Wade  aweg'rutscht. 
Ich  will  in  dr  nachschte  Commissionssitzung  proposiere,  ass  die 
Wade  vum  a  Gmeinrotsmitglied  no-g'lüegt  warde,  vor  ebb 
d'  Vorstellung  afangt,  ass  a  so  Sache  nimmig  vorkumme ! 

Fuchs  :  Un  dr  Bariton  isch  gar  net  uff  d' grosse  Zeh 
kumme ! 

Direktor  ;     Sie  meinen  doch  das  hohe  C. 

Fuchs  :    Ja,  natirlig  das  höh  C  ! 

Direktor  :    Das  war  nicht  der  Bariton,  sondern  der  Tenor. 

Fuchs  :     Das  blibt  sich  doch  egal  —  Bariton  oder  Tenor! 

Direktor :     Sie  sind  ein  schlauer !  (geht  weg). 

I.  Schauspieler  (zu  den  Kollegen)  :  Nee.  fällt  mir  ja  gar 
nicht  ein  !  Der  Direktor  meint,  er  muss  es  durchsetzen  —  er 
will  mich  mit  aller  Gewalt  für  die  nächste  Saison  wieder  haben. 
Er  hat  mir  eben  eine  höhere  Gage  angeboten,  aber  ich  habe 
ihm  gesagt,  dass  ich  unter  keinen  Umständen  mehr  bleibe  ! 


-  36 


Sängerin  (kommt  erregt  herausgestürzt  auf  den  Direktor  zu)  :  Die 
Rolle  der  Amelia  will  ich  unter  allen  Umständen  spielen,  ich 
bestehe  darauf,  das  ist  mein  Fach,  dafür  bin  ich  doch  engagiert, 
ich  habe  es  doch  kontrakth'ch  !  Wie  kommt  man  dazu,  mir  die 
Rolle  einer  andern  zu  geben  ? 

Direktor :     Na  ja,  sind  sie  doch  blos  ruhig ! 

Fuchs :  Eh  bien,  Herr  Dirakter,  gan  doch  dam  Maidle 
die  Rolle,  was  ka  das  eich  mache,  s'  isch  jo  egal  wer  die 
Rolle  spielt  ! 

Direktor  :     Na  ja,  sie  sollen  die  Rolle  haben  ! 

Sängerin  :     Besten  Dank,   Herr  Stadtrat,  für  ihre  geistige 
'  Fürsprache. 

Fuchs  :     S'isch  garn  g'schah  !     (spricht  weiter  mit  ihr). 

I.  Kapellmeister  (kommt  sehr  aufgeregt  hereingestürzt,  mit  Takt- 
stock in   den   Händen,  bayrischen   Dialekt  sprechend)  :      Des    holt    i     net 

aus  !     1    loss   ma   net  von   jed'm  Schusta   in  d'Musik  einired'n  ! 

(erblickt  die  beiden  Stadträte  und  den  Direkter j   Grüess   Goot,  die  Herr'n 

Kommissionsmitglieda  !     Gut'n  Abend,  Herr  Direkta  ! 

Negre  :  Ihr  schreie  jo,  ass  wenn  ihr  im  Hofbraühüs  in 
Münche  wäre  ! 

I.  Kapelmeister :  Na  ja,  s'  isch  doch  a  woar,  i  hob 
g'mant  da  Schlag  trifft  mi  ! 

Negre:     Was  fir  ein,  dr  Wertenschlag? 

I.  Kapellmeister:  Na,  so  hab  i  mi  g'ärgert.  Kimmt  da 
so'n  Metzgameista  un  will  ma  was  verzähl' n  üba  den 
Kontrapunkt ! 

Negre  :     Da  seil  Groschewirschtle  verkaufe  ! 

I.  Kapellmeister :  Kaum  is  der  fürt,  so  kumm'n  zwa 
so  junge  Fratz'n  und  woll'n  m'r  vormach'n  wia  ma  den  Wagna 
dirigiert?  Jetz  frag  i  sie,  meine  Herr'n  von  der  Theatakommission, 
sie,  die  sie  doch  Kunstverständige  san,  die  sie  doch  ganz 
speziell  in  die  Theatakommission  g'wählt  word'n  san,  weil  sie 
Musik-kenna  san  —  ich  frag  nun  sie,  ob  ma  da  eina  was  vor- 
mach'n kann  ? 

Fuchs  :  Nai,  eich  ka  keiner  nix  vormache,  se  könne  eich 
höchschtens  nomache ! 

I.  Kapellmeister  (immer  feuriger  werdend)  :  So'n  Wagna, 
seh'n  sie,  der  v/i',1  nit  nur  diriigert,  sondern  der  will  auch  ver- 
stände und  empfund'n  werd'n.  (Fängt  an  zu  gestiguHeren.)  1  sag,  i 
lass  mei  Leb'n  für  so'ne  Musik,  was  ma  da  alTs  heraushol'n 
kann.  Da  sprudelt's  blos  so  voll  stürmischa  Leid'nschaft. 
Denk'n  sie  blos,  di  schöni  Passage  aus  Siegfried  (fängt  an  das 
Lied  zu  singen  und  auf  seine  bekannte  Art  in  der  Luft  herumzufuchteln). 


37  — 


Negre  :  Was  inr  hitigstags  net  fir  a  Wase  macht  mit  dam 
Wagner.  Was  hat  ar  denn  so  b'sunders  g'macht  —  —  —  da 
Wagner?  Wage  dam  „Mignon"  wu  ar  g'macht  hat,  was  isch 
denn  do  b'sunders  dra  ? 

I.  Kapellmeister :  Owa,  Mignon  hat  doch  Wagna  gar 
nit  g'macht,  das  is  ja  vom  Thomas  und  gar  nit  vom  Wagna  ! 

Negre  :  Eh  jo,  do  ha  mr's  jo,  net  emol  Mignon  hat  ar 
mache  könne ! 

I.  Kapellmeister  !     Heiliga  Bimbam  !    (läuft  wejj,  bleibt  bei 

einer  Sängerin  stehen.  —  Während  der  ganzen  Scene  war  viel  Kommen  und 
Gehen  von  Schauspielern.  Tänzerinnen  stehen  an  den  Coulissen.  Die  beiden 
Stadträte  sehen  den  Balleteusen  zu,  wie  dieselben  die  Beine  schwingen. 

Feuerwehrsergeant  (zu  den  zwei  Stadträten) :    Gehn  net  so 
noch,  ihr  Herre,  wie  g'schnall  könnte  ihr  Für  fange ! 
Negre  :     Sin  ihr  wieder  jaloux  ? 

(Kommissionsrat  Schrumm  kommt  von  links  herein.  Alle  machen  Knixe, 
auch  der  Direktor. 

Fuchs  :     Ah,  lüeg  do  !    Salut  Schrumm  ! 

Schrumm:    Salut!  Hocke-n-ihr  denn  scho  wieder  d'owe  ? 

N^gre  :     S'isch  fascht  so  luschtig,  ass  im  G'meinrot ! 

I.  Schauspieler  (geht  auf  Schrumm  zu) :  Ich  habe  die  Ehre, 
Herr  Kommissionsrat,  ich  muss  ihnen  noch  meinen  verbindlichsten 
Dank  abstatten,  für  das  .... 

Schrumm  (unterbrechend)  :  S'  isch  scho  güet,  mache  nur 
kei  so  Manöver ! 

II.  Schauspieler  (zu  Schrumm) :  Das  war  ausserordentlich 
liebenswürdig  von  ihnen  .... 

Schrumm  :  Jo,  rede  net  drvu,  s'isch  jo  net  drwart!  (geht 
auf  Negre  und  Fuchs  zu) :  A  propos,  Genosse,  was  meine  Ihr  zu 
dam  Vorschlag,  ich  will  in  dr  nachschte  Commissionssitzung 
vorschlage,  ass  mr  dr  Benefice  wu  vum  Theater  abfallt  das  Johr 
im  Pfrundhüs  un  sunscht  in  a  paar  güete  Warke  losst  züekumme. 

N^gre  :     Meinsch   do  wird's   Stücker  ga  !    (Schrumm,  Negre 

und  Fuciis  und  Balleteuse  bilden  eine  Gruppe  und  lachen  miteinander. 
Direktor,  Kapellmeister  und  Schauspieler  bilden  eine  separate  Gruppe). 

11.  Schauspieler  (zum  Direktor):  Herr  Direktor,  das  kann 
ich  mir  auf  keinen  Fall  gefallen  lassen,  wie  kommt  man  denn 
dazu,  mir  so  ohne  weiteres  50  Pfennig  .von  meiner  Gage 
abzuziehen  ? 

Direktor :  Ja,  ich  weiss  absolut  nicht  um  was  es  sich 
handelt,  ich  weiss  nur,  dass  sie  gemeldet  worden  sind. 

II.  Schauspieler :  Ja  natürlich,  kann  mir  ja  denken, 
woher  das   kommt,    aber   ich  kann   sie  versichern,   dass  es  dies 


-  38 


mal   nicht   so  glatt   durchgehen  wird,   ich  weiss  schon,  an  wen 

ich   mich   zu   wenden   habe  !   (Geht  auf  die  andere   Gruppe   zu) 

Schrumm     (kurzsichtig) :    Ah,    sahit    Genosse !    (sieht    ihn 

genauer  an)   Ah,   was  git's   neis  ? 

II.  Schauspieler:  Ach,  verzeihen  die  Herren,  wenn  icii 
sie    störe !     Kann    ich    einen   Augenblici<    Herrn   Stadtrat  Fuchs 

sprechen  ?     (Stadtrat  Fuchs  geht  mit  ihm  zur  Seite.) 

Schrumm  (zu  den  andern) :  Was  will  jetz  da  Dissi  ? 
A  propos,  s'kunnt  noch  a  Visite,  dr  Ruri  un  d'andre  wann  o  a 
mol  ku  lüege  do  hinte,  se  warde  gli  kumme. 

Fuchs  (zum  II.  Schauspieler):  Fufzig  Pfennig?  S'isch  doch 
nix  drvu  g'redt  worde  in  dr  Commissionssitzung.  Enfin  s'wird 
rangiert  warde.  Wenn'r  wieder  ebbis  han,  so  wände- n-i  nur 
an  mich  ! 

II.  Schauspieler:   Besten  Dank,  Herr  Stadtrat!   (geht  zwei 

Schritte  weg  und  kommt  wieder)  Was  ich  noch  sagen  wollte  (spricht 
Iei:e  zu  Fuchs  indem  er  verschiedene  Alale  auf  seine  Schuhe  zeigt.  Dann 
geht  er  wieder  zu  seiner  Gruppe  und  Fuchs  zu  Negre  und  Schrumm.  —  Es 
kommen  von  links  verschiedene  Gememderatsmitglieder.) 

Schrumm  :     Was  han-i  g'sait,  do  sin  se  scho  ! 
Stadtrat   Ruri   (zu  zwei  mit  ihm  gekommenen  Stadträten):   Lüege 
a  mol  s' Theater  jetz  a,  un  wie's  friejer  g'si  isch  ! 

Stadtrat  Kolb  (älterer  Herr  mit  weissem  Haar  und  starkem  weissen 

Schnurrbart) :     Danke  awer  o  ne  mol,  was  das  alles  koschte  hat ! 
Ruri:     Ach    was,    mr    ka    nie    genüe    mache    fir's    Volk 
z' bilde!    S' Theater  isch  e  Bildungsinstitut.    Ich  verlang  absolut, 
ass  unsere  Arweiter  o  ihre  geischtige  Nahrung  bikumme  ! 

Kolb :  Vu  eirem  Standpunkt,  als  Wirt,  han  ihr  ganz 
rächt,  v/enn  ihr  sage,  d'Arweiter  seile  geischtige  Nahrung  züe  si 
namme.  ich  find,  ass  se  scho  z'  viel  geischtige  Nahrung 
bekumme,  wenn  ihr  d' Statistik  vum  Absinthe,  Schnaps  usw. 
alüege,  so  warde-n'r  finde,  ass  's  de  Arweiter  an  geischtiger 
Nahrung  net  fahle  thüet. 

