Skip to main content

Full text of "Mohámmed. Drama in drei Akten (acht Szenen)"

See other formats


Sue 
8 Ve 


4141 
4 


1 


3 


Er 
wor 


65255 


„ 
25 


a 
A N 
— 


* 
e 
25 


N * 9 

. . 5 En Be 5 
D 
e 


405 


HZ 
22 
2 


Ein 


N 


749 
I 


1 


1 


TEEN: 


* 
= 


8 
ng 


5 


Mohammed 


Drama in drei Akten (acht Szenen) 


von 


4 


Ferdinand von Hornſtein 


Stuttgart 
Druck und Verlag von Greiner & Pfeiffer 
1906 


Alle Nechte vorbehalten 


Den Bühnen gegenüber Manuſkript 


Das Ringen großer Männer gleicht der Fieber- 
kurve. Sie ſammeln im Sinken die Kraft zu noch 
höherem Steigen. 


Digitized by the Internet Archive 
in 2010 with funding from 
Boston Library Consortium Member Libraries 


http://www.archive.org/details/mohmmeddramainO0horn 


Einführung in den „Mohammed“ 


Ah, das intereſſiert mich. Wo wollen Sie denn Ihr Drama 


aufführen laſſen? 
Ferdinand von Hornſtein. Sie ſind ſehr luſtig. Ich beſitze 


doch keine Theater, über die ich ſo einfach verfügen könnte. 


Die luſtige Perſon. Wieſo? Sie haben doch den „Buddha“ 


00 


50 


2 0 


bei uns in München aufführen laſſen. Da könnten Sie doch 
auch den „Mohämmed“ dort einreichen. 


H. Hab' ich auch getan, aber weder von der Intendanz, noch 


von der Regie bekam ich Antwort, und eines der beiden 
Exemplare iſt mir noch im Theater verloren worden. 


P. Was? Bei dem außerordentlichen Erfolg, den Sie mit 


Ihrem „Buddha“ hatten! Was haben Sie denn da getan? 


H. Ich habe dem neuen Intendanten geſchrieben, er würde 


mich zu größtem Dank verpflichten, wenn ich mein Stück wieder 
bekommen könnte. And dabei habe ich zugleich vom „Fein: 
gefühl“ geſprochen, das im Hoftheater abhanden gekommen iſt. 


P. Wenn Sie fo an den Intendanten ſchreiben, dann glaub' 


4 
H. Sie verſtehen mich nicht. Das „Feingefühl“ iſt ja ein 
früheres Stück von mir. 


P. Ach ſo, das iſt ſpaſſig. 
. 9. Auch iſt der jetzige Intendant an der Sache ganz un: 


beteiligt. 


P. Drum eben. Der ſoll in jeder Beziehung ein Kavalier ſein. 


H. Gewiß, ich bin früher mit ihm zuſammengekommen. 


P. Ah, das trifft ſich ja ſehr günſtig! Da kennt er Sie alſo? 


62 


5 


H. Sie ſind ſchon urkomiſch. Wenn mich vier Jahre nach 


Buddha ſchon keines von den alten Mitgliedern im Theater 
mehr kennt, ſoll mich ein neuer Intendant kennen, mit dem ich 
vor mehr als zehn Jahren ein paarmal im Salon zuſammen— 
gekommen bin. 


P. Haben Sie ihm denn keinen Beſuch gemacht, um ſich bei 


ihm wieder in Erinnerung zu bringen? 


H. Im Gegenteil. Ich hab' ihn nicht einmal gegrüßt, wie ich 


ihm im Theater begegnet bin. 


P. Ja, dann glaub' ich's. Wenn Sie ihm nicht einmal dieſe 


Aufmerkſamkeit erweiſen. 


H. Ich werde ihm dafür in einem Vorwort zu „Mohammed“ 


eine öffentliche Aufmerkſamkeit erweiſen. And er wird ſie gewiß 
um ſo höher ſchätzen, als ich nichts von ihm will, als meine 
bisherigen Beziehungen zu ihm aufrechterhalten. Ich werde ihn 
deshalb ſo lange ignorieren, bis er ſelbſt etwas von mir will. 


P. So werden Sie nie etwas erreichen. 
v. 


H. Wenn man die Stadt, in der man geboren iſt und ſein 
Leben verloren hat, verläßt, ſo will man in dieſer Stadt nichts 
mehr erreichen. 


P. Was wollen Sie dann 1 „Mohämmed“ anfangen? 
v. 
P. Haben Sie ſich ſchon für einen Verleger entſchieden? 
v. 


H. Ich will ihn als Buch herausgeben. 


H. Entſchieden? Sie ſind koſtbar. Sie meinen bei den 
glänzenden Anträgen, die ich täglich erhalte? 


P. Aber Sie haben doch das ſeltene Glück, in den intimſten Be: 


ziehungen zu einem der erſten Verleger Deutſchlands zu ſtehen. 


H. Allerdings, aber nur zu ihm als Menſchen und Freund 


meines Vaters. Als Verleger hat er mich erſt kürzlich erſucht, 
für die Zukunft auf jeden eventuellen Gewinn aus den drei 
Büchern, die er hat, zu verzichten und ihn von der jährlichen 
Rechnungsablegung zu entbinden. Er meint, es lohne ſich nicht 
mehr der Mühe, die Bücher alle aufzubewahren. 


P. Da würden Sie ſie ja beſſer bei einem Spediteur in Verlag 


geben. Ich verſtehe nicht, wie Ihnen dabei noch möglich iſt, 


a 


2 


2 


0 K 


VII 


die Anterſcheidung zwiſchen Verleger und Freund im perſön— 
lichen Verkehr durchzuführen. 


H. Warum denn nicht? Die ganze Korreſpondenz geht durch 


einen Prokuriſten. Wenn ich mit dem Freund meines Vaters 
zuſammenkomme, reden wir von allem andern, nur nicht von 
dieſen Dingen. Er iſt ein ſehr intereſſanter, hochgebildeter 
Menſch und verkehrt mit ſich ſelbſt doppelt, als Künſtler und 
Geſchäftsmann. Ich freue mich ſehr, ihn wiederzuſehen, ich 
habe eine große Anhänglichkeit an den alten Herrn. 


P. Merkwürdig. Höchſt merkwürdig. Mit welchen Ver— 


v. 


v. 


legern haben Sie dann wegen des „Mohämmed“ unterhandelt? 
H. Zuletzt hab' ich mich an den gewandt, bei dem ich die 
meiſten Ausſichten hatte, da er das Seitenſtück zu „Mohämmed“, 
den „Buddha“, verlegt hat und davon ſogar eine zweite Auf— 
lage herausgeben konnte. 


P. Nun alſo. Der mußte daraufhin doch ſchon ehrenhalber 


das Riſiko auf ſich nehmen. 

H. Riſiko? Es war nicht das geringſte dabei. Da ich für 
die Bühnen eine Maſſe Exemplare brauche, verpflichtete ich 
mich, gleich ſelbſt 150 Exemplare im voraus zu beziehen. Da 
wäre er vollſtändig gedeckt geweſen. 


l. P. And trotzdem hat er den „Mohämmed“ nicht genommen? 


H. O, nicht nur das. Darauf war ich gefaßt. Aber hören 


Sie den Schlußſatz ſeines kurzen Briefes: „Wir würden 
empfehlen“, ſchreibt er, „das Buch in einem vorzugsweiſe 
ſchöne Literatur pflegenden Verlag erſcheinen zu laſſen, mit 
dem wir dann gern in Verhandlung wegen der Abernahme der 
noch faſt ganz vorhandenen zweiten Auflage des „Buddha“ 
treten würden. Mehr kann man doch von einem Nebenſatz 
nicht verlangen. 


P. Allerdings nicht. Daß die Leute, die ſich immer ſelbſt 


ſo literariſch vorkommen, nicht einmal zu verſchleiern ſuchen, 
daß ſie nichts weiter als „Händler“ ſind. And ob einer mit 
Hoſenträgern oder Büchern handelt, iſt doch egal. Was wollen 
Sie denn jetzt mit dem „Mohämmed“ anfangen? 


VIII 
F. v. H. Ich will mit dem Geld, das mir beim Dichten übrig ge— 


©) 


v 0 


blieben iſt, zu Greiner & Pfeiffer gehen, und ſie erſuchen, das 
Stück auf meine Koſten zu drucken. Das ſind chriſtlich denkende, 
ſympathiſche Menſchen, die auch meine erſten Gedichte in Kom— 
miſſion genommen haben. Außerdem will ich eine Einleitung 
dazu ſchreiben. 


P. Um Gottes willen! Die lieſt man ja noch weniger als 


das Buch. 


H. Grundfalſch. Wir leben in einer Zeit, in der man ſich 


viel mehr um das Perſönliche des Dichters kümmert als um 
ſeine Werke. Wo er ſich aufhält, was er ausgibt, ob er ver- 
heiratet iſt, all das intereſſiert die Menſchen im höchſten Grade. 
Deshalb hab' ich gedacht, wenn fie auch den „Mohammed“ nicht 
leſen, jo intereſſieren fie ſich doch vielleicht für feine Erlebniſſe, 
die wenigſtens kein dummes Geklatſch ſind, ſondern alle auf 
Wahrheit beruhen. 


P. Mag fein. Aber das, was Sie mir da erzählen, iſt doch 


dazu weder ernſt noch luſtig genug. Das werden die Leute 
gar nicht verſtehen. 


H. Das iſt das Luſtigſte, was Sie bisher geſagt haben. Glauben 


Sie denn, die Leute verſtehen den „Mohämmed“ ſelber? 


P. So erklären Sie ihnen wenigſtens den. Schreiben Sie 


eine vernünftige Einleitung. 
H. Nie mehr. Das hab' ich einmal bei „Buddha“ getan, und 
da hat mir die Kirche die Aufführnng beinahe unmöglich gemacht. 


P. And jetzt macht ſie Ihnen der Staat unmöglich. Ganz ſicher. 
v. 


H. Wieſo? Soll ich auch noch den Islam in Deutſchland 
einführen wollen? Mein Drama iſt überhaupt keine Apotheoſe 
des Propheten wie der „Buddha“. Sie iſt aber auch keine 
Entlarvung eines Schwindlers, als den ihn mein Vorgänger 
Voltaire mit ſehr geringem pſychologiſchen Scharfblick hingeſtellt 
hat. Es iſt das Drama des religiöſen Fanatismus, der 
Autoſuggeſtion, die einzig mögliche Erklärung der unerhörten 
Erfolge und hinreißenden Macht dieſes außerordentlichen Kraft— 
menſchen. 


3 


2 


a 


8 


50 


5 * 


0 


l 


IX 


P. And dieſe Erklärung, meinen Sie, läßt man öffentlich 
von der Bühne herab zu? Glauben Sie denn, wir machen 
das ganze Jahr dem Ausland den Hof und ſchicken für 
50000 Mark Telegramme, um durch ein Theaterſtück alle guten 
Beziehungen aufs Spiel zu ſetzen und die fremden Religionen 
herabzuwürdigen? 


„H. Alſo ſollen auch noch die Eunuchen in unſer Repertoir 


ſich einmiſchen? Das möcht' ich ſehen. 


l. P. Sie ſollen es ſehen. Hoffentlich werden Sie es ſehen. 


— 


. 9. Hoffentlich! Jetzt hören Sie, wenn das wirklich Ihr 


Wunſch iſt — — — 


P. Ja. Denn es iſt das einzige Mittel, wie Sie in Deutfch- 


land noch bekannt werden können. 


. 9. Wie? Ja, wo war ich denn? Freund, das iſt ja wirklich 


ein Gedanke, nachdem ich ſchon alle Hoffnung aufgegeben hatte. 


P. Ich kann Ihnen keinen beſſern Rat geben: Reichen Sie 


das Stück unverzüglich bei der türkiſchen Botſchaft in Berlin 
ein. — Wie? Sie zögern noch, Sie beſinnen ſich? 


H. Ja, beſter, wahrer, einziger Freund. Jetzt an der Schwelle 


meines Glückes, nahe der Erfüllung meiner langjährigen Hoff— 
nungen kommen mir plötzlich ſolche Zweifel und Bedenken, daß 
ich nicht mehr die Kraft und den Mut habe .. 


P. Welchen Mut? Reden Sie! 
. 9. Den Mut, bei dem niederträchtigen Zuſtand, in dem ſich 


die meiſten deutſchen Bühnen jetzt befinden, eine Aufführung 
meines Dramas auch nur herbeizuwünſchen, ſelbſt vor einem 
literariſchen Publikum oder geladenen Gäſten. 


P. Aber Menſch, was fällt Ihnen denn ein? Bedenken Sie, 


was auf dem Spiele ſteht! 


H. Eben das. Alles, was ich in acht Monate langer Arbeit 


in mein Werk hineingedacht, die Kraft, das Ringen, die 
Illuſionen und Einſamkeiten einer ſo langen Zeit, alles das 
ſoll ich jetzt durch Schauſpieler, denen jeder große Zug, jede 
Geſtaltungskraft, jede Fähigkeit, Verſe zu ſprechen, fehlt, an 
einem Abend mir verekeln und verderben laſſen? 


X 


D. l. P. Das wird Ihnen beim Buch jeder Kritiker in noch kürzerer 


F. 


v. 


Zeit beſorgen. 

H. Nein. Der kann das Werk nur nicht verſtehen, aber 
nicht verſtümmeln. Einer fremden Kritik glaubt man nicht, aber 
was man ſieht, das glaubt man, jede noch ſo große Fälſchung, 
jedes ſinnloſe Wort, jeden verſtümmelten Vers. And ſo ein 
Hanswurſt und geiſtiger Mimikryſt, der es nicht der Mühe 
wert hält, ſeine Rolle nur auswendig zu lernen, tritt dann her— 
vor und heimſt für ſein Zerſtörungswerk noch den Dank der 
jubelnden Menge ein. Einem Komponiſten ſollte man einmal 
ſo kommen und in ſeine Oper in jeder Stimme unausgeſetzt 
falſche Noten hineinſpielen und ſingen, den Sturm im Haus 
und in der Preſſe möcht' ich ſehen. Aber der Dichter, was iſt 
dem deutſchen Publikum, was iſt den Theaterdirektoren die 
dramatiſche Dichtkunſt? And ſolange das nicht anders wird, 
ſolange der Schauſpieler keinen Reſpekt und kein Gefühl der 
Verantwortung gegenüber der höchſten geiſtigen Arbeit be— 
kommt, ſo lange bleibt er dem dramatiſchen Dichter, was der 
Affe für Nietzſche iſt, ein Gelächter und eine ſchmerzliche Scham. 


P. Sie räumen ja gründlich auf. And dabei vergeſſen Sie 


ganz, wie begeiſtert Sie mir einmal einen Abend lang von 
Novelli geſprochen haben. 


H. Das war vor Jahren in einer komiſchen Rolle. Seit ich 


ihn als Lear geſehen habe .. 


P. Was, in feinem höchſten Triumph? 
H. In ſeiner tiefſten Schande. Gibt es denn nur Mord an 


Trödlerfrauen und Wucherern, keine Verbrechen an göttlichen 
Werten? Shakespeare ſelber müßte auferſtehen und der Welt 
ein Gewitter zeigen, daß ſein Learſturm dagegen ein Katzen— 
fauchen wäre. Wenn ein Lord Elgin Kunſtwerke in ein britiſches 
Muſeum bringt, ſtellt ihn Byron vor den Jahrhunderten an 
den Pranger, ein halbwüchſiger Burſche wird faſt gelyncht, 
wenn er ein wertloſes Denkmal verunreinigt, und einen gebildeten 
Künſtler bejubelt man noch, wenn er mit einer geiſtigen Roheit 
ohnegleichen ein ewiges Kunſtwerk zuſammenhackt. Haben Sie 


ao 
2 


u) 
S 


XI 


den Lear einmal geleſen? Wiſſen Sie, was das heißt, Anfang 
8 Ahr, Ende vor 10 Ahr, und 1 Stunde Pauſen dazu? Da 
iſt einfach jeder Zuſammenhang, jede Entwicklung, jede Poeſie, 
jeder Shakeſpeare draußen und nur der Novelli geblieben. 


P. Aber der doch ergreifend, was? 
. 9. Ergreifend, ein ruchloſer Komödiant? Das Schickſal 


Shakeſpeares, des ganzen Menſchengeiſtes iſt ergreifend, wenn 
ſeine heiligſten Altäre ſchutzlos als Sprungbretter für einen 
Clown verwendet werden, wenn eine italieniſche Schmierenbande 
mit ihren Jahrmarktsrequiſiten .. 


P. Aber hören Sie, wenn Sie das auch in ihr Vorwort auf: 


nehmen, dann ziehen Sie ſich noch eine Injurienklage zu, daß 
es nur ſo knallt. 


H. Sie literariſcher Waiſenknabe! Der Novelli weiß doch 


ſelbſt am beſten, daß ein Drama nie ein Menſch lieſt. Er 
wird ſich hüten, für mich Reklame zu machen. 


P. Aber ich verſtehe wirklich nicht, wie Sie ſich über ein 


Stück, das nicht einmal von Ihnen iſt, ſo aufregen können! 
And dabei iſt Novelli trotz dem Verſtümmeln und ſeiner Truppe 
doch ein ganz eminenter Schauſpieler. 


H. Was iſt er? Soll ich Ihnen jagen, was er iſt? Herunter— 


gekommen bis auf den Meckerton. And mit dem will er uns 
glauben machen, daß von ſeiner ſchlechten Perücke wirkliches 
Waſſer fließt, mit dem kommt er zu uns und ruft heraus: 
fordernd: „Da habt ihr eine Kunſt.“ So ſollte eine Götter: 
Dämmerung auf 1 Stunden zuſammengeſtrichen werden, jo 
ſollten die erſten Sänger den Triſtan mit einem Bierorcheſter 
und einer Handvoll Choriſten in 1 Stunden verwüſten und. 
als Wagnerapoſtel durch Europa ziehen, die Welt würde beben 
vor Entrüſtung. Aber Shakeſpeare, was iſt dem Kunſt- und 
Bildungspöbel Shakeſpeare? 


P. And die Preſſe, die Preſſe? 
. 9. Die jubelt, ſtellt ihn über Sonnental und Mitterwurzer, 


nennt ihn den Gipfel der Schauſpielkunſt. Nicht einer — doch 
einer, zu ihrer Schande ſei's geſagt, ein einziger hat ein Wort 


XII 


— 


für dieſe Verſtümmelung gefunden und ſich von dieſem Gipfel 
der Selbſtſucht nicht Sand in die Augen ſtreuen laſſen. 


„P. Der eine hat Sie wohl ſelbſt in die Höhe gehoben, oder 


wenigſtens ein Stück von Ihnen? 


. 9. Nein, Sie Menſchenkenner. Er hat fünf Einakter von 


mir heruntergeriſſen in einer Weiſe, daß die Schauſpieler mit 
mir beim nächſten Volksgemurmel nur noch riefen: Schandkritik! 
Pfui Gumppenberg! Nieder mit ihm! 


l. P. And das während der Vorſtellung? 
H. Hinter der Szene, im Kampf mit dem Schlaf, wie ſich 


das Mädchen zum Fenſter hinausſtürzt. Es hat ſogar ſehr 
gut gewirkt. 


„P. Jetzt gehn Sie aber weiter mit Ihrer Entrüſtung. Bis 


jetzt hab' ich gemeint, es ſei Ihr tiefſter Ernſt und habe Sie 
deswegen geachtet. Wenn Sie aber ſelber auf der Bühne 
in Ihren eigenen Werken Alk treiben ... 


. 9. Daran ſehen Sie, wie ſehr ich abgehärtet und objektiv 


bin. Ich ſtehe in Freundſchaft mit einem Verleger, der meine 
Werke auf die Straße wirft — nein, nicht einmal das, denn 
da würden ſie ja bekannt — ich achte einen Intendanten, von 
dem ich nichts will; ich habe für den Novelli geſchwärmt, eh' 
ich ihn in ſeiner Gottloſigkeit erkannte, ich rühme einen Kritiker, 
der mich zuſchanden geſchrieben hat, da hab' ich wohl das Recht 
und die Reife, einmal die Wahrheit zu ſagen. 


P. Ach was! Der Dramatiker ſoll überhaupt nicht kritiſieren 


und polemiſieren. Er ſoll auf der Bühne reden. Da iſt ſein Platz. 


H. Sie ſind ſehr luſtig. Als ob ich ſo einfach über die 


Theater verfügen könnte. 


P. Das haben Sie ja ſchon einmal gejagt. 
„H. Ja, und jetzt kommen Sie wieder mit dem „Buddha“. 


So wollen wir im Kreis herumreden, bis die Leſer in eine 
Art Taumel geraten wie die Derwiſche und im Rauſch dann 
zum „Mohämmed“ greifen. 


Wien, im Januar 1906. 


Perſonen 


Mohammed 
Abu Bekr 
Omar ſeine Anhänger, 
Ali mit ihm verſchwägert 
Osman 

Omeir, ein Blinder 

Malik 

S Ad 

Ein Saidite 

Amr 

Kanſa, ſeine Tochter | 

Hatim, ihr Arzt 

Haſſan 
Erſter (Naila) 
Zweiter 
Dritter 
Vierter 
Mati 
Abdallah 
Erſter 

Sineiten Mekkaner 
Ein vornehmer Jude 
Ein alter Heide 

Ein alter Chriſt 
Aiſcha | 
Sauda 

Omm Scherib | 


| Jude 


Frauen Mohämmeds 


Geliebte Mohämmeds. Gläubige. Chatmiten (Angehörige des Stammes der Chatma). 
Saiditen (Angehörige des Stammes der Saida). Chriſten. Juden. Heiden. Sklaven. 
Sklavinnen. 


Jathrib (Medina). 


Erſter Akt 


We 


Erſte Szene 


Bethaus zu Jathrib (Medina). Vormittag. Mohammed, Abu Bekr, Omar, Ali, Osman 
treten durch die Seitentüre rechts ein. 


Mohammed 
Durchſpäht alle Winkel erſt, ob wir allein! 


Abu Bekr 
Nur Gott iſt mit dir und deine Getreuen. 


Mohammed 
Dann ſchließt alle Türen! 
(Die drei Türen werden geſchloſſen. Er geht einige Schritte umher und erblickt in einer 

Ecke Aiſcha.) i 

Aiſcha, du? 

(lächelnd zu Abu Belr) 
Da ſitzt ſie ganz heimlich und ſpielt mit den Puppen 
Als wär' ſie zu Hauſe. 
Aiſcha 


(elfjährig) 


Ihr ſaht mich doch kaum, 


Abu Bekr 
Entferne dich, Kind. 
Wir haben hier wichtige Dinge zu reden. 
In wenig Minuten iſt Betenszeit, 
Dann ruf' ich dich. 


Hornſtein, Mohämmed 1 


Wie kann ich da ſtören? 


Mohammed 


Bleibe nur, Puppenweibchen, 


Mit deiner Geſellſchaft. Ihr ſtört uns nicht. 
(Küßt fie zärtlich.) 


Aiſcha 
Wem ſoll ich da folgen, geſtrenger Gebieter? 


Dem Mann oder Vater? 
(zu Abu Bekr) 


Ich gehe jetzt fort 
And entferne mich dort in den hinterſten Winkel 
(zu Mohämmed) 


And bleibe. So folg' ich euch beiden zugleich. 


Mohammed 
(kindiſch verliebt) 


Du e du kleine Durchtriebne! 
Gleich werd' ich das Mündchen dir ſchließen. Gib acht! 


