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MONATSHEFTE
FÜR
PRAKTISCHE DERMATOLOGIE
REDIGIERT VON
P. G. UNNA
IN HAMBURG.
ACHTER BAND.
HIT ELF TAFELK.
HAMBURG UND LEIPZIG,
VERLAG VON LEOPOLD VOSS.
1889.
/(o^O
JUNÖ 1397
Druck der Yerlagsanstalt und Druckerei Actien-Gesellschaft
(yormals J. F. Bichter) in Hamburg.
Inhalt.
Originalabhandlungen.
Seite
Keratohyalin und Eleidin, von Dr. Fkusto Buzzi, Assistent der dermat. Klinik
der Gharitö in Berlin. Mit 1 Farbendrucktafel und 2 Abbildungen im
Text 1. 149
Über das Hydroxylamin, als neues, wichtiges dermatotherapentisches Heilmittel,
▼on Dr. P. J. Eich hoff, Oberarzt der Abteilung für Hautkrankheiten und
Syphilis der städtischen Krankenanstalten zu Biberfeld 12
Klinische Studien über Sarkome der Haut, von Dr. Funk in Warschau 19. 60
Doppelinfektion mit Favus vulgaris und Favus herpeticus, von H. Quincke
in Kiel 49
Ein Fall von Alopecia areata nach Operation am Halse, von E. Pontoppidan
in Kopenhagen 51
Zur Infektionsfirage der Herpesarten, von Dr. Ludwig Török, Assistenzarzt von
Dr. Unnas Alinik far Hautkrankheiten in Hamburg 64
Ein neuer Irrigationskatheter für die Harnröhre, von Alfred Lanz, Ordinator
des Miassnitzky-Hoepitals in Hoskau. liit 1 Abbildung 56
Die Fortschritte der Hautanatomie in den letzten 5 Jahren, von P. G. Unna.
IV. Der Nagel 79. 129
V. Die Nerven der Haut 210. 256
VI. Das Pigment der Haut 366
Ein Fall von ßtyriasis pilaris, von Dr. Caesar Boeck, Direktor der Universi-
tätsklinik für Hautknmke in Christiania. Mit^ 5 Abbildungen 97
Das Syringo-Cystadenom, von Dr. Ludwig Törok, Assistenzarzt 116
Über Lepra und deren Kontagiosität, von Dr. Daubler. Mit 1 Tafel in Licht-
druck \ 123
Beitrag zur Phimosenoperation, von Dr. M: Ihle in Leipzig. Mit 1 Tafel 164
Über einen Fall von sogenanntem „Xanthoma diabeticorum^, von John Cavafy
M. D., Arzt am St. Seorges Hospital in London 168
Über die Dermatitis herpetiformis Duhrings, von Dr. L. Brocq in Paris
n. Teil. Dermatitis polymorpha pruriginosa chronica k pouss^es successives 172
224. 263. 410. 463
m. Teil. Dermatitis polymorpha pruriginosa acuta 506
Über das Ulerythema ophryogenes, eine noch nicht beschriebene Hautkrankheit,
von Dr. Paul Taenzer, Assistenzarzt 197
Über einen Fall von primärem Schanker auf der Wange, von William Anderson,
Sekundärchirurg und Leiter der Hautabteiiung im St. Thomas-Hospital,
London 208
Weitere Beiträge zur Lehre des Liehen ruber, von Dr. S. Bona, Primararzt in
Budapest / 245
Flora dermatologica. Unter Mitwirkung von H. Gründler, von Schien und
P. Taenzer herausgegeben von P. Q. Unna. (Fortsetzung.) Mit 2 Doppel-
tafeln in Lichtdruck 293. 662
Zur Kenntnis des Thiols, von Dr. F. B uzzi in Berlin 300
Beitrag zur Kenntnis des Hydrargyrum salicylicum, von Dr. Georg Müller
in Dresden 304
Über Atlanten der Hautkraakheiten im allgemeinen und über einen internatio-
nalen Atlas seltener Hautkrankheiten im besondern, von P. G. Unna 311
— IV -
Beito
Beiträge zur Anatomie und Histologie der Verruca vulgaris, von Dr. Georg
Eü hn em ann. Mit 2 lithograph. Tafeln 341
Zur Anatomie der Scabies, von Dr. Ludwig Török, Assistenzarzt 860
Über die Herstellung von Flächenbildem der Oberhaut und der Lederhaut, von
Dr. L. Philippson, prakt. Arzt in Hamburg. Mit lithograph. Tafel 389
Über die Wirkung verschiedener Antiscabiosa auf die einzelnen lulbenspezies der
Haustiere, von Dr. Georg Müller 399. 443
Ein Minimalbrenner, von P. Taenzer, Assistenzarzt 401
Über einen Fall von multiplem Cheloid (Alibert), von WaltherG. Smith M.D.,
Arzt am Sir Patrik Dun's Hospital in Dublin 405
Ein Fall von Ganglion penis nach Trauma des erigierten Gliedes, von Dr. S.
Bona, Primararzt in Budapest 406
Pemphigus der Haut und der Mundschleimhaut, verbunden mit essentieller
Schrumpfung und Pemphigus der Konjunktiven, von Malcolm Morris und
H. Leslie Boberts. .Mit 1 chromolithograph. Tafel und 1 Tabelle 437
Die nicht-entzündlichen Ödeme der Haut. Eine historisch-kritische Studie, von
P. G. Unna 446. 490
über bacillogene Sykosis, von Dr. P. Tommasoli 483
Heilung eines Falles von Lepra, von Dr. M. Sandreczky, Direktor des Kinder-
hospitals in Jerusalem 503
Beiträge zur Histologie des Bhinoskleroms, von Dr. Vittorio Mibelli, Püvat-
dozent an der Univertät Siena 531
Über Nierenaffektionen bei Lepra und deren Beziehung zu den pathologischen
Störungen an der Haut, von Beavan Bake M. D., Medizinischer Direktor
des Leprahospitals auf Trinidad 534
Versamminngen.
Congr^s international de Dermatologie et de Syphiligraphie k Paris 1889 142
Der achte Eongrefs für innere Medizin 146
Der dritte Kongreis russischer Ärzte .,, 147. 376
62. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte 1889. Sektion för Derma-
tologie und Syphilis 147. 578
Dermatologische Vereinigung zu Berlin 318. 417. 521. 567
Ärztlicher Verein zu Wiesbaden 472
Glasgow Pathological and Clinical Society 472
BeBpreclinngen.
Kobert, Prof. Dr. B. (Dorpat), Kompendium der Arzneiverordnungslehre für
Studierende und Ärzte 30
Milton, J. L., On the Histqry, Nature and Treatment of Syphilis 31
Ferrari, Prof. P. (Catania), Über die Lepra in Italien und besonders in SiciUen 32
Neumann, J. (Wien), Lehrbuch der venerischen Krankheiten und der Syphilis.
1. Teil. Die blennorrhoischen Affektionen 33
Manssurow, Prof. N., Klinische Sammlung für Dermatologie und Syphilis.
2. Lieferung 34
Anleitung zur Gesundheitspflege an Bord von Kauffahrteischiffen. Auf Ver-
anlassung des Staatssekretars des Linem bearbeitet vom Kais. Gesundheits-
Amte 134
Landsberg, Dr. Paul, Zur Desinfektion der menschlichen Haut, mit besonderer
Berücksichtigung der Hände 135
Andreae, Über die Behandlung der Psoriasis mit besonderer Berücksichtigung
des Anthrarobins 235
Darier, J., Beitrag zum Studium des Epithelioms der Schweilsdrnsen 235
Troisier, E., und P. Menetrier, Histologie der Striae 235
- V -
Seite
Fischer, Georg, Über Behandlung der Syphilis mittels intramuskulärer Injek-
tionen von Hydrargyrum salicyUcum 279
Banvier, L., Trait6 technique d nistologie. 2. £dit 279
Ellenberger, Dr. W. (Dresden), Handbuch der vergleichenden Histologie und
Physiologie der Haussaugetiere. I. Band. Vergleichende Histologie der
HauBsäugetiere 280
Manchot, G., Die Hautarterien des menschlichen Körpers 281
Dippe , Beitrag zur Behandlung chronischer ünterschenkelgeschwüre 285
Leopold, Beitrag zur Anatomie des Komedo und der Akne vulgaris 285
Bnzz i, Beitrag zur Histogenese der Perlgeschwülste 286
Schweninger, E., Betrachtungen über Krebs und seine Diagnose 287
Sohweninger, E., Bemerkungen über Ekzeme und deren diäthetische Be-
handlung 288
Ernst, A., Pseudolepra 288
Eeeps, Thiol und Ichthyol 289
Schadewaldt, H, Beilxag zur Lehre von der Sklerodermie 290
B uzzi , Über einen einfachen Spülapparat 290
Zemanek, Ad., Syphilis in ihrer Bückwirkung auf die Berufsarmeen im Frieden
und im Kriege,, und die Möglichkeit ihrer thunlichsten Eindämmung 319
Besni er, Ernst, Über die Alopecia areata 322
Zur Lehre vom Bhinosklerom (M. N. Nikiforow. — G. N. Bojew. —
P. A. Pa wlow. — E. M. Stepanow) 419
Gundobin, P. P., Zur Ätiologie aer lingua nigra bei Kindern 422
Brown, A. H., Einige Betrachtungen über die kontagiösen Eigenschaften der
Lepra in bezug auf Infektion mit Syphilb und Vaccine 570
Mitteilungen ans der Litteratnr«
Aßgemeine Pathologie und Therapie der Haut
Über die im Verlaufe der rheumatischen Arthritis auftretende Muskelatrophie,
Deformitäten und Ernährungsstörungen der Haut und der Nägel, von A. G.
Garrod 36
Die Veränderungen der Haut im Gefolge der Febris recurrens, von Dr. S. Bona 37
Krankheiten des äuÜBeren Gehörganges, von Dr. P. Sexton 37
Die Anwendung von deckenden Mitteln in der Behandlung der Hautkrankheiten,
von Dr. J. C. Mc. Guire 38
Einige warnende Winke bei Behandlung von Hautkrankheiten, von Dr. G. Th.
Jackson 386
Fhysiologieches.
Die Hirnzentren fnr die Bewegung der Harnblase, von Prof. W. Bechterew
und Dozent N. N. Mislawsky (Kasan) 136
Lokalisation der Hautempfinduugszentren in der Binde, von Dana 136
Verbreitungsweise der Hautnerven beim Menschen, von Prof. Dr. Eichhorst... 385
Zur Tinktionstechntk,
Über die Absorption der Anilinfarbstoffe durch lebende tierische Zellen, von
Dr. G. Marti n otti 191
Eine einfache Färbungsmethode der elastischen Fasern, von Martinotti 191
Die Färbung der elastischen Fasern mit Chromsäure und Safranin, von Dr. Ferria 192
Ärsneiexantheme.
Über Jodismus, von Dr. E. Br a dley 38
Drei Fälle von Chorea minor, Arsenbehandlung, Herpes Zoster, von Dr. Johann
B okai jun 39
— VI -
Seite
Zur EaBoistik des Bromexanthems, von Dr. Karl Szadek, Kiew 93
Über unangenehme Nachwirkungen des Sulfonal, von Dr. Schotten in Kassel.. 187
Chininexanthem, von Yeo 676
Pharmakologisches.
Ein Fall von Quecksilbervergiftung, von Prof. B. Virchow 189
Haltbarkeit von Ferrojodid-Lösungen 189
Preissteigerung der Jodpräparate 189
Jodkaliumsalbe 189
Klare Lösung von Hydrargyrum salicylicum in Gurgelwässern 189
Ätherische Öle 189
/JNaphthol 189
Über Natriumjodat, von A. Krem el 190
Die Bestandteile des Lykopodiums, von Langer 190
Lanolin als Exzipiens für Extrakte bei der Bereitung von Suppositorien, von
Broutin 190
Einige neue Verbindungen von Magnesia mit den HalogCDen, von C. F. Gross
und E. J. Bevan 190
Über viskoses Natur-Vaselin, von G. Vu l pi us 190
Österreichisches viskoses Natur- Vaselin, von A. Kremel 190
Verfälschungen von Adeps suillus 191
a-Oxynaphtoesäure, von Dr. Heibig (Dresden) 385
Das Chlormethyl als lokales Anästhetikum, von Dr. E. Feibes 385
Beitrag zur Sozojodoltherapie, von Dr. Nitschmann 386
Neue Lanolinsalben, von Dr. E. Stern in Mannheim 386
Quecksilberintoxikation mit tödlichem Ausgang nach subkutanen Kalomeli^jek-
tionen, von Prof. Bun eb er? 427
Über die Ausscheidung des Jodktdiums nach groIJBen Dosen, von Ehlers 428
Jurubeba 428
Ergosterin 428
Maximaldosen neuer Heilmittel 429
Vergiftung an Jod 429
Über die Lokalisation des Quecksilbers nach Sublimatvergiftungen, von Prof.
E. Ludwig 429
Jodoform und Jodpräparate 431
Arsen in reinem Glycerin, von E. Bitsert in Frankfurt a. M 431
Phenolquecksilber, von Hugo Anders 432
Eine kunstiose Prkliminarprüfung des Harnes auf Zuckergehalt, von H. Hager. . 432
Mittel zur Verdeckung des Jodoformgeruches, von Laura Gordman 432
Eine neue Salbenbasis, von Percy Wells 483
Bezepte für Jodol-Praparate 433
Iigektion Brou 433
Invisible teilet powder, von Owen 0. Spear 433
Sublimat-Lanolin als Antiseptikum, von Dr. A. Gottstein in Berlin 575
Bromkalium, ein Antidotum des Jodoforms, bezw. des Jods, von Dr. G. Samt er
in Posen 575
Beitrag zur Kenntnis der Nebeu Wirkungen des Jod (Jodkali}, von Dr. E. M a la-
che wski in Breslau 575
MifsbÜdungen.
Ein interessanter Fall von Geschwürbildung am harten Gaumen bei einem 5monat-
lichen Kinde, von Dr. F. v. S zo ntagh 188
Naevus an einem 10jährigen Knaben, von Beyn old s 188
Zirkulationsstörungen,
Das rheumatische, ohne Gelenkerscheinungen auftretende ödem, von Dr. H. Coeur 39
Über einen Fall von traumatischem Tetanus mit sogen, chirurgischem Scharlach,
von Dr. Emil Schäffer 136
Eine merkwürdige angioneurotische Erkrankung, von Bronson 137
- VII -
Seite
Fall Ton Baynauds spnmetrischer Gangrän, von J. W. F. Smith-Shand. . .. 137
Urticaria factiüa, von Dr. St ern 137
Über die Pellagra, besonders in Rumänien, von Dr. C. U rleanu 137
Über Jodoforra-Dermatitis, von Dr. Israel in Qnesen 327
Über das Vorkommen der Pellagra in der Bukowina, von Kluozenko, Suszawa . 327
Purpura rbeumatioa, von Dr. W. Osler 473
Ober den Einflufs der Spannungsverhältnisse in den Gefalsen auf die Entstehung
von Purpura. — Buhige Lage der Extremitäten und Purpura, von Henri
Hartmann 474
Sekretionsanamalien.
Hyperhidrosis des Gesichts, von Paul Raymond 179
Halbseitiges Schwitzen bei Morbus Basedowii, von Arthur Lewin 186
Behandlung übelriechender Fuisschweirse, von Sprinz 426
Akute InfekHonskrankJieUen.
Prophylaxis und Desinfektion bei den Pocken 179
Weiterer Beitrat zur Lehre von den Varicellen, von Prof. E. Lipp in Graz.. . . 182
Variola haemorrhagica, von J. de Grandmaison 182
Malleus humidus acutus hominis, von Dr. Bona 182
Nephritis parenchymatosa im Gefolge von Varicellen, von Dr. Franz Hogyes. 184
Ausweis der Blattemabteilung des Earolinenspitals zu Kolorsvar (Klausenburg),
von Dr. V. Daday 184
Über skarlatinöse Gelenksentzündungen, von Dr. Johann Bökaijun 184
Prophylaxe der Pocken im Distrikt von Litang (Asien) 332
Chronische Infektionakranhheiten,
Über das Epithelioma (sive Molluscum) contagiosum, von Prof. A. Neisser 40
Die Ausbreitung der Lepra in den Vereinigten Staaten während der letzten Jahr-
zehnte, von Dr. Charles W. Allen 41
Ein Fall von Lepra, von Dr. J. L. Babrock 41
Die tuberkulösen Hautgeschwüre, von Maurice Vallas 42
Kontaffiosität und Prophylaxis der Impetigo, von A. Olli vier 178
Behandlung des Lupus vulgaris, von Brocq 186
Über die Ansteckung durch Lepra, von Diaay 185
Lepra bei einem Syphilitischen, von Eap osi (Wien) 186
Tuberkulose der Zunge, von H. Poncet (Lyon) 332
Tuberkulose der Zunge, von Alb er tin (Lyon) 832
Tuberkulöse IJlceration der Urethra nach primärer Nierentuberkulose, von M ich an t 332
Latente Lepra, von C. Kiönig 425
Über luetische Stenose der Trachea und der Bronoliien, von Dr. A. Sokolowski
in Warschau 474
Lupus des Gesichts, von Prof Lipp 475
Lepra, von Dr. C. W. All en 475
Über eine eiterige Form des Lupus tuberculosus, von H. Hallopeau und M. L.
Wickham 475
Bhinosklerom, von- Dr. Eeegan 522
Pephantiasis arabum, von Dr. Felkin 523
Über Trichomykosis nodularis, von Ed. Inhal-Benoy 524
Tuberkulose der Zunge, von Dr. B. Baginsky 571
Tuberkulöse Hautkrankheiten, von Prof J. Pick 572
Die lymphatische Diathese, die Skrofulöse und die Tuberkulose in dermatologischer
Hinsicht, von Prof H. Leloir 572
Über die Natur der atypischen Varietäten des gewöhnlichen Lupus, von Prof.
Leloir 473
Progressive Ernährungsstörungen.
Elephantiasis glabra labii majoris dextri, von Dr. Emil Moravesik 40
Mikroskopische Verhältnisse bei melanotischeu Hautgeschwülsten, von L, Heitz-
m ann (New-York) 13g
— vm —
Seite
Über das idiopathische multiple, pig^entlose Hautsarkom, von H. Rosin 188
Leontiasis ossea, von Prof. B. Fr ä nke 1 138
Beiträge zur pathologischen Anatomie der Addisonschen Krankheit, von Dr. von
Kahlden in Preiburg 188
Elektrolyse bei Xanthom 139
Multiple Fibrome der Haut, der Nerven und Ganglien mit Übergang in Sarkom,
von Dr. H. Wes tphal e n in Dorpat 189
Behandlung des Epithelioms mit Kali chloricum, von Georges Lemoine 177
Angiom der Zunge, von De St. Germain ISO
Über einen Fall von Molluscum fibrosum mit Neurofibromen, von Dr. Payne . . 573
Begreasive Emährungastörungen.
Ein Fall von Myxödem, von Dr. Laudouar 39
Skleroderma universale, von Dr. Bona 89
Zar Frage aber die Ätiologie des Skleroderma, von Dr. Sigmund Erben 92
Leukoplakie und Eankroide der Mund- und Vaginalschleimhaut, von Beclus ... 178
Striae der Haut nach Typhus, von Troisier 179
Imaginäre Ulcerationen der Zunge, von Dr. Poyet 179
Fall von vollständigem Ausfallen der Nägel an beiden Füfsen als Folge von
Ekzem der Unterschenkel, von 8 her well 186
Die der Einderlähmung folgenden trophischen Störungen der Haut, von Trissard 186
Fall von Sklerodaktylie, von Prof. Schwimmer 187
Über Dr. M. Josephs atrophischen Haarausfall, von Prof. L. Samuel in
Königsberg 187
Demonstration von Präparaten von Areahaaren, von Dr. Bohrend 884
Beitrag zur Beurteilung der nach heftigen Körpererschütterungen (bei Eisenbahn-
unföllen) auftretenden Störungen, von Dr. Stepp in Nürnberg 884
Sechs Fälle von Alopecia neurotica, von Dr. Schütz 884
Über Nervenläsion und Haarausfall mit Bezug auf Alopecia areata, von Dr. G.
Behrend 886
Atrophia hemifacialis progressiva, von Dr. S. Röna 578
Einfache Enteändungen.
Über anatomische Befunde bei akuten Todesfallen nach ausgedehnten Verbren-
nungen) von Eug. Fränkel 328
Zur Behandlung des Decubitus, von Dr. W. Ebstein in Breslau 329
Spezifische Entzündungen.
I. Oberhauterkrankungen.
Zur Behandlung des Ekzems, von C. H. Richmond 140
Zur Diagnostik der Pityriasis rubra, von Prof. Schwimmer 140
FavusauBschlag, von Ray nol ds 140
Über das Wesen der Alopecie, ihre Behandlung und Prophylaxe, von Buch in.. 140
Beitrat zur Kenntnis der Alopecie, von Dr. G. Lo r io t 140
Über Haarkuren, von Dr. 0. Lass ar 141
Ätiologie und Behandlung der Psoriasis, von Dr. Shoemaker 330
Drei Fälle von Ichljiyosis mit Conjunctivitis, von F. Buller 330
Demonstration von Impetigo contagiosa mit Herpes tonsurans, von Dr. G.
Behrend • 331
Die Zunahme im Auftreten der Scabies nebst Bemerkungen über die Behandlung
dieser Affektion, von Dr. James C. White 477
Ätiologie und Prophylaxe der Alopecie, von P. Merklen 479
II. Cutiserkrankungen.
Zwei Fälle von Carbunculus malignus, von Dr. Franz Kiss 140
Über Aktinomykose, von Dr. Emmerich Uli mann 180
Die Heilwirkung des Erysipels auf Geschwülste, von Dr. P. Bruns 181
Fäll von Mykosis fungoides Alibert (Granuloma fungoides), von H. W. Blanc. 181
- IX -
Seite
Über Dermatitis herpetiformis, von Dr. A. Blaschko 329
Pemphigus der Coi:^unctiva 330
Zur Therapie des Erysipels, von Dr. W. Ebstein in Breslau 330
Die Behandlung des Erysipels mit 3 — 5prozentigem Earbolgummischleim, von
Dr. Nolte 330
IJber die Behandlung des Erysipels mit Spiritus, von Dr. Bohrend in Sagan .. 331
Über Aktinomykose, von Dr. Boman v. Baracz in Lemberg 331
Bakteriologische Untersuchungen über das phagedänisohe Tonkin-G«schwür, von
Boinet 331
Zur Behandlung des Erysipels, von S. Preobrashenski 424
Multiples idiopathisches Eeloid, von Dr. Seydel 425
Herpes Zoster nach Eohlenoxydgasvergifbung, von Prof. Sattler 476
Zosterbildung bei Tuberkulose, von Prof. Sattler 476
Pemphigus vegetans (Neumann), von Dr. Badcliffe Crocker 476
Ein Fall von Filaria medinensis, von A. van Harlingen 478
Zur Behandlung des Erysipels nach Eraske-Kiedel, von Dr. C. Lauenstein
in Hamburg 478
Beitrag zum Studium des Erythema infectiosum, von P. Simon und E. Legrain 478
Ekthyma terebrans bei einem Kinde, vonr G. Baudouin und Louis Wickham 479
Phlebitis bei Erythema polymorphum, von J. Gir ode 480
Syphüis.
über Chorio-Betinitis syphilitica und ihre Beziehungen zur Hirnarterienlues, von
Dr. Oswalt 44
Über spezifische Netzhautentzündung, von Prof. Dr. Hirschberg 44
Über Neuritis optica specifica, von Prof. Dr. Horstmann 44
Über den Zusammenhang der allgemeinen Paralyse und der Syphilis, von
E. K6gis 45
Über Behandlung der Syphilis mit subkutanen Kalomelinjektionen, von Dozent
Dr. E. Finger 45
Über Wege und Wandlungen des Syphiliskontagiums und über Syphilistherapie,
von Prof. L ang 45
Über hereditäre Syphilis, von F. Neumaun 93
Über die therapeutische Verwendung des Quecksilbersalicylats, von Dr. Arthur
Plumert 93
Einspritzungen von Salicyl- und Thymol-Quecksilber zur Syphilisbehandlung, von
Dr. J. Jadassohn und Dr. E. Zeising 94
Die anatomischen und klinischen Eigenschaften des serpiginösen Syphilids, von
Morrow 186
Einige Bemerkungen über den Wert der Anamnese bei der Diagnose tertiärer
Syphilide, von Marmatuke Sheid 186
Über Syphilis, Ursprung, Entwickelung, Gang, verschlimmernde Ursachen und
den Erfolg des Hg dabei, von Diday (Lyon) 237
Protojoduret, von A. Poncet (Lyon) 238
Allgemeinbehandlung der Syphilis mit Injektionen des grauen Öls (Ol. cinereum),
von Dr. J. Trost 238
Tertiäre Syphilis der Trachea und der Bronchien, von Mauriac 239
Ein interessanter Fall von spätauf|^etretener Syphilis, welche die gröfste Ähnlich-
keit mit Lepra darbot, von Onman-Dumesnil . . . . , 240
Abnahme der Bevölkerung und Syphilis, von Dr. Andreas Adam 240
Ein Fall von geheilter Myelitis syphilitica, von Dr. Arthur Irsai 240
Ein Fall von Diabetes insipidus, wahrscheinlich durch Syphilis verursacht, von
Dr. Morin Manal ••. 241
Über einige deutsche Syphilographen des siebzehnten Jahrhunderts. Ein histori-
scher Beitrag von J. K. Pro ksch (Wien) 241
Schwielengumma des weichen Gaumens, von Lang (Wien) 333
Eine 40jälkrige Patientin mit Verbreitung und Hervorwölbung des Nasenrückens
durch eine elastisch weiche Geschwulst, voa Lang (Wien) 333
Seltenheit der Gelenkleiden bei Syphilis, von Poncet (Lyon) 333-
Über syphilitische Geschwulstbildungen in den Muskeln, von Dr. Bramann.... 334
Beitrag zum Studium der Syphilis der fossae nasales, von E. J. Moure 334
Zum Stande der Syphilisbehandlung, von Dr. 0. Lassar 335
— X —
Seite
Über die therapeutiscbe Verwendung des Jodols bei inneren Krankheiten, von
Dr. Dante Cervesato 335
Über Schwitzkuren bei Syphilis, von Dr. Radestock 336
Über Nebenwirkungen bei Injektionen unlöslicher Hg- Verbindungen an Syphilis-
kranken, von E. Lesser 336
Grehim- Chirurgie bei Himsyphilis. Heilung, von William Macewen 336
Fälle tertiärer Syphilis des Penis, von N. F. Bogoljubow 427
Beitrag zum Studium über den Einflufs von Syphilis auf die Schwangerschaft,
von Em. Baude 480
Gumma syphiliticum auf der Eopfschwarte, im 44. Jahre der bestehenden Syphilis,
von Huguet und Audain 480
Öffentliche I^ophylaxis der Syphilis, von M. Barth^lemy , 481
Welches ist die beste Syphilisbehandlung, von Krowczynski 525
Verwachsung der Nasenhöhlen infolge von Syphilis, von Modrcezjewski 525
Über Syphilis des Herzens, von Charles Mauriac 526
Venerische Geschwüre und Komplikationen.
Die Klassifizierung und Behandlung der Bubonen, von Dr. Culver 194
Blennorrhctgie und Komplikationen,
Über die antiseptische Behandlung der Blennorrhoe, von Du Castel 179
Behandlung der spezifischen Gonorrhöe, von G. E. Brever 192
Über die Blennorrhoe beim Weibe und beim weiblichen Kinde, von Horand.. . 193
über die Phagocytenlehre in bezug auf den Gonokokkus, von Bnmm 193
Untersuchungen betreffend die verschiedenen Sekretionen der weiblichen ürogenital-
wege, von Eraud in Lyon 236
Wert der elektrolytischen Behandlung der Urethralstrikturen, von Brown 237
Nutzen der Elektrolyse zur Behandlung von Urethralstrikturen, von C. A. Bryoe 237
Ein neues Instrument zur Gewinnung von Urin aus jedem Ureter einzeln; von
A. W. Stein 237
Fall von Prostataabscefs mit ungewohntem Verlauf und tuberkulösen Ursprungs,
von Desir de For tun et (Lyon) 287
Fall von zweifelloser gonorrhoischer Infektion des Mundes, von Dr. C.W. Cut 1er 38
Pyämie die Folge einer Gonorrhöe, von Dr. R. Pa rk 387
Abortivkur der Gonorrhöe, von Rively 387
Behandlung der akuten Gonorrhöe, von Ch. Smith 387
Zwei Fälle von Mastitis, in denen die säugenden Kinder Blennorrhoea neonatorum
hatten, von Th. Legry 388
Ein Fall von Trismus und Tetanus bei Orchitis gonorrhoica, von Dr. J. 8 amter 388
Zur Pathologie der Hamröhrenfiüsse, von Dr. S. Bona 426
Über Herzerkrankungen im Verlaufe der Hamröhrenblennorrhöe, von Dozent
W. A. G luzinski 426
Aus der Praxis.
Die Antrophore bei Behandlung der Blennorrhoe, von Dr. von During 46
Das M es stersche Mikroskop, von Dr. P. G. U nn a 95
Behandlung des Ekzema squamosum der Handrücken, von Dr. P. G. Unna 195
Pasten-Stifte, von Dr. P. G. Unna 195
Wie behandelt die neuere Dermatologie Erysipele? von Dr. P. G. Unna 241
Mittel gegen Frost, von Dr. P. G. Unna. .*. 291
Abkürzende Behandlung des Herpes Zoster, von Dr. P. G. Unna 337
Die Behandlung des Lupus mit Pflastermullen, ein Vortrag von Dr. P. G. Unna,
mitgeteilt von Dr. Clasen 626
Therapie bei Onychatrophia senilis 529
— XI -
Seite
Verschiedenes.
Dreitausend Fälle von Hautkrankheiten aus der dermatologischen Poliklinik von
Prof. Dr. Köbner, von Dr. F. Block 48
The British Journal of Dermatology 48
Von den ,, simulierten^ Hautkrankheiten, von Oi sterne 95
Wechsel der Farbe des Gefieders infolge von Todesangst 147
Strafen der Prostitution in Finnland 147
Diagnostisches 148
Bericht über verschiedene Hautaffektionen, von George T. Elliot 243
Gedanken über die Begulierung der menschlichen Eigenwärme, von H. Fröhlich 244
Heftpflaster bei dem „Bückenschmerz der Lokomotivenfährer*', von G. L. Hut-
chinson 244
Die Wirkung der verschiedenen Stoffe auf den Tuberkelbacillus, von Villemin 244
Eine neue Methode, um die Eigentümlichkeit der Farbe bei Hautkrankheiten zu
studieren, von Dr. F. H. L e viseur 338
Fortschritte der Dermatologie. Umschau über neuere Erscheinungen auf diesem
Gebiete, von Dr. II. Joseph 338
Wie konserviert der Arzt seine Hände? von Dr. George Heyer 338
Periodische Berichterstattung über die Verbreitung von Infektionskrankheiten . . . 339
Impetigo contagiosa, in Verbindung mit der Schutzpockenimpfung 339
Bräunung der Haut nach Pyrogallol- oder Resorcinbehandlung 389
Diskreditierung der Ealomelinjektionen 387
Ans Professor Scarenzios Klinik, von Dr. Pauly in Wiesbaden 434
Perubalsam bei Ozaena 435
Eröffnung des ersten fomo rurale im Pellagra-Gebiete von Gradisca 435
Ein chinesisches Heilmittel, von H. Helbing-London 436
Behandlung der Hydrocele vaginalis, von Prof. Helferich in Greifswald 481
Übersicht über die Thdses de Dermatologie, die innerhalb des Jahres 1887
bei der Pariser Fakultät eingereicht wurden, von Georges Thibierge ... 481
Kupfergeld seit 9 Jahren in der Harnröhre, von Dr. Prochnow 481
Ammoniakalische Quecksilberverbindungen, von Bammelsberg 481
Verfahren zum bessern Nachweis der Go7iokokken, von Dr. Joseph Schütz in
Frankfurt 573
Die Bestandteile des Kakaofettes, von Paul Graf 573
Banzigwerden der Fette, von M. Gröger 573
Personalien 1^"^ ^^
Blumenbachsches Stipendium 574
Bei der Bedaktion eingegangene Litteratur 244. 340. 436. 530
Druckfehlerberichtigung 1^
IKotiatalKfte fit ^i^aktifdie S^tntatologit
Band Vni. No. 1. 1. Januar 1889. •
^>
fii /"g^^SJ^/-
Ans Dr. Unnas bmnat9lo|J3bfiim'Hnforatori«]n in Hamburg.
Von
Dr. Buzzi,
ABsistent der dermat. Klinik der Charitd in Berlin.
Ifit 1 Far1>eiidniektafel und 2 Abbildang^n.
Einleitung.
Ich kann bei den Lesern dieser Zeitschrift als bekannt voraussetzen,
daJis AuFHAMMEB zuerst, wie Unna nachgewiesen, gewisse Körnungen in
einer mittleren Schicht der Oberhaut gesehen, dafs Langebhans dieselben
zuerst genauer beschrieben, ohne ihre Bedeutung klar zu erkennen, und
dals Unna dann ihren Zusammenhang mit gewissen Arten der Yer-
homung nachgewiesen und die Schicht der Oberhaut, in welcher sie
Yorkommen, als Körnerschicht (stratum granulosum) ein für alle-
mal der Histologie einverleibt hat.
Auch weiter wird allgemein bekannt sein, dafs Unna dieselben
Kömer im Schweifsporus und in der Matrix der Haarwurzelscheide,
Waldeteb im Haarmark und in den Horngebilden verschiedener Tiere
nachwies, und dafs Banvieb endlich einen wichtigen bis dahin über-
sehenen Fundort derselben in der basalen Hornschicht (stratum
lucidum) auffand.
Zugleich entbrannte ein Streit zwischen Ranvieb und Waldeyeh,
indem jener die Substanz der Körner für flüssig, einem ätherischen Ol
ähnlich hielt und E leidin nannte, Walde yeb dieselben für solide,
hyalinähnlich erklärte und ihr deshalb den Namen Keratohyalin
beilegte.
Dabei wurde, wie es scheint, ganz übersehen, dafs Ranvieb seine
Behauptungen hauptsächlich auf das Verhalten dieser Substanz an dem
neuen Fundort der basalen Hornschicht stützte, während Waldeyeb die
seinigen eigentlich stets nur auf die intracellulären Kömer der Körner-
Monatshefte. 1
Schicht basiert hat. Aber alle beiden Forscher scheinen sich darin einig
gewesen zu sein — nnd so waren es auch die übrigen Histologen —
dafs die von so eminenten Forschem so eminent verschieden beschriebenen
Gebilde doch selbstverständlich eine und dieselbe Substanz darstellten.
Dieser Ansicht war auch Unna, als neuerdings Ranvier demselben
sein „Eleidin" demonstriei-te. Bis dahin hatte er, als Anhänger Wal-
DEYERS, dem Eleidin in der basalen Hornschicht noch nicht genügende
Aufmerksamkeit geschenkt. Durch Ran\ter nun überzeugt, dafs alles
Thatsächliche in bezug auf das „Eleidin" sich so verhielt, wie Ran\t:ek
es beschrieben, anderseits aber ebenso sehr überzeugt, dafs das Kerato-
hyalin Walde yers eine solide Substanz sei, stellte, von Paris kommend,
Herr Dr. Unna mir die Aufgabe, bei meinen schon angefangenen Studien
über den Verhornungsprozefs dieser Frage näher zu treten, d. h. die Natur
dieser merkwürdigen Substanz, Keratohyalin- Eleidin, von neuem einer
genauen Prüfung zu unterwerfen. Für die Anregung zu dieser Arbeit,
sowie für seine bewährte Unterstützung bei derselben spreche ich hier
Herrn Dr. Unna meinen besten Dank aus.
Die Resultate meiner diesbezüglichen Untersuchungen Labe ich
bereits in einer vorläufigen Mitteilung in dieser Zeitschrift kurz ver-
öffentlicht. Gegenwärtige Abhandlung soll nun dieselben im einzelnen
begründen. —
I.
Es war vor allem eine Nachprüfung der neuerdings hervorgetretenen
Anschauung erforderlich, welcher die bekannte Arbeit Liebeeichs^ über
das Wollfett zu Grunde liegt, nämlich dafs jene als einheitlich betrachtete
Substanz mit dem Wollfett, d. h. Cholesterinfetten identisch sei.
Diese Arbeit stützt sich auf eine, angeblich von Liebermann ent-
deckte Reaktion zum Nachweis von Cholesterinfetten. Da mir in dieser
Annahme ein Irrtum zu liegen scheint, lohnt es sich wohl, den Teil der
LiEBERMANNschen Arbeit wiederzugeben, welcher uns hier interessiert.
Dieser Autor stiefe im Verlaufe von Untersuchungen über die Chinova-
säure auf einen Begleiter des Chinovins, den er zunächst mit dem Namen
„Oxychinoterpen" belegte. Bei weiterer Beschäftigung mit diesem Körper
nahm er alsbald Beziehungen zwischen ihm und dem Cholesterin wahr
und vertauschte deshalb den urspmnglichen Namen mit „Cholestol",
einer Bezeichnung, die den Zusammenhang mit dem Cholesterin hervor-
heben sollte. Und nun sagt er:
^ Die litterarischen Angaben folgen am Ende der Arbeit.
„Die zur Erkeanung des Cholesterins benutzte Farbenreaktion
fand ich beim Cholestol wieder. Dies gilt namentlich auch von der
Reaktion der Chloroformlösung gegen konzentrierte Schwefelsäure, welche
alle Glieder der Cholesterinreihe (gewöhnliches, Iso- und Paracholesterin,
Phytosterin, Quebrachol, Cinchol und Cupreol) zeigen und namentlich
gegen die von Hesse vorgeschlagene Säure von 1,76 spez. Gewicht, mit
der das Cholestol eine schöne Fuchsinfärbung zeigt. Übrigens sind manche
der für das Cholesterin angegebenen Farbreaktionen, z. B. die gegen
Salzsäure und Eisenchlorid, nicht gerade durch besondere Schärfe und
Schönheit ausgezeichnet. Die Reaktion gegen Jod und Schwefelsäure
in brauchbarer Weise zu erhalten, gelang mir überhaupt nicht. Daher
dürfte die folgende sehr schöne und scharfe Reaktion, welche ich in
gleicher Weise in Cholesterin aus menschlichen Gallensteinen
lind aus Ochsengalle und am Cholestol fand, vielleicht manchem
ein willkommener Zuwachs sein. Für dieselbe wird die Substanz in so
viel Essigsäureanhydrid gelöst, dafs sie in der Kälte eben gelöst bleibt
und dann unter Abkühlen tropfenweis wenig reine konzentrierte Schwefel-
säure zugesetzt. Zuerst wird die Lösung rosenrot, doch verschwindet
diese Farbe schnell, namentlich auf Zusatz von einer neuen kleinen
Menge Schwefelsäure, um einer schönen, ziemlich beständigen Blaufärbung
Platz zu machen . . . . "
Aus diesem Citate geht zweierlei hervor, erstens, dafs die Reaktion
LiEBEUMANNs eine zum Nachweis des Cholesterins bestimmte und als
solche nur eine Modifikation der alten MoLESCUOTTschen Reaktion^ ist,
zweitens, dafs sie ebenso zum Nachweis des Oxychinoterpens dienen
kann, eines Körpers, den Liebermann gerade wegen dieser Ähnlichkeit
mit dem Cholesterin Cholestol nannte. Dagegen ist von Cholesterin -
fett bei diesem Autor keine Rede.
Erst Liebreich dehnte das LiEBERMANNsche Verfahren auf
den Nachweis von Cholesterin fetten aus. Dieser Autor sagt:
„Cholesterinfette, in denen keine Spur freien Cholesterins enthalten sein
konnte, zeigten die Cholestolreaktion in voller Schärfe."
Es scheint indessen dabei Liebreich entgangen zu sein, dafs sein
Befund bei der Behandlung von Cholesterin fetten mit Essig- und Schwefel-
säure wesentlich verschieden ist von dem Liebermanns auf Cholesterin
und Cholestol. Denn Liebreich sah „zuerst eine Rosafärbung, welche
sehr schnell in eine stark blaue und grüne Farbe übergeht", während
wir diesen Übergang der Farbenskala ins Grüne bei Liebermann ver-
- Die MoLKscHOTTscbe Beaktion zum Nachweis des Cholesterins wird einfach
durch Zusatz von weniger oder mehr verdünnten S04H„ ohne vorherige Behandlung
mit Essigsäureanhydrid, hervorgerufen.
missen. In der That, unterwirft man snccessive Cholesterin nnd Lanolin
(welches nach Liebreich reines Cholesterin fett darstellen soll) dem
LiLBERMANNSchen Verfahren, so wird man sich hald überzeugen, dafe
bei letzterem allein eine grüne Farbe erzeugt wird.
Wir müssen daher auf Grund dieser Thatsache und um Verwirrungen
vorzubeugen, schon jetzt zwischen der Farbenskala Liebermanns bei
Cholesterin und Cholestol und der Farbenskala Liebbeighs bei Cho-
lesterinfetten unterscheiden. Sollte man von chemischer Seite den von
mir hervorgehobenen Unterschied als zu geringfügig und unmafsgeblich
betrachten, so würden die Angaben Liebbeighs über das Vorhandensein
von Cholesterinfetten in verschiedenen keratinhaltigen Geweben — da-
runter auch die menschliche Oberhaut — nicht über jeden Zweifel
erhaben sein.
Liebreich hatte bekanntlich aus den von ihm untersuchten Geweben
einen Chloroformauszug gewonnen, w^elcher, nach dem Autor, die Cho-
lestolreaktion lieferte. - Wir haben aber gesehen, dafs die Cholestolreaktion
zunächst eine Cholesterinreaktion ist, und da wir wissen, dafs das Cho-
lesterin ein im tierischen Organismus sehr verbreiteter Körper, und dab
er in Chloroform leicht löslich ist, so schien immer der Zweifel gerecht-
fertigt, es handle sich in den LiEBREiCHschen Befunden um diesen letzten
Körper und nicht um Cholesterinfette, um so mehr, als Liebreich die
Cholestolreaktion bei aus dem Blute der Niere, der Leber extrahierten
Fetten (?) fand, aus Geweben und Organen, in denen das Vorhandensein
des Cholesterins schon längst chemisch nachgewiesen ist.*
Ist schon dieser rein chemische Teil der hauptsächlich vom pharma-
kologischen Gesichtspunkte angestellten Arbeit Liebreichs nicht unan-
fechtbar, so kann ich seiner Hypothese über die Natur des Eleidins*,
das er als „ein Gemenge von von Eiweifs mit Cholesterinfett" ansieht,
wie sich aus folgendem noch mehr ergibt, ebenfalls nicht beipflichten.
* Vielleicht an anderm Orto werde ich auf die Thatsache zurückkommen, dafs
fast alle Gewebe und Organe verschiedener Säugetiere die MoriRscHOTTsche und die
LiEBERMANNsche Reaktion mit weniger oder gröfserer Schärfe histo chemisch
zeigen. Das habe ich an Schnitten resp. Zupfpräparaten der verschiedensten Organe
und Gewebe von Ochsen, Kälbern, Mäusen, Menschen u. a. m. konstatiert. Das
Unterhautbindegewebe, die Sehnen und wenige andre Organe schienen eine Ausnahme
zu machen. Das Gehirn obengenannter Tiere lieferte, wie vorauszusehen war, die
Reaktion in vollster Schärfe und Schönheit. Dafs ich überall da, wo ich diese Re-
aktionen gefunden, sie dem Vorhandensein des Cholesterins zuschreibe, ist selbst-
verständlich. Diese ungemein weite Verbreitung des Cholesterins unterstützt gewifs
meinen oben angeführten Zweifel.
* Das Wort „Eleidin" wird hier und in der Folge noch im Sinne Ranviers und
als Synonym von Keratohyalin, als wären beide eine einheitliche Substanz, gebraucht,
was sie in Wirklichkeit nicht sind.
5
n.
An die YermutuDg Liebreichs, das Eleidiu enthielte Cholesterinfett
neben einem albuminoiden Körper, knüpfen sich zwei Arbeiten, welche,
ganz unabhängig voneinander, die Frage gelöst zu haben beanspruchen.
Beide erschienen im Jahre 1886 und stammten die eine von G. Lewin,
die andre von Stickeb. Es lohnt sich bei der Wichtigkeit des hier
behandelten Gegenstandes, die Bauptpunkte beider Arbeiten wieder-
zugeben.
Lewin sagt nach einer ausführlichen historischen Übersicht der
Frage: „Bei dieser Sachlage schien mir vor allem der Versuch indiziert,
ob sich speziell in der Körnerschicht ein Cholesterinfett nachweisen lasse.
Dieser Versuch ist mir mittels der von C. Liebebmann für das Oho-
lestol angegebenen Reaktion, bei deren Ausführung mir cand. med.
Meyebbon behilflich war, gelungen. Das Verfahren ist folgendes:
Einen dünnen Hautschnitt läfst man auf dem Objektträger an der Luft
antrocknen, zieht das Pi'äparat mehrmals über eine Gasflamme und giefst
dann einige Tropfen Essigsäureanhydrid hinzu, so dafs es etwas von der
Flüssigkeit umgeben bleibt. Jetzt wird etwas konzentrierte HgS04 mittels
eines fein ausgezogenen Glasstabes auf die Mitte des Präparates gebracht.
Hierbei sieht man schon makroskopisch einen rosafarbigen
Streifen auftreten. Bei der mikroskopischen Untersuchung
kann man dann diesen Streifen als Stratum granulosum und
Stratum lucidum erkennen. Allmählich geht die Rosafärbung
durchs Violette ins Smaragdgrüne über. Die Reaktion zeigt nicht
immer diese typische Farbenskala, doch stets die schlieMiche Grünfärbung,
welche bisweilen ins Gelbliche spielt. Elrwähnen will ich noch, dalj»
man auch in der Hornschicht zwischen den verhornten Zellen einzelne
kleine Kügelchen sieht, die diese Reaktion zeigen. Wenn man nicht
annehmen will, dafs diese durch die Fräparation aus dem strat. granuL
dort hingelangt sind, so spräche dies noch mehr für die von Liebbeich
angedeutete physiologische Bedeutung der Körnchen für die Einölung der
Hornsubstanz.**
Ich vermisse in dieser Beschreibung die näheren Angaben betreffend
die Abstammung und Natur der verwendeten Hautstücke. Hinsichtlich
des chemischen Charakters der Untersuchung konnte es doch nicht gleich-
gültig sein, ob die Haut frisch oder konserviert war. Wir vermissen in
ihr sodann eine genauere Begrenzung des grünen Streifens, besonders aber
Angaben über seine Beziehungen zu den einzelnen Zellen und den
Kömern der Körnerschicht, endlich solche über das Schicksal dieser
Zellen und Körner nach erfolgter Reaktion. Die weiteren Mitteilungen,
die der Autor in seiner Abhandlung sich vorbehalten hatte, sind bis jetzt
leider nicht erschienen.
6
Sticker, dem Titel seiner Arbeit entsprechend, machte zum Gegen-
stand seiner Untersuchungen die Schafhaut. Sein Verfahren und Befund
sind folgende: „Da ich meine ersten Versuche an wohlgelungenen
Schnitten von gehärteten Präparaten anstellen wollte, legte ich Cholesterin-
fett auf Glasscherben fein ausgestrichen, sechs Wochen lang in M. Fl.^,
später 14 Tage in absol. Alkohol. Nach Auflösung des so behandelten
Fettes in Essigsäureanhydrid und nach Zusatz von Acid. sulf. concentr.
trat eine vorübergehende rosarote und eine darauf folgende tiefgrüne
Färbung ein. Hiermit war der experimentelle Beweis geliefert, dafs
Cholesterinfett auch nach der obigen Konservierung seine charakteristi-
schen Reaktionen beibehält."
„Ich nahm nun Schnitte von in M. Fl. gehärteten und in Alkohol
aufbewahrten Hauttstücken, legte dieselben auf Objektträger, übergofe
dieselben mit Essigsäureanhydrid und bedeckte dieselben mit vorher mit
konzentrierter Schwefelsäure angefeuchteten Deokgläschen. Bald trat in
den Zellen des rete Malpighii, besonders des str. granulosum und im
str. lucidum eine schwach grünliche Färbung auf, die in ersteren in
Form von Pigmentkügelchen, in letzteren mehr diflPus erschien. In der
Nähe der Talgdrüsen blieb diese Reaktion aus. War der Objektträger
vorher etwas erwärmt, so ging der grünen eine rosarote, kurz andauernde
Färbung vorher."
„An den noch in der Haut steckenden Teilen der Wollhaare be-
obachtete ich an der Wurzelscheide, sowohl intra- als extracelluläre kleine
gelbgrünlich gefärbte Kügelchen; intracellulär im untern Drittel, extra-
cellulär im mittlem Drittel des Wollhaares. Auch in den HuxLEYschen
Zellen der Haarscheide fanden sich bisweilen diese Kügelchen. Das Auf-
finden derselben gelang aber erst, wenn sämtliches aufiallendes Licht ab-
geblendet war und der durchfallende Lichtkegel eine geringe Stärke
besafs."
„Das auf diese Art von mir nachgewiesene Cholesterinfett in der
Haut und im Wollhaare des Schafes kommt demnach genau an den
Orten vor, wo man die unter dem Namen Eleidin bekannten Gewebe
aufgefunden. Da nun andre mikroskopische Reaktionen für eine eiweifs"
iirtige Natur des Eleidins sprechen, so komme ich zu dem Schlüsse:
Eleidin ist ein Gemenge von Eiweifs und Cholesterinfett. Dieses Eleidin
ist das eigentlich geschmeidig erhaltende Fett der Haut und der Haare.
Das Talgdrüsenfett ist nur additioneil und spielt nur die Rolle eines
Neutralisators des unter Umständen überreichlich gebildeten Eleidins."
In dieser Beschreibung begegnen wir allerdings schon genaueren
Angaben über die Lokalisation des Cholesterinfettes. Jedoch scheint mir
-' Es soll wohl heifseu MCLLKRscbe Flüssigkeit.
der Schlnfs des Autors seinem Befimde nicht entsprechend, da er nirgends
sagt, dafs die Ton ihm durch die Reaktion hervorgernfenen Pigment-
kügelchen die Eleidingrannia selbst seien. Stigkeb yersteht, wie man
hierfür wissen muDs, unter „Wuizelscheide'' die Stachelschicht des Haar-
balges (früher sogenannte „äubere Wurzelscheide **) und behauptet, dais
man hier Eleidin gefunden habe. Nun hat aber noch kein Mensch je
in der Stachelschicht des Haaibalges weder Eleidin noch Keratohyalin
nachgewiesen.
Ebenso wenig verstehe ich, was Stigkeb im Sinne hat, wenn er
sich auf einen bekannten Gehalt der HuxLETschen Zellen an Eleidin
bezieht. Auch ein solcher ist ja noch nie irgendwo behauptet und nach-
gewiesen worden. Das von ünka hier nachgewiesene Keratohyalin findet sich
bekanntlich nur in den Mutterzellen der HuxLETschen und HENLEschen
Scheiden. Es wäre also Stickebs Aufgabe gewesen, wenn er die Identität
seiner Granula mit dem Keratohyalin von Unna an diesem Fundort
nachweisen wollte, zu zeigen, daüsi seine Granula von Gholesterinfett genau
an die Matrices beider Scheiden gebunden seien, nicht aber an
diese selbst oder sogar nur an eine von ihnen.
Sodann teilt Sticeeb uns nicht mit, welche EiweÜBreaktionen er an
den Körnern der Körnerschicht gefunden, und da er ja seine grünen
Granula thatsächlich nicht mit denselben identifiziert hat, so fehlt seiner
Behauptung, dals die Kömer ein Gemenge von Eiweifs und Fett seien,
nach jeder Seite hin die Begründung.
Endlich ist mir durchaus nicht yerständlich, was es heilsen soll, daJs
das Talgdrüsenfett nur „additioneil" ist und ein überreichliches (siol)
Meidin neutralisieren (I) soll. Weshalb soll das Eleidinfett (im Sinne
LiEBBBiGHs und Stickebs) normalerweise überreichlich produziert werden?
Kann man sich vorstellen, dafs eine so konstante Bildung wie die Talg-
drüsen an den Haaren nur eine Art Hemmungseinrichtung für das Über-
mals einer andren Bildung sei? Was heifst es denn, dafs ein Fett
^neutralisiert** wird und dazu noch durch ein andres Fett? Mich dünkt,
zwei Fette zusammen sind noch fetter als eines allein. Hier hat Sticebb
entschieden ein grofses Wort gelassen ausgesprochen.
III.
Meine erste Aufgabe war die Nachprüfung der Resultate von Lewin
und Stiokbb. Ich wählte als Untersuchungsmaterial frische Haut von
der FuTssohle, die wegen ihrer beträchtlichen Dicke am geeignetsten
erschien. Um das Hinzukommen von Alkohol oder sonstigen fremden
Stoffen möglichst zu vermeiden, wurden die Hautstücke zwischen Hol-
lundermark mit freier Hand in Schnitte zerlegt. Anderseits, da ich viel
8
Gewicht darauf legte, das Eleidin möglichst in seiner natürlichen Lagerung
unherührt zu erhalten, besonders aber es nicht durch den Schnitt in die
höheren Lagen der Homschicht künstlich zu transportieren, so schnitt
ich von der Epidermis nach der Cutis zu und putzte nach jedem ein-
zelnen Schnitte sorgfältigst das Messer mittels eines in Äther getauchten
Pinsels ab, was das Messer sofort sauber und trocken machte. Die auf
diese Weise angefertigten Schnitte wurden direkt auf Objektträger ge-
bracht und auf denselben in der Sonne oder über einer Gasflamme an-
getrocknet.
Nehmen wir jetzt einen Schnitt und behandeln wir ihn nach Lewins
und Stigkebs YerfEihren, d. h. übergielsen wir ihn zunächst mit Essig-
säureanhydrid. Da wir wissen, dafs Cholesterinfett in letzterem löslich
ist, so würden sich die Körner der Körnerschicht ganz oder mindestens
zum Teil auflösen, wenn dieselben ganz oder teilweise aus Cholesterinfett
beständen. Wir sehen aber, im Gegenteil, dafs die Körner nach wie
vor der Behandlung mit Essigsäureanhydrid unberührt in derselben Fomi
und Anordnung bestehen, was uns die unmittelbare Untersuchung der
Schnitte oder dieselbe nach Färbung durch Fikrokarmin oder Häma-
toxylin am deutlichsten zeigt. Also: die Körner der Körnerschicht
sind bei gewöhnlicher Temperatur in Essigsäureanhydrid
unlöslich. Meine diesbezüglichen Resultate bestätigen übrigens nur
eine schon seit langem bekannte Thatsache, die insbesondere durch
Waldeter hervorgehoben wurde. Dieser Autor sagt: ,, Essigsäure, ins-
besondere Eisessig, lälst, ähnlich dem Ammoniak, die Kömer im Pferde-
hufe anfangs besonders deutlich erscheinen, indem dadurch eine Mengo
andrer Bestandteile der Zellen quellen, gelöst und durchsichtig gemacht
werden und so die widerstandsfähigeren Eleidinhörner desto deutlicher
hervortreten. Diese Wirkung äuTsert sich in ganz gleicher Weise überall,
wo wir das Eleidin finden. Man kann daher die Essigsäure, insbesondere
in der konzentrierten Form als Eisessig, entweder allein oder in Ver-
bindung mit Karminfärbung, ebenso wie das Ammoniak voiieilhaft zum
mikroskopischen Nachweis des Eleidins verwenden ""
Hat das Essigsäureanhydrid eingewirkt, so bringen wir mittels eines
feinen Glasstäbchens ein winziges Tröpfchen konzentrierter SO4H2 auf
den Schnitt und bedecken ihn, um dem störenden Zusammenrollen des-
selben vorzubeugen, sofort mit einem Deckgläschen. In den günstigsten
Fällen werden wir folgendes bemerken: Nach einer bis einigen Minuten
tritt zunächst in den Knäueldrüsen und Knäueldrüsengängen, sodann in
der Stachelschicht, in den Gefklsen und in den Nerven, später in der
Hornschicht eine goldgelbe Farbe auf, die nur eine kurze Zeit dauert
und stufenweise ins Orange, Rot, Purpur, Violett übergeht. Li 20 bis
30 Minuten hat der Schnitt die ganze Farbenskala gewöhnlich durch-
9
gemacht. Das Violett bleibt als solches eine längere Zeit bestehen, oft
24 Stunden nnd mehr, zuweilen geht es in Blau über. Niemals
jedoch habe ich weder die schwach grünliche Färbung Stigkers,
noch das Smaragdgrün Lewins zu Gesicht bekommen. Die
violette Farbe, die ich angesichts ihrer grölseren- Beständigkeit näher
bezeichnen will, war eine diffuse in dem oben geschilderten Gebiete,
nur die Kerne der Stachelschicht und der Schweifsdrüsen-
zellen schienen etwas dunkler gefärbt hervorzutreten; die
Eleidinkörner traten dagegen nicht intensiver gefärbt als das
Zellprotoplasma hervor, und das benachbarte Stratum lucidum
zeichnete sich durchaus nicht vor den umliegenden Schichten
durch eine dunklere Tingierung aus. Das Kollagen blieb ganz
unge&rbt, was gegenüber der schönen, intensiven, hervortretenden Färbung
der Schweiisdrüsenkuäuel und -gäuge, sowie der G^fäise und Nerven,
einen merkwtlrdigen, frappanten Kontrast hervonief.
Dasselbe Resultat glückte mir durch Behandlung der Schnitte mit
SO4H2, ohne vorherigen Zusatz von Essigsäureanhydrid — also dui'oh
die alte MoLEsCHOTTsche B;eaktion — , nur ging die Reaktion in diesem
Fall etwas langsamer vor sich und war die Handhabung der Schnitte
auch eine schwerere.
Ich will auiserdem hinzufügen, dafs das direkte Sonnenlicht die
Bildung der Farbenskala begünstigt, indem letztere rascher und voll-
ständiger auftritt. Indessen habe ich mich überzeugt, dafs diese Wirkung
der Sonnenstrahlen weder auf das luminöse, noch auf das chemische,
sondern auf das thermische Spektrum zurückzuführen ist. Femer möchte
ich noch folgende Thatsache anführen: Schnitte, bei denen die Farben-
skala sich gezeigt hatte und schon verschwunden war, wurden noch ein-
mal der Behandlung mit Essigsäureanhydrid und Schwefelsäure oder mit
letzterer allein unterzogen. Sie zeigten dabei oft noch die letzte Farbe
der Skala, das Violett, trotz ihres gequollenen Zustandes. Allerdings
betraf die Färbung hierbei blofs die Horuschicht und zwar auf eine
gleich mäfeig diffuse Weise, da die andern Teile der Epidermis und der
Cutis als von weniger widerstandsfähiger BeschaiBPenheit schon mehr oder
weniger von der Schwefelsäure zerstört waren.
Aus all diesen Thatsachen geht zunächst hervor:
1. Durch die LiEBERMANNsche und die alte MoLESOHOTTsche Reaktion
läfet sich in der Haut und in der Oberhaut die Anwesenheit des Cho-
lesterins mikrochemisch nachweisen.
2. Durch dieselben Reaktionen werden jedenfalls nicht die Kömer
der Körnerschicht in spezifischer Weise dargestellt.
3. Die LiEBREiCHsche Farbenskala, die das Vorhandensein von
Cholesterin fetten nachweisen soll, läfst sich in der Haut, speziell in den
KörDeru der Könierschiclit nicht mitteb Easigsänre and ScbwefelaAot«
hervormfen.
IV.
Ein grofaer Widerspruch war zwischen diesen meinen Befanden nnd
denjenigen Lbwinb und Sticegrs hervorgetreten. Ich hatte mich deshalb
nach der eingreifenden Behandlung mittels Essig- und Schwefelsäure
ejtzt auch um das weitere Schicksal der Körner der Körnerschicht zu
kämmern und versuchte dieselben zu diesem Zwecke nachträglich durch
Färbung deutlich zu machen. Das war keine ganz einfache Aufgabe,
denn die konzentrierte Schwefelsaure hatte die Schnitte stark erweicht,
die Elemente zum Aufquellen gebracht und zum Teil zerstört.
Zunächst wurden die Schnitte in situ Ämmoniakdämpfen ausgesetzt
und somit neutralisiert. Alsdann wurden sie sorgfältigst ausgespült und
endlich entweder mit Hamatoxylin oder mit Pikrokarmin nachge&rbt.
Indessen trat keine besondei's schone Färbung ein, sondern eine diffuse,
verschwommene und schmutzige. Die sonst mit oben genanuten Farb-
stoäen sich gut färbenden Kerne traten dabei nicht ioteosiver gefärbt als
das Protoplasma hervor, geschweige denn die Kömer. Ein oder zwei
mal glaubte ich jedoch sie nachgetiirbt zu haben, allein das konnte nicht
als über jeden Zweifel erhaben erwiesen werden. Ich ging deshalb zu
einer Modifikation des Verfahrens über, dank welcher die Naobf^bung
leichter ausführbar wurde.
11
Ich bediente mich dabei von Unna konstruierter Objektträger und
eines Spülapparates, welche ich an anderm Orte^ beschrieben habe und
deren Abbildungen ich hier zur besseren Verständigung wiedergebe.
Ich legte die Schnitte auf die betreffenden Objektträger und
behandelte sie, wie früher, mit Essigsäureanhydrid, alsdann lieÜB ich
meinen Spülapparat funktionieren, wobei die Schnitte mit einer schwachen
Schwefelsäurelösung unter stetiger mikroskopischer Beobachtung durch-
spült wurden.
Wohl zeigte sich durch dieses Verfahren keine Farbenskala wie
zuvor, doch trat die beständigere, terminale, violette Färbung
ein und zwar diffus in der ganzen Oberhaut, jedoch inten-
siver in den Kernen der Stachelschicht. Die Körner der
Körnerschicht traten dagegen nicht durch eine dunklere
Tingierung hervor.
Sobald diese Thatsache feststand, liefs ich
zum Neutralisieren eine Ammoniaklösung hindurch-
fliels^^n, sodann destilliertes Wasser und endlich
Pikrokarmin. Auf diese Weise gelang es mir in
der That auch die Körner nachträglich deutlich zu
filrben. Die Behandlung von Hautschnitten mit
EiSsigsäureanhydrid und Schwefelsäure hatte somit
die Körner der Körnerschicht ziemlich unange-
griffen bestehen lassen. Dafs Lewin und Stickbb
die von ihnen gesehenen Farbgranula nicht genau
auf die Kömer der Kömerschicht beziehen konnten,
lag also nicht etwa daran, dafs dieselben durch
die Reaktion notwendig zerstört werden mulsten,
denn bei vorsichtiger Anwendung des Verfahrens
konnte ich, wie oben gesagt, nachträglich noch die
Kömer an Ort und Stelle nachweisen.
Es lassen sich indessen noch vielfach Gründe
anführen, die gegen die Annahme Liebkeichs,
Eleidin sei ein Gemenge von einem albuminoiden
Körper und Cholesterinfett, sprechen.
Bekanntlich zeigen die Kömer der Kömerschicht bei der Behandlung
mit Osmiamsäure so gut wie keine Färbung. Ich fand, dafs sie auch
von Alkanna nicht gefärbt werden. Lanolin dagegen, das reines Choles-
terinfett darstellen soll, färbt sich mit Osmiumsäure schwarz, mit Alkanna
rosarot. Lanolin ist auiserdem in Äther und Chloroform löslich. Nimmt
Flff. 2.
* SoHWENiHOBRs Mütlg. a. d. dermat. Klinik d. Charite. Heft 6 u. 7. 1888.
12
man dagegen Hautschnitte und sohüttelt man sie in letzteren Keagenzien,
60 kann man sich leicht überzeugen, dafs die Körner der KOrnersohicht
unberührt geblieben sind; sie lassen sich nämlich in denselben Schnitten
nachträglich mit Pikrokarmin und Hämatoxylin gut färben.
Auf Grund aller dieser Thatsachen glaube ich mich berechtigt zu
dem Ausspruche, dafs die Körner der Körnerschicht sicher kein
Cholesterinfett und überhaupt kein Fett enthalten. Daher ist auch die
Hypothese Liebrbighs und Stigkers, Eleidin sei ein Gemisch von einem
albuminoiden Stoff und Cholesterinfett, nicht aufrecht zu erhalten.
(Fortsetzung folgt.)
Aus den stadtischen Krankenanstalten zu Elberfeld.
Über das Hydroxylamin, als neues, wichtiges dermatotherapentdsches
HeilmitteL
Von
Dr. P. J. Eichhoff,
Oberarzt der Abteilung für Hautkrankheiten und Syphilis der städtischen
Krankenanstalten zu Elberfeld.
Aufmerksam gemacht durch Geheimrat Prof. Binz' Arbeit; Toxi-
kologisches über das Hydroxylamin [Virchows Archiv, Bd. 113), und
besonders veranlalst durch die Ermunterung des Autors am Schlufs dieser
Arbeit, dafs das Hydroxylamin als sehr stark reduziei*endes Mittel die
Pyrogallussäure und das Chrysarobin in der Dermatotherapie zu ersetzen
imstande sei, da es die guten Eigenschaften derselben besitzt, ohne die
schlechten, nämlich die Haut, Wäsche, Verbandmaterial etc. zu färben,
als unangenehme Begleitung zu haben, liels ich das Präparat gleich für
meine Abteilung in den städtischen Krankenanstalten anschaffen.
Die mit dem Hydroxylamin erzielten Heilerfolge sind so günstige
und zur weiteren Anwendung ermunternde, dafs ich mich schnell ent-
schlossen habe, die bis jetzt erreichten Resultate, wenn es ja auch in
anbetracht der Zeit der Anwendung, nämlich zwei Monate, nur erst
wenige sein können, doch schon jetzt mitzuteilen, um auch andre Fach-
genossen aufmerksam auf das Mittel zu machen und zu weiteren Ver-
suchen und Anwendung desselben anzuregen.
13
Da nun aber das Mittel einesteils in bezng auf seine chemische Zu-
sammensetzung und Eigenschaften ein sehr interessantes, anderseits in
bezug auf seine Wirkungen, was ja für die Anwendung in der Therapie
von grofser "Wichtigkeit ist, ein sehr toxisches und deshalb vorsichtig
anzuwenden ist, so werde ich zunächst einige Mitteilungen über die
pharmazeutisch - chemischen und dann über die toxikologischen Eigen-
schaften des Hydroxylamins hier einflechten.
Nach den Mitteilungen des Herrn Schwarz, unsers Krankenhaus-
apothekers, der gleichfalls für das neu auf meiner Abteilung eingeführte
Präparat, das Hydroxylaminum hydrochloricum, ein grofses Interesse
hatte, wurde durch Reduzieren von Salpetersäure von W. Lossen im
Jahre 1865 eine neue ammoniakähnliche Base dargestellt, welche die
chemische Zusammensetzung NH^OH hat und auf folgende Weise
entsteht:
HNO3 + 6H = 2H2O + NHgOH.
Der neue £örper wurde Hydroxylamin genannnt. Dasselbe ist nur
in wässeriger Lösung und in seinen Salzen bekannt; man kann es als
Ammoniak auffassen, in welchem ein Wasserstoffatom durch Hydroxyl
ersetzt ist.
N\ -H> Ammoniak N H \ Hydroxylamin.
^H) H
Das Hydroxylamin bildet mit Säuren, mit Ausnahme der Kohlen-
säure, gut kristallisierbare Salze, die auf gleiche Weise, wie die ent-
sprechenden Ammoniaksalze, durch direkte Vereinigung dieser Base mit
Säuren entstehen. Es hat ferner die Eigenschaft, mit Aldehyden und
Ketonen eigentümliche Verbindungen — Aldoxime und Ketoxime — zu
liefern und gewisse Metalloxyde, namentlich bei Gegenwart von freiem
Alkali, z. B. FEHLiNQsche Lösung, Ferrisalze, Quecksilberchlorid, Silber-
und Goldsalze zu Oxydulverbindungen resp. zu Metall zu reduzieren.
Ferricyankalium wird in alkalischer Lösung in Ferrocyankaliura über-
geführt; Kaliumpermanganat wird auch in saurer Lösung in ein Mangano-
salz verwandelt, während das Hydroxylamin je nach den Umständen zu
Stickoxydul und Stickoxyd oxydiert wird, aufserdem bilden sich hierbei
auch geringe Mengen von Stickstoffsäuren.
Hydroxylaminsalze werden durch die drei Halogene bei Gegenwart
von Bikarbonaten und Dinatriumphosphat — Salze, welche im tierischen
Organismus vorkommen — unter Bildung der entsprechenden Waaserstoff-
säuren in Stickoxydul und Wasser zerlegt. — Auf das Verhalten des
Jods gegen Hydroxylaminsalze bei Gegenwart von Kaliumbikarbonat
14
gründet sich auch eine sehr bequeme quantitative Bestimmungsmethode
des Hydroxylamins. Dieselbe beruht auf der Gleichung:
2NH,0H.HCl + 4J -f- GKaHO.Oa
salzsaures Hydro^ylamin Kaliumbikarbonat
K.0 -I- j4JNa -1- 2Naa + 600, + 7H,(>
Stickoxydul Jodkalium Chlornatriuin Kohlensäure Wasser.
Nach W. Meyp;rxngh und Donath wiid auch bei der Einwirkung
von Ferrisalzen oder alkalischer Kupferlösung das Hydroxylamin zu
Stickoxyd oxydiert, während die Ferrisalze zu Ferroverbinduugen und
das Kupferoxyd zu Kupferoxydul reduziert werden:
2Fe,(SOj3 H- 2NH2OHHCI
Ferrisulfat
salzBaures Hydro
ixylamin
4PeS0,
—
2H3SO^
+ N,0 -{-
H„0
^-
2HC1
Perrosulfat
Schwefelsäure
Stickoxydul
Wasser
Salzsäure.
2NH3OH
4CuO
N,() +
2Cn,
,0
-1- .'{UgO
Hydroxylamin
Kupferoxvd
Stickoxydul
Kupieroxydul Wasser
Setzt man nach Rasciiig zu einer kalten schwefelsauren Hydro-
xylaminlösung Kaliumpennauganatlösung, so tritt sofort Entfärbung ein;
man sieht hieraus, dais Hydroxylamin auch in saurer Lösung reduzierend
wirkt. Es scheint hierbei in erster Linie untersalpetrige Säure — HNO —
zu entstehen, welche zum Teil aber weiter zu salpetriger und schliefslich
zu Salpetersäure oxydiert wird. Es läfst sich in der That in der farblosen
Flüssigkeit mit den entsprechenden Reagenzien die Salpetersäure leicht
nachM^eisen. Auch bei der Einwirkung von Wasserstoffsuperoxyd auf
Hydroxylamin wird dieses in Salpetersäure übergeführt.
Das wichtigste Salz des Hj^droxylamins ist das salzsaure Hydro-
xylamin, Hydroxylammoniumchlorid NHgOH.HOl; dasselbe stellt gut
ausgebildete, farblose, stark hygroskopische Kristalle dar, welche in
Wasser, Glycerin und Weingeist leicht löslich sind. Diese Lösungen
röten stark blaues Lackmuspapier und entfärben alkalische Phenolphtalein-
lösung, bläuen aber nicht MBRCKsches Kongopapier. Durch alkoholi-
sche Platinchloridlösung wird die alkoholische salzsaure Hydroxylamin-
lösung nicht gefällt.
Die Darstellung des salzsauren Hydroxylamins geschieht nach Lossen
durch Reduktion des Salpetersäure-Äthyläthers mit granuliertem Zinn.
Nach Maumene wird es durch Einwirken von Salzsäure und Zinn auf
15
Ammoniumnitratlösang erhalten. Nach Ludwig und Hein kann es auch
durch Leiten von Stickoxyd durch eine Mischung von Salzsäure und
granuliertem Zinn gewonnen werden. Die nach der einen oder andern
Methode erhaltene Lösung wird von dem ungelöst gebliebenen Zinn ab-
gegossen; sie enthält neben Chlorammonium, Zinnchlorür und Zinn-
chlorid salzsaures Hydroxylamin. Nach Entfernung des Zinns durch
Schwefelwasserstoff wird die filtrierte Flüssigkeit bis fast zur Trockne ein-
gedampft, und dem Kückstande das salzsaure Hydroxylamin durch Aus-
kochen mit Alkohol entzogen. Die konzentrierte, heilse, alkoholische
Lösung wird nun zur Entfernung des mitgelösten Chlorammoniums mit
heifser alkoholischer Platin chloridlösung versetzt und schliefslich das
salmiakfreie alkoholische Filtrat nach dem Eindampfen zur Kristallisation
gebracht. In der neuesten Zeit soll nach einem patentierten Verfahren
das salzsaure Hydroxylamin durch wechselseitige Einwirkung von Natrium-
sulfit und Natriumnitrit hergastellt werden, wobei zunächst ein hydroxyl-
amindisulfonsaures Salz entsteht, das sich weiter durch Erhitzen in
Hydroxylaminsulfat überführen löfst. Aus letzterem wird schliefslich
durch Umsetzung mit der berechneten Menge Baryumchlorid salzsaures
Hydroxylamin erhalten.
Mit Rücksicht auf den jetzt relativ niedrigen Preis des Salzsäuren
Hydroxylamins ist in der neuesten Zeit seine Anwendung als Reduktions-
mittel in der Photographie und analytischen Chemie empfohlen worden.
Das salzsaure Hydroxylamin kann je nach der Darstellungsmethode
verunreinigt sein durch freie Salzsäure, Eisen — aus dem Zinn stammend — ,
Chlorammonium und Chlorbaryum.
Die freie Salzsäure läfst sich durch blaues Lackmuspapier schon des-
halb nicht nachweisen, weil die Lösungen auch des chemisch reinen
salzsauren Hydroxylamins blaues Lackmuspapier stark röten und alkalische
Phenolphtalemlösung entfärben. Man ist sogar in der Lage, alle an da^
Hydroxylamin gebundene Salzsäure unter Benutzung von Phenolphtalei'n-
lösung als Indikator mit Normalalkali acidimetrisch zu bestimmen, weil
freies Hydroxylamin Phenolphtaleln unverändert läfst. — Freie Salzsäure
läfst sict am einfachsten durch Kongopapier (E. Merck) nachweisen;
dasselbe darf durch eine Lösung des salzsauren Hydroxylamins nicht ge-
bläut werden. — Die wässerige Lösung des Salzes darf weder durch
Rhodankalium noch Perricvankalium verändert werden — Eisen — .
Die alkoholische Hydroxylaminsalzlösung darf durch alkoholische Platin-
chloridlösung nicht gefallt werden — Chlorammonium — . Verdünnte
Schwefelsäure darf in der wässerigen Lösung des Präparates keine Ver-
änderung hervorrufen — Chlorbaryum — . Auf dem Platinblech er-
hitzt, darf das Präpamt keine fixen Bestandteile hinterlassen, sondern
mufs völlig flüchtig sein.
16
Zur weiteren Beurteilung der Reinheit des Präparates sind besonders
die mafsanalytisclien Bestimmungen der Salszäure und des Hydroxylamins
geeignet.
Bestimmung der Salzsäure : 0,695 g salzsaures Hydroxylamin werden
in 20 com Wasser gelöst und nach dem Versetzen mit einigen Tropfen
Phenolphtalelnlösung so lange mit Normalkalilauge versetzt, bis bleibende
Kötung der Flüssigkeit erfolgt. Es dürfen bis zum Eintritt der roten
Farbe nicht mehr als 10 ccm Normalalkalilauge verbraucht werden. Der
Eintritt der roten Farbe geht bei reinen Präparaten ohne jeden Übergang
Yor sich, ein Tropfen überschüssiger Normalkalilauge färbt, nachdem alle
Salzsäure an Kalium gebunden ist, sofort die vorher noch farblose
Flüssigkeit tiefrot. Die Gegenwart von Chlorammonium würde sich
hierbei schon durch eine rötliche undeutliche Farbennüance ohne plötzlichen
Farbumschlag verraten.
Bestimmung des Hydroxylamins : 0,695 g salzsaures Hydroxylamin
werden in 200 ccm Wasser gelöst. Man bringt nun vermittelst einer
Pipette 20 ccm dieser Lösung in ein geräumiges Becherglas, löst darin
1 g zerriebenes Kaliumbikarbonat auf und lälst unter Umrühren mit
einem Glasstabe so lange ^/lo Normaljodlösung hinzufliegen, bis die
farblos werdende Flüssigkeit durch einen überschüssigen Tropfen Jod-
lösung gerade gelblich gefärbt erscheint. Da nun 1 ccm ^/loJodlöson^
0,003475 g salzsaurem Hydroxylamin gleichwertig ist, so müssen die
20 ccm Hydroxylaminlösuug auch 20 ccm ^/loJodlösung verbrauchen.
Soweit über die pharmazeutisch-chemischen Eigenschaften der Hy-
droxylamins. Wir sehen daraus, ein wie starkes Reduktionsmittel das-
selbe ist.
Ich halte es nicht für ausgeschlossen, sondern im Gegenteil wahr-
scheinlich, dafs es auch als solches sich Eingang verschafft in die
^rherapie, besonders in bezug auf sein Verhalten gegenüber den drei
Halogenen, bei Gegenwart von Bikarbonaten und Dinatriumphosphaten.
Letztere beiden Stofie befinden sich ja im Organismus; bringt man nun
das Hydroxylamin, etwa subkutan, bei gleichzeitiger Einverleibung von
einem der drei Halogene in den Organismus, so wird sich auTser
Stickoxydul und Wasser die betreffende Wasserstoffsäure bilden. Ich
überlasse es berufeneren inneren Therapeutiken!, hierüber weitere Ver-
suche anzustellen.
Nur möchte ich nach dem Aufsatze von Bmz noch einiges
ToxiJsologische über das Hydroxylamin beifügen. Zunächst bildet sich bei
Einverleibung in das Blut Methämoglobin, ohne dafs dadurch das Ver-
suchstier ge&hrdet wird, das Blut wird in einigen Minuten schokoladen-
braun, bei stärkeren Dosen als 0,01 auf 1 Kilo Körpergewicht tritt
17
blutiger Harn infolge des Zerfalls der roten Blutkörperchen ein. Also
das Oxyhämoglobin wird zu Methämoglobin reduziert.
Femer wirkt das Hydroxylamin als Narkotikum auf die Nervenzentren.
Ob es direkt toxisch auf dieselben einwirkt und dadurch die Narkose
verursacht, oder ob letztere durch das sich im Blute bildende Stick-
oxydul eintritt, ist noch eine offene Frage, jedoch möchte ich eher für
die letztere Annahme mich entscheiden. Jedenfalls ist die Bildung des
Methämoglobins nicht von Einfluls auf die zentrale Lähmung.
Durch sein starkes Reduktionsvermögen ist nun das Hydroxylamin
ein starkes Gift für niedere Organismen; und aus diesem Grunde können
wir es für die Dermatotherapie nicht warm genug empfehlen.
Es ergibt sich aus seiner Wirkung, anderen Körpern Sauerstoff zu
entziehen, von selbst das Feld seiner Thätigkeit. Wir werden das
Präparat anwenden gegen die verschiedenen Dermatomykosen und
bacillären Erkrankungen der Haut.
Ich habe das salzsaure Salz des Hydroxylamins, welches ja das
gebräuchlichste und zuverlässigste Präparat ist, in Anwendung gebracht,
und zwar bisher nur in folgender Verdünnung und Form:
9 Hydroxylam. hydrochlor. 0,1
Spir. vin*
Glyeerini s& 50,0
M. D. S. Aufaerlich.
I
Mit dieser Lösung habe ich die zu behandelnden Hautpartien, nach-
dem sie jedesmal vorher mit Kaliseife fest und energisch abgewaschen
waren, drei- bis fünfmal täglich einpinseln lassen. Es wurde diese
alkoholische Lösung, und nicht etwa Salbenform, von mir gewählt, weil
eratere schneller und tiefer in die Haut einzudringen und dadurch
energischer zu wirken vermag, als irgend eine Salbenform. Ich werde
das Mittel demnächst einer Seife einverleiben und auch in dieser Form
in Anwendung bringen. Man nehme nur für den Anfang das Mischungs-
verhältnis, wenigstens in der alkoholischen Lösung, nicht stärker als
l%o, da das Mittel eventuell sehr stark reizen und toxisch wirken kann.
Es ist dann erst eine allmählich stärker werdende Lösung zu nehmen,
wenn man sieht, dafs die Patienten keine weiteren Störungen und Neben-
wirkungen zu erfahren haben; ich bin jedoch bisher noch stets mit der
Stärke l%o ausgekommen, bei einigen Fällen war diese sogar noch
zu stark.
Von mir wurden bis jetzt auf diese Weise, wie oben geschildert,
fünf Fälle von Lupus vulgaris, fünf Fälle von Herpes tonsurans capillitii
und ein Fall von Sykosis parasitaria faciei behandelt.
Ich will hier nicht in extenso die einzelnen Krankengesohichten
mitteilen, sondern vorläufig nur erwähnen, dafs gerade bei Lupus die Er-
folge sehr schön und ermutigend sind.
Monatahefte. 2
18
Unter den fünf Lupusfällen befand sich ein sehr entstellender Lupus
hypertrophicus faciei. Beide Wangen sind ergriflFen, die Nase und Ober-
lippe elephantiastiscb verdickt und ulcerierend. Schon nach circa 8 tägigem
Gebrauch des Hydroxylamins wurden die hypertrophischen Stellen zur
normalen Gröfee und Gestalt zurückgebildet, die zahlreichen Lupns-
knötchen und kleinen Geschwürchen heilen zusehends aus. Nach ca.
4 wöchentlichem Gebrauch ist die ganze Stelle mit einer glatten Narbe
bedeckt. Der Lupus ist natürlich hiermit noch nicht geheilt, sondern
wird noch einer längeren Behandlung bedürfen, aber die Patientin ist
damit soweit hergestellt, dals sie entlassen und ambulant mit dem Mittel
weiter behandelt werden kann; denn dazu fordert der bisher erzielte Er-
folg in jeder Hinsicht auf.
Eine andre Patientin wurde mit derselben l^oo Lösung an Lupus
pedis behandelt. Sämtliche 5 Zehen und ein Teil des Mittelfufses sind
befallen. Ich liefs hier das Mittel in wasserdichtem Verbände applizieren
Es trat eine ziemlich heftige Reaktion: Schwellung des Pulses und
Exulceration der Knötchen, ein. Nach 5 Tage langer Einwirkung setzte
ich das Mittel aus und liefs den Pufs unter Borsalbe heilen; auch hier
schöne, befiriedigende Narbenbildung.
Ähnlich bei den drei anderen PäUen.
Sodann wurde das Hydroxylamin bei Herpes tonsurans capillitii
(Sykosis capitis) in fünf Pällen gebraucht. Es reizte hier im Anfang
sehr stark, indem Entzündung und Eiterung der Kopfhaut entstand,
jedoch war der Erfolg auch um so besser.
In einem Palle von Sykosis faciei war auch der Erfolg bei obiger
Anwendungsweise ein sehr guter.
Ich werde das Mittel bei noch anderen Erkrankungs&Uen seine
Wirkung entfalten lassen und seiner Zeit mehr darüber berichten.
Es würde sich empfehlen, zunächst bei Psoriasis und den parasitären
seborrhoischen Ekzemen weitere Versuche mit demselben anzustellen.
Auch denke ich nair, dafs bei Lepra Erfolge damit zu erzielen sind,
hier vielleicht bei subkutaner Anwendung (mit und ohne gleichzeitigen
Gebrauch von Chlor-, Jod- oder Brompräparaten), doch würde auch bei
einzelnen Knoten die endermatische Methode mit in Gebrauch zu ziehen
sein. Vielleicht wirkt es auch günstig bei Lues.
Es wird mir zur Freude gereichen, wenn auch andre Pachkollegen
das Präparat zur Anwendung bringen wollen, und wenn ich gleich
Günstiges von demselben höre.
Ich bin schon der Überzeugung, dals es einen bleibenden Platz
unter den neueren Heilmitteln zu erobern tmd zu behalten im stände ist,
wozu seine Billigkeit auch, von Belang ist.
19
Klinische Studien über Sarkome der Haut.
Von
Dr. Funk
in Warschau.
Sehr mannigfaltig sind die klinischen Bilder der Hautsarkome. Je
nach dem Entwickelungsmodus und Stadium wechselt das Bild ungemein ;
an der Haut desselben Individuums werden nicht selten grundverschiedene
klinische Formen gefunden.
Fälle, deren klinische Bilder im greisen und ganzen zusammen-
stimmen, können wir zu Krankheitstypen gruppieren, es muJs jedoch
betont werden, dafs diese vermeintlichen Typen sich mittels zahlreicher
Übergangsformen zu einem unzertrennbaren Ganzen vereinigen.
Klinische Merkmale der Grundformen
(primären Effloreszenzen) des Hautsarkoms.
Frühformen des Hautsarkoms:
a. Ein gelbroter, roter, braun- oder blauroter, gewöhnlich erbsen-
greiser Fleck. Manche Flecke bestehen gänzlich aus geschlängelteu
Gefäischen, manche sind hämorrhagisch. Der Ausbruch des Hautsarkoms
kann manchmal eine Purpura vortäuschen.
b. Ein hirsekomgro&es, flaches Knötchen; kann auch auf einem
Flecke, oder an dessen Rande aufschiefsen. Im Falle von Köbnbr^
waren die primären Knötchen winzig, flach, polygonal, mit zentralem
Grübchen, genau von der Form der Lichen-planus-Knötchen. In meinem
fünften Falle waren die kleinen Knötchen ringförmig angeordnet; das
Bild erinnerte an Erythema mult. papulosum annulare.
Aus den genannten Frühformen entwickeln sich:
c. Ein Knoten. Die Sarkomknoten sind gewöhnlich erbsengrofs,
flach (seltener halbkugelig), hart und glatt, von dunkler bläulich-braun-
roter Farbe. Junge Knoten sind manchmal halb durchschimmernd, mit
geschlängelten Gefäfschen an der Oberfläche, von hellem Kolorit; infolge
von Blutaustritten werden sie immer dunkler. Alte Knoten sind manchmal
schwarz dolett.
d. Ein ge&isreicher, halbkugeliger, weicher, schwammiger
Tumor; unter Fingerdruck flachen sich diese Knoten bis zum Ver-
schwinden ab.
' KöBNER, Berl klin. Wochenschr. 1883. No. 2.
20
e. Eine diffuse Hautinfiltration. Die affizierte Hautpartie
ist wenig erhaben, von dunkler, bläulich-rotbrauner Farbe, hart, brettartig,
nicht oder schwer faltbar. Die diffuse Infiltration greift gewöhnlich auch
die Unterhaut an.
f. Subkutane, mobile, leicht ausschälbare Knoten, besitzen oft
eine fibröse Kapsel. Die Haut über den Knoten ist von normaler Farbe
und Konsistenz, bei weiterem Wachstum jedoch wird die Haut an den
Tumor angelötet, rötet sich und wölbt sich vor.
Das Melanosarkom nimmt eine der genannten Formen an. Das
Melanosarkom bildet graue, schwarzbraune oder schwarze (Sepia) Tumoren
(durch eine dünne Hautschicht blauschwarz durchschimmernd).
Einzelne Tumoren besitzen oft eine warzenartige Oberfläche (Sarcoma
verrucosum), einzelne sind an der Basis verjüngt (Sarcoma fungosum) oder
gestielt (Sarcoma pendulum).
Der Sarkomknoten vergröfsert sich:
1 . durch Proliferation der eigenen Elemente. — Solche Knoten sind
nur lose mit der Umgebung verbunden, oft inkapsuliert, leicht aus-
schälbar, oder
2. durch Invasion des Nachbargewebes (infectio per continuitatem,
envahissement contin.), indem sich die Sarkomfaszikel in der Richtung
des schwächeren Widerstandes in das Gewebe hineinschieben. Es entsteht
in dieser Weise in der Umgebung des Knotens eine diffuse Infiltrations-
zone, oder es entstehen neue Knoten, die dann mit dem Mutterknoten
in einem gröfeeren, gelappten Tumor verschmelzen (Sarc tuberosum,
lobulare). In andern Fällen entstehen ringsumher in einiger EntferunDg
flache Tochterknoten; bei weiterem Wachstum bilden die flachen Knoten
mitunter steinpflasterartige flache Knotengruppen. Die Sarkomknoten
neigen stark zur Resorption ; die Verfettung und Resorption der zentralen,
ältesten Knotenpartien kann als typisch bezeichnet werden. In der That
finden wir ungemein oft eine zentrale Vertiefung an den Sarkomknoten
und ganzen Knotengruppen. Es entstehen mitunter Ringformen. Aber
auch ganze Knoten, besonders weiche, gefäfsreiche Formen, werden nicht
selten resorbiert. Infolge von Traumen (Kratzen, enge Schuhe, Reiben
durch Kleidung) entstehen an den Sarkomknoten oberflächliche, stark
nässende Erosionen ; in selteneren Fällen geht die Epidermis ohne nach-
weisbare Ursache ab und die entblöfste Neubildung zerfällt rasch. Aus-
gebreiteten, tiefen Zerfall der Sarkomknoten finden wir oft bei kachek ti-
schen Individuen in den letzten Krankheitstagen ; jauchige, hämorrhagische
Geschwüre reichen tief — manchmal bis zum Knochen. Sarkomknoten
werden geschwürig auch in einer andern Weise: der Knoten erweicht
zentral, fluktuiert; es entsteht eine zentrale Öffnung, der flüssige Knoten-
21
Inhalt entleert sich nacli aiiEsen, während die Höhlen wand von der
Öffnung aus zerfällt. Znweilen vernarben die Geschwüre vollständig.
Sarcoma idiopathicum multiplex (pigmentosum) cutis
(Typus Kaposi 2).
Idiopathische multiple Hautsarkome neigen in ausgesprochener Weise
zur Lokalisation an den Extremitäten. Die Neubildung entwickelt sich
symmetrisch und in einer typischen Anordnung, nämlich am frühesten
und dichtesten an der Haut der Hände und Püfse, später an den Vorder-
armen und Unterschenkeln, noch später an den Armen und Schenkeln.
In dieser Weise lokalisiertes primäres Hautsarkom kannn als Typus
Kaposi bezeichnet werden.
Wir finden gewöhnlich bei Individuen zwischen 40 — 70 Jahren an
Hand- und Fufsrücken, Flachhand und Fufssohle, weniger am Vorderarm
und Unterschenkel flache, harte, glatte, erbsengrofse Knötchen von
Pflaumenfarbe, welche vorwiegend zu flachen, harten, steinpflasterartigen
Agglomeraten verschmelzen. An stärker befallenen, namentlich unteren
Extremitäten finden wir oft ein hartes, mitunter sehr beträchtliches Odem
(auch elephantiastische Formen). Im neunten Falle von Amicis^ bildete
das Ödem die erste Krankheitserscheinung.
Oft wird in den Anfangsstadien blofs eine Extremität befallen.
In voller Entwickelung kann das Sarkom die ganze Hautoberfläche
einnehmen. An ganzen Körperteilen (Extremitäten, Gesäfs, Bauch) wird
die Haut nebst Unterhaut diö*us infiltriert, bretthart, unbeweglich, an
der Oberfläche uneben, knotig, von dunkler violettbrauner Farbe
(Pflaumenfarbe). Sehr oft. mindestens in V* der Fälle werden Knoten, oder
diffuse Infiltration an der Eichel, Vorhaut und am Hodensack gefunden.
Ein erbsen- bis mandelgrofeer roter oder braunroter Fleck kann in seltenen
Fällen jahrelang als einziges Krankheitssymptom bestehen (5 Jahre im
siebenten Falle von Amicis^, 8 Jahre im Falle von Köbner.^ Beinahe
in jedem Falle fanden wir, infolge von zentraler Resorption, teller-
förmige Vertiefungen an einzelnen Knoten und ganzen Knotengruppen;
mitunter verschwinden auch manche Knoten gänzlich.
Stellenweise finden wir in manchen Fällen gröfsere, gefäfsreiche,
weich-elastische, unter Fingerdruck verschwindende Knoten. Einzelne
' Kaposi, Idiopathisches, multiples Pigmentsarkora der Haut. Archiv f. Deiinat.
u. Syph. 1872.
^ Amcis, Dermo, poli. melanosarcoma id. 1882. ^Übers. in Pkrrin, Sarcomatose
catanee. These de Pans. 1886.)
* Amicis, 1. c.
* iöBNEB, Berl. klin. Wochenschr. 1886. pag. 193.
22
Knoten, namentlicli an den Unterextremitäten, werden infolge von Beizong
warzenartig oder fangös und erodiert; gestielte Tumoren kommen selten
bei diesem Sarkomtypus vor.
In der Nähe der Knoten sind nicht selten geschlängelte Ge&Cse und
Blutaustritte zu sehen. Die Wunden nach Exzision der Knoten verheilen
vortrefflich, oft ohne Örtliches Recidiv.
Diese „unschuldige Periode^ des Hautsarkoms kann jahrelang fort-
dauern, die Kranken fühlen sich wohl und klagen höchstens über
Kribbeln, Brennen oder auch Schmerzen in den befallenen Extremitäten.
Die Lymphdrüsen sind meistens unverändert. Es bilden sich unterdessen
neue Knoten stetig oder in gröiseren (auch jahrelangen) Intervallen.
Ein schlimmes Zeichen ist schon das Befallensein der Schleimhäute.
An Zahnfleisch, Gaumen, Uvula entstehen dunkle, blaurote Flecke, diffuse
Infiltrationen oder Knötchen, die Tonsillen schwellen an; der Kranke
wird stark blutarm, magert ab und fiebert (an Abenden bis 39 und 40® C);
oft werden auch die Lymphdrüsen, Milz und Leber beträchtlich ver-
gröfsert. In diesem Stadium zerfallen mitunter ganze Knotengruppen,
es entstehen tiefgreifende, jauchige, ungemein stinkende Geschwüre. An
den Schleimhäuten zerfkllt die Neubildung noch rascher.
Nach dem Tode verändert sich beträchtlich das Bild des Sarkoms.
An der Stelle der violettrotbraunen, emporragenden, gespannten Knoten
sitzen flache rotbraune oder braune Erhebungen, manchmal blois Flecke.
Sekundäre Sarkomknoten sitzen oft an der Schleimhaut des Schlundes,
des Kehlkopfes, des Verdauungskanals, in der Leber, Milz, den Nieren, dem
Gehirn; es sind mitunter sehr gefälsreiche, dem Schwellgewebe ähnliche
Tumoren.
Die Krankheit kann schon am Ende des ersten Jahres, im zweiten
oder dritten Jahre letal enden, besonders bei jungen Individuen, sehr oft
aber bleibt der Allgemeinzustand vortrefflich, noch nach Verlauf von
^delen, 6, 12 und noch mehr Jahren.
Ich habe zwei solche sehr milde Fälle in meiner Privatpraxis
beobachtet:
I. Beobachtung: Ein 34jähriger Offizier (Juli 1885) litt mehr-
mals an Gelenkrheumatismus. Vor 12 Jahren sind die ersten Flecke an
den Unterextremitäten erschienen. Stat. praes. Ein gut gebauter,
kräftiger Mann. An der Haut der ünterextremitäten eine Menge kleinster
Venenektasien. Die Haut der Patellar- und Knöchelregionen kupferÜEirbig,
sonst unverändert. In der Gegend des Malleolus eztemus symmetrisch
an beiden Extremitäten sitzen Konglomerate von flachen, harten, bläulich
rotbraunen, erbsengroisen Knötchen. Ein frischeres, ganz flaches, mandel-
grofses Knötchen, von Kupferfarbe, sitzt an der Haut des linken Ober-
armes. Lymphdrüsen unverändert.
23
n. Beobachtung. Frau S. aus Lowza (Polen). Vor 4 Jaliren
sind die ersten Eaiötchen an den Unterschenkeln entstanden. Stat.
praesens: Wohlgenährtes öOjähriges Weib von gesundem Aussehen,
obwohl diabetisch. Am linken Unterschenkel ein guldengroiser, ganz
flacher Knoten von Pflaumenfarbe, mit zackigen verwaschenen Rändern.
Der Knoten reicht tief bis in die Unterhaut. Auf der Haut der beiden
Unterschenkel sitzen aulserdem zerstreut linsengroise, gelb-rötliche, tief
eingebettete, glatte Knötchen. An einem gelb-rötlichen Knötchen ist ein
bläulich-rotbrauner Fleck zu sehen. Lymphdrüsen unverändert.
Anatomie. In einem tödlichen Falle von idiopathischem, multiplem
Pigmentsarkom fand ich mikroskopisch folgende, für die beschriebene
Sarkomart typische Veränderungen: Die Hornschicht verdickt, Bete stellen-
weise verdünnt und flach (Papillen verstrichen), meistens verdickt und
mit langen, verzweigten Zapfen in das Korium hineinragend. Die
Papillarschicht wenig verändert. Unterhalb der Papillarschicht ist das
ganze Korium dicht mit kleinen, granulierten Spindelzellen erfüllt, deren
Züge und Haufen in allen Richtungen das zarte Fasergewebe durch-
setzen. Hier und da auch einige Rund- und ovale Zellen. In der Sub-
papillarschicht groise, mit Blutkörperchen gefüllte Kanäle, voneinander
durch dünne ZngQ von Spindelzellen getrennt. In den Papillen liegen
Haufen von verzweigten, mit braunen Pigmentkörnem angefüllten Zellen.
Im Unterhautgewebe liegen rings um die Gefkfse und SchweiJsdrüsen
Haufen von Spindelzellen (mit geringer Beimengung von Rund- sowie
ovalen Zellen), die Schweiisdrüsen gut erhalten.
Eine ähnliche Struktur finden wir in den meisten Fällen von
idiopath. mult. Hautsarkom, es wechselt bloDs das Zahlenverhältnis der
Band- und Spindelzellen, mitunter finden wir auch reine Rundzellsar-
kome.
Therapie. DaGs eine maligne Neubildung durch Arzneimittel heilen
kann, beweist der Fall von Köbnbr, der einzige unzweifelhafte Fall von
HeiluDg einer allgemeinen Sarkomatose^:
Schmächtiges 9jähriges Mädchen. Die ersten Koötchen sind vor
2 Jahren entstanden. An den Wangen braunrote, sehr harte, flache,
erbsengroüse Knötchen, an der Nase ein rasch wachsender, sehr harter,
grau-gelblicher, halb durchsichtiger Knoten (mit Ge&Tsramifikationen an
der Oberfläche). An den Extremitäten zahlreiche rote, flache Knoten,
daneben sehr kleine, flache, polygonale, gelb-rötliche, den Liehen planus-
Effloreszenzen gleichende Knötchen. Lymphdrüsen, Leber und Milz
vergröfoert.
'^ KöBNER, Berl klin. Wochenschr. 1883. No, 2.
24
Das mikroskopische Bild: Im Stratum reticulatum der Hani, in der
Unterbaut eine unzählige Menge von Spindelzellen, zu Nestern und
Bündeln angeordnet; stellenweise auch einige Bundzellen. Zahlreiche
grofoe Gefälse. Papillarschicht meistens unverändert.
Binnen einem Monat injizierte Köbner subkutan 6 — 9 Tropfen täglich
einer 1 % Natrium arsenicosum-Lösung. Schon nach 14 Tagen waren
die meisten Knoten abgeflacht. Nachträglich bekam das Kind noch
20 Injektionen (in Summa 20,0 der Lösung, also 0,20 reinen Arsenik).
4 Jahre später war das Mädchen noch vollständig gesund."^
Die Lokalisation von Sarcoma idiopathicum multiplex ist jedoch
nicht in jedem Falle so typisch.
Nicht selten entstehen die ersten Knoten im Gesicht, oder an einer
andern Körpergegend, jedoch im weiteren Verlaufe drängen sich die
Knoten an der Extremitätenhaut zusammen. In selteneren Fällen weicht
die Lokalisation ganz vom Typus ab, so in einem Falle von Perrin^
\vurden gerade die Hände und Füfse verschont. Den in mancher Hin-
sicht bemerkenswerten Fall führe ich in Kürze an:
Ein 22jähriger Mann. Die ersten Flecke sind an den Oberschenkeb
entstanden. Stat. praes. An der ganzen Hautoberfläche, Hände und
Füfse ausgenommen, sitzen harte, hirsekorn- bis mandelgrofee, stellenweise
zusammenflielsende Knoten. Einige gröfsere, 1 — 2 Zentimeter hoho
Knoten sind in der Mitte rotbraun, an der Peripherie rotviolett. Am
Zahnfleisch ein harter, umfangreicher, blauroter Tumor, am weichen
Gaumen, an der hinteren Pharynxwand, an den Tonsillen dunkelblaurote,
fast schwarze Knötchen und Infiltrationen. Am Oberarme drei mobile sub-
kutane Knoten. Lymphdrüsen nicht vergröfsert.
Vier Wochen später: Der Kracke stark abgemagert und geschwächt;
am totblassen Gesicht sitzen drei grofse, flache, violett-braune, fast
schwarze Knotengruppen (eine an der Stirn, die zwei andern symmetrisch
an den Waogeu). Viele Hautknoten sind ohne Spur vei*schwunden,
manche andre werden flach, weich, runzelig. Bedeutende Milzschwellung.
Vier Wochen später: Geschwüre am Zungenrande und hinterer
Pharynxwand, Abendfieber bis 40 ® C. und darüber, die Milz enorm
geschwellt. An der Brusthaut grofse zusammenfliefsende Purpuraflecke.
Tod nach halbjähriger Krankheitsdauer.
Post mortem wurden an der Stelle der emporragenden dunkelvioletten
• KöBNER, Berlin, klin. Wochenschr. 1886. pag. 193.
^ Peruik, La sarcomatose cutanec. Thöse de Paris. 1886.
25
Knotengnippen blols flache rötliche Erhabenheiten, fast Flecke gefunden.
Zerfallene Infiltrationen an der Epiglottis, Knötchen in der Trachea,
exnlcerierte Knoten im Dickdarm und Rectum. Das mikroskopische
Bild: In der Haut und Unterhaut einkernige Rundzellen von der Gröfse
der weifsen Blutkörperchen, dicht im zarten Reticulum eingelagert. Grofse
Gefälse. GefeJse, Schweifs- und Talgdrüsen sind der Ausgangspunkt der
Neubildung.
Die nicht typisch lokalisierten multiplen idiop. Hautsarkome geben
mitunter gar seltsame klinische Bilder ab. Als Beispiel führe ich einen
Fall von Fox an ® : Ein kleines Kind ; an den Ohrmuscheln kleine
Pusteln, am Hinterhaupt ein grofser weicher Tumur. An den End-
phalangen aller Finger an beiden Händen weiche lappige Tumoren,
deren Form und Farbe an halbreife schwarze Weintrauben erinnert.
Gro&er Tumor am Zahnfleisch. Zwei jüngere Geschwister haben eben
solche Epuliden.
In manchen Fällen von idiopath. multiplem Hautsarkom werden
Knoten oder Knotengruppen blofs an einer Körpergegend gefunden. Einen
solchen Fall habe ich im Sommer 1887 an der Hautabteilung des
Israelitischen Hospitals in Warschau beobachtet. ^°
III. eigene Beobachtung. E. Ossakowski, 23 Jahre alt, seit
3 Jahren erkrankt. Eine diffuse Schwellung der Nase ist nach der Aus-
sage des Kranken das erste Krankheitssymptom gew^esen. Ein Jahr
später zeigten sich die gröfseren Knoten, noch ein Jahr später ging die
Nasenscheidewand zu Grunde.
Status praes. Gut genähi-tes Individuum. Die ganze Nasenhaut
von einer Knotengruppe eingenommen. Die Knoten sind weich-elastisch
glatt, flachkugelig, von blauroter, ihre Intensität wechselnder Farbe.
Die gröfeten, erbsengrofsen Knoten stehen an der Nasenspitze, die
jüngeren, halbdurchsichtigen, hanf komgrofsen an der Peripherie der Knoten-
gruppe. An der Oberfläche der Knoten einige geschlängelte Gefäfse.
An der Basis der Knotengruppe und ringsherum besteht eine diffuse, hell-
violettrote Infiltration, die ein wenig auf die Wangenhaut übergreift und
hier ohne scharfe Grenze verschwindet. Ein mandelgrofser Knoten an
der Nasolabialfurche zerfiel tief im Zentrum und vernarbte; peripheri-
sche Knotenreste blieben stationär.
Das häutige und knorpelige Septum vollständig zerstört; am Grunde
der Höhle ist der wallartig verdickte Septumrand sichtbar. Die Naseu-
« Fox, Skin Diseases. 1873. pag. 352.
*® Vorgestellt mit Demonstration der mikroskopisclien Präparate in der Gesell-
schaft der Ärzte zu Warschau. 1887.
26
Schleimhaut verdickt, erodiert, stark sezernierend. Die Wunden nach
Exzision der Knötchen heilen rasch, ohne örtliches Becidiv.
Bei B.hinoscopia posterior wird am Ostium tubae Eustaohii dextrum
ein roter, runzeliger, erbsengroCser Knoten sichtbar ; das linke Ostium
unverändert. (Otitis media purulenta mit Perforation des Trommelfells
beiderseits.) Lymphdrüsen und Yiscera scheinbar unverändert.
Während des halbjährigen Spitalaufenthalts bekam der Kranke
48 Injektionen einer l%igen Natrium arsenicosum-Lösung, 3 bis 9 Tropfen
täglich; die Knoten flachten sich um ein geringes ab, wurden blässer und
glanzlos, im allgemeinen war der Erfolg recht gering. An der Oberfläche
der Knoten zahlreiche Miliarkörner.
Unter dem Mikroskop habe ich folgendes Bild gefunden: Die Ilete-
zapfen stellenweise stark verlängert. Die Papillarschicht wenig verändert
(eine geringe Wucherung der Bindegewebszellen); an manchen Stellen
liegen verzweigte, mit braunem, körnigem Pigment erfüllte Zellen. Von
der Subpapillarschicht angefangen, finden wir dichtgedrängte, gut färbbare
kleine Rund- und Spindelzellen. In der Subpapillarschicht zahlreiche,
sehr grofse, mit Blutkörperchen erfüllte Gefäise. Nur stellenweise reicht
die Infiltration bis zum Rete.
In den tieferen Hautschichten bilden die beschriebenen kleinen Zellen
samt den Gefäfsen und faseriger Zwischensubstanz ein Gerüst, dessen
Alveolen mit Zellen erfüllt sind. Diese (intraalveolären) Zellen sind
gröfser, rund oder oval, blafs und trübe, mit einem oder mehreren Kernen;
die Kerne oblong, schwach färbbar, blafs, bläschenartig, meistens mit zwei
glänzenden Kemkörperchen. Zwischen diesen dichtgedrängten Zellen
liegen auch vereinzelte gut gefärbte Spindelzellen.
In den tieferen Schichten des Knotens bilden diese grolsen, blassen
Zellen die Hauptmasse; ganz dünne Züge von Spindelzellen bilden hier
das rudimentäre Alveolargerüst. In manchen Alveolen liegen trübe
Riesenzellen mit zahlreichen oblongen, bläschenförmigen Kernen; ver-
einzelte Riesenzellen liegen auch zwischen den kleinen Stromazellen.
Für Überlassung dieses Falles spreche ich an dieser Stelle Herrn
Dr. Elsenbebg meinen Dank aus.
In einigen Fällen von idiopath. multiplem Hautsarkom erweichen
in typischer Weise alle, oder fast alle Knoten; die Erweichung beginnt
regelmäfsig im Zentrum der Knoten und schreitet rasch an die PeHpherie.
Diesem, anscheinend geringen Umstände verdanken diese Fälle eine
eigentümliche Physiognomie: nicht allein erinnern einzelne Knoten an
syphilitische Gummata, sondern auch das ganze klinische Bild sieht
der gummösen Syphilis nicht unähnlich (Gruppierung der Knoten in
27
Kreissegmenten, kraterförmige, rasch verheilende Geschwüre, tiefe Narben,
u. s. w.). Znr besseren Charakteristik möchte ich diese Sarkomgruppe
als multiples, idiopathisches, gummaähnliches (erweichendes)
Hautsarkom, Sarcoma mult. idiopathioum gummatodes cutis
bezeichnen.
Einen Fall dieser Art habe ich an der Hautabteilung des Israelitischen
Hospitals beobachtet.
IV. eigene Beobachtung: Ch. Lindbrmann, 70jährig, kam ins
Krankenhaus den 7. Oktober 1887. Leidet seit 10 Jahren an starken
Schmerzen in den Unterextremitäten. Vor 3 Jahren sind Knoten an
der Kopfhaut, Glabella und beiden Unterschenkeln entstanden; an der
Kopfhaut sind die Knoten eingesunken, an den Unterschenkeln dagegen
verfielen manche Knoten.
Stat. praesens: Der Kranke wohlgenährt, von gesunder Gesichts-
farbe. Die Haut am Stamme und an den Extremitäten gleichmäisig braun.
Zugängliche Schleimhäute, Lymphdrüsen, sowie Viscera bieten nichts
Besonderes dar.
An der Kopfhaut sehen wir einige haarlose, fast guldengrofse, öache
Narben. Diese Narben sind an der Peripherie milchweüs, zackig, im
Zentrum hellviolett, leicht prominierend, mit einigen Gefälsramifikationen
bedeckt. An der Glabella und oberen Hälfte des Nasenrückens eine
wulstige, unebene, hell-violette, verschiebbare Narbe.
An der unteren Hälfte der beiden Unterschenkel sitzen grofse
Knotenkonglomerate von hellviolettroter Farbe. Die Form imd Gröfee
der Knoten bietet manche Unterschiede dar: a. die kleinsten Knoten
sind von der Gröfse und Farbe einer Kirsche, halbkugelig, ziemlich
weich, elastisch ; manche fluktuieren deutlich ; b. gröfsere (kastaniengrofse)
Knoten besitzen eine centrale Öffnung, welche zu einer umfangreichen
Höhle führt; durch diese Öffnung entleert sich das verflüssigte Knoten -
innere. Knoten dieser Art, IVs cm hoch, bogenförmig gruppiert, bilden
die untere Grenze der Konglomerate; c. einige thalergrofse, üache, runde
oder ovale Knoten; im Zentrum eines jeden Knotens sitzt ein umfang-
reiches tiefes Geschwür mit stinkender gelblicher Zerfallmasse bedeckt;
den Geschwürsrand bilden die peripheren, noch erhaltenen Knotenteile.
Der Geschwürsrand ist steil oder unterminiert und besteht aus Kreis-
segmenten. In der Nähe der Knoten befinden sich teils weiüäe, teils
hellviolette Narben; d. am Fuisrücken sitzen ganz flache, linsengrofse,
violettbraune, zum Teil zusammenflieisende Knötchen.
Das beschriebene Krankheitsbild wechselt ungemein rasch, die Knoten
werden flach und dunkelbraun, die Geschwüre vernarben vorzüglich unter
Jodoformsalbe (10%). Binnen 3 Wochen vernarben alle Geschwüre, die
28
Knoten sind kaum Vs cm hoch; nur aus den Offnungen der untersten
Knoten fliefst etwas Serum aus.
Im Zeitraum von einigen Monaten zerfielen und vernarbten die noch
erhaltenen Knoten und Knotenreste. Nach Ablauf von 4 Monaten ver-
läfst der Kranke in vorzüglichem Zustande das Hospital (noch nach
Jahresfrist gesund).
Mikroskopische Untersuchung (ein nichtfluktuierender Knoten
an der Schnittfläche speckartig, weifs mit rotbraunen Flecken). Der
ganze Tumor besteht aus kleinen kurzen Spindelzellen, deren Züge in
allerlei Richtungen das zarte Pasergewebe durchsetzen. Stellenweise sind
die Spindelzellen lang und sehr dünn. Die Zellen erfüllen in dicht-
gedrängter Masse die Subpapillarschicht, gegen die Papillen nimmt die
Zellinfiltration bedeutend ab. In den Papillen liegen Gruppen von
verzweigten Pigmentzellen. In den oberflächlichen Schichten des Knotens,
mithin in der Zellenmasse, liegen grofse Blutkanäle; stellenweise ragt die
Zellmasse kolbig in das Gefäfslumen hinein. In den tieferen Schichten
des Tumors liegen blofs kleine, mitunter obliterierte Gefäfse. Im Zentrum
des Tumors finden wir ein trübes, faseriges Gewebe mit ungefärbten und
zerfallenen Zellen.
Sehr ähnlich ist der Fall von Besnier. ^* Die dessen Arbeit bei-
gefügte Chromolithographie gibt einen guten Begriff von der Form der
Knoten in meinem Falle.
Ein 49jähriger, gut genährter Mann. Vor IV^ Jahren sind kleine
bläuliche Knötchen am Rücken entstanden. Stat. praes. An der
Rückenhaut zwei umfangreiche Gruppen von Tumoren. Die Gröfse der
Tumoren ist sehr verschieden: junge, periphere Knoten sind hirsekorn-
bis erbsengrofs, blafs, mit Gefäfsästchen bedeckt; ältere Knoten sind bis
1 — 2 cm hoch, blaurot, von teigiger Konsistenz; die untere Gruppe ist
an der Basis eingeschnürt, fungös. Ein Teil der Knoten blieb unversehrt,
andre besitzen eine zentrale, kleinere oder gröfsere Öffnung, noch andre
zeigen zentrale, tiefe, kraterförmige Ulcerationen mit unebenem, belegtem
Grunde und steilem, bogenförmig ausgenagtem Rande. Die untere Gruppe
ist im ganzen umfange tief exulceriert. Die Geschwürsflächen liefern
reichlich flüssiges, stinkendes Sekret. Um die jungen peripheren Knöt-
chen herum liegt eine blaurote, paarzentimeterbreite Infiltrationszone. Die
Tumoren sind verschiebbar. Die Lymphdrüsen unverändert.
Ein Jahr später: Der Kranke kachektich, erschöpft, linke Axillar-
drüsen geschwellt, an der Brusthaut ein grofser Tumor, am Kopfe ein
^^ Besnier. Sur un cas de tumeur de la peau ä evolution clinique analogue
ä Celle du Cancer, et k determination histologique ambigue, participant des caractdres
du lymphadenome et de granulome. Annales de Dermat. et de Syph. 1881. No. 4.
29
kleiner harter Knoten. Die Tumoren am Rücken bilden eine grofse
Ulceration. Lungenpthise.
Mikroskopisches Bild: Papillarschicht unverändert. In den peripheren
Knotenpartien liegen Haufen von kleinen Rundzellen rings um die Ge-
fäise und Hautdrüsen; in der Mitte des Knotens sehr dichte Zellenmasse,
spärliche dünne Bindegewebsfaser.
Im Falle von Demanqb^^ war die Gesichtshaut mit ähnlichen
Knoten und diflFusen tief zerfallenden Infiltrationen besetzt; im II. Falle
von Vidal-Brocq ^* sausen zwei ähnliche Knoten am Oberarm.
Vermutlich gehört hierher auch der bekannte Mykosisfall von
Baztn^*: ein 60jähriger Mann (Herbettb), vor 3 Jahren erkrankt. An
der ganzen linken Rückenhälfte grofse, an der Basis zusammenfliefsende
Knoten. Die Knoten sind halbkugelig, dunkelrot, elastisch; manche
fluktuieren; die gröfsten (an der unteren Grenze der Knotengruppe) sind
paarzentimeter hoch. Einige Tumoren sind tief zerfallen. Der Kranke
vergleicht treffend die äufsere Form der Knotengruppe mit Meerwellen.
Einzelne Tumoren vei-schwänden. Infolge von Erysipel sind sämtliche
Knoten binnen 8 Tagen verschwunden. Dieser Mann ist gesund geblieben
(während 16jähriger Beobachtungszeit).
Zu dieser Sarkomgruppe gehören vielleicht auch manche, als „Gommes
cancereuses" beschriebene Hauttumoren.
Wir können somit das „idiopathische, multiple, zentral erweichende
Hautsarkom" in folgender Weise definieren: es entstehen an der Haut,
ohne typische Lokalisation, blaurote, rasch wachsende, halbkugelige, oft
kastanien grofse und noch gröfsere Tumoren, welche gewöhnlich zu um-
fangreichen Gruppen konfluieren. Manche Knoten verschwinden spontan.
Die Knoten erweichen regelmäfsig im Zentrum, fluktuieren, bersten dann;
durch die zentrale Öffnung entleert sich das flüssige Knoteninnere; die
zurückgebliebene leere Schale zerfällt oder verhärtet sich mit dem Geschwürs-
grunde. In der beschriebenen Weise können sämtliche Knoten zerfallen
und vernarben. In 2 Fällen (dem von Bazin und dem meinigen) trat
Heilung ein. Mikroskopisch bestehen die Knoten vorwiegend aus lym-
phoiden, im zarten Retikulum eingelagerten Zellen. Im Falle von Besnier
war kein deutliches Retikulum vorhanden. In meinem Falle bestanden
die Tumoren aus kleinen Spindelzellen.
Die Papillarschicht der Haut bleibt, ebenso wie im Typus von
Kaposi, wenig oder ganz unverändert.
" Dbmanob. Du Mycosis fongoide. Annales de Dermal et de Syph. 1873. No. 4.
*' ViDAL et Brooq. ]&tude sur le Mycosis fong. France medicale. 1885.
No. 79—85.
" Bazin. Affections cutanies artificieUes. pag. 365.
30
Die beschriebene Sarkomspezies bildet das Kettenglied zwischen
dem idiopathischen multiplen Pigmentsarkom und den nnter dem Namen
„Mykosis fungoides'' bekannten Hauttnmoren.
(Fortsetzung folgt)
Prof. Dr. R. Kobebt (Dorpat). Kompendiam der ArzneiverordnnngBlehre
für Studierende und Ärzte. Stuttgart, Verlag von Fbbdinand Emkb. 1888.
Das vorliegende Werk bringt auf noch nicht 200 Seiten sehr übersichtlich und
klar alles für den Praktiker Nötige.
Uns hat an dem Buche besonders erfreut, dafs dasselbe auch der Dermotherapie
gedenkt — ein Vorzug, den es vor allen jetzt in den Händen der Arzte und Studie-
renden befindlichen Kompendien, Lehr- und Handbüchern — Binz, Harkack, Boss-
RÄCH und NoTHNAGBL, EwALD uud LÜDBKB, u. s. w. — Yoraus hat. Es ist damit ein
Anfang gemacht, der auch die andern Autoren veranlassen wird, diesem bis jetzt so
stiefmütterlich behandelten Kapitel in späteren Auflagen ihre aufmerksame Sorgfalt
zuzuwenden.
Einen Punkt mochte ich — ohne damit als wie von einem „etwaigen Fehler^
sprechen zu wollen — erwähnen, auf den Unna schon früher hingewiesen hat: Die
pag. 125 aufgezählten Leime (die Bezeichnung „Leimpasten'' ist uns durchaus ange-
läufig) haben sich in der Praxis zum Teil als entbehrlich herausgestellt. Die „harten
Zink-Leime** finden kaum noch Anwendung, da man besser thut, die hochdosierten
Arzneistoffe, die eben zur Suspension harte Leime erfordern, in — etwa spirituöser —
Lösung auf die Haut aufzutragen und darüber eine Decke von weichem Leim
aufzupinseln.
Etwas kurz sind unserer Ansicht nach die für die Therapie so besonders
wichtigen „Guttaperchapflastermulle*' weggekommen — nämlich mit je 2 Zeilen
pag. 141 und pag. 145.
Wir fassen den Begriff „Pasten" bedeutend enger, als Verf. es thut. Sie sind
ja erst neu in die Therapie eingeführt — von Lasbab und Unna. In der Dermo-
therapie läfst sich eine Paste einfach als eine verhältnismäfsig trockene Salbe be-
zeichnen, übrigens hat sich die Komposition und Anwendungsweise der Pasten
geklärt und vereinfacht, (s. Gbündleb, Über Pasten. Monatsh, /*. prakt Dermat
No. 19. 1888).
Wie gesagt, wir begrüfsen aber diesen Fortschritt, den der Verf. eingeleitet
hat, mit groüser Freude und sind ihm dafür zu Dank verpflichtet. Sollte es sich
nicht empfehlen, wenn einer der Autoren, die auf diesem Gebiete in Zukunft arbeiten
wollen, einen Schüler die Herstellung und Anwendungsweise der betr. Präparate aus
eigener Anschauung kennen lernen liefse? — von Düring- Hamburg.
31
J. L. MiLTON, Senior Sargeon to St. Jobns Hospital for Diseases of the Skin.
Qu the History, Natnre and Treatment of Syphilis. London, H. Renschaw.
1887.
Der Verf. nimmt selbst in England, wo vielleicht durch den Bildungsgang der
Mediziner mehr als sonst eine Originalität der Forscher anzutreffen ist, eine Sonder-
stellung ein. Das Yorliegende Werk bezeichnet Verf. selbst als die gesammelte Aus-
gabe vieler einzelner Orig^nalarbeiten, die in englischen Zeitschriften erschienen sind.
Ein Vorteil der vorerwähnten Originalität ist jedenfalls, dafs stets den Lesern
andre Anschauungen vorgeführt werden, aus denen, wenn auch oft nicht leicht,
anregende Gedanken herausgeschält werden können.
Die Einteilung des Buches ist in dem Titel gegeben. Zunächst gibt Verf. auf
90 Seiten eine Geschichte der Syphilis. Am Ende des historischen Überblicks wendet
er sich gegen die noch von vielen kritiklos geglaubte Umwandlung von Syphilis
der Eltern in Skrofulöse bei den Kindern.
Ganz eigenartige Anschauungen entwickelt Verf. in den Kapiteln n und JH:
Nature of Syphilis. Er ist ein Gegner der bakteriellen Auffassung der luetischen In-
fektion; er wendet sich aber auch gegen die Auffassung, dafs das Syphilisgift ins
Blut aufgenommen wird (pag. 162 — 170); er meint, das „Gift** wirke gerade wie andre
Gifte, durch eine eigenartige Besorption und dadurch ausgelösten Beflex.
Die zweite Hälfte des Buches ist der Behandlung gewidmet; sie zerfällt in drei
durch die natürliche Einteilung der Lues gegebene Kapitel. In bezug auf die
innerliche Behandlung sagt M., dafs sie schon bei der Primäraffektimi „to use a
rather elastic phrase** nach allgemeinen Prinzipien zu regeln sei ; wenn das Ulcus sehr
torpid ist, gibt M. auch jetzt schon Hg innerlich.
Am weitesten von unsern Anschauungen entfernt sich M. in der Therapie
der Sekundärperiode. Von Injektionskuren will er nichts wissen; die Zeiten der
Inunktion sind vorüber, weil nicht der bei uns mit so grofser und berechtigter
Freude über Bord geworfene Aberglaube an die Notwendigkeit der hermetischen
Abschliefsung der Pat. mehr zu Hecht existiert.
Die Therapie des Verf. ist, wenn man so sagen darf, eine aufserordentlich protra-
hierte; sie zerföUt in drei längere Perioden; zuerst wird der Körper diätetisch
vorbereitet, wenn nötig werden salinische Abführmittel mehrere Tage gereicht; dann
folgt eine Jodkalikur — kleine Dosen durch mehrere Wochen. In der dritten,
7 Wochen langen Behandlungsperiode spielen die Kalomel-Dampfbäder die Haupt-
rolle. Auf pag. 296 gibt M. eine Abbildung eines im Kalomelbad befindlichen Pa-
tienten. Der Patient sitzt in einer Art Badestuhl und ist vollständig mit einem
.fFlanellkrinolin" bedeckt. Derartige Kalomel-Schwitzbäder soll der Patient 24 nehmen.
Innerlich bekommen die Patienten eine Art Zittmanndekokt :
J^ Sassafras radicis
30,0
Mezerei corticis
24,0
Chiajad ligni
60,0
Extr. glycyrrh.
7,5
Aquae
240,0
Coque.
Sub fine coctionis admisce
FoUorum Sennae
15,0
Cole et adde
Tineturae cardamomi compoft.
44,0
milde, reizlose Diät.
32
Das sehr ausführliche Kapitel enthält viel Beherzigenswertes. Jedenfalls ist aber
die Therapie des Verf. viel zu kompliziert, um allgemein Aufnahme finden zu
können.
Besonders rühmend anzuerkennen scheint uns die grofse Belesenheit des Verf.
auch in der ausländischen einschlägigen Litteratur und die zahlreichen Litteratur-
angaben unter dem Text. ron Düring- Hamburg.
Prof. P. Ferrari in Catania. Über die Lepra in Italien und besonders in
Sicilien.
In dieser Monographie gibt der Verfasser mehr als es der Titel verspricht.
Er beschreibt nicht blofs die Ausbreitung der Lepra in seinem Heimatlande, sondern
bietet auch eine nach jeder Eichtung hin ausführliche Darstellung dieser Krankheit.
Besonders wertvoll ist das beigegebene 324 Nummern umfassende Litteraturverzeichnis,
welches alle wichtigen, die Kenntnis, der Lepra betreffenden litterarischen Erscheinungen
bis zum Jahre 1888 enthält.
Die historische Einleitung bringt nichts wesentlich Neues. Die Entstehung der
Lepra in Sicilien führt der Verfasser auf die Übertragung von seiten der Juden
zurück, welche nach der Zerstörung Jerusalems sich in Sicilien niederliefsen. Diese
Annahme ist ganz willkürlich, da die ersten historischen Daten über die Lepra in
Sicilien aus d^m 11. Jahrhundert herrühren, also circa 1000 Jahre nach Einwanderung
der Juden. Das Kapitel über die Ätiologie bietet auch in diesem wie allen anderen
Werken über Lepra keine sehr befriedigende Ausbeute. Man hat alle denkbaren
Verhältnisse, wie Klima, atmosphärische Einflüsse, Bodenbeschaffenheit, Nahrung etc
als Ursache der Lepra beschuldigt, aber für nichts einen zwingenden und unwider
leglichen Beweis bringen können.
Verfasser hält in Übereinstimmung mit vielen anderen Autoren die Lepra für
nicht kontagiös und zwar aus folgenden Gründen. Erstens findet sich bei dieser
Krankheit kein primärer Entstehungsherd. Ferner sprechen viele von ihm und
andern (z. B. Baelz in Tokio) eruierten anamnestischen Momente gegen die Möglich-
keit einer Kontagion. Auch ist sie durch Impfung weder auf Tiere noch auf andere
Menschen übertragbar. Einen weiteren Beweis für seine Ansicht findet Verfasser in
dem Umstände, dafs gesunde Mütter von leprösen Kindern an diesem Leiden nicht
erkranken, selbst wenn sie von Leprakranken konzipiert hatten. Dies scheint mir
aber keine Stütze für die Nichtkontagiosität zu sein, da ein gleiches Verhältnis aucli
bei der Syphilis vorkommt, an deren Ubertragbarkeit niemand zweifelt. Ebensowenig
stichhaltig ist ein fernerer Beweis, den Verfasser für seine Ansicht anführt. Er hält
nämlich den HANSENschen Bacillus nicht als den für die Lepra pathogenen und
macht dann den kühnen Schlufs: „Da kein pathogener Mikroorganismus existiert, so
ist die Krankheit nicht pathogen. ^ Der Vordersatz ist aber durchaus nicht bewiesen,
selbst wenn man der Richtigkeit von Hansens Entdeckung nicht beipflichtet.
Verfasser hält die Krankheit für hereditär. Mehrere von ihm erzählte Kranken-
geschichten beweisen es zur Evidenz, dafs gesunde Eltern leprakranke Kinder haben
können, und umgekehrt spricht natürlich nicht dagegen, da ein gleiches Verhältnis
auch bei anderen Krankheiten vorkommt, die allgemein für hereditär gehalten
werden.
Was die Pathogenese der Lepra betriAH;, so hält Verfasser die Krankheit als
Ausdruck einer skrofulösen Diathese, aus welcher je nach Umständen verschiedene
morphologische Prozesse, so auch Lepra, entstehen können. Dafür spricht der Um-
stand, dafs dort, wo Lepra vorkommt, srofulöse uud tuberkulöse Erkrankung sehr
zahlreich zu finden sind, und dafs alle Leprakranke schliefslich an Tuberkulose zu
Grande gehen. Der HANSENsche Bacillus ist zwar mit dem KocHSchen nicht
identisch, aber kann nach dem Verfasser auch nicht als für die Lepra pathogen
angesehen werden, weil diese dann kontagiös sein müfste, was in der That nicht
der Fall ist. Das Kapitel über die Symptomatologie der Lepra bietet nichts wesentlich
Neues, ebenso der darauf folgende sehr ausführliche Abschnitt über die pathologisch-
anatomischen Veränderungen. Hier bespricht Verfasser hauptsächlich die Morphologie
und die Biologie des Bacillus Leprae und die von Hansen, Unna, Neisser, Lutz
u. a. hierüber gemachten Untersuchungen. Von Unna differiert er darin, dafs er das
Stratum comeum nicht immer als Grenzscheide für den Bacillus ansieht, und dafs diese
überall in den Zellen vorkommen sollen. Zum Schlüsse teilt Verfasser den interessanten
Befund einer Placenta einer leprösen Frau mit, deren Kind im Alter von 9 Monaten
von derselben Krankheit befallen wurde. Es fanden sich wohl gewisse Qewebs-
veränderungen vor, wie sie bei Lepra beachtet worden, es fehlte jedoch jegliche Art
von Bacillen.
Über Prognose und Therapie spricht sich Verfasser ebenso pessimistisch aus,
ii?ie die meisten Autoren, die über diese Krankheit geschrieben haben.
E. Fink- Hamburg.
J. Neumann (Wien). Lehrbucli der venerischen Krankheiten und der
Syphilis. Mit 69 Abbildungen im Text und 2 Tafeln. 1. Teil: Die blennor-
rhagischen Affektionen. Wien, Braumüllea. 1888.
Einen kurzen Auszug des ersten Bandes dieses erschöpfenden Werkes zu geben,
gestattet der Bahmen dieser Zeitschrift nicht. Die Therapie des Trippers umfafst
72 Seiten ; in einem „Rückblick auf die Therapie des männlichen Harnröhrentrippers*'
fafst der Vez fasser die grofse Summe seiner Erfahrungen in einem glänzend ge-
schriebenen, knapp und höchst instruktiv gehaltenen Kapitel zusammen. Die
Neurosen und Funktionsstörungen des männlichen Harn- und Geschlechtsapparates
und ihre Beziehungen zum Tripper der männlichen Harnröhre sind ebenso klar wie
übersichtlich abgehandelt. Der „Blennorrhoe beim Weibe'' ist ein grofser Teil des
Buches mit Recht und mit Erfolg gewidmet; niemand mehr, wie gerade die
Spezialkollegen des Verfassers, werden die übersichtliche Zusammenfassung zu
schätzen wissen. Der Arzt und der Student werden eine Fülle von Belehrung auch
ans diesem Kapitel ziehen. „Die extragenitalen Formen der Blennorrhoe" und „die
Allgemeinwirkungen des Tripperkon tagiums" beschliefsen das Werk.
Sehr gute Abbildungun stützen die Anschaulichkeit: die anatomischen sind dem
trefflichen HEiTziiANNschen Atlas entnommen; das Instrumentarium reichhaltig, gut
zerlegt abgebildet.
Am Schlüsse des Kapitels über Strikturen hätten wir eine, wenn auch kurze,
Andeutung der Behandlung durch den Katheterismus von. der eröffneten Blase aus
nach vorwärts gewünscht. Das Dilatatorium Obeblänoers, das wir für eine wertvolle,
Bereicherung unseres Armamentariums in der Hand des methodisch vorgehenden
Arztes halten, und dessen hauptsächlicher Wert in seiner Gummihülle besteht, finden
wir nicht. Ourschmann hat auf dem Wege zum Setzerkasten regelmäfsig sein s ein-
gebüfst; auch im Autorenregister ist ihm dieser legitime Buchstabe nicht restituiert
worden.
Monatshefte. 3
34
Wenn der Verfasser in seiner Vorrede bescheiden beginnt, es wäre wohl ein
Wagnis, ein derartiges Buch zu schreiben, so dürfen wir an der Hand genanen
Studiums desselben — und wir sind überzeugt, alle seine Leser ebenso — sagen: In
der Hand dieses Meisters ist es kein Wagnis mehr. Pauly- Nervi hei Genua.
Prof. N. Manssurow. Klinische Sammlung für Dermatologie und Syphili-
dologie. Moskau. 1887. II. Lieferung. (Autorreferat.)
Diese Lieferung enthält folgende Vortrage:
I. Fall von Ichthyosis universalis, er betrifft einen Student mit einer
ichthyotischen Entartung der ganzen allgemeinen Decke. Der Bumpf, das Gesicht
waren mit dünnen Schüppchen bedeckt, die Extremitäten mit grofsen, beinahe
1 Zoll dicken Schuppen. Die Behandlung bestand in Anwendung von reduzierenden
Mitteln, von denen die 20 Vo Besorcin- und Ichthyolsalben eine bedeutende Beaserang
erzielten, aber keine gründliche Heilung. Arsenik und Boborantien blieben ohne
Wirkung.
Interessant ist, dafs die Ichthyolsalbe während der Nacht Beiz zum Hosten
hervorrief, und dieselbe deshalb nur am Tage verordnet werden konnte. Verf.
kommt bezüglich der Ätiologie des Leidens zu dem Schlüsse, dafs diese Hyperkeratose
auf einer Anomalie der Ernährung begründet ist. Aber ob wir die Ursachen des
Leidens in der Stachelschicht oder in den Blutkörperchen oder in der Innervation
zu suchen haben, das sollen erst spätere Untersuchungen aufklären.
IL Krankengeschichte einer 63 Jahre alten Frau mit Xanthomen des Ge-
sichtes. Das runzelige zitronen farbige Gesicht ist besonders gut gelungen in der
der Lieferung beigegebenen Photographie. Die Patientin kam in Behandlung wegen
Rheumatismus, sie litt weder an Cirrhose, noch an Gelbsucht. Die Ätiologie der
Krankheit blieb auch in diesem Falle unbekannt.
in. Besprechung der Polytrichie und zwar im Anschlufs an die Besprechung
der Manequins und Photographien der Moskauer Antropologischen Versammlung. Der
Verf. exponierte dieselben in der Ausstellung in Moskau (1879). Die Photographien
von Julia Pastrana als Mädchen im Alter von 18 Jahren, mit Bart, von Abbiam
Jewtichiew, und das Bild vom kleinen Fedor und von einem Mädchen von 62 Jahren,
Wasilissa Fedorowa, illustrieren dieses Kapitel.
Der bekannte Adrian war Bauer aus Kostroma. Wegen Familienunannehmlich-
keiten verliefs er sein Haus und grub sich eine Erdhütte unter einem Baume im
Walde, wo er 10 Jahre lebte. Sein ganzes Gesicht wurde darauf dicht von Haaren
bewachsen. Der 8jährige Fedob ist nicht sein Sohn, wurde aber als Kuriosnm
zusammen mit ihm gezeigt. Der Adrian lebte darauf noch einige Zeit in Paris,
bekam die Gewohnheit zu trinken, wurde Bettler und starb an Pneumonie. Beide
sind in dem berühmten Atlas von Prof. F. Hebra abgebildet (Heft X).
Das Mädchen Wasilissa (aus Kasan) ist eine Hermaphrodit in. Sie bekam ihren
Bart seit dem 16. Lebensjahre, blieb unverheiratet, und da sie zu lesen verstand, so
unterhielt sie ihre ganze Familie, indem sie an den Leichen der Verstorbenen
Gebete las.
Verf. bespricht endlich die Polytrichia congenita und acquisita vom antro-
pologischen und praktischen Gesichtspunkte. Die interessanten Fälle von Polytrichia
acquisita nach Gebrauch von Reizsubstanzen (spanischen Fliegen) führen ihn auf die
Idee, einige unschädliche lokale Mittel gegen Defluvium capillorum vorzuschlagen.
35
Zuletzt experimentierte er mit Petroleam, welches bei Alopecia und Defluvium capillitii
«X seborrhoea schon gute Dienste leistet.
lY. Über Färbung der Haut und Nagel nach Arsenikgebrauch. ESn
4Qjähriger Patient litt im Winter an Hautjucken und an chronischem Ekzem
beider Beine. Nach Arsengebrauch trat Besserung ein, und nach 9monatlicher
Behandlung radikale Heilung. (Gesamtyerbrauch 36 Drachmen Solut. Fowleri =
30 Gran Arsenik.) Am Ende der Behandlung wurden seine sämtlichen Nägel
braun. Einige Monate nach beendeter Eur wurden die Nägel wieder normal. Verf.
citiert einige Fälle (von Mobrow), wo solche Färbung der Haut zum Vorschein kam,
und analoge Fälle von Argj^e, Phosphorvergiftung, und die lokale Argyrie der Pinger,
wie sie Prof. Lbwin beschreibt. In allen diesen Fällen scheint es, dafs die Hom-
gewebe besonders dazu geeignet sind, solche Verbindungen zu bilden (Albuminate?),
die sehr dauerhaft sind und auf lange Zeit die allgemeine Decke verfärben.
V. Bespricht den roten Schweifs. Bei Zahlzeichen Untersuchungen der
Syphilitiker bekam der Verf. mehrere mal* den roten Schweifs zu sehen, welcher
vom Micrococcus haematodes, Pilz des roten Schweifses (Babes), herrührt. Der
mikroskopische Befund des Pilzes in solchen Fällen fehlte niemals. Mehrere Prä-
parate wurden dem Prof. Sorokiit in Kasan zur Untersuchung vorgelegt und von
ihm ebenfalls die Anwesenheit obiger Pilze konstatiert. Letzterer fand beim Ver-
gleichen der Präparate mit den Abbildungen von Gobkil und Babes, dafs bei den
genannten Autoren die Zoogloea aus Stäbchen bestehe; vom Zerfalle dieser Stäbchen
entstehen hier und da Mikrokokken.
Die radiale Anordnung der Stäbchen war ebenfalls vorhanden, ebenso wie
die radiale Lage der Kokken von Babes.
VI. 2 Fälle von Psoriasis vulgaris, die am behaarten Kopfe ihren Ursprung
nahm. Es scheint, dafs die Infektion nicht selten an der Scheitelgegend beginnt und
nur später, wenn die Haut der Knie und des Bumpfes affiziert ist, vom Kranken
bemerkt wird. Verf. kannte einen Fall sehr genau, wo der Primäraffekt an der Nase
begann, wodurch die Diagnose für ihn ungemein erschwert wurde.
Die Behandlung bestand in der Anwendung Von Chrysarobin- oder Salicylsäure-
Eollodium (Arsenik innerlich).
Noch wäre zu bemerken die Symbiose von Lues und Psoriasis. Die erstere
heilt nach 1 — 2 Jahren, aber die Psoriasis kann weiterbestehen, und noch nach
10—15 Jahren recidivieren.
VII. Spätformen der Syphilis acquisita. Möglichkeit der Ansteckung
nur durch die Milch der Amme.
Ein Fräulein, 17 Jahre alt, litt seit dem 1. Lebensjahre an Ozaena. Als sie
8 Jahre alt war, kam sie in meine Behandlung und wurde an Skrofulöse bis zu
Pubertät behandelt. Unbedeutendes Einsinken der Nase, Destruktion der Ghoanen,
existierten schon längst. Als aber die dolores osteocopi, vertigines und Geschwüre
an der Epiglottis erschienen, wurde eine Einreibungskur verordnet, und nach 3j ähriger
Behandlung war die Patientin geheilt. Bei der Untersuchung (1884) der ehemaligen
Amme fand M. ein grofses serpiginÖses Geschwür an der Wade. Vier Jahre spater
stillte dieselbe Amme ein Kind der älteren Schwester der ersten Patientin, also eine
Nichte derselben, die immer g^und blieb (?). Ich sah dieses 14jährige Mädchen im
Winter 1886. Sie litt an Exostose der linken Orbita und Exophtalmus. Der Okulist
gab ihr JodkaHum mit gutem Erfolge. Beide Damen — Tante und Nichte —
wurden gleichzeitig geschmiert.
Nun können wir uns die Frage aufstellen, wie kam denn hier die Syphilis zu
Stande? Beim ersten Kinde kam die Infektion im ersten Lebensjahre (Ozaena) zum
3*
36
Vorschein; beim zweiten traten keine Symptome auf bis zum 14 Jahre. Die Amme
stillte die Säuglinge zu einer Zeit, wo sie keine floriden Symptome zeigte, wo also
nur die Säfte krank sein konnten. Auch hatte das Kind keine Symptome und erst
gegen die Zeit der Pubertät bekam sie Exophtalmus (gummöse Syphilis). Deshalb
glaubt Verf., dafs die Ansteckung hier durch die Milch erfolgte.
VIII. Bacillen bei £rythema multiforme (papulatum, urticatum, iris etc.).
Diese Erytheme treten manchmal epidemisch im Winter und sogar mit Fieber anC
Die Untersuchung der Epidermis ergab die Anwesenheit einer Menge Fäden und
Sporen. Die Mündungen der Follikel waren förmlich davon umsponnen. Die An-
ordnung der Fäden war eine radiale; am Ende derselben fand man freie Sporen; sie
hatten in Glycerin und bei Zimmertemperatur eine schwache Eigenbewegung. Der
Durchmesser war sehr verschieden: von 0,001 bis 0,002. Da der Verf. solche Sporen,
auch im Blute traf, so hält er die Krankheit für eine möglicherweise infektiöse.
IX. Lokale Schweifse bei der Syphilis. Ein 37j ähriger Patient erkrankte
an Syphilis im Jahre 1876, und im Jahre 1879 bekam er heftige Kopfschmerzen,
Schweifse am ganzen Körper, besonders aber am Kopfe. Schon nach einigen Tagen,
nach Gebrauch von Kalium jodat. begann die Besserung. Die Kopfschmerzen aber
recidivierten, das Schwitzen des Kopfes ebenfalls — und jedesmal trat nach Gebrauch
von Kali jodat. wieder Besserung ein. Im Jahre 1880 behandelte der Verf. den Pati-
enten wegen eines Geschwüres im Pharynx und liefs ihn 2 Sommer hindurch die
Einreibungskur durchmachen, wonach Heilung eintrat.
X. Die Indikationen für den Gebrauch der Schwefelbäder. Die
Schwefelbäder in Piatigorsk sollen, wie alle Schwefelbäder überhaupt, nur ein
Hilfsmittel bei der merkuriellen Behandlung der Syphilis sein. Sie verschlimmern
die Symptome, wenn sie allein gebraucht werden. Ihr Nutzen ist besonders sichtbar :
a. wenn der Patient schon an Merkurialismus leidet; b. bei parallelem Gebrauch von
Einreibungen mit Bädern zusammen; bei schweren Formen und bei gummösen
Leiden. Sie sollen die Metamorphose begünstigen, und das ist ihr gröfstes Verdienst.
Verf. warnt vor dem Gebrauch von Nachkuren, wie z. B. der kalten Bäder und See-
bäder, wonach sehr oft unerwartet Verschlimmerungen eintreten. Das erklärt sich
sehr gut, da man durch kalte Bäder Hyperämien innerer Organe hervorruft, und
zwar namentlich bei Individuen, die abgeschwächt sind und keine genügende Reak-
tionsfähigkeit für eine Kaltwasserkur besitzen.
XL Den Schlufs des Werkes bildet die bereits pag. 1015 des vorigen Jahrgang»
publizierte Besprechung des MüNCHSchen Werkes über die Lepra und daran an-
schliefsend die Beschlüsse der Moskauer Sektion für Dermatologie und Syphilis:
1. Erbauung von Spitälern an passenden Orten.
2. Gründung von Leproserien (zur Einschränkung der Lepra und zur Unter-
bringung der mittellosen Leprösen in ein Asyl).
JUitteiluugen ans ber £itteratur.
Allgemeine Pathologie und Therapie der Haut.
Über die im Verlaufe der rheumatischen Arthritis auftretende Muskel-
atrophie, Deformitäten und Ernährungsstörungen der Haut und der Nägel,.
von A. G. Garrod. (Med. Soc. of London. 14. Apr. 1888.) Es sei hier nur erwähnt^
dafs Garrod meint, die Veränderungen der Haut seien der peripherischen
Neuritis zuzuschreiben. Ob diese primär oder sekundär, wäre bislang nicht za
37
bestimmen. Manches spräche für deren primäre Natur. Haclagax spricht sich in
der Diskussion ebenso aus. Abxtrnoth Lane ist nicht Garrods Ansicht; er meint,
das Nervensystem würde zuviel zur Erklärung solcher AfFektionen herangezogen.
AvoEL MoKBY erinnert an die Eigenthümlichkeit des Charakters und die Lokali-
«ation des Schwitzens und hält den Nerveneinflufs gerade hier für mächtig.
Pauly- Nervi.
Die Verändeningen der Haut im Gefolge der Febris recurrens, von
Dr. S. Bona. (Orvosi Hetüap.) Auf der X. Abteilung des Rökusspitals und wäh-
rend der Epidemie 1882 — 83 beobachtete 174 Fälle von Febris recurrens. In 40 ^fa
dieser Fälle sah R. Herpes febrilis an den Lippen, Mundwinkeln, Nasenflügel,
Nasenspitze, in «S Fällen an der Stirn und Augenbrauen bei Körpertemperatur von
40 \ 39,5 «, 38,7 ^ und 38 ^ C.
Ausgesprochene Roseola kam 7 mal vor, die Flecke waren hirsekorn- bis linsen-
grofs und unterschieden sich in nichts von den Roseolen des Typhus. Sie traten
am 2. oder 3. Tag der Erkrankung auf und okkupierten fast stets den Bauch und
die Brust, die Seitenteile und die Extremitäten; zeigten sich sehr vereinzelt, unregel-
mäfsig zerstreut, ragten nicht aus dem Niveau der Haut heraus und verschwanden
völlig auf Druck; erblaüsten beim ersten Sinken der Temperatur, und am 1. fieber-
freien Tag sah man nichts von ihnen. Die Fälle mit Roseolae waren deshalb nicht
schwerer. Mit den Relaps stellten sich keine neuen Flecke ein.
Hämorrhagien der Haut sah R. 2 mal. Diese glichen denen des Typhus
«zanthematicus, waren kaum grölser als Hirsekörner, verbreiteten sich auf die
ganze Haut, waren livid. Beide Fälle kamen aus dem Schulhause, und bei beiden
wurden schwere Symptome beobachtet. Am ersten fieberfreien Tag blafsten die
Flecke ab und bis zum ersten Relaps waren selbst die Pigmentationen verschwunden.
Keine Recidive.
Miliaria rubra und alba, meistens nur lokalisiert, kamen sehr häufig, vor
dem Sinken der Temperatur vor.
Grofsblasige Miliaria crystallina hat R. nur bei einem Weibe zwischen
den Brüsten gesehen.
Gröfsere oberflächliche Erytheme wurden des öfteren gesehen.
Wahren Icterus sah R. in 2 Fällen als Komplikation auftreten. Zu bemerken
ist, dals in sehr vielen Fällen des Febris recurrens Perihepatitis auftritt und
dafs der Icterus also als hepatogen aufzufassen ist. Bei dem dürfen wir aber nicht
vergessen, dafs die Hautfarbe fast aller^Recurrenskranken verändert, fahl, gelbbraun
ist (wie bei Kachexia malaria). Rona-BudapeMt.
Krankheiten des ftuTseren Qeliörganges, von Dr. P. Sextok. {New York
Med, Becord, 1888. Okt.) Der „Otitis externa circumscripta*' überschriebene Teil
dieser ausführlichen Arbeit enthält einige interessante statistische Angaben über
furunkulöse und seborrhoische Prozesse im äufseren Gehörgang. Zur Beobachtung
kamen 197 Fälle von Furunkeln, davon waren 93 männliche und 104 weibliche
Patienten. Unter den männlichen waren nur 10 und unter den weiblichen nur 7
unter 10 Jahr alt In 109 Fällen bestand Reflex-Irritation (?), herrührend von
kariösen Zähnen, Durchbruch des Weisheit-Zahnes etc. Katarrh der oberen Luftwege,
Tonsillen-Hypertrophie bestand in 61 Fällen, während 38 Patienten an chronischer
Mittelohrentzündung litten. Akute katarrhalische Mittelohrentzündung bildete zwei-
mal das ätiologische Moment. In 12 Fällen war akute purulente Mittelohrentzündung
und schliefslich in 22 der chronische Ausflufs gleichzeitig bestehender Mittelohr-
entzündung zu verzeichnen.
38
51 Fälle von Seborrhöe des äufseren Gehörganges verteilten sich auf 27
männliche nnd 24 weibliche Patienten. Neurotische, heruntergekommene Individaen
sowie Trinker scheinen dem Verfasser für diese Hautafiektion besonders disponiert
zu sein. Leviseur-New York.
Die Anwendung von deckenden Mitteln in der Behandlung der Haut-
krankheiten, von Dr. J. C. Mc. Guras. {The Amer, Practitianer and News^
1888. Sept.) Die Gelatine (Pick) wendet der Verfasser nicht mehr an, bedient sich,
indessen häufig einer 10% Traumaticinlösung. Durch Hinzufügung von etwas
Karmin wird die Farbe dieses Medikamentes etwas weniger auffällig gemacht. Zur
Behandlung von Affektionen des Skrotums , der Lippen, zwischen den Fingern und
Zehen ist es ganz besonders geeignet. Ausgezeichnete Erfolge werden von Usüa»
PflastermuUen berichtet. Zinkoxyd, Teer, Ichthyol, Bor- und Salicylsäure wurden
in dieser Weise angewendet. Als Paradigmata werden 4 in kurzer Zeit geheilte
Fälle ausführlich besprochen. Leviseur-New York.
Arzneiexantheme.
Ober Jodismns, von Dr. £. Bradley. {Thlse de Paris. 1887.) Nach ein-
leitenden Bemerkungen über die Aufnahme und Ausscheidung des Jod geht B. zur
Beschreibung der Intoxikationserscheinungen bei Jodismus über. Diese können erst
nach langer Medikation auftreten oder sie entwickeln sich gleich bei Beginn der
Medikation. Sie können in beiden Fällen plötzlich zum Ausbruche kommen oder
allmählich hervortreten. Das konstanteste Symptom ist die Pulsbeschleunigung»
welcher dabei schwach, leicht unterdrückbar wird und in schweren Fällen seibat
verschwinden kann. Die Temperatur ist trotz dieser Pulsbeschleunigung nicht ent-
sprechend erhöht, kann normal bleiben oder selbst unter die Norm sinken. Die
Zirkulationsstörungen sind die Ursache von Ödemen, welche sich auf die Augenlider
beschränken oder in schweren Fällen sich auf den ganzen Körper, die Glottis, auf
die Lungen und das Gehirn erstrecken können. Das Blut ist in seiner Zusammen-
setzung verändert. Oft tritt Albuminurie, Nephritis und selbst Hämaturie auf, und
auch die Quantität des Urins ist vermindert, ja, es entwickelt sich selbst Anurie.
Die nervösen Symptome treten in der Form der konvulsiven und komatosen
Urämie oder unter der Form der Hypochondrie und der allgemeinen Paralyse auf.
Von Seite des respiratorischen Traktes treten bald zirkulatorische Störungen, wie
Bronchitiden, Ödeme, Hämoptysis etc. auf, bald entwickeln sich funktionelle Störungen
wie Dispnoe, unregelmäfsige Atmung, Apnoe.
Die Störungen des Digestionstraktus geben sich durch Anurexie oder Bonlimie,
durch Nausea, Erbrechen, Magen^ ' und Darmschmerzen, durch Diarrhöe oder Kon-
stipation kund.
Die Gelenke können schmerzhaft werden und anschwellen.
Die nach internem Gebrauch von Jodpräparaten auftretenden Hautveränderungen
haben ein sehr verschiedenes Aussehen: das Erythem hat seinen Sitz besonders am
Vorderarm; Urticaria, Papeln, Pusteln (Akne), dem Erythema nodosum ent-
prechende subkutane Knoten, Ekzem, bullöse und hämorrhagische Eruptionen sind
die verschiedenen Formen der Joddermatosen.
B. hat es versäumt, bei der Besprechung der Behandlung der Jodintoxikaiion
die ausgezeichnete Wirkung des durch Leloib in die Behandlung derselben ein-
geführten Atropins zu erwähnen. Tavemier-Lüle.
39
Drei Fälle von Chorea minor, Arsenbehandlung, Herpes Zoster, von
Dr. JoHANi? B6kai jun. {Orvosi Hetüap.) Fall I. 9j ähriges Mädchen bekam am
80. Tage der Behandlung nach 157 Tropfen Sol. Fowlen einen Zoster pectoro-
dorsalis. — Fall II. lOj ähriges Mädchen, nach 48tägiger Behandlung mit 250 Tropfen
Sol. Zoster pectorali 8. — Fall III. lOj ähriges Mädchen, 54tägige Behandlung mit
320 Tropfen Sol., Zoster pectoralis.
B6kai bestätigt die Annahme Hutchinsons, Duckworths, Fiitlaysons und
Rbbouls, dafs Arsen Zoster hervorrufen kann. Bona-Budapest.
Ödeme.
Ein Fall von Myxödem, von Dr. Laudouar. {These de Paris. 1887.) Nach
einem geschichtlichen Überblick teilt Verfasser einen Fall mit, der einen Mann, bei
denen das Myxödem bekanntlich viel seltener als bei Frauen ist, betraf. Patient
stammt ans der Gegend des Finist^re, wo nach Morvon das Myxödem häufig vor-
kommt. Auf Martinique hatte er sich das Wechselfieber geholt. Auüser den be-
kannten Symptomen fand man bei ihm beträchtliche Atrophie der rechten Papille
und Odem der linken. Tavemier-LiUe.
Das rhenmatiselie, olme Qelenkserscheinungen auftretende ödem, von
Dr. H. CoBüR. {These de Pam.) Coeur unterscheidet zwei Varietäten dieses Odems.
Bei der einen sieht man nach voraufgehenden plötzlich aufgetretenen Schmerzen der
betreffenden Stellen mehr oder weniger ausgebreitete seröse Suffusionen entstehen,
welche von Rötung und lokaler Temperaturerhöhung begleitet werden. Dies ist das
von GuTON und Eirmisson beschriebene pseudophlegmonöse Odem.
Die zweite Varietät besteht in einem blassen, indolenten Odem, welches den
Hydropsien der Nephritiker ähnelt, von demselben aber durch die Abwesenheit der
Albuminarie leicht zu unterscheiden ist. Es ist bald partiell, bald generalisiert. Dies
ist das „essentielle Odem". Der eigentliche Charakter dieser Ödeme, ihr Abwechseln
mit Arthropathien oder andern rheumatischen Erscheinungen lassen wohl eine
arihritiscbe Diathese annehmen. Ihr Auftreten erklärt sich durch vasomotorische
Störungen. In einem der referierten Fälle von pseudophlegmonösem Odem war
vorerst ein Glottisödem aufgetreten, dem dann im Laufe von 3 Wochen 14 neuere
Odemanabrüche des Stammes, der Extremitäten, des Gesichts, des Penis, des Skrotums
in Begleitung von einfachem oder annulärem oder papulösem Erythem und von
Pnpura folgten. In einem Falle von „essentiellem Ödem" waren die multiplen Aus-
bräche des Ödems von Purpura begleitet. Tavemier-LiÜe.
Skleroderma universale. {Orvosi Hetüap.) Dr. Bona berichtet über einen
Fall aus Prof. Schwimmers Abteilung von 1885. Die 30-jährige Frau hat 3 Kinder,
das letzte vor 4 Jahren geboren. Sie war bis Dezember 1884 immer gesund ; erst
damals bemerkte sie, dafs die Haut der Halsgegend zu spannen begann. Bald rückte
diese Spannung durch die Schulter auf den Stamm, wo sie alsbald zu Atem-
beschwerden und Beklemmungen führte. Die Haut ist am Halse bretthart, am
Stamm auch hart, verdickt, aber noch faltbar; die Härte ist weniger an den Ex-
tremitäten. Den Mund kann Patientin nicht gut öffnen. Temperatur, Gefühlsinn
Sensibilität, Temperatursinn ganz normal. Die Krankheit ist jetzt progressiv.
Die Progression geschieht nicht in Streifen sondern diffus. RonchBudapest.
40
Elephantiasis glabra labil majoris deztri, von Dr. Emil Moravebik^ Seknndar-
arzt. (Orvo»i Heiilap.) R. H., 35jährige Frau, bemerkte in ihrem 18. Jahre nach
einer Entbindung, dafs ihre rechte grofse Schamlippe anzuschwellen begannt. St.
präs. Von der rechten Schamlippe ausgehend zeigt sich eine gestielte mannskopf-
grofse, fast bis zu den Enieen herabhängende, teilweise konsistente, teilweise weichere
Geschwulst. Die bedeckende Haut ist verdickt, teilweise rot oder bläulich verfärbt
— mit kleineren oder gröfseren Knoten besetzt. Die linke Schamlippe sowie die
regio pubica, glutealis, perinealis wie auch ein Teil des Bauches, zeigt elephantiasti-
sche Verdickungen und Tumoren.
Professor Antal nahm die Exstirpation vor. Die Geschwulst wog 5700 g.
MoRAVESiK nimmt als Ursache der Entstehung Erysipelas an.
Bona- Budapest.
Akanthosen.
Über das Epithelioma (sive MoUnscnm) contagiosum, von Prof A. Nrissbb.
(Vierte^jahresschr. f. Dermat u. Syph. 1888. Hft. 4.) Verf. will in dieser Arbeit
folgende vier Punkte klarstellen:
1. Den Charakter der Neubildung selbst: Ist die Geschwulst eine yergTÖdBerte
und entsprechend modifizierte Talgdrüse oder eine Wucherung des Epithels?
2. Geht die — fast allgemein jetzt als richtig acceptierte Epithelneubildang aus
von den Epithelien der Oberhaut, oder von denen des Follikelausfuhrungsganges,
resp. der Haarwurzelscheide?
3. „Was bedeuten die MoUuscumkörperchen" und
4. (mit der Deutung dieser eigenartigen Gebilde allerdings für viele erledigt):
Ist das Molluscum wirklich ein „Molluscum contagiosum", oder ein soge-
nanntes „Molluscum contagiosum."
N. weist die besonders von Kaposi vertretene Ansicht, dafs es sich bei den
Molluscumwarzen um ausgedehnte, mit einem gewucherten und eigentümlich ver-
änderten epithelioiden Inhalte angefüllte Talgdrüsen handle, auf Grund seiner be-
weisenden Präparate unbedingt zurück.
In zählreichen Präparaten, an Serienschnitten hat Verf. nachweisen können,
dafs nie ein Haarfollikel den Ausgangspunkt für die Epithelwucherung gegeben hat,
wohl aber konnte er an beginnenden MoUuscumkörperchen nachweisen, dafs eine
„Epithelwucherung mit ihrer charakteristischen MoUuscumumwandlung — aber noch
ohne jede Degeneration, Schollenbildung, ohne Dellenformation, ohne Öffnung —
direkt aus dem Oberhautrete in die Tiefe hineinwuchs."
N. ist von der parasitären und kontagiösen Natur dieser Epithelgeschwolst
überzeugt und schlägt deshalb den von Bolltnger geschaffenen Namen „Epithelioma
contagiosum" vor. Der Parasit gehört nach N. der Klasse der Sporozoen, speziell
der Unterabteilung Coccidien an. Am besten glückte der überzeugende Nachweis
an frischen Präparaten. Die sehr interessanten Einzelheiten dieses Teiles müssen im
Origfinal nachgesehen werden.
Kulturversuche sind nicht geglückt; an Stelle derselben wäre es wünschenswert
gewesen, auf dem erwärmten Objekttische Lebensvorgänge, wenigstens Bewegfung der
betreffenden Parasiten zu beobachten. Wir vermissen ferner mikro-chemische Be-
aktionen, welche die Möglichkeit ausschliefsen, dafs es sich um Degenerationspro-
dukte im Sinne der GsBERschen und KAPosischen Anschauung handelt. Endlich
würde auch schon allein eine spezifische Färbung, welche bisher ebenfalls nicht
41
{|reglückt ist, die Besonderheit der in Frage kommenden Gebilde sehr wahrscheinlich
machen.
Obgleich also wegen der klinischen Eigentümlichkeiten der Krankheit und der
durchaus gelungenen Tnfektionsversuche selbst Anhänger Bollinoers, können wir
doch nicht umhin zu betonen, dafs auch nach der N.schen Arbeit die ganze Frage
auf demselben Standpunkte steht, wie nach der BoLLiNOERschen Arbeit.
von Düring-Hamburg,
Granulome.
Die Ausbreitung der Lepra hat in den Vereinigten Staaten während
der letzten Jahrzehnte nach Dr. Charles W. Allen eine stetige Zunahme erfahren,
so dals das Eingreifen seitens des Staates mit prophylaktischen Mafsregeln entschieden
'gerechtfertigt erscheint. Das Leiden ist ohne Zweifel hauptsächlich durch norwegi-
sche und chinesische Einwanderer eingeschleppt worden, wie durch die Beobachtungen
Yon BoECK, Grönvold, Oume etc. festgestellt wurde. Während in den 60er Jahren
die Krankheit fast nur bei neu eingewanderten Individuen beobachtet wurde, finden
sich seitdem auch Leprafälle unter den Einheimischen, die offenbar an Ort und
Stelle das Leiden acquirierten. — Die Kontagiosität der Lepra ist 1885 von der Pariser
Akademie fast einstimmig negiert worden, wie auch 1867 das Ergebnis der Unter-
Buchungen des Englischen Arztekollegs mit 34 gegen 13 Stimmen auf Nichtinfektio-
sität lautete. Verf. selbst hat keinen Zweifel, dafs Lepra kontagiös ist, und setzt
seine Gründe fiir diese Ansicht kurz auseinander. Zur Bekämpfung des Übels hält
Verf. die Isolierung der Leprakranken für das einzige zweckdienliche Mittel. Immer-
hin glaubt er aber, dafs es vollständig möglich ist, durch interne Mittel und durch
chirurgische Eingriffe dauernde Besserung und Heilung zu erzielen.
Dr. Fox findet viel Ähnlichkeit zwischen Lepra und Syphilis ; er hält erstere für
sowohl hereditär als kontagiös; das Kontagium sei aber sehr schwer übertragbar.
Die Verhinderung des Einwand erns von Leprakranken sei wichtiger als der Versuch,
die Isolation der erkrankten Einwohner durchzuführen. Er empfiehlt von therapeuti-
schen Mitteln aufs wärmste das Chaulmoograöl.
Dr. P. A. MoRROw ist ebenfalls gegen die Isolierung. Die gerühmte norwegi-
sche Isolierung habe zu trügerischen Schlüssen Anlafs gegeben, denn sie sei keines-
wegs die alleinige Ursache der Abnahme der Krankheit in jenem Lande. (Med.
Soc. Country New York. Febr. 27. 1888. N. F. Med. Joum. März 31.)
Philipin- FeUberg.
Ein Fall von Lepra, von Dr. J. L. Babrock. {Med, Becord. 1888. Septbr.)
Ein 4:l-jähriger Irländer, der seit seinem 2. Jahre in Amerika lebt, war als Pfleger
von am gelben Fieber Erkranten in New-Orleans und St. Louis bis zum Jahre 1879
beschäftigt. Im März 1881 bekam er einen Ausschlag, welcher einem polymorphen
exsudativen Erythem zum verwechseln ähnlich war und sowohl für diese Affektion
als auch für Erysipel gehalten wurde. Im April 1882 sah Verfasser den Patienten
zum ersten mal und konstatierte: Verdickung des septum narium und der an-
grenzenden Knorpelteile, der harte und weiche Gaumen, die vorderen und hinteren
Gaumensegel mit seichten serpiginösen Geschwüren bedeckt. Im Gesicht deutliche
Lepraknoten u. s. w. In excidierten Stücken waren die Leprabacillen leicht nach-
zuweisen. Verfasser glaubt, dafs in New-Orleans und seiner Umgebung ein der
Lepraentwickelung günstiges klimatisches Moment vorhanden sei. Auch Dr. Rohe
(Baltimore) hat einen Fall beschrieben, in dem eine Amerikanerin, die 1855(?) nach
42
New Orleans kam, ein Jahr lang dort blieb und dann nach Baltimore zurückkehrt«,
hier 1869 (?) an Lepra erkrankte und an dieser Krankheit nach 2 bis 3 Jahren starb.
Aus andern gleich stark frequentierten Seehäfen sind derartige Fälle nicht berichtet
worden. Leviseur-Neu? York.
Die tnberknlösen Haatgeschwttre, von Maurice Vali^s. {Thtse de lAfon.
1887.) Man unterscheidet heute 4 Formen der Hauttnberkulose: den Lupus, die
skrofalo - tuberkulösen Knoten, Riehls tuberculosis verrucosa und die tuberkulösen
Hautgeschwnre. Nur mit den letzteren befafst sich Verfasser in seiner Ab-
handlung.
Man kennt übrigens das klinische Aussehen der tuberkulösen Hautgeschwüre,
ihre variable Form, die nicht steilen Ränder, ihren granulierten Grund, die
tuberkulösen Granulationen, von welchen sie umgeben sind. Verfasser macht be-
sonders auf den bei der geringsten Berührung sich heftig äufsemden Schmerz dieser
Geschwüre — besonders der an den natürlichen Orificien sitzenden — aufmerksam^
Die tuberkulösen Hautgeschwüre sind oft multipel, sie breiten sich mehr an der
Oberfläche, als gegen die Tiefe aus; nachdem aber das Korium vollständig zerstört
wurde, kann sich die tuberkulöse Infiltration frei im Unterhautzellgewebe ausbreiten
und die Form eineB Trichters annehmen, dessen Basis der Hautoberfläche zugekehrt
ist. Die Ulcerationen, welche ihren Sitz an den Extremitäten haben, besitzen ge-
wöhnlich eine gröfsere Ausbreitung als die der Lippen und des Arms. Die ersten
Anzeichen eines tuberkulösen Geschwüres bestehen entweder im Auftreten einer
harten, roten Papel, welche später geschwürig zerHUlt, auf der un verletzen Hant»
oder eine durch Kontusion, Hitze oder durch Schnitt gesetzte Wunde vernarbt nicht,
sondern vergröfsert sich immer mehr.
Auf Grund der histologischen Untersuchung kann man drei Formen der Haut
tuberkulöse unterscheiden: 1. Die „granulo-kaseöse" Form, welcher zumeist in dege
nerativ-entzündlichem Gewebe eingebettete Granulationsherde entsprechen. 2. Die
„follikuläre" Tuberkulose, bei welcher man isolierte, tuberkulöse Herde findet. 3. Die
Tuberkulose mit FRiEDLÄKDERschen Knötchen und retikulärer Struktur. Die letst-
erwähnte Form ist dem Lupus vulgaris analog und spielt bei der Frage der tuber-
kulösen Hautgeschwüre nur eine Nebenrolle.
Bei der „grannlo-kaseösen"' Form ist das Korium in gleichmäfsiger Weise mit
Infiltrationsherden besetzt, welche der Riesenzellen entbehren und mit dem inter-
kalären, infiltrierten Gewebe en bloc verkäsen. Am Rande des Geschwüres sind die
mit Rundzellen infiltrierten Papillen hypertrophisch, und man findet hier eine grolse
Anzahl von Tuberkelbacillen in den Lymph spalten. Die kleinen und kleinsten
Arterien weisen eine Endarteriitis obliterans auf. Die Hautdrüsen — im Gegensätze
zu den Drüsen des Larynx — zeigen beinahe keine Veränderungen.
Bei der zweiten Form findet man die KösTERschen Infiltrationsherde.
Bei der letzten Form treten zerstreute, tuberkulöse, ganz kleine Herde auf, die
in der Mitte eine von epitheloiden Zellen umgebene Riesenzelle aufweisen. Diese
Herde werden nicht von breiten Entzündungsstreifen verbunden. Über den Knötchen
und in ihrer Nachbarschaft scheint das Bindegewebe eine gallertartige Konsistenz zu
haben; die Bindegewebsbündel werden voneinander durch eine glasige Substanz
separiert und sind geschrumpft; die oberflächlichen elastischen Faserbündel zerfallen
in Kömchen. Die kleinen Arterien sind endarteriitisch verändert. Das Geschwür
entsteht durch den Zerfall der transparenten Substanz. Die Hypertrophie der
Papillen am Rande des Geschwüres ist unbedeutender als bei der „granulo-kaseösen'^
Form; es gibt aber zwischen beiden Ubergangsformen.
43
V. bat in einem Falle von Lippentuberkulose in dem Sekrete des Geschwüres
zwar nicht den Tuberkelbacillns, aber den Mikrokokkus tetragenus Koch gefunden,
iier mit der Tuberkulose in irgend einem Znsammenhang zu stehen scheint.
Die Impfversuche mit dem von einem Geschwüre des Fingers abgestreiften
Saite waren beim Meerschweinchen von Erfolg, beim Kaninchen erst, nachdem das
Virus schon durch Meerschweinchen gegangen war. Ahnliche Resultate erzielte
Akloikg nach Verimpfung von skrofulösem Mateiial, welches auch erst, nachdem es
bei dem Durchgang durch Meerschweinchen an Virulenz gewonnen, auf Kaninchen
«berimpfbar war. Cornil und Leloib konstatierten das seltene Vorkommen der
Bacillen im Lupus und die lange Inkubationsdauer nach Verimpfung lupöser Pro-
dukte und die damit übereinstimmenden Kesultate, welche Letullb bei ähnlichen
Versuchen mit skrofulo-tuberkulösen Knoten erhalten hatte. Es handelt sich also bei
aHen Formen der Hauttuberkulose um eine durch noch unbekannte Umstände,
vielleicht durch den Einflufs des Nährbodens und der Temperatur abgeschwächte
Taberknlose.
Die Hauttuberkulose ist eine seltene Erkrankung, und V. hat nur 33 Fälle
beobachten können, von welchen 13 in der Analgegend, 14 an den Lippen ihren
Sitz hatten.
Die Hauptbedingung für das Auftreten von tuberkulösen Hautgeschwüren ist
eise schon seit einiger Zeit bestehende viscerale Tuberkulose — zumeist der Lungen.
Des weiteren mufs sich schon die Periode der Kachexie entwickelt haben. Zur
firUärung des Entstehens der Geschwüre gibt es zwei Hypothesen. Entweder wird
der Infektionsstoff auf dem Blutwege in die Haut geschleppt, oder die Infektion
geschieht von aufsen her durch Kontakt mit tuberkulösem Material und Aufnahme
desselben in die Haut. Eine Verletzung derselben leistet zwar der Infektion in
letzterem Falle Vorschub, ist aber nicht unbedingt notwendig. Die letztere Annahme
Bist sich besser stützen, und wenn die Hauttuberkulose nicht in allen Fällen, wo der
Bacillus tnberculoeis in fortwährendem Kontakt mit der Haut steht, auftritt, so erklärt
sich dies nach V. aus dem Umstände, dais die Kachexie nicht in allen Fällen vor-
handen ist. Bei einem aus welchen Grunde immer kachektischen Individuum (Krebs,
Diabetes, Albuminurie) würden sich nach einer accidentiellen Infektion mit dem
tuberkulösen Virus Geschwüre entwickeln.
Die Inokulation des Bacillus tuberculosis bei sonst gesunden Individuen hingegen
hat gewöhnlich nur eine lokal bleibende, durch Auskratzen leicht heilende Affektion
zur Folge, deren anatomisehe Grundlage die unbedeutendste der tuberkulösen Ver^
änderungen, das FBiEDLÄNDEBsche Tuberkulum, bildet, welches mit einer fibrösen
Metamorphose und Encystierung der infektiösen Knötchen endet. Dies ist der Fall
beim Lupus und bei der Tuberculosis verrucosa cutis.
Die Dififerentialdiagnose mufs folgende Läsionen in Betracht ziehen: Lupöse
Geschwüre, durch Einschmelzung skrofulöser Lymphdrüsen entstandene Geschwüre,
den harten Schanker, das tertiäre, ulceröse Syphilid, .,chancrette".
Die Prognosis ist ernst, besonders da das Leiden das Zeichen einer vor-
geschrittenen Kachexie ist. Die lokale Behandlung (Jodoform) gibt schlechte Erfolge,
und man mufs sein Hauptaugenmerk auf die Allgemeinbehandlung richten.
Unserer Meinung nach heifst dies an dem Erfolg der lokalen therapeutischen
Mafsnahmen allzusehr verzweifeln, und wir glauben, dafs Kauterisationen mit dem
Thermokauter oder mit dem Galvanokauter hier ebenso günstige Erfolge erzielen
können, als bei den andern Formen der Hauttuberkose. Tavermer-Lüle,
44
Syphilis.
Über Ghorio-Betinitis syphilitica und ihre Beziehungen zur Himarterien-
Ines, von Dr. Oswalt. {Berl klin. Wochenschr. No. 45.) Nach Verf.s Beobachtungen
kann bei Syphilis wenige Monate bis 1 Jahr nach der Primärinfektion eine zentrale
Retinitis mit oder ohne gleichzeitige Iritis auftreten, die charakterisiert ist durch
kleine, graaweifse, träubchenartige Herdchen, die am liebsten an den arteriellen End-
ästchen sitzen. Auch in der Peripherie, aber immer an den arteriellen Endästchen,
sind ähnliche kleine Infiltrationen der Netzhaut wahrzunehmen. Meist bestehen
gleichzeitig kleine choroiditische Herdchen an verschiedenen Stellen des Fundus, die
jedoch auch fehlen können. Das Makulargebiet ist dabei oft gleichzeitig leicht diffiu
getrübt. Feine Glaskörpertrübungen können dabei konstatiert werden. Fast immer
läfst sich ein kleines, negatives, zentrales Liotom nachweisen, oft entspricht demselben
ein im ganzen gleichgestaltetes positives Liotom. Mitunter besteht auch Metamor-
phopsie. Die Sehschärfe ist manchmal beträchtlich, meist jedoch nur wenig herab-
gesetzt. Da nun die Syphilis ihre pathologischen Produkte zuerst an den Enden der
Arterien absetzt, so können die Herde in allen möglichen Häuten des Auges auftreten
und zwar zunächst an den arteriellen Endästen. In der Aderhaut lokalisiert sich die
Lues daher in der Choriocapillaris, und in der Netzhaut ergreift sie zuerst und fast
ausschliefslich die gefäfstragende Schicht. Alle syphilitischen Veränderungen haben
im arteriellen Geföfssystem ihre Grundlage. Da es sich nach Heubnbr bei der
Syphilis der Hirngeiäfse um Veränderungen im kapillaren Endapparat der Hirn-
arterien und vornehmlich der Carotis intern, handelt, so muls auch ihr kapillarer
Endapparat, also auch das Kapillargebiet der Arteria ophthalmica, am meisten leiden.
Während aber die Veränderungen in den Himgefafsen wegen der kolossal ausgebil-
deten Anastomosen bedeutende Fortschritte gemacht haben müssen, ehe sich merk-
liche Störungen in den Hirnfunktionen einstellen, machen sich in dem Auge schon
die leichtesten Veränderungen subjektiv bemerkbar. Daher gehören die innem
Augenentzündungen mit zu den frühesten Symptomen sekundärer Lues.
L. Hoffmann- Berlin.
Über spezifische Netzhautentzündung, von Prof. Dr. Hibschbbbo. (Berl. kkn.
Wochenschr. Xo. 46.) Nacli Uiksghbekg kommen auf 1000 Augenkranke 3 spezifische,
welche letztere Erkrankungen nicht immer nach 1 — 2 und mehr Jahren, sondern auch
schon nach 4 — 6 Monaten nach der Infektion auftreten können. Die Symptome bestehen
im subjektiven Wahrnehmen schwarzer Punkte oder Bufsflöckchen, welches von den
staubförmigen Glaskörpertrübungen abhängt oder von feinsten Punkten im Pupillar-
bereich der Hornhaut. Charakteristisch ist das beharrliche Flimmern, welches nach
H. auf Erkrankung der Netzhautarterien beruht. Ferner besteht Herabsetzung der
Sehschärfe bis zur Erblindung. L. Hoffmann-Beiiin.
Über Neuritis optica speciflca, von Prof. Dr. Horstmank. {Deutsche med.
Wochenschr. No. 44.) Die syphilitische Sehnervenentzündung kann die Folge eines
Gumma in der Schädelhöhle sein, alsdann zeigt sich das Bild der sog. Stauungs-
papille, oder sie kann als Neuritis descendens auftreten, sobald sich entzündliche
Zustände von den Meningen nach dem Opticus und seinen Häuten hin weiter ver-
breiten. Hiervon zu unterscheiden ist die eigentliche Neuritis specifica, bei der sich
im Stamme des Opticus der Sitz einer luetischen Entzündung findet. Auch können
die Sehnerven bez. das Chiasma in eine gummöse Wucherung hineingezogen und
davon durchwachsen werden. Was die Häufigkeit der Erkrankung anbetrifft, so
wird, abgesehen vom äufsern Auge einschliefslich Oonjunctiva, Cornea und Muskeln,
45
in erster Linie die Iris, darauf die Netzhaut und am seltensten der Sehnerv von
syphilitischen Entzündungen befallen. X. Hoffmann-Berlin.
Über den Zusammenhang der allgemeinen Paralyse und der Syphilis
pricht E. B^Gis {Gcus. med. de Paris. 1888. 23—26), der bisher Pseudoparalyse nur
als Folgezustand der Syphilis angenommen hatte, sich jetzt dahin aus, dafs da, wo
genaue Auskunft vorhanden, 70 — 76 7o der Paralytiker syphilitisch gewesen und —
bei Hinzurechnung der wahrscheinlichen Fälle — kommt R. auf 94 7o. Vier von
ihm beobachtete paralytische Frauen hatten sämtlich Syphilis gehabt. Heredität
gäbe die Prädisposition, Syphilis das okkasionelle Moment zur Entstehung der
Krankheit. Von diesen Paralytikern, wo R. keinen Erfolg von antiluet. Therapie
mehr sich verspricht und gesehen hat, trennt R. strikte Psychosen, welche der
Paralyse ähnlich und durch spezifische Behandlung gebessert werden; diese haben
jedoch andre anatomische Grundlagen und sind als spezifische Pseudoparalysen zu
trennen. (Nach Mendels Referat in Nenrolog. Centralhlatt 1888. No. 17.)
PaülyNervi.
Ober Behandlung der Syphilis mit subkutanen Kalomelinjektionen, von
Dozent Dr. B. Finger. (Wiener med. Presse. No. 48 u. 49.) Verwendet wurden von
ihm Neissers Kalomel- Wasser und dann Kalomel- Ölsuspensionen ; wöchentlich nur
1 Injektion. In seinen 39, im ganzen mit 229 Injektionen behandelten Fällen bildeten
sich an den Injektionsstellen stets Knoten, die am 2. oder 3. Tage am gröDsten und
schmerzhaft waren, aber in 5 — 7 Tagen wieder zurückgingen, Abscefsbildung kam nie
vor. Der Ii^ektion eine Kokaineinspritzung vorauszuschicken, hält er zum mindesten
far überflüssig, da die Schmerzen sich erst nach 24 — 36 Stunden entwickelten, zu
welcher Zeit die Kokaineinwirkung längst aufgehört hat.
über die Wirksamkeit der Kalomelinjektionen gegen den Syphilisprozefs fafst
FneBB sein Urteil dahin zusammen, dafs 1. wir in ihnen eine höchst wertvolle
Methode besitzen, welche die Erscheinungen recenter und recidivierender sekundärer
Lues rasch zum Schwunde bringt; es genügten für die leichteren sukkulenten Formen
im Durchschnitt 3 — 4, für die schweren trockenen Formen 5 — 6 Injektionen, um sie
lam Schwinden zu bringen ; 2. dafs sie aber bei einmaliger Behandlung gleich andern
Methoden incl. Inunktionskur den syphilitischen Prozefs nicht zu koupieren, nicht
gründlich zu heilen vermögen. Wegen der genauen Dosierung und Bequemlichkeit
empfehlen sich die Kalomelinjektionen und stünden an Wirksamkeit der Inunktionskur
nicht nach. Eckart-Nürnberg.
Über Wege nnd Wandinngen des Syphiliskontaginms und über Syphilis-
therapie sprach Prof. Lako im Wiener mediz. Doktoren-Kollegium {Wiener med*
Presse. No. 50). Das Syphiliskontagium setzt bei Bildung der Initialmanifestation eine
Zellenneubildung, die als Isolationswall zwischen Kontagium und Nachbargewebe
anzusehen ist. Die neu gebildeten Zellen des Isolationswalles wanderten nun weiter
1. durch die Lyrophwege; 2. durch direkten Übergang ins Blutgefäfssystem ; 3. durch
regionäre Wanderung d. i. Verbreitung durch die Gewebsspalten ; 4. durch die post-
initiale Infektion, dem Erscheinen einer neuen Initialmanifestation weit ab von der
ersten. Die mit intaktem Epithel versehenen Initialmanifestationep liefsen nur die
2 ersten Arten der Verbreitung zu.
Die Exzision der Initialsklerose sei nur dann vorzunehmen, wenn dieselbe genau
abgrenzbar sei und keine Zeichen der Verbreitung nach 2, 3 oder 4 vorlägen.
Therapeutisch empfiehlt er 3 g einer 50 7o Lanolinquecksilbersalbe mit 7 g
Milchzucker verreiben und daraus GO Pillen bereiten zu lassen, wovon täglich 4 bis
6 Stück zu nehmen sind. Auch von Unnas Pflasterbehandlung hat er zumal bei
46
Kindern gute Erfolge gesehen. Die subkutanen Injektionen von Ealomelöl hält er
für wirksamer als die Inunktionen und gibt hierfür wegen gleichmäfsiger Verteilmig
des Kaloraels und geringerer Reaktion folgende Formel: 9 Lanolin 2,7, Kalomel 2J,
Ol. olivar. 4,6. D. Eckart-Nürnberg.
2.UB ber ^xatxi.
Wollen Sie in den Monatsheften die Besprechung der Antrophore als neuer
Beliandlimg der Blennorrliöe veranlassen?
Dr. T. in S.
Antwort der Redaktion. Wir haben die Beantwortung dieser Frage Herrn
Dr. YON DüBiNO übergeben, welcher nicht nur über die Antrophore, sondern auch
über eine derselben nahestehende, aber dieselbe an Wirksamkeit zweifellos über
treffende Methode die meiste Erfahrung besitzt. —
Der Gedanke eines therapeutischen Verfahrens, wie er in den Antrophoren seinen
Ausdruck gefunden hat, ist sicherlich jedem, der sich mit der Therapie der blen-
norrhoischen Prozesse der Urethra spezieller befafst hat, häufig und immer wieder
aufgetaucht; den Beweis dafür geben die vielfachen Formeln für „Bougies", die alle
an dem Mangel litten, schwer einführbar zu sein, meist wegen der grofsen Zerbrech-
lichkeit.
Man bezweckt mit den Antrophoren die erkrankte Urethralschleimhaut mit dem
entsprechenden Medikament in energischeren und innigeren Eontakt zu bringen, als
dies durch die Injektion von Lösungen möglich ist.
Erreichen nun die im Handel befindlichen (meist sind es wohl die Dr. med.
FsAHCKEschen Thallin-)Antrophore diesen Zweck? Und viel wichtiger, sind sie deam
wirklich für alle Fälle indiziert oder vielleicht gar häufig kontraindiziert?
Die Antwort auf die erste Frage ist nicht unbedingt zu verneinen, noch viel'
weniger aber zu bejahen.
Die Starke der Antrophore entspricht etwa Charriere No. 10. Bei der aoTser-
ordentlich starken Fältelung der Urethralschleimhaut werden aber die Tiefen und
sackförmigen Einbuchtungen zwischen zwei Faltenhöhen bei der Schwellung der
Schleimhaut nur noch fester gegen das eigentliche Lumen abgeschlossen, wenn man
nicht, wie bei der Sondenbehandlung, wie bei vorsichtigen, aber mit genügenden
Quantitäten vorgenommenen Injektionen, für eine Ausspannung, „Entfaltung^* der
Urethralschleimhaut Sorge trägt — und das dünne Antrophor bringt diese „Ent-
faltung'' durchaus nicht zustande. So wird also der Hauptzweck — inniger Kontakt
sämtlicher Schleimhautpartien mit dem Medikament — illusorisch.
Eine weitere Frage ist nun, wann wir eine derartige Therapie für indiziert, für
zweckentsprechend ansehen. Und da müssen wir sagen, dafs die Empfehlung von
Antrophoren für frische, akute Blennorrhoe uns durchaus irrationell erscheint. Es ist
aufserordentlich schwer, über die Wirksamkeit bestimmter Medikamente gerade bei
dieser Erkrankung ein abschliefsendes Urteil zu gewinnen — denn es ist nicht za
leugnen, dafs bei zweckmäfsigem Verhalten der Patienten auch die „Therapie nulla*^
47
ausgezeichnete Erfolge hat! Anderseits aber ist von allen, die Anhänger einer lokalen
Therapie Ton Beginn an sind, die nicht erst dann dieselbe einzuleiten raten, wenn
der blennorrhagische Prozefs seine Akme überscritten hat, betont, dafs man durchaus
möglichst wenig reizende Mittel, möglichst schwache Lösungen nehmen soUe. Dafs
nun aber ein mehrmaliges — durchaus schmerzhaftes — Einfuhren eines Antrophors
(und noch dazu meistens in der viel zu hohen Dosierung von 2 — 3% Thallin!) doch
wohl ein sehr heftiger Beiz sei — darüber brauchen wir wohl keine weiteren Worte
zu verlieren. —
In ihr Becht tritt diese Applikationsweise, wenn die Gonorrhöe aus dem puru-
lenten Stadium wieder in das muköse übergeht. Dafs sie häu6g mehr leistet als
das übliche, meist unzweckmäfsig und ungeschickt ausgeführte Einspritzen etwelcher
liÖBongen, das ist nicht zu bestreiten.
Aber auch da wieder ist zu betonen, dafs die im Handel, im Handverkauf ab-
gegebenen Antrophore durchweg in viel zu hoher Dosierung das betreffende Medi-
kament enthalten.
Ehe die erwähnten Antrophore „Mode" wurden, ersuchte ich, von dem oben
erwähnten Gedanken geleitet, , Herrn Apotheker Dr. Mielck, mir in verschiedenen
Stärken eigentliche „Bougies^, also Kerzen darzustellen, deren Eemmasse einen
höheren Schmelzpunkt habe, als die zum Überzug verwandte, das Medikament enV
haltende Mantelmasse. Als solche war ja die Masse gegeben, mit der wir unsere
Salbensonden beziehen, also: Ol. cacao 100,0, Gera flava 3,0—5,0, Baisami Peruviani 2,0
— der dann das Medikament beliebig zugesetzt werden kann.
Die Ausführung, die Herr Dr. Mielck diesem Wunsche gab — ohne dais ihm
damals schon die Antrophore bekannt gewesen wäre — kommt diesen letzteren etwas
näher als meine Idee, übertraf aber meine Erwartungen bei weitem und ergab etwas
weit Brauchbareres, als es die von mir gewünschten Bougies gewesen waren, oder
die gewöhnlichen Antrophore sind.
Aus Eupferdraht, der sehr flach gewunden wird, stellt man eine Spirale in
Form einer Sonde her. Je nachdem man den Draht dicker oder dünner nimmt, ist
diese „Hamröhrenspirale" schwerer, steifer, oder leichter und biegsamer. Durch Um-
biegen des Endes der Spirale wird eine Handhabe gegeben, die ein „Hineingleiten''
der Spirale in die Blase verhütet. Diese Spirale nun wird in verflüssigten Zinkleim
getaucht, der alle Unebenheiten zwischen den einzelnen Windungen derselben aus
füllt, und nach dem Erkalten eine glatte, durchaus schmiegsame Masse bildet, deren
Schmelzpunkt höher ist als die Körpertemperatur. Ein grofser Vorzug ist nun, dafs
diese Spiralen sich in jeder, den Sonden entsprechenden Stärke herstellen lassen;
wir haben bis jetzt uns auf die Anwendung der Nummern von 11 — 19 Charri^re be-
schränkt. Diese Spirale wird vor dem jedesmaligen Gebrauche in die erwähnte
Sondenmasse gebracht und nach deren Erkalten eingeführt.
Zwei Punkte nun zeichnen dieselben vor den gewöhnlichen Antrophoren aus:
erstens können wir, ähnlich wie bei der Sondenbehandlung, durch die stärkeren
Nummern eine wirkliche Entfaltung der Schleimhaut zustande bringen, und zweitens
üben sie, wieder ähnlich wie die Sonden, durch ihr Gewicht einen gewissen, thera-
peutisch durchaus nicht zu unterschätzenden gleichmälsigen Druck auf die geschwellte
Schleimhaut.
Dadurch, dafs sie stets erst kurz vor dem Gebrauch bezogen zu werden brauv^hen,
sind dieselben weit sauberer und antiseptischer, als die im Handel befindlichen Antro-
phore.
Herr Dr. Mielck, Schwanenapotheke, Hamburg, hält die Spiralen in den oben
angegebenen Stärken, mit Zinkleim überzogen, vorrätig und übersendet dieselben auf
48
Wunsch mit der als „Massa urethralis*' bezeichneten Fettmasse, für die nur das
gewünschte Medikament und Dosierung anzugeben sind, von Düriny-Hambury.
))erf4)iebenes.
Dreitausend Fälle von Hautkrankheiten aus der dermatologisckeii
Poliklinik von Prof. Dr. Köbner, von Dr. F. Block. Die Arbeit, welche ur-
sprünglich Disaeilation war, ist jetzt in Fisghebs med. Buchhandlung (H. Koknvbld)
als besondere Ausgabe erschienen und interessirt am meisten in Bezug auf seine
statistischen Angaben über die Häufigkeit der einzelnen Hauterkrankuugen, die in
einem Zeiträume von 2 Jahren ö Monaten vorgekommen sind. Natürlich nimmt,
was Häufigkeit anbetrifft, das Ekzem die erte Stelle ein, nämlich 1442 Falle, dann
Mykosis tonsurans 306, Scabies 238, Akne 213, Psoriasis 194, Urtikaria 78, Herpes 69,
Pityriasis versicolor 59, Pruritus 51, Erythema exsudat. multiform. 38, Lupus vul-
garis 35, Alopecia areata 30, Liehen 20 Fälle u. s. w. L. Hoffmann- Berlin,
The British Journal of Dermatology.
Indem wir den Lesen unsrer Zeitschrift des Erscheinen eines englischen derma-
tologischen Journals — „The British Journal of Dermatology", herausgegeben von
Malcolm Morris, London, und H. G. Brooke, Manchester — zur Kenntnis bringen,
freuen wir uns, zugleich die Mitteilung daran knüpfen zu können, dals dieses Blatt mit
dem unsrigen in nähere redaktionelle Beziehung getreten ist Wie auf dem Titel-
blatte angegeben, werden die den Monatsheften in Zukunft eingesandten Originalien,
falls die Autoren nicht den gegenteiligen Wunsch auf dem Manuskripte vermerken,
in wortgetreuer Übersetzung im obengenannten Journale reproduziert werden, soweit
die Redaktion des letzteren den Inhalt derselben für die englischen Leser passend
erachtet. Anderseits sind wir befugt, in derselben Weise die Originalien des engh-
sehen Blattes auch unsern Lesern zur selben Zeit vollständig, nicht nur auszugsweise
vorzuführen.
Seit Erasmus Wilson aufhörte, auf eigene Kosten eine englische Fachschrift für
Dermatologie herauszugeben, ist niemals wieder ein solcher Versuch in England
gemacht worden, obgleich die englische medizinische Litteratur nicht nur nicht arm
ist an Beiträgen von hervorragendem Interesse, sondern eine ganze Beihe von Haut-
krankheiten, welche bis dahin auf dem Kontinente unbekannt waren, im Laufe der
letzten Jahrzehnte in die Wissenschaft eingeführt hat.
Wir begrnlisen mit Freuden den Mut unsrer englischen Kollegen, welche trotz
der in England vorhandenen, eigentümlichen Schwierigkeiten die Gründung eines
Blattes für unser Spezialfach wiederum unternommen haben, und hoffen, dafs durch
das Zusammengehen ihrer Zeitschrift mit der unsrigen in Zukunft mehr als bisher
das gegenseitige Verständnis der englischen und deutschen Dermatologie gefordert
werde. Unna,
Verlag von Leopold V088 in Hamburg (und Leipsig).
Dmek der Verlagaanttalt und Druckerei Actien>OeteUschaft (yormals J. F. Richter) in Hamburg.
Ponataliefte fk ^uü^t ^tmMmt
Band VIII. No. 2. 15. Januar 1889.
Doppelinfektion mit Favus vulgaris und Favus herpeticus.
Von
H. Quincke
in Eiel.
Nachdem ich aus Favusborken 2 verschiedene Pilze gezüchtet hatte^,
unterschied ich auch klinisch 2 verschieden e Formen des Favus, den
Favus vulgaris und den Favus herpeticus, und skizzierte ihre Unter-
schiede.^ Im wesentlichen ist der erste (F. vulgaris) durch den y-Pilz
bedingt und auf dem behaarten Kopf lokalisiert, während der zweite
(F. herpeticus) durch den a-Pilz hervorgerufen (meist?) auf der unbe-
haarten Haut seinen Sitz hat.
Im Widerspruch mit dieser Auffassung standen anscheinend die
Fälle, in welchen behaarter Kopf und unbehaarte Teile desselben Indivi-
duums favuskrank waren; für sie blieb nur die Annahme übrig, dafs
dasselbe Individuum von 2 verschiedenen Pilzkrankheiten befallen
worden sei. Nachstehende Beobachtung bestätigt die Richtigkeit dieser
Annahme:
Im Februar vor. J. kamen auf die medizinische Klinik die 27jährige Arbeiters-
frau Marie H. mit dem 6jährigen Sohne Ferdinand und der 5jährigen Tochter Anna.
1. Die Mutter aus dem Dorfe Breiholz bei Bendsburg stammend, wo Favus
endemisch sein soll, litt schon seit ihrer Schulzeit an Favus des Kopfes. Jetzt zeigt
sich neben ausgedehnten, narbig atrophischen, haarlosen Stellen die Kopfhaut zum
Teil mit frischen gelben Scutulis bedeckt, zum Teil im Zustande schuppenden Ekzemes.
Der übrige Körper ist frei.
Noch während der Behandlung des Kopfes (mit Epilation, Sublimatseife und
Pyrogallolsalbe) entstanden auf den Armen ringförmige, abschuppende Stellen, wie
bei Herpes tonsurans, einmal auf der Schulter auch ein kleines Scutulum; diese
Dinge heilten schnell auf Pjrogalloltraumaticin.
* Archiv für exper. Pathol u. Pharmakol Bd. 22. 1886. — Während ich in
dieser Mitteilung über Favuspilze es noch unentschieden liels, ob die nicht sehr
erheblichen Unterschiede des ß- und ^-Pilzes auf verschiedene Arten oder nur auf
Varietäten zu beziehen seien, möchte ich mich jetzt zu der letzteren Auffassung
bekennen, so dafs ich zunächst also nur 2 Favuspilze, 1. den a-Pilz und 2. den
/9- resp. /-Pilz als erwiesen ansehe.
' Monatshefte f prakt. Bermatol 1887. No. 21.
Monatshefte. 4
50
2. Der 6jährige Sohn leidet angeblich seit 5 Jahren an Kopffavus, der sich seit
einem Jahre erheblich verschlimmert hat. Mit Ausnahme der rechten Schläfengegend
ist der ganze Kopf des Knaben von einer gelben, aus konfluierten Schildchen beste-
henden Borke bedeckt. Aufserdem finden sich im Gesicht, am Rücken, an Armen
und Beinen, besonders zahlreich am Halse rundliche Flecke von roter Farbe, mit
"weifslichen Schuppen bedeckt; die Gröfse variiert von Hirsekorn- bis Zehnpfennig-
atückgröfse; einige sind konfluiert. Einzelne gelbe Schildchen, die noch vor wenigen
Tagen bei der ersten Vorstellung in der Sprechstunde vorhanden waren, sind in-
zwischen abgefallen.
Die unbehaarte Haut wurde mit Sublimatseife, das Gesicht mit Seifen und
Schwefelzinksalbe behandelt und schnell geheilt, obwohl während der Behandlung
noch einige neue Stellen zum Vorschein kamen — ein lokales Recidiv auf der
Schulter sogar noch nach 2 Monaten. — Viel langsamer wich der Favus des be-
haarten Kopfes, wo bis in den August noch kleine Nachschübe Überwachung und
Behandlung (wie bei 1) erheischten.
3. Bei der 5jährigen Anna H. wurde der Favus des Kopfes erst vor 4—6 Wochen
gelegentlich des Haarschneidens bemerkt, während auf der unbehaarten Haut schon
seit mehreren Jahren häufig abschilfernde Flecke bestanden haben sollen, doch wurden
gelbe Scutula von der Mutter nie bemerkt. Jetzt zeigt das Kind auf dem Hinterkopf
nur eiue umschriebene Favuserkrankung mit gelben Schildchen, dagegen finden sich
auf Rücken, Beinen, Armen und der rechten Wange zahlreiche Hautstellen vom Aus-
sehen des Herpes tonsurans squamosus; auf dem linken Schulterblatt in der Mitte
eines ringförmig angeordneten Schuppenflecks ein beginnendes Scutulum.
Verlauf und Behandlung waren wie bei dem Bruder.
Die vorstehenden Fälle wurden während meiner Abwesenheit auf
die Klinik aufgenommen; doch wurden gleich im Beginn von meinen
Assistenten, Herren Dr. Hoppe -Seyler und Ebermaier, von den Schildchen
und Schuppen der Fälle 2 und 3 Kulturen angelegt, die ich später
weiter fortpflanzen und untersuchen konnte. Aus recidivierenden Scutulis
des Kopfes konnte ich später selbst noch direkt züchten.
Diese Kulturen zeigten nun mit voller Sicherheit den ^'-Pilz in den
Schildchen des Kopffavus von Fall 2 und 3, sowohl nach seinem Wacbs-
tumsverhalten auf Peptongelatine, Peptonagar und Kartoffel, wie nach
dem mikroskopischen Bilde der Fadenverzweigung, Endkolbenbildung und
Abschnürung. ^
Von den kranken Stellen der unbehaarten Haut mifßlangen die von
Fall 3 stammenden Kulturen; dagegen wurden von Fall 2 sowohl vom
Rücken wie von der Augenbraue sehr schöne Reinkulturen erhalten, die
mit Sicherheit als a-Favuspilz angesprochen werden mufsten nach ihrem
Wachstumsverhalten auf Gelatine und Kartoffel, auch bei niedriger Tem-
peratur, nach dem mikroskopischen Aussehen und der Bildung von
Mikro- und Makrogonidien.* Allerdings waren letztere nicht so reichlich
* 8. Arch. f. exper. Pathol Bd. 22. Taf. II. III. Figg. 7, 9~11.
* 1. c. Taf. II. III. Figg. 1—4.
51
wie gewöhnlich und wurde die verflüssigte Gelatine nicht braun gefärbt,
sondern blieb hell; doch waren dies geringe Variationen, wie sie mir
auch sonst bei einzelnen Kulturreihen vorgekommen sind.
Bei demselben Individuum (Ferdinand H., Fall 2) fand sich
also als Erzeuger des Favus vulgaris am Kopfe der ^'-Pilz,
als solcher des Favus herpeticus am Körper der «-Pilz. An
den meisten Stellen hatte letzterer übrigens erst zu herpetischen Ringen,
nur sehr vereinzelt zur Bildung von Favusschildchen geführt.
Dafs auch bei Frau H. und bei Anna H. eine Doppelinfektion
vorlag, kann nur aus Analogie geschlossen werden, da die Kulturen des
Favus herpeticus bei ihnen unterblieben, resp. fehlgeschlagen waren.
Nach den Angaben der Mutter muüs man annehmen, dafs mehrer
Jahre lang Ferdinand H. nur an Favus vulgaris, Anna H. nur an
Favus herpeticus gelitten habe, und dafe erst später — vielleicht einige
Monate vox dem Hospitaleintritt — durch gegenseitige Ansteckung bei
jedem der beiden Kinder eine Doppelinfektion zu stände kam.
Bei der mit ganz altem Kopffavus behafteten Mutter kam der Favus
herpeticus sogar erst im Laufe der Beobachtung zum Vorschein.
Wahrscheinlich ist auch der Vater von Favus herpeticus befallen
gewesen; derselbe litt nämlich an einer mit Schildchenbildung einher-
gehenden Erkrankung der Stimhaut längs der Haargrenze, welche nach
wenigen Wochen durch Sublimatseife und Pyrogallolsalbe beseitigt war.
Leider sind nähere Notizen über den Mann, der nur zweimal in der
Sprechstunde erschien, nicht gemacht worden. —
Hervorzuheben ist übrigens, dafs bei den Kindern H. die durch
den a-Pilz bedingte Hauterkrankung vorwiegend unter dem Bilde des
Herpes tonsurans squamosus verlief und es nur gelegentlich und weiter-
gehend zur Bildung charakteristischer Favusschildchen kam. Ob das
eine oder andre geschieht, mag von individuellen Eigentümlichkeiten in
der Festigkeit etc. der Epidermisstruktur abhängen.
Fall von Alopecia areata nach Operation am Halse.
Von
E. Pontoppidan
in Kopenhagen.
Der Streit über die parasitäre oder neurotische Ursache der Alopecia
areata scheint sich mehr und mehr dahin zu lösen, dafs beide Theorien
recht haben und wir eine zweifache Alopecia areata der Ätiologie nach
4*
52
annehmen müssen. Es geht gewifs allen Praktikern wie mir, dafs wir
bald Fälle der Krankheit bekommen, wo Ansteckung oder therapeutische
Resultate für eine parasitäre Ursache entschieden sprechen, bald solche
sehen, wo irgend eine neurotische Störung sich als ätiologisches Moment
mehr oder weniger stark aufdrängt. Die letzteren sind verhältnismäfeig
selten, wenigstens wenn man mehr als ein ganz zufälliges Zusammen-
treflfen nachgewiesen zu sehen wünscht, und können wohl nie rein wie
das physiologische Experiment noch beweiskräftig wie ein solches sein.
Doch möchte der vorliegende Fall etwas mehr als gewöhnliches Interesse
darbieten, besonders jetzt, wo Max Josephs artifiziell hervorgerufenen
Alopecien unsre Ideen in diese besondere Kichtung gelenkt haben. Die
Gelegenheit zur Observation des bezüglichen Falles verdanke ich dem
hiesigen Kollegen Dr. Wanscher, der die Kranke unter chirurgischer
Behandlung hatte. Sie wurde am 11. Dezember 1888 von ihm wegen
chirurgisch interessanter Verhältnisse und von mir wegen der Alopecia
areata im Verein der Ärzte vorgestellt.
Anka M., 10 Jahre alt, wurde am 7. September 1888 wegen einer
taubeneigroisen Drüsengeschwulst in der linken Regio carotidea operiert.
Der in der Tiefe gelegene Teil des Drüsenkonglomerats zeigte sich an
der Vena jugularis externa adhärent, und während der Ablösung kam
ziemlich heftige Blutung aus einem ßifs in der Vene. Der Versuch
einer Seitenligatur scheiterte, und da die Blutung alarmierend wurde,
wurde mit in Sublimatlösung getränkter Jodoformgaze tamponiert und
darüber Bindenkompression. Dieser Tampon war noch am 11. Dezember
1888 nur teilweise entfernt — der aseptische Wundverlauf hat eine
Einheilung zugelassen.
Die ersten Tage nach der Operation hatte die Kranke abends ein
wenig erhöhte Temperatur nebst leichter Bronchitis. Am zweiten Tag
wurde — was gewifs gleich nach der Operation entstanden war —
eine Sympathicusparese der Augenmuskeln der linken Seite, Ptosis und
kontrahierte Pupille entdeckt. Die Kranke, die übrigens ruhig und
war, hatte besonders im Schlafe ziemlich starke, choreaartige, zuckende
Bewegungen des linken Armes.
3 Wochen nach der Operation wurde der Verband entfernt. Die
Wunde war ohne Reaktion, der Tampon sehr adhärent an den Wänden
der Höhle, wo er sich nicht entfernen liefs. Bähungen und Umschläge
mit Sublimatwasser konnten auch nicht die Ablösung der adhärenten
Partien desselben effektuieren, diese waren in mehrere Millimeter Tiefe
mit Granulationsgewebe durchwachsen, und diese wurden trotz der
Anwe^ndung konzentrierter Lapislösungen mehr und mehr in resistentes
Bindegewebe umgewandelt, wodurch noch jetzt, ein Vierteljahr nach der
Operation, die Beste des Grazetampons fest eingeheilt sind.
53
Als die Bandage zum ersten mal — 21 Tage nach der Operation —
entfernt wm'de, zeigten sich am Nacken mehrere haarlose Flecke, welche
vom Operateur als durch Usur verursacht aufgefafst wurden; da dieselben
aber sich schnell vergröJserten, wurde Verf. als Konsultent hinzu-
gezogen.
Die kleine Kranke, welche in guten Verhältnissen und unter intelli-
genter Beobachtung lebte, hatte nie Haar- noch Hautkrankheiten gehabt,
und auch in ihrer Umgebung waren keine Fälle solcher Affektionen zu
eruieren. Am Hinterhaupt zeigten sich symmetrisch zwei etwa thaler-
grofee, kreisrunde, ganz haarlose Flecke. Die Haut war weiüs, glatt,
ohne Schorfe, Haarstümpfe oder sonstige abnorme Erscheinungen, die
Sensibilität normal. Der mit einer scharfen Grenze sich absetzende um-
gebende Haarwuchs war anscheinend normal, doch zeigten sich die Haare
sehr locker befestigt und folgten bei leisem Zupfen in ganzen Mengen.
Eine mikroskopische Untersuchung der Haare und des Haarbodens (Ent-
fettung durch Alkohol und Äther, Färbung mit Methylenblau und Borax,
oder Aufhellung in Kalilauge) zeigte nur die gewöhnlichen, normalen
Mikrophyten in Epidermis und Wurzelscheiden, sonst aber nichts, was
als pathologisch-mykotischer Befund zu deuten wäre. Ich diagnostizierte
eine Alopecia areata neurotica und riet, jede spezielle Behandlung zu
unterlassen, indem ich glaubte, eine spontane Reproduktion der Haare in
wahrscheinliche Aussicht stellen zu können. Vorläufig vergröfserten sich
jedoch die Flecke schnell, es entstanden neue gegen den Scheitel hin
und hinter den Ohren, und sie konfluierten; ungefähr einen Monat nach
der ersten Untersuchung jedoch hörte die Ausbreitung auf, die angrenzen-
den Haare waren festsitzend, und am 27. Oktober, als die gröfste Aus-
breitung erreicht war, zeigte sich der Status wie folgend: Das ganze
Hinterhaupt war an einer symmetrisch sich ausbreitenden Partie ganz
haarlos, die Haut übrigens glatt und normal, die Sensibilität ungestört.
Die Grrenzlinie gegen die behaarten Teile, wo das Haarkleid dicht und
normal war, beschrieb eine horizontale Linie ungefähr von dem Wirbel
am Scheitel nach vom um den Kopf herum in der Weise, dafs unter
dieser Linie sich von behaarter Haut nur ein Streifen an den Schläfen
herunter vor den Ohren und ein dünner, stellenweise abgebrochener Haar-
kranz der untern Grenze des Kapillitiums gegen den Hals entlang zeigte.
Diese Ausbreitung entspricht etwa dem Grebiet, welches durch den Nervus
oGcipitales major und minor nebst dem hintern Aste des N. auricularis
magnus versorgt wird.
Bald sprossen nun neue, lanugoartige Haare wieder hervor, am
stärksten in der Peripherie, und am 11. Dezember war die ganze Partie
ziemlich gleichmäfsig und recht stark mit solchen besetzt, welche die
kahle Stelle schon mit einem anfangenden, wenn auch dünnen und
54
lichten Haarwuchs bedeckten, und allem Anschein nach wird die Be-
haarung in wenigen Monaten wieder normal sein.
Nach einer Nervenläsion, die klinisch wie anatomisch als die oberen
Cervikalnerven berührend aufgefafst werden mufste, entsteht eine Alopecia
areata, welche im Ausbereitungsbezirk wie der Zeit ganz die Max Joseph-
sehen Alopecien nach Cervikalganglienläsion decken würde, wenn nicht
ein Umstand wäre, die symmetrische Verbreitung nach der nicht operierten
Seite. Doch haben Max Joseph wie Mibelli gesehen, dafs die Affektion
nicht immer an das Gebiet des exstirpierten Granglions gebunden ist,
sondern auch anderwärts sich zeigen könne, wie im Gebiete des Trigeminms
und auf noch entfernteren Bahnen, wie gegen die Schultern zu und an
den Extremitäten. Ein Übergreifen auf das entsprechende Nervengebiet
der andern Seite, etwa durch eine zentripetal fortgeleitete Neuritis, wäre
vielleicht doch nicht undenkbar. Wie immer die Erklärung sei, so mag
der Fall doch einiges Interesse haben als kasuistischer Beitrag in der
Frage nach der Alopecia areata neurotica.
Aus Br. Unnas Klinik für Hautkrankheiten in Hamburg.
Zur Infektionsfrage der Herpesarten.
Von
Dr. Ludwig Török,
Assistenzarzt.
Die Hausepidemie von Herpes, welche ich im folgenden kurz be-
schreiben werde, ist besonders in der Hinsicht interessant, dafs sie die
engen Grenzen, die bisher zwischen Herpes Zoster und den übrigen
Herpesformen gezogen wurden, zu verrücken scheint und die Auffassang
zuläfst, dafs die verschiedenen Herpesarten nur verschiedene Grade ein
und derselben Infektion darstellten.
Am 14. November 1888 wurde A. S., 18 Jahre alt, in die Haut-
klinik Dr. Unnas aufgenommen. Derselbe war mit einem typischen
Herpes Zoster behaftet; im 10. Interkostalraum waren 3 Gruppen von
teilweise schon zu bräunlichen Borken eingetrockneten Bläschen sichtbar.
Der Kranke war stark abgeschlagen, schwach fiebernd und klagte über
Brennen an den befallenen Stellen. Er blieb bis zum 30. November in
unsrer Behandlung.
Ende November erkrankte eine 38jährige Frau, bald darauf auch
ein 24jähriges, wegen Lupus in Behandlung stehendes Mädchen an Herpes
55
labialis. Bei beiden waren Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit, bei
der letzteren auch geringe Fieberbewegungen als Prodromalerscheinungen
voraufgegangen. Bei der ersten zeigte sich eine Gruppe an der Ober-
lippe, bei der letzteren einige Gruppen an Ober-, Unterlippe und an den
Mundwinkeln. Nach ähnlichen Prodromen erkrankte dann ein 18j ähriger
Bursche an Herpes. Bei demselben entwickelte sich rasch ein ziemliches
( )dem des Gesichtes, besonders der Gegend des liuken Auges, und ebenso
rasch eine Menge von Bläschengruppen des Gesichtes, welche zum grölsten
Teile symmetrisch auf beide Seiten verteilt waren — (an den tubera
frontalia, zu beiden Seiten des Nasenrückens, an der Nasenwurzel, an
den Augenbrauen und äufseren Augenwinkeln, an den Wangeü, an der
Oberlippe, zu beiden Seiten des Kinns, an beiden Ohren etc.). — Aufeer-
dem war eine Gruppe von Bläschen an der seitlichen Bauchwand, knapp
unterhalb der rechten 12. Rippe, aufgetreten. Endlich erkrankte auch
noch ein lOjähriges Mädchen an Herpes labialis der Oberlippe.
Zwischen dem Zeitpunkte der Aufnahme des ersten Falles bis zum
Auftreten des letzten waren 5 Wochen verstrichen.
Im Anschlüsse an einen typischen Herpes Zoster war also hier —
bei den der Infektion ausgesetzten Individuen — in 3 Fällen Herpes
labialis, in einem Falle Herpes facialis und ein Prozefs aufgetreten, der
wohl nur als Herpes Zoster aufzufassen ist. Schon früher beschriebene
Herpesepidemien (z. B. zuletzt diejenige von Tommasoli, Giornale
intemaz. di scimza med, Juli 1886) und auch die eben beschriebenen
scheinen für die Auffassung des Herpes als eine Infektionskrankheit zu
sprechen; unsre Epidemie des weiteren auch noch dafür, dafs derselbe
Infektionsstoff Erreger sowohl des Zoster, als auch wenigstens eines
Teiles der Facialis-, Labialis- und wahrscheinlich auch der Progenitalis-
formen ist.
Wie haben wir nun diese Prozesse aufzufassen? Wie müssen wir
uns z. B. gegenüber den symptomatischen Herpesformen verhalten? Welche
Bedeutung haben unter andern die häufig sich wiederholenden Herpetes
progenitales vieler Puellen?
Ein von v. DüRiNO in dieser Zeitschrift publizierter Fall von nach
Erysipelas aufgetretenem, recidivierendem Herpes scheint auf diese Pro-
zesse einiges Licht zu werfen. Das voraufgegangene Erysipelas war hier
g:ewirs das disponierende Moment für die sich von nun an wiederholenden
Herpeseruptionen. Indem wir diese Erklärung auch auf die übrigen
Herpesformen übertragen, müssen wir bei den von Herpes befallenen
Individuen entweder eine angeborene, oder eine erworbene Disposition
für das Eindringen des Herpesgiftes annehmen. Die erstere Annahme
scheint uns mit Wahrscheinlichkeit ihre Berechtigung beim Herpes Zoster
nnd in den Fällen zu haben, wo der Herpesprozefs bei gewissen Puellen
56
auftritt, während er bei andern das gleiche Gewerbe aasübenden und sich
denselben Schädlichkeiten aussetzenden Individuen ausbleibt. Ebenso
müssen wir annehmen, dafs bei dem Herpes febrilis, der sich an gewisse
Infektionskrankheiten anschliefst, das Virus derselben die Disposition ver-
ursacht, während die Infektionsträger andrer Infektionskrankheiten dies
zu thun nicht im stände sind. Herpes Zoster und die andern Herpes-
arten sind also — unsrer Meinung nach — von demselben Virus hervor-
gerufene, sich voneinander nur graduell, an Intensität der Erscheinungen
unterscheidende Prozesse. Durch die stärkere Infektion tritt bei dispo-
nierten Individuen die Zosterform auf, welche die davon befallenen
Individuen gegen neuere Infektionen sozusagen immun macht. Bei den
andern minder intensiven Formen ist dies letztere nicht der Fall und
dieselben recidivieren im Gegenteile häufiger. Auch dieser Umstand
kann aber nicht zu dem Zwecke herangezogen werden, um diese Prozesse
scharf voneinander abzugrenzen, da der von Kaposi beschriebene Fall
zeigt, daüs auch der Herpes Zoster häufige Recidive haben kann.
Wir glauben hiermit einen Beitrag zu der auch von Tommasoli
gehegten Ansicht geliefert zu haben, dafs der Herpes Zoster nicht von
den andern Arten (labialis, progenitalis etc.) zu trennen ist, und dafs alle
als Mitgsieder einer Familie betrachtet werden müssen.
in neuer Irrigationskatheter für die Harnröhre.
Von
Alfbed Lanz,
Ordinator des Miassnitzky-Hospitals in Moskau.
Mit 1 Abbildang.
Die gewöhnlichen Einspritzungen in die Harnröhre sind bekanntlich
völlig ^wirkungslos in den Fällen von chronischer Urethritis, wo der
Prozels in den hinteren Abschnitten der Urethra seinen Sitz hat, da die
injizierte Flüssigkeit nicht über den Bulbus urethrae hinaus eindringt.
Aus diesem Grunde sind für solche Fälle von Urethritis posterior mannig-
fache Heilmethoden ersonnen worden, die alle nur ein und dasselbe zum
Zweck haben — das betreffende Medikament mit der krankhaft verän-
derten ^Schleimhaut der tieferen flamröhrenpartien in Berührung zu
bringen. Von diesen Behandlungsmethoden sind als die gebräuchlichsten
zu nennen: einerseits die Injektion verschiedener Lösungen mittels des
57
gewöhnKchen NELATONSchen Katheters oder eigens ad hoc ersonnener In-
strumente — Spritzen von Guyon, Erichsen, Ultzmann, et?. — , sowie
das Bepinseln der affizierten Schleimhautteile mit gewissen Lösungen
vermittelst des von Gschibhakl angegebenen Pinsels ; anderseits die Ein-
führung verschiedener Medikamente in Form von Drethralsuppositorien
(etwa mit Hilfe des porte-rem5de Dittels oder der „Tripperpistole"
Senftlebens), oder in Gestalt von Salben, welche auf Metallsonden
(Unna, Casper) oder elastische Bougies (Lesser) gestrichen und ver-
mittels dieser in die Urethra eingeführt werden. Ohne Zweifel sind viele
Fälle chronischer Urethritis nach den genannten Methoden geheilt
worden; gleichwohl existiert eine ganze Reihe von Fällen, wo sich diese
Mittel ungenügend erweisen, worauf auch schon die grofse Zahl und
Mannigfaltigkeit der letzteren hindeutet.
Doch hier mufs ich noch folgende Bemerkung einfügen. Ich habe
in der Beihe der Behandlungsmethoden der Urethritis chronica die
Therapie unerwähnt gelassen, welche sich des Endoskops bedient, wiewohl
ich völlig mit denen übereinstimme, welche diese Therapie des fraglichen
Übels für die allerrationellste erklären. Allein die Endoskopie erfordert
spezielle Vorübungen und ist daher keineswegs jedem zugänglich. Fälle
Ton chronischer Urethritis kommen aber wohl in der Praxis eines jeden
Arztes vor, und deshalb ist jeder Versuch, eine einfache und allgemein
zugängliche Behandlungsmethode der Urethritis chronica ausfindig zu
machen, voll und gsnz berechtigt.
Angesichts der Thatsache, dafs die überwiegende Mehrzahl der
Fälle von Urethritis anterior durch gewöhnliche Einspritzungen geheilt
wird, schien mir die Aufgabe der Therapie der Urethritis posterior — in
vielen Fällen wenigstens — darin zu bestehen^, dafs vermittelst eines
geeigneten Instrumentes die hinteren Partien der Harnröhre irrigiert
werden, d. h. es soll dahin eine relativ grofse Menge der medikamentösen
Lösungen gelangen, wobei aber die injizierte Flüssigkeit nicht die Blase
erreichen und die Harnröhre in der Bichtung von hinten nach vorn be-
spülen muDs. Dieses Resultat etwa durch Einführung des gewöhnlichen
NELATONSchen Xatheters bis hinter den Bulbus urethrae zu erzielen, ist
nicht möglich, denn hierbei ruft die injizierte Flüssigkeit, indem sie nur
an der genannten Stelle die Harnröhre erweitert, lebhafte Schmerzen und
eine reflektorische Kontraktion des m. constrictor urethrae hervor; infolge
dessen ergiefst sich die Flüssigkeit nicht rückwärts zwischen Katheter und
Urethralwandungen, sondern dehnt die Harnröhre weiter nach hinten aus,
^ Ich nehme hier selhstverständlich diejenigen Fälle von Urethritis aus, welche
bereits eine mehr weniger erhebliche Striktur hervorgerufen haben; hier kommt es
natürlich in erster Reihe auf eine Dilatation der Harnröhre an.
58
und dringt sogar bis in die Blase vor. In der Voraussetzung, dals diese
Erscheinungen teilweise durch die Eigentümlichkeiten des angewandten
Instruments, im speziellen Falle also des NELATONSchen Katheters, be-
dingt sind, wandte ich in einigen Fällen versuchsweise ein Instrament
an, welches in einem dünnen, biegsamen Metallkatheter besteht, dessen
vorderes Ende in eine kleine hohle Olive ausgeht; letztere ist mit einer
ganzen Reihe kleiner Öffiiungen versehen, die sich in
der hintern Hälfte der Olive nahe ihrer Verbindung
mit dem Katheter befinden. Infolge dieser Einrich-
tung des Instrumentes — dasselbe entspricht dem
Aussehen nach völlig den gewöhnlichen explorativen
Bougies ä beule — gelangt die durch den Katheter
injizierte Flüssigkeit in die Olive, und strömt von
da durch die erwähnten ÖjBhungen in umgekehrter
Richtung aus. Allein bei der Anwendung dieses
Instruments findet der Rückflufs der injizierten Flüssig-
keit aus der Harnröhre und die Bespülung der Ureihnd-
Schleimhaut nur dann statt, wenn das hinter dem
Bulbus urethrae eingeführte Instrument soweit zurück-
gezogen M'ird, dafs sich die Olive diesseits des Bulbus
befindet.
Es galt nunmehr ein solches Instrument zu
konstruieren , welches die Injektion medikamentöser
Lösungen in die hinteren Teile der Harnröhre vermit-
telt, gleichzeitig aber das Lumen der letzteren offen
hält und so einerseits den freien Abflufs der einge-
spritzten Flüssigkeit, anderseits die Bespülung der
TJrethralwand mit derselben ermöglicht. Ein solches
Instrument ist im Frühling dieses Jahres von der
hiesigen Firma Th. Sghwabb nach meinen Angaben
hergestellt worden. Wie aus bei folgender Zeichnung
zu ersehen, erinnert das Instrument der äuGsern Ge-
stalt nach ein wenig an den Katheter h double courant.
Das Rohr a, welches zum Einströmen der Flüssigkeit
dient, kommuniziert mit einem feinen inneren Rohr,
welches fast die Länge des ganzen Instrumentes ein-
nimmt und nicht weit vom vorderen Ende des letzteren seine Endignng
hat. Das Instrument selbst endigt mit einer kleinen Kappe (c), die in
geringem Abstände vor der Ausflulsöfihung des soeben geschilderten
inneren Röhrchens befindlich ist. Die Kappe c ist durch Drähte, vier an
der Zahl, mit der Abteilung d des Instrumentes verbunden. Die Drähte
sind behufs gröfserer Festigkeit, wie auf der Zeichnung zu sehen ist,
Fig. 3.
59
stelleo weise mit dem inneren Röhrchen verbunden. Durch das Rohr b
fliefsfc die Flüssigkeit zurück heraus. Die Platte h ist beweglich, und
kann mit Hilfe einer Schraube g leicht in jeder beliebigen Lage befestigt
werden, die es zu dem Teile d einnimmt. Die Bestimmung der Platte
ist die, das bis zu hinreichender Tiefe eingeführte Instrument in gewissem
Grade in dieser Lage zu fixieren. Auf die Röhrchen a und b wird je
ein Stück Gummirohr gesetzt; das mit a vereinigte wird seinerseits nun
mit dem Irrigator oder der Spritze in Verbindung gebracht, das andre
mit b verbundene dagegen in ein untergestelltes Gefäfs geleitet. Die
Einführung des mit Glycerin bestricheneu Instruments geschieht nach den
allgemeinen Vorschriften für die Einführung metallener Katheter in die
Harnröhre. Das bis zu der erforderlichen Tiefe eingeführte Instrument
wird mittels der Platte h in der betreffenden Lage befestigt und hierauf
der Kranke veranlafst, das Instrument mit der Hand zu fixieren. Der
Arzt spritzt nun die Flüssigkeit ein, welche durch das Rohr a und weiter
durch das innere Röhrchen strömt; aus letzterem ausfliefsend prallt die
Flüssigkeit mit gröfeerer oder geringerer Kraft, je nachdem wie kräftig
sie eingespritzt wird, gegen die innere Fläche der Kappe c, fliefet, von
hier zurückgeworfen, zwischen dem innem Röhrchen einerseits — den
Drähten ff und den ürethralwandungen anderseits, und strömt schliefsllch
durch das Hohr b wieder aus. Die Bespülung der Hamröhrenwandungen
geschieht auf diese Weise in möglichst vollkommenem Grade. Zur Ein-
spritzung bedient man sich derselben Lösungen, welche auch zu gew^öhn-
lichen ürethralinjektionen benutzt werden, mit Ausnahme der Flüssigkeiten
mit Bodensatz (wie die RicORDSche Emulsion), oder derjenigen Lösungen,
welche auf metallene Instrumente chemisch einwirken. Es empfiehlt
sich, die Kur mit schwächeren Lösungen zu beginnen und ihre Kon-
ZBDtration allmählich zu verstärken, wobei auf individuelle Besonderheiten
des Falles Hücksicht zu nehmen ist.
Zu Ende des vorigen Jahres beschrieb Lohnstein ein analoges
Instrument von Prof. Zuelzer.^ Dieses Instrument unterscheidet sich
übrigens von dem soeben beschriebenen wesentlich dadurch, dafs es nur
in Fällen von Urethritis anterior anwendbar ist. In allerjüngster Zeit
hat C. Schütze' ein Instrument angegeben, welches mit dem von mir
beschriebenen schon gröfsere Ähnlichkeit besitzt. Der Katheter Schutzes
besitzt gleich dem meinigen eine geringe Krümmung und kann auch in
■ Aus dem poliklinischen Institut von Prof. Zülzer: Ein neuer Spülapparat der
Harnröhre von Dr. H. Lohkstbik, Assistenzarzt der Poliklinik. Berl. hlin. Wocheti-
schnft 1887. No. 47.
■ Über einen neuen Spülkatheter für die Urethra, von Dr. Carl Schütze in
Hamburg. Monatshefte für prakt Dermatologie, 1888. No. 16. 15. August.
60
die tieferen Teile der Harnröhre eingeführt werden. Im wesentlichen
stellt er eine hohle CASPERsche Sonde dar, auf deren vorderes verjüngtes
Ende die Endigung eines Katheters in Grestalt einer Kappe aufgesetzt
ist. Die injizierte Flüssigkeit strömt unter dieser aufgestülpten Endigung
heraus und ergiefst sich entlang den Binnen des Katheters nach anfsen,
wobei die Harnröhrenwand bespült wird. Dieses Instrument ist bei uds
in Moskau noch nicht zu haben, daher es mir nicht möglich war, dasselbe
zu prüfen; doch glaube ich der Beschreibung nach annehmen zu dürfen,
dafs es meinem Irrigator in der Hinsicht nachsteht, dafs hierbei die inji-
zierte Flüssigkeit in nicht so vollständige Berührung mit den Wänden
der Harnröhre gelangt.
Da ich noch nicht über eine hinreichende Zahl von Beobachtungen
verfüge, so kann ich vorläufig noch keine präzisen Indikationen für die
Anwendung des von mir beschriebenen Irrigationskatheters aufstellen und
beschränke mich daher auf das oben Gesagte. Was den therapeutischen
Effekt betrifft, so erzielte ich in allen Fällen chronischer Urethritis, in
welchen ich bisher mein Instrument zur Anwendung brachte, eine un-
streitige Besserung, in einigen Fällen sogar völlige Heilung. Das letztere
Faktum mufs, glaube ich, genügen, um dem von mir vorgeschlagenen
Instrument einen gewissen Platz im Arsenale der bei chronischer Urethritis
angewandten Mittel zu sichern und das Erscheinen vorstehender Notiz
zu rechtfertigen.
Zum Schluls kann ich nicht umhin, Herrn Professor A. J. Pospelow
meinen aufrichtigen Dank auszusprechen, da derselbe für das Instrument
Interesse zeigte und mir die Möglichkeit gewährte, seine Wirksamkeit
bei einigen seiner Privatpatienten zu erproben.
Moskau, den 20. Oktober 1888.
Klinische Stadien ftber Sarkome der Haut.
Von
Dr. Funk
in Warschau.
(Schlufs.)
Mykosis fungoides.
Den ersten Fall von „Mykosis fungoides'* hat Alibbrt ^* beschrieben,
mit Recht wird jedoch Bazin für den Begründer dieses Krankheitstypus
*' Alibeet, Monographie des Dermatoses. pag. 426.
61
gehalten; seine Schilderung gehört noch heate zu den besten. Bei fran-
zösischen Autoren wird diese Krankheit als „Lymphad^nie cutan^e'' auf-
gefafst ; in der deutschen und englischen Litteratur finden wir Mykosis&Ue
unter allerlei Benennungen (Sarcomatosis cutis, Granuloma fungoides,
iDflammator., fungoid. Neoplasma, entzündlich-fungöse Geschwulst, etc.).
Kaposi ^^ hält Mykosis fungoides für eine besondere Spezies des Haut-
sarkoms, KObner^^ dagegen für eine chronisch-infektiöse Hautkrankheit.
Wir ersehen daraus, dals die Meinungen über das Wesen dieser Krank-
heitsform noch sehr geteilt sind.
Bazin^® schildert das Krankheitsbild in folgender Weise:
L Stadium: Es entstehen an der Haut rote, runde, verschieden
groJse Flecke. Diese Flecke jucken sehr stark, sind glatt, nicht schilfernd,
ganz flach oder etwas emporragend, quaddelähnlich; manche sind hämor-
rhagisch. Die Flecke verschwinden und kommen wieder, werden aber
allmählich dauerhafter und dunkler (Miniumfarbe). Mit Ekzem besitzt
dieser Ausschlag keine Ähnlichkeit, später jedoch, vermutlich infolge
von Kratzen, entstehen an den Flecken ekzematöse Knötchen und Bläs-
chen. Nach einigen Monaten, einem Jahr oder noch später folgt
das H. Stadium: An den Flecken oder auch an gesunden Stellen
entstehen stark juckende, dunkelrote, harte, scharf begrenzte, flache
Erhebungen. Diese Erhebungen wachsen, konfluieren oft und nehmen
in manchen Fällen die ganze Hautoberfläche ein. Ihre Oberfläche ist
uneben, knotig, stellenweise mit Schuppen bedeckt, oder schrundig.
Dieses Stadium kann jahrelang fortdauern.
ni. Stadium. Nach Jahren entstehen an den erkrankten oder
auch gesunden (scheinbar gesunden?) Hautstellen grofse, harte, glatte
Knoten. Die Knoten verschmelzen sehr oft zu grölseren, lappigen, tief
gefurchten Tumoren. Die Knoten sitzen breit auf der Haut, oder werden
an der Basis eingeschnürt, fungös. Manche Knoten verschrumpfen, werden
weich, ruDzelig und verschwinden; diese Erscheinung fehlt selten.
Ziemlich oft ulcerieren die Mykosisknoten : a. infolge von Kratzen,
Keiben der Kleidung, u. s. w. entstehen an den Knoten oberflächliche
Erosionen ; b. der Knoten erweicht zentral, fluktuiert (ramoUissement
central), berstet dann, wie eine angefaulte Frucht; es entstehen krater-
förmige, mit Gewebsfetzen bedeckte Geschwüre mit zerrissenen Bändern.
Die Geschwüre reichen tief, oft bis zum Knochen. In dieser Periode
leidet auch das allgemeine Befinden, der Kranke leidet an Durchfällen,
fiebert, wird kachektisch.
" Kaposi. Wim, Med. Wochenschr, 1887. No. 19—22.
^ EöBNER. Deutsche med, Wochenschr. 1887. No. 39 n. 40.
^ Bazin, Mycosis fangoides. Dict. encyelop. des seiences med. II. Serie. Bd. XI.
62
In manchen Fällen bilden die Tnmoren das erste Krankheitssymptom;
die Fleete und flachen Erhebungen können auch nachher erscheinen.
Nicht in allen Fällen war die Haut das ausschliefslich befallene
Organ. So im Falle von Gillot waren sämtliche Lymphdrüsen erkrankt,
im Falle von Landouzy sind ähnliche Knoten im Gehirn» den Lungen,
bronchialen und mesenterialen Lymphdrüsen, solitären Darmfollikeb
gefunden.
Diese Schilderung von Bazin entspricht gewifs der Mehrzahl der
Fälle, erschöpft jedoch nicht die reiche Symptomatologie dieser Krankheit.
Einige Ergänzungen sind nnentbehrlich :
I. Stadium (Stadium der Flecke). Eine genaue Definition ist nicht
leicht zu geben; die meisten Autoren schildern die Symptome dieser
Periode nach Angaben der Kranken. In grofser Mehrzahl der Fälle
entstehen zweifellos rote, runde, bis thalergrofse Flecke ; dieses erste
Krankheitssymptom wird oft von deutschen Autoren als Ekzem gedeutet
(Stadium ekzematosum von Kaposi). Jedoch besitzen diese Flecke einige,
dem Ekzem ganz fremde Eigenschaften. So z. B. im zweiten Falle von
Köbner", im sechsten von Vidal-Brocq ^* haben die Flecke annuläre
Form angenommen. Übrigens sind aus diesen Flecken im ersten Falle von
Kaposi ^^ vierten von Vidal-Brocq ^^ ersten von Amicis^S in den Fällen
von DüHRiNG*^, Brächet ^^ unmittelbar Tumoren entstanden. Zweifellos
entsteht in den späteren Perioden ein Ekzem, mitunter in universeller Aus-
dehnung; die vermutliche Ursache dieser Ekzeme ist das beständige
Kratzen der furchtbar juckenden Flecke und Infiltrate. Demnach finden
wir in Fällen, wo das Jucken fehlt, kein Ekzem. Die Flecke und
Infiltrate bleiben glatt, glänzend, ohne Schuppen, Schrunden oder Borken
{2. Unterart der Mykosis fiing. nach Kaposi?).
II. Stadium (Stadium der Infiltrate). Die beschriebenen, scharf be-
grenzten, flachen oder knotigen, buckeligen Infiltrate können ebenfalls im
Zentrum verschwinden und peripherisch fortschreiten. Es entstehen in
dieser Weise annuläre Formen, Halbmonde, welche mitunter in einem
Netze konfluieren und die ganze Hautoberfläche bedecken.
III. Stadium (Stadium der grofsen Tumoren). Neben den geschilderten
roten, glänzenden, lappigen Knoten finden wir nicht selten weich-elastische,
" EÖBNER. 1. c.
" Vidal-Brocq, £tude eur le Mycosis fongoi'de. France mediccUe. 1885. No. 79—85.
*• Kaposi, 1. c.
^ Vidal-Brocq, 1 c.
'^ Amicis, Annales de Dermat. et de Syph. 1882. pag. 452.
** DüHRiNO, Inflammatory fungoid. Neoplasm. Archiv of Dermat. 1879 — 80.
^ Brächet, Memoires de Med. et de Chir. militaire. 1877. Ref. in Canstatts
Jahresber. 1877.
63
unter dem Pingerdruok verschwindende Tumoren (Fall von Hardy**,
AüSPiTZ**, der erste Fall von Kaposi ^^, der erste von Köbner*").
Im oben citierten Falle von Aüspitz waren junge Knötchen hellrot,
gallertartig durchscheinend. In einigen Fällen waren groise Hautflächen
diffus infiltriert, verdickt, bretthart, nicht faltbar, ihre Oberfläche
dnnkelrot, violettrot, uneben, knotig. So die Abdominalhaut im fünften Falle
von Kaposi und zweiten von Köbner, die Haut der linken Brust im Falle
von GiLLOT.*® Manche Knoten und Knotengruppen verschwinden eben-
falls im Zentrum (ebenso wie die Flecke und Infiltrate).
Nach dem Tode flachen sich die Knoten mitunter bedeutend ab;
im citierten Falle von Gillot sind kleinere Tumoren fast vollständig
verschwunden.
Im Falle von Duhriko sind ähnliche Knoten in der Harnblase
gefanden worden, im Falle von KObner im Scheidenvorhof; im
Falle von Auspitz safsen zahlreiche Knötchen in der dura mater, in
einigen Fällen am weichen Gaumen, an der Uvula.
Die Lymphdrüsen waren bedeutend vergröfsert im sechsten Falle von
Vidal-Brocq, ersten von Geber, ersten von Amicis, in den Fällen von
HAMBfER, Auspitz, Manino und e. a. Lymphdrüsenkonglomerate (besonders
oft die Hals-, Axillar- und Inguinaldrüsen) warenmitunter faustgrofs. In der
Beobachtung von Gillot waren alle oberflächlichen, retroperitonealen und
mesenterialen Lymphdrüsen stark vergröfsert. Diese Beobachtungen
bilden den Übergang zu einer Gruppe von Hauttumoren mit
bedeutenden Veränderungen der inneren Organe; die Schilderung
dieser Fälle folgt weiter unten.
Fast regelmäfsig endet Mykosis fungoides letal; die unmittelbare
Todesursache ist Kachexie, Pyämie, Septikämie oder Komplikationen
(Lungen- oder Nierenentzündung). In zwei Fällen trat Heilung ein:
im 1. Falle von Köbner** (der Kranke nahm Sol. Fowleri innerlich
H— 25 Tropfen täglich — nach 372 Jahren noch vollständig gesund) und
im 1. Falle von Gebbr.*®
Pathologische Anatomie der Mykosis fungoides.
Die meisten Autoren, namentlich die französichen, schildern das
mikroskopische Bild in folgender Weise: die Haut, zum Teil auch die
'* EöBNBR, KUn. u. experim. Müteüungen. Erlangen 1869. Fall I.
** Auspitz, Ein Fall von Granuloma funffoides. Vierteljähresschr. f. Denn. u.
Siiph. 1888.
* Kaposi, 1. c.
" KöBNBR, Deutsche med. Wochenschr, 1887. No. 39, 40.
" GiLLOT, TMse de Paris. 1869.
•• EÖBKER, 1. C.
'• Gebbb, 59. Versammlung der Ärzte in Berlin. 1886.
64
Unterhaut, von kleinen, den weifsen Blatkörperchen ähnlichen Zellen
dicht durchgesetzt; nach Anspinselung kommt ein zartes Betiknlam zum
Vorschein.
Jedoch für eine gro&e Zahl der Fälle trifft diese Schilderang nicht
zu; 6EBBR^^ DüHRiNG^^ Köbner'^ Sirkdey^ heschreihen runde, ovale
und Spindelzellen; im Falle von Auspitz lagen in den tieferen Haut-
schichten zahlreiche Spindelzellen, ehenso im Falle von Köbner (grofee
kömige Spindelzellen).
SrREDEY (6. Fall von Vidal-Brocq) beschreibt ein Netz von Stern-
zellen, in dessen Maschenräumen Rundzellen liegen (Myxosarcoma). Im
Falle von Duhrino waren stellenweise die Zellen zu langen dünnen
Säulen angeordnet; zwischen den Säulen lag spärliches Fasergewebe
(Endothelium?).
Zweifellos beginnt die Infiltration rings um die Gefäfse, die Schweils-
und Talgdrüsen und Haarbälge; in sämtlichen Fällen waren zahlreiche
und groüse Blutgefäfse.
Besonders beachtenswert ist die anatomische Lokalisation des Pro-
zesses. An den mikroskopischen Zeichnungen von Geber^^, NAETHBR'^
Amicis^^ finden wir zweifellos die dichtesten Zellenmassen in der
Fapillarschicht der Haut, dicht unter dem B.ete; in frischen
Knoten war die Fapillarschicht allein der Sitz der Erkrankung. (Geber,
Naether, Köbner^®.) Auch das Rete Malpighii wird oft verändert, die
Retezapfen stark verlängert, verzweigt; stellenweise kann das Bild an
Epitheliom erinnern (Kühne**).
Au&erdem hat Köbner zahlreiche Pigmentzellen in den Papillen
gefunden. An allen Knoten wird die Haut und Unterbaut in der ganzen
Dicke mit Zellen angefüllt.
Es ist somit klar, dais Mykosis fungoides sich nicht in derselben
Weise, wie das idiopathische multiple Hautsarkom lokalisiert. Der
hauptsächlichste Sitz der Mykosis ist die Fapillarschicht, bei Sarkomen
finden wir die dichteste Zellenmasse in der Subpapillarschicht , die
Papillen dagegen frei. *® Diese oberflächliche Lokalisation der
'* Geber, Eine entzündlich-fangöse Geschwulstfonn. Deutsches Archiv f. ifcfc«.
Med. 1878.
" DüHRING, 1. C.
" KöBNKR, Klin. u. experim. Mitteilungen. 1869.
** ViDAL u. Brocq, 1. 0. (VI. Fall.)
'* Geber, 1. c.
^ Naether, Granuloma sarcomatodes cutis. Deutsches Archiv f, Idin. Med. 1883.
*' Akicis, 1. c.
^ Köbner, Klin. u. experim. Mitteilungen. 1864. Der Fall von Hakdt.
'® EöHNB, Manatsh. f. prakt Dermat. 1887. Ergänznngsheft. III.
*^ Im zweiten Mykosisfalle von Köbner war jedoch die Subpapillarschicht der
Ausgangspunkte der Zellinfiltration.
65
llykosis fungoides ist vielleicht als Ursache einiger klinischen
Erscheinungen, z. B. des Juckens, anzusehen.
Das Wesen der „Mykosis fungoides".
Nach KÖBNER, AuBPiTZ und deren Assistenten , Rindfleisch*^,
Tilden**, Gebeb, Neisser*^ Perrin** ist Mykosis fungoides eine
chronische Infektionskrankheit der Haut. Nach Kaposi, Duheing,
Naetheb, Hyde*^, Sort*^ u. a. ein Sarkom der Haut. Die fran-
zösischen Autoren Ranvier und Gillot*^, Demange*^, Galliard**,
VrDAL-BROCQ u. a. halten die Mykosis für ein Lokalsymptom der
Lymphadenie (Leukämie, Pseudoleukämie).
Manche Anhänger der Infektionstheorie stützen sich auf die
bakteriologischen Untersuchungen von Hochsinger-Schiff und Rind-
fleisch. Die ersten Autoren hahen Mikrokokken in exulcerierten Knoten
entdeckt, der letzte fand fast meistens Streptokokkenkolonien innerhalb
der Gre&ise der Haut, Unterhaut, der (faulenden) Lungen bei einem
pyämisch zu Grunde gegangenen Weibe. Entschieden wertlos sind die
phantastischen, der Arbeit von Hochsinger-Schiff^^ beigefügten Zeich-
nungen, sowie die Kulturversuche (eine reine Kokkenkultur gab in
weiteren Generationen Bacillen).
An unversehrten Mykosisknoten gaben zahlreiche Untersuchungen
bisher negative Erfolge. (Köbner, Kj^posi, Kühne, Tilden, Paynb,
u. a.). Neisser^^ hat Bakterien blols an ulcerierten Stellen gefunden,
niemals in den tieferen Schichten des Knotens.
Kein einziges Symptom zwingt uns die infektiöse Natur der Mykosis
fungoides anzunehmen. Das Übel kommt selten, nur sporadisch vor,
eine Infektion ist nie beobachtet worden, Impfung auf den Träger und
auf Tiere blieb negativ. Dennoch sind diese negativen Thatsachen
unwichtig; die klinische Ähnlichkeit einiger Infektionskrankheiten der
Haut (z. B. Rhinosklerom) mit den Hautsarkomen, anderseits die
anatomische Ähnlichkeit der Granulome mit einigen Klein- und Rund-
** Rindfleisch, Deutsche Med. Wochenschr. 1885. No. 15.
'** TiLDEK, Boston Med. Journal 1885. Ref. in Vierteljahr esschr. f. Dermat u
Syph. 1886.
*^ Neisser, Ziemssens Handbuch. Hautkrankheiten. B. II.
** Perrin, La sarcomatose cut. These de Paris. 1886.
*^ Hyde, London Med. Becord. 1884.
*^ SoRT, Ein Fall von multipler Sarkombildung der Haut etc. Avchiv f. Min,
Med. 1874.
*' GiLLOT, These de Paris. 1869.
** Demange, Ännales de Dermat. et de Syph. 1873 -74.
^' Galliabd, AnncUes de Dermat et de Syph. 1882.
*® Hochsinger u. Schipp, Viertefjahresschr. f. Dermat. u. Syph. 1885.
^* (Neisser), Debatte über Mykosis fung, 59. Naturforscherversammlung. Berlin
1886.
Monatshefte. ^
66
zellsarcomeii zwingt uns mit grofser Vorsicht in dieser Sache zu ver-
fahi'en.
Dagegen finden wir bei Mykosis fungoides alle Grundformen des
Hautsarkoms: Flecke ^^, flache oder halbkugelige, mitunter halbduich-
sichtige harte Knötchen, flache steinpflasterartige Knotengruppen (wie im
Typus von Kaposi), diffuse Infiltrationen, grofse lappige, geforcbie
Tumoren (eine der gewöhnlichsten Sarkomformen, Sarcoma lobulare),
gefäfsreiche komprimierbare Ejioten, fungöse, gestielte Tumoren u. s. w.
Wir finden bei Mykosis die für das Hautsarkom charakteristische, zentrale
Ati'ophie der Knoten und Knotengruppen , oberflächliche Erosionen
infolge von Trauma, tiefen Zerfall der Knoten bei kachektischen Kranken.
Ganze Knoten verschwinden beim idiopathischen multiplen Hautsarkom
seltener, aber zweifellos; sogar Melanosarcoma- (nämlich sekundäre) Sjioten
verschwinden mitunter ohne Spur (Bülklet, Beüämann). Im oben
citierten Falle von Peeein^* sind viele Tumoren welk, runzelig geworden
und verschwunden, genau in derselben Weise, wie die Mykosisknoten.
Ein jeder wird in den difiusen, brettharten, steinpflasterartigen Infiltraten
(in den MykosisMlen von Kaposi, Köbneb, Gillot) das Hautsarkom
erkennen. Im Falle von Heubteaux^* entstand aus einem Muttermal
ein Sarkom mit allen Eigenschaften der Mykosis fungoides (d*embl^):
Bei einem 25 jährigen Weibe ist vor iVs Jahren aus einem Pigmentinal
ein warziger Tumor entstanden (am Handrücken). Exzision, rasche Ver-
heilung der Wunde. Vor vier Monaten entstanden zahlreiche (25) weiche
rote Tumoren an der Haut derselben Extremität, nachher ein umfEuig'
reicher, schmerzhafter Tumor am Oberarm. Ein Teil der Knoten ist
ohne Spur verschwunden. Es entstehen immer neue Knoten; das Weib
geht kachektisch zu Grunde. In anderen Geweben sind keine Tumoren
gefunden werden. Die Tumoren bestehen aus greisen, stark körnigen
Rundzellen mit 1 — 2 Kernen und einem zarten Retikulum.
Als Beweis für den engen Zusammenhang zwischen Mykosis fungoides
und Hautsarkomen mögen hier einige differenzielle Merkmale nach
KÖBNER^^ angeführt werden: „Die Mykosisknoten können rasch, binnen
einigen Tagen entstehen; manche Knoten sind weich und komprimierbar;
Geschwüre, Wunden nach Eaczision verheilen oft sehr rasch; in vielen
Fällen verschwinden ganze Tumoren, oder sinken im Zentrum ein.*
Zweifellos vermissen wir bei den Huutsarkomen keine einzige von den
aufgezählten Eigenschaften.
^' Das Sarkom der Haut kann ebenfalls in Fleckfonu jahrelang verharren.
*' Pbrrin, La sarcamatose cut Thkse de Faris. pag. 203.
** Heurteaux, Bull, de la Soc. de Chirurgie. 1875. (Perrin, These de Pari»,
pag. 253.)
" KÖBNER, 1. C.
67
Somit halten wir uns für berechtigt, die „Mykosis fungoides" ats
eine besondere Spezies der Hautsarkome aufzufassen.
Pseudoleukaemia cutis. Leukaemia cutis.
£s kommen zweifellos Fälle von Pseudoleukämie (Adenie, Lymph-
adenie, Hodgkins BLrankheit) vor mit Veränderungen an der Haut,
welche der Mykosis fungoides in vielem gleichen. Gegenwärtig ist es
noch nicht möglich, diese Gruppe von Fällen gegenüber dem Typus
Mykosis fungoides zu differenzieren.
Auiser den obenerwähnten Fällen von Gillot und Landouzy
gehört hierher die wenig bekannte Beobachtung von Hutchinsons^.
Ein 19jähriger Mann. Schwellung der cervikalen Lymph-
drüsen war das erste Krankheitssymptom (ein Jahr vor dem
Tode). Nach 7 Monaten Paraplegie, Lähmung der Sphinkteren; gleichzeitig
sind zahlreiche kleine Knoten im Unterhautgewebe entstanden. Tod.
Autopsie: Bedeutende Schwellung aller Lymphdrüsen, Ejioten in der
Gehirnrinde, in den Lungen, am Peritoneum; die Körper des 6. 7. und
8. Brustwirbels; sehr zahlreiche (139) erbsen- bis wallnuisgroDse Knoten
in der Haut und Unterhaut. Leber und Milz unverändert. Mikros-
kopisch zeigten die Knoten adenoide Struktur.
Ln obigen Falle waren die cervikalen Lymphdrüsen zweifellos der
Ausgangspunkt der Erkrankung.
Fagge*' beschreibt 6 Fälle von Sarkom mit folgenden Erscheinungen:
Tumoren in der Haut, den Lymphdrüsen, den Nieren, etwas seltener in
der Leber und Milz, den Tonsillen, im Dünndarm; Gelenkschmerzen,
Purpura, Blutung aus Schleimhäuten, skorbutähnliche Schwellung und
Lockerung des Zahnfleisches (letzte Erscheinung in 5 Fällen).
Im ersten Falle von Amicis^® saisen zerstreut an der ganzen Haut
braunrote, weiche, tiefreichende bis eigrofse Knoten und flache diflfuse
Infiltrationen. Sämtliche Lymphdrüsen bedeutend geschwellt, die Leber
vergröfsert, die Milz enorm mit 2 Infarkten. Das Blut unverändert.
Leukaemia cutis. Ausfer den bekannten 3 Fällen von Biesia-
*• J. N. HüTcmN30N, Gase of Hodgkins Disease. Philad. Med. Beporter. 1875.
Februar.
" Fagoe, Guys Hosp. Beport 1875. Ref. in Canstatts Jahresb. 1875.
** Amicis, ÄnncUes de Dermat. et de Syph. 1882. pag. 452.
5*
68
DECKi°^ Kaposi®^ und Hochsinger-Schiff ^^ sind noch offenbar folgende
Beobachtungen als Leukämie der Haut aufzufassen.
4. Fall. 2. Beobachtung von Amicis.®* Ein 54-jähriger Mann.
An der Kopf- und Gesichtshaut sitzen dunkelrote Knoten von ver-
schiedenster Gröfse (vom Hirsekorn bis zum Apfel).
Sumaxillare Lymphdrüsen bis zur Eigröfse geschwellt. Die Leber
vergröfsert, die Milz enorm, schmerzhaft. Durchfälle, Darmblutungen.
Die Zahl der weifsen Blutkörperchen um das fünffache vergrölsert.
Pleuritis, Tod. Vom Anfange der Erkrankung bis zum Tode ist ein Jahr
verflossen.
5. Fall. Beobachtung von Galliard. ®* Ein 37jähriger Mann.
Seit 6 Wochen ein Knötchen an der Brusthaut und Schwellung der Axillar-
drüsen. Seit drei Wochen die Gesichtshaut diffus verdickt, haii, blaiskupfer-
rot (Leontiasis); an der Stirn tiefe Furchen ; die stark verdickten, harten,
unbeweglichen Augenlider verdecken fast gänzlich die Augapfel. An der
Haut des Kumpfes einzelne tiefsitzende Knoten. Die Lymphdrüsen ein
wenig vergröfsert. Starke Blutarmut, die Zahl der roten BlutkörpercIieD
um das 4fache vermindert, weifee Blutkörperchen 1 : 200. Temperatur
40^0., Asthenie, Tod nach 9w öchentlicher Krankheitsdauer.
Autopsie: weiTsliche Knötchen am Perikardium, diffuse Rundzell-
infiltrate (trainöes lyraphatiques) im interstitiellen Bindegewebe der
Leber, der Hoden, des Pankreas, der Nieren, vorwiegend um die Gefäfee
herum; Lymphdrüsen, Leber und Milz vergröfsert.
In den Hautknoten fand Galliakd „tissu reticuk^" besonders rings
um die Schweife- und Talgdrüsen und zwischen den Fettläppchen;
in den frischen Knoten waren die oberen Hautschichten fast
unverändert.
Dieser Fall erinnert an die „Lymphodermia perniciosa** von Kaposi,
6. Fall. Beobachtung von Philippebt. ^ 40jähriges Weib. 4 Jahre
vor dem Tode zeigte sich ein Knoten an der rechten Schläfe ; kurz nach-
her bildeten sich erbsen- bis eigroüse Tumoren in der Haut und im
Unterhautgewebe am Kopf und Gesicht (Leontiasis). Einige
Knoten sind verschwunden. Sämtliche Knoten entstehen
^^ BiESUDKCKT, Leukämische Tumoren der Haut u. des Darmes. Med. Jahrb,
Wien 1876.
®° Kaposi, Lymphodermia perniciosa. Med. Jahrb. Wien 1885.
*** Hochsinger u. Schiff, Leukaemia cutis. Vierteljahresscfir. f. Dermal, u.
Syph. 1887.
" Amicis, I. c.
^^ Galliard, Contribution k Tetude de la lymphadenie cutanee. Ännales de
Dermat et de Sypfi. 1882.
" Philippert, Obs. de diathese lymphogone ä formes cutan6e, löontiasique,
oranglionnaire, hepatique et leucocythenique. Bulletin de VAcademie de MM. de
Belgique. 1880. No- 4.
69
in der Unterhaut; die darüberliegende Haut ist glatt, glänzend,
kastanienbraun, mit ektatischen , von Blut strotzenden Venen bedeckt.
Durch enorm vergröüserte Augenlider sind die Augen gänzlich ver-
schlossen. Kurz nachher bildeten sich Knoten an der Nasenschleim-
haut, am Gaumen und Pharynx; ein gestielter roter Tumor nimmt das
linke Nasenloch ein, die linke Tonsille schwoll plötzlich so stark an,
dais die Kranke 10 Tage lang per Rektum gefüttert werden mufste.
Cervikale und axillare Lymphdrüsen in grofse knotige Massen zu-
sammengeschmolzen; die ersten ziehen sich in die Brusthöhle hinein.
Knoten in beiden Brüsten; die übrige Haut unverändert. 6 Monate vor
dem Tode schwoll der linke Leberlappen bedeutend an und reichte nach
kurzer Zeit bis zur Fossa iliaca sin. Die Kranke wird kachektisch, ihre
Gesichtsfarbe wachsartig, die Tumoren werden flach und welk. In den
Knoten unter dem Mikroskop „Tissu adenoide.''
Fast unbekannt sind noch folgende Fälle von Leukämie der Haut:
7. Fall. Beobachtung von Oliver.** Ein öOjähriger Bergmann.
Yor 6 Jahren Quetschung eines Metakarpalknochens der rechten Hand;
kurz nachher bildeten sich harte Knötchen in der rechten Fossa suprn-
clavicularis. Seit 6 Monaten ein eigrofser ulcerierter Tumor in der linken
Axilla. Leichte Blutungen aus der Pharynxschleimhaut, leichte Hämaturie.
Der Kranke äufserst blaCs und erschöpft. Im Unterhautgewebe des
Stammes liegen zerstreut zahlreiche (etwa 60) höhnen- bis eigrofse, harte
Tumoren; die darüberliegende Haut verschiebbar, stellenweise gerötet.
Einige Knoten werden weich. Axilläre, inguinale und rechte supraklavikulare
Lymphdrüsen zu grofsen knotigen Massen eingeschmolzen. Leber und
Milz vergröfsert. An der Stelle des Axillarknotens ein umfangreiches
gangränöses Geschwür.
Li einem Bluttropfen vom Finger: die roten Blutkörperchen sind
ungemein klebrig , bilden unregelmäüsige Massen , nirgends Bollen ;
40 wei&e Blutkörperchen in einem Gesichtsfelde.
Autopsie : In der linken Lunge zahlreiche dunkle, leicht ausschälbare
Knötchen; Knoten in der Leber, manche im Zentrum verflüssigt. Die
Milz enorm vergrölsert; in der Milz sitzen 6 apfelsinengrofse, graue
Tumoren. Bronchiale und mesenteriale Lymphdrüsen vergröfsert. Halb-
flüssige Knoten im Gehirn. Unter dem Mikroskop das Bild eines
fiundzellsarkoms.
8. Fall. Fall von Leber.*® Ein 48jähriger Mann. Alle 4
Augenlider enorm vergröfsert. Die Haut der Augenlider violett-
'^ Th. Oliver, Gase of multiple Sarcoma or Hodgkins disease. The Lancet,
1882. 4. u. 11. März.
•• Lerrr, Archiv f. Ophthalmologie. Bd. XXIV. pag. 295.
70
braun, mit ektasierten Venen bedeckt, stark gespannt, verschiebbar über
darunter liegenden Knoten, unter der Haut der Augenlider sitzen
nämlich harte elastische Massen mit knotiger Oberfläehe.
Die Infiltration verbreitet sich auf das Subkonjunktivalgewebe in Form
von harten Wülsten. An den Schläfen sitzen unter der Haut flache,
harte Erhebungen. Doppelseitiger Exophtalmus, durch Orbitalinfiltrate
bedingt. Retinitis haemorrhagica ; Eiweifs und granulierte Cylinder im
Harn. Leber und Milz enorm vergröfsert. Im Blute sind rote und
weifee Blutkörperchen in gleicher Zahl vorhanden ; die weifsen Blutkörperchen
sind sehr klein. Halsdrüsen mäfsig vergrölsert. Manubrium stemi ver-
dickt, schmerzhaft. Später sind die Knoten an den Augenlidern noch grölser
geworden ; Manubrium stemi faustgrofs. Atemnot. Tod ein Jahr nach dem
Beginn der Krankheit.
Unter dem Mikroskop fand Leber in den Knoten einkernige Bund-
zellen in ein zartfaseriges Maschenwerk eingelagert.
9. Fall. Sehr ähnlich ist die Beobachtung von Ohavel^^: 41jähriger
Mann. Am linken oberen Augenlid entstand ein Tumor und
erstreckte sich rasch über das ITnterhautgewebe der linken Gesichtshälfle
in Form von diffuser Infiltration. Die Haut mit dem Tumor verlötet,
jedoch von normaler Farbe. Die rechte Gesichtshälfte mäfsig infiltriert.
Tumoren unter der Haut des linken oberen und unteren
Augenlides.
Retinitis haemorrhagica. Die Halsdrüsen beträchtlich vergröfsert und
mit der Haut verwachsen.
Autopsie: Leukämische, enorm vergröfserte Leber; mäfsig vergröfserte
Milz; Nephritis. Die speckigen Hauttumoren bestehen aus Rnndzellen
und einem zarten Retikulum.
Leukämie der Haut vermute ich auch im seltsamen (mir blols im
Referat bekannten) Falle von Schiemer**: Knoten unter der Hant
an allen 4 Augenlidern, die Haut darüber unverändert
Mikroskopisch: Sarcoma globocellulare.
Somit erscheinen leukämische Veränderungen der Haut in Form von
Knoten und diffusen Infiltraten und lokalisieren sich vorwiegend
im Gesicht, etwas seltener am Kopf und Hals. Diese diffase harte
Infiltration der Gesichtshaut erinnert lebhaft an Lepra. Die Knoten sind
hirsekorn- bis apfelgrofs, manchmal zentral vertieft (Biesiadbcki,
Hochsinger-Schiff). Der Ausgangspunkt dieser Knoten und Infiltrate
sind die Fettläppchen und Schweifsdrüsen; im weiteren Verlaufe
nehmen die Tumoren auch die Haut ein oder bleiben subkutan. Die
^^ Chatel, Gazette JUbdomanaire, 1877. No. 23.
®® ScHiEMER, Monatsberichte f. Augenheükande* 1867. Mai. Ref. Canstatts
Jakresber. 1867.
71
Knoten blieben snbkutan in den Fällen von Oliver nnd Leber; einzelne
Knoten in den Fällen von Kaposi, Hochsinger-Schiff, Philippert,
Chavel. In jungen Knoten bleibt die Papillär- und Subpapillarsobicht
der Haut unverändert. Manche leukämische Knoten erweichen und zer-
fallen (in den Fällen von Oliver, Kaposi). In den letzten Lebenstagen
werden die leukämischen Tumoren welk und flach.
Eine überraschende Ähnlichkeit mit dem geschilderten Bilde finde
ich in der Beobachtung von Bn)i>BR.*^ 68jähriger Mann. Unter der
Haut des Gesichtes und Kopfes liegt eine diffuse knorpelharte,
1 — 3 Zentimeter hohe Neubildung (Leontiasis, lepraartiges Aus-
sehen). Einzelne Knoten vor und hinter den Ohren. Die Haut über
dem Tumor wenig verändert, glatt, am Q-esicht dunkelrot, mit zahlreichen,
bis 1 Millimeter dicken, von Blut strotzenden Venen bedeckt. Cervikal-
nnd Submaxillardrüsen von Haselnufsgröfse. Mikroskopisch: diffuse
Infiltration des ünterhautgewebes mit kleinen Bundzellen; nach Aus-
pinselung wird ein zartfaseriges Maschenwerk sichtbar; das Fett ist spur-
los verschwunden.
Infolge von parenchymatösen Arzneiinjektionen eine bedeutende Ver-
minderung des Tumors.
Solitäres idiopathisches Sarkom der Haut.
Das solitäre Sarkom der Haut, die am besten bekannte Sarkom art
nimmt eine der oben geschilderten Formen an. Das solitäre Sarkom wird
manchmal angeboren, in anderen sehr zahlreichen Fällen wird ein
Muttermal der Ausgangspunkt des Sarkoms; in diesen Fällen ist also
das Sarkom ebenfalls als angeboren anzusehen. Auch Heredität scheint
bei der Entstehung der Sarkome eine Rolle zu spielen; so im oben
citierten Falle von Fox waren drei Geschwister mit Epulis sarcomatosa
behaftet; im Falle von Kaposi^**: beim Vater ein Riesenzellsarkom am
Zahnfleisch, beim Sohn Riesenzellsarkom an der Schenkelhaut; im Falle
Pbabody'^: bei der Mutter Fibrosarkom am Halse, beim Kind Sarkom
im Kleinhirn , u. s. w. Das Signal von Metamorphisierung eines
Muttermals in ein Sarkom gibt äuJserst oft irgend ein Trauma (ein Schlag,
Verwundung, auch regelrechte Exzision des Naevus, Kratzen, Reibung
der Kleidung, etc.).
'* BiDDER, Eigentümliche diffuse subkutane Geschwulstbildung am Kopf und
Gesicht. Archiv f. kUn. Med. Bd. XXI.