Stadtrat  Baumeister  (Klerikal) :  Viellicht  hat  dr  Herr 
Ruri  geischtlige  Nahrung  welle  sage, 

Ruri  :  Nai,  nai,  ich  mein  eifach,  ass  d'Arweiter  meh  in's 
Theater  geh  sötte. 

Kolb  :  Arweiter,  un  allewi!  nur  d'Arweiter  —  s'  isch  jetz 
genüe  fir  d'Arweiter  g'macht  worde,  jetz  seil  o  nemol  d'Bourgeoisie 
dra  kumme  ! 

Ruri :  Voilä,  do  ha-mr's  wieder,  nix  fir  d'Arweiter,  das 
glicht  i ! 

Kolb:  Do  keit  mr  a  Vermöge  in's  Theater  inne  —  d'Lit 
han  friejer  o  kei  Theater  g'ha  un  sin  grad  so  glicklig  gsi ! 


-  39  — 


Ruri  :  S'  Theater  isch  a  Kulturfactor.  Was  verstehn  denn 
ihr  iwerhaup,  vu  de  höchere  Volksbedürfnisse  ?  (geht  murmelnd 
zu  seinen  Kollegen  Schrumm,  Fuchs  und  Negre  und  spricht  mit  ihnen)  Eh  do, 
d' Fawrikante,  d' Sparer,  was  wisse  denn  die  vom  Volk  bilde? 

Schrumm  :  Reg'  dl  net  uf,  Ruri,  steck  mr's  mit  dim  Volk 
bilde  a  mol  uff,  vum  lüder  bilde  wird's  nur  ibilde  ! 

Direktor  (auf  Kolb  und  Baumeister  zukommend)  :  Diese  Ehre, 
meine  Herren,  es  freut  mich  ungemein,  sie  hier  begrüssen  zu 
können,  und  wird  es  mir  ein  Vergnügen  sein,  ihnen  jedes 
wünschenswerte  zu  zeigen  und  die  nötige  Aufklärung  zu  geben. 

(Eben  bringen  zwei  Arbeiter  eine  fungierte  Marmorbank  auf  die  Bühne.) 

Kolb  :  Wie  kommt's,  dass  sie  so  taire  Bank  hier  hawe  ? 
A  billigere  hätt's  auch  getan. 

Direktor  (lacht):  Aber  Herr  Stadtrat,  es  ist  ja  eine  hölzerne 
Bank  und  der  Marmor  ist  blos  gemalt. 

Kolb  :      Immer  spare.   (Zwei   Balleteusen   gehen  vorüber)    Sehen 

sie,  die  Mädels  könnte  sich  auch  lange  Kleider  mache,  aber  die 
spare.  (Alle  lachen.) 

Direktor :     Nun  ja,  die  verdienen  auch  nicht  viel. 

I.  Balleteuse  (zur  Kollegin)  :     Du,  das  war  sein  Papa ! 

(Die  Theaterarbeiter  haben  eben  eine  Statue  aufgestellt,  die  Kolb  von 
vorne  sieht.) 

Kolb  (erschrickt)  :  Was,  schon  wieder  ein  Monument  ? 

Baumeister  :     S'  isch  jo  nur  vu  Holz  I 

Kolb:  ich  wott  das  uff'm  Rothüs  war  o  nur  vu  Holz! 
(auf  den  Schnürboden  zeigend)  Und  was  ist  das  da  droben,  WO 
dort  hängt  ? 

Direktor  :  Das  sind  die  Dekorationen,  die  Hintergründe, 
Coulissen  usw. 

Kolb  :  So  viel  Zeig,  di  haiwi  wäre  mir  auch  genug 
gewese,  da  wird  Geld  hinausgeworfen.  Sie  müsse  mehr  spare, 
mehr  spare,  Herr  Direktor  !  (Inzwischen  ist  der  Heldentenor  wieder 
auf  die  Bühne  gekommen  und  spaziert  allein  umher)   Wer  ist  das  ? 

Direktor :     Das  ist  der  Heldentenor. 

Kolb  :     Sehr  schön  angezogen.     Was  verdient  er ! 

Direktor:     12  000  Mark. 

Kolb:     12  000  Mark!     Ich   kenne    Leit,    die    thäte's   um's 

halwe  mache,  was  der  macht  !  (Inzwischen  kommt  Ruri  auf  die  Ver- 
senkung zu  stehen)  Herr  Direktor,  sie  müssen  mehr  sparen,  das  ist 
alles  viel  zu  hoch  !  Sie  müssen  mehr  herunter,  mehr  herunter ! 
(Die  Versenkung  geht  mit  Ruri  herunter) 

Ruri   (schreit)  :     Z'  hilf  ! 


-  40  — 


Direktor  (springt  herzu   und   ruft  nach  dem  Keller)  :    Halt  !    Was 

macht  ihr  denn  da  unten  ? 

Stimme  von  unten  :     Sie  haben  ja  gerufen,  herunter ! 

Direktor  :  Wieder  rauf  .  .  .  !  (Versenkung  kommt  mit  Ruri 
wieder  herauf.) 

Ruri  :     Hasch  g'sali,  wie  mr  awekumme  ka  ! 

Schrumm  :     Du  bisch  halt  nit  uff  dr  Höche  ! 

Kolb  :     Sehen  sie,  Herr  Direktor,  das  gefällt  mir  ! 

Regisseur  (schreit) :  Seid  ihr  denn  noch  nicht  fertig  ? ! 
Das  dauert  ja  ne  Ewigkeit,  so  ne  Lodderei  !  (zu  den  Umstehenden) 
Bitte  die  Herrschaften  etwas  zurücktreten  zu  wollen.  (Alles  tritt 
etwas  zurück.) 

Tiieaterdiener    (kommt    herein    auf    den  Direktor    zu)  :      Herr 

Dirakter,  do  sin  Lit,  wu  absolut  inne  wann.  S'  isch  a  Herr  drbi, 

ar    hat    ebbis    g'redt  vu   O'meinrotsmitglied  oder  Candidat    un 
so  Dings. 

Direktor  :  Die  haben  hier  gar  nichts  zu  schaffen  !  Wo 
sind  denn  diese  Leute  ? 

(Pickel,  Frau  Pickel,  Germaine  und  Friedrich  kommen  hereingelaufen.) 

Theaterdiener  :     Do  sin  se  scho  ! 

Frau  Pickel  (zu  Stadtrat  Fuchs)  :  Sin  ihr  dr  Herr  Diracter, 
oder  sin  ihr  Meischter  do  inna  ? 

Fuchs  :     Dr  Dirakter  bin  i  net,  awer  .    .    . 

Theaterdiener  :  Dr  Herr  Diracter  isch  dert !  (zeigt  mit 
dem  Finger  auf  den  Direktor.    Frau  Pickel  stürzt  auf  den  Direktor  zu.) 

Direktor  :     Was  v/ünschen  sie  ? 

Frau  Pickel  :  Eh  do  ha  mr  vier  Kartle  g'numme  fir  in's 
Theater.  Ich  ha  noch  exprass  dam  g'sait,  in  sin're  Kischte  an 
dr  Thire,  ar  seil  is  güete  Platz  ga.  Ar  hat  g'sait,  sseige 
d'beschte  wu  se  iian,  un  jetzt  sitze  mr  dert  owe  im  II.  Stock 
am  e  Ecke  un  wisse-n'r  was  mr  sahn,  fir  unser  schöne  Gald 
—  a  Drack  sah  mr.  Mr  lüege  alle  viere  an  d'Müre.  Mr  han 
unser  Gald  o  nit  g'stohle.  Un  grad  noch  hit,  wu  mr  d' Visite 
han,  vu  unserem  züekünftige  Tochtermann  .    .    .    .  ! 

Direktor  (unterbricht):  Aber  meine  Herrschaften,  wie  können 
sie  nur  ohne  Weiteres  auf  die  Bühne  kommen  ?  Das  ist  sehr 
streng  verboten  ! 

Frau  Pickel  :  Bah,  Bah  !  Oan  is  bessere  Platz,  oder 
s'  Gald  üse  ! 

Direktor :   Sie  müssen  an  der  Kasse  reklamieren. 

Pickel  (sich  in  die  Brust  werfend) :  Herr  Direktor,  ich  mache 
sie  druf  ufmerksam,  ass  ich  Candidat  bi  fir  in  dr  nachschte 
G'meinrot  un  jedefall  in  kurzer  Zit  Stadtrat  wird  si  —  Conseiller 


municipal  —  un  do  dank  i,  Herr  Diracter,  ass  se  ihrem  züe- 
kinftige  Chef  mit  ebbis  meh  Rucksicht  entgegekumme  könnte. 
Denn  als  züekinftig  G'meinrotsmitglied  bin  ich  doch  so  — 
quasi  —  ihr  Chef ! 

Friedrich  :  Na  ja,  es  ist  doch  auch  wahr,  mir  hab'n  ja 
gar  nichts  gesäh'n  ! 

Frau  Pickel :     Briale  ne  numme  ne  bitzi  a  ! 

Direktor :  Es  is  mir  ja  äusserst  peinlich,  sie  müssen 
schon  entschuldigen  I 

Pickel  :  ich  ka  natirlig  jetz  net  im  Augeblick  verlange, 
SS  ihr  da  Ecke  awag  mache  seile,  awer  das  ka-n-ich  eich  sage, 
wenn  ich  emol  im  O'meinrot  bi,  do  mien  die  viele  Ecke  un 
Kante  wu  im  Theater  sin  awag  (langsam)  un  s' wird  noch  a 
mangs  do  verändert  warde!  (Während  dem  hat  Friedrich  versucht 
Gerniaine  den  Hof  zu  machen  und  ist  auf  heftigen  Widerstand  gestossen, 
indem  sie  nichts  von  ihm  wissen  will.) 

Friedrich  :  Aber  Germaine !  Ihr  Papa  wiil's  ja  haben. 
Warum  sind  sie  denn  so  spröde?-  Wir  könnten  doch  ganz 
glücklich  werden  zusammen  ! 

Germaine  :  Für  sie  bin  ich  erstens  noch  immer  Fräulein 
Pickel  und  dann  tun  sie  m.ir  den  einzigen  Gefallen  und  lassen 
sie  mir  meine  Ruhe,  wenn  mein  Vater  sie  absolut  haben  will,  so 
soll  er  sie  heiraten,  ich  will  sie  nicht  ! 

Friedrich  :  Nun  ja,  Fräulein  Pickel,  das  wird  sich  schon 
noch  machen. 

Germaine  :     Nun  ja,  wenn  sie  es  nicht  eilig  haben. 

Friedrich  :  Na,  eilig  hab  ich's  nicht,  ich  kann  schon 
warten.   (Geht  zu  den  Balleteusen  und  fasst  sie  an.) 

(Poiizeii<ommissar  kommt  herein,  wird  vom  Direktor  begriisst  und 
spricht  leise  mit  ihm.  Plötzlich  bemerkt  er  den  Feuerwehrposten,  stürzt  auf 
diesen  zu,  welcher  stramm  steht,  betrachtet  die  Knöpfe  an  dessen  Rock,  zieht 
ein  Messer  aus  der  Tasche  und  schneidet,  ohne  ein  Wort  zu  sprechen, 
sämtliche  Knöpfe  ab  und  geht  wieder  zum  Direktor.  Pickel  und  Frau  und 
Tochter  gehen  auf  der  Bühne  spazieren  und  benehmen  sich  auffallend.) 

II.  Schauspieler  (geht  auf  Pickel  zu  und  verbeugt  sich  sehr  tief)  : 
Habe  die  Ehre,  sehr  geschmeichelt  sie  hier  begrüssen  zu  dürfen 
und  möchte  ich  mich  ergebenst  ihrem  Wohlwollen  empfehlen. 

Pickel:    Ja,    sicher.     Rauche    ihr    Cigarre  ?    (gibt  ihm   eine 

Zigarre.) 