(Läuft ihr nach und küßt ſie, kommt zurück mit tiefem Ernſt.) 
Jetzt hört! 
(zu Abu Bekr) 
Du ſagteſt zwei wichtige Worte: 
Nur Gott ſei mit mir und meine Getreuen. 
Zuerſt das eine: Glaubſt du an Allah? 


Abu Bekr 


(tief verletzt, ſeinen Anwillen niederkämpfend) 
Was ſoll dieſe Frage, zum Scherze zu ernſt, 
And wär' es dein Ernſt, ſolche Frage an mich? 


Mohammed 
5 (zu Omar) 
And an dich, 
(zu Ali und Osman) 


And Ali und Osman. So redet! 


Osman 
Sag du erſt: Glaub' ich an Vater und Mutter? 


Ali 
And ich an mein Schwert? 


Omar 
And ich an mich ſelbſt? 


Mohammed 


And dennoch glaubt ihr nicht eher an Allah, 
Als bis ihr mir ſelber in allem glaubt. 

Drum frag' ich euch: Bin ich ſein Auserwählter, 
Auf den er vom Himmel das heilige Buch 

And den Engel geſendet in meine Träume? 

Bin ich Mohämmed, Allah's Prophet? 


Abu Bekr 
Wie hätt' ich für dich ſonſt die Heimat verlaſſen, 
In finſterer Höhle, in Nacht der Verzweiflung 
Die zagende Seele dir aufgerichtet 
Durch meinen zähen Glauben an dich? 


Ali 
And ich — wär' ich einſam in Mekka geblieben, 
In deiner Behauſung, in deinem Gewande, 
Als leuchtende Scheibe die Mörder täuſchend, 
Mit gläubigem Herzen und opferndem Mut? 


Omar 


And hatte dies Schwert auf die Bruſt, die ich ſpäter 
Als Freund dir umfangen, nicht ruchlos gezielt? 

Haſt du's in die Scheide zurückgeſtoßen 

Als blitzend und zündend dein Wort mich getroffen? 
Warſt du's, der Verhaßte? Sprach Gott nicht aus dir? 


Mohämmed 


Er ſprach, und du haft ihn trotzdem verſtanden. 
Doch ſpräch' er ſtatt Blitze auch finſteren Wahn, 


4 


Dem lichtſcheuen Auge das göttliche Blendlicht 
Gleich triefender Fackel mit Rauch umſchwärzend, 
Spräch' er ſelbſt Irrſinn zu den Verirrten, 
Gottlos zu Teufeln, wär' er doch Gott. 

Ich aber kenn' ihn und weiß ſeine Markung, 

Wo der Angſtweg führt für die Schwindelfreien, 
Der Gewiſſensanker verſinken muß 

In Blut und Kot, und die Kette reißen 

Der Eigenliebe, der ſchimpflichſten Wolluft, 

Wo die Not uns reich macht, wo wir das Höchſte, 
Die in Schmutz getretene eigene Seele 

Der Gottheit bringen: „Sieh! dir zulieb!“ 

And die Not iſt gekommen, die Schwindelprobe. 
Gott hungert nach Opfern, die Seinen nach Brot. 
Das Geld iſt erſchöpft, die Gläubigen wanken 
And fallen den Heuchlern und Heiden zur Laſt. 
Die Maulwürfe wühlen, die Gottesmühlen 
Mahlen nicht mehr, das Werk iſt verſandet, 


And der Tag der Rache, 
(auf Omar zugehend) 


der Rache, Omar, 


(zu Osman) 
der Rache, Osman, e 


(zu Abu Bekr) 
an Abu Lahab, 
Wann kommt er, Freunde? Wißt ihr einen Ausweg? 


An Abu Soffjan, 


An Harith, Walid, 


Omar 


Ich nicht. 
Ali 
Ich auch nicht. 
Abu Bekr 
Mein ganzes Vermögen, 
Die 40000 Dirhem und mehr 
Schon hab' ich geopfert. 


Osman 
Auch meine Quellen 
Sind lange verſiegt. Die reiche Ofaira 
And Sedſcha und Solma, nicht eine der Weiber 
Gibt noch etwas her, ſeitdem deine Tochter 
Rokhaja mein Weib ward. 
5 Mohammed 

So iſt es beſchloſſen. 

And jetzt kommt das zweite der beiden Worte: 


Mein Gott iſt bei mir. Doch meine Getreuen? 
(Muſtert ſie faſt verächtlich. Erregte Zuſtimmung der Freunde. Immer entſchiedener 
werdend.) 


Ich weiß einen Ausweg. Er iſt der letzte. 
Gott hat es beſchloſſen. Ich führ' es aus. 

In einer Woche — ſo hab' ich erfahren — 
Kehrt reichbeladen in ſchwacher Bedeckung 
Von einigen Mann eine Karawane 

Von Jemen nach Taif. Der lauert ihr auf — 


Die Andern 


(erſchrocken) 
—— Gm ä ——— ————— 
In einer Woche? Da iſt ja Radſchab. 
Mohammed 


(immer ficherer, energiſcher) 


Omar und Ali 
Im heiligen Monat? 


And überfallt ſie — 


Mohammed 

Und macht fie nieder und raubt ihre Beute — 
Abu Bekr 

Im Gottesfrieden? Im Monat Radſchab? 
Mohammed 


Es gibt keinen Frieden für Gottesleugner. 


Abu Bekr 
Doch Treu’ und Glauben für uns. 
Osman 
And geheiligte 
Alte Gebräuche. 
Mohammed 


Für jüdischen Schacher. 
Seid ihr ſelber Juden und feilſcht um Worte? 
Kein Wort mehr weiter von Treu' und Glauben! 
Wer geht nach Taif, wer kämpft für Gott? 
(Alle ſchweigen. Scharf und langſam betonend) 
Allein mit Gott! 


(Macht eine verächtliche Bewegung der Trennung von den andern.) 


Ich hab' es gewußt und mich vorbereitet. 
(Zieht ein Schreiben hervor und übergibt es Osman.) 


Hier. Trage ſofort dieſen Brief zu Abdallah 
And ſag ihm, daß er vom heutigen Tag 

Den Titel „Feldherr der Gläubigen“ führe, 
Doch ſoll er ſogleich ſich mit acht ſeiner Leute 
Nach Talf begeben. Sonſt ſag ihm kein Wort! 


Omar 


Abu Bekr 
Ein Wort nur! 


Mohammed 
(zu Osman) 


Mohämmed bedenke! 


Mach weiter! 
(Osman ab.) 


Ali 
Der Eindruck im Lande, ſobald man es hört! 


Omar 
Nicht nur die Mekkaner, die Araber alle, 
Die eignen Genoſſen verdammen dich. 


Abu Bekr 
Wo bleibt deine Klugheit? 


Mohammed 


Im Gottvertrauen. 
(Es wird außen zum Gebet gerufen.) 


Es ruft zum Gebete! Aiſcha, komm her 

And laß deine Puppen. Die Richtung iſt hier. 

(Die anderen nehmen ebenfalls Gebetsſtellung ein und beten zuerſt kurze Zeit ſchweigend 
} in ſich gekehrt, dann alle zuſammen.) 

Gott iſt groß! 


Im Namen des allbarmherzigen Gottes. 


Der Preis iſt Gottes, des Herrn der Welten, 
Des Allerbarmers, des höchſten Gerichtsherrn 
Am jüngften Tage. 

Dir nahen wir betend und hilferufend. 

Führ uns den Gnadenweg der Erwählten, 
Derer, die deinen Zorn nicht kennen 

And nicht in der Irre wandeln. Amen. 


Im Namen des allbarmherzigen Gottes! 


Sprich: Ein Gott iſt allein 

Alleinig, ewig rein, 

Nicht zeugend, gezeugt nicht in Ewigkeit, 

And keiner gleicht ihm weit und breit. 

(An der Tür im Hintergrund wird ſtark gepocht.) 


Omeir 
(außen) 
Zu Hilfe, zu Hilfe! Macht auf, ihr da drinnen! 
Ich bin es, der Blinde. 
Mohammed 
Der blinde Dmeir! 
Was kann ihm geſchehen fein? Laßt ihn herein! 
(Ali öffnet und läßt die Tür offen.) 


Omeir 
(ſticht mit einem Dolch ängſtlich und wütend um ſich) 
Wer naht, den erſtech' ich. Wenn ich ſie getötet, 
Die hölliſche Hure, ſo war's nur ihr Lohn. 
Gott wird mir's vergelten. Wo iſt ſein Geſandter? 
Wo iſt Mohammed ? 
(Die anderen weichen ihm aus.) 
Mohammed 
(packt ihn am Handgelenk) 
Biſt du von Sinnen? 
Kein Menſch kommt dir nah. 
Omeir 
Doch, doch — auf der Straße — 
Sie rufen nach Rache, fie flüſtern zuſammen — 
Sie greifen mich an. 
Mohammed 
Ich war's, der dich packte, 
Du furchtſamer Narr. Kein Lärm und kein Flüſtern 
Iſt rings zu vernehmen. Dein eignes Gewiſſen 
Verfolgt dich nur. 
| Omeir 
So ſprichſt du zum Danke, 
Daß ich von dem Weibe dich endlich befreit. 


Mohammed 
Von wem? 
Omeir 
Von der biſſigen Chriſtenhündin, 
Die ſtets dich geſchmäht und gehöhnt. 


Mohammed 
(aufleuchtend) 
Sie iſt tot? 
Omeir 
Heut' Nacht hab' ich ſo mich zu ihr getaſtet, 
Die Pfoſten umarmt und die Wände geſtreichelt, 


Den Boden geküßt und die Polſtermöbel 

So abgegriffen wie Weiberbrüſte, 

Bis ich an die weichſten von allen kam. 

Da lag aber noch eine zappelnde Maſſe, 

Wie ein fleiſchiger Blutegel feſtgeſogen. 

Den riß ich erſt fort und ſtach — bis es langte. 


(Mohämmed wendet ſich ab, ſeinen Abſcheu vor den andern verbergend.) 
Omar 


Abu Bekr 
Mit giftigen Kröten 
In den Augenhöhlen. 


Du Angeheuer! 


Ali 
Du Weibermörder 
Mit dem Glied in der Hand und dem Meſſer im Herzen. 


Omeir 
Werd' ich ſo hier begrüßt, weil ich blind und ein Greis bin? 
Hab' ich Gott nicht mit mein en Kräften gedient? 
Steht mein heimliches Werk nicht höher als eures, 
Das prunkt vor der Welt und ſich ſelber belohnt? 
Was habt ihr zu fürchten mit euren Augen? 
Ihr tötet kein Weib, ihr gebraucht es nur 
And laßt euch dann preiſen als doppelte Helden. 
Ich will nicht gefallen, ich bin nicht ſo eitel, 
Ich bringe mein ruhmlos verachtetes Werk 
Nur Gott, nicht den Menſchen. Sag, Gottesgeſandter, 
War, was ich vollbrachte, nach Gottes Sinn? 


Mohammed 
(ſich überwindend, mit furchtbarem Trotz die anderen meſſend) 
Nach ſeinem und meinem! Was gilt bei der Waffe 
Ob ſchön oder häßlich, ſobald ſie nur trifft? 
Wir alle ſind Waffen, und müſſen treffen, 


10 


Blind treffen, wohin uns der Sehende führt, 
Im Glauben blind, und blind im Gehorſam. 
Wer kennt ſeinen Zweck, den Zuſammenhang? 
Sind alle, die glauben, nicht Gotteserwählte? 
Was für ihn geſchieht, geſchieht auch durch ihn. 
Wirkt nicht im Wurme der Wille Gottes? 
Verherrlicht der Teufel ihn nicht durch den Haß, 
And durch ſeinen Fall ihn der Gottesleugner? 
Doch nur durch den Fall. Wer leugnet, muß fallen, 
Ob Weib oder Mann, ob Kind oder Greis. 
War Gott voll Erbarmen beim Stamme Thamud? 
Hat er Sodoms Weiber und Kinder verſchont? 
Nicht die Säuglinge Ads an der Bruſt zerſchmettert? 
Braucht er Mut, um zu ſtrafen, bedenkt er zuerſt, 
Ob zäher die Haut und die Hirnſchale dicker, 
Wenn Schwefelregen und Steinſchlag fällt? 5 
Gab Gott euch die Schrift? Schreibt ihr euerm Gott vor? 
Soll ich euch verfälſchen das heilige Buch, 
In euere menſchlichen Ehrenregeln 
Erſt überſetzen, was Gott mir vertraut? 
Dann freilich würd' euch der Schöpfer gefallen, 
Wenn er ausſeh' wie ihr. Doch mir hat er niemals 
So deutlich geſprochen wie heute durch den. 
Wer hat ihm das Rachewerk aufgetragen: 
War ich's oder Ehrgeiz, gemeiner Gewinn, 
Daß grauſiger Wahn ſeine Nacht jetzt verdoppelt 
And die Nacht ſeiner Augen vervierfacht den Wahn? 
Kam einer von euch ſo jemals vom Weib 
In ſo finſterer Nacht? Was war denn ſein Sporn, 
Die Peitſche ins Elend? Was trieb denn mich ſelbſt 
In die Wüſte und euch zu dem „Lügenpropheten“? 

ö (zu Omeir) 
Gib her deine Hand, die dir Gott geführt. 


(Bewegung unter den andern, die der Macht der Worte Mohammeds ſchon IN, wieder 
unterlegen ſind.) 


Omar 


So mag er ſich ſelber den Himmel verdienen 
Wie ſie ſich die Hölle. Für dich und für uns 
And alle Gläubige war kein Verbrechen, 

Kein Unheil erfindlich wie dieſe Tat. 

War nicht deine Ehe ſchon mit Aiſcha, 

Die neben Sauda dir angetraut, 

Ein Schlag ins Geſicht für die Chriſtengemeinde? 
And treibt jetzt der Mord an dem Chriſtenweib 
Nicht ihre Erbittrung zum offenen Abfall? 


Mohämmed 
Mag ſein. Deſto beſſer. Ich will ſie nicht halten 
Mit ihrer verheimlichten Vielgötterei. 
Ich kann ſie nicht brauchen. Sie ſind mir ein Greuel 
Mit ihrem dreieinigen, dreifachen Gott. 
Sie nützen nicht mehr als die übrigen Heuchler, 
And ſchaden uns noch bei den Juden ſogar, 
Die als Stütze allein einen Wert für uns haben, 
Weil ſie mächtiger ſind und uns näher ſtehn. 


Omar 
And Naila, der niederträchtige Jude, 
Der witzelnde, der dich beſtändig verhöhnt? 
Mohammed 


(wütend auffahrend) 
Abu Bekr 
(ärgerlich vermittelnd, zu Omar) 
Was mußt du an den ihn erinnern! 


Mohammed 


Verflucht, wer ihn läſtern und leben läßt! 
Muß als leuchtendes Vorbild der blinde Omeir, 
Der Krüppel, euch dienen im heiligen Krieg? 


Der lebt noch? 


11 


12 


Wenn ihr Ehre und Eide und Eden vergeſſen, 
So denkt an die Erde, auf der ihr ſteht, 
Die Arabien heißt, die im ſtaubigen Schoße 
Das Reich des ewigen Gottes trägt! 
Doch Blut muß ſie trinken. Wer ſtillt ihren Durſt? 
Nach Hunderttauſenden lechzt ihre Lippe — | 
And Naila lebt? 
Ali 


chingeriſſen) 
Er falle, er falle! 


Mohammed 
Die fterbenden Hände der rühmlichſten Helden 
Durchpflügen Arabiens ſchwangeren Leib, 
Ein Knabenfrühling wird hingemordet, 
And Haſſan, der hündiſche Heide, lebt! 


Omar 
(hingeriſſen) 
Mohammed 


And Harith und Abu Lahab, 
And Walid und Abu Soffjan, 
And Abu Oſchachl! 


Nur heut' noch. 


Omar 
Ali Sie fallen, ſie fallen! 
Abu Bekr 


Mohammed 


(Drüdt fie ihnen.) 
Jetzt zum Gebet! 
(Alle beten, der Blinde vorne am inbrünſtigſten.) 


So gebt mir die Hände! 


Im Namen des allbarmherzigen Gottes! 


Die Zuflucht nehm’ ich beim Herrn der Menſchen, 
Zuflucht vor dem Abel des böſen Feindes, 


13 


Der ins Herz das Böſe flüſtert und einbläft; 
Zuflucht vor böſen Geiſtern und Menſchen. 


Gott iſt groß. 


Gott iſt groß. 
Die Vollkommenheit Gottes, des Allerhöchſten, 
Die Vollkommenheit Gottes, des Allerhöchſten, 
Die Vollkommenheit Gottes, des Allerhöchſten. 

(Anter Erheben des Kopfes) 
Gott iſt groß! 


(Auf die Knie ſinkend) 


(Sie ſtehen auf.) 
(Lärm draußen, der immer größer wird.) 


Omeir 
(entſetzt) 
Sie kommen, ſie fangen mich! Gott ſteh' mir bei! 
(betend) 
Gott iſt groß, meine Zuflucht, der Allerhöchſte, 
Im Namen Gottes — 
Mohammed 
Sei ruhig! Es krümmt 
Dir niemand ein Haar, ſo wahr ich Mohämmed. 
5 Zu Ali) 
Frag, was ſie wollen! 
(Ali eilt zur Tür im Hintergrund, zu der die Lärmenden vordrangen.) 


Omeir 
(raſend ſchnell die vorige Sure herunterbetend) 


Ich nehme meine Zuflucht beim Herrn der Menſchen, 
Zuflucht vor dem Abel des ſchlimmen Feindes, 

Der ins Herz das Böſe flüſtert und einbläſt; 
Zuflucht vor Geiſtern und böſen Menſchen. 


Ali 
(zurückkommend) 
Kein Menſch will etwas von dir, du Memme. 
(zu Mohämmed) 
Die Chatma ſind's und die Saida, die ewig 
In Feindſchaft liegen. 


14 
Mohammed 


(ſchnell, geſpannt) 


Ich weiß es. 


Ali 
Sie wollen 


Dem blutigen Zwiſt nun ein Ende machen 
And wiſſen niemand andern als dich — 


Mohammed 
(haſtig, ſtrahlend) 


Ali 
— deſſen Einſicht und Kraft ſie vertrauen — 


Mohammed 
Mich, den fie bekämpften, den Lügner, den Narren? 


Ali 
Sie kommen verſöhnend, ſie bitten — 
Mohämmed 


(triumphierend) l g 
Sie bitten! 


Als mich! 


(Zu den Freunden) 
Ich wußte, ſie kommen. Sie kommen noch alle. 


Ich danke dir, Höchſter. 
(Zu Ali als Antwort) 


Ich bin bereit. 


(Schreitet, von den andern gefolgt zur Türe.) 
(Vorhang fällt.) 


wer 


15 


Zweite Szene 


Vor dem Bethauſe. Die Chatmiten (Stamm der Chatma) und die Saiditen (Stamm 
der Saida) in erregter, drohender Haltung. 


Saiditen 
Erſt gebt uns den Malik! Dann könnt ihr verhandeln. 


Andre Saiditen 
Vorher kein Vergleich. 


Wieder andre Saiditen 
Erſt den Malik heraus! 


Malik 
(furchtlos vortretend) 
Hier bin ich. So offen ich Salem getötet, 
So ſtell' ich mich euch. 


Verſchiedene Chatmiten 
(entreißen ihn den Saiditen, die Hand an ihn legen wollen) 
Gebt ihn her! — 


Zu ihm) s 
Biſt du toll? 


Was nützt deine Großmut? Wir wollen doch Frieden! 
(Zu den Saiditen) 


Was kamt ihr hierher? Daß einer den andern 


So weitermordet? . 5 
Einige Saiditen 


(zu anderen ihres Stammes) 


's iſt wahr. Laßt ihn gehen. 


Andre Saiditen 
Wir wollen nicht Frieden, eh' Salem gerächt. 


Chatmiten 
Dann rächen wir Malik. 


16 
Mohammed 


(erſcheint auf den Stufen des Bethauſes, gebieteriſch, ruhig) 
Frieden mit euch! 
(Die Streitenden trennen ſich in zwei Gruppen; dann einige Augenblicke tiefe Ruhe.) 
Mohammed 


Was ſtört ihr die Gläubigen im Gebet? 
(verächtlich) 
Was ſucht ihr bei Gott und ſeinem Propheten? 


Verſchiedene Stimmen 


Ein Frievensgericht! Einen Schiedsvertrag! 
Wie einſt bei den Stämmen der Aus und der Chasradſch. 


Mohammed 
Die Aus und die Chasradſch find unſere Freunde! 
Sie waren die erſten, die uns beſchützt. 
Sie kamen nach Mekka. Sie boten uns Zuflucht. 
And was tatet ihr? 
Verſchiedene Stimmen 


Was taten die Aslam? 


Die Abs und die Dahie? — Su kamſt als ein Fremder. 
Ein Hitzkopf 


Du ſchmähteſt die Götter! 
Andere 
(zu dieſem) 


Sei ſtill! Alter Dummkopf! 


Wieder andere 
(die vorigen überſchreiend zu Mohammed) 


Wir wurden verleitet. — Wir kannten dich nicht. 
Mohämmed 


Doch jetzt ſind die Augen euch aufgegangen? 
Was macht euch ſo klug? Was bedrängt euch ſo hart, 
Daß den Wolf ihr zum Schutz eurer Herden wählt? 


17 
Sad 

(Häuptling der Saiditen) 
Wir haben uns ſelber ſchon halb zerriſſen 
And aufgefreſſen. Der wütendſte Wolf 
Zerfleiſcht uns nicht mehr, als die eigene Zwietracht. 
Kein Freund traut dem Freund mehr. Auf jedem liegt Blutſchuld, 
Ein jeder iſt Rächer und Opfer zugleich. 
Die unerſättlichen Toten befehlen 
Allein noch und leben! 

Mohammed 

(gehäſſig triumphierend) 

Ihr „Blut“-Verwandte! 
So kann ich euch brauchen. Jetzt, glaubt ihr, wär' Zeit, 
Euch einfach an mich und an Allah zu wenden, 
Der wär' noch geſchmeichelt. Was kümmert's denn uns, 
Ob ihr Freunde und Brüder und Gatten mordet? 
So bleibt uns nur ſelber die Mühe erſpart. 
Gott ſchickt uns Genoſſen, ſo viel ihm beliebt. 
Heb' ich Heuchler vom Boden und mäſt' ich mir Mörder? 
Weil die Aus und die Chasradſch geeinigt durch mich 
And mächtig geworden, ſo kämt ihr jetzt auch 
Nach Jahren daher, nach Hoffahrt und Bosheit? 
Ruft eure Götter um Hilf' in der Not, 
Die Allat und Mannat! Was habt ihr ſie denn, 
Ihr Heuchler? Die Aus und die Chasradſch ſind gläubig, 
Das hat ſie geeint und geſtärkt und gerettet. 
Das hat ſie aus Feinden zu Brüdern gemacht, 
Zu Glaubens verwandten. Was nützen Verträge, 
Was Handſchlag und Eide, wenn heimlich im Herzen 
Der Haß als höchſtes Geſetz euch herrſcht? 
Es gibt nur den Haß gegen Heiden und Heuchler, 
Den Todeshaß, den Vertilgungskrieg. 
Ob Eltern und Kinder, ob Brüder und Gatten, 
Gelöſt ſind die Bande. Gelobt ſei Gott! 