'*' Kaposi, Wien. med. Wochenschr. 1887. No. 19—22.
" Peabody, C an statt 8 Jdhresher. 1886. Bd. I.
72
Die Gestaltveränderungen und Proliferationsarten des Sarkomknotens
sind schon oben geschildert worden. Im Stadium der DifisemiBatioD
nimmt das solitäre Hautsarkom nur in seltenen Fällen die Form des
idiopathischen multiplen Pigmentsarkoms an; gewöhnlich sitzen die
sekundären Knoten in der Haut und Unterhaut, oder aus-
schliefslich in der Unterhaut, selten dagegen in der Haut. Sekundäre
Knoten entstehen vorwiegend am Rumpfe. Die Lokalisation der Tumoren
an der Haut, in der Tiefe der Haut und im Unterhautgewebe, also nicht
in derselben Ebene, ist charakteristisch für sekundäre Sarkome der
Haut.
In zwei Fällen von Rose'^ bildeten sich kurz nach der Exzision des
primären Hautsarkoms zahlreiche Purpuraflecke an der Haut. £in Teil
der Flecke ist verschwunden, an den übrigen sind sekundäre Sarkom-
knoten entstanden; Gelenk- und Muskelschmerzen begleiteten diese
„Purpura sarcomatodes."
Ich beobachte gegenwärtig einen interessanten Fall von Hautsarkom,
dessen Ausgangspunkt ein Muttermal gewesen ist:
5. eigene Beobachtung. Hartenbeeg, ööjähriges Weib von
gesundem Aussehen. An der linken Wange safs ein angeborenes, linsen-
groJses, flaches Ge&fsmal. Im 15. Lebensjahre ist dasselbe exzidiert und
nachträglich mehrmals kauterisiert worden ; es hinterblieb jedoch ein roter
Fleck. Vor 15 Jahren fing der Fleck an zu wachsen.
Status praesens. (JuU 1888). Eine flache , härtliche , elastische
Infiltration nimmt die Haut der linken Wange ein. Die Oberfläche der
Infiltration ist wellig, glanzlos, von der Farbe einer reifen Pflaume, mit
geschlängelten Gefäfschen bedeckt. Der obere und innere Rand der
Infiltration ist scharf begrenzt, mä&ig erhaben, besteht stellenweise ans
hanfkomgrofsen Knötchen, der untere und äuisere Rand geht ohne
scharfe Grenze in die gesunde Haut über. Die Infiltration nimmt die
ganze Dicke der Wangenhaut ein.
Auf beiden Handrücken, stellenweise auch an der Beuge- und Streek-
fläche der Vorderarme, sitzen seit 3 Monaten synmietrisch härtliche, flache,
blaurote, glänzende Knötchen (manche mit zentralen Grübchen). Die
Knötchen sind von Hanfkomgröise, nur einzelne etwas grölser. An den
Handrücken sitzen mehrere pfenniggroise, aus ebensolchen Knötchen ge-
bildete Ringe, die an Erythema mult. papulatum annulare erinnern.
Die ganze Haut der Handrücken diffus rötlich, stellenweise geschwollen.
Zu Anfang Juli 1888 wird aus unbekannter Ursache die EpidermishüUe
des Infiltrates stellenweise abgehoben, oder läfst sich mit dem Finger ab-
7t
Rose, Deutsche Zeitschir. f. Chir. 1887.
7S
streifen. Die epidennislose , der Pnlpa einer Pflaume ähnliche, von
Grefäisen durchzogene Oberfläche zerfällt binnen einigen Tagen. Es ent-
stehen drei grofse, mit Gewebsfetzen bedeckte, sehr schmerzhafte Geschwüre.
Nur Jodoformsalbe lindert die Schmerzen. Ende Juli sind die
Geschwüre (unter 10% Jodoformsalbe) fast vollständig verheilt, ebenso die
kleine Wunde nach Exzision eines Randteiles. Im Juli bekam die
Kranke 8 Injektionen zu 8 Tropfen einer 1% Natrium arsenicosum-
Lösung.
Zu Anfang August entstand plötzlich eine schmerzhafte Rötung
und Schwellung der linken (kranken) Wange und der beiden
Handrücken; dieses Erythem ist nach einigen Tagen verschwunden,
kehrte aber in demselben Monate noch dreimal wieder. Ende
August sind die Geschwüre vollständig verheilt; die Narben sind flach,
an den Rändern zackig. Die Farbe der Neubildung ist jetzt heller,
blam*ot. Die Kranke klagt über Brennen in der linken Wange und
beiden Handrücken. Auch im Laufe September ensteht von Zeit zu
Zeit eine leichte, rasch vorübergehende Schwellung dieser Teile. Die
Erscheinungen an den beiden Handrücken bleiben unverändert.
Mikroskopisch besitzt die Neubildung einen ausgesprochenen lappigen
Bau; sie besteht aus kleinen runden, ovalen und spindelförmigen Zellen,
die in ein grobfaseriges Maschenwerk eingelagert sind. Die Neubildung
nimmt alle Hautschichten ein, auch die Papillen sind, doch etwas
schwächer, verändert. Innerhalb der Papillen einige Pigmentzellen. Die
mikroskopische Untersuchung der Handrückenhaut ergab: dichte Haufen
von kleinen Rundzellen rings um die Gefäüse, Haarbälge, Schweifs- und
Talgdrüsen der Haut; zahlreiche mehrkemige trübe Riesenzellen. Inner-
halb der Papillen Gruppen von gelbbraunen rundlichen Pigment-
zellen.
Dieser mikroskopische Befund ist zwar nicht entscheidend, manche
Gründe jedoch veranlassen mich, die Hautveränderungen am Handrücken
für sarkomatös anzusprechen. Die Knötchen nämlich am Handrücken
und am Rande der Wangeninfiltrate sind vollständig analog, was die
Gesamtform betriffi;; auch die immer gleichzeitige Rötung und
Schwellung der linken Wange imd der beiden Handrücken ist gewiis
keine zufällige Erscheinung. Was die Differentialdiagnose betrifft, so
erinnern diese annulären Effloreszenzen wohl an Erythema multiforme,
edooh bestehen die Erythemringe nicht aus einzelnen Knötchen (ein
Erythemring entsteht durch zentrale Atrophie und peripheres Wachstum
eines einzigen Knötchens); auch ein stabiles, 6 Monate lang dauerndes
Erythem ist gar selten.
74
Primäres Melanosarkom der Haut.
Entsteht fast ausnahmslos sollt är, als ein grauer, hraunschwarzer
oder schwarzer Knoten von geringer Gröfee. Junge Knotenteile sind
manchmal weifs, oder grau, auch halb durchsichtig (gesprenkelte
Tumoren); in selteneren Fällen bleibt der Melanosarkomknoten eine
Zeitlang in ganzer Ausdehnung weifs.
Sehr oft, mindestens in ein viertel der Fälle, war ein Pigmentmal der
Ausgangspunkt des Melanosarkoms; in einem Falle von Krönleik war
es eine Sommersprosse. In einigen Fällen ist das Melanosarkom ans
einem flachen oder kavernösen Gefäfsmal entstanden. In der Hälfte
der Fälle gab ein Trauma den Anstofs zur Sarkombildung (Wunden,
Kratzen, Exzision, Kauterisation des Pigmentmals, Druck einer Last,
eines engen Stiefels, etc.). In einigen Fällen war der Ausgangspunkt des
Sarkoms eine Wunde (nach Applikation eines Blasenpflasters im Falle
von Liebe), eine oft gereizte Hautstelle. Die ätiologische Bedeutung
des Trauma ist gewifs keine geringe; so z. B. bilden sich Sarkome
bedeutend öfter an den Zehen, der Fufssohle, der Ferse ^ als an
entsprechenden Stellen der Oberextremität.
Beim Melanosarkom der Haut finden wir alle oben geschilderten
Formen des Hautsarkoms: einen schwarzen Fleck, einen flachen, harten,
glatten oder warzenartigen Knoten, einen fungösen, gelappten, miitunter
schwammigen, komprimierbaren Tumor, u.s.w. ülcerierte Melanosarkome
sezernieren eine halbflüssige schwärzliche Masse.
Melanosarkome sind vorwiegend fusocellulär. Das Pigment liegt
innerhalb der Zellen, am dichtesten um den Kern herum, in Form von
gelbbraunen, braunen oder schwarzen Körnern; an vielen Stellen verdecken
dichte Pigmentmassen die Umrisse der Zellen.
Die Knoten des idiopathischen multiplen Pigmentsarkoms (Typus
von Kaposi) sind oft von tiefdunkler Farbe, violettbraun, fast schwarz
gefärbt, unter dem Mikroskop finden wir jedoch das Pigment bloJi im
ilete und innerhalb der verzweigten Zellen der Papillarschicht; die tiefer
liegende Neubildung ist pigmentlos. In manchen seltenen Fällen ist
die klinische Differentialdiagnose (Pigmentsarkom — Melanosarkom) nicht
leicht zu stellen, so z. B. im folgenden Falle von Au spitz'*:
Ein 47jähriger Mann bekommt am Stamme stark juckende rote
Flecke, welche rasch in die Höhe wachsen und sich zu flachen, dunkel-
violetten oder braunen Knoten heranbilden. An der Haut des Stammes
sind zwei grofse warzenförmige, dunkelrote Knoten entstanden. Es
bilden sich immer frische rote Flecke. Biopsie nicht gestattet.
"^ AuspiTZs Nachlafs: Melanosis cutis sarcomatosa. Vierteljahresschr. f. Dermat.
u, Syph. 1886. Bd. HI.
75
Diese eigentümliche Beobachtung zeigt manche Analogien mit dem
idiopathischen multiplen Pigmentsarkom.
Das primäre Melanosarkom der Haut bleibt stationär 1 bis 3,
mitunter sogar mehrere Jahre hindurch. Nicht selten ruft die Exzision
des primären Herdes eine rasche Dissemination hervor und beschleunigt
zweifellos den letalen Ausgang.
Die Dissemination erfolgt durch Lymph- und Blutgefäfse. Lymph-
drüsen werden mindestens in ein drittel der Fälle degeneriert; in einigen Fällen
waren auch die regionären Lymphgefäfse mit schwarzen Sarkommassen
vollgepfropft. Manche sekundäre Knoten der Lungen sowie der rechten
Herzkammer sind zweifellos embolischen Ursprungs.
Sekundäre Knoten entstehen massenhaft in allen Organen, besonders
oft in der Haut und Unterhaut, Lymphdrüsen, Leber, Magen, Darm,
Hirnhäuten; niemals dagegen im Uvealtraktus (Ursprungstelle der
Hälfte der primären Melanosarkome).
Die sekundären Melanosarkome der Haut bilden sich an der Haut;
in der Tiefe der Haut sowie im Unterhautgewebe, oder blols im letzteren,
gleich den anderen sekundären Hautsarkomen. Sekundäre Melanosarkome
der Haut verschwinden in manchen Fällen spurlos.
In dieser Endperiode des Leidens bildet .sich nicht selten eine
braune, schwarzbraune, bronzeartige Färbung der Haut, besonders an
Gesicht und Hals, dunkle Färbung anderer Gewebe, Melanämie und
Melanurie. Zweifellos gelangt das frei oder in Zellen eingeschlossene
Pigment in den Blutlauf infolge von Verfettung oder Zerfall der
Knoten; Nepvin fand im Blute pigmentierte weifse Blutkörperchen,
Lücke pigmentierte sarkomatöse Spindelzellen.
Melanurie pflegt mehrfacher Art zu sein: a. der Harn ist braun
oder schwarz, enthält suspendiertes schwarzes Pigment, oder b. der frisch
gelassene Harn ist [normal ge&rbt, wird aber durch Sauerstoffzufuhr
(Stehen an der Luft, Chrom- und Salpetersäure) braun oder schwarz.
Offenbar kann im Organismus eine Reduktion des Melanins statt-
finden (Miijra). Eine Quelle der Melanurie wird in manchen Fällen das
Nierengewebe selbst; Eberth*^^ hat in einem Falle pigmentierte Sarkom-
zellen in den Glomerulis und Hamkanälchen gefunden.
Berder und Nencki^^ beschreiben das Melanosarkompigment als
amorphe schwarze Kömer, unlöslich in Wasser, Alkohol und Äther,
lösbar in Alkalien. Das Melanosarkompigment des Menschen enthält
11,13% Schwefel, des Pferdes bedeutend weniger.
'* Ebert, Über embolische Verbreitung der Melanosarkome. Vir chows Archiv»
Bd. 58.
'* Berder u. Nencki, Archiv f. experim. Path. Bd. XX.
76
Genese des Melanosarkompigments. MelaDOsarkome entstehen
fast ausschliefslich in Geweben, welche normales Pigment bilden (Haut,
Uvealtraktus) ; diese Thatsacbe weist auf den Znsammenhang zwischen
dem normalen und dem Melanosarkompigment. Nach den Arbeiten von
Ribhl'^^ Ehrmann ■'■^j Nothnagel''® entsteht das nonnle Hautpigment
im Cutisgewebe selbst. In den oberflächlichen Hautschichten finden wir
sternförmige, mit körnigem braunen Pigment erfüllte Zellen, die sich in
der Umgebung der Gefefse, besonders der Kapillaren gruppieren imd das
Bete Malpighi mit Pigment versorgen. Diese Pigmentzellen finden wir
in gröiserer Zahl an normal oder pathologisch pigmentreichen Hautstellen,
in der Negerhaut, bei Morbus Addison, in Sommersprossen und Pigment-
flecken, u. s. w. Der regelmäfsig sich wiederholende Zusammenhang der
Pigmentzellen mit den Gefk&en ist ein Beweis für die hämatische Her-
kunft des normalen und pathologischen Hautpigmentes; die Umbildung
des Hämoglobins zum braunen körnigen Pigment ist das B^sultat der
Zellenthätigkeit — das kömige Pigment wird ausschlieslich innerhalb der
Zellen gebildet.
Der Kausalnexus zwischen Pigmentflecken und Melanosarkomen lälst
vermuten, dafs diese Gebilde ein und dasselbe Pigment besitzen; auch
die Lokalisation des Pigmentes ist identisch.
In Sommersprossen liegen Pigmentzellen nach Demiäville^' ans-
flchliefslich in und um die Adventitia der Gefefse, in Form von Nestern
und Strängen. In Pigmentwarzen fand PiCE^^ Pigmentzellen in den
Gefefswänden und in ihrer Umgebung; dasselbe in den Melanosarkomen
der Haut. Gussenbaüer^^ fand in Melanosarkomen ebenfalls ein dichtes
Netz von Pigmentzellen rings um die Gefäüse; bemerkenswert war die
Lagerung der pigmentierten Zellen in einem alveolären Melanosarkom:
Ge&Ise waren blofs im Alveolargerüst vorhanden, rings um diese GeäÜae
lag ein Netz von pigmentierten Zellen; interalveoläre Zellen dagegen fast
pigmentlos. Auch nach Ackermann ^^ liegen die pigmentierten Zellen
des Melanosarkoms vorwiegend oder ausschlieislich in unmittelbarer
Nachbarschaft der Gefäfse.
'« RiEHL, Vierte^ahresschr. f. Bermat. u. Syph, 1887. Heft I. u. IL Zur Path-
des Morbus Addison. ZeiUchr. f. klin. Med, Bd. X.
" Ehrmakn, VierteJodhresschr. f. Derm. u. Syph. 1885. Heft III u. IV. 1886.
Heft I.
'® Nothnagel, Zur Path. des Morbus Addison. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. IX.
'* Demi£:ville, Über Pigmentflecke der Haut. Virchows Archiv. Bd. 81.
'" Pick, Über Melanosis lent. progressiva. Vierteljahresschr. f. Dermat. u. Syph.
1884. Bd. I u. n.
" Güssenbauer, Über Pigmentbildung in melanot. Sarkomen. Virchows Ärch.
Bd. 63.
^' Ackermann, Histogenese u. Histologie der Sarkome. Volkmanns klin. Vor-
träge. No. 233 u. 234.
77
Es erübrigt nun zu entscheiden, welches die Ursachen der Pigment^
anhänfang in den Melanosarkomzellen sind. Diffiision des gelösten
Hämoglobins durch die Ge&fswände (Güsbenbaüer, 1. c), gröisere und
kleinere Blutaustritte sind blofs als accidentelle, untergeordnete Quellen
des Pigmentes anzusehen. (Difiusion des Blutpigmentes und HämoiThagien
finden wir fast konstant auch in den Pigmentsarkomen der Haut.) Sehr
bemerkenswert ist Ackbrmanns^^ Meinung über Genese des Melanosarkom-
pigmentes. Nach Ackermann entwickelt sich das Melanosarkom aus
Pigmentzellen, welche um die Gefäfse der Haut (und Chorioidea) ge-
lagert sind. Yon diesen spezifischen (nach A.) Zellen erbt das
Sarkom die spezifische Eigenschaft der Pigmentbildung. Auch
ViRCHOW®* erinnert an die hömatische Abkunft des Pigmentes, stellt
jedoch ebenfalls die „metabolische Thätigkeit" der Zellen nicht in
Abrede.
Im engen Zusammenhang mit den Melanosarkomen steht das
Xeroderma pigmentosum.
Bei dieser Hautkrankheit bilden sich im 1. oder 2. Jahre (selten in
späteren Jahren) zahlreiche kleine, braune Flecke im Gesicht, an den
Händen und Vorderarmen. Es sind gewöhnlich Sommerspossen,
welche im Winter abblassen, im Sommer dunkler und gröfser werden.
Zwischen den Sommersprossen sitzen in weit geringerer Zahl kleine fleck-
und streifenförmige Teleangiektasien. Aus manchen Sommersprossen ent-
stehen gröfsere, braune oder schwarze, leicht erhabene Flecke. An der
Gesichtshaut, vorwiegend am Augenlidrande, den Lippen, der Nase ent-
stehen gröisere, weifse, teleangiektatische oder schwarze Warzen und telean-
giektatische oder melanotische Sarkome. Manche sarkomatöse Tumoren
werden gestielt und fallen ab. Ein Teil der Pigmentflecke atrophiert
mit Hinterlassung einer weifsen Narbe (Entstellung der Gesichtszüge),
^icht selten entstehen, besonders an der Gesichtshaut, Epitheliome. In
klinischen Schilderungen nehmen diese letzteren den ersten Bang ein, die
Sarkombildung wird oft garnicht erwähnt, wie z. B. in der Arbeit von
ViDAL.®* In folgenden Fällen von Xeroderma pigmentosum sind Sarkome,
vorwiegend Melanosarkome entstanden: im 3. und 4. Fall von Hebra
(Melanosarkoma alveolare nach den Untersuchungen von Gussenbaubr®^),^
im Falle von Taylor (Sarocma teleangiectodes). Im 1. Falle von PiCK®'^
^ AcKERMANK, 1. c. pag. 2003.
** ViRCHow, Die Lehre v(m den Geschwülsten. Bd. II.
*^ ViDAL, De la Dermatose de Kaposi. Ännaks de Dermal. 1883.
^ GüSSENBAÜER, 1. C.
" Pick, 1. c.
78
eepiabraune komprimierbare Warzen, wei&e und rote Warzen, roter,
schwarz gesprenkelter Tumor an der Conjunctiva; 2 grofse, schwarze,
lappige, komprimierbai'e, an der Oberfläche erodiei^te Tumoren am Unter-
schenkel (nach Chiabi Melanosarcoma fusocellulare). Im 2. Falle von
PiOK ein wallnufsgrofeer Tumor am Zahnfleische In meinem Xeroderma-
falle^^j ein blauschwarzer Tumor am oberen Augenlid, ein halbdurch-
sichtiger, mit Teleangiektasien bedeckter Knoten an der Schläfe; linsen-
grolse, rote, erodierte Warzen hängen vom oberen Augenlidrande herab;
im 12. Lebensjahre ist der schwarze Knoten grölser und empfindUck
geworden, an der Haut sind zerstreute, sehr zahbeiche, linsengrolse,
schwarze Knoten; ebensolche Knoten unter der Haut durchfuhlbar,
Schwellung der Lymphdrüsen, Schmerzen in der Lebergegend, hohe
Körpertemperatur, Tod. (Melanosarcomatosis universalis.) Im 2. Falle
von YiDAL safs ein umfangreicher gestielter Tumor an der Wange. Im
3. Falle bildeten sich Knoten an den tiefgefärbten Pigmentflecken ; ein
warziger Knoten am Handrücken ist bis zur Eigröfse gewachsen, wurde
gestielt und fiel ab. Im 4. Falle entstanden ebenfalls eigroise Kjnoten an
den am tiefsten ge&rbten Pigmentflecken und fielen ab mit Überlassung
von Narben.
Wir finden somit an der Haut dieser Kranken alle Übergänge von
Pigmentflecken (Sommersprossen) zu Melanosarkomen, und diesen klini-
schen Zusammenhang entsprechen anatofmsche Analogien, indem wir
zwischen den Pigmentflecken, Pigmentwarzen und Melanosarkomen blols
quantitative Struktur-Differenz finden.
Die klinische Verwandtschaft zwischen dem „Xeroderma pigmen-
tosum'' und gewöhnlichen Sommersprossen unterliegt keinem Zweifel. Es
gibt manche Übergangsformen, zu denen der folgende Fall von Duhring^*
gehört:
Ein 27jähriges Mädchen (Mutter am Gebärmutterkrebs gestorben).
6 Monate nach der Geburt sind Sommersprossen im Gesicht entstanden.
Im 9. Jahre war die Haut des Gesichts, des Halses, der Extremitäten
befallen. Stat. praes. Die ganze Hautoberfläche, mit Ausnahme
der Handteller und Fufssohlen, mit gelben und braunen stecknadel-
kopfgroisen Flecken bedeckt. Nur vereinzelte Flecke sind schwarz und
bis erbsengrois. Spärliche stecknadelkopfgrofse Teleangiektasien, stellen-
weise (vorwiegend am Handrücken) kaum merkliche atrophische Flecke.
Ahnliche Ubergangsformen habe ich in 2 Fällen gesehen. Der erste Fall
betrifft ein 36jähriges Weib, dessen Gesicht, Hals und Handrücken mit
**^ Funk, Xeroderma pigmentosum. Gazeta Lekarska. 1885. No. 44.
•• DüHRiNG, A case of Xeroderma. Americ. Journal of Med. Sciences. 1878.
Oktober.
79
dunkelbraniieii bis hanfkomgrofsen Pigmentflecken dicht übersät war;
dazwischen sitzen einzebie fleck- und streifenförmige Teleangiektasien. Die
Gesichtshaut war eigentümlich buntscheckig, jedoch glatt, geschmeidig,
ohne Spur von Narben. Im zweiten Falle waren ähnliche, doch weniger auf-
fiillende Erscheinungen bei einem 18jährigen Mädchen vorhanden; am
Nasenflügel safs ein Epitheliom, welches wiederholt an der chirurgischen
Abteilung des Israelitischen Krankenhauses im Jahre 1885 operiert wurde;
es recidivierte aber immerfort.
Therapie der Hautsarkome.
Arsenik, unter die Haut injiziert, hat zweifellos einige Fälle von
multiplen idiopathischen Hautsarkomen, zahlreiche Fälle von Pseudoleu-
kämie, und einige andre Neubildungen^^ vollständig geheilt. Durch
diese Erfolge ermuntert, sollte man in jedem Falle von Sarkom
eine energische Arsentherapie einleiten.
Bei solitären Hautsarkomen gibt die frühzeitige und vollständige
Exstirpation oft gute Erfolge; die Schnittflächen sollen mikroskopisch
untersucht werden. Dafs die Operation, besonders beim Melanosarkom,
auch schlimmste Folgen haben kann, ist zweifellos.^^
Bei sarkomatösen ülcerationen bringt Jodoformsalbe grolsen Nutzen
— in meinen 2 Fällen sind ülcerationen unter 10 % Jodoformsalbe vor-
trefflich geheilt worden.
Die Fortschritte der Hautanatomie in den letzten
6 Jahren.
Von
P. Gr. Unna.
IV.
Der Nagel.
Der Nagel ist in den letzten Jahren unausgesetzt äeüsig bearbeitet
worden. Die Histologie desselben hat besonders durch eine Arbeit von
Henle eine Bereicherung erfahren, die vergleichende Anatomie durch die
—
^^ In 2 Fällen von multiplen warzenförmigen und gestielten Tumoren der Haut
erreichte Lewin mittels Arseninjektionen vollständige Heilung. (25 Injekt., 4—8 Tropfen
täglich.)
•* Vergleiche : Boülay, Du prognostic des tumeurs melaniques. Archives gen. de
Medicine. 1888. V. 8.
80
Abhandlungen von Boas und GtEGENBAUR, und die Entwickelungsgeschichte
durch Zanders und Köllikbrs Untersuchungen.
Erinnern wir, um die Arbeit von Henle besser zu würdigen, zunächst
an den Stand der Frage nach der Nagelverhornung vor dem Erscheinen
dieser Arbeit. Walbeter hatte (Untersuchungen über die EUstogenese der
Horngebilde. Henles Festschrift, pag. 145) mit Bestimmtheit die von
Heynold und mir gleichzeitig konstatierte Abwesenheit des Keratohyalins
in der Matrix des Nagels verneint. Bei starker Behandlung der Präparate
mit Essigsäure würden die Kömchen sichtbar. — Dieser Angabe stellte
sofort (in den oben näher mitgeteilten Arbeiten) Ranvier seine Ansicht
ebenso schroff gegenüber, dafs weder in der Nagelplatte, noch in der
Nagelmatrix, noch auf dem Nagelbette „Eleidin" vorkomme (so weit mit
Heynold und mir in Übereinstimmung), dals jedoch im Bereiche der
Nagelmatnx statt dessen eine eigentümliche, die Nagelverhornung cha-
rakterisierende Substanz in den Übergangszellen vorkäme: die „Substanoe
onychogäne." Diese Substanz sei daran leicht zu erkennen, dafe sie durch
das B,ANViERsche Pikrokarminat braun, nicht rot geftlrbt werde. Weitere
Angaben über die Morphologie dieser körnigen Substanz, über ihre
chemischen Reaktioneti, insbesondere im Gegensatz zu denen des Eleidins
und des WALDBYERschen Keratohyalins, habe ich nirgends gefunden.
Dagegen spielt diese sog. „onychogene Substanz" bereits eine grofse Rolle
in der Arbeit von Sucharb (Des modifications des cellules de la matrice
et du lit de l'ongle dans quelques cas pathologiques. Arch, de Phys,
1882). Dieselbe soll nach Süchard nicht nur in der Matrix des Nagels
in groJser Menge vorkommen, sondern auch — allerdings nur in einer
feinen Schicht — auf dem Nagelbett, was Suchard an einer zwischen
Nagel und Nagelbettepithelien sich einschiebenden braunen Linie erkennen
will. Hieraus ganz allein schliefst dieser Autor dann wiederum auf eine
nagelbildende, freilich abgeschwächte Funktion des Nagelbettes. Ranvibb
und Süchard schreiben die Trübung der Nagelmatrix und die weifee
Farbe der Lunula, welche ich ebenso wie die bräunliche Farbe derselben
auf die sehr rauhe, unregelmäfsige Zellenoberfläche der Übergangsepithelien
bezogen hatte, natürlich der „onychogenen Substanz" zu. Nach einer
morphologisch genauen Beschreibung dieser Substanz sehen wir uns auch
bei Suchard vergeblich um, selbst nicht einmal eine andre Farbenreaktion
wird von ihr mitgeteilt als die braune Färbung durch Pikrokarminat,
geschweige eine genaue DifiPerentialdiagnose vom Eleidin.
Ranvibr und Suchard gegenüber stellte sich Guldberö wieder auf
meine Seite, indem er das kömige Aussehen der Übergangszellen lediglich
auf die ungemein deutlich werdende Stachelung der Oberfläche der Zellen
beziehen zu müssen glaubte (Über die Nagelmatrix und die Ver-
hornung des Nagels. Monatsh. f, pr. Denn. Bd. IV. pag. 7).
81
Hbnle (Das Wachstnin des menschlichen Nagels und
Pferdehufs. Abhandlungen d. k. Gesetlsdi. d. Wissensch, zu Göttingen,
Bd. 31) erwähnt in der Einleitung, dafs er bereits 1857 in seinem
Jahresbericht die Angabe von Oehl bestätigt habe, dafs sich die Kerne
an Hand- und F aissohle in der Hornschicht länger erhalten als man
gewöhnlich annimmt. Ich erwähne diesen Passus, obgleich er zum Nagel
nicht in direkter Beziehung steht, nicht nur des historischen Interesses
halber, sondern auch weil Hbnle daran die interessante Bemerkung
knüpft, dafs, während die Hornzellen durch die Einwirkung verdünnter
kaustischer Alkalien zu Blasen aufquellen, die Kerne aus scheibenförmigen
Gebilden zu kleineren Kügelchen (1 — 2 fA Durchmesser) reduziert werden.
Die Kugelgestalt derselben könne wohl durch den Druck des quellenden
Zellenleibs erklärt werden, nicht aber die Verkleinerung. Henle glaubt
daher in diesen kleinen Kügelchen die Kernkörperchen der urspriLnglich
vorhandenen Kerne vor sich zu haben.
Henle wendet sich nun zunächst gegen Ranvier in der Behauptung,
dab die „onychogene Substanz", dafs das „Onychin" durch Pikrokarmin
braun gefärbt werde. Schon Kölliker, Hassall und Renaüt hätten die
natürliche braune Farbe des „Onychins" auf das Vorkommen von Pig-
mentzellen an dieser Stelle irrtümlich bezogen. Man sieht, die braune
Farbe der Übergangszone zu den Nagelzellen, welche ich 1875 zuerst als
punktierte Zone beschrieb und nach Pikrokarmin- und Osmiumbildern
abbildete, wird jetzt von allen Forschern anerkannt, aber sehr verschieden
gedeutet. Während Waldeyer hier Keratohyalin findet, sehen Ranvier,
Süghard und Henle eine neue, körnige Substanz, das Onychin daselbst
auftreten, ich und Guldberg dagegen keins von beiden. Ebenso beziehen
alle Forscher jetzt die weüse Farbe der Lunula auf die Undurchsichtigkeit
dieser Schicht, wie ich es zuerst ausgesprochen. * Also nur über die Natur
dieser Körner herrschen Differenzen, über ihre Existenz, den Ort des
Vorkommens und ihre makroskopische Wirkung sind alle einig.
Sehen wir also nun zu, ob Henle dem „Onychin", der „onycho-
genen Substanz"^ Ranviers jetzt wirklich das histologische Bürgerrecht
verleiht, es als Grundlage des körnigen Aussehens wirklich nachweist.
Hsnle findet, dafs Pikrokarmin, Karmin und Hämatozylin das „Onychin''
im Gegensatze zum Keratohyalin und zu den Kernen der onychin-
haltigen Zellen nicht färben, dafs es in verdünnter Salzsäure sich länger
erhält als Keratohyalin, dafs es endlich im Gegensatz zum Hautpigment
in verdünnten Alkalien und Säuren abblafst.
^ Bis dahin wurde dieselbe durch ^ringeren Blutgehalt erklärt.
Monatshefte. 6
«2
Ich kann in diesen Angaben nur die Bestätigung der RANVlEBsoheii
Angabe sehen, dafs „Onychin" kein Keratohyalin ist. Aber ich yermisN
auch hier jede positive Angabe über Gröfse dieser Körner, über die
Art ihres Auftretens in der Zelle und ihres Yerschwindens, analog wie
ich diese Details für das Keratohyalin der Kömerzellen angegeben habe.
In betreff der angenommenen, braunen Eigenfarbe dieser Kömer hätte ee
Henle übrigens doch auffallen müssen, dals dieselbe nur bei durch-
fallendem Licht existiert, während das „Oaychin" nach ihm bei auf-
fallendem Licht rein weiis und undurchsichtig erscheint. Das spricht
doch in der That ungemein für eine einfache Brechungserscheinung an
einer unregelmäfsigen Oberfläche. Woher rührt aber dann die braune
Färbung der ganzen Schicht, wenn die einzelnen Kömer nicht bnurn
sind? Mich dünkt, die Sache erklärt sich sehr einfach. Die Nagel-
substanz sieht an und für sich gelb aus, die einzelnen Nagelzellen haben
ein hellgelbes Kolorit. Die bräunliche Farbe der Übergangsschieht ist
nun nichts weiter als eine gesättigtere NagelfiEkrbe, das Nagelgelb, rer-
dunkelt durch die vielfache Brechung an den ünregelmälSsigkeiten der
Oberfläche dieser Übergangszellen. Daher existiert diese brämdiche
Färbung in der That schon, wie Henle angibt, am ungefärbten Nagel-
schnitt. Färbt man nun mit irgendwelchem Pikrokarmin, so nimmt die
Nagelsubstanz nebst der Übergangsschicht das Pikringelb auf, während
das Karmin vorzugsweise von der lockeren epithelialen Umgebung fixiert
wird, und nun sieht die Übergangszone wieder braungelb aus gegen den
rein gelben, fertigen Nagel, daher die Angabe Banviers, die „onyoho-
gene Substanz'' forbe sich mit Pikrokarmin braun; das natürliche Gelb-
braun wird durch das Pikringelb verstärkt hervorgehoben. —
Henle weist sodann Suchards Angabe zurück, dafs das „Onychin''
sich in dünner Lage auf das Nagelbett fortsetze. Jedenfalls sieht Hskli
von dieser Seite her keinen Grund, einen Zuschuis des Nagelbettes zum
Nagel anzunehmen. Das „Onychin'' findet sich nach Henle nur bis znm
weiisen Rand der Lanula und schneidet hier in scharfer Linie ab.
Durchschnittlich enthalten 2 — 4 Zellenreihen das „Onychin", und zwar
wächst die Breite dieser Übergangsschicht von dem hinteren Kand des
Falzes nach vom, zuweilen bis auf 10 Zellenreihen, um kurz vor dem
vorderen Rande sich auf eine Lage zu reduzieren. Allen diesen Angaben
können wir zustimmen, wenn wir statt „Onychinhaltige Zellen" ein&cb
„Übergangszellen" setzen. Die Existenz einer besonderen, die Nagel-
verhomung charakterisierenden Substanz scheint mir durch Eübnlbs Arbeit
so wenig erwiesen, wie durch die Angaben Banviers imd Süghabds.
Sollte sie aber noch einmal durch neue Methoden nachgewiesen werden,
so ist der Name „Onychin" wohl besser als „onychogene Substanz*', weil
der letztere die zweite, unbewiesene These involviert, dafs aus dieser
83
Substanz Nagelsnbstanz hervorgeht*, während dieselbe ja lediglich —
wie das Keratohyalin — ein Nebenprodukt der Verhomung sein könnte.
Henle betont mit Brecht, dafe die Frage nach der Umgrenzung
der Nagelmatrix von den älteren Untersuchern, ihn selbst nicht aus-
genommen, durch Berücksichtigung einiger weniger Nägel viel zu einseitig
beantwortet wäre. Besonders die Epithelwülste und papillären Bildungen
am Grunde des Falzes variieren individuell sehr, wie wir das ja neuer-
dings durch die Untersuchungen Blasgheos (s. oben) sehr viel genauer
wissen. Mit H. Hebra imterscheidet Henle drei Zonen auf der Unterseite
des Nagels, grenzt sie jedoch nicht so scharf und nicht auf Grund
dei'selben Thatsachen ab. Die hintere Queranastomose beider Digital-
arterien geben parallele Längakapillaren nach vom ab, welche anfangs
stark geschlängelt sind und hier dadurch oft den Anschein erwecken,
als wenn sie nach aufwärts Papillarschlingen abgäben. Sie sind fast
gamicht verästelt, geben wenige Queranastomosen und nur vereinzelte
Anastomosen zu den tiefen Nagelbettge&Tsen ab. Nach vom zu werden
diese Längskapillaren enger, verlaufen in tieferem Niveau und gestreckter.
Der Unterschied in der Blutmenge des hinteren und vorderen Abschnitts
der Nagelwurzel beruht hierauf und nicht etwa auf einer geringeren
Anzahl von arteriellen Kapillaren. Auch zählt Henle ebensowohl diesen
vorderen wie den hinteren zur Nagelmatrix (gegen Hebra), indem er sich
auf isB Vorkommen der braunen Übergangsschicht bis zum vorderen
Bande der Lanula stützt.
Die Leisten des Nagelbettes sind schmal, scharfkantig, erhalten, ohne
dafs sie sich verbreitern, von Zeit zu Zeit aus den darunter liegenden
Längskapillaren aufsteigende Schlingen, die senkrecht oder öfter nach
hinten geneigt sind, und deren Schenkel stets in der Richtung der Leisten
hintereinander liegen. Die typische Formation des Nagelbettes soll, nach
Henle, bereits bei 6 — 7 monatlichen Embryonen fertig vorhanden und
hier am leichtesten zu übersehen sein. Merkwürdigerweise bringt Henle
die reichlichere Ausstattung des Nagelbettes mit Blutgefäfsen im Vergleich
zu dem vorderen Teil der Matrix teleologischer Weise in Zusammenhang
mit dem freien Verlauf der Na^elplatte an dieser Stelle. Im Falze
werde der Nagel von zwei Seiten ernährt, auf dem Nagelbett aber nur
von einer und bedürfe daher hier einer kräftigeren Blutzufuhr. Ich
glaube weder, dals die fertige Nagelplatte von dem Nagelbett im ge-
ringsten „ernährt" zu werden braucht, noch kann ich mir denken, dafs
sie im Falze, wenn sie nur von unten her nachwächst, aufserdem noch
von oben her mit „ernährt" wird.
' Ich nehme an, dafs Ranvieb mit der Bezeichnung „onychogüne" hat sagen
▼ollen: Nagel erzengend, obgleich es wörtlich: vom Nagel erzeugt — heifst.
6*
84
Gegenüber der HENLEschen Anscliaaiing, dafs die Nagelmatrix so
weit reicht, soweit „Onychiii" vorkommt, bereitet der umstand eine
gewisse Schwierigkeit, dafs unter den vielen Varianten des Nagelgmnde»
eine häufig vorkommt, bei der die Nagelplatte bereits in der hintersten
Kante des Falzes entspringt, das „Onychin", d. h. die bräunliche Über-
gangszone aber erst etwas weiter nach vorn. Entweder muls man hier
eine Nagelbildung ohne „Onychin'^ zulassen oder besser die Existenz
einer bisher noch unbeschriebenen Hornschicht, welche die obere, freie
Fläche der Nagelplatte bekleidet und mit dem eigentlichen von unten
her gebildeten Nagelkörper verschmilzt. Diese oberflächliche Schicht de»
Nagels stammt also aus der hintersten Kante des Falzes, sie ist durch-
sichtig wie das strat. lucidum der Falzdecke und spaltet sich von diesem
ab, um, mit dem Nagel nach vom ziehend, etwa Vio von dessen Dicke
auszumachen (30 fi auf 300 /it). Die Kerne dieser eigentümlichen Schicht
sind besser erhalten als in der oben anstofsenden Hornschicht des Decken-
falzes und der darunter liegenden Nagelsubstanz, und ihre Zellen sind
weniger platt und enthalten Keratohyalin. Da eine nachträgliche Bildung^
dieser Kömer in alten Hom- oder Nagelzellen unwahrscheinlich ist, hält
Henle die ganze Schicht für die erste, im Grunde des Falzes gebildete
Anlage des Nagels, die vorwärts geschoben und zwischen Nagel und
Hornschicht eingekeilt ist, und nennt sie daher: Primitivschichte.
Dieselbe gewinnt oder verliert an Mächtigkeit, je nachdem das „Onyohin"
weniger weit oder weiter bis in die Tiefe des Falzes reicht.
Auch an die Unterseite der Nagelplatte legen sich hin und wieder
auf dem Nagelbett entstandene Hornschichten an. Also sei die Frage, ob
ihr vom Nagelbett ein Zuwachs komme, durch den Mangel an „Onychin''
nicht geradezu verneint. Dennoch, meint Henle, ist für die normale
Entwickelung des Nagels dieser Zuwachs von sehr untergeordneter Be-
deutung, denn die Nagelplatte wird auf dem Nagelbette nicht dicker,
sondern — durch Vertrocknung — dünner. Also trotz der von Henle
gerühmten, guten „Ernährung" von Seite des blutreichen Nagelbettes tritt
dennoch eine Vertrocknung der Nagelplatte ein!
Beim ömonatlichen Embryo findet Henle bereits „Onychin" unter
der noch von Hornschicht bedeckten Nagelplatte, keine Papillen an der
Matrix, dagegen das Nagelbett bereits mit Leisten bedeckt.
Ex ungue leonem — auch diese letzte histologische Arbeit unseres
Altmeisters enthält des Bedeutsamen und Neuen genug, um das ihn
ein jüngerer Forscher beneiden könnte. Freilich konnte Henle wohl
von den neueren Methoden der Färbung und des Mitosennachweises
nicht mehr den heute unumgänglichen Gebrauch machen. Allerdings
wird der' Nachweis der Kontinuität bei jedem organischen Gebilde auch
ohne vielfach variierte Färbemethodenschliefslich gelingen, und der Ort der
85
Mntterzellen eines solchen wird sich auch ohne Mitosennachweis an-
nähernd bestimmen lassen. Aber die Lehre vom Haarbeet zeigt doch,
wie leicht hier ein Irrtum möglich ist. Deshalb ist eine neue Unter-
suchung der Nagelmatrix und der Bedeutung der anliegenden Hornschichten
nicht denkbar ohne detaillierte Untersuchung dieser Epithelialgebilde
auf ihre sämtlichen Farbenreaktionen und auf die Verteilung der Mitosen
nach Flemming.
Die nächste Frage von Bedeutung, aber nicht allein ausschlaggebend,
wie Hbnle meinte, ist die des sog. „Onychins", dessen Existenz ich
bisher noch von keinem Forscher für erwiesen erachte. Dabei ist noch
einmal zu betonen, da&, wenn man für „Onychin" dss Wort „Übergangs-
zellen" setzt, Henles Beschreibung durchaus mustergültig ist, wie denn
auch über die Ausdehnung dieser Schicht wenigstens unter den Autoren
keine Meinungsverschiedenheit herrscht, ausgenommen jene alleinstehende
und von Henle bereits zurückgewiesene Behauptung Süghards.
Eine dritte Frage, die aufgeworfen zu haben Henles Verdienst
bleiben wird, ist die nach einer oberflächlichen Schicht der Nagelplatte,
welche der gewöhnlichen Homschicht in manchen Beziehungen sich nähert.
Mich wundert, dafs Henle den so naheliegenden Vergleich dieser Schicht
mit der Wurzelscheide, speziell der HENLEschen Schicht des Haars,
nicht zieht; es ist fast, als ob er fürchtete, den Verdacht zu erwecken,
dafs diese nicht zu umgehende Analogie ihn bei der Aufstellung mit
bestimmt habe. Ob diese Schicht, falls ihr Vorkommen sich allseitiger
bestätigen sollte, als „Primitivschicht" anerkannt wird, hängt von dem
Entscheid ab, den die Entwickelungsgeschichte des Nagels allein zu
geben im stände ist.
Die Schilderung der verschiedenen Typen des Nagelgrundes, obwohl
gewifs richtig und lehrreich, ist durch die nach prinzipiell, besserer Methode
gewonnene Darstellung Blaschkos (s. oben) inzwischen überholt.
Wir haben uns nun zu jenen Arbeiten zu wenden, welche die ver-
gleichende Anatomie des Nagels betreffen und nicht nur auf die Histologie
des menschlichen Nagels, sondern besonders auch auf dessen Pathologie
manches Streiflicht werfen.
Zander (Die frühesten Stadien der Nagelentwickelung
und ihre Beziehung zu den Digitalnerven. Arch, f. Anat. n,
Phys. 1884. pag. 103) hatte als „primären Nagelgrund" kugelige Vor-
wölbungen an den Enden der Finger und Zehen junger Föten be-
zeichnet, welche von der umgebenden Haut durch eine Rinne getrennt
sind, und von diesem primären Nagelgrunde behauptet, dafs er bei
Weiterem Wachstum eine mehr dorsale Lage einnähme. Bei dieser
Wanderung von der terminalen zur rein dorsalen Lagerung gehen Daumen
86
und groifie Zehe den übrigen Endphalangen, die Hand dem FoDse Yoran.
Während nun bei Amphibien und Reptilien die dorgialen und volaren
ZeheDnerven bis zur Zeheospitze jederseits zu verfolgen sind, treten bei
den Nägel tragenden Säugetieren und so auch beim Menschen die volaren
Zehennerven mit auf den Rücken der Phalangen über.
Diese ZANDERsche Lehre rief eine Opposition von Seite Gsoen-
BAURs hervor, der wir eine kurze, aber ungemein lehrreiche Arbeit
dieses Forschers verdanken. Etwa gleichzeitig mit Zandbr hatte Boas
in Gegenbaurs Zeitschrift (Ein Beitrag zur Morphologie der
Nägel, Krallen, Hufe und Klauen der Säugetiere. Morphol
Jahrbuch. , 1884. Bd. IX. pag. 389) durch vergleichend anatomische
Studien die Bedeutung einer Hautregion ins rechte Licht gestellt,
welche bisher beim Menschen fast vollständig übersehen war. Er zeigte,
dafs die sog. Hornsohle des Hufs (beim Rhinozeros, Pferd), welche vom
an die untere Kante der Hornwand, hinten an den Homstrahl anstöM,
sich durch die Krallen (des Igels, der Hatte etc.) und die Nägel der
Halbaffen und Affen bis zum Menschen verfolgen läfst. Die Hornwand,
d. h. die glatte Hornmasse, welcbe der Huf des Pferdes von vom ge-
sehen zeigt, entspricht der Nagelplatte des Menschen und bildet, nach
innen unten umgebogen, die Eckstreben. Boas zeigte nun, dafs der
Hornstrahl, der bisher nur den Einhufern zugeschrieben wurde, nichts
andres ist als der zwischen die auseinander weichenden Eckstreben in
ihren Winkel eingekeilte Zehenballen. Der Strahl ist also der Zehen-
ballen, resp. die Fingerbeere der Mittelzehe, das Strahlkissen entspricht
dem elastischen Bindegewebspolster, die bedeckende Hornmasse der dicken
Hornschicht der Fingerbeere; ja der Strahl weist noch, wie jene, Knäuel-
drüsen und PACiNische Körperchen auf. Zwischen Strahl und Hornwand
liegt aber nun das Sohlenhorn; was entspricht dieser Hautpartie am
Nagel? Nun, jene kurze, glatte Fläche, welche sich auch hier zwischen
Nagelbett und Fingerbeere schiebt und bisher zu wenig beachtet wurde.
Als das ursprüngliche betrachtet Boas die Kralle. Aus ihr leitet
sich einerseits durch Rückbildung des Sohlenhorns, Abflachung der
Krallenplatte und stärkere Entwicklung der Fingerbeere — der Nagel
der höheren Affen und des Menschen ab, anderseits durch Verdickung
von Sohlenhorn und Krallenplatte und Abflachung der letzteren —
der Huf.
Das von mir beschriebene, durch den Nagel sichtbare gelbe Bänd-
chen, dicht hinter der Ablösungslinie der Nagelplatte, ist also nicht die
Nat von Nagelbett und Fingerbeere, sondern vom Nagelbett und dem
Rest des Sohlenhorns.
An diese beiden Arbeiten anknüpfend betont nun Gegenbaub (Zur
Morphologie des Nagels. Morphol. Jahrbuch. Bd. X. 1885. pag.
87
465), dafs Zandbrs „primärer Nagelgrund** nicht nnr die Anlage des
künftigen Nagelbettes umfaist, sondern auch noch die des Sohlenhorns,
mithin dorsale und ventrale Bildungen. Dann fragt es sich aber, ob
die Lageveränderung, welche Zanbek beschreibt, nicht vielleicht auf
Yeränderungen des Sohlenhorns zu setzen ist, besonders da die dorsale
Grenze des „primären Nagelgrundes" sich garnicht, wie die ventrale,
verschiebt.
Gbgsnbaür weist nun femer nach, dafs die Reptilien und Vögel,
auf die Zandek sich bezieht, gar keinen terminalen, kappenförmigen
Nagel besitzen, sondern einen richtigen, dorsalen Nagel und ein davon
verschiedenes, von viel weicherer Homschicht gebildetes, ventrales Sohlen-
hom. Ein wirklich endständiger Nagel kommt nur bei einzelnen
Schildkröten vor, aber auch hier ist der ventrale Nagelteil nicht wie
der dorsale eingefalzt, sondern geht in die Oberhaut der Sohle über. Bei
allen Säugetieren besteht nur eine dorsale Nagelplatte, an welche das
Sohlenhom sich ventral anschliefst. Während erstere in der ganzen
Tierreihe dorsal und sich stets annähernd gleichbleibt, variiert das Sohlen-
hom bedeutend und reduziert sich schlieislich auf jene kleine Hautstrecke
beim Menschen, für welche Gegenbaur den Namen: Nagelsaum vor-
schlägt. Das Doi-salwärts- Wandern von Zander ist also nur ein Schwinden
des Sohlenhorns von der ventralen Seite her; die dorsale Grenze des
Sohlenhorns bleibt dabei stabil. Ontogenetisch hatte schon Zander das
Übergreifen der Pingerbeere von der ventralen Seite terminalwärts
hervorgehoben^, Gegenbaub findet nun auch phylogenetisch die Aus-
bildung der ventralen Weichteile von Reptilien und Vögeln zu den
Säugetieren und schlielslich Primaten deutlich ausgeprägt und zugleich
den Grund darin für den gleichzeitigen Schwund des Sohlenhorns. Die
Ausbildung von Hand und FuJs des Afifens zum Greiforgan bedingt
die der Pingerbeere, womit die letzte Reduktion des Sohlenhorns zum
^Nagelsaum" gegeben ist.
Die Nägel erleiden also einen Pormenwechsel, aber nicht den
ZANDBRSchen Ortswechsel. Gböenbaur lälst es dahin gestellt, ob viel
weiter zurück der beide Horngebilde umfassende „primäre Nagelgrund"
von einer ursprünglichen terminalen Nagelanlage sich ableiten läfst, da
der Befund der Schildkröte zu vereinzelt dasteht. Auch die von Zander
herbeigezogenen Thatsachen bezüglich der Innervation sgebiete findet
GBGENBAtJR nicht stichhaltig, denn alle Finger zeigen die „Dorsalwande-
rung" nicht, und dorsalwärts abgehende Zweige der Volamerven stören
die Beurteilung. Nach Gbgenbaurs Darstellung ist es jetzt wenigstens
' Ich erinnere auch an die von Kollmann hervorgehobene Überwälzung der
▼olaren Fläche in den Interdigitalräamen.
88
verständlich, dafs die ventralen Digitalnerven sich bis zum Nagelsanme
nnd den seitlichen Teilen des Nagelwalles ausbreiten; die Versorgung
gewisser Nagelbetten von volaren Nerven bleibt aber noch dunkel.
Aus dieser Kontroverse haben wir als Reingewinn für uns die
Existenz einer beim Menschen rudimentären Hautpartie zu notieren, des
Nagelsaumes. Diese Thatsache macht viele Details der Entwicke-
lung des fötalen Nagels verständlich, die bisher unverstanden waren.
Ich habe vor dem Nagelbett an der Endphalange des menschlichen Fötus
eine quere Rinne beschrieben, welche sonderbarer Weise in den letzten
Monaten der embryonalen Entwickelung eine mächtige Hommasse pro-
duziert. Ich habe gezeigt, dafs der unter dem Eponychium hervor-
brechende Nagel über diese Hornmasse in dünner Lage fortkriecht, und
dafs diese Hommasse mit dem papierdünnen Nagelrand meist erst nach
der Geburt abblättert. Diese vergängliche Proliferation am vorderen
Ende des Nagelbettes war früher unverständlich und seltsam, ist es jetzt
aber nicht mehr; denn die „Rinne" ist das Sohlenhom der Krallentiere,
und ihre lebhafte, aber vergängliche Produktion von Homsubstanz ist
die ontogenetische Erinnerung an eine vormalige stärkere und nicht
vergängliche Entwickelung dieser Oberhautpartie.
Hiermit wenden wir uns zur Entwickelungsgeschichte des Nagels.
Brooke hat im ScHENKschen Laboratorium (Beitrag zur Lehre über die
Genese der Homgebilde. Miit aus d, embryol, Institut Wien. Bd. II.
1883. pag.159) zuerst in den grofsen, hellen Nagelzellen, welche bereits
im sechsten Monat im Nagelfalz mehrere Reihen bilden, tropfenartige
Gebilde* nachgewiesen, ähnlich denen, welche Zabludowsky vom Vogel-
schnabel beschrieben hat. Er sieht in diesen Zellen das Analogen der
Körnerzellen an der äufseren Haut und betrachtet sie als Ubergangs-
zellen in die Nagelsubstanz, welche er übrigens, wie ich, intraepider-
moidal entstehen läfst.
Diesem Gegenstande hat nun Zander eine ausführliche Studie
(Untersuchungen über den Verhornungsprozefs. I. Mitteilung.
Die Histogenese des Nagels beim menschlichen Fötus.
Ärch. f. Anat. u. Phys. 1886. pag. 273) gewidmet.
Er findet von der 13. bis zur 20. Woche, dafs die äulsersten Hom-
zellen des „primären Nagelgrundes" (späteres Nagelbett und Sohlen-
hom umfassend) hier und da überdeckt sind von eigentümlichen, einzeln
oder gehäuft vorkommenden Zellen, welche den sonst glatten, äufseren
Kontur der Hornschicht vei'wischen. Besonders zahlreich finden die-
* Nebenbei hat Broükjes auch an dieser Stelle auf das massenhafte Vorkommen
von Keratohyalin in psoriatischer Oberhaut zuerst aufmerksam gemacht.
89
selben sich an einer Einsenkung des Epithels des Nagelgrundes, ent-
sprechend der Grenze zwischen drittem und letztem Viertel — vom
Nagelfalz an gerechnet. Diese Stelle entspricht, ebenso wie die dort befind-
liche Zellenanhänfung, der von mir beschriebenen vorderen „Rinne. '^
Znm Teil stecken die eigentümlichen Zellen in der Homschicht, woraus
Zander schlierst, dafs sie die äufserste Lage des Epithels durchbrochen
haben. Es sind blasig aufgetriebene, kugelige Zellen mit grofsen, gut
ftrbbarem Kern, wie sie in der mittleren Stachelschicht des Nagelgrundes
Yorkommen; für weifse Blutkörperchen sind sie zu grofs. Dafs einzelne
Epithelien die zusammenhängende Masse andrer Epithelien „durchbrechen'',
selbst wenn der Auftrieb durch starke Proliferation bedeutend ist, kann
man sich doch nicht vorstellen, ohne aktive Bewegungen dieser Zellen
vorauszusetzen; Zander scheint diese „Wanderepithelien'' auch mit
aktiver Lokomotion ausstatten zu wollen.
In der 15. bis 16. Woche beginnen die Homschüppchen und Wander-
epithelien zu einer oberflächlich liegenden, lamellösen Hommembran mit
regelmäfsig eingestreuten Kemresten, aber ohne Zellgrenzen, zu verschmelzen.
Diese „Begrenzungsschicht" zeigt eine Prädilektion für Methylorange,
Methyleosin, besonders aber Säurefuchsin. Diese Begrenzungsschicht Zan-
ders ist offenbar genau dieselbe Hommembran, die ich unter dem Namen
Eponychium beschrieben habe, weil ich unter derselben den bleibenden
Nagel entstehen sehe. Zander nimmt auf das Eponychium offenbar
deshalb keine Rücksicht, weil er, wie wir noch sehen werden, diese
Hommembran bereits für den künftigen Nagel selbst hält.
Nun treten unterhalb dieser festen Decke des Nagelgrundes im
proximalen und distalen Teile charakteristische Unterschiede hervor. In
beiden Abschnitten legen sich granulierte Zellen von unten an die „Be-
grenzungsschicht" an, aber im distalen Teile (meiner Binne, dem Nagel-
sanm Gegenbaurs) enthalten diese Zellen feinste oder doch immer relativ
kleine, stark glänzende chromophile Körnchen in grolser Menge, welche
die Zellenmitten frei lassen. Diese Zellen liegen gewöhnlich in mehreren
Lagen übereinander, und die Zahl der Granula nimmt von den tiefsten
Schichten gegen die oberflächlichen hin zu. Im proximalen Abschnitt
dagegen (dem späteren Nagelbett) treten neben den Zellen mit kleinen
Kömchen auch solche mit beträchtlich gröfseren auf, die mit den kleinen
zusammen fast allein den Zelleninhalt auszumachen scheinen. Die Kömchen
liegen hier, wenigstens die gröfseren, sicher nicht in der Peripherie der
Zellen, sondern in deren Mitte. Diese grobkörnigen Zellen treten zuerst
in der Nähe des distalen Abschnitts ab, vermehren sich dann gegen den
Falz zu, rücken immer mehr in die Tiefe desselben und können beim
Neugeborenen noch in sehr reduzierter Zahl am hintersten Ende des
Nagels nachgewiesen werden. Auch das Verhalten der granulierten
90
Zellen zur Begrenzungsschiclit ist im proximalen Teile eigentümlich,
indem sie sich in schrägen von hinten oben nach yorn nnten abfallenden
Lagen der Begrenznngsschicht anschlie&en. Dadurch erhält diese glatte
Hornschicht hier einen lamellösen und zwar schräge nach vom abfal-
lenden Bau, ganz entsprechend dem Bau des späteren Nagels. Auf dem
distalen Teil dagegen ist die Begrenzungsschicht horizontal geschichtet
und hat durch die zahlreichen versprengten Epithelien keine glatte
Oberfläche; später wird sie hier besonders mächtig und geht allmähUch
in die Hornschicht der Fingerbeere über, wie ihre granulierten Zellen
in die Körnerschicht derselben. Die Begrenzungsschicht des proximalen
Abschnitts senkt sich in den Nagelfalz ein und scheidet dadurch das
Epithel des Nagelwalles ab von dem Epithel des Ealzgrundes.
Unterhalb der granulierten Zellen zeigen sich in der 15. und 16.
Woche im proximalen Teile mehrere Reihen grofser, blasiger, heller, wie
gequollener Zellen, die wenig Kömchen und auDsen noch keine Stacheln
zeigen. Diese „hellen" Zellen hatte ich bereits beschrieben, aber an
ihnen — wenn auch kurze — Stacheln bemerkt. Beim Fötus von
18 Wochen nehmen sie den Raum einer Bikonvexlinse ein, ihre gröfste
Breite liegt jetzt im Nagelfalz (4 Zellenlagen); die gröfsten Zellen zeigen
als Durchmesser 11^ : 31 ji». Oberhalb dieser hellen Zellen ziehen sich
die grobkörnigen Zellen in 2 Lagen bis in den Grund des Falzes. Wie
die Begrenzungsschicht sich aus den granulierten Zellen, so rekrutieren
diese sich unter Auftreten bis 6 fi grofser Granula aus den „hellen*
Zellen, unter dem Nagelwall sind die Granula wieder feiner, und die
granulierten Zellen schlie&en sich hier parallel der Begrenzuogs-
schicht an.
Der distale Teil des embryonalen Fingernagels gleicht dem der
Zehen, nur der proximale ist ausgedehnter. Die greisen, wie Öltropfen
aussehenden Gebilde fehlen hier; die hellen Zellen sind meistens spindel-
förmig platt gedrückt und nur im Nagelfalze rund. Diese kleinen Diffe-
renzen erklären sich, wie ich glaube, einfach dadurch, dais bei der
wachsenden Zehe das Eponychium mit seinen Endpunkten gehoben wird
und der Druck auf dem Nagelbett sehr gering wird, während an den
langgestreckten Fingerphalangen das wenig gehobene Eponychium nur den
Druck in der Tiefe des Falzes aufhebt (daher hier runde, helle Zellen),
nicht aber über dem ganzen Nagelbett.
Bei Föten des sechsten Monats sind die hellen Zellen des proxi-
malen Abschnitts spindelförmig und meist ohne Körner. Nach der
Geburt sind gar keine granulierten Zellen mehr vorhanden, aber die
darunter liegenden Zellen verschmelzen dennoch weiter mit der Begren-
zungsschicht, WSU3 Zander daraus schliefst, dafs sie sägeförmig in dieselbe
eingreifen und sich mit Methyleosin diffus ebenso &rben wie früher
91
die Granula. Diese Motive kann ich als strikte Beweise nicht anerken-
nen; denn auch die beiden Oberhäutchen des Haares greifen sägeförmig
in einander ein und trennen sich doch nachher; ebenso verhalten sich
häufig die Hornzellen der Falzdecke zu den sich davon trennenden Zellen
der Nagelplatte. Und hat nicht die diffuse Färbung der basalen Hörn-
Schicht, weil sie zugleich auch die Körner der Körnerzellen färbt, uns
alle lange, aber doch irrtümlich veranlafst, das kömige Keratohyalin
and das diffus verteilte Eleidin zu identifizieren? Auf diesen Punkt, ob
die Zellen des Nagelbettes und -falzes mit der proximalen Begrenzungs-
schicht auch dann noch verschmelzen, wenn die granulierten Zellen kurz
vor der Geburt schwinden, kommt aber für die Hauptthese von Zander
eben alles an. Denn diese lautet, dafs seine „ßegrenzungsschicht",
mein „Eponychium", bereits der fertige Nagel ist, während ich (mit
KöLLiKSR, Henle, Brooke) daran festhalte, dafs der wirkliche Nagel,
wie ^das Haar, sich intraepithelial bildet und unter der Hornschicht,
d. i. hier dem Eponychium, gegen Ende des fötalen Lebens, dasselbe
abwerfend, hervorbricht. Allerdings behauptet Zander, in meiner
Figur 7^^' (pag. 41, Ziemssens Handbuch) setze sich der embryonale
Nagel direkt in das Eponychium fort. Aber aus dieser Figui* kann
Zander überhaupt nichts schliefsen, da es sich bei diesen auf einer
Tafel zusammengedrängten und zu dem Zweck stark verkleinerten Holz-
schnitten natürlich nur um eine schematisch gehaltene Übersicht der
groben Verhältnisse, nicht um Wiedergabe feiner Details handelte.
DeutUicher als diese gibt die nächste Fig. 7^^ meine übrigens im Texte
nicht miJflzuvertehende Anschauung wieder, dafs der Nagel (w) unter dem
Eponychium {ep) auf dem proximalen Abschnitt (Nagelbett) in immer
dünnerer Lage hinzieht und dann sich ganz fein zuschärfend auf die
mächtige Hornschicht der Rinne (r), Zanders distalen Abschnitt, Gegen-
BAURs Nagelsaum hinauf kriecht, um hier zu enden.
Wir verdanken den Untersuchungen Zanders vor allem die erste
detaillierte Beschreibung des Eponychiums in seinen verschiedenen
Abschnitten und die erste genaue Schilderung der unterhalb desselben
während des fötalen Lebens auftretenden und mit demselben verschwin-
denden granulierten Zellen. Wir empfinden lebhaft den Mangel einer
tinktoriellen und chemischen Charakteristik der hier auftretenden Körner
und die Differentialdiagnose vom Keratohyalin der Oberhaut. Denn die-
selben färben sich nach Zander mit Säurefuchsin am besten, was das
Keratohyalin nicht thut, dagegen nicht wie dieses mit Karmin und
Hämatoxylin. Folglich sind die Granula des embryonalen Nagelbettes
und die des Nagelsaumes von den Kömern der Körnerschicht, der
Wurzelscheide und des Haarmarks ganz zu trennen, und wir dürfen vorder-
hand von einer „Kömerschicht"^ des Nagels nicht reden, sondern müssen
92
uns der indifferenten Bezeichnung: „granulierte Zellen des embryonalen
Nagels" bedienen. Auch ist der ZANDERsche Befand nicht etwa in
Gegensatz zu stellen mit den früheren von Hetnold, mir u. a., denn wir
konstatierten am Nagel nur die Abwesenheit eigentlicher „Kömerzellen"
mit den hierzu angemessenen Färbemethoden. Zander hat auch keine
„Kömerschicht" gefanden, sondern mit neuen Färbemethodeu neue Arten
körniger Produkte der Epithelzellen. Diese verschiedenen Arten von
Granulationen mittels des ganzen Apparates tinktorieller und mikro-
chemischer Reaktionen scharf zu charakterisiereUi wird eine ebenso
wichtige wie interessante Aufgabe der nächsten Zukunft sein.
Die letzten Embryonalmonate sind offeubar von Zander nicht so
eingehend für die Entwickelung des Nagels studiert worden wie die
mittleren, und damit mag es zusammenhängen, dafs seine Resultate in
bezug auf das letzte Schicksal des Eponychiums und das Hervorbrechen
des definitiven Nagels so ganz abweichend vou denen der früheren Unter-
Sucher ausgefallen sind.
(Schlafs folgt.)
Üttttetlun^en ans Itx fttteratnr.
Ödeme.
Zur Frage über die Ätiologie des Skleroderma, von Dr. Sigmund Erbbn.
(Aus der KAPosischen Klinik). {Vierteljahr esschr. f. Dermat u. Syph. 1888. Heft 5.)
Verf. hat an zwei auf der EAPOsischen Klinik beobachteten Fällen von Skleroderma
eine genaue klinische Prüfung des Nervensystems durchgeführt, um einen Beitrag zur
Entscheidung der Frage zu liefern, ob es sich um eine durch Lymphstauung und
sekundäre Verengerung der Blutgeföfse bedingte Ernährungsstörung der Haut handle
(Kaposi), oder um eine, in neuerer Zeit von verschiedenen Autoren behauptete
Trophoneurose.
Seine Untersuchungen ergaben: Jene Hautregionen, welche den Übergang dar-
stellen von normaler Haut zum ausgesprochenen Scleroderma elevatum waren höher
temperiert als die umgebenden derben Partien und nahezu gleich wie die unverän-
derten, geschmeidigen Stellen in der Umgebung.
An den sklerotischen Stellen ist erheblicher, verminderter Lei tungs widerst and
der Haut gegen den galvanischen Strom zu konstatieren.
Verf. kommt per exclusionem — ein Eingehen auf die Einzelheiten der sehr
ausführlichen Erörterungen ist nicht thunlich — , dafs eine Erkrankung der peripheren
Ausbreitungen der Hautnerven, oder im Verlaufe der Rückenmarksnerven sicher aus-
geschlossen werden kann. Es bliebe also nur eine Erkrankung im Rückenmark —
und zwar in den Kernen der Rückenmarksnerven, weil sonst Lähmung vorhanden
sein müfste. Da aber die Temperaturveränderungen und Veränderungen der Leitungs-
widerstände sich ebensowohl durch die von Kaposi angenommenen Veränderungen
— Verengerung der Gefäfse und der diffusen Bindegewebswucherung in der Cutis —
98
erklären lassen, kommt Verf. zu dem Schlufs, dafs „nach genauer Untersuchung des
Nervensystems der beiden hier mitgeteilten Fälle nichts namhaft gemacht werden
konnte, um die nervöse Ätiologie des Skleroderma unwiderleglich festzustellen. ** —
In einem Anhang gibt Verf. ausführliche Untersuchungen des elektrischen
„Leitungswiderstandes der Haut." von Büring-Hamhurg.
Arzneiexantheme.
Zur Kasuistik des Bromexanthems, von Dr. Karl Szadkk, Kiew. {Viertel-
Jahresschrift f. Bermat u. Syph. 1888. 4.) Der mitgeteilt« Fall ist ein Beispiel, wie
anfserordentlich leicht eine Täuschung in der Diagnose bei Arzneiexanthemen vor-
kommen kann. Besonders Veranlassung hierzu geben die mannigfaltigen Formen der
Bromakne.
Es handelte sich um einen Patienten, der sich vor einer längeren Beihe von
Jahren luetisch infiziert hatte. Wegen hochgradiger Neurasthenie nahm er Brom
in grofsen Dosen. Ein sehr verbreitetes pustulöses Exanthem, das sich bei ihm ein-
stellte, wurde für luetisch angesehen, demgemäfs behandelt, aber ohne Erfolg, wobei
Brom ruhig weiter genommen wurde. Patient kam aufserordentlich geistig und
körperlich herunter. S. stellte die Diagnose auf Bromexanthem, und nachdem dem-
fi^eraäfs Brom weggelassen war, besserte sich das Exanthem aufserordentlich schnell.
von Düring-Hamburg.
Syphilis.
Über hereditäre Syphilis. F. NsuiiANif (Wiener med. Fresse No. 51) kommt
auf Grund von 109 genau erforschten Fällen zu folgenden Schlüssen:
1. Die syphilitische Mutter kann in jedem Stadium ihrer Krankheit dieselbe auf
ihre Nachkommenschaft übertragen; 2. die nach der Konzeption erkrankte Mutter
überträgt bisweilen die Syphilis auf den Fötus; 3. hat die Infektion der Mutter nach
der Konzeption stattgefunden, und war der Vater zur Zeit der Zeugung luetisch, dann
ist der Einflufs auf die Nachkommenschaft noch weit intensiver; 4. die in den letzten
Schwangerschaftsmonaten acquirierte Lues geht in der Regel nicht auf die Nach-
kommenschaft über; 5. wenn Infektion und Konzeption gleichzeitig erfolgen, gehen
in der Hälfte der Fälle die Kinder zu Grunde; 6. bei der Infektion vor der Konzeption
wird die Prognose um so günstiger für die Nachkommenschaft, je weiter die Infektion
von der Konzeption entfernt liegt; 7. die gröfsten Chancen für das Verschontbleiben
haben jene Descendenten, deren Mütter die Syphilis erst in den letzten Monaten der
Schwangerschaft acquiriert haben und deren Vater zur Zeit der Zeugung gesund war,
ebenso die Nachkommenschaft von tertiär syphilitischen Eltern.
Von den 109 Fällen sind überhaupt nur 44 gesund zur Welt gekommen und
nur die wenigsten am Leben geblieben. Eckart- Nürnberg.
Über die therapeutische Verwendung des Qnecksilbersalicylats, von Dr.
Arthur Plumert. (Aus dem Marinespital in Pola.) {Vierteljahr esschr, f, Dermat. u,
Syph, 1888. Heft 5.) 1. Bei blennorrhagischen Prozessen der männlichen Harnröhre.
Es wurden bei frischen Blennorrhöen Lösungen von 1 : 1000, bei chronischer von
2 — 3 : 1000 angewandt. Die mittlere Behandlungsdauer betrug :
94
bei akuter Urethritis 35,4 Tage
bei Urethritis posterior 29,8 „
bei „ mit Epididym
kompliziert 36,6 „
bei chronischer Urethr. 40,3 „
also lassen sich besondere Vorteile aus dem Medikament nicht ableiten.
2. Aufserliche Verwendung bei venerischen und syphilitischen Geschwurs-
prozessen.
Meist wurde Watte mit einer Lösung von 1 : 100 getränkt auf die Ulcera gelegt
— mit dem Erfolg, dafs sich die Geschwürsfläche in 2 — 3 Tagen reinigte ; auch der
desodorierende Effekt war ein sehr guter. Aber es scheint — wie beim Sublimat —
häufiger Ekzem einzutreten, denn Verf. schlägt für diese Falle eine Salbe von
1 Quecksilbersalicylat zu 25 — 30 Vaselin vor. Als Streupulver in Verbindung mit
Magnesium carbonicum im Verhältnis von 1 : 20 — 30 bewährte sich das Mittel bei
nässenden Balanitiden und ulcerierten Papeln.
3. Behandlung der Lues mit salicylsaurem Quecksilber:
a. Subkutane Injektion 1 : 100 in Chlornatriumlösung oder Kaliumkarbonat
Nach den mitgeteilten Erfolgen hat es keine Vorteile vor HgCl^-injektionen —
im Gegenteil scheint der Erfolg ein langsamerer zu sein.
b. innerlich.
Innerlich wurde Hg-salicylat in Pillen k 0,025 pro dosi gereicht. Verf. ist mit
4em Erfolg ebenso zufrieden, wie bei den Injektionen.
Die Wirkung soll bei allen Formen der Lues, bei Früh- und Spätformen
gleich günstig sein. von Düring-Hamburg.
Einspritzungen von Salicyl- und Thyxnol - Quecksilber zur Sypliilis-
l>eliandlung, von Dr. J. Jadassohk und Dr. E. Zeisiug. (Aus der NEissEBschea
Klinik in Breslau.) (Viertefjahresschr. f. Dermat u. Syph. 1888. Heft 5.) Die Prä-
parate wurden wesentlich auf ihre Verwendbarkeit für die Injektionsbebandlong ge-
prüft, und zwar in hochprozentigen Suspensionen, um den wesentlichsten Vorteil der
unlöslichen Salze, die geringe Zahl der für eine Kur notwendigen Injektionen fest-
zuhalten.
Als Normalsuspension wurde gewählt 0,1 Salicylquecksilber auf 1,0 Paraffin.
1. Das salicylsaure Quecksilber (v. d. Hbyden).
Die Vorteile des Präparates sollen sein (statistische Zahlen sind im Original
einzusehen): Die Zahl der Infiltrate ist so gering wie bei keinem andren Hg-salz.
Die Schmerzen waren durchweg gering, nicht berufstörend, selten länger als 24 Stdn.
anhaltend. Stomatitis wurde bei den nötigen Kautelen vermieden. Die einzelnen
Injektionen wurden in Zwischenräumen von 3 — 8 Tagen gemacht.
2. Das essigsaure, salpetersaure und schwefelsaure Thymolquecksilber (E. Merck,
Darmstadt).
Über chemische Konstitution und Eigenschaften dieser Präparate mufs auf das
Original verwiesen werden.
Lokal, als Pulver oder Paste, wirkt das Thymolquecksilber zu stark reizend.
Es wurde ebenfalls eine lOVoige Suspension der 8 verschiedenen Präparate in Paraff".
liquid, gewählt. Wesentliche Unterschiede unter den 3 Präparaten ergaben sich
nicht. Am ehesten scheint das Acetat Vorteile gegenüber den andern Präparaten zu
haben ; das Nitrat wirkt etwas weniger gut, aufserdem ist das Acetat am leichtesten
herzustellen.
Sowohl bei Salicyl- wie bei Thymolquecksilber entsprachen die kurativen Erfolge
und auch die Unterschiede, welche sich in der Intensität der Wirkung gegenüber
95
den verschiedenen Produkten der Lues geltend machten, ganz den Erfahrungen,
welche man bei andern energischen Quecksilberkuren schon langst gemacht hat.
Zu einer Kur genügen geroäfs ihrem Hg-gehalt von beiden Präparaten 6 — 8
Einspritzungen.
Eine eingehendere, allgemein gehaltene Erörterung über die Dosierung der ver-
schiedenen Hg-präparate, und ihren aus dem Hg-gehalt sich ergebenden Wert, sowie
die eingehenden, interessanten mikroskopischen Untersuchungen nach Injektionen bei
Tieren (von Dr. Jadassobn) eignen sich nicht zum Referat, sondern müssen im
Original eingesehen werden. von Düring-Hamburg.
2.ns ber gratis.
Korrespondenz.
No. 2. Können Sie mir ein MesstersclieB Mikroskop zum Ankauf empfehlen ?
Ich lese Ihren Namen in der neuesten Liste von Messtbr als Käufer eines seiner
Instrumente. Dr. A. in St.
Antwort der Redaktion. Ich habe in der That unter andern Mikroskopen
auch ein MsssTERsches kommen lassen, um zu sehen, was heutzutage für einen so
exorbitant büligen Preis geliefert werden kann. Sie brauchen aber deshalb nicht zu
glauben, dai^ ich mit demselben „arbeite''. Man kann — glaube ich — drei Kate-
gorien von Mikroskopikem unterscheiden, je nachdem dieselben Ansprüche an ihre
Instrumente stellen. Die erste und yornehmste Kategorie bilden diejenigen, welche
in selbständiger Weise Forschungen mit ihrem Instrumente unternehmen; für diese
ist das beste Mikroskop gerade eben gut genug. Sie werden ohne einen solchen
Freund süs den Werkstätten von Zeiss, Winkel, Hartnack, Reichert, Seibert und
Krafvt etc. nicht auskommen können. In die zweite Kategorie möchte ich die-
jenigen Kollegen stellen, welche lediglich für die Anforderungen der täglichen Praxis
ihr Mikroskop brauchen, an dasselbe aber auch die Antorderung der vollkommensten
Zuverlässigkeit, Solidität und Haltbarkeit stellen. Hier kommen, falls die Instrumente
obiger Firmen zu teuer erscheinen, vor allem die sehr preiswürdigen Fabrikate von
Leite in Betracht. Eine dritte Kategorie bilden diejenigen Ärzte und Techniker,
welche schon mit dem Bewufstsein zufrieden sind, vorkommenden Falles eine brauch-
bare Ölimroersion zu besitzen und ihr Instrument nur sehr selten seiner beschaulichen
Ruhe entreifsen. Hier würden die MESSTEBschen Mikroskope sehr zu empfehlen sein,
da sie mit dem unglaublich billigen Preise ein gefälliges Aulsere verbinden, dagegen
weder einem stärkeren Gebrauche gewachsen sind noch höheren Anforderungen an
die optische Leistungsfähigkeit genügen. Übrigens ist nie zu vergessen, dafs trotz
gleichmäfsigster Arbeit alle Linsen individuell verschieden sind und daher eine billige
Linse auch wohl einmal ebenso gut, ja selbst besser sein kann als eine teurere
Linse aus einer renommierten Fabrik. Unna.
Von den „simnlierten" Hantkrankhelten, von Cisterne. {These de Paris.
1887.) Künstlich zum Zwecke der Simulation hervorgerufene Hautkrankheiten werden
bei Personen beobachtet, welche sich dadurch dem Militärdienste entziehen wollen, bei
Soldaten, die den Pflichten ihres Standes nicht nachkommen wollen; häufiger sahen
wir sie bei Gefangenen oder bei verkommenen Individuen, welche dadurch die Auf-
96
nähme ins Hospital erreichen wollen, aber am häufigsten kommen sie bei hysterischen
Frauen zur Beobachtung.
Es werden von den betreffenden die verschiedensten Agenzien in Verwendung
gebracht; traumetische Läsionen, besonders wenn sie von einer Reizung* der Wunde
gefolgt werden, Kontusionen, Bisse können das Ansehen verschiedener Krankheits-
prozesse annehmen. Es werden Vesikautien, kaustische Alkalien, Säuren, die Hitse,
eine Serie von Substanzen, welche Papeln hervorbringen (alkalische Pomaden und
Bäder) oder solche, welche zur Bildung von Blasen (Terpentin, schwefelhaltige Kom-
positionen, Pflaster von Burgunder Teer, von Opium, Quecksilbersalbe, Krotonöi) oder
von Pusteln führen (Unguentum Autenriethi, As-haltiger Salben, Leberthran), in An-
wendung gebracht und die dadurch gesetzten Läsionen durch verschiedene Beiznngen
und wiederholtes Kratzen in ihrem Aussehen verändert.
Die Verschiedenheit der auf einem kleinen Territorium vereint sichtbaren La-
sionen, die Unregelmäfsigkeit ihres Fortschreitens gibt ihnen ein von den spontanen
Hauteruptionen verschiedenes Aussehen. Sie finden sich nur an den von der Hand
des Betreffenden erreichbaren Stellen, kommen häufiger links als rechts vor und
nehmen das Gesicht und den Hals ein, wenn der Simulant irgend welches Intereaw
daran hat, dafs sie von jedem gesehen werden können. Der Kranke legt wenig
Sorge um seine Behandlung zu tage und führt die Befehle des Arztes schlecht ans,
der Zustand verschlimmert sich plötzlich in dem Momente, wo der SLranke Gefahr
läuft, die Vorteile seines Betruges zu verlieren. Ein schwarzer, glänzender, dem
Kantharidenpflaster ähnlicher Fleck, eine von Salpetersäure gelbgeförbte Stelle, der
Terpentingeruch des Urins, ein entzündlicher, der Spur des über die Haut herab-
geflossenen Säure entsprechender Streifen, können manchmal den Betrug aufdecken.
Trotz dieser Umstände ist die Diagnose oft schwierig zu stellen. Neben anderen
Prozeduren ist es besonders zum Zwecke der Heilung und zur Aufdeckung der Täu-
schung empfehlenswert, die betreffende Stelle mit einem Verbände zu versehen
welchen der Kranke nicht abnehmen kann, ohne dafs es bemerkt würde.
Die Diagnose ist besonders schwierig, wenn die gwöhnlichen Effloreszenzformen
von Hautkrankheiten künstlich hervorgerufen wurden, besonders wenn der Simulant
dieselben an ihren Prädilektionsstellen verursachte.
Die auf dem behaarten Kopfe gesetzten Läsionen können durch die mikros-
kopische Untersuchung leicht von dem ihnen eventuell ähnlichen Favus unterschieden
werden; eine künstlich hervorgerufene Infektion mit Favus kann nicht als simulierte
Krankheit angesehen werden und ist völlig identisch mit der accidentiellen Favns-
infektion. Mit Bläschen- und Pustelbildung einhergehende Krankheiten, hauptsächlich
das Ekzem und Impetigo, können durch eine Menge der verschiedensten Agenzien
vorgetäuscht, der Pemphigus kann durch Vesikantien imitiert werden ; die simulierten
Erytheme und Erysipele charakterisieren sich durch die Abwesenheit febriler Er-
scheinungen. Geschwüre werden am häufigsten artefiziell erzeugt; mutigere Simu-
lanten zaudern nicht sich sogar Abszesse oder Phlegmonen zu verursachen. Saure-
ätzungen können den skrofulösen Narben ähnliche Veränderungen hervorrufen.
Soldaten täuschen durch zirkumskripte Verbrennung einen harten Schanker vor, aber
dann ist die Induration weniger scharf begrenzt als beim Schanker, das Drücken der
Stelle ist schmerzhaft, die Lyraphdi'üsenschwellung betrifft gewöhnlich nur eine Drüse
und ist schmerzhaft. Die Chromidrose endlich wurde so häufig simuliert, dafs viele
dahin gelangt sind, zn glauben, dafs sie — ohne Simulation — überhaupt nicht
existiere. Tavemier-Lük.
• • — -
Verlag von Leopold Voss in Hamburfr (nnd Leipzig).
Druck der Verlagsanstalt und Druckerei Actien* Gesellschaft (vormals J. F. Richter) in Hamburg
F
9loitat0||e|le fit PtaUifdie Pematologit
Band VIII. No. 3. 1. Februar 1889.
Ein Fall von Pityriasis pilaris.
Von
Dr. Caesar Boeck,
Direktor der Universitäts - Klinik für Hautkranke
in Christiania.
Mit 5 Abbildungen.
Da es scheint, als ob die zuerst von Devergie ^ als Pityriasis pilaris
beschriebene, sehr typische und sehr interessante Krankheit aufserhalb
Prankreich noch wenig gekannt ist, werde ich mir erlauben, hier einen
sehr ausgeprägten Fall mitzuteilen.
Die Geschichte dieser Krankheit ist eine kurze. Devergie hat sie
zuerst im Jahre 1854 beobachtet und nach einem Citate bei Gintrac*
im Jahre 1856 sie in einem Aufsatze in der Gazette hehdoniad. pag. 197
schon erwähnt. Kurz nachher hat er aufserdem die Affektion in seinem
Traite pratique des maladies de la peaii recht ausführlich beschrieben.
Auch Hardy hat sofort, wie es aus seinen Legons siir les tnahdies de
h peau. II. Paris 1859. pag. 106, hervorgeht, die Eigenartigkeit der
Krankheit erkannt. Die bisherige Hauptarbeit über diese Krankheit ist
jedoch die unter den Auspizien Besniers von Richaüd im Jahre 1877
geschriebene These, die leider ganz vergriffen sein soll, und weiter hat
Dr. L. Brocq'* in seiner interessanten Atude critique et clinique sur U
Pityriasis rubra eine sehr gute und übersichtliche Darstellung der
Symptomatologie gegeben, nach welcher ich sofort meinen ersten, im
Jahre 1884 in Norwegen beobachteten Fall diagnostizieren konnte. Nach
Dr. Brogq waren 1884, wenn einige bei englischen Autoren, Hillibr*,
* Alph. Devergie, Traite pratiqtie des maladies de la peau, 3. edit. Paris
1863. pag. 360—70.
' QiNTRAo, Cours thi'orique et clinique de Pathologie interne. T. V. pag. 449.
' Archives generales de Medecine. 1884. Mai, Juni, Juli.
* Handbook of skin diseases. 1865. pag. 59. Oitiert nach Dr. Brocq.
Monatshefte. *
98
TiLBURY Fox^, Hutchinson ^ Allan Jamieson^ unter anderm Namen
beschriebene Fälle zu den in Frankreich beobachteten gezählt werden, in
allem etwa 18 Fälle bekannt.
Endlich wird es den Lesern dieser Monatshefte bekannt sein, dafe
die hier in Rede stehende Krankheit in dem letzt vergangeneu Jahre
wiederholt in dieser Zeitschrift erwähnt worden ist, nämlich von Eöna^
und namentlich von Unna^ in seinen Pariser Briefen. Aber, soweit
mir bekannt, ist doch bis jetzt noch kein Fall in der deutschen medizini-
schen Litteratur veröffentlicht worden.
Diese Krankheit kann unter verschiedenen und wechselnden Phasen
und Bilden! auftreten, von welchen jedes ein sehr typisches und charak-
teristisches ist, und welche beinahe alle sich in dem hier mitgeteilten
Falle vereinigt finden. Der Fall mufs insofern als ein sehr illustrierender
und lehrreicher bezeichnet werden.
Schon Devergie hat auf das eigentümliche und interessante Ver-
hältnis hingewiesen, dafs häufig die verschiedenen Körpergegenden
in einer bestimmten Reihenfolge ergriffen werden, die auch in
dem hier mitgeteilten Falle befolgt wurde. Nur hat er einige der häufig
zuerst auftretenden Phasen und Äufserungen der Krankheit sonderbarer
Weise als „Vorläufer" derselben aufgefafst. Er äufsert sich darüber in
folgender Weise: „Konstant sind folgende Affektionen der Krankheit
selbst vorausgegangen: Psoriasis palmaris, Pityriasis capitis und eine
mehr oder weniger verbreitete Pityriasis rubra, und diese Affektionen sind
in derjenigen Reihenfolge aufgetreten, wie sie hier genannt worden sind.*"
Devergie hebt jedoch hervor, dafs diejenige Psoriasis palmaris, von der
hier die Rede ist, eine spezielle Form darstellt, die sich schnell über die
ganze Handfläche in ihrer Totalität verbreitet. Es mufs auch daran
erinnert werden, dafs Devergie damals nur ganz wenige Fälle gesehen
hatte. Es hat sich später auch zur Genüge gezeigt, dafs das erste Auf-
treten der Krankheit auf sehr verschiedenen Lokalitäten beobachtet werden
kann. —
Dasjenige Bild der Krankheit, das von Devergie als die eigentliche
Pityriasis pilaris bezeichnet wird und in der That eine sehr charakteristi-
sche Phase derselben darstellt, tritt besonders häufig und typisch
* Skin diseases. 1874. Citiert nach Dr. Brocq.
° Lectures on clinical surgert/. Vol. I. pag. 249—51 u. pag. '2GI — 64. ..
^ Edinburgh med. Journal. 1880. pag. 879. Citiert nach Dr. Brocq. — übrigen«
erwähnt Dr. Allan Jamieson in seinem jüngst erschienenen Lehrbuch: Diseases of
the skin. Edinburgh 1888 diese Krankheit nicht. Aber unter dem Kapitel Psoriasis
findet sich pag. 317—18 ein Kasus beschrieben, der, wie es mir scheint, wahrschein-
lich ein Fall von Pityriasis pilaris gewesen ist.
» Monatsh. f. prakt. Dermatol. 1888. pag. 623—25 u. 825—27.
» Monatsh. f. prakt. Dermatol. 1888. pag. 569—73.
99
entwickelt auf der Dorsalfläche der Finger, der Hände und
der Vorderarme auf, und dies scheint darin begründet zu sein, dafs
sich eben an diesen Lokalitäten besonders stark entwickelte Lanugohaare
vorfinden, um welche herum die unten beschriebene Affektion der Wurzel-
scheiden um so mehr markiert in Form von verhältnismäfsig mächtigen,
verhornten Epidermisbildungen auftreten kann. (Siehe die unten im
Text eingetragenen Holzschnitte.) Diese meistens sehr festen und soliden
Homkegel, von denen jeder ein Haar umfafst, dringen nicht nur tief in
den Haarsack hinab, sondern ragen in der Regel auch etwas über das
Kiveau der Haut empor. Die in dieser Weise affi zierten Hautstellen
sind nun wenigstens anfangs in der Regel nicht abnorm gerötet, und
man hat somit das Bild einer blassen und sehr rauhen ,,Gänsehaut*'
(„chair de poule" der Franzosen), die scharf wie ein Reibeisen anzufühlen
ist. Weiterhin tritt jedoch oft eine Hyperämie hinzu, zuerst um die
Haarfollikel herum, dann in der ganzen betreffenden Hautpartie, während
gleichzeitig die Homkegel etwas in den Hintergrund treten, und man
bekommt dann ein etwas anders aussehendes Bild der Krankheit. Aber
selbst wenn man an den affizierten Hautpartien nicht mehr makro-
skopisch den für diese Krankheit so charakteristischen, zirkumpilären
Yerhomungsprozefs wahrnehmen kann, kann man ihn immer, wie ich
mich durch zahlreiche Untersuchungen überzeugt habe, mit der gröfsten
Leichtigkeit mikroskopisch nachweisen.
Das oben beschriebene Bild von „Gänsehaut" oder „chair de poule"
kann übrigens aufser an den genannten Lieblingsstellen auch auf
irgend welchen andern Partien der Haut auftreten — die gewöhnlich
als „behaarte" bezeichneten Hautregionen und die Yola und Planta, die
keine Haare tragen, allein ausgenommen.
Die Krankheit kann übrigens auch von Anfang an — aber dann
allerdings häufiger auf andern Lokalitäten wie die eben genannten
Lieblingsstellen, z. B. am Stamme oder sonst auf den Extremitäten —
als rote Flecke und Flächen sich äuisern, an welchen man doch
ebenfalls immer, trotz der oftmals ganz seidenglatten Oberfläche, sich
mikroskopisch von der Anwesenheit des abnormen, zirkumpilären Yer-
homungsprozesses überzeugen kann. Auch dieses Bild der Krankheit,
das zum Teil regionär, zum Teil universell über den ganzen Körper
verbreitet vorkommen kann, ist ebenfalls in der Regel ein sehr cha-
rakteristisches und schön typisches, so dais man, wenn man es
einmal gesehen, es immer im gegebenen Falle leicht wiederkennt. Die
klinischen Charaktere dieser roten Flecke und Flächen sind in der
Krankengeschichte näher beschrieben, und was die Entstehungsweise der-
selben betrifft, kommen sie entweder, was das gewöhnliche ist, durch
Konfluenz kleiner, zirkumpilärer Foci zu stände, oder — was ich noch
7*
100
nirgends ausdrücklich beschrieben gefunden habe, aber in diesem Falle
in einer gewissen Periode der Krankheit sehr deutlich beobachten konnte
— die Hautaffektion wird, namentlich wie es scheint bei aniversellen
Ausbrüchen der Krankheit, durch eine in der Tiefe der Cutis anfangende,
ungleichmälisige, aber bald mehr oberflächlich und gleichmäfsig werdende
Hyperämie eingeleitet, woran dann schnell auch die charakteristischen
Veränderungen der Epidermis sich anschliefsen.
Bedeutende Allgemeinerscheinungen begleiten in der Begel
diese Krankheit nicht. Der hier mitgeteilte schwere Fall, der zu einer
gewissen Zeit sogar universell wurde, hat doch eine nicht unerhebliche
Abmagerung und allgemeines Unwohlsein mit nervöser Unruhe veranlalst
Jucken ist, wie auch hier, oft vorhanden, und die Lymphdrüsen
können angeschwollen sein. Jedenfalls kann die Krankheit eine ganz
ernste sein durch ihre Langweiligkeit und die Hartnäckigkeit, womit sie
jeder Behandlung trotzen kann. Sie ist auch sehr launenhaft und kann,
wenn anscheinend beinahe geheilt, wieder mit neuen Ausbrüchen sich
äuisern.
Die Krankheit kann bei sehr verschiedenem Alter auftreten, nach
Bbocq (1. c.) sogar vom 4. Monate bis zum 54. Jahre. Männer sind
mehr disponiert wie Weiber. Meine beiden Fällen kamen bei Männern
in dem Alter von 38 und 55 Jahren vor.
Von meinem ersten, im Jahre 1884 beobachteten Falle werde ich,
weil ich nur aus der letzten Periode der Krankheit ausführliche Notizen
besitze, nur so viel mitteilen, dafs auch hier die Hände und Fülse zuerst
ergriffen und hauptsächlich noch die Vorderarme und die ganzen unteren
Extremitäten mit den Hüften befallen wurden. Der Fall dauerte
1^/2 Jahre und heilte unter lange fortgesetzter Anwendung von hohen
Dosen Arsenik und Leberthran. Kein Recidiv seitdem.
Meinen zweiten, durch die vielfach wechselnden Phasen des Krank-
heitsverlaufes sehr interessanten Fall werde ich also hier ausführlich mit-
teilen. Ich lasse die Beschreibung des Falles von einigen im Texte
eingedruckten Holzschnitten begleiten, damit die für diese Krankheit
eigentümliche Verhornung der Wurzelscheiden der Lanugo-
haare recht deutlich demonstriert und hervorgehoben werden kann.
Herr N. N., 55jähriger Kaufmann, stellte sich zum ersten mal am
11. Mai 1888 bei mir vor.
Er berichtet: Zu Anfang November 1887 machte er einen schweren
Anfall von Nierenkolik durch, wobei er sehr viel ausgestanden hatte.
Es wurde ihm nachher Vichy- Wasser verordnet, das er aus MiCsverständniÄ
in übermälsigen Dosen trank. — Ende November 1887 fing es an in den
beiden Handtellern zu jucken, und es bildeten sich hier rote Flecke,
die bald zu schuppen anfingen, während gleichzeitig der Prozefe sich
101
schnell über die ganzen Handflächen verbreitete. Kurz nachher wieder-
holte sich gaDz dasselbe mit den beiden Fnfssohlen. Anfang Januar
1888 zeigte sich eine flammige Röte anf der Stirn, welche von
•einer kleiigen Abschnppung gefolgt wurde, die sich auch auf die pars
oapillata verbreitete. Im Februar wurden ebenfalls einzelne Partien der
Dorsalfläche der Hände und der Pinger ergriffen, und im
Monat März hat die Krankheit sich in der unten beschriebenen Form
über die Vorderarme, die Unterschenkel und die Ober-
schenkel zu verbreiten angefangen.
Status praesens: Handflächen und Fulssohlen mit der Volarfläche
der Finger und der Zehen sind in ihrer Totalität mit sehr dicken, harten
Spidermismassen bedeckt. Den Gelenken entsprechend und auch sonst
liier und da finden sich quer verlaufende, tiefe Risse und Rhagaden, die
etwas schmerzhaft sein können, obschon sie nirgends nässend sind. Die
beinahe durchschimmernden dicken Epidermismassen bedecken ein etwas
typerämisches Korium, wodurch das Ganze eine gelbliche Färbung an-
nimmt. Unter den Fnfssohlen sind die Epidermisablagerungen so dick
tmd hart, dafs sie an Austerschalen erinnern. Von der Vola und Planta
erstreckt sich der Prozefs an den Rändern der Finger und Zehen hinauf,
wo er mit einer ziemlich scharf gezeichneten Linie aufhört. An den
änfs ersten Phalangen sämtlicher Finger und Zehen greift der ProzeUs
auch auf die Dorsalfläche hinüber und umfafst somit sämtliche Nägel,
die aber nicht merkbar affiziert sind (sie werden es jedoch später, wie
wir weiter unten sehen werden). An einzelnen Fingern ist auch die
2. Phalanx rings herum vom Prozesse ergriffen, während dagegen die
Dorsalfläche sämtlicher Finger- Artikulationen frei ist. Besonders
charakteristisch für die Krankheit ist das vorzugsweise Angegriffensein
der DorsalSäche der 1. Finger<Phalangen. Man sieht nämlich hier eine
begrenzte Plaque, der gewöhnlich eben hier stärker behaarten Partie
entsprechend, und man sieht weiter, wie jedes einzelne Haar von einem
in die Tiefe gehenden, harten, verhornten Epidermiskonus umfafst ist.
Zieht man mehrere dieser dicht aneinander sitzenden Hornkegel aus, so
bat man schliefslich eine ganz durchlöcherte Fläche vor sich. Es findet
sich jetzt hier kein freies Territorium normaler Haut zwischen den ein-
zelnen Haaren, sondern das Ganze bildet, wie gesagt, eine einzige, etwas
hyperämische und desquamierende Plaque von der genannten Begrenzung.
Eine ganz ähnliche, aber etwas gröfsere, zusammenhängende Plaque findet
sich auch auf der gewöhnlich stärker behaarten Partie des Handrückens
gegen den Ulnarrand desselben. Sonst auf dem Handrücken tritt die
Affektion als zerstreute Epidermiskegel um die einzelnen Haare auf.
Nur über den Metakarpo-Phalangealgelenken ist wieder eine Tendenz
zur Bildung von desquamierenden Plaques. Aber untersucht man hier
102
die einzelnen konfluierenden Elementei so findet man nicbt konische, ein
Haar einschliefsende Epidermiszapfen, sondern ohen flache, unten halb-
kugelförmige, etwa stecknadelkopfgrofee Epidermisperlen. Werden diese
„Perlen" herausgehoben und untersucht, so findet man, dafs sie von
mehreren, bis zu 6 — 7 distinkten, festen, horizontal gelagerten Hom-
lamellen gebildet sind. Eine solche Perle enthält somit kein Haar, und
es ist mir auch nicht gelungen nachzuweisen, dafs sie etwa einer Drüsen-
mündung entspreche. Einzelne solche „Perlen" findet man auch sonst hier
und da auf den Dorsalflächen der Phalangen und auf dem Handrücken.
Die Vorderarme bieten jedoch vielleicht auch in diesem Falle das
am meisten charakteristische Bild dar. Auf der Dorsalfläche derselben
sieht man um jedes einzelne der dicht sitzenden Haare einen zirkum-
pilären Konus, der hier nicht nur in die Tiefe mit dem Haare dringt,
sondern auch, den Haarschaft umfassend, als eine feste, harte Epidermis-
bildung über das Niveau der Haut emporragt. Mittlerweile, wie dicht
auch die Haare stehen, findet sich doch überall zwischen denselben
normale Haut vor, so dafs das Ganze das allerdings sehr markierte Bild der
Gänsehaut annimmt. Fährt man mit der Hand namentlich über den
untersten Teil der Dorsalfläche der Unterarme, wo der Prozeis am meisten
markiert ist, hat man vollständig das Gefühl eines scharfen Reibeisens.
In diesem Falle, der überhaupt ein sehr stark entwickelter ist, findet
man auch auf der untersten Hälfte der Volarfläche der Vorderarme
denselben Prozefs vor, doch mit Ausnahme einer ovalen Partie gleich
oberhalb des Handgelenkes, die frei ist, dieselbe Partie nämlich, die bei
dem Liehen ruber planus eben eine Prädilektionsstelle bildet. Hier anf
der Volarfläche sind mittlerweile die Haare feiner und übereinstimmend
damit auch die zirkumpilären Kegel kleiner und nicht so stark über das
Hantniveau emporragend. Anderseits ist hier eine leichte Hyperämie
um die Follikel herum vorhanden, so dafs man hier eine sehr schöne
hellrote Gänsehaut hat, während die Dorsalflächen durchgehend von ganz
blasser Farbe sind.
Auf den Oberarmen tritt allerdings, da der krankhafte Verhornungs-
prozeis in den Haarfollikeln hier nicht so wirksam ist, das oben be-
schriebene Bild ganz zurück; aber auf der ganzen Innenseite der Ober-
arme zeigen weifsliche, mehr lockere Epidermismassen, die röhrenförmig
zahlreiche Haare umfassen, dafs auch hier die Haarfollikel der Sitz eines
krankhaften, hjrperplastischen Prozesses sind.
Auf den Ellenbogen, oder richtiger etwas unterhalb derselben, über
dem obersten Teile der ülna, sieht man eine grö&ere Fläche, die von
einer dicken, weifsen Epidermismasse von eigentümlichem silbernen Glanz
gedeckt ist, also ein Bild, das demjenigen sehr ähnlich ist, das so on;
eben auf dieser Lokalität durch Psoriasis hervorgebracht wird.
103
Auf den uBteren Extremitäten zeigt die Krankheit ein andres,
aber ebenfalls sehr charakteristisches Bild. Sie tritt nämlich hier mit
kleineren und gröfseren blafsroten, desquamierenden Flecken und
Flächen von ganz eigentümlichem Aussehen auf. Auf den
Unterschenkeln bedecken diese roten Flächen sowohl die äufsere, wie
die innere Seite derselben beioahe vollständig, nur eine Hautpartie ganz
vome, der crista tibiae entlang, ist ganz frei. Auf den Oberschenkeln
kommt die Kraukheit hauptsächlich nur auf der innern Seite derselben
vor, und hier kann man besonders schön verfolgen, wie die kleinen
Flecke durch Konfluenz von kaum stecknadelkopfgrofsen, hellroten zirkum-
pilären Herden oder Fleckchen gebildet werden, welche nicht sichtbar
sich über das Niveau der Haut emporheben. Durch Zusammenfliefsen
der Flecke werden dann wieder die grofsen Flächen gebildet, die,
wie schon gesagt, ein höchst eigentümliches Bild darbieten. Sie
sind hier vorderhand von hell rotgelber oder von einer blassen Cha-
moisfarbe mit einem eigentümlichen silbernen Glanz. Sie sind ferner
ganz weich und glatt, beinahe seidenglatt anzufühlen. Es ist offenbar
auch keine Infiltration von Bedeutung im Korium vorhanden. Kratzt
man eine solche Fläche, so wird sie zuerst weifs durch den Lichtreflex
von den aufgekratzten, oberflächlichen, kleinen, kleienförmigen Schuppen;
fährt man aber fort und kratzt nun noch stärker, so folgt bald eine zwar
sehr dünne und weiche, aber zusammenhängende grofse Schuppe
mit, die sich vor dem Nagel in Falten legt. Wenn diese ziem-
lich dünne Homschicht, die sich überraschend leicht von der
Unterlage entfernen läfst, weggenommen ist, so erweist die letztere
sich als eine nicht besonders stark hyperämische, graurötliche
Fläche, die wie halbfeucht oder etwas klebrig anzufühlen ist,
aber doch weder blutet noch näfst. Jedesmal, wenn der Patient
sich kratzt, nimmt er in dieser Weise die Homschicht mit. Wenn man
das hier Beschriebene mit dem vergleicht, was man beobachtet, wenn
man einen Psoriasisfleck mit einem Tuche reibt, wodurch die Spitzen der
Papillen entblöfst und verletzt werden, so erkennt man, dafs hier ein
sehr grofser Unterschied besteht.
Die Haut des ganzen Rumpfes war bisher vollständig gesund. Am
Halse sieht man einen breiten, roten, desquamierenden Rand quer über
den Nacken, etwas unterhalb dem Haarrande, zu verlaufen.
Auf der Pars capillata capitis, die wegen des Alters des
Patienten in der Scheitelregion nur sparsam mit Haai'en besetzt ist, findet
ein reichliches, kleienartiges Abschuppen statt, das dem gewöhnlichen
Bilde von Pityriasis capitis sehr ähnlich ist. Die fetten Epidermismassen,
die mit dem Nagel vom Haarboden entfernt werden können, sind
doch beinahe etwas fett und klebrig, und viele Haare sind teilweise
104
wie von einer Scheide von diesen klebrigen, fetten Epidernnijgnji«en
umgeben.
Der Patient befindet sieb, seitdem er diese Krankheit bekam, nicht
ganz wohl. Er ist nervös, unruhig nnd findet sich nirgends
recht zufrieden. Die Krankheit ist auch von nicht geringem Jucken
begleitet, und die Rhagaden an den Händen und Füisen sind ihm lästig.
Als Behandlung wurde Arsenik in steigenden Dosen verordnet.
Gegen das Jncken bekam er ein Waschwasser aus fCarbol, Borax,
Glycerin und Wasser bestehend. Als emolliiemde Umschlfige während
der Nacht um die Hände und Ftilse wurde ein Unguent. vaselini plumb.
verschrieben.
I. Juni: Die Krankheit hat in den verflossenen drei Wochen ziem-
lich rasche Fortschritte gemacht, namentlich auf den untern Extremi-
täten, wo jetzt nur anf dem Fulsrücken, auf einer Partie den cristae
tibiae entlang und auf der äuiseren Fläche der Oberschenkel gesonde
Haut zu sehen ist. Sonst ist die Haut der ganzen Extremität, einzebe
kleine Inseln ausgenommen, von den Inguina und Nates bis zu. den
Zehen herab, in ihrer Totalität rot und schuppend. Die Röte ist jetzt
auch, namentlich auf den Oberschenkeln, intensiver, nicht bla/srot wie
früher, und auch die Abschuppung ist hier reichlicher geworden, so da&
die Schuppen hier und da mehrere Schichten bilden, von welchen die
unterste noch immer die beschriebene, weiche, faltbare Beschaffenheit
behält. Über das ganze Abdomen hat sich ein markierter Zustand
von der beschriebenen „Gänsehaut" (Chair de poule) entwickelt, wobei
doch die hier nur schwach erhabenen und von einer leichten Röte um-
gebenen, zirkumpilären Kegel ziemlich zerstreut und weit auseinander
stehen. Der übrige Teil des Rumpfes ist sonst fortwährend ganz frei.
Auf den Armen zeigt die Krankheit eine Tendenz sich weiter nach
oben zu verbreiten; aber gleichzeitig ist der zirkumpiläre Prozels offenbar
weniger intens und markiert geworden, das heifst, die einzelnen zirkum-
pilären Kegel sind kleiner und weniger hervorragend als früher. Das
erwähnte Band quer über den Nacken ist breiter geworden, jetzt imge&hr
2—3 cm breit. Der Zustand der Handflächen, der Fufssohlen und der
Pars capillata ist ziemlich unverändert.
Die Lymphdrüsen in der Fovea ovalis auf beiden Seiten sind
jetzt stark angeschwollen.
II. Juli: Nachdem der Patient bis zu 16 milligr. Arsenik täglich
gestiegen war, zeigt die Krankheit insofern Tendenz zur Besserung, als
der vor sechs Wochen vorhandene, sehr ausgesprochene Zustand von
„Gänsehaut" auf dem Abdomen jetzt beinahe vollständig geschwundeu
ist. Die fettartige Abschnppung auf der Pars capillata ist viel geringer
geworden, allerdings unter Anwendung von Seifenwaschungen und einem
105
spiritnösen Waschwasser, so wie auch das breite Band über den Nacken
schmäler geworden ist. Auf den Waden ist die Röte der angegriflFenen
Flächen wieder blässer geworden. An den Volarflächen der Finger, zum
Teil auch in der Vola selbst, ist eine entschiedene Besserung zu spüren,
indem die abgelagerten hornigen Epidermismassen bedeutend reduziert
sind. Dagegen sind die Fingernägel jetzt deutlich affiziert; sie
sind sämtlich in ihrer Totalität verdickt und fein quer gestreift oder wie
gemnzelt. Unter dem vorderen freien Rande des Nagels findet man
weilsgelbe, harte Epidermismassen angehäuft, die sich schwierig entfernen
lassen. Es will auiserdem dem Patienten vorkommen, als wüchsen die
Nägel etwas schneller wie früher. Auf den Handrücken und
den Unterarmen hat die Krankheit gleichzeitig damit, dafs sie sich
weiter verbreitet, ihren äufsern Charakter etwas geändert. Wo
früher das oben beschriebene Bild des blassen „chair de poule" vorhanden
war, findet man jetzt rote Flächen, wo man nicht mehr die emporragenden,
harten, zirkumpilären Kegel, die das Gefühl eines Reibeisens gaben, wahr-
nehmen kann. Mikroskopisch allerdings zeigt ein mit den Wurzel-
scheiden ausgerissenes Haar noch fortwährend die erstere vollständig ver-
hornt, aber nicht mehr von derselben Mächtigkeit wie früher. — Auf
den Oberschenkeln ist jetzt auch die äulsere Seite beinahe vollständig
von den roten Flächen eingenommen, und auf der innem Seite der Ober-
schenkel ist die Krankheit intensiver wie je geworden, insofern als die
Hant hier jetzt heftig entzündet, stark rot, turgeszierend und reichlich
abschuppend ist; das Bild hat in der That dabei etwas von dem oben
beschriebenen, sehr charakteristischen und eigentümlichen Aussehen, das
die roten Flächen sonst darboten, verloren. Ein Verhältnis ist jedoch
ebensowohl hier wie sonst überall an den roten Flächen unverändert
dasselbe, nämlich die leichte Ablösbarkeit der Hornschicht und
die ebenso eigentümliche, halbfeuchte, wie klebrige Fläche,
die zutage kommt, wenn diese oberflächliche Schicht ent-
fernt ist. — An den Füfsen kann noch keine Besserung, wie an den
Handflächen, gespürt werden. — Die Ab schupp ung ist im ganzen so
reichlich, dafs der Boden um den Fat., wenn er sich auskleidet, ganz weifs
wird. — Sowohl die Inguinal- wie die Femoraldrüsen auf den
beiden Seiten sind jetzt sehr stark angeschwollen, aber unempfind-
lich. — Aus Vorsicht war Pat. bis zu 14 mg Arsenik per Tag herab-
gegangen, steigt jetzt aber wieder.
Schon am 31. Juli stellte er sich wieder vor, da er in den letzten
vorausgegangenen Tagen eine Verschlimmerung der Krankheit zu spüren
geglaubt hatte. Und in der That ^ war es augenscheinlich, dafs jetzt
ein universeller Ausbruch der Kränkelt bevorstehend war.
Nicht nur war die Haut an mehreren der früher affizierten Regionen,
106
namentlich auf den Oberschenkeln, noch stärker rot, turgeszierend und ent-
zündet wie früher, sondern auch an den meisten bisher verschonten Teilen des
Hautorgans zeigten sich beunruhigende S)rmptome. Namentlich auf dem
Rücken, auf der Brust, am Halse, welche Regionen bisher ganz intakt
gewesen, sah man jetzt eine ungleichmäfsig verteilte, fleckige
und streifige Gefäfsinjektion in der Tiefe der Cutis mit etwas
Turgor der letzteren verbunden, während die Epidermis noch ganz nonnal
zu sein schien. Der Patient blieb jetzt während der nächsten 14 Tage
unter meiner täglichen Beobachtung, und ich konnte somit die weitere
Entwickelung der Krankheit genau verfolgen und sehen, wie die Haut»
namentlich auf den genannten Partien des Rumpfes, von einem Tage zn
dem andern mehr rot, angeschwollen und warm anzufühlen wurde. Aber
es war mir dabei nicht möglich weder vom Anfange an noch unter der
stets zunehmenden Gefäfsinjektion zu entdecken, dals diese letztere, wie
es unter den früheren Entwickelungsphasen der Krankheit der Fall
gewesen war, besonders an die nächste Umgebung der Haarfollikel
geknüpft war. Schlielslich war die Haut über • den Rücken, die Brost
und den Hals in ihrer Totalität ganz feuerrot, geschwollen und helfe,
während die Haut des Abdomens nur eine fleckige, durch Injektion in
der Tiefe der Cutis zu stände gebrachte Röte zeigte. Gleichzeitig hatte
die Krankheit sich auch auf den bisher intakt gebliebenen Hautpartien
der Extremitäten in ganz ähnlicher Weise entwickelt, so dafs kein Unter-
schied mehr zwischen den zuletzt angegriffenen und den früher affizierten
Partien vorhanden war, sondern alles in eins zusammenlief. Die
Affektion war also j etzt ganz universell geworden, einzelne kleine
Stellen auf dem Unterleibe und im Gesicht allein ausgenommen, und da
jetzt auch die zuletzt angegriffenen Regionen etwas abzuschuppen ange-
fangen hatten, bot die Krankheit in der That das Bild einer univer-
sellen Pityriasis rubra dar.
Als diese heftige Eruption etwa 12 Tage angedauert hatte, konnte
man die ersten Andeutungen eines Nachlassens wahrnehmen. Die Haut
des Rückens, namentlich der Schulterblattregionen, fing an blässer za
werden, während allerdings gleichzeitig die Abschuppung reichlicher
wurde. Die Schuppen waren dünn und zart, bis erbsengrols, aber in der
Regel von dem einen Rande abgelöst und zusanmiengerollt oder nur in
der Mitte angeheftet. Im ganzen zeigte die Abschuppung auf denjenigen
Hautpartien, die durch diesen universellen, mit einer Gefifsinjektion
in der Tiefe der Cutis eingeleiteten Ausbruch angegriffen waren, gan^
denselben Charakter wie auf denjenigen, wo die Krankheit seiner Zeit
sich langsam durch Konfluenz der oben beschriebenen kleinen, zirknm-
pilären Fleckchen entwickelt hatte. Auch hier, auf dem Rücken nämlich,
liefs die dünne, leicht faltbare Hornschicht sich sehr leicht von der
107
Unterlage entfemeD, wobei man auf die oft erwähnte halbfeuchte oder
etwas klebrige Fläche herabkam, die doch, wie gesagt, nie nälste. Die
Schuppen auf den unteren Extremitäten waren jetzt zum Teil
sehr grofs (was nach Dr. Brocq nur ausnahmsweise der Fall sein soll),
aber immer dünn, durchschimmernd und von den Rändern abgelöst.
Nirgends konnte man jetzt mehr mit dem unbewaffneten Auge, ja auch
mit der Lupe nicht, eine Spur von dem zirkumpilären ProzeiSs wahr-
nehmen, der in den früheren Stadien der Krankheit dieser letztem ein
so charakteristisches Gepräge verliehen hatte. Mikroskopisch dagegen
konnte man an abgekratzten Schuppen sich davon überzeugen, dafs die
eigentümliche Tendenz zur Hypertrophie und Verhornung der Wurzel-
scheiden immer fortwährend vorhanden war, indem beinahe jede solche
abgekratzte Schuppe einen oder mehrere verhornte Kegel mit einem darin
eingeschlossenen Haare enthielt.
Bei allem diesen war der allgemeine Zustand des Patienten
verhältnismäfsig wenig angegriffen. Er fieberte nicht, der Appetit
war ganz gut, der Schlaf ebenfalls, wenn er nicht durch das Jucken
gestört wurde. Nichtsdestoweniger war nach und nach eine nicht uner-
hebliche Abmagerung eingetreten, und der Patient war etwas nervös
und zitternd und geneigt zum Frösteln geworden. Aufser dem Jucken
war auch insofern eine Sensibilitätsanomalie vorhanden, als er ein
bisher ungekanntes, behagliches Gefühl bei leiser Berührung seiner Haut
spürte. Andre Sensibilitätsanomalien konnten nicht nachgewiesen werden.
Was die Behandlung betrifft, so wurde immer mit Arsenikpillen,
18 mg täglich, fortgefahren, was sehr gut vertragen wurde, und vom
10. August an wurde auch Leberthran verordnet Von lokalen Mitteln
worden während des allgemeinen Ausbruches der Krankheit Umschläge
um die Extremitäten mit gleichen Teilen Bleiwasser und Liquor aluminis
aoetici versucht, welche vielleicht die Heftigkeit der entzündlichen
Erscheinungen etwas dämpften. Andre Mittel, wie Tinct. rusci und Ich-
thyolwasser (1 : 3) zum Einpinseln der Hände und Füfse mit nachfolgen-
der Einwickelung mit Salbenmull, zeigten keine deutliche Wirkung, obschon
der Salbenmull an und für sich die fortwährend sehr dicke, harte,
hornige Epidermismasse unter den Fufssohlen zu erweichen und zu redu-
zieren beitrug. Die Einwickelung der ganzen Extremitäten mit Salben-
mnll während der Nacht verschaffte auiserdem dem Patienten eine grofse
Linderung, indem die Steifigkeit und Straffheit der Haut, die ihn durch
längere Zeit bei jeder Bewegung geplagt hatte, unter der Anwendung
dieses Mittels viel weniger fühlbar war. Gleichzeitig nahm er während
dieser Eruptionsperiode und in der nächsten Zeit nachher meistens jeden
zweiten Tag ein warmes Bad mit wenig Borax oder Soda zugesetzt,
ohne dals ich sagen darf, ob überhaupt diese Bäder günstig wirkten.
108
Dagegen schien die ÜNNAsche Zinklei mbehandlung, womit am
14. August angefangen wurde, einen sehr entschiedenen günstigen Einfluls
zu üben. Die bisher überaus starke Absohuppung wurde augenblicklich
weit weniger ausgiebig, und auch Turgor und Röte der Haut nahmen
bei dieser Behandlung sichtlich ab.
Am 13. September habe ich notiert: Die Krankheit hat sich in den
letzten 16 Tagen schnell gebessert. Der Rücken, die Brust, die Ober-
arme und zum Teil der Hals — also eben diejenigen Partien, welche
erst bei der heftigen Eruption vor 6 Wochen angegriffen wurden — sind
ganz blals geworden und zeigen beinahe keine Spur mehr von Ab-
schuppung. Die Haut des Abdomens ist allerdings noch meistens
affiziert, aber die Farbe ist blafsrot und die Abschuppung gering. Auch
auf den Vorderarmen und Händen wie auf den untern Extremitäten ist
die Röte und Abschuppung jetzt weit weniger intensiv, so dafs die Hant
namentlich auf den unteren Extremitäten wieder das im Mai beobachtete
und unter status praesens beschriebene, so sehr charakteristische, hell rot-
gelbe, matt silberglänzende Aussehen angenommen hat. Zu gleicher Zeit
ist auch der Turgor der Haut geschwunden, und die Hautfläche ist
wieder weich, fein und glatt anzufühlen Es gibt jetzt keine greisen
Schuppen mehr, aber es ist doch noch eine so ausgiebige kleienartige Ab-
schuppung vorhanden, dafs der Boden um den Pat. €ioch ganz weifs wird,
wenn er seine Strümpfe auszieht. Was heute noch als eine wahr-
scheinliche Einleitung zu einer wirklichen Heilung speziell
notiert zu werden verdient, ist, dafs sowohl auf den Ober- wie Unter-
schenkeln eine ganze Menge zerstreute, etwa 1 cm in Diameter messende
Inseln von gesunder Haut zu sehen sind, welche ganz blafs sind
und in der umgebenden, kranken, noch etwas turgeszierenden Haut
wie eingesunken liegen. — Die noch im ganzen stark verdickten Nägel,
namentlich die Fingernägal, scheinen wieder etwas dünner an ihrer
Basis zu werden. Die Haare auf dem Handrücken sind oflFenbar etwas
länger und dicker wie früher und aufserdem sehr stark pigmentiert, bei-
nahe schwarz. Einzelne Haare sind mehr wie 2 cm lang. — Die An-
schwellung der Femoralglandulae ist beinahe vollständig geschwunden und
auch diejenige der Inguinaldrüsen hat bedeutend abgenommen. Allgemein-
befinden und Humor des Pat. sind auch viel besser geworden. — An
denjenigen Hautpartien, wo der Prozefs schon als wesentlich abgelaufen
betrachtet werden mufs, ist nicht das geringste Zeichen einer
nachfolgenden Atrophie der Haut zu beobachten.
22. September: Die Besserung schreitet fortwährend, obschon langsamer,
vorwärts. Die erwähnten Inseln von gesunder Haut auf den unteren
Extremitäten sind etwas gröfser geworden. Der Rücken, die Brust und
der Unterleib zeigen jetzt ganz normale Haut. Die Haut der unteren
109
Extremitäten und der Vorderarme mit den Händen dagegen ist zwar
blässer geworden, zeigt aber noch immer die für die Krankheit charakte-
ristischen Veränderungen. Fährt mit 18 mgr. Arsenik täglich und Leber-
thran fort; äuCserlich Zinkleim, der jeden 4. Tag erneuert wird.
26. November : Im ganzen hat sich die Krankheit auch in den letzten
2 Monaten fortwährend etwas gebessert. Namentlich sind die Inseln von
normaler Haut auf den unteren Extremitäten viel gröüser geworden und kon-
fluieren zum Teil auf dem Oberschenkel zu blassen, eingesunkenen, land-
kartenähnlichen Figuren in der grölstenteils noch kranken Haut. Auch diese
letztere zeigt doch oiSenbar hier eine Tendenz zur Besserung, insofern als man
an ihr nicht so leicht mehr die Hornschicht wegkratzen kann, und wenn
es am Ende doch gelingt, ist die Unterlage etwas mehr trocken, nicht
so klebrig wie früher. Dies gilt namentlich für die Oberschenkel, und
doch ist eben hier, namentlich auf den äuüsern Seiten derselben, der
zirkumpiläre Proze& jetzt mehr hervortretend als je früher auf dieser
Lokalität, so dafs man hier jetzt vollständig das Gefühl eines Reibeisens
bat. Nicht so auf den Unterschenkeln, wo die gelbroten Flächen
ganz glatt sind. Auch hier sieht man grofse Pai*tien von ganz gesunder
Haut namentlich der crista tibia entlang. Die Fufs sohlen zeigen verhältnis-
mälsig wenig Besserung und sind fortwährend mit dicken, harten Hom-
massen bedeckt. Die Nägel der beiden grolsen Zehen sind sogar stärker
affiziert wie früher. Namentlich sieht man unter dem vorderen freien
Rand derselben in grofser Menge harte, weifsgelbe Epidermismassen
angesammelt, und teilweise wenigstens dadurch veranlafst sind die Nägel
so stark mit dem vorderen Rande nach oben gerichtet, dafs der letztere
beim Gehen in schmerzhafter Weise von den Stiefeln gedrückt wird. —
Auch auf dem Handrücken und der Dorsalfläche der Vorder-
arme ist der zirkumpiläre Verhomungsprozefs wieder mehr intens
geworden, zu gleicher Zeit da die Haut im ganzen blasser geworden und
die Krankheit überhaupt auf den Vorderarmen mehr beschränkt geworden
ist. Auch die unter dem „Status praesens" beschriebenen „lamellierten
Homperlen" zeigen sich jetzt wieder auf ganz denselben Lokalitäten wie
damals. — Auf dem Nacken hat man auch jetzt eine scharfe, aber
ziemlich blasse „Gänsehaut". Ganz gesund sind: das Gesicht, die
Vorderseite des Halses, die Oberarme, die Brust, der Rücken,
der Unterleib; auf dem letzteren sieht man jedoch ein paar etwa
bohnengroise, sehr scharf begrenzte, rote, abschilfernde Flecke,
die Psoriasisflecken nicht ganz unähnlich sind. Die Schuppen sind
jedoch feiner wie bei der letztgenannten Krankheit und, was oflPenbar in
der Natur der Krankheit begründet ist, die Konturen der Flecke sind
nicht regelmäfsig rund, wie bei Psoriasis, sondern sehr unregelmäfsig,
buchtig und eingeschnitten. Nimmt man überdies das oft erwähnte
110
Kratzexperiment zu Hilfe, so wird man nie in Zweifel bleiben können. —
Noch zu erwähnen ist die äufserst scharfe Grenze der kranken
gegen die gesunde Haut über den Glutäalregionen. Die Grenzlinie
ist so scharf wie mit Feder und Tinte aufgezogen, aber auch hier un-
regelmäfsig, buchtig und eingekerbt. — Die Abschuppung ist jetzt weit
geringer wie früher und überall nur mäfsig.
Patient hat die ganze Zeit Arsenik in der genannten Dose nnd
Leberthran genommen. Mit dem Zinkleim hat er dagegen schon vor
mehreren Wochen aufgehört und hat überhaupt keine äufserlichen Mittel
mehr angewendet.
Obschon dieser Fall also noch nicht geheilt ist, und, infolge des oft sehr
launenhaften Verlaufes dieser Krankheit, der endliche Ausgang des Falles
noch nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden kann, sind doch gewifs in
diesem Kasus, schon wie er jetzt ist, die Hauptphasen der Krankheit selir
deutlich und ausgeprägt zum Vorscheine gekommen. Man hat gesebeo,
wie der Fall am Anfange typisch nach dem DEVERGiEschen Schema Ter-
laufen ist, wie die Krankheit in den Handflächen und Fufssohlen ange-
fangen hat, dann auf der Stirn und der pars capillata aufgetreten ist,
demnächst gleichzeitig das typische Bild des blassen „chair de ponle'^
auf den Handrücken und Vorderarmen und die charakteristischen roten
Flächen auf den untern Extremitäten darbot, weiter einen aknten^
universellen Ausbruch veranlalste und endlich das während dieser Ernption
zurückgetretene Bild der „Gänsehaut" wieder hervorgebracht hat.
Die KIrankheit kann, wie man gesehen hat, entweder regionftr
in bezug auf ihre Verbreitung auftreten, was jedenfalls das häufigste ist,
wobei auch zu bemerken ist, dafs sehr oft die betreffende Lokalität ihr
besonderes, eben für diese selbe Region charakteristisches Bild aufzuweisen
hat, — oder sie kann, aber seltener, eine universelle Verbreitung an-
nehmen und dann eine nicht geringe äufserliche Ähnlichkeit mit einer
wirklichen Pityriasis rubra im engeren Sinne darbieten.
Mit Rücksicht auf den universellen Ausbruch ist dieser Fall besonden
interessant. Denn zwar erwähnen schon französische Verfasser, wie z. B.
Dr. L. Brocq (1. c), dals die Krankheit ziemlich plötzlich („brusquement")
sich entwickeln und von Zeit zu Zeit mit akuten Eruptionen von etwas
Hitze, lebhafter Rötung der Haut und vielleicht Fieber begleitet sich
äuDsern kann; aber es wird nicht speziell hervorgehoben, dafs der Ent-
wickelungsmodus der Krankheit unter diesen Umständen ein
ganz anderer, vom gewöhnlichen ganz verschiedener sein kann.
Auch Unna*^ hat dieses Verhältnis offenbar nicht gekannt, indem er sich
*^ Monatsh. f. prakt. Dermatol 1888. No. 12. pag. 569—70.
111
in seinen Pariser Briefen folgendermalsen äulsert: .Jndem die Krankheit
sich über den ganzen Körper ausbreitet, werden zuerst immer in iso-
lierter Weise die Haarfollikel befallen/' Aus der obigen Krankenge-
schichte geht mittlerweile hervor, dafs bei dem universellen Ausbruche der
Krankheit die Hautaffektion sich an den bisher ganz verschont gebliebenen
Hautpartien in ganz anderer Weise entwickelt hat, indem das erste Symptom
eine weit verbreitete, in der Tiefe der Cutis anfangende, ungleichmälsig
verteilte und gar nicht besonders an die Umgebung der Haarfollikel geknüpfte
ße&Gsinjektion war, die nach und nach sich der Oberfläche näherte und
ganz gleichmäfsig wurde. Und erst sekundär haben dann ganz dieselben
typischen Veränderungen der Epidermis, welche sonst aufzutreten pflegen,
sich hinzugesellt. Ich halte es für wichtig, dafs dieses Verhältnis
betont wird, weil es doch denkbar wäre, dais die Krankheit in dieser
Weise eingeleitet, aber dann auch verkannt werden könnte, wenn dieser
Entwickelungsmodus nicht bekannt wäre.^^ Übrigens hat möglicherweise
in diesem Falle auch die am Anfange der Krankheit aufgetretene flam-
mige ßöte auf der Stirn sich in ähnlicher Weise entwickelt.
Dafs nicht nur die Menge, sondern auch der Charakter der Des-
quamation bei dieser Krankheit, und zwar auch in einem und demselben
Falle, bedeutend variieren kann, hat man hier gesehen. In der Regel ist
die Abschuppung eine kleienartige; aber sie kann, wie in diesem Falle,
und wie schon längst von französischen Verfassern beschrieben worden ist,
zeitweilig auch einen mehr lamellösen Charakter annehmen.
Die Affektion der Nägel ist bei dieser Krankheit eine häufige und
auch ziemlich charakteristische, wie besonders Unna in seinen Pariser
Briefen hervorhebt, und dafs sowohl die Nägel wie die Haare mit-
unter infolge dieser Krankheit aufsergewöhnlich schnell wachsen,
ist von französischen Verfassern schon öfter erwähnt worden.
Die sehr starke Anschwellung der Femoral- und Inguinal-
drüsen, während andre Drüsen, wie die Kubital- und Cervikaldrüsen,
ganz normal blieben, war recht auffallend, und vielleicht nicht weniger
frappant war die schnelle Abschwellung der affizierten Drüsen, als die
Krankheit rückgängig wurde.
Was die mikroskopisch-anatomischen Verhältnisse dieser
Krankheit anbetrifft, sagt Dr. Brogq in seinem erwähnten Au&atze vom
Jahre 1884, dafs dieselbe noch gar nicht beschrieben worden sind, daCs
ftber diese Lücke bald ausgefüllt werden würde durch eine Arbeit von
" In der That hat auch der eine Fall von Hutchinsok, 1. c. pag. 249—51, der
Bach Dr. Brocq wahrscheinlich ein Fall von Pityriasis pilaris gewesen sein soll, sich
vom Anfange an in dieser Weise entwickelt, und ist in kurzer Zeit zu universeller
Verbreitung gelangt.
112
ViDAL und Lelo:b. Leider iat diese Arbeit, soweit mir bekannt, noch
nicht erscbieneB.
Es ist selbstverstäDdlicli, dafs ein vollständiger Einblick in die pi
tbologiscbe Anatomie der Krankheit nnr durch Untersuchungen an eizi-
dicrter Haut gewonnen werden kann, wozu ich keine Gelegenheit
gehabt habe. Aber auch die mikroskopische Untersuchung der Schuppen,
der Haare und der zirkumpiläreo Homkegel ist nicht ohne Inter«»
gewesen, da diese Untersuchung namentlich das Dasein einer dnrel-
gehends vorhandenen, charakteristischen Veränderung der
Wurzelscheiden der Lanugohaare gezeigt hat. Besonders konnte an
den in einer gewissen Periode der Krankheit auf der DorsalöSche ia
Finger, Hände und Vorderarme so stark hervorti-etenden, zirkumpilaieo
harten Kegeln beobachtet werden, wie die gewaltig entwickelten Wurzel-
scheiden in mächtige, feste, harte und solide Homkegel, mit der Spitze
nach unten gegen die Haarwurzel und der Basis nach oben gewendet,
umgebildet sind. Ein solcher Homkegel, der also das Haar in seinei
Mitte einschliefst, ist, wie die beifolgenden Holzschnitte zeigen, aus koo-
zentrischen dicken, soliden Homlamellen zusammengesetzt (Fig. 1. % ^
und 5). — Wie viel die innere und wie viel die äufsere Wurzelscheide
zur Bildung dieser soliden Homkegel beitragen, ist wohl schwierig anfeer
au exzidierter Haut zu ermitteln. An einigen der ausgezogenen Kegel
bekommt man beim untersuchen den bestimmten Eindruck, dafe vorzugs-
weise die innere Wurzelscheide die Hauptrolle spielt, während man aus
andern Präparaten wieder den Schlafs ziehen mufs, dafs auch die äufeer«
113
Wnrzelscheide beigetragen hat, um wenigstens die ftolsersten Schichten
der Hornkegel za bilden.
Ich dachte mir die Möglichkeit, dals der Prozefs wenigstens andeu-
tnngaweise auch an den grölseren Haaren auf der pars capiUata vorkommen
könne, und dafs man mOgticherweiBe durch Untersuchung solcher Haare
sieb weitere Einsicht verschaffen könnte. Aber dies traf nicht zu. So-
wohl an Länga- wie Querschnitten von solchen Kopfhaaren, die zu diesem
Zwecke in Celloidin eingebettet und mit Mikrotom geschnitten wurden,
zeigten die innere und ftn&ere Wurzelscheide alle beide wesentlich normale
Fiq.M.
Verhältnisse. Höchstens fand man an der änfseren Wurzelscheide oben
bei der Follikelmündung eine etwas aufsergewöhnliche Verbomiing vor,
und, möglicherweise hierdurch veranlaTst, war vielleicht an der innem
Wurzetscbeide die auch normal nach oben vorhandene Kräuselung der-
selben etwas mehr pronouciert wie gewöhnlich. An den kleinen La-
nngohaaren auf der pars capitlata dagegen gelang es dieselben
Veränderungen nachzuweisen, wie sie an den Lanugohaaren auch
sonst an dem Körper, wo die Krankheit auftrat, vorkamen.
Än&Uend btLullg kam es vor, dafs, wenn man einen Homkouns
UoDkUbefla. 8
114 ,
auszog, es sieb bei näherer Untersuchung zeigte, dafe man nicht ekn
eiofachen, sondern einen Doppel- oder Zwillingskonus {^12.41
herausbefördei't hatte, ja während einer gewissen i Periode der Krankbeii
war dies das bei weitem häufigst«. Diese Zwillins-
kegel konnten dann entweder gleich grofs S€iii.
oder, was häufiger vorkam, der eine Kegel irnt
kleiner wie der andre und oft so klein, dafs et
nur einen kaum bemerkbaren Appendix für den
gröfseren bildete. Es kam dann auch mituiter
vor, dafs dieser Appendix — wie in Fig. Hl
wo der Appendix durch B in gröfserem MafsstaW
dargestellt ist — nur einen ganz homogenen,
• kleinen Hornkegel bildete, ohne dafe eine
Differenzierung in ein Haar und in WarzelscheideD
stattgefunden hatte.
Wie schon gesagt, kommt die beschiieWne
Veränderung der Wurzelscheideu überall vor, wo
überhaupt die Krankheit auftritt und Lanugo-
haare vorhanden sind, und somit auch an den beschriebenen roten Piäclien,
wie seidenglatt sie auch mitunter anzufühlen sein können. Kratzt dud
Ftfxr
von einer solchen Fläche, was, wie wir hörten, besonders leicht sicn
machen läfst, die Hornschicht weg und untersucht man jetzt die Schuppe
unter dem Mikroskop, so wiid man beinahe immer finden, dals ein oiei
115
mehrere Lanugohaare mitgefolgt sind, deren Wurzelscheiden die be-
schriebene Verhomung immer sehr deutlich zeigen. Die Fig. 5 stellt
eine solche von einer ganz glatten, roten Fläche abgekratzte Schuppe dar,
nnd dennoch sieht man, dais die Wurzelscheiden des mitgefolgten, äufserst
kleinen Lanugobaares einen verhältnismäDsig mäcbtigen, von dicken, harten,
soliden Homlamellen zusammengesetzten Konus bilden.
Aber nicht nur wirkliebe Haare mit ihren verbornten Wurzel-
scheiden kann man von der untern Fläche einer solchen Schuppe aus-
gehen seben, man findet auch ganz einfach verhornte, konisch
zugespitzte Zapfen ohne irgend eine Differenzierung der dieselbe kon-
stituierenden Zellen, ganz wie der bomogene Homzapfen in Fig. III, B
gezeichnet ist, und zwar kommen aucb diese Zapfen paarweise
vor, ein Beweis dafür, dafs sie in der That als mifslungene, zu
früh verhornte Haaranlagen aufzufassen sind.
Die Details der bei dieser Elrankbeit durchgebends vorhandenen
abnormen Yerbornungsverbältnisse der Hautepithelien können
natürlich nur an Schnittpräparaten studiert werden.
Es darf wohl als wahrscheinlich angesehen werden, dafs es hier um
trophische Störungen, im Sinne Samuels, sich handelt. Auch das abnorm
schnelle Wachstum der Nägel und mitunter der Haare scheint dafür zu
sprechen. Anderseits haben wir auch gesehen, dafs heftige vasomotorische
Störungen zum Wesen dieser Krankheit gehören können.
Nach dem, was oben beschrieben ist und die beifolgenden Zeich-
nungen zeigen, wird es wohl ganz tiberflüssig sein, einen weiteren Beweis
dafür zu führen, dafs der bei dieser Krankheit auftretende zirkumpiläre
Homkegel etwas ganz anderes ist, als das, was man bei einem gewöhn-
lichen Lieben pilaris vorfindet. Man braucht nur eine einzige der bei
dem letztgenannten Zustande auftretenden Bildungen unter das Mikroskop
zu bringen, um sich hiervon zu überzeugen. Die Einwendungen, die einige
Kollegen DEVEnaiEs (Cazenave und Bazin^^) ihm in dieser Richtung
machten, waren somit vollständig unbegründet. Wenn auch in einigen,
in der allerletzten Zeit erschienenen Lehrbüchern Liehen pilaris und
Pityriasis pilaris als Synonyme aufgestellt sind, so ist dies ganz sicher
ans XJnbekanntschaft mit der letztgenannten Krankheit geschehen.
Was die Diagnose der hier in Rede stehenden Krankheit betrifft,
wird kein Fall, der das beschriebene typische Bild auf den genannten
Prädilektionsstellen, den Dorsalflächen der Finger, Hände und Vorder-
arme zeigt, Schwierigkeiten veranlassen. Aber für diejenigen Fälle,
die die wähnten erroten Flächen darbieten, will ich noch einmal die
" Legons thioriques et cliniques aur les mdladies de la peau. Paris 1862.
pag. 362.
116
wiederholt erwähnte, auch von den französischen Verfassern betonte
eigentümlich leichte Ahlösbarkeit der Hornschicht sowohl wie
die nach der Entfernung der letzteren zutage kommende,
halbfeuchte, wie etwas klebrige Fläche hervorheben. Übrigens
wird jeder, der das Mikroskop anwendet, sofort sich zurecht finden.
Dafs man mit der Stellung der Prognose für diese Ejrankheit sehr
vorsichtig sein mufs, ist schon oben erwähnt.
In bezug auf die Behandlung möchte ich den Bat geben, doch
immer den Arsenik zu versuchen, obschon französische Verfasser ge-
funden haben sollen, dafs diese Arzenei hier wenig oder nichts nützt
Mein erster Fall heilte doch, und mein zweiter Fall ist in guter Bessemng
unter der Anwendung dieses Mittels. Bei beiden Patienten wurde aller-
dings gleichzeitig Leberthran gegeben. Aber dasselbe gilt hier wie
bei der Behandlung des Liehen ruber, dafs der Arsenik nicht nur lange,
sondern auch in starken Dosen gegeben werden muis. Von äufserlichen
Mitteln habe ich bei diesem letzten Falle nichts finden können, was der
Zinkleimbehandlung Unnas gleich kommen könnte. Die Pyrogallns-
säure, womit Besnier gute Resultate gehabt haben soll, habe ich nicht
versucht.
Ans Dr. Unnas dermatologischem Laboratoriam in Hamburg.
Das Syringo- Cystadenom.
Von
Dr. Ludwig Török, ^
Assistenzarzt.
Herr N., 33 Jahre alt, suchte wegen eines Ekzema seborrhoicum die
Klinik des Herrn Dr. Unna auf. Aufser der genannten Affektion fiel
uns bei der Inspektion noch eine andre auf, welche schon früher von
andern Spezialisten als Xanthoma diagnostiziert wurde. Die letztere
Krankheit bestand schon seit langen Jahren, jedenfalls schon vor dem
15. oder 16. Jahre des Patienten, denn derselbe wurdö zu dieser Zeit
beim Baden von andern auf dieselbe aufmerksam gemacht. Nach der
Angabe des Patienten begann die Affektion auf der vorderen Brustwand
in der Nähe der Achselhöhlen, von wo sie sich langsam nach dem scrobi-
culum cordis hin verbreitete. Sie manifestierte sich durch das Auftreten
117
Ton im Durchmesser etwa 1 mm gro&en, erhabenen, ki*eisrunden, derben
£nötchen, welche sich durch ihre Farbe nicht von ihrer Nachbarschaft
unterschieden. Die Knötchen vermehrten sich allmählich und sind gegen-
wärtig auf der vorderen Brust- und Bauchwand — aufwärts bis in die
Nähe der Clavicula, abwärts bis zur Nabelhöhe — zerstreut. Die
Achselhöhle wurde von ihnen freigelassen. Dabei hatten sie an Gröise
zugenommen, und auch ihre Farbe veränderte sich, indem die greiseren
Knötchen eine blaurote Farbe annahmen. Die gröfsten Knötchen von-
etwa 4 — 5 mm im Durchmesser befinden sich in der Nähe der Achsel-
höhle. Die Knötchen verursachten weder bei ihrer Entwickelung, noch
während ihres Bestehens subjektive Beschwerden.
Herr Dr. Unna stellte in anbetracht der Ähnlichkeit dieses Falles
mit einem von Jaquet und Dabieb beschriebenen und in den Annales
de Bermat. et de Syph, Bd. VIU. abgebildeten Falle die Wahrscheinlich-
keitsdiagnose auf ein Schweifsdrüsenadenom. Jedenfalls glaubte er, ein
Xanthom absolut ausschlieisen zu können. Die histologische Untersuchung
ergab die volle Berechtigung dieser Diagnose; es handelte sich wirklich
um eine Geschwulstform, welche derjenigen der soeben citierten französi-
schen Autoren vollkommen analog war.
Dem Kranken wurden während seines Aufenthaltes in der Klinik zwei
Knötchen exstirpiert, welche in absolutem Alkohol aufbewahrt wurden.
Weitere 5 Knötchen — jüngere und ältere — verdanken wir der
Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. Pennee, dem ich hier unsern besten
Dank abstatte. Die letzteren wurden zum Teil in FLEMMiNGScher
Lösung, zum Teil in Chromessigsäure chemisch fixiert und in Alkohol
nachgehärtet. Die mikroskopische Untersuchung lieferte folgendes zutage:
In dem teilweise mit erweiterten Gefäfsen versehenen, verbreiterten
Stratum retioulare des Koriums fallen auf den ersten Blick kleinere und
grölsere, in Gruppen oder zerstreut liegende Höhlen und gerade oder ge-
\^iinden verlaufende, schmälere und breitere Epithelzüge auf. Diese Ge-
bilde liegen zumeist in dem mittleren Abschnitte des Stratum reticulare,
nur wenige verirren sich bis in die Nähe des Oberflächenepithels, während
man in den tie&ten Schichten des Koriums überhaupt keine dieser Forma-
tionen findet. Die Höhlen besitzen auf dem Schnitte zumeist eine kreis-
runde Gestalt, doch gibt es auch nicht wenige von bimförmiger, oder
ovalem Durchschnitte; sie haben im Mittel die Gröfse eines Nieren-
glomerulus, doch gibt es auch viel kleinere und beträchtlich gröfsere.
Eine Anzahl setzt sich in kürzere oder längere Epithelzüge fort, welch
letztere manchmal auch zwei benachbarte Cysten miteinander verbinden.
Höhlen welche sich an zwei verschiedenen Punkten ihrer Peripherie in
Epithelzüge fortsetzen, habe ich nicht gesöhen. Ebenso wenig konnte ich
sich in „Hirschgeweihform" verästelnde Epithelzüge, wie sie Dabier be-
118
schreibt, auffinden. Die Epithelzüge, welche oft einen zur Oberfläche
parallelen Verlauf haben, verästelten sich in dem von mir untersuchten
Falle überhaupt nicht; sie haben zum geringeren Teile die Breite eines
Schweifsdrüsenganges, die Mehrzahl ist stark verschmälert oder überaus er-
weitert. Die Cysten sind von einer bei schwacher Vergröfserung homogenen,
mattglänzenden, kolloidähnlichen Masse erfüllt. Ähnliche Massen kann man
auch innerhalb vieler Quer- und Schrägschnitte der Epithelzüge beobachten,
die sich dadurch zum Teile als mit einem glänzenden Inhalt erfüllte Kanäle
erweisen. An einzelnen Stellen sieht man übrigens, dafs einem Teile der
Cysten die Querschnitte überaus erweiterter Kanäle entsprechen. Auch
die kleinsten Höhlen enthalten oft die erwähnte kolloidähnliche Substanz,
doch findet man auch häufig an Gröfse den kleinen Cysten vollkommen
entsprechende, von Epithel erfüllte runde Nester. Die kleinen und
kleinsten Cysten stehen des öfteren ebenfalls mit schlauchförmigen Ge-
bilden in Zusammenhang, weshalb man sie teilweise als Querschnitte der-
selben ansehen mufs. Man findet sie- ganz in derselben Anordnung, wie
die gröfseren, mit dem Unterschiede, dals einzelne in den musculis arrec-
toribus und in dem Bindegewebe zwischen den Acinis der Talgdrüsen
enthalten sind.
Zwischen den Cysten und Kanälen sieht man manchmal — besonders
an den Bandpartien der Geschwülstchen — einen Schweilsdrüsengang
geradlinig oder infolge der Verdrängung von Seite der Geschwulstelemente
im Bogen verlaufen. Der oberste, noch unterhalb des Oberflächenepithels
befindliche Teil desselben ist manchmal etwas gewunden, was wohl aneh
als Effekt des Druckes seitens der Geschwulst aufzufassen ist. Der Aus-
führungsgang besitzt die normale Breite, ermangelt vollständig der Seiten-
fortsätze oder Ausbuchtungen und geht nie in eines der Geschwulst-
elemente über. Auch der Glomerulus der Knäueldrüse, den ich in einigen
Schnitten unterhalb der Geschwulst auffinden konnte, zeigt keine Kaliber-
veränderung gegen die Norm. Sein Epithel enthält etwas mehr Fett und
seine unmittelbare Umgebung ist fetthaltiger.
Die Gefafse — zumeist etwas erweiterte Kapillaren — verlaufen
ziemlich geradlinig zwischen den Cysten und Schläuchen, in deren un-
mittelbarer Nähe sie sich gewöhnlich gabelig teilen; diese Gefä&äste um-
kreisen einen geringeren oder gröfseren Abschnitt des Umfanges der G^-
schwulstelemente. An der Aufsenwand einzelner gröfserer Gefäfsstämmchen
haben sich Fettkömchen angesammelt. Dieser letztere Befund, sowie der
Fettgehalt des Knäuelepithels und der Umgebung des Knäuels entspricht
— wie ich nebenbei bemerken will — ganz der UNNASchen Theorie von
der Bildung des Fettgewebes.
Bei stärkerer Vergröfserung sieht man die Bindegewebsfibrillen des
Koriums die Höhlen und Kanäle, welche keine membrana propria besitzen,
119
umkreisen. Ihr "Wandbelag wird von 2 — 3 Reiben Epitbelzellen gebildet,
von welchen die äufsersten Lagen aus mehr oder weniger platten, mit
gut färbbarem Kern nnd feinkörnigem, schwach tingiblem Protoplasma
versehenen Zellen bestehen; die Zellen, welche die der Höhle zunächst
liegende Eeihe des Wandbelages zusammensetzen, besitzen zwar noch
einen gut ferbbaren Kern, ihr Protoplasma jedoch ist gequollen, glasig-
durchsichtig, homogen geworden und nimmt den Parbstoflf ganaicht an;
ihr Zellleib ist etwa auf das dreifache angeschwollen, und auch der Kern
scheint etwas vergrölsert. Diese innere Zelllage kann nun zum Teil oder
auch ganz fehlen, d. h. die Zellglieder derselben lösen ihren Zusammen-
hang mit der subjacenten Lage und kommen nun in das Innere der
Höhle zu liegen, wo sie sich zunächst an die schon früher desquamierten
Zellmassen anlagern. Die letzteren nehmen die Farbstoffe nicht an, zeigen
einen etwas ins hellgelbliche spielenden Farbenton und einen matten
Glanz und sind die Elemente jener kolloidähnlichen, scheinbar homo-
genen Substanz, welche wir bei schwacher Vergröfserung als Füll-
masse der Cysten und Schläuche beschrieben. Der Kern dieser
Zellen ist zwar durch Färbung nicht mehr nachzuweisen, man kann
denselben aber in den mehr peripheren Schichten der die Höhle
erfüllenden Zellmassen infolge seines vom übrigen Zellleib verschie-
denen Lichtbrechungsvermögens zumeist noch deutlich als gequollenes,
homogenes, ziemlich stark lichtbrechendes Gebilde unterscheiden. Durch
die Quellung der innersten Epithellage und durch die infolge der Des-
quamation anrückenden Zellen werden die in der Höhle liegenden Zell-
gebilde enge aneinander geprefst, wodurch da und dort feine Fältelungen
an ihnen entstehen; die Zellgrenzen werden aber hierdurch nie gänzlich
verwischt. An dickeren Schnitten sieht man die weiten Schläuche
von mattglänzenden, aus diesen zusammengeprefsten Zellen bestehenden
Cylindem erfüllt.
Die Cysten entwickeln sich zum Teile aus kugeligen, kleinen Epithel-
nestern, welche aus kubischen, mehr peripher liegenden, und aus zentralen,
polygonalen Zellen bestehen, von welchen die letzteren schon ein etwas
gequollenes, helleres Protoplasma besitzen, durch die fortlaufende De-
generation der zentralen Zellen. Eine andre Entstehungsart ist die, dafs
an einer oder zwei Stellen eines Schlauches eine stärkere Zellproduktion
mit nachfolgender Degeneration und Desquamation auftritt. Die dadurch
entstehende und sich fortwährend vergröfsernde Höhle nimmt immer mehr
von dem mit ihr im Zusammenhange stehenden Kanäle auf. Ist der
letztere zwischen zwei Cysten pusgespannt, so muJs er sich infolge des
von zwei Seiten auf ihn wirkenden Zuges verschmächtigen, und es tritt
endlich an irgend einer Stelle seines Verlaufes eine Abschnürung ein.
Die Cysten entwickeln sich also entweder aus einzelnen Zellinseln oder
120
durcli allmähliche Ausbauchung, eventuell durch Abschnürung einzelner
Schlauchabschnitte.
Die engsten Kanäle, welche nach obiger Beschreibung gewohnlich
zwei benachbarte Cysten verbinden, oder wenigstens mit einer in Verbin-
dung stehen, besitzen einen von einer Reihe niedrig-kubischer, oder zu-
meist noch flacherer Zellen gebildeten Wandbelag. Die etwas breiteren
Zellzüge, bei welchen ich kein Lumen entdecken konnte, haben eine
doppelte Zellreihe und sind manchmal einem Knäueldrüsenausführungs-
gange zum Verwechseln ähnlich, doch zeigt die innere Lage gewöhnlich
schon den Beginn der Degeneration in Form des helleren Zellprotoplasmas.
Auch diese stehen manchmal mit Cysten in Zusammenhang.
Die wandständigen Zellen produzieren nun immer neue Zelllagen,
während die älteren, weiter nach innen liegenden immer mehr aufquellen
und sich den im Lumen der Höhlen enthaltenen Zellmassen anlagern.
Hierdurch wird die Cyste immer mehr vergrölsert, der Schlauch immer
mehr erweitert, und die wandständigen Zellen werden endlich infolge de$
dadurch resultierenden excessiven Druckes plattgedrückt. Nach Mitosen
habe ich in den angefertigten Präparaten vergebens gesucht, was übrigens
bei dem überaus langsamen Wachstum der Geschwülstchen nicht zu ver-
wundem ist.
Wir haben es hier also mit einer Geschwulst zu thun, welche im
wesentlichen aus Höhlen, Schläuchen und aus Epithelnestem und -zügen
besteht, welche sich im weiteren Verlaufe zu Cysten und Kanälen um-
wandeln, demnach mit einem Cvstadenoma. Aus dem Baue der Ge-
schwulst, besonders der Konfiguration der Schläuche, und entsprechend
dem Aussehen de^ Epithels eines Teiles derselben ist es klar, dafs der
Ausgang des Cystadenoms in den Knäueldrüsen zu finden ist.
Es fragt sich nun, ob die Geschwulst sich aus schon entwickelten
EjQäueldrüsen herausbilde oder ob sie aus embryonalen, in die Cutis ver-
schlagenen Keimen entstand. Unsrer Meinung nach ist die letztere An-
nahme die richtige. Trotz eifrigen Nachforschens konnte ich in den
untersuchten Knötchen keinen Zusammenhang zwischen den Knäueldrüsen
einerseits und den Geschwulstelementen anderseits auffinden. Die Aus-
führungsgänge hatten alle ihr normales Aussehen, ihre normale Breite,
ihre doppelte Epithellage; nirgends konnte ich Epithelknospen, Ver-
zweigungen oder Ausbuchtungen an ihnen entdecken, nirgends sah ich
den Übergang der Gänge in die Cysten oder in die Schläuche der Ge-
schwulst. Die entsprechenden Drüsenknäuel waren von ganz normaler
Weite, ihr Epithel enthielt höchstens etwas mehr Fett. Auch Darier
konnte, trotz sehr eingehender Untersuchungen, keinen direkten Übergang
des Ausführungsganges in die Geschwulstelemente sehen. Trotzdem
glaubt er an der Ansicht festhalten zu müssen, dafs das letztere wohl
121
geschehe. Er sah nämlich in einem Schnitte einen von der Oberfläche
abwärts steigenden Gang in der Nachbarschaft von Cysten und Zell-
Dostem plötzlich enden und konnte die Fortsetzung desselben in den
nächsten Schnitten nicht auffinden. Bei dem Umstände, dafs der Aus-
fuhrungsgang von den Cysten oft aus seiner Lage verdrängt wird und
dann, wie ich es oben beschrieb, streckenweise im Bogen verläuft, dafs
also Dabieb eventuell die Fortsetzung des Drüsenganges in den nächsten
Präparaten als Querschnitt desselben bekam und sie ihm daher als
jüngste Geschwulstelemente imponieren konnten, — abgesehen davon,
dafs man bei der greisen Zahl der Cysten und Schläuche der Geschwulst
ähnliche Bilder und wohl auch direkte Übergänge häufiger finden müfste,
ist mir solch ein Zusammenhang zwischen dem Drüsenausführungsgang
und den Geschwulstelementen schon deshalb unwahrscheinlich, da es
doch dann kaum möglich wäre, dafs die unterhalb der Geschwülstchen
befindlichen Knäuel, die ich in einigen Präparaten zu Gesichte bekam,
ganz unverändert blieben. Sie müfsten doch zu mindest mit einer Er Weiterung
ihres Lumens und Plattgedrücktwerden ihres Epithels, als Stauungs-
erscheinung, auf ähnliche „Kommunikationshindemisse", wie ich sie oben
an den Schläuchen der Geschwulst beschrieb, antworten. Auch das
Einmünden in eine Cyste eines Kanals, welcher dem des Knäueldrüsen-
ausführungsganges ähnliches Epithel, aber wie Dabieb selbst hervorhebt,
keine membrana propria besaJs und sich im Korium verlor — also nicht
als Schweüsdrüsengang verfolgen liefs — , kann doch nicht als Beweis der
zu beki*äftigenden Annahme gelten. Ähnliche Bilder bekommt man sehr
häufig zu Gesicht, wenn auch das Epithel in den von mir untersuchten
Schnitten, je nach dem engeren oder weiteren Kaliber der Zellzüge und
Schläuche, zumeist schon platter, oder teilweise degeneriert, eventuell nur
in einer Lage vorhanden war.
Als weitere Stütze seiner Ansicht, dais der normale Schweilsdiüsen-
gang zur Bildung der Geschwulst beitrage, führt Dabieb an, dafs er an
einem Mündungsstücke des Ganges eine Wuchening beobachtete. Da er
sich nicht weiter über das Aussehen und Verhalten etwaiger Seitenäste
äufsert, mufs hier ^vohl nur die Verbreiterung des Ganges in dem tiefereu
Abschnitte seines Mündungsstückes — wie sie im Texte hervorgehoben
wird und auch in der Zeichnung sichtbar ist — gemeint sein. Diese
kommt aber bei so vielerlei Prozessen vor, dafs man sie wohl kaum mit
der Entstehung der Geschwulst in Zusammenhang bringen kann. Übrigens
könnte auch eine „Knospung" des Mündungsstückes, welche mir durch
einen kurzen Vorsprung an der oberen Partie desselben in der Zeichnung
angedeutet zu sein scheint, bestehen, ohne deshalb, schon wegen der
Seltenheit des Befundes, mit der Entstehung der Geschwulst in Zusammen-
hang gebracht werden zu müssen.
122
Die Annahme, daiSg sich die Geschwülstchen aus embryonalen Keimen
entwickeln, wird aber noch durch weitere umstände gestützt. Dies«
Annahme gemäfs würden die sich normaler Weise zu Knäueldrüsen ent-
wickelnden Epithelfortsätze durch irgend welche Umstände an der nor-
malen Evolution verhindert; es käme also dieser Auffassung gemäls an
den betreffenden Stellen nicht zur Bildung der gewöhnlichen Boifiuel-
drüsen. Aus meinen Präparaten mufs ich des weiteren folgern, dafe die
eingedrungenen kleineren und gröfseren Epithelkolonnen und Nester sich
von dem Oberflächenepithel losschnüren und von den sich entwickelnden
Gebilden des Koriums umwachsen werden.
Welche Befunde stützen nun diese Meinung? Vor allem der Um-
stand, dafs es im Bereiche der Geschwulst nur wenige Schweifedrüsen-
gänge gibt und dieselben besonders an den peripherischen Partien der
Geschwulst verlaufen, dafe die Knäuel der Schweifsdrüsen unterhalb der
Geschwulst in entsprechend geringer Zahl anwesend sind, und dafe sich
die Cysten und Schläuche alle an den mittleren Rayon des Koriums halten,
das Stratum der Knäuel aber ebenso frei von den Elementen des CH-st-
adenoms ist, wie die subepitheliale Lage. Den letztern Umstand hebt
auch Dabieb hervor. Was anders beweist aber dies, als dafe es an den
betreffenden Stellen gar nicht zur Bildung der Knäueldrüsen gekommen
war, dafe die embryonalen Knäueldrüsenanlagen am Herabsteigen bis zur
Tiefe der Knäuel, sowie an der Bildung der letzteren verhindert waren, und
dafe sie sich vom Oberflächenepithel abschnürten? Des weiteren mnfe
ich hervorheben, dafe ich in dem Winkel zwischen zwei benachbarten
Talgdrüsenacinis kleine Cystchen beobachten konnte, und dafs im arrector
pili ähnliche Gebilde enthalten waren. Die Fasern des letzteren wurden
beim weiteren Wachstum der Cysten zur Seite gedrückt, bei stärkerer
Vergröfeerung derselben erlitten sie eine fettige Degeneration. Diese Be-
funde zeigen uns an, dafs die ins Korium eingesprengten Keime von den
betreffenden Gebilden umwachsen werden. Es ist doch nicht anzunehmen,
dafs die Geschwulstelemente erst nachträglich in den schon entwickelten
Muskel hineingelangt wären. Das elastisch-kontraktile Gewebe desselben
leistet doch dem Eindringen der Schläuche gewifs mehr Widerstand, als
das benachbarte kollagene Gewebe, so dafe die proliferierenden Ge-
schwulstelemente demselben eher ausweichen und sich vielmehr zwischen
den Bindegewebsbündeln des Koriums verbreitet haben würden.
Es ist aus diesen Gründen ausgeschlossen, dafs sich diese Form von
(Kystadenom aus schon ausgebildeten Knäueldiiisen entwickele, und wir
haben es hier mit einer Bildung zu thun, auf welche wohl das Schlag-
wort „verunglückte Knäueldrüsenlage" pafet.
Es erübrigt mir nur noch die Erklärung und Begründung des
Wortes Syringo- Cystadenom, welches mein sehr geehrter Chef, Herr
123
Dr. Uana, zur kurzen Benennung der uns beschäftigenden Geschwulst
vorschlägt. Wir haben unter den Adenomen der Haut, welche mit dem
gesamten Knäueldrüsenapparat zusammenhängen, zwei Hautgruppen zu
untei^scheiden: diejenigen Adenome, welche vom Knäuel, und diejenigen,
welche vom nicht sezemierenden Grangepithel ausgehen. Solche Adenome,
welche aus versprengten Keimen der Knäueldrüsenanlage sich bilden, ge-
hören zur zweiten Gruppe, da bekanntlich zuerst der Gang und später
erst in den tieferen Lagen der Haut der Knäuel sich entwickelt. Im
Gegensatze also zu denen des fertigen Knäuels wollen wir alle andern
Adenome — der sich bildenden Drüse sowohl, wie des fertigen Ganges —
Syringo-Adenome^ der Haut nennen, um uns des Gebrauches des
langatmigen und deshalb wenig mundgerechten Namens: Adenome des
Knäueldrüsenausführungsganges, zu entheben. In seiner Kürze besteht
seine Begründung und seine Berechtigung. Die ims hier beschäftigende
Geschwulst muls folglich heifsen: Syringo-Oystadenom.
Zum Schlufe drücke ich Herrn Dr. Unna für seine bereitwillige
Unterstützung meinen tiefgefühlten Dank aus.
Über Lepra und deren Eontagiosität.
Von
Dr. Daubler,
zur Zeit in Afrika.
Mit 1 Tafel in Lichtdruck.
Nachstehende Mitteilungen veröffentliche ich in einem dermatolo-
gischen Fachblatt, obschon ich nicht darauf Anspruch machen kann,
Deimatolog zu sein. Es ist indessen bei wissenschaftlichen Beobachtungen
und Forschungen auf Reisen nicht möglich, sich nur auf einige Disziplinen
zu beschränken, in welche man sich mehr vertieft hat. Innerhalb zwölf
Jahren bot sich mir auf meinen Reisen während ständigen Aufenthalts
an gröfseren Plätzen mit Spitaleinrichtungen Gelegenheit, Lepra in ver-
schiedenen Ländern zu sehen und zu beobachten, so an der Mittelmeer-
küste, in der Türkei, in Spanien, in Ostindien, in Afrika und in Norwegen.
^ Da es sich sowohl beim fertigen Ausführungsgange, wie bei der ersten Anlage
des Enäueldrüsenapparates stets um enge, gestreckte, röhrenförmige Gänge handelt,
80 wählen wir für diese zum Unterschiede von dem gewundenen, weiteren, knäuel
förmigen Abschnitt der Drüse den Namen: Syrinx (cvQiyC = enger Gang).
124
Am 10. Oktober 1888 besuchte ich zum ersten mal die Leprastation
auf Robben-Island in Südafrika, einer kleinen der Tafelbai vorgelagerten
Insel. Gleich am ersten Tage meiner Anwesenheit auf Robben-Island
fand ich so viel einer genaueren Untersuchung "Würdiges, dals ich beschlolk
der freundlichen Einladung des Dr. Wynne, Arzt der dortigen Lepra-
stationen, zu folgen und mich längere Zeit dort aufzuhalten. In kürzester
Zeit kehrte ich von Kapstadt aus mit photographischem Apparat und
anderen mir zweckmäisig erscheinenden Appai^aten versehen nach Robben-
Island zurück.
Ehe ich über die Ergebnisse unserer mikroskopischen Untersuchungen
berichte, glaube ich meine nicht minder wichtigen klinischen Beobachtungen
voran stellen zu müssen, nebst einer kurzen historischen Übersicht.
Robben-Island beherbergt augenblicklich 84 Leprakranke. Die Mehr*
zahl, 58, sind Männer; in der weit von dem Männerasyl an einer kleinen
Meeresbucht gelegenen weiblichen Abteilung befinden sich nur 26 Patien-
tinnen, darunter sechs Weiise und fünf Mischlinge. Nur drei Europäer
findet man unter den 58 männlichen Kranken, dagegen ein Dritteil Misch-
linge von Kaffern und Weilsen, der Rest besteht fast zur Hälfte ans
Malayen ; die gröfsere Hälfte desselben gehört den verschiedensten Stämmen
Süd- und Südwestafrikas an. Die Malayen sind zur Zeit der holländischec
Herrschaft über das Kap vom Grouvemement zu Anfang des 18. Jahr-
hunderts als Sklaven importiert, und erst nach ihrer Einwanderung in die
Kapkolonie ist bei der dortigen Bevölkerung die Lepra bekannt geworden.
Die Malayen hatten, wie es in einem alten holländischen Gouvemements-
bericht heilst, von Java her die ersten Leprakranken nach hier mitgebracht
Zu den Malayen sollen nach Berichterstattern englischer und holländischer
Nation die Chinesen die Krankheit gebracht haben, ebenso nach andern
Völkerschaften Asiens, Afrikas und Amerikas. So soll nach Trinidad die
Krankheit gekommen sein, nach St. Helena, nach Süd-Amerika, worüber
sich speziell Dr. Liveing, dirigierender Arzt am Middlessex Hospital.
ausspricht, über die Entstehung und Verbreitung der Lepra auf den
Sandwichinseln sagt Dr. Kneeland in seiner Geschichte der dortigen
Lepra: „It was not known in these Islands tili 1848 at which time it
was Said to have been introduced by Chinese and it was not noticeable
as a disease of the country tili ten years afterwards." In einem Au&atz
über Lepraverbreitung und Leprabacillen im Lancet vom 30. Juli 1^81
wird konstatiert, dafs zu diesem Zeitpunkt bereits der zehnte Teil der
Bevölkerung der Sandwichinseln Leprakranke, „lepers", seien.
Aus dem Bericht von Beavex Bake, Oberarzt am Lepraspital zu
Trinidad zu Anfang 1887, ersieht man die beträchtliche Zunahme der
Krankheit dort. Wähi'end im Jahre 1877 die Zahl der aufgenommenen
Leprakranken nur 35 betrug, steigerte sie sich successive bis zu Ende
125
1886 auf 73. Die noch junge Anstalt beherbergt jetzt beinahe 200
Kranke.
Die anfällige Zunahme der Lepra in den englischen Kolonien Süd-
afrikas beweist der Report of the sdect Comitte on tlie spread of Le-
prosy. Capetown 1883. Leider lassen die Einrichtungen auf Robben
Island sehr viel zu wünschen übrig und sind nicht ausreichend, um auch
nur den kleinsten Teil der Leprakranken der Kolonie zu beherbergen, so
dals man hier aller Orten frei sich bewegende Lepröse trifft. Als ich
die Malayen in ihren Wohnungen aufsuchte, fand ich häufig unter den
Waschfrauen, welche ausschliefslich der malayischen Rasse angehören,
mit beiden Formen der Lepra behaftete Lidividuen. Ebenso schlimm
sieht es in Transvaal aus, sowohl die eingeborenen Ka£fem, als auch Weiise
haben an Lepra zu leiden. Die Eingebomen und die Häuptlinge der am
Limpopo wohnenden, zu Transvaal gehörigen Stämme haben vor noch
kurzer Zeit bei dem dortigen Gouvernement um Errichtung von Lepro-
Serien nachgesucht, wozu sie die Hälfte zu zahlen versprachen, sind aber
abschläglich beschieden worden. Bedenkt man, dals zu den Diamantfeldem
in Kimberley und den Goldfeldern Transvaals Neger aus den zentralen
Teilen Afrikas und vom Sambesi als Arbeiter kommen, so kann man
verstehen, wenn Eleisende erzählen, dais man auch dort Lepröse anträfe,
welche früher unbekannt waren. Ein Missionar aus Ovamboland berichtete,
dafs er auch dort Leprakranke gesehen habe; die Portugiesen und die
dort handelnden Mischlinge von Chinesen von St. Helena würden als die
Überbringer der Krankheit angesehen. Wenn auch manches dagegen
spricht, den Chinesen speziell die Urheberschaft der Lepra zuzuschreiben, so
geht doch ein eigner Zug durch die Geschichte der Lepra, welche ich hier
nur skizziert habe. Vertieft man sich aber mehr in das Studium über die
Verbreitung der Lepra unter den verschiedenen Völkern der Erde, so wird
man schon dadurch auf die Kontagiosität der Krankheit hingewiesen.
Auf Robben Island findet man bei weitem vorwiegend die tuberöse
Form der Lepra, nur ein Vierteil sämtlicher Patienten zeigt die anäs-
thetische Form. In Bergen — Norwegen — sah ich viel mehr die letz-
tere und fand auch die tuberöse Form nicht in so ausgesprochenem Grade,
als hier in der Mehrzahl der Fälle. In Indien steht das Vorkommen der
tuberösen zur anästhetischen Form in demselben Zahlenverhältnis als
hier, 4:1. Die meisten der Kranken auf Robben-Island stammten aus
dem Bezirk Malmesbury, von der Kalkbay und von der Kapstadt, nur
ein Dritteil aus den übrigen Teilen der Kolonie. Zwei Fälle von tube-
röser Lepra habe ich auf Robben-Island beobachtet, in denen ich nach-
weisen kann, dafs die Lepra nicht anders als durch Überimpfung von
Mensch zu Mensch bei der Schutzpockenimpfung entstanden ist. Eine
vollständige ärztliche Überwachung und Beobachtung während des Ent-
126
Stehens der Lepra nach der Impfung hat nicht stattgefunden, doch, decken
sich die Beobachtungen des Impfarztes, welcher die Frau H. einmal nach
der Lepraeruption sah, mit denen der Patientin, die andere PatientiD
wurde von demselben Arzt geimpft. Die beiden weiblichen Kjranken
befanden sich noch nicht lange in der Anstalt, und dem behandelnden
Arzt war die ihm irregulär vorkommende Form von Lepra aufgefalleii,
schon ehe er von der Impfung wufste, und er hatte, wie er mir mitteilte,
daraufhin bei den Patientinnen und weiterhin Nachforschungen angestellt
Ich lasse es dahingestellt, ob die Form von Lepra bei den beiden hier
photographierten Personen eine irreguläre ist. Allerdings werden dem
Leser bei der Betrachtung der Photos der gleich näher zu beschreibendeo
Kranken Abweichungen von der regelmäfeig sich wiederholenden Form
auffallen, besonders bei der Frau H., deren Photo einzeln hier daigestelk
ist. Es fällt bei dieser die Lokalisation des Tuber an einem Stimhöcker
zunächst auf, während doch gewöhnlich die Knollen besonders an den Ohr-
läppchen, welche bei ihr nur wenig affiziert sind, und gleichmäfsig in
der Haut über den Augenbrauen resp. über beiden Stimhöckem sich zeigen.
Das andere Photo mit 3 Patientinnen zeigt zunächst eine sitzende, an an-
ästhetischer Lepra Leidende, die vom Beschauer rechts stehende ist die
zweite der bei der Revaccination durch Lepra infizierte, die dritte links-
stehende eine Patientin, in deren Familie Lepra vorgekommen war. Wäh-
ernd die letztere diffuse kleinere Knollen der Gresichtshaut und der Ohr-
läppchen und Hände zeigt, sieht man bei der vorher Genannten die Knollen
im Gesicht scharf lokalisiert, die Ohrläppchen und die Hände ganz frei
Die erwähnten beiden Fälle teile ich im folgenden kurz mit.
1. Frau H. aus W., 36 Jahre alt, verheiratet, will nur einmal
an Conjunctivitis als Kind erkrankt gewesen sein. Aus ihrer Ehe
stammt ein zwölfjähriges*, durchaus gesundes Kind. Lepra in ihre:
Familie läfet sich bei genauem Nachfragen völlig ausschliefisen- Die
Schwester ihrer Mutter soll an Tuberkulose der Lungen gelitten
haben. Als vor einigen Jahren eine Pockenepidemie im westliehen
Teile der Kapkolonie und in der Kapstadt selbst herrschte, liefs sich
Frau H., wie alle andern Europäer, zum zweiten male vaccinieren.
Die Erstimpfung war an ihr als zweijähriges Kind vollzogen. Im Verlauf
der nächsten zwei Monate gleich nach der Impfung, während dessen sie
abends drei bis fünf mal jede "Woche Fieberfrost verspürte, vermehrten
Durst hatte, aber weniger Urin lieJs als sonst, und währenddessen die
Impfstellen anschwollen und braun wurden, fühlte sie sich immer sehr
matt. Auffallenderweise bildeten sich aber keine Pusteln mit wässerigem
oder eiterigem Inhalt an beiden Oberarmen aus, in deren Mitte etwa auf
der Haut über der Insertion des musculus deltoideus die Imp£3tellen sich be-
fanden. Genau 2V2 Monate nach der Impfung suchte die Frau den Arzt wieder
_J
127
auf. Wie schon erwähnt waren die Impfstellen angeschwollen, den Höhe-
punkt erreichte die Anschwellung acht Tage nach der Impfung, drei Tage
nach derselben bemerkte sie dieselbe. Die gelbliche Verfärbung trat
ebenfalls nach acht Tagen her^-or, nachher wurde die Haut der Umgebung
der Impfstellen, es waren deren auf jedem Arm drei, gelblich, bräunlich,
sü dafe man schon 14 Tage nach der Impfung eine Zweimarkstück grofse,
erhabene Verfärbung der Haut an jeder solchen Stelle bemerken konnte.
Nach Verlauf von fünf Wochen vom Impftermiu an gerechnet fingen diese
sich immer langsamer als in den ersten Wochen sich vergröfsemden
gelblich braunen Flecke an sich abzuflachen, und als sie 10 Wochen
nach der Impfung wieder zum Arzt kam, war die Haut der Oberarme
und des oberen Dritteiis der Vordei'arme bräunlich verfärbt und faltig
geworden. Der Arzt tröstete sie und bat sie wiederzukommen. Die an-
gewendeten Mittel halfen nichts, die braunen Flecke wurden gröfser, die
Haut bis zur Mitte der Vorderarme ergriffen. Unter leichten Fieber-
erscheinungen und Unwohlsein brachte die Patientin noch drei Wochen
zu, bis sie bemerkte, dafe die Flecke kleiner und kleiner wurden, aber
die Haut bekam nicht mehr die normale Farbe. In der 14. Woche nach
der Impfung hatte sie einen ihr in der Erinnerung gebliebenen heftigeren
Schüttelfrost, welcher sich in der nächsten Woche zweimal wiederholte.
Späterhin will sie seltener und nicht so heftig Fieber gehabt haben. Zur
Zeit der drei sehr bemerkbaren Schüttelfröste und kurz nachher entwickelten
sich bräunliche Flecke- auf der Wangenhaut und der Stimhaut, und an
letzterer über dem rechten Stirnhöcker zeigten sich zuerst, von der Impfung
an gerechnet nach 18 Wochen die ersten kleinen knolligen Hervorragungen;
auf der Wangenhaut bemerkte man kurze Zeit nachher viele kleine solcher
hervorragenden Knötchen. Zwei Jahre später wurde die Frau dem
Lepmkrankenhause auf Robben-Island zugesandt.
Frau H. sieht jetzt viel älter aus, als sie ist, und macht den Ein-
druck einer hohen Vierzigerin, sie ist mager, fühlt sich matt, obschon
sie vor Eintritt der Krankheit, wie auch eine vorgezeigte Photographie
aus dieser Zeit beweist, üppige Formen aufzuweisen hatte. Die Men-
struation ist seit einem Jahre ausgeblieben. Die Haut über den Knollen
auf Wangen und Stirn ist nicht, wie man es bei Leprakranken gewöhn-
lich bemerkt, gelbbraun verfärbt, sondern hell-weils und zeigt sich leicht
gerötet, abschuppend, ein dunkler geröteter Hof bildet die Umgebung der
grölseren Tubera, besonders des grofsen über dem linken Stirnhöcker.
Auch die tiefen Hautrunzeln sind bei ihr nicht so bemerkbar, als bei
den andern Kranken, weil die Tubera nicht so massenhaft aber gröfser
smd und die Haut daher gleichmäfsiger vorwölben. In der Regel findet
man die Lepraknollen über beiden Augenbrauen an beiden Stimhälften
gleichmäfsig entwickelt und in der Stirnmitte über der Nasenwurzel
128
schärfer segmentiert, oder diese Stelle weniger affiziert. Segmentiening
ist aber an der Stirn die B.egel. Bei Frau H. zeigt sich überhanpt
keine Segmentierung, dagegen bemerkt man über dem rechten Stirohöcker
einen hühnereigrofsen, wenig gefurchten Knollen, welcher sich inselhaft
aus einem sonst gesunden Hautgebiet jrder rechten Seite abhebt. Über
dem linken Stimhöcker sieht man eine Andeutung einer kaum mark-
stückgrofsen Verdickung der Haut. Die Haut des Augenlides ist verdickt,
gelblich, faltig, schuppig, die Conjunctiya gerötet, geschwollen, einzehie
Knötchen nicht bemerkbar. Die Haut der Nase ist faltig und bietet
das so oft schon beschriebene Bild der tuberösen Lepra, ebenso die
der Wangen; die Ohrläppchen sind nur leicht affiziert, die Hände gar-
nicht. Die Haut der Ober- und Vorderarme ist faltig ohne Ver&xbung,
an den Oberarmen bemerkt man noch die alten Impfnarben nach der
ersten Impfung, dagegen nicht frische nach der vor 3Vs Jahren statt
gehabten, da nach derselben keine Pustelbildung erfolgte, sondern nur
Hautver&rbung und Anschwellung. An den Unterschenkeln zeigen sich
in deren Mitte an den Streckseiten je ein kleines Ulcus. Die FulssoUen
sind frei. Die Zunge ist dreimal so dick als in der Norm, tuberös, tief-
gefurcht, so dais sie wie zerrissen aussieht, die Pharynx-, weniger die
Larynxschleimhaut mit kleinen, miliaren Knötchen durchsetzt. Die
Stimme ist heiser, sie respiriert ohne bedeutende Anstrengung, der Kehl-
kopfspiegel verursacht beträchtlichen B,eiz, zuweilen sind die Respirationen
pfeifend, 20 in der Minute.
2. B. DU ToiT, 15 Jahre alt, Mischling, ebenfalls aus W., in deren
Familie niemals Lepra nachzuweisen ist; sie ist noch nicht menstmiert,
gibt an, stets gesund gewesen zu sein, bis sie zu derselben Zeit als
Frau H. und von demselben Arzt, welcher Frau H. impfte, revacci-
niert wurde. Bei dieser Patientin, deren Krankengeschichte ich nicht so
ausführlich gebe, da das Krankenexamen nicht gerade leicht ist, traten,
nachdem dieselben Erscheinungen an den Oberextremitäten, wie bei
Frau H. bestanden hatten, schon nach 2 Monaten dunkle prominente
Flecke an der Stirn- und Wangenhaut auf, und nach weiteren 3 Monaten
war die Lepra an der Stirn schon ausgebildet. Jetzt besteht die Krank-
heit also auch 37« Jahre. Die beigegebene Photographie veranschaulicht
die Ausbreitung der Tubera im Gesicht — alle andern Hautteile sind
frei — so vorzüglich, dafs ich eine weitere Beschreibung unterlasse.
Vorzugsweise ist die Haut über der Nasenwurzel und Stimmitte (anch
abweichend von der gewöhnlichen Form) ergriffen, an der Wangenhaut
hängen einzelne Knollen, dabei ist auch die Haut in continuo leicht
affiziert. Die Ohrläppchen sind frei, ebenso Conjunctiva, Zunge, flaclien
und Larynx.
Nachforschungen in dem "Wohnorte der beiden Patientinnen und bei
129
dem Arzt, welcher die Impfungen vollzog, haben ergeben, dafs die Person,
von welcher die Lymphe für beide Kranke stammte, vor einigen Monaten
an tuberöser Lepra verstorben ist, sie stammte aus dem Bezirk Malmes-
bury, und in ihrer Familie war Lepra vorgekommen, was dem betreifenden
Arzt nicht bekannt war, auch soll sie vor vier Jahren noch nicht in
hohem Grade leprös gewesen sein.
Ich will den soeben beschriebenen Fällen keine längere Epikrise
anreihen, ich kann sie nicht als solche ansehen, die auf vagen Be-
hauptungen einzelner Leprakranker beruhen, welche zufällig in der Ent-
wickelungsperiode der Krankheit geimpft waren. Die Krankengeschichte
der Frau H. spricht schon an und für sich gegen eine solche Kollision,
dais es aber bei beiden Patienten, welche aus demselben Orte stammen,
von demselben Arzt geimpft sind und von derselben Person, sich um
solche Zufälligkeiten gehandelt habe, kann ich nicht annehmen.
Herr Dr. Wynne, welcher mit dem Inhalt der bei anästhetischer
Lepra oft vorkommenden Pusteln der Hand oder der Finger Impfungen
an Mäusen und Kaninchen vornahm, hatte stets Erfolg an seinen Impf-
lingen aufzuweisen, er impfte die Tiere vermittelst Injektionen in die
Bauchhöhle und fand später beim mikroskopischen Befund die Tiere
leprös. Durch Impfung von anästhetischer Lepra entstand immer nur
wieder dieselbe Form. Zwei Mäuse, welche in den Leprahäusem
gefressen hatten, dort gefangen waren und an der Kopfhaut und Bauch-
haut wie Lepra aussehende Knoten hatten, sind im Hygienischen Institut
in Berlin von Herrn Geh.-Rat Dr. Koch als nicht leprös befunden, sie
waren vorher noch nicht mikroskopisch untersucht.
Die Fortschritte der Hautanatomie in den letzten
5 Jahren.
Von
P. G. Unna.
IV.
Der Nagel.
(Schlufs.)
Die ZANDERschen Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte
des Nagels sind in erfreulicher Weise ganz neuerdings ergänzt worden
durch eine Arbeit von A. v. Köllikbr: Die Entwickelung des
menschlichen Nagels {Zeäschr. f, tvissenschaftl Zoologie. B. 47. Heft 1),
Monatthefte. 9
130
deren Hauptresultate bereits in den Sitzungsberichten der Würzburger
phys. med. Gesellschaft nach einem am 18. Februar 1888 gebaltenen
Vortrage: Über die Entwiokelung der Nägel, mitgeteilt sind.
In diesem letzteren erinnert V. Kölliker zuvörderst daran, dafe
aufeer mehreren Histologen neuerdings auch ein Chirurg, Qüänc (Des
limites de la matrice de l'ongle. Bull, et Mem. de la Societe de la ehir.
de Paris. T. XIII. pag. 252, CentraM. für Chir, 1887. No. 51. pag. 951)
auf Grund der Folgen der Exstirpation des lunulären Cutisabschnitts
für die ausschliefsliche Beteiligung des lunulären Epithels an der Prolife-
ration des Nagels eingetreten ist. v. Kölliker teilt nun mit, daDs er
nach neueren Untersuchungen seine frühere Ansicht, das Nagelbett erzeuge
einen Teil der Nagelplatte, definitiv aufgebe und sich der — zuerst von
Reichert, dann von mir mit Entschiedenheit vertretenen — Ansicht
zuwende, dafs die vordere Grenze der Nagelmatrix mit der Lunnla zu-
sammenfalle. In dieser Matrix und ihren Übergangszellen vermag
V. Kölliker, ebenso wenig wie ich, das Keratohyalin Waldeyers, das
Onychin Ranviers, Sughards und Henles zu finden und schliefst sieb
auch hier meiner Aufstellung an, dafs der Eindruck von Körnern durch
die Stacheln der Ubergangszellen erweckt werde. Aufser dem luaulflren
Teil des Falzbodens gehört aber wesentlich noch diejenige epitheliale
Masse zur Nagelmatrix, welche den hinteren zugeschärften Rand des
Nagels umgibt. Diese erzeugt Nagelsubstanz von nahezu wagerechter
Schichtung, während auf der Lunula die bekannten, schräg nach vom
abfallenden Schichten des Nagels gebildet werden.
Also auch bei v. Kölliker finden wir eine Unterscheidung der ober-
flächlichsten Schichten der Nagelplatte, welche aus dem hintersten Winkel
des Falzes stammen, von den tieferen, welche auf der Lunula gebildet
sind — an die Teilung Henles in Primitivschichte und eigentlichen
Nagel erinnernd, aber doch weit annehmbarer als diese, da V. Kölliker
weder histologisch noch genetisch eine scharfe Grenze zwischen beiden
Teilen konstatiert, sondern lediglich die Schichtungsebene, die Wachstunis-
richtung beider verschieden findet.
Die Nagelplatte findet v. Kölliker jetzt auch mit mir am vorderen
Band der Lunula und am vorderen freien Rande im allgemeinen gleich
dick, nur selten etwas dünner oder dicker. Der letztere AusnahmefiEdl
hatte ihn früher bewogen, einen Zuschufs des Nagelbettes zur Nagelplatte
anzunehmen, während er jetzt darin — und gewifs mit Recht — nur den
Ausdruck einer anwachsenden oder abnehmenden Proliferation der Nagel-
matrix erblickt.
In bezug auf die erste Entwiokelung des Nagels verharrt v. Köl-
liker, Zander gegenüber, auf seiner ersten Annahme, dafs der embryo-
nale Nagel, wie das Haar, innerhalb des Epithels entsteht und dafs die
131
Hornschicht des „primären Nagelfeldes" (Zanders „primären Nagel-
grundes") nicht direkt zur Nagelplatte des Erwachsenen wird, sondern
die später zutage tretende Nagelplatte längere Zeit als Eponychium
bedeckt. Die epitheliale Platte, welche den Nagelfalz bereits im 3. Monat
auskleidet, nennt v. Köllikbr das „Wnrzelblatt." Zu dieser Zeit schon
treten auf dem ganzen Nagelfelde rückwärts bis nahe an den Nagelfalz,
Yom bis in den Nagelsaum hinein zwischen Stachel- und Hornschicht
eine Reihe von „Kömerzellen" auf. Diese Kömerzellen wandeln sich
Yon hinten her im 4. Monat in eine Lage von Homzellen um, den
Beginn der Nagelplatte, welche also zwischen der granulierten Schicht
und der alten Hornschicht, meinem Eponychium, sich einschiebt. Von
hier aus dehnt sich das Nagelplättchen rasch soweit nach vom aus, als
die Kömerzellen reichen, bedeckt also das ganze primäre Nagelfeld,
selbst bedeckt vom Eponychium. Die Körnerzellen wandeln sich in
Nagelzellen um, indem die Kömer in die verhornende und dabei sich
verdickende Wand aufgenommen werden. Am Ende des 4. Monats ist
die spätere Nagelmatrix am Ausgange des Falzes bereits angedeutet und
dringt von hier langsam mit dem Nagelplättchen selbst in die Tiefe
des Falzes. Bis zum 6. Monat geschieht dieses, indem Körnerzellen
den Übergang zwischen Matrixzellen und Nagelzellen vermitteln, später
bilden sich Kömerzellen nicht mehr oder nur ganz ausnahmsweise.
Eine energischere Proliferation der Keimzellen am Grunde des Falzes
bedingt dann am Ende der Fötalperiode eine rückläufige Bewegung des
Wachstums der Nagelplatte nach vorne und damit ihre Befreiung vom
Eponychium; dieselbe erhält ihren freien Rand. Die Blätter des Nagel-
bettes erscheinen bereits im 4., die Papillen im Grunde des Falzes im
5. und 6. Monat. Der Nagelsaum (Geöbnbatjr) besteht bis zum 5. Monat
aus einer Anhäufung von Epithelien, deren äuJserste Lage in der Amnios-
flüssigkeit gequollen ist.
Wie der Leser sieht, können wir mit freudiger Genugthuung dieses
jüngste Werk unseres Veteranen der Histologie begrüfsen, da wir in
den meisten Sätzen desselben Bestätigungen und Ergänzungen früherer
Resultate sehen. Besonders erkenne ich es dankbar an, da& die ge-
wichtige Autorität v. Köllikers jetzt auch für die scharfe Abgrenzung
des Nagelwachstnms an der vorderen Lunulagrenze eintritt. Damit ist
eine absolute Einigkeit erzielt; alle, auch Henle, sind zu der alten
Theorie von Ammon-Reichert über das Nagelwachstum zurückgekehrt,
welche allein das Verständnis der pathologischen Erscheinungen am Nagel
erschliefst. —
Sodann begegnet die Arbeit v. Köllikers zu rechter Zeit den ent-
wickelungsgeschichtlichen Schlüssen Zanders, indem die positiven Funde
dieses letzteren Forschers ebenso wie die Gegenbaürs über den Nagelsaum
132
sich nach der Darstellung v. Köllikers zwanglos mit der bisherigen
Anschauung über die Entstehung des Nagels unterhalb des Eponyehiunw
vereinigen lassen. Hier freue ich mich^ganz besonders, den Darlegungen
V. Köllikers rückhaltlos folgen zu können, da ich bereits 1875 — auch
ohne den Ariadnefaden der säurefuchsinroten Kömerzellen — das all-
mähliche Wachstum der Nagel platte nach hinten in den Falz hinein
und unter dem Eponychium nach vorne angegeben habe.
VON KöLLiKER hält die hier auftretenden granulierten Zellen für
nahestehend den Körnerzellen der Oberhaut und benennt sie demgemäfs
ebenso. Ich habe bereits Zander gegenüber betont, dafs die charakte-
ristische Färbung durch Säurefuchsin eine chemische Identität dieser
Granula mit dem Keratohyalin und dem Eleidin unmöglich macht
Auch wird die Theorie v. Köllikers über den Anteil derselben an der
Verhornung der Nagelzellen die Feuerprobe der Verdauung zu bestehen
haben. Anderseits ist es, den Thesen von "Waldeyer, Ranvier und
Henle gegenüber, für mich von hohem Werte, dafs am Nagel des
reiferen Fötus und des Erwachsenen auch v. Kölliker keine Art wirk-
licher Granula in den Übergangszellen zwischen Stachel- und Nagel-
zellen erblickt.
Die Einzelthatsachen, die Messungen der embryonalen Nägel, welche
diesem Vortrage zu Grunde liegen, hat v. Kölliker zusammen mit
ausgezeichnet gelungenen lithographischen und chromolithographischen
Abbildungen seither auch in der bereits erwähnten gröfseren Abhand-
lung publiziert. Ich entnehme derselben noch einige, für uns wertvollere
Details.
Die Einsenkung der Cutis unter, resp. der Cutis und Oberhaut vor
dem Epithelwulst, welche den Nagelsaum der Embryonalzeit darstellt,
nennt v. Kölliker „vordere Grenzfurche"; „hintere Grenzfurche'
dagegen die leichte rinnenförmige Vertiefung zwischen Nagelwall und
primärem Nagelfeld. Diese Begriffsbestimmungen sind sehr einfach und
annehmbar. ^
Die blasigen von Zander beschriebenen Epithelzellen des Nagel-
saumes, welche dieser Forscher für Wanderepithelien hält, nennt v. Köl-
liker „Blasenzellen'' und findet sie auch sonst zerstreut an der Ober-
fläche junger Embryonen. Er leitet sie jedoch nicht von den unteren
Epithelien, sondern von den oberflächlichen ab und glaubt, dafs sie aus
diesen durch Quellung im Fruchtwasser entstehen. Sie werden allmählich
* Ich hatte die vordere Grenzfarche in meiner ersten Arbeit: vordere Bucht (b),
in meiner Hautanatomie obere Binne (r) genannt, welche Ausdrücke ich hiermit zn
gunsten der besseren v. Köllikers aufgebe. Zander nannte sie: ventrale Epidermis-
viusenkung.
133
durch resistentere Schüppchen ersetzt und fehlen ganz vom 6. Monat
an, wenn die Schweifedrüsen der Pingerbeere gut ausgebildet sind, i
Die Körner der granulierten Schicht des embryonalen Nagels erschei-
nen in andrer Ansicht häufig als Stäbchen oder Fasern. Sie sind un-
löslich in Eisessig und Ammoniak und fkrben sich wie Keratohyalin in
flämatoxylin (v. Kölliker sagt: wie Eleidin, meint aber offenbar Kerato-
hyalin, da Eleidin ja in Eisessig löslich ist). Das Verhalten der Körner
zu Karmin und des Keratohyalins zu Säui'efuchsin hat v. Kölliker
nicht untersucht und läfst daher die Identitätsfrage offen, welche für uns
bereits dahin entschieden ist, dafs Keratohyalin und die Granula des
embiyonalen Nagels nicht identische Substanzen sind.
Die Grenzen des primitiven, noch vom Eponychium bedeckten Nagels
bestimmt v. Kölliker so, dafs derselbe in derselben Ausdehnung w^e
vorher die granulierten Zellen vom Nagelsaum nach hinten und nach
den Seiten hin bis zum Nagelfalz, aber nirgends in diesem letzteren an-
gelegt sei, also auf dem gesamten Nagelfelde (späterem Nagelbett). Erst
im 5. und 6. Monat dringt die primitive Nagelplatte hinten und seitlich
in den Nagelfalz, in das von v. Kölliker näher studierte epitheliale
„Wurzelblatt" ein, welcher den Falz ausfüllt.
Die Entstehung der primitiven Nagelplatte aus den granulierten
Zellen findet v. Kölliker ganz so, wie Zander es beschrieben hat.
Die granulierten Zellen werden von dem Säurefuchsin zuerst an der
Peripherie gefärbt, später auch im Innern, während die roten Granula
und der Kern verschwinden. So zeigen sich alle Übergänge von den
granulierten zu den Nagelzellen.
Die Nagelmatrix eines Neugeborenen und eines 14monatliohen Kindes
enthielt jedoch keinerlei Art von Körnern mehr. Ein Rest des Eponychiums
persistiert, wie ich es beschrieben, vor dem Nagelfalze, der Nagelsaum
wird auf ein schwach entwickeltes „Hyponychium" unter dem feinen
Nagelrand reduziert.
In be2;ug auf die Zander- und GEGENBAURSche Streitfrage ent-
scheidet v. Kölliker sich so, dafs die Grenze zwischen Nagelsaum und
Nagelbett allerdings dorsalwärts verschoben wird, aber nicht durch eine
Verschiebung des primäien Nagelfeldes (Zander) oder eine Reduktion des
Nagelsaumes, sondern durch die distal- und dorsalwärts fortschreitende
Entwickelung der Fingerbeere, worin ihm — für die Ontogenese des
menschlichen Nagels — wohl alle Forscher beistimmen werden. Übrigens
kommt VON Kölliker damit einfach auf den von mir bereits vor Zanders
Arbeiten präzisierten Standpunkt zurück, da(s während der Nagelentwicke-
lung die mittlere Partie zwischen Fingerbeere und Nagelwall in ihrer
Oröfsenzunahme erheblich, besonders gegenüber der Fingerbeere, zurück-
bleibt. Ich sagte ausdrücklich: „Die obere Epithelrinne reicht (bei der
134
Zehe des Gmonatlichen Fötus) nicht mehr auf die Zehenknppe nach vorn,
soDde^n ist bei dem stetigen Wachstum der Phalanx auf den Bücken
derselben verschoben, da sie mit dem Nagelwall immer noch
durch das Eponychium eng zusammengehalten wird." Der
Widerstand des festen Eponychiums am Rücken der Phalanx ist auch
jetzt noch für mich der Grund des auffälligen Voraneilens der EHnger-
beere und damit der Verschiebung des Nagelbettendes.
Es unterliegt keinem Zweifel, dafs durch die hervorragenden Arbeiten
von Boas, Gegenbaub, Zander und v. Kölliker die Entwiokelungs-
geschichte des Nagels nach jeder Richtung hin um ein bedeutendes ge-
fördert, ja durch von Köllikebs letzte Abhandlung zu einem sehr
befriedigenden, vorläufigen Abschlufs gebracht ist. Die interessantesten
Fragen zukünftiger Forschung beziehen sich nunmehr auf das "Wesen der
Granula unterhalb des primitiven Nagels, welchen man mit mehr Be-
rechtigung den Namen: „Onychin" beilegen könnte, und auf die nach
Henle und V. Köllikeb besondere Natur der oberflächlichsten Schichten
des Nagels.
Anleitung zur Gesundheitspflege an Bord von Kauffahrteiscliiflren. Auf
Veranlassung des Staatssekretärs des Innern bearbeitet vom Kais. Gesundheits-Amte.
Berlin, J. Springer. 1888.
Wir wissen, dafs wir uns auch die Spezialkollegen zu besonderem Danke ver-
pflichten, wenn wir auf dieses Werk mit seinem reichen, übersichtlich geordneten
Inhalte aufmerksam machen, den auch wir unter dem unscheinbaren Titel nicht
gesucht haben. Es ist uns hier nur gestattet, auf die den Dermatologen interessie-
renden Teile aufmerksam zu machen: Hautpflege (pag. 8), Mafsregeln bei Skorbut
(pag. 25. 26) (nach überstandenem Skorbut, wie andern chronischen Krankheiten, z. B.
Syphilis, wird die doppelte Bation Zitronensaft, also 40 Gramm angeraten), Vorkommen
von Erfrierungen (stärker und häufiger, besonders an den Füfsen von Farbigen,
wo besonders auf gute Strümpfe und Schuhe zu achten ist, pag. 22), venerische
Erkrankungen (pag. 54— 60) (ob man jede Epididymitis 8 Tage lang liegen läfst^
erscheint Bef. kaum rätlich ; der souverän wirkende LANOLEBERTsche [alias ZsissLsche]
Verband sollte empfohlen sein, pag. 58; Vermeiden der behaarten Stellen am Bauche
bei Inunktionen mit Ungt. ein. ist S. 61 nicht betont, auch das der Mammae nicht;
wir lassen übrigens besser die Brust ungeschmiert. Bef.), Sonnenstich (pag. 68),
Furunkel, Karbunkel, Erysipel, Hitzausschlag alias roter Hund, Krätze
etc. Als einen Fehler müssen wir ferner bezeichnen, wenn bei der Beschreibung
hydropath. Umschläge (pag. 172) wasserdichtes Zeug oder ein dickes, wollenes Tuch,
Shawl oder dergl. angeraten wird. Wasserdichtes Zeug ist falsch, direkt ungeeignet;
Flanell das beste. Wir berufen uns auf die Autorität Prof. Winternitzs (Wien), aus
dessen eignem Munde wir es haben; auch an uns selbst und an Patienten haben
wir es recht oft erprobt gefunden. Die exquisit regulierende Wirkung auf die
135
Darmthätigkeit z. B. wird bei Flanell als zweiter deckender Schicht (erste Leinwand)
sicher erzielt, anders nicht. — Bei dem Abschnitt: Katheterismus (pag. 172) fehlt
der Hinweis auf Nelaton, der in der Hand des Kapitäns doch rätlicher erscheint,
als die andern (wenigstens zuerst). Die anatom. Figur der Harnröhre in ihrer Lage
ist unentbehrlich, und da das sorgsam illustrierte Buch (cf. pag. 94, 95 etc.) sonst
nicht damit zu sparsam ist, weisen wir besonders darauf hin. Auch der Haupthinweis
fehlt für den Lernenden: beim Katheterisieren möglichst lange den Katheter nicht
zu erheben, d. h. von der Bauchfläche zu entfernen, ihn dieser parallel zu halten,
so dafs er in die Blase quasi selbst hineingleitet, hineinschlüpft. Das Weitere inte-
ressiert unsre Leser, als unserm Fache zu fernliegend, nicht. Wir wünschen diesem
Buche als dem besten Kämpfer gegen Geheim Schwindel, Quacksalberunfug und
medizinischen Aberglauben die weiteste Verbreitung. Paüly-Nervi.
Dr. Paul Lai^dsbero, Zur Desinfektion der menBchlichen Haut mit
besonderer Berücksichtigung der Hände. (Aus der Klinik für Dermatologie und
Syphilis in Breslau). {Viertefjahresschrift f, Dermat u. Syphilis. 1888. Heft 5.)
Verf. unterzieht die in der Überschrift genannte Frage einer Versuchsreihe, die
sich von der in den Arbeiten von Kümmell, Forster und Fürbringer gewählten An-
ordnung nicht unterscheidet. Während aber auf diesem Wege unserer Ansicht nach
neues nach den vorliegendenden trefflichen Arbeiten sich nicht mehr leisten läfät,
kommt Verf. zu dem Eesultat, dafs alle gebräuchlichen Methoden — also auch z. B.
die KüMMBLLSche — höchst unsicher seien. Die mitgeteilten günstigen Besultate
bedeuteten lediglich „die prinzipielle Möglichkeit der Vernichtung der Keime an der
Hand." Gegen den iiichlufs, dafs der einmal erzielte günstige Erfolg durch Übung
zu einem regelmäfsigen gemacht werden könne, erhebt Verf. den Vorwurf gegen die
Vorarbeiten, nicht betont zu haben, „dafs die Sicherheit, welche sie ihren Methoden
vindizieren, sich nur auf ihre eigne, bevorzugte Person bezieht, nicht auf ar*dre,
welche die Durchschnittsmasse für sich beanspruchen."
Wir müssen gestehen — eine solche Beweisführung ist uns unverständlich.
Es ist selbstverständlich, dafs die Verff. der früheren Arbeiten nicht für die
Durchschnittsmasse haben arbeiten wollen; im Gegenteil mufs gerade der gewissen-
hafte Arzt aus den Versuchen lernen, wie er sich desinfizieren mufs, um vor seinem
eignen Gewissen bestehen zu können.
Überdies leidet die Arbeit an einem, ich möchte fast sagen komisch wirkenden
Mangel.
Ktjmmell hat bekanntlich länger dauerndes Bürsten mit warmem Wasser und
Seife (Kaliseife), darauf Bürsten mit 5 % Karbolsäure oder Chlorwasser als sicherstes
Mittel zur Desinfektion der Hände empfehlen.
Verf. wiederholt nun diese Versuche — hat aber ungünstige Resultate und
sagt selbst:
.,Die Ersetzung des Sublimates durch Karbolwasser bot nichts weniger als
Vorteile; ich will meine Karbolversuche jedoch nicht als ganz gleichwertig mit den
übrigen betrachten, weil ich in dem Gefühl, Karbolsäure sehr schlecht zu vertragen,
mit demselben vielleicht weniger energisch gearbeitet habe, als mit andern Mitteln." —
Dann wäre es besser gewesen, die Versuche nicht mitzuteilen.
Verf. erwähnt an mehreren Stellen „ÜNNAsohe Desinfektionsseifen." Mir sind
dieselben bis jetzt nicht bekannt. Unna hat Seifen für die Dermotherapie empfohlen,
die sich auch aufserordentlich bewährt haben, — Desinfektionsseifen hat er nicht
136
empfohlen, im Gegenteil, in seiner Arbeit über Seifen darauf hingewiesen, dals der
Effekt der Karbolseife z. B. für die Desinfektion ein ungenügender sei. —
von Düring-Hamburg.
JUttetlunjen ans ber £ttteratiir.
Physiologisches.
Die Hirnzentren für die Bewegung der Harnblase, von Prof. W. Bechtebev
und Dozent N. N. Mislawsky (Kasan). Die Verf. haben in der Tiefe des vorderen
Teils des Sehhügels einen beschränkten, wenige Millimeter nicht übersteigenden Raum
(bei Katzen und Hunden) gefunden, dem, abgesehen von seiner den Hindenzentren
untergeordneten Bolle, auch die Bedeutung eines Beflexzentrums zukommt, indem es
unter Einflufs schwacher Hautreize Kontraktionen der Blase hervorruft, wahrend
dagegen stärkere äuCsere Beizungen ersichtlicher Weise bereits durch weiter abwärts
gelegene (Bückenmarks-) Zentren vermittelte reflektorische Blasenkontraktionen be-
wirken. {Neurolog, CentrcUblatt. 1888. No. 18.) Paüly-Nerci.
Bezüglich der Lokalisation der Hantempfindnngszentren in der Binde
behauptet Dana. {Amerie. Neurolog. Association. Washington. September 1888) auf
Grund von 137 untersuchten Fällen, dafs die motor. und sensiblen Zentren dieselben
seien. Milb sagt in der Diskussion, dafs motor. Zentren öfter ohne Anästhesie
lädiert wären.
Stabb und Sequin stimmen mit Dana überein. Klinisch wäre die Differenzierung
überhaupt nicht leicht, da der Gyrus Hippocampi auf dem Hirnschenkel läge.
Següin betont die wichtigen Schlüsse, die aus der sensorischen Aura bei Binden-
epilepsie zu ziehen wären. Pauly- Nervi.
Zirkulationsstörungen.
Über einen Fall von tranmatiscliem Tetanns mit sogen. chirurgischeB
Scharlacll, von Dr. Emil Schaffeb. {Deutsche med. Wochenschr. 1888. No. 52}
Bei einer 23jährigen Dienstmagd gesellte sich zu einem traumatischen Tetanus nach
einer infizierten, vernachlässigten Fingerwunde Scarlatina hinzu und zwar 10 Tage
nach dem Auftreten des Tetanus und eben so lange nach Vernarbung der eiternden
Fingerwunde, ausgehend zuerst in nächster Umgebung der leicht geröteten und wenig
druckempfindlichen Narben am Handrücken. Nach Temperatursteigerungen bis zn
40,4 blafste nach 4— 5tägigem Bestehen das Exanthem ab, an seine Stelle tritt
unter lytischer Deferveszenz eine typische lamellÖse Abschuppung, welche 8 Tage
dauerte. Nachdem einige Tage bereits völlige Apyrexie bestand, erscheint unter
Temperatursteigerung von 37,0 auf 39,6 an Hals, Brust und Bücken ein Eecidiv,
17 Tage nach dem Auftreten der ersten Erkrankung. Tetanus und Krampfparoxysmcn,
die einige Tage vorher bereits nachliefsen, treten in alter Heftigkeit wieder auf.
Nach mehreren Tagen beginnt unter allmählicher Deferveszens mit dem Abblassen
eine Desquamatio membranacea, die einige Wochen anhält. Leichte Scharlach-
nephritis. L. Hoffmann-Berlin.
137
Eine merkwürdige angionenrotische Erkrankung in Gestalt von recidivieren-
den AnßUlen von Erythem verbunden mit Ödem demonstrierte Bronson an einer
28jährigen Eleidermacherin. Seit ca. IVs Jahren treten ohne bekannte Ursache an
den verschiedensten Körperteilen, meist aber am Gesicht, plötzliche Schwellungen,
manchmal von Orangengröfse und von dunkler, purpurroter Farbe und teigiger
Konsistenz auf. Ahnliche Fälle sind von Quincke u. a. beschrieben worden. (Journal
of cutan. and genito-urinary Diseases, August 1888.) PhiUppi- Felsberg,
ÄnenFall von Eaynauds symmetrischsr Gangrän^ veröffentlicht J. W. F. Smith-
Shand {Brit. Med. Joum. 1888. pag. 343). Von den bisher publizierten Fällen unter-
scheidet sich dieser Fall einer 20jährigen Patientin, durch das vorhandene Fieber,
durch die Lokalisation: Ohrläppchen, Wange, Nasenspitze, Gesicht, Hals, Arme,
Hände, Beine (oberhalb des Knies) wurden nach und nach symmetrisch affiziert.
Stamm, Finger, Füfse blieben frei. Schwarze mit Serum gefüllte Blasen (wie grofs?
Bef.) entstanden nach brennendem Gefühl; sie schrumpfen nach 10 Tagen und
hinterlassen eine Borke. Das Fieber hielt ca. 3 Wochen an. Dysurie, Albuminurie
und Diarrhöe begleiteten die Affektion und die Konvaleszenz. Auf der Höhe der
Affektion Puls 125, Temper. 104, 4F. Pauly-Nerm.
Urticaria factitia. (Orvosi Heiilap.) 1885 stellte Dr. Stern, Assistent Prof.
EoRASfjis, einen Knaben vor, der schon vor 6 Jahren einmal an dieser Krankheit
litt. Im Frühling 1885 recidivierte sie. Die Eigentümlichkeit dieser Urticaria besteht
darin, dafs sie schon durch geringe thermische und mechanische Reize provoziert
wird; so entsteht sie, wenn Patient vom warmen Zimmer an die frische Luft hinaus,
geht, oder wenn die Haut mit stumpfem Werkzeug berührt wird. Diese Verände-
rungen können auch an den Schleimhäuten hervorgerufen werden.
Bona-Budapesi.
Ober nnangenehme Nachwirkungen des Sulfonal, von Dr. Schotten in
Kassel. {Therap. Monatsh. 1888. No. 12.) Bei einer 45jährigen Patientin erfolgte
volle 4 Tage nach Anwendung des Sulfonal der Ausbruch eines Exanthems, vom
Kopf beginnend über die ganze Körperoberfläche, welches die vollständigste Ähnlich-
keit mit diskreten Masern darbot, indem es aus lebhaft roten, bis linsengrofsen
Flecken bestand, welche vielfach zu gröfseren Flecken und Figuren zusammenflössen
und in ihrem Zentrum ein einem Follikel entsprechendes Knötchen zeigten. Dabei
Hitzegefühl und Brennen der Haut, Schleimhäute normal. Das Exanthem breitete
sich in den nächsten 2 Tagen noch in der Fläche aus, dann erblafste es allmählich,
80 dafs nach 14 Tagen noch Spuren sichtbar waren. X. Hoffmann- Berlin.
Ober die Pellagra, besonders in Rumänien, von Dr. C. Orleanu. (These de
Paris. 1887.) Die Pellagra ist in ganz Rumänien, mit Ausnahme einiger Gegenden,
verbreitet, sie zeigt abwechselnd ein Anwachsen und Abnahme der Zahl der Krank-
heitsfalle, je nachdem das Jahr der vollkommenen Entwickelung des Mais günstig
oder ungünstig war. 0. führt als Ursache der Pellagre den schlecht gereiften,
schlecht konservierten und im schlechten Boden kultivierten Mais an. Des weiteren
ist sie nach 0. hereditär, ihre Entwickelung wird durch Alkoholmifsbrauch, ange-
strengte, schwere Arbeit und das Elend begünstigt. Tavernier- Lille.
^ Es sei gestattet, hier auf den sehr interessanten Fall von Steiner (Deutsche
med. Wochenschr, 1888. No. 4) aufmerksam zu machen: spontane Gangrän auf dem
Dorsum manns dextrae, dann rechten und linken Vorderarm bei einem 17jährigen,
leicht chlorotischen Mädchen. Näheres im Orig, nachzulesen.
138
Progressive Ernährungsstörungen.
I. Maligne.
L. Heitzmaivn (New- York) beschreibt die mikroskopischen Verhältnisse, wie er
dieselben in fünf verschiedenen Fällen von melanoÜBclien HautgeBCllwfklsten beob-
achtet hat. Nach genauerer, an der Hand von einigen sehr anschaulichen Holzschnittea
wesentlich erleichterter Beschreibung der Strukturverhältnisse wendet er slbh der
Frage von dem Entstehen des Pigments und dem Grunde der hochgradigen Malignitit
dieser Neubildungen zu. Von verschiedenen Forschern sind ganz entgegengesetzte
Ansichten geäufsert worden, indem die einen das Entstehen des Pigments ans dem
Hämoglobin herleiteten, andere dieses als entschieden unrichtig hinstellten. Verl
konnte zwei Arten von Pigment unterscheiden, von denen die eine kein JElisen, dagegen
viel Schwefel enthielt, während die andere eisenhaltig war. Erstere findet sich als
diffuse oder fein granulierte Färbung vor und entspricht dem Pigment bei brünetten
Individuen, in melanotischen Naevis, dunklen Haaren etc. Letztere entwickelt sich
aus den Hämatoblasten, welche manchmal anstatt zu Blutkörperchen sich zu entwickeb
zu melanotischen Zellen sich ausbilden können. Das Pigment ist aber in jedem Fall
an das Protoplasma der Zellen gebunden, und es ist dasselbe niemals aus dem Hämo-
globin von ergossenem Blut entstanden. Die intensive Malignität dieser melanotischen
Geschwülste erklärt sich aus dem durch das Pigment als chemisch differenten Körper
auf die Gewebe ausgeübten Reiz. (Journ. of cout and gen.-ur, Dis. Juni 1888.)
Philippi-Felsberg.
Über das idiopathische mutiple, pigmentlose Hantsarkom. Inaugonl-
Dissertation von H. Hosin. (Breslau 1887.) An der Hand eines sorgfaltig beobachteten
Falles macht Verf. besonders auf die charakteristischen Unterschiede zwischen dem
multiplen pigmentfreien Hautsarkom und der Mykosis fungoides aufmerksam und betont
besonders, dafs ersteres eine echte Geschwulst, letztere eine entzündliche Krankheit
von chronischem Verlaufe ist, und daüs daher die Gegensätze vor allem im histolo-
gischem Bilde ihren Ausdruck finden. L. Hoffmann BerUn.
n. Benigne,
Leontiasis ossea, von Prof. B. FrXnkel. (Berl Klin. Wochenschr, No. 44.) la
der Sitzung der Berl. Med. Gesellschaft vom 10. Oktober stellte Herr F. ein 12j ähriges
Mädchen vor, welches vor 4 Jahren auf das rechte Tuber frontale gefallen war, in
folge dessen sich eine Beule bildete, die sich allmählich verhärtete und schliefslich
knochenhart wurde. Diese Veränderungen stellten sich 1 Jahr später an andern
Schädel- und Gesichtsknochen ein, so dafs in der Gegend der Tubera sich 2 grofie,
sehr harte Höcker finden, dafs ferner die Process. nasal, des Oberkiefers, die Schlafen
und Jochbein und der ganze Körper des Unterkiefers in eine dicke, harte Knochen*
masse verwandelt sind. Die Weich teile des Gesichts erscheinen ganz normal, auch
am übrigen Körper ist nichts Abnormes zu konstatieren. Ob Lues die Ursache ist,
ist nicht nachweisbar, doch scheint Jodkalium einen Einflufs auf das Leiden gehabt
zu haben. L. Ho ff mann- Berlin,
Beiträge zur pathologischen Anatomie der Addisonschen Krankheit,
von Dr. v. Kahlden in Freiburg. (Ebenda.) Nach Zusammenstellung der bis dahin
publizierten Fälle und an der Hand von 2 eignen Beobachtungen kommt Verf. in
bezug auf die pathologische Anatomie der Hand zu folgenden Schlüssen: 1. Die Tlg-
mentlagerung bei Morb. Addisson. findet in den tieferen Schichten des Rete Malpighi
139
statt, nnd in diesen entsprechenden äufseren Lagen der Epithelzellen des Haarbalgs.
2. Das Pigment wird nicht in diesen Zellen selbst gebildet, sondern in der Cutis und
von dieser aus durch Wanderzellen an den Ort der Ablagerung transportiert. 3. Jede
Epithelzelle nimmt das Pigment von mehreren solcher Wanderzellen auf. 4. Sowohl
allgemein pathologische Gründe, wie das Lageverhältnis der Pigmentwanderzellen zu
den Gefaüsen machen eine Abstammung des Pigments aus dem Blut wahrscheinlich.
5. Diese Abstammung ist aber nicht auf eine Erkrankung der Gefälswand und noch
weniger auf Hämorrhagien zu beziehen, da derartige Befunde nicht konstant sind,
und wenn überhaupt vorhanden, wohl sekundärer Natur sind. 6. Eine genaue Unter-
suchung der Schleimhautpigmentierungen in weiter zur Beobachtung kommenden
Fällen verspricht vielleicht weiteren Aufschlufs über die Beziehung des Pigments zum
Blutfarbstoff zu geben. L, Hoffmann- Berlin.
Elektrolyse bei Xanthom. {Press of Western New -York. Sept. 1888.) Es
bandelt sich um zwei typische Fälle von Xanthom, welche Damen im Alter von 51
resp. 63 Jahren, betrafen. Eine Goldnadel, mit dem negativen Pole in Verbindung,
wurde seitlich an verschiedenen Punkten der Flecke eingeführt, so dafs sie unter der
Haut eine der Hautoberfläche parallele Richtung beibehielt. Erst dann wurde der
Strom durch Anpressung der positiven Schwamm-Elektrode geschlossen. 9 Zellen
einer Chromsäure-Batterie gaben die Kraftquelle ab. Eine einzige 20 Minuten lang
dauernde Sitzung genügte, um zu bewirken, dafs die entstellenden Flecke 8 Tage
später spurlos verschwunden waren. Leviseur-New-York.
Multiple Fibrome der Haut, der Nerven nnd Ganglien mit Übergang in
Sarkom, von Dr. H.Westphalen inDorpat. (Vir chow 8 Archiv. Bd. 114.) Bei einer
45jährigen Patientin zeigten sich vor ca. 10 Jahren zuerst in der Haut kleine derbe,
diskret stehende Knoten, welche langsam an Gröfse zunehmend ihre ursprüngliche
Konsistenz einbüfsten und bei ihrem weiteren Wachstum sich als etwa erbsengrofse
Geschwülste über das Niveau der Haut erhoben. Keine Schmerzen oder andere lästige
Empfindungen. Im Dezember 1885 eine gröfsere Geschwulst in der Tiefe der linken
Halsregion, die anfangs rapid wuchs, dann aber einen Stillstand erreichte. Auch in
diesem Tumor keine Schmerzen weder spontan noch auf Druck. Ferner entwickelte
sich im Sulcus bicipitalis intern, des rechten Oberarms eine 3 cm lange, frei bewegliche,
auf Druck schmerzhafte Geschwulst. Patientin starb an einer Lungeninfiltration, und
die Obduktion ergab^ abgesehen von der Affektion der Pulmones und der Pleura, das
Vorhandensein zahlreicher Fibrome in der Haut und an den Nerven und zwar fast
aller Nerven, die sympathischen nicht ausgenommen. Was die Struktur der Hautknoteu
anbetrifft, so war sie dieselbe, wie sie von v. Recrunohausen in derartigen Bildern
beschrieben ist. In einem der Hautknoten, welcher einem relativ frühen Entwickelungs«
Stadium der Geschwulstbildung zu entsprechen scheint, überrascht der nervös plexiforme
Bau des Tumors. Derselbe dürfte die Struktur der sogenannten Rankenneurome
wiedergeben. Daran knüpft sich die Beobachtung, dafs die erste Anlage einer Binde-
Gewebswucherung in den Hautknoten neben einer allgemeinen Fibrom bildung der
Nerven sich zuerst an die nervösen Stränge der Haut anlehnt. Der grofse Tumor
der linken Halsregien erwies sich als ein Fibrom des Ggl. intervertebrale V. Dieses
zeigt stellenweise eine sarkomatöse Umwandlung, welche kontinuierlich aus dem fibro-
niatösen Gewebe hervorgeht. L. Hoffmann-Berlin.
140
Spezifische Entzündungen.
Zur Behandlung des Ekzems in allen Formen und Stadien empfieUt
C. H. RiCHMOND eine Salbe von Bleijodid mit Vaselin im Verhältnis von 1 : 25. Die-
selbe soll ein- oder zweimal täglich aufgetragen und jeden zweiten Tag abgewasches
werden. Schwefelsalbe leiste auch gute Dienste, besonders bei Kopfekzem; desgleichen
bei inveterierten Fällen mit beträchtlicher Induration Chrysarobinsalbe in einer Starke
von 0,1—0,25 auf 25,0. — Gegen Herpes zoster gibt er alle 3 — 4 Stunden 0,6g
Bromkalium. (Journal of cut and genito-tirinary Diseases. Juni 1888.)
Philippi'Felsberg.
Zur Diagnostik der Pitsrriasis rubra. Prof. Schwimkeb (Orvosi HeUlap
eichtet die älteren Angaben, speziell die Ansichten Devebgibs und Hebbas, schildeit
die Abweichungen in der Lehre, so das Jucken, die Sekretion und den AusgaDf
betreffend, würdigt die Arbeiten neuerer Autoren und veröffentlicht 2 Fälle. Schw
hält dafür, dafs die HEBBAsche Pit. rubra mit der general dermatitis exfol
Wilson und der herpetide exfoliatrice universelle der Franzosen eine
Krankheit darstellt oder diesen sehr nahe steht. Schw. ist nicht geneigt, eine
zirkumskripte, auch keine akut verlaufende Pit. rubra anzunehmen, hingegen glank
er selbe in leichtere und schwerere Formen einteilen zu müssen.
Bona- Budapest.
Bbynolds schildert einen blofs auf den einen Vorderarm beschränkten ct.
markstückgrofsen rundlichen Favusausschlag. Die mikroskopische Untersuchang
bestätigte die Diagnose. Zu beiden Fällen sind Abbildungen beigegeben. (Journal
of cutan, and genito-urinary Diseases. September 1888.) Phäippi-Felsberg.
Zwei Fälle von Oarbunculus malignus, von Dr. Fbavz Kiss. (Orroit
Hetilap) Ein Mädchen kam mit Lappen in Berührung, welche Fett von einem
infizierten Tiere enthielten. Es bekam im Gesichte Pustelchen, zu welchen sich
Gangrän der Haut gesellte. Mit Ausbreitung der Gang^rän vergrÖfserten sich die
Lymphdrüsen und die Kranke starb in kurzer Zeit unter typhoiden Erscheinungen.
Ln selben Hause fiel ein 6jähriger Knabe in das Messer, mit welchem das
kranke Tier abgeschlachtet worden ist, und der ganze kranke Fufs gangräneszierte.
Heilung durch Demarkation. Mona-Budapest.
Über das Wesen der Alopecie, ihre Behandlung und Prophylaxe, von
Buchin. (These de Paris, 1887.) Diese Abhandlung bestätigt ebenso wie diejenige
LoRiOTs vollständig die in den Monatsheften schon referierte Meinung Leloirs über
die trophoneurotischen und parasitären Formen der Alopecia areata.
Tavemier-Lük.
Beitrag zur Kenntnis der Alopecie, von Dr. G. Loriot. (Thhse de Paris.
1887.) Diese Abhandlung unterscheidet zwei Arten von Alopecie, eine trophoneu-
rotischer, nicht kontagiöser, und eine parasitärer Natur. Bei dem heutigen Stand«
unserer Kenntnisse ist es absolut unmöglich eine sichere Entscheidung über die
kontagiöse oder nicht kontagiöse Natur einer Areastelle zu treffen.
Bei der Behandlung der Alopecie haben dem Autor Irritantien, Stimulantien
und ganz besonders das in Frankreich unter dem Namen „vösicatoire liquide**
bekannte Präparat die besten Dienste geleistet. Tavemier-Lüle.
141
Über Haarkuren, von Dr. 0. Lassar. (Therap. Monatsh. 1888. No. 12.)
Nicht allein bei der Alopecia pityrodes, sondern auch bei der Area Celsi, sowie beim
pathologischen Haarausfall jeder Art hat sich die antiparasitäre Therapie bewährt,
und gibt L. die bereits früher publizierten Vorschriften nochmals wieder. Dieselben
lauten folgendermafsen : Man lasse durch geübte Hand in den ersten 6 — 8 Wochen
täglich, später seltener den Haarboden durch etwa 10 Minuten seifen und zwar am
besten mit einer stark teerhaltigen, z. B. der BsBOERschen Teerseife. Auch kann
man folgende zur Reinigung der Kopfhaut sehr dienliche Seifenmischung herstellen
lassen: 1 St. Krankenheilseife No. 2 und 1 St. Eokosseife werden fein zerrieben, mit
je einem £fslö£fel Soda und Pottasche gemischt und dann in ein Liter Rosenwasser
gelöst. Nach gründlicher Einschäumung der Kopfhaut wird die Seife abgespült,
nach leichtem Trocknen wird der Kopf frottiert mit
5 Sol, Hydr, bichlor. 0,5 : 150,0
Glycerini
Spirit Colon. u 50,
31. S.
sodann trocken gerieben mit absolutem Alkohol, den Vs % Naphthol zugesetzt ist,
und dann
9 Äcid, salicyl. 2,0
Tinct Benz. 3,0
Ol pedum tauri ad 100,0
3L S.
möglichst reichlich in die jetzt ganz entfettete Haut eingerieben. Offenbaren Nutzen
gewährt femer folgende Pomade:
?» AM. carboL 1,0
Sulf. sublim. 5,0
Adip. colli equini ad 50,0
M. f. ung. adde Col. Berg. gtt. X.
Günstig wirkt auch vorsichtige Anwendung von Terpentin, entweder als Ol, anfangs
mit gleichen Teilen indifferenten Öls versetzt oder in Mischung mit verdünntem
Spiritus. Das von Schmitz empfohlene Pilokarpiu sowie andre Schwitzkuren wurden
mit Erfolg angewandt ; auch in Spiritus oder in Pomade :
ft IHIocarpini. muriat 2,0
Vaselini flav. 20,0
Lanolini 80,0
Ol. Lavand. gutt. XXV.
wirkt das Pilokarpin fördernd auf den Haarwuchs. Dafs ebenso in dem Zusatz von
Perubalsam zu Haarpomaden lediglich das Antiparasitäre von Bedeutung sei, ist
höchst wahrscheinlich und folgende Zusammensetzung:
J^ Pilocarpin, muriat 2,0
Chinin, muriat. 4,0
Sulfur. praecip. 10,0
Balsam peruv. 20,0
Medull. bovin, ad. 100,0
stellt eine empfehlenswerte Haarsalbe dar. Endlich ist noch der Teer, in Form von
Teerbädern bei allen stürmisch-progressiven Fällen zu erwähnen und ebenso das
Chrysarobin, dem allerdings seine Gefährlichkeit in bezug auf Ophthalmien ent-
gegensteht. L. Hoffmann- Berlin.
142
)Detfaininlun$en.
Congres international de Dermatologie et de Syphiligraphie.
Tenu k Paris, en 1889.
Statuts.
I. — Un congres international de Dermatologie et de Syphiligraphie s'ouvrin
k Paris, le lundi 5 aüt 1889, et sera clos le 10 du meme mois. II aura liea dana li
grande salle du musee de l'Hopital Saint-Louis.
II. — Seront membres du Congres tous les docteurs en m6decine fran^
ou ^traugers, qui s'inscriront en temps utile et qui auront acquitte les droits de
cotisation.
III. — Dans la seance d'ouverture du Congres, le Comite d'organisation fen
proceder ä la nomination du bureau definitif, des vice-pr6sidents et des secretaires.
Les membres du Comite d'organisation peuvent etre nommes membres du baraii
definitif.
IV. — Les seances du Congres seront publiques. Les membres du Congres,
qui desirent faire une commuuication, pourront s'exprimer dans la langue qui lenr
est familiere.
Les Communications du Comite d'organisation se feront en frangais.
y. — Les comptes rendus des travaux du Congres seront publids dans m
volume special par les soins du Comite d'organisation.
Le Comite d'organisation du Congres de Dermatologie et de Syphiligraphie est
composS de:
MM. les Docteurs:
RicoRD (Ph.), membre de l'Academie de medecine, Chirurgien honoraire de
l'hopital du Midi, President dlwnneiir,
Hardy, professeur honoraire ä la faculte de medecine de Paris, membre de
l'Academie de medecine, President
Membres du Comite:
MM. les Docteurs:
Balzer, medecin de l'hopital de Lourcine.
Besnier (Erkest), membre de l'Academie de mödecine, medecin de l'hopital
Saint-Louis.
DucASTEL, medecin de l'hopital du Midi.
Fournier (Alfred), professeur de Clinique des maladies cutanees et syplii-
litiques k la Faculte de mSdecine de Paris, membre de l'Academie de
medecine, medecin de l'hopital Saint-Louis.
Gailleton, professeur de Clinique des maladies cutanees et syphilitiques a
la Faculte de medecine de Lyon.
Hallopeau, professeur agrege ä la Faculte de medecine de Paris, medecin
de l'hopital Saint-Louis.
HcMBERT, professeur agregS k la Faculte de medecine de Paris, Chirurgien
de rhopital du Midi.
Lailler, medecin honoraire de l'hopital Saint-Louis.
LuLoiR, professeur de Clinique des maladies cutanees et syphilitiques a la
143
Faculte de mSdecine de Lille, correspondant de TAcademie de medecine.
Maüriac (Ch.), mSdecin de l'hopital du Midi.
Pozzi, professeur agrSgS ä la Faculte de medecine de Paris, Chirurgien de
rhopital de Lourcine.
QuiNQüAüD, professeur agreg6 k la Faculte de medecine de Paris, medecin
de l'hopital Saint-Louis.
Tbnkeson, medecin de l'hopital Saint-Louis.
YiDAL, membre de l'Academie de medecine, medecin de l'hopital Saint-
Louis.
Feülabd (Hekbi), chef de clinique de la Faculte ä l'hopital Saint-Louis,
secrStaire,
Le ComitS d^organisation s'est adjoint des secrStaires etrangers, afin de iaciliter
la preparation du Congrds et les moyens de relations avec les mSdecins des divers
pays.
Sur la demande du Comite, ont bien voulu accepter ces fonctions:
MM. les Docteurs:
BsRTABfiLLi (Amb.) . do Milan Secr^taire pour Vltalie.
BOECC (C^sab)
Dubois-Hayeivith .
Fox (Colcott)
Hasluitd
Lassab
Matob (A.)
Morris (Malcolh)
morrow (p.-a.) . .
Pardo
Petersen . . . .
BlEHL (G.) . . .
Silva Abaujo
Welandeb . . .
Zambaco . . . .
Christiania .
Bruxelles . .
Londres. . . .
Copenhague
Berlin
Gendve ....
Londres . . .
New -York .
Madrid
St-Petersbourg . . .
Vienne
Bio-de- Janeiro . . .
Stockholm
Constantinople. . .
la Norwhge.
la Belgique-Hoüande.
la Grande-Bretagne.
le Danemark,
VÄÜemagne.
la Suisse.
la Gfrande-Bretaffne.
les Etats 'Unis y Ämerique
du Nord.
VEspagne.
la Bussie.
V Äutrtche-Hongrie.
X Ämerique du Sud.
la Suede.
la Turquie, la Grrhce et les
Pays d^ Orient
Begletnent.
L — Les adhSsions, demandes de renseigneraents et les Communications peuvent
etre adressees, soit ä M. le Dr. H. Fbülard, ä Baris, höpital Saint-Louis , secretaire
da ComitS d' Organisation, soit k Tun des secrdtaires del^gues pour l'etranger.
n. — Les droits de cotisation sont de 25 Francs; la cotisation donne droit au
volume de comptes rendus du Congres.
m. — Les cotisations seront per^ues k Paris, au moment de l'ouverture du
Congres en meme temps que seront distribuees les cartes de membres du Congres.
Les personnes qui, ayant envoye leur adhesion, ne pourraient venir au Congres,
mais desireraient en recevoir les comptes rendus, devront envoyer, par mandat-poste,
ä M. le Dr. H. Feulabd, secretaire du Comite, le montant de leur cotisation.
IV. — Les questions traitees seront de deux ordres : les unes proposees ä l'avance
par le Comite d'organisation, les autres librement choisies.
144
V. — Les seances auront lieu de 9 heures du matin k midi et de 3benrps
ä 6 heures du soir. Les seances de Tapres-midi seront consacr^es k la discassion des
questions proposees par le Comite.
VI. — Les membres qui desirent faire une communication sont pries de le
faire savoir au secr§taire du Comite d Organisation ou k Tun des secretaires dSIeguei,
avant le 15 mai 1889, et de joindre un resume trSs bref contenant les conclasions
de leur travail.
Ce resume sera imprime in extenso ou en partie dans le programme genenl
qui sera distribue avant l'ouverture du Congres.
Ce Programme qui sera envoye au commencement du mois de juillet 1889 coo-
tiendra les noms des membres ayant envoye leur adh^sion avant le 15 mai, ceox des
orateurs inscrits pour prendre la parole sur les questions mises k l'ordre du jour, les
Communications, annoncees, etc.
VII. — Dans l'ordre du jour de chaque seance, les orateurs inscrits k l'aYanoe
et les Communications annoncees au programme general auront la priorite.
Les Communications peuvent avoir une duree de quinze minutes. Dans les dii-
cussions, les orateurs ne pourront garder la parole pendant plus de dix miiiotes
consecutives. Ce temps ecoule, le president pourra, s'il est besoin, maintenir la
parole k l'orateur.
VIII. — Les manuscrits des Communications devront etre deposes sur le boreaii
avant la levee de la seance.
Le Comite d' Organisation decidera de leur insertion totale ou partielle dans ie
compte-rendu officiel.
La publication sera faite en fran^ais, en allemand ou en anglais.
Quant aux discussions, elles seront reproduites dans le compte-rendu k conditios
que les membres qui y auront pris part remettent, au plus tard au d^but de li
seance qui suivra, un r^sumS de leurs discours aux secretaires de la seance.
Questions mises k l'ordre du jour.
Question 1. De la Constitution du groupe „Liehen**.
I. — Doit-on, avec les anciens dermatologistes, conserver la d^nomination de
„Liehen" k un assez grand nombre d'affections que plusieurs modernes consid^rent
comme differentes les unes des autres?
II. — Dans la negative : lo Quelles sont les affections qu'il faut söparer da
groupe et denommer autrement; 2o ün nouveau groupe liehen 6tant constitad, quelles
sont les especes, formes ou vari^tes que Ton doit y admettre?
Question IL Du Pityriasis rubra — Des dermaütes exfoliantes
generalisees primitives.
I. — Quels sont les caracteres propres de la dermatose k laquelle il faut limiter
la d^nomination de Pityriasis rubra ? Ne doit-on pas distinguer dans cette maladie
plusieurs types selon leur marche, leur duree, leur terminaison?
II. — La dermatose decrite sous le nom de Pityriasis rubra püatre^ doit-elle
etre consideree comme une espice du Pityriasis rubra ou comme une affecUon propre^
ou bien etre rattachee k un autre genre morbide, le psoriasis?
III. — Quels sont les rapports k etablir entre les affections cutanßes de-
nomm^es :
a. Eryihemes scarlatiniformes.
b. Dermatite exfoliatrice geniralisee primitive.
146
QuesHon HL Du pemphigus. — Des dermatoses buUeuses, complexes
ou multiformes.
L — Le tenne de Pemphigus peui-il etre conservö ponr dSnommer plosieurs
dermatoses balleuses qui soiit distiDctes les iines des antres par leur nature, lenr
raarche et lear terminaison ; ou bien, an contraire, doit-il etre r^erv6 ä une maladie
nnique et bien d^finie, le Pemphigus, correspondant au pempbigus ebronique, bulleux,
ou foliac^?
n. — D*autre part, comment doit-on classer diverses dermatoses balleuses,
eryth^mato-buUeuses, ou plus complexes encore : ^rythemateuses, pustuleuses, buUeuses
ä la fois, c est-ä-dire multiformes^ telles par exemple que les affections connues sous
les noms de pemphigus ä petites buües, ^theme huUeuXy Hydroa buHeux^ dermaüte
herpäiforme, dermaüte prurigineuse polymorphe, herpes gestationis, etc. ; et quelles
denominations faut-il leur appliquer?
Question IV. Du trichophyUm. — Des dermatoses trichopJiytiques.
I. — Mycologie, espöoes, cultures, transmission exp^rimentale, contagion.
n. — Prophylaxie et traitement.
Question V. DirecOon genSrale ei duree du traitement de la Syphilis.
I. — A quel moment de l'infection sypbilitique doit etre commence le traite-
ment?
Traitement continu; traitement interrompu.
Par quel agent therapeutique doit-il etre commenc4?
Quand y a-t-il lieu d*adjoindre ou de substituer les preparations iodur^es aux
mercuriaux?
Indications et contre-indications du mercure.
IndicatiouB et contre-indications de l'iodure de potassium.
n. — Combien de temps le traitement doit-il Stre oontinuS?
Faut-il traiter la sypbilis en dehors de ses manifestations?
Est-il utile, ä une 6poque 61oign6e du debut de l'infection, d'administrer encore
l'iodure preventivement?
(Question VI. Friquence rdative de la syphüis tertiaire. — Conditions
favorables ä son dSveloppement.
I. — Etablir la proportion des syphilitiques qui arrivent k la periode tertiaire:
lo Sans traitement;
2o Avec traitement.
n. — Peut-on tirer quelque indice soit des accidents secondaires comme pr^sages
des accidents tertiaires.
m. — D^terminer l'influence reelle des causes reput^es favorables k l'^closion
de la Syphilis tertiaire (age, Constitution, sexe, ant^c^dents morbides personnels ou
hereditaires, profession, hygidne individuelle, impaludisme, alcoolisme, traumatisme,
sormeoage; causes depressives),
Le Comitö d'organisation pense qu'il y aurait interSt pour la disoussion des
questions g^nerales, k ce que ces questions fussent Tobjet de rapports particuliers ;
il prie donc les orateurs qui ont l'intention de preparer et r^diger ces rapports de
▼ooloir bien Ini faire parvenir suivant le mode prescrit par l'article VI du röglement,
lei condusions de leur travail sur la question ou un point de la question : ces con-
clotions seront reproduites dans le programme g6n6ral.
10
146
Questions laisSes au choix des Meinbres du Congrös.
Tout en laissant aux membres du Congr^s la faculte de cboisir les questions
qu'ils veulent traiter, le Comite d'organisation desire attirer plus particuliSTement
Tattention sur certaines questions dout la Solution ne parait pouvoir etre obtenue qne
par le concours des dermatologistes et sypbiligrapbes de pays divers.
I. — Questions de dermatologie,
Mycosis fongoide.
Pruritus hienialis.
Contag^on de la lepre. Du nombre des lepreux existant actuellement en Earope
en debors des pays Scandinaves.
Etat de la science sur la nature parasitaire non encore definitivement etablie de
certaines affections de la peau, telles que Veczema sec circine, le pityricisis rose d<
GHherty Veceetna seborrhHquey etc.
IL — QttesUons de Syphüigraphie.
Kapports qui existent entre la sypbilis et quelques affections dSfinies du Systeme
nerveux (tabes, paralysie generale).
Excision du cbancre sypbilitique.
Indications et valeur th^rapeutique des injections mercurielles souscutanees.
Prophylaxie administrative de la sypbilis des nourrices et des nourrissooi
(reglements existant dans cbaque pays, responsabilite des administrations bospitalieitt,
conduite ä tenir vis-ä-vis des nouveaux-nes abandonn^s, n4s de parents dont les ante-
cedents patbolog^ques sont ignores, nourriceries, allaitement artificiel, etc.).
Du cbancre v^nerien, unicite et dualitS ; frequence relative du cbancre mou dans
les divers pays.
HL — Questions techniques relatives ä la pratique et ä Venseignement
de la dermato-syphiligraphie,
Comparaison de Tenseigncment et de la pratique dermato-sypbiligrapbiques dans
les divers pays (chaires officielles de facultes, enseignement libre, bopitaux et semces
speciaux, consultations publiques et policliniques, laboratoires, etc.).
Nominatiou d'une commission cbargee de la siuiplification de la nomenclatare
dermatologique.
Moyens de faciliter l'etude internationale de la dermatologie ; publication d'an
atlas international des dermatoses rares; synonymie des appellations nosologiqoes,
bibliograpbie, journaux, societes, congres periodiques, etc.
Der achte Eongrefs für innere Medizin findet vom 15. bis 18. April 1889
zu Wiesbaden statt. Das Präsidium desselben übernimmt Herr v. Libbbrmeistkk
(Tübingen). — Herr Schultze (Bonn) wird eine Gedächtnisrede auf Herrn Kühlk
halten. Folgende Themata sollen zur Verhandlung kommen: Montag, den 15. April:
Der Ileus und seine Behandlung. Referenten: Herr Cürschmann und Herr
Leichtenstern. — Mittwoch, den 17. April: Die Natur und Behandlung der
Gicht. Referenten: Herr Ebstein und Herr Emil Pfeiffer. — Folgende Vortrage
sind angemeldet: Herr Immerhann (Basel): Über die Funktionen des Magens
bei Phthisis tuberculosa. — Herr Petersen (Kopenhagen): Über die Hippo-
147
kratische Heilmethode. — Herr FOrbrtkger (Berlin): Über Impotentia virilis.
— Herr L. Lewin (Berlin): Über Arzneibereitung und Arzneiwirkung.
Der 3. Eongrefs russischer Ärzte fand in der zweiten Hälfte Janaar in
St. Petersburg statt. Für die dermatologisch-sTphilidologische Sektion waren u. a.
folgende Vorträge vorgemerkt: die Herren Münch und Polotebhow über Lepra,
die Herren Ischistjakow und Rkschitinkow über Injektionen unlöslicher
Salze bei Syphilis, Herr Petersen über Nomenklatur der Syphilisperioden.
Ein Bericht über die Verhandlungen wird demnächst in den Monatsheften erscheinen.
Für die Sektion für Dermatologie und Syphilis der diesjährigen Ver*
Sammlung deutscher Naturforscher und Arzte in Heidelberg sind Herr
Dr. Fleiner als Einführender und Herr Dr. Dinkler als Schriftführer gewählt
worden.
^txfonaixtn.
Ein dermatologisches 50jähriges Jubiläum. Prof. Diday, seit 1838 Oberarzt
an der Antiquaille zu Lyon, feierte in geistiger Frische diesen Ehrentag bei einem
intimen Festmahle mit chirurg. Hospital-Kollegen. (Prov. med. 1888. No. 25.)
Pauly- Nervi.
)i)erf4iiebene5.
Wechsel der Farbe des Gefieders infolge von Todesangst. Über ein
merkwürdiges Ereignis aus dem Tierleben schreibt der Metzer Ztg. ein Einwohner
von Planti^res bei Metz: „Ich besitze einen spanischen Hahn, der sich durch ein
schön schwarzes Gefieder, welches keine Spur einer andern Färbung aufwies, aus-
zeichnete. Vermutlich auf einer Entdeckungsreise geriet dieser stolze Spanier eines
Abends in den Behälter der Schweine, die, zur Gastfreundschaft nicht geneigt, dem
Armen übel zusetzten und ihn ohne Gnade ermordet haben würden, wenn sein
Wehgeschrei nicht rechtzeitig Menschenhilfe herbeigerufen hätte, die ihn seinem
Harem zuführte. Mit dem Verlust der schönsten Schwanzfedern wäre der Vorwitz
genügend gebüfst gewesen; das miisliche Abenteuer war ihm aber so zu Herzen ge-
gangen, resp. auf die Nerven geschlagen, dafs er, der tags vorher noch in jugendlicher
Schöne die Gärten durchwandelte, am andern Morgen als — Greis auf dem Futter-
platze erschien. Die Federn auf dem Kopfe sind vollständig weifs geworden, am
Halse und auf dem Rücken etwa die Hälfte, so dals er hier gesprenkelt erscheint."
Strafen der Prostitution in Finnland. Der finnische Landtag hat unter
Kap. 20,9 soeben beschlossen, dafs, wenn aufser bei Minorität, Geistesschwäche, naher
Verwandtschaft, ein Mann und eine Frau der heimlichen Kohabitation überführt sind,
sie bis zu 40 M. der Mann, 20 M. die Frau Strafe zu zahlen haben. Der geistreiche
Redakteur der Prov. med.^ Victor Angagneur, begleitet diese Mitteilung mit der
Noüz: Man sieht, was für ein kaltes Land Finnland ist. Welch reine Sitten! Der
nmple Koitus hat 20—40 M. Strafe. In Frankreich würde ein solches Gesetz einfach
die Wohnungsmiete um die Strafsumme steigern, die Kohabitation aber nicht hindern.
Pauiy-Nervi,
10*
148
Als eine schwer zu knackende disgnostische Nufs erscheint der Fall, dto
Prof. Schnitzleb in der k. k. Gesellsch. der Arzte in Wien (21. Dezbr. 1888) Yot-
stellte. 48j ähriger Mann, stets gesund, erhält ein für Diphtheritis angesehenes Ge-
schwür an der 1. Tonsille, das nach Atzungen verschwindet, um wiederzukehren.
Es ergreift Uvula, weichen Gaumen, hintere Rachenwand. In Moskau hält es der
Chirurg für eine Neubildung, der Internist für einen Abscefs, der Syphilidolog
für ein G-umma. In Wien konsultiert er auch mehrere Ärzte, die ebenso dissen-
tier en. Nach einer erfolglosen Schmierkur sieht ihn Sohn., der folgendes kon-
statiert: Nasale Sprache, Zerstörungen am weichen Gaumen, Uvula weg, ebenso beide
Arkaden weg, hintere Bachenwand stark infiltriert. Das Geschwür war mit dickem
Eiter belegt, und man sah im infiltrierten Gewebe einige Granulationen, die an
Heilung denken liefsen. Schn. denkt an eine Neubildung. Das von Hofmokl ex-
cidierte Stück untersucht Prof. Weichsblbaum, der Tuberkulose und Lues ausschlielst,
auch Karzinom; es handle sich entweder um Sarkom oder eine bisher unbekannte
Erkrankung.
In der — höchst instruktiven — Diskussion sagt Prof. Stöbk, dafs er, als der
Patient nach Wien kam, den Pat. sah und das Geschwür damals auf die linke
Seite beschränkt war. Der weiche Gaumen war durchbrochen. St. riet zur Operation,
denn er negierte Lues: a. da keine andern Zeichen von Lues bei so hodi-
gradiger Zerstörung da waren, b. da er keine Abklatschgeschwüre sah, c da der
Prozefs sich auf einer Seite abgrenzte, e. da das Geschwür wie mit einem 1mlg^
krampten Rande versehen war. St. hatte den Eindruck einer malignen Neubildung.
Kaposi hat den Kranken auch gesehen und für Lues sich erklärt, ebenso wie jetzt
Die Infiltration war gleichmäfsig wie bei einem retromukösen Gumma.
Auch der weitere Verlauf sprach dafür. Der Mangel andrer Syphilis-
erscheinungen ist kein Gegenbeweis. Die Anwesenheit von Drüsenschwel-
lungen ist nicht notwendig — in späteren Jahren findet man überhaupt keine Poly-
adenitis. Abklatscherscheinungen konnten nicht da sein, da Gummen überhaupt nieht
ansteckend sind. Nur Lues, nicht Karzinom — resümiert Kaposi. Billboth stimmt
Kaposi bei, aber es föllt ihm auf, da& die Schmierkur ohne Erfolg ist. Er eriimeii
K. an einen Fall von Rhinosklerom, den B. für Lues hielt, und wo K. einwarf^ die
Schmierkur hätte doch dann Erfolg gehabt haben müssen. Das betont B. hente
wiederum (wie Ref. sich erlaubt zu bemerken, irrtümlich, denn hier ist eben eine
kombinierte Kur nötig, um Erfolge rasch zu zeigen). B. hält es nicht für Karzinom.
Rhinosklerom käme in Frage; aber dabei wären selten spontane Ulcerationen ; anch
hätten alle Fälle, die B. gesehen, zu hochgradigen Stenosen geführt, was hier nicht
der Fall wäre. Auf Tuberkulose wäre zu untersuchen an einem excidierten ausgiebigen
Stücke; negative Resultate sind nicht mafsgebend. Dasselbe gilt für Karzinom;
die Epithelzellen können herausfallen, und es bleibt blofs ein bindegewebige!
Gerüst, das nichts Charakteristisches darbietet.
Neümann hält es für Lues, da die Geschwüre ganz weich waren. Er wartet den
Erfolg seiner methodischen Bekandlung bei dem Pat., den er auf seine Klinik ge-
nommen, ab. Kaposi meint, etwas Verheilung nach der früheren Schmierkur habe
er gesehen.
ScHNiTZLBB erwähnt zum Schlufs, dafs er vor einigen Jahren mit Billroth einen
ähnlichen Fall gesehen. Auch dort Beginn an der Tonsille; damals wurde die Diagnose
auf Diphtheritis gestellt, dann auf Lues, später auf Karzinom. Zahlreiche Metastasen
auf der Haut rechtfertigten die letztere Diagnose. Pauly-Nervi
VerUg von LdOPOM VOSS in Hamburg (und Leipzig).
Drvek der VcrUgtanttalt nnd Dniekerel Aetten-QMaUaehaft (rornuds J. F. Blehtar) In Hamlmrff'
Monatsliefto fpr. l).-i-ni,LLnl,K,ie. VIII tiHiu!.
'"'■'. ^^
liiu.y.i, heralohv'lin unil Klriih.
rfjg.,o:.kopoldVo55T.I!^".biirg.^rdl<...wgi.
pottat0|ie)le fk ||taUifi|e pettnatologit
Band VIII. No. 4. 15. Februar 1889.
Aus Dr. Unnas dermatologischem Laboratorium in Hamburg.
Keratohyalin nnd Eleidin.
Von
Dr. Pausto Buzzi,
Assistent der dermat. Klinik der Charit^ in Berlin.
Mit 1 FArbendrncktafel.
n.
Dem ersten historisoh-kritisclieii Teil meiner Arbeit lasse ich einen
zweiten folgen, dessen Resultate positiverer Natur sind. Schon in einer vor-
läufigen Mitteilung (s. Monatshefte f. pr, Derm, 1888. pag. 761) über diesen
Gegenstand habe ich diese Resultate kurz dahin zusammengefalst, dals sie die
Individualität und Selbständigkeit der beiden Substanzen — Kerato-
hyalin und IBleidin — , welche man bisher zusammenwarf und als
eine einzige Substanz auffafste, beweisen. Die Beobachtungen, welche
mich zu diesen Resultaten führten, will ich nun im folgenden mitteileui
ebenso wie die Betrachtungen und Polgerungen, welche zu ihren gunsten
sprechen. Zum bessern Verständnis derselben sind 4 Parbenskizzen
meiner Befunde beigegeben.
Um jedes Mifsverständnis von vornherein auszuschliefsen, halte ich
es für nötig, die von mir angewandte Nomenklatur schon hier genau
festzustellen. Als Keratohyalin bezeichne ich die in Zellen ein-
geschlossenen Kömchen der Körnerschicht, welche zuerst von
AuFFHAMMEB gesehen, sodann von Lakqerhans, Unna, Walbeyeb
u. a. m. besser beschrieben und studiert wurden und welche seither allen
flistologen, besonders durch ihre grofse Affinität zum Karmin und
Hämatoxylin sehr wohl bekannt sind. Im Gegensatze dazu reserviere
ich den Namen: Eleidin für jene Substanz, welche sich in der Porm
von Tröpfchen und Lachen (flaques) auf der Oberfläche von Hautschnitten
in der Höhe der basalen Hornschicht frei, extracellulär zeigt und
znerst von Ranvier beschrieben wurde.
Monatahefte. 11
150
Meine Untersuchungen sind an der menschlichen Haut angestellt
und zwar vorzugsweise an der Haut der Planta, welche beide Substanzen
in grofser Menge enthält. Die speziellen technischen Mafsnahmen werden
bei Besprechung der einzelnen Befunde erwähnt.
Was die Form und Verbreitung der Keratohyalinkörner betrifi,
so habe ich den Angaben der soeben citierten Autoren nichts hinznza-
fügen. Ich bin mit Waldeyer und Unna überzeugt, dafs ihre Konsistenz
diejenige fester Körper ist, und dafs die neuerdings ihnen häufig gegebene
Bezeichnung von „Tröpfchen" eine unpassende ist.
Zunächst findet man nicht selten neben ganz runden oder ovalen
Körnern solche von mehr oder weniger eckigen Konturen. Sodann habe
ich nie bemerkt, dafs sie ihre Form ändern oder zusammenflieüsen, wenn
man mittels des Deckgläschens einen Druck auf sie ausübt, was zweifellos
geschehen müfste, wenn es sich um Tröpfchen einer Flüssigkeit handelte.
Weiter spricht es gegen die flüssige Natur der Kömer, dafs man niemals
etwas von ihrer Masse mit dem Messer auf die Hornschichtoberflftche
überträgt, wenn man mit demselben von der Cutis gegen die Homschicht
den Schnitt führt; hiervon kann man sich leicht mittels der Hämatoxylin-
färbung überzeugen. Endlich konnte ich mich — wie "Waldeykb —
überzeugen, dafs die Kömer bei der Behandlung mit Alkalien aufquellöi
wie eine feste Substanz und nicht wie die Tropfen einer Flüssigkeit.
Mit dieser Erwähnung einer Volumenzunahme der Keratohyalinkörner
unter dem Einflüsse von Alkalien betreten wir das mikrochemische
Gebiet. Eine Lösung von Natron oder Kali wirkt stärker als eine solde
von Ammoniak. Beim Erwärmen des Objektträgers lösen sie sich unter
dem Einflüsse dieser Alkalien auf, übrigens gleichzeitig mit den Zellen,
welche sie enthalten, und sogar den Homzellen.
Wasser übt durchaus keinen lösenden Einflufs auf sie aus. Nach
sehr langer Immersion der Schnitte in destilliertem Wasser gelang es
mir noch sehr gut, die Kömer mittels Hämatoxylins zu färben.
Ebenso indifferent verhält sich der Alkohol gegen sie. Jahrelang
in Alkohol aufbewahrte Haut ergab mir noch eben so gute Färbongs^
resultate wie die frische Haut. Ich finde dieses Faktum ebenfalls erwfthnt
in einer Dissertation von Krause, welcher die Haut des Affen bearbeitete,
und verstehe absolut nicht, wie Zander in einer neueren Publikation eineo
deletären Einflufs des Alkohols auf die Keratohyalinkörner behaupten kann.
Auch durch Äther, Chloroform und Benzin gelingt es nicht,
das Keratohyalin aufzulösen, wie man sich durch die Färbung der
Schnitte nach Behandlung derselben mit diesen Lösungsmitteln über-
zeugen kann.
Schon in dem ersten Teile dieser Arbeit habe ich mich, gelegenÜidi
der LiEBERMANNschen Reaktion, eingehend mit der Wirkung der Essig-
151
saure und Schwefelsäure auf das Keratohyalin beschäftigt, brauche
also hier nicht darauf zurückzukommen.
Salzsäure und Salpetersäure, selbst in starker Verdünnung,
lassen die Kömer aufquellen und weniger sichtbar -werden. Bei stärkerer
Konzentration werden sie — wie die Zellen — aufgelöst. Wie Walde yer
habe ich nicht konstatieren können, dafs sie sich unter dem Einflüsse der
Salpetersäure gelb färbten.
Osmiumsäure, wie das seit langem bekannt ist, schwärzt sie
nicht. Man kann sogar sagen, dals sie etwas glänzender hervortreten im
Kontrast mit der gebräunten Umgebung.
Jod, in Form der Tinktur oder der LüGOLschen Lösung, mit oder
ohne einen Tropfen Schwefelsäure, bringt an den Körnern keine spezifische
Färbung hervor.
Ich selbst habe keine Experimente über künstliche Verdauung des
Keratohyalins angestellt. Waldkyer versichert, dafs die Körner sich
mittels Glycerin-Pepsinextrakten vollkommen verdauen lassen. Unna,
welcher mit Pepsin-Salzsäure und Trypsin arbeitete, hat auch ihre voll-
ständige Verdauung beobachten können.
In formeller Opposition mit diesen Resultaten befindet sich Zander,
wenn er sagt: „Ich trage kein Bedenken, diese Kömchen, welche
wohl mit dem Keratohyalin oder Eleidin gleichbedeutend
sind, als Keratin, anzusehen." Die mangelhafte Begründung dieser
Behauptung von Zander springt, wie Unna dieses bereits dargethan, in
die Augen. Man fragt sich, wie jemand eine solche These aufstellen
konnte, ohne Verdauungsversuche vorzunehmen, welche allein ihr als
fiasis hätten dienen können, um sich statt dessen auf Färbungen mit
Methyleosin zu stützen, die an Hautschnitten vorgenommen wurden, welche
in MüLLERScher Flüssigkeit gehärtet waren.
Es ist hier vielleicht nicht überflüssig die Bemerkung einzuschalten,
dals man bei dieser Härtemethode, welche durch manche bedeutende
Vorteile — wie die Erhaltung des Fettes und der natürlichen Form der
Gewebe — einen ehrenvollen Platz in der mikroskopischen Technik sich
bewahrt hat, anderseits sehr auf der Hut sein mufs, wo es gilt, delikatere
Prägen der Mikrochemie zu entscheiden. Besonders gilt dies für in
MüLLBRscher Flüssigkeit gehärtete tierische Fette, was nebenbei die
Besultate der STiCKERSchen Versuche (s. oben pag. 6) auch von dieser
Seite fragwürdig erscheinen läfst. Uhthoff hat vor längerer Zeit
darauf aufmerksam gemacht, dafs diese Flüssigkeit dem Fettgewebe
die Reaktion der amyloiden Degeneration erteilen kann, und Meter-
thal, welcher Kontrollversuche hierüber anstellte, kam zu ungefähr dem-
selben Resultate und fand außerdem, dafs Fett und Fettgewebe durch
die Aufbewahrung in MüLLERscher Flüssigkeit neben andern Eigenschaften
152
aiicli die erhält, sich mit vielen Färbemitteln färben zu lassen, gegen
welche das frische Fett sich vollständig refraktär verhält.
Gerade für nnsem Fall müssen wir also gegenüber Angaben, welche
sich anf in MüLLERsche Flüssigkeit gehärtete Präparate beziehen, doppelt
vorsichtig sein; so gegenüber den Ergebnissen der letzten Arbeit von
Zander, ohne im übrigen den Verdiensten derselben zn nahe treten zu
wollen. Mir lag nur daran, die völlig grundlose Behauptung dieses
Autors, Keratohyalin und Eleidin seien Keratin, zurückzuweisen.
Nach dem bisherigen sieht man, dafs meine Resultate in betreff
der Kömerschicht fast vollständig mit denen Waldbyers zusammenfallen.
Wie steht es aber nun mit dem Eleidin, welches Hanvier in der basalen
Homschicht gefunden hat? Es ist wirklich höchst auflfallend, dafe dieser
Befund des französischen Histologen bis jetzt von keinem deutschen
Histologen bestätigt worden ist. Es ist möglich, dafs man diesen Um-
stand zu einem gro&en Teil darauf zurückführen kann, dafs Ranvieb in
seiner ersten (1879) und zweiten (1883) Publikation über diesen Gegen-
stand zu wenig ausführlich die Vorsichtsmafsregeln behandelte, 'welche
zur Darstellung seines Eleidins unerlälslich sind. Aber seitdem hat
Ranvibr in der zweiten Auflage seines TraiU technique die Vor-
schriften zur Herstellung seines Pikrokarminats gegeben und ist in einer
andern Abhandlung näher auf die Darstellung seines Eleidins eingegangen.
In anbetracht der Wichtigkeit des Gegenstandes glaube ich am besten
zu thun, wenn ich die betreffenden Sätze von Ranvier über diesen viel
diskutierten Punkt wörtlich anführe. Er sagt {Ärch. de Physiologie.
1884):
„C'est sur des coupes convenablement colorees quo Ton devra observer Teleidine.
Oes coupes seront executees apres durcissement des tissus par Talcool et seront
colorees au moyen du picrocarminate d'ammoniaque. La coloration sera d*antant
plus rapide et plus complete que le sejour des tissus dans Talcool aura ete moins
prolonge. Une immersion de 24 heures dans Talcool k 36^ de Castieb suf&t ample-
ment, si le fragment n*est ni trop ^pais, ni trop etendu. Les coupes sont placte
pendant quelques minutes dans Teau ordinaire pour enlever Talcool; on les disposfr
sur une lame de verre öu on les soumet ä l'action du reactif colorant. II convient
d'employer une Solution de picrocarminate d'ammoniaque trds-^tendue, 1 pour lOOO
environ. Lorsque l'elSidine est color6e, ce qui se produit au bout de quelques minutes»
et ce dont on s'assure en examinant la preparation avec un grossissement faible, on
ajoute une lamelle, on depose sur un des bords de celle-ci une goutte de glycerin»
et Ton porte le tout sous une cloche formant cbambre humide, afin que la glyc^iine
diffuse lentement. Au bout de quelques heures, la pr6paration est exposee k Tair
et l'eau en exces 6tant övapor^e, on termine la preparation par les procedes habituels»
Pour obtenir un plein succds, il importe d'employer du picrocarminate d'ammoniaque
et non du picrocarmin ordinaire."
153
Weiterhin sagt Ranvier:
„ dans les coupes de lepiderme de rhomme colorees par le procede que
j'ai indique plus haut, on voit ä la surface de la pi^eparation, au niveau du Stratum
lucidum, des gouttes et des flaques colorees en rouge vif, et j'aujouterai que si Ton
deplace la lamelle par rapport ä la coupe des tissus, il y a toujours un certain nombre
de gouttes ou de flaques d'el^idine qui restent adherentes k la face iiiferieure de
cette lamelle/'
Endlich lesen wir in dem Expose des titres et des travaux scmitifiques
de L. Ranvier. Paris 1885. pag. 60:
„Entre le Stratum granulosum et la couche comee se trouve une couche mince
d'apparence homogene, le Stratum lucidum. Les elements qui la composent sont
infiltres d'une substance qui s'en exprime comme d'une eponge, qui a la consistance
et la refringence d'une huile essentielle et se colore aussi facilement et aussi vive-
ment par le carmin que les granulations du Stratum granulosum. Ces granulations et
cette substance paraissent avoir la meme Constitution : elles correspondent ä leleidine
de l'auteur."
Wenn wir diese durchaas klaren, konzisen Schilderungen Ranviers
für sich allein betrachten, so wird es uns schwer, zu verstehen, weshalb
bis heute von den hierzu berufenen deutschen Autoren die Existenz der
BANViERSchen Befunde im Stratum lucidum nicht bestätigt, ja sogar an-
gezweifelt wurde. Ein Verständnis hierfür gewinnen wir nur durch den
letzten Schlufssatz Ranviers, der besagt, dafs seine ölartigen Tropfen
und die Körner der Körnerschicht ein und dieselbe Substanz seien. Wir
sind überzeugt, dais die deutschen Histologen sich beeifert hätten,
Ranviers Angaben ihrerseits zu bestätigen, wenn der französische Forscher
die Kömerschicht bei seiner Sache ganz aus dem Spiele gelassen hätte.
Überzeugt von der nicht-fettigen Natur dieser Kömer mulsten die deut-
schen Autoren allerdings die Befunde von Ranvier insgesamt mit einigem
MiJstrauen ansehen, welches, soweit es das Stratum lucidum betraf, ganz
ungerechtfertigt war.
Übrigens ist es interessant zu bemerken, da6 der von Ran vier vor-
geschlagene Name Eleidin von der Mehrzahl der Histologen in Deutsch-
land seither gerade zur Bezeichnung der Keratohyalinkömer, wenn auch
fälschlich, gebraucht worden ist.
Ist nun die Beobachtung Ranviers richtig? In der That, sie ist
es. Wenn man sich genau an die Vorschriften des Autors hält, ist es
sehr leicht, an Schnitten der menschlichen FuCssohle eine Substanz zu
entdecken, die sich mit dem bezeichneten Pikrokarminat intensiv rot
&rbt. Über die Existenz des Eleidins im Stratum lucidum kann nach
meiner Meinung nicht der Schatten eines Zweifels obwalten. Ich habe
überdies meine Schnitte mit skrupulösester Sorgfalt so hergestellt, dafe
ich das Messer von der Homschicht gegen die Cutis richtete und nach
jedem Schnitte mit einem in Äther getauchten Pinsel reinigte.
154
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich folgendes: Das Eleidin ätzt
im Niveau der basalen Homschicht, ausgebreitet, so weit diese Lage
reicht, nicht in der Dicke des Schnittes, sondern auf seinen beiden Ober-
flächen. Es existieren also bei jedem Schnitte zwei Lagen dieser Sub-
stanz, wie man sich leicht durch höhere und tiefere Einstellung des
Mikroskops überzeugen kann. Diese beiden Eleidinbänder folgen genau
den Einsenkungen und Erhebungen der unverhomten Oberhaut, indem
sie weder nach oben in die Homschicht, noch nach unten in die Kömer-
schicht übergreifen, vielmehr der letzteren dicht angeschlossen auch an
den Schweifsporen, wie diese, trichterförmig herabsteigen.
