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Full text of "Monatshefte für praktische Dermatologie"

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MONATSHEFTE 


FÜR 


PRAKTISCHE  DERMATOLOGIE 


REDIGIERT   VON 


P.  G.  UNNA 

IN   HAMBURG. 


ACHTER  BAND. 


HIT  ELF  TAFELK. 


HAMBURG  UND  LEIPZIG, 
VERLAG  VON  LEOPOLD  VOSS. 

1889. 


/(o^O 


JUNÖ    1397 


Druck  der  Yerlagsanstalt  und  Druckerei  Actien-Gesellschaft 
(yormals  J.  F.  Bichter)  in  Hamburg. 


Inhalt. 


Originalabhandlungen. 

Seite 

Keratohyalin  und  Eleidin,  von  Dr.  Fkusto  Buzzi,  Assistent  der  dermat.  Klinik 
der  Gharitö  in  Berlin.  Mit  1  Farbendrucktafel  und  2  Abbildungen  im 
Text 1.  149 

Über  das  Hydroxylamin,  als  neues,  wichtiges  dermatotherapentisches  Heilmittel, 
▼on  Dr.  P.  J.  Eich  hoff,  Oberarzt  der  Abteilung  für  Hautkrankheiten  und 
Syphilis  der  städtischen  Krankenanstalten  zu  Biberfeld 12 

Klinische  Studien  über  Sarkome  der  Haut,  von  Dr.  Funk  in  Warschau 19.  60 

Doppelinfektion  mit  Favus  vulgaris  und  Favus  herpeticus,  von  H.  Quincke 
in  Kiel 49 

Ein  Fall  von  Alopecia  areata  nach  Operation  am  Halse,  von  E.  Pontoppidan 
in  Kopenhagen 51 

Zur  Infektionsfirage  der  Herpesarten,  von  Dr.  Ludwig  Török,  Assistenzarzt  von 

Dr.  Unnas  Alinik  far  Hautkrankheiten  in  Hamburg 64 

Ein  neuer  Irrigationskatheter  für  die  Harnröhre,  von  Alfred  Lanz,  Ordinator 
des  Miassnitzky-Hoepitals  in  Hoskau.    liit  1  Abbildung 56 

Die  Fortschritte  der  Hautanatomie   in  den  letzten  5  Jahren,   von  P.  G.  Unna. 

IV.  Der  Nagel 79.  129 

V.  Die  Nerven  der  Haut 210.  256 

VI.  Das  Pigment  der  Haut 366 

Ein  Fall  von  ßtyriasis  pilaris,  von  Dr.  Caesar  Boeck,  Direktor  der  Universi- 
tätsklinik für  Hautknmke  in  Christiania.    Mit^  5  Abbildungen 97 

Das  Syringo-Cystadenom,  von  Dr.  Ludwig  Törok,  Assistenzarzt 116 

Über  Lepra  und  deren  Kontagiosität,  von  Dr.  Daubler.  Mit  1  Tafel  in  Licht- 
druck   \ 123 

Beitrag  zur  Phimosenoperation,  von  Dr.  M:  Ihle  in  Leipzig.    Mit  1  Tafel 164 

Über  einen  Fall  von  sogenanntem  „Xanthoma  diabeticorum^,  von  John  Cavafy 

M.  D.,  Arzt  am  St.  Seorges  Hospital  in  London 168 

Über  die  Dermatitis  herpetiformis  Duhrings,  von  Dr.  L.  Brocq  in  Paris 

n.  Teil.    Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  chronica  k  pouss^es  successives  172 

224.  263.  410.  463 
m.  Teil.    Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  acuta 506 

Über  das  Ulerythema  ophryogenes,  eine  noch  nicht  beschriebene  Hautkrankheit, 
von  Dr.  Paul  Taenzer,  Assistenzarzt 197 

Über  einen  Fall  von  primärem  Schanker  auf  der  Wange,  von  William  Anderson, 
Sekundärchirurg  und  Leiter  der  Hautabteiiung  im  St.  Thomas-Hospital, 
London 208 

Weitere  Beiträge  zur  Lehre  des  Liehen  ruber,  von  Dr.  S.  Bona,  Primararzt  in 
Budapest / 245 

Flora  dermatologica.  Unter  Mitwirkung  von  H.  Gründler,  von  Schien  und 
P.  Taenzer  herausgegeben  von  P.  Q.  Unna.  (Fortsetzung.)  Mit  2  Doppel- 
tafeln  in  Lichtdruck 293.  662 

Zur  Kenntnis  des  Thiols,  von  Dr.  F.  B uzzi  in  Berlin 300 

Beitrag  zur  Kenntnis  des  Hydrargyrum  salicylicum,  von  Dr.  Georg  Müller 
in  Dresden 304 

Über  Atlanten  der  Hautkraakheiten  im  allgemeinen  und  über  einen  internatio- 
nalen Atlas  seltener  Hautkrankheiten  im  besondern,  von  P.  G.  Unna 311 


—    IV    - 

Beito 

Beiträge  zur  Anatomie  und  Histologie  der  Verruca  vulgaris,  von  Dr.  Georg 
Eü hn em ann.    Mit  2  lithograph.  Tafeln 341 

Zur  Anatomie  der  Scabies,  von  Dr.  Ludwig  Török,  Assistenzarzt 860 

Über  die  Herstellung  von  Flächenbildem  der  Oberhaut  und  der  Lederhaut,  von 
Dr.  L.  Philippson,  prakt.  Arzt  in  Hamburg.    Mit  lithograph.  Tafel 389 

Über  die  Wirkung  verschiedener  Antiscabiosa  auf  die  einzelnen  lulbenspezies  der 

Haustiere,  von  Dr.  Georg  Müller 399.  443 

Ein  Minimalbrenner,  von  P.  Taenzer,  Assistenzarzt 401 

Über  einen  Fall  von  multiplem  Cheloid  (Alibert),  von  WaltherG.  Smith  M.D., 

Arzt  am  Sir  Patrik  Dun's  Hospital  in  Dublin 405 

Ein   Fall   von   Ganglion   penis   nach   Trauma  des  erigierten  Gliedes,  von  Dr.  S. 

Bona,  Primararzt  in  Budapest 406 

Pemphigus  der  Haut  und  der  Mundschleimhaut,  verbunden  mit  essentieller 
Schrumpfung  und  Pemphigus  der  Konjunktiven,  von  Malcolm  Morris  und 
H.  Leslie  Boberts.  .Mit  1  chromolithograph.  Tafel  und  1  Tabelle 437 

Die  nicht-entzündlichen  Ödeme  der  Haut.  Eine  historisch-kritische  Studie,  von 
P.  G.  Unna 446.  490 

über  bacillogene  Sykosis,  von  Dr.  P.  Tommasoli 483 

Heilung  eines  Falles  von  Lepra,  von  Dr.  M.  Sandreczky,  Direktor  des  Kinder- 
hospitals in  Jerusalem 503 

Beiträge  zur  Histologie  des  Bhinoskleroms,  von  Dr.  Vittorio  Mibelli,  Püvat- 
dozent  an  der  Univertät  Siena 531 

Über  Nierenaffektionen  bei  Lepra  und  deren  Beziehung  zu  den  pathologischen 
Störungen  an  der  Haut,  von  Beavan  Bake  M.  D.,  Medizinischer  Direktor 
des  Leprahospitals  auf  Trinidad 534 


Versamminngen. 

Congr^s  international  de  Dermatologie  et  de  Syphiligraphie  k  Paris  1889 142 

Der  achte  Eongrefs  für  innere  Medizin 146 

Der  dritte  Kongreis  russischer  Ärzte .,, 147.  376 

62.  Versammlung   deutscher   Naturforscher  und  Ärzte  1889.    Sektion  för  Derma- 
tologie und  Syphilis 147.  578 

Dermatologische  Vereinigung  zu  Berlin 318.  417.  521.  567 

Ärztlicher  Verein  zu  Wiesbaden 472 

Glasgow  Pathological  and  Clinical  Society 472 


BeBpreclinngen. 

Kobert,   Prof.  Dr.  B.  (Dorpat),   Kompendium  der  Arzneiverordnungslehre   für 

Studierende  und  Ärzte 30 

Milton,   J.  L.,   On  the  Histqry,  Nature  and  Treatment  of  Syphilis 31 

Ferrari,  Prof.  P.  (Catania),  Über  die  Lepra  in  Italien  und  besonders  in  SiciUen    32 
Neumann,  J.   (Wien),  Lehrbuch  der  venerischen  Krankheiten  und  der  Syphilis. 

1.  Teil.    Die  blennorrhoischen  Affektionen 33 

Manssurow,   Prof.   N.,    Klinische    Sammlung  für  Dermatologie  und  Syphilis. 

2.  Lieferung 34 

Anleitung  zur  Gesundheitspflege  an  Bord  von  Kauffahrteischiffen.  Auf  Ver- 
anlassung des  Staatssekretars  des  Linem  bearbeitet  vom  Kais.  Gesundheits- 
Amte  134 

Landsberg,  Dr.  Paul,  Zur  Desinfektion  der  menschlichen  Haut,  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Hände 135 

Andreae,  Über  die  Behandlung  der  Psoriasis  mit  besonderer  Berücksichtigung 
des  Anthrarobins 235 

Darier,  J.,  Beitrag  zum  Studium  des  Epithelioms  der  Schweilsdrnsen 235 

Troisier,  E.,  und  P.  Menetrier,  Histologie  der  Striae 235 


-    V    - 

Seite 
Fischer,  Georg,  Über  Behandlung  der  Syphilis  mittels  intramuskulärer  Injek- 
tionen von  Hydrargyrum  salicyUcum 279 

Banvier,  L.,  Trait6  technique  d  nistologie.    2.  £dit 279 

Ellenberger,  Dr.  W.  (Dresden),   Handbuch  der  vergleichenden  Histologie  und 
Physiologie   der  Haussaugetiere.     I.    Band.     Vergleichende    Histologie    der 

HauBsäugetiere 280 

Manchot,  G.,  Die  Hautarterien  des  menschlichen  Körpers 281 

Dippe ,  Beitrag  zur  Behandlung  chronischer  ünterschenkelgeschwüre 285 

Leopold,  Beitrag  zur  Anatomie  des  Komedo  und  der  Akne  vulgaris 285 

Bnzz i,  Beitrag  zur  Histogenese  der  Perlgeschwülste 286 

Schweninger,  E.,  Betrachtungen  über  Krebs  und  seine  Diagnose 287 

Sohweninger,   E.,    Bemerkungen   über   Ekzeme   und    deren   diäthetische   Be- 

handlung 288 

Ernst,  A.,  Pseudolepra 288 

Eeeps,  Thiol  und  Ichthyol 289 

Schadewaldt,  H,  Beilxag  zur  Lehre  von  der  Sklerodermie 290 

B uzzi ,  Über  einen  einfachen  Spülapparat 290 

Zemanek,  Ad.,  Syphilis  in  ihrer  Bückwirkung  auf  die  Berufsarmeen  im  Frieden 

und  im  Kriege,,  und  die  Möglichkeit  ihrer  thunlichsten  Eindämmung 319 

Besni er,  Ernst,  Über  die  Alopecia  areata 322 

Zur    Lehre    vom    Bhinosklerom    (M.   N.   Nikiforow.    —    G.   N.   Bojew.    — 

P.  A.  Pa wlow.  —  E.  M.  Stepanow) 419 

Gundobin,  P.  P.,  Zur  Ätiologie  aer  lingua  nigra  bei  Kindern 422 

Brown,  A.  H.,   Einige  Betrachtungen   über  die  kontagiösen  Eigenschaften  der 
Lepra  in  bezug  auf  Infektion  mit  Syphilb  und  Vaccine   570 


Mitteilungen  ans  der  Litteratnr« 

Aßgemeine  Pathologie  und  Therapie  der  Haut 

Über   die  im  Verlaufe    der   rheumatischen   Arthritis   auftretende  Muskelatrophie, 

Deformitäten  und  Ernährungsstörungen  der  Haut  und  der  Nägel,   von  A.  G. 

Garrod 36 

Die  Veränderungen  der  Haut  im  Gefolge  der  Febris  recurrens,  von  Dr.  S.  Bona    37 

Krankheiten  des  äuÜBeren  Gehörganges,  von  Dr.  P.  Sexton 37 

Die  Anwendung  von  deckenden  Mitteln  in  der  Behandlung  der  Hautkrankheiten, 

von  Dr.  J.  C.  Mc.  Guire 38 

Einige  warnende  Winke   bei  Behandlung  von  Hautkrankheiten,   von  Dr.  G.  Th. 

Jackson 386 

Fhysiologieches. 

Die  Hirnzentren  fnr  die   Bewegung  der  Harnblase,   von  Prof.  W.  Bechterew 

und  Dozent  N.  N.  Mislawsky  (Kasan) 136 

Lokalisation  der  Hautempfinduugszentren  in  der  Binde,  von  Dana 136 

Verbreitungsweise  der  Hautnerven  beim  Menschen,  von  Prof.  Dr.  Eichhorst...  385 

Zur  Tinktionstechntk, 

Über   die  Absorption   der  Anilinfarbstoffe   durch   lebende  tierische  Zellen,  von 

Dr.  G.  Marti  n  otti 191 

Eine  einfache  Färbungsmethode  der  elastischen  Fasern,  von  Martinotti 191 

Die  Färbung  der  elastischen  Fasern  mit  Chromsäure  und  Safranin,  von  Dr.  Ferria  192 


Ärsneiexantheme. 

Über  Jodismus,  von  Dr.  E.  Br a dley 38 

Drei  Fälle  von  Chorea  minor,  Arsenbehandlung,  Herpes  Zoster,  von  Dr.  Johann 
B  okai  jun 39 


—   VI    - 

Seite 

Zur  EaBoistik  des  Bromexanthems,  von  Dr.  Karl  Szadek,  Kiew 93 

Über  unangenehme  Nachwirkungen  des  Sulfonal,  von  Dr.  Schotten  in  Kassel..  187 
Chininexanthem,  von  Yeo 676 

Pharmakologisches. 

Ein  Fall  von  Quecksilbervergiftung,  von  Prof.  B.  Virchow 189 

Haltbarkeit  von  Ferrojodid-Lösungen 189 

Preissteigerung  der  Jodpräparate 189 

Jodkaliumsalbe 189 

Klare  Lösung  von  Hydrargyrum  salicylicum  in  Gurgelwässern 189 

Ätherische  Öle 189 

/JNaphthol 189 

Über  Natriumjodat,  von  A.  Krem el 190 

Die  Bestandteile  des  Lykopodiums,  von  Langer 190 

Lanolin   als   Exzipiens   für  Extrakte   bei   der  Bereitung  von  Suppositorien,  von 

Broutin 190 

Einige   neue  Verbindungen   von  Magnesia  mit  den  HalogCDen,  von  C.  F.  Gross 

und  E.  J.  Bevan 190 

Über  viskoses  Natur-Vaselin,  von  G.  Vu  l pi us 190 

Österreichisches  viskoses  Natur- Vaselin,  von  A.  Kremel 190 

Verfälschungen  von  Adeps  suillus 191 

a-Oxynaphtoesäure,  von  Dr.  Heibig  (Dresden) 385 

Das  Chlormethyl  als  lokales  Anästhetikum,  von  Dr.  E.  Feibes 385 

Beitrag  zur  Sozojodoltherapie,  von  Dr.  Nitschmann 386 

Neue  Lanolinsalben,  von  Dr.  E.  Stern  in  Mannheim 386 

Quecksilberintoxikation   mit  tödlichem   Ausgang  nach  subkutanen  Kalomeli^jek- 

tionen,  von  Prof.  Bun eb er? 427 

Über  die  Ausscheidung  des  Jodktdiums  nach  groIJBen  Dosen,  von  Ehlers 428 

Jurubeba 428 

Ergosterin 428 

Maximaldosen  neuer  Heilmittel 429 

Vergiftung  an  Jod 429 

Über   die   Lokalisation   des   Quecksilbers  nach   Sublimatvergiftungen,  von  Prof. 

E.  Ludwig 429 

Jodoform  und  Jodpräparate 431 

Arsen  in  reinem  Glycerin,  von  E.  Bitsert  in  Frankfurt  a.  M 431 

Phenolquecksilber,  von  Hugo  Anders 432 

Eine  kunstiose  Prkliminarprüfung  des  Harnes  auf  Zuckergehalt,  von  H.  Hager. .  432 

Mittel  zur  Verdeckung  des  Jodoformgeruches,  von  Laura  Gordman 432 

Eine  neue  Salbenbasis,  von  Percy  Wells 483 

Bezepte  für  Jodol-Praparate 433 

Iigektion  Brou 433 

Invisible  teilet  powder,  von  Owen  0.  Spear 433 

Sublimat-Lanolin  als  Antiseptikum,  von  Dr.  A.  Gottstein  in  Berlin 575 

Bromkalium,  ein  Antidotum  des  Jodoforms,  bezw.  des  Jods,  von  Dr.  G.  Samt  er 

in  Posen 575 

Beitrag  zur  Kenntnis  der  Nebeu Wirkungen  des  Jod  (Jodkali},    von   Dr.  E.  M a la- 
che wski  in  Breslau 575 

MifsbÜdungen. 

Ein  interessanter  Fall  von  Geschwürbildung  am  harten  Gaumen  bei  einem  5monat- 

lichen  Kinde,  von  Dr.  F.  v.  S zo ntagh 188 

Naevus  an  einem  10jährigen  Knaben,  von  Beyn  old s 188 

Zirkulationsstörungen, 

Das  rheumatische,  ohne  Gelenkerscheinungen  auftretende  ödem,  von  Dr.  H.  Coeur    39 
Über  einen  Fall  von  traumatischem  Tetanus  mit  sogen,  chirurgischem  Scharlach, 

von  Dr.  Emil  Schäffer 136 

Eine  merkwürdige  angioneurotische  Erkrankung,  von  Bronson 137 


-    VII    - 

Seite 

Fall  Ton  Baynauds  spnmetrischer  Gangrän,  von  J.  W.  F.  Smith-Shand. . ..  137 

Urticaria  factiüa,  von  Dr.  St ern 137 

Über  die  Pellagra,  besonders  in  Rumänien,  von  Dr.  C.  U  rleanu 137 

Über  Jodoforra-Dermatitis,  von  Dr.  Israel  in  Qnesen 327 

Über  das  Vorkommen  der  Pellagra  in  der  Bukowina,  von  Kluozenko,  Suszawa  .  327 

Purpura  rbeumatioa,  von  Dr.  W.  Osler 473 

Ober  den  Einflufs  der  Spannungsverhältnisse  in  den  Gefalsen  auf  die  Entstehung 
von  Purpura.  —  Buhige  Lage  der  Extremitäten  und  Purpura,  von  Henri 
Hartmann 474 

Sekretionsanamalien. 

Hyperhidrosis  des  Gesichts,  von  Paul  Raymond 179 

Halbseitiges  Schwitzen  bei  Morbus  Basedowii,  von  Arthur  Lewin 186 

Behandlung  übelriechender  Fuisschweirse,  von  Sprinz 426 

Akute  InfekHonskrankJieUen. 

Prophylaxis  und  Desinfektion  bei  den  Pocken 179 

Weiterer  Beitrat  zur  Lehre  von  den  Varicellen,  von  Prof.  E.  Lipp  in  Graz.. . .  182 

Variola  haemorrhagica,  von  J.  de  Grandmaison 182 

Malleus  humidus  acutus  hominis,  von  Dr.  Bona 182 

Nephritis  parenchymatosa  im  Gefolge  von  Varicellen,  von  Dr.  Franz  Hogyes.  184 
Ausweis  der  Blattemabteilung  des   Earolinenspitals   zu  Kolorsvar  (Klausenburg), 

von  Dr.  V.  Daday 184 

Über  skarlatinöse  Gelenksentzündungen,  von  Dr.  Johann  Bökaijun 184 

Prophylaxe  der  Pocken  im  Distrikt  von  Litang  (Asien) 332 

Chronische  Infektionakranhheiten, 

Über  das  Epithelioma  (sive  Molluscum)  contagiosum,  von  Prof.  A.  Neisser 40 

Die  Ausbreitung  der  Lepra  in  den  Vereinigten  Staaten  während  der  letzten  Jahr- 
zehnte, von  Dr.  Charles  W.  Allen 41 

Ein  Fall  von  Lepra,  von  Dr.  J.  L.  Babrock 41 

Die  tuberkulösen  Hautgeschwüre,  von  Maurice  Vallas 42 

Kontaffiosität  und  Prophylaxis  der  Impetigo,  von  A.  Olli  vier 178 

Behandlung  des  Lupus  vulgaris,  von  Brocq 186 

Über  die  Ansteckung  durch  Lepra,  von  Diaay 185 

Lepra  bei  einem  Syphilitischen,  von  Eap  osi  (Wien) 186 

Tuberkulose  der  Zunge,  von  H.  Poncet  (Lyon) 332 

Tuberkulose  der  Zunge,  von  Alb  er  tin  (Lyon) 832 

Tuberkulöse  IJlceration  der  Urethra  nach  primärer  Nierentuberkulose,  von  M  ich  an  t  332 

Latente  Lepra,  von  C.  Kiönig 425 

Über  luetische  Stenose  der  Trachea  und  der  Bronoliien,  von  Dr.  A.  Sokolowski 

in  Warschau 474 

Lupus  des  Gesichts,  von  Prof  Lipp 475 

Lepra,  von  Dr.  C.  W.  All en 475 

Über  eine  eiterige  Form  des  Lupus  tuberculosus,  von  H.  Hallopeau  und  M.  L. 

Wickham 475 

Bhinosklerom,  von- Dr.  Eeegan 522 

Pephantiasis  arabum,  von  Dr.  Felkin 523 

Über  Trichomykosis  nodularis,  von  Ed.  Inhal-Benoy 524 

Tuberkulose  der  Zunge,  von  Dr.  B.  Baginsky 571 

Tuberkulöse  Hautkrankheiten,  von  Prof  J.  Pick 572 

Die  lymphatische  Diathese,  die  Skrofulöse  und  die  Tuberkulose  in  dermatologischer 
Hinsicht,  von  Prof  H.  Leloir 572 

Über  die  Natur  der  atypischen  Varietäten  des  gewöhnlichen  Lupus,  von  Prof. 
Leloir 473 

Progressive  Ernährungsstörungen. 

Elephantiasis  glabra  labii  majoris  dextri,  von  Dr.  Emil  Moravesik 40 

Mikroskopische  Verhältnisse  bei  melanotischeu  Hautgeschwülsten,  von  L,  Heitz- 
m  ann  (New-York) 13g 


—  vm  — 

Seite 

Über  das  idiopathische  multiple,  pig^entlose  Hautsarkom,  von  H.  Rosin 188 

Leontiasis  ossea,  von  Prof.  B.  Fr ä nke  1 138 

Beiträge  zur  pathologischen  Anatomie  der  Addisonschen  Krankheit,  von  Dr.  von 

Kahlden  in  Preiburg 188 

Elektrolyse  bei  Xanthom 139 

Multiple  Fibrome  der  Haut,  der  Nerven  und  Ganglien  mit  Übergang  in  Sarkom, 

von  Dr.  H.  Wes tphal e n  in  Dorpat 189 

Behandlung  des  Epithelioms  mit  Kali  chloricum,  von  Georges  Lemoine 177 

Angiom  der  Zunge,  von  De  St.  Germain ISO 

Über  einen  Fall  von  Molluscum  fibrosum  mit  Neurofibromen,  von  Dr.  Payne  . .  573 

Begreasive  Emährungastörungen. 

Ein  Fall  von  Myxödem,  von  Dr.  Laudouar 39 

Skleroderma  universale,  von  Dr.  Bona 89 

Zar  Frage  aber  die  Ätiologie  des  Skleroderma,  von  Dr.  Sigmund  Erben 92 

Leukoplakie  und  Eankroide  der  Mund-  und  Vaginalschleimhaut,  von  Beclus  ...  178 

Striae  der  Haut  nach  Typhus,  von  Troisier 179 

Imaginäre  Ulcerationen  der  Zunge,  von  Dr.  Poyet 179 

Fall  von  vollständigem   Ausfallen  der  Nägel   an  beiden   Füfsen  als  Folge  von 

Ekzem  der  Unterschenkel,  von  8  her  well 186 

Die  der  Einderlähmung  folgenden  trophischen  Störungen  der  Haut,  von  Trissard  186 

Fall  von  Sklerodaktylie,  von  Prof.  Schwimmer 187 

Über    Dr.    M.   Josephs    atrophischen   Haarausfall,    von   Prof.    L.  Samuel   in 

Königsberg 187 

Demonstration  von  Präparaten  von  Areahaaren,  von  Dr.  Bohrend 884 

Beitrag  zur  Beurteilung  der  nach  heftigen  Körpererschütterungen  (bei  Eisenbahn- 

unföllen)  auftretenden  Störungen,  von  Dr.  Stepp  in  Nürnberg 884 

Sechs  Fälle  von  Alopecia  neurotica,  von  Dr.  Schütz 884 

Über  Nervenläsion  und  Haarausfall  mit  Bezug   auf  Alopecia  areata,   von  Dr.  G. 

Behrend 886 

Atrophia  hemifacialis  progressiva,  von  Dr.  S.  Röna 578 

Einfache  Enteändungen. 

Über  anatomische  Befunde  bei   akuten  Todesfallen  nach   ausgedehnten  Verbren- 
nungen) von  Eug.  Fränkel 328 

Zur  Behandlung  des  Decubitus,  von  Dr.  W.  Ebstein  in  Breslau 329 

Spezifische  Entzündungen. 

I.  Oberhauterkrankungen. 

Zur  Behandlung  des  Ekzems,  von  C.  H.  Richmond 140 

Zur  Diagnostik  der  Pityriasis  rubra,  von  Prof.  Schwimmer 140 

FavusauBschlag,  von  Ray nol ds 140 

Über  das  Wesen  der  Alopecie,  ihre  Behandlung  und  Prophylaxe,  von  Buch  in..  140 

Beitrat  zur  Kenntnis  der  Alopecie,  von  Dr.  G.  Lo r io t 140 

Über  Haarkuren,  von  Dr.  0.  Lass ar 141 

Ätiologie  und  Behandlung  der  Psoriasis,  von  Dr.  Shoemaker 330 

Drei  Fälle  von  Ichljiyosis  mit  Conjunctivitis,  von  F.  Buller 330 

Demonstration    von    Impetigo    contagiosa    mit    Herpes    tonsurans,    von    Dr.    G. 

Behrend • 331 

Die  Zunahme  im  Auftreten  der  Scabies  nebst  Bemerkungen  über  die  Behandlung 

dieser  Affektion,  von  Dr.  James  C.  White 477 

Ätiologie  und  Prophylaxe  der  Alopecie,  von  P.  Merklen 479 

II.  Cutiserkrankungen. 

Zwei  Fälle  von  Carbunculus  malignus,  von  Dr.  Franz  Kiss 140 

Über  Aktinomykose,  von  Dr.  Emmerich  Uli  mann 180 

Die  Heilwirkung  des  Erysipels  auf  Geschwülste,  von  Dr.  P.  Bruns 181 

Fäll  von  Mykosis  fungoides  Alibert  (Granuloma  fungoides),  von  H.  W.  Blanc.  181 


-    IX    - 

Seite 

Über  Dermatitis  herpetiformis,  von  Dr.  A.  Blaschko 329 

Pemphigus  der  Coi:^unctiva 330 

Zur  Therapie  des  Erysipels,  von  Dr.  W.  Ebstein  in  Breslau 330 

Die   Behandlung  des   Erysipels   mit   3 — 5prozentigem  Earbolgummischleim,   von 

Dr.  Nolte 330 

IJber  die  Behandlung  des  Erysipels  mit  Spiritus,  von  Dr.  Bohrend  in  Sagan  ..  331 

Über  Aktinomykose,  von  Dr.  Boman  v.  Baracz  in  Lemberg 331 

Bakteriologische   Untersuchungen  über  das  phagedänisohe  Tonkin-G«schwür,  von 

Boinet 331 

Zur  Behandlung  des  Erysipels,  von  S.  Preobrashenski 424 

Multiples  idiopathisches  Eeloid,  von  Dr.  Seydel 425 

Herpes  Zoster  nach  Eohlenoxydgasvergifbung,  von  Prof.  Sattler 476 

Zosterbildung  bei  Tuberkulose,  von  Prof.  Sattler 476 

Pemphigus  vegetans  (Neumann),  von  Dr.  Badcliffe  Crocker 476 

Ein  Fall  von  Filaria    medinensis,  von  A.  van  Harlingen 478 

Zur  Behandlung  des  Erysipels  nach  Eraske-Kiedel,    von  Dr.  C.  Lauenstein 

in  Hamburg 478 

Beitrag  zum  Studium  des  Erythema  infectiosum,  von  P.  Simon  und  E.  Legrain  478 
Ekthyma  terebrans  bei  einem  Kinde,  vonr  G.  Baudouin  und  Louis  Wickham  479 
Phlebitis  bei  Erythema  polymorphum,  von  J.  Gir ode 480 

Syphüis. 

über  Chorio-Betinitis  syphilitica  und  ihre  Beziehungen  zur  Hirnarterienlues,  von 

Dr.  Oswalt 44 

Über  spezifische  Netzhautentzündung,  von  Prof.  Dr.  Hirschberg 44 

Über  Neuritis  optica  specifica,  von  Prof.  Dr.  Horstmann 44 

Über    den    Zusammenhang    der    allgemeinen    Paralyse    und    der    Syphilis,    von 

E.  K6gis 45 

Über   Behandlung   der   Syphilis  mit  subkutanen  Kalomelinjektionen,  von  Dozent 

Dr.  E.  Finger 45 

Über  Wege  und  Wandlungen  des  Syphiliskontagiums  und  über  Syphilistherapie, 

von  Prof.  L  ang 45 

Über  hereditäre  Syphilis,  von  F.  Neumaun 93 

Über  die  therapeutische  Verwendung  des  Quecksilbersalicylats,  von   Dr.  Arthur 

Plumert 93 

Einspritzungen  von  Salicyl-  und  Thymol-Quecksilber  zur  Syphilisbehandlung,  von 

Dr.  J.  Jadassohn  und  Dr.  E.  Zeising 94 

Die   anatomischen   und   klinischen   Eigenschaften  des  serpiginösen  Syphilids,  von 

Morrow 186 

Einige   Bemerkungen  über  den  Wert  der  Anamnese  bei  der  Diagnose  tertiärer 

Syphilide,  von  Marmatuke  Sheid 186 

Über   Syphilis,   Ursprung,   Entwickelung,   Gang,   verschlimmernde  Ursachen  und 

den  Erfolg  des  Hg  dabei,  von  Diday  (Lyon) 237 

Protojoduret,  von  A.  Poncet  (Lyon) 238 

Allgemeinbehandlung  der  Syphilis  mit  Injektionen  des  grauen  Öls  (Ol.  cinereum), 

von  Dr.  J.  Trost 238 

Tertiäre  Syphilis  der  Trachea  und  der  Bronchien,  von  Mauriac 239 

Ein  interessanter  Fall  von  spätauf|^etretener  Syphilis,  welche  die  gröfste  Ähnlich- 
keit mit  Lepra  darbot,  von  Onman-Dumesnil . . . . , 240 

Abnahme  der  Bevölkerung  und  Syphilis,  von  Dr.  Andreas  Adam 240 

Ein  Fall  von  geheilter  Myelitis  syphilitica,  von  Dr.  Arthur  Irsai 240 

Ein  Fall   von   Diabetes   insipidus,  wahrscheinlich  durch  Syphilis  verursacht,  von 

Dr.  Morin  Manal ••.  241 

Über  einige  deutsche  Syphilographen  des  siebzehnten  Jahrhunderts.    Ein  histori- 
scher Beitrag  von  J.  K.  Pro ksch  (Wien) 241 

Schwielengumma  des  weichen  Gaumens,  von  Lang  (Wien) 333 

Eine   40jälkrige   Patientin  mit  Verbreitung  und  Hervorwölbung  des  Nasenrückens 

durch  eine  elastisch  weiche  Geschwulst,  voa  Lang  (Wien) 333 

Seltenheit  der  Gelenkleiden  bei  Syphilis,  von  Poncet  (Lyon) 333- 

Über  syphilitische  Geschwulstbildungen  in  den  Muskeln,  von  Dr.  Bramann....  334 

Beitrag  zum  Studium  der  Syphilis  der  fossae  nasales,  von  E.  J.  Moure 334 

Zum  Stande  der  Syphilisbehandlung,  von  Dr.  0.  Lassar 335 


—    X    — 

Seite 

Über  die  therapeutiscbe   Verwendung   des  Jodols  bei  inneren  Krankheiten,  von 

Dr.  Dante  Cervesato 335 

Über  Schwitzkuren  bei  Syphilis,  von  Dr.  Radestock 336 

Über   Nebenwirkungen  bei  Injektionen  unlöslicher  Hg- Verbindungen  an  Syphilis- 
kranken, von  E.  Lesser 336 

Grehim- Chirurgie  bei  Himsyphilis.    Heilung,  von  William  Macewen 336 

Fälle  tertiärer  Syphilis  des  Penis,  von  N.  F.  Bogoljubow 427 

Beitrag   zum   Studium   über   den  Einflufs  von  Syphilis  auf  die  Schwangerschaft, 

von  Em.  Baude 480 

Gumma  syphiliticum  auf  der  Eopfschwarte,  im  44.  Jahre  der  bestehenden  Syphilis, 

von  Huguet  und  Audain 480 

Öffentliche  I^ophylaxis  der  Syphilis,  von  M.  Barth^lemy , 481 

Welches  ist  die  beste  Syphilisbehandlung,  von  Krowczynski 525 

Verwachsung  der  Nasenhöhlen  infolge  von  Syphilis,  von  Modrcezjewski 525 

Über  Syphilis  des  Herzens,  von  Charles  Mauriac 526 

Venerische  Geschwüre  und  Komplikationen. 
Die  Klassifizierung  und  Behandlung  der  Bubonen,  von  Dr.  Culver 194 

Blennorrhctgie  und  Komplikationen, 

Über  die  antiseptische  Behandlung  der  Blennorrhoe,  von  Du  Castel 179 

Behandlung  der  spezifischen  Gonorrhöe,  von  G.  E.  Brever 192 

Über  die  Blennorrhoe  beim  Weibe  und  beim  weiblichen  Kinde,  von  Horand.. .  193 

über  die  Phagocytenlehre  in  bezug  auf  den  Gonokokkus,  von  Bnmm 193 

Untersuchungen  betreffend  die  verschiedenen  Sekretionen  der  weiblichen  ürogenital- 

wege,  von  Eraud  in  Lyon 236 

Wert  der  elektrolytischen  Behandlung  der  Urethralstrikturen,  von  Brown 237 

Nutzen  der  Elektrolyse  zur  Behandlung  von  Urethralstrikturen,  von  C.  A.  Bryoe  237 
Ein  neues  Instrument  zur  Gewinnung  von  Urin   aus  jedem  Ureter   einzeln;   von 

A.  W.  Stein 237 

Fall  von  Prostataabscefs   mit   ungewohntem  Verlauf  und  tuberkulösen  Ursprungs, 

von  Desir  de  For  tun  et  (Lyon) 287 

Fall  von  zweifelloser  gonorrhoischer  Infektion  des  Mundes,  von  Dr.  C.W.  Cut  1er  38 

Pyämie  die  Folge  einer  Gonorrhöe,  von  Dr.  R.  Pa  rk 387 

Abortivkur  der  Gonorrhöe,  von  Rively 387 

Behandlung  der  akuten  Gonorrhöe,  von  Ch.  Smith 387 

Zwei  Fälle  von  Mastitis,  in  denen  die  säugenden  Kinder  Blennorrhoea  neonatorum 

hatten,  von  Th.  Legry 388 

Ein  Fall  von  Trismus  und  Tetanus  bei  Orchitis  gonorrhoica,  von  Dr.  J.  8  amter  388 

Zur  Pathologie  der  Hamröhrenfiüsse,  von  Dr.  S.  Bona 426 

Über   Herzerkrankungen   im   Verlaufe   der   Hamröhrenblennorrhöe,    von   Dozent 

W.  A.  G luzinski 426 


Aus  der  Praxis. 

Die  Antrophore  bei  Behandlung  der  Blennorrhoe,  von  Dr.  von  During 46 

Das  M es stersche  Mikroskop,  von  Dr.  P.  G.  U  nn a 95 

Behandlung  des  Ekzema  squamosum  der  Handrücken,  von  Dr.  P.  G.  Unna 195 

Pasten-Stifte,  von  Dr.  P.  G.  Unna 195 

Wie  behandelt  die  neuere  Dermatologie  Erysipele?  von  Dr.  P.  G.  Unna 241 

Mittel  gegen  Frost,  von  Dr.  P.  G.  Unna.  .*. 291 

Abkürzende  Behandlung  des  Herpes  Zoster,  von  Dr.  P.  G.  Unna 337 

Die  Behandlung  des  Lupus  mit  Pflastermullen,  ein  Vortrag  von  Dr.  P.  G.  Unna, 

mitgeteilt  von  Dr.  Clasen 626 

Therapie  bei  Onychatrophia  senilis 529 


—    XI    - 

Seite 

Verschiedenes. 

Dreitausend  Fälle  von  Hautkrankheiten   aus  der  dermatologischen  Poliklinik  von 

Prof.  Dr.  Köbner,  von  Dr.  F.  Block 48 

The  British  Journal  of  Dermatology 48 

Von  den  ,, simulierten^  Hautkrankheiten,  von  Oi sterne 95 

Wechsel  der  Farbe  des  Gefieders  infolge  von  Todesangst 147 

Strafen  der  Prostitution  in  Finnland 147 

Diagnostisches 148 

Bericht  über  verschiedene  Hautaffektionen,  von  George  T.  Elliot 243 

Gedanken  über  die  Begulierung  der  menschlichen  Eigenwärme,  von  H.  Fröhlich  244 
Heftpflaster  bei  dem  „Bückenschmerz  der  Lokomotivenfährer*',   von  G.  L.  Hut- 
chinson    244 

Die  Wirkung  der  verschiedenen  Stoffe  auf  den  Tuberkelbacillus,   von  Villemin  244 
Eine  neue  Methode,   um  die  Eigentümlichkeit  der  Farbe  bei  Hautkrankheiten  zu 

studieren,  von  Dr.  F.  H.  L e viseur 338 

Fortschritte  der  Dermatologie.    Umschau   über  neuere  Erscheinungen  auf  diesem 

Gebiete,  von  Dr.  II.  Joseph 338 

Wie  konserviert  der  Arzt  seine  Hände?  von  Dr.  George  Heyer 338 

Periodische  Berichterstattung  über  die  Verbreitung  von  Infektionskrankheiten . . .  339 

Impetigo  contagiosa,  in  Verbindung  mit  der  Schutzpockenimpfung 339 

Bräunung  der  Haut  nach  Pyrogallol-  oder  Resorcinbehandlung 389 

Diskreditierung  der  Ealomelinjektionen 387 

Ans  Professor  Scarenzios  Klinik,  von  Dr.  Pauly  in  Wiesbaden 434 

Perubalsam  bei  Ozaena 435 

Eröffnung  des  ersten  fomo  rurale  im  Pellagra-Gebiete  von  Gradisca 435 

Ein  chinesisches  Heilmittel,  von  H.  Helbing-London 436 

Behandlung  der  Hydrocele  vaginalis,  von  Prof.  Helferich  in  Greifswald 481 

Übersicht   über   die   Thdses   de   Dermatologie,    die   innerhalb   des   Jahres   1887 

bei  der  Pariser  Fakultät  eingereicht  wurden,  von  Georges  Thibierge  ...  481 

Kupfergeld  seit  9  Jahren  in  der  Harnröhre,  von  Dr.  Prochnow 481 

Ammoniakalische  Quecksilberverbindungen,  von  Bammelsberg 481 

Verfahren  zum  bessern  Nachweis  der  Go7iokokken,  von  Dr.  Joseph  Schütz  in 

Frankfurt 573 

Die  Bestandteile  des  Kakaofettes,  von  Paul  Graf 573 

Banzigwerden  der  Fette,  von  M.  Gröger 573 


Personalien 1^"^   ^^ 

Blumenbachsches  Stipendium 574 

Bei  der  Bedaktion  eingegangene  Litteratur 244.  340.  436.  530 

Druckfehlerberichtigung 1^ 


IKotiatalKfte  fit  ^i^aktifdie  S^tntatologit 


Band  Vni.  No.  1.  1.  Januar  1889.    • 


^> 


fii  /"g^^SJ^/- 


Ans  Dr.  Unnas  bmnat9lo|J3bfiim'Hnforatori«]n  in  Hamburg. 

Von 

Dr.  Buzzi, 

ABsistent  der  dermat.  Klinik  der  Charitd  in  Berlin. 
Ifit  1  Far1>eiidniektafel  und  2  Abbildang^n. 

Einleitung. 

Ich  kann  bei  den  Lesern  dieser  Zeitschrift  als  bekannt  voraussetzen, 
daJis  AuFHAMMEB  zuerst,  wie  Unna  nachgewiesen,  gewisse  Körnungen  in 
einer  mittleren  Schicht  der  Oberhaut  gesehen,  dafs  Langebhans  dieselben 
zuerst  genauer  beschrieben,  ohne  ihre  Bedeutung  klar  zu  erkennen,  und 
dals  Unna  dann  ihren  Zusammenhang  mit  gewissen  Arten  der  Yer- 
homung  nachgewiesen  und  die  Schicht  der  Oberhaut,  in  welcher  sie 
Yorkommen,  als  Körnerschicht  (stratum  granulosum)  ein  für  alle- 
mal der  Histologie  einverleibt  hat. 

Auch  weiter  wird  allgemein  bekannt  sein,  dafs  Unna  dieselben 
Kömer  im  Schweifsporus  und  in  der  Matrix  der  Haarwurzelscheide, 
Waldeteb  im  Haarmark  und  in  den  Horngebilden  verschiedener  Tiere 
nachwies,  und  dafs  Banvieb  endlich  einen  wichtigen  bis  dahin  über- 
sehenen Fundort  derselben  in  der  basalen  Hornschicht  (stratum 
lucidum)  auffand. 

Zugleich  entbrannte  ein  Streit  zwischen  Ranvieb  und  Waldeyeh, 
indem  jener  die  Substanz  der  Körner  für  flüssig,  einem  ätherischen  Ol 
ähnlich  hielt  und  E leidin  nannte,  Walde yeb  dieselben  für  solide, 
hyalinähnlich  erklärte  und  ihr  deshalb  den  Namen  Keratohyalin 
beilegte. 

Dabei  wurde,  wie  es  scheint,  ganz  übersehen,  dafs  Ranvieb  seine 
Behauptungen  hauptsächlich  auf  das  Verhalten  dieser  Substanz  an  dem 
neuen  Fundort  der  basalen  Hornschicht  stützte,  während  Waldeyeb  die 
seinigen  eigentlich  stets  nur  auf  die  intracellulären  Kömer  der  Körner- 
Monatshefte.  1 


Schicht  basiert  hat.  Aber  alle  beiden  Forscher  scheinen  sich  darin  einig 
gewesen  zu  sein  —  nnd  so  waren  es  auch  die  übrigen  Histologen  — 
dafs  die  von  so  eminenten  Forschem  so  eminent  verschieden  beschriebenen 
Gebilde  doch  selbstverständlich  eine  und  dieselbe  Substanz  darstellten. 

Dieser  Ansicht  war  auch  Unna,  als  neuerdings  Ranvier  demselben 
sein  „Eleidin"  demonstriei-te.  Bis  dahin  hatte  er,  als  Anhänger  Wal- 
DEYERS,  dem  Eleidin  in  der  basalen  Hornschicht  noch  nicht  genügende 
Aufmerksamkeit  geschenkt.  Durch  Ran\ter  nun  überzeugt,  dafs  alles 
Thatsächliche  in  bezug  auf  das  „Eleidin"  sich  so  verhielt,  wie  Ran\t:ek 
es  beschrieben,  anderseits  aber  ebenso  sehr  überzeugt,  dafs  das  Kerato- 
hyalin  Walde yers  eine  solide  Substanz  sei,  stellte,  von  Paris  kommend, 
Herr  Dr.  Unna  mir  die  Aufgabe,  bei  meinen  schon  angefangenen  Studien 
über  den  Verhornungsprozefs  dieser  Frage  näher  zu  treten,  d.  h.  die  Natur 
dieser  merkwürdigen  Substanz,  Keratohyalin- Eleidin,  von  neuem  einer 
genauen  Prüfung  zu  unterwerfen.  Für  die  Anregung  zu  dieser  Arbeit, 
sowie  für  seine  bewährte  Unterstützung  bei  derselben  spreche  ich  hier 
Herrn  Dr.  Unna  meinen  besten  Dank  aus. 