(Die Freunde Mohämmeds wiederholen den Ruf; große „ 
Hornſtein, Mohammed 


18 


Wir andern aber find eine Familie. 
Es gibt keine andre Gemeinſchaft vor Gott, 
eur Glaubensgemeinſchaft und Glaubens gemeinde. 
Noch ſind wir nicht viel, aber furchtbar an Einheit, 
Ein jeder einzeln von Gott gewählt, 
Vom göttlichen Schwerte ein heiliger Funken. 
So fechten wir ſtatt um die Toten, wie ihr, 
Am ewiges Leben und ewigen Lohn. 
Drum ſagt: Wollt ihr Eintracht? 
(Begeiſterte Zuſtimmung.) 
And Größe und Freiheit, 
Für euch und Arabien? 
(Wiederholte Zuſtimmung.) 
Daß einſt durch ganz Nedſchd 
Von Jathrib bis Saba und Syriens Grenzen 
Ein Glaube nur herrſcht und ein Stamm und ein Frieden? 
(Große Bewegung, mit geringem Widerſpruch untermiſcht.) 
Dann würgt die Vampyre, die Mitternachtsgötter! 
Sie leben von Blut und ſchmarotzen ſich Ehren 
Vom ewigen Gott. Entlarvt die Betrüger, 
Sie ſind euer Fluch nur, die Ozza und Mannat 
And Allat! Zerſtört ſie! Kehrt heim zu dem wahren, 
Alleinigen Gott! Er iſt ja der gleiche, 
Der unſre und eure, ihr habt ſeine Macht 
Nur entweiht und geplündert, er war euch unfaßbar, 
Drum habt ihr zerteilt ihn und klein gemacht, 
And glaubt ſeine Wunder jetzt leichter, ihr Toren! 
Doch mir, mir ſandte mit furchtbarer Wahrheit, 
So wahr als ein Gott iſt, der eine das Buch. 
„Lies!“ And ich gehorchte. „Sprich“: Alle ſind Frevler, 
Doch aber die Rückkehr iſt zu deinem Herrn! 
(Große, begeiſterte Bewegung.) 
Jetzt wißt ihr die Wege: zu Gott oder 
(ſie wie Schuljungen mit der Hand fortweiſend) 
heim! 


Alle 
Zu Gott! Zu Mohammed! Zu feinem Geſandten! 


Mohämmed 
Dann Frieden mit euch. Jetzt ſagt eure Sache. 
Sãd 
(Häuptling der Saiditen) 


Der Malik hat eben auf offener Straße 
Den Salem getötet. 
Malik 


Weil Kab meinen Bruder, 
Den Aſſim, erſtochen. 
Eine Saidite 


And Aſſim den Bruder 


Von Salems Frau. 
Eine Chatmite 


Weil der unſern Vetter 
Den Thabit, erwürgte. 
Ein anderer Saidite 
Den Säufer und Lumpen, 
Am den war's nicht ſchad. 
Ein Chatmite 
So, aber um Halam, 


Mohammed 
Jetzt ſchweigt einmal alle! 
Nur Sad ſpricht allein. Wer hat als der erſte 
Die Fehde begonnen? 
Kanſa 


(ein junges, hübſches Mädchen mit leidenſchaftlichem Innenleben, das ſie meiſt nur 
verhalten, finſter, feindſelig zum Ausdruck bringt. Sie geht an Krücken und wird von 
ihrem Vater Amr und von Hatim, dem Arzt, von Zeit zu Zeit geſtützt) 


Ich war es. 


Den Thabit erſchlagen? 


20 


Amr 
Still doch! 
Stimmen 
Die Närrin. 
Mohammed 
(erſtaunt) 


Ein Mädchen, ein krankes, verwachſnes? 
Was ſoll das bedeuten? 
Amr 


Sie ſelbſt war nicht ſchuld. 
Sie war nur die Braut von dem Chann, der mit Orwa 
Die Fehde begann. 
| Kanſa 


Am meinetwillen. 


Mohammed 


(noch erſtaunter) 


Wie? Dieſes Gemetzel um fie? Am den Krüppel? 


Kanſa 
Der ward ich erſt ſpäter, ach, leider zu ſpät! 


Amr 


Sie war die erleſenſte Blume von Jathrib, 
Feinſtilig und ſtolz wie die Palmen am Weiher, 
Wenn ſie leicht ſich im Wind in den Hüften gewiegt. 


Mohammed 
Laß ſehen! 
(Eilt ganz nahe auf ſie zu und betrachtet ihr Geſicht mit wachſender Sinnenglut.) 
Aus keinem zerbrochenen Glas 
Glänzt ſo eine goldene Träne noch 
Aus Dorngeſtrüpp keine verwehte Blüte 
Wie das Königsgeſicht aus dem Elend der Glieder. 


21 


Kanſa 
O wär' vom Geſtrüpp das Geſicht mir zerriſſen 
Wie meine Seele! 
Abu Bekr 


(mit vorwurfsvollem Nachdruck zu Mohammed, der über Kanſa alles zu vergeſſen ſcheint) 


Bedenk deine Stellung! 
Mohammed 


(blickt Abu Bekr. einen Augenblick blitzend an und wirft ſich dann mit einem Nuck 
in die alte Haltung; drängend) 


Nun alſo, was wollten der Chann und der Orwa? 


Amr 


Sie haben mein Kind ins Verderben geſtürzt 
And mich und uns alle. 
Sãd 


Was ſchert das Geſchwätz uns! 
Wir wollen Vergleich, keine Liebesgeſchichten. 
Der Orwa hat meuchlings den Chann ermordet 
And alles andre iſt Weibergewäſch. 
Der Orwa war ſchuldig aus Eiferſucht. 


(Lärm bei den Saiditen.) 


Mohammed 


Sãd 
(feft) 
Ja, alles, was wahr iſt. 
Drum ſtach ihm Soheir die Augen aus 
And erſäufte in Blut ihn. 


(Kanſa wankt vor Entſetzen und wird von Amr und Hatim geſtützt.) 
Mohammed 
Dann aus mit den beiden. 


Gefühnt und verglichen für ewige Seit. 
And wer war der nächſte? 


Er war von den euern? 


22 
Sad 
Dann hat Halams Bruder, 


Ein Vetter von Orwa, den Bruder Soheirs, 


Den Dfehandal, vergiftet. 
(Kanſa ſtöhnt auf.) 


Saiditen 


(lärmend) 
Erſtochen. 
Sad 
feſt) 
Vergiftet. 

Was wahr iſt. Drauf rächten Soheir und Thabit 
Den Oſchandal und banden den Halam von rückwärts 
An ihre zwei Hengſte, und peitſchten mit Feuer 


Die raſenden Roſſe nach Morgen und Abend. 
(Kanſa bedeckt voll Grauen ihr Geſicht mit den Händen.) 


Mohammed 
Sp Halam für Oſchandal. Geſühnt und verglichen. 
Wer hat einen Einſpruch? 
(Alles ſchweigt.) 
Fahr weiter! 
Sad 
Als nächiter 
Erwürgte den Thabit dann Seid, Salems Schwager. 
Den tötete Aſſim, der Neffe von Thabit, 
Den Aſſim dann Kab. 
Malik 


(wild herausfordernd) 


Und Kab erſchlug ich. 
Die Verwandten Kabs 


ild d 
Was? Kab iſt getötet? . 


25 
Sad 
Auch Kab noch? 


Andere Saiditen 
(erbittert, großer Lärm) 


Malik 


[Ja, beide erſchlug ich für Aſſim, für einen 
So herrlichen Helden und Bruder. 


Und Salem? 


Mohammed 
(ſie mächtig übertönend) 
Jetzt ſchweigt! 
Ihr ſeid bei Gericht hier, und ich bin der Rächer. 
Wer ſchuldig, muß fallen. 
(Die Saiditen beruhigen ſich.) 
Zurück erſt zu Thabit. 
Für Thabit fiel Seid. Wer erhebt einen Einſpruch? 
(Stille) 
Geſühnt und verglichen. And jetzt zu den letzten. 
Für Aſſim fiel Kab. 
Malik 


And Salem, die beiden. 


Alle Chatmiten 


Ja, beide. 
Ä Alle Saiditen 
Nein, Kab nur. Für Salem fällt Mallik.]“) 
Amr 
Geſühnt ſchon iſt Salem. Für Salem fiel Kanſa. 
Sad 


Was will er denn wieder, der Narr, mit Kanſa? 
(Bewegung.) 


*) Das Eingeklammerte kann bei der Aufführung weggelaſſen werden. 


24 


Amr 
Iſt ſie denn kein Opfer? Wird ſie nicht gerechnet? 


Kanſa 

Der Vater hat recht. Wenn ihr Fluch ich geweſen, 
Trifft mich keine Schuld. Ich ſah das Verderben, 
Ich eilte zu Orwa, um Chann zu retten, 
Ich bat unter Tränen, den Liebſten zu ſchonen. 
Er ſchwur mir's, der Anmenſch, und ſchickte zum Schein 
Nach Sklavinnen aus, um mich heimzugeleiten. 
Denn heimlich nur ſchlich ich zu ihm in der Nacht. 
Doch ſtatt der Begleitung — noch fühl' ich den Schrecken — 
Kam Chann, den er liſtig herbeigelockt. 
Ich kannte die Tritte — es gab kein Entrinnen, 
Sein Schritt ſchon war Argwohn, mich hier nur zu ſehn 
Gewißheit und Grauen; ich flüchte zum Fenſter, 
Ich ſtürze — und über mir hör' ich ein Höhnen 
And Morden mit Worten, kaum hatte der Schlächter 
Noch Arbeit, und dann noch als letztes meine Name 
Gebrüllt wie ein Fluchwort — und dann war es till. 

(Tiefe Bewegung.) 


Mohämmed 
Entſetzlichſtes Opfer! 


(Zu den Saiditen) 


And euch ſcheint das nichts? 
Was, Sad? War das auch nur ein Weibergewäſche? 


Sad 
Was nützt's, die Geſchichte hier aufzuwärmen, 
Macht Reden den Körper ihr wieder geſund? 
Verrat iſt kein Mord. 


Andere Saiditen 
Nein. Auge um Auge. 


Säd 
Jetzt zählen wir Tote. And Kanfa ift lebend. 


Alle Saiditen 
Ja, Kanſa iſt lebend. 


Mohammed 
Verurteilt zum Leben. 
Ihr Schickſal iſt härter als Salems. 
(Zu Amr) 
Drum ſchweig 
Von Ausgleich, du Alter. 


(Zu den Saiditen) 


Gut, Auge um Auge. 
Für Salem fällt Malik. 


(Wilder Lärm bei den Chatmiten, Beifall bei den Saiditen.) 
Jetzt, Kanſa, kommſt du. 
(Zu den Chatmiten) 
Wer gilt bei den Saida als Schönſte im Stamme? 


Einige Chatmiten 
Die Laila. Die Laila. 
Saiditen 


Nein, Zarka. 


Andere Saiditen 
Nein, Kud. 


Mohammed 
And wer iſt zugleich von den dreien die Reinſte? 


Chatmiten 
Auch Laila. 


Ein alter Saidite 
Nein, Laila hat viel zu viel Feuer. 
Es liegt ihr im Blute, ſie kann nichts dafür. 


25 


26 


Chatmiten 
Nicht wahr! Die Laila iſt reiner als alle. 


Der alte Saidite 
(mit wachſender Angſt) 
So ſcheint's. Doch fie war ſchon, fie hat ſchon ein — 
(Senſation.) 


Mohammed 


(gebieteriſch, aber mit einem leiſen Anklang von Ironie) 
5 Schweig! 
Wer biſt du, Ehrenmann? 


Der Saidite 
(weinend, am ganzen Leibe zitternd) 


Lailas Vater. 


Mohämmed 


(zu den Saiditen 
Da ſeht ihr's. Ihr habt für die „wertloſe“ Kanſa 
Nicht einmal Erſatz! 
Sad 


Wir ſind ihn nicht ſchuldig. 
Wer hat ſie geheißen, durchs Fenſter zu gehn? 
Was traut ſie dem Schurken? 


Saiditen 
Nur Kanſa war ſchuld. 


Kanſa 
(mit dumpfem, apathiſchem Schmerz) 

Das ſagt' ich doch gleich. Ich will ja nur Frieden. 
Soll noch jemand leiden? 

Mohammed 

(zu den Saiditen) 

Gut. Sie ſei ſchuld 
An ihrem Gebrechen. Sagt, bin ich gerecht? 


Saiditen 
Ja. Heil dir, Mohämmed! 
Chatmiten 


Stets hilfſt du den andern. 
Mohammed 


(zu den unzufriedenen Chatmiten) 
Ich helfe euch allen. Seid ſtill! Leg' ich ſtets 
Das Wachs beim Verkleben auf beide Teile? 
Jetzt reicht's bei dem einen. Verzeih, ſchöne Kanſa, 
Ich muß deinen Schmerz nun in Geld verwandeln, 
Sonſt ſehn ſie ihn nicht. Doch nimm's wie den Schmuck, 
Den die Mutter ſterbend der Tochter zurückläßt. 
Auch er hat doppelten Wert. Doch den äußern 


Nur ſchätzt das Gericht und wertet die Menge. 
(Zu den Saiditen) 


Jetzt aber Gerechtigkeit auch bei euch! 
Ihr ſagt, daß Orwa den Chann gemordet? 


Alle Saiditen 


(mit feſter Stiuume) 


Jawohl. 
Mohämmed 
And Chann war Kanſas Verlobter? 
Alle Saiditen 
Jawohl. 


Amr 
In kurzem wär' Hochzeit geweſen. 
Das hätte ihr Leben und meines zugleich 
Auch äußerlich glücklich und glänzend geſtaltet, 
And jetzt fällt die Kranke mir noch zur Laſt. 


Mohammed 

(zu den Saiditen) 
Das ward alſo Kanſa durch Orwa entzogen? 
Entzogen mit Abſicht, gewaltſam entzogen? 


28 


Die Saiditen 
Ja. 
Mohämmed 
Alſo geraubt, und wer euch etwas raubt, 
Den ſchlagt ihr doch nieder. So hat alſo Kanſa 
Und ihre Familie noch Anſpruch auf einen 
Aus Orwas Geſchlecht. 


(Bewegung unter den Saiditen.) 
Doch will ich kein Blut mehr. 
Ich will für den Krüppel nur, was man ihm raubte. 
Ich will nur Erſatz. 


(Anruhe. Kanſa und Hatim erſchrecken.) 


Hatim 
(zu ihr) 
Anmöglich. 


Kanſa 
Sei ruhig! 


Hatim 


Mohammed 
Findet einer von allen, die bier find, 

Der einen Begriff hat von Recht und Ehre 
And ſelber ein Schwert, um ſich Recht zu verſchaffen, 
Den Schutz für die Wehrloſe ungerecht? 

(Drohend hervortretend) 
Hat einer die Stirn, mir das abzuſchlagen, 
Nachdem ich euch Malik für Salem geſchenkt? 


Sad 
Nein. Recht ſoll ihr werden und Schutz und Erſatz! 
Wir wollen Frieden. 


Sag nein! 


Die Saiditen 
Ja, Frieden und Recht. 


(Hatim und Kanſa verſuchen zu ſprechen, werden aber übertönt.) 


29 
Mohammed 
(gu Sãd) 
Dann gib mir zum Pfande für Kanſa dein Schwert! 
Sad 
(übergibt es) 
Ich bin nicht mehr Häuptling, verletz' ich mein Wort. 


Mohämmed 
(zu Amr) 
Wieviel beſaß Chann? 
Hatim 
(drängend zu Kanſa) 


Jetzt ſprich, ſonſt red' ich. 
Kanſa 


(zu Hatim) 
Du willſt doch um uns nicht die andern verderben? 


Mohammed 
(zu Amr) 
Was wird da geſtritten? Wer iſt dieſer Mann? 
Amr 
Der Arzt meiner Tochter. 
Kanſa 


(zu Mohämmed und Amr) 


Ich bitt' euch... ihr kränkt mich.. 
Sprecht nie von Erſatz mehr . . . ich nehme kein Geld. 


Mohammed 
(eilt auf fie zu, faßt fie bei der Hand und raunt ihr mit größter Energie zu, jo daß 
nur die Nächſtſtehenden der Chatmiten es hören können) 


Dann töteſt du Malik, du denkſt nur an dich! 


Saiditen 
Was gibt's denn dort drüben? 


(Zu einander) 


Ihr hört, ſie verzichtet. 


30 


Mohammed 
Nein. Kanſa, ſprich ſelber. Verzichteſt du, Kanſa? 
Kanſa 
g (mit lauter, aber zitternder Stimme, ängſtlich Hatim anſehend) 
Nein. 
Mohammed 
Habt ihr's vernommen? 
(Zu Amr) 


Wiviel hatte Chann 
An Vermögen? Mach weiter! 


Amr 


Er hatte nach Malik 
Die meiſten Kamele und 60000 
Denare dazu. Das werden dir ſeine 


Verwandten bezeugen. 
| Die Verwandten 


Ja, rund 80 000 
Denare zuſammen an Habe und Geld. 


Mohämmed 


Dann hat ſie als Witwe das Recht auf ein Viertel, 


Auf 20000 Denare. 
Die Saiditen 


(durcheinander und zu Mohammed) 
| Hört! 
Wer ſoll die bezahlen — das iſt unmöglich = 
Die Chatma find zehnmal ſo reich als wir — 
And wir find nur wenig „ 
— da ſind wir ja arm. 
Mohammed 


(mit grimmigem Hohn) 
Ihr „arm?“ Ihr beſitzt doch das köſtlichſte Gut, 
Das herrlichſte Glück: eure Rache zu ſtillen! 


Für 20000 Denare, bedenkt, 

Für das lumpige Geld, welcher Nauſch aller Sinne! 
Die Augen zuerſt, die das Opfer ſehn 

And dann eure Hände, die quälen und morden, 

And dann Maliks Blut. Welch erleſenſter Tropfen! 
Wo wächſt in ganz Syrien ſeltnerer Wein, 

Die Heldenperle, von der jeder Schluck, den 

Die Erde trinkt, ein zerronnener Schatz! 

Wer ſo fürſtlich verſchwendet, muß freilich verarmen, 
Doch ihr müßt ja wiſſen, wie wert euch das Glück. 


Die Saiditen 
(betroffen) 
Was meint er damit? Wir verſtehen ihn nicht. 


Sad 
Er meint, wenn wir Malik nicht töten, dann könnten 
Das Geld wir erſparen, das gliche ſich aus. 


Einige Saiditen 
Nein, Nein. Keinen Ausgleich. 


Andre Saiditen 
Es wär' nicht das dümmſte. 


Mohämmed 


Wer ſpricht da von Ausgleich? Die Summe für Kanſa, 
Sie wird unter jeder Bedingung bezahlt, 
And nie hab' ich Malik mit Kanſa verglichen, 
Nur Malik mit Malik, lebendig und tot. 
Der eine iſt 100 000 Denare 
(große Bewegung bei den Saiditen) 
Zum mindeſten wert und der andere nichts. 
Der eine bezahlt eure Schulden, der andre 


31 


32 


Street fordernd die Hand aus dem Grabe und droht, 
Bis die 20000 Denare bezahlt ſind. 

Wen habt ihr jetzt lieber? Ihr müßt es ja wiſſen, 
Was wenig Sekunden der Rache euch wert. 


| Die Mehrzahl der Saiditen 
Wir wollen ein Löſegeld. 


Einige wenige 
6 Nein. Er ſoll ſterben, 
Der Tod nur iſt Sühne. 
Mohammed 
(zu dieſen) 
Was iſt denn der Tod 
Für Malik, ihr Toren? 
Malik 
Ich hab' ihn ja ſelber 
Euch angeboten. Was ſchwätzt ihr ſo lang? 


Mohammed 


Da ſeht, wie er ſpottet! Iſt das eure Strafe? 
Ihr wollt euch doch rächen und ſtraft euch nur ſelbſt? 
Er aber geht ein in die ſeligen Gärten 
And trinkt aus der Quelle Salſabil. 
Iſt das eure Rache? 
(Sich immer mehr in ſeine Inſpiration verlierend) 
Weich⸗wogende Polſter aus grüner Seide — 
Smaragdene Wellen — zerfloſſ'ne Geſchmeide — 
And Jungfraun in goldendurchwirktem Kleide — 
Iſt das eure Rache? 
Großfragende Anſchuldsaugen glühen — 
Auf zagenden Gliedern Perlhauch der Frühen — 
Sie ſpenden den Seligen ohne Verblühen — 
Iſt das eure Rache? 


(Drohend, gewaltig) 
And Gründe auf ewig vom Licht geſchieden — 


Ein Flammenpraſſeln und Kettenſchmieden — — 
(leuchtend) 
And dort auf den Höhen der Gottesfrieden. 
(plötzlich abgeriſſen, wild, agitatoriſch) 
Wollt ihr Tod oder Frieden? 


Die Saiditen 
(hingeriſſen) 
Frieden und Leben. Malik ſoll leben. 


Mohammed 
Ja, leben und betteln vor euch auf der Straße. 
Lang ſoll er ſo leben, der ſtolzeſte Feind. 
Die wenigen Saiditen, die noch ſeinen Tod gewollt 
Ja, ja, das iſt wahr. Die Strafe iſt größer. 


Andere 


And wir nn uns gütlich mit feinem Geld. 
Wo ſind die Denare? Kommt mit in ſein Haus! 


Mohammed 
(aufgebracht) 
Halt! Wollt ihr ſtatt morden jetzt rauben? Zurück! 
Sein Blut iſt er ſchuldig. Doch keinen Denar. 
Nur er kann entſcheiden. Nur er hat die Wahl. 


Die Saiditen 
Das auch noch! Die Wahl! Wir wollen. Er muB. 


Mohammed 
(zu Malik) 
Du haſt es gehört. Gibſt du all deine Habe 
Dem Stamme der Saida als Löſegeld 
And willſt für den Frieden als Bettler leben? 


Hornftein, Mohämmed 3 


33 


34 


Malik 
Nicht für den Frieden, — für dich will ich leben 
And deinen Gott. 
(Allgemeine begeiſterte Zuſtimmung beider Parteien.) 
Auf allen Seiten 
Es lebe Mohämmed. 


Mohammed 


(Begeiſterte Zuſtimmung.) 
Mohammed 


RR gu Sãd) 
Hier, Sad, ift dein Schwert. 

(Gibt es ihm zurück.) 
And morgen wollen wir alles zuſammen 


In Ordnung bringen. 
(Die Chatmiten und Saiditen zerſtreuen ſich langſam.) 
Mohammed 
Halt, Malik, ein Wort! 


N (Nimmt ihn beiſeite.) 
Du brauchſt nicht zu darben. 
Verlaß dich auf mich! 


Ich helfe dir weiter. 
Amr 


(auf Mohämmed zu, in überſtrömender Dankbarkeit) 


Wie ſoll ich dir danken, 


Es lebe der Frieden! 


Du edelſter Richter? b 
Hatim 
(finſter zu Amr) 


Behalte den Dank. 
Wer weiß, was noch nachkommt. 


Kanſa 
(erſchrocken zu Mohammed und ihrem Vater) 


Er meint, man mißgönnt uns 
Den Reichtum, er brächte uns Hader und Neid. 


Mohammed 


(mehr mit Kanſa beſchäftigt, zu Hatim) 
Die Sorge laß mir. Jetzt brachte er Frieden. 


Hatim 


Wer weiß, auf wie lang? 
| (Ab.) 


Amr 


(ihm nachrufend) 


Bleib! Hilfſt du nicht Kanſa? 

(zu Mohammed) 
Verzeih ſeine Schroffheit! Er iſt ſo ein Freigeiſt, 
Er will nichts von Gott und den Göttern wiſſen. 


Mohammed 
(forſchend, zu Kanſa, ſich mit den Augen gleichſam in fie verbohrend) 
So? Aber von dir? Was hat er denn immer 
So eifrig geflüſtert? Ich ſah doch die Wut, 
Schon wie ich zuerſt auf dich zugegangen. 