Das Eleidin erscheint in der Form von Tröpfchen, zuweilen von
extremer Feinheit, von voluminöseren Tropfen und unregelmfiüCsig ge-
stalteten Lachen (flaques, Ranvier), welche augenscheinlich durch das
Zusammenfliefsen von mehreren Tropfen gebildet werden. Diese Lacben
dehnen sich zuweilen in Form mehr oder weniger langer Bänder und
Streifen aus. Nicht selten findet man innerhalb der Tropfen ungefärbte,
kugelige Vakuolen, deren Konturen intensiver gefärbt erscheinen, als
der Rest der Tropfen. Tröpfchen, Tropfen, Lachen und Bänder
finden sich unregelmäfsig nebeneinander. Ich konnte auch die Be-
obachtung machen, dafs, je reichlicher das Eleidin auf der Sclinittober-
fläche erscheint, um so geringer die difluse Färbung im Innern der
basalen Homschicht ist. Diese Thatsache gereicht der RANViERschen
Ansicht zur Stütze, dafs das Eleidin diffus in der basalen Homschicht
existiert, aus der es im Moment des Schneidens wie aus einem Schwamm
ausgedrückt wird. Ich habe mich weiter überzeugt, dafs diese Substanz
reichlicher über den Einsenkungen, spärlicher über den Erhebungen der
Stachelschicht und am geringsten auf dem Wege zwischen beiden Punkten
entwickelt ist.
Ich zögere keinen Augenblick, mich Ranvier anzuschliefsen, was
die flüssige Natnr des Eleidins betrifit. Durch einen leichten Drack anf
das Deckglas kann man die Gestalt der Tropfen und den Ort der Vakuo-
len in ihnen verändern. Ein solches Deckgläschen zeigt unter dem
Mikroskop Reste anklebenden Eleidins.
Ranvier spricht nicht über die Region der Haut, von welcher er
die Stücke zu seinen Versuchen entnahm. Meine ersten Versuchsobjekte
waren aus der Plantarhaut geschnitten. An der Haut der Palma manns
und an den Fingerbeeren, welche nach Zander zum Typus A der Kera-
tinisation gehören, ist die Verteilung des Eleidins genau so, wie ich sie
eben beschrieb.
Mittels Ranviers Pikrokarminat war es mir aber auch möglich, das
Eleidin an den verschiedensten andern Hautregionen (Brust, Brustwarze,
Bein) vom Typus B nachzuweisen. Hier fand ich es stets in Form einer
155
Tröpfchenreihe, in welcher die einzelüen Tröpfchen von gleicher Gröfse ,
wie Korallen auf einer Schnur, nebeneinander safsen. Wenn es erlaubt
ist, hieraus einen SchluTs zu ziehen, so scheint es, dals die Quantität
des Eleidins, repräsentiert durch die Dicke seiner Schicht, der Dicke der
Kömerschicht proportional ist. In dieser Beziehung wäre es interessant
zu wissen, ob das Eleidin sich auch dort findet, wo eine Kömerschicht
ganz fehlt, wie — nach Unna — am Lippenrot. Ich warte aus leicht
erklärlichen Gründen noch bis heute auf eine Gelegenheit, diese Lücke
auszufüllen.
In den bisher mitgeteilten Versuchen habe ich mich nicht aus-
schUefslich des B>ANVi£Rschen Verfahrens bedient, sondern dasselbe oft
modifiziert. So ist mir die Färbung auch im Schälchen und mit einer
viel stärkeren Lösung gelungen, als sie Ranvibr angegeben hat. In
diesem Falle ist das Eleidin stets stärker gefärbt, als der Rest des Schnittes.
Natürlich läfst es sich bei allzustarker Färbung nicht mehr dififerentiell
hervorheben. Mittels des oben beschriebenen Spülapparates gelingt die
Darstellung des Eleidins sehr gut. Hierzu mufs man sich einer stark
verdünnten Pikrokarminatlösung bedienen.
Wie man sieht, ist die Darstellung des Eleidins durchaus nicht
schwierig. Selbst die von Ranvier empfohlene kurze Härtung in Alkohol
ist nicht nötig. In ganz frischer Haut läfst sich das Eleidin
auch sehr gut, vielleicht sogar besser darstellen, als in konser-
vierter. Hierzu lasse ich die Haut etwas an der Luft antrocknen und
schneide dann aus freier Hand oder mittels des Mikrotoms, indem das
Hautstück zwischen HoUundermark fest eingeklemmt wird. Solche
Schnitte, trocken wie sie sind, rollen sich freilich sofort ein, entrollen
sich aber in einer feuchten Kammer bald wieder vollständig und liefern
ein voraügliches Versuchsmaterial. Diese sehr feinen Schnitte aus frischer
Haut halten sich auch sehr gut, wenn man nur dafür sorgt, dafs die
feuchte Kammer sterilisiert ist und an einem kalten Orte aufbewahrt
wird. Bei Versuchen wie den vorliegenden ist es praktisch, sich auf
längere Zeit hinaus einen genügenden Vorrat solcher, nicht ganz leicht
herzustellender Schnitte anzulegen, weshalb ich diesen Punkt eingehender
erörtert habe.
Ich habe das Eleidin auch in Flächenansichten geferbt nach der
Methode, welche Unna gelegentlich der Kritik der ZANDERSchen Arbeit
beiläufig erwähnt.
Von pathologischen Produkten, soweit ich sie bisher untersucht habe,
nenne ich die gewöhnlichen Warzen, in denen das Eleidin massenhaft
vorkommt, wie es vorauszusehen war.
Nur eine Erfahrung möchte ich noch mitteilen. An der frischen
Leiche eines an einer Herzkrankheit Verstorbenen konnte ich von der
156
ödematösen Haut die Homschiclit ohne weiteres abziehen, wie es sonst
an in Maceration befindlichen Kadavern gelingt. Da ich mir dachte, isb
diese Abhebung vielleicht gerade zwischen Kömer- und Homschicht vor
sich gegangen sei, unterwarf ich die gewonnene Membran, mit der Unter-
seite nach oben gekehrt, der Färbung mit Pikrokarbonat in der Hoffiiung,
auf diese "Weise zu einer Darstellung des Eleidins innerhalb intakter
Homzellen in situ zu gelangen In der That sah ich in den ganz platten,
eng miteinander verbundenen, polygonalen Homzellen in der Mitte einen
ungefärbten Hohlraum an Stelle des Kernes und rund herum eine doieh
das Karmin rot gefärbte Substanz in verschieden gro&en Tropfen.
In einigen Zellen umfing ein solcher Tropfen die Kemhöhle hufeisen-
förmig. ^
Die spezifische Karminfärbung dieser Substanz, zusammengehalten
mit dem Kernschwund und der charakteristischen Form der Homzellen
läfst mich glauben, dafs es sich hier um Eleidin gehandelt habe, und so
wäre es mir denn gelungen, diese Substanz im Innern der basalen Hom-
zellen darzustellen. Ich will jedoch diesem Faktum keinen allzugrofsen
Wert beilegen, da es bis jetzt vereinzelt dasteht; wenigstens sind bis jetzt
meine Bemühungen gescheitert, an normaler Haut die Homschicht rein
von der übrigen Oberhaut abzuziehen.
Ich bin um so sicherer, dafs ich in allen bisherigen Untersuchungen
es mit dem Eleidin von Ranvieb und mit nichts Andrem zu thun hatte, als
mir ein Präparat von Hanvieb selbst vorliegt, welches letzterer in Paris
vor den Augen Unnas anfertigte und demselben gab; in diesem Präparat
ist das Eleidin vorzüglich erhalten. Hier ist jeder Irrtum ausgeschlossen,
und ich verfolge mein Thema weiter.
Ohne Zweifel bewogen durch die Affinität des Pikrokarmins zum
Eleidin der basalen Homschicht und des Keratohyalins zur Kömerschioht
wurde Ranvier dazu verleitet, die Identität dieser beiden Substanzen an-
zunehmen. An eine solche Identität zu glauben war um so verführerischer,
da beide Substanzen in aufeinander folgenden Zellenlagen vorkommen.
In der unteren Schicht treten Kömer auf, welche in der nächsthöheren
plötzlich verschwinden. Man fragt sich unwillkürlich: wohin sind sie ge-
kommen? Und die Antwort lautet einfach, sie sind feiner geworden und
haben sich in den Zellen aufgelöst, indem sie diese diffus imbibieren,
so dals sie beim Anschneiden aus denselben wie eine Flüssigkeit aus
einem Schwamm ausflieisen. Diese Auffassung stimmt sogar bis zu einem
* Die Form dieser Tropfen entspricht vollkommen den von Waldeyer im Innern
der Zellen des Markstranges eines menschlichen Barthaares gefundenen (s. dessen
Fig. 16 n. 17). Ich glaube also, dafs in diesem Falle Waldbyer es mit wirklichem
Eleidin, nach meiner Definition, zu thun hatte.
V
157
gewissen Grade mit gewissen Theorien der Verhomung, so mit der von
Waldeyer, nach welcher „das einmal gebildete Eleidin (soll heiisen:
£eratohyalin, B.) sich allmählich mit dem protoplasmatischen Netzwerk,
innerhalb dessen es entstanden, resp. ausgeschieden war, wieder verbindet,
und ans dieser Verbindung die Hornsubstanz hervorgeht."
Aber lassen wir für den Moment die Bolle des Eleidins beim Pro-
zesse der Verhornung beiseite und fragen wir uns, ob Ranvier recht
hatte, diese Substanz nut dem Keratohyalin zu identifizieren. Die offen-
bare Verschiedenheit der Konsistenz genügt wohl nicht allein, ihre chemi-
sohe Identität zu leugnen. Aber ist anderseits die Affinität zum Karmin,
welche beiden gemeinsam ist, ausreichend, um ihre Identität zu beweisen?
Gewils auch nicht. Wir sehen ja beispielsweise, dals der Karmin zu den
Kernen der jungen Epithelien eine grofse Verwandtschaft besitzt. Und
doch wird es niemandem einfallen, deshalb zu behaupten, dafs das Kerato-
hyalin mit dem Nuklein identisch oder nur verwandt sei. Im Gegenteil
wissen wir, dafs das Keratohyalin sich in den Epithelien ganz ohne Mit-
wirkung des Kernes derselben bildet, und auiserdem hat Walde yeb
mittels der Alkalien und besonders des kohlensauren Natrons zeigen
können, dafs Keratohyalin und Nuklein nicht identisch sind. Solche
Beispiele liefsen sich ins unendliche vervielfältigen.
Aber die Affinität zum Karmin ist für beide Substanzen auch gar
nicht so durchaus gleich, wie man vielleicht zu glauben geneigt ist. Ich
habe stets gefunden, dafs das Pikrokarminat das Eleidin rascher als das
Eeratohyalin, und dieses wieder rascher als das Nuklein der jüngeren
Stachelzellen färbt.
Sodann ist es auffallend zu sehen, dals Ranvieb selbst gesteht, daJs
beide Substanzen sich dem Hämatoxylin gegenüber verschieden verhalten.
Während dieser Farbstoff neben dem Karmin eines der besten Färbemittel
ffir das Keratohyalin darstellt, lernen wir von Kanvteb, dafs, um das
Eleidin mittels desselben zu färben, man die Präparate in MüLLEBScher
Flüssigkeit oder Ammoniumbichromat härten und weiter auch eine be-
sondere Art von Hämatoxylin benutzen mufs, nämlich eine Auflösung
des Niederschlags einer BöHMEBschen Hämatoxylinlösung in 1 Voigem
Alaun. Diese komplizierte Methode konti*astiert eigentümlich mit der
Leichtigkeit, mit welcher das Keratohyalin das Hämatoxylin aufnimmt.
Aach gesteht Banvieb freimütig, dafs die so erlangten Resultate nicht
ebenso sicher zu erzielen sind wie mittels des Pikrokarminats. Mir ist
68 nie gelungen, das Eleidin mittels Hämatoxylin zu färben.
Eine andere, noch wichtigere Differenz zwischen beiden Substanzen
l&Ist sich dem Texte von Banvteb entnehmen. Nach der übereinstimmenden
Erfahrung sämtlicher Forscher auf diesem Gebiete werden die mittels
Karmin gefkrbten Keratohyalinkömer durch Essigsäure nicht entfkrbt.
158
Ranvier aber sagt: „pour executer les preparations avec le picrocanainate
d'ammoniaque, il faut avoir ä sa disposition de la glyc^rine nentie; il
suffit, en effet, d'y aj outer une faible quantit6 d'acide, d'acide acetique on
formiqne par exemple, pour döcolorer complätement l'^läidine." Hiemach
hat man allerdings Grund genug, an der Identität von Keratohyalin nnd
Eleidin zu zweifeln.
Auf diese Beobachtungen hin habe ich mich auf die Suche nach
neuen DiflFerenzpunkten für beide Substanzen begeben und unterwarf die-
selben zunächst einer genauen Prüfung in bezug auf ihre Verwandtschaft
zu einer grofsen ßeihe von Färbemitteln. Diese Versuchsreihe wurde mir
dadurch erleichtert, dais ich aufser den gewöhnlich gebrauchten organischen
und unorganischen Farbstoffen eine sehr vollständige Sammlung absolut
reiner Anilinfarben zur Verfügung hatte, welche im Handel gewöhnlich
nicht zu bekommen sind. Sie lieferte mir aufser Resultaten, die ich
späterhin zu publizieren gedenke, folgende, welche auf die tinktoriellen
Eigenschaften des Eleidins und Keratohyalins Bezug haben.
Im allgemeinen fand ich viele Färbemittel, welche weder Kerato-
hyalin noch Eleidin tingieren, eine ziemlich beträchtliche Anzahl, die nur
das Keratohyalin, eine weit geringere, die nur das Eleidin färben, und
endlich als einziges Färbemittel für beide: das Pikrokarminat.
Die Keratohyalinkömer lassen sich auf folgende Weise tingieren,
ohne dafs das Eleidin mitgefärbt wird:
Durch saures Fuchsin in schwacher Rosafärbung.
Durch die Pararosanilin- Jod-Methoden, besonders mit HUfe
der Entfärbung nach Bizzozero.
Unter den Azofarbstoffen : leicht durch Tropäolin mit Alkohol-
entfärbung, besser durch Kongorot. Hierfür untersucht man die
Schnitte in angesäuertem Glycerin; die Keratohyalinkömer haben düster-
rote Farbe.
Endlich durch Benzyl-Methylviolett, durch Eosin und Azo-
diphenylblau-Sulfosäure.
Unter den organischen Färbemitteln des Keratohyalins nenne ich,
aufser dem wohlbekannten Hämatoxylin:
Einige alkoholische Extrakte (Fernambuc, Crocus).
Alkalinischen Rhabarberextrakt, essigsauren Rotkohl-
extrakt.
Auch diese färben Keratohyalin mit Ausschlufs des Eleidins. Schließ-
lich gehört noch hierher die braunschwarze Färbung des Keratohyalins
durch Kali hypermanganicum und Entfärbung des Mangansuperoxyd
mittels Oxalsäure (Erfahrung von Unna), da hierbei ebenfalls das Eleidin
nicht gefärbt wird.
Anderseits läfst sich das Eleidin unter Ausschlufs des Hämatoxylins
159
ftrben durch einige ätherische Extrakte (Santalum, Fmngula, Cur-
cnma), durch Osmiumsäure, durch alkoholische Alkannalösung,
darch Nigrosin und Nigrosinsulfosäure.
Die Darstellung des Eleidins mittels der ätherischen Extrakte stöfst
auf Schwierigkeiten wegen der Leichtflüchtigkeit dieser Lösungen; auch
diejenige mittels Osmiumsäure ist nicht für die Anwendung in der
Praxis zu empfehlen. Trotzdem haben gerade diese Tinktionen ein hohes,
theoretisches Interesse.
Mit Nigrosin erhält man schon leichter schöne Präparate; das Eleidin
färbt sich blau, die Streifen wiegen vor den Tropfen vor. (s. Fig. 4)
Tadellose Präparate ergibt der alkoholische Alkannaextrakt.
Hierzu giefst man einige Tropfen der Lösung in ein Schälchen mit
destilliertem Wasser, wobei sich ein Teil des Alkannaextraktes sofort
präzipitiert. Ein Teil bleibt in der trüben Lösung in Schwebefällung
(Unna) und ist nun sehr zur distinkten Färbung des Eleidins geeignet,
ohne dafs das ursprüngliche alkoholische Lösungsmittel der Alkanna dem
Eleidin gefährlich werden kann. In dieser Flotte bleiben die Schnitte
je nach der Konzentration einige bis 24 Stunden. Untersucht man einen
solchen Schnitt, so erscheint seine Oberfläche bedeckt mit einer grofsen
Zahl roter Tröpfchen und Tropfen, die augenscheinlich nichts als Nieder-
schläge sind. Bei vorsichtigem Eintauchen der Schnitte in Alkohol ver-
schwinden diese letzteren aber allmählich vollständig und lassen eine
Lage gefärbter Gebilde lediglich im Stratum lucidum übrig, welche mit
den RANViERschen Eleidin-Pikrokarminbildem identisch sind. (s. Flg. 1.)
Es sind ebenfalls rote Tropfen und Lachen einer flüssigen Substanz, welche
sich durch Druck auf das Deckglas mit den in ihnen enthaltenen Vakuolen
verschieben lassen, genug das bekannte Bild des Eleidins. Immerhin
sind einige kleine Differenzen bemerkenswert. Die Lage ist öfter aus-
gedehnter, breiter, die Lachen, ebenso wie die Vakuolen, sind reichlicher
vorhanden; auch trifft man unter ihnen häufig Stemfiguren, welche jenen
Druckfiguren ähneln, die man erhält, wenn man mit dem Finger einen
Oltropfen von einer Glastafel entfernen will. Man hat bei diesen Präpa-
raten noch mehr den Eindruck, dafs das Eleidin flüssig, ja, dafs es ein
flüssiges Fett ist.
Man kann in demselben Schnitte das Keratohyalin mittels Hämato-
xylin und das Eleidin mittels Alkanna tingieren. Hierzu darf man nicht eine
Mischung beider Farbstoffe anwenden, sondern mufs man erst mit Hämato-
xylin und darauf mit Alkanna ferben. Wenn die Färbung gut gelingt,
was nicht immer der Fall ist, sieht man die Kömerschicht und basale
Homschicht scharf auch durch ihre Färbung unterschieden, (s. Fig. 2.)
Aber eine noch zartere und delikatere Reaktion, eine Färbung, welche
160
ich die typische Eleidinreaktion nennen möchte, erhält man mit
ßulfosaurem Nigrosin.
Auch hier müssen die Schnitte eine variahle Zeit in der waßseri^n
Farblösung bleiben. Es ist gut, dieselben nicht zu überfärben. Bei
kurzer Dauer und schwacher Lösung gelingt es, das Eleidin mit
Ausschlufs aller andern Gewebe geferbt zu erhalten; man erhält so
geradezu ideale Präparate, (s. Fig. 3.) Auf diese Weis© dargestellt
nähern sich die Eleidinfiguren am meisten der Beschreibung von Rakvieb.
Die Schicht hat dieselbe Breite; Tröpfchen, Tropfen, Lachen und Vakn
ölen haben dieselbe Form und Verteilung.
Ich konnte auch, wie Ranvieb, bemerken, dals die Essigsäure lang-
sam die Färbung des Eleidins zum Verschwinden bringt, aber dieser
Vorgang ist hier ein viel langsamerer und nie vollständig. Die Alkanna-
färbung ist in dieser Beziehung empfindlicher. Daa Glycerin braucht nur
ein wenig sauer zu reagieren, so ist das Eleidin nach Verlauf einiger
Zeit entfärbt.
Ein Versuch, diese Nigrosinpräparate in Kanadabalsam auf die ge-
wöhnliche Weise einzubetten, milslaog, da auch das Nelkenöl das Eleidin
vollkommen entfärbte.
Wenn ich, auf die bisher mitgeteilten Thatsachen fulsend, die sich
ergebenden Schluisfolgerungen zu ziehen suche, so ist die erste, welche
sich aufdrängt, dafs das Keratohyalin und das Eleidin, zwei bisher
für identisch gehaltene Substanzen, sowohl topographisch, wie morpho-
logisch und chemisch ganz verschiedene Körper sind. Was ist nun
das Keratohyalin? Auf diese Frage kann ich keine definitive Ant-
wort geben, da die zu diesem Behufe von mir begonnenen Forschungen
noch zu keinem Besultat geführt haben. Nach dem indessen, was ich
soeben mitgeteilt habe, neige ich mich der Anschauung Waldetebs zn,
welcher diese Substanz als eine albuminoide betrachtet. Ihre Ähnlichkeit
mit dem Hyalin B,ecklinghausens ist grofs, jedoch nicht vollkommen.
Vielleicht handelt es sich bei ihr um einen ganz besonderen albuminoiden
Körper, der imter den^^normalen und pathologischen Produkten der Ge-
webe kein Analogen besitzt. Dafs Cholesterinfette (Lanolin) und fettige
Körper überhaupt bei Erörterung der chemischen Natur des Keratohyalins
nicht in Frage kommen, ist, wie ich glaube, in dem ersten Teile dieser
Arbeit zur Genüge dargethan.
Was ist weiter das Eleidin? Banvier, sein Entdecker sagt, fö
habe die Konsistenz und das Lichtbrechungsvermögen eines ätherischen
Öles (huile essentielle), ohne weiter auf die chemische Natur desselben
einzugehen. Wenn „essentiell", wie gewöhnlich, so auch hier ein flüch-
tiges Öl bedeuten soll, so kann ich in diesem Punkte Kanvieb nicht
folgen. Ich habe die Eleidintropfen in Schnitten aus frischer Haut ge-
161
hrht, welche mehrere Tage in der fenchten Kammer gelegen hatten (s.
oben). In diesen waren sie ebenso reichlich vorhanden wie unmittelbar
nach der Präparation. Mithin ist Eleidin kein flüchtiges, kein
essentielles Ol.
Das Eleidin ist aber auch sicher kein Cholestearinfett
(Lanolin), ja enthält überhaupt kein Gholestearin. Abgesehen davon,
dafs Cholestearinfette feste Körper sind, beziehe ich mich hier auf die
im ersten Teile mitgeteilten Erfahrungen, um zu beweisen, dafs Eleidin
kein Cholestearinfett sein kann. Dieselben, hundertfach wiederholt, bezogen
sich auf frische Hautschnitte von den verschiedensten Hautregionen, vor-
zugsweise jedoch von der Hohlhand, in denen Eleidin stets reichlich
durch die besprochenen Reagenzien dargestellt wurde. In allen diesen
Fällen gelang es mir niemals, durch die LiEBREiCHsche E.eaktion im
Niveau der Eleidinschicht (basalen Homschicht, strat. lucidum) eine grüne
Farbe zu erzielen, welche, wie wir durch Liebbeich wissen, der Schluls
der Farbenskala ist, wie sie Cholestearinfette zeigen. Ich trage daher kein
Bedenken, die obige Behauptung aufzustellen.
Durch dieselben Experimente ist aber zugleich bewiesen, dais das
Eleidin kein Cholestearin ist oder enthält, da auch die LiEBEBMANNSche
Farbenskala, welche für Cholestearin charakteristisch ist, hier nicht auftritt«
Was ist nuii aber, so fragen wir von neuem, das Eleidin?
Seine flüssige Konsistenz, die Form der gebildeten Figuren, seine
Affinität zu den ätherischen Farbextrakten, zur Osmiumsäure, besonders
aber zum Alkannaextrakt drängt immer wieder dahin, das Eleidin als
fettes Ol, ein Glycerinfett zu betrachten. Um hierin ganz sicher
zu gehen, habe ich einige Augenblicke frische Schnitte in Äther und
Chloroform geschüttelt und es ist mir doch noch — gegen meine Er-
wartung — gelungen, das Eleidin durch Färbung mittels sulfosaurem
Nigrosin deutlich zu machen, weniger gut allerdings mittels Pikrokarmin«
Nach dem Ausfalle dieses letzten Versuches wage ich allerdings
nicht zu behaupten, daüs das Eleidin lediglich ein fettes Öl sei. Diese
Untersuchungen müssen eben, wie viele andre, fortgesetzt werden. In
erster Linie ist die RoUe des Keratohyalins und des Eleidins beim Ver-
bomungsprozesse zu studieren. Die Entscheidung über diese Fragen ist
seit der Aufdeckung der Verschiedenheit beider Körper nur noch schwie-
riger geworden. Gewebe, welche beide Substanzen in greiser Menge ent-
halten, wie z. B. der Pferdehuf für das Keratohyalin, werden vielleicht
zur Klärung ihrer chemischen Natur yerhelfen können.
Unna hat bereits darauf hingewiesen, dafs alle Angaben der Ban-
viEBschen Schule über Eleidin jetzt von neuem nachzuprüfen sind. Nur
die absolut negativen Befunde dürften bestehen bleiben. Wo mittels des
RANviEBschen Pikrokarminats dagegen eine Färbung erzielt wurde, haben
162
wir jetzt genauer zu fragen, existiert dort Keratohyalin oder Eleidin ~
oder beides, indem wir die Nigrosin- und die Alkannafärbung neben
Hämatoxylin in Anwendung ziehen. Vielleicht verschwinden dann manche
streitige Punkte in betreff des Vorkommens beider Substanzen ans der
Wissenschaft, so an der Nagelmatrix, dem Nagelbett, der Haarrinden-
matrix.
Ferner sind alle histopathologischen Angaben der letzten Zeit über
das Vorkommen von „Eleidin" im Lichte der neugewonnenen Erkenntnis
zu revidieren. Derartige Untersuchungen, welche Anspruch auf Voll-
ständigkeit machen, müssen in Zukunft neben dem Keratohyalin der
Kömerschicht stets auch das Eleidin der basalen Hornschicht in Betracht
ziehen, besonders alle Studien über Para- und Hyperkeratosen. Gerade
hier wird man erwarten können, Aufklärung über das Verhältnis beider
Substanzen zu gewinnen. Einen kleinen Anfang dazu, in betreff der
Warzen, habe ich oben geliefert.
Endlich möchte ich einen Punkt nicht unerwähnt lassen, welcher
unmittelbaren Bezug auf die hier erörterten Fragen hat. Schon in meiner
vorläufigen Mitteilung sagte ich: „Mir ist nun gelungen nachzuweisen,
dafs man unter den hier vorkommenden tropfenartigen Gebilden wenig-
stens zwei ganz verschiedene Substanzen zu unterscheiden hat.''
Bei meinen tinktoriellen Versuchen hatte ich häufig Gelegenheit zu kon-
statieren, dafs die Zellen der Körnerschicht aufser den Keratohyalinkömern
und den Kernen noch eine andre Substanz enthielten, welche sich in
diffuser Weise zugleich mit den Kömern oder allein tingierte. Unter den
Farbstoffen dieser Kategorie nenne ich: wässerige Kurkumalösnng,
alkoholische Lösungen von Santalum und Frangula, Orcein.
Schon Cajal spricht von dem Vorhandensein einer solchen, in den
Kömerzellen diffus verbreiteten Substanz. Über die Bedeutung und
chemische Natur derselben vermag ich bislang nichts auszusagen.
Litteratur:
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la sua origine dalle ghiandole sudoripare.*^ Verh, d. phys. med. Gesellsch. i«
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Federn. Festschrift f. Henle.
• •
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Berlin 1887.
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ÜNKA. Beiträge zur Histologie u. Entwickelungsgesch. der menschl. Oberhaut u. ihrer
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Derselbe. Entwickeln ngsgeschichte u. Anatomie d. Haut. Ziemssens Handb. d. Haut'
krankheiten. Leipzig. 1883.
Derselbe. Pariser Briefe. Monatsh. f. prdkt. Dermat. Bd. VII. 1888. Heft 11,
12 u. 13.
Derselbe. Die Fortschritte d. Hautanatomie in d. letzten 5 Jahren. Monatsh. /*.
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Derselbe, über einen einfachen Spülapparat. Schweningers Mitteilungen. 1888.
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d. 52. Naturforscherversammhmg in Baden-Baden,
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ÜHTHOFF. Ein Fall ungewöhnlicher Degeneration der menschl. Conjunctiva. Virchows
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Intern. Monatsschr. f, Anat. u. Histol. Bd. III. pag. 250 — 264.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1. Darstellung des Eleidins mittels Alkannatinktur. (Leitz, Oc. 1, Obj. 7.)
Das Keratohyalin ist ungefärbt geblieben.
Fig. 2. Darstellung des Eleidins mittels Alkannatinktur und des Keratohyalins
mittels Hämatoxylins. (Leitz, Oc. 1, Obj. 7.) Die gesonderten Lagen des Eleidins und
des Keratohyalins sind hier durch die Doppelfärbung deutlich dargestellt.
Fig. 3. Darstellung des Eleidins mittels sulfosauren Nigrosins. Das Eleidin
allein hat sich gefärbt mit einem bläulich grauem Farbenton. (Leitz, Oc. 1, Obj. 7.)
Das Keratohyalin ist nicht dargestellt.
Fig. 4. Darstellung des Eleidins mittels spritlöslichen Nigrosins. (Leitz, Oc. 1,
Obj. 7.) Das Keratohyalin ist ungefärbt geblieben.
164
Beitrag znr Phimosenoperation.
Von
Dr. M. Ihle
in Leipzig,
Mit einer Tafel.
So wenig bedeutsam eine so kleine Operation, wie die der Phimosu,
an sich erscheinen mag, so gewinnt dieselbe doch allgemeine Wichtigkeit
dadurch, dafs jeder praktische Arzt, nicht blofe der Spezialist, öfters in
die Lage kommt, sie auszuführen.^ Es sind die teils schwereren, teils
geringfügigeren, aber deswegen nicht weniger unangenehmen Folgeerschei-
nungen, welche ärztliche Abhilfe erfordern. Bei absoluter Phimose ma&
eingeschritten werden: wegen direkter Hambeschwerden — eine starb
Verengung der Vorhaut, die oft mit Verwachsung der Eichel Hand in
Hand geht, bedingt dieselben Beschwerden wie eine Striktur — , wegen
Schmerzhaftigkeit bei Ausübung des Ooitus, wegen fortwährend recidirie-
render Balanitis, wegen Paraphimosis u. s. w. Auch bei blofs relativer
Phimosis entschliefsen sich oft ältere Männer noch, die Operation an sich
vornehmen zu lassen, weil das reichlich sich absondernde und zersetzende
Smegma ihnen sehr viel Beschwerden macht.
In recht vielen Fällen könnte der Hausarzt verhindern, dais später
überhaupt eine Operation notwendig wird, wenn er die Ermahnung
Kaufmanns berücksichtigte, dafs es in den ersten Lebensjahren des
Knaben meist leicht gelingt, durch wiederholtes Zurückziehen der
Vorhaut über die Eichel eine Erweiterung der ersteren auf unblutigem
Wege zu erreichen. Besonders müfsten die Eltern darauf auimerksam
gemacht werden, dafs, wenn bis zum Eintritt der Pubertät die Reposition
nicht gelungen ist, es dann an der Zeit ist, die kleine gefahrlose Opera-
tion vorzunehmen, welche den Knaben nicht nur vor Unannehmlichkeiten,
die bis ins späte Alter dauern können, sondern durch Abhärtung der
Glans auch in einem gewissen Grade vor Ansteckung mit venerischen
Krankheiten schützen kann.
Diese Worte, welche die Wichtigkeit der Phimosenoperation betonen,
sollen mich entschuldigen, dafs ich dieses vielfach besprochene Kapitel
der kleinen Chirurgie nochmals abhandle.
^ Nach den IJntersucliungen in der Kinderpoliklinik des Augustaspitals in Berlis
fanden sich unter 4943 Kindern 94 mit Phimosis behaftet, also ca. 27o, nach denen
des belgischen Militärarztes Jeksen unter 3700 Männern 89 Fälle, fast 2,57«- (Siehe
Kaufmann, Chirurgie f. männliche Geschlechtsorgane.)
MonaUhefk« f. pr. Dcrnuilol<^e. VIII. Buk!.
IHLE, Zur Phimoseneperation.
Verlag von Leopold Voia in Hamburg (und Lcipiig).
165
Seit der Einfdlirnng des Kokains ist es möglich geworden, die
Zirknmzision in aller Bnhe nnd ohne durch die Schmerzensäufserungen
des Patienten gehindert zu werden, absolut gefahrlos auszuführen.^
Ich spreche bei Fhimosenoperation immer nur von Zirknmzision aus
dem einfachen Grunde, weil ich den Dorsalschnitt als eine höchst mangel-
hafte Operation ansehe, da er ein widernatürliches Ansehen des männ-
lichen Gliedes zurücklälst. Selbst die verfeinerte Ausführung nach
Thebbsgh, welcher noch die beiden Lappen vom Schnitt aus sich ver-
jüngend nach dem Bändchen zu, also ungefähr die halbe Vorhaut ablöst,
hinterlälst stets einen störenden, unnatürlich aussehenden Wulst. Nur bei
der akkurat ausgeführten Zirknmzision bleibt keine solche Verstümmelung
zurück. Ich verfahre bei derselben jetzt folgendermafsen :
Nach Beinigung des Gliedes, womöglich Abrasieren oder wenigstens
Abschneiden der störenden Schamhaare, wird eine Pravazspritze einer
10%igen Kokainlösung rings in die Vorhaut, auf 3 — 4 Stellen verteilt,
eingespritzt und, wenn es angeht, nach Reinigung der Eichel zwischen*
diese und die Vorhaut eine dünne Schicht hydrophiler Watte, mit der
Kokainlösung getränkt, eingelegt; ist dies unmöglich, so spritzt man die
Lösung mit der Spritze hinein und hält die Vorhaut etwas empor, damit
die Lösung nicht wieder herausläuft.
Nach 3 — 5 Minuten, sobald vollkommene Anästhesie eingetreten ist,
fahrt man das Messer ringförmig um die ganze Eichel, erst oberflächlich
die eigentliche Schnittführung nur andeutend, dann nachhelfend durch
die ganze äulsere Haut. (Fig. I.) Dieser Schitt geschieht bei normaler
Lage der Haut, d. h. also ohne dafs dieselbe im geringsten zurück-
oder vorgezogen wird, gewöhnlich in der Mitte zwischen Orificium und
Corona.*
«
Es ist absolut keine Gefahr vorhanden, dafs bei der Durchtrennung
der äufseren Haut mittels des Messers die Eichel verletzt wird, denn
nicht nur befindet sich darunter das resistente innere Blatt, sondern es
liegt auch zwischen diesen beiden Blättern eine lose Bindegewebsschicht,
' leb habe wäbrend 27« Jabren in 83 Fällen Zirkumzisionen mit Eokain-
anäatbesie ausgefübrt, ohne nur im geringsten durch Vergiftungserscheinungen ge-
stört worden zu sein, von denen von andrer Seite so oft berichtet wurde. 1 — V/% — 2
Spritzen einer lOVoigen Lösung injiziere ich jedem Manne ohne Sorge.
' Will der Patient nur seine Verengung los sein, seine Vorhaut aber behalten,
so kann man bei dieser Operationsmetbode ihm leicht diesen Gefallen thun, indem
man die äufsere Haut möglichst weit nach der Penisspitze zirkulär mit dem Messer
durchschneidet. Da nur das innere Blatt die Phimose bedingt, und dieses regelrecht
zu beschneiden nichts entgegensteht, bildet man so mit der reichlich stehen ge-
bliebenen äufseren Haut, welche sich dann nach innen umschlägt, das zukünftige
innere Blatt der neuen weiten Vorhaut. Die Eichel bleibt halb bedeckt und die
Vorhaut geht leicht zurück.
Monatahefte. 12
166
welche noch durch die Kokaininjektion aufgeschwollen ist und hervor
quillt, sobald die äufsere Haut durchschnitten ist.^ (^g- !• &•)
Ist das geschehen, so nimmt man eine gerade geknöpfte Schere zu
Hand und spaltet, indem man die nicht abgeschnittene Haut des Penis
durch gelindes Zurückziehen schützt, das vordere, schon abgeschnittene Stock
äufsere Haut samt dem Zwischengewebe, nennen wir es also das mitÜeiB
Blatt, und dem inneren Blatte — letzteres bis zu seinem Ansätze aD der
Eichel. (Fig. EE. c.) Ist das Frenulum nicht hinreichend lang und hemmt
es nur im geringsten das Yollständige Zurückklappen des inneren ßlattes,
so wird dasselbe nun doppelt unterbunden (Fig. III a. a.) und zwischen
den Ligaturen durchtrennt, eventuell durch eine dünne oberflficklichfi
Quemaht die Spalte geschlossen. So wird jede Spannung, (Fig. HI. b.)
oder anders bezeichnet, jedes unnötige Wiederbilden eines Bändchenä
verhindert. Alsdann erst wird das innere Blatt mit einer etwas ge-
krümmten Schere abgeschnitten, unge&hr V» cm von seinem Ansatz,
aber nicht gleichmäfsig ringförmig, sondern so, daüs beiderseits am Dorsom
ein V^ — 1 cm breites Stück des inneren Blattes erhalten bleibt, wfihrend
sich dasselbe nach dem Frenulum zu verjüngt. (Fig. II. a.)
Nun wird das mittlere Blatt — denn nach Durchschneidung des
äuilseren und des inneren Blattes haftet die abgetrennte Vorhaut noch
immer an demselben (Fig. 11. b) — dicht an der Corona glandis ab-
geschnitten, damit sie sich bei der darauf folgenden Naht nicht unliebsam
vordrängt, und damit die gesamte Vorhaut entfernt.
Jetzt folgt das Zusammennähen des äufseren Blattes mit dem Beste
des inneren, und zwar beginne ich wegen der leichten Verschiebbarkeit
der Haut stets damit, das äufsere Blatt in der Gegend der Raphe nnter
halb des event. abgeschnittenen Frenulums zu befestigen, um einer
späteren Verziehung der Blätter vorzubeugen. (Fig^ ITE. c.) Ich nüe
ziemlich dicht, abwechselnd eine tiefere, stärkere mit einer oberäächlicbec
schwächeren Naht.* Die beiden verlängerten Enden des inneren Blattes
geben bei Schlielsung des Kranzes einen gröfseren Kreis, und ich erreiche
dasselbe, wie mit dem KosEBschen Läppchen, welches die sonst bleibende
Kerbe ausfüllt. Wie ich nach der Durchtrennung des Frenulums das
Kla£Pen der Gewebe durch eine Quemaht verhinderte, so verbinde ich
ebenfalls die beiden Lappen des inneren Blattes durch eine dünne Qoer-
naht. (Fig. IV.)
* Ich finde, dafs in anatomischen Lehrbüchern diese Zwischenschicht, welclic
man mit Fng und Recht als die 3. Lamelle bezeichnen kann, wenig Beachtung findet
Wie wir sehen, hat sie bei der Phimosenbehandlung wohl ihre Bedeutung.
^ Mit der fortlaufenden Naht kann ich mich nicht befreunden. Bei der Knopf
naht ist es möglich, bei Stauung teilweise die Spannung zu nehmen durch Entfernoog
der einen oder der andern Naht ; bei jener aber kann man nur alles auf einmal loso-
Platzt umgekehrt die fortlaufende Naht, so löst sie sich überall. Bei Lockerung einer
oder der andern Enopfnaht ist nicht viel geschadet.
167
Den RosERscIien Lappen verwerfe ich keineswegs, im Gegenteil, die
Operation ist einfach und giht gute Resultate. (Fig. V.) Von meiner
Operationsmethode glaube ich aber sagen zu können, dafs sie noch
strenger als jene jede Deformität vermeidet.
Das, was ich noch zu sagen habe, ist theoretisch ohne Belang, in
praktischer Beziehuog vielleicht beachtenswerter.
Nach Kokaininjektionen tritt zweifellos die Stauung nach der Opera-
tion viel stärker auf, als wenn die Operation in der Chloroformnarkose,
mit Atherspray oder ohne jede Anästhesie ausgeführt wird. Früher
zirkumzidierte ich den Patienten, verband ihn und lieis ihn ohne Sorge
nach Hause fahren oder gehen. Jetzt, unter Kokaininjektionen, wage ich
dies nicht mehr zu thun, nachdem es mir öfters passiert, dafs mich die
Operierten noch desselben Tages rufen lieisen, weil die Schmerzen, durch
ein kolossales Odem des Grliedes hervorgerufen, sie ängstigten. Auch
Nachblutungen traten leicht auf, wenn man die kleineren Arterienästchen
nicht durch sorgsames Zusammennähen der Wundflächen oder besser noch
durch Abdrehen unschädlich macht.
Jetzt lasse ich den Operierten mit einer Eisblase auf dem Gliede
3 — 4 Tage das Bett hüten. Auch die Zusammenheilung der Wundränder
verzögert sich um ca. 2 Tage. 8 Tage habe ich fast regelmäfsig den
Patienten sorgfiütig zu überwachen ; früher, wo ich ohne Kokain operiert,
überliefs ich ihm, gut instruiert, nach 3—4 Tagen die Nachbehandlung
selbst. Doch kommt meiner Meinung nach der Zeitpunkt weniger in
Betracht rücksichtlich des Umstandes, dafs man die Operation absolut
schmerzlos, gefahrlos (im Gegensatz zur Chloroformnarkose) und mit stets
schönem Erfolge ausführen kann.
Nachdem ich den Penis mit 27oigem Karbolwasser vom Blut ge-
reinigt, übergiefse ich die Wundnaht mit Jodoformäther (5 : 30), dem besten
Desinfektionsmittel hierfür, welches ich kenne, und umgebe die Wunde
mit einem dicken Kranze von 20%iger Ichthyolwatte. ^ Einen dicken
Kranz betone ich, weil ich damit verhindere, dafs bei Anschwellung des
Gliedes dasselbe eingeschnürt werden kann ; dann über die Watteschicht-
lage etwas Guttaperchaklebpapier, welches dieselbe zart zusammenhält
und bei event. Nachblutung die Gerinnung des Blutes befördert.
Das Guttaperchapapier mufs recht dünn sein, damit es beim einfachen
Übereinanderlegen, ja an der Haut sogar von selbst, anklebt. Chloroform,
wie bei stärkerem Papier, ist dann überflüssig.
* Ichthyolwatte (aber nur die von der Ichthyolgesellschaft hergestellte, nicht
die, welche der Apotheker schnell selbst fabriziert, halte ich für brauchbar) ist meiner
Meinung nach das angenehmste Styptikum, besser als Watte mit Ferr. sesquichlorat.
getränkt, oder als das sonst ganz brauchbare Pcnghawar-Djambi, welches jedoch die
Wunden verschmiert. Bei kleineren Operationen, Schnittwunden, Skarifikationen
leistet diese lohthyolwatte ausgezeichnete Dienste.
12*
168
Die ersten Verbände bleiben 24 Stunden liegen, während der Patient
das Bett hütet. Nach 3 — 4 Tagen, wenn die Stannng im Abnehmen,
jede Blntung ausgeschlossen ist, und die Nähte sämtlich oder bis anf ein
paar Entspannnngsnähte entfernt sind, ändere ich das Verbandmaterial,
indem ich statt Ichthyol watte Jodoformgittermnll trocken oder mit 2%igem
Borvaselin bestrichen (um das Ankleben an die Wnndränder zu ver-
hindern) umlege. Doch kann man ebenso gut nach jedesmaligem Ab-
tupfen mit Jodoformäther beim Verbandwechsel den Ichthyolwatteverband
beibehalten, er löst sich mit Karbolwasser leicht ab. Auf diese Weise
wird man stets eine prima reunio erhalten. Sind zugleich Ulcera vor-
handen, so wird deren Heilung unter dieser Behandlung sich ebenfalls
so günstig als möglich gestalten. Am 3. — 5. Tage verläfst der Patient
das Bett; da bis dahin die Verklebung der Wunde noch nicht vollkommen
erfolgt und die Eichel noch empfindlich ist, lege ich ihm dann eine
schützende Bandage um, in Form eines ÜNNASchen SuBpensoriums ^, oder
eines nach meiner Art veränderten LANaLEBEBTschen Suspensoriums ^
nur dals bei demselben nicht der Beutel aus Gummistoff, sondern wie
bei dem ursprünglichen LANGLEBEBi^chen aus starker Leinwand besteht
Die Anlegung eines derartigen Verbandes verlohnt sich sehr, da erst
1— 2 Wochen nach der Operation das Epithel der Eichel so widerstands-
fähig geworden ist, dafs die Reibung der Kleidung vertragen wird.
Über einen Fall von sogenanntem „Xanthoma diabeticorum'^
Von
John Cavafy M. D. F. E. C. P.
Arzt am St. Georobb Hospital
in London.
Im folgenden soll der bisher nicht veröffentlichte Fall dieser Affek-
tion, den Dr. Kadcliffb Ckoceer in seinem jüngst erschienenen Werke
über Hautkrankheiten ^ und Dr. Barlow in seiner in No. 23 der Monatshefie
vom vorigen Jahre ^ publizierten Abhandlung erwähnen, mitgetheilt werden.
' 8. Monatsh. f. prakt Bermat. 1885. pag. 123; 1887. pag. 207.
• Ebenda 1885. pag. 122; 1887. pag. 153.
* pag. 384.
« pag. 1172.
169
Joseph A., 45 Jahre alt, Fostamtsangestellter, konsultierte mich im
Jaimar 1885. Anamnese: Er konnte sich nicht erinnern, vor dem
zwanzigsten Jahre irgend eine ernste Krankheit durchgemacht zu haben,
Ton da ab jedoch litt er im Laufe der nächsten fünf Jahre drei oder vier
mal an akuter Gonorrhöe und auch einmal an Leistendrüsenschwellung,
die indessen bald wieder verschwand. Er hatte sich niemals syphilitisch
infiziert und auch an keinen Hautkrankheiten gelitten mit Ausnahme
eines unbedeutenden Ekzems der einen Hand, welches vor zwanzig Jahren
oder noch früher auftrat und nach seiner bestimmten Aussage im Laufe
einer Woche wieder geheilt war. Gelegentlich hatte er auch über Schmerzen
in den Hüften und Schultern zu klagen gehabt, doch hielten dieselben
nur einige Tage an und waren niemals so intensiv, dals er das Bett hätte
hüten müssen. Vor sieben Jahren zog er sich eine Erkältung zu, als er
bei Gelegenheit eines Aufenthalts auf dem Lande ein Fluisbad nahm;
bei seiner Rückkehr nach London einige Tage nachher fühlte er sich
sehr elend, doch setzte er seine Arbeit fort, bis er sich zu krank dazu
fühlte und sich gezwungen sah, ärztlichen Rat nachzusuchen. Bei dieser
Gelegenheit fand es sich, dafs seine Beine geschwollen waren, und es
wurde auch sein Urin untersucht; Patient konnte sich nicht erinnern,
was damals darin gefunden worden sei, doch gibt er mit Bestimmtheit
an, dafs jener Arzt ihm gesagt habe, dafs er an „Diabetes'' leide. Es
wurde ihm ernstlich anempfohlen, seine Beschäftigung einzustellen, was er
denn auch that. Er wandte sich nun an das St. Bartholomews Hospital,
wo ihm einer der Ärzte sagte, dals er schwer krank sei, doch wurde der
Ausdruck „Diabetes" bei dieser Gelegenheit nicht gebraucht. Er war
immer noch wohl genug, um als ambulanter Patient die Poliklinik zu
besuchen, doch mufste er dieses bald unterlassen, da diese Besuche zu
viel Zeit in Anspruch nahmen, und er liefs sich deshalb zu hause be-
handeln. AI» er nach fünf Wochen die Arbeit wieder aufzunehmen ver-
suchte, war er dazu noch nicht imstande, und es wurde ihm ein weiterer
Urlaub gewährt. Sein Zustand blieb ungefähr ein gleicher mit mälsigem
Odem besonders an Händen und Füisen bis zum Mai. Alsdann traten
plötzhch kopiöses Erbrechen und heftiger Kopfschmerz ein, und sein Urin
war zwei Tage lang »blutig gefärbt." Diese Erscheinungen wichen einer
geeigneten Therapie, und akute Symptome wiederholten sich seitdem nicht
wieder; allmählich ist wohl eine scheinbare Heilung des Hydrops eiDge-
treten, und obgleich die Beine längere Zeit ödematös blieben, so war
Patient doch schlieislich imstande, seine Beschäftigung wieder aufzu-
nehmen. Über die gegenwärtige Affektion berichtet er folgendes: Vor
ungefähr fünf Jahren (d. h. zwei Jahre nach dem Anfang der eben be-
schriebenen Erkrankung) kamen kleine, symmetrisch lokalisierte, aber
etwas unregelmäfsige, erhabene Flecke an der Dorsalseite der Hände und
170
Vorderarme, späterhin auch an den Zehen, Ellbogen, Knieen und Fnls-
knöcheln zum Vorschein. Dieselben sind seitdem bestehen geblieben, dodi
zeigen sie seinem Berichte nach insofern einen Wechsel, als sie „bald
kommen, bald vergehen." Letzteres erfolgt bei einigen nach Vereiterung,
andere schrumpfen einfach ein und verblassen ohne weitere Veränderung,
Die befallenen Stellen jucken heftig im Anfang, wenn sie sich zu ent-
wickeln anfangen, und sind später ziemlich empfindlich gegen Berührung,
ohne aber spontan schmerzhaft zu sein; ihr Umfang soll langsam an-
fangen von Stecknadelkopfgröfse bis zu der Gröise eines Hanfkoms oder
einer halben Erbse. Ganz verschwunden sind diese Flecke, wie gesagt,
seit ihrem ersten Erscheinen nie wieder, doch sollen sie während der
jeweiligen Urlaubszeit des Patienten stets sich erheblich verkleinern.
Status praesens: Ziemlich korpulent und blühend aussehender Mann
mit rötlichem Haar und Backenbart und partiellem Defluvium capillitü.
Auf der Dorsalseite beider Hände und in der Nähe der dritten und
vierten Metacarpusköpfchen finden sich zwei kreisrunde Flecke von unge-
fähr Markstück- resp. Thalergröfse, die aus dicht gedrängten Papeln und
Knötchen von höchstens Halberbsengröfse zusammengesetzt sind; die Heb-
zahl derselben zeigt eine stumpf rundliche Form, während einige au^
sprochener abgeplattet erscheinen; sie sind alle in der eigentlichen Haut
lokalisiert und fühlen sich sehr hart an; die Spitze dieser Gebilde weist
eine blaiä orangegelbe Farbe auf, die allmählich in ein mattes Bot an
der Basis übergeht; dieselbe mattrote Farbe zeigt auch die Haut in A&
Umgebung der breiten Basis, mit der die Papeln derselben au&itzen.
Diese Bötung beruht auf Hyperämie, denn sie verschwindet auf Druck,
indem die Papeln und Knötchen viel blasser werden, ohne aber ihre
deutlich gelbliche Färbung einzubüfsen; ferner fiel auch auf, dals die
flacheren Gebilde entschieden weniger gelb waren als die prominenteren.
Eine, auch zwei ganz ähnliche, nur kleinere Stellen finden sich am vierten
Metacarpusköpfchen auf der dorsalen Seite der rechten Hand mehr radial-
wärts gelegen, und desgleichen eine eben solche auf dem ulnaren Bande
der linken Hand. In unregelmäfsigerer Verteilung finden sich große
Flecke ähnlicher Art, von denen einige auch eine reihenförmige Anord-
nung zeigen, auf der Dorsalfläche beider Handgelenke und Vorderarme
und in hervorragendem Mafse auf beiden Ellbogen; über beide Ober- und
Vorderarme verstreut sieht man auch isolierte Gebilde von ganz derselben
Beschafienheit. Femer wurde ein Fleck von offenbar im Abblassen be-
griflfenen Papeln und Knötchen, welche viel platter und nicht mehr gelb
ge&rbt erschienen, auch auf dem rechten Knie und schlieMich sehr prono-
nierte Gruppen nebst vereinzelten Ejiötchen auf dem rechten FuJsgelenk
und zu beiden Seiten des Hackens, sowie über der Achillessehne und aof
dem groisen und dem zweiten Zeh vorgefunden; die linke untere Extre-
171
mität ist in ähnliclier aber nicht so hochgradiger Weise affiziert. Gesicht,
Kopfhaut, Kampf, Nates, Handflächen und Fufssohlen sind von dem
Ausschlag ganz verschont geblieben. Im weiteren Verlauf der Beobach-
tung wurde der Urin bei zwei verschiedenen Gelegenheiten untersucht,
doch ergab sich beide male nur ein geringes spezifisches Gewicht (1015
mid 1017), ziemlich blasse Farbe nebst einem unverkennbaren Gehalt an
Eiweiis; das Vorhandensein von Zucker konnte mit Sicherheit negiert
werden; eine Untersuchung auf Cylinder ist leider unterblieben. Bei
stärkerem Druck war hinter den Malleolen geringes, aber deutliches Odem
nachzuweisen. Weiterer Verlauf: Patient verblieb ungefähr zwei Monate
in unsrer Behandlung, ohne dais während dieser Zeit eine wesentliche
Änderung in dem Ausschlag zu erkennen gewesen wäre. Herr Arthur
Wilson, einer der Amtsärzte des Hauptpostamts (dem ich für die freund-
lichst gewährte Gelegenheit, diesen Patienten zu beobachten zu Dank
verpflichtet bin), hatte die Güte, mir folgende Auskunft über den weiteren
Verlauf des Falles zu geben: „Ich bedaure Ihnen mitteilen zu müssen,
da& A. im Oktober 1887 hat pensioniert werden müssen. An den Papeln
and Knötchen trat eine so hochgradige Entzündung und Schmerzhaftigkeit
ein, dals er nicht mehr imstande war, seinen Dienst während längerer
Zeit ohne Unterbrechung fortzusetzen."
Es erscheint mir nun unzweifelhaft, dafs unser Patient als Folge
von Nephritis eine dauernde pathologische Veränderung an den Nieren
erlitten hatte; dagegen sind die Beweise für Diabetes nichts weniger als
uoanfechtbar, obgleich ich es nicht zu erklären vermag, dafs der zuerst
behandelnde Arzt diesen Ausdruck gebrauchte, es müfste denn sein, daJjs
damals eine vorübergehende Glykosurie bestand. Femer ist die lange
Dauer und die auisergewöhnliche Intensität des Leidens, das so schlimm
wurde, daüs der Patient seine Beschäftigung beim Briefesortieren aufgeben
mufste, sehr bemerkenswert. Ich stimme ganz mit Dr. Barlow überein
in der Ansicht, dafs diese seltene und merkwürdige Affektion nicht eine
Form von Xanthom darstellt; vielmehr scheint mir dieselbe hauptsächlich
entzündlicher Natur zu sein, und es würde hier deshalb auch die Bezeich-
nung Liehen diabeticus wohl eher am Platze sein. Nur wäre dann ein
länger bestehendes Vorhandensein von Zucker im Urin, wie es scheint,
keine unentbehrliche Bedingung für diese Diagnose; bei meinem eigenen
Fall bin ich sogar sehr ungewifs, ob ein Zuckerham jemals wirklich be-
tanden hat. Dr. Barlows Fall ist auch überhaupt von dem meinigen
80 sehr verschieden, dals ich gestehen muis, über die Berechtigung, beide
Krankheiten in einer uud derselben flubrik zu klassifizieren, einiges Be-
denken zu hegen.
172
Über die Dermatitis herpetiformis
Von
Dr. L. Bbocq
in Paris.
(Übenetxt von Dr. TOrkhedc in Hamburg.)
(Fortsetzung.)*
n. Teil.
Beschreibung der Dermatitis polymorpha pruriginosa chronica i
poussees successives.
Um aus der Gruppe dieser Affektionen einen unanfechtbaren Erankheitsijpu
aufzubauen, ^i^erde ich als Beispiele nur solche Fälle auffuhren, bei denen sich an
langer Verlauf, ein beständiges, schubweises Auftreten von erythematÖsen, vesikiilofleB,
bullösen und pustulösen Ausschlägen, sowie heftiges Jucken findet, wahrend d»
Allgemeinbefinden ungestört bleibt. Ich habe 28 solcher Beobachtungen gesammeh;
sie gleichen sich sehr untereinander und scheinen ein freilich eng umschriebenes, aber
unanfechtbares Krankheitsbild zu liefern. Ausschliefslich auf diese 28 Falle stntet
sich die folgende Darstellung.
Aber beim Studium des Verlaufs dieser Krankheit und ihrer Varietäten an-
gelangt, werden wir uns mit zwei weiteren Beobachtungsreihen zu befassen haben,
die meines Erachtens in den Rahmen dieser Dermatose gehören. Es handek
sich dabei
1. um Fälle mit den nämlichen eruptiven Elementen und den nämlichen Schmen-
erscheinungen, wie unsre Dermatose, bei denen aber der Kranke nach längerem oder
kürzerem scheinbaren Wohlbefinden zu Grunde geht (maligne Varietät der Dermatitii
polymorpha pruriginosa chronica);
2. um Fälle, bei denen ebenfalls Ausschlag und Schmerz in gleicher Weise sof-
treten, die aber nach mehreren Anfällen von mindestens mehrmonatlicher Dauer, lei
es Ton selbst, sei es infolge zweckmäfsiger Behandlung, in Heilung übergehen
(benigne und subaknte Varietät der Dermatitis polymorpha pruriginosa chronica).
So gezwungen diese Einteilung und diese Unterscheidungen auch erscheinen
mögen, so halte ich sie doch für notwendig, da wir uns nur auf diese Weise tot
einer heillosen Verwirrung schützen können. Dafs zwischen der hier besprocheDen
Krankheitsform, der chronischen xarilo^^y, und den andern Eruptionen, die nadi
Form und Symptomatologie mit ihr identisch sind, die aber nur wenige Tage danen,
eine ununterbrochene Kette von Übergangsformen sich befindet, ist bereits er
wähnt, und die Fälle, die im dritten Teile dieser Abhandlung bei Besprechimg der
Dermatitis polymorpha pruriginosa acuta mitgeteilt werden sollen, werden jeden
Zweifel darüber benehmen. Die Fälle der benignen Varietät der DermatitiB poly-
morpha pruriginosa chronica kann man als erste Glieder dieser Kette betracbten.
Daher mufsten sie besonders aufgeführt werden und dürfen bei der folgenden Be-
schreibung nicht mit herangezogen werden.
^ Vergl. Monatsh, f. prakt Dermat 1888. Heft 13, 14 u. 17.
173
Ich werde also in Kürze alle meine Fälle mitteilen, dabei aber wohlverstanden
nur die ersten 28 zur Schilderang der Symptome benutzen; auf die übrigen werde
ich nur bei Besprechung des Verlaufs der Krankheit und ihrer Varietäten zurück
greifen.
Übrigens gleichen sich alle Beobachtungen in bezug auf subjektive und ob-
jektive Symptome so sehr, dafs die Schilderung der ersten 28 Fälle gleichmäfsig
auch auf die folgenden 13 paust. Das einzig Unterscheidende der verschiedenen
Gruppen liegt in ihrem Verlauf.
Geschichtliches. — Es war Bührinq, der, wie bereits im ersten Teile dieser
Abhandlung gesagt, in jüngster Zeit durch seine interessanten VeröffentliohuDgen die
Aufmerksamkeit der Dermatologen auf diesen Punkt der Hautpathologie hingelenkt
hat. Sein Fehler bestand, wie ebenfalls bereits erwähnt, meines Erachtens darin,
dals er zu sehr verallgemeinerte, indem er alles mögliche in seine Krankheitsgruppe
mit aufnahm. Jedoch habe ich anerkannt, dafs verschiedene Beobachtungen älterer
Autoren, auf die Dührikg als auf Beispiele seiner Dermatitis herpetiformis hin-
gewiesen hat, ganz wohl als Fälle meiner Dermatitis polymorpha pruriginosa chron.
oder subacuta gelten können; so z.B. die Beobachtuug von Ghaüsit (Herpes phlyc-
taenoides 1852), diejenige von Bateb (Pemphigus circinatus 1828), von Baclb jr.
(Pemphigus chron. 1841), von Dbvsroib (Pemphigus compositus, Herpes pemphigoides
oder Pemphigus herpetiformis).^
Dies sind aber noch keineswegs die einzigen Belege, die man bei Duhrinos
Vorgängern in bezug auf unsre Slrankheit findet. Dafs der Pemphigus diutinus
haemorrhagicus von DBVBBaiB nichts weiter ist als eine eruptive Varietät unserer
Dermatose, haben wir bereits gesehen. Anderseits sagt Cazbnavb in seinem Lehr-
buch der Hautkrankheiten: „Der Pemphigus kann mit einer Menge andersartiger
Eruptionen bestehen; am häufigsten trifft man ihn gemeinsam mit Herpes und be-
sonders mit Prurigo. Bei dieser letzteren Komplikation (Pompholix pruriginosus von
Willak) leidet der Kranke unter lebhaftem Brennen."' „In seltenen Fällen sind die
Blasen des Pemphigus acutus zum Teil klein und hier und da in Haufen angeordnet,
80 dafs es sich wie Gruppen von Herpes phlyctaenoides ausnimmt; an allen andern
Stellen findet man dann aber die charakteristischen Pemphigusblasen.^ ' Ofienbar
kannte Cazbnavb bereits die hier erörterten Thatsachen ; leider hat er ihre Bedeutung
nicht recht gewürdig^t, vielmehr jene Fälle mit den andern bullösen Erkrankungen
zusammengeworfen.
Anders verhält es sich mit Bazin, und ich wundere mich sehr, dafs Dühbino
seiner gar nicht Erwähnung thut. Denn thatsächlich war er der erste, der diese Fälle
gruppiert und sie unter der Bezeichnung „Arthritides bullosa e^ zu einen Krank-
heitstypus zusammengefügt hat.* Seine mustergültige Schilderung gilt auch jetzt
noch Satz für Satz. Ich verweise den Leser auf dieselbe und werde nur einige
Abschnitte daraus anführen, um haarscharf zu beweisen, dafs die Dermatitis herpeti-
^ Vergl. im ersten Teile die Besprechung der Fälle und weiter unten die Schlufs-
betrachtung. — Ich bemerke dabei, dafs ich mehrere derselben nicht als typisch
ansehe und sie daher nicht in die 28 Beobachtungen mit aufgenommen, die meine
erste Kategorie bilden.
• Alfh. Gazekave, Abregi pratique des maladies de la peau. 4. Edit. 1847.
pag. 205.
' Gazekave, a. a. 0. pag. 207.
* Bazin, a. a. 0. 1868. pag. 303.
174
formis varietas chronica schon vor Duhbing durch die alte französische dermatologi-
sehe Schule bekannt war; Duhriko hat nur den Namen geändert.
Die Gruppe der Arthritides bullosae Bazins umfafst zwei HanÜeiden, die Hydrot
bull, und den Pemphigus arthriticus.
1. Pemphigus arthriticus.
„Sitz. — Der Pemphigus arthrit. kommt am ganzen Körper vor; namentlich
aber findet er sich auf der Schleimhaut der Wangen, des Bachens, der Vagina, in
den Ellbogen, den Vorderarmen, den Schenkeln u. s. w., erst bei längerer Dtner
pflegt er sich über den ganzen Körper auszudehnen.'*
„Symptome. — Der Ausschlag beginnt bald auf den Schleimhäuten, bald lof
der Haut Im letztem Falle bemerkt man im Gesicht, an den Gliedern oder
am Stamm grofse, dunkelrote Flecke. Häufig bilden sich auf diesen Flecken znent
kleine ekzematöse Bläschen, . . . die an manchen Stellen sehr bald zu echten Blasen
auswachsen Diese bullösen Schübe sind übrigens unregelmäfsig, so dals der
Pemphigus arthrit. alsdann ein Gemisch von Ekzem, pemphigoiden Ausschlag, nnd
häufig noch Hydroa bullös, darstellt."^
„Nach einiger Zeit vergröfsem und vermehren sich die Blasen. Sie erscheinen
in aufeinanderfolgenden Schüben auf roten, erysipelatösen Plaques und überziehen
den grölseren Teil des Körpers. Jedoch bleibt der Pemphigus bisweilen auf be-
stimmte Körperteile, wie die Vorderarme, die Hände oder Untereztremitäten be-
schränkt.''
„Die Blasen sind von ungleicher Gröfse .... und namentlich die kleinsten
sind halbkreisförmig angeordnet. Zuerst sind sie durchscheinend, aber die von
ihnen eingeschlossene Flüssigkeit bleibt nicht lange serös; vielmehr trübt sie sich
bald, verdickt sich, wird eiterig und vertrocknet zu gelblichen oder brännhchen
Borken."
„Die erkrankten Teile verursachen eine mehr minder schmerzhafte Spannung,
bisweilen ein lebhaftes Jucken; diese Symptome können namentlich während der
einzelnen Anfälle so stark werden, dafs sie den Schlaf beeinträchtigen."
„In der Zwischenzeit zwischen den einzelnen bullösen Schüben, oder wenn der
Pemphigus nur einzelne Hautstellen befallen hat, scheint die Erkrankung nicht
schwerer Natur zu sein: der Appetit ist dann erhalten, die Verdauung ungestört.
Andernfalls mufs der Kranke das Bett hüten und er kommt durch den anhaltenden
Schmerz, sowie durch die Hauteiterung und den bestehenden Darmkatarrh sehr
herunter."
„Verlauf; Dauer; Ausgang. — Der Pemphigus verläuft in AnßUen, die
anfangs durch verschieden grofse Zwischenräume voneinander getrennt sind, nm
später einander ununterbrochen zu folgen. Die Krankheit zieht sich immer sehr in
die Länge; sie kann sich über Monate und Jahre erstrecken, und häufig treten som
Schrecken des Kranken, der sich völlig geheilt wähnt, ohne nachweisbare Ursache
neue Blasen auf. Gewöhnlich endet der Pemphigus arthriticus mit Heilung."
Diese Ejrankheit scheint also ziemlich genau meiner Dermatitis polymorphe
pruriginosa chronica zu entsprechen.
' Siehe weiter unten die Kritik der BAZiNschen Hydroa bull.
175
2. Hydroa bullosa.
Die Hydroa bullosa Bazins deckt sich dagegen ziemlich genau mit jenen Fällen,
die ich als varietas benigna seu subacuta der Dermatitis polym. prurigin. k poussees
successives in meine dritte Varietät eingestellt habe.
„Die Hydroa bullosa", sagt Bazin', „besteht aus ungleichen, wenig umfangreichen
Blasen, die in mehreren Schüben auftreten, zu Krusten oder blattförmigen Schuppen
eintrocknen und schliefslich noch einige Zeit Hautverfarbungen hinterlassen. Das
Leiden ähnelt dem Pemphigus infolge der Anwesenheit von Blasen ; aber diese Blasen
sind nicht gleichmäfsig, auch nicht so grofs, wie beim Pemphigus, und endlich macht
die Hydroa bull, bei weitem nicht so schwere Allgemeinerscheinungen; ich bezeichne
sie haafig* als kleinblasigen Pemphigus.*'
„Die Krankheit beföllt die Arme, den Stamm und die Schenkel, auch ist sie
schon mehrfach auf der Wangenschleimhaut beobachtet. Mit Vorliebe tritt sie in
der Nachbarschaft der Gelenke und an der Innenfläche der Extremitäten auf."
„Bisweilen geht dem Ausschlag ein leichtes Unbehagen vorauf, dessen Haupt-
symptome geringes Fieber und Appetitmangel sind. Lange hält das niemals an und
kann häufig auch ganz fehlen. Als einzige regelmäfsige Prodromal-£r'
scheinung wäre ein, bisweilen sehr lebhaftes Jucken zu verzeichnen.''
„Die Blasen, welche den Ausschlag zusammensetzen, sind erkennbar an ihrer
Kleinheit und ihrer Ungleichmäfsigkeit ; manche sind nur linsengrofs, und die gröüsten
erreichen höchstens den Umfang einer Haselnufs. Ihr Inhalt besteht aus einer durch-
scheinenden Flüssigkeit, die sich aber schnell trübt und eine schmutzig gelbe Farbe
annimmt; sie ruhen auf einem roten Untergrund, der ihre Grundfläche noch etwas
überragt. ... Es kommt auch vor, dafs man zuweilen nichts weiter sieht, als grofse
erythematöse Flächen, die hier und da mit mehr oder weniger dicken Borken bedeckt
sind, während man im übrigen nur weniger vereinzeltsteheude oder halbkreisförmig
angeordnete Blasen antrifft, die die Natur des Leidens anzeigen. Während der
einzelnen Schübe besteht aufser dem, meist sehr ausgesprochenen und hartnäckigen
Jucken nichts Krankhaftes; der Patient mag essen und die Ernährung leidet nicht."
„Die Hydroa bull, hat einen chronischen Verlauf; sie tritt schubweise auf und
dauert gewöhnlich 5 — 6 Monate. Kückfalle sind häufig."
Der einzige Unterschied, den Bazin zwischen seiner Hydroa bull, und seinem
Pemphigus arthrit. aufzufinden weifs, besteht in dem Umfang der Blasen, die bei
ersterem kleiner sind. Aber dieses Unterscheidungsmerkmal hat keine Bedeutung;
man braucht nur die beiden eben angeführten Schilderungen zu lesen um sich davon
zu überzeugen. Denn beim Pemphigus arthrit., sagt Bazin, kämen kleine, ekzematöse
Bläschen vor, und bei der Hydroa seien sie bis haselnufsgrofs ; auch würde der
Pemphigus arthrit. durch Anfälle von Hydroa bull, unterbrochen. Das alles macht
die Verwirrung nur gröfser und hat, zusammen mit der ungeschickten Benennung
der beiden Gruppen, bewirkt, dafs man sie allmählich wieder ganz vergessen hat.
In Wirklichkeit gehören Pemphigus arthrit. und Hydroa bull, zueinander und
sind wahrscheinlich nur Varietäten einer Affektion. Sie entsprechen mit geringen
Änderungen — da ihr Bild weniger scharf umschrieben ist, als das meiner Krank-
heitsgruppen -- sie decken sich also, der Pemphigus arthrit. mit meiner Dermatitis
polymorpha pruriginosa chronica vera (erste Beihe von Fällen), und die Hydroa bull,
mit meiner Dermat. polym. prurig. benigna seu subacuta ä poussSes successives
(dritte Beihe von Fällen).
• Bazin, a. a. 0. 1868. pag. 303.
176
Dies sind, einschliefslich der Arbeiten von Tilbury Fox, von denen bereits im
ersten Teil dieser Abhandlung die Bede war, die wichtigsten SchrifUtiicke, die
meines Wissens vor den BuHBiNGschen Untersuchungen über unsre Frage yeroffent*
licht wurden. Aber schon hieraus geht, meine ich, zweifelsohne hervor, daÜi der
hier verhandelte Erankheitstypus, zu dem die 9 PuHBiNGschen Beobachtungen' ab
Beispiele gelten, bereits von Bazik unter dem Namen Pemphigus arthriticai und
P. buUosus skizziert worden ist.
Von den andern mir bekannten, einschlägigen Beobachtungen seien hier ans
der Dissertation von Hassan-Mahmoüd (abgefafst unter Leitung von Prof. Habdt^
erwähnt: Beobachtung 8 (allg. Pemphigus pruriginosus) und Beobachtung 9 (Pem-
phigus generalise k poussees successives). Die Beobachtung, die Hütchhisoi ii
seinem Vortrag über die Heilbarkeit des Pemphigus mittels Arsens mitteilt, ist
zweifelsohne den früher erwähnten analog*, aber sie ist zu unvollständig, um hier
mit verwertet zu werden.
TiLBTTRY Fox^^ führt in seinem Buch über die Hautkrankheiten den Fall einer
23jährigen Dame an, bei der durch mindestens 2 Jahre ein anfangs herpetiformer,
später pemphigoider und pruriginöser Ausschlag bestand, bis ■ er schliefslich t«^
schwand. Auch diese Beobachtung kann man zur Dermatitis polymorpha pmriginon
chronica benigna rechnen. Fox bemerkt dazu, dafs er Fälle gesehen habe, in welchen
dem quasi herpetischen oder pemphigoiden Ausschlag eine beträchtliche Hautreizimg
voraufging und ein echter pruriginöser „Rash" nachfolgte. „Es handelt sich dabei
wahrscheinlich", fahrt er fort, „um den sogenannten Pemphigus pruriginosus." Zwei
weitere bemerkenswerte Fälle habe er 1870 beobachtet. „In dem einen Fall folgte
der Ausschlag auf einen parasitären Herpes circinatus des Rumpfes; in dem andern
handelte es sich um einen Mann, der viel Kummer erduldet hatte. Beidemal trat
das Leiden symmetrisch auf und befiel folgende Stellen: die Ellbogen, die Hinter-
fiäche der Vorderarme, die ülnargegend, die Waden, dafs Gesäfs, den Schnlterblitt-
Winkel, kurz, alle hervorspringenden Körperteile, so weit sie einem Druck oder einer
Reibung ausgesetzt waren. Der Ausschlag bestand aus Bläschen, die in Haufen tob
4 — 5 oder mehr auf einem roten Untergrund von etwa Shilling-Ghröfse standen. Vor
dem Auftreten der Blasen bestand ein halbstündiges Brennen, dann lebhafte BwoHr
rÖtung. Die Blasen barsten in 1 — 2 Tagen und liefsen pruriginöse Papeln oder
Borken zurück. Sie entwickelten sich in verschiedenen Schüben; die Haut war
hinterher verdickt und pigmentiert. Durch den Schmerz, vor allem durch du
Jucken, wurde der Schlaf gestört. Ohne Frage ist das Nervensystem bei der Patho-
genese dieser Erkrankung beteiligt. Die pruriginösen Fälle sind sehr hartnäckig;
Regelung der Lebensweise und der Diät, Eisen, Nux vomica, Chinin, Leberthran,
Colchicum bei Arthritikem, Diuretica bilden die wesentlichsten Heilmittel.*'
Da diese Schilderung völlig auf unsre Krankheit paust, so habe ich sie fast toD-
ständig hier übersetzt.
Später brachte Tilbürt Fox" den gröfsten Teil der Fälle, die den von mir be-
schriebenen analog sind, in eine Krankheitsgruppe, die er Hydroa nannte, und bei
^ Vergl. den ersten Te'l dieser Arbeit.
** HassanMahmoud, Über den Pemphigus. Thöse de Paris. 12. Dezbr. 1868.
^ J. HuTCHiNSoy, Vorlesungen über klin. Chirurgie. Bd. I. pag. 49 u. ff. London
1879.
*® TiLBUBY Fox, Hautkrankheiten. Über die abnormen Formen der bullösen
Ausschläge; Hydroa. 1873. pag. 215.
^^ Tilbury Fox und Colcott Fox, Archiv of Dennatology. Jan. 1886. — Vergl.
den 1. Teil dieser Arbeit.
177
der er drei Unterarten unterschied. Seine dritte Varietät, Hydroa pruriginosa, scheint
deijenigen Erankheitseinheit zu entsprechen, von der hier jetzt die Rede ist.
Sein Schüler Radcliffb Crockbb, der zwar etwas weniger sorgfältig ist, hat
kurzUch verschiedene Fälle dieser Krankheit veröffentlicht", seine Beschreibung ist
ganz gut, aber er hat in seine Gruppe Hydroa fast alle jene Fälle hineinbezogen,
die DuHBiKo zu seiner Dermatitis herpetiformis rechnet. (Vergl. den ersten Teil
dieser Arbeit.)
Als Pemphigus insolitus beschrieb H. Weber 1877 einen Fall von Dermatitis
polymorpha prurigin. chron.*' Vielleicht könnte man hierher auch einen von den
Fallen rechnen, die Bieoel 1882 in seiner Abhandlung über Pemphigus chron. be-
Bchrieben hat.^^
Seit den ersten Veröffentlichungen Duhrings haben sich die Mitteilungen und
Berichte über diesen Gegenstand in England und namentlich in Amerika gehäuft.
Mehrere derselben habe ich bereits erörtert. Verschiedene von den Fällen, die wir
bei A. R. Robinson**, Fox**, L. Dukcan Bülkley", Bbonson", Arthur van Har-
UKGEN**, Malcolm Morris '^ Bulklet und Elliot'* finden, scheinen Beispiele zu
meiner Dermatose zu sein.
Ich hätte sehr gern alle Veröffentlichungen, die meiner Darstellung zu Grunde
liegen, ausführlich mitgeteilt, jedoch gestattet mir der Raum nur einen kurzen Bericht
über die französischen und fremden, bislang unbekannten Fälle.
(Fortsetzung folgt.)
Ütttteiliitisen ans ber ^itteratur.
Pariser Korrespondenz.
Behandlimg des Epithelioms mit Kali chloricum, von Georges Lemoine.
{Bevue generale de cHmque et de HUrapeuHque. 1888. No. 27.)
Die Ergebnisse dieser interessanten Abhandlung sind die folgenden: Wir be-
sitzen im Kali chloricum ein Mittel, welches grofse Wirkungsfähigkeit gegen Epi-
theliome zeigt und eine vollständige Heilung hervorbringen kann. Wenn man ihm
auch in der Mehrzahl der Fälle das Messer vorziehen mufs, so bleibt es doch das
einzige Mittel, von welchem man sich in inoperablen Fällen einen Erfolg versprechen
kann. Wenn es auch, nach der Meinung Reclüs', der zuerst seine Indikationen auf-
" H. Badcliffe Crocker, British Mediccd Journal. 1886. pag. 966. Mai 22.
'* H. Wbbbr, Sociötd Medico-pharmaceutique du district du Cantoii de Beme.
1877. Correspondenzblatt /*. Schw. Ärzte. 1878. No. 19. pag. 594. 1 Oktbr.
** Riegel, Wien. med. Woc?ienschr. 1882. Beob. 3.
" A. R. Robinson, Hydroa; Impetigo herpetif.; Dermatitis herpetif. Journal of
cutan. and venereal Diseases. 1885. Jan.
^* Fox, New York Dermatological Society. 24. März 1885. Journal of cutan.
and venereal Diseases. 1885 pag. 150. Mai.
*^ L. D. BuLKLEY, Über das Vorkommen der Dermatitis herpetif. Duhrings als
deutliche Krankheit. Journal of cutan. and venereal Diseases. 1886. pag. 111.
** Bronson, Fall von Dermatitis herpetif. New-York Dermatol. iScxnety; 165
meeting. Journal of cutan. and venereal Diseases. 1886. pag. 340.
*• Arthur van Harlingen, Drei Fälle von Dermatitis herpetif. Tfic Foliclinic.
1886. Oktbr.
'* Malcolm Morris, Harveian Society of London. 1887. 19. Mai. British Med.
Journal. 1887. pag. 1216. 4. Juni.
•' Bulklet u. Elliot, New York Dermatol. Society. Journal of cutan. and
venereal Diseases. 1887. pag. 187. Mai.
178
gestellt, bei den Epitheliomen der Sohleimhäute, wegen der oft sehr tief eindringfakdea
epitheliomatösen Elemente, nicht entspricht, so gibt es um so bessere Besolttte bei
den gemischten Epitheliomen, welche die Hant und die Schleimhaut zugleich okkupieren.
Am erfolgreichsten jedoch ist seine Anwendung beim Hautepitheliom, beim gewöhn-
lichen Eankroid. Es ist eine verhältnismäfsig langsame Behandlung, weshalb dieselbe
immer zurückgewiesen werden wird, wenn die Geschwulst rapid weiterschreitet, oder
wenn die Gefahr einer Generalisation derselben besteht.
Leukoplakie und Kankro'ide der Mund- und VaginalschleimhaTit, von
Eeclus. (Gazette des Hopitaux, 1888. 28. Juni.)
Die Fälle, in welchen man die Entwicklung dieser Affektion von ihrem Anfug
bis zum Ende, d. h. von der Plaque opaline, bis zur dicken, gelblichen Plaque, bis
zum Eankroid oder Epitheliom verfolgen kann, sind selten. Beclüs berichtet aber
mehrere Fälle, bei welchen er den Prozefs von dem ersten bläulichen Schimmer bii
zur vollständigen Entwickelung der Elrankheit beobachten konnte. Aber deswegen
glaubt er noch nicht, dafs dies ein notwendiger Ausgang der Krankheit sein mnä
Die Statistiken beweisen, dafs sie schon früher ihr Ende erreichen kann. AaÜBerdeo
klärt uns die Untersuchung des Gewebes der Plaques darüber nicht auf: die beides
Veränderungen sind voneinander gänzlich unabhängig. Wie Ebnest Besnier, gltsbt
B.ECLUS, dafs die psoriatischen Plaques die Ursache einer fortwährenden Beizung sind,
welche die Entwickelung des Kankroids begünstigt. Die Behandlung muis vor aOeD
eine phophylaktische sein und in Vermeidung jeglichen Reizes, wie Tabak und Ge-
würze, bestehen. Man wende Adstringenzien an. Sobald das Papillom oder Kankroid
sich entwickelt hat, soll man chirurgisch eingreifen. — Beclüs ist nicht dafür, d&ü
man die Kranken schon im voraus ins Bad von St. Christan schickt, im Gegensab
zu Paul Benabd, welcher seine Wirksamkeit rühmt in seiner Arbeit : Glosso-stomatite
epitheliale chronique superficielle (psoriasis buccal von Bazin) und ihre Behandloog
mit Mineralwässern (Paris, Delahaye. 1887) und dessen allgemeine Ergebmase folgende
sind : Die chronische oberflächliche epitheliale Stomatitis scheint trotz der VerBchiedes-
heit ihres klinischen Aussehens und trotz der verschiedenartigen Ursachen, welcbe
auf ihre Entwickelung Einflufs haben, auf ein und denselben Prozefs bezogen werdn
zu müssen, nämlich auf eine entzündliche Neigung. Die Brunnenkur kann als Hflfr
mittel zur hygieinischen Behandlung betrachtet werden, welche sich bis jetzt allein lis
wirksam erwiesen hat. Unter den verschiedenen Mineralwässern, deren Gebrsock
hier angezeigt erscheint, verdient der Brunnen von St. Christan (der Kupfer in wag
barer Dosis enthält) eine ganz besondere Erwähnung, sowohl aus theoretiscben-
Oründen, als besonders wegen der günstigen Resultate, welche mit ihm hauptsichlidi
in zerstäubtem Zustande erzielt worden sind. Es ist unschädlich, verschafft in der
grolsen Mehrzahl der Fälle einen gewissen Grad von Besserung, sehr oft eine bemer
kenswerte Besserung und mitunter eine vollständige Heilung.
KontagioBit&t und Prophylaxis der Impetigo, von A. Ollivieb. (Renu
gmircde de dinique et de thlrapeutique. 1888. No. 29.)
In dieser Arbeit setzt 0. auseinander, dafs aufser der individuellen Disposition
diese Krankheit manchmal eine wichtigere Ursache aufweist, nämlich die Ansteckimi
Die Übertragung der Impetigo von Schülern auf Schüler und von diesen auf ibre
Familien ist durch eine Eeihe von Beobachtungen sehr gut bewiesen. Er beruft «idi
übrigens in dieser Hinsicht auf die Meinungen von De vergib, Tilburt Fox, Kaposi,
ViDAL, CoHBY, ZiT. Die Thatsache der Ansteckung ist sicher konstatiert, obgleich
man noch nicht den Krankheitserreger kennt. Man mufs also im Interesse der Schal-
hygieine alle Formen von Impetigo als ansteckend betrachten und den Schülern nur
179
dann den Schulbesuch gestatten, wenn die Eruption auf einem Körperteil sich be-
findet, der leicht mit einem geeigneten Verband bedeckt werden kann, wie beispiels-
weise auf dem behaarten Kopfe.
Striae der Hant nach Typhus. Troisieb hat in der Sitzung der Societe
medicale des hopitaux am 22. Juni ein Hautstück von dem Unterschenkel eines
Kranken demonstriert, der an Magenkrebs gestorben war. Auf dieser Haut bemerkte
man greise Striae, die viele Jahre vorher in der Jugend des Kranken während der
Eekonvalescenz nach einem Typhus entstanden waren. Diese Striae sind nicht das
Resultat einer trophischen Störung; die elastischen Fasern sind nicht resorbiert»
sondern nur zerrissen und zurückgezogen. Bucqüoy hat ähnliche Beobachtungen ge-
macht, aber er nimmt nicht allein diese mechanische Entstehungsweise an, sondern
glaubt, dafs es sich hier besonders um eine Ernährungsstörung der Haut handle,
welche die Bildung von Striae nicht nur auf den Extremitäten nach Typhus erkläre
sondern auch die auf dem Thorax von Personen mit Pleura- und Lungenaffektionen.
Über die antiseptische Behandlnng der Blenorrhöe, von Du Castel. (Bevue
generale de cUnique et de iherapeutiques. 1888. No. 28.)
In dieser Arbeit rühmt Du Castel sehr die Injektionen mit Besorcin, welches
anstatt wie alle andern Antiseptica schmerzhafte Empfindungen hervorzurufen, voll-
ständig schmerzlos ist, so schmerzlos wie eine Injektion mit reinem Wasser. Die
Kranken haben sich nur ganz ausnahmsweise beklagt, und Du Castel hat sie zu
hunderten damit behandelt. Für ihn ist Besorcin das unschädlichste und angenehmste
aller bisher angewandten antiseptischen Mittel.
Hyperidrosia des Gesichts, von Paul Bayvond. Aus dieser interessanten
Arbeit, welche in den Archives de neurcHogie (Januar und Februar 1888) veröfifent-
licht ist, wollen wir nur die therapeutischen Schlüsse wiedergeben. Der Schweiis ist
hier nur, vrie der Verf. sagt, das lokale Symptom einer Läsion, die bald im Sym-
pathicus, bald im Bulbus oder Bückenmark sitzt. Da sie aber fortdauernd den
Kranken arg belästigt, so erfordert sie eine Behandlung, die sich notwendigerweise
auf die zentrale Läsion richten muis, denn alle Substanzen, welche allein gegen das
Symptom des Schweifses gegeben werden, schlagen fehl. Aufser den chirurgischen
Fällen ist es angebracht, den konstanten Strom für das Bnckenmark, nervenberuhigende
Mittel, Opium, Bromkalium und besonders Jodkalium zu versuchen.
Imaginäre Ulcerationen der Zunge, von Dr. Poyet. {Journal de connaissances
medicales. 1887. 20. Oktober.)
Verf. hält diese Fälle für nicht so selten als man gewöhnlich glaubt. Er teilt
die von dieser Störung befallenen Kranken in vier Kategorien : 1. die an Neuralgien
in der Zunge Leidenden, 2. diejenigen, welche sich einer eingreifenden Behandlung
unterzogen haben, und deren Zungenpapillen durch reizende Mittel schliefslich schmerz-
haft werden, 3. Hypochonder, 4. die an Leukoplakie Leidenden, welche Zungen-
schmerzen haben, ohne dafs Ulcera vorhanden sind. Daher mufs man seine Zuflucht
zur psychischen Therapie nehmen und aufserdem für die Kranken der ersten Beihe
zu erweichenden Mundausspülungen, zum Kokain, Antipyrin, für die der zweiten
Beihe zu leichten Einpinselungen mit Jodtinktur, für die der dritten zu sehr leichten
Kauterisationen, und endlich für die vierte Kategorie zu Emollientia und Antiarthritica.
Prophylaxis nnd Desinfektion bei den Pocken. {lA/on medicale. 3. Juni 1888.)
Man weils, wie notwendig es ist, bei Pockenkranken die Hautaifektionen zu
desinfizieren, da sich in der Pustel der Keim, der noch unbekannte Spaltpilz, befindet,
der das Exanthem verursacht. Manche Kranke können wegen der langdauemden
180
Desquamation unaufhörlich während 5 oder 6 Wochen einer Infektion ausgesetzt seiiL
Man wird daher gegen die Krusten im Gesicht und auf dem Kopfe Pomaden mit
Suhlimat 1 per mille oder mit Thymol 1 : 30 anwenden können. Karbolsaare ist viel
weniger wirksam, und Karbolöl in keiner Form. Um dieselben Mittel auf dem be-
haarten Kopfe anwenden zu können, läfst man die Haare kurz schneiden. Wasser
verordnet man in Form grofser Bäder, die 200 g Schwefelkalium enthalten. Sublimat
würde wegen der noch unvollkommenen Wiederherstellung der Epidermis gefahriich
sein. Gewöhnliche basische Kaliseife kann sogar auch zur Desinfektion genügen, wenn
nur in genügender Quantität verwandt, jedoch stets mit Berücksichtigung der Em-
pfindlichkeit der betreffenden Haut. Die Bäder sollten bis zur völligen Abschuppung
wiederholt werden; sie sollen warm (37**) sein und 'A — 1 St. dauern.
Angiom der Zimge, von De St. Gebmain. (^Bevtie des mcHadies dt Tet^wmu,
Juli 1888.)
Es handelt sich um die Beobachtung eines etwa 2jährigen Kindes, dessen Zunge
das 4fache Volumen angenommen hatte und schliefslich das Aussehen eines kegel-
förmig zulaufenden Cylinders zeigte. Die Farbe ist violett geworden, linksseitlidi
befinden sich rote Streifen, die normale Farbe zeigt sich nur in einer Ausdehnong
von einigen Zentimetern von vorn nach hinten, von einem Zentimeter in der Länge
und auch an der Basis der Zunge. Die Oberfläche dieser Geschwulst ist durchzogen
von verzweigten und anastomosierenden Gefäisen. Keine Fluktuation, aber wohl eine
deutliche Elastizität und Eindrückbarkeit. Kein Pulsieren, keine Schmerzen. Das
Angiom (denn es ist ein Angiom der Zunge) sitzt tief^ wächst langsam, ohne Tendenz
zur Selbstheilung. Wegen der relativen Seltenheit dieses Falles wurde der kleine
Kranke ins St. Louis Hospital gebracht zur Modelliemung des Tumors, aber Babbtta
hat die verlangte Operation für unmöglich erklärt. Darauf beschränkte man sich nur
auf die Heilung des Kranken. St. Germain hat Elektrolyse gewählt, die er in diesem
besonderen Falle dem Thermokauter, der Wiener Paste und der Ligatur vorzieht.
(übers, von L. Fküippson-Hamburg.) Fournier-Paris.
Spezifische Entzündungen.
Über Aktinomykose, von Dr. Emmerich üllmann. (Wiener med. Fresse. 1888.
No. 49, 50 u. 51.) Seine an 13 klinischen Fällen gemachten Beobachtungen lassen
sich dahin zusammenfassen:
1. Das Hauptsymptom sei gewifs die brettharte Infiltration, welche ohne scharfe
Grenze ganz allmählich in die gesunde Umgebung übergeht, nicht minder aber
müfsten das Aussehen der Fistelgänge und der Farbenton der diese umgebenden
Haut beachtet werden. Manchmal wären alle Symptome prägnant ausgesprochen,
manchmal nur das eine oder andre, und die Diagnose werde dann erst durch den
Nachweis der Actinomycespilze im Eiter ermöglicht. Die übrigens beim Menschen
nicht immer hinzutretende Eiterung sei keine spezifische Erscheinung, denn er fand
bei seinen Kulturversuchen den Staphylococcus aureus und andre Spaltpilze sich
entwickeln, die wahrscheinlich gleichzeitig mit den Actinomycespilze n oder auch erst
später in diesen locus minor, resistentiae eingewandert seien. Auch die infiltrierten
Lymphdrüsen seien nicht spezifisch, weil in exstirpierten Drüsen er keine Actino>
mycespilze, sondern nur Mikrokokken darin fand, sowie weil unberührt gebliebene
Drüsen später von selbst abschwollen. Kultur- und Implantationsversuche des Pilzes
miislangen.
181
2. Wesentliche Anhaltspunkte für die Ätiologie konnte Ullmakn nicht ge-
winnen; die einen Patienten wollten allerdings mit kranken Kühen oder Pferden
umgegangen sein, aber wieder andre waren nie mit Tieren in BerühruDg gekommen,
und auch die Nachforschungen über etwaige Infektion durch Ähren blieben erfolglos.
3. Als Eingangspforte des Pilzes bezeichnet Ullmann hauptsächlich den Diges-
tionstraktus, dann in zweiter Linie den Respiration sapparat und die allgemeine Haut-
decke. Eckart' Nürnberg.
Die Heilwirknng des Erysipels anf Oeschwttlste, von Dr. P. Bruns. In
22 Fällen von Geschwulstbildungen trat ein spontanes Erysipel hinzu. Diese Fälle
lassen sich in folgende fünf Gruppen teilen: 1. 5 Fälle histologisch sicher gestellter
Sarkome; davomsind 3 Fälle vollkommen und dauernd geheilt; 2. 3 Fälle von ulceriertem
Gesichts-Earzinom ; zweifelhafter Erfolg des Erysipels; 3. 6 Fälle histologisch nicht
sicher gestellter Karzinome und Sarkome; Erysipelwirkung nur vorübergehend;
4. 2 Fälle multipler Narbenkeloide nach Verbrennungen; vollständige Heilung;
5. 4 Fälle von Halslymphomem, teils verschwunden, teils verkleinert. Künstlich
wurde das Erysipel erzeugt in 5 Fällen: 3 Mamma-Karzinome, davon 1 unverändert,
1 um die Hälfte verkleinert, 1 bis auf eine erbsengrofse Verhärtung in der Narbe
zurückgegangen; dazu noch 1 multiples Hautfibrosarkom, teilweise verkleinert, und
1 Orbital-Sarkom unverändert.
Verfasser erklärt an der Hand dieses Materials die künstliche Erzeugung
der Rose zur Beseitigung von Tumoren unter gewissen Umständen
als berechtigt, besonders für die Sarkome, bei welchen vollständige und dauernde
Heilung möglich ist. Als einzige Methode der Erysipel- Erzeugung empfiehlt sich die
Impfung mit Beinkulturen von Erysipel-Kokken nach Fehleisex. — Auch ein Fall
von Keloid des Ohrläppchens, von Zineshabuzo Kiküzi beschrieben, befindet sich
in demselben Hefte. (Beiträge zur klin, Chirurgie .Herausgegeben von Prof P. Bruns.
m. 3. Tübingen 1888.) Pauly-Nervi.
Über einen Fall von Mykosis fangoides Alibert (Granuloma fungoides)
macht H. W. Blanc ausführliche Mitteilung- Der Patient, ein 34jähriger Schneider
kaukasischer Basse, zeigte die Affektion in Gestalt multipler Knoten und Tumoren
der Haut über den ganzen Rumpf und die Extremitäten verbreitet. Aus der über
einen Zeitraum von acht Monaten sich erstreckenden Krankengeschichte, die ziemlich
ausfuhrlich wiedergegeben ist, sei nur hervorgehoben, dafs eine entschiedene Besserung
des Leidens durch den konsequent fortgesetzten Gebrauch von Arsenik und Eisen
neben lokaler Applikation von Ichthyol eintrat. Mikroskopische Untersuchung der
Neubildungen zeigte bedeutende histologische Unterschiede je nach dem Alter der-
selben; an den neu enstandenen Geschwülsten liefs sich die Entstehung derselben
aus kleinzelliger Infiltration des Koriums und abnormer Dilatation der Lymphräume,
welche sich allmählich mit einem nach und nach stets gröbere Beschaffenheit an-
nehmenden adenoiden Gewebe anfüllen, erkennen. Bemerkenswert ist femer eine
nicht unbeträchtliche Vermehrung der weifsen Blutkörperchen, sowie die ausgedehnte
Beteiligung der Lymphdrüsen an den verschiedenen Körperregionen. Wegen der
sehr akkuraten Schilderung der pathologisch-anatomischen Verhältnisse der Tumoren,,
die noch an aufserordentlich klaren Abbildungen anschaulich gemacht werden, mufs
aufs Original verwiesen werden. (Journal of cutan. and genito-urin. Diseases. Juli —
August. 1888.) Filippi'Felsberg.
Monatshefte. 13
182
Akute Infektionskrankheiten.
Weiterer Beitrag zur Lehre von den Varicellen, von Prof. E. Lipp in
Graz. {Mitteü. des Vereins der Ärzte in Steiermark. Vereinsjahr 1887.) Die Viri-
cellen wurden schon im 16. und 17. Jahrhundert von den echten Pocken unter-
schieden. Vorübergehende Albuminurie ist häufig. Hier und da kann durch hobem
Fieber und Komplikationen die Krankheit schwerer werden. Kombination mit andern
akuten Infektionskrankheiten ist mehrfach beobachtet.
Erkrankung Erwachsener an Varicellen kommt vor.
1. Student der Medizin, 18 Jahre alt. Diagnose auf Varicellen auch schon von
anderer Seite gestellt. Ausschlag sehr deutlich und aufserordentlich reichlich.
Schleimhaut des Mundes und Schlundes auch besetzt. T. bis 40,0. Vacciniert.
Unwohlsein nur wenige Stunden vor dem Ausbruch des Exanthems. Es blieben
einige Narben zurück.
2. Fräulein, 17 Jahre alt; geimpft; ohne Vorboten Ausschlag; sehr geringes
Unwohlsein; wenige Bläschen in der Mundhöhle.
3. Soldat, 21 Jahre alt; geimpft; deutlich ausgeprägter Ausschlag. Klinische
Vorstellungen.
4. Tagelöhner, 18 Jahre alt; geimpft. Ungewöhnlich schön entwickelte und
instruktive Varicellen; durch 14 Tage in den Vorlesungen demonstriert. Ausbruch
des Exanthems ohne Vorläufererscheinungen. Wenig Eiweifs. T. bis 39,4.
Ein 7j ähriger Knabe ohne Impfnarben, der mit Fall 3 und 4 das Zimmer
geteilt hatte, erkrankte in typischer Weise an Varicellen. Eine Variola kam im
Krankenzimmer nicht zum Vorschein.
5. Doktor der Medizin, 25 Jahre alt; geimpft. Behandelte zwei an VarioelleD
erkrankte Mädchen. Nach der entsprechenden Inkubationszeit bekam er ganz
charakteristische Varicellenbläschen mit „so geringen AUgemeinstorungen, dtSs er
seine dienstlichen Funktionen nicht einen Tag zu unterbrechen brauchte.^
In dem Dezemberheft (1888) der Archives ginSräles de medecine veröffentlicht
F. DE Grandmaison seine Erfahrungen über die Variola haemorrliagica, welche in
Paris endemisch zu sein scheint. Er unterscheidet, wie schon andre Autoren vor
ihm, eine leichtere, „kutane", der Heilung fähige Variola haemorrhagica und eine
schwere Form mit ausgebreiteten Hämorrhagien, welche besonders auch die Schleixa-
häute betrifft und beinahe ausnahmslos zum Tode fuhrt. Am häufigsten wnide
Epistaxis, Hämaturie und Metrorrhagie beobachtet. Diese Schleimhautblntungen nnd
die schweren AUgemeinerscheinnngen unterscheiden die „echte*' Variola haemorrhagica
von der „kutanen", welch letztere nur in ihren Pusteln Blutungen aufweist.
Török'Hambwrg,
llalleus hnmidns acntns hominis, von Dr. Ronji. (Gyogyäszat) R. beob-
achtete bis dorthin 3 Fälle akuten Rotzes. Bei keinem von den Kranken konnte die
Invasionsstelle aufgefunden werden. Schwer sind solche Fälle im Anfang zu dii^*
nostieieren. Obzwar Löffler und Schutz die Bacillen des Malleus entdeckt, muBses
wir doch sorgsam die klinischen Symptome studieren. Letztere sind noch immer
nicht genügend gewürdigt. Wir besitzen keine authentischen Daten über den Verliof
des Fiebers bei Malleus. Bei Wunderlich ist ein einziger Fall angegeben, wo man
aber die Fiebermessung nur vom 19. Tage an findet. In der ungarischen Litteratnr
ist eine genaue Aufzeichnung von Dr. Dümitreak. R. veröffentlicht seinen 3. Fsll
und fügt eine genaue Fieberkurve bei. Das Fieber war re- und intermittierend
bis zum Tod. Die Krankheit fing am 5. — 6. August 1882 mit Unwohlsein ts;
Rechtsseitige Pneumonie, Conjunctivitis, am 10. Gonitis 1. dextri; am 15. Chorda
183
und Nasenbluten; am 23.-24. Ödem des rechten untern Augenlides- Pralle Infil-
tration der rechten Gesichtshälfte; Hotzflufs am 25.; Ausschlag, Enteritis, BewuM-
losigkeit am 26. ; Tod am 29. August. — Beim Malleus müssen wir annehmen, dafs
sich das Kontagium wo immer einnisten kann, also in der Nase, im Rachen, in der
Lunge, d. h. es ist nicht erst notwendig, dafs die Invasionsstelle dem Auge zu-
ganglich sei; wir müssen annehmen, dafs der Charakter des Malleus nicht in der
unbedingten Erkrankung der Nasenschleimhaut liegt, und zwar nicht in der primären
Erkrankung. Der Malleus ist eine generalisierende spezifische Entzündung, welche
seine Produkte dort absetzen kann, wo sie will. Die klinischen und path. -anatomischen
Charaktere ihrer Produkte sichern ihr die Spezifizität, mit welcher man die Pyämie
oder Septikämie nicht verwechseln darf. Thatsache ist aber, dafs wir sie nicht
nur mit diesen, sondern auch mit andern Erankheitsformen, im Anfange überhaupt,
verwechseln. H. berücksichtig^ eingehend den Verlauf des Fiebers, den Einflufs der
Krankheit auf dasselbe, schildert den eigentlichen Rotzfiufs; dieser, obzwar nicht
konstant, ist von eminenten diagnostischem Werte, tritt Ende der ersten oder
anfangs der 2. Woche auf. Aber seine Vorboten treten schon früher auf. Im obigen
Fall war schon 4 Tage vor dem Rotzflufs Schnupfen mit häufigem Niefsen vorhanden.
Ein dünnflüssiger, schleimiger, durchsichtiger Ausflufs erscheint. Dieser Katarrh
erstreckt sich auf alle Gänge der Nase, auf die Stimrinne, auf die Konjunktiven.
Schwacher Kopfschmerz, Thränengufs, Odem des einen oder andern Augenlides, ober^
halb der Augenbrauen, an der Nasenwurzel oder Nasenrücken, welches langsam
roter wird und sich in erysipelartige Infiltration umwandelt. Ab und zu Nasenbluten,
welches den Katarrh verdecken kann. Alle diese Symptome sind schon so cha-
rakteristisch, dafs sie den Verdacht auf Malleus erwecken, bevor noch
der eigentliche Rotz erscheint. Dieser folg^ als dickflüssiger, graulich- weif ser,
mit käsigen Massen vermengter Ausflufs nach. Dann sind schon grau-weifse oder
braunliche Knötchen an der Scheidewand und am harten Gaumen zu sehen. Dieser
Ausflufs ist nur dann stinkend, wenn die Nekrose bis zum Knochen gelangte.
Auch die Effioreszenzen an der Haut haben ihre Eigentümlichkeiten und bieten
diagnostisch verwertbare Merkmale. R. beobachtete, dafs an mehreren Stellen linsen-
grolse, rosenrote Flecke entstanden, z. B. abends, welche auf Fingerdruck nicht
verschwanden. In der Mitte dieser Flecke entstand bis zum Morgen ein stecknadel-
kop^rofser, erhabener, gelber Punkt. Dieser gelbe Punkt vergröfserte sich im Laufe
des Tages nach jeder Richtung; es entsteht eine Pustel, welche halbkugelig ist und
keine Delle hat. Man sieht solche Pusteln von Hirsekorn- bis Erbsengröfse auf
verschieden breiter, blafsroter oder dunkelroter oder livider hämorrhagischer Basis;
oder es entstehen an dieser Basis mehrere neue gelbe Herde und zwar entweder auf
der einen oder andern Seite oder ringsherum um die mittlere Pustel, welche sich zu
der Zeit mit der letzteren noch nicht verschmelzen. In Stunden oder in noch
weniger Zeit kann das Bild, wie folgt sein: Der gelbe Inhalt der Pustel wird rot
blau, vergröfsert sich; verschmilzt sich mit den Randpusteln, und es entstehen
unregelmäfsige, verschieden grofse, blaue, drüsige Blasen (verruköse Geschwulst nach
Bayer. ^ Krebsnest nach Vibchow). Aufserdem sieht man flache Ekchymosen plötzlich
oder auf einen rosenroten Fleck entstehen, und es entstehen schnell hämorrhagische
Blasen. Mit diesen Erscheinungen gleichen Schritt haltend treten die verschieden
nagel- bis flachhandgrofsen Hautinfiltrate auf, welche sich auf vorher hyperämischen
Grund entwickeln, welche fast fortwährend dunkler werden von diffundiertem Blute
oder schwarz vom Gangrän. Der Inhalt der Pusteln ist zähe, fliefst aus der auf-
gestochenen Pustel nicht heraus, haftet an den Blasenresten, der der hämorrhagischen
Blasen ist dünnflüssig, hinausquellend, zerfliefsend. Bona- Budapest
13*
^
184
Nephritis parenchsrmatosa im Gefolge von Varicellen, von Dr. Fküis
H0QYE8, Assistent im Stephanie - Einderspital zu Budapest. (Orvosi Heiäap) In
der ganzen Litteratur sind bisher 6 Fälle von dieser Komplikation aufgezeichnet Ld
Stephanie -Einderspital hat man 2 Fälle beobachtet. Diese bezogen sich auf 2V« nnd
jährige Einder. Beim ersten Ein de endete die Erankheit letal. Bei beiden
trat die Nephritis 19 — 21 Tage nach der Varicellen-Eruption auf.
Bona-Budapest
Ausweis der Blattemabteilnng des Karolinenspitals zn Kolonnr
(Elausenburg), von Dr. V. Daday, Assist. {Gyögyäszat'Aliamaros.) Vom Jahre 1881
August bis 1883 August wurden 300 Eranke behandelt, 185 Männer, 115 Weiber.
Gestorben sind 21 Männer, (11,35 7o) und 19 Weiber (16,52 7o). Von den 300 waren
geimpft 195 (65 %), und zwar 129 Männer (69,6 7o), 66 Weiber (57,4 Vo). Von
den geimpften Männern starben 7 (5,7 Vo), von den nicht geimpften 14 (25 VO) ^^"^
den geimpften Weibern starben 8 Vo, von den nicht geimpften 34 Vo.
Formen
Aufgenommen:
Geimpft :
Üngeimpft :
Geheilt:
Sa.
M. W.
M.
W. zus.
M.
W.
zus.
M. W.jzus.
Variol. haem.
9
4
5
4
2
6!
3
3
1
1
Vera.
114
72
42
33
10
43
39
32
71
55
28
83
„ mod.
105
64
41
49
26
76
15
14
29
64
41
105
Varicella.
72
45
27
43
28
70
2
2
45
27
72
300
185
115
129
66
195
56
49
105
164
96
260
Formen
M.
Gestorb
W.
>en;
Zus.
Variol. haem.
4
5
9
Vera.
17
14
31
„ mod.
—
Varicella.
—
—
21
19
40
Eomplikationen bei den 260 Geheilten: Abscesse bei 18 Männern, Eentitis
parenchymat. bei 2 Männern, Panophtalmitis bei 1 Mann. (Letztere 3 nicht geimpft)
Staphyloma totale an beiden Augen bei 1 Mann. Furibunde Delirien bei 4 MännerD
am 7. — 8. Tage der Erankheit. Die Todesursache war in den meisten Fällen Pneu-
monie, und bei den meisten trat der Tod am 15. Tage der Erkrankung ein.
Bona-Budapest
Über skarlatinöse Gelenksentzlindungen. Dr. Johanx Bökai jun., Prin.
des Stephanie-Einderspitals zu Budapest veröffentlicht {Orvosi Hetiktp) 2 Külc.
B. unterscheidet erstens purulente und zweitens seröse Gelenksentzundung bei
Scharlach.
1. Die purulente Form entsteht wie folgt: a. die Synovitis zeigt vom Anfaiigr
das Bild der eiterigen Gelenksentzundung, wodanu sie als ein Symptom der Septi-
kämie gilt; b. die Gelenksentzündung ist vorerst durch seröses Exsudat bedingt^
wird erst nach kürzerer oder längerer Zeit eiterig; c. in die Synovialhöhle durch-
brechen periartikuläre Abscesse und rufen eine eiterige Gelenksentzündung hervor.
185
2. Die seröse Form erscheint: a. als akute oder subakute seröse multiple
<}eleiiksentzändungen; diese gleichen in vielem der Polyarthritis rheumat.; als
chronisch yerlaufende auch in tumor albus übergehende mon- oder polyartikuläre
^ynoritiden; c. als seröse Entzündungen, die früher oder später eiterig werden.
Böna^Budapest.
Chronische Infektionskrankheiten.
Lnpns ynlgaris wird nach L. Bbocq am zweckmäfsigsten mittels einer Korn-
])ination von linearen Skarifikationen und Eauterisierens mit dem Galvanokauter oder
dem Ferrum candens und nachfolgendem Verbände mit Van SwiSTENScher Losung oder
Vigopflaster behandelt.. Bei kachektischen Individuen darf indes das Skarifizieren nur
mit Mafs und ganz zuletzt zur Verbesserung der Narben in Anwendung kommen. Auch
das Atzen mit Argent. nitric. ist oft sehr nützlich. Kurz es mufs ein therapeutisches
Hil&mittel mit dem andern vereinigt werden zur gegenseitigen Unterstützung und
Komplettierung. {JaumcU of cut and genito-urinary Diseases, Juli 1888.)
Pfnlippi'Felsberg.
Ober die Ansteckung dnrcli Lepra spricht Diday in seinem und Doyons
Namen in der Sog. nat. de m6d. de Lyon (dO. April 1888). Er bespricht die An-
«chauung Zambacos u. a., die im Elend, schlechter Nahrung, physischen Erregungen
etc. die Ursache suchen und die Kontagiosität verwerfen. Beide, Diday und Doyon,
halten die Lepra für kontagiös. Sie citieren einen Fall Besniers, wo die Lepra durch
Impfung übertragen wurde.
Dann gibt es eine zweite Ursache, die Diday die eheliche Ansteckung — la
•contagion conjugale — nennt. Nicht so sehr die sexuellen Beziehungen sind es
hier, als das intimere Zusammenleben, das man beschuldigen mufs. Die dritte Form
ist die ererbte, sie ist also hereditär. (Prov. mid. No. 18.) Pauly-Nervi,
Lepra bei einem Syphilitisclien. Kaposi (Wien) stellt in der Oes. der Ärzte
tu Wien vom 21. Dezember 1888 einen 31jährigen Bussen vor, der seit 1880 in Ostindien
«id Ostasien (1883—86 aber in Sidney) lebte und reiste. 1884 acquirierte er Ulcus
dumm; dann Allgemeinerscheinungen. 1888 reist er in die Heimat, um seine Lues
„loszuwerden*' und bemerkt auf der Volarfläche des r. Zeigefingers eine kleine Blase,
die platzte und eine kleine Wunde zurückliefs. Im August 1888 findet Chiabi (Wien)
Nekrose der Nasenknochen. Er unterzieht sich auf der Klinik für Syphilis Prof. Neu-
MARKS einer kombinierten Kur vom 30. August bis 19. Oktober 1888. Am 30. Okt. 1888
sucht er die interne Klinik Nothnagels auf, wo er bis 23. Nov. beobachtet und unter
„Neuritis syphilitica" gefuhrt wird. Sechs Tage später kehrt er wieder auf den
zweiten Hof des AUgem. Krankenhauses zurück, aber auf die Klinik Kaposis, wo er
vom 29. Nov. 1888 ab liegt.
Über den Befund bei der Vorstellung, den K. mit gewohnter Genauigkeit und
Scharfe gibt, müssen wir bitten, in dem ausführlichen Referat der Wiener Klin.
Wochensdir. (1889. No. 1) genaueres nachzulesen.
Es handelt sich um eine Initialform der Lepra anaesthetica, gepaart mit Lues.
Mit Kücksicht auf die negativen Impfresultate zweier Forscher, die sich und 20
tesp. 16 andere mit Lepra geimpft haben, sagt K., dals er auch diesen Fall nicht als
dorch Ansteckung entstanden erklären oder die Blasenstelle am Finger als die Ein-
gangspforte des Virus betrachten kann. Pauly-NervL
186
An der Hand eines charakteristischen Falls bespricht Morrow die anatomischen
und klinischen Eigenschaften des serpiginösen Syphilids. Die Affektion gehoH xn
den späteren Symptomen der Lnes und tritt selten vor dem zweiten Jahre der Krank-
heit auf; je nachdem dieselbe aus Gummata oder nur oberflächlich sich entwickebden
Pusteln und Knötchen sich zusammensetzt, verursacht sie mehr oder weniger tiefe
Zerstörungen; wenn die das Syphilid zusammensetzenden PrimäraffekÜonen nicht
völlig zusammenfliefsen, entstehen unvollständige, durchbrochene Hinge. Sich selbst
überlassen, nimmt dieser pathologische Vorgang sehr bedeutende Dimensionen an nod
kriecht über weite Strecken fort, doch ist er einer spezifischen Behandlung bei pas-
sendem Verband sehr zugänglich. Die entstehenden Narben bleiben wie alle syphi-
litischen Narben lange Zeit dunkel pigmentiert, um dann das eigene weifse Kolorit
anzunehmen. 2 farbige Abbildungen sind dem Artikel beigegeben. (Journal of cuUul
and genito-urin. Bis. Juli. 1888.) Fhüippi-Felaberg.
Einige Bemerkungen über den Wert der Anamnese bei der Diagnose ter-
tiärer Syphilide macht Marmatukb Sheid in dem Brit Joum. ofDermatol (Dez. 1888}
unter Mitteilung verschiedener prägnanter Beispiele, welche die bisweilen entstehenden
Schwierigkeiten einer sicheren Diagnose im Anfangsstadium, sowie die Unznverläsng-
keit der Angaben selbst gebildeter Patienten sehr treffend charakterisieren. Aus dem
etwas feuilletonistisch gehaltenen Artikel sind wesentlich neue Punkte nicht henror-
zuheben. I^üippirFelsberg.
Sekretions anomalien.
Halbseitiges Schwitzen bei Morbus Basedowii haben, wie wir der Disser-
tation Arthur Lewins (Berlin, Juli 1888. Zur Kasuistik des Morb. Based.) entnehmeü,
bisher nur zwei Forscher, Nitzelnadel und Chvostek, beobachtet. Einen Fall der Art
hat L., der sein wertvolles Material von 27 Fällen der Klinik der Proff. Mendel und
EuLEi7BUR0 verdankt, beobachtet, der gleichzeitig Myosis, einseitig besonders aoi*
gebildete Struma, erhöhte Temperatur der rechten Gesiohtshälfte und Hand, sowie
ebendaselbst erhöhte Schweifssekretion sah. — Nebenbei sei noch erwähnt, dab
von 13 bisher zur Sektion gekommenen Fällen 9 Veränderungen im Halssympathicus
zeigten. Püidy-Nervi
Regressive Ernährungsstörungen.
Vor der New York Dermatological Society zeigte Herr Sherwell einen Fall
von vollständigem Ausfallen der Nägel an beiden Füfsen als Folge von Ekzem
der Unterschenkel. Eine eigentliche Ätiologie dieser als Onycho- Atrophie
bezeichneten Affektion war nicht nachzuweisen. Desgleichen zeigte Dr. Klotz eioeo
Fall von atrophischen Vorgängen an den sämtlichen Fingernägeln mit Ausnahme
derjenigen der Ringfinger an einem mit Epilepsia minor behafteten 49jährigen
Schreiner: die Störungen bestanden in Verfärbung, Verdünnung und Rauhwerden
der Nägel und ekzematöser Veränderungen der umgebenden Haut. Behandlung mit
Salicylseifenpflaster bewirkte baldige Besserung. Phüippi-Felsberg.
Die der ELinderlälimung folgenden trophischen Störungen der Haut, ?on
Trissard. {These de Paris. J887.) Im Gegensatze zu andern Formen der Myeliti»
187
beobachtet man in der initialen Periode der Kinderlähmung keine gangränösen
Herde; aber in einer weiter vorgeschrittenen Periode, wenn Atrophien und Degene-
rationen auftreten, kann man in seltenen Fällen trophische Störungen der Haut auf-
treten sehen. Die Gefafse und Narben der Haut sind dann in ihrer Struktur ver-
ändert, die Temperatur der Haut ist herabgesetzt, ihre Vitalität vermindert, und
ihre Eesistenz gegen Traumata und gegen andre äufsere Einflüsse ist geringer. Doch
sind diese Umstände allein noch nicht genügend, um trophische Störungen der Haut
hervorzurufen oder das Auftreten derselben im Anschlüsse an leichte äufsere Ein-
wirkungen zu erleichtem. Sind sie vorhanden, so kann man mit Wahrscheinlichkeit
anf ein Übergreifen des Prozesses von den Vorderhörnern auf die Hinterhömer des
Rückenmarks folgern.
Diese trophischen Störungen bestehen in Anschwellungen, welche manchmal
dem Verlaufe bestimmter Nerven entsprechen, in Verdickungen der Haut, in Schwielen,
in Bläscheneruptionen, in Ulcerationen, welche auf die geringsten Läsionen entstehen,
gewöhnlich ziemlichen Umfang besitzen, keine Schmerzen verursachen, schwer heilen ;
sie bestehen des weitem in Schorfen, deren Dimensionen, sowohl was ihre Dicke als
auch ihre Breite anlangt, nicht im Verhältnis steht mit der sie hervorrufenden, gering-
fügigen Ursache, die sich langsam abstofsen und schwer vernarbende Geschwüre
zarücklassen.
Der Autor hätte in einer von Leloir 1881 publizierten Arbeit über die nervösen
Hantkrankheiten ein bemerkenswertes Beispiel von Hautgeschwüren gefunden, welche
wahrscheinlich durch die nervösen Störungen bei der Kinderlähmung versursacht
wurden. Tavernier-Lüle.
Fall von Skier odaktylie, von Prof. Schwimmer. (Orvosi Uetüap,) Die Haut an
den Fingern der Patientin ist verdünnt, stellenweise atrophisch, blau, violett, kalt
und empfindlich. Patientin klagt über Schmerzen und kann ihre Finger nicht
ausstrecken. Die Affektion hält Schwimmer für eine Trophoneurose.
Bona- Budapest
Ober Dr. M. Josephs atrophischen Haarausfall, von Prof L. Samuel in
Königsberg. (Virchows Ärehiv. 1888.) S. glaubt, dafs es sich bei den Joseph-
sehen Experimenten lediglich um ein entzündliches Defluvium capillorum handelt
und um nichts Andres. In den schwereren Fällen kommt es zu Abscefsbildungen,
ja zum Tode an Pyämie. Auch am behaarten Kopfe des Menschen genügen
diffuse, akute Entzündungen, die ohne Eiterung sich lösen, auf und unter der Haut,
um oft und selbst erst lange nach dem Kückgang der Entzündung nachträglich
Haarausfall hervorzurufen. An Ursachen zu traumatischer Entzündung fehlt es bei
diesen Experimenten nicht, doch fehlt sie nie völlig. Mit dem entzündlichen Efflu-
vium capillorum stimmt es, dafs der Haarausfall zu ganz verschiedener Zeit vom
5.-27. Tage erfolgen kann, dafs er — je nach dem ausgeübten Druck in ganz ver-
schiedenem Umfange vor und nach Öffnung der Abscesse auftritt, in Form kleiner
einfacher Scheiben oder, wie Verf. es einmal gesehen hat, in Form einer sich fast
bis zum Thorax erstreckenden vollen Eahlheit. Von einer Innehaltung des Inner-
vationsgebiets des 2. Halsnerven ist gar keine Hede. S. sah trotz der Exstirpation
des Ganglion die Haarregeneration bald etwa in der 4. Woche wieder beginnen und
80 rasch fortschreiten, dafs nach 5 Wochen das Haarwachstum der kranken kaum
noch von dem der gesunden Seite zu unterscheiden war. In dieser raschen Haar-
regeneration sieht S. den entscheidenden Gegenbeweis gegen den nervösen Ursprung
des Haarausfalls.
188
Hierzu bringt Joseph eine Richtigstellung in demselben Band de« Archifi,
auf die wir hier, da seine Ansichten bekannt sind, wohl nicht weiter einzugehen
brauchen. X. Hoffmann-Berlin,
Mifsbildungen.
Ein interessanter Fall von Gescliwürbildung am harten Oanmen
einem ömonatlichen Kinde. In der am 21. April 1888 abgehaltenen Sitzung des
ärztlichen Vereins zu Budapest demonstrierte Dr. F. v. Szontagh folgenden Fall:
Kakl T . . . , 6 Wochen alt, wurde am 9. Dezember 1887 im Ambalatoiiimi
des Budapester Stefanie-Kinderspitals vorgestellt. Am harten Gaumen rechts, etwts
nach vom von dem Orte, wo wir die BEDNABschen Aphthen anzutreffen pflegen, d. l
dem hamulus pterigoideus, war ein ungefähr 5 Pfennigstück groüses, grünlich gelbes,
mifsfarbiges Geschwür sichtbar, an dessen Peripherie die angrenzende Schleimhaut
bedeutend geschwollen war. Das Bild, das das Geschwür bot, entsprach keinem der
ulcerativen Prozesse, die am harten Gaumen im Säuglingsalter beobachtet werden.
Lues konnte mit Sicherheit ausgeschlossen werden, auch war der Säugling gut ge-
nährt, d. i. nicht atrophisch, an ein Geschwür dekubitalen Ursprungs war auch
nicht zu denken. In dem Geschwürsgrunde konnte die Sonde nirgends auf entblölsten
Knochen stofsen.
Im Anfange wurde das Geschwür mit einer IVoigen Lapislösung gepinselt —
doch ohne jeden Erfolg; die Schwellung der angrenzenden Schleimhautpartien nahm
noch zu, und selbst die submaxillären Lymphdrüsen schwollen betrachtlich an.
Später ging man zu Kali chloric. über, innerlich und als Mundwasser. Nicht nur
dafs keine Besserung erfolgte, sondern das Geschwür nahm an Extensität zu, zu-
gleich bedeckte sich der vordere Teil desselben mit einer kruppähnlichen Membran,
die mittels Pinzette leicht abgehoben werden konnte. Später kamen in Verwendung:
Ferrum sesquichlor., Papayotin, Ac. lacticum etc., schliefslich Kalomel in Form
von Injektionen. Letzteres Verfahren schien im Anfang von entschieden günstigem
Einflüsse zu sein, indem insbesondere die nicht exulcerierten Schleimhautpartien ab-
schwollen und der Geschwürsgrund selbst sich zu reinigen anschickte.
Doch bald versagte auch diese Therapie.
Am 13. April — nach viermonatlicher Behandlung — wurde mittels
Sonde in der Tiefe des Geschwürs ein resistenter Körper entdeckt,
der mit Leichtigkeit befreit werden konnte und zum nicht geringen Erstaunen als
ein wurzelloser Mollarzahn sich entpuppte, den Dr. Szontagh vorzeigte. Von
nun an erfolgte spontane Heilung. Bona Budapest,
Reynolds beschreibt einen eigentümlichen Fall von Naevus an einem IQjähngen
Knaben. Die Aflektion besteht in einem angeborenen, die ganze linke Glutäalg^nd
und fast die ganze Oberfläche des Oberschenkels bis einschliefslich des Knies ein-
nehmenden fleischigen, dunkel purpurroten Auswuchs, welcher stellenweise das Aus-
sehen von Ichthyosis darbot und eine reichliche Menge übelriechenden Sekrets lieferte.
Seifenwaschungen und Einpudern mit Borsäure bewirkten bald bedeutende Besserung.
(Journal of cutan. and genito-urin. Diseases, Sept. 1888.) Phüippi-Felsberg,
189
Pharmakologisches.
Ein Fall von Quecksilbervergiftung, von Prof. R. Virchow. {Berl Klin,
Wodtenschr. 1888. No. 50.) In der Sitzung der Berl. Med. Gesellschaft vom 21. No-
vember 1888 legte Virchow die Präparate eines an Gyanquecksilber vergifteten Apo-
thekers vor, der noch 8 Tage lang nach der Vergiftung lebte, wodurch sich die
Yeranderangen der innem Organe vollständig ausbilden konnten. Die Vergiftung
gleicht der mit Sablimat, und zeigt sowohl das Duodenum als einige Abschnitte des
Beum starke hyperamische Schwellung, die bei der mikroskopischen Untersuchung
namentlich durch die bedeutende Ausdehnung der venösen Geftifse in der Schleimhaut
imd Submucosa bedingt erscheint. Das Jejunum ist ganz frei. Am Dickdarm findet
sich jene sonderbare Erscheinung, die wir bei den dysenterischen Prozessen kennen
und zwar jedesmal an den Flexurstellen. Die Nieren zeigen in der ganzen Ausdehnung
^er Rindensubstanz, und zwar vorzugsweise in den gewundenen Kanälen, starke Ealk-
konkretionen, die nur mikroskopisch zu konstatieren sind. Dieselben liegen nicht etwa
im Epithel, sondern innerhalb des wirklichen Lumens der gewundenen Kanäle.
L. Hoffmann-Berlin.
Haltbarkeit von Ferrojodid-Lösungen. Syr. ferr. jod., mit Vso % Zitronen-
säure, zeichnet sich durch eine fast unbegrenzte Haltbarkeit aus. Frisch licht-gelbgrün,
wird er in zwei Tagen farblos, scheidet kein Fe aus und macht Jod nicht frei. 4 — 10
Wochen langes Stehen ändert nichts an ihm. E. Hecker, dem wir diese Notiz nach
Vorgang von Schliccum u. a. verdanken, plädiert gleichzeitig auf Festsetzung des
Gehalts des Syr. ferr. jod. auf besser 57o FeJ,. (Pharm. Post. 1888. No. 51. pag. 807.)
Pauli/'Nervi.
Leider erfahren die schon teuem Jodpräparate durch den „Ring" wieder eine
Steigerung. Während die Rohjod-Preise unbeeinflufst bleiben, steigt Jodum resubli-
matum, Jodoform und Kai. jod. pro Kilo um 1 florin, Natr.jod. um Vs florin. Leider,
leider 1! (Nach einer Notiz in der PÄanw. Post 1888. 23. Dez.) Pauly-Nervi.
Jodkaliumsalbe. Nach der Pharm. Ztg. 1888. pag. 453 ist die Vorschrift der
Pharm. Germ. II. unbrauchbar. Ein vorzügliches Präparat liefern 20Tle, Jodkalium,
13 Tle. Wasser, 153 Tle. Paraffinsalbe und 17 Tle. Lanolin. Pauli-Nerm.
Als klare Lösung von Hydrargyrum sallcylicum in Gurgelwässern wird in der
Pharm. Post (1888. No. 46) empfohlen:
ft Hydrarg. salicyl. 2,0
Natr. bicarb. 6,0
Äq. rosar. 300,0
Tr. Op. spl 5,0
Syr. Diacod. 30,0 Pauly-Nervi.
Ätherische öle. Kollegen, die sich für die Prüfung der ätherischen Öle speziell
interessieren, seien auf die sorgfaltige und reichhaltige Arbeit A. Kremels in den
Dezember- u. ff. Heften der Pharm. Post. (Jahrg. 1888/1889) besonders aufmerksam
gemacht Pauly-Nervi.
Einen Aufsatz von A. Kremel (Wien) (Pharm. Post. 1888. No. 32) entnehmen
w, dafs /9-Naphthol blofs in der neuen ungarischen Pharmakopoe offiziell ist. Es
iit in 100 Tln. heifsem, 1000 Tln. kaltem Wasser, sowie in 50 Tln. Ammoniak löslich.
190
Die Lösung darf kein — stark toxisch wirkendes — a-Naphthol enthalten. (Che-
mische Probe siehe Original.) — Naphthalinum ist in keiner Pharmakopoe offiziell.
Pauly-Nervi.
Über Natriumjodat, seine Untersuchung und seine event. Verfälschung bringt
A. Krbmel {Pharm, Post. 1888. No. 32) sehr Instruktives. Speziell sich dafür Inter-
essierende seien auf das Original verwiesen. PatUy-Nem.
Die Bestandteile des Lykopodiums sind nach Langer {Pharm. Ztg. No. 33) in
dem Handelsprodukt: 93*^/o Sporen, die 1,155 7o neutrale Asche zurücklassen. Die»
besteht aus Ka, Na, Magn., Fe und Aluminium. Dann erhielt L. 45,17 % POj. Du
fette Ol der Sporen, das zu 49,34 7o enthalten ist, bestand zu 85 — 87 7« aus a-Decyl,
/9-Isopropylakrylsäure und aus festen Fettsäuren. Femer fand L. 2,8 — 5,2% Glyoerin
und 2,1 % Kohrzucker. Paüly-NerzL
Lanolin als Ezzipiens für Extrakte bei der Bereitung von
empfiehlt Broutin (Somain) sehr warm; es erleichtert ihre Bereitung. Er rat, wem
das Exzipiens dem Apotheker überlassen ist, nur einen Teil des Butyr. Cac. durch
Lanolin zu ersetzen und gibt als Beispiel:
]^ Extr. sicc. Hamamelis 1,75
Lanol. 9,0
Butyr, Cac. 90,0
M. f. supposit. 25.
(Nach Pharm. Post. 1888. No. 51.) Pauly-Nervi.
Einige neue Verbindungen von Magnesia mit den Halogenen. Diejenige!
unter unsem Fachkollegen, die sich für die chemische Seite und die Fortschritte unirer
Disziplin interessieren, seien auf die Untersuchungen von C. F. Gross und E. J. Betas
und ihre Resultate durch Elektrolyse besonders bezüglich des Magnesium Jodids Ter-
wiesen, welches viel eher eine Verbindung als ein Gemisch von Jod mit Magnesit
zu sein scheine. (Chemical Society in London. 1, Novbr. 1888. Nach ChemQier-Zt§,
No. 92.) Pauly-NervL
Über viskoses Natur- Vaselin, von G. Vülpiüs. Unter diesem Namen wird
jetzt in Österreich ein aus galizischem Kohmateriale hergestelltes Vaselin in den Handel
gebracht, welches allen Anforderungen entspricht. Es ist den besten, früher erhält-
lichen amerikanischen Marken mindestens gleichwertig, den heutigen unbedingt
überlegen. Es ist frei von Säure, vollkommen geruchlos^ ohne jede Spur einer komigca
oder kristallinischen Struktur. Über 10 7o Wasser, mehr als 15 Vo Weingeist uad
Glycerin und noch gröfsere Mengen Ol lassen sich ihm ohne jede Schwierigkeit und
ohne Störung der Gleichförmigkeit der Masse einverleiben.
Die Farbe des viskosen Natur- Vaselins ist eine honiggelbe; hoffentlich gelingt
es, ohne Beeinträchtigung der wasserbindenden Kraft und der ausgezeichneten Kon-
sistenz die Farbe zu beseitigen. {Chemisches Eepertorium, 1888. No. 39.)
Österreicbisclies viskoses Natur- Vaselin, von A. Kremel. Verf kommt n
demselben günstigen Resultate wie Vülpics bei der Untersuchung dieses neuen Fabri-
kates. Speziell erwähnt er noch das Verhalten des viskosen Vaselins gegen Jod.
Während 100 Tle. des amerikanischen Vaselins 10,58 Tle. Jod binden, addiert d«
österr. Fabrikat nur 3,95 Tle. Man kann daraus insofern einen günstigen Schlois
ziehen, als ein Vaselin, welches weniger Jod bindet, voraussichtlich auch weniger
Sauerstoff absorbieren wird. Das amerikanische Vaselin zeigte ferner bei ca. SOOmaliger
191
Vergrörserang das ganze Oesichtsfeld mit zahllosen Kristalluadeln erfüllt, welche in
der amorphen Grundlage des Vaselins eingebettet erscheinen. Das Österr. Yaselin
zeigte gar keine krist. Ausscheidungen, sondern ist vollkommen gleichförmig. (jChem,
Sq>ert. 1888. No. 39.)
Die Verfälsclmngen von Adeps suillns häufen sich nicht blofs in England
derart, dafs sie auch unsere Aufmerksamkeit erregen müssen. In St. Gallen hat die
amtliche Kontrolle unter 77 Proben 43 als mit Baumwollsam enöl versetzt gefunden.
Dr. G. AjiBÜHL-St. Gallen hat 3 Proben (Bestimmung der scheinbaren Dichte bei
IW, Reduktion von Silbernitrat, Wärmeentwickelung beim Vermischen mit konz.
Schwefelsäure, cfr. Original) dabei angewendet. Nicht blofs die Nahrungsmittel-Chemie
dürfte, wie A. meint, durch die Notwendigkeit internationaler Eontrolle dabei in
Frage kommen, sondern es dürfte auch die Aufmerksamkeit mancher Grofshändler
wachgerufen werden, die wahrscheinlich gerade unsere gangbarsten Salben, wie üng.
Zinci (in italienischen Apotheken nicht einmal fertig vorrätig!) aus solchem Fette
zubereiten lassen, ohne es zu ahnen. {Chem. Zeitung. 1888. No. 92.)
Pauly-Nervi.
Zur Tinktionstechnik.
Über die Absorption der Anilinfarbstoffe durch lebende tierische Zellen,
von Dr. G. Martinotti. (Zeitschr. für toüsenschafüiche Mikroskopie. Band V. Heft 3.)
Verf. erwähnt kurz die Geschichte der Färbung der lebenden Zellen von Geblach,
bis ScHULTZB und Pfeffer und referiert die Resultate des letzteren, sowohl bez. der
Absorption der Farbstoffe, als auch bez. der Gifbwirkung derselben auf die Zellen:
Resultate, mit denen diejenigen M.s teilweise übereinstimmen, teilweise aber im Wider-
spruche stehen.
Was die Giftwirkung betrifft, hat M. gefunden, dafs Cyanin, Viktoriablau,
Methylviolett, Dahliä den höchsten Grad der Giftigkeit besitzen; Methylgrün, Mag-
dalarot und Rosolsäure sind auch noch sehr giftig; basisches und saures Fuchsin,
Safranin und Eongorot nehmen nur eine mittlere Stelle ein; endlich sind Methyl-
orange, Bordeauxrot und besonders Methylenblau und Bismarkbraun gamicht giftig.
Dafs Methyl violett und -grün nicht ganz unschädlich sind, wie sehr oft behauptet
wird, war schon von Mosso hervorgehoben worden.
Was des weiteren die Absorptionsfähigkeit anbelangt, so werden nicht alle
diese Farbstoffe vom Zellprotoplasma absorbiert und fixiert, sondern, wie sich aus
M.s positiven Resultaten ergab, nur zwei, nämlich das Bismarkbraun und Methylen-
blau. Bei verschiedenen Zellen wird der Kern nie gefilrbt, sondern nur das Proto-
plasma, und auch dieses nicht vollständig, sondern nur die in ihm enthaltenen
Kömer. Von den Zellen färben sich nicht alle und nicht alle gleichmäfsig: die
Epithelzellen der Kornea z. B. nicht; sehr gut die Epidermiszellen ; vorzüglich die
Hautpigmentzellen und einige ovale, mit vielen und langen Fortsätzen versehene
Bindegewebezellen, die unmittelbar unter der Epithelialschicht liegen. Diese Färbung
bedeutet endlich keinen Degenerationsvorgang, weil Martinotti auch Kernteilungs-
figuren gefärbt fand. Tommasoli- Hamburg.
Eine einfache Färbnngsmethode der elastischen Fasern, von Martinotti.
(Ebenda. Band IV. Heft 1. 1887:) Nach der Methode Balzers, Unnas, Lustgartens
und Herxheimers beschreibt der Verf. auch eine andre mehr bequeme und sichere:
die ihren Grund auf der der Chromeaure und dem Safrouin zakommendea
f^higkeit in ihren noch unbekannten YerhaltnisBan zueinander hat. Dine
ist die folgende: Fixierung der betreffenden Stärke und Härtung in Chrou-
ag (0,2 %)- Alsdann bleiben die Schnitte während 48 Stunden in einer
erten wässerig-alkoholiachen Safraninlösung :
Safran in p. 5
Alkohol „ 100
Solve und nach einigen Tagen adde
Aqua p. 200
en hierauf in Alkohol entfärbt und entwässert, in Ol gebracht und endlid
in Substanzen montiert,
dieser Prozedur werden die elastischen Fasern intensi» schwarz osd it
btiaft rot gefärbt. Alle übrigen Elemente bieten eine diffuse, ziemlich rstt
dar. Vortrefflich färben sich die an der Konstitution der Wände der mitwl-
nd kleinen Arterien teilnehmenden elastischen Fasern.
Tommtuoli-HrnnbuTg.
Färbung der elastischen Fasern mit Ohromsftnre and BafMmtn, tob
A. (Ebenda. Band V. Heft 3, 1888.) F. hat sich mit der obigen Kun-
n Methode lange beschäftigt, um sie zu bekräftigen and zu verroll kommni,
lie folgende Thatsache bestätigt: 1, Schöne Färbungserfolge sind, entgegen
IS Meinung, nicht von der Echtheit des verwendeten Safranins abhingif,
iteil besitzen die unreinen Safran ine ein gröfseres Färbungsvermögtn
Faktoren aber diese unreinen Safranine die gröfsere Tinktionskraft tr-
ist dem Terf. ganz unbekannt. 2. Durch Wärme wird die Färbung, vk
J nachwies, eine schnellere. 3. Die wässerig- alkoholischen Safraninlösuugen
an Färbekraft mit der Zeit, 4. Um die rötliche verbreitete Grundfiihmif
irate zu vermeiden, ist es nötig, die Schnitte mit einer sehr diluierteu alh>
Lösung von Kalilauge kurz zu behandeln, oder auch lange, bis 24 Standet
em Alkohol zu lassen. Tommatöli-Bamburg
Slennorrhagie und Komplikationen.
Behandlnng der spezifischen Oonorrhöe empfiehlt G, B. Breveb auf Gmui
irungen au mehr als 250 Patienten die Irrigation mit schwacher Suhllnil-
ip. Injektionen mit der beifsen Lösung als äuJserst wirksames Mittel, Ke
r Behandtimg beträgt nicht mehr als zwei bis drei Wochen, falls die«lb(
rchgefOhrt wird, und die Patienten sich völlig ruhig verhalten. Dieheifsenßn-
n sind für den Patienten angenehmer und leichter ausführbar als die IrrigiÜca,
luch eine erfreulich geringe Anzahl von Komplikationen (27») bei die»
verzeichnet. Als ausgezeichnetes Mittel bei akuter Epididymitii wird
ALSTEU empfohlene Anwendung des PACtti'ELiKSchen Thermokauters gerühnL
ührung der Haut über dem Oi^sn mit der weilsglübenden Spitze beviiii
blickliebe Linderung der Schmerzen, welche bei einem Jodoformsalbenverbud
lagerung mittels eines Suspensoriums, auch wenn die Patienten auf äA
■ weniger anhält. Zur Behandlung des weichen Schankers emp6^
der gründlichen Beinigung mit Sublimatlösung das Ausätzen mit reioer
nre und nachheriges Einpudern mit pulverisierter Salicy Uänre. Wenn du
19»
Geschwür hinter der Corona glandis liegt, kann man dann zweckmafsig einen Streifen^
Gnttaperchapapier und darüber weiche Gaze legen, um einen vollständig abschlieCBenden
Verband, der drei bis sechs Tage liegen bleiben kann, zu erzielen. {Journal of cutan,.
and genüo-urm. Diseases. Juli 1888.) Phüippi- Felsberg.
Über die Blennorrhoe beim Weibe und beim weiblichen Kinde trägt
HoRAKO in der Soc. des sciences med. zu Lyon (18. Juli 1888) vor. Während seiner
6jährigen Direktion am Hopital des Chazeaux hat er mehr als 500 Frauen und
500^ Kinder (petites filles) beobachtet. Neissers Gonokokkus-Entdeckung hätte alle
früheren Theorien hinföUig gemacht. Man könne den Sitz der Blennorrhagie selbst
bei verschiedenen frühzeitigen Ausflüssen des Weibes bestimmen, wie bei Folliculitis^
Urethritis, Blennorrhoe. Nach venerischen und anderen Exzessen beobachtet man nicht
infektiöse Ausflüsse. Bei einzelnen hätte H. 2 Jahre lang Gonokokken konstatieren
können — ohne andere Zufälle. Diese Blennorrhoe teilt sich wenig den Nachbar-
teilen mit — in dem Blute der Menses oder in den „pertes blanches^ hat sie H.
nicht gefunden. H. hält die uterine Blennorrhoe für relativ selten; sie wird zur
Metro-Ovariitis. Der Anus mufs bei Prostituierten sorgfaltig untersucht werden. Bei
23 analen Ausflüssen hat er llmal Gonokokken gefunden. Bei kleinen Mädchen kann-
dies Stupmm- Versuche beweisen. Bukkale und nasale Blennorrhoe hat er nicht gesehen,
also hält er sie für selten. Beim Weibe wäre also die Blennorrhagie nach ihrer
Häufigkeit: in der Urethra, dann erst Vagina, Anus, Uterus. Bei den Kindern am
öftesten Vagina, dann Urethra und Anus. Rheumatische Blennorrhoe ist selten beim^
Weibe. H. hat 2 Fälle gesehen im Handgelenk (Prädisposition des Temperaments,
meint er). In dem serösen Erguss hat er keine Gonokokken gefunden. Nach kurzem
Bericht über die Ophthalmia blennorrhoica und ihre grofse Bedeutung bespricht er-
die Therapie.
Als beste Injektion hat sich ihm Arg. nitr. 0,3 : 100 Aq. bewährt. Sublimat ist
nicht so gut. (IVar. mid. 1888. No. 29.) Pauly -Nervi,
Über die Phagocytlienlehre in bezug auf den Oonokokkus hielt Bümm in
der phys.-med. Ges. zu Würzburg am 15. November 1888 einen Vortrag. Nach einer
Darstellung der METSCHxiKOFFschen Theorie spricht sich B. dahin aus, dafs sie sich
nicht verallgemeinem lasse, aber zur Erklärung des Ablaufes einfacher Erankheits-
formen wohl herangezogen werden könne. Für Verlauf resp. Heilung der Gonorrhöe -
käme diese Theorie nicht in Betracht, da hier die Gonokokken von den Zellen, sondern.'
diese von den Gonokokken gefressen werden. Als Beweis sieht B. an, dafs, wenn,
man Sekret unter den Wärmetisch bringt, man sehen kann, wie von einem einzelnen
Kokkus aus, der in die Zelle gelangt, ein ganzes Häufchen im Innern der Zelle sich
entwickelt und dieses dann die Zelle zum Platzen bringt, während die Kokken um
den Eem herum gelagert bleiben. (Müssen dieses Wachstum und diese „Ent-
wickelung" durch Erwärmen notgedrungen die in natura bei Tripper vorkommenden
sein? Sehr fraglich, ja unwahrscheinlich. Anm. des Ref)
Die Heilung der Gonorrhöe kommt dadurch zu stände, dafs nach Abhebung des:
ursprünglichen Cylinderepithels sich eine Zwischenform von Epithel, eine Art Pflaster-
^ Diese Zahl erscheint kaum glaublich. H. müfste dann in je 9 Tagen 2 neue
Kinder mit Blennorrhoe 6 Jahre lang gesehen haben. Oder rechnet er zu den petites-
filles alle bis zur Majoritätserklärung? Doch höchstens bis zu 14 Jahren ist dies üblich.
Die Unsittlichkeit in Lyon mag dem Kollegen H. viel zu denken und zu thun geben,,
aber solche Verbreitung des echten Gonokokkus — jamais, eher confr^re! Anm.
des Ref.
194
epithel bildet, welches dem Eindringen der GoDokokken Widerstand leistet (abo t,uA
eine Art Kampf! Bef.)- Solange dieses Epithel besteht, hat auch die ImmnutSt geg«n
gonorrhoische Affektion Geltung, Bpat«r nimmt das Epithel wieder die nonnale
Cylinderform an und damit hat auch die kurzdauernde (vom Fat. vielleicht nicfat einmal
genügend aasgebeutete [Ref.]) Immunität ihr Ende erreicht. ^Wien. htm. Woehaudir.
1889. No. I.) FattU-Neni.
Venerische Geschwüre und Komplikationen.
Die KlaasiAzlsmng und Bshandlnng der Bnbouen. Dr. Culver weist anf
-die Notwendigkeit hin, auch für praktische therapeutische Zwecke eine VerwedueliUf
der verBchiedenen Arten von Bubo zu vermeiden. Er unterscheidet 1. den einfiKhen.
nicht vereiternden Bubo der akuten Gonorrhöe, 3. den periadeni tischen Bubo und
3. die eiterige Lymphadenitis, weiche sich auf die Drüsen allein beBchränkt und die
Umgebung der Drüsen verschont, 4. die Lymphadenitis nach weichem Scluuiker. Dvf
erste Form ist durch Buhe, Eiablase, leichte Abführmittel und innerliche Dan
einer alkalischen Medizin leicht zu heilen. Bei der zweiten Form sucht man
die Entzündung abortiv zu behandeln mittels kräftiger Abführmittel, Calcini
(0,3—0,9 dreimal täglich oder alle 4 Stunden), für welches eine eklatante ^
bei den verschiedensten DrüsenBchwellungen vindiziert wird, sowie lokale Applil
von grüner Seife oder Jodkollodium (1 ; 8). Wo diese Behandlungs weise sie
erfolgreich erweist, und Vereiterung eintritt, zieht Verf. die Aspiration des Sa
Anspritzen mit antiseptisohen Lösungen sowie Ausstauben mit Jodoformal
Inzision vor, da anf diese Weise das viele umständliche Verbinden und c
stehung einer grofsen Narbe vermieden wird. Bei der dritten Form mit
nitis soll je eher je lieber durch warme ITmschli^ die ganze Gesohwnls
Drüsen zum Vereitern gebracht und in der beschriebenen Weise Oper«
fahren werden. — Die Lymphadenitis nach weichem Schanker halt Verf
vornherein nicht abortierbar. Hier gilt es nur die Vereiterung möglicht
schleunigen, die Kräfte des Patienten durch gute Nahrung zu beben, Opiui
-die Schmerzen und reichliche Lanxantia zu verabreichen und beim ersten A
von Eiter zu aspirieren und mit Sublimatlösung (1 : 1000) die Höhlung täglicl
lieh anszuspülen. Ein Salben läppcben mit Ungt zinc. osyd. nebst einem
weicher Oaze durch eine Spica festgehalten genügen zum Verband. Die
sollen auf diese Weise sehr viel besser sein als mit der gewöhnlichen J
(Journal of cutan. and genito-vrin. Disease»- Juni 1888.) Pbilippi-Ftbbe\
(No. 3.) Seit längerer Zeit leide ich an einem Eksema sqnunoBV
Handrttcken; der übrige Körper ist frei. Fustelbildung ist bei dem Ekzei
vorgekommen, dagegen oft Einrisse, welche nur schlecht heilen; die Haut ist
lind verdickt; die Hände sehen aus als ob sie erfroren wären, doch gUabe icl
dals das Übel durch Frost hervorgerufen ist. Auch im vorigen Sommer war i
■ebenso schlimm. Es ist mir besonders in meinem Berufe als Oeburtshelfer lä
Dr. S. in
Antwort der Redaktion. Es versteht sich von selbst, dafs ohn(
195
lnspektion Ihrer ganzen, der kranken wie angeblich gesunden Hautdecken, sich kein
Urteil darüber bilden lafst, welcher Art ihr Ekzem ist. Mit einer gewissen Wahr-
scheinlichkeit weist aber der Sitz auf beiden Handrücken darauf hin, dafs es sich nur
am die gewöhnlichste Form des Ekzems, die seborrhoische, handelt.
Sie müssen nämlich wissen, dafs wir früher derartige Ekzeme bei Geburtshelfern
schlechtweg als Gewerbeekzeme anzusehen und zu behandeln pflegten. Es mag ja
auch sein, dafs bei Ihnen die Haut des Handrückens den häufigen Kontakt mit
antiseptischen Mitteln schlecht verträgt.
In den letzten Jahren hat sich aber in meiner Praxis herausgestellt, dafs die
meisten Gewerbeekzeme (z. B. die sog. Maurer-Erätze) und ebenso die Handekzeme
der Ärzte nur bei solchen Individuen vorkommen, welche auch an seborrhoischen
Affektionen andrer Hautregionen leiden, z. B. Alopecia pityrodes, Pityriasis capitis,
Seborrhoea oleosa des Gesichtes, Pityriasis des Bartes, seborrhoischen Flecken des
Stammes, des Rückens oder der Achselhöhlen, intertriginösen Ekzemen etc. etc.
Noch mehr als für die Behandlung ist dies für die spätere Prophylaxis aufser-
ordentlich wichtig.
Sollte es sich bei Ihnen in der That um ein derartiges Ekzem des Handrückens
handeln, so schlage ich Ihnen folgende Behandlung vor: Sie bedecken abends die
Handrücken mit einer dünnen Wattelage, welche Sie mit einer spirituös w^ässerigen
Lösung gut angefeuchtet haben. (9 Resorcini, Glycerini b 10,0, Spirit. dilut. 180,0,
MDS. Mit gleichen Teilen Wasser verdünnt zum Verband.)
Die angefeuchtete Watte wird mit einem grofsen Stück Guttaperchapapier,
welches die ganze Hand einhüllt, luftdicht niedergebunden, so dafs morgens der
ganze Verband noch feucht geblieben ist.
Am andern Morgen wird auf die derartig resorcinierte und zugleich gut ange-
feuchtete Haut eine Zinkpaste mit oder ohne Zusatz von Schwefel, Teer, Resorcin
Q. dgl. eingerieben (z. B. 9 Ung. Zinci 25,0, Bolus alba 2,5, Resorcini 0,5). Diese
Paste wird ein- oder zweimal am Tage nach Bedürfnis neu aufgelegt und nachts
wieder durch die wässerige Resorcinbehandlung ersetzt. Die letztere hat den Zweck,
die bisher am Tage bei Ihnen aufgetretenen Risse der Hornschicht zu vermeiden.
Zum Waschen würde ich Ihnen unbedingt raten, nur warmes Wasser und —
auch nach Operationen — nur überfettete Grundseife zu gebrauchen.
Jede seborrhoische Affektion (auch ein einfaches Schuppen Ihres Kopfes) ist,
wenn Sie Ihr Übel gründlich beseitigen wollen, konsequent zu behandeln. Andern-
falls werden Sie einem fortwährenden Recidivieren Ihres Handekzemes ausgesetzt sein.
Unna.
(So. 4.) Haben sich die früher von Ihnen empfohlenen Pasten-Stifte in der
Praxis bewährt? — Dr. C. in B.
Antwort der Redaktion: Die Pastenstifte sind bekanntlich w^asserlösliche
Stifte (im Gegensatz zu den Salbenstiften) und dann lediglich für den Gebrauch auf
der von Hornschicht entblöfsten Haut berechnet. Die seiner Zeit von mir angegebenen
und von Dieterich in Helffenberg angefertigten Stifte erfüllen vollständig ihren
Zweck, welcher neben der Einführung eines Medikaments in die Haut in zweiter
Linie auch in einer mechanischen Wirkung besteht. Zu dem Behufe ist ihnen mit
Hilfe von Traganth eine harte und zähe Konsistenz gegeben, welche sie z. B. be-
fähigt, in weiches Gewebe bohrend wie ein Atzstift einzudringen. Jetzt empfehle ich
auch nur diese harten Stifte, welche in meiner Praxis noch fortwährend in Gebrauch
geblieben und für manche Fälle fast unentbehrlich geworden sind. Wenn ich noch
einen Wunsch zu ihrer Verbesserung hätte, so ist es der, dafs sie künftighin gleich
196
angespitzt in den Handel gebracht werden, um der allerdings nicht grofisen Mähe
des Anspitzens durch Drehen auf einer rauhen feuchten Fläche enthoben zu sein.
Den von Ihnen erwähnten 10 7o Sublimatpastenstift brauche ich unaiu-
gesetzt, da die Indikationen für die Anwendung desselben sehr mannigfache sind.
Seine Hauptindikation bildet der Lupus in allen seinen Formen, besondert
tritt er als Ergänzung zu allen jenen Behandlungsmethoden, welche eine chemische
Einschmelzung oder mechanische Auslöffelung des Lupusgewebes bewirken. Es gibt
sehr gute Resultate, wenn auf die Auslöffelung eine energische Touchierong der
Wundfläche mit diesem Sublimatpastenstift folgt, welcher man zweckmäfsiger Weise
Blutstillung und event. Kokainisierung vorangehen läfst. Ebenso thut man gut
daran, nach der Applikation des Salicylkreosot-Pflastermulls beim Verband we<disel
die gereinigte Wundfläche überall, wo noch Lupusherde in der Tiefe liegen, mit dem
Stifte auszubohren. Diese Touohierungen sind weniger schmerzhaft und von nach-
haltigerer Wirkung als die von altera her gebräuchlichen Lapisätzungen.
Eine zweite wichtige Indikation gibt die sog. Akne varioliformis. Die
beste Behandlungsmethode ist eine Kombination von Waschungen mit alkalischem
Seifengeist mit der energischen Anwendung eines antibakteriellen Mittels. Als solches
ist der 10 Vo Sublimatpastenstift besonders zu empfehlen. Eine zwei- bis dreimal
wöchentlich vorgenommene Touchierung jedes einzelnen durch Seifenwaschung ge-
öffneten Knötchens genügt, um diese äufserst hartnäckige Affektion relativ' rasch zur
Heilung zu bringen.
Die dritte Hauptindikation bilden sämtliche Eiterkokkeninfektionen der
Haut, als Furunkel, Sykosis kokkogenes oder Akne pustulosa. Wenn auch hier eine
grofse Reihe sehr guter Mittel schon vorhanden ist, so kann der starke SabUmai-
pastenstift sehr häufig als Ergänzung derselben gute Dienste leisten.
Natürlich mufs zur Ausbohrung geöffneter Furunkel, oder epilierter, vereiterter
Haarbälge der Stift sehr fein angespitzt sein, und vielleicht ist die Bemerkung nicht
überflüssig, dafs man durch beständige Drehung des Stiftes während des Gebranches
und beim Reinigen durch Abwischen mit feuchter Watte denselben auf leichte Weise
spitz erhalten kann.
Für denjenigen, welcher unter diesen Umständen den starken Sublimatpasten»
stift zu gebrauchen gewohnt ist, werden sich in der Praxis noch viele Fälle ergeben,
in welchen er mit Vorteil angewendet werden kann. Vor allem sämtliche syphi-
litische Geschwüre der Schleimhäute, ihrer Eingänge (Mundwinkel) und
behaarter Hautstellen, mithin solcher örtlichkeiten, an denen die Appli-
kation von Pflastermull schwierig ist, ferner der syphilitische Priroäraffekt,
zerfallende Gummata, luetische und andre schlecht granulierende Unter-
schenkelgeschwüre, nässende breite Kondylome etc. Gelegentlich sollen
auch die Indikationen andrer Pasten- und Salbenstifte an dieser Stelle genauer
besprochen werden. Unna,
Druckfehlerberichtigung.
No. 1. Seite 25. Zeile 11 v. oben: Knoten statt Pusteln.
26. „ 11 ,, „ Milium körn er statt Miliarkömer.
27. „ 13 „ „ zerfielen statt verfielen.
29. „ 9 V. unten: verlötet statt verhärtet.
No. 2. „ 64. „ 13 V. oben: Endothelioma statt Endothelium.
„ ,, „ 77. „ 12 „ „ nimmt an statt erinnert an.
Verlag von Leopold VOSS in Hamburg (und Leipiig).
Dmek der Yerlagtanitalt and Dmckerei Actien-Geiellichaft (Tormala J. F. Richter) In Hamborff.
M
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poitat0|ie|le ftit |!taMifilte ^ematohigtt
Band YIII. No. 5. 1. März 1889.
Aus Dr. UxKAs Klinik fiir Hantkrankheiten in Hamburg.
Über das Uleiythema ophryogenes,
eine nocli nicht beschriebene Hautkrankheit.
Von
Dr. Paul Taenzeb,
AsslBtenzarzt.
In den letzten drei Jahren hatte ich Gelegenheit, sechs Fälle einer
eigentümlichen Haarerkranknng kennen zn lernen, die meines Wissens
noch von niemandem beschrieben worden ist. Die Affektion beginnt in
frühester Kindheit mit Rötung der Haut der Augenbrauenbogen (hier
erhält sich die Affektion während des ganzen Lebens) und greift erst später
auch auf einige benachbarte Partien, besonders des Gesichts, des behaarten
Kopfes, seltener der Oberarme über. Zuerst einem sogenannten Liehen
pilaris auf etwas geröteter Basis gleichend, führt die Krankheit regel-
mäTsig an einigen Stellen, in schlinmieren Fällen überall zu einer stärkeren,
jedoch stets sehr oberflächlichen Entzündung der Haut. Dieselbe charak-
terisiert sich an den Haarbälgen durch den verspäteten Durchbruch
einzelner meist büschelförmig stehenbleibender stärkerer Haare, welche
zeitweilig die Symptome einer nicht eiterigen FoUikulitis zeigen , während
die dazwischen liegende Haut, langsam einsinkend, einem atrophischen
Prozesse anheimfällt.
Kur einmal habe ich Gelegenheit gehabt, das Endstadium dieses
äniserst langsam verlaufenden Entzündungsprozesses zu beobachten, es
bestand in einer totalen Alopecie und Atrophie der Kopfhaut, so hoch-
gradig, wie es nur sehr lange Zeit bestehende Favusfälle zu hinterlassen
pflegen.
In den meisten Fällen bleibt die Affektion an einigen Stellen im
ersten, an andern Stellen im zweiten Stadium zeitlebens bestehen. Die-
selbe scheint nicht sehr selten zu sein; daCs man derselben bisher als
einer besondem Erkrankung keine Beachtung geschenkt hat, liegt offenbar
darin begründet, dafs nur das Mitbefallensein der Kopfhaut zu so hoch-
Honatahefte. 14
198
gradigen und dabei eigentümlichen Veräüderungen führt, dafs die Besond«-
heit der Affektion durchaus nicht zu übersehen ist.
Diejenigen Fälle, welche mir zuerst die Überzeugung verschafften,
dafs wir es hier mit einer durchaus eigenartigen Erkrankung zu thun
haben, betrafen zugleich drei Mitglieder einer Familie, so dafs diese Fälle
Anlafs gaben, sich die Frage vorzulegen, ob hereditäre Beaulagung oder
parasitäre Übertragung in der Ätiologie die Hauptrolle spielten. Im
folgenden gebe ich kurz die betreffenden Krankengeschichten.
I. Fall.
Der erste Fall betrifft eine Frau von 40 Jahren, die seit 14 Jahren
verheiratet und Mutter zweier Kinder (Fall 2 und 3) ist. Anamnestisch
läfst sich folgendes feststellen. Als Kind hat Patientin viel mit uni-
versellen Ekzemen zu kämpfen gehabt, die teils nässend, teils trocken
auftraten, seit der Pubertät jedoch sich nicht wieder eingefunden haben.
Als Mädchen bereits hatte sie auf dem Kopfe einige kahle Stellen ; jedoch
vermag die Patientin über deren Entstehung nichts näheres anzugeben,
ebensowenig wie über den Ausfall der Haare in den Augenbrauen. Nur
so viel konnte ich erfahren, dafs das letztere schon in der frühesten Kind-
heit stattgefunden haben mufiste, seit welcher Zeit auch die Trichiasis
sich eingestellt hat.
Status. Auf den äufeeren Hälften der Brauenbogen sind die
Haare bis auf einige vereinzelt stehende verschwunden. Die Haut der
Brauenbogen ist von blafsbräunlicher bis rotbräunlicher Farbe und mit
zahlreichen miliaren rötlichen Höckerchen besetzt, welche den ihrer Haare
beraubten Follikeln im Zustande der Gänsehaut entsprechen. Abgesehen
von den etwas dunkler pigmentierten Follikeln zeigt auch die übrige
Haut kein ganz gleichmäfsiges Kolorit. Bei genauerer Betrachtung findet
man nämlich die Haut der Brauen durchzogen von einem feinen Geflecht
atrophischer, weifser, zai'ter, etwas eingesunkener Linien, welche noch
deutlicher hervortreten, wenn man die in den Brauen vorhandene Hyper-
ämie mit dem Finger hinwegdrückt. Es schiefst alsdann das Blut in die
leeren Kapillaren mit vermehrter Heftigkeit, und dadurch heben sich
die weilisen atrophischen Linien von den roten hyperämischen Flecken
besser ab. Die Haare an den innem Partien der Brauenbogen sind
ziemlich dicht, schwarz, dick und ca 1 mm über dem Niveau der
Haut von einer weifslichen Manschette, aus Hornzellen bestehend, nm-
geben.
Die Wimperhaare der obern Lider gehen statt geschweift nadi
aufsen und oben, konvex nach unten, so dafs sie bei geschlossenen Liderü
sich mit den Wimpern des untern Lides kreuzen und durch das fort-
199
währende Beräliren mit der Bindehaut eine clironisclie Conjunctivitis
henrorgerufen haben. Infolge der starkem Thränensekretion sind die
Wimperhaare des untern Lides meist mit eintrocknendem Sekret am
Lidrande yerklebt.
Vorderkopf, Scheitel und Hinterkopf sind von totaler Alopecie heim-
gesucht, nur an der Grenze des behaarten Kopfes ist ein Bring Haare
vorhanden, aber nicht wie bei Alopecia areata mit scharf begrenztem
Bande, oder wie bei der Alopecia pityrodes allmählich von gelichtetem
zu reichlicherem Haarwuchs übergehend, sondern der Übergang findet derart
statt, dafs die Haare vereinzelt stehende Büschel erst von wenigen, dann
von zahlreicheren Haaren bilden.
Zwischen den einzelnen Büscheln finden sich wieder unregelmäisige
kahle Stellen, die miteinander kommunizieren. Die Haut der kahlen
Stellen ist sehr glänzend, weifs, glatt, leicht verschieblich und legt
sich beim Verschieben in äuüserst zahlreiche feine Eältchen.
Die noch vorhandenen Haare sind sehr dick, schwarz, kurz und
etwas geringelt, ragen schief aus den trichterförmig erweiterten Follikel-
mündungen hervor und tragen meist am ersten, seltener am zweiten
drittel ihres Schaftes weilsliche, rauhe, manschettenähnliche Binge von
2 — 5 mm Länge, die, wenn sie /llteren Datums sind, nicht mehr ein
Ganzes bilden, sondern an der Oberfläche durch Abfallen von einzelnen
Homzelien ein zerklüftetes Äufsere haben.
IL Fall.
Der zweite Fall betriflft einen dreizehnjährigen Knaben, den Sohn
der vorigen. Gleich seiner Mutter hat er als kleines Kind an Ekzemen
gelitten. Sein Haarwuchs liefs bis zum achten Jahre nichts zu wünschen
übrig; zu dieser Zeit stellte sich die jetzige Affektion ein, die mit dem
Aufsohielsen von roten Pickeln um die Haare des Kopfes hemm begann;
auf der Spitze dieser Papeln bildeten sich dann Bläschen, nach deren
Eröffnen kraterförmige Löcher zum Vorschein kamen. Patient ist von
verschiedenen Autoritäten erfolglos behandelt worden, bis schlieislich die
Affektion unter Schwefelbehandlung abheilte. Nach l^/g — 2-jähriger
Pause trat die Krankheit neuerdings und mit vermehrter Heftigkeit auf.
Status. Das Kopfhaar ist sehr stark gelichtet, es sind massen-
hafte kahle Stellen von der Gröfse einer Linse bis zu der einer Kirsche
vorhanden; dieselben haben ganz das Aussehen von Narben, sind etwas
vertieft, weiis, glänzend und glatt, sind weich und legen sich beim Fassen
zwischen zwei Fingern in viele kleine Fältchen. Diese atrophischen Haut-
partien durchziehen die ganze Kopfhaut ziemlich gleichmäfsig derartig,
dafs die übrig bleibenden Haare zu Büscheln zusammengedrängt erscheinen«
14*
200
Die pathologische Veränderung schafft hier demnach durch Einschmelzen
der Haarkreise ein ähnliches Bild, wie es jene durch büschelförmigen
Haarwuchs gekennzeichneten Völkerstämme aufweisen, nur noch in be-
deutend höherem Grade. Die ursprünglich ringförmigen, später zu einer
siebartigen Fläche verschmelzenden kahlen Flecke weisen auch noch
spärliche einzelnstehende Haare auf, deren Haarbalgtrichter ähnlich wie bei
der Gänsehaut konisch empor ragen und übrigens von ihrer blassen
Umgebung durch einen schmalen hyperämischen Saum getrennt sind.
Die Haarbüschel, welche im Zentrum der Haarkreise stehen geblieben
sind, haben mindestens zwei Haare, es finden sich aber auch fünf imd
sechs Haare und zwar so zusammengedrängt, dafs sie aus einer Follikel-
mündung zu kommen scheinen.
Auch hier finden wir die manschettenähnlichen Gebilde an den
Haarschäften, und zwar bei längeren Haaren einen Millimeter vom Hant-
boden entfernt in einer Länge von 0,5 — 1,5 mm.
Auf der Stirn hat die Affektion auch die Lanugohaare ergriffen
und bietet daselbst das Bild einer feinen roten Gänsehaut. Die Hom-
schicht der ganzen Gesichtshaut stöfst sich in Form eines feinen Mehl-
staubes ab; aus jedem Follikel ragt eine feine, weifse, kegelförmige
Spitze heraus, die, dem Zuge der Pinzette Folge leistend, sich als ein
langes, feines, cylinderförmiges Gebilde präsentiert, nämlich als Ausgufe
des Haarbalgtrichters.
Die Augenbrauenhaare lichten sich vom innem nach dem äufsem
Ende zunehmend, so dafs an dem letztem überhaupt keine Haare mehr
sichtbar sind. Wo sie aber noch vorhanden, sind sie glänzend, schwarz
und lang.
Die Haut der Bräuenbogen ist von einem feinen weifsen Geflecht
atrophischer Linien durchzogen. Die dadurch entstehenden Felder sind
von livid rötlicher Farbe und lassen die Follikel als etwas konische,
dunkler gefärbte Papelchen hervortreten. Dasselbe Narbengeflecht, was
wir in den Brauenbogen sahen, findet sich auch auf der Oberlippe; hier,
wo durch häufiges Waschen die Schüppchen entfernt sind, zeigen sich
die Follikelmündungen kraterförmig vertieft, aber auch nur auf den von
den atrophischen Linien eingeschlossenen Feldern, niemals auf den letzte-
ren selbst.
Die Schläfengegenden und das Kinn haben dasselbe Aussehen
wie die Stirn, die untere "Wangenpartie bietet nichts abnormes.
An beiden Oberextremitäten haben wir folgenden Befund:
An der Unterseite beider Vorderarme, über dem .Condylus internus
beginnend und von da schief über die innere Seite des Vorderanns
nach dem Daumenballen zu verlaufend, zieht ein 3 cm breiter Streifen,
bestehend aus hirsekomgrofeen rötlichen bis bräunlichen, stark glänzenden
201
Papeln mit abgerundeter Spitze; hin und wieder trägt eines von ihnen
ein feines weüses Schüppchen auf der Spitze, oder es erhebt sich beim
Darüberfahren mit dem Nagel oder Messerrücken ein feiner weifeer Pfropf
aus der Mündung des Follikels; es entsprechen also die Papeln den Haar-
follikeln, was wieder an andern Stellen mit der Durchbohrung der Papeln
durch Haare bewiesen wird.
ni. Fall.
In dem dritten Falle handelt es sich um ein 10-jähriges Mädchen
(die Tochter des ersten und Schwester des zweiten Falls), das ebenfalls als
kleines Kind vielfach ekzematös gewesen ist.
Bei dieser Patientin trat die Affektion etwas später auf als bei
ihrem Bruder, und zwar zeigte sich der Beginn als feine auf den
FoUikehnündungen sitzende Schüppchen. Hier wurden ganz sicher die
Brauen zuerst befallen, dann erst der Kopf und die Oberlippe.
Status. Die Kopfhaut ist wie bei Fall 1 und 2 sehr trocken. Das
Haar steht noch ziemlich dicht, nur an der Stimhaargrenze und am
Scheitel beginnen die Haarkreise einzuschmelzen, so dafs es hier zu kleine-
ren unregelmälsig kommunizierenden kahlen Flecken kommt. Aber die
Saare stehen hier noch mehr vereinzelt, noch nicht zu isolierten Büscheln
vereinigt. Sie tragen meistens eine aus der Follikelmündung heraus-
ragende Hornmanschette und sind von einem Schuppenhügelchen umgeben.
Zwischen denselben ist die Haut auch dort, wo noch keine kahlen Stellen
sich bemerklich machen, an vielen Orten narbig eingezogen. Beim
Kämmen soll sehr leicht Blut aus den Follikelmündungen hervordringen.
Im Gegensatz zu den beiden ersten Fällen sind hier die Haare sehr fein,
ragen meist einzeln aus den Follikeln heraus, doch finden sich auch
schon Follikelmündungen mit zwei uud drei Haaren. An jedem Haar-
Schaft findet man mindestens ein, häufig drei bis sieben der oben be-
schriebenen manschettenartigen Grebilde von verschiedener Gröise.
Die Ohrmuscheln sind im Zustande einer feinschilferigen Pityria-
sis befindlich. '
Die Haut der Augenbrauenbogen zeigt den höchsten Grad
der narbenähnlichen Atrophie; hier findet man nur noch einige steck-
nadelkopfgroise Stellen der zentralen Hälfte, die noch nicht atrophisch
entartet sind. Diese kleinen rosafarbenen Inseln tragen nur ein Haar,
aus den übrigen noch daselbst vorhandenen Follikeln ragen anstatt des
Haares die schon oben erwähnten Hornkegelchen. Diese Inseln haben
bei flüchtiger Betrachtung das Aussehen, als ob sie abschilferten, bei
näherem Zusehen jedoch besteht die vermeintliche Abschilferung in nichts
anderem als in den aus den Follikelmündungen herausragenden Hom-
e äulsere Hälfte der Branen ist voUstäiidig haarlos, nur dag
gelegene drittel derselben ist noch im Besitze einzelnstelien-
berlippe ist ebenfalls von einem narbenartigen feinen Nets
Die Follikelmündungen sind hier vie bei Fall 2 tricbter-
izogen, and ans vielen derselben ragen die schon oft erwähnten
ist im Gesiebt etwas abnormes nicht mehr vorhanden.
n Armen ändet sich genan dieselbe ASektioQ nud Lokfdua-
en, wie bei Fall 2.
IV. Fall.
rierten Fall handelt es sich um ein 20-jahriges Fräulein, das
in im 7. Jahre zuerst bemerkt hat, doch glaubt sie schon
in gelitten zu haben. Zuerst soll nur eine ein&che Eötong
sr Augenbrauen bestandeo, später aber sich noch ein Lichter-
Baare eingestallt haben. Jucken ist nur in mälsigem Grade
itweise vorhanden.
Jahre ältere Bruder soll an derselben Affektion leiden.
i. Die Haare in den Brauenbogen sind nur in der Mitte
itet, an den Enden der Brauen sind sie in ungeschwAcbtem
'orbanden. Sie sind von glänzend schwarzer Farbe und bieten
>rmes. Die Haut der Brauen ist von einer gleichmälsi^D
ie aberzogen, auf der sich die Follikel als miliare, feine,
bla&rosa Knötchen abheben, welche auf Druck abblassen,
isartigen Glanz haben und etwas transparent sind, Aach hier
ine, atrophische, perifollikuläre Maschen werk wie bei den
llen vorbanden. Ein aus solchen Knötchen bestehender ca.
er Streifen zieht jederseits von den Brauenbogen nach oben
'ubera frontalia bis zur Haargrenze, woselbst er endigt, ohne
ehaarten Kopf, welcher aalser geringer Pityriasis nichts patho-
arbietet, überzugreifen,
den Haargrenzen der Schläfe ziehen Streifen dieser Hom-
oa. 2 cm Breite vor deo Ohren vorbei über den Kieferwin^el
3als zu and von dort an Breite zunehmend über die Schultern
reckseit«n der Oberarme, am Ellenbogen erreichen sie ihr Bnde.
der Yorderarme ist von normaler Beschaffenheit,
en Oberannen bilden die Knötchen zusammen mit der daselbst
in Hyperämie der Haut grofoe gerötete Stellen, von denen sich
len Homdeckel der Follikel durch ihre meist weilsliche Fartw
abheben.
203
V. Fall.
Ein Mann von 31 JahreD, der in seiner Kindheit sehr viel von
Bässenden Ekzemen befallen war, 'aber seit dem 12. Jahre von denselben
verschont geblieben ist. Soweit sein Gedächtnis zurückreicht, hat er nie
Haare in den Augenbrauenbogen gehabt, erst -seit ungefähr vier Jahren ^
seitdem er regelmäfsig die Brauen rasierte, haben sich im zentral gelege-
nen drittel derselben einige vereinzelte Haare eingestellt. Dann und
wann verursacht die AfFektion ein gelindes Jucken. Auch an einer
eigentümlichen Eauhigkeit der Haut hat er, so lange er sich besinnen
kann, gelitten.
Statns. Der behaarte Kopf ist vollkommen normal. Die Haut
derBranenbogen sticht durch ihre glänzend weifse Farbe von der etwas
bräunlichen Gesichtshaut ab. Auf dieser atrophischen, weifslich verfärbten
Brauenbogenhaut erheben sich massenhafte rosafarbene bis bräunlich-rote,
mit glänzender etwaa abgeplatteter Spitze versehene» miliare Hompapeln ;
nur wenige derselben sind von einem Haare durchbohrt, die meisten sind
haarlos oder zeigen eine feine weifse zugespitzte Erhebung, die, dem Zuge
der Pinzette folgend, sich als ein Cylinder von Hornzellen präsentiert.
Von den Brauen aus zieht beiderseits ein mit den obenerwähnten
Knötchen versehener Streifen am Ohre vorbei über den Elieferwinkel und
befällt von da mit zunehmender Breite den Hals und die Schultern
und endigt, die Streckseiten der Oberextremitäten überziehend, am
Olekranon.
VI. Fall.
Ein 11 -jähriger zarter Knabe.
Er hat nach Aussage der Mutter die Affektion im 3. Jahre acquiriert.
Sie äuJserte sich beim Entstehen nur durch eine leichte Böte, die
sich nur auf die Gegend der Augenbrauen beschränkte; und diese
Röte hat seitdem ohne die geringste Schwankung gleichmäfsig fortbe-
standen, trotz der mannigfaltigsten Behandlungsmethoden. Erst sehr viel
später (nach Aussage der Mutter sind es fünf Jahre) sollen die Haare
der Brauen auszufallen angefangen haben. Alle andern Familienmit-
glieder sind gesund.
Status. Kopfhaut und Haar sind von aufserge wohnlicher Trocken-
heit. Haarwuchs sehr dicht, nirgends gelichtet.
Die Haut der Brauenbogen ist in diffuser Weise zart gerötet,
xind erstreckt sich diese Rötung oberhalb der Brauen noch um V» cm
über dieselben hinaus. Auf dieser hyperämischen Haut erheben sich die
204
FollikelmilndangeQ als etwas tiefer gerötete, vaclisartig glänzende, koaisd
Hompapeln. Der HaarwuoliB nimmt vom Innern nach dem äolem Eii'
an Dichtigkeit bedeutend ab, so dafs das letztere beinahe von Haar
entbiölst ist.
Viele von den Haaren sind in ihrem Follikel so gelockert, dab m
sie beim leichtesten Zuge in der Hand behält.
Sämtliche so epilierteü Haare haben nicht Hohl-, sondern YoUwnTzel
Unter 22 epilierten Haaien habe ich anch nicht eine einzige Hol
Wurzel getroffen, ein Beweis, dals die Haarbttlge sich bereits sehr t
kürzt haben müssen. Von einer beginnenden oder bereits vorhanden
Atrophie — wie sie bei den vorerwähnten Fallen bestand — konnte i
nichts wahrnehmen, dagegen gehen hier ebenfalls von den Branen i
beiderseits Streifen der Aöektioa vor dem Ohre vorbei aber den ünterkief
den Hals, die Sohultem nach den Streokseiten der Oberanne, vo
am Olekranon ihr Ende en-eichen. Gleitet man mit den Fingern leü
über die Streckseifen der Oberarme, so hat man das Grefiihl, als ob n
über ein feines Sandpapier streiche.
Von der obem Seite der Brauen gehen zwei schmale ähnliche Streil
fibei die Tubera frontalia bis zur Stimhaargrenze, greifen aber nicht f
den behaarten Kopf selbst über.
Soweit der klinische Teil meiner Beobachtungen. Ein abgesohl«
Benes Bild dieser Affektion wird natürlich erst dann vorliegen , wei
entsprechende pathologische Untersuchungen an exzidiertem Material z
Verfügung stehen. Es war mir bisher nicht möglich, die Affektton :
Hauischnitten zu studieren; dagegen können wir uns durch die Eig«
tümlichkeiten der ausgezogenen Haare und der entfernten Homschnpp
wenigstens ein Bild von den Vorgängen der Oberhaut machen, welche i
Krankheit einleiten.
Was zunächst die ausgezogenen Haare betrifft, so besitzen sie
der Mehrzahl eine Vollwurzel mit anhängender Staohelschicht, sind al
bereits über das PapÜlenstadium hinausgegangen und folgen demgem)
dem Zuge ziemlich leicht. Diesen Umstand teilen sie mit den meist
Formen der Alopecie. Aber es bestehen doch gewisse Unterschiede. V'
der gewöhnlichsten Form der Alopecie (Alopecia pityrodea b. Beborrhoio
jenem häufigen Resultate eines seborrhoischen Ekzems der Kopfhai
unterscheidet sich diese Alopecie sogar sehr bedeutend. Dort findet na
der Untersuchung von Pohl-Putcüs und UsNA der Haarwechsel in di
selben Weise wie im normalen Zustande, nur in beschränkterer Foi
statt; die sich normalerweise zur Bildung eines jungen Haares Terlängemd
Haarbälge finden an dem sich verdickendem Fannicnlns adiposus der Koj
baut einen immer stärkeren Widerstand. Die Haarbälge gewinnen dah
205
nicht wieder ihre alte Tiefe beim Ebarweohsel, sondern werden kürzer
xmd mit der Zeit auch dünner. Hieraus resultiert eine langsame aber
stetig fortschreitende Verkürzung und Verdünnung des Haarwurzelendes,
welche zunächst den Bestand des Kopfhaares auf die Form gewöhnlicher,
gleichm&Isig verteilter Lanugo reduziert und erst nach sehr viel längerer
Zeit zu einer gleichmäJsigen absoluten Kahlheit führt.
So bei der Alopecia pityrodes.
Hier dagegen führt zwar die oberflächliche leichte Entzündung an
einigen Haaren — und dieses sind offenbar diejenigen, welche am wenig-
sten tief in die Cutis eingepflanzt sind — auch allmählich zu einer Ver-
kürzung und Verdünnung der Haarbälge resp. Lanugobildung; dagegen
bleiben die tiefer in die Haut eingepflanzten Haarbälge in den leichteren
Fällen ganz, und in den schwereren Fällen bis zuletzt von dieser Verände-
rung verschont, so dais sie aus einer relativ kahlen Area isoliert, aber in
unveränderter Stärke hervorragen. Die dem Zuge leicht folgenden Voll-
wurzeln gehören hier mithin nur den atrophisch einsinkenden Peripherien
der Haarkreise an, während in der Mitte derselben einzelne lange Papillen-
baare bestehen bleiben, wie es dieser durchaus oberflächlich angreifenden
Entzündung entspricht. Daher kommt es bei dieser Kirankheit stets zu
einer unregelmälsigen Verteilung der kahlen Stellen. Wir finden auf der
Höhe der Krankheit Haarzentren mit normalen Haarwurzeln, und relativ
oder ganz kahle Umkreise mit Vollwurzeln, in welchen die Follikel dem
totalen Schwunde entgegengehen. Die Haarzentren werden an den Augen-
brauen immer und an der Kopfhaut häufig nur von einem oder zwei
Haaren eingenommen; häufig finden sich aber hier Bouquets von vier bis
sechs Haaren auf einem relativ engen Baume zusammengedrängt. Es ist
Sache der ferneren histologischen Untersuchungen, zu entscheiden, ob
diese Haarbouquets durch Narbenzug und Verschmelzung nebeneinander
liegender Follikel oder durch Überproduktion einzelner Follikel an
Haaren zustande kommen. Für die letztere Ansicht spricht es, dais ich
Bouquets aus drei Haaren bestehend fand, in welchen alle drei Schäfte
durch eine einzige Manschette von Homsubstanz zusammen gehalten waren.
Da jede Hommansohette, auch wenn sie höher oben am Haarschaft ange-
troffen wird, die ursprüngliche hornige Auskleidung eines Haarbalgtrichters
war, so müssen alle Haare, welche sich innerhalb einer Manschette finden,
aus einem einzigen Follikel vorgekommen sein. Zwei Haare, nämlich
eine Vollwurzel und eine Hohlwurzel innerhalb einer solchen Manschette
zu finden, würde natürlich nichts auffallendes haben; drei Haare jedoch
lädst schon auf eine Überproduktion des Follikelepithels mittels seitlicher
Epithelsprossen schlieisen.
Die öfter beschriebenen Manschetten, welche identisch sind mit den
cyUnderfbrmigen Homsäulchen, welche man aus ganz haarlosen Follikeln
206
herausziehen kann, bestehen ans einer leichtwelligen, im grolsen und
ganzen der Haaraxe parallelen Hornschicht. Hin nnd wieder zeigen
dieselben ümbiegungen gegen den nmschlossenen Haarschaft, als wenn
sie zurückgehalten und zusammengeschoben wären.
Die bakteriologische Untersuchung sowohl der Hommanschetten,
wie auch der epilierten Haare ergab bei Färbung mit LOFFLBBsdiem
Methylenblau oder mit Fuchsin nach Koch-Ehrlich stets ein n^atives
Resultat.
Die Existenz der Hornmanschetten ist liicht an unsere Affektion
gebunden, sondern findet sich bekanntlich bei einer ganzen Reihe von
Parakeratosen, vor allem bei verschiedenen Formen der Pityriasis capitis,
di^ schon vor langer Zeit als asbestartige Pityriasis (amiantacee) von Ali-
bert beschrieben wurden. In allen Fällen sind sie aber der Beweis,
dafs die Parakeratose von der Oberfläche auf die Follikelmündungen
sich fortgesetzt hat. Die ursprünglich horizontal geschichtete Hornschicht
der Oberfläche wird also zunächst an Stelle der Follikel in Form
eines spitzen Deckels (Conus) in die Höhe gehoben, schlielslich aber
nicht nur durch das Haar, sondern mit diesem oder an Stelle desselben
von einer vertikal angeordneten Hornschicht durchbrochen, der hyper-
trophischen Hornschicht des FoUikelausganges. So ist es bei allen jenen
Parakeratosen, welche an den Haaren längere Homschichtmanschetten
aufweisen, und so auch bei der unsrigen.
Wenn wir jetzt in einem kurzen Rückblicke das Wesentliche unsrer
neuen Affektion zusammenfassen, so haben wir es mit einer Krankheit
zu thun, welche in der frühesten Jugend auftritt, um — wenn ärztlicher-
seits nicht eingegriffen wird — das ganze Leben hindurch bestehen zu
bleiben. Man kann eine milde und eine schwerere Form derselben
unterscheiden.
In der milderen Form erstreckt sie sich von dem äu&em Teile
der Augenbrauen über die Jochbogen vor dem Ohre hinab über die Seiten-
partien des Halses und mit den letzten Ausläufern auf die Streckseite
des Oberarmes, seltener mit Umgehung des Oberarmes auf den Vorder-
arm. Sie beginnt hier stets mit einer Hyperkeratose und begleitendem
Erythem; die Follikel sind durch Horndeckel verschlossen, die Lanugo-
haare stets, die stärkern Haare zeitweise am Durchbruch verhindert, w
dafs zunächst das Bild einer eigentümlichen auf erythematöser Grundlage
auftretenden Hyperkeititosis pilaris entsteht.
In den schwereren Fällen partizipieren aulser den genannten Haut-
partien auch die innem Teile der Augenbrauen, die Oberlippe und einige
angrenzende Hautbezirke des Gesichts, weiterhin der ganze behaarte Kopf
207
usd die Streckseiten der Oberextremitäten in mehr oder minder hohem
Grrade. In diesen Fällen dokumentiert sich die Schwere der Affektion
hauptsächlich durch die konsekutive Narbenbildung, welche in milderen
Fällen nur an einzelnen Stellen angedeutet ist. Die Vemarbung greift
stets zuerst die in der Mitte zwischen den Haaren gelegenen Hautpartien
an und bedingt daher auf den Augenbrauen und der Oberlippe ein
feines lineares Netz von Narben, während sie auf dem Kopfe zu einem
Sjrstem von zusammenflieisenden kahlen Kiugen führt, welche die Haar-
kreise mit dem Alter mehr und mehr auf vereinzelte Haare reduzieren.
Dadurch führt sie im Laufe der Zeit schliefslich zur totalen Alopecie.
Die Affektion zeigt im allgemeinen einen sehr indolenten Charakter,
selten treten Perioden stärkerer und schmerzhafter Rötung an den
Follikeln ein, wodurch es dann manchmal zur Ansiedelung von Eiter-
kokken und Kombination mit Folliculitis suppurativa kommt; besonders
ist dies der Fall bei jeder stärker reizenden Behandlung der Kopfhaut,
während schwach reduzierende Mittel (Schwefel, Resoroin) die stärkern
Formen der Krankheit zu besseru, die schwachem zu heilen imstande sind.
Sehen wir uns unter den bekannten Dermatosen nach solchen um,
welche mit unsrer Affektion in allgemein pathologischer Beziehung Ähnlich-
keit haben, so müssen wir im Gegensatz zur gewöhnlichen follikulären
Hyperkeratose (Liehen pilaris) den Nachdruck legen auf die damit kom-
binierten Symptome des permanenten Erythems und der schlieüslichen
Atrophie der Cutis. Wir haben eine Reihe von Krankheiten der Haut,
bei welchen diese Symptome eines oberflächlichen Entzündungszustandes
mit nachfolgender narbenähnlicher Atrophie der Cutis auftreten.
Und diese Affektionen haben weiter das gemeinsam, dals sie ebenfalls
schwer in den Rahmen der spezifischen infektiösen Hautentzündungen
(Granulationsgeschwülste, z. B. Lupus) oder der Parakeratosen (z. ß.
Psoriasis) hineinpassen, obgleich sie mit diesen beiden Gruppen manche
Züge teilen. Indem ich es versuche, meiner Affektion einen recht präzisen,
die hauptsächlichen klinischen Symptome ausdrückenden Namen zu geben,
folge ich daher dem Vorgange von Herrn Dr. Unna, welcher in seinen
Vorlesungen diese mit Erythem und NarbenbilduDg einhergehenden Affek-
tionen unter einem gemeinschaftlichen Gruppennamen abhandelt, nämlich
dem der Ulerytheme. ^ Dazu gehören nach Unna vor allem der Lupus
erythematosus ^ dann eine akneähnliche und eine andere, sykosisähnliche
Affektion, welche bisher noch nicht beschrieben sind (Ulerythema acnet-
forme und sycosiforme). Am nächsten schliefsen sich dieser Gruppe der
Ulerytheme an die Favusarten und vielleicht die Acne varioliformis
* Von ovXtjy die Narbe, und iQu^ij^ua^ die Kote.
* Ulerythema centrifugum.
ienec Schale wegen der lesultierenden Narbenbildmig; die letz^
AffektioQ allerdings nnr dann, wenn die EiteruDg tmd zentrale
le nicht lediglich durch den hierbei stets in der UNKASchen Klinik
gefundenen Staphjlococcns albus erzengt wird.
ih gebe mich der HofEnung hin, daSa die Anfstellung dieser AJek-
a einer besondern nicht nur die Aofmerksamkeit der FacbkoU^eo
ese hau&g übersehene Krankheit hinlenken, sondern dalä die Ton
jvorzngte Namengebang auch dazu beitragen wird, den Gmppen-
des Ulerythems auch für die anderen genannten £rkrankmig«ii
Irgem.*
inerhalb dieser Gruppe würde die von mir beschriebene Krank-
m passendsten nach dem charakteristischen Ausgangspunkt nnd
iktionsort der Angenbraaen bezeichnet ab: Ulerythema enper-
e 8. ophryogenes.
rber einea Fall von primärem Schanker auf der Wange.
WiLLiiM Andersok. f. E. C. S.
leknndSrchirorg and Leiter der E&uUbt«iluDg im St. Thomu-EoBpital,
London.
''enn es anch eine allgemein bekannte Thatsaohe ist, dals die
ffenheit eines Primärayphilids sehr beträchtlichen Abweichungen je
er Lokalisation des Leidens unterworfen' zn sein pSegt, iats fiogu
rissen Körperstellen die ABektion längere Zeit hindurch keineswegs
)ller Sicherheit ihrem wahren Wesen nach zu diagnostizieren ist,
n doch ein Primärsyphilid der Wangenhaut zuweilen so besondeis
mliche Eigenschaften darbieten, dais sogar ein erfahrongsreit^
ei Ermangelung einer korrekten Anamnese oder anderer, begleiten-
philitischer Symptome ziemlieh ernsten diagnostischen Irrtümen
itzt ist. Von Herrn Maruaduee Shbild ist bereits ein sehr
lanter hierhergehüriger Fall {British Medical Journal. 5. Febr. 1887)
itlicht worden, nnd auch das folgende, kürzlich Ton mir beol>-
Seeonden &n Stelle des ganz unpaasenden Nuneiu Lupus erythemato^os.
209
achtete Beispiel bietet genug des charakteristischen dar nm als weiterer
Anhaltspunkt zur Erkennung der AflFektion dienen zu können.
Der Patient, ein 29jähriger Mann von gesundem Aussehen, besuchte
die Hautabteilung im St. Thomas-Hospital am letzten März hj. ann.
wegen eines grofsen, elliptischen Geschwüres, welches, unter dem rechten
Auge gelegen, in einer Ausdehnung von zwei Zoll dem queren und ca.
anderthalb Zoll dem vertikalen Durchmesser nach die Wangenhaut ein-
nahm. Die Oberfläche desselben überragte das Hautniveau um ungefähr
ein sechstel Zoll; diese war glatt, von rötlicher Farbe, ziemlich unregel-
mäfeig und ohne reaktive Erscheinungen; die BÄnder waren ziemlich
scharf markiert, mäfsig hart und beträchtlich nach aufsen umgestülpt.
Die benachbarte Haut leicht gerötet. Schmerzen und Empfindlichkeit
waren gering. Die submaxillaren Lymphdrüsen waren geschwollen und
verhärtet, namentlich auf der rechten Seite. Im übrigen fand sich ein
charakteristisches Boseolaexanthem auf Rumpf und Gesicht nebst einer
mä&igen, entzündlichen Beizung des Bachens.
Auf Befragen erklärte Patient, dafe er ungefehr 7 Wochen zuvor
einen Schlag auf das betreffende Auge erhalten habe, welcher die üblichen
Ekchymosen und eine leichte Hautabschürfang zur Folge gehabt habe.
Ein Bekannter, an dem späterhin Schleimhautknötchen im Munde nach-
gewifsen wurden, erbot sich die Wunde auszusaugen, was er auch that.
Die Folge davon war, dafs nach drei Wochen sich an der Einrifsstelle
ein Geschwür entwickelte, welches seitdem zu der beschriebenen Aus-
dehnung anwuchs. Die Drüsenschwellung stellte sich ungefähr acht Tage
nach der Entstehung des Geschwürs ein, der sekundäre Ausschlag war
zuerst am Tage des Hospitalbesuches hervorgetreten. Es wurde sofort
mit der innerlichen Darreichung von Quecksilber begonnen, und das
Ulcus wurde zuerst mit Jodoform, späterhin mit Kalomelpulver behandelt.
Indessen wurde auf diese Weise nur ein sehr geringer Erfolg erzielt,
iodem der Schanker während der nächsten fünf Wochen stationär blieb
oder sich eher ein wenig vergröfserte ; dagegen fing am Ende dieses
Zeitraumes der Involutionsprozefs sich zu entwickeln an und machte
bald rapide Fortschritte. Nach weiteren fünf Wochen war die Drüsen-
schwellung fast gänzlich verschwunden bei gleichzeitiger Umwandlung des
Geschwürs in eine kleine, oberflächliche Wund^, welche von einer im
Vergleich zu der Ausdehnung der Primäraffektion geradezu unbedeutenden
faltigen Narbe umgeben war. Seit dieser Zeit hat Patient, der offenbar
eine weitere Behandlung für überflüssig erachtete, seine Besuche in der
Poliklinik eingestellt und ist seitdem nicht wieder gesehen worden.
Das seltsame Aussehen des Geschwürs erinnerte bei weitem eher an
einen malignen Tumor der Haut als an einen harten Schanker. Man
kann sich auch sehr gut vorstellen, dafs, wenn bei einem derartigen Fall
I '
210
SekuDdärerscheinungen noch nicht hervorgetreten sind, oder die anam-
nestischen Angaben ungenau sind, ein diagnostischer In-tum nicht Töllig
auszuschlieisen ist. Ein gutes Beispiel einer derartigen Schwierigkeit ist
mir vor einigen Jahren zu&llig begegnet. In diesem Falle hatte der
Patient eine der unsrigen sehr ähnliche Affektion dargeboten, ohne aber
über deren Entstehung irgend welchen Aufschluis geben zu können, und
ohne zur Zeit irgend welche konstitutionelle Symptome darzubieten. Das
Gewächs verbreitete sich so rapide und nahm eine so bedrohliche Ans^
dehnung an, dafis der behandelnde Arzt die Diagnose auf maligne Neu-
bildung stellte und dasselbe exzidierte. In der Folge wurde die Operatioos-
wunde fungös und bot am Ende von drei Wochen schon ein höchst bös-
artiges Aussehen dar, als ziemlich plötzlich spontane Heilung eintrat;
das Geschwür vernarbte schnell, und die Drüsenschwellung ging zurücL
Späterhin wurde durch den Ausbruch von sekundären syphihtiflchai
Symptomen die Erklärung für diese Vorgänge geliefert, indem es offenbar
wurde, daüs man unversehens einen Schanker operiert hatte.
Die Fortschritte der Hautanatomie in den letzten
5 Jahren.
Von
P. G. Unna.
V. Die Nerven der Haut.
Bei Mitteilung der paarigen, intracellularen Nervenendknöpfe
der Stachelschicht, welche ich an entfetteten und dann mit Osmium
behandelten Präparaten der menschlichen Vorhaut als universelle Endigong
innerhalb der Oberhaut nachweisen koDnte (Diese Zeitschr. Bd. 1. No. 8.
1882), bezog ich mich auf die bekannte, ein Jahr vorher erschienene
Arbeit von Pfitzner [Morphol. Jahrb. Bd. VII. pag. 726), in welcher
dieselbe Anordnung der Nervenenden von der Frosch- und Salamander-
larve nachgewiesen und für die Haut des Menschen wenigstens wahr-
scheinlich gemacht wurde.
Sowohl meine als Pfitznbrs Darstellung begegneten seither bei dea
meisten Histologen weniger einer eingehenden Kritik als prinzipieller
Abneigung. Soweit sich diese kühle Aufiiahme auf den Fundort der
menschlichen Haut bezieht, so kann ich alles Weitere ohne Entgeg^iiuig
— C'1_
211
ruhig der Zukunft überlassen, da ich meine Präparate photopraphiert^
hatte nnd jeder noch heute die Richtigkeit der Angaben an meinen
Fhotogrammen prüfen kann, ein Beweismittel, wie es bisher für keine
Art der intraepithelialen Nervenendigung vorgelegen hat.
Aber die parallel laufenden Angaben Pfitznebs haben inzwischen
an dem Objekt der Amphibienhaut zu einer stattlichen Reihe von Ar-
beiten gefuhrt, die wir schon deshalb nicht unberücksichtigt lassen
dürfen, da die hier in gröüseren Dimensionen vorliegenden ähnlichen
Nervenendigungen stets für die uns beschäftigenden kleineren cum grano
Balis zu gebrauchende Vorbilder abgeben werden.
Zuerst unternahm, unter Gaules Leitung, Canini es, die Pfitz-
HEBschen Angaben zu prüfen (Die Endigungen der Nerven in
der Haut des Froschlarvenschwanzes. Arch, f. Anat, u. Phys,
1883. pag. 149). Jene eigentümlichen Gebilde in den Epithelzellen des
Froschlarvenschwanzes, welche Leydig für ein besonderes Zellensekret
erklärt hatte (daher: Byssuszellen), identifizierte Canini mit den Pfitzner-
sehen Befunden. Er fand an Präparaten, die nach Pfitzners Methode
behandelt waren, diese Gebilde ähnlich wie Lbtdio und Ebbrth sie
beschrieben hatten, unregelmäTsig balkenartifr, den Kern als Spangen,
Ringe, Thorbogen, Wände umkreisend, mithin weit entfernt von der
regelmäfsigen Form am Ende knopffönnig angeschwollener Stäbe, welche
Pfitzkbr allein gesehen hatte. Auch gelang es ihm nicht, mit der-
selben Sicherheit, wie Pfitznsr, Nervenfäden bis zu diesen Gebilden zu
verfolgen.
In einem Nachtrage zu dieser Arbeit von Canini (Ergänzende
Bemerkungen zu vorstehender Arbeit) gibt Gaule an, allerdings
doch den Zusammenhang von senkrecht im Epithel aufsteigenden Nerven-
fasern mit den intraepithelialen Gebilden gefunden zu haben, kann
die letzteren aber doch nicht einfach mit Pfitzner als Nervenenden an-
sehen. Denn die intracellularen Gebilde finden sich fast nur am Frosch-
larvenschwanz und verschwinden mit dessen Abfall. Da sie den übrigen
Epithelien fehlen, sind die betreffenden Epithelien entweder Sinnes-
epithelien oder Drüsenepithelien (Lbtdig), beides würde ihre Beziehung
zu den Nerven auch erklären.
^ Allerdings gebort nicht blofs guter Wille, sondern anoh eine gewisse Übung
dazu, Photogramme zu studieren, das haben die Bakterienphotogramme zur Genüge
bewiesen. Ist es mir doch öfter vorgekommen, dafs mir hervorragende Fachgenossen,
nachdem ich ihnen die Photogramme der Nervenenden selbst demonstriert, erstaunt
sagten: so deutlich hätten sie sich die von mir beschriebene Endigung allerdings
nicht gedacht. Auch W. Wolff gehört zu demjenigen, welchen das Studium des
Mikrophotogrammes in seiner Eigenart 1883 noch unbekannt war (s. diese Zeitschr.
Bd. n. pag. 10).
lochte in bezug aaf die CANlNl-GAtiLEsclie Arbeit einsclialteii,
:ner sicher nie daran gedacht bat, diese iiDr^Imftlsigen, ja
ch gestalteten Gebilde mit seinen regelmälsigen Endkn5pfa
sieren, und dafs die ScblQsae ans der Gestalt jener keineswegs
'iTZNBBscben Befunde entscheidend sein können. KSnnten, mn
iöglicbkeit zu erwähnen, jene groben Gebilde nicht recht gnt
Haie Fortsetzungen des Saftkanalsystems sein, in welchm dit
ihen Nervenenden erst darin lägen? Ich sehe wenigstens dkuh
en in den Epitbelien der Stachelschicht häufig deutlich von r-
3 Kemhöhle mündenden Kanäle begleitet.
ihat trat nun W. WoLFP {Die Nerven des FroschlaiTen-
is. Terhandbtngen der berl. phys. Geseltsck. 11. Jaa. 18&41
ZNBK sowohl wie gegen Cantni anf. Bas subepitheliale Neneo-
dem jene beiden Foracher die senkrechten letzten Fasen
)1 au&teigen lassen, existiert nach ihm überhaupt nicht D»>
den vielmehr mit feinen nnd nicht besonders reichlichen Spitm
rhalb des Epithels. Bindegewebszellen und deren Fortettn .
lin subepitheliales Nervennetz, Reste schlecht erhaltener Eent- :
für die verschieden geformten Fsendonervenendigungea erUir. '
mit beneidenswerter Sicherheit vorgetragenen, radikalen An- !
i schössen natürlich weit über das Ziel sachgemälser Knäk
i konnten die schwebende Frage der Lösung nm nichts niLer
eingehendere Studie widmete bald daranf Mitrophänow dem-
genstande (Über die Endignngsweise der Nerven in
1er Kaulquappen. Arch. f. Anai. u. Thysiol. 1884. pag. 1911
:u dem Schlüsse, dafs die merkwürdig geformten EBBRTasch«
eine Nervenenden und die aus dem snbepitbelialen Flexas zd
iteigenden Fasern keine Nerven, sondern senkrechte Fasern de
ligen Basalmembran seien. Dagegen fand er wirkliche Nerven-
irecht aus dem subkutanen sog. Fundamentalplesus aufeteigen;
thelialer (Gaule) existiert auch nach Mitsophanow daselbst
»e senkrechten, in das Epithel eintretenden Faden enden in
mit Endknöpfchen, aber nicht in den Epithelzellen sonden
denselben. Je zwei oder drei Zellen schlietsen an ibnr
istelle ein oder zwei solcher Nervenendigungen ein, so di6
Epithelzelle, an einer Seite wenigstens, mit einem Nerven-
;en in Berührung ist, MiTBOPHANOW schliefst aus seinen Be-
i Frosch, dafs meine Beobachtnngen über die Endignng ii
213
der Stachelsohicht der Menschen imge sind — eine etwas weitgehende
Folgerung. —
Frbnkbl (Nerv und Epithel am Froschlarvenschwanze. Arch,
f. Änat u. Phys, 1886. pag. 415) nahm wiederum die Angaben Caninis
gegenüber Mitrophanow in Schutz. Der letztere habe seine Abbildungen
seiner Theorie zu liebe schematisiert. Pfitzner und Canini bedienten
sich feinster Schnitte und stärkster Yergröijserungen, Mitbophanow gröberer
Präparate und schwächerer Yergröiserungen, die über die Lage, ob in
Epithelien oder zwischen .denselben, kein Urteil erlauben. In den
EBERTH-LETDiGschen Grebilden sind zwei Substanzen zu unterscheiden,
deren eine sich mit 6old stark, die andre schwach färbt; die grolBen,
massigen Gebilde sind nur in den Wandungen ge&rbt, die fildigen da-
gegen in toto durchge&rbt. Die interepiihelialen Nerven von Mitro-
PHAKOW sind EBBRTHsche Gebilde, welche in der basalen Keihe wurzeln,
mit den gröfseren Zellkörper jedoch in der zweithöheren Zellenreihe
liegen. Die Nervenfasern Canikis durchbrechen die Basalmembran (Cutis
der Froschlarvenhaut) und verzweigen sich unterhalb derselben, können
ihr also nicht, wie Mitrophanow will, angehören. Bis jetzt seien hier
also nur intra- und nicht interepitheliale Endigungen der Nerven nach-
gewiesen.
Frsneel geht sodann dazu über, an der Hand einer eigenen Färbe-
methode zum ersten male die Entwickelung der eigentümlichen Gebilde
zu untersuchen. An jungen Larven fehlen dieselben noch ganz. Sie
entstehen, indem von den Kernen der Epithelzellen sich ein Teil kappen-
förmig abtrennt, der aus stärker tingiblen Kugeln besteht. Diese Kappe
des Kerns nimmt allmählich die veränderten Farbenreaktionen der
EBERTHschen Körper (eosinrot statt hämatoxylinblau) an und trennt sich
ganz vom Kern. Trotzdem diese Gebilde also keine Nervenenden sind,
stehen sie doch im Zusammenhange mit Nerven. Aber sie bestehen ja
gamicht von Anfang an, wirft Frsnkbl sich mit Recht ein, beruhigt
sich aber durch folgende Überlegung. Diese* Gebilde entstehen erst,
wenn die basale Zelle zur Zelle der höheren Reihe wird und dabei
abzusterben beginnt; dann sondern sich in ihr bestimmte Substanzen ab,
welche zu dem Nerv in besondere Beziehung treten und dadurch
den sonst verlorengehenden Verband mit dem Nervensystem aufrecht
halten.
Ich will hier ganz davon absehen, dafs die Schilderung, welche
Fkenkbl von den gleichzeitigen Veränderungen der Epithelzellen, ihrer
Kerne und der EBERTHschen Körper gibt, sehr wenig den neueren Er-
fahrungen über Zell- und Kernteilung Rechnung trägt, denn von indirekter
Kernteilung ist dabei nicht die Rede. Ich möchte dagegen betonen,
MonatBheite. 15
214
dafs man doch unmöglich den einfachen Teilungsvorgang der basalen
Epithelien schon als ein „partielles Absterben" derselben ansehen kann,
dafs weiter, wenn die unverhomte Epithelzelle im Vorrücken wirkHch
abstürbe, kein Grund einzusehen ist, weshalb sie dann noch auf höchst
komplizierte Weise eine neue Verbindung mit dem Nervensystem an-
strebte, besonders, wo diese gemutmafste Verbindung später wieder ver-
schwindet, da die ganze Erscheinung der EsEBTHschen Körper eine vor-
übergehende ist.
Im allgemeinen mufs ich die aus dem Resultat einer einzigen Färbe-
methode (Durchfilrbung mittels Hämatoxylin, Nachf^rbuDg der Schnitte
mit Eosin etc.) gezogenen Schlufsfolgerungen über das Verhältnis von
Nerv und Epithel für viel zu weitgehend erklären. Es fehlt speziell
an einer eingehenden Vergleichung der FRENKELschen Bilder mit den
bisherigen Gold- und Osmiumbildem. Die drehrunden PpirzNEKschM
Fäden werden ebenso vne von Canini und Mitrophanow einfach mit
den EsERTHschen Gebilden zusammengeworfen, ohne zu untersuchen, ob
dieselben nicht prinzipiell vielleicht ganz verschieden sind. Denn wenn
die von Freneel als erythrophile Substanz beschriebenen EBERTHschen
Körper auch in gewissen Stadien Stäbe und Bänder darstellen, sind
diese noch weit von den zwei einfachen, trommelstockartigen Endigongen
Ppitzners entfernt. Frenkel schliefst, weil bei seiner Färbung nur die
Aufsenwand der EBERTHschen Körper sich rot fkrbt, dafs sie aus zwei
Substanzen bestehen, erörtert jedoch nicht, ob sie nicht einfach hohl sind.
Wenn sie hohl wären, könnten sie, besonders da sie nur vorübergebend
auftreten, sehr wohl ein vorübergehendes Ödem der kapillaren Lymph-
scheiden der PFiTZNERschen Nervenenden darstellen. Jedenfalls würde
es mit dieser einfachen Auffassung gut harmonieren, dafs diese Zellen
stets sehr grols und durchsichtig sind (Mitrophanow), frisch von Gold
gamicht tingiert werden (Mitrophanow), dagegen mit Eosin eine äufsere
Schale sich färbt (Frenkel). Mit diesem Hinweise will ich nicht
eine neue Theorie der EBERTHschen Körper aufstellen, sondern nur deut-
lich machen, daUs von Canini bis Frenkel die Nachuntersucher Pfitz
NER unrecht thaten, ihre Befunde einfach mit seinen so durchaus ver-
schiedenen dem Wesen nach zu identifizieren. Dafs wir allen Grund
haben, die FRENKELsche Theorie derselben und speziell seine Deutung
alter Kemabkömmlinge als neuer Nerven für alte, absterbende Epithelien
mit gröfster Reserve zu betrachten, ist wohl eo ipso klar.
An diese FRENKELsche Arbeit schliefst sich direkt eine neuere
desselben Autors an, welche sich mit ünserm Gegenstande direkt beschäf-
tigt (Die Nerven im Epithel. Virchows Archiv. Bd. 109. pag. 424).
Nach einer sehr klaren und tibersichtlichen historischen Einleitung über
i
215
die drei Hauptformen epithelialer Nervenendigungen (innerhalb spezifi-
scher Zellen, innerhalb gewöhnlicher Epithelien, zwischen den Epithelien),
beschreibt Fre^eel seine Resultate an der menschlichen Haut, zuerst die
mittels Goldchlorids, dann die mittels Osmiumsäure gefundenen.
Die Goldmeihoden zeigen schwarze Fäden und Fadennetze, welche
senkrecht zur Oberfläche aufsteigen, sich häufig verschlingen und unter
der Homschicht umbiegen. Der gröfste Teil hiervon sind nach Frbn-
EEL Goldniederschläge. Ein sicherer Zusammenhang mit gröberen Nerven
sei nicht erbracht. Unter den eingelagerten Zellen imterscheidet er die
eigentlichen LAKGERHANSschen mit vielen langen, verzweigten Ausläufern
und die kleineren ohne solche (PoDCOPAfiw) ; zu beiden haben die Nerven-
fasern keine konstanten Beziehungen.
Meine Osmiummethode (die betreffende Vorhaut war übrigens nicht
ödematös) ergab: „allerlei, Fädchen und Körnchen in den Zellen, die den
von Unna beschriebenen gleichen. Niemals jedoch sieht man den Zu-
sammenhang der intracellulären Fädchen mit zwischen den Zellen ver-
laufenden Fasern. Man sieht sie auch nicht in die Zellen hineintreten.
Sie haben auch sonst nichts Charakteristisches, sp dafs man sie wohl für
Protoplasmafäden halten darf, welche der Kern bei seiner Schrumpfung
mit sich gezogen." •
So weit Frenkel! Und die zierlichen Endknöpfe dieser Fäden,
sollen diese etwa auch aus dem Protoplasma herausgezogen sein?
Trotzdem hält auch Frenkel an der Existenz von Epithelnerven
fest und zwar teils wegen der CANiNischen Befunde (Canini war sich,
wie wir oben, sahen, über die Deutung seiner Fund^ selbst nicht klar),
teila wegen Aev Analogie mit der Cornea, welche sicher neben vielen
Kunstprodukten auch vergoldete Nerven zeige.
Im Anschlüsse hieran bespricht Frenkel noch einmal die Verhält-
nisse am Fioschlarvenschwanze. Ich würde diesen Abschnitt übergehen
können, wenn sich hier nicht ^- wie es mir scheinen will — die Theorie
Frsnkels inz.wischen wesentlich geändert hätte. Früher hielt er die
EBERTHschen Gebilde doch für etwas vorübergehend Auftretendes. Jetzt
sollen diese Gebilde, welche tinktoriell Nerven ähnlich sind, allen Epi-
thelien stets Zukommen, aber nur dort durch Kontrastfärbung sichtbar
werden, wo die •Epithelien entstehen oder zu Grunde gehen, während
im Euhezustande die Nerven an der Grenze des Protoplasmas aufzuhören
scheinen«
Hieran )Schlieist Frenkel eine längere theoretische Erörterung. Die
Feinheit der Tastempfindung und die Starrheit der Epitheldecke verlange
das Hineinragen der Nerven in das Epithel. Aber nur die M. Schültzb-
sehe Theorie der Sinnesepithelien erkläre die differenten, spezifischen
Empfindungen. Die Nerven müssen also im Zusammenhang mit den
15»
216
Epithelien stehen, aber ein einfaches Hineinragen (Pfitzner, Ukka) in
die Epithelien erkläre noch nichts; das Nervenende mulszu einem Be-
standteil der Epithelzelle werden. Frenkel wirft sodann die Frage anf,
ob jede Zelle nervös sei oder nur gewisse. Letzteres sei nnmöglich,
weil sonst gewisse Hautpartien unempfindlich würden, was nicht der
Fall sei.
Hierbei müssen wit doch fragen, ob Frenkel die Untersuchungen
von Blix und Goldscheiber unbekannt geblieben sind. Die Empfind-
lichkeit ist ja in der That intermittierend.
Frenkel nimmt nun an, dafs allerdings nur einzelne EpithelzeUen
direkt nervös seien, alle aber indirekt, indem alle miteinander ' in Konti-
nuität stehen und daher Reize fortleiten können. Die WEBEBschen
Empfindungskreise hätten dann die Bedeutung, dafs nur dann 2 Empfin-
dungen getrennt wahrgenommen werden, wenn 2 nervöse Epithelzellen
als Beginn der zentripetalen Leitungsbahn benutzt werden. Der Mininaal-
abstand für die isolierte Empfindung wäre also der Abstand der nervösen
Epithelien voneinander. Die Empfindungsqualität wird nach Frenkel
bedingt durch qualitativ difierente „Reaktionen der Zellen." Die Schmerz-
empfindung sei stets das ßewufstwerden eines pathologischen Vorganges
und könne sich mit jeder Empfindungsqualität v^binden. Die Vor-
stellung von Hbnsen, Pfitzner und Unna, dafs jede Epithelzelle ihre
Nerven erhält, involviere die unhaltbare Vorstellung, dals mit dem
Epithelverlust eine Nervenneubildung Hand in Hand geht. Mir ist es
unverständlich, weshalb die Nervenenden sich nicht jeder Zeit neu bilden
sollen ; sie haben es ja doch ursprünglich beim Fötus auch öinmal gethan.
Um nun seiner Theorie bestimmter Neuroepithelien noch eine breite
histochemische Stütze zu verleihen, stellt Frenkel folgende Analogie auf.
Die feineren Fäden des Nervenendplexus sollen nach ihm nicht mehr
die Struktur des Achsency linders und nicht mehr die der Markscheide
besitzen, sondern etwas von beiden; ihre Struktur gleiche am meisten der
des Neurokeratins. Während die Epithelzelle altert, treten in dem fein-
körnigen Protoplasma Fadennetze auf, die Bich an den Kern heften (!?)•
Das Protoplasma schwindet und statt dessen erscheint in Tropfen Eleidin
(sollte wohl genauer heifsen: Keratohyalin). Die Epitheizelle gleiche
hierin der markhaltigen Nervenzelle, die in einem Fasergerüst aus Neuro-
keratin Myelin als Stoffwechselprodukt des Achsencylinders ausscheide
Myelin und Eleidin seien nahestehende, fettähnliche und gegenüber
Säurefuchsin sich tinktoriell analog verhaltende Substanzen. .
Wollten wir auch die Verwandtschaft von Myelin und, dem wahren
Eleidin Ranvier3 zugeben, so nützt das hier doch wenig, da Prbnkel
als Ausscheidungsprodukt der Epithelieji offenbar das gai*nicht fettähnliche
Keratohyalin im Auge hat.
217
Beim Lippenepithel hat Frsnkbl die Fäden, welche die Epithelien
verbinden, in das „Horngerüst" übergehen sehen, welches den Zellenleib
durchziehen soll (1 ?). Durch dieses Netz teilen sich nach ihm die Vor-
gänge einer Zelle den benachbarten Zellen mit. Die intercellularen Fäden
liegen vielleicht in feinsten Brücken von verbindender Zellsubstanz.
Mit dieser letzten zaghaften Anspielung auf die Intercellularbrücken
fühlen wir uns nach einer ziemlich unsicheren Fahrt wieder auf festerem
Boden. Gerne hätten wir von Freneel gehört, wie sich seine neuro -
keratoiden Fäden zu unsern alten Bekannten, den Stacheln oder Inter-
cellularbrücken verhalten, ob das etwa die RANVlER-CAJALSchen Fäden
sein sollen; wie Frenkel weiter sich das „Homgerüst" der Epithelien
denkt und ob er dasselbe etwa durch Verdauung nachgewiesen hat. Be-
sonders ist es uns aufgefallen, dafs es Freneel nicht möglich war, bei
der Froschlarve die intercellularen Fäden in das cellulare Gerüst zu ver-
folgen, was bei deren Gröfse, Deutlichkeit und Färbbarkeit doch gewifs
hätte möglich sein müssen. Endlich fehlt uns auch jedes Verständnis
dafür, wie die EßERTHschen Gebilde der Froschlarve, gesetzt sie wären
wirklich neuroepithelialer Natur, uns das geringste Verständnis der
Sensibilität der menschlichen Haut erschUeisen können, da doch Freneel
hier gar keine analogen bevorzugten Neuroepithelien thatsächlich ge-
fanden hat.
Werfen wir jetzt einen kurzen Rückblick auf das Resultat der hier
nur kurz referierten, zum Teil sehr ausführlichen Arbeiten, welche alle
denselben Gegenstand behandeln, so erscheint es für unsern Zweck fast
gleich Null zu sein. Offenbar ist von der Arbeit von Canini an das
Interesse wesentlich von den ursprünglichen PFixzNERschen Bildern auf
das Studium der EBEKTH-LEYDiGschen Körper abgelenkt worden. Dieses
wäre an und für sich nicht zu bedauern, wenn nicht dadurch einerseits
vorschnell die nervöse Natur auch der PpiTZNERschen Gebilde diskre-
ditiert, anderseits (Freneel) mit groüem Aufwand von Arbeit und
ungenügend fundierten Schlufsfolgerungen versucht worden wäre, eine
Verbindimg dieser beiden grundverschiedenen Erscheinungen künstlich
herzustellen. Die erste kurze Erledigung in negativem Sinne ist ebenso
wenig geeignet wie die weitläufige im positiven Sinne, den Kern der
Angelegenheit zu fördern, welcher nur darin bestehen kann, erst einmal
die PFiTZNERschen Bilder in derselben Einfachheit und Klarheit wieder-
zufinden. Nur diese haben dann auch direkten Bezug auf die ent-
sprechende Frage beim Menschen. Ist das Vorkommen der paarigen,
intracellulären Nervenendknöpfe in den Stachelzellen des Menschen, wie
Pfitzner es gelegentlich gesehen und ich es photographiert habe, ein all-
gemeines? Eine zweite Sache von für uns untergeoidneter Wichtigkeit
/
218
ist es dann zu erforschen, ob ähnliche Gebilde wie die Ebebth-Lbidis-
schen Körper auch beim Menschen vielleicht in einem hestimmfen Eot
wickelnngsstadinm in der Kähe der intraepithelialen Nerreoenden a
finden sind. Ich habe schon Angegeben, dafs ein« Beziehung derselbei
zum Saftkanalsystem wohl denkbar ist, was durch Injektion der Haut mi
Äspbaltlösungen zu studieren wäre, übrigens hat Macalluh in «na
Arbeit, welche mir nicht zug&uglich ist (The nerve terminatiom
taneous epithelium of the tadpole. Quart. Joum. of Mia
85, pag. 53, oit. nach Schwalbes Jahresbericht, die Ebkrtb
ilde bereits fiir Scheiden derjenigen Nervenendigungen erklU
das Innere der Epithelzellen eintreten und neben dem Kem<
hrend andre Nervenendigungen sich zwischen den Epitheliei
en. Dieses wftre (nach dem Citat zu urteilen) genaa di
, teils intraepitheliale Endignng, wie ich sie für die mensdi
baut annehme.
zur selben Zeit, als i^ meine Befunde über die Nerven
lizierte, erschien eine Arbeit von Bbeher {Die Nerven de
m, der kleineren Arterien und Veäen. Ardi. f. mHa
!. pag. 663), welche auch für die EapillaE«n der Haut, besonder
irkörpers Bedeutung hat. Er fand, dals alle EapillarsD, and
:en, von Nerven begleitet werden. G-ewöhulich li^ ja eii
zwei gegenüberliegenden Seiten der Kapillare, und beidi
iien in gröiseren Abständen miteinander. Während nni
) ich, von diesen blassen Nervenfasern feine Äste in das Innen
arrolirs treten läT&t, sieht Breuer diese Zweige anläen in
ir knop^rmig enden. Die Kapillamerven bilden nach Breku
Msenes System; es gibt Anastomosen naheliegender Kapillareo,
Zweige znm Nachbargewebe; Übrigens t&lst Bremer solch«
and wieder zu, in der Proschzunge mit den Endapparateu dai
Ft«n Muskeln. Die tlbergangsgeftllse, kleineren Arterien nnd
)en einen äulseren markhaltigen, einen mittleren markloseo
inneren marklosen Plexus. Die letzten Endignngen an den
üefälseQ sind netzförmig, an den kleineren wie bei den K^-
Ünzelfibrillen mit knotenförmigen Ansohwetlnngen angeordnet
lochte Bremer in allen diesen Angaben für die mensdi-
zustimmen bis auf die letzte Endigung, welche ich in d^
ise sehe wie in der Stachelsehicht: knopfförmig, paarweise,
r (intraendotiielial).
ungemein eingehende Studie über fast sämtliche Nerveo-
in der Haut der Säuger verdanken wir dem Ehepaar HoooiS
219
(On some cutaneous Nerve termiDations. Linnean Societys Journal,
Zoology. Yol. XVI. Juni 1882). Beobachtungen über die Gewohnheiten
des Maulwurfs in der Gefangenschaft bilden den Ausgangspunkt der
Arbeit, und sie gipfelt in einer detaillierten Vergleiohung des Nerven-
apparates der Haare mit jener merkwürdigen Ansammlung von intra-
epithelialen Nervenendapparaten, welche unter dem Namen: EiMEBSohes
Organ des Maulwurfs bekannt ist. Für uns von Wichtigkeit ist die
Übersicht, welche die Hoggans von den bisher bekannten Nerven-
apparaten am Haar geben. Sie unterscheiden drei verschiedene Arten :
1. Markhaltige Nerven, die sich zu den Haaren begeben.
2. Aus dem Zerfall derselben hervorgehend:
a. Verästelte Ganglien in den untersten B;eiheil der Stachel-
schicht des Haarbalgs.
b. Grabelartige, unter sich parallel verlaufende marklose
Fasern, welche zu 1 bis 4 der Haarachse parallel laufen.
c. Ein Bündel markloser Fasern, welche die gabeligen Enden
ringförmig umgeben imd ' direkt unterhalb der Talgdrüsen-
mündung sich befinden.
3. Intraepitheliale, marklose, variköse, in der Stachelschicht
des Haares sich verzweigende Nerven.
Während zu den grofsen Tasthaaren des Pferdes 300-— 400 Nerven
gehen, begeben sich zu jedem gewöhnlichen Haar wenigstens 1 — 2
.Nerven, die etwa in der Mitte des Balges an das Haar herantreten und
sich in 2 oder mehr Äste teilen, von denen jeder unabhängig mit Nerven-
enden versehen ist. Gewöhnlich endet das Mark an der Stelle, wo die
Fasern sich in die gabelige Endverzweigung teilen, manchmal schon
früher.
Rakvier hatte bekanntlich die MERKELschen Tastzellen in der Ober-
haut als zusammengesetzt erkannt aus der nervösen konkav-konvexen
Tastscheibe (diso tactile) und der nicht nervösen Endzelle. Hoggans
fanden nun in der Stachelschicht des Haarbalgs sehr ähnliche Bilder,
fanden aber die Scheiben nicht stets konkav-konvex sondern sehr un-
regelmäfsig, imd da sie die Schwärzung derselben (durch Gold) nicht
als Beweis für ihre alleinige nervöse Natur gelten lassen wollen, so
betrachten sie geschwärzten und ungeschwärzten Anteil (RanviErs Scheibe
und Zelle) zusammen als das Analogen einer verästelten Qanglienzelle
der Vordersäulen des Rückenmarks. Der markhaltige Nerv verliert sein
Mark, durchbricht die Basalmembran und biegt sich rechtwinkelig, um
sich an mehreren solcher Ganglien zu inserieren. 'Die Zellen als Gesamt-
heit stellen ein peripheres gangliöses Zentrum dar, zu dem sich mehrere
bei Tasthaaren markhaltige, bei gewölmlichen Haaren stets marklose Nerven
%eben. Terminalzellen im Sinne Merkels können diese Zellen nicht
sein, da sie uoter sich ein Netz bilden und weiter peripheriacli intrs-
epidermoidale Fäden nnd wirkliche Nervenenden erst ahgeben. Die
letzteren sind manchmal gabelig geteilt, nie aber hftngen diese Oaoglien
mit den eigentlichen Gabelenden des Haares zusammen.
Diese gabeUgen Nervenenden wurden 1878 von äbnbtein entdeckt
und von Bonnet genau studiert. Dieselben sind an den gewöhnlidieD
Haaren viel leichter zu sehen als an den Tasthaaren. Dicht unter-
halb der Talgdrüsenmündung treten markhaltige Nerven an den Follikel,
verlieren das Mark und teilen sich sofort in 2 — 5 parallel verlaufende,
gabelige Enden, die zwischen Basalmembran und unterster Epithelreibe
verlaufen nnd hin und wieder wie mit einer Klaue endigen. Im Gl^en-
satz zu den Ganglien der Stachelschicht sind diese Grabelenden wirk-
liche Nervenenden, und zwar dienen sie der Tastempfindung, obgleich
sie in den eigentlichen Tasthaaren sehr zurücktreten. Hoqgans schlielsen
das daraus, da& sie hauptsftchlich in den menschlichen Haaren vor-
kommen, welche bekanntlich sehr gut Tastempfindungen vermitteln.
Den- Nervenring unterhalb der Talgdrüse entdeckte Jobbbt (1872)
an Batten schwänzen. Derselbe kommt allen Haaren zu und liegt aulaen
von den Gabelenden zwischen diesen und der Basalmembran, in der seine
Fasern eingebettet sind. Oft gehen eigene, hoiizontal von auC^en kam-
mende Nerven in den Ring ein. Er steht mit den intraepithe
Nerven und dadurch auch mit den Ganglien der Stachelschicht in
bindung.
Wie das EiMBRSche Organ des Manlwni&, so &ssen Hoggans
die Tastkörperchen als mdimentäre Haarnervenendapparate auf.
Die interepithelialen Nerven der Stachelschicbt des Haarbalgs sl
in der Tiefe in Verbindung mit den Granglienzellen und dem Nervei
nach der Oberfläche zu mit dem subepidermoidalen Plexus b
Fasern. Ihre Bichtung ist parallel der Äu&enfläche des Haarbalgt
wäre es auch die Richtung der Nervenfkden, welche die Stachelst
der Oberfläche durchziehen. Aber die in die Höbe strebenden jr
Epithelien, die die HoGaANS iälschlich aus den Wanderzellen ab!
nehmen sie eine Strecke mit sich, wodurch die ursprünglich hoi
talen Nervenfädeu innerhalb des Epithels Bögen und Schlingen b:
Wenn diese Bögen endlich durchreifsen, so entsteht das Bild von
recht in das Epithe^ aufsteigenden Fasern, welches die HoqoäNS allg«
fiir ein Trugbild erklären. Daher stimmen sie weder meinet Änsohs
über die Endknöpfe zn noch Rahviers Theorie, dafs die Nerven«
peripherisch mit den Epithelien fortwährend verloren gingen unc
nachwüchsen. Für sie ist an der Oberfläche der Haut der snbepide
dale Plexus dos wahre Ende der Hautnerven. Die freien Endei
221
Epithel seien nur Bruchenden des durch Epithelienoachsohub aus seiner
richtigen Lage gebrachten subepithelialen Plexus.
Mbrebls Hypothese, nach der die Endigung in spezifischen Epithel-
zellen der Tastwahmehmung, die freie Endigung der Temperaturem-
pfindung diene (1876), müsse falsch sein, denn diese „Tastzellen^ bilden
mit den freien Enden zusammen ein System, welches, dem Sjrmpathicus
angehörig, Hitze-, Schmerz- und Lustgefühl vermittle und Zweige an die
Papillarkapillaren abgebe. Nur die Gabelenden des Haares und die
homologen Gebilde (Tastkörperchen, EiMEBsohes Organ) seien wahre
Tastendigungen. Die Cornea, argumentieren sie, gibt trotz vieler freier
Endigungen keine Tastwahmehmung bei Berührung mit der Feder, wohl
aber Schmerzgefühl.
Ranvier gehe über Mebksl hinaus, indem er nachweise, dafs
eine markhaltige Faser mit ^äelen „Tastzellen^ zusammenhänge, aber
ihm sind die freien Fortsätze dieser Zellen nach der Peripherie entgangen,
welche ihre Gangliennatur 'beweisen. Also haben die Ho^gans auch in
der freien Oberhaut, wenn ihre Beobachtungen Bestätigung finden, zuerst
wahre, periphere, gangliöse Apparate nachgewiesen.
Gegen die Theorie, dals die vertikal aufstrebenden Nervenenden des
Epithels nur Bruchenden darstellen, muls ich entschieden Einsprache
erheben. Denn da die Epithelien nur aus EpitheUen, nicht aus Wander-
zellen der Cutis entstehen, so würde zunächst die HooGANsche Deutung
nur auf die wenigen Nervenfäden gehen können, welche bereits dem
Epithel angehören (Verbindungen der Ganglienzellen innerhalb des Epi-
thels), nicht aber auf den subepithelialen Plexus, welcher unter dem
Epithel liegt, mithin überhaupt nur eine untergeordnete Bedeutung bean-
spruchen. Sodann sehe ich an Osmiumbildern die Nervenfäden des Epi-
thels stets in einen kleinen, regelmäfsigen Knopf auslaufen, der durchaus
nicht den Eindruck eines Bruchendes macht; die schwarzen Fäden der
Goldbilder sind für mich ganiicht die letzten Enden.
Aufser dieser Arbeit hat G. Hoggan Beobachtungen über weitere
Formen der Nervenendigung mitgeteilt (Neue Formen von Nerven-
endigungen in der Haut von Säugetieren. Arch, f, mikr, Afuxt.
Bd. 23. pag. 509. 1884), welche wir nur kurz berühren wollen, da
sie bisher nur in der Haut von Procyon lotor gefunden sind. Hoggan
fafst zunächst die bisher bekannten und von ihm anerkannten Nerven-
endigungen in der Haut der Säugetiere in 5 Gruppen zusammen:
1. Marklose Nervenfasern des subepithelialen Plexus, der
die Blutge&fse begleitet, dessen „zufällig" ins Epithel gezogene Maschen
die intraepidermoidalen Nerven vorstellen.
222
2. Meissn£Iisg1i6 Tastkörperchen, Haufen von Granglien, welche
untereinander durch marklose, mit dem Zentrum durch markhaltige
Fasern verbunden sind und nach Hoggan nur an der inneren Hand-
fläche und Fuijssohle von Mensch, Affen und Beuteltieren Yorkommen
sollen.
3. Gabelförmige Endigungen an den gewöhnlichen Haaren,
seltener an den Tasthaaren.
4. PACiNische Körperchen, nach Krause in viele Arten zerfallend,
die durch eine in der Achse liegende Nervenfaser und eine konzentriech
geschichtete Hülle charakterisiert sind.
5. Segregierte Nervenzellen, durch Epithelzellen getrennt,
in der basalen Stachelschicht (Merkels „Tastzellen"). Es sind peri-
phere Ganglien, wie die entsprechenden Ganglien in der Stachelschiclit
der Haare.
Zu diesen Endigungen kommen nun nach Hoggans Untersuchungen
folgende drei Arten:
6. Die Browne -Körperchen. Ein markhaltiger Nerv teilt sich
in der Papille in eine 2 — 3 zinkige, marklose Gtibel, die in der Fort-
setzung des Nerven liegt, in der Spitze der Papille auch abgebogen
erscheint. Hoggan glaubt, dals dieselben aus einem zerrissenen Plexa&
markloser Fasern gleichsam zusammengeschnurrt und dadurch dicker ge-
worden sind, da sie das perikapillare Nervennetz hier und da ersetzen.
Übergänge von diesen Endigungen zu den HoGGAN-Körperchen finden
sich in solchen, deren Zinken zwar schon in granulöse Substanz, aber
noch nicht in Kapseln eingebettet sind. Übrigens zeigen auch die
PACiNischen Körper um so weniger konzentrische Lamellen, je oberflfich-
lieber sie liegen.
7. Die HoGGAN-Körperchen vermitteln zwischen den PACiNischen
Körperchen und den Gabelenden des Haares. Es sind marklosse 2—3
zinkige Gabeln, welche aus einer markhaltigen Faser entspringen und
in eine gemeinschaftliche HttUe eingebettet sind.
8. Die BLACKWELL-Körperchen vermitteln zwischen den epider-
moidalen Ganglien und MBissNBRschen Körperchen. Aus einem mark-
haltigen Nerven direkt entspringt eine Gruppe gangliöser Zellen in der
basalen Epithelschicht, die dicht beieinander liegen und hin und wieder
durch marklose Fasern untereinander verbunden sind. Diese Körperchen
lösen sich allmählich aus der Epidermis los und gleichen dann der
einfachsten Form der MEissNERschen Körperchen (Beuteltiere).
Das Hauptinteresse, welches für uns in diesen zunächst nur fiir den
Waschbären angegebenen Befunden liegt, ist das genetische. Diese Über-
gangsformen erschliefsen uns in der That ein Verständnis der fertigen
223
Fonnen der MsissNERsclien und PACiNischen Körper, deren Entwicke-
lnngsgeschichte uns bisher nnr brnchstückweise bekannt ist.
Bekanntlich hat Ehbligh die sehr wichtige Entdeckung gemacht
(Über die Methylenblanreaktion der lebenden Neryensnbstanz.
Deutsche med, Wochenschr, No. 4 nnd Biologisches Centralbl. No. 7.
pag. 214), dais nach Infusion von Methylenblau in das Blut lebender
Tiere (Frosch, Kaninchen) die meisten sensiblen Endausbreitungen der
Nerven und die motoriischen der Augen, des Kehlkopfs und Zwerchfells
sich blau fUrben. Ehrlich führt die zu Grunde liegende Verwandtschaft
des Achsencylinders zum Methylenblau auf den Schwefelgehalt dieser
Farbe zurück und fand als Bedingungeii der Färbung Alkaleszenz und
SauerstoffsättiguDg der betreffenden Nervenabschnitte.
Sein Schüler Aronson {Beiträge zur Kenntnis der zentralen
und peripheren Nervenendigungen. Diss. Berlin 1886), untersucht©
mit dieser Methode die intraepithelialen Nervenendigungen, welche be-
sonders in der Haut der Klitoris des Kaninchens sehr reichlich vor-
kommen. Er fand, dais die Nerven unterhalb des Epithels ein dichtes
Netz bilden, aus dem zahlreiche variköse Nervenfasern in das Epithel
aufisteigen, wo sie in verschiedener Höhe mit blauen Knöpfchen enden.
Mit dieser Beobachtung allein ist erwiesen, wie völlig unberechtigt die
oben bereits beleuchtete Polemik Wolfes gegen die Existenz des sub-
epithelialen Nervennetzes und der Nervenfasern im Epithel war.
In demselben Sinne und fQr die Existenz epithelialer freier Nerven-
enden spricht sich Bosbnberg (Über Nervenendigungen in der
Schleimhaut und im Epithel der Säugetierzunge. Säzher. d.
Wiener Akademie. Bd. 93. III. Abt. Mai 1886. pag. 164) für die Zunge der
Säugetiere aus. Aus dieser sehr sorgfältigen, unserm Gegenstande ferner
liegenden Abhandlung hebe ich nur noch hervor, daJs der Autor die
bekannten Varikositäten der vergoldeten Nervenfasern für ein postmortales,
durch die Behandlung hervorgerufenes Gerinnungsprodukt hält. Über den
Spitzen der Papillen in dem Epithel der Zunge, nicht — wie Merkel und
Sbvbrin — am Grunde der Epitheleinsenkungen beobachtete Rosenbbro
aulserdem Nervenzellen, die wegen der Abgabe peripherer Fasern wohl
mehr den peripheren Ganglien der HoGGANs^als den Tastzellen Merkels
nahe kommen und sicher identisch sind mit Zellen, welche Cybülskt
ans dem Epithel der Ochsenschnauze beschrieben hat (Das Nerven-
system der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. Zeitschr. f.
M*w. Zoologie. 1888. Bd. 39).
Dagegen stellt sieh Boknet (Über die MERKELschen Tastzellen
224
in der Haut. Baymsches ärzÜ, InteUigbl. 1885. pag. 30. Sitzg. vom
11. Nov. 1884) wieder Hoggans gegenüber auf die Seite Mkrkri£.
Während er früher die MEBEELschen Tastzellen nur für Endknospen der
Nerven gehalten hatte, erkennt er jetzt nicht nur die Zellennator dieser
Gebilde vollkommen an, sondern läGst die Nervenfasern, welche in das
Epithel dringen, mit Endanschwellungen (Tastmenisken) zwischen Kern
und Hülle dieser Zellen endigen, während Banvier seine Tastmentaken
bekanntlich sich nur äufserlich an die Zellen anlegen läTst. Diese
BoKNETschen Tastzellen erhalten je eine Nervenfaser und stehen unter
sich nicht (gegen Hogoans) miteinander in Verbindung. Die intra-
epidermoidalen Nerven treten ganz unabhängig von ihnen in das Epithel
ein. BoNNET hält diese Zellen, wie Merkel, für Tastzellen und nicht,
wie die Hoggans, für temperaturempfindend, weil sie am Grunde der
Epitheleinsenkungen die für Temperatureindrücke ungünstigste Lage ein-
nehmen.
(Fortsetzung folgt.)
Über die Dermatitis herpetifomiis Dnhrings.
Von
Dr. L. Bkocq
in Paris.
(Übersetzt von Dr. TCrkheik In Hamburg.)
n. Teil.
(Fortsetzung.)
Dermatitis polymorpha pruriginosa chronica k poussees successivei.
Erste Gruppe von Fällen.
Beobachtungen von Dermatitis polymorpha prurigin. chron. k poussees sncon*
sives (Typische Fälle).
Beobachtung 10 ^ (Beobachtung von Cazenave, mitgeteilt von Ricu.)
Pemphigus chronicus; Durchfall; chronische Peritonitis; hektische«
Fieber; Tod.*
Mann von 36 Jahren, leidet seit 8 Jahren an einem Ausschlag von verschieden
grofsen Blasen, denen Hautrötung und lebhaftes Brennen vorausgeht, und die sich
unter Fiebererscheinungen ntunentlich während des Beginnes der einzelnen Schabe
^ Die 9 ersten Beobachtungen bilden die 8 Fälle von Duhring, die ich im ersten
Teil dieser Arbeit besprochen habe.
' Ännales des Maladies de la peau et de la Syphilis. 1884 Bd. 2. Xo. 3.
pag. 80.
225
entwickeln. Betritt bei gutem Allgemeinbefinden das Krankenhaus Saint-Louis, stirbt
dort aber nach anderthalbjährigem Aufenthalt an einer höchstwahrscheinlich tuber-
kulösen Peritonitis, die aber, wie es scheint, in keinem Zusammenhang mit dem
Hautleiden steht.
Beobachtung 11. (Erster Fall von DEVEsaiB.) Pemphigus diutinus hae-
morrhagicus.'*
Frau von 45 Jahren, leidet seit 3 Jahren infolge einer heftigen Erregung an
einer papulo-bullosen, hämorrhagischen Urticaria, wobei es zuweilen zu tiefen Ulce-
rationen kommt, die sich mit einer schwärzlichen Pseudomembran bekleiden. Das
Leiden tritt anfallsweise auf, mit besonderer Heftigkeit während der Menses.
Beobachtung 12. (Achter Fall aus der Dissertation von Hassan-Mahhodd.)
Pemphigus prurigin. generalis nach M. Habdy. — Hydroa pemphigoides
nach M. Guiboüt.^
Mann von 62 Jahren, seit mehr als 6 Monaten mit einem stark juckenden
Ausschlag behaftet, . der aus roten Plaques, aus verschieden greisen und verschieden
geformten Blasen und aus Krusten besteht, und der nur das Qesicht, die Palma
manus und die Planta pedis freiläfst.
Beobachtung 13. (Neunter Fall aus der Dissertation von Hassak-
Mahmoud.) Pemphigus generalis k poussSes successives. — Pemphigus
saccessivus«
Frau von 44 Jahren, leidet seit länger als 3 Jahren au einem allgemeinen Aus-
schlag von starkjuckenden Blasen. Das Exanthem tritt anfallsweise auf und hinter-
lafst zuerst Borken, später Pigmentflecke.
Beobachtung 14. (Fall von H. Weber.) Pemphigus insolitus.^
Mann von 20 Jahren, seit 4 Jahren lebhaft juckender Ausschlag; bläulich-rote
Flecke, Bläschen und Blasen.
Beobachtung 15. (Fall von Fox.) Dermatitis herpetiformis.®
Bei einer Frau besteht seit 6 Jahren ein vesiko-buUöser, stark juckender Aus'
schlag. Entspricht der, von einigen Autoren Pemphigus prurigin. genannten Form.
Beobachtung 16. (Fall von L. Düncan-Bülkley.^
25jähriger Mann, seit 6 Jahren mit einem allgemeinen, stark juckenden Aus-
satz behaftet, der aus erythematösen Plaques, Papeln, Vesikeln und Pusteln zusammen^
gesetzt ist und anfallsweise auftritt. Heilung bei Arsengebrauch.
Beobachtung 17. (Fall von Dr. Bronson.®)
Mann von 32 Jahren, leidet seit 5 Jahren an einem juckenden Ausschlag, der
über den gröfsten Teil des Körpers verbreitet ist und aus Papeln, Vesikeln und
Blasen besteht.
Beobachtung 18. (Achter Fall der Arbeit von Badcliffe-Crocker über
Hydroa.)
iOjähriger Mann, leidet seit 3 Jahren infolge einer heftigen Gemütserregung an
einem juckenden Ausschlag von zuerst erythematösen, kolbenförmigen (circine) Plaques,
später Vesikeln und Blasen.
' Devergie, Traiti pratique des McUadies de la peau. 2. Ausgabe. 1857,
pag. 306.
* Hassak-Mahmoud, Über den Pemphigus. Thdse de Paris. 1868. pag. 98.
* H. Weber, Societe Medico-pharmaceutique du District du Canton de Beme
1887. Correspond.'BlaU für Schweiger Ärzte. 1878. No. 13. pag. 594.
* Fox. a. a. 0.
' L. DUNCAK BüLKLEY, a. a. 0.
' Bronson, a. a. 0.
226
h
Beobachtung 19. (Erster !Fall der Arbeit von Arthub yasl Habusqsv.*)
Sehr wichtige Beobachtung wegen der Beschreibung der eruptiven Elemente.
52jährige Frau, leidet seit über 7 Monaten an einem allgemeinen, sehr juckenden
Ausschlag, bestehend aus Urticaria-Papeln, Blasen, herpesartigen Elementen. Das
Leiden erscheint anfallsweise; die einzelnen Anfälle sind von Allgemeiner8cheinung«ii
begleitet.
Beobachtung 20. (Fall von Malcolm Morbis.^^
Mann von 28 Jahren, leidet seit 4 Jahren an einem lebhaft juckenden Aus-
schlag, bei dem anfallsweise Vesikeln oder Blasen auf erythematöser Grundlage
hervorbrechen, und der symmetrisch verteilt ist.
Beobachtung 21. (Fall von Dr. Bulexet; von Dr. Elliot als Dermatitii
herpetiformis beschrieben.")
Mann von 26 Jahren, leidet seit Vh Jahren an einem juckenden, erytliematoi-
blasigen A.usschlag^ der in einzelnen Schüben verläuft, mit Alopecia und Stönmgea
im Haarwuchs einhergeht.
Bislang unveröffentlichte Fälle, die in den letzten Jahren im
Hopital Saint-Louis zu Paris zur Beobachtung kamen.
Beobachtung 22. (Abteilung von E. Vidal; beobachtet zuerst von de Habigxac
später von Brooq, Assistenten. — Diagnose: E leinblasiger Pemphigus diati-
nus. — Beschrieben von Vidal.)
B., 50 Jahre alt, Plätterin, wird am 8. Oktober 1880 Salle Saint-Jean. No. 6a
Abteilung von E. Vidal, Hopital Saint-Louis aufgenommen. Sie war als Kind
skrofulös, bekam mit 18 Jahren ihr Unwohlsein, hat 10 gesunde Kinder. Ihre Mensa
bestehen zur Zeit noch. An Krankheiten hat sie nur einmal Ikterus durchgemacht
Vor etwa 4 Monaten erschienen, nach einem heftigen Arger, um den Hand
herum Blasen, die in den nächsten 8 Tagen am ganzen Körper auftraten. Seit
dieser Zeit war die Kranke trotz aller Heilmittel immer mit ihrem Ausschlag be
haftet.
Status praesens: Patientin ist etwas heruntergekommen und schläft infol^
von Hautbrennen nur wenig. Am ganzen Körper zeigt sich ein polymorpher Am-
schlag, bestehend aus Papeln, Vesikeln, Pusteln und etlichen grolsen Blasen, dereo
nächste Umgebung entzündet ist; einzelne dieser Blasen erreichen die Gröfse eines
1 Fr.-Stücks (rechter FuIjb). Brust, Bauch und Bücken sind am wenigsten beteiligt
Genitalien und Mund sind ganz frei. E. Vidal stellt die Diagnose auf klein-
blasigen Pemphigus diutinus. Am 25. Oktober nimmt er auf der linken Seite eine
Impfung von durchscheinenden Vesikeln, und rechts eine solche von Vesiko-Pustdn
vor. Als Behandlung verordnet er Milchdiät und rotes Pflaster, welches Mennige
und Zinnober enthält.
Am 30. Oktober findet man auf dem rechten Bein, da wo die Impfung mit den
Vesiko-Pusteln vorgenommen worden war, zwei Vesikeln. Man machte darauf mit
einer sterilisierten Nadel rechts 3 und links 2 Hauptstiche, um zu sehen, wie die
Haut auf diesen Eeiz reagieren würde ; es zeigte sich aber nichts.
15. November. Die Kranke befindet sich wohl; ihr Allgemeinbefinden ist sehr
zufriedenstellend. Die Exkoriationen und Borken sind fast ganz verschwunden, und
es bestehen fast nur noch violette Flecke. Von Zeit zu Zeit erscheinen wohl nwk
einzelne Blasen, aber sie werden immer seltener. Impfungen mit völlig darch-
» a. a. 0.
" a. a. 0.
" a. a. 0.
227
scheinenden Blasen, am linken Ami) Vorderarm und Schenkel ausgeführt, bleiben
völlig erfolglos.
Vom 10. — 19. Dezember traten von neuem Blasen auf. Erneute Impfungen
mit seröser und serös-purulenter Flüssigkeit führen ebenfalls zu keinem Ergebnis.
Am 31. Januar ein heftiger Anfall auf dqm Arm, der am nächsten Tag auch
die Beine befallt. Vom 16. — 20. Februar hatte die Kranke heftige Schmerzen in den
Annen.
Vom 8. März an schienen die Blasen verschwunden zu sein; Patientin befindet
sich viel besser. Auf den Faden, die man durch die Pemphigusblasen gezogen
hatte, finden sich keine Hamsäurekristalle mehr; jedoch werden im Blaseninhalt
Mikroben beobachtet.
Am 19. April hatte Patientin einen schweren Bückfall; sie wird wieder auf
strenge Milchkost gesetzt, und die Milch wird wegen des bestehenden Durchfalls mit
80 g Ealkwasser auf je 1 Liter vermischt.
Das Befinden der Kranken bleibt während des ganzen Jahres 1881 unverändert.
Nur einmal im Monat August schien eine merkliche Besserung einzutreten, die mit
der Anwendung von Strychnin zusammenfiel.
Auch im Verlauf des folgenden Jahres traten bei Patientin von Zeit zu Zeit
Blasen auf, die stets von einem unerträglichen Jucken an den Händen, Vorderarmen
und Beinen begleitet waren , am Rumpf war der Pruritus nicht so stark. — In diesem
Znstand hat sie das Krankenhaus verlassen.
Beobachtung 23. (Abteilung von E. Vidal; behandelnder Arzt Bbocq,
Assistent. Diagnose: Pemphigus diutinus pruriginosus.)
D., 62 Jahre alt, Schumacher, aufgenommen den 30. Juni 1881 Salle Saint-
Jean, No. 23, Abteilung von E. Vidal, Hopital Saint-Louis. Als Kind war er
skrofulös, hatte aufserdem nur Tripper und weichen Schanker. Seit September v. J.
erkrankte er angeblich mit weiXsen Knötchen, die namentlich abends lebhaft brannten.
Er liefs sich deswegen in Metz behandeln, weifs aber nicht mehr, womit.
Status praesens. Die Nackendrüsen sind geschwollen; am Hals rote Stellen,
die von Blasen oder Pusteln herzurühren scheinen; denn sie sind scharf umschrieben
und mit Epidermisstücken bedeckt. Auf dem Nacken ziemlich grofse rote Plaques
mit den Besten von Blasen, mit Krusten, vereiterten Blasen und mehreren kleineren
blasigen Abhebungen der Epidermis, die sich zum Teil vereinigen; an verschiedenen
Stellen <et sich die Haut beim sanften Überstreichen ^mit dem Finger, als ob man
ein Vesikans gesetzt hätte. Auf dem Rücken zum gröfsten Teil Blasen mit eiterigem
Inhalt, zahlreiche, ziemlich tiefe und dunkelrot gefärbte Narben, offenbar die Wirkungen
eines Ausschlags, der dem jetzt bestehenden ähnlich war, da sie nach Angabe des
Kranken erst neuerdings entstanden sind.
Auf den Armen und Vorderarmen findet man pemphigoide Blasen, teils mit
zitronengelber, teils mit eite^ger Flüssigkeit gefüllt, noch andre schon halb zu Borken
vertrocknet; fast alle ruhen auf einem roten Untergrund; die meisten, noch deutlich
erkennbaren, scheinen zu der Unterart des kleinblasigen Pemphigus diutinus zu gehören.
Auf dem linken Vorderarm befinden sich mehrere Blasen mit blutigem Inhalt; auf
dem rechten Vorderarm kleinere, scharf umgrenzt, ohne umgebende Böte; auf dem
rechten Handrücken endlich eine besonders grofse Blase mit durchscheinendem
serösen Inhalt.
Auf den Beinen Kratzspuren; das Brennen ist daselbst sehr lästig; hin und
wieder Pemphigusblasen, mit teils durchscheinendem, teils vereitertem, teils zu Borken
vertrocknetem Inhalt.
228
Patient leidet an chronischer Bronchitis und Emphysem, befindet sich aber
sehen davon ganz wohl; kein Durchfall; ausgezeichneter Appetit. Polyurie. Die Be
handlung besteht in Milchdiät, Arsen, Salben- und Watteeinwickelung.
Patient beklagt sich in den nächsten Tagen über Brennen, das ihn ün Sdilaf
stört, und da er keine schnelle Besserung seines Zustandes bemerkt, so Terläist er Am
Krankenhaus bald wieder.
Beobachtung 24. (Abteilung von E. Vidal;. behandelnder Arzt R&THon,
Assistent. — Mitgeteilt von E. Vidal.)
C Catherine, 56 Jahre alt, Haushälterin, aufgenommen am 29. Juni 1886,
Salle Alibert, No. 14, Abteilung von E. Vidal, Hopital Saint-Louis. Eine Schfreafter
epileptisch; eine zweite, sehr nervös, hatte in der Jugend solche Anfälle. Pttioitin
verlor mit 52 Jahren ihr Unwohlsein. Mit 16 Jahren ein Kind; mit 47 Jahren Gürtel-
rose. Sie leidet an Migräne, an Neuralgien und unbestimmten Schmerzen in des
Gliedern; hat eine alte Aorten-Insuffizienz. Seit einem Jahr fühlt sie sich schwack
und leidend, hustete viel und schlief wenig. Vor 7 Monaten wurde sie am Körper
von einem Elnötchenausschlag befallen und trat ins Hopital Saint -Louis auf die
«
Abteilung von E. Beskieb ein, wo sie 4 Monate blieb.
Um jene Zeit hatte sie Blasen auf den Armen, den Vorderarmen, der Brost und
der Wangenschleimhaut. Gleichzeitig litt sie an Angina und Conjunctivitis. Dei
weitern zeigten sich am Körper grofse rote Plaques. Die Blasen waren von venclur
dener Gröfse; Patientin behauptet, manche hätten schon HaselnuTsgrÖfBe gehabt; hä
einzelnen war der Inhalt hämorrhagisch. Die Kranke empfand schmerzhaftes Span-
nungsgef ühl in der Palma manus und Planta pedis ; das Allgemeinbefinden war schledii.
sie afs und trank nicht. Die Blasen entwickelten sich sehr schnell in einer einzigen Nacht
Als ich (Dr. Bbocq) sie in diesem Zustand zuerst auf der Abteilung meines rer.
ehrten Lehrers E. Besnieb sah, diagnostizierte auch ich, wie er, eine Dermal herpet
nach DuHBiNO. Ich hatte mir damals folgende kurze Aufzeichnung gemacht:
Am 16. Februar 1886 sah ich bei E. Beskieb eine 56jährige Frau, die seä
mehreren Monaten folgenden Ausschlag hatte:
1. Erythematöse, mehr oder minder grofse Kreise von 2 — 12 — 15 an
Durchmesser, mit dunklem Grunde und scharfem Rand, die gegen die gelbliche Mitte
etwas abblaisten. Sie sitzen besonders an den Händen, den Vorderarmen, der InneB-
fläche der Schenkel und hier und da am Eumpf.
2. Blasige Erhebungen der Epidermis, mit durchscheinendem, hanuH^
rhagischem oder eiterigem Inhalt ; einzelne, besonders am Anus, bereits geborsten, die
freiliegende Fläche ist nässend. Diese blasigen Erhebungen befinden sich auf da
erythematösen Kreisen.
3. Echte Pemphigusblasen hier und da, unmittelbar der gesunden Hnt
aufsitzend.
4. Schleimhauterkrankung; eine Blase befindet sich noch auf der Zunge;
Spuren von andern sind hier sowohl wie auf dem Gaumen noch nachweisbar.
Das Leiden scheint sich allmählich zu verschlimmem; seit 2 Tagen besteht
Fieber. Nachdem Pat. 4 Monate auf der Abteilung von E. Besnieb war, verlief« oe
wesentlich gebessert und ohne eigentlich noch Ausschlag zu zeigen, das KrankenhsiR
Aber schon nach wenigen Tagen erschien die Krankheit von neuem.
Status praesens bei der Aufnahme auf die Abteilung von E. Vdal
Auf den Oberextremitäten meist linsengrofse Blasen, einige sind gröfser; sie sind wi
zitronengelber Flüssigkeit gefüllt und von einem roten, erythematösen Hof amgebeo.
Nach Aussage der Pat. bestanden vor der Blasenbildung rote Papeln, deren AnfMen
mehrere Stunden lang von schmerzhaftem Brennen, Stechen und Jucken begleitet
229
war. Auf dem Handracken sind die £lasen zur Zeit noch mit Papeln vermischt;
ebenso auf der Flachhand, wo die Papeln linsen- bis 20Centimes8tiick grofs sind.
Stellenweise erscheinen sie in der Mitte abgeblafst, nicht hervorspringend, wie bei
beginnender Ezsudation. Hier und da auf Arm und Vorderarm finden sich schwärz-
liche Borken,, das letzte Stadium des Ausschlags.
Dieselben Erscheinungen auf den Schultern, vielleicht, dafs die Blasen hier
noch grÖfser sind. Auch den ganzen Bücken entlang, rings um die Taille, auf dem
Leib finden sie sich. An verschiedenen Stellen, besonders auf den Brüsten, tri£[t
man unregelmäfsige Papeln, die nur wenig hervorspringen, mit einer kleinen weilsen
Stellen in der Mitte. Sie schwinden nicht auf Druck und jucken lebhaft. Auf dem
Gesäls fliefsen die einzelnen Elemente zusammen, und die Blasen, gröfser als überall
anders, bilden echte Phlyktänen, die durch das Zusammenfliel^en mehrerer Blasen
entstanden zu sein scheinen. Auf den ünterextremitäten sieht man zerstreut einige
uQgleichmäfsig-kreisförmige Papeln mit beginnender Vesikel im Zentrum. Auf den
Fülsen steht der Ausschlag in grofser Blüte und hat ein bedeutendes Ödem ver-
ursacht. — Die Behandlung besteht in Sol. FqwI., Milchdiät und Einwickelung in
Watte und Öl.
11. August. Patientin, die ich (Dr. Bbocq) während der Monate August und
September in Vertretung für £. Vidal behandle, klagt über ab und zu wiederkehrende
Schwächeanfälle. Sie hat beständig, über den ganzen Körper zerstreut, einen erythe-
matös vesikulösen und blasigen, juckenden Ausschlag. Seit einiger Zeit bilden sich
auf der rechten Tibia Ekchymosen von mehreren Zentimetern Ausdehnung. Die Be-
handlung besteht in Chinin, sulf. und Ergotin. Bei dieser Behandlung bessert sich
der Zustand derartig, dafs sie sich vom 10. — 18. September geheilt glaubt. Aber als
ich die Mittel auslieüs, trat bald wieder ein Bückfall ein.
22. November. E. Vidal verordnet der Patientin 4,0 Kali jod. täglich; sofort
bilden sich über den ganzen Körper zerstreut durchscheinende, auf einen roten Unter-
grund aufsitzende Blasen. Schon nach 2 Tagen mufs das Jodkali wieder ausgesetzt
werden, da ein aufserordentlich heftiger Anfall erfolgte, der ganz dem Erythems
polymorphum glich. Um die Gelenke herum und am ganzen Stamm zeigen sich
grofse, runde, erythematöse Plaques, von 1 — 2 Fr. -Stück Ghröfse. Stellenweise tritt
der Ausschlag stärker auf; die Epidermis wird von verschieden grofsen Blasen abge-
hoben, die einen vereinzelt stehend, die andern zusammenfliefsend und unregelmäTsig
geformte Phlyktänen bildend. Dabei leidet Pat. unter heftigem Brennen und Jucken ;
ihr Gesicht ist blafs, die Augen injiziert, Puls 84, Achseltemperatur 38°. Der Aus-
schlag nimmt am folgenden Tage noch zu, es bilden sich grofse Plaques von Erythema
circinat. marginatum, die mehrere Zentimeter im Umfang erreichen, unregelmälsig ge-
formt sind und die Haut überragen. Am 27. November erfolgt Besserung des Zu-
stands, und am 30. ist der Jodkaliumausschlag verschwunden.
Im Verlauf des Dezember wird die Haut der Handflächen blasig abgehoben;
jedoch wird der Blaseninhalt so schnell wieder resorbiert, dais kleine, eingetrocknete,
kreisförmig stehende Schüppchen zurückbleiben; seitlich bemerkte man punktförmige
Anhäufungen einer gelblichen Flüssigkeit. Es besteht leichte Polyurie (2500 g Urin
mit 27—30 g Harnstoff in 24 Stunden).
Februar 1887 verläfst Pat. das Krankenhaus ungeheilt; es besteht immer noch
ein erythemato-bullöser Ausschlag an der Stirn, den Beinen, den Armen und dem
Thorax.
Beobachtung 25. (Abteilung von E. Vidal; von ihm selber mitgeteilte
Beobachtung.)
J. . . Alphonse, 55 J., Tagelöhner, aufgenommen am 26. April 1887 Salle De-
Monattb^ft«. 16
230
vergic No. 81, Abteilang von E. Vidal, Hopital Saint-Louis. Litt froher an SÜiytine
av6rS (?), hat 1872 eine Luxation der linken Hüfte überstanden und wurde 1875 tm
Pakas an einer fistula ani operiert. Angeblich hat er vor genau einem Jahr dm
nämlichen Ausschlag gehabt wie jetzt bei seiner Aufiiahme.
Sein jetziges Leiden hat vor 3 Monaten an der unteren Fläche des Gliedes be-
gonnen; es dehnte sich dann auf das Skrotum, die Leistengegend, die Schenkd, du
Oesäfs, das Epigastrium, den Rücken und schlieislich auf Hals und Gendit aia.
Überall, wo der Ausschlag bestanden hat, findet man Pigrmentflecke, wie sie taf
Blasen zu folgen pflegen. t
Zur Zeit bemerkt man auf dem Skrotum grofse, vereinzelte Vesikelo, zum Tcfl
zusammenfliefsend, halbkreisförmig, ohne entzündlichen Hof, ohne Verandenm^ der
umgebenden Haut. Die Bläschen enthalten eine &rblose Flüssigkeit, die sie kriital»
linisch erscheinen läfst. Zahlreicher und umfangreicher finden sie sich auf der hinten
Fläche des Gliedes und der entsprechenden Strecke des Hodensacks, einige dsTtn
sind der Epidermis entblölst und zeigen eine stark nässende Oberfläche; dagegen mi
sie auf dem Dorsum Penis nur klein und in geringer Anzahl vorhanden.
Auch im Gesicht bemerkt man einzelne Vesikeln und Blasen, aber Patient bt
sie zum groisten Teil aufgekratzt, so daüs sie meist nicht mehr zu erkennen sind, lud
der Ausschlag im ganzeh eine Impetigo vortäuscht; die schmutzig gelben Boika
ruhen auf einem roten, entzündlichen Untergrund. Den nämlichen Ausschlag findet
man am Nacken, im Bart, rings um die Augen, am Lidrand. Am Gaumensegel atii
eine groüise Vesikel, ebenso 2 — 3 auf dem rechten Handrücken, auf den Schultern u. i. w.
Bräunliche Flecke bedecken fast den ganzen Körper; sie sitzen auf den SchnJtenL
dem Leib, den Schenkeln u. s. w., sie stehen getrennt oder flieiaen zusammen, nnd
an einzelnen Stellen bräunlich, an andern, den Schenkeln, weinhefefarbig.
Der Ausschlag, an dem Patient im Frühjahr 1886 gelitten hatte, und der fnaf
Monate dauerte, war mit dem jetzt bestehenden identisch, nur dafs er das Gesidit
verschont hatte. Auch damals bestand äuiserst heftiges Jucken mit Brennen and
Stechen. Die Vesikeln entstehen plötzlich, in wenigen Stunden, mitten auf der ge-
sunden Haut, ohne vorherige Bötung.
E. Vidal stellte die Diagnose auf Dermatitis herpetif. Dühbiko, Pemphigu
prurigin. Hardt, Pemphigus arthriticus Bazik; er verordnete Einreibungen ait
Liniment. Oleo-Calcarium.
Im Beginn des Monats Mai hatte Pat. einen sehr heftigen Anfall, wobei Blasen
an den Geschlechtsorganen, den Schenkeln und Vorderarmen auftraten. Gegen des
1. Juni trat dann wesentliche Besserung ein; es waren fast nur noch Pigmentfled«
zu sehen. Aber schon am 12. Juni erfolgte wieder ein neuer Anfall, wie alle firnhereo
vom lästigsten Jucken begleitet, das namentlich während der Bildung der vesiko*
bullösen Elemente unerträglich war. Bis gegen Ende Juni blieb der Zustand unver
ändert, wiewohl der Anfall etwas nachzulassen schien. In der Harnröhre nichts
Krankhaftes. Das Allgemeinbefinden ist gut. Am 18. Juli verläfst Patient nach
dreimonatlichem Aufenthalt das Krankenhaus auf Nimmerwiedersehen. — Dieser fsÜ
ist sehr interessant wegen des Bestehens des Ausschlags auf den Geschlechtsorganen.