IL  Schauspieler:  Besten  Dank!  Ich  selbst  rauche  zwar 
nicht,  aber,  ich  weiss  die  Ehre  zu  schätzen.  Darf  ich  mich  viel- 
leicht erkundigen,  ob  sie  der  vorgestrigen  Vorstellung  beigewohnt 
haben  ?  Haben  sie  mich  gesehen  als  Rinaldini  ?  War  das  eine 
Prachtleistuno-  oder  nicht  ? 


—  42  — 


Pickel  :     Ich    ha  s    nie    scheener    g'sah  !    (für  sich)   Ich  bi 
mim  Labtag  net  im  Theater  g'si  (geht  weiter). 

11.  Schauspieler    (zum    F.  Theaterarbeiter)  :     Wer    ist    denn 
das  eigentlich  ? 

I.  Theaterarbeiter  :     Das  isch  a  Mürermeischter ! 

II.  Schauspieler   (enttäuscht) .-     Ach    so,    ich    dachte    das 
wäre  ein  Theaterkritiker. 

Pickel    (zu  den  Theaterarbeitern):     Flissig  !     FlissJg!? 

I.  Theaterarbeiter:    Ja,  ja,  a  wenig! 

Pickel  :     Was    isch,    sin    ihr    z'  friede    sunscht,    verdiene 
ihr  genüe? 

I.  Theaterarbeiter:    Mr  könnt  allewil  noch  meh  verdiene. 

Pickel  ;  Eh  bien,  warte  nur  bis  ich  im  G'meinrot  bin 
berschte  was  ich  mach  isch,  fir  eich  Theaterarweiter  i-z'tratte 
un  z  sorge,  ass  ihr  meh  Lohn  bikumme.  Drumm  vergasse  net 
mich  z'wähle,  s'isch  in  eirem  Intrasse.  —  Ihr  kenne  mich  jo  ! 

Theaterarweiter  :   Ja,  ja  ! 

Pickel:  Pickel  isch  mi  Name!  Raüche-n'r  a  güete  Cigarre' 
(offeriert  Zigarren)  Namme  numme  ! 

Frau  Pickel  :     Eine  war  o  genüe  ! 

Friedrich    (zur  Balleteuse)  :     Aber  bestimmt   um  1/2  6  Uhr ! 
Balleteuse:    Ja    natüHich  !     Wenn    ich    bis    um    10   Uhr 
nicht  dort  bin,  dann  können  sie  ruhig  nach  Hause  gehen  ! 

(f^riedrich  will  sich  auf  eine  gemalte  Bank  setzen  und  fällt  auf 
den  Boden.) 

I.  Theaterarbeiter:  Ich  ha  dam  Lappi  scho  lano- 
zueg  lüegt!  ^ 

Friedrich  :     Ich   hab  sie  nämlich  gement  des  ist  a  Stuhl ! 

(Gelächter  bei  allen  Anwesenden) 

Regisseur  (gibt  das  erste  Klingelzeichen)  :  Meine  Herrschaften 
wir  fangen  gleich  an,  bitte  die  Bühne  zu  räumen  ! 

(Stadtrat  Fuchs  und  Negre  kommen  wieder  herein.) 

Fuchs  (zum  Direktor)  :     Ihr  könne  afange  ! 

Direktor :    Anfangen  ! 

Regisseur  (klingelt):  Bühne  frei !  (Alle  stürzen  hinter  die  Coulissen 
Der  Vorhang  -  Hintergrund  -  geht  in  die  Höhe.  Man  sieht  den  I.  Kapell- 
meister und  hört  Musik.  Heldentenor  kommt  majestätisch  auf  die  Bühne 
den  Rucken  gegen  das  Publikum  gewendet.) 

Vorhang   fällt 


43  — 


IV.  A  K  T 
Personen -Verzeichnis 

Pickel 

Frau  Pickel 

Friedrich 

Maurer 

Vorsitzender 

Polizeikomissar 

Genosse  Pfälzer 

Genosse  Roth 

Genosse  Schrumm 

A  alter  Arweiter 

Herr  Wurm 

Tissi 

Peter 

Genosse  Ruri 

Borax 

I.  Sreikposten 

I.  Schutzmann 

Kellnerin 

Zwei  Beisitzende  des  Bureaux 

Ein  Schutzmann 


45 


IV.   AKT 

Die  Bühne  stellt  genau  das  Innere  des  Thaliatheaters  vor  und  zwar 
folgendermassen  : 

Es  stellt  eine  Wahlversammlung  dar,  vom  Podium  der  Bühne  aus  nach 
dem  Saal  gesehen.  Im  Vordergrund  links,  den  Rücken  halb  gegen  das 
Publikum,  nach  dem  Hintergrund  schauend,  sitzt  an  einem  Tisch  ein  Polizei- 
kommissar, auf  dem  Tisch  liegt  sein  Helm.  Ihm  gegenüber,  an  einem 
andern  Tische  befindet  sich  das  Bureau  aus  drei  Herren  bestehend.  Es 
spricht  nur  der  Vorsitzende.  Im  Hintergrunde  sitzen  dicht  gedrängt  die  der 
Versammlung  beiwohnenden  Wähler  und  auch  einige  Frauen.  In  der  Höhe 
befindet  sich,  wie  im  Thalia,  eine  Gallerie,  die  ebenfalls  dicht  gedrängt  besetzt 
ist  und  zwar  ausschliesslish  mit  Arbeitern.  Unten,  in  der  ersten  Reihe,  sitzen 
bekannte  Personen.  Darunter,  zusammen  an  einem  Tische,  einige  sozial- 
demokratische Mitglieder  des  Oemeinderats.  An  einem  anderen  Tisciie, 
Mitglieder  der  Gegenpartei.  An  einem  besonderen  Tische  sitzen  Herr  und 
Frau  Pickel,  Germaine  und  Friedrich.  Oben  auf  der  Gallerie  machen  sich 
Tissi  und  Peter  bemerkbar.  Beim  Aufgehen  des  Vorhanges  steht  Genosse 
Schrumm  auf  der  Bühne,  den  Rücken  halb  dem  Publikum  zugekehrt  und 
spricht  zu  den  Wählern.  Das  Publikum  sitzt  tiefer  als  der  Sprecher  und 
das  Wahlbureau. 

Schrumm  :  Genosse  !  (Alles  klatscht)  Also  ihr  Arweiter  un 
Genosse,  ich  ha  n'eich  jetz  in  minre  Red  bewiese,  was  ihr  eigentlig 
vu  dare  Kuttelmuttelpartei  z'erwarte  han.  Wenn  die  Herre  üse- 
kumrne,  drno  kenne  n'r  i  uf  dr  Buch  schlage,  drno  kenne  n'r 
d'ceinture  feschter  aziege  un  s'  Mül  züemache,  ass  dr  Mage 
meint,  s'seig  Nacht !  !  Wenn  dr  schwarz  Fahne  wieder  seil 
uff  m  G'meinhüs  weihe,  so  kenne  ihr  o  dr  schwarz  Fahne  uff  m 
Kochhafe  uffpflanze !  ! !  Fimf  Sitz  wann  se  n'  is  ga !  Ich 
seh  .  .  .  ank  e  ne  die  fimf  Platz  !  Also,  ihr  Wähler,  ihr  wisse 
jetz  fir  wer  ass  ihr  z'wähle  han  ! 

Peter  :     Nai,  fir  wer  ? 

Schrumm  :  Stimme  n'alle  fir  d'Arweiterkandidate,  keiner 
seil  an  dr  Urne  fahle  !  Zeige  ass  ihr  rächte  Milhüser  sin,  wu 
s'Milhüserredle  uff  dr  Bruscht  un  net  hinte  han  wie  d'Milhüser 
Spretzwage  !  Ich  will  jetz  halte,  fir  wenn  viellicht  ein  vu  de 
n'andre  do  war,  wu  dr  Courage  hätt,  do  uffe  z'kumme?  Viel- 
licht isch  dr  Bonaparte  salwer  do  ?  Ich  glaübs  zwar  nit,  denn 
die  Herre  traue  nur  im  Central  z  rede,  wu  se  nieme  stört  !  !  ! 
(Langdauernder  starker  Beifall.) 

Vorsitzender  :  Ich  glaub,  ass  ich  im  Sinn  vu  dr  ganze 
Versammlung  redt,  wenn  ich   jetz   im  Referant   dr  Dank  vu   uns 


46  — 


alle  ussprich  fir  sine  üsfiehrlige  Üsenandersetzung  vu  unserem 
Programm  un  d' Vorteil,  wu  ne  jeder  hat  fir  uffs  G'meinhüs 
z  schicke,  un  erteil  jetz  s'Wort  im  Genosse  Pfälzer  üs  Nürnberg. 
Pfälzer :  Arbeiter  und  Genossen  !  Gestatten  sie  mir 
zunächt,  dass  ich  mich  vorstelle!  Mein  Name  ist  Pfälzer  aus 
Nürnberg.  —  Es  wird  euch  wohl  wundern,  dass  ich  nicht  von 
Mülhausen  bin  ! 

Peter  (von  oben) :     Net  im  G"ringschte  ! 

Pfälzer  (fortfahrend)  :  Ich  meine,  dass  ich  nicht  von 
Mulhausen  bin  und  doch  dieser  Versammlung  beiwohne  Das 
kommt  daher,  weil  ich  von  der  Partei  dazu  erwählt  wurde  der 
Morgen  hier  stattfindenden  Gemeinderatswahl,  durch  meine 
Beredtsamkeit,  sowie  durch  meine,  in  dieser  Beziehung  reichen 
Erfahrungen  und  Kenntnisse,  den  Kandidaten  unserer  Partei  zum 
Siege  zu  verhelfen.  Es  ist  wahr,  ich  bin  nicht  von  Mülhausen, 
aber  .... 

Tissi   (unterbrechend,  zum  Vortitzenden):     Excuce,  awer  ich  wott 

nur  froge,   ebb   mr    bi    dam   o   klatsche  müess,   wenn   ar  ferlio- 
isch  .    .    .    .  ?  ^ 

Vorsitzender:     Rüehig,  un  net  unterbroche  ! 

Pfälzer  (fährt  fort)  :  Aber,  ich  bin  nicht  abgeneigt,  meinen 
standigen  Wohnsitz,  zum  Wohle  der  hiesigen  Arbeitsbevölkerung, 
hierher  zu  verlegen  .... 

Peter :     S'kunnt  uff  ein  meh  oder  wenig  o  net  a ! 

Pfälzer  (fortfahrend)  :    Zu  der  uns  bevorstehenden  Wahl, 

Tissi  :     Ar  sait  scho:  Uns. 

Pfälzer  (fortfahrend) :  haben  wir  eine  Reihe  von  hiesigen 
Männern,  die  das  Vertrauen  unserer  Partei  geniessen,  als  Kan- 
didaten aufgestellt.  Wir  müssen  Männer  haben,  deren  wir  sicher 
sind,  und  die  auch  einigermassen  die  Interessen  der  Stadt 
Mulhausen  vertreten  können.  Diese  Männer  haben  wir  gefunden 
und  stehen  dieselben  auf  unserer  Liste.  Das  Programm  haben 
wir  bereits  klar  und  deutlich  dargelegt  und  haben  unsere 
Kandidaten  dasselbe  unterschrieben,  das  heisst,  sie  werden  stets 
für  die  Interessen  der  Partei,  die  ja  selbstverständlich  die  Interessen 
der  Arbeiter  sind,  eintreten  !  Ich  werde  mir  später  im  Schluss- 
wort noch  erlauben,  ihnen  genaue  Verhaltungsmassregeln  zur 
morgigen  Wahl  zu  geben  und  einstweilen  unseren  Gegnern 
Gelegenheit  bieten,  das  Wort  zu  ergreifen.  Also  Arbeiter  und 
Genossen  !  Lasst  Euch  in  letzter  Stunde  nicht  durch  irgend  ein 
Wahlmanöver  irre  führen  und  tretet  alle,  wie  ein  Mann,  an  die 
Urne,  mit  der  ganzen  Liste  unserer  Partei!  (Es  folgt  Bravo,  Bravo, 
Händeklatschen,  Bravo.) 