Kanſa 
(ernſt, faſt feindſelig) 
Du täuſchſt dich. Es gibt keinen edleren Freund 
And Menſchen als Hatim. 


Mohammed 


So iſt es nur Mitleid? 
Dann glaub' ich, daß er den Reichtum haßt, 
Wenn er ſelbſt die ärmlichſte Münze gibt. 
Den Edelmut laß ihm am Boden liegen. 
Da fühlt er ſich wohl, wo der Bettler liegt 
And der Schmutz und die Krankheit. Doch wer empor 
Zu den Sternen blickt, dem hüllen die Wolken 
Wie Tücher die Breſten der Erde ein, 
And ſelber wie Mitleid empfängt ſeine Seele 
Aus flammenden Augen den Gnadengruß. 


35 


36 
Kanſa 


(entſetzt) 
Aus Mörderaugen. 
(Bededt fie mit den Händen. Mehr ruhig, kalt, gehäſſig, als leidenſchaftlich im Ton.) 
Wer anders mich anblickt 


Als Hatim, den half’ ich. 
Amr 


(entſchuldigend) 

Es iſt nur die Trauer 
Am Chann noch, verzeih! 
| Mohammed 
5 N (noch leidenſchaftlicher) 
Sie ehrt ſich nur ſelber 
And zeigt, daß ſie wert iſt, ſie anzublicken. 


Kanſa 


Den Wert an mir ſiehſt du ja doch nicht an. 

Was die anderen Männer ſogar noch verſchmähen, 
Weil es häßlich und krank, das gefällt dir an mir. 
Kein anderer war ſo genügſam von allen, 

Sie ſahen mich kaum oder achteten nur 

Das Gebrechen des Körpers, doch nicht ſein Geſchlecht. 
And wenn einer freundlich und zärtlich mir nahte, 
Geſchah es aus Güte und Mitleid nur. 

Ich ſah, wie mein Anblick ſo oft die Menſchen 
Veränderte, wie er die Harten erweicht, 

Die Anzufriednen mit ihrem Geſchick 

Verſöhnte, wie über die häßlichſten Züge 

Voll Scham oft die innerſte Schönheit kam, 

And über Gemeines ein edler Schimmer. 

Aus jeder Tiefe holte mein Leid 

Das Beſte, Mohammed. Nur du wurdeſt ſchlechter. 


Mohammed 
(erregt) 
Das iſt nicht wahr. Kannſt du denn ermeſſen 
Was gut iſt in mir? Ein kläglicher Schmerz, 


Wo nichts mehr zu ändern, der ſelbſt ſich nur ſtreichelt, 
Der Leben und Tatkraft, das Beſte, erſtickt? 

Gibt Mitleid Geſetze, ſchlägt Mitleid die Schlachten, 
Verbündet es Völker und führt ſie zum Sieg? 
Errettet es Sünder aus Not und Verderben, 
Vereint es zwei Stämme zum Frieden nur? 

Was hat denn das Gute von denen geleiſtet? 

Wo iſt denn ſein Wert? And was wirkte in mir? 
Was hat mir die Kraft und den Hochmut gegeben, 
Womit ich dem Trotz das Genick zerbrach? 

Nie fühlt' ich ſo ſtark meine innerſten Kräfte 

And Gottes Gnade und Schutz ſo nah 

Wie heute bei dir. Was ſo wirkt und entzündet, 
Die glühende Mitluſt, Mitleidenſchaft, 

Die göttliche Kraft, kann die ſchlecht ſein, Kanſa? 


Kanſa 
(die den Worten mit ſichtbarer Erregung gefolgt war zu Amr) 
Mein Gott iſt ein andrer. Führ mich nach Haus! 
(Auf ihren Vater und die Krücken geſtützt ab.) 


Amr 


(im Abgehen) 
Noch Dank und Verzeihung, geprieſenſter Herr! 


Mohammed 


(Zu Abu Bekr) 
Du mußt mich begleiten. 
Späh aus, wo ihr Zimmer und wann ſie allein. 


Ich muß ſie noch ſprechen. 


Wir ſprechen uns ſpäter. 


Abu Bekr 

(vorwurfsvoll) 

Doch heut' nicht, Mohammed, 
Nach allem, was vorfiel! Laß erſt die Erregung 

Sich langſam verlaufen. Noch gärt es im Volk, 


37 


38 


Sie ſah'n deine Neigung. Es darf dich kein Schatten 
Von Eigenſucht treffen. Sonſt ſagen ſie gleich: 

Da ſeht unſern Richter und Gottesgeſandten! 

So zahlt er die Weiber mit unſerm Geld 

And dem Geld unſres Todfeinds. 


Mohammed 

(auf den Boden ſtampfend) 
Das weiß ich. Drum ſollſt du 
Zu ihr mich begleiten und alles ſo richten, 
Daß niemand es merkt. Du biſt meine Vorſicht, 
Du mußt für mich denken in äußeren Dingen, 
Das kann ich nicht ſelber. Ich hab' keine Ruhe 
And auch keinen Blick für die Nebenſachen. 
Ich kenn' nur die Richtung und weiß, was ich muß. 
Ihr dürft mir die Steine am Weg nicht zeigen. 
Schafft ſie fort, aber laßt mich im Traume gehn. 
Mein Aug' iſt aufs Weite nur eingeſtellt. 
Mein Licht iſt der Blitz, meine Brücken der Nebel, 
And im Sturm nur hör' ich die Stimme des Herrn. 


Zu ihm, zu ihm! Drum hab' ich nicht Naſt, 
Bis der Sturm die Welt in den Angeln faßt 
And zermalmt und zerwürmt, 
And die Berge türmt, 
And dazwiſchen die Feuerglocke ſtürmt, 
And alles wirbelt und praſſelt und ſtöhnt, 
And die Stimme des RNufers fie überdröhnt. 
Dann endet in mir erſt der Drang und der Streit 
And die ungeheure Verlaſſenheit. 
Gelobt ſei die Stimme der Ewigkeit! 
(In tiefſter Inbrunſt) 
And jetzt, Allmächtiger, höre mein Flehn! 
Laß einen Wunſch in Erfüllung gehn! 
Die Flamme, die ſelber du wild entfacht, 
Durch die du den Stämmen den Frieden gebracht, 


50 


Laß ſie lodern und leuchten zu meiner Luſt 

And fülle mit Glut der Geliebten Bruſt. 

And wenn noch Wunder auf Erden geſchehn, 

So laß ſie geneſen und auferſtehn 

In ihrer einſtigen Gliederpracht 

Durch deine göttliche Wundermacht! 

Daß als Paradieſesluſtgeſtalt 

Sie unter den Krüppeln der Erde wallt! 
(Vorhang fällt). 


A 


Dritte Szene. 


Bei Amr. Kanſas Zimmer. Im Hintergrund Gartentür, durch die Amr und Kanſa 
kommen. Rechts (vom Zuſchauer) Tür in die andern Zimmer. 


Amr 
Jetzt laß alles Reden. Die Sache iſt fertig. 
Ich kenn' deine Gründe und weiß ſie zu ſchätzen. 
Doch wär's ein Verbrechen, den alten Zwiſt 
Von neuem zu wecken durch ſolche Bedenken 
And weichlichen Schmerz. 

Kanſa 


Das Geld war nur Mittel, 
Den Streit zu beenden; jetzt, da es geſchehn, 
Fragt niemand darnach, ob der Lohn meiner Leiden 
Auch wirklich uns zufällt. Es hat doch kein andrer 
Davon einen Vorteil. 
Amr 


Das iſt ja nicht wahr. 
Der Reichtum des einen kommt allen zugute 
Im nämlichen Stamm. And da wir ſchon Maliks 
Vermögen verlieren, ſo bleibt durch Mohämmeds 
Vortreffliches Arteil uns wenigſtens das. 


40 


Ranfa 
Verwend' es doch wirklich zum Beſten der andern, 
Gib ihnen das Geld, ſtatt mit den Gebreſten 
Der Tochter zu wuchern! Dann ehrſt du dich ſelber 
And meinen Schmerz. 

Amr 


Die albernen Reden! 
Was hat denn das Geld mit dem Kummer zu tun 
Und deinem Verluſt? Es ſoll den Geliebten 
Dir doch nicht erſetzen. Der Schmerz bleibt dir heilig. 
Nur deine Entſtellung betrifft der Erſatz. 
Denn daß du für alles, was ſchwer auf uns laſtet, 
Zum mindeſten äußre Erleichterung haſt 
And beſſere Pflege, das iſt doch nur billig. 


Kanſa 
(ruhig, langſam, ernſt) 
Wann haſt du bemerkt, daß ich traurig war 
Durch meine Entſtellung? Wann hab' ich geklagt? 
Was hab' ich beanſprucht von dir oder andern? 


Amr 
Du trugſt deine Leiden mit größter Geduld, 
Das weiß ich. Doch wenn du aus Rüdficht geſchwiegen, 
So ſah ich als Vater dir doch ins Herz. 


Kanſa 
(wie oben) 
O niemals, Vater! Da innen iſt alles 
Dir fremd wie die Stimme des Wüſtengeiſts. 


Amr 
Kanſa 


Kannſt du mich denn lieben, 
Du kennſt mich ja nicht? 


Iſt das deine Liebe? 


Amr 

Ich weiß, daß du Grund haſt, 
Dein Leben zu haſſen. Doch ich, konnt' ich's ändern, 
Daß alles ſo kam? Es gab doch auch Zeiten, 
Da niemand beglückter durch Götter und Menſchen 
Erſchienen als du. Bleibt einem die Jugend, 
Bleibt einem die Schönheit? Doch wem die Erinnrung 
An beide wie dir? Wer hat noch als Krüppel 
Die Macht über Menſchen? 


Kanſa 

(ernſt und erregt) 
Nicht wahr. Aber einen. 
And der iſt ein Dämon, der zählt nicht als Menſch. 
Ich will dieſe Macht nicht; ich war durch Begierden 
And Haß, die ich weckte, noch niemals beglückt. 
Das war keine Schönheit, die alles vergiftet, 
Die gaben die Götter mir nicht als Geſchenk. 
And wer ſie genommen, dem dank' ich von Herzen. 
Denn jetzt bin ich froher. Nie war es ſo friedlich 
In meinem Gemüt, in dem du nur Schlechtes, 
And Niederes ſuchſt. Drum laß mir die Ruhe, 
Die mühſam durch Kummer und Leiden erworbne, 
And kauf mir die Schönheit der Seele nicht ab. 


Amr 
Der Wahnſinn! Die Welt auf den Kopf zu ſtellen! 
Sich künſtlich das Leben noch ſchlechter zu machen. 
Der Hochmut und Andank, wenn endlich das Glück 
Die Arme uns öffnet, ſich trotzig zu ſperren: 
„Ich brauch' dich nicht mehr“. Gewiß haſt du all 
Dieſen Anſinn von Hatim. Sonſt ſiehſt du ja niemand, 
And ſperrſt dich hier ab vor den Menſchen und mir. 
Wenn das ſeine Kunſt iſt, dir, ſtatt dich zu heilen, 
Den Kopf zu verwirren, um Einfluß zu haben 


42 


And gegen die andern dich aufzuhetzen, 
Dann wahrlich — 
Kanſa 
So blickſt du auch Hatim ins Herz? 
Was hat er als Nutzen von all ſeiner Freundſchaft? 
Wann hat er gehetzt und berechnet? 


Amr 
Erſt jetzt. 
Was will er? Was geht ihn das Geld an, den Schwärmer? 
Er ſoll dich kurieren, das will ich ihm ſagen. 
And wenn er's nicht kann, ſoll er weitergehn. 


Kanſa 

(erſchrocken) 

Das ſagſt du ihm nicht! 
Amr 


Ich weiß, was ich tue. 


Kanſa 
Dann geh' ich mit ihm. 
Amr 
So weit iſt es alſo 
Mit euch ſchon gekommen? 
Kanſa 
Du zwingſt mich dazu. 
Ich kann hier nicht bleiben, ſobald von dem Gelde 
Ein einziger Dirhem in unſrer Hand, 
And Hatim bleibt auch nicht. Jetzt kannſt du entſcheiden, 


Mein Geld oder mich. 
(Es klopft an der Gartentür.) 


Amr 
Das iſt doch — 


43 


Kanſa 
(erſchrocken) 
Da kommt er! 


Ich bitte dich, laß mich mit Hatim allein! 


Amr 
Ich rede mit ihm jetzt. 

Kanſa 

Dann geh' ich aus Jathrib 
So, wie ich da bin. 

Amr 

Dann ſprech' ich ihn ſpäter, 

Den Schurken. Das wär' doch — mein Kind mir zu rauben — 


Wer hat zu befehlen hier? Ich oder er? 
(Ab nach rechts.) 


Kanſa 


(verriegelt die Tür hinter Amr und öffnet dann die Gartentür.) 


Hatim 
(finſter, ohne zu grüßen) 


Dein Vater war hier. Was hat es gegeben? 
Man hat ſeinen Zorn ſchon von weitem gehört. 


Kanſa 
Gleich ſag' ich dir alles. Ich muß nur die Schlinge 
Entfernen, er ſchmerzt mich. Ich bitte dich, hilf! 


Hatim 


(knüpft ihr eine Schlinge los, mit der der Fuß hinten unterm Kleid hinaufgebunden iſt. 
Kanſa legt dann die Krücken weg und bewegt ſich ganz frei.) 


Kanſa 
Ich hab' ihn gebeten, das Geld nicht zu nehmen. 
Da ward er ſo zornig und drohte zuletzt, 
An dir ſich zu rächen. Er glaubt, du allein 


44 


Wärſt ſchuld an der ganzen Veränd'rung in mir 
And meinem Benehmen. 
Hatim 
So glauben ſie alle, 
And daß ich als Arzt zu dem ganzen Betrug 
Dich angeſtiftet. 
Kanſa 


(erſchrocken) 
Es weiß doch noch niemand? 
Hatim 
Doch wenn ſie's erfahren. Ein einziger Zufall 
Kann alles verraten. Wer glaubt denn noch jetzt 
An deinen Beweggrund, nachdem du bezahlt wirſt. 


Kanſa 
Sie haben mich doch mit zerbrochenen Gliedern 
Bewußtlos gefunden. Wer hätte denn damals 
An Heilung geglaubt? Du ſelbſt nicht. Nur weil ich 
Mein Leben verwünſchte und Heilung und Schönheit, 
Genas ich zur Pein. 

Hatim 

Doch dann kam die Lüge. 


Kanſa 
Ja. Weil mir mein Leib wie ein Trauergewand 
Erſchienen. Das konnt' ich nicht wechſeln, ſolange 


Mir hier 
(greift an ihr Herz) 
alles wund war und ſchwarz und zerſtört. 
Geſundheit und Schönheit ſind Farben des Lebens, 
Wie ſchillernde Vögel, und ſchreien nach Luſt. 
Der Blick meiner Augen ſchon war mir ein Frevel. 
Wie hätt' ich, geputzt, in den Todesalleen 
Den lockenden Leib als gemütskranke Dirne 
Den Blicken der andern zur Schau geſtellt? 


Hatim 


Wie haſt du dir aber das Ende gedacht? 
Es hat doch nicht lange ſo bleiben können? 


Kanſa 
Ich dachte an nichts, oder fortzugehn, 
Das Leben hier war mir ja doch verhaßt, 
And in Jathrib wollt' ich kein neues beginnen. 


Hatim 
Doch jetzt mit dem Gelde! Was willſt du da tun? 


Kanſa 
Das, was ich dir ſagte, den Vater verlaſſen, 
Dann fällt keine Schuld an dem Gelde auf mich. 


Hatim 
So? Denkſt du? Das wär' noch das Schlimmſte, zu fliehen, 
Dann glaubt man doch ſicher an deinen Betrug. 


Kanſa 
Was ſoll ich dann machen? Gib du einen Nat! 


Hatim 
Ja, wenn ich das könnte. 
Gleich wie ich dir's ſagte, heut' in der Verſammlung, 
Da konnte man langſam ſie vorbereiten, 
Daß Hoffnung beſtehe auf baldige Heilung, 
And konnte die Summe danach beſchränken. 


Kanſa 
Dann hätt' ich Verdacht nur ſtatt Mitleid erregt, 
Und nie hätten Malik wir frei bekommen 
And Frieden. 


45 


46 


Hatim 


Der wird durch dein Täuſchen und Schweigen 
Jetzt doch gebrochen, ſobald man's erfährt. 


Kanſa 
Es darf nicht geſchehen, ſolang noch Gefahr iſt. 


Hatim 
Es muß geſchehen. Je ſpäter, je ſchwerer. 
Es darf von dem Geld nicht ein Dirhem ins Haus. 
Dein Vater muß alles vor Abend erfahren. 


Kanſa 
Dann wird er mich zwingen, zu leben wie früher, 
Am wieder nur Zwiſt und Begierden zu wecken 
And mich zu vermählen. Ich will keinen Mann, 
Ich habe genug an dem Harem der Toten. 


Hatim 
Kein Menſch wird dich zwingen. Das laß nur der Zukunft. 
Doch um dir das Recht deiner Freiheit zu retten, 
Muß rein vor den Menſchen dein Name ſein. 
Dann kannſt du ſie zwingen, und Wahrheit wird immer 
Die Siegerin bleiben. Jetzt laß mich zu ihm. 


(Sie iſt ihm in den Weg getreten; er ſucht ſie von der Türe zu entfernen.) 


Kanſa 
Du gabſt mir dein feſtes Verſprechen, zu ſchweigen. 


Hatim 
Wie konnt ich das ahnen, jetzt wär' es Verrat, 
Mein Wort dir zu halten. 


(Stellt ſich, als ob er durch die Gartentüre hinaus wolle, Kanſa folgt ihm. Dann eilt er 
plötzlich zur andern Türe, öffnet ſie ſchnell und geht hinaus.) 


47 
Kanſa 


(eilt ihm in ihrer Erregung, wie ſie iſt, ohne Krücken, durch das Zimmer zur Türe nach 
und ergreift dabei ein auf dem Tiſch liegendes Meſſer.) 


(Im ſelben Augenblick erſcheinen Mohämmed und Abu Bekr in der Gartentüre, 
die unverſchloſſen geblieben war, und ſehen Kanſa mit voller Beherrſchung ihrer Glieder 
durchs Zimmer und zur andern Tür hinauseilen.) 


Mohammed 


(wie bei einer Viſion auf Kanſa blickend) 


Das Wunder! Gott hat mein Flehen erhört! 


(Ende des erſten Aktes.) 


Zweiter Akt 


We 


Vierte Szene 
Ein Platz in Jathrib (Medina). 
Haſſan und mehrere Juden treten auf. 


Juden 


(drängend) 
Haſſan 
(mit frechem Spitzbart) 
Fragt lieber, wer mit ihr is. Das andere verſteht ſich doch von ſelbſt. 


Erſter Jude 
Mit der Frau von Mohammed ? 


Zweiter Jude 
Am Ende is es gar der aufgedunſene Mekkaner, der immer mit ihr 
beiſammen is. 


Was is mit der Sauda? 


Dritter Jude 
Weiß es denn der Mohämmed? 
Haſſan 
Wahrſcheinlich nicht. Es iſt keiner Prophet in ſeinem eigenen Harem. 


Vierter Jude 


Aber ſo mach doch keine Worte und red, wenn mir ſind ganz weg 
von der Naichkeit. 


49 
Haflan 


(zieht ein Pergamentblatt heraus) 
Hier ſteht alles. Nicht mehr und nicht weniger ſoll die Welt er— 
fahren und in keiner anderen Form. 


Die Juden 


E' Gedicht! — Bravo! — Zeich her! — Laß lefen! — 


Erſter Jude 


(Naila; ins Blatt ſehend) 
Was ſoll denn heißen „Leibriz?“ Das iſt doch gar kein Wort. 


Haſſan 
Wo? Anſinn. Das heißt doch Liebreiz. 


Zweiter Jude 
Naila, du biſt e freches Aas. 


Dritter Jude 
Mach keine Witze jetz. Les, bevor e Moslim kommt. 


Haſſan 
(lieſt) 

Ihr Gläubigen, hört vom jüngſten Gericht, 
Von der Sauda und vom Mohämmed. 
Wer fünfmal nicht dieſe Sure ſpricht, 
Der iſt auf ewig verdammet. 
Wir gehen alle auf ſündigen Wegen, 
Drum gib uns, Prophet, deinen windigen Segen 
And der großen Saü— 
da, der Gattin dazu, 
Mit ſamt ihrem Bu⸗ 

ſenfreund Mati! 


(Die Juden wiederholen die ganze Strophe, zum Teil ſie ableſend, um ſie auswendig 
zu lernen.) 
Hornſtein, Mohammed 4 


50 
Haſſan 


(lieſt) 


Viel Wege führen zum Paradeis, 
Wie Faſten und Gottvertrauen. 
Doch der ſchönſte, von dem man's am ſicherſten weiß, 
Das iſt der Weg durch die Frauen. 
Drum nahm ſich Mohämmed ſchon dreißig und mehr, 
And andere nehmen ſie hinterher 
And beten dazu: 
O große Galı- 
da erbarme dich u 

u- unſer! 

(Bei der Wiederholung ſagen die Juden ftatt „dreißig“ „vierzig “.) 


Haſſan 
3 5 (will weiterleſen) 
Der Liebreiz .. 


Erſter Jude 


Da kommt er ja! Gott! 


Zweiter, vierter Jude und Haſſan 

Der Mati. 

Dritter Jude 

(ſchadenfroh und furchtſam) 
And der Omar. And der Ali hat'n gefaßt. Das gibt e ſcheene 
Geſchicht'. 

Vierter Jude 

Da gehn mer. Sonſt kriegen mer auch noch Schläg. 


(Sehn ſich den Vorgang von der Entfernung an.) 


Ali 
(hat den Mati mit der Linken gefaßt und bedroht ihn mit dem Schwerte.) 
Erbärmlicher Hund! Wenn du nicht noch mit einer Lüge abfahren 
willſt, ſo bekenn wenigſtens, was die ganze Stadt dir nachſagt 
und dem ſchamloſen Weibe! 


51 
Mati 


(zitternd und bebend herauswürgend) 


Es iſt nicht wahr. Ich bin unſchuldig und die Sauda auch. Es iſt 
ja gar nicht möglich. 


Ali 
Was iſt nicht möglich, Lügner? 
Mati 
Daß ich ihr Geliebter bin. Wir ſind nur gute Freunde und Lands— 
leute. 
Ali 
Das kann jeder ſagen. 
Mati 
Ich kann's aber beweiſen. 
Ali 
So tu's auf der Stelle. 
Mati 
Das geht doch nicht auf offener Straße. 
Ali 
as? (läßt ihn überraſcht los) 
Mati 
Komme mit mir, dann wirſt du mir's glauben. 
(Beide ab.) 


Omar mit Haſſan 
(ebenſo wie Ali mit Mati) 


Nicht lebend ſollſt du ihm mehr unter die Augen kommen, hat 
Mohämmed geſagt. 
Haſſan 
Das wäre ſehr ſchad. Denn dann verliert er den tötlichſten Pfeil 
aus ſeinem Köcher, den ihm zehn Helden wie du nicht erſetzen 
können. 


52 


Omar 
Was? Du trächtiger Unflat mit deinen Versgeſchwüren. Du nennſt 
dich einen Pfeil, du Miſtgabel, du Zahnſtocher, du Floh. Wer 
hat denn das Spottgedicht gemacht auf den Propheten? 


d Haſſan 
Welches? Das kannſt du ja gar nicht wiſſen. 
Omar 
Das auf den hergelaufenen Fremden. 
Haſſan 


Ach das. Wer wird denn eine ſo alte Geſchichte aufwärmen? 
Seitdem hab' ich wenigſtens ſechs Dutzend Stinkzeiler auf die 
Feinde Mohämmeds gemacht. 