Die  Resultate  meiner  diesbezüglichen  Untersuchungen  Labe  ich 
bereits  in  einer  vorläufigen  Mitteilung  in  dieser  Zeitschrift  kurz  ver- 
öffentlicht. Gegenwärtige  Abhandlung  soll  nun  dieselben  im  einzelnen 
begründen.  — 


I. 

Es  war  vor  allem  eine  Nachprüfung  der  neuerdings  hervorgetretenen 
Anschauung  erforderlich,  welcher  die  bekannte  Arbeit  Liebeeichs^  über 
das  Wollfett  zu  Grunde  liegt,  nämlich  dafs  jene  als  einheitlich  betrachtete 
Substanz  mit  dem  Wollfett,  d.  h.  Cholesterinfetten  identisch  sei. 

Diese  Arbeit  stützt  sich  auf  eine,  angeblich  von  Liebermann  ent- 
deckte Reaktion  zum  Nachweis  von  Cholesterinfetten.  Da  mir  in  dieser 
Annahme  ein  Irrtum  zu  liegen  scheint,  lohnt  es  sich  wohl,  den  Teil  der 
LiEBERMANNschen  Arbeit  wiederzugeben,  welcher  uns  hier  interessiert. 
Dieser  Autor  stiefe  im  Verlaufe  von  Untersuchungen  über  die  Chinova- 
säure  auf  einen  Begleiter  des  Chinovins,  den  er  zunächst  mit  dem  Namen 
„Oxychinoterpen"  belegte.  Bei  weiterer  Beschäftigung  mit  diesem  Körper 
nahm  er  alsbald  Beziehungen  zwischen  ihm  und  dem  Cholesterin  wahr 
und  vertauschte  deshalb  den  urspmnglichen  Namen  mit  „Cholestol", 
einer  Bezeichnung,  die  den  Zusammenhang  mit  dem  Cholesterin  hervor- 
heben sollte.      Und  nun  sagt  er: 


^  Die  litterarischen  Angaben  folgen  am  Ende  der  Arbeit. 


„Die  zur  Erkeanung  des  Cholesterins  benutzte  Farbenreaktion 
fand  ich  beim  Cholestol  wieder.  Dies  gilt  namentlich  auch  von  der 
Reaktion  der  Chloroformlösung  gegen  konzentrierte  Schwefelsäure,  welche 
alle  Glieder  der  Cholesterinreihe  (gewöhnliches,  Iso-  und  Paracholesterin, 
Phytosterin,  Quebrachol,  Cinchol  und  Cupreol)  zeigen  und  namentlich 
gegen  die  von  Hesse  vorgeschlagene  Säure  von  1,76  spez.  Gewicht,  mit 
der  das  Cholestol  eine  schöne  Fuchsinfärbung  zeigt.  Übrigens  sind  manche 
der  für  das  Cholesterin  angegebenen  Farbreaktionen,  z.  B.  die  gegen 
Salzsäure  und  Eisenchlorid,  nicht  gerade  durch  besondere  Schärfe  und 
Schönheit  ausgezeichnet.  Die  Reaktion  gegen  Jod  und  Schwefelsäure 
in  brauchbarer  Weise  zu  erhalten,  gelang  mir  überhaupt  nicht.  Daher 
dürfte  die  folgende  sehr  schöne  und  scharfe  Reaktion,  welche  ich  in 
gleicher  Weise  in  Cholesterin  aus  menschlichen  Gallensteinen 
lind  aus  Ochsengalle  und  am  Cholestol  fand,  vielleicht  manchem 
ein  willkommener  Zuwachs  sein.  Für  dieselbe  wird  die  Substanz  in  so 
viel  Essigsäureanhydrid  gelöst,  dafs  sie  in  der  Kälte  eben  gelöst  bleibt 
und  dann  unter  Abkühlen  tropfenweis  wenig  reine  konzentrierte  Schwefel- 
säure zugesetzt.  Zuerst  wird  die  Lösung  rosenrot,  doch  verschwindet 
diese  Farbe  schnell,  namentlich  auf  Zusatz  von  einer  neuen  kleinen 
Menge  Schwefelsäure,  um  einer  schönen,  ziemlich  beständigen  Blaufärbung 
Platz  zu  machen   .  .   .  .   " 

Aus  diesem  Citate  geht  zweierlei  hervor,  erstens,  dafs  die  Reaktion 
LiEBEUMANNs  eine  zum  Nachweis  des  Cholesterins  bestimmte  und  als 
solche  nur  eine  Modifikation  der  alten  MoLESCUOTTschen  Reaktion^  ist, 
zweitens,  dafs  sie  ebenso  zum  Nachweis  des  Oxychinoterpens  dienen 
kann,  eines  Körpers,  den  Liebermann  gerade  wegen  dieser  Ähnlichkeit 
mit  dem  Cholesterin  Cholestol  nannte.  Dagegen  ist  von  Cholesterin - 
fett  bei  diesem  Autor  keine  Rede. 

Erst  Liebreich  dehnte  das  LiEBERMANNsche  Verfahren  auf 
den  Nachweis  von  Cholesterin  fetten  aus.  Dieser  Autor  sagt: 
„Cholesterinfette,  in  denen  keine  Spur  freien  Cholesterins  enthalten  sein 
konnte,  zeigten  die  Cholestolreaktion  in  voller  Schärfe." 

Es  scheint  indessen  dabei  Liebreich  entgangen  zu  sein,  dafs  sein 
Befund  bei  der  Behandlung  von  Cholesterin  fetten  mit  Essig-  und  Schwefel- 
säure wesentlich  verschieden  ist  von  dem  Liebermanns  auf  Cholesterin 
und  Cholestol.  Denn  Liebreich  sah  „zuerst  eine  Rosafärbung,  welche 
sehr  schnell  in  eine  stark  blaue  und  grüne  Farbe  übergeht",  während 
wir  diesen  Übergang    der    Farbenskala    ins  Grüne    bei   Liebermann  ver- 


-  Die  MoLKscHOTTscbe  Beaktion  zum  Nachweis  des  Cholesterins  wird  einfach 
durch  Zusatz  von  weniger  oder  mehr  verdünnten  S04H„  ohne  vorherige  Behandlung 
mit  Essigsäureanhydrid,  hervorgerufen. 


missen.  In  der  That,  unterwirft  man  snccessive  Cholesterin  nnd  Lanolin 
(welches  nach  Liebreich  reines  Cholesterin  fett  darstellen  soll)  dem 
LiLBERMANNSchen  Verfahren,  so  wird  man  sich  hald  überzeugen,  dafe 
bei  letzterem  allein  eine  grüne  Farbe  erzeugt  wird. 

Wir  müssen  daher  auf  Grund  dieser  Thatsache  und  um  Verwirrungen 
vorzubeugen,  schon  jetzt  zwischen  der  Farbenskala  Liebermanns  bei 
Cholesterin  und  Cholestol  und  der  Farbenskala  Liebbeighs  bei  Cho- 
lesterinfetten  unterscheiden.  Sollte  man  von  chemischer  Seite  den  von 
mir  hervorgehobenen  Unterschied  als  zu  geringfügig  und  unmafsgeblich 
betrachten,  so  würden  die  Angaben  Liebbeighs  über  das  Vorhandensein 
von  Cholesterinfetten  in  verschiedenen  keratinhaltigen  Geweben  —  da- 
runter auch  die  menschliche  Oberhaut  —  nicht  über  jeden  Zweifel 
erhaben  sein. 

Liebreich  hatte  bekanntlich  aus  den  von  ihm  untersuchten  Geweben 
einen  Chloroformauszug  gewonnen,  w^elcher,  nach  dem  Autor,  die  Cho- 
lestolreaktion  lieferte.  -  Wir  haben  aber  gesehen,  dafs  die  Cholestolreaktion 
zunächst  eine  Cholesterinreaktion  ist,  und  da  wir  wissen,  dafs  das  Cho- 
lesterin ein  im  tierischen  Organismus  sehr  verbreiteter  Körper,  und  dab 
er  in  Chloroform  leicht  löslich  ist,  so  schien  immer  der  Zweifel  gerecht- 
fertigt, es  handle  sich  in  den  LiEBREiCHschen  Befunden  um  diesen  letzten 
Körper  und  nicht  um  Cholesterinfette,  um  so  mehr,  als  Liebreich  die 
Cholestolreaktion  bei  aus  dem  Blute  der  Niere,  der  Leber  extrahierten 
Fetten  (?)  fand,  aus  Geweben  und  Organen,  in  denen  das  Vorhandensein 
des  Cholesterins  schon  längst  chemisch  nachgewiesen  ist.* 

Ist  schon  dieser  rein  chemische  Teil  der  hauptsächlich  vom  pharma- 
kologischen Gesichtspunkte  angestellten  Arbeit  Liebreichs  nicht  unan- 
fechtbar, so  kann  ich  seiner  Hypothese  über  die  Natur  des  Eleidins*, 
das  er  als  „ein  Gemenge  von  von  Eiweifs  mit  Cholesterinfett"  ansieht, 
wie  sich  aus  folgendem  noch  mehr  ergibt,  ebenfalls  nicht  beipflichten. 


*  Vielleicht  an  anderm  Orto  werde  ich  auf  die  Thatsache  zurückkommen,  dafs 
fast  alle  Gewebe  und  Organe  verschiedener  Säugetiere  die  MoriRscHOTTsche  und  die 
LiEBERMANNsche  Reaktion  mit  weniger  oder  gröfserer  Schärfe  histo chemisch 
zeigen.  Das  habe  ich  an  Schnitten  resp.  Zupfpräparaten  der  verschiedensten  Organe 
und  Gewebe  von  Ochsen,  Kälbern,  Mäusen,  Menschen  u.  a.  m.  konstatiert.  Das 
Unterhautbindegewebe,  die  Sehnen  und  wenige  andre  Organe  schienen  eine  Ausnahme 
zu  machen.  Das  Gehirn  obengenannter  Tiere  lieferte,  wie  vorauszusehen  war,  die 
Reaktion  in  vollster  Schärfe  und  Schönheit.  Dafs  ich  überall  da,  wo  ich  diese  Re- 
aktionen gefunden,  sie  dem  Vorhandensein  des  Cholesterins  zuschreibe,  ist  selbst- 
verständlich. Diese  ungemein  weite  Verbreitung  des  Cholesterins  unterstützt  gewifs 
meinen  oben  angeführten  Zweifel. 

*  Das  Wort  „Eleidin"  wird  hier  und  in  der  Folge  noch  im  Sinne  Ranviers  und 
als  Synonym  von  Keratohyalin,  als  wären  beide  eine  einheitliche  Substanz,  gebraucht, 
was  sie  in  Wirklichkeit  nicht  sind. 


5 


n. 

An  die  YermutuDg  Liebreichs,  das  Eleidiu  enthielte  Cholesterinfett 
neben  einem  albuminoiden  Körper,  knüpfen  sich  zwei  Arbeiten,  welche, 
ganz  unabhängig  voneinander,  die  Frage  gelöst  zu  haben  beanspruchen. 
Beide  erschienen  im  Jahre  1886  und  stammten  die  eine  von  G.  Lewin, 
die  andre  von  Stickeb.  Es  lohnt  sich  bei  der  Wichtigkeit  des  hier 
behandelten  Gegenstandes,  die  Bauptpunkte  beider  Arbeiten  wieder- 
zugeben. 

Lewin  sagt  nach  einer  ausführlichen  historischen  Übersicht  der 
Frage:  „Bei  dieser  Sachlage  schien  mir  vor  allem  der  Versuch  indiziert, 
ob  sich  speziell  in  der  Körnerschicht  ein  Cholesterinfett  nachweisen  lasse. 
Dieser  Versuch  ist  mir  mittels  der  von  C.  Liebebmann  für  das  Oho- 
lestol  angegebenen  Reaktion,  bei  deren  Ausführung  mir  cand.  med. 
Meyebbon  behilflich  war,  gelungen.  Das  Verfahren  ist  folgendes: 
Einen  dünnen  Hautschnitt  läfst  man  auf  dem  Objektträger  an  der  Luft 
antrocknen,  zieht  das  Pi'äparat  mehrmals  über  eine  Gasflamme  und  giefst 
dann  einige  Tropfen  Essigsäureanhydrid  hinzu,  so  dafs  es  etwas  von  der 
Flüssigkeit  umgeben  bleibt.  Jetzt  wird  etwas  konzentrierte  HgS04  mittels 
eines  fein  ausgezogenen  Glasstabes  auf  die  Mitte  des  Präparates  gebracht. 
Hierbei  sieht  man  schon  makroskopisch  einen  rosafarbigen 
Streifen  auftreten.  Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung 
kann  man  dann  diesen  Streifen  als  Stratum  granulosum  und 
Stratum  lucidum  erkennen.  Allmählich  geht  die  Rosafärbung 
durchs  Violette  ins  Smaragdgrüne  über.  Die  Reaktion  zeigt  nicht 
immer  diese  typische  Farbenskala,  doch  stets  die  schlieMiche  Grünfärbung, 
welche  bisweilen  ins  Gelbliche  spielt.  Elrwähnen  will  ich  noch,  dalj» 
man  auch  in  der  Hornschicht  zwischen  den  verhornten  Zellen  einzelne 
kleine  Kügelchen  sieht,  die  diese  Reaktion  zeigen.  Wenn  man  nicht 
annehmen  will,  dafs  diese  durch  die  Fräparation  aus  dem  strat.  granuL 
dort  hingelangt  sind,  so  spräche  dies  noch  mehr  für  die  von  Liebbeich 
angedeutete  physiologische  Bedeutung  der  Körnchen  für  die  Einölung  der 
Hornsubstanz.** 

Ich  vermisse  in  dieser  Beschreibung  die  näheren  Angaben  betreffend 
die  Abstammung  und  Natur  der  verwendeten  Hautstücke.  Hinsichtlich 
des  chemischen  Charakters  der  Untersuchung  konnte  es  doch  nicht  gleich- 
gültig sein,  ob  die  Haut  frisch  oder  konserviert  war.  Wir  vermissen  in 
ihr  sodann  eine  genauere  Begrenzung  des  grünen  Streifens,  besonders  aber 
Angaben  über  seine  Beziehungen  zu  den  einzelnen  Zellen  und  den 
Kömern  der  Körnerschicht,  endlich  solche  über  das  Schicksal  dieser 
Zellen  und  Körner  nach  erfolgter  Reaktion.  Die  weiteren  Mitteilungen, 
die  der  Autor  in  seiner  Abhandlung  sich  vorbehalten  hatte,  sind  bis  jetzt 
leider  nicht  erschienen. 


6 

Sticker,  dem  Titel  seiner  Arbeit  entsprechend,  machte  zum  Gegen- 
stand seiner  Untersuchungen  die  Schafhaut.  Sein  Verfahren  und  Befund 
sind  folgende:  „Da  ich  meine  ersten  Versuche  an  wohlgelungenen 
Schnitten  von  gehärteten  Präparaten  anstellen  wollte,  legte  ich  Cholesterin- 
fett  auf  Glasscherben  fein  ausgestrichen,  sechs  Wochen  lang  in  M.  Fl.^, 
später  14  Tage  in  absol.  Alkohol.  Nach  Auflösung  des  so  behandelten 
Fettes  in  Essigsäureanhydrid  und  nach  Zusatz  von  Acid.  sulf.  concentr. 
trat  eine  vorübergehende  rosarote  und  eine  darauf  folgende  tiefgrüne 
Färbung  ein.  Hiermit  war  der  experimentelle  Beweis  geliefert,  dafs 
Cholesterinfett  auch  nach  der  obigen  Konservierung  seine  charakteristi- 
schen Reaktionen  beibehält." 

„Ich  nahm  nun  Schnitte  von  in  M.  Fl.  gehärteten  und  in  Alkohol 
aufbewahrten  Hauttstücken,  legte  dieselben  auf  Objektträger,  übergofe 
dieselben  mit  Essigsäureanhydrid  und  bedeckte  dieselben  mit  vorher  mit 
konzentrierter  Schwefelsäure  angefeuchteten  Deokgläschen.  Bald  trat  in 
den  Zellen  des  rete  Malpighii,  besonders  des  str.  granulosum  und  im 
str.  lucidum  eine  schwach  grünliche  Färbung  auf,  die  in  ersteren  in 
Form  von  Pigmentkügelchen,  in  letzteren  mehr  diflPus  erschien.  In  der 
Nähe  der  Talgdrüsen  blieb  diese  Reaktion  aus.  War  der  Objektträger 
vorher  etwas  erwärmt,  so  ging  der  grünen  eine  rosarote,  kurz  andauernde 
Färbung  vorher." 

„An  den  noch  in  der  Haut  steckenden  Teilen  der  Wollhaare  be- 
obachtete ich  an  der  Wurzelscheide,  sowohl  intra-  als  extracelluläre  kleine 
gelbgrünlich  gefärbte  Kügelchen;  intracellulär  im  untern  Drittel,  extra- 
cellulär  im  mittlem  Drittel  des  Wollhaares.  Auch  in  den  HuxLEYschen 
Zellen  der  Haarscheide  fanden  sich  bisweilen  diese  Kügelchen.  Das  Auf- 
finden derselben  gelang  aber  erst,  wenn  sämtliches  aufiallendes  Licht  ab- 
geblendet war  und  der  durchfallende  Lichtkegel  eine  geringe  Stärke 
besafs." 

„Das  auf  diese  Art  von  mir  nachgewiesene  Cholesterinfett  in  der 
Haut  und  im  Wollhaare  des  Schafes  kommt  demnach  genau  an  den 
Orten  vor,  wo  man  die  unter  dem  Namen  Eleidin  bekannten  Gewebe 
aufgefunden.  Da  nun  andre  mikroskopische  Reaktionen  für  eine  eiweifs" 
iirtige  Natur  des  Eleidins  sprechen,  so  komme  ich  zu  dem  Schlüsse: 
Eleidin  ist  ein  Gemenge  von  Eiweifs  und  Cholesterinfett.  Dieses  Eleidin 
ist  das  eigentlich  geschmeidig  erhaltende  Fett  der  Haut  und  der  Haare. 
Das  Talgdrüsenfett  ist  nur  additioneil  und  spielt  nur  die  Rolle  eines 
Neutralisators  des  unter  Umständen  überreichlich  gebildeten  Eleidins." 

In  dieser  Beschreibung  begegnen  wir  allerdings  schon  genaueren 
Angaben  über  die  Lokalisation  des  Cholesterinfettes.     Jedoch  scheint  mir 

-'  Es  soll  wohl  heifseu  MCLLKRscbe  Flüssigkeit. 


der  Schlnfs  des  Autors  seinem  Befimde  nicht  entsprechend,  da  er  nirgends 
sagt,  dafs  die  Ton  ihm  durch  die  Reaktion  hervorgernfenen  Pigment- 
kügelchen  die  Eleidingrannia  selbst  seien.  Stigkeb  yersteht,  wie  man 
hierfür  wissen  muDs,  unter  „Wuizelscheide''  die  Stachelschicht  des  Haar- 
balges (früher  sogenannte  „äubere  Wurzelscheide  **)  und  behauptet,  dais 
man  hier  Eleidin  gefunden  habe.  Nun  hat  aber  noch  kein  Mensch  je 
in  der  Stachelschicht  des  Haaibalges  weder  Eleidin  noch  Keratohyalin 
nachgewiesen. 

Ebenso  wenig  verstehe  ich,  was  Stigkeb  im  Sinne  hat,  wenn  er 
sich  auf  einen  bekannten  Gehalt  der  HuxLETschen  Zellen  an  Eleidin 
bezieht.  Auch  ein  solcher  ist  ja  noch  nie  irgendwo  behauptet  und  nach- 
gewiesen worden.  Das  von  ünka  hier  nachgewiesene  Keratohyalin  findet  sich 
bekanntlich  nur  in  den  Mutterzellen  der  HuxLETschen  und  HENLEschen 
Scheiden.  Es  wäre  also  Stickebs  Aufgabe  gewesen,  wenn  er  die  Identität 
seiner  Granula  mit  dem  Keratohyalin  von  Unna  an  diesem  Fundort 
nachweisen  wollte,  zu  zeigen,  daüsi  seine  Granula  von  Gholesterinfett  genau 
an  die  Matrices  beider  Scheiden  gebunden  seien,  nicht  aber  an 
diese  selbst  oder  sogar  nur  an  eine  von  ihnen. 

Sodann  teilt  Sticeeb  uns  nicht  mit,  welche  EiweÜBreaktionen  er  an 
den  Körnern  der  Körnerschicht  gefunden,  und  da  er  ja  seine  grünen 
Granula  thatsächlich  nicht  mit  denselben  identifiziert  hat,  so  fehlt  seiner 
Behauptung,  dals  die  Kömer  ein  Gemenge  von  Eiweifs  und  Fett  seien, 
nach  jeder  Seite  hin  die  Begründung. 

Endlich  ist  mir  durchaus  nicht  yerständlich,  was  es  heilsen  soll,  daJs 
das  Talgdrüsenfett  nur  „additioneil"  ist  und  ein  überreichliches  (siol) 
Meidin  neutralisieren  (I)  soll.  Weshalb  soll  das  Eleidinfett  (im  Sinne 
LiEBBBiGHs  und  Stickebs)  normalerweise  überreichlich  produziert  werden? 
Kann  man  sich  vorstellen,  dafs  eine  so  konstante  Bildung  wie  die  Talg- 
drüsen an  den  Haaren  nur  eine  Art  Hemmungseinrichtung  für  das  Über- 
mals einer  andren  Bildung  sei?  Was  heifst  es  denn,  dafs  ein  Fett 
^neutralisiert**  wird  und  dazu  noch  durch  ein  andres  Fett?  Mich  dünkt, 
zwei  Fette  zusammen  sind  noch  fetter  als  eines  allein.  Hier  hat  Sticebb 
entschieden  ein  grofses  Wort  gelassen  ausgesprochen. 


III. 

Meine  erste  Aufgabe  war  die  Nachprüfung  der  Resultate  von  Lewin 
und  Stiokbb.  Ich  wählte  als  Untersuchungsmaterial  frische  Haut  von 
der  FuTssohle,  die  wegen  ihrer  beträchtlichen  Dicke  am  geeignetsten 
erschien.  Um  das  Hinzukommen  von  Alkohol  oder  sonstigen  fremden 
Stoffen  möglichst  zu  vermeiden,  wurden  die  Hautstücke  zwischen  Hol- 
lundermark  mit  freier  Hand  in  Schnitte   zerlegt.     Anderseits,  da  ich  viel 


8 

Gewicht  darauf  legte,  das  Eleidin  möglichst  in  seiner  natürlichen  Lagerung 
unherührt  zu  erhalten,  besonders  aber  es  nicht  durch  den  Schnitt  in  die 
höheren  Lagen  der  Homschicht  künstlich  zu  transportieren,  so  schnitt 
ich  von  der  Epidermis  nach  der  Cutis  zu  und  putzte  nach  jedem  ein- 
zelnen Schnitte  sorgfältigst  das  Messer  mittels  eines  in  Äther  getauchten 
Pinsels  ab,  was  das  Messer  sofort  sauber  und  trocken  machte.  Die  auf 
diese  Weise  angefertigten  Schnitte  wurden  direkt  auf  Objektträger  ge- 
bracht und  auf  denselben  in  der  Sonne  oder  über  einer  Gasflamme  an- 
getrocknet. 

Nehmen  wir  jetzt  einen  Schnitt  und  behandeln  wir  ihn  nach  Lewins 
und  Stigkebs  YerfEihren,  d.  h.  übergielsen  wir  ihn  zunächst  mit  Essig- 
säureanhydrid.  Da  wir  wissen,  dafs  Cholesterinfett  in  letzterem  löslich 
ist,  so  würden  sich  die  Körner  der  Körnerschicht  ganz  oder  mindestens 
zum  Teil  auflösen,  wenn  dieselben  ganz  oder  teilweise  aus  Cholesterinfett 
beständen.  Wir  sehen  aber,  im  Gegenteil,  dafs  die  Körner  nach  wie 
vor  der  Behandlung  mit  Essigsäureanhydrid  unberührt  in  derselben  Fomi 
und  Anordnung  bestehen,  was  uns  die  unmittelbare  Untersuchung  der 
Schnitte  oder  dieselbe  nach  Färbung  durch  Fikrokarmin  oder  Häma- 
toxylin  am  deutlichsten  zeigt.  Also:  die  Körner  der  Körnerschicht 
sind  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  Essigsäureanhydrid 
unlöslich.  Meine  diesbezüglichen  Resultate  bestätigen  übrigens  nur 
eine  schon  seit  langem  bekannte  Thatsache,  die  insbesondere  durch 
Waldeter  hervorgehoben  wurde.  Dieser  Autor  sagt:  ,, Essigsäure,  ins- 
besondere Eisessig,  lälst,  ähnlich  dem  Ammoniak,  die  Kömer  im  Pferde- 
hufe anfangs  besonders  deutlich  erscheinen,  indem  dadurch  eine  Mengo 
andrer  Bestandteile  der  Zellen  quellen,  gelöst  und  durchsichtig  gemacht 
werden  und  so  die  widerstandsfähigeren  Eleidinhörner  desto  deutlicher 
hervortreten.  Diese  Wirkung  äuTsert  sich  in  ganz  gleicher  Weise  überall, 
wo  wir  das  Eleidin  finden.  Man  kann  daher  die  Essigsäure,  insbesondere 
in  der  konzentrierten  Form  als  Eisessig,  entweder  allein  oder  in  Ver- 
bindung mit  Karminfärbung,  ebenso  wie  das  Ammoniak  voiieilhaft  zum 
mikroskopischen  Nachweis  des  Eleidins  verwenden "" 

Hat  das  Essigsäureanhydrid  eingewirkt,  so  bringen  wir  mittels  eines 
feinen  Glasstäbchens  ein  winziges  Tröpfchen  konzentrierter  SO4H2  auf 
den  Schnitt  und  bedecken  ihn,  um  dem  störenden  Zusammenrollen  des- 
selben vorzubeugen,  sofort  mit  einem  Deckgläschen.  In  den  günstigsten 
Fällen  werden  wir  folgendes  bemerken:  Nach  einer  bis  einigen  Minuten 
tritt  zunächst  in  den  Knäueldrüsen  und  Knäueldrüsengängen,  sodann  in 
der  Stachelschicht,  in  den  Gefklsen  und  in  den  Nerven,  später  in  der 
Hornschicht  eine  goldgelbe  Farbe  auf,  die  nur  eine  kurze  Zeit  dauert 
und  stufenweise  ins  Orange,  Rot,  Purpur,  Violett  übergeht.  Li  20  bis 
30  Minuten   hat    der    Schnitt    die    ganze  Farbenskala  gewöhnlich  durch- 


9 

gemacht.  Das  Violett  bleibt  als  solches  eine  längere  Zeit  bestehen,  oft 
24  Stunden  nnd  mehr,  zuweilen  geht  es  in  Blau  über.  Niemals 
jedoch  habe  ich  weder  die  schwach  grünliche  Färbung  Stigkers, 
noch  das  Smaragdgrün  Lewins  zu  Gesicht  bekommen.  Die 
violette  Farbe,  die  ich  angesichts  ihrer  grölseren-  Beständigkeit  näher 
bezeichnen  will,  war  eine  diffuse  in  dem  oben  geschilderten  Gebiete, 
nur  die  Kerne  der  Stachelschicht  und  der  Schweifsdrüsen- 
zellen schienen  etwas  dunkler  gefärbt  hervorzutreten;  die 
Eleidinkörner  traten  dagegen  nicht  intensiver  gefärbt  als  das 
Zellprotoplasma  hervor,  und  das  benachbarte  Stratum  lucidum 
zeichnete  sich  durchaus  nicht  vor  den  umliegenden  Schichten 
durch  eine  dunklere  Tingierung  aus.  Das  Kollagen  blieb  ganz 
unge&rbt,  was  gegenüber  der  schönen,  intensiven,  hervortretenden  Färbung 
der  Schweiisdrüsenkuäuel  und  -gäuge,  sowie  der  G^fäise  und  Nerven, 
einen  merkwtlrdigen,  frappanten  Kontrast  hervonief. 

Dasselbe  Resultat  glückte  mir  durch  Behandlung  der  Schnitte  mit 
SO4H2,  ohne  vorherigen  Zusatz  von  Essigsäureanhydrid  —  also  dui'oh 
die  alte  MoLEsCHOTTsche  B;eaktion  — ,  nur  ging  die  Reaktion  in  diesem 
Fall  etwas  langsamer  vor  sich  und  war  die  Handhabung  der  Schnitte 
auch  eine  schwerere. 

Ich  will  auiserdem  hinzufügen,  dafs  das  direkte  Sonnenlicht  die 
Bildung  der  Farbenskala  begünstigt,  indem  letztere  rascher  und  voll- 
ständiger auftritt.  Indessen  habe  ich  mich  überzeugt,  dafs  diese  Wirkung 
der  Sonnenstrahlen  weder  auf  das  luminöse,  noch  auf  das  chemische, 
sondern  auf  das  thermische  Spektrum  zurückzuführen  ist.  Femer  möchte 
ich  noch  folgende  Thatsache  anführen:  Schnitte,  bei  denen  die  Farben- 
skala sich  gezeigt  hatte  und  schon  verschwunden  war,  wurden  noch  ein- 
mal der  Behandlung  mit  Essigsäureanhydrid  und  Schwefelsäure  oder  mit 
letzterer  allein  unterzogen.  Sie  zeigten  dabei  oft  noch  die  letzte  Farbe 
der  Skala,  das  Violett,  trotz  ihres  gequollenen  Zustandes.  Allerdings 
betraf  die  Färbung  hierbei  blofs  die  Horuschicht  und  zwar  auf  eine 
gleich  mäfeig  diffuse  Weise,  da  die  andern  Teile  der  Epidermis  und  der 
Cutis  als  von  weniger  widerstandsfähiger  BeschaiBPenheit  schon  mehr  oder 
weniger  von  der  Schwefelsäure  zerstört  waren. 

Aus  all  diesen  Thatsachen  geht  zunächst  hervor: 

1.  Durch  die  LiEBERMANNsche  und  die  alte  MoLESOHOTTsche  Reaktion 
läfet  sich  in  der  Haut  und  in  der  Oberhaut  die  Anwesenheit  des  Cho- 
lesterins mikrochemisch  nachweisen. 

2.  Durch  dieselben  Reaktionen  werden  jedenfalls  nicht  die  Kömer 
der  Körnerschicht  in  spezifischer  Weise  dargestellt. 

3.  Die  LiEBREiCHsche  Farbenskala,  die  das  Vorhandensein  von 
Cholesterin  fetten  nachweisen  soll,  läfst  sich  in  der  Haut,  speziell  in  den 


KörDeru    der    Könierschiclit    nicht    mitteb    Easigsänre  and  ScbwefelaAot« 
hervormfen. 

IV. 

Ein  grofaer  Widerspruch  war  zwischen  diesen  meinen  Befanden  nnd 
denjenigen  Lbwinb  und  Sticegrs  hervorgetreten.  Ich  hatte  mich  deshalb 
nach  der  eingreifenden  Behandlung  mittels  Essig-  und  Schwefelsäure 
ejtzt  auch  um  das  weitere  Schicksal  der  Körner  der  Körnerschicht  zu 
kämmern  und  versuchte  dieselben  zu  diesem  Zwecke  nachträglich  durch 
Färbung  deutlich  zu  machen.  Das  war  keine  ganz  einfache  Aufgabe, 
denn  die  konzentrierte  Schwefelsaure  hatte  die  Schnitte  stark  erweicht, 
die  Elemente  zum  Aufquellen  gebracht  und  zum  Teil  zerstört. 


Zunächst  wurden  die  Schnitte  in  situ  Ämmoniakdämpfen  ausgesetzt 
und  somit  neutralisiert.  Alsdann  wurden  sie  sorgfältigst  ausgespült  und 
endlich  entweder  mit  Hamatoxylin  oder  mit  Pikrokarmin  nachge&rbt. 
Indessen  trat  keine  besondei's  schone  Färbung  ein,  sondern  eine  diffuse, 
verschwommene  und  schmutzige.  Die  sonst  mit  oben  genanuten  Farb- 
stoäen  sich  gut  färbenden  Kerne  traten  dabei  nicht  ioteosiver  gefärbt  als 
das  Protoplasma  hervor,  geschweige  denn  die  Kömer.  Ein  oder  zwei 
mal  glaubte  ich  jedoch  sie  nachgetiirbt  zu  haben,  allein  das  konnte  nicht 
als  über  jeden  Zweifel  erhaben  erwiesen  werden.  Ich  ging  deshalb  zu 
einer  Modifikation  des  Verfahrens  über,  dank  welcher  die  Naobf^bung 
leichter  ausführbar  wurde. 


11 

Ich  bediente  mich  dabei  von  Unna  konstruierter  Objektträger  und 
eines  Spülapparates,  welche  ich  an  anderm  Orte^  beschrieben  habe  und 
deren  Abbildungen  ich  hier  zur  besseren  Verständigung  wiedergebe. 

Ich  legte  die  Schnitte  auf  die  betreffenden  Objektträger  und 
behandelte  sie,  wie  früher,  mit  Essigsäureanhydrid,  alsdann  lieÜB  ich 
meinen  Spülapparat  funktionieren,  wobei  die  Schnitte  mit  einer  schwachen 
Schwefelsäurelösung  unter  stetiger  mikroskopischer  Beobachtung  durch- 
spült wurden. 

Wohl  zeigte  sich  durch  dieses  Verfahren  keine  Farbenskala  wie 
zuvor,  doch  trat  die  beständigere,  terminale,  violette  Färbung 
ein  und  zwar  diffus  in  der  ganzen  Oberhaut,  jedoch  inten- 
siver in  den  Kernen  der  Stachelschicht.  Die  Körner  der 
Körnerschicht  traten  dagegen  nicht  durch  eine  dunklere 
Tingierung  hervor. 

Sobald  diese  Thatsache  feststand,  liefs  ich 
zum  Neutralisieren  eine  Ammoniaklösung  hindurch- 
fliels^^n,  sodann  destilliertes  Wasser  und  endlich 
Pikrokarmin.  Auf  diese  Weise  gelang  es  mir  in 
der  That  auch  die  Körner  nachträglich  deutlich  zu 
filrben.  Die  Behandlung  von  Hautschnitten  mit 
EiSsigsäureanhydrid  und  Schwefelsäure  hatte  somit 
die  Körner  der  Körnerschicht  ziemlich  unange- 
griffen bestehen  lassen.  Dafs  Lewin  und  Stickbb 
die  von  ihnen  gesehenen  Farbgranula  nicht  genau 
auf  die  Kömer  der  Kömerschicht  beziehen  konnten, 
lag  also  nicht  etwa  daran,  dafs  dieselben  durch 
die  Reaktion  notwendig  zerstört  werden  mulsten, 
denn  bei  vorsichtiger  Anwendung  des  Verfahrens 
konnte  ich,  wie  oben  gesagt,  nachträglich  noch  die 
Kömer  an  Ort  und  Stelle  nachweisen. 

Es  lassen  sich  indessen  noch  vielfach  Gründe 
anführen,  die  gegen  die  Annahme  Liebkeichs, 
Eleidin  sei  ein  Gemenge  von  einem  albuminoiden 
Körper  und  Cholesterinfett,  sprechen. 

Bekanntlich  zeigen  die  Kömer  der  Kömerschicht  bei  der  Behandlung 
mit  Osmiamsäure  so  gut  wie  keine  Färbung.  Ich  fand,  dafs  sie  auch 
von  Alkanna  nicht  gefärbt  werden.  Lanolin  dagegen,  das  reines  Choles- 
terinfett darstellen  soll,  färbt  sich  mit  Osmiumsäure  schwarz,  mit  Alkanna 
rosarot.     Lanolin  ist  auiserdem  in  Äther  und  Chloroform  löslich.    Nimmt 


Flff.  2. 


*  SoHWENiHOBRs  Mütlg.  a.  d.  dermat.  Klinik  d.  Charite.  Heft  6  u.  7.  1888. 


12 

man  dagegen  Hautschnitte  und  sohüttelt  man  sie  in  letzteren  Keagenzien, 
60  kann  man  sich  leicht  überzeugen,  dafs  die  Körner  der  KOrnersohicht 
unberührt  geblieben  sind;  sie  lassen  sich  nämlich  in  denselben  Schnitten 
nachträglich  mit  Pikrokarmin  und  Hämatoxylin  gut  färben. 

Auf  Grund  aller  dieser  Thatsachen  glaube  ich  mich  berechtigt  zu 
dem  Ausspruche,  dafs  die  Körner  der  Körnerschicht  sicher  kein 
Cholesterinfett  und  überhaupt  kein  Fett  enthalten.  Daher  ist  auch  die 
Hypothese  Liebrbighs  und  Stigkers,  Eleidin  sei  ein  Gemisch  von  einem 
albuminoiden  Stoff  und  Cholesterinfett,  nicht  aufrecht  zu  erhalten. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Aus  den  stadtischen  Krankenanstalten  zu  Elberfeld. 

Über  das  Hydroxylamin,  als  neues,  wichtiges  dermatotherapentdsches 

HeilmitteL 

Von 
Dr.  P.  J.  Eichhoff, 

Oberarzt  der  Abteilung  für  Hautkrankheiten  und  Syphilis  der  städtischen 

Krankenanstalten  zu  Elberfeld. 

Aufmerksam  gemacht  durch  Geheimrat  Prof.  Binz'  Arbeit;  Toxi- 
kologisches über  das  Hydroxylamin  [Virchows  Archiv,  Bd.  113),  und 
besonders  veranlalst  durch  die  Ermunterung  des  Autors  am  Schlufs  dieser 
Arbeit,  dafs  das  Hydroxylamin  als  sehr  stark  reduziei*endes  Mittel  die 
Pyrogallussäure  und  das  Chrysarobin  in  der  Dermatotherapie  zu  ersetzen 
imstande  sei,  da  es  die  guten  Eigenschaften  derselben  besitzt,  ohne  die 
schlechten,  nämlich  die  Haut,  Wäsche,  Verbandmaterial  etc.  zu  färben, 
als  unangenehme  Begleitung  zu  haben,  liels  ich  das  Präparat  gleich  für 
meine  Abteilung  in  den  städtischen  Krankenanstalten  anschaffen. 

Die  mit  dem  Hydroxylamin  erzielten  Heilerfolge  sind  so  günstige 
und  zur  weiteren  Anwendung  ermunternde,  dafs  ich  mich  schnell  ent- 
schlossen habe,  die  bis  jetzt  erreichten  Resultate,  wenn  es  ja  auch  in 
anbetracht  der  Zeit  der  Anwendung,  nämlich  zwei  Monate,  nur  erst 
wenige  sein  können,  doch  schon  jetzt  mitzuteilen,  um  auch  andre  Fach- 
genossen aufmerksam  auf  das  Mittel  zu  machen  und  zu  weiteren  Ver- 
suchen und  Anwendung  desselben  anzuregen. 


13 

Da  nun  aber  das  Mittel  einesteils  in  bezng  auf  seine  chemische  Zu- 
sammensetzung und  Eigenschaften  ein  sehr  interessantes,  anderseits  in 
bezug  auf  seine  Wirkungen,  was  ja  für  die  Anwendung  in  der  Therapie 
von  grofser  "Wichtigkeit  ist,  ein  sehr  toxisches  und  deshalb  vorsichtig 
anzuwenden  ist,  so  werde  ich  zunächst  einige  Mitteilungen  über  die 
pharmazeutisch  -  chemischen  und  dann  über  die  toxikologischen  Eigen- 
schaften des  Hydroxylamins  hier  einflechten. 

Nach  den  Mitteilungen  des  Herrn  Schwarz,  unsers  Krankenhaus- 
apothekers, der  gleichfalls  für  das  neu  auf  meiner  Abteilung  eingeführte 
Präparat,  das  Hydroxylaminum  hydrochloricum,  ein  grofses  Interesse 
hatte,  wurde  durch  Reduzieren  von  Salpetersäure  von  W.  Lossen  im 
Jahre  1865  eine  neue  ammoniakähnliche  Base  dargestellt,  welche  die 
chemische  Zusammensetzung  NH^OH  hat  und  auf  folgende  Weise 
entsteht: 

HNO3  +  6H  =  2H2O  +  NHgOH. 

Der  neue  £örper  wurde  Hydroxylamin  genannnt.  Dasselbe  ist  nur 
in  wässeriger  Lösung  und  in  seinen  Salzen  bekannt;  man  kann  es  als 
Ammoniak  auffassen,  in  welchem  ein  Wasserstoffatom  durch  Hydroxyl 
ersetzt  ist. 

N\  -H>  Ammoniak  N     H     \  Hydroxylamin. 

^H)  H 

Das  Hydroxylamin  bildet  mit  Säuren,  mit  Ausnahme  der  Kohlen- 
säure, gut  kristallisierbare  Salze,  die  auf  gleiche  Weise,  wie  die  ent- 
sprechenden Ammoniaksalze,  durch  direkte  Vereinigung  dieser  Base  mit 
Säuren  entstehen.  Es  hat  ferner  die  Eigenschaft,  mit  Aldehyden  und 
Ketonen  eigentümliche  Verbindungen  —  Aldoxime  und  Ketoxime  —  zu 
liefern  und  gewisse  Metalloxyde,  namentlich  bei  Gegenwart  von  freiem 
Alkali,  z.  B.  FEHLiNQsche  Lösung,  Ferrisalze,  Quecksilberchlorid,  Silber- 
und  Goldsalze  zu  Oxydulverbindungen  resp.  zu  Metall  zu  reduzieren. 
Ferricyankalium  wird  in  alkalischer  Lösung  in  Ferrocyankaliura  über- 
geführt; Kaliumpermanganat  wird  auch  in  saurer  Lösung  in  ein  Mangano- 
salz  verwandelt,  während  das  Hydroxylamin  je  nach  den  Umständen  zu 
Stickoxydul  und  Stickoxyd  oxydiert  wird,  aufserdem  bilden  sich  hierbei 
auch  geringe  Mengen  von  Stickstoffsäuren. 

Hydroxylaminsalze  werden  durch  die  drei  Halogene  bei  Gegenwart 
von  Bikarbonaten  und  Dinatriumphosphat  —  Salze,  welche  im  tierischen 
Organismus  vorkommen  —  unter  Bildung  der  entsprechenden  Waaserstoff- 
säuren  in  Stickoxydul  und  Wasser  zerlegt.  —  Auf  das  Verhalten  des 
Jods    gegen     Hydroxylaminsalze    bei    Gegenwart    von    Kaliumbikarbonat 


14 

gründet   sich  auch  eine  sehr   bequeme    quantitative    Bestimmungsmethode 
des  Hydroxylamins.     Dieselbe  beruht  auf  der  Gleichung: 

2NH,0H.HCl      +  4J  -f-     GKaHO.Oa 

salzsaures  Hydro^ylamin  Kaliumbikarbonat 

K.0        -I-  j4JNa     -1-      2Naa      +     600,        +  7H,(> 

Stickoxydul        Jodkalium         Chlornatriuin        Kohlensäure         Wasser. 

Nach  W.  Meyp;rxngh  und  Donath  wiid  auch  bei  der  Einwirkung 
von  Ferrisalzen  oder  alkalischer  Kupferlösung  das  Hydroxylamin  zu 
Stickoxyd  oxydiert,  während  die  Ferrisalze  zu  Ferroverbinduugen  und 
das  Kupferoxyd  zu  Kupferoxydul  reduziert  werden: 

2Fe,(SOj3  H-         2NH2OHHCI 


Ferrisulfat 

salzBaures  Hydro 

ixylamin 

4PeS0, 

— 

2H3SO^ 

+      N,0      -{- 

H„0 

^- 

2HC1 

Perrosulfat 

Schwefelsäure 

Stickoxydul 

Wasser 

Salzsäure. 

2NH3OH 



4CuO 

N,()      + 

2Cn, 

,0 

-1-  .'{UgO 

Hydroxylamin 

Kupferoxvd 

Stickoxydul 

Kupieroxydul         Wasser 

Setzt  man  nach  Rasciiig  zu  einer  kalten  schwefelsauren  Hydro- 
xylaminlösung  Kaliumpennauganatlösung,  so  tritt  sofort  Entfärbung  ein; 
man  sieht  hieraus,  dais  Hydroxylamin  auch  in  saurer  Lösung  reduzierend 
wirkt.  Es  scheint  hierbei  in  erster  Linie  untersalpetrige  Säure  —  HNO  — 
zu  entstehen,  welche  zum  Teil  aber  weiter  zu  salpetriger  und  schliefslich 
zu  Salpetersäure  oxydiert  wird.  Es  läfst  sich  in  der  That  in  der  farblosen 
Flüssigkeit  mit  den  entsprechenden  Reagenzien  die  Salpetersäure  leicht 
nachM^eisen.  Auch  bei  der  Einwirkung  von  Wasserstoffsuperoxyd  auf 
Hydroxylamin  wird  dieses  in  Salpetersäure  übergeführt. 