Beobachtung 26. (Ich verdanke dieselbe der Güte von Laillbb, auf desaen
Abteilung im Hopital Saint Louis der Fall von dem Assistenten Gibode behandelt
wurde.)
D. . . Jeanne, 66 J. alt, Haushälterin, aufgenommen den 31. März 1887 Saüe
Lugol No. 15. Die Kranke hat 6 Geschwister; 3 befinden sich wohl; eine Schwester
starb 1869 an Variola haemorrhagica, eine zweite ging als junges Mädchen phthiiiic&
zu Grunde, desgleichen ein Bruder nach beendeter Dienstzeit. Patientin selber hatte
231
als Kind skrofulöse Erscheinungen, wie Aasschlag, Kasenflufs, Drosenschwellangen.
Kit 19 Jahren bekam sie erst ihr Unwohlsein, die Menses waren immer unregelmäfsig;
sie hat eine Tochter, die jetzt 30 Jahre und völlig gesnnd ist. Mit 60 Jahren verlor
sie ihr Unwohlsein. Ihr jetziges Leiden begann, als sich die letzten Spuren ihrer
Regel zeigten, vor nunmehr 15 Jahren. Der Ausschlag fing mit Yesikeln an, die die
Kranke sehr treffend als Wasserblasen bezeichnete und die Über den ganzen Körper
zerstreut waren, besonders zahlreich an den Armen, namentlich am linken. Die ein-
zelnen Blasen waren erbsengrols und grolser; sie waren gleich bei ihrem Erscheinen
mit einem fluchtigen roten Hof umgeben, prickelten und brannten lebhaft. Später
bildeten sich trockene Schuppen oder teils graue, teils braunliche Krusten. Jedes
einzelne Element brauchte zu seiner Entwickelung etwa 8 Tage. Wahrend sich dann
der alte Ausschlag zurnckbildete, war schon wieder ein neuer, mit den nämlichen
Eigenschalten, im Entstehen. Die einzelnen Anfalle waren namentlich während der
jeweiligen Menses besonders heftig. In den folgenden Jahren verschlimmerte sich der
Ausschlag womöglich noch; die Blasen entwickelten sich mit Vorliebe an bestimmten
Stellen, so em Leib, an der Taille, der linken oberen Extremität. Meistens ver-
schwanden die einzelnen Elemente wieder völlig und hinterliefsen nur fSr kurze Zeit
ein schwach gefärbtes Mal; zum Teil aber bestanden grofse, schuppige, borkige oder
ekzematöse Stellen weiter. Das Allgemeinbefinden blieb ungestört. Im letzten
Winter, und besonders während des letzten Februar und März, vermehrte sich der
Ausschlag namentlich auf dem Leib. Die Blasen platzten und fingen an zu nässen,
wodurch die Wäsche beim Trocknen steif wurde. Diese Verschlimmerung veranlalste
Pat das Krankenhaus aufzusuchen. Die Behandlung hatte in Amidam-Bädem und in
Verabreichung von Sol.-Fowl. bestanden.
Status praesens. Patientin scheint von Haus aus gesund, im ganzen etwas
heruntergekommen zu sein. Der Ausschlag ist fast über den ganzen Körper ver-
breitet^ besteht aber namentlich an den Oberextremitäten, den Leib und den Beinen;
er hat ein doppeltes, je nach dem Sitz verschiedenes Aussehen.
1. Da wo er am stärkten ist, besteht er aus grofsen, ziemlich runden, wenig er-
habenen Stellen, die mit Schuppen und flachen Krusten bedeckt sind. Der Qrund ist
Tothch, wenig gefärbt; die Haut verdickt und hart Die einzelnen Flecke sehen aus,
als seien sie im Verschwinden begriffen. Seitlich davon stehen minder grofse Plaques
jtbgeren Datums, in der Mitte mit einer glatten, graufarbenen oder bräunlichen
Knute bedeckt. Bings um diese zentrale Borke erblickt man einen kleinen vesiko-
bullösen Bing, mattweifs oder grau, das Ganze ist dann noch von einem erythema-
tosen Kreis umgeben. Andere, ältere Plaques haben in der Mitte nur eine bräunliche,
vertiefte Stelle, um die sich nacheinander ein Bing von Krusten, von Vesikeln und
zuletzt ein erythematöser Kreis schlieist. Bisweilen dehnen sich die Plaques nur
nach einer Bichtung hin aus ; man findet alsdann anstatt der Binge nur Kreis-
abschnitte. Eine dritte Beihe von grofsen Plaques endlich sind zusammengeflossen
und bilden rundliche Flecke, entsprechend den kurz vorher beschriebenen, nur dafs
entere in voller Entwickelung sich befinden.
2. Die einzelnen Ausschlagselemente bestehen aus Blasen oder kleinen Blasen-
vesikeln, fiist über den ganzen Körper zerstreut, besonders aber an den Händen,
gegen den Thenar hin. Sie stehen auf einem Boden, der von früheren Ausschlags-
elementen bräunlich verfärbt ist; ihre Farbe ist schmutzig weifsgrau. Wenn die
Kranke sich gerade hält, so nehmen die gröfsten Blasen am Bumpf in ihrer oberen
Hälfte eine kaum graue, in ihrer untern eine mattweifse Farbe an, da ihr teilweiser
fester Inhalt den Gesetzen der Schwere gehorcht. Die Blasen an den Händen fallen
«in und vertrocknen, die Epidermisdecke blättert in einer dünnen Schuppe ab, ohne
16*
232
dafs sich BlaseDinhalt ergiefst. Beim letztmaligen Auftreten der BiaBen Toipfirte
Fat. Stechen und lebhafte Hitze. Das Jucken ist zumal des Nachts sehr listig.
Verdauung ist ungestört. Vielleicht besteht ein klein wenig Insuffizienz der ICtralit.
Die Blasenflüssigkeit ist alkalisch, stark eiweiXshaltig. lükroskopisoh entdedt
man darin zahlreiche grofse, scharfrandige Leukozyten, mit runden, lichtbrechendeB
Körnern, die bei Behandlung mit Osmiumsäure-Dämpfen die charakteristische hraane
Farbe des Fetts annehmen. Weitere geformte Elemente findet man nicht, es sei denn
in dem Inhalt älterer Blasen einige halbzertrtimmerte Epidermiszellen. Mikroorgi-
nismen lielsen sich mittels der gewöhnlichen Färbungsmethoden nidit darin nadi-
weisen.
Am 31. März und 1. April hat Patientin leichtes Blutspeien; die Aniknltation
ergibt B-H-U. leichte Kongestion. Jedoch wiederholt sich dieser Zu&ll nicht, nnd
vom 5. April an ist ihr Allgemeinbefinden ungestört Täglich treten einzelne neue
Blasen auf. Am 15. tritt ein kleiner Stillstand in den Erscheinungen ein; aber sehon
am 30. erscheinen wieder neue Blasen an der Hand^ namentlich an der flandfliche.
10. Mai. Stärkerer Anfall, besonders an Händen und Leib. Am 20. Mai ist
der Ausschlag an verschiedenen Stellen des Leibes entzündlich gerötet. Am 1. Juni
befindet Patientin sich sehr wohl; sie hat nur noch an den Händen einige Blasen.
In diesem Zustand verläfst sie leider das Krankenhaus.
Beobachtung 27. (Abteilung vonE. Vidal. Von ihm selber mitgeteilt)
G. . . Frangois, 64 J., Typograph; aufgenommen den 3. Mai 1887 PAvillon Ga-
brielle No. 7, Abteilung von E. Vidal, Hopital Saint-Louis. Ich (Bbocq) beobacbteU
den Kranken während der ganzen Dauer seines Aufenthalts und in den Monateo
August, September, Oktober habe ich ihn in Abwesenheit Yon E. Vidai« selbst be-
handelt. — Als Kind war er etwas skrofulös, litt bei Witterungswechsel an unbe-
stimmten Schmerzen, sowie seit seinem 45. Lebensjahre an Ausschlag von unbekannter
Natur, den er als Ekzema bezeichnet und der ihm stets Brennen verursachte. Dieser
Ausschlag nahm aber erst seit April 1886 einen ernsteren Charakter an. Damtli
erschienen an den Ober- und Unterextremitäten Blasen, die nach 1 — 2 Tagen platzten
und eine mit Knötchen dichtbesetzte dunkelrote Cutis zurücklielsen. Dieses KTanthea
entwickelte sich über den ganzen Körper; es trat in Schüben auf, die durch mehr
oder minder lange Zwischenräume voneinander getrennt waren.
Seit seiner Au&ahme hat sich der Ausschlag noch verbreitet ; nur da» Gesicht ist
frei. Derselbe besteht aus erythematösen und erythemato-papulösen verschiedenformigen
Gruppen, die aber meistens Spiralen beschreiben; die aulsenstehenden Elemente smd
mehr hervorspringend und mehr gefärbt als die gegen die Mitte hin.
An den Beinen haben sich auf diesen erythematösen Kreisen Vesikeln gebildet,
in den Kniekehlen sieht man pemphigoide Blasen, anderwärts pigmentierte Stellen,
als Überreste früherer Eruptionen.
Während der Monate Mai, Juni, Juli verläuft die Krankheit in der geschilderten
Weise, mit Hautjucken, Stechen und Brennen der lästigsten Art. Ende Juli ^wir
folgender Status praesens:
An den Fülsen eigenartige Entwickelung innerhalb der letzten Monate ; auf dem
Fuisrücken ältere Formen, bestehend aus unregelmäfsigen Plaques von mehreren
Zentimeter Durchmesser, graufarbig und papillomatös. Epidermistrümmer und seroi-
eiteriges Nässen gegen den Band hin deuten an, dafs diese Plaques die Überreste tob
Blasen sind. Der Grund ist mit kleinen, spitzen, papillomatösen Auswüchsen besit,
die dicht aneinander stehen und an 5 cm zum mindesten über die Umgebung henrcv-
ragen. Sie sind mit ziemlich festsitzenden Krusten bedeckt, und in den Ftoto
zwischen den Wärzchen befindet sich in geringer Menge ein weilsfnrbiges, übel-
233
riechendes Seram. Schabt man diese papillomatÖsen Wucherungen weg, was leicht
gelingt, so findet man die Haut darunter wenig verändert, rot, leicht nässend. Solche
Wärzchen befinden sich auch am Bande der Zehen, wo sie unregelmafsige Beihen
bilden. Bings um diese papillomatösen Plaques und besonders am rechten Fufs
(doch ist auch der linke stark beteiligt) nimmt man riesige Vesikeln wahr, die stellen-
weise zosammenflielsen, auch mehrfach richtige Blasen mit trübem, serÖs-eiterigem
Inhalt. Diese Epidermisabhebungen, welche die papillomatösen Plaques kranzartig
umgeben, sind wenig gespannt, faltig, flach. Einzelne von ihnen sind mit einem
dnnkelblaaen erythematosen Hof umgeben, andre sind zerrissen, und man kann sehen,
wie die Guus darunter warzig wird und sich mit Krusten bedeckt. In dieser Weise
schreitet die Erkrankung zentrifugal fort.
Gegen das FuTsgelenk hin beobachtet man Streifen und Ghruppen von kleinen,
durchscheinenden, lebhaft juckenden Vesikeln, die auf einer stark pigmentierten Haut
anftitzen. An den Aufsenflächen der Unterschenkel zeigen sich erythematöse Kreise
von verschiedener Ausdehnung, die stark jucken, und auf denen sich kleinste, stellen-
weise zusammenflielsende Vesikeln sowie Blasen von gleichfalls verschiedener Gröfse
bilden, die aber teilweise den Umfang eines Taubeneies erreichen. Die Vesikel-
gruppen tauschen stellenweise einen Herpes zoster vor. Auf den Oberschenkeln be-
merkt man abgerundete, erythematöse Flecke, in der Mitte leicht gefärbt, gegen die
Peripherie dunkelrot. An den Bändern weisen sie kleine Epidermisabhebungen auf,
die plötzlich einfallen und platzen. Am GesäTs Haufen von zerstreuten Vesikeln.
An den Oberextremitäten sind die papillomatösen Wucherungen nicht vorhanden.
Hier und da trifft man auf Pigmentflecke, am Bande verschwommen, die Überreste
froherer Erkrankung; aber namentlich finden sich sehr zahlreiche, unregelmafsig
gruppierte Vesikeln, bald einzeln auf der gesunden Haut, bald zu Gruppen auf erjrthe-
matosen Flachen vereinigt; sie sitzen vornehmlich an der äufsem Seite.
Beide Lippen sind leicht infiltriert und mit reichlichem Ausschlag bedeckt.
Patient leidet viel unter Brennen und lanzinierenden Schmerzen im Mund. Auf der
Zunge, und zwar besonders an ihren Bändern, sowie auf der Wangenschleimhaut,
finden sich nnregelmäüsige, rötliche Ulcerationen, mit weifslichen Epidermisabhe-
bungen. Die geschwollenen Mandeln und der Bachen sind mit herpesartigen Vesikeln
bedeckt. Ebenso mufs die Nasenschleimhaut beschaffen sein, denn der Kranke klagt
über wiederholtes Nasenbluten und über Brennen in der Nase. Das Jucken ist un-
-aufhorlich, führt zu Schlaflosigkeit und Ermattung; Allgemeinbefinden und Appetit
im übrigen gut, nur dafs Kauen und Schlucken sehr schmerzhaft sind. Ausspülen
des Mundes mit Mohnwasser und Borax und Bepinselung der Ulcerationen der
Wangenscbleimhaut mit einer Lösung von Kokain in Glycerin.
Im August verordnete ich Ergotinpillen und das Bromhydrat von Chinin (von
jedem 0,4) in Verbindung mit Arsen, worauf eine merkliche Besserung erfolgt^. Die
Blasenbildung auf den Extremitäten läfst nach, nur hin und wieder entstehen noch
einige juckende, erythematöse Kreise. Im Mund und an den Fufsen bleiben immer
einige Vesikeln. Das Jucken ist weniger lästig, aber fast unaufhörlich. Langdauemde
Kataplasmen von Stärkemehl erweisen sich gegen die papillomatösen Wucherungen
nützlich. Jedoch bleibt die Planta pedis immer mit einer dicken verhornten Schicht
bedeckt, quer über welche sich umfangreiche Warzen hinziehen; sie ist aufserdem
immer schmerzhaft juckend. Zahlreiche Pigmentflecke bedecken den Körper.
Am 10. September erneuertes Auftreten von Vesikeln; Sitz namentlich auf den
^^en, besonders auf dem rechten Fnfsrucken; einzelne Vesikeln bilden durch Zu-
wmmenfiieliBen ziemlich umfangreiche Blasen. Sie ruhen auf gesunder oder pigmen-
iierter Haut, ohne erythematosen Hof. Die Zunge ist immer noch schmerzhaft, gegen
2S4
die Bander hin etwas verhärtet und an den verhärteten Teilen mit onregefaniliigai
Ulcerationen bedeckt.
Chinin wird ausgesetzt, dagegen Arsen in hohen Dosen gegeben.
1. Oktober. Von neuem Vesikelbildung an den FüTsen; einige auch auf der
Zunge. Es wurden wieder Pillen von Ergotin und Ghin. bromhydr. verordDet Am
folgenden Tage einige erythematöse Kreise am untern Teil des Vorderarms und da
Unterschenkels. Dieser Anfall verläuft abortiv und bringt es nicht zur Bädung v«
Blasen. Am 8. Oktober kommt es zu neuen Erscheinungen auf der Waogenschleiinhiiil
November 1887. — Das Befinden des Patienten hat sich seit August g^Mwi;
die Haut ist stellenweise in grolser Ausdehnung verfärbt; die Füfse sind immer ge-
schwollen, an den Sohlen und Zehen schmerzhaft, welche Teile mit einer did^en,
gelblichen Homschicht bedeckt sind; Patient verspürt darin heftiges Brennen und
Jucken. An den Extremitäten zeigen sich nur von Zeit zu Zeit juckende erythemstoie
Kreise. Vesikeln sind nur noch an den Füfsen, der Wangenschleimhant und besonden
unter der Zunge vorhanden.
15. Dezember 1887. — Der Zustand des Patienten ist sehr befriedigend. Er
verspürt nur noch wenig Jucken und hat an krankhaften Erscheinungen weiter nicbti
als einige Ulcerationen der Mundschleimhaut sowie zahlreiche Flecke über den ganzes
Körper zerstreut. Von der innem Behandlung war seit langer Zeit Abstand genomaea
Beobachtung 28. (Noch nicht veröffentlicht. Mitgeteilt von £. Ydal
Beobachtet von La Juob db Sbg&ais.)
M. X . . ., 20 Jahre alt, arthritisch'uervöser Mensch, geboren zu Port-Louis nf
der Insel Maurice während einer mörderischen Epidemie von Febris intermittens po^
nioiosa. Grolsvater mütterlicherseits gichtisch, litt an Paralysis agitans; anlserdea
Migräne und Bheumatismus in der Familie. Mit 5 Monaten erster WechseXfieberso&II;
fast gleichzeitig Auftreten von zwei Pemphigusblasen auf den kleinen Zehen, spiter
auch auf der Aulsenfiäche der Unterschenkeln. Mit jedem Intermittensan&n neue
Blasen. Mit dem zunehmenden Alter des Kindes gewinnt der Pemphigus an km.
dehnung. Mit 8 Jahren erscheint er an den Händen und Handwurzeln. Jeder Btewu
bildung ging Jucken vorauf; die Flüssigkeit war farblos, bisweilen rötlich. Ksm dy
Kind zu Fall, so bildeten sich an der betreffenden Stelle Phlyktänen mit sangm»)-
lentem Inhalt. Zuerst einzeln stehend, flieüsen sie, immer gröIser werdend, zusaimiiei
und bilden zuletzt eine grofse, ausgedehnte Blase. Läfst man die Flüssigkeit ib-
fliefsen, so löst die Epidermis sich ab und die Cutis fäng^ zu eitern an. Auf dar
W^unde bildet sich eine Borke, die von Schuppen umgeben ist, welche mehi&oli bb
zur Heilung abfallen; die neugebildete Haut ist zart und glänzend.
War die Flüssigkeit in der Phlyktäne trübe, so war die Haut ringsherum häk
rot und gespannt, die Phlyktäne schmerzte sehr und nach Verlauf von nngefÜff
24 Stunden wurde der Inhalt eiterig. Die Entzündung dauerte zwei Tage, und bstt*
die Eiterung erst einmal begonnen, so hörte der Schmerz nach der Eröffinug ^
Phlyktäne auf. Bei diesem Verlauf bestand immer Fieber, das durch AnschweUoDf
der schmerzhaften Lymphdrüsen noch zunahm, gleichviel ob der PempbigUB sofdsr
obem oder untern Extremität sais. Für gewöhnlich war die Lokalisation inuiMr
gleichmäfsig ; an der obem ExtremiÜLt befiel der Pemphigus den Handrücken in dr
Gegend des Handgelenks, der Phalango-Metakarpal- und der Interphalangeal-Gelaob;
an der untern Extremität sais er an den Knieen, an der AuÜBen- und Vorderflachs dff
Unterschenkel , an den Malleolen und den Zehen. Niemals zeigte er sich an ooer
andern Körperstelle. Vor und während der AnftQle bestand immer Jucken, das is da
^reien Zwischenzeiten verschwand. Mit 10 Jahren kam M. X. nach Frankreich od
wurde von Bazin und Habdy behandelt, jedoch ohne jeden Erfolg. 1878 wshzesd
235
der Saison in Bourbonle traten die einzelnen Schübe noch häufiger und heftiger auf.
1879y 1880 und 1883 in Luchon, fortschreitende Besserung; kein neuer Anfall in mehr
als Jahresfrist. — Zur Zeit, d. h. während zweier Jahre, beschränkt sich der Aur
schlag im Sommer auf die Vorderfläche der Unterschenkel, wo er an der Vereinigungs-
stelle des untern Drittels mit den zwei obem einen beschränktei) Raum einnimmt*
Der Anaschlag erscheint im Sommer während der starken Hitze und verschwindet
wieder im Winter. Dr. Lb Jugb de Sborais.
NB. Dieser Fall ist interessant wegen des Beginns des Leidens im 5. Lebens-
monat, wagten seiner nunmehr 20jährigen Dauer und wegen seiner Begrenzung auf
bestimmte Körpergegenden. In diesem letztern Punkte weicht er von den meisten
andern bekannten Fällen ab.
(Fortsetzung folgt)
Akdreab. über die Bahaadlimg der Paoriasia xnit beaonderer Berttek-
siditigimi^ des Anthrarobina. Inaugural-Dissertation. Würzburg 1888.
A. berichtet über die Resultate der auf des Bef. Anregung angestellten thera^
pentiscben Versuche mit Anthrarobin. Es wurde dieses Mittel in Salbenform (20 7»)
nur bei Psoriasis, und zwar in 5 Fällen teils mit gutem, teils mit wenig befriedi-
gendem Erfolge angewandt. Die Versuche waran nicht ganz rein, da ein Teil der
Patienten schon vorher mit Jodkali innerlich behandelt worden war.
Seifert - Würzburg,
Arehivea de Mededne experimmtdU et d^Änatomie patoloffique, Paris, G. Massok.
Mit B^rinn dieses Jahres erscheinen die Archive für experimentelle Medizin und
pathologische Anatomie, welche unter Leitung Cbabcots vok Oboücheb, Lipuns,
Stbaub, Joffbot veröffentlicht werden. Neben pathologischer Anatomie und Physio-
logie soll besonders die Bakteriologie Berücksichtigung finden. Das vorliegende Hefb
bringt 8 Originalarbeiten, von denen 2 die Beachtung der Leser der Monatshefte
verdienen :
I. J. Dabieb, Beitrag snm Studium dea Epithelioma der ScliweiradrÜBeii.
II. £. Tboisieb und P. Mj^xiTBisB, Hiatologie der Striae.
L Verf. gibt einen geschichtlichen Überblick über die Neubildungen der Haut,
welche mit den Schweifsdrüsen in Zusammenhang gebracht worden sind. Danach
sind die von den letzteren im Verlaufe gewisser Hautkrebse ausgehenden N,eu-
bfldnngen wohl zu unterscheiden von Epitheliomen, welche primär und ausschlielslich
den Schweifsdrüsen ihre Entstehung verdanken. Diese letzteren sollen klinisch und
histologisch in der „Fortsetzung*' untersucht werden.
n. Die Untersuchungen beziehen sich auf Schwangerschaf tsnarben, auf atrophi-
sche Hautstellen, welche sich bei einem Phthisiker auf dem Thorax und oberhalb
des Knies fanden, und bei einem andren Individuum im Verlauf des Typhus gebildet
hatten. Überall dasselbe histologische Bild: Verdünnung der Epidermis, Papillen
mehr oder weniger verschwunden, Bindegewebsbündel der Cutis ziemlich parallel zu-
einander gelagert und stellenweise voneinander getrennt (wie es Lakgeb schon für
die Schwangerschaftsnarben beschrieben hat) und Bchliefslich als die Hauptverän-
236
demng die Zerreiisung einer gewissen Anzahl elastischer Faaem,- welche üch in der
Nachbarschaft der Striae zusammengeschnellt und angehäuft finden. Auf dieie LisM»
der elastischen Fasern legen Verf. den Hauptnachdruck. X. I^d^ffpsim'Hamhiirg.
Ütittetlttugen ans Itx ^itteratttr.
Blennorrhagie und Komplikationen.
Über seine Untersuchungen betreffend die verscliiedeXLen Sekretionen der
welbliclien Urogenitalwege hält Eratjd, klin. Dir. der Antiquaille in Lyon, einen
längeren Vortrag (Soc. nat. de med. de Lyon. 16. Juli 1888). Nach einem geschieht'
liehen Überblick bespricht er die NEissEBSche Entdeckung der GU>nokokken und
spezieller die Schwierigkeiten ihrer Auffindung beim Weibe, die ihre Ursachen in
den Sekreten der Vagina oder des Uterus haben. Er betont:
1. den Urethral-Eiter. Verschieden ist das mikroskopische Bild des akuten
(Gonokokken inselförmig in den Eiterkörperchen oder noch aulserhalb derselben) und
chronischen Trippers (Epithelzellen, neben den Gonokokken Mono- und Diplokokken).
Wird der chronische wieder akuter, so auch sein Bild.
. 2. Die Vagina. Während „deutsche Forscher im Uterus den Prädilektionsntx
der Gonokokken zu finden scheinen^^ findet E. und viele Franzosen ihn in der
Urethra. Nicht in der Vagina, denn dahin kommt der Gonokokkus erst aus dem
Uterus. Man findet ihn immer zahlreicher, je tiefer man kommt, im Cul de ssc
Dort findet man rahmartigen Eiter, der an einen akuten Zustand glauben lielae,
während er nur aus alten Blutkörperchen und Epithelzellen besteht. Das sind Schleim*
massen. Selten findet man die Gonokokken deshalb in der Vagina nach E., weil lie
PflasterepitheP hat und ihre Lymphnetze wenig zahlreich sind. Es gibt keine
Vaginitis; nur Epithelzellen findet man. Von der Dermatitis unterscheidet sie sich
blofs dadurch, dafs die Desquamation in ein nasses Medium (milieu humide) fallt.
3. Uterus. Im kurzdauernden akuten Stadium findet man Eiterkörperchen and
Gonokokken, wie in der Vagina und besonders in der Urethra. Dann wechselt dss
Bild: man findet spezielle Arten Eiterkörperchen (globules de pus sp^ciauz), wie E.
sagt, die „glaires" (Schleimmassen) haben nichts Entzündliches. Auch hier deshalb
mehr Gonokokken und Eiterkörperchen, je nähet* man dem Cul de sac kommt; tnf
Intervalle können sie fehlen. Im allgemeinen kann man sagen: eine Frau, die eine
Urethritis hat, hat eine Metritis, aber nie eine Vaginitis. Die Deutschen nehmen
eine Metritis öfter an, als eine Urethritis. E. hält die Urethritis für das häufigste.
Isolierte Vaginitis gibts niemals. Sie ist stets sekundär und hat ihre Quelle im
Uterus.
In der Debatte will Poüllet mehr Details. Auch er hält die blennorrhagischett
Metritiden für sehr häufig. Diday fragt E. nach seiner Erklärung des plötzHcben
Verschwindens der Gonokokken im Uterus und dem Effekt der Medikation.
Von einer Antwort findet Ref. nichts in der bez. Mitteilung. (Prov, mid. 1888.
No. 29.) Fütdy-Nervi,
* cfi:. BüMMs Vortrag über Phagocythenlehre und Gonokokkus in der
Würzbuiver med.-phyk. Ges. vom 15. Nov. 1888 (ref. in voriger Nummer dieser
Zeitschrin).
237
Vor der chirarg. Sektion der New York Acad. of Med. hielt Bbowv einen Vortrag
fiber den Wert der elektrolytischen Beliandliing der XJretluralBtriktaren.
Ans einer Zueammenigtellung der Berichte andrer Forscher, sowie gestützt auf seine
-eigenen an 6 Patienten gewonnenen Erfahrungen kommt er zu dem Schlufs, dafs die
l>eobachteten günstigen Besultate woHl in der Mehrzahl der Fälle blofs spasmodische
Terengermgen betrafen, dafs bei multiplen Strikturen der elektrische Strom wahr-
scheinlich Nutzen bringend ist, weil er im stände ist, eine vermehrte Sekretion der
LiTTB^schen Drüsen hervorzurufen und auf diese Weise für die tiefer gelegenen Ver-
engungen die zum Durchtritt des Instruments nötige Schmiere zu liefern. (Journal
cf cut and gen,"urin. Diseases. Juli u. Aug. 1888.) Philippi-Felsberg.
Der Nutzen der Elektrolyse zur Behandlnng von TTrethralstriktnren wird
von C. A. Brtce gegenüber den von Bbowk (s. vorstehende Mitteilung) erhobenen
Tadelsänfserungen in ruhiger, sachlicher Weise verteidigt und 3 Fälle hochgradiger
Striktur mitgeteilt, bei denen die Beseitigung aller Beschwerden nach dieser Behand-
longsweise nachgewiesenermafsen drei, vier und fünf Jahre angehalten hat. Ohne sich
4iuf einen Versuch, die Wirkung der elektrischen Behandlung zu erklären, einzulassen,
;«tellt Verf. im wesentlichen nur den Satz fest, daiGs nach derselben Besserung der
verschiedensten Strikturen in einer Ausdehnuug und Dauerhaftigkeit beobachtet wird,
wie bei keiner anderen Methode. (Journal of cuian. and genito-urinary Diseases.
September 1888.) Phüvppi-Felsberg.
Ein neues Instrument znr Gewinnung von Urin ans jedem Ureter einzeln
für diagnostische Zwecke ist von A. W. Stein angegeben. Dasselbe besteht aus einem
passend gebogenen Katheter mit einem am äufseren Ende angehängten Saugapparat
und einer mit einer Ghittaperchakapsel versehenen zweiten Öffnung in der Gegend der
Katheterbiegung. Es sollen mit dieser Kapsel clie Ureterenmündungen nacheinander
eingefangen und somit das Sekret jeder Niere einzeln entleert werden. Einige
zutreffende Fälle werden mitgeteilt und auf die Wichtigkeit einer genauen Diagnose
behufs operativer Eingriffe hingewiesen. (Journal of cutan. and genito-urinary
Diseases. Oktober 1888.) FMUppi- Felsberg.
Einen Fall von Prostata-Abscefs mit ungewohntem Verlauf und tuberkulösen
Ursprungs, der eine erneute Wechselfieber- Attacke bei einem Individuum herbeiführte,
das vor 20 Jahren Malaria gehabt hatte, bespricht Disia de Fortünet (Lyon) in der
•Soc des Sciences roSdicales zu Lyon vom 21. Juli 1888. (Brov. mid. 1888. No. 25.)
Bauly-Nervi.
Syphilis.
Ober Syphilis, ürspnmg. Entwickelnng, Gang, verschlimmernde ür-
4Nidito nnd den Erfolg des Hg dabei spricht Didat in der Soc. nat. de med. de
Lyon vom 23. Juli 1888. (Brov. med. 1888. No. 30.) Er verwirft die älteren
Theorien, z. B. den Ursprung aus einem alten Tripper etc. Als erschwerende Mo-
mente nennt er Alter, Aufenthalt in der Kälte, Alkoholismus, Elend, Dyspepsie,
Chlorose, Tuberkulose, geistige Überanstrengung, Erregungen, Mangel an Schlaf etc.
Herkur kann den Anfallen der Lues nicht vorbeugen, nur sie zum Verschwinden
bringen; er mildert die Syphilis nicht. Auf Delobbs Anfrage antwortet Didat, er
▼erordne Hg, um die syphilitischen Anfälle (accidents) zu bekämpfen. 1857 — 1863
238
hat er Hg bei benignen Lnesfallen nicht gegeben, aber es nie verworfn. —
Dbon gibt Hg während und einige Tage nach den Anföllen. Niemals aber sli
Präventiv. I^HUjß-litnL
Protojodnret dem Jodkali vorzuziehen, rät A. Pokcbt (Lyon) bei Gelegenhai
eines von ihm in der Soc. nat. de mid. de Lyon am 30. April 1888 TorgestdheB
Falles von Nasenlues, der auf traitement mixte rasche Besserung zeigte, wählend er
auf 600 g Jodkali in 5 Monaten nur wenig vorwärts und dann rasch wieder henmle^
gekommen war. Er betont, wie bei gewissen, in der Bef. zugängigen Zeitung {Broe,
mi4, 1888. No. 18) nicht näher spezialisierten Fällen Jodkali nur unvolbttadige
Besultate liefere, quasi nur einen Schritt zur Heilung. Es bringt Akne herrtnr, kiim
Hautafifektionen durch Kongestion und Entzündung vermehren. Daher wäre PtdIo-
joduret dort viel besser. (Derselbe Grund, der uns alle bestimmt, s. B. bei Bqit
syph. Sublimatbäder zu geben, die glänzend wirken, während man mit Jod sUeii
nicht vorwärts kommt. Bef.) Pauly-NervL
Allgemeinbeliandlimg der Syphilis mit Injektionen des granen öli (OL
cinereum), von Dr. J. Tbost, Sekund.-Arzt I. Kl. der Syph.-Abteilung von Pro£ Lam
(Wien). Labos Oleum cinereum besteht aus grauer Salbe, (Hg, T<ano]in ■) mit
reinem Olivenöl verrieben:
Ungt. dner. e Lanol. 6,0
Ol. oUvar. 4,0
also eines 30-prozentigen Präparates. Nach 4 Wochen laTst L. stets die Salbe sea
bereiten.
Das öl mufs in gut verschliefsbaren, völlig reinen Gefäfsen aufbewahrt werdes.
Die PsAVAZ-Spritze hat einen dünneren Cylinder, als die gewohnlichen, sie &M
ca. Vs ccm. Die Einteilung ist genau nach 0,1 ccm angegeben. Die Spritze and
deren Stachel, die 2,5 cm lang und scharf zugeschliffen sind, werden vor dem Gt
brauche in Earbolwasser gelegt, dann mit Earbolwasser mehrmals ausgespritst md
mit aseptischer Gaze abgetrocknet. Nach dem Gebrauche werden Spritze und Stacbä
jedesmal mit Sodalösung ausgespritzt, dann die Spritze zerlegt und der Cylinder, vie
auch der Stempel in der Sodalösung gut gewaschen, in Karbolwasser gebracht, dam
gründlich gereinigt, mit aseptischer Gaze abgetrocknet. Der leichteren Beiiugiuif
wegen liefs Tbost das obere Metallstück mittels Schraube an dem Cylinder befeitigeiL
Die betreffende Hautregion, in die man itgizieren will, wasche man mit KsrbaK
Wasser oder 1 Voo Sublimatwasser ab. Unmittelbar, vor der L^ektion wird der StacM
mit aseptischer Gaze gereinigt und gut abgetrocknet, dann wird in die Basis einer
dicken Falte eingestochen, die Kanüle mit Zeigefinger und Daumen der linken Haod
gefafst, um so dem Drucke von oben her einen gewissen Widerstand zu bieteB.
Dann entleert man das zu injizierende Quantum und entfernt rasch Spritze md
Stachel. Massieren der Injektionsstelle ist überflüssig.
Zum Injizieren wählt man Bücken und Nates. Um nicht in das Terrain eioer
vorhergegangenen Injektion zu kommen (dies hält T. für die häufige Ursache
der Abscedierung), halte man sich an eine bestimmte Beihenfolge: im redites
Interskapularraum die ersten Injektionen, so dafs ein Stich vom andern ca. 4—6 cm
entfernt ist, für die nächstfolgenden der linke Interskapularraum u. s. w. An des
Nates wird der Stachel senkrecht in die Haut und ebenfalls tief eingestochen. iB£ng>
hatte T. bei vielen Anstaltspatienten nach erst 52 Injektionen derbe, schmerihaftfr
Infiltrate, bei einzelnen Suppuration der Injektionsstellen. Nur durch die
persönliche Überwachung der Beinigung der Spritzen und der Zubereitung des w
konnte er jeden Absceis vermeiden.
23i»
Seit Mitte Februar wird das 30 Vo öl injiziert, in der Begel wöchentlich ein
mal 3 Teilstriche der Spritze = 0,3 ccm des Präparates an zwei Stellen des Aachens.
Sind die Allgemeinerscheinungen geschwunden — gewöhnlich nach 0,6 — 0,9 ccm —
BO erhalt der Patient wöchentlich 1V> Teilstriche = 0,15 ccm gleichsam als Nachkur
einige Zeit lang.
Vor jeder Injektion werden Zahnfleisch, Zunge und Wangenschleimhaut unter-
sucht, tritt Stomatitis ein, so wird gewartet, bis sämtliche Zeichen der Hydrargyrose
geschwunden sind. Bauly-Nervi,
T«rtiftre Syphilis der Tracheii und der Brondiieii, von Haubiac. (Ärchivt^
gMrales de midedne. Dezember 1888.) Der Sitz des Syphiloms ist häufiger die
Truhea als die Bronchien, und öfter das untere Ende und die Bifiirkation der Luft-
röhre als die übrigen Partien derselben. £s entwickelt sich in der Schleimhaut^ oder
unterhalb derselben, infiltriert aber oft alle Wandelemente der Trachea and der
Bronchien und erstreckt sich auch ausnahmsweise auf die benachbarten Lymphdrfisen,
den Ösophagus, die Aorta etc. Es fuhrt zu Ulceration und Narbenbildung. Bald
findet man diffuse Infiltrationen, bald gut umschriebene, kleine Tumoren. Durch
Zerfall dieser Bildungen entsteht der „syphilitische laryngo-tracheale Phagedänismus*',
welcher manchmal auch auf die Nachbarschaft übergreift. Schon die Infiltration und
Ulceration verursachen geringere Grade von Verengerung der Luftwege. Hochgradige
Stenosen werden aber erst durch die Vemarbung hervorgerufen. Dieselbe fahrt
einerseits zu einer Verengerung des Lumens, welches manchmal selbst für eine
Eabenfeder undurchgängig ist, anderseits zu einer Verkürzung der Trachea, in deren
Folge der Larynz in den hochgradigsten Fällen teilweiBe hinter das manubrium
ttemi gelangt. Unter- und oberhalb der Stenose bildet sich infolge der behinderten
In- und Exspiration eine Erweiterung der Luftwege aus.
Die Symptome sind von den durch die Affektion gesetzten Veränderungen des
Lumens der Luftröhre und von den Veränderungen, welchen die Affektion selbst
anterliegt, bedingt. Nach den Atmungsbeschwerden, Erstickungsanfällen etc. der
ersten Periode — wobei zum Unterschiede von Laryngealsyphilis die Stimme zumeist
anverändert oder nur zeitweise alteriert ist — tritt eine kürzere oder längere Pause
der schweren Zufälle ein, um aber in der Periode der Vemarbung wieder den mit
verstärkter Kraft losbrechenden suffokatorischen Symptomen zu weichen. Gewöhnlich
herrschen inspiratorische, nur selten exspiratorische Atmungsbeschwerden. Die durch
die Syphilis gesetzten Veränderungen sind nur selten, nur wenn sie knapp unterhalb
des Bingknorpels sitzen, während der Inspiration vermittelst des Laryngoskopes zu
ermitteln. Die Trachea ist manchmal spontan oder auf Druck schmerzhaft. Der
Laryux sitzt tiefer und bleibt während der Phonation und während des Schluckens
anbeweglich.
Die isolierte Bronchosyphilose ist überaus selten. Sie tritt unter der Haske
eines Bronchokatarrhs auf, um später dieselben Erscheinungen, wie die laryngeale
and tracheale aufzuweisen. Das Gefühl der Verengerung der Luftwege kann auf der
einen Seite stärker sein als auf der andern; das Verengungsgeräusch ist bei der
Auskultation auf der einen Seite stärker zu vernehmen, auf der befallenen Seite ist
das Atmungsgeräusch schwächer etc.
Nach Besprechung der Diagnose, Differentialdiagnose, Prognose und der Kom-
plikationen geht M. zur Therapie über, von welcher er sich in den Fällen, welche
noch nicht zum Zerfall oder zur Vemarbung geführt haben, einen guten Erfolg ver-
spricht, und welche hauptsächlich in der Anwendung des Quecksilbers und des Jod-
,kaliam besteht. Von der lokalen Behandlung durch Inhalation von EmoUientia oder
240
Queoksilberpräparaten hofft er nicht yiel Effekt. Das aufserste Mittel ist die Tncheo-
tomie, welche aber nur in den Fällen, wo die Stenose in dem oberen Abschnitte der
Luftröhre sitzt, von Erfolg gekrönt ist. Tärök'Hambvrg.
Ein interessanter Fall von spätanfgetretener Syphilis, welclie die griUkte
Ähnlichkeit mit Lepra darbot, wird von Ohman-Dumesnil mitgeteilt Bis zu seiiieiii
15. Jahr hatte Patient mit Ausnahme einer offenbar geringfügigen interstitieUeii
Keratitis nichts Abnormes dargeboten. Um diese Zeit aber zeigten sich ausgedehnte
Störungen sowohl der Haut als der Nasenbeine, welche sich auflösten, und des
Oaumens. Am Gesicht, den Ohren und Händen zeigt eine dem Original beig^(ebene
Abbildung die der Lepra eigene Verdickung und Furchenbildung, und es ist Pttient
auch anfangs mit Ol. Chaulmoogra erfolglos behandelt worden, bis 0. den FiU
als syphilitisch diagnostizierte. Bei antiluetischer Behandlung ist auch alhnahHcfc
eine bedeutende Besserung eingetreten. (JounKÜ of cutan. and genito-urinary Dmt-
ases. Oktober 1888.) PMippt-Fdsberg.
Abnahme der Bevölkerung und Syphilis, von Dr. Andreas Adam, Direktor
des Spitals in Eöcösbanya. {Gyogyaszat) Im obigen Spital wurden seit 11 Jahro.
1856 syphilitische und venerische Kranke behandelt, alle aus dem Komitate Zar and.
Die Abnahme der Bevölkerung dieses Eomitates muDs man in erster Beihe der
Verbreitung der Syphilis daselbst anrechnen. Im Jahre 1882 wurden im Spitde
219 Syphilitische und Venerische behandelt; davon 1. Mund-, Rachen- und Nimb-
«yphilis 49; 2. Syphilis der Beinhaut, Knochen, Gelenke 33; 3. Syphilis der Ge-
schlechtsteile 28; 4. Syphilis papulosa 27; 5. Syphilis gummosa 19; 6. Syphilis
pustul. 20; 7. Polyadenitis 8; 8. Syphilis der Augen 6; 9. Syphilis congenita 2.
10. Blennorrhagie 27 mal. Die Behandlung bestand teils aus Inunktionen, teils aoi
innerlich gereichtem Merkur und Kai. jod. Adam teilt einige interessante Fälle mii
— unter andern einen Fall von Variola sjrphilitica — bei einem 15jährigen jonga
Mädchen. Die Haut war dicht mit erbsengrolsen pustulösen Ef&oreszenzen besiet
Heilung nach 87 Tagen. Bana-Budapest
Ein Fall von geheilter Myelitis syphilitica, von Dr. Abthub Ibsai, L AnUt
der Klinik des Prof. KoBAihn. {Orvosi Heiäap.) V. A., 28j ähriger Kreisnotar. Auf-
nahme 3. Februar 1883. Vor 4 Jahren aquirierte er Lues und wurde leicht anti-
syphilitisch (18 Einreibungen) behandelt. Seitdem öfters Becidive. Anfangs Janoir
hemerkte er an beiden Sohlen und beiden Trochanter ein Gefühl von Ameisen-
kriechen, sein Gang wurde schwächer. Kein Schmerz im Bückgrat. Bis 5. Januar
verstärkte Parästhesien an den untern Extremitäten. Am 5. konnte Patient schoa
nicht mehr gehen, er verlor sein Gleichgewicht beim Gehversuche. Mäfsige Han-
beschwerden, den Abgang von Fäkalmassen fühlt Patient nicht. Nirgends Schmenea.
St. präs. am 8. Januar. Patient mäfsig genährt, blofs pigmentierte Narben im
Gesicht. Der harte Gaumen uneben drusig, in der vorderen Hälfte eine nufsgrote.
unbewegliche Geschwulst. Polyadenitis, Narbe am Präputium, ebenso in der rechtes
Leistengegend. Motilitäts- und Empfindungsstörungen; und zw. kann der Kranke
seine untern Extremitäten von der Bettfläche nur sehr wenig und mit groister
Anstrengung erheben; die Extremitäten machen grofse Schwankungen in jeder
Richtung hin in der Luft und fallen alsbald zurück. Bei geschlossenen Angeo
findet der Patient mit der Ferse des einen Fufses die grofse Zehe des andern nor
sehr schwer und mit der grölsten Kraftanwendung. Die Muskeln sind voU
genährt.
Die Empfindung ist von den Zehen bis zu den Knieen sehr abgeschvichta
241
Patellarreileze beiderseits verstärkt, Achillessehnenreflex beiderseits provozierbar.
Hsatreflexe, Ortssinn, Temperatarsinn normal. Nerven und und Muskeln verhalten
sich gegen elektrische Ströme korrekt.
Sinnesorgane intakt.
Am 11. Februar wurde die Diagnose auf Myelitis luetica gestellt. Anti-
lyphilitische Behandlung. 22 Sublimatinjektionn, nachher Kai. jodat.
Vollkommene Heilung am 14. April. Eöna-Budapest
Ein FallYon Diabetes indpidus, wahrscheiiilich durch Sypbilis venirsaelit,
TOD Dr. MoBUT Manal. (Gyogyäszat) H. A., 26j ähriger Schlosser. Au&ahme
11. November. Vor 2 Jahren äquirierte er Lues, dagegen Schmierkur. Vor
8 Wochen bemerkte er, dafs er schwer gehen kann und täglich schwächer
wird. Patient magerte ab, sein Appetit verminderte, sein Durst hingegen ver-
mehrte sich. £r trank 7 bis 11 Liter Wasser täglich; Periostitiden traten auf.
St präs. Periostitische und gummöse Prosesse an dem Stirnbein, Clavicula^
Stemum, Bippen, ja selbst an dem Wirbel. • Patient entleert 10—13 Liter Urin pro
die, dessen spez. Gewicht 1004 war, welcher sauer reagierte, blafs-gräulichgelb war
nnd keine fremde Bestandteile hatte. Patient wurde antisyphil. und zwar zuerst mit
Merkur, dann mit Eal. jod. und Boborantien behandelt. Bedeutende Besserung, so
dafs Patient im März schon 3 Liter Wasser trank und 9 Liter Harn entleerte. Am
4. April, am Tage seiner Entlassung, urinierte Patient 6800 ccm in 24 Stunden. M.
glaubt, dais diese Polyurie durch Erkrankung luetischen Ursprungs des Gehirns selbst
oder der es umgebenden Knochen entstanden ist. EönO'Budapest
Über einige dentsclie Syplülographen des siebzehnten Jahrhunderts.
Ein historischer Beitrag von J. K. PROKSCH-Wien. (Vierteyahresschr. f. Dermat. u.
Syph, 1888. 4.) Aus dem siebzehnten Jahrhundert ist nur sehr weniges über die
Autoren über Syphilis bekannt. Verf. gibt hier Notizen zu einigen, von denen
wirklich von Bedeutung nach seiner Angabe nur Pürmakn ist. Pboksch behandelt:
Tobias Kkoblocb^ Petbr Sartorius, Joseph Schmid, Matthäus Gottfried PurmaHn^
Yvo Gattcbs. von Düring -Hamburg,
Ztt0 ber Jlrarts.
(No. 5.) Wie behandelt die nenere Dermatologie Erysipele?
Anfrage eines Chirurgen.
Antwort der Bedaktion. Dafs die verschiedenen Antiseptioa sich in ihrer
Wirkung auf die einzelnen, infektiösen Wundkrankheiten verschieden verhalten, ist
eine allgemein bekannte Thatsache der neueren Chirurgie, wenn sie auch aus den
neaem Arbeiten über Antisepsis nicht immer mit der nötigen Klarheit hervorgeht.
Wie Karbolsäure und Sublimat in richtiger Anwendung das Wundererysipel
verhindern, wie Jodoform dasselbe absolut nicht ausschliefst, so gibt es auch wieder
Mittel, welche gerade nur das Erysipel (durchaus nicht etwa andre Wundinfektionen)
▼erhiadem und das ausgebroche Erysipel in spezifischer Weise zum Schwinden
bringen. Hierher gehören Ichthyol und Resorcin.
Wir dürfen es nicht als Kriterium eines Spezifikums in diesem Falle ansehen^
wenn unter Anwendung desselben das Erysipel keine weiteren Fortschritte macht.
Denn bekanntlich ist es recht schwierig zu beurteilen, ob im Einzelfalle das Erysipel
infolge des Mittels oder ohne unser Zuthun zum Stillstand gekommen ist.
242
Von einem Spezifikum gegen Erysipel mufs man vielmehr verlangen, dtls unter
seinem Einflüsse samtliche örtlichen und allgemeinen Symptome des Erysipels toD-
«tändig und mit einem Schlage zurückgehen. Die Randrote muüs einsinken und
ahblassen, die lokale Temperaturerhöhung und das Fieber abfallen, das AUgemen»-
hefinden (Appetit, Zunge) sich alsbald bessern. Es darf endlich an keiner Stelle
Weiterschreiten des Rotlaufs stattfinden. Alle diese Symptome gewahrt man
«iner dem Einzelfall richtig angepalsten Ichthyol- oder Resorcin-Behandlnng. Die
Haaptschwierigkeit der letztem liegt aber darin — und das mag der Gnmd sein,
weshalb sie sich noch nicht allgemeiner Zustimmung erfreut — , dals diese reduziereD-
den Mittel in höherer Konzentration auf gewissen Hautstellen und bei manchen
Individuen selbständig Ödem und Blasen hervorrufen könuen, also Symptome^ n
denen schon durch das Erysipel an sich die Disposition gegeben ist. Es wäre z. &
niemals ratsam, bei einem Erysipel, das nach Operation am Penis auftritt, Ichthyol
in stärkerer Konzentration anzuwenden, weil dasselbe an dieser Hautregion leicht die
geschilderten Symptome hervorruft. Glücklicherweise sind aber die PradilektiDi»-
stellen des Erysipels (Gesicht, behaarter Kopf) gerade sehr geeignet für die staike
Behandlung mit Ichthyol und Resorcin. Da man im Einzelfalle nun aber doch nur
selten die Reaktion der Haut auf diese Mittel genau kennte so sind diejenigen Wege
«inzuschlagen, welche auch sonst bei der Behandlung der Hautkrankheiten siek
geeigrnet erwiesen haben, um derartige unliebsame Nebenwirkungen zu vermeiden.
Wir erreichen das auf zweierlei Weise, einmal indem wir mit ganz schwidier
Prozentuierung beginnen, dadurch eine Abblassung und stärkere Verhomiing herixh
fuhren und dann zu stärkerer Prozentuierung übergehen. Gewöhnlich ist dazu jedoeb
beim akuten Verlaufe des Erysipels keine Zeit. Immerhin sind schwache (1 — 2*A;
Lösungen beider Mittel in Form feuchter Umschläge hin und wieder recht gut n
verwenden, um das Erysipel zunächst zum Stillstand zu bringen und zugleich die
Reaktion der Haut auf diese Mittel zu prüfen. Der andre Weg ist die Yermischm^
4er Mittel in hoher Konzentration mit solchen andern Mitteln, welche atets olme
derartige Nebenwirkungen die Haut zur Abblassung, Eintrocknung und Sdummpfnif
bringen. Unter diesen ist vor allen die einfache Zinkpaste zu empfehlen (üngt
Zinci 96, Terrae Siliceae 4), soweit es sich um die unbehaarte Haut handelt. Auf den
behaarten Kopfe, wo selbstverständlich nur dann Pasten angewandt werden können,
wenn das Haar kurzgeschnitten getragen wird, ist in allen andern Fällen die Mischimi;
der Mittel mit Leinöl andern Vehikeln vorzuziehen, da dieses selber ein schwadi
reduzierendes Mittel ist.
Sehr angenehm sind femer für den behaarten Kopf halb wässerige, hilb
spirituöse Sprays, auf deren Anwendung eine EinÖlung des Kopfes mit Leinöl
folgen kann. Übrigens darf man von der direkten Behandlung des behaarten Kopfes
ganz Abstand nehmen, wenn das Erysipel die Grenze derselben bereits allseitig aber-
schritten hat, und braucht dann nur die Ränder mit einer starken Resorcin* oder
Ichthyolpaste enei^sch zu behandeln, z. B. 9 Pasta Zinci, Resorcini a 25,0.
M. D. S. 3—4 mal täglich auf die angefeuchtete Haut sanft einzureiben.
Für Erysipel in der Genitalgegend ist wegen der leicht auftretenden Schwellung
überhaupt lieber von den reduzierenden Mitteln Abstand zu nehmen und statt dessen nsd
Watteverbände anzuwenden, welche durch eine Mischung von Aq. Plumbi mit öVäKät-
bolwasser o dauernd feucht gehalten werden. Einzelne ganz umschriebene Erysipel-
stellen kann man durch Aufpin selnng von starkem Ichthyol- oder Resorcinkollodium
abortiv behandeln, wobei die mechanische Kompression ebenfalls gunstig ins G^
wicht fällt.
243
Sehr wichtig ist die prophylaktische Behandlung der Nasenschleimhaut des an
recidivierenden Erysipelen des Gesichtes leidenden Patienten. Hier sollte gewohnheits-
gemHb morgens and ahends eine Bespülung durch lauwarme schwache Ichthyol-
losung mittels Aufschnaubens oder Iigektion unter geringem Drucke (Gummiballon)
angewandt werden, oder statt dessen gleiche Bespüluugen mit einem Chinarinden-
dekokt. Unna.
^ttf^ithtntt.
Über eine Beihe von Hautaffektionen berichtet Gbobok T. Elliot an der Hand
TOü einschlagigen Fällen. Als seltene Affektion ist zunächst ein Fall von tropho-
BeurotiBclier Ckuigrftn in Gestalt von 25 resp. 28 Stecknadelkopf- bis zehnpfennig-
stückgrofsen gangränösen Stellen im Ausdehnungsgebiet beider Glutäalnerven ge-
schildert. Dafs die Affektion auf nervöser Basis beruhte, war bei der bestehenden
Anästhesie der betroffenen Gebiete und der ziemlich intensiven Empfindlichkeit über
den Proc. spinös der letzen Lendenwirbel und dem oberen Teil des Sacrum nicht
zweifelhaft. Heilung erfolgte in drei Wochen. In differentialdiagnostischer Beziehung
kommen Herpes zoster gangraenosus, Batkau ds symmetrische Gangrän und ähnliche
Läsionen bei Diabetes und Nephritis in Betracht. — Ein Unikum dürfte der folgende
Fall Ton reeidivierendein, doppelseitigeiii Herpes zoster der Halsnerven sein.
Derselbe entwickelte sich an einem 39jährigen Arbeitsmann dreimal im Laufe von
ebenso vielen Uonaten und zwar in völlig ausgeprägter Deutlichkeit Bei dieser
Gelegenheit empfiehlt Verf. auch die von Halste ad angegebene Anwendung des
PACQüBLiNschen Thermokauters als sehr zuverlässiges Mittel gegen die neuralgischen
Schmerzen.
Femer wird ein Blasenansschlag an Händen, Fufsen, Lippen, Zunge und
hartem Gaumen als Folge von Ohinin (0,3) an einer 48jährigen Irländerin be-
schrieben. Eine solche Wirkung dieses Medikamentes ist bisher nur in 5 o'der 6 Fällen
erwähnt worden.
Ein Fall von Liehen mber planus bot Interesse dar wegen der Mitbeteiligung
der Mnndchleimhaut, welche eine Verwechselung mit Syphiliden sehr nahe legte.
Die klinischen Erscheinungen beider Affektionen werden genauer besprochen. Des-
gleichen bot ein Fall von Llelien ruber acnminatns Gelegenheit, auf die Differential-
diagnose zwischen dieser Erkrankung und Psoriasis punctata sowie Ekzema papulosum
einzugehen. Entgegen der Ansicht des dermatologischen Kollegiums von New York,
kalt Verf. daran fest, dafs L. ruber planus und acuminatus nur Modifikationen der-
selben Krankheit sind. In therapeutischer Beziehung hat sich die lokale Behandlung
mit Hydrarg. bichlorid. (0,12—0,9 auf 27,0 üngt.) und Acid. carbolic. ß— 6 % mit
Hogt. diachyl. Hebrae) als ein wesentlicher Fortschritt gegenüber der früher üblichen
internen Behandlung erwiesen. Auch Hesorcin (77o) leistete sehr gute Dienste in
einem andern inveterierten Falle von achtjähriger Dauer. In therapeutischer Be-
ziehnng war ein Unterschied zwischen den verschiedenen Formen des Liehen nicht
zu konstatieren.
Endlidi wird noch über ein aus einem Ekzem entstandenes ausgedehntes
Papillom des Perinenms, welches auf den Wert einer zweckmäfsigren lokalen Be-
liandlung hinweist, und über ein frühzeitiges Auftreten von Bnpia syphilitica an
2 Patienten wenige Monate nach der Primärinfektion berichtet. Als geeignetste Therapie
244
empfiehlt Verf. den internen Gebrauch möglichst grofser Dosen Jodkali neben lokaler
Applikation von Üngt. hydrargyri mit Ungt. zinc. oxyd. (1 : 8 oder 1 : 4). (faumai of
cutan. and genito-urin. Diseases. Sept. 1888.) Pküippi'Febberg.
H. Fröhlich betont in einem Aufsatze : Gedanken über die Begnlienmc dar
mensclillchen Eigenwärme (Wien, klin Wochenschr. 1888. No. 37—39), worin er
übrigens die ^ Selbstregulierung der Eigenwärme mittels der ventilartig wiriceDden
Aderwände*' hervorhebt, dafs fieberhafte Krankheiten Syphilitischer die syphiütiidiezi
Erscheinungen zurücktreten lassen, (pag. 804.)
Vielleicht bewegt dieser Hinweis Kollegen, ihre diesbezüglichen Beobachtungen
von koinzidier enden, fieberhaften Krankheiten bei florider Syphilis des ausführlicheren
mitzuteilen. Für Theorie und mehr noch Therapie des Fiebers wäre aus mancber
— weil scheinbar zu alltäglich (?) — bisher unterlassener Beobachtung Schätzbirei
zu gewinnen. Fa^dy-NeroL
G. L. HüTCHiNSoi? macht auf den Nutzen der mechanischen Behandlung mittek
Heftpflasters bei dem „Bückenschmerz der LokomotiTenflUirer" aufmerkum.
(eTourno^ of cutan, and genitihurinary Diseases, Juni 1888.) FiUppi-Felsberg.
Die Wirkung der verschiedenen Stoffe anf den TuberkelbaciUus hat ntck
dem BuR, gm, thir, Villemix zu dem Zwecke studiert und in folgender Beihe n-
sammengestellt, um hierdurch jenen Forschem, welche mit dem Suchen nach ebesi
passenden Heilmittel für die Tuberkulose beschäftigt sind, mit nützlichen Winkes
darüber, welchen Mitteln sie ihre Aufmerksamkeit in erster Beihe zuwenden BoUteo,
an die Hand zu gehen. Nach des Verf. Forschungen wirken auf die Kulturen Ton
Tuberkelbacillen gar nicht: Benzoesäure, Salicylsäure, Harnsäure^ SalicylaldehTid,
Natriumbenzoat, Natriumbiborat, Bromkampfer, Chloral, Koniferin, Ferrocyankalinn,
Leucin, Natriumphosphomolybdad, weifser Phosphor, Bhodankalium, Harnstoff und
ürethan. Von geringem, aber immerhin nachweisbar verlangsamendem Einfluß taf
die Entwickelung der Kulturen sind: Acetanilid, Aceton, Aldehyd, Ammoniakskim,
Ghromalaun, Natriumarsenat, Kobaltnitrat, Kaliumnitrat, Benzophenon, Ammanian-
bichromat, Quecksilberbijodid, Kobaltchlorür, Eukalyptusöl, Terpentinöl, Ferricjis-
kalium, Jodkalium, Zinklaktat, Natriumnaphtylsulfit, Hesorcin, Natriumsulfat, 2nk-
sulfat, Koffein, Kaliumchlorat, Aluminiumchlorid, Natriumsulfit, Terpen, TerpinoL
Bedeutend hemmend auf die Bacillusentwickelung wirken : Natriumacetat, Acetophesoi
arsenige Säure, Borsäure, Pikrinsäure, Pyrogallussäure, schweflige Säure, Äthyl-
alkohol, Methylalkohol, Kaliumnitrit, Benzin, Chloroform, Kreosot, Äther, Natriom-
fluorid, Erdöl, Natriumhyposulfit, Jodoform, Menthol, Nitrobenzin, neutrales Kalimn-
oxalat, Salol, Alumiuiumsulfat, Natriumäthylsulfat und Toluol. Die Kulturen des
TuberkelbaciUus sterilisieren vollständig: Kieselfluorwasserstoff, Ammoniak, Kiesel:
fluoreisen, Kieselfluorkalium, Kaliumpolysulfide und Natriumsilikat. (Nach Jhd.'BL]
Bei der Bedaktion eingegangene Litteratur:
Majoghhi. Coniribuzione allo studio della etiogenesi di alcuni eruzioni secondarie ndh
scabia deHT uomo e degli animali domestid. Parma, L. Battbi. 1887.
Finger, über Behandlung der SyphiUs mit subkutanen KaUrtneli^jekHonen. (Wieoer
med. Presse. 1889. No. 48 ff.)
Htde. Dermatitis tuherosa due to ingesUon of ihe Jodine Compounds, (MedicalKevi
1888. 13. Okt)
VeiiAg Ton Leopold Voss In Hamborg (nnd Lelpiig).
Druck der TerlagMUtfUIt oad Drucker«! Actien-Gecellachaft (yornuac J. F. Bickter) ia Hcmbwrs.
p0Qat0|(fte fit ^iMi^t lemtatobigit
Band VIII. No. 6. 15. März 1889.
Weitere Beiträge zur Lehre des Liehen niber.
(1. Liehen ruber scarlatiniformis. Hallopeau. Liehen planus atypicus.
2. Liehen corne. 3. Liehen penis.)
Von
Dr. S. ßÖNA,
ordinierender Primararzt in Budapest.
Seit der Publikation meiner 14 resp. 13 Fälle von Liehen planus
habe ich hier in Budapest wieder 10 neuere Fälle zu beobachten Ge-
legenheit gehabt, von denen aber nur 8 in meiner Behandlung waren,
unter den letzteren sind 2 Fälle auTserordentlich merkwürdig und
lehrreich in Hinsicht auf besondere fremdartige Erscheinungen. In
beiden Fällen trat die Krankheit sehr akut, mit fieberhaften Symptomen
verbünden, auf und wich im ganzen Verlauf wesentlich von den gewöhn-
lichen, alltäglichen, auch mehr akuten Fällen ab.
Flüchtige, auch chronisch werdende Röte groJser Partien, Anschwel-
lungen, ja selbst pemphigoide Eruptionen traten allein oder in Be-
gleitung einzelner Knötchennachschübe auf und verdeckten den Grrundprozefs
&st total. Die Knötchen selbst, im Bereiche dieses fulminanten Herganges
sind, wie überhaupt bei akuten Eruptionen, sehr blutreich, nicht
glänzend, meist rund oder konisch. Verschiedene Verfärbungen, geringe
Abschilferung, oberflächliche Atrophien folgen nach. Die Patienten
magerten ab, und bei einem der Fälle endete der Prozeis durch interkur-
rente Pneumonie letal. Im letzteren Falle wurde auch die Schleimhaut
des Rachens, des Kehlkopf deckeis, der Zunge, der Nase in grofsartiger
Weise in Mitleidenschaft gezogen.
In der französischen Litteratur finden wir bei Lavbrgnb^ einen,
diesen nur annähernden Fall beschrieben (Fall XXV), und auch er fühlte
sich, frappiert durch einzelne Erscheinungen (wie diflfuse Rötungen und
Infiltration), veranlafst zu betonen, dals bei diesem Patienten vorhergehend
imtierende Einreibungen gebraucht wurden.
' Contribution ä Pitude du liehen planus. 1883.
Monatshefte. 17
246
«
In der deut&clien Fachlitterattir lesen wir bei Eapon' sehr
interessante Angaben über derartige Vorkommnisse bei Lieben ruber
planus. KiPOSi beobachtete einigemal, dals an der Süme, an deo
Schultern, am Bmstblatte über flachbandgrorse und gröfsere diffuse
lebhafte Kötung und Temperatursteigerung sich einstellten und dafs
erst nach Wochen und unter Auftreten von Teleangiektasien die charak-
teristisch glänzenden Knötchen sich entwickelten. Ebendaselbst bemeikt
Kaposi, dafs in seltenen Fällen sich der örtliche Prozefs zur ßildunf
von Pemphigusblasen steigert (Über leteterwfihnte £ntzündimg9-
prozesse berichtete ich auch von anderen Autoren in meiner letzten Arbeit)
Aber in all diesen Angaben sind diese Vorkommnisse als ganz neben-
sächliche hingestellt; solche als Hauptsymptome — das Gmndleid«
gänzlich verdeckende, zu Irrungen und zu verschiedenen Deutungen ver-
leitende — beobachtet, fanden wir nur bei Unna* in seinen Pariser
Briefen wiedergegeben. Unna teilt daselbst 2 wahrscheinlich hierher
gehörende Fälle Hallopbaus unter der Bezeichnung Liehen planus und
Liehen ruber scarlatiniformis mit. Und obzwar Unna (ja in
letzterer Zeit selbst Hallopeau) in bezug auf Diagnose und AufhsamBg
dieser Fälle anderer Meinung ist, hat er doch das Verdienst, solche Nk
das erstemal zur Besprechung ans Tageslicht gebracht und deren Diskutie-
rung dadurch ermöglicht zu haben.
Bei meinen Fällen muisten die diffuse Kote und Ansebwetlung ak
Hauptsymptome angesehen werden, und konnte nicht auf irritierende Salke
zurückgeführt werden, weil sie spontan, schubweise, ohne äufserlickes
Hinzuthun blitzartig auftraten und später gröfstenteils ' einen cfaronischea
Charakter annahmen.
Gewifs waren diese meine Fälle mit den von Lavbrgnb und deo ▼«
Unna citierten Fällen identisch, und nach so langer Beobachtung, laA
eingehendem Studium und Erwägung aller Momente zögere ich hent»
nicht mehr, solche Fälle für atypische Liehen planus-FäUe anzuspreeheB.
Denn abgesehen davon, dais Kaposis Angaben beweisend sind für solche
Vorkommnisse, dafs Lavergnes XXV. Fall ein ausgesprochener Liehen
ruber war, dafs Hallopbau sich durch gewisse Sjnnptome aus eigeser
Erfahrung veranlafst sah, früher jener Krankheitsform den Namen
Liehen ruber scarlatiniformis zu geben, habe ich mich selbst davon
überzeugt, dafs diese exzessiven Flächenentzündungen dem Liehen
planus angehören können.
Und nun veröffentliche ich diese 2 und im AnschluJs aueh die übrigen
& in mehrerer Hinsicht interessanten Lichenfälle.
* ReaUncyklopädie der gesammten Heilkunde. 1887. Artikel Liehen.
' Pariser Briefe. Monatsh. f. prakt. Dermat 1888. pag. 567.
947
Fall XV. Liehen planus atypicas. (L. r. scarlatiniformia) H. V.,
37 Jahre, Tagelöhner, kam am 4. April 1887 in mein öffentliches Ambulatorium.
Patient war bis anfangs Dezember 1886 (damals litt er an Zoster pectoralis
der linken Seite) gesund. Am 3. Januar 1887 erkrankte er unter fieberhaften Sjmp-
tomeni Grofse Schwäche, Hitze bemächtigte sich seiner, so dafs er die Arbeit ein-
stallen und sich ins Bett begeben mufste. An der rechten Backe bemerkte er einen
5 Pfennig grofsen roten, nicht juckenden Fleck, welcher sich innerhalb 2 Tagen ver-
grolserte, die ganze rechtsseitige Gesichtshälfte — den Hals rikigshernm okkupierte.
Am 2. Tage der Erkrankung traten auf beiden Ellbogenspitzen, an den dorsalen
Flächen der Hände und Finger, an beiden Enieen ähnliche blalsrote Flecke auf, welche
rasch gröfser wurden, bis zur Flachhandgröfse und darüber. Keine Knötchen, keine
Bläschen wurden bemerkt, nur diffuse Böte. Mit Ausbreitimg der Flecke empfand er
ein Brennen und heftiges Jucken an den erkrankten Stellen. 7 Tage lang konnte
Patient nicht arbeiten vor Fieber und Schwäche. Am 8. Tage nahm er seine Arbeit
bei der Staatsbahn' (er war Wagenschieber) wieder auf» mufste sich aber nach
3 Tagen wieder auf 7 Tage niederlegen. Seitdem fühlt sich Patient sehr schwach,
abgemagert, er kann keine Last heben; auch sein Appetit ist sehr schlecht Das
Jucken beraubt ihn seiner Buhe überhaupt bei Nacht. Jucken trat auf dem Skrotum
aaf. Der Ausschlag wechselte seinen Typus nicht — die erkrankten Stellen waren
stets trocken, heifs und schuppten sich nur stellenweise sehr allmählich ab. Auch
oberhalb des rechten Darmbeinkammes entstand ein Fleck. Erst nach dreimonatlicher
Daner, am 4. April, entschlofs er sich, sein Leiden einem Spezialisten zu zeigen.
St. praes. Patient ist von mittlerer GröDse, muskulös, aber abgemagert, sehr
anämisch. Seine Haut zeigt folgende Veränderungen: An der Nase, im Gesichte
^ren HnsengroIÜse, auch gröfsere blafsrote, glatte, nicht schuppende mit Komedonen
oder Sebumanhäufung nicht versehene Flecke, welche auf Fingerdruck auf Momente
erblalsten. Zwischen den Barthaaren waren sehr zahlreiche, auch konfluierende, scharf
begrenzte und aschgraue, infiltrierte Flecke. Von da breitete sich die Infiltration
auf den Hals hinunter, bildete um denselben einen 3 fingerbreiten Gürtel, welcher
hinten knapp unter der Haargrenze vorüberging, die behaarte Kopfhaut trei lassend.
Der gurtelartige Fleck war an den Bändern blalsrot, an manchen Stellen (in der
Mitte) graulich, nicht glatt, sondern aus hirsekorn- bis linsengrofsen, flacherhabdnen
in der Papillarschichte, auch in der Cutis sitzenden Infiltrationen bestehend. An der
Ormze nur Hyperämie und mäüsige Anschwellung. Keine Knötchen.
Symmetrisch an beiden Ellbogen war die Haut an fiachhandgrofsen Stellen mit
Terschwommenen Grenzlinien rot, trocken, oberflächlich infiltriert, mit mehr ausge-
Bproöhenen Bewegungslinien. Neben ähnlichen roten, aber mehr lividen oberflächlichen,
fiachenhaften Infiltraten der Dörsalflächen der beiden Hände waren auch linsen- bis
lOpfenniggrofse, flach erhabene, scharf begrenzte Flecke. Solche scharf begrenzte
Infiltrate auch an den Dorsalflächen der Phalangen. Wieder symmetrisch wie an den
Ellbogen waren ganz ähnliche, handgrofse, rötlich-livide Infiltrate an beiden Knieen
ra sehen.
Circa 2 cm oberhalb des rechten Darmbeinkammes war ein 2thalergrorser, in
der Mitte narbige Atrophie zeigender, durch Kratzen exkoriierter Fleck mit blauroten
Bändern. Nirgends in der Umgebung Knötchen, und überhaupt war die Haut sonst
normal. Auch an den Schleimhäuten fand sich nichts Krankhaftes.
In den innem Organen nichts Abnormes zu konstatieren.
Patient wurde von heftigem Jucken gequält.
«
17»
248
Ich konnte nach dieser Aufnahme keine positive Diagnose aufatelleiL
Fremdartige, so zusammengefügt von mir noch nie gesehene, nie
gelesene Erscheinungen waren diese, welche in keinen der vorhandenen
Bahmen pausten.
Der Fall machte auf mich vom Beginn den Eindruck eines diffusen
Liehen planus. Mit flächenhaften Infiltrationen des letzteren hatte der
Ausschlag vermöge seiner Farbe und Trockenheit, und oberfläcUichen
nachfolgenden Hautatrophie, venhöge des intensiven Juckens, vermiß
der Stabilität und Hartnäckigkeit grolle Ähnlichkeit, aber diese Diagnose
wurde nicht durch die ausschlaggebenden Primäreffloreszenzen
unterstützt.
Auf Momente konnte man an Lupus erythematodes, überhanpt
an den des Gesichtes denken. Es fehlten aber selbst dort die Primär-
effloreszenzen, es fehlten die Komedonenzäpfchen, die erweiterten Follikd-
mtindungen, die Sebumauflagerungen und Fettschuppen überall.
Von Ekzem, von Psoriasis konnte keine Bede sein, aber an one
seltene und für jüngere Ärzte mysteriöse Krankheit, an die Pity-
riasis rubra Hebrae muiüste gedacht werden. Ich selbst habe nie
genuine Pityriasis rubragesehen, und die Beschreibungen vonHjSBRAsen.
und junior, von Kaposi geben keine sicheren Erkennungszeichen für die An-
fänge dieser Krankheit. Auch war die kranke Haut mäfeig infiltriert, an
einzelnen Stellen durch Wochen nicht schuppend und ein unaussteb-
liches Jucken verursachend.
Ich verliefs mich auf den weiteren Verlauf der Krankheit und ver-
ordnete nur indifferente Salben.
Verlauf. Patient kam 2 Wochen hindurch jeden 2. — 3. Tag in das Ambu-
latorium, ohne dafs seine Krankheit eine Änderung erfahren hätte. Ich verordnete
dann Arsen und habe Patient bis zum 1. Juli, also ca. 3 Monate, nicht gesehea.
Damals schon seit 3 Wochen durch typische, tägliche febris intermittens geplagt»
kam er wieder zu mir. Gesicht und Hals waren wie oben beschrieben. Nese
Eruptionen seit 3 Wochen an der Stirne, an den oberen Augenlidern und u
den Hinterbacken. An der Stime besteht die Eruption aus stecknadelkopfgrofsen,
roten Flecken. Die oberen Augenlider sind in ihrem ganzen umfang«
polsterartig gedunsen, blafsrot mit dunkelroten Bändern, weich, elastisch; mr
gends Knötchen.
An den Hinterbacken sind flachhandgrofse, lebhaft rote Infiltrationen, und io
deren Umgebung zahlreiche diskrete, auch gedrängt stehende, meisteoi
hirsekorngrofse, blafsrote, nicht glänzende, nicht schuppende, 8olid&
runde oder flache Knötchen, welche fast durchweg den Follikeln entsprecheo
und mit Härchen versehen warea Man sieht knapp an der Grenze der Infiltrite
4—5 Knötchen zusammenschmelzen und so in die Infiltrate übergehen, wo man keine
Knötchen mehr unterscheiden kann. Oberhalb des rechten Darmbeinkammes u
Nacken, am Skrotum sind die Infiltrate blutig zerkrazt.
Auch die Mundschleimhaut war erkrankt. An beiden Wangen sah man
zahlreiche, mohnkomgrofse, grauweifse Knötchen und Trübungen. Therapie: Chinin.
i-ii
249
3. Juli. Intermittens ausgeblieben. Die Knötchen an den Nates aplanierten sich,
ihre Stellen waren hyperämisch, nicht infiltriert. Die Infiltrate wie frnher. Th. Asiat.
Fülen. Patient ist dann wieder 5 Wochen lang ausgeblieben, nahm weder Arsen, noch
behandelte er sich äufserlich.
Seine Krankheit machte weder Re- noch Progression. Ich sah ihn dann erst im
oäcbsten Jahre (1888) am 3. März wieder. An den kranken Stellen des Halses, der
Ellbogen waren feine Schuppen in grofser Zahl vorhanden, auch an den Nates, Enieen
Abschuppung. An groJBen Flächen ist die Mitte atrophisch -grau. In der Um-
gebung der Infiltrate, überhaupt an den Armen und Oberschenkeln stecknadelkopf-
groüse, blafsrote, teilweise mit Schuppen versehene, nicht glänzende Knötchen. Solche
diskret auch an den Unterschenkeln, ein papulöses Ekzem imitierend. Hier und da
Exkoriation, aber nirgends Nässen oder Pusteln. An der Wangenschleimhaut
an der Zunge punktförmige, grauweifse Knötchen. Patient ist sehr abge-
magert, bleich, schwach.
19. März. Am Nacken, in der Umgebung des schleifenartigen Infiltrates mohn-
korngrofse, polygonale, flache, taubengraue, harte, etwas glänzende
Knotehen, sehr zerstreut, auch hanfkorngrofse, kreisrunde, narbige,
atrophische Stellen. Die Schleimhaut ist jetzt gesund.
Handteller, Fufssohlen, Nägel normal. Das Jucken dauert fort. An den Unter-
schenkeln gab essehr vereinzelt halblinsengrofse, in der Mitte narbig depri-
mierte, braunrote Flecke.« Nach Aussage des Patienten erblalsten und schilferten
die Flecke ab und zu, um dann in der Peripherie wieder hyperämisch zu werden,
wenn eine neue Attacke kam.
Patient war stets ungeduldig, ja ungeberdig. Von den asiatischen Pillen nahm
er kaum 60 Stück im ganzen. Seit dem 19. März 1888 sah ich ihn nie wieder.
Nach den beschriebenen Symptomen, selbst nach einjähriger Beob-
achtnng, fafste ich noch nicht denEntschlnfs, eine positive Diag:nose zu stellen.
Es lebte in mir die innere Überzeugung, dais dieser Fall ein atypischer,
ungewöhnlicher Fall des Liehen planus war, wobei die Krankheit nicht
die exquisiten Charaktere darbot, wo statt Knötchenausbruch flächenhafte
Erytheme und Infiltrate plötzlich auftraten, wo Knötchen, wenn auftretend,
Ton diflFuser Hyperämie begleitet waren, einen akuten flüchtigen Charakter
besafsen, daher ihre Runde, ihre intensive Röte, welchen aber dann
grauliche Ver&rbungen, Hautatrophien, narbenartige Umwandlungen der
Cutis mit mäfsiger Defurforation auf dem FuTs folgten.
Auch einzelne sehr konstante grauweifee Knötchen, die spärlichen,
halblinsengrofsen, braunroten atrophisch deprimierten Stellen, dann die zwar
flüchtige Erkrankung der Schleimhaut waren Momente und Symptome,
welche bei Liehen planus so häufig zu beobachten sind. Und doch fehlte
niir 80 manches — so die glizemden gelben Knötchen, die hypertrophischen
Plaques, die zierlichen Bogen, der Glanz, die Pigmentflecke etc., und so
stellte ich den Fall bei Seite — auf neuere Erfahrung wartend.
Fall XYI. Liehen planus atypicns. Flächenhafte Hyperämien und
Infiltrate. PemphigoideErnptionen. Erkranknngder Zange, der Wangen,
des fiachens, Kehlkopfdeckels und der Nasenschleimhaut. Interkurrente
Pneumonie, Tod.
2q0
Th. A., 48jährige, verheiratete Leiermannsgattin, kam am 3. April 1888 ia meia
Öffentliches Ambulatorium. Bis vor 10 Wochjen war sie — einen roten, juckendM
Fleck an der Innenseite des linken Oberschenkels aasgenommen, welcher schon i«it
3 Jahren bestehen soll — stets gesund. Sie hat 2 Kinder geboren, das letzte vor
24 Jahren. Vor 10 Wochen wurde die Haat an der Streckseite des linken Vorder
*
armes auf einmal rot, mit runden» derben, schuppenlosen Knötchen dicht besäet, imi
Patientin verspürte Qin unstillbares Jucken. (Nach Schilderung des damals behsa-
delnden Arztes Dr. N. Schwabz, der die Patientin mir zuschickte.) Nirgends «area
Bläschen oder Nässen vorhanden. — Die Haut war difiPus rot, gedunsen, trocken,
von den Knötchen hökerig. Seitdem wurde symmetrisch der andre Vorder
arm ähnlich krank.
Nebstbei trat diffuse Hyperämie und oberflächliche Infiltration an beiden Oto-
armen und an der Brust auf. Seit 4 Wochen sind ähnliche, aber mehr livide Infiltrate
an den Dorsalflächen der Phalangen, seit 2 Wochen symmetrisch an beidea
Knieen zu sehen.
Die Brust ausgenommen, juckten die kranken Partien sehr. Von Fieber weilt
Patientin und Arzt nichts; sie klagte nur über hochgradige Muskelsch wache nad
Appetitlosigkeit. Seit 6 Wochen bestehen sich steigernde Schlingbeschwer-
den. Stuhl regelmäisig. Theraphie nur indifferente Salben.
St. praes. Patientin sehr stark, mit kolossalem Fettpolster. Ihr Gang iä
vermöge ihrer Fettleibigkeit sehr erschwert, trippelnd. *Die allgemeine Decke ist ver
schiedenartig erkrankt. Die Gesichtshaut — das Sann und eine thalergrofse Stelle der
linken Gesichtshälfte ausgenommen — diffus dunkelrot (wie Fieberröte), die Na«,
Ohren, Kopfhaut, in groDsen Flecken der Hals ringsherum, der gröfste Teil der vor-
dem Brusthälfte, der Bäckenteil zwischen beiden Schulterblättern. Die höchste Koi*
vexität der Bauchdecke, beide Hinterbacken, die Hinterflächen der Oberschenkel dif fm
dunkelrot, mäfsig geschwollen. Die Augenlider polsterartig gedunsea,
weich, elastisch, die übrigen Partien des Gesichts steif, wie bei Oedema stabile.
Die Böte ist nicht gleichförmig und eintönig, wie auch die Anschwellung nicht. Blaiaroi
und geschwollen sind die Stellen bei frischen Infiltrationen, bei älteren sind nur die
Bänder mehrere Zentimeter breit rot und geschwollen, ihr» Mitte asch* od«
taubengrau, auf groüse Strecken Hautatrophie zeigend. Stellenweise verorsaehen wo
die Bänder Jucken.
An beiden Vorderarmen (Streckseite) ist die Haut dunkel bis blaurot infiltriert;
das Infiltrat, gebildet durch Aneinanderreihen von tausenden von roten, spitses,
derben, mit Hornlamellen bedeckten Knötchen. Die Haut ist *hier beim
Anfühlen sehr rauh, raspelartig. Knötchen findet man auch an der Beuge-
und Seitenfläche der Vorderarme diskret oder in linsengrofsen Flecken teils plan,
teils spitz, rund, mit oder ohne harte Schuppen, dunkelri)t. Die Inoes-
fläche der Vorderarme ist sonst nur hyperämisch. Hier breitet sich jetzt erst der
Prozefs aus und zwar so, dafs einerseits ein die Infiltration der Streckseite umschliefsender
mehrere Zentimeter breiter bis livider Hof auf diese Fläche tibergreift, anderseits aber,
daXs aus 5—6 Knötchen bestehende elevierte erythem. Flecke entstehen, in gröfBersr
Zahl. An der Dorsalfläche der Hände mit scharfgeschnittenen Bändern, den beides
Seiten zu, eintönige, dunkel blaurote, holperige Infiltration. An den Dorsalf lachen
der Phalangen plaqueartige linsen- bis lOpfenniggrofse, blaurote In*
filtrate ohne Knöthchen. Nägel gesund. In den Handtellern, an der Pal*
marfläche der Finger linsengrofse und kleinere, rote, infiltrierte
Flecke. An der inneren Fläche des linken Oberschenkels, oberes Drittel, sieht mis
eine handtellergrolse, blaurote, mit kleinen Narben versehene Infiltration, wekke
251
sohon seit 3 Jahren besteken soll. An den Yorderflaclien der Oberschenkel, an den
Knieen sind 10p fennig- bis handgrofse Hyperämien, welche auf Druck
abblassen. Die Haut ist ganz glatt, nicht infiltriert. An den Dorsal flächen der
Fäfse sind zahlreiche typische, gelbe oder blafs- bis dunkelrote, poly-
gonale, grlänzende, flache Liehen planus-£nötchen, welche an der Mittel-
linie sa mehreren grölseren Infiltrationen zusammen fliefsen.
Schleimhaut: An der untern Lippe, an der linken Wange linsen-
grofse und gröfsere diffuse rote Fleke, an welchen nadelspitzgrofse
grau-weifse Knötchen zu sehen sind in grofser Zahl. Die beiden arcus
pharyng^o-glossus sind rot geschwellt, mit zahlreichen sehr kleinen
graulich- weifsen Knötchen besäet, ebenso die hintere Rachenwand, so
weit sie dem Auge sichtbar, diffus infiltriert, mit ebensolchen Knötchen
dicht besetzt. Am linken Bande der Zunge, 1 cm von der Spitze, ist ein
linsengTofser Fleck, gebildet aus stecknadelkopfgrofsen grau-weifsen
Knotehen.
Das Offnen des Mundes ist erschwert durch die Infiltration der Gesichtshaut.
Das Jucken qvält Pat. nur abends beim Auskleiden und überhaupt an den
Händen und Vorderarmen. Beim Tage oder im Bette hat sie mehr Buhe. Sie schwitzt
selbst im Sommer sehr mäfsig. Innere Organe gesund. Th. Asiatische Pillen, aufser-
dem 10*/o Bleisalbe.
Verlauf, 6. April. Pat. ist bettlägerig, Temperaturerhöhung 38^ Gestern
waren die Augenlider der Pat. derart geschwollen, dafs das Öffnen der Augen unmöglich
war; heute ist diese Schwellung bedeutend geringer. An den Unterschenkeln flössen
die hyperämischen Flecke zusammen und verlieren sich nicht ganz unter Fingerdruck.
Ich stellte Pat. den 7. April dem ungar. Arzte-Verein als Liehen planus
atypicus vor.
11. April. Hehrere neuere flachhandgrofse, auf Fingerdruck nicht
verschwindende, blafsrote, scbarfbegrenzte Flecke am Bauch und an der
Vorderfiäohe der Oberschenkel. Die Haut ist an diesen Stellen heifs konsistent wie bei
l&rysipel. An den Unterschenkeln sieht man nach intensivem Druck auf der geblich
gewordenen Haut punktförmige Hämorrhagien.
Auch an den neuen Flächen wie an ihren Grenzen fehlen die Knötchen total.
An den Vorderarmen bildet sich der begrenzende blaurote Hof zurück, und man sieht
nur die roten Knötchen und ein gekörntes Infiltrat. Nur an den ältesten
Infiltraten ist feine Abschilferung; an den Oberarmen sieht man ein flaches,
polygonales, nicht glänzendes, graues Mosaik an der Oberfläche des Infiltrates.
Pat. empfindet seit 2 Tagen Schmerzen beim Urinieren. Di^ kleinen Lippen
sind geschwellt, dunkelrot, stark prolabierend. Die Vaginalschleimhaut
diflfus rot, gesehwollen, mit Eiter bedeckt. Der Urin mittels Katheter genommen zeigt
sich blafsgelb, hat ein spez. Gewicht von 1025, enthält kein Eiweifs, nur grofse
Mengen Urate.
Therapie wie oben. Auf die Schamlippen Aqua Goulardi. Auf die Salbe wird
te Jacken erträglicher.
21. April Laryngoskopie durch Herrn Prim. Dr. Löai: An der
unteren Fläche des Kehlkopfdeckels sind zahlreiche Knötchen auf
geröteter Basis. An der Zunge die beschriebenen Plaques. Seit gestern
Schmerzen im Schlund — nicht Trockenheitsgefühl. Pat. kann mit Mühe nur flüssige
Nahrang hinunterschlucken, an der Zunge hat sie selbst beim Wassertrinken Schmerzen«
Der Mand kann noch weniger geöffnet werden, denn seit gestern ist das ganze Gesicht
252
und die Augenlider wieder geschwollen. An den Kanten der Lider ist Kataorrb
und Exkoriation vorhanden.
Das Jucken ist nur auf Hände und Vorderanne lokalisiert. Die frischen, grolaen
Hyperämien sowie Infiltrate sind grÖfstenteils hirsekorngrofse, nicht
glänzende, durch Anfühlen kaum konstatier bare, blafs- oderdunkelrote,
auch gelbliche, durch gesunde Hautstellen separierte Knötchen
zurücklassend. Arsen wird weggelassen.
28. April. Die linse ngrofse Plaque des linken Zungenrandes wurde
geschwtirig und heute sieht man ein bohnengrofses, einem Zahneindrucke
entsprechendes, träges oberflächliches, sehr schmerzhaftes Oeschwür,
welches die Nährung der Kranken noch mehr erschwert. Gesicht, Lider, Kim
infiltriert. Jetzt breitet sich der Prozefs vom Bauche auf die Brust in grofsea
diffusroten, scharlachähnlichen Flecken. Diese Stellen sind heifs bein
Anfühlen. An beiden Kubitalfalten, unter der rechten Brustdrüse je ein bohneB-
grofses, durch Kratzen entstandenes, seichtes, schmutzig belegtes Geschwür. Tfc.
Jodoform. Kein Fieber.
3. Mai. Geschwür nur mehr am rechten Arm, daher Odem des rechten
Unterarmes. Die übrigen Geschwüre verheilen schon. An der Zungenspitie
entstand ein neues linsengrofses Geschwür. Das andere heilt auf Argentmi
nitr. Schlingbeschwerden. Th. Arsen.
8. Mai. 140 Pillen. Nasenbluten seit Tagen. Arsen bleibt aus.
11. Mai. An der Innenfläche des rechten Oberschenkels auf erythe-
matöser Basis thalergrofse gedrängte Haufen einer Herpeseruptioo
mit wasserklarem Inhalt, ebensolche mehrere an den beiden Hinter-
flächen der Unterschenkel und am Bauch. Noch immer nur an den Annea
und'Füfsen typischer Liehen ruber, nirgends sonst. Stellenweise an vorher rotes
Stellen taubengraue Verfärbung ; Atrophie und feine Abschilferung der Haut. ScfaÜDg-
beschwerden werden gröfser, Fat. bringt selbst Wasser nicht hinunter. Die Flüssig-
keiten kommen durch die Nase zurück, näselnde Stimme; die hintere Fläche des
Rachens ist weifsgrau, matt rigid, ohne Blutgefafse. Das Gesicht gedunsen, hart^kit
ein steinernes Aussehen; das Öfifnen des Mundes kann nur mäfsig geschehen.
15. Mai. Beide Füfse ödömatös angeschwollen, mäfsiges Fieber, Bronchialkatarrii,
Nasenbluten. Die Herpesbläschen sind abgeflacht, im Eintrocknen be-
griffen. Die Zungengeschwüre fast geheilt. Pat. kann vom Bette nicht auf-
stehen, ist sehr schwach, kann nur sehr wenig Milch hinunterschlucken.
22. Mai. Kein Eiweifs im Urin. Ein neuer fufsgrofser erythematös
infiltr. Fleck am Bücken, in dessen Mitte 5 — 6 linsengrofse bereits
geplatzte Bläschen. Alle Stellen, Vorderarme und Füfse ausgenommen, sind mit
kleienformigen Schuppen bedeckt. Fieber; rechtsseitige Pneumonie.
29. Mai, früh. Lungenödem. Der Ausschlag abgeplafst, nur Infiltration
und Knötchen unterscheidbar. Abends: Agonie. Tod.
In Beioer Art einzig steht dieser Fall da. Unverkennbare anhaltende
Zeichen des Liehen planus, Erytheme, Flächenentzündnngen,
ja vesikulöse Eruptionen kombiniert fanden sich hier vor. Die
intensive Erkrankung der Mund- und Eachenschleimhaut, des Kehldeckels,
der Zunge, vermutlich auch der Nase erschwerten den Fall, aber im
gro&ei) und ganzen war er mit dem vorigen identisch.
263
Die folgenden 5 Fälle sind mehr gewöhnliche Liehen planus-Fälle.
Drei bergen doch erhöhtes Interesse in sich.
Fall XVn. Liehen planus. Zoster arsenicalis?
K. G., 33 Jahre, verheiratet, Hansinspektor, kam am 17. März 1888 in mein
öffentliches Amhulatorium. Im Jahre 1885 nach Genesung von der Cholera be-
merkte er an der linken Wade 3 hirsekomgrofse, mäfsig juckende Knötchen, welche
hinnen 6 Wochen fast den ganzen linken Unterschenkel okkupierten, und seither
breiteten sie sich auch auf den rechten Unterschenkel, auf die Oberschenkel, Hinter-
backen und Ereuzgegend, Vorderarme und zuletzt auf den Nacken aus. Das Jucken
steigerte sich abends und im Winter.
In seinem 15. Jahre überstand Fat. Scarlatina und Erysipel as fac. Im Jaly^
1876 Ulcus vener. penis. An Rheumatismus hat er nie gelitten. Er war stets nervös,
aufgeregter Natur. Sein Vater starb an Apoplexie. In seiner Familie kamen keine
Hautkrankheiten vor.
St. praes. Patient ist wohlgenährt, stark gebaut. An beiden Unterschenkeln,
yon den Knieen bis zum untern Drittel an der Innenfläche des linken Knies aus
linsen- bis bohnengrofsen blaugrauen Plaques zusammenfliefsende Infiltration. An den
Oberschenkeln, Hinterbacken und Kreuzgegend, an den Beugeflächen, der Vorderarme
teils zerkratzte, teils unladierte typische, von nadelspitz- bis linsengrofse flache, glän-
lende, gedellte, polygonale, gelbe oder blaurote oder taubengraue Knötchen. Solche
auch dichtgedrängt am Nacken.
Th. Asiatische Pillen innerlich, äufserlich UiifNASche Salbe.
Am 21. April nach 101 Stück Pillen (ä 0,0025 mg Arsen) Herpes Zoster
am linken Schulterblatt. —
Patient hat seitdem bis heute ca. 2800 St. asiatische Pillen genommen, ist voll-
kommen bis auf Pigmentati onen geheilt, ^r war während dieser Zeit stets gesund,
hat aber ca. 8 kg abgenommen. Zoster reci vidierte nicht.
Folgender Fall war heim ersten Anhlick einem Herpes tons. mac.
universalis znm Verwechseln ähnlich.
Fall XVIII. Liehen planus acutus der Haut und Schleimhaut.
A. H., 45 Jahre, Tagelöhnersgattin, kam am 7. Juli 1888 in mein öfientlichea
Ambulatorium. Patientin gibt an, seit 5 Monaten an einem juckenden Aussehlag der
vorderem Brusthälfte zu leiden, welcher vor 14 Tagen nach einem Frostanfall und
unter fieberhaften Symptomen rapid um sich griff und bis heute die ganze Haut okku-
piert. Seit 14 Tagen sind auch Schlingbeschwerden und Trockenheit im Rachen
vorhanden.
Patientin hat 6 Kinder geboren, von denen 2 leben und gesund sind. Haut-
oder Nervenkranke kamen in ihrer Familie nicht vor. Patientin selbst war nie rheu-
matisch, aber seit 2 Jahren leidet sie an Kopfschmerz und Schwindel.
St. praes. Gesicht und Kopf haut vollkommen frei. Am Halse ringsherum sind
höhnen- bis 10 pfenniggrofse blaurote, mit weifsen, dichten Schuppen bedeckte Infil-
trate. An beiden oberen und unteren Extremitäten in grofser Zahl nadelspitz-,
hirBekomgrofse, nur ausnahmsweise glänzende, gedellte, gelb- oder dunkelrote Knötchen,
aufserdem linsengrofse, ins grauliche spielende rote Infiltrate, besonders an der Kückenseite
der Hände. An der Innenfläche der Vorderarme, in den Kniekehlen zahlreiche
^Opfennig- bis thalergrofse, mit weifsen Schuppen bedeckte oder schuppenlose, runde,
längliche, blaurote, auch schiefergraue, mattglänzende Infiltrate. Unzählbare hirsekom-
git)i8e, gelbe, typische Liehen planus-Knötchen zwischen linsen- bis lOpfenniggrofsen,
264
teils mit Schappan bedeckten, teils mit glatter, polierter Oberfläche yerseheaes Infil-
traten am Stamm, einem Herpes ton s. mac. zum Täaschen ähnlich. An der Um-
bindungssteile des Stammes ringsherum reifFörmige, in beiden Inguinalgegenden, u
den grofsen Schamlippen grofse, mit Horndetritns bedeckte, schiefergrane, sckuflw-
grenzte Infiltrate.
Am Praeputium clitoridis, an der Innenfläche der grofsen Labien
mehrere linsengrofse, blaurote rigide Plaques.
Handteller, Nägel gesund. An den Fufssohlen linsengrofse and grofsere rote
Flecke, mit gesunder Hornschicht bedeckt.
Schleimhaut: Mundschleimhaut rein. Beide arcus palatoglossus ud
pharyngeus überhaupt — letztere sind grauweifs, holperig, glanzlos — trocken. Hefti|^
Jtcken quält Patientin überhaupt in der Nacht. Patientin klagt über Hitzegefohl.
Temperatur normal.
Verlauf: Aufserlich 10% Borsalbe. — Innerlich asiatische Pillen.
16. April. Nach einem Bad sind die Schuppen abgelöst, an ihrer Stelle ist die
Haut rot infiltriert, an vielen Stellen grauweifs durchschimmernd. Nirgends Nässoa.
Auf den Handtellern frische, linseng^fse, rote Infiltrate.
24. April. Status idem. Patientin habe ich seitdem nicht gesehen.
Folgende 2 Fälle waren gewöhnliche Liehen planus-Fälle.
Fall XIX. Liehen planus primär(?) ander Mundschleimhant Varicet.
N. F., 42 jähriger verheirateter Ingenieur, kam am 11. August 1888 in meine
Privatordination. Seit März 1888 bemerkte Patient am rechten Unterschenkel einzelne
rote, derbe Knötchen. Seitdem entstanden an verschiedenen Stellen ähnliche miUsif
juckende Knötchen. Früher war er stets gesund und hatte nie Bhenmatismas, isl
nicht nervös. Auf der Mundschleimhaut zeigte Patient schon vor einem
Jahre weifse Plaques verschiedenen Ärzten, welche für Syphilis erklärt worden.
St. praes. An beiden Unterschenkeln (vordere Seite) zahlreiche lineen- bis
lOpfenniggrofse blaue oder braunrote hypertrophische Plaques. Hochgradig erweiterte
Venen, deren Rayons aber frei von Plaques sind. Auüserdem mehrere Eratzlinieo
entsprechende Lichenschnüre. An * den Oberschenkeln, Hinterbacken, am Stamme,
an^der inneren Fläche der oberen Extremitäten, der Haut des Penis, an der Innenfläche des
Präputium hirsekom* bis hanf korngrofse, glänzende, flache Knötchen. Am schwan
pigmentierten Skrotum grauweifse, abstehende, scharfbegrenzte Kreise und Knötchen.
An beiden Trochantergegenden 20pfenniggrofse Broche-Formen. An Jiandtellen
und Fufssohlen zahlreiche hirsekorn- bis hanf korngrofse, blafsrote, in der Mitte mit
weifslicher, zerklüfteter Hornschicht versehene Flecke. An der Lippenschleiinhtiil
unregelmäfsige, narbenartige Trübungen, längliche Streifen und zahlreiche hirsekom-
grofse, grauweifse Knötchen ; an den Mundwinkeln gefurchte, dicke, getrübte Hornschicht.
Th. "Asiatische Pillen.
Verlauf: Ich sah Patient seitdem 6 mal, zuletzt am 6. Dezember 1888. Bis dorthin
nahm er mehr als 600 Pillen; der Ausschlag bestand nur aus infiltrierten Flecken,
meistens an den Unterschenkeln. |Er nimmt Arsen fort.
Fall XX. Liehen planus.
J. Sz., 32 jähriges lediges Stubenmädchen, kam am 31. Dezember 1888 in mein
öffentliches Ambulatorium. Patientin bemerkte im September 1887 am rechten Obe^
Schenkel, hintere Fläche, einen lOpfenniggrofsen, trockenen, braunroten, juckenden An-
schlag. Seitdem breitete sich der Ausschlag auf beide untere Extremitäten aus, und Patientin
magerte auffallend ab. Vor Beginn der Krankheit litt sie häufig an Wadenkrämpfea^
255
Das Jucken ist im Sommer heftiger, im Winter mäfsig, und auch nur abencU. Patientin
hat im Jahre 1879 ein gesondea Kind zur Welt gebracht, vor 3 Jahren abortierte sie
im 3. Monat der Schwangerschaft. Vor 6 Jahren hatte sie an Bheumatismus der
oberen ESxtremitaten gelitten, gegen welches Leiden sie Schwefelthermen gebrauchte.
In ihrer Familie kamen Nerven- und Hautkrankheiten nicht vor.
St. praes. Am Stamm an den Hinterbacken zahlreiche typische Liehen-planua-
Knötohen, an den Troohantergegenden einzelne Broche-Formen, hier und da Kratz-
effekte. Am aahlreichsten sind die Knötchen an den Oberschenkeln. An den Unter-
iohenkeln vereinzelte kleine braune Pigmentflecke. Hände und Fülse, Schleimhaut
frei. Innere Organe gesund.
Th. Asiatische Pillen. Patientin steht noch unter Behandlung.
Fall XXI. Liehen cornS. Varices.
F. ScH , 44 jähriger verheirateter Kaufmann, kam am 21. Januar 1879 auf mein
Sffentliches Ambulatorium.
Seit 5 Jahren bemerkte er an beiden Unterschenkeln trockene, langsam wechselnde,
juckende Knoten, von welchen manchmal die gröfseren durch Kratzen oder Beiben
irritiert eiterig zu werden pflegen. Seit IVs Monaten ein kleiner juckender Fleck am
Penis. Manchmal verspürt Patient an den innem Flächen der Vorderarme, in den
Kniekehlen heftiges Jucken; das Jucken an den kranken Stellen stellt sich abends
beim Auskleiden ein. In der Familie sind keine Nerven- oder Hautkrankheiten vor-
gekommen. Patient selbst war fast stets gesund — nur vor 10 Jahren litt er an
heftiger rechtsseitiger Trigeminus Neuralgie. Sein Hautleiden wurde bisher nicht
behandelt.
St. praes. An der vorderen Hälfte des linken Unterschenkels im mittleren
Drittel sieht man ein linsen- und 20pfenniggror8es Infiltrat mit rauhe, punktierte
Oberfläche zeigender verdickter Hornschicht bedeckt. Oberhalb des gröfsem Infiltrates
ist ein erbsengrofses, ähnliches, gelblich durchschimmerndes, in der Mitte mit
kleiner blutiger Borke versehenes fluktuierendes Infiltrat (Vereiterung). Bings um
diesen vereiterten Knoten ist die Haut dunkelr^t, mäfsig geschwollen, heifs, die übrige
Haut des Unterachenkels ist trocken, mit Kratzspuren versehen, ohne Knötchen.
Im mittleren Drittel (innere Fläche) des rechten Unterschenkels, an der Platte
der Tibia, ist ein linsen- und ein bohnengrofses, längliches, 2 mm erhabenes, blais
rotes, scharfbegrenztes Infiltrat. An der äufseren Seite dieses Unterschenkels sticht
wieder ein bohnen- und ein mandelgrofses, längliches Infiltrat mit noch gröfserer
Oberfläche ins Auge. In der Umgebung dieser Infiltrate sind zahlreiche, den Haar-
follikeln entsprechende, steoknadelkopfgrofse, blafsrote, mit Horngübelchen versehene
runde Knötchen zu sehen. Die Haut ist um die Plaques trocken, feinschilfemd,
stellenweise exkoriiert.
An beiden Unterschenkeln erweiterte Venen. An der rechten Seite des
Penis, beiläufig in der Mitte, sieht man eine, seit IVs Monaten bestehende
halblinsengrofse, polygonale, blafs bläulich-rote, flache, in der Mitte
eingesunkene, sehr juckende, mäfsig glänzende Lichenplaque.
Die übrige Haut ist überall normal und nirgends sonst auf Liehen planus erin-
aemde Gebilde. Schleimhaut gesund. Patient steht unter Behandlung.
Fall XXn. Liehen planus (circinatus) penis et mucosae oris. (Pri-
paäre Erkrankung.)
A. D., doctorandus medicin., 27 Jahre, ledig, kam am 3. Februar 1889 in mein
eflentliohes Ambulatorium und gab folgendes an: Er bemerkte im Mai 1888 einen
BAÜaig, aber nur leitweise juckenden, trockenen Ausschlag an der glans penis,
256
welcher sich seither auf gröfsere Strecken ausbreitete, zierliche, nicht schoppenie
Kreisformen bildete. Hervorragende Arzte befragt, wurde die Diagnose auf Herpet,
primäre Psoriasis penis etc. gestellt und Ol. Cadini und weifse Prazipitatstibe ?er-
ordnet. Der Ausschlag machte keine Umwandlungen durch, nur traten eiaz ilne fritdie
Effloreszenzen auf, die wieder ELreisfbrmen bildeten. Patient bemerkte sonst nickti
an der übrigen Haut und an der Schleimhaut, hatte nie an Lues gelitten. In seiiier
Familie kamen weder Haut- noch Nervenkrankheiten vor und er selbst war stets gesnni
St. praes. Die ganze Haut ist, die des Penis ausgenommen, gesund.
An der dorsalen Fläche der Glans bemerkt man eine 1 cm lange, Vt cm breite, ba
zur Krone reichende Effloreszenz, welche eine längliche Kreisform bildet. Der RthaMB
dieser Kreisform ist scharf begrenzt, eleviert, blafs blaurot, hart und scheinbar iv
vielen hanfkomgrofsen, polygonalen, flachen, soliden Knötchen zusammengesetzt Die
Mitte ist eingesunken, im Niveau der übrigen Glanshaut, nur dunkler als jene. Nebes
dieser bemerkt man eine 20pfenniggror8e, von der Krone auf die Dorsalfläche do
Penis (Patient ist zirkumzindiert) hinüberziehende ähnliche, unregelmäfsige Krekform.
und noch eine ganz links und unten neben dem Frenulum; beide teilweise in Köck-
bildung begriflen, mit feinen Schüppchen bedeckt. An der untern Fläche des Fenii
unterhalb des Frenulum, ist wieder eine 20pfenniggrofse, fast kreisrunde Broche-Fora
aus glizernden, hirsekomgrofsen, sehr flachen Knötchen zusammengefügt. Aulserdeii
sind 2 hirsekorngrofse gedellte, blafs blaurote polygonale Knötchen an der unten
Fläche des Penis.
Schleimhaut. An der Oberlippe rechts und links je Vs cm oberhalb der
Mundwinkel erbsengrofse, zierliche, fast kreisrunde, grauwöilse Broche-Form, gebildet
aus verschmolzenen, mohnkomgrofsen, grauweifsen Knötchen. In der Mitte dieNr
Formen ist die Schleimhaut auf der linken Seite hyperämisch, auf der rechten gam
normal. An der Schleimhaut beider Wangen sieht man sehr feine, Halbkreisfonnes
bildende, grauweifse, elevierte Linien.
Von all diesen Gebilden weifs Patient nichts. Die übrige Schleimhaut ist nannsL
Theraphie: 10 Vo. Chrysarobin-Traumaticin am Penis. Patient steht unter BehaodlnBf.
Die Fortschritte der Hautanatomie in den lotsten
5 Jahren.
Von
P. Gr. Unna.
V. Die Nerven der Haut.
(Fortsetzung.)
Es versteht sich von seihst, dafs alle* diese willkürlichen Beziehungen
gewisser Apparate, seihst wenn sie als wirkliche Nervenendungen nu<
Sicherheit erwiesen sind, was ja z. B. für Merkels Tastzellen yon den
HoGGANs entschieden hestritten wird, zu hestimmten EmpfindongsqQsIi'
257
täten noch durchaus in der Luft schwebeD. Die Schwierigkeit lag bisher
zumeist daran, dals die Empfindungen der Haut selbst im kleinsten
Baume bereits gemischte sind. Hier haben nun die neuen Untersuchungen,
besonders von Goldscheed^r, über die Lokalisation der Kftlte-, Wärme-
ond Druckempfindung an allerdings sehr kleinen, aber doch mit geeig-
neter Methode isolierbaren Hautflächen, sogenannten Empfindungs punkten,
nnsre Anschauungen in ganze neue Bahnen gelenkt. Waren die Tempe-
latur- und Druckpunkte mechaDisch zu isolieren, so konnten sie auch
einer getrennten histologischen Durchforschung auf bestimmte, typische
Endigungen der Nerven unterworfen werden. Diesen Weg hat Gold-
8GHEIDE& in der ihm eigenen, umsichtigen und beharrlichen Weise
beschritten (Histologische Untersuchungen über die Endigungs-
weise der Hautsinnesnerven beim Menschen. Archiv f, Änat.
u. Phys. 1888. pag. 191). Er exstirpierte von seiner eigenen Haut
mehrere, genau vorher bestimmte, möglichst isoliert liegende, einzelne
Punkte und kleine Ketten solcher Punkte und untersuchte sie nach
der Goldmethode.
Alle exstirpierten Hautstückchen des linken Vorderarms zeigten
in ihren mittleren Schnitten die Ausbreitung eines gröfseren Blutge&lses
und eines gröfseren Nervenstammes. Wie Tomsa nachwies, dais zwischen
den Zirkulationsebenen der Haut gefäisarme Hautpartien sich befinden,
80 weist GoLBSCHJBiDEB dassclbc für die „Innervationsebenen^ derselben
nach. Nur stellt er sich darin auf meine Seite (entgegen Tomsa), dafs
die beiderlei Ebenen nicht nur durch Schnitte aufgedeckt werden, welche
schräg zur Oberfläche der Haut an den Haaren entlang laufen, sondern
auch durch senkrechte Schnitte, welche den Haaren und der Spaltrichtung
zugleich parallel sind. In dieser Weise müssen also auch künftige Unter-
Sucher der Hautnerven die Haut zur Aufdeckung des Längsverlaufes
der Nerven zu spalten suchen. Es zeigte sich nun, dals die in vivo
auffindbaren Sinnespunktketten anatomisch den Innervationsebenen ent-
sprechen, oder mit andern Worten, dafs die Punkte einer Kette dem
Längsverlauf eines Nerven folgen.
An den Druckpunkten steigt das Nervenbündel schräg zur Ober-
haut empor, zerfällt dann in einzelne Nervenfasern, von denen einige
in derselben Bichtung vor, andre rückwärts dicht unter dem Epithel
hinlaufen und nacheinander aufsteigende Äste abgegen. Die Nerven
laufen dicht nebeneinander, so dafs ein Schnitt das Gros derselben
enthält; dagegen weist derselbe wenige Gefäfse, nur einige Kapillar-
ftchlingen auf, während benachbarte Schnitte erst die Zirkulationsebene
entrollen. Druckpunktsnerven verlaufen also unabhängig parallel neben
den Gefäfsen.
An den Temperaturpunkten und zwar ohne Unterschied bei Wärme-
258
nnd KältepunkteD steigt das Nerrenbündel schrfige zur Oberhaut empor,
zerfällt aber nicht erst dicht anterhalb derselben, sondern schon etwas äefar
als die Drnckpnnktsnerven, im Stratum papilläre, in eine Dolde oder «in
ver&stigtes Geflecht markloser Fasern, die gerade oder schräge zum Üläfliri
aufsteigen oder sich schon in der Cutis verlieren, nm hier Tielleiebt
zu endigen. Die Ramifikation befindet sich stets unmittelbar benachbait
den Gefäfsen; einzelne Fäden mögen an die QefäTse seiht abgegeben
werden, die meisten ziehen aber jedenfalls der Oberhaut zu. Die Endaia-
breitung der Temperatumerven ist spärlicher, zarter und ktlrzer aU im
der Drucknerven. -
Gemischte Nervenbündel steigen also mit den Ge&lsen schräg ev
Oberfläche einem Sinnespunkt zu und breiten sich ftcherformig isasfs-
halb der Innervationsebene aus. Die Temperaturpunktsnerven halten sieh
mehr an die Gefäüse, die Druokpunktsnerven streben, parallel vedauleoi
weiter fort. Die spärliche Seitenverzweigung der letzteren ist schinr
durch die Nachbarschnitte zu verfolgen und repräsentiert die ,6e-
fühlsnerven^ Goldsgheedebs, welche „jenes matte, dumpfe Berfihning»-
und Schmerzgefühl leiten, aber kein Gefühl der Druckstärke und keine
Ortsempfindung. Sie machen das wahre Kontinuum der empfindenda
Hautfiäche aus." Diese seitlich von der Innervationsebene auftretendai
Nervenfäden stananen sicher von den Drucknerven, vielleicht auch vn
den Temperatumerven, wahrscheinlich auch direkt von den gemeinschafr
liehen Stämmen ab.
Diese letzteren Behauptungen sind offenbar sehr der Nach1Hlte^
suchung bedürftig. Eine Nötigung, die seitlichen Nervenäste herazm-
ziehen, um das Kontinuum der „matten Druckempfindung'' zwischen im
Innervationsebenen zu erklären, würde gamicht vorliegen, wenn Gouv
SCHEIBEB die Existenz eines subepithelialen Gttngliennetzes berückBicbtigte.
So aufserordentlich wichtig und lehrreich überhaupt die bisher mitge-
teilten Entdeckungen Goldsgheidebs über den gröberen NervenverW
der zu den verschiedenen Sinnespunkten ziehenden Nerven sind, so wenig
können wir uns durchweg mit den spärlichen Thatsachen und um so
weitläuftigeren Eaisonnemenis be&eunden, welche unser Autor über die
letzten Nervenendigungen beibringt. Er hat sich weder von der ExiBtou
der Nervenenden innerhalb des Epithels noch der Endigungen neben oder
innerhalb einer Zelle überzeugen können und führt folgendes als Grande
gegen das Vorkommen von epithelialen Nervenenden überhaupt an.
Erstens könnteti solche Endigungen mit geschwärzten ZellgrenieB
verwechselt werden; sodann sei die Schwärzung der Fäden keine speaifi-
sche und den Epithelzellen, besonders der unteren Lagen, gememsam;
endlich könne die Kontinuität mit Nerven der Cutis durch ÜberlageriBf
vorgetäuscht werdidn. Es thut uns leid, solchen Gründen in einer sonst
259
Tellkommen auf der Höhe der Zeit stehenden Arbeit «n begegnen; efi
sind dieses höchstens Mahnungen für Schüler nnd An&nger in der
Goldmethode, aber nicht Gründe für gewissenhafte Mikroskopiker. Es
folgen nnn wirklich sachliche Gründe.
6oiii>scHEiDEB sieht nfimlich erstens die Nervenenden wirklich am
Epithel enden, entweder spitz oder mit einem Knöpfchen. Dieser Thot-
lache gegenüber bedanem wir, dafs GoLDSCHEiBEit seine Goldpräparate
nicht an Osmiumpräparaten wenigstens kontrollierte. Drehrande, scharf
gezeichnete Nervenfäden im Epithel zu vergolden ist bekanntlich schwer
und nicht jedermanns Sache; dieser Teil der Arbeit gelingt an Osmium-
bildem weit leichter. Wir betonen hiermit die gröfste Schwäche der
GoLBSCHBiDEBschen Arbeit in technischer Beziehung.
Sodann fehlt Goldscheideb ein bestimmter Parallelismus zwischen
den gleichiQäfsig verbreiteten Epithelftden und den ungleichmäisig ver-
teilten Sinnespunkten. Die Fäden können deshalb mit Druck- und
Temperatursinn nichts zu thun haben. Für den Gemeingefühlssinn
(Waldeteb, GnuEiraAGEN) sind sie wiederum viel zu häufig, sie zeigen
keinen Parallelismus zu den Innervationsebenen, keine gröJsere Häufig-
keit in deren Nähe ; an den Druckpunkten liegen die Epithel&den ni«h4
häufiger nnd oberflächlicher als an der punktlosen Haut, was sie der
Konzentration der Nerven an dieser Stelle und der Stärke des gefühlten
Beizes nach sein müCsten, an den punktlosen Hautstellen hingegen sind
ffie wieder viel zu zahlreich im Vergleich mit den vorhandenen kutanen
Nervenästen. Mit eioem Woi-te, und darin hat GoLDSCHEmEB ja un-
zweifelhaft recht: es besteht eine fandamentale Inkongruenz zwischen
seinen Befanden (in vivo und anatomisch) über die Isolierung der SinneiB*
punkte und der gleichmäTsigen Ausbreitung der von andern gefundenen
Epithelnervenenden. Dieser Mangel an Parallelismus <)esteht in der
That und wird nur dadurch überbrückt, dafs zwischen beiden das
subepidermidale Nerven- und Gangliennetz eingeschoben ist, etwa so wie
zwischen der ungleichmäfsig spaltbaren Cutis und der gleichförmig gebauten
Oberhaut der gleichförmige Papillarkörper den Übergang vermittelt. Die
in dieser Beziehung methodisch höher stehende Arbeit der Hogöaä»
scheint Goldscheideb unbekannt geblieben zu sein.
Höchstens könnte man nach Goldscheibeb den Epithelnerven eine
atrophische" «Funktion zuschreiben; dann sei es aber unverständlich,
weshalb sie Über die Keimschicht der Oberhaut hinaus sich verbreiteten.
Übrigens ist nun auch fQr Goldschecdee das Resultat unbe«-
friedigend, dafs die Endigungen an den qualitativ verschiedenen Punkten
sich als gleichartig ergeben, abgesehen von der möglichen freien Endigung
m der Cutis und der für ihn — merkwürdigerweise ■— unwahrschein-
Bchen d^r Temperaturpunktenerven an den Gefäfsen. Für die Druck-
260
übertraguDg würde gerade keine reizübertragende Zelle notwendig ma,
wenn sie auch immer als Schutz und Vermittler, wie der Nj^lkopf
für den Nagel, sehr zweckmäfaig sei; für die TemperaturübertragaDg wiie
der Nachweis einer cellulareu Eudiguug aber wohl eigentlich recht not-
wendig — und doch finden sich solche oellnlare EadiguDgen am richlagBa
Orte nach Goldscheider nicht. Aus dieser Not macht unser Aator
nun eine Tugend. Die Nerveuendknöpfohen und selbs
würden bei ihrer Kleinheit sehr ^roüer ßeize bedürfen, ue
sprechenden Eindruck hervorzubringen; wie also die Nervenl
immer endigen mögen, stets gehört eine Summation dieser kl<
dazu, um wahrgenommen zu werden, und dazu dient die
Verbreitung der Endflste, wie sie besonders beim Druckp
In dieser Flächenauadehnung der letzten Nervenverästeluii
GoLDSCHEiDER gerade den hier zweckmälsigen und nach sei
sonst fehlenden Nervenendapparat. Wir gesteben, dafe uoi
legung nicht dafür blind macht, dab es uns — und auch G
selbst — sehr angenehm gewesen wäre, wenn wir wirklich
Endapparate, und zwar verschiedene für Druck- und Temj
kennen gelernt hätten. Die Summation kleinster Reize mag
Windung des Schwellenwertes für die Haut notwendig und d
der Hautnerv enäste dafür sehr geschickt sein, sie enthel
durchaus nicht der Mühe, der Umwandlung des Druckes ei
der TemperaturdifTeienz anderseits in Nervenerregung ii
elementaren Nervenenden nachzuforschen. Unser Wissensdn
Beziehung läfst sich nur durch Aufzeigung verschieden gi
apparate befriedigen, nicht durch den Hinweis auf eine
artige Verteilung der zu ihnen hinführenden Endäste abspeia
Wie geflissentlich GrOLDSCHEiDEB der naheliegendsten
welche diese Siohtung einschlagen könnte, aus dem Weg
das folgende Kapitel, welches das Verhältnis der Temperatur
zu den GreßÜsen erörtert. Die Zusammenlagerung dieser Ne
Gre&Tsen soll nämlich keinen andern Zweck haben, als (
Ausgleich der Temperatur des Temperaturpunktes zu bewirj
so wichtiger sei, als der ß«iz der Temperaiurdifferenz die
punkte nicht blois durch Ermüdung, sondern auch durch die
änderung selbst schädigt. Gegen die Beziehung der QeM
vermittler spricht ihm, dafe keine konstante Beziehung zwischei
und Eigentemperatur existiert. Eine solche müljte vorbände
die Temperatur punktsnerven nur als zentripetale GeMsuerve:
das jeweilige Kaliber der GefiÜse als Kälte oder Wärme 2
sein bringen würden. Sodann spreche, gegen eine solche
Leitung, dafs die Temperaturpunktsnerven über die Ge&lse j
261
das Epithel verfolgt werden könnten. Dieser letztere Umstand würde
natürlich nnr dafür sprechen, dafs die Temperatnrpnnktsnerven gemischte
seien nnd Zweige andrer Art an das Epithel oder Verbindungszweige
zum snbepithelialen Plexus abgeben. Und diese haben wir sogar sehr
nötig, mn für die Beziehnngen des G-e&fskalibers zn der Mnskelspannung
der flaut (Unna, Bonnet) ein Substrat zu besitzen. Anderseits ist gewiis
das Ge&üskaliber keine einfache Funktion der Eigenwärme des Haut-
gewebes, sondern eine aus yerschiedenen, zentripetal und zentrifugal
geleiteten Bewegungen entstehende Resultante. Aber jedenfalls bildet die
Eigenwärme der Haut darin einen Faktor, den die zentripetale Leitung
auch dann allein richtig zum Bewuistsein bringen kann, wenn die B>esul-
tante einen davon weit yerschiedenen positiven Wert besitzt. Allerdings
würde hierzu eine einfache Leitung vom Gefk&endothel zur Hirnrinde
nicht genügen, wohl aber eine Verbindung des Endothels mit peripheren
Ganglien und dieser mit der Hirnrinde einer-, dem vasomotorischen
Zentrum anderseits. Diese peripheren Ganglien sind aber sowohl an den
Geftfsen wie im subepithelialen Plexus nachgewiesen. Ohne dieselben
würden nicht nur diese Probleme der Physiologie, sondern alle pathologi-
schen Phänomene der Angioneurosen unverständlich sein. Gerade die
GoLDSCHBiDERschen Untersuchungen, wie keine andern bisher, haben der
Anschauung eine feste Stütze gegeben, dafs der temperaturempfindende
Endapparat kein andrer als die Gefäfswandung selbst ist. Wenn dieser
Autor auch nur von einer Anlagerung der Temperaturpunktnerven an
die Geftise spricht, so haben wir allen Grund zu glauben, dals ihm die
wahren Endigungen hier ebenso entgangen sind wie an der Oberhaut.
Den Unterschied zwischen Kälte- und Wärmepunkten sieht Gold-
SCHBIDEB in einer molekularen Verschiedenheit der beiden Arten von
Nervenenden begründet und stützt sich dabei auf die merkwürdig ver-
Bchiedene Reaktion beider Arten von Temperaturpunkten auf das Menthol
und auf Herzjbns Beobachtung, dafe bei Druck auf den Nervenstamm
zuerst der Kältesinn, viel später erst der Wärmesinn erlischt. Lieber
beschränkt hier Goldsgheider das Gesetz von der Gleichartigkeit der
Nerven zu srunsten einer Ausnahme für die Nervenenden, als dafs er die
naheliegende Deutung, der nicht nervöse Endapparat (das BlutgeftJs)
reagiere diametral verschieden auf Kälte und Wärme, acceptiert.
Sehr wichtig ist der Mangel an Tastkörperchen an Stelle der Druck-
punkte, wie Gk)LD80HEn)ER richtig hervorhebt. Dafs dieselben keine für
die Druck- und Ortsempfindung notwendigen Gebilde sind, hat man ja
schon wegen ihres beschränkten Vorkommens, immer gewufst. Aber sie
sind auch nicht an den Ort der Konzentration der Druckempfindung
gebunden. Goldschbider sieht in ihrem gehäuften Vorkommen an
Händen und Püfsen, dals die „Arbeitsfläche", nicht die TsÄtfläche hier
MonatahelU. 1^
262
den Schutz der Endorgane verlange. An der Zungenspitze seien v«iug«r
Tastkörperchen als an den Fingerspitzen, obwohl dort das TasUenD^gw
feiner ist* Übrigens paist die oben mitgeteilte Erfahrung der HoeoABB^
dais die FACiNischen Körper um so dickwandiger sind, je tiefer sm
lagern — welche ich bestätigen kann — nicht gut zu der schon oft yw-
gebrachten Deutung der bindegewebigen Hüllen der Nerrenendeii ab
Schutzapparate.
Schliefslich weist Goldbchbider noch mit Recht darauf hin, dab ii
dem Vorhandensein eines gröberen Nervenstammes an dem exstirpierta
Temperaturpunkt, an dem Nadelstiche durchaus nicht schmerzhaft em-
pfunden wurden, ein absolut sicherer Beweis f)ir die Analgesie der
Temperaturnerven liege.
Fasse ich nun noch einmal die wichtigsten Punkte zusammen, weM»
wir der ausgezeichneten Untersuchung von Goldbghbideb verdanken, m
muis dieses Besum^ allerdings in einigen Stücken erheblich Ton den
eigenen Besumö des Autors abweichen.
Für sehr wertvolle Beiträge halte ich die folgenden neuen Thi^
BfAohen :
1. Die Verbreitung der Hautnerven in Innervationsebenen, wenigsteoi
an Orten (Vorderarm) mit ungleichförmiger Spaltbarkeit. Die Anoidnug
an solchen mit gleichförmiger Spaltbarkeit wäre noch zu untersuoheD.
2. Die typische Anordnung und Anhäufung der Nerven an StaUi
der in vivo wahrzunehmenden Sinnespunkte.
3. Die charakteristischen Verschiedenheiten in der Ausbreitung der
zu Druckpunkten und zu Temperaturpunkten ziehenden Nerven, spesieB
in ihrem Verhältnis zur Zirktdationsebene.
Dagegen stehen für mich auf sehr schwachen Füfsen:
a. Die Verlegung der Nervenenden in die Outisgrenze und die Nidit-
berücksichtigung des subepidermoidalen Plexus,
b. die Polemik gegen die Epithelnerven,
c. diejenige gegen die Heranziehung der Blutge&fse als Endoi]gsM
der Temperaturnerven und
d. die Hypothese einer verschiedenen molekularen Struktur ia
Kälte- und Wärmenervenenden.
Alle die genannten schwachen Punkte fliefsen als gemeinsame Kon-
sequenz aus der offenbar zu einseitigen und unzureichend angewandteo
Untersuchungsmethode der ]^erven. Ein eingehendes Studium dir
Arbeiten der übrigen Histologen, besonders derjenigen von Bonkst nsd
dem Ehepaar Hoogan würden die histologischen Besultate wahrscheinüfik
ungemein bereichert und auf die Höhe des physiologischen Teils der
GoLDSCHUiDSRschen Arbeiten gehoben haben.
^
263
Über die Dermatitis herpetiformis Dnhrings.
Von
Dr. L. Bbocq
in Paris.
(tn>«rs6tst von Dr. TOrkheim in HamburgrO
n. Teil.
(Fortsetzung.)
Dermatitis polymorpha pruriginosa chronica k poussöes successives.
Zweite Gruppe von Fällen.
(Varietas gravis.)
Beobachtungen, die scheinbar zur Dermatitis polymorpha pruriginosa
chronica gehören, die aber tödlich enden.
Streng genommen, konnte man hierher die Beobachtung 10 rechnen, jedoch trat
der Tod hier wohl mehr infolge einer interkurrenten Krankheit und nicht infolge der
Dermatose ein. Anderseits gebe ich gern zu, dafs es etwas gezwungen erscheint, die
Beobachtungen 90, 31 und 32 hier aufzuführen; ich verweise dieserhalb auf die bei-
{(efugten Anmerkxmgen.
Beobachtung 29. (Ich verdanke dieselbe der Freundlichkeit von Dr. Laillbr,
anf dessen Abteilung sie durch den Assistenten Gibodb aufgenommen wurde. —
Noch unveröffentlicht.)
Arthur B . . ., 39 Jahre alt, Landmann, aufgenommen am 7. Juni 1887, Pavillon
Bazxv No. 84, Abteilung von Laillbr, Hopital Saint-Louis. Das jetzige Leiden begann
vor ungefähr 20 Monaten ohne nachweisbare Ursache an den untern Augenlidern.
Ein halbes Jahr lang blieb es auf diese Stellen beschränkt. Es bildete sich ein roter
Fleck, der sich bald mit einer wenig hervorragenden Phlyktäne bedeckte; dieselbe
trocknete sofort wieder ein, ohne aufzugehen, es sei denn, dafs der Kranke sich kratzte.
Nach einigen Wochen fielen die Schuppen oder Krusten ab, und dasselbe Spiel wieder-
holte sich wieder von neuem. Erst seit August 1886 breitete sich der Ausschlag auch
auf die benachbarten Teile aus. Vor seiner Aufnahme ins Krankenhaus war Patient
mit Wachssalbe, mit üngt. zinc. oxyd., mit einem gleichartigen Gemisch von Schwefel-
grüner Seife und Oleum Cadin., sowie n^it Wallnufsblätterthee behandelt worden,
jedoch ohne Erfolg.
Status praesens. Patient ist nicht nervös, macht einen völlig gesunden Ein-
dnick; vielleicht hat er 1871 eine Perikarditis durchgemacht. Der Ausschlag hat, mit
Ausnahme der Hände, der Ffifse und des untersten Teils der Unterschenkel, den ganzen
Korper befallen; er besteht aus Plaques, Flecken oder gröfseren Streifen, dazwischen
liegt nahezu gesunde Haut. An den frischerkrankten Stellen läfst sich das erste
Stadium der Krankheit gut untersuchen. Es besteht zuerst Hautrötung, auf der sich
eine Blase oder nur wenig hervorragende Vesikel-Blase bildet; die Blasenhaut ver-
wandelt sich im weitern Verlauf in feine Schuppen oder derbere gelbliche Borken,
die bisweilen infolge von Kratzen hämorrhagisch sind. Die Elrankheit beginnt also
mit einer Vesikel oder einer kleinen Vesikel-Blase, die mit einer trüben Flüssigkeit
gefällt ist und auf einem klaren, roten Untergrunde von Vs Fr.-Stnck-Gröfse ruht
18*
264
Die Röte breitet sich dann nach der Peripherie hin weiter aas, und die Blue
gröfsert sich, bleibt aber flach nnd trübe. Anderwärts stöüst man auf eine erythe^
matöse, noch abgerundete Plaque, mit Schuppen oder Krusten in der Mitte, die Tcm
einen Blasenkranz umgeben sind, während ein erythematöser Hof das Ganze omiieiit.
Auf älteren Plaques ist die Mitte bisweilen schon abgeschuppt und nur noch ichwicb
gefärbt oder gar schon geheilt. Die Ausbreitung der Plaque erfolgt nicht lange regd-
mäfsig ; hat sie den Durchmesser eines 5 Fr. -Stücks überschritten, so hört sie an einer
Seite fast immer zu wachsen auf, während die andere Hälfte in gegebener Eichtoo^
weiter fortkriecht und zwar so eigenartig, dafs wirkliche circinäre Fignren ent
stehen ; dabei schiebt sie einen dreifachen Kranz von Erythemen, Blasen und Schuppen
immer vor sich her, in dessen Konkavität eine desquamierte, glatte, nahezu bräunlidie
Fläche zurückbleibt. Alle diese eben beschriebenen Formen sind zur Zeit nebeneis-
ander am Körper sichtbar. Auf der Bauchhaut und der Bückfläche der Vorderame
und Oberschenkel weist der Ausschlag einen noch eigentümlicheren Charakter anL
Hinter dem erwähnten dreifachen Kranz, auf den abgeschuppten Stellen entstehen,
3 oder 4 cm von dem ersten Entzündungsherd entfernt, ein, zwei oder mehrere neue
Eruptionen, die in gleicher Bichtung sich vorbewegen und in regelmäfsigen Abstaadei
sich folgen, wobei sie ihre Bogen parallel zu den frühern entwickeln, aber einen sm
so kleinem Baum einnehmen, je später sie entstanden sind. Man sieht dergestalt sif
der Hinterfläche des linken Vorderarms vier eruptive Ordnungen, die sich in Ab-
ständen von ungefähr 3 cm folgen. Das Ganze erweckt in uns die Vorstellung voa
Wellen, die sich in einer bestimmten Bichtung fortbewegen.
Die zentrifugale Ausbreitung dieses Erythema bullosum ist nicht unbegrenit;
nach einer bestimmten Zeit des Bestandes hält sie plötzlich inne, und der Ausschlag
verschwindet. Bei den eben beschriebenen konzentrischen Eruptionen erlöschen <fis
jüngste!) Kreise, bevor sie die Grenze des ersten erreicht haben ; alles vertrocknet n
gleicher Zeit an einer bestimmten' Stelle. Man kann das sehr schön an der Anisen-
fläche des rechten Oberschenkels beobachten. Bisweilen taucht während der Ver
trocknung noch eine kleine Plaque auf, sei es an den Teilen, die sich abschuppen,
sei es weiter hinaus; diese Plaque breitet sich aber nicht weiter aus, sondern Ter
schwindet bald wieder.
Auf der behaarten Kopfhaut besteht eine feine, trockene, reichliche Abschuppong,
sonst nur noch einige unregelmäfsige rote Streifen, keine Blasen und Borken. Dat
Gesicht ist fast ganz mit ziemlich dicken Krusten bedeckt, die eine förmliche Maske
bilden. Die Krusten sind gelb oder schwärzlich, stellenweise fest anhaftend, die Baal
darunter rot und nässend. Nach Angabe des Patienten besteht dieser Zustand aeit
mehreren Wochen fast unverändert. Einige Borken fallen ab, es bilden sich an ihier
Stelle aber neue. Die Schleimhäute bieten nichts Abnormes.
An einigen Körperstellen hat Patient durch Kratzen die Blasen aufgerissen voA
die Borken abgelöst, die Haut darunter erscheint exkoriiert oder gar arrodieit
gerötet, glänzend und sondert eine gelbliche Flüssigkeit ab, welche das Leinen etw
steift. In den Achselhöhlen, am Skrotum und den entsprechenden Teilen der
Schenkel ist die Haut gerötet, glänzend und sehr nässend. Auf dem Penis und
besonders auf der Eichel befinden sich kleine spitze, lebhaft rote Granulationen.
Das Jucken ist lästig, war aber vor der Aufnahme ins Krankenhaus noch ^
heftiger. Jetzt ist es teilweise ganz verschwunden und kehrt ganz unregelmalag
wieder. Die einzelnen Anfälle sind mit Spannen in der Haut verbunden. Tas^ (ud
Wärmegefühl sind beinahe normal; kein Ameisengefühl, keine trophischen Stdrangen
in den Nägeln. Die Härchen auf den Extremitäten sind wenig zahlreich nnd an-
geblich teilweise ausgefallen; die Augenbrauen sind dünn, die Drüsen nicht g^
265
flch wollen, über die Sohweifsabsondeniiig ist nichts Sicheres zu ermitteln, indessen
wird die Haut leicht feucht, wenn Patient auch nur wenig bedeckt, im Bett liegt.
Das Gemenge yon Schweifs und den krankhaften Absonderungen verursacht um den
Kranken einen widerlichen Geruch. Die Haut fühlt sich heifs an. Temperatur des
Abends 38,2. Das Körperfett hat nicht abgenommen. Appetit mafsig, aber geregelt;
Verdauung gut, der Stuhl normal. Harn zucker- und eiweifsfrei; Schlaf etwas auf-
geregt. Der Blaseninhalt reagiert alkalisch und gerinnt beim Erwärmen. Mikros-
kopisch findet man darin Epidermisze Uen, die mit Leukoyten angefüllt sind, aus-
nahmsweise auch rote Blutkörperchen; niemals ist es gelungen^ Bakterien darin nach-
zuweisen.
Juli. Das Befinden des Kranken ist nur wenig verändert. Der Ausschlag
erscheint etwa alle 3 Wochen und verläuft immer in der nämlichen Weise; die
Kreise sind deutlicher als je auf den Oberschenkeln und Vorderarmen ausgebildet.
Das Exanthem dringt gegen die Extremitäten vor, am Stamm hat es seinen Charakter
insofern etwas verändert, als es Neigung hat, zusammenhängende Borken zu bilden
(carapace croüteuse). Die Krusten und Schuppen fallen beständig ab und erneuem
sich wieder, das Bett ist immer voll davon. Gegen den fötiden Geruch wird mit
einem Gemisch aus Talkum und Thymianessenz gepudert Das Brennen hat etwas
zugenommen, Appetit geringer; Empfindlichkeit gegen Kälte.
Im August und September, während des Ferienurlaubs von Laillbb, bekomme ich
den Patienten in meine Behandlung. Auf den ersten Blick meint man es mit einem
Pemphigus foliaceus zu thun zu haben, und erst nach eingehender Prüfung ei;kennt
man die Bedeutung der ursprünglichen Elemente sowie die wahre Natur des Leidens.'
Es hat jetzt die Extremitäten erreicht und ist zur Zeit über die ganze Haut ver-
breitet, mit Ausnahme der Handflächen und der Fufssohlen. Unterhalb der Ellbogen
and der Kniee hat der Ausschlag sein ursprüngliches Aussehen bewahrt und ai%t
samtliche Merkmale des Erythema ballosum einschlieislich der topographischen, bereit«
erwähnten Eigentümlichkeiten. Die Blasen sind vielleicht etwas flacher ab vorher,
und an einzelnen Stellen scheint die Abschuppung sogar, wie beim Pemphigus
foliaceus, ohne eigentliche Blasenbildung vor sich zu gehen. Die Anordnung in
konzentrischen Kreisen ist aber immer vorhanden, selbst wo der Ausschlag nicht zu
Toller Entwickelung kommt. Am Stamm, da wo die Extrenytäten abgehen, sowie
am Kopf ist die Haut gleichmäfsig mit Schuppen, Borken un9 roten oder bräunlichen
Flecken besetzt. — Das Allgemeinbefinden ist unverändert.
Die Behandlung erwies sich als ziemlich erfolglos; Amylum-Kataplasmen,
Linimentum OleoCalcarium, 5 — 6stündige Bäder wurden angewendet; letztere mufsten
freilich bald wieder aufgegeben werden, da der Kranke sie nur schlecht vertrug.
Vaseline, Glycerinsalbe, teilweise Einpackungen in Kautschuck hatten noch weniger
Erfolg. Nur Tale, pulv: schien gute Dienste zu leisten. Innerlich versuchte ich es
mit Ergotin und Chinin, jedoch nicht lange genug, um zu einem abschliefsenden Urteil *
zn gelangen.
Bald nachdem ich die Abteilung wieder abgab, verfiel Patient sehr schnell;
68 bildete sich Gangrän am Skrotum aus, und er starb im November 1887.
Beobachtung 30. (Erste Beobachtung Bazins.) Pemphigus chronicus auf
trthritischer Grundlage. Tod.^
^ Bazin, Legons iheoriques et cUmgues sw les affecHons cutanies de nature
ofihrüique et dartrettse^ redig^e par L. Serobnt. Paris 1860. Beob. 8. pag. 342.
266
55j ähriger Mann, leidet seit langem an heftigen Brennen und seit 2 Vi
naten an einem juckenden Ausschlag, an Röte, Yesikeln, diirGhscheineiide&
eiterigen Blasen. Kurz nach seiner Aufnahme ins Krankenhaus fangt er in
fiebern, wird aufgeregt, deliriert und stirbt in wenigen Tagen.
Auf den ersten Blick scheint dieser Schnell und tödlich verlaufende Fall gv
hierher zugehören. Eine eingehendere Prüfung lehrt uns jedoch, dafs Patieot
scheinlich nicht der Dermatose allein erlegen ist. Diese hat sich nämlich innaiiaft
2Va Monaten bei gutem Allgemeinbefinden entwickelt und zeigte aUe EigemcfajJkaB
der hier in Bede stehenden Krankheit; dann setzte plötzlich ein aknt-fieberlnflBi
Leiden ein, und der Tod erfolgte nach 4 — 5 Tagen. Die sehr oberflächliche Anti^Be
hat kaum vielen Wert. Man darf aber nicht vergessen, dafis Patient Alkoholiker od
Koch war.
Beobachtung 31. (Zweite Beobachtung Bazins.) Pemphigus chron. aaf
arthritischer Grundlage. — Akne pilaris arthritica. — Tod.'
Mann von 60 Jahren, leidet seit fast einem Jahr an einem juckenden Awsachlaft
der anfallsweise auftritt, aus erythematösen Plaques sowie kleinen und greisen
besteht. Gegen den Monat Oktober tritt scheinbare Heilung ein. Aber schon
einem Vierteljahr erfolgt ein Bückfall, dem der Kranke schnell erliegt
Leider bringt diese Krankengeschichte nichts über die Natur des BuckfUls md
über die Art, wie der Tod erfolgte; wir erfahren nicht, ob er durch eine Kompli-
kation oder durch die Dermatitis allein bedingt war. Der ganze Verlauf aber —
fast einjährige Dauer, alsdann drei Monate lang anhaltende Heilung, daraaf Bu^M
— scheint eher auf eine benigne Varietät imsres Leidens zu deuten. So wie der
Fall vor uns liegt, scheint es sich also um eine Dennatitis polymorpha pruriginoisi
pouBs6es successives zu handeln, eine genauere Klassifikation ist aber mangeb loa
Einzelheiten nicht gut möglich.
Beobachtung 32. (Fall von Bateb.) Betitelt: Pemphigus chronicus. Bing-
und kranzförmig angeordnete Blasen; Komplikation mit Herpes circi-
natus.^
Mann von 68 Jahren, leidet seit mehreren Monaten an einem juckenden Am-
schlag, der aus verschieden geformten, roten, erhabenen Stellen, aus Blasen, KrutcD,
Vesikeln und Herpes circinatus zusammengesetzt ist. Nach längerem Aufenthalt ni
Krankenhaus stellten sich Durchfälle ein, Patient magerte ab, kam von Kräften lad
verliefs fast kachektisch das Hospital.
Was den Verlauf anbelangt, so ist diese Beobachtung nicht vollständig, da mia
den Patienten aus den Augen verlor und die Dauer des letzten Anfalls nur dro
Monate betrug. Der erste Anfall vor einem Jahr hatte nur 5 Wochen gedauert lod
mit &st völliger Besserung geendet. Die letzten schweren Symptome, die hodutr
wahrscheinlich zum Tode führten, scheinen mit Gehirnerweichung, aber auch namestr
lieh mit dem Hautleiden zusammenzuhängen. Anderseits halte ich den betreffendeD
Ausschlag für unzweifelhaft identisch mit meiner Dermatitis polymorpha pmrigmM
chronica. Das Abweichende im Verlauf der Krankheit verhindert mich zu meinos
grofsen Leidwesen, diesen Fall, den ältesten meines Wissens, denen von DuBBixetf
die Seite zu stellen.
pag. 284.
* Bazin, a. a. 0. pag. 344.
* Bayer, Traiti praHque et theorique des mcUadies de la peau, 1835. Eül ^-
284.
267
Dritte Gruppe Yon Fällen.
(Varietas benigna et varietas subaouta.)
Fälle, die zur Dermatitis polymorpha pruriginosa chronica seu
subacuta su gehören scheinen, die sich nach einer Dauer von mindes-
tens mehreren Monaten zeitweise vollkommen zurückbilden, so dafs
man zur Not Yon Heilung reden könnte.
Diese Gruppe von Fällen habe ich nicht chronologisch, sondern nach ihrer
Schwere geordnet. Gleichzeitig teilte ich sie in 2 Unterabteilungen. Erstere besteht
«OB den Fällen, in denen das Leiden in Anfallen von je mehrmonatlicher Dauer ver-
liaft, wobei die einzelnen Schübe durch einen Zeitraum völUger Buhe voneinander
getrennt sind. Fraglich ist, ob das Beispiele wirklicher Heilung sind, und ob deär
Kranke nicht noch weiteren Bückfallen ausgesetzt sei; auch finden sich in der ersten
Beihe von Fällen solche, die den jetzt zur Verhandlung kommenden fast ganz
gleichen, so namentlich Beobachtung 25. — Es ist überflüssig, auf die Bedeutung
dieser Fälle hinzuweisen, die im übrigen ziemlich selten sind, und die einesteils der
ersten Kategorie sehr nahe kommen, wo sich aber die einzelnen Anfälle ununter-
brochen, ohne zwischentretende Gesundheitspause, folgen, andern teils den Fällen der
Tecidivierenden Dermatitis polymorpha pruriginosa acuta ähneln, die in der dritten
Abteilung dieser Arbeit zur Besprechung gelangen werden. — Die erste Unter-
abteilung der dritten Gruppe könnte man als rezidivierende Dermatitis
polym. prurigin. subacuta bezeichnen; sie umfafst die Fälle 33 — 36.
Die zweite Unterabteilung der dritten Gruppe enthält die 5 letzten Beobach-
tungen; es sind dies die Fälle von Dermat. polym. prurig., die nach verschiedenen
AnfaUen von im ganzen 5 (Beob. 41), bis 18monatl. (Beob. 37) Dauer in Heilung
übergehen.
Diese beiden Beihen bilden gewissermalsen einen Übergang zwischen dem
Typus, den wir jetzt studieren und der Denn, polym. prurigin. acuta.
Beobachtung 82. (Fall von Chaüsit.) Herpes phlyctaenodes.^
Frau von 21 Jahren leidet seit einem halben Jahre an einem absonderlichen
Ausschlag, der in Anfallen von 6 — 12monatL Dauer verläuft, während sie in den
Zwischenzeiten, die mehrere Monate bis zu 2 Jahren betragen können, vollkommen
gesund ist. Der Ausschlag geht mit Menstruationsstörungen oder Amennorrhöe einher,
ist zuerst ekzematös, später erythematös und vesikulo-bullös, juckt sehr, erscheint in
verschiedenen Schüben.
NB. Die Menstruation sstörungen scheinen in diesem Fall mit den eruptiven Er-
scheinungen zusammenzutreffen und sie gewissermafsen zu bedingen. Von diesem
Gesichtspunkt aus kann man diesen Fall sogar wirklich als Übergangsform von der
D. p. p. zum Herpes gestationis betrachten. Auch in verschiedenen andern Beob-
achtungen wird der Einfluls der Dysmennorrhöe auf die eruptiven Schübe betont;
aber bei keinem andren ist er so in die Augen springend wie hier.
Beobachtung 34. (Fall von Bobivson.) Hydroa; Impetigo herpeti-
formis, Dermatitis herpetiformis.^
Zehnjähriges Kind. Vor 3 Jahren der nämliche Ausschlag wie jetzt; damals
^uerte er mehrere Monate. Jetzt leidet es seit 2 Monaten an einer juckenden Der-
^ Ghausit, Annales des Maiadies de la Beau et de la SyphiUs, Vol IV. No. 5.
I»g. 117. Febr. 1852.
* A. B. BoBiHsoN, Jownuü of Cut. and venereal Diseases, 1885. Jan.
268
matose, die aus eryihematösen Plaques, aus Papeln, Vesikeln und Blasen mit nadi-
folgender Verfärbung zusammengesetzt ist.
Beobachtung 35. (2. Fall von Arthur von Harlikoen.)^
lOj ähriges Kind, das an einem juckenden Ausschlag leidet, der aas Veokefaa
und Blasen besteht, die in grofsen herpetiformen Kreisen angeordnet sind. Der
Ausschlag verläuft in mehrmonatlichen Antällen mit vollkommen freien Zwischen-
räumen.
NB. Man könnte diesen Fall als Übergangsform zwischen der reinen D. p. p.
k poussees successives und der D. p. p. acuta auffassen. Jedoch hielt ich » (ir
richtiger, ihn hier aufzuführen, da die ersten Anfälle sehr lange dauerten, die scbeb-
bare Heilung nur kurzen Bestand hatte, und der Fall nicht zu Ende beobachtet
wurde.
Beobachtung 36. (2. Fall von Radcliffe Crocker.) Hydroa.^
Frau von 48 Jahren, seit 12 Jahren intermittierende Fieberanfalle ; sie leidet tu
einem heftig juckenden Ausschlag, der aus Urticaria, Papeln, Vesikeln, Blasen,
besteht. Vor wenigen Monaten hatte sie den ersten, kurzdauernden Anfall. Anea
scheint hier von Nutzen gewesen zu sein.
NB. Die genaue Dauer des letzten Anfalls ist nicht verzeichnet; jedoch ist sie
nach den sonstigen Angaben auf etwa 4 Monate zu schätzen.
Beobachtung 37. (Fall von Tilbury Fox.)'
23jährige hysterische Frau, litt früher an Penang-Fieber und Gesichts-Herptt.
Seit ungefähr IVs Jahren hat sie einen juckenden, erythematösen, vesikulösen, bidlötea
Ausschlag. Asa foetida, Chinin und Eisen schienen Heilung zu bewirken.
Beobachtung 38. (5. Fall von Hassan Mahmoud. — "Pemphigus bulloisf
generalis.)
Mann von 54 Jahren, wird durch Arsenik-Behandlung innerhalb zweier Monile
von einem juckenden erythematösen und bullösen Ausschlag geheilt, der im ganxea
9 Monate gedauert hatte.
Beobachtung 39. (4. Fall von Badoliffe Crocker.) Hydroa.
Mann von 45 Jahren, leidet an einem sehr pruriginösen Ausschlag, der znent
aus roten figurierten oder papulösen Plaques, später aus Blasen bestand. Heflosg
nach 7 Monaten durch Tinct Bellad.
Beobachtung 40. (unveröffentlicht. Ich verdanke sie der Güte von E. Vidil)
M. X., 81 Jahre alt, Rechtsanwalt, klein, mager, nervös, sehr intelligent und
lebhaft. Er ist Kheumatiker, machte 1883 einen Eheumat. art. acut, durch. Ver
schiedentlich hatte er an verschiedenen Körperstellen ein akutes Ekzem gehibt,
namentlich an der Stirn und am Skrotum.
Im Juli 1886 traten im Anschlufs an eine geistige Überanstrengung Anschwel-
lungen der Füfse und Waden auf; im August empfond er lebhaftes Brennen an der
hinteren untern Fläche seines rechten Beins und entdeckte daselbst dunkelrote
Ejiötchen. Bald darauf erschien an den Armen, namentlich um die Handgelenke, ein
Schub roter Knötchen, und nach und nach wurden auch Schultern, Rucken, Lenden,
Leib und ünterextremitäten befallen. Die Knötchen waren rot, hart, von einem,
namentlich nachts unerträglichen Jucken.
« A. a. 0.
^ B. Grooker. Hydroa. British Med. Journal. 1886. pag. 967.
« TiLBURT Fox, Skin Diseases, 1873. pag. 220.
269
Dr. Herpin aus Tours diagnstizierte eine Prurigo senilis. Verschiedene Salben,
imier anderm Schwefelsalben, Amidambäder, brachten keine Erleichterung. Dr. Ddglos,
konsultierender Arzt, verordnete Schwefelbäder von 1 bis V« Stunde Dauer; aber
schon nach dem ersten Bade wurde der Ausschlag noch schlimmer, neue Schübe mit
zahlreicheren, gröfseren Prurigopapeln als vorher traten auf. Da ihn die heftigen
Schmerzen nicht mehr schlafen liefsen, so entschlofs sich M. X. zu einer Reise nach
Paris und wurde von Düclos an mich (E. Vidal) gewiesen. Ich sah ihn zuerst ge-
meinsam nait Dr. Gaume am 2, Dezbr. 1886. Wir diagnostizierten einen Pruritus
ferox, mit grollen roten, an der Spitze exkoriierten Papeln und Kratzspuren; es be-
steht Schlaflosigkeit, aber kein Fieber, Appetit ist erhalten. (Waschungen mit De-
coct. Bad. Enalae, Leberthran-Umschläge für Bücken und Arme, Glyc^role tartrique für
die Beine.)
Am 15. Dez. entsteht ein Ausschlag von Vesikeln und pemphigoiden Blasen auf
grofsen, erythematösen Flecken. Der Ausschlag ist reichlich an den Beinen, Schenkeln,
Oberextreniitäten, und am Bücken. Die Blasen sind auf den Beinen am umfang-
reichsten. (Verband von Linim. oleo-calcarium, später von Vaseline und Aq. Calc. b,
Einpackungen in Watte.)
Mehrere Schübe im Januar 1887, Vesikeln und Blasen auf roten Flächen
(Erythema polymorphum), sowie einzelne Vesikeln und Blasen. Unerträgliches Jucken,
Schlaflosigkeit, Aufregung, Delirien. (4,0 Tinct. Mosch, im Getränk während mehrerer
Tage; Chin. bromhydr. und Extr. Gort. Ghin. gegen die Schwäche, über die Patient
klagt.)
Anfangs Februar merkliche Besserung. Selteneres und spärlicheres Auftreten
der Blasen und Bläschen, Kachlafs des Juckens. Der Kranke ist besser und fühlt
sich kräftiger. Am 21. Febr. nur noch wenige Blasen oder Vesikeln am Bücken, den
Schenkeln and Beinen. M. X. entschliefst sich zur Heimreise nach Tours. Während
der nächsten Wochen traten nun keine neuen Blasen oder Vesikeln mehr auf, und
die fortschreitende Heilung wurde nur durch das Erscheinen einiger Prurigopapeln
auf den Armen, dem Bücken, den Schulterblättern und der Brust unterbrochen ; die
Beine blieben fast ganz frei, geringes Brennen wurde erfolgreich mit Borvaseline
behandelt. Der Kranke schien geheilt, hatte keinen Ausschlag und Jucken mehr, es
bestand nur noch ödem der Beine, als er in den ersten Tagen des April an Bron-
chitis und Cat. intestin. erkrankte. Daran schlolB sich Blasenkatarrh und Hämaturie
(alle Hautsymptome waren damals verschwunden — Dr. Bbocq), alsdann Hamverhal-
tong, die 10 Tage lang den Katheterismus erforderte. Nach 14 Tagen liefsen die
Hambeschwerden nach, und der Urin erschien normal. Zu keiner Zeit enthielt der
Harn Pseudomembranen. Wenige Tage darauf erfolgte eine Augenentzündung, die
Dr. Herpin fiir rheumatisch hielt und die mit Verlust des Auges endete.
Ich (ViDAL sah M. X zuletzt am 80. Okt. 1887, aufser vorübergehendem Jucken
hatte er keine Hautsymptome mehr. Dr. E. Vidal.
Beobachtung 41. (Fall von Deveboie.) Herpes pemphigoides.*
Frau von 50 Jahren, leidet an einem juckenden, erythematösen und vesikulo-
bullosen Ausschlag, der sich nach ihrer Aufnahme ins Krankenhaus unter dem Einflufs
der Tonica und trockener Verbände schnell bessert.
NB. Man könnte diesen Fall vielleicht nur als eine Übergangsform zwischen
der Derm. polym. prurigin. acuta und der D. p. p. chronica auffassen wollen, da
Patientin nur ungefähr 5 Monate krank war. Aber die Besserung war im Grunde
* Deveboie, a. a. 0. pag. 309.
keine dauernde, nenn anob über den weiteren Terleof nicht« berichtet i*t. Ken kasM
diesen Fall also, meine ich, mbig hierher reohnen, wann ee uich kein typiieber ist
Ich hätte leicht noch mehr FäUe sammeln können, von den bekknntea, imt
nicht berücksichtigten Beobachtangen sei noch namentlich Fall 8 ans der Theee tob
NoDET erwähnt; aber ich wollte nur Fälle beibringen, die in bazug aof AoMcUif
und funktionelle Störungen typisch sind. AuTgerdem bilden 28, oder, wenn man will,
41 Beobachtungen, bereits ein genügendes Material, am unare Dermatose erfolgröcfc
EU studieren.
Ätiologie. ~ Häufigkeit.
Die DennetitiB polymorphe prariginosa chronica ist eine ziemlich seltene Krank-
heit; jedoch kommen jährlich mehrere derartige Fälle 'im Krankenhaus Saint-Loan
zu Paris vor. Seit 1881 habe ich allein auf der Abteilung meines verehrten Lehroi
E. ViDAL 7 un zweideutige '" Fälle gesehen und ich zweifle nicht, dafs die andn
Arzte dieses reichen KrankenhaueeB weiteres, noch unbekanntes Material beibringm
könnten. Wenn unere Krankheit erst einmal besser gekannt ist, wenn man sie Toa
den polymorphen Erythemen und den übrigen Varietäten des PemphigUB wird not«-
scheiden können, so wird man sicher finden, dafa sie eine der häufigsten bnllÖMB
IDermatosen ist. Sie kommt überall Tor, in Beutscbland, England, Amerika ebenso
gut wie in Frankreich. Beim Lesen der Duhrinq sehen Fälle hat man zuerst des
Eindruck, als ob sie in den Vereinigten Staaten heftiger auftrete, mit einer Neiguig
zur pustulösen Form; jedoch ist zu bemerken, dals die Amerikaner jede Epidenm»-
blase mit getrübtem Inhalt Pustel nennen, während ich in den meisten meiner FsDe
nur von Tesikeln oder Ton Blasen mit opaliner oder gelblich weifser Flüssigkeit
spreche. Trotz alledem sind in mehreren DuHaiNOBchen Fallen die g
pustulösen Ausschläge häufiger als bei den meisten meiner Kranken.
Alter. Geschlecht. Anamnese.
Die D. p. p. chronica tritt in jedem Alter auf Bei meinen ^
2Tmal das Anfangsalter bemerkt. Danach waren 6 unter 30 Jahren (5
19. 19 und 20 J.). Die andern verteilten sich wie folgt: 5 waren zwiaol
3 zwischen 80—40 J.; 3 zwischen 40 und 50 J.; 6 zwischen 60—60 J. u
60—70 J. Demnach befällt unsre Krankheit mit fast gleicher Häofigke
alter von 16—70 J. ; nnr dalä sie einmal in der Zeit vom 16.-30. ani
vom 47. — 62, Lebensjahre etwas häufiger zu sein scheint; denn von :
27 Kranken brach das Leiden im Alter von 16 — 30 J. und bei weiterei
Die 4 Kranken, die der Varietes gravis angehören (2. Reihe von
29—33) waren 38, 55, 60 und 68 J. alt. Wenn diese geringfügige Anza
auch keinen endgültigen Sohlufs gestattet, so scheint die schwerere
namentlich bei Personen vorzokommen, die das mittlere Lebensalter
Dagegen lassen sich die 9 Kranken der Varietas beningna s. snba
der Fälle; Beob. 33 — 41) in 2 Klassen teilen: 4 waren nämlich unter '
21, 22 J.) und 5 über 40 J. alt (45, 48, 50, 53, 81 J.). Man findet
" 5 davon habe ich soeben veröffentlicht; die 2 andern betrafen
denen die eine 1684 auf der Salle Ai.ibbbt No. 60 lag; ich habe davon i
im ersten Teil dieser Abhandlung gesprochen.
271
beiden Maxima wieder, auf die ich bei fiesprechuDg der 28 Falle der ersten Kategorie
hingewiesen hatte.
Die änfsersten Lebensgrenzen, in denen nnsre Krankheit zur Beobachtung kam,
waren 5 Mnt. einerseits (Beob. 29) und 81 J. anderseits (Beob. 40.).
Männer werden häufiger als Frauen befallen. Auf meine 28 ersten Fälle
kommen 19 Männer und nur 9 Frauen. Allerdings habe ich bei Frauen noch 3 weitere
ausgesprochene Fälle von D. p. p. chron., teils in der Stadt, teils im Krankenhaus,
gesehen, wodurch also die Zahl der uns bekannten Fälle dieser Krankheit auf 31
steigen würde, von denen 19 auf Uänner und 12 auf Frauen kämen. Eine halbe
Statistik kann zu ganz verkehrten Ergebnissen fahren. So kommen auf die 7 oben
besprochenen Fälle von E. Vidal 4 fVauen und 3 Männer. Namentlich in England
und Amerika äberwiegt die Zahl der befallenen Männer diejenige der Frauen; auf
die 17 ausländischen Beobachtungen kommen bei 13 Männern nur 4 Frauen; die
11 französischen Fälle hingegen setzen sich aus 6 bei Männern und 6 bei Frauen zu-
sammen; rechnen wir dazu noch jene 3 unveröffentlichten Fälle, so verteilen sich
die Beobachtungen innerhalb Frankreichs auf 6 Männer und 8 Frauen.
Die 4 Fälle meiner Varietas gravis kamen sämtlich bei Männern vor; von den
9 Fällen meiner Varietas benigna s. subacuta 5 bei Männern und 4 bei Frauen.
Danach scheint die Krankheit bei ersteren heftiger als [bei letzteren aufzutreten;
ebenso bei älteren heftiger als bei jüngeren. Selbstverständlich aber gibt es von
dieser Regel zahlreiche Ausnahmen.
Die Anamnese fordert nur wenig interessante Aufschlüsse zu Tage. Mehrere
von den Kranken finden sich als nervös bezeichnet. Aber was will das sagen ? Denn
bei so heftigen und andauernden Schmerzen, wie sie unsre Krankheit während ihres
ganzen Verlaufs begleiten, mufis schliefslich das Nervensystem angegriffen werden.
Wichtiger wäre es schon, zu wissen, ob jene nervösen Symptome nicht vielleicht Vor-
läufer der Krankheit sind oder bei ihrem Beginn bestehen. Über diesen Tunkt finden
sich einige wichtige Bemerkungen. In der Beobachtung 3 handelt es sich um eine
Klavierlehrerin, die durch Überanstrengung und zu viel Musik seit einiger Zeit sehr
nervös geworden war. — Der Bruder des Patienten aus Beob. 16 litt an einer
Nervenkrankheit, während Patient selber starker Tabakkauer und Masturbant war;
anXiserdem war er Alkoholist und beim Beginn der Krankheit überanstrengt. Der
Patient aus Beob. 24 hatte eine epileptische und eine nervöse Schwester, die in ihrer
Jugend an Anfällen gelitten hatte, auch bereits an einem Herpes zoster, Migräne und
allerlei Neuralgien erkrankt war.
4mal hatte der Ausschlag nach heftigen Gemütserschütterungen begonnen, einmal
(Fall 6) nach einem lebhaften Schreck (Patient war in einen Graben gefallen), dmal
(Beob. 11, 18, 22) nach einem Anfall von Jähzorn. Ahnliche Vorläufer finden sich
bei unsrer 2. und 3. Gruppe, sowie bei verschiedenen Fällen der Derm. polym. prurigin.
acuta.
Diese, allerdings nicht sehr belangreichen Thatsachen scheinen doch zu be-
weisen, dals das Nervensystem bei der Ätiologie unsrer Krankheit eine wichtige Bolle
spielt Wir werden weiter unten, bei Besprechung der Pathogenese finden, dals die
meisten amerikanischen Dermatologen dieser Ansicht huldigen.
Auf die Untersuchung, ob die Kranken vielleicht eine gichtische Anlage dar-
böten, habe ich um so mehr Sorgfalt verwandt, als Bazik die Dermatose als Pem-
phigus arthriticus beschrieben hat Ich mufs sagen, dafs meine Fälle hierfür nioht
beweisend sind; nur in einem Fall war Rheumatismus voraufgegangen (Beob. 40), in
einem 2. Fall (Beob. 28) stammte der Patient aus einer arthritischen Familie; 2mal
•ind Herzstomngen vermerkt, eine Aorteninsufiizienz (Beob. 24) und eine Mitral-
272
insuflfizienz (Beob. 26), wahrscheinlich, dafs hier Rheumatismus voraufgegangen irw
3mal bestanden unbestimmte Schmerzen in den Gelenken und der Lumbargegeni
namentlich bei Witterungswechsel — das ist alles.
Bei 5 Patienten dagegen finden sich leichte Spuren von Skrofulöse; 3 diToa
litten an ererbter Tuberkulose, von denen einer (Beob. 10) an Peritonitis tubercolow
starb. Der Kranke der Beobachtung 17 war syphilitisch. In einem Fall (Beob. 28)
begann der Ausschlag gleichzeitig mit einem Anfall von Febris intermittena, und di«
ersten Schübe trafen gleichfalls mit lutermittens- Anfallen zusammen. Dieses aaSallin
Zusammentreffen findet sich ferner in Beobachtung 36 und wahrscheinlich aoch in
Beobachtung 37; die ersten Ausschläge in diesen Fällen scheinen Urticaria-arÜg« ge-
wesen zu sein, namentlich in Beobachtung 36. Bekanntlich ist nun aber nichts ge-
wöhnlicher, als Urticaria beim Sumpffieber. — Hier haben wir also eine ganze BeO»
wertvoller Angaben für spätere Untersuchungen.
Ausgesprochener Alkoholismus findet sich nur bei 4 Fällen vermerkt wilir-
scheinlich aber ist er viel häufiger.
Die Jahreszeit des Beginnes. — Die Jahreszeiten scheinen von keinem
Einflufs auf die Entstehung des Ausschlags zu sein. Von meinen 28 Fällen war
lömal die Zeit des Beginns genau bemerkt: Imal im September, Imal im Oktober
.2mal im November, 2mal im Winter, 2mal im Februar, also 8mal von September
bis März; Imal im April, Imal im Frühjahr, 2mal im Mai, 2mal im Juni, Imal im
Sommer, d. h. 7mal von März bis September. Die gröfste Häufigkeit scheint von
April bis Juni zu fallen; ein zweites, weniger bedeutendes Maximum scheint, wena
man unsre gesamten 41 Fälle durchmustert, gegen Oktober bis November hin n
bestehen, jedoch ist das alles noch nicht sicher festgestellt.
Die einzige, ziemlich sichere Thatsache, die wir beim Studium der Äüolone
gewinnen, ist die, dafs heftige Gemütserschütterungen und ein nervöses Temper«meiit
von Einflufs auf die Entstehung der D. p. p. chronica sind.
Ausgangspunkt und Entstehungsweise des Ausschlags.
Die Dermatitis polymorpha pruriginosa chronica hat keine einheitliche Ent-
stehungsweise, vielmehr kann sie auf die verschiedenste Art einsetzen, und ee ist sehr
schwer, hier bestimmte Gruppen aufzustellen.
In vielen Fällen sind die Schmerzen die ersten Symptome, die den Eranka
auf sein Leiden aufmerksam machen, Empfindungen von Hitze, Brennen, Jucken in
der Haut, oft so heftig, dafs Patient sich entblöfst, um sich zu kratzen, und dais sie
ihm den Schlaf rauben. Diese Empfindungen sind bald über den ganzen Körper ver-
breitet, bald beschränken sie sich auf diejenigen Stellen, an denen sich der Ausschlaff
entwickelt. Sie gehen der Eruption einige Tage bis Stunden vorauf, oder begleiten
dieselbe; nur in ganz seltenen Fällen (z. B. Beob. 6) treten sie erst einige Tage
später auf.
Die ersten sichtbaren Hautstörungen sind je nach dem Fall sehr verschieden.
Freilich bekommt der Arzt nur selten die ersten Anfange zu sehen und kann sich
sein Urteil über dieselben meist nur nach den Angaben des Kranken bilden.
1. In einzelnen Fällen besteht der erste Ausschlag aus erythematösen Plaques
(Beob. 5, 8, 18), die mehr weniger der Urticaria oder Bestandteilen der figurierten
Erytheme gleichen, indem sie bald (Beob. 11) aus roten, harten, papulösen Erhöhungen,
bald (Beob. 19) aus spitzigen Papeln, bald endlich aus entzündlich geröteten Stellen
mit Schwellung der erkrankten Teile zusammengesetzt sind. Diese Art nenne iob
die Entstehungsweise mit erythematösen Störungen.
2. Bisweüen (Beob. 2, 4, 6, 10, 12, 13, 22, 24, 25, 27) sind umgehehrt die ersten
273
zur Beobachtung^ kommenden Elemente Vesikeln und Blasen; darf man sich auf die
Angaben der Kranken verlassen, so scheint dies der häufigste Anfang zu sein. Doch
hege ich gegen jene Angaben berechtigte Bedenken, denn die neuesten, von Ärzten
ausgehenden Untersuchungen lassen keinen Zweifel darüber, daiJs fast niemals Ve-
sikeln und Blasen sich auf einer gesunden Haut, sondern auf einer erythematösen
oder auf einer erytbemato-papulösen Grundfläche entwickeln. Jedoch scheinen einzelne
Fälle auf das unzweideutigste zu beweisen, dafs die Eruption mit kleinen Yesikeln
von wechselnder Form, abgerundet oder oval, die sich auf gesunder Haut entwickeln,
beginnen kann. Diese Art nenne ich den Beginn mit vesikulo-bullösen*
Störungen.
3. In andern FäUen (Beob. 1, 10, 23) endlich scheint es, als ob das erste erup-
tive Element in einer mit trüber Flüssigkeit gefüllten Epidermisabhebung, d. h. in
einer Pustel bestehe. Dieser Beginn mit von vornherein pustulösen Ele-
menten däacht mir freilich noch nicht genügend sicher gestellt. Da aber derartige
Pusteln, wenn sie aueb noch so klein sind, sich während des Entstehens oder un-
mittelbar nachher mit einem erythematösen Hof umgeben, so möchte ich die Möglich-
keit eines solchen Krankheitsanfangs zugeben, zumal sie in späteren Schüben sicher
beobachtet sind.
In der überwiegenden Mehrheit der Fälle fängt unsre Krankheit also mit
Schmerzen an, namentlich mit lästigem Jucken; die ersten eruptiven Elemente be-
stehen aus Papeln oder erythematösen, mehr oder weniger regelmäfsigen Flecken; in
zweiter Linie aus kleinen Vesikeln, Übergangsformen zu Blasen, selten aus Pusteln.
Der Körperteil, an dem die Krankheit zum Ausbruch kommt, ist sehr ver-
schieden; es ist auch schwer, darüber Klarheit zu erlangen; denn einerseits scheinen
bisweilen mehrere Stellen gleichzeitig befallen, anderseits tritt der Ausschlag oft an
ganz andern Teilen auf, als an denen das Jucken verspürt wurde. Von meinen 28
ersten Fällen sind 7mal die Oberextremitäten (Arme, Handwurzeln und namentlich
die Vorderarme) zuerst befallen, dmal die Fuisknöchel, Zehen und Füfse, 2mal die
Beine; einmal die Itinenfläche der Schenkel; 3mal der Bücken; 2mal der Leib;
einmal die Genitalien ; Thorax und Gesicht je einmal, desgleichen Mund und untere
Augenlider je einmal (Beob. 19). Auch kann der Ausschlag sich an den Schleim-
häoten, vorzüglich der Wangenschleimhaut, zuerst zeigen. Im ganzen fängt die
Krankheit mit Vorliebe an den Extremitäten, und zwar besonders häufig an den
Vorderarmen an.
Art der Ausdehnung. Zuletzt befallene Teile.
Hat der Ausschlag 'erst einmal angefangen, so bleibt in der Kegel kein Körper-
teil verschont. Ich glaube nicht, dafs es abgesehen von der Symmetrie der Er-
krankung in der Art der Ausbreitung eine Kegel gibt. In vielen Fällen scheint daa
Exanthem allerdings schrittweise fortzukriechen ; das ist aber keineswegs Gesetz, denn
sehr häufig sind z. B. Ober- und Unterextremität gleichzeitig befallen.
Schwierig ist es auch, zu entscheiden, an welchen Teilen die Krankheit am
heftigsten auftritt. Jedoch kann man wohl sagen, dals sie an den 4 Extremitäten
gewöhnlich ihren bösartigsten Charater zeigt. In einigen Fällen waren auch Hüfte
und Gesäfs, Hände, Füfse, Geschlechtsteile, Leistengegend, Schenkel, Leib, Wangen-
Schleimhaut am schlimmsten daran. Verschont bleiben fast immer Hand- und Fuis-
flachen, wiewohl Jucken auch hier vorkommt, femer die Geschlechtsteile, das Gesicht
uid die behaarte Kopfhaut. Der Ausschlag erscheint in fast allen Fällen sym-
metrisch.
274
Untersuchung des Ausschlags.
Eine weitere Eigenschaft des Ausschlags, die Duhriko in seinen neueren Arbeitea
besonders betont hat, ist seine Vielgestaltigkeit und die Verschiedenartigkeit «einer
äufseren Erscheinung. Um sich davon eine richtige und umfassende Vorstellung n
machen, so mufs man zuerst die einzelnen zusammensetzenden Elemente, dann Mea
Ausschlag im ganzen studieren. Schon früher, bei Besprechung der Ansichten dea
gelehrten Dermatologen zu Philadelphia, habe ich auseinandergesetzt, dals die Der
matitis herpetiformis aus zwei Arten von Elementen besteht: 1. aus primären
Elementen, er3rthematösen Plaques, Papeln, Infiltrationen, Papulo-Veeikeln, Vedkeb,
Blasen, Vesikulo-Pusteln und Pusteln; 2. aus sekundären Bestandteilen, Krasteo,
Exkoriationen, Schuppen, Verförbungen und Verdickungen der Haut.
1. Die primärem Elemente.
a. ErythematÖse Plaques. Papeln-Infiltrationen.
Wie schon früher erwähnt, kann sich das einleitende Jucken mit verschwo
Hautrötung yerbinden. In einem bestimmten Stadi^m der Entwickelung tritt
ödematose Schwellung der Haut und mehr oder weniger scharf ausgesprochene ery-
ihematöse Verfärbung auf. Diese kleine Komplikation gelangt überall zur Beob-
achtung, namentlich aber an den Extremitäten, den Händen und Füfsen. Jedoch iit
dies ganze Vorkommen nicht gewöhnlich.
Meistens sind die, der Dermatitis polymorpha pruriginosa chronica eigenartigei
erythematösen Plaques umschrieben. Bald gleichen sie den Urticaria-Flecken, rer-
schwinden unter Fingerdruck, bald sind sie fester, bilden bald mehr oder weniger
regelmäfsige Flächen, abgerundete oder ovaläre, von verschiedener Orölae, and
dienen einer oder mehreren Vesikeln, Blasen oder Pusteln als Unterlage. In letzteren
Falle können sie wirkliche entzündliche Plaques bilden, die von hellem Bosa bis zorn
dunkelsten Bot und Purpur hinüberspielen können, bisweilen, wenn auch selten, sogar
hämorrhagisch sind und nur wenig oder garnicht auf Fingerdruck abblassen. Oder
sie bilden nur einfach schmale Höfe um die Vesikeln, Blasen oder Pusteln.
Sehr häufig sind die erythematösen Flecke regelmäfsig geformt. Sei es, da6
sie aus einer einzigen Papel entstehen, die sich gegen die Bänder hin ausbreitet
und in der Mitte einsinkt, sei es, dafs sie aus dem Zusammenflielsen mehrerer erj«
thematöser Elemente hervorgehen, genug, sie bilden alsdann mehr oder weniger
deutliche Bögen, bisweilen sogar vollkommene Kreise. Diese Bögen sind hellrosa l»
dunkelrot gefärbt; bisweilen sind sie fast ganz flach, meistens hingegen etwas hervor
springend mit einer Aufwulstung am äufsern Band, die dunkler geförbt ist; der
innere, flache und blassere Band ist minder scharf und verflüchtigt sich in ein ge-
sundes oder nur mäfsig schmutzig gelb verfarbtes Zentrum. Die Gröfse dieser Bogn
schwankt von einigen Millimetern bis zu mehreren Zentimetern; sie können sich
vereinigen und allerlei Qyri und Windungen darstellen.
Auch können die erythematösen Elemente als echte Papeln erscheinen; alsdana
sind sie rot, hervorragend, hart, verschieden geformt, linsen- bis IFrc.-Stück grofi,
bisweilen glänzend und tief rot, zu andern Zeiten bläulichrot, spitz und klein, auf der
Höhe exkoriiert, oder mit einer Vesikel gekrönt. Sie stehen in Gruppen oder ser
streut, bleiben aber selten lange in diesem Zustand, sondern wandeln sich in grobe
mehr oder weniger dicke und infiltrierte erythematöse Plaques um.
In wenigen Fällen (Beob. 7) hat man endlich auch beobachtet, dals die ersten
eruptiven Formen aus umschriebenen, kleinen Infiltrationen bestanden, die sich diudi
die Haut durchfühlen liefsen, noch bevor man sie sehen konnte.
275
b. VesikelB.
Die soeben beschriebenen erythematösen Elemente können lange Zeit, bisweilen
sogar während der ganzen Dauer ihrer Entwickelang, ihren reinen erythematosen
Znstand bewahren; meistens aber gesellt sich eine neue Ausschlagsform zu ihnen.
Die Epidermis wird von serösem Exsudat in die Höhe gehoben — die Entzündung
hat das Stadium der Blasenbildung erreicht.
Diese Yesikulation kann in zweierlei Weise vor sich gehen: entweder plötzlich
auf der gesunden Haut, oder auf einem vorher erythematosen Grunde.
Im ersten Fall (z. B. Beob. 6) erscheinen die Yesikeln wie kleine durch-
scheinende Kömchen, rund, ovalar, bisweilen eckig, punktförmig bis stecknadel-
kopfgroDs und gleichen völlig den Sudamina. Sie können wachsen ohne ihr Aus-
sehen zu verändern, sich gruppieren, zusammenfliefsen, um von da an äuDserst un-
regelmäfsig zu werden, sich in Blasen umzuwandeln und einen beträchtlichen Umfang
zu erreichen, und das alles, während die Haut darunter völlig gesund bleibt. Jedoch
ist das nur Ausnahme, denn in der Regel geht die genannte Entwickelung mit einer
entaundlichen Beaktion und der Bildung eines erythematosen Hofs einher.
Viel häufiger noch bilden sich die Yesikeln auf Plaques, Flecken, Kreisbögen,
oder erythematosen Papeln. In diesem Fall pflegt die Epidermis-Abhebung wohl
regelmäfsig zn sein und eine echte Vesikel im wahren Sinne des Wortes darzustellen.
Diese Yesikel ist meistens beträchtlich hoch und sitzt wie eine kleine Kuppel auf
der Haut, aber sie ist abgeplattet. Die Wände sind durchscheinend, prall und bei
wechselnder Beleuchtung glänzend; nur selten erscheinen sie schlaff. Ihr Inhalt ist
furhlos, kristallklar, oder hell bis zitronengelb, bisweilen etwas getrübt, opal oder
undurchsichtig weifs; die Yesikel wandelt sich alsdann allmählich in eine Pustel um.
Auch ist sie in einzelnen Fällen mehr oder weniger blutig gefärbt oder direkt hämor-
rhagisch. Sie ist Stecknadelkopf- bis erbsengrofs und darüber, nähert sich aber in
letzterem Fall schon der Blase. Ihre Form wurde schon als hemisphärisch bezeichnet;
jedoch trifll; das nicht immer zu, denn fast allen Beobachtern sind auch winkelige
Formen aufgestofsen, wo die äufseren Umrisse also hervorspringende Winkel be-
schreiben. Die Yesikeln können gleich beim Erscheinen diese Form zeigen und sind
dann abgeplattet und nur bei seitlicher Beleuchtung wahrnehmbar. Diese un-
regelmäfsige Konfiguration kann aber auch durch den Zusammenflufs mehrerer
Bläschen erst nachträglich entstehen.
Die Yesikeln treten einmal vereinzelt auf und erscheinen dann entweder plötzlich
auf der gesunden Haut, mit oder ohne roten Hof; oder sie bilden sich als Krone
auf einer spitzen Papel (Papulo- Yesikel), oder sitzen endlich auf einer roten Plaque,
und zwar auf ihrer infiltriertesten Stelle. — Sie erscheinen femer, und zwar viel
häufiger, gruppenweise. Auch dann vermögen sie sich auf gesunder Haut zu
entwickeln, mit oder ohne roten Hof, oder auf roten Plaques oder erythematosen
Flächen. In fast allen Beobachtungan sind herpetiforme Elemente beschrieben,
zusammengesetzt aus mehr oder weniger zahlreichen Yesikeln, 2 bis 20 und darüber,
die dicht aneinandergedrängt stehen, sich zuweilen ineinander öffnen und auf einem
geröteten, ausgedehnten und infiltrierten Untergrunde sich befinden, der 50Centimes-
stück bis handtellergrofs sein kann. Eine derartige Entzündung gleicht in ihrer Ge-
samtheit völlig einer Gruppe von Herpes zoster-Bläschen, woher auch die Bezeich-
nung herpetiformis rührt, und der Name Dermatitis herpetiformis, mit dem Duhriko
diese ganze Gruppe von Erkrankungen belegen möchte.
Nicht immer ist die Blasenbildung so deutlich ausgesprochen; sie verläuft viel-
mehr bisweilen sozusagen abortiv und bringt es nur bis zum ersten Grade der Vest-
276
kulatiou. Die Epidermis ist dann von dem bischen Serum kaum abgehoben, und beim
Streichen über die erythematöse Plaque fühlt man, wie sich das Häutchen <et.
Die Vesikeln entwickeln sich ganz verschiedenartig, je nach dem Fall Bald
verändern sie sich nur wenig und werden, da sie nicht von selbst platzen, aber leb-
haft jucken, entweder vom Kranken aufgekratzt oder trocknen ein, wobei sich kleme
gelbe oder braune Schüppchen und Erasten bilden; diese Entwickelang beansprodrt
5 — 15 Tage. — Bald wachsen sie unverhältnismäfsig durch periphere Flächeiiaii»'
dehnung oder indem sich mehrere von ihnen vereinigen, sie gewinnen alsdann den
Charakter einer Blase; oder es trübt sich endlich ihr Inhalt mehr und mehr, wird
eiterig, und sie wandeln sich in Pusteln um. — Diese verschiedenen Moglicbkeitai
können sich an demselben Individuum an verschiedenen Stellen und zu verschiedenen
Zeiten, oder auch gleichzeitig an der nämlichen Stelle abspielen.
c. Blasen.
Die Blase ist, wie wir soeben gesehen haben, in vielen Fällen das Endergebnii
einer wachsenden und sich mit ihren Nachbarelementen vereinigenden Vesikel. Li
ebenso vielen Fällen freilich tritt die Blase von vornherein als solche auf, ohae
dafs es möglich wäre, ein Stadium vesiculosum zu unterscheiden, sei es nun, dals
die Epidermis sofort in ihrer ganzen Ausdehnung von der serösen Flüssigkeit abgebobeo
wird, sei es, dafs der ganze Vorgang sich so äufserst schnell abspielt.
Die Blase kann, wie die Vesikel, regelmäfsig halbkreisförmig, ovalfir oder ab
gerundet, oder auch sie kann mit unregelmafsigen Bändern, hervorspringenden und
eingezogenen Winkeln versehen sein. Die letztere Anordnung findet sich namentÜck
bei solchen Blasen, die aus dem Zusammenflufs mehrerer benachbarter Elemente
entstanden sind. Die Blasen sind entweder prall gefüllt, glänzend, fast hart anra-
fühlen oder doch mindestens elastisch. Oder sie sind — häufiger als die Vesikeln —
eingefallen, schlaff, die Wände gefaltet, runzelig, wobei die Flüssigkeit dem Oeaetx
der Schwere folgt; letztere, d. h. der flüssige Inhalt, kann sich dabei sogar in ver
Bohiedene Lagen absetzen, die um so dunkler gefärbt sind, je tiefer sie stehen.
Die Gröfse der Blasen schwankt für gewöhnlich von der einer dicken Erbse bii
zu der einer Haselnufs, kann aber auch die eines Taubeneis, einer Wallnufs ond
eines Hühnereis erreichen. Wenn benachbarte Blasen zusammenflielsen, so bilden
sich bisweilen ganz unregelmäfsig geformte, ungeheure Phlyktänen ; so hat man z. B.
ringförmige Gebilde um die Fufsknöchel beobachtet. Beim selben Patienten, an der
selben Körperstelle treten die Blasen in allen möglichen Formen und Grofsen auf
Bei noch jungen Blasen ähnelt der flüssige Inhalt demjenigen der Vesikeln; er
ist durchscheinend, kristallinisch, blafs- bis zitronengelb, trübt sich aber viel leichter
als jener und wird bald opal und eiterig. Die Blase verwandelt sich alsdann in eine
Pustel, flacht sich ab, die Haut runzelt sich. Jedoch sieht man ihr auch dann den
blasigen Ursprung immer noch an, wie denn auch bei den meisten französischen Be-
abachtern nur von durchscheinenden oder eiterigen Blasen, nicht aber von
Pusteln die Bede ist. — Die Flüssigkeit reagiert für gewöhnlich alkalisch, jedoch
kommt auch saure Reaktion vor, und einzelne Autoren haben sogar behauptet, dalt
sie in den Blasen jüngeren Datums alkalisch, in den älteren dagegen sauer sei. S»
ist eiweifshaltig und trübt sich beim Kochen, enthält stark lichtbrechende Kömer,
die sich bei Behandlung mit Osmiumsäure als Fettkömer erweisen, femer in wech-
selnder Menge grölsere und kleinere Leukocyten, bisweilen einzelne rote Blutkörper-
chen und manchmal endlich auch gequollene oder zertrümmerte Epidermiszellen;
irgend ein besonderer Mikrobe ist noch durch keine der bekannten Methoden darin
anchgewiesen werden. Die mit der Flüssigkeit vorgenommenen Autoinokulationen
277
tcheisen noch immer erfolglos gewesen zu sein. — In manchen Fallen kann die Zahl
der roten Blutkörpereben recht beträchtlich werden, es treten dann rote Fäden im
Innern solcher Blasen auf, ja, letztere können sogar ausgesprochen hämorrhagisch
werden.
Der Blaseninhalt kann aber auch noch andre Eigentümlichkeiten aufweisen; so
enthielten die opal gefärbten Blasen in Beobachtung 30 (Batbr) fast immer eine
mattweilse Pseudo -Membran, die zuweilen etwas blutig infiltriert war. Beim Öffnen
zeigte sich nach Entfernung der Pseudo-Membran die nackte, stark rot gefärbte
Cutis. — Im Fall 8 (Duh&iitg) bestand der Ausschlag während eines bestimmten
Krankheitsstadiums aus einer Art Blasen von Daumennagelgröfse, die goldgelb, er-
haben, wenn auch an der Spitze etwas abgeplattet und, wenn überhaupt, nur von
einem geringen Hof umgeben waren; sie enthielten eine dickliche, konsistente, orangen-
farbene oder mattgoldgelbe Masse. Sie entstanden sehr schnell, oft in 10 — 15 Min. ;
ihr Wachstum war mit einem bienenstichartigen Gefühl und nicht mit wirklichem
Pruritus verbunden, der Schmerz dauerte solange, bis der Patient sie öffnete. Sie
waren umschrieben, fühlten sich fest, aber nicht hart an. Öfinete man sie, so konnte
man als Inhalt eine polpöse Masse, etwa von der Konsistenz einer Kirsche heraus-
ziehen. Diese sonderbaren gelatinösen Massen lielsen sich zwischen Daumen und
Zeigefinger fassen und zerdrücken. Die Höhle, die nach ihrer Entfernung zurück-
blieb, enthielt kein Blut; bisweilen sickerte eine trübgelbe Flüssigkeit heraus; diese
Hohle fiel nicht zusammen, und man konnte mit einer Fingerspitze eindringen. Zu-
weilen füllte sie sich von neuem, und häufig überraschend schnell, in knapp 10 Min.,
mit einer ftinlichen Masse, wie die eben entfernte, die aber weniger gelb und dünn-
flÜBsiger war. Dieser Ausschlag heilte in einigen Tagen, ohne die geringste Spnr
nach einer leichten Abschuppung zu hinterlassen.
Wie die Vesikeln können sich auch die Blasen unmittelbar auf der gesunden
Baut entwickeln und umgeben sich dann meistens mit einem roten, bald mehr, bald
weniger breiten, oft kaum wahrnehmbaren Hof. Aber ihre Entstehung geht auch auf
erythematösen Flächen vor sich. Sie finden sich willkürlich zerstreut oder in Gruppen
angeordnet, in letzterem Fall kommunizieren sie häufig miteinander.
Ihr Verlauf ist wie derjenige der Vesikeln; sie trocknen entweder unter Bildung
von Schuppen und derben, gelben bis braunen Borken ein, oder sie gehen in Pusteln
über. Desgleichen kommt manchmal wie bei den Vesikeln eine zweite Generation
▼on Blasen ringsum eine zentrale vertrocknende Blase oder Vesikel vor, d. h. es
bildet sich ein peripherer Kranz von Blasen, die häufig zusammenfliefsen und immer
viel kleiner sind, als das primäre Element. Diese Anordnung findet sich namentlich
bei den Pusteln.
d. Pusteln.
Die Pusteln können, wie wir gesehen haben, aus den Vesikeln und Blasen
hervorgehen; häufig aber entstehen sie auch primär. Ihre Gröfse schwankt zwischen
der eines Stecknadelkopfes und der eines IFr.-Stücks; selten erreichen sie die
Grofse der Blasen, haben vielmehr eine Neigung zu kleinen oder mittleren Ver-
hältnissen.
Die kleineren Pusteln sind spitz, abgerundet, oder zuweilen eckig wie die Ve-
sikeln; beim Wachsen fiachen sie sich ab und gewinnen zusehends unregelmäfsigere
Umrisse; die früher prallen Wände falten sich und werden runzelig. Ihr Inhalt ist
mattweifs, hellgelb bis schmutzig dunkelgelb, eiterförmig; sie sind von einem mehr
oder weniger grofsen Hof umgeben, der bald dunkler, bald heller rot ist, der anfangs
ganz unbedeutend sein kann, dann aber sehr schnell wächst, zumal wenn es sich um
Monatshefte. Id
278
das Entstehen einer neuen Gruppe handelt. Die Pusteln gleichen völlig den hnpetii»-
oder Erythema-Pusteln.
Sie treten vereinzelt oder gruppenweise auf und fliefsen im letzterem Fall gen
zusammen. Sie haben eine ausgesprochene Neigung, sich mehr und mehr abznflaehea
und in der Mitte einzutrocknen, woselbst sich alsdann ziemlich schnell eine gelUicIis
oder bräunliche Kruste bildet. Ringsherum um diese Kruste erscheint dann in vidca
Fällen ein, nicht immer ganz geschlossener Kranz kleiner, weiÜBlicher, flacher Posfab,
die jede für sich stehen oder ineinanderfliefsen. Es sind diese Pusteln zwcifter
Generation immer kleiner, namentlich während sie entstehen, als die zentrale Matter
pustel. Letztere ist zuweilen noch gar nicht eingetrocknet, sondern noch voiiiBf'
reich, flach, runzelig, während um sie herum schon 3 bis 4 oder mehr bei weit»
kleinere peripherische Pusteln reifen und eine Gruppe bilden, die Dührivg ab be-
zeichnend für die Varietas pustulosa seiner Dermatitis herpetiformis ansieht Soklie
€hruppe lagert dann auf einer grofsen entzündlichen Fläche. — Die Pusteb zwete
Generation vermögen sich nun ihrerseits wieder zu vergröfsem und den Hittelpakt
eines unregelmäßigen, unvollkommenen Elranzes abzugeben, so dafs Kreislinien la
Pusteln dritter Ordnung mit den verschiedenartigsten Zeichnungen entstehen.
Diese eben geschilderte Art der peripheren Weiterverbreitung scheint nun nicht
immer durch die Bildung neuer exzentrischer Pusteln vor sich zu gehen, sondeii
manchmal auch dadurch, dafs, während die Pustel in der Mitte eintrocknet, är
eiteriger Inhalt einfach weiterkriecht und die benachbarte Epidermis abhebt; mk
einem Wort, die Krankheit verbreitet sich dann wie die echte Ekthyma-PusteL
Reifst der Patient die Pustel ab, so liegt die rote, feuchte, nässende Cutis nseh
zutage. Sich selbst überlassen trocknet sie dagegen zu einer Borke ein, deren Eigen-
schaften uns noch beschäftigen werden. Die kleinen Pusteln brauchen zu ihrer fiit*
Wickelung 5 — 10 Tage, die gröfseren 8 — 20 Tage, vielleicht auch längere Zeit
2. Die sekundären Läsionen.
a. Krusten. Schuppen.
Die Krusten bilden sich fast immer aus Pusteln oder aus Blasen mit getrobtea
Inhalt; sie sind um so dicker, je gröiser und je eiterhaltiger das Element war, td
dem sie entstehen. Bei Vesikeln und durchscheinenden Blasen bleibt es hänfig bä
einer lamellösen Abschuppung, bestehend aus mehr oder minder derben und groliei
EpidermisschoUen, oder aus feinen, graugelben, bald mehr, bald weniger zuasrnm»
haltenden Krustchen, unmittelbar unter denen die rosafarbene bis hellbraune CotiB
liegt. — Die echten Pusteln wandeln sich in entsprechend grofse Borken um, die,
ihrem Ursprung entsprechend, bald rund, bald ovalär oder unregelmäfsig und winkefif
sind. Sie sind abwechselnd bald gelblich, weich, den Impetigo-Borken ähnlich, beU
graugelb, in der Mitte verdickt und fast lamellenhaft zart gegen die Ränder hin,
bald bräunlich gelb bis tiefbraun, sogar schwärzlich und sanguinolent, weich und
feucht, oder trocken und hart, mehr oder weniger festhaftend. Sie können wdvßA
entzündlichen, figurierten oder regellosen erythematösen Flächen au&itzen. BdilA
man sie frühzeitig ab, so bleibt eine tief rote, exkoriierte sanguinolente oder naaspoöe
Fläche zurück ; meistens lockern sie sich und fallen von selber ab ; die Haut dsnister
ist dann bald stärker, bald schwächer gerötet, gewöhnlich nur mattrosa und bereit!
pigmentiert. Stellenweise scheint es zuweilen auch noch zu einer wirklichen Ab-
schuppung zu kommen, so auf der behaarten Kopfhaut bei allgemeinem Ausschh^
b. Flecke. Exkoriationen. Hautverdickungen.
Die Flecke, welche die Haut des Kranken marmorartig überziehen, entstekee
aus Vesikeln, Blasen, und besonders aus getrübten Blasen und Pusteln. Sie M
279
Mhmntzig ^b bis dunkelbraun gefärbt, echte Pigmentflecke, mit der Neigung, all-
nShlich zu verschwinden; bei andauernd i^euen Schüben nehmen sie zu, nach Zahl
ond Starke. Wenn die Krusten abfallen, so zeigen diese Flecke manchmal noch etwas
erythematöse Färbung, die auf Fingerdruck teilweise verschwindet. Jedoch ver-
lehwindet diese Färbung sehr bald gänzlich, und es bleibt nur noch eine stärkere
oder schwächere bräunliche Pigmentierung zurück, in Form und Gröfse dem Ursprung-
Ijohen Element entsprechend. In dem Mafse, wie der Ausschlag sich an einer be-
•timmten Stelle wiederholt, verändern sich hier die Grenzen der Pigmentflecke, ihre
färbe wechselt, und es kommt dann zur Bildung von ausgedehnten und gesprenkelten
Flecken auf der Haut, namentlich den Extremitäten.
Hierzu kommen noch, wie bei der Phthiriasis chronica, die Exkoriationen, als
Folge des Kratzens, um diese Pigmentation zu verändern und zu vermehren. So
sieht man denn häufig, dafs in Zeiten des Stillstands die Grundfarbe der Haut eine
bräunlich gelbe ist, von der sich, entsprechend den jüngsten Elementen, dunkler ge-
übte Flecke abheben.
Aufser diesen oberflächlichen, infolge von Kratzen entstandenen Ezkoriationen
kommt es nun aber auch noch zu wirklichen ülceratioaen, die ebenfalls eine Wirkung
das Kratzens sind, und man begreift, dafs, wenn dieser mächtige Beiz sich mehrfach
an einer Stelle wiederholt, die Haut sich alsdann allmählich verhärten und ver-
dicken kann.
(Fortsetzung folgt.)
Geobo Fischbb. Ober Behandlung der Syphilis mittels intramnsknl&rer In-
jektionen Yon Hydrargynun salicylicam. Inaug.-Dissertation. Würzburg 1889.
Bericht über 15 Fälle von Syphilis, bei welcher Hydrarg. salicyi. in 10 % öliger
Lösung (0,1 Hydrarg. salicyi. p. dosi) zur Verordnung kam. Die Injektionen wurden
anßnglich alle 8 Tage einmal, später, als sich dieses Verfahren als zu schwach erwies,
wöchentlich zweimal vorgenommen. Dieses Präparat verursachte keine unangenehmen
Lokalerscheinungen, vor allem keine Infiltrationen (Abscesse), die Schmerzen waren
sehr gering, nie kamen gastrische Erscheinungen zur Beobachtung, Stomatitis trat
einige mal auf, doch nie auf längere Zeit oder von solcher Intensität, dafs die
Injektionen ausgesetzt werden mufsten. Zweimal wurde ein Erythema mercuriale
beobachtet. In den leichteren Fällen genügte eine solche Behandlung, bei schweren
mulsten noch Inunktionen beigegeben werden, besonders gut schien sich dieses
Präparat für Becidive zu eignen.
Die Zahl der Injektionen für die einzelneu Fälle schwankte zwischen 4—10.
Die Arbeit wurde unter der Leitung des Beferenten gemacht.
Seifert- Würzburg.
L. Banvikb, Membre de Tlnstitut, Professeur d'Anatomie generale au College
de France, Membre de l'Aoad^mie de M^decine. Traitö teclmiane d'Histologle.
Deuzidme j^dition. Avec 414 gravures dans le texte et une planche chromolitho-
^(rapbee. Paris, Librairie F. Savt. 1889.
280
Eine neue Auflage dieses klassischen Werkes liegt vor uns. Beferent virde
es für Überhebung halten» wenn er mehr geben wollte, als die Anzeige dei Bodiei.
Wir wollen nur darauf hinweisen, dafs die Ausstattung — im Gegensatz n lo
vielen Werken dieses Faches bei uns — eine geradezu mustergültige ist. Die „GrtTURt^
sind von einer Sphärfe, Klarheit und Sauberkeit, die wirklich daa höchste Lob rth
dienen. —
Wir haben eingehend den Abschnitt über die Haut studiert, zu deren genaoerer
Kenntnis ja Ranvieb selbst so viel Wertvolles beigetragen hat, und müssen der
grofsen Sachlichkeit, dem klaren, unparteiischen, dem Texte in Anmerkungen bei-
gegebenen Resume der Ansichten andrer Forscher die gröfste Anerkennung zu teä
werden lassen. Mit gewifs nicht unberechtigter Freude kann es uns erfüllen, wenn int
sehen, daüs in den Citaten die deutsche Litteratur weitaus den ersten Platz einninoDi
van Düring-Hamburg.
Dr. W. Ellenbebgeb, Professor an der Konigl. Tierarzneischule in DresdeB.
Handbucli der vergleichenden Histologie und Physiologie der Hanss&ngetien;
Erster Band: Vergleichende Histologie der Haussäugetiere. Berlin, Pici
Pabby. 1888. Preis Mk. 25 —.
Das vorliegende Werk, dessen Mitarbeiter Prof. Bonnet (München), Prof. CsoKtt
(Wien), Prof. Eichöaüm (Giefsen), Prof. Ellenbeboeb (Dresden), Dozent Schlür
(München), Prof. Flesch (Bern), Prof. Kitt (München), Prof. StJssDOBF (Stuttgirt),
Prof. Tebeg (Hannover) sind, müssen wir als ein hochwillkommenes bezeichnen. Wir
haben schon verschiedentlich mit grofsem Nutzen für die verschiedensten Kapitel der
Anatomie von diesem Werke Gebrauch gemacht.
Es ist nicht möglich, jedes einzelne Kapitel einer eingehenden Besprechung n
unterziehen.
Sehr gut ist der dem Werke vorausgeschickte allgemeine Teil, und besondoi
hat uns hier die für das Selbststudium so sehr förderliche Anordnung in der „Methode
der mikroskopischen Untersuchung von Süssdobf gefallen.
Von dem speziellen Teil hat uns natürlich besonders die Histologie der Hnt
und Anhänge interessiert, der von Bonnet in ausgezeichneter Weise behandelt ist
Der Verfasser hat ja selbst als Forscher auf diesem Gebiete einen guten Nunea.
Wenn die neuere Litteratur nicht bis zur letzten Zeit hat benutzt werden konsea,
so hat das wohl seinen Grund in der Natur des Sammelwerkes: die Teile müsKB
häufig auf das Erscheinen des Ganzen längere Zeit warten.
B. kommt auf Grund seiner Untersuchungen im allgemeinen zu Ergebnissen, die
sich mit den von Unna gewonnenen decken. Die Namen „Bonnet, Unna, Waldbih'
sind in den Citaten dieses Abschnittes die am häufigsten wiederkehrenden.
Es wäre sehr zu wünschen, dafs allmählich eine einheitliche Nomenklatur in der
Histologie der Haut und ihrer Anhangsgebilde eingeführt würde.
Die von Bonnet gewählte entspricht im allgemeinen der uns geläufigen.
Mit Unna ist Bonket der Ansicht, dafs das elastische Gewebe der Hast die
Funktion von Antagonisten der in der Haut befindlichen Muskeln habe.
An Stelle der alten Bezeichnungen „Hornschicht und Schleimsohicht^ empfiehlt
B. die von Unna eingeführten Bezeichnungen zu benutzen.
B. nimmt mit Waldeyeb an, dafs die Kömer des Strat. granulös. Keratohyitifl
seien. (Diese Frage ist wohl durch die neuere Arbeit von Buzzi ihrer Entscheidiaf
bedeutend näher geführt.)
19*
J
281
Nach der vorliegenden Abbildang gibt der Nasenspiegel der Katze ein besonders
geeignetes Material zum Studium der Epidermis.
Für den besten Teil dieses Abschnittes halten wir das Kapitel über die Haare.
Auch hier decken sich die üntersuchungsergebnisse B.s und die Nomenklatur
im wesentlichen mit der von Unna. Wir müssen gestehen, selten eine so klare,
knappe Barstellung des Wachstums, der Entwickelung und des Wechsels der Haare
gelesen zu haben; der letzte Punkt ist vielleicht etwas zu knapp weggekommen.
Erwähnenswert erscheint uns noch besonders, was B. über die eigne Muskulatur
der Drüse (sc. Hautdrüse, pag. 430) und über die Haarbalgdrüsenmuskeln (pag. 435) sagt
„Die eigne Muskulatur der Drüse ist in ihrer Entwickelung unabhängig von der
Orofse der Drüse, um so stärker ausgebildet, je fetter (zähflüssiger) das Drüsensekret
ist und je weniger durch benachbarte, willkürliche Muskulatur oder Haarbalgdrüsen-
muskeln die Sekreten tleernng begünstigt wird."
„. . . . An vielen Regionen der Haut mit grofsen Knäueldrüsen umscheidet der
Kuskel den Ezkretionsgang (der Haarbalgdrüse) ein nicht unbeträchtliches Stück weit
imd strahlt sogar mit reichlichen Muskelfasern auf die Oberfläche des Drüsenkörpers
tos. Mitunter sah ich auch einen besonderen fächerförmigen Ast zur Knäueldrüsen-
oberfiache hinziehen. Die Beziehung des Muskels zur Knäueldrüse scheint vielfach
intimer zu sein, als die zum Haarbalge.*'
„Die Länge des Muskels steht in geradem Verhältnis zur Länge des Haarbalges,
•eine Dicke aber ist proportional nicht der Entwickelung des Haares, sondern der
lam Haarbalg gehörigen Drüsen, speziell der Schlauchdrüsen."
Die Wirkung der glatten Hautmuskeln ist (worauf zuerst Unna hingewiesen
hat) dadurch, dais dieselben ihren fixen Punkt am Haarbalge haben und deshalb
bei ihrer (in einer Region stets gleichzeitig eintretenden) Kontraktion die Haut im
Dickendurchmesser verkürzen, physiologisch von grolser Wichtigkeit. Es wird dadurch
refpilatorisch auf die Blut- und Lymphzirkulation und somit auf Drüsensekretion,
Hantperspiration und Wärmeökonomie gewirkt.
Die folgenden Absätze sind den vorhergehenden ebenbürtig, klar und mit in-
struktiven Zeichnungen reichlich versehen. Was die Ausführung der Abbildungen
betrifft, so könnte sich allerdings der Verleger an der des RANVisnschen Werkes ein
Beispiel nehmen. von Düring-Hamburg.
C. Manchot. Die Hantarterlen des menschliclien Körpers. Mit 9 Tafeln.
Leipzig, Verlag von F. C. W. Voqkl. 1889. Preis M. 12.
Diese als Beantwortung einer von der medizinischen Fakultät zu Strafsburg
gestellten Aufgabe verfafste Arbeit will erstens die in der Kenntnis der arteriellen
Versorgung der Haut vorhandenen Lücken ausfüllen und zweitens das etwa in der
Verteilung der Hautarterien liegende Gesetz aufsuchen.
Eine systematische Bearbeitung der Hautarterien fehlte bis jetzt gänzlich, denn
nixr diejenigen des Kopfes, des Fufses, der Hand, der Knie- und Ellbogengegend sind
genauer beschrieben. Unter steter Berücksichtigung der bereits in der anatomischen
Litteratur niedergelegten Bemerkungen über verschiedene Hautarterien ergänzt Verf.
das noch Fehlende durch eine grofse Beihe neuer, eigner Beobachtungen, über
welche das Beferat nur einen kurzen Überblick gewähren kann.
Hautarterien des Rückens, der Lenden- und Kreuzgegend. Ihr Ur-
sprung aus den Interkostal-, Lumbal- und Sakralarterien ist bekannt, jedoch blieb
bis jetzt ihr regelmäfsiger Verlauf und ihre gesetzmäfsige Anordnung unberücksichtigt.
282
£8 treten nämlich der ganzen Wirbelsäule entlang die medialen Zweige der nmi
musculo-cutanei zwischen den Spitzen der Wirbeldome ans und verlanfen latenhraiti,
entsprechend den Wirbel- und Rippensegmenten. Alle medialen Zweige stehen noter
sich und mit denjenigen der andern Eörperhälfte in anastomotischer Verbtndv^.
Die lateralen Zweige der rami musculo-cutanei, am stärksten in der Lendengegendi
entwickelt, gehören ihrem Ursprünge nach nicht immer dem Bippenflegment u^
dessen Haut sie versorgen.
Das seitliche Rumpfgebiet wird von den lateralen perforierenden Ha^
muskelästen der Interkostalarterien ernährt, welche Aste bei ihrem Austritt ans dan
Muskeln in dorsale und ventrale, den Rippen parallel verlaufende Zweige zerfüka.
Das obere seitliche Brustgebiet bezieht seine Hautarterien auXserdem noch ans fJatm
Ursprünge nach sehr wechselnden Verzweigungen der Thorax- und Snbskspnir>
arterien, deren Endausbreitungen aber parallel den Rippen angeordnet sind.
Die eben beschriebenen Hautarterien stehen unter sich und mit denjenigen
hauptsächlich von der Arteria mammaria interna ernährten vorderen Brnstwii«!
in Anastomose. Entgegen Htbtl findet Verf., dafs die Brustwarze und der
nicht von der intercostalis IV, sondern von rami perforantes der Mammaria im
und den Thoraxarterien hauptsächlich versorgt werden. Unter den Hautzweigen
vorderen Intercostales zeichnen sich besonders die der zweiten Interk
zugehörigen durch ihr Ausbreitungsgebiet aus. An der Bildung des anastomotiiehaij
Netzes der Brust ist hauptsächlich eine Thoraxarterie beteiligt, die noch
erwähnt ist; sie verläuft von der Achselhöhle auf dem lateralen Rande des
pect. maj. bis zur 5. oder 6. Rippe herab.
Vordere Bauchwand. Von den beiden Endästen der Mammaria interna
der schwächere zwischen den Eostalursprungen des Muse, pectoralis und Hose, reill
abdom. zur Haut des 6. Interkostalraumes, der stärkere auf der Bektusscheide
zum Nabel, wo seine Eudzweige mit den Hautzweigen der Interkostalarterien ni
den aufsteigenden Asten der Art. epigastrica superfic. anastomosieren.
Untere Bauchgegend hauptsächlich von Hautzweigen der zuletzt genanntoi
Arterie versorgt, mit Ausnahme eines kleinen Gebietes oberhalb der
welches von bisher unbeschriebenen Abdominalzweigen der Art. pndenda
ernährt wird.
Seitliche Bauchgegend weist die rami perf. laterales der eigentlicb»
Lumbaiarterien auf, welche eine den Wirbelsegmenten entsprechende Anordniug
zeigen.
Von der Haut der männlichen Leisten- und Geschlechtsgegend wizd
der vordere Bezirk von Asten der Art. pud. ext. versorgt, und zwar nach Beobtdi
tungen des Verf.s meist so, dafs die Art. pud. ext. snperior sich auf das Anfuigsstöd
der Skrotalhaut beschränkt, während das übrige der Art. pud. ext. inferior zugetolt
ist, deren rami scrotales ant. an der lateralen Wand mit Hautzweigen der Art obti«
ratoria anastomosieren. Die beiderseitigen Art. dorsales penis, durch Vena doi.
penis voneinander getrennt, stehen nach Verf. durch zahlreiche feine horizontal«
Aste in Verbindung. Die Art perinea superficialis versieht nach Verf. mit latenka
Zweigen auch ein ziemlich ausgedehntes Hautgebiet an der hintern medialen üid»
des Oberschenkels.
Beim Weibe ist die Anordnung der Hautarterien dieser Gegend trotz rninchr
Abweichungen entsprechend derjenigen beim Manne, wenn man nur die entwickehog»-
geschichtlich gleichwertigen Teile miteinander vergleicht.
Die Hautarterien der vorderen und seitlichen Halsgegend sind in dff
Litteratur kaum erwähnt. Nach den Beobachtungen des Verf.B gehört das Hantgebvt
283
«nf^ ober- and unterhalb der Clavicula der Art. transversa scapulae an, der Haut-
bezirk darüber 2—3 Arterien, welche von dem lateralen Eande des Platysma median-
wärts parallel dem Schlüsselbein laufen, dann folgt nach oben das Gebiet der Art.
cervicalis snperfic, deren Hautzweige mit den eben aufgeführten anastomosieren.
Kopf. Hautmuskeläste der Carotis externa schon eingehend beschrieben; es
blieben Verf. noch die Hautarterien der Ohrmuschel und das Hautarteriennetz der
Schädelkappe. Das Verästungsgebiet der ersteren ist so konstant, dafs als Begel
aufgestellt werden kann: der obere und vordere Ohrmuschelteil mit Tragus bis zur
Incisura intertragica gehört den Aa. auric. anter. an, das Gebiet der A. auric. post.
umfafst den hinteren Ohrmuschelrand mit dem Ohrläppchen. — Verf. macht bei den
Hautarterien der Schädelkappe darauf aufmerksam, dafs die unregelmäfsig viereckigen
Maschen des Arteriennetzes so orientiert sind, dafs die gröfsere Diagonale immer der
SagitalUnie parallel verläuft.
Zu den bekannten Hautarterien des Nackengebietes fügt Verf. noch 3 — 5Aa.
eervic. desc. soperf., welche in der Richtung der Muskelfasern des Trapezius zur Spina
scapulae herabziehen, hinzu und für das Gebiet der Fossa infraspinata einen starken
Hautast, welcher aus der A. subscap. entspringt und mit den Hautzweigen der A.
transversa colli und transversa scapulae anastomoeiert. Alle Hautarterien verlaufen
init ihren Endzweigen schräg abwärts nach aulsen.
Für den hinteren Schulterbezirk findet Verf. einen ganz speziellen Hautast
der A. circnmflexa humeri post. (A. subcutanea deltoidea post. des Verf s). In der
Begel wird auch das vordere Schultergebiet von besonders starken Hautzweigen aus
der A. thoracico-acromialis versorgt.
Die Hautarterien der oberen Extremität sind mit Ausnahme der Ellbogen-
gegend in der Litteratur nur spärlich bedacht. Zwar sind sie ihrem Ursprünge nach
anjCsevordentlich wechselnd, aber ihre Endverzweigungen sind in der Ausbreitung und
Richtung sehr konstant. Nach Verf. wird die Haut der äufseren lateralen Hälfte des
Oberarms versorgt von A. collat. rad. inf., deren hintere Endzweige horizontal ver-
laufen, während deren vordere teils horizontal, teils schräg nach vorne gehen. Sie
wird nach oben ergänzt von den ebenfalls horizontal ziehenden Endästen der A. cir-
eomflexa humeri post. Das untere Bicepsgebiet, sowie das mediale Oberarmgebiet
erhält direkte Hautzweige aus der Brachialis, welche ebenso wie diejenigen der
A. collat. ulnaris sup. entweder horizontal oder schwach auf- oder absteigend ver-
laufen.
Die Hautarterien des Unterarmes schildert Verf. ebenfalls nach eignen Beob-
achtungen: die radiale Aufsenseite und ein kleiner Teil der Beugeseite gehören
der A. radialis an, während alles übrige von der A. ulnaris versorgt wird, mit Aus-
nahme der Streckseite des ulnaren Bezirks, welche Hautästen der beiden A. interosseae
angehört. Die meisten Endzweige verlaufen schräg abwärts.
Die Hautarterien des Gesäfses konvergieren alle nach dem Troch anter major:
daher ziehen die betreffenden Zweige der A. glutaea schräg lateral abwärts, die
der A. ischiadica horizontal lateral, die des unteren medialen Gebiets schwach auf-
steigend.
Das hintere Oberschenkelgebiet wird versehen von horizontalen oder
schwach absteigenden Hautzweigen der Aa. pudenda interna, ischiadica, circumfl. fem.
med. und 4 — 6 ebenfaUs schwach absteigenden Asten aus den Rami perf. der A.
prof. fem. Die Hautarterien des vorderen Oberschenkelgebiets stammen aus der A.
croralis, sind mehr oder minder geschlängelt und entsenden auf- und absteigende
Zweige. Der laterale Bezirk gehört Ästen aus der A. prof. fem. an, welche teils
aenkrecht nach abwärts, teils schräg verlaufen.
284
Am hintern Unterschenkel gehen die Haatarterien aus dem medialen vad
lateralen Ast der Aa. surales unter spitzen Winkeln nach abwärts, dazu komoMi
noch (nach Verf.) 3 zwischen den ürsprangsköpfen des M. gastrocnemios he^To^
tretende Arterien. Die Endzweige aus der A. tibialis antica und postica am medialea
und lateralen vorderen ünterschenkelgebiet ziehen in vertikaler Richtung nach aof-
und abwärts. —
An diesen, von uns soeben kurz durchgegangenen ersten Teil der Beachrabaag
anatomischer Thatsachen schliefst Verf. eine Reflexion an über die Ursachen der
gefundenen Gesetzmäfsigkeit in den Verbreitungsgebieten der Hautarterien, vekhc
Gesetzmäfsigkeit auffällig ist gegenüber dem Wechsel in den Ursprüngen und in da
Austrittsstellen aus den Muskeln. Diese Erscheinung ist abhängig von der Entwi^
lung des Geföfssystems, welches bekanntlich von der Peripherie aus nach dem Zcb-
trum zu wächst Da die erste Anlage des Embryo metomer ist, so spricht sich diem
Verhältnis überall dort an allen Organ Systemen, also auch im Gefäfsverlaaf aus, vo
es nicht durch sekundäre Wachstumsprozesse gestört ist. In der Cutis mit üms
Enden fixiert, müssen die Hautarterien wiederum vom Hautwachstum in ihrer Yer
laufsanordnung abhängen. So ist z. B. am Rumpfe die metamerale Anlage der
Hautarterien aus den Interkostal-Lumbal-Sakralgefaüsen noch bewahrt, wohingegen
am Nacken die nach der Spina scapulae zu konvergierenden 5 — 6 oberen Hantarterus
offenbar durch Zug in diese Lage erst später gebracht worden sind. Durch Streckanf
des Körpers sind die anfangs nahe beieinander entspringenden Aa. epigastrica soparf.
sup., epigastr. sup. inf. und pudenda ext. voneinander getrennt worden, so dab sie
entgegen der allgemeinen Anordnung der Hautarterien des Bauches der Länge nscfa
statt quer verlaufen. Auch über die eigentümliche Hautarterienanordnung am Halte,
im Gesichte, des äufseren Ohres, der äusseren Geschlechtsteile sucht Verf. durch Hin-
weis auf embryonale Wachstums Vorgänge Licht zu verbreiten. Es ist hier jedod,
nach Meinung des Referenten, der Haut eine allzu passive Rolle zugewiesen, weai
Verf. (S. 49) sagt: „In ihrem Wachstum und in ihrer Spannung hängt die Hsot
durchaus von dem Wachstum des Körpers ab, den sie umschliefst", und ferner
S. 51: „Der Austritt der Hoden aus der Leibeshöhle und die dadurch hervor
gerufene Ausstülpung des Hodensackes.'' Bekanntlich ist aber schon vor dem D»
census testiculi der Hodensack ausgebildet; und ebenso wie die Schwimmhaut zwisclia
den Fingern, das Ohrläppchen, der Präputialsack Zeichen selbständigfen Hantmcb'
tums sind, sprechen auch diejenigen Hautpartien, welche nicht gespannt sind (KopC
Hohlhand, Fufssohle) für die Selbstthätigkeit der Haut. Es wird daher anch ent
durch vollständige Kenntnis des Wachstums sowohl des Körpers wie der Hant die
Anordnung der Hautarterien gesetzmäfsig abgeleitet werden können."
Schliefslich wird auch das Hervorsprosssen der Extromitätenanlagen anf die
Hautarterien derselben einen richtenden Einflufs ausüben. (Hier ist auÜserdem noek
die Torsion der Extremitäten in Betracht zu ziehen. Ref.)
Verf. weist auf die Übereinstimmung der Richtungsverhältnisse der Hantarterieo
mit der Richtung der LANGEBschen Spaltbarkeitslinien hin, welche ganz besonden in
Hautgebiete des Kopfes, Nackens, Rückens, der Genitalgegend, Brust, seitUcheB
Bauchwand und der Extremitäten hervortritt.
Dieselben Ursachen, welche die Bindegewebsfasern der Cutis und mit ihnen ö»
Hautarterien richteten, mufsten auch auf die Hautnerven, -venen, -lymphgefa&e ibna
Einfluüs ausüben. Verf. beschränkt sich auf einen Vergleich zwischen dem Verittf
der Hautarterien und -nerven, wobei nur zu berücksichtigen, dafs erstens die Ver-
schiedenheit dieser Gewebe auch einen Unterschied im Wachstum bedingt, and ds6
femer die ersteren von der Peripherie zum Zentrum, letztere in umgekehrter Bichtafl^
285
rieh entwickeln. Wo die primäre Anlagfe aach beim Erwachsenen, wie im Hautgebiet
des Rampfes, bewahrt ist, da stimmen die Richtungen von Nerven und Arterien
antsprechead dea Metameren vollständig überein, wohingegen wie im Hals- und
E^ackengebiet, am Bauche etc. spätere Waohstumsprozesse eingegriffen haben, da
decken sich Nerven und Arterien in ihrer Anordnung nicht. Besonders merkwürdig,
dem Entwickelun^sgange nach aber leicht verständlich, ist die absolute Uberein-
itimmung der Verteilung der Haut nerven und -arterien am äufsem Ohre. Die Teile
der Muschel, welche aus dem vordem Rande der embryonalen Eiemenspalte hervor-
Ijegangen, beziehen ebenso ihre Nerven wie Arterien aus einer andern Quelle, wie
diejenigen, welche sich aus dem hintern Rande ableiten. Den Aa. auriculares ant.
aus der A. temporalis superf. entsprechen die Nn. anric. ant. aus dem N. aurigulo-
temporaÜB — der A. aurio. post. die Hautzweige des N. auric. magnus aus dem Gervikal-
plexus.
An der sranzen Kopfhaut zeigt sich aufser der Kongruenz der Yerbreitungs-
gebiete von Nerven und Arterien auch noch eine weitgehende Übereinstimmung in
ihrer Hauptrichtung.
Am Sohlasse seiner überaus verdienstvollen Arbeit wirft Verf einen Blick auf
das patholosrische Verbal tea der Haut bei Krankheiten wie Herpes Zoster, Psoriasis
u. a., für deren Verstäaiuis eine '^„genaue Kenntnis der Hautarterien ihm von Be-
deutunor^ zu sein scheint. Er bezieht sich hier auf Kaposi, nach dem „viel IJrsäch'
liches in der wenig bekannten feineren Geföfsverteilung zu suchen sei.'' Offenbar
sind die mikroskopisohen Gefäfsverhälnisse gemeint, die doch eigentlich allein bei
den physiologischen Vorgängen in der Haut in Betracht kommen. Bei dem überraus
reich entwickelten Anastomosen ist es für die Ernährung einer gegebenen Hautpartie
im allgemeinen irrelevant, von welcher Arterie ihr Kapillarbezirk gespeist wird, wenn
er überhaupt nur mit Blut versorgt wird. Eine Morphologie dermatologischer Krank-
heitsformen ist nur möglich auf Grundlage sowohl ätiologischer wie anatomo-physio-
logischer Kenntnisse, welche in gründlichster Weise die topographischen Verhältnisse
der Haut berücksichtigen. Was die Zirkulationsverhältnisse betrifft, so ist bereits
durch ToxsA der Anfang gemacht, für dessen Arbeit ebenso eine vollständige Er-
gänzung zu hoffen ist, wie sie unserm Wissen in der allgemeinen Anatomie der
Hautarterien durch die vorliegende Abhandlung von C. Manchot zu teil geworden ist.
Schliefslich verdienen die nach eignen Beobachtungen des Verf. angefertigten
Zeichnungen und deren Wiedergabe auf 8 Tafeln eine ganz besonders lobende Er-
wähnung. Ludwig Fhüippson-Hamburg.
E. SoHWBKivoEB. Mitteilungen aus der dermatologischen Klinik des Königlichen
Chariti'Krankenhauses eu Berlin, 1888. Heft IV— VII.
Das vierte Heft enthält eine Arbeit von Dippb: Beitrag znr Behandlnng
chroniBcher UnterscheiikelgeselLWÜre und eine von Leopold, Beitrag zur Ana-
tomie dea Komedo und der Akne vulgaris. Folgendes Verfahren wurde auf der
ScHWEinNGEitschen Abteilung mit Erfolg zur Heilung grofser, vernachlässigter Unter-
achenkelgeschwüre angewandt. Nach gründlicher^ Reinigung des Unterschenkels mit
Beife, des Geschwürs mit Karbol- oder Ealiumpermanganatlösung, wurde das Geschwör
ca. 8 Tage lang mit feucht gehaltenen Kompressen bedeckt. Dieselben wurden alle
6 Stunden gewechselt und dabei das Geschwur wiederum gereinigt. Zur Anfeuohtung
diente physiologische Kochsalzlösung. Nach 8 Tagen wurde das Geschwür nach
NuBSBAüM umschnitten und wiederum 8 Tage mit den Kompressen bedeckt gehalten,
286
bis die Binne und das Geschwür mit guten Granulationen ausgekleidet waren. Auf
diese wurde nun, wenn es nötig erschien, nach Thibbsoh mit möglichst groCMn
Lappen transplantiert und sodann das Geschwür mittels sich teilweise deckender
Heftpflasterstreifen unter leichter Kompression verbunden, wobei transplantierte
Oberhautstückchen sehr gut anheilten. Der erste Verband durfte nicht über 4 Tage
liegen, der zweite, unter dem oft schon völlige Heilung eintrat, 8 Tage. Don
empfiehlt auch für die Nachbehandlung nachts sehr reinlich gehaltene, hjdropaüiische
Umschläge.
Lbofold gibt als Einleitung eine ausführliche und lesenswerte, weil kritucb
gehaltene Übersicht über die Geschichte der Komedofrage. Seine eigne üntersachaiig
bezieht sich vomemlich auf eine eiterige Aknepustel der Bückenhaut. Es fand sieh
eine Abscefshöhle am Fufse des Follikels, welche an einer SteUe mit dem Ltuneik
desselben frei kommunizierte. Im übrigen fand Leopold aufser den bekannten Ver-
hältnissen des Komedo eine starke Epithelproliferation am untern Teil des FoUikek
Von normalen Talgdrüsenresten fand sich nichts mehr vor; in der Aknepustel aoek
nichts mehr von einem Haare, wobei bemerkt werden muTs, dafs L. ein benachbart»
Lanugohaar für das zugehörige Haar hält, obgleich beide Follikel auf der Abbildung
deutlich getrennt an der Oberfläche ausmünden. Diese Verwechslung mag auch der
Grund seiner ziemlich gewundenen Erklärung des ganzen Bildes sein. Denn die
Akne und der Komedo sind gamicht Erkrankungen der Talgdrüse allein, sonderä
des gesamten Follikels, und eine Untersuchung beginnender Komedonen hatte dea
Autor überzeugen können, dafs diese sogar nur dem Haarbalgtrichter angehörea
Die Hyperkeratose des Follikelepithels, die L. sehr gut schildert, ist deshalb gar
keine seltsame Umwandlung des Talgdrüsenepithels. Wenn die Talgdrüse ergriffea
wird, so geht sie einfach als Drüse zu Grunde; ihr Epithel verhornt wie alles übrige
Epithel. Gewifs kann das vorgeführte Bild deshalb auch keineswegs eine Stutxe der
ganz unhaltbaren Ansicht Löwbs sein, welcher das Talgdrüsenepithel von der sog.
innem Wurzelscheide des Haares ableitet, eine Ansicht, die allein schon deshalb ose
Unmöglichkeit in sich schliefst, weil beim Embryo Talgdrüsenfett und priniitiTer
Haarkegei ganz getrennt erscheinen und ersteres häufig fräher als der letztere. Dia
letzte These: es kann ja nicht wunder nehmen, dafs aus der Homschicht Lanofin
abgespalten wird, da ja das gewöhnliche Talgdrüsenfett ein Umwandlungsprodakt der
„Homschicht" ist, wird der Autor nach Buzzis neuester Arbeit wohl selbst nickt
mehr aufrecht halten.
Genug, der Verfasser beschreibt das Thatsächliche sehr gut, erschwert sich das
Verständnis desselben aber ganz unnötig durch falsche Prämissen. Seine Präparale
beweisen nur die lange feststehende Hyperkeratose des Follikelepithels und beschreibeB
eine vorhergehende Proliferation desselben, von der es noch fraglich bleibt, ob die-
selbe zum gewöhnlichen Bilde der Aknepustel notwendig gehört, imd über dem
Konstanz. und Bedeutung neue Untersuchungen entscheiden müssen.
Das fünfte Heft beginnt mit einer Abhandlung von Buzzi: Beitrag ZOT HlstO-
genese der PerlgeBchwülste (Gholesteatoma Joh. Müllbbs). Nach Vibohowb De-
finition sollten nur solche Perlgeschwülste mit dem Namen: Cholesteatome bezeidinei
werden, welche als heterologe Neubildangen an solchen Orten entstehen, wo D0^
malerweise kein Hautepithel vorkommt; Cholestearin ist nach VmcHow dagegen wedv
ein konstanter noch wesentlicher Bestandteil derselben. Der Autor zeigt nun an»
einer ziemlich reichhaltigen Litteratur, dafs viele unter dem Namen ChoIesteatoB
beschriebene Gebilde durchaus nicht auf die ViBOHOWsche Definition, welcher er nA
anschliefat, passen und daher keine wahren Cholesteatome sind. Er selbst fand bei
einer Sektion zufallig ein haarhaltiges Cholesteatom von blätterigem Geßge
287
luid BteariD&hnlichem Aussehen, welches wallnufsgrofs lose dem Nervus olfactorius
öer linken Seite aufsafs. Cholestearin fand sich nicht darin, dagegen eine grolse
Uenge kleiner glitzernder Tropfchen von den Farbereaktionen des Hyalins und in
«iicselben eingebettet abgestofsene, Vollwnrzeln zeigende Härchen. Eine Beihe ähn-
licher Fälle wahrer, haarhaltiger Cholesteatome wurde von Rokitansky, Otto und
Paget beschrieben. Der Haarbefund veranlafst Buzzi, für seinen Fall eine Metaplasie
auszuschlieisen und einen in die Arachnoidea verirrten, epithelialen Keim als Aus-
gangspunkt anzunehmen. Damit wäre die von Vibchow für die Cholesteatome im
Allgemeinen angenommene Metaplasie für viele Fälle als nicht notwendig zurück-
£^e wiesen. Übrigens läfst Buzzi auch diese Genese für eine Keihe von Cholesteatome!!
gelten. Hiemach würden diese besser „Perlgeschwülste*' genannten Gebilde eine
dreifache Entstehungsmöglichkeit haben, erstens aus normal präexistierendem Epithelial-
gewebe (homologe), zweitens aus anormal präexistierendem Epithelialgewebe (homöo-
plastische), drittens aus Bindegewebe entstandene (metaplastische).
Die Abhandlung zeichnet sich durch Klarheit und Kürze, wie der Autor durch
kritisches Talent aus. Kur verstehen wir nicht ganz, weshalb Buzzi mitten auf dem
eingeschlagenen Wege stehen bleibt und den Feldzug nicht auch noch auf die
übrigen Fälle von sog. metaplastischen Perlgeschwületen ausdehnt. Da ist doch
ViBCHow konsequenter. Nimmt man aber einmal mit Cohnhbiu, wenigstens für gut-
artige Geschwülste, die Verirrung der Keime in einem Falle an, was kann uns dann
in andern Fällen nötigen, noch eine Metaplasie aufserdem anzunehmen?
In einem hierauf folgenden Vortrage von Schwekinger: Betrachtmigen ttber
Krebs und seine Diagnose verwirft der Autor die Frage, ob die anatomische oder
klinische Diagnose des Karzinoms sicherer sei als inkonekt gestellt und unpraktisch.
Kliniker und path. Anatom können einander in keinem Falle entbehren. Die pathol.
Anatomie hat bösartige Bindegewebsgeschwülste (Sarkome), Endotheliome, Enchon-
drome und Epitheliome längst getrennt; alle sollten — und nicht blofs die bös-
artigen Epithelgeschwülste — als Krebse (Karzinome) bezeichnet werden. Alle ana-
tomischen Kriterien der Fösartigkeit, so sicher sie hin und wieder die Krebsdiagnose
frühzeitig stellen lassen, erfordern doch in den meisten Fällen die Ergänzung durch
klinische Merkmale, und für diese wiederum besteht das gleiche Verhältnis. Mehr
ins Detail gehend reproduziert Sch. seine bereits in früheren Arbeiten niedergelegte
Ansicht, dafs von allen Epithellagcm sich beständig einzelne Epithelien loslösen und
als Wanderzellen beweglich werden. Diese ganz neue Hypothese über die oder sagen
wir: eine Quelle der Wanderzellen wird nicht verfehlen, berechtigte Opposition
hervorzurufen. Abgesehen von dem Widerspruch, in welchen sich der Autor gegen
die heute herrschende Anschauung von dem Getrenntbleiben ^er verschiedenen
Keimblätter setzt, können wir vom Standpunkt der Hautpathologie aus keine Stützen
für ScHWBMNGBEs Hypothese erkennen. Wir halten die Epithelien für formbar, aber
nicht für beweglich und für ganz unvermögend, die normale Cutisgrenze einzeln
zu durchbrechen. Wo aber unter pathologischen Verhältnissen einzelne Epithel-
zellen in die Cutis gedrängt werden, da gehen sie stets zu Grunde (z. B. bei harten
Schankem) und verhalten sich etwa wie transplantierte Massen fremden Gewebes,
von denen Schweninoer im weiteren Verlaufe seines Vortrages als das gewöhnliche
Schicksal die Resorption nach seinen eignen, zahlreichen Versuchen angibt.
Auf dieser Hypothese, dafs für gewöhnlich eine Art Überproduktion von Epi-
thelien als Wanderzellen in das Bindegewebe gerät, baut sich nun für Schw. unter
Zuhilfenahme einer zweiten in leichter Weise eine allgemeine Anschauung über die
Entstehung bösartiger Geschwülste auf. Diese zweite Hypothese besagt, dafs der
Körper manchmal di^ Umwandlung der verschleppten Epithelien in harmlose
288
Wanderer nicht zu stände bringt, welche dann ebensowohl zu Metastasen wie rar
Kachexie Veranlassung geben. Diese Theorie kann sich auch mit der parasitären
befreunden, indem die spezifisch gesteigerte Proliferationsenergrie der „abgelösten*
Zellen möglicherweise einem Parasiten zu danken ist.
Wie von dem präexistierenden Epithel, so losen sich nach Soh. auch von Knochen,
Knorpel und von Endothelien solche bösartig werdende Wanderzellen ab, um Sar-
kome, bösartige Enchondrome und Eadoteliome zu bilden.
Die yielseitigen Ausblicke, welche die jedenfalls sehr originelle Krebs theorie
von Soh. gewährt, mögen vielleicht auf den ersten Blick manchem bestechend er-
scheinen. Wir verhalten uns zunächst sehr reserviert ihr gegenüber, da wir die
positiven Grundlagen derselben, so weit sie die Haut betreffen, nicht anerkennen
können.
Den Schlufs des fünften Heftes bildet ein Vortrag von Soswbninobr: Bemer-
kungen ttber Ekzeme und deren diätetische Behandlung, welcher bereits
in den CharitS-Annalen pro 1886 publiziert wurde. Wir können uns deshalb kan
fassen. Wir teilen Sgh.s Ansicht durchaus, dafs veränderte Diät einen Einflufa üben
kann auf die Sekretionen und vielleicht auf die Zirkulations Verhältnisse der Haut;
leider kennen wir denselben noch nicht. Wir kommen aber gewÜB auch nicht weiter
durch gelegentliche Bemerkungen, welche einen solchen Einflufs erweisen, und wie
sie der gewifs häufig machen mufs, welcher sein Augenmerk mit Vorliebe auf die
Folgen diätetischer Verbesserungen auf bestehende Krankheiten lenkt. In diesem
Sinne und wohl noch zu wenig haben wir immer auch diätetisch behandelt. Eine
wirkliche Verbesserung unserer Therapie wird aber nur deijenige berbeifübren,
welcher imstande ist, für eine ganz bestimmte Dermatose, z. B. das seborrhoische
Ekzem, in jeder Phase und bei jedem Individuum eine diätetische Behandlung von
ebenso grofser Sicherheit (nicht notwendigerweise von ebenso grofser Wirkung) anza-
gebe^, wie wir es für die äufsere Behandlung können. Gerade beim seborrhoischen
Ekzem können ja gewifs Einflüsse auf die Sekretionen ins Gewicht fallen, also viel-
leicht auch diätetische. Diese gilt es im Detail zu studieren. Hie Rhodus, hie saltal
Allgemein gehaltene Apergus für „das Ekzem" im allgemeinen — wir gestehen, dab
wir mit bestem Willen daraus noch nichts für unsere Praxis lernen können.
Das letzte Doppelheft (6 und 7) der ScHWENiNOBBschen Mitteilungen bringt
zunächst eine Arbeit von A. Ebnst, betitelt Pseudolepra. Ein aus leprafreier
Gegend kommender, 72j ähriger Förster zeigte ein im Verlaufe eines Jahres ent-
standenes knotiges Exanthem des Gesichts, der Stirn, Wangen, Nase und Ohren,
welches zu unförmlicher Verdickung der letzteren geführt hatte. Die dunkelroten,
knolligen Erhebungen waren durch tiefe Einschnitte gefurcht, aber die Oberhaut ging
glatt, ohne Rhagaden und Geschwüre über die Knoten hinweg. Die Krankheit ver-
ursachte keine subjektiven Beschwerden; die Sensibilität war normal. Die Neubildang
griff nicht auf die Schleimhäute über. Am rechten Arm waren einige kleinere Knoten
derselben Art vorhanden. .Die leontiastische Verunstaltung des Gesichts liefs an
Lepra tuberosa denken, die histologische Untersuchung eines Knotens und seines
Saftesl ergab aber die Abwesenheit von Leprabacillen und die Struktur eines Granu-
loms ohne regressive Metamorphose mit scharfer Abgrenzung gegen die ein&ch
atrophische, nicht entzündlich veränderte, umgebende Cutis und Oberhaut. Der Autor
sucht den Charakter der kleinzelligen Geschwulst näher zu bestimmen. Syphilis,
Tuberkulose, Rhiuoskleron lassen sich leicht ausschliefsen ; schwieriger ist die Diffe
rentialdiagnose vom tief in der Haut sich entwickelnden, rundzelligen Sarkom. Doch
ist die vorliegende Geschwulst trotz ihres Zellenreichthums zu langsam gewachsen,
sie ist von zu harter Konsistenz und zeigt zu wenig Neigung zur Uloeration, um als
289
Sarkom gelten zu können. Nachdem der Verf. noch Elephantiasis arabnm, Rosacea
nnd Erythema nodosum ausgeschlossen, entscheidet er sich zunächst für die vorsichtig
negative Diagnose: Pseudolepra, da die Neubildung bis auf die fehlenden Bacillen
klinisch und selbst histologisch der Lepra tuberosa nahe kommt. Resorcin hatte,
örtlich angewandt, einen günstigen Einflufs.
Eeefs. Thiol nnd Ichthyol. Eine Studie über die chemische und
therapeutische Identität beider Mittel. Dr. Euil Jacobben in Berlin hat es
sich zur Aufgabe gemacht, ein dem Ichthyol analoges Produkt dadurch zu gewinnen,
dafs er Schwefel in Kohlenwasserstoffe künstlich einführte und aus dieser Substanz
durch Sulfonierung mittels konzentrierter Schwefelsäure und Neutralisierung mit
Natron oder Ammoniak den Ichthyolsalzen entsprechende Salze herstellte. Er nennt
dieses Konkurrenzprodukt: Thiol oder „deutsches Ichthyol*' und benutzt die flüssigen
Destillationsprodukte des Braunkohlenteeröls, das „Gasöl" des Handels, zur Dar-
Stellung, indem diese mit Schwefelblumen im Olbade erhitzt werden, bis die unge-
Bättigten Kohlenwasserstoffe des Gasöls etwa 10 % Schwefel aufgenommen haben.
Bei der Sulfonierung dieses Produkts trennen sich die schwefeli'reien, gesättigten
Kohlenwasserstoffe von der Formel Cn^sn-ft ^<^n den ungesättigten, künstlich
an Schwefel gebundenen. Die entstehende Thiolsulfosäure bildet eine harzige, braune
Hasse, die in Wasser leicht löslich ist, ebenso in einem Gemisch von Äther und
Alkohol. Auch das Ammoniaksalz teilt diese — dem Ichthyol gleichen — Löslich-
keitsverhältnisse. Wie das Ichthyol gehört auch das Thiol zu den reduzierenden
Substanzen ; Eisenchlorid verwandelt es in Eisenchlorür, aus Kaliumpermanganat scheidet
es Mangan superoxyd ab. So weit Jagobsbn.
Eebps teilt nun eine kleine Reihe von Krankengeschichten (Akne, Ekzem, etc.)
mit, in welchen in der Art vergleichende Versuche über die Wirkungen des Ichthyols
und Thiols angestellt wurden, dafs man bei symmetrisch verteilten Hautafiektionen
rechts das eine, links das andre Mittel, beide gewöhnlich in 10 Voigen Salben appli-
zierte. Er kommt zu dem Schlüsse, dafs beide Mittel ganz gleiche Wirkungen
äufsem ; in den betreffenden Krankengeschichten war stets auf beiden Seiten entweder
Erfolg oder Nichterfolg zu verzeichnen. Bebps verordnete das Thiol auch innerlich
und fand dieselbe Unschädlichkeit wie beim Ichthyol.
Sicher ist die Darstellung von dem Ichthyol ähnlichen, geschwefelten Kohlen-
wasserstoffen, wie sie Jacobsen sich hat patentieren lassen, theoretisch sehr inter-
essant. Dafs die Möglichkeit vorlag, haben auch alle, die dem Ichthyol ihr näheres
Interesse zuwandten, sehr wohl erkannt. Aber wir hofften stets, dafs, wenn dieses
gelänge, man uns mit einem noch reineren und konstanteren Produkt beschenken
wurde, als es das Ichthyol schon ist, nicht mit einem noch weniger einheitlichen
und darum noch inkonstanteren Körper. Beeps betont zwar, dafs es sich bei
dem Ichthyol auch nicht um eine einheitliche Substanz handelt. Aber Baumamn und
Schotten sagen doch nur: „Es ist indessen trotz der genauen Übereinstim-
mung der gefundenen und der berechneten Werte die Möglichkeit nicht
völlig ausgeschlossen, dafs dasselbe ein Gemenge mehrerer Salze ist, in welchen das
Verhältnis von Schwefel, Sauerstoff und Natron übereinstimmt." Also
zunächst ist die Möglichkeit gamichl ausgeschlossen, dafs das Ichthyol doch ein
einheitlicher Körper ist; diese Möglichkeit ist beim Thiol dagegen vermöge des Aus-
gangs von einer unbekannten, beliebigen Mischung von Kohlenwasserstoffen von
vornherein absolut ausgeschlossen. Vom Ichthyol exisliert doch weiter eine zuver-
lässige Elementaranalyse, vom „Thiol" oder besser von „den Thiolen aus Gasöl"
können natürlich je nach dem Gasöl und je nach der Schwefelung eine unendliche
Beihe von Formeln aufgestellt werden. Beim Ichthyol also ein von der Natur vor
290
undenklichen Jahren ein für alle mal hergestelltes gleiohmä£iBiges AnÜEingsprodakt,
für das Jacob SENsche „Thiol" die nach Preis und andern Umstanden wechselnde Qaelle
des zu Grande gelegten Gasöls.
Ein Produkt, welches das Ichthyol wirklich ersetzen, ja es übertreffen sollte,
müfste von einem bestimmten Kohlenwasserstoffe ausgehen und würde sich daxm
allerdings wohl kaum billiger stellen als das Ichthyol. Dieser letztere Punkt wird
wohl, falls die guten Resultate von Bbeps sich bestätigen, ausschlaggebend für die
Einführung eines Thiols neben Ichthyol sein; in dieser Herabd rückung des Ichthyol-
preises, in der Konkurrenz überhaupt, erblicken wir hauptsächlich den Wert des
Jacob BEi^schen Thiols. Hinter dem noch unbekannten Ideal des Ichthyols, dem
Sulfosalz des einfachen geschwefelten Kohlenwasserstoffs, bleibt es —
wie es durch Jacobsens Patent fixiert ist — viel weiter zurück als das Ichthyol selbst
H. ScHADEWALDT. Beitrag zur Lehre von der Sklerodermie. Bei einem
59jährigen Manne begann die Krankheit mit einer juckenden, schuppenden Affektion
des behaarten Kopfes und Gesichtes, dann der Oberarme, für welche die Diagnose:
squamöses Ekzem gestellt wurde. Später schwollen abwechselnd verschiedene Teile
des Körpers, besonders oft das Gesicht an, waren rot, schuppend und brennend; der
Patient fror beständig, selbst im Sommer. Diarrhöe, Bronchitis, Rhagaden an den
Schleimhauteingängen, allgemeine Abmagerung, Steifigkeit und Schwäche fesselten
den Patienten ans Bett.
Nach dieser Schilderung erwarteten wir eine Differentialdiagnose zwischen
Pityriasis rubra, Ekzema seborrhoicum höchsten Grades oder andern chronischen
squamösen Dermatitiden mit dem Ausgang in Atrophie, wurden mithin nberrftscht
durch die unvermittelt gestellte Diagnose: Sklerodermie. Die Steifigkeit des Pa-
tienten, seine gezwungene Lage mit angezogenen Knieen, ist ja doch nur ein Beweis
von Hautatrophie, die sich aufser bei Sklerodermie bei Pityriasis rubra, bei den
höchsten Graden des seborrhoischen Ekzems entwickeln kann. Wir würden diesen
kritischen Zweifel nicht geltend machen, wenn in der Anamnese oder dem Status
praesens die typischen Symptome der Sklerodermie, die Bretthärte, das „Wie gefroren
sein*' der Haut erwähnt wären. Statt dessen finden wir Jucken, Brennen, Ödem,
Rötung, fortdauerndes Schuppen und Frieren bei allgemeinem Marasmus geschildert*
was liegt da näher als an Pityriasis rubra Hbbrab zu denken ? Jedenfalls hätte die
finale Hautatrophie dieser Dermatosen ausgeschlossen werden müssen, die allerdings
in der Litteratur schon mehrfach zu Verwechselungen mit atrophisierender Sklero-
dermie Anlafs gegeben hat.
ScHADEWALDT fand an der Leiche entnommenen Stücken der Haut von der
Streckseite der Oberarme und Unterschenkel: Erhaltensein des elastischen, Hyper-
trophie des koUagenen Gewebes, besonders in der Umgebung der dadurch verengerten
Gefafse, Atrophie der Stachelschicht, normales Verhalten des Papillarkörpers, Ver-
mehrung des Pigments in der Stachelschicht, Schwund der Drüsen, Zellenherde in
der Cutis - Befunde, die] für typische Sklerodermie so wenig charakteristisch wie mit
finaler Atrophie durch Pityriasis rubra und chronisches Ekzem unvereinbar sind.
Abgesehen von der zweifelhaften Diagnose verdient die Arbeit wegen ungemein
fleifsiger Zusammenstellung der in der Litteratur enthaltenen Angaben über die
einzelnen Symptome alles Lob. Sie verdiente eine Revision durch den Autor selbst
und würde dann eventuell einen nicht unwichtigen „Beitrag zur Lehre von ....** —
einer andern Krankheit liefern.
Büzzi. Über einen einfachen Spttlapparat. B. beschreibt genauer jenen
Spülapparat, welcher in dieser Zeitschrift pag. 11 von ihm ebenfalls erwähnt wurde.
291
I
Bef. hatte sich vor mehreren Jahren zur Beobachtung die künstlichen Verdauung
von Schnitt en unter dem Mikroskop eigne, gerinnte Objektträger konstruiert, welche,
mit Eapillarrohrchen armiert, ihrem Zwecke gut entsprachen. B. brachte an dem
Apparate die Vereinfachung an, dafs er anstatt eines festen, mit dem zufahrenden
Kapillarrohrchen armierten StandgefSÜBes ein leicht aus- und einzuhängendes, als
Heber gebogenes Kapillarrohr als Zuflufsrohr benutzte und verwandte den dadurch
mobiler gewordenen Apparat zur Entfärbung, Minimalfärbung etc. Derselbe ist in
der Büzzischen Form sehr zu allgemeiner Einführung zu empfehlen.
Dieses — wie wir hören — letzte Doppelheft der ScHWSNiKOEBschen Hitteilungen
schliefst mit einem von Büzzi verfafsten, kurzen Bericht über die an der dermato-
logischen Klinik und Poliklinik der Charite 1886 und 1887 behandelten Kranken.
ütma.
(No. 6.) Was halten Sie von der eigentümlichen Erscheinung, dafs die ver-
breitetsten Handbücher der Dermatologie und Chirurgie auf die stereotype Bemerkung,
dafs es keine guten ,»Mlttel gegen Frost'* gäbe, doch — gleichsam aus Mitleid
(s. Billboth) — eine grofse Reihe sogenannter Frostmittel aufführen? Was denken
Sie von diesen Mitteln selbst? es mufs doch ein guter Kern darin sein, aber wo
findet man den Sinn derselben auseinandergesetzt? Endlich, wie behandeln Sie selbst
den Frost? Dr. N. in D.
Antwort der Redaktion: Sie haben ganz reeht, auf die von Dmen gekenn-
zeichnete Erscheinung als eine für unsre Wissenschaft nicht gerade sehr ehrenvolle
hinzuweisen. Sie ist offenbar nichts als der Ausdruck der Verlegenheit, welcher die
Erscheinung des Frostes Dicht blofs dem Praktiker, sondern auch den Männern der
Wissenschaft bisher stets bereitet hat. Sie werden sich deshalb auch vergebens nach
dem roten Faden umsehen, welcher die lange Liste der Frostmittel durchzieht, ist
doch selbst in dem klassischen Handuch von Hebra unrichtiger Weise der Frost
noch bei der Erfrierung abgehandelt. Immerhin soll Ihre freundlichst eingesandte
Liste von Frostmitteln nicht umsonst zusammengestellt sein; denn ich glaube, es ist
nicht schwierig wirklich in denselben ein durchgehendes Prinzip nachzuweisen. Eine
andre Sache ist es, die Übereinstimmung dieses therapeutischen Ghrundprinzips mit
dem Wesen des „Frostes*^ klar zu legen. Wie dieses gelingt, hängt ganz von der
Ansicht ab, die man sich von dem Wesen des „Frostes" gebildet hat; und da es
bisher keine Theorie dieser Angioneurose gibt, so kann ich nicht mehr thun, als
Ihnen die Übereinstimmung meines therapeutischen Prinzips mit meiner Anschauung
vom Froste mitteilen.
Unter den einfachen Frostmitteln kann man zwei grofse Gruppen unter-
scheiden, welche eine ganz verschiedene Wirkung auf die Haut ausüben. Es finden
sich nämlich unter ihnen vertreten: 1. die Rubefacientia; 2. möglichst allgemein
gesprochen: komprimierende Mittel. Als Rubefacientia sind vor allem zu
nennen: Jod, Kampfer, Terpentinöl, Kantharidentinktur, Gapsicum annuum und die
Säuren: Salpetersäure, Zitronensäure, Essigsäure. Alle diese Mittel sind im stände,
eine mehr oder minder grofse Wallungshyperämie zu erzeugen resp. eine vorhandene
Kontraktur der Hautgefäfse zu beseitigen. Die zweite Klasse einfacher Mittel um-
üSst zunächst mechanisch wirkende: Kollodium, Alkohol, Gerbsäure; sodann redu-
zierend und anäroisierend wirkende: Ichthyol, Styraz und Perubalsam, Blei- und
292 ;
Zinkpasien. Die besten und seit altersher bewährtesten Frostmittel stellen nun dar:
Kombinationen von Mitteln aus diesen beiden Klassen, woraus wohl hervorgeht, dafs
jede der letzteren einer Hauptindikation bei der Therapie des Frostes gerecht wird.
Als solche zusammengesetzte Mittel nenne ich aus Ihrer Liste beispielsweise die
Tinctura Benzoes compos. (Balsamum Commendat oris), die Mixtura oleos. balsamica,
j
das Ungt. Cerussae comp., als neuere die Mischung von Tr. Jodi und Tr. Gallar.,
von Tannin und Kampferspiritus, von Kollodium mit Terpentin oder Jod, von
Terpentinöl und Ichthyol.
Die Angioneurose, welche wir populär mit dem Namen Frost bezeichnen, fasse
ich ihrem pathologischen Wesen nach als eine Stauungsdermatose auf. Sie nimmt
für mich unter den verwandten Afiektionen der Hautgefäfse eine mittlere Stellung
ein, indem hier weder die Arterien so stark kontrahiert sind, wie bei der lokalen
Asphyxie der Haut (RATKAUDsche Krankheit) noch die Venen so stark verengert
sind wie bei den angioneurotischen Ödemen der Haut (Urticaria, Ödema papulatmn).
Es besteht beim Froste also eine mittlere Kontraktur der Arterien sowohl wie der
Venen, dadurch eine bedeutende Verlangsamung des Kapillarkr^islaufs, cyanotische
Färbung, subjektive und objektive Kälte und bei lokalisiertem, stärkerem Blutzufluls:
Auftreten von sanguinolentem Ödem d. i. von „Frostbeulen*'. Diese mittlere Kon-
traktur der Arterien und Venen ist eine krankhafte und sehr unzweckmälsige Be-
aktion der Haut gewisser Individuen auf Temperaturschwankungen besonders aber
Temperaturemiedrigungen. Eine gesunde, reflektorisch erzeugte GeHLfslähmung
(Wallungshyperämie) bleibt aus, und damit beginnt ein circulus vitiosus, welcher nur
durch länger dauernde Wärme oder künstliche Mitt el gehoben werden kann. Näheres
über die Theorie des „Frostes" hier mitzuteilen verbietet der beschränkte Baum.
Wenn eine unzweckmäüsige Verengerung der gröfseren muskulösen HautgefSise
die Ursache des Frostes ist, so sind selbstverständlich gefafslähmende Mittel indiziert,
d. h. mit andern Worten Bubefacientia. Da anderseits die venöse Stase durch die
meisten dieser Mittel nicht zugleich vollständig üb erwunden werden kann, so sind alle
Mittel ebenfalls gerechtfertigt, welche das Volumen der betrefienden Hautregion ver-
kleinern können; daher die Zweckmälsigkeit der mechanisch komprimierenden, der
reduzierend wirkenden und selbst der anämisierend wirkenden, obgleich diese letzteren,
allein angewendet, das Übel zu verschlimmem geeignet wären. Die besten Mittel
werden eine Wirkung haben müssen, durch welche die Arterien künstlich hyperamisch
gemacht werden, ohne dafs das Volumen der ohnehin gedunsenen Haut sich ver-
mehren kann. Dieser letztere Punkt ist um so wichtiger, als es ja nicht bloOs gilt,
den „Frost" zu bemeistem, sondern vor allem auch den Ezzefs desselben, die „Frost-
beulen."
Ich denke also, dafs man sehr wohl die pathologische und die therapeutische
Gedankenreihe zu einem roten Faden verknüpfen kann, welcher sich durch alle gegen
den Frost seit alters her verordneten Mittel verfolgen läfst, und es wird nichts leichter
sein für Sie, als sich aus den beiden Klassen nach Ihrem Belieben neue und vielleicht
recht schöne Frostmittel zu konstruieren.
Ein Frostmittel ist aber weit davon entfernt, eine Behandlung des Frostes
zu sein, und die sogenannte Machtlosigkeit der ärztlichen Kunst ist ganz gewils nur
der Ausflufs der Gleichgültigkeit, welche für ein so unbedeutendes Leiden die Angabe
eines Rezeptes bisher stets für ausreichend gehalten hat. Ihre letzte Frage mithin,
wie ich selbst den Frost behandle, verdient eine eigene ausführliche Besprechung,
welche ich mir für ein anderes mal vorbehalte. Unna.
Verlag von Leopold VOSS in Hamburg (und Leipstg).
Dniek der Yerlagsanatalt vnd Draekerel Actleii-0«feIl«efaaft (Tormala J. F. lUebter) in Hamirarf.
r •
Monatshefte f. prakt. Dermatologie. YIII. Band.
Fig. IV h. (i-45 ; 1) FI3. V b. I2G5 ; 1).
Fi?. IV a. (52C : U. Fig. V ;. (4C5;.).
Ti?. Via. (54:1).
Flg. VII Q. (64 : 1).
Fl;. VIb. (2C3:1).
Fls- VII b. 12C5: 1).
J. SihaU;:-, Itarlar'j
.■;m Leoi::ii V;;^ In K^rr.b'.irs,
V
|Noit(rt0l|efle fit IltaUtfilie lematolottt
Band VÜI. No. 7. 1. April 1889.
Flora dermatologica.
Unter Mitwirkung Yon H. Grünbler und P. Taenzer
herausgegeben von
P. Gr. Unna.
I. Abteilong.
Fadenpilze mit Abschnürnng von Sporenketten auf nnver-
zweigten oder verzweigten atypischen Fruchtträgern.
(Fortsetzung.)
Mit einer DoppelUfel in Lichtdruck.
Wir geben auf nnsrer zweiten Tafel (Taf. IV. V.) vier weitere Pilze, deren
Sporen in Eettenform von Fruohtträgem hervorgebracht werden, welche
nicht den bekannten typischen Fruchtträgern der Hyphomyccten (Mukoren,
Penicillien und Aspergillen) gleichen und welche wir deshalb vorläufig
atypisch nennen. Während die Pilze No. 1, 2 und 3 der ersten Tafel
makroskopisch braun ge&rbt sind, ist die Farbe von .No. 4 weiis, von
No. 5 grünlich, von No. 6 und 7 ein nahezu gleiches Dunkelgrün. Von
No. 4 haben wir noch eine Lochkultur (lY^) zum Vergleiche mit den
entsprechenden Figg. I*, II*, III* gegeben, Figg. IV*> und VI® stellen
die charakteristischen Sporenketten dieses Pilzes bei verschiedener Ver-
gröfserung dar. No. 5 könnte bei oberflächlicher Betrachtung leicht für
eine typische Art von Penicillium gelten. Wir stellen diesen Pilz da-
gegen zu den atypischen, weil seine Fruchtträger deutlich alle Übergänge
vom einfachen Sporenträger mit einfacher Sporenkette durch die Form
mehrfach geteilter Sporenträger bis zu sehr langen Fruchtträgern mit
pinselartigem Kopf aufweisen, auf diese Weise gleichsam die Herkunft;
der Penicillien aus einfachen Fruchtträgern illustrierend. Auiserdem
scheidet diesen Pilz von den echten Penicillien auch der Umstand, dals
die Sporenketten niemals von einem gemeinsamen Ausgangspunkte ent-
springen, sondern stets die Enden von auf ungleicher Höhe entspringenden
Sporenträgem bilden und, wenn sie auch meistens in gleicher Höhe be-
^ginnen, doch selten in gleicher Höhe endigen.
Monatshefte. 20
294
No. 6 und 7, deren Kulturen sich ungemein ähneln, gehören zu
den gewöhnlichsten Begleitern des Ekzema seborrhoicum. Sie unter-
scheiden sich hauptsächhch nur dadurch, dals 7 sehr bald, besonders am
Kande, ein spärliches Luftmycel entwickelt, welches durch seine weilse
Farbe die dunkelgrüne des Rasens zum Teil verdeckt. Die mikroskopi-
sehe Untersuchung ergibt eine Reihe weiterer Unterschiede. Zunächst
sind die Fruchtstände von No. 7 lockerer gebaut, als von No. 6 (vgl.
Figg. VI* und VII*), sodann ist die Auskeimung von No. 6 eine ganz
eigentümKche, indem sofort an die Bildung der ersten Hjrphen sich
schon die Bildung grüner Sporenträger anschliefst (Fig. VI*^). Trotzdem
handelt es sich offenbar um nahestehende Arten derselben Gattung. Be-
weisend hierfür ist die Gleichheit der Farbe, die Art der Fruchtbildung
und hauptsächlich die sehr ähnliche, von andern Pilzen abweichende,
höchst variable Form der Hyphen.
Während IV* und VI® wie die Figuren der ersten Tafel mit dem
gewöhnlichen alten Okular No. 2 resp. 4 von Zeiss und dem Objektiv
A resp. D photographiert wurden, benutzten wir für sämtliche andern
das neue Projektionsokular No. 4 von Zeiss, welches wesentlich schärfere
Bilder und hellere Gesichtsfelder gibt. Fig. IV* entspricht also einer
67fachen, VI® einer 200faohen Vergröfserung.
Figg. V*, VI*, VII* sind mit Zeiss, Linse ß und dem Projektions-
okular 4 abgenommen und zeigen mithin eine Vergröfserung von 100,
V^, VP, VIP sind 250fach vergrö&ert mittels der Kombination
Zeiss Objektiv D, Projektionsokular 4. V® und VII^^ wurden mit Zei&;
Linse D und Projektionsokular 4 und vollständig ausgezogener Camera
auf die Vergröiserung 400 gebracht. * IV^ und IV ° wurden ebenfalls
bei vollständig ausgezogener Camera aufgenommen, IV^ mit Zeiss Linse
B (Vergröiserung 160), VI® mit Zeiss Ölimmersion 3,0 mm (Ver-
gröiserung 520) und Projektionsokular 4.
Die Vergröüserungen wurden wie bei unserer ersten Tafel auf die
Weise berechnet, dafs ein Objektivmikrometer bei allen genannten Ver
gröfserungen photographiert und mit den 10 erhaltenen Photogrammen
verglichen wurde.
No. 4.
Makroskopische Beschreibung.
Beagierglaskulturen:
a. Gelatine. Die Kultur breitet sich sehr rasch und unbegrenzt
über die Oberfläche der alsbald verflüssigten Gelatine aus unter Bildung
eines dünnen gelblich-weifsen etwas durchscheinenden Basens, welcher
sich alsbald vollständig mit einem talcumfarbigen Anfluge bedeckt. Der
letztere verstärkt sich nur an wenigen Stellen zu dickeren weiislichen
Massen. Kein Wachstum im Stiche und in die Gelatine hinein.
295
b. Agar. Ganz wie auf Grelatine, nur etwas üppiger in die Höhe
und in ganz geringem Mafse in den Agar hineinwachsend.
Objektträgerkultur. Von oben gesehen eine gelblich-wei&e,
trockene, kalkige Masse welche in ganz dünner Schicht peripherisch noch
über die Grenzen des Nährbodens sich ausbreitet und dabei verschieden
dicht verteilt ist, so dals einzelne durchscheinende Stellen auch in der
Mitte der Kultur verbleiben. Hierdurch gewinnt die ganze Kultur ein
wolkiges, durchaus nicht konzentrisch gebautes Aussehen. An der Unter-
seite erscheinen die dichteren Stellen der Oberseite hell ockergelb.
Lochkultur zeigt keine Zentralkegel, dagegen die hervorragenderen
Fruehtträger durch horizontal verlaufende, guirlandenartig ausgespannte
•dickere und dünnere Lufthyphen (Fig. IV») und von diesen ausgehende
rankenartige Zweige verbunden. Es existiert also ein Luftmycel, dasselbe
ist aber durch seine Feinheit und weifse Farbe über der weiTsen Kultur
makroskopisch nicht wahrnehmbar.
Mikroskopische Beschreibung.
a. Die Hyphen sind farblos und treten an Masse gegen die Sporen
ungemein zurück, sie verlaufen weitläufig, teils gestreckt, teils sehr un-
regelmäMg geschwungen, .sind reichlich septiert (Fig. IV°); ihre Breite
variiert ganz bedeutend (2 — 6 gi) (s. Fig. IV^).
b. Die Fruchtträger sind zum Teil, bei jüngeren Kulturen stets, mit
Sporenträgern identisch. Sie bestehen aus einer oder mehreren kurzen
Zellen und werden selten über 40 fi lang (Fig. 1\^'). In älteren Kultxu'en
sind die Sporenträger hin und wieder geteilt. Gewöhnlich entspringen
hier von einem Punkte einer breiteren Bodenhyphe 3, 6 imd mehr dieser
eben beschriebenen Sporenträger (büschelförmiger Fruchtstand). Vielfach
aber teilt sich ein kurzer (ca. 20 /i) Fruchtträger einmal oder auch mehr-
fach (2 — 3 mal) in ebenso kurze aber dünnere Zweige, von denen die
letzten je eine Sporenkette tragen. Während also die Fruchtträger ganz
tinregelmäfsig gebaut sind, teils einzeln, teils büschelförmig zusammen-
stehen, teils vielfach verästelt sind, fehlt niemals das charakteristische
Moment der ungemein langen, von den Endpunkten einzeln abgehenden
Sporenketten.
c. Die Sporen sind zu ganz besonders langen Sporenketten ver-
einigt; es lassen sich leicht Ketten von 40, 50 und mehr Sporen nach-
weisen. Innerhalb der Kette nehmen die Sporen sehr langsam an Gröfse
zu, so dais die Basalspore die kleinste und schmälste, die Endspore die
grölste und der Kugelform sich am meisten nähernde ist. Hiernach
variiert der Längsdurchmesser von 5 — 10 fi, der Breitendurchmesser von
4 — 8 fi. Im allgemeinen ist die Gestalt eine zitronenförmig längliche,
an den Polen warzenförmig ausgezogene. Die Sporen besitzen eine stark
lichtbrechende, sehr dicke Membran von schwachgelblicher Farbe. Der
20*
296
•
Übergang von dem Sporenträger zur Sporenketie wird ganz allmälilich
durch die jüngste Spore vermittelt, indem das Ende des Sporenträgers
anschwillt, stärker konturiert und dabei etwas zugespitzt wird und sich
darauf abschnürt.