Omar 


Haſſan 
Beſonders einen gegen feine Todfeinde, die ihn aus Mekka vertrieben 
haben. Den mußt du leſen, Omar. Da trifft jeder Versfuß 
einen Koreiſchiten ins Gefäß. (Nacht die Bewegung.) Wenn fie das 
erfahren, bringen ſie mich um. 


Was, du? 


Omar 
Wo haſt du denn das Gedicht? 


Haſſan 


Zu Haufe. (Lange in die Taſche.) Aber hier hab' ich was anders, damit 
du ſiehſt, daß ich kein Freund von den Halunken dort bin. Der 
Naila hat heut' ein Spottgedicht gemacht auf die Sauda. 


Omar 
Iſt das nicht der freche Jude, dem Mohämmed den Tod geſchworen hat? 


53 
Haſſan 


Ja, das Aas, der immer die Worte umdreht. Da lies. Er hat 
mir's gegeben, damit ich's verbreiten ſoll. Es iſt das einzige 


Exemplar. 
Omar 
(lieſt) 
Das iſt ja ſchändlich. 
Haſſan 


Aber gut, was? So eine Kanaille! Schad' um das Talent! Da! 
(Nimmt ihm das Gedicht ab und zerreißt es.) Wenn du den Mohammed 
wiederſiehſt, dann ſag' ihm, er ſoll beſſer auf ſeinen Vorteil 
ſchauen. Aber den andern nichts ſagen, ſonſt vertrauen ſie mir 
nichts mehr an. Dein Wort? 


Omar 


Gut. And das andere Gedicht krieg' ich morgen? 
(Ali kommt mit Mati zurück.) 


Omar 
(ihm zurufend) 


Da haben wir den falfchen erwiſcht. Der Mann iſt ja unſchuldig. 


Ali 
(erſtaunt) 
Der deine auch? 
Omar 
Er hat die beſte Abſicht gehabt. 
Ali 


Der meine hat auch die beſte Abſicht auf Sauda gehabt und iſt trotz— 


dem unſchuldig. 
ſch 3 (Flüſtert ihm etwas zu.) 


Omar 

(heiter) 
Das ändert die Sache. Wer hätte das geglaubt? (Zu den Juden) 
Hört, ihr Leute. Kommt nur näher, es geſchieht euch nichts! 


54 


Der Mann da iſt unschuldig, ſo wahr ich Omar heiße. Es 
fehlt ihm an der wichtigſten Vorausſetzung zu dem Verbrechen, 
deſſen ihr ihn beſchuldigt. 


Die Juden 


(erſtaunt) 


Ali 


Er hat nur den Schein erweckt. Er kann gar nichts anderes mehr 
erwecken als den Schein. 


Haſſan 
(zu ihnen) 


Schad' um mein Gedicht. Da mach' ich ein anderes. 


Ali 


Ihr könnt' keinen beſſeren Umgang für eure Frauen finden. Seht nur 
nach, ob ihr alle ſo vorſichtig darin wart wie Mohämmed. 


(Auflauf. Erregte Menſchengruppen, Anhänger Mohämmeds, Heiden, Chriſten, Juden 
kommen herbei nnd umringen Abdallah mit feinen zwei gefangenen Mekkanern.) 


Was? Der Mati? 


Omar 


Was iſt denn dort los? Sieh hin! Dieſe Leute! 
And alle erregt, wie ich nie ſie geſehn! 


Chatmiten 
Die Gefangenen frei! 
Abdallah 


(durch ſeine Leute unterſtützt) 


Aus dem Weg! Wer ſie anrührt, — 


Saiditen 
Das iſt ein Verbrechen, das dulden wir nicht. 


Gläubige 
Wir auch nicht, obgleich wir Mohammeds Genoſſen. 


Omar 
(zu Ali) 
Das dacht' ich mir, daß es ſo kommen wird. 


Abdallah 


So holt den Mohammed und jagt es ihm ſelber. 
Ich habe kein Recht, ſie euch freizugeben, 
Ich habe Mohammeds Gebot nur erfüllt. 


Ein ehrwürdiger alter Heide 
Dann ſchäm' dich. Das kann euer Allah nicht wollen. 
Der Radſchab iſt heilig nach uraltem Brauch 
And wer ihn verletzt iſt vor Göttern und Menſchen 
Ein Frevler. 
Ein Jude 


E Frevler! Der Alte hat recht. 
Wer is da noch ſicher, was for e Geſchäftsmann, 
Wenn Treue und Glauben for nix mer gilt? 


Erſter Jude 


(von vorhin) 
Da nemm' ich mer gleich, was ich brauch', vom Mochannas 
And hau' ihm eins über am hellichten Tag. 


Der alte Heide 
(zu ihnen) 
Das habt ihr von euerer Glaubensgemeinſchaft 
Mit dieſem Propheten. 


Ein vornehmer alter Jude 
(ohne jüdiſchen Akzent) 
Von der ſpricht nur er, 
Weil wir die wirkliche Schrift beſitzen 
And Jehova, den ewigen, einzigen Gott. 
Wir wollen von ſeiner Entſtellung nichts wiſſen. 
And ſeinem falſchen Prophetentum. 


(Mohammed tritt auf, hinter ihm Osman.) 


5 


56 
Mohammed 
Wer ſpricht da vom falſchen Propheten? 


Die Menge 
(ſich zurufend) 
Mohammed! 
Mohammed 
Was ſoll diefer Aufruhr? 
Abdallah 
Sie klagen mich an, 
Im heiligen Monat gekämpft zu haben, 
And wollen die beiden Mekkaner befrein. 


Mohammed 
(ſtreng zu Abdallah) 


Was ſagſt du zu deiner Verteidigung? 
Abdallah 


(äußerſt betroffen) 
Fragſt du? Du gabſt mir doch ſelber den Auftrag. 


Mohammed 
(aufgebracht) 


Ich gab dir den Auftrag, im Nadſchab zu kämpfen? 


Abdallah 
Was hieß denn das anders? 


Mohammed 
Du lügſt! (Zu Osman) Du biſt Zeuge, 
Nie hab' ich ein Wort mit Abdallah geſprochen. 
Ein Schreiben nur gab ich im vorigen Monat 
Dem Osman für ihn, da ich heimlich erfuhr, 
Es ſei eine Karawane im Anzug. 
Drum ſandt' ich Abdallah ſofort auf den Weg . 


Abdallah 


And gabſt mir den ſtrengſten Befehl, ohne Beute 
Nicht heimzukehren. 
Mohammed 
| Den gab ich. Ich konnte 
Doch Stunde und Ort nicht im voraus berechnen, 
Wann eine der Truppen die andere traf. 
Drum ſchrieb ich ihm deutlich und gab den Befehl, 
Er ſolle im heiligen Monat nicht kämpfen. 
(Große Bewegung. Zu Abdallah) 
So wahr ich Mohammed, ſchrieb ich dir das? 


Abdallah 
Du ſchriebſt es, doch.. 
Mohammed 
(ſchneidet ihm das Wort ab) 
Hört ihr's? Da ſagt er es ſelber. 
Abdallah iſt ſchuldig, und mich klagt ihr an. 


Gläubige 
— . — —— . » ———K K — 
Er hat uns belogen. — Mohämmed iſt ſchuldlos. 
Wir taten ihm unrecht. — Da hört ihr's! | 
Osman 
(heimlich zu Omar und Ali) 
Anglaublich 
Aus ſo einer Schlinge ſich noch zu befrein 
And die andern zu fangen. 
Omar 
Das kann nur Mohammed. 
Abdallah 


Nein. Mich laßt jetzt reden. Mohämmed iſt ſchuldig. 
Ich war nur ſein Werkzeug und war nicht ſo ſchlau, 
Die Liſt zu durchſchauen. Nur das war mein Anrecht. 


57 


58 
Mohammed 
(zu ihm; leis) 
Sei ſtill, wenn dein Leben dir lieb iſt! (sau) Du Schurke! 
(Leis) 
Was gilt deine Ehre, wenn meine im Spiel 
And die deines Gottes? (aut) Bekenne dein Anrecht! 


(Leis) 
Dann helf' ich dir. 


Der alte Heide 
Jeder iſt ſchuldig von beiden. 


Der alte Jude 
Nein, nur der Mohammed. Der hat ihn gefangen. 
Die vier Juden 
(von früher; zuſammen) 
Er hat 'n gefangen. Er hat 'n gefangen. 
Heiden 


(um den alten Heiden herum) 


Da ſind unſre Götter doch beſſer! 


5 Mohammed 
Gu Abdallah) 
Sag ſelber 


Abdallah 
Ich bin es. 


Mohammed 
Da hört ihr's. 


Wer ſchuld iſt. 


Gläubige 
(zu den Gegnern) 
Da hört ihr's! 


Mohammed 
Am jeglichen Zweifel daran euch zu nehmen, 
Erklär' ich die beiden Mekkaner für frei 


Mitſamt ihrer Habe. 
(Zuſtimmung bei der Menge.) 


Einer der Juden 
Das is ſeine Pflicht nur. 
Mohämmed 
And ſo iſt jedes Vergehen getilgt. 


Einer der beiden gefangenen Mekkaner 


Was, jedes Vergehen? And unſer Gefährte 
Der bei dem verrätriſchen Aberfall 


Getötet ward? 
(Bewegung.) 


Der andere Mekkaner 

Nicht getötet, ermordet. 
Nur einer entkam, um den Brüdern in Mekka 
Die Schandtat zu melden. 

Mohammed 

So meldet jetzt ihr, 
Daß jeder Melkaner am jüngſten Gerichte 
Vor Gott auf der Stirne ein Schandmal trägt, 
And daß es ein ſiebenmal kleinerer Frevel, 
Den Radſchab zu brechen, als Gottes Gebot 
And feine Erwählten ins Elend zu treiben. 
Drum wen ich erblicke von eueren Brüdern 
And meinen, wer immer Koreiſch ſich nennt, 
Den ſchick' ich zur Hölle mit eigenen Händen 
And frag' nicht, ob Radſchab und Rhamadan, 
Am ein gottgefälliges Werk zu vollbringen. 
Das ſagt Abu Lahab und Harith und Walid 
And Abu Dſchachl und Abu Soffjan. 


60 


Omar 
Das gleiche von mir. 


Ali und Osman 
(zuſammen) 
And von mir. 


Andere Gläubige 
Von uns allen. 


Erſter Mekkaner 
Ich ſag's. Doch ſie werden die Drohung nicht fürchten, 
Du haft uns zu oft ſchon in Mekka gedroht. 
Nun wär' es bald Zeit, einmal Ernſt zu machen. 


Die Heiden um den Alten herum 
Das finden wir auch. 
Die vier Juden 
And wir auch. 


Anzufriedene Saiditen und Chatmiten 
(von vorhin) 
And wir alle. 


Der alte Heide 
(ernſt) 
Die ewigen Märchen von Himmel und Hölle 
Verfangen nicht mehr bei Erwachſnen, wie wir. 


Der alte Jude 
(ebenſo) 
And wenn du erklärſt, daß die Lehre des Moſes 
And deine die gleiche, daß beide durch Gott 
Euch offenbart wurden, wie kommen dann alle 
Die Widerſprüche in unſern zwei Büchern? 


Mohammed 
Weil ihr die lautere Quelle gefälſcht 
And Gott den Korän mir, die ewige Wahrheit 
Durch Gabriel wieder vom Himmel geſandt. 


Der alte Jude 
Doch wie erklärſt du die Widerſprüche 
In deinem eigenen göttlichen Buch? 
Wie machſt du Maria zur Schweſter des Moſes 
And weißt nicht, daß Iſaak des Abraham Sohn? 


(Die Juden lachen dreckig und mekkern.) 


Mohammed 


Das war keine göttliche Offenbarung. 
Beweiſe mir dort einen Widerſpruch. 


Der zweite Mekkaner 


(zum alten Juden) 
Laß mich ihn beweiſen. Ich hab' noch ein friſchers 
Gedächtnis als du. Hat einſt nicht in Mekka 
Dein Engel vom jüngſten Tage erzählt, 
Er währte gleich einem Jahrtauſend auf Erden? 
And ſpäter hat er die Dauer vergeſſen 
And 50 Jahrtauſende draus gemacht. 


Mohammed 
Ihr Buchſtabenfeilſcher! Iſt beides kein Gleichnis 
Nur für eine andre unfaßbare Zeit? 


Der erſte Mekkaner 


Anfaßbar wie all deine Reden und Wunder, 
Von denen kein einziges je ſich erfüllt. 


Der alte Jude 
Von Wundern hat er bei euch geſprochen? 


61 


62 


Der Wortwitzjude Naila 
Is alles nicht wunderlich, was er ſagt? 


Mohammed 
(zu den Mekkanern) 
Nie ſprach ich von Wundern. Nur ihr habt beſtändig 
Die läppiſchſten Dinge von Gott verlangt, 
Er ſoll einen Berg in ein Schiff verwandeln 
Und eure Kamele in echtes Gold, 
And auf einer Leiter vom Himmel ſteigen, 
Als braucht' er Treppen und Leitern dazu, 
Der Himmel und Erde und Menſchen geſchaffen, 
And jede Krume mit Wundern erfüllt. 


Der alte Jude 


So gib uns ein andres vernünftiges Zeichen 
Von göttlicher Kraft, und wir glauben dir. 


Der alte Jude 


Auch Moſes, Elias und andre Propheten 
Verrichteten Wunder. 
Mohammed 

Was war ihr Gewinn? 
Ward einer der Frevler aus Ad und aus Thamud, 
Ward Pharao, Haman durch Wunder bekehrt? 
Gott gab euch die Schrift. Das iſt Wahrheit und Wunder 
Genug. Ein andres hat Gott nicht nötig. 


Der Wortwitzjude 
Ali 


(gibt ihm einen Stoß, daß er hintenüberfällt) 

Du feiger Verrecker! 

Da kriechſt du heraus ans dem lauſigen Filz 
Bei der Treibjagd, ſonſt fliehſt du vor jedem Haſen. 


Doch du haſt es nötig. 


Der alte Jude 


(zu Ali und den Mohämmedanern) 


Sind das eure Wunder und eure Beweiſe? 
(Die andern Juden rufen Beifall.) 


Zweiter Jude 
Getroffen, Sunneina. So ſchlagen die Juden. 


Juden und Heiden 
Sind das eure Wunder? 


Der alte Heide und ſeine Leute 
Sunneina hat recht. 


Dritter Jude 
(hilft Naila) 


Komm, Naila! Ich helf' der. 
Naila 
(bleibt liegen) 
Ich wart auf Mohammed. 
Wer weiß, vielleicht läßt er mich auferſtehn. 
(Gelächter.) 


Vierter Jude 
Jetzt macht er ja ernſt mit dem Gottesgerichte. 
Jetzt werd er gefährlich. Komm, gehn mer nach Haus. 

Juden, Chriſten, Heiden und Gläubige 
Ja, gehn wir nach Hauſe! 
Chriſten 
(im Fortgehen zu Mohämmed und ſeinen Leuten) 

Ihr traurigen Helden. 
So ſtecht fie doch nieder und wehrt euch bei Tag, 
Statt nachts unſere ſchlafenden Frauen zu morden. 
Ihr Blut über euch! — Gott räche die Affma! — 


63 


64 


Ein alter Chriſt 
Nein, Gott iſt barmherzig. Gelobt ſei ſein Name: 
Gott Vater, Gott Sohn und Gott heiliger Geiſt. 


(Alle ab. Die Gläubigen langſamer und geſenkten Kopfes, nur Mohämmed, Omar, 
Ali, Osman bleiben wie gelähmt ſtehen.) 


Ali 
(zuerſt in jugendlicher Wut das Schweigen brechend) 
Verfluchtes Geſindel! 
Omar 
(zu ihm) 
Das war deine Hitze. 
Sie auch noch zu reizen, wenn alles ſchon gärt. 


5 Ali 
Wer kann ſich da halten! 
Osman 
Wir alle, wenn Klugheit 
And Staatskunſt es fordern. 
Ali 


Wo blieb denn die deine 
Zwei Wochen zuvor? Haſt du dem Abdallah 
Den Brief nicht gegeben? Der Raubzug nach Jemen 
Hat alle empört. 

Osman 


Das war ſchon vorüber. 


Omar 
Doch hat er die Schurken aus Mekka gebracht. 


Mohammed 
(der bis dahin grübelnd dageſtanden, jähzornig auffahrend) 
Jetzt ſchweigt einmal endlich! Was nützt das Geſchwätz? 
Sinnt lieber auf Rache. Kein andrer Gedanke 
Hat mehr in mir Raum. 


Omar 


An wem denn uns rächen? 
Auf wen iſt in Jathrib noch ſichrer Verlaß? 


Mohammed 
Auf wen in der Welt denn? Auf keinen als Allah. 
Dreieinig! Zwei Götter betrügen ſich ſchon, 
And die Menſchen find toll wie die Tiere im Feuer, 
And wer ſie berechnet, der größte Narr. 
Wozu ſich verteidigen? Wollen ſie Gründe 
And Wahrheit hören? Das ärgert ſie nur. 
Mach lieber den blödeſten Witz auf dich ſelber, 
Dann glauben ſie an dein Prophetentum. 


Omar 
Das ſind nur die Juden mit ihrem Gewitzel. 
Die haben die anderen angeſteckt 
And verhetzt. Wie ich kam, gab das Miſtvieh, der Naila, 
Gerade den andern das frechſte Gedicht 
Zur Verbreitung. Doch Haſſan zerriß es in Fetzen. 


Mohammed 
Der Bube? Der ſelber mich ſtets verhöhnt? 


Omar 


Wir taten ihm unrecht. Er hält nur die andern 
Zum beſten und wirkt im geheimen für uns. 


Mohammed 
Dann find es die Juden allein, dieſe Schächer! 
So ſchändlicher Andank ward nie gehört. 
Wem bin ich wie ihnen entgegengekommen? 
Jeruſalem ſetzt ich als heiliges Ziel 
And Richtung beim Beten, ich ließ ihre Feier 


Hornſtein, Mohammed 


65 


66 


Des Sabbat beſtehen, ich teilte ſogar 

Ihr Faſten mit ihnen und brach mit den Chriſten 
Um ihretwillen. Doch fie wollten alles 

In ihrer Gewinnfucht. Jetzt follen fie ſehen, 
Was ihnen Mohammed noch geben wird. 


Abu Bekr 


(tritt auf) 
Soeben erfuhr ich, was vorgefallen. 


Mohämmed 
(freudig erregt) 
Geprieſen ſei Gott, daß du kommſt, Abu Bekr. 
(Zu den andern) 
Ich bitt' euch, verlaßt mich für kurze Zeit — 
Familiengeſchichten — ich dank' euch, ihr Freunde. 
(Schüttelt ihnen die Hände.) 
(Omar, Ali, Osman ab.) 


Mohammed 
(haſtig) 
Was bringſt du von Kanſa? Wie göttlicher Zuſpruch 
Erfüllt mich dies Wort in dem Augenblick — 


Abu Bekr 
Noch alles wie geſtern. 
Mohammed 
Ihr Weſen, ihr Ausdruck, 
Hat nichts ſich verändert, ſeitdem du ſie ſahſt, 
In all dieſen Tagen? 
Abu Bekr 
Nur finſtrer vielleicht 
And müder ſchleppt ſie ſich fort an den Krücken, 
Als hätte ſie niemals ſich frei bewegt. 


67 


Mohammed 
So hat fie vieleicht in der erſten Erregung 
Die plötzliche Kraft, die ihr Gott verliehn, 
Mißbraucht, überſchätzt. So erklärt ſich der Rückfall. 


Abu Bekr 


Doch, wenn ihre Kraft eine göttliche war, 
Wie kann ſie erlahmen? 
Mohämmed 

Wenn menſchliche Torheit 
Ihr Maß überſchreitet? Der Glaube an ſie 
Braucht nur zu erlahmen. Hat nie ein Gebet 
Das Gemüt dir geſtärkt und entflammt deine Seele — 
And plötzlich dann fielſt du nur tiefer zurück 
In Schwachheit und Sünde? And da war die Wirkung 
Der Kraft dir bewußt und der Grund deiner Schwäche. 
Doch Kanſa hat keines von beiden gekannt, 
Nur unerklärliche, dunkle Gewalten, 
Die mehr ſie mit Schreck als Vertrauen erfüllt. 
So brach fie dann hoffnungsloſer zuſammen, 
So jäh — wie die göttliche Kraft in mir. 


Abu Bekr 


Doch wenn dein Gebet ſolches Wunder bewirkte, 
Was haſt du die Kraft nicht von neuem erprobt? 


Mohammed 
Sie hat mich verlaſſen. Ich fühlte es deutlich, 
Nie war meine Seele von Gott ſo berauſcht, 
So durchtränkt und entzündet, ſo göttlich geſammelt, 
Als wie ich um Kanſas Geneſung gefleht. 
Die Stunden ſind ſelten wie himmliſche Gnaden, 
Es ſchöpft unſer Weſen aus fremdem Gefäß, 
Es hebt uns vom Boden, es flimmern die Welten 
Wie Augen, wenn ſie ein Fauſtſchlag trifft. 


68 


Wir ſtarren, unfaßbarer Dinge gewärtig — 

Da löſt ſich die Spannung, zermürbt ſich die Kraft, 
And in tauſend Wünſche zerfällt unſer Wille. 

Der Pfeil iſt entſendet, der Bogen iſt ſchlaff, 

Der Leib nur erzittert erſchöpft und die Seele. 


Abu Bekr 
Kein Zweifel, es gibt eine ſeltſame Spannkraft 
In großen Momenten, wo alles in uns 
Sich ſteigert und neue Verbindungen eingeht 
Mit Gott und den Menſchen. Wie oft, wenn dir plötzlich 
Ein außergewöhnliches Werk gelang, 
Wie neulich der Frieden der Saida und Chatma, 
Ergriff mich ein gleiches Erſtaunen wie dich 
Beim Anblick der Kanſa. 

Mohammed 

And doch kamſt du damals 
Mit Zweifel und Einwand und hielteſt mich ab, 
Sofort ſie zu ſprechen. Wer weiß, ob die Kunde, 
Der Eindruck des tiefen Zuſammenhangs 
Nicht doppelte Kraft ihr verliehen hätte, 
Vielleicht ſogar Heilung. 

Abu Bekr 


Das hätte er nie. 
Du hätteſt nur jeglichen Einfluß verloren, 
Nachdem du vorher ihr Gefühl ſchon verletzt 
Durch das Geld und die ſtürmiſche Liebeswerbung. 
Drum bat ich dich dringend, dem zarten Gemüt, 
Dem aufgewühlten, erſt Ruhe zu gönnen, 
Eh wieder ein Eindruck von ſolcher Gewalt, 
And wär' es ein freudiger, ſie beſtürme. 
Ja, wär' ſie noch gläubig — doch rief ſie nicht laut, 
Ihr Gott ſei ein andrer. Wie ſoll ſie da glauben, 
Du hätteſt durch Kraft des Gebets ſie geheilt? 


69 


Ein liſtiger Vorwand nur wär's ihr erſchienen, 

Ihr näher zu treten. And wäre dein Schritt 
Erfolglos geweſen, ſo hätten die Spötter 
Behauptet, du wollteſt auch noch als Prophet 

Die heimlichen Rechte des Arztes genießen. 