Das  wichtigste  Salz  des  Hj^droxylamins  ist  das  salzsaure  Hydro- 
xylamin, Hydroxylammoniumchlorid  NHgOH.HOl;  dasselbe  stellt  gut 
ausgebildete,  farblose,  stark  hygroskopische  Kristalle  dar,  welche  in 
Wasser,  Glycerin  und  Weingeist  leicht  löslich  sind.  Diese  Lösungen 
röten  stark  blaues  Lackmuspapier  und  entfärben  alkalische  Phenolphtalein- 
lösung,  bläuen  aber  nicht  MBRCKsches  Kongopapier.  Durch  alkoholi- 
sche Platinchloridlösung  wird  die  alkoholische  salzsaure  Hydroxylamin- 
lösung  nicht  gefällt. 

Die  Darstellung  des  salzsauren  Hydroxylamins  geschieht  nach  Lossen 
durch  Reduktion  des  Salpetersäure-Äthyläthers  mit  granuliertem  Zinn. 
Nach  Maumene  wird  es  durch   Einwirken    von    Salzsäure    und  Zinn  auf 


15 

Ammoniumnitratlösang  erhalten.  Nach  Ludwig  und  Hein  kann  es  auch 
durch  Leiten  von  Stickoxyd  durch  eine  Mischung  von  Salzsäure  und 
granuliertem  Zinn  gewonnen  werden.  Die  nach  der  einen  oder  andern 
Methode  erhaltene  Lösung  wird  von  dem  ungelöst  gebliebenen  Zinn  ab- 
gegossen; sie  enthält  neben  Chlorammonium,  Zinnchlorür  und  Zinn- 
chlorid salzsaures  Hydroxylamin.  Nach  Entfernung  des  Zinns  durch 
Schwefelwasserstoff  wird  die  filtrierte  Flüssigkeit  bis  fast  zur  Trockne  ein- 
gedampft, und  dem  Kückstande  das  salzsaure  Hydroxylamin  durch  Aus- 
kochen mit  Alkohol  entzogen.  Die  konzentrierte,  heilse,  alkoholische 
Lösung  wird  nun  zur  Entfernung  des  mitgelösten  Chlorammoniums  mit 
heifser  alkoholischer  Platin chloridlösung  versetzt  und  schliefslich  das 
salmiakfreie  alkoholische  Filtrat  nach  dem  Eindampfen  zur  Kristallisation 
gebracht.  In  der  neuesten  Zeit  soll  nach  einem  patentierten  Verfahren 
das  salzsaure  Hydroxylamin  durch  wechselseitige  Einwirkung  von  Natrium- 
sulfit und  Natriumnitrit  hergastellt  werden,  wobei  zunächst  ein  hydroxyl- 
amindisulfonsaures  Salz  entsteht,  das  sich  weiter  durch  Erhitzen  in 
Hydroxylaminsulfat  überführen  löfst.  Aus  letzterem  wird  schliefslich 
durch  Umsetzung  mit  der  berechneten  Menge  Baryumchlorid  salzsaures 
Hydroxylamin  erhalten. 

Mit  Rücksicht  auf  den  jetzt  relativ  niedrigen  Preis  des  Salzsäuren 
Hydroxylamins  ist  in  der  neuesten  Zeit  seine  Anwendung  als  Reduktions- 
mittel in  der  Photographie  und    analytischen  Chemie    empfohlen  worden. 

Das  salzsaure  Hydroxylamin  kann  je  nach  der  Darstellungsmethode 
verunreinigt  sein  durch  freie  Salzsäure,  Eisen  —  aus  dem  Zinn  stammend  — , 
Chlorammonium  und  Chlorbaryum. 

Die  freie  Salzsäure  läfst  sich  durch  blaues  Lackmuspapier  schon  des- 
halb nicht  nachweisen,  weil  die  Lösungen  auch  des  chemisch  reinen 
salzsauren  Hydroxylamins  blaues  Lackmuspapier  stark  röten  und  alkalische 
Phenolphtalemlösung  entfärben.  Man  ist  sogar  in  der  Lage,  alle  an  da^ 
Hydroxylamin  gebundene  Salzsäure  unter  Benutzung  von  Phenolphtalei'n- 
lösung  als  Indikator  mit  Normalalkali  acidimetrisch  zu  bestimmen,  weil 
freies  Hydroxylamin  Phenolphtaleln  unverändert  läfst.  —  Freie  Salzsäure 
läfst  sict  am  einfachsten  durch  Kongopapier  (E.  Merck)  nachweisen; 
dasselbe  darf  durch  eine  Lösung  des  salzsauren  Hydroxylamins  nicht  ge- 
bläut werden.  —  Die  wässerige  Lösung  des  Salzes  darf  weder  durch 
Rhodankalium  noch  Perricvankalium  verändert  werden  —  Eisen  — . 
Die  alkoholische  Hydroxylaminsalzlösung  darf  durch  alkoholische  Platin- 
chloridlösung nicht  gefallt  werden  —  Chlorammonium  — .  Verdünnte 
Schwefelsäure  darf  in  der  wässerigen  Lösung  des  Präparates  keine  Ver- 
änderung hervorrufen  —  Chlorbaryum  —  .  Auf  dem  Platinblech  er- 
hitzt, darf  das  Präpamt  keine  fixen  Bestandteile  hinterlassen,  sondern 
mufs  völlig  flüchtig  sein. 


16 

Zur  weiteren  Beurteilung  der  Reinheit  des  Präparates  sind  besonders 
die  mafsanalytisclien  Bestimmungen  der  Salszäure  und  des  Hydroxylamins 
geeignet. 

Bestimmung  der  Salzsäure :  0,695  g  salzsaures  Hydroxylamin  werden 
in  20  com  Wasser  gelöst  und  nach  dem  Versetzen  mit  einigen  Tropfen 
Phenolphtalelnlösung  so  lange  mit  Normalkalilauge  versetzt,  bis  bleibende 
Kötung  der  Flüssigkeit  erfolgt.  Es  dürfen  bis  zum  Eintritt  der  roten 
Farbe  nicht  mehr  als  10  ccm  Normalalkalilauge  verbraucht  werden.  Der 
Eintritt  der  roten  Farbe  geht  bei  reinen  Präparaten  ohne  jeden  Übergang 
Yor  sich,  ein  Tropfen  überschüssiger  Normalkalilauge  färbt,  nachdem  alle 
Salzsäure  an  Kalium  gebunden  ist,  sofort  die  vorher  noch  farblose 
Flüssigkeit  tiefrot.  Die  Gegenwart  von  Chlorammonium  würde  sich 
hierbei  schon  durch  eine  rötliche  undeutliche  Farbennüance  ohne  plötzlichen 
Farbumschlag  verraten. 

Bestimmung  des  Hydroxylamins :  0,695  g  salzsaures  Hydroxylamin 
werden  in  200  ccm  Wasser  gelöst.  Man  bringt  nun  vermittelst  einer 
Pipette  20  ccm  dieser  Lösung  in  ein  geräumiges  Becherglas,  löst  darin 
1  g  zerriebenes  Kaliumbikarbonat  auf  und  lälst  unter  Umrühren  mit 
einem  Glasstabe  so  lange  ^/lo  Normaljodlösung  hinzufliegen,  bis  die 
farblos  werdende  Flüssigkeit  durch  einen  überschüssigen  Tropfen  Jod- 
lösung  gerade  gelblich  gefärbt  erscheint.  Da  nun  1  ccm  ^/loJodlöson^ 
0,003475  g  salzsaurem  Hydroxylamin  gleichwertig  ist,  so  müssen  die 
20  ccm  Hydroxylaminlösuug  auch  20  ccm  ^/loJodlösung  verbrauchen. 

Soweit  über  die  pharmazeutisch-chemischen  Eigenschaften  der  Hy- 
droxylamins. Wir  sehen  daraus,  ein  wie  starkes  Reduktionsmittel  das- 
selbe ist. 

Ich  halte  es  nicht  für  ausgeschlossen,  sondern  im  Gegenteil  wahr- 
scheinlich, dafs  es  auch  als  solches  sich  Eingang  verschafft  in  die 
^rherapie,  besonders  in  bezug  auf  sein  Verhalten  gegenüber  den  drei 
Halogenen,  bei  Gegenwart  von  Bikarbonaten  und  Dinatriumphosphaten. 
Letztere  beiden  Stofie  befinden  sich  ja  im  Organismus;  bringt  man  nun 
das  Hydroxylamin,  etwa  subkutan,  bei  gleichzeitiger  Einverleibung  von 
einem  der  drei  Halogene  in  den  Organismus,  so  wird  sich  auTser 
Stickoxydul  und  Wasser  die  betreffende  Wasserstoffsäure  bilden.  Ich 
überlasse  es  berufeneren  inneren  Therapeutiken!,  hierüber  weitere  Ver- 
suche anzustellen. 

Nur  möchte  ich  nach  dem  Aufsatze  von  Bmz  noch  einiges 
ToxiJsologische  über  das  Hydroxylamin  beifügen.  Zunächst  bildet  sich  bei 
Einverleibung  in  das  Blut  Methämoglobin,  ohne  dafs  dadurch  das  Ver- 
suchstier ge&hrdet  wird,  das  Blut  wird  in  einigen  Minuten  schokoladen- 
braun,   bei    stärkeren    Dosen    als    0,01    auf    1    Kilo  Körpergewicht  tritt 


17 

blutiger  Harn  infolge  des   Zerfalls   der  roten   Blutkörperchen   ein.     Also 
das  Oxyhämoglobin  wird  zu  Methämoglobin  reduziert. 

Femer  wirkt  das  Hydroxylamin  als  Narkotikum  auf  die  Nervenzentren. 
Ob  es  direkt  toxisch  auf  dieselben  einwirkt  und  dadurch  die  Narkose 
verursacht,  oder  ob  letztere  durch  das  sich  im  Blute  bildende  Stick- 
oxydul eintritt,  ist  noch  eine  offene  Frage,  jedoch  möchte  ich  eher  für 
die  letztere  Annahme  mich  entscheiden.  Jedenfalls  ist  die  Bildung  des 
Methämoglobins  nicht  von  Einfluls  auf  die  zentrale  Lähmung. 

Durch  sein  starkes  Reduktionsvermögen  ist  nun  das  Hydroxylamin 
ein  starkes  Gift  für  niedere  Organismen;  und  aus  diesem  Grunde  können 
wir  es  für  die  Dermatotherapie  nicht  warm  genug  empfehlen. 

Es  ergibt  sich  aus  seiner  Wirkung,  anderen  Körpern  Sauerstoff  zu 
entziehen,  von  selbst  das  Feld  seiner  Thätigkeit.  Wir  werden  das 
Präparat  anwenden  gegen  die  verschiedenen  Dermatomykosen  und 
bacillären  Erkrankungen  der  Haut. 

Ich  habe  das  salzsaure  Salz  des  Hydroxylamins,  welches  ja  das 
gebräuchlichste  und  zuverlässigste  Präparat  ist,  in  Anwendung  gebracht, 
und  zwar  bisher  nur  in  folgender  Verdünnung  und  Form: 

9  Hydroxylam.  hydrochlor.    0,1 
Spir.  vin* 

Glyeerini  s&  50,0 

M.  D.  S.  Aufaerlich. 

I         

Mit  dieser  Lösung  habe  ich  die  zu  behandelnden  Hautpartien,  nach- 
dem sie  jedesmal  vorher  mit  Kaliseife  fest  und  energisch  abgewaschen 
waren,  drei-  bis  fünfmal  täglich  einpinseln  lassen.  Es  wurde  diese 
alkoholische  Lösung,  und  nicht  etwa  Salbenform,  von  mir  gewählt,  weil 
eratere  schneller  und  tiefer  in  die  Haut  einzudringen  und  dadurch 
energischer  zu  wirken  vermag,  als  irgend  eine  Salbenform.  Ich  werde 
das  Mittel  demnächst  einer  Seife  einverleiben  und  auch  in  dieser  Form 
in  Anwendung  bringen.  Man  nehme  nur  für  den  Anfang  das  Mischungs- 
verhältnis, wenigstens  in  der  alkoholischen  Lösung,  nicht  stärker  als 
l%o,  da  das  Mittel  eventuell  sehr  stark  reizen  und  toxisch  wirken  kann. 

Es  ist  dann  erst  eine  allmählich  stärker  werdende  Lösung  zu  nehmen, 
wenn  man  sieht,  dafs  die  Patienten  keine  weiteren  Störungen  und  Neben- 
wirkungen zu  erfahren  haben;  ich  bin  jedoch  bisher  noch  stets  mit  der 
Stärke  l%o  ausgekommen,  bei  einigen  Fällen  war  diese  sogar  noch 
zu  stark. 

Von  mir  wurden  bis  jetzt  auf  diese  Weise,  wie  oben  geschildert, 
fünf  Fälle  von  Lupus  vulgaris,  fünf  Fälle  von  Herpes  tonsurans  capillitii 
und  ein  Fall  von  Sykosis  parasitaria  faciei  behandelt. 

Ich  will  hier  nicht  in  extenso  die  einzelnen  Krankengesohichten 
mitteilen,  sondern  vorläufig  nur  erwähnen,  dafs  gerade  bei  Lupus  die  Er- 
folge sehr  schön  und  ermutigend  sind. 

Monatahefte.  2 


18 

Unter  den  fünf  Lupusfällen  befand  sich  ein  sehr  entstellender  Lupus 
hypertrophicus  faciei.  Beide  Wangen  sind  ergriflFen,  die  Nase  und  Ober- 
lippe elephantiastiscb  verdickt  und  ulcerierend.  Schon  nach  circa  8  tägigem 
Gebrauch  des  Hydroxylamins  wurden  die  hypertrophischen  Stellen  zur 
normalen  Gröfee  und  Gestalt  zurückgebildet,  die  zahlreichen  Lupns- 
knötchen  und  kleinen  Geschwürchen  heilen  zusehends  aus.  Nach  ca. 
4  wöchentlichem  Gebrauch  ist  die  ganze  Stelle  mit  einer  glatten  Narbe 
bedeckt.  Der  Lupus  ist  natürlich  hiermit  noch  nicht  geheilt,  sondern 
wird  noch  einer  längeren  Behandlung  bedürfen,  aber  die  Patientin  ist 
damit  soweit  hergestellt,  dals  sie  entlassen  und  ambulant  mit  dem  Mittel 
weiter  behandelt  werden  kann;  denn  dazu  fordert  der  bisher  erzielte  Er- 
folg in  jeder  Hinsicht  auf. 

Eine  andre  Patientin  wurde  mit  derselben  l^oo  Lösung  an  Lupus 
pedis  behandelt.  Sämtliche  5  Zehen  und  ein  Teil  des  Mittelfufses  sind 
befallen.  Ich  liefs  hier  das  Mittel  in  wasserdichtem  Verbände  applizieren 
Es  trat  eine  ziemlich  heftige  Reaktion:  Schwellung  des  Pulses  und 
Exulceration  der  Knötchen,  ein.  Nach  5  Tage  langer  Einwirkung  setzte 
ich  das  Mittel  aus  und  liefs  den  Pufs  unter  Borsalbe  heilen;  auch  hier 
schöne,  befiriedigende  Narbenbildung. 

Ähnlich  bei  den  drei  anderen  PäUen. 

Sodann  wurde  das  Hydroxylamin  bei  Herpes  tonsurans  capillitii 
(Sykosis  capitis)  in  fünf  Pällen  gebraucht.  Es  reizte  hier  im  Anfang 
sehr  stark,  indem  Entzündung  und  Eiterung  der  Kopfhaut  entstand, 
jedoch  war  der  Erfolg  auch  um  so  besser. 

In  einem  Palle  von  Sykosis  faciei  war  auch  der  Erfolg  bei  obiger 
Anwendungsweise  ein  sehr  guter. 

Ich  werde  das  Mittel  bei  noch  anderen  Erkrankungs&Uen  seine 
Wirkung    entfalten  lassen  und  seiner  Zeit  mehr  darüber  berichten. 

Es  würde  sich  empfehlen,  zunächst  bei  Psoriasis  und  den  parasitären 
seborrhoischen  Ekzemen  weitere  Versuche  mit  demselben  anzustellen. 

Auch  denke  ich  nair,  dafs  bei  Lepra  Erfolge  damit  zu  erzielen  sind, 
hier  vielleicht  bei  subkutaner  Anwendung  (mit  und  ohne  gleichzeitigen 
Gebrauch  von  Chlor-,  Jod-  oder  Brompräparaten),  doch  würde  auch  bei 
einzelnen  Knoten  die  endermatische  Methode  mit  in  Gebrauch  zu  ziehen 
sein.     Vielleicht  wirkt  es  auch  günstig  bei  Lues. 

Es  wird  mir  zur  Freude  gereichen,  wenn  auch  andre  Pachkollegen 
das  Präparat  zur  Anwendung  bringen  wollen,  und  wenn  ich  gleich 
Günstiges  von  demselben  höre. 

Ich  bin  schon  der  Überzeugung,  dals  es  einen  bleibenden  Platz 
unter  den  neueren  Heilmitteln  zu  erobern  tmd  zu  behalten  im  stände  ist, 
wozu  seine  Billigkeit  auch,  von  Belang  ist. 


19 


Klinische  Studien  über  Sarkome  der  Haut. 

Von 

Dr.  Funk 

in  Warschau. 

Sehr  mannigfaltig  sind  die  klinischen  Bilder  der  Hautsarkome.  Je 
nach  dem  Entwickelungsmodus  und  Stadium  wechselt  das  Bild  ungemein ; 
an  der  Haut  desselben  Individuums  werden  nicht  selten  grundverschiedene 
klinische  Formen  gefunden. 

Fälle,  deren  klinische  Bilder  im  greisen  und  ganzen  zusammen- 
stimmen, können  wir  zu  Krankheitstypen  gruppieren,  es  muJs  jedoch 
betont  werden,  dafs  diese  vermeintlichen  Typen  sich  mittels  zahlreicher 
Übergangsformen  zu  einem  unzertrennbaren  Ganzen  vereinigen. 

Klinische  Merkmale  der  Grundformen 
(primären  Effloreszenzen)  des  Hautsarkoms. 

Frühformen  des  Hautsarkoms: 

a.  Ein  gelbroter,  roter,  braun-  oder  blauroter,  gewöhnlich  erbsen- 
greiser  Fleck.  Manche  Flecke  bestehen  gänzlich  aus  geschlängelteu 
Gefäischen,  manche  sind  hämorrhagisch.  Der  Ausbruch  des  Hautsarkoms 
kann  manchmal  eine  Purpura  vortäuschen. 

b.  Ein  hirsekomgro&es,  flaches  Knötchen;  kann  auch  auf  einem 
Flecke,  oder  an  dessen  Rande  aufschiefsen.  Im  Falle  von  Köbnbr^ 
waren  die  primären  Knötchen  winzig,  flach,  polygonal,  mit  zentralem 
Grübchen,  genau  von  der  Form  der  Lichen-planus-Knötchen.  In  meinem 
fünften  Falle  waren  die  kleinen  Knötchen  ringförmig  angeordnet;  das 
Bild  erinnerte  an  Erythema  mult.  papulosum  annulare. 

Aus  den  genannten  Frühformen  entwickeln  sich: 

c.  Ein  Knoten.  Die  Sarkomknoten  sind  gewöhnlich  erbsengrofs, 
flach  (seltener  halbkugelig),  hart  und  glatt,  von  dunkler  bläulich-braun- 
roter Farbe.  Junge  Knoten  sind  manchmal  halb  durchschimmernd,  mit 
geschlängelten  Gefäfschen  an  der  Oberfläche,  von  hellem  Kolorit;  infolge 
von  Blutaustritten  werden  sie  immer  dunkler.  Alte  Knoten  sind  manchmal 
schwarz  dolett. 

d.  Ein  ge&isreicher,  halbkugeliger,  weicher,  schwammiger 
Tumor;  unter  Fingerdruck  flachen  sich  diese  Knoten  bis  zum  Ver- 
schwinden ab. 


'  KöBNER,  Berl  klin.  Wochenschr.  1883.  No.  2. 


20 

e.  Eine  diffuse  Hautinfiltration.  Die  affizierte  Hautpartie 
ist  wenig  erhaben,  von  dunkler,  bläulich-rotbrauner  Farbe,  hart,  brettartig, 
nicht  oder  schwer  faltbar.  Die  diffuse  Infiltration  greift  gewöhnlich  auch 
die  Unterhaut  an. 

f.  Subkutane,  mobile,  leicht  ausschälbare  Knoten,  besitzen  oft 
eine  fibröse  Kapsel.  Die  Haut  über  den  Knoten  ist  von  normaler  Farbe 
und  Konsistenz,  bei  weiterem  Wachstum  jedoch  wird  die  Haut  an  den 
Tumor  angelötet,  rötet  sich  und  wölbt  sich  vor. 

Das  Melanosarkom  nimmt  eine  der  genannten  Formen  an.  Das 
Melanosarkom  bildet  graue,  schwarzbraune  oder  schwarze  (Sepia)  Tumoren 
(durch  eine  dünne  Hautschicht  blauschwarz  durchschimmernd). 

Einzelne  Tumoren  besitzen  oft  eine  warzenartige  Oberfläche  (Sarcoma 
verrucosum),  einzelne  sind  an  der  Basis  verjüngt  (Sarcoma  fungosum)  oder 
gestielt  (Sarcoma  pendulum). 

Der  Sarkomknoten  vergröfsert  sich: 

1 .  durch  Proliferation  der  eigenen  Elemente.  —  Solche  Knoten  sind 
nur  lose  mit  der  Umgebung  verbunden,  oft  inkapsuliert,  leicht  aus- 
schälbar, oder 

2.  durch  Invasion  des  Nachbargewebes  (infectio  per  continuitatem, 
envahissement  contin.),  indem  sich  die  Sarkomfaszikel  in  der  Richtung 
des  schwächeren  Widerstandes  in  das  Gewebe  hineinschieben.  Es  entsteht 
in  dieser  Weise  in  der  Umgebung  des  Knotens  eine  diffuse  Infiltrations- 
zone, oder  es  entstehen  neue  Knoten,  die  dann  mit  dem  Mutterknoten 
in  einem  gröfeeren,  gelappten  Tumor  verschmelzen  (Sarc  tuberosum, 
lobulare).  In  andern  Fällen  entstehen  ringsumher  in  einiger  EntferunDg 
flache  Tochterknoten;  bei  weiterem  Wachstum  bilden  die  flachen  Knoten 
mitunter  steinpflasterartige  flache  Knotengruppen.  Die  Sarkomknoten 
neigen  stark  zur  Resorption ;  die  Verfettung  und  Resorption  der  zentralen, 
ältesten  Knotenpartien  kann  als  typisch  bezeichnet  werden.  In  der  That 
finden  wir  ungemein  oft  eine  zentrale  Vertiefung  an  den  Sarkomknoten 
und  ganzen  Knotengruppen.  Es  entstehen  mitunter  Ringformen.  Aber 
auch  ganze  Knoten,  besonders  weiche,  gefäfsreiche  Formen,  werden  nicht 
selten  resorbiert.  Infolge  von  Traumen  (Kratzen,  enge  Schuhe,  Reiben 
durch  Kleidung)  entstehen  an  den  Sarkomknoten  oberflächliche,  stark 
nässende  Erosionen ;  in  selteneren  Fällen  geht  die  Epidermis  ohne  nach- 
weisbare Ursache  ab  und  die  entblöfste  Neubildung  zerfällt  rasch.  Aus- 
gebreiteten, tiefen  Zerfall  der  Sarkomknoten  finden  wir  oft  bei  kachek ti- 
schen Individuen  in  den  letzten  Krankheitstagen ;  jauchige,  hämorrhagische 
Geschwüre  reichen  tief  —  manchmal  bis  zum  Knochen.  Sarkomknoten 
werden  geschwürig  auch  in  einer  andern  Weise:  der  Knoten  erweicht 
zentral,  fluktuiert;  es  entsteht  eine  zentrale  Öffnung,  der  flüssige  Knoten- 


21 

Inhalt    entleert    sich    nacli    aiiEsen,    während    die    Höhlen  wand   von   der 
Öffnung  aus  zerfällt.     Znweilen  vernarben  die  Geschwüre  vollständig. 

Sarcoma  idiopathicum  multiplex  (pigmentosum)  cutis 

(Typus  Kaposi 2). 

Idiopathische  multiple  Hautsarkome  neigen  in  ausgesprochener  Weise 
zur  Lokalisation  an  den  Extremitäten.  Die  Neubildung  entwickelt  sich 
symmetrisch  und  in  einer  typischen  Anordnung,  nämlich  am  frühesten 
und  dichtesten  an  der  Haut  der  Hände  und  Püfse,  später  an  den  Vorder- 
armen und  Unterschenkeln,  noch  später  an  den  Armen  und  Schenkeln. 
In  dieser  Weise  lokalisiertes  primäres  Hautsarkom  kannn  als  Typus 
Kaposi  bezeichnet  werden. 

Wir  finden  gewöhnlich  bei  Individuen  zwischen  40 — 70  Jahren  an 
Hand-  und  Fufsrücken,  Flachhand  und  Fufssohle,  weniger  am  Vorderarm 
und  Unterschenkel  flache,  harte,  glatte,  erbsengrofse  Knötchen  von 
Pflaumenfarbe,  welche  vorwiegend  zu  flachen,  harten,  steinpflasterartigen 
Agglomeraten  verschmelzen.  An  stärker  befallenen,  namentlich  unteren 
Extremitäten  finden  wir  oft  ein  hartes,  mitunter  sehr  beträchtliches  Odem 
(auch  elephantiastische  Formen).  Im  neunten  Falle  von  Amicis^  bildete 
das  Ödem  die  erste  Krankheitserscheinung. 

Oft  wird  in  den  Anfangsstadien  blofs  eine  Extremität  befallen. 

In  voller  Entwickelung  kann  das  Sarkom  die  ganze  Hautoberfläche 
einnehmen.  An  ganzen  Körperteilen  (Extremitäten,  Gesäfs,  Bauch)  wird 
die  Haut  nebst  Unterhaut  diö*us  infiltriert,  bretthart,  unbeweglich,  an 
der  Oberfläche  uneben,  knotig,  von  dunkler  violettbrauner  Farbe 
(Pflaumenfarbe).  Sehr  oft.  mindestens  in  V*  der  Fälle  werden  Knoten,  oder 
diffuse  Infiltration  an  der  Eichel,  Vorhaut  und  am  Hodensack  gefunden. 
Ein  erbsen-  bis  mandelgrofeer  roter  oder  braunroter  Fleck  kann  in  seltenen 
Fällen  jahrelang  als  einziges  Krankheitssymptom  bestehen  (5  Jahre  im 
siebenten  Falle  von  Amicis^,  8  Jahre  im  Falle  von  Köbner.^  Beinahe 
in  jedem  Falle  fanden  wir,  infolge  von  zentraler  Resorption,  teller- 
förmige Vertiefungen  an  einzelnen  Knoten  und  ganzen  Knotengruppen; 
mitunter  verschwinden  auch  manche  Knoten  gänzlich. 

Stellenweise  finden  wir  in  manchen  Fällen  gröfsere,  gefäfsreiche, 
weich-elastische,    unter    Fingerdruck    verschwindende    Knoten.      Einzelne 


'  Kaposi,  Idiopathisches,  multiples  Pigmentsarkora  der  Haut.  Archiv  f.  Deiinat. 
u.  Syph.  1872. 

^  Amcis,  Dermo,  poli.  melanosarcoma  id.  1882.  ^Übers.  in  Pkrrin,  Sarcomatose 
catanee.    These  de  Pans.  1886.) 

*  Amicis,  1.  c. 

*  iöBNEB,  Berl.  klin.  Wochenschr.  1886.  pag.  193. 


22 

Knoten,  namentlicli  an  den  Unterextremitäten,  werden  infolge  von  Beizong 
warzenartig  oder  fangös  und  erodiert;  gestielte  Tumoren  kommen  selten 
bei  diesem  Sarkomtypus  vor. 

In  der  Nähe  der  Knoten  sind  nicht  selten  geschlängelte  Ge&Cse  und 
Blutaustritte  zu  sehen.  Die  Wunden  nach  Exzision  der  Knoten  verheilen 
vortrefflich,  oft  ohne  Örtliches  Recidiv. 

Diese  „unschuldige  Periode^  des  Hautsarkoms  kann  jahrelang  fort- 
dauern, die  Kranken  fühlen  sich  wohl  und  klagen  höchstens  über 
Kribbeln,  Brennen  oder  auch  Schmerzen  in  den  befallenen  Extremitäten. 
Die  Lymphdrüsen  sind  meistens  unverändert.  Es  bilden  sich  unterdessen 
neue  Knoten  stetig  oder  in  gröiseren  (auch  jahrelangen)  Intervallen. 

Ein  schlimmes  Zeichen  ist  schon  das  Befallensein  der  Schleimhäute. 
An  Zahnfleisch,  Gaumen,  Uvula  entstehen  dunkle,  blaurote  Flecke,  diffuse 
Infiltrationen  oder  Knötchen,  die  Tonsillen  schwellen  an;  der  Kranke 
wird  stark  blutarm,  magert  ab  und  fiebert  (an  Abenden  bis  39  und  40®  C); 
oft  werden  auch  die  Lymphdrüsen,  Milz  und  Leber  beträchtlich  ver- 
gröfsert.  In  diesem  Stadium  zerfallen  mitunter  ganze  Knotengruppen, 
es  entstehen  tiefgreifende,  jauchige,  ungemein  stinkende  Geschwüre.  An 
den  Schleimhäuten  zerfkllt  die  Neubildung  noch  rascher. 

Nach  dem  Tode  verändert  sich  beträchtlich  das  Bild  des  Sarkoms. 
An  der  Stelle  der  violettrotbraunen,  emporragenden,  gespannten  Knoten 
sitzen  flache  rotbraune  oder   braune  Erhebungen,  manchmal  blois  Flecke. 

Sekundäre  Sarkomknoten  sitzen  oft  an  der  Schleimhaut  des  Schlundes, 
des  Kehlkopfes,  des  Verdauungskanals,  in  der  Leber,  Milz,  den  Nieren,  dem 
Gehirn;  es  sind  mitunter  sehr  gefälsreiche,  dem  Schwellgewebe  ähnliche 
Tumoren. 

Die  Krankheit  kann  schon  am  Ende  des  ersten  Jahres,  im  zweiten 
oder  dritten  Jahre  letal  enden,  besonders  bei  jungen  Individuen,  sehr  oft 
aber  bleibt  der  Allgemeinzustand  vortrefflich,  noch  nach  Verlauf  von 
^delen,  6,  12  und  noch  mehr  Jahren. 

Ich  habe  zwei  solche  sehr  milde  Fälle  in  meiner  Privatpraxis 
beobachtet: 

I.  Beobachtung:  Ein  34jähriger  Offizier  (Juli  1885)  litt  mehr- 
mals an  Gelenkrheumatismus.  Vor  12  Jahren  sind  die  ersten  Flecke  an 
den  Unterextremitäten  erschienen.  Stat.  praes.  Ein  gut  gebauter, 
kräftiger  Mann.  An  der  Haut  der  ünterextremitäten  eine  Menge  kleinster 
Venenektasien.  Die  Haut  der  Patellar-  und  Knöchelregionen  kupferÜEirbig, 
sonst  unverändert.  In  der  Gegend  des  Malleolus  eztemus  symmetrisch 
an  beiden  Extremitäten  sitzen  Konglomerate  von  flachen,  harten,  bläulich 
rotbraunen,  erbsengroisen  Knötchen.  Ein  frischeres,  ganz  flaches,  mandel- 
grofses  Knötchen,  von  Kupferfarbe,  sitzt  an  der  Haut  des  linken  Ober- 
armes.    Lymphdrüsen  unverändert. 


23 

n.  Beobachtung.  Frau  S.  aus  Lowza  (Polen).  Vor  4  Jaliren 
sind  die  ersten  Eaiötchen  an  den  Unterschenkeln  entstanden.  Stat. 
praesens:  Wohlgenährtes  öOjähriges  Weib  von  gesundem  Aussehen, 
obwohl  diabetisch.  Am  linken  Unterschenkel  ein  guldengroiser,  ganz 
flacher  Knoten  von  Pflaumenfarbe,  mit  zackigen  verwaschenen  Rändern. 
Der  Knoten  reicht  tief  bis  in  die  Unterhaut.  Auf  der  Haut  der  beiden 
Unterschenkel  sitzen  aulserdem  zerstreut  linsengroise,  gelb-rötliche,  tief 
eingebettete,  glatte  Knötchen.  An  einem  gelb-rötlichen  Knötchen  ist  ein 
bläulich-rotbrauner  Fleck  zu  sehen.     Lymphdrüsen  unverändert. 

Anatomie.  In  einem  tödlichen  Falle  von  idiopathischem,  multiplem 
Pigmentsarkom  fand  ich  mikroskopisch  folgende,  für  die  beschriebene 
Sarkomart  typische  Veränderungen:  Die  Hornschicht  verdickt,  Bete  stellen- 
weise verdünnt  und  flach  (Papillen  verstrichen),  meistens  verdickt  und 
mit  langen,  verzweigten  Zapfen  in  das  Korium  hineinragend.  Die 
Papillarschicht  wenig  verändert.  Unterhalb  der  Papillarschicht  ist  das 
ganze  Korium  dicht  mit  kleinen,  granulierten  Spindelzellen  erfüllt,  deren 
Züge  und  Haufen  in  allen  Richtungen  das  zarte  Fasergewebe  durch- 
setzen. Hier  und  da  auch  einige  Rund-  und  ovale  Zellen.  In  der  Sub- 
papillarschicht  groise,  mit  Blutkörperchen  gefüllte  Kanäle,  voneinander 
durch  dünne  ZngQ  von  Spindelzellen  getrennt.  In  den  Papillen  liegen 
Haufen  von  verzweigten,  mit  braunen  Pigmentkörnem  angefüllten  Zellen. 
Im  Unterhautgewebe  liegen  rings  um  die  Gefkfse  und  SchweiJsdrüsen 
Haufen  von  Spindelzellen  (mit  geringer  Beimengung  von  Rund-  sowie 
ovalen  Zellen),  die  Schweiisdrüsen  gut  erhalten. 

Eine  ähnliche  Struktur  finden  wir  in  den  meisten  Fällen  von 
idiopath.  mult.  Hautsarkom,  es  wechselt  bloDs  das  Zahlenverhältnis  der 
Band-  und  Spindelzellen,  mitunter  finden  wir  auch  reine  Rundzellsar- 
kome. 

Therapie.  DaGs  eine  maligne  Neubildung  durch  Arzneimittel  heilen 
kann,  beweist  der  Fall  von  Köbnbr,  der  einzige  unzweifelhafte  Fall  von 
HeiluDg  einer  allgemeinen  Sarkomatose^: 

Schmächtiges  9jähriges  Mädchen.  Die  ersten  Koötchen  sind  vor 
2  Jahren  entstanden.  An  den  Wangen  braunrote,  sehr  harte,  flache, 
erbsengroüse  Knötchen,  an  der  Nase  ein  rasch  wachsender,  sehr  harter, 
grau-gelblicher,  halb  durchsichtiger  Knoten  (mit  Ge&Tsramifikationen  an 
der  Oberfläche).  An  den  Extremitäten  zahlreiche  rote,  flache  Knoten, 
daneben  sehr  kleine,  flache,  polygonale,  gelb-rötliche,  den  Liehen  planus- 
Effloreszenzen  gleichende  Knötchen.  Lymphdrüsen,  Leber  und  Milz 
vergröfoert. 


'^  KöBNER,  Berl  klin.  Wochenschr.  1883.  No,  2. 


24 

Das  mikroskopische  Bild:  Im  Stratum  reticulatum  der  Hani,  in  der 
Unterbaut  eine  unzählige  Menge  von  Spindelzellen,  zu  Nestern  und 
Bündeln  angeordnet;  stellenweise  auch  einige  Bundzellen.  Zahlreiche 
grofoe  Gefälse.     Papillarschicht  meistens  unverändert. 

Binnen  einem  Monat  injizierte  Köbner  subkutan  6 — 9  Tropfen  täglich 
einer  1  %  Natrium  arsenicosum-Lösung.  Schon  nach  14  Tagen  waren 
die  meisten  Knoten  abgeflacht.  Nachträglich  bekam  das  Kind  noch 
20  Injektionen  (in  Summa  20,0  der  Lösung,  also  0,20  reinen  Arsenik). 
4  Jahre  später  war  das  Mädchen  noch  vollständig  gesund."^ 


Die  Lokalisation  von  Sarcoma  idiopathicum  multiplex  ist  jedoch 
nicht  in  jedem  Falle  so  typisch. 

Nicht  selten  entstehen  die  ersten  Knoten  im  Gesicht,  oder  an  einer 
andern  Körpergegend,  jedoch  im  weiteren  Verlaufe  drängen  sich  die 
Knoten  an  der  Extremitätenhaut  zusammen.  In  selteneren  Fällen  weicht 
die  Lokalisation  ganz  vom  Typus  ab,  so  in  einem  Falle  von  Perrin^ 
\vurden  gerade  die  Hände  und  Füfse  verschont.  Den  in  mancher  Hin- 
sicht bemerkenswerten  Fall  führe  ich  in  Kürze  an: 

Ein  22jähriger  Mann.  Die  ersten  Flecke  sind  an  den  Oberschenkeb 
entstanden.  Stat.  praes.  An  der  ganzen  Hautoberfläche,  Hände  und 
Füfse  ausgenommen,  sitzen  harte,  hirsekorn-  bis  mandelgrofee,  stellenweise 
zusammenflielsende  Knoten.  Einige  gröfsere,  1 — 2  Zentimeter  hoho 
Knoten  sind  in  der  Mitte  rotbraun,  an  der  Peripherie  rotviolett.  Am 
Zahnfleisch  ein  harter,  umfangreicher,  blauroter  Tumor,  am  weichen 
Gaumen,  an  der  hinteren  Pharynxwand,  an  den  Tonsillen  dunkelblaurote, 
fast  schwarze  Knötchen  und  Infiltrationen.  Am  Oberarme  drei  mobile  sub- 
kutane Knoten.     Lymphdrüsen  nicht  vergröfsert. 

Vier  Wochen  später:  Der  Kracke  stark  abgemagert  und  geschwächt; 
am  totblassen  Gesicht  sitzen  drei  grofse,  flache,  violett-braune,  fast 
schwarze  Knotengruppen  (eine  an  der  Stirn,  die  zwei  andern  symmetrisch 
an  den  Waogeu).  Viele  Hautknoten  sind  ohne  Spur  vei*schwunden, 
manche  andre  werden  flach,  weich,  runzelig.  Bedeutende  Milzschwellung. 
Vier  Wochen  später:  Geschwüre  am  Zungenrande  und  hinterer 
Pharynxwand,  Abendfieber  bis  40  ®  C.  und  darüber,  die  Milz  enorm 
geschwellt.  An  der  Brusthaut  grofse  zusammenfliefsende  Purpuraflecke. 
Tod  nach  halbjähriger  Krankheitsdauer. 

Post  mortem  wurden  an  der  Stelle  der  emporragenden  dunkelvioletten 


•  KöBNER,  Berlin,  klin.  Wochenschr.  1886.  pag.  193. 

^  Peruik,  La  sarcomatose  cutanec.    Thöse  de  Paris.  1886. 


25 

Knotengnippen  blols  flache  rötliche  Erhabenheiten,  fast  Flecke  gefunden. 
Zerfallene  Infiltrationen  an  der  Epiglottis,  Knötchen  in  der  Trachea, 
exnlcerierte  Knoten  im  Dickdarm  und  Rectum.  Das  mikroskopische 
Bild:  In  der  Haut  und  Unterhaut  einkernige  Rundzellen  von  der  Gröfse 
der  weifsen  Blutkörperchen,  dicht  im  zarten  Reticulum  eingelagert.  Grofse 
Gefälse.  GefeJse,  Schweifs-  und  Talgdrüsen  sind  der  Ausgangspunkt  der 
Neubildung. 

Die  nicht  typisch  lokalisierten  multiplen  idiop.  Hautsarkome  geben 
mitunter  gar  seltsame  klinische  Bilder  ab.  Als  Beispiel  führe  ich  einen 
Fall  von  Fox  an  ® :  Ein  kleines  Kind ;  an  den  Ohrmuscheln  kleine 
Pusteln,  am  Hinterhaupt  ein  grofser  weicher  Tumur.  An  den  End- 
phalangen aller  Finger  an  beiden  Händen  weiche  lappige  Tumoren, 
deren  Form  und  Farbe  an  halbreife  schwarze  Weintrauben  erinnert. 
Gro&er  Tumor  am  Zahnfleisch.  Zwei  jüngere  Geschwister  haben  eben 
solche  Epuliden. 


In  manchen  Fällen  von  idiopath.  multiplem  Hautsarkom  werden 
Knoten  oder  Knotengruppen  blofs  an  einer  Körpergegend  gefunden.  Einen 
solchen  Fall  habe  ich  im  Sommer  1887  an  der  Hautabteilung  des 
Israelitischen  Hospitals  in  Warschau  beobachtet.  ^° 

III.  eigene  Beobachtung.  E.  Ossakowski,  23  Jahre  alt,  seit 
3  Jahren  erkrankt.  Eine  diffuse  Schwellung  der  Nase  ist  nach  der  Aus- 
sage des  Kranken  das  erste  Krankheitssymptom  gew^esen.  Ein  Jahr 
später  zeigten  sich  die  gröfseren  Knoten,  noch  ein  Jahr  später  ging  die 
Nasenscheidewand  zu  Grunde. 

Status  praes.  Gut  genähi-tes  Individuum.  Die  ganze  Nasenhaut 
von  einer  Knotengruppe  eingenommen.  Die  Knoten  sind  weich-elastisch 
glatt,  flachkugelig,  von  blauroter,  ihre  Intensität  wechselnder  Farbe. 
Die  gröfeten,  erbsengrofsen  Knoten  stehen  an  der  Nasenspitze,  die 
jüngeren,  halbdurchsichtigen,  hanf  komgrofsen  an  der  Peripherie  der  Knoten- 
gruppe. An  der  Oberfläche  der  Knoten  einige  geschlängelte  Gefäfse. 
An  der  Basis  der  Knotengruppe  und  ringsherum  besteht  eine  diffuse,  hell- 
violettrote  Infiltration,  die  ein  wenig  auf  die  Wangenhaut  übergreift  und 
hier  ohne  scharfe  Grenze  verschwindet.  Ein  mandelgrofser  Knoten  an 
der  Nasolabialfurche  zerfiel  tief  im  Zentrum  und  vernarbte;  peripheri- 
sche Knotenreste  blieben  stationär. 

Das  häutige  und  knorpelige  Septum  vollständig  zerstört;  am  Grunde 
der  Höhle  ist  der  wallartig  verdickte  Septumrand  sichtbar.      Die    Naseu- 


«  Fox,  Skin  Diseases.  1873.  pag.  352. 

*®  Vorgestellt  mit  Demonstration    der   mikroskopisclien    Präparate    in  der  Gesell- 
schaft  der  Ärzte  zu  Warschau.     1887. 


26 

Schleimhaut  verdickt,  erodiert,  stark  sezernierend.  Die  Wunden  nach 
Exzision  der  Knötchen   heilen  rasch,  ohne  örtliches  Becidiv. 

Bei  B.hinoscopia  posterior  wird  am  Ostium  tubae  Eustaohii  dextrum 
ein  roter,  runzeliger,  erbsengroCser  Knoten  sichtbar ;  das  linke  Ostium 
unverändert.  (Otitis  media  purulenta  mit  Perforation  des  Trommelfells 
beiderseits.)    Lymphdrüsen  und  Yiscera  scheinbar  unverändert. 

Während  des  halbjährigen  Spitalaufenthalts  bekam  der  Kranke 
48  Injektionen  einer  l%igen  Natrium  arsenicosum-Lösung,  3  bis  9  Tropfen 
täglich;  die  Knoten  flachten  sich  um  ein  geringes  ab,  wurden  blässer  und 
glanzlos,  im  allgemeinen  war  der  Erfolg  recht  gering.  An  der  Oberfläche 
der  Knoten  zahlreiche  Miliarkörner. 

Unter  dem  Mikroskop  habe  ich  folgendes  Bild  gefunden:  Die  Ilete- 
zapfen  stellenweise  stark  verlängert.  Die  Papillarschicht  wenig  verändert 
(eine  geringe  Wucherung  der  Bindegewebszellen);  an  manchen  Stellen 
liegen  verzweigte,  mit  braunem,  körnigem  Pigment  erfüllte  Zellen.  Von 
der  Subpapillarschicht  angefangen,  finden  wir  dichtgedrängte,  gut  färbbare 
kleine  Rund-  und  Spindelzellen.  In  der  Subpapillarschicht  zahlreiche, 
sehr  grofse,  mit  Blutkörperchen  erfüllte  Gefäise.  Nur  stellenweise  reicht 
die  Infiltration  bis  zum  Rete. 