No. 5.
Makroskopische Beschreibung.
Keagierglaskulturen:
a. Gelatine. Die Kultur bildet eine beuteUbrmige sich zusammen-
ziehende dicke Decke, welche von oben gesehen grüngelblich und unter-
wärts graugelblich gefärbt ist. Während des sehr raschen Wachstums
wird die Gelatine verflüssigt. Das Wachstum an der Oberfläche ist
zuerst nach beiden Seiten des Impfstiches ein rasches, hält dann aber in
der Breitenrichtung ein. Von nun an verdickt sich die Kultur, während
die Seitenränder am Ort^ verharren. Im Stiche und in die Gelatine
hinein findet kein Wachstum statt. ^
b. Auf Agar ein dicker grünlich-gelber Basen von beschränktem
Wachstum; es findet sich ein geringes Einwachsen in den Agar hinein.
Kein Wachstum im Impfstiche. Sehr alte Kulturen &rben sich an der
Unterseite gelbbraun, an der Oberseite braungrün.
Objekt trägerkultur. Von oben gesehen vereinigen sich die
bräunlich-grünen im Strich gewachsenen Kulturen nicht, sondern bleiben
als raupenähnliche Wülste isoliert. Die Kulturen sind in der Mitte sehr
dick und nehmen nach den Bändern zu bedeutend an Höhe ab. An der
Unterseite ist die Farbe gelbbräunlich.
Mikroskopische Beschreibung.
a. Die Hyphen sind 2 — 4 /i breit, leicht geschlängelt, vielfach
verzweigt und anastomosierend, mäfsig reichlich septiert.
b. .Wenn die. Fruchtträger des vorigen Pilzes (No. 4) alle Über-
gänge erkennen lielsen von der einzelnen Sporenkette bis zu einer dolden-
förmigen Anhäufimg derselben, so zeigt dieser Pilz (No. 6) die Weiter-
entwickelung bis zu einem fast penicilliumartigen Fruchtstand. Es finden
sich in jungen Kulturen zunächst einfache Fruchtträger mit einfacher
Sporenkette, sodann viele kurze, ca. 20 fi lange dichotomisch geteilte Frucht-
träger, deren Sporenträger beide gleichlange Ketten tragen. Indem die
dichotomische Teilung sich auf die Sporenträger fortsetzt, entstehen 8- und
16endige Fruchtstände; die von den Enden der letzteren sich abschnüren-
den Sporenketten beginnen stets auf ziemlich gleicher Höhe (Fig. V^), so
dais man annehmen muTs, dafs das Wachstum und die Verästelung der
Fruchtträger an allen Punkten gleichmäfsig fortschreitet.
Auiser der dichotomischen Teilung kommen, wenn auch seltener^
Drei- und Vierteilungen der Fruchtträgeräste von einem Punkte aus vor.
Zugleich verlängert sich der ursprüngliche Fruchtträgerstamm durch Quei-
- i
297
teilung 80 bedeutend (100 — 200 /»), dafs diese langgestielten, sporen-
tragenden Fmclitträger auf den ersten Blick den Fruchtträgem gewöhn-
licher Penicillien sehr ähnlich sind (Fig. V*). Die Breite der Fruchtträger
schwankt je nach der Dicke zwischen 2 — 6 ijb.
c. Die Sporen sowohl der einfachen wie der zusammengesetzten
Fruchtstände bestehen aus 6, 8, 12 und mehr Einzelsporen, erreichen
aber nie die bedeutende Länge der Sporenketten von No. 4. Die Gröfse
der Sporen yarriert von den jüngsten zu den ältesten zwischen 3 und 4 ju.
Sie sind eiförmig, innerhalb der Kette häufig an den Polen gegenein-
ander etwas abgeplättet, aber nicht warzenförmig verlängert, wie die
Sporen aller vorhergehenden Pilze.
No. 6.
Makroskopische Beschreibung.
Beagierglaskulturen:
a. Die Kultur bildet • auf Gelatine einen in ganz beschränkter
Weise neben dem Striche sich ausbreitenden dichten, grünschwarzen
Rasen, welcher von einer schmalen durchscheinenden Zone von derselben
Farbe eingefafst ist. Die Gelatine, in welcher der Basen längs des
Striches mit einem weifsen Flaume hineinwächst, wird allmählich ver-
flüssigt und sodann von dem Pigment des Basens etwas dunkelbräunlich
verf^bt. Auf der Stichkultur: flache, knopfartige Ausbreitung von
dunkelgrüner Farbe, von einem zarten, sehr schmalen, weifslichen Hofe
begrenzt. Derselbe setzt sich als zuerst breite, daün immer schmäler
werdende weüse Wolke in die Tiefe des Stichkanals fort. Die Pilzf^den,
welche diese Wolke bilden, streben starr von einem Punkte des Impf-
stiches nach allen Bichtungen, so dafs die letzten vereinzelten Kolonien
in der Tiefe des Impfistiches Ähnlichkeit mit Eiskristallen haben. Indem
die Kultur die Gelatine allmählich verflüssigt, sinkt der Basen unter die
Oberfläche ein imd fkrbt die verflüssigte Gelatine bräunlich. In der Tiefe
des Impfstiches färbt die Kultur sich nicht grünlich.
b. Agar. Strichkultur. Grünsohwarzer Basen von beschränktem
Wachstum, welcher etwa 3 — 4 mm weit in den Agar mit warzigen
Protuberanzen hineinwächst. Die letzteren sind nicht überall, aber an
vielen Stellen braun gefärbt. Stichkultur. Grünschwarzer, nagelkopf-
artiger Basen, setzt sich durch den ganzen Stichkanal als eine im Durch-
messer beständig abnehmende weifse Wolke mit dunkelgrünen Einspren-
g^gen fort.
Die Objektträgerkultur bildet entlang den Strichen schwarz-
grüne, ziemlich schmale und hohe, raupenähnliche Basen, welche nur
von einer ganz schmalen, gleichge&rbten, durchscheinenden Zone begrenzt
Bind. Die Farbe der Unterseite ist braungrün.
298
Die Lochkultur von 4 Tagen zeigt bereits ein niedrigem Gesträuch
ähnliches Hervorwachsen von Fmchtträgem.
Mikroskopische Beschreibung.
a. Die Hyphen sind in allen Beziehungen äufserst variabel, die
Dicke schwankt von 3 — 10 (i. Lange Segmente wechseln mit ganz
kurzen, welche so eingeschnürt und bauchig sind (Figg. VP und VI^)r
dafs sie einer Sporenkette nicht unähnlich werden. Ihr Verlauf ist teils
gestreckt, teils äuiserst geschwungen, die Verästelung ganz unregelmälsig;
an vielen Stellen verschmelzen benachbarte Hyphen miteinander, indem
die sich am nächsten gelegenen Zellen Auftreibungen erhalten, welche
einander entgegenstreben und verschmelzen. An Stelle der Septen sind
die Hyphen sehr häufig eingeschnürt und zeigen hier oft einseitige Ver-
dickungen der aneinander grenzenden Zellen, welche der ganzen Hyphe
das Aussehen verleihen, als wenn sie aus ineinander gesteckten Tüten
bestände.
b. Die Fruchtträger sind ebenso reichlich septiert, wie die Hyphen
und erheben sich 60 — 250 ^ über die Oberfläche, sind meist dichotomisch
verzweigt und 4 — 7 fjb breit. Sie erscheinen ungemein früh, indem die
aus der auskeimenden Spore entstehenden Hyphenzellen sofort auch
Fruchtträger zu bilden beginnen (Fig. VI^). Die Zellen, welche sie
zusammensetzen, sind meistens regelmäfsiger und gestreckter als die
Hyphen, doch kommen auch hier bauchige Auftreibungen und nnregel-
mäfsige Einschnürungen vor. Am Ende verzweigen sich die Frucht-
träger rispenartig. Durch die Kürze der verzweigten Sporenträger ver-
schmilzt der ganze Fruchtstand zu kugeligen Köpfchen, aus denen nur
einzelne längere Sporenketten isoliert hervorragen (Figg. VI* und VP).
c. Die Sporenträger sind meist oval (Figg. VP und VP), 6 — 10 f>
lang und 4 fi breit, an beiden Enden zugespitzt und schnüren durch
quere Teilung die Sporen ab.
d. Die Sporen sind 4 — 6 (a im Durchmesser, kugelrund, sitzen in
annähernd gleichlangen Ketten von 4 — 6 zusammen auf den Enden der
rispenartig verzweigten Sporenträger in der Weise, dafs sie zusammen
dichte kugelige Köpfchen bilden (Figg. VI*, VP), in dem sie vom
Mittelpunkte der Kispen nach allen Seiten radienartig ausstrahlen.
No. 7.
Makroskopische Beschreibung.
Reagierglaskulturen:
a. Auf Gelatine bildet die Kultur einen beschränkt wachsenden
dunkelgrünen Rasen, welcher von einer breiten hellen Zone zu beiden
Seiten des« Impfstriches umgeben ist. Die Gelatine wird langsamer ver-
flüssigt, als bei No. 6 und ebenfalls, aber in geringerem Mafse, bräunlich
verfärbt. Die Stichkultur hat eine flache nagelkopfartige Verbreitung
299
von dunkelgrüner Farbe, welche von einer breiten, weifeen Zone begrenzt
ist. Dieselbe setzt sich in ähnlicher Weise wie bei No. 6 als kegel-
förmig zugespitzte, weifse Wolke in die Tiefe des Imp&tiches fort. Die
Pilz&den, welche diese Wolke zusammensetzen, sind regelmäfsiger hori-
zontal geschichtet und länger als bei No. 6, weniger kristallartig als
seidenhaarähnlich. Auch hier bleibt die Kultur in der Tiefe des Impf-
stiches farblos.
b. Agar. Strichkultur. Dunkelgrüner Basen von beschränktem
Wachstum, welcher von einer helleren Zone zu beiden Seiten umgeben
ist und an seiner Oberfläche allmählich grau ge&rbt wird. Derselbe
wächst mit weifslichen Protuberanzen, welche sich auch später nicht
dunkel &rben, etwas in den Agar hinein. Stichkultur. Dunkelgrüner,
nagelkopfartiger Rasen, welcher sich im Stichkanal mit abnehmender
Stärke und abnehmendem umfange als eine weiise Wolke fortsetzt.
Dieselbe ist schwächer ausgebildet als bei No. 6 und niemals dunkel
gefärbt.
Objektträgerkultur. Dunkelgrüner, etwas mehr als bei No. 6
ins breite wachsender, raupenähnlicher Rasen, welcher nur in der Mittel-
linie sehr dxmkel gefärbt, am Rande in breiter Ausdehnung durchscheinend
und heller ge&rbt ist.
Lochkultur (4 Tage alt). Das Wachstum der aufetrebenden
Hyphen ist bereits ein bedeutend höheres als bei No. 6 (3 — 4 mal so
hoch), doch sind dieselben noch vollkommen steril, und gleichen in ihrer
Gresamtheit nicht einem niedrigen Gesträuch, sondern hochwachsenden
Gräsern.
Mikroskopische Beschreibung.
a. Die Hyphen sind gleichfalls variabel in ihrer Dicke, ca. 4—10 fju
breit, doch ist hier eine gröfsere Regelmäfsigkeit unverkennbar, insofern
als die jüngeren Hyphen an der Peripherie der Kultur dünner (4 — 6 /w),
gestreckter und länger septiert, die älteren Hyphen in der Mitte der
Kultur sämtlich dicker (6 — 10 fi), kürzer septiert, bauchig, und die
kürzesten sogar kugelig angeschwollen sind^ (Fig. VIP). Auch hier ist
die Verästelung unregelmäßig. Verschmelzungen benachbarter Hyphen
kommen, wenn auch nicht so häufig als bei Nr. 6, vor. Die dickeren
kurzseptierten Hyphen zeigen häufig das Bild ineinander gesteckter Tüten
oder von Rosenkränzen (Fig. VII**). Alte Kulturen werden von einem
dünnen spinnewebartigen Luftmycel überzogen.
b. Die Fruchtträger sind 50 — 300 (i lang, 3 — 5 fi breit, im
^ Die dünnen, gestreckten färben sich mit alkalischem Methylenblau blaugrün,
die angeschwollenen kurzseptierten älteren dunkelviolett im Innern mit blaugrüner
Membrau und Scheidewänden.
300
gaDzen mehr gestreckt gebaut als bei No. 6. Sie bestehen je nach ihrer
Länge aus wenigen oder vielen Zellen yon ca. 10 — 20 fi Länge, die
meistens von unten nach oben an Breite fzunehmen. Sie verästeln sich
unter spitzerem Winkel (Fig. YIP] als bei No. 6. Sie tragen eben&LUs
rispenförmige Fruchtstände, indem sie sich am Ende mehrfach in 2 — 3
oder selbst 4 Äste teilen. Die entstehenden Fruchtstände sind wegen der
gröiseren Länge der Äste des Fruchtträgers und der Sporenträger lockerer
gebaut (Fig. Vil*) als bei No. 6; sie halten weniger zusammen und
bilden keine so abgerundeten kugeligen Fruchtstände.
c. Die Sporenträger sind 7 — 12 (j, lang, oblong, an den Enden
zugespitzt, gehen spitzwinkeliger ab als bei No. 6 (Fig. VIP).
d. Die Sporen sind eiförmig, an beiden Polen spitz ausgezogen,
4 — 6 fjk lang; sie sitzen in Ketten zu 3 — 6 an den Enden der Sporen-
träger. Es findet bei den meisten Fruchtständen ein ganz ali-
mählicher Übergang von den Zellen des Fruchtträgers zu denen der
Äste, der Sporenträger imd der Sporen in bezug auf Form und Grölse
statt, so dals es nach dem Abfall vieler Sporen oft nicht leicht zu ent-
scheiden ist, ob eine ovale Endzelle noch die Bedeutung eines Sporen-
trägers oder bereits einer Spore hat.
Die Länge der Sporenketten ist an den verschiedenen Enden des-
selben Fruchtstandes sehr verschieden, was die Unregelmälsigkeit der
Rispen erhöht und damit zusammenhängen mag, dais hier die Sporen-
ketten ungemein leicht in die einzelnen Sporen zerfallen.
(Fortsetzung folgt.)
Aufl der dermat. Universitäts-Klinik von Prof. Sghwbninger in Berlin.
Zur Kenntnis des Thiels.
Von
Dr. F. Buzzi,
Assistent.
In einer Ahhandlung tiher „Thiol und Ichthyol" {Mitth. a. d. der-
matöl. Klin. der Charite in Berlin. Hefk 6/7) hat Rebps die Aufmerk-
samkeit auf die physikalische, chemische und therapeutische Identität
dieser beiden Stoffe gelenkt.
Dem seit einigen Jahren in die Therapie mit nicht genug zn
rühmendem Erfolge eingeführten Ichthyol stellt Rebps den neulich von
301
Dr. Emil Jagobsen in Berlin hergestellten Körper, das Thiol, als thera-
peatisoh gleichwertig gegenüber. Die Krankengeschichten, auf die Rbbps
sich znr Begründung dieser Gleichwertigkeit stützt, sind jedoch sehr
spärlich. Wir verfugten damals auf unserer Klinik über nur geringe
Mengen von dem bis dahin im Privatlaboratoiium hergestellten Thiol,
und war es hauptsächlich deshalb Bbbps unmöglich eine gröfsere Anzahl
Untersuchungen anzustellen.
Seine Versuche wurden aber in letzter Zeit in unserer Klinik, Poli-
klinik und Privatpraxis von mir wieder aufgenommen, da ich durch die
nunmehr erfolgte fabrikmäfsige Darstellung des Thiols, über gröisere
Mengen von demselben verfügen konnte. Zwar sind auch meine Versuche
noch nicht abgeschlossen, und die Veröfifentlichung derselben mit den
Krankengeschichten muTs ich mir deshalb für eine spätere Publikation
vorbehalten. Aber ich kann schon jetzt ohne Bedenken vorausschicken,
dals in den Fällen, bei denen ich Gelegenheit gehabt, die Wirkung
des Thiols zu prüfen (Seborrhöe, Rosacea, Akne vulgaris, Ekzeme u. a.)
die Resultate von Reeps sich bestätigen lassen. Das Thiol besitzt voll"
kommen die dem Ichthyol von autoritativer Seite, besonders von Unna
in seiner trefflichen Arbeit : Ichthyol und Resorcin als Repräsentanten der
Gruppe reduzierender Mittel [Dermatologische Studien. Heft 2, 1886) nach-
gerühmten therapeutischen Eigenschaften — wie das schon a priori daraus
hervorgeht, daGs beide Mittel im wesentlichen chemisch identisch sind.
Es kommen somit dem Thiol als Haupteigenschaften eine wasserent-
ziehende, eine keratoplastische, eine ge&isverengende und eine leicht
antiseptische Wirkung zu.
Mit Hinweis auf die oben genannte Arbeit von Rbbps möchte ich
nun, zur näheren Charakterisierung des Thiols, einige Daten anführen,
die ich mit Aufschlüssen von Dr. Jacobsen — wofür ich ihm herzlichst
danke — zusammengestellt habe, mit besonderer Berücksichtigung der
Ergebnisse, die sich seit der fabrikmäfsigen Darstellung des Thiols heraus-
gestellt haben.
Diese Darstellung des Thiols im greisen hat nun nach Überwindung
mancher Schwierigkeiten zu Präparaten geführt, die von relativ gleich-
mäfisiger Zusammensetzung und Reinheit sind — soweit es erlaubt ist,
Produkte, welche nicht als chemische Individuen angesehen werden
können, als „chemisch rein^ zu bezeichnen. In dieser Hinsicht durfte
die seiner Zeit im Laboratorium dargestellte ThioUösung, mit welcher
Rbbps seine Versuche anstellte, solche relative Reinheit, wie sie die jetzt
in den Handel gelangenden Präparate zeigen, nicht in gleichem Mafse
beanspruchen.
Ob einem idealen Thiol eiu einziger ungesättigter Kohlen-
wasserstoff zu ti-runde liegen mülste, und ob ein solches Idealthiol thera-
302
peutisch und praktiscli einem Gemisch, von Thiolen vorzuziehen ist, will
ich hier nicht erörtern. Mir genügt zu wissen, dafs das Thiol — wie
das Ichthyol — ein Gemenge geschwefelter Kohlenwasserstoffe ist,
welches durch Behandlung mit Schwefelsäure wasserlöslich gemacht (sul-
foniert) ist. Das ideale Thiol würde ja zur Zeit doch nur eine theoretische
Bedeutung beanspruchen können, denn erstens ist es bisher meines Wissena
noch ];^icht gelungen, die ungesättigten Kohlenwasserstoffe techniscli za
isolieren. Femer ist aber auch anzunehmen, dafs die Kohlenwasserstoffe
an der therapeutischen Wirkung des Thiols — sowie des Ichthyols —
nicht wesentlich teilnehmen.
Das Wesentliche bleibt ja doch lediglich der in ihrer Verbindung
enthaltene und wasserlöslich gemachte Schwefel. Da nun in diese
Kohlenwasserstoffe prozentualisch gleiche Mengen von Schwefel eingeführt
sind, so ist wohl nicht anzunehmen, dafs irgend einer der ge
schwefelten Kohlenwasserstoffe die andern therapeutisch weit übertriffi.
Sollte jedoch die weitere Verfolgung dieser interessanten Fragfe der Sul-
fbnierung der geschwefelten ungesättigten Kohlenwasserstoffe zur Dar-
stellung von so vielen Thiolen führen, als es ungesättigte Kohlen-
wasserstoffe gibt, dann wird sich schon aus vergleichenden Versuchen
zwischen diesen verschiedenen Thiolen dasjenige herausstellen — das
ideale Thiol — , welches seine Blutsverwandten in therapeutisch-prak-
tischer Hinsicht weit überstrahlt. Diese Möglichkeit will ich gerne zu-
geben und zugleich hervorheben, dais das Thiol, so wie es ist, doch
einen Fortschritt darstellt auf dem Wege zur Erzielung des idealen
Thiols; und das verdanken wir Jacobsen, der uns bei der Herstellung
dieses Körpers gezeigt hat, dafs die Sulfonierung des Stinksteinök
beim Ichthyol nur ein spezieller Fall einer allgemeinen chemischen Re-
aktion ist.
Was sehen wir zur Zeit in praktischer Beziehung? Im Ichthyol ist
das Gemisch der geschwefelten Kohlenwasserstoffe wirksam, und von
niemanden ist je der Anspruch erhoben worden, es müsse sich um einen
einheitlichen Körper handeln. Dasselbe gilt fürs Thiol. Gerade diese
Thatsache, nämlich dals beide Körper im wesentlichen ein Gemisch
von sulfonierten geschwefelten ungesättigten Kohlenwasserstoffen darstellen,
bürgt für ihre Identität. Begegnen wir doch unter den Medikamenten oft
Produkten, deren therapeutische Wirksamkeit gerade in ihrer gemischten
Natur zu liegen scheint, so verschiedenen Pflanzenextrakten, dem noch
immer unentbehrlichen Opium, dem Leberthran, dem neuerdings sich em-
porgeschwungenen Kreolin und a. m.
Da es dennoch für die therapeutische Verwendung jedenfalls von
gröfeter Wichtigkeit ist, ein möglichst gleichmäfsiges Präparat zu haben,
so bedient sich Jacobsen für die Darstellung des Thiols im grofsen eines
303
Rohmaterials, das sich erfahrnngsgemärs am geeignetsten erwiesen^ von
derselben Provenienz entspringt, und dessen spezifisches Gewicht und
Siedepunkt innerhalb enger Grenzen liegen.
Bei der Sulfonierung des geschwefelten Öles unter Verwendung
g-ewissen Rohmaterials kommen unerhebliche Mengen nicht näher be-
kannter Körper ins Thiol, welche saure Eigenschaften zeigen und doch
nur als Verunreinigungen angesehen werden müssen. Von diesen ist das
jetzt hergestellte Präparat frei, ebenso enthält es keine Salze mehr, die
von der Absättigung und dem Aussalzen herrühren. Wesentlich ist auch,
dafs das Thiol von anhängendem, unverändertem Mineralöl, sowie von
dem zur Entfernung des letzteren benutzten Reinigungsmittel (Ligroin)
befreit ist. Vor allem zeigt das Thiol nicht den xmangenehmen Geruch,
den die flüchtigen Beimengungen geschwefelter Rohöle be-
sitzen imd welche sich aufs fertige Produkt übertragen und demselben
hartnäckig anhaften. Der Geruch des völlig gereinigten Thiols ist
dann nur ein schwach bituminöser, gamicht widerwärtig, der Geschmack
ist bitterlich und adstringierend. Auf Lackmuspapier reagiert es neutral.
Es ist nicht meine Sache mich auf die weiteren chemischen Eigen-
schaften des Thiols einzulassen. Ich will hier nur noch erwähnen, dafs
das Thiol gegenwärtig in zwei Formen in den Handel gelangt^ und
zwar:
1. Thiolum liquidum, eine ca. 40 prozentige wässerige Lösung
von der Konsistenz eines dicken Sirups vom spezifischen Gewicht 1,080
bis 1,081 bei 15^0. Dieses flüssige Thiol wird wohl, seiner Natur
entsprechend, wie das Ichthyol dispensiert und verwendet werden.
2. Thiolum siccum. Das unter geeigneten Vorsichtsmafsregeln
zur. Trockne gebrachte flüssige Thiol wird in Form kleiner, braun-
schwarzer, glänzender Lamellen erhalten. Zur bequemeren Dispensation
wird ein staubfeines, dunkelbraunes Pulver daraus präpariert. Die Mög-
lichkeit der Darstellung des trockenen Thiols ist nur eine Folge der
Beseitigung der dasselbe verunreinigenden Salze, wodurch ihm jede hy-
groskopische Eigenschaft entzogen und seine Eintrocknung und Beständig-
keit in fester Form ermöglicht wird.
Das Thiolum siccum ist in Wasser völlig und unzersetzt löslich.
Der adstringierende Thiolgeschmack kommt besonders bei dieser Form
zur Geltung.
Abgesehen davon, dafs wir in dieser Form ein Präparat besitzen,
das ganz wasserfrei, was in gewissen Fällen von Bedeutung sein kann,
dürfen wir in ihm ein Präparat begrüfsen, das sich zur inneren Dar-
* Die fabrikmäfsige Darstellung des Thiols findet bei der bekannten Berliner
Firma J. D. Biedel statt.
304
reioliang besonders eignet und als solches dem Ichthyol wohl überlegen
ist. Aufserdem findet es eine natürliche Verwendung als Streupulver
bei Hautaffektionen, bei welchen absorbierende Puderungen sich bewfihrt
haben, so bei aktiven Erythemformen, nanientlich bei denen, welche
oft nur ein Yorstadium des Ekzems sind (Eryth. caloric, Eryth. ex
profluviis), dann bei Ekzemen, besonders den intertriginösen, bei
Erysipel, Yerbrennungen ersten Grades, bei Blasenaffektio-
nen wie Pemphigus, Dermatitis herpetiformis, Impetigo,
Zoster u. s. w. In allen diesen Fällen eignen sich vielleicht 10
bis 20 prozentige Thiolpulver, JQ nach Umständen mit Talcum, Amylnm,
Zinc. oxydat. und dergleichen gemengt. Die von Unna (loc. cit. pag.62)
gerühmte Wirkung des Ichthyols bei der Heilung von Hautwunden be-
rücksichtigend, würde sich das Thiolpulver in der Chirurgie leicht eine
Bahn brechen und etwa nach dem Verfahren von Koghsb mit Magist.
Bismuthi hier seine Verwendung finden.
Die Verwendung des Thiols als Streupulver, wozu gröDsere Mengen
in G-ebrauch kommen, setzt natürlich die Billigkeit dieses Mittels voraos.
Gerade diese Frage des Preises war eines der H!auptmomente, die mein
Interesse fürs Thiol gewannen« Denn, wie oft haben wir in der Poli-
klinik auf die Verschreibung des Ichthyols verzichten müssen, nur deshalb,
weil die unbemittelten Patienten die hierzu erforderlichen bedeutenden
Kosten nicht tragen konnten I Nun haben wir zwei gleichwertige Mittel,
und eine Konkurrenz auf diesem Gebiete muls unbedingt zur Herab-
setzung der Preise führen. Eine solche wird dann bald eintreten, wenn
berufenere Kollegen (nicht allein Dermatologen, sondern und hauptsächlich
innere Mediziner) Versuche mit dem Thiol anstellen und, nach Über-
zeugung, seine therapeutische Gleichwertigkeit mit dem Ichthyol bekannt
machen.
Berlin, Januar 1889.
Beitrag zur Kenntnis des Hydrargyrum salicylicnm.
Von
Dr. Geoeg Müller
in Dresden.
In der Augustnummer der Therapeutischen Monatshefte von 1888
haben Ellenbebgeb und Hofmeisteb sehr eingehende Versuche über di«
Wirkungen des Hydrargyrum salicylicum veröffentlicht und unter anderm
gefanden, dals das genannte Mittel ein vorzügliches Antiseptikum, Anti-
zymotikum und Desinfiziens ist, welches den Vorzug relativer »UnschÄd-
j
305
I
lichkeit besitzt, denn Kaninchen von 1200,0 Körpergewicht vertrugen
Dosen von 0,005 — 0,150 des Pulvers ohne jeden Nachteil, und ein 1500,0
schweres Kaninchen starb erst nach Yerabreichung von 50,0 einer
0,5%igen Quecksilbersalicylatlösnng, während kleinere Mengen keine gif-
tigen Eigenschaften entfalteten. Femer referierte Karl Szadeck in
No. 10 der Monatshefte /*. praM. Dermatologie von 1888 über die von ihm bei
Syphilitischen angestellten therapeutischen Versuche mit dem genannten
Quecksilberpräparat, aus denen hervorgeht, dafs Tagesdosen von 0,1 per os
xmd von 0,05 subkutan oder intramuskulär appliziert von Menschen ohne
Nachteil vertragen wurden.
Im Anschlufs daran erlaube ich mir, über einige Versuche zu
berichten, welche ich über die Besorptionsfthigkeit des Hydrargyrum
saUcylicmn vom Verdauungstraktus. von Wunden, von der Subcutis nnd
von der intakten Haut aus und über seine Wirkung auf Käudemilben an^
gestellt habe. Ich suche also im nachstehenden folgende Fragen zu l5sen :
1. Wird das Quecksilbersalicylat von dem 'Verdaungs-
traktus, der Subcutis, der Haut und den granulierenden Wun-
den der Warmblüter aus resorbiert, und ist der Organismus
-dieser Tiere imstande, das genannte Mittel zu spalten, oder
läfst er es unverändert den Körper passieren?
Es konnte darüber die Untersuchung des Harnes Aufschluls geben,-
und zwar war es zunächst nötig festzustellen, durch welche analytische
Methode das Quecksilbersalicylat im Harn sich nachweisen läüst. Es
wurde zu 500,0 Hundeham 1,0 einer 0,5Voigen Lösung des Hydrargyrum
salicylicum (== 0,005 des Mittels = 0,00295 Quecksilber) gesetzt und
dann auf das Vorhandensein von Salicylsäure und von Quecksilber ge^
trennt geprüft. Erstere liefs sich sehr bequem mittels Eisenchlorid nach«
weisen. Durch Zusatz von einigen Tropfen seiner Lösung entstand eine
lebhaft violette Färbung, die allerdings sehr rasch von den sich massen^
haft bildenden Eisenphosphaten verdeckt wurde, aber trotzdem so scharf
in die Erscheinung trat, dais ein Irrttim völlig ausgeschlossen werden
muTste. Zur Bestimmung noch kleinerer Mengen empfahl es sich, den
betreffenden Harn in ein flaches Porzellanschälchen zu gieisen und die
Eisenchloridlösung in sehr dünnem Strahl auf der Mitte der Flüssigkeit
auffallen zu lassen. Die Beaktion war dann, schon bei minimalsten
Mengen des Salicylats, recht schön wahrnehmbar.
Zur Prüfung auf Quecksilber wurde die von Fürbringbr empfohlene
Methode in etwas modifizierter Weise benutzt. 500,0 des mit Quecksilber-
salicylat versetzten Harnes wurden mit 2 ccm Salzsäure angesäuert und
10 Minuten hindurch mit 0,5 in feine Streifen zerschnittenen JElausch-
goldes (sogen. Messingwolle) digeriert. Der Harn wurde abgegossen, die
MessingwoUe nacheinander mit heiisem Wasser, mit Alkohol und m^t
306
Äiher gewaschen und, nachdem sie zwischen Flieüspapier trocken geworden
war, zu einer Spindel zusammengedrückt in ein dünnes Yerbrennungsrobr
von etwa 1 cm lichter Weite gebracht, welches an dem einen Ende zu
einer über 5 cm langen offenen Kapillare von etwa 1,5 — 2 mm Weite aus-
gezogen worden war. Nach dem Einbringen der Messingwolle wurde das
andre Ende durch einen Asbestpfropfen verschlossen und das Rohr an
der Stelle, wo die Messingwolle lag, unter gleichmäfsigem Rotieren er-
hitzt. Das Quecksilber sammelte sich in Form von kleinen, selbst mit
unbewaffiietem Auge sehr leicht erkennbaren Tröpfchen in der Kapillare
an. Spätere Untersuchungen haben dann gezeigt, dafs durch diese Me-
thode auch ^iel geringere Mengen von Quecksilber sich deutlich nach-
weisen liefsen, und dafs man nur selten nötig hatte, nach dem Erkalten
des Yerbrennungsrohres noch einige Körnchen Jod in der Kapillare zu
verflüchtigen, um den bekannten roten Ring von Jodquecksilber zu er-
zeugen.
Nachdem sich so die Sicherheit der gewählten Prüfungsmethoden un-
zweifelhaft ergeben hatte, wurden dieselben bei den nachstehenden Ex-
perimenten verwendet, und es gelang in der That, sowohl nach der inner-
lichen als nach der subkutanen Applikation von Hydrargyxum salicylicum
Salicylsäure und Quecksilber im Harn nachzuweisen. Es könnte allerdings
der Einwand gemacht werden, dafs die getrennte Piüfung eines Harnes
auf Salicylsäure und auf Quecksilber insofern der Vollkommenheit ent-
behrt, als sie den Nachweis nicht zu erbringen vermag, dals beide
Körper wirklich in Form des Quecksilbersalicylats in ihm enthalten sind.
Nun läfst sich bekanntlich die Salicylsäure aus ihren Lösungen durch
Äther ausschütteln, so dafs der letztere bei Zusatz von Eisenchloridlösnng
eine violette Färbung annimmt. Dies war jedoch hier nicht der
Fall, so dafs wohl die Folgerung gerechtfertigt erscheint, dals in der
That die Salicylsäure in Form einer Verbindung ausgeschieden worden
war, und man durfte daher wohl annehmen, dals das Quecksilbersalicylat
unverändert den Organismus passiei*t hatte. Mit absoluter Sicherheit kann
natürlich diese Frage erat dann beantwortet werden, wenn es gelungen
ist, das Quecksilbersalicylat als solches wiederum aus dem Harn zn
isolieren.
1. Versuch.
Einem etwa 1 Jahr alten, 7 kg schweren Hund wurden innerhalb
24 Stunden 4 Pulver von je 0,1 Hydrargyrum salicylicum per os ein-
geführt. Der Harn wurde mittels Eisenchloridlösung untersucht. Die
ersten Spuren der Violettfärbung traten 10 Stunden nach Eingeben des
ersten Pulvers auf; nach Aufiiahme sämtlicher 4 Pulver war sie sehr
stark ausgesprochen, um von da ab allmählich schwächer zu werden, bis
3ß Stunden nachher das Quecksilbersalicylat gänzlich aus dem Harn ver-
307
schwunden zu sein schien. Das Allgemeinbefinden des Hundes blieb
völlig ungetrübt.
2. Versuch.
Einem 3 Jahre alten, etwa 10 kg schweren Hund wurden innerhalb
3 Tagen 9 Pulver von je 0,1 Hydrargyrum salicylicum per os eingegeben,
und der Harn des Tieres wurde sowohl auf das Vorhandensein von
Salicylsäure als von Quecksilber untersucht. Die ersten Spuren derselben
lieJBen sich im Harn 15 Stunden nach Eingeben des ersten, die letzten
30 Stunden nach Eingeben des letzten Pulvers nachweisen. Störungen
des Allgemeinbefindens traten nicht ein.
3. Versuch.
Einem jungen Hunde von 7 kg Körpergewicht wurden 4 Tage hin-
durch 3mal täglich je 2,0 einer 0,5 Voigen Quecksilbersalicylatlösung
(== 0,01 pro dosi, 0,12 in summa) in die Subcutis beliebiger Körperstellen
gespritzt. 36 Stunden nach Beginn des Experiments waren im Harn so-
wohl Quecksilber wie Salicylsäure nachweisbar, und erst 50 Stunden
nach Beendigung der Injektionen scheint der Harn völlig von diesen
Körpern befreit zu sein. Eine örtliche Reaktion an der Einstichstelle
trat ebensowenig ein, wie eine Störung des Allgemeinbefindens.
4. Versuch.
Einem etwa 3 Jahre alten Hund von 8 kg Körpergewicht wurden
12,0 einer 0,5 Voigen Lösung des Hydrargyrum salicylioum (= 0,06 dieses
Mittels) auf einmal teils in die Subcutis, teils in die Intramuscularis ver-
schiedener Körperstellen gespritzt. 35 Stunden nachher lassen sich im
Harn Spuren von Salicylsäure durch Eisenchloridlösung nachweisen.
Tags darauf gelingt der Nachweis nicht mehr. Das Tier blieb völlig
gesund.
5. Versuch.
Einem etwa 2 Jahre alten, kleineren Hund wurden in der Zeit von
4 Tagen zweimal täglich je 10,0 der von Szadeck bei Syphilitischen
angewendeten Quecksilbersalicylat-Emulsion (Hydrargyrum salicyl. 0,2,
Mucilag. gi. arab. 0,3, Aq. destillat. 60,0) teils ins subkutane Binde-
gewebe, teils in die Muskeln mittels Pravazspritze eingeführt, so dafs
also jedesmal eine Dosis von 0,033 appliziert wurde. Der Harn des
Tieres wurde nun auf da£ Vorhandensein von Quecksilber geprüft. 42
Stunden nach Beginn des Versuches traten die ersten Spuren von Queck-
silber im Harn auf, gegen Ende der Einspritzungen erweist sich der
Harn sehr reich an diesem Körper, und erst 5 Tage nachher gelingt der
Nachweis nicht mehr. Allgemeinstörungen wurden nicht beobachtet. Die
subkutanen Einspritzungen schienen für das Tier völlig schmerzlos zu
sein, während allerdings die . intramuskulären Injektionen es für wenige
Minuten ziemlich stark aufregten. Nach den letzteren, nur vereinzelt
308
nacli den ersteren, entwickelten sich kleine Indurationen resp. Ejioten,
welche beim Druck wenig schmerzhaft waren und sehr langsam ver-
schwanden. Abscesse traten nirgends auf.
6. Versuch.
Eine ca. handtellergrofse^ rasierte Hautfläche eines älteren etwa
10 kg schweren Hundes wurde wochenlang anfangs mit einer 10 Voigen
Quecksilbersalicylat-Lanolinsalbe, später mit Quecksibersalicylatbrei ein-
gerieben und der Harn des Tieres in Zwischenräumen von 2 Tagen so-
wohl mittels der FüBBRiNGEBschen Methode, als mittels Eiaenohlond-
solution geprüft. Der Nachweis von Quecksilber und von Salicylsänie
gelang niemals.
7. Versuch.
Eine 10 cm lange, 4 cm breite granulierende Wunde am Vorderbeine
'eines nur 6 kg schweren jungen Hundes wurde 2 Tage hindurch täglich
einmal mit grofsen Mengen des puren Hydrargyrum salicylicum bestreut
danach mit hydrophiler Watte bedeckt und durch einen Wasserglas-
verband hermetisch von der Außenwelt abgeschlossen. Der gesamte yoih
Hunde während der Versuchszeit entleerte Harn wurde gesammelt und
sowohl mittels Eisenchloridlösimg, als auch durch die FüHBBiNGEBSche
Methode untersucht. Der etwa 20 Stunden nach Anlegen des
ersten Verbandes aufgefangene Harn erhielt nach Zusatz von
Eisenchloridsolution eine überaus starke Violettfärbung, und
aus 300,0 des innerhalb zweier Tage gewonnenen Harns liefs
sich ein starker Quecksilberspiegel herstellen. Das Allgemein-
befinden des Tieres blieb ungetrübt.
8. Versuch.
Dagegen ergab sich, als bei einem mittelgroisen Hunde eine größere
granulierende Wunde am Hinterkopf mehrere Wochen der offenen Wund-
behandlung mittels 5 Teilen Hydrargyrum salicylicum und 1 Teil Gummi
arabicum unterzogen und der Harn alle 2 Tage auf Vorhandensein von
Quecksilber untersucht wurde, dafe erst etwa 8 Tage nach Beginn der
Behandlung Spuren von Quecksilber durch die FünsBJNGSBsche Me-
thode sich nachweisen lieüsen, während die Eisenchloridreaktion nicht
gelang.
2. Welche Wirkung äufsert das Quecksilbersalicylat auf
Räudemilben?
Behufs Beantwortung dieser Frage wurde aus den zahlreichen
Milbengattungen, welche auf dem Körper unsrer Haustiere schmarotzen,
diejenige herausgegrifien, welche allgemein als die widerstandsfähigste an-
gesehen wird, nämlich Demodex folliculorum canis, und zwar be-
schränkte ich mich nicht darauf, lediglich nur mit Hydrargyrum salicylicnm
^309
zu operieren, sondern es wurden auch noch einige andre Antiparasitica
^prüfi;, welche alle mehr oder weniger in dem Ruf stehen, den genannten
Milben den Garaus machen zu können.
Ich experimentierte so, dals der mit Milben stark besetsste blutig-
eiterige Inhalt der Pusteln eines an Acarusräude leidenden Hundes auf
einen Objektträger gebracht, auf demselben ausgebreitet und mittels eines
I^eckglases locker bedeckt wurde. Die weitere Untersuchung wurde bei
scliwach^r Vergröfserung auf dem heizbaren ObjekttiBch, der in einer
konstanten Temperatur von 35 — 40 ^ erhalten wurde, ausgeführt. Die
betrefiFenden milbentötenden Mittel wurden, sobald sie in Wasser löslich
waren, in wässeriger Solution, sobald sie unlöslich oder nur in Öl löslich
waren, in öliger Yerreibung oder in Lösung (mittels Mandelöl) an den
!Rand des Deckglases gebracht, und danach wurde die Wirkung der sich
über dem Objektträger verbreitenden Flüssigkeit auf die in lebhafter Be-
wegung befindlichen Milben beobachtet. Ölige Lösungen oder Yerrei-
bnngen konnten um so ruhiger verwendet werden, als sich herausgestellt
hatte, dafs in Mandelöl eingebettete Milben, auf dem erwärmten
Objekttisch beobachtet, noch nach 10 Stunden genau dieselben
lebhaften Bewegungen zeigen, wie zu Beginn des Experiments.
Dagegen war die Lebensfähigkeit der in Wasser oder in physiologischer
!KochsaMösung eingebetteten Milben eine viel beschränktere, obgleich na-
türlich für steten Wiederersatz der durch Verdunstung verloren gegangenen
Zusatzflüssigkeit gesorgt wurde. Bereits nach etwa 3 Stunden wurden
die Bewegungen der Tierchen schwächer und waren nach 4 — 5 Stunden
gllnzlich erloschen, eine Thatsache, die indessen für die nachstehenden
[Beobachtungen nicht in Betracht kommt, da man wohl zu der Annahme
berechtigt ist, dafs ein Mittel dann nicht zu den wirksamen Antiparasiticis
gerechnet werden kann, wenn es innerhalb 2 Stunden nicht vermag, auf
dem Objektträger isolierte Milben zu töten.
a. Die in Wasser befindlichen Milben sistierten ihre Bewegungen
nach Zusatz von:
Kreosot 10 % sofort.
Kreosot 5 % in 6 Minuten. ^
Karbolsäure 10% in 5 Minuten.
Karbolsäure 5 % in 18 Minuten.
Sublimat 2 % sofort.
Sublimat 1 7o in 15 Minuten.
Sublimat 0,66 7o nach 2 Stunden noch nicht.
Kreolin sofort.
Ichthyol in 25 Minuten.
Schwefelleber 20 % in 30 Minuten.
Sozojodolquecksilber 2,5 % in 24 Minuten.
MoiMittbefl«. 21
310
■
Tabaksabkochung 15% in 85 Minuten.
Arsenik 1 7o nach 2 Stunden noch nicht.
Quecksilbersalicylat 0,5 7o nach 2 Stunden noch nicht.
b. Die in Mandelöl befindlichen Milben sistierten ihre Bewegungen
nach Zusatz von:
Holzteer sofort.
Teerliniment sofort.
Perubalsam in wenigen Minuten.
Oleum animale- foetid. in 6 Minuten.
Benzin in 10 Minuten.
Benzinöl 20 % in 14 Minuten.
Naphtholöl 10 7o in 20 Minuten.
Karbolöl 10 7o in 25 Minuten.
Petroleum in 95 Minuten.
Naphthalinöl 10% in 2 Stunden.
Salicylsäureöl 20 7o nach 2 Stunden noch nicht.
Sozojodolquecksilberöl20 % nach 2 Stunden noch nicht.
QuecksiU^ersalicylatöl 20 7o nach 2 Stunden noch nicht.
Ich bemerke übrigens, dafs diese Versuche fortgesetzt, bezw. auf
andre Milbengattungen ausgedehnt werden, und dafs ich seiner Zeit über
das Ergebnis ausführlichen Bericht erstatten werde.
Aus vorstehenden Versuchen dürfte hervorgehen:
1. dafs das HydrargjTum salicylicum innerlich, subkutan und anf
Wunden angewendet den übrigen Quecksilberverbindungen an Giftigkeit
bedeutend nachsteht, eine Thatsache, die auch dadurch ins rechte Licht
gestellt wird, dafs ich einem alten, wenig widerstandsfähigen Anatomie-
pferd innerhalb 4 Tagen etwa 30,0 Quecksilbersalicylat in Pillenform ein-
geben konnte, ohne dem Tiere irgendwie zu schaden;
2. dafs das Mittel bei Hunden sowohl vom Verdauungstraktus
als von der Subcutis aus in die Blutbahn aufgenommen wird und im
ersteren Falle nach 10 — 15 Stunden, im letzteren nach 35 — 42 Stunden
wieder im Harn erscheint, sowie dafs seine Aufnahme von der Subcatis
schneller vor sich geht, wenn es im gelösten Zustande, als wenn es
im ungelösten Zustande appliziert worden war;
3. dafs die Aufnahme des Quecksilbersalicylats von der Haut ans
nicht erfolgt;
4. dafs das Hydrargyrum salicylicum von granulierenden Wunden
aus dann sehr prompt resorbiert wird, wenn es in grofsen Mengen zu
Dauerverbänden benutzt wird, während bei der ofienen Wundbehandlung
nur sehr kleine Mengen dieses Körpers zur Aufnahme in die BlutbaLn
zu gelangen scheinen;
311
5. dalB das geBaonte Mittel weder im gelösten Zustande noch in
Salbenfonn eine nennenswerte Wirkung auf Demodex folliculorum aus-
zuüben vermag.
Über Atlanten der Hautkrankheiten im allgemeinen nnd über einen
internationalen Atlas seltener Hautkrankheiten
im besondem.
Von
P, G. Unna.
Zu den Lehrmitteln der Dermatologie haben seit Anfang dieses Jahr-
hunderts in allen Ländern und Schulen auch die bildlichen Darstellungen
der Hautkrankheiten gehört. Gewifis liegt dieses Hilfsmittel für keine
Spezialität näher als für die unsere. Sind doch au&er einigen Zweigen
der Chirurgie nur noch eine B.eihe von Augen-, Ohren-, Nasen-, Bachen-,
Mund-, Kehlkopf- und Genitalerkrankungen überhaupt einer dem Leben
treu nachgeahmten bildlichen Darstellung fähig. Das Gebiet der Derma-
tologie ist aber geradezu das einzige, auf welches ganz unbeschränkt die
Methode der Wiedergabe durch Abbildungen anwendbar ist.
Diese unbeschränkte Abbildungsfähigkeit aller Hautkrankheiten ist
anderseits aber auch das von der Natur gegebene Mittel, um den uner-
schöpflichen Formenreichtum der Dormatosen für unser Auge, für eine
oftmalige Betrachtung und daher für eine Zeit besseren Verständnisses
festzuhalten. Wir können die Krankheiten der Haut besser abbilden
als die Krankheiten anderer Organe, und müssen es oder sollten es im
Hinblick auf die ungewöhnlichen Schwierigkeiten des Verständnisses der-
selben — diese beiden Triebfedern, unabhängig voneinander und doch so
eng in dem eigenartigen Wesen der Dermatosen miteinander verknüpft,
haben im Laufe der Zeit eine groJse Beihe von Atlanten der Hautkrank-
heiten zutage gefördert.
Betrachten wir die wissenschaftliche und künstlerische Entstehung
dieser Atlanten genauer, so müssen wir zuerst von den Privat- Atlanten
reden. Es gibt wohl keinen beschäftigten Spezialarzt, welcher nicht von
Zeit zu Zeit bei der Behandlung und dem Studium seltenerer Fälle den
Drang verspürt, die Eigentümlichkeiten derselben durch eine Farbenskizze,
eine Photographie oder beides zu fixieren. Wir sind überzeugt, dafs in
solchen Privatsaramlungen eine Fundgrube interessanter Einzelfälle ver-
borgen ist, welche für den Eigentümer allerdings den Wert eines unver-
21*
312
gängliohen Erinnerungsbildes besitzt, aber ungleich wertvoller noch durch
den Vergleich mit analogen Fällen anderer Sammlungen werden würde.
Es ist weiterhin ganz natürlich, dais diejenigen Kollegen, welche
zugleich Lehrer sind, ihre Sammlungen mit der Zeit um solche Fslle
vermehren werden, welche ihnen persönlich weniger wissenschaftliches
Interesse bieten, als dafs sie Typen bestimmter, wohl charakterisierter Derma-
tosen darstellen. Aus der Sammlung von BAntäten wird unter der Hand
des Lehrenden* eine Sammlung von Typen, zunächst privater Natur.
Wieder ein Schritt weiter, und zu dem pädagogischen Zweck treten
von auisen industrielle und buchhändlerische Interessen heran. Das vor-
handene Material an Nachbildungen soll für einen allgemeinen Kreis von
Schülern, für die Gesamtheit der praktischen Ärzte ausgenutzt werden.
Jetzt genügt es nicht mehr, einige wohlgelungene Typen bei der Hand
zu haben, welche privatim das Material der Vorlesungen zu ergänzen
bestimmt und daher nach Ort und Zeit ganz verschieden zu sein pflegen.
Eine organiastorisch waltende Hand mu& das Zufällige ausmerzen, die
Lücken ausfüllen und das Vorhandene schlieüslich durch einen mehr oder
minder systematisch gehaltenen Text zu einem Ganzen zu verbinden
suchen.
Das wäre etwa die Entstehungsgeschichte der meisten bisher erschie-
nenen Atlanten der Hautkrankheiten, und da diese so natürlich ist, so
wäre hiernach jeder derartige Atlas als Kind seiner Zeit, wenn die Ans-
führung der Tafeln einigermafsen den Ideen des Autors entspricht, will-
kommen zu heiJsen. Wir würden die Geschichte unserer Wissenschaft
an den Atlanten ebensogut, wenn auch in anderer Richtung, studieren
können und müssen, wie aus den Lehrbüchern der verschiedenen Epochen.
Fragen wir uns nun aber doch einmal, ob die Atlanten für das
Studium der Hautkrankheiten denn wirklich die Rolle spielen und je
gespielt haben, welche sie nach ihrer eingangs charakterisierten hohen
Bedeutung für unsere Wissenschaft zu spielen bestimmt und berechtigt
waren, so müssen wir — leider mufs es gesagt sein — mit nein antworten.
Beginnen wir mit der letzten, der rein pädagogischen, der wissen-
schaftlich allerdings niedersten Bestimmung. Erfüllen die vorhandenen
Atlanten wirklich ausreichend den Zweck, einem praktischen Arzte, welcher
auf der Universität nicht Gelegenheit hatte, sich mit den Haupttypen
der Dermatosen bekannt zu machen, einen klaren BegriflF von denselben,
und zwar einen besseren und inhaltlich vollständigeren zu geben, als die
entsprechenden Lehrbücher? Bei aller Hochachtung vor den guten Ab-
sichten der Verfasser, vor ihrem Fleilse und Verständnis, vor den opfer-
vollen Leistungen der Verleger glauben wir, dals in keinem einzigen
Falle die Absicht voll erreicht wurde, dals in den meisten Fällen da»
pädagogische Resultat weit hinter den bescheidendsten Ansprüchen zurück-
313
blieb. Das beweist die zum Teil ziemlich traurige bucbbändlerische
Geschichte der meisten Atlanten, die notwendig werdende und geradezu
exorbitante PreisermäCsigung auch der besten, der vorzeitige Abbruch so
yieler mit grolsen HojQPhungen begonnener. Denn wir können und wollen
zur Ehre unserer lernbegierigen ärztlichen Generationen nicht annehmen,
dais das Interesse für dieses Lehrmaterial vollständig fehlen sollte, wo doch
gemeiniglich ein weit trockeneres begierig verschlungen wird. Es sind
eben die Bilderwerke selbst, welche nicht entfernt den klaren Begriff dem-
jenigen geben, welcher ihn überhaupt erst erwerben soll. Wie ist das
aber bei dem Zusammenwirken von Kenntnis, Hingabe und pekuniären
Opfern möglich? wie ist die pädagogisch in der That geringe Bedeutung
der Atlanten im allgemeinen zu erklären?
Die Erklärung ist sehr einfach. Ein solcher Bilderatlas, welcher
Typen darstellen soll, wird in erster Linie immec ein Kunstwerk
sein und erst in zweiter ein wissenschaftliches Werk. Die
Natur ist vielgestaltig, veränderlich überall, aber nirgends so polymorph,
so individuell verschieden, wie in den einzelnen Hautkrankheiten. Um
eine einzelne irgendwie multiforme Krankheit darzustellen, wie sie wirk-
lieh ist, genügt nicht eine Tafel, auch nicht ein halbes Dutzend, nein, es
müijste ein spezieller Atlas für dieselben herausgegeben werden, wo jede
Tafel eine besondere Nuance, einen besonderen Körperteil u. s. w. dar-
teilen würde. Ein „typischer'' Fall als B.eprä6entant kann immer nur so
gegeben werden, dais man eine Menge von unter Umständen sehr wich-
tigen Einzelheiten dem Schema zu liebe vernachlässigt. Als „Typus"
bezeichnet deshalb ein jeder Dermatologe einen andern Fall, wie derselbe
gerade seinen bestimmten Ideen von der Krankheit in gewissen Symptomen
am meisten entspicht. Und wenn wir angesichts des Patienten jedem
Autor gewifs gerne seinen „Typus'' als einen berechtigten zugeben würden,
angesichts des Konterfeis müssen wir bekennen, dais der Typus in bester
Absicht noch weiter das lebendig Polymorphe abgestreift hat und uns
eigentümlich fremd anblickt. Ein solches Bild ist nur noch ein pädago-
gisches Schema, nicht mehr ein Modell von selbständigem Wert. Bei
dieser Betrachtung haben wir nun noch vorausgesetzt, dais das Bild
aus der Hand eines Meisters hervorgegangen ist. Und der KünsÜer ver-
mag bei feiner Beobachtungsgabe in der That den Wert eines solchen
Bildes ungemein zu erhöhen; ja, als Lehrmittel hat es überhaupt nur dann
Wert, wenn es zugleich ein Kimstwerk in seiner Art ist. Denn wie der echte
Porträtmaler instinktiv sein Schönheitsideal mit der treuen Nachahmung
des Individuums zu vereinen, ja oft zu versöhnen weiis, so muls der
KünsÜer diesen Typen Leben einzuhauchen versuchen, indem er das Charakte-
ristische, das GrewoUte mit der natürlichen Polymorphie seines augenblick-
lichen Modells zu verschmelzen strebt. Hierzu bedarf er ebensosehr künsÜe-
314
rischen Siunes wie dermatologische Kenntnisse; kurz, er mufs ein sei
begabter Zeichner sein, welcher sich lange und tief in dieses spezielle Padi
hineingearbeitet hat und womöglich noch allgemeine anatomische Kennt-
nisse besitzt. Aber bei wie vielen Atlanten hat wohl ein Elfingeb den
Pinsel geführt?
Mit der Herstellung des Bildes im Original sind die Schwierigkeiten
überwunden; wenigstens ist die Chromolithographie heute in allen LfLndeni
auf einer Höhe angelangt, welche eine absolut treue Nachahmung und
Vervielfältigung ermöglicht. In früheren Zeiten fingen allerdings in diesem
Stadium neue Schwierigkeiten an, welche sehr oft garnicht überwunden
wurden.
Wie man sieht, ist die Herausgabe eines Atlas der gewöhnlich vor-
kommenden Hautkrankheiten kein so einfaches Ding, und dals das red-
lichste Streben nur sehr selten, wir möchten beinahe sagen, nur aus-
nahmsweise hier von Erfolg gekrönt wird, ist sehr leicht begreiflich. Es
wäre deshalb auch sehr ungerecht, gegen den Autor oder den Maler oder
den Lithographen, oder gegen alle drei, wenn wir an dieser Stelle Belege
anführen wollten. Aber mache ein jeder das Experiment, verdecke die
Benennung einiger Tafeln in einem beliebigen Atlasse des Buchhandels,
versammle 3 oder 4 Fachkollegen vor denselben und lasse jeden im ge-
heimen seine Diagnosen aufschreiben. Eine Vergleichung der Diagnosen wird
nur sehr selten eine annähernde, wohl niemals eine volle Übereinstimniiing
ergeben, wie es doch sein müfste, würden die Tafeln wirklich echte Durch-
schnittsbilder, wahre Tjrpen geben. Wir haben jedenfalls auf diesem Wege
sehr ernüchternde Erfahrungen gesammelt, und es ist ja auch bekannt,
dafs vor jedwedem noch unbekannten Bilde ein jeder PachkoUege instinktiv
zuerst am Pulse nach der Benennung sucht, um dann allerdings häufig
erkennen zu geben, dafs er sich in seiner Erwartung getäuscht sieht. *Niir
über die krassesten, extremsten Pormationen herrscht Einigkeit, alle unbe-
stimmten Bilder sind jeder Auslegung fUhig.
Wenn dieses aber das Resultat der Betrachtung der meisten Atlanten
der Hautkrankheiten durch Pachgenossen seit Batemans Zeiten ist, wie
kann man dann einen Nutzen für Ärzte erwarten, welche sich den Inbe-
griff des Wesentlichen aller Dermatosen erst aus diesen Bildern holen
sollen? Müssen dieselben nicht vielmehr oftmals in ihren Anschauungen
durch ungenügende Abbildungen geradezu verwirrt werden?
Wahren Nutzen kann aus solchen Bilderwerken der Schüler nur
ziehen, wenn Hand in Hand mit der Betrachtung die Belehrung durch
einen erfahrenen Dermatalogen geht, welcher durch das lebendige Wort
aus dem „Typus" und dessen häufig verunstalteter Nachahmung wiedenun
das polymorphe, sich beständig verändernde Bild der E^rankheiten vor den
Ohren und Augen des Schülers rekonstruiert. Dann bildet der Atlas aber
315
nur eine Handhabe für den Lehrer. Seine eigentliche Bestimmung ist
verfehlt, seine allgemeine Verbreitung als Lehrbuch gerichtet.
Und ziehen wir nun erst noch den letzten, leider Ausschlag gebenden
Umstand des Kostenpunktes in Betracht, so yerstehen wir sehr wohl die
geringe Verbreitung der Atlanten der Hautkrankheiten unter den prak-
tischen Ärzten. Ein Lehrmittel von allgemeiner Verbreitung soll das
Beste in billigster Form bieten; hier wird dagegen in wissenschaftlichem
Sinne nur sehr Pragwürdiges für einen relativ nicht hohen, in Ansehung
des Nutzens aber geradezu exorbitanten Preis gebracht. Und so ist denn
auch die Verbreitimg der Atlanten bisher wesentlich von einem sehr
untergeordneten Punkte, den Vermögensverhältnissen der Ärzte, und keines-
wegs, wie es sein sollte, von den wahren Bedürfnissen derselben bestimmt
worden. Die Anschafihng eines derartigen Atlasses ist Sache des Luxus,
nicht des Studiums geworden.
Wir haben bisher nur die Atlanten in Beziehung auf ihren Wert
als Unterrichtsmittel betrachtet. Dieser Gesichtspunkt ist in der That der
erste und ausschlaggebende bei allen bisherigen dermatologischen Bilder-
werken gewesen; aber wir haben schon oben hervorgehoben, dals er in
wissenschaftlicher Beziehung der letzte und jedenfalls von untergeordneter
Bedeutung ist. Wenn nun noch die bisherige Erfahrung selbst über die
besseren derselben gerade vom praktischen Standpunkt aus den Stab bricht,
so ist es wohl Zeit, sich ernstlich zu fragen, ob der lobenswerte, immer
erneute Eifer von Autoren und Verlegern bei Herausgabe neuer Atlanten
sich auf der einzig richtigen Bahn bewegt.
Als einen viel höheren und edleren Zweck eines dermatologischen
Bilderwerkes müssen wir doch die Belehrung xmd das Studium der Fach-
kollegen selbst hinstellen, wie es in kleinem Mafsstabe bei gemeinschaft-
licher Betrachtung der anfangs erwähnten privaten Bildersammlimgen
einzelner Forscher durch befreundete Dermatologen immer schon stattge-
funden hat. Hierbei handelt es sich nicht um künstlich mit Geschick
vorbereitete Typen, sondern umgekehrt um auffallende, dem gewöhnlichen
Verhalten nicht entsprechende, die gebräuchlichen Diagnosen nicht
deckende Fälle, welche in peinlich genauer Abbildung an die weitere
Erfahrung eines Kreises von Fachgenossen appellieren, um vielleicht als
Unikum erklärt zu werden, vielleicht aber auch schlummernde Erinnerungs-
bilder wachzurufen und durch den Austausch der einschlägigen klinischen
Thatsaohen dann einen neuen Baustein dem wissenschaftlichen Gebäude
einzuverleiben. Hier dient das Bild als wahres Hilfsmittel zur Förderung
der Wissenschaft, indem es den Beobachtungshorizont für jeden seltenen
Fall so erweitert, dafs mehrere einschlägige und sich gegenseitig erklärende
Fälle darin Platz finden. Hier hat der Autor nicht ängstiich zu beob-
achten, ob sein Bild auch als das erkannt wird, was es vorstellen soll,
316
«
sondern er erwartet in Ruhe, gestützt auf sein Bild als eine gut fandierte,
natorwissenschaftliolie Thatsaclie, die Zeit, welche Ähnliches oder Grleiches
zutage fördern wird.
Ist es nun so ganz unmöglich, auf diesem wahrhaft wissenschaftlichen
Wege fortzuschreiten, die Raritätensammlung des einzelnen Gelehrten zu
einem Bilderwerke zu erweitem, welches allen Fachgenossen ohne Aus-
nahme zugänglich ist? Wir glauben, dafs dieser Weg sehr wohl zu be-
schreiten ist, ja, dals er längst hätte beschritten werden sollen.
Natürlich kann es sich dabei nicht um einen abgeschlossenen Atlas
vpn so und so vielen Tafeln handeln. Wi^ die Wissenschaft unaufhalt-
sam fortschreitet, so auch mit ihr die seltenen Fälle von Hautkrankheiten,
und jedes Jahr wird neue, interessante Fälle aufdecken und zu erklären
haben. Es kannalso nur ein fortlaufendes, jedes Jahr einzelne Hefte produ-
zierendes unternehmen ohne Ende sein, welches dem wahren Bedürfnisse
in der von ims angedeuteten Bichtung entspricht..
und weiter ist eine fruchtbare Thätigkeit dieses Unternehmens f&r
die Kenntnisse und das Verständnis der Dermatosen ganz undenkbar, ohne
den Schatz seltener Fälle zugleich in allen zivilisierten Ländern
zu heben und mittels eines dreisprachigen, internationalen Atlasses
den Fachkollegen aller Länder gleichzeitig zugänglich zu machen. Diesen
Punkt in unserem Blatte noch durch Beispiele über die Vermehrung
unserer dermatologischen Kenntnisse durch die Bemühungen speziell eng-
lischer, französischer und amerikanischer Forscher zu erläutern, hiefse
Eulen nach Athen tragen.
Es gereicht mir daher zur gröisten Freude mitteilen zu können, dafe
sich die Herren L. A. DuHRiNa in Philadelphia, Henri Leloib in
Lille, Malcolm Morris in London mit mir zur G-ründung eines solchen
internationalen Atlasses der seltenen Hautkrankheiten vereinigt
haben und dals Herr Maass (Firma Leopold Voss) in Hamburg sich zum
Verlage dieses Bilderwerkes bereit erklärt hat.
Im Gegensatze zu den bisherigen Atlanten, welche für Fachkollegen
sowohl wie für die Ärzte im allgemeinen bestimmt waren, richtet sich unser
Unternehmen in erster Linie auiser an diejenigen Bibliotheken, welche
grö&ere Bilderwerke zu halten gewohnt sind, nur an die Fachkollegen.
Es rechnet auf einen auserwählten Leserkreis, von dem ein jeder jedes
Heft mit eigener Kritik empfangen und der Natur des Inhalts nach nicht
ohne besondere Anregung aus der Hand legen wird. Da dieser Atlas
sich lediglich dem Fortschritte unserer Wissenschaft dienstbar macht,
wird auf die Dauer kein Dermatologe, der an dem Fortschritt unserer
Wissenschaft teil nimmt, dieses Werk entbehren können. An Teilnahme,
das wissen wir nach vertraulicher Umsprache, fehlt es schon jetzt unserem
Unternehmen nicht. Damit aber auch nie der hälsliche, äufserliche
317
Faktor, mit dem wir, wie alle Herausgeber von Atlanten, rechnen müssen,
der Geldmangel; diesem rein wissenschaftlichen Unternehmen ein jähes
f]nde bereiten kann, so wird es zunächst bis zur vollkommenen Sicherung
seiner Basis in zwanglosen Heften erscheinen und nur an Subskribenten
abgegeben werden. Wir zweifeln nicht, dals die Subskription der einzig
richtige Weg bei der Natur dieses Unternehmens für dessen Durch-
führung ist.
Alle wirklich seltenen und ganz einzig in ihrer Art dastehenden
Fälle sind zur Aufnahme willkommen; zunächst wird die Bedingung an
dieselben geknüpft, dals sie noch nicht anderweitig publiziert sind oder
doch wenigstens in einer leicht zugänglichen Zeitschrift oder einem Sinzel-
werk einem gröJseren Ejreise von Dermatologen noch nicht vorgelegen
haben. Später mag es im Interesse des Verständnisses einzelner Fälle
liegen, früher bereits veröffentlichte, aber bisher unverstandene oder über-
sehene zum Vergleiche heranzuziehen. An Material wird es gewifs nicht
mangeln, und es ist mehr die Frage, wie dasselbe richtig zu redigieren und
wie der begleitende Text derjenigen Fälle, welche aufgenommen werden
sollen, am besten einzurichten sei. Die Herausgeber entscheiden über
die Au&ahmefähigk^it eines vorgeschlagenen Falles lediglich nach dem
Prinzip der Seltenheit. Da aber gerade in diesem Punkte die Er-
fahrungen aller Länder variieren, so ist der Meinungsaustausch unter den
Herausgebern als Kontrolle über die Frage, ob ein Fall eine solche
Seltenheit repräsentiert, durchaus unentbehrlich. Auch die subjektiv
originelle Auffassung einer sonst nicht seltenen Krankheit bedingt nicht
die Au&ahmefähigkeit in unserm Atlas; z. B. wäre ein prägnanter Fall
von seborrhoischem Ekzem nicht geeignet für denselben, obgleich noch
vielen Fachkollegen dieser Krankheitstypus ziemlich neu und fremd ist,
da er in Wirklichkeit eine unserer gemeinsten Dermatosen repräsentiert.
Was weiter den Text betrifft, so ist derselbe, da er in den 3 Haupt-
sprachen erscheint, auf das Notwendigste in kürzester Sprache zu be-
schränken. Er muis folgende Teile enthalten:
a. Stets Krankengeschichte: Anamnese, Status, Dekursus, Be-
handlung;
b. eventuell kurz Pathologie und Ätiologie: Histologie, Bak-
teriologie, pathologische Experimente;
c. stets und ausführlicher Differentialdiagnose;
d. stets ganz kurz Meinung des Autors über Wesen, Stellung
im System, Namengebung.
Die Tafeln (ein- oder mehrfarbige Lithographien, Lichtdrucke etc.)
geben das makroskopische und mikroskopische Bild der Krankheit.
Wir erhoffen ein gesundes Gedeihen dieses auf richtige Voraus-
setzungen gebauten und ideale Ziele erstrebenden Unternehmens, und von
318
dem Gedeihen desselben die Anbahnung eines ebenso notwendigen wie
bisher vermifsten internationalen Verständnisses über die schwierigsten
Punkte unserer Wissenschaft.
Hamburg, Februar 1889.
Öerfammlttu^eiu
Dermatologische Vereinigung zu Berlin.
Sitzung vom 5. Februar 1889.
Vorsitzender: Herr Lewin. Schriftführer: Herr Rosenthal.
Herr Lewin stellt einen Fall von Iritis gummosa vor und bemerkt hierzu, dafs
statistisch unter 452 Syphilitischen 8 Fälle von Iritis beobachtet sind. Auf seiner
Abteilung waren es meistens Frauen, während die Augenärzte angeben, dafs Männer
häufiger davon befallen werden. Dieses mag darin seinen Grund haben, dafs in
Berlin die Männer frei herumgehen und die Frauen unter polizeilicher Kontrolle
stehen. Während die ersteren sich demnach von den Augenspezialisten behandeln
lassen, werden letztere, sowie sie infiziert sind, in die Charit^ geschickt. In 25 Jahren
hat er nur 12 — 15 Fälle von Iritis gummosa beobachtet und glaubt er den Grund in
der sofort und energisch (es werden dann nämlich täglich 0,024 Sublimat injiziert]
augewandten Therapie zu sehen, da es dann nicht mehr zur gummösen Entwickelang
kommt. Das Gumma unterscheidet sich vom breiten Kondylom, dais beim Gumma
eine markige Substanz besteht und darüber die Neubildung der Geföfse. Iritiden
recidivieren sehr häufig, ebenso auch die Iritis gummosa; der Grund liegt wahr-
scheinlich in den zurückgebliebenen Adhäsionen, zu denen dann blofs ein neuer Beii
hinzuzutreten braucht; deshalb wird man, wenn gründliche Kuren schon vorher an-
gewandt sind, vom Hg Abstand nehmen. Der vorgestellte Patient ist mit 6 Hydr.
oxyd. flav .-Injektionen behandelt gewesen.
Hierzu bemerkt Herr Rosekthal, dafs der Patient von ihm mit diesen Injektio-
nen behandelt worden ist, dafs derselbe aber gleich sehr schwere Symptome zeigte,
und glaubt deshalb Eosenthal, dafs ein solcher Fall mit so schweren Erscheinungen
nach jeder Behandlungsweise ein Recidiv bekommen haben würde.
Herr Isaac stellt an den Herrn Vortragenden die Frage, ob Iritiden zugleich
mit den ersten sekundären Erscheinungen beobachtet sind, oder ob die Iritis nicht
eine Eecidiverkrankung ist? Er will sie nur mit papulösen Ausschlagsformen, nie mit
den makulösen gesehen haben.
Der Herr Vortragende sowohl als Herr Behbekd erwidern darauf, daiJs ihnen
Fälle bekannt sind, wo die Iritis neben den ersten Ausschlagsformen vorgekommen ist
Herr Lewdj stellt dann einen Neger vor, der am untern Augenlide einen
Defekt zeigt, der von einem zerfallenen Gumma herrührt. Die Krankengeschichte
des Mannes lautet: Vor 5 Jahren will er einen Bubo ohne Ulcus und vor V* Jahre
eine Gonorrhöe gehabt haben. Vor 3 Monaten stellte sich dann ein Exanthem ein,
das mit tief eingreifenden XJlcerationen cinherging und welches unter Sublimtt-
injektionen mit Keloidbildungen vernarbte, an diesen Stellen ist eine intensivere
Pigmentbildung eingetreten. Alsdann zeigte sich am untern Augenlide ein Tmaof,
der allmählich härter wurde, und dann zerfiel ; es war ein Gummiknoten, wobei keine
Tarritis oder Chondritis vorhanden war. Dieses Gumma heilte dann erst unter dem
319
Gebrauch von Jodkali, und nachdem lokal mit Arg. nitr. traktiert wurde. Die
Sublimatinjektionen hatten darauf keinen Einflufs.
Alsdann stellt Herr Lewin ein Mädchen vor, bei der sich im Verlauf der
jÜEYBOMschen Drüsen am Obern rechten Augenlide mehrere Gummiknoten ent-
"wickelt haben, zu denen dann Iritis sich hinzugesellte.
Der letzte Fall, den Herr Lewin vorstellte, betraf ein Mädchen, bei dem sich
vor ca. 13 Wochen ein Knötchenanssclilag mit Bläschenbildang entwickelt hat.
In der ersten Zeit soll starkes Jucken vorhanden gewesen sein. Syphilitische Symp-
tome sind nirgends nachweisbar, es besteht geringer Fluor, aber weder Inguinal-
drüsenschwellung, noch sonst irgend eine Affektion; die Schleimhäute, besonders
Tonsillen sind vollkommen normal, selbst in bezug auf Färbung. Lewin hält das
Leiden für eine akute Akne.
Bei der dabei stattfindenden Diskussion erklären Herr Lassab, Behbend und
KosENTHAL, dafs sie glauben, dafs es sich un^ ein pustulöses Syphilid handelt,
wobei BosENTHAL hervorhebt, dafs nach seiner Ansicht die Anordnung der Gruppen
für diese Diagnose spreche. Herr Lewin stützt seine Diagnose 1. auf die hellrote Farbe,
2. auf das Jucken, 3. auf das Fehlen der Polymorphie, 4. auf die Anamnese; die
Gruppenbildung spreche für nichts.
Herr Joseph: Über Alopecie. Er glaubt, dafs nach dem von E. Pontofpidan
veröffentlichen Fall über Alopecia areata nach Operation am Halse (cf. Monatsh,
f. pr. Derm. 1889. No. 2) seine Ansicht über die Alopecie gleichsam durch ein
Experiment am Menschen bestätigt sei, worauf Herr Behbend erwidert, dafs dieser
Fall eigentlich nichts beweise, indem nach der Operation auf der einen Seite schlief s-
lich selbst Alopecie auf der entgegengesetzten Seite auftrat; seine Experimente an
Tieren fielen rein negativ aus. L. Hoffmann-Berlin.
Ad. Zemanee. Syphilis in ihrer Bückwirknng auf die Bernfsarmeen im
Frieden nnd im Kriege, und die Möglichkeit ihrer thunlichaten Eindämmung.
Wien 1887. 73 S.
Ein von echt humanem Geiste durchwehtes, durch die Fülle des in prägnanter
Kürze erläuterten Materiales wertvolles Buch hat uns der gelehrte Verfasser, der
k. k. Begimentsarzt ist, in diesem Werke geboten. Nach einer lebendig und an-
regend geschriebenen Einleitung behandelt Verf. die „Syphilis in ihrer Bückwirkung
auf die Berufisarmeen im Frieden und Kriege", und zwar in Österreich, Preufsen,
England, Frankreich, Italien, Niederlande, Buisland, sowie in der österr. und deutschen
Marine. Wir begnügen uns notgedrungen hier mit einigen kurzen Auszügen. Die
durchschnittliche Behandlungsdauer im Jahr 1885^ betrug bei der österr. Armee:
bei Tripper 34 Tage; 9292 Fälle mit 315,920 Behandlungstagen.
„ weichen Geschwüren 33 „ ; 3293 „ „ 108,669
„ harten Geschwüren 43 „ ; 1394 „ „ 59,942
„ allgem. Syphilis 47 „ ; 3296 „ „ 154,912
n
n
* Das um fast 0,5 Vo kleinere Prozent an Syphilis gegen die Vorjahre erklärt
Z. dadurch, dafs weniger Truppen 1885 ihre Garnisonen gewechselt haben.
320
Z. berechnet nun den jährlichen Mehraufwand für die syphilit. Soldaten
Österreichs auf durchschnittlich 284,000 Gulden (aus den Jahren 1876—80). Er weist
dann tabellarisch nach, dals S3rphili8 diejenige Krankheit ist, die dem Staate die
meisten Kosten verursacht und durch die die Armee die meisten Arbeitstage ver-
liert. In Österreich ebenso, wie in Preuisen und in den übrigen Ländern.
Speziell von Preulisen sagt Z., dafs die Handhabung der sanitätspolizeilichen
Mafsregeln in den kleinen Garnisonen eine schlechte wäre, denn daselbst kämen viel
mehr Erkrankungen an Lues vor, als in den grofsen (pag. 35). Den vortrefflichen
Abschnitt über England leitet Verf. damit ein, dafs in England die Beeinflussung der
öffentlichen Gesundheitspflege durch die staatliche Autorität am frühesten eingeleitet
und von dem besten Erfolge begleitet war. Die Lebens-Statistik Englands lehre, daia
daselbst die Morbidität und Mortalität der Einwohner gegen früher und gegen sonstwo
geringer geworden sei. Wenn die englische Armee trotzdem an der Syphilis eine
Hauptgeifsel habe, so sei dies die Folge einer anderswo geradezu unverständlichen
fanatischen Agitation für den Schutz der persönlichen Bechte der Prostituierten, wo-
durch die sanitätspolizeiliche Überwachung der Prostituierten mittels Parlaments-
beschlufs stets verhindert wurde.
Da die Zahl der infizierten Soldaten eine kolossale Ziffer erreichte, votierte das
Parlament ein Gesetz, nach welchem wenigstens in einigen Garnisonen die zwangs-
weise ärztliche Untersuchung der Prostituierten eingeführt wurde. Die segensreiche
Wirkung dieses „Contagious diseases prevention Act^* ersieht man daraus, dafs in den
unter diesem Gesetze stehenden Gkurmsonen nach 7 Jahren weniger als die Hälfte
syphiliskranke Soldaten ärztlich behandelt wurden. In den andern Garnisonen ist
die Zahl der Syphiliskranken gleich groüs geblieben. Um einen Vergleich mit andern
Armeen anzustellen, mufs man die Summen der Gonorrhoischen und Syphilitischen
zusammenstellen und kommt für 1871 auf die, wie Z. mit Eecht sagt, horrende Zahl
von 206,2 Voo infizierter Geschlechtskranker. In den letzten Jahren hat die Syphilis
bedeutend zugenommen, weil durch den Parlamentsbeschlufs vom 21. April 1883 die
„Contagious Acts*' aulser Wirksamkeit gesetzt worden sind. Z. schliefst diesen Ab-
schnitt mit den Worten: Indem die Habeas-corpus-Akte die Prostituierten schützt,
steht die Armee schutzlos da gegen ihre gröiste Plage, gegen die Syphilis.
In Frankreich sank die Zahl der syphilitischen Soldaten von 113 Voo des Effektiv-
Standes auf 90 7oo im Jahre 1874, also innerhalb 10 Jahren. Diese verkleinerte Er-
krankungsziffer sank 1876 sogar auf weniger als 2 Dritteile, nämlich auf 57 Vo»,
eine Thatsache, die Z. durch die gröfsere Stabilität der Truppen erklärt. Also wieder
eine Begründung des alten bösen Sprichworts: Andre Städtchen, andre Mädchen.
In den Festungen ist die Zahl der syphiliskranken Soldaten wie in allen Ländern anch
in Frankreich sehr grofs. Durchschnittlich treten in Frankreich jedes Jahr 30 000
bis 35 000 Mann der Landarmee wegen Syphilis in ärztliche Behandlung; ihre Krank-
heit kostet jährlich über 1 Million Franken.
In Italien wurden 1870 laut offiziellem Sanitätsbericht in Militär-Spitälern
24 263 Syphilitische, das ist 117 Voo, behandelt. Die durchschnittliche Behandlungs-
dauer betrug 20 Tage ; im Jahre 1878 erkrankten 20 851, gleich 107 Voo, an Syphilis.
In den Niederlanden war 1876 in der Kolonial-Armee der Prozentsatz der
Syphiliskranken ein kolossaler, nämlich von 37 931 Mann 8032 gleich 214 Voo mit
52 Todesfallen. Wenn man diese Zahlen mit den in demselben Jahre in der engli-
schen Kolonial-Armee vorgekommenen Syphilis-Erkrankungen vergleicht und zwar:
Cap und St. Helena 115,6 Voo
Bengalen 91,4 „
Madras 108,2 „
f
321
so findet man diese Zahlen in der niederländischen Armee nnyerhältnismärsig grois,
besonders wenn man berücksichtigt, daTs jeder Soldat das Becht hat, eine Ein-
geborene sich in der Kaserne zu halten, so dafs an Stelle der Prostitution
ein in eine gewisse Kechtsform gekleidetes Konkabinat tritt. Diese Frauen stehen
unter den militärischen Disziplinar-Gesetzen (was auch manchen nicht militärischen
Frauen bei uns ganz gut thäte)» werden in Krankheitsfällen in Militär^pitälem
bebandelt; bei Mobilisierungen werden sie in den Kasernen kompagnieweise ver-
einigt und erhalten regelmäisige Verpflegung. Diese Art von Prophylaxis gegen
Syphilis hat sich gut bewährt; denn der offizielle Sanitätsbericht für das Jahr 1880
meldet, dals, nachdem in diesem Jahre die Zahl der Frauen 10130 ausmachte, die
Syphilis im niederländischen Indien bedeutend abgenommen hat. Es sind nämlich
1880 von 30 175 Mann 2268 Syphiliserkrankungen ' gleich 75 Voo vorgekommen, davon
die meisten in Amsterdam.
Die offiziellen Sanitätsberichte der russischen Armee sprechen zwar nur von
geringen Ziffern, so 1872: 50,17 Voo, 1873: 46 7oo, 1874: 42 7oo bei einem Effektiv-
stande von 884 314 Mann. Aber Tabnowskis Bericht (1881, 2. Wojeno, mediz.
Journal) spricht von dem grofsen Geldaufwande, der sehr langen Entziehung vom
Dienste und der thatsächlichen Schädigung der Schlagfertigkeit der
Armee. In den ersten 2 Jahren ist der syphilitische Soldat 300 Tage in 5 malen
im Spital (Warschau). Ein kurzes Resum6 über die Bückwirkung der Lues auf die
Kriegawunden (1877er Krieg) beschliefst dieses Kapitel.'
Dafs die Stabilität der Truppen geringeren Prozentsatz an Syphiliserkran-
kungen hervorbringt, dafür ist ein indirekter Beweis die Zahl der Syphiliskranken
der See- Armeen, die viel gröfser als beim Landheere ist. In der österreichischen
Marine waren 1876 93 7oo, 1878 113,2 7oo, 1879 104,2 7oo, 1883 97 Voo. Und im
Durchschnitt während des sechsjährigen Zeitraumes 1877 bis 1882 101,3 Voo; die
konstitutionelle Syphilis nahm ununterbrochen von 13,82 7oo (1877) bis zu 19,85 Voo
(1883) zu. Im Jahre 1883 war mehr als der vierte Teil aller Kranken
wegen Syphilis in Spitälern.
Noch ärger sieht es in der deutschen Marine aus. In den Jahren 1877 bis
1882 stieg die Zahl der Syphiliskranken von 987 auf 1032 das ist von 111 Voo auf
159,3 Voo, während die Besatzungsstärke der deutschen Marine nur von 8816 auf
10246 Mann zunahm. Besonders bei den in Ostasien weilenden Schiffen zeigte sich
eine grofse Erkrankungshäufigkeit. In den Jahren 1880/81 an Syphilis 247 Voo, im
Jahre 1881/82 sogar 289,7 Voo der durchschnittlichen Besatzungsstärke. Aber auch
in den Nordseehäfen ist die Syphilis zahlreich vertreten. 1881/82 waren auch hier
von 100 Soldaten täglich 12 dem Dienst entzogen.
Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit der Möglichkeit der thunlichsten Ein-
dämmung der Syphilis. Da in der österreichischen Armee eine stetige Zunahme der
Behandlungsdauer bei Tripper (1878 nur 23 Tage, 1885 34 Tage) und der konsti-
' Bez. der Notiz, dafs plastische Operationen nicht selten mifslingen, sei es mir
gestattet, an einem Fall aus meiner Studienzeit zu erinnern. 1874 kam zu Thiebsch
nach Leipzig ein 19jähriffer Patient zur Rhinoplastik, den ,jVater Thibesch", wie wir
unsem hochverehrten Lebrer stets nannten, einfach eine Inunktionskur machen liefs.
Als die Wundränder am Nasengerüste gut verheilt waren, enüiefs Thibbsoh den
Patienten, den er selbst dann zur Bhinoplastik für ungeeignet hielt. Ich habe den
Arzt, der jenen Fall an Th. sandte, wiedergesehen und entsinne mich noch deutlich
des Kopfschütteins über Th.s Diagnose (Syphilis heredit. tarda) und Therapie. Ich
habe allerdings auch erst viele hundert Fälle von Lues in Wien — in späteren
Jahren — sehen müssen, ehe ich Fälle der Art verstehen gelernt habe. Ref.
322
tutionellen Syphilis (von 33 auf 47 Tage in demselben Zeitraum) beobachtet worden
ist, während . andre Armeen, z. B. die preufsische, eine kürzere Behandiongsdaner
aufweisen, so schiebt Z. dies auf den Mangel einer einheitlichen und bewährten Be
handlungsmethode. Von autoritativer Seite sollte eine solche dem Fortschritte der
Wissenschaft entsprechende Behandlungsmethode empfohlen werden, wie es z. B. mit
der Kaltwasserbehandlung des Typhus geschah. (Ref. möchte hier in parenthesi be-
merken, dafs ein so souveränes Mittel bei Gonorrhöe allerdings nicht existiert, wie die —
„mittel temperierten Bäder" bei Ileotyphus, d. h. von 22^ bis herab auf 17*. Aber
die WaiTiung vor kaustischen Injektionen, vor Abortivkuren ist schon von hohem
Wert. Femer der Rat ganz milder Injektionen ; man kann wohl zu starke Losungen,
selten zu schwache verordnen I) Der heutige Standpunkt der Therapie der Lues und
Gonorrhöe wird erörtert, und es beschlielst ein trefflicher Abschnitt über die Prophy-
laxis, besonders beim Militär (auch wir Civilisten können viel daraus entnehmen), die
Hebung des geistigen Niveaus, die Beschäftigung in der Mufsezeit des Soldaten
u. a. m. das instruktive Werk. Fauly-Nervi.
Pariser Korrespondenz.
Über die Alopecia areata. Ernst Besnier publizierte unter diesem Titel in
Form einer Abhandlung die Arbeit, welche er in der Sitzung vom 31. Juli 1888 in
der AcadSmie de M6decine vorgelesen hatte, als Referent einer Kommission, welche
zum Studium der mit Rücksicht auf die von der Area befallenen Individuen zu
treffenden Vorkehrungen entsendet wurde.« Wir besitzen schon zahlreiche zusammen-
fassende Arbeiten über diesen Gegenstand, aber wir müssen gestehen, dafs dieselbe
noch nie in ähnlicher Vollkommenheit und so eingehend behandelt wurde. Das Urteil
des Autors bleibt, trotz der übergrofsen Menge der Argumente und der jedem Kapital
beigefügten zahlreichen bibliographischen Dokumente, nüchtern und genau.
Im ersten Teile untersucht B. das Wesen der Area, ihre Ül)ertragbarkeit, einige
Schwierigkeiten der Diagnose, im zweiten die mit Rücksicht auf die von der Area
befallenen Individuen zu ergreifenden Mafsregeln. Das dem Wesen der Area ge-
widmete Kapitel enthält vor allem die Kritik der von den verschiedenen Autoren
diesbezüglich ausgesprochenen Ansichten. Bazin hatte die Area Celsi dem Favus und
dem Herpes tonsurans angeschlossen. Es war daher ganz logisch, wenn die Arzte,
welche diesen Standpunkt adoptierten, gegen die Area dieselben Vorkehrungen trafen,
welche man auch gegen die beiden andern Erkrankungen anzuwenden pflegte. Diese
Theorie hatte aber von Anfang an die Ansicht mehrerer Arzte des Hopital St. Lou»
und andrer Autoren, besonders des Erasmüs Wilson, gegen sich. Die Angriffe
mehrten sich mit dem Fortschritte der Phytologie. Robin und Hebra wiesen sie,
nachdem sie anfangs den parasitären Ursprung angenommen hatten, vollkommen zu-
rück; auch Rollet aus Lyon (1859) leugnete das Vorhandensein eines Parasiten, und
Guitrau aus Bordeaux stellte ihn zu den unbestimmten Parasiten. Bergeron erwähnt die
Area gamicht unter den parasitären Erkrankungen, da er ihre parasitäre Natur für
nicht erwiesen hält. Rindfleisch, Purdon, Dubrino kamen zu demselben Ergebnis
(1869 — 70). In der Societe m^dicale des Hopitaux de Paris verteidigt im Jahre 1874
niemand mehr die Eontagiosität der Area, und Horand (Antiquaille, Lyon) weist die-
selbe — als alten Plunder — zurück. Im nächsten Jahre erklärt Nystrom aus
Stockholm, dafs es bei den von der Area Befallenen Parasiten gäbe, dafs dieselben
323
SLlser accidentiell und ohne Bedeutung seien. Dies ist auch das Urteil, welches man
■über die von Malassez, Coubr^ges, Thin, Sehlen, Robinson etc. beschriebenen Parasiten
fiUleii mufs. Man hat zugegeben, dafs diese Parasiten unter gewissen Bedingungen,
der verminderten Widerstandsfähigkeit der Ortlichkeit und des Individuums, schäd-
licli und pathogen werden können; dies ist jedoch nicht sicher festgestellt, und man
möge auch nicht vergessen, dafs Mikrophyten, welche das Haar nicht schädigen (der
X^arasit der Pityriasis versicolor, des Erytrasma), um das Haar herum weilen, welches
sie einschlieisen, ohne irgend welche Veränderung an demselben hervorzurufen, und
dafs dieselben nur an einzelnen dieser accidentiell befallenen Punkte wachsen.
Trotz all dieser Untersuchungen und Arbeiten bleibt die Area Celsi durch die
parasitäre Theorie unerklärlich. Wirft das klinische Studium der Krankheit, der
liistologischen Veränderungen des Haares, der anatomischen Verhältnisse der Haut
mehr Licht auf die Frage? Die klinische Geschichte der Krankheit ist kurz; die
Erscheinungen der Anfangsperiode und des präalopecischen Stadiums sind ge wohn-
lich nicht bemerkbar, die Entwickelung ist sehr verschieden, bald galoppierend, bald
von einer besonderen Langsamkeit, das Aussehen der Plaques ist verschieden, je
nachdem sie glatt oder mit in gleicher Höhe mit der Haut, oder etwas über dem
Niveau derselben abgebrochenen Haaren besäet sind. Mit Rücksicht auf letzteren
Umstand gab Lailler den dieses Aussehen bietenden Fällen den Namen: „Pelades
pseadotondantes. "
Vom histologischen Standpunkte kann man zweierlei Haarläsionen unterscheiden.
Sei der einen sieht man „eine Auffaserung der Wurzel, Anschwellungen, in deren
Höhe der Haarsohaft wie ein Schilfrohr zerplittert erscheint, das freie, im Niveau
einer Anschwellung oder auch anderswo abgebrochene Ende pinsel-, ährenfÖrmig."
Bei der andern — Area mit brüchigen Haaren — , bei welcher die Nekrobiose rasch
vorwärts schreitet, „ist das immer in kurze Stümpfe fragmentierte Haar eher stärker
pigmentiert und verdickt; man sieht weder Luftblasen noch eine Zerstörung des Haar-
markes; der Haarschaft besitzt keine Anschwellungen, und sein freies Ende ist nicht
pinselförmig aufgefasert. Er behält vollkommen seine Konsistenz und zerbricht weder
beim Anfassen mit der Pinzette, noch unter dem Deckglase, im Gegensatz zum dicken,
trichophytischen, mit Sporen infiltrierten Haar, mit welchem er — in anbetracht
seiner Farbe, seiner Dicke und seiner in geringer Entfernung von der Hautoberfläche
gelegenen Bruchstelle — häufig verwechselt wurde." Diese zweierlei Läsionen sind
zwei Varietäten eines nekrosierenden Vorgangs. Allein für sich haben sie keine pathog-
nomonische Bedeutung, aber ihre Vereinigung hat einen besonderen Wert für die
Erklärung des Wesens der Krankheit. Die Haarfunktion ist eher lahm gelegt als
gänzlich aufgehoben — wie Balzer konstatierte — , eine für die Prognose der Alopeoie
sehr wichtige Thatsache. Das Leben des Haares kann sehr lange latent sein, es gibt
eine wahrhaftige Lethargie des Haares.
Diese Thatsachen sind festgestellt, wenn wir aber tiefer eindringen, so kommen
wir zu einander entkräftenden Resultaten , wie bei der Untersuchung Leloirs,
der in einem Falle eine atrophierende, degenerierende Neuritis der kutanen Nerven,
in einem zweiten — nichts gefunden hat. Wenn wir also einerseits den Parasiten
der Alopecia areata kennen, so bleiben uns anderseits in den Fällen, welche von
Veränderungen der peripherischen Nerven abhängig wären, die letzteren vollkommen
unaufgedeckt. Die Versuche von Joseph und Mibelli, so interessant sie auch seien,
entscheiden die Frage nicht. Die Läsionen der Nerven, welche das Haar hinfällig
machen, können ihren Ursprung im Zentrum, an den Stämmen, in der Peripherie
haben, und allen diesen Lokalisationen kann die Ursache eine materielle oder funk-
tionelle, eine direkte oder indirekte, nahestehende oder entfernte, von verschiedenen
324
oft sehr entfernten Pankten transmittierte, eine reflektierte sein. Eine Menge yon
Ursachen — ;,morali8che Erschütterungen, physischer Choc, traumatische oder patho-
logische Läsionen, schwere ^Alterationen der Ernährung, wie bei vielen schweren
Erkrankungen, verschiedene pathologische Zustände des Nervensystems, BASXDOWBche
Krankheit, Diathesen (Syphilis), reine dystrophische Läsionen (Morphea), endlich viel-
leicht auch direkte oder reflektorische Lritationen der HaarpapiUe durch unbekannte
Parasiten, wie bei der Alopecia areata, oder durch bekannte Parasiten, wie bei ge-
wissen parasitären Haarkrankheiten", — können dasselbe Phänomen hervormfen,
nämlich die Lähmung der nervösen Papille, die Alteration, die Aufhebung^ oder die
Vernichtung ihrer Funktion. „Darauf müssen wir immer hinauskommen", so fahrt
B. fort, und weit entfernt die nervöse Natur dieser Alopecien zu bestreisen, erklärt
er im Gegenteil, dais es ganz unmöglich wäre, dieselben ohne die Intervention des
Nervensystems zu verstehen. Auch wenn das die Alopecia areata hervorrufende
spezifische Agens entdeckt wäre, müiste man seine Wirkung auf die Papille selbst,
auf den „lebenden Teil" beziehen, um die Veränderungen des Haares zu verstehen.
Weit entfernt, den Parasiten in dem Haare selbst oder um dasselbe — wie beim
Trichophyton und beim Favus — zu suchen, muüs man von nun an die Ursache der
funktionellen Paralyse oder Parese der HaarpapiUe, welche so lange das absolute und
vollkommene Verschwinden der Haare überdauert, zu entdecken trachten. Man muls
sich hier mit der einfachen Konstatierung der Thatsachen begnügen, da die ESrklänuog
derselben fehlt. Die besondere Nervosität, welche man nur allzu leicht den von der
Alopecie befall^ien Lidividuen zuschreibt, ist weder notwendig noch konstant, wie
sie es sein mülÜBte, wenn sie bezeichnend wäre. Man kann auch nicht aus der Frm-
existenz oder aus der Koexistenz von physikalischen Läsionen oder moralischen Er-
schütterungen schliefsen, dafs dieselben alle die alopecischen Afifektionen hervor-
bringen, welchen wir auf Schritt und Tritt begegnen. Li der jüngsten Epidemie der
Alopecia areata, welche im Sapeur-Pompier-Begimente von Paris herrschte, war gar
kein schwerer professioneller Zwischenfall vorhergegangen, durch welchen ihre Affek-
tion mit einem aus ihrer Beschäftigung entstandenen nervösen Zustand in Zusammen-
hang hätte gebracht werden können. „Wenn auch gewisse Alopeciearten sich auf
rein trophoneuro tisch er Basis entwickeln, wenn nervöse Lidividuen auch prädisponiert
sind, wenn endlich der eliminatorische Prozefs des Haares ein neurotischer ist, so ist
damit noch in keiner Weise gesagt, dsSs die gewöhnliche Alopecia areata eine reine
Trophoneurose sei, und auch weder die Möglichkeit, noch die Wahrscheinlichkeit der
Thätigkeit eines äulserlichen „agent provocateur^' gegeben, welches wir hier ebensowenig
kennen, als bei der Scabies oder bei der Syphilis, dessen „VorsteUung jedoch von
der Thatsache der Ubertragbarkeit, welche der gewöhnlichen Alopecia areata eigen
ist, unzertrennlich ist." In den Fällen, welche man für rein nervöse Alopecia e
klärt, weil sie unmittelbar nach einem nervösen Choc aufgetreten waren, mniste
das Haar — wenn es in der That mit einem Schlage von der Papille losgelöst worden
wäre, — wie „ ausgerissen '' erscheinen, ohne atrophische Veränderungen aufzuweisen,
welch letztere wohl von raschem Verlaufe sein, jeooch keineswegs plötzlich auf-
treten können. Von nun an müssen alle Beobachtungen von plötzlich aufgetretenen
oder sehr rapiden nervösen Alopecien, bei welchen die histologische Untersuchimg
der Haare unterlassen wurde, zurückgewiesen werden. „In der That ist der beim
ersten Blick so hervorstechende Gegensatz, welcher zwischen denjenigen, die bei der
Alopecie nur eine nervöse Ursache sehen, und denjenigen, die ihr eine äuTsere, kon*
tagiöse Ursache zuschreiben, besteht, mehr auffällig als thatsächlich, und der Glaube an
eine gewisse Bolle des nervösen Systems^ schlieist die Thätigkeit eines transmissiblen
Agens ebensowenig aus, als z. B. bei der Wut, bei welcher die accidentelle oder
325
f
halbitaelle Nervosität des Individuums eine gleiche, wenn nicht hervorragendere Bolle
spielt." Des weiteren sind die klinischen Thatsachen von der Art, wie der von
SsBEBOULLET {GozetU Tiebdom, 29. Juni 1888) publizierte Fall: ,, Durch Ansteckung
erworbene und durch nervösen Ghoc recidi vierte Alopecie'^, danach angetban, um
die Verbindung dieser verschiedenen Elemente thatsächlich nachzuweisen.
Ich habe mich bestrebt, Ihnen diesen Teil der hervorragenden Arbeit B.s bis
ins kleinste Detail zu referieren, ich werde bei dem nächsten Paragraph, der sich auf
die Häufigkeit, den Herd der Krankheit und auf die Ungleichheit ihrer geographi-
schen Verbreitung bezieht, rasch vorwärts schreiten. Dieses letzte Zeichen, welches
beim Favus und Herpes tonsurans sehr hervorstechend ist, ist es auch bei der Alopecia
areata. Dem Berichte des inspizierenden Arztes Vidal gemäfs ist der Favus bei der
arabischen Bevölkerung Algiers sehr häufig, die Alopecie hingegen sehr selten, hk
den Jahren 1887 und 1888 hat das Seehospital des Dey nur 3 mit Alopecie befallene-
Individuen aufgenommen.. Leloib fand in Lille unter 5000 mit Haut- und venerischen«
AfTe^ionen behafteten Individuen, die in seiner Behandlung standen, 149 alopecischCy.
d. h. 3 7o. Die ist auch beiläufig die von B. erhaltene Zahl, und er stellt sie der
von Unita in Hamburg gewonnenen gegenüber — 7 — 8 Alopecische auf 1500 Kranke
des Jahres, d. h. V» Vo. — In Lyon fand man im Jahre 1887 auf 2865 Kranke, welche
in der» Antiquaille behandelt wurden, nur 17 Fälle von Alopecie, d. h. 0,6 7o, also
eine Zahl, welche derjenigen von Hamburg sehr ähnlich ist. Kaposi zählt in Wien
40 Fälle auf 5000 klinische Kranke, und in seiner Privatpraxis eine etwas höhere
Zahl (IVa 7o). Das von Hebra gefundene Verhältnis zeigt, dafs die Krankheit viel
häufiger geworden ist, obwohl noch immer viel seltener, als dies die für Lille und
and Paris gefundenen Zahlen ausdrücken. In Berlin fanden Schweningeb und Köbner
1 Vo, Lassar 2 7o, doch zieht der letztere von der Totalsumme seiner Fälle die
venerischen ab. Lesser in Leipzig fand in seiner Poliklinik 0,7 7o, in seiner Privat-
praxis gegen 2 7o. Die Zahl der Fälle variiert also von 0,5 — 3 7o, was man nach
B. wohl nicht finden würde, wenn die Alopecie eine rein trophoneurotisohe Er-
krankung wäre, welche keine Ursache hat in Paris häufiger zu sein, als in Wien, in
Lille oder in Berlin häufiger als in Hamburg.
Dieselbe Ungleichheit und dieselbe Variabilität finden sich auch in ein und
demselben Lande. Die ärztlichen Berichte beweisen, dafs die Alopecie in der fran-
zösischen Armee weit davon entfernt ist, an allen Orten gleichmäfsig aufzutreten.
In Bochefort kommt sie gar nicht, in Toulon beinahe gar nicht vor. In Gherbourg
zahlte man während 5 Jahren nur 3 Fälle unter den Truppen aller Waffengattungren.
In Brest fand man 1887 6 erwachsene von der Alopecie Befallene und 10 unter den
Zöglingen der Marine, bei welchen die Affektion häufiger zu sein scheint. Die von
der Enquete im Juni 1888 bewerkstelligte Untersuchung der Garnison von Paris hat
nur 58 Fälle ergeben, von welchen 20 dem Sapeur-Pompier-Regimente angehören
und nur 38 der ganzen Garnison von Paris und Versailles, d. h. der gesamten
Garnison des Pariser Gouvernements, das Sapeur-Pompier-Eegiment ausgenommen.
In anbelracht dieser Thatsachen ist es evident, dafs gröfsere Massen vereint
lebender Menschen von der Area oft verschont bleiben; Beweis das grofse Seminar
St, Sulpice in Paris, wo Herr Bucquoy nicht einen einzigen Fall der Area je gesehen
hat. Und doch ist diese Krankheit weit entfernt davon die Geistlichen zu verschonen
und befällt mit Vorliebe die Zöglinge der Unterrichtsanstalten.
Übertragbarkeit der Area Celsi.
Die Alopecia areata ist übertragbar. Aber es gibt hier so viel Unregelmäfsig-
keiten, Widersprüche, Undeutlichkeiten, dafs die Kontagiosität in anbetracht der
MonaUhefta 22
326
mehr aufifallenden, als reellen negativen Thatsachen beinahe immer von denen ver-
kannt wird, welche das Studium derselben beginnen. Auch Besnier ist, nachdem er
vorerst die Eontagiosität bezweifelte, den unzweifelhaften Thatsachen der kontagiosen
Ubertragbarkeit, den Beobachtungen von Familien-, Haus-, Schul- und Begiments-
epidemien gewichen. Die von ihm citierten Beispiele sind unwiderleglich; ganz be-
sonders dasjenige der Epidemie des Pariser Sapeur-Pompier-Begiments (Feuerwehr),
welches durch seine Verbreitung über die ganze Stadt in den vollkommensten
und innigsten Beziehungen zu der Civilbevölkerung steht. Man hat hier 20 Falle
zu gleicher Zeit konstatiert, und man kann vielleicht als Quelle der Ansteckung
den Kopfpfühl anklagen, auf welchen diese Leute — einzeln oder in kleinen
Gruppen allabendlich auf verschiedenen Posten zerstreut — ihr Haupt zur Bohe
legen. Dies scheint der Umstand zu beweisen, dafs die Mehrzahl der befallenen
Soldaten auf dem Hinterhaupte und auf dem Nacken mit der Alopecie behaftet
waren.
Da bisher kein unzweifelhafter Parasit gefunden wurde, noch eine beweisende
Impfung existiert, kann man sich, um die prophylaktischen Mafsnahmen zu be-
stimmen, nur auf die klinische Untersuchung stützen. Leloir fand unter 92 Beob-
achtungen 21 Fälle, bei welchen die kontagiöse Ursache nicht in Zweifel zu ziehen
war. Von den übrigen 71 Fällen führte er 35 auf eine nervöse Ursache zurück, und
36mal konnte er zu keinem sicheren Schlüsse kommen.
Es ist gewöhnlich nicht gerade der von der Aifektion Befallene die unmittelbare
Ursache der Übertragung, wohl aber seine Gerätschaften. Toilettgegenstände, Gerat-
schaften des Friseurs, vertauschter Kopfputz, Kopfkissen, Kopfpfühle, Kopf- und
Bückenlehnen der Möbelstücke sind die häufigsten Ursachen der Ansteckung. Bei
den Begimentem ist das Scheren der Haare — durch die dabei verwendeten In-
strumente — häufig die Ursache der Verbreitung der Alopecie.
Gibt es auch Fälle von Übertragung ^er Alopecie von Tieren auf Menschen?
Gewisse Fälle sprechen dafür, doch mufs dies noch durch neuere Untersuchungen
festgestellt werden. Man weifs, dafs die Alopecie bei den Zöglingen der Tierarznei-
schule zu Alfort nicht selten ist, und B. hat einen hervorragenden Tierarzt der Armee
behandelt, der seine Area vom Pferde erworben zu haben behauptete.
Man ist noch nicht zu einer endgültigen Entscheidung über die Frage gelangt,
zu welchem Zeitpunkte ihrer Entwickelung die Area Celsi am ehesten übertragbar
sei, was doch mit Bücksicht auf die Prophylaxis von grofser Bedeutung wäre. Uan
kann aber behaupten, dafs die Gefahr der Ansteckung sehr vermindert sei, wenn die
Initialplaque allein bestehen bleibt, oder sich keine neuen mehr zu den alten
gesellen, besonders, wenn man dabei noch alle nötigen Mafsnahmen zur Überwachung
und Beinhaltung in Angriff nimmt.
Schwierigkeiten der Diagnose.
Die Diagnose kann Schwierigkeiten verursachen durch die Koinzidenz mit an-
erkannten parasitären Erkrankungen des Haares oder mit einigen dem Favus oder
dem Herpes tonsurans folgenden peladoiden Alopecien. Auch die Erscheinungen
des Lupus der behaarten Kopfhaut können so schwach angedeutet sein, dai«
ein Irrtum möglich wird; dasselbe ist der Fall bei einzelnen seltenen Fällen von
Sclerodermie en plaques des Gesichtes oder des behaarten Kopfes, ober bei
einigen noch unbenannten andern Alopecien. Aber die gewöhnlichste Ursache von
Irrtümern sind jene alopecischen Stellen, welche das Überbleibsel vorangegangener
Traumen und pathologischer Zustände, oder der übermäfsigen Anwendung von To-
picis sind. Gewisse, nur eine einzige Plaque aufweisende, beinahe endlos in ^mve^
327
andertem Zustande verharrende Areafalle endlich benötigen wiederholte Beobachtung
und können nicht allsogleich diagnostiziert werden.
Zweiter Teil. Trotz des Umstandes, dafs uns so viele Seiten des Problems
unbekannt und dunkel sind, so ruht doch die Übertragbarkeit der Area auf genügend
sicherer Basis, um gegen sie ernste Präventivmafsregeln zu ergreifen. Doch darf
man deswegen nicht allzustrenge vorgehen und das Gesetz der Ausschliefsung ganz
unterschiedslos bei allen von der Area Celsi Affizierten anwenden.
B. empfahl daher der Academie de M6decine prophylaktische Maüsregeln, welche
mit den Privatinteressen der Kranken gut vereinbar sind.
Als allgemeine Mafsregeln empfiehlt er: 1. dais ein mit Area Behafteter, der in
einen Verband aufgenommen zu werden wünscht, seine Au&ahme oder sein Weiter-
verbleiben nicht als ein Becht fordern könne; 2. daÜB die Gesunden vor dem mittel-
baren oder unmittelbaren Kontakt mit den von der Area heimgesuchten Ortlich-
keiten bewahrt werden. Aus diesem Grunde sollte man den Kopf der Patienten
bedeckt halten, sie einer speziellen Behandlung teilhaftig werden lassen, selbst noch
lange nach der beendigten Heilung, ihre Gerätschaften ihnen ausschlieislich reservieren,
dieselben nach dem Gebrauche desinfizieren, wenn notwendig vernichten etc. etc.
Was die spezielle Behandlung anbelangt, schlägt B. vor, dafs jeder Kranke
einer speziellen ärztlichen Untersuchung unterzogen werde, welche über die Auf-
nahme, das Weiterverbleiben, oder über die Nichtaufnahme, die Entlassung, die
temporäre Isolierung zu entscheiden hätte. Für die Asyle und Schulen der frühen
Kindheit wird die Ausschlieüsung die Regel sein, da diese hier von keinem Nachteile
gefolgt sein kann. In den Mittelschulen soll der Zutritt unter gewissen Bedingungen
der Isolierung und Reinlichkeit möglich sein. Dasselbe gilt für die Extemate. In
den Internaten, Hoch- und Fachschulen soll die Nichtaufnahme oder die temporäre
Ausschliefsung nur in seltenen und besonders intensiven Fällen ausgesprochen werden.
Bei den militärischen Verbänden soll die Isolierung und Stellung unter Beobachtung
angewendet werden. Wenn endlich von der Area befallene, „tolerierte" Individuen
der augenscheinliche Ausgangspunkt weiterer Ansteckung geworden sind, dann hat
die Tolerans allsogleich nach der Konstatierung des neuen 'Herdes ein Ende zu
nehmen, und die vollkommene und unmittelbare Ausschliefsung aller Kranken mufs
mit vollem Rechte vollzogen werden. H. Foumier-Paris.
(Übersetst ron Dr. LuDWia Töb5k, Hamburg.)
Ütittetlttnjjen am ber txtUxalnx.
Zirkulationsstörungen.
Über Jo^pform-Dermatitis, von Dr. Israel in Gnesen. {Therap. Monatsh. No.2.)
Bei einer Frau mit Ulcera cruris traten nach Applikation von ganz geringen Mengen
Jodoform jedesmal Jucken und erbsen- bis wallnufsgrofse Blasen um das Ulcus auf,
die bald barsten. Es muis demnach eine Idiosynkrasie bei einzelnen Individuen für
das Jodoform bestehen. L. Hoffmann-Berlin.
Über das Vorkommen der Pellagra in dec Bukowina, von Kluczekco, Sus-
zawa. (Wien, kUn, Woehenschr, 1889. No. 3.) Mehr als der Titel verspricht, bringt
die wertvolle Arbeit K.s. Er hat in 4 Jahren 12 Fälle (11 Männer darunter) beob-
achtet; Fnjppowicz im Czemowitzer Krankenhause (Wien. med. Blätter. 1888. No. 14
328
und 15) hat nur 6 Fälle (4 Männer, 2 Weiber), alles Baaersleute, beobachtet, deren
Hauptnahrung aus Maismehl bereitete Polenta (Mamaliga in der Bukowina genannt)
war. Bezüglich der Krankengeschichten (die 3 ersteren sind ausfuhrlicher) müssen
wir auf das Original verweisen. Wir betonen hier nur in Kürze:
1. Alle 12 waren Bauern und nährten sich von Mamaliga (3 davon von ver
dorbener' Mais&ucht längere Zeit).
2. K. beobachtete dort folgende Symptome: die Krankheit ist eine chronische,
jahrelange; die ersten Symptome sind gastrische; heftige, oft blutige Diarrhoen.
Dann ein eigentümliches Kopfleiden, Kopfschmerz, Schwindel, rauschartiges Betäubt-
sein. Zuweilen Verschlimmerung bis zum Irrsinn; Unruhe und psychische Verstimmang
treiben Pellagröse zuweilen zum Selbstmord. (K, hat 2 Fälle der Art konstatiert, die
nicht in jenen 12 inbegriffen sind.)
3. Anfang Mai zeigen sich die ersten Zeichen eines Erythems an Hand- und
Fufsrücken, seltener an der äulseren unteren Hälfte des Vorderarms; bei schweren
Fällen auch am Gesicht und Genick. Die Haut der erythem. Stellen ist angeschwollen
und rissig, an einigen Stellen leicht blutend, mit linsenbreiten Krusten bedeckt
Am Bande sieht man mitunter einen mäfsig erhabenen, querfingerbreiten, hellrot
geförbten Saum als scharfe Grenze.
4. Hohihand und Fufssohle sind stets frei von diesem Erythem.
5. Im September blaist das Erythem ab, beginnt aber abzuschuppen. Die Haut
ist dann dunkler gefärbt, rauh und mäfsig glänzend. Nachlafs aller Symptome tritt
im Herbst ein; im Winter Euphorie. Im Frühjahr tritt wieder der geschildeite
Symptomenkomplex ein.
6. In leichteren Fällen scheint in den ersten Jahren durch Eisen, Arsenik und
roborierende Kost eine Heilung möglich.
7. Wahrscheinlich wird die Pellagra durch eine Intoxikation und nicht durch
eine Mykose veranlafst.
8. Die chemische Noxe scheint Verf. in Alkohol extrahier bar zu sein, da vo^
wiegend Männer Pellagra bekommen, während Frauen und Kinder bei derselben ver
dorbenen Nahrung gesund bleiben. Männer trinken dort zu jeder Nahrung Schnaps.
(Vielleicht wirkt der Alkohol nur dadurch, dafs er die Noxe desto länger im Darm
retiniert hält, also nicht durch seine chemische Wirkung auf den Mais direkt. Bef.)
9. Volksschule und Ortspfarrer sollten die Kenntnis der Gefahren verbreiten,
die der Genufs vorreifer oder verdorbener Maisfirucht verursacht.
10. Aus schlechtem Mais bereiteter Spiritus ist auch Träger des PellsgragÜles
(Neüssbr), wonach sich die Branntwein-Brennereien richten sollten.
11. Im benachbarten Galizien sollte man auch auf Pellagra fahnden.
Paidy-Nervi,
Einfache Entzündungen.
Über anatomisclie Befunde bei aknten Todesfällen nach ausgedehnten
Verbrennungen, von Euo. Frankbl. (Deutsche med. Wochenschr. No. 2.) Bei 3 «ur
Obduktion gelangten Fällen nacli ausgedehnten Verbrennungen konnte Verf. Organ-
erkrankungen schwerer Art feststellen, welche sich äufsem in Verstopfung der Harn-
kanälchen mit Hämoglobinmassen, in ausgedehnten degenerativen Prozessen des,
soweit wir wissen, für die Hamsekretion besonders bedeutungsvollen Epithels der
gewundenen Harnkanälchen und in dem Auftreten eines körnigen Materials nament-
329
lieh in den Nieren, über dessen Provenienz das Mikroskop Aufschlafs zu geben nicht
vermochte. Diese Veränderungen beschränken sich nicht allein auf die Nieren,
sondern wir finden parenchymatöse Prozesse degenerativer Art auch in der Leber
und massige Ablagerungen von Hämoglobin in diesem Organ, wie namentlich auch
in der Milz. Dafs daneben dem übermäfsigen Beiz auf das Nervensystem und der
damit verbundenen reflektorischen Herabsetzung des Gefafstonus (Soknenbubo) eine
nicht zu unterschätzende Bedeutung für den raschen Eintritt des Todes zukommt,
soll nicht in Abrede gestellt werden, aber dieses Moment würde erst in zweiter Linie
in Frage kommen. L. Loffmann-Berlin.
Zur Behandlung des Decubitus, von Dr. W. Ebstein in Breslau. {Deutsche
med. Wochenschr. No. 6.) Prophylaktisch soll bei schweren Erkrankungen, um Decu-
bitus zu verhüten, die Haut nach vorausgeschickter, gründlicher Beinigung tüchtig
mit Lanolin eingerieben werden und durch reichliches Unterlegen von Watte, Jute
und ähnlichem Material soll weiterer Druck vermieden werden. Wo sich bereits
Exkoriationen oder die verdächtige, dem Decubitus vorausgehende Bötung der Haut
bemerkbar gemacht haben, heilen dieselben rasch unter der Lanolindecke.
L. Hoffmann-Berlin.
Über Dermatitis herpetiformis. Dr. A. Blabchko berichtet (Berl klin.
Wochenschr, No. 6) über 2 von ihm beobachtete Fälle, welche er nach Dühbino mit dem
Namen der Dermatitis herpetiformis belegt. Der erste Fall betrifft eine 25jährige,
seit 5 Jahren verheirathete Frau, die im Anschlufs an ihr vor 27« Jahren erfolgtes
zweites Wochenbett zum ersten mal erkrankte. Etwa 14 Tage nach der Entbindung
traten damals plötzlich auf Armen, Brust, Bauch und Gesicht, später auch auf den
Oberschenkeln zahlreiche^ heftig juckende Flecke von Stecknadelkopf- bis Linsen -
gröfise auf, aufserdem Bläschen mit wasserklarem Inhalt, die teils in Gruppen, zumeist
aber einzeln standen, femer, namentlich in den späteren Stadien der Erkrankung,
mit eiterigem Inhalt gefüllte kleinere und gröüsere Pusteln. Nach ca. 2 Monaten
trat spontane Heilung ein. Im Frühjahr 1888 stellte sich 3 Tage nach einer Aus-
kratzung des Uterus unter heftigem Jucken der gleiche Ausschlag ein. Styrax-Ein-
reibungen verschlimmerten den Zustand, insofern Gesicht und Arme der Patientin
beträchtlich anschwollen. Erst nach Verbrauch von 10 g Sol. Fowl. blieben neue
Anfalle aus, das Jucken liefs nach, die Exantheme heilten ab, überall dunkle Pig-
mentflecke zurücklassend, die noch nach 2 Monaten, wenn auch etwas abgeblafst,
bestanden.
Der zweite Fall betraf einen 34jährigen Patienten, verheiratet, der im No-
vember 1887 in beiden Kniekehlen heftig juckende^ handtellergrofse rote Flecke
bekam, innerhalb deren sich in wenigen Tagen zahlreiche Bläschengruppen ent-
wickelten. Seitdem sind, während die alten Stellen immer nach 14 Tagen unter
Hinterlassung grofser brauner Flecke abheilten, in ein- oder mehrwöchentlichen
Pausen auf den verschiedensten Stellen des Körpers, zumeist symmetrisch, auf den
Beinen, den Hüften, dem Sternum, den Nates ähnliche Exantheme ebenfalls unter
heftigem Jucken zum Vorschein gekommen. Anfang September Blaseneruption auf
der untern Seite des Penis, die mehrere Wochen anhält, Ende September Bildung
neuer Blasengruppen in der Gegend des linken Tuber ischii und beider Trochanteren.
Die Blasen reiskorn- bis erbsengrofs, einige konfluierend. Im Oktober ist alles ab-
geheilt, an beiden Oberscheukeln zerstreut stehende erythematöse Flecke, Papeln und
Bläschen. Nach Arsenmedikation allmähliches Nachlassen; seit Anfang November
keine neue Attacke.
330
B. glaubt, dafs die Dermatitis herpetifonuis kaum ak eine Krankheit, sondern
als eine Gruppe von Krankheiten aufzufassen sei. ü. Hoffmann-BerUn.
Pempliigiis der Conjunctiva haben Schmidt-Huifleb (Zehenders kl. Mo-
naUhl. f. Äugenh. 1887) und K. Tilley {Americ. Joum. of Ophth, 1887) je 1 FaD
beobachtet; beide mit Bildung von Symblepharon, Sch.-R.8 Patientin war eine
45jährige Frau, die daneben an Pemphigus der Lider und anderer Eörperstellen litt.
T.s Fall betraf ein 6j ähriges Kind, das erblindet war und bei dem sich spater erst
Blasen im Munde und am Körper zeigten. Paidy-Nervi.
Spezifische Entzündungen.
I. Oberhauterkrahkungen,
Ätiologie und Behandlung der PsoriasiB, von Dr. Shoehaksb. {Med. Eegister
Philadelphia.) Verf. zögert nicht seine Überzeugung auszusprechen, dafs Psoriasis'
immer durch konstitutionelle Störungen hervorgerufen werde. Dyspepsie, Anämie
Syphilis, Ekzema, Skrofula, hauptsächlich aber Rheumatismus und Gicht werden als
die hauptsächlichsten ätiologischen Momente aufgeführt. Diese Anschanimg bietet
dem Verf. den Vorteil, mit dem ganzen therapeutischen Armamentorium der inneren
Medizin gegen Psoriasis zu Felde ziehen zu können. Allgemeine hygieinische Vo^
Schriften, Bäder, Massage, Bewegung im Freien u. s. w. sind zu allererst nötig.
Salicylsäure, Wintergrünöl, Kali aceticum, Tinct. digitalis, Spirit. aether. nitros.
Chinin, Antimon, Jodkalium u. s. w. sind je nach der speziellen Indikation am
Platze. Arsenik wird nur bei chronischen Fällen gegeben, es wirkt am -nachhaltigsten,
wenn in Form tiefer subkutaner Injektionen gegeben. Man fange mit 0,006 — 0,015
Acid. arsenicos. oder Natr. arsenicos. an und steigere die Dosis behutsam jeden 2. oder
3. Tag. Auch Suppositorien, 0,015—0,08 Acid. arsenicos. enthaltend, 1 — 2mal täglich,
zeigten sich recht nützlich. Die herkömmliche lokale Behandlung mit Teer, Chrysa-
robin, Anthrarobin, Acid. pyrogallic. möchte der Verf. dabei keineswegs aufgeben,
hält dieselbe aber für unvermögend eine definitive Heilung allein herbeiführen xa
können. Lemseur-NeuhYork.
F. BuLLBE {Amer, Joum. of Ophth, Dezember 1887) beobachtete bei 3 FäDen
von Ichthyosis eine Oonjunctivitis, hauptsächlich auf der Bindehaut des ob^en
Lides. Sie sah dem Trachom sehr ähnlich, aber die Körner waren auffallend hart,
die gewöhnlichen Behandlungsmethoden liefsen im Stich, die Sekretion war ähnlich
wie bei Xerosis conjunctivae, femer war sie nicht kontagiös. B. will sie daher
Ichthyosis conjunctivae nennen. Pauly-Nervi.
II. GuHserkrankungen.
a.. Durch bekannte Parasiten.
Zur Therapie des Erysipels, von Dr. W. Ebstein in Breslau. {DevLUdu
Med, Wochenschr. No. 6.) Auf der Abteilung des Prof. Boseitbagh wird das Erysipel
der Art behandelt, dafs die gesunde Haut der Umgebung des Erysipeb zunächst in
weitem Umfange mit warmem Wasser und Seife gründlich gereinigt wird. Dsranf
wird an der ganzen Grenze der erkrankten Partie in einem 15 — 20 cm breiten Streifen
der gesunden, sorgiältig gereinigten und gut abgetrockneten Haut 5 Voiges Karbol*
vaselin energisch eingerieben. Zuletzt wird auch die erkrankte Hautpartie selbst mit
331
Slarbolvaselin bestrichen, doch ist behnfs Vermeidung einer Verschleppung der
Infektionskeime mit der gröfsten Sorgfalt darauf zu achten, daüs das Aufstreichen
stets Yon der gesunden nach der kranken Haut hin, niemals umgekehrt stattfinde.
X. Hoffmann-Berlin.
Die Beliandliixig des Erysipels mit 3— 5prozentigem KarbolgnmiiiiBelileiin,
von Dr. Nolte. (Allg. med. Centrahtg, No. 100. 1889.) Seit Jahren wendet Verf.
mit sehr gutem Erfolge Mucilago gumm. arab. unter Zusatz von Karbolsäure an. Er
läTst die affizierten Stellen und einige Zentimeter darüber hinaus zweimal täglich
mit 3 — 5prozentigen Earbolgummischleim pinseln und diesen dann trocknen.
L. Ho ffmcmn- Berlin.
Über die Behandlnng des Erysipels mit Spiritus, von Dr. BEHBB]<n> in
Sagan. {Berl kUn Wochenschr, No. 4.) Gestützt auf die Mitteilung, dafs der Spirit.
absolutus k 90 7o den Erysipelkokkus tötet, hat Verf. das Mittel bei Erysipel mit
sehr gutem Erfolge angewandt. Er läfst dreimal täglich die erysipelatösen Haut-
partien nebst den gesunden Umgebungen auf 2 — 3 cm hinaus mit absolutem 90 Vo
Alkohol bis zum völligen Verschwinden der örtlichen Erscheinungen energisch ab-
waschen. L. Hoffmann-Berlin.
Über Aktinomykose, von Dr. Eoman v. Baracz in Lemberg. Nachdem Verf.
die bisher von verschiedenen Autoren bei Menschen beobachteten Fälle auf 103 be-
rechnet, gibt er die Krankengeschichten von Personen seiner eignen Praxis. Der
erste Fall betraf einen Droschkeneigentümer, der am 9. Januar 1887 mit Aktinomy-
kose des Unterkiefers in Behandlung trat, und der zweite Fall dessen Geliebte, welche
sich am 17. Juli 1887 mit demselben Leiden vorstellte. Während die Ätiologie des
ersten Falles ziemlich dunkel blieb, hält v. Baracz beim zweiten für wahrscheinlich,
dafs der Pilz durch Euijs in die Mundhöhle überimpft wurde. Bei einem im Nachtrag
der Abhandlung berichteten dritten Fall blieb der Invasionsmodus rätselhaft. (Wiener
med. Presse. 1889. No. 1.) Eckart-Nürnberg.
b. Durch unbekannte Parasiten.
t Bakteriologische üntersuchimgeii ttber das phagedänische Tonkin-Gto-
schwttr bespricht Boinet in der Soc. des sciences mSdicales vom 30. Januar 1889
(La Prov. med. 2. Februar). Über seine Kulturen auf Gelatine und Agar-Agar,
spezifische Kokken und kleine Bacillen der gutartigen Form, lange Bacillen des bös-
artigen phaged. Ulcus liegt nur 1. cit. eine ganz kurze Mitteilung vor. Auch im
Blute der Kranken hat er manchmal Kokken gefunden. - Affen widerstehen der
Impfung des phaged. Ulcus. Die einfache Impfung beim Hunde ist von wenig Erfolg
begleitet; aber auf eine spontane Hautwunde gebracht entsteht ein typisches Ulcus
phagedaenicum. B. verspricht fernere Mitteilungen. Fatdy-Neroi,
Demonstration von Impetigo contagiosa mit Herpes tonsurans, von
Dr. G. Behreivd. (Berl. klin. Wochenschr. No. 4.) In der Sitzung der Berl. Med.
Q-esellschafb vom 9. Januar d. J. stellt B. 2 Kinder vor, von denen das kleinere
Ringe von Herpes tonsurans am Kinn und am Eumpfe zeigt, während die gröfsere
Schwester Impetigo contagiosa im. Gesicht hat. L. Hoffmann-Berlin.
332
Akute Infektionskrankheiten.
Prophylaxe der Pocken im Distrikt von Litang (Asien). Der von der engli-
schen Regierung ausgesandte Forschungsreisende, Pandit (i. e. gelehrter Hindu}
Ebischi^a erzählt, dafs man in Litang aus den getrockneten Pockenpusteln ein Polrer
macht und dieses Pulver wie Schnupftabak durch die Nase nimmt. Die chinesischen
Arzte betrachten dieses Mittel, als prophylaktisch; es soll ebenso wirken, wie die
Impfung und jedenfalls gegen die schwerere Form der Krankheit genügenden Schutz
bieten. (Allg. Zeitung. 3. November 1888.) Paülf^'Nervi.
Chronische Infektionskrankheiten.
Tuberkulose der Zunge. H. Poncet (Lyon) stellt in der Soc. nat. de med.
de Lyon (28. Mai 1888) einen 27jährigen, stets gesund gewesenen Mann vor.
Keine Spur von Lues oder Skrofulöse in den Kinderjahren. Die Mutter nur war an
Tuberkulose gestorben. Im September 1884 beginnt in der Mediangegend der Zunge
ein Tumor, der von Aubebt im März 1885 mit dem Tkermokauter entfernt wird;
damals bestand schon doppelseitige Adenitis submaxillaris, „enorme Schwellung".
Die rechte gröfsere trug A. ab. Eine kleine harte Stelle rechts an der Zunge blieb
zurück; sonst Heilung. 1887 bildet sich ein kleiner Tumor am Frenulum linguae;
Patient geht wieder ins Spital, wo der — tumeur liquide — sich selbst öffnet und
heüt. Seitdem, d. h. seit 1885, entwickelt sich die indurierte Stelle rechts an der
Zunge langsam, aber fortschreitend, bis fast 2u Nufsgröfse, fast sphärischer Gestalt
bei fester derber Konsistenz. Mucosa ganz gesund; nicht die geringste Ulceration.
Wieder beiderseitige Drüsenschwellung. Spezifische Behandlung bleibt ohne Erfolg.
P. diagnostiziert per exclusionem ein intralinguales Tuberkulom. Nachdem er Syphilis,
Karzinom, Sarkom, Fibrom und Cysten der Beihe nach ausgeschlossen hat, folgert er
a. aus den vorhergegangenen Adenitiden, b. aus der mütterlichen Tuberkulose, dsÄ
ein kalter Abscefs vorläge. Die Probepunktion bestätigte auch diese Diagnose.
KocHsche Bacillen wurden gesucht, aber bis zum betr. Tage noch nicht gefunden'
(Prov. med, 1888. No. 22.) P. selbst nennt diese Form der Tuberkulose der Zunge
eine sehr seltene im Vergleich zu der so häufigen (?) uloerösen Form der Phthißi»
buccalis.
Gleichzeitig sei auf eine ausfuhrliche Arbeit über Tuberkulose der Zunge vom
Prosektor Albertin (Lyon) in derselben Nummer vom 2. Juni 1888 der Prov. »w^-
verwiesen. PatUy-NervL
Ober einen Fall tuberkulöser Ulceration der Urethra nach prinüirer
Nierentuberkulose, von Michant. {Bullet de la soc, anatom. de Paris. 1887.)
M. berichtet über folgenden interessanten Fall: Ein 27 Jahre alter Patient litt seit
seiner letzten Gonorrhöe 1884 an einem schleimig-eiterigen, gegen jede Therapie
widerspenstigen Ausflufs, dabei wurde der Harnstrahl dünner, interkurrent war einmal
für kurze Zeit Hämaturie aufgetreten. Bei der Untersuchung zeigte sich in der
Urethra, 5 cm hinter deren Orificium, ein länglicher, erbsengrolker, derber, einem
Urethralschanker ähnlicher Knoten. Beginnende Lungentuberkulose mit rapidem
Verlauf führte den Exitus letalis herbei. Acht Tage vor demselben entstanden an
der Glans stecknadelkopfgrofse graue Knötchen, aus denen sich rasch kleine fimgose
Ulcerationen entwickelten. Bei der Sektion fand sich ausgebreitete Tuberkulose der
333
LuDfs^en nnd Nieren. In der Urethra eine tuberkulöse, in die Glans eindringende
Xaveme, hinter dieser der auch in vivo gefühlte harte Knoten.
Verf. bespricht die Differentialdiagnose und die eigentümliche Lokalisation am
Genitale.
Syphilis.
Ein Schwielengumma des weichen Gaumens stellt Prof. LA^a (Wien) in der
Wiener Gesellschaft der Ärzte vom 15. Februar 1889 vor. {Wien, Min, Wochenschr,
No. 8.) Die 27jährige Patientin war bereits von Dr. Roth (Wien) 4 Wochen früher
in derselben Gesellschaft (cfr. Nr. 4 derselben Wochenschr.) als lokale Tuber-
kulose unter Berücksichtigung differentiell-diagnost. Momente bez. Lues, und
Lupus vorgestellt worden, v. Schbötteb hatte in der damaligen Diskussion auch
die Möglichkeit eines Bhinoskleroms hervorgehoben, wogegen sich Roth aussprach,
dem negativen Befund von Tuberkelbacillen (in Prof. Weiohselbaums Labor.) ent-
gegenhaltend, man hätte nur ein kleines Schleimhautstück exzidieren können. R.
stützte sich auf die Analogie mit einem ähnlichen Falle eines 20jährigen Mannes, bei
dem er rasch Exitus letalis hatte eintreten sehen. Lang sprach sich damals bereits
für Lues aus, v. Schbötteb, nach ihm nochmals das Wort ergreifend, nur für längere
Beobachtung, um event. Lues zu diagnostizieren; Tuberkulose leugnet er.
In dankenswerter Weise stellt Lang denselben Fall wieder in derselben
Gesellschaft vor. (Der einzige Lapsus ist der, dafs die Patientin in diesen 4 Wochen
2 Jahre älter geworden ist 1) Er betont, die Ähnlichkeit beider Prozesse bestehe darin:
Bei sehr schleppenden syphilit. Prozessen findet man statt einzelner grofser, sehr
viele kleine, gummöse Herde, die gamicht selten in ihrer Umgebung eine Binde-
ewebsneubildung anregen, die durch nachträgliche Schrumpfung eine Umwandlung
in Schwiele eritlhrt (Schwielengumma). Dann sah L. bei genauerer Untersuchung
zarte Narben an den Labien, der Nase, den Mundwinkeln; dann am Scheitel einige
oberflächliche derbere Infiltrate, von denen einige zerfallen sind; femer eine charak-
teristische syph. Myositis des linken Kopfnickers. Die Resorptionsbedingungen be-
zeichnet L. für ungünstig; die Diagnose ex juvantibus ist also nicht durch die Therapie
zu stellen. Erst nach vielen Wochen ist ein merkbares Resultat zu erzielen, so
besonders am Schwielengumma des Rectums. Im Gesicht ist die Verwechselung
mit Lupus, event. auch mit Rhinosklerom möglich.
In derselben Sitzung demonstriert Lako eine 4Qj ährige Patientin mit Verbreitung
nnd Hervorwölbnng des Nasenrückens durch eine elastisch weiche (Ge-
schwulst, in der die untern Teile der Nasenbeine untergegangen scheinen. Die
Nasenhaut weist narbige Veränderungen auf, die mit charakteristischen Narben am
rechten Unterschenkel und am linken Introitus vaginae auf eine frühere Infektion
deuten. Trotzdem es also nahe lag, an ein Gumma zu denken, hatte L. Verdacht
auf maligne Tumoren, besonders da er in den Nasenhöhlen polypöse Wucherungen
bis vorne reichend fand. Das Mikroskop (Dozent Paltaüf) wies Karzinom nach.
L. läfst der Möglichkeit Raum, dais die bösartige Neubildung durch einen vielleicht
zum Teil noch bestehenden syphilit. Infiltrationsprozefs geweckt worden
sein könne. Pauhj-Nervi.
Auf die Seltenheit der Gelenkleiden bei Syphilis macht Poncet (Lyon)
in der Soc. des sc. m^d- (22. März 1888) zu Lyon bei Gelegenheit der Demonstration
334
•
der anat. Präparate einer 55jährigen Frau durch A. Polosson aufmerksam, von der
jede Anamnese fehlte. Er betont, dafs die syphilit. Arthritis als Hauptunterscheidimg»-
merkmal von der rheumat. Arthritis — nicht stets, aber doch meist — 1. Tom
Knochen ihren Ausgangspunkt nimmt; 2. spezif. Behandlung weicht (Prov. med.
1888. No. 12.) Patdy-Nervi.
Über syphilitische Geschwulstbildnngen in den Muskeln, von Dr. Bilamuci.
(Berl klin. Wochenschr, No. 6.) In der Sitzung der BerL Mediz. Gesellschaft vom
23. Januar stellte B. 2 Kranke vor, von denen die erste eine Frau von 31 Jahren,
5 Jahre verheiratet, war; sie ist kinderlos, hat nie abortiert und leugnet jede In-
fektion. Seit 3 Monaten bemerkte sie eine Geschwulst an der rechten Seite ihres
Halses, wozu sich bald darauf eine zweite Geschwulst, diese unterhalb der Clavicola,
da, wo die Clavicula in das Stemum übergeht, gesellte. Die oberhalb der Clavicola
sitzende Geschwulst ist von ziemlich harter, derber Konsistenz, etwas höckerig,
unregelmäfsig in ihrer Oberfläche, von etwa Wallnufsgröise, in der Mitte des Muscoloa
sternocleidomastoideus, d. h. innerhalb der Scheide desselben. Die Diagnose wnrde
aujf Gumma gestellt; eine Verbindung dieses Gumma mit dem, das an der ersten
Bippe sitzt, ist nicht mit Sicherheit nachzuweisen. Andre Zeichen von Lues sind
nicht vorhanden.
Der 2. Fall, bei dem es sich um Myositis fibrosa handelt, die aber auch meist
mit grÖfseren oder kleineren gummösen Knoten verbunden ist, betrifft einen 40 Jahre
alten Patienten, der sich 1874 infiziert hat und damals mit Pillen behandelt wurde,
seitdem aber gesund war. Im Juni v. J. bemerkte er eine Geschwulst an der linken
Seite des Halses, die allmählich zunahm und sich bretthart anfühlte. An einigen
Stellen ist sie grobhöckerig und nimmt dieselbe den ganzen Musculus sternoclei-
domastoideus von seinem Ansatz an der Schädelbasis bis herab zur Clavicula ein,
ohne dafs die Clavicula mit beteiligt ist. Die Geschwulst zeigt wohl das dreifache
Volumen des normalen rechten Sternocleidomastoideus. Hier handelt es sich lun
eine mehr diffuse Form der Myositis fibrosa, die aber doch zugleich eine gummöse
ist, insofern als sich mehrere umschriebene Knoten, von denen einige schon etwas
weich sich anfühlen, vorhanden sind. In solchen Fällen, wie dem ersten, wo es sich
um isolierte, in der Erweichung noch nicht sehr weit vorgeschrittene Knoten
handelt, geht die Besorption unter antisyphilitischer Behandlung verhaltnismäisig
schnell vor sich, während der 2. Fall wohl etwas längere Zeit zur Heilung bean-
spruchen wird. B. hat in den letzten 2 Jahren 8 Gummata des Sternocleidomas-
toideus beobachtet, von denen 3 ulcerierten, und er glaubt, dafs in vielen andern
Fällen die sogenannten Muskelschwielen wohl auch nicht auf rheumatische Affek-
tionen, sondern in einer Zahl besonders der von Fborisp beschriebenen Fälle sich
auf Gummata zurückführen lassen dürften. L. Hofffnamn-BerUn.
Beitrag zum Stndinm der Syphilis der fossae nasales, von E. J. Moübe.
Paris, 0. Doik 1888. Verf beschreibt zwei sehr interessante Fälle von Nasenines.
Der eine betrifPb einen 54jährigen Mann, der einen indurierten Schanker des rechten
Nasenflügels acquiriert hatte. M. konstatierte nasale Stimme und geringe Permea-
bilität des rechten Nasenloches. Hechte Submaxillardrüse geschwollen. Er schloß
ein Gumma aus und war eher geneigt, es für eine bösartige Geschwulst zu halten,
besonders durch die Vaskularisation und Leichtigkeit, mit der Nasenbluten sich
wiederholte. Er liefs die Diagnose anfangs in suspenso. Aber das anämische Aus-
sehen und ein „Je ne sais quoi dans son aspect" lie&en ihn an Syphilis denken.
Verf. leitete nun die gemischte Behandlung (Sirop de Gibert) ein; daneben lokale
Besorcin-Injektionen. Acht Tage später (zwei Monate nach Beginn der Nasen-
335
a£fektioQ) war die ganze Stirn mit fast konfluierenden Papeln bedeckt, ebenso der
Körper an zahlreichen Stellen ; auch eine spezifische Halsaffektion klärte die Diagnose
▼eilends.
Nach zwei Wochen war eine deutliche Verkleinerung des Geschwürs, nach
einem Jahre eine normale Nase zu konstatieren.
Der zweite Fall betrifft ein Gumma an der inneren Fläche des Nasenflügels
einer 28jährigen Frau, di\9 seit zwei Monaten Kopfschmerzen links und etwas
Schwellung des linken Nasenflügels hatte. Jodtherapie war ohne Erfolg gewesen«
Als M. die Patientin sah, konstatierte er an der inneren Seite des linken Nasenflügels
einen Tumor, der das Nasenloch ganz verstopfte. Bald sezemierte derselbe Eiter,
die Kopfschmerzen wurden heftiger, das linke Auge thränt von Zeit zu Zeit. M«
konstatiert, dais durch das linke Nasenloch jede Atmung unmöglich ist, da der
haselnuisgrofse Tumor vorliegt. Dieser fühlt sich hart (dure, r^itente) an, er blutet
schon bei leichter Berührung. M. wendet Sirop b^odur^ (Modifikation des Gibbbt-
schen) an, nach 5 Tagen war die Neuralgie facialis weg; die Ulceration verkleinert
sich. Nach 9 Tagen ist der Tumor fast verschwunden. 8 Tage nachher stöist
sich ein Sequester ab. Am 20. Tage betrachtet Verf. die Pat. „comme gnörie".
(Nach Gaz. med, 1889. No. 1.) Pavly-Nervi.
Zum Stande der Sypliilisbeliandlimg, von Dr. 0. Lassab. (Deutsche Med.
Wochenschr. No. 6.) (Vortrag, gehalten in der dermatologischen Vereinigung zu
Berlin.) L. will vor allem die Frage kurz behandeln, welche Gesichtspunkte den
Arzt bei der Auswahl der Methode leiten sollen, indem er besonders hervorhebt, dafs
man die Syphilis zu behandeln und zu erdrücken habe, wo man sie und sobald man
sie findet. Wichtig sei daher die Entfernung des Anfangsherdes und aufserdem als-
baldiger Beginn der Allgemeinbehandlung, wodurch die Möglichkeit geboten wird,
die Krankheit im Keime zu ersticken. Was nun die Allgemeinbehandlung anbetrifft,
so sind die subkutanen Injektionen für den Patienten insofern die angenehmsten, als
er seinem Berufe nachgehen kann, doch haben die subkutanen Injektionen der un-
löslichen Quecksilberpräparate ihre Bedenken. Deshalb hat L. Versuche anstellen
lassen, wie weit man mit der subkutanen Darreichung von Sublimatlösung gehen
kann, und es hat sich ergeben, dafs man bis 0,8 auf einmal injizieren kann. Gewöhn-
lich läfst er die Männer dreimal wöchentlich mit 1 g 2 Voiger, die Frauen ebenso oft
mit 1 g nur 1 Voiger Sublimatlösung (nach Zusatz von 3 Vo NaCl gekocht und filtriert)
injizieren und hat noch niemals eine Betardation der Heilung beobachtet. Dabei
empfiehlt er systematische Massage der Drüsen und Muskeln mit grüner Seife, wo-
möglich in dem bei allen Erkrankungen der Lymphwege so ersprielslichen Salzbade
(3—4 Vo), jedenfalls im täglichen Bade. Energische Bewegung in frischer Luft, sehr
kräftige und stickstoffhaltige Ernährung, Milch und Mästung, viel ungesörter Schlaf
und ruhiges, gesammeltes Allgemeinverhalten — das sind die diätetischen Voraus-
setzungen. Endlich Jod in ertäglichen Dosen, reichliche Darreichung von Holzthee,
zusammengesetzt aus allen nur üblichen Sorten und gemischt mit diuretischen und
leicht abführenden Kräutern bilden die arzneilichen Grundlagen einer möglichst voll-
ständigen Kombination aller der Mittel, die jedes für sich als nützlich für Syphilis-
kuren erprobt worden sind. L. HoffmantirBerlin.
Über die therapentlache Verwendung des Jodols bei inneren Krank-
heiten, von Dr. Dakte Cervesato. {Berl klin. Wochenschr, No. 2.) In dem vom
Verf. publizierten Artikel erwähnt er, dafs er in Fällen von tertiären syphilitischen
Affektionen das Jodol innerlich mit sehr günstigem Erfolge angewandt hat. In
2 Fällen, in welchen sich aus Gummata im Bachen, am harten und am weichen
336
Oaumen ausgedehnte, tiefe syphilitische Geschwüre gebildet hatten, wodarch in einem
Fall sogar die Perforation des harten Gaumens bewirkt wurde, konnte durch inner
liehe (2—3 g pro die) und lokale (1 TL Jodol, 16 Tle. Alkohol und 34 Tle. Glycerin}
Behandlung eine rasche und vollständige Heilung im Laufe von 2 Monaten erzielt
werden. In einem andern Fall von tertiärer Syphilis mit Läsionen an der Leber
und am Kehlkopf wurde durch innerliche Behandlung ein überraschender Erfolg
erzielt. Das Jodol wird sehr gut vertragen und verursacht fast nie die Phänomene
des Jodismus. L. Hoffmann-BerUn.
Ober Schwitzknren bei SyphiliB, von Or. Badestock. (Theräp. Monatsk.
No. 2.) Nach den Erfahrungen des Yerfs sind die Schwitzkuren bei der Syphilis
von bedeutendem Wert, deshalb läfst er sofort vom Bestehen der PrimärBklerose,
w^elche lediglich lokal behandelt wird, wöchentlich mehrmals warme Bäder von ca.
30^ B. und über halbstündiger Dauer gebrauchen bis zum Auftreten des Exanthems.
Bei einer Schmierkur wird das heifse Bad nur an den Buhetagen nach den einzelnen
Touren verordnet; das nach dem Bade eintretende Schwitzen wird noch durch Dar
reichung warmen Thees, durch subkutane Lijektion von 0,02 Pilokarpin oder durch
Anwendung des Schwitzofens auf mehrere Stunden hinaus verlängert. Bei der inner-
lichen Darreichung des Quecksilbers läfst B. täglich schwitzen. Auch nach den
scheinbaren Erlöschen der Krankheit wird die Schwitzkur wöchentlich je einmal
vorgenommen und späterhin mit längeren Pausen, event. jahrelang fortgesetzt.
L. Hoffinann-Berlin.
Über Nebenwirkungen bei Injektionen unlöslicher Hg-Verbindungen an
Syphiliskranken hat E. Lesser in der Vierteljahr esachr. /. Derm, u. Syph. 1888 einige
Beobachtungen veröffentlicht, die ausgebreitete Erytheme, die nach mehreren Tagen
wieder schwanden (Hydr. oxyd. fi. und Kalomel), schwere Durchfälle (Rgds, oxyd.
flav.) und einen Fall von embolischen Lungeninfarkt nach unbeabsichtigter
Einspritzung der Hg tann. -Suspension in eine Vene betrafen.
B. (wir glauben nicht zu irren, wenn wir unter diesem Initial den erfahrenen
Dermatologen Bibhl vermuten) begleitet dieses Besume mit folgenden höchst be-
achtenswerten Bemerkungen :
Er hat von Fällen schwerer Stomatitis mercurialis, die wochenlang nach der
letzten Injektion mit Ol. einer, auftraten, vernommen. Die jetzt häufiger werdenden
Beobachtungen über Folgen nach subkutanen oder intramuskulären Injektionen von
suspendierten Hg-Präparaten sollten zur Vorsicht mahnen, um so mehr als der
Vorteil der genauen Dosierung des injizierten Präparates durch den
Nachteil der ungleichmäfsigen, nicht dosierbaren Besorption aaf
gewogen wird.
Es ist also sehr zweischneidig, mit einem Hg-Beservoir in seinem Körper als
syphilitisch herumzulaufen. Mit andern Worten: Verlassen wir besser die «war
noblere Behandlungsweise, „einmal wöchentlich subkutan zu injizieren^', sondern
folgen wir dem alten wohlerprobten Bat Sibgmukds, jeden 8. spätestens 4. Tag
seinen syphilitischen Patienten wiederzubestellen. Quod erat demonstrandum!
FaiUy-Nervi.
Gehirn- Ohirurgie bei Himsypliilis. Heilung. Von Willum Macewsv.
{Brit med, Joum. 1888. pag. 302. 4. August.) Ohne hier auf den Vortrag M.8 vor
der Brit. Arzte- Versammlung in Glasgow (9. August 1888) näher eingehen zu können,
der die heutigen physiologischen Kenntnisse und die Möglichkeit genau zu wählen-
den chirurgischen Eingriffes in Schädel- und Bückenwirbelhöhle erörtert, sowie die
337
Geschichte der bez. Arbeiten seit B&ocAs Entdeckung des äprachzentrums und
Alex. Bobertsons Aufsuchung kortikaler Bewegungszentren für ganz abgegrenzte ^
peripherische Kontraktionen, sei hier — gemafs dem|yon mir, wie oben, modifizierten
Titel — nur folgendes betont: Von 21 operierten Himfällen heilten 18; an 3 mori
bnnd Operierten trat der Tod ein — alle B Gehim-Abscesse, die bereits ihren Inhalt
in die Seitenvetrikel ergossen hatten.
Unter den 18 Geheilten hat ein Fall die Diagnose: Tumor syphiliticus im
Lobus paracentralis. Er betrifft eine Frau (1883), die eine Brachial- und Crural-
Monoplegie ohne Sensibilitäts-Verlauf hatte.
Innerhalb einer Woche post operationem verlor sich die Lähmung. Die Fat.
ist nach 1 Monat arbeitsfähig. Nur geringfügiger Best ist geblieben. (Mendels
Centralblatt für Neurologie. 1889. No. 2.) Fauly-Nervi,
3liis ber Jlrttfts-
(No. 7.) Gibt es eine rationelle, den Verlauf wirklich abkürzende Behandlunfi^
des Herpes Zoster, und welche? — Die landläufigen Methoden sind mir bekannt;
ich bitte dieselben unberücksichtigt zu lassen, da sie weder dem Arzt noch dem
Patienten genügen. Dr. v. Bb. in Hau.
Antwort der Bedaktion. Das Bild des Herpes Zoster zerfallt bekanntlich
in zwei Teile, in die Ausbildung der Gruppen spezifisch entzündlicher Bläschen und
in den davon unabhängigen der Vereiterung derselben. Wenn ich Ihre Frage sa
deute, dafs Sie blofs die Vereiterung der Bläschen abkürzen oder ganz vermeiden
wollen, so stehen uns hierzu eine grofse Beihe von Mitteln zu Gebote. Es sind die-
selben Mittel, welche uns beföhigen, die Eiterung einer Aknepapel, eines beginnenden
Furunkels zu unterdrücken. In erster Linie ist hier der Schwefel zu nennen, in
zweiter Linie die im engeren Sinne sogenannten Antiseptica, Sublimat, Jodoform,
Karbolsäure, Besorcin. Den Schwefel können Sie am besten in Form einer Zink^
sehwefel-Paste, oder eines ZinkschwefeUeimes frühzeitig auf die Bläschen applizieren,
die übrigen Mittel am besten in Spirituosen Lösungen, wobei ich darauf aufmerksam
mache, dafs allein schon die häufige Bepinselung mit Alkohol und dadurch erzeugte
Eintrocknung die Eiterung zu verhüten im stände ist. Am einfachsten werden wohl
wässerig-spirituöse Umschläge sein. Die für den Patienten bequemste Behandlung
ist die frühzeitige, einmalige Einleimung. — Ein schwierigeres Unternehmen ist es,
die Bläschenbildung überhaupt zu verhindern, d. h. die Abortivkur des Herpes
Zoster im engern Sinne. Hier kommt alles auf ein möglichst frühzeitiges Ein-
greifen an, sowie die Diagnose sich mit Sicherheit stellen läfst; dann können aller-
dings selbst die Bläschen am Entgehen verhindert werden. Sind dieselben einmal
auch nur in winziger Andeutung vorhanden, so vergröfsem sie sich trotz der Be-
handlung, trocknen aber dann doch wesentlich schneller ein. Daher wird man auf
einer gröfseren von Herpes Zoster befallenen Fläche nicht überall das gleiche Be-
sultat zu erwarten haben. Hierzu empfehle ich Ihnen vor allem das Ichthyol, mit
etwas Wasser verdünnt, anwinseln zu lassen oder eine starke Zink-Besorcinpaste
(]^ Fast. Zinci m., Besorcin b). Diese Mittel scheinen in der That einen spezifischen
abortiven Einflufs auf den Herpes Zoster auszuüben, sind aber bei schon eingetretener
Eiterung zu widerraten. Eine andre Methode der Applikation möchte ich Ihnen
raten zu versuchen, obgleich ich selbst bisher nur geringe Erfahrung darüber habe.
338
es ist die Bedeckung der befallenen Stellen mit einer Schichte Watte, welche mit
einer mäfisig starken (10 Vo) Ichthyol- oder Besorcinlösung befeuchtet ist, und die
Bedeckung der Watte mit einem grofsen Stück Heftpflastermull derart, daTs letzteres
mit einem zollbreiten Bande rings um die Watte herum der Haut fest anklebt. Ein
solcher Verband kann selbst mehrere Tage liegen bleiben. LsLom hat auf seiner
Klinik die abortive Behandlung aller Herpes-Arten durch unausgesetzte Befeuchtang
mit Aq. Bototi, der in Frankreich allgemein bekannten roten Zahnfleischtinktur, ein-
geführt. Auch diese Art der Behandlung mittels einer adstringierend-aromatiKh-
Spirituosen, permanenten Befeuchtung (am besten unter HefbpflastermuU) habe ich in
zwei Fällen mit ganz günstigem Erfolge angewandt. Doch ziehe ich Schwefel,
Ichthyol- und Resorcin in den genannten Applikationsweisen Tor. Unna,
Eine neue Methode, um die Eigentümlichkeit der Farbe bei Hautkrank-
heiten zn studieren, von Dr. F. H. Leviseür. (New -York Medtcal Becord.) An-
geregt durch die herrliche Sammlung von Wachsmodellen im Hospital Saint Looii
in Paris, sowie durch einen von Dr. Bbooke in Manchester in den Monatsheften ver
öfifentlichten Artikel beschäftige ich mich seit einigen Jahren mit der Anfertigonnf
von plastischen Abgüssen in Wachs. Das Material wurde mir freundlichst von
Dr. L. D. BüLKLEY zur Verfügung gestellt. Meine Methode unterscheidet sich nnr
in einzelnen Details von der Dr. Brooees. Meine besondere Aufmerksamkeit richtete
ich auf die Eigentümlichkeit der Farben der einzelnen Affektionen. Man findet in
Lehrbüchern sowie Journalen leider zu oft willkürlich gewählte Farbenbezeichnungen.
Wir haben es eigentlich mit drei Arten von Farben zu thun: 1. deckende Farben.
2. tiefe Farben oder Färbung in der Substanz, und 3. Farbeneffekte.
Lemsewr-New York.
Fortschritte der Dermatologie. Umschau über neuere Erscheinungen
auf diesem Gebiete von Dr. M. Joseph. (Deutsche med, Wochenschr, No. 3.)
J. stellt in diesem Artikel die bis jetzt bestehenden Ansichten über Impetigo con-
tagiosa, über Alopecia areata und über die Pathologie der Herpeser nptionen,
besonders des Herpes Zoster zusammen, ohne etwas Neues darüber zu berichten.
X. Hoffmann-Berlin,
Wie konserviert der Arzt seine Hände? von Dr. George Meter. (BerUn,
klin. Wochenschr, No. 2.) Bötung, Ekzeme, Einrisse der Haut etc. w^en mit Erfolg
folgendermafsen behandelt: Nachdem die Hände mit leicht schäumender (zentrifugierter)
Seife gründlich gewaschen, gut abgespült und möglichst sorgföltig getrocknet sind,
wird die Hand mit einer kleinen Menge Lanolin eingerieben und der Überscbufs
desselben mit einem Handtuche wieder entfernt. Dem Lanolin kann man zwcckmafsig
Geruchskorrigentien hinzufügen :
Lanolin, puriss, 50,0
Vanillin. 0,1
Ol. Bosar. gutt. 1
Eine geschmeidigere Salbe ist folgende:
Lanolin. 100,0
Paraffin, liquid, 25,0
Vanillin. 0,1
Ol. Bosar, gutt. 1
M. f. terendo ungt.
339
Die genaonte Einsalbung mufs nach jeder Waschung geschehen. Auch bei Ge-
sichtsröte, wie z. B. bei Schauspielern infolge der Schminke, hat Verf. von dieser
Salbe günstige Wirkungen gesehen. L, Hoffmann-Berlin.
Die periodische Berichterstattung über die Verbreitung von Infektions-
krankheiten unter den Menschen bedarf in Österreich (blofs dort? Ref.) einer durch-
greifenden Regelung. Die betreffende Verordnung (Erlafs des österr. Minist, des
Innern vom 13. Dezbr. 1888) besagt, dafs vom ersten Auftreten jeder Infektions-
krankheit, besonders Blattern, Scharlach, Dyphtheritis, Typhus jeder Art, Buhr,
Cholera, Kindbettfieber, womöglich auch von Masern und Keuchhusten sofort die
Anzeige an die politische Behörde gemacht wird. Femer soll über den weitem
Verlauf der betreffenden Krankheit jeden Sonntag unter nomineller Anzeige der
von der letzten Woche krank Verbliebenen berichtet werden. (Österr. San,- Wesen.
1889. No. 1.) Fauly-NeroL
Nachdem bereits im Jahre 1885 in verschiedenen Kreisen, namentlich in Pommern,
das Auftreten eines eigenartigen Blasenausschlages, Impetigo contagiosa, in
Verbindung mit der Schutzpockenimpfung bemerkt worden war, hat man diesem
Gegenstande weitere Beobachtung zugewendet, und so sind auch in den Jahren 1886
und 1887 in den verschiedensten Provinzen derartige Epidemien festgestellt worden,
von denen es zweifelhaft erscheint, dafs sie mit der Impfung zusammenhängen. Um
nun diese neue Krankheit zu bekämpfen und vor allem das Hätsel ihrer Verbindung
mit der Schutzpockenimpfung zu lösen, hat der zuständige Minister, der Wes. Ztg.
zufolge, nicht allein sämtliche beamtete Arzte, sondern auch sämtliche Impfärzte durch
die Behörden auf das Auftreten dieses Ausschlags unter genauer Beschreibung der
Krankheitsformen hinweisen lassen und sie beauftragt, jedes epidemische Auftreten
dem Beichsgesundheitsamt behufs näherer Untersuchung zu melden und selbst in
thunlichst eingehender Weise die neue Krankheit zu beobachten.
Aus einem Artikel von Schulz über Huminsubstanzen entnehmen wir folgende
für die Abonnenten der Monatshefte nicht uninteressante Stelle, worin wir Aufschlufs
finden über die Bräunung der Haut nach Pyrogallol- oder Besorclnbehandlung.
Es heifst dort: Hydroxyl Verbindungen und Amine der aromatischen Reihe unter*
liegen bekanntlich an der Luft einer teil weisen Oxydation, ihre frisch bereiteten
wasserklaren Lösungen bräunen sich spontan und scheiden allmählich dunkel gefärbte
Materien aus. Bisher sind diese amorphen Niederschläge nicht näher untersucht
worden. Um gröfsere Quantitäten derselben zu gewinnen, überliefs Hoppe-Seyleb
stark ammoniakalische Lösungen von Protokatechusäure und Pyrogallol monatelang
in lose bedeckten Gefäfsen der Einwirkung des atmosphärischen Sauerstoffs. Aus
^ g Protokatechusäure erhielt er auf diese Weise nach Verlauf von sieben Monaten
neben 6,3 g einer kristallisierenden Verbindung 4 g huminähnliche Substanz, welche
in Alkohol nur wenig löslich war, von Natronlauge leicht aufgenommen und durch
Salzsäure gefallt wurde.
Mit besserer Ausbeute und rascher verlief die Zersetzung des Pyrogallols.
50 g dieses Phenols, in konzentriertem Ammoniak gelöst, gaben nach einem Monat
4,5 g alkohollösliche und 15 g alkoholunlösliche Huminsäure. Gleich andern Humin-
körpem hielten diese Produkte hartnäckig Ammoniak zurück, sie wurden deshalb
nicht analysiert, da zuverlässige Zahlen für den Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt
nicht erwartet werden konnten. Dafs sie in der That als Huminsubstanzen zu be-
trachten sind, geht, abgesehen von ihrem Verhalten gegen Beagenzien, daraus hervor,
dafs sie beim Schmelzen mit Kali in derselben Weise umgewandelt werden wie die
340
KuminstofiTe aus Kohlehydraten. In der Ealischmelze hat Hoppe-Sexler ein Mittel
kennen gelehrt, welches sich vortrefflich znr Prüfung der Huminsubstaozen eignet
und anscheinend auch zu deren Beindarstellung verwertet werden kann. Besonderes
Interesse verdient diese Operation im vorliegenden Falle femer um deswillen, weil
sie die ungewöhnliche Resistenz der Huminkörper aufs deutlichste illustriert, indem
sie dieselben, bei einer Temperatur von 240 — 250^, nur zum kleinsten Teil völlig
zerstört, zum gröfsten sie einerseits intakt läfst, anderseits nur in nahe verwandte
Stoffe von gleicher oder ähnlicher elementarer Zusammensetzung fiberfiiliri Sie
ergibt fast immer im wesentlichen das gleiche Resultat: sowohl aus den Huminen
wie aus den Huminsäuren entstehen wechselnde, im ganzen aber stets geringe Quanti-
täten von Ameisensäure, Essigsäure, Oxalsäure, Protokatechusäure und häufig Breiu-
katechin und als Hauptprodukt — 40 bis 80 ^/o vom angewandten Material — ein
huminartiger amorpher alkalilöslicher Körper, der sich von den meisten Haminsänren
durch seine verhältnismälsig grofse Löslichkeit in verdünntem Alkohol unterscheidet
Solche Körper hat Hoppe-Seyleb aus allen von ihm dargestellten Huminsnbstanzen
mittels Kalischmelze gewonnen, und er hat die Gruppe dieser, wenn wir so sagen
können, ersten Derivate der Huminsubstanzen unter den Namen Hymatomelansäuren
zusammengefafst. Der Unterschied, welchen diese Bezeichnung konstatiert, kann
vorläufig weniger in differenten Löslichkeitsverhältnissen als darin gefunden werden,
dafs die Bildungsweisen d^ Hymatomelansäuren und der Huminsubstanzen ver
schiedene sind. Die fortgesetzte Untersuchung wird lehren, ob nicht dessen unge-
achtet beide Reihen von Produkten zu einer greisen Körperklasse zu vereinigen
sind. (Biologisches Central-BIatL 1888. No. 20.)
Bei der Redaktion eingegangene Litteratur:
Joseph. BichUgsteUung der von Herrn Prof. S. Samuel gegen meine Versuche über
atrophischen Haarausfall erhobenen Einwände. VmoHows Archiv. Bd. 114. 1888.
Haksen. Erblichkeit der Lepra. (Ebenda.)
Hallo peaü. Sur les topiques d'TJnna et leur empM dans les maladies de la peau.
(L Union medicale. 1888. No. 154.)
Geijl. Over den onderUngen samenhang der verschülende Geslachtsversdnünsde».
(Nederlandsch Tydsshrift voor Geneeskunde. 1888. IE.)
Mazotti. Esantema antipirinico per injezioni sottocutanee d'antipirina ed erueione di
herpes zoster sopra di esso. (Giomale Italiano delle malattie veneree e della Pelle.
1888. Juni.)
— ün caso raro di eritema polimwfo grave. (Ebenda.)
TöRöK. Teilung der roten Blutkörperchen bei Amphibien. (Archiv f. mikroskopische
Anatomie. Bd. 32.)
V. Sehlen. Kleine Beiträge zur bakteriologischen Methodik. (CentralbL f. BakterioL
u. Parasitenkunde. No. 22/23. 1888.)
Pleiffer. Beiträge zur Kenntnis der pathogenen Oregarinen. (Zeitschr. £. Hygiene.
1888. V. Bd.)
Altschul. Zur Behandlung der Warzen und insbesondere der Verrucae aggregatae.
(Prager med. Wochenschr. 1888. No. 48.)
Janovskt. Über Dermatitis papillaris. (Internat, klin. Rundschau. 1888.)
Verlag von Leopold VOSS in Hamburg (und Leipzig).
Drnck der Yerlagaanstall und Drackerei Actien-GMellBchaft (yormala J. P.Richter) in Hambarg.
J
Paitat0||(|le fit |ltaktif(|ie ^ermatologit
Band VIII. N2; 8. 15. April 1889.
Aus dem Laboratorium der Universitätsklinik für Hautkrankheiten im
Königlichen Charite-Erankenhause zu Berlin.
Beiträge zur Anatomie und Histologie der Vermca vulgaris.
Von
Dr. Geobg Kühnemann.
Mit 2 lithogrraphischen Tafeln.
Zu dem Begrifife „Warzen** rechnet man in der Pathologie eine
Menge von Hautanswüchsen, deren Entstehungsarten und Struktur ge-
wiJB die denkbar verschiedensten sind. Mstn redet von angeborenen
und erworbenen, von harten und weichen, rauhen und glatten, gestielten
und ungestielten, pigmentierten und nicht pigmentierten, trockenen und
feuchten, idiopathischen und syphilitischen, gut- und bösartigen Warzen.
Die Willkür bei derartigen Benennungen fällt sofort ins Auge, wenn
man erwägt, dais es nur eine gewisse Ähnlichkeit und Eigentümlichkeit
der äufseren Form ist, die zu denselben Veranlassung gegeben hat. Aber
auch die Bezeichnung „Warze" im engeren Sinne, Verruca, wird noch
viel zu weit ausgedehnt. Man zählt zu ihr vielfach das spitze Kondylom,
dessen Struktur allerdings manche Ähnlichkeit mit derjenigen der Ver-
ruca hat. Weshalb aber heutzutage noch in manchen Lehrbüchern die
Naevi ven-ucosi et pigmentosi mit den eigentlichen Warzen unter einen
Begriff gebracht werden, ist in der That nicht einzusehen.
Diejenigen Formen, welche ich als eigentliche Warzen, Verrucae
vulgares (Verrucae durae) bezeichne, stellen jene bekannten Hautaus-
wüchse dar, die sich meist an den Fingern, Händen und am Arm,
seltener am Gesicht oder auf der behaarten Kopfhaut finden. Ihre Form
ist mehr oder weniger halbkugelig, oben zuweilen etwas abgeplattet. Sie
grenzen sich von der umliegenden normalen Haut ziemlich scharf ab;
doch läJst sich stets eine geringe Hypertrophie der anstofsenden Ober-
hautschichten nachweisen. Die Konsistenz ist entsprechend der bedeu-
tenden Verhomungsschicht hart, ihre Farbe im ganzen die der normalen
Haut und die Oberfläche von rauher, zuweilen wenig höckeriger Be-
schaffenheit. Häufig findet man, besonders bei gröfseren oder lange be-
Monatshefte. 23
S42
stehenden Warzen, die Hornschicht durch eine oder mehrere tief kbifiende
Spalten zerklüftet, deren Entstehung' vielleicht oft nur auf gewaltsame
äuJsere Eingriffe zurückzuführen ist.
Die Entwickelung der Verruca scheint in der Weise zu gescheheo^
dafs sich zuerst an der betreffenden Hautstelle eine kleine Hervorragong
bildet, die allmählich gröfser wird und schliefslich das Volumen einer
halben Erbse oder Bohne erreicht. Doch kommt es auch nicht selten
vor, dafs die Warze während der ganzen Dauer ihres Bestehens in
jenem ersten Entwickelungsstadium verharrt. Dann kennzeichnen siel
ihre Strukturverhältnisse auch als weniger anomale.
Die nämliche Lokalisation, wie diese Warzen, hat auch eine andere
Art von Exkreszenzen, die bei oberflächlicher Betrachtung viel ÄhnHch-
keit mit der Verruca vulgaris besitzt und deshalb häufig mit ihr ver-
wechselt wird. Diese Auswüchse unterscheiden, sich aber dadurch, dals
sie nicht so scharf umschrieben und mehr abgeplattet sind. Vor allem
aber ist ihre Oberfläche nicht glatt, sondern in zahlreiche griffeiförmige,
zuweilen fein verzweigte Fäden gespalten, so daijä sie ein büschelför-
miges oder das Aussehen „eines groben, kurzen Borstenpinsels** dar-
bieten.
Diese sogenannten „Verrucae papilliformes" versetze ich zusammen
mit dem spitzen Kondylom in die Gruppe der „Papillome." Es sind
dies zerfaserte, blumenkohlartige Greschwülste. Sie tragen keine gemein-
schaftliche Epitheldecke, sondern lassen die einzelnen Auswüchse, deren
jeder sein eigenes Epithel besitzt, baumartig verzweigt über das Nivean
der Haut hervortreten. Ich werde auf jene Verrucae papilliformes noch
weiterhin unten zu sprechen kommen.
Die Verruca vulgaris nun stellt eine Erkrankung der Haut dar,
welche in der praktischen Dermatologie nur eine untergeordnete fiolle
spielt und deshalb, trotz der Häufigkeit ihres Vorkommens, das Interesse
der Dermatologen in sehr geringem Mafse auf sich gelenkt hat. Hier-
aus erklärt sich denn auch wohl die Thatsache, dais der Platz, der
ihr in den meisten Lehrbüchern eingeräumt wird, ein mehr denn be-
scheidener ist, und dafe die Ansichten über die Anatomie der Verruca,
welche vor fünf und mehr Dezennien die herrschenden waren, auch noch
in die neuesten Werke Eingang gefunden haben.
Wenn ich es nun übernommen habe, eine eingehendere Beschreibung
der Anatomie der Verruca vulgaris zu liefern, so geschah dies in der
Überzeugung, dais gerade derartige Erkrankungen, denen als solchen eine
besondere Bedeutung oder doch Würdigung abgeht, oft in pathologisch-
anatomischer Hinsicht ein hohes Interesse bieten und uns für die Be-
urteilung anderer krankhafter Bildungen wichtige Aufschlüsse liefern
können.
34S
Zndem läfst sich niclit in Abrede stellen, dafs eine Klarlegung der
anatomischen Veränderungen und damit ein richtiges Auffassen des
pathologischen Prozesses auch weniger beachteter und vielleicht scheinbar
einfachster Erkrankungsformen für die theoretische Dermatologie von nicht
zu unterschätzender Wichtigkeit ist.
Bevor ich auf meine eigenen Untersuchungen näher eingehe, sei es
mir gestattet, eine kurze, möglichst ausführliche Übersicht über die
Litteratur der Anatomie der Verruca zu geben, und es ist hierbei viel-
leicht nicht ohne Bedeutung und Interesse, auch die Beobachtungen
und Ansichten einiger älterer Autoren kennen zu lernen.
VossEN [1] hält die Warze für eine Anhäufung von nebeneinander-
stehenden, durch ein sehniges Band umschlossenen hornartigen Fasern,
während Rayer [2] und Ascherson [3] sie sich durch Hypertrophie der
Hautpapillen entstanden denken, verbunden mit mehr oder weniger
starker Verdickung der Oberhaut, die sich zwischen die papillenförmigen
Verlängerungen einsenkt.
Alibert [4] gibt eine ähnliche Beschreibung; doch erwähnt er nichts
von einer epidermidalen Verdickung, sondern fafst die Warzen nur als
kleine Verlängerungen der Lederhaut auf, die ihre Nahrung aus den
Haarge&fsen der Haut empfangen, sich später voneinander trennen und
dem Auswüchse dann ein zerspaltenes Aussehen verleihen.
Die von den drei letzten Autoren angeführte Ansicht über die Ent-
stehungsweise und Struktur der Warzen, welche ohne Frage auf selb
ständigen, für den damaligen Stand der Wissenschaft ausreichenden
Beobachtungen beruht, hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten,
indem sie meist von einem Lehrbuch in das andere übernommen worden
ist. Dabei sind aber die Fragen völlig unbeachtet und unbeantwortet
gelassen, wodurch diese „Hypertrophie der Papillen" entsteht, in welcher
Weise sie vor sich geht, ob das Gewebe der hypertrophischen Papillen
von demjenigen der Cutis sich irgendwie 'unterscheidet, von welcher Stelle
oder welchem Bestandteil der Lederhaut der pathologische Prozefe aus-
geht u. s. w. Man gewinnt eben von den meisten der Beschreibungen
die Überzeugung, dafs sie nicht auf Grund umfassender eigener Unter-
suchungen gemacht sind.
Etwas eingehender sind die anatomischen Verhältnisse von Simon [5]
■studiert worden an Warzen, die sämtlich an den Händen lokalisiert waren.
Er fand die an der Spitze abgerundeten oder kolbig angeschwollenen
Papillen bald stark vergröfsert, bald sehr niedrig, in dem einen Falle
von bedeutend, im anderen von geringer hypertrophischen Epidermis-
schichten bedeckt. Doch läfst er die Frage unentschieden, ob die Verruca
vulgaris wirklich eine Hypertrophie der Hautpapillen darstellt, indem er
als Einwand dagegen anführt, dafs völlig ausgebildete Warzen auch an
23*
344
Hautstellen vorkommeD, ,,aQ denen eigentliche Gefühlswärzchen ganz
fehlen. "
Fuchs [6] sieht die Verruca vulgaiis für einen hypertrophischen
Zustand der Epidermis an mit Beteiligung des Papillarkörpers, und die
gleiche Ansicht vertritt Baumäs [7]. Letzterer Forscher macht noch fol-
gende interessante Bemerkung:
„En faissant une section horizontale vers la hase, le sang sort par
gouttelettes par une foule de petits vaisseaux, qui s'introduisent dans la
verrue ; dans quelques cas m@me la surface de la section saigne abondam-
ment, et j'ai cru remarquer parfois, conmie d'autres m^decins, que oe
sang favorisait l'issue de nouvelles verrues sur les points avec lesquels il
6tait en contact." Es geht hieraus hervor, dafs Baum£:s die Warzen für
kontagiös hält, eine Annahme, die von fast allen anderen Forschern —
allerdings ohne Anführung irgend welcher Gründe — direkt verneint
wird. Ja, Wilson geht soweit, den im Volke verbreiteten Glauben an
die Kontagiosität des aus den Warzen stammenden Blutes als „zu albern"
zu bezeichnen, um Beachtung zu verdienen!
Eine gänzlich abweichende Darstellung gibt Batemann [8]. Xaeh
ihm sind „Warzen unzweifelhaft anfangs blofse Produktionen der Oberhaut,
die höchst wahrscheinlich von einer eigentümlichen Thätigkeit der Kapil-
largefäfse abhängen, welche die Oberhaut sezernieren; allmählich V
kommen sie aber einen Zusammenhang mit der wahren Haut, indem
sich die sie erzeugende krankhafte Thätigkeit der kleinen Gefäfse fort-
pflanzt."
An Unklarheit läfst diese Definition nichts zu wünschen übrig:
doch ist sie insofern beachtenswert, als der krankhafte Prozefs von der
Epidermis ausgehend gedacht wird.
Wohl die genaueste und klarste Beschreibung, die sich in der
ganzen Litteratur vorfindet, liefert uns v. Bärensprünö [9], und ich will
deshalb seine Beobachtungen etwas eingehender behandeln.
Die Cutis zeigt bei den Warzen eine unveränderte Beschaffenheit, nnr
die Papillen sind drei- bis viermal so lang als in der benachbarten ge-
sunden Haut, an der Spitze kolbig angeschwollen und in der Mitte der
Warze etwas länger als gegen den Rand hin. v. Bärensprüng will
bei Behandlung mit Essigsäure an dem oberen Teil der Papillen eine
Strukturveränderung wahi'genommen haben, nämlich statt der Bindegewebs-
fasern rundliche oder längliche, in einem formlosen Cjrtoblastem dicht
liegende Kerne, und statt der elastischen Fasern schmale, * spindelförmige
Kerne, die parallel dem Papillenrande verlaufen und an einigen Stellen
in elastische Kemfasern übergehen.
Jede Papille enthält eine schon ziemlich weit von der Spitze um-
biegende kapilläre Gefäfsschlinge und ist mit verdickter Epidermis be-
34r)
kleidet. An dieser Epidermis unterscheidet er drei Schichten. Di(^
unterste wird von polyedrischen Zellen mit gelblich gefärbten Kernen
gebildet und erreicht eine gröfsere Dicke als die entsprechende der nor-
malen Haut. Die folgende Schicht, welche aus grofsen, hellen Zellen mit
deutlichen farblosen Kernen besteht, ist schmal, verbreitert sich aber be-
deutend zwischen den Papillen. Sie wird von der Hornschicht bedeckt,
deren platte Zellen eine bräunliche Färbung haben.
An den Haaren und Drüsen war keine Veränderung zu erkennen.
Nur die „Ausfuhrungsgänge der Schweifsdrüsen" (die Schweifsporen)
nehmen durch die verdickte Epidermis einen geraden Verlauf.
Sehr bemerkenswert sind v. Bärensprüngs Angaben über die Struktur
der Epidermis. Er unterscheidet drei Schichten, als deren unterste man
ohne Schwierigkeit die hypertrophische Stachelschicht erkennt, während die
zweite, schmälere wohl der Kömerschicht entspricht; denn gerade die von
ihm erwähnte interpapilläre Verbreitung derselben ist für eine groise
Anzahl von Warzen charakteristisch.
Trotzdem gelangt dieser Forscher zu dem nämlichen Ergebnis wie die
übrigen Autoren, ebenso wie auch Erasmus Wilson [10]. Letzterer be-
merkt aber ausdrücklich, dafs die Epidermis der Warzen abgesehen von der
Verdickung in keiner Weise von der Oberhaut des übrigen Körpers ver-
schieden ist, und fügt hinzu, dafs jede Papille eine Oberhautscheide
um sich bildet. Diese Oberhautscheiden werden von der Oberhautmasche,
welche zwischen und um dieselben von den Grundflächen der hyper-
trophischen und von den sie umgebenden normalen Papillen gebildet
wird, wie ein Bündel zusammengehalten. Mehrere Papillen im Bereiche
der Warze behalten ihre natürliche Gröise und tragen zur Erzeugung
der Oberhautmasche bei. Erreichen die Warzen eine bestimmte Länge,
so spalten sie sich und zerfasern.
Es folgt nun die Beschreibung, die Simon [11] in seinem Lehr-
buche gibt, und die im wesentlichen der schon oben angegebenen {in
Müllers Archiv) entspricht. Auch hier läfst er die Frage über die Ent-
stehungsweise der Verruca unbeantwortet.
Hebra [12] teilt die Warzen in angeborene und erworbene ein und
rechnet zu den ersteren die Naevi veiTucosi et pigmentosa Nach ihm mufs
man sich jede Warze und kondylomatöse Neubildung durch Auswachsen des
Bindegewebes entstanden denken ; die Verruca besteht also aus einem, der
Exkreszenz die Form gebenden, bindegewebigen Grundgerüst, in dessen
Innerem sich eine Gefäfeschlinge befindet und dessen Äufseres von einer
mehr oder weniger dicken Epidermisschicht bedeckt ist. Er folgt in
dieser seiner Darstellung der Ansicht Virchows [13], der sich dahin aus-
spricht, dafs ein Auswachsen warziger Gebilde auch dort stattfinden kann,
wo keine Papillen vorhanden sind, z. B. auf den Schleimhäuten. Eine
346
präexistierende Papille ist zur Entstehung also nicht notwendig, es ge-
nügt eine bindegewebige Basis, von welcher zu jeder Zeit warzige papillilre
Wucherungen ausgehen können.
Die ganze übrige Litteratur kann ich sehr kurz behandeln: Berg [14',
Bazin [15], Kleinhans [16] und Neumann [17] wiederholen die an-
geführten Beschreibungen, und die Ansichten, welche wir aus Alibkbts
und Bayebs Abhandlungen aus der Mitte der dreifsiger Jahre kennen
gelernt haben, finden wir auch in den neueren Lehrbüchern von Behrsnd [18;
Lbsser [19] und Kaposi [20] vertreten.
Erst die bahnbrechenden Arbeiten [eines Aüspitz und Unna haben
dieser althergebrachten, einseitigen Methode der Beurteilung vieler patholo-
gischer Prozesse in der Haut ein Ende gemacht. Es war Aüspitz [21,
der zuerst darauf hinwies, dafs den Papillen der Haut nicht die aktive
Bolle zufällt, die man ihnen bisher zugeschrieben hat, sondern dals
ihre „Verlängerung", „Hypertrophie" oder „Formveränderung" nur se-
kundäre Erscheinungen seien, die durch Wucherung oder Einsenknng
der Stachelschicht in das Cutisgewebe hervorgerufen würden.
Auch Unna [22] vertritt die Ansicht, daüs die pathologischen Verän-
derungen der Papillen stets durch epitheliale, nie durch bindegewebige
Wucherungen bedingt sind. Es gibt allerdings auch ein Einwachsen von
jungem Bindegewebe in das Epithel hinein unter pathologischen Verhält-
nissen ; hierbei wird aber letzteres stets krankhaft verändert, von Wander-
zellen durchsetzt, zerworfen und zerstört gefunden. Auch die normalen
Papillen entstehen (nach Unna) während des Fötallebens in der Weise,
dafs sich zuerst primäre Epithelleisten in die Cutis einsenken, denen
dann sekundäre, Papillen formierende, Querleisten folgen. Dieser einfache
normale Prozefs gibt uns wichtige Aufschlüsse für die Beurteilung
pathologischer Vorgänge: die Oberfläche der Cutis pafst sich ent-
sprechend ihrer hohen Plastizität leicht den Veränderungen der in sie
eindringenden Epithelgebilde an.
Jene von Unna angeführte Papillenbildung der normalen Haut bat
eine neue Bestätigung gefunden durch die vortrefflichen, von Blasoheo [23j
an der abgelösten Epidermis faultoter Früchte angestellten Untersuchungen,
auf welche ich hierdurch verweise.
Aüspitz nun rechnet die Warze und das spitze Kondylom zu den
Wachstumsanomalien der Haut mit epithelialem- Ursprung und Typus
(Epidermidosen), und zwar versetzt er sie in die dritte Gruppe jener Ober-
hauterkrankxmgen, deren Wesen in einem abnorme^ Wachstumsprozesse
der Stachelschicht zutage tritt (Akanthosen). Innerhalb dieser Gruppe
vertritt sie den Typus der einfachen Wucherung derselben (Hyperakan-
those).
Einer gleichen Anschauung huldigt H. v. Hebra [24]. Das unter"
347
scheidende Merkmal zwischen Warze und spitzem Kondylom liegt nach
ihm vorwiegend darin, dafs letzteres von einer dünnen Homschicht bedeckt
ist, während die Warzen neben der Wucherung der Stachelschicht auch eine
Dickenzunahme des Stratum comeum aufweisen.
Es sei nun noch eine Auffassung erwähnt, welche Bindfleisch [25]
über die Papillarformation bei gewissen Geschwülsten und über das dabei
bestehende Verhältnis ^zwischen der obersten Cutisschicht und der Epider-
mis hegt. BiNDFLSiSOH will bei einigen Wachtumsanomalien der Haut
und speziell auch bei den Warzen eine eigentümliche Erscheinung an der
Spitze der Papillen beobachtet haben, nämlich ein vollständiges Yer-
wischtsein der Leder- und Oberhautgrenzen : einerseits häufen sich die rund-
Uchen Zellen des Bindegewebes auf Kosten der Intercellularsubstanz an,
anderseits gehen die Zellen des Epithels durch ganz allmähliche Form-
veränderungen aus diesen runden Elementen in mehr spindelförmige und
endlich reguläre Pflasterzellen über.
Eine derartige Erklärung aber widerspricht durchaus den Thatsachen,
die uns die Embryologie lehrt. Die Oberhaut und die Cutis gehen aus
verschiedenen Keimblättern hervor, und regenerieren auch Substanzverluste
stets nur von ihrem Muttergewebe. Aulserdem kann ich aus meinen Unter-
suchungen keineswegs die Beobachtungen von Bindfleisch bestätigen.
Es ist wohl richtig, dafs infolge der bedeutenden Epithelwucherungen
innerhalb der untersten 'Zellschichten der Epidermis die Zellformen rund-
licher, kleiner sind und dadurch die Grenze zwischen ihr und dem Cutis-
gewebe weniger scharf ausgeprägt ist als in normaler Baut; aber niemals
ist dieselbe so verwischt, dafs an ein direktes Hervorgehen der Oberhaut
aus der Cutis zu denken wäre.
Kürzlich ist von J. Darier [25] in den Amiales de dermato-
iogie et de syphüigraphie eine Abhandlung erschienen, in der er eine be-
sondere Art von Warzen beschreibt, die von ab geplatteter Form sind
und' hauptsächlich an dem Gesicht jugendlicher Personen in greiser
Menge und fast zu gleicher Zeit auftreten. Der Verfasser hatte Gele-
genheit zur Untersuchung einer derartigen Warze, welche folgendes ergab:
Die krankhaften Veränderungen bestehen in einer einfachen Ver-
dickung aller Oberhautschichten „mit Hypertrophie der Papillen", und
zwar trennt eine fast senkrechte Grenze die affizierte Partie von der nor-
malen. Die Homschicht ist mindestens um das doppelte verdickt und
aus kernlosen, abgeplatteten Zellen zusammengesetzt, die wenig fest
zusammenhängende, zuweilen Spalten zwischen sich lassende Lamellen
bilden. Dadurch erhält die Homschicht eine Neigung zur Schuppenbildung.
Das Stratum lucidum tritt nicht sehr hervor. Die Kömerschicht zeigt
eine bedeutende Hypertrophie so, dafs sich statt der 2 — 3 normalen
Zellenreihen an der Stelle der interpapillären Einsenkungen deren 10 — 12,
1
348
über dem Gipfel der Papillen aber 6 — 7 finden. Ihr Gehalt an „Eleidin"
ist kein sehr bedeutender. Dasselbe breitet sich, wie gewöhnlich, in den
unmittelbar darüber liegenden verhornten Schichten zu Lachen aus. Das
Stratum dentatum hat normale Beschaffenheit, abgesehen von einer be-
deutenden Zunahme der Zellen, deren Volumen selbst nur wenig ver-
gröfsert ist.
Die Papillen sind regelmäfsig verteilt, von cylindrischkonischer Form
und zwei- bis dreimal so lang als in der Norm. Die über ihrem Gipfel
liegende Oberhaut weist eine relativ geringe Verdickung auf.
Was das Cutisgewebe anbetriflft, so ist dasselbe ganz normal, ziemlicli
reich an elastischen Fasern und ohne jede Spur von entzündlichen Vor-
gäbgen. Die Papillargeftlfse sind sehr voluminös und von einer geringen
Zahl lymphoider Zellen umgeben. Man nimmt auch zuweilen im „Rete"
einige Wanderzellen wahr, die aber nur die Spuren einer unbedeutenden
Beizung darstellen.
Die bakteriologische Untersuchung hat ein negatives Resultat ergeben;
dagegen findet man an den Warzen der Hand fast stets einige Kokken
oder Bacillen, deren pathogenetische Bedeutung aber nicht nachgewiesen ist.
Bei der Beurteilung des pathologischen Prozesses stellt Darieb
sich im Gegensatze zu Auspitz auf den Standpunkt jener alten Schule,
welche die „Verlängerung der Papillen" und ihr daraus resultierendes
Oberflächenwachstum als den primären Faktor betrachtet, der eine Ver-
mehrung der Epidermis zur Folge hat, „ohne dais der Verhomungs-
prozefs sich irgend wie modifiziert."
Ich möchte hieran die Bemerkung knüpfen, dafs meiner Ansicht nach
weder der klinische Verlauf, das plötzliche massenhafte Auftreten im
Gesicht sowie an den Armen und die etwas abgeplattete Form, noch
auch das Ergebnis der anatomischen Untersuchung (zumal eines einzigen
Exemplars) dazu berechtigen, jene Hautauswüchse als eine ganz be-
sondere Art hinzustellen. Die Beschreibung, welche der Autor von
der Anatomie eines jener Gebilde gegeben hat, entspricht auffallend der
einen oder anderen der von mir untersuchten, jüngeren, unentwickelten
Warzen, bei welchen die Veränderungen im Stratum granulosum und
Stratum comeum noch nicht so deutlich zutage getreten sind wie bei
den völlig zur Reife gelangten.
Wenn man sich daher aus jener recht genauen anatomischen Darstel-
lung ein eigenes Urteil bilden darf, so möchte ich mich dahin aus-
sprechen, dafs die von Darier als eine besondere Art beschriebene Neu-
bildung mit der Veruca vulgaris identisch ist, welche den Gegenstand
dieser Arbeit bildet.
j
849
Im Auftrage des Herrn Prof. Schweninöer habe ich eine grölsere
Anzahl von Warzen untersucht, die fast sämtlich aus der Haut lebender
Menschen exzidiert und nur ausnahmsweise von gut erhaltenen Leichen
entnommen wurden. Sie safsen zum gröfsten Teile am Handrücken und
an den Fingern, hier besonders auf der Haut über den Metacarpo-
phalangeal- und Interphalangealgelenken. Einige Warzen waren an der
Beugeseite und an den einander zugekehrten Flächen der Finger lokali-
siert. Auch die Haut der Arme, der Stirn und des behaarten Kopfes
hat mir mehrere Exemplare geliefert.
Die Behandlungsweise der exzidierten Warzen war je nach dem Zwecke
und Gegenstande der Untersuchung eine sehr verschiedene.
Die Mehrzahl von ihnen wurde sofort nach der Exzision in abso-
lutem Alkohol gehärtet, 24 Standen in Alkohol und Äther ää gebracht
und ebensolange in eine Celloidinlösung^.
Hierauf erfolgte ihre Einbettung in Celloidin und die Aufbewahrung
in 80% Alkohol. Sodann wurden mit dem Mikrotom serienweise Schnitte
gemacht, deren Dicke im allgemeinen zwischen 15 und 30 fi schwankte.
Als Färbemittel bediente ich mich hauptsächlich des Hämatoxylins,
Pikrokarmins und Karminalauns. Jede dieser Lösungen hat ihre gewissen
Vorzüge. Die besten isolierten Kemferbungen erzielte ich mittels Über-
färbung durch gute Hämatoxylinlösungen und nachheriges Eintauchen der
Schnitte in verdünnte Essigsäure. Auch Überfärben mit Pikrokarmin
und längeres Entfärben in Glcyerin mit einigen Tropfen Salzsäure lieferte
recht günstige Resultate.
In dieser Weise habe ich auch Schnitte gefärbt, die von ganz
frischen oder höchstens 24 Stunden lang in Alkohol gehärteten Warzen
stammten.
Die übrigen Härtungs- und Färbemethoden, die zum Nachweise ge-
wisser Substanzen oder Elemente dienten, finden später an der geeigneten
Stelle ihre Erwähnung.
Im folgenden nun werde ich eine Beschreibung des Befundes liefern,
wie er sich aus den zahlreichen, untersuchten Warzen ergab, und zu-
gleich auch der Abweichungen gedenken, welche die eine oder andere
von ihnen darbot.
Die Cutis als solche läfst keine besondere Veränderung erkennen,
Sie ist reich an elastischen Fasern, die sich auch in der ganzen Aus-
dehnung der Papillen vorfinden. Die auflfä,lligste Erscheinung innerhalb
des Cutisgewebes bildet eine bedeutende Volumszunahme und Erweiterung
der Gefefse. Man findet selbst in den höheren Schichten noch recht
starke Gefäfsstämme, von denen aus sich diktierte Kapillaren in die
Papillen hinein erstrecken. Hier nehmen sie einen bald geraden, bald ge-
schlängelten Verlauf. Die ümbiegestelle der arteriellen Kapillaren in
350
venöse liegt meist unmittelbar unter der Fapillenspitze. Nicht selten
bemerkt man in der Umgebung der Papillargelkrse einige Rundzellen im
Bindegewebe.
Ein wesentlich verändertes Bild zeigt das Grenzgebiet zwischen der
Cutis xmd Epidermis, der sogenannte Papillarkörper. Betrachtet man
nämlich die Übergangsstelle der normalen in die pathologische Haut, so
fällt es zunächst ins Auge, dafs hier die Stachelschicht der Epidermis
ganz beträchtlich in die Tiefe, d. h. in das Cutisgewebe hineinrückt.
Durch dieses weitere Eindringen der intei'papillären Epitheleinsenkungeo
in die Cutis erfahren die Papillen eine scheinbare Verlängerung imd
Volumszunahme. Sie weisen auch nicht die regelmäisigen Formen auf
wie in der normalen Haut, sondern erscheinen weit mehr in die Lauge
gezogen, meist spitz auslaufend, seltener nach oben zu abgeiiindet oder
kolbig verdickt. Dendritisch verzweigte Papillen habe ich in mehreren
Fällen bei der Verruca vulgaris konstatieren können; di)ch gehören sie
immerhin zu den Ausnahmen, während sie bei der Verruca papilliformis
und dem Condyloma acuminatum Regel sind. — Entsprechend der halb-
kugeligen Form der Warzen und der radiären Wucherung der Stachel-
Schichteinsenkungen nehmen die Papillen meist eine solche Richtung zur
Cutis, dafs diejenigen der mittleren Partien ziemlich senkrecht auf ihr
stehen, die peripherwärts gelegenen aber mehr oder minder geneigt sind.
Bei einigen Warzen waren die seitlich gelegenen Papillen beträchtlich
gekrümmt oder geknickt. —
Ich habe hier eine Beschreibung der Papillenformen geliefert, wie sie
sich mir aus den Präparaten ergaben, die sowohl von gehärteten, auf Kork
gespannten, wie frischen Warzen stammten. Es ist aber sehr wahr-
scheinlich, dafs diese Formen nicht den ursprünglichen der noch mit
der übrigen Haut in unmittelbarer Kontinuität stehenden Warze ent-
sprechen, sondern dais sie vielmehr nach der Exzision infolge der hohen
Kontraktilität der Haut wesentliche Modifikationen erfahren haben. Doch
ist der Entscheidung dieser Frage nicht die hohe Bedeutung beizumessen,
die ihr für die Beurteilung des pathologischen Prozesses in vielen Lehr-
büchern noch immer zuerkannt wird. Der Papillarkörper ist eben nur
eine rein sekundäre Erscheinung, er stellt, wie Unna sich ausdrückt, das
sehr variable Grenzphänomen dar zwischen dem Wachstumsdnicke der
epithelialen und bindegewebigen Elemente der Haut. Zudem ist die Form
der Papillen in der lebenden Haut durchaus keine konstante, sondern durch
die, jeden Augenblick wechselnden Spannungsverhältnisse einer fortwähren-
den Veränderung ausgesetzt.
Die Oberhaut der Verruca vulgaris ist stark hypertrophisch nnd
bildet — meiner Ansicht nach — den eigentlichen Sitz der Erkrankung.
Das Stratum dentatum weist eine bedeutende Zellproliferation an(
351
yerbnnden mit mälsiger Yolumszunalime der einzelnen Elemente. Die Kerne
sind grofs, treten dentlich hervor und enthalten meist mehrere Kernkörper-
eben. In der germinativen Schicht (pars cylindrica) nimmt man eine starke
Vermehrung der Kerne wahr, infolge dessen der Saum über den Papillen
und besonders smch die tie&ten Stellen der Epitheleinsenknngen bei
Anwendung von Farbstoffen dunkler nüanziert erscheinen als die übrige
Stachelschicht.
Schon gewöhnliche Hämatoxylin- und Karminpräparate lassen auch
in dem suprapapillären Teil des Stratum dentatum Kernteilungsfiguren
zutage treten, welche bei Anwendung der ELEMMiNGschen Färbemethode
noch deutlicher sichtbar zu machen sind.
Die Hypertrophie der Stachelschicht kommt in der Weise zum
Ausdruck, dafs sie sowohl nach der Cutis wie auch nach der entgegen-
gesetzten Seite hin ihre normalen Grenzen überschreitet. Wie schon oben
bemerkt, ist es hauptsächlich das Herabwuchem der interpapillären Binsen-
kungen unter das normale Niveau, welches eine passive Verlängerung der
Lederhautpapillen zur Folge hat. Die Form und Richtung dieser Ein-
Senkungen ist meistens (besonders an den Grenzpartien der normalen und
pathologischen Haut) die eines Keiles, dessen scharfe Kante dem Zentrum
der Warze zugekehrt ist. In diesem Sinne sind auch die meisten Zellen des
interpapillären Teils der Stachelschicht gestaltet und angeordnet. (Fig. 2.)
Nicht minder aber dehnt sich das Stratum dentatum auch nach
der Hornschicht zu aus. Entweder entspricht die obere Begrenzung
desselben im grofsen ganzen den Formen der der Cutis zugekehrten
Fläche, d. h. es behält an allen Stellen dieselbe Dicke bei, oder seine
nach aufsen gewendete Fläche zeigt eine mehr oder minder ebene Be-
schaffenheit, so dafs es also über den interpapillären Einsenkungen be-
deutend dicker ist als oberhalb der Papillen.
Letzteres findet sich hauptsächlich bei denjenigen Warzen, bei welchen
die Wucherung nach anfsen hin überwiegt, die Papillen also weniger
verlängert erscheinen, während das Stratum dentatum bei erhöhtem Vor-
dringen in das Cutisgewebe, also bei stärkerer „Verlängerung" d^ Papillen,
gleichmäfsig verbreitert ist.
Die Intercellularbrücken und -knötchen sind überall deutlich sichtbar;
nur an den, von Leichen entnommenen Warzen waren sie zuweilen nicht
zu erkennen.
Bei der Betrachtung des Stratum granulosum ist es am zweck-
mäßigsten, zunächst die Stelle der Präparate ins Auge zu fassen, an
welcher die normale Haut in die pathologische übergeht. Dieser Übergang
erfolgt in der Weise, dafs die unmittelbar an die Verruca angrenzenden
Hautpartien eine mäfsige Hypertrophie hauptsächlich der beiden' obersten
Epidermisschichten darbieten. Das Stratum granulosum besteht in der
352
gesunden Haut aus zwei, höchstens drei Reihen spindelförmiger Zell«),
die bis auf eine deutliche Randzone dicht und gleichmälsig mit kleineren
odergröiSseren Kömchen von Keratohyalin angefüllt sind. In der verdick-
ten Grenzpartie wird das Band aus 3 — 5 Zellreihen zusammengesetzt
ohne dafs sich sonst noch eine Veränderung bemerken läfet.
Dagegen treten in der eigentlichen Warzensubstanz bedeutende
Anomalien zutage. Der Übergang von den normalen zu den pathologisdi
veränderten Gewebspartien (sowohl der Kömer wie der Hornschicht) ist
schroff und erfolgt, wie Darier ganz richtig bemerkt, in einer fast
senkrechten Linie. (Fig. 1.)^
Zunächst macht sich eine ganz beträchtliche Verbreiterung der
Köraerschicht bemerkbar. Bei denjenigen Warzen, bei welchen die obere
Grenze des Stratum dentatum eine ebene Beschafifenheit besitzt, verUnfi
das Stratum granulosum als eine ziemlich gleichmäfsig dicke Schicht von
8 — 10 Reihen Zellen. In anderen Fällen hingegen, wo die Oberfläche
der Stachelschicht wellig ist, variiert ihre Dicke in hohem Grade. Über
den interpapillären Einsenkungen entfaltet sich die Körnerschicht bis zu
einer Breite von 12 — 14 Zellreihen, während sie über dem Gipfel der
Papillen oft nur durch eine Zellreihe vertreten ist, ja nicht selten ganz
fehlt.
Ich habe mehrere Warzen untersucht, deren geringe GröJse schon
darauf hinwies, dafs sie sich entweder im ersten Stadium der Entwicke-
lung befanden oder auf demselben stehen geblieben waren. In diesen
Fällen bestand das Stratum granulosum aus einer Schicht von nur
4 — 8 Reihen Körnerzellen und bot auch weniger Anomales als bei an-
deren Warzen.
Diese Anomalie nun besteht zunächst in einer Formveränderung der
Körnerzellen. Dieselben haben nicht die normale spindelförmige Gestalt,
sondern sind den Stachelzellen ähnlich, so daHs ihr Durchschnitt rundlich
oder polygonal erscheint. (Fig. 2.) Nur an den Stellen, wo das Stratam
granulosum zu einer dünnen Schicht ausgezogen wird, behalten sie ihr
normales Aussehen.
Die Kerne sind in diesen Zellen gut erhalten und, ebenso wie die
Zellen selbst, vergröfsert. An vielen Stellen der verbreiterten Interoel-
lularräume nimmt man deutliche Brücken wahr. Der Keratohyalingehalt
der Kömerzellen entspricht bei kleineren, noch nicht zur vollen Entwiche-
lung gelangten Warzen im ganzen demjenigen der normalen Haut. Größere,
entwickeltere Warzen hingegen bieten regelmäfsig Abweichungen dar.
In einigen Fällen, bei gleichmäfeiger Verbreiterang des Stratum
granulosum, ist auch das Keratohyalin in den einzelnen Zellen gleich-
^ Einer solchen Warze entstammen die Präparate, nach denen die Abbildnogen
gefertigt sind.
353
mfiisig verteilt; die Körner sind jedoch kleiner und sehr viel spärlicher
als in der Norm.
Bei anderen Warzen hingegen, deren Körnerschicht, wie oben erwähnt,
an Dicke beträchtlich schwankt, variiert auch der Gehalt an Kömern in
hohem Grade. Während dei'selbe über dem Gipfel der Papillen oft gleich
null ist, sind die Zellen oberhalb der Einsenkungen meist reichlich mit
Keratohyalin gefüllt. Freilich zeigt dasselbe hier innerhalb der einzelnen
Zelle eine sehr unregelmäfsige Verbreitung, und zwar so, dafs sich an
der einen Seite spärliche und kleine Kömer finden, an der anderen Seite
hingegen solche von abnormer GröCse. Nicht selten finden sich schon
innerhalb der Stachelschicht vereinzelte Zellen oder Zellgruppen, die mit
Keratohyalin angefüllt sind und dadurch deutlich aus ihrer Umgebung
hervortreten.
Im allgemeinen läfst sich sagen, dafs es vor allem die Kömerschicht
ist, die bei den Warzen sich schon auf den ersten Blick hin, auch bei
ganz oberflächlicher Betrachtung, als anomal kennzeichnet. Abgesehen
von der bedeutenden Hypertrophie fällt sofort die eigentümliche, „zer-
worfene" Beschaffenheit ins Auge, welche durch Vergröfserung der Inter-
cellularräume entsteht. Aufserdem ist ihr Tinktionsvermögen ein verhält-
nismäisig geringes.
Bekanntlich haben die Untersuchungen, welche Buzzi [27] kürzlich
angestellt hat, die interessante Thatsache ergeben, dafs das Keratohyalin
(Waldeyer) und das Eleidin '(Ranvibr) zwei chemisch differente ko-
existierende Substanzen in der Oberhaut sind. Das Eleidin findet sich
häufig zu Lachen ausgebreitet an der Oberfläche der Schnitte, wohin es
w^ahrscheinlich aus den angeschnittenen Zellen der basalen Hornschicht
(Stratum lucidum) gelangt ist. Hier erkennt man es bei Anwendung der
Buzzischen Behandlungs- und Färbemethoden als eine ölartige, rings um
die Kerne verbreitete Flüssigkeit.
Es lag nun für mich nahe, die Verruca vulgaris auch auf diese
Substanz hin zu untersuchen. Ich bediente mich hauptsächlich der
Nigrosinsulfosäure und des Alkannas und konnte das Eleidin in allen
Warzen nachweisen. Die Veränderungen erwiesen sich als rein quantita-
tiver Natur, indem die Verbreiterung der eleidinhaltigen Zellschicht mit
derjenigen des Sti'atum granulosum korrespondiert.
Die Hornschicht der Vermca vulgaris zeigt regelmäfsig eine ganz
bedeutende Hypertrophie, welche die der unverhornten Schichten be-
trächtlich übertrifft. Ihre Dicke variert zwar bei den einzelnen Warzen:
in jedem Falle aber kommt sie der gemeinschaftlichen des Stratum den-
tatam und Stratum granulosum gleich.
Was die Hornzellen anbetrifft, so ist ihre Form eine breitspindel-
förmige, viel weniger abgeplattete als die gewöhnlicher Hornzellen. Daher
354
erlangt auch das Stratum comeum nicht jene feste, lamellöse Beschaffen-
heit, sondern repräsentiert den Typus der lockeren Verhomung (Typos
A der Verhornung), wie er nach Zander [27] hauptsächlich an der Vola
und Planta vorkommt.
Die auffälligste Erscheinung innerhalb der Hornschicht aber ist die
gute Konservierung der Zellkerne. Dieselben werden bei allen vollständig
entwickelten, älteren Warzen durch die gewöhnlichen Kem&rbemittel
deutlich tingiert. Es fällt sofort ins Auge, dafs diese Erhaltung der
Kerne stets mit einem Mangel der Kömerzellen an Keratohyalin v«-
bunden ist. Die weiteste Verbreitung und beste Konservierung nämlich
bieten sie bei denjenigen Warzen, deren Stratum granulosum überall
gleichmäfsig dick und gleichmäfsig arm an Keratohyalin ist, während sie
sich in den Fällen, in denen diese Verhältnisse der Kömerschiclit
schwanken, allein an den Stellen deutlich zeigen, wo das Keratohyalin
fehlt oder in geringerer Menge vorhanden ist, also hauptsächlich in der
Richtung der Papillen. Andere, offenbar jüngere Exemplare der Verruca
vulgaris zeigten bei Anwendung von Hämatoxylin, Pikrokarmin und
Karminalaun keine Kerne, in der Hornschicht. Trotzdem aber konnte ich
durch eine andere Färbemethode, auf die ich weiter unten zurückkommen
werde, auch in ihnen Kerne nachweisen. Zwar kommen Kemreste,
worauf Unna zuerst aufmerksam gemacht hat, auch in der Homscliiclit
normaler Haut vor; aber sie sind weder so gut erhalten noch so allgemein
verbreitet, wie bei der Verruca vulgaris.
Die Form der Kerne ist länglich und — besonders oberhalb der
Papillenspitze — abgeplattet. Schon dieses Aussehen und die isoherte
Färbung charakterisierte sie als richtige Zellkerne. Um aber ganz sicher
zu gehen und festzustellen, dafs dies Bild nicht etwa durch, in der Horn-
schicht vorkommende, Protoplasmareste vorgetäuscht würde, bediente ich
mich eines von Unna und Büzzi angewendeten, noch nicht veröffentlichten
Verfahrens, durch das der Nachweis von Kernen resp. Kernresten in
den meisten Fällen gelingt.
Der Schnitt wird auf dem Objektträger mit einem Tropfen Jodtinktur
behandelt und mit Wasser wieder abgewaschen. Sodann deckt man das
mit konzentrierter Schwefelsäure betupfte Deckgläschen rasch auf das
Präparat, um ein Sichzusammenrollen des Schnittes zu verhindern und
setzt hierauf von der Seite her etwas Glvcerin hinzu.
Zuerst hat der Schnitt ein dunkelbraunes, undurchsichtiges Aussehen;
in einiger Zeit hellt er sich auf, und es treten dann nach Zerstörung
des Zellprotoplasmas deutlich sowohl in der nicht verhornten als auch
in der Hornschicht die dunkel gefärbten Kerne zutage. Später aber,
nach einigen Wochen, werden auch die Kerne zerstört und verschwinden.
Wie schon erwähnt, gelingt die Färbung durch die gewöhnlichen
355
I
Kernfärbemittel nicht immer, ein Zeichen, dafs die Hornzellenkeme nicht
so gnt erhalten, sondern geschrumpft sind. Trotzdem aber lassen sie sich
durch ein anderes, ebenfalls von Buzzi zuerst angewendetes Verfahren
darstellen, welches darin besteht, dais man die Schnitte von frischen
oder nur kurze Zeit in Alkohol gehärteten Warzen ca. 24 Stunden in
Nigrosinsulfosäure überfärbt und hierauf in verdünnter Salzsäure entfärbt.
Dann zeigt sich folgendes: Die Kerne aller Oberhautschichten
bleiben ungefärbt, treten aber dadurch deutlich hervor, dals sie von
einem breiten, schwarzblauen Saume koagulierten Zellprotoplasmas um-
geben sind. In den meisten Homzellen kann man den Kern deutlich als
hellen Punkt innerhalb des dunklen Saumes wahrnehmen, in anderen
hingegen ist er entweder von der dunklen, kompakten Masse völlig ver-
deckt, oder aber die Zelle ist überhaupt leer. Diese Methode liefert
also ein negatives Bild der Kerne.
Ein ausgezeichnetes Färbemittel für die Hornschicht ist femer das
Azodipbenylblau. Dasselbe läfst, besonders nach Entfärbung der Schnitte
in absolutem Alkohol, die Hornzellenkeme sehr deutlich hervortreten.
Schliefslich sei noch erwähnt, dals man letztere häufig auch an un-
gefärbten Präparaten bei Anwendung von matter Beleuchtung als ganz
schwach konturierte Gebilde innerhalb der Homzellen erkennen kann.
Die Oberfläche der Homschicht ist von mäfsig rauher, zuweilen
höckeriger, selten von ganz glatter BeschafiFenheit. Die Kauhheit wird
hervorgerufen durch flache, sich oft senkrecht schneidende Furchungen.
Letztere entsprechen aber keineswegs, wie man vielleicht anzunehmen
geneigt ist, den interpapillären Einsenkungen der Stachelschicht, sondern
verlaufen ganz regellos. An vielen Warzen bemerkt man auch tief
klaffende Risse und Spalten, die aber, wie schon erwähnt, wohl nur
Kunstprodukte darstellen.
Haare und Talgdrüsen habe ich innerhalb der eigentlichen Warzen-
substanz nur an denjenigen Exemplaren nachweisen können, die der Kopf-
haut entnommen waren. Ihre Struktur zeigte keine 'Veränderung.
Häufiger ist das Vorkommen von Knäueldrüsen. Die Schweifsporen
nehmen innerhalb der Epidermis gewöhnlieh keinen korkenzieherartig
gewundenen, sondern, ebenso wie beim Clavus und Callus, einen geraden
Verlauf. Es ist mir aufgefallen, dafs die der Schweiispore zunächst
gelegenen Partien des Stratum granulosum und Stratum comeum einen
weniger anomalen Charakter darbieten. Ersteres nämlich verschmälert
sich in der Umgebung der Schweifspore ziemlich plötzlich zu einer
3- bis 4reihigen Schicht normaler, , reichlich keratohyalinhaltiger Körner-
zellen, -Während die Zellen der verdickten Hornschicht ihre Kerne ver-
lieren. (Fig. 1.)
Durchmustert man die Schnitte, welche durch mehr peripherwärts
356
gelegene Teile geführt sind, so erhält man ziemlich dasselbe Bild; nur
verlieren die pathologisch veränderten Partien an Ausdehnung, je mehr
man sich der Peripherie der Warze nähert, nm schlieislich normaler,
noch etwas verdickter Oberhaut zu weichen.
An einigen dieser peripheren Schnitte nimmt man deutlich jene be-
schriebenen Anomalien in Hom- und Kömerschicht wahr, die aber da-
durch besonders auffallend sind, dafs sich in ihrer Ausdehnung eine oder
mehrere, hreite, sich ziemlich senkrecht abgrenzende Zonen finden, inner-
halb deren jene Schichten bis auf die Hypertrophie ganz normale Be-
schaffenheit haben. Dieses höchst frappante Bild findet dadurch sone
Erklärung, dais die pathologisch veränderten Teile nicht rundlich abge-
grenzt sind, sondern periphere Ausläufer haben.
Zum Nachweise von Spaltpilzen im Gewebe der Verruca bediente
ich mich eines von Kühne [28] angegebenen Verfahrens, und zwar mit
Erfolg. Hauptsächlich innerhalb der Stachelzellen, sowie in den Interoel-
lularräumen, seltener in • den übrigen ' Oberhautschichten und dem an-
grenzenden Gutisgewebe, fanden sich zahlreiche Kokken vor, entweder
einzeln oder zu Gruppen angeordnet. Auch kurze Stäbchenformen lieüsen
sich hier und d^ erkennen. Ob denselben irgendwelche pathologische
Bedeutung beizumessen sei, ist eine Frage, die sich noch nicht entscheiden
läfst, der ich aber durch weitere, eingehendere Untersuchungen näher
zu treten gedenke.
Ich persönlich neige, wie ich gleich im voraus bemerken will, in.
der Ansicht hin, dafs die Entstehung der Warzen auf bakterielle Ein-
flüsse zurückzuführen ist. Hierauf weist zunächst ihre eigentümliehe
Lokalisation hin, ihr Vorkommen an den unbekleideten Körperteilen,
und zwar an Stellen, .die äufseren Verletzungen am meisten ausgesetzt und
deshalb für das Eindringen von Mikroorganismen besonders geeignet sind.
Andere Momente, die ein^ derartige Annahme rechtfertigen, sind das
massenhafte, plötzliche Auftreten bei manchen Personen ebenso wie ihr
plötzliches, spurloses Verschwinden, sowie die unzweifelhafte Prädis-
position gewisser Individuen für diese Erkrankung.
Bei kritischer Betrachtung der aus den mikroskopischen Unter-
suchungen gewonnenen Resultate ergibt sich zunächst ohne weiteres, dals
der pathologische Prozefs bei der Warzenbildung in einer Wachstums-
anomalie besteht. Der Typus derselben ist ein rein epithelialer;
denn die Cutis als solche läfst abgesehen von sekundären Gefelsverfin-
derungen keine Abweichungen erkennen, und die Formveränderungen der
357
Papillen beruhen ebenfalls nicht auf aktiven Vorgängen innerhalb des
Cutisgewebes, sondern sind lediglich bedingt durch ein weiteres V'ordingen
der Stachelschichteinsenkungen in die Cutis. Dies erkennt man sofort
bei Betrachtung der Übergangsstelle von der normalen in die patholo-
gische Haut, an welcher ein beträchtliches Hinabsteigen der Stachel-
schicht unter das noimale Niveau stattfindet.
Ich muüs deshalb meinen Beobachtungen zufolge durchaus die An?
sieht von Auspitz und Unna betrefis der pathologischen Formverän-
derungen der Papillen bestätigen und kann nicht die Auffassung der
meisten andern Autoren teilen, welche in einer Papillarhypertrophie den
wesentlichsten Faktor bei der Bildung der Verruca vulgaris erkennen.
Den eigentlichen Sitz des Krankjieitsprozesses stellt vielmehr die
Oberhaut dar, und zwar kommt er in allen drei Schichten derselben
zum Ausdruck. Die primäre Erscheinung bildet wohl die Hypertrophie
der Stachelschicht, deren Zellen sowohl nach aufsen zu als auch in die
Cutis hinein vordringen. In den ersten Stadien der Entwickelung über-
wiegt im allgemeinen die Wucherung des suprapapillären Teils, und erst,
wenn äaa Stratum comeum eine starke Dicke und Konsistenz erreicht, rückt
die Stachelschicht auch bedeutend ins Cutisgewebe hinab und läfst die
Papillen beträchtlich verlängert erscheinen.
Ich bin nun der Ansicht, dafs irgend ein äufserer Reiz, vielleicht
,das Eindringen eines Mikroorganismus in die Oberhaut, proliferierend auf
die Zellen des Stratum dentatum einwirkt, und dafs als sekundäre Reiz-
erscheinung sich die Papillargefäise und auch die gröisern Gefäfsstämme
der Cutis erweitern. Verbunden mit dieser Gefäfserweiterung ist eine
erhöhte Blutzufuhr und gesteigerte Ernährung der Gewebe.
Hierdurch, sowie infolge der Veränderungen innerhalb der Stachel-
schicht, wird eine Strukturveränderung der übrigen beiden Oberhaut-
sohichten bedingt und der Verhomungsprozefs ganz wesentlich modifizieii.
Jene Hypertrophie des Stratum dentatum allein halte ich nicht
für das Charakteristische an der Verruca und kann deshalb der Ansicht
von Auspitz, der auch H. v. Hebra folgt, nicht beipflichten, in der
Warze lediglich eine Hyperukauthose, d. h. eine einfache Wucherung
der Stachelschicht zu sehen.
Beim spitzen Kondylom und der schon erwähnten „Verruca papilli-
formis*' ist diese Anschauung wohl berechtigt. Hier treten die patho-
logischen Veränderungen ausschliefslich in der Region des Papillarkörpers,
und zwar als eine bedeutende Hypertrophie der Stachelschicht zutage,
während das Stratum granulosum und corneum (bis auf eine geringe
interpapilläre Verbreiterung des erstoreu) durchaus normale Beschaffenheit
haben und der Kornifikationsprozefs keine Veränderung darbietet. Anders
ist es bei der Verruca vulgaris. Makroskopisch freilich tritt diese atypische
Monatshefte. 24
358
Verhomnng mehr als blo&e Hypertrophie und nicht so dentlich zutage
wie bei den übrigen Parat}'pien des Verhomungsprozesses, nämlich bei
der Psoriasis nnd dem Liehen ruber, deren Oberfläche erhöhte Abschnppnng
oder Anhäufung von Schuppen zeigt.
Dagegen läfet uns die mikroskopische Untersuchung die Paratypie als
eine ganz wesentliche erkennen. Die Stachelzellen gehen nicht in die
platten Zellformen der Körnerschicht über, sondern behalten in bald
höherem, bald geringerem Grade ihre ursprüngliche Gestalt und unter-
scheiden sich auch durch ihren Keratohyalingehalt sehr wesentlich Ton
den normalen Kömerzellen. Das Keratohyalin ist, wie erwähnt, entweder
äufserst spärlich vorhanden, aber gleichmäfsig verteilt, oder es zeigt be-
trächtliche Schwankungen so, dafs es oberhalb der interpapillären Einsen-
kungen reichlich vorkommt, über den Papillen aber gänzlich fehlt.
Mit diesem Mangel an Keratohyalin ist nun eine eigentümliche E^
scheinung innerhalb der Homschicht verbunden, nämlich die gute Erhal-
tung der Homzellenkeme. Bekanntlich konservieren auch die harte
Nagelsubstanz und das Lippenrot ihre Kerne, Stellen, an denen das
Keratohyalin ebenfalls gänzlich fehlt. Ich finde nun die Beobachtung
Unnas, dafs das Vorkommen wohl erhaltener Kerne in der Homschicht
stets aus dem Mangel der Körnerschicht an Keratohyalin hervorgeht, an
meinen Untersuchungen durchaus bestätigt.
Femer ist noch hervorzuheben, dafs die Form der Homzellen keine
abgeplattete, sondern eine spindelförmige ist. Daher erscheint die Horo-
schicht auch weniger lamellös als sie sonst an den Stellen normaler
Haut, wo die Warzen am häufigsten vorkommen, zu sein pfl^.
Die Anomalien des Stratum granulosum und Stratum comeum sind
es, welche ich, wie schon bemerkt, für das wesentliche Charakteristiknm
des Krankheitsbildes der Vernica ansehen möchte, das sie von ähnlichen
Neubildungen streng unterscheidet, und ich zähle sie deshalb zu den Para*
keratosen oder Dyskeratosen, d. h. zu den Verhornungsanomalien mit
abweichendem Typus des Wachstums.
Wie aus der oben angeführten Litteratur hervorgeht, ist v. Bärbn-
SPRUNG der einzige Forscher, welcher Stmkturveränderungen in der
Oberhaut der Warzen beschreibt, während alle andern die Epidermis nur
für hypei-trophisch ansehen. Allerdings gibt auch Darier an der von
ihm untersuchten und als eine besondere Art aufgestellten Warze einige
Abweichungen in der Straktur der Oberhaut an, doch ohne ein grobes
Gewicht auf dieselben zu legen.
Das Ergebnis meiner Untersuchungen ist nun — um es in Kürze
zu wiederholen — folgendes: Die gewöhnliche Warze (Verruca vulgaris)
entsteht nicht durch aktive Hjrpertrophie oder Verlängerung der Lede^
hautpapillen und daraus resultierender Verdickung der entsprechenden
359
Oberhautschicliteii, sondern sie stellt eine selbständige Erkrankung
der Epidermis dar (Epidermidose). Diese Kmokbeit kommt neben
einer Hypertrophie der gesamten Oberbaut vor allem zum Ausdruck in
einer atypischen Verbornung. Die Verruca vulgaris gehört deshalb zu
den Erkrankungen der Hornscbicht (Keratonosen) oder genauer zu den
reinen Verhomungsanomalien (Keratosen), und in der Reihe dieser nimmt
sie ihre Stelle unter den Anomalien ein, welche sich durch „Abweichungen
vom Typus des Wachstums* charakterisieren, und die man als Dyskera-
tosen (Parakeratosen) bezeichnet.
Litteratur:
1. KusTs Magazin. Bd. 39. pag. 513.
^. Bayer, Traue des maladies de la peau. Paria 1835.
3. Caspers Wochenschrift. Jahrg. 1835. pag. 513.
4. Aliberts Vorlesungen über die Krankheiten der Haut. Leipzig 1837. Tl. 2. pag. 495.
5. Müllers Archiv. Jahrg. 1840. Tl. 1. pag. 169. (G. Simon, Über die Struktur
der Warzen und über Pigmentbildungen in der Haut.)
6. C. H. FrcHS, Die krankhaften Veränderungen der Haut und ihrer Anhänge,
Göttingen 1840. Bd. I. pag. 45.
7. P. BaumIss, Nouvelle dermatologie ou precis tfUorique et practique sur les maladies
de la peau. Paris et Lyon 1842. T. II. pag. 279.
8. Th. Bateman, Praktische Darstellung der Hautkrankheiten. Leipzig 1841. pag. 138.
9. F. V. Bäreksprüng, Beiträge zur Anatomie und Pathologie der menschlichen Haut.
Leipzig 1848. pag. 12.
10. Erasmüs Wilson, Die Krankheiten der Haut. Leipzig 1850. pag. 409.
11. G. Simon, Die Hautkrankheiten durch anatomische Untersuchungen erläutert
Berlin 1851. pag. 37.
12. Hebra, in Virchows Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie. Bd. lU.
Akute Exantheme und Hautkrankheiten. 1860.
13. K. ViRCHOw, Die krankhaften Geschtcülste. Berlin 1863. Bd. I. pag. 334 ff.
14. F. W. A. Berg, Compendium der Hautkrankheiten. Berlin 1861. pag. 8.
15. Bazin, Legons thioriques et cliniques sur les affections cutanees artificielles et sur
la UprCy les diath^es, le purpura, les difformites de la peau. Paris 1862. pag. 441.
16. A. Kleinhans, Compendium der Hautkrankheiten. Erlangen 1866. pag. 227.
17. I. Neumann, Lehrbuch der Hautkrankheiten. Wien 1869. pag. 258.
18. G. Behrend, Die Hautkrankheiten. Braunschweig. 1879.
19. Lesser, in v. Ziemssens Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie. Bd. XIV.
Handbuch der Hautkrankheiten 1883. Anomalien der Epidermis.
20. M. Kaposi, Pathologie und Therapie der Hautkrankheiten. Wien und Leipzig 1880.
21. H. AusPiTZ, in v. Ziemssens Handbud^. Bd. XIV. I. Hälfte. Allgemeine Pathologie
und Therapie der Haut. pag. 197. ff. Leipzig 1883, und Über das Verhältnifs der
Oberhaut zur Papillarschicht. 1870.
22. P. G. Unna, in v. Ziemssens Handbuch. Bd. XIV. Handbuch der Hautkrankheiten
I. Hälfte. Entwicklungsgeschichte und Anatomie, pag. 16 ff.
24»
360
23. A. Blaschko, Beiträge zur Anatomie der Oberhaat. (Ärdiiv für mikroskopiscke
Anatomie. Bd. dO.)
24. Hans v. Hebba, Die . krankhaften Veränderungen der Haut und ihrer AnhaHif.f
gehilde. Braunschweig 1884.
25. E. Rindfleisch, Lehrbuch der pathologi^then Gewebelehre. Leipzig 1878.
pag. 259. 260.
26. Annales de dermatologie et de syphüigraphie. Deuxieme Serie. Tome IX^ Xo. 10.
Yermes planes juveniles de la face. Par le Dr. J. Dabier.
27. F. Büzzi, Xeratohyalin und Eleidin. (Unnas Monatshefte für praktische Dermato-
logie. Bd. 8. [1889] No. 1 und 4.)
28. H. Kühne, über ein kombiniertes üniversalverfahren Spaltpilze im tierischen
Gewebe nachzuweisen. (Unna, Dermatolog. Studien. Heft 6.)
Aus Dr. Unnas dermatologischem Laboratorium in Hamburg.
Zur Anatomie der Scabies.
Von
Dr. Ludwig Türök
Assistenzarzt.
Während bei den meisten Hautkrankheiten die verschiedensten teil-
weise einander widersprechenden histologischen Befunde veröffentlicht
werden und die Anatomie derselben- verwirren, herrscht in bezug der
anatomischen Veränderungen bei der Scabies eine seltene Einmütigkeit
der Ansichten, und die histologischen Befunde der verschiedenen Autoren
decken sich beinahe vollständig. Unter solchen Umständen scheint eine
histologische Untersuchung der Scabies, welche einen andern Zweck
befolgt, als die einmütig konstatierten Thatsachen zur eigenen Belehrung
aufzusuchen, ein ganz überflüssiges Unterfangen. Und doch sprechen
einzelne Umstände dafür, dafe die bisher beschriebenen Veränderungen
nicht dem wahren Thatbestand entsprechen, und dafs eine histologische
Exkursion in dieses scheinbar wohlbekannte Gebiet einige von den bisher
beschriebenen verschiedene, dieselben teilweise desavouierende Ergebnisse
liefern müfste.
Alle neueren Autoreu, die sich mit der Frage histologisch beschäf-
tigten — ich nenne Kaposi, Neumanx, Geber, Hans Hebra, Dührinö,
Barthjöl^my, Anderson, Majocchi — sind darin einig, dafs die Krätz-
milbe, nachdem sie die Hornschicht durchwühlte, in das Stratum Mal-
pighi, in die sukkulenteren Schichten der Epidermis (H. Hebra) einzieht,
welche ihren Lebensbedingungen am besten entsprechen. Guibout be-
'361
hauptet sogar, dafs sich die Milbe in den tiefsten Schichten der Epidermis,
selbst an der Oberfläche der Cutis aufhalte. Im Gegensatze zu den
bisher erwähnten Untersuchern steht Kleinhans auf dem auch von Hebra
adoptierten Standpunkt, dafs die Tiefe der Milbengänge verschieden sei,
und citiert auch Piogby, weicher intraepidermidale (d. h. — in der
Sprache der damaligen Zeit — in der Hornschicht liegende) und sub-
epidermidale (besser subkorneale) Gänge unterscheidet. Bei letzteren soll
das Jucken viel intensiver sein, ja sogar Schmerzgefühl auftreten. Ziegler
gibt in seiner pathologischen Anatomie eine gute Zeichnung vom Milben-
gange, welche aber mit dem Texte in eklatantem Widerspruche steht,
da dem letzteren zufolge die Milbe ihren Gang bis ins Stratum Malpighii
wählt, ja sogar die Papillen erreicht, während die Figur den Milbengang
immer oberhalb der Stachelschichte zeigt. Gegen die Annahme des
Sitzes der Milbe in der Stachelschicht tauchten nun schon a priori einige
Bedenken auf, und diese waren es eben, welche Herrn Dr. Unna be-
wogen, die Anatomie des Milbenganges einer neueren Prüfung unterziehen
zu lassen.
Hat nämlich die Milbe ihren Sitz wirklich in dem Stratum spino-
sum, dann münden die interepithelialen Saftspalten in den Milbengang.
Die in diesen Saftbahnen kreisende und den durch die Gegenwart der
Milbe gesetzten Entzündungsreiz entsprechend vermehiie Lymphe mufs
sich also in den Gang ergiefsen und damit, so zu sagen, eine fortwährende
Überschwemmungsgefahr für die Milbe bilden. Man könnte eben nicht
behaupten, dafs die Milbe den letzten Umstand als ihrem Dasein be-
sonders günstig auffafst; trachtet sie doch selbst nach der Beschreibung
obiger Autoren aus der Nachbarschaft der unter ihrem Einflüsse sich
bildenden Entzündungsherde, Bläschen und Pusteln wegzukommen. Ander-
seits müfste es gelingen — und diesen Einwand halten wir für den ent-
scheidenden — , unter den angenommenen Umständen aus dem Milbengang
immer Serum herauszupressen. Auch müfste der Scabiesprozefs bei dem
Verweilen der Milben in der an Nerven und Nervenendigungen über-
reichen Stachelschicht mit fortwährenden, ganz unausstehlichen Juck-
und Schmerzempfindnngen einhergehen, da doch auch ganz geringe Ex-
kursionen der Milbe in der sie umgebenden weichen Substanz des Stratum
splnosum und an den in demselben enthaltenen Nervengebilden nicht
unerhebliche Läsionen setzen müfsten. Der Juckreiz steigert sich aber
nur periodenweise, unter bestimmten Umständen, z. B. im warmen Bette,
in höherem Grade und Schmerzen sind ja bekanntlich überhaupt nicht
charakteristische Begleiterscheinungen der Scabies. Bei der gewöhnlich
herrschenden Intensität und Periodizität des Juckreizes lag aus klinischen
Gründen die Annahme näher, dafs die Milbe ihren Sitz nicht in der
nervenreichen Stachelschicht habe.
362
Die histologische Untersuchung rechtfertigte nun vollständig —
wenigstens hei den von mir untersuchten 7 Milhengängen — das durch
ohige Betrachtungen hervorgerufene Mifstrauen gegen die Annahme eine»
Aufenthaltes der Krätzmilbe in den oberflächlichen Lagen des Rete Mal-
pighi. Die Milbe fand sich in den untersuchten Hautstücken nie in dem
Rete Malpighi, sie war sogar noch um die Breite mehrerer Zellreihen
oberhalb der basalen Hornschicht zu finden und hatte sich hier ein von
dem ihr bisher vindizierten verschiedenes, solider gebautes, starres Harn
bereitet.
Die Milbe gelangt, nachdem sie die oberflächlichen Lagen der Horn-
schicht zerwühlte, in den unteren Teil der mittleren Hornschicht und
setzt nun ihre Wanderung nicht schräge nach abwärts, sondern ganz und^
gar dieser Schicht entsprechend in mehr oder weniger horizontaler
Richtung fort, wobei sie ihrer längst bekannten Gewohnheit gemäfs ihre
Eier quer zur Achse des Ganges hinter sich legt. Was ist aber der
Grund des Weiterwandems der Milbe? In erster Reihe steht natürlick
der Umstand, dafs die Milbe Platz für ihre Eier braucht und deshalb
ihre Minierarbeit fortsetzt. Kaposi beschuldigt noch eine eliminatorische
Epithelhyperplasie und Verhornung unterhalb des Ganges, welcher, durch
die Gegenwart der Milbe hervorgerufen, dieselbe aus der ihren Lebens-
bedingungen entsprechenden' Schicht emporhebt, weshalb dieselbe über
diesen Hügel hinauszukommen trachtet, um wieder die ihren Anforde-
rungen entsprechende Schicht aufzusuchen. Geber bringt die sich hierauf
beziehende Zeichnung nach B[aposi in Ziemssens Handbuch der Haut-
krankheiten. Sein Zeichner verlegt aber auffklligerweise diese Herde der
Epithelproliferation oberhalb des Milbenganges. Eine Epithelproliferation
findet übrigens weder über noch unter dem Gange statt, was nach unsem
Kenntnissen von der Proliferation der Epidermiszellen nicht anders zu
erwarten war. Die Teilung der Epidermiszellen findet auch unter patho-
logischen Verhältnissen nur in den unteren Stachelzelllagen statt, nie in
der Hornschicht, die Lagerungsverhältnisse der Milbe werden also hier-
durch nicht verändert, und somit entfällt dieser Dmstand als Ursache des
Weiterwandems der Milbe. Hingegen kann vielleicht der ProzeJs, den
Kaposi mit dem Namen der „Verhomung" der unter der Milbe liegenden
Reteschicht bezeichnet, mit dazu beitragen, um die Milbe zum Fort-
wandern zu bewegen. Da ich den Milbengang immer nur in der Horn-
schicht fand, kann ich von einer Epithelverhornung des Rete natürlich
nicht sprechen. Doch die die Milbe umgebende Hornschicht, also die
Wand des Milbenganges, finde auch ich verändert. Die Hornschicht ist
hier dichter, fester, starrer, trockener geworden und färbt sich z. B. mit
Safranin viel intensiver als die Nachbarschaft. Diese Starrheit des
Kanals ist eben die Ursache, dafs derselbe nach dem Durchgange der
363
Milbe nicht zusammenfkUt nnd besonders bei der Flächenansicbt überall
dieselbe Breite besitzt. Diese Dichtigkeit und Trockenheit der umgeben-
den Homschicht harmoniert wohl nicht mit den Ansprüchen der Milbe,
sie bohrt weiter in die Nachbarschaft, wo zwischen den noch nicht ver-
trockneten, nicht komprimierten Zellen das Nährmaterial leichter zu be-
schafiFen ist. Es ist aber doch zu bedenken, dals bei der Borkenkrätze
selbst im Nagel Milben angetroffen werden, also unter Umständen, welche
denselben viel schwerere Lebensbedingungen setzen müTsten als die eben
beschiiebenen.
Die Veränderung der umgebenden Homschicht wird wohl nur durch
das physikalische Moment der Durchwühlung verursacht. Durch die
Bildung des Hohlraumes wird die Vertrocknung, durch das Dazwischen-
treten und Wühlen der Milbe die Verdichtung der benachbarten Schicht
begünstigt.
Zu den bekannten Thatsachen über die Entwickelung, Lebensweise
etc. der Milbe habe ich nichts hinzuzufügen. Hingegen scheinen mir
einige, durch die Milbe verursachte Veränderungen der Haut, welche in
den Kreis des Scabiesekzems gehören, erwähnenswert..
Die im Gefolge der Scabies auftretenden Effloreszenzen waren schon
von jeher in solche eingeteilt, welche durch die Milbe direkt verursacht
werden, und in solche, welche nur als Komplikationen aufgefaCst werden
müssen. Es ist doch nicht zu bezweifeln, dals die Pustelbildung auch
bei der Scabies nur einer Staphylokokkeninvasion zu verdanken sei, also
nicht Produkt der . Mübe selbst ist. Die Exkoriationen, Krusten und
Borken sind natürlich durch den kratzenden Finger verschuldet. Die
histologische Untersuchung lehrt aber, dafs es nicht angehe, alle Efflo-
reszenzen (Knötchen, Bläschen, Pusteln) nur dem mechanischen Insult des
Kratzens zuzuschreiben und den Milben nur die Bildung des Ganges und
den dadurch verursachten Juckreiz zu vindizieren. Man kann auch aus
diesem Grunde die Krätze nicht als ein artefizielles Ekzem auffassen,
welches zur Ursache das durch die Gegenwart der Milbe bedingte Jucken
nnd den kratzenden Finger hat.
Die Befunde, auf die ich hiermit hinweisen will, beziehen sich auf
die Art der Bläschenbildung, welche hier einige Eigentümlichkeiten hat.
Die jüngsten und kleinsten Bläschen befinden sich gewöhnlich knapp
unterhalb des Milbenganges, oft sogar in der Homschicht. Indem die-
selben sich vergröfsem, wachsen sie so zu sagen nach abwärts und dehnen
sich auf Kosten der Stachelschicht aus, die nun in die Bläschen aufgeht.
In der Aufquellung der Hornzellen, d. h. in Bildung der Bläschen in der
Homschicht, Eegt doch nach dem durch Unna erbrachten Beweis, dais
nur der Mantel der Zelle, im Innem derselben aber noch quellbare Sub-
stanz enthalten ist, nichts Auffälliges. Nur der Umstand, dals die jüngsten
364
Bläschen sich so enge an die Nachbarschaft des Ganges halten, erregt
berechtigte Aufmerksamkeit. Wenn die oberen Zellen infolge der die
Epidermis durchtränkenden Lymphe aufquellen, während die unteren sieh
noch ganz normal erweisen, so ist dies nur durch die Annahme erklärlich,
dafs die dem Milbengange näheren Zellen durch den Krankheitsprozefe
widerstandsunfähiger, oder abgetötet werden und nun der Kolliquations-
nekrose verfallen. Da nun diese Zellen nicht in der unmittelbaren Nach-
barschaft der Milbe, sondern von letzterer durch die Wand des Granges
abgeschieden liegen, so ist an eine mechanische Läsion derselben durch
die Milbe nicht zu denken. (Die die Wand des Milbenganges bildenden,
komprimierten und vertrockneten Zellen scheinen- überhaupt einer ähn-
lichen Veränderung nicht mehr fähig zu sein.) Es mufe also zur Er-
klärung dieser* „Femwirkung" der Milbe ein von derselben sezemiertes
Gift angenommen werden, welches auf die betreflfenden Zellen einen
deletären Einflufs ausübt.
Diese Annahme scheint auch den klinischen Symptomen gut zu eüt-
sprechen. Ein in die Epidermis hineingeratener Fremdkörper verursacht
kein hochgradiges Jucken, und auch* das Herumwühlen der Milbe in der
Homschicht scheint mir für das zeitweise so hochgradige Jucken der
Skabiosen ein ungenügender Grund zu sein. Die Annahme einer zeit-
weisen Sekretion irgend einer reizenden • Substanz von Seite der Milbe
erweist sich mir auch infolge dieses Umstandes nicht als grundlos. Das
Vorhandensein derselben haben auch Boürgüignon und Moquin Tandok
behauptet, und Hardy bemühte sich den experimentellen Beweis für ihr
Vorhandensein zu erbringen, indem er sich mit der durch Zerquetscheo
einiger Milben gewonnenen Masse impfte. Während nun an den zwt
Kontrolle mit „sterilen" Instrumenten behandelten Stellen keine Ver-
änderung eintrat, entstanden an den geimpften Punkten unter ziemlichem
Jucken Papeln.
Schon das bisher Erwähnte scheint mir mit ziemlicher Sicherheit für
das eben Behauptete zu sprechen; die weiteren Veränderungen der Hant
beim Scabiesprozesse tragen noch einiges zur weiteren Bekräftigung dieser
Ansicht bei.
Es entwickeln sich nämlich Reizungserscheinungen im Korium und
in den tieferen Schichten des Rete Malpighi. Die Gefäfse des Stratum
papilläre erweitern sich, ihre Endothelien, sowie auch die fixen Binde-
gewebszellen weisen da und dort Kernteilungsfiguren auf; die Papillen
erscheinen ödematös durchtränkt, zwischen den tiefer gelegenen Zellen
der Stachelschicht sieht man einzelne Wanderzellen sich hindurchdrängen,
und die Bläschenbildung schreitet immer mehr in die Tiefe. Im Ver-
laufe der letzteren quillt das Protoplasma der tiefer liegenden Zellen
ebenfalls auf; die Zellen werden hell, durchsichtig, bauchig aufgetrieben,
j
365
ihr Inhalt flüssig; nur die Randpartie bleibt länger konsistent, nnd auch
der Kern ist lange durch Färbung nachweisbar. Die der Bläschenmitte
zu gelagerten Zellen, welche also die nächste Umgrenzung des flüssigen
Bläscheninhalts bilden, platzen .endlich, und man sieht die konsistentere
Randschicht an einer Stelle durchrissen, den Kern nicht mehr im Innern
der geplatzten Kugel. Während also das Bläschen im Anfang nur aus
gequollenen 'Epithelien bestand und von den Wänden derselben septen-
artig durchzogen war, findet man diese Zeichnung später nur an der
Bandzone des Bläschens. Durch die allmähliche Vergröfserung des
Bläschens werden die benachbarten, der Degeneration noch nicht anheim-
gefallenen Zellen des Rete Malpighi etwas abgeflacht. Im Innern der
Bläschen befinden sich neben Resten der Zellenwand Fragment^ der
Kerne, welchen sich später einige durch die interepithelialen Lymph-
spalten gewanderte weifse Blutkörperchen zugesellen.
Diese Erscheinungen lassen sich nun keinenfalls auf die an der Haut
bewirkten mechanischen Läsion, welche durch die die Homschicht durch-
wühlende Milbe verursacht werden, allein beziehen. Die Annahme einer
durch die Milbe abgesonderten, bis in das Korium diflFundierenden und
auch dessen Gefäfse und Zellen reizenden Substanz scheint mir zur Er-
klärung der eben mitgeteilten Befunde vollkommene Berechtigung zu
haben.
Aus meinen Präparaten ergibt sich mithin:
1. dafs der Milbengang sich hier nicht in der Stachelschicht, sondern
in der untersten Lage der mittleren Homschicht befindet;
2. dafs das Scabiesekzem kein durch das Kratzen hervorgerufenes,
sondern aus histologischen Gründen wahrscheinlich ein durch die Milbe,
resp. durch die von derselben abgesonderte reizende Substanz verur-
sachtes Ekzem sei.
Weiteren Untersuchungen mufs es vorbehalten bleiben zu entscheiden,
ob die von mir gefundenen und mit den bisherigen Beobachtungen in
Widerspruch stehenden Thatsachen eine allgemeine Gültigkeit für den
Scabiesprozefs besitzen, was bei der ausnahmslosen Gleichförmigkeit der
Befunde bei 7 Milbengängen mir jetzt schon wahrscheinlich ist.
366
Die Fortschritte der Hantanatomie in den letiten
5 Jahren.
Von
P. G. Unna.
VI.
Das Pigment der Haut.
Die Bearbeitung des Hautpigmentes gehört fast ganz dem letztes
Lustrum an; kein andrer Teil der Hautanatomie ist seitdem so yyä.
gefördert worden. Zunächst war der Sitz des Pigmentes an der Stachel-
schicht näher zu erforschen, da Waldeybrs Angaben über diesen Punkt
(1884) den meinen (1876) schnurstracks zuwider Uefen. Ich hatte iSr
das Haar angegeben, daJjs die Matrixzellen der Haarrinde in Pigment-
Scheiden steckten, liefs aber zu, .^dafs weiter oben im Schaft und bei
stärkerer Pigmentierung das Pigment seinen Weg in die Zellen selbst
finden mag." Waldeyer sieht umgekehrt daa Pigment sicher ^am
unteren noch weichen Haarende in den Bildungszellen der Rinde** li^en
und gibt umgekehrt zu, dafs „weiter nach oben wohl einzelne Pigment-
kömchen zwischen dieselben gelangen."
E.IEHL (Zur Kenntnis des Pigmentes im menschlichen Haar.
Vief'teljahresschr. f. Dermat. 1884. pag. 33) untersuchte nun dieselbe Frage
am Haar und fand das Pigment zuerst unterhalb der Papille und in der
Papille an unregelmäfsig gestaltete, verästigte Wanderzellen gebunden,
mit denen es in die Interstitien zwischen die Epithelien gelangt. Weiter
oben verschwindet es aus den Interstitien immer mehr und häuft sick
dafür im Protoplosma der Epithelzellen an. Noch ehe die Bindenzellen
ganz verhornt sind, umgibt es in dichter Lage die Kerne derselben,
welche vollkommen frei bleiben, und zeigt sich in der Peripherie der
Zellen unregelmäfsig verteilt. Bei der Verhomung scheint RiSHL eine
diflFase Verteilung, eine Art Lösung des Pigmentes in der Homsubsfaoz
vor sich zu gehen. Wo das Protoplasma der Wanderzellen bleibt, welche
ihr Pigment an die Epithelien abgegeben haben, weifs £.iehl nicht «u
sagen.
Zur selben Zeit wie Biehl hat auch Aeby in einer kurzen vo^
läufigen Mitteilung (Die Herkunft des Pigmentes im Epithel. Medis^
Cmt/ralbl, 1885. . No. 16) den allgemeinen Satz aufgestellt, dafs das
Pigment nicht im Epithel selbst gebildet, sondern durch Wanderzellen
aus dem Bindegewebe dahin getragen und dort deponiert würde. Leider
verhinderte der bald erfolgende Tod dieses Autors eine ausführliche nsd
367
beweisende Publikation. Bishl war daher der erste, welcher diese
These für einen speziellen Fundort des Pigmentes am Menschen näher
begründete. Was die Lagerung des Pigmentes betrifit, so vermittelt Ribhl
nicht, wie er sagt, zwischen Waldbyer und mir, sondern stellt sich ganz
auf meine Seite, indem er das Pigment von auisen in die Epithelzellen
hinein- und nicht aus denselben heraustreten sieht, während die Rinden-
zelle altert.
Ehbmann (Untersuchungen über die Physiologie und Patho-
logie des Hautpigmentes. Vierteljahr esschr. /. Dermat, 1886. pag. 507)
ging bei seinen Untersuchungen des Hautpigmentes einerseits vom Studium
der Amphibienhaut aus, von welcher die Pigmentierung durch Pigmentzellen
ja bereits viel genauer studiert war, andeimts machte er, wie Quincke,
Experimente über die künstliche Bildung von Pigment auf Blutfarbstoff
im Gewebe. Er brachte Hunde und Meerschweinchen blutunterlaufene
Quetschungen bei und fand, dais der von Zellen aufgenommene Blutfarb-
stoff sich regelmäfsig in amorphes, kömiges Pigment umwandelt, während
sich frei im Gewebe aus demselben Hämatoidinkristalle bildeten. Später
enthielten dieselben Gewebe massenhaftes amorphes Pigment in Zellen
der Cutis und in der Stachelschicht der Oberhaut. Die Untersuchung
der Cutis des Frosches führte anderseits zu dem Schlüsse, dafs die
Pigmentzellen sich überall dicht an die Blutgefäfse halten, in der mitt-
leren, „gegitterten", gefäislosen Lage fehlen, um das Kapiilarnetz der Ober-
fläche reichlich vorhanden sind u. s. f. Eurmank leitet daher das
Hautpigment hier aus dem Blutfarbstoff ab, welchen die den Ge&isen
zunächst gelegenen Bindegewebszellen aufnehmen. Aber auch beim
Säugetier hält sich das Pigment genau an die stark vaskularisierten
Bezirke; es erstreckt sich beispielsweise vom Konjunktivalepithel ins
Kornealepithel nur, soweit die Randgefufszone der Cornea reicht.
Die Pigmentation der Oberhaut von der Cutis aus geht nur beim
Frosch so vor sich, dafs die unterhalb des Epithels gelagerten verästigten
Bindegewebszellen ihr Pigment an die unteren Zellen der Oberhaut ab-
geben, während sie selbst vorübergehend pigmentfrei werden. Wenn
dieser Pigmentschub in die oberen Epithellagen aufgestiegen ist, erscheinen
die unteren Epithelien pigmentfrei und die verästigten Zellen der Cutis
bereits wieder beladen mit Pigment. Beim Säugetier und Mensch enthält
die Keimschicht der Oberhaut zunächst das Pigment, welches von den
Pigmentzellen der Cutis abgegeben wird, meist schalenförmig um den
oberen Pol des Kerns gelagert und von dort in Streifen nach dem Fufs-
ende der Epithelzelle ziehend. Die Keimzellen der Haarrinde dagegen
erhalten selbst kein Pigment, sondern lassen zwischen sich Raum für sehr
lang verzweigte Pigmentzellen, die noch 3 — 4mal höher zwischen die
Uatrizzellen hinauf ihre Äste senden, als Rishl, dem Ehrmann sonst
368
vollkommen beistimmt, ' angibt (6 — 16 Zellenhöhen). Ehrmä5N findet
also auch das Pigment zwischen, nicht in den Keimzellen der Hau-
rinde liegen. Die Pigmentzellen der Oberhaut sind zart, sternförmig und
anastomosieren untereinander; sie sind viel schmächtiger als die Figment-
zellen der Cutis. Sie sind wie diese stabil und wandern nicht aus da
Cutis in die Oberhaut, sondern entnehmen nur das Pigment den pig-
mentierten Bindegewebszellen. Es besteht also nur eine Pigmentwande-
rung, keine Pigmentzellenwanderung, wie'ÄEBY und Riehl glaubten.
Das Pigment wird beim Menschen, obgleich es fast nur im Epithel
zu finden ist, doch insgesamt in der Cutis gebildet; dies schliefst Ehkmakj
einerseits aus der Analogie mit der Amphibienhaut, wo das massenhafte
Aufsteigen aus der Cutis sich besser beobachten läfst, anderseits daraus,
dafs bei stärkerer Pigmentierung stets auch Pigmentzellen sich in der
Cutis finden. Er erklärt das gehäufte Vorkommen in der Oberhaut hie:
durch die Existenz der Hornschicht (wie bei Reptilien), ohne diese vörde
das Pigment, weil es kontinuierlich aufwärts wandert, abgestoJsen werden;
nun wird es in der Oberhaut festgehalten und nur mit den Homschuppen
schliefslich entfernt. Diejenigen pathologischen Zustände der flaut
(Vitiligo, Poliosis), wo die Cutis pigmentiert, die Oberhaut pigmentfra
sind, erklären sich durch den Mangel der verästigten, cellulären Pigment-
träger.
Wie gelangt aber nun das Pigment aus . den verästigten Bindegewete-
' Zellen in die verästigten interepithelialen Zellen, resp. in die basalen
Epithelien selbst? "Wie wandert Pigment ohne eigne aktive Beweglich-
keit von einer Zelle zur andern? Diese nach Beseitigung von Eekhls
Wanderzellen höchst rätselhafte Thatsache erklärt sich nach EhbjcasJ
„ganz einfach" f olgendermafsen :
„Die mit aktiver Beweglichkeit (aus den beweglichen Pigmentzellen
färben wechselnder Tiere erschlossen. Ref.) versehenen subepidermidate
Pigmentzellen treten mit den ebenfalls aktiv beweglichen fingerförmigen
Portsätzen (nach Stricker. Ref) der Basalzellen in Verbindung. Auf
den so entstandenen Brücken tritt das Pigment in die Basalzelle über.'
Soweit ist alles nicht gerade unglaublich und die Übertragung aktiver
Beweglichkeit von den Wanderzellen auf die subepithelialen Bindege-
webszellen und basalen Epithelien, so wenig die histologischen Verhilt-
nisse der Cutisgrenze am Menschen für eine solche sprechen, gäbe aller-
dings ein Verständnis der Pigmentwanderung; dann fährt aber Ehe-
mann fort:
„und ein Teil des Fortsatzes der Bindegewebszelle wird vom Zellen-
leibe der Basalzelle aufgenommen.'"
Hierbei stützt sich unser Autor auf nichts weniger als die — Bbkrtb-
schen Gebilde im Froschlarvenschwanze. Hoffentlich ist dieses die letzie
369
I^hase, welche die Byssuszellen Leydigs durchzumachen haben. Nach
allem, was wir oben hierüber bereits mitgeteilt, und trotz des Geschicks,
mit welchem Ehrmann die GAULEsche Arbeit für seine neue Theorie
dieser Gebilde verwendet, bleibt an der ganzen Sache wohl nichts anderes,
als dafs bei etwas älteren Salamandern hin und wieder in den basalen
Epithelien Pigment in einer Form auftritt, die an die . EßERTHSchen Ge-
bilde erinnert. Gehören die EßERTHschen Gebilde dem Saftkanalsystem
an, wie ich annehme, so liegt in einem Pigmentgehalt derselben nichts
besonderes und macht die von Ehrmann angenommene, vorübergehende
Invagination der subepithelialen Bindegewebszellen in die basalen Epithelien
unnötig. Wir finden, oflFen gesagt, diese letztere "Idee von Ehrmann
etwas abenteuerlich und sehen in ihr nichts weniger als „den letzten
Beitrag zur Aufklärung dieser Gebilde."
Die Weiterbeförderung des Pigments nach oben bei den Amphibien
besorgen neue, reichlich mit feinen Ausläufern versehene, kreisförmige
oder ovale Zellen der zweiten Epithellage (Taf. 22, Fig. 2), welche den
w^eniger reichlich verzweigten, unregelmäfsig gestalteten Pigmentzellen des
Bindegewebes so unähnlich sind, dafs Ehrmann sie .für Epithelzelleu
hält. Ich gestehe, dafs das betreffende Bild so frappant einer gelungenen
interepithelialen Injektion mit Asphalt oder einer natürlichen (durch
Osmium geschwärzten) Injektion der Epithellymphwege mit Fett (beim
Ekzema seborrhoicum) gleicht, dafs ich vielmehr geneigt bin, diese sog.
pigmentführenden Epithelien als in Pigment eingebettete Epithelien, ihre
sog. Ausläufer als Ausgiefsungen der nächstgelegenen SafÜücken mit
Pigment anzusehen, besonders da sie nach Abstofsung des Pigments sich
wieder in unverzweigte Epithelien verwandeln sollen.
Sehr mit Recht macht Ehrmann auf die groJse Bedeutung der Ab-
wesenheit von Bildern aufmerksam (bei den Amphibien), wo unter der
Basalmembran liegende pigmentierte Zellen halb ins Epithel aufragen
und in diesem sich reichlich verzweigen. Nur diese würden eine Pig-
mentzellenwanderung sicher beweisen. Auch wir glauben nicht an eine
solche. Aber anderseits versäumt Ehrmann, die Zellennatur seiner s'oge-
genannten Pigmentübertrager, die innerhalb der Oberhaut stabil sein sollen,
gegen die nächstliegenden Einwürfe sicher zu stellen. Alle seine Bilder
erklären sich einfach als sehr vollkommene Ausgüsse der Saftspalten des
Epithels mittels Pigmentbrockeu, die ja wohl aus den subepithelialen
Pigmentzellen herstammen mögen.
Die PigmentwandeiTing beim Menschen wird nun mehr durch die
Analogie der Amphibienhaut als durch neue Beweise gestützt, ebenfalls
für die Haare als eine indirekte Übertragung durch stabile, in der Haar-
wurzel sefshafte, verzweigte Zellen beschrieben. Diese sollen bei Canities
praematura fehlen; das ist sehr wahrscheinlich. Dafs sie aber für ge-
370
wohnlich vorkommen, dafs mit andern Worten Ehrmanns verzweigte
Pigmentzellen daselbst nicht einfach Ausgüsse der interepithelialen Saft-
kanäle mit Pigment sind, das hat der Autor nirgends bewiesen. Wir
protestieren aber hier wie anderswo gegen jede nicht strikt bewiesene
Übertragung der Zellnatur auf zellähnlich gestaltete Dinge.
An der Oberhaut des Menschen soll aufser der indirekten Über-
tragung durch verzweigte Zellen der Outisgrenze in weit beschränktem
Mafse auch die direkte Übertragung von Bindegewebs an basale Epithel-
zellen vorkommen. Auch diese in der Histologie ganz einzig dastehende,
wenn auch nur vorübergehende Verschmelzung von Bindegewebszellen
und Epithelien scheint mir von Ehrmann noch nicht genügend bewiesen
zu sein.
Übrigens halten wir mit Ehrmann gegen B.iehl daran fest, dafs die
Leucopathia syphilitica, die Vitiligo und Poliosis nicht durch Abwärts-
schaffung des bereits vorhandenen Pigments, sondern durch Sistierung von
neuerzeugtem viel wahrscheinlicher erklärt werden, wenn wir dazu auch
gerade nicht wie Ehrmann des Mangels von Pigment übertragenden
Zellen bedürfen.
Der Hauptwert der EnRMANNschen Arbeit scheint uns eineraeits in
den experimentellen und histologischen Beweisen für die Pigmenterzeu-
gung in der Cutis zu liegen, anderseits in den vielföltigen, instruktiven
Schilderungen der Pigmentwanderung ohne Wanderung der Cutiszellen,
welche das Pigment beherbergen. Seine weit ausgesponnene Theorie
eigner, cellulärer Pigmentübertrager in der Epidermis dagegen erscheint
uns durchaus noch unbewiesen und unwahrscheinlich, und die morphologi-
schen Unterschiede zwischen den verästelten Pigmentzellen der Cutis und
den sog. verästelten Pigmentzellen der Oberhaut alle nur dafür zu sprechen,
dafs die letzteren eben gar keine Zellen sind.
Nothnagel (Zur Pathologie des Morbus Adwson. Zeitschr. /*.
klin. Med. Bd. IX. Heft 3 u. 4) schlie&t sich Aeby, Biehl und Ehrmann
darin an, dafs er das Pigment der Oberhaut bei der ADDisoNschen
Krankheit und das damit vollständig übereinstimmende der weifsen und
schwarzen Rassen aus den Pigmentzellen der Cutis ableitet. Nothnagel
konnte an dem Oberhautpigmente beim Morbus Addison nicht die Perls-
sehe Eisenreaktion mit Perrocvankalium und Salzsäure erhalten, was ich
für das normale Oberhautpigment nach eignen, früheren Versuchen be-
stätigen kann. Der Autor möchte das Nervensystem für die Bedingungen
verantwortlich machen, welche einen reichlichen Blutfarbstoffaustritt in
die perivaskulären Bindegewebszellen gestatten. Über den Modus der
Fortschafiung des gebildeten Pigments in das Epithel stellt er keine
Theorie auf.
Karg (Verhandlungen der ersten Versammlung der anatom. Gesellsch.
371
1887. AncUom, Anzeiger. J887. pag. 377) beobachtete, dafs weifse, auf
das Unterschenkelgescbwür eines Negers transplantierte Haut daselbst
bald tief schwarz wurde. Umgekehrt ergab die Trausplantation schwarzer
flaut auf die Substanzverluste eines Wei&en, daüs dieselbe mit der Zeit
ihr Pigment verlor. Die Pigmentierung der weifsen Haut geschah, indem
zunächst das intercellulare Kanalsystem des Epithels von schwarzen Fäden
durchzogen wurde, welche Karg, nach Ehrmann und ohne besondere
Beweise, für Ausläufer, von Zellen hält, welche an der Grenze von Ober-
haut imd Cutis liegen. Erst später sammelt sich das Pigment in Körn-
chen im Innern der Epithelzellen an. Die Pigmentzellen der Cutis haben
keine Ausläufer. Der Pigmentschwund der schwarzen Haut zeigte zuerst
einen Pigmentverlust der Stachelschicht, während die Hornschicht noch
länger Pigment enthielt (übereinstimmend mit Ehrmanns Theorie). Wichtig
erscheint uns aufserdem der Befund von Pigment in den Talgdrüsen,/ wo
es Karo der Verfettung anheimzufallen schien.
In bezug auf den Modus der Pigmentübertragung schlieM sich Karg
an Aeby und Riehl an, indem er Wanderzellen (Chromatophoren) mit
diesem Geschäfte betraut. Aber mehr noch als das. Diese pigment-
beladenen Wanderzellen sollen auch als Nähi'material für das Epithel
dienen. So lange sie noch «fehlen, ist das Aussehen der transplantierten
Stücke ein kümmerliches, wenn sie erscheinen, sehen jene frisch aus und
zeigen energische Proliferationsvorgänge. Diese Thatsache mag klinisch
sehr gut beobachtet sein; ihre Deutung aber ist wohl einfacher die um
gekehrte: so lange die transplantierten Stücke schlecht ernährt werden,
wandert auch noch kein Pigment ein, sondern erst mit einem kräftigeren
Saftstrome.
Es ist sehr bezeichnend, dafs es ^ trotz mannigfacher darauf gerichteter
Bemühungen** Karg ebensowenig wie Ehrmann gelungen ist, das Chro-
matophorennetz an weiiJser Oberhaut einwandsfrei (durch Tinktion) nach-
zuweisen. Es existiert eben nicht; sonst wäre es in der Hauthistologie
wohl schon länger bekannt. Trotzdem kann sich Karg, wie Aeby, von
der Idee einer Ernährung der Epithelien durch Wanderzellen nicht los-
reiisen — in der in verschämter Weise die alte Theorie von Bisiadbcki
wieder auflebt, welche jetzt ganz verlassen ist, nach der aus Wanderzellen
direkt Epithelien werden. Eines ist so unnötig und unbewiesen wie 4»^
andere.
V. KöLLiKER (Woher stammt das Pigment in den Epidermis-
gebilden. Anatom, Anzeiger. 1887. pag. 483) hat schon vor Jahren
Dach eignen Befunden und solchen von Lbydig und H. Müllbr die
Vermutung ausgesprochen, dafs alle Pigmentzellen in den Oberhäuten
aus der Cutis durch Einwanderung in dieselbe gelangen. Er schliefst
sich nach neueren Untersuchungen ganz an Aeby und Biehl an (die
372
EHRMANNsche Arbeit scheint v. Kölliker damals noch unbekannt ge-
wesen zn sein). Als besonders passende Objekte zur Demonstration nenat
V. Kölliker die menschlichen Haare, den Bast des sich entwickelnden
Hirschgeweihes, die Federkeime des Hühnchens, die Oberhaut des D^om^
dars und des Gorilla. Während hier der Nachweis von verästigten
Pigmentzellen in der tieferen Stachelschicht und an der Grenze von Cutis
und Stachelschicht durch die Menge und Gröfse derselben sehr erleichtert
ist, war es Kölliker bisher noch nicht möglich in* der menschlichen
Oberhaut verzweigte Pigmentzellen zu entdecken. Dagegen
fand Kölliker hier auch wie alle Histologen vor ihm kleinere, mehr
rundliche* Pigmentzellen in der Cutis bis unmittelbar an das Epithel
heran und glaubt, gestützt besonders auf Kargs Präparate, dafs auch hier
derselbe Modus der Pigmenteinwanderung besteht, aber nur schwerer nach-
weisbar sei.
Seither hat der hochverdiente Nestor der Histologen dieselbe Frage
noch zweimal erörtert, einmal in einem Vortrage: über die Entstehung
des Pigmentes in den Oberhautgebilden [Sitzber, d, Würzb. Phifs.
tned. GeseUsch. vom 4. Juni 1887) und in einer gleichnamigen mit Ab-
bildungen reich ausgestatteten Abhandlung in der Zeitschrift für unssenscJi.
Zoologie (Bd. 45. Heft 4. 1887).
Jenem Vortrage entnehme ich die Anschauung v. Köllikers, dafe
die pigmentierten Bindegewebszellen ohne Ausnahme nur in den tiefsten
Lagen der Stachelschicht liegen und weit von der Cutis entfernte Epithel-
abkömmlinge ihr Pigment nicht in loco, sondern bereits zu einer Zeit
aufgenommen haben, wo sie noch der Lederhaut nahe lagen. Die Pi^:-
mentbildung in den Bindegewebszellen ist v. Kölliker geneigt, auf die
Anastomosierung derselben untereinander und mit den Adventitialzellen
der Blutgefäfse und damit auf ein Transsudat aus dem Blute zu beziehen;
wenigstens erscheint eine solche Beziehung wahrscheinlicher als eine
spezifische, pigmentbildende Thätigkeit der Zellen. Doch sind es nicht
die Bindegewebezellen ganz allein, welche Pigment zu bilden, vermögen;
die Pigmentlage der xSetzhaut enthält FarbstoflFkömer, ehe die Aderhaut
gefärbt ißt, ferner nennt v. Kölliker pigmentierte Nervenzellen als
pigmentbildende Abkömmlinge des Ektoderms. Auch an pigmentierten
Naevi, also pathologischen Oberhautgebilden, konnte v. Kölliker den-
selben Modus der Pigmentierung nachweisen, wie er jetzt für die normale
Oberhaut feststeht.