Peter  :     Da  müess  üse  ! 

Tissi  :  Wu  üse  ? 

Peter :    Üs  Milliüse  ! 

Tissi :  Mi  Frind  Peter  hat's  Wort  verlangt ! 

Peter :     Ich  ?    Ich  glaub   du    bisch   verruckt,   ich    ka  doch 
net  reda  ! 

Vorsitzender  :    Wer  isch  das  ? 

Tissi  :     Dr  Peter !     Ar  frogt  eb  ar  awe  ku  sott  ? 

Vorsitzender :     S'  wird   vu    dert    o  geh,    ar   sott   nur  vu 
dert  owe  rede ! 

Peter :     Du  bisch  jo  g'schittelt  ! 

Vorsitzender  !    Allez,  geht's  los  ? 

Peter  :     Ich  weiss  nix  z'rede  ! 

Tissi :     Ich  blos  dr's  i  —  stand  uf  —  allez  fang  a  !  (blässt 
ihm  ein)  Genosse  ! 

Peter  (wiederholt):  Genosse! 

Tissi  :  Wie  ihr  leider  sahn, 

Peter  (nachsagend) :     Wenn  ihr  heiter  sahn, 

Tissi  :     S'sin  nit  alle  G'nosse  erschiene, 

Peter:     S'sin  net  alle  g'schosse  do  inne! 

Tissi  :     S'isch  zwar  z'bedüre, 

Peter  :     S'sin  zwar  kä  Bure, 

Tissi :     Doch  soll  mr  bedanke, 

Peter :     Doch  soll  mr  se  hanke, 

Tissi :    Ass  d'meischte  schaffe, 

Peter :    S'sin  meischtens  Affe, 

Tissi :     So  ka  mr  versteh 

Peter :    So  solle  se  geh, 

Tissi  :     Ass  se  mied  gsi  sin- 

Peter  :    Ass  se  vu  Riedese  sin.  (zum  Mathis)  Git's  noch  viel? 

Tissi :     Awer  mien  nit  verschrecke, 

Peter  :     Awer  die  dert  im  Ecke, 

Tissi  :    Mit  me  frohe  Müet, 

Peter :     Mit  me  hoche  Hüet, 

Tissi  :     Un  neier  Kraft, 

Peter  :     Wu  niene  schafft, 

Tissi:    So  ha  mr  bol  s'richtige  tröffe. 

Peter  :    So  sin  mr  bol  richtig  b'soffe. 


48  — 


Tissi  :     Mr  wann-is  alle  wehre. 

Peter :     Mr  wann  alle  z'sammelege. 

Tissi  :  No  mache  mr  se  vor  dr  Entscheidung  noch 
z'  gumpe. 

Peter  :  No  trinke  mr,  vor  eb  mr  scheide,  noch  a  Humpe 
(zum  Tissi)  Ich  steck's  uff,  s' lache  mi  jo  alle  üs  ! 

Vorsitzender  :  S'  isch  jetz  genüe  vu  dam  Unsinn  !  Wer 
hats  Wort  verlangt  ? 

Alter  Arbeiter  :     Ihr  Herre  ! 

Mehrere  Stimmen  :  Do  git's  kei  Herre,  do  git's  nur 
Genosse  ! 

Alter  Arbeiter:  Genosse!  Ich  möcht  garn  ebbis  rede  .  .  . 
Ich  ha  zwar  net  viel  verstände,  vu  dam  wu  mr  bis  jetz  g'redt 
hat,  awer  ich  bi  net  so  dumm,  ich  ha  glich  üseg'funde,  ass's 
wage  dr  Wahl  isch.  Mr  hat  mr  namlig  g'sait,  s'  that  hite  a 
Socialdemokrat  a  Red  halte  un  will  ich  noch  nie  kei  SociaU 
demokrat  g'sah  ha,  so  hat  mr  mi  Frau  erlaubt  do  ane  z'kumme. 
Ja,  ich  müess  sage,  ich  be  jetz  66  Johr  alt  un  42  Johr  uff 's 
Baredracks,  un  ha  noch  nie  kei  Socialdemokrat  g'sah.  Ich  sitz 
jetz  bol  zwei  Stund  do  un  weiss  allewill  no  net,  well's  ass  ne 
isch,  jetz  möcht  i  froge,  ebb's  da  Ditsch  isch  wu  vorig  g'redt 
hat  ?  Ich  ha  mr  namlig  a  so  ne  Socialdemokrat  ganz  anderscht 
vozg'stellt  —  da  isch  jo  wie  mir  o  ! 

Verschiedene  Stimmen  :     Üse  ! ! 

Vorsitzender  :     Han  ihr  sunscht  noch  ebbis  z'rede  ? 

Alter  Arbeiter  :  Ja,  will  mr  grad  dra  sin  —  lüege,  ich  be 
jetz  66  Johr  alt  un  42  Johr  uff's  Baredracks,  un  verdien  mi 
Thaler  alle  Tag.  Isch  das  net  schön  ?  Die  Herre  sin  noch 
allewil  ordlig  mit  mr  gsi,  un  s'letschte  Johr  ha-n-ich  vum  Herr 
salwer  50  Franke  biku.  Friejer  hat  mr  nie  nit  g'hört  vu  Socialischt, 
awer  siter  ass  die  Fijlenzia  regiert  hat,  die  Sucht,  siter  sin  d'Lit 
nimmig  z'  friede,  lüege  ich  be  jetz  .... 

Peter  (unterbricht)  :     66  Johr  alt  ! 

I  Alter  Arbeiter :    Ja  un  .    .    . 

Tissi  (unterbricht) :     42  Johr  uff's  Baredracks  ! 

Alter  Arbeiter  :  Ja,  wu  har  wisse  ihr  das  .  .  .  ?  Awer 
ich  be  noch  allewil  z' friede  gsi,  ja  un  drno,  das  teile,  ein  wu 
viel  hat,  da  will  net  mit  mr  teile,  un  ein  wu  wenig  hat,  mit  dam 
will  ich  net  teile.     Ich  be  jetz  66  Johr  .... 

Vorsitzender  (unterbricht):  S'isch  jetz  genüe!  Dr  Herr 
Wurm  hat  s'Wort.     Wann  se  do  uffe  ku  ? 


49  — 


Wurm    (geht  auf's  Podium,  stottert  sehr  stark  und  wirkt  hierdurch 

komisch):  S'isch  zwar  a  g'wogte  Sach  vu  mir,  fir  allei  do  wella 
klimme  geh  Opposition  mache  un  ich  weiss  im  Vorüs,  ass  ich 
do  drmit  wenig  Succes  ha  wird  ! 

Mehrere  Stimmen  :     Bravo  ! 

Wurm  :  Awer,  wenn  ich  so  ne  aUer  Arweiter  rede  hör, 
wu  sich  awer  net  üsdriici<e  ka,  so  bring  ich's  net  iwer's  Harz, 
fir's  Mül  z'halte.  Ich  ka  zwar  o  net  güet  rede,  awer  ich  ka 
mich  doch  besser  üsdrucke  ! 

Peter  :    Ja,  ja,  du  druck'sch  güet  dra  ume  ! 

Vorsitzender  (klingelt):  Lehn  da  Mann  drucke  —  eh  — 
rede  ha-n-i  welle  sage  ! 

Viele  Stimmen  :     Bravo  !     Bravo  ! 

Wurm  :  Unser  nachseht  G'meinrot,  hat  vor  allem  d'Ufgab 
jetz  energisch  z'  bramse.  Mr  hat  scho  viel  zViel  Gald  zuem 
Fanster  üse  g" worfe,  un  wenn  se  's  net  ufstecke,  so  mache 
mr  z'Milhüse  noch  Fallit.  Ar  müess  lüege,  ass  ar  züe  Gald 
kunnt,  fir  ass  d'  Stire  wider  awe  gehn.   —    Se  seile  dr  bl  . 

l-)[  bl  .     .     .  (blute   Mann   will   ihm  nicht  über  die  Zunge). 

Tissi  (ruft) :     Sag  Schweissdissi  I 

Wurm  :  Dr  Schweisstissi  verkaufe,  wu's  Bronze  eso  tir 
isch.  Anstatt  a  Saalbaü  z'  errichte,  seile  se  d'  Concerts  un  das 
Dings  in  dr  Markthalle  lo  abhalte.  Anstatt  de  städtische  Arweiter 
vu  hie,  wu  nur  allewil  meh  Lohn  wann,  seile  se  Polacke  losse 
kumme,  wu  fir  50  Pfennig  dr  Tag  schaffe!  (Das  Publikum  fängt 
an   zu   murren.) 

Stimme  von  oben:  Keije  ne  üse!  (Schliesslich  fliegen  dem 
Redner  etliche  Sachen  von  der  Gallerie  an  den  Kopf  worauf  er  das  Podium 
verlässt.     Der  Polizeikomissar  steht  auf  und  ergreift  den  Helm.) 

Vorsitzender  (läutet  und  sofort  ist  es  ruhig)  :  Das  derf  net 
vorku,  bi  uns  derf  jeder  rede  un  wenn  ihr  net  wann,  ass 
d'  Versammlung  ufg'löst  wird,  so  mien  ihr  eich  rüehig  verhalte  ! 

Viele  Stimmen  :     Bravo  !    Bravo  ! 

Vorsitzender  :     Candidat,  Genosse  Ruri  hat  s'  Wort ! 

Tissi  :  Noch  a  Aügeblick,  Herr  Genosse,  Präsidant,  vor 
eb  mi  Colleg  afangt,  noch  a  Wort  ! 

Vorsitzender  :     Awer  schnall ! 

Tissi  (schreit):    Kattala,  lang  mr  noch  a  Humpe  !   (Gelächter.) 

Genosse  Ruri  :  Arweiter  und  Genosse  !  Wenn  ich 
noch  a  mol  s'  Wort  verlangt  ha,  so  isch's  nur,  inn  noch  ver- 
schiedene Punkte  vu  unserem  Programm,  wu  bis  jetz  no  net 
veröffentligt  gsi  sin.  Eich  mitz'teile.    S'isch  im  letschte  G'meinrot 


-  50 


scho  sehr  viel  <^'macht  worde  iin  mir  warde  im  iiachschte 
G'meinrot  noch  viel  meh  verspräche  —  ah  —  mache,  will  i 
sage.  Mir  v^ann  drfir  sorge,  ass  d'  Electricität  net  nur  z'  Nacht 
brennt,  fir  ass  die  Fitzer  uff  dr  Stross  umeziege  könne.  Nai, 
d'Arweiter  mien  o  amol  heiter  sah  z'Milhüse,  un  wage  dam 
solle  die  Bogelampe  z'Morge  am  sechse  brenne,  wenn  d'Arweiter 
uff  d'Arwet  gehn.  Drno  wa-mr  fir  giiete  Schüele  sorge  —  güete 
Schüele  isch  ein  vu  de  erschte  Punkte  wu  mr  im  Aüg  han.  Mr 
mien  güete  Schüele  ha,  fir  ass  mir  g'scheitere  Kinder  bikumme, 
ass  unsere  Eltera  g'ha  han.  Mir  wann  o  d'Öffentligkeit  vu  de 
G'meinrotsitzunge.  S'  derf  jeder  höre  was  mir  z'sage  han,  un 
s'sell  o  jeder  rede  könne  was  ar  will.  Mr  soll  in  keim  s'  Mül 
wella  stopfe,  wenn  ar  ebbis  sage  will,  un  wenn's  o  net  in  alle 
g'fallt.  Mir  sin  fir  d'  Meinungsfreiheit,  fir  d'  Pressfreiheit  un  das 
was  mir  fir  uns  beanspruche,  das  wa-mr  o  in  andere  züekumme 
lo.  Un  drno  im  Thiergarte  dert  owe  müess  o  noch  a  mang's 
g'changiert  warde.  S'sin  jo  gar  kei  wilde  Thierer  dert  owe,  kei 
Lob,  kei  Tiger,  kei  Elephant  un  nur  ei  Kameel  un  ich  hoff,  ass 
mit'm  neie  G'meinrot  noch  meh  vu  dane  Thierer  dert  uffe 
kumme  warde.      (Allgemeiner  Beifall.) 