In  den  tieferen  Hautschichten  bilden  die  beschriebenen  kleinen  Zellen 
samt  den  Gefäfsen  und  faseriger  Zwischensubstanz  ein  Gerüst,  dessen 
Alveolen  mit  Zellen  erfüllt  sind.  Diese  (intraalveolären)  Zellen  sind 
gröfser,  rund  oder  oval,  blafs  und  trübe,  mit  einem  oder  mehreren  Kernen; 
die  Kerne  oblong,  schwach  färbbar,  blafs,  bläschenartig,  meistens  mit  zwei 
glänzenden  Kemkörperchen.  Zwischen  diesen  dichtgedrängten  Zellen 
liegen  auch  vereinzelte  gut  gefärbte  Spindelzellen. 

In  den  tieferen  Schichten  des  Knotens  bilden  diese  grolsen,  blassen 
Zellen  die  Hauptmasse;  ganz  dünne  Züge  von  Spindelzellen  bilden  hier 
das  rudimentäre  Alveolargerüst.  In  manchen  Alveolen  liegen  trübe 
Riesenzellen  mit  zahlreichen  oblongen,  bläschenförmigen  Kernen;  ver- 
einzelte Riesenzellen  liegen  auch  zwischen  den  kleinen  Stromazellen. 

Für  Überlassung  dieses  Falles  spreche  ich  an  dieser  Stelle  Herrn 
Dr.  Elsenbebg  meinen  Dank  aus. 


In  einigen  Fällen  von  idiopath.  multiplem  Hautsarkom  erweichen 
in  typischer  Weise  alle,  oder  fast  alle  Knoten;  die  Erweichung  beginnt 
regelmäfsig  im  Zentrum  der  Knoten  und  schreitet  rasch  an  die  PeHpherie. 
Diesem,  anscheinend  geringen  Umstände  verdanken  diese  Fälle  eine 
eigentümliche  Physiognomie:  nicht  allein  erinnern  einzelne  Knoten  an 
syphilitische  Gummata,  sondern  auch  das  ganze  klinische  Bild  sieht 
der     gummösen    Syphilis    nicht    unähnlich    (Gruppierung    der  Knoten  in 


27 

Kreissegmenten,  kraterförmige,  rasch  verheilende  Geschwüre,  tiefe  Narben, 
u.  s.  w.).  Znr  besseren  Charakteristik  möchte  ich  diese  Sarkomgruppe 
als  multiples,  idiopathisches,  gummaähnliches  (erweichendes) 
Hautsarkom,  Sarcoma  mult.  idiopathioum  gummatodes  cutis 
bezeichnen. 

Einen  Fall  dieser  Art  habe  ich  an  der  Hautabteilung  des  Israelitischen 
Hospitals  beobachtet. 

IV.  eigene  Beobachtung:  Ch.  Lindbrmann,  70jährig,  kam  ins 
Krankenhaus  den  7.  Oktober  1887.  Leidet  seit  10  Jahren  an  starken 
Schmerzen  in  den  Unterextremitäten.  Vor  3  Jahren  sind  Knoten  an 
der  Kopfhaut,  Glabella  und  beiden  Unterschenkeln  entstanden;  an  der 
Kopfhaut  sind  die  Knoten  eingesunken,  an  den  Unterschenkeln  dagegen 
verfielen  manche  Knoten. 

Stat.  praesens:  Der  Kranke  wohlgenährt,  von  gesunder  Gesichts- 
farbe. Die  Haut  am  Stamme  und  an  den  Extremitäten  gleichmäisig  braun. 
Zugängliche  Schleimhäute,  Lymphdrüsen,  sowie  Viscera  bieten  nichts 
Besonderes  dar. 

An  der  Kopfhaut  sehen  wir  einige  haarlose,  fast  guldengrofse,  öache 
Narben.  Diese  Narben  sind  an  der  Peripherie  milchweüs,  zackig,  im 
Zentrum  hellviolett,  leicht  prominierend,  mit  einigen  Gefälsramifikationen 
bedeckt.  An  der  Glabella  und  oberen  Hälfte  des  Nasenrückens  eine 
wulstige,  unebene,  hell-violette,  verschiebbare  Narbe. 

An  der  unteren  Hälfte  der  beiden  Unterschenkel  sitzen  grofse 
Knotenkonglomerate  von  hellviolettroter  Farbe.  Die  Form  imd  Gröfee 
der  Knoten  bietet  manche  Unterschiede  dar:  a.  die  kleinsten  Knoten 
sind  von  der  Gröfse  und  Farbe  einer  Kirsche,  halbkugelig,  ziemlich 
weich,  elastisch ;  manche  fluktuieren  deutlich ;  b.  gröfsere  (kastaniengrofse) 
Knoten  besitzen  eine  centrale  Öffnung,  welche  zu  einer  umfangreichen 
Höhle  führt;  durch  diese  Öffnung  entleert  sich  das  verflüssigte  Knoten - 
innere.  Knoten  dieser  Art,  IVs  cm  hoch,  bogenförmig  gruppiert,  bilden 
die  untere  Grenze  der  Konglomerate;  c.  einige  thalergrofse,  üache,  runde 
oder  ovale  Knoten;  im  Zentrum  eines  jeden  Knotens  sitzt  ein  umfang- 
reiches tiefes  Geschwür  mit  stinkender  gelblicher  Zerfallmasse  bedeckt; 
den  Geschwürsrand  bilden  die  peripheren,  noch  erhaltenen  Knotenteile. 
Der  Geschwürsrand  ist  steil  oder  unterminiert  und  besteht  aus  Kreis- 
segmenten. In  der  Nähe  der  Knoten  befinden  sich  teils  weiüäe,  teils 
hellviolette  Narben;  d.  am  Fuisrücken  sitzen  ganz  flache,  linsengrofse, 
violettbraune,  zum  Teil  zusammenflieisende  Knötchen. 

Das  beschriebene  Krankheitsbild  wechselt  ungemein  rasch,  die  Knoten 
werden  flach  und  dunkelbraun,  die  Geschwüre  vernarben  vorzüglich  unter 
Jodoformsalbe  (10%).     Binnen  3  Wochen  vernarben  alle  Geschwüre,  die 


28 

Knoten  sind  kaum  Vs  cm  hoch;  nur  aus  den  Offnungen  der  untersten 
Knoten  fliefst  etwas  Serum  aus. 

Im  Zeitraum  von  einigen  Monaten  zerfielen  und  vernarbten  die  noch 
erhaltenen  Knoten  und  Knotenreste.  Nach  Ablauf  von  4  Monaten  ver- 
läfst  der  Kranke  in  vorzüglichem  Zustande  das  Hospital  (noch  nach 
Jahresfrist  gesund). 

Mikroskopische  Untersuchung  (ein  nichtfluktuierender  Knoten 
an  der  Schnittfläche  speckartig,  weifs  mit  rotbraunen  Flecken).  Der 
ganze  Tumor  besteht  aus  kleinen  kurzen  Spindelzellen,  deren  Züge  in 
allerlei  Richtungen  das  zarte  Pasergewebe  durchsetzen.  Stellenweise  sind 
die  Spindelzellen  lang  und  sehr  dünn.  Die  Zellen  erfüllen  in  dicht- 
gedrängter Masse  die  Subpapillarschicht,  gegen  die  Papillen  nimmt  die 
Zellinfiltration  bedeutend  ab.  In  den  Papillen  liegen  Gruppen  von 
verzweigten  Pigmentzellen.  In  den  oberflächlichen  Schichten  des  Knotens, 
mithin  in  der  Zellenmasse,  liegen  grofse  Blutkanäle;  stellenweise  ragt  die 
Zellmasse  kolbig  in  das  Gefäfslumen  hinein.  In  den  tieferen  Schichten 
des  Tumors  liegen  blofs  kleine,  mitunter  obliterierte  Gefäfse.  Im  Zentrum 
des  Tumors  finden  wir  ein  trübes,  faseriges  Gewebe  mit  ungefärbten  und 
zerfallenen  Zellen. 

Sehr  ähnlich  ist  der  Fall  von  Besnier.  ^*  Die  dessen  Arbeit  bei- 
gefügte Chromolithographie  gibt  einen  guten  Begriff  von  der  Form  der 
Knoten  in  meinem  Falle. 

Ein  49jähriger,  gut  genährter  Mann.  Vor  IV^  Jahren  sind  kleine 
bläuliche  Knötchen  am  Rücken  entstanden.  Stat.  praes.  An  der 
Rückenhaut  zwei  umfangreiche  Gruppen  von  Tumoren.  Die  Gröfse  der 
Tumoren  ist  sehr  verschieden:  junge,  periphere  Knoten  sind  hirsekorn- 
bis  erbsengrofs,  blafs,  mit  Gefäfsästchen  bedeckt;  ältere  Knoten  sind  bis 
1 — 2  cm  hoch,  blaurot,  von  teigiger  Konsistenz;  die  untere  Gruppe  ist 
an  der  Basis  eingeschnürt,  fungös.  Ein  Teil  der  Knoten  blieb  unversehrt, 
andre  besitzen  eine  zentrale,  kleinere  oder  gröfsere  Öffnung,  noch  andre 
zeigen  zentrale,  tiefe,  kraterförmige  Ulcerationen  mit  unebenem,  belegtem 
Grunde  und  steilem,  bogenförmig  ausgenagtem  Rande.  Die  untere  Gruppe 
ist  im  ganzen  umfange  tief  exulceriert.  Die  Geschwürsflächen  liefern 
reichlich  flüssiges,  stinkendes  Sekret.  Um  die  jungen  peripheren  Knöt- 
chen herum  liegt  eine  blaurote,  paarzentimeterbreite  Infiltrationszone.  Die 
Tumoren  sind  verschiebbar.     Die  Lymphdrüsen  unverändert. 

Ein  Jahr  später:  Der  Kranke  kachektich,  erschöpft,  linke  Axillar- 
drüsen   geschwellt,    an    der    Brusthaut  ein  grofser  Tumor,  am  Kopfe  ein 


^^  Besnier.  Sur  un  cas  de  tumeur  de  la  peau  ä  evolution  clinique  analogue 
ä  Celle  du  Cancer,  et  k  determination  histologique  ambigue,  participant  des  caractdres 
du  lymphadenome  et  de  granulome.     Annales  de  Dermat.  et  de  Syph.  1881.  No.  4. 


29 

kleiner  harter  Knoten.  Die  Tumoren  am  Rücken  bilden  eine  grofse 
Ulceration.     Lungenpthise. 

Mikroskopisches  Bild:  Papillarschicht  unverändert.  In  den  peripheren 
Knotenpartien  liegen  Haufen  von  kleinen  Rundzellen  rings  um  die  Ge- 
fäise  und  Hautdrüsen;  in  der  Mitte  des  Knotens  sehr  dichte  Zellenmasse, 
spärliche  dünne  Bindegewebsfaser. 

Im  Falle  von  Demanqb^^  war  die  Gesichtshaut  mit  ähnlichen 
Knoten  und  diflFusen  tief  zerfallenden  Infiltrationen  besetzt;  im  II.  Falle 
von  Vidal-Brocq  ^*  sausen  zwei  ähnliche  Knoten  am  Oberarm. 

Vermutlich  gehört  hierher  auch  der  bekannte  Mykosisfall  von 
Baztn^*:  ein  60jähriger  Mann  (Herbettb),  vor  3  Jahren  erkrankt.  An 
der  ganzen  linken  Rückenhälfte  grofse,  an  der  Basis  zusammenfliefsende 
Knoten.  Die  Knoten  sind  halbkugelig,  dunkelrot,  elastisch;  manche 
fluktuieren;  die  gröfsten  (an  der  unteren  Grenze  der  Knotengruppe)  sind 
paarzentimeter  hoch.  Einige  Tumoren  sind  tief  zerfallen.  Der  Kranke 
vergleicht  treffend  die  äufsere  Form  der  Knotengruppe  mit  Meerwellen. 
Einzelne  Tumoren  vei-schwänden.  Infolge  von  Erysipel  sind  sämtliche 
Knoten  binnen  8  Tagen  verschwunden.  Dieser  Mann  ist  gesund  geblieben 
(während  16jähriger  Beobachtungszeit). 

Zu  dieser  Sarkomgruppe  gehören  vielleicht  auch  manche,  als  „Gommes 
cancereuses"  beschriebene  Hauttumoren. 

Wir  können  somit  das  „idiopathische,  multiple,  zentral  erweichende 
Hautsarkom"  in  folgender  Weise  definieren:  es  entstehen  an  der  Haut, 
ohne  typische  Lokalisation,  blaurote,  rasch  wachsende,  halbkugelige,  oft 
kastanien grofse  und  noch  gröfsere  Tumoren,  welche  gewöhnlich  zu  um- 
fangreichen Gruppen  konfluieren.  Manche  Knoten  verschwinden  spontan. 
Die  Knoten  erweichen  regelmäfsig  im  Zentrum,  fluktuieren,  bersten  dann; 
durch  die  zentrale  Öffnung  entleert  sich  das  flüssige  Knoteninnere;  die 
zurückgebliebene  leere  Schale  zerfällt  oder  verhärtet  sich  mit  dem  Geschwürs- 
grunde. In  der  beschriebenen  Weise  können  sämtliche  Knoten  zerfallen 
und  vernarben.  In  2  Fällen  (dem  von  Bazin  und  dem  meinigen)  trat 
Heilung  ein.  Mikroskopisch  bestehen  die  Knoten  vorwiegend  aus  lym- 
phoiden,  im  zarten  Retikulum  eingelagerten  Zellen.  Im  Falle  von  Besnier 
war  kein  deutliches  Retikulum  vorhanden.  In  meinem  Falle  bestanden 
die  Tumoren  aus  kleinen  Spindelzellen. 

Die  Papillarschicht  der  Haut  bleibt,  ebenso  wie  im  Typus  von 
Kaposi,  wenig  oder  ganz  unverändert. 


"  Dbmanob.  Du  Mycosis  fongoide.  Annales  de  Dermal  et  de  Syph.  1873.  No.  4. 
*'  ViDAL    et    Brooq.      ]&tude    sur    le    Mycosis    fong.     France    medicale.     1885. 
No.  79—85. 

"  Bazin.     Affections  cutanies  artificieUes.  pag.  365. 


30 

Die  beschriebene  Sarkomspezies  bildet  das  Kettenglied  zwischen 
dem  idiopathischen  multiplen  Pigmentsarkom  und  den  nnter  dem  Namen 
„Mykosis  fungoides''  bekannten  Hauttnmoren. 

(Fortsetzung  folgt) 


Prof.  Dr.  R.  Kobebt  (Dorpat).  Kompendiam  der  ArzneiverordnnngBlehre 
für  Studierende  und  Ärzte.    Stuttgart,    Verlag  von  Fbbdinand  Emkb.  1888. 

Das  vorliegende  Werk  bringt  auf  noch  nicht  200  Seiten  sehr  übersichtlich  und 
klar  alles  für  den  Praktiker  Nötige. 

Uns  hat  an  dem  Buche  besonders  erfreut,  dafs  dasselbe  auch  der  Dermotherapie 
gedenkt  —  ein  Vorzug,  den  es  vor  allen  jetzt  in  den  Händen  der  Arzte  und  Studie- 
renden befindlichen  Kompendien,  Lehr-  und  Handbüchern  —  Binz,  Harkack,  Boss- 
RÄCH  und  NoTHNAGBL,  EwALD  uud  LÜDBKB,  u.  s.  w.  —  Yoraus  hat.  Es  ist  damit  ein 
Anfang  gemacht,  der  auch  die  andern  Autoren  veranlassen  wird,  diesem  bis  jetzt  so 
stiefmütterlich  behandelten  Kapitel  in  späteren  Auflagen  ihre  aufmerksame  Sorgfalt 
zuzuwenden. 

Einen  Punkt  mochte  ich  —  ohne  damit  als  wie  von  einem  „etwaigen  Fehler^ 
sprechen  zu  wollen  —  erwähnen,  auf  den  Unna  schon  früher  hingewiesen  hat:  Die 
pag.  125  aufgezählten  Leime  (die  Bezeichnung  „Leimpasten''  ist  uns  durchaus  ange- 
läufig) haben  sich  in  der  Praxis  zum  Teil  als  entbehrlich  herausgestellt.  Die  „harten 
Zink-Leime**  finden  kaum  noch  Anwendung,  da  man  besser  thut,  die  hochdosierten 
Arzneistoffe,  die  eben  zur  Suspension  harte  Leime  erfordern,  in  —  etwa  spirituöser  — 
Lösung  auf  die  Haut  aufzutragen  und  darüber  eine  Decke  von  weichem  Leim 
aufzupinseln. 

Etwas  kurz  sind  unserer  Ansicht  nach  die  für  die  Therapie  so  besonders 
wichtigen  „Guttaperchapflastermulle*'  weggekommen  —  nämlich  mit  je  2  Zeilen 
pag.  141  und  pag.  145. 

Wir  fassen  den  Begriff  „Pasten"  bedeutend  enger,  als  Verf.  es  thut.  Sie  sind 
ja  erst  neu  in  die  Therapie  eingeführt  —  von  Lasbab  und  Unna.  In  der  Dermo- 
therapie läfst  sich  eine  Paste  einfach  als  eine  verhältnismäfsig  trockene  Salbe  be- 
zeichnen, übrigens  hat  sich  die  Komposition  und  Anwendungsweise  der  Pasten 
geklärt  und  vereinfacht,  (s.  Gbündleb,  Über  Pasten.  Monatsh,  /*.  prakt  Dermat 
No.  19.  1888). 

Wie  gesagt,  wir  begrüfsen  aber  diesen  Fortschritt,  den  der  Verf.  eingeleitet 
hat,  mit  groüser  Freude  und  sind  ihm  dafür  zu  Dank  verpflichtet.  Sollte  es  sich 
nicht  empfehlen,  wenn  einer  der  Autoren,  die  auf  diesem  Gebiete  in  Zukunft  arbeiten 
wollen,  einen  Schüler  die  Herstellung  und  Anwendungsweise  der  betr.  Präparate  aus 
eigener  Anschauung  kennen  lernen  liefse?  —  von  Düring- Hamburg. 


31 

J.  L.  MiLTON,  Senior  Sargeon  to  St.  Jobns  Hospital  for  Diseases  of  the  Skin. 
Qu  the  History,  Natnre  and  Treatment  of  Syphilis.  London,  H.  Renschaw. 
1887. 

Der  Verf.  nimmt  selbst  in  England,  wo  vielleicht  durch  den  Bildungsgang  der 
Mediziner  mehr  als  sonst  eine  Originalität  der  Forscher  anzutreffen  ist,  eine  Sonder- 
stellung ein.  Das  Yorliegende  Werk  bezeichnet  Verf.  selbst  als  die  gesammelte  Aus- 
gabe vieler  einzelner  Orig^nalarbeiten,  die  in  englischen  Zeitschriften  erschienen  sind. 

Ein  Vorteil  der  vorerwähnten  Originalität  ist  jedenfalls,  dafs  stets  den  Lesern 
andre  Anschauungen  vorgeführt  werden,  aus  denen,  wenn  auch  oft  nicht  leicht, 
anregende  Gedanken  herausgeschält  werden  können. 

Die  Einteilung  des  Buches  ist  in  dem  Titel  gegeben.  Zunächst  gibt  Verf.  auf 
90  Seiten  eine  Geschichte  der  Syphilis.  Am  Ende  des  historischen  Überblicks  wendet 
er  sich  gegen  die  noch  von  vielen  kritiklos  geglaubte  Umwandlung  von  Syphilis 
der  Eltern  in  Skrofulöse  bei  den  Kindern. 

Ganz  eigenartige  Anschauungen  entwickelt  Verf.  in  den  Kapiteln  n  und  JH: 
Nature  of  Syphilis.  Er  ist  ein  Gegner  der  bakteriellen  Auffassung  der  luetischen  In- 
fektion; er  wendet  sich  aber  auch  gegen  die  Auffassung,  dafs  das  Syphilisgift  ins 
Blut  aufgenommen  wird  (pag.  162 — 170);  er  meint,  das  „Gift**  wirke  gerade  wie  andre 
Gifte,  durch  eine  eigenartige  Besorption  und  dadurch  ausgelösten  Beflex. 

Die  zweite  Hälfte  des  Buches  ist  der  Behandlung  gewidmet;  sie  zerfällt  in  drei 
durch  die  natürliche  Einteilung  der  Lues  gegebene  Kapitel.  In  bezug  auf  die 
innerliche  Behandlung  sagt  M.,  dafs  sie  schon  bei  der  Primäraffektimi  „to  use  a 
rather  elastic  phrase**  nach  allgemeinen  Prinzipien  zu  regeln  sei ;  wenn  das  Ulcus  sehr 
torpid  ist,    gibt  M.    auch  jetzt   schon  Hg  innerlich. 

Am  weitesten  von  unsern  Anschauungen  entfernt  sich  M.  in  der  Therapie 
der  Sekundärperiode.  Von  Injektionskuren  will  er  nichts  wissen;  die  Zeiten  der 
Inunktion  sind  vorüber,  weil  nicht  der  bei  uns  mit  so  grofser  und  berechtigter 
Freude  über  Bord  geworfene  Aberglaube  an  die  Notwendigkeit  der  hermetischen 
Abschliefsung  der  Pat.  mehr  zu  Hecht  existiert. 

Die  Therapie  des  Verf.  ist,  wenn  man  so  sagen  darf,  eine  aufserordentlich  protra- 
hierte; sie  zerföUt  in  drei  längere  Perioden;  zuerst  wird  der  Körper  diätetisch 
vorbereitet,  wenn  nötig  werden  salinische  Abführmittel  mehrere  Tage  gereicht;  dann 
folgt  eine  Jodkalikur  —  kleine  Dosen  durch  mehrere  Wochen.  In  der  dritten, 
7  Wochen  langen  Behandlungsperiode  spielen  die  Kalomel-Dampfbäder  die  Haupt- 
rolle. Auf  pag.  296  gibt  M.  eine  Abbildung  eines  im  Kalomelbad  befindlichen  Pa- 
tienten. Der  Patient  sitzt  in  einer  Art  Badestuhl  und  ist  vollständig  mit  einem 
.fFlanellkrinolin"  bedeckt.  Derartige  Kalomel-Schwitzbäder  soll  der  Patient  24  nehmen. 
Innerlich  bekommen  die  Patienten  eine  Art  Zittmanndekokt : 


J^  Sassafras  radicis 

30,0 

Mezerei  corticis 

24,0 

Chiajad  ligni 

60,0 

Extr.  glycyrrh. 

7,5 

Aquae 

240,0 

Coque. 

Sub  fine  coctionis  admisce 

FoUorum  Sennae 

15,0 

Cole  et  adde 

Tineturae  cardamomi  compoft. 

44,0 

milde,  reizlose  Diät. 

32 

Das  sehr  ausführliche  Kapitel  enthält  viel  Beherzigenswertes.  Jedenfalls  ist  aber 
die  Therapie  des  Verf.  viel  zu  kompliziert,  um  allgemein  Aufnahme  finden  zu 
können. 

Besonders  rühmend  anzuerkennen  scheint  uns  die  grofse  Belesenheit  des  Verf. 
auch  in  der  ausländischen  einschlägigen  Litteratur  und  die  zahlreichen  Litteratur- 
angaben  unter  dem  Text.  ron  Düring- Hamburg. 


Prof.  P.  Ferrari  in  Catania.  Über  die  Lepra  in  Italien  und  besonders  in 
Sicilien. 

In  dieser  Monographie  gibt  der  Verfasser  mehr  als  es  der  Titel  verspricht. 
Er  beschreibt  nicht  blofs  die  Ausbreitung  der  Lepra  in  seinem  Heimatlande,  sondern 
bietet  auch  eine  nach  jeder  Eichtung  hin  ausführliche  Darstellung  dieser  Krankheit. 
Besonders  wertvoll  ist  das  beigegebene  324  Nummern  umfassende  Litteraturverzeichnis, 
welches  alle  wichtigen,  die  Kenntnis,  der  Lepra  betreffenden  litterarischen  Erscheinungen 
bis  zum  Jahre  1888  enthält. 

Die  historische  Einleitung  bringt  nichts  wesentlich  Neues.  Die  Entstehung  der 
Lepra  in  Sicilien  führt  der  Verfasser  auf  die  Übertragung  von  seiten  der  Juden 
zurück,  welche  nach  der  Zerstörung  Jerusalems  sich  in  Sicilien  niederliefsen.  Diese 
Annahme  ist  ganz  willkürlich,  da  die  ersten  historischen  Daten  über  die  Lepra  in 
Sicilien  aus  d^m  11.  Jahrhundert  herrühren,  also  circa  1000  Jahre  nach  Einwanderung 
der  Juden.  Das  Kapitel  über  die  Ätiologie  bietet  auch  in  diesem  wie  allen  anderen 
Werken  über  Lepra  keine  sehr  befriedigende  Ausbeute.  Man  hat  alle  denkbaren 
Verhältnisse,  wie  Klima,  atmosphärische  Einflüsse,  Bodenbeschaffenheit,  Nahrung  etc 
als  Ursache  der  Lepra  beschuldigt,  aber  für  nichts  einen  zwingenden  und  unwider 
leglichen  Beweis  bringen  können. 

Verfasser  hält  in  Übereinstimmung  mit  vielen  anderen  Autoren  die  Lepra  für 
nicht  kontagiös  und  zwar  aus  folgenden  Gründen.  Erstens  findet  sich  bei  dieser 
Krankheit  kein  primärer  Entstehungsherd.  Ferner  sprechen  viele  von  ihm  und 
andern  (z.  B.  Baelz  in  Tokio)  eruierten  anamnestischen  Momente  gegen  die  Möglich- 
keit einer  Kontagion.  Auch  ist  sie  durch  Impfung  weder  auf  Tiere  noch  auf  andere 
Menschen  übertragbar.  Einen  weiteren  Beweis  für  seine  Ansicht  findet  Verfasser  in 
dem  Umstände,  dafs  gesunde  Mütter  von  leprösen  Kindern  an  diesem  Leiden  nicht 
erkranken,  selbst  wenn  sie  von  Leprakranken  konzipiert  hatten.  Dies  scheint  mir 
aber  keine  Stütze  für  die  Nichtkontagiosität  zu  sein,  da  ein  gleiches  Verhältnis  aucli 
bei  der  Syphilis  vorkommt,  an  deren  Ubertragbarkeit  niemand  zweifelt.  Ebensowenig 
stichhaltig  ist  ein  fernerer  Beweis,  den  Verfasser  für  seine  Ansicht  anführt.  Er  hält 
nämlich  den  HANSENschen  Bacillus  nicht  als  den  für  die  Lepra  pathogenen  und 
macht  dann  den  kühnen  Schlufs:  „Da  kein  pathogener  Mikroorganismus  existiert,  so 
ist  die  Krankheit  nicht  pathogen. ^  Der  Vordersatz  ist  aber  durchaus  nicht  bewiesen, 
selbst  wenn  man  der  Richtigkeit  von  Hansens  Entdeckung  nicht  beipflichtet. 

Verfasser  hält  die  Krankheit  für  hereditär.  Mehrere  von  ihm  erzählte  Kranken- 
geschichten beweisen  es  zur  Evidenz,  dafs  gesunde  Eltern  leprakranke  Kinder  haben 
können,  und  umgekehrt  spricht  natürlich  nicht  dagegen,  da  ein  gleiches  Verhältnis 
auch  bei  anderen  Krankheiten  vorkommt,  die  allgemein  für  hereditär  gehalten 
werden. 

Was  die  Pathogenese  der  Lepra  betriAH;,  so  hält  Verfasser  die  Krankheit  als 
Ausdruck  einer  skrofulösen  Diathese,  aus  welcher  je  nach  Umständen  verschiedene 
morphologische  Prozesse,  so  auch  Lepra,  entstehen  können.     Dafür  spricht  der  Um- 


stand,  dafs  dort,  wo  Lepra  vorkommt,  srofulöse  uud  tuberkulöse  Erkrankung  sehr 
zahlreich  zu  finden  sind,  und  dafs  alle  Leprakranke  schliefslich  an  Tuberkulose  zu 
Grande  gehen.  Der  HANSENsche  Bacillus  ist  zwar  mit  dem  KocHSchen  nicht 
identisch,  aber  kann  nach  dem  Verfasser  auch  nicht  als  für  die  Lepra  pathogen 
angesehen  werden,  weil  diese  dann  kontagiös  sein  müfste,  was  in  der  That  nicht 
der  Fall  ist.  Das  Kapitel  über  die  Symptomatologie  der  Lepra  bietet  nichts  wesentlich 
Neues,  ebenso  der  darauf  folgende  sehr  ausführliche  Abschnitt  über  die  pathologisch- 
anatomischen Veränderungen.  Hier  bespricht  Verfasser  hauptsächlich  die  Morphologie 
und  die  Biologie  des  Bacillus  Leprae  und  die  von  Hansen,  Unna,  Neisser,  Lutz 
u.  a.  hierüber  gemachten  Untersuchungen.  Von  Unna  differiert  er  darin,  dafs  er  das 
Stratum  comeum  nicht  immer  als  Grenzscheide  für  den  Bacillus  ansieht,  und  dafs  diese 
überall  in  den  Zellen  vorkommen  sollen.  Zum  Schlüsse  teilt  Verfasser  den  interessanten 
Befund  einer  Placenta  einer  leprösen  Frau  mit,  deren  Kind  im  Alter  von  9  Monaten 
von  derselben  Krankheit  befallen  wurde.  Es  fanden  sich  wohl  gewisse  Qewebs- 
veränderungen  vor,  wie  sie  bei  Lepra  beachtet  worden,  es  fehlte  jedoch  jegliche  Art 
von  Bacillen. 

Über  Prognose   und  Therapie   spricht   sich  Verfasser   ebenso   pessimistisch  aus, 
ii?ie  die  meisten  Autoren,  die  über  diese  Krankheit  geschrieben  haben. 

E.  Fink- Hamburg. 


J.  Neumann  (Wien).    Lehrbucli    der    venerischen  Krankheiten    und    der 

Syphilis.      Mit    69    Abbildungen  im  Text  und  2  Tafeln.     1.  Teil:     Die   blennor- 
rhagischen  Affektionen.     Wien,  Braumüllea.  1888. 

Einen  kurzen  Auszug  des  ersten  Bandes  dieses  erschöpfenden  Werkes  zu  geben, 
gestattet  der  Bahmen  dieser  Zeitschrift  nicht.  Die  Therapie  des  Trippers  umfafst 
72  Seiten ;  in  einem  „Rückblick  auf  die  Therapie  des  männlichen  Harnröhrentrippers*' 
fafst  der  Vez  fasser  die  grofse  Summe  seiner  Erfahrungen  in  einem  glänzend  ge- 
schriebenen, knapp  und  höchst  instruktiv  gehaltenen  Kapitel  zusammen.  Die 
Neurosen  und  Funktionsstörungen  des  männlichen  Harn-  und  Geschlechtsapparates 
und  ihre  Beziehungen  zum  Tripper  der  männlichen  Harnröhre  sind  ebenso  klar  wie 
übersichtlich  abgehandelt.  Der  „Blennorrhoe  beim  Weibe''  ist  ein  grofser  Teil  des 
Buches  mit  Recht  und  mit  Erfolg  gewidmet;  niemand  mehr,  wie  gerade  die 
Spezialkollegen  des  Verfassers,  werden  die  übersichtliche  Zusammenfassung  zu 
schätzen  wissen.  Der  Arzt  und  der  Student  werden  eine  Fülle  von  Belehrung  auch 
ans  diesem  Kapitel  ziehen.  „Die  extragenitalen  Formen  der  Blennorrhoe"  und  „die 
Allgemeinwirkungen  des  Tripperkon tagiums"  beschliefsen  das  Werk. 

Sehr  gute  Abbildungun  stützen  die  Anschaulichkeit:  die  anatomischen  sind  dem 
trefflichen  HEiTziiANNschen  Atlas  entnommen;  das  Instrumentarium  reichhaltig,  gut 
zerlegt  abgebildet. 

Am  Schlüsse  des  Kapitels  über  Strikturen  hätten  wir  eine,  wenn  auch  kurze, 
Andeutung  der  Behandlung  durch  den  Katheterismus  von.  der  eröffneten  Blase  aus 
nach  vorwärts  gewünscht.  Das  Dilatatorium  Obeblänoers,  das  wir  für  eine  wertvolle, 
Bereicherung  unseres  Armamentariums  in  der  Hand  des  methodisch  vorgehenden 
Arztes  halten,  und  dessen  hauptsächlicher  Wert  in  seiner  Gummihülle  besteht,  finden 
wir  nicht.  Ourschmann  hat  auf  dem  Wege  zum  Setzerkasten  regelmäfsig  sein  s  ein- 
gebüfst;  auch  im  Autorenregister  ist  ihm  dieser  legitime  Buchstabe  nicht  restituiert 
worden. 

Monatshefte.  3 


34 

Wenn  der  Verfasser  in  seiner  Vorrede  bescheiden  beginnt,  es  wäre  wohl  ein 
Wagnis,  ein  derartiges  Buch  zu  schreiben,  so  dürfen  wir  an  der  Hand  genanen 
Studiums  desselben  —  und  wir  sind  überzeugt,  alle  seine  Leser  ebenso  —  sagen:  In 
der  Hand  dieses  Meisters  ist  es  kein  Wagnis  mehr.         Pauly- Nervi  hei  Genua. 


Prof.  N.  Manssurow.  Klinische  Sammlung  für  Dermatologie  und  Syphili- 
dologie.    Moskau.    1887.     II.  Lieferung.     (Autorreferat.) 

Diese  Lieferung  enthält  folgende  Vortrage: 

I.  Fall  von  Ichthyosis  universalis,  er  betrifft  einen  Student  mit  einer 
ichthyotischen  Entartung  der  ganzen  allgemeinen  Decke.  Der  Bumpf,  das  Gesicht 
waren  mit  dünnen  Schüppchen  bedeckt,  die  Extremitäten  mit  grofsen,  beinahe 
1  Zoll  dicken  Schuppen.  Die  Behandlung  bestand  in  Anwendung  von  reduzierenden 
Mitteln,  von  denen  die  20  Vo  Besorcin-  und  Ichthyolsalben  eine  bedeutende  Beaserang 
erzielten,  aber  keine  gründliche  Heilung.  Arsenik  und  Boborantien  blieben  ohne 
Wirkung. 

Interessant  ist,  dafs  die  Ichthyolsalbe  während  der  Nacht  Beiz  zum  Hosten 
hervorrief,  und  dieselbe  deshalb  nur  am  Tage  verordnet  werden  konnte.  Verf. 
kommt  bezüglich  der  Ätiologie  des  Leidens  zu  dem  Schlüsse,  dafs  diese  Hyperkeratose 
auf  einer  Anomalie  der  Ernährung  begründet  ist.  Aber  ob  wir  die  Ursachen  des 
Leidens  in  der  Stachelschicht  oder  in  den  Blutkörperchen  oder  in  der  Innervation 
zu  suchen  haben,  das  sollen  erst  spätere  Untersuchungen  aufklären. 

IL  Krankengeschichte  einer  63  Jahre  alten  Frau  mit  Xanthomen  des  Ge- 
sichtes. Das  runzelige  zitronen  farbige  Gesicht  ist  besonders  gut  gelungen  in  der 
der  Lieferung  beigegebenen  Photographie.  Die  Patientin  kam  in  Behandlung  wegen 
Rheumatismus,  sie  litt  weder  an  Cirrhose,  noch  an  Gelbsucht.  Die  Ätiologie  der 
Krankheit  blieb  auch  in  diesem  Falle  unbekannt. 

in.  Besprechung  der  Polytrichie  und  zwar  im  Anschlufs  an  die  Besprechung 
der  Manequins  und  Photographien  der  Moskauer  Antropologischen  Versammlung.  Der 
Verf.  exponierte  dieselben  in  der  Ausstellung  in  Moskau  (1879).  Die  Photographien 
von  Julia  Pastrana  als  Mädchen  im  Alter  von  18  Jahren,  mit  Bart,  von  Abbiam 
Jewtichiew,  und  das  Bild  vom  kleinen  Fedor  und  von  einem  Mädchen  von  62  Jahren, 
Wasilissa  Fedorowa,  illustrieren  dieses  Kapitel. 

Der  bekannte  Adrian  war  Bauer  aus  Kostroma.  Wegen  Familienunannehmlich- 
keiten verliefs  er  sein  Haus  und  grub  sich  eine  Erdhütte  unter  einem  Baume  im 
Walde,  wo  er  10  Jahre  lebte.  Sein  ganzes  Gesicht  wurde  darauf  dicht  von  Haaren 
bewachsen.  Der  8jährige  Fedob  ist  nicht  sein  Sohn,  wurde  aber  als  Kuriosnm 
zusammen  mit  ihm  gezeigt.  Der  Adrian  lebte  darauf  noch  einige  Zeit  in  Paris, 
bekam  die  Gewohnheit  zu  trinken,  wurde  Bettler  und  starb  an  Pneumonie.  Beide 
sind  in  dem  berühmten  Atlas  von  Prof.  F.  Hebra  abgebildet  (Heft  X). 

Das  Mädchen  Wasilissa  (aus  Kasan)  ist  eine  Hermaphrodit  in.  Sie  bekam  ihren 
Bart  seit  dem  16.  Lebensjahre,  blieb  unverheiratet,  und  da  sie  zu  lesen  verstand,  so 
unterhielt  sie  ihre  ganze  Familie,  indem  sie  an  den  Leichen  der  Verstorbenen 
Gebete  las. 

Verf.  bespricht  endlich  die  Polytrichia  congenita  und  acquisita  vom  antro- 
pologischen und  praktischen  Gesichtspunkte.  Die  interessanten  Fälle  von  Polytrichia 
acquisita  nach  Gebrauch  von  Reizsubstanzen  (spanischen  Fliegen)  führen  ihn  auf  die 
Idee,  einige  unschädliche  lokale  Mittel  gegen  Defluvium  capillorum  vorzuschlagen. 


35 

Zuletzt  experimentierte  er  mit  Petroleam,  welches  bei  Alopecia  und  Defluvium  capillitii 
«X  seborrhoea  schon  gute  Dienste  leistet. 

lY.  Über  Färbung  der  Haut  und  Nagel  nach  Arsenikgebrauch.  ESn 
4Qjähriger  Patient  litt  im  Winter  an  Hautjucken  und  an  chronischem  Ekzem 
beider  Beine.  Nach  Arsengebrauch  trat  Besserung  ein,  und  nach  9monatlicher 
Behandlung  radikale  Heilung.  (Gesamtyerbrauch  36  Drachmen  Solut.  Fowleri  = 
30  Gran  Arsenik.)  Am  Ende  der  Behandlung  wurden  seine  sämtlichen  Nägel 
braun.  Einige  Monate  nach  beendeter  Eur  wurden  die  Nägel  wieder  normal.  Verf. 
citiert  einige  Fälle  (von  Mobrow),  wo  solche  Färbung  der  Haut  zum  Vorschein  kam, 
und  analoge  Fälle  von  Argj^e,  Phosphorvergiftung,  und  die  lokale  Argyrie  der  Pinger, 
wie  sie  Prof.  Lbwin  beschreibt.  In  allen  diesen  Fällen  scheint  es,  dafs  die  Hom- 
gewebe  besonders  dazu  geeignet  sind,  solche  Verbindungen  zu  bilden  (Albuminate?), 
die  sehr  dauerhaft  sind  und  auf  lange  Zeit  die  allgemeine  Decke  verfärben. 

V.  Bespricht  den  roten  Schweifs.  Bei  Zahlzeichen  Untersuchungen  der 
Syphilitiker  bekam  der  Verf.  mehrere  mal*  den  roten  Schweifs  zu  sehen,  welcher 
vom  Micrococcus  haematodes,  Pilz  des  roten  Schweifses  (Babes),  herrührt.  Der 
mikroskopische  Befund  des  Pilzes  in  solchen  Fällen  fehlte  niemals.  Mehrere  Prä- 
parate wurden  dem  Prof.  Sorokiit  in  Kasan  zur  Untersuchung  vorgelegt  und  von 
ihm  ebenfalls  die  Anwesenheit  obiger  Pilze  konstatiert.  Letzterer  fand  beim  Ver- 
gleichen der  Präparate  mit  den  Abbildungen  von  Gobkil  und  Babes,  dafs  bei  den 
genannten  Autoren  die  Zoogloea  aus  Stäbchen  bestehe;  vom  Zerfalle  dieser  Stäbchen 
entstehen  hier  und  da  Mikrokokken. 

Die  radiale  Anordnung  der  Stäbchen  war  ebenfalls  vorhanden,  ebenso  wie 
die  radiale  Lage  der  Kokken  von  Babes. 

VI.  2  Fälle  von  Psoriasis  vulgaris,  die  am  behaarten  Kopfe  ihren  Ursprung 
nahm.  Es  scheint,  dafs  die  Infektion  nicht  selten  an  der  Scheitelgegend  beginnt  und 
nur  später,  wenn  die  Haut  der  Knie  und  des  Bumpfes  affiziert  ist,  vom  Kranken 
bemerkt  wird.  Verf.  kannte  einen  Fall  sehr  genau,  wo  der  Primäraffekt  an  der  Nase 
begann,  wodurch  die  Diagnose  für  ihn  ungemein  erschwert  wurde. 

Die  Behandlung  bestand  in  der  Anwendung  Von  Chrysarobin-  oder  Salicylsäure- 
Eollodium  (Arsenik  innerlich). 

Noch  wäre  zu  bemerken  die  Symbiose  von  Lues  und  Psoriasis.  Die  erstere 
heilt  nach  1 — 2  Jahren,  aber  die  Psoriasis  kann  weiterbestehen,  und  noch  nach 
10—15  Jahren  recidivieren. 

VII.  Spätformen  der  Syphilis  acquisita.  Möglichkeit  der  Ansteckung 
nur  durch  die  Milch  der  Amme. 

Ein  Fräulein,  17  Jahre  alt,  litt  seit  dem  1.  Lebensjahre  an  Ozaena.  Als  sie 
8  Jahre  alt  war,  kam  sie  in  meine  Behandlung  und  wurde  an  Skrofulöse  bis  zu 
Pubertät  behandelt.  Unbedeutendes  Einsinken  der  Nase,  Destruktion  der  Ghoanen, 
existierten  schon  längst.  Als  aber  die  dolores  osteocopi,  vertigines  und  Geschwüre 
an  der  Epiglottis  erschienen,  wurde  eine  Einreibungskur  verordnet,  und  nach  3j  ähriger 
Behandlung  war  die  Patientin  geheilt.  Bei  der  Untersuchung  (1884)  der  ehemaligen 
Amme  fand  M.  ein  grofses  serpiginÖses  Geschwür  an  der  Wade.  Vier  Jahre  spater 
stillte  dieselbe  Amme  ein  Kind  der  älteren  Schwester  der  ersten  Patientin,  also  eine 
Nichte  derselben,  die  immer  g^und  blieb  (?).  Ich  sah  dieses  14jährige  Mädchen  im 
Winter  1886.  Sie  litt  an  Exostose  der  linken  Orbita  und  Exophtalmus.  Der  Okulist 
gab  ihr  JodkaHum  mit  gutem  Erfolge.  Beide  Damen  —  Tante  und  Nichte  — 
wurden  gleichzeitig  geschmiert. 

Nun  können  wir  uns  die  Frage  aufstellen,  wie  kam  denn  hier  die  Syphilis  zu 
Stande?   Beim   ersten  Kinde   kam  die  Infektion  im  ersten  Lebensjahre  (Ozaena)  zum 

3* 


36 

Vorschein;  beim  zweiten  traten  keine  Symptome  auf  bis  zum  14  Jahre.  Die  Amme 
stillte  die  Säuglinge  zu  einer  Zeit,  wo  sie  keine  floriden  Symptome  zeigte,  wo  also 
nur  die  Säfte  krank  sein  konnten.  Auch  hatte  das  Kind  keine  Symptome  und  erst 
gegen  die  Zeit  der  Pubertät  bekam  sie  Exophtalmus  (gummöse  Syphilis).  Deshalb 
glaubt  Verf.,  dafs  die  Ansteckung  hier  durch  die  Milch  erfolgte. 