Aus der gröfseren Arbeit desselben Autors erfahren wir den Ort
seiner früheren Angabe, dafs wahrscheinlich alle verästigten Pigmentzellen
der Oberhäute eingewanderte Bindegevvebsköipei'chen seien. Beobachtuogen
über Protopterus annecteus veranlafsten ihn, diese Hypothese 1860 bereits
aufzustellen [Würzh. Verlidlgn. Bd. 1). Wichtig ist sodann die Angal'e,
A
373
dafs die Haarpapille nod der Haarbalg Pigmentzellen enthalten, daTs
,, dieselben hier aber meist viel weniger gnt entwickelt sind als im Baare
selbst.^ Diese Angabe wird durchaus bestätigt dnrch die Abbildung 1,
welche das Pigment einer isolierten Papille zeigt, und die Figuren 2 — 7,
welche das Pigment des Haares nebst Scheiden illustrieren. Diese Diffe-
renz ist in der That eine konstante, aber doch höchst auffallende, wenn
es richtig ist, dafs die Pigmentzellen in die Oberhaut einwandern. Man
sollte sie doch dann gerade in der Cutis, welche das Haar umgibt, optima
forma zu sehen bekommen und sie sollten hier freier und schöner aus-
gebildet sein als in den Spalten der Oberhaut. Mir scheint diese That-
sache die Zellennatur der verästigten Pigmentfiguren in der Oberhaut,
wie sie v. KOlliker trefflich abbildet, sehr zu verdächtigen. Genau die-
selben Bilder findet man, wenn eine Fettinfiltration der Lymphwege der
Oberhaut mittels Osmium geschwärzt wird (Fig. 15 meiner Anatomie); die
Zellenleiber, welche scheinbar dabei auftreten, sind Infiltrationsmassen,
welche die Oberhautzellen schalenartig umgeben.
Fassen wir nun das Gesamtresultat der hier mitgeteilten Arbeiten
zusammen, so ergibt sich in betreff eines Punktes wenigstens eine recht
erfreuliche Übereinstimmung. Alle Forscher (Riehl, Aebt, Ehrmann,
Nothnagel, Karg, Köllikbr) lassen das Oberhautpigment nicht in der
Oberhaut selbst entstehen, sondern aus der Cutis dahin transportiert
werden. Für einen so kurze Zeit erst bearbeiteten Gegenstand, der bis
dahin noch völlig dunkel, aber doch a priori meist umgekehrt entschieden
wurde, ist diese Einmütigkeit ebenso überraschend wie wertvoll.
Femer sind alle Untersucher darüber einig, dafs in den unteren
Lagen des Epithels das Pigment noch zwischen den Epithelien in den
Saftkanälen der Oberhaut sitzt, um höher oben — und nur bei starker
Pigmentierung bereits unten — in die Epithelien hineinzugelangen, wo
es, wie schon Aebt betonte, sich hauptsächlich am distalen Kernpol
ansammelt. Involviert diese allgemeine Annahme der Pigmenteinwande-
rang von aufsen schon eigentlich die frühere, dafs überhaupt solche
intercelluläre Spalten zwischen den Epithelien vorhanden sind — was
vor der Arbeit von Key und Retzius und meiner Nachuntersuchung
durchaus nicht angenommen wurde — , so liegt es am nächsten, für die
weitere Einwanderung in das Innere der Epithelien ebenfalls die Saft-
kanäle, resp. die von mir angegebenen, an die Kernpole führenden feinen
Gänge anzunehmen, in welchen die intracellulären Nervenfäden den Kern
erreichen.
Uneinigkeit herrscht noch zunächst über die Kräfte, welche das
Pigment aufwärts befördern. Merkwürdigerweise ist die einfachste Kraft,
nämlich die des Lymphstroms selbst, fast garnicht in Anspruch genommen
worden, und doch hat man eigentlich nichts weiter nötig, um alle von
Monauhefte. 25
374
den Autoren gezeichneten Bilder zu verstehen. Wenn Pigmentkömer
mittels des Saftstroms in das Epithel geschwemmt werden, so müssen sie
des Strombettes wegen zwischen den untersten Epithelien dunkle, den
Nervenfäden dicht anliegende Pigmentfäden bilden (Ehrmann, Karg),
welche oberhalb der ersten Epithelreihe sich verzweigen und reich ver-
ästelte Figuren darstellen. Die Verästelung alles dessen, was in die
Epithellymphbahnen hineinkriecht (Fett, Injektionsmasse, Wanderzellen]
ist seit langer Zeit bekannt, die reich verästelten Wanderzellen in der
oberen Stachelschicht haben ja viele Forscher verführt, denselben eigne,
nervöse Funktionen zuzutrauen. Heute liegt wieder die Gefahr nahe,
den Pigmentausgüssen der epithelialen Lymphwege mehr Bedeutung zu-
zumessen, als ihnen an und für sich zukommt. Konstatieren wir daher
zunächst, dafe der einfache Lymphstrom, wenn er reichlich Pigment
führt, alle Bilder unserer Autoren erklären kann, selbst das Bild einer
in der Cutis liegenden Zelle, welche polypenartig Äste in das Epithel
hineinsenkt, denn diese Äste können zu unterst Protoplasma sein, dem sich
weiter oben unorganisierte Pigmentausgüsse anschlielsen. Alle Berichte von
Zellarmen, die sich ungemein weit in das Epithel hinein erstrecken
(Ehrmann, Köllieer) sind aber auf diese Weise zu erklären.
Der zweitfolgende, natürliche Weg der Pigmentbeförderung ist der
mittels Wanderzellen oder zeitgemäfser: Phagocyten. Mir liegt nichts
ferner als diesen zu bestreiten, besonders da ich selbst nachgewiesen, dufe
jedes leichte Ödem die Oberhaut mit Wanderzellen überschwemmt, die
darin stecken bleiben. Aber dazu gehört der Nachweis, dafs es sich anch
wirklich um Zellen handelt, d. h. um kernhaltige Protoplasmakörper, nnd
diesem Beweise darf man sich um so weniger entziehen, als er hier durch
die Anwesenheit des Pigmentes erschwert wird. Bleichung des Pigmentes
durch HgOg und gute Protoplasma- und Kemfärbung wird sicher stets
zum Ziele führen. Die Wanderzellenidee ist aber heutzutage eine so
absolutistisch herrschende, dafs ein speziell ad hoc geführter Nachwei^^
gamicht mehr nötig erscheint, sobald die Behauptung aufgestellt wird,
gewisse Körper seien Wanderzellen. Die verästigten, saftfiihrenden
Epithelspalten haben in der Histologie schon einmal in Gestalt der
LANGBRHANSschen Körperchen zu jetzt überwundenen Verwechselungen
geführt, indem sie Form und Verlauf der wirklichen Epithelnerven, ver-
goldeter lymphatischer Kanäle und vergoldeter Wanderzellen gleichmäfeig
bestimmten und alle drei differenten Dinge zu einem Kontinuum ver-
schmolzen. Hoflfentlich wird uns durch scharfe histologische Diagnostik
von vornherein ein ähnlicher Irrtum in betreff der Pigmentausgüsse und
pigmentierten Wanderzellen im Epithel erspart.
Einen ganz originellen, dritten Weg der Pigmentwanderung hat
allein Ehrmann aufgestellt, indem er im Epithel sefshafte Zellen bisher
375
unbekannter Art, aber — ebenfallB wie die Wanderzellen hier — von
sehr fein verästigter Form gefunden zu haben glaubt. Auch diese
EHRMANNSchen Zellen entbehren für mich noch des absolut sicheren Be-
weises ihrer Zellnatur, Analogien mit den grölseren Pigmentzellen der
Amphibienoberhaut sind nicht hinreichend, um ihr Vorkommen beim
Menschen zu beweisen, besonders, da ein so eminenter Histologe wie
A. KöLLiKER sie in der menschlichen Oberhaut bisher vergebens gesucht
hat. Auch ich habe bisher an sonst normaler, stark pigmentierter Haut
nichts dergleichen gesehen. Pigmentierte Bindegewebszellen, welche sich
hier und da dicht . an das Epithel von unten anlegen und selbst, wenn
sie beweglich wären, viel zu grofse Dimensionen besitzen, um in. die
normalen Saftlücken hineingeschwemmt zu werden, sind mir allerdings,
wie wohl allen Histologen bekannt. Sie mögen ja Pigment aufnehmen
oder erzeugen und wieder an den Lymphstrom abgeben. Im Epithel des
Menschen sitzende und diesem dauernd angehörige, bald Pigment führende,
bald pigmentlose, eigentümlich verästelte Zellen, wie sie Ehrmann an-
nimmt, sehe ich jedoch keine Veranlassung, als nachgewiesen zu be-
trachten.
Über das endliche Schicksal des Pigments, nachdem es von dem
Protoplasma der Epithelzellen aufgenommen ist, herrscht ebenfalls noch
Dunkel. Der bei Amphibien vorfindliche Prozefe der Abstofeung gröfserer
Pigmentmengen mit den Epithelzellen kann für die Säugetiere und den
Menschen keine erhebliche Bedeutung haben. Denn das Pigment des
Europäers verschwindet schon in den unteren oder oberen Lagen der
Stachel^chicht, und die pathologisch an der Homschicht auftretenden
Schwärzungen sind, wie ich gezeigt habe, andern Ursprungs. Wahr-
scheinlich findet eine langsame Zersetzung des Pigments im Innern der
Epithelien statt, die aber kaum den Wert einer konstanten Emährungs-
quelle erreichen dürfte.
25'
376
))er|'atnntlttn$en.
III. Kongreß russischer Irrte.
(Vom 3./15. bis 10./22. Januar zu St. Petersburg abgehalten.)
I. Sektion für Dermatologie tind Syphilis.
Sitzung den 4./16. Januar.
Vorsitzender: Prof. SruKOWENKOw-Kiew.
Dr. SüCHow-Kronstadt. Kritik der Methoden der subkatanen Syphilis-
behandlimg. Als Vorteile dieser Behandlungsmethoden hebt S. hervor, daCs dabei
der Arzt vollkommen Herr der Behandlung ist und sie ambulatorisch durchfahren
kann. Die Patienten leiden nicht durch Inhalation von Hg-Dampfen, wie bei der
Einreibungskur, brauchen ihre Arbeit nicht aufzugeben und können ihre Behandlung
leicht geheim halten. Diese Methoden können leicht auch in denjenigen Fällen
angewandt werden, wo Einreibungskuren nicht anwendbar, wie z. B. bei stark aos-
gebreiteten ulcerösen Hautaffektionen. Als Nachteile hebt S. hervor die Schmere>
haftigkeit und das Auftreten von knotigen Infiltraten. Ferner weist er darauf hin
dafs bei Anwendung unlöslicher Salze im Falle von eintretender Hg-Intoxikation die
letztere schwerer zu bekämpfen ist. Aus diesem Grunde glaubt S. sich zur Annahme
berechtigt, die Injektionsmethoden würden niemals die Einreibungskur verdrängen
können. — Was nun die einzelnen Methoden betrifit, so meint S., daDs bei Injektion
unlöslicher Hg- Salze der Behandlungserfolg langsamer auftrete, als nach Injektion
löslicher Salze, und trete nach Anwendung löslicher Salze seltener Stomatitis anf.
Daher zieht er diese Methode vor, namentlich, wenn man es mit drohenden Symp-
tomen zu thun hat. Als zweckentsprechendstes Präparat sieht S. den Zinnober an.
Diskussion.
Dr. Petersen. Die Syphilistherapie in unserm Jahrhundert lafst sich in 3 Pe-
rioden teilen: 1. die Periode der inneren Behandlung (Rigord. SublimatpiUen;;
2. die Periode der Einreibungen (Sigmund). Gegenwärtig befinden wir uns in der
3. Periode, der Periode der Injektionsmethoden, und ist durch dieselbe ein
wesentlicher Fortschritt erreicht, namentlich seit durch Scarenzio und Smirnow die
Injektionen unlöslicher Hg-Salze in Suspension ihr Bürgerrecht erhalten. Auch diese
letzte Periode hat verschiedene Phasen durchgemacht. Jahrelang wurden klebe
Dosen löslicher Salze alle 1 — 2 Tage injiziert, dann begann man Xalomel in
gröfseren Dosen und gröfseren Zwischenräumen zu injizieren, doch hatte diese Me-
thode den Nachteil, Schmerzen und Abscesse zu bewirken. Dann kam das Hg oxj*
dat. flav. an die Reihe. Abscesse gab dasselbe nicht mehr, wohl aber nicht selten
Schmerzen. Neuerdings ist als ganz besonderer Fortschritt zu bezeichnen, dafs dnrch
Neisser das Hg salicylicum in die Injektions-Praxis eingeführt worden. P. hftt
bereits eine Reihe von Patienten damit behandelt und so vorzügliche Erfolge erhalten,
dafs er es jetzt als herrschendes Präparat in seine Klinik eingeführt hat. Die Pt-
tienten vertragen es ohne jegliche Reaktionserscheinungen, während der therapeutische
Effekt dem Hg oxydat. flav. gleichkommt. Somit hält sich P. für berechtigt, ent-
schieden zu behaupten, dafs die Injektionsmethode die Einreibungsmethode besi^
habe und letztere nur noch in einzelnen besondern Fällen zur Verwendung kommen
könne. Die unlöslichen Hg-Salze geben entschieden ebensogut Resultate wie die
377
löslichen und haben den grofsen Vorteil, dafs man seltene Injektionen mache; dieses
sei sowohl fär den Fat. wie den Arzt bequemer.
Dr. MAJEW-St. Petersburg weist nur darauf hin, dafs bei der Injektionsbehandlung
■öfter die Nadeln verdorben und häufig gewechselt werden müssen.
Dr. GuRiN'Bessarabien meint, die Injektionsmethoden können leicht die lokale
Behandlung in den Hintergrund drängen, und spricht den Wunsch nach weiterer
Entwickelung der Inunktionsmethode aus.
Dr. TscHisTJAKow-St. Petersburg. Die Syphilisbeliaiidlnng mit Injektidnen
Ton löslichen Hg-Salzen in Suspension. T. fürchtet, dafs bei Verwendung unlös-
licher Salze unter der Haut Depots derselben ungelöst liegen bleiben können und
hat daher versucht, die löslichen Salze, wie Sublimat, Hg cyanat., Hg salicylic. in
Vaselinum liquidum suspendiert zu injizieren und zwar mit gutem Erfolg zu 1 Gran
pro dosi. Es wurden mit Hg-salicylic. 194 Injektionen, mit Sublimat 70 und mit
Hg cyanat. 11 gemacht. Schmerzhaftigkeit und Eeaktion waren gering. Keine
A bscesse.
Diskussion.
Dr. Majew weist darauf hin, dafs der Eintritt der Schmerzhaftigkeit unter
andenn auch vom Zustande des Nervensystems abhänge, namentlich ist sie bei
«chlechtgenährten, mehr herabgekommenen Patienten häufig stärker zu beobachten.
Dr. SiB8Ki-St. Petersburg macht dem Vortragenden die Bemerkung, Hg salic,
soweit es hier im Handel, sei doch ein unlösliches Salz. Er habe übrigens mit dem-
selben ebenfalls sehr gute Besultate erhalten, nur müsse man darauf achten, dafs es
mit dem Vaselin. liquid* exakt gemischt werde, sonst kann sich die Nadel ver-
stopfen.
Prof. Stukowenkow bemerkt, beim Vertragen von Hg spiele die Individualität
^ine grofse Bolle, zuweilen trat schon nach 2 — 3 Injektionen zu Ve g Salivation auf,
daher scheine ihm die Methode der Einführung gröfserer Dosen nicht ganz geeignet.
Dr. Petersen hebt hervor, dafs sie gerade ein besonderer Vorteil, namentlich
für die Landpraxis, dafs man gröfsere Dosen in gröfseren zeitlichen Zwischenräumen
einführen könne, und habe er nie schlimme Folgen gesehen.
Dr. BERMANN-Moskau. Syphilisbeliandlang mit subkutanen Sublimat-Injek-
tionen. B. zieht diese ältere Methode allen andern vor.
Prof. Stukowenkow entgegnet ihm, bei dieser Methode seien Salivation und
schmerzhafte Infiltrate gar keine Seltenheit, und ziehe er die neueren Methoden ent-
schieden vor.
Dr. TscHERNOGüLow-Moskau. Subkutane Syphilisbehandlung mit Hg ozydat.
ilavum. T. hat zu 2 Gran alle 10—11 Tage injiziert und zieht er die subkutane
Injektion der tiefen vor. Stomatitis hat er bei Syphilis recens in 8 7o, bei Syphilis
recidiva in 26 Vo beobachtet. 4 — 8 Std. post Inject, fand er das Hg im Harn.
Dr. REscHETNiKow-St. Petersburg. Über eine Modifikation der Dr. Witz-
schen Methode zur Bestimmung minimaler Hg-Mengen im Harn. Sie besteht
darin, dafs E. noch dünnere Glasröhren und besonders dünne Kupferspiralen ver-
wandte.
Dr. JAKOWLEW-St. Petersburg. Das Decoctum Zittmanni als Hg-Präparat
bei Syphilis. Da der Hg-Gehalt von verschiedenen Autoren verschieden angegeben
wird, hat J. in verschiedenen Apotheken das Mittel nach demselben Rezept bestellt
und dann Analysen angestellt, wobei sich herausstellte, dafs der Hg* Gehalt ein sehr
schwankender war, jedoch zwischen dem Decoct. fortius und mitius kein besonderer
378
unterschied nachzuweisen war. Das Hg fand er im Dekokt teils in Form von
Sublimat, teils als Verbindung mit organischen Stoffen.
Dr. GüBiN. Zur Theorie der Hg-Wirkung bei Syphilis. G. neigt sich zur
Idee der bakteriellen Entstehung der Syphilis und meint, dafs das Hg antibakteriell
wirke, doch müsse noch die chemische Bolle des Hg im Körper genauer studiert
werden.
Sitzung den 7./19. Januar.
Vorsitzender: Prof. MüNCH-Kiew (stellvertretend Prof. Tabkovski).
Dr. Petersen. Über die Nomenklatur der Syphilisperioden (wird in extenso
in den Monatsheften abgedruckt werden). In der Diskussion sprechen sich die
meisten Bedner für die von P. vorgeschlagene Nomenklatur aus (Syphilis recens,
S. recidiva, S. tardiva), dadurch dieselbe die Sammlung statistischer Daten erleichtert
wird, nur Prof. Tabkovski meint, man müsse bei der älteren Nomenklatur bleiben,
da jede Einführung neuer Nomenklaturen mit Schwierigkeiten verbanden, und oft
sehr früh gummöse ErscheinuDgen auftreten, namentlich bei Potatoren.
Dr. G. HERZEN8T£iN-St. Petersburg. Über die wünschenswerte Einheitlich-
keit beim Sammeln statistischer Daten über die Syphilis in BnTslaai
H. schlägt vor, nach dem Kartensystem die Daten zu sammeln und die Sammelkarten
nach einem für alle Gouvernements gleichen Programm zusammenzustellen, wobei
namentlich darauf zu achten, ob in den betreffenden Gegenden Fabriken, Städte ete:
jn der Nähe und ob die Bevölkerung auf Arbeit in andre Gegenden ziehe; ferner ist
auf den Zustand der Prostitution, Einflufs des Militärs zu achten.
Dr. MAJEw-St. Petersburg. Über den Einflufs der Syphilis der Eltern anf
die Nachkommen bezüglich deren Infektionsdisposition. 1. Mit wenigen Aas-
nahmen ist ein mit Syphilis infiziertes Individuum gegen neue Infektion immun.
2. Diese Immunität geht auch auf die Kinder des Infizierten über. Ist jemand here-
ditär syphilitisch, so ist er gewöhnlich gegen neue Infektion gesichert. 3. M. inte
ressiert nun die Frage, ob diese Immunität sich auch auf die 3. Generation vererben"
kann und ob die Infektion der Grofseltem sich noch bis auf die Grofskinder übertragt
d. h. ob noch bei diesen (ohne neue Infektion) Syphiliserscheinungen sich naohweises
lassen. Er glaubt das durch folgenden Fall beweisen zu können: Ein 35jähriger
Ingenieur stellte M. sein 3j ähriges Kind vor, bei welchem M. an der linken Katei
ein ausgesprochenes gummöses Geschwür vorfand. Die Eltern waren und cdnd gesancL
nie Zeichen von Syphilis, der Vater der Mutter hat aber an Syphilis gelitten. 4. Bei
einzelnen Individuen ist die Immunität gegen Syphilisinfektion das einzige Zeichen,
dafs ihre Eltern oder Grofseltem* syphilitisch gewesen. M. hat wiederholt gesehen,
dafs Frauen fremde syphilitische Kinder säugten ohne infiziert zu werden. 5. Die
Immunität kann verschiedene Grade zeigen, nach Analogie dessen, dafs bei syphiliti-
schen Eltern das 1. Kind schwere Symptome zeigt, das 2. schon geringer und ds&
3. scheinbar gesund ist. Sollten nicht die meisten von syphilitischen Eltern geborenen
Kinder eine gewisse Immunität gegen Infektion besitzen? 6. Tritt auch nicht stets
absolute Immunität ein, so läfst sich vielleicht annehmen, dafs die Kinder von Syphi-
litikern, wenn sie erkranken, nur leichte oder abortive Formen aufweisen, tf. teät
2 einschlägige Fälle mit, wo entschieden hereditär Syphilitische sich infiziertes, deut-
liche ulcerea indurata, jedoch keine Folgeerscheinung aufwiesen. Auf Grund dieser
Ansicht schlufsfolgert M., dafs die progressierende natürliche Syphilisation der Be-
völkerung zu allmählicher Abschwächung der Syphiliserscheinung überhaupt fahren
379
könne. Bekanntlich ist die Syphilis früher viel maligner gewesen, wie jetzt. M.
fordert zu weitern Beobachtungen anf diesem Gebiete auf.
In der Diskussion führt Dr. Esow einen Fall an, wo der Vater eine schwere
Syphilis durchmachte und der Sohn sich ebenfalls infizierte und gleichfalls schwere
Formen zeigte.
Dr. BoBovsKi. Über den Einflufs von Bädern auf die Hg-Ausscheidung.
B. hat eine Keihe Untersuchungen angestellt und kommt zu folgenden Besultaten:
1. Wannenbäder (28—30° R.), Schwefelbäder, sowie auch trocken heifse Luft-
bäder (50—80° B.) erhöhen die Hg- Ausscheidung und kann man durch dieselbe den
Körper völlig von Hg befreien ; 2. hat die Hg- Ausscheidung bei gewöhnlicher Lebens-
weise sistiert, so kann man sie durch Bäder wieder hervorrufen; 3. Stomatitis roer-
curialis vergeht unter dem Einflüsse warmer Bäder schneller; 4. die Schwankung der
Temperatur der Bäder ruft entsprechende Schwankungen der Hg- Ausscheidung hervor;
5. gleichzeitige Behandlung mit Hg und Bädern gibt bessere Kurerfolge, als Hg-Be-
handlung allein ; 6. bei den Schwefelbädern haben die Bestandteile des Schwefelmoors
nur sekundäre Bedeutung, in erster Linie wirkt das Bad als solches.
Dr. TscHisTJAKow. Ober die Quelle der Syphilisinfektion bei Männern
gebildeter EHassen. T. hat als Assistent Prof Tarnovskis in dessen Privat- Ambulanz
Notizen darüber gesammelt, durch wen sich die Fat. infiziert haben. Von 512 Pat.
hatten sich 12 im Auslande, 500 in Rufsland infiziert (davon 315 in St. Petersburg,
185 in der Provinz). In der Provinz erfolgte 70 7o der Infektionen von Weibern, die
nicht unter polizeiärztlicher Kontrolle standen, in St. Petersburg dagegen nur 42 Vo.
Infektion durch Prostituierte erfolgte in St. Petersburg somit in 58 %, in der Provinz
in 30 7o. fiieraus geht hervor, dafs die polizeiärztliche Kontrolle immer noch eine
ungenügende ist.
Dr. SiBSKi. Wasser nnd Elektrizität als therapentische Agenzien bei Be-
liandlong der Hautkrankheiten. S. betont, dafs das Wasser noch viel zu wenig
bei Hautleiden verwertet wird, man kann es anwenden in Form von Vollbädern
28^ R.), lokalen Bädern, Douchen und Kompressen. Elektrizität kann verwandt
werden bei Jucken der Haut (Urticaria, Prurigo).
In der Diskussion bestätigt Dr. Petersek, dafs in der That unter den Ärzten
vielfach noch grofse Scheu gegen Anwendung des Wassers, selbst einfaches Waschen
bei Hautleiden, verbreitet sei. Er wolle aber speziell betonen, dafs die Reinheit
des Wassers von grofser Wichtigkeit sei, daher wende er, wo es* nur angehe, destil-
liertes Wasser an, so namentlich zu Kompressen, die er zudem nicht aus alter Lein-
wand, sondern aus hygroskopischer Watte machen läfst. Prof. Polotebnow meint,
theoretisch lasse sich dagegen nichts einwenden, doch sei er stets mit einfachen
Watte- und Leinwand-Kompressen ausgekommen.
Ärztin Elzin. Über die Notwendigkeit der Popnlarisation der Kenntnisse
ttber die Ssrplülis. E. weist darauf hin, dafs gegenwärtig in den russischen päda-
gogischen Kreisen lebhaft dafür gesprochen wird, die Hygieine unter die Zahl der
o^Rlig&torischen Lehrgegenstände aufzunehmen. Diese Gelegenheit müsse benutzt
werden, die Pädagogen darauf auimerksam zu machen, dais in den Lehrer-Seminaren,
wo Volksschullehrer ausgebildet werden, dieselben auch mit der Syphilis bekannt
gemacht werden müfsten, damit sie die Landbevölkerung über diese Volksseuche
belehren könnten.
In der Diskussion wird von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen, dafs es
besonders wünschenswert sei, richtige Begrifie von der Syphilis, deren Kontagiosität
380
und der Beinlichkeit als Hauptmittel zum Schutze vor Infektion unter dem Volke,
welches sich ja meist extrageuital infiziere, zu verbreiten.
Sitzung den 8./20. Januar.
Präses: Dr. Tueanski (Landarzt im Gouv. Charkow).
Dr. Herzensteik berichtet im Auftrage der „Russischen syphilidologischen Ge-
sellschaft" über die Frage, in welcher Weise die Säuglinge vor Syphilisinfektloi
durch Ammen zu schützen. Anläfslich eines einschlägigen in der genanntes
Gesellschaft berichteten Falles von Infektion wurde eine Kommission gewählt
(Drs. Herzenstein, Petersen, Elzin, Tbghistjakow), welche die Bearbeitung der
Frage für St. Petersburg übernommen. Vorläufig ist über folgendes Resultat der
Arbeiten dieser Kommission zu berichten: Es kommen in St. Petersburg sowohl
Übertragungeii von Syphilis von den Ammen auf die Säuglinge vor, wie auch in
umgekehrter Weise. Genauere Daten sind noch nicht vorhanden, überhaupt ist die
Ammenfrage noch sehr im argen. Daher spricht sich die Kommission dahin au,
dafs eine Kontrolle derselben äufserst notwendig, wobei sie die Mittel dazu in obligi-
torische und wünschenswerte scheidet. Als obligatorisch müfste eingeführt werden.
1. Ohne Genehmigung der Medizinal-Behorde soll niemand das Hecht haben, gewerbs-
mäfsig sich mit der Lieferung" von Ammen zu beschäftigen (bisher beschäftigten sich
u. a. die Portiers der Gebärhäuser damit). 2. Ammen-Bureaus müssen unter der Auf-
sicht der Medizinal -Behörde stehen und dürfen keine Anune zum Säugen abgeben,
bevor sie von einem Spezialarzt einer gründlichen Untersuchung unterworfen. 3. Jede
Amme mufs ein Sanitätsbüchlein besitzen, in welchem der Arzt seine Notizen vha
den Gesundheitszustand macht, womöglich auch über denjenigen ihres Kindes, sowie
dessen Alter etc. (wünschenswert wären auch Notizen seitens des Geistlichen, wsnn
das Kind geboren und getauft ist, im Falle die Amme vom Lande gekommen).
4. Bei den grofsen Gebärhäusem müfsten offizielle Ammen-Bureaus eingerichtet
werden, da stets eine Beihe der dort geboren habenden Weiber das Ammengewerbe
übernehmen und die intelligente Bevölkerung auch jetzt schon gern sich an die
Gebärhäuser wendet, um frische Ammen zu haben. 5. Die Findelhäuser dürfen keine
Ammen an Privat-Familien abgeben, da man über die Findelkinder keine Notizen
haben kann, ob sie nicht von syphilitischen Eltern stammen.
Prof. Stükowenkow. Über Mykosis fungoides Alibert (Granuloma
fungoides nach Aüspitz, Lymphadenie cutis). Diese bisher so wenig beachtete
Krankheit ist auch in Bufsland noch kaum beschrieben. St. hat folgenden Fall in
Kiew beobachtet. Es handelte sich um eine 26jährige Jüdin, welche vor V/t Jthr
nach der Geburt ihres 4. gesunden Kindes eine starke Metrorrhagie bekam, wonaf
sich Böte und ein urticariaartiger Ausschlag an denjenigen Körperstellen einstellte,
die gegenwärtig affiziert. Ca. Vs Jahr lang wiederholten sich die urticariaartigen
Ausschläge häufig, bis schlief slich rote, erhabene, stark juckende Eruptionen persit
tierten, die nach 2 Monaten sich mit leichten Schuppen bedeckten. Gleichzeitig
starke Kopfschmerzen, Übelkeiten, Appetitlosigkeit, Durst. Im Juni 1888 begannen
die affizierten Hautpartien zu nässen. Jetzt ist die ganze Hautfläche vorn von der
Glavicula bis zum unteren drittel der Oberschenkel, hinten vom Halse bis zur Hälfte
der Hinterbacken fast völlig bedeckt von zahlreichen, zum Teil konfluierenden,
verschieden grofsen Infiltraten und Knoten (von Erbsen- bis Hühnereigröfse), teil*
nässend, teils mit Schuppen oder Borken bedeckt. Die grofsen Knoten sind zum Teil
höckerig., der gröfste, 8 cm im Durchmesser, sitzt am vorderen Hände der linken
Achselgrube. Die Ernährung herabgekommen, Puls 100, Resp. 20. Die Zahl der
381
roten Blutkörperchen 4160000, ihr Verhältnis zu den weifsen Blutkörperchen wie
693 : 1. Das spez. Gewicht des Harnes 1020 — 25. — Die mikroskopische Untersuchung
ausgeschnittener Knoten (Dr. Wyssokowitsch) gab das Bild mit Granulationselementen
durchsetzter Hautinfilltration, die Epithelien sind tief ins Eorium hineingewuchert,
zahlreiche dünnwandige Gefäfse, Fehlen der Haarbälge und Hautdrüsen. Nach Be-
arbeitung mit FLEMMiNGscher Lösung, Färbung mit wässeriger Safraninlösung und
nachfolgender Entförbung durch angesäuerten Spiritus sieht man retikuläres Gewebe,
hyalinähnliche Zellen und kokkenähnliche, durch die FLEUMiNGsche Solution schwarz-
gefärbte Gebilde. — Aus frisch durchschnittenen Knoten hat Dr. Janovski Impfungen
auf Gelatine vorgenommen. Die Arbeiten sind noch nicht beendet, doch lälÜBt sich
schon mitteilen, dafs man gewöhnlich 3 Arten von Kolonien erhalt:
No. 1. erinnert an die von Schiff beschriebenen — blafsgelbliche Streifen ent.
-sprechend dem Stich und an der Oberfläche eine gelbe nagelkopfförmige Erhebung.
Die Gelatine wird nicht verflüssigt. Unter dem Mikroskop findet man Bakterien und
Kokken.
No. 2. Blafsgrüne, Gelatine nicht verflüssigende Kolonien, aus kleinen Kokken
bestehend.
No. 3. Weifse, ebenfalls ans kleinen Kokken bestehende Kolonien.
Der Pat. wurde Arsen (V«o pro dosi, bis V» Gr. pro dosi) verordnet, und schon
nach einer Woche trat Besserung ein. (St. demonstrierte Präparate und Modelle der
Geschwulst.)
Prof. Taknovski demonstrierte ebenfalls Modelle eines von ihm beobachteten
Falles und hebt hervor, dais er bei demselben anästhetische Hautstellen beobachtet.
Prof. Stükowenkow. Ein neues Hg-Präparat: Hydrargymm benzoienm
oxydatnm, welches im Mai 1888 vom Chemiker Brandt für St. hergestellt und von
demselben bei über 300 Patienten angewandt worden. Er hat es sowohl lokal bei
Urethritis, Ulcus molle als auch bei Syphilis innerlich und subkutan angewandt
und ist sehr zufrieden damit, obgleich sich früh Stomatitis einstellte. Zur Injektion
in Suspension gibt er folgendes Rezept:
Br Hydrarg. henzoic. oxydat.
Vaselini pur. a
Ol. Vaselini q. s.
ut fiat suspensio 10 % Hg. benzoic.
Allwöchentlich wurde je 1 Injektion in jede Nates zu Vs Gran gemacht. Nach
2 bis 3 Doppelinjektionen (17«— 27« Gran Hg benzoic.) schwanden gewöhnlich alle
Symptome. Zu Umschlägen bei Ulc. molle wirken 1—2 Gran: 6 5 sehr günstig, des-
gleichen bei Urethritis Injektionen von 1 Gran: 1 *S im akuten und 1 Gran: 7« ^
im subakuten Stadium.
Dr. SiRSKi-St. Petersburg. Über Erforscliung der Lepra in Bufsland. Die
Leprafrage, beschäftigt gegenwärtig in Kufsland nicht nur die Arzte, sondern auch
die gebildeten Klassen der Bevölkerung. Der Wunsch, diese rätselhafte (?) Krankheit
näher kennen zu lernen, wächst stetig. Die Erforschung derselben wird jedoch nicht
immer mit der gehörigen Vorsicht und genügenden Vorbildung unternommen, und
möchte daher S. darauf hinweisen, dafs man mit genügender Vorsicht an die Arbeit
gehe. Die Unbeständigkeit der Symptome und die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen
machen die Diagnose der Krankheit zu einer äufserst schwierigen, und dieses ist
wohl auch der Grund, dafs man sie zu wenig kennt.
Bezüglich der Schwierigkeit sollen nachfolgende Daten als Beleg dienen. Berg-
382
MA17N zeigt in seiner Arbeit {Die Lepra in Livland. 1870^), daüs viele Falle, weldie
von den Lokal-Arzten für Lepra angesehen, sich als Syphilis erwiesen. In Indieo,
wo 100 000 Lepröse sein sollen, ist die Krankheit den dortigen Ärzten kaum bekannt
und wird von ihnen nicht erforscht. Aber auch erfahrene Spezialisten haben
Schwierigkeit mit der Diagnose. Namentlich Leloib und Besnieb sollen darauf hin-
weisen, dafs die Meinung einiger Arzte über die Leichtigkeit der Lepra-Diagnoee
eine irrige sei (eine Beihe Citate sollen das beweisen). Zum Schlufs weist S. darauf
hin, dafs man sich erst gründliche Kenntnisse der Dermatologie anlegen, darauf nBch
Norwegen reisen um die Lepra zu studieren und dann an die selbständige Er
forschung gehen soll.
Diskussion. Dr. Petersen kann sich mit der Ansicht SntSKis nicht ein?er
standen erklären; die Diagnose der Lepra ist durchaus nicht so äuikerst schwierig,
im Gegenteil, das Bild ist im allgemeinen so charakteristisch, dafs, wenn man nur
einige Studien gemacht und Leprakranke gesehen hat, es nicht schwer ist die
Diagnose zu stellen. Ausnahmen werden ja wohl, wie bei jeder Krankheit, vor-
kommen, und darauf beziehen sich wohl auch die Angaben Lelgibs. Es ist durcham
nicht nötig, besondere Reisen nach Norwegen zu machen, wir haben ja leider im
eignen Lande grofse Herde, wo man ausgiebige Studien machen könne. (Bef. Ab
Beweis gelten die ausgezeichnete Arbeit des Prof. Münch für Süd-Rufsland, sowie die
Arbeiten der Dorpater Arzte.) P. proponiert, die Regierung zu ersuchen, eine Samm-
lung von Daten über die Lepra in Rufsland zu veranstalten. — Dr. Sirski entgegnet
er habe keine eigne Meinung ausgesprochen, da man dazu grofse Erfahrung b^
sitzen müsse.
Prof. PoLOTEBNOW meint, wenn man Spezialisten für Syphilis heranbilde, moiR
die Regierung auch Spezialisten für Lepra ausbilden lassen, die Erforschung dieser
Krankheit nicht dem Zufalle überlassen. Er hält die Diagnose auch für schwierig,
führt einen Fall an, wo er bei einem Mädchen im Mai Syphilis diagnostiziert hatte
und im September sich davon überzeugen mufste, dafs es Lepra sei.
Prof. Stükowenkow hält die Diagnose ebenfalls für schwierig und schliefst neb
dem Vorschlage Petersens an bezüglich der Petition um Sammlung von Daten und
fügt nur hinzu: „durch speziell vorbereitete Arzte."
Dr. TüRANSKi meint, das Recht, Beobachtungen über eine Krankheit anzustellen,
habe jeder Arzt. Ist die Beobachtung richtig, so wird sie Anerkennung finden«
einerlei ob sie von einem Spezialisten ausgeführt oder nicht. Ist eine BeobachtoD^
ungenau, so hilft es auch nicht, dais sie von einem Spezialisten angestellt.
Dr. KüLNEw. Über die nngünsüge Wirkung der Pätigorskschen Schwefel-
thermen auf einige Syplülisformen. K. weist darauf hin, dafs beim Anwenden von
Schwefelbädern bei Früherscheinungen der Syphilis die nachfolgenden Erscheinungen
heftiger auftreten, und meint, den Grund in zu schneller Ausscheidung des Hg suchen
zu müssen.
Dermatologisches wurde ferner verhandelt auf der
2. allgemeinen Sitzung, den 6./18. Januar.
Prof. MüNCH-Kiew. Die Infektiosität der Lepra und die dagegen not-
wendigerweise in Bufsland zu ergreifenden Mafsregeln. M. begann mit der
Wiedergabe einiger historischer Dokumente aus den Jahren 1827 — 28, welche ^
weisen, dafs die Medizinal- Verwaltung im Gouv. Astrachan damals die Infektioattt
^ Ref. der Arbeit ist 1869 in der St. Petersburger med. Zeitschrift erschienen.
383
leugnete, entgegen den Anschauungen der Vertreter des Kosakenhiieres, welche trotz-
dem Isolierung der Leprösen durchführten, und die Folge davon ist, dafs die ent-
sprechenden Eosakenansiedelungen jetzt leprafrei. Ferner wies M. besonders auf
3 Punkte hin, welche für Infektiosität sprechen:
1. Die Krankheit entwickelt sich unabhängig von klimatischen, tellurischen,
ökonomischen und sozialen Verhältnissen.
2. Die Verbreitung der Krankheit in einzelnen Familien, wobei das Zusammen-
leben, aber nicht die Heredität eine Eolle spielt (zahlreiche Beispiele). Von 226 Pat.
konnte M. bei 131 nachweisen, dafs sie vorher mit andern Leprösen zusammen-
gewohnt.
3. Die Erkrankten sind stets längere oder kürzere Zeit vorher mit Leprösen
zusammen gewesen.
Die Häufigkeit der Erkrankung von Kindern hängt damit zusammen, dafs sie
viel häufiger in näheren Kontakt mit den franken kommen.
Als Maisregel gegen die Verbreitung der Lepra in Rufsland schlägt M. die
Gründung von kleinen Dorf-Lepra-Kolonien vor, dieselben sind zweckmäfsiger als
grofse Leproserien, gegen welche man unter der Landbevölkerung leicht auf Ab-
neigung sich hinzubegeben stofsen wird.
Diskussion. Prof. Polotebnow weist darauf hin, dafs es noch immer 2 An-
schauungen gebe, die einen halten die Lepra für infektiös, die andern nehmen eine
autochtone Entstehung an. Dieses erkläre sich daraus, dafs man die Leprabacillen
noch nicht hat kultivieren können, und dafs Impfungen noch kein sicher positives
Resultat gegeben. Bisher weifs man noch nicht, in welchem Stadium die Lepra
infektiös oder ob sie überhaupt infektiös ist. Auch der ev. Weg der Infektion ist
noch unbekannt, ist es Kontakt oder Übertragung auf indirektem Wege (Luft,
Wasser etc.). Daher wären Untersuchungen der Umgebung der Leprösen auf Ba-
cillen wünschenswert. Auch die Hereditätsfrage mufs nochmals untersucht werden,
nicht nur in direkter Linie, sondern auch bezüglich der Seitenlinien. Die Frage der
Infektiosität kann erst entschieden werden, wenn genannte Lücken im Forschungs-
gebiet ausgefüllt.
Dr. TuRAKSKi hat im Landhospital zu Charkow 8 Fälle von Lepra beobachtet.
Er schlieiBt sich der Ansicht an, dafs sie häufiger vorkommt, als man bisher ange-
nommen, und darauf hingewiesen zu haben, ist ein bedeutendes Verdienst des Prof.
MüiTCH, wie es auch dessen Verdienst i&t, diese wichtige Frage wieder in Anregung
gebracht zu haben.
Dr. BosrnssTWENSKi hat an verschiedenen Orten in Nord- und Süd-Bufsland
(Gouv. Archangel, Gouv. Astrachan und Gouv. Charkow) gelebt und überall Lepra-
kranke gesehen. Um diese Krankheit zu erkennen, mufs man schon während der
Studienzeit damit bekannt gemacht worden sein; das geschah leider bisher in den
Kliniken nicht, daher sind unsere Arzte noch wenig mit Lepra bekannt. Der Vor-
schlag Prof. MüNCHfe, Isolierhäuser einzurichten, ist sehr wichtig. Die Landbevölke-
rung ist auch jetzt schon von der Infektiosität der Krankheit überzeugt und sucht
selbst die Kranken zu isolieren, natürlich in der primitivsten Weise.
0. Petersen- St Petersburg.
384
JttttetlttnQen ans ber i^ttteratitr.
Begressive Ernährungsstörungen.
Demonstration von Präparaten von Areahaaren, von Dr. Bbhrbkd. (Beri
KUn. Wochenschr. 1889. No. 1.) In der Sitzung der Gesellschaft der Charite-Ärzte a
Berlin vom 14. Juni 1888 bemerkte B. zu den von ihm gezeigten Präparaten, daii
alle Autoren, welche die Haare bei Area untersuchten, darin übereinstimmen, dafs die
Veränderungen, welche sie zeigen, keine charakteristischen seien; meistens findet msn
solche Haare, welche man seit Unna als seneszierende betrachtet. Mit Hrvle ante^
schied man bis vor kurzer Zeit 1. Zwiebel- oder Bulbushaare und 2. KolbenhuR.
B. will nun noch eine dritte Form beobachtet haben, die sehr vielgestaltig ist. Hsa
trifft zunächst Bulbushaare mit Hohlbulbus» dann Haare, die am Wurzelende Anschwel-
lungen zeigen und hinter dieser Anschwellung verschieden geformte schwanzartig«
Fortsätze; femer gibt es Haare mit stummelartigem, kui'zem Fortsatz. Schließlich
kommen noch die verschiedensten Formen vor. Schon makroskopisch lassen sieb an
solchen Haaren überall spindelförmige Anschwellungen und jenseits derselben eine
fadenförmige Verdünnung erkennen. Unter dem Mikroskop sieht man im Balbm
eine gröfsere Anzahl dunkler Punkte, die sich aufwärts in den Schaft erstrecken, in
gröfsere Spalten übergehen, welche sich als Luftspalten charakterisieren. Es handelt
sich zweifellos um Luft im Bulbus, und daher das Ausfallen bei Area. Nach fij
Ansicht dringt die Luft deshalb in den Bulbus, weil ein gewisser Fehler in den
Zirkulationsverhältnissen eine Zusammentrocknung der Wurzelscheide herbeiführt,
dann dringt die äufsere Luft tiefer in den Follikel ein, trocknet die Matrix aus and
es kommt zum Haarausfall. L. Hoffmann-Berlin.
Beitrag zur Beurteilung der nach heftigen EörpererschtttteruiLgen (bei
Eisenbahnunfallen) auftretenden Störungen, von Dr. Stepp in Nürnberg. (Deutsdie
Med. Wochenschr. 1889. No. 4). In den vom Verf. bei Eisenbahnunfallen beobachteten
Veränderungen interessiert uns, dafs er in einigen Fällen auch das Ausfallen der
Kopf- und Barthaare beobachtet hat. In dem ersten der publizierten Fälle tnt
nach Ablauf eines Jahres nach der Verletzung ein herdweises Ausfallen der Barthsare
auf, so dafs nach und nach der ganze Bart verloren ging. Später wuchsen die Haare
zwar wieder, aber verkümmert, wie Flaum. Auch die Kopfhaare fielen zum Teil »w,
zum Teil wurden sie grau. In dem zweiten Fall trat nach 7 — 8 Monaten ein herd-
weises Ausfallen der Bart- und Kopfhaare ein, so dafs in kurzer Zeit voll-
ständige Kahlheit des Kinnes und Kopfes bestand. L. Hoffmann- Berlin.
In der Münchener med. Wochenschr. No. 8 teilt Dr. Schütz 6 Fälle von AlopecU
neurotica unter Beigabe von Abbildungen mit, wobei einmal der Kinnbart und oa-
mal der Backenbart Sitz der Erkrankungen waren. In allen Fällen handelte es sich
um schwächliche oder doch nervöse Personen, von denen zwei noch dem Kindesalter
angehörten.
Als nähere Veranlassung wurde in zwei Fällen ein dem Haarschwund unmittel-
bar vorausgegangenes Trauma gemeldet, das auch örtlich genau der Stelle entsprach,
an welcher zuerst die Haare auszufallen begannen, einmal lagen häufige Phlyktänea
zu Grunde, und einmal war der Haarschwund gleichzeitig mit heftigem Pruritus cu-
taneus aufgetreten. In keinem der Fälle sind sichtliche Veränderungen der Haut
vorausgegangen.
385
In der Mehrzahl der Fälle handelte es. sich zuerst "um einen strichformigen
Haarausfall, der sich erst später verbreiterte und zwar mehr an seinem peripheren
als an seinem zentralen Ende, so dafs am Capillitium dreieckige Glatzen entstanden,
mit der Spitze nach dem Wirbel gerichtet.
Therapeutisch wandte Dr. Schütz aufser einem diätetisch roborierenden Ver-
fahren und kalten Salzwasserinreibungen des ganzen Körpers die Galvanisierung
(stabiler Strom) wöchentlich dreimal an und lieis dann noch täglich zweimal den
Kopf mit Spir. sapon. kal. abwaschen und darauf mit Veratrinsalbe 1 : 15 Fett ein-
reiben; die Erfolge mit deutlichem Nachwuchs sollen sich schon nach 6 — 7 Wochen
zeigen. Eckart- Nürnberg.
tfber Nervenläsion und Haarausfall mit Bezug auf Alopecia areata (mit
Demonstration), von Dr. G. Bbhbbiii). (Berl Klin. WocJienschr, 1889. No. 3.) B. hat
die JosxFHschen Experimente, wie er in der Berl. Med. Gesellschaft vom 18. Dezem-
ber 1888 mitteilte, genau in derselben Weise nachgemacht, und blieb der Erfolg in
bezug auf den Haarausfall bei allen Tieren, die er operiert hat, vollkommen aus!
Er hat im ganzen 9 Katzen operiert, von denen eine Katze 7 Tage lebte, die andere
10, eine dritte 12, andere 20, 22, 63, 120 Tage, und von den beiden Tieren, die er
der Gesellschaft demonstriert, steht das eine 20, das andere 10 Tage unter Beobach-<
tung. In der darauf folgenden Diskussion erklärt Herr Joseph, dals er nicht in allen
Fällen einen positiven Erfolg erzielt hat, worauf Prof. Münk erwiderte, dafs das
positive Ergebnis in der Minderheit der Fälle demnach nur auf eine zugleich gesetzte
Nebenverletzung oder auf im weiteren Verlaufe eingetretene Komplikation zurückzu-
fuhren sei. L. Hoffmann-Berlin.
Physiologisches.
Verbreitungsweifle der Hautnerven beim Mensclien, von Prof. Dr. Eichhorst.
{Zeitschr. /. klin. Med. Bd. XIV. Heft 5. 6.) Die Untersuchung der Grenzen zwischen
sensibler und anästhetischer Zone bei sehr abgegrenzten Krankheitsprozessen im Rücken-
mark — bei 5 Fällen — hat E. zu einer charakteristischen Kurve geführt. Nicht
im geradlinigen Verlauf finden sich die Endausbreitungen der sensiblen Rückenmarks-
Nerven angeordnet, sondern sie bilden eine Kurve, die sich durch eine „Vertebral-,
Skapular- und Mamillar-Elevation^ auszeichnet. Kurvenzeichnungen erläutern das
Original, auf das wir verweisen. (Nach Mendels Centralblait 1888. No. 22.)
Faiüy-Nervi.
Therapie.
a-Oxynaphtodsäure, von Dr. Helbio (Dresden). (^Therap. Monatsh. No. 2.)
9
Das 0,5 Voige Kollodium bietet einen guten Ersatz für Jodoform-Kollodium und hat
den Vorzug, dafs es eine empfindliche Haut nicht reizt und nicht leicht verdirbt.
Recht brauchbar zeigte sich hei der Behandlung von Geschwüren und Wunden eine
1 Voige «-Oxynaphtoesäure- Watte, Vaselinsalben (1 : 10) wirken als vorzügliches Anti-
scabiosum. L. Hoffmann-Berlin.
Das Ohlormethyl als lokales An&sthetikum, von Dr. E. Feibes. {Berl. klin.
Wochen8chr, 1889. No. 5.) Nach Beobachtungen im Hopital St. Louis in Paris em-
pfiehlt F. das Chlormethyl als lokales Anästhetikum und hält es für empfehlenswert
386
bei Eröffnung von Abscessen und Parasiten, Abtragung von Eankroiden, Phimosen-
Operationen, Fistelspaltung, Zirkumzision, Atheromexstirpation — kurz bei allen obe^
Sächlichen Eingriffen. L. Hoffmann-BerUn.
Beitrag zur Sozojodoltherapie, von Dr. Nitschmakn. {Therap. Monatshifk.
1889. No. 1.) Die guten Erfolge, die Lassar bei verschiedenen Hautkrankheiten mit
dem Sozojodol erzielt hat, kann Verf. nur bestätigen, und kann es derselbe femer
empfehlen bei eiternden und jauchigen Wunden, bei Brandwunden durch glühendes
cider flüssiges Erz, bei oberflächlichen Verbrennungen der Haut durch Explosionen,
])ei chronischen Unterschenkelgeschwüren^ etc. Die Salbe, die N. anwandte, hatte
folgende Zusammensetzung: Lanolin 40,0, Sozojodolnatr. 4,0. Bei Urethritis gonor-
rhoica wirkte eine 2 7oig« Lösung günstig. Bei der Vaginitis seu benigua seu maligna
empfehlen sich Wattetampons, mit Sozojodolnatr.-Salbe (1 : 10) bestrichen, einzofahreo.
L, Ho ff mann- Berlin.
Einige warnende Winke bei Behandlung von Hautkrankheiten veröffent-
licht Dr. G. Th. Jackson im Med. Record. Dezbr. 29. 1888. Wir möchten sie hier
ihrer übersichtlichen Zusammenstellung halber und wegen ihrer praktischen Köne
vielen Kollegen empfehlen. Man sollte sie, wie die lateinischen Genusregeln, am
Schnürchen hersagen können. Leviseur-Neic York.
Neue Lanolinsalben, von Dr. E. Stern in Mannheim. {Therap. Moiiatshtfit
1889. No. 2.)
I. Sapolanolin. Besteht aus einem Gemenge von Lanolin, anhydricum 2Vf Tk
und Sapo kalinus 2 Tle. Mit Ausnahme der Salicylsäure lassen sich alle üblichen
Medikamente, wie Borsäure, Teer, weilser Präzipitat, Resorcin etc. dieser Mischung
inkorporieren. Bei inveterierten infiltrierten Ekzemen, gegen Mykosen, sowie ia
Fällen von Seborrhöe mit starker Borkenansammlung lassen sich solche Salben mit
gröfstem 'Vorteil gebrauchen. Gegen Psoriasis capitis wendet Verf. mit Erfolg folgende
Salbe an:
Hydr. praecip. 10,0
Sapotu kaiin. 40,0
Lanolin, anhydr. 50,0
IL Lanolin -Wachspaste. (Ung. adhaesiv.) Bei den Kopf- und Gesicht«'
ekzemen der Kinder empfiehlt St. als Basispaste:
Cer. flav.
Lanolin, anhydr. ss 40,0
Ol. oliv. 20,0
(im Sommer Ol. oliv, benzoin.)
M. f. Pasta usque ad refrigerat. agitand.
Die meisten Medikamente lassen sich ihr beimischen; bei Teerzusatz mufs der
Wachsgehalt etwas erhöht werden. Bei squamösen und vesikulösen Formen
Äcid, sälicyl. subt. plv. 3,0
Ol. oliv. 17,0
Cer, fl. LanöL äs 40,0
M. f. Pasta.
III. Flüssige Lanolin-Injektion.
1. Lanolin, anhydr. 25,0
Ol. amygdah 75,0
M. (Basisinjektion.)
387
2. Zinc. suifur.
0,5
Aq,
4,5
Lanolin, anhydr.
20,0
OL amygd.
75,0
3. Acid. salicyh 0,25
Ol amygd. 75,0
Lanolin, anhydr. 24,75
Die Injektion geschieht mit einer gewöhnlichen Spritze.
Die Basisinjektion, 5 — 10 Minuten in der Urethra zurückgehalten, wirkt überaus
mild und reizherabmindernd und wird im Stad. acmes angewandt, nach 8 — 10 Tagen
wird ein antiseptisches oder adstringierendes Mittel zugesetzt, und dann wird mit
einer IV« "^Mgen Resorcinlösung in Wasser die Behandlung geschlossen.
L. Hoff mann- Berlin.
Gonorrhöe.
Fall von zweifelloser gonorrhoischer Infektion des Mundes, von
Dr. C. W. CüTLER. {New'York Medical- Journal. November 1888.) Ein 21jähriges
Mädchen gab vor 10 Tagen im trunkenen Zustande dem unnatürlichen Gelüste eines
Matrosen nach. 24 Stunden darauf empfand sie einen schlechten Geschmack im
Munde, es zeigten sich kleine Erosionen an den Lippen. Am 3. Tage schwollen
Zunge und Zahnfleiseh an und wurden sehr schmerzhaft. Eine weifsliche übel-
riechende Flüssigkeit gemischt mit Blut ergofs sich aus dem Munde. Die geröteten
und entzündeten Lippen waren stellenweise ihres Epithels beraubt, stellenweise mit
pseudomembranösem Belage behaftet. Die Zunge kann nur mit Mühe und Not ein
klein wenig aus dem Munde hervorgestreckt werden. Gonokokken konnten in dem
an Mikroorganismen überreichen Sekrete sow^ie in den pseudomembranösen Fetzen
nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Bei dem Matrosen wurde das Vorhanden-
sein einer Gonorrhöe konstatiert. Leviseur- New- York.
Pyämie die Folge einer Gonorrhöe, von Dr. R. Park. (New-York Medical-
JReeord.) Ein gewöhnlicher Fall von Tripper, der bei einem Manne schon seit
jtnehreren Wochen bestand, komplizierte sich plötzlich mit Anschwellung des linken
Kniees. Das Gelenk war heifs und entzündet. Auch das rechte Knie wurde dann
in dieser Weise, aber nicht so heftig, afßziert. Schliefslich verfiel der Patient in
ein typhusähnliches Koma mit Delirium und starb. Die Sektion ergab Vereiterung
beider Kniegelenke und einen Abszefs am linken Sterno-Klavikular-Gelenk. Im
Eiter wurden keine Gonokokken konstatiert. Verf. glaubt, dafs es sich hier um
eine wahre Pyämie im Gefolge von Gonorrhöe gehandelt habe.
Leviseur- Netc- York.
Eine — wenigstens nicht allzu scharfe — Abortivkur der Gonorrhöe em-
pfiehlt RiVKLT, {Med%calrB>egister.) Frische Fälle werden mit einer mit Kopaiva-
balsam armierten Bougie, die man 6 — 8 Minuten lang liegen lafst, behandelt. Der
Sicherheit wegen führt man das Verfahren einige Tage fort. Es ist wenig
schmerzhaft, mindestens nachprüfenswert. Pauly-Nervi..
Akute Gonorrhöe will Ch. Smith (Lancet; Wien. klin. Wochenschr. 1889.
No. 7) binnen 8 Tagen also koupieren: Er führt ein sondenartiges Instrument
388
I
in die Urethra, dieses hängt mit einem Schlauch zusammen, der ein antiseptasches
Liniment (Ol. oliv, et Ol. Eucalypti) enthält. Wenn das Instrument eingeführt ist»
wird es durch das Drehen eines Knopfes entleert und so die Urethralschleimhaut ?on
hinten nach vorn fortschreitend mit dem Medikament bestrichen. Sistierung der
Eiterung nach 3 Tagen; der farblose Ausfluls dann würde durch adstringierende
Injektionen leicht behoben.
Ob das Instrument nicht aber auch das Virus gerade nach hinten schieben
kann — wir meinen beim Einführen — und so mehr schaden als nützen dürfte?
Pauly-Nervi,
Th. Legby {Frogr.med, 1887. No. 35) teilt 2 Fälle von Mastitis mit, in denen
die säugenden Kinder Blennorrlioea neonatorum hatten. Eines hatte auiserdem
noch eine Parotitis purulenta mit Durchbruch in die Mundhöhle. Verf. nimmt
die Bleu. neon. als Ursache der Krankheit der Mutterbrust an. FatUy- Nervi.
Ein Fall von Trismus und Tetanus bei Orchitis gonorrhoica, ygh
Dr. J. Samter. {Berl, klin, Wocheiischr. 1889. No. 7.) Bei einem 2Öjähr. Patienten
stellte sich im Verlauf einer Gonorrhöe eine Orchitis ein, und diese allein war die
Ursache des Trismus, da sich kein anderes Moment auffinden liefs. Die üntersuchniig
ergab eine Fistula testiculi sinistri mit Schwund des Testikels. Chloral heilte schlieii-
lich den Trismus. L. Hoffmann- BerUn.
Diskreditierung der Ealomelinjektionen. Die 19jährige Katharina K., die
sich nicht für interne Behandlung ihrer Lues begeistern kann, soll auf dem B.-SpiUl
in Wien eine Kalomelii^'ektion bekommen; schlägt und beifst aber um sich, anstatt
ihre Glutäen zu präsentieren. Selbst in der ihr nunmehr ärztlich T^rordneten
Zwangsjacke versteht sie es, „aggressiven Widerstand zu leisten", um denselben Aus-
druck sorgsam zu gebrauchen, den die Pharm. Post. 1889. No. 1. pag. 19 bei E^
Zählung dieses Falles in objektiver Anlehnung an die juristische Sprachweise gebraucht
Nun beginnt eine — für uns Dermatologen etwas aufsergewöhnliche — Entwickelasg
dieses Satyrdramas. Wir hören nichts von Isolierung^, sondern nur von Übennt-
wortung der Antimerkurialistin an — horribile dictu — das Gericht. Die gleich-
mütige Göttin mit der Stimbinde und der — ach, so oft schwankenden — Wtge
sollte entscheiden. Natürlich konnte der Verteidiger „bestreiten, dafs der Widerstand
gegen eine schmerzhafte Operation einen verbrecherischen That bestand begründe.''
Der Gerichtshof aber verurteilte die Feindin der Kalomelinjektionen zu — 4 Monaten
Kerkers. Pauly-Nervi.
^ In Köln habe ich, als ich Assistent Riegels (heute Ordinarius in Giefsen) war,
im Jahre 1876 eine widerspenstige Prostituierte auf der syphilitischen Abteilung des
Bürgerspitals, die auf die äufsere Fensterbrüstung jäh sprang und erklärte, alsbald
die 2 Stock hinunter zu springen, und mühsam nur durch Gewalt zurückgezogen
wurde, durch 2tägige Isolierung in einer bescheiden möblierten und erleuchteten Zelle
ausgezeichnet folgsam werden sehen. Nach 24 Stunden bat sie den Chefarzt noch
nicht um Entschuldigung — trotz Vorhaltes war kein Wort über die Lippen der
Halsstarrigen zu bringen — , nach 48 Stunden bester Kurerfolg — ohne Gerichtshof!
Verlag von Leopold VOBB in Hamburg (und Leipzig).
Druck der YcrlagsanstaU und Druckerei Actifn-OosellBohaft (vormals J. F.Kiehter) In Hamburg.
Monatshefte f. prakt. Dermatologie. VIII. Band.
1/
Kr/{.\E.ll.lX.\; Analomit und HiiH.'xie iler Voruea iin^arit
Monnlshcfle f. prikl, DiTm.Uol.iRie. VIII. Hund.
/
_.^^''i':'ss^r^^üy
A''V/A7r/i/.f.\'A'. Anatomie und Histologit dtr Vtrriiea rw/jiff
Verlan ™" Leopold Voss in Hamburg fund LeiprigV
Erklärung der Figuren auf Tafel VI und VII
in Heft 8.
Fig 1. Warze von der Haut über dem Metacarpo-phalangeal-Gelenk des recbnte
Zeigefingers.
0 = Grenze zwischen normaler und pathologisch veränderter Haut. E = Knäuel-
drusenausftihrungsgänge. s = Schweifsporen. (Zeiss, Eompensationsokular 2; Leit'*
Obj. 3.)
Fig. 2. Ein andrer Schnitt von derselben Warze. Stärkere Vergröfserung der
Grenzpartie. (Zbiss, Oc. 0; Leitz Obj. 7.)
Färbung der Schnitte mittels Earminalaun.
1
UoiuC*h«fte f. prakt. Dermatologie. VIII. Band.
VerUg von Leopold Voss in Hambarg (und Leip:
ponataliefie fit |ltakiifi|ie 9tmatol0gtt
Band VIII. N2; 9. 1. Mai 1889.
Aus Dr. Unnas dennatologischem Laboratorium in Hamburg.
Über die Herstellimg von Flächenbildem der Oberhaut
und der Lederhaut.
Von
Dr. L. Philippson,
praktischer Arzt in Hamburg.
Mit einer lithographitchea Tafel.
„Wir müssen in Zukunft durchaus die XJnterfläche der Oberhaut und
die Oberfläche der Cutis in Totalansichten zu erhalten suchen. Die
Methodik für diesen Fall existiert noch nicht, sie muüsi aber gefanden
werden." — Diese Schluisworte Unnas in der Besprechung der „B^^^^i^^
zur Anatomie der Oberhaut von Blasgheo*' [Monatsh, f, prdkt. Dermat
Bd. VIT. 1888. No. 16) gaben Veranlassung zu einer Versuchsreihe,
welche darauf abzielte, eine Methode zu finden, Oberhaut und Lederhaut
in möglichst unversehrtem Zustande voneinander zu trennen.
Die Vorteile, welche Flächenbilder vor Schnittpräparaten bieten filr
die Kenntnis des Papillarkörpers und der Stachelschicht, sind zu ein-
leuchtend, als daJB sie weitläufig auseinander gesetzt zu werden brauchten.
Die Konstruierung stereometrischer Verhältnisse aus Schnittserien ist
wegen ihrer Umständlichkeit bei der Haut nicht in Anwendung gezogen
worden, und mufste daher alles, was von der Form der Papillen und der
Epithelzapfen beschrieben wurde, sehr unsicher oder gar fehlerhaft aus
fallen. Nur solche Präparate, wie sie von Blasghko in der oben citierten-
Arbeit aus der Haut macerierter Früchte dargestellt worden sind, können
hier die richtigen Vorstellungen und Begriffe gewähren. Und es wird
dadurch der Wunsch nahe gelegt, was in diesem Falle von der Natur
vorbereitet ist, auf künstlichem Wege zu gewinnen, um von jedem be-
liebigen, normalen nnd pathologischen Hantstück jene Flächenbilder an-
fertigen zu können.
Die Flächenbilder, welche bis jetzt in der Litteratur beschrieben
worden sind, stammen teils von gefaulter Haut her (Sappby, TraiU düana-
tomie. £dit. m), teils wurden sie durch Kochen der Haut gewonnen (wie
die Abbildungen bei KOllieer, Handbuch der Gewebelehre. Fig. 55 a, und
Monatshefte. 26
390
KoLLMANK, Tastapparat der Hand. Taf. I). Die gefaolte Haut liefert,
wenn nur der richtige Zeitpunkt abgepa(st wird, sehr gute Bilder, —
doch läfst sich selbstverständlich der Fäulnisprozeis fiir ein methodisches
Verfahren nicht gut verwerten. Das Kochen der Haut, welches für die
Untersuchungen des Nagels Hjebra so vorzügliche Resultate geliefert hat,
ist für die Stachelschicht sowohl wie für den Papillarkörper eine zu ein-
greifende Prozedur, als dafs sie naturgetreue Präparate liefern könnte.
Viel bessere Erfolge erzielt man dagegen durch Maoeration der Haut in
Wasser, welchem ich auf Anraten des Herrn Dr. Unna zur Verhinderung
zjmotischer Vorgänge einige Tropfen Chloroform hinzusetzte. Die Mace-
ration wird noch beschleunigt, wenn man die Präparate im Wärmeschrank
bei Körpertemperatur hält; die Ablösung der Oberhaut von der Cutis
erfolgt alsdann in 2 — 3 Wochen. (Es sei hier die Bemerkung gestattet,
dais jener „eigentümliche" in der Haut sogenannter faultoter Früchte
intrauterin sich abspielende Vorgang, welcher Epidermis und Cutis von
einander löst, ohne die Gewebselemente zu zerstören, wohl auch nichts
weiter ist als eine azymoiisch verlaufende Maceration.)
Um auf schnellerem und bequemerem Wege zu dem gesteckten Ziele
zu gelangen, bot sich der Gedanke dar, vielleicht durch chemische Mittel
eine Trennung von Oberhaut und Lederhaut zu bewirken, und zwar durch
Auflösung einer etwa vorhandenen (?) Kittsubstanz. Die in Verwendung
gezogenen Säuren (Essig-, Ameisen-, Oxal-, Zitronensäure) lassen nun
zwar in höheren Konzentrationsgraden eine Trennung erfolgen, aber nur
zwischen Homschicht und Stratum spinosum. Von letzterem bleibt an
der abgehobenen Schicht um so mehr hängen, je verdünnter die Säure
ist, zu gleicher Zeit quillt die Cutis viel stärker als in konzentrierter
Säure. Bei einer Verdünnung von Vs — V* % erfolgt endlich die Ab-
lösung ganz scharf zwischen Epidennis und Cutis, mit vollständiger Er-
haltung der Stachelzellen und der Papillen. Die Ursache dieser Ablösung
wird wohl nach allem weniger in einem chemischen Prozesse, als vielmehr
in einer durch die verschiedene Quellungsfähigkeit epithelialer und binde-
gewebiger Gebilde bedingten Flächenverschiebung zwischen Cutis und
Epidermis zu suchen sein.
Zur Gewinnung der Flächenbilder verfährt man also einfach
folgendermafsen: Die Hautstückchen werden in eine Vs — V*Voige Essig-
säure je nach der Grölse 1 — 3 Tage gelegt, alsdann läfet sich die Ober-
haut leicht von der Cutis abziehen. Um Fäulnis zu vermeiden, kann
man zweckmäfsiger Weise der Essigsäure einige Tropfen Chloroform bei-
fügen. Die Oberhaut ist dünn genug, um bei durchfallendem Lichte
untersucht werden zu können, die Papillarschicht mufs hierzu erst mit
dem Messer von der Cutis abgetragen werden.
391
Einiges über die Struktur der Flächenbilder.
Es ist hier nicht der Oi*t ausführlich und systematisch die Bilder
ÄU beschreiben, welche durch obiges Verfahren von der Haut Erwachsener
.gewonnen worden sind. Indem wir auf die der Arbeit Blasgheos bei-
gegebenen Tafeln verweisen, müssen wir uns bescheiden, die haupt-
-sächlichsten Unterschiede zwischen der unentwickelten und der ausgebil-
*deten Haut anzugeben.
Wie bereits Blascheo angibt, tritt mit zunehmendem Alter eine
stärkere Ausbildung der Stachelsohicht auf, gegenüber den Verhältnissen
bei Neugeborenen. Auiser den stark hervortretenden Hauptleisten bilden
sich zahlreiche dieselben miteinander verbindende Nebenleisten aus,
welcher Veränderung dann nicht mehr einfache, sondern zusammengesetzte
Papillen der Cutis entsprechen. Am ausgeprägtesten zeigt sich diese
Entwickelung an der Handfläche und der Fufssohle, ist aber auch an der
behaarten Haut deutlich wahrzunehmen.
Die von Blaschko für die Stachelschicht der behaarten Haut auf-
gestellten Typen habe ich auch an verschiedenen Körperregionen des
Erwachsenen im grofseu und ganzen wiederfinden können, so für die
Streck- und Beugeseiten der Extremitäten, für Bauch-, Brust-, Achselhaut.
Wenn nun auch für bestimmte Hautpartien die Bildung der Stachel-
:schicht und damit die Form der Papillen mehr oder weniger charakte-
ristisch ist, so finden sich doch überall auch Unregelmäfsigkeiten in der
Form und Gröise. Am auffälligsten sind die überall unter die andern
verteilten, sehr schmalen und winzigen Papillen, welche auf der Cutis-
fläche bei genauer Durchmusterung ebensowohl zu beobachten sind, wie
sie auf der Epithelialfläche sich als kleine runde Lücken in den Leisten
selbst dokumentieren.
Während es Blaschko an der Kopfhaut macer ierter Früchte nicht
gelang, Flächenbilder darzustellen, läfst das oben angegebene Verfahren
auch hier nicht im Stiche, sondern liefert wie sonst sehr gute Präpai'ate.
Gegenüber älteren Angaben ist besonders zu betonen, dafs auch die
Kopfhaut einen wohlausgebildeten Papillarkörper hat, welchem ein ije-
achlossenes Netz von Epidermisleisten entspricht.
Was die Lisertion des Schweifsdrüsenganges an der Epidermis be-
trifft, so finden sich beim Erwachsenen verschiedene Verbältnisse: einmal
geht der Gang, wie an der Hohlhand und der Sohle, in die Drüsenleiste
über; er kann zweitens, wie gewöhnlich an der behaarten Haut, an dem
Knotenpunkt radiär gestellter Leisten mit einer knopfförmigen Verbreite-
rung münden ; oder er trifft, wie in der Achselhöhle, direkt auf die
•ebene Fläche des Stratum spinosum und ist dann seine Ansatzstelle von
«iner kreisförmigen Leiste der Oberhaut in einiger Entfernung umgeben.
Dementsprechend zeigt hier die Cutis eine wallartig erhabene Papille,
26»
392
in deren trichterförmiger Mitte der Scliweiisdrüsengang sich in die Tiefe
senkt.
Gleich diesen Drüsengängen bleiben auch die Haare mit ihren
Wnrzplscheiden an der Epidermisunterseite hängen. An guten Präpa-
raten sieht man, dafs die Leisten der Stachelschicht sich noch eine
Strecke weit auf die Stachelschicht des Haares fortsetzen, um niedriger |
zu werden und schlieislich ganz zu verstreichen. Die Oberhautfelderung,
welche an macerierter Haut fast ganz verschwindet, bleibt an den nach
unserem Verfahren hergestellten Flächenbildem yollständig erhalten. Da
gerade hier die Flächenbilder manches neue zeigen, so wollen wir die
Furchung der Haut etwas eingehender besprechen.
Am meisten Interesse haben für den Anatomen von jeher die Riffe
und Furchen der Hohlhand gehabt, doch ist erst durch Blascheo die
Bildung derselben bekannt geworden: entsprechend der Furche befindet
sich an der Epidermisunterfläohe eine Leiste, die sogenannte Falte, imd
entsprechend der Mitte der Kiffe, wo die Schweifsporen vorhanden, eine
zweite Leiste, die Drüsenleiste. Hohlhand und Fufssohle besitzen alsa
2 Leistensysteme, wovon das eine Drüsen produziert, das andre unpro-
duktiv ist. Für letzteres hat Blaschko den Namen „Falte" in An-
wendung gezogen, indem er seine Entstehung von einer Einfaltung der
gesamten Oberhaut ableitet. Gegen diese Auffassung hat sich Unna
{Manaish, f, prakt. Derm, Bd. VII. pag. 763) gewandt. Die Einsenkunf
der Oberhaut mit ihrer Epidermisleiste bildet sich nach ihm in der
Weise, dafs „zuerst die Stachelschicht nach unten leistenartig durch Pro-
liferation vorgetrieben wird und daiSs bei mangelndem Nachwuchs die-
Homschicht und die Kömerschicht, im Mafse als die Stachelschicht ver-
hornt, allmählich einsinkt." Da ich die Verwendung einer so indiffe-
renten Bezeichnung wie „Falte" für eine so charakteristische Bildung,,
wie die Furche mit ihrer Epidermisleiste, nicht gerade für passend halte,
so ziehe ich es vor, mich einer von Herrn Dr. Unna angegebenen
Nomenklatur zu bedienen und nenne fortan die Furchen der Vola manus
und der Planta pedis (Blaschkos Falten) „SenkuDgsfurchen" (ein Name-
in Gemäfsheit der UNNAschen Anschauung gebildet) und die den Furchen
entsprechenden Leisten der Stachelschicht (zu Blaschkos Falten gehörig)
unproduktive Leisten, im Gegensatz zu den Drüsen-, den produktiven
Leisten.
Nach der eben angeführten Ansicht von Unna haben wir überall
da, wo die Stachelschicht Leisten trägt, auf der Hautoberfläche Furdben
(Senkungsfurchen) zu erwarten, also auch über den Drüsenleisten. Und
wirklich zeigen sich auch bei genauerer Betrachtung auf der Mitte der
Riffe an der Hand und dem Fulse ganz seichte Einsenkungen der Hom-
schicht, welche die Schweüsporen untereinander verbinden. Diese-
393
Senkungsfurchen (denn ihre Struktur stellt sie neben die zu den unpro-
duktiven Leisten gehörigen Furchen) sind nicht überall gleich gut ent-
wickelt und kommen bei verschiedenen Händen auch in ungleicher Aus-
bildung vor, was wohl damit in Zusammenhang steht, düh übeihaupt die
Drüsenleiste schwächer ist als die unproduktive Leiste, und die Dicke
der Homschicht sehr variabel ist. Diese Senkungsfurchen sind gegenüber
jenen andern grofsen, zwischen den Riffen verlaufenden, so unscheinbar,
dais sie bis jetzt kaum beachtet worden sind; sie müssen hier aber des-
halb erwähnt werden, um eine systematische Einteilung der gesamten
Oberhautfelderung möglich zu machen.
Derselbe Grund ^ veranlafst uns, wenn wir jetzt die übrige Haut in
Betracht ziehen, die Aufmerksamkeit auf ebenfalls sehr seichte Furchen
der Hautoberfläche zu lenken, welche bisher auch unbeachtet geblieben
sind. Es sind hier nicht die Gelenkfurchen gemeint, noch die über die
ganze Haut verbreiteten, sie nach allen Dichtungen hin durchziehenden,
dreieckige oder vieleckige Felder abgrenzenden Furchen, sondern die
innerhalb dieser Felder befindlichen leichten Einsenkungen der Hom-
schicht. Am stärksten markiert zeigen sich diese Einsenkungen an
groben Händen, und zwar auf der Haut über den Fingergelenken und
an den Seitenflächen der Finger; sie verleihen hier der Haut das Aus-
sehen von Chagrinleder. Hat man an diesen Stellen die betreffenden
seichten Furchen gesehen, so findet man sie mehr oder weniger deutlich
auch überall anderswo, besonders bei schräger Beleuchtung. Die Be-
deutung dieser Furchen ergibt sich aus dem Flächenbild der unteren
Epidermisfläche, welche nämlich das aus der Staohelschicht gebildete
Netz von Leisten besitzt. Wie an der Hohlhand den Leisten der Stachel-
schicht Furchen (die Senkungsfurchen) der Hautoberfläche entsprechen,
so sind an der übrigen Haut die Epidermisleisten ebenfalls durch Ein-
senkungen der Homschicht angedeutet; sie besitzt also auch Senkungs-
furchen. Für diese gilt dasselbe, wie für die seichten Senkungsfurchen
der Hohlhand, sie sind am entwickeltsten auf dicker Homschicht, während
sie auf dünner mitunter gamicht zu finden sind.
Demnach dokumentiert sich das Leistennetz der Staohelschicht auf
der Hautoberfläche allgemein durch Senkungsfurchen, und gewinnt die
oben citierte Ansicht von Unna, welche ursprünglich nur zur Erklärung
der tiefen Furchen der Hohlhand und der Sohle (der Falte von Blaschko)
gebildet war, eine allgemeinere Bedeutung.
Diese letzteren Furchen forderten deshalb allein unter allen Senkungs-
furchen, welche in ihrer weiten Verbreitung über die Haut nicht bekannt
waren, das Interesse heraus, weil sie so ausgeprägt sind und einen so^
regehnäjjsigen Verlauf haben, beides abhängig von den zu ihnen gehörigen
Epidermisleisten. Letztere sind anderswo nicht so hoch und auch nicht
394
parallel zueinander verlaufend, sondern bilden ein gleichmäfsig aus-
gebreitetes Netz. Diese Gegensätze lassen sich auch so ausdrücken, dais
zwischen hohen und in Reihen stehenden Papillen, wie in der Hohlhand»
tiefere und regelmäfsigere Furchen vorhanden sind, als zwischen den
niedrigeren und unregelmäfsig verteilten Papillen der übrigen Haut.
Trotz ihres verschiedenen Aussehens (nämlich auf der Hautoberfläche)
gehören also die bis jetzt beschriebenen Furchen, die Senkungsfarchen,
genetisch zusammen, wie sich aus den Flächenbildem der Stachelschicht
ergibt. Schon bei Betrachtung der Fig. 9 in der eingangs citierten
Arbeit von Blaschko, welche ein solches Flächenbild von der Sohle
mit Übergang in den Fufsrücken darstellt, und wo der Übergang der
parallel verlaufenden Leisten der ersteren in das Leistennetz des letzteren
deutlich erkannt wird, — schon hier wirft sich die Frage auf, ob nicht,
wie dort den Leisten Furchen der Hautfläche entsprechen, so auch hier
Furchen vorhanden sind? Und wie eine genaue Betrachtung der Haut
lehrt, muTs diese Frage bejahend beantwortet werden. Die Senkungs-
furchen sind also mit der Bildung der unproduktiven (der Falten
Blaschkos) und der produktiven Leisten der Hohlhand und Fuüssohle
(Drüsenleisten), auf der übrigen Haut mit dem Leistennetz gegeben; sie
stehen, anders ausgedrückt, in Beziehung zur anatomischen Struktur
der Stachelschicht.
Alle übrigen auf der Hautoberfläche vorkommenden Furchen haben
eine ganz andre Entstehungsart, wie aus den Flächenbildem der Stachel-
schiebt hervorgeht. Da auf diese Weise die Furchen weder von O. Simon,.
uoch von Lewinski, noch von Unna oder von Blaschko (denn an der
Haut macerierter Früchte sind sie fast verstrichen) untersucht wurden,
sondern sie nur von der Hautoberfläche, wo ihr Aussehen ein so ein-
förmiges ist, betrachtet worden sind, so wende ich mich gleich zur Be-
$chreibung, um erst nachher einige kritische Bemerkungen hinzuzufügen.
Über den ganzen Körper verbreitet sind die drei- oder vieleckige
Felder einschliefeenden Furchen, welche nach allen Richtungen hin die
Hautoberfläche durchkreuzen, während es an bestimmten Hautstellen auch
Furchen gibt, welche nur in einer Richtung allein verlaufen, sich streng
an die Gelenke (z. B. Fingergelenke) halten und schon dadurch eine
andre Bedeutung vermuten lassen.
Ein Hautstück über dem Fingergelenk zeigt auf der Unterfläche
seiner Stachelschicht folgendes Bild: distal und proximal von der Furche
verlaufen die hohen parallelen Leisten, welche durch zahlreiche niedrigere
Querleisten miteinander verbunden werden; der Furche entsprechend
dagegen werden Haupt- und Querleisten von gleicher, mittlerer Höhe,
wodurch ein gleichmäfsiges Leistennetz gebildet wird. Auf der Cutis
gehen die in Reihen geordneten, zusammengesetzten Papillen in einzel-
395
stehende und gleichmälBig verteilte über da» wo der Furche der Haut'
fläche eine Furche der Cutis entspricht.
Die Ursache des Entstehens dieser Furchen läist sich bei den vor-
liegenden einfachen Verhältnissen nur in den Gelenkbewegungen finden,
welche die Haut in Falten werfen und knicken. Diese Furchen mögen
Knickungsfarchen heifsen.
Das Flächenbild bei den übrigen, allgemein verbreiteten Furchen
nimmt sich ganz anders aus. Nehmen wir beispielsweise ein Stück der
Kniehaut eines Kindes, welche nach allen Richtungen hin von Furchen
durchzogen wird, so dokumentieren sich dieselben bei durchfallendem
Lichte auf der Unterseite der Stachelschicht als schmale^ durchscheinende,,
drei- oder vieleckige Felder einschliefsende Streifen. Während in den
Feldern das epitheliale Leistennetz schön entwickelt ist, fehlt dasselbe
auf den Streifen, nur hier und da sind Andeutungen von sehr niedrigen
queren Leisten zu bemerken, welche zumeist die Ausläufer der zunächst
liegenden Leisten der Felder sind. Diese Leisten schlieiSsen sich nämlich
nicht, wie die übrigen, zu Maschen zusammen, sondern sind nach jenen
Streifen zu parallel verlaufend. Au£serdem sind die den Streifen benach-
barten Maschen wie nach ihnen zu verzogen. Diesem Bilde entsprechend
gibt es in der Mitte des von geradlinigen Furchen umsäumten Cutisfeldes
gleichmäfsig verteilte, aufrechte Papillen, die den Furchen näheren sind
hchräg und zu ihnen hingerichtet, die unmittelbar an die Furchen an-
grenzenden Papillen sind nur leichte, nach ihnen zu schräg abfallende -
Gutiserhebungen oder ganz winzige Spitzen, in der Furche selbst finden,
sich so gut wie gar keine Papillen.
Ganz ebensolche Bilder erhält man von der Haut andrer Regionen.
Beim Erwachsenen stellen sich die Furchen auf den Flächenbildem fast
ebenso dar wie beim Kinde. Auch hier schmale, durchscheinende, glatte,
geradlinige Streifen, in welche die angrenzenden Leisten allmählich flacher
werdend verlaufen, — es ist hier aber nicht das Verzogensein der Maschen
ausgesprochen.
Die Flächenbilder dieser Furchen legen den Gedanken nahe, sie
könnten durch Zug entstanden sein, welcher auf ein überall gleichmäfsig
angelegtes Leistennetz der Stachelschicht wirkend dasselbe stellenweise
abgeflacht und schliefslich ganz zum Verschwinden gebracht hat; die
Epidermis würde dadurch dünner und sänke ein, — zu gleicher Zeit
Würden die Papillen in das Niveau der Cutis hinabgezogen und die all-
mählich durch den Zug sich vermindernde Spannung ihrer Bindegewebs-
bündel mit den elastischen Fasern liefse sie in Form von Furchen ein-
sinken.
Die die ganze Haut durchziehenden Furchen also, welche zwischen
sich kleine Felder aussparen, sind der bleibende Ausdruck für die durch
396
Bewegung bedingte, fortwährend nach allen Bichtongen hin wirkende
Spannung der Haut. Diese Furchen (Spannungsfurchen mögen sie hei&en)
sind die atrophischen Stellen der Haut gegenüber den von ihnen ein-
geschlossenen, mit Leistennetz versehenen und Papillen bedeckenden
polygonalen Feldern. Während das Spiel der Zugkräfte in den Spannungs-
furchen wirkt, bilden die Felder die Mittelpunkte der Ruhe.
Die Flächenbilder der Oberhaut und der Cutis gedtatten uns also
mit viel gröfserer Sicherheit, als es bislang möglich war, die Oberhant-
felderung zu studieren, indem sie uns anatomische Unterscheidungsmerk-
male an die Hand geben. Die theoretische Spekulation yon Lbwiksei
[Virchows Ärch. Bd. 92. pag. 136), nach welcher alle Furchen entweder
durch Faltung oder durch Spannung der Haut entstanden sind, hat ja
ihre volle Berechtigung, nur ist es auf der Hautoberfläche nicht imme^
möglich, diese Entscheidung zu treffen, welche ei'st durch Betrachtang
der unteren Fläche der Stachelschicht eine sicher begründete wird.
Da in das bunte Bild der gesamten Oberhautfelderung nunmehr
anatomische Gesichtspunkte hineingebracht werden können, so sei es
gestattet, hier noch einmal kurz die Klassifizierung der Furchen vor-
zunehmen.
Primäre, durch die Proliferation der Stachelschicht in Form von
Leisten (sowohl der in Hohlhand und Sohle vorkommenden Drüsenleisten
und unproduktiven Leisten, wie der an den übrigen Hautregionen befind-
liehen Leisten) bedingte Einsenk ungen der Hornschicht, welche
zwischen den Biffen an Hand- und FuTsfläche am tiefsten sind, aber
auch in der Mitte der Biffe und überall anderswo in den polygonalen
Feldern sich auffinden lassen — diese Einsenkungen der Hornschicht
nenne ich Senkungsfurchen. Sie hängen also von anatomischen
Verhältnissen ab.
Sekundär entwickeln sich dann durch Knickung und Spannung
der Haut die Knickungsfurchen, quer über die Gelenke verlaufend,
und die Spannungsfurchen, als kompliziertes Furchennetz sich über
die gesamte Haut ausspannend. Sie hängen mithin von physiologischen
Verhältnissen ab.
Dafs unsere Auffassung vom Entstehen der Spannungsfurchen eine
wohlberechtigte ist, wird durch eine Strukturveränderung der Haut be-
wiesen, welche in ihr durch übermälsig starke Spannung hervorgerufen
wird; schon aus diesem Grunde möge hier eine Beschreibung der Flächen-
bilder von Epidermis und Cutis einer Stria gravidarum folgen. Zugleich
wird sich zeigen, wie übersichtlich gewisse pathologische Erscheinungen
an Flächenbildern zu erkennen sind.
397
Flächenbild der Stria gravidarum.
Das Hauistückclien ist senkrecht znr Bichtung der Stria heraus-
geschnitten, so dais zu beiden Seiten die normale oder fast normale, in
der Mitte die veränderte Stachelschicht zu sehen ist. Dieselbe zeigt eine
glatte, durchscheinende Fläche, welche nur wenige, niedrige, quer ver-
laufende Leisten, einige Maschen von annähernd normaler Gröfse und
zahlreiche von viel kleinerem umfange aufweist. Die der Mitte an-
liegenden Leisten sind nach ihr zu ausgezogen. Diesem Bilde ent-
sprechend trägt die Cutis in dem mittleren Teile, welcher sonst glatt ist
und nur wenige quere Furchen hat, spärlich verteilte, winzige Papillen
und hier und da einige von fast normaler Gröise. Erinnert man sich
der Entstehungsweise der Papillen, welche aus der Cutisoberfläche durch
das einwachsende Epithel erst geformt werden, so sind jene Flächenbilder
leicht zu erklären. Die überaus starke Spannung, welcher die Haut
Schwangerer ausgesetzt ist, und welche eine parallele Anordnung der
Bindegewebsbündel der Cutis bewirkt, überträgt sich auch auf die aus
dem Niveau derselben heraustretenden Bindegewebsfasern der Papillen
und strebt danach sie in die Zugrichtung hineinzuziehen. Daher die
Abflachung und das Verschwinden der Papillen, durch welche Formver-
änderuDg anderseits wieder die AbflachuDg und das Verstreichen der
zwischen ihnen befindlichen Epidermisleisten verursacht wird. Zuerst
werden diejenigen Leisten, welche genau oder annähernd senkrecht zur
Zugrichtung verlaufen, ausgeglichen, bis schlie&lich, wenn überhaupt, nur
noch die in die letztere fallenden Leisten übrig bleiben.
Wie man sieht, haben die Spannungsfurchen, und namentlich wenn
sie noch in der Bildung begriflen sind, bei Kindern, groüse Ähnlichkeit
mit den Striae. Ihre anatomische Gleichheit weist auf gleiche Ui'sachen
ihres Entstehens hin und lä&t daher die Aufstellung einer besonderen
Klasse v^on Furchen, von Spannungsfurchen, als berechtigt erscheinen.
Welche Bedeutung diese Spannungsfurchen für gewisse Formen von
Primäreffloreszenzen haben können, möge schlieislich illustriert werden
durch das
Flächenbild bei Liehen ruber planus.
Das Präparat stammt von einem sehr kleinen Knötchen, welches an
der Basis die bekannte scharfkantige Umrandung zeigte. Die Papillen
sind ringsherum normal, in der Mitte aber stark vergröisert, zum Teil
miteinander verschmolzen, die Spannungsfurchen der Cutis stellen sich
als geradlinig verlaufende Spalten zwischen den vergröCscrten Papillen
dar. Der Krankheitsprozefs sitzt also anfangs in den Papillen, da aber
in den Furchen keine vorhanden, so bleiben diese bestehen und bilden
auf der Hautoberfläche die scharfe Begrenzung des von ihnen einge-
398
schlossenen Feldes mit seiner durch die Vergröfserung der Papillen ve^
ursachten knötchenförmigen Niveauerhöhung.
Das ehen Mitgeteilte dürfte vielleicht genügen, um die nach unserem
Verfahren leicht herstellbaren Flächenbilder von Epidermis und Cutift
als Ergänzung für die Schnittpräparate in die histologische Methodik ein-
zuführen und zu gleicher Zeit die Hoffnung wachzurufen, dafs jetzt ein
sicheres Mittel uns an die Hand gegeben ist, Begriffe wie „Papillär-
hypertrophie" und „Vergröfserung der Epithelzapfen" auf ihre waire
Bedeutung zu prüfen.
Zum SchluGs darf ich es nicht unterlassen, auch an dieser Stell»
Herrn Dr. Unna für die vielseitige Unterstützung, welche er meben
Untersuchungen hat zu teil werden lassen, und für die Liberalität, mit
welcher er mir die Mittel seines Laboratoriums zur Verfügung gestellt
hat, meinen verbindlichsten Dank auszusprechen.
Erklärung der Figuren auf Tafel VIII.
Dieselben sind teils (Fig. 1, 2, 3) nach getrockneten Präparaten, teils (Fig. 4)
nach einem in Glycerin befindlichen Präparat von dem Herrn Assistenten Dr. L
TöRöK gezeichnet worden.
Fiq. 1. stellt die Unterfläche der Oberhaut von der Enickungsfurche über
einem Fingergelenk dar.
Links zwei hohe Drüsenleisten mit Stücken der Ausführungsgänge, zviscben
jenen in der Mitte die unproduktive Leiste, Querleisten schliefsen Gruben ein far die
zusammengesetzten Papillen bestimmt.
Rechts ist die unproduktive Leiste nicht mehr ausgeprägt, während in der
Mitte, welcher auf der Hautoberfläche die Furche entspricht, auch die Dnisenleiste
nicht mehr vorhanden ist. Die Leisten sind hier von mittlerer Höbe nnd schlieiseu
kleinere Gruben ein für die kleineren, einfachen Papillen passend.
Fig. 2. stellt die Unterfläche der Oberhaut von der Kniehaut eines Kinde»
dar mit einer Spännungs furche.
Das im übrigen gleichmäfsig entwickelte Leistennetz wird quer durch äna
helleren Streifen durchzogen. Hier fehlen die Leisten ; die angrenzenden Leisten btboi
keine geschlossenen Maschen mehr, sondern gehen niedriger werdend in den Strafen
(Spannungsfurche) über. Die der Furche näheren Maschen sind nach ihr zu „Te^
zogen." Auf der Furche sind noch 2 seichte Grübchen, herrührend von sehr kleisea,
auf der Cutis stehen gebliebenen Papillen. Aufserdem ein Haar mit seiner Sttchel-
schicht.
Fig, 3. Unterfläche der Oberhaut einer Stria gravidarum.
Hechts und links sind noch höhere Leisten, welche neben sehr kleinen Kaflcfaen
auch gröfsere bilden, entsprechend den gröfseren und kleinen normalen Papillen der
Bauchhaut. Je mehr der Mitte, der Stria zu, desto niedriger werden die Leisten, ws
sie in das Niveau der hier dünneren Epidermis übergehen und ganz verschwinden
können. Daher zeigt die Stria auf der sonst glatten Fläche der Stachebchicht mir
399
*
einzelne mclir oder weniger hohe quere Leisten, niedrige sehr kleine, selten gröfsere
Maschen einschlielsende Erhebungen und allmählich verstreichende Leisten.
Fig. 4. Gntisoberflache eines kleinen Lichenknötchens. (Hämatoxylin-
praparat.)
Am Bande normale Papillen; nach der Mitte zu die durch die Entzündung gröfser
gewordenen, welche auch zu zweien, dreien u. s. w. miteinander verschmolzen sind
und eine starke zellige Infiltration zeigen. Das Präparat wird von oben nach unten
von einer tiefen Spalte und von rechts nach links von einer seichteren durchzogen.
Diese Furchen (Spannungsfurchen), welche keine Papillen tragen, grenzen in diesem
Stadium der Entwickelung das Lichenknötchen scharf ab und bedingen auf der Haut-
oberfläche das scharfkantige Aussehen desselben.
Über die Wirkung verschiedener Antiscabiosa auf die einseinen
der Haustiere.
Von
Dr. Geoeö Müller.
(Fortsetzung aus Nr. 7.)
Weitere Versuche galten der Widerstandsfähigkeit von Sarcoptes
minor. Diese Milbe verursacht bekanntlich bei Katzen einen fast un-
heilbaren Hautausschlag, welcher sich zunächst wenigstens am Kopfe
lokalisiert und sich durch die Bildung dicker, graubrauner Borken aus-
zeichnet, unter denen man die Milben in allen ihren Entwickelungsstufeii
zu tausenden finden kann.
Die Untersuchung wurde auf dem erwärmten Objekttisehe in der
in Nummer 7 angegebenen Weise ausgeführt, und es fiel gleich von
vornherein auf, dafs Sarcoptes minor insofern viel weniger wider-
standsfähig ist als Demodex folUculorum, als die in Wasser oder in
physiologischer Kochsalzlösung befindlichen Sarcoptesmilben bereits nach
etwa 3 Stunden, die in Mandelöl befindlichen nach etwa 4 Stunden ihre
Bewegungen einstellten.
a. Die in Wasser befindlichen Milben sistierten ihre Bewegungen
nach Zusatz von
Kreosot 10% sofort.
Kreosot 5 % in 6 Minuten.
Karbolsäure 10% fast sofort.
Karbolsäure 5 7o in 8 Minuten.
<r-Oxynaphthoesäure 5% (spirit.) in 8 Minuten.
Sublimat 2 7o in 15 Minuten.
400
Sublimat 1 % in 40 Minuten.
Sublimat 0,66% nacli 2 Stunden noch nicht.
Kreolin in wenigen Minuten.
Ichthyol in wenigen Minuten.
Salicylsäure 10 % (spirit. et aq. aä p. aeq.) in wenigen Min.
Schwefelleber 20 7o in 13 Minuten.
Sozojodolquecksilber 2,6 % in 95 Minuten.
Arsenik 1 7o i^ach 2 Stunden noch nicht.
Tabakabkochung 15 % nach 20 — 25 Minuten.
Quecksilbersalicylat 0,5% nach 2 Stunden noch nicht.
b. Die in Mandelöl befinldGchen lüilben sistierten ihre Beweguog«
nach Zusatz von
Holzteer fast sofort.
Teerliniment in 5 — 6 Minuten.
Perubalsam sofort.
Oleum animale foetidum fast sofort.
Benzin sehr schnell (Verdunstungskfilte?).
Benzinöl 20% nach 2 Stunden noch nicht.
Naphtholöl 10 7o in 2—3 Minuten.
Karbolöl 10 7o fast sofort.
Petroleum in 27 Minuten.
Naphihalinöl 10 % nach 2 Stunden noch nicht.
Sozojodolquecksilberöl 20 % nach 2 Stunden noch nicht.
Quecksilbersalicylatöl 20 % nach 2 Stunden noch nicht.
Oxynaphthoesäureöl 10% in 5 — 10 Minuten.
Salicylöl 5 %
fast sofort.
3,3 7o
in 3 — 5 Minuten.
2,5 Vo
in 4 — 7 Minuten.
2 7o
in etwa 8 Minuten.
Wenn man diese Zahlen mit den in Nummer 7 veröffentlichtHi
vergleicht, dann wird man finden, dafs Demodex folliculorom
und Sarcoptes minor in ihrer \yiderstandsfähigkeit gegen
Antiscabiosa eine sehr bemerkenswerte Verschiedenheit zeigen.
Kreosot, ILreolin, Teer, Tieröl und Perubalsam wirken auf beide ^
Arten nahezu gleich tödlich. H
Karbolsäure, Naphthol, Petroleum, Tabak und Schwefelleber sind fv
Sarcoptes stärkere Gifte als für Demodex, während umgekehrt Sublimas
und Sozojodolquecksilber den letzteren schneller töten als den ersteren,
und Naphthalin und Quecksilbersalicylat weder auf Sarcoptes noch auf
Demodex eine sichtbare Wirkung entfalten.
401
Aach gegen Benzin (SteinkoUenbenzin) scheinen Sarkopten sehr
widerstands&hig zu sein, denn eine 207oige Lösung dieses Mittels in Öl'
Teimochte nicht, die Milben innerhalb 2 Stunden zu töten, trotzdem
sie in reinem Benzin ohne weiteres zu Grunde gingen. Da in-
dessen Acarusmilben in reinem Benzin erst nach 10 Minuten und
in 20%igem Benzinöl bereits nach 14 Minuten ihre Bewegungen ein-
stellten, so dürfte der schnelle Tod der Sarkopten in reinem Benzin wohl
anf die Yerdunstungskälte, bezw. darauf zurückzuführen sein, dais diese
Tiere der Abkühlung gegenüber sehr viel empfindlicher sind als die
Acarusmilben.!
Durch Versuche, welche nicht nur von mir, sondern auch von meinem
Assistenten — Herrn stud. Waubich . — dutzende male mit völlig
gleichem Resultate wiederholt worden sind, ist femer die Thatsache fest-
gestellt worden, dafs Sarcoptes minor selbst recht schwache ölige
Losungen der Salicylsäure durchaus nicht verträgt. Es ist diea
um so aufiälliger, als dieses Mittel bisher niemals als ein wirksames
Bäudemittel angesehen worden ist, und es dürfte sich wohl empfehlen,
praktische Versuche mit Salicylöl z. B. auch bei der Krätze des Menschen
anzustellen, denn es ist kaum anzunehmen, dais Sarcoptes scabiei sich
betreffs seiner Lebensbedingungen wesentlich anders verhält als Sarcoptes
minor.
(Fortsetzung folgt in einer der nächsten Nummern.)
Au8 Dr. ÜKVAB Klinik fSr Hautkrankheiten in Hamburg.
Bin Minünalbrenner.
Von
P. Taenzeb,
Assistenzarzt.
Bei Gelegenheit der elektrolytischen Behandlung einer Hypertrichosis
machte ich zu&llig die Beobachtung, dafs eine dauernde Entfernung der
Baare auch dort zu stände kam, wo ich die im Follikel steckende Stahl-
nadel mit dem andren Pole direkt berührt hatte.
Bei Erörterung dieser Thatsache wurde es klar, dais es sich hier
gamicht um eine elektrolytische Wirkung gehandelt haben konnte; denn
der Stromkreis war jetzt auTserhalb der Haut geschlossen. Die gute.
402
Wirkung war hier vielmehr anf die fortgeleitete Wärme zu besiehesi,
welche die feine Stahlnadel durch direkte Schliefsung mittels eines Metall-
drahtes angenommen hatte. Es war also eine Art galvanokaustisclier
Wirkung, um die es sich hier handelte, aber wohlthätig abgeschwilcht
dadurch, dafs die Wärme nur indirekt, nur fortgeleitet zur An-
wendung kam.
Herr Dr. Unna, welcher sofort erkannte, dafs hier ein noch for
viele andre Bedürfnisse der Dermatochirurgie nützlich zu verwendendes
Prinzip vorliege, forderte mich auf, einen „Minimalbrenner" nach diesem
Grundsatz zu konstruieren. In der That ist es ja einleuchtend, dals ein
einfaches Instrument, mit welchem wir so minimale Brandschorfe erzeugen
können, dafs sie makroskopisch schwer oder garnicht wahrnehmbar werdeo,
bisher nicht existiert.
Die feinsten und besten Brenner, wie sie bei den Pacquelins geliefert
werden, und wie sie Besnier für die galvanokaustische Batterie ange-
geben hat, erzeugen, selbst wenn die Spitze nur einen Durchmesser von
0,5 mm hat, stets einen Brennschorf von 3 — 4 mal so grofsem Durch-
messer. Die Anwendung derselben bei Prozessen, welche selbst Narben
hinterlassen, wie Lupus, ülerythema centrifugum (sog. Lupus erythematodes)
etc., ist vollständig zu billigen. Aber es besteht anderseits eine dorchaiis
gerechtfertigte Scheu, solche Affektionen, welche ohne Narben heilbar
sind, wie die einfache Rosacea, oder welche nur einen Schönheitsfehl»
ausmachen, wie die Feuermäler, galvanokaustisch zu behandeln, obgleidi
dieselben sich nach der Natur der pathologischen Veränderung vorzüglich
für diese Behandlung eignen würden.
Es ist daher ein aussichtsvoller Gedanke, von der uns reichlich zu
Gebote stehenden Wärmequelle des galvanischen Stroms durch FoiÜeitan^
vom Punkte der gröfsten Erwärmung nur so viel Wärme zu entnehmen,
als wir gerade für die Zerstöining nötig haben, und zugleich durch Über
tragung dieser Wärme auf eine möglichst feine Spitze die Hitzewirku«
auf einen äufserst kleinen Hautbezirk zu beschränken, jedenfalls eines
viel kleineren, als wir es mittels der galvanokaustischen ösenförmigen
Spitzen oder der hohlen Spitzen des Pacquelins zu thun vermögen.
Ich habe nun mit sehr einfachen Mitteln, aus etwas Platin und
Kupferdraht und einem Glasstab, einen Minimalbrenner konstruiert, vou
welchem verschiedene Exemplare seit einem halben Jahre in Dr. Unnas
Klinik in Thätigkeit sind und sich durchaus bewährt haben.
In einen ca. 25 cm langen Glasstab von mittlerer Stärke wird fein
ungefähr 8 cm langer, nicht zu starker Kupferdraht eingeschmolzen, dessen
freies Ende man mit einer Feile so fein wie möglich verjüngt, so daß
die Spitze die Schärfe einer Nähnadel erreicht. Dann umwickelt man
diese Kupfemadel 1 cm unterhalb der Spitze angefangen bis ca. 3 cm
403
vom emgeschmolzenen Ende entfernt mit einem feinen Platindraht in
ziemlich engen, doch sich nirgends beruhigenden Spiraltouren, so daüs die
Kupfemadel in einer Ausdehnung von 2 — 3 cm von denselben umgeben
ist. Die beiden Enden der Platinspirale werden nun mit den nicht
isolierten Enden der gut isolierten Leitungsdrähte, die man am besten in
Ösen umbiegt, durch mehrfaches Umwickeln befestigt, und zwar thut man
gut, die Platinspirale dicht am Kupferdraht mit den Leitimgsdrähten zu
verbinden, wobei der eine der letzteren natürlich weiter nach der Spitze
hin reichen mufs als der andre.
Es erhält zwar dadurch das ganze Instrument kein symmetrisches
Aussehen; allein würde man beide in gleicher Höhe enden lassen, so
wäre aufser den Spiraltouren um die Kupfernadel noch ein grofses Stück
Platindraht als Verbindungsglied des einen Leitungsdrahtes mit dem höher
gelegenen Ende der Spiraltouren nötig, welches, da es ebenfalls glühend
wird, den Widerstand im Instrumente nutzlos erhöht, ohne therapeutisch
«twas zu leisten. Hat man die beiden Platinspiralenden mit den Leitungs-
drähten verbunden, so befestigt man die letzteren mittels nahe aneinander
liegenden Bindfadentouren zu beiden Seiten des Glasstabes bis an dessen
Ende, so dafs Leitungsdrähte und Glasstab zusammen einen festen Halter
bilden. Die über diesen Halter hinausragenden Enden der Leitungsdrähte
hingegen, welche frei und unbewickelt neben dem Kupferdraht verlaufen,
mu& man halbkreisförmig vom Kupferdraht abbiegen, um ihnen eine
gröisere Länge zu geben, denn dieselben werden dicht an der Spirale bei
längerem Gebrauche sehr warm und dadurch bei zu grolser Kürze der
Hand des Operateurs unangenehm. Hat man die Leitungsdrähte bis zu
dem 4er Kupfernadel entgegengesetzten Ende des Glasstabes mit Bind-
faden an demselben befestigt, so schneidet man die Leitungsdrähte, um
eine Berührung der Verbindungsstellen zu vermeiden, in verschiedener
Höhe an dem freien Ende des Glasstabes ab, entledigt diese Enden der
Drähte ihres Überzuges und biegt sie ebenfalls zu Ösen um, die dann
beim jedesmaligen Gebrauche mit den Leitungsdrähten der Batterie ver-
bunden werden. Das Umwickeln mit Bindfaden hat nicht nur den Zweck,
die beiden Leitungsdrähte an dem Glasstabe zu befestigen und das In-
strument dadurch dauerhafter und handlicher zu machen, sondern es läfst
auch die nach längerem Gebrauche von der Platinspirale auf die Leitungs-
drähte und den Glasstab fortgeleitete Hitze nicht mehr in dem Mafse auf
die Hand des Operateurs zur Wirkung kommen, wie ohne dieselbe.
Hiermit ist das Instrument zum Gebrauch fertig.
Läfst man jetzt den Strom durch das Instrument gehen, so wird der
Platindraht glühend; dies geschieht bei diesem Instrument jedoch lang-
samer als bei einem gewöhnlichen galvanokaustischen Brenner, weil die
Platinspirale einen Teil ihrer Wärme sofort an die Kupfernadel abgibt.
k
404
Die Kupfernadel selbst wird nie glühend, sondern nur selir heils, und
darin bestellt gerade der Vorteil dieses Brenners vor allen andern.
Anfser dieser dauernd geringeren Hitze kommt nun noch der Durch-
messer der Spitze in Betracht, der ebenfalls so gering ist, wie bei keinem
der bisher konstruierten Brenner.
Diese beiden Faktoren zusammen, der geringe Durchmesser des
Brenners und der niedrige Hitzegrad, ermöglichen es, so geringe Brand-
schorfe zu setzen, dais dieselben sich im Bereiche eines kleinsten Steck-
nadelkopfes halten und dadurch nach Abfall des Brandschor& für das Auge
ohne Lupenbetrachtung unsichtbar werden. Mit diesem Instrument kami
man getrost gröüsere Stellen, wie z. B. Feuermäler im Gesicht, kauteri-
sieren, indem man massenhafte punktförmige Schorfe in dieselben setzt,
nur hat man hier, genau wie bei der Elektrolyse, darauf zu achten, dals
man in ein und derselben Sitzung die Brandschorfe nicht zu dicht bei-
einander setzt, damit die Verbrennungszonen sich nie gegenseitig berühren.
Hat man ausgedehntere Stellen zu kauterisieren, so geschieht dies besser
in mehreren Sitzungen. Die Patienten entschliefsen sich dazu sehr leicht,
da der Schmerz ein ganz geringer ist, und die Sitzung nie eine so lang-
dauernde ist, wie z. B. bei Elektrolyse; denn man kann die eimselnea
Stiche sehr rasch aufeinanderfolgen lassen, und selbst sehr nervöse Per-
sonen machen, falls eine Wiederholung der Sitzungen angebracht ist,
keine Schwierigkeiten. Man mufs nur darauf achten, dafs das Instrument
den richtigen Hitzegrad erlangt hat, bevor man die Kauterisation beginnt;
dies erkennt man am besten daran, dafs das Instrument nach dem Ein-
stechen in die Haut sich leicht herausziehen Iftist. Ist es noch nicht
heiis genug, so läfst sich die Nadel nur' schwer und unter Schmerz aus
der Haut entfernen.
In der angegebenen Weise kann jeder Dermatologe sich selbst leicbt
gut funktionierende Minimalbrenner anfertigen. Doch habe ich neuerdings
auch — in Form eines dicken Bleistiftes — nach diesem Prinzip Minimal-
brenner fabrikmäfsig anfertigen lassen.^
^ Bei Bauer und Häselbarth, Instrumentenmacher, Eimsbüttel-Hamburg. Zu
beziehen durch die Schwanapothekei Dammthoratraise, Hamburg.
405
Über einen Fall von multiplem Cheloid (Alibert).
Von
Walter G. Smith, M. D.,
Arzt am Sir Patrick Dük's Hospital in Dublin.
Die Entstehung solitärer cheloider Tnmoren ohne vorherige Narben-
bildnng oder traumatische Einflüsse ist nach der übereinstimmenden Be-
obachtuDg aller Forscher schon ein seltenes Vorkommnis. Hebra und
Kaposi geben das Verhältnis zu einem Fall von Cheloid auf 2000 Fälle
von Hautkrankheiten überhaupt an.
Noch ungewöhnlicher ist das Vorkonmien multipler Neubildungen
dieser Art, wie ich dieselben an einem kürzlich in meine Behandlung
gelangten Fall zu beobachten Gelegenheit hatte, Bei diesem Patienten
scheint die Multiplizität der Gewächse sowie die LokaUsation derselben
entschieden gegen die Annahme einer Verletzung oder Beizung der Haut
als eines ätiologischen Moments zu sprechen. Zur Vermeidung von Ver-
wechselungen halte ich es fiir erwünscht, daJd alle Autoren sich in
Zukunft der Schreibweise mit Ch (Cheloid) bedienen möchten, die ja auch
Ton Dr. Fagge als der Etymologie dieser ursprünglich von Alibebt be-
schriebenen Affektion entsprechend nachgewiesen worden ist.
Philip 0., 30 Jahre alt, Ökonom aus der Grafechaft Cavan, wurde
wegen seines eigentümlichen Hautleidens am 5. Juni 1888 an das Sir
Patrick Dtjn's Hospital verwiesen. Sein Gesundheitszustand im allge-
meinen war völlig befriedigend; hereditäre Belastung lag nicht vor. Er
gab an, daüs die Affektion in frühester Kindheit in Gestalt von „Knoten"
auf dem Nacken angefangen habe. Von dort breitete sich dieselbe über
Gesicht, Kopf und späterhin über weitere Teile des Körpers aus.
Lokalisation: Auf der Vorderfläche des Thorax finden sich drei
groise, unregelmäfsige Flecke, von denen der gröfste ca. 4 Zoll im Durch-
messer mifst. Auf dem Halse sieht man mehrere kleine, runde Flecke,
und zwar auf der rechten Seite in gröfserer Anzahl als auf der linken.
Drei Beulen von beträchtlicher Gröfse und von den natürlichen Linien
und Furchen der Haut durchzogen, sind auf der Stirn lokalisiert. Femer
bieten sich auf dem Rücken über der Scapula linkerseits ein paar kleine
Flecke dar, während die rechte Seite frei geblieben ist. An den Armen
sind die pathologischen Veränderungen auf die Beugeseiten beschränkt
und haben hauptsächlich den Vorderarm befallen vom Ellbogengelenk bis
beinahe an die Handwurzel hinab; am linken Arm finden sich einige kleinere
Flecke in der Nähe der Achselhöhle. Auch ist das Abdomen Sitz einzelner
H»nattbefte. 27
406
kleiner Flecke. Ein grofses höckeriges Konglomerat von neoplastischen
Knötchen befindet sich anf der linken Glutäalgegend; rechterseits nichts.
Zahlreiche Flecke und Flatschen finden sich endlich auf beiden Beinen.
An den Armen und auf dem Kücken befindet sich die Neigung
seitens der beschriebenen Flecke, dem Verlauf der Hautnerren sich an-
zuschliefsen. Überhaupt läist sich entschieden eine gewisse Symmetrie
der Verteilung nicht verkennen.
Beschaffenheit: Meistenteils sind die Flecke blafs lachsfarben,
doch finden sich hier und dort einige von dunklerer Färbung, und an
einzelnen Teilen sieht die Oberfläche wie poliert aus. In bezug anf
Gestalt und Gröfse variieren die Tumoren aufserordentlich. An einigen
Stellen steigen sie steil aus dem Niveau der Haut auf, an andern gehen
sie ganz allmählich in dieselbe über. Die Arme waren von mamello-
niertem Aussehen, und es hatte an einzelnen Lokalitäten, z. B. an
Gesicht und den Armen, eine unbeträchtliche ekzematöse Entzündung mit
dünnen, festhaftenden Schippen sich entwickelt. Auijser wo die fiJAnt
exkoriiert war, machten sich keine Schmerzen oder Beschwerden bemerkbar.
Die Flecke fühlten sich fest und lederartig an; einzelne waren sogar
beinahe von homartiger Konsistenz. Patient behauptet, daCa im Laufe
des Jahres einige der Flecke wieder verschwunden seien, und es sei die
Haut an den betroffenen Gebieten zäh und induriert geblieben.
Keine der Neubildungen zeigte die Abzweigung von Ausläufern der
Tumoren, welche so oft bei den ca. 50 Vo a-Uet Fälle ausmachenden Cheloid-
tumoren des Stemums vorkommen.
Ein Fall von Ganglion penis nach Trauma des erigierten Oliedes.
(Nodus s. induratio plastica corp. cavern. penis.)
Von
Dr. S. RÖKA,
ordinierender Primararzt in Budapest.
[Jmschriebeue Verhärtungen, Knoten in den Schwellkörpem des
Penis können Endresultate verschiedenster Prozesse sein. So wissen wir,
dafs hochgradige Urethritiden ebenso wie in dem Schwellkörper der
Urethra — zwar viel seltener — auch in jene des Penis Herdentzun-
407
dangen einsetzen und infolge zu Verhärtungen führen können. Solche
Fälle teilte Scholz^ mit.
Greschwürige Prozesse, wie tiefgreifende sohankröse und luetische Gre-
schwüre können in der Nachbarschaft einen ähnlichen Entzündungsherd
unterhalten und harte Knoten zur Folge haben, oder ihre eigne Ver-
narbung bringt diese zu stände.
Aber auiser diesen, akuten Entzündungen folgenden, werden auch
andre Knoten beschrieben.
So haben Van Buben und Kbybs* 5 Fälle von chronischer Ent-
zündung ^der Schwellkörper veröflfentlicht. Alle betrafen ältere Per-
sonen, von denen nur 2 an Syphilis gelitten. Durch Zufall oder durch
schmerzhafte Erektion aufmerksam gemacht, fanden die Patienten flache,
harte, scharfbegrenzte Knoten an der Oberfläche eines oder beider Schwell-
körper. Über diesen Knoten war die Haut noimal. Ohorda entwickelte
sich Jauf der kranken Seite. Die Knoten widerstanden einer jedweden
Behandlung und blieben jahrelang unverändert, oder breiteten sich in
einer Dichtung aus, während sie in der andern erweichten. In keinem
der Fälle trat Eiterung ein, und in allen waren die subjektiven Symp-
tome gering.
Aus dem Referat ergibt sich die Auffassung, als ob jene^noten
von den Verfassern als idiopathische chronische Entzündungen hingestellt
worden wären, deren Ätiologie in grölstes Dunkel gehüllt wäre.
Als primäre chronische (idiopathische) Entzündungen hingestellt,
findet man sonst von solchen Knoten nirgends Erwähnung.
Als Residuen aber kommen solche Verhärtungen des öfteren zur Be-
obachtung, wo man deren Ursprung nicht mehr enträtseln kann. So
lesen wir bei Lang' bei der Differentialdiagnostik des Grumma penis,
dals er einen Fall von harten Knoten beobachtet hat, der nicht mit
Syphilis verwechselt werden dürfe und von welchem er nicht weifs, ob sie
auf Ruptur zurückzuführen sind.
Auch Tarnowosky * erwähnt im Anschlufs der Besprechung der
Cavernitis nach Urethritis solche Indurationen der Corpora cavemosa,
welche sich bei einigen G-reisen ohne sichtbare Ursache, ohne vor«
hergegangene Urethritis, an der solche Patienten n i e gelitten, bilden
und welche noch seltener vorkommen als jene und sich auch bei der Be-
handlung viel hartnäckiger zeigen. Über den Ursprung dieser Ganglien
oder Nodi finden wir aber bei den chirurgischen Autoren deutliche,
* Wiener med. Wochenschr, 1858. No. 48.
* Vierteljahreaschr. f. Dermat u. Syph. 1874. pag. 572. Referat.
* Vorlesungen über JPiathol. u. Therap. d. Syph. 1886.
* Venerische Krankheiten, 1872. pag. 271.
408
wenn aucli spärliche positive Angaben, nnd dnrcli diese gestalten sidi
die Nodi s. Ganglia als eine Krankheit sui generis. Pitha, Podrazki,
Bakdbleben, König erwähnen, dafs durch Kontusionen oder spontan
entstandene Hämoirhagien in die Corpora cavernosa bei erigiertem
Penis, wenn sie nicht zur Resorption gelangen, zu fibrinösem Gerinsel
verdickt, harte Knoten (Nodi s. Gtmglia) im Grefolge haben, welche die
Erektion verhindern, so dals gewöhnlich sichtbare Verkrümmungen ent-
stehen, wodurch der Koitus erschwert oder unmöglich wird. Nor
in den Anfangsstadien ist diese Krankheit der Heilung oder Besserong
zugänglich, später nicht mehr.
Demabqüay imd Pabmentisb^ geben selbst bei intensiven und an-
haltenden Erektionen partielle Srupturen der Corpora cavernosa zu und
erklären dadurch die Entwickelung beschränkter Knoten.
Auch im Handbuch der pathol, Anatomie von Birch-Birschfeld isk
der Ursprung der Knoten ähnlich dargestellt. „Die Quetschung des Penis
überhaupt im erigierten Zustande verursacht in den Schwellkörpem des
Penis Gefäfszerreiisungen. Es entstehen zuerst weiche, später konsistente
Geschwülste, manchmal stellt sich Gangrän oder Eiterung infolge dieser
Kontusionen ein. Öfter aber geschieht es, dafs nach Resorption dieser
Blutergüsse narbige Verhärtungen, sogenannte Ganglia zurückbleiben.
Diese Stellen der Corpora cavernosa nehmen infolge der Verödung der
Gefäfse an der Erektion nicht teil, und so entstehen Krümmungen.^
Nach alledem müssen wir heute unter Nodi s. Ganglion penis —
deren Zusammenhang mit vorhergegangenen Entzündungsprozessen nicht
gut denkbar ist, deren Entstehung nach den Angaben der meist älteren
Patienten spontan nach aufsergewöhlichen Erektionen oder Anstrengungen
beim Koitus, nach Quetschungen etc. erfolgte — eine selbständige nur
auf partielle Verletzung der Schwellkörper, oder auf Zerreiisung ihrer
Gefäfse zurückführbare Affektion verstehen.
Die Seltenheit dieser Krankheit veranlafst mich einen hierheige-
hörigen Fall mitzuteilen.
N. M., 53jäbriger verheirateter Hutmacher, kam am 14. Februar 1887 auf meine
Poliklinik und gab an, dafs er seit Juni 1886 Knoten im Penis bemerkt, derea
Entstehung er folgendermafsen schildert : An einem Tage des Monats Juni 1886, nack
kopiösem Mittagsmal und übermälsigen Weingenuls, wollte er auf dem Sopha da
Beischlaf mit seiner Frau ausüben. Er erinnert sich nur daran, dafs das Glied ud^
wohnlich und sehr anhaltend steif war, und dafs er infolge der abnormalen Erregung
und unbequemen Lage nur nach längerer Zeit den Koitus ausführen konnte. Tag»
darauf erst verspürte er Schmerzen im Penis, so dafs ihm selbst die Beibung der
Beinkleider wehe that. Die Ursache forschend, fand er eine nufsgrofse konsiBtente
Geschwulst am Penis, an der oberen Fläche, knapp vor der Symphyse, und eine
* Momteur des sciences. 1861. No. 41 u. 43. (Citiert bei Tabhowskt. I. c.)
McHadies chirurgicaks du penis. Publik par Voblker. Paris 1876.
409
kleinere vorn unterhalb der Eichelkrone. Diese Geschwülste waren damals konsistent
nicht hart, und die bedeckende Haut rot. Die Schmerzen verg^öfserten sich, sobald
das Glied in Erektion geriet. 3 Monate hindurch dauerte die Schmerzhaftigkeit,
während welcher Zeit die Geschwülste nach Umschlägen und Besorbentien kleiner,
flacher und härter wurden.
Im September bemerkte Patient, dafs an der Stelle der hinteren Geschwulst
im erigierten Zustande der Penis stark nach oben gekrümmt ist, und dafs er nur
nach gewissen Manipulationen das Glied beim Koitus in die Scheide fuhren kann.
Langsam wurden die Knoten noch härter, und Patient, über seinen Zustand
▼erzweifelt, konsultierte mich am 14. Februar 1887. Er gab an, nie angesteckt
gewesen zu sein, also nie an Blennorrhoe oderG^chwüren gelitten zu haben. Vor
Jahren hatte er gegen Gelenkrheuma zu kämpfen und vor 6 Jahren bekam er plötzlich
ohne Ursache im rechten Handteller eine schmerzhafte Sehnenentzündung, worauf
eich der rechte Zeige- und Ringfinger langsam krümmten und seither in stark flek-
tierter Stellung verblieben. Sonst war Patient stets gesund. Kinder hatte er nicht
^zeugt.
St praes. Patient ist wohl gebaut und gut genährt. Der Penis ist gut ent-
wickelt und zeigt bei der Besichtigung keine Abnormitäten. Hoden und Nebenhoden
sind normal. Aus der Harnröhre ist kein Sekret auszudrücken, und im Urin sind
keine Fädchen wahrnehmbar.
Im rechten Corpus cavernosum penis ist knapp unter der Eichelkrone und die
obere und seitliche Fläche des Corpus okkupierender, ca. 2 cm grofser scharfbe-
grenzter, im linken Corpus ebendaselbst ein kleiner ähnlicher knorpelharter, unregel-
mäfsiger, länglicher, mit gesunder, gut faltbarer Haut bedeckter Knoten durch-
fühlbar.
Ahnlicher, ca. 3cm langer, ebenso breiter, beide Corpora und selbst das Septum
umfassender Knoten, nach vorne mit linsengrolsen zackigen Ausläufern, ist an der
Wurzel des Penis unter und vor der Symphyse zu palpieren. Alle diese Knoten
lagen unmittelbar unter der Haut und gröfstenteils in der Albuginea selbst. Be-
sonders der letzte Knoten imponierte so, als wäre eine Knorpelscheibe an ent-
sprechender Stelle der elastischen und bei der Erektion dehnbaren Tunica fibrosa
und Septum eingeschaltet, und dais beiderseits unter dieser Scheibe befindliche seit-
licher und unterer Schwellkörperteil samt der Albuginea gesund und normal wäre.
Auf Druck empfindet Patient keine Schmerzen.
Abnorm, aufser den geschilderten Verhältmssen des Penis, ist beim Patienten
noch die Kontraktur der Fiuger, verursacht durch Verkürzung und Verdickung der
Sehnen der entsprechenden flexor. digit. superfic.
Verlauf. Ich wendete beim Patienten die Massage, Besorbentien, Elektrizität
mit grölster Ausdauer länger als 7 Monate an ohne jedwelchen Erfolg. Während
dieser Zeit stellte sich bei Erektionen auch Chorda entsprechend dem vorderen linken
Knoten ein, so dafs dem Patienten der Koitus noch mehr erschwert wurde. Aufser-
dem gewahrte ich infolge der Massage am 17. August 1887 einen neuen bohnen-
jrrofsen Knoten im rechten Schwellkörper im Anschlufs an den Wurzelknoten.
Der besohriebene Fall gesellt sich zu dem genuinen Knoten der
Chirurgen. Höchstwahrscheinlich gab jene merkwürdige Gelegenheit An-
lafs zu Zerreifsungen der Blutgefäfse der Corpora cavernosa oder gar zu
partieller Ruptur der Tunica fibrosa selbst. Die Ebneten waren unbedingt
bindegewebiger Natur, da sie jeder Behandlung widerstanden.
410
Dafs es bei ältlichen Leuten, schon infolge anhaltender und inteiuer
Erektionen, wie dies Demarquay annimmt, oder vielmehr noch nach
forzierten Manipulationen, zu partiellen Rupturen kommen kann, ist nicht
zu bezweifeln, da doch in diesen vorgeschrittenen Jahren die Atheioma-
tose der GefäJse und die Rigidität der Albuginea nicht aufaer acht
gelassen werden dürfen.
Über die Dermatitis herpetiformis Duhrings.
Von
Dr. L. Bbocq
in Paris.
(Übersetzt von Dr. Türkheim in Hambürff.)
IL Teil.
(Fortsetzung.)
Permatitis polymorpha pruriginosa chronica k poussees successiTes.
3. Seltenere Ausschlagsformen.
Ich habe bereits auf das Vorkommen von Pseudo-Membranen in den Blasen imd
auf die einmal beobachtete Bildung gelatinöser Massen hingewiesen. Im Fall 11 wtr
der Ausschlag ausgesprochen hämorrhagisch; in diesem Fall trockneten die Bliaen
entweder ein und verwandelten sich in eine blutige schwarze Kruste, die sich all-
mählich unter Hinterlassung einer oberflächlichen Narbe ablöste, oder sie wurden
beim Kratzen abgerissen, und an ihre Stelle trat eine tiefe, mit einer schwärzliches,
brandig aussehenden Pseudo-Membran bedeckte ülceration. Biese Ulcerationen wtrea
äufserst empfindlich; sich selbst überlassen, drangen sie mehr in die Tiefe, entfente
man hingegen die Pseudo-Membran durch Emollientia, so zeigte sich der Gnuui
schön rot, granulierend und heilte in 12 — 14 Tagen.
In Beobachtung 27 zeigten die Blasen-Pusteln ,an den Fiilsen ein giu
eigenartiges Aussehen. Da, wo sie entstanden, war die Haut mit spitzen, umflog*-
reichen, papillomatösen Wucherungen besetzt, die dicht aneinander standen und die
Nachbarhaut um mindestens 5 mm überragten. Sie waren mit festhaftenden KrosUa
bedeckt, während sich in den Furchen zwischen den Wucherungen in geriiifer
Menge ein schmutziges, übelriechendes Serum befand. An den Fufssohlen wucherten
ebenfalls solche papiUomatöse Elemente, nur dafs sie hier durch Homgebilde eingeengt
waren, die eine Art dicken und auf Berührung schmerzhaften Schildes (carapaoe) bil-
deten. Diese auffallenden Gebilde liefsen wohl an' den Pemphigus vegetans tob
Neumann denken, aber sie waren auf die untern Extremitäten beschrankt und zdgia
sich an keiner andern Korperstelle.
411
Bei keinem andern Fall habe ich ähnliche Formen beobachtet; jedoch war
mein hochverehrter Lehrer E. Besnier so besonders liebenswürdig, mir eine seiner
Priyatpataentinnen zu zeigen, die seit 2 Jahren an einer Dermatitis polymorpha prori'
ginosa chronica yesicnlo-bollosa leidet; bei dieser Dame, die sich in einem traurigen
Zustand befindet, da die Haut des ganzen Körpers ergriffen ist, hat sich die Haut
der Hand- und Fufsflächen allmählich verändert: sie ist gelblich, wie ausgereckt ge-
worden, und hat sich derartig verdickt, dafs die Kranke weder die Finger beugen
noch die Hände schlieisen kann. Die genannten Teile sind alle äuTserst empfindlich.
Diese Umwandlung der Epidermis, die gleichmäüsig auch die Innenfläche sämtlicher
Finger befallen hat, ist nicht zu verwechseln mit der Keratodermia vulgaris, von der
sie sich dunh gröfsere Gleichmäfaigkeit, Glätte, Weichheit, durch ein stärkeres Gelb
und vor allem durch gröfsere Schmerzhaftigkeit unterscheidet.
Bei einigen weiteren Fällen zeigten sich an den Handflächen abgerundete erythe-
matöse und erythematös-papulöse Formen, mit Neigung, vesikulös und blasig zu
werden. Da die Epidermis an diesen Stellen sehr dick ist, so kam es in diesen
Fällen in der Mitte der roten Papel nur zu einer weilblich opalinen Verförbung, ohne
wahrnehmbare Hautabhebung, dann vertrocknete die Epidermis und löste sich in
Schuppen ab.
Schleimhautveränderungen. Bei seiner Beschreibung des Pemphigus
arthriticus sagt Bazik, dafs die Schleimhäute häufig mitbeteiligt sind, dais die ersten
Symptome sich sogar im Mund, im Bachen und in der Vagina zeigen können. Wenn
letzteres nun auch bei keiner meiner Beobachtungen der Fall war, so findet sich die
Lokalisation auf den Schleimhäuten doch bei 4 Fällen vermerkt. (Beob. 14, Weber;
Beob. 24, 25 und 27, Vidal.) Bei der Kranken No. 24 bildeten sich Blasen auf der
Zunge und dem Gaumensegel. Bei Beob. 25 safs eine grofse Vesikel auf dem Gaumen-
segel. Aber namentlich bei FaU 27 konnte diese Komplikation in ihrer ganzen
Stärke studiert werden. Der betreffende Patient wies während seines ganzen Kranken-
hausaufenthalts beständig vesikulös-bullöse und ulceröse Störungen der Wangen-
schleimhaut auf. Dabei beklagte er sich über Stechen, Brennen und lanzinierende
Schmerzen im Munde. Auf der Innenfläche der Lippen und Wangen zeigten sich
Abschürfungen und zuweilen selbst wirkliche, unregelmäfsig geformte, teilweise rote
Ulcerationen, mit weifslichen Epidermisfetzen bedeckt und umgeben von einer ver-
schieden grofsen erythematösen Zone. Die nämlichen Störungen konnte man zu
andern Zeiten am Zungenrand sowie an der untern Zungenfiäche, auf den Mandeln,
dem Pharynx wahrnehmen; zu mehreren malen habe ich ganz frische herpetiforme
Vesikeln angetroffen. Höchst wahrscheinlich hatte dieser Patient die nämlichen Er-
scheinungen auch auf der Nasenschleimhaut, denn während einiger Zeit verspürte er
in der Nase heftiges Brennen und wurde von mehrfachem Nasenbluten befallen;
gleichzeitig klagte er über Schlingbeschwerden und konnte die Speisen nur schlecht
kauen.
Ich halte die Frage über die Häufigkeit derartiger Schleimhauterkrankungen
noch nicht für abgeschlossen. Von den 10 Kranken mit Dermatitis p. p. chronica
Vera, die mir zu Gesicht kamen, boten 4 dieses Symptom dar. Manche Anzeichen
scheinen mir übrigens dafür zu sprechen, dals auch die Urethralsch leimhaut mitbe-
teiligt sein kann.
Komplikationen des Ausschlags. Dafs die Blasen hämorrhagisch werden
können, wurde schon erwähnt; auch das Entstehen von Flecken und purpurfarbenen
Plaques ist beobachtet worden. In einzelnen Fällen wurden die befallenen Teile,
namentlich die Extremitäten, Ödematös oder röteten sich erysipelatös, Anschwellung
412
der HalBdrüsen und andrer Drüsengruppen kam vor. Auch findet sich das Auftreten
zahlreicher Furunkel zwischen den einzelnen Ekzemschüben verzeichnet, und in einem
Fall (Beob. 16) bildeten sich sogar Abscesse; es war dies übrigens, wie ich aoadridc-
lieh bemerken will, der einzige Fall, Einzelheiten sind nicht dabei angegeben, die
Abscesse scheinen sich nur in den freien Zwischenzeiten gezeigt zu haben.
In einigen Fällen (Beob. 21, 29) wurden die Kopfhaare und sogar samtKche
Körperhaare trocken, brüchig und fielen aus. Ebenso will man EmahrungsstÖrongen
an den Nägeln gesehen haben, jedoch besitze ich hierför keine bestimmten Belege.
Das auffallendste bei der Symptomatologie der Dermatitis polym. prurigin. chroiL
und ihrer Komplikationen ist die Oberflächlichkeit des ganzen Prozesses, die Seilen-
heit, man könnte fast sagen, das Fehlen jeglicher tieferen Störung, wie langdauemde
Hautinfiltrationen, Eiterungen, IJlcerationen. Alle Krankheitserscheinungen sind
äulserst flüchtig, kurzdauernd, hinterlassen keine Narben, betreffen nur die obentea
Schichten von Cutis und Epidermis. Betrachten wir unsre Krankheit mit Bückndit
auf jene wichtigen Eigentümlichkeiten, wie die Bildung von papillomatosen Vegeta-
tionen und Hornsubstanz an Händen und FüiJsen, die in je einem Fall beobachtet
wurden, könnte man da nicht mit Besnier versucht sein, sich der Ansicht von Acsrnz
über die pemphigoiden Dermatosen anzuschliefsen und unsre ganze Krankheitsgruppe
mit seinen Akantholysen zu identifizieren, die die dritte Familie seiner AkanthoaeD
bilden, die selber wieder die dritte Abteilung seiner Epidermidosen* ausmachen?
Äufsere Erscheinung des Ausschlags. Verschiedene Formen.
Alle in den früheren Abschnitten ausfuhrlich beschriebenen Elemente können
bei dem nämlichen Kranken gleichzeitig vorhanden sein und sich auf das mannig-
faltigste miteinander verbinden. Es erklärt sich daraus, dafs die äufsere Erscheinung
des Ausschlags eine sehr verschiedenartige sein kann. Dennoch ist es möglich, mit
DuBBiKG^ bestimmte Krankheitstypen aufzustellen, die zur Erkenntnis dieses proteos^
artigen Leidens beitragen.
1. Varietas erythematosa. — Seilten besteht der Ausschlag nur aus erythe-
matösen Elementen; Beobachtung 8 von Duhring macht hiervon eine Ausname, denn
während zweier aufeinanderfolgender Winter bestanden sämtliche Symptome nor in
Brennen und Böte; beim dritten Anfall erschienen dann Pusteln. (Sieh auch Beob.
21 und 40.)
2. Varietas erythemato-vesiculosa und erythemato-bullosa. — Die
reine Varietas erythematosa kommt also genau genommen, nicht vor; zu dem erytbe*
matösen Ausschlag gesellt sich fast jedesmal sehr bald eine seröse Epidermisabhebnng.
Je nachdem Vesikeln oder Blasen vorherrschen, unterscheidet Duhrino 2 Varietitoi:
a. die Varietas vesiculosa, zu der er den Herpes gestationis rechnet; (dem nia£i
ich aber widersprechen, da der Herpes gestationis vor allem ein polymorpher —
erythematöser, vesikulöser, bullöser — Ausschlag ist;) b. die Varietas bulloBii
wohin er verschiedene Pemphigus-Fälle rechnet.
Nun kommen allerdings bei manchen Fällen, richtiger bei manchen Schüben,
bald auf gesunder, bald auf erythematös erkrankter Haut kleine, begrenzte vesiknloee
Hautabhebungen vor; man kann dann mit einem Schein von Becht sagen, dafs der
Ausschlag im wesentlichen vesikulös sei. Sind die Epidermisabhebungen hing^en
umfangreicher, so kann man von einem bullösen Typus reden. Fast immer jedoch
sind die fraglichen Elemente so ungleichartig, dais man mit viel mehr Recht be*
1 Vgl. I. Teil 2. Kap.
413
haupten kann, der gemischte, vesikulo-bullöse Typus kommt am häufigsten vor. Die
Blasen können, wie wir bereits gesehen haben, jede Gröise erreichen; meistens jedoch
bleiben sie recht klein (kleinblasiger Pemphigus diutinus pruriginosus).
3. Varietas pustulosa. Keiner unsrer 28 Fälle yerlief rein pustulös; aber
bei mehreren, namentlich bei Fall 1 und 4 von Duhbikg, kamen einzelne Schübe vor.
•die nur aus Pusteln nut den oben beschriebenen Eigenschaften bestanden.
4. Varietas haemorrhagica, v. gelatinosa; v. vegetans seu papil-
lomatosa. — Die Fälle 11, 8 und 26, deren Eigentümlichkeiten wir schon erörtert
haben, könnten, genau genommen, als Beispiele dieser Varietäten betrachtet worden;
ich meine aber, dais man diesen Zufölligkeiten denn doch nicht zu viel Gewicht
beilegen darf.
5. Varietas polymorpha. — Diejenige Varietät ist als die häufigste zu be-
zeichnen, die gewissermaÜBen den Typus der ganzen Gruppe darstellt. Wenn man
nun auch einen eruptiven Schub ganz gut als erythematös, vesikulös, bullös oder
pustulös u. s. w. ansehen kann, so mögen doch häufig die nachfolgenden Anfälle ein
ganz andres Aussehen haben, so dafs der Gesamtcharakter der Krankheit immer und
bei allen Fällen zum wesentlichen polymorph erscheint. Anderseits gestaltet sich
selbst jeder einzelne Anfall fast immer polymorph, denn man findet bei ihm gleich-
zeitig und in der verschiedensten Weise gruppiert: Papeln, Plaques, Vesikeln und
Blasen auf gesunder Haut oder auf erythematösen Elementen, mit oder ohne Hof,
durchscheinend oder trübe, vereinzelte, oder um eine zentrale Borke gruppierte
Pusteln, Krusten, die allein stehen oder eine Art Schalen (Carapaces) bilden, Schuppen,
verschiedenfarbige Flecke, unregelmäfsige Verfärbungen, Kratzspuren u. s. w. Alle
-diese Erscheinungen vereinigt, zusammen auftretend, bilden den Typus der uns hier
beschäftigenden Krankheit, die Polymorphie im strengsten Sinne.
Alle möglichen Verbindungen sind hier gleich häufig. Zuweilen bestehen nur
•einige erythematöse Kreise, nur einige Vesikeln oder Pusteln hier und da zerstreut;
ein andermal wieder kann der Körper völlig mit Ausschlagselementen bedeckt sein, mit
groXsen erythematös-bullösen Streifen, mit umfangreichen, vereiterten Blasen, und
namentlich mit Vesikeln, denn die miliaren Vesikeln und die verschieden grofsen
Vesikelblasen, besonders aber die von mäfsiger Gröfse, sind diejenigen Elemente, die
sich am leichtesten vermehren. Es kommen Fälle vor, wo auf den Unterextremitäten,
dem Gesäfs, dem ganzen Körper kein Fleck heiler Haut mehr sitzt; alles ist besät
mit hunderten und tausenden von Epidermisabhebungen oder mit Spuren ehemaligen
Ausschlags. Die Leiden des Patienten sind entsetzliche, er gewährt einen jämmer-
lichen Anblick, aber trotz der schrecklichen Entstellung ist sein Allgemeinbefinden
verhältnismäTsig gut.
Die Heftigkeit des Ausschlags im Verein mit der Kratzwirkung verleiht alsdann
den erkrankten Teilen oft ein eigentümliches Aussehen. Das Gesäfs, die Genitalien,
die Innenfläche der Schenkel, die Achselhöhlen können einem grofsen Vesikatorium,
einem nässenden Ekzem gleichen; das Gesicht sieht aus, wie mit Impetigo behaftet.
Die Borken und Schuppen, die sich beständig neu bilden, helfen die Verwirrung noch
vermehren.
Die verschiedenen Ausschlagselemente können sich zu regelmäisigen Figuren
vereinigen. Bings um eine zentrale, platte, graue oder braune Kruste bildet sich ein
Kranz mattweifser Vesikelblasen, die ihrerseits vom erythematösen Hof umgeben sind
Dieses Gebilde wächst peripherisch, breitet sich allmählich aus; die zentrale Kruste
fällt ab und hinterläfst nur einen wechselnd stark gefärbten Fleck, der bisweilen ein
wenig schuppt, sich allmählich glättet und bräunlich gelb förbt, während um ihn
herum sich ein vierfacher Gürtel von Borken, Vesikelblasen oder Pusteln und Ery-
414
themen ausbreitet. Häufig dehnt sich die Erkrankung dann nur nach einer Bichtnng
hin aus, und an Stelle von Kreisen finden sich dann nur Kreisbogen, die sich unter-
einander verschiedenartig zu verbinden und zu gruppieren vermögen, so dals spiralige
Linien entstehen. Zuweilen (Beob. 29) bildet sich auch wenige Zentimeter hinter
dieser ersten Gruppe eine bis mehrere neue eruptive Ordnungen, die der erstem
ähnlich sehen; sie entwickeln ihre Spirsden parallel zu den bereits vorhandenen und
nehmen einen um so geringeren Baum ein, je später sie entstanden sind. Die Aus-
dehnung dieser wunderlichen Gebilde ist nicht unbegrenzt, vielmehr hören sie nach
einer bestimmten Zeit des Bestandes auf zu wachsen und zu sein. In einzelneD
Fällen tritt der Ausschlag so heftig und so ausgedehnt auf, folgen die einzelaen
Schübe so schnell und so 'unaufhörlich, bilden sich die Blasen so bösartig und platceD
oder trocknen so rasch ein, dalis die gerötete, infiltrierte, schmerzhafle Haut mit be-
ständig abschuppenden Fetzen und mit schildförmig zusammenhängenden Borken be-
deckt ist. Ein solcher Kranker sieht dann aus, als litte er an allgemeinem Ekzem
oder an Pemphigus chron., der zu einem malignen Herpes exfoliativus von Baziv
ausgeartet ist, mit einem Wort, an Pemphigus foliaceus. Man konnte solche FBle
daher mit einigem Recht als Varietas foliacea bezeichnen.
Aus dem gesagten geht klar hervor, dafs man bei unserer Krankheit der Fonn,
die gerade im Augenblick das Feld behauptet, nur eine sekundäre Bedeutung bei-
messen darf, da der Ausschlag im weitern Verlauf ein ganz andres Aussehen an-
nehmen kann. Hier springt so recht die Wahrheit des Satzes in die Aug^n, fSr den
ich immer eintrete, dafs man, um die Hautkrankheiten zu erkennen, sich nicht Diit
dem vorliegenden, objektiven Befund begnügen dürfe, denn der ist vorübergehend,
sondern dafs man den Gesamtverlauf der Krankheit in Betracht ziehen müsse; alle
einzelnen Elemente wollen berücksichtigt sein, Ätiologie, Entwickelung, subjektive
und objektive Symptome. Weil man die Wahrheit dieses Satzes verkannte, ifit die
Geschichte so vieler Dermatosen, und besonders der vesikulo-bullösen Dermatosen,
bis auf die jüngste Zeit dunkel geblieben. Diese Krankheiten sind vor allem poly-
morph, proteusartig, im beständigen Wechsel ihres Charakters; man ersieht daraas,
wie schwer es sein mufs, sie nach den von Willan und Bateman aufgestellten
Grundsätzen zu gruppieren. Ist doch auch dasselbe £j*ankheitsbild, immer mit einem
Schein von Eecht, unter den verschiedensten Namen beschrieben worden I Hat man
doch sogar die Behauptung aufgestellt, dafs so viele Varietäten wie Einzelfalle T0^
kämen I Bei solcher Ansicht freilich sind ein erfolgreiches Studium sowohl wie jede
Klassifikation völlig unmöglich.
*
Subjektive Symptome. Die Schmerzen spielen in der Dermatitis polym.
prurigin. chron. eine Hauptrolle; sie sind immer vorhanden, und ich halte sie für eine
der 4 wichtigsten pathognomonischen Eigenschaften unsrer Dermatose. Sie be-
stehen wesentlich in äufserst heftigem Jucken, das dem Kranken das Leben geradezu
verleidet. Bisweilen ist es mehr ein Gefühl von Hitze und Brennen in der Haat,
von Stechen, Prickeln, Ameisenkriechen, von Beifsen und Jucken, von schmerzhafter
Spannung; das Jucken aber ist das gewöhnlichste.
Diese Empfindungen können für sich bestehen und längere Zeit das einsige
Symptom bilden (vgl. Beob. 21); sie können dem Ausschlag um ein paar Tage bis
Stunden vorauseilen oder gleichzeitig mit ihm auftreten ; nur selten erscheinen sie erat
später, und niemals bleiben sie ganz aus. Im Verlauf der Krankheit deutet ihr er-
neutes Auftreten oder ihr Heftigerwerden auf den baldigen Ausbruch eines neaen
Anfalls. Für gewöhlich wächst und vermindert sich ihre Heftigkeit mit der Starke
des Ausschlags.
415
Im allgemeinen haben sie ihren Sitz an den von dem Ausschlag befallenen
Körperteilen, jedoch werden sie auch manchmal über den ganzen Körper empfunden,
während der Ausschlag lokalisiert bleibt; auch werden sie mitunter da am heftigsten
gespürt, wo sich weder vorher noch nachher sonst etwas krankhaftes zeigt, so an
den Hand- und Fufsflächen. Anderseits brauchen auch nicht alle Ausschlagselemente
mit Notwendigkeit immer zu jucken, wie wohl das Gegenteil eine nur äufserst seltene
Ausnahme bildet.
Das Jucken wird nach einiger Zeit durch das Kratzen gelindert; beim Platzen
der Vesikeln und Pusteln hört es fast immer von selbst auf; daher eröffnen die
Kranken, nachdem sie das einmal gemerkt haben, die Blasen, sowie sie erscheinen.
Am meisten jucken die erythematösen und vesikulösen Elemente ; die Pusteln scheinen
weniger schmerzhaft zu sein, doch können auch sie mitunter unerträgliches Jucken
verursachen. Verschiedene Kranke geben an, dals die Schmerzen zur Zeit des Ent-
stehens des Ausschlags am heftigsten sind und dafs die Umgebung der Plaques am
meisten wehthut. Das Jucken ist nur selten am Tage heftiger, für gewöhnlich ver-
schärft es sich gegen Abend und behindert den Schlaf. — Zuweilen läfst es nach,
wenn sich keine neuen Elemente mehr bilden, aber dieses vollkommene Aufhören ist
sehr sehr selten und dann nur von kurzer Dauer.
In einzelnen Fällen ist das Gefühl von Hitze und Brennen an verschiedenen
Korperteilen, z. B. an den Füfsen, so stark, dafs kein Kleidungsstück daran ver-
tragen wird und der Kranke den betreffenden Teil so viel wie möglich blofs hält.
Dafs derartige fast unaufhörliche Schmerzen mit bedeutenden Verschlimmerungen
den Kranken erschöpfen müssen, ist selbstverständlich; er kommt nur selten zum
Schlaf, wird nervös, äufserst reizbar, verliert allen Lebensmut und trägt sich manch-
mal sogar mit Selbstmordgedanken.
Der Verlauf der Krankheit. Die Dermatitis polym. prurig. chron.Werläuft
in der überwiegend gröfsten Anzahl der Fälle anfallsweise. Diese Anfölle sind nach
der Zeit ihres Auftretens, nach Grad und Form des Ausschlags ungleichartig. Das
ist ihre Haupteigenschaft, die namentlich in den amerikanischen Beobachtungen
deutlich hervortritt, und auf die auch Duhbiko besonders aufmerksam macht.
Die Dermatitis p. p. chronica kann den Kranken plötzlich mit all ihren Tücken
befallen, von vornherein chronisch und mit schnellfolgenden Anfällen auftreten, oder sie
beginnt mit einer Ausschlagsperiode von einem Monat (Beob. 10), von 4 Monat (Beob. 25)
mit mehreren eruptiven Abschnitten, die über den Winter dauern und im Mai auf-
hören (Beob. 8); diese einzelnen Perioden sind dann von Zwischenpausen völliger
Gesundheit unterbrochen. Aber selbst bei diesen Antillen, die ich prä monitorische
nenne, besteht die Krankheit meist aus eruptiven, sich drängenden Schüben, die zu-
s^ammen den Anfall ausmachen.
Mitten im Ablauf der Krankheit, wenn sie sich schon durch eine mehrmonat-
liche Dauer als solche ausgewiesen hat, kommen doch noch Pausen vollkommenen
Wohlbefindens vor. Jedoch ist das selten, und das Wohlbefinden meistens nur re-
lativ: etwas Jucken, einige Blasen, Vesikeln, Pusteln, Eötungen erscheinen hier und
da immer wieder auf der Haut oder Schleimhaut und erinnern daran, dafs der Krank-
heitsprozefs nur schlummert.
Diese Besonderheiten sind zur Kenntnis der Gruppe äufserst wichtig. Man sieht
leicht, dafs die prämonitorischen Anfälle, von denen eben die Bede war, in ihrer Ge-
samtheit solche Fälle bilden, wie sie zu unsrer dritten Kategorie gehören. Hatte man
den Kranken aus der Beob. 8 nur während der 3 bis 4 ersten Jahre seines Leidens
beobachtet, so würde man ihn ohne Bedenken für einen Typus meiner recidivierenden
Varietas benigna halten können. Umgekekrt weifs ich nicht, ob nicht die Fälle, die
416
ich dieser Varietät zugerechnet habe, schlielfllich doch wie Fälle der Dermatitis poly-
morpha pruriginosa chronica k poussees successives verlaufen sind. Indem ich mein«
allerdings etwas künstliche, aber für das Studium dieser Dermatosen zweckmafirige
Einteilung beibehalte, gilt es nun, diejenigen Punkte festzustellen, die diese ^^n^^^^«^
Fälle miteinander verbinden.
Nichts ist ungewisser als die Frage, wann ein neuer Anfall auftreten wird; es
gibt hier keinen cyklischen Verlauf. Jedoch gilt es zu unterscheiden. loh habe
früher von grofsen eruptiven Perioden gesprochen, die durch freie Zwischenräomfi
getrennt sind und teils als prämonitorische zu der Dermatitis p. p. chron. vera, teils
zu der D. p. p. benigna s. subacuta gehören und dals solche Perioden Anfälle
(Attaque s) genannt werden müssen und aus mehreren Hauptschüben bestehen;
diese Hauptschübe können sich wieder aus verschiedenen kürzeren, einander ablösenden
Schüben, Nebenschüben, zusammensetzen.
Die Hauptschübe füllen die einzelnen Abschnitte der Krankheit aus; gewöhn*
lieh sind sie durch Pausen verhältnismäisigen oder gänzlichen Wohlbefindens von
einander getrennt. Sie können sich bei dem nämlichen Kranken ganz verschieden-
artig gestalten. So war in der Beobachtung 1 der erste Schub pustulös, der zweite
papulös und papulo-vesikulös, der dritte vesikulös und pustulös u. s. w. In Beob. 4
waren die Schübe während eines Jahres vesikulös und bullös, dann wurden sie nach
einander durch einen pustulösen und vesikulo-bullösen ersetzt; es folgte nun wieder
der pustulöse Charakter u. s. f.; zu andern Zeiten war der Anfall rein polymorph.
Doch ich will keine Beispiele häufen.
Diese eruptiven Hauptschübe sind von verschiedener Dauer; sie können mit on-
geschmälerter oder schwankender Heftigkeit lange Zeit fortbestehen; gewöhnlich vor-
laufen sie in 15 — 45 Tagen. Je nach der Zahl der Nebensohübe, aus denen sie sidi
zusammensetzen, dauern sie länger oder kürzer.
Diese Nebenschübe treten anfangs sehr heftig auf, entsprechen freilich immer
der Heftigkeit des Hauptschubs, dann nehmen sie allmählich ab, je mehr sie sich dem
Ende der eruptiven Periode nähern. Ihre Dauer zu bestimmen ist sehr schwer, da
beim Auftreten des einen der andre noch nicht abgelaufen ist, jedoch läfst sich an-
nähernd sagen, dafs sie sich in 8 — 24 Tagen abwickeln.
In den Pausen zwischen den gröfsem eruptiven Schüben können kleinere, kürzere,
fast abortiv verlaufende auftreten; sie unterbrechen die Zeiten der Buhe und zeigen,
wie ich das schon früher ausgeführt habe, dafs der Prozefs nur schlummert Aach
diese Zeiten der Buhe sind von verschiedener Länge, umfassen bald nur wenige Tage,
bald mehrere Wochen.
Manchmal wird ein Hauptschub, noch bevor er gänzlich abgelaufen ist, von
einem zweiten, ähnlichen oder andersartigen verdrängt.
Fast immer kündigt sich ein Anfall Stunden bis Tage vorher durch stärkeres
Jucken und Hautschmerzen an.
Die eruptiven Elemente können allmählich, nacheinander entstehen; sie sind
zuerst hier und da über den Körper zerstreut oder an einzelnen Punkten lokalisiert.
J^eistens aber entwickeln sie sich sehr schnell, und man kann, namentlich bei heftigem
Anfall, häufig genug gewahren, wie sich in 2 — 3 Tagen, in 24 Stunden, ja sogar in
einer einzigen Nacht hunderte und tausende solcher eruptiver Elemente bilden. Dii
Schmerzen erreichen dann ihren höchsten Grad, nicht selten sogar kündigt sich der
Anfall mit Schüttelfrost, Unbehagen und Fieber' an.
' Vergl. zum Studium des Verlaufs der Varietas benigna die in der 3. Kategorie
aufgeführten Beobachtungen nebst den daran geknüpften Bemerkungen.
417
Welcherlei Umstände einen Anfall yerarsacben, läüst sich schwer sagen. Meistens
ist nichts bestimmtes nachweisbar. Dafs er mit dem Steigen und Abfallen der Men-
struation an Stärke znnehme ist mehrfach beobachtet, ja er kann auch zu der teil-
weisen oder gänzlichen Unterdrückung der Begel in Beziehung stehen (Beob. 83)^
(wodurch die nahe Verwandtschaft dieser Fälle zum Herpes gestationis hergestellt
wird). Auch Temperaturveranderungen, erhitzende Speisen und Getränke vermögen
vielleicht einen Anfall auszulösen. Aber das ist alles, wie gesagt, noch ganz un-
bestimmt.
Vielfach hat die Krankheit, nach kürzerer oder längerer Dauer, die Monate bia
Jahre umfassen kann, das unverkennbare Bestreben, sich zu mildern. Die Anfälle
rücken mehr auseinander, werden schwächer, kürzer, abortiv. Doch kommt auch
der umgekehrte Verlauf vor.
(Fortsetzung folgt.)
IDerfatntnlungen.
Dermatologische Vereinigung zu Berlin.
Sitzung am 5. März 1889.
Vorsitzender: Herr Bosekthal. Schriftführer: Herr Saalfeld.
Herr Oestrbicber. Die Behandlung der SyphUis mit grofsen Sublimatdosen.
DerVortragendeteilt mit, dafs, nachdem mit den grofsen Dosen der unlöslichen Quecksilber-
präparate manchmal sehr unangenehme Erscheinungen, ja in einzelnen Fällen der Tod
beobachtet worden ist, er in den Jahren 1887 und 1888 Versuche mit grofsen Dosen
Sublimat angestellt habe, umzusehen, bis zu welcher Stärke man gehen kann, und ob
bei den grofsen Dosen auch die Wirkung eine um so gröDsere ist. Die Versuche wurden
zuerst an Tieren, und zwar an Kaninchen und dann am Hunde angestellt. Bei
Kaninchen ergaben Injektion von 0,02—0,05 Sublimat sehr ungünstige Besultate, von
6 starben 4, und bei der Sektion zeigte sich bei allen eine starke Veränderung im
Darm und in den Nieren. In den letzteren war die Bindenzone verbreitert und mit
Kalkinkrustationen versehen. Der Hund, bei dem 0,1 injiziert war, blieb am Leben,
er hatte nur etwas Diarrhöen, die aber nicht blutig waren. An der Injektionsstelle
war Gangrän aufgetreten, sonst aber waren keine Veränderungen zu konstatieren. Die
Versuche an Menschen wurden derart angestellt, dalii zuerst 0,02, dann 0,03, 0,04 —
Bchliefslich 0,1 injiziert wurde. Bei allen zeigten sich, aufser geringer Stomatitis,
keine Intozikätionserscheinungen ; die betreffenden Patienten blieben alle gesund
0. hat bei 48 Patienten (und zwar bei 27 Frauen und 21 Männern) 180 Injektionen
gemacht und zwar von einer 4Voigen Lösung 4 Injektionen, von einer 6%igen 83,
einer 87oigen 83, einer 10 %igen 10 Injektionen. Bei den stärkeren Lösungen, und
zwar von der GVoigen ab, wurde in jede Glutäalgegend 0,03 injiziert. Um einen
gröfseren Beiz der Darmschleimhaut zu verhüten, wurden sofort gröisere Quantitäten
Eier verordnet; es traten infolge dessen auch nur in vereinzelten Fällen Diarrhöen
ein. Anfangs wurden die Sublimatlösungen in saurer Lösung (5 g Acid. tartar. bei
1 %iger Sublimatlösung) injiziert, da sich aber dabei eine zu grofse Schmerzhaftigkeit
zeigte, so wurden zu 100 g Lösung 3 g Chlornatrium zugesetzt. Abscesse hat 0. nie
beobachtet, wohl Infiltrationen, doch glaubt er, dafs auch solche bei genügender
Antisepsis vermieden werden können. Was die Schmerzhaftigkeit anbetrifft, so war
418
dieselbe bei den stärkeren Lösungen natürlich etwas intensiver, doch war dieselbe
individuell sehr verschieden. Von den 48 Patienten seien bei diesen starken Injektionen
33 geheilt — natürlich, was man unter Heilung verstehen kann, indem bis jetzt im
Verlauf ca. eines Jahres kein Recidiv aufgetreten ist — , 8 waren gebessert, ein FaU
blieb ungeheilt, doch war die Diagnose in diesem Falle zweifelhaft. 6 Fälle sind aus-
geblieben nach der ersten Injektion, 1 Fall nach zwei Injektionen, 2 Fälle nach 0,1
wegen Stomatitis. Bei den Männern wurde bei 0,04 — 0,06 keine Stomatitis beobachtet,
bei 0,08 vier mal und bei 0,1 kein mal. Bei den Frauen zeigte sich bei 4Voiger
Lösung ein mal Stomatitis, von 12 Frauen, die mit einer 6%igen Lösung behanddt
wurden, bekam keine die Afifektion, von 10 Frauen, mit 87oiger Lösung behandelt,
stellte sich in 4 Fällen und von 6 Frauen mit 10 7<>iger Lösung in 5 Fällen Stomatitii
ein. Die Vorteile dieser Methode vor der mit den unlöslichen Quecksilberpraparaten
bestehen nach 0. 1. darin, dais das lösliche Präparat sehr bald resorbiert wird, während
das unlösliche längere Zeit an der injizierten Stelle verbleibt, und wir nicht be-
rechnen können, wie viel davon aufgenommen wird ; 2. in der auffallenden Bessemn;
aller Symptome bei 87oigen Lösungen. Bei einzelnen blieben alle Erscheinangeo
schon nach einer grofsen Dosis fort. Unter den Frauen waren 5 gravidae, und 4 haben
davon vollständig ausgetragen. Diarrhöen traten sehr selten ein, ja nach den grofsea
Dosen von 0,1 war manchmal Verstopfung vorhanden. Der Urin zeigte niemuh
Albumen oder Zucker. In bezug aufRecidive läCst sich bei dem poliklinischen Materitl
mit Bestimmtheit nichts sagen.
Diskussion sowohl über diesen als über den vijn Herrn Lassar: Der
Stand der Syphillsbehandlaag, gehaltenen Vortrag. Herr Hofphakit kann
sich der Ansicht des Herrn Lassab, der ^nach der Exzision des Primir-
affekts eine baldige AUgemeiubehandlung empfiehlt, nicht anschliefsen. Nach
den in der letzten Zeit gemachten Erfahrungen ist das Hg doch nicht eine
Substanz, die man unnötigerweise dem Körper zuführen sollte. Es sind doch
Fälle bekannt, bei denen man die PrimärafTektionen für ein Ulcus dumm hielt nnd
bei denen keine syphilitischen Erscheinungen aufgetreten waren. Er selbst habe
jetzt noch einen solchen Patienten in Beobachtung, der am 9. November, nachdem
die Infektion 3 Wochen vorher stattgefunden hatte, mit 4 Ulcera dura an der Corona
glandis in Behandlung kam und bei dem sich bis heute keine sekundären Symptome
zeigten. Die Diagnose der Ulcera dura ist von Herrn Lbwin, der den Fall ebenfalb
gesehen hat, bestätigt worden.
Was femer die Wirkungen der Sublimatinjektionen anbetrifft, so erklärt Herr
H0FF1CANI7, dafs er zwar die grofsen Dosen von Sublimat nicht versucht hat, dafs
ihm aber die Wirkungen der 2 Voigen Losungen weit hinter den Kalomelinjektiooea
zurückstehen. 20 Injektionen einer 2 Voigen Sublimatlösung erzeugen noch lauge nicht
die Wirkungen wie 2 Injektionen einer 1 Voigen Kalomelölsuspension. Er verkenne nicht
die Gefahren der Ealomelinjektionen, er habe selbst in einem Vortrage in dieser
Gesellschaft auf die Nachteile hingewiesen — wie starke Stomatitis, Darmaffektionen,
Fieber, Abscesse (letztere lassen sich nach den zuletzt gemachten Beobachtungen
durch genaue Antisepsis vermeiden) etc. — , allein was die Wirkung anbetrifit» w
mu£s er sagen, dafs sie viel eklatanter als nach jeder andern Behandlung ist Man
sieht, dafs nach 2 Ealomelinjektionen alle sekundären Erscheinungen, selbst Eondv*
Jome, vollständig schwinden. Um die unangenehmen Nebenwirkungen zu vermeiden^
hat er in der letzten Zeit nur eine halbe Spritze voll einer 1 %igen Kalomelölsuspension
ix\jiziert und dabei ebenso glänzende Besultate erziehlt, ohne dafs gefahrdrohende
Erscheinungen aufgetreten sind.
Herr Saalfeld bestätigt die Angaben des Herrn Hoffmann, dafs in der Litteratur
I
419
■
Fälle bekannt sind, wo nach Ulcera dura keine syphilitischen Symptome zur Beob-
achtung kamen.
Herr Kosenthal bemerkt, dafs er gerade deshalb den unlöslichen Quecksilber-
präparaten den Vorzug gibt, weil sie nicht sofort, sondern allmählich resorbiert
werden, und glaubt, dafs, wenn Herr Osstebbbicheb von den grofsen Dosen Sublimat
abrät, man erst recht die unlöslichen Präparate wählen soll, da er Herrn Hoffmank
nur beistimmen kann, dafs ihre Wirkung eine viel intensivere ist. Auch er habe
nach 2 Injektionen von Hydr. oxyd. flav. Kondylome schwinden sehen, ja in vielen
Fällen vollständige Heilungen beobachtet. Zu Herrn Lasbabs Vortrag bemerkt er,
dala über die Exzision des Primäraffekts wohl Einstimmigkeit bestehe, dagegen wird
man nicht immer das Ulcus molle vom ydurum unterscheiden können, selbst wenn alle
Merkmale vorhanden sind. Aufserdem wird in einzelnen Fällen selbst die Allgemein-
behandlung keinen Einflufs ausüben ; so habe er bei einem Ulcus phagadaenicum der
Unterlippe trotz der Injektionen keinen Stillstand erzielen können, sondern das Ulcus
schritt weiter fort.
Herr Lassab erwidert auf die Bemerkungen des Herrn HoFFMAm^, dafs die
Fälle, in denen nach einem Ulcus durum keine sekundären Symptome aufgetreten
waren, verschwindend klein sind, und diese einzelnen Fälle ihn nicht abhalten können,
von der Allgemeinbehandlung Abstand zu nehmen. Was die bessere Wirkung der
unlöslichen Quecksilberpräparate im Verhältnis zu den löslichen anbetrifft, so glaubt
er letzteren aus dem Grunde den Vorzug geben zu müssen, weil man es hier in der
Hand hat, die Ix^ektionen so häufig und so stark zu machen, als es der Fall ver-
langt, ohne gefährliche Erscheinungen zu beobachten. X. Hoffmann-Bertin.
6ef|ire(^un$en.
I.
Zur Lelire Yom Bhinoskleroin.
M. N. NiKiKOROw. Von den Mikroorganismen bei Rhinosklerom.
G. N. BoJEW. Ein Fall von Rhinosklerom.
P. A. Pawlow. Ein Fall von Bhinosklerom der Nase, des Rachens und des
Oberarmes:
E. M. Stepanow. Ein Fall von Rhinosklerom.
— Über Itnpfungen mit Rhinosklerom. Vorläufige Mitteilung.
{Medieinskoje Obosrenije. 1888. Bd. XXX. No. 20. pag. 693- 718).
NiKiFOBow und BoJüw beschreiben einen und denselben Fall, wobei Nikiforow
speziell die bakteriologische, Bojew die klinische Seite behandelt. Pawlow und
Stefano w fugen je einen Fall hinzu. Der NiKiFOBOWSche Fall zeigt am deutlichsten
die schon von Kaposi und Hebra geschilderten Veränderungen (Ergriffensein von
Nasenflügel und Septum, äufsere Elfenbeinhärte, leichte Schneidbarkeit). Von der
Nase aus hatte sich der Prozefs auf die Arcus palatoglossi beiderseits verbreitet. Die
übrigen 2 Fälle bieten gröfsere oder geringere Abweichungen. Die Krankengeschichte
des NiKiFORO'w-BoJEWschen Falles wäre folgende: Verabschiedeter Soldat, 25 Jahre
alt, aus dem jAROSSLAWschen Gouvernement, krank seit 3 Jahren (das Leiden begann
4 Monate nach dem Eintritt in den Militärdienst). Heftig auftretendes Nasenbluten,
nach 2monatlicher Hospitalbehandlung wird Patient entlassen, um eine Woche später
¥rieder Nasenblutens wegen ins Hospital zu kommen. Jetzt erwies die Nase sich „als
420
geBchwollen", nnd wurde Fat. nach iVsmonatlicher erfolgloser antisyphiliiiscber Kur
(üng. ein. und E J) als unheilbar entlassen. Bei seiner Aufnahme (September 1887) in das
Alte Eatharinenhospital zu Moskau: Gut genährt, keine geschwellten Drusen, innere
Organe gesund, auf harter Nasenspitze, -flügel und -Scheidewand gesohlingelte
Venen; Nasenflügel in die Breite verzogen, Nasenöfinungen stark verengt bis anf
V^ cm. In dem Sulcus naso labialis beiderseits hart unter den Nasenflügeln höckerige
Verdickungen, die Haut dieser Teile, sich scharf abgrenzend gegen die gesunde, ist
haar- und follikellos, leicht schneidbar, stark blutend, leicht heilend. Rachen:
Keine Uvula, Arcus palatoglossi matt glänzend, verdickt, schnurformig. Auf den
Graumenbögen einzelne bis linsengrolse Plättchen, dazwischen Ezkoriationen; auf
hinterer Racheuwand eben solche Plättchen^ doch kleiner und in geringer Anzahl;
hinterer Nasenrachenraum kann wegen Tiefstandes des weichen O^aumens nicht unter-
sucht werden. Patient leidet an Thränenflielsen (besonders rechts) und näselnder
Sprache. Lues kann sowohl durch Anamnese, wie durch Untersuchung völlig ans-
geschlossen werden.
Die nach Prof. Stukowbnkows Vorgange eingeleitete Behandlung von subkntanei
Injektionen einer 1 Voigen Karböllösung (1 — 2 Spritzen täglich) scheint erfolglos
geblieben zu sein, es sei denn, dafs man das Zurückgehen der im Rachen nidi
vorhergegangener Schmier- und Hg-Kur aufgetretenen Gteschwürchen als Erfolg tn-
sieht. Es treten jedoch später, trotz derselben Therapie, erneute Geschwürchen im
Naseninnem selbst auf. Zudem bemerkt Bojbw, dafs viele der Hautstellen so hart
waren, dafs er kaum mit der Injektionsnadel eindrang und keinen Tropfen ins
Gewebe injizieren konnte, die Injektionen sich also nur in weichere Partien madken
liefsen.
Von NiKiFOROw wurden in beiden, behufs Untersuchung ezzidierten Stacken
charakteristische Rhinosklerom-BaciUen nachgewiesen. Er hat diese Beobachtnngea
im Archiv für experimentelle Pathologie und Therapie. Bd. XXFV veröfienilioht.
Der Fall von Pawlow bietet das gröfste Interesse dar, da hier der erste Fill
vorliegt, wo es sich um Rhino sklerom auch am Arm handelt. Pat., Gutsbesitzer im
WoBONSSHBohen Gouvernement, 65 Jahre alt, kräftiger Konstitution, leidet häufig
an Schnupfen und Husten, hat in seinem 40. Lebensjahre eine langdauernde Pleoiitii
durchgemacht und sich vor 4 Jahren wegen chronischen Magendarmkatarrhes und
Obesitas behandeln lassen. Seit Ende 1887 zeitweise schmerzhaftes Schlucken und
Trockenheit im Munde mit Schnupfen kombiniert. Die damalige Untersuchung ergab
nur Hyperämie und Schwellung der Arcus, der Uvula und der Nasenschleimhaat
Im Januar 1888 alle diese Symptome heftiger; Uvula und Arcus haben cyanotische
Färbung; im April bemerkt Pat. Geschwürchen im Schlund und in der Nase, derent-
wegen er in Behandlung trat. 8. Juni 1888 Uvula, Arcus si nister und Tonsilla sin.
bläulich rot, verdickt, zwischen Arcus und Uvula Geschwürchen. Auf dem Arcos
selbst derer 3, hintere Fläche der Uvula, sowie Oberfläche des linken weichen
Gaumens ebenfalls geschwürig, Umgebung aller Geschwürchen infiltriert, hart, Introitas
tubarum frei, innere Nasenflügelflächen, wie Scheidewand verdickt, mit Geschwürchen
besetzt. Die hintere Larynxwand zeigt Verdickung. Subjektiv Schnupfen, Atem-
und Schlingbeschwerden. Die Untersuchung ergab noch Arteriosklerose, Emphysem
und chronischen Bronchialkatarrh. Leichte Lymphadenitis submaxillaris sin. et colli
sin. Unter Pinselungen mit Jodglycerin und Spülungen mit demselben ging die
Geschwürsbildung wenig zurück (2 Wochen). Darauf im Laufe von 3 Wochen
aufserdem noch Ätzungen mit Acid. chromic. cryst. Die Geschwürchen gingen zurück.
Es treten auf dem unteren Drittel des rechten Oberarms 2 kleine oberflächliche
Geschwürchen auf mit reinem dunkelroten Grunde und ohne Reaktionszone in der
421
Umgebung. Sie sezernierten eine eiterähnliche klebrige Flüssigkeit, die zu festen
Borken eintrocknete.
14. September. Allgemeine Verschlimmerung. Die Nase hat jetzt auch schon
äuTserlicli das bekannte charakterische Aussehen. Etwas über dem rechten Ellen-
bogengelenk, an der Innenseite des Oberarms, findet sich eine fast 5 cm lange und
2 cm breite Neubildung in der Haut, umgeben von einem etwas über die gesunde
Haut erhabenen bräunlichroten leicht glänzenden Walle. Das Zentrum bilden eine
Menge dichtsitzender Wärzchen, die mit graurötlichem gleichmäfsigen Epithel bedeckt
sind, das an Narbengewebe erinnert. Zwischen den einzelnen Wärzchen und zwischen
diesen und dem Walle finden sich oberflächliche Fissuren, die ein serös-eiteriges
Sekret geben, das zu Borken eintrocknet An einer Stelle des Randwalles findet sich
ein kleines Geschwür mit gelblichem Belag. Die Neubildung ist fast schmerzlos, und
ihre Haut läfst sich schwer falten, mit der übrigen Haut aber leicht verschieben.
Die umgebende Haut völlig normal, keinerlei Lymphadenitis. Die Diagnose, schon
früher durch Drs. Stefanow und Nikiforow an Rachen und Nase festgestellt (mikros-
kopisch), wurde auch für die Neubildung gesichert, da es Dr. Stefanow gelang, aus
einem der Neubildung entnommenen Stückchen Reinkulturen der Bacillen zu erlangen.
Das Interesse dieses Falles besteht in den Abweichungen von dem typischen Krank-
heitsbilde. Es bestand weder Elfenbeinhärte, noch fehlten Follikel und Haare der
Haut; es liefse sich dieses durch ein frühes Stadium der Krankheit erklären. Verf
meint, die hirseähnlichen Knötchen, die stets mit Zunahme des Rachenkatarrhs auf-
traten, für entzündete Follikel der Schleimhaut halten zu müssen, da sie nie zu
Zerfall oder Geschwürsbildung neigten. Das Auftreten der Neubildung auf dem
Oberarm hält Verf. für eine Autoinfektion, ähnlich der beim Ulcus molle beobachteten,
und wäre hiermit die Ubertragbarkeit auf lebendes Gewebe erwiesen.
Stepanows Fall. Der 23jährige P. 0. war im Sommer 1886 in dem Alten
Katharinenhospital zu Moskau wegen Polypen der Nase und Laryngitis sicca behandelt
worden. Im Sommer 1887 trat er mit Recidiv ein, die Atembeschwerden waren
aber so grofs, dafs sie Tubage des Larynx erforderten. Auch das zweite mal verliefs
Pat. entschieden gebessert das Hospital. Am 11. März a. c. trat er wieder in Be-
handlung; kräftiger Körperbau, guter Ernährungszustand, innere Organe gesund bis
auf einzelne nicht konstante, trockene Rasselgeräusche. Atmung durch Nase unmög-
lich, durch leicht bei Sondierung blutende polypöse Wucherungen, die ein serös-
eiteriges Exsudat liefern, das zu Borken eingetrocknet die erodierten Ränder der
Nasenöffnungen deckt. Leichte Stenosis laryngis, die sehr verdickte Schleimhaut des
Larynx mit grauweifslichen Borken belegt, hintere Larynxwand stark verdickt, untere
Seite der Stimmbänder gleichfalls, wodurch Schluckfähigkeit behindert. Therapie:
Pulverisationen, Tubage, KJ. Trotzdem bleiben die Erscheinungen bestehen, speziell
„das Ekzema, introitus narium." Angeregt durch den, von Dr. Pawlow beobachteten
Fall übergab Dr. Stefanow dem Dr. Niktfobow einige Gewebsstückchen aus der
Nase des Patienten. Die Untersuchung ergab Rhinosklerombacillen. Es fehlten in
diesem Falle völlig die Härte der Nase, obgleich die Innenflächen der Flügel stark
verdickt w&ren; die Bedeckung der Nasenscheidewand fällt durch ihr sehniges Aus-
sehen auf. Verf. entfernte das neugebildete Gewebe aus beiden Nasenöffnungen.
Therapie: Spülungen mit leichten Karbollösungen. Interessant ist, dafs nach Ex-
stirpation sich bisher kein Recidiv gezeigt.
Die vorläufige Mitteilung E. M. Stepanows über seine Impfversuche hat definitiv
die Impfbarkeit von Rhinosklerombacillen erwiesen. Er gebrauchte zu seinen
Impfungen: Kaninchen, Meerschweinchen, Ferkel und einen jungen Kater. Am
besten erwies sich das Meerschweinchen. Er wählte zum Ort seiner Impfungen die
Monatshefte. 28
422
vordere Augenkammer. Die Impfangen wurden gemacht: 1. mit Rhinoskleromgewebe
(von dem Krankheitsfall Stbpanows); 2. aus einer alten Kultur vom BoJiwKben
und 3. aus einer Beinkultur (2. Generation) von Stepanows Fall.
1. Versuch, 10. Juli: Impfung von Gewebsstückchen in die vordere Augen-
kammer des Meerschweinchens. Es bildet sich diffuse Keratitis, nach ihrem Schwinden
eine gelbliche Masse (kataraktähnlich) vor der linken Pupille. Diese gelbe Ma«e
wächst der Cornea entgegen, und auch auf ihr zeigen sich gelbliche Yerfarbimgen.
Am 15. September wurde das Meerschweinchen getötet. Impfungen auf Gelatine
und Agar-Agar. Das Auge wird in FLBsoayGsche Lösung gelegt und daranf m
Spiritus erhärtet. (Die Sektion des Tieres ergab weder im andern Auge noch in den
übrigen Organen irgend welche makroskopische Veränderung.) Nach einigen Tagen
fanden sich in allen Probiergläschen Beinkulturen. Die Schnittpräparate aus dem
geimpften Auge zeigten überall in dem neugebildeten Binde- und Granulationagewebe
die charakteristischen Mikroben, wobei die Gewebselemente teilweise oder ganz hytün
degeneriert waren ; die von Mikulicz beschriebenen Zellen fanden sich auch recht dt
Durch diesen Versuch ist die Ubertragungsföhigkeit vom Bhinoskleromgewebe
auf lebende Tiere und die Entstehung eines gleichartigen Prozesses bei ihnen ent-
schieden.
2. Versuch. Impfung in die vorderen Augenkammern des Meerschweinchen
aus der Beinkultur (2. Generation, gewonnen von Stepavows Patienten). 10 Tage
später wird Bildung und Wachstum gelblicher Massen hinter der Cornea des reckten
Auges beobachtet. Am 30. September Meerschweinchen durch Chloroform getötet,
Cornea angeschnitten und Impfungen auf Agar-Agar und Gelatine gemacht, Ton
denen jedoch nur eine einzige eine Beinkultur gab, was sich dadurch erklären liTst,
daüs Verf. nicht die Cornea durch-, sondern nur angeschnitten hat. Die makro- nnd
mikroskopische Untersuchung ergab dieselben Verhältnisse, wie beim ersten Versuch,
nur war der Prozefs noch nicht so weit vorgeschritten. Dieser Versuch beweist, da£i
die spezifische Erkrankung auch durch Beinkulturen von Frischs Mikroben erlangt
werden kann.
B. Versuch. 12. Juli. Impfung in die vorderen Augenkammem eines Meer-
schweinchens aus einer alten Kultur (Bojews Fall), die ca. 7 mal von Dr. Ndlifosow
und 2 mal von Dr. Stbpanow weiter geimpft worden war. 16. Oktober Tötung
des Meerschweinchens, die Impfungen auf Agar-Agar und Gelatine aus dessen
vorderer Kammer ergaben Beinkulturen. Im erhärteten Auge fanden sich ebenfmUt
die Mikroben und besonders viel MiKULiczsche Zellen. So beweist auch dieser Fall,
dafs die Ursache des Bhinoskleroms die von Frisch beschriebenen Mikroben sind.
Verf. hat seine Beobachtungen und Versuche noch nicht abgeschlossen, doch meint
er schon jetzt nach den Präparaten annehmen zu können, dafs der Krankheitsprosels
schon die das Auge umgebenden Gewebe ergriffen hatte. Man kann nur wünschen,
Verf. möge recht bald seine Arbeit in extenso veröffentlichen.
C JoJiannsen-St Beiersburg.
Zur Ätiologie der lingna nigra bei Kindern, von P. P. Gündobin. (Med»-
ginskoje Ohosrenije. 1888. No. 19.) Nachdem Verf. in kürze eine Definition des
Krankheitsbildes gegeben, beschreibt er 3 von ihm beobachtete Fälle, 2 Knaben von
11 und 12 Jahren und 1 Mädchen von 1 Jahr 2 Monate betreffend. Zwei derselben
litten an Magendarmbeschwerden und wurden deshalb zum Arzt gebracht, der dritte
trat wegen akuter Entzündung des Nasenrachenraumes in Behandlung. Alle 3 hatten
423
foetor ex ore, und klagten die Kaabea über Trockenlieit des Mundes. Die Zangen-
oberfläche zeigte eine keilförmige Verfärbung deren Basis an den Papulae ciroum-
▼allatae, deren Spitze ca. V* cm von der Zungenspitze entfernt war, so dais die
Zangenränder, die untere Fläche und die Spitze frei von der Affektion blieben. Bei
dem Knaben mit Entzündung des Nasenrachenraumes trat die schwarze Verfärbung
erst mit dem Schwinden des allgemeinen Belages (während der Behandlung) intensiver
hervor. Die Färbung der erkrankten Zungen variierte von lichtbraun bis schwarz-
braun. Die verfärbte Partie hatte ein rauhes Ansehen, von vielfach verfilzten Fäden
(bis 1 cm Länge) herrührend. Diese liefsen sich als hypertrophische Papillae filiformes
konstatieren (der Papillae filiformes erwähnt Verf. nur im 2. Falle als „mäfsig ver-
gröfsert und hyperämisch"). Die Reaktion des ] Mundschleimes war bei allen 3 Pa-
tienten sauer und nahm im Laufe der Behandlung ab. (Den einen Knaben sah Verf.
nur einmal.)
Zur Ätiologie übergehend, bespricht Verf. die Meinungen, die bisher von den
Autoren vertreten waren, und geht dann auf seine Untersuchungen über. Er unter-
suchte die Fäden sowie den Mundschleim seiner Patienten mikroskopisch und bakte-
riologisch.
Die mit kleiner Schere oder Spatel von der Zunge entnommenen Fäden zeigten
verschiedene Länge, lichtbraune bis schwarze Färbung, und bildeten ein regelloses
Maschenwerk, in dessen Lücken Speisereste und eine Menge Mikroorganismen (Kokken,
Stäbchen) lagen. In den Impfpräparaten der ungefärbten Fäden zeigt der einzelne
Faden gleichmäfsig braune Färbung und besteht aus dichtgedräugten Epithelzellen,
die an einzelnen Stellen schwarze Körner, wahrscheinlich Pigment, enthielten. Die
chwarzen SchoUeu, die Verf. im V^rlaufö dor Fidiri aa einzelnen Stellen, aufserhalb
der Zellen, fand, hält er für zufallige Beimischungen, da sie bei wiederholten Unter-
snchungei^ fehlten. Die Fäden zeigen Verzweigungen, aus denselben Epithelzellen
bestehend. Zwischen den einzelnen Epithelzellen, doch nur an der Basis der Fäden,
finden sich runde und ovale Körnerchen, die stark lichtbrechend sind. Im Verlaufe
der Fäden finden sich ähnliche Körner, nur viel gröfser und anders lichtbrechend.
Die Mehrzahl der Körner konnte mit Hämatoxylin und Pikrokarmin, die geringere
Zahl mit Alksmna und Osmiumsäure geförbt werden.
Schnitte durch die, in Celloidin gebetteten, Fäden ergaben dichtgedrängtes
Plattenepithel.
Verf. kommt zu folgenden Schlüssen: Die Fäden bestehen ausschliefdlich aus
pigmenthaltigen, wahrscheinlich verhornten Epithelzellen. Die Sporen, dem Anscheine
nach Leptothrix buccalis, liegen zwischen, seltener in den Zellen, ausschliefslich aber
4in der Basis der Fäden. Die Körner sind zum Teil Fettkörnchen.
Die bakteriologische Untersuchung, im Laboratorium des Prof. M. P. Tscherinow
ausgeführt, ergab an der Basis einzelner Fäden zwischen den Epithelzellen Kokko-
bakterien, zuweilen fadenförmig geordnet. Färbungen wurden vorgenommen mit Häma-
toxylin (nach Bhblich) und Gentianaviolett ; das Aussehen des Parasiten entsprach dem
Leptothrix buccalis. Verf. versuchte ferner Fäden in Nährflüssigkeiten zu bringen.
Von den 15 Probiergläschen blieben 9 völlig rein; in 4 entwickelten sich Sarcinen
und Hätttchen, wahrscheinlich der Luft entstammend; in den beiden letzten erhielt
«ich Kultur von Leptothrix buccalis. Verf. stellte an 2 Hunden und au sich selbst
Impfversuche, teils mit den Fäden, teils mit Leptothrixkultur an — mit negativem
Besuitate. Durch diese Versuche meint Verf die Unschädlichkeit der Mikroben
nachgewiesen zu haben.
Die Untersuchung des Mundschleimes ergab unter dem Mikroskop Speisereste
und die verschiedenartigsten Bakterien, Spirillen und Kokken. Die angestellten Rein-
28*
424
kulturen: Leptotbrix, Bacillus subtilis, Staphylokokkus albus, Sarcina flava et alba
und YiGNALS Bakterie d und Kokkus a. — Impf versnobe mit Mundschleim gaben
auch nur negative Besultate. Die Kontrollversuche, die Verf. mit dem Handschleim
gesunder Kinder anstellte, ergaben auf 6 Plattenkulturen ein Prävalieren von 10 hu
15 Kolonien bei Kranken. Verf. zieht aus seinen Beobachtungen den Schlafs, daik
bei lingua nigra sich kein spezifischer Parasit in der Mundhöhle finden läfst;
vielleicht aber ist der Krankheitserzeuger ein Ferment.
Da Yerf die saure Eeaktion des Mundschleims aller 3 Patienten aafliel, unter
suchte er femer den Mundschleim und die Zunge bei über 300 Kindern mit allen
möglichen Magendarmafifektionen ; dabei fand er, dafs bei gesunden Kindern die
Reaktion bald neutral, bald alkalisch und häufig sauer ist, doch bleibt letztere nicht-
konstant. Bei dyspeptischen Kindern wird die Mundreaktion zuweilen so aaaer, wie
sie bei gesunden nicht vorkommt; die Reaktion wechselt bei Kranken rasch, am
Läufigsten ist sie sauer und erreicht die alkalische niemals. Die Papillen der Zan^e
>)ieten bei den einzelnen ein verschiedenes Bild — viel deutlicher noch bei Dys,
l^eptischen — dar. Zuweilen fand er mit Änderung der Reaktion auch eine Ändenms
im Aussehen der Zunge.
Bei Dessois findet sich ein Fall, wo der Kranke angibt, dafs die Hypertrophie
der Papillen der Verfärbung der Zunge vorherging, mit Auftreten der Dyspepsie
begann und mit ihr zunahm. Ferner erzählt Verf., dafs ein Kollege ihm seine Zange
— eine typische lingua nigra — gezeigt habe und dabei angegeben, er leide schon
lange an Dyspepsie, seine Zunge sei fast nie rein gewesen. Der Mundschleim
reagierte sauer. Sollten nun, fragt Yerf, nicht vielleicht an der sauren Reaktion
die Mikroben der Mundhöhle schuld tragen und wären sie nicht von diesem Gesichts-
punkte aus ein ätiologisches Moment der Krankheit?
Was die Therapie anbetrifft, so sind die verschiedensten Mundwässer empfohlen
worden, innerlich sind oft mit Erfolg Tonica und Alcalina verordnet worden, worin
Verf. eine Bestätigung seiner Meinung ex juvantibus sieht.
C Joufiun.'fin'St. Petersbura.
iWittetltttijen an$ ber fittteratur.
Spezifische Entzündungen.
II. Cutiserkrankungen. —
Znr Behandlung des Erysipels. {Medizinskoje Obosrenije. 1888. No. 9. 10
S. Pbeobra SEEN SKI berichtet über einen Fall von Gesichtserysipel, den er mit Erfolg-
nach Unnas Vorschrift mit Ichthyolkollodium behandelt hat. W. Shadkewitsch
(No. 12) hält sich auch an das Ichthyol, wendet es jedoch in Salbenform an um die
lange festhaftenden, dankelgefärbten Schuppen des eingetrockneten KollodiamB im
vermeiden. Seine 5 derart behandelten Fälle zeigen deutlich die erfolgreiche Ichthyol-
anwendung. Anders stellt sich M. Strisoweb (No. 9 — 10) zur Erysipelbehandlung;
er empfiehlt als „stets wirksame^', bei ihm seit 2 Jahren eingeführte Behandlongs-
weise subkutane Injektionen einer Sublimatkarbolsäurelösung, „die Erysipel stets kos-
piere, an welcher Körperstelle es auch auftrete.*' Sein Verfahren beschrankt ncfa
jedoch nicht blofs auf subkutane Injektion (Hydrarg. muriat, corr. 0,06, Aq. dest 60,0,
Acid. carbol. 0,6), sondern er verordnet nach stattgehabter Injektion Friktionen mit in
diese Lösung getauchter Watte und Applikation von Kompressen mit derselben.
425
Diese Kompresasen sollen alle 6—8 Standen ernent, die Injektionen, wenn Hautröte
oder Temperatur es erfordert, wiederholt werden. Leichte Fälle von Erysipel be-
handelt er in dieser Weise ambulatorisch. Der erste seiner drei citierten Fälle
(Erysipel des linken Beines bis in die Inguinalgegend hinauf) hat — nachdem schon
tags nach der Iigektion Bötung und Temperatur abgenommen und am zweiten
Tage „der Prozefs koupiert ist*' — dennoch am elften Tage der Behandlung einen
Absceis am Malleolus extemus und kann erst am vierzehnten Tage entlassen werden.
(Woher der Abscefs bei schon „koupiertem*' Erysipel?) Beim 2. Falle (Kopf- und
Oesichtserysipel) soll schon am Tage nach der Injektion die Temperatur normal, das
Ödem geschwunden sein. Beide Pat. fieberten hoch (+40® C.) und phantasierten
beim Eintritt ins Hospital. Der 3. Fall (ambulatorischer Kranker) erhält wegen
linksseitigen Wangenerysipels die typische Behandlung. Tags darauf Übergreifen
des Erysipels auf die rechte Wange — dieselbe Therapie. 3. Tag. Pat. gesund.
Es läXst sich bei solcher Kürze der Krankengeschichte kein Schlufs ziehen.
G. Johannsen-St Petersburg,
Im Münchener ärztlichen Verein stellte Privatdozent Dr. Seydel einen jungen
Mann von gesunden Eltern, und bei dem Lues und Tuberkulose ausgeschlossen sind,
mit multiplem idiopathischen Eeloid vor. Qeheimrat v. Ziemssbn bemerkte bei
der Diskussion, von keinem wahren Keloid berichten zu können, denn allen seinen
Fällen hätten Destruktionsprozesse, wie Verbrennungen, syphilitische Ulcerationen, zu
<jrunde gelegen. (Münch. med. Wochenschr. No. 14.) Eckart- Nürnberg.
Chronische Infektionskrankheiten.
Von latenter Lepra hat C. Kiöxio im Verein der Ärzte in Christiana eine
Mitteilung gemacht (Norsk Magazin for Logeridenskdb. 1888. No. 11) und den vor-
liegenden Fall referiert.
Der Kranke, 32 Jahr alt, in Schweden geboren, kam 16 Jahr alt nach der
norwegischen Westküste, wo er seitdem als Fischer gelebt hat. Slirpsana.
1876 hat er ein Jahr mit einem Knecht zusammen gedient, der leprös war, mit
offenen Ulcerationen der Unterextremitäten, und der im Jahre darauf in einem
Hospital für spedalske starb. Mit diesem hat er das Zimmer, bisweilen auch das
Bett geteilt, hat mit ihm gegessen und gearbeitet. Noch neun Jahre nachher war
er vollständig gesund bis August 1886, als er nach einer Erkältung eine febrile
Krankheit mit Ausschlag im Gesicht acquirierte, welche ihn 3 Wochen im Bette hielt.
Seitdem war er wieder gesund, und als er Juni 1887 zum erstenmale vom Verf. unter-
sucht wurde, zeigte er nur einen Koiyunktivalkatarrh. Im August trat unter Fieber-
erscheinungen ein erythematöser Ausschlag im Gesicht auf Im November kam Patient
wieder mit seinem Erythem, das jetzt das ganze Gesicht mit scheibenförmigen, etwas
erhabenen Flecken bedeckte, dabei hatte der Augenkatarrh zugenommen und bildete
bereits ein leichtes Ektropion. Am Perineum fanden sich Flecke von roter Farbe,
einzelne mit helleren Zentrum, und am Crus ein ganz weifser, anästhetischer Fleck.
Das Tastgefnhl der Unterextremitäten herabgesetzt, bisweilen Schmerzen und
Parästhesien in den Beinen. Sonst normales Verhalten.
Verf. resümiert: Ein Fall von Lepra ereignet sich bei einem gesunden Indivi-
duum, das von gesunden Eltern und aus einer Gegend stammt, wo Lepra unbekannt
ist. Das Kontagium mufs also durch sein Zusammenleben mit einem Leprösen über-
426
tragen worden sein; erst nach einer Inkubation Ton 9 Jahren, in welcher Zeit er
bestimrot angibt, mit keinem Leprösen in Berührung gejcommen zu sein, werden die
ersten Symptome der Krankheit nach einer Erkältung offenbar.
Fontoppütan- Kopenhagen,
Sekretionsanomalien.
Bei ttbelriechendcn Fufsechweifsen läfst Dr. Sprixz die Sohlen der Strumpfe
abends mit 3 7oiger Borsäurelösung ziemlich anfeuchten und während der Nacht
trocknen. Bei wöchentlich dreimaligem Wechsel derartig präparierter Strümpfe und
cnti^prechender Beinlichkeit sei selbst in den hartnäckigsten Fällen der günstigste
Erfolg zu erwarten. (Wiener med, Presse. No. 13.) Eckart-Nürnberg.
Gonorrhöe.
Zur Pathologie der Harnröhrenflüsse, von Dr. S. Bona. (Orvosi Hetilap.)
R teilt 2 Fälle von Urethritis membranacea mit. Bei beiden entfernten sich
1 — 2 cm lange, 2 — 4 mm breite zähe milchglasfarbige Membranen, die unter dem
Mikroskope das Bild einer Erupmembran zeigten. In beiden Fällen waren nur die
pars pend. affiziert. Mäfsige Entzündung, mäfsiger AusfluTs.
Beide Fälle kamen aus dem Schulhause auf die X. Abteilung des Spitals. Es
ist nicht unmöglich, dafs nebst Blenorrhöe auch artifizielle Schäden die Ursache
des krupösen Belages gewesen; denn B. hat des öfteren erfahren, dafs ganz gesunde
Individuen, um nur aus dem Schulhause ins Spital zu gelangen, sich Urethritiden
mittels roher Seifenbougies und Zündhölzchen oder Kalk beibrachten. Aach das ist
nicht unmöglich, dafs die Atmosphäre des Schulhauses an einer eigenartigen Eni-
Zündung schuld getragen hat.
Von den Komplikationen der Blen. urethrae beschreibt B. eine seltene
aber typische Entzündung kleiner Drüsen (Tyson) an den Labien des Orific. ext.
der Urethra, die er in 5 Fällen, und zwar 4 mal bei Beschnittenen beobachtete. Das
Orificium ist dabei geschwollen, lebhaft rot, an einer oder beiden Lippen oder in
der Komissur ist ein hirsekomgrolkes oder gröfseres Hügelchen, an dessen Kuppe eine
Öffnung sichtbar ist. Aus dieser Öffnung entleert sich auf Druck Eiter. Die Öffnung
ist abgerundet regelmäfsig, dadurch unterscheidet sich dieser Prozefs von follikulärem
Schanker. Diese Drüsen sind viel tiefer als die übrigen. Die Entzündung ist leicht
zu beheben. (Dv)ay hat diesen Prozefs schon 1860 beschrieben R.)
Eona-Budapest.
Über Herzerkranknngen im Verlaufe der HarxirölireiibleimorrlLöe, von Doz.
W. A. Glüzinski. (Przeglad Lekarski. 1889. No. 11. Polnisch.) Es sind bisher 31 FSUe
Herzkrankheiten infolge von Gonorrhöe bekannt. Diese Endo- und Perikarditiden
entstehen selbständig, oder als Teilerscheinung des gonorrh. Rheumatismus, verlaufen
akut, mitunter unter dem Bilde der ulcerösen Endocarditis und fuhren oft lur
Klappenfehlerbildung. Verf. beobachtete jedoch in den letzten 3 Jahren 8 Falle von
schleichenden, langsam sich entwickelnden Herzerkrankungen, deren Zusammenhang
mit Gonorrhöe mehr als wahrscheinlich erscheint. Sämtliche Fälle betreffen junge,
427
mit chronischer Gonorrhöe behaftete Männer. Sie klagten über Stechen in der linken
Thoraxhälfte und Herzklopfen. Objektive Untersuchung ergab: beschleunigte und
verstärkte Herzaktion, perikardiales Beibgeräusch. In zwei von diesen Fällen haben
sich nach einigen Monaten Klappenfehler entwickelt.*
Blofs über einen Fall finden wir genauere Angaben: ein 22 jähriger Mann, mit
Gonorrhöe seit 4 Monaten behaftet, klagt (Mai 1888) über Stechen in der linken
Brusthälfte und Öfteres Herzklopfen. Hat niemals an Gelenkschmerzen gelitten.
Objektiv: Puls 98, Herzschlag stark, perikardiales Reibgeräusch. Im August 1888
erste Exacerbation der Gonorrhöe, gleichzeitig Dyspnoe nach starker Körperbewegung,
Stechen, Herzklopfen, Schmerz im rechten Knie- und Ellbogengelenk (keine objektive
Veränderungen in den betreffenden Gelenken), Puls 116, systolisches Geräusch über
der linken Herzkammer. Funk-Warschau.
Syphilis.
Fälle tertiärer Syphilis des Penis. N. F. Boooljubow {Medizimk^a Pribaw-
lepija k morakomu sbomiku. Juni 1888) betont eingangs . die Schwierigkeit der
Diagnose vereinzelt auftretender Gummata bei anscheinend gesunden Individuen.
Dann kommt er auf das seltene Erscheinen derselben am Penis und fügt — da er
in der russischen Litteratnr der letzten 8 Jahre keine derartigen Fälle gefunden —
ans seiner 14jährigen Hospitalpraxis 6 Fälle hinzu; sie scheinen ihm recht selten
(0,3 7o oder 1 : 334) und unbedingt Gummata zu sein. Zwei seiner Kranken waren
in früherer Zeit auf Syphilis behandelt worden und hatten seit 5 resp. 7—9 Jahren
sich völliger Gesundheit erfreut. Bei ihrem Eintritt liefs sich keine Spur über-
standener Lues nachweisen, beide litten an Gumma der Glans. Der dritte Fall —
anfangs für ein Ulcus moUe gehalten — zeigte nur leichte Adenitis inguinalis. Bei
ihm kam es zu einem tiefen Ulcus am Frenulum und einer Induratiion, die sich auf
dem Bücken der Glans bildete und in die Urethra perforierte. Die übrigen 3 Fälle
zeigten bei ihrem Eintritt schon anderweitige tertiäre Symptome. Alle Fälle führten
unter antisyphilitischer Behandlung zur Heilung. C. Johannsen- St Petersburg.
Pharmakologisches.
Quecksilberintozikation mit tödlichem Ausgang nach subkntanen
Kalomelinjektionen, von Prof. Bukeberg. (Deutsche Med. Wochenschr. 1889. No. 1.)
Bei einer 34jährigen schwächlichen Patientin, welche nach 3 Ealomelinjektionen an
dysenterischen Darmerscheinungen und bedeutender Stomatitis zu Grunde ging, fand
man bei der Obduktion, dafs die Schleimhaut des Dickdarms in grofser Ausdehnung,
und besonders auf der Höhe der Falten, mit hämorrhagischen Flecken und tief-
greifenden diphtheritischen Infiltrationen bedeckt war. .Stellenweise waren die
diphtheritischen Infiltrationen, unter Zurücklassung tiefer Ulcerationen, abgestoüsen.
Bei Einschnitt in die Clunes wurden 2 Herde angetroffen, von denen der eine 2 Eis-
löffel dickflüssige, grauweifse, eiterähnliche Flüssigkeit enthielt, in der sehr reich-
liche Mengen Quecksilber nachweisbar waren. Indem Verf. noch eine Beihe andrer
unglücklich verlaufener Fälle zusammenstellt, mahnt er zur Vorsicht bei der Anwen
428
doQg der subkutanen Injektionen unlöslicher Quecksilberpräparate und verwirft
dieselben entschieden bei schwächlichen, anämischen Individuen.
L. Hoffmann-Berlin.
Über die Ausscheidung des Jodkaliums nach grofsen Dosen hat Ehlkv
(HospitcUsiidende. 1889. No. 1.) im Laboratorium des Kommunehospitals tu Kopen-
hagen eine Reihe Untersuchungen angestellt. Veranlassung dazu gab das von Prof.
Haslünd angewandte Kurverfahren gegen Psoriasis mit grofsen Dosen Jodkali (bis
40 g pro die), weil von verschiedenen Seiten die wirkliche Absorption dieser grofsen
Mengen in Zweifel gezogen wurde. Verf. hat in einer Reihe von Fällen 70 quanti-
tative Analysen der Harns gemacht und hat durchschnittlich 827o des aufgenommenen
Jodkalium im Harn nachgewiesen, und zwar
bei tägl. Dosis von 1 — 5 g 80 Vo
5—10 „ 80 „
10-15 „ 71 „
15-20 „ 74 „
20-25 „ 69 „
25-30 „ 64 „
30- 35 „ 80 „
Wenn die Kranken die Dosen steigerten, wurde alsbald auch eine entsprechend
grölsere Menge des Jodkali ausgeschieden. Wenn aber Jodismus auftrat, so zeigte
sich, dafs seine Symptome durch eine Hetention des Jodkaliums im Organismus ver-
ursacht wurden. Sobald die zurückgehaltene Jodkaliummenge wieder ausgeschieden
wurde, verschwanden die Symptome des Jodismus ebenso prompt. Wie die Aus-
scheidung sich sehr schnell zeigte, hörte sie auch nach dem Aussetzen des Medikt-
mentes sofort wieder auf. Ein Patient nahm seine letzte Tagesdosis von 20 g, schied
an denselben Tage 15,23 g aus, am nächsten 3,27 g, und schon den dritten Tag ent-
hielt der Harn nur noch Spuren von Jod.
Das Jodkalium scheint somit wegen seiner leichten Absorption und ebenso
leichten und schnellen Ausscheidung ein ziemlich unschädliches Mittel
zu sein.
Über einen Einwand gegen die Jodkaliumbehandlung in groOsen Dosen, nämlich
ihre Kostspieligkeit, bemerkt Verf., dafs man den Harn dieser Kranken einsammeln
könnte, da derselbe einen ganz bedeutenden Wert als Rohmaterial für Jodfabrik&tion
repräsentiert. Fontoppidan^Kopefüiagen.
Parke, Davis & Co., diese rührigste der amerikanischen Exporteur-Firmen, hat
wieder — wie die Wiener Min. WocJienschr, 1889. No. 8 bemerkt, „mit der nötigen
Reklame" — eine Drogue vertrieben, die gegen 9 schwere Krankheiten, daneben
auch Syphilis, helfen soll. Es ist Jiirnbeba, eine Solanacee Brasiliens, dort als Heil-
mittel verwendet (Solanum paniculatum).
Prof. E. KoBERT (Dorpat) sagt u. a. in der Petersb. med. Wochenschr,, dafs bei
Tieren und Menschen auch in gröfseren Dosen diese Drogue unwirksam wtr.
Fauly-Wiesbiiden.
Als Ergosterin wird ein bisher nicht isolierter, kristallinischer Bestandteil
des Mutterkorns von Tanret in den CompU rend. etc. beschrieben, wie das
Phann. Journal and Transact. berichtet.
Das Mutterkorn wurde mit der mehrfachen Gewichtsmenge Alkohol erschöpft,
das Exti'akt nach dem Abdestillieren mit Äther gewaschen, wobei nach dem Abu
dampfen eine ölige Masse voll kleiner Kristalle zurückblieb.
429
£s soll dem tierischen Cholesterin und den pflanzlichen Isomeren desselben
ahnliche Eigenschaften besitzen, während die Zusammensetzung durch die Formel
^'»H^oOBjO repräsentiert wird. Es löst sich in 36 Teilen kochendem und 500 Teilen
kaltem 96prozentigen Alkohol auf, 'aus welchem es in perlmutterartigen Füttern
kristallisiert; es löst sich auch in 38 Teilen kochendem und 80 Teilen kaltem Äther,
aus dem es in feinen Nadeln kristallisiert, dann in 45 Teilen kaltem und in einigen
wenigen Teilen heifsem Chloroform. Das Ergosterin oxydiert langsam an der Luft,
wobei es geförbt und geruchführend wird ; diese Veränderung geht bei 100 ^ C.
schnell vor sich und bei 154® C. schmilzt es. Das Cholesterin ist ein einwertiger
Alkohol, und es hat Taxret dessen. Ameisen-, Essig- und Butteräther dargestellt-
(Pharm. Post. 1889. No. 7.)
Zur GedächtnisauffrischuDg teilt Fischer in der Pharm. Ztg. unter anderra
folgende Mazimaldosen neuer Heilmittel ad usum delphini mit:
Erythrophl. mur. 0,01 pro dosi 0,3 pro die
Phenolquecksilber
0,03
n
0,10
n
Hydr. formamid.
0,03
j»
0,1
n
Hydr. pepton.
0,03
w
0,1
Ji
Hydr. salicyl.
0,03
n
0,1
y>
Hydr. tann.
0,1
V
0,3
V
Jodol
0,2
rt
1,0
' D
Jodtrichlorid
0,2
»
1,0
rt
Kesorcin
3,0
y
10,0
ri
Pauly- Wiesbaden.
Unter den Sterbefallen durch Vergiftung in England und Wales im Jahre 1887
<606, darunter blois 246 Selbstmörder, die andern durch Zufall) findet sich auch
1 Fall an Jod. Aus der mir zugäDgigen Stelle in der Pharm, Post 1889. No. 7 i&t
leider nichts näheres zu ersehen. Bei der Seltenheit dieser Todesursache und dem
groCsen Interesse eines derartigen Sektionsbefundes sei darauf und auf die Original-
quelle (F. Haselsteik in The Brit. and Colon. Druggist 12. Jan. 1889) aufmerksam
gemacht. Pauly -Wiesbadeti,
Über die Lokalisation des Quecksilbers nach Sublimatvergiftungen
sprach Prof. E. LuDimG kürzlich in der chemisch • physikalischen Gesellschaft in
Wien. Der Vortragende weist dara»f hin, dafs zwar schon zu Orphilas Zeiten
über die Verteilung von Giften im Organismus Versuche angestellt wurden, dafs aber
speziell über Quecksilber bis jetzt gar nichts bekannt war. Die grofse Zahl von
Sublimatvergiftungen, welche in den letzten Jahren in Wien vorkamen, verschafften
dem Vortragenden, welchem die sanitätspolizeilichen Untersuchungen obliegen, ein
aufserordentlich reiches Versuchsmaterial, das durch Vergiftung von Hunden, die als
Versuchsobjekte dienen mufsten, noch erweitert wurde. Bei der Wichtigkeit, welche
Sublimat jetzt sowohl in der Technik wie in der Medizin als Antiseptikum spielt,
sind die diesbezüglichen Untersuchungen^ gewifs von allgemeinstem Interesse.
Was zunächst die Methode des Nachweises von Quecksilber betrifft, so wendete
Prof. Ludwig die von ihm in derselben Gesellschaft vor 12 Jahren mitgeteilte Me-
thode des Niederschiagens von Quecksilber durch Zinkstaub mit bestem Erfolge an,
^ Dieselben wurden 1884 von Prof. E. Ludwig in Gemeinschaft mit Dr. E. Zillnhr
begonnen, welch letzterer jedoch schon 1885 starb.
430
welche Methode damals von ihm mir zum qualitativen Nachweise des Hg im Harne,
später aber auch zum quantitativen Nachweise verwendet wurde, wobei z. B. aus
Harn 97—98 Prozent wiedergewonnen wurden; also ein sehr gunstiges Besultst
Bei Anwendung dieser Methode auf die Untersuchung ganzer Organe, wobei die
letzteren durch chlorsaures Kali und Salzsäure zersetzt wurden, zeigte sich aber troix
Beibehaltung möglichst niederer Temperatur ein höchst bedeutender Verlust (es
konnten nur 60 — 70 Prozent Hg wiedergefunden werden), was sich bei eingehenderen
Versuchen daraus erklärte, dafs, abgesehen von den Verdunstungsverlusten, die bd
Anwendung von chlorsaurem Kali und Salzsäure zur Zersetzung der Organe sich
bildende krümeliche Masse einen grofsen Teil des HgCl, zurückhält. L. moiste
daher von Zersetzung der Organe mit KGlOj und HCl absehen und die Methode von
Hlasiwetz und Habermann (mehrstündiges Kochen mit kons. Salzsäure im Kolben
mit Bückflufskühler) zur Anwendung bringen. Bei dieser Art der Zersetzung erhielt
L. sehr befriedigende Resultate. Es mufs aber der Lösung vor dem Filtrieren etwas
KCIO, zugesetzt werden, um das durch den Schwefel der Albuminate eventuell ge-
bildete Schwefelquecksilber in Lösung zu bringen. Dann kann ohne weiteres der
Zinkstaub eingeführt werden. L. machte auch mit Kupferstaub Versuche und for
qualitative Versuche verwendete er das von Fürbringer empfohlene Walkurenbaar
(Messingwolle), welches sich aber für quantitative Versuche nicht eignet und überdie»
häufig selbst Hg-haltig ist. Das beste bleibt Zinkstaub, nur mufs derselbe rein und
fein verteilt sein und möglichst lange mit der Flüssigkeit in Ber\ihrung bleiben,
namentlich, wenn viel Flüssigkeit vorhanden ist.
Nach halbstündigem Erwärmen auf 50 — 60^ wird einen Tag stehen gelassen
(unter öfterem Umrühren), dann eine neue Partie Zinkstaub hinzugefügt, aufgekocht
absetzen gelassen, dekantiert, nacheinander mit Aq. dest., Kalilauge, Alkohol und
Äther gewaschen, worauf durch Darüberleiten von Luft getrocknet wird.
Der so gewonnene, das ganz Hg enthaltende Zinkstaub wird nun in ein Ver-
brennungsrohr gebracht, dessen Ende zu einem U-förmigen, dünneren Teile ausge-
zogen ist, welcher sich zur Abkühlung der Quecksilberdämpfe in Wasser befindet.
Vor dem U-förmigen Bohre, resp. schon vor der Verengerung, wird in das Ver-
brennungsrohr zuerst eine Schicht Asbest, dann eine Schicht Kalk (OaO), hierauf
wieder Asbest, dann frisch geglühtes Kupferoxyd und endlich der Zinkstaub gebracht.
Auf der Seite des Zinkstaubes befindet sich in dem Verschlufsstöpsel des Verbrennungs-
rohres ein Glasrohr, durch welches die Luft einströmt, die bei dem zunächst vom
Asbest ausgehenden und dann zum Zinkstaub fortschreitenden Erhitzen die Queck-
silberdämpfe in das U-förmige Bohr führt, wo sich dieselben in feinen Tropfen ab-
setzen. Das Vorlegen von Kalk ist deshalb notwendig, weil sonst sehr leicht Chloride
statt metallischen Quecksilbers in die Vorlage übergehen. Das Trocknen des Queck-
silbers mittels Luftstromes (der BuNSBNschen Luftpumpe) geht sehr leicht von statten.
Nach Beendigung des Versuches wird das U-Rohr abgesprengt, das in demselben
befindliche Quecksilber wird durch einen über Baumwolle filtrierten Luftstrom ge-
trocknet; dann wird gewogen, das Quecksilber durch Erhitzen und Einblasen von
Luft ausgetrieben und das leere U-Bohr wieder gewogen.
Es wurden auf diese Weise bei Versuchen durchschnittlich 97,5 — 98 Prozent, und
wenn ganze Organe mit verarbeitet wurden, immer noch 96 Prozent gewonnen.
Was nun die Verteilung des Quecksilbers im Körper nach Vergiftungen betrifft
80 zeigt sich, dafs auch das Quecksilber wie andre Metalle (z. B. As, Sb etc.), keines-
wegs gleichmäfsig im Organismus verteilt ist, sondern es fanden sich (z. B. bei Ver
giftungen mit 12 g Sublimat) im Gehirn nur ganz geringe Spuren, ebenso fand sieh
nicht viel Hg in den Muskeln und Knochen vor. Dagegen war dasselbe insbesondere
431
in der Leber und der Milz anzutreffen, noch mehr aber — bei akuten Vergiftungen —
in den Nieren, wogegen wieder in der Galle sehr wenig Hg zu finden war. Die
Leber zeigt die Eigenschaft, nicht nur sehr viel Gift aufzunehmen, sondern dasselbe
auch sehr lange zurückzuhalten. Interessant ist es, dafs sich auch im Dickdarm
ziemlich oft viel Quecksilber Torfand, dafs sich aber dann an der betreffenden Stelle
des Dickdarms Diphtherie ähnliche Prozesse zeigten, und dafs im Dünndarme diese
Erscheinungen nie auftraten.
Erwähnenswert wäre auch noch der Kuriosität halber, dafs bei den Vergiftungs^
versuchen mit Hunden aus Humanitätsrucksichten versucht wurde, das Gift in Wurst
eingehüllt den Tieren zu verabreichen. Es zeigte sich da die merkwürdige Erschei-
nung, dafs die stärksten, weitaus letalen Dosen gar keine Wirkung übten; augen-
scheinlich verhinderte das Fett der Wurst die Lösung des Sublimats, und ging letzteres
unabsorbiert wieder ab. Es mufste daher den Tieren das Gift in LÖsuug mittels
Schluudsonde appliziert werden, um die tödliche Wirkung hervorzubringen. (Phanr.
JPö8t. 1889. No. 5.)
Jodoform nnd Jodpräparate. In den Fachschriften hat sich in letzter Zeit
eine lebhafte Kontroverse über die Eeinheitsprüfung der verschiedenen Jodoformsorten
des Handels entsponnen.
C. Neuss (Pharm. Ztg. 1888. pag. 133) hat die Beobachtung gemacht, dafs das
sogenannte „absolute Jodoform**, jn Äther gelöst, diesem sehr schnell unter Ab-
scheidung von Jod eine rote Farbe erteilt und auf der Haut infolge der raschen Jod-
abscheidung Ekzeme hervorruft. £. Fischer behauptet nun in der Pharm. Zig. 1889«
No. 4, dafs das chemisch reine „Jodoform, absolut. ** allerdings in Äther am schnellsten
Botfarbung erzeuge, jedoch sei diese Botfärbung in dem Luftgehalte des Präparates
und der Lösungsmiltel zu suchen, denn luftfreies Jodoform gibt mit luftfireien
Lösungsmitteln Lösungen, welche längere Zeit hindurch nicht rot werden.
Dem gegenüber hält Neuss {Pharm. Ztg. No. 8) seine erste Meinung in vollem
Umfange aufrecht und weist darauf hin, dafs die Therapie ihre bisherigen Erfahrungen
nur auf solche Jodoformsorten aufgebaut hat, welche das Jod langsam entbinden.
Wie man uns mitteilt, entsprechen sämtliche Jodoformsorten F. Mercks,
wie das „Jodoform, praecipität.", das „Jodoform, pulverisat»", das „Jodoform Vulpius"
(nicht ballend) voll und ganz der Nsussschen Atherprüfung, auch rufen sie
keine Ekzeme hervor. Besonders gut zum Zerstäuben eignet sich das „Jodoform
VuT.pius'' infolge seiner Eigenschaft, nicht zusammen zu ballen.
Alle diese Jodoformpräparate entsprechen den gesamten Anforderungen der
österreichischen und ungarischen Pharmakopoen; vollkommen. Auch die übrigen
in diesen Pharmakopoen aufgeführten Jodpräparate, wie das „Jodum resublimatum",
das „Kalium jodatum" und das „Natrium jodatum" etc. repräsentieren sich durch
chemische Beinheit und tadelloses Äufseres mustergiltig. (Pharm. Post. 1889. No, 7.)
Arsen in reinem Glycerin. E. Bitsert in Frankfurt a. M. hat sieben Handels.
Sorten reinsten Glycerins, darunter bestbekannte Marken, nach der GuTZEiTschen Be-
aktion auf Arsen untersucht und fand sämtliche Glycerinsorten in stärkerem
oder schwächerem Mafse arsenhaltig. B. kommt daher in seiner jüngsten Mitteilung
(Pharm. Zig. vom 13. Februar 1889) zu dem Schlüsse, dafs der Arsengehalt des
Glycerins nicht, wie nach den ersten darüber vor kurzem gemachten Mitteilungen zu
vermuten war, ein zuHilliger sei, sondern aus der in den Stearinfabriken zum Zersetzen
der Fette benutzten Schwefelsäure stammt und durch die jetzigen Beinigungsmethoden
des Boh-Glycerins nicht vollständig entfernt ^ird. (Tharm. Post. 1889. No. 7.)
432
Phenolquecksilber, von Hugo Andres. Im Jahre 1886 bericlitete Gaubieiii
über ein neues Quecksilberpräparat, das Phenolquecksilber, das nach dem italieniachan
Chemiker Bobiaki durch Fällung einer wässerigen Lösung von karbolsaorem Kiliom
mit einer wässerigen Sublimatlösung dargestellt wurde.
Im Handel kommen jedoch unter diesem Namen verschiedene Präparate Tor,
•die sich sehr stark voneinander unterscheiden, weshalb es Verf. unternahm, em
Verfahren aufzufinden {Journal de pharm, et de chim.), das jedem Apotheker die Dtr
Stellung eines gleichmäfsigen Produktes gestattet.
Vor allem bereitete er karbolsaures Kalium durch Auflösen von 94 Tln. kristalli-
siertem Phenol und 56 Tln. Ealiumhydroxyd in 907oigem Alkohol.
Die alkoholische Lösung wird im Wasserbade bis zur Sirupkonsistenz eingedid[t,
dann unter einer Glasglocke mit Schwefelsäure eingetrocknet.
Man löst 100 Tle. karbolsaures Kalium in Alkohol auf, filtriert und fallt die
filtrierte Flüssigkeit mit einer alkoholischen Lösung von 112 Tln. Sublimat
Man erhält auf diese Weise einen orangefarbigen Niederschlag, den man sif
dem Filter mit 607oigem und zuletzt mit absolutem Alkohol wäscht, bis die filtrierte
Flüssigkeit mit Schwefelwasserstoff keinen Niederschlag mehr gibt.
Das mit Hilfe von Schwefelsäure getrocknete Produkt stellt ein amorphes ziegel-
rotes Pulver von schwachem Phenolgeruch dar, das sich leicht in der Wärme in
Salzsäure auflöst, aus welcher Lösung mit Atzkalium gelbes Qnecksilberoxyd gefiüK
wird. Die Sedpetersäure löst gleichfalls das Phenolquecksilber beim Erwärmen n
einer goldgelben Flüssigkeit auf.
Diese Phenolverbindung ist unlöslich in Wasser, Chloroform, SchwefelkohlenitoC
Äther und in Alkohol. Sie enthält im Mittel 51,68 V» Quecksilber, was beinahe der
theoretischen Menge von 51,81 % entspricht. {Pharm, Föst 1889. No. 7.)
Eine kunstlose Prälimiiiarprttfang des Harnes auf Zuckergelialt ist m
H. Hager empfohlen worden. Dieselbe ist zwar nicht neu, jedoch bisher in nicht
ausreichend praktischer Weise angewendet worden.
Zur Ausführung dieser Prüfung dient eine wohl in jedem Haushalte vorhandene
Petrollampe mit Rundbrenner, deren Olascylinder über dem Brenner eine Länge tod
16 — 20 cm, also etwa von einer Handspanne, hat. Man zündet die Lampe an and
reguliert die Flamme so, dafs sie eine Höhe von 2 — 2,5 mm zeigt. Nun setzt mtn
auf das äufsere drittel eines 3—4 cm breiten und 5 — 7 cm langen Streifens Filtrier-
papier einen kleinen Tropfen des zu untersuchendefn Harnes und hält dann die be-
tropfte Papierseite, resp. die betropfte Stelle nach unten der Flamme zu, etwa 2—3 cm
über der Ausmündung des Lampencylinders während einer Zeit von 3 — 4 Minuten,
so dafs das Papier um den Fleck herum nicht gebräunt wird.
Die Flecke zeigen sich nach dieser Erhitzung in folgender Weise:
Gesunder oder normaler Harn: Kaum sichtbarer Fleck, ohne Band,
bisweilen blafsgelblich bis blafsgelb.
Morphinisten-Harn: Fleck gelblich, mit Rand.
Eiweifs haltiger Harn: Fleck gelblich oder gelbrötlich, entweder ohne Rtnd
öder mit einer schwachen Andeutung eines Bandes.
Diabetischer Harn: Fleck gebbraun, bräunlich, braun bis dunkel-
braun, je nach dem Mafse des Zuckergehaltes und stets mit scharfem Bande
Um Yersuchsproben auszuführen, löse man etwas Glykose oder mit absolatem
Weingeist gewaschenen Honig in Harn auf. {Pharm. Post. 1889. No. 5.)
Als Mittel zur Verdecknng des Jodoformgernches empfiehlt Llvrä Gobd*
MAN : Gibt man einen. Mentholstift in ein mit Jodoform halb gefülltes GefiUSi >o
433
wird man beobachten, dafs der Geruch des Jodoforms nach 1 — 2 Stunden voll-
kommen verschwindet. {Pharm. Post. 1889. No. 5.)
Eine nene Salbenbasis empfiehlt Percy Wells in The pharm, Journ. and
Transact. Er nimmt 3 Pfund irisches Gansfett, das er in einer emaillierten Pfanne
schmilzt, durch Muslin seiht und dem er dann, so lange das Fett noch heifs ist^
0,5 Pfund Kakaobutter zusetzt, die sich leicht ohne weiteres Erwärmen auflöst.
Diese gemischten Fette werden mit einem hölzernen Agitakel bis zum vollständigen
Festwerden gerührt. Dieses Gemisch verflüssigt sich leicht bei der Anwendung und
wird, wie Verf. behauptet, leichter als jedes andre Fett absorbiert. {Pharm, Post.
1889. No. 5.)
Bezepte für Jodol-Fräparate.
1. Jodollösung:
Jodol
1 Tl.
Alkohol
16 „
Glycerin
34 „
2. Jodolgaze:
•
Jodol.
Besinae.
Glycerin. äS
1 Tl.
Alkohol
10 „
3. Collodium cum Jodolo:
Jodol
10 Tl.
Alkohol (947o)
16 „
ÄÜur
64 „
Pyroxilini
4 „
Olei ricini
6 „
•
(Pharm. Post. 1889. No. 5.)
Injektion Bron.
Das Journal de Pharmacia veröffentlicht folgende neue Formel
fär diese Injektion:
Opii
0,50
Catechu
0,50
Croci
1,0
A
Aq^. buUient
200
W
infunde, filtra et adde.
Plumb. acetic.
1,50
Zinc. sulfuric.
3,0
Misce.
Invisible tollet powder. Ein solches nicht sichtbares Toilettpulver wurde
von Owen C. Sfear {Amer. Journ. Pharm. Jan. 1889) untersucht; er erhielt folgende
Resultate :
Stärke 18,02
Talk 49,42
Alum. und Eisenoxyd 1,37
Zinkoxyd 29,76
Calciumkarbonat 1;43
100,00
Dieses Pulver wurde jedenfalls durch Mischen von 18 Tln. Handelsstärke mit
52 Tln, Zinkoxyd bereitet. (Pharm, Post. 1889. No. 5.)
434
))erfonalten.
Unser Mitarbeiter Dr. £. von Dürixg, bisher Leiter der UKXASchen PolikUnik
in Hamburg, hat einen Buf als Professor der Dermatologie und Syphilidologie
an der medizinischen Fakultät von Konstantinopel erhalten und wird demselben
Folge leisten.
J)erfd)tebenes.
Aus Professor Scabbmzios Klinik.
Von Dr. Paüly in Wiesbaden.
Selbst wenn mein gelehrter Freund, der Professor der Chemie Giacomo Bebtoki,
— der Erfinder des Äther nitrosus Bertoni — in Pavia moht gelebt hätte, wäre ich an
Prof. SoARENZios Klinik nicht vorübergefahren, ohne den Confrater in rebus dermato-
logicis begrüfst zu haben.
Auch die noch streitige Frage der Kalomelinjektionen forderte in meinem on-
geklärten Innern einige Funken der Erleuchtung.
Schliefslich konnte ein Casus rarissimus auch hier sein und meine an der
Biviera, ja in Campanas Klinik zu Grenua, sowie der psychiatrischen Klinik Mariquasos
daselbst völlig ungestillte Sehnsucht nach Pellagrafällen konnte vielleicht trotz der
dafür ungeeigneten Jahreszeit befriedigt werden.
Manchmal wird nämlich wissenschaftlicher Eifer — auf diesem Planeten aoek
belohnt I
Wenn auch kein Pellagrafall „Schatten verstreute", um mit Uulakd zu reden,
so habe ich doch von dem liebenswürdigen Kollegen auf dem Durchgange durch seine
wohlgeleitete dermatologische Station und durch bereitwillig beantwortete Fragen
genug Neues und Wertvolles erfahren.
Ein prächtig vernarbter Lupus vulgaris eines ca. 13jährigen Mädchens liels
mich nach der dabei angewandten Therapie fragen.
„Besorccin 1 : 3 — 5", lautete die Antwort.
Erfreut sprach ich den deutschen Namen Justus Axdekr auf italienisch ans.
Bei schwereren Fällen nimmt Sc. den VoLKMAXNschen Löffel zu Hilfe.
Der Pemphigus chronicus eines 22jährigen Mädchens fesselte mich sehr
wegen der ihn begleitenden oder richtiger der ursächlichen Erscheinungen. Die
Patientin hatte eine Myelitis, welche, dem Fortschreiten auf immer tiefere Hali-
gegenden genau entsprechend, auch Blaseneruption au den betreffenden tieferen
Hautabschnitten hervorrief. Alle Blasen waren serös, keine einzige eiterig; einzebie
von HandtellergrÖfse. Auf der einen Wange sah ich noch deutlich den Best einer
solchen, dreiviertel Wange einnehmend. Die Wange der andern Seite, die firoher
affiziert gewesen, bot eine frische röte Haut — ohne jede Narbe — dar.
Der Fall wird demnächst in einer Dissertation veröffentlicht. —
Ichthyol wendet Scarekzio mit Erfolg äufserlich und auch innerlich an.
Salbenmulle sah ich nicht, aber Scarbnzio kennt sie. Chrysarabin-Gkittapercha-
mull habe ich dort gefunden — Pavienser, nicht übles Fabrikat, gut klebend.
Bei Favus wäscht Scabekzio früh mit 1—2 pro mille Sublimatlösung taglicli;
435
abends 1,0 Cupr. acet. (besser nach Scabenzio als Capr. salf.) : 100,0 Vaselin auf den
Kopf, der mit impermeabler Kappe bedeckt wird.
Eine sehr grofse Warze hat Scabenzio mit der DiTTLschen Ligatur abgebunden.
Bezuglich der Art und der Erfolge der — von Scabekzio bekanntlich zuerst
eingeführten — Ealomelinjektionen erlaubte ich mir eingehendere Erkundigungen ein-
zuziehen.
Scabenzio wendet seine Injektionen mit 0,1 Kalomel, das er in Vaselinöl löst,
in Intervallen von 13 Tagen an. Drei Injektionen genügen meist zur Heilung eines
Syphilis-Schubs. In der Privatprazis hilft er sich oft, dafs er eines der Pulver, das
er bei sich hat, selbst löst und in seine Pravazspritze allmählich und wiederholt auf-
zieht. Frauen vertragen es ebenso g^t und gern, auch die verzärtelten der sogen,
^besseren Stände." Er zieht als wirksamer Kalomel dem Ol. cinereum zur Injektion vor.
Abscesse bekommt nach Scabenzio nur derjenige, der eine falsche Injektionsstelle
wählt. Mit gleich subtilen Antisepsiskautelen hat er bei denselben Individuen z. B.
Arm und Glutaeus gewählt, erstere Injektionsstellen eiterten stets, letztere niemals.
Er zieht daher die intramuskulären Glutäalinjektionen vor, die er an der Be-
rührungsstelle des änfseren und mittleren dritteis einer Linie macht, die er von dem
Trochanter zur Spina oristae ilei post sup. gezogen denkt.
Wo er die kombinierte Kur anwendet, wartet er mit dem Beginn des internen
Jodgebrauches stets einige Tage nach jeder Injektion, um nicht eine zu rasche
Hg-Ausscheidung zu bekommen. (Bildung von Hjdr. bijod.)
Die Station, wo Scabenzios Syphiliskranke liegen, habe ich leider nicht gesehen,
nur am Tage vorher den* schönen Grarten im Vorbeifahren passiert. Sie ist in einem
anderen Stadtteil Pavias. Einen woblthuenden Eindruck vor allem hat die Inschrift
über dem Gartenportal auf mich gemacht und den Wunsch lebhaft in meiner Brust
erregt, dafs alle syphilitischen Kranken ans dieser Inschrift Trost und Aufrichtung,
Hofhung und Lebensfreude schöpfen möchten.
Nicht blofs der Kranken, nein auch mancher Ärzte krankhafte Anschauungen
würden geklärt, wie z. B. die eines mir bekannten oberschlesischen Arztes, der beim
Worte „Syphilis'' stets ein Kreuz schlägt, trotzdem er nicht einmal in seinem Glauben
eine Aufforderung dazu erblicken kann.
Die Inschrift, die aber mein Interesse und meinen Beifall so sehr erregt hat,
lautet kurz und volksverständlich:
Casa di Salute,
in ärztliches Latein übersetzt: Salutis domus.
Bei Ozaena wendet Prof. Bosenbach (Breslau) laut Publikation W. Ebsteins
{Deutsche med, Wochenschr.) Perubalsam — mit einem Pinsel auf die Schleimhaut
des Naseneinganges aufgestrichen, und ins Innere der Nase einen Wattetampon, mit
Perubalsam getränkt — mit gutem Erfolge täglich an.
Selbst bei dem sonst hartnäckigsten Gestanke wirkt es desodorisierend.
JPatdy-Nervu
EröfEhnxig des ersten fomo rnrale im Pellagra-Gtobiete von Gradisca.
{Österr. Sanitätswesen. 1889. No. 6.) Nach dem System, wie es sieh in Italien bewährt
hat, ist ein Ofen (fomo rurale oder forno economico) für die Gemeinde Tergo erbaut
worden, in dem „das zu billigen Preisen zu verkaufende und aus tadellosem Getreide
hergestellte Brot gebacken, anderseits aber auch der in unreifem Zustande oder feucht
geemtete oder später der Verderbnis anheimgefallene Mais getrocknet und
436
wieder unschädlich und genufefähig gemacht wird." Am 13. Januar 1889 ll
die feierliche Eröffnung dieses nach dem System Makztni für ca. 6000 fl. hergesteq
Ofens statt. Könnte man nur allen andern Bacillen auch also einen glühenden Gzxi
machen 1 Fault/- Kervi.
Ein chinesisches Heilmittel beschreibt H. HELsiNG-London in der Berlin
Pharm, Ztg. Grofses Interesse erregte (auf dem Evening Meeting der Pharmaceui
Society) die Ausstellung eines Filzes, der dem Kopfe einer Kaupe entwachsen
als frisches Präparat sich sehr deutlich beschauen liefs. Hia-tsao tong tchong
Chinesen, Totsu-Kaso der Japaner, Sommerpflanzen -Winterwurm zu deutsch, ist
Name dieser Drogue, halb animalischen, halb vegetabilischen Ursprungs. Die D
besteht aus der Eaupe von Sphaeria sinensis, aus deren Kopf infolge einer Krankli^
ein Pilz auswächst. Das Tier ist ca. 4 cm lang, von hellgrauer Farbe, eine unlij
haarte, ziemlich fette Kaupe; der Pilz hat die gleiche Länge und bildet am Kofi
eine zungenformige Verlängerung von 2 — 3 mm Breite und purpurner Färbu]|
Dieses Produkt wird getrocknet und läfst im getrockneten Zustande auch noch gai
gut das Tier erkennen. Je 2 Dutzend werden in Päckchen zusammengebunden vm
fanden sich auch so zubereitet auf der Colonial and Indian Exhibition ausgestel
Dies höchst kuriose Heilmittel ist bei den Chinesen hochgeschätzt und soll mit dei
vierfachen Gewicht Silbers aufgewogen werden; man schreibt ihm stärkende um
Kräfte erneuernde Eigenschaften zu, was nicht ganz so befremdend klingt, wenn ma
die Art der Anwendung hört: Der Leib einer Ente wird mit 5 Drachmen da
Mittelchens gestopft und bei einem mäfsigen Feuer langsam^geröstet. Wenn die Enti
gar ist, nimmt man die Tierpflanze aus dem Bauch heraus, da die Heilkraft derselben
in das Fleisch der Ente nun genügend eingedrungen ist, und geniefst den Entenbraten
eine Woche lang zweimal täglich. Tauly-Nerri.
Bei der Kedaktion eingegangene Litteratur:
Lang. Wege und Wandlmigen d, Syphüiskontagiums. (Mitteil. d. Wiener med. Doct*
Kolleg. XIV./XV. Bd. 1888/1889.)
v, Eeckunghaüsen. Über die Saftkanälchen der Harnhaut (Anatom. Anzeiger
m. Jahrg. 1888. No. 19—21.)
ScHiMMKLBUCH. Über d, Ursachen d. Furunkel. (Archiv f. Ohrenheilkunde. XXYII.*
Daubler. Chirurgische Studien in ÄfriRa' (Virchows Archiv. 115. Bd. 1889.)
P. MicHELSoN. Über Nasen- Syphilis. (Sammlung klin. Vorträge. No. 426, 1888.)
SzAOEK. Index bibliographicus syphilidologiae. Jahrg. II. Die Litteratur von 1887.
Hamburg und Leipzig, Leopold Voss. 1889.
Blascbko. Verhornungsprozefs. (Verhandlungen physiolog. Gesellsch. zu Berlin. 1889.)
Feibes. Das Chlormethyl als lokales Änästhetikiim. (Berl. klin. Wochenschr. 1869,
No. 5.)
Bender. Über Lupus der Schleimhäute. (Vierteljahresschr. t Dermat. u. Syph. 1888. 4.)
Lov^n. Über Transsudationsprozesse im Tierkörper. (Mitteilgn. d. physiolog. Laborat.
zu Stockholm. 4. Heft.)
WiNTERNiTz. Versuche über Quecksilbernahme «. Ausscheidung. (Arch. f. experim.
Pathol. u. Pharm.)
Verlag von Leopold V08B In Hamburg (and Leipzig).
Dmck der VerlagaanstaU nnd Drnckerei Actif n-Gesellsehaft (rormala J. F.Rtehter) ia Himbaiy.
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Monatshefte f. prakl. DerniBUlogie. VIII. Band.
9l0itat0liefle fit pakfifilie petmatologit
Band Vm. N2i 10. 15. Mai 1889.
Pemphigns der Hant und der Mundschleimhant, verbanden mit
„essentieller Schmmpfiang" nnd Pemphigus der Eoi^jnnktiven.
Von
Malcolm Mobeis. P. R. C. S. E.
nnd
H. Leslie Bobebts. M. B.
Mit 1 ehromoUthofraphlachen Tafel nnd 1 Tabelle.
Maby G-., ledig, 60 Jahre alt, besuchte die Poliklinik des St. Mabts
Hospital anfangs September 1888.
Hereditäre Verhältnisse: Beide Eltern sind gestorben, die Mutter
an Pneumonie im 76. Jahre, der Yater mit 76 Jahren an Unterkieferkrebs«
Es waren ihrer im ganzen 10 Gresohwister gewesen; 6 derselben sind
klein gestorben; der. älteste Bruder ist mit 41 Jahren an Schwindsucht
gestorben; ein zweiter war Soldat, starb im Ausland; Todesursache nicht
mehr zu eruieren. Zwei Schwestern sind noch am Leben. Die älteste
ist 71 Jahre alt und soll bei guter Gesimdheit sein; die zweite, 68 J.
alt, sei nicht sehr kräftig.
Spezielle Anamnese: Als Elind Blattern,- Masern und „Cholera^
durchgemacht. Mit 21 Jahren litt sie an Abscessen in der Achselhöhle,
welche zum Aufbruch kamen. Es entleerte sich Eiter, womit dann
spontane Heilung eintrat. Zwischen ihrem 40. und 60. Jahre zog sie
sich eine Verbrennung der Beine zu, indem ihre Kleider in Brand ge-
rieten. Zwischen dem 50. und 60. Jahre hatte sie 2 An&lle von Ge-
lenkrheumatismus durchzumachen, je einen in zwei aufeinander folgenden
Jahren. Die erste Erkrankung dauerte 5 Wochen, die zweite 8, doch
hat sie keine ärztliche Behandlung gehabt.
Daneben hat sie unzählige male sich kleine Verbrennungen und
andre weniger bedeutende UnMle zugezogen.
Über den Verlauf der vorliegenden Bjrankheit ist Patientin nicht
imstande, zusammenhängend ' zu berichten. Auf der Haut scheint der
Pemphigus vor unge&hr 5 Jahren zuerst aufgetreten zu sein, und zwar
Honatahefte. 29
438
während der EekonvaleszeDz naek dem zweiten Anfall von Gdenkrhea-
matismns. Der Ansschlag reoidivierte mehrmals und hatte akute Exa-
cerbationen dargeboten, weim die Patientin sicli Erkältungen anaBetsto.
Das Augenleiden hatte mit Thränenlanfen ange£angeny worauf bald Ent-
zündung an beiden Augen folgte.
Patientin ist zeitlebens Wäscherin gewesen und hatte im Sommer
1888 mit greiser Not und Nahrungsmangel zu kämpfen.
Status praesens: Am 7. Novbr. 1888 wurde folgender Befund
erhoben: Allgemeiner Körper- und Geisteszustand hin&Uig. Es besteht
etwas Dysphonie. An fast allen Teilen des Körpers ist die Haut Ton
Narben verschiedenen Alters und Aussehens eingenommen. Die Wangen-
haut ist beiderseits in ein glänzendes, narbiges, fleckig purpurröÜicheB
Gewebe umgewandelt. Ähnliche narbenartige Flecke finden sich auf der
Innenseite beider Ohrläppchen und auf der Stirn. Beide obere Extremi-
täten sind sowohl an der Streck- wie an der Beugeseite mit Narben be-
deckt. Die meisten derselben sind erhaben und Yon purpurroter Farbe;
wenn man sie zwischen die Finger nimmt, fühlen sie sich dicker an als
die normale Haut. Andre, viel kleinere, sind dünner und perlartig
glänzend, während die Haut zwischen ihnen tief pigmentiert erscheint
Auf dem Thorax, Abdomen, Rücken, Ober- und Unterschenkeln finden
sich auch mehrere, den an den Armen beschriebenen ganz ähnliche Narben;
einige derselben sind mit abgestorbener, geplatzter Epidermis bedeckt
Viele dieser Narben werden yon der Patientin den Yerbrennungen und
andern Verletzungen zugeschrieben, nur diejenigen der Arme und des
Gesichts scheinen durch Pemphigus yeranlafst zu sein.
Auf der Schleimhaut des harten Gaumens sieht man eine weik^
geschrumpfte Stelle von ca. 1 cm Ausdehnung, deren Umgebung einen
dunkelroten Hof bildet.
Linkes Auge: Die Lidspalte ist sowohl in horizontaler als in
Terükaler Biohtung eingeengt. Beider Lider sind von roter Fuba.
Partielle Ptosis des oberen Lides. Wenn man das untere Lid abzieU;
zeigt es sieh, daüs der Konjunktivalsack fast völlig vemichtet ist, v>d
dflüs zahlreiche Bänder oder Brücken von blassem, verdicktem Konjnnküval-
gewebe von der Conj. sclerae zu der Gonj. palpebrae hinüberziehfin. Der
sUerale Teil der Bindehaut ist injiziert, und die Cornea ist beinahe me
dnrohsichtig. Lris getrübt, Pupille reaktionslas. Sehkraft völlig er-
loschen, jedoch besteht noch Lichtempfindung. Die Bewegung des Balbai
nach auüsen, aufwärts und abwärts hat eine wahrnehmbare TJSnaAliriLTitTiTij
erlitten.
B.echtes Auge : Dasselbe ist nicht so hochgradig ' affiziert wie dtf
linke. Der untere Konjunktivalsack ist etwas geschrumpft. Die Honr
haut ist ungetrübt. Die Pupille reagiert auf Licht und bei der Akko-
439
modation. Die Sehkraft reicht nur zur Erkennung grofser Schrift auf
geringe Entfernung hin.
Auf keinem Teil der Haut, Schleimhaut oder Conjunotiva finden sich
Bullae oder Yesiculae.
Weiterer Verlauf: Den 26. Noremher. — Die noch frischen ÜW-
reste einer Blase sind auf der rechten Schläfe zu sehen. Auf der Haut
der Unterlippe findet sich ein ca. 3 mm hreites, helles Bläschen. Femer
sieht man auf der Schleimhaut der Unterlippe, dem Mundboden und dem
harten Gaumen einige intakte Bläschen.
Den 3. Dezember. — Patientin wird im Hospital aufgenommen.
Das Schrumpfen der rechten Conjuntiva hat bedeutend zugenommen.
Den 1. Januar 1889. — Zustand ungefehr derselbe wie am 3. Dez.
Keine frischen Bläschen; die alten Blasen im Munde haben sich unver-
ändert erhalten und sind noch nicht geplatzt. Die Disphonie ist noch
hochgradiger geworden als rorher, so dafs Patientin nur im Flüsterton
q>rechen kann.
Den 4. Januar. — Es wird ein intaktes Bläschen auf der unteren
Hafte der linken Conjimctiva bulbi konstatiert.
Den 28. Februar. — Es sind frische Bullae zum Vorschein ge-
kommen, und zwar eine auf dem Torderen Teil des Halses, zwei andere
auf der Sehleimhaut der Unterlippe. Am äufseren Canthus des rechten
Auges ist die Conjunetiya in Gestalt Ton schmalen Bändern zusammen-
geschrumpft, welche in vertikaler Richtung vom einen zum anderen Lide
hintLberEiehen (vide Abbildung, weiche das rechte Auge fbr sich allein
«darstellt). An beiden Lidern sind die Wimpern nach innen umgebogen
tind berühren die Cornea und die Conjunctiva Sderae. Am linken Auge
haben nur einzelne Cilien am medianen Winkel des oberen Lides eine
Abnorme Kichtung, während die übrigen gerade gestellt sind.
Den 10. März. — Die Entwickelung frischer Bläschen auf der Schleim-
haut der Unterlippe und des Mtmdbodens hat noch nicht aufgehört.
Bemerkungen. — Wir haben alle bisher publizierten Fälle von
Pemphigus conjunctivae gesammelt und in tabellarischer Form zusammen*
gesteUt. Wir haben es vorgezogen dieselben in dieser Weise zu ordnen,
-weil dadurch eine gröfsere Bequemlichkeit beim Vergleichen der Haupt-
merkmale Aet Krankheit geboten ist, und alle übereinstimmenden Punkte
:Qo am meisten in die Augen springen. Im ganzen sind achtundzwanzig
Fälle beschrieben worden. Allerdings sind noch einige weitere Fälle be-
•obachtet worden, doch sind diese entweder nur ganz oberflächlich erwähnt
-oder gar nicht weiter verzeichnet worden. Von diesen achtundzwanzig
Erkrankungen entfallen drei auf firanzOsische, siebenzehn auf deutsche,
•drei auf amerikanische und fünf auf englische Beobachter. Was das Ge«
schlecht anbetri£Ei, so stellt sich das Verhältnis (nach Ausschaltung von
29*
440
drei von Klbmm als „Kinder" bescliriebenen Fällen) auf zwölf weibliche
zu. dreizehn männlichen Patienten. Das Alter erstreckte sich vom Säuglings-
alter bis zum 76. Lebensjahr und betrug im Durchschnitt ca. 40 Jahre
Das Allgemeinbefinden in der Zeit zuvor wird bei einigen als „gut", bei
anderen als „schlecht'' beschrieben. Einige befanden sich bei mangel-
hafter Gesundheit und im Zustand beträchtlicher Abmagerung beim Ein-
setzen der Krankheit oder zur Zeit, als sie in ärztliche Behandlung ge-
langten, andere dagegen scheinen sich vorzüglicher Gesundheit erfreut zu
haben und wohlgenährt und vollständig entwickelt gewesen zu sein. Nur
in einem einzigen Fall ergab die Anamnese eine syphilitische Infektion,
welche aber zehn Jahre vor dem Auflreten des Pempiphus stattge-
habt hatte.
Bei sechszehn von den achtundzwanzig Fällen fing die Affekticn
als Pemphigus vulgaris oder foliaceus auf der Haut an, bei vier auf
Schleimhäuten und bei acht am Auge. Es wurden niemals beide Augen
gleichzeitig befallen, aber die bis zum Ergrifienwerden des zweiten Augea
verstreichende Zeit zeigte beträchtliche Schwankungen von wenigen Tag«i
bis zu zwei Jahren. Bei zwölf von den gesamten Fällen wurden Vesicula»
oder Bullae auf der Conjunctiva entweder in intaktem Zustand oder bald
nach dem Platzen beobachtet. Einige Beobachter haben die Entwiek»-
lung einer diphtherischen Pseudomembran auf der Conjunctiva besohiieboi.
Dafs die Yeränderungen, welche als Endstadium in der Conjunctiva er-
zeugt werden, bei allen Kranken eine auffällige Übereinstimmung auf«
weisen, geht aus der Bubrik „Ausgang der Krankheit" unserer tabellariflcheB
Zusammenstellung hervor. Diese Veränderungen bestehen in einer charak*
teristischen Schrumpfung der Conjunctiva, sowohl der Lider als det
Bulbus. Das dabei entstehende Besultat ist ein zweifaches, indem: zo-
nächst dadurch eine Difibrmität der Lider entsteht, welche zur EinsielluDg
der Cilien gegen die Conjunctiva comealis und sderalis führt, und zweitens^
die durch dieses Entropien entstehende entzündliche Beizung dieser Q^
bilde. Früher oder später wird die Cornea des befallenen Augee trObe,
und es tritt eine Verdickung der Conjunctiva sclerae ein. SchlieMck
trocknen Hornhaut und Bindehaut ein, wodurch ein Zustand entsteht^
den manche Forscher mit Xeropbthalmie verglichen haben. Daa Seh-
vermögen ist manchmal selbst vor der Entwickelung der Komealaffektionmi
herabgesetzt, doch ist dann eine Verbesserung durch geeignete Behand.
lung noch immer möglich. Gewöhnlich stellt sich auf dem einen oder
auf beiden Augen fast völlige Amaurose ein; stets ist dabei aber die
subjektive Lichtempfindung erhalten. Perforation der Cornea, Prolapsos
iridis und Zerstörung des ganzen Bulbus sind als schlieisliches Besultat
beobachtet worden.^
* Vide Fall von Stbfpan No. 17 der Tabelle.
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441
Was die Behandlung des Pemphigus conjunctivae anbetrifft;, so ist
leider wenig darüber zu sagen. Bisher sind zwei Hauptprinzipien bei den
therapeutischen Versuchen mafsgebend gewesen, einmal das operative und
zweitens das palliative. Die erstere Methode umfaüst Entropionoperationen,
Epilation der Wimper, Transplantation von Kaninchenschleimhaut. Von
diesen Maisregeln ist zu sagen, dafs die Entropionoperationen zeitweilige
Besserung bewirkten, dais aber die Experimente mit Schleimhauttrans-
plantation nur völligen Müserfolg aufzuweisen haben. Die palliativen
Malsregeln bestehen im Aufbessem des Allgemeinzustandes, im Lindem
der Trockenheit des Auges mittels G-lycerin oder mucilaginöser Augen-
wasser und in der Anwendung von lindernden Mitteln, um die Entzündung
2U bekämpfen.
Trotz aller bisher in Anwendung gebrachten Behandlungsmethoden
behält jedoch der Schrumpfungsprozefs seinen fortschreitenden Charakter
ununterbrochen bei bis zum Eintritt totaler Blindheit. Nur in einem
einzigen Fall, den Samelsohn beim 12. Kongrefs der Ophthalmelogischen
Gesellschaft im Jahre 1879 in Heidelberg mitteilte, ist von einem günsti-
geren Ausgang zu berichten gewesen. Bei diesem Patienten hellte sich
die Comea wieder auf, die Trichiasis verschwand fast gänzlich, und die
Conjunctiva bot einen nur unbedeutenden Grad der Schrumpfang dar.
Es ist keine Frage, dais diese Affektion eine grolse Seltenheit ist, wie auch
aus den folgenden Thatsachen entnommen werden kann. Während Arlt
erklärt, dais er bei seinen vierzigjährigen Erfahrungen nur einen einzigen
Fall von Pemphigus conjunctivae, der sich in der Behandlung von Prof.
Stellwag in der Augenklinik in Wien befeuid, gesehen hat, hat Hebra
sogar unter 200 Fällen von Hautpemphigus keinen einzigen Fall unseres
Leidens beobachtet. Stbffan (Frankfurt) hatte unter 84000 Patienten
(bis zum Jahre 1884) nicht mehr ab einen gesehen, der Bläschenbildung
und Schrumpfung der Conjunctiva dargeboten hätte. Hornbb hatte unter
70000 Kranken nur dreimal Schrumpfen der Conjunctiva gefunden.
Professor Graefe teilte bei Gelegenheit des obenerwähnten Kongresses
mit, daüs er vier Fälle gesehen habe, welche er als „essentielle Schrum-
pfung der Bindehaut'' beschrieb.
Die Pathologie der Krankheit ist noch in Dunkel gehüllt. Bisher
stehen uns nur Berichte über eine einzige Autopsie und drei mikroskopi-
sche Untersuchungen zu Gebote. Unglücklicherweise gewähren diese For-
schungen nicht viel Aufschlufs über die Ätiologie des Leidens und sind
sogar in bezug auf ihre Ergebnisse nicht einmal ganz übereinstimmend.
In dem Fall von Gelpee' ergab die Autopsie nichts besonderes Ab-
normes aufser hochgradiger Anämie der Organe und allgemeiner Atrophie.
* Zehenders Min, Monatsblätter f, Äugenheükunde. Vol. XXm. pag. 199.
442
Gelpee', Bäümlsr^ und Sattler^ haben di^ pathologische Conjunctiya und
Solera mikroskopisch untersucht. Die SATTLSBsche Untersudhiung ergab,
ä&b die Schwellung der Conjunctiva bulbi nicht auf Infiltration der Binde-
haut mit lymphoiden Zellen beruht, sondern zum Teil durch beirftohtUcha
Schwellung der Bindegewebs&sem, zum Teil durch Ausdehnung der
Spalträume, welche mit Flüssigkeit angefüllt waren, herrorgerufen war.
Die subepitheliale Schicht der Conjunctiva bulbi bildete eine besonders
modifizierte Membran von 80 — 40 f* Dicke. Dieselbe war viel trftber
als das übrige Gewebe, sogar beinahe yQüig undurehsichtig, verli^ paralM
mit der Oberfläche der Bindehaut und bedeckte den größeren Teil der
Oomea. Diese subepitheliale trübe Schicht war beim ersten AnblidL
leicht mit dem Epithel selbst zu verwechseln. Das gesamte Siroaa
dieser Schicht war von Kömchen, welche sich weder mit Bismarkbraun
noch mit Hämotoxylin &rben lieieen, durohsefart. Die BhttgefiÜse der
Conjunctiva waren sehr zahlreich und hochgradig injiziert. Trotudem
waren sie beim oberflächlichen Ansehen der Conjimctiva nicht gleich
sichtbar, da sie durch das modifizierte Epithel Verdeckt wurden. Dieses
letztere hatte seine normale BeschaflPenheit vöUig eingebOJBt. Yen den
tiefereai bis zu den oberflächlichsten Legen bestand es bloiis aus ver-
hornten Zellen. Es war 80 fi dick und ]ieb sich mit grolser Leichtig-
keit von der darunter liegenden fibrösen Bindehaut ablOmn. Bäümlse
gibt zwar zu, daJs das von ihm beschriebene Fsräparat nicht wesentUeh
von dem SATTLBRsohen verschieden ist. Nur war es ihm nicht gehmgen,
die von letzterem beobachtete und beschriebene trübe Schicht zu ent-
decken. Anderseits waren an Sattlebs Präparaten die von BIumlbe
besdkriebene Hypertrophie und Papillarbildung des EpithelB nicht zu
finden. "Wegen der weiteren Details müssen wir unsere Leser auf die
Qriginalartikel in den vorhin genannten Werken verweisen.
Vom klinischen Standpunkt aus sind zwei Hauptansichten über das
Wesen dieser Affektion zu verzeichnen.^ Die eine geht dahin, da6 die-
selbe eine essentielle Schrumpfung der Bindehaut (Gbaxfe) darstellt, mit
anderen Worten: eine Atrophie, welcher keine Hypertrophie vorang^angen
ist, während die andere Theorie das auf die Bildung von Bläschen und
Blasen auf der Conjunctiva (Biumler, Gblpke, Sattlbr, Pflügeb u.
a.) zurückführt.
Unzweifelhaft erscheint es uns, dals dieser Vorgang am Auge, welcher
» Ibid. pag. 206.
* Ibid. pag. 341.
* Bericht über den 12. EongreÜB der Ophthahnolog. Gesellsoh. zu Heidelberg.
(Zehenders kUn. Monatshlätter f* Äugenheük. Vol. XYlL
^ Stellwag {ü-aküsche Äugenheük. 1870. pag. 413) beschreibt die Affektion als
SyndesmitiB degenerativa.
A.XKJ
ZU Sohnunpfang der Gonjunctiva und Verlust des Sehvermögens führt,
als Teilerscheinung eines AllgemeinleidenS) welches sich auf der Haut
und den Sohleimh&uten in Form von Yesiculae und Bullae äuJsert, auf-
gefeklst werden muls. Die Schrumpfung an der Conjunctiva wiederholt
sich auch an der Cutis, was an dem von uns mil^teilten Falle besonders
deutlich zu erkennen ist Das narbige Gewebe der betrofifenen Hautteile
zeigt eine heftige Schrumpfang, welche die Annahme, daJSs die am Auge
xmd an der Haut aufgetretenen Veränderungen auf eine gemeinsame
Ursache zurückzuführen sind, auTserordentlich nahe legt.
Über die Wirkung yencUedener Antisoabioga auf die eüuielnea
Milbenspezies der Haustiere.
Von
Dr. Geobg Müllee.
(Fortsetzimg auB Nr. 9.)
Dermatoryktes mutans.
Diese Milbe hat groise Ähnlichkeit mit Sarcoptes minor und ruft bei
Hühnern, viel selt^ier bei Tauben, Fasanen, Puten und Singrügeln an
den FüJsen, weniger am Kamm, Kehllappen und Hals einen Hautaus-
schlag hervor, der dem Laien unter der sehr passenden Benennung
Kalkbeine bekannt ist. Es bilden sich nämlich auf der Vorderfläche,
später auch auf der Hinterfläche der Ständer der Hühner unter allmäh-
lichem Abheben der Fufsschilder gelbe oder graugelbe, höckerige, mörtel-
aiüge, ans Epidermisschuppen, eingetrocknetem Serum und Milben be-
stehende Massen, nach deren Loslösung eine mehr oder weniger gerötete,
nässende, manchmal eiternde Fläche resultiert.
Die Untersuchung der Milben wurde bei einer Temperatur des Ob-
jekttisches Yon 30 — 35^ C. Torgenommen, da es sich herausgestellt hatte,
dab Dermatoryktes bei derartigen Wärmegraden lebhafter und sehr viel
ausdauernder sich bewegt, als bei Temperaturen von 85 — 40^ C.
Diese Beobachtung war die Veranlassung, dals auch die andern
beiden Mher geprüften Milbenarten auf ihr Yerhalten gegenüber ver-
schiedenen Wärmegraden untersucht wurden, und es konnte schUefslich
folgendes als thatsächlich hingestellt werden:
444
1. Um festzustellen, welchen Einfluis verschiedene Temperatnren auf
Käudemilben ausüben, kann lediglich Öl (am besten das eist bei sehr
niederen Temperaturen erstarrende Mandelöl) als Einbettungsmaterial be-
nutzt werden, da die Lebensdauer der in Wasser schwimmenden Milben
(infolge von Aufquellen?) eine recht beschränkte ist (siehe früher).
2. Temperaturen von 50 ^ C. und darüber töten sämtliche 3 Milben-
arten. Die Bewegungen der Tierchen hören schnell auf und kehren anoh
dann nicht wieder, wenn die Temperatur des Objekttisches sinkt.
3. Demodex canis und Sarcoptes cati bewegen sich am lebhaftesten bei
Temperaturen von 35 — 40 ^ C, zeigen aber insofern Verschiedenheiten, ab
der erstere tagelang, der letztere nur einige Stunden lang (siehe früher) dieae
Bewegungen beibehält. Indessen wird man dieses Verhalten des
Sarcoptes bei etwas hoher Temperatur lediglich als eine
Buhepause, nicht als ein Zeichen des Todes aufzufassen
haben, denn bei längerer Beobachtung der Tierchen findet man, dab
wenigstens ein Teil derselben über kurz oder lang neue Laufübungen
unternimmt oder gelegentlich schwache Bewegungen mit dem einen oder
andren Beine macht.
4. Dermatoryktes des Huhnes ist am lebhaftesten bei Temperaturea
von 30 — 35 ^ C. und bleibt dann (in Öl gebettet) tagelang lebens&hig,
wenigstens zeigten die Milben noch nach 48 Stunden (länger wurde die
Beobachtung nicht fortgesetzt) ihre volle Munterkeit.
5. Zur Prüfung der Arzneiwirkung auf Demodex canis und Sarcoptes
cati dürften demnach Temperaturen von 35 — 40^, auf Dermatoryktes
gallinae solche von 30 — 35 ^ C. geeignet erscheinen, da es bei derartigen
Untersuchungen lediglich darauf ankommt, die Milben zwei Stunden lang
(siehe früher) in steter flotter Bewegung zu erhalten, um die Zeit ihres
Todes genau feststellen zu können.
6. Bei Temperaturen unter 10 ^ 0. verfallen die Milben in einen
Erstarrungszustand, ohne zu sterben, denn sie konnten selbst dann
durch Erwärmen wieder ins Leben zurückgerufen werden, wenn sie
48 Stunden lang in einem Baume aufbewahrt worden waren, in welchem
die Temperatur zwischen 0 ^ und — 10 ^ 0. schwankte.
Ich werde übrigens Gelegenheit nehmen, auf diese Temperaturver-
suche, welche in erschöpfender Weise nur im Winter vorgenonmien
werden können, zur geeigneten Zeit zurückzukommen.
Die in Wasser befindlichen Dermatoryktesmilben sistierten ihre Be-
wegungen nach Zusatz von
Kreosot 10 7o sofort.
Kreosot 57o fast sofort.
Karbolsäure 10% sofort.
Karbolsäure 5 % in wenigen Minuten.
445
SnbHmat 2 7o in 15—18 Minuten.
Sublimat 1 % in längstens 45 Minuten.
Sublimat 0,66 7o nach 2 Stunden noch nicht.
Oxynaphtho6säure57o(8pirit.) in mehreren Minuten.
Salicylßäure 10% in etwa 15 Minuten.
Kreo^n in wenigen Minuten.
Ichthyol iu wenigen Minuten.
Schwefelleber 20% in längstens 22 Minuten.
Tabakabkochung 15% in längstens 35 Minuten.
Die in Mandelöl befindlichen Milben sistierten ihre Bewegungen
nach Zusatz von
Holzteer fast sofort.
Teerüniment in wenigen Minuten.
Perubalsam sofort.
Oleum animale foetid. fast sofort.
Naphtholöl in 7—10 Minuten.
Karbolöl fast sofort.
Petroleum in längstens 42 Minuten.
Naphthalinöl 10 % nach 2 Stunden noch nicht.
Oxynaphthoösäureöl 10% in etwa 10 Minuten.
SaHcylöl 5 7o . in 15—18 Minuten.
Salicylöl 3,3 7o in längstens 20 Minuten.
Salicylöl 2,5 7o in längstens 25 Minuten.
Salicylöl 2 % in längstens 28 Minuten.
Es geht aus diesen Zahlen jedenfalls hervor, dals Dermatoryktes
gallinae imd Sarcoptes cati sich den angewendeten Antiscabiosis gegen-
über nahezu gleich verhalten, vielleicht mit der einzigen Ausnahme, dafs
letzterer ölige Lösungen der Saliöylsäure weniger gut verträgt, als ersterer.
Ich mache bei dieser G-elegenheit ausdrücklich darauf auf-
merksam, dafs nur Lösungen, nicht kalt bereitete Yerreibun-
gen der Salicylsäure einen milbentötenden Effekt hervor-
bringen. Salicylsäure löst sich bekanntlich in etwa 35 Teilen er-
wärmtem Öl, ohne sich beim Erkalten wieder auszuscheiden. Auch die
Herstellung konzentrierterer Lösungen gelingt, doch &llt beim Abkühlen
der Überschufs in Form sehr feiner Nadeln aus. Li der That ist auch
Demodex folliculorum canis öligen Salicylsäurelösungen gegenüber aulser.
ordentlich empfindlich, während er ölige Salicylsäureverreibungen ohne
jeden Schaden stundenlang verträgt. So vermochte das in No. 7 erwähnte
Salicylsäureöl von 20%, welches lediglich eine auf kaltem Wege her-
gestellte Yerreibung war, nicht, die Milben innerhalb 2 Stunden zu töten
(siehe früher).
446
Demodex canis sistierte seine Bewegungen (dauernd) nach Zusats von
öliger Salicyllösung von 5 % in wenigen Minuten.
„ „ » ^)3 % meist in wenigen Minuten, längstens
in 9 Minuten.
„ „ „ 2,5 7o in 6 — 8, Itogstens 10 Minuten.
„ 2 % in 10—15 Minuten.
„ ^ „ 1,6 Vo in längstens 18 Minuten, nur in
einem einzigen Falle in 32 Min.
(Fortsetzong folgt.)
nicht-entsttndUchen Ödeme der Haut.
Eine historisch-kritisclie Studie.
von
, P. G. Unna.
Keine Thatsaehe hat in der Pathologie des Ödems so unbestrittene
Geltung, wie die Entstehung von Ödemen durch mechanische Beeinträch-
tigung des Yenenstroms. Seitdem Loweb^ zum erstenmal Ödeme durch.
Unterbindung gröfserer Yenenstämme experimentell erzeugte, ist das Ödem
als notwendige Folge des partiellen oder absoluten Yenenverschlussee bia
in die neuere Zeit hinein nicht ernstlich in Zweifel gezogen worden.