Stimme  von  oben  :     Bravo  !    Bravo  ! 

Friedrich  (steht  auf)  :     Weite  Anwesende  ! 

Vorsizender  (unterbricht  ihn)  :  Ich  ha  ihne  s'  Wort  net 
erteilt ! 

Friedrich  :  Aber  sähen  sie,  mein  Gutester  Herr,  ich  hab 
sie  nämlich  schon  drei  mal  den  Finger  in  die  Höhe  gestreckt, 
aber  sie  haben  mich  nicht  gesäh'n  .... 

Vorsitzender  :     Aha,  sie  han  s'  Wort ! 

Friedrich  :  Meine  Herren  Genossen  !  Bei  uns  in  Sachsen, 
da  sagt  man  nur  immer :  Nur  immer  gemitlich,  denn  nur  die 
Ruhe  gann's  machen.  Ich  bin  sie  nämlich  aus  Sachsen,  und  bin 
erst  gestern  hier  angegommen.  Ich  gann  sie  nämlich  gar  nicht 
verstehen,  dass  die  Arbeiter  so  unzufrieden  sind  mit  den  Herrn 
Meistern.  Sähen  sie,  meine  Herren  Genossen,  als  ich  gestern 
Abend  hier  angegommen  bin,  da  ist  mein  neier  Herr  Chef  mit 
der  ganzen  Familie  am  Bahnhof  gewesen  und  haben  mich 
empfangen.  Sähen  sie,  das  macht  doch  einem  Vergnügen. 
Arbeiten  darf  ich  schon  gar  nicht,  denn  mein  neier  Chef  hat 
schon  rausgefunden,  dass  er  eigentlich  mein  Onkel  ist  und  da 
war  doch  natürlich  eine  grosse  Fraide.  Aber  was  das  beste  ist, 
er  hat  sie  nämlich  eine  Tochter,  ein  feines,  hibsches  Mädchen, 
und  die  will  .  .  .  (Borax  wirft  ihm  in  demselben  Augenblick  einen 
faulen  Apfel  an  den  Kopf^  so  dass  er  umfällt.  —  Beim  Aufstehen)  Immer 
gemütlich,  ich  hör  ja  schon  auf! 


Vorzitzender :  Was  ihr  do  verzähle,  das  wird  wenig  vu 
uns  interessiere  un  g'hört  net  züe  dr  Wahl.  Han  ihr  sunscht 
noch  ebbis  z'sage  ? 

Friedrich  :  Ei,  ich  hab's  ja  nicht  so  eilig,  ich  gann  ja 
nachher  noch  einmal  sprechen.  (Zu  Pickel)  Du  willst  doch  auch 
mal  etwas  sagen  (sitzt  ab). 

Vorsitzender:  Güet,  drno  ertheil  ich  s"  Wort  im  Herr 
Pickel,  Candidat  vu  dr  Gegnerlischte.  Ich  möcht  d'Awasende 
bitte,  sich  ewe  so  rüehig  wie  vorhar  z'verhalte,  denn  s'isch  doch 
o  interessant,  z'liöre,  was  unsere  Gegner  zVerzähle  han. 

Pickel  (geht  auf's  Podium):  Warte  Anwasende !  ich  ha 
g'meint,  wu  ich  do  ane  kumme  bi,  ass  ich  wirklig  ebbis  lehre 
könnt,  awer  bis  jetz  ha  ich  noch  nix  anders  g'hört,  ass  a  grosse 
Schimpferei  iwer  unsere  Partei  un  iwer  d'Fawrikante  !  Wenn  mr 
dane  Herre  do  züelosst,  so  meint  mr,  se  heige  allei  s' Monopol 
fir  iwer  d'Arweiterversorgung  z'rede  ! 

Maurer  (von  der  Gallerie) :  Ach,  jetzt  erkenn  ich  ja  meinen 
Onkel!  (Spektakel  auf  der  Gallerie)  S'ist  mein  Onkel!  (Unruhe  im 
Publikum.) 

Vorsitzender  (klingelt)  :  Rüehig,  dert  owe,  un  net  unter- 
brache ! 

Pickel  (fortfahrend) :  Mr  han  o  vu  unserer  Partei  Manner 
im  letschte  G'meinrot  g'ha,  wu  fir  d'Arweiter  g'sorgt  han.  Das 
Spöttle,  wu  ihr  do  triwe,  isch  scho  vu  grössere  Geischter  triwa 
worde,  ass  do  sin.  Dr  grand  Voltaire  isch  o  ne  grosser  Spöttler 
gsi.  Ar  hat  gsait :  „Ni  Dieu,  ni  Maitre !"  un  ar  hat  doch  miesse 
starwe.  Dr  grand  Napoleon,  hat  vor  eich  scho  G'setzer  iwer 
d'Arweiterversorgung  g'macht,  un  ar  isch  doch  o  kei  Social- 
demokrat  gsi,  un  dr  Thiers  un  dr  Gambetta  o  net,  un  sin  doch 
o  grosse  Lit  gsi.  Folglich  derfe  ihr  o  net  giaüwe,  warte  An- 
wasende, ass  eier  ganze  Glück,  vu  dane  Herre  Genosse  abhangt. 
Un  wenn  eire  Partei  da  blutte  Mann  uff  dr  Rothüsplatz  hat 
stelle  lo,  so  sin  mir's  gsi,  wu  dr  Ablaüfkanal  iwerdeckt  han. 
Mir  sin's  o  gsi,  wu  d' Gleislose  han  errichte  lo,  un  wenn  die 
jetz  no  net  lauft,  so  isch's  nur,  will  ihr  uns  Bangel  in  d'  Räder 
g'steckt  han.  Mir  hätte  o  noch  Kleider,  un  im  Winter  e 
Pardessus,  fir  da  blutte  Mann  g' votiert,  un  do  traue  ihr  noch 
z'sage,  mir  sötte  spare!  Wer  hat  die  Kleider  abg'schlage  ?  Wer? 
Nur  ihr !  Ja,  ihr  Herre  ....  ich  be  o  Candidat  fir  dr 
nachschte  G'meinrot,  un  ihr  wisse  alle,  wer  ich  be.  Ihr  kenne 
mich  alle  ! 

Maurer  (von  der  Gallerie):  Ja,  ich  kenn  ihn  auch;  es  ist 
mein  Onkel  !  Du,  Onkel,  ich  such  dich  schon  so  lange  !  (Grosser 
Spektakel  von  der  Gallerie.    Verschiedene  Fäuste  fallen  auf  iWaurer.) 


—  52 


Vorsitzender  :  Ich  mahn  sie  jetz  ziieiii  zweite  mol,  dr 
Redner  net  z'störe  ! 

Pickel  (fortfahrend)  :  Wage  dam  möcht  ich  eich  bitte,  alle 
dane,  wii  s'  Wohl  vu  unserem  liawa  Milhüse  am  Harze  liegt, 
alle  dane,  wu  g' vvillt  sin,  z' rette  was  noch  z' rette  isch,  ass  se 
d'Aüge  uffmache,  un  rächt  lüege,  wer  se  wähle.  Mir  isch  mi 
Vaterstadt  wie  ne  Kind  an 's  Harz  g' wachse.  Danke  dra,  s'git 
noch  ebbis  Höchers  iwer  uns,  un  das  derf  mr  nie  vergassc,  mir 
sin  aile  Brieder,  un  mr  wann  zsammehalte,  ass  wenn  a  mol  da 
Tag  kunnt,  wu  mir  Rachenschaft  ablege  mien,  iwer  unser  Handle 
uft  dare  Walt,  so  danke  an  mich  ! 

(Peter  und  Tissi  heulen  laut  und  ringen  die  Taschentücher  aus.) 

Vorsitzender :     Was  isch  denn  do  los,  do  owe  ? 
Peter  :     S'  isch  awer  o  so  trürig  ! 

Pickel  :  Un  wenn  ihr  eire  Stimme  abgan,  so  vergasse 
nit,  ass  ich  o  Candidat  be,  un  nur  s'  Wohl  vu  Milhüse  im 
Aüg  ha ! 

Tissi  :     Da  güete  Mann  ! 

Maurer  (kommt  herunter,  gefolgt  von  den  Streikposten,  welche  ihn 
zurück  zu  halten  suchen)  :  Es  wird  mir  aber  doch  zu  dumm,  ich 
will  einfach  zu  meinem  Onkel  ! 

Vorsitzender  (klingt) :  Das  isch  jo  allewil  dr  namlig,  wu 
da  Spektakel  macht  ! 

Viele  Stimmen  :     Keije  ne  üse  !    Üse  !    Üse  ! 

''Polizeikommissar  winkt  den  Schutzleuten,  welche  den  Maurer  mit 
Gewalt  aus  dem  Saal  hinaus  bringen.) 

Publikum  :     Bravo  !     Bravo  ! 

Pickel  :     So  isch's  rächt ! 

I.  Streikposten  (zu  Pickel):  Ihr  han's  noch  notwendig, 
eier  Mül  z' verrisse,  ihr  Halsabschnider,  ihr  Litüssüger  ! 

Frau    Pickel    (zu   ihrem   Mann,   heftig  gestikulierend)  :      Ihr  seile 

ni    schäme !     Un    du    bisch    o    ne    Waschlumpe,    losch    di    do 
aschaüze  wie  ne  Schüelerbüe  ! 

I.  Streikposten  :     Ich  verlang  s'  Wort,  Herr  Vorsitzender. 

Vorsitzender  :     Dr  Genosse  Greber  hat  's  Wort ! 

I.  Streikposten  :  Ich  will  nur  dam  süfre  Herr  un  sinre 
Madame,  wu  grad  g'redt  han,  a  Antwort  ga.  Da  Mann,  wu 
grad  üsekeit  worde  isch,  hat  dr  Candidat  Pickel,  vu  dr  andere 
Lischte,  vor  zwei  Tag  salwer  kumme  lo,  üs  Sachse.  S'  isch  a 
Mürer,  wu  hat  seile  geh  schaffe  bi-n-em.  Ihr  wisse  alle,  ass 
d'Mürer  hie  Greve  mache,  wil  se  bis  jetz  Hungerlöhn  verdient 
han.     Fir  eich  a  Idee  z'ga,  was  fir  a  Fino  da  Herr  isch,    ar  hat 


sim  Arweiter  g'schriewa,  ar  soll  nur  sage,  ar  wott  züe  sim 
Onkel,  fir  ass  mr  ne  net  empechiera  geh  z'  schaffe.  Avver  mir 
sin  so  schlau  ass  ar,  un  mr  han  da  Vogel  g'fanga  ! 

Pickel  :     Das   isch  nit  wohr,  ich  protestier  do  drgege  ! 

Friedrich  :  Aber,  lieber  Onkel,  da  muss  ich  denn  doch 
dir  Widerreden.  Da  hat  doch  der  Mann  recht,  wenn  er  sagt, 
dass  du  die  Arbeiter  an  der  Bahn  abgeholt  hast.  Du  hast  ja 
mich  auch  abgeholt!     (Publikum  lacht.) 

Pickel  (zu  Friedrich) :  Dich  han-i  jetz  grad  noch  brücht, 
fir  mir  das  z'  verzähle  ! 

Friedrich  :  Na  ja,  aber  die  Wahrheit  darf  man  ja  sagen, 
lieber  Onkel  ! 

Pickel  :     Ah,  was  !     Du  kasch  mr  o  g'stohle  warde  ! 

(Grosser  Radau  im  Saal.  Von  der  Gallerie  flie.sTen  Gegenstände  auf 
Friedrich  und  Pickel.  Alle  Anwesenden  sind  aufgestanden  und  machen  Lärm. 
Der  Vorsitzende  klingelt  vergebens.     Unbeschreiblicher  Lärm.) 