VIII.  Bacillen  bei  £rythema  multiforme  (papulatum,  urticatum,  iris  etc.). 
Diese  Erytheme  treten  manchmal  epidemisch  im  Winter  und  sogar  mit  Fieber  anC 
Die  Untersuchung  der  Epidermis  ergab  die  Anwesenheit  einer  Menge  Fäden  und 
Sporen.  Die  Mündungen  der  Follikel  waren  förmlich  davon  umsponnen.  Die  An- 
ordnung der  Fäden  war  eine  radiale;  am  Ende  derselben  fand  man  freie  Sporen;  sie 
hatten  in  Glycerin  und  bei  Zimmertemperatur  eine  schwache  Eigenbewegung.  Der 
Durchmesser  war  sehr  verschieden:  von  0,001  bis  0,002.  Da  der  Verf.  solche  Sporen, 
auch  im  Blute  traf,  so  hält  er  die  Krankheit  für  eine  möglicherweise  infektiöse. 

IX.  Lokale  Schweifse  bei  der  Syphilis.  Ein  37j  ähriger  Patient  erkrankte 
an  Syphilis  im  Jahre  1876,  und  im  Jahre  1879  bekam  er  heftige  Kopfschmerzen, 
Schweifse  am  ganzen  Körper,  besonders  aber  am  Kopfe.  Schon  nach  einigen  Tagen, 
nach  Gebrauch  von  Kalium  jodat.  begann  die  Besserung.  Die  Kopfschmerzen  aber 
recidivierten,  das  Schwitzen  des  Kopfes  ebenfalls  —  und  jedesmal  trat  nach  Gebrauch 
von  Kali  jodat.  wieder  Besserung  ein.  Im  Jahre  1880  behandelte  der  Verf.  den  Pati- 
enten wegen  eines  Geschwüres  im  Pharynx  und  liefs  ihn  2  Sommer  hindurch  die 
Einreibungskur  durchmachen,  wonach  Heilung  eintrat. 

X.  Die  Indikationen  für  den  Gebrauch  der  Schwefelbäder.  Die 
Schwefelbäder  in  Piatigorsk  sollen,  wie  alle  Schwefelbäder  überhaupt,  nur  ein 
Hilfsmittel  bei  der  merkuriellen  Behandlung  der  Syphilis  sein.  Sie  verschlimmern 
die  Symptome,  wenn  sie  allein  gebraucht  werden.  Ihr  Nutzen  ist  besonders  sichtbar : 
a.  wenn  der  Patient  schon  an  Merkurialismus  leidet;  b.  bei  parallelem  Gebrauch  von 
Einreibungen  mit  Bädern  zusammen;  bei  schweren  Formen  und  bei  gummösen 
Leiden.  Sie  sollen  die  Metamorphose  begünstigen,  und  das  ist  ihr  gröfstes  Verdienst. 
Verf.  warnt  vor  dem  Gebrauch  von  Nachkuren,  wie  z.  B.  der  kalten  Bäder  und  See- 
bäder, wonach  sehr  oft  unerwartet  Verschlimmerungen  eintreten.  Das  erklärt  sich 
sehr  gut,  da  man  durch  kalte  Bäder  Hyperämien  innerer  Organe  hervorruft,  und 
zwar  namentlich  bei  Individuen,  die  abgeschwächt  sind  und  keine  genügende  Reak- 
tionsfähigkeit für  eine  Kaltwasserkur  besitzen. 

XL  Den  Schlufs  des  Werkes  bildet  die  bereits  pag.  1015  des  vorigen  Jahrgang» 
publizierte  Besprechung  des  MüNCHSchen  Werkes  über  die  Lepra  und  daran  an- 
schliefsend  die  Beschlüsse  der  Moskauer  Sektion  für  Dermatologie  und  Syphilis: 

1.  Erbauung  von  Spitälern  an  passenden  Orten. 

2.  Gründung  von  Leproserien  (zur  Einschränkung  der  Lepra  und  zur  Unter- 
bringung der  mittellosen  Leprösen  in  ein  Asyl). 


JUitteiluugen  ans  ber  £itteratur. 

Allgemeine  Pathologie  und  Therapie  der  Haut. 

Über  die  im  Verlaufe  der  rheumatischen  Arthritis  auftretende  Muskel- 
atrophie,  Deformitäten  und  Ernährungsstörungen  der  Haut  und  der  Nägel,. 

von  A.  G.  Garrod.  (Med.  Soc.  of  London.  14.  Apr.  1888.)  Es  sei  hier  nur  erwähnt^ 
dafs  Garrod  meint,  die  Veränderungen  der  Haut  seien  der  peripherischen 
Neuritis  zuzuschreiben.     Ob    diese   primär    oder   sekundär,    wäre    bislang   nicht  za 


37 

bestimmen.  Manches  spräche  für  deren  primäre  Natur.  Haclagax  spricht  sich  in 
der  Diskussion  ebenso  aus.  Abxtrnoth  Lane  ist  nicht  Garrods  Ansicht;  er  meint, 
das  Nervensystem  würde  zuviel  zur  Erklärung  solcher  AfFektionen  herangezogen. 
AvoEL  MoKBY  erinnert  an  die  Eigenthümlichkeit  des  Charakters  und  die  Lokali- 
«ation  des  Schwitzens  und  hält  den  Nerveneinflufs  gerade  hier  für  mächtig. 

Pauly- Nervi. 

Die  Verändeningen  der  Haut  im  Gefolge  der  Febris  recurrens,  von 
Dr.  S.  Bona.  (Orvosi  Hetüap.)  Auf  der  X.  Abteilung  des  Rökusspitals  und  wäh- 
rend  der  Epidemie  1882 — 83  beobachtete  174  Fälle  von  Febris  recurrens.  In  40  ^fa 
dieser  Fälle  sah  R.  Herpes  febrilis  an  den  Lippen,  Mundwinkeln,  Nasenflügel, 
Nasenspitze,  in  «S  Fällen  an  der  Stirn  und  Augenbrauen  bei  Körpertemperatur  von 
40  \  39,5  «,  38,7  ^  und  38  ^  C. 

Ausgesprochene  Roseola  kam  7  mal  vor,  die  Flecke  waren  hirsekorn-  bis  linsen- 
grofs  und  unterschieden  sich  in  nichts  von  den  Roseolen  des  Typhus.  Sie  traten 
am  2.  oder  3.  Tag  der  Erkrankung  auf  und  okkupierten  fast  stets  den  Bauch  und 
die  Brust,  die  Seitenteile  und  die  Extremitäten;  zeigten  sich  sehr  vereinzelt,  unregel- 
mäfsig  zerstreut,  ragten  nicht  aus  dem  Niveau  der  Haut  heraus  und  verschwanden 
völlig  auf  Druck;  erblaüsten  beim  ersten  Sinken  der  Temperatur,  und  am  1.  fieber- 
freien Tag  sah  man  nichts  von  ihnen.  Die  Fälle  mit  Roseolae  waren  deshalb  nicht 
schwerer.     Mit  den  Relaps  stellten  sich  keine  neuen  Flecke  ein. 

Hämorrhagien  der  Haut  sah  R.  2  mal.  Diese  glichen  denen  des  Typhus 
«zanthematicus,  waren  kaum  grölser  als  Hirsekörner,  verbreiteten  sich  auf  die 
ganze  Haut,  waren  livid.  Beide  Fälle  kamen  aus  dem  Schulhause,  und  bei  beiden 
wurden  schwere  Symptome  beobachtet.  Am  ersten  fieberfreien  Tag  blafsten  die 
Flecke  ab  und  bis  zum  ersten  Relaps  waren  selbst  die  Pigmentationen  verschwunden. 
Keine  Recidive. 

Miliaria  rubra  und  alba,  meistens  nur  lokalisiert,  kamen  sehr  häufig,  vor 
dem  Sinken  der  Temperatur  vor. 

Grofsblasige  Miliaria  crystallina  hat  R.  nur  bei  einem  Weibe  zwischen 
den  Brüsten  gesehen. 

Gröfsere  oberflächliche  Erytheme  wurden  des  öfteren  gesehen. 

Wahren  Icterus  sah  R.  in  2  Fällen  als  Komplikation  auftreten.  Zu  bemerken 
ist,  dals  in  sehr  vielen  Fällen  des  Febris  recurrens  Perihepatitis  auftritt  und 
dafs  der  Icterus  also  als  hepatogen  aufzufassen  ist.  Bei  dem  dürfen  wir  aber  nicht 
vergessen,  dafs  die  Hautfarbe  fast  aller^Recurrenskranken  verändert,  fahl,  gelbbraun 
ist  (wie  bei  Kachexia  malaria).  Rona-BudapeMt. 

Krankheiten  des  ftuTseren  Qeliörganges,  von  Dr.  P.  Sextok.  {New  York 
Med,  Becord,  1888.  Okt.)  Der  „Otitis  externa  circumscripta*'  überschriebene  Teil 
dieser  ausführlichen  Arbeit  enthält  einige  interessante  statistische  Angaben  über 
furunkulöse  und  seborrhoische  Prozesse  im  äufseren  Gehörgang.  Zur  Beobachtung 
kamen  197  Fälle  von  Furunkeln,  davon  waren  93  männliche  und  104  weibliche 
Patienten.  Unter  den  männlichen  waren  nur  10  und  unter  den  weiblichen  nur  7 
unter  10  Jahr  alt  In  109  Fällen  bestand  Reflex-Irritation  (?),  herrührend  von 
kariösen  Zähnen,  Durchbruch  des  Weisheit-Zahnes  etc.  Katarrh  der  oberen  Luftwege, 
Tonsillen-Hypertrophie  bestand  in  61  Fällen,  während  38  Patienten  an  chronischer 
Mittelohrentzündung  litten.  Akute  katarrhalische  Mittelohrentzündung  bildete  zwei- 
mal das  ätiologische  Moment.  In  12  Fällen  war  akute  purulente  Mittelohrentzündung 
und  schliefslich  in  22  der  chronische  Ausflufs  gleichzeitig  bestehender  Mittelohr- 
entzündung zu  verzeichnen. 


38 

51  Fälle  von  Seborrhöe  des  äufseren  Gehörganges  verteilten  sich  auf  27 
männliche  nnd  24  weibliche  Patienten.  Neurotische,  heruntergekommene  Individaen 
sowie  Trinker  scheinen  dem  Verfasser  für  diese  Hautafiektion  besonders  disponiert 
zu  sein.  Leviseur-New  York. 

Die  Anwendung  von  deckenden  Mitteln  in  der  Behandlung  der  Haut- 
krankheiten, von  Dr.  J.  C.  Mc.  Guras.  {The  Amer,  Practitianer  and  News^ 
1888.  Sept.)  Die  Gelatine  (Pick)  wendet  der  Verfasser  nicht  mehr  an,  bedient  sich, 
indessen  häufig  einer  10%  Traumaticinlösung.  Durch  Hinzufügung  von  etwas 
Karmin  wird  die  Farbe  dieses  Medikamentes  etwas  weniger  auffällig  gemacht.  Zur 
Behandlung  von  Affektionen  des  Skrotums ,  der  Lippen,  zwischen  den  Fingern  und 
Zehen  ist  es  ganz  besonders  geeignet.  Ausgezeichnete  Erfolge  werden  von  Usüa» 
PflastermuUen  berichtet.  Zinkoxyd,  Teer,  Ichthyol,  Bor-  und  Salicylsäure  wurden 
in  dieser  Weise  angewendet.  Als  Paradigmata  werden  4  in  kurzer  Zeit  geheilte 
Fälle  ausführlich  besprochen.  Leviseur-New  York. 


Arzneiexantheme. 

Ober  Jodismns,  von  Dr.  £.  Bradley.  {Thlse  de  Paris.  1887.)  Nach  ein- 
leitenden Bemerkungen  über  die  Aufnahme  und  Ausscheidung  des  Jod  geht  B.  zur 
Beschreibung  der  Intoxikationserscheinungen  bei  Jodismus  über.  Diese  können  erst 
nach  langer  Medikation  auftreten  oder  sie  entwickeln  sich  gleich  bei  Beginn  der 
Medikation.  Sie  können  in  beiden  Fällen  plötzlich  zum  Ausbruche  kommen  oder 
allmählich  hervortreten.  Das  konstanteste  Symptom  ist  die  Pulsbeschleunigung» 
welcher  dabei  schwach,  leicht  unterdrückbar  wird  und  in  schweren  Fällen  seibat 
verschwinden  kann.  Die  Temperatur  ist  trotz  dieser  Pulsbeschleunigung  nicht  ent- 
sprechend erhöht,  kann  normal  bleiben  oder  selbst  unter  die  Norm  sinken.  Die 
Zirkulationsstörungen  sind  die  Ursache  von  Ödemen,  welche  sich  auf  die  Augenlider 
beschränken  oder  in  schweren  Fällen  sich  auf  den  ganzen  Körper,  die  Glottis,  auf 
die  Lungen  und  das  Gehirn  erstrecken  können.  Das  Blut  ist  in  seiner  Zusammen- 
setzung verändert.  Oft  tritt  Albuminurie,  Nephritis  und  selbst  Hämaturie  auf,  und 
auch  die  Quantität  des  Urins  ist  vermindert,  ja,  es  entwickelt  sich  selbst  Anurie. 

Die  nervösen  Symptome  treten  in  der  Form  der  konvulsiven  und  komatosen 
Urämie  oder  unter  der  Form  der  Hypochondrie  und  der  allgemeinen  Paralyse  auf. 
Von  Seite  des  respiratorischen  Traktes  treten  bald  zirkulatorische  Störungen,  wie 
Bronchitiden,  Ödeme,  Hämoptysis  etc.  auf,  bald  entwickeln  sich  funktionelle  Störungen 
wie  Dispnoe,  unregelmäfsige  Atmung,  Apnoe. 

Die  Störungen  des  Digestionstraktus  geben  sich  durch  Anurexie  oder  Bonlimie, 
durch  Nausea,  Erbrechen,  Magen^ '  und  Darmschmerzen,  durch  Diarrhöe  oder  Kon- 
stipation kund. 

Die  Gelenke  können  schmerzhaft  werden  und  anschwellen. 

Die  nach  internem  Gebrauch  von  Jodpräparaten  auftretenden  Hautveränderungen 
haben  ein  sehr  verschiedenes  Aussehen:  das  Erythem  hat  seinen  Sitz  besonders  am 
Vorderarm;  Urticaria,  Papeln,  Pusteln  (Akne),  dem  Erythema  nodosum  ent- 
prechende  subkutane  Knoten,  Ekzem,  bullöse  und  hämorrhagische  Eruptionen  sind 
die  verschiedenen  Formen  der  Joddermatosen. 

B.  hat  es  versäumt,  bei  der  Besprechung  der  Behandlung  der  Jodintoxikaiion 
die  ausgezeichnete  Wirkung  des  durch  Leloib  in  die  Behandlung  derselben  ein- 
geführten Atropins  zu  erwähnen.  Tavemier-Lüle. 


39 

Drei  Fälle  von  Chorea  minor,  Arsenbehandlung,  Herpes  Zoster,  von 
Dr.  JoHANi?  B6kai  jun.  {Orvosi  Hetüap.)  Fall  I.  9j ähriges  Mädchen  bekam  am 
80.  Tage  der  Behandlung  nach  157  Tropfen  Sol.  Fowlen  einen  Zoster  pectoro- 
dorsalis.  —  Fall  II.  lOj ähriges  Mädchen,  nach  48tägiger  Behandlung  mit  250  Tropfen 
Sol.  Zoster  pectorali 8.  —  Fall  III.  lOj ähriges  Mädchen,  54tägige  Behandlung  mit 
320  Tropfen  Sol.,  Zoster  pectoralis. 

B6kai  bestätigt  die  Annahme  Hutchinsons,  Duckworths,  Fiitlaysons  und 
Rbbouls,  dafs  Arsen  Zoster  hervorrufen  kann.  Bona-Budapest. 


Ödeme. 

Ein  Fall  von  Myxödem,  von  Dr.  Laudouar.  {These  de  Paris.  1887.)  Nach 
einem  geschichtlichen  Überblick  teilt  Verfasser  einen  Fall  mit,  der  einen  Mann,  bei 
denen  das  Myxödem  bekanntlich  viel  seltener  als  bei  Frauen  ist,  betraf.  Patient 
stammt  ans  der  Gegend  des  Finist^re,  wo  nach  Morvon  das  Myxödem  häufig  vor- 
kommt. Auf  Martinique  hatte  er  sich  das  Wechselfieber  geholt.  Auüser  den  be- 
kannten Symptomen  fand  man  bei  ihm  beträchtliche  Atrophie  der  rechten  Papille 
und  Odem  der  linken.  Tavemier-LiUe. 

Das  rhenmatiselie,  olme  Qelenkserscheinungen  auftretende  ödem,  von 
Dr.  H.  CoBüR.  {These  de  Pam.)  Coeur  unterscheidet  zwei  Varietäten  dieses  Odems. 
Bei  der  einen  sieht  man  nach  voraufgehenden  plötzlich  aufgetretenen  Schmerzen  der 
betreffenden  Stellen  mehr  oder  weniger  ausgebreitete  seröse  Suffusionen  entstehen, 
welche  von  Rötung  und  lokaler  Temperaturerhöhung  begleitet  werden.  Dies  ist  das 
von  GuTON  und  Eirmisson  beschriebene  pseudophlegmonöse  Odem. 

Die  zweite  Varietät  besteht  in  einem  blassen,  indolenten  Odem,  welches  den 
Hydropsien  der  Nephritiker  ähnelt,  von  demselben  aber  durch  die  Abwesenheit  der 
Albuminarie  leicht  zu  unterscheiden  ist.  Es  ist  bald  partiell,  bald  generalisiert.  Dies 
ist  das  „essentielle  Odem".  Der  eigentliche  Charakter  dieser  Ödeme,  ihr  Abwechseln 
mit  Arthropathien  oder  andern  rheumatischen  Erscheinungen  lassen  wohl  eine 
arihritiscbe  Diathese  annehmen.  Ihr  Auftreten  erklärt  sich  durch  vasomotorische 
Störungen.  In  einem  der  referierten  Fälle  von  pseudophlegmonösem  Odem  war 
vorerst  ein  Glottisödem  aufgetreten,  dem  dann  im  Laufe  von  3  Wochen  14  neuere 
Odemanabrüche  des  Stammes,  der  Extremitäten,  des  Gesichts,  des  Penis,  des  Skrotums 
in  Begleitung  von  einfachem  oder  annulärem  oder  papulösem  Erythem  und  von 
Pnpura  folgten.  In  einem  Falle  von  „essentiellem  Ödem"  waren  die  multiplen  Aus- 
bräche des  Ödems  von  Purpura  begleitet.  Tavemier-LiÜe. 

Skleroderma  universale.  {Orvosi  Hetüap.)  Dr.  Bona  berichtet  über  einen 
Fall  aus  Prof.  Schwimmers  Abteilung  von  1885.  Die  30-jährige  Frau  hat  3  Kinder, 
das  letzte  vor  4  Jahren  geboren.  Sie  war  bis  Dezember  1884  immer  gesund ;  erst 
damals  bemerkte  sie,  dafs  die  Haut  der  Halsgegend  zu  spannen  begann.  Bald  rückte 
diese  Spannung  durch  die  Schulter  auf  den  Stamm,  wo  sie  alsbald  zu  Atem- 
beschwerden und  Beklemmungen  führte.  Die  Haut  ist  am  Halse  bretthart,  am 
Stamm  auch  hart,  verdickt,  aber  noch  faltbar;  die  Härte  ist  weniger  an  den  Ex- 
tremitäten. Den  Mund  kann  Patientin  nicht  gut  öffnen.  Temperatur,  Gefühlsinn 
Sensibilität,  Temperatursinn  ganz  normal.  Die  Krankheit  ist  jetzt  progressiv. 
Die  Progression  geschieht  nicht  in  Streifen  sondern  diffus.  RonchBudapest. 


40 

Elephantiasis  glabra  labil  majoris  deztri,  von  Dr.  Emil  Moravebik^  Seknndar- 
arzt.  (Orvo»i  Heiilap.)  R.  H.,  35jährige  Frau,  bemerkte  in  ihrem  18.  Jahre  nach 
einer  Entbindung,  dafs  ihre  rechte  grofse  Schamlippe  anzuschwellen  begannt.  St. 
präs.  Von  der  rechten  Schamlippe  ausgehend  zeigt  sich  eine  gestielte  mannskopf- 
grofse,  fast  bis  zu  den  Enieen  herabhängende,  teilweise  konsistente,  teilweise  weichere 
Geschwulst.  Die  bedeckende  Haut  ist  verdickt,  teilweise  rot  oder  bläulich  verfärbt 
—  mit  kleineren  oder  gröfseren  Knoten  besetzt.  Die  linke  Schamlippe  sowie  die 
regio  pubica,  glutealis,  perinealis  wie  auch  ein  Teil  des  Bauches,  zeigt  elephantiasti- 
sche  Verdickungen  und  Tumoren. 

Professor  Antal  nahm  die  Exstirpation  vor.    Die  Geschwulst  wog  5700  g. 

MoRAVESiK  nimmt  als  Ursache  der  Entstehung  Erysipelas  an. 

Bona-  Budapest. 


Akanthosen. 

Über  das  Epithelioma  (sive  MoUnscnm)  contagiosum,  von  Prof  A.  Nrissbb. 
(Vierte^jahresschr.  f.  Dermat  u.  Syph.  1888.  Hft.  4.)  Verf.  will  in  dieser  Arbeit 
folgende  vier  Punkte  klarstellen: 

1.  Den  Charakter  der  Neubildung  selbst:  Ist  die  Geschwulst  eine  yergTÖdBerte 
und  entsprechend  modifizierte  Talgdrüse  oder  eine  Wucherung  des  Epithels? 

2.  Geht  die  —  fast  allgemein  jetzt  als  richtig  acceptierte  Epithelneubildang  aus 
von  den  Epithelien  der  Oberhaut,  oder  von  denen  des  Follikelausfuhrungsganges, 
resp.  der  Haarwurzelscheide? 

3.  „Was  bedeuten  die  MoUuscumkörperchen"  und 

4.  (mit  der  Deutung  dieser  eigenartigen  Gebilde  allerdings  für  viele  erledigt): 
Ist  das  Molluscum  wirklich  ein  „Molluscum  contagiosum",  oder  ein  soge- 
nanntes „Molluscum  contagiosum." 

N.  weist  die  besonders  von  Kaposi  vertretene  Ansicht,  dafs  es  sich  bei  den 
Molluscumwarzen  um  ausgedehnte,  mit  einem  gewucherten  und  eigentümlich  ver- 
änderten epithelioiden  Inhalte  angefüllte  Talgdrüsen  handle,  auf  Grund  seiner  be- 
weisenden Präparate  unbedingt  zurück. 

In  zählreichen  Präparaten,  an  Serienschnitten  hat  Verf.  nachweisen  können, 
dafs  nie  ein  Haarfollikel  den  Ausgangspunkt  für  die  Epithelwucherung  gegeben  hat, 
wohl  aber  konnte  er  an  beginnenden  MoUuscumkörperchen  nachweisen,  dafs  eine 
„Epithelwucherung  mit  ihrer  charakteristischen  MoUuscumumwandlung  —  aber  noch 
ohne  jede  Degeneration,  Schollenbildung,  ohne  Dellenformation,  ohne  Öffnung  — 
direkt  aus  dem  Oberhautrete  in  die  Tiefe  hineinwuchs." 

N.  ist  von  der  parasitären  und  kontagiösen  Natur  dieser  Epithelgeschwolst 
überzeugt  und  schlägt  deshalb  den  von  Bolltnger  geschaffenen  Namen  „Epithelioma 
contagiosum"  vor.  Der  Parasit  gehört  nach  N.  der  Klasse  der  Sporozoen,  speziell 
der  Unterabteilung  Coccidien  an.  Am  besten  glückte  der  überzeugende  Nachweis 
an  frischen  Präparaten.  Die  sehr  interessanten  Einzelheiten  dieses  Teiles  müssen  im 
Origfinal  nachgesehen  werden. 

Kulturversuche  sind  nicht  geglückt;  an  Stelle  derselben  wäre  es  wünschenswert 
gewesen,  auf  dem  erwärmten  Objekttische  Lebensvorgänge,  wenigstens  Bewegfung  der 
betreffenden  Parasiten  zu  beobachten.  Wir  vermissen  ferner  mikro-chemische  Be- 
aktionen,  welche  die  Möglichkeit  ausschliefsen,  dafs  es  sich  um  Degenerationspro- 
dukte  im  Sinne  der  GsBERschen  und  KAPosischen  Anschauung  handelt.  Endlich 
würde  auch  schon  allein  eine    spezifische  Färbung,    welche   bisher   ebenfalls   nicht 


41 

{|reglückt  ist,   die  Besonderheit  der  in  Frage  kommenden  Gebilde   sehr  wahrscheinlich 
machen. 

Obgleich  also  wegen  der  klinischen  Eigentümlichkeiten  der  Krankheit  und  der 
durchaus  gelungenen  Tnfektionsversuche  selbst  Anhänger  Bollinoers,  können  wir 
doch  nicht  umhin  zu  betonen,  dafs  auch  nach  der  N.schen  Arbeit  die  ganze  Frage 
auf  demselben  Standpunkte  steht,  wie  nach  der  BoLLiNOERschen  Arbeit. 

von  Düring-Hamburg, 


Granulome. 

Die  Ausbreitung  der  Lepra  hat  in  den  Vereinigten  Staaten  während 
der  letzten  Jahrzehnte  nach  Dr.  Charles  W.  Allen  eine  stetige  Zunahme  erfahren, 
so  dals  das  Eingreifen  seitens  des  Staates  mit  prophylaktischen  Mafsregeln  entschieden 
'gerechtfertigt  erscheint.  Das  Leiden  ist  ohne  Zweifel  hauptsächlich  durch  norwegi- 
sche und  chinesische  Einwanderer  eingeschleppt  worden,  wie  durch  die  Beobachtungen 
Yon  BoECK,  Grönvold,  Oume  etc.  festgestellt  wurde.  Während  in  den  60er  Jahren 
die  Krankheit  fast  nur  bei  neu  eingewanderten  Individuen  beobachtet  wurde,  finden 
sich  seitdem  auch  Leprafälle  unter  den  Einheimischen,  die  offenbar  an  Ort  und 
Stelle  das  Leiden  acquirierten.  —  Die  Kontagiosität  der  Lepra  ist  1885  von  der  Pariser 
Akademie  fast  einstimmig  negiert  worden,  wie  auch  1867  das  Ergebnis  der  Unter- 
Buchungen  des  Englischen  Arztekollegs  mit  34  gegen  13  Stimmen  auf  Nichtinfektio- 
sität  lautete.  Verf.  selbst  hat  keinen  Zweifel,  dafs  Lepra  kontagiös  ist,  und  setzt 
seine  Gründe  fiir  diese  Ansicht  kurz  auseinander.  Zur  Bekämpfung  des  Übels  hält 
Verf.  die  Isolierung  der  Leprakranken  für  das  einzige  zweckdienliche  Mittel.  Immer- 
hin glaubt  er  aber,  dafs  es  vollständig  möglich  ist,  durch  interne  Mittel  und  durch 
chirurgische  Eingriffe  dauernde  Besserung  und  Heilung  zu  erzielen. 

Dr.  Fox  findet  viel  Ähnlichkeit  zwischen  Lepra  und  Syphilis ;  er  hält  erstere  für 
sowohl  hereditär  als  kontagiös;  das  Kontagium  sei  aber  sehr  schwer  übertragbar. 
Die  Verhinderung  des  Einwand erns  von  Leprakranken  sei  wichtiger  als  der  Versuch, 
die  Isolation  der  erkrankten  Einwohner  durchzuführen.  Er  empfiehlt  von  therapeuti- 
schen Mitteln  aufs  wärmste  das  Chaulmoograöl. 

Dr.  P.  A.  MoRROw  ist  ebenfalls  gegen  die  Isolierung.  Die  gerühmte  norwegi- 
sche Isolierung  habe  zu  trügerischen  Schlüssen  Anlafs  gegeben,  denn  sie  sei  keines- 
wegs die  alleinige  Ursache  der  Abnahme  der  Krankheit  in  jenem  Lande.  (Med. 
Soc.  Country    New  York.  Febr.  27.   1888.     N.   F.  Med.  Joum.  März  31.) 

Philipin- FeUberg. 

Ein  Fall  von  Lepra,  von  Dr.  J.  L.  Babrock.  {Med,  Becord.  1888.  Septbr.) 
Ein  4:l-jähriger  Irländer,  der  seit  seinem  2.  Jahre  in  Amerika  lebt,  war  als  Pfleger 
von  am  gelben  Fieber  Erkranten  in  New-Orleans  und  St.  Louis  bis  zum  Jahre  1879 
beschäftigt.  Im  März  1881  bekam  er  einen  Ausschlag,  welcher  einem  polymorphen 
exsudativen  Erythem  zum  verwechseln  ähnlich  war  und  sowohl  für  diese  Affektion 
als  auch  für  Erysipel  gehalten  wurde.  Im  April  1882  sah  Verfasser  den  Patienten 
zum  ersten  mal  und  konstatierte:  Verdickung  des  septum  narium  und  der  an- 
grenzenden Knorpelteile,  der  harte  und  weiche  Gaumen,  die  vorderen  und  hinteren 
Gaumensegel  mit  seichten  serpiginösen  Geschwüren  bedeckt.  Im  Gesicht  deutliche 
Lepraknoten  u.  s.  w.  In  excidierten  Stücken  waren  die  Leprabacillen  leicht  nach- 
zuweisen. Verfasser  glaubt,  dafs  in  New-Orleans  und  seiner  Umgebung  ein  der 
Lepraentwickelung  günstiges  klimatisches  Moment  vorhanden  sei.  Auch  Dr.  Rohe 
(Baltimore)  hat   einen  Fall   beschrieben,    in  dem  eine  Amerikanerin,  die  1855(?)  nach 


42 

New  Orleans  kam,  ein  Jahr  lang  dort  blieb  und  dann  nach  Baltimore  zurückkehrt«, 
hier  1869  (?)  an  Lepra  erkrankte  und  an  dieser  Krankheit  nach  2  bis  3  Jahren  starb. 
Aus  andern  gleich  stark  frequentierten  Seehäfen  sind  derartige  Fälle  nicht  berichtet 
worden.  Leviseur-Neu?  York. 

Die  tnberknlösen  Haatgeschwttre,  von  Maurice  Vali^s.  {Thtse  de  lAfon. 
1887.)  Man  unterscheidet  heute  4  Formen  der  Hauttnberkulose:  den  Lupus,  die 
skrofalo  -  tuberkulösen  Knoten,  Riehls  tuberculosis  verrucosa  und  die  tuberkulösen 
Hautgeschwnre.  Nur  mit  den  letzteren  befafst  sich  Verfasser  in  seiner  Ab- 
handlung. 

Man  kennt  übrigens  das  klinische  Aussehen  der  tuberkulösen  Hautgeschwüre, 
ihre  variable  Form,  die  nicht  steilen  Ränder,  ihren  granulierten  Grund,  die 
tuberkulösen  Granulationen,  von  welchen  sie  umgeben  sind.  Verfasser  macht  be- 
sonders auf  den  bei  der  geringsten  Berührung  sich  heftig  äufsemden  Schmerz  dieser 
Geschwüre  —  besonders  der  an  den  natürlichen  Orificien  sitzenden  —  aufmerksam^ 
Die  tuberkulösen  Hautgeschwüre  sind  oft  multipel,  sie  breiten  sich  mehr  an  der 
Oberfläche,  als  gegen  die  Tiefe  aus;  nachdem  aber  das  Korium  vollständig  zerstört 
wurde,  kann  sich  die  tuberkulöse  Infiltration  frei  im  Unterhautzellgewebe  ausbreiten 
und  die  Form  eineB  Trichters  annehmen,  dessen  Basis  der  Hautoberfläche  zugekehrt 
ist.  Die  Ulcerationen,  welche  ihren  Sitz  an  den  Extremitäten  haben,  besitzen  ge- 
wöhnlich eine  gröfsere  Ausbreitung  als  die  der  Lippen  und  des  Arms.  Die  ersten 
Anzeichen  eines  tuberkulösen  Geschwüres  bestehen  entweder  im  Auftreten  einer 
harten,  roten  Papel,  welche  später  geschwürig  zerHUlt,  auf  der  un verletzen  Hant» 
oder  eine  durch  Kontusion,  Hitze  oder  durch  Schnitt  gesetzte  Wunde  vernarbt  nicht, 
sondern  vergröfsert  sich  immer  mehr. 

Auf  Grund  der  histologischen  Untersuchung  kann  man  drei  Formen  der  Haut 
tuberkulöse  unterscheiden:  1.  Die  „granulo-kaseöse"  Form,  welcher  zumeist  in  dege 
nerativ-entzündlichem  Gewebe  eingebettete  Granulationsherde  entsprechen.  2.  Die 
„follikuläre"  Tuberkulose,  bei  welcher  man  isolierte,  tuberkulöse  Herde  findet.  3.  Die 
Tuberkulose  mit  FRiEDLÄKDERschen  Knötchen  und  retikulärer  Struktur.  Die  letst- 
erwähnte  Form  ist  dem  Lupus  vulgaris  analog  und  spielt  bei  der  Frage  der  tuber- 
kulösen Hautgeschwüre  nur  eine  Nebenrolle. 

Bei  der  „grannlo-kaseösen"'  Form  ist  das  Korium  in  gleichmäfsiger  Weise  mit 
Infiltrationsherden  besetzt,  welche  der  Riesenzellen  entbehren  und  mit  dem  inter- 
kalären,  infiltrierten  Gewebe  en  bloc  verkäsen.  Am  Rande  des  Geschwüres  sind  die 
mit  Rundzellen  infiltrierten  Papillen  hypertrophisch,  und  man  findet  hier  eine  grolse 
Anzahl  von  Tuberkelbacillen  in  den  Lymph spalten.  Die  kleinen  und  kleinsten 
Arterien  weisen  eine  Endarteriitis  obliterans  auf.  Die  Hautdrüsen  —  im  Gegensätze 
zu  den  Drüsen  des  Larynx  —  zeigen  beinahe  keine  Veränderungen. 

Bei  der  zweiten  Form  findet  man  die  KösTERschen  Infiltrationsherde. 

Bei  der  letzten  Form  treten  zerstreute,  tuberkulöse,  ganz  kleine  Herde  auf,  die 
in  der  Mitte  eine  von  epitheloiden  Zellen  umgebene  Riesenzelle  aufweisen.  Diese 
Herde  werden  nicht  von  breiten  Entzündungsstreifen  verbunden.  Über  den  Knötchen 
und  in  ihrer  Nachbarschaft  scheint  das  Bindegewebe  eine  gallertartige  Konsistenz  zu 
haben;  die  Bindegewebsbündel  werden  voneinander  durch  eine  glasige  Substanz 
separiert  und  sind  geschrumpft;  die  oberflächlichen  elastischen  Faserbündel  zerfallen 
in  Kömchen.  Die  kleinen  Arterien  sind  endarteriitisch  verändert.  Das  Geschwür 
entsteht  durch  den  Zerfall  der  transparenten  Substanz.  Die  Hypertrophie  der 
Papillen  am  Rande  des  Geschwüres  ist  unbedeutender  als  bei  der  „granulo-kaseösen'^ 
Form;  es  gibt  aber  zwischen  beiden  Ubergangsformen. 


43 

V.  bat  in  einem  Falle  von  Lippentuberkulose  in  dem  Sekrete  des  Geschwüres 
zwar  nicht  den  Tuberkelbacillns,  aber  den  Mikrokokkus  tetragenus  Koch  gefunden, 
iier  mit  der  Tuberkulose  in  irgend  einem  Znsammenhang  zu  stehen  scheint. 

Die  Impfversuche  mit  dem  von  einem  Geschwüre  des  Fingers  abgestreiften 
Saite  waren  beim  Meerschweinchen  von  Erfolg,  beim  Kaninchen  erst,  nachdem  das 
Virus  schon  durch  Meerschweinchen  gegangen  war.  Ahnliche  Resultate  erzielte 
Akloikg  nach  Verimpfung  von  skrofulösem  Mateiial,  welches  auch  erst,  nachdem  es 
bei  dem  Durchgang  durch  Meerschweinchen  an  Virulenz  gewonnen,  auf  Kaninchen 
«berimpfbar  war.  Cornil  und  Leloib  konstatierten  das  seltene  Vorkommen  der 
Bacillen  im  Lupus  und  die  lange  Inkubationsdauer  nach  Verimpfung  lupöser  Pro- 
dukte und  die  damit  übereinstimmenden  Kesultate,  welche  Letullb  bei  ähnlichen 
Versuchen  mit  skrofulo-tuberkulösen  Knoten  erhalten  hatte.  Es  handelt  sich  also  bei 
aHen  Formen  der  Hauttuberkulose  um  eine  durch  noch  unbekannte  Umstände, 
vielleicht  durch  den  Einflufs  des  Nährbodens  und  der  Temperatur  abgeschwächte 
Taberknlose. 

Die  Hauttuberkulose  ist  eine  seltene  Erkrankung,  und  V.  hat  nur  33  Fälle 
beobachten  können,  von  welchen  13  in  der  Analgegend,  14  an  den  Lippen  ihren 
Sitz  hatten. 

Die  Hauptbedingung  für  das  Auftreten  von  tuberkulösen  Hautgeschwüren  ist 
eise  schon  seit  einiger  Zeit  bestehende  viscerale  Tuberkulose  —  zumeist  der  Lungen. 
Des  weiteren  mufs  sich  schon  die  Periode  der  Kachexie  entwickelt  haben.  Zur 
firUärung  des  Entstehens  der  Geschwüre  gibt  es  zwei  Hypothesen.  Entweder  wird 
der  Infektionsstoff  auf  dem  Blutwege  in  die  Haut  geschleppt,  oder  die  Infektion 
geschieht  von  aufsen  her  durch  Kontakt  mit  tuberkulösem  Material  und  Aufnahme 
desselben  in  die  Haut.  Eine  Verletzung  derselben  leistet  zwar  der  Infektion  in 
letzterem  Falle  Vorschub,  ist  aber  nicht  unbedingt  notwendig.  Die  letztere  Annahme 
Bist  sich  besser  stützen,  und  wenn  die  Hauttuberkulose  nicht  in  allen  Fällen,  wo  der 
Bacillus  tnberculoeis  in  fortwährendem  Kontakt  mit  der  Haut  steht,  auftritt,  so  erklärt 
sich  dies  nach  V.  aus  dem  Umstände,  dais  die  Kachexie  nicht  in  allen  Fällen  vor- 
handen ist.  Bei  einem  aus  welchen  Grunde  immer  kachektischen  Individuum  (Krebs, 
Diabetes,  Albuminurie)  würden  sich  nach  einer  accidentiellen  Infektion  mit  dem 
tuberkulösen  Virus  Geschwüre  entwickeln. 

Die  Inokulation  des  Bacillus  tuberculosis  bei  sonst  gesunden  Individuen  hingegen 
hat  gewöhnlich  nur  eine  lokal  bleibende,  durch  Auskratzen  leicht  heilende  Affektion 
zur  Folge,  deren  anatomisehe  Grundlage  die  unbedeutendste  der  tuberkulösen  Ver^ 
änderungen,  das  FBiEDLÄNDEBsche  Tuberkulum,  bildet,  welches  mit  einer  fibrösen 
Metamorphose  und  Encystierung  der  infektiösen  Knötchen  endet.  Dies  ist  der  Fall 
beim  Lupus  und  bei  der  Tuberculosis  verrucosa  cutis. 

Die  Dififerentialdiagnose  mufs  folgende  Läsionen  in  Betracht  ziehen:  Lupöse 
Geschwüre,  durch  Einschmelzung  skrofulöser  Lymphdrüsen  entstandene  Geschwüre, 
den  harten  Schanker,  das  tertiäre,  ulceröse  Syphilid,  .,chancrette". 

Die  Prognosis  ist  ernst,  besonders  da  das  Leiden  das  Zeichen  einer  vor- 
geschrittenen  Kachexie  ist.  Die  lokale  Behandlung  (Jodoform)  gibt  schlechte  Erfolge, 
und  man  mufs  sein  Hauptaugenmerk  auf  die  Allgemeinbehandlung  richten. 

Unserer  Meinung  nach  heifst  dies  an  dem  Erfolg  der  lokalen  therapeutischen 
Mafsnahmen  allzusehr  verzweifeln,  und  wir  glauben,  dafs  Kauterisationen  mit  dem 
Thermokauter  oder  mit  dem  Galvanokauter  hier  ebenso  günstige  Erfolge  erzielen 
können,  als  bei  den  andern  Formen  der  Hauttuberkose.  Tavermer-Lüle, 


44 


Syphilis. 

Über  Ghorio-Betinitis  syphilitica  und  ihre  Beziehungen  zur  Himarterien- 
Ines,  von  Dr.  Oswalt.  {Berl  klin.  Wochenschr.  No.  45.)  Nach  Verf.s  Beobachtungen 
kann  bei  Syphilis  wenige  Monate  bis  1  Jahr  nach  der  Primärinfektion  eine  zentrale 
Retinitis  mit  oder  ohne  gleichzeitige  Iritis  auftreten,  die  charakterisiert  ist  durch 
kleine,  graaweifse,  träubchenartige  Herdchen,  die  am  liebsten  an  den  arteriellen  End- 
ästchen  sitzen.  Auch  in  der  Peripherie,  aber  immer  an  den  arteriellen  Endästchen, 
sind  ähnliche  kleine  Infiltrationen  der  Netzhaut  wahrzunehmen.  Meist  bestehen 
gleichzeitig  kleine  choroiditische  Herdchen  an  verschiedenen  Stellen  des  Fundus,  die 
jedoch  auch  fehlen  können.  Das  Makulargebiet  ist  dabei  oft  gleichzeitig  leicht  diffiu 
getrübt.  Feine  Glaskörpertrübungen  können  dabei  konstatiert  werden.  Fast  immer 
läfst  sich  ein  kleines,  negatives,  zentrales  Liotom  nachweisen,  oft  entspricht  demselben 
ein  im  ganzen  gleichgestaltetes  positives  Liotom.  Mitunter  besteht  auch  Metamor- 
phopsie.  Die  Sehschärfe  ist  manchmal  beträchtlich,  meist  jedoch  nur  wenig  herab- 
gesetzt. Da  nun  die  Syphilis  ihre  pathologischen  Produkte  zuerst  an  den  Enden  der 
Arterien  absetzt,  so  können  die  Herde  in  allen  möglichen  Häuten  des  Auges  auftreten 
und  zwar  zunächst  an  den  arteriellen  Endästen.  In  der  Aderhaut  lokalisiert  sich  die 
Lues  daher  in  der  Choriocapillaris,  und  in  der  Netzhaut  ergreift  sie  zuerst  und  fast 
ausschliefslich  die  gefäfstragende  Schicht.  Alle  syphilitischen  Veränderungen  haben 
im  arteriellen  Geföfssystem  ihre  Grundlage.  Da  es  sich  nach  Heubnbr  bei  der 
Syphilis  der  Hirngeiäfse  um  Veränderungen  im  kapillaren  Endapparat  der  Hirn- 
arterien  und  vornehmlich  der  Carotis  intern,  handelt,  so  muls  auch  ihr  kapillarer 
Endapparat,  also  auch  das  Kapillargebiet  der  Arteria  ophthalmica,  am  meisten  leiden. 
Während  aber  die  Veränderungen  in  den  Himgefafsen  wegen  der  kolossal  ausgebil- 
deten Anastomosen  bedeutende  Fortschritte  gemacht  haben  müssen,  ehe  sich  merk- 
liche Störungen  in  den  Hirnfunktionen  einstellen,  machen  sich  in  dem  Auge  schon 
die  leichtesten  Veränderungen  subjektiv  bemerkbar.  Daher  gehören  die  innem 
Augenentzündungen  mit  zu  den  frühesten  Symptomen  sekundärer  Lues. 

L.  Hoffmann- Berlin. 

Über  spezifische  Netzhautentzündung,  von  Prof.  Dr.  Hibschbbbo.  (Berl.  kkn. 
Wochenschr.  Xo.  46.)  Nacli  Uiksghbekg  kommen  auf  1000  Augenkranke  3  spezifische, 
welche  letztere  Erkrankungen  nicht  immer  nach  1 — 2  und  mehr  Jahren,  sondern  auch 
schon  nach  4 — 6  Monaten  nach  der  Infektion  auftreten  können.  Die  Symptome  bestehen 
im  subjektiven  Wahrnehmen  schwarzer  Punkte  oder  Bufsflöckchen,  welches  von  den 
staubförmigen  Glaskörpertrübungen  abhängt  oder  von  feinsten  Punkten  im  Pupillar- 
bereich  der  Hornhaut.  Charakteristisch  ist  das  beharrliche  Flimmern,  welches  nach 
H.  auf  Erkrankung  der  Netzhautarterien  beruht.  Ferner  besteht  Herabsetzung  der 
Sehschärfe  bis  zur  Erblindung.  L.  Hoffmann-Beiiin. 