So hätt' es geheißen. Drum riet ich dir ab. 

And war es nicht beſſer, mit Vorſicht und Prüfung 
Als Anbeteiligte zuzuſehn, 

Als plump in die myſtiſchen Fäden zu greifen? 


Mohammed 
Bei Gott, es war beſſer. Ich danke dir. 


Abu Bekr 
Du haſt ja noch Zeit, deinen Einfluß zu üben, 
And beſſer als früher; du ſagteſt doch erſt, 
Daß Kanſa mit ſtärkendem Mut dich entflamme. 


Mohämmed 
Das tut ſie, wie damals beim Friedensgericht. 
In ſchwerſter Bedrängnis hat Gott ſie geſendet, 
Durch ſie meinen Glauben zu ſtärken und ihr 
Die Stärke zu geben durch meinen Glauben. 
Geläutert durch Gott kehrt die heidniſche Macht 
Der Liebe, die Leid und Verderben geſtiftet, 
Als Segens- und Heilkraft zur Quelle zurück, 
And Kanſa als Gläubige zu ihrem Schöpfer. 
Es drängt mich zu ihr, in die Seele zu leuchten, 
And find' ich zu meiner darin eine Spur, 
Dann tret' ich die Zweifler und Spötter nieder. 
Sie gab mir die Kraft, ich geb' ſie ihr wieder. 

(Beide ab.) 
(Vorhang fällt.) 


V 


70 


Fünfte Szene 
Kanſas Zimmer. 


Hatim 
(legt Kanſa auf den entblößten linken Arm Wundbalſam auf. Sie bewegt ſich ohne 
Krücken.) 


Es ſchmerzt nur im Anfang. Gleich iſt es vorüber. 


Ein bißchen Geduld noch. Jetzt den Verband. 
(Verbindet den Arm.) 


In wenigen Tagen ſchon wird es geheilt ſein. 


Sag, wenn er zu feſt iſt. 
(Kanſa ſchüttelt den Kopf.) 
Wie tapfer du biſt! 


Kanſa 
» a 5 (ruhig, bitter) 
Sag lieber, wie töricht! 


Hatim 
Dich ſo zu verletzen? 


Kanſa 
Nein, daß ich die Stelle daneben nicht traf. 


Hatim 
So etwas zu ſagen, der Frevel! 


Kanſa 


An wem denn? 
Für wen ſoll ich leben? Dem Vater ſogar, 
Dem einzigen Menſchen, der noch in Betracht kommt, 
Selbſt dem bin ich fremd. 
Hatim 

(zärtlich und innig) 

Steht niemand dir näher, 
Kein Menſch, der dich liebt, der dir mehr iſt als er? 


Kanſa 


(betroffen, zurückweichend) 


liebt. .? Der mir mehr 2 


Hatim 
. deidenfchaftlich ſich nähernd) 


Dem du mehr biſt als alle, 
Der nur für dich lebt und mit Freuden ſein Leben 
Dir gäbe, um deines zu retten — 


Kanſa | 


(erſchrocken) 
Du meinſt ... 2 


Hatim 
(in leidenſchaftlicher Hingebung) 


Kanſa 
(kalt) 
Der nur um den Preis dieſer Wunde 
Den einzigen Wunſch mir erfüllte und ſchwieg. 


Du weißt es — 


Hatim 
Wie konnt' ich denn ahnen? Ich wollte dein Beſtes — 
Du wirſt es noch ſehen — jetzt ſchwör' ich dir ja, 
Daß ich ſchweige, nur gib mir das feſte Verſprechen, 
Dein Leben zu ſchonen — ſonſt töt' ich mich ſelbſt. 


Kanſa 
(tiefernſt und bitter) 

Das war deine Freundſchaft? 

Hatim 

Was war es denn anders? 

Seit Monaten war ich wie keiner beſorgt 
Am dein Leben, dein Leiden und deine Geneſung, 
And jetzt ſoll dies Leben mir wertlos fein? 


71 


725 


Kanſa 
Nie haſt du wie heute zu mir geſprochen. 


Hatim 
Nie haſt du ſo ſchreckliche Dinge geſagt 
Wie vorhin. Da konnt' ich mich nicht mehr halten. 
Die furchtbare Ruhe, mit der du bereut, 
Daß das Meſſer am Herzen dir abgeglitten, 
War ärger noch als die verzweifelte Tat 
In der Angſt. 
Kanſa 


And da glaubſt du durch ſolches Geſtändnis 

Mich beſſer zu ſchützen, mich feſter an dich 
And das Leben zu ketten? Ja bin ich denn dir 
Noch fremder als allen? Du haſt in der Not 
Geſehn und erfahren, was andern verborgen, 
Du kennſt jede wunde Stelle an mir, 
And dennoch — o Hatim! 

Hatim 

(beſtürzt) 

Was iſt denn geſchehn? 

Der Schrei meines Herzens in Angſt um dein Leben 
War doch kein Verbrechen? 

Kanſa 


8 (wild auffahrend) 
Ja und ein Verrat. 


Du logſt mir von Mitleid und ſelbſtloſer Hilfe, 
Ich glaubte dein Herz wie das Meſſer ſo kalt, 
Mit dem du als Arzt mir die Wunden geſchnitten. 
Wie hätt' ich ſonſt Seele und Leib dir enthüllt? 


Hatim 
Wie konnt' ich es hindern? Ich wußte ja ſelbſt nicht, 
Wie ſehr ich dich liebte. Mein eigenes Herz 
Belog mich am Anfang. Erſt bei dem Gedanken 


An deinen Verluſt in der Stunde der Angſt 
Erkannt' ich die Wahrheit. 
Kanſa 


Dann mußteſt du ſchweigen. 


Hatim 


Ich ſchwieg ja noch immer und kämpfte bis heut', 
Bis die kalte Verzweiflung in deinen Worten 
Und der Hohn von deiner Verlaſſenheit 

Die Zunge mir löſte. Da ſchrie ich's heraus: 
Du biſt nicht allein. War's mehr, was ich ſagte? 


Kanſa 
Es brauchte nicht mehr. Es nahm mir das letzte. 


Amr 


(an die Tür klopfend) 


Ich muß etwas ſagen. Ich bitte, mach auf! 


Kanſa 
(hinausrufend) 
Es geht nicht. Ich werde gerade verbunden. 
Ich bitte, komm ſpäter. 


(Nimmt die Krücken.) 


Amr 
(durch die Tür) 

Mohämmed läßt ſagen, 
Er möchte dich ſprechen. Er hat Abu Bekr 
Geſchickt mit dem Geld. 

(Hatim und Kanſa zucken zuſammen.) 

Er ſelbſt wird in wenig 

Minuten ihm folgen. Mach ſchnell! Es betrifft 
Eine wichtige Sache und dich nur allein. — 
Verſtehſt du mich — Kanſa? 


74 


Hatim 
(zu Kanſa) 


Sag, daß du zu müd biſt! 


Kanſa 
0 55 3 (zu Amr) 
Gewiß. Ich verſtand es. 

Amr 


Dann mach dich bereit. 


Hatim 


Was kann er ſo dringend dir ſagen wollen? 
And dir nur allein? Was bedeutet das? 


Kanſa 
Wie kann ich es wiſſen? Ich ſah ihn ſeit damals 


Nicht wieder. 
Hatim 


Du darfſt ihn auch nie mehr ſehn. 
Kanſa 
. (ſtolz) 
Wer ſagt das? 
Hatim 


Ich bitte dich 
Kanſa 


Geh jetzt zum Vater. 
Ich ſage dir ſpäter, was er gewollt. | 


Hatim 
Er will dich verführen, der Menſchenfänger. 
Er kommt in der Maske des göttlichen Werks. 
Kanſa 
Ein jeder hat eine andere Maske. 


Hatim 
Kanſa 


Er ſagte mir offen 
Beim erſten Begegnen, was er gedacht. 


So ſchändlich iſt keine. 


Hatim 


Doch heimlich ſendet er Abu Bekr 
Dann her um zu ſpähen, der ehrliche Mann! 
Seit voriger Woche ſeh' ich den Marder 
Das Haus umſchleichen. 

Kanſa 


Ich fürchte mich nicht, 
Nicht hier und nicht draußen. Ich bitte dich, geh, 
Ich höre ihn kommen. 
Hatim 
Der Gott des Gewiſſens, 
Des Lichts und der Wahrheit beſchütze dich! 


(Ab durch die äußere Tür.) 
(Kanſa als Leidende.) 


Mohammed 
(durch die Tür rechts, würdig, traurig) 
Friede! 
Kanſa 
Was ſuchſt du in meinem Zimmer? 
Mohammed 
Die Spur meines Gottes. 
Kanſa 


Ich kenn' ihn nicht, 
Doch gilt mir in dieſem Mädchengemache 
Sein Gaſtrecht heilig. Drum ſchmäh ihn nicht! 


Mohämmed 
Ich komm', ihn zu ehren. 


76 
Ranfa 


kalt, 
Durch mich? kalt, ſcharf) 


Mohämmed 
Ich erblickt' ihn 
An dieſer Stelle zum letztenmal 
Seitdem iſt er fort und hat mich verlaſſen. 


Kanſa 
Du haſt dieſes Zimmer ja nie geſehn. 


Mohämmed 
Doch, als du nicht da warſt. 


Kanſa 


So trieb dich dein Dämon, 
Mein Anglück im eignen ſchützenden Dach 
Noch aufzuſtören, nachdem du vergebens 
Auf offenem Platz es bedrängt und verletzt? 


Mohammed 


Ich war wie im Rauſche. Heut' bin ich ein andrer. 
Dort floß mein ſchäumender Lebenskelch 

Anfaßbar über ins göttliche Weſen, 

Entwurzeln wollt' ich aus heidniſchem Erdreich 

Die junge Zypreſſe. Heut' leg' ich das Ohr 

Mit klopfendem Herzen an ihre Rinde 

And lauſche dem quellenden Lebensſaft, 

Der tief aus verlorenen Wurzeln einſtrömt, 

And das Göttliche ſcheint mir die Lebenskraft. 


Kanſa 


Ich kenn' dich nicht wieder. Dein Wort wie dein Weſen 
Amgibt ein Geheimnis. 


Mohammed 
i (geheimnisvoll forſchend) 
Auch über dir 


And über dem Raum liegt ein tiefes Geheimnis. 


Kanſa 
; (erſchrocken) 
Was meinſt du damit? 
Mohammed 
Du erſchrickſt, daß ein andrer 
Es weiß. 
Kanſa 
Was weißt du? 
Mohammed 


Ä En (immer beängſtigender) 
And wenn ich dir ſage, 


Wodurch ich die Kenntnis und Macht bekam — 
Kanſa 


(immer erſchrockener) 
Du willſt ſie mißbrauchen. Du haſt mich belauſcht 
Mit Abu Bekr — 
Mohämmed 
Es war nicht mein Wille. 


Kanſa 


(voll Verachtung) 
Seit voriger Woche umſchleicht ihr das Haus. 


Mohammed 
Doch damals war es ein Zufall, ich ſchwör' es. 
Was ſollt' ich belauſchen, wie konnt' ich denn wiſſen, 
Daß Gott dieſes Wunder an dir vollbringt? 


Kanſa 
(äußerſt erſtaunt) 


Ein Wunder? 


77 


78 


Mohammed 
Was war es denn dir? Nur ein Zufall, 
Ein Rätfel, ein Traum? Darum fielſt du zurück 
In die Nacht deines Siechtums. Du kannteſt den Quell nicht, 
Aus dem dieſe göttliche Gnade floß. 


Kanſa 
(mühſam Mohämmeds Gedankengang ergründend) 

Der Quell — welcher Gnade? Mein Rückfall ins Siechtum? — 
So glaubſt du — wie käme dein Gott dazu, 
Dies Wunder zu wirken? 

Mohammed 

Mein Gott iſt auch deiner. 
Es gibt keinen andern. Er wirkt, wo die Kraft 
Des Willens und Glaubens ſo mächtig ihn anruft 
Wie ich ſeine Hilfe, nachdem ich dich ſah. 
Nie wußt ich bis damals, was wirklicher Glaube, 
Erbarmen, Zerknirſchung und heißes Gebet, 
Als in der Verzückung, im Rauſch aller Sinne, 
In dem ich zu Gott dieſe Worte gefleht: 
„And wenn noch Wunder auf Erden geſchehen, 
So laß ſie geneſen und auferſtehen 
In ihrer einſtigen Gliederpracht 
Durch deine göttliche Wundermacht! —“ 
And dann in der Sehnſucht, dich wiederzuſehn, 
Eil' ich her — 

| Kanſa 


(haſtig) 
Nach unſerer erſten Begegnung? 
Mohammed 
Und öffne die Türe und ſteh wie gebannt — 


Kanſa 


Ein Schrecken gab mir auf einmal die Kräfte — 


Mohammed 
Der Schrecken war Gott. 
Kanſa 
Ich vergaß meinen Zuſtand 
And eilte zur Türe — ein Streit ging vorher 
Mit dem Vater — 
Mohammed 
Der Streit war nur äußerer Anlaß, 
Die Kraft zu gebrauchen, die Gott dir gab. 
Er wählte dies Mittel. 
Kanſa 
Wie aber erklärſt du 
Den jetzigen Zuſtand, nachdem dein Gebet 
Die Kraft mir gegeben? 
Mohämmed 
Mein Wille erlahmte. 
Die Macht meines Glaubens und meines Gemüts 
Verließ mich. Wo nahmſt du die Kraft zur Geneſung 
Noch her? So fielſt du zurück ins Siechtum. 


Kanſa 
(tief nachdenklich ihn betrachtend) 
Jetzt iſt das Geheimnis von dir geſchwunden. 
Jetzt iſt mir vieles verſtändlich. 
Mohämmed 
(erſtaunt, aufleuchtend) 
Du meinſt 


An deiner Verändrung? Du glaubſt an die Kraft 
Des Gebets und die ewige Wahrheit, Kanſa? 


Kanſa 


(mit Wärme und Trauer) 


Ich glaub' an deine eigene Wahrheit. 


80 


Mohammed 
Sie fließt aus der andern, o glaube an Gott! 
Dann wirſt du geneſen. 
Kanſa 
(nachdenklich, geſpannt) 
Du haſt ja den Glauben, 
Den wunderwirkenden, ſelbſt nicht mehr. 


Mohammed 


Drum kam ich zu dir. Nur du kannſt die Schauer 
Der lebenſpendenden Glaubenskraft 

Mir wiedergeben. Nur deine Bekehrung, 

Ja ſelbſt ein Verſuch nur, mir beizuſtehn 

Bei deiner Geneſung mit gläubigem Willen 
Vermöchte, o Kanſa, das Höchſte ſchon. 


Kanſa 
Wie ſoll ich mich faſſen in dieſer Verwirrung? 
Erſtaunen und Wehmut, Mitleid und Hohn 
Für alles Erhabene hier auf Erden 
Erfüllen mein hilflos geängſtigtes Herz. 
Was Wahrheit und Täuſchung, was Wert oder Anwert, 
Wer kann es noch wiſſen? An der Perſon 
Nur haften die Dinge, und jede iſt anders 
And doch nur verſchieden im Willen und Kraft. 
And haſt du ſie beide, mich loszulöſen 
Aus hilfloſer Schwäche und Seelenangſt 
Vor Menſchen und Dingen, die hier mich beengen, 
So geb' ich dir Götter, Gewiſſen und Ehrfurcht, 
And alles dahin, was mir heilig war, 
And füge mich willenlos deinem Gebete. 


Mohammed 
Es wird dich erretten, und dann wirft du glauben, 
And alle, die heute noch zweifeln wie du. 


Dein innerſtes Weſen hat ſich verändert, 
Seit Gottes Hand deinen Körper berührt. 
Der Trotz iſt dahin, deine Seele ſteht offen 
Zur reinſten Empfängnis dem göttlichen Geiſt. 
(Aufblickend.) 
O komm zur Vollendung des Gnadenwerkes 
And hilf der Begnadeten, hilf deinem Knecht! — 
Wann ſeh' ich dich wieder? Ich muß dich verlaſſen. 
Der Ruhe und Sammlung bedarf dein Gemüt, 
Doch bleib' ich dir nahe mit jedem Gedanken. 
And naht ſich mir Gott in der Stunde der Angſt, 
Dann ruf ich dich, Kanſa, und bring' dich zu ihm. 
Auch ſonſt ſteht ſein Tempel dir immer offen, 
Dort triffſt du bei allen Gebeten mich an. 
O laß mich nicht warten! Es drängt zur Entſcheidung. 
Dein Schickſal und meines und das deines Volks 
Verändert vielleicht eine einzige Stunde 
Wie damals. 
Kanſa 
(ſich überwindend) 
Ich komme. 
Mohammed 
(ihr ſtürmiſch die Hand reichend) 
And Gott über dich! 
f (Durch den Garten ab.) 


Kanſa 
(allein) 
Ja, — Gott 
(wirft die Krücke mit einer Gebärde bitterſten Hohnes von ſich) 
— über mich! 
Hatim 


(heftig von rechts) 
Iſt etwas geſchehen? 
Du bebſt vor Erregung. Was hat er getan? 


(Will die Krücken aufheben.) 
Hornſtein, Mohammed 


81 


82 


Kanſa 


O laß die Götter nur auf der Erde, 
Der Höchſte, der Allah, muß auch noch dazu. 


(Wirft die Schlinge, die ſie vom Fuß abgenommen, ebenfalls hin.) 


Hatim 
Du haſt ihn entlarvt, den durchtriebenen Gaukler? 


Kanſa 
Entlarvt feine Anſchuld hat heut' der Betrug. 
Kein Kindergemüt iſt ſo wahr wie Mohämmed, 
Nie war ein Betrog'ner ſo ſchöpferiſch, 


Er braucht kein Geſtirn, kein Gewächs und kein Steinbild. 
f (Deutet auf die Gegenſtände auf dem Boden.) 


Mit dieſen drei Dingen da formt ſich das Kind 
Eine Welt von Wundern mitſamt ihrem Schöpfer. 


Hatim 
(äußerſt betroffen) 


Er glaubt an ein Wunder? Was haſt du geſagt? 
Kanſa 


Er hat an dem Tag mich geſehn ohne Krücken — 
Er öffnete, wie ich dir nachgeſtürzt, 

Die äußere Türe und, da er voll Inbrunſt 
Vorher ſeinen Gott um das Wunder gefleht, 
Mich wieder zu heilen, ſo ſah ſeine Einfalt 
Darin die Erfüllung des heißen Gebets. 


Hatim 
And du haſt die Wahrheit ihm nicht geſtanden? 


Kanſa 


Die Wahrheit dem Wütrich, ein wehrloſes Weib? 
Die grauſame Schande dem furchtbar Betörten, 


Der ſchon einen Witz mit dem Tode beſtraft? 
Allein ſeinen Schiedsſpruch, auf den er ſo ſtolz iſt, 
Vereitelt, von allen verlacht zu ſehn! 

Das Opfer des Mitleids, der Liſt eines Weibes — 
Der Völkerrichter! And erſt der Prophet! 

Wie trüg' er den Spott, im Betrug einer Dirne 
Ein Wunder der göttlichen Gnade zu ſehn! 

Wie könnte ein Zeuge nur ſolcher Verblendung 
Noch leben? Geſchweige denn, wer ſie bewirkt? 
And ſchont er mich, weil feine Wolluſt noch größer 
Als Rachſucht und Zorn, um jo ärger für mich. 
Dann war ich in allem ihm preisgegeben. 

Das war meine Wahl. Darum ſchwieg ich. 


Hatim 
(erſchrocken) 


Mit Recht. 
Die Folgen bedacht’ ich nicht. Gleich nach dem Frieden 
Schon war keine Löſung mehr möglich. 


Kanſa 
Doch jetzt 
Mit Gottes Hilfe und ſeines Geſandten. 


Hatim 


(wie oben) 


Du willſt feinen Wahn jetzt mit Abſicht benützen .. .? 


Kanſa 
Es gibt keinen Ausweg. Mag Lüge und Wahn 
Die Welt regieren! Er fände ſein „Wunder“ 
And gläubige Toren auch ohne mich, 
Doch gegen mich tauſend entſetzliche Gründe 
Zu neuer Gewalttat und Rache und Mord. 
And ich will kein Blut mehr um keine Wahrheit 
Der Welt. 


83 


84 
Hatim 
And kennſt du die Folgen der „Lüge“? 


Kanſa 


Ja. Frieden hat ſie dem Stamm gebracht 
And wilde Tiere in Menſchen verwandelt. 
Das ſah ich an mir. 
Hatim 
(auf ihre Krücke deutend) 
Wie denkſt du dir aber 
Die Löſung? 
Kanſa 
Er glaubt, wie ſein heißes Gebet 
Die Kraft mir gegeben, ſo hat ſeine Schwäche 
Sie wieder genommen. Doch hofft er zu Gott 
Von meiner Bekehrung die völlige Heilung. 


Hatim 


(noch immer peinlich berührt) 


Wann ſpielſt du ihm dann dieſes Wunder vor? 


Kanſa 
Er meint, wenn ſein Engel ihn wieder beſuche, 
Dann will er mich rufen. 
Hatim 
Doch wie mit der Schlinge? 


Kanſa 
Die hab ich nicht nötig. Ich laſſe den Fuß 
Nur ſchleifen. Es dauert ja doch nicht lang. 
And iſt es geſchehen, dann zwing' ich Mohämmed, 
Das Geld zu nehmen, (leuchtend) und dann bin ich frei. 


85 


Hatim 
Was ſoll ich da ſagen? Mein Herz iſt voll Sorge, 
Ich weiß keinen Rat. Welcher ſchützenden Macht 
doch kannſt du vertrauen? Dem Himmel? Der Wahrheit? 


N (Bitter) 
Der Liebe? 
(Entſchieden) 


Doch beſſer an ihm den Verrat, 


Als von ihm verraten. 
(Der Vorhang fällt.) 


W 


Sechſte Szene 


Im Bethauſe. Nacht. Dunkelheit, nur durch den Mond ab und zu erhellt. 


Ali 


(zur kleinen Tür rechts eintretend, zu Malik) 
Komm nur getroſt! In ganz Jathrib iſt kein ſo ſicheres Verſteck 
wie die Kirche nach dem letzten Gebet. 


Malik 
(ängſtlich) 

Verdammte Schleicherei! Das hätte mir früher jemand zumuten 
ſollen, mein Abendeſſen im Dunkeln zu verzehren. And doch, 
weiß der Himmel, wenn ich ſchon nicht mehr mit dem Schwert 
die Zeit totſchlagen darf, ſo iſt mir ſo ein abenteuerliches 
Lumpenleben noch lieber, als bloß von meinen langweiligen 
Einkünften zu leben. 

Ali 


Beſonders, da dir ſo auch nichts abgeht, was? Du läßt dir ja doch 
von Mohämmed geben, was du brauchſt. 


Malik 


Ja. Das gibt er mir. Da fühl einmal dieſe Lumpen an. 


86 


Ali 
Was, ſchon wieder ein neuer Anzug, Verſchwender? Wo iſt denn 
der her? 
Malik 


Heut' hat er ihn mir gegeben nach der Bedrängnis durch die Juden. 
So mußte ich zwei Stunden lang vor den Häuſern der Sai— 
diten auf und ab gehen, damit ſie eine Freude hätten. Denn 
heut' ließ ihnen Mohammed auch einen Teil meines Geldes 
auszahlen. Das und mein troſtloſer Anblick hat ſie wieder 
verſöhnt. 

Ali 
(lacht) 
Dann haſt du dir ja heute deinen Unterhalt redlich verdient. 