Polizeikommissar  (steht  auf,  setzt  seinen  Helm  auf  und  ruft 
in  den  Saal)  :  Im  Namen  des  Gesetzes,  erkläre  ich  die  Ver- 
sammlung für  aufgelöst,  und  ersuche  die  Anwesenden,  den  Saal 
ruhio"  zu   verlassen.    (Das  Publikum  veriässt  unter  Protest  den  Saal.) 

Tissi  :     Das  heisst  mr  üsekeit  : 

Alter  Arweiter :  ich  be  jetz  66  Johr  alt  un  42  Johr  uff's 
Baredracks,  awer  ich  be  noch  niene  üsekeit  worde,  wenn  das 
mine  Frau  erfahrt. 

Vo  r  h  a  n  g   fällt 


—  54  — 


V.  AKT 


Personen  -Verzeichnis 


Pickel 

Betrunkener 

Frau  Pickel 

Rothaariger 

Gennaine 

Blinder 

Friedrich 

Tourist 

Maurer 

Touristin 

Borax 

Vereiusbruder 

Peter 

Schutzmann 

Tissi 

Chemiker 

I.  Chemiker 

2  Wahlschlepper 

11. 

2  Kellnerinnen 

111. 

Vereinsbruder 

Alter  Arbeiter 

Volk,  Herren  die   Wah 

h-esultate   überbringen. 

Die  Bühne  stellt  den  Rathausplatz  nach  der  Wahl  vor.  Hintergrund 
Rathaus.  Auf  dem  Platze  das  Monument.  Wenn  der  Vorhang  hochgeht  ist 
ein  Haufen  Volk  auf  der  Bühne,  welches  das  Wahlresultat  erwartet.  Am 
Eingang  zum  Rathaus,  an  der  oberen  Türe  ist  ein  Schild  angebracht,  auf 
welchem  „Wahllokal"  steht.  Pickel  ist  oben  auf  der  Treppe.  Tissi  und  Peter, 
sowie  der  alte  Arbeiter  aus  vorhergehendem  Akt,  stehen  unten  bei  den 
Wartenden.     Herren,  die  Wahlresultate  überbringen,  gehen  auf's  Rathaus. 

Pickel  (ruft)  :     Mr  han  scho  3  800  Stimme! 

Volk  :     Bravo  !     Bravo  ! 

Betrunkener  (kommt  ausf 's  Rathaus  zu) :  D'  Sieger  seile 
lawa  !  (zu  Peter)  Ein  vu  de  Rote  hat  mr  namlig  a  Thaler  ver- 
spreche, wenn  se  üsekumme,  jetz  ha-n-i  ne  scho  versöffe  ! 

Peter  :    Ja,  wenn  se  awer  net  üsekumme  ? 

Betrunkener :  S'macht  nit,  ein  vu  de  Schwarze  hat  mr  o 
ein  verspreche.     E  Thaler  verdien-i   uff   alle    Fall,   un   da   ha-n-i 

scho  versöffe  !     (Alles   lacht.     Betrunkener  ab.) 

Alter  Arbeiter  :  Eh  awer  nei,  jetz  bin-i  schu  66  Johr  alt 
un  42  Johr  uff 's  Baredracks,  awer  eso  ebbis  isch  mr  doch  noch 
nie  vorkumme  ! 

(Man  hört  die  Chemiker  kommen.  Dieselben  erscheinen  im  Gänsemarsch, 
ein  Lied  pfeifend.  Borax  an  der  Spitze.  Pickel  kommt  die  Treppe  herunter. 
Die  Chemiker  formieren  einen  Kreis  um  Pickel  herum.) 


Chemiker:     Bravo!     Dr  Herr  Pickel  soll  lawe  ! 
Pickel  :     Langsam,  ihr  Herre,  s'  isch  no  net  so  wit  I 

Borax  :  Ja  frilig,  [s'geht  alles  güet.  In  dr  Bourse  sinr 
sicher  g" wählt ! 

I.  Chemiker :  In  dr  Lang  Gass  han  'r  am  meischte 
Stimme  ! 

II.  Chemiker:    In  dr  Mittelschüel  seige-n'r  dr  erseht! 

III.  Chemiker:  Im  Straügassle  isch  ein  kumme  un  hat 
g'sait,  ar  möcht  d'  Lischte,  wu  dr  Herr  Pickel  druff  isch,  das 
han-i  g'hört ! 

II.  Chemiker:  Un  ein  hat  alle  Name  dureg'striche  ass 
eirer  net,  das  han-i  g'sah.  S'  isch  so  güet,  ass  wenn'r  scho  uff 
dr  Mairie  thate  sitze  ! 

I.  Chemiker  :     Adjoint  mien'r  wäre  !    Adjoint ! 

Pickel  :    Wurum  net  glich  Maire  ? 

I.  Chemiker  :     Me  ka  net  wisse  ! 

Pickel  :  Enfin,  ich  halt  mi  Wort.  Wenn  i  üsekum,  bezahl 
i  a  Souper.  (Alles  ruft  Bravo.)  Nur  net  a  so  hitzig  ihr  Herre,  nur 
Geduld!  (mit  Pose)  Ich  weiss  jo,  ass  ich  g' wählt  wir,  awer 
nur  kalt  Blüet  un  warme  Unterhose  !  (Alles  lacht  —  zu  Borax,  ihn 
bei  Seite  nehmend)  A  propos,  Herr  Borax,  das  letschte  Flugblettla 
wu-n'r  gmacht  han,  hat  zünde.  Ihr  han  i  iwerhaüpt  viel  Mieh 
ga,  un  ich  müess  i  noch  vielmol  merci  sage.  Ihr  han  e  grosser 
Verdienscht  dra,  wenn  ich  üsekumm.  Ich  wir  i  das  net  vergasse. 
Ihr  han  eich  als  a  Frind  zeigt  in  dare  Wahl. 

Borax  :  Ja,  Herr  Pickel,  ich  bin  e  Frind  vu  ihrer  Familie, 
un  s' isch  mi  sahnligschter  Wunsch  gsi,  fir  noch  mehr  z'ware 
in  ihrer  Famile,  ass  nur  a  Frind,  awer,  leider  isch  da  neveu 
üs  Sachse  .... 

Pickel  (unterbricht  ihn) :  Sin  mr  nur  still,  mit  dam  neveu. 
Da  hätt  i  jetz  grad  satt.  Rede  mr  net  vu  dam  Schlingel  !  Ihr 
sin  jo  drbi  gsi  gescht  in  dr  Versammlung.  Haltet  da  Mensch 
züe  mine  Gegner.    Thate  ihr  in  so  me  Mensch  eire  Tochter  ga? 

Borax :  Ich  will  halt  net  hetze,  awer  garn  hätt  i's  halt 
o   nit ! 

Pickel  :  Ich  ka  da  Karla  efange  nimme  sah.  Am  liebschte 
war's  mr,  wennV  zum  Hüs  dusse  war ! 

Borax  :  Nix  lichter  ass  das.  Wenn'r  wann,  chargier  ich 
mi  druinm  ? 

Pickel  :  Nur  fürt,  nur  fürt  !  Ihr  mache  mr  e  grosse 
Plaisier  mit.  Ar  hat  jo  nix  meh  z' schaffe  do.  Ich  ha-n'm 
gescht  z' Nacht  schu  g'sait,  ass  ar  sich  s' Germaine  ka  üs'm 
Kopf  schlage  ! 


56 


Borax :  Herr  I^ickel,  ich  ka  iline  züe  ihrem  Entschluss 
nur  gratuh'ere.  S'  hätt  mir  im  Harze  weh  do,  wenn  sie  ihre 
Tochter  dam  Mann  ga  hätte.  Sie  kenne  jo  mine  Empfindunge 
züe  ihrer  Tochter  un  ich  glaub,  ass  ich  noch  dam  allem 
d'  Hoffnung  nit  uffga  brüch  ! 

Pickel  :     Hoffe  derfe-n'r  allewil  ! 

Borax  (bittend)  :  Herr  Pickel,  sie  wisse  wie  n'ich's  mein, 
gan  se  mr  doch  a  Antwort  ! 

Pickel  :  Lehn  mich  doch  in  Rüehj,  ich  ha  ebbis  anders 
im  Kopf  ass  eire  Hiroterei  !  (geht  ab  auf  das  Rathaus  —  im  Aboehen 
zu  Borax)  Ich  will  liewer  geh  liiege,  wie  mine  Aktia  stehn.  Wenn 
mine  Frau  kunnt  —  ich  be  do  owe,  kumm  awer  gli  wider! 

(Während  der  vorigen  Scene  haben  sich  zwei  Kelhierinnen  zu  den 
Chemikern  gestellt.  —  Stummes  Spiel.) 

Tissi    (fragt  einen   kommenden  Arbeiter,  der  eine   knallrote   Perrücke 

trcägt)  :     Hasch  o  g' wählt  ? 

Rothaariger  :    Ja  sali  scho  : 

Tissi  :  Wer?  (Rothaariger  zeigt,  ohne  ein  Wort  zu  sprechen,  be- 
deutungsvoll auf  sein  rotes  Haar.)  Aha,  rot  !  (Alles  lacht.  —  Im  selben 
Moment    wird    ein    Blinder   von    zwei  Wahlschleppern    vorgeführt.) 

Blinder  (streckt  die  Hand  aus):  Alles  schwarz,  alles  schwarz! 

(Frau  Pickel,  Germaine  und  Friedrich  erscheinen.  Borax  geht  auf  die 
Gruppe  zu.) 

Borax :  Bonjour,  Mesdames  !  Dr  Herr  Pickel  isch  uffa. 
Ar  hat  gsait,  se  sötte  do  uff  ne  warte  ! 

Frau  Pickel  :  Ah,  merci.  A  propos,  wie  steht's,  sin  mr 
g' wählt  ? 

Borax:  S' lauft  alles  wie  uff  Rädle,  d' Üssichte  sin 
ganz  famos  ! 

Friedrich  :  Na,  da  sahn  sie  jetzt,  und  dabei  machen  sie 
mir  seit  gestern  Abend  Vorwürfe  und  behaupten,  ich  hätte  ihnen 
die  Wahl  verkorkt  ! 

Frau  Pickel  :  Bisch  numme  Du  still  !  Wenn's  uff  dich 
a-kamm,  thate  mr  is  nur  blamiere  ! 

Borax:    Ja  was  isch  denn   los?    (winkt  Germaine  unauffällig  zu.) 

Friedrich  :  Na,  sie  waren  ja  dabei,  gestern  Abend  in  der 
Versammlung.     Was  hab  ich  denn  gesagt  ? 

Germaine  (ärgerlich):  Mais  viens  donc,  Maman !  II  va 
nous  compremettre  ici  devant  tout  ce  public.  On  nous  regarde 
dejä  de  tOUS   CÖtes  !     (geht   mit   Frau    Pickel   zur  Seite.) 

Friedrich  :  Da  haben  wir  den  Salat.  Auf  einmal  reden 
sie  französisch  und  da  steh  ich  da  wie  der  Ochs  am  Berg  ! 


Borax  :    Ja,  was  han'r  denn  ag'stellt  ? 

Friedrich  :  Weiss  der  Teufel,  was  in  die  Leute  gefahren 
ist.  Vorher  waren  sie  immer  so  nett  und  h"ebenswürdig,  aber 
seit  gestern  Abend  ist  alles  wie  umgewandelt.  Herr  Borax,  tun 
sie  mir  den  einzigen  Gefallen  und  legen  sie  doch  ein  gutes  Wort 
ein  für  mich.  Die  Germaine  hält  doch  so  grosse  Dinger  von 
ihnen,  sie  werden  die  Karre  schon  wieder  aus  dem  Dreck 
herauskriegen. 

Borax  ;  Ich  will's  prowiere,  awer  ich  ka  halt  net  garantiere. 
Ich  g'sieh,  se  sin  halt  schrecklig  bös  uff-i  ! 