Über  Neuritis  optica  speciflca,  von  Prof.  Dr.  Horstmank.  {Deutsche  med. 
Wochenschr.  No.  44.)  Die  syphilitische  Sehnervenentzündung  kann  die  Folge  eines 
Gumma  in  der  Schädelhöhle  sein,  alsdann  zeigt  sich  das  Bild  der  sog.  Stauungs- 
papille, oder  sie  kann  als  Neuritis  descendens  auftreten,  sobald  sich  entzündliche 
Zustände  von  den  Meningen  nach  dem  Opticus  und  seinen  Häuten  hin  weiter  ver- 
breiten. Hiervon  zu  unterscheiden  ist  die  eigentliche  Neuritis  specifica,  bei  der  sich 
im  Stamme  des  Opticus  der  Sitz  einer  luetischen  Entzündung  findet.  Auch  können 
die  Sehnerven  bez.  das  Chiasma  in  eine  gummöse  Wucherung  hineingezogen  und 
davon  durchwachsen  werden.  Was  die  Häufigkeit  der  Erkrankung  anbetrifft,  so 
wird,    abgesehen   vom  äufsern  Auge  einschliefslich  Oonjunctiva,  Cornea  und  Muskeln, 


45 

in   erster   Linie   die    Iris,    darauf  die   Netzhaut   und  am  seltensten  der  Sehnerv  von 
syphilitischen  Entzündungen  befallen.  X.  Hoffmann-Berlin. 

Über  den  Zusammenhang  der  allgemeinen  Paralyse  und  der  Syphilis 
pricht  E.  B^Gis  {Gcus.  med.  de  Paris.  1888.  23—26),  der  bisher  Pseudoparalyse  nur 
als  Folgezustand  der  Syphilis  angenommen  hatte,  sich  jetzt  dahin  aus,  dafs  da,  wo 
genaue  Auskunft  vorhanden,  70 — 76  7o  der  Paralytiker  syphilitisch  gewesen  und  — 
bei  Hinzurechnung  der  wahrscheinlichen  Fälle  —  kommt  R.  auf  94  7o.  Vier  von 
ihm  beobachtete  paralytische  Frauen  hatten  sämtlich  Syphilis  gehabt.  Heredität 
gäbe  die  Prädisposition,  Syphilis  das  okkasionelle  Moment  zur  Entstehung  der 
Krankheit.  Von  diesen  Paralytikern,  wo  R.  keinen  Erfolg  von  antiluet.  Therapie 
mehr  sich  verspricht  und  gesehen  hat,  trennt  R.  strikte  Psychosen,  welche  der 
Paralyse  ähnlich  und  durch  spezifische  Behandlung  gebessert  werden;  diese  haben 
jedoch  andre  anatomische  Grundlagen  und  sind  als  spezifische  Pseudoparalysen  zu 
trennen.     (Nach  Mendels  Referat  in  Nenrolog.  Centralhlatt  1888.  No.  17.) 

PaülyNervi. 

Ober  Behandlung  der  Syphilis  mit  subkutanen  Kalomelinjektionen,  von 
Dozent  Dr.  B.  Finger.  (Wiener  med.  Presse.  No.  48  u.  49.)  Verwendet  wurden  von 
ihm  Neissers  Kalomel- Wasser   und   dann    Kalomel- Ölsuspensionen ;    wöchentlich   nur 

1  Injektion.  In  seinen  39,  im  ganzen  mit  229  Injektionen  behandelten  Fällen  bildeten 
sich  an  den  Injektionsstellen  stets  Knoten,  die  am  2.  oder  3.  Tage  am  gröDsten  und 
schmerzhaft  waren,  aber  in  5 — 7  Tagen  wieder  zurückgingen,  Abscefsbildung  kam  nie 
vor.  Der  Ii^ektion  eine  Kokaineinspritzung  vorauszuschicken,  hält  er  zum  mindesten 
far  überflüssig,  da  die  Schmerzen  sich  erst  nach  24 — 36  Stunden  entwickelten,  zu 
welcher  Zeit  die  Kokaineinwirkung  längst  aufgehört  hat. 

über  die  Wirksamkeit  der  Kalomelinjektionen  gegen  den  Syphilisprozefs  fafst 
FneBB  sein  Urteil  dahin  zusammen,  dafs  1.  wir  in  ihnen  eine  höchst  wertvolle 
Methode  besitzen,  welche  die  Erscheinungen  recenter  und  recidivierender  sekundärer 
Lues  rasch  zum  Schwunde  bringt;  es  genügten  für  die  leichteren  sukkulenten  Formen 
im  Durchschnitt  3 — 4,  für  die  schweren  trockenen  Formen  5 — 6  Injektionen,  um  sie 
lam  Schwinden  zu  bringen ;  2.  dafs  sie  aber  bei  einmaliger  Behandlung  gleich  andern 
Methoden  incl.  Inunktionskur  den  syphilitischen  Prozefs  nicht  zu  koupieren,  nicht 
gründlich  zu  heilen  vermögen.  Wegen  der  genauen  Dosierung  und  Bequemlichkeit 
empfehlen  sich  die  Kalomelinjektionen  und  stünden  an  Wirksamkeit  der  Inunktionskur 
nicht  nach.  Eckart-Nürnberg. 

Über  Wege  nnd  Wandinngen  des  Syphiliskontaginms  und  über  Syphilis- 
therapie  sprach  Prof.  Lako  im  Wiener  mediz.  Doktoren-Kollegium  {Wiener  med* 
Presse.  No.  50).  Das  Syphiliskontagium  setzt  bei  Bildung  der  Initialmanifestation  eine 
Zellenneubildung,  die  als  Isolationswall  zwischen  Kontagium  und  Nachbargewebe 
anzusehen  ist.  Die  neu  gebildeten  Zellen  des  Isolationswalles  wanderten  nun  weiter 
1.  durch  die  Lyrophwege;  2.  durch  direkten  Übergang  ins  Blutgefäfssystem ;  3.  durch 
regionäre  Wanderung  d.  i.  Verbreitung  durch  die  Gewebsspalten ;  4.  durch  die  post- 
initiale  Infektion,  dem  Erscheinen  einer  neuen  Initialmanifestation  weit  ab  von  der 
ersten.    Die   mit   intaktem    Epithel   versehenen   Initialmanifestationep  liefsen  nur  die 

2  ersten  Arten  der  Verbreitung  zu. 

Die  Exzision  der  Initialsklerose  sei  nur  dann  vorzunehmen,  wenn  dieselbe  genau 
abgrenzbar  sei  und  keine  Zeichen  der  Verbreitung  nach  2,  3  oder  4  vorlägen. 

Therapeutisch  empfiehlt  er  3  g  einer  50  7o  Lanolinquecksilbersalbe  mit  7  g 
Milchzucker  verreiben  und  daraus  GO  Pillen  bereiten  zu  lassen,  wovon  täglich  4  bis 
6  Stück   zu   nehmen   sind.    Auch   von   Unnas   Pflasterbehandlung   hat  er  zumal  bei 


46 

Kindern  gute  Erfolge  gesehen.  Die  subkutanen  Injektionen  von  Ealomelöl  hält  er 
für  wirksamer  als  die  Inunktionen  und  gibt  hierfür  wegen  gleichmäfsiger  Verteilmig 
des  Kaloraels  und  geringerer  Reaktion  folgende  Formel:  9  Lanolin  2,7,  Kalomel  2J, 
Ol.  olivar.  4,6.  D.  Eckart-Nürnberg. 


2.UB  ber  ^xatxi. 

Wollen  Sie  in  den  Monatsheften    die  Besprechung  der  Antrophore   als  neuer 

Beliandlimg  der  Blennorrliöe  veranlassen? 

Dr.  T.  in  S. 

Antwort  der  Redaktion.  Wir  haben  die  Beantwortung  dieser  Frage  Herrn 
Dr.  YON  DüBiNO  übergeben,  welcher  nicht  nur  über  die  Antrophore,  sondern  auch 
über  eine  derselben  nahestehende,  aber  dieselbe  an  Wirksamkeit  zweifellos  über 
treffende  Methode  die  meiste  Erfahrung  besitzt.  — 

Der  Gedanke  eines  therapeutischen  Verfahrens,  wie  er  in  den  Antrophoren  seinen 
Ausdruck  gefunden  hat,  ist  sicherlich  jedem,  der  sich  mit  der  Therapie  der  blen- 
norrhoischen  Prozesse  der  Urethra  spezieller  befafst  hat,  häufig  und  immer  wieder 
aufgetaucht;  den  Beweis  dafür  geben  die  vielfachen  Formeln  für  „Bougies",  die  alle 
an  dem  Mangel  litten,  schwer  einführbar  zu  sein,  meist  wegen  der  grofsen  Zerbrech- 
lichkeit. 

Man  bezweckt  mit  den  Antrophoren  die  erkrankte  Urethralschleimhaut  mit  dem 
entsprechenden  Medikament  in  energischeren  und  innigeren  Eontakt  zu  bringen,  als 
dies  durch  die  Injektion  von  Lösungen  möglich  ist. 

Erreichen  nun  die  im  Handel  befindlichen  (meist  sind  es  wohl  die  Dr.  med. 
FsAHCKEschen  Thallin-)Antrophore  diesen  Zweck?  Und  viel  wichtiger,  sind  sie  deam 
wirklich  für  alle  Fälle  indiziert  oder  vielleicht  gar  häufig  kontraindiziert? 

Die  Antwort  auf  die  erste  Frage  ist  nicht  unbedingt  zu  verneinen,  noch  viel' 
weniger  aber  zu  bejahen. 

Die  Starke  der  Antrophore  entspricht  etwa  Charriere  No.  10.  Bei  der  aoTser- 
ordentlich  starken  Fältelung  der  Urethralschleimhaut  werden  aber  die  Tiefen  und 
sackförmigen  Einbuchtungen  zwischen  zwei  Faltenhöhen  bei  der  Schwellung  der 
Schleimhaut  nur  noch  fester  gegen  das  eigentliche  Lumen  abgeschlossen,  wenn  man 
nicht,  wie  bei  der  Sondenbehandlung,  wie  bei  vorsichtigen,  aber  mit  genügenden 
Quantitäten  vorgenommenen  Injektionen,  für  eine  Ausspannung,  „Entfaltung^*  der 
Urethralschleimhaut  Sorge  trägt  —  und  das  dünne  Antrophor  bringt  diese  „Ent- 
faltung'' durchaus  nicht  zustande.  So  wird  also  der  Hauptzweck  —  inniger  Kontakt 
sämtlicher  Schleimhautpartien  mit  dem  Medikament  —  illusorisch. 

Eine  weitere  Frage  ist  nun,  wann  wir  eine  derartige  Therapie  für  indiziert,  für 
zweckentsprechend  ansehen.  Und  da  müssen  wir  sagen,  dafs  die  Empfehlung  von 
Antrophoren  für  frische,  akute  Blennorrhoe  uns  durchaus  irrationell  erscheint.  Es  ist 
aufserordentlich  schwer,  über  die  Wirksamkeit  bestimmter  Medikamente  gerade  bei 
dieser  Erkrankung  ein  abschliefsendes  Urteil  zu  gewinnen  —  denn  es  ist  nicht  za 
leugnen,  dafs  bei  zweckmäfsigem  Verhalten  der  Patienten  auch  die   „Therapie  nulla*^ 


47 

ausgezeichnete  Erfolge  hat!  Anderseits  aber  ist  von  allen,  die  Anhänger  einer  lokalen 
Therapie  Ton  Beginn  an  sind,  die  nicht  erst  dann  dieselbe  einzuleiten  raten,  wenn 
der  blennorrhagische  Prozefs  seine  Akme  überscritten  hat,  betont,  dafs  man  durchaus 
möglichst  wenig  reizende  Mittel,  möglichst  schwache  Lösungen  nehmen  soUe.  Dafs 
nun  aber  ein  mehrmaliges  —  durchaus  schmerzhaftes  —  Einfuhren  eines  Antrophors 
(und  noch  dazu  meistens  in  der  viel  zu  hohen  Dosierung  von  2 — 3%  Thallin!)  doch 
wohl  ein  sehr  heftiger  Beiz  sei  —  darüber  brauchen  wir  wohl  keine  weiteren  Worte 
zu  verlieren.  — 

In  ihr  Becht  tritt  diese  Applikationsweise,  wenn  die  Gonorrhöe  aus  dem  puru- 
lenten  Stadium  wieder  in  das  muköse  übergeht.  Dafs  sie  häu6g  mehr  leistet  als 
das  übliche,  meist  unzweckmäfsig  und  ungeschickt  ausgeführte  Einspritzen  etwelcher 
liÖBongen,  das  ist  nicht  zu  bestreiten. 

Aber  auch  da  wieder  ist  zu  betonen,  dafs  die  im  Handel,  im  Handverkauf  ab- 
gegebenen Antrophore  durchweg  in  viel  zu  hoher  Dosierung  das  betreffende  Medi- 
kament enthalten. 

Ehe  die  erwähnten  Antrophore  „Mode"  wurden,  ersuchte  ich,  von  dem  oben 
erwähnten  Gedanken  geleitet,  ,  Herrn  Apotheker  Dr.  Mielck,  mir  in  verschiedenen 
Stärken  eigentliche  „Bougies^,  also  Kerzen  darzustellen,  deren  Eemmasse  einen 
höheren  Schmelzpunkt  habe,  als  die  zum  Überzug  verwandte,  das  Medikament  enV 
haltende  Mantelmasse.  Als  solche  war  ja  die  Masse  gegeben,  mit  der  wir  unsere 
Salbensonden  beziehen,  also:  Ol.  cacao  100,0,  Gera  flava  3,0—5,0,  Baisami  Peruviani  2,0 
—  der  dann  das  Medikament  beliebig  zugesetzt  werden  kann. 

Die  Ausführung,  die  Herr  Dr.  Mielck  diesem  Wunsche  gab  —  ohne  dais  ihm 
damals  schon  die  Antrophore  bekannt  gewesen  wäre  —  kommt  diesen  letzteren  etwas 
näher  als  meine  Idee,  übertraf  aber  meine  Erwartungen  bei  weitem  und  ergab  etwas 
weit  Brauchbareres,  als  es  die  von  mir  gewünschten  Bougies  gewesen  waren,  oder 
die  gewöhnlichen  Antrophore  sind. 

Aus  Eupferdraht,  der  sehr  flach  gewunden  wird,  stellt  man  eine  Spirale  in 
Form  einer  Sonde  her.  Je  nachdem  man  den  Draht  dicker  oder  dünner  nimmt,  ist 
diese  „Hamröhrenspirale"  schwerer,  steifer,  oder  leichter  und  biegsamer.  Durch  Um- 
biegen des  Endes  der  Spirale  wird  eine  Handhabe  gegeben,  die  ein  „Hineingleiten'' 
der  Spirale  in  die  Blase  verhütet.  Diese  Spirale  nun  wird  in  verflüssigten  Zinkleim 
getaucht,  der  alle  Unebenheiten  zwischen  den  einzelnen  Windungen  derselben  aus 
füllt,  und  nach  dem  Erkalten  eine  glatte,  durchaus  schmiegsame  Masse  bildet,  deren 
Schmelzpunkt  höher  ist  als  die  Körpertemperatur.  Ein  grofser  Vorzug  ist  nun,  dafs 
diese  Spiralen  sich  in  jeder,  den  Sonden  entsprechenden  Stärke  herstellen  lassen; 
wir  haben  bis  jetzt  uns  auf  die  Anwendung  der  Nummern  von  11 — 19  Charri^re  be- 
schränkt. Diese  Spirale  wird  vor  dem  jedesmaligen  Gebrauche  in  die  erwähnte 
Sondenmasse  gebracht  und  nach  deren  Erkalten  eingeführt. 

Zwei  Punkte  nun  zeichnen  dieselben  vor  den  gewöhnlichen  Antrophoren  aus: 
erstens  können  wir,  ähnlich  wie  bei  der  Sondenbehandlung,  durch  die  stärkeren 
Nummern  eine  wirkliche  Entfaltung  der  Schleimhaut  zustande  bringen,  und  zweitens 
üben  sie,  wieder  ähnlich  wie  die  Sonden,  durch  ihr  Gewicht  einen  gewissen,  thera- 
peutisch durchaus  nicht  zu  unterschätzenden  gleichmälsigen  Druck  auf  die  geschwellte 
Schleimhaut. 

Dadurch,  dafs  sie  stets  erst  kurz  vor  dem  Gebrauch  bezogen  zu  werden  brauv^hen, 
sind  dieselben  weit  sauberer  und  antiseptischer,  als  die  im  Handel  befindlichen  Antro- 
phore. 

Herr  Dr.  Mielck,  Schwanenapotheke,  Hamburg,  hält  die  Spiralen  in  den  oben 
angegebenen  Stärken,  mit  Zinkleim  überzogen,  vorrätig  und  übersendet  dieselben  auf 


48 

Wunsch   mit   der   als    „Massa  urethralis*'    bezeichneten   Fettmasse,    für  die    nur  das 
gewünschte  Medikament  und  Dosierung  anzugeben  sind,      von  Düriny-Hambury. 


))erf4)iebenes. 

Dreitausend  Fälle  von  Hautkrankheiten  aus  der  dermatologisckeii 
Poliklinik  von  Prof.  Dr.  Köbner,  von  Dr.  F.  Block.  Die  Arbeit,  welche  ur- 
sprünglich Disaeilation  war,  ist  jetzt  in  Fisghebs  med.  Buchhandlung  (H.  Koknvbld) 
als  besondere  Ausgabe  erschienen  und  interessirt  am  meisten  in  Bezug  auf  seine 
statistischen  Angaben  über  die  Häufigkeit  der  einzelnen  Hauterkrankuugen,  die  in 
einem  Zeiträume  von  2  Jahren  ö  Monaten  vorgekommen  sind.  Natürlich  nimmt, 
was  Häufigkeit  anbetrifft,  das  Ekzem  die  erte  Stelle  ein,  nämlich  1442  Falle,  dann 
Mykosis  tonsurans  306,  Scabies  238,  Akne  213,  Psoriasis  194,  Urtikaria  78,  Herpes  69, 
Pityriasis  versicolor  59,  Pruritus  51,  Erythema  exsudat.  multiform.  38,  Lupus  vul- 
garis 35,  Alopecia  areata  30,  Liehen  20  Fälle  u.  s.  w.  L.  Hoffmann- Berlin, 


The  British  Journal  of  Dermatology. 

Indem  wir  den  Lesen  unsrer  Zeitschrift  des  Erscheinen  eines  englischen  derma- 
tologischen Journals  —  „The  British  Journal  of  Dermatology",  herausgegeben  von 
Malcolm  Morris,  London,  und  H.  G.  Brooke,  Manchester  —  zur  Kenntnis  bringen, 
freuen  wir  uns,  zugleich  die  Mitteilung  daran  knüpfen  zu  können,  dals  dieses  Blatt  mit 
dem  unsrigen  in  nähere  redaktionelle  Beziehung  getreten  ist  Wie  auf  dem  Titel- 
blatte angegeben,  werden  die  den  Monatsheften  in  Zukunft  eingesandten  Originalien, 
falls  die  Autoren  nicht  den  gegenteiligen  Wunsch  auf  dem  Manuskripte  vermerken, 
in  wortgetreuer  Übersetzung  im  obengenannten  Journale  reproduziert  werden,  soweit 
die  Redaktion  des  letzteren  den  Inhalt  derselben  für  die  englischen  Leser  passend 
erachtet.  Anderseits  sind  wir  befugt,  in  derselben  Weise  die  Originalien  des  engh- 
sehen  Blattes  auch  unsern  Lesern  zur  selben  Zeit  vollständig,  nicht  nur  auszugsweise 
vorzuführen. 

Seit  Erasmus  Wilson  aufhörte,  auf  eigene  Kosten  eine  englische  Fachschrift  für 
Dermatologie  herauszugeben,  ist  niemals  wieder  ein  solcher  Versuch  in  England 
gemacht  worden,  obgleich  die  englische  medizinische  Litteratur  nicht  nur  nicht  arm 
ist  an  Beiträgen  von  hervorragendem  Interesse,  sondern  eine  ganze  Beihe  von  Haut- 
krankheiten, welche  bis  dahin  auf  dem  Kontinente  unbekannt  waren,  im  Laufe  der 
letzten  Jahrzehnte  in  die  Wissenschaft  eingeführt  hat. 

Wir  begrnlisen  mit  Freuden  den  Mut  unsrer  englischen  Kollegen,  welche  trotz 
der  in  England  vorhandenen,  eigentümlichen  Schwierigkeiten  die  Gründung  eines 
Blattes  für  unser  Spezialfach  wiederum  unternommen  haben,  und  hoffen,  dafs  durch 
das  Zusammengehen  ihrer  Zeitschrift  mit  der  unsrigen  in  Zukunft  mehr  als  bisher 
das  gegenseitige  Verständnis  der  englischen  und  deutschen  Dermatologie  gefordert 
werde.  Unna, 


Verlag  von  Leopold  V088  in  Hamburg  (und  Leipsig). 
Dmek  der  Verlagaanttalt  und  Druckerei  Actien>OeteUschaft  (yormals  J.  F.  Richter)  in  Hamburg. 


Ponataliefte  fk  ^uü^t  ^tmMmt 


Band  VIII.  No.  2.  15.  Januar  1889. 


Doppelinfektion  mit  Favus  vulgaris  und  Favus  herpeticus. 

Von 

H.  Quincke 

in  Eiel. 

Nachdem  ich  aus  Favusborken  2  verschiedene  Pilze  gezüchtet  hatte^, 
unterschied  ich  auch  klinisch  2  verschieden  e  Formen  des  Favus,  den 
Favus  vulgaris  und  den  Favus  herpeticus,  und  skizzierte  ihre  Unter- 
schiede.^ Im  wesentlichen  ist  der  erste  (F.  vulgaris)  durch  den  y-Pilz 
bedingt  und  auf  dem  behaarten  Kopf  lokalisiert,  während  der  zweite 
(F.  herpeticus)  durch  den  a-Pilz  hervorgerufen  (meist?)  auf  der  unbe- 
haarten Haut  seinen  Sitz  hat. 

Im  Widerspruch  mit  dieser  Auffassung  standen  anscheinend  die 
Fälle,  in  welchen  behaarter  Kopf  und  unbehaarte  Teile  desselben  Indivi- 
duums favuskrank  waren;  für  sie  blieb  nur  die  Annahme  übrig,  dafs 
dasselbe  Individuum  von  2  verschiedenen  Pilzkrankheiten  befallen 
worden  sei.  Nachstehende  Beobachtung  bestätigt  die  Richtigkeit  dieser 
Annahme: 

Im  Februar  vor.  J.  kamen  auf  die  medizinische  Klinik  die  27jährige  Arbeiters- 
frau Marie  H.  mit  dem  6jährigen  Sohne  Ferdinand  und  der  5jährigen  Tochter  Anna. 

1.  Die  Mutter  aus  dem  Dorfe  Breiholz  bei  Bendsburg  stammend,  wo  Favus 
endemisch  sein  soll,  litt  schon  seit  ihrer  Schulzeit  an  Favus  des  Kopfes.  Jetzt  zeigt 
sich  neben  ausgedehnten,  narbig  atrophischen,  haarlosen  Stellen  die  Kopfhaut  zum 
Teil  mit  frischen  gelben  Scutulis  bedeckt,  zum  Teil  im  Zustande  schuppenden  Ekzemes. 
Der  übrige  Körper  ist  frei. 

Noch  während  der  Behandlung  des  Kopfes  (mit  Epilation,  Sublimatseife  und 
Pyrogallolsalbe)  entstanden  auf  den  Armen  ringförmige,  abschuppende  Stellen,  wie 
bei  Herpes  tonsurans,  einmal  auf  der  Schulter  auch  ein  kleines  Scutulum;  diese 
Dinge  heilten  schnell  auf  Pjrogalloltraumaticin. 


*  Archiv  für  exper.  Pathol  u.  Pharmakol  Bd.  22.  1886.  —  Während  ich  in 
dieser  Mitteilung  über  Favuspilze  es  noch  unentschieden  liels,  ob  die  nicht  sehr 
erheblichen  Unterschiede  des  ß-  und  ^-Pilzes  auf  verschiedene  Arten  oder  nur  auf 
Varietäten  zu  beziehen  seien,  möchte  ich  mich  jetzt  zu  der  letzteren  Auffassung 
bekennen,  so  dafs  ich  zunächst  also  nur  2  Favuspilze,  1.  den  a-Pilz  und  2.  den 
/9-  resp.  /-Pilz  als  erwiesen  ansehe. 

'  Monatshefte  f  prakt.  Bermatol  1887.  No.  21. 

Monatshefte.  4 


50 

2.  Der  6jährige  Sohn  leidet  angeblich  seit  5  Jahren  an  Kopffavus,  der  sich  seit 
einem  Jahre  erheblich  verschlimmert  hat.  Mit  Ausnahme  der  rechten  Schläfengegend 
ist  der  ganze  Kopf  des  Knaben  von  einer  gelben,  aus  konfluierten  Schildchen  beste- 
henden Borke  bedeckt.  Aufserdem  finden  sich  im  Gesicht,  am  Rücken,  an  Armen 
und  Beinen,  besonders  zahlreich  am  Halse  rundliche  Flecke  von  roter  Farbe,  mit 
"weifslichen  Schuppen  bedeckt;  die  Gröfse  variiert  von  Hirsekorn-  bis  Zehnpfennig- 
atückgröfse;  einige  sind  konfluiert.  Einzelne  gelbe  Schildchen,  die  noch  vor  wenigen 
Tagen  bei  der  ersten  Vorstellung  in  der  Sprechstunde  vorhanden  waren,  sind  in- 
zwischen abgefallen. 

Die  unbehaarte  Haut  wurde  mit  Sublimatseife,  das  Gesicht  mit  Seifen  und 
Schwefelzinksalbe  behandelt  und  schnell  geheilt,  obwohl  während  der  Behandlung 
noch  einige  neue  Stellen  zum  Vorschein  kamen  —  ein  lokales  Recidiv  auf  der 
Schulter  sogar  noch  nach  2  Monaten.  —  Viel  langsamer  wich  der  Favus  des  be- 
haarten  Kopfes,  wo  bis  in  den  August  noch  kleine  Nachschübe  Überwachung  und 
Behandlung  (wie  bei  1)  erheischten. 

3.  Bei  der  5jährigen  Anna  H.  wurde  der  Favus  des  Kopfes  erst  vor  4—6  Wochen 
gelegentlich  des  Haarschneidens  bemerkt,  während  auf  der  unbehaarten  Haut  schon 
seit  mehreren  Jahren  häufig  abschilfernde  Flecke  bestanden  haben  sollen,  doch  wurden 
gelbe  Scutula  von  der  Mutter  nie  bemerkt.  Jetzt  zeigt  das  Kind  auf  dem  Hinterkopf 
nur  eiue  umschriebene  Favuserkrankung  mit  gelben  Schildchen,  dagegen  finden  sich 
auf  Rücken,  Beinen,  Armen  und  der  rechten  Wange  zahlreiche  Hautstellen  vom  Aus- 
sehen des  Herpes  tonsurans  squamosus;  auf  dem  linken  Schulterblatt  in  der  Mitte 
eines  ringförmig  angeordneten  Schuppenflecks  ein  beginnendes  Scutulum. 

Verlauf  und  Behandlung  waren  wie  bei  dem  Bruder. 

Die  vorstehenden  Fälle  wurden  während  meiner  Abwesenheit  auf 
die  Klinik  aufgenommen;  doch  wurden  gleich  im  Beginn  von  meinen 
Assistenten,  Herren  Dr.  Hoppe -Seyler  und  Ebermaier,  von  den  Schildchen 
und  Schuppen  der  Fälle  2  und  3  Kulturen  angelegt,  die  ich  später 
weiter  fortpflanzen  und  untersuchen  konnte.  Aus  recidivierenden  Scutulis 
des  Kopfes  konnte  ich  später  selbst  noch  direkt  züchten. 

Diese  Kulturen  zeigten  nun  mit  voller  Sicherheit  den  ^'-Pilz  in  den 
Schildchen  des  Kopffavus  von  Fall  2  und  3,  sowohl  nach  seinem  Wacbs- 
tumsverhalten  auf  Peptongelatine,  Peptonagar  und  Kartoffel,  wie  nach 
dem  mikroskopischen  Bilde  der  Fadenverzweigung,  Endkolbenbildung  und 
Abschnürung.  ^ 

Von  den  kranken  Stellen  der  unbehaarten  Haut  mifßlangen  die  von 
Fall  3  stammenden  Kulturen;  dagegen  wurden  von  Fall  2  sowohl  vom 
Rücken  wie  von  der  Augenbraue  sehr  schöne  Reinkulturen  erhalten,  die 
mit  Sicherheit  als  a-Favuspilz  angesprochen  werden  mufsten  nach  ihrem 
Wachstumsverhalten  auf  Gelatine  und  Kartoffel,  auch  bei  niedriger  Tem- 
peratur, nach  dem  mikroskopischen  Aussehen  und  der  Bildung  von 
Mikro-  und  Makrogonidien.*     Allerdings  waren  letztere  nicht  so  reichlich 


*  8.  Arch.  f.  exper.  Pathol  Bd.  22.  Taf.  II.  III.  Figg.  7,  9~11. 

*  1.  c.  Taf.  II.  III.  Figg.  1—4. 


51 

wie  gewöhnlich  und  wurde  die  verflüssigte  Gelatine  nicht  braun  gefärbt, 
sondern  blieb  hell;  doch  waren  dies  geringe  Variationen,  wie  sie  mir 
auch  sonst  bei  einzelnen  Kulturreihen  vorgekommen  sind. 

Bei  demselben  Individuum  (Ferdinand  H.,  Fall  2)  fand  sich 
also  als  Erzeuger  des  Favus  vulgaris  am  Kopfe  der  ^'-Pilz, 
als  solcher  des  Favus  herpeticus  am  Körper  der  «-Pilz.  An 
den  meisten  Stellen  hatte  letzterer  übrigens  erst  zu  herpetischen  Ringen, 
nur  sehr  vereinzelt  zur  Bildung  von  Favusschildchen  geführt. 

Dafs  auch  bei  Frau  H.  und  bei  Anna  H.  eine  Doppelinfektion 
vorlag,  kann  nur  aus  Analogie  geschlossen  werden,  da  die  Kulturen  des 
Favus  herpeticus  bei  ihnen  unterblieben,  resp.  fehlgeschlagen  waren. 

Nach    den    Angaben    der  Mutter  muüs  man  annehmen,  dafs  mehrer 
Jahre   lang   Ferdinand  H.    nur    an    Favus    vulgaris,    Anna  H.   nur  an 
Favus   herpeticus   gelitten  habe,  und  dafe  erst  später  —  vielleicht  einige 
Monate    vox   dem    Hospitaleintritt  —  durch  gegenseitige  Ansteckung  bei 
jedem  der  beiden  Kinder  eine  Doppelinfektion  zu  stände  kam. 

Bei  der  mit  ganz  altem  Kopffavus  behafteten  Mutter  kam  der  Favus 
herpeticus  sogar  erst  im  Laufe  der  Beobachtung  zum  Vorschein. 

Wahrscheinlich  ist  auch  der  Vater  von  Favus  herpeticus  befallen 
gewesen;  derselbe  litt  nämlich  an  einer  mit  Schildchenbildung  einher- 
gehenden Erkrankung  der  Stimhaut  längs  der  Haargrenze,  welche  nach 
wenigen  Wochen  durch  Sublimatseife  und  Pyrogallolsalbe  beseitigt  war. 
Leider  sind  nähere  Notizen  über  den  Mann,  der  nur  zweimal  in  der 
Sprechstunde  erschien,  nicht  gemacht  worden.  — 

Hervorzuheben  ist  übrigens,  dafs  bei  den  Kindern  H.  die  durch 
den  a-Pilz  bedingte  Hauterkrankung  vorwiegend  unter  dem  Bilde  des 
Herpes  tonsurans  squamosus  verlief  und  es  nur  gelegentlich  und  weiter- 
gehend zur  Bildung  charakteristischer  Favusschildchen  kam.  Ob  das 
eine  oder  andre  geschieht,  mag  von  individuellen  Eigentümlichkeiten  in 
der  Festigkeit  etc.  der  Epidermisstruktur  abhängen. 


Fall  von  Alopecia  areata  nach  Operation  am  Halse. 

Von 

E.  Pontoppidan 

in  Kopenhagen. 

Der  Streit  über  die  parasitäre  oder  neurotische  Ursache  der  Alopecia 
areata  scheint  sich  mehr  und  mehr  dahin  zu  lösen,  dafs  beide  Theorien 
recht   haben   und  wir   eine  zweifache  Alopecia  areata  der  Ätiologie  nach 

4* 


52 

annehmen  müssen.  Es  geht  gewifs  allen  Praktikern  wie  mir,  dafs  wir 
bald  Fälle  der  Krankheit  bekommen,  wo  Ansteckung  oder  therapeutische 
Resultate  für  eine  parasitäre  Ursache  entschieden  sprechen,  bald  solche 
sehen,  wo  irgend  eine  neurotische  Störung  sich  als  ätiologisches  Moment 
mehr  oder  weniger  stark  aufdrängt.  Die  letzteren  sind  verhältnismäfeig 
selten,  wenigstens  wenn  man  mehr  als  ein  ganz  zufälliges  Zusammen- 
treflfen  nachgewiesen  zu  sehen  wünscht,  und  können  wohl  nie  rein  wie 
das  physiologische  Experiment  noch  beweiskräftig  wie  ein  solches  sein. 
Doch  möchte  der  vorliegende  Fall  etwas  mehr  als  gewöhnliches  Interesse 
darbieten,  besonders  jetzt,  wo  Max  Josephs  artifiziell  hervorgerufenen 
Alopecien  unsre  Ideen  in  diese  besondere  Kichtung  gelenkt  haben.  Die 
Gelegenheit  zur  Observation  des  bezüglichen  Falles  verdanke  ich  dem 
hiesigen  Kollegen  Dr.  Wanscher,  der  die  Kranke  unter  chirurgischer 
Behandlung  hatte.  Sie  wurde  am  11.  Dezember  1888  von  ihm  wegen 
chirurgisch  interessanter  Verhältnisse  und  von  mir  wegen  der  Alopecia 
areata  im  Verein  der  Ärzte  vorgestellt. 

Anka  M.,  10  Jahre  alt,  wurde  am  7.  September  1888  wegen  einer 
taubeneigroisen  Drüsengeschwulst  in  der  linken  Regio  carotidea  operiert. 
Der  in  der  Tiefe  gelegene  Teil  des  Drüsenkonglomerats  zeigte  sich  an 
der  Vena  jugularis  externa  adhärent,  und  während  der  Ablösung  kam 
ziemlich  heftige  Blutung  aus  einem  ßifs  in  der  Vene.  Der  Versuch 
einer  Seitenligatur  scheiterte,  und  da  die  Blutung  alarmierend  wurde, 
wurde  mit  in  Sublimatlösung  getränkter  Jodoformgaze  tamponiert  und 
darüber  Bindenkompression.  Dieser  Tampon  war  noch  am  11.  Dezember 
1888  nur  teilweise  entfernt  —  der  aseptische  Wundverlauf  hat  eine 
Einheilung  zugelassen. 

Die  ersten  Tage  nach  der  Operation  hatte  die  Kranke  abends  ein 
wenig  erhöhte  Temperatur  nebst  leichter  Bronchitis.  Am  zweiten  Tag 
wurde  —  was  gewifs  gleich  nach  der  Operation  entstanden  war  — 
eine  Sympathicusparese  der  Augenmuskeln  der  linken  Seite,  Ptosis  und 
kontrahierte  Pupille  entdeckt.  Die  Kranke,  die  übrigens  ruhig  und 
war,  hatte  besonders  im  Schlafe  ziemlich  starke,  choreaartige,  zuckende 
Bewegungen  des  linken  Armes. 

3  Wochen  nach  der  Operation  wurde  der  Verband  entfernt.  Die 
Wunde  war  ohne  Reaktion,  der  Tampon  sehr  adhärent  an  den  Wänden 
der  Höhle,  wo  er  sich  nicht  entfernen  liefs.  Bähungen  und  Umschläge 
mit  Sublimatwasser  konnten  auch  nicht  die  Ablösung  der  adhärenten 
Partien  desselben  effektuieren,  diese  waren  in  mehrere  Millimeter  Tiefe 
mit  Granulationsgewebe  durchwachsen,  und  diese  wurden  trotz  der 
Anwe^ndung  konzentrierter  Lapislösungen  mehr  und  mehr  in  resistentes 
Bindegewebe  umgewandelt,  wodurch  noch  jetzt,  ein  Vierteljahr  nach  der 
Operation,  die  Beste  des  Grazetampons  fest  eingeheilt  sind. 


53 

Als  die  Bandage  zum  ersten  mal  —  21  Tage  nach  der  Operation  — 
entfernt  wm'de,  zeigten  sich  am  Nacken  mehrere  haarlose  Flecke,  welche 
vom  Operateur  als  durch  Usur  verursacht  aufgefafst  wurden;  da  dieselben 
aber  sich  schnell  vergröJserten,  wurde  Verf.  als  Konsultent  hinzu- 
gezogen. 

Die  kleine  Kranke,  welche  in  guten  Verhältnissen  und  unter  intelli- 
genter Beobachtung  lebte,  hatte  nie  Haar-  noch  Hautkrankheiten  gehabt, 
und  auch  in  ihrer  Umgebung  waren  keine  Fälle  solcher  Affektionen  zu 
eruieren.  Am  Hinterhaupt  zeigten  sich  symmetrisch  zwei  etwa  thaler- 
grofee,  kreisrunde,  ganz  haarlose  Flecke.  Die  Haut  war  weiüs,  glatt, 
ohne  Schorfe,  Haarstümpfe  oder  sonstige  abnorme  Erscheinungen,  die 
Sensibilität  normal.  Der  mit  einer  scharfen  Grenze  sich  absetzende  um- 
gebende Haarwuchs  war  anscheinend  normal,  doch  zeigten  sich  die  Haare 
sehr  locker  befestigt  und  folgten  bei  leisem  Zupfen  in  ganzen  Mengen. 
Eine  mikroskopische  Untersuchung  der  Haare  und  des  Haarbodens  (Ent- 
fettung durch  Alkohol  und  Äther,  Färbung  mit  Methylenblau  und  Borax, 
oder  Aufhellung  in  Kalilauge)  zeigte  nur  die  gewöhnlichen,  normalen 
Mikrophyten  in  Epidermis  und  Wurzelscheiden,  sonst  aber  nichts,  was 
als  pathologisch-mykotischer  Befund  zu  deuten  wäre.  Ich  diagnostizierte 
eine  Alopecia  areata  neurotica  und  riet,  jede  spezielle  Behandlung  zu 
unterlassen,  indem  ich  glaubte,  eine  spontane  Reproduktion  der  Haare  in 
wahrscheinliche  Aussicht  stellen  zu  können.  Vorläufig  vergröfserten  sich 
jedoch  die  Flecke  schnell,  es  entstanden  neue  gegen  den  Scheitel  hin 
und  hinter  den  Ohren,  und  sie  konfluierten;  ungefähr  einen  Monat  nach 
der  ersten  Untersuchung  jedoch  hörte  die  Ausbreitung  auf,  die  angrenzen- 
den Haare  waren  festsitzend,  und  am  27.  Oktober,  als  die  gröfste  Aus- 
breitung erreicht  war,  zeigte  sich  der  Status  wie  folgend:  Das  ganze 
Hinterhaupt  war  an  einer  symmetrisch  sich  ausbreitenden  Partie  ganz 
haarlos,  die  Haut  übrigens  glatt  und  normal,  die  Sensibilität  ungestört. 
Die  Grrenzlinie  gegen  die  behaarten  Teile,  wo  das  Haarkleid  dicht  und 
normal  war,  beschrieb  eine  horizontale  Linie  ungefähr  von  dem  Wirbel 
am  Scheitel  nach  vom  um  den  Kopf  herum  in  der  Weise,  dafs  unter 
dieser  Linie  sich  von  behaarter  Haut  nur  ein  Streifen  an  den  Schläfen 
herunter  vor  den  Ohren  und  ein  dünner,  stellenweise  abgebrochener  Haar- 
kranz der  untern  Grenze  des  Kapillitiums  gegen  den  Hals  entlang  zeigte. 
Diese  Ausbreitung  entspricht  etwa  dem  Grebiet,  welches  durch  den  Nervus 
oGcipitales  major  und  minor  nebst  dem  hintern  Aste  des  N.  auricularis 
magnus  versorgt  wird. 

Bald  sprossen  nun  neue,  lanugoartige  Haare  wieder  hervor,  am 
stärksten  in  der  Peripherie,  und  am  11.  Dezember  war  die  ganze  Partie 
ziemlich  gleichmäfsig  und  recht  stark  mit  solchen  besetzt,  welche  die 
kahle    Stelle    schon    mit    einem    anfangenden,    wenn    auch    dünnen    und 


54 

lichten    Haarwuchs    bedeckten,    und    allem    Anschein  nach  wird  die  Be- 
haarung in  wenigen  Monaten  wieder  normal  sein. 

Nach  einer  Nervenläsion,  die  klinisch  wie  anatomisch  als  die  oberen 
Cervikalnerven  berührend  aufgefafst  werden  mufste,  entsteht  eine  Alopecia 
areata,  welche  im  Ausbereitungsbezirk  wie  der  Zeit  ganz  die  Max  Joseph- 
sehen  Alopecien  nach  Cervikalganglienläsion  decken  würde,  wenn  nicht 
ein  Umstand  wäre,  die  symmetrische  Verbreitung  nach  der  nicht  operierten 
Seite.  Doch  haben  Max  Joseph  wie  Mibelli  gesehen,  dafs  die  Affektion 
nicht  immer  an  das  Gebiet  des  exstirpierten  Granglions  gebunden  ist, 
sondern  auch  anderwärts  sich  zeigen  könne,  wie  im  Gebiete  des  Trigeminms 
und  auf  noch  entfernteren  Bahnen,  wie  gegen  die  Schultern  zu  und  an 
den  Extremitäten.  Ein  Übergreifen  auf  das  entsprechende  Nervengebiet 
der  andern  Seite,  etwa  durch  eine  zentripetal  fortgeleitete  Neuritis,  wäre 
vielleicht  doch  nicht  undenkbar.  Wie  immer  die  Erklärung  sei,  so  mag 
der  Fall  doch  einiges  Interesse  haben  als  kasuistischer  Beitrag  in  der 
Frage  nach  der  Alopecia  areata  neurotica. 


Aus  Br.  Unnas  Klinik  für  Hautkrankheiten  in  Hamburg. 

Zur  Infektionsfrage  der  Herpesarten. 

Von 

Dr.  Ludwig  Török, 

Assistenzarzt. 

Die  Hausepidemie  von  Herpes,  welche  ich  im  folgenden  kurz  be- 
schreiben werde,  ist  besonders  in  der  Hinsicht  interessant,  dafs  sie  die 
engen  Grenzen,  die  bisher  zwischen  Herpes  Zoster  und  den  übrigen 
Herpesformen  gezogen  wurden,  zu  verrücken  scheint  und  die  Auffassang 
zuläfst,  dafs  die  verschiedenen  Herpesarten  nur  verschiedene  Grade  ein 
und  derselben  Infektion  darstellten. 

Am  14.  November  1888  wurde  A.  S.,  18  Jahre  alt,  in  die  Haut- 
klinik Dr.  Unnas  aufgenommen.  Derselbe  war  mit  einem  typischen 
Herpes  Zoster  behaftet;  im  10.  Interkostalraum  waren  3  Gruppen  von 
teilweise  schon  zu  bräunlichen  Borken  eingetrockneten  Bläschen  sichtbar. 
Der  Kranke  war  stark  abgeschlagen,  schwach  fiebernd  und  klagte  über 
Brennen  an  den  befallenen  Stellen.  Er  blieb  bis  zum  30.  November  in 
unsrer  Behandlung. 