Speziell mit der Arbeit von Lunwia und Tomsa' schien diese durch ihr
Alter ehrwürdige Lehre völlig gesichert, und Pathologen wie KHniker
hatten um so weniger Grund an ihrer Wahrheit zu zweifeln, als beide sc
häufig Gelegenheit hatten, Ödeme infolge von Yenenthrombosen zu beob-
achten.
Derartige Zweifel stiegen erst auf, als AnfEuig der sechziger Jahre,
vornehmlich durch Goltz und seine Schüler, der Einfluis der Nerven*
Zentren auf die Gefä£swand näher erforscht wurde. Hätte man doch von
jeher die Entstehung gewisser, klinisch wohlbekannter Ödeme auf nervOee
Einflüsse gern zurückgeführt. Und wenn nun Oohnbeih anderseits nach-
wies, dais eine ganze Reihe früher für nicht entzündlich gehaltene Ödeme
^ LowEB, Tractatua de corde item de motu et colore sangtUina.. London 1680.
' ToMSA, Beiträge zur Lymphbildong. Sitzb, d. k. k. Akad. d. Wissenechttft m
Wien. Bd. 46. pag. 185.
447
den entzündlichen anzureihen seien (vor allem das kollaterale Ödem), so
wurde allgemach auch eine erneute Bevision des Stauungsödems mit Be-
rücksichtigimg der Vasomotoren auf experimentellem Wege zur unabweisbaren
Notwendigkeit. Zuerst war es bekanntlich 'Rai[yieb\ welcher das Ödem
bei einfachen Yenenunterbindungen in der That Termifste, dasselbe aber
eintreten sah, wenn er gleichzeitig in den betreffenden Hautgebieten eine
vasomotorische Lähmung erzeugte, beispieLsweise bei Unterbindung der
Vena cava inferior des Hundes den Nenrus ischiadicus eines Beines
durehschnitt. Es trat dann das Ödem nur in dem Beine mit durch*
schnittenen Vasomotoren auf.
Dieses Ergebnis beim Hunde yerallgemeinerte Rusrnss, auch für den
Menschen und die Pathologie des Ödems überhaupt. Es schien hiemach
eine Zeitlang überhaupt zweifelh^t, ob Veneaunterbindung allein ohne
Vasomotorenlähmung Ödem berrorrulen ktonte. Die Versuche von
Sakvieb wurden zunächst von einem russisehen Forscher, Hehn^ be-
stätigt jßoTT^ konnte dagegen auch ohne Nervendurchschneidung Ödem
allein nach Venenunterbindung beobachten, wenn nur die Entstehung
eines venösen Kollateralkreislau£9 verhindert wurde.
Nach diesen in den Resultaten ziemlich übereinstimmenden Arbeiten
lagen eigentlich zwei SchluMolgerungen auf der Hand.
Einmal war nämlich der allgemeine Satz, daJs Venenunterbindung
von Ödem gefolgt werde, da der Effekt der Venenunterbindung leicht durch
koUaterale venöse Bahnen vereitelt wird, dahin etwas nSlier zu präzisieren,
dab derselbe nur dann ein stärkerer, in die Augen springender sein kann,
wenn der Blutstrom in sämtlichen Venen einer B.egion verlegt ist.
Dieser Zusatz enthält durchaus keine eigentliche Beschränkung des
Hauptsatzes«
Sodann war es nach den übereinstimmenden Angaben von Baitvier,
Hehn und BoTT klar, daJs das Transsudat aus den Kapillaren bei
Venenstauung durch Erweiterung der zuführenden Arterien und Erhöhung
des Blutdrucks vom Herzen her noch erheblich steigt, ja bei ungenügender
Stauung erst dann merkbar wird. Wir finden in diesem Zusätze nur ein
physikalisch notwendiges Komplement des Hauptsatzes, durchaus nicht
die Andeutung eines mysteriösen Einflusses des Nervensystems. Denn
durch Lähmung der Vasomotoren werden alle Hindemisse fortgeräumt,
welche den durch die Venenstauung bereits erhöhten Druck im Kapillar-
system niedrig erhielten, und das letztere ist jetzt einem geradezu maximalen
* BechercheB exp^rimentales sur la production de 1' oedeme. Compt rend.Äc
des sc. 20. Dezbr. 1869.
^ Hehn, Über die Entstehung mechanischer Ödeme. Centralbl f, d. med. Wiss,
1873. pag. 625,.
^ BoTT, Über die Entstehung von ödem. Berl kUn, Wochensehr. 1874. No. 9,
448
Drucke von beiden Seiden ausgesetzt; die Filtration der Lymphe nm£s
daher hier" den höchsten Grad erreichen und sich in den LymphgefiÜsen
einen Ausweg suchen.
Die Notwendigkeit dieser beiden Zusätze bedingt daher folgende
vorsichtigere Fassung des Hauptsatzes:
Ein mechanisches Hindernis im Yenenabflufs bedingt Ödem,
wenn dadurch das Verhältnis des Blutabflusses zur Blutzufuhr
ein gegen die Norm ungünstiges wird.
In dieser Fassung ist sowohl enthalten, dafs erhebliche KoUateralen
das Ödem verhindern, wie da& der letztere Umstand durch arterielle
Hyperämie überkompensiert werden kann.
SoLNiTSCHEWSKY® hat uun (1879) unter Cohnheimb Leitung eine
Methode ausgearbeitet, welche es erlaubt, ohne entzündliche Komplikationen
zu setzen, sämtliche Hautvenen zu thrombosieren. Er spritzte von einer
kleinen Hautvene aus Gipsmasse, welche rasch erhärtete, in die Yeneii
einer Extremität und sah danach unter Temperaturemiedrigung ein starkes
Ödem in derselben auftreten. Die Lymphe des Ödems war dabei dünn-
flüssig und rötlich ge&rbt, schwach und locker gerinnend und enthielt
viele rote, wenig weiTse Blutkörperchen, entsprach mithin durchaus der
Lymphe des nichtentzündlichen Stauungsödems.
Diese neue und sichere Methode, ein einfaches Stauungsödem zu e^
zeugen, ergab mit Sicherheit, was die Versuche von Hehn und Bon
bereits erwarten lieJsen, dais eine Yasomotorenlähmung durchaus nicht
notwendig ist zur Erzeugung von Ödem. Auch war es Solnitschewbkt
möglich, die Wege genauer anzugeben, auf denen bei Ranviebs Ve^
suchen das Blut der unterbundenen GefäTse zum Herzen zurückkehrt
Von dieser Seite her scheinen mit der Arbeit von Solnitschewskt
die von Bjlkvieb angeregten Zweifel an der Existenz eines rein mechani-
schen Stauungsödems beseitigt. Lizwischen waren aber durch zwei hervor-
ragende Arbeiten aus Ludwigs Laboratorium von Paschittik^ und
EMMiNaHAUS^ die Beziehungen des Nervensystems zum Lymphstrom nach
einer andren Methode untersucht worden. Nachdem LüDWia im allge-
meinen festgestellt hatte, dais die Durchschneidung der Vasomotoren des
Beines am Hunde ohne Einflufs auf die aus Kanälen ausfliefsende Menge
des Lymphstromes ist, wiederholten Paschijtin und Emminohaub diese
Versuche genauer, jener an den Vorder-, dieser an den Hinterextremitftten
des Himdes. Beide kamen ziemlich übereinstimmend zu demselben Be-
' Über Stauapgsödem. Vir chows Archiv. Bd. 77. pag. 85.
^ Paschütin, Über die Absonderung der Lymphe im Arme des Hundes. Ber.
d. kgl Sachs. GeseUsch. d. Wiss. m Leipzig. 1878. 21. Febr.
8 EmfiNaHAüs, Über die Abhängigkeit der Lymphabsonderung vom Blutatrome.
Ebenda. 26. Juli. 1873.
449
sultate» daüs der Lymphstrom, gemessen — nicht durcli das Besultat seiner
Stauung, die Gewebeschwellung, sondern — durch die Quantität direkt
aufgefangener Lymphe, nach dem Yasomotorenschnitt nicht gesteigert ist.
Allerdings fielen die Versuche von Emminghaüs nicht ganz so stringent
aus wie die von Paschutin, und ersterer verhält sich deshalb auch nicht
gänzlich ablehnend gegenüber dem Einflufs der Yasomotorenlähmung.
Da auTserdem vereinzelte Wahrnehmungen verschiedener Forscher, über
welche wir noch besonders referieren müssen, immerhin ein Odem nach
einfacher, nicht durch Stauung komplizierter Yasomotorenlähmung wahr-
scheinlich machten, unternahm es Jankowsky^ (1883) unter Cohnheims
Leitung, zunächst die Versuche von Paschutin und Emminghaus zu
wiederholen und weiterhin dieselben durch Untersuchung des Lymph-
stroms unter komplizierteren Bedingungen zu ergänzen.
Die Nachuntersuchung der aus LuDWias Laboratorium hervorgegan-
genen Arbeiten ergab genau das fi.esultat von Paschutin: absolute In-
dififeroDz gegenüber dem Yasomotorenschnitt. Zwei Tage nach der
Operation der einen Seite flössen aus den Kanülen beider Seiten annähernd
dieselben Lymphmengen aus.
Jankowsky verglich hierauf die Lymphquantitäten zweier Ex-
tremitäten, von denen eine nur entzündet (durch Verbrennung mit Wasser
von 70 ® oder Lijektion von Terpentinemulsion), die andre ebenso ent-
zündet und auiserdem durch Yasomotorenschnitt kongestioniert war. Die
letztere sonderte weit mehr Ljnnphe ab, was gewiis nicht auffallen kann,
da ja die Kapillaren des entzündeten Beines eo ipso durchlässiger waren.
Auch das entzündliche Ödem entwickelte sich unter Mitwirkung der
Yasomotorenlähmung stärker, was auch unsem alltäglichen pathologischen
Erfahrungen entspricht. Bei einer Reihe mit starkem Hautödem einher«>
gehenden, artifiziellen Dermatitiden wird man daher nach diesem Versuche
Jankowskts wohl auf eine komplizierende Yasomotorenlähmung zu
schliefsen berechtigt sein. Übrigens hatte die Durchschneidung der Vaso-
motoren in Jankowskys Experimenten keinen bestimmten und konstanten
Einfluis auf die Farbe, die Gerinnbarkeit und den Gehalt an festen Be-
standteilen der Entzündungslymphe, sondern lediglich auf deren Quantität.
Kombinierte Jankowsky weiter mit der Entzündung die von Sol-
nitschewsky geübte Gipsthrombosierung der Venen, so ergab sich eine
Steigerung der Lymphquantität, welche diejenige beider einzelnen Pak-
toren hinter sich liefs. und diese konnte wiederum noch übertroffen
werden von der Kombination einer Entzündung und Stauung mit dem
• Janxowbkt, Über die Bedeutung der GefäTsnerven für die Entwickelung des
Ödems. Virchowa Archiv. Bd. 93. pag. 259.
450
Yasomotorensohnitt. Auch diese Itesultate sind so selbstverständlich, da&
sie keiner Erläntemng bedürfen.
Überraschendere Ergebnisse erhielt Jankowsky jedoch, als er seine
Versuche an durch Kochsalzinfusion hydrämisierten Hunden fortsetste.
OoHNHEiM und Lichtheim hatten bekanntlich gefunden, daCs die Lymphe
bei solchen Tieren von geringerer Konzentration ist, aber dafs trotzdem
kein Ödem erscheint, dais dagegen letzteres nach sonst folgenlosen, leichten
Stauungen und Entzündungen in ansehnlichem Maise auftritt. Hierbei
ist Entzündung und Stauung wohl zu untersicheiden. Leichte Entzfln-
düngen können, weil sie eine abnorme Durchlässigkeit der &e&lswandangen
herbeiführen, von stärkerer Transsudation der dünneren Lymphe begleitet sein;
es würde das wenigstens nichts auffallendes haben. Aber weshalb steigen
schon leichte Stauungen die Transsudation hydrämischer Lymphe, während
sie — der Kollateralen wegen — diesen Effekt bei gesunden Tieren be-
kanntlich nicht haben? Eine Veränderung der Ge^wand durch dis
flydrämie darf man bei diesen Versuchen noch nicht heruiziehen, sonst
mülste auch ganz ohne Stauung Ödem eintreten. Wie haben wir vaa
das zu erklären?
Jankows£T denkt offenbar, daCs bei hydrämischen Tieren, weil ge-
wöhnlich kein Ödem entsteht, nicht mehr Lymphe als normal produziert
wird. Hierin steckt aber ein Trugschluis, und weil sich dureh die ganze
Lehre vom Ödem dieser Trugschlufs hindurchzieht, mufs ich auf deneriben
einmal ernstlich aufmerksam machen.
Wir haben allen Grund anzunehmen, dais in der BLatit viel m^
Lymphe die arteriellen und venösen Kapillaren verlälst, als in den
Lymphgefäisstämmen später nachweisbar ist, einfach deshalb, weil die
besonders zahlreichen und besonders weiten Hautvenen, wie ich sefaon
zu wiederholten malen betont ^^ die meiste Lymphe der Haut wieder
aufsaugen. Das Lymphgefäfssystem der Haut ist für den ganzen
Saftstrom der Haut nur eine mehr oder minder in Anspruch
genommene Seitenbahn.
Dies lehren zunächst die anatomischen Verhältnisse der Haut: die
im Vergleich mit den Venen g.eringe 2iahl und geringe Weite der
Lymphgefäisstämme und mehr noch die auffallende Weite der Hautvenen
gegenüber dem Um&nge der Hautarterien in anbetracht der geringen
zwischen beiden interponierten Gewebsmassen. Würden die Hautvenen
nur dem Rückflusse des Blutes aus den recht engen und relativ spär-
lichen Hautarterien dienen, vermindert um sämtliche in der Haut abge-
^^ Die Lymphbahnen der menschlichen und tierischen Haut Monatth. /. prakt,
Dermat 1882. pag. 20. — Das subkutane Fettgewebe. Ebenda, 1882. — Anatomie
der Haut Ziem säen 8 Handbwh, pag. 109. — Beitrage zur Anatomie der Urticaria
isimpl. u. pigm. Dermatologische Studien, Hefl 3. pag. 86. 1887.
1
451
sonderte Lymphe, deren Menge — wenigstens im Fapillarkörper — keine
geringe sein kann, so wftre ilire bedeutende Weite ganz nnerklärlich nnd
tjü[>eiflüs8ig.
Doch viehtiger nooh als diese anatomisohen Yerhidtaiflse sind die
physiologischen Experimente, welche stets ein nnd dasselbe Resultat
ergeben haben, dais es durch Unterbindung noch so zahlreiche Lymph-
ge&lse überhaupt nicht gelingt, ein Hautödem hervorzubringen. Hier ist
nicht der Einwand berechtigt, wie gegenüber den Experimenten Baitvisbs,'
dafs eine Unzahl von Anastomosen das Zustandekommen einer Ljrmph-
stase nach Ljnnphge&fisunterbindung verhindere. Denn, wenn die Haut-
lymphe — nach der allgemein gebräuchlichen Annahme — die Lymph-
geifiUsstämme der Haut beständig erfüllte, so müiste eine Unterbindung
aller jedenfalls so lange ein Ödem hervorrufen, bis die Venen dasselbe
aufgesogen hätten. Denn diese Mögliehkeit, unter pathologischen Um*
ständen Lymphe aufzusaugen, gesteht man den Venen ja zu. Aber es
entsteht auch im AnfEmge kein Ödem nach Lymphge&Jsunterbindung, und
nach meiner Ansicht ein&ch deshalb nicht, weil normalerweise die
Lymphge&fsstämme fast trocken sind, nur verschwindende Menge Lymphe
führen und fast alle in den arteriellen Kapillaren abgesonderte Lymphe
durch die venösen Gef^fse in der Haut bereits zurückkehrt. Dies
klingt nur paradox für denjenigen, welcher bisher nicht beachtet hat,
dals alle Experimentatoren aus den angeschnittenen LymphgefUsstämmen
gar keine Lymphe in der Buhe sammeln konnten. Ein m«rklioher
Lymphabflub aus den L3rmphge[fiLis8tämmen kommt bekanntlieh erst zu
stände, wenn mit den betreffenden Extremitäten Pumpbewegungen aus-
gejEührt werden, welche, wie man annimmt, die Lymphe ansaugen, in
Wirklichkeit aber in wirksamster Weise einmal an der Flexoren-, dann
an der Extensorenseite die Hauivenen komprimieren und so abwechselnd,
bald dort, bald hier, eine Quantität Lymphe vom Haupflymphstrome
der Venen ab in den stets offenen Seitenweg der Lymphgefilise leiten.
Wenn aber Muskelbewegung dazu gehört, die Lymphgefkisstämm* zu
fällen, so kann man diese doch nicht als Hauptweg für den Büokfinfs
der Lymphe betrachten.
Es ist also der zweite, wichtige Hauptsatz der Ödemlehre:
Absolute Aufhebung des Lymphstromes in den Lymphgefäfs-
stämmen der Haut hat kein Ödem zur Folge, da die meiste
Lymphe narmalerweifle durch die Hautvenen zum Herzen
zurückgeführt wird.
EUeraus folgt aber sofort, dafis das Ausbleiben einer Mengen-
steigeruDg der Lymphe in den Lymphge&lsstämmen der Haut ebenso
wie das Ausbleiben des Ödems durchaus noch nicht den Mangel reich-
licher Transsudation (nämlich in das Hautgewebe und zurück in die
452
Yenenan&nge) beweist. Es können nnd werden — entsprechend der
dünneren Lymphe — bei hydrämisohen Tieren gröfsere Lymphquantitäten
in der Hant zirkulieren, ohne dafs die ans den Stämmen auffangbare
Lymphe vermehrt wird oder Odem eintritt. Dieses Verhältnis kann sich
aber sofort ändern, sowie das normale Verhältnis von Blutzu- und -abfiahr
zu Ungunsten der letzteren geändert wird.
Es wird uns nach dem Gesagten gamioht überraschen, wenn Jas*
KOWSKY bei hydrämisohen Hunden durch die Unterbindung von Lymph-
ge&Tsstämmen kein Ödem erzeugen konnte, wohl aber nach Durchschnei-
dung der Vasomotoren (eines Beines, verglichen mit dem gesunden Beine
des hydrämisohen Tieres).
Wir brauchen also auch aus dem Umstände, daCs bei Hydrämie
schon das Spiel der Vasomotoren genügt, um Ödem zu bewirken, durch-
aus nicht mit Janeowsey den weiteren Trugschluls zu ziehen, da& bei
Hydrämie (und ebenso bei Stauung) zur Vasomotorenlähmung ein unbe-
kanntes,' mysteriöses Etwas hinzukommen müsse, um das ödem zu er-
klären. Und damit entMlt auch die Hoffiiung, die Jakeowset rege
macht, aus seinen Versuchen ein Verständnis fCLr die Urticaria und daa
QüiNOEBsche akute Ödem zu erzielen; wie es denn — und das gibt
Janeowset selbst zu — durchaus keine hydrämische Menschen sind,
welche an Urticaria erkranken.
Dagegen ist das Verständnis der Hautödeme bei Nephritikem, Kam«
nomatösen und Tuberkulösen, überhaupt bei Elachektischen, durch die
jANEOWSEYschen Experimente in der That wesentlich gefordert.
War hiemach der Charakter des Hautödems mit Aufdeckung der
physiologischen und pathologischen Ghnndthatsachen durch Ludwig und
OoHNHEiM und ihre Schüler auch in den wesentlichen Umrissen fest-
gestellt, ja, waren diese Umrisse bereits fester und klarer eis Janeowsey,
der letzte Bearbeiter, selbst glauben mochte, so war es doch noch nidii
möglich, auf diesem gesicherten G-runde eine Pathologie des Hautödems
zu errichten, welche die klinischen Thatsachen der Dermatologie sämüioh
umÜBifste und verständlich machte. Die Wissenschaft geht bekanntlich
meistens nicht gerade aus, sondern im Zickzack. Ein Forscher aus
Heidbnhains Schule, Bogowigz^^ war es, welcher an den Grundvesten
der bereits gewonnenen Erkenntnis rüttelte und eine der bereits fdr über-
wunden geltenden BANViERschen Theorie ähnliche aufzustellen unternahm.
A priori leuchtete es Rooowioz ein, dais eine rein mechanische Theorie
der Lymphfiltration schwer verständlich sein müsse, welche die Erweite-
rung der zuführenden Arterien für gleichgültig in bezug auf die Ödem-
^^ BoGOWicz, Beiträge zur Eenntnis der Lympbbildang. Pflüg er 8 ArdUv.
Bd. 36. pag. 252. 1885.
453
bildung erkläre, die Besohränkong des venösen Abflusses dagegen für
wesenÜich. Dagegen wissen wir, dafs ein Anhänger der rein meohanisclien
Theorie, welcher nur die anatomischen Verhältnisse kennt, wie sie in
der Haut vorliegen, sehr wohl begreift, weshalb eine Erweiterung der
Arterien nicht entfernt den hautschwellenden Einfiuis besitzen muJs wie
eine entsprechend starke Yerengenmg der Venen. Spezieller knüpft
BoQOWiGZ an jene oben erwähnten Ausnahmefälle von EMifiNaHAUS an
welcher in der That zweimal unmittelbar nach Durchschneidung des
Ischiadicus eine Steigerung der Lymphquantität konstatiert hatte.
BoGOWiGZ wiederholte nun zunächst die Versuche von Janeowskt,
indem er nach einseitiger Ischiadicns-Durchschneidung die Lymphmengen
beider Pfoten verglich, und fand im Gegensatz zu jenem Forscher, dals
die Lymphmenge an der vasomotorisch gelähmten Seite so lange be-
deutender war als an der gesunden, als diese Seite auch eine höhere
Temperatur des kranken Beines anzeigte.
Booowicz macht sich gegen dieses durchaus unerwartete und neue
Besultat nur den Einwurf, dais möglicherweise nicht beide Hinterpfoten
bei gleichen Bedingungen gleiche Lymphrnengen lieferten. Diesen sub-
tilen Einwand wollen wir ihm ruhig ersparen, aber er scheint nicht 2U
bemerken, dals Janeowskt die Lymphmengen zwei Tage nach dem
Vasomotorenschnitt maJs, während er selbst unmittelbar nach demselben
die Quantität der Lymphe bestimmte. Das ist in der That die ausschlag-
gebende Differenz beider Versuchsreihen.
Booowicz bestimmte weiter, wie Paschutin und Emminghaüs, die
Lymphmengen derselben Pfote vor und nach der Durchschneidung des
Nerv, ischiadicus und fand das als Begel, was bei Emhinghaub Ausnahme
war. Li den ersten 30 Minuten nach der Operation war die Lymphe
weit reichlicher als zuvor, während die Temperatur zugleich anstieg.
Dann trat jedoch wieder ein Absinken der Lymphmengen ein, während
die Temperatur hoch blieb.
Uns scheint auch dieses abweichende Resultat von Booowicz leicht
verständlich. Vor dem Vasomotorenschnitt waren die Venen des Hunde-
beines auf einen gewissen Blutdruck so eingestellt, dafs sie dabei fast
alle abgesonderte Lymphe in sich zurück aufiiehmen konnten. Nach dem
Schnitte dauerte es SO Minuten, bis sich sämtliche Venen auf einen
höheren arteriellen Blutdruck eingestellt hatten, bei welchem sie nun,
wie zuvor, die abgesonderte Lymphe bewältigen konnten, dann muüste
die auffangbare Lymphquantität wieder abnehmen, trotzdem GefäCser-
weiterung und Temperaturerhöhung gleich blieben. Bis zu diesem
Zeitpunkt aber erzeugte der arterielle Überdruck ein AbflieDsen der
reichlicher abgesonderten Lymphe auf dem hierzu bereit stehenden Seiten-
wege der Lymphbahnen.
Monatshefte. 30
454
Ferner fand ßoQOWicz, dals nach jeder mit Temperatnrherabsetzmig
verbundenen Reizung des durchschnittenen Ischiadicus die Lymphmenge
erheblich anstieg, aber nicht dauernd, sondern um trotz hoch bleibender
Temperatur, also dauernder arterieller Erweiterung wieder abzusinken.
Auch dieses Besultat, wie wohl ohne weiteres zugegeben wird, ist eine
selbstyerständliche Konsequenz unseres ersten, vorsichtig eingeschränkten
Hauptsatzes, dais jedes für die Blutabfuhr ungünstige Verhältnis der
Zirkulation, so lange es dauert, die Lymphe von der venösen auf die
lymphatische Bahn ablenkt.
Die Quantität der aufgefangenen Lymphe ist während der Dauer
der Ischiadicus-Eeizung gegen die Norm nicht wesentlich vermindert
Dieses mufste Boaowicz, welcher glaubte, die Lymphproduktion der Haut
an der aus den Lymphstämmen aufgefangenen Lymphe messen zu können,
natürlich auffallen. „Es scheint also, dafs ein Weiterwerden der Ea*
pillaren den Lymphstrom mehr begünstigt, als ein Engerwerden ihn
beeinträchtigt." Dieser Schluis ist nach unserer Anschauung gamicht
notwendig und würde eine physikalisch schwer verständliche Annahme
involvieren. Die absolute Weite der Kapillaren ist überhaupt für die
Absonderung auffangbarer Lymphe irrelevant. Die relative Weite von
Zu- und AbfluDs beherrscht allein die Menge der letzteren. Bei Tetani-
sierung des Ischiadicus sind Arterie und Yene kontrahiert, das Verhältnis
ihrer Weite gegen die Norm also nicht erheblich verändert. Nach Auf-
hören des Beizes steht das arterielle Zuflufsrohr sofort unter dem vollen
arteriellen Blutdruck, das venöse Abflulsrohr nur unter dem weit schwächeren
Druck des verengerten Kapillargebietes. Jenes wird sich demgemäCs sehr
stark und rasch, dieses nur mäisig und langsam erweitem, und bis dieses
fOr den Blutabfluis ungünstige Verhältnis gehoben ist, muTs eine Ver-
mehrung der Lymphe in den Lymphge&fsen die notwendige Folge sein«
B.OGOWICZ hat endlich seine Versuche noch vervollständigt durch
Untersuchung des Einflusses, welchen die reflektorische Erweiterung
der Hautarterien des Hundesfulses besitzt.*
Die Beizung des zentralen Vagusendes . führt durch Erregung der
Erweiterungsnerven am Fuise eine aktive Dilatation der Arterien herbd,
welche mit Steigerung der Temperatur auch eine grolse Quantität Lymphe
in die Lymphge&lse überführt. Daus diese Wirkung hier eine gröÜBere
ist als bei der Erweiterung nach voraufgehender Beizung der Vaso-
konstriktoren, erklärt sich leicht dadurch, dals in letzterm Falle keine
aktive, sondern nur eine passive Arterienerweiterung eintritt, proportional
der Höhe des allgemeinen Blutdrucks. Dafs weiter diese Vermehrung
der auffangbaren Lymphmenge sehr bald mit der Temperatur gleichzeitig
wieder absinkt, ist eine Folge davon, dais hier die Arterien sich nach der
Beizung wieder verengern.
455
•Die Erweiternng der Arterien tritt nach Ostboümoff auch bei
NikotinTergiftung ein. Kogowicz fand dieselbe begleitet von einer sehr
starken Vermehning auffangbarer Lymphe, der mit dem Abfall des Blnt-
dmcks ein rapider Abfall folgte.
Alle bisherigen Versnobe von Rogowicz reihen sich zwanglos nnsem
beiden Hauptsätzen der Ödemlehre nnter. Die Schwierigkeiten, welche
der Antor gegenüber seinen eigenen Besidtaten empfindet, insbesondere
das Absinken der Lymphmenge trotz hoch bleibender Temperatur und
Geftfserweiterung, existieren für uns nicht. Wir haben nicht nötig, mit
ihm zu den auf schwachen Füfsen stehenden Hypothesen zu greifen, dafs:
das Weiterwerden der Kapillaren die Lymphbilduug begünstige, das
Weitersein vielleicht nicht — oder: dab die Morphiumbetftubung viel-
leicht in Beträcht kttme, um das anscheinend Paradoxe zu erklären. Ln
Gegenteile, die Boaowiczschen Versuche sind, richtig aufgefafst, vorzüg-
liche Stützen der in der Schule von Ludwig und Gohnheim aufgestellten
Hauptsätze; sie ergänzen jene Versuche um die genauere und wertvolle
Kenntnis der Anfangswirkung der Vasomotorenlähmung, welche
wirklich in einer Vermehrung auffangbarer Lymphe besteht. Und diese
Anfangswirkung ist nur eine Schwankung der Lymphsäule aus dem
venösen zum Teil in das lymphatische System, welche der Ausgleichung
des abnormen Verhältnisses zwischen Arterien und Venenweite proportional
verläuft.
RoGOwioz fällt es nun selbst auf, dals die bisherige Lehre von der
Irrelevanz der Vasomotorenlähmung nur dann von ihm entkräftet würde,
wenn er zeigen könnte, dals die Erweiterung der Arterien auch unter
normalen Verhältnissen eine dauernde Vermehrung des Lymphabflusses
zur Folge hat Und hierzu führte er in ihrer Art ganz neue, höchst
interessante Versuche aus, welche der Lispiration Heidenhains würdig
sind. Nach Vorversuchen über die Bläuuug ödemätös gemachter Zungen
durch Einspritzung you P/oigem indigschwefebaurem Natron in eine Vena
saphena, stellte er folgenden Grundversuch an:
Beim Kaninchen wird ein Halssympathicus durchschnitten und die
genannte Farblösung in eine Vena saphena injiziert. Das vollständig
vasomotorisch gelähmte Ohr wird viel früher gebläut als das gesunde.
Der AufspeicheruDg des Farbstoffs in der Leber und Niere geht sehr
bald ein Verschwinden des Farbstoffs im Blute parallel, und die stärkere
Durchschwemmung mit farbloser Ljnnphe zeigt nun das gelähmte Ohr
dadurch an, dafs es bereits in 24 Stunden wieder farblos ist, während das
gesunde erst später farblos wird. Den Beweis dafür, dafs hier am Ohr
die Bläuung auf dem Wege der Lymphbahnen einhergeht, findet Roao-
wicz in einem andern Versuche am Hunde. Nach Ischiadicus-Durch-
schneiduDg wird bei diesem in die Vena facialis aoterior indigschwefel-
80*
466
saures Natron injiziert. Auf beiden Seiten wird die Beinlymplie ange-
fangen ; diejenige auf der gelähmten Seite ist etwas früher, besonders aber
stärker blau, der feste Rückstand beider Lymphen erwies sich dagegen
nicht verschieden.
Ist nun wirklich durch diese Versuche bewiesen, dais der Einflulk
der Arterienerweiterung auf die Lymphproduktion ein dauernder ist?
Uns dünkt, die raschere Bläuimg des Ohres erklärt sich vollauf durch
das zunächst auftretende Mifsverhältnis zwischen Blutzu- und -abfuhr; es
ist ganz natürlich, mathematiisch notwendig, dais die früher gebläute
Seite auch die stärker gebläute bleibt, und selbst die firühere Entfernung
der Farbe aus dem gelähmten Ohre ist verständlich, wenn diese noch in
das Stadium der nicht ganz ausgeglichenen Blutzirkulation hinein&Ut.
Nun sind in der Thai, wie es scheint, die Mehrzahl von Roeowic^
Versuchen so angestellt, dafs unmittelbar nach der Sympathicusduich-
schneidung die Farbinjektion ausgeführt wurde. Für un9 würde fär eine
wirklich stärkere und dauernd stärkere Berieselung des Ohres mit Lymphe
nur solch ein Injektionsversuch oder besser wiederholte, zu permanent»
Bläuung führende Injektionsversuche beweisend sein, welche einige Tage
nach der Lähmung der Vasomotoren, bei nur gerötetem, aber durch-
aus nicht mehr ödematösen Ohre ausgeführt, ein unzweideutiges
Voraneilen resp. Bleiben der Bläuung zeigte. Für diese offenbare und
entscheidende Lücke der Versuche ist die anhangsweise gegebene, kurze
Bemerkung: „Das Resultat bleibt dasselbe, wenn man den SympaÜiiciis
24 Stunden vor der Farbstoffinjektion durchschnitten hat** — kein Ersats.
Um diesen Punkt hätten sich eigentlich alle Versuche drehen müssen,
und wir müssen dringend zur Nachprüfung in diesem Sinne mit der an
und für sich zweifellos vortrefflichen Methode aufPordern.
Wir können also bisher auch durch Rooowicz, so wenig wie früher
durch Rakvieb, die rein mechanische Theorie des Ödems als erechüttert
ansehen. Wenn Rogowioz schlielslich noch die von Paschittin entdeckte
lymphtreibende Wirkung der Ourare-Injektion als Beweis dafür anfUut,
dafs die mechanische Theorie nicht alle Ödeme erkläre, so halten wir dies
bei der ITnvollkommenheit unserer Kenntnisse vom Ourare auch für ve^
früht. Die Drucksteigerung im Venensystem, welche bei Curarevergiffamg
eintritt, könnte dieses Ödem beispielsweise erklären. Keinenfalls haben
wir aber bis jetzt Veranlassung, mit RoGOWicz „ lymphtreibende*' Mittel
nach Analogie der „harntreibenden'' anzunehmen.
Diese in den letzten Bemerkungen von Roaowicz angedeutete Rich-
tung, welche, unbefriedigt von der rein mechanischen Theorie des Ödems,
sich nach andern Hil&kräften für die Entstehung mancher Ödeme aus-
sieht, hat, wie es scheint, noch einen weit positiveren Vertreter in unsrer
457
Zeit erhalten. Tigebstbdt und Santssson^' lassen „die Transsudation
ans dem Blnte infolge einer aktiven Thätigkeit derjenigen Zellen, welche
die Eapillarwand zusammensetzen*^, geschehen (pag. 58). Ihnen ist es
nicht unmöglich, „dafs eine Transsudation durch Nenrenreizung statt&nde,
seihst in dem Falle, dafs der Blutdruck gleich null wäre^ (pag. 60).
Eine „aktive Thätigkeit'' der Endothelien würde mithin als deus ex machina
heispringen, wo nur die mechanische Theorie des Ödems im Stiche zu
lassen scheint.
Die Hauptversuche der schwedischen Autoren heschftftigen sich gar-
nioht mit der Filtration durch lebende Eapillarwände, sondern derjenigen
durch tote tierische Membranen (Q-oldschlägerhäutohen). Dieselben verdienen
ab reiflich durchdachte und mit allen Eautelen ausgeführte Arbeit das
uneingeschränkteste Lob. Die Verfasser kommen zu der wohl unanfecht-
baren These, daJs die für tote Membranen geltenden Gesetze nicht direkt
auf den TierkOrper Anwendung finden können. Hieran schliefsen sich
einige Versuche an überlebenden Gheweben des Frosches (Lunge, Darm,
Bauchwand), welche solange keine Filiration zeigten, als der Überzug
epithelialer Zellen nidit beschädigt war; diese beanspruchen ebenfalls an
sieh grofses Litereese. An diese vorzügliche experimentelle Arbeit reiht
sich nun ein Kapitel, in welchem die Autoren aus den von uns be-
sprochenen Arbeiten den Schiulis ziehen, dafs die einfachen Gesetze der
Filtration überhaupt auf die Transsudation durch die Kapillaren keine
Anwendung finden können und deshalb die Annahme einer bisher noch
unbekannten Hilfskraft notwendig sei. Eine solche haben ja auch schon
Jaiteowsky und Bogowigz zwischen den Zeilen ahnen lassen, aber doch
nur, weil sie die physiologischen Thatschen nicht im Lichte der anato-
mischen Verhältnisse der Haut betrachteten. Wir dagegen empfinden
kein Bedürfnis nach einer noch unbekannten Hilfskraft für die Trans-
sudation aus den Blutge&ben dw Haut. Die bekannten physikalischen
Kräfte und anatomischen Einrichtungen genügen uns in allen Fällen zur
Erklärung der Ödeme. Aber selbst wenn uns heute noch gegenüber der
weitaus überwiegenden Anzahl leicht erklärbarer Vorkommnisse der eine
oder der andre Fall Schwierigkeiten bereiten sollte, so würden wir uns
wohl hüten, ein solches Danaergeschenk wie die „aktive Thätigkeit der
Endothelien" anzunehmen. Es wäre das entschieden ein Bückschritt
gegenüber aller durch die Schüler Lxtdwigs und Gohnheims gewonnenen
klaren Erkenntnis. Möge die noch ganz unverstandene Nerventhätigkeit
innerhalb der Drüsenepithelien immerhin die Vorgänge der Sekretion
'* TioERSTEDT und Saktessok, Einige Betrachtangen und VerBache über die
Filtration in ihrer Bedeutung für die Transsudationsprosesse im Tierkoiper. Mit"
teilung vom phiysioL Lahoratorium m StodshcHm^ von Ytot Lovek. Heft IV. 1886.
468
80 lange mit dem woUÜiätigen Schleier eines Mysteriums decken, bis die
Meckanik dieser chemischen Vorgänge klaigelegt ist, nnr wolle man uns
dieses Mysterium nicht auch in die an und für sich so viel klarer liegenden
Prozesse der Transsudation einzuführen versuchen.
Die LymphbilduDg in der Haut ist und bleibt eine einfache Trans-
sudation, die Lymphe ein wahres Transsudat. Alle gelösten, nicht
kolloiden Stoffe des Blutplasmas, die Salze des Blutes, (JullenfEirbstpff
und andre derartige, fremde Beimischungen transsudieren in die Lymphe
nach einfach physikalischen Prinzipien über. Die Gre&lsendothelien be-
%tzen nicht das elektive Vermögen der Drüsenepithelien^', gewisse Stofie
dieser Art vorzugsweise zurückzuhalten und andre durchzulassen. Daher
erscheint es durchaus unangemessen, ihnen eine durch NerveneinfluGs in-
spirierte Elektion für den Durchtritt oder die Zurückhaltung des Biut-
wassers zuzuschreiben.
Aber wir haben ein solches Auskunftsmittel auch gamioht nötig.
Alle jene mehr oder minder ernsten Bestrebungen, die rein mechanische
Theorie des Ödems abzuschütteln, finden offenbar ihren Hinterhalt an
jenen sogenannten nervösen Ödemen der Haut (und des Nervensystems),
welche von jeher den Pathologen die grölsten Schwierigkeiten bereiteten«
Selbst CoHNHEiM gesteht, dafs auiser einigen Thatsachen der experimen-
tellen Pathologie besondei*s das Wesen der Urticaria und verwandter
Dermatosen doch an die Möglichkeit eines direkten Kerveneinfiusses auf
den Transsudationsprozefs denken liefsen.
Diese Batlosigkeit der Pathologen den sogenannten nervösen Ödemen
gegenüber ist sehr wohl begreiflich; denn die experimentelle Pathologie
ist bisher fast stets der Untersuchung jenes Faktors geflissentlich aus dam
Wege gegangcD, welcher alle „nervösen Ödeme** erklärt, indem er auch
sie als ein besonderes Beispiel der mechanischen Ödeme erkennen läist —
das ist die dem Nerveneinflufs gehorchende Venenmuskulatur.
Man hat bei der Lektüre vieler Arbeiten über das Ödem den Eindruck,
als ob die Autoren die Venen geradezu für muskellose Schl&uche hielten,
und doch hat gerade die Haut, an welcher die urtikariellen Prozesse
vorzugsweise beobachtet werden, an den meisten Orten eine Muskulatur
der hypodermalen Venen, welche derjenigen der hypodermalen Arterien
wenig nachgibt. Wo aber Muskeln sind, da haben wir auch ein Beoht,
Muskelwirkung und Nervenverbindungen mit Sicherheit anzunehmen.
Wir verdenken es keinem Physiologen, ja selbst nicht dem Anatomen,
welcher ein neues Muskelbündel am Skelett entdeckt, wenn er nach der
Lage der Ansatzpunkte die Wirkung seines Zuges bemiist, ihm daraufhin
^^ Senator, Über Transsudation und über den Einflufs des Blutdrucks auf die
Beschaffenheit der Transsudate. Virchows Ardiio, Bd. 111. pag. 219. 1888.
459
seine Stellung unter den übrigen Muskeln zuteilt und sogar seine Bolle
bei koordinierten Bewegungen des ganzen Skeletteiles feststellt. Nun,
mit genau demselben Becbte haben wir auch für die oft sehr bedeutende
Bingmuskulatur der Venen des subkutanen Plexus eine Wirkung anzu-
nehmen und das Eingreifen dieser Wirkung in den Verlauf der übrigen
Veränderungen der GeMswände zu berechnen. Dieses Becht wollen wir
uns nicht verkümmem lassen.
So hat die Angabe für die experimentelle Pathologie Ton jeher ge-
legen, aber sie ist stiefmütterlich behandelt worden. Einerseits waren die
Erscheinungen, welche man erwartete, nicht so in die Augen fallende,
wie bei den Untersuchungen über den Arterientonus, anderseits waren die
Bahnen der Venennerven augenscheinlich noch weniger einfach zu stu-
dieren als die der Arteriennerven, der vorzugsweise sogenannten Vaso-
motoren. Nun aber die gesamte Pathologie des Ödems darin gipfelt, die
absolute oder relative Blutstaung in den Venen als Hauptfaktor für das
Zustandekommen des Ödems anzusehen, steht die Frage nach dem Ein-
fluüs der Venenkontraktion, des Venentonus auf die Transsudation geradezu
im Vordergrund des Interesses. Sie mülste auch dann mit allen Mitteln
physiologisch und anatomisch verfolgt werden, wenn sie nicht nebenbei
das Verständnis der bisher noch unverstandenen, sogenannten nervösen
Ödeme in sichere Aussicht stellte.
Der hier den Pathologen gemachte Vorwurf ist gewils im allgemeinen
begründet, da, wie wir noch sehen werden, die so ungemein naheliegende
Erklärung des „nervösen" Ödems durch Venenspasmus auch in den
neuesten Arbeiten über „nervöse Ödeme" nicht zum Durchbruch gekommen
ist. Aber im einzelnen können wir doch schon mit Q^nugtuung einige
Thatsachen über den Venentonus aus der grofsen Beihe von Arbeiten
über den Tonus der Blutgefälse überhaupt registrieren.
Unter den älteren Forschem ist es vor allem Goltz, dem wir einige
interessante Beobachtungen über Venentonus verdanken, wie denn ja über-
haupt die Lehre vom selbständigen Q-efäfstonus mit den Experimenten
dieses Forschers erst eine gesicherte Basis gewonnen hat.
Goltz ^* wies nach (1863), dafs beim Frosch nach Unterbindung der
Aorta die fast blutleeren kontrahierten Mesenterialvenen sich, gelähmt
durch einfaches Klopfen auf dem Darm, von der untern Hohlvene her
bis in die kleinsten Ästchen hinein rückwärts füllen. Bei sonst gesunden
Fröschen gleicht sich diese strotzende venöse BiutfüUe des Darms wieder
aus, wenn die Aortenligatur gelöst wird. Hat mau dggegen vor Lösung
der Ligatur Hirn und Bückenmark des Frosches zerstört, so bleibt die
" Goltz, Beweis, dafs die Eontraktion der Venen vom cerebrospinalen Nerven -
System aus beeinflulBt wird. Centralbl, f. d, med. Wiaaensch. 1863. pag. 593.
460
Injektion der Darmvenen bestehen. Die Kontraktion der Venen ist
mithin abhängig vom cerebrospinalen System.
In weiteren Versuchen ^^ verlegte Goltz genauer die Zentren für die
Kontraktion der Mesenterialnerren des Frosches in das Büokemnark und
die Medulla oblongata, nicht in das Gehirn desselben. Denn letzteres kann
man abtragen, und doch gleicht sich die Lähmung der mesenterialen
Venen nach dem Klopfv^ersuche allmählich wieder aus. Auberdem be-
stehen aber noch dem Darm nähere Zentren in den groüsen Gtmglien der
Bauchhöhle.
Was Goltz für den Nachweis von Vasomotoren, leistete Bi^el^' fOr
den der rhythmischen Kontraktionen an den Venen der Froschschwimm*
haut. Auch in dieser Beziehung gleicht die motorische Ausstattung der
Venen vollkommen der der Arterien, wenn sie auch überall eine quanti-
tativ unbedeutendere zu sein scheint.
In neuerer Zeit ist es vor allem Klemensiewicz, welchem wir m»
ganze Reihe von Beobachtungen über die Innervation und den selbstän-
digen Tonus der Venen verdanken. Der Leser wird es uns gewiis Dank
wissen, wenn wir ihn in Kürze mit einigen Besultaten der langjährigen,
mühsamen Arbeiten dieses Forschers bekannt machen.
Dieselben beziehen sich auf eine Methode der Forschung, welche es
gestattet, die komplizierten Probleme der Transsudationslehre zu zergliedeEm
und auf einfachere, exakterer Untersuchung zugängliche Faktoren zurück-
zuführen;
Nachdem K lwmeitbibwicz schon 1887 in einer gemeinschaftiibh mit
Glax durchgeführten Arbeit (Bei tage zur Lehre von der Entzün-
dung. Bd. 84 der Sitab. d. h. Je. Ak. d. Wiss. HL Juli. 1887) künstlich
durch Injektion verschiedener Flüssigkeiten in die Blutbahn kurarinerter
Frösche Ödeme hervorgerufen und die Bedingungen ihres Zustande-
kommens teils mikroskopisch an der Schwimmhaut verfolgt, teils tiieoretisoh
an einem Modell der Blut- und Lymphzirkulation im Gewebe stodittt
hatte, faTste er in seinen Fundamentalversuchen über Trans-
sudati on {Em Beitrag ewr Pa^logie des Elut- und Lifmphstroms.
Ghraz. 1883) das Wesentliche dieser Versuche zusammen.
Es handelte sich vor allem darum, die Zulässigkeit jenes Modells
für Durchströmungsversuche an diffiisiblen Bohren zu beweisen, wel<dies
zuerst von MoRiz Köbneb (Die Transfusion im Gebiete der Ka-
pillaren. Wiener med. Ztg. 1873 und 1874) erdacht und dann von
^' Goltz, Über den Einflafs des ZentralnervenBystemes auf die Blutbewegong.
Virchows Archw. Bd. 28. pag. 428.
** BiEOEL) Über den Einflafs des Nervensystems auf den Kreislauf und die
Eörperteniperatar. Pflüg er s Archiv. 1871. pag. 365.
461
EIlemensiewicz verbessert xiiid für die Lehre von der Trazussudation ein-
gehend verwertet wurde. Wenn ein Mensohenalter früher die Physiologie
des Kreislaufs durch Heranziehung rein physikalischer Experimente über
die Strömung in starren und elastischen Köhren für alle Zeiten sicher
begründet wurde, so fehlte es bislang an einer entsprechend sicheren
Ghrundlage fär jene Erscheinungen der Zirkulation und Transsudation,
welche ein mit durchlässigen Wandungen versehenes ßöhrensystem
darbietet. Es ist klar, daiis, wenn die Physiologie der Zirkulation auch
zur Not solcher Fundamentalversuche entraten kann, unsre pathologischen
Anschauungen ohne solche an einer bedenklichen Unvollkommenheit leiden
müssen. Denn unter pathologischen Verhältnissen spielen bekanntlich
Transsudationen häufig eine so wichtige Bolle, dals nicht nur ihre Genese
selbst, sondern sogar ihre Büokwirkung auf die Blutzirkulation zu einer
Frage von eminenter Bedeutung wird.
Ein in Alkohol gehärtetes Stück Dünndarm eines neugebomen Kindes
stellt in dem KöBNBB-KLEMENSiEWiczschen Modell die Blutkapillare dar
und bildet das Mittelstück einer längeren, horizontal verlaufenden starren
(Glas-, Metall-) Bohre, welche auf der einen Seite durch ein Druckge&is
mit konstant erhaltenem Niveau mit Wasser gespeist wird. Zwischen
Druckgefäls und S^apillare befindet sich die Arterie, zwischen Kapillare
und dem Ausfiiiüsende des Bohres die Vene. Das Kapillan-ohr wird von
einer weiteren Glasröhre umgeben, welche am arteriellen und venösen
Ende dicht verschlossen ist, so dals die Kapillare sich in diesem ge-
schlossenen, das Gewebe des tierischen Körpers vorstellenden Hohlraum,
dem Geweberohr, befindet Arterie, Vene und Geweberohr tragen nach
aufwärts Manometer, nach abwärts Hähne zum Ablassen des Blut oder
(aus dem Geweberohr) Lymphe darstellenden Wassers.
Bei Füllung dieses Systems transsudiert durch die Kapillare Wasser
in den umgebenden Hohlraum des Geweberohres und der äuüsere (Lymph-)
Druck dieses Transsudats auf die nachgiebigen Wandungen der Kapillare
verändert, sowie er eine gewisse Höhe erreicht hat, das bis dahin ge*
wohnliche Druokgefillle der Leitung. Durch Begulierung der verschiedenen
Ausfluiishähne lassen sich bei gleichbleibendem Drucke alle physiologisch
und pathologisch vorkommenden Varianten der Strömung an diesem
Modell erzeugen und durch Ablesung an den Manometern und Messung
der abflieJsenden Wassermengen in Zahlen fixieren.
Die nächste und wichtigste Erscheinung ist nun folgende: Wenn
der Druck im Geweberohr wächst, nimmt die Kapillare eine konische
Gestalt an, das verjüngte Ende der Yene zugekehrt. Dieses ist die not-
wetfdige Folge davon, dals innerhalb der Kapillare ein DruckgefkUe herrscht,
während au&en der Druck überall gleich ist. Ist das Druckge&lle sehr
steil und die Kapillare nicht zu weit und dünnwandig, so steigert sich
462
die Veijüngimg am yenösen Ende bis za Yölligem VerschlHSse und zwar
so lange, bis der Druck im Innern der Kapillare dem äuisem das Gleioh-
gewicht hält, worauf die Kapillare sich sofort wieder öffnet. Es kommt
unter diesen Umständen also — lediglich durch den äulseren Druck des
Transsudats — zu einem periodischen Auf- und Zuklappen des TenOsen
Kapillarendes und damit zu einer Periodizität der Blutströmung, zu einem
Kapillarpulse.
Die Haupteigenschaften dieses Modelles, welche es fär die Erklärung
pathologischer Erscheinungen verwertbar machen, sind die Nachgiebig-
keit und die Durchlässigkeit der künstlichen Kapillare. Beide Eigen-
schaften muiste Klemensiewicz unabhängig voneinander am Modelle
prüfen, die Nachgiebigkeit durch Einschaltung eines Kautschukrohres an-
statt des Darmrohres, die Durchlässigkeit vermittels des Ersatzes der
zahllosen, unsichtbaren Wandporen durch je ein einzelnes kapillares Seiten-
ästchen, welches von dem arteriellen und von dem venösen Ende her in
das Geweberohr frei einmündet. Zu Anfang des Versuches strömt aus
beiden Seitenästchen Ljrmphe in das Geweberohr, ist jedoch der Druck
in demselben (der Lymphdruck) dem venösen Drucke gleich geworden, so
hört die Zufuhr aus dem venösen Seitenästchen auf; steigt er noch weiter,
so kehrt sich die Stromrichtung in letzterem um, das Gewebe-
rohr entleert seinen Inhalt zurück in die Vene. Die Erscheinung des Zu-
drückens und Aufklappens kommt bei dieser Modifikation des Modells
nur vor, wenn in dem venösen Seitenästchen der Widerstand grölser ist,
als in dem arteriellen Seitenästchen. Hat ersteres nachgiebige Wandungen,
so kann es zu völligem Stillstand der Zirkulation mit Ansteigen des
arteriellen und lymphatischen Drucks und Absinken des venösen Druckes
kommen. Bleibt dagegen der äuisere Gewebedruck unter dem venösen,
was durch genügendem Abflufs aus dem Geweberohr leicht erreichbar ist,
so tritt überhaupt kein Stromhindernis ein.
Aus diesen fundamentalen Yersuchsergebnissen von KiiEMENSiewicz,
glaube ich, ergeben sich unmittelbar für die uns interessierenden Zirkula-
tionsverhältnisse an der Haut folgende Schlüsse: Während die der
Arterie naheliegenden Teile des Blutkapillarsystems stets, also auch bei
höherem Gewebedruck, Lymphe absondern, kehrt sich in dem venösen
Ende des Kapillarsystems der Safbstrom um, d. h. dieselben resorbieren
Lymphe, sowie der Lymphdruck im Gewebe bedeutender wird. Es ist
dieses Verhältnis, wie wir oben gesehen haben, schon aus rein anatomischen,
aber sicherer noch aus physiologischen Gründen als ein für die Haut nor-
males anzusehen.
Hier lernen wir nun, daCs ein höherer Gewebedruck an und fär
sich die Ursache dieser Erscheinung sein kann. Und ein solcher ist in
der eigentlichen Cutis in der That überall vorhanden, da sie vom muskulo-
463
elastischen System der Haut durchsponnen wird. Im Hypodenn, wo
diese Ursache des höheren Gewebsdrnckes gröistenteils fortfellt, herrscht
normaler Weise eine permanente Lymphstauung, hervorgerufen durch die
mangelhafte Versorgung mit Lymphgefäisen, welche zur Entleerung ihrer
weiten Lymphspalten hinreichen würden. Zugleich ist hier der Druck
in den Hautvenen naturgemäfs niedriger als in den kleinen Hautvenen
der Cutis. Daher sind gewifs auch die venösen Kapillaren des Hypoderms
in hohem Mafse Träger der wieder resorbierten Lymphe.
(Fortsetzung folgt.)
Über die Dermatitis herpetiformis
Von
Dr. L. BnocQ
in Paris.
(Übersetzt von Dr. TObkheim in Hambnnc.)
IL Teil.
(Fortsetzung.)
Dermatitis polymorpha pruriginosa chronica ä pouss^es successives.
Allgemeinsymptome. Komplikationen. Fieber.
Die Allgemeinsymptome sind in der überwiegenden Zahl der Falle nur schwach
angedeutet. Zuweilen magert der Kranke ab, kommt infolge der Schmerzen, der
Schlaflosigkeit^ der Hautkrankheit herunter. Häufig genug muCs er das Bett hüten,
teils weil er sich wirklich schwach fühlt, teils — und das ist das gewöhnlichere,
weil die geplatzten Blasen und Pusteln zu schmerzhaft sind, als dafs er sich anziehen
könnte. — Der Durchfall erreicht oft einen erschreckenden Grad; er stellt sich
namentlich zu Anfang der grofsen eruptiven Schübe ein. Seine Ursache ist noch
dunkel, aber die Vermutung scheint nicht so ganz unberechtigt dafs ein Übergreifen
des Ausschlags auf die Darmschleimhaut daran schuld sei, denn er hat durchaus
nicht den Charakter der kachektischen und letalen Diarrhöe des Pemphigus chronicus
oder des Herpes (Herp^tide) malignus exfoliativus, wie er denn auch mit Nachlafs des
Anfalls wieder verschwindet.
In schwereren Fällen beobachtet man häufig geringes Fieber, das gegen Abend
noch etwas zunimmt und in der Achsel 88—38,5 " erreichen kann. Die Temperatur-
erhöbung ist zuweilen bei Berührung der erkrankten Hautteile schon fühlbar. Von
den Fieberanfallen, die die heftigen Schübe ankündigen oder begleiten, war schon in
einem früheren Abschnitt die Rede.
464
Dy spepsie kommt selten vor, im Gegenteil ist die Erhaltung des Appetits imsrer
Dermatose eigen. Die Kranken essen trotz der den ganzen Körper befaUenden
Blasen und Pusteln gem. — Verstopfung ist sehr häufig.
Wichtigere Komplikationen kamen bei meinen 28 Fällen nicht vor. In einem
Fall (Beob. 16) wurden die Hauterscheinungen von Bronchitis und Lungenkongestion
abgelöst, femer finden sich verzeichnet: Hämoptö, Angina, Conjunctivitis, Hals-,
Leisten-, Achsel-, Drüsenanschwellungen; Furunkel und in einem Fall Abacesse, ge-
wissermalsen erysipelatöse Entzündungen. In Beob. 10 erfolgte der Tod an einer
Peritonitis tuberculosa, doch war das eine zufällige Erkrankung, die mit dem Haut-
leiden wohl so gut wie nichts zu thun hatte.
E. Besnier hat in einem Fall eine Endokarditis beobachtet; Shsbwsll' Cuid
Zucker im Harn zweier Kranken; bei keinem meiner 41 Fälle wurde Albuminurie
beobachtet. Jedoch fand ich diese letztere Komplikation bei einem der beidoi
Kranken von E. Vidal, deren bereits Erwähnung gethan ist. Vielleicht gehört hierher
auch der Fall 8 aus der These von Molj^nbs-Mahom, beobachtet im Hopital Saint-
Louis auf der Abteilung von E. Besnibb; es handelte sich um einen, der Dermatitis
polymorpha pruriginosa chronica ä pouss^es successives ähnlichen, juckenden Ans-
schlag, der mit einer beträchtlichen Albuminurie abwechselte. Als Ursache war
Überarbeitung angegeben, doch schien der Kräftezustand des Kranken während der
Beobachtungsdauer kein schlechter gewesen zu sein.^
Im ganzen ist man erstaunt über das gute Allgemeinbefinden, über den geringen
Einflufs, den das Leiden auf den übrigen Organismus übt, mit Ausnahme yielleidit
des Nervensystems. Thatsächlich vermag der Kranke in vielen Fällen, oder doeh
zum mindesten an vielen Tagen während der Dauer der Dermatose, aufinistehen, zu
arbeiten, selbst seiner gewöhnlichen Beschäftigung nachzugehen.
Dauer und Verlauf.
Über diesen Punkt bestehen noch keine bestimmten Erfahrungen. In den
28 Beobachtungen meiner ersten Kategorie verlor man die Kranken nach einer
bestimmten Zeit aus dem Auge, und über den sohliefslichen Ausgang der Derma*
tose findet sich demnach nichts erwähnt. Die Behandlungsdauer schwankt von
mehreren Monaten bis zu 20 Jahren; sehr häufig kehrten die eruptiven Schübe
während mehrerer Jahre, im Mittel 2—5 J., so lange die Kranken beobachtet vnuden,
immer wieder.
Bazin 'f spricht von der Möglichkeit eines tödlichen Verlaufs „infolge der liodi-
gradigen Kachexie, wenn das Leiden sehr ausgedehnt ist, oder infolge eines plötxlidiai
arthritischen Ausbruchs. So kam mir ein Pemphigus arthriticus zu Oeaidit, der
4 Monate lang auf die Hände und Handgelenke beschränkt btieb, und der sick erst
wenige Monate vor dem Tode auch auf den übrigen Körper erstreckte. Der Kmik»
starb unter Zeichen hochgradiger Ataxie. Diese Himsymptome gehören wohl tohliels-
lich zu jener Gruppe von Erscheinungen, die dem Bhumatisme o6r6bral eigen sind.'*
Sieht man den Fall von Pemphigus chron. der Haut und der Wangenschleimhaot,
den Baziv in seinem Werk über die Hautkrankheiten gichtischen und skrofuldaea
(dartreuse) ürsprongs (Beob. 24. pag. 473) mitteilt, »als einen Fall von Dermat. p. p.
" Vgl. Journal of cutaneous and venereal diseases. 1886. pag. 340.
^ MoLtNBs-MAHON, De VEryiMme polymorphe; Coniribuiion ä V£iude des Maladies
infectieuses, Paris 1886. pag. 91.
* Vergl. Journal of cutaneous and venereal Diseases, 1886. pag. 341.
^ Bazin, a. a. 0. pag. 311. 1868.
465
ohron. an — und genau genommen, kann man das thun, wiewohl ich ihn für meine
Arbeit nicht beweisend genug fand — , so hätten wir im ganzen 5 todlich verlaufene
Fälle unsrer Dermatose.' Bei der letztgenannten Beobachtung trat der Tod allmählich
infolge fortschreitenden Erafkeyerfalls ein. Im Fall 10 war eine tuberkulöse Bauchfell-
entzündung die Todesursache; im Fall 30 heftige, schnell verlaufende FieberanföUe,
▼eranlaist, wie es scheint, durch eine unbemerkt gebliebene Komplikation; Beob. 31
gibt uns gar keine Einzelheiten über die letzten Lebenstage des Kranken.
In Beobachtung 32 scheint der tödliche Ausgang, wenn Berichte darüber auch
fehlen, doch sehr wahrscheinlich; er erfolgte ohne Zweifel, wie in dem eben ange-
fahrten Fall von Bazin, durch Erschöpfung infolge unstillbaren Durchfalls und an-
haltenden Fiebers. In Beobachtung 29 hatte das Leiden allmählich das Aussehen
eines Pemphigus foliaceus gewonnen; Diarrhöe und Dekubitus führten unter mäfsigem
Fieber und hochgradigem Kräfteverlust allmählich zum Tode.
Diese Beispiele* scheinen den^i doch die Ansicht Baziks von der Möglichkeit
des tödlichen Ausgangs zu bestätigen. Seine Meinung läfst sich dahin ergänzen, daüs
wir sagen : die Dermatitis polym. prurig. chron. k poussdes sucoessives scheint ab und
zu, wenn auch nur selten, tödlich zu verlaufen, indem sie sich in einen Pemphigus
foliaceus, richtiger in eine „Herp^tide maligne exfoliatrice*' umwandelt.
Bazih war ebenso die Möglichkeit einer völligen Heilung schon bekannt. Der
Patient von L. D. Büullbt* sei unter groüsen Gkkben von Arsen genesen, nachdem
die Krankheit 6 J. bestanden hatte. Fraglich bleibt nur, ob es sich in diesem, wie
in ähnlichen Fällen, um dauernde Heilung, oder nur um kürzer oder länger anhaltenden
NaohladB der Erscheinungen handelte^
Die Fälle meiner dritten Kategorie scheinen allerdings zu beweisen, dafs ein
eruptiver Prozeis, ähnlich dem unsrigen, recht häufig, sei es von selbst, sei es unter
dem Binfluis geeigneter Behandlung, heilen kann. Anderseits steht es aber fest, dafs
die Krankheit häufig trotz aller therapeutischen Eingriffe fortbesteht, bis der Pat. an
einer interkurrenten Krankheit zu Grunde geht.
Behandlung.
Was man bis jetzt auch gegen die D. p. p. versucht hat, war alles nur wenig
befriedigend. An Medikamenten ist so ziemlich alles durchprobiert worden. Man hat
Alkalien verdordnet, Milchdiät, Eisen, Jodeisen, Eisenchlorür (Perchlomre de Fer),
Schwefel, Kali tartaricum (Tartrate de Potasse), Kali arsenicosum; die tonischen
Mittel, Strychnin, Belladonna, Atropin, Chinin, Cinchonidin, Ergotin, Tinct. Gantharid ;
die bittem Mittel, Jodkali, Laxantien jeglicher Art u. s. w.
Jodkali schien die Anfalle nur zu verschlimmem, Strychnin in einem Fall Besserung
zu bewirken. Am nützlichsten hat sich in erster Linie das Kali arsenicosum be-
währt^ das HüTCHivsöK schon seit langer Zeit gegen die pemphiginösen Ausschläge
empfiehlt, dann die Tonica, besonders Chinin und Ergotin. Auch ich glaube in
2 Fällen (Beob. 24 und 27) merkliche Erfolge mit der abwechselnden oder verschieden
kombinierten Anwendung von Elali arsenioos. ; Chin. bromhydr., Ergotin und Belladonna
gehabt zu haben. Jedoch möchte ich in dieser heiklen Frage noch kein endgültigea
"* Ich kenne sogar auch noch einen sechsten Fall, da eine der beiden Patientinnen
von E. YiDAL, von denen schon mehrfach die Bede war, deren vollkommene Kranken-
geschichte ich aber nicht besitze, unter den Zeichen von Lungenkongestion und
Albuminurie zu Grunde gegangen ist.
^ Selbstverständlich halte ich alle Bedenken aufrecht, die ich zu Anfang dieses
Kapitels über die Natur der Fälle unsrer 2. und 3. Kategorie geäufsert habe. Die obisren
FäUe mit tödlichem Ausgang mulsten der Vollständigkeit halber hier erwähnt werden.
• Vergl. Journal of cutaneoua and venerecU Diseases. 1886. pag. 841.
I
466
Urteil abgeben ; ist es doch ganz gut möglich, dals die nach der Anwendung ge-
nannter Mittel beobachtete Besserung einer ron selbst, aach ohne ärztliches ZnÜinn,
eintretenden Buhepanse entsprach. Jedoch ist mir ein Fall wohlbekannt, wo bei
einer noch in Behandlang stehenden Patientin bei Anwendung von Arsen der Aus-
schlag sofort verschwindet, während er bei Aussetzen des Mittels sofort wieder er-
scheint. — Fest sieht auch, dafs bei fast allen bekannt gewordenen Heilangen die
Besserung durch Weiterreichung von immer gröfseren Gaben Kali arseniooe. — bis
zu den äufserst erlaubten Mengen — erhalten blieb. So befreite L« D. Bvlkut
seinen Patienten von der Dermatose, auch im Fall 36 und 38 war die HeQiing von
Dauer.
Im Fall 41 waren eine gute Ernährung nebst trockenen Verbänden, im Fall 37
Tonica und Sedativa, wie Eisen, Chinin, Asa foetida, in Fall 38 Leberthran und einige
kräftige Mittel zur Wiederherstellung der Menstruation, hinreichend, um ein be-
friedigendes Ergebnis zu erzielen. Im Fall 39 endlich, wo man mit Arsen nicht
weiter kam, bewährte sich die Tinct. Belladonnae sehr gut.
Äulserlich ist ebenfalls alles mögliche mit dem verschiedensten Erfolg versacbt
worden. Alle antipruriginösen Waschwässer, Karbolsäure, Sublimat, Liquor picis
alkalinus, kamen zur Anwendung. Teer, Schwefel, alkalinische Bäder, Amylombäder
scheinen von keinem Nutzen zu sein. Verlängerte Wannenbäder waren einigen
Kranken angenehm; aber im Fall 29 mufste ich deren Gebrauch unterbrechen, da
sie die Haut zu sehr aufweichten. Den nämlichen Nachteil führen die EmoUientia,
wie Stärkemehl-Kataplasmen, Kautschukeinreibungen u. s. w. mit sich. Salben von
Zinkoxyd, Wismut (OUate de Bismuth) Teer u. s. w. gewährten den Kranken zuweilen
Erleichterung. Einreibungen mit Linim. oleo-oalcarium, mit oder ohne Zusatz von
1 — IViVo Karbolsäure, und darau£Polgender Watteeinpackung, haben, in Frankreich
wenigstens, befriedigende Ergebnisse geliefert; desgleichen die indifferenten Pulver,
wie Amylum, Zinkoxyd, Bismut. subnitr., sogar Tannin und besonders Talcum.
Häufig befinden sich die Kranken, wenn sie lange Zeit dem erweichenden Verfahren
unterworfen waren, und der Ausschlag trotzdem an Stärke zunimmt, bei trockenen
Einpuderungen ganz wohl, während man innerlich Kali arsenicosum und die vaso-
motorischen Tonica reicht *
Sind auch bei dieser Behandlung die Erfolge nicht sehr errontigend, so soll
man doch nicht, gegenüber einem Fall von D. p. p. chronica die Hände einlach in
den Schofs legen und sich auf die Wirkung des exspektativen Verfahrens verlassen.
Vielmehr soll man auf folgendes sein Augenmerk richten:
1. Soll man die Ernährung des Kranken regeln, ihn zum Milchtrinken anhalten,
dahingegen Kaffee, Thee, Liköre, starke Weine, scharfe und schwer verdauliche Gerichte,
Tabak auf das strengste untersagen.
2. Soll man für regelmäfsigen Stuhlgang und Harnentleerung Sorge tragen.
3. Soll der Pat. vor Gemütserregungen bewahrt werden ; bei nervösen Personen
ist Valeriana, Asa foetida, Castoreum und vielleicht sogar Moschus zu reichen. Bei
schwachem Magen kann man diese Medikamente als Suppositorien oder Klystiers
geben. Letzteres gilt natürlich nicht von den übrigen Arzneien, die zur Verwendung
kommen, wie:
4. Kali arsenicosum. Man gebe zuerst mälsige Mengen und steige damit vo^
eichtig, aber nicht zu langsam, bis zu den äufserst erlaubten Grenzen, wobei man
immer auf den Zustand des Verdauungskanals Obacht zu geben hat; nötigen&Ik
mache man subkutane Einspritzungen.
5. Bei Fieber verordne man Chin. bromhydr.
Erweist sich das Arsen als nutzlos, so greife man zu den Tonica, zu Tinct
467
Belladonnae, StrycbDin, Lebertbran, oder versnebe es mit einer Kombination von Cbin.
brombydr., Ergotin und Bellad., die einzeln oder in verscbiedener Weise zusammen
mit dem Arsen verabreicbt sieb ziemlicb wirksam erwiesen baben. Cbin. bydrobrora.
und Ergotin (b 30—60 cg tägl.), zusammen mit Extr. Bellad. (0,005—0,03 tägl.)
baben sieb mir, nebenbei bemerkt, bei der bartnackigen ebroniscben Urticaria, bei
der bullösen Urticaria und bei den polymorpben, erytbemato-buUösen Ausscblagen
ganz aufserordentlich bewabrt.
6. Zur örUioben Bebandlung empfehle man den Kranken, bei lebbaften Schmerzen
die Blasen mit einer gereinigten Nadel zu eröffnen, femer Betupfungen mit Bor-,
Karbol-, Sublimat-, Kokain-Lösungen, mit Aqua Laurocerasi. Je nach dem Fall sind
verlängerte Bäder (von denen aber Abstand zu nehmen ist, wenn sie die Epidermis
zu sehr auflockern), Einreibungen mit Vaselin, mit Salbe, mit Amylum-Glycerin
(Glyc^rol6 d'Amidon), mit Linim. oleo-oalcarium rein oder unter Karbolsäurezusatz
und nachfolgender Watteeinpackung, mit Leberthran zu versuchen. Auch Atzung
mit Höllenstein kann sich nützlich erweisen (vergl. in der 4. Abteilung die Beband-
lung des Herpes gestationis). Oft sind die trockenen Pulververbände dem Kranken
am angenehmsten und reizen die entzündete Haut am wenigsten.
Auf Einzelheiten in der Behandlung, die Anwendung von Ourgelwässem und
beruhigenden Mundwässern bei Erkranktsein der Schleimhäute, sei hier nur kurz
hingewiesen.
Natur und Pathogenese.
Wir kennen nunmehr die Symptomatologie der Dermatitis p. p. chronica, wenden
wir uns jetzt zum Studium ihrer Pathogenese und Diagnostik und suchen wir einen
passenden Namen für sie.
Trotz der Verschiedenheit der äufsem Erscheinung, die unsre Krankheit dar-
bietety trotz des ungeheuren Unterschieds, der auf den ersten Blick zwischen solchen
Fällen, wo die ganze Oberfläche der Haut mit Blasen oder Pusteln bedeckt ist, oder
die einem Pemphigus foliaceus ähneln, und solchen Fällen, wo der ganze Prozefs sich
zeitweise auf einige erythematöse, mit Vesikeln oder Blasen gekrönte Spiralen be-
schränkt, zu bestehen scheint, nehme ich doch keinen Anstand zu erklären, dafs
meine 28 Fälle durchaus zueinander gehören und dafs sie einen scharf gezeichneten
Krankheitstypus bilden, der sich unmöglich mit irgend einer andern der sonst be-
kannten Dermatosen identifizieren läfst, au9genommen die Arthritides bulleuses von
Baziv und das Hydroa pruriginosum von Tilbübt Fox. Dühbino hat unter der Be-
zeichnung Dermatitis berpetiformis eine gute Beschreibung dieser Gruppe geliefert,
aber er hat meines erachtens unrecht, sie nicht genügend abzugrenzen und eine
Menge Fälle hinzuzurechnen, die davon geschieden werden müssen. Trotz dieser
Mängel verdielien die amerikanischen Arbeiten über diesen Gegenstand die höchste
Anerkennung, und wir werden uns jetzt mit diesen Arbeiten zu beschäftigen haben.
Verschiedene Kliniker^® jenseits des Ozeans halten dafür, dafs unsre Krankheit in erster
Linie nervösen Ursprungs sei; allerdings sei es bis jetzt noch nicht erwiesen, aber
wahrscheinlich, dafs es sich dabei um eine Störung in den nervösen Zentren und den
Nervenhauptstämmen handle.
Ich bin sehr geneigt, mich dieser Ansicht anzuscbliefsen. Wäre diese Frage
nicht schon von andrer Seite angeregt so hätte ich sie wohl bei seite gelassen, denn
^® Siehe besonders die Arbeit von L. Düvoan Bulklsy, Über das Vorkommen
der Dermatitis berpetiformis Dührikgs als besondere Krankheit. Journal of cutaneous
and venereal Diseases. 1886. pag. 111.
468
mir sagen die rein theoretischen Betrachtangen nicht recht zu; so aber seien den
wichtigsten Hypothesen einige Worte gewidmet:
1. Zur Zeit sind bekanntlich die bakteriologischen Theorien in Gunst; man hat
demnach auf den pathogenen Mikroben der pemphiginosen Erkrankungen geüahndet,
scheint ihn aber bis jetzt noch nicht gefanden zu haben. Das ist nun freilich noch
kein Beweis für die nicht parasitäre Natur unsrer Dermatose ; diese Frage hängt viel-
mehr zur Zeit noch in der Schwebe, und wir haben hier zu untersuchen, ob die
klinischen Thatsachen in der einen oder andern Weise einen Beitrag zur Losung
dieser Frage liefern. Nun lafst aber selbst die sorgfaltigste Prüfung den Bettand
eines Parasiten nicht vermuten. Die Krankheit scheint weder überimpfbar noch
kontagiös zu sein; auto-inokulabel sind die einzelnen Elemente nur, wenn sie rw
eitert sind. Die lange, nicht cyklische Dauer der eruptiven Erscheinungen,, die jahre-
lang, oft ohne die geringste nachweisbare Ursache, unregelmäfsig einander folgenden
Anfalle — das alles spricht nicht gerade zu gunsten eines bakteriologischen Ursprungs.
2. Könnte man den schädlichen Einflnfs der Exkrete oder einer unvollkommenen
Verbrennung, z. B. der Leukomaine verantwortlich machen, die in den Kreis-
lauf eingeführt, entweder direkt oder durch Einwirkung auf das Nervensystem die
Hauterkrankung veranlassen. Diese Frage läTst sich meines erachtens bei dem jetsigen
Stand der Wissenschaft noch nicht beantworten. Dazu gehört eine genaue Analyse
von Blut, Harn und Blaseninhalt, eine sorgfaltige Beobachtung des Kranken während
der Anfalle sowohl wie während der anfallsfreien Zeiten.
3. Eines aber wird durch die klinische Beobachtung, wenn auch noch nicht
unwiderleglich erwiesen, so doch sehr wahrscheinlich gemacht, dafs nämlich das
Nervensystem bei dem Mechanismus der eruptiven Erscheinungren eine Bolle spielt
Ob es sich aber dabei um eine reine, primäre Dermatoneurose handelt, oder ob das
Nervensystem seinerseits erst etwa durch Mikroben oder Leukomaine in einen
Beizzustand versetzt wird -^ über diese Frage tappen wir noch völlig im Dunkein«
Das einzige, was ich mit gutem Gewissen behaupten kann, ist eben die Mitbeteüignng
des Nervensystems. Wir haben ja auch gesehen, dafs eines der hervorragendsten
Symptome der Dermat. p. p. chron. in den neuralgischen Hautschmerzen besteht, die
fast immer den Ausschlag ankünden oder begleiten und die manchmal die fühlbare
Form der Urticaria annehmen; diese so überaus lästigen und hartnäckigen Ersdiei
nungen von Jucken, Stechen und Brennen drücken unsrer Dermatose ein ganz eign*
tümliches Gepräge auf und machen sie zu einer der schmerzhaftesten Krankheiten.
Nervöse Symptome wurden schon früher bei solchen Patienten oder deren Angehongen
beobachtet; bisweilen auch erkranken sie infolge körperlicher oder geistiger Oher>
anstrengung oder nach heftigen Gemütserregungen. ^^ Endlich ist die Erkrankung
auch immer symmetrisch. Weisen alle diese Thatsachen in ihrer Gesamtheit nicht
deutlich genug auf irgend eine Erkrankung des Nervensystems hin?
Man hat aber auch das Vorkommen solcher Hauterscheinungen, die mit Formen
unsrer Dermatose identisch sind, in Fällen beobachtet, wo Erkrankung des Nerven-
systems durch die Autopsie bestätigt wurde; so in einem Fall von BBrnows", wo
ein Mann an Caries der obem Bückenwirbel erkrankt war, und bei dem sich zuent
mehr minder allgemeines Jucken, später auch ein erythematöser, spiraliger, vesikolo-
^i Vergl. hierzu das im 4. Teil dieser Abhandlung über die Pathogenese des Herpes
gestationis Gesagte.
^' J. S. Bbistowe, Beobachtungen über Erytheme verschiedener Form, die mit
Herpes, Pemphigus und andren Hautkrankheiten in Beziehung standen. St. Thomas
Hospital Beports. New Series. Bd. 5. pag. 236. 1874.
469
bullöser Ausschlag, der heftig juckte, auf den obem Extremitäten und am Oberkörper
einstellte. Hierher gehört auch der schon früher erwähnte Fall von Meier ^^, der,
abgesehen von seiner Dauer und seinem schnell tödlichen Verlauf, nach seinen sonstigen
subjektiven und objektiven Symptomen vollkommen der Dermatitis polymorpha
pruriginosa chronica ä poussSes successives gleicht; in diesem Fall ergab die Sektion
eine deutliche Degeneration der den erkrankten Teilen entsprechenden Nervenzweige,
mit Spaltung des Marks und Proliferation der Kerne, Sklerose der GoLLschen Stränge
und der BuRDACHschen Stränge.
Ich bin freilich weit entfernt zu behaupten, dafs es sich bei unsrer Dermatose
um so weitgehende Störungen des zentralen oder periferen Nervensystems handle;
die Nachlässe und die wahrscheinlichen Heilungen scheinen im Gegenteil darauf hin-
zuweisen, dafs wir es nUr mit vorübergehenden Veränderungen zu thun haben; auf
jeden Fall aber dienen alle meine Beobachtungen der Hypothese der amerikanischen
Dermatologen zur Stütze.
Diagnose.
Die Differentialdiagnose zwischen der D. p. p. chronica und ähnlichen Er-
krankungen wird uns nicht schwer fallen, da ja von unserm Typus auf das sorg-
fältigste alles ausgeschieden ist, was nicht unzweideutig folgende vier Hauptsymptome
aufzuweisen hat: 1. Polymorphen Ausschlag; 2. Hautschmerzen; 3. lange
Dauer mit aufeinanderfolgenden, verschiedenartigen Schüben; 4. gutes
Allgemeinbefinden.
Danach sind also die Grenzen der D. p. p. genau vorgezeichnet.
Vom Erythema polymorphum unterscheidet sie sich durch ihre viel gröfsere
Neigung zur Vesikel-, Blasen- und Pustelbildung, durch das heftige Jucken und ins«
besondere durch die lange Dauer und den Verlauf. Dieselben Merkmale unterscheiden
sie auch vom Herpes Iris Bateman (Hydroa vesiculosum Bazin).
Vor Verwechselungen mit dem Pemphigus acutus schützt sie ihre lange
Dauer, ihr schubweises Auftreten, die gröfsere Mannigfaltigkeit der Ausschlagsformen,
das Jucken und das gute Allgemeinbefinden.
Von den andern Dermatosen, mit denen sie ehemals in den mytischen Topf des
Pemphigus chron. zusammengeworfen wurde, sondert sie sich ab durch die stärltere
Polymorphie der Eruption, durch den Verlauf, der sich aus freien Zeiten und
heftigen Anfällen zusammensetzt, durch die Verschiedenheit des Ausschlags zu ver-
schiedenen Zeiten, durch den heftigen Schmerz und endlich durch das Ungestört-
bleiben des sonstigen Befindens. Allerdings verdient dieser besondere Punkt noch
weiteres Studium. Jetzt, da wir aus der ehemaligen Gruppe des Pemphigus chronic,
eine in sich abgeschlossene Dermatose, die Dermatitis p. p. chronica, abgesondert
haben, gilt es, auch die übrigen, in jener Gruppe mit einbegriffenen Fälle zu prüfen,
um auch sie womöglich unterzubringen, damit nicht neue Verwirrung und neue
Zweifel entstehen vor jedem chronischem Blase nausschlag, der nicht deutlich die
4 Hauptsymptome unsres Typus aufweist.
Mit am schwierigsten zu beantworten bleibt die Frage über die Beziehungen
der Dermatitis p. p. im allgemeinen zur Urticaria bullosa. Sicherlich sind zahlreiche
Fälle von Urticaria bullosa als Hydroa pruriginosa oder Pemphigus pruriginosus be-
schrieben; anderseits steht es fest, dafs bei unsern Fällen zuweilen Urticariaelemeiite
beobachtet wurden. Über diesen Punkt müssen wir, glaube ich, erst noch zu gröfserer
^^ Meier, Fall von Dermatitis pemphigoides mit Erkrankung des Nervensystems.
Archiv f. pathol Anatomie u, Fhysiol. Bd. 94. pag. 1886. 1883.
Monatshefte. 31
4V0
Klarheit gelangen. Einstweilen möchte ich mich, vorbehaltlich späterer Untersuchungen,
so ausdrücken, dafs ich sage, beide A£fektionen scheinen pathogenetisch sowohl vi«
symptomatisch einander nahe verwandt zu sein. Nichtsdestoweniger kann man und
mufs man bis auf weiteres eine Urticaria bullosa vera besonders auffahren.
Diese Urticaria bullosa vera ist vor allem daran kenntlich, dafs jede blasige Erhebung
der Epidermis sich auf einem vorhandenen Urticariaelement bildet, und dafs mu
bei derartig erkrankten Individuen Urticaria faotitia erzeugen kann. Für gewöhnlich
ist der Blasenausscklag in diesen Fällen nicht so reichlich, viel spärlicher als bei der
D. p. p. ; dieses Merkmal ist jedoch kein unregelmäisiges, und ich habe Falle g^
seilen^ wo es, was Polymorphie und Beichlichkeit des Ausschlags anbelangt, auf dea
ersten Blick völlig unmöglich war, die Urticaria bullosa von einem Fall von De^
matitis polymorpha pruriginosa zu unterscheiden. Ich begnüge mich, diese Fälle der
Aufmerksamkeit der Beobachter zu empfehlen, ohne hier weiter dabei zu verweilen,
denn ihr Studium kann erst an der Hand neuer Thatsachen wieder au%eiiomniett
werden. Meine Bemerkungen zur Urticaria bullosa gelten nicht nur ftir die Denn,
p. p. chron., sondern für alle polymorphen, pruriginösen Dermatitiden. Ebenso ver
hält es sich mit verschiedenen medikamentösen Ausschlägen, die fast völlig eine Foto
untrer Dermatosen vortäuschen können, namentlich die Denn. p. p. acuta. So habe
ich auf der Abteilung von E. Besnier im Hopital Saint-Louis einen Mann gesehen,
der wegen eines Hautleidens in die Poliklinik (ä la Consultation) gekommen war;
dieses Leiden dauerte schon 4 Wochen, bestand aus Urticariaelementen, Urticaria
factitia, aus unregelmäfsigen, verschieden grofsen Blasen, die teils durchach einend
teils leicht hämorrhagisch waren, und sich sowohl auf den Urticariaerhebungen, wie
auch auf der gesunden Haut bildeten; aufserdem war der Ausschlag von Jacken he-
gleitet. Dieser Mann war eben aus einem allgemeinen Krankenhaus entlassen, wo er
wegen Gelenkrheumatismus mit Natr. salicyl. behandelt worden war. Es handelte
sich hier nicht um eine einfache Urticaria bullosa, denn die Blasen erschienen j>
unmittelbar auf der gesunden Haut. War es etwa eine Form unsrer Dermatosen?
Oder war der Ausschlag eine Wirkung des Natr. salicyl.? Zur Beantwortung dieser
schwierigen Frage verordnete Besnier dem Kranken Jodkali, und trotz der Einfahr
dieses Medikaments verschwand der Ausschlag völlig. B. schlofs daraus, dafs der
Ausschlag nur eine zufällige Nebenwirkung des Salicyls gewesen sei, da er andern-
falls durch das Jodkali sicherlich verschlimmert worden wäre.
Eigentlich müfste ich nun noch, um ganz vollständig zu sein, die Denn, polym.
prurigin. chron. ä pouss^es successives auch noch von verschiedenen andern Haut-
krankheiten, mit denen sie verwechselt werden könnte, abgrenzen, z. B. von der
Herp6tide maligne exfoliatrice, in die sie übrigens wirklich übergehen kann, femer
von Herpes, Impetigo, Ekzema, Prurigo (vergl. Beob. 40), den Aphthen, den Schleim*
hautplaques, den verschiedenen Ulcerationen in Mund und Rachen u. s. w. Aber
diese ebenso einfache wie langweilige Arbeit hat gar keinen Wert und bietet durchaus
kein thatsächliches Interesse. Die Eigenschaften unsrer Krankheit sind so bestimmt,
dafs jeder Arzt für sich selber diese Unterscheidung vornehmen kann. Allerdings
mufs man den Kranken bisweilen längere Zeit beobachten, bis man durch das Auf-
treten der Polymorphie zu einer sichern Diagnose geführt wird.
Besonders mifstrauisch mufs man bei einem hartnäckigen Prurigo sein,
der ohne nennenswerte Ursache bei arthritischen oder nervösen Personen auftritt;
denn er bildet zuweilen nur den Vorläufer einer D. p. p., das geringste Auftreten
von Blasen mufs da unsem Argwohn erwecken.
471
Wie soll man die Eranklieit benennen?
DüHRiKo hat bei verschiedenen Gelegenheiten die von ihm gewählte Bezeichnung
Dermatitis herpetiformis verteidigt. Er gibt dem Ausdruck herpetiformis den Vorzug
vor raultiformis (oder polymorph), weil bereits eine Dermatose (Erythema polymorphum)
mit diesem Beiwort besteht; der Ausdruck Dermatitis multiformis konte nach seiner
Ansicht die Verwirrung leicht noch vermehren, indem der Glaube erweckt wurde, als
ob die neue Krankheitsgruppe nur ein vorgeschrittenes Stadium des Erythema polym.
aeiy welche Meinung er eben bestreitet.^^ Er halt^' die Bezeichnung herpetiformis
für sehr glücklich, weil man in allen Fällen herpetiforme Gruppen von Vesikeln
beobachtet und weil das gerade eine der wesentlichsten Eigenschaften der Erank-
lieit sei."
Whitb" hat seit 1885 gegen diese Bezeichnung protestiert. Er bemerkt sehr
richtig, dafs das herpetische Element denn doch nicht immer vorhanden ist; er
wünscht lieber den Ausdruck multiformis. Auch Bülklet^^ ist der Ansicht, dafs
die herpetischen Elemente nur eine der möglichen Formen der Krankheit darstellen;
auch er wünscht lieber das Prädikat multiformis oder neuritica, um anzu-
deuten, dafs in der grofsen Mehrzahl der Fälle das Nervensystem mitbeteiligt ist;
^nz besonders aber würde er sich mit der Bezeichnung Dermatitis pruriginosa
befreunden, denn dadurch würde auf das Vorhandensein eines entzündlichen Elements
hingewiesen, und der Pruritus fehlt bekanntlich niemals.
PiFFARD hat 1884 den Namen Dermatitis multiformis vorgeschlagen, um diese
noch so unklaren Ausschläge bis auf weiteres zu benennen. Dieser Name ist von
Sherwell und Allek angenommen. Morrow endlich, der noch zu keinem endgültigen
Urteil über diese Krankheiten gelangt ist, äufsert sich dahin, dafs, wenn ihr nervöser
Ursprung unbestritten wäre, die Bezeichnung Dermatitis trophoneurotica die
zutreffendste wäre.
Der unbestimmte Ausdruck Dermatitis läfst sich meines erachtens beibehalten,
um alle die entzündlichen Erscheinungen zusammenzufassen, die sich bei unsrer
Krankheit auf der Haut abspielen. Das Beiwort polymorpha oder multiformis
pafst ganz gut, da der Ausschlag wesentlich aus verschiedenartigen Elementen zu-
sammengesetzt ist: allerdings wäre das Prädikat pemphigoid ungefähr ebenso be-
zeichnend. Ich habe schon im ersten Teil dieser Arbeit auseinandergesetzt, warum
ich es für notwendig halte, das Prädikat pruriginosa hinzuzufügen: wirklich ist
das Jucken u. s. w. eines der wesentlichsten Symptome unsrer Krankheit; nur ist
jener Ausdruck vielleicht noch nicht umfassend genug, da ja zuweilen die Empfin-
dungen des Brennens, Prickeins, der Hitze und der Spannung vorherrschen, deshalb
wäre das Wort dermalgica, oder gar der Ausdruck Algodermatitis wohl noch
bezeichnender; die von Mobrow und Bulkley vorgeschlagenen Bezeichnungen
trophoneurotica und neurotica scheinen mir noch nicht genügend berechtigt.
Der Zusatz chronica k pouss6es successives endlich weist auf die beiden andern
Haupteigenschaften der Krankheit, ihre lange Dauer und ihren anfallsweisen Ver-
lauf hin.
" Vergl. DüHRiNo, a. a. 0. 1887.
^^ Vergl. DuHRiNo, a. a. 0. Journal of cutan. and ven. Diseases. 1885. pag. 318.
*• Vergl. im ersten Teil dieser Abhandlung, Kap. 3. die Angabe der Gründe, die
mich verhindern, die DuRRiKGsche Benennung anzimehmen.
*^ White, Diskussion über den DuHBiNoschen Vortrag. (Das. 1885.)
" L. D. Bulkley, a. a. 0. April 1886.
472
Und 80 komme ioh denn zu dem Ergebnis, dafs die Bezeichnung Dermatitis
polymorpha pruriginosa chronica k poussees successives einstweilen für
unsre Dermatose am zutreffendsten ist. Allerdings ist sie viel zu lang, um sich für
die Dauer erhalten zu können.^*
(Fortsetzung folgt.)
)Derfamtrtlun$en.
Ärztlicher Verein zu Wiesbaden.
Sitzung vom 1. Mai 1889.
Dr. TouTON stellt einen 2Vi jährigen Knaben mit Urticaria pigmentosa vor.
Bei dem seit seiner Geburt viel schreienden und aufgeregten, in der letzten Zeit vor
Beginn der Hautkrankheit mit Oxyuren behafteten Kinde trat am Ende des 2. LelieuB-
Jahres im Anschlufs an eine mit Fieber bis 39^ einhergehende Angina tonsillaris
eine heftige Eruption einer gewöhnlichen Urticaria auf, welche sich fast über den
ganzen Körper verbreitete. Die Quaddeln verschwanden aber nicht, sondern wandelten
sich im Laufe von 10 Tagen in die schon mehrfach beschriebenen gelben bis milch-
kaffeebrannen Flecke um, welche es gelingt, durch länger andauernden Druck, Reiben
etc. vorübergehend wieder in gewöhnliche Urticariaquaddeln zu verwandeln. Bei
strichförmigem Beiz, welcher quer durch die braungelben Flecke und das Gesunde
gesetzt wird, wandelt sich nur der den Fleck durchziehende Teil des Striches in eine
streifenförmige Quaddel um, d. h. ein auf einzelne Partien der gelbbraunen Flecke
konzentrierter Beiz bringt nicht den ganzen Fleck, sondern nur die sich eng an die
gereizte Stelle anschliefsenden Partien zur Quaddelbilduug. Als eine Kombination
mehrerer ätiologischer Momente lassen sich in dem Falle anführen: 1. das stets auf-
geregte, nervöse Wesen des Kindes ; 2. die Oxyuren ; 3. die mit starker Hautkongestion
einhergehende, ziemlich hochfieberhafte Krankheit. Der Fall wird noch ausfuhrlich
publiziert werden.
Darauf stellt Toüton einen Fall von Liehen planus aus seiner Privatpraxis vor
(holländischer Becbtsanwalt). T. betont neben der Arsenbehandlung den Wert der
UNNAschen Karbol-Sublimat-Pflasterraulle, die die Heilung beschleunigen.
Fauly - Wiesbaden - NervL
Bericht über einige in der Glasgow Pathological and Olinical Sodetf
▼orgestellte Fälle. {Glasgow Med, Joum. April 1889.)
1. Favus der Kopfhant von einähriger Dauer. Dieser Fall sowie die zwei
folgenden wurden von Prof. Mo Call Andebson demonstriert. Die Krankheit war auf
folgende Weise bekämpft worden: nach Entfernung der Borken mittels warmer
Umschläge wurde die Kopfschwarte mit Kaliseife abgewaschen und darauf eine anti*
septische Pasta aus Resorcin 4,0, Lanolin, Vaselin, Zinkoxyd, Amylumpulver b 12,0
eingerieben. Nach dem Einreiben wurde zur Bedeckung eine Leinenmütze aufgesetzt
Das Waschen des Kopfes und die Einreibung wurden täglich einmal vorgenommen.
Vor Beginn der Behandlung waren an den Haaren Sporen und Mycelfäden nach-
gewiesen worden; Nach täglicher Anwendung der Salbe während 8 Wochen konnte*
^* Vergl. hierzu Abteilung 1. Kap. 5. dieser Abhandlung.
473
^ennocb am Ende dieser Zeit das Vorhandensein von vielen Sporen und Mycelien an
^en Haaren noch nachgewiesen werden.
2. Becidivierender Herpes facialis. Die 26jährige Patientin hatte während
der letcten 20 Jahre 2 oder 3 Anfalle jedes Jahr durchzumachen gehabt, ohne dafs
eine bestimmte Ursache für ihr Entstehen angegeben werden konnte. Gewöhnlich
waren beide Oesichtshälften gleichzeitig affiziert. Bei dem gegenwärtigen Ausbruch
entsprach die Lokalisation der Bläschen auf der rechten Seite des Gesichts dem
Verlauf des Nervus maxillaris superior und inferior, sowie (wenn auch in sehr
geringem Grade) des Bamus supraorbitalis. Auf der linken Seite war nur der Nervus
maxillaris superior befallen.
3. Skrofiilodenna ▼errncostun. Dasselbe betraf den rechten Daumen und die
linke Glutäalgegend, wo es schon 8 Jahre bestanden hatte, femer die Vorderfläche
des rechten Vorderarms mit 5jähriger Dauer, sowie den rechten Oberarm mit ein-
jährigem Bestand und die rechte Hüfte seit 6 Monaten. Die Affektion bestand aus
warzenartigen Stellen, mit einem umgebenden Hofe von cyanotischer Färbung. Wenn
•die auf den Stellen aufliegenden Krusten entfernt wurden, traten hypertrophische
Papillen zutage, t^er Schmerzen wurde nicht geklagt, doch bestand ein mäfsiger
Juckreiz. Hier und dort waren Narben, die von früheren ähnlichen Läsionen her-
rührten, zu sehen.
4. Alopecia areata von IGjähriger Dauer bei einer 23jährigen Frau wurde von
Dr. Alex Napieb demonstriert. Seit 4 Jahren war der Kopf total kahl gewesen.
Ein anderes Mitglied derselben Familie hatte früher an Alopecia areata mit gleich-
zeitiger Tinea circinata des einen Fufsrnckens gelitten. Die Behandlung bestand in
«iner tonisierenden Mixtur von Eisen und Strychnin nebst einem Waschwasser von
Karbolsäure, rektifiziertem Alkohol, Glycerin und Wasser zu gleichen Teilen, mit dem
die Kopfhaut täglich zweimal eingerieben wurde. Pilocarpinum nitrioum wurde in
Dosen von 0,015 in Pillenform beim Zubettgehen einige Monate hindurch dargereicht.
Als Resultat dieser Therapie war die Entwickelung eines neuen Haarwuchses auf fast
der ganzen Kopfhaut zu verzeichnen. Die neugewachsenen Haare waren kräftig,
glänzend und stark pigmentiert.
Dr. Napieb vertritt die Ansicht, dafs es eine Abart von Herpes tonsurans der
Kopfhaut gibt, welche klinisch von Alopecia areata faktisch nicht zu unterscheiden ist.
H, Leslie Boberts- London.
Mitteilungen aus ber £itteratur.
Zirkulationsstörungen.
Purpura rhenmatica. Dr. W. Osler gruppiert {N. Y, Med. Journal. 1889)
die Varietäten der Purpura folgendermafsen :
1. Fälle mit leichten Gelenkschmerzen oder mit Durchfall, oder auch ohne
diese Symptome, namentlich bei Kindern, die an Rheumatismus gelitten haben.
2. Polyarthritis acuta mit ausgebreiteter Purpura urticans, gleichbedeutend mit
ficHÖNLEivs Peliosis rheumatica.
3. Mit den Gelenkafifektionen und der Purpura sind heftige gastrointestinale
Anfälle verbunden. Hämorrbagien von verschiedenen Schleimhäuten ausgehend
474
stellen sich ein, und es kann zur Albuminurie^ wohl auch gar zu tödlicher Nephritis
kommen.
Es ist zwar schwer, den Eheumatismus als ätiolo^schen Faktor stets mit Sicher
heit auBzuschliefsen, es scheint indessen als ob ein vom Verdaunngstraktus aus in
den Organismus übergendes Gift diese einander so ähnlichen und oft ineinander über-
gehenden Symptomenkomplexe hervorzurufen im stände wäre.
Leviseur-New York.
Über den EinfluTs der Spannongsverliältnisse in den Oefälsen auf die
Entstehnng von Purpura. — Buhige Lage der Extremitäten und Purpura, von
Henbi Habtmann. {Annales de Dermat. et de Syph, 1888. Heft 11.) Verf. hat die-
jenige Purpura im Auge, die sich bisweilen an den unteren Extremitäten zeigt, wenn
der Patient nach länger dauerndem Krankenlager sich zum erstenmal wieder erhebt
Dies Verhalten hatte Jules Cloqüet schon 1823 beobachtet; er sah in diesen „E^cfay*
mosen'' eine Art Skorbut infolge schwächender Ursachen, ein Zustand, welcher der
Heilung von Frakturen hinderlich sei.
Nach Verf. entsteht die Purpura infolge verstärkten Blutdrucks im Innern der
Kapillaren, die in ihrer Ernährung vielleicht durch die lange Ruhe, durch einen
Verband und durch ein Trauma gelitten haben.
Für gewöhnlich herrscht ein gewisses Gleichgewicht der Kräfte zwischen dem
intrakapillaren Blutdruck einerseits, der Kontraktilität der Grefäfswand und dem
Widerstand des umgebenden (iewebes anderseits. Der intrakapillare Druck ist in den
abschüssigen Teilen, infolge der Schwere des Blutes, natürlich stärker; dementsprechend
ist dort die Kontraktilität der Qefäfswand aber auch vermehrt. Diese vermehrte
Kontraktilität verschwindet nun aber, wenn der intrakapillare Druck in den Untere
eztremitäten für längere Zeit aufgehoben bleibt, wie das ja bei längerem Kranken-
lager der Fall ist. So beobachtet man denn häufig, wenn ein Kranker nach langer
Bettruhe zum erstenmal wieder aufsteht, Böte und Odem der Unterextremitäten.
Kommt es dann noch zu trophischen Störungen in der Kapillarwand, wie da»
bei Frakturen u. s. w. nicht selten der Fall, so zerreilst das Gefals und bedingt so
die Purpura, fuhrt zuweilen sogar zu wirklichen Ekchymosen. Dieser Vorgang tritt
noch leichter ein, wenn die Art der Verletzung für die ganze Dauer des Kranken-
lagers einen Druckverband verlangte, dessen Entfernung nun den extra-vaskulSrea
Druck vermindert. Die Purpura entsteht gewöhnlich, sowie der Kranke zum ersten-
mal das Bett verlaust, selten später. In einem Fall genügt schon das Anlegen eines
Druckverbandes allein, um an den betreffenden Teilen Purpura zu erzeugen. Hatte
Verf. dagegen dem Kranken, bevor er ihn aufstehen liefs, eine Binde teuren weise um
die Unterextremitäten gelegt, so blieb hernach an den durch die Binde komprimierten
Stellen die Purpura aus. — Im übrigen kommt dieser Purpura gar keine Bedeutung
zu; sie verschwindet nach 5 — 6 Tagen ohne Spuren zu hinterlassen.
Türkhetm-Heunburg,
Chronische Infektionskrankheiten.
Über luetische Stenose der Trachea und der Bronchien, von Dr. A. Soko-
LOWSKi in Warschau. {Berl. klin. Woclienschr. No. 10. 1889.) Diese Erkrankung,
welche selten beobachtet wird, zeigt klinisch 3 Stadien: 1. der Beizung, 2. der
beständigen Stenose, und 3. der Erstickung. Die Symptome des ersten Stadiums sind
475
die eines hartnäckigen, trockenen Tracheal- und Bronchialkatarrhs ; die beiden weiteren
Stadien sind durch ihre Symptome sehr frappant. Infolge von Versohwärungen und
dadurch bedingten narbigen, bindegewebigen Wülsten wird das Lumen der Trachea,
ja sogar eines oder beider Hauptbronchien eingeengt. Eine beständige Atemnot mit
einem typischen, schrecklichen, stenotischen Einatmen ist für beide dieser Stadien
kennzeichnend. Verf. beschreibt 2 Fälle, in beiden bestand eine Komplikation mit
einer doppelseitigen Paralyse der respiratorischen Larynxmuskeln.
L. Hoffmann-Berlin
• ■
Im Verein der Arzte in Steiermark besprach Prof. Lifp einen Fall von Lupus
des Gesichts bei einem sonst vollständig gesunden Knaben, wo die Erkrankung von
der tuberkulösen Mutter durch einen KuTs natürlich bei vorhandenen Rhagaden
übertragen war; und weiter stellte er zur Bekämpfung der Ansicht Heb&as, dafs der
Lupus stets vor der Pubertät sich entwickele, eine Patientin mit Lupus im Gesicht,
Gesäfs und Labium majus vor, bei der die Krankheit erst im 42. Lebensjahre auftrat,
und die Tuberkelbacillen wohl durch die zahlreichen von Läusen verursachten
Exkoriatiouen eingedrungen waren. {Wiener med. Fresse, 1889. No. 11.)
Eckart-Nü/rnberg,
Dr. A. Cbane, gegenwärtig auf den Hawaischen Inseln, schreibt in einem Briefe
an Dr. C. W. Allen {N. .T. Med. Journal. Jan. 1889): „Vater Dahien liegt jetzt im
Sterben. Die Lepra hat bei ihm einen ziemlich kurzen Verlauf genommen. Der
Erkrankte glaubt sich folgendermafsen sein Leiden zugezogen zu haben: Als er einem
schauderhaft vorgeschrittenen Leprafalle die letzte Ölung gab, bemerkte er die An-
wesenheit unzähliger Fliegen und ist überzeugt, dals er durch eine derselben an der
Stelle einer kleinen Schrunde, die er am Kopf hatte, mit Lepragift inokuliert worden
ist. — Ferner berichtet Dr. Cbanb, dafs der vor längerer Zeit mit Lepraprodukt
geimpfte Verbrecher jetzt wirklich leprös sei.
Leviseur-New York.
Ober eine eiterige Form des Lupus tuberculosus, von H. Hallopbaü und
M. L. WiCKHAK. {Ännales de Dermat et de Syph. 1888. Heft 12.) Während die
tuberkulösen Haut- und Unterhautgummata sehr leicht vereitern, ist das bei den
Lupusknötchen nur äulserst selten der Fall. VerfiT. teilen eine einschlägige Beob-
achtung mit, wo gleichzeitig zahlreiche tuberkulöse Gummata und Knötchen sich im
Stadium der Vereiterung befanden. Der Kranke, ein Hufschmied, war vor mehreren
Jahren von einem Pferd ins Knie gebissen worden ; im AnschluXs daran hatte sich die
genannte Störung aUmählich über das ganze Gesicht und die Mundschleimhaut aus-
gebreitet und hatte sofort die eiterige Form angenommen. Hotz konnte in diesem
Falle mit Sicherheit ausgeschlossen werden, während die Anwesenheit zahlreicher
Tuberkelbacillen und erfolgreiche Impfversuche mit dem Eiter die Diagnose sicherten.
Woher stammt nun aber der Eiter? Durch den Staphylococcus pyogenes kann er
nicht erzeugt sein, denn dieser fand sich nur wenig zahlreich und bei weitem nicht
in allen Eiterherden vor, scheint sich vielmehr nur nachträglich in die Abscesse ein-
genistet zu haA>en. Die Verff. kommen per exclusionem zu dem Schlufs, dals der
Eiter ein Erzeugnis der indirekten Wirkung der Tuberkelbacillen, nämlich der von
Gautier zuerst nachgewiesenen Leukomaine sei und erblicken in ihrem Fall einen
weiteren Beleg für die neue Lehre, dais nicht die Bakterien selber, sondern erst deren
Erzeugnisse, die Leukomaine, eitererregend wirken, dalJB somit der Satz, ohne Kokken
kein Eiter, hinfällig wird. Aber sie gehen noch einen Schritt weiter: sie halten es
für sehr wahrscheinlich, dafs es bei Anwesenheit von Tuberkelbacillen ebenfalls erst
47Ü
infolge der Einwirkung der Leukomaine zur Bildung von Gummaia und Lupus-
knötchen komme. Türkheim' Hamburg.
Einfache Entzündungen.
Im Verein deutscher Arzte in Prag besprach Prof. Sattler als Pendant zu den
von Lendet mitgeteilten Beobachtungen von Herpes Zoster nach Kohlenoxydgu-
Vergiftung einen solchen Fall bei einem 85jährigen Manne, welcher nach einer
solchen Vergiftung von heftigen neuralgischen Schmerzen im Gebiete des 1. Astes
des linken Nervus trigeminus befallen wurde, am 4. Tage darauf im Bereiche dieses
Nervenastes einen Herpes Zoster hatte, der auf das Auge übergriff, und am 14. Tage
unter zunehmenden Marasmus starb. Sattleb demonstrierte die mikroskopischen
Präparate, wobei nur der dem Eamus primus zugehörige Anteil des Ganglion Gassen
durch entzündliche Infiltration des interstitiellen Gewebes, komplette Degeneration
sämtlicher Ganglion zellen und intensive Veränderungen erlitten hatte, während die
übrigen Teile des Ganglions nahezu normalen Befund zeigten.
Eckart-Nürnberg.
Als zweiten Fall stellte Sattleb als Beispiel von Zosterbildnng bei Tuber-
kulose einen an tuberkulöser Enochenerkrankung leidenden 15jährigen Knaben mit
der äufserst seltenen Form von Herpes Zoster im Gebiete des 1. und 2. Astes des
linken Trigenimus vor, ohne dafs weder bei der Eruption noch im weiteren Verlaufe
neuralgische Schmerzen aufgetreten waren. Eckart-Nürnberg.
Pemphigus vegetans (Neümann). Dr. Badgliffe Cbockeb berichtete in der
Royal Medical Chirurgical Society {Brit. Med. Joum. 16. März 1889) über einen Fall
von Pemphigus vegetans unter Beifiigang einer kurzen kritischen Übersicht der bisher
beschriebenen 13 Fälle dieser Krankheitsform. Sein Fall betraf eine 43jährige Frau,
die Affektion begann mit Stomatitis und grofser Hinfölligkeit im April 1887; bald
darauf traten Blasen auf der Haut des Abdomens hervor und später auch in den
Leisten, den Aohselgegenden, den Glutäalfalten und auch auf der Schleimhaut des
Mundes, der Konjunktiven und der Vulva. Diese Blasenbildung zeigte nicht den
charakteristischen Verlauf des Pemphigus vulgaris, denn anstatt prompt abzuheilen,
hinterHefs sie Ulcerationen. In den Achselhöhlen, den Leisten und ähnlichen
Gegenden entwickelten sich auf dem Grunde der Geschwüre papilläre Auswüchse,
welche eine jauchig stinkende Flüssigkeit absonderten. Die Entwickelung von Blasen
und Geschwüren im Munde machten der Patientin die Nahrungsaufnahme fast zur
Unmöglichkeit, so dafs sie in höchster Erschöpfung 3 Monate später einer inter-
kurrenten Krankheit erlag. Alle therapeutischen Maisregeln hatten nur in so fern
Erfolg, als es damit gelang den unerträglichen Geruch der Sekrete von den papillären
Geschwüren zu beseitigen.
In seiner Synopsie der früher beschriebenen Fälle hob Dr. Crockbb hervor,
dafs die Bildung von Blasen im Munde und Bachen eine charakteristische Erscheinung
bei diesem Leiden bildet, und dafs auf diese Weise eine erhebliche Störung in der
Ernährung der Patienten verursacht wird. Bei einigen Kranken war die Affektion
zuerst auf der Cutis hervorgetreten. Vier mal war eiterige Onychie an allen Fingern
und Zehen vorgekommen. Bei zwei Fällen werden klonische Krämpfe und Erhöhung
der Reflexe erwähnt. Mit einer einzigen Ausnahme endigte das Leiden regelmafsig
477
letal, und auch in diesem Ausnahmefall erlag der Patient einige Jahre nachher einem
wiederholten Anfall. Dr. Cbockeb ist der Ansicht, dafs dieses Leiden mit Pemphigus
foliaceus eng verwandt ist.
Bei der Diskussion über diesen Vortrag führte Dr. Mapotheb einen ähnlichen
yon ihm behandelten Fall an. Auch hier hatten sich Blasen und Geschwüre mit
papilliformem Grunde entwickelt. H. LesUe Boberts-London.
Spezifische Entzündungen.
a. Der Oberhaut
Die Znnaluiie im Auftreten der Scabies nebst Bemerkungen ttber die
Behandlung dieser Affektion, von Dr. Jambs C. White. (Boston Med. and Chirurg.
Journal. Febr. 1889.) Anfangs hierzulande eine seltene Affektion, hat die Scabies
namentlich in den letzten Jahren bedeutend zugenommen. Im Massachusetts General-
Hospital, Boston, betrug die Anzahl Scabies-Kranker
im
Jahre 1869 . .
. . 50
n
n
1870 . . .
. 22
n
n
1871 . .
. . 30
r
n
1872 . .
. . 20
n
n
1873 . .
. . 24
n
n
1874 . . .
. 17
n
n
1875 . .
. . 8
ft
n
1876 . . .
. . 35
n
n
1877 . . .
. 2
n
n
1878 . .
. . 11
Im Jahre 1879 .... 15
» n
1880 .... 9
n n
1881 .... 9
» n
1882 .... 25
t1 H
1883 war das Hospital
geschlossen.
» ty
1884 .... 68
n n
1885 .... 98
w »
1886 .... 105
z
1887 .... 123
11 n
1888 .... 165
Auch in der Privatpraxis bemerkt Dr. White eine bedeutende Zunahme für
das Jahr 1888.
1885 .... 11
1886
1887
1888
14
8
18
Was die Ursache hierfür ist, lälst sich schwer sagen, da sich sonst die Ver-
hältnisse nicht bedeutend verändert haben. Das Zusammendrängen grofser Arbeiter-
massen in den Fabriken mag der Weiterverbreitung der Affektion besonders günstig
sein. Zur Behandlung hat sich dem Verfasser das folgende Rezept am besten
bewährt.
9 Flor. sulf. 8,0
ß Naphthol 4,0
Balsam. Peruv.
Vaselini. u 30,0
Der dritte Teil dieser Salbe wird abends vor dem Schlafengehen überall tüchtig
eingerieben. Am Morgen ist eine Waschung mit gewöhnlicher Seife vorzunehmen.
Die dreimalige Applikation genügt in den meisten Fällen. Bei Eindem mit zarter
478
Haut wird das Naphthol weggelassen. Alle direkt auf der Haut getragenen Kleidungi-
stücke sowie auch die Bettwäsche werden gründlich ausgekocht. Man vergesse nicht
dasselbe mit den Handschuhen zu thun, oder dieselben lieber ganz zu zerstören.
Auch empfiehlt es sich, die yerschont gebliebenen Mitglieder einer Familie, in die
sich Scabies eingeschlichen hat, der Prophylaxe halber ein paar EinBchmiemngen
machen zu lassen. Leviseur- New- York.
b. Der Cutis.
Ein Fall von Filaria medinensis, von A. v^n Haklinoen. {Med. Surg. Et-
porter. Jan. 1889.) Der Patient bemerkte eine kleine rote Papel auf der Haut des
Handrückens. Dieselbe juckte stark, war aber nicht schmerzhaft. Sie wurde dann
länglich und schien sich an einem Ende unter der Haut vorwärts zu schieben. Die
Epidermis war wallartig aufgewühlt, und aus der Tiefe schimmerte eine Linie wie'
ein roter Faden durch. So schritt die Affektion langsam über den Handrücken
zwischen dem Zeige* und Mittelfinger weiter, trat auf den Handteller über und
durchkreuzte denselben. Als der Patient zur Beobachtung kam, war die Bahn 6 Zoll
lang und Vs Zoll breit. Es wurde Asa foetida innerlich gegeben und der Patient
innerhalb einer Woche geheilt. Es blieb nur eine bräunlich pigmentierte Spur am
Sitze der Affektion zurück. Leviseur-Neto York.
Zur Behandlung des Erysipels nach Ebaskb-Ribdsl, von Dr. C. Lausnstsiv
in Hamburg. (Deutsche' Med. Wochenschr. No. 11. 1889.) Verf. berichtet über
5 nach der Methode von Ebasks-Riedel behandelte Fälle von Erysipel, die alle
günstig verlaufen sind, und empfiehlt dabei nur, die Barriere gitterförmiger Inzisionen
ausschliefslich in das gesunde Grenzgebiet zu legen. L. HoffmannrBerUn.
Beitrag zum Studium des Erythema infectiosum, von P. Simon und £.
Legraik. (AnndUs de Dermat et de Syph. 1888. Heft 11.) Nachdem sich schon
seit längerer Zeit viele gewichtige Stimmen in Frankreich für die infektiöse Natur
des Erythema polymorphum ausgesprochen haben, ist es Haüsbalter neuerlich in
2 Fällen gelungen, einen beweglichen Mikrokokkus nachzuweisen, der auf Gelatine
weiTse Kulturen lieferte, und den H. für den Mikrokokkus des Erythema polymorphum
hält. Simon und Legbain haben nun auf der Einderklinik zu Nancy bei einem
12jährigen Knaben ein Erythema marginatum mit vorübergehender Albuminurie be-
obachtet und aus dem Blut der tieferen Hautschichten Kulturen angelegt, bei denen
sie zwei Pilze darstellen konnten: einen weiDsen, den sie mit dem von HAUSHALTEa
gefundenen für identisch halten, und einen gelben, der sich bei keiner der bislang
bekannten Arten unterbringen läfst.
Der weifse Mikrokokkus findet sich gewöhnlich als Diplokokkus, mit ziem-
lich lebhafter, oszillierender Bewegung selbst in älteren Kulturen;* seine Länge ist
0,6 — 0,8 fjL. Er färbt sich nach der GaAMschen Methode. Auf Gelatine entwickelt er
sich hur sehr unvollkommen, ausgiebig dagegen auf Gelose ebenso auf Kartoffeln
und Bouillon. — Mäuse, denen von den Kulturen unter die Haut gespritzt wurde,
starben nach 5—8 Tagen; der Pilz fand sich im Blut der Leber und des Herzens
und scheint eine echte Septikämie, ohne Örtliche Erkrankungen zu erzeugen.
Der gelbe Mikrokokkus ist rund, erscheint in Haufen, in kurzen Kettchen
von 4 — 5 Gliedern, oder am häufigsten ebenfalls als Diplokokkus; in diesem Fall ist
das eine Element fast während der ganzen Zeit merklich grölser als das andre ; seine
479
Qrörse schwankt zwischen 0,5 — 1 /a; er bewegt sich selbst auf festem Boden lebhaft;
in RiPPART-PETiTscher Flüssigkeit hört die Bewegung sofort auf; färbt sich mit
GRAMscher Lösung. Gelatine-Kulturen entwickeln sich nur sehr langsam; die Gelatine
verflüssigte sich erst nach 5—6 Wochen. Gegenüber den andern Nährböden verhält
er sich ähnlich wie der weifse Mikrokokkus. Mäuse und Meerschweinchen erwiesen
sich gegen diesen Mikroben immun.
Dieser letztere Pilz hat einige Ähnlichkeit mit dem M. pyogenes aureus, unter-
scheidet sich aber von ihm durch gröÜBere Beweglichkeit, durch seine Eartoffelkiiltur
und seine Unschädlichkeit Morphologisch kommt er noch dem Mikrokokkus der
Nilbeule (Clou de Biskra) am nächsten, unterscheidet sich aber auch von ihm durch
seine Ungefährliohkeit.
Im Urin ihres Kranken fanden S. und L. im Gegensatz zu Haüshalteb die
eben beschriebenen Mikrokokken nicht, jedoch stiefsen sie auf eine interessante
Saprophytenart, deren Schilderung für eine besondere Abhandlung aufgespart ist.
Die Autoren sehen in ihrem Fall eine Stütze für die Theorie von der infek-
tiösen Natur des Erythema polymorphum und halten es far wahrscheinlich, dafs ihr
weifser Pilz ein spezifischer Krankheitserreger sei, indem sie die Möglichkeit zugeben,
dals auch noch andre Keime ein Erythema polymorphum erzeugen können.
Türkheim-Ham bürg.
Ätiologie und Prophylaxe der Alopecie, von P. Merklen. {AnnaUa de
Dermat, et de Syph.) Verf. geht von dem Bericht über die Alopecie aus, den Ebnest
Beskier am 31. Juli 1888 der Academie de M^decine vorgelegt hat, und bespricht
an der Hand desselben den jetzigen Stand der Frage.
Der alte Streit, ob die Ursache der Alopecie trophoneurotischer oder parasitärer
Natur sei, ist noch immer nicht entschieden, und noch immer wogt der Kampf der
Meinungen hin und her; indessen scheint sich der Sieg doch mehr auf die Seite derer
zu neigen, die für einen parasitären Ursprung des Leidens eintreten. Eine ent-
scheidende Niederlage haben sie den Gegnern allerdings noch nicht beizubringen
vermocht, denn trotz eifrigen Suchens ist es, wie auch bei der Syphilis z. B., noch
immer nicht gelungen, den vermuteten Missethäter in Gestalt eines behäbigen Kokkus«
eines schlanken Bacillus, oder einer vornehmen Spirochata nachzuweisen. Aber in
aUerlei glücklich geführten Vorpostengefechten haben sie die gegenteilige Meinung
doch immer mehr zurückgedrängt. Gegen das schwere Geschütz der Kontagiosität
z. B., das von den „Parasitisten^ aufgefahren wird, vermögen die „Trophoneurotiker''
nur mit schwachem Feuer zu antworten, indem sie unter anderm auf die schnelle
Zerstörung des Haares und auf die bei der histologischen Untersuchung gefundenen
trophopathischen Störungen hinweisen, Störungen, die sich nach E. Besnier nur
durch die Annahme einer funktionellen Parese der Haarpapille selber erklären lassen.
Besnier versucht nun, zwischen beiden Parteien zu vermitteln, indem er beide Ansichten
zu Hecht bestehen läüst ; das Zustandekommen der Alopecie wäre somit bedingt durch
das Zusammenwirken von nervöser Störung und Kontagion, wie ja auch z. B. bei der
Babies, „wo die zufällige oder habituelle Nervosität des Individuums eine wichtige,
wenn nicht eine unerläfsliche Bolle spielt." Die früher weit verbreitete Theorie, es
gäbe eine parasitäre und eine nervöse Form der Alopecie, verliert jetzt mehr und
mehr an Boden. — Die gegen die Weiterverbreitung der Alopecie vorgeschlagenen
Mafsnahmen gehen eigentlich nicht über das Selbstverständliche hinaus.
Türkheim-Hamburg.
Ekthyma terebrans bei einem Kinde. — Bakteriologische Unter-
suchungen, von G. Baüdouin und Louis Wickham. {Ännales de Dermat et de
480
Syph. 1888. Heft 12.) Ea handelt sich um ein lOmonatliches Kind von yolb'g ge-
sunden Eltern, das am 27. Mai auf der Abteilung von FouRyiER zur Aufnahme kam
und am 12. Juni wesentlich gebessert wieder entlassen wurde. Die Behandlung hatte
namentlich in Badern und Anwendung von Jodoform bestanden.
Die bakterielle Untersuchung lieferte als vorherrschenden Pilz den Streptococcos
pyogen es. Die Verff. vermögen diesen Befund einstweilen noch keine Bedeutung
beizulegen. TürkheimSaniburg.
PUebitis bei Ersrthema polymorphtuii, von J. Girode. (M^daflle d'Or d«
Hopitaux). (^Ännales de Dermat et de Syph. 1888. Heft 12.) Verf. bringt 2 Falle von
Erythema polymorphum, in beiden Fällen gesellte sich zu dem Grundleiden eiiw
Phlebitis mit dem Sitz an der rechten Unterextremität. Girode glaubt beide Falle
für die Lehre von der infektiösen Natur des Erythema polymorpbum verwerten lu
können und stellt das Auftreten der Venenentzündung hier in Parallele mit der bei
Typhus, Puerperalfieber u. s. w. vorkommenden Phlebitis. Eine andre Ursache fnr
das Zustandekommen der Entzündung liefs sich in seinen beiden, günstig verlaufenden
Fällen mit Sicherheit ausschliefsen. Türkheitn-Hamburg.
Syphilis.
Beitrag zum Studium über den Einflufs von Syphilis auf die Schwaager-
schaft, von Em. Baude. {Annales de Dermat et de Syph. 1888. Heft 12.) Eine Frau,
die schon ein normales Wochenbett hinter sich hat, wird 6 Monate nach Beginn der
2. Schwangerschaft infiziert Etwa 4 Wochen später kommt es bei leichtem Fieber
zum Ausbruch von Roseola; gleichzeitig stellen sich itnermittierende Leibschmerzen
ein, der Muttermund ist etwas geöffnet (entr'ouvert), aber noch ungefähr 2 cm lang.
Man diagnostiziert beginnenden Abort, der aber durch geeignete Behandlung auf-
gehalten wird. Erst im Beginn des 9. Monats kommt sie mit einem toten, 2Vt kg
schweren Kinde nieder; die Placenta bot nichts Abnormes; über den Zustand des
toten Kindes ist nichts bemerkt.
Verf. erblickt nun in dem zeitlichen Zusammentreffen vom Ausbruch der All-
gemeininfektion (Roseola) und drohendem Abort keinen blofsen Zufall, und obschon
16 Tage vorher die Frau sich einem unglaublich reichlichen Geschlechtsgenuis hin-
gegeben habe (qu'elle aurait co'ite soixante fois dans la journSe de minuit k minuit),
80 hält er doch den Abort nur von dem Ausbruch der Allgemeiniufektion bedingt,
und zwar sei er bedingt nicht durch die Syphilis der Mutter, sondern durch diejenige
des Fötus. Verf. teilt somit vollkommen den Standpunkt von Leloir, dessen Schüler
er ist, und auf dessen Abteilung der mitgeteilte Fall zur Beobachtung kam.
Türkheim-Hamburg.
Gumma syphiliticum auf der Kopfschwarte, im 44. Jalire der bestehendeft
Syphilis, von Hugüet und Actdain. (Ännalea de Dermat et de Syph. 1888. Heft 11.)
Bei Aufnahme des GBjährigen Patienten im Hotel du Midi war daa Onmma eehon
ulceriert und hatte den Knochen ergriffen; die Ulceration durchdrang den Knochen
in seiner ganzen Dicke und bildete zwischen Knochen und Meningen einen Eiterherd.
Trepanation des Schädels. Besserung. — Abscefs in der linken Hinterhauptgegend:
Phlebitis der rechten Unterextremität. Eröffnung des Abscesses. Tod.
TürJcheim- Hamburg.
481
öffentliclie Prophylaxis der Ssrphllis, von M. BARTHiLEur. {Annaks de
Demnat et de Syph. 1888. Heft 11.) Diese mit französischer Lebhaftigkeit geschriebene
Abhandlung enthält einen warmen Appel an die Regierung, die Prostituierten in
Frankreich, wie es in andern Ländern schon längst geschieht, polizeilich überwachen
zu lassen. Den deutschen Leser mutet solche Forderung sonderbar an. Bei uns hat
sich die Einrichtung der sanitats-polizeilich überwachten Prostitution gut bewährt und
gilt als selbstverständlich. Keinem fallt es ein, darin einen Eingriff in die Freiheit
des Individuums — der Prostituierten — zu erblicken; keiner wagt es, wenigstens
nicht mehr öffentlich und in wissenschaftlichen Schriften, die Geschlechtserkrankung
als eine wohlverdiente Folge der Ausschweifung zu bezeichnen; jeder ist, wenigstens
auf diesem (xebiet, bis zu dem Grad von der Richtigkeit und Wichtigkeit des Satzes :
„Salus Bei publioae prima Lex est^ überzeugt, dais er selbst noch viel strengere Vor-
schriften (z. B. die schon in Vorschlag gebrachte Untersuchung jedes ein Bordell be-
suchenden Mannes) fordert oder duldet. Ganz anders scheint das in Frankreich zu
sein, denn BARTHtLEKY hält es für notwendig, auf solche Einwände, wie Polizei-
übergriffe, Mifsachtung der persönlichen Freiheit u. s. w. u. s. w. allen Ernstes ein-
zugehen und nachdrücklichst auf die Gefahren der uneingeschränkten Prostitation
hinzuweisen. Eine interessante und lehrreiche Statistik, eine Übersicht über die Ver-
hältnisse in andern Staaten, wobei namentlich die einschlägige englische Gesetzgebung
eingende Berücksichtigung findet, die Contagious Diseases Acts von 1866, die aber,
trotz ihrer ausgezeichneten Wirkung, später unter Gladstokes Regierung (vermutlich
aus parteipolitischen Gründen, der Ref.) wieder abgeschaffl wurden, sicher dem Artikel
eine nachhaltige Wirkung. Türkheim-Hamburg,
über Behandlung der Hydrocele vaginalis mittels Injektion reiner Karbol-
säure nach Levis von Prof. Helferich in Greifswald. {Tfierap. Monaish. No. 8. 1889.
Nach dem LEvisschen Verfahren, nach welchem kristallisierte Karbolsäure, welche
nur durch Zusatz von 5—10 7o Wasser oder Glycerin verflüchtigt ist, nach der
Punktion der Hydrocele injiziert wird, hat H. 29 Fälle behandelt, von welchen 21
geheilt sind. Von 6 Recidiven sind 4 zum zweiten mal ebenso operiert und 3 davon
geheilt; in einem Falle blieb auch die zweitmalige Injektion erfolglos. Verf. sagt)
dafs die Resultate demnach unsicher sind und mit denen der Jodinjektion garnicht
wetteifern können, noch viel weniger mit denen der Radikaloperation.
X. Hoff mann- BerUn.
Übersiclit über die Tlidses de Dermatologie, die innerlialb des Jahrea
1887 bei der Pariser Fakultät eingerichtet wurden, von Georges Thibiergb.
{Annales de Dermat. et de Syph. 1888. Heft 11.) Im ganzen kommen hier 19 Thesen
zur Besprechung; ich glaube von einem Referat absehen zu dürfen, da solches meines
Wissens von A. Tavernibr geliefert wird. Türkheim-Hamburg.
Kupfergeld seit 9 Jahren in der Harnröhre. Dr. Prochkow stellt am
30. März 1889 einen Fat. aus der Klinik des Prof. Koracs vor, der vor 9 Jahren
einen Kreuzer in seine Harnröhre gleiten liefs. Seitdem verheiratete er sich und
erzeugte 2 Kinder. Das Kupfergeld (mit 19 mm Diameter) steckte bei seiner Auf-
nahme unterhalb der pars bulb. fest, und verursachte nur in der letzten Zeit Harn-
4S2
besch werden. Am 19. März extrahierte Prof. Kovaos das inkrustierte Geld, mittdi
eines kleinen Lithotriptors. {Gyogydszat. 1889. No. 14.) Bona-Budapest
AmmoniakallBclie Qnecksilberverbindungen. Rahmelsbcbg hat die Konsti-
tution dieser Verbindungen, namentlich des „weifsen Präzipitats'' aufgeklart.
Bei Einwirkung von Ammoniakgas sowohl wie wässerigem Ammoniak auf Queck*
silberoxyd entsteht die als „Millans Base*' bekannte Verbindung 2HgO 4~ HgN, die
•ein blafsgelbes Pulver darstellt. Die Verbindung verliert weder an der Luft, oder
im Wasser, noch auch bei Kochen mit Wasser Ammoniak; ebenso wird sie dudi
starke Basen kaum angegri£fen. Die Verbindung ist das Hydrat eines Herkuram-
moniumhydroxyds, NHg^OH -f H,0, welches das Hydratwasser beim Trockna
verliert. Verdünnte Salzsäure verwandelt die MiLLAVsche Base in blafsgelbes anl»
liebes Merkurammonchloridhydrat, NHg,01 + H^O; das Wasser entweidii
vollständig erst bei 200 ^ wobei das blafsgelbe Chlorid NHg^Cl zurückbleibt.
Die Doppelsalze des Merkurammonohlorids mit Ammoniumchlorid bildet der be-
kannte „weifse Präzipitat'^ in seinem zwei Formen.
Der offizinelle unschmelzbare weifse Präzipitat, der durch Hinzufügen voi
'Quecksilberchlorid zu überschüssigem Ammoniak entsteht, hat, wie Kavs zuerst feet-
stellte, die Zusammensetzung HgH,NCl.
Der schmelzbare weifse Präzipitat, der durch Fällung einer Lösung von Queck-
silberchlorid mit Ammoniumchlorid und Natriumkarbonat entsteht, ist ebenfalls naek
Kans aus ngH^N^Clf zusammengesetzt.
Wie schon Kake nachwies, gibt der unschmelzbare weifse Präzipitat beim &
Jbitzen mit Kalilauge die Hälfte seines Stioksto£fs als Ammonik ab. Rammblsbbbo hit
nun gefunden, dafs der schmelzbare weifse Präzipitat bei gleicher Behandlung drei
viertel seines Stickstoffs in Form von Ammoniak abgibt.
Hieraus, sowie auch aus der Thatsache, dafs der unschmelzbare weifse Priüd-
pitat durch Kochen mit Salmiaklösung in schmelzbaren umgewandelt werden kann,
zieht Rammelsbebo den Schlufs, dafs beiden Formen des weifsen Präzipitats dieselbe
Verbindung zu Grunde liegt, die in den einzelnen Fällen nur mit verschiedeaeo
Mengen Amrooniumchlorid zu Doppelsalz verbunden ist:
Unschmelzbarer weifser Präzipitat
NHg, . Cl + NH^ Cl = 2(HgH,NCl).
Schmelzbarer weifser Präzipit
NHg, Cl + 3 NH^ Cl = 2(HgHeN,Cy .
Joum. f. prakt. Chem, 1888. pag. 558.
Zur gefälligen Beachtung.
Durch ein Versehen ist in Heft 8 die Erklärung zu den Abbildungen wegge-
lassen worden, welche als Tafeln VI und VII den Beiträgen 9ur Ashatomie miuI ^tfto-
logie der Verruca vulgaris von Georo Kühnbkakk beigegeben sind. Dieselbe fblgt
hier nachträglich und wird ersucht, das Blatt an der betr. Stelle in Heft 8 einzu-
schalten.
Verlag von Leopold VOSS in Hamboig (and Leipzig).
Druck der Verlagtanstalt und Drnekorel Actien-Oeiellsehaft (vormal« J. F.Kiehter) in Hambnrg.
iN(Kiat0|efle fit iftakfifilie 9et]iiat0l0|it
Band Vm. N2; 11. 1. Juni 1889.
Aus Dr. Unnas dermatologisohem Laboratorium in Hamburg.
Übor bacülogene Sykosis.
'' Von
Dr. P. TOMMASOLI.
f
m
m
Die folgende dermatologische Untersacliung verdanke ich der sorg-
<igen Beobachtung und dem eifrigen Studium,/ mit welchem jeder
Krankheitsfall in der Klinik des Herrn Dr. Unna behandelt wird.
Nachdem M. Bockhabt seine üntersuchunjB^' über Ätiologie und
Therapie der Impetigo, des Furunkels und ^Äer Sykosis veröffentlicht
hatte (JftmafeA. f. prakt. Bermat 1887. pj^. 450), wurde von Herrn
Dr. Unna kein Fall von Sykosis klinisch in Behandlung genommen, der
nicht den nötigen Untersuchungen unterzogen ward, um die Ejrankheits-
Ursache festzustellen. Mit einer derartigen Studie wurde auch ich durch
die Gtite des Herrn Dr. Unna im nachstehend beschriebenen Falle be-
traut.
Der Kranke war ein noch junger Maurer mit hellblondem Haar und
zarter blasser Hautfarbe. Seit Jahren hat er nie in Ställen oder in
sonstiger Nähe von Hornvieh oder Schweinen gearbeitet. Er liefs sich
aber gewöhnlich in öffentlichen Barbierstnben rasieren. Die Krankheit
begann im Jupi 1887 und zwar zuerst an der Backe. Nach der Schil-
derung des Patienten entstanden zuerst einzelne kleine Bläschen, welche
Spannung und Schmerz, aber kein Jucken erzeugten. Diese nahmen
allmählich an Zahl zu, verbreiteten sich auf beide Backen, auf das Kinn
und schlieislich auch auf den Schnurrbart.
Als Patient in die Klinik aufgenommen wurde, hatten die über den
ganzen Bart ausgedehnten affizierten Stellen das Aussehen der gewöhn-
lichen Sykosis, die von dem gewöhnlichen pyogenen Mikroorganismus
erzeugt wird. Auffallend war jedoch eine eigentümlich braunrote Färbung,
welche mit der relativen Geringfügigkeit der Pusteleruption kontrastierte.
Letztere entsprach dem Sitz der Talgdrüsen. Gröfeere entzündliche Elnoten
wie bei der hyphogenen Sykosis fand man nicht ; ebenfalls fehlte stärkere
Narbenbildung.
Monatshefte. 82
484
Bevor die Behandlung des Kranken begann, zog ich bei demselben
mit den nötigen antiseptischen Kantelen einige Haare ans, die sich an
den geröteten nnd etwas hervorragenden Bläschen befanden. Ich ver-
senkte sie in verschiedene Gelatineröhrchen, gois diese sodann anf Platten
nnd behielt noch eine Schicht des Nährbodens an der Innenseite der
Böhrenwände zurück.
Nach vier Tagen war ich sehr erstaunt, als ich sah, daDs sich sowohl
hier wie auf den Platten eine unzählige Menge gleichartiger Kolonien
entwickelt hatte. Meine Verwunderung nahm noch zu, als ich nach
acht Tagen wahrnehmen konnte, dals diese Kolonien ausschUefslich ans
Bacillen bestanden. Ich begann dann natürlich eine längere Beihe von
Untersuchungen, um die Frage zu lösen, ob die Bacillen in der That,
wie es von vornherein wahrscheinlich schien, die einzige Ursache der
Sykosis bildeten. Die Resultate dieser Studien sollen nun in folgendem
mii^eteilt werden.
Der Bacillus ist kurz, geradlinig, mit abgerundeten Enden, so dals er
eliptisch oder leicht oval erscheint. Sein gröfster Durchmesser beträgt
1,0 — 1,5 X 0,25 — 0,3 fß,. Auf der Kartoffel entwickelt er sich üppig und wird
gröüser. Dort mifst er 1,0 — 1,8 X 0,3 — 0,35 ^i. Ein gleiches gilt von
Fleischbouillon. Hier sind die Bacillen in Kettenreihen angeordnet, deren
jede 4 — 8 Elemente enthält.
Hier herrscht die eliptische Form vor. Die Bacillen sind entweder
eliptisch oder bilden dünne abgerundete Stäbchen. Untersucht man die
Präparate im hängenden Tropfen, so erscheinen sie dicht aneinander ge-
lagert, sind unbeweglich und zeigen keine Sporen. Bei gewöhnlidier
Temperatur und in dem üblichen Nährboden entwickelt sich der Bacillus
nur langsam.
Auf den Platten erscheinen die tiefer liegenden Kolonien nach vier
Tagen als ganz kleine weüse Punkte. Die oberflächlichen sind glatt und
haben eine graue Färbung. Nach acht Tagen sind sie noch sehr wenig
verändert. Nach einem Monat erscheinen die unteren rundlich wie Senf-
körner, die oberflächlichen aber breit (etwa 1 — 2 mm), glänzend, schleimig,
dünn, schleierartig. Die Farbe bleibt dieselbe. Sind diese Kolonien gut
entwickelt, so zeigen sich die tieferen wie dicke Scheiben, etwa so grols
wie Erbsen, sie sind opak und haben scharfe, dunkle Konturen, die
oberen dagegen sind wie dünne Scheiben und zwar doppelt so grois und
haben hellere graugelbe Bender.
Macht man Stichkulturen in Gelatine, so sieht man schon nach
zwei Tagen längs des Impf kanals eine weüse Linie, welche auf der Ober-
fläche mit einem kleinen Köpfchen endet. Nach sechs Tagen besteht der
Impfstich aus kleinen, dichtgedrängten Kömern. An der Oberfläche ent-
wickelt sich ein konvexer, glänzender, weüiser Nagelkopf. Nach einem Monat
485
erreicht derselbe die Gröfse von 3 — 4 mm, ragt ca. 2 mm in die Höhe,
ist konvex, rund imd weiTs. Längs des Impfkanals hat der Nagel eine
Dicke von 2 mm, er besteht aus weilslichen Körnchen, von denen die
ftuiseren zum dreiviertel Teile isoliert angeordnet sind, so dafs die Kultur
im Stiche gezahnt aussieht.
Auf Agar-Agar entwickeln sich die Bacillen an der Oberfläche
sehr langsam. Letztere zeigt dann schleimige, schleierartige, isolierte
Flecke von grauweifser Farbe. Später konfluieren diese zu glänzenden,
wellenförmigen Streifen.
Ajif Kartoffel geht die Entwickelung schnell und regelmälsig vor
sich. Die Kolonien erscheinen hier zuerst als kleine rundliche, unregel-
mäTsige Protuberanzen des Imp&triches. Dieselben ragen ziemlich hoch
über die Oberfläche hervor und haben scharfe Konturen. Später breiten
sich dieselben aus und vereinigen sich mit den Nachbarkolonien zu einer
dicken Auflagerung. Dieselbe hat ein körniges Aussehen, ist chamois*
färben oder gelblich weüs, während die Kartoffel an den nicht geimpften
Stellen ein dunkelgrünes Aussehen annimmt. Je mehr die Kolonien sich
entwickeln, um so mehr verbreitet die Kartoffel einen intensiven, unan-
genehmen Geruch, wie man ihn an den Kulturen in Gelatine, Agar-
Agar und Bouillon kaum wahrnimmt. Stärker tritt er jedoch auch bei
alten Plattenkulturen hervor.
Li Bouillon bildet sich allmählich ein grauer flockenartiger Nieder-
schlag am Boden. In den ersten Tagen ist die Bouillon getrübt und
bildet einen Schaum auf der Oberfläche, der aus den von der Tiefe
heraufsteigenden Bläschen besteht. Dieser Schaum erhält sich ungefähr
eine Woche lang. Dann klärt sich die Bouillon, die Schaumbildung hört
auf, imd der Niederschlag vermehrt sich sehr langsam.
Mit der gewöhnlichen Anilinfärbung kann man den Bacillus ganz
gut fkrben.
Während ich die Untersuchungen über Morphologie und Biologie
des von mir entdeckten Bacillus machte, besserte sich der Zustand des
Patienten, welcher mit Karbol-Quecksilberpflastermull behandelt wurde.
Nach 40 Tagen verliefs er, freilich noch nicht vollkommen geheilt, die
Klinik. Die früher erkrankten Stellen waren noch etwas gerötet; hier und
da fanden sich noch einzelne kleine Pusteln.
Für mich waren nun folgende 3 Hauptfragen zu lösen :
1. ob der von mir kultivierte Bacillus der einzige Urheber der,
Sykosis sei;
2. ob der Bacillus auch die Ursache der Pustelbildung sei, d. h. ob
er auiser der Fähigkeit, Entzündungsprozesse an den mit Haaren
versehenen Stellen zu erzeugen,, noch eine pyogene Eigenschaft
besitze;
32»
488
3. ob der Bacillus bereits in ähnlichen Krankheitsprozessen des
Menschen und der Tiere von andern Forschem gefanden worden oder
ob er bisher ganz und gar unbekannt sei.
Ich machte zunächst an mir selbst Impf^ersuche. Nach Anwendung
der entsprechenden Kautelen rieb ich an meinem mit reichlichem 'Haar-
wuchs versehenen Hnken Vorderarm eine umschriebene, 6 cm im Durch-
messer grofse Stelle mit einer kleinen Menge reiner Bacillenkultur recht
stark ein, die ich von einer Agar-Agar-Kultur entnommen hatte. Ick
gebrauchte hierzu die Plattennadel nach von Sehlen, mit welcher ick
auch die Kulturen aus der Köhre herausnahm.
An einer andern jener Stelle benachbarten Zone liels ich mir yod
meinem verehrten Freunde Dr. TOrOk, Assistent des Herrn Dr. Ukka,
mit einer sterilisierten Impfiiadiel eine kleine Menge von Kulturen unter
das Stratum comeum bringen, und zwar wurde die nächste Umgebung
eines Haarfollikels hierzu gewählt. Dann bedeckte ich die operierten
Stellen mit indifferentem Zinkleim.
Nach 24 Stunden fühlte ich daselbst ein leichtes, nicht bestfindig»
Jucken. Dieses nahm am zweiten Tage zu, und die betrefiPenden Stellen
wurden auf Fingerdruck schmerzhaft. Auch am dritten Tage nahm idi
dieselben Symptome wahr, dann wurde ich ungeduldig und nahm
76 Stunden nach der Impfung die Bedeckimg ab. Dort, wo ich die-
Kulturen nur auf die Hautoberfläche eingerieben hatte, fand ich nur
3— -4 kleine rote Punkte und zwar in der Nähe der Haare. Dort aber,
wo mit der Imp&adel unter die Oberfläche der Haut gedrungen war, sah
man eine Gruppe kleiner Bläschen, deren Zentrum jedesmal ein Haar
bildete, und deren Umgebung in der Grofse eines 20-Pfennigstückes
gerötet war. Als ich die beiden Stellen nun unbedeckt liefs, nahm nach
zwei Tagen die Böte ab und die Bläschen erschienen abgeplattet. Am
dritten Tage machte die Besserung noch weitere Fortschritte.
Am vierten Tage, als der gröfste Teil der Bläschen sich zurück-
gebildet hatte und nur noch eine dunkel weüsrote Färbung der Stelle in
der Grofse etwa einer Linse zurückgeblieben war, zog ich aus der noch
am markantesten gebliebenen Stelle mit einer Pinzette zwei Haare heraus,
von denen ich dos eine in Agar-Agar und das andre in Gelatine steckte.
Von beiden Kulturen erhielt ich ganz reine Bacillen-Kolonien. Noch
nach zwei Wochen waren die Spuren der erkrankten Punkte auf meinem
Vorderarme zu sehen.
Da ich diese erste Untersuchung noch nicht für vollkommen beweis-
kräftig hielt, wiederholte ich mit den nötigen Kautelen dieselben Ex-
perimente auf meinem haaireichen Oberschenkel. An einzelnen Stellen
rieb ich vermittelst der Impfnadel Kulturen von Agar-Agar und Kartoflel
auf die Oberfläche der Epidermis ein, an andern führte ich die Nadel-
J
487
spitze den Haaren entlang und zwar so Weit, daCs eben noch keine Stioh-
empfindong wahrzunehmen war. Bei diesen Operationen flofs nirgends
ein Tropfen Blut. Darauf bedeckte ich vier dieser Stellen nebst ihrer
Umgebung mit Zinkleim; eine aber, die sich unge&hr in der Mitte des
Schenkels befeuid, lieis ich ganz &ei.
Nach 24 Standen empfand ich an allen Stellen, besonders an der
unbedeckten, ein immer deutlicher werdendes Jucken. Ich konnte vielen
meiner Freunde — einem wahren internationalen Gerichtshofe — , welche
gegenwärtig in dem dermatologischen Institute zu Hamburg arbeiten,
deutlich zeigen, daSs die frei gebliebene Stelle im Umfange eines
20-Pfennigstücks dunkelrot wurde und an den Haaren kleine bläschen-
förmige Erhebungen zeigte.
Am folgenden Tage war der Inhalt der Bläschen getrübt. Letztere
hatten eine graue Färbung und sahen wie kleine Pusteln aus. Am
dritten Tage waren diese noch weiter entwickelt, das Jucken nahm zu
und es trat noch ein Schmerz auf Fingerdruck und bei Bewegungen
hinzu. Von zwei dieser eiterigen Bläschen zog ich, nach der gewöhn-
lichen Sublimatsterilisation, die Haare heraus und drückte mit derselben
sterilisierten Pinzette einen kleinen Tropfen Eiter aus. Von diesen machte
ich einige Präparate und vier Plattenkulturen. In den Präparaten waren
aulser Eiter und Epithelzellen viele freie Bacillen, die in ihrer Grölse
den auf Kartoffel kultivierten entsprachen. Irgend welche Kokken
&nden sich nicht vor.
Am vierten Tage waren die kleinen Läsionen der offenen Zone nicht
weiter verändert, vielleicht durch Einwirkung des zum Desinfizieren ver-
wendeten Sublimats. An den andern Stellen nahmen die Beschwerden
zu, so daJs ich, um mich nicht reiben zu müssen, gezwungen war, mit
warmem Wasser die zwei schmerzhaftesten geimpften Stellen des Schen-
kels frei zu legen.
In der Zone des oberen Drittels waren keine Pusteln vorhanden ; hier
waren vielmehr die Röte und saftreiche Papeln vorherrschend. In der
benachbarten Zone dagegen» am Knie, waren drei Pusteln in Bildung
begriffen, die Böte der Papeln konfluierte in der Weise, dafs sie einen
Fleck in der Gröise eines 10-Pfennigstücks bildete. Auf diesem waren
verschiedene kleine Bläschen zu sehen, die Epidermis war feucht und
maceciert, so dafs kleine, blutrote, linienförmige Exkoriationen erschienen,
welche den Impfstichen entsprachen.
Die Stellen am linken Schenkel wurden von mir am sechsten Tage
aufgedeckt. In der Nähe des Knies waren die Papeln erhaben und
gleichförmig. Erstere Eigenschaft war hier in höherem Grade als an den
andern Stellen zu finden. Böte und Jucken waren hier sehr stark. An
einer höher gelegenen Stelle, wo ich ein wenig von den Elartoffelkulturen
nur eingerieben hatte, war nur eine leichte Böte in der Umgebung der
488
Haare vorhanden, sonst nichts. Trotzdem hatte ich an den vorhergehen-
den Tagen auch hier ein leichtes Jucken verspürt. Sowie die Stellen
einmal freigelegt waren, besserte sich ihr Zustand sehr schnell schon
nach ein oder zwei Tagen. Die roten Höfe machten die gewöhnliche
Farbenveränderung durch, die Bläschen sanken in der Mitte (also an den
Haaren) etwas ein; es bildete sich dort eine kleine blutige Bimste. Tage-
lang blieb aber immer noch eine juckende Empfindung zurück. Nach zwei
Wochen waren nur noch ganz leichte Spuren jener Bläschen vorhanden.
Damit war die erste Frage zur ü-enüge gelöst, der gezüchtete
Bacillus ist pathofor und erzeugt genau dieselbe Hautkrank-
heit, welche klinisch als eine Svkosis beobachtet war.
Um nun der zweiten Frage näher zu treten, legte ich mit dem aus den
Pusteln des Kranken vor seinem Austritt aus der Klinik entnommenen
eiterigen Materiale Plattenkulturen an. Bei diesen Untersuchungen fand
ich nicht mehr den gewöhnlichen Bacillus, wohl aber einige Formen von
Kokken, die heute als pathofore bekannt sind, gleichzeitig auch den
Staphylococcus pyogenus albus.
Selbstredend konnten diese so spät gemachten Untersuchungen, zn
einer Zeit, als der Kranke bereits länger als einen Monat in Behandlung
war, keinen grofsen Wert haben. Ich wiederholte sie daher mit dem
aus meinen Pusteln entnommenen Eiter.
Zu diesem Zwecke wusch ich, wie oben gesagt, die Stelle mit Sub-
limat, hierauf mit sterilisiertem Wasser, zog vorsichtig die Haare heraus
und zerdrückte dann mit einer sterilisierten Pinzette die bis dahin noch
intakten Pusteln. Mit einer Platinnadel nahm ich hierauf den Detntos
heraus und mächte mit demselben vier Plattenkulturen.
Diese mit den gewöhnlichen Vorsichtsmafsregeln bereiteten Platten
blieben steril.
Erstaunt hierüber, zog ich viele Tage nach dieser Operation einige
Haare aus den noch intakt vorhandenen Bläschen heraus und machte mit
denselben ebenfalls Plattenkulturen. Hier erhielt ich, wie mit den von
dem Arm entnommenen Haaren, die reinsten Bacillenkulturen.
Ich dachte nun, dafs der Sublimat vielleicht das Resultat der ersteren
Experimente beeinträchtigt hätte. Ich machte daher Impfversuch auf
dem Bücken eines Kaninchens. Nach 36 Stunden fand man auTser den
gewöhnlichen knötchenförmigen Papeln, die hier noch deutlicher als auf
meiner Haut ausgeprägt waren, einige Bläschen. Diese wusch ich
blofs mit sterilisiertem Wasser und öffnete sie, um mit ihrem Inhalte die
gewöhnlichen Kulturen zu machen. Diesesmal glückten die Vereuche
vollkommen. Denn die mit einer geringen Menge, dem in zwei
Bläschen enthaltenen Eiter gemachten Kulturen zeigten dann
die Reinkulturen der gewöhnlichen Bacillen.
489
Da ich darauf bedacht war, nur von der oberen Schicht der Blas-
I
clien den Eiter zu meinen Untersuchnngen herauszunehmen, um so sicher
die dort vorhandenen Bacillen zu treffen, so glaube ich versichern zu
können:
1. dafs die in den Beinkulturen gefundenen Bacillen im Eiter ent-
lialten waren;
2. daJB der Eiter durch sie erzeugt wurde.
Somit war auch die zweite Frage gelöst, mein Bacillus ist ein
py oforer.
Um nun auch die dritte Frage zu beantworten, machte ich 5 mal in
starker Dosis subkutane Impfversuche bei einem Kaninchen. Dasselbe er-
krankte nicht, blieb am Leben imd zeigte blois einen kleinen abscefsartigen
^Eiterherd, welcher in einem Ohre subepidermidal sitzt. Daher glaube ich
auch den zuerst von mir gehegten Verdacht beseitigen zu können, daJs
der Bacillus dieser Sykosis mit dem Bacillus parvus ovatus Loefflbb
identisch sei, da dieser immer und rasch tödlich wirkt. Viel näher
steht mein Bacillus dem bereits von Passet beschriebenen B. pyogenes
foetidus. Nur die mehr gelbe, nicht hellbraune Farbe der Kartoffelkul-
turen meines Pilzes veranlafst mich, denselben — in Übereinstimmung mit
Herrn Dr. Unna — einen besonderen Namen zu geben, welcher seine
pathologische Bedeutung genauer ausdrückt. Ich nenne ihn: Bacillus
sykosiferus foetidus.
Es steht fest, dafs zu den möglichen schon bekannten Ursachen der
Sykosis eine andre hinzuzufügen ist, die bisher noch nicht bekannt war.
Es steht ebenfalls fest, dafs zu den beiden von Unna [Monatsk f. prakt.
Derm, 1888. Heft 5) als hyphogene und kokkogene unterschiedenen
Sykosisformen nun eine dritte Art, die bacillogene hinzukommt. Diese
dritte Form nähert sich klinisch sehr der kokkogenen, indessen unter-
scheidet sie sich in verschiedenen Punkten von derselben, so dafs meiner
Meinung nach ein eigenes Kapitel für dieselbe aufgestellt werden mufs.
Aber auf diese Frage hoffe ich in einer späteren Veröffentlichung ein«
gehender zurückkommen zu können.
490
Die nicht-entzündlichen Ödeme der Haut.
Eine historisch-kritische Studie.
Von
P. G. Unna.
(SohlulB.)
Ich kann deshalb nicht ganz mit folgender SchlnMoIgemng Yon
Elemensibwicz übereinstimmen (pag. 64): ,, Vor allem ist es eine bekannte
Thatsache, dais normalerweise nur wenig Lymphe produziert wird, wem
das betreffende Organ, dessen Lymphabfluis beohachtet wird, sich mdA
in Thätigkeit befindet. Ja es sind die Versuche von EiCMiNaHAUS und
PASCHUTm sogar dahin zu deuten, dais im ruhenden Organe die Menge
der gebildeten Lymphe nahezu gleich null ist. Offenbar liegt die Ur-
sache dieser Erscheinung, abgesehen von einem wirklichen Sekretion8T0^
gange, nur darin, dafs der Blutkreislauf in einem solchen Organe auf
ein Minimum reduziert ist. Das ist aber eine Wirkung des vasomotoii-
sehen Apparates. Dieser fehlt in unserm Schema. Mangelt eine aus-
reichende Regulierungsvorrichtung für die Höhe des Drucks im Elapillar-
gebiete, so muh es zu vermehrter Transsudation kommen. Dabei ist es
bis zu einem gewissen Ghrade gleichgültig, wie hoch der Druck im blnt-
Zuführenden Arteriengebiete ist.''
In der That ist in der Haut, dank der überaus starken Arterien-
muskulatur, die Blutzufuhr de norma eine geringe und ebenso die Lympk-
abfuhr durch Lymphge&ise relativ sehr spärlich (nach EiCMiNChHAUS und
Paschütin). Aber das letztere Moment sagt über die Menge der
gebildeten Ljonphe, wie wir oben sahen, gamichts aus. Das Transsudat
kann bedeutend sein und ist für den Papillarkörper gewiJs stets bedeutend,
wie jede einfache Kontinuitätstrennung ohne entzündliche Komplikation
im Bereiche der Staohelschicht beweist. Und doch wird bei der eben&Ils
grofsen Gewebespannung der Haut die Lymphe gröfstenteils durch die
Venen und venösen Kapillaren wieder resorbiert, ohne dafs sie in den
Lymphgefälsen zutage tritt. Hierzu ist der regulatorische Apparat der
Arterien und Venen nicht notwendig; es genügt — mehr als Klembit-
siEWicz selbst denkt — sein nervenloses Transsudationsschema und zwar
vermöge der anatomischen Verhältnisse, wie sie in der Haut und dem
subkutanen Gewebe gegeben sind. Der arterielle Blutdruck allein ist —
ganz wie der Autor angibt — durchaus nicht maJsgebend für die Höhe
der Transsudation, wohl aber, wie sein Schema zeigt, jedes Stromhindemi«
491
in der yenösen Lymphabfahr. Das Modell von KObnbb und Klbmen«
SIBWIGZ erläutert also in befriedigendster Weise die Vorgänge der nor-
malen und pathologischen Transsndation in der Haut.
Wenn wir in dieser einen Beziehung, dem Verbleib der Hautlymphe
und ihrer normalen Besorption durch das Venensy^stem, mit Klembnsiewicz
nicht ganz einer Meinung sein können, so freut es uns anderseits, die
vollkommenste Übereinstimmung unsrer Anschauungen in betreff aller
sonstigen Vorgänge im Venensystem mit denen des um die Physiologie
des Blutkreislaufs so ungemein verdienten Forschers konstatieren zu
können, wie derselbe sie in der Abhandlung: „Ezp^mentelle Beiträge
zur Kenntnis des normalen und pathologischen Blutstromes'' (Bd. 94 der Säeb.
d. k.Ak.d. Wiss. in Wien, Math.-naturw. KL III.Abt. Oktober 1886) nieder-
gelegt hat. Es kann nicht unsre Absicht sein, den ganzen, reichen Inhalt
dieses Werkes hier auch nur skizzenhaft vorzufahren; wir begnügen uns
mit der Anführung der für die Zirkulation der Haut wichtigeren Ver-
suche, Beobachtungen und Schlüsse.
Den Hauptinhalt bildet die Untersuchung der Einflüsse, welche eine
Änderung des Blutdrucks in einem einzelnen Kapillargebiet auf die
Gesamtzirkulation ausübt, und der Mittel, welche der Organismus besitzt,
um diese Einflüsse zu regulieren. An dem Blutdruck der Beinvenen,
dem Volumen der ganzen Extremität und der Ge&ise und dem Füllungs-
zustand der Niere studiert Klsmsnsiewicz zuerst eine Beihe mechanisch
wirkender Momente, vor allem die der Atmungssuspension bei künstlicher
Respiration und der Zuklemmung der Vene und Arterie, dann solcher
Einflüsse, welche vom Nervensystem ausgehen (Vagusreizung, Beizung
des zentralen Peroneusstumpfes) und endlich die Wirkimg bestimmter
Gifte (Curare, Strychnin, Amylnitrit).
Klemensiewicz findet, dafs die Thätigkeit des rechten Herzens die
Höhe des Venendrucks viel unmittelbarer beeinfluist als der Stand des
arteriellen Blutdrucks. Bei Herzstillstand durch Vagusreizung führt
hauptsächlich der Mangel der Entleerung des rechten Herzens zur Stauung
im Venensysteme. Vor allem aber geht aus den Versuchen mit Ab-
klemmung der Gefä&e hervor, dais ein Ansteigen des Venendrucks nur
dann erfolgt, wenn der venöse Abflufs behindert ist. Für das venöse
Ge&fssystem ist mithin „die venöse Stauung das bei weitem wirk-
samere Moment als der von den Arterien in die Venen über-
tretende Blutstrom.'' Die Übereinstimmung dieser Besultate mit den
Thatsachen der Hautpathologie liegt auf der Hand.
Sehr interessante Ergebnisse weist die Reizung des zentralen Pero-
neusstumpfes auf: verminderte Blutfülle peripher gelegener Kapillar-
bezirke imd damit Druckerhöhung im Arteriensysteme. Bei derselben ist
die BlutfüUe des Beines der andern Seite vermehrt und zwar nicht etwa
492
vermittelt durch den Peroneus der andern Seite, da diese HypeiÄmie
auch nach Durchschneidnng des letzteren Nerven besteht; sie ist vielleicht
Teilerscheinung der passiven Erweiterung vieler andrer Bahnen (z. B. der
Niere). — Es liegt nahe, das Resultat dieser Beizung bei solchen Haiit-
affektionen heranzuziehen, welche peripherer Natur sind und einseitig
auftreten, wie z. B. bei gewissen Fällen von Herpes Zoster. Vielleicht
bedingt der hier auf die sensiblen Nerven einer Seite ausgeübte Beiz
eine stärkere Blutfülle der entsprechenden symmetrischen Hautpartie d«
andern Seite, welche den Boden zur Entfaltung der Dermatose auf dieser
ungünstig beeinflufst.
Beim Nachlafs derselben Peroneusreizung tritt in dem zugehörigen
Venensystem konstant eine Druckerhöhung auf; sie ist um so bedeutender,
je höher die arterielle Drucksteigerung war, und erscheint etwas später,
als die Arterienverengerung sich löst. Diese Spannungszunahme im
Venensysteme ist also wohl zweifellos eine Folgeerscheinung der Arterien-
erweiterung; die Venen haben sich während der Peroneusreizimg auf
einen etwas geringeren Durchmesser selbständig zurückgezogen, und deshalb
läuft bei Nachlafs der Arteriensperre eine positive Druckschwankung über
sie hin. Derart ist auch — wenn ich Klemensibwicz hier recht ver-
stehe — seine Erklärung der Thatsache. um so weniger erklärlich ist
mir daher die an diesen Versuch geknüpfte Bemerkung: „Die Möglichkeit
einer Wirksamkeit von vasomotorischen Apparaten auf das Venensystem
kann nicht geleugnet werden; doch sehe ich von diesem Erklärungsrer-
suche ab, da die Thatsachen, welche als Stütze dienen können, noch xa
mangelhaft sind.''
In der von mir soeben gegebenen Erklärung sind allerdings nicKt
die von aufsen an die Gefäfse herantretenden Vasomotoren, aber doch die
in der Grefäfswand gelegenen, vasomotorischen Apparate in Ansprach
genommen. Dem scheint die citierte Bemerkung unseres Autors zn
widersprechen; man könnte sie so verstehen, als ob E^lemensiewigz die
vasomotorischen Apparate des Venensystems überhaupt noch nicht disku-
tabel und als Erklärungsgrund geeignet findet. Nun ist es aber gerade
Klemensiewigz, welchem wir mehrere wichtige Thatsachen verdanken,
die den Venentonus und seine Wirkung illustiieren. Sie sind es natürlich,
welche ims hier am meisten interessieren.
Derselbe fand, dafs nach Strychnininjektion in die Venen der Blut-
druck in den Venen bedeutend und zwar noch vor der Erhöhung des
arteriellen Druckes ansteigt, umgekehrt folgt auf Einatmung von Amyl-
nitrit eine selbständige, primäre Druckemiedrigung im Venensystem.
Beide Erscheinungen führt Klemensiewicz auf die entsprechenden Te^
änderungen des Venentonus zurück. Dementsprechend figuriert die pri-
märe Veränderung des Tonus der Venenwand als dritte Kategorie unter
493
den von ihm angeführten peripheren Einflüssen, welche den Venendruck
verändern. Diese Beobachtungen über den Venentonus schliefsen sich
denen von Goltz und Biegbl, welche wir bereits kennen, an.
Wir können diese wichtige Arbeit nicht verlassen, ohne auf die
darin enthaltenen Blutdruckuntersuchungen an entzündeten Geweben und
'weiter auf die Kompensationsvorrichtungen hinzuweisen, welche Klemen-
siEWioz bei Störungen der Zirkulation beobachtet hat.
CoHNHEiM hatte bekanntlich angenommen, dafs bei der Entzündung
in den Arterien nnd besonders den Kapillaren der Blutdruck trotz be-
stehender Stromverlangsamnng erniedrigt sei, da die letztere hier ja nicht
durch Stauung bedingt ist. Klemensiewicz untersuchte nun den Blut-
druck entzündeter Schwimmhäute (Ätznng mittels Krotonöls) direkt nach
der Methode von Roy und Graham Bbown [Journal of Fhysiöl. Vol. II.
pag. 323). Der Drock, welcher nötig ist, um mittels des aufgelegten
Deckglases die Zirkulation znm Stillstande zu bringen, gibt bei dieser
Methode ein Mafs für den Blutdruck in den Gefäfsen ab. Roy und
Brown hatten bereits gefunden, dafs bei geringem Steigen des extra-
vaskulären Druckes in den Kapillaren der Schwimmhaut ein Kapillarpuls
aufbrät.
Klemensiewicz fand nun mittels dieser Methode als nächste Er-
scheinung Randstellung der weüäen Blutkörperchen in den Venen bei
einem noch vollständig unschädlichen Drucke, wenn der letztere nur eine
Stromverlangsamnng in den Venen zur Folge hatte. Diese Randstellung
verschwand wieder bald nach Aufhebung des Druckes. Durch öfters
wiederholten, einfachen Druck auf die Gefäfse war es aber möglich,
aufser der Randstellung auch Auswanderung weifser Blutkörperchen, also
den Anfang typischer Entzündung hervorzurufen.
Ich möchte nicht unterlassen, auf diese experimentelle Erzeugung
von Entzündung durch Druck als ein Paradigma für gewisse Hautent-
zündungen hinzuweisen.
Aufserdero sah auch Klemensiewicz hierbei, wie bei jedem extra-
und intravaskularen Druck von bestimmter GröiSge, Kapillarpuls auftreten,
für dessen Verständnis die oben besprochenen V-ersuche am Modell mals-
gebend sind. Aber er fand noch eine sehr interessante Erscheinung am
Ge&fsbaume. Der ansteigende Druck öffnete nämlich eine Reihe von
kurzen Seitenästen der Arterie, welche ohne längeren kapillaren Verlauf
direkt in Venenanfänge übergingen und welche beim Nachlafe des Druckes
unter Verdickung der Wände wieder unwegsam für Blut wurden. Offen-
bar dienen diese Ventiläste der Arterien regulatorisch der Ableitung des
Blutes bei jeder Hyperämie, und wenn diese Erscheinung schon bei der
Schwimmhaut des Frosches eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt,
so haben wir gewifs an der menschlichen Haut derselben einen noch viel
494
breiteren Wirkungskreis einzuräumen. Denn die tägliche Beobaditang
lehrt ja, dafs hier die Gegensätze äu&erster Blässe und strotzendstor
BlutüberfüUung rasch aufeinander folgen können, ohne Störungen d«r
Zirkulation oder auch nur Stauungen und Ödem zur Folge zu haben.
Uns wundert nur, dafs Klbmbnsibwicz hier nicht auf die analogen Be-
obachtungen SuoQüSTs und HoYEBs hinweist, welche aus ihren Injektioos-
resultaten an bestimmten Hautstellen die Existenz eines derartigen „den-
vatoriscl^en'' Kreislaufes erschlossen. Allerdings verstand man biah^
darunter eine permanente, direkte Kontinuität der Arterien und YeDen
durch dickere, kürzere Äste; aber vielleicht werden diese doch auch nur
durch den Überdruck einer künstlichen Injektion geöffnet worden sein.
Nach den Versuchen von Klbmbnsibwioz müssen wir jedenfalls annehmen,
dafs dieser ungemein einfachen regulatorischen Einrichtung eine nodi
viel ausgedehntere Verbreitung zukommt, als man bisher annahm. OflEeo-
bar ist sie für die Erhaltung eines gleichmälsigen, mittleren Blutdroeks
im Kapillarsysteme, wie KlbmeksiBWIGZ angibt, ein sehr wirkungsvolles
Mittel. Aber mehr als dieses. Wenn in der Eroschschwimmhaut beieitB
jene kurzdauernde Stauung in den Arterien, welche als erste Dradc-
wirkung auf die Kapillaren auftritt, die Ventiläste öfEhet, müssen wir
annehmen, dals der viel stärkere Druck von den Venen her bei allen
Arten von Stauungsdermatosen ebensowohl wie der stärkere arterieUe
Druck bei jeder Form der entzündlichen und nicht entzündlichen Hype-
rämie dieselben in der einen wie in der andern Sichtung wegsam madit
Es müssen in Zukmiit vergleichende Untersuchungen der künstlichen
Injektionen der Haut bei verschieden hohen Drucken lehren, in
welcher Ausbreitung ein pathologisch veränderter Blutstrom in der
Haut auf dieses regulatorische Mittel zu rechnen hat; möglicherweue
erscheinen bei höherem Injektionsdruck als dem gewöhnlichen Ventilfiste
an Orten injiziert, wo man sie bisher nicht kennt.
Dafs der Blutdruck in den Arterien und Elapillaren eines entzündeten
Bezirks — wie eben bereits bemerkt — auch erhöht ist oder wenigstens
erhöht sein kann, hat Klbmbnsibwioz mittels seines Druckmessers nach-
gewiesen. Nach der Ätzung hören die spontanen rhytmisohen Kon-
traktionen der Blutge&lse auf, sie sind auch nicht mehr vpm verlängerten
Mark oder vom Ischiadicus aus zur Verengerung zu bringen, sondern
verharren in einem Zustand gleichmäfsiger Weite, was allein schon eine
Erhöhung des Blutdrucks erklären würde. In der That zeigte sieh nnn
auch ein höherer Gegendruck notwendig, um den Blutlauf in der Arterie
eines derart entzündlich veränderten, aber noch nicht ödematösen Ge-
webes zum Stillstand zu bringen. Jedenfalls ist also die — nicht dureh
Versuche gestützte — Annahme Gohnhbims über den Blutdruck in ent-
zündeten Geweben keine allgemein zutreffende.
495
Wie im Ki^illargebiet die arterio-yenösen Yentiläste den Blutdruck
regulieren und den EinfluCs der örüichem Kreislaufsstörung auf den
Greeamtkreislauf herabsetzen, so existieren auch in den greisen Arterien
und Venen vor und hinter dem pathologisch veränderten Kapillarbezirke
Einrichtungen^ welche eine Kompensation in demselben Sinne anstreben
und dadurch den Gesamtblutdruck auf einer mittleren Höhe erhalten.
Meistens zeigt sich nämlich die Arterie einer entzündeten Extremität
verengert, die Vene erweitert. Die Verengerung der Arterie hält eine
dauernde Erniedrigung des allgemeinen Blutdrucks hintan, die kompensa-
torische Erweiterung der Stammvene sorgt für eine Ausgleichung der
sonst notwendigen Blutdruckerhöhung. Klbmbnsiewicz nimmt an — was
auch wir für sehr wahrscheinlich halten — , daCs die Druckschwankungen
an der Peripherie als direkter Biciz auf die muskulo-nervösen Apparate
der gröfseren Gefäfse wirken. Die Arterien sind jedoch zu dieser kom-
pensatorischen Funktion geschickter als die Venen, denn stets ist der
Druck in der Arterie des gesunden Hundebeines ebenso groJis wie in der
verengerten des entzündeten Beines, dagegen zeigt die Vene des kranken
Beines mitunter höheren Druck als die der gesunden Seite. Aus diesen
Angaben darf man jedoch nicht auf eine geringe kompensatorische
Thätigkeit der Venenwandung überhaupt schlieiflen; denn die Venen
erweitem sich viel bedeutender als die Arterien sich verengem, in einem
Falle sechsmal so stark (in linearer Ausdehnung) wie diese. Die abso-
luten MaCse der Durchmesserschwankungen müssen auch in diesem Sinne
verschieden ausfallen, da die Verkleinerung des Radius der Arterie um
1 mm ein viel stärkeres Stromhindemis schaöt als die Erweiterung der
Vene um ebensoviel an Hindernissen beseitigt. Ehe wir uns diesen
Leistungen der Venenmuskulator gegenüber zu der Annahme voa
Klemjbnsiewicz bekehren, dafs der Unterschied in den Muskelschichten
beider Gefäfsarten die kompensatorische ünvoUkommenheit der Venen
erkläre, glauben wir vielmehr, dals in den Fällen imkompensierten
venösen Dmokes der entzündeten Extremitäten eine allgemeine Druck-
steigerung im Interesse des kranken Organismus lag und der Muskel-
apparat der Vene gerade auf eine geringere kompensatorische Erweiterung
vom Zentrum aus eingestellt war. Jedenfalls ist diese kompensatorische
Erweiterung der groisen Venen bei peripherer Entzündung, welche
KxEMSNSiEWiGZ entdeckt hat, wieder ein neuer Beweis für die Existenz
eines selbständig thätigen Venentonus.
Nachdem wir in dem bisherigen die Arbeiten aus dem Gebiete der
Physiologie und allgemeinen Pathologie berücksichtigt haben, welche die
zu Ödem fährenden Zirkulationsanomalien behandeln, erübrigt es, einen
496
Blick auf die theoretischen Erörterungen der Kliniker zu werfen ^ welche
speziell über die sog. nervösen Ödeme gearbeitet haben.
Quincke^ sagt über jene riesenartige Form von Urticaria (Miltok),
die besonders bei anämischen Frauen garnicht so selten zn beobachten
ist: ,,Nach der ganzen Art seines Auftretens ist das akute umschriebene
Ödem der Haut und Schleimhäute wohl als Angioneurose anzusehen.
Freilich dürfte aus (dem Wegfall von) rein motorischen Einfläfisen
eine unter Nerveneinflufs stehende Änderung der Transsudations&higkeit
der Gefäfswand anzunehmen sein — wodurch der Vorgang dann der
eigentlichen Entzündung näher verwandt erscheint.*'
Wie man sieht, ist sich Quincke nicht ganz einig geworden, ob
eine reine motorische Parese der Vasomotoren, also eine ein&che Hype-
rämie, oder eine Wandveränderung der GefSäise im CoHNHBiMschen Sinne
die Ursache dieser akuten Ödeme ist. Wir können hier weder in dem
einen noch dem andern Sinne Quincke folgen. Eine einfache vasomo-
torische Parese der Arterien bei vollständig normalem Venenabfluis kann
nach unserer Ansicht niemals ein Ödem zustande bringen. Anderseits
ist gerade das klinische Bild dieser Ödemform, welches seit Quinckes
Arbeit wohl allen Klinikern geläufig ist, von einer Hautentzündung auch
leichtesten Grades weit entfernt; die Akuität, der rasche Ortswechsel, das
meist spurlose Verschwinden, die mangelnde Temperaturerhöhung, die
häufig vorhandene Blässe der Anschwellungen — alles spricht gegen eine
solche Auffassung. Quincke hat auch offenbar nicht an eine gewöhnliche
Entzündung der Hautge&fse gedacht, sondern an eine Endothelver-
änderung analog der von Cohnheim beim kachektischen Ödem ange-
nommenen, welche auch ohne akute Entzündungserscheinungen allein
vermöge stärkerer Porosität der Gefälswände zum Ödem führt. Aber
eine solche pflegt sich doch (durch im Blut kreisende Auswurfsstoffe,
durch Sauerstoffmangel etc.) erst allmählich und dann nicht derartig
launenhaft an ganz beschränkten und wechselnden Lokalitäten zu ent-
wickeln.
Jamieson und Riehl, welche beide neuerdings die genannte, so ganz
und gar in den Bereich des „nervösen" Ödems gehörige Störung be-
handelten, sprechen sich nicht genauer über ihre von dem Wesen der
Affektion gewonnene Anschauung aus.
Dagegen finden wir die Frage eingehender behandelt von Lewinski'
gelegentlich eines Falles von Lähmung eines Hals- und ArnLsympathicus
^ Über akutes umschriebenes Hautödem. Monatsh. f. prakt DermaL Bd. 1.
1882. pag. 219.
' Lewiksei, Zur Pathologie des N. Sympathicus. BerL kUn, Wbchenschr. 18®.
No. 34 u. 35.
497
durch Druck einer rechtsseitigen Struma. Lewinsei sah hiei im Bereich
des Vorderarms und der Hand ein sehr lange Zeit bestehendes Ödem
neben etwas erhöhter Temperatur der betreffenden Hand. Er glaubt,
durch diesen Fall den Satz von Solnitsohewsky hin&llig zu machen
dalB das Auftreten von Ödem infolge ausschlieislicher Lähmung der
Vasomotoren noch nie beobachtet ist. So sorgfältig dieser interessante
Fall von Lewinsei beobachtet wurde, so kann natürlich die Thatsache,
dafs es sich um ein Ödem bei Lähmung des Sympathicus handelt, nichts
gegen den Satz beweisen, dafs stets zur Lähmung der Arteriomotoren ein
Hindernis im Abflüsse des Venenblutes, sei es organischer oder spastischßr
Natur, hinzukommen mufs, um Odem zu bewirken. Und weshalb konnte
die Kompression des unteren Hals- und obersten Brustganglions durch
die Struma, welche Lewinski in diesem Falle diagnostiziert, nicht eben-
so gut eine Heizung der Venomotoren wie eine Parese der Arteriomotoren
bewirkt haben und weshalb nicht beides? Wie ist weiter die Annahme
von der Hand zu weisen, dafs ein und derselbe Druck neben einer
leichten venösen Stauung im ganzen Arm durch Kompression der groLsen
Halsvenen eine umschriebene Arterioparese der Hand und des Vorderarms
durch Kompression der Granglien bewirkte? Uns scheint sogar das Odem
sich auf diese letztere Weise ain besten zu erklären.
Am ausführlichsten ist sodann BObner' neuerdings auf die Frage
des „nervösen"" Ödems eingegangen. Die Beobachtung einer Beihe von
akut auftretenden, umschriebenen Ödemen der Haut bei Frauen über-
zeugte BöRNEB von dem häufigen Zusammenhang dieser Erscheinung mit
Veränderungen der Sexualorgane, speziell mit der Menstruation und dem
Klimax. Er unterscheidet zwei verschiedene Formen dieser reflektorisch
erzeugten Hautschwellungen; die eine häufigere und bereits länger be-
kannte begleitet Neuralgien, die andre tritt ganz allein in die Erscheinung.
Beide Formen sind nicht prinzipiell voneinander unterschieden und
kommen bei ein und derselben Patientin vor. Quincke hatte bereits auf
diese Menstruationsödeme und ihre Verwandtschaft mit seinem akuten
umschriebenen Hautödem hingewiesen.
BöRNER hält sich für berechtigt, im Anschlufs an die CoHNHEiMsche
Lehre, dails alle Ödeme, welche nicht auf venöser Stauung beruhen, sich
wie das entzündliche Ödem auf eine Veränderung der Durchlässigkeit des
Endothelrohrs zurückführen lassen, auch die Ursache dieser Hautschwellun-
gen auf eine „plötzliche Änderung im Verhalten des Endothels der be-
treffenden Gefäfsbezirke^ zu beziehen. Dnd diese an und für sich schon
höchst dunkle „plötzliche" Änderung soll durch nervösen Reflex vom
' BöKNER, über nervöse Hautsohwellungen als Begleiterscheinung der Menstrua-
tion und des Klimax. Sammlung JUin. Vorträge von Volkmakn. No. 312.
498
/
Uteras her erzeugt werden, resp. durch NacUafa desselben wieder ver-
schwinden. Die Anämie und Nervosität der betreffenden Frauen werden
als begünstigende Faktoren angesehen, aber auch nur im Sinne „grötaerer
Permeabilität der Gefäfswände'^ ; ebenso die Blutverluste der Menstma-
tionsperioden und des Klimakteriums.
Natürlich geben die oben eingehend beleuchteten Versuche Ton
RoGOWiGZ für diese Sätze von BObner eine ausreichende Basis, so lange
man dieselben — wie Börnbr — wirklich als beweisend ansieht. Dafe
BoGOWiGZ nur in der ersten halben Stunde, d. h. in der Periode der noch
unausgeglichenen Strombettveränderung, Vermehrung der Lymphe feuid,
wird von BOrner erwähnt, aber trotzdem dieses ganz andersdentige
Resultat wenigstens für diejenigen Hautschwellungen als zureichender
Grund betrachtet, welche mit erhöhter Wärme einhergehen. Wir brauchen
dem gegenüber kaum noch zu bemerken, dafs derartige, oft Tage lang
anhaltenden Schwellungen nicht durch die vorübergehende Druckschwan-
kung einer einfachen Arterioparese erklärt werden können.
Wie sucht nun aber BOrner diejenigen Hautschwellungen zu er-
klären, welche mit auffallender Blässe und £ühle der Haut einhergehen?
Hier lassen natürlich auch selbst die Versuche von B^gowicz im Stich.
BöRNigiR wendet sich deswegen an Klemensiewicz und teilt dessen brieflich
geäufserte Ansicht mit.
„Man könnte, sagt Klemeksiewigz, diese Schwellungen an bestimmten
Hautstellen vom theoretischen Standpunkte auf eine plötzlich vermin-
derte Abfuhr von Transsdat zurückfuhren, doch entfällt dieses Moment
im Hinblick auf die experimentellen Thatsachen. Es mülste nad>-
weislich eine lokale, unter Nerveneinfluis sich ausbildende Insuffizienz
der abführenden Lymphgefäfse vorhanden sein. Dieser Nachweis ist nicht
zu liefern. Obgleich durch die Versuche von P. Bert und Laffoüt
(Comptes rend. Bd. 94. pag. 739 — 742) eine von den vasomotorischen Nerven
ausgehende Beeinflussung des Lumens der Lymphgefäfse nachgewiesen ist,
so lassen diese Versuche doch noch keine praktische Seite zu.''
Wie seltsam! Klembnsiewicz, welchem wir die wichtigsten That-
Sachen über die Veränderungen des Venenkalibers bei Blutstromschwan-
kungen verdanken, welcher die Venenparese bei Entzündungen, die
Venenverengerung bei Blutungen kennen lehrte, glaubt eine Lisulfizieiiz
der Lymphabfuhr nur auf eine Veränderung der Lymphge&lse zurüek-
führen zu können. Wahrlich unbegreiflich! Der Leser wird es uns
gewiis nicht verübeln, dafs wit* die Versuche von Bert und Lamout ftr
unseren Zweck gamicht angezogen haben, denn bekanntlich führt selbst
vollständige Verlegung aller Lymphbahnen gar nicht zum Odem, wenn die
Venen normal arbeiten. Die Hautaffektionen z. B., welche mit voll-
ständiger Infarzierung aller Lymphspalten der Haut einhergehen (Lepra
-«j«
499
tuberosa, Endoiheliome, Naevi etc.) zeigen gar kein Ödem der Hant. Wie
sollen da Kontraktionen oder selbist Kontrakturen der Lymphge&fse je
zum Ödem fähren? Das Übersehen der Venenverengemng auf der einen
Seite, bei dem notorischen EinfiniSy den diese auf den Lymphstrom be-
sitzt, ist ebenso unbegreiflich wie der Wert, den Klbmsnsiewicz andere
seits auf eine „Insuffizienz der Lymphge&ise'' legt. Möge es bei dieser
Gelegenheit einmal gesagt sein, dals der Begriff „Insuffizienz der Ljrmph-
gefiüse^ wenigstens bei der Haut, in den meisten Fallen, wo er hier
angewandt worden ist, gar keinen Sinn hat. So überall dort, wo die
Blntge&lswandungen noch gesund sind, also die Lymphge&lse nur eine
Nebenschlieisung für den Lymphstrom darstellen.
Für EjiEMENSIEWIOZ und BOrnsr ist also das einzig mögliche, ur-
sächliche Moment dieser Ödeme die vermehrte Bildung von TranS'^
sudat und zwar:
A. durch Paralyse der Arteriomotoren. Hier kommt wieder
zweierlei in Betracht:
a. die mechanische Beeinträchtigung des bereits erzeugten Trans-
sudats auf den Blutstrom (Körner),
b. die „aktive"' Thätigkeit der Endothelien (Tigerstbbt und
Santesson).
BöRNER parallelisiert die von Klemensiewicz unter a. erwähnte
Beeinträchtigung des Blutstroms nach Körner mit seiner (Roaowiczschen)
Annahme einer doch quasi „entzündlichen*' Funktionsstörung der Endo-
thelien; mit welchem Becht, will mir nicht einleuchten, wie ich über-
haupt in dieser KöRNERschen Beobachtung keine Grundlage des Ödems
erblicken kann.
Die TiQERSTEBTsche Hopothese würde Börner eine gute Stütze
geben, wenn sie ihm nicht doch auch zu unbewiesen vorkäme. Wir
haben dieselbe oben bereits als unnötig zurückgewiesen.
B. Durch Druckerhöhung ohne paralytische Hyperämie.
Dafs auch ohne Hjrperämie Druckerhöhung im Kapillarsystem auf-
treten kann, wodurch natürlich die blassen Hautschwellungen von
Börner eine genügende Grundlage erhalten würden, versucht derselbe
aus den uns schon bekannten Arbeiten von Klemensiewicz zu beweisen.
Die rhythmischen und kompensatorischen Arterienkontraktionen, das Vor-
handensein der Yentiläste und manches andre wird angezogen, wodurch
nach unserer Ansicht wohl der beständige Wechsel des Druckes in den
verschiedenen Kapillaren eines Arterienbezirkes, durchaus aber kein
Hindernis für die Lymphabfnhr je erklärt werden kann. Denn das weite
Yenensystem überkompensiert diese auf- und abwogenden und ihren Ort
verändernden Druckschwankungen reichlich. Börner glaubt nun aller-
dings, dafs den Druckschwankungen der gröiseren Gefäfse die entsprechen-
Monatahefte. 33
500
den Kaüberschwankungen der kleineren sich nicht stets exakt ansdilie&eB,
so daüs hier und da ein in anbetracht des augenblicklichen Gef^Gsqiier-
Schnitts übergroiser Druck in den Elapillaren auftreten mub xmd zun
Ödem sofort Veranlassung gibt. Aber, so müssen wir fragen, was haX
diese Erscheinung, welche, wenn sie auftritt, doch nur als Zeiekm
vorübergehender, punktuell mangelhafter Kompensation aufgefiaüst werdn
könnte, mit den eine längere Zeit persistierenden, über weite
Kapillargebiete ausgedehnten Hautschwellungen des „nerröses*
Ödems gemein? Wir können nicht zugeben, dafs sich aus diesen ^UDge-
nügend kompensierten Druckschwankungen'' das Wesen der Hant-
schwellungen „in ungezwungener Weise'' erklären lasse. BOrner nemit
sie „einfach das Resultat einer yon den betreffenden größeren Geftfsen
ausgehenden Blutdrucksteigenmg, welche zu rasch abläuft, nm 8of<»t
kompensiert zu sein. Vor Eintritt der nötigen Kompensation hat die auf
die Elapillaren sich fortsetzende Drucksteigerung bereits vermehrtes Trans-
sudat in das umliegende Gewebe gesetzt."
Also die Blutdrucksteigerung soll zu rasch ablaufen, um sofort kom-
pensiert zu sein, und doch soll die dadurch entstehende Transsudationd-
steigerung eventuell Tage lang anhalten 1 Ein merkwürdiges PhflnomeiL
Besonders merkwürdig bei offenen Venen und venösen Kapillaren; denn
von einer Kontraktion dieser, von einem Hindernis an diesem für jedes
Ödem wundestem Punkte spricht Börner garnicht.
Kurz gesagt, kommen also nach Börner die mit Hyperämie einher-
gehenden Schwellungen durch einfache paralytische Hyperämie, die Uassei
Schwellungen durch uokompensierte Drucksteigerung ohne Hyperämie
oder einer solchen voraufgehend zu stände. Alle ursächlichen Momente,
die paralytische Hyperämie sowohl wie die unkompensierte Drucksteigenzng
liegen dabei auf der arteriellen Seite des Blutstromes.
Wir müssen dagegen behaupten, dals kein einziges dieser Phänomene
allein zum Ödem führt; dals stets nur die relative Insuffizienz der
venösen Abfuhr das Auftreten von Ödem nach sich zieht, dals al»
letzteres unter allen Umständen die wahre Ursache ist, erstere Erschei-
nungen dagegen höchstens im Einzelfalle begünstigende NebenumstSnde
abgeben können.
BöRNERs Verdienst, den Zusammenhang der Biesenurticaria mit de&
Veränderungen der Sexualorgane beim Weibe klinisch genau verfolgt und
dadurch überhaupt den auf der Bahn vasomotorischer Befiexe sich ab-
spielenden Beziehungen zwischen Qenitaltrakt und Haut eine bessere
Grundlage gegeben zu haben, als diese bisher besalsen, ist ein großes,
was wir mit Freude anerkennen. Und wir können dieses Verdienst nicU
als geschmälert ansehen, weil wir die von Börner versuchte nähere Be-
gründung dieses Zusammenhanges für verfehlt erachten müssen.
501
BObneb und Klembnsixwicz wufsten offenbar nicht, dals schon vor
Abfassung dieser letzten Arbeit eine Abhandlang von mir über Urticaria^
eine allgemeine Theorie dieses Ödems enthielt, welche sich ohne jede
Abänderung auf alle „nervösen*' Ödeme ausdehnen Iftfst und, wie ich
glaube, alle Schwierigkeiten auf diesem Gebiete mit einem Sdilage be-
seitigt.
Wenn Cohnhbim noch sagte: „ich wüfste nicht, auf welche andre
Weise die Nerven die Transsudation direkt steigern könnten, als durch
Erhöhung der Durchlässigkeit der Gefälswände", so antworte ich darauf:
„Die Nerven können direkt die Transsudation steigern ohne
Erhöhung der Durchlässigkeit der Gefäfswände, wenn sie
eine Verengerung der sehr muskulösen Venen der Haut be-
wirken. Dieses wäre also im CoHNHEmschen Sinne ein Ödem, welches
nicht (wie das Oedema Cachecticorum, das Ödem der Nephritiker, der
Skarlatinösen) unter die entzündlichen einzureihen wäre, sondern unter
die mechanischen oder Stauungsödeme. Nur käme hier die Blut-
stauung nicht durch ein organisches, sondern durch ein funktionelles
Hindernis zu stände, und demzufolge wäre das Ödem nicht ein bleibendes,
sondern ein flüchtiges, nicht ein „plastisches*', sondern ein „elastisches".^
Wie sich alle einzelnen klinischen Symptome der Urticaria aus der
Annahme eines venösen Spasmus befriedigend erklären, habe ich in der
citierten Arbeit dargelegt, ja ich habe dort bereits darauf hingewiesen,
dafs die Riesenurticaria, das akute umschriebene Ödem Quinckes, ganz in
derselben Weise vollkommen verständlich wird; ebenso ist hiermit auch
eine befriedigende Aufklärung über die Entstehung der reflektorisch
erzeugten Hautschwellungen der Menstruationsperiode und des £limaz
/Börner) gegeben.
Durch eine einzige Hypothese aber für eine ganze Beihe von
Erkrankungen ein volles Verständnis gewinnen zu können, für deren Er-
leuchtung bisher nur eine Anzahl unhaltbarer und sehr komplizierter
Theorien aufgestellt sind, die — ich verweise nochmals auf meine citierte
Arbeit — auch von den Dermatologen bis heute in widersprechendster
Weise gedeutet, aber nirgends wirklich erklärt werden konnten, — das
macht eine solche Hypothese zu einer wissenschaftlich vollberechtigten,
zu einer im hohen Grade erwünschten. Sie muls in Zukunft in erster
Linie von Seite der Kliniker wie der Experimentalpathologen dem Ex-
periment unterworfen werden, und ich hoffe, bald in der Lage zu sein,
selbst experimentelle Beweise für ihre Berechtigung zu bringen.
* Beiträge zur Anatomie und Pathogenese der Urticaria simplex u. pigmentosa.
Dermaiologiache Studien. Hamburg. Heft §. 1887.
* A, a. 0.
33»
502
Hier möchte ich nur noch die Frage beantworten, ob meine Theorie
der verschiedenen Formen des sog. „nervösen" Odems gegen irgend welche
bekannte Thatsache der Experimentalpäthologie oder der Klinik YerBtoüst
Denn dafs sie im allgemeinen mit den Thatsachen der Anatomie nnd
Physiologie der Haut vollkommen harmoniert, glaube ich im bisherigen
erwiesen zu haben.
Durch alle Arbeiten über Ödem geht der bekannte Veisuch von
OsTROXTMOFF als Beweis, daJjs Ödem der Zunge ganz allein durch eine oft
wiederholte Lingualisreizimg erzeugt werden kann. Sowie aber überhaupt
nur die Möglichkeit zugegeben ist, dafs ein Ödem bewirkt werden kann
durch einen Yenenspasmus, der nicht stärker zu sein braucht, als dais er
für den verstärkten arteriellen Blutzufiufs ein Abfiufshindemis setzt, so
sieht jeder, daüs dieser Versuch auch eine andre Deutung zuläfst Es
muis jetzt eben erst untersucht werden, ob der Lingualis nicht neben
arterienerweitemden auch venenverengemde Fasern führt.
Ebenso ist es klar, dafs die Ödeme der Beine bei Myelitis und bei
Blutungen im Bückenmark, die der Arme bei Syringomyelie desselben
(Rbiiak), die Ödeme bei peripherer Neuritis und bei Neuralgien, dafs alle
diesQ immerhin seltenen Formen des Ödems, welche mit einer Nerven-
affektion klinisch in Zusammenhang gebracht werden, auch die Möglich-
keit einer spastischen Verengerung der Venen zulassen und auf diese
Weise um so eher anstandslos erklärt werden können, als alle diese
Affektionen Nervenreize abzugeben geeignet sind. Jedenfalls ist ihre
gewöhnliche bisherige Erklärung als Folgeerscheinung einer Parese der
Arteriomotoren wissenschaftlich unzulässig; die Arter ioparese allein
ist nie ausreichend um Ödem zu bewirken, wohl aber verstärkt sie den
ödematoforen Einflufs einer Venenreizung.
Das „nervöse" Ödem ist also nach wie vor ein berechtigter Begriff,
aber nicht in dem Sinne, als ob auf nervösem Wege die Endothelien
mehr oder weniger zur Traussudation geschickt oder sogar zu einer
„Lymphsekretion" veranlafst würden; sondern in dem viel einfacheren
Sinne, einer Beeinträchtigung der normalen Verhältnisse des
Blutabflusses der Haut auf nervösem Wege, sei es, daCs allein
die Venenlumina spastisch verengt oder aulserdem noch die Arterienlumina
paretisch erweitert werden.
Hiermit ist das „nervöse*' Odem nur als ein besonderer Fall des
mechanischen oder Stauungsödems erkannt. Die mysteriösen Andeutungen
aller pathologischen Lehrbücher, als ob aufser dem entzündlichen ödem
imd dem Stauungsödem noch eine Beihe von Ödemen übrig bliebe, welche
nicht auf diese Weise erklärlich seien, und wegen derer allein ein aller-
dings noch unklarer, direkter Einfluls der Nerven auf die Transsodation
unabweisbar schiene, sind vollständig überflüssig. Alle Ödeme der Hantr
503
bei weloher das Endothelrohr in seiner Substanz verändert ist, sind ent-
zündliober Natur (Cohnheim),. alle übrigen ebne Ausnabme sind
Stauungsödeme.
eines Falles von Lepra.
Von
Dr. M. Sanbbeczky,
Direktor des EinderhospitaU zu Jerusalem.
Herr Dr. Dbeckmann in Vienenburg hat auf der 61. Naturforscher^
Versammlung in Köln einen Vortrag über Heilung eines Falles von Lepra
gehalten; in der neueren Litteratur. sind auch ein paar wertvolle Fälle von
Heilung veröffentlicht worden, und so getraue ich mich auch mit meinem
schon vor vielen Jahren in meinem Kinderhospital behandelten geheilten
Fall vor die Dermatologen und Spezifiker zu treten. Der Grund meines
langen Schweigens war einfach der, dafs ich einen einzelnen Fall nicht für
malsgebend betrachtete und weitere Heilungen noch konstatieren wollte.
Daran wurde ich leider verhindert durch die immer gröfser werdende
Inanspruchnahme meines Kinderhospitals durch andre Kranke, welche
sich bei den beschränkten fUumlichkeiten geweigert hätten, mit Aussätzigen
zusammen zu logieren.
Mein Fall betrifft einen Jungen von 8 Jahren aus einem Dorfs, wo
unter 800 ? Einwohnern sich 8 ? Lepröse befinden sollen ^ ; er stammte
von gesunden Eltern, und weder unter seinen Verwandten, noch unter
seinen Geschwistern war ein Fall von Lepra vorgekommen. 2 Jahre vor
seiner Aufnahme zeigten sich die Spuren der Krankheit im Gesicht, und
als die Krankheit zunahm, wurde er von den Dorfältesten und seinen
Verwandten auf die Strafse gesetzt, aus Haus und Hof vertrieben und
irrte als Bettler in Jerusalem herum. Die Zeichen und Symptome,
welche er bei der Aufnahme zeigte, waren folgende: Gesicht gedunsen,
glänzend, Gesichtsfarbe bräunlich gelb, ungesund; die Augenlider, die
Ohren, die Nase geschwollen, infiltriert ; Knoten auf der Stirn, den Augen-
wimpern, den Augenlidern, auf der Nase, einige davon in Verschwärung;
Augenconjunctiva rot und infiltriert, an einzelnen Stellen gelbe Punkte;
* Genaue Statistik fehlt gänzlich.
1
504
Augen thränend mit Ectropium des unteren Augenlids; Coryza der Nise;
auf dem Gtiumen und im Pharynx Infiltrationen, kleine Taberkeln
und Uloerationen ; stinkender Atem; die Stimme rauh und nfiselnd:
an den Artikulationen der Hand Yerdickxmgen und Einsdmflmiigen
über der ' ßelenkgegend; an zwei Fingergelenken Ulcerationen und
Kontrakturen. Anästhesie mehr oder weniger im Gresioht und an d€&
Armen und Händen; reifsende Schmerzen in den oberen und onteieB
Extremitäten. Sein junges System auch durch viel Weohselfieber ge-
schwächt. Appetit gut. Hautthätigkeit ganz aushoben, selbst in der
gröfsten Hitze, bei der Arbeit kein SchweÜB. Meine mit ihm vorge-
nommene Kur und Beobachtung dauerte 4 Jahre, also sehr viel Ifinger
als die des oben angegebenen Falles von Dr. Dbeckhann. Ich behielt
den Jungen auch nach der Kur in meiner Beobachtung, insbesondere bei
erwarteter Pubertät, um genau zu konstatieren, ob Büokfallszeichen ein-
treten würden. Meine Behandlung des Leprösen war gar keine spezifische,
vor aUem richtete sich dieselbe auf Verbesserung und Kräftigung des all-
gemeinen Zustandes xmd starke Anregung der Hautthätigkeit: Aufendialt
und Arbeit im Freien, Gymnastik, Massage; Bekämpfung des Fiebers;
Darreichung von verschiedenen Eisen- und Chininpräparaten ; Bädern tob
grüner Seife, Eisen, Schwefel, Salz von sehr hoher Temperatur und darauf-
folgenden Einwickelungen mit Schwitzen. Wegen der Ulcerationen muiste
von lokaler Anwendung von Chrysaröbin und selbst von grüner Seif«
abgesehen werden, da dieselben Entzündung und groise Schmerzen ver-
ursachten. Auf einzelne Knoten wurden dieselben und auch Jod lange
ohne irgend welchen Erfolg angewendet.
Ich konnte noch im Laufe des zweiten Jahres eine merkliche Besse-
rung des Zustandes, den Knotenschwund, beobachten. Die ersten Fort-
schritte zeigten die Ulcerationen, die ganz einfach behandelt wurden, dann
hob sich nach und nach die Anästhesie, nach und nach schwanden die
Hals-, Nasen- und Fharynxstörungen und die Infiltrationen, zuletzt lösten
sich die Knoten, von denen mehrere während der Behandlung Te^
schwärten. Die Kontrakturen an den Fingern blieben zurück.
Jetzt lebt der Jüngling in seinem Dorf unter seinen Verwandten
und verdient sich in der Stadt sein Brot als Taglöhner.
Ich möchte gern noch mehr lepröse Kinder zur Behandlung auf-
nehmen, aber die eigenen Mittel fehlen mir dazu, und eine mehrjährige
Kur, wie die, welche ich angegeben, kostet sehr viel. Gibt es eine
Möglichkeit, den Aussatz zu heilen, so ist sie sicherlich bei den Kinden,
im Anfangsstadium zu erreichen; bleiben sie gesund, so ist doch eber
zu erwarten, dafs die nächste Generation auch von der Lepra frei bleiben
würde. Der Aussatz hier im Lande nimmt nach Aussage der Dorf-
ältesten ab. Kultur und die doch auch hier fortschreitende Civilisation
505
tragen gewifs etwas dazu bei. Der lepröse Mann des Dr. D. ist über-
zeugt, von seiner Fran angesteckt worden zu sein. Wie? auf dem ge-
schlechtlichen Weg oder auf welche Art? Mir sind viele Lepröse bekannt,
deren Frauen ganz gesund sind; Männer kohabitieren auch mit leprösen
Frauen und behaupten, nicht aussätzig zu werden; lange dauert das Zu-
sammenleben nicht, denn der Mann sucht sich in diesem Lande der
Freiheit bald eine andre als Ersatz für die durch den Aussatz Entstellte«
An das Kontagium des Aussatzes glaubt jetzt niemand hier in
Jerusalem, dazu hat das Hermhuter Aussätzigen -Asyl viel beigetragen,
da dasselbe seit seinem Bestehen 1867 keinen einzigen Fall von An-
steckung bei seinen Angestellten zu beklagen hatte. Dessenungeachtet
will aber diese Anstalt, die mehr philantropisch-religiös als wissenschaft-
lich und unter geistlicher Direktion ist, durch Einsperren aller Aussätzigen
des Landes den Aussatz in demselben vernichten, und sind die Vorsteher
sehr ungehalten, dafs die türkische Regierung nicht damit einverstanden
ist, dieselben durch Entziehung der Freiheit und Aufhebung des ehelichen
Lebens bei den Leprösen in diesem grausamen Vorhaben zu unterstützen.
In dem Prachtbau der Anstalt, der 80000 Frcs. gekostet, befinden sich
nur 20 — 25 Aussätzige, meistens sehr schlimme alte Fälle. In Palästina
nimmt man an, dais sich höchstens 500 Aussätzige daselbst befipden.
Mein Vorschlag, diese Anstalt zu einer Erziehungs- und Kuranstalt
für lepröse Kinder umzuwandeln, wurde abgewiesen, da die Gründerin
die Anstalt für Erwachsene bestimmt habe; bis jetzt ist aber noch keiner
geheilt worden, und für die schweren chronischen Fälle könnte man ja
immer ein kleines Asyl behalten.
Die Kinder mit beginnendem Aussatz mit Erwachsenen, die mit
allen Schrecken der Krankheit behaftet sind, einzusperren, wäre unwissen-
schaftlich. — Sektionen wurden im Asyl noch keine gemacht, imd ist es
sehr schwer, fast unmöglich, von Lebenden ein Präparat zu erhalten,
weil die Kranken behaupten und glauben, dafs dann der Verlauf der
Krankheit schnell ein lethaler werden würde.
506
Über die Dermatitis herpetiformis DuhrinsTS.
Von
Dr. L. Bbocq
in Paris.
(Übenetst ron Dr. TÜBKHEIM in Hamburir.)
m. Teü.
Dermatitis polymorpha pruriginosa acata.
Bei Besprechung der DuHKiNGsohen Arbeiten über Dermatitis herpetiformu ia
ersten Teil dieser Abhandlung habe ich eine Gruppe von Fällen unterschieden, die
sich auszeichnet: 1. durch einen polymorphen Ausschlag, bestehend aus Erythemo,
Vesikeln, Blasen, bisweilen sogar auch Pusteln, einfach oder in circinarer Anordnm;;
2. durch Jucken, Prickeln, Brennen; 3. durch einen schnellen Verlanf; 4. dnid
sonstiges, fast ungetrübtes Wohlbefinden und durch regelmalsigen Ausgang m
Heilung.
Wir haben gesehen, daijs diese Fälle nach ihren subjektiven und objektfm
Symptomen mit den Formen der D. p. p. chronica nahe verwandt sind. Bei der
Gelegenheit habe ich, ohne einstweilen eine bestimmte Ansicht über ihre mbn
Natur, über den ihnen unter den Krankheiten gebührenden Platz aufzustellen, mk
dahin geäufsert, dais ich mich mit dem Studium derselben weiter befassen moM.
damit sie nicht mehr, wie bisher, mit den andern polymorphen, veeikulo-buUoKi
Erythemen verwechselt würden, sondern zu einer besondem Gruppe vereinigt werdes
könnten, die allerdings erst ungeniigend abgegrenzt sei, und die ich Torlänfig Der
matitis polymorpha pruriginosa acuta genannt habe.
Auf den ersten Blick scheint diese Aufstellung^ sehr einfach; leider entdeckt
man beim Eingehen auf die zahlreichen bekannten oder noch unveröffientÜchten
Fälle, die diesem „Syndrome" entsprechen, dals sie sehr verwickelter Natur dai
Da ich nicht alle Fälle hier mitteilen kann, so habe ich wenigstens eine AusviU
getroffen, die mir ermöglichen wird, die wichtigsten Varietäten vorzufuhren, losie
die ganze Bedeutung und die ganze Schwierigkeit der Frage klar zu machen.
Diese Fälle bilden eine ununterbrochene Kette, welche die Varietas benigot
der D. p. p. ä poussSes successives und den Herpes gestationis einerseits, mit des
polymorphen pruriginösen Ausschlägen schnellsten Verlauf und dem Erythems poly*
morphum vulgare anderseits verbindet.'
Ich mufste sie daher in verschiedenen Gruppen unterbringen. Zuerst sei eise
Übersicht über diese Einteilung gegeben; daran schlielse sich dann die Kitteiloog
* Vergl. wegen der Einzelheiten die erste Abteilung dieser Arbeit; ich möchte
mich, zumal bei einer auf so schwachen Füfsen stehenden Gruppe, nicht allzahin£ger
Wiederholungen schuldig machen.
' Sind die Eigenschaften, derentwegen wir diese Formen vom Erythema polj«
vulgare trennen, deutlich ausgedrückt? Besitzt der Schmerz hier wirklich dieselbe
symptomatische Bedeutung, die ich ihm zuschreibe? Es sind das lauter fragliche
Punkte, die der endgültigen Entscheidung noch harren; letztere schneller herbeiia*
führen, ist einzige Zweck dieses dritten Teils.
507
der Falle, die mir zur Aufstellung der Kategorien gedient haben. Dieser Klassi-
fikAtion lege ich selbstrerstandlich keinen grofsen Wert bei; ich betrachte sie viel-
mehr nur als ein Hilfsmittel^ um die Fälle besser zu übersehen und nutzbar zu
machen.
Vorläufige Einteilung der Formen yon Dermatitis polymorpha
pruriginosa acuta.
Die folgenden 18 Fälle ^ zerfallen zuvörderst in zwei Gruppen: 1. in solche, bei
denen es nur zu einem Anfall kommt; 2. in solche mit Rückfällen. Ich
wiederhole noch einmal, dafs diese Einteilung sehr gekünstelt ist; denn wer bürgt
z. B. dafür, dafs bei dem einen oder dem andern der 8 rückfallfreien Fälle nicht
später doch noch ein solcher aufgetreten sei? Sie erleichtert aber die Über-
sichtlichkeit.
1. Bückfallsfreie Ausschläge.
Sie lassen sich wieder in 3 Unterabteilungen zerlegen, und zwar:
1. Fälle, a. mit einem hervorragend polymorphen Ausschlag, der
sich aus primären Elementen, wie figurierten oder regellosen Erythemen, Papeln,
Papulo-Vesikeln, Vesikeln, Blasen imd selbst Pusteln, und aus sekundären Elementen,
wie Schuppen, Krusten, Prurigo zusammensetzt; — b. mit ausgesprochenen
subjektiven Symptomen, wie Jucken, Stechen, Hitze, Brennen; — c. mit
schnellem Verlauf von 15—30 Tagen in Form kleinerer sekundärer
Schübe, die bisweilen voneinander verschiedenes Aussehen haben; — d. mit voll-
ständiger oder fast vollständiger Erhaltung des Allgemeinbefindens.
Solche Fälle, deren ich 6 (Beob. A— F) mitteilen werde, verdienten vielleicht
für sich die Bezeichnung Dermatitis polymorpha pruriginosa acuta ; darüber läfst sich
aber wie gesagt, noch streiten.
2. Akute Ausschläge von kurzer Dauer und herpetischem Aussehen,
die also nur aus Vesikeln oder Vesikel-Pusteln bestehen; letztere stehen bald ver-
streut, bald in Spiralen geordnet oder unregelmäfsig entwickelt auf einem roten,
pruriginösen Orunde. — Auch diese Fälle lassen sich nur etwas gewaltsam in eine
Gruppe zusammenzwängen und verdienen noch am ehesten die Bezeichnung Derma-
titis herpetiformis. Sie sind am wenigsten polymorph von allen in dieser Arbeit
behandelten Formen. Man hat sie früher ab Herpes circinatus, Febris herpetica,
Herpes generalisatus febrilis, Herpes phlyctaenodes u. s. w. beschrieben. Wiewohl sie
vielleicht garnicht hierher gehören, habe ich ihrer doch erwähnt, um auf die ihnen
mit den andern Formen gemeinsamen Züge hinzuweisen. Sie verlaufen mit (Beob. G.)
und ohne Bückfall (Beob. J, N).
3. Bückfallsfreie, länger dauernde und ziemlich heftig auftretende
Ausschläge, die ein Bindeglied bilden zwischen der nicht recidivieren-
den Dermatitis p. p. acuta und der D. p. p. subacuta (Beob. H.).
2. Recidivierende Ausschläge.
Auch hier lassen sich 3 Gruppen unterscheiden:
1. Polymorphe, pruriginöse Ausschläge, die periodisch zur näm-
lichen Jahreszeit einen Bückfall zeigen (Beob. J, D).
• Ich habe sie mit den Buchstaben A — B bezeichnet, um jede Verwechselung
mit den Fällen von Herpes gestationis und Dermatitis polym. prurig. chron. zu
verhüten.
508
In diesen beiden Fällen handelte es sich um Männer von 30, bezw. 25 Jshren.
Ebrsterer hatte seit seinem 8. Jahr in jedem Augost einen juckenden Vesikel- und
Blasenausschlag, letzterer seit seinem 20. Jahr in jedem März; bei diesem zieagtt
das Exanthem einen deutlich herpetischen Charakter und dauerte nur an 14 Tage.
Bei beiden waren auch die Schleimhäute befallen.
2. Pruriginöse, polymorphe, akute Ausschläge, mit Bfickfällen zu
unbestimmten Zeiten (Beob. K, L, M, M^).
Im Fall £. (20|jähr. Mensch) waren bereits 5 Rückfalle aufgetreten, als der
Kranke auf die Abteilung von £. Vidal kam. Die Anfalle, die hochgradig polymorph
and pruriginös waren, dauerten 20 — 30 Tage und wiederholten sich erst nach einer
mehrmonatlichen Pause völliger Gesundheit. — Im Fall L. (17jähr. Mensch) lag
zwischen zwei KückläUen von je 20 — 25tägiger Dauer ein freier Zeitraum, von
IVa Jahren. — In Beob. M. (nervöse Frau von 26 Jahren) kam es innerhalb weniger
Wochen zu drei Anfällen von imgefähr je 14tägiger Dauer. Der erste Anfall sdieint
rein erythematös gewesen zu sein, woraus man vielleicht schlieisen kann, dafs, wie
beim Hexpes gestationis und der Dermatitis p. p. chronica, so auch hier der Prozels
bisweilen, wenn auch selten das erythematöse Stadium nicht überschreitet. — Im
Fall M^. endlich hatte die Kranke 10 Anfalle von je ungefähr 1 Monat Dauer mit
langen Zwischenzeiten völligen Wohlbefindens.
3. Polymorphe, pruriginöse, akute Ausschläge mit Bückfällen; sie
bilden die Übergangsform von der Dermatitis p. p. acuta zur D. p. p.
subacuta k pouss^es successives.
Diese Fälle ordnen sich in zwei Klassen:
a. In der einen Klasse haben die Anfalle zwar keine lange Dauer, aber sie
wiederholen sich so hartnäckig und nach so kurzen, unregelmäfsigen Pausen, dals üe
mit denjenigen Formen der D. p. p. chronica eine auffällige Ähnlichkeit gewinnen,
in welchen der Ausschlag nicht sehr heftig auftritt und aus kurzdauernden Schülien
besteht, die durch Zwischenpausen fast völliger Gesundheit voneinander getrennt sind.
Die weiter unten angeführten Beobachtungen N. und 0. scheinen mir in dieser Be-
ziehung typisch zu sein.
In Beobachtung N. (Herpes phlyctaenodes von Gibert) handelt es sich um eine
27jährige Frau, die 1814 infolge heftiger Gemütserschütterung einen ersten, sehr
juckenden, erythematös-vesikulösen Ausschlag bekam. Dann wiederholten sich die
Schübe, die 5 — 6 Wochen gedauert zu haben scheinen, fast fortwährend — allerdings
mit freien Zwischenzeiten — bis 1819, wo die Kranke zur Beobachtung kam. Die
Anfälle traten immer mit Menstruationsstörungen auf. In dieser Hinsicht könnte
diese Beobachtung als ein Übergangsfall von der recidivierenden D. p. p. acuta zum
Herpes gestationis aufgefalst werden, ebenso wie die Beob. XXXL (11. Teil) eis
Bindeglied bildet zwischen der Dermatitis polymorpha pruriginosa chronica und dem
nämlichen Herpes gestationis.
In der Beobachtung 0 (Cazenave-Chausit. — Pemphigus pruriginosus, Pemphigus
acutus successivus) handelt es sich um einen 35jährigen Mann, der infolge von über
anstrengung an einem erythematös-bullösen juckenden Ausschlag in aufeinander-
folgenden Schüben erkrankte; die einzelnen Anfälle dauerten zusammen 3 Monate;
dann nach einem Monat völliger Gesundheit ein neuer milder Ausschlag von 14tagiger
Dauer, dem in Zwischenräumen von je einem Monat noch 5 völlig ähnliche Anfille
folgten; endlich nach lebhafter Gemütsbewegung ein echter, sehr heftiger An&lL
über den weiteren Verlauf der Krankheit ist nichts vermerkt, aber wie wohl jedem
einzelnen Anfall eine kurze, völlig freie Zwischenzeit folgte, so wird es doch schwer,
509
so schnell einander folgende Schübe nicht als Einzelglieder einer und der nämlichen
Erkrankung anzusehen.
b. In der 2. Klasse von Fällen (Beob. P und B) dauert der Ausschlag viel
länger. In der Beob. P wurde der 68jShrige Patient zuerst von allgemeinem Brennen
be£allen, dann im Juni 1886 von einem polymorphen, bullösen, juckenden Ausschlag,
der 2 Monate dauerte. — 8 Monate später leicht blasiger Ausschlag, und fast un*
mittelbar darauf, im Juni 1887, ein neuer polymorpher Ausschlag von 1 Monat
Dauer.
Im Fall B, der als Übergangsform noch vie^ lehrreicher ist, erkrankt der
18jährige Patient zuerst an einem leichten Papelnausschlag, dann, gegen Ende Juni,
an einem polymorphen, erythematösen, vesikulösen und bullösen Ausschlag, der
anfallsweise verlief, Haut und Schleimhäute befiel und nach ungefähr 2 Monaten
Dauer unter Anwendung von Sol. Fowleri heilte. Aber schon nach 3 — 4 Wochen,
da der Patient wieder an seine gewohnte Beschäftigung gehen wollte, stellten sich
die nämlichen krankhaften Erscheinungen, nur noch heftiger, wieder ein. Arsen
blieb wirkungslos, und die Dermatose verschwand erst nach 27* Monaten unter An-
wendung von Chinin und subkutanen Atropineinspritzungen.
Wie im ersten und zweiten Teil dieser Abhandlung kann ich auch hier wegen
des knappen Baumes nur einen kurzen Auszug der unveröffentlichten Fälle geben.
1. Bückfallsfreie Ausschläge.
Fall A. (Beobachtung von Servier und Bont. — Herpes generalisatus
febrilis.)*
Mann von 23 Jahren, fühlte sich zuerst 3—4 Tage unpäfslich und erkrankte
dann am 10. April an einem Ausschlag kleiner Knötchen, die teils in Gruppen,
teils einzeln standen, an der Spitze schnell eine Yesikel entwickelten, sich über den
ganzen Körper verbreiteten, nach 5 Tagen sich an den Beinen in Blasen ver-
wandelten und in mehreren Anfällen hintereinander auftraten. Am 23. April wird
der ganze Ausschlag blasig und verursacht lebhhaftes Brennen. Am 27. April
werden Pusteln sichtbar. Am 17. Mai scheint die Krankheit vorüber, jedoch bildet
sich jetzt auf den Armen und Beinen ein Prurigo. 6 Tage später tritt endgültige
Heilung ein.
NB. Dieser Fall findet sich als Herpes general. febrilis veröffentlicht. Ich
brauche wohl nicht erst ausdrücklich zu erklären, dafs diese Bezeichnung verkehrt
ist. Mochte der Ausschlag auch im Anfang einige Ähnlichkeit mit Herpes haben, so
gestatten die später auftretenden Blasen, Pusteln, sowie der Prurigo doch viel eher
den Fall unter die Formen der Denn, polym. prurig. acuta au&unehmen. Allerdings
sind die funktionellen Störungen hier nicht gerade typisch. So trat das Jucken erst
14 Tage nach Beginn des Ausschlags auf; freilich bildete es auch wieder das letzte
Krankheitssymptom; da es aber zu Anfang fehlte, so ist der Fall etwas fraglich.
Man erkennt hieraus wieder, wie schwer die Beurteilung derartiger Fälle ist und
dafs ihre Klassifikation einstweilen nur ungenügend gelingt.
Fall B. (2. Beob. aus der These von Nodet. — Beobachtet von
M. Lailler — Pemphigus acutus.)*
* Beobachtet von Bont auf der Abteilung von Servier, Militär-Lazarett zu
Besancon. Vergl. Annäles de Dermat. et de Syph. Bd. 6. pag. 46. 1874—1875.
^ NoDET, Beitrag zum Studium der pemphigoiden akuten Eruptionen. These.
pag. 88. 1880.
510
Mann von 33 Jahren, überarbeitet, bemerkt am 21. Juni zuerst Brennen, dann
einen Blaseuausschlag auf der innem Sohenkelfläche. Nach 2 Tagen Brbreehfln,
Schlaflosigkeit, Verallgemeinerung des Ausschlags, der auch auf die Wangenacbleim-
haut überspringt. Am 4. Juli, unter erneuertem heftigen Brennen, erjthematötes
Befallenwerden des ganzen Körpers, das aber nur einige Tage dauert Am IL Juli
einige Ekthymapusteln.
NB. Dieser Fall kann als ein typisches Beispiel meiner Dermatitis poljm.
prurig. acuta betrachtet werden.
Fall C. (Beob. 19 aus der These von Nodbt. — Aufgenommen von Laillek. —
Hydroa? Erythema polymorphum?)'
llann von 24 Jahren wird am 19. Augrast fast über den ganzen Körper von einem
ei-ythematösen, bullösen und pustulösen Ausschla^r befallen; dabei heftiges Jucken,
namentlich im Anfang. Am 9. Septbr. vollständige Heilung.
Fall D. (Beob. 12 aus der These von Nodbt. — Aufgenommen von Laillkb. —
Pemphigus acutus? Hydroa bullosum?y
Mann von 24 Jahren, erkrankt am 21. Septbr. fast über den ganzen Körper
an einem nicht sehr reichlichen, juckenden, erythematösen, vesikulösen, bullösen Aus-
schlag, der am 4. Oktbr. völlig geheilt ist.
NB. NoDET bemerkt zu diesem Fall: „Er ist ein Beispiel einer pemphigoiden,
polymorphen Dermatose. Die Symptome von Urticaria, von Herpes en Cocarde, von
Erythema papulosum, von Pemphigus finden sich gleichzeitig bei dem nämlichen
Individuum."
Fall E. (Beob. von G. T. Elliot. — Hydroa herpetiforme)'
Mann von 23 Jahren, leidet seit dem 27. Septbr. an einem pruriginösen, papa-
lösen, erythematösen, später vesikulösen und bullösen Ausschlag, der gruppenweise
aufti'itt. Seit dem 6. Oktbr. ist der Ausschlag wesentlich geringer.
Fall F. (Noch nicht veröffentlicht. — Aufgenommen durch Bbocq auf der Ab-
teilung von E. ViDAL.)
TKtB. . . 48 Jahre alt, Schneiderin, kommt am 19. Mai 1881 auf die Abteilung
von E. ViDAL, Hopital Saint-Louis. Dir Vater soll hautkrank gewesen sein. Sie selber
hatte vor 15 Jahren Gelenkerscheinungen. Seit 3 Jahren ist die Kegel weggeblieben.
Sie ist sehr nervös und hysterisch. Seit langer Zeit wird sie im Frühjahr von einem
Ausschlag befallen und verspürt von Zeit zu Zeit heftiges Brennen, leidet an chroni-
scher Bronchitis und Emphysem.
Der jetzige, seit 3 Wochen bestehende Ausschlag hat an den Beinen begonnen,
ging dann auf die Arme über, war von lebhaftem Brennen begleitet ; keine Allgemein-
erscheinungen, höchstens etwas weniger Hunger als sonst.
Status praesens: Auf der Yorderfläche des rechten Unterarms sind Papulo-
vesikeln und hin und wieder auch rote Papulopusteln sichtbar, auf entzündetem
Grunde, von einer erythematösen Plaque umgeben. Die Haut ist in der Umgegend
verdickt. Auf der Innenfläche des Arms und Vorderarms befinden sich ähnliche
exkoriierte Papulovesikeln. Links sieht man nur auf der Hohlhand eine umfangreiche
Yesikel. Auf den Schultern einige kleinere derartige Elemente, die Prurigo ähnlich
sahen, auf dem Rücken mehrere exkoriierte Gruppen, die Herpes vortäuschen, eben-
^ NoDÄT, a. a. 0. pag. 127.
^ NoDET, a, a. 0. pag. 109.
^ G. T. Elliot, Beitrag zur Pathologie und Histologie der Hydroa herpetif.
The New-York Med, Journal. 1887. 23. April.
511
solche Elemente findet man an der rechten Seite, aaf der Brost, an der Wurzel der
linken Mamma, an den Schenkeln, besonders an den Beinen, einige am GesfiDs und
in der Nierengegend, wo sie vollkommen dem Prurigo glichen. Vidal hält den Aus-
schlag nicht für einen recidivierenden Herpes generalisatus febr., denn Fieber besteht
nicht, und das papalöse Element ist zu sehr ausgebildet. Auch an eine besondere
Varietät von Ekzema glaubt er nicht, da der Ausschlag zu spärlich ist. Ebensowenig
kommt Prurigo in Frage wegen des Vorhandenseins grofser Vesikeln, die nach An-
gabe der Kranken früher schon an Händen und Füfsen bestanden hätten. Vidal ist
am ehesten geneigt, eine Hydroa vesiculos. zu diagnostizieren.
27. Mai. — Keine neuen Vesikeln mehr; der bestehende Ausschlag scheint im
Abmarsch. Die Kranke wird am 9. Juni entlassen.
Fall G. (Beob. von Cazekaye. — Herpes circinatus der Brust, des
Bückens und des Halses.)*
Mädchen von 15 Jahren^ skrofulös und sohlecht ernährt, erkrankte am 3. April
unter allgemeinen Erscheinungen, bekam dann heftiges Brennen, zuletzt einen Ansschla g
bestehend aus roten Plaques, die von einer Reihe kleiner Vesikeln umsäumt sind
Nach mehreren Schüben erfolgte die Heilung von selbst am 26. April.
NB. Auch diesen eigentümtichen Fall habe ich in die 2. Unterabteilung der rück--
faUsfreien Dermatitis polymorpha pruriginosa acuta aufgenommen, denn die Poly-
morphie ist vorhanden, wenn auch nicht sehr deutlich.
Fall H. (Beob. von Chausit. — Pemphigus acutus pruriginosus.)^^
Frau von 56 Jahren, erkrankt gegen den 20. Juli mit Fieber und allgfem einer
Röte, auf der sich eine Menge kleiner Knötchen und nach 48 Stunden auch Blasen
entwickeln; letztere platzten, die Haut blieb rot und schmerzhaft und schuppte ab.
Gegen Ende August befand die Kranke sich wohl und wurde am 14. Septbr. geheilt
entlassen.
U. Recidivierende Ausschläge.
Fall I. (Beob. 26 aus der These von Nodet, aufgenommen durch Lailler. —
Febris herpetica mit multiplen Hauterscheinungen.)^^
Mann von 25 Jahren, leidet seit dem 8. Januar an einem spärlichen Ausschlag
über fast den ganzen Körper, der aus Erythemen und Vesikeln besteht und wie Herpes
aussieht. Auch die Schleimhaut des Gaumensegels und Kehlkopfs ist mitbeteiligt.
Am 24. Januar Heilung. Seit 5 Jahren wird er jährlich, gegen den März hin, von
einem ähnlichen Leiden befallen.
Fall J. (Beob. von Saundby. — Hydroa purpur. mit periodischen Rück-
fällen.)"
Mann von 30 Jahren, wird seit 8 Jahren regelmäfsig im Monat August von dem
nämlichen Ausschlag befallen. Der Ausschlag besteht aus schmerzhaften, pruriginösen
Vesikeln und Blasen mit entzündlichem Hof, die Hände, Füfse, Kniee, Schultern,
zuletzt die Lippen und den Zungenrand befallen.
Fall K. (Noch nicht veröffentlicht; beobachtet von Brocq auf der Abteilung
von £. Vidal.
^ Cazenave, Annales des McUadies de la peau et de la Syphüis, Bd. 1. 1844.
pag. 306.
^^ Ghaüsit, AnnaUa des McUadies de la peau et de la Syphilis, Bd. 4. 1852
pag. 143.
" NoDBT, a. a. 0. pag. 140.
^* Saundbt, British med. Journal, 1878. pag. 724.
512
T. . . Charles, 20 Jahre alt, Kellner, aufgenommen den 21. Juni 1881 auf der
Abteilung von E. Yibal, Hopital Saint-Lonis. War in seiner Jugend skrofoio«, litt
an nicht vereiternden Nackenlymphomen und an chronischer Coryza. Hat erst kürz-
lich einen subakuten Gelenkrheimiatismus durchgemacht, nachdem er 1876 fchon
einen sehr heftigen derartigen Anfall gehabt hatte. Aufserdem hatte er einen Tripper,
zweimal Schanker und zeigt deutliche Spuren von beginnender Alkoholvei^ifUuig.
Den Ausschlag, wegen dessen er das Krankenhaus aufencht, hat er jetst zum
vierten mal. Das erstemal, 1874, wurde er von Quikquavd behandelt, das zweitemal
von HiLLAiRET, das drittemal, Oktbr. 1880, von Beskibb. Der jetzige Ausschlag be-
gann am 14. Juni mit einem nagelähnlichen Knötchen auf dem rechten Arm und
war von lebhaftem Brennen namentlich während der Tageshitze b^leiteU Du
Knötchen vergröfserte sich allmählich und es bildeten sich noch mehrere. Kein
Fieber, kein Kop&chmerz, keine sonstigen Symptome.
Der erste Herzton ist unrein; auf beiden Lungenspitzen Zeichen beginnender
Tuberkulose. Urticariaplaques mit exkoriierten Papeln links am Hals und um die
Handgelenke. Auf den Fingerrücken und auf den Händen kreisförmige Plaques, is
der Mitte mit einer Blase von serösem Inhalt, der stellenweise schon eiterig ist. Ao
einzelnen Stellen sind diese zentralen Vesikeln zu wahren Blasen vergröCsert. be-
sonders an der Palmarfläche des linken Bingfingers. Zahlreiche Elemente auf der
linken Hohlhand.
Ebensolche Plaques finden sich auf der rechten Hand, dem rechten Vorderarau
an der Streckseite der beiden Ellbogen.
Auf den Untereztremitäten finden sich Urticariaelemente und rote Plaques mit
Schleifen bildenden Vesikeln und Blasen; besonders zahlreich sind sie am recfateB
Knie. (Alkalische Bäder, Vichy-Wasser u. s. w.)
Patient wurde am 6. Juli geheilt entlassen, kehrte aber bereits am 21, Juli mit
einem erythemato-vesiknlösen Ausschlag auf Vorderarmen, Händen, Ellbogen, Gesaik.
Schenkeln, Beinen und Fuüsrücken wieder. Dieser Ausschlag war in der Nacht zum
14. Juli entstanden, wobei er lebhaftes Brennen und Stechen verspürt. Am 24. Juli
wurde Pat. zum zweitenmal entlassen.
FaU L. (Beob. von G. H. Fox.)"
17jähriger Mensch, erkrankte am 10. Febr. 1878 an einem schmerzhaften Aus-
schlag von Vesikeln und Blasen mit entzündetem Hof, die namentlich an den Extre-
mitäten, dem Skrotum und der Wangenschleimhaut salsen. Das Exanthem verlief
anfallsweise und war am 8. März gänzlich geheilt. 1876 hatte der Kranke berats
einen ähnlichen Ausschlag gehabt.
Fall M. (Beob. 2 von L. Ditncan Bulelet. — Hydroa.)**
Nervöse Frau von 26 Jahren, erkrankte am 22. Nov. 1876 an einem prurigi-
nösen Ausschlag von Erythemen und Blasen, der nach 8 oder 10 Tagen durdi die
Anwendung von Sol. Fowl. wieder verschwand. Im April 1876 hatte sie einen Sio*
liehen Ausschlag, der aber rein erythematös blieb; einen weiteren Anfall mit Phlyk-
tänen und Böte hatte sie 6 Wochen vor der letzten Erkrankung durchgemacht.
Fall M*. (Noch nicht veröffentlicht. — Nach einer Mitteilung von E. Vidil.
Diagnose: Hydroa.)
^^ G, H. Fox, Über Hydroa und andre bullöse Ausschläge. Ärchw of DenMt
New York. 1878. pag. 211.
** L. DuNCAN BiTLKLEY, Zwci Fälle von Hydroa. Archiv of Dermal 1877.
pag. 217.
513
A. . . Poliererin, 32 Jahre alt, aufgenommen 1. Febr. 1877 Salle Saint Jean No. 16.
Sie ist zum 6. mal von dem nämlichen Ausschlag befallen. Den ersten Anfall machte
sie 1869 dnroh, den 2. nnd 3. 1870; dann folgten noch 2 Anfalle. Das Leiden be-
gann jedesmal mit leichtem Fieber, beschränkte sich stets anf Hände und Füfse und
dauerte nie länger als 1 Monat; es war jedesmal, wie auch jetzt, von lebhaftem
Jucken und schmerzhaftem Brennen begleitet
Am 15. Jan. 1877 wurde Fat. aufgeregt, appetitlos, bekam Abend für Abend
ziemlich hohes Fieber, ^ und nun bildeten sich auf den Lippen, der Zunge und im
Hals umfangreiche Blasen, die nach einiger Zeit verfielen.
Wenige Tage später erschienen an den Händen ebensolche Blasen, die, zuerst
klein, sich bald vergröfserten, sich dann abflachten und unter Hinterlassung von
roten Plaques verschwanden. Täglich bildeten sich neue Blasen, so dafs sie in allen
Stadien ihrer Entwickelung gleichzeitig vorhanden sind. ^
Um die Handgelenke, auf der grofsen Zehe rechts befinden sich ebensolche
Elemente, Zunge und Lippen sind ulceriert.
Die Kranke hatte früher rheumatische Schmerzen gehabt.
NB. Gewifs sind die Angaben über diesen Ausschlag, seinen Verlauf u. s. w.
nur ganz summarisch; indessen wird man doch die charakteristischen Züge der uns
hier beschäftigenden Form wiedererkennen.
Fall N. (Beob. von Gibbrt. — Herpes phlyctaenodes.)**
Frau von 27 Jahren, erkrankte 1814 infolge heftigen Schrecks an einem erythemato-
vesikulösen, sehr juckenden Ausschlag. Seit jener Zeit blieb sie entsprechenden
eruptiven Anfällen von kleinen vesikulösen Knötchen unterworfen.
April 1819 kam sie ins Hopital Saint-Louis und wurde am 8. Mai geheilt wieder
entlassen. Am 24. Oktbr. erneuertes Auftreten von Röte, Yesikeln und Brennen,
welche Symptome gegen Ende Nov. wieder völlig verschwanden. Aufserdem litt sie
gleichzeitig an Menstruationsstörungen.
Fall 0. (Beob. von Cazekave, von Chausit veröffentlicht. — Pemphigus
pr uriginosus.)"
Yergl. weiter oben den Bericht über diesen Fall.
NB. Ich habe mich lange besonnen, ob ich diesen Fall hier anführen sollte.
Ich halte ihn eigentlich für geeigneter, in der Denn, polym. prurigin. subacuta k
pouss^es successives mit zu figurieren. Dennoch habe ich ihn lieber hier gebracht,
um seine Eigenschaft als Übergangsform deutlicher hervortreten zu lassen. Allergings
aber ist er eigentlich eine abgeschwächte Varietät der Dermatitis polym. prurigin.
subacuta.
Fall P. (Noch nicht veröffentlicht. Nach einer Mitteilung von E. Vidal.)
H. . . Hekri, 68 Jahre alt, Schneider, aufgenommen den 6. Juli 1886 im Hopital
Saint-Louis, Abteilung von E. Vidal. Will bisher nur an Migräne gelitten haben;
führt ein • anstrengendes Leben, aber ernährt sich gut. Vor 2 Monat bekam er
Brennen über die ganze Haut ohne sichtbaren Ausschlag. Vor 6 Wochen entstanden
unter Brennen auf beiden Handrücken zahlreiche Blasen von jeder GrÖfse, die nach
14 Tagen auch auf die Finger übergingen; sie bildeten sich in aufeinanderfolgenden
Schüben. Der Ausschlag hat allmählich an Stärke verloren, niemals die Handgelenke
überschritten, niemals die Handflächen befallen. Bei seiner Aufnahme ins Kranken-
^^ GiBERT, Traiti pratique des McUadies de la peau. Bd. 1. 1860. pag. 214.
^^ Annales des Maladies de la peau et de la Syphilis. Bd. 4. No. 10. pag. 260.
Juli 1852.
514
haus hat Fat. eine etwa 1 Fr. -Stück grofse Blase auf der Bückenflache des UeiDcn
Fingers rechts. Andre Vesikeln sind zerfallen, an ihrer Stelle sieht man eine T«r
trocknete, braune Epidermisfiäohe. Bei einer Blase dicht am Btngfinger sieht man,
da der seröse Inhalt ganz klar ist, den ekchymotischen Grand doichscheinen. Aa
andern Stellen sieht man auf der Blasenfläche punktförmige Hämorrhagien. Die
Blasen entstehen schnell, in wenigen Standen; bei einigen erscheint Torher eint
erythematöse Röte, auf der sie sich dann erheben ; andre bilden sich anf der gesunden
Haut; von letzterer Art sieht man jetzt einige ohne roten Hof auf der Olans.
Der Kranke empfindet lebhaftes Brennen. Hier und da entdeckt man Prarigo*
papeln mit kleinen Krustchen — ein Folge des Kratzens. Im Gesicht nnd am Hab
einige kleine Blasen; die Schleimhäute sind aber frei. Abgesehen ron dem lästigen
schlafstörenden Jucken befindet Patient sich wohl. Am Leib, in der EUbogenbenge
und am Hals findet man grofse erythematöse Plaques und papnlöse Erhebungen im
regellosen Ghruppen.
Pat. erhielt täglich 2,0 Jodkali. Sofort bilden sich auf dem Glied und an des
Füfsen zahlreiche Blasen und erreichen an letzterem Ort eine ungeheure Grofse;
femer Vesikeln und erythematöse Plaques; in den Achselhöhlen flieten die Blasen
fast zusammen. Am 12. Juli erscheint der Ausschlag noch heftiger; einzelne Blasea
sind hämorrhagisch geworden. Aussetzen des Jodkalium. Verband von Linim. 01eo>
Calcarium und innerlich Chin. sulf. Darauf lassen sämtliche Symptome nach nnd-
Pat. yerläfst das Krankenhaus völlig geheilt am 31. Jnli 1886.
Im April 1887 zeigen sich wiederom Blasen auf der Stirn und an den SchÜ&n,
verschwinden aber schon nach einigen Tagen. Anfang Juni stellt sioh plötzlich an
Sorotum ein neuer Ausschlag ein, dem ein zweiter Anfall an den Händen folgt In-
folge dessen kommt Pat. am 21. Juni 1887 wieder auf die Abteilung von £. Vidau
Damals war das Scrotum stellenweise mit einer jungen Epidermis bedeckt, auf
der rosafarbene, runde Flecke den Sitz der eben geheilten Blasen anzeigten. Aa
den Händen, wo nur die Büokenfläche erkrankt ist, sieht man borkig-erythematöse
Plaques an Stelle der früheren Blasen, deren einzelne noch sichtbar sind. Jene
Plaques sind rund und etwa 50 Centimesstück grofs; die Blasen halbkugelformig,
farblos und schmerzlos, ohne Hof. Pat. merkt den Ausbruch des Exanthems an
einem eigentümlichen Jucken, ähnlich dem durch Frost verursachten Brennen. Die
Blasen machen, soweit sie nicht aufgekratzt oder aufgedrückt werden, ihre verKhie-
denen Stadien in einigen Tagen durch; sie sinken ein, werden runzelig, and ihr In-
halt wird allmählich resorbiert; die Epidermis vertrocknet zu einer dunklen Kruste,
die abfällt, und unter der eine frische Epidermis zum Vorschein kommt. — Bei dieser
Erkrankung waren nur Hände und Scrotum befallen.
Am 24. Juni erschien auf der Innenfläche des rechten Daumens innerhalb einer
Nacht eine Blase^ die farblos, mäfsig prall und etwas geföchert (biloba) ist. G^gea
Ende Juni fallen die letzten Krusten ab, und am 2. Juli bittet der völlig geheilte
Pat. um seine Entlassung.
Fall B. (Beob. 6 von R. Crookbr. — Hydroa.)"
Vergl. weiter oben den Bericht über diesen Fall, den ich fast völlig im Jahr;.
1887 der Annaks de Dermatologie et de SyphüigrapMe übersetzt habe.
Von den bereits bekannten Fällen, die ich aufser den vorhergehenden noch e^
wähnen könnte, seien die Beobachtungen 6 und 7 und besonders 21, 22, 24^ 27 und
" a. a. 0. pag. 968.
516
28 aus der Theee von Nodet, sowie die Beob. 18 aus der These von Mol^hbs-Mahon
u. s. w. genannt.
Es liegt nicht in meiner Absicht, eine Schilderung der Dermatitis
polymorpha pruriginosa zu versuchen. Die schon früher ^^ berührte Unklarheit,
welche annoch über diese Gruppe herrscht, läfst es erklärlich erscheinen, wenn ich
einen derartigen Versuch beim jetzigen Stand unsrer Kenntnisse für
nutzlos halte. Wissen wir doch nicht, wie weit wir berechtigt sind,
diese Fälle von all den andern Ausschlagsformen abzusondern, die wie
sie den Namen Dermatitis polymorpha verdienen, bei denen aber das
Symptom des Schmerzes nur wenig ausgebildet ist. Ich beschränke
mich daher auf einige Bemerkungen über die wesentlichsten Eigen-
schaften dieser Form. Ich werde dabei besonders die ersten 6 Fälle
(A — F) berücksichtigen, da diese namentlich dem Erankheitstypus nahe-
kommen, welcher dem Syndrom Dermatitis po^lymorpha pruriginosa
acuta entspricht, wenn auch in Wirklichkeit ein solcher Erankheits-
typus noch nicht nachgewiesen ist.
Allgemeine Bemerkungen zu den Eruptionen, die dem Syndrom
Dermatitis polymorpha pruriginosa acuta entsprechen.
Ätiologie. Diese Formen scheinen namentlich in der Jugend häufig zu sein,
im Gegensatz zu der D. p. p. chronica, die, wie wir gesehen haben, zwischen dem
48. und 65. Lebensjahr am häufigsten ist. Die 8 ohne Bückfall Erkrankten waren
22, 23, 24, 24, 33, 48, 15 und 56 Jahre alt Die 10 mit Bückfall Erkrankten hatten
den ersten Anfall mit 20, 8, 13, 15, 25, 24, 22, 33, 68 und 18 Jahren. Diese Zahlen
beweisen: von 18 Kranken waren 12 unter 25 Jahre alt.
Wie bei der Dermatitis polymorpha pruriginosa chronica werden auch hier die
Männer häufiger als die Frauen befallen. Auf 18 Kranke kommen 12 Männer und
nui 6 Frauen, was genau dem Verhältnis von 2 : 1 entspricht.
Die Anamnese liefert uns wenig Verwertbares. Wie bei der D. p. p. chronica
findet sich namentlich Skrofulöse verzeichnet, manchmal auch Tuberkulose, sei es bei
dem Kranken selbst (Fall K), sei es bei seinen Eltern (Fall B); femer Nervosität
(Fall M), Hysterie (Fall F), Überarbeitung (Fall B, E), Gemütserschütterung (Fall N, 0).
Bheumatische Beschwerden gingen nur im Fall C deutlich vorauf; unbestimmte An-
gaben finden sich im Fall J, K, M und B. Vielleicht spielen sie also bei dieser
Form eine gröfsere Bolle als bei der früheren. Jedoch erfordert dieser Punkt noch
weitere Untersuchungen.
Während der Einflufs der Jahreszeiten auf die Entstehung der Formen der
D. p. p. chronica fast gleich null zu sein scheint, ist er bei der D. p. p. acuta im
Gegenteil ganz unverkennbar. Von meinen 6 ersten Fällen verliefen 3 im April und
Mai, einer im Juni und 2 im Septbr. und Oktbr. Prüfen wir daraufhin unsre 18 Fälle,
so finden wir, daüs der Ausschlag Imal im Januar, Imal im März, 6mal im April,
4mal im Juni, Imal im Juli, je 2mal im August und September, 5ma] im Oktober
und Imal im November auftrat; es gibt hier also 2 deutliche Maxima: eins im
April— Mai — Juni, das andre im September — Oktober.
Der Ausschlag. Wer die 18 Fälle aufraerksam prüft, überzeugt sich leicht,
dafs die Ausschlagsformen im einzelnen der Schilderung entsprechen, wie ich sie von
der D. p. p. chronica entworfen habe.
'* Vergl. die Einleitung zur dritten Abteilung und das Ende des Kap, 3 der
ersten Abteilung.
Monatsheft«. ^^
616
Die enten Symptome können in Hitee, Brennen tud lebhaften Joekas be-
stehen; sie künden den Ansschlag an (Fall B, D, G, H, H, P) begleiten ilm (FUl C,
E, F, K, N, 0, R) od^ folgen ihm (Fall A — in dieser Hinsicht typisch).
Der Ausschlag selber beginnt mit roten, lokalisierten: Flecken (Faü C), die
randliche, der Urticaria ähnliche Plaques bilden (Fall 0); femer mit kleinen
einzeln oder grappenweise auftretenden Knotehen (Fall A, H, J, K, N, B) mit
ginösen Yesikeln und solchen, die sich auf gesunder Haut bilden (Fall D, B, I, B^
mit umfkngreichen Blasen (B, H, M^ P).
Befallen wurden die oberen Elxtremitaten, zumal der Handrucken und die Haadr
gelenkgegend (Faü A, D, I, L, E, N, P), die Unterextremitaten (Fall B, C. D, I\
der Bumpf, Bücken und Leib (FaD, Q, I, B), die Ohren (A, E), die Lippen (M^ dss
Scrotum (P). Von diesen Stellen aus kann der Ausschlag sich ausdehnen und übet
den ganzen Körper sich ausbreiten : über Ober^ und Unterextremitaten, über Schffgnkfil,
Gesals, Brust, Leib, Schultern, Bücken, Hals, seltener übers Gesicht. Am hanfigatem
scheinen die Ober- und Unterextremitaten gegen die Ellbogen und Kniee hin befiüka
zu werden. Auch die Schleimhäute bleiben nicht verschont; Zunge und ZSpfdieB
waren in den FäDen B und M^ miterkrankt; Zunge und Zahnfleisch im Faü I; dis
Gaumensegel in Faü J und B, der Mund im Faü L.
Wie bei der D. p. p. chronica, so hat der Ausschlag auch in den Torliegendea
Fällen ein polymorphes Aussehen; er setzt sich zusammen aus erythematSsen Elementen,
die spiralige und abgerundete Plaques bilden, aus pruriginösen Papeln, aus Pmpolo-
Vesikeln, Yesikeln, durchscheinenden, nur selten hämorrhagischen Blasen und aas
Pusteln. Die letzteren drei Formen entstehen entweder auf gesunder Haut oder aof
präexistierenden erythematosen Elementen; sie erscheinen einzeln oder in Gruppca
und bilden gelegentlich wohl auch Spiralen rings um ein zentrales Element. Icfc
muis bemerken, dafs in den akuten Formen die Pusteln häufig nur aus Yesikeln
Blasen bestehen, deren Inhalt sich getrübt hat. Nur in den Fällen A, B, K, B
es zu wirklicher Pustelbildung.^' Es sind dies die primären Krankheitselemente.
Es kommt aber auch hier, wie bei der D. p. p. chronica, zu sekundärem
Bildungen, wie Schuppen, Trümmer der Yesikeln und Blasen, gelblichen, graoea
oder bräunlichen Sj*usten, die aus Blasen und namentlich aus Pusteln sich faSden,
Prurigo, Exkoriationen, Kratzwirkungen.
Ln ganzen sind in den vorliegenden 18 Fällen die Heftigkeit und die Polymoiphie
des Ausschlags etwas geringer als bei den meisten der 86 Beobachtungen der D. p^
p. chronica. FaD F ist in dieser Beziehung sehr lehrreich: hier sehen wir den
eigentlichen Ausschlag auf das geringste Mals beschränkt, er besteht nur aus Gmppea
von Papeln und exkoriierten Papulo- Yesikeln, die zum Teil schon in P^ulo-Poitdi
übergegangen sind, derartig, dafs selbst Yidal zweifelhaft wurde, ob er es nidhi hiar
mit einem jener Fälle von Herpes generalisatus iebrilis zu thun habe. Auf diess
Frage denke ich übrigens später noch zurückzugreifen.
Bntwickelung und Yerlauf. Bei mehreren der vorliegenden BeobachtnnfSB
treffen wir auf aufeinander folgende Schübe, die unter sich dem Aussehen nach versoliiedM
sind, wodurch ihre Analogie mit der D. p. p. ohronioa augenfällig wird. So war im
^* Ich brauche mich bei der Beschreibung dieser Formen, die bei der Dermatitii
polymorpha pruriginosa chronica schon ausfühnich geschildert sind, nicht weiter auf*
zuhalten.
517
Fall A der erste Anfall derartig aasgesprodien papolo-Tenkolös, dal« er als Herpes
generalisatus hätte gelten können; am 22. April aber Sndert der Aossohlag seinen
Charakter und wird auf den Unterextremitäten vesikulo-bullös.
Am 27. April kommt ein Pastelaosschlag dazu, der, wie die Torherg^enden
Veeikel- und Blasenezantheme, schubweise verlief, im Mai endlidi, als alles Torüber
acbien, trat ein Prurigo auf. Haben wir da nicht in nuoe ein treues Abbild der
D. p. p. chronica?
Der Anschlag verläuft also bei der D. p p. acuta in mehr oder minder heftigen
Sohübeu, die um so schwächer werden, je länger die Krankheit dauert, und die jeder
fSr sich ein andres Aussehen haben; die einen sind fast nur erythematos, die andern
erythemato-vesikulös, bullös oder sogar pustulös (Fall A, B u. s. w.).
Die Gesamtdauer dieser Schübe dauert im Mittel 20 — 30 Tage; in den 6 ersten
Fällen betrug sie 40, 25, 17, 14, 15 und 30 Tage. Jeder einzelne Schub verläuft für
gewöhnlich in 4 — 10 Tagen und kann braune Stellen hinterlassen, die erst allmählich
schwinden.
Bei dem Aussehen der Eruption brauche ich nicht lange zu verweilen; dieser-
halb sei auf das bei der D. p. p. chronica Gesagte verwiesen. Dieses Aussehen ist
sehr wechselnd, je nach der Natur des Kranken und der Dauer des Ausschlags; der-
eelbe kann wesentlich erythematos, papulös oder pruriginös sein, oder erythematod
bullös, bullös, vesikulo'bullös, pustulös; endlich ist er auch, wenn auch nicht ganz
so häufig wie bei de/D. p. p. chronica, durchweg polymorph, und hat dann das
schon geschilderte, eigenartige Aussehen: erythematöse, mehr oder minder grolse und
regelmäüsige Flecke, unregelmäfsige Vesikeln, verschieden grofse Blasen, mit durch,
scheinendem oder mehr minder trübem Inhalt, die auf gesunder oder auf erythema-
töser Haut stehen, Exkoriationen, Schuppen, E^msten, Flecke, alles bunt durchein-
ander geworfen.
Diese mannigfachen, hier skizzierten Varietäten machen es eridärlich, warum
die Arzte fOr diese Formen so verschieden lautende Namen gewählt haben, warum
sie sie Herpes phlyctaenodes, Herpes cirdnatus, Herpes generalisatus febrilis, Febris
herpetica, Hydroa vesioulosum, Hydroa buUosum, Hydroa herpetiforme, Pemphigus
acutus, Pemphigus acutus pruriginosus genannt haben, je nachdem das eine oder
das andre eruptive Element mehr vorherrschte. Man kann alle diese Varietäten bei-
behalten, darf ihnen aber meines erachtens keine allzugrolSie Bedeutung beilegen.
Subjektive Symptome. Die subjektiven Symptome sind die nämliohen, wie
bei der D. p. p. chronica, nur für gewöhnlich etwas schwächer, sie bestehen aus
Jucken, Stechen, Brennen und Hitze, oft in unerträglichem Grade, bald am ganzen
Körper, bald nur an einzelnen Teilen, fast immer an demjenigen Stellen, die der Sitz
der Entzündung sind oder sein werden.
Allgemeinerscheinungen. Fieberkomplikationen. Mehrmals wurde
der Ausschlag durch Allgemeinerscheinungen angekündigt, durch Unbehagen, ein
Gefähl von Schwäche oder Zerschlagenheit der Glieder, Kopfschmerz, Appetitmangel,
Schlaflosigkeit, unbestimmte Schmerzen (Fall A, B, D u. s. w.), sogar auch durch
geringes Fieber gegen Abend. Bei den meisten Fällen aber war das Allgemeinbe-
finden in keiner Weise beeinträchtigt.
Es sind nun aDerdings auch Fälle veröffentlicht, die, als reine Hautkrankheiten
betrachtet, auf den ersten Blick hierher zu gehören scheinen, bei denen aber doch
•die allerschlimmsten Komplikationen vorkamen. Genannt seien nur die Fälle von
34*
518
M. R. Maütard-Martik ^^, M. Horakd'^ und E. BEsmBR, welch letzterer von Mol&nks-
Mahon veröffentlicht wurde."
Diese Fälle sind sehr schwer zu deuten. Bis auf weiteres möchte ich sie ebenso
bezeichnen, wie die yorliegenden, ohne damit indessen über ihre Natur und den ihnen
unter den Krankheiten zukommenden Platz etwas bestimmtes aussagen zu wollen.
Natur. Pathogenese. Diagnose. Wegen aUer dieser Punkte sei auf den
Schlufs des Kap. in. Abteil. 1 der ganzen Arbeit verwiesen. Dort findet man alle
Qründe angegeben, warum ich einerseits nicht, wie Dührino es thut, die Dermatitis
polymorpha pruriginosa acuta mit den chronischen und subakuten Formen zusammen-
werfe und warum ich sie anderseits (ohne bestimmte Unterscheidungsmerkmale
aufzustellen) von der grofsen Gruppe der polymorphen Erytheme aussondere, wohin
man sie bis vor kurzem verwiesen hatte.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich nochmals betonen, daXis das Erythema poly-
morph um,zu dem das Erythema papulosum, papulo*vesiculom, buUosum, Iris, marginatnm,
circinatum, induratum, nodosum, infectiosum u. s. w. gehört, symptomatologisch wohl
genügend studiert ist, aber als Krankheitstypus noch völlig dunkel erscheint. Meiner
schon früher geäufserten Meinung nach haben wir es mit einem Syndrom zu thmu
ähnlich wie beim ehemaligen Pemphigus, der Pityriasis der ausländischen Autoren,
und vermutlich werden wir bei weiterem Studium verschiedene klinische Typen, oder
doch mindestens deutliche Varietäten darin entdecken. Wollte man den jetzigen
Begriff beibehalten, wollte man pedantisch dem Erythema polymorphum alle diejenigen
Fälle zuweisen, die mit Erythem, Vesikeln, Blasen u. s. w. emhergehen, kurz mit
erythematösen Symptomen, zu denen sich im weitem Verlauf noch andre eruptive
Elemente gesellen, und die in ihrer Gesamtheit einen polymorphen Ausschlag dar.
stellen — ja, dann gehörte nicht nur unsere D. p. p. acuta, sondern auch die D. p. p.
chronica, der Herpes gestationis, mit andern Woorten, die Dermatitis herpetiformis
DuHRixGs hierher! Dann käme das ganze aber auf einen reinen Wortstreit hinaus»
denn dann würde man eben mit dem fast bedeutungslosen Wort Erythema poly-
morphum die ganz bestimmten, in dieser Abhandlung geschilderten Krankheitsbiider
bezeichnen.
In Wirklichkeit sondere ich aus und hebe hervor eine ganze Gruppe von Fallen,
denen allen gemeinsam ist ein Ausschlag von polymorphem, erythematösem, vesikulösem,
bullösem und pustulösem Aussehen, ferner Jucken, Stechen, Brennen, ohne Störung des
Allgemeinbefindens, lauter Eigenschafben, die keineswegs dem von Hbbra ursprünglich
beschriebenen Erythema polymorphum regelmäfsig zukommen. Jedoch brauche ich
hierbei wohl nicht länger zu verweilen, da alle diese Punkte bereits in der ersten
Abteilung berührt sind.
Zwei Einwürfe jedoch bedürfen hier ihre Erledigung: 1. Warum anerkenne ich
nicht rüokhaltslos einen klinischen Typus, entsprechend dem Syndrom der Dermatitis
polymorpha pruriginosa acuta, wie ich einen solchen für das Syndrom der Dermatitis
polymorpha pruriginosa chronica aufgestellt habe? 2. Warum schreibe ich überhaupt
meine dritte Abteilung über die Dermatitis polymorpha pruriginosa acuta? Zu was
behandle ich diese Formen und suche sie von den übrigen polymorphen Erythemen
abzusondern, wenn ich keine bestimmten Angaben über dieselben zu machen weüs?
*® R. Mo üTARD -Martin, Erytheme marginö, devenant buUeux avec complications
multiples. France medicale. No. 53— ß4. — Vergl. These de Molexes-Maho^.
pag. 193.
*^ HoRAND, Note pour servir k l'histoire du Pemphigus aigu febrile. Annale^
de Dermat et de Syph. 1872—73. pag. 401. Fall 2.
23 De Molenes-Mahon, Tfikse de Parts. Fall 27. pag. 178. 1885.
519
1. Erstere Frage ist im ersten Teil dieser Arbeit bereits vollkommen beant-
wortet. In der That genügt ein Blick auf das, was ich über die Difierentialdiagnose
der Dermatitis polymorpha pruriginosa chronica gesagt habe, um zu erkennen, daüs
dieser Erankheitstypus trotz einiger dunkler Punkte, namentlich in seinem Verhältnis
zu andern, nicht pruriginösen, chronischen pemphigoiden Ausschlägen, durch seine
Symptome, durch den beständig vorhandenen Schmerz, vor aUem durch seinen Ver-
lauf deutlich gekennzeichnet ist. Kann man das nämliche aber von der Dermatitis
polymorpha pruriginosa acuta behaupten? Ich meine, dals diese Form, abgesehen
von dem Schmerz und der allerdings in den einzelnen Schüben etwas stärker hervor-
tretenden Polymorphie, mit andern Dermatosen identisch ist, die ich einstweilen noch
der Gruppe des Erythema polymorphum nicht entreiüsen will, und die sich durch
ähnliche Ausschläge, durch einen entsprechenden Verlauf und durch eine gleich groüse
Dunkelheit in bezug auf die Ätiologie auszeichnen. Genügt das eine Symptom des
Schmerzes allein, um zwischen diesen beiden Gruppen einen strengen Unterschied zu
machen? So lautet die Frage.
Allerdings, in anbetracht der groisen Bedeutung, die diesem Symptom des
Schmerzes in der D. p. p. chronica sowohl, wie in den Übergangsformen von dieser
zu den akuten Affektionen zukommt, kann man versucht sein, die Frage mit ja zu
beantworten, zumal, wenn man die ganze Beihe von Fällen im Auge hat, die Duhbino
als Dermatitis herpetiformis, Tilbury Fox als Hydroa bezeichnet, und denen allen
das Syndrom der Dermatitis polymorpha pruriginosa, besser dolorosa gemeinsam ist;
es erscheint dann ganz natürlich, diese Ausschläge für sich zu beschreiben, eine grofse
Gruppe daraus zu bilden, die auf den ersten Blick durch das ebengenannte Syndrom
als wohlumschriebene erscheint, und in der man je nach Ätiologie und Verlauf
verschiedene Varietäten unterscheidet. Eine derartige Einteilung der Dermatitis poly-
morpha pruriginosa in chronische, subakute, akute und recidivierende Schwangerschafts-
formen ist freilich verlockend und imponiert auf den ersten Blick durch ihre Klarheit
und Einfachheit.
Dringt man nun aber ins einzelne, so macht man leider die Entdeckung, dafs
in vielen FäDen der Schmerz nur in geringem Mafse, oder zeitweise, bald im Beginn,
bald mehr gegen das Ende hin, gamicht vorhanden ist. Was soll man nun mit diesen
Fällen anfangen, die doch die direkte Verbindung zwischen der D. p. p. acuta und dem
Erythema polymoiphum vulgare non pruriginosum darstellen? Zum Beweise der Zusam-
mengehörigkeit dieser beiden Gruppen lassen sich jene Fälle meiner Überzeugung nach
unter keinen Umständen verwenden; sie tragen nur zur Verwirrung bei und er-
schüttern sehr die Bedeutung des Pruritus als charakteristischen Symptoms, um eine
scharfe Einteilung der akuten, polymorphen Ausschläge vorzunehmen. Aufserdem er-
reicht, wie ich gern zugeben will, der Schmerz bei der D. p. p. acuta selten die
Höhe wie bei den chronischen und den Schwangerschaftsformen. Aus diesen, aller
dings anfechtbaren Gründen habe ich es vorgezogen, einen der akuteif Form ent-
sprechenden klinischen Typus einstweilen noch nicht aufzustellen und lieber erst die
weiteren Untersuchungsergebnisse abzuwarten.
3. Zu was dann aber dieser ganze dritte Teil meiner Arbeit? Zu was diese
langatmige Untersuchung über die D. p. p. acuta? Ich hielt sie aus mehreren
(Gründen für notwedig; einmal, und zwar in erster Linie, deshalb, weil ich mir vor-
genommen habe, die Dermatitis herpetiformis Dubrikos einer genauen Prüfung zu
unterziehen; nun hat aber Duhbino in diese Gruppe auch die akuten, hier in Bede
stehenden Fälle mit aufgenommen; ich war demnach gezwungen, entweder seiner
Auffassung einfach beizutreten, oder diese Fälle schlechtweg als Formen des Erythema
polymorphum vulgare zu bezeichnen — und ich habe im ersten Teil die Gründe an-
520
gegeben, warum mir weder die eine noch die andre Lösung annehmbar erschien —
oder endlich dieselben einer besonderen Besprechung zu unterziehen, unter ausdrück-
lichem Hinweis auf die nahen Beziehungen, in denen sie zu den verschiedenen
Formen der D. p. p. chronica einerseits und zu den andern, unter das Erythema
polymorphum geworfenen Ausschlägen anderseits stehen. Diese Besprechung ist nun
allerdings ganz unvollständig ausgefallen, es ist aber auch keineswegs meine Abeicht^
den Gegenstand hier zu erschöpfen ; ich wollte nur auf diese Frage hinweisen, wo-
möglich neue Untersuchungen veranlassen und andeuten, nach welcher Richtung hin
diese Untersuchungen zu führen sind.
Auf jeden Fall habe ich gezeigt, dafs zwischen dem unanfechtbaren Krankheiti'
typus der D. p. p. chronica und den Formen der D. p. p. acuta (Varietäten des
Erythema polymorphum) eine ganze Beihe von Übergangsfallen besteht, und ich habe
auf die Beziehungen hingewiesen, die zwischen verschiedenen akuten Ausschlägen, die
von den meisten Autoren bisher unter das Erythema polymorphum vulgare verwiesen
waren, und der D. p. p. chronica herrschen ; in der Art des Ausschlags, in den funk-
tionellen Störungen sind sie fast identisch, sie unterscheiden sich nur durch den
grrundverschiedenen Verlauf. Die Frage, ob man aus dieser D. p. p. acuta einen be-
sonderen Typus machen soll, kann erst durch weitere Untersuchungen entschieden
werden.
Die bereits bekannten Ausschlagsformen aber lassen sich im Gegensatz zum
Erythema polymorphum sehr leicht von der D. p. p. acuta unterscheiden.
Der Herpes Iris Batemak, den man unter gewissem Vorbehalt" auch als
Hydroa vesiculosum Bazin bezeichnen könnte, unterscheidet sich von der D. p. p.
acuta durch die nur schwache Polymorphie seines papnlösen Ausschlags mit dem so
bekannten Aussehen und durch die leider nicht immer, aber doch far gewöhnlich
geringfügigen funktionellen Störungen. In manchen Fällen schien die D. p. p. acuta
sich in sein Gewand zu kleiden; das geschah aber immer nur vorübergehend, und
die übrigen Elemente des Ausschlags liefsen alsdann immer noch die wahre Natur des
Leidens erkennen.
In betreff der nahen Verwandtschaft, die zwischen manchen Formen der Urti-
caria bullosa und der medikamentösen Ausschläge einerseits, und der
D. p. p. acuta anderseits herrscht, sowie in betreff der Differentialdiagnose zwischen
diesen Formen sei auf das im Kapitel über die Dermatitis polymorpha pruriginosa
chronica Gesagte verwiesen.
In den 4 Fällen von Herpes gener alisatus febrilis, die Contaokb in den
Jnndles de Dermatologie (1870 — 71. pag. 162) veröffentlichte, findet sich weder Pra-
ritus noch Hautbrennen erwähnt; der Ausschlag trat allerdings schubweise auf, wsr
aber doch im ganzen nur vesikulös und etwas erythematös. Die jüngsten Autorea
haben im Gegensatz hierzu als Herpes generalisatus febr. ganz fi'agwürdige Beobach-
tungen veröffentlicht; eine derselben (Fall A) kann, vrie ich vorhin nachgewiesei
habe, als Dermatitis polymorpha pruriginosa acuta aufgefaJst werden, auch noek
mehrere andre dieser Beobachtungen mögen, wiewohl der Ausschlag wesentlich nnr
herpetischen Charaker zeigte, dahingerechnet werden können. Diesen Fällen käme
namentlich, wie schon früher gesagt, die Bezeichnung Dermatitis herpetifonnis zu
(Beob. G, J, N).
•^ Ich sage, unter gewissem Vorbehalt ; denn mehrere der von Bazin als Hydroa
vesiculos. veröffentlichten Falle scheinen mir denn doch zur Dermatitis polymorpha
pruriginosa acuta zu gehören.
521
Mehrere Ton den als Pemphigus aoatos bezeichneten Fälle gehören gleichfalls
hierher; die andern unterscheiden sich von dieser Qrappe durch die Schwere ^s
Leidens, durch das Fehlen von Hautschmersen, sowie endlich durch die minder ans-
gesprochene Polymorphie des Ausschlags.