Friedrich :  Nu  ja,  sie  müssen  mir  wieder  aus  der  Patsche 
helfen.  Ich  hab  doch  auch  in  allem  ihren  Rat  befolgt  und  zu 
allem,  ja  gesagt.  Mir  ist  die  Sache  ja  selbst  so  komisch  vor- 
gekommen, aber  nun  wäre  halt  die  Gelegenheit  mal  gerade  so 
günstig  gewesen.  Und  das  können  sie  mir  glauben,  ich  war 
immer  ein  tüchtiger  Arbeiter,  ich  sag',  ich  schaff  für  Zehne  und 
der  Herr  Pickel  hätt  sicher  einen  tüchtigen  Schwiegersohn  an 
mir  gehabt. 

Borax:  Enfin,  mache-n-i  jetz  kei  Grille,  do  gehn  mit  mine 
Frind,  ich  will  siter  mit  dr  Mamsell  Germaine  reda  un  lüega 
was  z'mache  isch. 

Friedrich  :     Na  ja,  ich  zähle  auf  sie  ! 

Borax:  Ihr  derfa  uff  mich  zähla  !  (Zu  Chemikern)  Ditts 
donc  !  Occupez-vous  un  peu  de  cet  animal  lä.  Allez  boire  un 
bock  avec  lui  ! 

Friedrich  :  Das  ist  doch  französisch,  nicht  wahr  ?  Ja 
sehen  sie,  das  hatf  ich  gleich  rausgehabt !  Wissen  sie,  ich  kann 
nämlich  auch  schon  ein  bissei :  Bongschur,  Mussie,  oui,  oui, 
o  revar   usw. 

II.  Chemiker:     Allez  kumm,  Brüeder  Essig,  mr  gehn  ein 

geh   packe!      (Die   Chemiker    nehmen    Friedrich    in    die   Mitte  und   ziehen 
singend  ab.) 

Pickel  (ist  wieder  oben  auf  der  Treppenbrüstung  erschienen  und  ruft): 

Karlin,  schu  5  400  Stimme! 

(Der  Betrunkene  von  vorhin  wird  von  einem  Schutzmann  zur  Wache 
geführt). 

Borax  (zu  Pickel):  Kumme-nr  üse  ? 

Betrunkener  (auf  das  Wachtlokal  deutend):  Nei,  ich  kumm  ine! 

Alter  Arbeiter :  Awer  nei,  wie  ka  mr  numme  eso  süffe. 
Ich  be  doch  jetz  schu  66  Johr  alt  un  42  Johr  uff 's  Baredracks, 
un  ha  noch  nie  kä  Kischte  g'ha  ! 

Frau  Pickel  (zu  Oermaine):  Wart  do  unte,  ich  will  schnall 
geh  lüege,  wie  mr  stehn  !  Herr  Borax,  bliewe  doch  a  Aügeblick 
bim  Germaine,  ich  kumm  glich  wieder!  (Ab  auf  die  Mairie.) 


58  - 


Ein  Herr  und  eine  Dame,  Deutsclie  in  Loden-Anzügen  erscheinen, 
betrachten  das  Rathaus,  steilen  sich  vor  das  Monument  und  blättern  suchend 
im   Baedecker  nach.) 

Touristin:  Was  geht  denn  hier  vor  ?  Was  machen  denn 
die  vielen  Leute  da  ? 

Tourist  (zu  Peter  und  Tissi)  :  Ach,  entschuldigen  sie,  bitte, 
was  hat  denn  dieser  Volksauflauf  zu  bedeuten  ? 

Tissi  :     Mr  warte  uff  d'  Franzose  ! 

Touristin:     Was  sie  nicht  sagen? 

Tissi  :     Ja,  siter  anno  70  ! 

Tourist  (lacht):   Und  was  stellt  denn  dieses  Monument  vor? 

Peter:     Das  isch  dr  Schweisstissi! 

Touristin  :  Was  ist  das  Schweisstissi? 

Peter  :    Dr  blutte  Mann  ! 

Tourist:    Ja  was  stellt  er  denn  vor? 

Peter  :     Ar  stellt  nix  vor ! 

Tourist :    Ja,  er  muss  doch  was  vorstellen  ? 

Peter  :    Ja,  ja,  ar  stellt  schu  ebbis  vor ! 

Tourist :    Ja,  was  denn  nun  ? 

Peter:     Eh,  ihr  sahn's  jo!    S'rachte  Bei!    (Alles  lacht.) 

Tissi  :     Heisch'm  jetz  di  Trinkgald  ! 

Tourist :     ich  danke  schön  !    (ab.) 

Duett 

(Auf  verschiedene  bekannte  Melodien i 

Wer  hat  Dich  du  blutter  Mann  aufgestellt  so  hoch  da  droben 

Deine  Meister  will  ich  loben. 

Denn  so  wie  du  so  lieblich  und  so  schön 

Hat  man  noch  selten  ein  Standbild  gesehen, 

Ich  weiss  nicht  was  soll  es  bedeuten 

Dass  er  so  traurig  ist 

Du,  du  liegst  mir  im  Magen 

Du,  du  liegst  mir  im  Sinn. 

Er  steht  in  finsterer  Miternacht 

Vor'm  Rathaus  hier  und  haltet  Wach 

Wenn  er  ein  Vöglein  war  und  auch  zwei  Flügel  hält 

Flog  er  davon. 

Und  zwar  nach  Lindenau 

Dort  ist  der  Himmel  blau. 

Sei  nicht  böse  es  kann  ja  nicht  sein 

Und  schicke  dich  drein. 

Verlassen,  verlassen,  verlassen  ist  er 

Weit  weg  von  der  Heimat  das  schmerzt  ihn  so  sehr. 

Oh  du  lieber  Augustin,  s'Geld  ist  hin,  alles  ist  hin 

Oh  du  lieber  Augustin,  alles  ist  hin. 

Oh  schöne  Zeit,  oh  selige  Zeit, 

Glücklich  ist  wer  vergisst, 

Was  nicht  mehr  zu  ändern  ist. 

Gustav,  Gustav  ärgere  dich  nicht  und  mach  kein  Gesicht 

Det  schickt  sich  nicht 


—  59 


Denn  es  ist  mal  bei  uns  so  Sitte 

Chaciin  ä  son  gout. 

S'ist  mal  bei  euch  so  Sitte 

Chacun  ä  son  gout. 

Oh  jerum,  jerum,  jerum 

Schweissdissi  mach  doch  kehrum. 

(Während  der  letzten  Scene  ist  Borax  mit  Germaine  etwas  seitwärts 
gegangen  und  hält  sie  um  die  Taille  ) 

Frau  Pickel  (erscheint  auf  der  Treppenbrüstung  und  ruft)  :  Mr 
han  schu  6  000  Stimme!  (Volk  unten  ruft  Bravo!  —  Frau  Pickel  geht 
wieder  hinein.) 

Borax  :  Ja,  was  hat'r  drno  gescht  z'  Nacht  noch  g'sait  ? 
Ar  hat  vorig  net  üse  welle  mit  dr  Sproch ! 

Germaine  :  Eh,  weisch,  ich  ha  dr  Papa  plogt  im  ha 
ag'halte  bi-n'm,  drno  han-i  ihm  gsait,  ass  ich  nie  a  anderer  wird 
namme,  ass  dich.  Ich  ha  ihn  o  dra  erinnert,  was  du  fir  a  Mieh 
g'ha  hasch  mit  sinre  Wahl,  die  g'fizte  Artikele,  wu  du  g'schriewa 
hasch,  un  d'  Mama  isch  o  uff  min're  Site  g'stande.  Un  drno 
z'letscht  hat'r  g'sait,  ass,  wenn  ar  morn  g'wähit  wird,  indam 
doch  nit  isch  mit'm  Friedrich,  ar  is  drno  sine  Iwilligung  ga  wird. 

Borax :  Oh  Oermaine !  Du  mi  harzig  Schatzela !  Du 
bisch  jo  so  güet ! 

Germaine  :  Oh  Theo  !  Ich  kennt  jo  alles^thüe,  fir  dich 
z'bekumma,  un  wenn's  noch  hundert  mol  schwarer  gsi  war,  ich 
hätt's  doch  durekampft. 

Borax  :  Wie  bin  ich  so  glücklig,  eso  ne  tapfer  Wiweia 
zbekumme.     Gal,  Germaine,  du  hasch  mich  garn  ? 

Germaine  :  Ob  ich  dich  garn  ha  ?  Du  Liawer  du  !  Oh 
wie  will  ich  dich  glücklig  mache  ! 

Borax  :  Oh,  Germaine  !  Wie  bisch  du  so  liab  zu  mir ! 
(drückt  sie  ganz  eng  an  sich,     (m  selben  Augenblick  erscheint  oben  Pickel.) 

Pickel  :     He  !    He  !    Seil  ich  i  hälfe  do  unte  ?  ! 
Germaine  :     Jeses,  dr  Papa  !     (fahren  auseinander.) 
Peter    (zu    den    beiden    Überbringern    der    letzten  Wahlresultate)  : 
Aha,  do  sin  d'letschte  Resultate  I  (zu  Pickel)  Wia  steht's  do  owe? 

Pickel:     S'sin  schu  6  800  Stimme! 

Tissi  :     Fir  wer  ? 

Pickel  :    Fir  uns  : 

Tissi  :    Ja,  un  unsera,  sin  se  boll  dusse  ? 

Pickel  :    Ja,  ja,  dusse  sin  se  boll  !    (Alles  lacht.  —  Pickel  ab.) 

Borax  (zu  Germaine):  Hasch  g' hert,  Germaine?  6  800 
Stimme  hat  di  Papa  scho.  Jetz  isch  kei  Zwifel  meh,  ar  isch 
g'wähit.     Unserem  Glück  steht  nix  meh  im  Wag! 


60 


Germaine  :  Oh  Theo,  ich  ka's  jo  gar  net  glaüwe  !  Ich 
be  so  olückhg,  ass  ich  dich  ha  .  .  .  Wenn  jetz  blos  dr  Friedrich 
zum  Hüs  dusse  war.  Ar  isch  mangmol  eso  uffdringlig,  ass  ich 
scho  paar  mol  in  d' Versijechung  ku  be,  fir  im  Papa  z'sage,  ass 
ar  gar  net  dr  rächte  Cousin  isch. 

Borax  :  Um's  Gotteswille,  Germaine !  Loss  mi  in  dare 
Affare  nur  ganz  allei  mache.  Ich  wird  schu  alles  wieder  in's 
rächte  Gleis  bringe. 

(Einige  Herren,  Vereinsbrüder,   in  Cylinder   und  Gehrock,  ziehen  aut.) 

Peter  (zum  Vereinsbruder)  :     Kumme-n'r  vu  ne  re  Licht  ! 

Vereinsbruder:   Nei,  nei,  mr  wann  de  Neie  ku  gratuliere! 

Peter  :    Ja  wisse-n'r  schu,  wer  üsekunnt  ? 

Vereinsbruder:  S'isch  egal,  mir  Vereinsbrieder  halte-n-is 
jetz  an  de  Neie  ! 

Alter  Arweiter:  Wie  ka  mr  numme!  Ich  be  jetz  66  Johr 
alt  un  42  johr  uff's  Baredracks,  awer  ass 's  eso  Lit  git,  ha-n-i 
net  g'  wisst. 

(Jetzt  drängen  von  allen  Seiten  Leute  auf  die  Bühne.  Oben  auf  der 
Treppe  erscheint  Pickel  und  Frau.) 

Pickel  (ruft)  :  Mr  sin  g'wählt !  Karlin,  mr  sin  g'wählt  ! 
(Fallen  sich  in  die  Arme.  Unten  grosser  Applaus.  Bravo !  Es  formieren 
sich  zwei  Gruppen,  auf  der  einen  Seite  die  Genossen,  erkenntlich  durch  rote 
Kravatten  etc.,  die  natürlich  nicht  am  Applaus  teilnehmen.  Pickel  und  Frau 
kommen  gegen  die  Wache  herunter.  Pickel  wird  von  allen  Seiten  beglück- 
wünscht. Desgleichen  einige  seiner  Kollegen.  Germaine  und  Borax  auf 
Pickel  zu.  Germaine  fällt  ihren  Eltern  um  den  Hals,  dann  nimmt  sie  Borax 
an  der  Hand.) 