Ende  November  erkrankte  eine  38jährige  Frau,  bald  darauf  auch 
ein  24jähriges,  wegen  Lupus  in  Behandlung  stehendes  Mädchen  an  Herpes 


55 

labialis.  Bei  beiden  waren  Kopfschmerzen  und  Abgeschlagenheit,  bei 
der  letzteren  auch  geringe  Fieberbewegungen  als  Prodromalerscheinungen 
voraufgegangen.  Bei  der  ersten  zeigte  sich  eine  Gruppe  an  der  Ober- 
lippe, bei  der  letzteren  einige  Gruppen  an  Ober-,  Unterlippe  und  an  den 
Mundwinkeln.  Nach  ähnlichen  Prodromen  erkrankte  dann  ein  18j ähriger 
Bursche  an  Herpes.  Bei  demselben  entwickelte  sich  rasch  ein  ziemliches 
( )dem  des  Gesichtes,  besonders  der  Gegend  des  liuken  Auges,  und  ebenso 
rasch  eine  Menge  von  Bläschengruppen  des  Gesichtes,  welche  zum  grölsten 
Teile  symmetrisch  auf  beide  Seiten  verteilt  waren  —  (an  den  tubera 
frontalia,  zu  beiden  Seiten  des  Nasenrückens,  an  der  Nasenwurzel,  an 
den  Augenbrauen  und  äufseren  Augenwinkeln,  an  den  Wangeü,  an  der 
Oberlippe,  zu  beiden  Seiten  des  Kinns,  an  beiden  Ohren  etc.).  —  Aufeer- 
dem  war  eine  Gruppe  von  Bläschen  an  der  seitlichen  Bauchwand,  knapp 
unterhalb  der  rechten  12.  Rippe,  aufgetreten.  Endlich  erkrankte  auch 
noch  ein  lOjähriges  Mädchen  an  Herpes  labialis  der  Oberlippe. 

Zwischen  dem  Zeitpunkte  der  Aufnahme  des  ersten  Falles  bis  zum 
Auftreten  des  letzten  waren  5  Wochen  verstrichen. 

Im  Anschlüsse  an  einen  typischen  Herpes  Zoster  war  also  hier  — 
bei  den  der  Infektion  ausgesetzten  Individuen  —  in  3  Fällen  Herpes 
labialis,  in  einem  Falle  Herpes  facialis  und  ein  Prozefs  aufgetreten,  der 
wohl  nur  als  Herpes  Zoster  aufzufassen  ist.  Schon  früher  beschriebene 
Herpesepidemien  (z.  B.  zuletzt  diejenige  von  Tommasoli,  Giornale 
intemaz.  di  scimza  med,  Juli  1886)  und  auch  die  eben  beschriebenen 
scheinen  für  die  Auffassung  des  Herpes  als  eine  Infektionskrankheit  zu 
sprechen;  unsre  Epidemie  des  weiteren  auch  noch  dafür,  dafs  derselbe 
Infektionsstoff  Erreger  sowohl  des  Zoster,  als  auch  wenigstens  eines 
Teiles  der  Facialis-,  Labialis-  und  wahrscheinlich  auch  der  Progenitalis- 
formen  ist. 

Wie  haben  wir  nun  diese  Prozesse  aufzufassen?  Wie  müssen  wir 
uns  z.  B.  gegenüber  den  symptomatischen  Herpesformen  verhalten?  Welche 
Bedeutung  haben  unter  andern  die  häufig  sich  wiederholenden  Herpetes 
progenitales  vieler  Puellen? 

Ein  von  v.  DüRiNO  in  dieser  Zeitschrift  publizierter  Fall  von  nach 
Erysipelas  aufgetretenem,  recidivierendem  Herpes  scheint  auf  diese  Pro- 
zesse einiges  Licht  zu  werfen.  Das  voraufgegangene  Erysipelas  war  hier 
g:ewirs  das  disponierende  Moment  für  die  sich  von  nun  an  wiederholenden 
Herpeseruptionen.  Indem  wir  diese  Erklärung  auch  auf  die  übrigen 
Herpesformen  übertragen,  müssen  wir  bei  den  von  Herpes  befallenen 
Individuen  entweder  eine  angeborene,  oder  eine  erworbene  Disposition 
für  das  Eindringen  des  Herpesgiftes  annehmen.  Die  erstere  Annahme 
scheint  uns  mit  Wahrscheinlichkeit  ihre  Berechtigung  beim  Herpes  Zoster 
nnd  in  den  Fällen  zu  haben,  wo  der  Herpesprozefs  bei  gewissen  Puellen 


56 

auftritt,  während  er  bei  andern  das  gleiche  Gewerbe  aasübenden  und  sich 
denselben  Schädlichkeiten  aussetzenden  Individuen  ausbleibt.  Ebenso 
müssen  wir  annehmen,  dafs  bei  dem  Herpes  febrilis,  der  sich  an  gewisse 
Infektionskrankheiten  anschliefst,  das  Virus  derselben  die  Disposition  ver- 
ursacht, während  die  Infektionsträger  andrer  Infektionskrankheiten  dies 
zu  thun  nicht  im  stände  sind.  Herpes  Zoster  und  die  andern  Herpes- 
arten  sind  also  —  unsrer  Meinung  nach  —  von  demselben  Virus  hervor- 
gerufene, sich  voneinander  nur  graduell,  an  Intensität  der  Erscheinungen 
unterscheidende  Prozesse.  Durch  die  stärkere  Infektion  tritt  bei  dispo- 
nierten Individuen  die  Zosterform  auf,  welche  die  davon  befallenen 
Individuen  gegen  neuere  Infektionen  sozusagen  immun  macht.  Bei  den 
andern  minder  intensiven  Formen  ist  dies  letztere  nicht  der  Fall  und 
dieselben  recidivieren  im  Gegenteile  häufiger.  Auch  dieser  Umstand 
kann  aber  nicht  zu  dem  Zwecke  herangezogen  werden,  um  diese  Prozesse 
scharf  voneinander  abzugrenzen,  da  der  von  Kaposi  beschriebene  Fall 
zeigt,  daüs  auch  der  Herpes  Zoster  häufige  Recidive  haben  kann. 

Wir  glauben  hiermit  einen  Beitrag  zu  der  auch  von  Tommasoli 
gehegten  Ansicht  geliefert  zu  haben,  dafs  der  Herpes  Zoster  nicht  von 
den  andern  Arten  (labialis,  progenitalis  etc.)  zu  trennen  ist,  und  dafs  alle 
als  Mitgsieder  einer  Familie  betrachtet  werden  müssen. 


in  neuer  Irrigationskatheter  für  die  Harnröhre. 

Von 

Alfbed  Lanz, 

Ordinator  des  Miassnitzky-Hospitals  in  Moskau. 

Mit  1  Abbildang. 

Die  gewöhnlichen  Einspritzungen  in  die  Harnröhre  sind  bekanntlich 
völlig  ^wirkungslos  in  den  Fällen  von  chronischer  Urethritis,  wo  der 
Prozels  in  den  hinteren  Abschnitten  der  Urethra  seinen  Sitz  hat,  da  die 
injizierte  Flüssigkeit  nicht  über  den  Bulbus  urethrae  hinaus  eindringt. 
Aus  diesem  Grunde  sind  für  solche  Fälle  von  Urethritis  posterior  mannig- 
fache Heilmethoden  ersonnen  worden,  die  alle  nur  ein  und  dasselbe  zum 
Zweck  haben  —  das  betreffende  Medikament  mit  der  krankhaft  verän- 
derten ^Schleimhaut  der  tieferen  flamröhrenpartien  in  Berührung  zu 
bringen.  Von  diesen  Behandlungsmethoden  sind  als  die  gebräuchlichsten 
zu  nennen:    einerseits    die    Injektion  verschiedener  Lösungen    mittels  des 


57 

gewöhnKchen  NELATONSchen  Katheters  oder  eigens  ad  hoc  ersonnener  In- 
strumente —  Spritzen  von  Guyon,  Erichsen,  Ultzmann,  et?.  — ,  sowie 
das  Bepinseln  der  affizierten  Schleimhautteile  mit  gewissen  Lösungen 
vermittelst  des  von  Gschibhakl  angegebenen  Pinsels ;  anderseits  die  Ein- 
führung verschiedener  Medikamente  in  Form  von  Drethralsuppositorien 
(etwa  mit  Hilfe  des  porte-rem5de  Dittels  oder  der  „Tripperpistole" 
Senftlebens),  oder  in  Gestalt  von  Salben,  welche  auf  Metallsonden 
(Unna,  Casper)  oder  elastische  Bougies  (Lesser)  gestrichen  und  ver- 
mittels dieser  in  die  Urethra  eingeführt  werden.  Ohne  Zweifel  sind  viele 
Fälle  chronischer  Urethritis  nach  den  genannten  Methoden  geheilt 
worden;  gleichwohl  existiert  eine  ganze  Reihe  von  Fällen,  wo  sich  diese 
Mittel  ungenügend  erweisen,  worauf  auch  schon  die  grofse  Zahl  und 
Mannigfaltigkeit  der  letzteren  hindeutet. 

Doch  hier  mufs  ich  noch  folgende  Bemerkung  einfügen.  Ich  habe 
in  der  Beihe  der  Behandlungsmethoden  der  Urethritis  chronica  die 
Therapie  unerwähnt  gelassen,  welche  sich  des  Endoskops  bedient,  wiewohl 
ich  völlig  mit  denen  übereinstimme,  welche  diese  Therapie  des  fraglichen 
Übels  für  die  allerrationellste  erklären.  Allein  die  Endoskopie  erfordert 
spezielle  Vorübungen  und  ist  daher  keineswegs  jedem  zugänglich.  Fälle 
Ton  chronischer  Urethritis  kommen  aber  wohl  in  der  Praxis  eines  jeden 
Arztes  vor,  und  deshalb  ist  jeder  Versuch,  eine  einfache  und  allgemein 
zugängliche  Behandlungsmethode  der  Urethritis  chronica  ausfindig  zu 
machen,  voll  und  gsnz  berechtigt. 

Angesichts  der  Thatsache,  dafs  die  überwiegende  Mehrzahl  der 
Fälle  von  Urethritis  anterior  durch  gewöhnliche  Einspritzungen  geheilt 
wird,  schien  mir  die  Aufgabe  der  Therapie  der  Urethritis  posterior  —  in 
vielen  Fällen  wenigstens  —  darin  zu  bestehen^,  dafs  vermittelst  eines 
geeigneten  Instrumentes  die  hinteren  Partien  der  Harnröhre  irrigiert 
werden,  d.  h.  es  soll  dahin  eine  relativ  grofse  Menge  der  medikamentösen 
Lösungen  gelangen,  wobei  aber  die  injizierte  Flüssigkeit  nicht  die  Blase 
erreichen  und  die  Harnröhre  in  der  Bichtung  von  hinten  nach  vorn  be- 
spülen muDs.  Dieses  Resultat  etwa  durch  Einführung  des  gewöhnlichen 
NELATONSchen  Xatheters  bis  hinter  den  Bulbus  urethrae  zu  erzielen,  ist 
nicht  möglich,  denn  hierbei  ruft  die  injizierte  Flüssigkeit,  indem  sie  nur 
an  der  genannten  Stelle  die  Harnröhre  erweitert,  lebhafte  Schmerzen  und 
eine  reflektorische  Kontraktion  des  m.  constrictor  urethrae  hervor;  infolge 
dessen  ergiefst  sich  die  Flüssigkeit  nicht  rückwärts  zwischen  Katheter  und 
Urethralwandungen,  sondern  dehnt  die  Harnröhre  weiter  nach  hinten  aus, 


^  Ich  nehme  hier  selhstverständlich  diejenigen  Fälle  von  Urethritis  aus,  welche 
bereits  eine  mehr  weniger  erhebliche  Striktur  hervorgerufen  haben;  hier  kommt  es 
natürlich  in  erster  Reihe  auf  eine  Dilatation  der  Harnröhre  an. 


58 


und  dringt  sogar  bis  in  die  Blase  vor.  In  der  Voraussetzung,  dals  diese 
Erscheinungen  teilweise  durch  die  Eigentümlichkeiten  des  angewandten 
Instruments,  im  speziellen  Falle  also  des  NELATONSchen  Katheters,  be- 
dingt sind,  wandte  ich  in  einigen  Fällen  versuchsweise  ein  Instrament 
an,  welches  in  einem  dünnen,  biegsamen  Metallkatheter  besteht,  dessen 
vorderes  Ende  in  eine  kleine  hohle  Olive  ausgeht;    letztere  ist   mit  einer 

ganzen  Reihe  kleiner  Öffiiungen  versehen,  die  sich  in 
der  hintern  Hälfte  der  Olive  nahe  ihrer  Verbindung 
mit  dem  Katheter  befinden.  Infolge  dieser  Einrich- 
tung des  Instrumentes  —  dasselbe  entspricht  dem 
Aussehen  nach  völlig  den  gewöhnlichen  explorativen 
Bougies  ä  beule  —  gelangt  die  durch  den  Katheter 
injizierte  Flüssigkeit  in  die  Olive,  und  strömt  von 
da  durch  die  erwähnten  ÖjBhungen  in  umgekehrter 
Richtung  aus.  Allein  bei  der  Anwendung  dieses 
Instruments  findet  der  Rückflufs  der  injizierten  Flüssig- 
keit aus  der  Harnröhre  und  die  Bespülung  der  Ureihnd- 
Schleimhaut  nur  dann  statt,  wenn  das  hinter  dem 
Bulbus  urethrae  eingeführte  Instrument  soweit  zurück- 
gezogen M'ird,  dafs  sich  die  Olive  diesseits  des  Bulbus 
befindet. 

Es  galt  nunmehr  ein  solches  Instrument  zu 
konstruieren ,  welches  die  Injektion  medikamentöser 
Lösungen  in  die  hinteren  Teile  der  Harnröhre  vermit- 
telt, gleichzeitig  aber  das  Lumen  der  letzteren  offen 
hält  und  so  einerseits  den  freien  Abflufs  der  einge- 
spritzten Flüssigkeit,  anderseits  die  Bespülung  der 
TJrethralwand  mit  derselben  ermöglicht.  Ein  solches 
Instrument  ist  im  Frühling  dieses  Jahres  von  der 
hiesigen  Firma  Th.  Sghwabb  nach  meinen  Angaben 
hergestellt  worden.  Wie  aus  bei  folgender  Zeichnung 
zu  ersehen,  erinnert  das  Instrument  der  äuGsern  Ge- 
stalt nach  ein  wenig  an  den  Katheter  h  double  courant. 
Das  Rohr  a,  welches  zum  Einströmen  der  Flüssigkeit 
dient,  kommuniziert  mit  einem  feinen  inneren  Rohr, 
welches  fast  die  Länge  des  ganzen  Instrumentes  ein- 
nimmt und  nicht  weit  vom  vorderen  Ende  des  letzteren  seine  Endignng 
hat.  Das  Instrument  selbst  endigt  mit  einer  kleinen  Kappe  (c),  die  in 
geringem  Abstände  vor  der  Ausflulsöfihung  des  soeben  geschilderten 
inneren  Röhrchens  befindlich  ist.  Die  Kappe  c  ist  durch  Drähte,  vier  an 
der  Zahl,  mit  der  Abteilung  d  des  Instrumentes  verbunden.  Die  Drähte 
sind    behufs    gröfserer    Festigkeit,    wie    auf   der  Zeichnung  zu  sehen  ist, 


Fig.  3. 


59 

stelleo weise  mit  dem  inneren  Röhrchen  verbunden.  Durch  das  Rohr  b 
fliefsfc  die  Flüssigkeit  zurück  heraus.  Die  Platte  h  ist  beweglich,  und 
kann  mit  Hilfe  einer  Schraube  g  leicht  in  jeder  beliebigen  Lage  befestigt 
werden,  die  es  zu  dem  Teile  d  einnimmt.  Die  Bestimmung  der  Platte 
ist  die,  das  bis  zu  hinreichender  Tiefe  eingeführte  Instrument  in  gewissem 
Grade  in  dieser  Lage  zu  fixieren.  Auf  die  Röhrchen  a  und  b  wird  je 
ein  Stück  Gummirohr  gesetzt;  das  mit  a  vereinigte  wird  seinerseits  nun 
mit  dem  Irrigator  oder  der  Spritze  in  Verbindung  gebracht,  das  andre 
mit  b  verbundene  dagegen  in  ein  untergestelltes  Gefäfs  geleitet.  Die 
Einführung  des  mit  Glycerin  bestricheneu  Instruments  geschieht  nach  den 
allgemeinen  Vorschriften  für  die  Einführung  metallener  Katheter  in  die 
Harnröhre.  Das  bis  zu  der  erforderlichen  Tiefe  eingeführte  Instrument 
wird  mittels  der  Platte  h  in  der  betreffenden  Lage  befestigt  und  hierauf 
der  Kranke  veranlafst,  das  Instrument  mit  der  Hand  zu  fixieren.  Der 
Arzt  spritzt  nun  die  Flüssigkeit  ein,  welche  durch  das  Rohr  a  und  weiter 
durch  das  innere  Röhrchen  strömt;  aus  letzterem  ausfliefsend  prallt  die 
Flüssigkeit  mit  gröfeerer  oder  geringerer  Kraft,  je  nachdem  wie  kräftig 
sie  eingespritzt  wird,  gegen  die  innere  Fläche  der  Kappe  c,  fliefet,  von 
hier  zurückgeworfen,  zwischen  dem  innem  Röhrchen  einerseits  —  den 
Drähten  ff  und  den  ürethralwandungen  anderseits,  und  strömt  schliefsllch 
durch  das  Hohr  b  wieder  aus.  Die  Bespülung  der  Hamröhrenwandungen 
geschieht  auf  diese  Weise  in  möglichst  vollkommenem  Grade.  Zur  Ein- 
spritzung bedient  man  sich  derselben  Lösungen,  welche  auch  zu  gew^öhn- 
lichen  ürethralinjektionen  benutzt  werden,  mit  Ausnahme  der  Flüssigkeiten 
mit  Bodensatz  (wie  die  RicORDSche  Emulsion),  oder  derjenigen  Lösungen, 
welche  auf  metallene  Instrumente  chemisch  einwirken.  Es  empfiehlt 
sich,  die  Kur  mit  schwächeren  Lösungen  zu  beginnen  und  ihre  Kon- 
ZBDtration  allmählich  zu  verstärken,  wobei  auf  individuelle  Besonderheiten 
des  Falles  Hücksicht  zu  nehmen  ist. 

Zu  Ende  des  vorigen  Jahres  beschrieb  Lohnstein  ein  analoges 
Instrument  von  Prof.  Zuelzer.^  Dieses  Instrument  unterscheidet  sich 
übrigens  von  dem  soeben  beschriebenen  wesentlich  dadurch,  dafs  es  nur 
in  Fällen  von  Urethritis  anterior  anwendbar  ist.  In  allerjüngster  Zeit 
hat  C.  Schütze'  ein  Instrument  angegeben,  welches  mit  dem  von  mir 
beschriebenen  schon  gröfsere  Ähnlichkeit  besitzt.  Der  Katheter  Schutzes 
besitzt  gleich  dem  meinigen  eine    geringe  Krümmung  und  kann  auch  in 


■  Aus  dem  poliklinischen  Institut  von  Prof.  Zülzer:  Ein  neuer  Spülapparat  der 
Harnröhre  von  Dr.  H.  Lohkstbik,  Assistenzarzt  der  Poliklinik.  Berl.  hlin.  Wocheti- 
schnft  1887.  No.  47. 

■  Über  einen  neuen  Spülkatheter  für  die  Urethra,  von  Dr.  Carl  Schütze  in 
Hamburg.     Monatshefte  für  prakt  Dermatologie,  1888.  No.  16.  15.  August. 


60 

die  tieferen  Teile  der  Harnröhre  eingeführt  werden.  Im  wesentlichen 
stellt  er  eine  hohle  CASPERsche  Sonde  dar,  auf  deren  vorderes  verjüngtes 
Ende  die  Endigung  eines  Katheters  in  Grestalt  einer  Kappe  aufgesetzt 
ist.  Die  injizierte  Flüssigkeit  strömt  unter  dieser  aufgestülpten  Endigung 
heraus  und  ergiefst  sich  entlang  den  Binnen  des  Katheters  nach  anfsen, 
wobei  die  Harnröhrenwand  bespült  wird.  Dieses  Instrument  ist  bei  uds 
in  Moskau  noch  nicht  zu  haben,  daher  es  mir  nicht  möglich  war,  dasselbe 
zu  prüfen;  doch  glaube  ich  der  Beschreibung  nach  annehmen  zu  dürfen, 
dafs  es  meinem  Irrigator  in  der  Hinsicht  nachsteht,  dafs  hierbei  die  inji- 
zierte Flüssigkeit  in  nicht  so  vollständige  Berührung  mit  den  Wänden 
der  Harnröhre  gelangt. 

Da  ich  noch  nicht  über  eine  hinreichende  Zahl  von  Beobachtungen 
verfüge,  so  kann  ich  vorläufig  noch  keine  präzisen  Indikationen  für  die 
Anwendung  des  von  mir  beschriebenen  Irrigationskatheters  aufstellen  und 
beschränke  mich  daher  auf  das  oben  Gesagte.  Was  den  therapeutischen 
Effekt  betrifft,  so  erzielte  ich  in  allen  Fällen  chronischer  Urethritis,  in 
welchen  ich  bisher  mein  Instrument  zur  Anwendung  brachte,  eine  un- 
streitige Besserung,  in  einigen  Fällen  sogar  völlige  Heilung.  Das  letztere 
Faktum  mufs,  glaube  ich,  genügen,  um  dem  von  mir  vorgeschlagenen 
Instrument  einen  gewissen  Platz  im  Arsenale  der  bei  chronischer  Urethritis 
angewandten  Mittel  zu  sichern  und  das  Erscheinen  vorstehender  Notiz 
zu  rechtfertigen. 

Zum  Schluls  kann  ich  nicht  umhin,  Herrn  Professor  A.  J.  Pospelow 
meinen  aufrichtigen  Dank  auszusprechen,  da  derselbe  für  das  Instrument 
Interesse  zeigte  und  mir  die  Möglichkeit  gewährte,  seine  Wirksamkeit 
bei  einigen  seiner  Privatpatienten  zu  erproben. 

Moskau,  den  20.  Oktober  1888. 


Klinische  Stadien  ftber  Sarkome  der  Haut. 

Von 

Dr.  Funk 

in  Warschau. 
(Schlufs.) 

Mykosis  fungoides. 

Den  ersten  Fall  von  „Mykosis  fungoides'*  hat  Alibbrt  ^*  beschrieben, 
mit   Recht  wird  jedoch  Bazin  für  den  Begründer  dieses  Krankheitstypus 


*'  Alibeet,  Monographie  des  Dermatoses.  pag.  426. 


61 

gehalten;  seine  Schilderung  gehört  noch  heate  zu  den  besten.  Bei  fran- 
zösischen Autoren  wird  diese  Krankheit  als  „Lymphad^nie  cutan^e''  auf- 
gefafst ;  in  der  deutschen  und  englischen  Litteratur  finden  wir  Mykosis&Ue 
unter  allerlei  Benennungen  (Sarcomatosis  cutis,  Granuloma  fungoides, 
iDflammator.,  fungoid.  Neoplasma,  entzündlich-fungöse  Geschwulst,  etc.). 
Kaposi  ^^  hält  Mykosis  fungoides  für  eine  besondere  Spezies  des  Haut- 
sarkoms, KObner^^  dagegen  für  eine  chronisch-infektiöse  Hautkrankheit. 
Wir  ersehen  daraus,  dals  die  Meinungen  über  das  Wesen  dieser  Krank- 
heitsform noch  sehr  geteilt  sind. 

Bazin^®  schildert  das  Krankheitsbild  in  folgender  Weise: 

L  Stadium:  Es  entstehen  an  der  Haut  rote,  runde,  verschieden 
groJse  Flecke.  Diese  Flecke  jucken  sehr  stark,  sind  glatt,  nicht  schilfernd, 
ganz  flach  oder  etwas  emporragend,  quaddelähnlich;  manche  sind  hämor- 
rhagisch. Die  Flecke  verschwinden  und  kommen  wieder,  werden  aber 
allmählich  dauerhafter  und  dunkler  (Miniumfarbe).  Mit  Ekzem  besitzt 
dieser  Ausschlag  keine  Ähnlichkeit,  später  jedoch,  vermutlich  infolge 
von  Kratzen,  entstehen  an  den  Flecken  ekzematöse  Knötchen  und  Bläs- 
chen.   Nach  einigen  Monaten,  einem  Jahr  oder  noch  später  folgt 

das  H.  Stadium:  An  den  Flecken  oder  auch  an  gesunden  Stellen 
entstehen  stark  juckende,  dunkelrote,  harte,  scharf  begrenzte,  flache 
Erhebungen.  Diese  Erhebungen  wachsen,  konfluieren  oft  und  nehmen 
in  manchen  Fällen  die  ganze  Hautoberfläche  ein.  Ihre  Oberfläche  ist 
uneben,  knotig,  stellenweise  mit  Schuppen  bedeckt,  oder  schrundig. 
Dieses  Stadium  kann  jahrelang  fortdauern. 

ni.  Stadium.  Nach  Jahren  entstehen  an  den  erkrankten  oder 
auch  gesunden  (scheinbar  gesunden?)  Hautstellen  grofse,  harte,  glatte 
Knoten.  Die  Knoten  verschmelzen  sehr  oft  zu  grölseren,  lappigen,  tief 
gefurchten  Tumoren.  Die  Knoten  sitzen  breit  auf  der  Haut,  oder  werden 
an  der  Basis  eingeschnürt,  fungös.  Manche  Knoten  verschrumpfen,  werden 
weich,  ruDzelig  und  verschwinden;  diese  Erscheinung  fehlt  selten. 

Ziemlich  oft  ulcerieren  die  Mykosisknoten :  a.  infolge  von  Kratzen, 
Keiben  der  Kleidung,  u.  s.  w.  entstehen  an  den  Knoten  oberflächliche 
Erosionen ;  b.  der  Knoten  erweicht  zentral,  fluktuiert  (ramoUissement 
central),  berstet  dann,  wie  eine  angefaulte  Frucht;  es  entstehen  krater- 
förmige,  mit  Gewebsfetzen  bedeckte  Geschwüre  mit  zerrissenen  Bändern. 
Die  Geschwüre  reichen  tief,  oft  bis  zum  Knochen.  In  dieser  Periode 
leidet  auch  das  allgemeine  Befinden,  der  Kranke  leidet  an  Durchfällen, 
fiebert,  wird  kachektisch. 


"  Kaposi.  Wim,  Med.  Wochenschr,  1887.  No.  19—22. 

^  EöBNER.    Deutsche  med,  Wochenschr.  1887.  No.  39  n.  40. 

^  Bazin,    Mycosis  fangoides.  Dict.  encyelop.  des  seiences  med.  II.  Serie.  Bd.  XI. 


62 

In  manchen  Fällen  bilden  die  Tnmoren  das  erste  Krankheitssymptom; 
die  Fleete  und  flachen  Erhebungen  können  auch  nachher  erscheinen. 

Nicht  in  allen  Fällen  war  die  Haut  das  ausschliefslich  befallene 
Organ.  So  im  Falle  von  Gillot  waren  sämtliche  Lymphdrüsen  erkrankt, 
im  Falle  von  Landouzy  sind  ähnliche  Knoten  im  Gehirn»  den  Lungen, 
bronchialen  und  mesenterialen  Lymphdrüsen,  solitären  Darmfollikeb 
gefunden. 

Diese  Schilderung  von  Bazin  entspricht  gewifs  der  Mehrzahl  der 
Fälle,  erschöpft  jedoch  nicht  die  reiche  Symptomatologie  dieser  Krankheit. 
Einige  Ergänzungen  sind  nnentbehrlich : 

I.  Stadium  (Stadium  der  Flecke).  Eine  genaue  Definition  ist  nicht 
leicht  zu  geben;  die  meisten  Autoren  schildern  die  Symptome  dieser 
Periode  nach  Angaben  der  Kranken.  In  grofser  Mehrzahl  der  Fälle 
entstehen  zweifellos  rote,  runde,  bis  thalergrofse  Flecke ;  dieses  erste 
Krankheitssymptom  wird  oft  von  deutschen  Autoren  als  Ekzem  gedeutet 
(Stadium  ekzematosum  von  Kaposi).  Jedoch  besitzen  diese  Flecke  einige, 
dem  Ekzem  ganz  fremde  Eigenschaften.  So  z.  B.  im  zweiten  Falle  von 
Köbner",  im  sechsten  von  Vidal-Brocq  ^*  haben  die  Flecke  annuläre 
Form  angenommen.  Übrigens  sind  aus  diesen  Flecken  im  ersten  Falle  von 
Kaposi  ^^  vierten  von  Vidal-Brocq  ^^  ersten  von  Amicis^S  in  den  Fällen 
von  DüHRiNG*^,  Brächet  ^^  unmittelbar  Tumoren  entstanden.  Zweifellos 
entsteht  in  den  späteren  Perioden  ein  Ekzem,  mitunter  in  universeller  Aus- 
dehnung; die  vermutliche  Ursache  dieser  Ekzeme  ist  das  beständige 
Kratzen  der  furchtbar  juckenden  Flecke  und  Infiltrate.  Demnach  finden 
wir  in  Fällen,  wo  das  Jucken  fehlt,  kein  Ekzem.  Die  Flecke  und 
Infiltrate  bleiben  glatt,  glänzend,  ohne  Schuppen,  Schrunden  oder  Borken 
{2.  Unterart  der  Mykosis  fiing.  nach  Kaposi?). 

II.  Stadium  (Stadium  der  Infiltrate).  Die  beschriebenen,  scharf  be- 
grenzten, flachen  oder  knotigen,  buckeligen  Infiltrate  können  ebenfalls  im 
Zentrum  verschwinden  und  peripherisch  fortschreiten.  Es  entstehen  in 
dieser  Weise  annuläre  Formen,  Halbmonde,  welche  mitunter  in  einem 
Netze  konfluieren  und  die  ganze  Hautoberfläche  bedecken. 

III.  Stadium  (Stadium  der  grofsen  Tumoren).  Neben  den  geschilderten 
roten,  glänzenden,  lappigen  Knoten  finden  wir  nicht  selten  weich-elastische, 


"  EÖBNER.  1.  c. 

"  Vidal-Brocq,  £tude  eur  le  Mycosis  fongoi'de.  France  mediccUe.  1885.  No.  79—85. 
*•  Kaposi,  1.  c. 
^  Vidal-Brocq,  1  c. 

'^  Amicis,  Annales  de  Dermat.  et  de  Syph.  1882.  pag.  452. 
**  DüHRiNO,  Inflammatory  fungoid.  Neoplasm.    Archiv  of  Dermat.  1879 — 80. 
^  Brächet,  Memoires  de  Med.  et  de  Chir.  militaire.  1877.    Ref.  in    Canstatts 
Jahresber.  1877. 


63 

unter  dem  Pingerdruok  verschwindende  Tumoren  (Fall  von  Hardy**, 
AüSPiTZ**,  der  erste  Fall  von  Kaposi  ^^,  der  erste  von  Köbner*"). 

Im  oben  citierten  Falle  von  Aüspitz  waren  junge  Knötchen  hellrot, 
gallertartig  durchscheinend.  In  einigen  Fällen  waren  groise  Hautflächen 
diffus  infiltriert,  verdickt,  bretthart,  nicht  faltbar,  ihre  Oberfläche 
dnnkelrot,  violettrot,  uneben,  knotig.  So  die  Abdominalhaut  im  fünften  Falle 
von  Kaposi  und  zweiten  von  Köbner,  die  Haut  der  linken  Brust  im  Falle 
von  GiLLOT.*®  Manche  Knoten  und  Knotengruppen  verschwinden  eben- 
falls im  Zentrum  (ebenso  wie  die  Flecke  und  Infiltrate). 

Nach  dem  Tode  flachen  sich  die  Knoten  mitunter  bedeutend  ab; 
im  citierten  Falle  von  Gillot  sind  kleinere  Tumoren  fast  vollständig 
verschwunden. 

Im  Falle  von  Duhriko  sind  ähnliche  Knoten  in  der  Harnblase 
gefanden  worden,  im  Falle  von  KObner  im  Scheidenvorhof;  im 
Falle  von  Auspitz  safsen  zahlreiche  Knötchen  in  der  dura  mater,  in 
einigen  Fällen  am  weichen  Gaumen,  an  der  Uvula. 

Die  Lymphdrüsen  waren  bedeutend  vergröfsert  im  sechsten  Falle  von 
Vidal-Brocq,  ersten  von  Geber,  ersten  von  Amicis,  in  den  Fällen  von 
HAMBfER,  Auspitz,  Manino  und  e.  a.  Lymphdrüsenkonglomerate  (besonders 
oft  die  Hals-,  Axillar-  und  Inguinaldrüsen)  warenmitunter  faustgrofs.  In  der 
Beobachtung  von  Gillot  waren  alle  oberflächlichen,  retroperitonealen  und 
mesenterialen  Lymphdrüsen  stark  vergröfsert.  Diese  Beobachtungen 
bilden  den  Übergang  zu  einer  Gruppe  von  Hauttumoren  mit 
bedeutenden  Veränderungen  der  inneren  Organe;  die  Schilderung 
dieser  Fälle  folgt  weiter  unten. 

Fast  regelmäfsig  endet  Mykosis  fungoides  letal;  die  unmittelbare 
Todesursache  ist  Kachexie,  Pyämie,  Septikämie  oder  Komplikationen 
(Lungen-  oder  Nierenentzündung).  In  zwei  Fällen  trat  Heilung  ein: 
im  1.  Falle  von  Köbner**  (der  Kranke  nahm  Sol.  Fowleri  innerlich 
H—  25  Tropfen  täglich  —  nach  372  Jahren  noch  vollständig  gesund)  und 
im  1.  Falle  von  Gebbr.*® 

Pathologische  Anatomie  der  Mykosis  fungoides. 

Die  meisten  Autoren,  namentlich  die  französichen,  schildern  das 
mikroskopische    Bild    in    folgender  Weise:    die  Haut,  zum  Teil  auch  die 


'*  EöBNBR,  KUn.  u.  experim.  Müteüungen.    Erlangen  1869.  Fall  I. 
**  Auspitz,    Ein  Fall  von  Granuloma  funffoides.     Vierteljähresschr.  f.  Denn.  u. 
Siiph.  1888. 

*  Kaposi,  1.  c. 

"  KöBNBR,  Deutsche  med.  Wochenschr,  1887.  No.  39,  40. 

"  GiLLOT,  TMse  de  Paris.  1869. 

••  EÖBKER,   1.    C. 

'•  Gebbb,  59.  Versammlung  der  Ärzte  in  Berlin.  1886. 


64 

Unterhaut,  von  kleinen,  den  weifsen  Blatkörperchen  ähnlichen  Zellen 
dicht  durchgesetzt;  nach  Anspinselung  kommt  ein  zartes  Betiknlam  zum 
Vorschein. 

Jedoch  für  eine  gro&e  Zahl  der  Fälle  trifft  diese  Schilderang  nicht 
zu;  6EBBR^^  DüHRiNG^^  Köbner'^  Sirkdey^  heschreihen  runde,  ovale 
und  Spindelzellen;  im  Falle  von  Auspitz  lagen  in  den  tieferen  Haut- 
schichten  zahlreiche  Spindelzellen,  ehenso  im  Falle  von  Köbner  (grofee 
kömige  Spindelzellen). 

SrREDEY  (6.  Fall  von  Vidal-Brocq)  beschreibt  ein  Netz  von  Stern- 
zellen, in  dessen  Maschenräumen  Rundzellen  liegen  (Myxosarcoma).  Im 
Falle  von  Duhrino  waren  stellenweise  die  Zellen  zu  langen  dünnen 
Säulen  angeordnet;  zwischen  den  Säulen  lag  spärliches  Fasergewebe 
(Endothelium?). 

Zweifellos  beginnt  die  Infiltration  rings  um  die  Gefäfse,  die  Schweils- 
und  Talgdrüsen  und  Haarbälge;  in  sämtlichen  Fällen  waren  zahlreiche 
und  groüse  Blutgefäfse. 

Besonders  beachtenswert  ist  die  anatomische  Lokalisation  des  Pro- 
zesses. An  den  mikroskopischen  Zeichnungen  von  Geber^^,  NAETHBR'^ 
Amicis^^  finden  wir  zweifellos  die  dichtesten  Zellenmassen  in  der 
Fapillarschicht  der  Haut,  dicht  unter  dem  B.ete;  in  frischen 
Knoten  war  die  Fapillarschicht  allein  der  Sitz  der  Erkrankung.  (Geber, 
Naether,  Köbner^®.)  Auch  das  Rete  Malpighii  wird  oft  verändert,  die 
Retezapfen  stark  verlängert,  verzweigt;  stellenweise  kann  das  Bild  an 
Epitheliom  erinnern  (Kühne**). 

Au&erdem  hat  Köbner  zahlreiche  Pigmentzellen  in  den  Papillen 
gefunden.  An  allen  Knoten  wird  die  Haut  und  Unterbaut  in  der  ganzen 
Dicke  mit  Zellen  angefüllt. 

Es  ist  somit  klar,  dais  Mykosis  fungoides  sich  nicht  in  derselben 
Weise,  wie  das  idiopathische  multiple  Hautsarkom  lokalisiert.  Der 
hauptsächlichste  Sitz  der  Mykosis  ist  die  Fapillarschicht,  bei  Sarkomen 
finden  wir  die  dichteste  Zellenmasse  in  der  Subpapillarschicht ,  die 
Papillen  dagegen  frei.  *®     Diese    oberflächliche    Lokalisation   der 


'*  Geber,  Eine  entzündlich-fangöse  Geschwulstfonn.      Deutsches  Archiv   f.   ifcfc«. 
Med.  1878. 

"   DüHRING,    1.   C. 

"  KöBNKR,  Klin.  u.  experim.  Mitteilungen.  1869. 
**  ViDAL  u.  Brocq,  1.  0.  (VI.  Fall.) 
'*  Geber,  1.  c. 

^  Naether,  Granuloma  sarcomatodes  cutis.  Deutsches  Archiv  f,  Idin.  Med.  1883. 
*'  Akicis,  1.  c. 

^  Köbner,  Klin.  u.  experim.  Mitteilungen.  1864.    Der  Fall  von  Hakdt. 
'®  EöHNB,  Manatsh.  f.  prakt  Dermat.  1887.    Ergänznngsheft.  III. 
*^  Im  zweiten  Mykosisfalle  von   Köbner  war  jedoch   die  Subpapillarschicht  der 
Ausgangspunkte  der  Zellinfiltration. 


65 

llykosis  fungoides  ist  vielleicht  als  Ursache  einiger  klinischen 
Erscheinungen,    z.  B.  des  Juckens,  anzusehen. 

Das  Wesen  der  „Mykosis  fungoides". 

Nach  KÖBNER,  AuBPiTZ  und  deren  Assistenten ,  Rindfleisch*^, 
Tilden**,  Gebeb,  Neisser*^  Perrin**  ist  Mykosis  fungoides  eine 
chronische  Infektionskrankheit  der  Haut.  Nach  Kaposi,  Duheing, 
Naetheb,  Hyde*^,  Sort*^  u.  a.  ein  Sarkom  der  Haut.  Die  fran- 
zösischen Autoren  Ranvier  und  Gillot*^,  Demange*^,  Galliard**, 
VrDAL-BROCQ  u.  a.  halten  die  Mykosis  für  ein  Lokalsymptom  der 
Lymphadenie  (Leukämie,  Pseudoleukämie). 

Manche  Anhänger  der  Infektionstheorie  stützen  sich  auf  die 
bakteriologischen  Untersuchungen  von  Hochsinger-Schiff  und  Rind- 
fleisch. Die  ersten  Autoren  hahen  Mikrokokken  in  exulcerierten  Knoten 
entdeckt,  der  letzte  fand  fast  meistens  Streptokokkenkolonien  innerhalb 
der  Gre&ise  der  Haut,  Unterhaut,  der  (faulenden)  Lungen  bei  einem 
pyämisch  zu  Grunde  gegangenen  Weibe.  Entschieden  wertlos  sind  die 
phantastischen,  der  Arbeit  von  Hochsinger-Schiff^^  beigefügten  Zeich- 
nungen, sowie  die  Kulturversuche  (eine  reine  Kokkenkultur  gab  in 
weiteren  Generationen  Bacillen). 

An  unversehrten  Mykosisknoten  gaben  zahlreiche  Untersuchungen 
bisher  negative  Erfolge.  (Köbner,  Kj^posi,  Kühne,  Tilden,  Paynb, 
u.  a.).  Neisser^^  hat  Bakterien  blols  an  ulcerierten  Stellen  gefunden, 
niemals  in  den  tieferen  Schichten  des  Knotens. 

Kein  einziges  Symptom  zwingt  uns  die  infektiöse  Natur  der  Mykosis 
fungoides  anzunehmen.  Das  Übel  kommt  selten,  nur  sporadisch  vor, 
eine  Infektion  ist  nie  beobachtet  worden,  Impfung  auf  den  Träger  und 
auf  Tiere  blieb  negativ.  Dennoch  sind  diese  negativen  Thatsachen 
unwichtig;  die  klinische  Ähnlichkeit  einiger  Infektionskrankheiten  der 
Haut  (z.  B.  Rhinosklerom)  mit  den  Hautsarkomen,  anderseits  die 
anatomische  Ähnlichkeit    der    Granulome    mit    einigen  Klein-  und  Rund- 


**  Rindfleisch,  Deutsche  Med.  Wochenschr.  1885.  No.  15. 

'**  TiLDEK,  Boston  Med.  Journal  1885.     Ref.  in    Vierteljahr esschr.  f.  Dermat  u 
Syph.  1886. 

*^  Neisser,  Ziemssens  Handbuch.    Hautkrankheiten.  B.  II. 

**  Perrin,  La  sarcomatose  cut.     These  de  Paris.  1886. 

*^  Hyde,  London  Med.  Becord.    1884. 

*^  SoRT,  Ein  Fall  von  multipler  Sarkombildung   der    Haut   etc.     Avchiv  f.  Min, 
Med.  1874. 

*'  GiLLOT,  These  de  Paris.  1869. 

**  Demange,  Ännales  de  Dermat.  et  de  Syph.  1873  -74. 

^'  Galliabd,  AnncUes  de  Dermat  et  de  Syph.  1882. 

*®  Hochsinger  u.  Schipp,  Viertefjahresschr.  f.  Dermat.  u.  Syph.  1885. 

^*  (Neisser),  Debatte  über  Mykosis  fung,    59.  Naturforscherversammlung.  Berlin 
1886. 

Monatshefte.  ^ 


66 

zellsarcomeii    zwingt    uns    mit    grofser  Vorsicht    in  dieser  Sache   zu  ver- 
fahi'en. 

Dagegen  finden  wir  bei  Mykosis  fungoides  alle  Grundformen  des 
Hautsarkoms:  Flecke  ^^,  flache  oder  halbkugelige,  mitunter  halbduich- 
sichtige  harte  Knötchen,  flache  steinpflasterartige  Knotengruppen  (wie  im 
Typus  von  Kaposi),  diffuse  Infiltrationen,  grofse  lappige,  geforcbie 
Tumoren  (eine  der  gewöhnlichsten  Sarkomformen,  Sarcoma  lobulare), 
gefäfsreiche  komprimierbare  Ejioten,  fungöse,  gestielte  Tumoren  u.  s.  w. 
Wir  finden  bei  Mykosis  die  für  das  Hautsarkom  charakteristische,  zentrale 
Ati'ophie  der  Knoten  und  Knotengruppen ,  oberflächliche  Erosionen 
infolge  von  Trauma,  tiefen  Zerfall  der  Knoten  bei  kachektischen  Kranken. 
Ganze  Knoten  verschwinden  beim  idiopathischen  multiplen  Hautsarkom 
seltener,  aber  zweifellos;  sogar  Melanosarcoma-  (nämlich  sekundäre)  Sjioten 
verschwinden  mitunter  ohne  Spur  (Bülklet,  Beüämann).  Im  oben 
citierten  Falle  von  Peeein^*  sind  viele  Tumoren  welk,  runzelig  geworden 
und  verschwunden,  genau  in  derselben  Weise,  wie  die  Mykosisknoten. 
Ein  jeder  wird  in  den  difiusen,  brettharten,  steinpflasterartigen  Infiltraten 
(in  den  MykosisMlen  von  Kaposi,  Köbneb,  Gillot)  das  Hautsarkom 
erkennen.  Im  Falle  von  Heubteaux^*  entstand  aus  einem  Muttermal 
ein  Sarkom  mit  allen  Eigenschaften  der  Mykosis  fungoides  (d*embl^): 

Bei  einem  25  jährigen  Weibe  ist  vor  iVs  Jahren  aus  einem  Pigmentinal 
ein  warziger  Tumor  entstanden  (am  Handrücken).  Exzision,  rasche  Ver- 
heilung  der  Wunde.  Vor  vier  Monaten  entstanden  zahlreiche  (25)  weiche 
rote  Tumoren  an  der  Haut  derselben  Extremität,  nachher  ein  umfEuig' 
reicher,  schmerzhafter  Tumor  am  Oberarm.  Ein  Teil  der  Knoten  ist 
ohne  Spur  verschwunden.  Es  entstehen  immer  neue  Knoten;  das  Weib 
geht  kachektisch  zu  Grunde.  In  anderen  Geweben  sind  keine  Tumoren 
gefunden  werden.  Die  Tumoren  bestehen  aus  greisen,  stark  körnigen 
Rundzellen  mit  1 — 2  Kernen  und  einem  zarten  Retikulum. 