Malik 
Alle Wetter. Wenn du je durch eine Lumperei dem Gemeinwohl 
ſo nützlich gedient haſt wie ich heute mit meinen Lumpen, 
dann will ich mein Schwert nur noch zum Eieraufſchlagen 
verwenden. 


Ali 


Hoffentlich bekommen wir welche, daß du dich üben kannſt in dieſer 


edlen Kunſt. 
(Geht nach der Tür und ſpäht aus.) 


Malik 


Warum denn nicht? Was iſt denn edel? In meiner jetzigen Stellung 
kommt man auf die merkwürdigſten Gedanken. Mut iſt doch 
auch nur Geſchicklichkeit oder die Aberzeugung, daß man etwas 
los hat. Das merk' ich erſt jetzt bei dieſer ungewohnten Be— 
ſchäftigung. Früher hab' ich in der größten Gefahr nicht ge— 
wußt, was Herzklopfen iſt, und jetzt, wenn ich vor den Buben 
Verſtecken ſpielen muß oder mich verſtellen, dann krieg' ich eine 
Angſt, als ob mir der Teufel auf den Ferſen wäre. 


8/ 

Ali 
Jetzt kommt ſie. (Eine Sklavin bringt Eßſachen und Wein durch die kleine Tür.) 
Geben Sie nur her. Der arme Mann hat ſchon acht Tage 


nichts gegeſſen. Die Stlavin geht wieder ab.) Da iß und trink jetzt, 
armer Mann. Was machſt du denn da? 


Malik 


Soll ich mich etwa mit dieſen Lumpen zu Tiſch ſetzen? (Wirft ſein 
Bettelkoſtüm ab und ſteht in der feinſten Gewandung, mit koſtbarſten Edel— 
ſteinen geſchmückt, vor Ali.) Da — die können wir auf den Boden 
legen und uns draufſetzen. Dann werden ſie noch echter. 


Ali 


(ihn beſtaunend und betaſtend) 
Teufel. Das funkelt und glitzert ja, daß wir gar kein Licht brauchen. 
Da haſt du uns dein halbes Vermögen unterſchlagen. 


Malik 


Das nimmt mir auch niemand, folang ich lebe, und mein Schwert. 


Ali 
Brav, Malik. Dafür ſollſt du hier einen Tropfen trinken, den du 


ſo bald nicht wieder bekommen wirſt. Es iſt der letzte Schlauch, 
den ich dir gerettet habe. 


Malik 
Ali 


Das weißt du noch nicht? Wegen dieſer verdammten Streiterei mit 
den Juden hat der Prophet heute allen Gläubigen für Zeit 
und Ewigkeit das Weintrinken verboten. 


Malik 


(erſchrocken) 


Was, weil ihn die Juden geärgert haben, deshalb ſollen wir keinen 
Wein mehr trinken? 


Wovor gerettet? 


88 


Ali 


Sie haben doch den ganzen Handel in Händen. In Arabien wächſt 
ja faſt kein Wein. 
Malik 


And deshalb ſoll ich geſtraft werden? Ali, du kennſt meine Ver— 
ehrung für den Propheten und ſeine Lehre. Aber da will ich 
lieber nicht in ſein Paradies kommen. Nein. Das iſt heute 
das letztemal, daß ich mit dir beiſammen bin. Er ſoll mein 
Geld nehmen und alles, was noch von mir da iſt, und ich 
gehe weiter. 

Ali 


(erſchrocken) 
Was fällt dir ein? Wo willſt du hin? 


Malik 
In die Freiheit, Ali, wo ich töten und trinken darf nach Herzensluſt. 


Ali 

So gedulde dich nur ein wenig. Es kommen auch hier wieder beſſere 
Zeiten. Meinſt du, dieſe Wortfechterei und das Predigen iſt 
nach meinem Sinn? Wenn ich nicht wüßte, daß in dieſer 
Schwüle ſchon die Gewitter lauern und ein einziger Windſtoß 
wie ein Gotteszorn die papierenen Verträge alle in Fetzen reißt, 
wo nähme denn ich die Geduld her? Hörſt du's nicht ſchon 
ſingen an deinem Schwert wie das Eiſen im Sturm? Aber 
Nacht kann er da ſein, und wo biſt du? Was iſt deine 
Heimat und deine Fahne? 


Malik 

Die Wüſte und der Wind. 
Ali 

And welcher Gott führt dir dein Schwert? 
Malik 


Der Gott der Helden und des Weines. 
(Erhebt ſeinen Becher.) 


89 


Hoch Imr⸗ul⸗Kais und hoch der Wein! 
Wann waren zwei beßre Genoſſen? 

Wie Morgenröte und Mondenſchein 
Vermiſchten ſich Tropfen und Träumerein, 
Verfärbten ſich und zerfloſſen. 


And einſt in trunkener Feſtesnacht 

Ward Imr⸗ul-Kals berichtet: 

„Den Vater haben ſie umgebracht, 

Dein königlich Erbe vernichtet.“ 

Das ſchlug in das Zelt wie ein Bitzſchlag ein, 
Doch Imru donnerte: „Schweigen! 

Bei Tag die Sorgen und jetzt der Wein!“ 
And die Sklavinnen ſangen zum Reigen. 


Doch im Wüſtenbrand, in der Mittagsglut 

Da rollten im Sande die Becher. 

Da wurden die Tropfen zum Meer von Blut 
And der Träumer zum furchtbaren Rächer. 

And er trank keinen Wein und er küßte kein Weib, 
Bis der letzte Feind ſich ergeben. — 

Längſt modert im Sande auch Imrus Leib, 

Doch der Wein und ſein Heldenlied leben! 


Ali 


(mit anſtoßend) 


Sie leben! And du, Malik! Wie das klingt in der nächtlichen Halle! 


Malik 
Nicht auch wie Gebet? 


Ali 
Haſt du mehr ſolcher Lieder? 


Malik 


Für hundert ſchlafloſe Nächte. Was willſt du hören? Von Amr, 
dem im Schritt die Geier folgten wie freudige Mädchen im 


90 


langen Flügelkleide? Von den Töchtern des Find, die ſich 
entkleideten in der Schlacht und dem Tapferſten als Siegespreis 
ſich gelobten? Von Rabja, der im Tode noch die Zobaiden 


ſchreckte? 
Ali 
Ja, das! Wie war das möglich? 
Malik 


Er ſaß auf dem Hengſte am Eingang der Schlucht 
And deckte den Seinen die wilde Flucht. 


Schon zwanzig hat er getötet und mehr, 
And kein Zobaide mehr wagt ſich her. 


Da ſchickt ihm von ferne der Tod ſeinen Gruß. 
Er taumelt, doch hält er im Bügel den Fuß. 


Er lenkt ſeinen Hengſt noch mit letzter Kraft 
And lehnt wie zum Hohn ſich an Felſen und Schaft. 


So hält er den Eingang noch lange Seit | 
And ſcheint gegen Tod noch im Tode gefeit. 


And erſt wie der Hufſchlag der Seinen verklang, 
Da gleitet er nieder und ſtreckt ſich lang. 


Ali 
Brav, Rabja! Noch heute erweckſt du Mut und Begeiſterung 
durch Maliks Sang. 
Malik 


(fährt erſchrocken auf) 
Was iſt das? Lärm im Hauſe des Propheten? 
Mohammed 
(draußen) 


Das Läuten — der Engel! — Wickelt mich ein! 


91 
Ali 


(in religiöſer Scheu) 
Er hat ſeinen Anfall. Gott iſt bei ihm. Laß uns beten! 


Malik 


(wickelt haſtig in der Angſt ſeine Fetzen um) 


Sie kommen näher. Sie bringen Licht. Wo ſoll ich hin? 


Ali 
Bleib! Nur die Sachen fort! 
(Sie räumen den Wein und das Eſſen beiſeit und decken es zu.) 
(Mohämmed verhüllt und auf ſeine Frauen geſtützt wird hereingebracht; Abu Bekr, 
Omar, Osman und andere folgen. — Sklavinnen und Sklaven eilen mit Lampen herbei.) 


Abu Bekr 
Dorthin an die Mauer! 
Aiſcha und Sauda 
Die Kiſſen — die Kiſſen! 
(Werden gebracht.) 


Eine Frau 
Das Licht nicht ſo nahe! 


(Die Lampen werden weiter weggeſtellt und⸗gehalten oder bedeckt und durch farbige erſetzt.) 


Abu Bekr 


(zu Omar) 


Ward Kanſa geholt? 
Omar 


Ali 
Was will er mit Kanſa? 


Osman 
In erſter Bedrängnis rief er nach ihr, 
Als gält' es ſein Leben. 


Sie iſt auf dem Wege. 


(Rufe) 
Still! 
(Mohämmed liegt an der rechten Wand rückwärts; um ihn ſtehen, ihn verdeckend, die 
Gläubigen, das Geſicht nach außen, gegen Jeruſalem gekehrt.) 


92 


Alle 
Gott iſt groß! 
Im Namen des allbarmherzigen Gottes! 
Der Preis iſt Gottes, des Herrn der Welten, 
Des Allerbarmers, des höchſten Gerichtsherrn 
Am jüngſten Tage. | 
Dir nahen wir betend und hilferufend. 
Führ' uns den Gnadenweg der Erwählten, 
Derer, die deinen Zorn nicht kennen 


And nicht in der Irre wandeln! Amen. 
(Rufe von außen) 
Da kommt ſie! — Die Kanſa! 
(innen) 
Die Kanſa! 


Mohämmed 
(richtet ſich verſtört auf. Die Amſtehenden machen ihm Platz) 
e Die Kanſa? 
Wo iſt ſie? 
(Geht Kanſa entgegen, die von Hatim und Amr geführt und vielen andern gefolgt, zur 
linken Tür hereinkommt.) 
Jetzt, Ewiger, zeige die Macht, 
Die mir du enthüllteſt im Schauer des Todes, 
Den Blöden im Wunder der Schöpfungskraft! 
Steh, Kanſa! 
(Zu Hatim und Amr, ſie fortſtoßend) 
Verlaßt ſie! Hinweg mit den Krücken! 
(Entreißt ſie ihr; große Bewegung.) 
(Zu Kanſa) 
Vertrau auf Allah! Er hat dich geheilt. 


(Kanſa ſtößt einen leiſen Schrei aus, wankt einige Schritte vorwärts und bricht dann 
zuſammen. Große Aufregung.) 


Amr 
\ (zu Mohammed) 
Du haft fie getötet! 
(Rufe) 


Zu Hilfe! — Sie atmet. 
Ein Arzt! Wo iſt Hatim? 


Mohammed 
Kein Menſch rührt fie an! 

Zu ſchwach für die übernatürliche Gnade 
Iſt nur noch ihr Geiſt. Ihr ſaht ſie doch „gehn?“ 

(Neigt ſich zu ihr.) 
Im Namen des allbarmherzigen Gottes 
Erhebe dich, Kanſa, und wandle im Licht 
Als Bild ſeiner Gnade! 


Kanſa 
(erhebt ſich unter dem Erſtaunen der Menge, gleichſam erinnerungslos.) 
Was iſt denn — — ? Mein Vater! 
Mohammed 


Dort Steht er! Geh hin! 
(Kanſa geht ruhig auf Amr zu, als ob nichts geſchehen wäre.) 
(Rufe) 


O ſeht! Iſt das möglich! 


Amr 
Mein Kind! 


93 


(Amarmt ſie. Sie bedeckt, aus wirklichem Schamgefühl, ihr Geſicht mit den Händen.) 


(Rufe innen) 


Kann es ſein! Gottes Wunder! Herbei! 
(Außen) 
Ein Wunder! Ein Wunder! 


Mohammed 


(zu herbeieilenden Angläubigen der vierten Szene) 


Ihr Heuchler und Lügner, 
Erkennt ihr die ewige Wahrheit jetzt? 


Die Menge 
Es iſt nur ein Gott! And du ſein Prophet! 


Mohammed 
So dankt ihm und betet! 


94 
Die Menge 


(nimmt Gebetsſtellung und Richtung ein) 
Im Namen des aller . 


Mohammed 
(gewaltig, fanatiſch) 
Nein. Nicht die Richtung der Juden mehr. 
Arabiens Bethaus blickt zu euch her 
Arheilig und harrt eurer Wiederkehr 
Nach Mekka. 


Die Kaba ruft und der ſchwarze Stein. 
Nur Blut wäſcht von heidniſchen Flecken fie rein. 
Das Haus des Allah muß unſer ſein. 

Nach Mekka! 


Alle 
(drehen ſich gleichzeitig wie auf militäriſches Kommando nach der entgegengeſetzten 
Seite zur Wand hin) 


Nach Mekka! 


(Der Vorhang fällt.) 


Dritter Akt 


2 


Siebente Szene 
Kanſas Zimmer. Dämmerung. 


Hatim 


So iſt die Lüge ſtets des Pöbels Wunder, 

Das wahre Wunder aber iſt an ihr, 

Daß zum Erfolg ſie ſtets die Wahrheit braucht. 
Jetzt, wenn Mohammed wüßte, welchem Wahn 
Er Sieg und Macht verdankt, die ihn umſtrahlen, 
Ob er den falſchen Kranz vom Haupt ſich riſſe 
And ihn der Lüge reichte? Doch erſt dann 
Würd' er zum Lügner. Denn die Wahrheit war's, 
Sein Glaube, der die andern mitgeriſſen, 

And der die Wunderſchlacht von Bedr ſchlug. 
Doch deine Lüge zeugte ſeinen Glauben. 


Kanſa 
Das iſt nicht wahr. Schon eh' ich ihn betrog, 
Beim Schiedsgericht, bei meinem erſten Anblick 
Schlug dieſe Glaubensflamme in ihm auf 
And wirkte Wunder, wie ſein Schwert bei Bedr. 
Hat er nicht ſelbſt den Eindruck mir bekannt, 


96 


Berauſcht noch von den ungeahnten Kräften, 
Die ihm Begier und Leidenſchaft erweckt? 

Das war Mohämmeds Kraft von allem Anfang, 
And ſolche Kraft zu wecken ſtets mein Fluch. 
Ihm zu entrinnen, griff ich erſt zur Lüge. 


Hatim 
And dieſe Lüge zeugte neuen Wahn. 
Wie konnteſt du von ihr was andres hoffen? 


Kanſa 
In der Verblendung liegt ja meine Schuld. 
Was die Natur mir gab, was wider Willen 
Ich Böſes wirken mußte nur durch ſie, 
Das quälte mich wie ungeheure Selbſtſchuld, 
And was ich Schlechtes tat aus eigner Schuld, 
Die Lüge, die die Menſchen beſſern ſollte, 
Das ſchmeichelte ich als Verdienſt mir vor. 


Hatim 
Ein jeder ringt ſich erſt zur Wahrheit durch. 
Sie iſt kein Weg, ſie iſt ein Ziel. Die Qualen, 
Verblendung und Verirrung ſind der Weg. 
Sei froh, daß du ihn aus dir ſelbſt gefunden, 
And geh ihn nicht zurück, wie ich es tat, 
Am dir zu folgen. Laß die andern ſtraucheln 
And taſten, bis ſie ſelbſt die Höh' erklimmen. 
Denn ſicherer führt ſie ihr Wahn empor 
Als deine Hand. Doch wir, die ſchon am Ziele, 
Wir dürfen ſie uns reichen, müſſen es, 
Daß wir einander Prüfung ſind und Spiegel, 
And keiner mehr den Höhenweg verliert. 


Kanſa 


Nein, Hatim. Auch die Wahrheit ſchreitet höher — 
Wer weiß, daß er am Ziel, ſolang er lebt? 


97 


Und da nur eine ernſte Arbeit iſt, 

Die an ſich ſelber, wie du eben ſagteſt, 

So wär' ein jeder nur des andern Feind. 

Den Wahrheitsweg kann man nur einſam wandeln, 
Wo zwei zuſammen ſtreben, iſt ſchon Schein 

And eitle Lüge. Geh, wenn du mich liebſt. 

Kein Menſch iſt wert, die Wahrheit ihm zu opfern, 
And näher ſteht der Mann ihr als das Weib. 

Ich wär' dein Anglück. Geh! Ich danke dir, 
Daß du zu mir herabgeſtiegen biſt 

And mich nicht beſſern wollteſt. Nochmals Dank. 
Mehr kann ich dir nicht geben. Jedes Tun, 

Das ſelbſtlos iſt, belohnt ſich ſelbſt am ſchönſten. 


Amr 
(von rechts) 
Verzeiht, wenn ich ſtöre! Ich habe mit Kanſa 
Was Ernſtes zu reden. Auch wär' es mir lieb, 
Bei dieſer Gelegenheit gleich eine Sache 
Mit dir zu beſprechen, die längſt mich bedrückt. 
(ſpitz) 
Es mir nur leider faſt niemals gelungen, 
Allein dich zu ſprechen. 
Hatim 
| Das bringt mein Beruf 
So mit ſich. Ich komme als Arzt nur zu Kranken 
And konnte nicht ſtets zur Verfügung ſein, 
Denn Kanſas Behandlung verlangte — 


Amr 
(ihm höhniſch das Wort abſchneidend) 
Ich weiß. 
Doch eben, weil Kanſa durch göttliche Hilfe 
Jetzt wieder geneſen und drum deiner Kunſt 
And opfernden Pflege, für die ich dir danke, 
Nicht weiter bedarf, ſo möcht' ich mich ſelber 


Hornſtein, Mohammed 


SI 


98 


Für alles am Schluſſe erkenntlich erweiſen 


And bitte dich, hier dieſes kleine Geſchenk — 
(Will ihm einen Beutel mit Geld geben.) 


Hatim 
Behalte dein Geld. So lohnt man nur Dienſte, 
Nicht Freundſchaft. 

Amr 


Ich hab' von der Freundſchaft zu mir 
Nichts gemerkt. 
Hatim 
Ich tat es aus Freundſchaft für ul 
And fie I dein Rind. 
Amr 


Du ſagteſt doch eben, 
Du ſeiſt nur als Arzt zu der Kranken gekommen, 
And Arzte bezahlt man. 
Hatim 
Mit eigenem Geld. 
Doch das bekam Kanſa als Sühne für Siechtum. 
And wenn ſie jetzt ſelbſt einen Dirhem behielte, 
So wär' es Betrug. 
Kanſa 
Ja, Vater. Das wär' es. 
Die Saida allein haben Anſpruch darauf. 


Amr 
Sie ſollen ihn haben. Wir brauchen das Geld nicht. 
Die Beute von Bedr und was der Prophet 
Noch ferner erobert, entſchädigt uns glänzend. 


Hatim 
Entſchädigt? — Wofür denn? Was haſt du geleiſtet? 
Du nahmſt an dem Kampfe doch nicht einmal teil. 
Was haft du für Recht an Mohämmeds Beſitz? 


Amr 
Das iſt's, was ich Kanſa zu ſagen habe. 
Doch weil du ſchon da biſt, ſo hör es zugleich. 
Mohammed hat heute um Kanſa geworben. 
(Kanſa erſchrickt, Hatim iſt wie niedergeſchmettert.) 


Ich gab ihre Hand ihm und halte mein Wort. 


Hatim 
And ich geb' mein Wort, daß er nie ſie erhält. 


Amr 

(höhniſch) 
So? Wirklich? Haſt du vielleicht Nechte an Kanſa? 
Wofür denn? frag' ich jetzt. Was haſt du geleiſtet? 
Den Kopf ihr verdreht mit verſchrobnen Ideen 
And einfach die Heilung dann Gott überlaſſen, 
Nachdem du ein Jahr lang herumkuriert. 
Du Stümper, du willſt über Kanſa verfügen, 
Mit Gottes Geſandten dich meſſen, du Narr? 


Hatim 
(verächtlich) 


Mehr Rechte als der hab' ich doch noch an an 
Kanſa 


(erregt) 


Nicht wahr. Weder du haſt ein Recht noch ein andrer. 


Bin ich dir verpflichtet nur durch ein Wort? 

Wie kannſt du ſo reden vor meinem Vater? 

Du tateſt mir mehr als die andern, das weiß ich. 
Doch warſt du mein Freund nicht, das haſt du gezeigt. 


Hatim 

(erregt) 
So, auch nicht der deine, trotz all meiner Opfer? 
Iſt das euer Dank? 


99 


100 
Kanſa 
Ich vermag dir nicht anders 
Zu danken, als wie ich es immer getan. 


Als Arzt haſt du trefflich und treu dich bewährt, 
Doch als Freund mich betrogen. 


Hatim 
Was tateſt denn du 
An andern? 
Kanſa 


Wann ſprach ich von ſelbſtloſer Freundſchaft? 


| Hatim 
Betrug bleibt Betrug. 
Amr 


Was ſoll das bedeuten? 


Kanſa 

(zu Hatim) 
Doch er hat mich niemals betrogen wie du, 
Den Vorzug beſitzt er. 

Hatim 

(höhniſch) 

And ſicher noch andre. 

So hat feine Werbung ſchon Wunder gewirkt? 
Iſt das die Erkenntnis, zu der du gedrungen? 
Ihn weiterbetrügen willſt du als Frau? 


Amr 


(erſchrocken) 
Mohämmed betrügen — mein Kind? Zu Hatim) Steh mir Rede! 


Hatim 


Sie kann das am beſten. Ich muß jetzt zu ihm. 
(Ab durch die Gartentür.) 


Kanſa 


(erſchrocken, will nacheilen) 


Wir müſſen ihm folgen. Er ſtürzt ſich ins Anglück. 


Amr 
Noch folgen, dem Schwindler? Zurück! Keinen Schritt! 
Was hat es gegeben? 
Kanſa 
Das ſag' ich dir ſpäter. 
Doch jetzt zu Mohammed, eh' Hatim ihn ſpricht! 
Amr 


Um dort mit dem Menſchen zuſammenzutreffen? 
Was dächte Mohämmed von dir! 


Kanſa 
Das iſt gleich. 
Er hat mich ſchon immer mit Hatim geſehen. 


Amr 
Das war etwas andres. Jetzt biſt du geſund 
And biſt ihm verſprochen. 

Kanſa 


So kann ich gleich ſelber 
Den Wahn ihm zerſtören. Nie werd' ich ſein Weib. 


Amr 
Du wollteſt dich weigern? Der Wahnſinn, den Antrag 
Des Siegers von Bedr zurückzuweiſen, 
Die Hand deines Retters, den Gott dir geſandt! 


Kanſa 
Die Mühe, den Antrag zurückzuweiſen, 
Erſparſt du mir, Vater. Wenn Hatim ihn ſpricht, 
Verzichtet Mohammed von ſelbſt auf die Werbung. 


101 


102 
Amr 


f (erſchrocken) 
Was? Glaubſt du? So eilen wir! 


Kanſa 
Wenn es noch Zeit. 
(Beide ab.) 


(Vorhang fällt.) 


N 
Achte Szene 


Zimmer bei Mohammed. Mehrere Frauen, darunter eine mit ſchwarzer Hautfarbe, 

liegen leichtbekleidet auf Polſtern auf dem Boden und ſchlafen. Ein Bild orienta⸗ 

liſcher Faulheit. Auf der andern Seite iſt Aiſcha eifrig mit ihren Puppen beſchäftigt 
und ſingt dabei: 


Aiſcha 
So. Nun haltet einmal ſtill, 
Daß ich euch verhülle, 
Wie es Allah will. 


Du bekommſt den dünnſten Flor, 
Weil du ſchlank und züchtig. 

Du den Schleier bis zum Ohr, 
Weil du männerſüchtig. 


Aber du mit einem Fuße 

Ind zerbrochner Naſe, 

Darfſt noch zu der Männer Buße 
Offen auf die Straße. 