Behandlung« — Die Behandlung der wsten 6 Falle war fiufserst einfach; sie
war im wesentlichen expektativ, Bader, Glyc^ol4 d' Amidon und Einpuderungen mit
Starkepuder kamen zur Anwendung. Im Fall A wurde Chinin, im Fall C zuerst 4,
später 6 mg Natr. arsenicici, im Fall E Sol. Fowl. gegeben. Bei einigen der 12 an-
deren waren die Verordnungen die nämlichen wie bei der D. p. p. chronica. Ich
glaube, dafs man bei einer Summe von Symptomen, die das Syndrom der D. p. p.
acuta bilden, folgendes thun könnte:
Bei vorhandenem Fieber Chic, bromhydr. reichen; bei fieberfreien Fallen Natr.
arsenic. allein oder in Verbindung mit Chinin.
AuDserlich genügen Einreibungen mit Vaseline oder Glyc^role d Amidon; noch
besser wirken Einpackungen in Watte und Linimentum oleo-calcarium. Bei sehr
schmerzhaftem Hautbrennen empfehlen sich Waschungen mit Sublimat, Karbolsäure,
£okain; ist in den Blasen ein starkes Spannungsgeftihl vorhanden, so soll man sie
aufstechen und mit aseptischem Linimentum oleo*calcarium verbinden. — Wegen
Einzelheiten verweise ich auf das bei der Behandlung der Dermatitis polymorpha
pruriginosa chronica Gesagte.
Die Empfehlung aller dieser Mafsregeln geschieht nicht etwa, weil ich sie bei
der Mehrheit der akuten Fälle für notwendig oder auch nur for nützlich halte,
sondern weil ich meine, dafs man angesichts eines ersten derartigen Anfalls, der doeh
ebenso gut das erste Symptom einer beginnenden D. p. p. chronica sein kann, alles
versuchen soll, was die Heilung zu beschleunigen vermag.
(Fortsetzung folgt.)
^txfamminn^tn.
Dermatologische Vereinigung zu Berlin.
Sitzung vom 1. November 1888.
Herr Feibeb stellt einen Fall von MykoBis fongoides vor; die Erkrankung
begann nach Angabe des Patienten vor etwa 3 Jahren mit der Bildung eines Knotens
am rechten Oberschenkel. Ähnliche Tumoren entwickelten sich dann zerstreut an
der ganzen Körperoberflöche; sie wuchsen und kamen zum Teil zu einem sulzigen
Zerfall. Das Allgemeinbefinden zeigte sich nicht wesentlich gestört, nur wenn Ge-
schwülste zerfielen, fühlte sich der Patient wegen eines kontinuierlichen Kältegefühls
am wohlsten im Bett. Fieber war nur vorübergehend vorhanden. Einen sehr über-
raschenden Erfolg hatte die Behandlung mit Quecksilberinjektionen und Jodkalium.
Namentlich ging ein framboesieartiger Krankheitsherd am Arm rasch zurück, ebenso
verkleinerte sich eine IV* mannsfaustgrofse Geschwulst am Oberschenkel ziemlich
schnell mit Zurüoklassung einer Narbe; auch mehrere vorhandene rupia- und ekzem-
artige Stellen besserten sich zusehends. Dunkle Pigmentflecke sind als Beste früherer
Effloreszenzen vielfach zu sehen. Patient bestreitet jede Syphilis. Die lokale Be-
handlung bestand im Auftragen von Kochsalzlösung und Kalomel.
622
Herr Eöbnbb bemerkt, dafs die Stelle am linken Arm jener Form der SypliiUf
gleiche, welche man früher als Badesyge zu bezeichnen pflegfte; dafür spricht auch
der Erfolg der Therapie, den man bei wahrer Mykosis fnngoides bisher niemals kon-
statiert habe. Femer falle die groDse Härte der Mehrzahl der Tumoren nnd ihr
tiefer Sitz im Ünterhautzellgewebe auf, wahrend die Geschwülste der Mykosis fnngo-
ides aus der Cutis selbst hervorgingen.
Herr Lassab bestätigt, dafs nach der stattgefundenen histologischen Unter-
suchung die Tumoren im Unterhautzellgewebe sitzen. Ghegen die Annahme
von Gummigeschwülsten spreche der Mangel von Vereiterung und Narbenbüdong.
Der Erfolg der Therapie lasse vielleicht den Schluls zu, dafs sich eine
antiparasitäre Therapie auch bei andern Infektionsgeschwülsten nützlich
könnte. Eedner fand in dem vorgestellten Falle bei der vorläufigen histologisdieii
Untersuchung die Knoten im wesentlichen aus lockerem Bindegewebe mit einge-
streuten Entzündungsherden bestehend.
Herr Isaao: Über Liclien ruber. Die Krankheit, die yerhältnismä&ig selten
sein solle, wird in Lassabs Klinik häufig beobachtet. Allein innerhalb der letstea
4 Wochen seien 5 neue Fälle, von denen 4 vorgestellt werden, aufgenommen worden.
Der Unterschied zwischen Liehen acuminatus und planus komme in der Klinik nidit
rechfc zur Geltung; fast immer finde sich nur L. planus. Bemerkenswert sei fiemer.
dafs bei fast allen Elranken mit L. ruber Drüsenanschwellungen gefänden werden;
deshalb müsse es sich wohl um eine Infektionskrankheit handeln. Bei einem der
vorgestellten Kranken haben sich auch Lichenknötchen auf der Mundschleimiiaot
entwickelt.
Herr Lassab macht darauf aufmerksam, dafs der eine der vorgestellten Patienten
behauptete^ die Krankheit von einem Hunde acquiriert zu haben, der mit Acara
behaftet war; bei dem Kranken selbst wurden keine Milben gefunden.
Herr Köbkeb bemerkt, dafs der Hunde-Acarus sich nicht auf den Menschen
übertrage.
Herr Lassab hat wiederholt gesehen, dafs bei Personen, die mit raadigea
Hunden zu thun gehabt hatten, wie Hundescherem, Hundewärtem, Jägern ein
Bcabiesartiger Ausschlag entstand; es scheinen also durch den Verkehr mit rändigen
Hunden, wenn auch nicht Scabies, so doch Eeizzustande der Haut beim Menschen
erzeugt zu werden. (Nach Deutsche Med, Woi^henschr. 1889. No. 13.)
L. Hoffmann-BerUn.
ÜtUteilttngen ans ber ^ttterattir.
Chronische Infektionskrankkeiten.
Rhinosklerom. Dr. Kbboak berichtet (Indian Med. Gazette, Jan. 1889) über
vier Fälle dieser seltenen und in Indien bisher nicht weiter beobachteten Krankhdt
Zwei 'der Kranken waren Männer im Alter von 85 resp. 45 Jahren. Die beiden
andern waren weiblichen (Geschlechts, die eine 48, die andre 20 Jahre alt Alk
gehörten der Hinduhrasse an.
Die Dauer der Krankheit bis zur Aufnahme der Patienten im Indore-Charitable-
Hospital schwankte zwischen 1 und 10 Jahren. Die Geschichte des Verlaufs zeigte
523
bei allen Fällen eine groise Übereinstimmung. Bei zweien derselben fing die Nea-
bildung zwischen der J^aae und der Oberlippe an, bei den beiden andern entwickelte
sie sich auf der Schleimhaut des linken Nasenganges.
Keiner der 4 Patienten hatte das Qewächs bemerkt, ehe dasselbe die Qrölüse
einer Erbse erreicht hatte; zu jener Zeit bot es dann das Aussehen eines harten
Knötchens ohne irgend welche Entzündungserscheinungen dar. Stets trat eine all-
mähliche Zunahme des Gebildes bis zum völligen Yerschlufs des betreifenden Nasen-
ganges ein. Die Wachstumsperiode erstreckte sich auf 6 Monate bis 3 Jahre. Nach
Verlauf einiger Monate war der zweite Nasengaug in ähnlicher Weise affiziert. Bei
dreien der Kranken war auch die Oberlippe befallen; sobald dieses eintrat, erkrankte
auch das Zahnfleisch des Oberkiefers, und es trat Lockerung der Schneidezähne ein.
In einem Fall erstreckte sich die Läsion auf den weichen Gaumen, vordere und
hintere Gkumenbögen, Tonsillen und hintere Bachenwand, femer auf den Nasen-
rachenraum, wahrscheinlich auch auf die beiden Tubae Eustachi! und sogar auf
den inneren Canthus des rechten Auges.
Die Gebilde waren steinhart, mit scharf markiertem Rande. Die Umgebung
zeigte kein Odem oder irgend welche entzündliche Erscheinungen. Es bestand keine
Schmerzhaftigkeit aufser in einem Falle, wo auf Druck gegen die betroffenen Teile
ein gewisser Schmerz empfunden wurde. Mit der Zeit vergröiserten sich die Tumoren^
indem sie auf die angrenzenden Gewebe übergriffen und eine erhebliche Entstellung
des Gesichts herbeiführten.
Die Behandlung bestand darin, die Neubildung wegzumeifseln, um einen Kanal
von dem vorderen nach dem hinteren Teil der Nase herzustellen. Daneben wurde
Jodkalium gereicht, wie es schien, nicht ohne Nutzen.
Dr. CüHNiMGHAM fügt uoch eine Notiz über die Histologie der entfernten Stück-
chen des Gewächses bei. Das Korium war mit Zellen durchsetzt, von denen einige
den beim Granulationsgewebe vorkommenden ähnlich waren, während die andern
grofser waren und vakuolenreiches Protoplasma und einen oder zwei Kerne enthielten.
Daneben wurden auch einige Zellen, welche kolloide Körperchen zu enthalten
schienen, konstatiert. Besondere Bacillen wurden nicht vorgefunden. Über den
Zustand des Epithels oder der InterpapiUarkörper ist nichts weiter mitgeteilt.
JET. LesHe Böberts-London.
ElephantiasiB Arabnm. Über das Auftreten von Elephantiasis Arabum an
einer dSjährigen Dame, welche in Indien geboren war und auch den grö&ten Teil
ihres Lebens dort zugebracht hatte, berichtet Dr. Felkin in Edinburgh Med, Joum.
März 1889. Die Krankheit stellte sich zuerst ein im Jahre 1887 nach einem Fieber-
anfall. Als die Patientin von Indien bald nachher abreiste, betrug ihr Körpergewicht
134 Pfund. Dr. Fblkin fand bei seiner Untersuchung die Haut an vielen Teilen des
Körpers hypertrophisch. ,Die folgenden Gebiete waren verschont geblieben: Kopf
und Hals, Vorderarme und Hände, Unterschenkel und Füfse, ein kleiner Teil der
Yorderfläohe der Brust zwischen dem Nabel und den Schlüsselbeinknochen und auch
ein kleines Gebiet zwischen und eine kurze Strecke unterhalb der Schulterblätter.
Der Umfang des rechten Oberarms an der dicksten Stelle mafs 36Vs cm, während
der linke Oberarm einen Umfang von fast 86 cm aufwies. Der Umfang des rechten
Oberschenkels am mittleren Drittel betrug 71 cm, deijenige des linken beinahe eben
so viel. Die Haut der hypertrophischen Teile war pigmentiert, rauh und gespannt
und machte an den meisten Stellen den Eindruck, als ob sie mit dem subkutanen
Zellgewebe fest verbunden wäre. Druck auf die Haut rief keine Deilenbildung
hervor; die Berührung wurde etwas schmerzhaft empfunden. An einigen Stellen,
524
namentlich an den Naies, war die Cutis von knotiger, elephantoider BeschafienheH.
Die Drüsen beider Achselhöhlen und beider Leistengegenden waren geschwollen.
Die Untersuchung des Blutes auf Filaria sanguinis hominis ergab negatiTe
Besultate. Die Haut wurde an mehreren Stellen punktiert, aber ohne Ljmphe zu
entleeren.
Die in 24 Stunden entleerte Urinmenge schwankte zwischen 1400 und 1%0 ccm;
das spezifische Gewicht betrug 1012 — 1025; eine geringe Menge Albnmen wnrde
während der ersten 3 Wochen nachgewiesen, doch verschwand dasselbe nachher
wieder.
Im allgemeinen bestand die Behandlung in gröfster Euhe bei einer hauptsachlidi
aus Milch besiehenden Diät. Massage kam regelmäfsig in Anwendung, daueben der
konstante Strom täglich 20 Minuten lang. Innerlich wurde eine Mixtur von Chinia,
Arsenik, Eisen und Strychnin dargereicht, und zur Beförderung des Stuhlgangs wurden
Abführmittel in häufigen Dosen verordnet.
Nachdem diese Therapie ungefähr 2 Monate lang fortgesetzt worden war, hatte
die Haut ihr normales Aussehen wiedergewonnen, und es war eine erhebliche Ver-
minderuDg der Gröfse der Extremitäten herbeigeführt worden. Der Umfang des
Oberarms betrug nunmehr 25 cm, derjenige der Oberschenkel 54 cm. Das hjper-
trophische Gewebe des Bumpfes war gänzlich verschwunden, und es war auch das
Allgemeinbefinden der Patientin erheblich gebessert. H. LesUe Boberis-London.
Über Trichomycosis nodnlaxis, von Ed. Juhel-Benoy. (AnfuUes de DermaL
et de Syph, 1888. Heft 12.) In Columbien ist unter dem Namen Piedra eine Haar-
krankheit sehr häufig, die erst seit kurzem in Europa gekannt wird. Verf. hat nna
von einem Arzt einen Büschel solcher Piedra- kranker Haare erhalten, und dieselben
eingehend untersucht.
Dieselben fühlen sich Lanugo-artig an und sind leicht gekräuselt. An den ein-
zelnen Haaren fühlt man nun und sieht man in unregelmäfsigen Zwischenraomen
nahezu mikroskopisch kleine Knötchen, von hellerer Farbe als das Haar, und von
fester Konsistenz, was der Krankheit den Namen „Piedra'' (Stein) eingetragen hat
Nach OsTORio de Bog ata hört man beim Durchfuhren des Kammes durch solches Haar
eine Art Krepitation infolge des Widerstandes der Knötchen; auch soll sich nach
weiteren Berichten das Haar verkleben und verfilzen. In dem vorliegenden Falle
hatten die Knötchen eine gelblich-grüne Farbe; Verf. zählte 23 auf einem Haar von
23 cm Länge. — Die Krankheit scheint bei beiden Geschlechtern, in jedem Alter and
bei der dunklen und weifsen Basse vorzukommen; ihre Dauer ist unbestimmt, die
Heilung leicht; eine Verwechselung mit andern Haarerkrankungen ist ausgeschlossen.
Verf. schlägt als zutreffendere Bezeichnung den Namen Trichomycosis nodosa
vor. Die einzelnen Knötchen, die den Haarschaft ringförmig umgeben, lösen sieh
bei mikroskopischer Betrachtung in einen Haufen von Sporen auf, die so stark licht-
brechend wie Fettkörnchen sind. Die Sporen kleben mittels einer grüngelben Masse
zusammen, die aus Stäbchenkolonien besteht und den Knötchen vermutlich ihre Harte
verleiht; sie gleicht in allen Punkten dem Favus-Schleim. — Der Dorchmesser der
Sporen ist ungeßlhr doppelt so grofs wie derjenige des Trichophytus-Pilzes. Die
Form der Sporen ist bald länglich, bald polyedrisch bis rundlich. Diese Sporen sind
nach Verf. die eigentlichen Krankheitserreger. Über die Natur der unendlich sahi-
reichen Stäbchen hingegen ist er sich noch nicht im klaren. Auf keinen Fall können
sie, wie Desenne meint, das Mycelium des Pilzes sein. Sie sind um etwa Waial
kleiner als die Sporen und haben £igenbewegung. — Auch ein Mycelium hat V^
525
gefunden; dasselbe war aber nur klein, wie atrophisch; jedoch stellt Jvhel-Revoy
uns darüber noch weitere, bakterielle Untersuchungen in Aussicht.
Der Pilz sitzt nur auf der Oberfläche des Haares, zerstört den Schaft nicht.
Verf. halt die Krankheit fär kontagiös. Als Heilmittel empfiehlt er völliges Ab'
scheren der Haare; da die Wurzeln unversehrt sind, so ist ein Eahlbleiben nicht zu
befürchten. — Verschiedene wohlgelungene Abbildungen tragen zur Veranschaulichung
des Gesagten bei. Türkheim-Hamburg.
n
n
Syphilis.
Welches ist die beste Byphillsbeliandlung, von Erowczynski. (Przeglad Le-
katski. 1889. No. 13. 14. Polnisch.) K. fuhrt die erste Syphiliskur nach folgendem
Plane: 1. ezzidiert die Sklerose, wo es nur ihre Lokalisation erlaubt; 2. in allen
Fällen ohne Ausnahme verordnet er möglichst früh (gleich nach der Feststellung der
Diagnose) lokale Inunktioneu mit grauer Salbe in der Gegend der In-
guinaldrüsen, anfangs täglich, später jeden 2.-3. Tag in 1,50 bis 2,0 (10-15
Minuten einreiben); 3. gibt gleichzeitig Sublimat oder Jodkali innerlich.
K berichtet über 60 in dieser Weise behandelte Fälle (doch ohne Exzision)
deren kürzeste Beobachtungsdauer 2 Jahre beträgt. In sämtlichen Fällen kamen
Beläge an den Mandeln zum Vorschein, blofs in 4 Fällen Eoseola, in 8 Fällen leichtes
papulöses Syphilid, in 1 Falle Paronychia nach Trauma, blofs in 4 Fällen Ero-
sionen und Papeln an den Genitalen. Der Ausbruch der Allgemeinsymptome
war regelmäisig verschoben:
in 1 Falle 79 Tage nach Infektion.
„ 8 Fällen 97 „
„ 24 „ 108-115 „
„ 27 ;, nach dem 115. Tage nach Infektion.
Vergrofserung der Lymphdrüsen war in sämtlichen Fällen unbedeutend. Jod-
kalibehandlung gab bessere Resultate im Vergleiche mit der internen Sublimatbe-
handlung.
Als Resultate dieser, in der zweiten Inkubationsperiode ausgeführten Therapie
gibt somit der Autor an: Verschiebung des Ausbruchs der Allgemein-
symptome, Milderung derselben, Einschränkung der Zahl der Reci-
diven an den Genitalien (für Prostituierte sehr geeignete Therapie).
Funk - Warschau,
MoDRCEZJBwsKi (Gozetü Lekarska. 1889. No. 16. Polnisch) berichtet über 2 Fälle
von Verwachsung der Nasenhöhlen infolge von Syphüls. Der erste Fall betrifft
ein SVsjähriges Mädchen: zahlreiche Narben um den Mund herum, kleine Deformation
der Nase. Die linke Nasenhöhle undurchgängig, 1 cm oberhalb der äufsem Nasen-
öffnung eine weiche, blasse, obturierende Membran.
Im zweiten Fälle bei einem IVajährigen Kinde (Vater syphilitisch) mit zahlreichen
Syphilissymptomen (Kachexie, Iritis spec. eingesunkene Nase) waren beide Nasen-
höhlen verwachsen. Die diaphragmaartigen Membranen safsen IV* cm oberhalb der
äufseren Nasenöffhung. Therapie: 1. Perforierung der Membran mittels Galvano-
kauter; 2. Durchtrennung der höher liegenden Adhäsionen mittels entsprechend
dicker Metallsonde; 3. Dilatatien der Nasenhöhlen mit elastischen (Urethral-) Bougie«,
526
imd 4. sorgfaltiges Einlegen von Drainageröhrchen durch viele Monate Idndurcii. Der
Erfolg war in beiden Fällen ausgezeichnet. Fimk-Wärsckau.
In einer der letzten klinischen Wochenversammlungen der Arzte des
Hopital St. Louis stellte Barthel^my ein 4monatliches mit hereditärer Syilhilk
behaftetes Kind vor, dessen Eltern vor 14 Jahren Syphilis acquiriert hatten; iko
Übertragung der Syphilis auf den Fötus solange Zeit nach dem Primarafl^te.
(Wiener med. Presse. No. 17.) Eckartr Nürnberg,
Ober Syphilis des Herzens, von Charles Maüriac. {Wiener med. JPtesH.
"^o. 18) nach Semaine medicale.) Die Syphilis des Herzens, von der jetzt kaum 25—30
Fälle bekannt seien, treffe viel häufiger das männliche als das weibliche Geschlecht 6 : 1
trete durchschnittlich erst 10 Jahre nach dem Primäraffekt auf und befalle alle Teile da
Herzens, hauptsächlich aber die Muskeln und meist als rundliche erbsen- bis taabeno-
grofse multiple Gummata, welche dieselbe Entwickelung durchmachen, wie die im
subkutanen Zellgewebe. Die Gefölsveränderungen bei Herzsyphilis bestehen eben&fli
in einer Periarteriitis. Die Symptome und funktionellen Störungen bei Herzsyi^nlM
sind unbestimmt, und die Krankheit bleibt lange unbemerkt, daher die Diagnose
äuDserst schwierig. Ende der Krankheit mit einer immer mehr zunehmenden Asystofie
oder mit plötzlichem Tode. Eckart-Nürnberg.
2.UB )er gratis.
(No. 8.) Die Behandlung des Lupus mit Pflastermullen.
Ein Vortrag von Dr. P. G. Unna, mitgeteilt von Dr. Clasbit.
Der Dermatologe steht dem Lupus gegenüber vor der schwierigen Aufgabe, nidit
blois die tuberösen, vom Tuberkelgift erweichten Herde, sondern auch die von hier
aus in die noch gesunde Umgebung ausstrahlenden, makroskopisch unsichtbuea,
kleinsten Foci zu sterilisieren. Der Chirurg umgeht diese Au%abe durch l^"»»w*»
des lupösen Gewebes en bloc, d. h. der lupösen Herde sowohl wie der genmdfiB
umgebenden und zwischenliegenden Haut. Diese rein chirurgische Methode ist aber
nur bei den kleinsten Lupusflecken von höchstens Markstückgröfse statthaft,
kann mit oder ohne plastische Deckung das kosmetische Endresultat befriedigoid
Bei grölseren Lupusflächen von etwa Fünfmark- bis Handgröfse steht jedoch dai
Besultat einer plastischen Operation bereits weit zurück hinter den fiesultaten der
dermatologischen Behandlung. Bei noch gröfseren Flächen, bei multiplem Lupus des
Körpers und beim Schleimhautlupus ist die Exzision überhaupt nicht dorchfohibar.
Immerhin können wir mit grofsem Nutzen einfachere chirurgische KafMi^l«™*«
zur Unterstützung der dermatologischen Behandlung in bezug auf Schnelligkeit
und Sicherheit der Heilung heranziehen. Es fragt sich: wie weit? Die Antwoit
darauf ist einfach die folgende. Die Zerstörung durch Kratzen, Schneiden,
Sticheln, Brennen und Ätzen darf niemals auffallendere Narben setzen
als die seltene Spontanheilung und die stets zu erreichende dermato-
therapeutische Heilung.
Die letztere zerfallt bei irgendwie grölseren LupusflSchen in zwei Teile; la
raschesten und sichersten beginnt man mit einem unter Chlorofbrmnarkoee TorsD'
J
527
nehmenden, chirurgischen Eingriff, der besiimmt ist, den gröfsten Teil der sichtbaren
Luptuherde anf einmal zn vernichten. Hieran schliefst sich der zweite, bei weitem
i7?ichtigere Abschnitt, der der Ausheilnng. .
Diesem letzteren Teile der Behandlung fallt die dreifache Aufgabe zu, die Sab-
stanzTerlttste zu erganzen, alle Inpösen Beste, auch die unsichtbaren kleinsten Herde
der gesunden Umgebung zu zerstören und die Narbenbildung in kosmetisch befriedi-
^nder Weise zu leiten. Alle diese Erfordernisse werden in geradezu idealer Weise
erfallt von der Behandlung mit Pflastermullen, welche einen starken Gehalt an
Salicylsäure und Kreosot (oder Guajakol) besitzen. Es gibt keine andre Methode
für diesen zweiten Abschnitt der Lupusbehandlung, die in bezug auf Sicherheit des
Erfolges und Schönheit der Narbe mit ihr konkurrieren könnte.
Im einzelnen verfahrt Unna bei gröfseren oder multiplen Lupuaflächen folgender-
maijBen :
Erster Abschnitt: Zur einmaligen Zerstörung des Lupus im groben zieht
Unna den Paquelin dem scharfen Löffel vor. Man kann mit ersterem niemals neue
Einimpfungen von Tuberkelgift in noch gesunde Partien des Bodens und Bandes
bewirken. Man trifft mit dem Spitzbrenner noch kleine Herde in der Tiefe, die sich
der Auskratzung unzugänglich erweisen. Man übersieht das Lupusfeld fortdauernd,
ohne durch die Blutung in der Erkennung kleiner Herde gehindert zu werden.
Sodann ist der Löffel bei bereits stark von schwieligem Narbengewebe durchzogenen
Gewebe überhaupt nicht praktisch. Endlich ist das Anbrennen des Lupus schon
deshalb die beste chiraigische Behandlung, weil es wie alle Verbrennungen eine
starke Entwickelung des kollagenen Gewebes nach sich zieht, wodurch die zurück-
bleibenden Lupusreste geradezu erdrückt werden. Man braucht zwei Paquelinspitzen,
eine breite für vorquellende, gleichmäfsig erweichte Lupusfelder, eine scharfe für
zerstreute kleine Herde, besonders in der Mitte von älteren Narben.
Sofort nach der Anwendung des Brenners werden die gut aufsaugenden Brand-
schorfe dazu benutzt, ein starkes Antituberkulosum aufzunehmen, dessen Anwendung
aufserhalb der Chloroformnarkose zu schmerzhaft sein würde. Die ganze Brandfiäche
wird derb angepinselt, resp. eingerieben mit folgender Lösung:
Spiritus aelherei 20,0
Acid. carbolici 4,0
Süblimati Ifi
M.
Mit der nun folgenden Applikation des Salicyl-KreosotpflastermuUs be-
ginnt der:
Zweite Abschnitt.
Hierzu dient entweder ein Pflastermull von dieser Zusammensetzung:
SalicyMure 20,0 | ^ j^^^
Creosoti fagi optimi 40,0 )
oder von der folgenden:
Salicylsäure 20,0 | ^ ^^^^
auoQakol 10,0 / ^
Stücke dieser Präparate werden den Lupusflächen so aufgelegt, dafs die Bänder
des PflastermuUs die Lupusflecke etwas überragen. Darauf wird der Pflastermull
nebst einem anliegenden Ringe gesunder Haut mittels Zinkleims überdeckt und der
Leim wie gewöhnlich wattiert. Wenn der Patient aus der Narkose erwacht» ist die
Kreosot- (Guajakol-) Anästhesie bereits so weit gediehen, dafs die Sublimat- und
Salicylschmerzen nicht mehr gefühlt werden.
528
Von jetzt an findet alle 24 Standen ein Verbandwechsel statt, bei weldiem. &
Pflaster abgenommen, die Wandfläche mit laawarmem Wasser, eyentaell nnter
zosatz gereinigt, sodann kokainisiert und einige Uinaten später wieder mit
Salioyl-Kreosotpflastermall bedeckt werden. Nach 2 — 3 Tagen, wenn sich die Brand-
schorfe abgestofsen haben und die allmähliche, kontinuierliche Exfoliation aller,
der kleinsten Lupusinseln unter dem Einflüsse der Salicylsfiure beginnt^ be&otst
den Verbandwechsel aufserdem noch zu einer ergiebigen Anwendung dea Sablinal>
pastenstiftes. Der tägliche Verbandwechsel umfafst dann:
1. Abnahme der Pflaster und Reinigung der Wundfläohen;
2. Kokainisienmg derselben (etwa mit 5 Voiger Losung) ; nach 5 Minnten :
3. Bearbeitung aller noch verdächtigen, gelblichen SteUen, besonders aller
Höhlungen mit dem lOVoigen Sublimatpastenstift;
4. nochmalige Eokainisierung;
5. Applikation der neuen Pflastermulle.
Eine Viertelstunde nach Applikation der Pflaster h5ren alle Schmerzen auf; dsi
Kreosot (resp. Ou^'akol) macht dann seine Wirkung geltend. Die folgenden S^ Stondei
sind, trotzdem die Salicylwirkung fortgeht, Yollkommen schmerzlos.
Unter dieser Behandlung heilt der Lupus mit weicher, glatter Narbe nberraachend
schnell zu. Man thut gut, die oft allzurasohe Überhomung durch immer kraliagen
Anwendung des Sublimatpastenstiftes zu Terzögem. Immerhin werden nach
2 — 3 Wochen selbst handgrofse Lupusflächen vollkommen vernarbt sein.
Es ist vorteilhaft, so lange noch eine Botung der Narbe besteht, jede Nacbt
eine 207oige Ichthyollösung aufpinseln zu lassen.
An diese nach Unnas Erfidirung beste Methode der Lnpusbehandlung massea
noch einige Bemerkungen geknüpft werden über die zeitweise notwendig werdendea
Modifikationen derselben.
Ist aus irgend einem Grunde die Chloroformnarkose kontraindiziert, so begiant
man sofort mit dem zweiten Abschnitt der Bepflasterung, nimmt dann aber zuerst ~
wenigstens aufserhalb des Gesichtes — einen stärkeren Pflastermull, etwa:
Salicylsäure 40,0 | ^ j^^^
Guqjakol 20,0 / *^
bis alle Lupusknötchen ausgefallen sind.
Hierbei ist ein um so energischerer Gebrauch des Sublim atpastenstiftei
anzuraten. — Diese Modifikation: stärkerer Pflastermull ohne Paquelinanwendung ist
beim Leichentuberkel überhaupt vorzuziehen.
Hat man keine Pflastermulle zur Hand, so ersetzt man sie mit annäherndem,
wenn auch nicht vollständig gleichem Resultate durch Applikation einer Salbe:
Äcid. saHcylici 20,0
Creosoti fagi 40,0
Cerati 40,0
welche auf doppelten Verbandmull gestrichen und mit Guttaperchapapier bedeckt
wird. Die Tiefenwirkung und Anästhesie ist hierbei nicht ganz so vollkommen wie
bei den Pflastermullen. Nur bei ungemein ausgedehnten lupösen Bezirken (ganse
Extremitäten etc.) zieht Unna diese Methode der Billigkeit wegen vor.
Bei sehr ungünstig sitzenden Lupusflächen, bei denen die GranulationsbflduBg
zögert (z. B. über dem Trochanter oder andern Enochenerhebungen) ersetzt man die
ersten Tage den SalicylpflastermuU durch ein ebenso au&uleimendes Stuck Jodofonr
gitterpflastermull, bis die Granulationen fest und schön geworden sind.
Handelt es sich um versprengte Lupusknötchen zwischen dicken
529
strängen, von alten Vemarbungsprozessen herruhreDd, so appliziert man zweckmäTsiger-
weise zuerst eine Zeitlang folgende Salbe:
Lanolini 90,0
Acidi lactid 10,0
unter impermeabler Bedeckung, bis die Haut weicher und nachgiebiger geworden ist,
und geht dann zur klassischen Pflasterbehandlung über.
Der Schleimhautlupus des Mundes und Rachens, der Conjunctiva und des Kehl-
kopfes kann nur mittels Paquelin oder Galvanokauter behandelt werden. Für den
Lupus der Nase und des Thränenkanals eignen sich Tampons, mit der Salicyl-Kreosot-
salbe bestrichen, auTser der Glühhitze. Ebenso für den Gehörgang.
Wo jede energische Behandlung zur Zeit unthunlich ist, empfiehlt UNKii als
schwach aber mit der Zeit sicher wirkende Behandlung folgendes:
bei Nacht: obige Salicylkreosotsalbe am besten mit impermeabler Bedeckung;
bei Tage: Einfettung mittels des lOVoigen Sublimataalbenstiftes oder Auf-
pinselung von:
Xt'S KaU aüiciei 80,0
Ol Uni 20,0
M. S. Wasserglasfimis.
oder wenn der Lupus stark entzündlich gerötet ist:
bei Nacht: Aufpinselung von Ichthyol mit etwas Wasser verdünnt;
bei Tage: einfache Einreibung der Salicylkreosotsalbe.
Bei ganz kleinen Herden, wie sie besonders am Bande sonst gut vernarbter
Lupusflecke als Becidive auftreten, ist es am einfieushsten, dieselben mittels des Mini-
malbrenners anzustechen oder mittels eines scharfen Hölzchens (Zahnstocher) auszu-
bohren (Spickmethode). Hierzu umwickelt man die Spitze mit einem minimalen
Wattefläumchen, taucht den Zwergtampon in obige spirituösätherische Lösung von
Karbolsäure und Sublimat, und bohrt, nachdem man die Hornschicht über dem
Knötchen mit einem in der linken Hand gehaltenen Messerchen durchstochen, mit
der rechten Hand denselben rasch in die Tiefe, ehe noch ein Tröpfchen Blut hervor-
quillt. Diese Tampons bleiben V« — V> Stunde in der Haut stecken, die wie gespickt
aussieht Dreht man sie dann rückwärts vorsichtig aus, so sind an Stelle der Lupus-
knötchen ebenso viele kleine Cystemen gegeben, die man dann mit derselben Ätz-
lösung mehrfach ausfüllen kann, um die Wirkung der Anbohrung zu verstärken.
Wie man sieht, dienen alle diese chirurgischen Encheiresen : das Brennen mittels
Paquelin und Minimalbrenner, die Atzung mittels Sublimatpastenstift und der Atz-
lösung, die Spickmethode nur als zweckmäfsige Ergänzungen der üaupt-
methode, der Pflastermullbehandlung. Sie können diese letztere nie ersetzen,
wohl aber kann diese ganz allein zur Heilung des Lupus fähren.
(No. 9.) Auf dringenden Wunsch eines Patienten richte ich an die hochgeehrte
Bedaktion die Bitte, in einer der nächsten Nummern der Monatshefte unter der Bubrik
„Aus der Praxis^' gütigst Auskunft geben zu wollen, welche Therapie bei Onyoli-
atrophia seniliB die besten Resultate ergeben dürfte. Die Krankengeschichte ist in
kürze folgende:
Herr v. S., 45 a. w., hat, ebenso wie sein Vater, sehr früh eine Glatze gehabt
Die Haut ist etwas welk und trocken geworden in den letzten Jahren; seit 1883 ist
ihm eine abnorme Brüchigkeit der Nägel aufgefallen. Im Herbst 1888 wurde auf
dem Rücken und in geringem Grade auch auf der Haut der Brust die Entwickelnng
von Verruca senilis beobachtet. Aufserdem leidet Patient an häufigem Harndrang,
530
als dessen Ursache neben mafsiger Frostatahypertrophie eine Herabsetzung der Kap«-
zität der Blase konstatiert wurde. Herr v. S. ist seit einigen Jahren impotent und
gibt an, nie an Syphilis gelitten zn haben. Gegenwärtiger Befund an den NSgcfai:
die Ecken der kurzen Nägel ragen etwas vor, der vordere freie Band derselben iit
uneben, rissig, bröckelt beim geringsten Trauma ab. Die Längsstreif ung der Nagel ist
sehr stark ausgeprägt; in der Mitte verläuft ein flacher Längswulst, seitlich von dem-
selben beiderseits breite seichte Furchen. Namentlich an den Nägeln der Daamen,
am wenigsten ausgeprägt an den kleinen Fingern, sind Querrisse und Längsrisse in
der obersten Schicht der Nägel vorhanden. An den Fnfsen finden sich ähnliche, je-
doch weit weniger ausgeprägte Veränderungen. Patient macht den Eindruck eines
früh gealterten Mannes. Für die Atrophie der Nägel läfst sich keine Ursache ao»
findig machen; eine parasitäre Erkrankung wurde durch die mikroskopische Untere
such ung ausgeschlossen. Jodkali ist ohne Erfolg gebraucht worden; über die Wirkong
des gegenwärtig angewandten Arsens ist ein Urteil noch nicht zulässig. Was kann
aufser dem Tragen von Handschuhen und Lanolineinreibungen empfohlen werden und
wie ist die Prognose zu stellen?
Einer geneigten Beachtung dieser Anfrage entgegensehend, zeichne ich hoch-
achtungsvoll
Dorpat, 4. Mai 1889. Dr. Jon. Meyer.
Wir bitten unsere Leser, sich an der Antwort auf diese Anfrage zu beteilij2;en.
Die Bedaktion.
Bei der Redaktion eingegangene Litteratur:
Letzel. Die Heilquellen und Quellenprodukte des Bades KrankenheilTöle, 1889.
B EHREND. Über NerverUäsion und Haarausfall mit Bezug auf die Alopecia areata,
(ViECHows Archiv. Bd. 116.)
VAN Haren Noman. Äfdeeling voor Huid ziehten en Syphüis, Amsterdam 1887.
Klüizenko. Beitrag zur VariceUenfrage, (Osterr. Sanitätsbeamte. 1889. 2. u. 3.)
Annales de la Polyclinique de Bordeaux. Tome 1. fasc 1. No. 1. 1889.
Schütz. Nachweis der Gonokokken.
BoECK. Über Acne frontalis. (Acne pilaris Bazin.) (Archiv f. Dermatologie u. SypL
1889.)
Gottstein. Sublimat-Lanolin. (Therapeut. Monatshefte. 1889. März.)
Neumann. Studie iU)er hereditäre Syphilis. (Wiener klin. Wochenschrift. 1889. No. 4—9.)
Neumann. Wirkung des salicylsauren Quecksilbers gegen konstitutioneüe Syphüis.
(Wiener med. Wochenschr. No. 47 u. 48. 1888.)
Schwimmer. Neuere dermatoiherapeutische Mittel. (Wiener med. Wochenschr. 1889.
No. 3-5. 8. 9.)
Schwimmer. Heutiger Stand der Dermatologie. (AUg. Wiener med. Zeitung. 1889.)
Jacob Y. Contributions to the anatomy and pathology of ihe Thymtu GUmd. (Trans*
action of the Assoc. of Amer. Phys. Sept. 1888.)
Seidel. Der gegenwärtige Stand der Trippertherapie. Berlin u. Neuwied 1889.
DuBREUELH. De la Dermatite herpetiforme de Duhring. (Mem. et Bullet, de la So-
ci6t6 de M6d. et de Chir. de Bordeaux. 1888.)
Mikrotherapie von einem prakt' Arzte. Hamburg, Jbvichen. 1889.
VON Bergmann. Zur Differentidldiagnose und Therapie der Lues. (St. Petersb. Med.
Wochenschr. 1889. No. 8.)
Verlag von Leopold V08B In Hamburg (und Leipsig).
Dmck der VerlagMiiftaU und Dmckerei Aetien-GeMllaohaft (voniiali J. F.RIcbter) la Haabing.
INoitateliefle fSt lltaktifdie 9etDiat0logit
asB
Band VIH. N2; 12. 15. Juni 1889.
Aus Dr. Vksab dermatologischem Laboratorium in Hamburg.
Beitrage zur Histologie des Bhinoskleroms.
Von
Dr. ViTTORio Mtbelli,
Privatdozent der Dermatologie an der Universität Siena.
Die zahlreioben Beobachtungen und genauen Studien der letzten Jahre
haben festgestellt, dais das fi«hinosklerom eine Krankheitsform ist, die
sich durch besondere klinische Merkmale auszeichnet und zum ausschließ-
lichen Sitz die Pharyngonasalschleimhaut hat. Von hier aus greift der
Prozefs auf die benachbarten Gewebe über, ohne indessen sich weit vom
Ausgangspunkte zu entfernen. (Hebba, Pellizzabi, Chtabi u. a.)
Auch ist histologisch festgestellt worden, dafs es sich bei dieser
Krankheit um einen chronisch-entzündlichen GranulationsprozeJOs handelt,
welcher durch die Gegenwart besonderer alterierter Zellenformen haupt-
sächlich charakterisiert wird. (Mikulicz, Frisch, Pellizzabi u. a.)
Die Ätiologie des Rhinoskleroms anlangend, ist man aber bis zur
Stunde noch zu keinem abschlieisenden Urteil gelangt. Man kennt zwar
eine mit Kapsel versehene Bakterienart, welche beständig im kranken
Gewebe gefunden wird und sich leicht in Kulturen fortzüchten läist.
(Fbisch, PAiiTAur u. a.)
Allein die gewonnenen Resultate berechtigen noch nicht dazu, mit
Sicherheit zu behaupten, dafs diese Keime die eigentliche Ursache der
Krankheit seien, weil diese Bacillen, auf Tiere geimpft, sich bisher nicht
haben reproduzieren laasen. (Mibelli, Dittbich.)
Immerhin, in Berücksichtigung der besonderen Art und Weise, wie
jene Zellen des kranken Gewebes degenerieren, welche von Mikulicz
für hydropische, von Pellizzabi in der Folge für hyalin degenerierte
Zellen gehalten wurden; in Berücksichtigung sodann der Beziehungen,
welche genannte Bacillen zu jenen Zellen, wenn auch nicht beständig, so
doch sehr häufig haben, kam zuerst Fbisch, dann Cobnil und später
WoLKOWiTSCH und Dittbich zu der Idee, es möchte die hyaline De-
generation unter dem Einflüsse jener Bakterien entstehen.
35
Monatshefte.
632
Während nun die zwei ersten Forscher eine solche Lösung der Frage
für wahrscheinlich, aber nicht für bewiesen halten, liels Ditteich „gewi6
den Schluis als gerechtfertigt erscheinen, dafs die vielfach als hyalin be-
zeichnete Degeneration hier unter dem Einflüsse der Bakterien erfolge."
Welcher Art ist die fragliche Degeneration und entsteht sie unter
dem direkten Einflüsse der Bacillen? — Diese beiden Fragen sind es
also, welche noch des näheren studiert werden müssen. Dieser An^be
gilt die gegenwärtige kleine histologische Studie, zu deren Ausführung
ich in das dermatologische Laboratorium von Herrn Dr. Unna eintrat,
welchem ich für seine Unterstützung hier meinen wärmsten Dank sage.
Li meiner Eigenschaft als Assistenzarzt der Klinik für Dermatologie
und Syphilis in Siena war ich in der Lage, einen Fall von Bhinosklerom
beobachten und klinisch und histologisch studieren zu können. Daba
fahndete ich auch auf die im Bhinosklerom vorkommenden Bakterien und
züchtete dieselben auf gewöhnlichen Nährböden. Die hieraus gewonnenoi
Resultate wurden von mir in meiner Arbeit: „Un oaso di rinoscle-
roma" seiner Zeit publiziert. Da alle Lnpfversuche, die ich damals an
verschiedenen Tieren vornahm, firuchtlos blieben, und auch auf Grund von
Erwägungen anderer Art, glaubte ich den Schluis ziehen zu sollen,
es sei noch keine bewiesene Sache, dafs die im Bhinosklerom vorkom-
menden mehrfach erwähnten Bacillen das eigentliche ätiologische Moment
der Erkrankung bilden. Und auch bezüglich ihrer behaupteten Einwirkung
auf die Zellen des kranken Gewebes führte ich, wenn auch nur kurz, an,
dais meinen histologischen Untersuchungen nach zur Hervorrufung der
sogen, hyalinen Degeneration der Zellen die Gegenwart jener Bacillen
nicht einmal notwendig sei.
Ich mufs hier anführen, was ich auch in meiner ersten bezug^
liehen Arbeit erwähnte, dafs mir nämlich damals noch spärliches Materisl
zum Untersuchen vorlag, und dafs auch dieses zu histologischen Zwecken
wenig geeignet war. Infolge dessen konnte ich meine Untersuchungen
in dieser Frage nicht so weit ausdehnen, als es wünschenswert gewesen
wäre. Auch erachtete ich es für meine Pflicht, über gewisse beobachtete
Einzelnheiten mit Stillschweigen hinwegzugehen, über die man sich eist
durch ein reichlicheres Material besser Bechenschaft hätte verschaffen
können.
Ich hatte später sehr oft Gelegenheit, meinen Patienten zu sehen,
welcher zu wiederholten malen ärztliche Hilfe wünschte, teils, wenn auch
nur vorübergehend, um die Nase für Luft durchgängig zu machen, teils
auch, um das nicht gerade ästhetische Aussehen der Nase einigermaJsen
zu verbessern.
533
Am 6. Dezbr. 1888 schnitt ich von der Nasenspitze einen grofsen
Teil kranken Gewebes aus, welcher aniser der Hant das unterliegende
kranke Gewebe entfernte und zwar an einer hervorragenden Stelle, wo
die Epidermis yerdünnter erschien, wo die Masse des kranken Gewebes
vom Innern der Nasenhöhle her getrieben, den stärksten Druck ausgeübt
und auch das Hautgewebe stärker als anderswo angegriffen hatte.
Das zweite mal am 20. Jan. 1889 entfernte ich vom Hautteil des
Nasenseptums beiderseitig zwei grolse Stücke, da dieser Teil sich stark
verdickt hatte, und schabte hierauf beide Nasenhöhlen, soweit thunlich,
mit dem scharfen Löffel aus, bis es mir schliefslich gelang, in jede der-
selben einen Stift von Laminaria digitata einzuführen und während
ca. 16 Stunden darin liegen zu lassen.
Ich muTs hier zweierlei erwähnen, erstens, dais im ersten Falle die
künstlich gesetzte Wunde durch 3 Nähte geschlossen wurde imd innerhalb
7 Tagen per primam zuheilte, und dafs^bei der zweiten Operation auf die
Entfernung jener Laminariastifte eine grolse Menge halbflüssiger bräun-
licher Masse aus den Nasenhöhlen folgte, welche der Konsistenz nach
dem Eiweüs nahe kam.
Das ganze Material, das ich vom Ejranken entfernte, das erste so-
wohl als das zweite mal, wurde in entsprechenden Fixationsflüssigkeiten auf-
bewahrt, teils in Alcohol absolutus, teils in Sublimat, teils in Osmium-
säure */2 — 1%, teils endlich in FLEMMiNGscher Lösung.
So bekam ich Gelegenheit, ausgedehnte histologische Untersuchungen
des fraglichen Gewebes anzustellen, was wünschenswert war, um meine
ersten Studien hierüber zu erweitem und zu Kesultaten zu gelangen,
welche für mich einen vorläufigen Abschluß der obigen Fragen herbei-
führten.
Allgemeine Übersicht der histologischen Verhältnisse.
In absolutem Alkohol gehärtete und mit Pikrokarmin oder mit
Eämatoxylin nach Böhmes gefärbte Schnitte haben mir immer sehr
schöne Bilder geliefert, welche über die wichtigsten Einzelheiten des
Baues des Rhinoskleromsgewebes AufischluilB gaben ; ebenso die Schnitte
aus FLEMMiNGscher Lösung nach geeigneten Färbungen mit Saffiranin
oder Gentiana.
Durch die Zahl der Untersuchungen, welche ich mit dem auf ver-
schiedenen Stellen des kranken Gewebes gesammelten Material anstellte,
konnte ich mich überzeugen, dafs die stärksten Alterationen der Zellen
des Brhinoskleromsgewebes konstant in dessen tieferen Teilen liegen, welche
letztere in frischen Stücken sich auch mikroskopisch auTserordentlich weich
und gelatinös zeigten.
35*
534
«
Diesen Punkt hat man bisher nicht genug gewürdigt. Da die Klinik
unter Rhinosklerom eine mit besonderer Härte einhergehende Krankheit
versteht, da dieses Symptom pathognostische Bedeutung besitzt, so er-
scheint es fast parodox, wenn ich behaupte, dals der am meiste»
charakteristische histologische Befund ein ganz ungemein weiches, fast
flüssiges Gewebe repräsentiert. Und doch ist dies der Fall und wider-
spricht den klinischen Thatsachen nur scheinbar. Denn dieses weiche
G-ewebe findet sich nicht überall; hauptsächlich ist es ausgebildet in d^
Tiefe des Gewebes, der Nasenbedeckung, zunächst dem Knorpel. We-
niger massenhaft, in zerstreuten Inseln findet es sich auch anderswo. El
kann aber nicht die äulsere Beschaffenheit der Geschwulst bestimmen,
da es von mehr oder minder induriertem Hautgewebe überall einge-
schlossen ist. Nur die Härte des letzteren fühlen wir, aber diese Indura-
tion und Hypertrophie des durchsetzenden und umgebenden kollagenen
Gewebes finden wir auch bei andern pathologischen Prozessen, beispiels-
weise bei der Initialsklerose, bei manchen Gummata. Dagegen sind die
eingestreuten, weichen Gewebepartien so speziell charakteristisch für das
Rhinosklerom, dafs sich aus wenigen Zellen desselben mit Sicherheit die
histologische Diagnose stellen lälst.
' Dadurch wird das Bild, welches Schnitte durch Bhinoskleromgewebe
geben, je nach den Umständen ein sehr verschiedenes sein. Besond^s
nahe der Oberhaut gibt es in den Befunden keine Konstanz. — So sieht
man an verschiedenen,' aber einander ganz nahe liegenden Punkten hier
unter der verdünnten komprimierten Epidermis eine spärliche Infiltration
loindlicher Zellen inmitten sehr gut erhaltenen Bindegewebes, dort hin-
gegen inmitten eines fein retikulierten Bindegewebes eine sehr starke
Infiltration kleiner gleichmäfsig verteilter, ganz normaler Zellen, welche
bis zu den cylindrischen Zellen der Stachelschicht der Epidermis selbst
reicht, was hauptsächlich nach Härtung in FLEMMiNGScher Lösung klar
zu sehen ist.
An andern Stellen, wo die Infiltratioo weniger stark ist, sieht man, dafs
dieselbe hauptsächlich um die Gefäfswandungen dichter wird, niemals um die
Talgdiüsen oder Haarfollikel oder Knäueldrüsen, welche noch vorhanden sind.
Anderswo treten neben typischen nicht alterierten Infiltrationszellen
spindelförmige, zu Bündeln verschiedener Gröfse vereinigte Zellen in
Verbindung mit zarten Fasern Bindegewebe auf. An andern Punkten
wiederum erscheinen die Infiltrationszellen teilweise oder fast gänzlich
{jlteriert und zwar in einer Weise, die wir weiter unten beschreiben
werden. Die stärkste Alteration dieser Zellen triffib man, wie schon ge-
sagt, gewöhnlich in den tiefer gelegenen Teilen; an einzelnen Stellen je-
doch ist dieselbe bis zum unmittelbaren Kontakt mit der Epidermis an
die Oberfläche gelangt.
535
Die Follikel der Hant anlangend, ist es eine auffallende Ersoheinung,
dals sioi während dieselben an dicht infiltrierten Stellen fast nirgends
zu sehen sind, hart daneben in Form eines Haarfollikels, oder einer
greisen Talgdrüse, die noch gänzlich intakt und gesund sind, erscheinen.
Noch viel seltener begegnet man Ejxäueldrüsen. In einzelnen Schnitten
jedoch kann man zuweilen durchschnittene Drüsentubuli sehen, von
welchem einzelne ganz intakt sind, andre allerdings eine Erweiterung des
Lumens zeigen. In dem letzteren findet man auch hin und wieder die
Wandung verdickt, das Protoplasma der Epithelien angeschwollen, viel-
leicht proliferierend.
In vielen Schnitten gelingt es nicht, Blut- oder Lymphgefäise zu
treffen, und wenn vorhanden, so sind sie nur sehr spärlich.
An andern Stellen treten dieselben wiederum zahlreich auf. Was
die Blutgefä&e angeht, so präsentieren sich dieselben in der Hauptsache
immer im gleichen Bilde. — Man sieht nämlich um ihre Wandungen und
auch innerhalb derselben eine Infiltration rundlicher Zellen, die meistens
normal sind. Und überraschender Weise findet man selbst mitten in
einem Gewebe, das fast ausschlieUslich aus im höchsten G-rade alterierten
Zellen besteht, diejenigen Zellen noch intakt, welche zu den Gefäfs-
wandungen gehören oder sie zunächst umgeben.
Sehr oft sodann kann man konstatieren, dafs das Ge&lslunien er-
heblich verengt und an manchen Stellen vollständig obliteriert ist. Dies
ist da leicht erklärlich, wo die Infiltration eine sehr starke ist und eine
laterale Druckwirkung zur Geltung kommt.
An andern Stellen dagegen muTs man diese Verengerung einer Al-
teration der GefäGswandungen selbst zuschreiben. Nicht selten begegnet
man einem transversalen Schnitte einer kleinen Arterie, deren infiltrierte
Wandungen erheblich verdickt sind, und zwar nicht nur die Adventitia,
sondern auch die Media, verbunden mit Anschwellung der Endothelzellen
der Intima. — In diesem zweiten Falle bekommt man sehr klare Bilder
von Endarteriitis obliterans in der nämlichen Form und Intensität, wie
solche für gewöhnlich bei der sypilitischen Initialsklerose vorkommt.
An andern Funkten sieht man innerhalb der Ge&fswandungen selbst
unregelmälsige Massen einer kolloiden glänzenden Substanz, derjenigen
der sogenannten Kugeln ganz ähnlich. Einzelne Fragmente dieser Sub-
stanz thrombosieren bisweilen das Gefälslumen vollständig. Anderswo
sind die Gefäfswandungen, hauptsächlich diejenigen der Kapillaren, stark
alteriert, das Endothel ist erheblich angeschwollen und trübe mit undeut-
lichen Zellkonturen, was ßhexis und Hämorrhagie zur Folge haben kann.
Nicht selten begegnet man im Gewebe Kugeln, die zu Haufen oder
zerstreut liegen, oder man stöfst auf wahrscheinliche Fragmente derselben,
die in ähnlicher Weise verteilt sind.
536
Die LymphgefäTse erscheinen stark dilatiert. An Stellen, wo die
Gewebsalteration nicht zu stark ist, sieht man weite, ziemlich regelm&lkige,
ovale oder stark sich verlängernde Bäume, welche stets lymphoide, mehr-
kemige Zellen enthalten mit typischem Endothel, das stark ausgeprägt
und gänzlich intakt ist. Von diesen Räumen liegen die grö&ten in der
Tiefe des Gewebes.
Aber genau so wie Unna es von dem Leprom der Haut beschreibt,
kommen auch hier direkt unter der Oberhaut enorm dilatierte Lymph-
kapillaren vor, wo die Infiltration mit runden Zellen durchaus nicht dicht
ist. Diese Erscheinung hat offenbar denselben Grund, wie nach Unna
bei der Lepra, nämlich die Thrombosierung des gröfsten Teils der tiefer
gelegenen Lymphwege.
Selbst das Bindegewebe bietet ein andres Bild dar, je nach der
Stelle, der es entnommen. Ich habe schon weiter oben der retikulären
Anordnung gedacht, welche dieses Gewebe da annimmt, wo die Infiltra-
tion eine stärkere ist. Doch auch an Stellen, wo die Infiltration geringer ist
oder gänzlich fehlt und wo die typischen Kollagen-Bündel sich zeigen,
kann es verschieden aussehen. So bemerkt man an einzelnen Punkten,
die jüngeren Stadien entsprechen, zarte Faserbündel von normalem Aus-
sehen und von zahlreichen spindelförmigen Zellen begleitet. An andern
Stellen dagegen sieht man starke Anhäufungen solcher Fasern, so dals
ausgedehnte Herde einer kompakten, dichten sklerotischen Masse gebildet
werden, wo die eingestreuten Zellen seltener werden oder gänzlich fehlen*
Selbst das elastische Gewebe, das sonst an allen andern Teilen fehlt,
findet sich hier erhalten und vielleicht mitten innerhalb dieser Balken
dichten Bindegewebes sogar vermehrt. Häufiger aber noch, und dies
hauptsächlich in der Nähe der stärksten Infiltrationen und Zellenalteration,
erscheinen die Kollagenbündel enorm verdickt. Letzteres ist an Schnitten,
die in FLEMMiNGscher Lösung gehärtet und zuerst mit Fuchsin oder
Saffranin und nachher mit Hämatoxylin gefärbt werden, wobei nur die
koUagene Substanz violette Farbe annimmt, gut zu sehen,
Diese Struktureigentümlichkeiten und die aufserordentliche Viel-
fältigkeit, welche das Bhinosklerom der Haut darbietet und zwar an
Schnitten, die einander sehr nahe liegen, von Stellen, wo bereits die Haut
erheblich alteriert erscheint, fanden wir zum Teil auch in der Schleimhaut
des Nasenseptums. Nur war hier das Bindegewebe immer reichlicher vor
banden und zu greisen Bündeln vereinigt, und noch öfters fand sich ein
dichtes sklerosiertes Bindegewebe vor.
Aus den beschriebenen Bildern, welche für das Bhinosklerom schon
ziemlich charakteristisch sind, können wir einesteils schlieisen, dafs der
Krankheitsprozefs die Haut und die äufsem Teile der Nasenschleimhaut
nur sekundär und sehr langsam angreift, indem er von den tiefer liegenden
537
Teilen der Nase ausgeht, andemteils, dais jene anders geformten Zellen
das wichtigste Element des kranken Gewebes bilden und jene die Nasen-
höhlen ausfüllende und abschliefsende gelatinöse Masse fast ausschliefslich
ausmachen. In jenen ZeUen hauptsächüch und in den eigentümUchen
Modifikationen, denen dieselben entgegengehen, treffen wir die interessan-
testen Merkmale des Bhinoskleromgewebes.
Die charakteristischen Zellen des S.hinoskleromgewebes.
Diese Zellen zeigen an den Stellen, wo sie noch besser erhalten
sind , regelmäfsig runde Form, sind mit starkem Lichtbrechungsvermögen
ausgestattet, enthalten ein grob granuliertes, scharf konturiertes Proto-
plasma und einen groJben ovalen oder runden, leicht fkrbbaren Kern.
In der Nähe derselben sieht man oft etwas gröfsere, rundliche
Zellen mit hellerem, fein granuHertem, unbestimmt konturiertem Proto
plasma und mit einem weniger leicht tingierbaren Kern, öfters noch mit
zwei oder drei Eernfragmenten, die scharf begrenzt sind und rundliche
Form haben. Es ist bemerkenswert, dais man eine groise Anzahl ähn-
licher Fragmente au&erhalb der Zellen an einzelnen Punkten zerstreut
findet.
Die grofse Ähnlichkeit, welche diese letzteren Zellen mit einigen in
Lymphkapillaren oft zu treffenden lymphoiden Zellen bieten, legt den
Gedanken nahe, dieselben möchten von ebensolchen lymphoiden Körpern
abstammen. — Es ist ja nicht unwahrscheinlich, dafs ein kleiner Teil
der Bhinoskleromzellen diesen Ursprung habe. Die grofse Mehrzahl der
Zellen aber glauben wir auf Grund ihres Aussehens und ihrer eigentüm-
lichen Eesistenz, und weil wir sie immer in den Gefäiswandungen, selbst
mitten in einem im höchsten Grade alterierten Gewebe in grofser Zahl
und gut erhalten antreffen, von den fixen Zellen des Bindegewebes und
hauptsächlich von denjenigen der Gefäfswandungen ableiten zu sollen.
Es ist mir nie gelungen, in jenen Zellen mitotische Bilder zu sehen.
Dagegen fand ich in allen Präparaten eine mehr weniger groise Anzahl
von Mastzellen, welche insbesondere in den nach Flemmings Methode
für Mitosenuntersuchungen behandelten Präparaten klar zu, sehen waren.
Die Mastzellen zeigen sich auch hier wie immer in den verschieden-
artigsten Formen, enthalten gut ausgeprägte Granulationen, welche bald
den Kern unsichtbar machen, bald einen hell ovalen, beinahe unge&rbten
Kern erblicken lassen. Man kann unter denselben zwei Formen leicht
unterscheiden; die eine besitzt eine sehr grofse Anzahl kleiner Kömer,
die andere eine geringere Anzahl gröfserer, regelmäfsig ovaler Granula-
tionen. Diese Mastzellen sind immer isoliert, nie zu Haufen vereinigt.
Wie mehrfach erwähnt, finden sich in der Nähe einer starken In-
filtration rundlicher Zellen auch längliche oder geradezu spindelförmige
538
Zellen, welche fast immer dünnen Bündeln von Bindegewebe aufgelagert
sind.
Überlegt man sich nnn einerseits diese histologischen Bilder und er-
wägt man anderseits auch noch die mehrfach gemachte Beobachtung, mit
welcher Leichtigkeit dieses Gewebe sich zur Vemarbung anschickt, welche
Kontinuitätstrennung auch immer an demselben ausgeführt worden ist, so
wird man zur Annahme gezwungen^ dafs wenigstens ein Teil jener Ge-
webezellen sich zu organisieren neigt.
Es kann auch zugegeben werden, zumal wenn man jene greise Zahl
von Kemfragmenten bedenkt, welche man an verschiedenen Punkten zer-
streut findet, dais ein anderer Teil dieser Zellen zu Grunde geht. Gewi£s
•st es aber, dafs die gröfste Menge derselben, und dies hauptsächlich in
den tieferen Gewebeteilen, Alterationen erleiden, in deren Folge sie
nicht mehr lebensfähig bleiben. Trotzdem persistieren solche Zellen weiter,
ohne sich aufzulösen, und nehmen Kolonien von Mikroorganismen in sich
auf, welche die Zellen nicht zerstören, sondern umbilden und so den
eigenartigen Bedingungen ihrer Existenz geeignet machen.
Wir haben es also hier mit zwei Alterationsformen der Zellen zn
thun. Fürs erste sehen wir einzelne, ohne Ordnung hier und dort zerstreute
Zellen, die inmitten der verschiedenartigsten Formen des kranken Ge-
webes liegen. Sie sind zwei bis dreimal gröfser als die gewöhnlichen
Infiltrationszellen, besitzen ein gleichmäfsiges, kolloidartiges, klares Aus-
sehen und sind sehr stark lichtbrechend. Schon allein durch diese Kenn-
zeichen stechen diese Zellen inmitten der andern stark hervor und lassen
sich selbst am frischen Gewebe und ohne Färbung sehr gut unterscheiden.
Zudem zeichnen sich dieselben auch dadurch aus, dafs sie sich mit den
basischen Anilinfarben sehr stark färben und die Farbe auch nach Ein-
wirkung von Alkohol und Nelkenöl beibehalten. Auch ist darauf auf-
merksam zu machen, dals Osmiumsäure sie grüngeblich &rbt.
Man findet sodann im Bhinoskleromgewebe fireie, vollständig sphä-
rische Körper von der mittleren Gröfse eines Blutkörperchens, oft aber
noch viel gröfser. Dieselben sind bald isoliert, bald zu verschiedenartig
geformten Gruppen vereinigt und zeigen genau dasselbe Bild und die,
selben Beaktionen, wie die soeben beschriebenen Zellen, so dafs der
Schlufs gerechtfertigt erscheint, dafs diese Körper in ihrem Innern die
kolloide Substanz enthalten müssen, wie jene Zellen. Diese Zellen,
welche wir wegen ihres Aussehens als kolloide Zellen bezeichnen wollen»
zeigen immer einen mehr oder weniger verkleinerten Kern, und nur durch
Hämatoxylinferbung nach Böhmer ist es mir gelungen, diesen Kern b
allen Zellen nachzuweisen. Dieselben haben fast immer eine ovale oder
ellipsoide, seltener eine sphärische Form und sind immer scharf konturiert
Der kolloide Zelleninhalt aber zeigt sich fast immer in sehr verschiedener
539
"Weise geteilt, am öftesten in 2 — 3 Teile von unregelmäJsiger Form, aber
mit ausgeprägter Tendenz znr Kugelgestalt. Man bekommt den Eindruck,
dafs die ünregelmdisigkeit der einzelnen Segmente dem gegenseitigen Drucke
zuzuschreiben sei.
In andern Fällen erscheint der Zelleninhalt in eine gröfsere Anzahl
kleinerer, sphärischer Körperchen geteilt zu sein, und man sieht dann
entweder einen guterhaltenen Kern im Zentrum, von einzelnen sphärischen
Kugeln umgeben, welche dann die Stelle des Protoplasmas einnehmen,
oder aber öfters noch, da der Kern in den meisten Fällen sehr klein
geworden ist, die ganze Zelle von einer grolseu Zahl kleiner Kugeln
ausgeftlllt, die sich oft gegenseitig pressen und infolge dessen eine facet-
tierte Form annehmen, so dafs die Zelle ein maulbeerähnliches Aussehen
bekommt.
Mitunter, wenn auch nur selten, scheint die kolloide Substanz jener
Zellen anstatt in kugelige Stücke in Streifen geteilt zu sein, welche von
einem Ende der Zelle zum entgegengesetzten verlaufen, wie die zu>
eammengelegten und etwas gekrümmten Finger einer Hand. Auch in
diesem Falle kann man einen Kemrest oder einen gutgeformten Kern
auf einer Seite der Zelle selbst sehen. — In andern Fällen endlich ist
der ganze Zelleninhalt von gleichmäfsigem Aussehen, ohne jegliche
Teilung zu zeigen. Die Zelle erscheint stark gespannt mit einer glänzen-
den Masse ausgefüllt; der Kern, dem intracellularen Drucke nachgebend,
bildet eine Ausstülpung an einer Stelle der Zellenoberfiäche.
In all diesen Fällen ist die Begrenzung der Zelle kontinuierlich
und scharf. In andern Fällen dagegen ist dieselbe an irgend einer
Stelle durchbrochen, die verschiedenen Fragmente der kolloiden Substanz
verlieren gänzlich oder zum Teil den gegenseitigen Kontakt, machen sich
frei, worauf sie ihre runde Gestalt wieder annehmen. Platzen diese
Zellen erst unter dem Deckglase, so behalten natürlich die Segmente ihre
facettierte Form.
Zahlreicher als die eben beschriebenen sind andre Alterationsformen
der Zellen. Man sieht solche, welche im allgemeinen gröfser sind als
die letzterwähnten und welche ein retikuliertes Protoplasma und einen
deformierten sehr verkleinerten Kern enthalten. Dieselben finden sich
unter den gewöhnlichen Infiltrationszellen zei'streut. Öfters aber sind sie
vereinigt und nehmen einen grofsen Teil des Schnittes ein. Gerade diese
Stellen sind es, welche den besprochenen weichen Anteil des Rhinoskle-
romgewebes ausmachen.
Diese Zellen heben sich von den übrigen gewöhnlichen Infiltrations-
zellen wie glänzende Lücken ab, sobald sie sich aber in gröfserer Ver-
breitung vorfinden, was ja in der Regel in den tieferen Teilen, mitunter
jedoch auch unmittelbar unter der Epidermisgrenze der Fall ist, dann
540
nimmt das Gewebe das eigentümliche Aussehen eines weitmaschigen,
hellen Netzes an, welches im Innern der Maschen ein noch feineres Nets-
werk enthält.
Diese Zellen, welche immer yon einer kontinuierlichen, regelmftfsigcp,
scharfen Linie begrenzt werden, besitzen sphärische oder orale Form, die
meist sehr regelmäfsig ist, mitunter dagegen nach einer Seite sich staik
verlängert. An Präparaten, die mit Hämatoxyliu oder auch mit Pikro-
karmin ge&rbt sind, ist das zu ziemlich regelmäfsigen Maschen angeordnet»
Netz innerhalb der ZeUen gut zu unterscheiden, den Kern sieht man ftst
immer gegen eine Seite gedrängt; der Inhalt der Netzmaschen aber zei^
sich gar nicht gefärbt, und da dieser Inhalt sehr schwach lichtbrecheiMi
ist, so sollte man meinen, die Zellen wären ganz leer.
Färbt man indessen mit dem nämlichen Pikrokarmin etwas stärker,
oder läfst man noch besser die Schnitte während ca. 24 — 48 Standen in
einer schwachen Orceinlösung, so gelingt es nun, dem Netzinhalt eine
leichte Färbung zu erteilen, und so erscheinen die Zellen deutlich als
Körper, angefüllt mit einer schwach lichtbrechenden Substanz, durch
deren Vorhandensein sie stark aufgetrieben sind. Bei Anwendung
stärkerer Vergröfserung sodann kann man Einzelheiten und interessante
Differenzen konstatieren. So sieht man in vielen Zellen, die eine regel-
mäfsige Form und einen noch gut erhaltenen Kern haben, bei verschie*
dener Einstellung des Focus, dais der ganze Zellenkörper von jenem
zarten Netz durchzogen ist. Neben diesen sieht man andre, deren Beti-
kulum nicht durch den ganzen Zellenkörper kontinuierlich verbreitet,
sondern an einer oder mehreren Stellen wie zerrissen ist, so dals dieselben
eine, zwei oder mehrere, ovale oder sphärische, regelmäfsige Höhlen mit
hellem Inhalt zeigen. Man kann bei verschiedener Einstellung konsta-
tieren, dais diese Höhlungen an allen Seiten von dem feinen protopla^-
matischen Netzwerk umgeben sind. In einzelnen Zellen sind die
Höhlungen so grofs, dafs sie den Zellenkörper fast gänzlich einnehmen.
Selbst in diesen aber sieht man noch gut einen Rest des Retikulums
auf einer Seite der Zelle mit dem Kern, und bei entsprechender Ein-
stellung bemerkt man, dafs von diesem Punkte aus ein feines Netz über
die ganze Oberfläche des Zellkörpers sich ausbreitet. Befindet sich in
der Zelle nur eine jener Höhlungen, so sieht dieselbe sowohl infolge
der fast sphärischen Form, welche sie annimmt, als auch durch die
Gegenwart eines platt gedrückten Kernes, welcher an der Peripherie
hervorragt, einer Fettzelle £fehr ähnlich; nur hat der Inhalt der groüsen
Höhle mit Fett gar keine Ähnlichkeit. Mitunter dagegen zerreifst an
irgend einem Punkte die höchst verdünnte Zellenwand, und nun kann
man sehen, wie der Inhalt wie ein Tropfen aus dem Innern der Zelle
hervorquillt. Oft bemerkt man noch irgend einen Zellenrest von Halb-
541
mondform mit nocli erhaltenem Kern, welcher sich offenbar vom übrigen
Teil der Zelle losgetrennt hat. Die Substanz, welche in den Maschen
des Frotoplasmanetzes enthalten ist, läTst sich am besten dort studieren,
"WO mehrere Maschen zerrissen und ihr Inhalt zur Bildung der gröfseren
Höhlungen zusammengeflossen ist. Sie erweist sich hier als eine helle,
fast homogene, besser gesagt fein bestäubte Substanz. An Präparaten,
die mit Hämatoxylin (nach Böhmeb oder Delafibld) oder mit Orcein
gef^bt sind, erblickt man in dieser Substanz die mit Kapsel ver-
sehenen Rhinosklerombacillen.
Mit Hämatoxylin erscheinen sie leicht gefärbt und nicht immer
deutlich ausgeprägt; Orcein färbt sie ebenfalls leicht oder gamicht.
Trotzdem stechen sie in letzterem Falle sehr scharf auf schwachviolettem
Grunde ab als längliche glänzende Körperchen, und man kann deutlich
das zentrale intensiver kolorierte Stäbchen und die es umgebende Kapsel
unterscheiden.
Färbt man mit Methylviolett 6B während 24—48 Stunden und
wendet man die Methode von Gram (Cornil) an, so kann man diese
Bacillen viel deutlicher hervortreten lassen. Allein der Zelleninhalt
erscheint in diesem Falle gänzlich ungefärbt, und die Bacillen zeigen sich
frei in den Zellhöhlen schwimmend, vornehmlich in den groDsen, wo sie
in bedeutender Zahl vorhanden sind.
Das nämliche Resultat erreicht man in rascherer Weise, indem man
die Schnitte der gehärteten Stücke vor der Färbung während einiger
Minuten in Alkohol (Alvarez) oder einiger Stunden in Osmiumsäure-
lösung liegen läM. Mit diesen Methoden erscheinen die Bacillen meist
zugleich mit der Kapsel ge&rbt und stellen infolgedessen dicke, ovoide
Stäbchen dar, die sehr stark und gleichmäisig violett gefärbt sind.
Ändert man aber etwas die Entfärbungsmethode, so gelingt es oft, Prä-
parate zu bekommen, in denen eine gewisse Bacillenzahl sich deutlich in
ihren einzelnen Schichten repräsentiert. Im Zentrum zeigt sich ein
dünnes, gleichförmiges Stäbchen oder eine Reihe rundlicher Kömchen, um
welche ein heller, leicht gefärbter Hof sichtbar ist, selbst begrenzt von
einem peripherischen, sehr stark gefärbten Randsaum.
Diese nämlichen Bacillen finden wir nie in den unveränderten Infil-
trationszellen, auch nicht in denjenigen Zellen, deren Protoplasma in
kolloide Kugeln transformiert ist. In sehr geringer Zahl (1 — 2) finden
wir sie in einigen sehr seltenen, schon partiell alterierten Zellen, welche
den Übergang zu den stark degenerierten Zellen bilden. "Wir begegnen
ihnen auch öfters in wahren erweiterten Lymphkapillaren und öfters noch
und in gröfserer Anzahl zusammengehäuft in den ebenfalls erweiterten
Lymphspalten des Bindegewebes. Endlich finden wir sie auch unregel-
r
542
xnäiBig zerstreut mitten unter den Gewebselementen, vielleicht nur «
Produkt der Präparation.
Deutung der Zellenbefunde.
Welchen Sinn nun sollen wir den eben beschriebenen zwei Beiha
von Zellenveränderungen beilegen, den ersten Zellen, welche kenn
Bakterien, sondern nur kolloide Kugeln aufweisen, — den letzteren, wekbe
eine weichere, weniger stark lichtbrechende Substanz und inmitten der-
selben die Bacillen entb alten? Welche Beziehungen bestehen zwiacha
diesen Mikroorganismen und den Veränderungen der Zellen?
Bevor wir es versuchen, diese Fragen zu beantworten, können wii
nicht umhin, einen kurzen Blick auf die vornehmlich diese Frage W
rührende Litteratur zu werfen.
Mikulicz beschrieb zuerst eine eigentümliche Zellenform, welebe
sich unter den gewöhnlichen runden Bhinoskleromzellen befindet, die sog.
geblähten Zellen, die 3 — 4mal gröfser sind als die andern. Sr hid:
sie für hydropische Zellen und den LANQschen Zellen, die im
Zentrum von Lupusherden vorkommen, für analog. Einige Jahre späte
beschrieb Frisch die nämlichen Zellenformen; zum erstenmal findet er
die sog. Bhinosklerombacillen und zwar fast ausschlieMich im Zellkörp&.
am zahlreichsten und deutlichsten in jenen geblähten, von Mikulicz be>
schriebenen und für hydropisch gehaltenen Zellen. Es kommt ika
ziemlich wahrscheinlich vor, dafs diese Metamorphose der Zellen direkt
auf die Aufnahme und Einwirkung der Bakterien zurückzuführen sei.
Denn er habe alle Übergänge von den gewöhnlichen Rundzellen bis za
den Endstadien dieser metamorphosierten Zellen verfolgt und gefonden.
dais in den nur wenig alterierten Zellen blols 2 — 3 Stäbchen liegen,
während die gequollenen MiEULiGZschen Zellen mit Bakterien voUg^
pfropft sind.
Pellizzari konstatierte als der erste die Gegenwart nmdlidier
Körper im Bliinoskleromgewebe, welche bald isoliert, bald in Gruppen
auftreten, die einfache bis doppelte Grö&e einer gewöhnlichen Rundzelk
besitzen, ein homogenes Aussehen haben und stark lichtbrechend sind.
Er hält sie für degenerierte Infiltrationszellen von hyaliner Substvu
und schliefst auf Grund chemischer Untersuchungen, dafs diese Zellen zu
Grande gehen infolge hyaliner oder kolloider Degeneration.
CoRNiL und Alvarez berichten eingehender über die „hyaline*
Substanz. Als charakteristische Elemente des Ehinoskleroms beschreiben
sie sehr genau sphäroidale Zellen mit einem Durchmesser von ea, 20 p
und mehr mit verkleinertem Kern und retikuliertem Protoplasma. Sie
finden oft in diesen Zellen bald die eingekapselten Bakterien, bald
sphärische Kugeln hyaliner Substanz, bald endlich Kugeln und Bakterien
543
zasammen in der nämlichen Zelle. Sie halten es für möglich aber nicht
für erwiesen, dafs die hyaline Substanz eine Folge der Infektion jener
mit Mikroorganismen sei. Offener als die zwei genannten Forscher spricht
WoLKOWiTSCH TOD hyaliner Degeneration und zwar nicht nur der Zellen^
sondern auch der Bindegewebsbündel. Er verfolgt die verschiedenen
Phasen dieser Degeneration im Innern der Zelle und findet die Mikro-
organismen in den am stärksten alterierten Zellen, die er als mit granu-
liertem Inhalt versehene bezeichnet, und in den hyalinen Massen selbst.
Trotzdem läfst er es unentschieden, ob irgend welche Beziehungen
zwischen jener hyalinen Degeneration und den Bakterien bestehen.
Diesen für die Histologie des B.hinoskleroms wichtigsten Arbeiten
sind in den letzten Jahren viele andre gefolgt, welche alle der grofsen Zellen
mit Mikroorganismen und hyalinen Körpern erwähnen, die bald in den
Zellen selbst, bald auch aufserhalb derselben liegen sollen.
DiTTRiCH allein hat in drei Fällen von Rhinosklerom, die er histo-
logisch untersuchte, die hyalinen Körper nie gefanden, weder in den
Zellen noch aufserhalb derselben. Er fand aber immer sehr grofse Zellen,
die ganz hell und ohne Kern und von kugeliger Glestalt waren (42,.
pag. 267). DiTTRiCH hält dieselben jenen von Mikulicz beschriebenen
grofsen Zellen für analog und möchte sie mit Rücksicht auf ihre be-
deutende Tinktionsfilhigkeit als hyalin oder kolloid degenerierte Zellen
ansprechen. Da er weiterhin imstande war, in allen MiKULiczschen
Zellen die Rhinosklerombacillen nachzuweisen, so ist er geneigt, die
hyaline Degeneration dieser Zellen dem Einflüsse der Rhinosklerom-
bacillen zuzuschreiben (57, pag. 5).
Bei näherer Prüfung der zwei DiTTRiCHschen Arbeiten konnte ich
mich des Eindrucks nicht entschlagen, dafs die Deutung, welche Dittrich
seinen Beobachtungen beilegt, von derjenigen andrer Autoren abweiche^
und für unsem Teil können wir nicht verstehen, was Dittrich eigentlich
unter seinen MiKULiozschen Zellen gemeint hat. Ich finde im Rhino-
skleromgewebe kein Element, das alle diese Charaktere vereinigt
böte, wie: ganz helles Aussehen, kugelige Form, leichte Färbbarkeit und
kontanten Inhalt einer grofsen Zahl von Mikroorganismen. Ich sehe nur
in den ßacillenthromben der Lymphwege (bei der von Dittrich ange-
wendeten Methode von Alvarez) Dinge, welche wenigstens das kolloide
Aussehen, die leichte Färbung und den Bacilleninhalt vereinigen, aber
keine Zellenform und keinen Kern aufweisen ; möglicherweise liegen diese
extracellulären Gebilde den Beschreibungen von Dittrich zu Grunde.
Deshalb wollte ich die Zellenalteration etwas eingehender beschreiben
und von vornherein zwei Punkte feststellen, welche ich nur in den Ar-
beiten von CoRNiL und Alvarez skizziert finde, nämlich:
544
1. Es gibt eine grofse Zahl sehr grofser Zellen mit retika-
liertem Protoplasma nnd verkleinertem Kerne.
2. Es gibt auch eine geringere Anzahl von Zellen, die in
allgemeinen etwas kleiner sind als die ersteren und einen
ebenfalls verkleinerten Kern besitzen. Sie enthalten aber
einen stark lichtbrechenden homogenen Inhalt, welcher meist
segmentiert erscheint.
Die ersteren Zellen färben sich nur sehr schwer oder gar-
nicht, die letzteren färben sich sehr stark, hauptsächlich mit
basischen Anilinfarben. Die ersteren enthalten oft die Hhi>
nosklerombacillen, in den letzteren kann man deren G-egen-
wart mit Sicherheit nicht konstatieren.
Dagegen ist gewifs, dafs die kolloide Substanz, welche sie
enthalten, die nämliche Substanz ist, welche wir in den kollo-
iden Kugeln, die im Gewebe getrennt liegen, antreffen.
Welche unter diesen zwei Zellenformen die MiEULiczschen Zellen
sind, können wir nicht sagen, und es hätte auch wenig Zweck danach n
forschen. Diese historische Aufgabe ist zur Zeit nicht die wichtigste.
Ich begnüge mich vielmehr mit der Aufstellung obiger zwei Sätae,
welche aus der grofsen Anzahl sich untereinander oft widersprechender
Angaben der Autoren bisher nicht mit genügender Klarheit hervor-
treten.
Im übrigen muis bemerkt werden, daJs das Rhinoskleromgewebe
erhebliche Unterschiede bieten kann, je nach den angewandten unter
suchungsmethoden. Ich habe zum Teil auf solche Differenzen schon hin-
gewiesen und auch angegeben, welche Färbungen wohl am geeignetsten
seien, um die einzelnen Gewebsteile klar hervortreten zu lassen. lA
mu& hier noch andre nicht weniger interessante Methoden anfähreiL
hauptsächlich für das Studium der RhinosklerombacilleD. Alvabrz &nd
zuerst, dafs Schnitte, welche ca. 24 Stunden in einer Lösung von (k-
miumsäure gelegen hatten, die Bacillen auch ohne Färbung gut zeigten.
Durch diese Methode hat sich aber das Aussehen des Gewebes so staik
verändert, dafs Alvarez zu neuen Schlufsfolgerungen gelangte, welche
sehr verschieden von denjenigen waren, welche er in jener ersten Ver-
öffentlichung mit OoRNiL angegeben hatte. Er sagt in der That [Arek,
de Phys, 1886. pag. 97): „On voit des espaces claires ordinairement
arrondis et contenant une matiäre finement räticulöe. Oes espae^ quo
si ce n'ätait par d'autres moyens d'examen (Osmiumsäure) on prendndt
pour de grandes cellules ä protoplasme röticul6 sont des capillaires lym-
phatiques dilatäs, entenant un r^ticulum fibrineux et qui sont le si^ d«
prödilection des bacteries du Rhinosclerome."
Diese Bilder sieht man nach Alvabez noch besser, indem man di«
545
in OBminmsäure gehärteten Schnitte mit Hämatoxylin Delafield, Methyl-
violett, Fuchsin etc. ferbt.
DiTTEiGH hat die üntersuchnngsmethoden von Alyaregz adoptiert
und scheint in seinen Beschreibungen und Erscheinungen, deren weiter
oben Erwähnung geschah, sich fast ausschlielslich solcher Präparate, die
nach dieser Methode behandelt waren, bedient zu haben. In seinen
Osmiumschnitten findet er auch wie Alvarez die nämlichen retikulierten
Gebilde. Da es ihm aber nicht gelingt, in denselben Endothel nachzu-
weisen, so ist er geneigt, sie als Zellen zu betrachten, in denen die netz-
förmige Zeichnung der Osmiumwirkung zuzuschreiben sei.
Ich habe mich unter andern auch der ALVARBZschen Methode be-
dient, welche' ohne Zweifel die leichteste, schnellste und sicherste ist, um
die Bihinosklerombacillen zu demonstrieren. An Osmiumschnitten, die
mit Hämatoxylin Delafield ge&rbt sind, finden wir, dalis, während alle
andern Gewebselemente ein dunkelgrünes Kolorit annehmen, die kolloiden
Kugeln, die zerstreuten sowohl als die in den Zellen angehäuften, eine
hellere, grüngelbliche Färbung zeigen. Von diesen Elementen, welche
durch die tiefe Osmiumfärbung die Lichtstrahlen stark absorbieren, stechen
jene großen Zellen ab, die Ton uns als hydropische beschrieben werden.
Diese lassen das Licht fast gänzlich durch und erscheinen daher als leere
Lücken.
In diesen hellen Formen erkennen wir jedoch jene grofsen oben
beschriebenen Zellen wieder und zwar durch die Gegenwart des Kernes
und durch das protoplasmatische Netz, welches deutlich violett gefärbt
erscheint. In vielen derselben finden wir die Bhinosklerombacillen. Das
B.etikulum zeigt sich hier nicht so regelmäfsig, wie an Stücken, die in Alkohol
gehärtet werden, und ist auch nicht immer gut zu sehen. Im Gegenteil
erblickt man in vielen Zellen, welche viele Bacillen enthalten, anstatt
eines echten Retikulums eine amorphe, violette Masse, in welcher die
Bacillen durch ihre Form und ihr starkes Lichtbrechungsvermögen scharf
hervortreten. An der Hand der ALVAREZschen Methode kann man auch
im Gewebe selbst viele Bacillen entweder zerstreut oder in Gewebslücken
zusammengehäuft treffen. Hier handelt es sich aber um eine ganz neue,
ganz wichtige Thatsache, welche wir allein Alvarez verdanken. Es ist
der Nachweis der Bacillen und Bacillenklumpen in den Lymph-
wegen. Hier sind die Bacillen getrennt durch eine homogene, stark
üngible, regelmäüsig begrenzte Masse. Alvarez aber verlieis sich so sehr
auf diese Methode, dafs er zu der Ansicht kam, es lägen alle Bhino-
sklerombacillen nur in Lymphräumen, was sicher nicht der Fall ist.
Allerdings ist es in vielen Fällen nicht leicht, die bacillenerfüllten
Lymphräume von hy dropischen bacillenerfüllten Zellen zu unterscheiden.
Und dies um so mehr, als es wohl keinem Zweifel unterliegen kann,
r
546
dafs die letzteren, wenn sie endlieH platzen, ihren Inhalt direkt in die
benachbarten Lymphräume ergiefeen.
Nach der Methode von Alvarez erscheinen die Khinosklerombacilkü
immer verkleinert und ohne Kapsel. Mit andern Methoden bemerirt m&i
oft die äuTsere Kapsel, welche bald ein Stäbchen, bald eine Reihe yoa
2 — 3 Kömchen umschlieist. Das konnte ich in den Zellen, in da
Lymphspalten und in den echten Lymphkapillaren konstatieren. Ick habe
Zu diesem Zweck neben der Orceinmethode auch die Färbong mit
Methylviolett 6B nach Cornil gebraucht, welche von Bacillen aus-
gezeichnete Präparate liefert, die Kapsel aber nicht immer klar zeigt
Auch dadurch, dals man die in Alkohol gehärteten Schnitte wahrend
einiger Minuten oder besser nach Unna einige Stunden in Osmiojns&ur^
lösung liegen laust mit darauffolgender Färbung in Methylviolett, kam
man mitunter die Bacillenkapsel sehr deutlich darstellen. Das Resultat
ist aber auch in diesem Falle nicht konstant. Ebenfalls durch F&rbuBg
der in Alkohol gehärteten Schnitte zuerst mit Hämatoxylin und darauf
mit Sa&anin oder allein durch einfache Saffranin&rbung und rasdie
Entfärbung in Alkohol gelingt es mitunter, einen gewissen Grad von
Entfärbung zu bekommen, bei welchem wir die Bacillen in den Lympl-
spalten sowohl als auch in dem Betikulum der Zellen mit der grölstes
Klarheit sehen können. Besser als durch irgend eine andre Behandluugs-
weise sieht man hier das hellrote, zentrale Stäbchen, den hellen, leichi
rosafarbigen Hof und die feine rote Linie der Peripherie. Auch diese
Methode gelingt nicht immer gut.
Diese Unbeständigkeit in den Resultaten aller bisher versuchteo
Färbemethoden ist wohl nur zum Teil von der jeweiligen TinktiofiS'
methode abhängig zu machen. Denn selbst in den Kulturen kann man
immer einen gewissen unterschied in der Dicke und Form der Mikro-
organismen finden und im nämlichen Präparat solche treffen, bei denen
die Kapsel sehr deutlich hervortritt neben andern, bei denen dieselbe
nicht zu unterscheiden ist. Man kann femer beobachten, dafs BaciUea
aus der nämlichen Kultur sich nicht alle in der nämlichen Intensiüt
färben und ebenso wenig auf die nämliche Weise ent&rben lassen. £s
ist gewifs sehr wahrscheinlich, daik das verschiedene Alter der Gloca»
welche den Bacillus umgibt, die Ursache dieser Färbungsunterschiede ist
Ein solches differentes Verhalten gegen Färbungsmittel treffen wir
auch bei den kolloiden Körpern an. In meiner ersten Veröffentlichung
habe ich die Thatsache bereits konstatiert, dafs die intracellnläreo,
kolloiden Massen für violette Farben nicht die nämliche Affinität besitzen
wie die freien Kugeln, heute kann ich noch zufügen, dafe beim Ver-
gleichen der kolloiden Masse einer Zelle mit derjenigen einer andern
Taenachbarten Zelle, ja beim Vergleichen der einzelnen kolloiden Körper
547
in ein nnd derselben Zelle selbst man immer erhebliche Färbungsnnter-
schiede wahrnehmen kann nnd ebenso bei der Ent&rbnng in Alkohol
und Nelkenöl.
Ich mnis anf die sehr verschiedene Form, welche die kolloiden
Körper in den Zellen annehmen, znrückkommen. Wie gesagt, zeigen
dieselben bald eine regelmäisige, sphärische Form, bald erscheinen sie als
fingerförmige Stäbe. Ich bemerke dazn, dais in einzelnen dieser Zellen,
in denen der Kern noch gut erhalten ist, verschiedene solcher Körper
elliptischer Form gesehen werden können, die sich sehr stark {ä.rben nnd
das ganze Anssehen eines Bhinosklerombacillus besitzen, nnr sind sie
etwas dicker, so dafs ich über deren Bedentnng in Zweifel blieb.
Endlich erinnere ich noch daran, dais man in jenen gröiseren Zellen
mit retiknliertem Protoplasma, welche ich hydropische Zellen nannte,
ähnliche ellipsoide Formen konstatiert, welche sich sehr stark &rben und
von verschiedener G-röfse sind, jedenfalls gröfser als wie die Bhinosklerom-
bacillen sich zn zeigen pflegen. Ein jeder dieser ellipsoiden Körper füllt
eine Lücke des Cellnlarretiknlnms selbst ans.
Dieses Bild konnte ich an Schnitten, die zuerst in einer Anilinwasser-
Gentiana-Lösung mit Znsatz von etwas Salzsäure (Unna) nnd darauf nach
vorausgegangener Entfärbung nach Gram mit SafiEranin ge&rbt wurden,
am besten sehen.
All die erwähnten Beobachtungen, die ich hervorzuheben für nötig
fand, setzen uns in den Stand, eine Hypothese über die Art und Weise,
wie die Zellen durch die Rhinosklerombacillen dem Untergänge verfallen,
aufzustellen. — Und in der That, die Gegenwart der Rhinosklerom-
bacillen in den Zellen, der Umstand, dals man sie in den nur schwach
alterierten Zellen in geringer Zahl, in den vergröiserten und stark defor-
mierten Zellen dagegen meist in grofser Menge vorfindet, lassen uns an-
nehmen, was übrigens Dittbich auch annimmt, und vorher von Frisch,
CORNIL und WoLKOWrrsCH für wahrscheinlich gehalten wurde, dafs die
Alteration dieser Zellen wirklich der Gegenwart dieser Mikroorganismen
in derselben zuzuschreiben ist. Wir müssen des weitem annehmen, dafs
diese Alteration sich sehr rasch abspielt; denn während wir eine sehr
grofse Zahl im hohen Grade alterierter Zellen antreffen, begegnen wir
nur sehr selten Übergangsformen unter den noch normalen Infiltrationszellen.
Also wir finden im Bhinoskleromgewebe zwei Alterationsformen, von
welchen die eine unter dem Bilde der hydropischen, die andere
unter demjenigen der kolloiden Degeneration auftritt. Ist es nun
in den ersten Stadien nicht immer möglich, die eine von der andern
zu unterscheiden, so kann die Differenzierung auf der Höhe der
Affektion mit aller Schärfe durchgeführt werden. In den ersten
Zellenformen, die ich vorläufig kurzweg die hydropischen Zellen nenne,
MonaUhefte. 36
548
triffit man oft eine grofse Menge von Organismen, in den kolloiden ZeUea
— anch eine Torlänfige Benennung — dagegen gelingt es uns nieH
Mikroorganismen mit Sicherheit nachzuweisen. Allein an der Hand ia
von nns his dahin benutzten Färbemittel können wir auch hier deren
Gegenwart vermuten. Besonders in Berücksichtigung gewisser Grestaltn-
gen, welche die kolloiden Körper in einigen Zellen zeigen, ist anzunehmeB.
dafs die Mikroorganismen auch hier existieren, aber in eine Substanz «n-
gehüllt sind, die es verhindert, sie in der Form echter Stäbchen hervor-
treten zu lassen. Durch Änderung der üntersuchungsmethode wird ei
einmal gelingen, auch diese Lücke in der Histologie des Bhinoskl^t»i
auszufüllen. Herrscht doch über die bacillftre Natur der entsprechend«
alten, bräunlichgelben Globi lepröser Herde kein Zweifel mehr.
Sind nun diese Zellenalterationen, die wir mit Mikroorganismen n
Zusammenhang bringen, wirkliche Degenerationen im eigentlichen patho-
logisch-anatomischen Sinne?
Zunächst ist klar, dais wir entsprechend den hydropischen und kollo-
iden Formen auch zwei verschiedene Degenerationen der Zellen annehmen
müssen. Ein solches Zusammentreffen ist kein Novum in der Patholc^e,
und es kann auch vorkommen, dafs die verschiedenen DegeneTatianea
Zellen verschiedenen Ursprungs betreffen.
Wäre es jedoch möglich, an die Stelle dieser von Anfang an zwei-
teiligen Hypothese, die als solche stets etwas unwahrscheinliches hat, eine
einheitliche zu setzen, so wäre damit dem logischen Bedürfnisse einer
dem einheitlichen Virus analogen Wirkung jedenfalls besser Genüge
geleistet.
Denken wir nun an die Art und Weise, wie viele niedere Oigani»-
men aus der Klasse der Algen vegetieren. Die Botanik lehrt uns, da6
viele dieser Pflanzen in günstigen Entwickelungsbedingungen die Fähigkeit
besitzen, eine schleimige Masse, die Gloea, auf Rechnung ihrer Substanz
zu produzieren. Es ist bekannt, welche sehr verschiedenen Formen diese
Gloea annehmen kann, je nach dem Alter ihrer Bildung und je nach
ihrem gröfseren oder geringeren Wassergehalt. Es ist ebenfalls bekannt,
wie hier ein einzelner Organismus oder mehrere vereinigt successive mit
Schleimmänteln sich umhüllen, wobei ein jeder Mantel ein verschiedoies
Alter der Entwickelung darstellt. Infolgedessen variiert nicht nur der
Aggregatzustand, sondern auch die Gestaltung und die verschiedene
Färbungsfähigkeit der Gloea sehr bedeutend. Da es nun sicher ist, dals
der Rhinosklerombacillus sowohl in Kulturen, ab auch im Gewebe eine
Gloea bildet, d. h. eine helle Umhüllung mit dunkler, peripherischer
Begrenzungslinie, welche sich um ein zentrales Stäbchen oder eine Aeihe
von 2 — 3 Körnchen schlägt, so kann man die Möglichkeit nicht aus-
schliefsen, dafs es die nämliche Gloea in ihren verschiedenen Alterstadiea
549
ist, welche die grofsen Zellen ausfüllt, und dafs das Protoplasma infolge
dessen, weit davon entfernt, in Degeneration zu verfallen, nur durch eine
andre, von Parasiten gelieferte Substanz ersetzt wird.
Nach dieser Hypothese würde der Inhalt jener grofsen Zellen, die
-wir hydropische Zellen nannten, die Gloea vorstellen, welche eine gröfsere
Menge Wasser absorbiert hat und infolgedessen außerordentlich weich,
amorph nicht leicht sichtbar und schwer zu fkrben ist. Der Inhalt
jener kolloiden Zellen dagegen wäre demnach die nämliche Gloea, aber
in einem gewissen Stadium der Eintrocknung und daher stärker licht-
brechend, härter, von bestimmter Form und immer leicht, wenn auch in
verschiedener Intensität, je nach dem Grade ihrer Trockenheit färbbar.
Nach der nämlichen Hypothese würden die kleinen kolloiden, ellip-
tischen Körper Bacillen vorstellen, welche von einem zweiten Gloea-
mantel bedeckt sind, der sich ganz färbt und das zentrale Stäbchen nicht
sehen lälst. Die sphärischen oder facettierten Körper würden ebenfalls
Bacillen vorstellen, deneo ein dritter Gloeamantel diese Form notwendiger-
weise verleihen mufs. Denn es ist eine physikalische Notwendigkeit,
dals jede periphere Hülle, welche einen Druck zentrifugal von innen her
auszuhalten hat, der Kugelform zustrebt. Daher ist der erste Mantel
dieser Bacillen (oder vielleicht Kokkothrix?) stäbchenförmig mit rund-
lichen Ecken, der zweite nach aufsen geschobene Mantel ellipsoidisch,
der dritte kugelförmig und hier je nach dem Wassergehalt kolloid
und facettiert oder zu einer schleimigen, halbflüssigen Masse auf-
gequollen. Die kolloide Substanz in Fingerform, welche wir mitunter
ebenfalls antreffen, würden kleine Ketten von Bacillen vorstellen, von
einem gemeinsamen Mantel trockener Gloea umgeben.
Diese soeben entwickelte Hypothese erklärt uns alle Erscheinun-
gen, die sich anderseits durchaus nicht durch die Annahme selbst
mehrerer Arten von Zellendegenerationen ebenso einfach erklären lassen
würden. Trotzdem müssen wir zugeben, dafs die Hypothese im Grunde
nur zwei positive Thatsachen für sich hat, nämlich erstens die Gewifsheit,
dafs die Bhinosklerombacillen in Kulturen die Fähigkeit besitzen, Gloea
zu produzieren, und zweitens die Thatsache, daDs es gelingt, die Bacillen
mit ihren Hüllen im Rhinoskleromgewebe nachzuweisen. Wir wollen
noch hinzufügen, dafs der Umstand, dais die Bacillen selbst da, wo sie
massenhaft vorkommen, einander nie berühren, sondern immer eine gegen-
seitige bestimmte Entfernung voneinander inne halten und in eine ver-
schiedentlich färbbare Substanz eingehüllt sind, sich besser mit dieser
Hypothese als mit jeder Degenerationshypothese in Einklang bringen läüst.
Wenn auch diese Grundthatsachen für sich schon einen gewissen
Wert haben, so müssen offenbar doch noch viele Untersuchungen an-
gestellt werden, bis diese von mir aufgeworfene Theorie entgültig bewiesen
36*
550
sein wird. Zunächst mufs die Hauptanfmerksamkeit darauf gerichtet sein^
die Bacillen als Kern der kolloiden Zellen mit derselben Sicherheit dar-
stellen zu lernen, wie wir sie in den hydropischen Zellen nachweisen
können. Sodann wird es uns hoffentlich auch gelingen, für jede Stufe
des Wajssergehaltes und Alters der Gloea diejenige Färbungsmethode
herauszufinden, welche die Struktur der so beschaffenen Organismen voll-
ständig erkennen lassen. Endlich ist es eine Aufgabe der Zukunft, auf
tinktoriellem und mikrochemischem Wege die yerschiedenen Formen des
Pflanzenschleims einerseits mit den entsprechenden Formen höherer
Pflanzen (Algen), anderseits mit ähnlich aussehenden DegenerationBpro-
dukten der tierischen Zellen sorgfältig zu vergleichen.
Es läfst sich nicht verkennen, dais nach dieser fär die sehr ver-
schiedenen Bilder des Rhinoskleromgewebes gewonnenen, einheitlichen
und einfachen Anschauung der Träger dieser Infektionskrankheit sehr
viele Analogien aufweist zu den Mikroorganismen der Lepra. Beide, die
Rhinosklerombacillen und die der Lepra repräsentieren sich teils ak
Stäbchen, teils als noch kleinere, rundliche, stark tingible Elemente,
welche um sich herum erst in Stäbchenform, dann bis zur Kugel an
schwellend eine Gloea erzeugen.
Beide erfüllen in dieser einfachen Form die Lymphwege der Haut
und erzeugen in derselben teils eine einfache Lymphstauung, teils, be-
sonders in der Umgebung, eine mechanische Atrophie, teils endlich Hyper-
trophie des Hautgewebes.
Dabei besteht aber der eine grolse Unterschied, dals die Lepra-
organismen auf dieser Stufe der Livasion sämtlicher Lymphwege stehen
bleiben, während die Bhinoskleromorganismen auch befähigt sind, in
gewisse Zellen des Bindegewebes einzudringen und in ihnen sich zu ver-
mehren. Dieses geschieht aber nicht unter den Erscheinungen der fettigen
Degeneration oder irgend einer Nekrose, sondern die eingedrungenen
Bacillen vergröfsem sich einfach auf Kosten der Zellsubstanz, bis diese
letztere auf ein feines Protoplasma und einen den Kern umgebenden
kleinen B*est verzehrt ist.
Die Zellen gehen also unter der Invasion dieser Organismen all-
mählich zu gründe, indem sie bis auf einen Rest verzehrt werden, dann
platzen und ihren Inhalt in die Lymphwege entleeren, sei es, dafs der
letztere vorher die kolloide oder die hydtopische Form des Sehleimes
angenommen hat.
Dieser ganze Vorgang beim Rhinosklerom wirft seinerseits auch noch
durch den soeben betonten Gegensatz ein klares Licht auf die Invasion
der Lepraorganismen, mit welcher wir seit den Untersuchungen von
Lutz und Unna bereits vertraut sind. Würden die Lepraorganismen
ebenfalls in die Zellen des Bindegewebes eindringen können, wie viele
551
Forscher es heute noch annehinen, so wäre es zn erwarten, dafs wir bei
Anwendung derselben Methode auch bei der Lepra derartige instruktive
Bilder über das Eindringen, von Organismen in Zellen zu sehen bekämen,
wie beim Rhinosklerom. Dies ist bekanntlich aber nicht der Fall. Die
beiden in Bede stehenden Infektionskrankheiten liefern vielmehr Beispiele
für die verschiedenen Möglichkeiten der Invasion solcher Mikroorga-
nismen, welche das tierische Q-ewebe mehr durch ihr Vor-
handensein und ihre Masse selbst als durch giftige Produkte
zu zerstören vermögen.
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Artikel über das Bhinosklerom. (Centralbl f, BaJct u, JParasitenk. 1888. Bd. I.
No. 5.)
50. HiBELLi. Un Caso di Binoscleroma. Studio clinico, istologico e batteriologico.
{GiamcUe italiano deUe malattie veneree e deUa peüe. 1888. No. 2—3.)
51. Nlcifobow. Über das Bhinosklerom. (Archiv f. experim. Pathologie u. JPharmch
kologie. 1888. Bd. XXIY. 6. Heft.)
52. BoJEW. Ein Fall von Bhinosklerom. (Medieinische Bundsehau, Moskau 1888.)
53. Stepanow. Ein Fall von Bhinosklerom; über Impfversuche desselben. (Ebenda.)
54. Pawlow. Ein Fall von Bhinosklerom der Nase, des Bachens und Oberschenkels.
(Ebenda.)
55. Melle. I bacilli del Binoscleroma. (Besoconii della B. Äccademia di Medidna.
Napoli 1888.)
56. Del Chiappa. Sul valore diagnostico dei cosi detti globi iolini del Binoscleroma.
(CriomdU itaUano delle mal. veneree e deüa peüe. 1888. No. 2.)
57. DiTTBioH. Zur Ätiologie des Bhinoskleroms. (Centraibl. f. Baku u. Farasitenk.
V. Bd. 1889.)
Ober Nierenaffektionen bei Lepra und deren Beziehung zu den
pathologischen Störungen an der Haut.
Von
Beavan Bake M. D. Lond.
Medizinisclier Direktor des Leprahospitals auf Trinidad.
Es gibt wenige Thatsachen, welche besser bekannt wären als das
Wechselverbältnis zwischen den sekretorischen Funktionen der Haut und
deijenigen der Nieren. Abnormitäten des einen dieser Organe bieten daher
stets ein gewisses Interesse in bezug auf die Pathologie des anderen, wes-
halb es sich auch wohl lohnt, dieser Frage in bezng auf Lepra etwas
näher zu treten, da dieses Leiden, wenn es auch allerdings jetzt als ein
infektiöses Granulom erkannt worden ist, so sehr mannigfaltige und tief
greifende Veränderungen in der Haut hervorruft.
Nierenerkrankungen sind schon seit langer Zeit als eine nicht unge-
wöhnliche Ursache des letalen Ausgangs der Lepra bekannt; doch scheint
es mir, als ob die renale Pathologie dieser Fälle noch nicht hinreichend
erforscht worden sei, namentlich hat man bisher noch gar nicht versucht,
den kausalen Zusammenhang zwischen der Ausdehnung oder der Litensitfit
der Hautaffektion und den pathologischen Veränderungen an den Nieren
nachzuweisen.
Cabteb^ erwähnt bei fünfzehn Autopsien sechs mal das Vorkommen
vergröüserter Nieren, sechs mal waren dieselben klein und drei mal von
normaler Gröfse. Daneben teilt ep das Resultat eingehenderer Unter-
suchungen an sieben Fällen mit, doch ergaben sich nur bei dreien der-
selben Veränderungen, welche die Diagnose der chronischen Nephritis
begründet erscheinen lielsen.
Danielssen und Boeck* sagen in bezug auf Lepra tuberculosa: „Les
reins sont presque constamment plus ou moins attaques. si la maladie a
persevörö longtemps, si mSme les autres organes internes sont demeurfe
tout-ä-fait intacts. La capsule des reins est souvent revStue de petita
tubercules: la substance renale est aussi plus ou moins affect^." Nach
Beschreibung der pathologischen Veränderungen fahren sie fort: „Nous ne
doutons aucunement que chacune ne soit portö h reconnattre dans c^ alt^
rations celles de la nephrite albumineuse, si parfaitement d^crite et repr6-
sent^e par Ratee."
Ln Kapitel über anästhesierende Lepra sagen dieselben Verfasser: „Les
altörations sont les m§mes que celles constatöes par nous sous la forme
^ Leprosy and Elephantiasis. t^b^. 78.
' Traiti de la Spidalskhed. pag. 226. 289.
555
tubercnleuse, seulement nous avons remarqu6 ici deux fois nne grande
qnantit^ de oystides formte surtout dans la substance renale.^
^s sei mir gestattet, hierzu zu bemerken, dafs ich niemals die von
diesen Forschem beschriebenen Tuberkeln auf der Nierenkapsel zu finden
im stände gewesen bin; in einigen spärlichen Fällen habe ich allerdings
Cysten gesehen, doch schienen mir dieselben durchaus nicht anders als
die auch bei nicht leprösen Kranken vorkommenden Cysten zu sein.
BiDENKAp' scheint die NierenafPektionen ätiologisch in Zusammenhang
mit dem Grundleiden zu bringen, wenigstens sagt er, dafs Albuminurie
bei der E^nötchenform der Lepra keineswegs selten sei.
HiLLis* gibt die mit Albuminurie verbundene Nephritis als Todes-
ursache für 22,5 Vo der an Lepra im Knötchenstadium gestorbenen Kranken
an; dagegen hat er bei der anästhesierenden Form in 11% der Verstorbenen
Ascites als causa morbi konstatiert, doch meint er, daijs derselbe nicht durch
Nephritis herbeigeführt worden sei.
CoRNiL und Babes* ferner scheinen die gewöhnlichen Formen der
chronischen Nephritis bei Lepra nicht anzuerkennen, sie schildern aber
albuminöse Nierenentzündungen als Komplikation von Amyloidentartung
anderer Organe infolge von Ulcerationen an der Haut und den Schleim-
häuten. Femer erwähnen sie die Möglichkeit des Vorkommens von
Leprabacillen in den Nieren, sowie den anderen Geweben des Körpers, ohne
dafs fürs unbewaffnete Auge sichtbare Veränderungen hervorgerufen würden.
Obige Schilderungen kann ich nun alle zwar aus eigener Beob-
achtung bestätigen, doch scheinen sie mir entschieden etwas zu vage.
Allerdings kann ich nicht behaupten, viel Neues in dieser Frage beizu-
bringen, doch denke ich, dafs eine kurze statistische Tabelle in einigen
Beziehungen von TVert sein dürfte. Zugleich legt diese Zusammen-
stellung uns einige weitere Bemerkungen nahe.
"Während der letzten fünf Jahre habe ich am Hospital in Trinidad
achtundsiebenzig Autopsien an Lepraleiohen ausgeführt. Bei dreiund-
zwanzig derselben, d. h. 29,4 7o fand sich Nierenentzündung in der einen
oder anderen Form.
Ich habe absichtlich andere pathologische Veränderungen an den Nieren,
z. B. Amyloidentartung, pyämische Lifarkte, syphilitische und tuberkulöse
Herde und andere Abnormitäten, welche bei Allgemeinleiden der inneren
Organe vorkommen, ausgelassen. Zuweilen jedoch haben sich dieselben
noch neben der chronischen Nephritis vorgefunden.
Im folgenden is eine übersichtliche Tabelle der dreiundzwanzig Fälle
beigefügt :
' Vorlesungen über Lepra, pag. 47.
* Leprosy in British Guiana. pag. 39, 111.
* Les Bactiries. pag. 769.
s
B
U
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55»
In den folgenden zwei Tabellen sind nun diese Fälle nach andern
Gesichtspunkten zusammengestellt:
Tabelle isum Nachweis der Anzahl und Form der hei den verschiedene^t
Stadien der Lq^a vorkommenden NierenaffeJctionen.
Art des Nierenleidens
Lepraform
Akute
Nephritis
Groiseweifse
Niere
Mischform
Schrumpf-
Niere
Summa
Tuberös
1
7
2
2
12
Anästhetiscli
—
3
5
1
9
Gemischt
1
l
—
2
Summa
1
11
8
3
23
Tabelle zum Nachweis der Durchschnittsdauer der verschiedenen Lepraformen
bei den obigen Arten von Nierenkrankheit,
Art des Nierenleidens
Lepraform
Akute Nephritis
Grofse weifse
Niere
MischfoFm
Schrumpfniere
Tuberös
7
7
9V«
8
Anästhetisch
1
19
21Vt
25
Gemischt
9
19
—
Gesamtdurchschnittsdauer der Lepra 127» Jahre.
Es drängen sich uns nunmehr naturgemäis bei Betrachtung dieser
Fälle zwei Fragen auf:
1. Werden diese Formen der Nierenentzündung durch spezifische»
lepröse Einflüsse herbeigeführt; oder sind sie mit den bei nicht an Lepra
leidenden Kranken vorkommenden Affektionen identisch und sind sie
vielleicht nur auf die Störungen in den Funktionen der Cutis zurückzu-
führen?
2. Welche Beziehung besteht zwischen den verschiedenen bei Lepra,
beobachteten Formen von Nierenerkrankungen?
560
Mit Bezug auf die erste dieser beiden Fragen habe ick die Nieren
von neunnndyierzig verschiedenen Leprakranken mikroskopisch untersucht,
doch konnte ich nur in zwei Fällen gemischter Lepra den Bacillus lepiae
nachweisen. Li einem Fall, welcher fünfzehn Jahre bestanden hatte,
wurden Bacillen in der Leber, Milz und Nieren, femer im Larynx, Nenrus
medianus und den Schenkeldrüsen nachgewiesen. Die Leber wog 2664 g,
die Nieren 397 g imd die Milz 425 g. Die Nieren wiesen keine ent-
zündlichen Veränderungen auf. Bei dem zweiten Fall hatte Lepra elf
Jahre bestanden; es wurden die Bacillen in Leber und Nieren nach-
gewiesen. Dabei wogen letztere nur 170 g und zeigten keine Entznn-
dungserscheinungen.
Dieses verhältnismälüsig sehr seltene Vorkommen von Bacillen in den
Nieren scheint mir, wenigstens für die Mehrzahl der Fälle, den Einflds
des Leprabacillus als eines direkten ätiologischen Faktors bei der Ent-
stehung der Nierenaffektionen auf ein sehr geringes Mals zu reduzieno.
Es erübrigt also den Zustand der Haut in bezug auf diese Frage
einer Prüfung zu unterziehen:
Wie mir scheint, kann kaum ein Zweifel darüber bestehen, dais die
ersten Anzeichen der Einführung des Bacillus bei jeder Form der Krank-
heit sich an der Cutis äuüsem. Wir dürfen deshalb die Änderungen an
der Haut als ein ziemlich zuverlässiges Mals für die Dauer des Leidens
ansehen.
Wenn wir den einen Fall von akuter Nephritis, die sich bei einem
an Lepra tuberosa Verstorbenen yorfand, betrachten, so finden wir zunfichst,
dals die Dauer des Grundleidens sieben Jahre betragen habe.
Nun dürfte aber eigentlich dieser Fall kaum bei der jetzigen Unter-
suchung herangezogen werden, da die linke Niere mit einem Gewicht
von nur einer halben Drachme sich in einem Zustand kongenitaler Atrophie
befand, so dals man die Entstehung des akuten Anfalls wohl mit RecLt
der fast aufs doppelte gesteigerten Arbeitsleistung der rechten Niere zu-
schreiben kann. Dieser Fall ist bereits publiziert worden.*
Es folgen nun der Liste nach die sieben Fälle yon large white kidner.
welche bei Kranken mit Lepra tuberosa konstatiert wurden. Bei dem einen
derselben ist zwar die Krankheitsdauer nicht bekannt gewesen, aber der
nach den sechs anderen Fällen berechnete Durchschnitt stellt sich wieder
auf genau sieben Jahre heraus.
Bei den zwei gemischten Formen der Nierenentzündung bei tuberös
Erkrankten beträgt der Durchschnitt neun und ein halb Jahre. Bei dem
einen Fall yon Schrumpfoiere ist die Kiankheitsdauer nicht zu eruieren
gewesen, bei den anderen betrug dieselbe acht Jahre.
* Fathological Society^s TransacHons. Vol. XXXVIL pag. 286.
561
Wenn wir uns nun zu den anästhesierenden Formen wenden, so haben
wir wiederum bei dem einen Fall mit groljser weüüser Niere die Dauer
der Lepra nicht feststellen können, doch ergab sich bei den beiden an-
deren ein Durchschnitt yon neuzehn Jahren.
Des weiteren fand sich, dais bei dem einen Fall yon Schrumpfhiere
das Grundleiden fünfundzwanzig Jahre gedauert hatte, und daijs die Misch-
formen (bei zwei Fällen mit unbekannter Dauer) einen Durchschnitt von
zwanzig und zwei drittel Jahren ergaben.
Der Einzelfall von grofser weifser Niere bei einem Kranken mit
Mischform wies eine Eo'ankheitsdauer von neun Jahren auf, und bei der
Mischform der Nierenaffektion hatte die Lepra neunzehn Jahre bestanden.
Im allgemeinen beträgt der nach den achtzehn Fällen von Nieren-
erkrankung, bei denen die Dauer des Hautleidens festgestellt werden
konnte, berechnete Durchschnittsverlauf der Lepra zwölf Jahre und acht
Monate.
Nun erreicht aber im Durchschnitt die aus dem Hospitalsarchiv zu-
sammengestellte Dauer aller Arten von Lepra nur acht und ein halbes
Jahr. Es scheint demnach, als ob die Fälle mit Nierenaffektionen einen
chronischeren Verlauf nehmen, als die anderen Komplikationen und Folge-
zustände der Lepra.
Leider besitze ich keine genauen Aufzeichnungen über den Zeitpunkt
des Eintretens der Albuminurie und der Ödeme bei den verschiedenen
Fällen, doch kann ich mit Sicherheit behaupten, dafs, sobald ausgesprochene
Anasarka sich einstellt, der Exitus letalis nicht lange auf sich warten
läist, in einigen Fällen sogar sehr plötzlich eintritt. Letzteres war bei
Fall No. 3 sehr ausgesprochen. Man hatte dtibei den Eindruck, daCs der
Tod als eine Folge der plötzlichen Vermehrung der Arbeitsleistung, welche
den Nieren infolge des schnellen Abheilens einiger tuberöser Geschwüre
an den Beinen erwuchs, anzusehen war.
Ein weiterer sehr bemerkenswerter Punkt besteht in der ungleich
ausgedehnteren Dauer des Lebens bei Nierenleiden im Verein mit anästhe-
sierender Lepra. Diese Thatsache stimmt völlig überein mit unseren sonstigen
Erfahrungen über die Hautaflfektionen derselben. Bei der tuberösen Form
entstehen die Neoplasmen im Bindegewebe in den und um die Schweüjsdrüsen,
während bei der anästhetischen Form die Nerven zunächst befallen werden,
dagegen die Veränderungen an den Schweiisdrüsen erst sekundär und mit
geringerer Intensität eintreten. Infolge dessen tritt die den Nieren zu-
fallende Arbeitsvermehrung erst allmählicher ein als bei der tuberösen
Form, bei welcher das plötzliche Auftreten der Knötchen eine gro&e An-
zahl Schweifsdrüsen dauernd schädigen kann, wodurch gleichzeitig eine
dementsprechende Vermehrung der sekretorischen Arbeit des Nierengewebes
verursacht wird.
562
Zur Beantwortung der zweiten Frage ist leider diese Statistik zn
dürftig, um irgend welche zuverlässigen Schlüsse über den Zusanunenhang
zwischen der greisen weiisen Niere, der Mischform und der Schrompfoiwe
zu ermöglichen. Indesen liegt vielleicht ein Fingerzeig in der Thatsacbe,
dafs der langwierigste anästhetische Fall mit vierunddreifsigjähriger Dauer
die Mischform aufwies, während der nächst längste mit fünfundzwanzig-
jähriger Dauer zu Schrumpfniere geführt hatte, und die Mischform sidi
bei anästhetischen Fällen von siebenzehn und vierzehnjähriger Dauer
vorfand.
Wenn wir Zieglers^ Darstellung folgen, so sind diese s&mtlicheii
Nierenveränderungen nur verschiedene Stadien derselben einen E^rankheit
Nach seinen Untersuchungen läfst sich die Entwickelung der chronisebeo
Nephritis auf dem Wege der resultierenden Atrophie der sekretorischeo
Teile bis zur narbigen Zusammenziehung und zur sekundären Schrompi^
niere verfolgen. Die obige Statistik, soweit dieselbe reicht, scheint dieee
Ansicht zu unterstützen. Die Fälle mit kürzerer Dauer zeigen groisen-
teils chronische parenchymatöse Nephritis oder grosfe weilse Niere, während
die länger währenden Fälle, bei denen die Hautaffektion allmählicher ein-
getreten ist, entweder beginnende narbige Schrumpfung (Mischform) oder
die sekundär geschrumpfte Niere, das Endglied in der Kette dieser Vor-
gänge, aufweisen.
Flora dermatologica*
Unter Mitwirkung von D. v. Seelen und P. Taekzer
herausgegeben von
P. Gr. Unna.
I. Abteilung.
Fadenpilze mit Abschnürung von Sporenketten auf nnver-
zweigten oder verzweigten atypischen Fruohtträgern.
(Fortsetzung.)
Mit einer DoppelUlel in LIehtdraele.
Die zwei Pilze YIII und IX der Tafeln X und XI sind mit mehreren
der vorhergehenden Tafeln eng verwandt, VIII mit den grünen Pilzen
^ Spezielle pathologische Anatomie. Kap. LXIX. § 646.
Monatshefte f. prakt. Dermatologie. YIII. Band.
Hot-Llahtaru;k-Arn
sriag Vir. Ls^toll V:3S in Hamburg
663
VI Tmd yn, IX mit den braunen I, 11 und lU. Es lassen sich offen-
bar unter diesen 9 ersten Formen atypischer Hyphomyceten bereits zwei
Gruppen aussondern. Innerhalb derselben herrscht auTser der annähernd
gleichen Farbe eine Gleichartigkeit des in besonderer Weise ausgebildeten
Fruchtstandes, weshalb wir diese Gruppen von unserm Standpunkte aus
als „Gattungen^ bezeichnen.
Die Gruppe der anfangs weiDsen dann braunwerdenden Pilze I, II,
m und IX zeichnet sich durch besonders niedrige Fruchtträger aus.
Dieselben bleiben entweder einfach oder verästeln sich zu kurzen, band-
förmigen, seltener zu doldenShnlichen Fruchtständen. Von letzteren
schnüren sich lange Sporenketten ab; besonders die einfachen Frucht-
träger tragen sehr lange Ketten bis zu 40 Gliedern.
Die Hyphen sind sehr zart, gleichartig und durch spärliche und
schwach angedeutete Septen ausgezeichnet.
Die andre Gruppe, welche wir vorläufig als die der grünen Pilze
bezeichnen wollen, ist charakterisiert durch die starke Septierung bei
grofser Formverschiedenheit der Hyphen und aufserdem durch rispen-
artige, im allgemeinen höher aufstrebende Fruchtstände, die zu lockeren
oder dichteren Büscheln heranwachsen. Die Sporenketten erreichen hier
nie die excessive Länge wie bei der ersteren Gruppe.
Da diese beiden Gruppen von dem gewöhnlichen Schema der drei Haupt-
formen der niedem Hyphomyceten so erhebliche Abweichungen zeigen, so
lag uns vor allem daran, ehe wir in der Darstellung neuer Pilze weiter
gingen, ihre charakteristischen Eigentümlichkeiten ganz klar zur An-
schauung zu bringen. Deshalb geben wir in den vorliegenden Tafeln nur
von je einem Repräsentanten beider noch eine gröUsere Anzahl von Pho-
togrammen.
Was die besonderen Merkmale von VIII betrifft, durch die dieser
Pilz sich von den übrigen seiner Gruppe unterscheidet, so ist in makros-
kopischer Hinsicht auf die gesättigt grüne, bei älteren Kulturen mehr
grünschwarze Farbe das Hauptgewicht zu legen, während bei VI und VII
ein Stich ins Bräunliche mehr hervortritt. Im mikroskopischen Bilde
unterscheidet sich VIII durch die auJäergewöhnliche Dicke seiner Hyphen
von VI und VII. Die sonstigen Differenzpunkte ergeben sich aus der
Detailbeschreibung der früheren Tafeln.
Pilz IX unterscheidet sich von seinen Verwandten I, 11 und III
makroskopisch hauptsächlich durch die sehr schwache Färbung der Gela-
tinekulturen, welche auch nach längerem Bestände keinen tiefbraunen
Hasen bilden, sondern nur einen leicht bräunlichen Anflug zeigen, wobei
die verflüssigte Gelatine sich gelb färbt. In alten Agarkulturen fällt
dieser Farbenunterschied fort, obwohl in ihnen auch insofern noch eine
Monatshefte. 37
564
Differenz besteht, als die braune Färbung bei IX sich erst viel ap&ter
einstellt.
Auch im mikroskopischen Bilde machen analoge Unterschiede des
Nährbodens sich geltend; auf dem Agar kommen nämlich fast ausschlief
lieh sehr lange Sporenketten auf einfachen Fruchttträgem zur Entwifie-
lung, auf der Gelatine findet man neben diesen zusammengesetzte Fracht-
träger in vorwiegender Anzahl von bandförmiger bis doldenähnlicher
Gestaltung mit kürzeren Sporenketten.
No. VIII.
Makroskopische Beschreibung.
Reagierglaskulturen.
a. Gelatine. Im Strich beschränkt wuchernder dunkel oliren-
grüner Rasen, welcher im Gegensatzte zu No. YI nicht von einem
weüslichen Saum umrandet wird und darin mehr den von No. VII ähnelt
von dem er auch im übrigen makroskopisch nicht leicht zu unterscheiden
ist. Die Stichkultur zeigt seidenartige, hauptsächlich horizontal
laufende, weit fortstrebende, in der Tiefe an Länge abnehmende weilse
Fäden. Die Gelatine wird verflüssigt unter einer bräunlich-grünen, anfangs
auf die obersten Schichten beschränkten, mit dem Alter dunkler werdenden
und die ganze Gelatine durchsetzenden Yer&rbung. Auf der Oberfliche
schwimmt ein rundlich begrenzter Fruchtrasen von grau-grüner spfiter
schwarz-grüner Farbe.
b. Agar. Die Strichkultur verbreitet sich zu einem dunkelgrünen
Basen, der denjenigen von VI und VII sehr ähnlich ist, aber einen mehr
schwärzlich-grünen, weniger bräunlichen Farbenton aufweist. An der
Peripherie trägt er nicht einen Saum feinhaariger Hyphen wie bei VI
und Vn, sondern er zeigt eine mehr strahlige Umkränzung mit gefiederten
Ausläufern, welche dicht bis zur Spitze mit schwärzlich-grünen Frucht-
punkten besetzt sind.
Die Objektträgerkultur bildet breite, flächenhaftc Rasen von
gesättigt olivengrüner Farbe, welche nur von einem feinen, gleichgeffirbten,
mit Fruchtpunkten besäten Saume umgeben sind. Von den entsprechen-
den Kulturen von VI und VII unterscheiden sie sich gegenüber dem
mehr bräunlichen Farbenton der letzteren durch die mehr schwarz-grüne
Farbe, die auch an der Unterfläche der Kulturen stark hervortritt, und
durch das flachere Wachstum des Rasens.
Mikroskopische Beschreibung,
a. Die Hyphen sind von grünlich-brauner Farbe und auffidlender
Dicke, 7 — 20 fji, breit, mit zarten doppelkonturierten Wandungen. Neben
längeren Segmenten entstehen durch sehr häufige Septierungen äulaeist
565
kurze rundliche Glieder, die im einzelnen das Bild von kleinen Tonnen
darbieten, welche stellenweise mit reifenartigen Einschnürungen ihrer
Mitte als Zeichen beginnender Querteilungen versehen sind. Der Verlauf
ist ein nngemein gewundener, die Verästeluag sehr unregelmäfsig. Luft*
hyphen fehlen, wodurch die Kulturen bei makroskopischer Betrachtung von
oben gesehen ebenso schwärzlich-grün erscheinen, wie an der ünterfläche.
b. Die Fruchtträger sind konstant dünner als die Hyphen, von
denen sie entspringen, ihre Breite beträgt nach der Spitze zu abnehmend
9—4 fjt. Die Länge mifst 60—200 fi.
Durch zahlreiche Septen werden sie in kurze Glieder geteilt, welche
durch ringförmige Einschnürungen ein selbständiges, interkalares Wachs-
tum dokumentieren. Die bei schwacher Vergröfserung wie kleine Büsche
erscheinenden älteren Fruchtstände (YIII a) entstehen aus sehr zierlichen
und regelmäfsigen Bispen, wie sie die Figuren Vlllb, d, e und f deutlich
zur Anschauung bringen.
Die Fruchtstände besitzen durch die in weiten Winkeln auseinander
strebenden Aste einen lockeren, mehr sparrigen Bau und sind darin den-
jenigen von No. VII ähnlicher als denen von No. VI; sie bieten ein be-
sonders deutliches Bild jener atypischen Ausbildung der Fruchtträger,
welche diese Gruppe von Pilzen (VI, VII, VIII) kennzeichnet.
c. Als Sporen träger heben sich 7 — 12 fi lange ovale Zellen ab,
welche aus den Verzweigungen der Fruchtträger unmittelbar hervorgehen
und ihrerseits die verzweigten Sporenketten tragen.
d. Die Sporen messen 4 — 6 fj, im Durchmesser, sie sind dunkel-
grün gefärbt und von kugeliger Gestalt, an den Polen mit feinen Spitzen
versehen, durch welche sie in rosenkranzähnlichen Ketten zusammen-
hängen. Die Zahl der Glieder beträgt meist 6 — 8, doch kommen auch
doppelt so lange Ketten von Sporen vor (Vllle, f).
No. IX.
Makroskopische Beschreibung.
Beagierglas.
a. Gelatine. Im Strich dünner gelblich-weifser Rasen von un-
beschränktem Wachstum. Ein feiner Rand bleibt flaumig durchscheinend,
die ganze Mitte bedeckt sich mit trockenem, mehlweifsem Staube, welcher
nach einiger Zeit eine milchkaffeeartige, bräunliche Färbung annimmt.
Die Gelatine wird unter gelblicher Verftlrbung allmählich verflüssigt,
ohne indessen wie bei den entsprechenden Kulturen von I, IE und III
braungeferbt zu werden. In die Gelatine hinein findet kein Wachs-
tum statt.
Strichkultur. Feiner, flaumiger, gelblich-weifser Rasen, welcher
auf der Oberfläche nur an einzelnen Stellen sich wie mit Mehl bestreut
37*
566
zeigt. Am emtrocknenden Rande stellen sich nach längerer Zeit die
Anfänge brännlicher Verferbung dieses Fruchtstandes ein. In der Tiefe
des Stichkanales kein "Wachstum.
b. Agar. Im Strich niedriger, f^elblich-weifser, unbeschrftiikt
wachsender Hasen, welcher an den Stellen, wo an der Unterfläclie die
geimpften Sporenhanfen im Yerlanfe des Striches sichtbar sind, einen
dichten, strichförmigen, einem Pelzbesatz vergleichbaren Wulst von weilsen
Zentralkegeln emporschickt.
Die Oberfläche erscheint trocken, fein bepudert, sie &rbt sich nur
sehr langsam und zwar zuerst an dem eintrocknenden Bande bräanlidi.
Granz allmählich überzieht die kaffeebraune Farbe den ganzen Rasen in
ähnlicher Weise, aber erst nach viel längerer Zeit, wie bei den Kulturen
von I, n und III; noch später schwindet an einzelnen Stellen die branne
Färbung wieder unter einer Decke von milchweifsem Luftmycel.
In die Tiefe des Agars findet kein Wachstum statt, ebensowenig
wie in den Stichkulturen, die an ihrer Oberfläche dasselbe Bild bieten,
wie von den Strichkulturen beschrieben.
Obj ektträgerkultur.
Weifslich-gelber, die dünne Gelatineschicht durchsetzender und weit
über dieselbe mit Bodenhyphen hinaus wachsender Rasen, dessen Ober-
fläche mit trockenem, mehlweüsem Staube unregelmäfsig bedeckt ist. Die
XJnterfläche erscheint gesättigt gelb ge&rbt.
Mikroskopische Beschreibung.
a. Die Hyphen sind vollstilndig farblos, von verschiedener Dicke
3 — 6 fi breit) und spärlich septiert. Verlauf im allgemeinen gestreckt.
b. Die Fruchtträger stellen in jüngeren (und Agar-) Kulturen ein-
zelne 20 — 2b fi lange Zellen dar (IXb, d). In älteren, vorzugsweise in Gela-
tinekulturen differenzieren sich durch 1 — Smalige Verästelung der Frucht-
träger besondere Sporenträger (IX e, f). Die einzelnen Äste der dadurch
gebildeten, im ganzen 50 — 60 fi hohen, band- oder dolden-ähnlichen
Fruchtstände sind von nahezu gleicher Länge.
c. Die Sporenträger (in jüngeren Kulturen mit den Fruchtträgem
identisch) messen 20 — 25 /i* in der Länge bei 4 — 5 fjt in der Breite.
Oberhalb der Mitte verjüngen sie sich flaschenhalsartig. Von dieser
Verjüngung entsteht die erste Spore ohne weitere Einschnürung.
Die Sporen wachsen in langen Ketten bis zu 40 Gliedern (IX a, b, d).
Ihre Gestalt ist ein der Kugelform angenähertes Oval von 6—8 fA im
Durchmesser.
Deutliche Polfortsätze oder Spitzen sind nicht vorhanden. Die Farbe
ist hellgelblich, in älteren Kultuien etwas dunkler.
I
j
567
DerfammUnsen.
Dermatologiflche Vereinigung zn Berlin.
Sitzang vom 7. Mai 1889.
Vorsitzender: Herr Köbkbr. Schriftführer: Herr Rosenthal.
Herr Lewin stellt einen Patienten vor, bei dem sich ein SJTpllilitisches Exanthem
im (lesicllt, wie bei Pityriasis rosea, unter Fiebererscheinongen, mit bedeutender Mattig-
keit und Schlaflosigkeit eingestellt hat. Anamestisch ist zu erwähnen, dafs der Patient
eine Gonorrhöe acquirierte, und da eine Phimose bestand, so wurde wegen ülcerationen
zwischen Präputium und Glans die Phimosenoperation gemacht. Nach derselben
bildeten sich 2 Indurationen in der Corona glandis. Später stellte sich das Exan-
them im Gesicht ein, das aus kleinen Knötchen und Pusteln bestand, an welchen sich
Krusten bildeten, und wie Impetigo aussah. Eine leichtere Form eines Exanthems hat
sich vorher nicht gezeigt. An den Oberextremitäten und am ganzen übrigen Körper
sind nur vereinzelte Exanthemeruptionen zu konstatieren. An den Tonsillen bestehen
ülcerationen. Der Herr Vortragende erwähnt, dafs ihm ein derartiges Bild eines pri-
mären Exanthems noch nicht vorgekommen sei. Subkutane Injektionen von salicyl-
saurem Quecksilber haben keinen Einflufs gehabt, erst gröfsere Mengen Sublimatii^'ek-
tionen scheinen jetzt den Prozefs zum Stillstand zu bringen.
Herr Östbeicher erwähnt, dafs er einen analogen Fall auf der LA.ssARschen
Klinik beobachtet hat. Diese Fälle gehören zu den schwersten und sind auch in be-
zug auf die Therapie sehr hartnäckig. In dem beobachteten Falle wirkten selbst
sehr grolse Dosen Sublimat subkutan gar nicht, erst eine geregelte Inunktionskur in
Verbindung mit Jodkalium hatte einen Erfolg.
Herr Rosenthal stellt einen 26jährigen Tischler mit Erythema exsndativum
multiforme vor, welcher vor 6 Wochen bereits einen ähnlichen Ausschlag auf den
Handrücken, Füfsen und Knieen gehabt haben soll, der von einem Arzt für Scabies
erklärt wurde. Der jetzige Ausschlag zeigte sich an den Handflächen und Fufssohlen,
und zwar trat er als weifse Knötchen von einem roten Hofe umgeben auf. Jetzt ist
die Affektion beinahe zurückgebildet, und man sieht an einzelnen Stellen nur noch
Pigmentflecke, während an andern Stellen die weiTsen Knötchen mit der sie umge-
benden Röte noch deutlich zu konstatieren sind. Allgemeinerscheinungen fehlten,
ebenso ist Syphilis ausgeschlossen.
Herr Levin will Erythema exsudativum in der Vola manus und Planta pedis nie
gesehen haben.
Herr Köbnbb ist der Ansicht, daDs die weifsen Erhebungen ganz flache Blasen
sind, und glaubt nicht, dafs die weifsen Trübungen das primäre und der rote Hof
das sekundäre ist, sondern dals aus den Knötchen einfache flache Blasen hervorge-
gangen sind. Ubergangsformen zu Herpes iris kommen sehr häufig vor. Er stimmt
mit der Diagnose vollkommen überein, glaubt jedoch, dafs dieser Prozeüs mit ver-
mehrter Exsudation einhergegangen ist.
Herr Bosenthal bemerkt, dafs die ganze Hand mit weifsen Flecken besät war,
die roten Pigmentflecke sind nur Konsekutiverscheinungen. Eine Desquamation der
Haut fand nicht statt, trotzdem einzelne Stellen kleine Bläschen bildeten.
Herr Lbwin bleibt bei seiner Ansicht, dafs Erythem in der Vola manus und
Planta pedis gar nicht vorkomme, er habe es noch nie beobachtet, ebenso behauptet
er, dals Herpes iris in der Palma bei Erythem sehr selten vorkomme.
568
Herr Köbner erwidert, dafs er einen Fall an einem 9jährigen Knaben, wie er
glaubt, im Jahre 1864 beschrieben hat, aufserdem finde man in allen gröfseren At-
lanten, besonders in dem Hebras, derartige Abbildungen. Er fragt Herrn RoseitthaIh
ob die Schleimhäute ergrifien waren, was letzterer verneint.
Herr Eosbnthal stellt eine 17jährige Arbeiterin vor, deren Vater an Tuber-
kulose gelitten hat, deren 5 Geschwister aber vollkommen gesund sein sollen. Alt
Kind soll sie sehr schwächlich gewesen sein. Die Untersuchung ergibt, dals, aoiaer
2 Narben, eine von einem Drüsenabscefs am Halse, die andere von einer KnocheD-
afiektion an der linken Hand herrührend, beide Unterschenkel der Art ver-
dickt sind, dafs der untere Teil an Umfang gröfser ist, als der obere.
Die Verdickung betrifft besonders die Tibia, dieselbe verläuft gebogen und zeigt be-
deutende Unebenheiten. Schmerzen sind in den Tibien nicht allein beim Geben,
sondern auch in der Nacht vorhanden. Ebenso zeigt die rechte Clavicula von der
Mitte nach aufsen eine gleichmäfsige Verdickung und Aufbreibung, ohne Unebenheiten.
Syphilitische Erscheinungen sind nirgends vorhanden, auch läfst sich anamnestiach
nichts eruieren. Der Herr Vortragende ist der Ansicht, dals es sich nicht um Sypbüis
handelt, sondern er hält es für eine skrofulöse Affektion, indem solche idiopathische
Osteosklerosen bekannt sind.
Herr Lewin erklärt, dafs solche Knochenaffektionen als Ätiologie entweder
Tuberkulose oder Skrofulöse oder Syphilis haben, und er möchte gerade an letitere
denken, doch läfst sich hierfür kein Moment auffinden. Von der Syphilis zeigt auch
nur die hereditäre Syphilis solche Erkrankungen, welche man mit Syphilis here-
ditaria tarda bezeichnet, wie er einen solchen Fall erst in der letzten Zeit beob-
achtet hat.
Herr Köbker sagt, dafs bei kongenitaler Syphilis, zwischen dem 14. — 20. Leben»*
jähre und darüber hinaus, Knochenaffektionen vorkommen, die ganz und gar den
vorgestellten ähneln; doch müfste man hierzu eine ganz genaue Anamnese haben,
die ungleiche Art der Auftreibung und die kolossale Vergröfserung der
Tibia, sowie die ungleiche Affektion an der Clavicula sprechen eigentlich gegen
Skrofulöse. Während die Tibia in ihrem ganzen Verlauf erkrankt ist, isi nirgends
eine Suppuration eingetreten, wie es bei Tuberkulose der Fall ist. Herr Rosehteal
erwidert, dafs nach Volkmann solche Osteosklerosen bei ausgeheilter Tuber-
kulose vorkommen.
Herr Rosenthal: Über Sykasis ▼nlgaris. Es ist noch nicht lange her, dafe
man einen Unterschied zwischen der parasitären und nicht parasitären Sykosis macht,
während man früher beide Arten zusammenwarf. Die nicht parasitäre Form zeigt atdi
meistens als follikuläre. Es entsteht die Frage, ob die parasitäre Erkrankung in die
einfache follikuläre übergehen kann? R. verneint dieses, da beide Formen sich seifatt
durch den klinischen Verlauf unterscheiden. Was die Ätiologie anbetrifil, so gibt
es eine ganze Reihe bekannter Ursachen, unter andern die Rasiermesser, örtUobe
Ekzeme etc. So kann ein starker Schnupfen, der sich auf die Oberlippe fortsetzt, n
Sykosis an der Oberlippe führen. Bei Schnupfem entsteht sehr leicht Bartfleehte.
Manche Autoren fahren die Sykosis selbst auf dyskrasische Verhältnisse snrück.
Haare und Haarbälge können die Ursache sein, auch kann ein mechanischer Dnok
eine Entzündung des Follikels hervorrufen. Die Sykosis ist femer mit Lnpetigo,
mit Akne in Verbindung gebracht, was R. in bezug auf Impetigo verneint, während
er einen Fall beobachtet hat, bei dem aus Akne die follikuläre Form hervorging, da
im behaarten Teil des Gesichts Akne vorkommen kann.
669
Therapie. Sykosis durch innere Mittel heilen zu wollen, ist völlig aufgegeben.
Man kann nur noch eine mechanische und medikamentöse Behandlung unterscheiden.
Zur ersteren gehört die Eröffnung der Pusteln und Entleerung des Eiters; aufserdem
Stichelung, die Anwendung des scharfen Löffels. Diesen verwirft der Vortragende
ganz; er empfiehlt aber tägliches Basieren resp. Epilieren der Haare, wenn es not-
wendig ist. Von äufseren Medikamenten sind empfohlen: Ung. Hebr., Salicylsäure,
Salicylpflaster, Eautschukpflaster, Salicyl-Cannabispflaster, PyrogaUussäure, Naphtol,
Ohrysarobin, Sublimat, Ung. Wilkinson. etc. In hartnäckigen Fällen Kaustika, selbst
der Thermokauter. R. hat 21 Fälle mit sehr günstigem Erfolge folgendermafsen be-
handelt: Die Patienten werden täglich rasiert und dann wird 3 mal täglich eine
Salbe aus '
Acid. tann. 1
L(ict, sulfur. "2
Vaaelin, 20
eingerieben; zur Nacht eine Salicylpaste oder Ung. Hebr. Bas Tannin-Schwefel kann
auch in Pastenform angewandt werden, und es genügt dann, wenn 2 mal täglich
folgende Paste aufgetragen wird.
Acid. tann. 5,0
Lact, sulfur. 10,0
IZinc, oxyd. cUb.
Amyl, s 17,5
VaatUn. flav. 50,0
Nach 4 — 5 Tagen sieht man bereits die Pusteln eintrocknen und so den Prozefs
allmählich heilen.
Diskussion. Herr Isaac meint, dafs man bei der Ätiologie in vielen Fällen auf
eine Rhinitis Bücksicht nehmen muTs, die nicht skrofulöser Natur zu sein braucht.
In bezug auf die Therapie hätte er zu erwähnen, dafs auf der Lassar sehen Klinik
nur täglich rasiert und nicht epiliert wird, dann wird 3—4 Tage lang eine Salicyl-
schwefelpaste (87o Schwefel) zum Erweichen angewandt, wonach später eine 10—20%
Besorcinsalbe gebraucht wird. Sind Knoten vorhanden, dann wirkt eine 107o Naphtol-
salbe sehr günstig.
Herr Köbneb sagt, dafs er nie von einem Übergang der parasitären in die nicht
parasitäre gesprochen, sondern dals er beide Formen sehr scharf unterschieden hat.
An der Oberlippe kommt Sykosis sehr selten vor; hier kann Schnupfen die Ursache
sein. Mit Akne ist die Sykosis fast nie verbunden. In bezug auf die Ätiologie
glaubt er auch nicht, dafs konstitutionelle Ursachen für die Sykosis nonparadtica
vorhanden wären. In therapeutischer Beziehung möchte er das Epilieren in Schutz
nehmen und an die von Saalfeld empfohlene Salolpaste erinnern, die ihm in vielen
Fällen gute Dienste geleistet habe.
Herr Lbwin hat Fälle der parasitären Sykosis durch Sublimatumschläge und
Einspritzungen geheilt. Ob eine allgemeine Dyskrasie in vielen Fällen vorliege, dafar
kann er sich nicht entscheiden, doch macht er auf die Fälle aufmerksam, wo die
Sykosis auch an den Wimpern, Augenlidern und am Mons veneris vorkommt.
X. Hoffmann-BerUn,
570
Referate.
A. M. Brown M. D. Einige Betrachtungen ttber die kontagiösen Big«-
Schäften der Lepra in bezug auf Infektion mit Syphilis nnd Vaccine.
Ein Eesum6 dieser 23 Seiten umfassenden Abhandlung läfst sich am besten mit
den Worten des Verfassers geben:
Lepra ist eine Krankheit, welche noch jetzt eine hervorragende Stelle in der
Liste menschlicher Gebrechen einnimmt und welche zwar für gewöhnlich nicht in
Form einer Epidemie auftritt, aber doch gelegentlich eine derartige Ausdehnung ge-
winnen kann. Trotzdem die ersten Beobachtungen über dieses Leiden aus den aller
frühesten Zeiten stammen, sind dessen Ursache und Entstehungsweise auch jetzt nodi
unbekannt. Jedenfalls entsteht dasselbe nicht spontan ; es ist spezifischer Natur und
beruht auf der Einwirkung eines ganz bestimmten bakteriellen Körpers. Femer ist
es sicher kontagiös und kann auf verschiedenerlei Weisen übertragen werden; von
den Ubertragungsarten sind einige bekannt. Das Leiden ist ausschliefalich auf den
menschlichen Organismus beschränkt, und das einzige Mittel der Übertragung, wie es
scheint, beruht in der direkten Berührung des einen Menaohen mit dem anden,
weswegen man aach eher beim Studium des einzelnen befSedlenen Individuums Auf-
klärung über die Infektionsweise erhalten wird als aus Eigentümlichkeiten der Base
oder des Landes.
Wenn nun auch die Entwicklung des Kontagiums verschiedene Modalitsten
aufweist, so läfst sich sicherlich eine Übertragbarkeit mittels Syphilis und Vaccine
nicht abstreiten. Überall wo Lepra in den letzten Jahren in Länder oder Gemeinden,
die mit diesen beiden letztgenannten Geschenken der modernen Civilisation gesegnet
sindi eingeschleppt worden ist, hat diese Thatsache eine stark begründete Unter
Stützung an der fest eingewurzelten Überzeugung der grofsen Masse der Bevölkerung
betreffs dieses Verhaltens erhalten, und auch viele unparteiische ärztliche Beobachter
teilen diese selbe Ansicht.
Die Ursache und Entstehung der Syphilis (grofse Blattern) ist ebenso unerforscht
geblieben wie diejenige der Lepra, jedoch sind die beiden infolge gelegentlich vor
kommender Ähnlichkeiten, welche auf eine gewisse Affinität zu deuten scheinen, nicht
selten miteinander zusammengestellt worden. Desgleichen ist die Ursache und Ent-
stehung der Vaccine (oder Kuhblattem) ebenso wenig festgestellt wie diejenige irgend
einer dieser beiden Affektionen, aber hier wieder ist infolge gelegentlich beobachteter
Ähnlichkeiten, die auf Verwandtschaft mit Syphilis hinweisen, eine GleichsteUnng
beider versucht worden. Welche nun auch der Stammbaum oder die Familienrer-
wandtschafb dieser drei Krankheiten sein möge, so sind sie jedenfalls lange
genug hinreichend gesondert gewesen, um als distinkte Krankheiten jede für sich
hervorzutreten, un des kann sogar bei gegebener Gelegenheit die eine auf dem Boden
der andern sich entwickeln.
Hier wie anderswo wird Jekkbbs und Pasteubs prophylaktisch-pathologische
Homöopathie zu schänden gemacht. Das Wesen der Lepra, das für das Virus der
Syphilis und der Vaccine empfanglich ist, besitzt die Fähigkeit, sich durch deren
Vermittelung zu übertragen, so dais diese spezifischen Krankheiten an einem and
demselben Individuum parallel und gleichzeitig miteinander ihren ungehinderten
Verlauf nehmen können, was auch thatsächlich in den neuen Lepragegenden, wo
SyphiUs und Vaccination zuvor verbreitet waren, des öfteren beobachtet werden kann.
671
Wie man yemanftigermafsen annehmen darf, sind die Elemente der S3rphili8
und Vaccine imstande, bei en^rer Berührung mit ihrem ursprünglichen Erzeuger«
der Lepra, eine Steigerung ihrer selbst einzugehen oder auch das konstitutionell
lepröse Leiden intensiver zu machen, wobei ihre speziellen Eigentümlichkeiten in der
G-esamtheit der Krankheit sich yermischen und verloren gehen. Die Übertragung der
Xiepra auf S3rphilitische Individuen oder auf Gesunde durch Vaccination hat eine noch
ernstere Bedeutung, die auch ganze Bevölkerungskreise berührt. Diese Schilderung
ist keineswegs etwa ein Phantasiegemälde. Die Lepra ist jetzt viel besser erforscht
und von den Beobachtern, welche derselben ihre Aufinerksamkeit zugewendet haben,
verstanden, als dies früher der Fall war. Die Pathologie und Übertragungsweise
derselben sind mit vollständig neuen Hilfsmitteln und üntersuchungsmethoden sorg-
fältig ergründet worden. Wir wissen, dafs gewisse äufserliche Verhältnisse, z. B. Entbeh-
rangen und ein der Menschen unwürdiges Zusammenhausen jedenfalls die Brutstätte
dieser S[rankheit abgeben; doch wissen wir jetzt auch, dafs sie eine kontagiöse Er-
krankung ist, und zwar ist das Eontagium hauptsächlich ermöglicht: 1. durch direkten
Kontakt mit Lepra unter den obigen Verhältnissen; 2. durch das lepröse Virus des
offenen syphilitischen Geschwürs; 3. durch die Entnahme lepröser Lymphe aus den
gewöhnlichen Vaccinepusteln.
Bei ihrer Hilflosigkeit in therapeutischer Beziehung stehen der Heilkunst nur
gewisse allgemeine Mafsregeln zur Verhütung und Bekämpfung der Seuche zu Gebote.
Leider beruhen dieselben auf zwar an und für sich einfachen aber in der Praxis
schwer durchzuführenden Prinzipien: einsichtsvolle Einschränkung der Schutzpocken-
impfnng, möge dieselbe mit menschlicher oder animaler Lymphe ausgeführt sein;
Mafsregeln zur Unterdrückung der Syphilis und des Umgangs mit Syphilitischen;
Durchführung einer genauen Befolgung der Gesetze der öffentlichen und privaten
Hygieine; Verbesserung der Lage der ärmeren Klassen; schliefslich unter Umständen
inhibitive Schutzmafsregeln, welche aber, weit entfernt von der barbarischen Tyrannei
vergangener Jahrhunderte, sich wohl vereinigen lassen mit den heiligen Gesetzen der
persönlichen Freiheit, welche in diesen Fragen leider so häufig aufser acht gelassen
werden. H, LesUe Roherts-London.
Ütittetlnngen aus btr txtUvatnx.
Chronische Infektionskrankheiten.
Über Tuberkulose der Zunge, von Dr. B. Baoikskt. (Berl klin. WochewK^r.
No. 14.) In der Sitzung der Berl. Med. Gesellschaft vom 8. März stellte B. einen
dOj ährigen Patienten vor, der an tuberkulöser Laryngitis und einer Infiltration beider
Lungen litt, und bei dem sich vor etwa 4 Wochen am linken Seitenrande der Zunge
ein Geschwür ausbildete, welches der Patient als durch Beiz eines Zahnes entstanden
angab. Dieses Geschwür zeigt folgende Eigentümlichkeiten. Es ist länglich, etwa
von der Gröfse eines Zehnpfennigstücks, erscheint etwas zerrissen aussehend, in das
Gewebe tief hineingreifend, mit schmutzig grauem Sekret bedeckt. Die Nachbarschaft
ist hochgradig infiltriert, und man kann sich überzeugen, dais in der Umrandung des
572
Gefcbwürs an einzelnen Stellen kleine graue Knötchen durchscheinen, die vollnindig
den Chrakter der Miliartuberkeln an sich tragen. In dem Sekret iand B. Toberk^
bacillen. X. Hoffmatm-BerUn,
Im Verein deutscher Ärzte in Prag sprach Prof. J. Pick unter VorfShrong
einiger Fälle über tuberkulöse Hantkrankheiten, wobei die Verruca necrogenica
die Leichenwarze, die Tuberculosis verrucosa, der Lupus, das Scrofuloderma und die
Tuberculosis cutis propria verglichen wurden. Trotz der aUen diesen Formen gemein-
samen parasitären Natur (Tuberkelbacillen) böte doch jede einzelne Foma ganz
differente klinische Erscheinungen.
Die lymphatische Diathese, die Skrofulöse und die Tuberknlose in der-
matologischer Hinsicht, von Prof. H. Leloib. {Bulletin medical. Juli 1888.)
In diesem interessanten und wichtigen klinischen Vortrag studiert Verf. die
Beziehungen der lymphatischen Diathese, der Skrofulöse und der Tuberkoloee in-
einander und kommt zu dem Schlüsse, dafs die Skrofulöse, wenn sie nicht Syphihi
ist, nur eine Abart der Tuberkulose vorstellt. — Die lymphatische Diathese, weldi#
ein normaler und vorübergehender Zustand der ersten Lebensjahre ist und anatomiach
durch die Erweiterung der Lymphräume der Haut und des Unterhautaellgewebes
charakterisiert wird, verschwindet bald, persistiert sie aber, so ist sie zwar noch kein
krankhafter Zustand, kann jedoch dazu führen. Wer mit dieser Diathese behafUti
ist infolge seiner schwächeren respiratorischen Funktionen und seiner geringeren
Widerstandskraft prädisponiert zu Katarrhen jeglicher Art, zu Impetigo, Ekzemen,
für das Eindringen von Parasiten, deren Aufnahme durch die Vergröiserong der
Lymphwege erleichtert ist. - Da« Ekzem, die Impetigo, welche rings um die Öfl:
nungen lokalisiert sind, haben bei dem Lymphatischen nichts besonderes, als dals das
Terrain für ihre Entwickelung und langsame Ausbreitung prädisponiert ist; aber sie
öfifnen das Thor für den Tuberkelbacillus, wie es auch andre Kontinuitätstrennungea
der Oberhaut thun, wie z. B. der Favus. Die tuberkulösen Einimpfungen sind zu-
föllige, und es brauchen ebensowenig die Lymphatischen Skrofulöse zu acquiriereiiy
wie gewisse Skrofulöse niemals lymphatisch waren. — Die Skrofulöse ist, entg^ea
den Autoren, nicht durch ein besonderes Aussehen gekennzeichnet; die BeschrelbaBg
darüber ist zu unbestimmt und zu allgemein um Wert zu besitzen. Auiaerdem und
ebenfalls entgegen den gewöhnlichen Anschauungen gibt es bei der Skrofulöse keuM
leichten oberflächlichen Erkrankungen, sondern Erkrankungen mit der Tendenz die
Gewebe zu zerstören. — Wenn man von der Skrofulöse, wie sie von den Antonn
aufgefaist wird, die lymphatische Diathese, die durch Tuberkelbildung bedingten Ver
änderungen und die Spätformen der hereditären Syphilis ausschliefst, so bleibt nidtts
mehr übrig. — Die skrofulösen Geschwülste sind nur lokalisierte Tuberkulose, wie es
die Klinik, die pathologische und experimentelle Pathologie beweisen. TrÜTt man mit-
unter skrofulöse Geschwülste, in denen sich kein Bacillus findet und durch deren
Impfung kein positives Resultat erzielt wird, so hat man gewifs syphilitische Affek-
tionen vor sich gehabt. — Der gewöhnliche Lupus ist eine tuberkulöse Affektion und
weist Verf. auf die Gegenwart von Lupusknötchen, welche die Narben der skrofnlosen
Geschwülste umgeben, hin; hier ist nach ihm die wichtigste klinische Thatsaohe und
es sei zu verwundern, dafs die Autoren, welche die tuberkulöse Natur des Lnpas
verteidigen, dies nicht in den Vordergrund ihrer Beweisführung gesetzt hatten.
Verf. fafst darauf mit grofser Klarheit die Beweise für die tuberkulöse Natur des
Lupus zusammen, welche herrühren aus der pathologischen Anatomie, der KUnik,
57S
dem Experiment und dem Bacillennachweis, und welche er selbst durch zahlreiche
Publikationen gestützt hat. — Da die Skrofulöse nur eine Abart der Tuberkulose ist, so
xnufs sie, um in ihrer Ausbreitung gehindert zu werden, energisch behandelt werden.
Tavemier-LiUe.
Über die Natur der atypischen Varietäten des gewöhnlichen Lnpns, von
Prof. LsLoiB. (Ännales de Dermatologie. 1888.) Nachdem er auf seine eigenen Unter-
suchungen über die Natur des Lupus hingewiesen und die zahlreichen Arbeiten auf-
f^ezählt, auf welche er sich gestützt hat um die tuberkulöse Natur dieser Affektion
zu beweisen, setzt Verf. in seiner Denkschriffc, welche auf dem internationalen Eon-
grefs für Tuberkulose, Juli 1888, vorgelesen wurde, das besondere, atypische Aussehen
in klinischer und pathologisch-anatomischer Beziehung auseinander, welches diese
mildere Form der Tuberkulose der Haut annehmen kann. Er hat nachgesucht, ob
diese atypischen Varietäten wohl zum gemeinen Lupus sowohl in anatomischer wie
in ätiologischer Beziehung gehorten?
Bei einer ersten Varietät zeigen die luposen Knötchen ein fast durchscheinendes
Aussehen, schliefsen kleine Cysten ein, welche von der kolloiden Entartung eines
Teils des Lupusgewebes herrühren. Schnitte durch dieselben zeigen, dais sie aus
durch Pikrokarmin orange gefärbten Blöcken bestehen mit den Zeichen der kolloiden
Entartung. Diese Blöcke sind nichts anderes als die zentralen Teile der luposen
Follikel. Sie schliefsen sehr häufig eine oder mehrere Biesenzellen ein, in welchen
und in deren Nachbarschaft man mitunter nach langem Suchen in einer grofsen
Zahl von Schnitten einige Tuberkelbacillen finden kann. Diese Knötchen haben fast
keine Gefaise. Die zahlreichen mit Stückchen aus diesen luposen Knoten vor-
genommenen Impfungen haben bewiesen, dafs diese Varietät des Lupus nur eine
abgeschwächte Form der Hauttuberkulose ist Diese Varietät könnte man die
kolloide nennen. — Bei einer 2. Varietät stellt sich der Lupus unter der Form
von schlaffen, gelatinähnliohen Knötchen dar, welche von feinen, mehr oder
weniger verzweigten Blutgefäfsen an ihrer Oberfläche durchzogen werden. Mit-
unter gibt es auf der Oberfläche der Knötchen kleine, durch ihre blasse Farbe
auffallende Punkte, welche nichts anderes sind als kleine, eine schleimige Masse
enthaltende Cysten. Bei dieser Varietät ist das lupöse Infiltrat diffus verbreitet. Die
Rundzellen sind unregelmäfsig in der Cutis verbreitet. Das Bindegewebe derselben
hat sein faseriges Aussehen verloren und erscheint wie eine gelatinähnliche Masse.
Die elastischen Fasern sind fast vollständig verschwunden. An einigen Stellen findet
man im Bindegewebe die platten Zellen desselben schleimig verändert, ebenso wie
einige der Bundzellen der Infiltration. Blutgefäfse sind zahlreich vorhanden und er-
weitert Ausnahmsweise bilden die Rundzellen grofse Knoten, in denen sich sehr
selten Riesenzellen finden; Bacillen meistens nicht zu finden, wenn aber, dann in
oder in der Nähe dieser Zellen Mitunter zeigen sich interstitielle Hämorrhagien,
welche sich in gewissen Fällen mit der schleimigen Masse der Pseudo-Cysten mischen.
Auch hier haben Impfungen die tuberkulöse Natur dieser Varietät des gemeinen
Lupus bewiesen: sie möge die schleimige oder besser myxomatöse Form des Lupus
helben. — Bei einer dritten Varietät zeigt sich der Lupus unter einer Form, welche
Verl zusammen mit E. Vidal unter dem Namen des sklerosierten Lupus 1882 be-
schrieb. Sein klinischer Charakter: kleine, harte, bläuliche, rauhe, ofb warzige,
papillomatöse, verhornte, durch Furchen und Spalten getrennte Knötchen. Diese
Geschwülste vergehen, indem sie eine eingezogene Narbe hinterlassen, um welche
sich neue harte Knötchen entwickeln. In Schnitten bestehen dieselben aus Binde-
gewebsbündeln, welche konzentrisch angeordnet und durch wenige Rundzellen ge-
574
trennt sind. Gefafse sklerosiert. An manchen Stellen der Geschwulst trifft nuui
mitunter Knötchen aus Rundzellen und Biesenzellen bestehend. — Nach seiner
Arbeit von 1882 hat Verf. eine Beihe von Untersuchungen angestellt, um die etwaige
tuberkulöse Natur dieser Art von Lupus aufzudecken. Es gelang ihm dies in ex-
perimenteller und histologischer Beziehung. Und zwar fanden sich die Bacillen,
sehr selten hier sind, in den noch nicht vollständig sklerosierten Knötchen,
sklerosierte Lupus ist also auch eine abgeschwächte Form der Hauttuberkuloae. Sr
ist für die Haut dieselbe Art, wie die fibröse Tuberkulose für die Lunge.
Tavemier-LilU.
(übersetzt yon Dr. Philippson in Hambun;.)
Progressive Ernährungsstörungen.
Über einen Fall von MoUuscnm fibrosum mit Neurofibromen. Vor der
Olinical Society hielt Dr. Payne einen Vortrag {Brit. Med. Joum. 16. März 1889)
über einen Fall von Molluscum fibrosum, welches mit Nervengeschwulstbildnng kom-
pliziert war. Die Haut des 64jährigen Patienten war fast überall mit fibrösen Oe-
wächsen bedeckt; einige derselben sausen breitbasig, andre gestielt auf der Hant
auf; ihr Volumen variierte von Stecknadelkopf- bis Haselnufsgrölse. Es bestand au-
gesprochene Pigmentierung der Haut, stellenweise mit weifsen, leukodermatinchen
Flecken. Neben den kutanen Geschwülsten fanden sich mehrere subkutane Gewächse,
welche aber kleiner als jene waren. Diese letzteren waren empfindlich auf Berührung
und standen offenbar in Zusammenhang mit den Nerven. Aulserdem bestand eine
gewisse Muskelschwäche, welche auf eine Paresis motorischer Nerven schlieüsen liels,
sowie auch Hyperästhesie, welche die Beteiligung sensibler Nerven bewies. Eine
Störung im Zentralnervensystem lieiÜs sich nicht nachweisen. Patient zeigte grolse
Schwäche, ohne dafs dafür eine bestimmte Ursache angegeben werden konnte.
Dauer des Leidens 15 Jahre. Geistiger Zustand normal. Symptome, die etwa auf eine
Atrophie der jenseits der Tumoren gelegenen Nerven hätten schlielsen lassen, lagen
nicht vor. Einer der kutanen Tumoren wurde noch intra vitam entfernt, doch
liefsen sich weder mit den gewöhnlichen Beagenzien noch mit Osmiumsaure Nerven
fasern erkennen.
Dr. Paynb erwähnte, dafs Recklinohaüsen zuerst dieses gleichzeitige Vorkommen
von Molluscum fibrosum und Neurofibroma beschrieben hat und die Vermutung aus-
sprach, dafs erstere wirkliche in Zusammenhang mit Hautnerven stehende Tu-
moren sind. H. Leslie Roberts-Landon,
Regressive Ernährungsstörungen.
Dr. S. BONA stellt einen 2djährigen Patient mit Atarophia hemifadalis pro-
gressiva im ärztlichen Vereine zu Budapest (23. Febr. 1889) vor.
Aus der Anamnese geht hervor, dais Pat. in seinem 3. Lebeniyahre an einer
575
yereitemden Drüsengeschwulst unterhalb des Beines litt. In seinem 5. Jahre über-
stand er einen schweren Typhns. Ein Jahr später bemerkte seine Umgebung einen
kleinen weifsen Fleck in der Mitte der rechten Gesichtshälfte; dieser Fleck ver-
grofserte sich später fortwährend; innerhalb seiner Grenzen schrumpfte das Gesicht.
In 3 — 4 Jahren war die Schrumpfung höchst bemerkbar. Pat. verspürte nie
Schmerzen im Gesichte; empfand gleichmäfsig kaltes und warmes; nur bemerkte er
daijB die rechte Gesichtshälfte nie schwitzt. Seit einigen Jahren hat Pat. am rechten
Auge häufig Conjunctivitis.
Die Hautempfindung ist normal. Die gröbere Muskelaktion ist intakt. Die
Mimik fehlt aber in der rechten Seite. Der Hautwiderstand gegen den galvan. Strom
hat sich um 2 Milianpdre verringert. (Entsprechend der Verdünnung der Haut.)
(Gyogyoszat 1889. No. 9.) Bona- Budapest.
Pharmakologisches.
Snblimat-Laaolin als Anüseptiknin, von Dr. A. GoTTSTsnff in Berlin.
(Therap. MancUsh. No. 3. 1889.) Bekanntlich hat Eoch nachgewiesen, dafs die
Karbolsäure in Ol oder Alkohol gelöst auch nicht die geringste desinfizierende Wirkung
ausübt. Ebenso verhält es sich mit den andern Antisepticis. Verf. hat nun die
Antiseptica mit Lanolin gemischt und gefunden, dafs sie auch in dieser Zusammen-
setzung absolut unwirksam sind. In direktem Gegensatz aber steht das Verhalten
des Sublimatlanolins. Für diese Mischung hat er experimentell den Nachweis-
geliefert, dafs dieselbe gerade so desinfizierend wirkt, wie die wässerige Lösung von
Sublimat. L. Hoffmann^Berlin,
Bromkallnm ein Antidotum des Jodofonns, bezw. des Jods, von Dr. G.
Samte R in Posen. {Berl klin, Wochenschr. No. 15.) An einem Patienten beobachtete
S.^ dafs das Brorokaliura ein Antidot gegen den Jodismus war, weshalb er versuchte,
solches auch experimentell nachzuweisen. Weder eine Kochsalzlösung noch eine der
andern bekannten Salze waren imstande, bei einem Volumen von ca. V> eines Bea-
gensglases und Zusatz von 10 Tropfen Jodtinktur das Jod dauernd in Lösung zu
erhalten, dagegen konnte man zu gleichen Volumen Sol. Kali bromati (1 : 3) bis zu
50 Tropfen Jodtinktur setzen, ohne dafs selbst nach Tagen sich das Jod aus seiner
Verbindung mit dem Bromkalium ausschied. Auch reines Jod brachte er in Brom-
kaliumsolution zur Lösung. L. Hofftnann-Berlin,
Beitrag zur Kenntnis der Nebenwirkungen des Jod (Jodkali), von Dr. E.
Malachowsei in Breslau. {Therap. Monatsh. No. 4.) Aufser den bis jetzt bekannten
Symptomen des Jodismus hat Verf. einen Fall von Parästhesien beobachtet, und
zwar betraf derselbe einen älteren Mediziner, der, durch vieles Arbeiten und erheb-
liche psychische Aufregungen ziemlich nervös, wegen eines Gumma am Kopfe 2 g
Jodkali pro die nahm. Nach einer Woche bereits stellten sich anfangs leichte, dann
sich immer mehr verstärkende Sensationen an beiden Beinen, vom Knie abwärts bis
in die Fufssohlen, ein. Es war ein ununterbrochenes Kribbeln und Ameisenlaufen in
den Fufssohlen anfangend und bis ans Knie hinauf sich erstreckend. Bei Bewegungen der
Beine trat eine geringe Verminderung ein. Nach Aussetzen des Jods schwanden all-
mählich die Parästhesien, und zwar innerhalb 36 Stunden vollkommen.
Ein zweites Symptom, das Verf. beim Jodgebrauch beobachtet hat, ist Fieber^
576
für das ebenso wenig, wie für die Parästhesien eine Erklärung gefunden werden
kann. Hierzu berichtet er über 2 Fälle, bei denen das Thermometer eine Temperatur
bis 40,2 ^ nachwies, und die nach Aussetzen des Jod sofort abnahm.
L. HoffmannrBerlm.
Arznei ex an theme.
Ohinlnexanthem. Dr. Bübney Yeo {Brit med. Joum. 16. März 1889) gab vor
der Glinical Society of London einen Bericht über konsekutive Attacken eines Chinin-
exanthems, welche er an sich selbst zu beobachten Gelegenheit hatte. Der Ausschlag
stellte sich zuerst ein zur Zeit als er wegen eines rhume de cerveaa dreimal
täglich 0,12 g Chinin einnahm. Der zweite Ausbruch trat ein, als er einige Monate
später wegen derselben Störung dieselbe Therapie befolgte. Zum dritten mal tnt
der Ausschlag als Folge einer Einzeldosis von 0,18 Chinin während eines Aafenthaiti
in Rom auf. Zum vierten mal rief Y. dasselbe Exanthem hervor, indem er nngetalir
4 Monate später des Experimentes halber zweimal 0,18 eines chemisch reinen Chinin-
Präparates zu sich nahm. Das Eintreten des Exanthems war ein promptes. Sogar
beim Einnehmen von nur 0,015 desselben reinen Präparates folgte bald ein fonfter
Ausbruch.
Der Ausschlag stellte sich als ein einfaches Erythem in GFestalt von nuregei-
mäfsigen, etwas erhabenen Flatschen dar. Die Stellen waren auf Berührung nidit
empfindlich; auch machten sich keinerlei fieberhafte oder konstitutionelle Symptome
geltend. Das Erythem beschränkte sich auf die unteren Extremitäten ohne aick
jemals bis aufs Abdomen hinauf zu erstrecken. Andre Symptome einer Chininintox^
kation fehlten gänzlich.
Dr. Tbo wies darauf hin, dals er schon seit Jahren gewohnheitsmäOng Chinin
eingenommen habe, merkwürdigerweise ohne dals jemals irgend welcher Ausschlag
durch die Einführung des Mittels hervorgerufen worden wäre.
H. LesUe Boberts-London.
))erf4|iebenes.
Dr. Joseph Schütz in Frankfurt a. M. veröffentlicht sein VerfalireiL snm l»e8S«ni
Nachweis der Qonokokken durch isolierte Färbung derselben. Die recht gleich,
mäfsig und dünn hergestellten Deckglaspräparate kommen, nachdem sie dreimal durch
die Flamme gezogen sind, für einige (5 — 10) Minuten in eine kalte filtrierte Lösung
von Methylenblau in 5prozentigem Karbolwasser. Alsdann werden die Präparate in
Wasser abgespült und einen Moment (so lange als man langsam 1, 2, 3 zählt) in
Essigsäure-Wasser (Aoid. aoet. dil. 5 Tropfen auf 20 ccm Aq. dest.) getaucht und sofort
wieder in Wasser abgespült. Alsdann sei alles im Präparat entförbt bis auf die
Gonokokken, welche deutlich blau blieben. Es empfehle sich jedoch, die entfärbten
Präparate noch mit einer sehr diluierten wässerigen Safraninlösung zu Überfarben.
EckarUNümberg.
577
Die Bestandteile des Eakaofettes. Paul Gbaf (Ärch. Pharm, Bd. 226.
pag. 830) bat auf Veranlassang und im Laboratorium Professor Hiloers in Erlangen
das Kakao fett einer chemischen Untersuchung unterzogen, da die bisher über diesen
Gegenstand vorliegenden Arbeiten wenig Übereinstimmung zeigen.
KiNGZETT fand im Eakaofett eine der Laurinsäure isomere Saure und eine
andere mit der Zusammensetuung C«^Hj,gO,, die er Theobromasäure nennt.
Nach ihm soll femer die Ölsäure 20 Vo der Fettsauren betragen und die Stearin-
säure reichlich vertreten sein. Freie flüchtige und nicht flüchtige Säuren konnte
KiNOZETT nicht nachweisen. Später beschäftigte sich van deb Becke mit Versuchen,
die Theobromasäure wieder darzustellen, ohne jedoch zu positiven Resultaten zu ge-
langen. Die letzte ausführliche Arbeit lieferte Tbaüb, dessen Untersuchungen haupt-
sächlich dahin gerichtet waren, die Existenz der Laurinsäure und Theobromasäure
festzustellen. Tbaüb hegte Zweifel besonders über die Existenz der letzteren, weil
dieselbe hinsichtlich ihrer Zusammensetzung der Essigsäurereihe angehört und doch
nach EiNGZETT Eigenschaften besitzen soll, welche Säuren dieser Heihe nicht zu-
kommen. Als Resultat der TRAüBschen Untersuchung ergab sich denn auch, daüs
eine Theobromesäure aus dem Kakaofett nicht isoliert werden konnte, sondern dafs
letzteres aus den Glycerylestem der Ol-, Laurin-, Palmitin-. Stearin- und Arachin-
säure zusammengesetzt ist.
Grafs Untersuchung gipfelt nun in dem positiven Nachweis flüchtiger Fett-
säuren im Eakaofett, wie der Ameisensäure, Essigsäure und Buttersäure,
sowie in der Bestätigung der TRAUBschen Arbeit, dafs eine höher molekulare Säure
als die Arachinsäure nicht nachgewiesen werden konnte. Femer wurde durch
die Magnesium- und Baryumbestimmungen das schon früher beobachtete Vorkommen
der Ölsäure, der Stearin-, Palmitin- und Laurinsäure in der Form der Glyceride
bestätigt. Die Prüfung auf unverseifbare Substanzen liefs die Anwesenheit von Cho-
lesterin und eines nicht näher festgestellten, hoch molekularen Alkohols erkennen.
Durch umfangreiche Aciditätsbestimmungen bewies Graf, dafs freie Fettsäuren
im Eakaofett nur in sehr geringer Menge vorhanden sind.
Bei der Schmelzpunktbestimmung hat Graf gefunden, dafs Eakaofett verschie-
dener Herkunft beim Schmelzen im offenen Röhrchen stark voneinander abweichende
Resultate lieferte, dafs hingegen die Bestimmung im geschlossenen Röhrchen nur un-
wesentliche Unterschiede zeigte, und letztere daher mehr zu empfehlen ist. Der
Schmelzpunkt des reinen Eakaofettes schwankt zwischen 33,5 ^ und 34,5 ^
(Nach Pharm. Centralh.)
Beiträge zur Chemie der Fette nnd Harze. Eine Reihe von Untersuchungen
über das Ranzigwerden der Fette sind von M. Gböger (Zeitschr. f. ang, Chemie.
1889. Nr. 3) gemacht. Obwohl dieselben noch nicht abj^eschlossen, so geht doch
daraus hervor, dafs man sich das Ranzigwerden der Fette so vorzustellen hat, dafs
dieselben wahrscheinlich durch Wasser in Fettsäuren und Glycerin zerlegt, diese aber
gleichzeitig durch Luftsauerstoff oxydiert werden. Die Oxydation mufs sich sowohl
auf die Fettsäuren, als auch auf das Glycerin erstrecken, da letzteres im freien Zu-
stande nicht nachgewiesen werden kann. Die Fettsäuren zerfallen hierbei in kohlen-
stofifarmere, sauerstoffireichere Säuren, welche zum Teil der Fettsäurereihe angehören,
aus welcher namentlich Azelainsäure, die auch bei der künstlichen Oxydation der
Fettsäuren mit Salpetersäure stets auftritt, hervorzuheben ist.
(Nach Pharm, Centralh)
578
62. Versammlung deutscher Naturforscher und Ante
zu Heidelberg
17.— 23. September 1889.
Im Auftrage der Gescbäftsführer der 62. Versammlang dentscher Naturfondier
und Ärzte haben wir Vorbereitungen für die Sitzungen der Abteilung für Dermt-
tologie und Syphilis (Abteilnng 22) übernommen und beehren uns hiermit die Heim
Fachgenossen zur Teilnahme an den Verhandlungen dieser Abteilung ganz ergebemt
einzuladen.
Gleichzeitig bitten wir Vorträge und Demonstrationen frühzeitig bei uns an-
melden zu wollen.
Die Geschäftsführer beabsichtigen Mitte Juli allgemeine Einladungen zu tct-
senden und wäre es wünschenswert, schon in diesen Einladungen eine TJberaicht der
Abteilungs-Sitzungen, wenigstens teilweise, veröffentlichen zu können.
Dr. Flbinbr, Dr. Dihki«br,
Einführender Vorsitzender. Schriftführer.
Heidelberg, Bohrbacherstrafse 22. Akademisches KrankenhaiüL
Blumenbachsches Stipendium.
Zufolge eines vom Königlichen Universitäts -Kuratorium ergangenen fieskriptes
ist der verfägbare Fonds des BLUUBNBACHschen Stipendiums auf Mk. 1800 ange-
wachsen, so dafs dasselbe wiederum einem jungen, durch vorzügliche Geiatesigibai
sich auszeichnenden, aber unbemittelten Doctor medicinae als Beisestipendium zuer-
kannt werden kann. Kompetenten haben sich vor Ablauf eines halben Jahres an
die medizinische Fakultät zu Göttingen, welcher dieses mal die Verteilung zukommt
zu wenden, derselben Zeugnisse über ihr Betragen und über ihren Mangel an Ver-
mögen, sowie ihre Inaug^ral-Dissertation und was sie sonst etwa haben droekea
lassen, portofrei einzusenden, dabei den Umfang und Zweck ihrer wissenschaftlicheo
Reise zu entwickeln. Wer das Stipendium erhält, muiJB bestimmt dafür ein Jahr inf
Beisen sein.
Göttingen, den 31. Mai 1889.
W. Ebstkut,
d. Z. Dekan.
Zur gefälligen Beachtung.
Mit diesem Hefte schließt der achte Band der Monatshefte für pral-
tisdie Dermatologie; die dazu gehörigen Begister werden in Küree nadi-
geliefert.
Um Störungen im Empfang der Fortsetzung zu vermeiden^ werden
die verehrlichen Abonnenten um rechtzeitige Erneuerung ihrer Abonme-
ments ersucht.
Verlag von LOOpOld VOBB in Hamburg (tmd Lelpsig).
Drnek der YerligsanetaU nnd Drnckerel Aetlfn-Geielltchaft (vonnals J. F.BIehter) in HaBtmig.
J
Sachregister.
(Die römlfchen Zahlen besleben rieh auf die Erginzongshefte dea Jahifangee.')
Acarus 522.
Addisonsche Krankheit, Beitrag zur patho-
logischen Anatomie der (Kahl den)
138 ; — zur Pathologie der (Nothnagel)
370.
4dep8 snillns, Verfalschnngen des 191.
Ätherische öle 189.
Akne 289. 301. 319; — Beitrag zur Ana-
tomie der (Leopold) 285; — Behand*
Inng mit Besorcinsalicylseife I. 24. 32.
— pilaris arthritica 266.
— yarioliformis, Behandlung mit Sublimat-
pastenstift 196.
Aktinomykose, über (Baracz) 331; —
(Ullmann) 180,
Algodermatitis 471.
Alkali in der Seife, freies I, 11.
Alopecia areata, über (Joseph) 319. 338;
(Napier) 473; (Besnier) 322; —
Ätiologie und Prophylaxe der (M e r k 1 en)
479; — Nervenlasion und Haarausfall
mit Bezug auf (Behrend) 385; — nach
Operation am Halse^^Fall von (Pon-
toppidan) 51; — Wesen, Behandlung
und Prophylaxe der (B-uchin) 140; —
Beitrag zur Kenntnis der (Loriot)
140; — nach heftigen Körpererschüt-
terungen 384.
— pityrodes 141; — Entwickelung der
204.
— neurotica (Schütz) 384.
— totaHs 199.
Angiektaaien I, 44.
Angiom der Zunge (Germain) 180.
Angioneurotische Erkrankung (Bronson)
137.
Anilinfarbstofife, Absorption der, durch
lebende tierische Zefien (Martinott i)
191.
Ansäuern der Seifen I, 21.
Anthrarobin bei Psoriasis 235.
Antiscabiosa, Wirkung verschiedener auf
die einzelnen Milbenspezies der Haus-
tiere (Müller) 399. 443.
Antrophore als neue Behandlung der
Blennorrhoe (v. Düring) 46.
Aphthen, Bednarscbe 188.
Area delsi s. Alopecia areata.
Areahaare, Demonstration von Präparate
von (Behrend) 384.
Arsenik bei Sarcomatosis 79 ; — in reinem
Glycerin (Ritsert) 431.
Arthritis rheumatica, Muskelatrophie, Haut-
und Nägeldeformitäten und Ernährungs-
störungen bei (Garrod) 36.
— bullosa 173.
Arzneiverordnungslehre für Studierende
und Ärzte, Kompendium d«r (Kobert)
30.
Arztlicher Verein zu Wiesbaden 472.
Atlanten der Hautkrankheiten im allge-
meinen und über einen internationalen
Atlas seltener Hautkrankheiten im be-
sonderen (Unna) 311.
Atrophia hemi&cialis progressiva (Bona)
574.
— narbenähnliche, der behaarten Haut 201 .
Atrophische Stellen der Haut (Span-
nungsfurchen) 396.
Aufgesprungene Hände I, 13.
Augenliddefekt infolge eines Gumma
(Lewin) 318.
Bacillenklumpen in den Lymphwegen des
Rhinoskleroms 545.
Bacillogene Sykosis (Tommasoli) 483.
Bacillus parvus ovatus 489.
— sykosiferus foetidus 489.
Bäder, Einflufs der auf Queoksilberaus-
scheidung (Bor.ovski) 379.
Blackwell-förperchen 222.
' ZxL dieeem Band enehien 1 Ergiiunwftheft.
Monatohefte.
38
680
1
Blasenaffektionen 304.
Bli^enaussclilag 339; — durch Chinin 248.
Blasenzellen s. Wanderepithelien 132.
Blattemabteilung des Karolinenspitals zu
Kolorsvar, Ausweis der (Daday) 184.
Blennorrhoe der Urethra s. Gk)norrhöe.
Blennorrhagische Affektionen 33.
Blennorrhoea neonatorum (Legry) 388.
Blumenbachsches Stipendium 578.
Bräunung der Haut nach Pyrogallol- oder
Besorcmbehandlung (Schulz) 339.
Brandnarben I, 46.
Brandschorfe, minimale 404.
British medical Journal of Dermatology
48.
Bromexanthem, Zur Kasuistik des (Sza-
dek) 93.
Bromidrosis I, 43.
Bromkalium ein Antidot des Jodoforms
bes. Jods (Samt er) 575.
Broo'sohe Injektion 483.
Browne-Körperchen 922.
Babonen, Klassifizierang und Behandlung
der (Culver) 194.
Byssuazellen 211.
Canities praematura 869.
Oarfounculus malignus, zwei FSlle ron
(Kiss) 140.
Oaveroitit 407.
ChinineocaDthem (Yeo) 576.
Chininseife, fiberfettete I, 84.
Chlormethyl als lokales Anästhetikum
(Feibes) 385.
CSiolesteatom 286.
Cholesterin 3. 429.
Cholesterinfette 2; — in den Homzellen
I, 11.
Oholeatol a
Chorda 407.
Chorio-Eetinitis syphilitica und ihre Be-
ziehungen zur Himarterienlues (Os-
walt) 44.
Chromatophore Wanderzellen 871.
Chrytarobinseife I, 18.
Coccidien bei Epithelioma contagiosum
Oonjunktival'PemphiguB (Morris and Bo-
berts) 437.
Conjunctivitis bei Ichthyosis 330.
Contagion co^jugale de la Idpre 185.
CopaiTabougies ^7.
Cystadenom, das Syringo- (Török) 116.
Dauer der Syphilisbehandlung 145.
Deckende Mittel in der Behandlung der
Hautkrankheiten (Guire) 38.
Decubitus, zur Behandlung des (Ebstein)
329.
Defluvium capiUorum 34.
Deformitäten der Haut und "Nrngek b«
rheumatischer Arthritis (Qarrod) 96.
Demodex canis 444.
— foUiculornm 399.
Dermatitis exfoliativa universalis 140. 141.
— herpetiformis 225. 226. 230. 267. 301;
(Blasohko) 329.
Duhrings,überdie(Brocq)ILTVi
172. 224. 263. 410. 463. m. Teü 606L
polymorpha pruriginosa chronica 171
224. 263. 410. m,
acttU 506.
Dermatologie, Fortschritte der (Josepk]
338.
— und S^hiHdoIogie, klininche Seais-
lung für (Manssurow) 34.
— Internationaler Kongn^t in Paris 148.
Dermatologische Vereinigung an Berim
818. 417. 521. 567.
Dermatonosen, bullöse 145.
Dermatoryktes mutans 448.
<^ gallinae 444.
Desinfektion der mentchKohea Haai mi
Hände 135.
Diabetes insipidus, wahnoheialiok dmrA
Syphilis verursacht (Manal)^ Ml.
Diät in der Behandlung der
Diagrnostische NuXb 148.
Diatoese, lymphatisohe 572.
DoppelkonuB 114.
Dersalsohnitfc 165.
Drüsenmuskeln 281.
Drüsentumoren I, 49.
Drüsenleisten 391. 392.
Eberthscbe Gebilde 2ia 868. 369.
Ekthyma tenebrans bei eineia Kiade
(Baudouin u. Wickham) 479.
Ekzem 289. 301. 304; — deren düteti-
sehe Behandlung. Bemerkungen Wbtr
(Schweninger) 288.
Ekzembehandlung (Bio ho ad) 140l
Ekzema chronicum 35.
— intertnginosum I, 85.
— seborrhoicum des Handrückens 195l
— Behandlung mit EesorcinsaHeyls^
I, 24. 29. 31. 36. 50. 53; — Pilze bä
294.
— squamosum, Behandlung des L 32; —
des Handrückens, Behandlung (Unna)
195.
— varicoBom I, 45.
Eigenwärme, Qedanken über die Begu-
Berung der menschlichen (FrohlicIO
244.
Eimersches Organ 219.
Einsenkungen der Homschicht 392.
Eiterkokkeninfektion, Behandlung mit
Sublimatpastenstifi 196.
Elastische Fasern, eine einfache FSrbungt-
methode der (Martinotti) 191.
581
-V — flrbimg mit OhroniKu« u. Stihiala
(Ferim) 1»,
Heidin I 11. If ; — im Kagel, Vor-
kommen des 80.
^ «Bd KfftttobTaliii (Boisi) l. 140.
Bleidiiumktion 1^0.
SUktrieohflr Leltongiwidentond dir Htil
98.
ElektriatSt in der Bohttadlnag dtr HmiI*
knunUieiten 379.
Elektrolyse bei üretbralstriktnren (Biioe)
287; (Brown) 287; — btiXftntliom 18B.
aepkttiiiMiB Axibnm (Felkin) 628: ^
ffuifar» Iftbü mi^omdMrtri (Horavetlk)
I^dotkopia (7.
EnidennuhwpirpUd«, BeiorQiBiei& bei I,
84. 9».
Epidermideisten 891.
Spididymiüs 184; *- «onta, Beh«idhui|f
mit dem Thermok^nter ^rerer) 192.
BpitheKenwmidenmg 287.
Epitheliom 77. 79. 178; -* derMmtlU»-
drüetn 886; ^ Behandlung mit alk»*
lisoher Seife I. 17; -— mit KaUmn
•— cUoncnm diemoine) 177.
Epithelioma oontagioenm (Neisiar) 40.
Epitiielnerv«n 815.
Epithelpignunt (Aeby) 866.
Epithelpraliferatioii bei Soabiat 868.
I^ithefarinne 188.
^n^diinm 88. 181. 184.
Epolis saroomatosa 71.
Erbsjpkilif b, Syphilis.
EvfriimBgw 184.
Ergosterin 428.
Ergotinseife, überfettete I. 44.
Bmfihrongsetonmgen der Bant und Nagel
bei rhflwoaüsoher ixtbritis (Oarrod)
86.
Bmipel 184. 804; ^ als ünaoht des
Uerpes 65; -^ Heilwirkong auf Oe-
sehwülsie (Bruns) 181. ^ Wie be-
handelt die nenere DennatokMrie 241;
•** lur Bahandlnng des ^anen-
stein) 478; (Preobraschenski) 484;
(Shadkewitsoh) 424; (Btrisover)
424. (Ebstein) 880; -^ mit Spiritns
(Behrend) 881; -^ Karbolgiunmischleim
(Nolte) 881.
Erythemformen 20L
Erytheme , grofsere oberflXchliohe bei
tiebris recurrens 87; — mit Odem, reci-
divierendes 137.
— infeotiosmn^ Beitrag zum Studium des
(Simon und Legrain) 478.
— ezsndatiyum miutiforme (Bosenthal)
667; — Bacillen bei 86 ; — polymorphum
469. 510; — Phlebitis bei (Girode)
480.
— scarlatiniforme 144.
Ezzision der Initialsklerose 526.
Fadenpilse mit Absekninung von Spoven*
ketten auf unTersweigten oder yei^
cweigteu atypischen Fru^httrÜgerQ 298.
Falte der Oberhaut 892,
Farbe der Hautkrankheiten au «tudiereB}
neue Methode» um di^ (Leriseur) MS.
Flurbenireobiei der Federn infolge Ton
Todesangst 147.
Fasern, marklose, gab^t^tiga 219; «lasH«
sehe 191. 198,
Favus I, 60. 58. 484; — < der Kopfhaul
(Anderson) 472.
— vulgaris und Favus herpetious» Doppel«
inlbftion mit Quincke) 49.
Favusaussohli^ (Reynolds) 140.
Febri« herpetica imt multipleii Saoter-
soheinungen 611.
— recurrens, H%utverlnderange|i bei
(B^na) 87.
Fdrn^odidlosunffen, Haltbarkelt vou
(Becker) 189,
Fettsoifett t 18.
Ffttte und Barse, Beitrag lur Chemio 4«r
(Gröffer) 677,
FbuemuQer 404.
Fibrom^ derHaut, darKaxT^ vndiHDg*
lien mit Übergang in Sarkom, multiple
(Westphalen) 199,
I^rosarkom 71.
FQaria medinensis (van Earltngen) 478.
Fingeraffektion bei Pityrisis pilarlii 105.
Flääenbilder, der Oberhaut und Leder«
haut. Herstellung von (Pbipp 9 oo) 889;
Stfoktor der 891.
Flora dermatolofica I. Abtl, (Fortsetsg.)
unter Uitwirgung von H, Grflndler,
D. V. Sohlen una P» Taenzer hen^us-
gegeben von P. 9. Unna 298. 5^.
Folliculitis suppurativa 207.
Follikuläre Tuberkulose s. Tuberkuloea
Fomo rurale im Pallagragebieto Ton
Gradisca 435.
Frost, Mittel gegen 291 ; I, 46.
Füllen der Se% das I, 15.
Fnrchung der Efaut, Anatomie der 892.
Furunkel 184; — des Kuüseren Gehor-
ganges 87.
Fursschweiise, übelriechende (Sprina)
426. 575.
Afinsehaut 99.
Gkmglien, verästelte 819.
(hmglion penis nach Trauma des erigier-
ten Gliedes (Böna^ 406.
Gangrän, symmetrische (Smith-Shand)
137. 292; ~ trophoneurotische (Elliot)
243.
GFebilde der Nagelzellen, tropfenartige 88.
Gehörgang, Erankheiteu des äuTseren
(Sexton) 87.
88^
582
Gelatine bei Hautkrankheiten 38.
Gtolenkleiden bei Syphilis, Seltenheit der
(Poncet) 333,
Gelenksentzündungen, skarlatinÖse (B6-
kai) 184.
QefafBl&hmnng 292.
Geachwürbildong am harten Gaumen bei
einem 5 monatlichen Kinde, interessan-
ter Fall Ton (Szontagh) 188.
Geschwüre, syphilitische 196.^
Geschwulst, entzündlich funjp^ose 61.
Gesundheitspflege auf Kau£ra,hrteischiffen,
Anleitung zur 134.
Glaires 286.
Glyoerin, Arsen in reinem (Ritsert)
431.
Gommes cancereuses 29«
GonococcuB, Phagocytenlehre in bezug
auf den (Bumm") 193.
Gonokokkennachweis, Verfahren zum bes-
sern (Schutz) 576.
Gonorrhöe, akute 387; — beim Weibe
und beim weiblichen Kinde (Hör and)
193; _ Pyamie, die Folge einer (Park)
387; — Abortiykur der (Eively) 387;
— Behandlung mit Antrophoren 46;
AntiseptisoheBehandlung der (Castel)
179; mit Hg-Salicylat 93; mit heüsen
Einspritzungen (Brever) 192.
Gonorrhoische Infektion des Mundes, Fall
von zweifelloser (Cut 1er) 387.
Granuloma fiingoides s. Mykosis fungoides.
Grenzfurche des Nagels 132.
Grundseife, überfettete I, 18.
Gumma am Augenlid, Defekt infolge eines
(Lew in) 318; — retromuköses 148; —
syphiliticum auf der Kopfschwarte im
44. Jahre der bestehenden Syphilis
(Huguet und Audain) 480; — des
Penis 407. 427; — tuberkulöse 475.
Gummiknoten am oberen rechten Augen-
lid (Lewin) 319.
Guttaperchapflastermulle 30. 38. 45.
Haarausfall, Dr. M. Josephs atrophischer
(Samuel) 187.
Haarbalgtrichter, AusguTs des 200.
Haarbouquets 205.
Haarbüschel 199.
Haarkreise 200. 201.
Haarkuren, über (Lassar) 141.
Haarmanschetten 198.
Haarschwund s. Alopede.
Haarveränderungen bei Alopcia areata 323.
Haarpigment (Biehl) 366.
Hämorrhagien der Haut bei febris recur-
rens 37; — bei Liehen ruber 251.
Hände? Wie konserviert der Arzt seine
(Meyer) 338.
Harn, kunstlose Präliminarprüfung des,
auf Zuckergehalt (Hager) 432.
Harnblase, Hirnzentren Ütr die
der (Bechterew und Mislawaky]
136 ; — Kupfeiveld 8«it 9 Jahraa iü der
(Prochnow) 4öl.
Hajnrohrenblennorrhöe, Eanmknalkmt-
gen im Verlaufe der (Glnzintki) 426L
Hia>nrOhrenfltee, zur Pathologie der
(Bona) 426.
Hamröhrenroiralen 47.
Harze und Fette, Chemie der (Gröger)
577.
Harzseifen I, 14.
Haut, elektrischer Leitungswidertiaiid der
93; — zur Desinfektion der menedi-
liehen, mit besonderer Berücksichti-
gung der Hände (Landsberg) 185; —
. und Nägel, Deformitäten und firnak-
rungsstörungen bei riieumatiselier Ar-
thritis (Garrod) 36.
Hautanatomie in den letzen 5 Jahren, die
Fortschritte der (Unna). IV. Der Na^el
79. 129. V. Die Nerven 210. 256. VL
Pigment 966.
Hautarterien des mensohlichen Korpers
(Manchot) 281.
Hautbräunung nach Pyrogallol oder Be-
sorcinbehandlung (Sohuiz) 889.
Hautendtpfindungszentren in der Binde,
Lokalisation der (Dana) 136.
Hautentzündungen, infektiöse 207.
Hautfd^I, n.
Hautgeschwülste, melanotische (Heitz*
mann) 138.
Hautgeschwüre, tuberkulöse (V alias) 42L
Haul£ämorrhagien bei febris reonrrensST;
— bei Liehen ruber 251.
Hautjucken 35.
Hautkrankheiten aus der dermatologischen
Poliklinik von Prof. EÖbner, drei-
tausend Fälle von (Block) 48; —
deckende. Mittel in der Behandlung der
(Guire) 38; — einige warnende Winke
bei Behandlung von (Jackson) 386;
— tuberkulöse 572; — über Atlanten
von 311; — von den simuli«iien
(Cisterne) 95; — Wasser und Elek-
trizität als therapeutische Agenzien bei
(Sir ski) 379; — neue Methode um die
Farbe der — zu studieren (Leviseur)
338.
Hautkrebse 235.
Hautnerven 210. 256; — beim Menschen,
Verbreitungsweise der (Eichhorst) 385.
Hautödeme ^7.
Hautpemphigus 441.
Hautpflege 134.
Hautpigment 366 ; Physiologie und Patho-
logie des (Ehrmann) 367.
Hautsarkom, Gumma ähnliches 27; —
idiopathisches, multiples, pigmentloees
(Bosin) 138; — klinische Studien über
(Funk) 19. 60.
683
Hautschwellungen als Begleiterscheinun-
gen der Menstruation und der Klimax,
nerYose (Born er) 497.
Eautstorungen nach Kinderlähmung, tro-
phische (Trissard) 186.
Hautstriae nach Typhus (Troisier) 179.
Hautverändernngen od Fehris recurrens
(B6na) 37.
Hautverförbnng nach Arsenikgebrauch 35.
Heilmittel, chinesisches 486; — Maximal-
dosen neuer Qß^ischer) 429.
Hereditäre Syphilis s. Syphilis.
Herpes oircinatus 266. oll.
— facialis, recidiTierender (Anderson)
472.
— febrilis 66; — bei febris recur-
rens 37.
— — generalisatus 509. 520.
— iris 469. 520. 567.
— labialis 54.
— phlyctaenoides 173. 267. 513.
— gestationis 518.
— pemphigoides 269.
— tonsurans I, 36. 50. 53. 56; — ton-
surans mit Hydroxrlamin behandelt 17.
maculoBus imiversalis 253.
«- zoster 55. 140. 804. 838. 492; —
abkürzende Behandlung des (Unna)
338; — doppelseitiger, recidivierender
(El Hot) 248; — nach Arsenikbehand-
lung (B6kai) 39. 253;-- nach Kohlen-
oxydffasvergiftung (Sattler) 476; —
bei Tuberkulose (Sattler) 476.
pectoralis 247.
HexT)esarten, zur Infektionsfrage der
(Törok) 54.
Herpesepidemie 55.
Herpeseruptionen 338.
Herpetide exfoliatrice universelle 140.
Herzsyphilis (Mauriae) 526.
Himarterienlues, Chorio-Retinitis und ihre
Beziehungen zur (Oswalt) 44.
Himsyphilis, Gehirnchirurgie bei (Mace-
wen) 336.
Histologie der Haussäugetiere, verglei-
chende (Bllenberger) 280.
Histologische Technik (Ran vi er) 279.
Hitzausschlag 134.
Hoggan-Korperchen 222.
Homgebilde, Untersuchungen über die
Histiogenese der 80.
Hornfferüst 217.
Homkegel, zirkumpilare, bei Pityriasis
pilaris 112. 114 ; — der Haare 199. 201.
Hompapeln 203.
Hornsfiulchen der Follikelmündung 205.
Homschicht, basale 1.
Huminsubstanzen 339.
Hund, roter 134.
Hyaline Zellen bei Rhinosklerom 531.
542.
Hydrargyrum benzoicum 881.
— salicylicum, zur Kenntnis des (Mull er)
304.
Hydroa 267. 268. 510. 512. 514
— bullosa 175. 469. 510.
— herpetiforme 510.
— pemphigoides 225.
— purpurea 511.
— vaginalis, Behandlung der (Helfer ich)
481.
— vesiculosum 469.
Hydroxylamin als neues wichtiges derma-
totherapeutisches Heilmittel (Eichhoff)
12.
Hydroxylaminseife, überfettete I, 36.
H]merkeratose des FoUikelepithels 206.
^7. 286.
Hyperidrosis I, 43; — des Gesichts (Ray
mond) 179.
Hypertrichosis 401.
Hyponychium 133.
Ichthyol bei Erysipel 241; — und Thiol
(Reeps) 289. 300.
Ichthyolseife I, 18.
Ichthyolwatte als Stypticum 167.
Ichthyosis, Behandlnnf^ mit Reeorcinsalicyl-
seife I, 24; Resorcinsalicylschwefelseife
I, 29; — und Conjunctivitis (Buller)
330.
— universalis 34.
Ikterus bei febris recurrens 37.
Impetigo 304; — Kontagiosität und Pro-
phylaxis der (Olli vier) 178.
~ contagiosa 338. 339. I, 41; — mit
Herpes tonsurans, Demonstration von
(Behrend) 331.
— herpetiformis 267.
Induratio plastica corporis cavemosi penis
406.
Infektionskrankheiten, Verbreitung von339,
Infiltrationsherde, Köstersche 42.
Injektion Brou 433.
Injektionsmethoden bei Syphilis 376.
Instrument zur Gewinnung von Urin aus
jedem Ureter, ein neues (Stein) 237.
Intercellularbrüoken 217.
Internationaler Kongreis für Dermatologie
und Syphiligraphie in Paris 142.
Intertrigo I, 43.
Jod und Jodoform, Bromkalium als Anti-
dot des 575; — Nebenwirkungen des
(Malachowski) 575.
Jodismus, über (Bradley) 38.
Jodkalium, Ausscheidung nach grofsen
Dosen (Ehlers) 428.
Jodkaliumsalbe 189.
Jodoform und Jodpräparate (Neuss-
Fischer-Yulpius) 431.
JodoformdermatitiB (Israel) 327.
Jodoformgeruch, Yerdeckung des 432.
Jodoformsalbe bei Sarcomatosis 79.
Jodoformseife, überfettete I, 39.
584
Jodol bd innfirai KAinkheit«!, therapwi-
tisclier Wert des (Cervesato) 396; —
bei tertiärer Lues 885.
Jodpräparate, Bezepte fVr 488.
Jodolpraparate 189.
Jodseife, uberfettete I» 48*
Jodvergiftang 429.
Iritis ipimmosft (Löwin) 818.
Irrigationskatheter für die HAmröbri) «in
neuer (Lanz) 56.
Jubilüuin» dormatologitcbw 147.
Joraboba 428.
Eakaofett, Bestandteile dei (Graf) 677.
Kidkbeine der Hühner 443.
Eampferseife I, 18.
Kan£roide und Leukoplakie der Mund*
und Vaginalschleimhaut (Keoltts) 178.
Ealomeldampfbäder bei Syphilis 81.
Kalomelii^ektionen, Diskreditierung der
388; — mit tödlichem Ausgang 427;
•^ bei Syphüis s. Syphilis.
Karbunkel 134.
Karzinom der Nase 838; — Tuberkulose
oder Lues? 148.
Katheterismus 135.
Keloid des Ohrläppchens (Kikuci) 181;
— Fall von multiplem (Smith) 405; —
multiples idiopathisches (Seydel) 425.
Keratohyalin und Eleidin (Buzzi) 1. 149;
— im Nagel, Vorkommen des 80.
KeratohyalinkÖmer 150; chemische Eeak*
tion 150.
Knickungsfurchen 396.
Knötchen, Friedländersohe 42.
KnÖtchenausschlag mit Blaschenbildung
(Lewin) 319.
Knochenverdickungen bei Syphilis (Bösen-
thal) 568.
Kömerschicht 1.
Kokain bei Phimosenoperation 165.
Kokosölseife I, 13. 15.
Kolloidlupus 573.
Komedo, Beitrag zur Anatomie des (Leo-
pold) 285.
Kondylom, spitzes 341; — Behandlung
des breiten nässenden 196.
Kotaffreis (VUt.) ftbr innere Medizin 2U
Wiesbaden 146.
— (HI.) russischer Ärzte 2u Petersburg
147. 376.
Kratze 134.
Krebs und seine Diagnose, Betrachtungen
über (Sohweninger) 287.
Kreolinseife, überfettete I, 41.
Krümmung des erigierten Pe&ib 408.
Kunstseife I. 15.
LAKosche Zelleki 542.
Lanoün 2. 4; •— in den HomzeUen £, 11 ;
— als BKcipietti für Extrakte bei der Be*
reitungy.8uppoeitori.en(Brotitain) 190.
Lanölitiixgektion, flüMige 886.
LaaoKnsalben, neue (Stern) 886.
Lanolinwaohspaste 886.
Lanugohaare bei Pityrtasis,
der 112. 118.
Lederhaut, Fl&ohenbilder der 880.
Leimpaiten 80.
Leisten, produktive (Drnsenleistea) und
unproduktive (Falten) 392. 394; — der
Epidermis 391.
Leistennetz der Stacheleehicht 89B.
Leistensysteme 392.
Leitungswiderstand der Haut, elektriadier
93.
Leontiasis 68. 71; — ossea (PrSnkel)
138.
Lepra (Grane)475. (Münoh) 36;— lateote
O^iöniff) 425; — bei einem Syphili-
tischen (Kaposi) 185; — Hethtng eines
Falles von (Sandreczky) 508; — ein
Fall vott (Babrock) 41.
— und deren Kontagioeitat (Danbler)
123; ~ die dagegen notwendigenraiee in
Buisland zu ergreifenden Ma/Gsregela;
Infektiosität der (Münoh) 882; — übet
Ansteckung durch piday) 185; —
Infektion durch Vacdnation 125; — ia
beeug auf Infektion mit Syphilis «nd
Yaocine; einige Betraohtongen über die
kontagiösen ägenschaftea der (Brown)
570; — in den Vereinigten Staaten» die
Ausbreitung der (Allen) 41; -* Be-
schlüsse der Moskauer Sektion für
Dermatologie und Syphilis über 36;
^ in Italien und insbeBondere in Sioi*
lien (Ferrari) 32; — und deren Be-
ziehungen zu den patholoffischen Sto^
rungen der Haut, Nierenaftektionen \m
(Bake) 553.
Lepraerforschung in BuTsland 88L
Lepraimpfung, ufolffreiche 475.
Leprastation auf Bobben-Ldaiid 124.
Leptothrix bncoalis 428.
Leukaemia cutis 65. 67.
Leukomaine 475.
Leukoplakie und Kankroid der Hund- nnd
Vaginalschleimhaut (Beolus) 178.
Liehen pilaris 207; — fiknli(äie Krank*
heit 197.
— ruber nlanus 243; (Touton) 479;
(Isaac) 522. Weitere Beitrege zur
Lehre vom (B6na) 245; — FUUmenbild
bei 397 ; — penis et et mucosae oria 256.
-^ ' — aouminatus 243.
atypicus 247. 249.
— «— scarlatinifermis 246.
comS 255.
Lichengruppe 144.
Liebermannsche Beaktion auf OholesteriB
8.9.
Lingua nigra bei Kindern, zur Atiologivder
(Qundobin) 4^.
686
Lippentaberknlose 48.
Lokale Asphyxie s. GangrSn, symmetriBche«
LokomotivftUirer, Biickenscbmerz der 344;
Ltmola, weifse Farbe der 80.
Lopas Yolgaris (Brocq) 185. 333. 434.
I, 36. 44. 50. 53; — des Gesichts (Lipp)
475; — Natur der atypischen Varie-
täten de« gewöhnlichen (Leloi r) 573; —
Behandlung mit Sublimatpastenstift 196 ;
Pflastermullen(Unna)^526; — mit Hy-
droxylamin 17.
— erythematosus s. TJlerythema centrifu-
gum.
— hypertrophicns 18.
— tuberculosus , eiterige Form des
(Hallopeau) 475.
Lykopodium 190.
Lymphadenie cutanße 61. 67. 380.
Lymphgefftlsthromborierang 498. 536.
Lympbodermia perniciosa 68.
Maceration der Haut 390.
Magnesia mit Halogenen, Verbindung
der 190.
Malleus humidus acutus hominis (Bona)
182.
Markhaltige Nerven 219.
Maschenwerk, perifoUikaläres 202.
Mastzellen bei Bhinosklerom 537.
Mazimaldosen neuer Heilmittel 429.
Medizinische Seifen I, 7.
Melanosarkom der Haut, primäres 74.
Melanosarkompigment 75.
Melamotische Hautgeschwülste s. Haut*
gesch Wülste.
Merkeische Tastzellen in der Haut
(Bonnet) 224.
Methämoglobin 16.
Methylenblaureaktion der lebenden Nerven-
substanz (Ehrlich) 223.
Mikroskop, Mestersches 95.
Mikuliczsche Zellen bei Bhinosklerom
222. 531. 542.
Milbengang bei Scabies 362.
Miliaria rubra et alba \ v • r v •
- crystaUina / *>«^ ^^^"« '•«^^^
rens 37,
Minimalbrenner, ein (Taenzer) 401.
Mittelohrentzündung 37.
Molesohottsche Beution auf Cholesterin
3. 9.
Molluscum contagiosum s. Epithelioma
contagiosum.
— fibrosum mit Neurofibromen (Payne)
574.
Muskelatrophie, die im Verlauf der rheu-
matischen Arthritis auftretende (Oarr od)
36.
Muskelgeschwulst«, syphilitische (Bra-
mann) 334.
Matterzellen der Haarscheiden 7.
Mykosenbehandlung mit medizinieohen
Seifen I, 29. 32. 34. 50. 53.
Mykosis fnngoides 60. 181; (Stuko-
wenkow) 380* (Feibes) 521.
Myelitis syphilitica, Fall von geheüter
(Irsai) 240; fibrosa 334.
Myxödem, Fall von (Laudouar) 39.
Myzomatöser Lupua 573.
Myxosarooma 64.
Naevus, interessanter secemierender (Bey-
nolds) 188.
Nagel, Anatomie und Entwickelungsge-
schichte des (Unna) 79. 129; — beim
menschlichen Foetus, Histogenese des
(Zander) . 88 ; — Entwickelung des
menschlichen (v. Kollicker) 129; —
Entwickelung und ihre Beziehungen zu
den Digitalnerven, die frühesten Stadien
der (Z and e r) 85 ; — zur Morphologie des
(Gegenbaur) 86; — nach Ekzem, voll-
ständiger Ausfall der (S her well) 186; —
und Haut, Deformitäten und Ernährungs-
störungen bei rheumatischer Arthritis
(Garrod) 36; — und Pferdehuf, Wachs-
tum des menschlichen (Henle) 81; —
Erallen, Hufe und Klauen der Säuge-
tiere, ein Beitrag zur Morphologie der
(Boas) 86.
Nagelbett 80. 88.
Nagelfeld, primäres 131. 132.
Nagelgrund, primärer 85. 87. 88. 131.
Nagelmatrix und Verhomung des Nagels
(Guldberg) 80.
Nagelplatte 80.
Nagelrinne 88.
Nagelsaum 87. 88. 131.
NagelverdickuDg bei Pityriasis pUaris 108.
111.
Nagelvcrfarbung nach Arsenikgebrauch 35.
Nagelverhomung 80.
^-Naphthol 189.
Naphtholseife I, 18.
Narben ähnliche Atrophie der behaarten
Haut 201.
Nasenhöhlenyerwachsung durch Syphilis
525.
Nasenrückenverbreiterung und Hervor-
wölbung durch eine elastische Geschwulst
(Lang) 333.
Natriumjodat 190.
Natrontannatseife I, 18.
Naturforscherversammlung (62.) zu Heidel*
berg, Sektion für Dermatologie und
Syphilis 147. 578.
Neoplasma fimgoides 61.
Nephritis parenchymatosa im Gefolge der
Varicellen (Hogyes) 184.
Neuritis optica specifica (Horstmann)
44; — peripherische bei Hautdeformi-
täten 36.
586
Neurofibrome bei MoUuscam fibrosam
OPayne) 574.
Neutrale Seifen I, 13.
Nerv und Epithel am Froscblarvenschwanx
(Frenkel) 213.
Nerven im Epithel (Frenkel) 214; Kar
pillaren, der kleinen Arterien und
Venen (Bremer) 218.
— markhaltige 219.
— marklose 219. 221.
— intraepitheliale, marklose, yariköse 219.
Nervenendknopfe, paarige, intraoellulare
210.
Nervenendigungen in der Haut des Frosch-
larvenschwanzes (G a n i n i) 21 1 ; (Wo 1 ff)
212; — im Epithel der Kaulquappen
(Mitrophanow) 212; — Beiträge zur
Kenntnis der zentralen und peripheren
(Aronson) 223; — in der Schleimhaut
und im Epithel der Säugetierzunge
(Kosen berg) 223; — in der Haut 210.
256; — der Haut (Mac all um) 218;
(Hoggan) 219. 221.
Nervenläsion und Haarausfall mit Bezug
auf Alopecia areata 385.
Nervensubstanz, Methylenblaureaktion der
lebenden (Ehrlich) 223.
Nervensystem der Schnauze und Ober-
lippe vom Ochsen (Cybulsky) 223.
Netzhautentzündung, spezifische (Hirsch-
berg) 44.
Nierenaffektionen bei Lepra (Bake) 553.
Nodus corporis cavemosi 406.
Oberhaut, Beiträge zur Anatomie der 389 ;
— Flächenbilder der 389.
Oberhautfelderung, Zustandekommen der
392.
Objekträger, gerinnte 291 ; — nach ünnall.
Ödem, akutes zirkumskriptes 496.
— kachektisches 496.
— das rheumatische ohne Gelenkser-
scheinungen auftretende (Coeur) 39.
ödema papulatum 292.
Ödeme der Haut, die nicht entzündlichen
(Unna) 446. 490; — kollaterale 447;
— nervöse 459. 496.
ölseifen I, 13.
Onychatrophia senilis 529.
Onychin 81. 134.
Onycho-Atrophie 186.
Onychogene Substanz 80.
Orchitis gonorrhoica, Trismus und Tetanus
bei (Samt er) 388.
Osteosklerosen bei ausgeheilter Tuberku-
lose 568.
Otitis externa circumscripta 37.
Oxychinoterpen 3.
«Oxynaphtoesäure (Hei big) 385.
Ozaena, Perubalsam bei (Bosenbach)
435.
Pacinische Korperchen 222.
Papillom 178. 341 ; — des Perineumt 243.
Paralyse, Zusammenhang der allgemein«K
und der Syphilis (Begis) 45.
Paraphimose 165.
Pasten 30.
Pastenstifte 195.
Pelades pseudotondantes 323.
Peliosis rheumatica 473.
Pellagra besonders in Bumanien (0 r 1 e a n u)
137; — in der Bukowina ^luczen-
ko) 327.
Pellagragebiet von Gradisca, Eroffiiung des
ersten Fomo rurale 435.
Pemphigoide Eruptionen 245. 249.
Pemphigus 145. 304; — der Goiganctiva
(Schmidt-Bimpler)3dO; —der Haut
und Mundschleimhaut, verbunden mit
essentieller Schrumpfung und Pemphigin
der Konjunktiven (Morris und Bo-
berts) 437.
— acutus 469. 509. 510.
— arthriticus 174. 230. 265. 266.
— bullosus generalis 268.
— chronicus 224. 434. 463.
— circinatus 173.
— diutinus, kleinblasiger 226.
— haemorrhagicus 225.
— foliaceus s. vulgaris 440.
~ insolitus 225.
— pruriginosus 226; — generalis 225.
230; — acutus 511. 513.
— successivus 225.
— vegetans (Crocker) 476.
Pemphigusblasen bei Liehen ruber 246.
Perlgeschwülste, Beitrag zur Histogenese
der (Buzzi) 286.
Personalien (v. Du ring) 434.
Pflastermulle bei Lupus 526.
Phagocytenlehre in bezug auf den Gono-
kokkus (Bumm) 193.
Phenolquecksilber (Andres) 432.
Phlebitis bei Erythema polymorphum
(Girode) 480.
Phimosenoperation, Beitrag zur (Ihlc)
164.
Piedra 524.
Pigment der Haut 366; — im Haar 866;
— im Epithel 366; — in Epidermisge-
bilden 371; — und Oberhautgebüden,
Entstehung des (v. KöUicker) 372.
Pigmentmal 66.
Pigmentsarkom 74. 75; — der Haut, idio-
pathisches multiples 21.
Pigmentübertragung 371.
Pigmentwarzen 75.
Pigmentzellen 75. 868; — verzweigte
372.
Pityriasis pilaris, Fall von (Boeck) 97.
— rubra 98. 144. 248. 290; zur Diagno-
stik der (Schwimmer) 140.
— versicolor, Behandlung der I, 34. 50.
687
Pocken, Prophylaxe der (Erisclina) 332;
— ProphyiaziB n. Desinfektion bei den 179.
Polytrichie 34.
Pompholyx proriffinosas 173.
Primäraffekt, sypnilitiBcher 196; — Ezzi-
Bion des 418.
Primitivschichte des Nagels 84. 85. 130.
Prostataabscels 237.
Prostitution in Finnland, Strafen der 147.
Protojoduret (Poncet) 238.
Prurigo 379. 470; — Behandlung mit al-
kalischer Seife I, 17.
Pseudolepra (Ernst) 288.
Pseudoleukaemia cutis 65. 67.
Psoriasis vulffaris 35; — und Lues, Sym-
biose der 35.
— buccalis 178.
Psoriasisbehandlung I, 29. 31. 32. 36. 50.
53; — mit alkalischer Seife I, 17;
Resoroinseife I, 24; — mit besonderer
Berücksichtigung des Anthrarobins
(Andreae) 235; — Ätiologie und Be-
handlung der (Shoemaker) 330.
Purpura, Einfluls der Spannungsverhalt-
nisse in den Gefafsen auf die Entstehung
Yon — ; ruhige Lage der Extremitäten
und (Hartmann) 474.
— rheumatica (Osler) 473.
— sarcomatodes 72.
— urticans 473.
Pustelbildung bei Scabies 363.
Pyämie nach Gonorrhöe (Park) 387.
Quecksilber nach Sublimatvergiftungen,
Lokalisation des (Ludwig) 429.
Qnecksilberausscheidung, Einfluls der Bä-
der auf die (Borovski) 379.
Quecksilberbestimmung, Modifikation der
Witzschen Methode der (Besohetni-
kow) 377.
Quecksilberintoxikation mit tödlichem
Ausgang nach subkutanen Kalomeli^jek-
tionen (Buneberg) 427.
Quecksilbemachweis nach Färbringer
305.
Quecksilberpracipitatseife I, 18.
Quecksilberpräparat, ein neues Hg-benzoi-
cum (Stukowenkow) 381.
Quecksilbersalicylat 304; — Wirkung auf
Räudemilben 308; — als Gurgelwasser
189; — Resorption von granulierenden
Wunden 308; — therapeutische Ver-
wendung des (Plumert) 98. 94.
Quecksilberverbindungen, ammoniakali-
sche (Rammeisberg) 482; — Neben-
wirkungen bei Injektionen unlöslicher
(Lesser) 336.
Quecksilbervergiftung, Fall von (Vircho w)
189.
Quecksilberwirkung bei Syphilis, zur
Theorie der (Gurin) 378,
Radesyge 522.
Räudemilben, Wirkung des Quecksilber-
salicylats auf 308.
Rankenneurome 139.
Ranzigwerden der Fette 577.
Raynauds Krankheit s. Gangrän (symme-
trische).
Reinigung der Haut I, 11.
Resorcin bei Erysipel 241.
Resorcinsalicylseife, überfettete I, 23.
Resorcinzersetzung durch Seife I, 20.
Rhabarberextraktseife I, 18.
Rhinosklerom (Eeeg an) 522; — Fall von
(Bojew) 419; (Stepanow) 421; —
der Nase, des Rachens und des Ober-
armes (Pawlow) 420; — Beiträge zur
Histologie des (Mibe lli) 531; — Mikro-
organismen bei (Nikiforow) 419; —
Bacillen 541; — über Impfungen mit
(Stepanow) 421.
Rhinosideromzellen 531. 542.
Riesenzellensarkom 71.
Riesenurticaria 496. 500.
Rosacea 301; — Behandlung I, 30. 44.
Roseola bei ifebris recurrens 37.
Roter Schweüs s. Schweifs.
Rotzfluls 183.
Rückenschmerz der Lokomotivführer 244.
Rupia syphilitica 243.
Salbenbasis^ eine neue (Wells) 433.
Salicyl-EreoBot-Pflastermull bei Lupus 526.
Salicylkreosotseife, überfettete I, 52.
Salicylquecksilber bei Syphilis 94.
Salicylresorcinschwefelseife, überiettete I,
28.
Salicylresorcinsohwefelteerseife, überfettete
I, 31.
Salicylsäureseife I, 18.
Sapolanolin 386.
Sarcoma, Übergang von Hautfibromen in
139; — durch Erysipelimpfung geheilt
181; — der Haut, klinische Studien
über (Funk) 19. 60.
— multiplex idiopathicum gummatodes
27; — idiopathicum multiplex (pig-
mentosum) cutis (Typus Kaposi) 21.
— globo-cellulare 70.
— solitäres idiopathisches 71.
Sarcomatosis cutis 61.
Sarcoptes cati 444.
— minor 399.
Scabies I, 41; — zur Anatomie der
(Török) 360; — nebst Bemerkung über
die Behandlung dieser Affektion; über
die Zunahme im Auftreten der (White)
477.
Scarenzios Klinik, aus Professor 434.
Scarlatina, über einen Fall von traumati-
schem Tetanus mit sogenanntem chirur-
gischen (Seh äffe r) 136.
588
ScarlatinÖBe Gelenksentzrindungen (B 6 k ai)
184.
Schanker auf der Wange, Fall von pri-
märem (Anderson) 208.
Scharlach s. Scarlatina.
Schleimhautpemphigos 437.
Schleimhautverandeningen bei Dermatitis
polymorpha pruriginosa 410.
Schuppen der Kopfhaut I, 25.
Schwangerschaftsnarben 235.
Schwarze Zunge bei Kindern, zur Ätiolo*
gie der (Gundobin) 422.
Schwefelbäder von Fätigorsk 382; — bei
Quecksilberbehandlung 379; — Indika-
tiouen für den Gebranch der 36.
Schwefelseife I, 18.
SchweiXse bei der Syphilis, lokale 36.
Schweifs, roter 35.
SchweiTsdrüsenadenom 117.
Schweifsdriisenepitheliom (Darier) 235.
Schwellkörper, Elnoten und VerhärtungMi
in den 406.
Schwielengumma das weichen Gaumens
(Lang) 333.
Schwitzen, Charakter und Lokalisation des
37.
— bei Morbus Basedowii, halbseitiges
(Lew in) 186.
Schwitzkuren bei Sjphilis (Badestook)
336.
Seborrhöe 301. I, 25. — des äuiseren
Gehörganges 38.
Seborrhoisches Ekzem s. Ekzema sebor-
rhoicnm
Seifen, über (Eichhoft)!; — neutrale
I, 3 ; — saure I, 21 ; — Zweck der 1, 10.
Seifenmethode I, 57.
Sekretionen der weiblichen Urogenital-
wege, verschiedene (Eraud) 286.
Senkun^furchen der Haut 392.
Sensibilitätsanomalie bei Pityriasis pilaris
107.
Simulierte Hautkrankheiten (C i s t e r n e) 95.
Sklerodaktylie (Schwimmer) 187.
Skleroderma, Zur Frage über die Ätiologie
des (E rb en) 92 ; — universale (Bona) 39.
Sklerodermie, Beitrag zur Lehre von der
• (Schadewalt) 2^; — en plaques
326.
Sklerosierter Lupus 573.
Skrofuloderma verrucosum (Anderson)
472.
Skrofulöse, Tuberkulose und lymphatische
Diathese 572.
Skorbut 134.
Sohlenhom 86.
Solanum paniculatum 428.
Sommersprossen 76. 77. 78.
Sonnenstich 134.
Sozojodoltherapie, Beitrag zur (Nitz-
mann) 386.
Spannungsfurchen 396.
Sphaoelinsäure I, 44.
Sphaeria sinensis 436.
Spickmethode bei Lupus 529.
Sporozoen bei Epithehoma contagiosum 40l
Spülapparat^ über einen einfachen (Buisi)
290.
Stauungshyperamie I, 45.
StaunnffsÖdem 448.
Stomatitis epithelialis 178.
Störungen, JBeitrag zur Beurteilang dar
nach heftigen KörperersdiatteEungfin
auftretenden (Stepp) 384.
Stria gravidarum, Flächenbild der 397;
— Histologie der (MenStrier) 235; —
der Haut nach Typhus (Troisier)
179.
Struma I, 49.
Styraxseife I, 18.
Sablimatlanolin als Aniiseptikam (Gott-
stein) 575.
Sublimatpastenstift bei Lupus 196. 5S8;
— bei Akne varioliformis 196.
Sublimatseife I, 18.
Sublimatvemftungen, Lokalisation da
Hg nach ^udwiff) 429.
Sulfonal, unangenehme Nachwirkungen
des (Schotten) 137.
Suppositorien, Lsoiolin als Ezcipiens der
190.
Sykosis, baciUogene (Tommasoli) 483.
— hyphogenes I, 36. 50. 53.
— parasitoria mit Hydroxylamin behan-
delt 17.
— vulgaris (Bosenthal) 568.
Symmetrische Gangrän s.
Syphilid, serpiginöses (Morrow) 186; —
pustulöses 319; — Wert der Anamnese
bei der Diagnoee tertiärer (Sheid)
186.
Syphilidologie und Dermatologie, Iriinische
Sammlung fur(Manssurow) 34; — in-
ternationaler Eongreis in Paria 142.
Syphilis, über Geschichte, Natur und Be*
handlung der (Mi 1 ton) 81; — and
venerische Krankheiten, Lehrfondi der
(Neumann) 33; — Ürspnmg, Ent^
Wickelung, Gkmg, verschlimmernde um-
stände und Erfolg des Hg. dabei (Diday)
237.
— in BuTsland; wünschenswerte Binheit-
lichkeit beim Sammeln statistischer
Daten über die (Herzenstein) 378;
— in ihrer Bückwirkung auf die Be-
rufsanneen im Frieden und im Kriege
und die Möglichkeit ihrer thunlichsten
Eindämmung (Zemanek) 319; — Ab-
nahme der Bevölkerung und 8. (Adam)
240.
— öffentliche Prophylaxe der (Barthe-
lemy) 481; — Notwendigkeit der Popa-
larisation der Kenntnisse über die
(Elzin) 379.
589
*— acqmsita, Spätformen der 35; — der
fossae nasales, BeitraA.ETiin Studiun der
(Moure) Ä34; — Yerwachsnnff der
Nasenliohleii infolge von (Modroec-
jewski) 526; — bkale SohweiXae bei
der 86.
— und allgemeine Paralyse, Zusam-
menhang der (R^^is) 45; — Selten-
heit der Gelenkleiden bei (Poncet)
338; -^ welche ffrÖiste Ähnlichkeit mit
Lepra darbot, Pau von sp&taufgetretener
(Ohmann-Dumesnil) 240.
— In welcher Weise sind die Säuglinge
vor Infektion doroh Ammen zu schützen?
(Herzenstein) 380; — über die
Quelle der Infektion bei Männern
gebüdetet Klassen, (Tschistjakow)
379 ; — der Eltern über den EinfluTs
auf die Nachkommen bezüglich deren
Infektionsdisposition; (Majew) 878;
— EinflulB auf die SchwangerBchafit^
(Baude) 480.
— Vaccine und Lepra, kontagiose Eigen-
schaften 570; — der Trachea und
Bronchien, tertiäre (Mauriac) 239; —
des Penis. Fälle von tertiärer (Bogol-
jnbow) 427; -^ Belatiye Häufigkeit der
tertiären 186.
— hereditäre (Neumann) 98; (Bar-
thSlemy) 526. 568; — des Herzens
(Mauriao) 626.
Syj^lisbehandlnnff, weichet ist die beste
(^rowczynski; 525.
SyphiUsformen, ungünstiffe Wirkung der
Pätigorskschen Schwefelbäder auf einige
(Kulnew) 382.
Syphiliskontagium, über die Waadlnngen
des (Lanff) -45.
Symlisperioden, über die Nomenklatur der
(Peteraen) 878.
Syphilistherapie (Lang) 45; — znm Stande
der (Lassar) 335. 418; — Kritik der
Methoden der subkutanen (Suchow)
376; — mit Injektionen von löslichen
Hg-8alzen in Suspension (Tschist-
jakow) 877; — von grauem öl (Trost)
238; — Sublimatinjelrtiionen fB ermann)
377; — mit grofsen SuDÜmatdosen
(Ostreicher) 417; — mit Hg-oxyda-
tum (Tschern ogulow) 377; — mit
Hydrargyrum benzoicum 381; — mit
Kalomelinjektionen (Finger) 45.
(Lang) 46; — von Hg-salicylat
(Fischer) 94. 279; — Thymolqueck-
silber 94; — Schwitzkuren bei (Rade-
stock) 336; — Zittmanns Dekokt
bei 377; — Quecksilberwirkung bei
378.
Syphilitische Geschwulstbildungen in den
Muskeln (Bramann) 334.
Syphilitisches Exanthem im Gesicht
(Lewin) 567.
— Stenose der Trachea und der Bron-
chien (Sokolowski) 474.
Syphilographen des 17. JahrhundertSi über
deutsche (Proksoh) 241.
Syringoadenome 128.
Syringo-Cystadenom (TÖrok) 116.
Tastapparat der Hand (Kollmann) 890.
Tastkörperchen 220; MeiTsnersches 222.
Tastmenisken 224.
Tastzellen 221; Merkels 222; — über die
Merkeischen (Bonnet) 223.
Technik, histologische (Eanvier) 279.
Teerseife L 18.
Tertiärsyphilis s. Syphilis.
Thöse de Dermatologie der Pariser Fakul-
tät im Jahre 1887. 481.
ThioL zur Kenntnis des (Buzzi) 300; —
und Ichthyol (Reeps) 289.
Thiolsulfosänre 289.
Tinea circinata 473.
Toilettepulver 433.
Tonkingeschwür, Bakteriologische Unter-
suchungen über das phagedänische
(Boinet) 331.
Trachealstenoee, syphilitische 474.
Traum aticin bei Mautkrankheiten 38.
Trichiasis 198. 441.
Trichomykosis nodularis (Juhel-Benoy)
524.
Trichophyton 145.
Tripperpistole 57.
Tropfenartige Gebilde der Nagelaellen 88.
Trophische Störung der Haut nach Kinder-
lähmung (Trisaard) 186.
Trophoneurotische Gangrän s. Gangrän.
TuberkelbacilluB, Wirkung verschiedener
Gifte auf den 244.
Tuberkulose der Zonge (Poncet) 332;
(Albertin) 332; (Baginsky) 571. —
in dermatologischer Hinsicht, lympha-
tische Diathese I Skrophulose und
(Leloir) 572.
— follikuläre 42.
^^ verruköse 42.
— granulo-kaseöse 42.
— lokale 333.
Tuberkulöse Hautgeschwüre (V a 1 1 a s) 42 ;
— Hautkrankheiten (Pick) 572; — Ul-
ceration an der Urethra, nach primärer
Nierentuberkulose (Michant) 332.
Thymolquecksilber bei Syphilis 94.
Überfettung der Seifen I, 16.
Übergangszellen 82. 85.
Überproduktion der Follikel 205.
U Iceration der Zunge, imaginäre (Poyet)
179.
Ulcus molle 192. 381. I 40.
590
— phagedaenicnm 419.
Uleryihema ophryogenes (Taenzer) 197.
— 207.
— centrifdgam 207. 402.
— syooBiforme 207.
Unterschenkelgeschwüre 196; — chroni-
sche I 39; — Beitrag zur Behand-
laog chronischer (Dippe) 285.
ürethraleiter 236.
ürethralstriktnren, Elektrolytische Be-
handlung der (Brice) 237; (Brown)
237.
Ürethraltnberknlose nach primärer Nieren^
tuherknlose (Michant) 332.
Urethritis 381. 386.
— anterior 57.
— posterior 57.
— chronica 57.
— memhranacea (R6na) 426.
ürethritisbehandlung mit Spfilkatheter
56; mit Sappositorien 57 ; — mit Salben-
sonden 57.
Urogenitalwege, Terschiedene Sekretionen
der weiblichen (Eraud) 236.
Urticaria 292. 379. 458.
— bullosa 469. 520.
— factitia (Stern) 137.
— pigmentosa (Touton) 472.
Vaccine und Syphilis kontagiose Eigen-
schaften 570.
Vaginitis 386.
Varicellen, weiterer Beitrag zur Lehre
von den (Lipp) 182; — Nephritis pa-
renchymatosa im Gefolge der (Hogyes)
184.
Variola haemorrhagica 182.
— syphilitica 240.
Vaselin, viskoses Natur- (Vulpius) 190;
— österreichisches viskoses Natur-
190.
Venerische Krankheiten und der Syphilis,
Lehrbuch der (Neumann) 33; — Er-
krankungen 134.
— Geschwüre, Behandlung mit Hg-Sali-
cylat 94.
Verbrennung 304. 386; — anatomiMfae
Befunde bei akuten TodeefiQlen nach
ausgeddmten (Frankel) 328.
Vereinigung, dermatologische s. Dennato*
logisdie Vereinigung.
Verhomungsprozels, Unterrochnngen vber
(Zander) 88.
Verruca papiUiformis 341.
— vulgaris, Beitrage zur Anatomie od
Histologie der (Kuhneman n) 341.
Vigopflaster bei Lupus vulgaris 185.
WallungshyperSmie 292.
Wanderepithelien im Nagel 89. 132.
Wanderzellen, Pigment mhrende 371.
Warzen 341. 435.
Wasser in der Behandlung der Haut*
krankheiten 379. ^
Wasserglaafimis 529«
Wolf s. Intertrigo.
Wundgehen I, &.
Wurzelblatt des Nagels 131. 133.
Xanthoma 116; des Gesichts 34; —
trolyse bei 139; — diabetioonim,
einen Fall von sogenanntem (C
168.
Xeroderma pigmentosum 75.
Xerophthalmie bei Pemphigus 440
fj)
Zellenreaktion 216.
Zentrifngierung der Seifen I, 14.
Zinkleime, haiie 30.
Zinkoxydseife I, 18.
Zirkumzision 165.
Zittmannsches Dekokt als QaeekaQber-
präparat bei Syphilis (Jakowlew) 377.
Zoster s. Herpes zoster.
Zuckerham, Präliminarprufung des 432.
Zungenangiom (Germain) IW.
Zungentuberkulose (Poncet) 332; (AI-
bertin) 332; (Baginsky) 571.
Zungenulcerationen, imaginäre 179.
Zwilligskonus 114.
Namenregister.
Die mit • bezeichneten Artikel sind Orlgl»al«pbelt«i- Die römtachen Zahlen berfehwi •»« J «■' ^
dntlnzxingihefte. Die Namen, hei denen keine Arbeiten angegeben, sind an den beaetehneteo Stellen Ton
anderen Autoren genannt.
Ackermann 76. 77.
Adain, A., Abnahme der BeTÖlkenmg
und Syphilis 241.
Addison 870.
Aeby 366. 368. 370. 871. 878.
Albertin 332.
Alibert 60. 181. 206. 343. 405.
Allen, Cb. W., Die Ausbreitung der
Lepra in den Vereinigten Staaten 41.
— 471. 475.
Alvarez 541. 542. 543. 544. 545. 546.
Am buhl, G., 191.
Ami eis 21. 62. 63. 64. 67. 68.
Ammon 1dl.
Andeer, Justus 434.
Anderson, M. C, Recidivierender Herpes
£BM!ialis 473; Skrofioloderma vermoosum
473.
— Favns der Kopfhaut 472.
-360.
Andreae, über die Behandlung der
Psoriasis mit besonderer Berücksich-
tigung des Anthrarobins 235.
Andres, H., Phenolquecksilber 432.
Antal 70.
Araujo, Silva 143.
Arlt 441.
Arnstein 220.
Aronson 223.
Ascherson 343.
Aubert 332.
Audain u. Huguet, Gumma syphiliticum
auf der Eop&ohwarte im 44. Jahre der
bestehenden Syphilis 480.
Aufhammer 149.
Augagneur 147.
Auspitz 63. 64. 65. 74. 346. 348. 357.
380. I, 16.
Babes 35. 555.
Babrock, J.L., Ein Fall von Lepra 41.
Baelz 32.
V. Bärensprung 344. 345. 358.
Bäumler 442.
Baginsky, B., Tuberkulose der Zunge
672. * . ,
Baracz, B. von, Über Aktmomykose
331.
Bardeleben 408.
Baretta 180.
Barlow 168. 171. „ , « ,.
Barth616my, M., Öffentliche Prophy-
laxe der Syphilis 481.
— Hereditäre SyphiUs 526.
— 360.
Basedow 324.
Bäte man 344. 414. 469. 520.
Baude, E., Beitrag zum Studium über
den Einflufs der Syphilis auf die
Schwangerschaft 480.
Baudouinu. Wickham, Ekthyma tene
brans bei einem Kinde 479.
Baumann 289.
Baumes 344.
Bazin 29. 60. 61. 62. 115. 116. 173. 174.
175. 176. 178. 229. 263. 265. 266. 271.
322. 346. 411. 464. 465. 469. 520.
Bechterew u. Mislawsky, Die Hirn-
zentren für die Bewegung der Harn-
blase 136.
Bednar 188. „ . , .^
Bohrend, Behandlung des Erysipels mit
Spiritus 331. _
Bohrend, G., Demonstration von Im-
petigo contagiosa mit Herpes tonsurans
331
— Demonstration von Präparaten von
Areahaaren 384.
— Über Nervenläsion und HaarausfaU mit
Bezug auf Alopecia areata 385.
— 318. 319. 346.
B erder 75.
Berg 346.
Berger 141.
592
Bergeron 822.
B ermann, SyphiÜBbehandlong mit sub-
kutanen Sublunatiiijektionen 877.
Bert, P. 498.
Bertarelli 143.
Bertoni, Q,, 434.
Besnier, K, 28. 29. 97. 142. 178. 185.
228. 882. 402. 411. 412. 464. 469. 479.
512. 518.
Beurmann 66.
Bevan u. Gross, YerbinduQge^ von
Magnesia mit den Halogenen 190.
Bidder 71.
Bidenkap 664.
Biesiadeoki 67. 70. 871.
Billrotk 148. 291.
Binz 12. 16. 80. I, 45.
Biroh-Hirsohfeld 408.
Blaokwell 222.
Blano, H. W., liykons fungoides 181.
Blascnko, über Dermatitis Eerpetifonato
329.
— 83. 85. 846. 889. 391. 892. 883. 8M.
Bus 216.
Boas 80. 86. 134.
Bockhart, H. 483.
Boeok 41. 554.
*Boeok, Caesar, Ein Fall von Pitj«
riasii pilaris 97»
— 143.
Boehme 157.
Böhmer ^. 538. 541.
Born er, über nervöse Hautsohwellungea
als Begleitarschebiungen der Uenstrua-
tion und der Klimax 497.
-. 498. 499. 500. 501.
Bogata, 0. de 524.
Bogoljubow, Fälle tertiSrer Syphilis
des Penis 427.
B o i n e t , Bakteriolog^he UntertuchiHigen
über das phagedanische Tonkingesc^wur
881.
Bojew, Fall voii Bhinosklerom 419.
— 422.
B6kai, J., Drei FlUle Ton Chorea minor,
Arsenbehandlung, Herpes zoster 89.
— Skarlatinöse Gelenkentzündungen 184.
BoUinger 40. 41.
Balzer 142. 191. 828.
Bonnet 220. 223. 224. 262. 280.
Bony 509.
Boriani 48%^
BoroYski, Über den Einflufs von Bädern
auf die Qoecksilberaussoheidung 379.
Boulay 79.
Bourguignon 864.
Brächet 62.
Bradley, E., Über Jodismus 88.
Bramann, Über syphilitische Geschwulst-
bildungen in den Muskeln 334.
Bremer, Die Nerven der kleinen Kapil-
laren, der kleinen Arterien und YensB
218.
Brever, Behandlung der Oonorriioe 192.
Bristowe 468.
Broca 337..
* Brocq, Über die Dermatitis herped-
formis Duhrings 172. 224. 263. 4ia
463. 506.
— Lupus vulgaris 185.
— 29. 62. 63. 64. 65. 97. 100. 107. lia
111. 227. 228. 229. 282. 510. 511.
Brooke, H. 0. 48. 88. 91. 338.
Bronson, Angioneurotische Srkrmnknng
187.
— 177. 226.
Broutin, Lanolin als l&Loipiens fOr Bs-
trakte bei der Bereitung von Suppch
sitorien 190.
Brown, A. M., Einige Betrachtungai
über die kontagiosen EtoensrJiaftws dsr
Leprt in beaug anl LiMctioa pni flff*
philis und Vaccine 570.
— Wert der elektrolytisohan Ptiilrtlnt
der üretbralstriktujreii 287.
Brown, G. 493.
Browne 282.
Bruns, F., Dil Htflwirkung dea trT'
sipete Mf G«tohw«Me 181.
Bryce, C. A., Elektrolyse zur Bahaad*
hxhg der Urethralstrikturen 837.
Buchin, Über das Wesen dar Alqpiwi^
ihre Behandlung und Pn^hylaxo 140.
Bucquoy 179. 325.
Bulkley, L. D. 66. 177. 825. 296. 8>a
4£5. 466. 467. 468. 512.
BulUr, F., lohthyoiU «nd CoiüoMti-
vitis 330.
Bumm, Die FhageoytheBlahif ia baaug
auf den Gonooocous 193.
--236.
Bunsen 480.
Burdach 469.
Buren, van 407.
^Buzzi, Keratohyalin und Eloftdim L
149.
— Beitrag zur Histogenese der Perti^
tiwülste 286.
ber einen einfachen SpfiUppant 890.
— Zur Kenntnis des Thiols 800.
— 280. 353. 354. 355. I, 11.
Cajal 162. 217,
Campana 434.
Canini 211. 212. 213. 214. 215. 817.
Carter 554.
Cartier 152.
Casper 57. 60.
Castel, du, Über die antiseptische Be-
handlung der Blennorrhoe 179.
^Cavafy, John, Über einen Fsll von
sogenanntem Xanthoma diabetioorum
168.
698
CazenaTe 116. 178. 224. 506. 511. 5ia
CerTesato, D., Ub«r die thenpeatiache
Verweiidnng des Jodols bei inneren
Krankheiten 386.
Charoot 235.
Chan Sit 178. 267. 008. 611. 618.
Chavel 70. 71.
Ghiari 78. 185. 581.
GhTOstek 186.
Ci Sterne, Von den simulierten Haut-
krankheiten 95.
Glasen 626.
Gloquet, J. 474.
Goenr, H., Das rheomattache, ohne Ge*
lenksersobeinonffen auftretende Odem
39.
Cohnheim287. 446. 448. 449. 450. 462.
456. 457. 468. 493. 494. 495. 496. 501.
503.
Gomby 178.
Gontagne 520.
Gornil 85. 48. 531. 641. 549. 648. 646.
647. 655.
Gourröges 328.
Grane, A., Lepra 476.
Grooker, B. 168. 177. 225. 268. 614.
Gross und Bevan, Verbindungen von
Magnesia mit den Halogenen 190.
Gulver, Klassifisierung und Behandhmg
d«r Bubonen 194.
Gunningham, Histologie des Bhino-
sUeroms 523.
Gurschmann 88. 146.
Gutler, Fall von zweifelloser ffonorrhoi-
scher Infektion des Mundes 3i37.
Gybulsky 223.
Gzokor 280.
Daday, Ausweis der Blattemabteüung
des Karolinenspitales lu Kolorsrar
184.
D ana, Lokalisation der Hautempfindungs-
zentren in der Binde 136.
Danielssen 664.
Darier, J., Beitrag zum Studium des
Epithelioms der SehweÜsdrüsen 286.
— 117. 190. 121. 847. 348. 862. 868.
^Daubler, Über Lepra und deren Eon-
tagiosität 123.
Donath 14.
Doyon 185.
Delafield 541. 645.
Delores 287.
Demange 29. 65.
Demarquay 408. 410.
Demiöville 76.
Desenne 524.
Dessois 424.
Devergie 97. 98. 110. 115. 140. 173.
178. §25. 269.
Diday, Über die Ansteekuig dnrdi
Lepra 186.
— Über Syphilis, Ursprung, Entwiekalung,
Ganff, yerschlimmemde Ursachen und
den Erfolg des Quecksilbers dabei 237.
— 147. 286. 426.
Dinkler 147. 578.
Dittel 67.
Dittl 486.
Dittrich 531. 532. 648. 646. 547.
Dreckmann 503. 504.
Dubois-Havenith 148.
Ducastel 142.
Duckworth 89.
DucIqs 269.
V. Düring, Anthrophore als neue Be-
handlung der Blennorrhoe 46.
— Beferate 30. 32. 41. 93. 94. 95. 136.
241. 280. 281.
55, 484.
Duhring! L. A., 62. 63. 64. 66. 7a
173. 17l 175. 176. 224. 228. 230. 270.
316. 322. 860. 412. 467. 471. 506. 618.
519.
Dumitrean 182.
Ebermayer 60.
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Ge|enbaur 80. 86. 87. 89. 91. 131. 133.
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136. 137. 138. 139. 141. 188. 189.
319. 324. 325. 326. 327. 329. 330.
331. 338. 339. 384. 385. 386. 387.
388. 419. 428. 475. 478. 481. 569.
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Hofmokl 148.
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Leydig 211. 213. 217. 218. 369. 371.
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Liebe 74.
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Löri 251.
Löwe 286.
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Nitzelnadel 186.
Nodet, Beitrag zum Studium der pem-
phigoiden akuten Eruptionen 509.
— 510. 511.
Nolte, Behandlang des Erysipels mit
3 — 5 prozentigem Earbolg^mmischldm
331.
Nothnagel, Zur Pathologie des Morbus
Addisonii 370.
— 30. 76. 186. 373.
Nussbaum 285.
Nystrom 322.
Oberländer 33.
0 8 w a 1 1 , Über Chorio-Retinitis syphilitics
und ihre Beziehungen zur Hirnarterien-
lues 44.
Oehl 81.
Oestro ic her, Behandlung der Syphilis
mit grofsen Sublimatdosen 417.
— 419. 567.
Ohmann-Dumesnil, Fall von spat
aufgetretener Syphilis, welche diegrofste
Ähnlichkeit mit Lepra hat 240.
Olli vier, A., Kontagiosität und Prophy-
laxis der Impetigo 178.
Oliver 69. 71. .
Orleanu, C, Über die Pellagra, beson-
ders in Bumänien 137.
Osler, W., Purpura rheumatica 473.
Ostroumoff 455. 502.
Otto 287.
Oume 41.
599
Pacini 86. 223. 262.
Paj^et 287.
Paltauf 333. 531.
Pardo 143.
Park, R., Pyämie die Folge einer Go-
norrhöe 187.
Parmentier 408.
Paechutin 448. 449. 453. 456. 490.
Passet 489.
Pa8teur.570.
•Pauly, J., Aus Professor Scarenzios
Klinik 434.
— Referate 34. 37. 45. 135. 136. 137.
147. 148. 181. 185. 186, 189. 190. 191.
193. 194. 236. 237. 238. 239. 244. 322.
328. 330. 331. 332. 333. 334. 336. 336.
337. 339. 385. 387. 388. 429. 435. 436.
472.
Pawlow, P. A., Ein Fall von Rhino-
sklerom der Nase, des Rachens und des
Oberarmes 419.
— 420. 421.
Payne, Über einen Fall von Molluaoum
fibrosum mit Neurofibromen 574.
— 65.
Peabody 71.
Pellizzari 531. 542.
Penner 117.
Petersen, 0., Über die Hippokratische
Heilmethode 146.
— Über Nomenklatur der Syphilisperioden
147. 378.
— Referate 383.
— 143. 376. 377. 379. 380. 382.
Petit 479.
Perrin 65. 66.
Pfeffer 191.
Pfitzner 210. 211. 212. 213. 214. 216.
217.
Pflüger 442.
Philippert 68. 71.
Philippi, Referate 41. 137, 138. 140.
181. 185. 186. 188. 193. 194. 237. 240.
244.
•Philippson, L., Über die Herstellung
von Flächenbildern der Oberhaut und
der Lederhaut 389.
— Referate 180. 236. 285. 574.
Pick, J., Tuberkulöse Hautkrankheiten
572.
— 38. 76. 77. 78.
Piogey 361.
Pitha 408.
Piogey 461.
Pitha 408.
PI um er t, A., Über die therapeutische
Verwendung des Quecksilbersalicylats 93.
Podcopaew 215.
Podra^iki 408.
Pohl-Pincus 204.
Polosson, A., 334.
Polotebnow, Über Lepra 147.
Polotebnow 379. 382. 383.
Poncet, A., Protojoduret 238.
Poncet, H., Tuberkulose der Zunge 332.
— Seltenheit der Gelenkleiden bei Syphi-
lis 333.
♦Pontoppidan, E., Ein Fall von Alo-
pecia areata nach Operation am Halse
51.
— Referate 426. 428.
— 319.
Pospelow, A. J., 60.
Poullet 236.
Poyet, Imaginäre Ulceration der Zunge
179.
Pozzi 143.
Preobraschenski, S., Zur Behandlung
des Erysipels 424.
Prochnow, Kupfergeld seit 9 Jahren in
der Harnröhre 481.
Proksch, J. K., Einige deutsche Syphilo
graphen des 17. Jahrhunderts 241.
Purdon 322.
Purmann 241.
Quenu 130.
*Quinke, H., Doppelinfektion mit Favus
vulgaris und Favus herpeticus 49.
— 367. 452. 496. 497. 501. 571. 574.
Quinquaud 143. 512.
Racle 173. 224.
Radestock, Über Schwitzkuren bei Sy-
philis 336. ..
*Rake, B., Über Nierenaffektionen bei
Lepra und deren Beziehung zu den
pathologischen Störungen an der Haut
553.
— 124.
Rammeisberg, Ammoniakalische Queck-
silberverbindungen 482.
Ran vi er, L., Histologische Technik 279.
— 1. 2. 4. 65. 80. 81. 82. 83. 130.
132. 149. 152. 153. 154. 155. 156. 157.
158. 159. 160. 161. 216. 217. 219. 220.
221. 224. 281. 353. 447. 448. 451. 452.
456. I, 11.
Raschig 14.
Rayer 173. 183. 266. 277. 343. 346.
554.
Raymond, P., Hyperidrosis des Gesichts
179.
228
Raynaud 137. 243. 292.
Reboul 39.
Recklinghausen 139. 160. 574.
Reclus, Leukoplakie und Kankroide der
Mund- und Vaginalschleimhaut 178.
— 177.
RSgis, E., Über den Zusammenhang der
allgemeinen Paralyse und der Syphilis
45.
600
Beeps, Thiol und lohthyol 289.
— 300. 301.
Reichert 130. 131.
Bemak 502.
Eenard, P. 178.
Benaut 81.
Beschetnikow, Über eine Modifikation
der Dr. Witz sehen Methode zur Be-
stimmung minimaler Quecksilbermengen
im Harn 377.
— Ixgektionen unlöslicher Salze bei
Syphilis 147.
Betzius 373.
Beinolds, Favusausschlag 140.
— Naevus 188.
Bichaud 97.
Bichmond, G. H., Zur Behandlung des
Ekzems 140.
Biedel 478.
Biegel 177. 388. 460. 493.
Biehl, G., Zur Kenntnis des Pigmentes
im menschlichen Haar 366.
— 42. 76. 143. 336. 367. 368. 370. 371.
373. 496
Bindfleisch 65. 322. 347.
Bippart 479.
Bitzert» E., Arsen in reinem Glycerin 431
Bively, Abortivkur der Gonorrhoe 387
*Boberts, H. L, und M. Morris. Pem
phigus der Haut und der Mundschleim
haut, verbunden mit essentieller Schrum
pfung und Pemphigus der Konjunktiven
437
— Beferate 473. 477. 623. 524. 576.
Bobertson, AI. 337.
Bobin 322.
Bobinson, A. ß., 177. 267. 323.
Bogowicz 452. 453. 454. 455. 456. 457.
498. 499.
Bohe 41.
Bokitansky 287.
Bellet 322.
*B6na, S., Ein Fall von Ganglion penis
nach Trauma des erigierten Gliedes 406.
— Veränderungen der Haut im Gefolge
von febris recurrens 37.
— Malleus humidus acutus hominis 182.
• — Weitere Beiträge zur Lehre des
Liehen ruber 245.
— Zur Pathologie der Harnröhrenflüsse*
426.
— Atrophia hemifacialis progressiva 574.
— Beferate 37. 39. 40. 137. 140. 184.
185. 187. 188. 240. 241. 426. 482. 575.
— 98.
Böse 72.
Böser 166. 167.
Bosenbach, Ozaena 435.
— 330.
Bosenberg, Über Nervenendigungen in
der Schleimhaut und im Epithel der
Säugetierzunge 223.
Bosenberg, 222.
Bosenthal, 0., Erythema ezsodatii
multiforme 567.
— Knochenverdickung 568.
— Über Sykosis vulgaris 668.
— 318. 319. 417. 419. 667. 568.
Boshestwensky 383.
Bosin, H., Über das idiopaihische mul-
tiple, pigmentlose Hautsiu-kom 138.
Bossbach 30.
Both 333.
Bott 447. 448.
Boy 493.
Buhle 146.
Buneberg, Quecksilberintoxikation mit
tödlichem Ausgang nach subkntansB
Kalomelii^ektionen 427.
Sahlfeld, E. 417. 418. 669.
Samelsohn 441.
S a m t e r , G. , Bromkalium, ein Antidotofl
des Jodoforms bez. dee Jods 575.
Samt er, J., Ein Fall von Triamos und
Tetanus bei Orchitis gonorrhoica 388.
Samuel, L., Über Dr. M. Joeepb
atrophischen Haarausfall 187.
*Sandreczky, M., Heilung eines Falles
von Lepra 503.
Santesson 457. 499.
Sappey 389.
Sartorius, P. 241.
Sattler, Herpes zoster nach Koblen-
ozydgasvergiftung 476.
— Zosterbildung bei Tuberkulose 476.
— 442.
Saundby 511.
Scarenzio 376. 434. 435.
Schadek, K., Zur Kasuistik des Brom-
ezanthems 93.
— 305. 307.
Schadewaldt, H, Beitrag zur Lehre
von der Sklerodermie 290.
Schaff er, E., Über einen Fall von trau-
matischem Tetanus mit sogenanntem
chirurgischen Scharlach 136.
Schenk 88.
Schiff 65. 68. 71. 381.
Schirmer 70.
Schlamp 280.
Schlickum 189.
Schmid, J. 241.
Schmidt-Bimpler, Pemphigus der
Oonjunctiva 330.
Schnitzler, Diagnostische Nuls 148.
Scholz 407.
Schotten, Über unangenehme Nach-
wirkungen des Sulfonal 137.
— 289.
Schrötter, von 333.
Schütz 182.
601
Schütz, J., Verfahren zum bessern
Nachweis der Gonokokken 576.
— 6 Fälle von Alopecia neurotica 384.
Schütze, C, 59.
Schnitze 146. 191.
Schulz, Bräunung der Haut nach Pyro-
gallol- und Besorcinbehandlung 339.
Schwarz 13.
Schwarz, N. 250.
Schweninger, E., Betrachtungen über
Krebs und seine Diagnose 287.
— Bemerkungen über Ekzeme und deren
diäthetische Behandlung 288.
— 800. 825. 349.
Schwimmer, E., Zur Diagnostik der
Pityriasis rubra 140.
— Fall von Sklerodaktylie 187.
— 39.
Seguin 136.
*Sehlen, D. von, u. P. Taenzer,
Flora dermatologica, herausgegeben
von P. G. Unna 562.
— 486.
Seifert, Beferate 235. 279.
Senator 458.
Senftleben 57.
Sereboullet 325.
Servier 509.
Sex ton, P., Krankheiten des äuiseren
Qehorganges 37.
Seydel, Multiples idiopathisches Keloid
425.
Shadkewitsoh 424.
Sheid, M., Wert der Anamnese bei der
Diagnose tertiärer Syphilide 186.
— 208.
S her well. Vollständiges Ausfallen der
Nägel 186.
— 464. 471.
Shoemaker, Ätiologie und Behandlung
der Psoriasis 330.
Siegmund 336. 376.
Silva Araujo 143.
Simon, G. 343. 345.
Simon, 0. 394.
Simon, P., Beitrag zum Studium des
Erythema infectiosum 478.
Siredey 64.
Sirski, Wasser und Elektrizität als
therapeutische Agenzien bei Behandlung
der Hautkrankheiten 379.
— über Erforschung der Lepra in Ruls-
land 381.
— 382.
Smirnow 376.
Smith, Gh., Akute Gonorrhoe 387.
Smith, W. G., Über einen Fall von mul-
tiplem Keloid 405.
Smith-Shand, Symmetrische Gangrän
187.
Sokolowski, Über luetische Stenosen
der Trachea und der Bronchien 474.
Solnitsohewsky 448. 449. 497.
Sonnenburg 329.
Sorokin 35.
Sort 65.
Spear, 0. C, Nicht sichtbarer Toiletten-
puder 433.^
S p r i n z , Übelriechender Fulsschweirs
426. 575.
Starr 136.
Steffan 440. 441.
Stein, A. W., Ein neues Instrument zur
Gewinnung von Urin ans jedem Urether
einzeln 237.
Steiner 137.
Stell wag 441. 442.
Stepanow, E. M., Fall von Rhino-
sklerom 419.
— 421. 422.
Stepp, Beitrag zur Beurteilung der
nach heftigen Körpererschütterongen
auftretenden Störungen 384.
Stern\ Nene Lanolinsalben 386.
— Urticaria factitia 137.
Sticker 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 151.
Straufs 235.
Stricker 368.
Strisower, M. 424.
■ ■
Stukowenkow, Über Mykosis f ungoides
Alibert 380.
— Ein neues Quecksilberpräparat. Hy-
drargyrum benzoicum ozydatum 381.
— 376. 377. 382. 420.
Suchard 80. 81. 82. 85. 130.
Suchow, Kritik der Methoden der sub-
kutanen SyphillBbehandking 376.
Sucquet 494.
Süssdorf 280.
Swieten, van 185.
Szontagh, F. von. Ein interessanter
Fall von Geschwürsbildunff am harten
Gkiumen bei einem 5monaUichen Kinde
188.
"^'Taenzer, P., Über das Ulerythema
ophryoffenes 197.
* — , H. Gründler und D. von Schien
Flora dermatologica, herausgegeben
von P. G. Unna 293. 562.
*— Ein Minimalbrenner 401.
Tandon, M. 364.
Tanred, Ergosterin 428.
Tarnowski 321. 378. 379. 381. 407.
408.
Tavernier, Referate 38. 39. 43. 96.
140. 187. 572. 574.
— 481.
Taylor 77.
Tenneson 143.
Tereg 280.
602
Thibierge, G., übemcht über die
Theses de Dermatologie, die innerhalb
des Jahres 1887 bei der Pariser Fakul-
tät eingereicht wurden 481.
Thiersch 165. 286. 321.
Thin, G. 323.
Tigerstedt 457. 499.
Tilden 65.
Tilley, R., und Schmidt-Rimpler,
Pemphigus der Conjunctiva 330.
*Török, L., Zur Infektionsfrage der
Herpesarten 54.
•— Das Syringo-Cystadenom 116.
• — Zur Anatomie der Scabies 360.
— Referate 182. 240.
— 327. 486.
^Tommasoli, P., Über bacillogene Sy-
kosis 483.
— Referate 191. 192.
— 65. 56.
Tomsa 257. 446.
Touton, C, Urticaria pigmentosa 472.
Traub 577.
Trissard, Die der Einderlähmung fol-
genden trophischen Störungen der Haut
186.
Troisier, Striae der Haut nach Typhus
179.
— u. Menetrier, Histologie der Stiiae
235.
Trost, J., Allgemeinbehandlung der Sy-
philis mit Injektionen des grauen Öls
238.
Tsoherinow, M. P. 428.
Tscher nogu low, Subkutane Syphilis-
behandlung mit Hg-oxydatum 377.
Tschistjakow, Über Injektionen lös-
licher Salze bei Syphilis 147. 377.
— Über die Quelle der Syphilisinfektion
bei Männern gebildeter Klassen 379.
— 380.
Türkheim, T^eferate 172. 224. 263.
410. 463. 474. 476. 479. 480. 481. 506.
525.
Turanski 380. 382. 383.
Uhthoff 151.
•Unna, P. G., Fortschritte der Haut-
anatomie in den letzten 5 Jahren.
IV. Der Nagel 79. 129. V. Die Nerven
der Haut 210. 256. VI. Pigment der
Haut 366.
* — über Atlanten der Hautkrankheiten
im allgemeinen und über einen inter-
nationalen Atlas seltener Hautkrank-
heiten im besonderen 311.
• — Die nicht entzündlichen Ödeme der
Haut 446. 490.
*— Behandlung des Lupus mit Pflaster-
mullen 526.
*Unna, Flora dermatologioa, unier Mitwii
kung von H. Grundler, D. v. Selir
und P. Taenzer 293. 562.
* — Aus der Praxis. 1. Ekzema squai
sum der Handrücken 194. 2. Pa
stifte 195. 3. Wie behandelt die neaei
Dermatologie Erysipele 241. 4. Mii
gegen Frost 291. 5. Abkürzende
handlung des Herpes zoster 337.
— Referate 95. 291.
. 38. 45. 48. 54. 57*
117. 118. 123. 13a
156. 159. 161. 168.
215 216. 246. 253.
304. 325. 346. 3&0.
361. 363. 384. 389.1
398. 401. 402. 434.
527. 528. 529. 531
I, 11. 16. 18. 19. 44.
Aktinomykoae 180.
1. 2. 7.
11. 30. 33
98. 108.
110. 111.
149. 150.
151. 155.
191. 197.
204. 207.
261. 280.
281. 301.
354, 357.
358. 360.
390. 392.
393. 394.
472. 483.
486. 489.
532. 536.
546. 547.
Ullmann,
E., Über
Ultzmann
57.
Vallas, M., Die tuberkulösen Hautge-
schwüre 42.
Vidal, E. 62. 63. 64. 65. 77. 143. 178.
226. 227. 228. 229. 230. 232. 234. 269.
271. 325. 411. 464. 465. 510. 511. 512.
513. 514. 573.
Villemin, Die Wirkung der verschie-
denen Stoffe auf den' Tuberkelbacillos
224.
Virchow, R., Ein Fall von Quecksilber-
vergiftung 189.
— 77. 183. 286. 287. 345.
Volkmann, R. 434.
Vossen 343.
Vulpius, G., Über viskoses Natur -VaMÜD
190.
— 190. 431.
Waldeyer 1. 2. 8. 80. 81. 130. 132.
149. 150. 151. 152. 156. 157. 160. 259.
280. 353. 366. 367.
Wanscher 52.
Waurich 401.
Weber 216.
Weber, H. 177. 225. 411.
Weichselbaum 148. 333.
Wel ander 143.
Wells, P., Eine neue Salbenbasis 433.
Westphalen, H., Multiple Fibrome der
Haut, der Nerven und Ganglien mit
Übergang in Sarkom 139.
White 471.
White, J. C, Die Zunahme im Auftreten
der Scabies nebst Bemerkungen über
die Behandlung dieser Affektion 477.
603
33:
Wickham, M. L., und H. Hallopeau^
Über eino eiterige Form des Lupus
tuberkulosus 475.
— L. und G. Baudouin, Ekthyma tene-
brans bei einem Kinde 479.
Willan 173. 414.
Wilson, E. 48. 140. 322. 344. 445.
Winternitz 134.
Wolff, W., Die Nerven des Froschlarven-
schwanzes 212.
— 211. 223.
Walkowitsch 531. 543. 547.
Wunderlich 182.
Wynne 124. 129.
Wyssokowitsch 381.
Yeo, B., Chininexanthem 57(5.
Zabludowsky 88.
Zambaco 143. 185.
Zander, R, Die frühesten Stadien der
Nagelentwickelung und ihre Beziehung
zu den Digitalnerven 85.
— 80. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 129.
130. 131. 132. 133. 134. 150. 151. 152.
154. 155. 354.
Zeising, E., und Jadassohn, Ein-
spritzungen von Salicyl- und Thymol-
quecksilber zur Syphilisbehandlung 94.
Zeissl 134.
Zemanek; Ad., Syphilis in ihrer Rück-
wirkung auf die Berufsarmeen im
Frieden und im Kriege, und die Mög-
lichkeit ihrer thunlichsten Eindämmung
319.
Ziegier 361. 562.
Ziemssen, von 425.
Zillner, E. 429.
Zit 178.
Zuelzer 59.
41C 16 0