Germaine  (zu  Pickel) :  Qh,  Papa,  wie  sin  mir  eso  glücklig? 
Jetz  isch  dr  Wunsch  vu  uns  alle  erfüllt.  Du  bisch  g'wählt,  un 
ich  derf  mi  Theo  ha,  gall  Papala  ! 

Borax:  Oh,  Herr  Pickel!  Sie  mache  mich  zum  glückligschte 
Mensch  vu  dr  Walt ! 

Pickel  :     Haltela  !  S'  isch  no  net  eso  wit ! 

Frau  Pickel  :  Du  müesch  di  Wort  halte,  un  jetz  isch 
ferig.     Mit  dam  Andre  isch  doch  nit  ! 

Germaine:     Oh,  Merci  Mamela  (umarmt  sie  stürmisch). 

Pickel  (zu  Borax):  Eh,  wenn  s'Karlin  ha  will.  Mi  Saga 
hann'r  .  .  .  (Germaine  und  Borax  umarmen  sich.  Inzwischen  kommen 
die  Chemiker  mit  Friedrich  zurück.  Die  Chemiker  gratulieren  Herrn  Pickel  zu 
seiner  Wahl,  Friedrich  desgleichen.  —  Dann  werden  Germaine  und  Borax  von 
den  Chemikern  umringt,  die  ihnen  zur  Verlobung  gratulieren). 

Friedrich:  (zu  Pickel)  Na,  Onkel,  nu  gratulier  ich  dir  aber 
recht  herzlich.  Siehst  du  nun,  ist  doch  alles  ganz  famos  gegangen 
und  hoffentlich  wirst  du  mir  nicht  mehr  böse  sein! 


61  — 


Pickel:  Jo,  s'iscli  scho  güet,  ich  bi  jo  net  bös,  awer 
weisch  üs  dara  .... 

Frau  Pickel  (einfallend  zu  Friedrich):  Verderb  niimme  du 
n  is  d'güete  Lüne  nit. 

Friedrich:    Ja,  un  die  Germaine? 

Pickel :    Die  derf  jetzt  hirote. 

Friedrich  (Will  auf  Pickel  zu  und  ihn  umarmen):  Ach  Onkel, 
SO  vvär's  denn  .    .    . 

Pickel  (abwehrend) :    Ja  awer  nit  mit  Dir. 

Borax    (hinzukommend)  :    Nei,   mit  mir. 

Friedrich  (erstaunt)  :  Nu,  aber  hören  sie  mal,  da  hab  ich 
mich  bei  ihnen  gerade  an  die  richtige  Adresse  gewandt!  Na,  die 
Hauptsache  ist,  dass  ich  bei  dir  bleiben  darf,  lieber  Onkel. 

II,  Chemiker:     Kamerade,   wie  mer   soewe    erfahre    han, 

hat    sich    unser    Frind   Borax    mit   d'r  Mamsell   Germaine   f^ickel 

verlobt.  Das  neie  Brütpaar    seil    lawe,  hoch  I    hoch  ....  hoch 
(alles  ruft  mit.) 

Vereinsbruder:  Silance  ihr  Herre,  mir  sin  kumme  fir 
dane  neie  Herre,  un  vor  allem  im  Pickel  harzligscht  zu  sinre  Wahl 
z'gratuliere  (Bravo)!  Ihr  Herre,  mir  Vereinsbrieder,  sin  alle  fescht 
iwerzigt,  ass  dr  Herr  Pickel  si  Meeglischt's  macha  wird,  fir  unsere 
Milhüser  Societäte  z'fördere  un  z'unterstütze. 

Pickel  :  Ich  bi  tief  geriehrt,  durch  die  harzige  Worte,  wu 
sie  an  mich,  an  ein  vu  eire  neie  Stadträt,  g'richte  han.  Warte 
Mitbirger,  ja  ihr  derfe  iwerzigt  si,  ich  wir  nit  nur  a  Saalbau  er- 
richte lo,  nei,  e  jede  Societät  müss  ihr  eige  Lokal  ha.  Ich  be  jetz 
Conseiller-Municipal,  s"  isch  a  schön  Wort,  awer  schöner  noch 
d'Pflichte,  wu  ich  mit  dam  neie  hohe  Beruef  z'er-ille  ha.  Milhüse, 
ich  weiss,  was  ich  dir  schuldig  bi. 

Tissi :     Gan  mr  mi  Teil  gli. 

Pickel :  Ich  will  gar  nit  rede  vum  pas,  vu  dr  Elektrizität 
un  Tramway.  Nei  höcher  lenkt  mich  mi  Blick.  Mir  Elsaesser  wann 
jetzt  andlig  emol  d'namlige  Rächte  ha,  zum  Beispiel  wie  d'ane  im 
Badische.  Gehn  emol  uf  Neieburg.  Dert  derfe  se  dr  Matin  läse, 
dert  derfe  se  d'Marsaillaise  singe  un  sogar  „Vive  la  France"  briele! 
Birger,  ihr  derfe  n'eich  druff  verlo,  ich  mach  .... 

Tissi     (einfallend):  Was  ihr  kenne. 

Pickel:  Ja,  was  ich  ka,  so  wohr,  ass  ich  Pickel  heiss  (Die 
Umstehenden  klatschen  unter  Bravo  und  o;ratulieren  Pickel  zu  seiner  F\ede. 

Alter  Arweiter  (zu  Pickel):  Ich  bi  jetzt  66  Johr  alt  un 
42  Johr  uff's  Baredraks,  awer  eso  ne  Red  han-i  noch  nie  g'heert. 


62 


Maurer  (der  mit  einem  Schutzmann  heftig  gestikuh'erend  aus  der 
Wache  kommt):  Aber  wenn  ich  ihnen  sage,  ich  hab  doch  einen 
Onkel  hier,  den  ich  besuchen  wollte.  Solch  ein  Pech  ist  ja  noch 
keinem  Menschen  vorgekommen. 

Schutzmann:  Na,  ich  warne  sie  blos,  machen  sie  nicht, 
dass  sie  noch    ein  drittes  Mal  hierherkommen. 

Vereinsbruder:  Mir  mien  im  Herr  Pickel  harzligscht  danke, 
hr  sine  Worte.  Dr  Herr  Pickel  seil  lawe  ! 

Alles     (fällt  ein  in  den  Ruf):  Dr  Herr  Pickel  seil  lawe! 

Maurer  (plötzlich  stehen  bleibend):  Dr  Herr  Pickel!  Na,  das 
ist  doch  mein  Onkel  I 

Borax  (der  mit  Germaine  abseits  steht):  Jeses,  jetzt  miiess 
da  o  noch  kumme,  an  da  han-i  gar  nimmi  dankt. 

Maurer  (geht  auf  die  Gruppe  Pickel  zu,  gefolgt  von  Qermaine^ 
Borax  und  Friedrich;  drängt  sich  durch  die  Leute  durch)  Na,  jetzt  lass 
ich  mich  nicht  mehr  zurijckhalten.  Ich  werd'  doch  noch  mit 
meinem  Onkel  zusammenkommen  (zu  Pickel)  Ach,  entschuldigen 
sie,  sind  sie  nicht  Herr  Pickel? 

Pickel :  Natierlig,  Herr  Stadtrat  Picke!,  das  bin  ich,  was 
hatte-n'r  wella? 

Maurer:  Na,  endlich,  ach,  ach,  das  freut  mich  aber,  wissen 
sie,  ich  bin.  nämlich  ihr  Neffe  Friedrich  aus  Dresden. 

Friedrich     (für  sich):  Aha,  auch  so'n  Verwandter. 

Pickel  :  Nai,  das  packt  nit,  güeter  Frind.  (auf  Friedrich  deu- 
tend) lüege  do,  das  isch  dr  Neffe  Friedrich. 

Friedrich:    Jawohl,  das  sind  wir! 

Maurer:  Aber  entschuldigen  sie,  lieber  Onkel,  sie  sind 
im  Irrtum  (nimmt  einen  Brief  heraus)  Da  bitte,  Überzeugen  sie  sich 
selbst,  sie  haben  mir  doch  geschrieben,  dass  ich  sie  besuchen  soll, 
und  dann  wegen  ihrer  Fräulein  Tochter. 

Frau  Pickel:  Do  git's  nit  meh  Fräulein  Tochter  (zu  Picke!) 
awer  lüeg  emol,  was's  das  fir  a  Brief  isch. 

Pickel  (betrachtet  den  Brief):  Thatsachlig,  icii  ha-n'n  gschriwa 
(das  Couvert  betrachtend,  liest)  Herrn  Friedrich  Maurer,  Lehramtkan- 
didat, Dresden.  Stimmt,  das  isch  d'Adresse  wu-n'ich  salwer 
g'schriwa  ha.  (zu  Friedrich)  Ja,  wie  heisch  denn  du  ? 

Friedrich  :     Ich  heisse  Friedrich  Bemm'chen. 

Pickel  (höchst  verwundert) :  Bemm'chen?  Ich  ha  g  meint  du 
seigsch  da  Maurer  ? 

Friedrich  :  Ja,  ich  bin  auch  Maurer,  ich  bin  sogar  Maurer- 
polier. 

Pickel  :     Awer,  wie  kunsch  denn  du  drno  züe-n'is  ? 


63  — 


Friedrich      (nimmt    ebenfalls     einen     Brief     heraus):     Da     bitte, 
Überzeuge  dich  lieber  Onkel,  du  hast  mir  doch  auch  geschrieben ! 

Pickel    (betrachtet  den   Brief)  :    Ja   halt,   do   bisch   dÜ  .     .     .     . 
eh  do  sin  ihr  da  Mürerpolier  wu-n'ich   erwarte  ha!    Ja   wurum 
han'r  denn  nit  g'sait  ? 

Friedrich:  Na,  sie  haben  doch  mich  auch  gar  nicht  gefragt! 

Schlusscouplet 

Pickel:  D'Gmeinrotswahl  isch  unime,  un  ich  bi  jetzt  g'wählt 

T  i  s  s  i ;  Aha 
Ich  ha  viel  versproche  un  noch  meh  veizählt 

Peter:  Aha 
Was  koscht  doch  das  Amtla  fir  Mieh  un  fir  Plog 
Doch  was  ich  jetzt  halt,  isch  e  nandere  Frog 

Refrain:  Z'Milhüse,  z'Milhiise,  z'Milhüse 

z'Milhüse  kunnt's  net  so  druf  a,  juche 
z'Milhüse,  z'Milhüse,  z'Milhüse 
z'Milhüse  kunnt's  net  so  druf  a. 

Borax:  Was  frog  ich  no  Wähle,  was  no  Politik 

Ti  ssi:  Aha 
Ich  ha  jetzt  mi  Schatzle  un  das  isch  mi  Glick 

Peter:  Aha 
Oh,  wäre  ihr  numme  so  einig  wie  mir 
No  gings  in  Milhüse  als  nit  hinterver. 

Refrain:  z'Milhüse 

Peter:  Oh  arm  Milhüse,  wu  bisch  du  ane  ku 

Tissi:  Aha 
Was  nutzt  jetzt  das  Handle,  was  han  mr  dr'vu 

Peter:  Aha 
Mir  fuchse  jetzt  eifach  dr  neie  G'meinrot 
S'isch  namlig  wie  vorhar,  nur  schwarz  anstatt  rot. 

Refrain:  z'Milhüse 


Keen  Onkel,  keen  Meester  und  Mangel  an  Geld 

Tissi:  Aha 
Und  fort  möcht'  ich  ooch  nicht,  weil's  mir  hier  gut  gefällt 

Peter:  Aha 
Friedrich:     Wenn  se  wüssten  in  Sachsen,  wie  schön  es  hier  war' 
S'blieb  keiner  mehr  drüben,  s'käm  alles  hierher. 

Refrain:  z'Milhüse 


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