(Tanzt mit den Puppen und ſcherzt mit den Schleiern, während ſie das Nachſpiel trällert.) 
Sauda und Omm Scherib (zwei Frauen Mohammeds) kommen herein. 


Sauda 


(zu Omm Scherib im Eintreten) 
Sieh nur, was Aüiſcha wieder 
Für verrückte Sachen macht! 


103 


(Zu Aiſcha) 

Iſt das jetzt die neuſte Mode, 
Das Geſicht ſich einzuwickeln? 
Oder haben deine armen 
Puppen ſo entſetzlich kalt? 

Aiſcha 

(boshaft) 
Ganz im Gegenteil, mein Täubchen. 
Die am hitzigſten im Blute 
And ſo oft wie du errötet, 
Wird nach Allahs eigner Vorſchrift 
In das dickſte Tuch geſteckt. 


Omm Scherib 


(naiv verwundert) 
Wirklich? Kümmert ſich jetzt Allah 
Selbſt um deine Puppen noch? 

Alſcha 

Was du denkſt! Das ſind nur Muſter. 
Anſer hoher Herr Gebieter 
Hat mir heute Nacht vertraut, 
Daß ſich alle ſeine Frauen 
Künftig ſo verſchleiern müſſen, 
Wenn ſie auf die Straße gehn. 


Omm Scherib 
Sonderbar! Aus welchem Grunde? 


Sauda 

(ängſtlich) 
Hat vielleicht ihm ein Verleumder 
Etwas über uns erzählt? 

Aiſcha 


Alles nur der Männer wegen. 
Jedes Stückchen Haut an euch, 


(zupft ſie an den verſchiedenen Stellen) 


104 

Hier das freche ſpitze Näschen 

And das Grübchen und das Läppchen 
And das Zäpfchen da am Hals, 
Alles iſt jetzt eine Sünde 

Außer Hauſe, wenn man's ſieht. 


Sauda 


(deutet auf eine Puppe, die nichts anhat, außer einem Schleier um den Kopf) 
And im Hauſe hat Mohammed 
Doch nicht das Koſtüm beſtimmt? 


Aiſcha 
Pfui! Ihr Kleid iſt nur nicht fertig. 


Sauda 
Warum pfui, wenn niemand ſieht, 
Wer ſie iſt? Den Körper, find' ich, 
Oder das Geſicht verhüllen. 
Aber beides iſt zuviel. 

| Omm Scherib 

Ja, das find' ich auch. Mohämmed 
Soll uns lieber ganz verſtecken, 
Wenn er uns nicht ſehen will. 

Aiſcha 

(eindringlich) 

Aber er will dich doch ſehen, 
Nur die andern ſollen's nicht. 


Omm Scherib 
(gekränkt und erregt) 
So? Mohammed will mich ſehen? 
Wann denn? Etwa heute Nacht? 
Oder geſtern, oder früher? 
Schon ſeit vierzehn Tagen nicht. 


105 


Sauda 


Geht's uns andern etwa beſſer 

Seit die faulen Dinger da? 

(Stößt die ſchwarze Schläferin mit dem Fuß, die wälzt ſich nur auf die Seite und ſchläft 
weiter.) 


Pfui, du dicker, ſchwarzer Hammel, 
Einfach ſich verſchenken laſſen 

Wie ein Schlauch, ein Faß voll Butter, 
Einem Herrn, den man nicht kennt? 
Oder du da, freche Laila, 

Ohne eine Gegengabe 

Selbſt ſich einem Mann zu „ſchenken“, 
Iſt das auch ein Ehrgefühl? 


(Laila ſchaut ſie an und legt ſich dann ebenfalls auf die andere Seite.) 


Aiſcha 
Ach, und bald ſchenkt uns Mohammed 
Auch noch eine vierte Frau. 
Heute hat er ſchon geworben. 


Sauda 


Omm Scherib 
Auch um die noch? 


Aiſcha 
Das war doch vorauszuſehn. 
Jetzt werd' ich dann meine vierzehn 


Tage kriegen. Freut ihr euch? 
Mohammed und Abu Bekr treten ein. 


Mohammed 
(trägt in einem Tuch erbeutete Schmuckgegenſtände) 
Da ſind meine Kinder ja alle beiſammen. 
Jetzt ſagt einmal, ob ihr verträglich ward, 
Solang ich nicht da war? 


Was, um Kanſa? 


106 
Die drei Frauen 
(in vollkommener Anſchuld) 


Ja. 


Mohämmed 
Habt ihr einander 
Nichts Böſes gefagt und nichts über andre? 


Die drei Frauen 
(wie vorher) 


Nein. 
Mohammed 
Auch über nichts euch im Haufe beklagt? 
Aiſcha 
(ſchmeichelnd) 
Wie wäre das möglich? 
Sauda 


(ſchmeichelnd und boshaft) 
Du ſorgſt doch in allem 
Als zärtlicher Vater. 
Omm Scherib 


(ebenſo) 
Ja, ganz wie ein Vater. 


Mohammed 
Dann dürft ihr die Sachen da unter euch feilen. 


(Sie greifen alle darnach.) 


Doch ohne zu ſtreiten. 
Die faulen Weiber 


(ſpringen vom Boden auf) 


Mir auch! Bitte auch! 


Sauda 
Da werden ſie munter die gierigen Dinger. 


107 


Mohammed 
(lachend zu Abu Bekr) 
Ich ſehe, ſo hab' ich im eigenen Lager 
Mehr Kampf um die Beute als draußen im Feld. 
Zurück da! Ich weiß jetzt ein anderes Mittel. 
Aiſcha bekommt zur Verwahrung den Schmuck 
And läßt euch drum loſen. 


Omm Scherib 
Warum denn Aiſcha? 


Sauda 
Die Jüngſte hat immer das Vorrecht bei dir. 


Mohämmed 
So ſoll es von nun an die Alteſte haben, 
Alſcha macht gerne der Würdigſten Platz. 
(Er blickt fragend umher, alle ſchweigen verlegen.) 
Alſcha 
R (ſpöttiſch zu Sauda) 
Ich bitte. 


Sauda 
(ſie abweiſend) 


Mohammed 
Nun? Meldet ſich keine? 
Dann loſt erſt ums Alter. Doch laßt uns allein. 
(Jagt ſie hinaus.) 
Wir müſſen hier andere Dinge beſprechen. 
Da, nehmt euer Weiberzeug wieder mit fort. 
(Packt einiges davon zuſammen.) 
Wie himmliſch das duftet! Das Tuch laßt mir da! 
(Berauſcht ſich daran.) 
Das ſind noch die einzigen Freuden der Welt: 
Gebete, Weiber und Wohlgerüche. 


Ich danke. 


108 


Doch jetzt zur Entſcheidung betreffs der Gefangnen. 

Das Beſte war, gleich auf dem Fleck ſie zu töten. 

Sie laufen uns hier nur im Wege herum 

And wühlen und ſchnüffeln. Ich habe nicht Luſt, 

Sie noch länger zu füttern. Drum weg mit der Laſt! 
(Macht die Bewegung des Kopfabſchneidens.) 


Abu Bekr 
So fordre ein Löſegeld von den Mekkanern. 
Dann machſt du mit ihnen das beſte Geſchäft, 
Anſtatt ſie nur unnütz durch Härte zu reizen. 


Mohammed 


Sie haben kein beſſeres Schickſal verdient, 
Ich will eine Warnung für künftige Zeiten. 


Abu Bekr 


Sie haben ſchon Warnung und Strafe genug. 
Ein Abermaß ſtachelt und gibt wieder Kräfte. 


Mohämmed 


Dein Rat gibt ſie ihnen und weichliche Schonung. 
So ſchwächt man die Kräfte, ſolang man ſie hat. 
(Macht die Bewegung des Kopfabſchneidens.) 


Abu Bekr 


So ſchwächſt du den Glauben an dich und an Allah. 
In ihm liegt die Kraft und in einzelnen Menſchen. 
Das haſt du im Kampfe bei Bedr geſehn. 

Wer ſchlug ihre Maſſen? Die wenigen Tapfern. 
Wer hielt im feindlichen Heere noch ſtand, 

Als Oſchachl und Walid und Harith gefallen? 

Ein Otba wiegt die Gefangenen auf, 

Ein Ali erſchlägt ſie in ehrlichem Kampfe. 


109 


Sei heute nicht klein an dem feſtlichen Tag 
And laß fie am Leben um Kanſa willen! 


Mohammed 


(in großmütiger Aufwallung) 
So ſchlägſt du ſelbſt durch ein einziges Wort 
Deine Gründe, und da ich mit Worten nicht fechte 
And nicht gegen Weiber, ſo ſollen fie leben. 


Abu Bekr 
Das wird dein erhabenſtes Hochzeitsgeſchenk. 


Mohämmed 


(humorvoll) 
Drum füttre ſie gut, daß ſie Kräfte kriegen. 
Alſcha 
(öffnet ein wenig die Tür) 
Verzeih einen Augenblick. Hatim iſt draußen, 
Er bittet, wenn möglich, ihn gleich zu empfangen, 
Er hat eine dringende Botſchaft für dich. 


Mohämmed 


(zu Abu Ber) 


Von Kanſa! Zu Aiſcha) Er komme! 


Abu Bekr 
Ich bringe einſtweilen 
Ihr Hochzeitsgeſchenk den Gefangenen. / 
(Hatim tritt haſtig und finjter ein.) 


Mohammed 


(bei ſeinem Anblick betroffen) 


So ſpät und ſo finſter? Was iſt deine Botſchaft? 


Hatim 
Die Wahrheit, Mohämmed. 


110 


Mohammed 
Ich habe fie immer 
Geachtet, auch wenn fie mir peinlich war. 
(Schnell Hatim zuvorkommend.) 
Die Wahrheit hat Kanſa dir aufgetragen? 
Sie weiſt mich zurück. 
Hatim 
Ich fragte ſie nicht, 
And bin nicht beauftragt. Ich hab' eine Bitte. 
Erfüllſt du ſie mir, um ſo beſſer für dich. 
Erfüllſt du ſie nicht — 
Mohammed 
So rede doch endlich! 


Hatim 
Ich habe nicht Eile. Du ſollſt mir nicht ſagen, 
Ich ſpräche erregt. Drei Worte nur ſind es 
Für drei, die es angeht: Verzichte auf Kanſa. 


Mohammed 
(auffahrend) 
Verzichten? Von ſelber? Wer fordert das? 
Hatim 
Ich. 
Mohammed 
So ſprichſt du für Kanſa. Wer gäbe dir anders 
Den Mut, ſo zu reden? 
Hatim 
(wie oben) 


Die Wahrheit, Mohämmed. 


Mohämmed 
So nenn deine Wahrheit! Ich fürchte mich nicht. 


Hatim 
Ich möchte nicht unnütz den Zorn dir erregen 
And andre gefährden. Ich bitte dich drum, 
Verzichte auf Kanſa! Sie kann dich nicht lieben, 
And für deine Leidenſchaft ſteht ſie zu hoch. 


Mohammed 
Sagt fie das? 
Hatim 
Ich weiß es. Ich kenn' ſie wie keiner. 


Mohämmed 
So willſt du ſie ſelbſt? 
Hatim 
Ich verzichte zugleich, 
Wenn du dich verpflichteſt — 


Mohämmed 
(aufbrauſend) 
Ich dir mich verpflichten? 
Die maßloſe Keckheit! Wie käm' ich dazu? 
Noch ehe ſich Kanſa mir ſelber verſagte, 
Soll ich mich verpflichten, ich dir mich, Mohämmed? 
And ſtändſt du an Jahren und Anſehen mir gleich, 
Ich wieſe die Bitte ſchon Kanſas wegen 
Zurück als Beſchimpfung. 
Hatim 
Das wirſt du bereun. 
Verhüten wollt' ich dir Hohn und Beſchimpfung. 
Dein Starrſinn fügt ſie allein dir zu, 
Sobald du dich weigerſt — — 


Mohämmed 


(jähzornig) 


Hinaus! 


Du willſt mir noch drohn! 


111 


112 
Hatim 


(die Faſſung verlierend) a 

Ja, hinaus in die Welt mit der Wahrheit. 
Das Weib, das du wählteſt, ſie hat dich getäuſcht. 
Seit Wochen ſchon, eh' du zuerſt ſie geſehen 
Bewegte ſie frei ihre Glieder im Zimmer, 
Das Wunder der Heilung war ihre Natur. 
Doch krank im Gemüt und durchſchauert vom Blute, 
Das um den Beſitz ihrer Schönheit floß, 
Verfluchte ſie Jugend und Wiedergeneſung 
And wollte allein unterm Schutz ihres Leidens 
Aus Jathrib entfliehen; da kam der Vertrag 
Der Chatma und Saida, da wollt' ich ſie zwingen, 
Die Wahrheit zu ſagen. Drum flüſtert' ich ſo. 
Doch Malik zulieb, um den Frieden zu retten, 
Zwang ſie mich zu ſchweigen. And jetzt war es aus 
Mit der Flucht und der Wahrheit. Dein Geld, dein verfluchtes, 
Bezichtigte uns des gemeinſten Betrugs 
And gab das Signal zu erneutem Gemetzel, 
Wenn Kanſa entfloh oder jetzt noch genas. 
In dieſer Verzweiflung kommſt du als ihr Retter 
Und zeigſt ihr verblendet durch deinen Wahn 
Den einzigen Ausweg. Jetzt weißt du die Wahrheit, 
And du nur allein, außer Kanſa und mir. 
Noch iſt ſie verſchloſſen in dieſes Gemäuer, 
Doch dort iſt die Tür. Rufſt du jetzt noch: „Hinaus“? 


Mohämmed 
(mit eiſerner Entſchloſſenheit als Ergebnis eines furchtbaren inneren Kampfes während 
? Hatims Enthüllung) 
Nein, Hatim. 
(Geht zur Tür, öffnet ſie ein wenig und ruft hinaus) 
Alſcha! 


Aiſcha 
(draußen) 
Mein Herr und Gebieter? 


113 
Mohammed 
Alſcha 
Kein Menſch außer mir. 
Die andern ſind alle zu Scherib gegangen. 


Wer iſt noch im Hauſe? 


Mohämmed 
So eile ſogleich ihnen nach, wie du biſt. 
Ich möchte mit Hatim hier ungeſtört reden. 
And ſchließe die Türe, als wär' ich nicht da. 


(Man hört wie ein ſchwerer Riegel außen vor die Zimmertür geſchoben wird und wie 
Aiſcha ſich entfernt.) 


Hatim 


(erſchrocken) 
Die Türe verriegelt! Was ſoll das bedeuten? 


Mohämmed 


(die Hand ans Schwert legend) 


Jetzt ſchließ' ich die Wahrheit für immer hier ein. 


Hatim 


(eilt zur Tür und rüttelt daran) 


Mach auf! Das iſt Mord! 


Mohammed 
Für Gott iſt's ein Opfer. 


Hatim 
Zu Hilfe! 
Mohammed 


Dein Schreien iſt unnütz. 


Hatim 
5 Du Feigling, 
Mich Wehrloſen töten! 


Hornſtein, Mohammed 8 


114 


Mohämmed 
Mir bleibt keine Wahl. 

Nahmſt du eine Rückſicht auf mich und auf andre? 
Du ſagteſt, es ſei für die Wahrheit zu ſpät, 
Sie ſei ein Signal zu erneutem Gemetzel. 
And doch wirfſt du ſelber die Fackel ins Volk 
Zu Mord und Empörung? Wenn wirklich mein Eifer 
Mich einmal betrogen und Gott mich verließ, 
Soll er's drum entgelten? Iſt er ein Betrüger? 
Bin ich's und die Meinen? Doch du, wer biſt du? 
Als Arzt ein Betrüger, als Freund ein Verräter, 
Ein Wahrheitsbeſchützer aus Rache und Neid, 
Ein Held aller Halbheit! Du wagſt an Mohämmed 
Mit Trug dich und Drohung? Du Wahrheitsphantaſt, 
Jetzt bete zur Wahrheit! 


(Dringt mit dem Schwert auf ihn ein.) 


Hatim 
(flüchtet von der Tür in das Nebenzimmer rechts, das nur durch einen Vorhang von 
dieſem Zimmer getrennt iſt) 


ä Sie lebt und ſie ſchreit 
Aus dem Blut ihrer Zeugen. 


Mohämmed 
(nacheilend) 
Ich ſtopf' ihr den Mund. 


(Drinnen Lärm von zerbrochenen Möbeln, ein plötzliches kurzes Aufſtöhnen und dann Stille.) 
(An der verriegelten Tür wird außen geklopft.) 
(Mohammed tritt aus dem Nebenzimmrr und geht zur Tür.) 


Wer klopft an der Tür? 
Amr 


(draußen) 


Ich bin es mit Kanſa. 


Mohämmed 
(beſinnt ſich kurz und ruft dann) 
So öffne von außen! 


115 
Amr 


(eintretend, betroffen) 


Wer ſchloß dich hier ein? 


Mohammed 


Ich ſelber. Das klingt wie ein Wunder, nicht, Kanſa? 
(Stellt ſich vor die Tür.) 


Kanſa 
8 5 (voll bangen Schreckens) 
War Hatim nicht da? 


Mohammed 
Er war da. 


Kanſa 
(haſtig, entſetzt) 


Wo iſt er? 


Mohammed 
Da drinnen im Zimmer. 
(Sffnet den Vorhang. Amr und Kanſa prallen mit einem Aufſchrei zurück.) 


Kanſa 


(krallt mit den Händen an Geſicht und Körper herum, als ob ſie ihn zerreißen wollte) 


Du Werkzeug, du Mutter, 
Du Hure des Mordes! 


Amr 
(zu Mohammed) 
Was ſoll dieſer Gräuel? 
Jetzt will ich die Wahrheit von dir erfahren, 
Die niemand mir ſagen will. 


Mohammed 
(während er Kanſa beim Handgelenk packt) 
Dank deinem Gott, 
Daß niemand auf Erden ſie wußte als Hatim. 
And weil er ſie wußte, darum ſchweigt er jetzt. 


116 
Amr 


(zitternd vor Angſt und Erregung) 
Wie konnteſt du glauben, was Hatim dir ſagte, 
Der Kanſa ſogar, die er liebte, belog? 
Ich weiß nichts von beiden und will auch nichts wiſſen, 
Doch eins hab' ich vorhin als Zeuge erlebt 
And ſchwör' es bei Allah: Daß Kanſa als letztes, 
Eh' Hatim voll Nachſucht zu dir geeilt, 
Ihm ſagte, er hätte an ſie keine Rechte, 
And daß ſie entrüſtet ihn Lügner hieß. 


Mohammed 

(äußerſt überraſcht) 
Sie — Hatim? So hat er auch mich nur belogen, 
Wie hätte ſie ſonſt ihm zu ſagen gewagt 
Als Schuldige? — Kanſa: bei Gottes Gerichte, 
Iſt's wahr, was dein Vater ſoeben geſagt? 


Amr 
Wie könnt' ich ſonſt ſchwören? 


Mohämmed 
(zu Kanſa) 
Sprich du! 


Kanſa 


(mit einem Blick auf ihren Vater) 
Es iſt wahr. 
Mohämmed 
(aufatmend, den Blick nach oben gewandt) 


Hab' Dank, ſo iſt Hatim als Lügner gerichtet. 


Ali und Malik 
. 8 N (treten ein) 
Frieden mit dir! 


Mohammed 


Willkommen, ihr Freunde! 
Seht her! Hier hab' ich ein Arteil vollſtreckt 
An einem Verbrecher. 
(Schlägt den Vorhang zurück und zeigt ihnen die Leiche.) 
Er wollte mich zwingen, 
Von Kanſa zu laſſen, die frech er beſchimpft, 
And drohte mir dann mit der ſchändlichſten Lüge, 
Die, wenn er die Schwelle des Zimmers verließ, 
Den blutigſten Aufruhr entfeſſelt hätte. 
Das meldet den Meinen und ſagt, dieſe zwei 
(auf Kanſa und Amr deutend) 
Bezeugen ſein Lügen. 
Kanſa 
(nachdem ſie ſich das Geſtändnis abgerungen, hinausſchreiend) 
Nicht wahr. Ich bezeuge, 
Daß ich dich belogen, du gläubiger Narr 
And Mörder. Jetzt töte mich, Lüſtling. Denn anders 
Als mit deinem Schwerte berührſt du mich nie. 


Mohammed 
(niedergeſchmettert, bleich vor Wut) 
Verrückte! Ich töte kein Weib. Doch dein Reden 
Voll Wahnſinn und Tücke verwehr' ich dir, 
Du Schlange! Nie wirſt du dies Haus mehr verlaſſen, 
And auch deinen Vater behalt' ich in Hut. 


Kanſa 
(entſetzt) 
Lebendig dein Opfer? Viel lieber wie Hatim! 
(Auf Malik zuſtürzend) 
Erbarme dich, Malik! Ich flehe dich an. 
Ich habe mich deiner erbarmt und gelogen. 


117 


118 


Ich war ſchon geheilt bei dem Friedensvertrag 


And habe geſchwiegen, um dich zu erretten. 
(Ali und Malik tief betroffen und erſtaunt) 


Jetzt rette den Vater und gib mir den Tod! 


Malik 
So löſt ſich das Rätſel? Beruhige dich, Kanſa! 
Bei mir ſeid ihr ſicher. 


(Stellt ſich zwiſchen fie und Mohammed.) 


Mohammed 
(wütend) 
Verräter! Auch du? 
Was half dir ihr Lügen und all deine Sippſchaft? 
And hätteſt du zwanzig Leben gehabt, 
So warſt du verloren, wenn ich nicht geweſen. 
Iſt das jetzt dein Dank? 
Malik 
Ich ſchulde dir nichts. 
Ich gab dir bei Bedr die zwanzig Leben 
Mit Zinſen zurück. 
Mohammed 
Doch eines noch haſt du, 
Erbärmlicher! Nimm es ihm, Ali, mein Sohn! 
Aus Gärten der Liebe ruft Allah zur Rache, 


Es gilt ſeine Ehre! 
(Dringt auf Malik ein.) 


Ali 
(wirft ſich dazwiſchen) 
Ich bitte dich, halt! 
Ich brauche mich nicht meiner Taten zu rühmen 
And nicht meines Mutes. Es wär' mir ein Stolz, 
Mit ihm mich zu meſſen. Doch würd' ich zugleich 
Den Ruhm der herrlichſten Helden töten 


119 


Aus ehrfurchtgrauer Vergangenheit. 
Da ſcheut mein Gehorſam. 

Malik 

(zu Ali) 

Leb wohl, junger Tag! 
Ich kehre zur Heimat der Geiſter und Sagen 
Und bringe der Vorzeit auch deinen Gruß. 
(Zu Amr und Kanſa) 

Kommt mit in die Freiheit! 


(Sie folgen. Mohammed ſteht nach Alis Weigerung unbeweglich in finſterm Trotz ver- 
biſſen da.) 


Ende. 


DL 
9 


f 


g 
2 


e 
PR N 


12 2 
* 15 Der 


e 
17 
1 Wr 


IR! 


40 
HERR 


Rund, 


N 


8 0 
8 en 
or 3 1 ene 
g . * a * 
RR f n 1 N . BR ö 
D X 
1 
8 


Kart 


ir 


N 
Wein 
vr 


an a 
Re 
ee 


’ ‚6 
ee N RR A 
Bl. Ri N 7 
I 5 


N 
8 
8 
SR 


WEN 


a 
U 


REM] 


* 


e 
ann 
es 


A) 
EL 


Yan 
re 


75 
Mi 
1555 
x 


8 


n 


* 
Nie 


EIER 


a ie 
ER 
ser 
N 


7075 
* 
Arr. 


1