Als  Beweis  für  den  engen  Zusammenhang  zwischen  Mykosis  fungoides 
und  Hautsarkomen  mögen  hier  einige  differenzielle  Merkmale  nach 
KÖBNER^^  angeführt  werden:  „Die  Mykosisknoten  können  rasch,  binnen 
einigen  Tagen  entstehen;  manche  Knoten  sind  weich  und  komprimierbar; 
Geschwüre,  Wunden  nach  Eaczision  verheilen  oft  sehr  rasch;  in  vielen 
Fällen  verschwinden  ganze  Tumoren,  oder  sinken  im  Zentrum  ein.* 
Zweifellos  vermissen  wir  bei  den  Huutsarkomen  keine  einzige  von  den 
aufgezählten  Eigenschaften. 


^'  Das  Sarkom  der  Haut  kann  ebenfalls  in  Fleckfonu  jahrelang  verharren. 
*'  Pbrrin,  La  sarcamatose  cut     Thkse  de  Faris.  pag.  203. 

**  Heurteaux,   Bull,  de  la  Soc.  de  Chirurgie.    1875.     (Perrin,    These  de  Pari», 
pag.  253.) 

"   KÖBNER,    1.    C. 


67 

Somit    halten    wir    uns   für    berechtigt,    die  „Mykosis  fungoides"  ats 
eine  besondere  Spezies  der  Hautsarkome  aufzufassen. 


Pseudoleukaemia  cutis.     Leukaemia  cutis. 

£s  kommen  zweifellos  Fälle  von  Pseudoleukämie  (Adenie,  Lymph- 
adenie,  Hodgkins  BLrankheit)  vor  mit  Veränderungen  an  der  Haut, 
welche  der  Mykosis  fungoides  in  vielem  gleichen.  Gegenwärtig  ist  es 
noch  nicht  möglich,  diese  Gruppe  von  Fällen  gegenüber  dem  Typus 
Mykosis  fungoides  zu  differenzieren. 

Auiser  den  obenerwähnten  Fällen  von  Gillot  und  Landouzy 
gehört  hierher  die  wenig  bekannte  Beobachtung  von  Hutchinsons^. 

Ein  19jähriger  Mann.  Schwellung  der  cervikalen  Lymph- 
drüsen war  das  erste  Krankheitssymptom  (ein  Jahr  vor  dem 
Tode).  Nach  7  Monaten  Paraplegie,  Lähmung  der  Sphinkteren;  gleichzeitig 
sind  zahlreiche  kleine  Knoten  im  Unterhautgewebe  entstanden.     Tod. 

Autopsie:  Bedeutende  Schwellung  aller  Lymphdrüsen,  Ejioten  in  der 
Gehirnrinde,  in  den  Lungen,  am  Peritoneum;  die  Körper  des  6.  7.  und 
8.  Brustwirbels;  sehr  zahlreiche  (139)  erbsen-  bis  wallnuisgroDse  Knoten 
in  der  Haut  und  Unterhaut.  Leber  und  Milz  unverändert.  Mikros- 
kopisch zeigten  die  Knoten  adenoide  Struktur. 

Ln  obigen  Falle  waren  die  cervikalen  Lymphdrüsen  zweifellos  der 
Ausgangspunkt  der  Erkrankung. 

Fagge*'  beschreibt  6  Fälle  von  Sarkom  mit  folgenden  Erscheinungen: 
Tumoren  in  der  Haut,  den  Lymphdrüsen,  den  Nieren,  etwas  seltener  in 
der  Leber  und  Milz,  den  Tonsillen,  im  Dünndarm;  Gelenkschmerzen, 
Purpura,  Blutung  aus  Schleimhäuten,  skorbutähnliche  Schwellung  und 
Lockerung  des  Zahnfleisches  (letzte  Erscheinung  in  5  Fällen). 

Im  ersten  Falle  von  Amicis^®  saisen  zerstreut  an  der  ganzen  Haut 
braunrote,  weiche,  tiefreichende  bis  eigrofse  Knoten  und  flache  diflfuse 
Infiltrationen.  Sämtliche  Lymphdrüsen  bedeutend  geschwellt,  die  Leber 
vergröfsert,    die    Milz    enorm  mit  2  Infarkten.     Das  Blut  unverändert. 

Leukaemia  cutis.      Ausfer    den    bekannten    3  Fällen  von  Biesia- 


*•  J.  N.  HüTcmN30N,  Gase  of  Hodgkins  Disease.      Philad.  Med.  Beporter.    1875. 
Februar. 

"  Fagoe,  Guys  Hosp.  Beport  1875.    Ref.  in  Canstatts  Jahresb.  1875. 
**  Amicis,  ÄnncUes  de  Dermat.  et  de  Syph.  1882.  pag.  452. 

5* 


68 

DECKi°^  Kaposi®^  und  Hochsinger-Schiff ^^  sind  noch  offenbar  folgende 
Beobachtungen  als  Leukämie  der  Haut  aufzufassen. 

4.  Fall.  2.  Beobachtung  von  Amicis.®*  Ein  54-jähriger  Mann. 
An  der  Kopf-  und  Gesichtshaut  sitzen  dunkelrote  Knoten  von  ver- 
schiedenster Gröfse  (vom  Hirsekorn  bis  zum  Apfel). 

Sumaxillare  Lymphdrüsen  bis  zur  Eigröfse  geschwellt.  Die  Leber 
vergröfsert,  die  Milz  enorm,  schmerzhaft.  Durchfälle,  Darmblutungen. 
Die  Zahl  der  weifsen  Blutkörperchen  um  das  fünffache  vergrölsert. 
Pleuritis,  Tod.  Vom  Anfange  der  Erkrankung  bis  zum  Tode  ist  ein  Jahr 
verflossen. 

5.  Fall.  Beobachtung  von  Galliard.  ®*  Ein  37jähriger  Mann. 
Seit  6  Wochen  ein  Knötchen  an  der  Brusthaut  und  Schwellung  der  Axillar- 
drüsen. Seit  drei  Wochen  die  Gesichtshaut  diffus  verdickt,  haii,  blaiskupfer- 
rot  (Leontiasis);  an  der  Stirn  tiefe  Furchen ;  die  stark  verdickten,  harten, 
unbeweglichen  Augenlider  verdecken  fast  gänzlich  die  Augapfel.  An  der 
Haut  des  Kumpfes  einzelne  tiefsitzende  Knoten.  Die  Lymphdrüsen  ein 
wenig  vergröfsert.  Starke  Blutarmut,  die  Zahl  der  roten  BlutkörpercIieD 
um  das  4fache  vermindert,  weifee  Blutkörperchen  1  :  200.  Temperatur 
40^0.,  Asthenie,  Tod  nach  9w  öchentlicher  Krankheitsdauer. 

Autopsie:  weiTsliche  Knötchen  am  Perikardium,  diffuse  Rundzell- 
infiltrate (trainöes  lyraphatiques)  im  interstitiellen  Bindegewebe  der 
Leber,  der  Hoden,  des  Pankreas,  der  Nieren,  vorwiegend  um  die  Gefäfee 
herum;  Lymphdrüsen,  Leber  und  Milz  vergröfsert. 

In  den  Hautknoten  fand  Galliakd  „tissu  reticuk^"  besonders  rings 
um  die  Schweife-  und  Talgdrüsen  und  zwischen  den  Fettläppchen; 
in  den  frischen  Knoten  waren  die  oberen  Hautschichten  fast 
unverändert. 

Dieser  Fall  erinnert  an  die  „Lymphodermia  perniciosa**  von  Kaposi, 

6.  Fall.  Beobachtung  von  Philippebt.  ^  40jähriges  Weib.  4  Jahre 
vor  dem  Tode  zeigte  sich  ein  Knoten  an  der  rechten  Schläfe ;  kurz  nach- 
her bildeten  sich  erbsen-  bis  eigroüse  Tumoren  in  der  Haut  und  im 
Unterhautgewebe  am  Kopf  und  Gesicht  (Leontiasis).  Einige 
Knoten       sind       verschwunden.        Sämtliche     Knoten      entstehen 


^^  BiESUDKCKT,  Leukämische  Tumoren  der  Haut  u.  des  Darmes.  Med.  Jahrb, 
Wien  1876. 

®°  Kaposi,  Lymphodermia  perniciosa.     Med.  Jahrb.  Wien  1885. 

***  Hochsinger  u.  Schiff,  Leukaemia  cutis.  Vierteljahresscfir.  f.  Dermal,  u. 
Syph.  1887. 

"  Amicis,  I.  c. 

^^  Galliard,  Contribution  k  Tetude  de  la  lymphadenie  cutanee.  Ännales  de 
Dermat  et  de  Sypfi.  1882. 

"  Philippert,  Obs.  de  diathese  lymphogone  ä  formes  cutan6e,  löontiasique, 
oranglionnaire,  hepatique  et  leucocythenique.  Bulletin  de  VAcademie  de  MM.  de 
Belgique.  1880.  No-  4. 


69 

in  der  Unterhaut;  die  darüberliegende  Haut  ist  glatt,  glänzend, 
kastanienbraun,  mit  ektatischen ,  von  Blut  strotzenden  Venen  bedeckt. 
Durch  enorm  vergröüserte  Augenlider  sind  die  Augen  gänzlich  ver- 
schlossen. Kurz  nachher  bildeten  sich  Knoten  an  der  Nasenschleim- 
haut, am  Gaumen  und  Pharynx;  ein  gestielter  roter  Tumor  nimmt  das 
linke  Nasenloch  ein,  die  linke  Tonsille  schwoll  plötzlich  so  stark  an, 
dais  die  Kranke  10  Tage  lang  per  Rektum  gefüttert  werden  mufste. 
Cervikale  und  axillare  Lymphdrüsen  in  grofse  knotige  Massen  zu- 
sammengeschmolzen; die  ersten  ziehen  sich  in  die  Brusthöhle  hinein. 
Knoten  in  beiden  Brüsten;  die  übrige  Haut  unverändert.  6  Monate  vor 
dem  Tode  schwoll  der  linke  Leberlappen  bedeutend  an  und  reichte  nach 
kurzer  Zeit  bis  zur  Fossa  iliaca  sin.  Die  Kranke  wird  kachektisch,  ihre 
Gesichtsfarbe  wachsartig,  die  Tumoren  werden  flach  und  welk.  In  den 
Knoten  unter  dem  Mikroskop  „Tissu  adenoide.'' 

Fast    unbekannt  sind  noch  folgende  Fälle  von  Leukämie  der  Haut: 

7.  Fall.  Beobachtung  von  Oliver.**  Ein  öOjähriger  Bergmann. 
Yor  6  Jahren  Quetschung  eines  Metakarpalknochens  der  rechten  Hand; 
kurz  nachher  bildeten  sich  harte  Knötchen  in  der  rechten  Fossa  suprn- 
clavicularis.  Seit  6  Monaten  ein  eigrofser  ulcerierter  Tumor  in  der  linken 
Axilla.  Leichte  Blutungen  aus  der  Pharynxschleimhaut,  leichte  Hämaturie. 
Der  Kranke  äufserst  blaCs  und  erschöpft.  Im  Unterhautgewebe  des 
Stammes  liegen  zerstreut  zahlreiche  (etwa  60)  höhnen-  bis  eigrofse,  harte 
Tumoren;  die  darüberliegende  Haut  verschiebbar,  stellenweise  gerötet. 
Einige  Knoten  werden  weich.  Axilläre,  inguinale  und  rechte  supraklavikulare 
Lymphdrüsen  zu  grofsen  knotigen  Massen  eingeschmolzen.  Leber  und 
Milz  vergröfsert.  An  der  Stelle  des  Axillarknotens  ein  umfangreiches 
gangränöses  Geschwür. 

Li  einem  Bluttropfen  vom  Finger:  die  roten  Blutkörperchen  sind 
ungemein  klebrig ,  bilden  unregelmäüsige  Massen ,  nirgends  Bollen ; 
40  wei&e  Blutkörperchen  in  einem  Gesichtsfelde. 

Autopsie :  In  der  linken  Lunge  zahlreiche  dunkle,  leicht  ausschälbare 
Knötchen;  Knoten  in  der  Leber,  manche  im  Zentrum  verflüssigt.  Die 
Milz  enorm  vergrölsert;  in  der  Milz  sitzen  6  apfelsinengrofse,  graue 
Tumoren.  Bronchiale  und  mesenteriale  Lymphdrüsen  vergröfsert.  Halb- 
flüssige Knoten  im  Gehirn.  Unter  dem  Mikroskop  das  Bild  eines 
fiundzellsarkoms. 

8.  Fall.  Fall  von  Leber.*®  Ein  48jähriger  Mann.  Alle  4 
Augenlider   enorm    vergröfsert.       Die  Haut  der  Augenlider  violett- 


'^  Th.  Oliver,    Gase   of  multiple    Sarcoma   or  Hodgkins    disease.     The  Lancet, 
1882.  4.  u.  11.  März. 

••  Lerrr,  Archiv  f.  Ophthalmologie.  Bd.  XXIV.  pag.  295. 


70 

braun,  mit  ektasierten  Venen  bedeckt,  stark  gespannt,  verschiebbar  über 
darunter  liegenden  Knoten,  unter  der  Haut  der  Augenlider  sitzen 
nämlich  harte  elastische  Massen  mit  knotiger  Oberfläehe. 
Die  Infiltration  verbreitet  sich  auf  das  Subkonjunktivalgewebe  in  Form 
von  harten  Wülsten.  An  den  Schläfen  sitzen  unter  der  Haut  flache, 
harte  Erhebungen.  Doppelseitiger  Exophtalmus,  durch  Orbitalinfiltrate 
bedingt.  Retinitis  haemorrhagica ;  Eiweifs  und  granulierte  Cylinder  im 
Harn.  Leber  und  Milz  enorm  vergröfsert.  Im  Blute  sind  rote  und 
weifee  Blutkörperchen  in  gleicher  Zahl  vorhanden ;  die  weifsen  Blutkörperchen 
sind  sehr  klein.  Halsdrüsen  mäfsig  vergrölsert.  Manubrium  stemi  ver- 
dickt, schmerzhaft.  Später  sind  die  Knoten  an  den  Augenlidern  noch  grölser 
geworden ;  Manubrium  stemi  faustgrofs.  Atemnot.  Tod  ein  Jahr  nach  dem 
Beginn  der  Krankheit. 

Unter  dem  Mikroskop  fand  Leber  in  den  Knoten  einkernige  Bund- 
zellen in  ein  zartfaseriges  Maschenwerk  eingelagert. 

9.  Fall.  Sehr  ähnlich  ist  die  Beobachtung  von  Ohavel^^:  41jähriger 
Mann.  Am  linken  oberen  Augenlid  entstand  ein  Tumor  und 
erstreckte  sich  rasch  über  das  ITnterhautgewebe  der  linken  Gesichtshälfle 
in  Form  von  diffuser  Infiltration.  Die  Haut  mit  dem  Tumor  verlötet, 
jedoch  von  normaler  Farbe.  Die  rechte  Gesichtshälfte  mäfsig  infiltriert. 
Tumoren  unter  der  Haut  des  linken  oberen  und  unteren 
Augenlides. 

Retinitis  haemorrhagica.  Die  Halsdrüsen  beträchtlich  vergröfsert  und 
mit  der  Haut  verwachsen. 

Autopsie:  Leukämische,  enorm  vergröfserte  Leber;  mäfsig  vergröfserte 
Milz;  Nephritis.  Die  speckigen  Hauttumoren  bestehen  aus  Rnndzellen 
und  einem  zarten  Retikulum. 

Leukämie  der  Haut  vermute  ich  auch  im  seltsamen  (mir  blols  im 
Referat  bekannten)  Falle  von  Schiemer**:  Knoten  unter  der  Hant 
an  allen  4  Augenlidern,  die  Haut  darüber  unverändert 
Mikroskopisch:  Sarcoma  globocellulare. 

Somit  erscheinen  leukämische  Veränderungen  der  Haut  in  Form  von 
Knoten  und  diffusen  Infiltraten  und  lokalisieren  sich  vorwiegend 
im  Gesicht,  etwas  seltener  am  Kopf  und  Hals.  Diese  diffase  harte 
Infiltration  der  Gesichtshaut  erinnert  lebhaft  an  Lepra.  Die  Knoten  sind 
hirsekorn-  bis  apfelgrofs,  manchmal  zentral  vertieft  (Biesiadbcki, 
Hochsinger-Schiff).  Der  Ausgangspunkt  dieser  Knoten  und  Infiltrate 
sind  die  Fettläppchen  und  Schweifsdrüsen;  im  weiteren  Verlaufe 
nehmen    die  Tumoren  auch  die  Haut  ein    oder  bleiben  subkutan.    Die 


^^  Chatel,  Gazette  JUbdomanaire,  1877.  No.  23. 

®®  ScHiEMER,    Monatsberichte   f.    Augenheükande*    1867.    Mai.     Ref.   Canstatts 
Jakresber.  1867. 


71 

Knoten  blieben  snbkutan  in  den  Fällen  von  Oliver  nnd  Leber;  einzelne 
Knoten  in  den  Fällen  von  Kaposi,  Hochsinger-Schiff,  Philippert, 
Chavel.  In  jungen  Knoten  bleibt  die  Papillär-  und  Subpapillarsobicht 
der  Haut  unverändert.  Manche  leukämische  Knoten  erweichen  und  zer- 
fallen (in  den  Fällen  von  Oliver,  Kaposi).  In  den  letzten  Lebenstagen 
werden  die  leukämischen  Tumoren  welk  und  flach. 

Eine  überraschende  Ähnlichkeit  mit  dem  geschilderten  Bilde  finde 
ich  in  der  Beobachtung  von  Bn)i>BR.*^  68jähriger  Mann.  Unter  der 
Haut  des  Gesichtes  und  Kopfes  liegt  eine  diffuse  knorpelharte, 
1  —  3  Zentimeter  hohe  Neubildung  (Leontiasis,  lepraartiges  Aus- 
sehen). Einzelne  Knoten  vor  und  hinter  den  Ohren.  Die  Haut  über 
dem  Tumor  wenig  verändert,  glatt,  am  Q-esicht  dunkelrot,  mit  zahlreichen, 
bis  1  Millimeter  dicken,  von  Blut  strotzenden  Venen  bedeckt.  Cervikal- 
nnd  Submaxillardrüsen  von  Haselnufsgröfse.  Mikroskopisch:  diffuse 
Infiltration  des  ünterhautgewebes  mit  kleinen  Bundzellen;  nach  Aus- 
pinselung  wird  ein  zartfaseriges  Maschenwerk  sichtbar;  das  Fett  ist  spur- 
los verschwunden. 

Infolge  von  parenchymatösen  Arzneiinjektionen  eine  bedeutende  Ver- 
minderung des  Tumors. 


Solitäres  idiopathisches  Sarkom  der  Haut. 

Das  solitäre  Sarkom  der  Haut,  die  am  besten  bekannte  Sarkom  art 
nimmt  eine  der  oben  geschilderten  Formen  an.  Das  solitäre  Sarkom  wird 
manchmal  angeboren,  in  anderen  sehr  zahlreichen  Fällen  wird  ein 
Muttermal  der  Ausgangspunkt  des  Sarkoms;  in  diesen  Fällen  ist  also 
das  Sarkom  ebenfalls  als  angeboren  anzusehen.  Auch  Heredität  scheint 
bei  der  Entstehung  der  Sarkome  eine  Rolle  zu  spielen;  so  im  oben 
citierten  Falle  von  Fox  waren  drei  Geschwister  mit  Epulis  sarcomatosa 
behaftet;  im  Falle  von  Kaposi^**:  beim  Vater  ein  Riesenzellsarkom  am 
Zahnfleisch,  beim  Sohn  Riesenzellsarkom  an  der  Schenkelhaut;  im  Falle 
Pbabody'^:  bei  der  Mutter  Fibrosarkom  am  Halse,  beim  Kind  Sarkom 
im  Kleinhirn ,  u.  s.  w.  Das  Signal  von  Metamorphisierung  eines 
Muttermals  in  ein  Sarkom  gibt  äuJserst  oft  irgend  ein  Trauma  (ein  Schlag, 
Verwundung,  auch  regelrechte  Exzision  des  Naevus,  Kratzen,  Reibung 
der  Kleidung,  etc.). 


'*  BiDDER,    Eigentümliche    diffuse    subkutane    Geschwulstbildung   am    Kopf  und 
Gesicht.    Archiv  f.  kUn.  Med.  Bd.  XXI. 

'*'  Kaposi,  Wien.  med.  Wochenschr.  1887.  No.  19—22. 
"  Peabody,  C  an  statt  8  Jdhresher.  1886.  Bd.  I. 


72 

Die  Gestaltveränderungen  und  Proliferationsarten  des  Sarkomknotens 
sind  schon  oben  geschildert  worden.  Im  Stadium  der  DifisemiBatioD 
nimmt  das  solitäre  Hautsarkom  nur  in  seltenen  Fällen  die  Form  des 
idiopathischen  multiplen  Pigmentsarkoms  an;  gewöhnlich  sitzen  die 
sekundären  Knoten  in  der  Haut  und  Unterhaut,  oder  aus- 
schliefslich  in  der  Unterhaut,  selten  dagegen  in  der  Haut.  Sekundäre 
Knoten  entstehen  vorwiegend  am  Rumpfe.  Die  Lokalisation  der  Tumoren 
an  der  Haut,  in  der  Tiefe  der  Haut  und  im  Unterhautgewebe,  also  nicht 
in  derselben  Ebene,  ist  charakteristisch  für  sekundäre  Sarkome  der 
Haut. 

In  zwei  Fällen  von  Rose'^  bildeten  sich  kurz  nach  der  Exzision  des 
primären  Hautsarkoms  zahlreiche  Purpuraflecke  an  der  Haut.  £in  Teil 
der  Flecke  ist  verschwunden,  an  den  übrigen  sind  sekundäre  Sarkom- 
knoten entstanden;  Gelenk-  und  Muskelschmerzen  begleiteten  diese 
„Purpura  sarcomatodes." 

Ich  beobachte  gegenwärtig  einen  interessanten  Fall  von  Hautsarkom, 
dessen  Ausgangspunkt  ein  Muttermal  gewesen  ist: 

5.  eigene  Beobachtung.  Hartenbeeg,  ööjähriges  Weib  von 
gesundem  Aussehen.  An  der  linken  Wange  safs  ein  angeborenes,  linsen- 
groJses,  flaches  Ge&fsmal.  Im  15.  Lebensjahre  ist  dasselbe  exzidiert  und 
nachträglich  mehrmals  kauterisiert  worden ;  es  hinterblieb  jedoch  ein  roter 
Fleck.     Vor  15  Jahren  fing  der  Fleck  an  zu  wachsen. 

Status  praesens.  (JuU  1888).  Eine  flache ,  härtliche ,  elastische 
Infiltration  nimmt  die  Haut  der  linken  Wange  ein.  Die  Oberfläche  der 
Infiltration  ist  wellig,  glanzlos,  von  der  Farbe  einer  reifen  Pflaume,  mit 
geschlängelten  Gefäfschen  bedeckt.  Der  obere  und  innere  Rand  der 
Infiltration  ist  scharf  begrenzt,  mä&ig  erhaben,  besteht  stellenweise  ans 
hanfkomgrofsen  Knötchen,  der  untere  und  äuisere  Rand  geht  ohne 
scharfe  Grenze  in  die  gesunde  Haut  über.  Die  Infiltration  nimmt  die 
ganze  Dicke  der  Wangenhaut  ein. 

Auf  beiden  Handrücken,  stellenweise  auch  an  der  Beuge-  und  Streek- 
fläche  der  Vorderarme,  sitzen  seit  3  Monaten  synmietrisch  härtliche,  flache, 
blaurote,  glänzende  Knötchen  (manche  mit  zentralen  Grübchen).  Die 
Knötchen  sind  von  Hanfkomgröise,  nur  einzelne  etwas  grölser.  An  den 
Handrücken  sitzen  mehrere  pfenniggroise,  aus  ebensolchen  Knötchen  ge- 
bildete Ringe,  die  an  Erythema  mult.  papulatum  annulare  erinnern. 
Die  ganze  Haut  der  Handrücken  diffus  rötlich,  stellenweise  geschwollen. 
Zu  Anfang  Juli  1888  wird  aus  unbekannter  Ursache  die  EpidermishüUe 
des  Infiltrates  stellenweise  abgehoben,  oder  läfst  sich  mit  dem  Finger  ab- 


7t 


Rose,  Deutsche  Zeitschir.  f.  Chir.  1887. 


7S 

streifen.  Die  epidennislose ,  der  Pnlpa  einer  Pflaume  ähnliche,  von 
Grefäisen  durchzogene  Oberfläche  zerfällt  binnen  einigen  Tagen.  Es  ent- 
stehen drei  grofse,  mit  Gewebsfetzen  bedeckte,  sehr  schmerzhafte  Geschwüre. 
Nur  Jodoformsalbe  lindert  die  Schmerzen.  Ende  Juli  sind  die 
Geschwüre  (unter  10%  Jodoformsalbe)  fast  vollständig  verheilt,  ebenso  die 
kleine  Wunde  nach  Exzision  eines  Randteiles.  Im  Juli  bekam  die 
Kranke  8  Injektionen  zu  8  Tropfen  einer  1%  Natrium  arsenicosum- 
Lösung. 

Zu  Anfang  August  entstand  plötzlich  eine  schmerzhafte  Rötung 
und  Schwellung  der  linken  (kranken)  Wange  und  der  beiden 
Handrücken;  dieses  Erythem  ist  nach  einigen  Tagen  verschwunden, 
kehrte  aber  in  demselben  Monate  noch  dreimal  wieder.  Ende 
August  sind  die  Geschwüre  vollständig  verheilt;  die  Narben  sind  flach, 
an  den  Rändern  zackig.  Die  Farbe  der  Neubildung  ist  jetzt  heller, 
blam*ot.  Die  Kranke  klagt  über  Brennen  in  der  linken  Wange  und 
beiden  Handrücken.  Auch  im  Laufe  September  ensteht  von  Zeit  zu 
Zeit  eine  leichte,  rasch  vorübergehende  Schwellung  dieser  Teile.  Die 
Erscheinungen   an    den    beiden   Handrücken  bleiben  unverändert. 

Mikroskopisch  besitzt  die  Neubildung  einen  ausgesprochenen  lappigen 
Bau;  sie  besteht  aus  kleinen  runden,  ovalen  und  spindelförmigen  Zellen, 
die  in  ein  grobfaseriges  Maschenwerk  eingelagert  sind.  Die  Neubildung 
nimmt  alle  Hautschichten  ein,  auch  die  Papillen  sind,  doch  etwas 
schwächer,  verändert.  Innerhalb  der  Papillen  einige  Pigmentzellen.  Die 
mikroskopische  Untersuchung  der  Handrückenhaut  ergab:  dichte  Haufen 
von  kleinen  Rundzellen  rings  um  die  Gefäüse,  Haarbälge,  Schweifs-  und 
Talgdrüsen  der  Haut;  zahlreiche  mehrkemige  trübe  Riesenzellen.  Inner- 
halb der  Papillen  Gruppen  von  gelbbraunen  rundlichen  Pigment- 
zellen. 

Dieser  mikroskopische  Befund  ist  zwar  nicht  entscheidend,  manche 
Gründe  jedoch  veranlassen  mich,  die  Hautveränderungen  am  Handrücken 
für  sarkomatös  anzusprechen.  Die  Knötchen  nämlich  am  Handrücken 
und  am  Rande  der  Wangeninfiltrate  sind  vollständig  analog,  was  die 
Gesamtform     betriffi;;      auch      die     immer      gleichzeitige     Rötung      und 

Schwellung  der  linken  Wange  imd  der  beiden  Handrücken  ist  gewiis 
keine  zufällige  Erscheinung.  Was  die  Differentialdiagnose  betrifft,  so 
erinnern  diese  annulären  Effloreszenzen  wohl  an  Erythema  multiforme, 
edooh  bestehen  die  Erythemringe  nicht  aus  einzelnen  Knötchen  (ein 
Erythemring   entsteht  durch  zentrale  Atrophie  und  peripheres  Wachstum 

eines  einzigen  Knötchens);   auch  ein    stabiles,   6  Monate  lang  dauerndes 

Erythem  ist  gar  selten. 


74 

Primäres  Melanosarkom  der   Haut. 

Entsteht  fast  ausnahmslos  sollt är,  als  ein  grauer,  hraunschwarzer 
oder  schwarzer  Knoten  von  geringer  Gröfee.  Junge  Knotenteile  sind 
manchmal  weifs,  oder  grau,  auch  halb  durchsichtig  (gesprenkelte 
Tumoren);  in  selteneren  Fällen  bleibt  der  Melanosarkomknoten  eine 
Zeitlang  in  ganzer  Ausdehnung  weifs. 

Sehr  oft,  mindestens  in  ein  viertel  der  Fälle,  war  ein  Pigmentmal  der 
Ausgangspunkt  des  Melanosarkoms;  in  einem  Falle  von  Krönleik  war 
es  eine  Sommersprosse.  In  einigen  Fällen  ist  das  Melanosarkom  ans 
einem  flachen  oder  kavernösen  Gefäfsmal  entstanden.  In  der  Hälfte 
der  Fälle  gab  ein  Trauma  den  Anstofs  zur  Sarkombildung  (Wunden, 
Kratzen,  Exzision,  Kauterisation  des  Pigmentmals,  Druck  einer  Last, 
eines  engen  Stiefels,  etc.).  In  einigen  Fällen  war  der  Ausgangspunkt  des 
Sarkoms  eine  Wunde  (nach  Applikation  eines  Blasenpflasters  im  Falle 
von  Liebe),  eine  oft  gereizte  Hautstelle.  Die  ätiologische  Bedeutung 
des  Trauma  ist  gewifs  keine  geringe;  so  z.  B.  bilden  sich  Sarkome 
bedeutend  öfter  an  den  Zehen,  der  Fufssohle,  der  Ferse ^  als  an 
entsprechenden    Stellen    der  Oberextremität. 

Beim  Melanosarkom  der  Haut  finden  wir  alle  oben  geschilderten 
Formen  des  Hautsarkoms:  einen  schwarzen  Fleck,  einen  flachen,  harten, 
glatten  oder  warzenartigen  Knoten,  einen  fungösen,  gelappten,  miitunter 
schwammigen,  komprimierbaren  Tumor,  u.s.w.  ülcerierte  Melanosarkome 
sezernieren  eine  halbflüssige  schwärzliche  Masse. 

Melanosarkome  sind  vorwiegend  fusocellulär.  Das  Pigment  liegt 
innerhalb  der  Zellen,  am  dichtesten  um  den  Kern  herum,  in  Form  von 
gelbbraunen,  braunen  oder  schwarzen  Körnern;  an  vielen  Stellen  verdecken 
dichte  Pigmentmassen  die  Umrisse  der  Zellen. 

Die  Knoten  des  idiopathischen  multiplen  Pigmentsarkoms  (Typus 
von  Kaposi)  sind  oft  von  tiefdunkler  Farbe,  violettbraun,  fast  schwarz 
gefärbt,  unter  dem  Mikroskop  finden  wir  jedoch  das  Pigment  bloJi  im 
ilete  und  innerhalb  der  verzweigten  Zellen  der  Papillarschicht;  die  tiefer 
liegende  Neubildung  ist  pigmentlos.  In  manchen  seltenen  Fällen  ist 
die  klinische  Differentialdiagnose  (Pigmentsarkom  —  Melanosarkom)  nicht 
leicht  zu  stellen,  so  z.  B.  im  folgenden  Falle  von  Au  spitz'*: 

Ein  47jähriger  Mann  bekommt  am  Stamme  stark  juckende  rote 
Flecke,  welche  rasch  in  die  Höhe  wachsen  und  sich  zu  flachen,  dunkel- 
violetten oder  braunen  Knoten  heranbilden.  An  der  Haut  des  Stammes 
sind  zwei  grofse  warzenförmige,  dunkelrote  Knoten  entstanden.  Es 
bilden  sich  immer  frische  rote  Flecke.     Biopsie  nicht  gestattet. 


"^  AuspiTZs  Nachlafs:    Melanosis  cutis  sarcomatosa.     Vierteljahresschr.  f.  Dermat. 
u,  Syph.  1886.  Bd.  HI. 


75 

Diese  eigentümliche  Beobachtung  zeigt  manche  Analogien  mit  dem 
idiopathischen  multiplen  Pigmentsarkom. 

Das  primäre  Melanosarkom  der  Haut  bleibt  stationär  1  bis  3, 
mitunter  sogar  mehrere  Jahre  hindurch.  Nicht  selten  ruft  die  Exzision 
des  primären  Herdes  eine  rasche  Dissemination  hervor  und  beschleunigt 
zweifellos  den  letalen  Ausgang. 

Die  Dissemination  erfolgt  durch  Lymph-  und  Blutgefäfse.  Lymph- 
drüsen werden  mindestens  in  ein  drittel  der  Fälle  degeneriert;  in  einigen  Fällen 
waren  auch  die  regionären  Lymphgefäfse  mit  schwarzen  Sarkommassen 
vollgepfropft.  Manche  sekundäre  Knoten  der  Lungen  sowie  der  rechten 
Herzkammer  sind  zweifellos  embolischen  Ursprungs. 

Sekundäre  Knoten  entstehen  massenhaft  in  allen  Organen,  besonders 
oft  in  der  Haut  und  Unterhaut,  Lymphdrüsen,  Leber,  Magen,  Darm, 
Hirnhäuten;  niemals  dagegen  im  Uvealtraktus  (Ursprungstelle  der 
Hälfte  der  primären  Melanosarkome). 

Die  sekundären  Melanosarkome  der  Haut  bilden  sich  an  der  Haut; 
in  der  Tiefe  der  Haut  sowie  im  Unterhautgewebe,  oder  blols  im  letzteren, 
gleich  den  anderen  sekundären  Hautsarkomen.  Sekundäre  Melanosarkome 
der  Haut  verschwinden  in  manchen  Fällen  spurlos. 

In  dieser  Endperiode  des  Leidens  bildet  .sich  nicht  selten  eine 
braune,  schwarzbraune,  bronzeartige  Färbung  der  Haut,  besonders  an 
Gesicht  und  Hals,  dunkle  Färbung  anderer  Gewebe,  Melanämie  und 
Melanurie.  Zweifellos  gelangt  das  frei  oder  in  Zellen  eingeschlossene 
Pigment  in  den  Blutlauf  infolge  von  Verfettung  oder  Zerfall  der 
Knoten;  Nepvin  fand  im  Blute  pigmentierte  weifse  Blutkörperchen, 
Lücke  pigmentierte  sarkomatöse  Spindelzellen. 

Melanurie  pflegt  mehrfacher  Art  zu  sein:  a.  der  Harn  ist  braun 
oder  schwarz,  enthält  suspendiertes  schwarzes  Pigment,  oder  b.  der  frisch 
gelassene  Harn  ist  [normal  ge&rbt,  wird  aber  durch  Sauerstoffzufuhr 
(Stehen  an  der  Luft,  Chrom-  und  Salpetersäure)  braun  oder  schwarz. 

Offenbar  kann  im  Organismus  eine  Reduktion  des  Melanins  statt- 
finden (Miijra).  Eine  Quelle  der  Melanurie  wird  in  manchen  Fällen  das 
Nierengewebe  selbst;  Eberth*^^  hat  in  einem  Falle  pigmentierte  Sarkom- 
zellen in  den  Glomerulis  und  Hamkanälchen  gefunden. 

Berder  und  Nencki^^  beschreiben  das  Melanosarkompigment  als 
amorphe  schwarze  Kömer,  unlöslich  in  Wasser,  Alkohol  und  Äther, 
lösbar  in  Alkalien.  Das  Melanosarkompigment  des  Menschen  enthält 
11,13%  Schwefel,  des  Pferdes  bedeutend  weniger. 


'*  Ebert,  Über  embolische  Verbreitung  der  Melanosarkome.     Vir  chows  Archiv» 
Bd.  58. 

'*  Berder  u.  Nencki,  Archiv  f.  experim.  Path.  Bd.  XX. 


76 

Genese  des  Melanosarkompigments.  MelaDOsarkome  entstehen 
fast  ausschliefslich  in  Geweben,  welche  normales  Pigment  bilden  (Haut, 
Uvealtraktus) ;  diese  Thatsacbe  weist  auf  den  Znsammenhang  zwischen 
dem  normalen  und  dem  Melanosarkompigment.  Nach  den  Arbeiten  von 
Ribhl'^^  Ehrmann ■'■^j  Nothnagel''®  entsteht  das  nonnle  Hautpigment 
im  Cutisgewebe  selbst.  In  den  oberflächlichen  Hautschichten  finden  wir 
sternförmige,  mit  körnigem  braunen  Pigment  erfüllte  Zellen,  die  sich  in 
der  Umgebung  der  Gefefse,  besonders  der  Kapillaren  gruppieren  imd  das 
Bete  Malpighi  mit  Pigment  versorgen.  Diese  Pigmentzellen  finden  wir 
in  gröiserer  Zahl  an  normal  oder  pathologisch  pigmentreichen  Hautstellen, 
in  der  Negerhaut,  bei  Morbus  Addison,  in  Sommersprossen  und  Pigment- 
flecken, u.  s.  w.  Der  regelmäfsig  sich  wiederholende  Zusammenhang  der 
Pigmentzellen  mit  den  Gefk&en  ist  ein  Beweis  für  die  hämatische  Her- 
kunft des  normalen  und  pathologischen  Hautpigmentes;  die  Umbildung 
des  Hämoglobins  zum  braunen  körnigen  Pigment  ist  das  B^sultat  der 
Zellenthätigkeit  —  das  kömige  Pigment  wird  ausschlieslich  innerhalb  der 
Zellen  gebildet. 

Der  Kausalnexus  zwischen  Pigmentflecken  und  Melanosarkomen  lälst 
vermuten,  dafs  diese  Gebilde  ein  und  dasselbe  Pigment  besitzen;  auch 
die  Lokalisation  des  Pigmentes  ist  identisch. 

In  Sommersprossen  liegen  Pigmentzellen  nach  Demiäville^'  ans- 
flchliefslich  in  und  um  die  Adventitia  der  Gefefse,  in  Form  von  Nestern 
und  Strängen.  In  Pigmentwarzen  fand  PiCE^^  Pigmentzellen  in  den 
Gefefswänden  und  in  ihrer  Umgebung;  dasselbe  in  den  Melanosarkomen 
der  Haut.  Gussenbaüer^^  fand  in  Melanosarkomen  ebenfalls  ein  dichtes 
Netz  von  Pigmentzellen  rings  um  die  Gefäüse;  bemerkenswert  war  die 
Lagerung  der  pigmentierten  Zellen  in  einem  alveolären  Melanosarkom: 
Ge&Ise  waren  blofs  im  Alveolargerüst  vorhanden,  rings  um  diese  GeäÜae 
lag  ein  Netz  von  pigmentierten  Zellen;  interalveoläre  Zellen  dagegen  fast 
pigmentlos.  Auch  nach  Ackermann  ^^  liegen  die  pigmentierten  Zellen 
des  Melanosarkoms  vorwiegend  oder  ausschlieislich  in  unmittelbarer 
Nachbarschaft  der  Gefäfse. 


'«  RiEHL,  Vierte^ahresschr.  f.  Bermat.  u.  Syph,  1887.  Heft  I.  u.  IL  Zur  Path- 
des  Morbus  Addison.    ZeiUchr.  f.  klin.  Med,  Bd.  X. 

"  Ehrmakn,  VierteJodhresschr.  f.  Derm.  u.  Syph.  1885.  Heft  III  u.  IV.  1886. 
Heft  I. 

'®  Nothnagel,    Zur  Path.  des  Morbus  Addison.    Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  IX. 

'*  Demi£:ville,  Über  Pigmentflecke  der  Haut.     Virchows  Archiv.  Bd.  81. 

'"  Pick,  Über  Melanosis  lent.  progressiva.  Vierteljahresschr.  f.  Dermat.  u.  Syph. 
1884.  Bd.  I  u.  n. 

"  Güssenbauer,  Über  Pigmentbildung  in  melanot.  Sarkomen.  Virchows  Ärch. 
Bd.  63. 

^'  Ackermann,  Histogenese  u.  Histologie  der  Sarkome.  Volkmanns  klin.  Vor- 
träge. No.  233  u.  234. 


77 

Es  erübrigt  nun  zu  entscheiden,  welches  die  Ursachen  der  Pigment^ 
anhänfang  in  den  Melanosarkomzellen  sind.  Diffiision  des  gelösten 
Hämoglobins  durch  die  Ge&fswände  (Güsbenbaüer,  1.  c),  gröisere  und 
kleinere  Blutaustritte  sind  blofs  als  accidentelle,  untergeordnete  Quellen 
des  Pigmentes  anzusehen.  (Difiusion  des  Blutpigmentes  und  HämoiThagien 
finden  wir  fast  konstant  auch  in  den  Pigmentsarkomen  der  Haut.)  Sehr 
bemerkenswert  ist  Ackbrmanns^^  Meinung  über  Genese  des  Melanosarkom- 
pigmentes.  Nach  Ackermann  entwickelt  sich  das  Melanosarkom  aus 
Pigmentzellen,  welche  um  die  Gefäfse  der  Haut  (und  Chorioidea)  ge- 
lagert sind.  Yon  diesen  spezifischen  (nach  A.)  Zellen  erbt  das 
Sarkom  die  spezifische  Eigenschaft  der  Pigmentbildung.  Auch 
ViRCHOW®*  erinnert  an  die  hömatische  Abkunft  des  Pigmentes,  stellt 
jedoch  ebenfalls  die  „metabolische  Thätigkeit"  der  Zellen  nicht  in 
Abrede. 

Im  engen  Zusammenhang  mit  den  Melanosarkomen  steht  das 

Xeroderma  pigmentosum. 

Bei  dieser  Hautkrankheit  bilden  sich  im  1.  oder  2.  Jahre  (selten  in 
späteren  Jahren)  zahlreiche  kleine,  braune  Flecke  im  Gesicht,  an  den 
Händen  und  Vorderarmen.  Es  sind  gewöhnlich  Sommerspossen, 
welche  im  Winter  abblassen,  im  Sommer  dunkler  und  gröfser  werden. 
Zwischen  den  Sommersprossen  sitzen  in  weit  geringerer  Zahl  kleine  fleck- 
und  streifenförmige  Teleangiektasien.  Aus  manchen  Sommersprossen  ent- 
stehen gröfsere,  braune  oder  schwarze,  leicht  erhabene  Flecke.  An  der 
Gesichtshaut,  vorwiegend  am  Augenlidrande,  den  Lippen,  der  Nase  ent- 
stehen gröisere,  weifse,  teleangiektatische  oder  schwarze  Warzen  und  telean- 
giektatische  oder  melanotische  Sarkome.  Manche  sarkomatöse  Tumoren 
werden  gestielt  und  fallen  ab.  Ein  Teil  der  Pigmentflecke  atrophiert 
mit  Hinterlassung  einer  weifsen  Narbe  (Entstellung  der  Gesichtszüge), 
^icht  selten  entstehen,  besonders  an  der  Gesichtshaut,  Epitheliome.  In 
klinischen  Schilderungen  nehmen  diese  letzteren  den  ersten  Bang  ein,  die 
Sarkombildung  wird  oft  garnicht  erwähnt,  wie  z.  B.  in  der  Arbeit  von 
ViDAL.®*  In  folgenden  Fällen  von  Xeroderma  pigmentosum  sind  Sarkome, 
vorwiegend  Melanosarkome  entstanden:  im  3.  und  4.  Fall  von  Hebra 
(Melanosarkoma  alveolare  nach  den  Untersuchungen  von  Gussenbaubr®^),^ 
im  Falle  von  Taylor  (Sarocma  teleangiectodes).    Im  1.  Falle  von  PiCK®'^ 


^  AcKERMANK,  1.  c.  pag.  2003. 

**  ViRCHow,  Die  Lehre  v(m  den  Geschwülsten.   Bd.  II. 

*^  ViDAL,  De  la  Dermatose  de  Kaposi.    Ännaks  de  Dermal.  1883. 

^   GüSSENBAÜER,    1.    C. 

"  Pick,  1.  c. 


78 

eepiabraune  komprimierbare  Warzen,  wei&e  und  rote  Warzen,  roter, 
schwarz  gesprenkelter  Tumor  an  der  Conjunctiva;  2  grofse,  schwarze, 
lappige,  komprimierbai'e,  an  der  Oberfläche  erodiei^te  Tumoren  am  Unter- 
schenkel (nach  Chiabi  Melanosarcoma  fusocellulare).  Im  2.  Falle  von 
PiOK  ein  wallnufsgrofeer  Tumor  am  Zahnfleische  In  meinem  Xeroderma- 
falle^^j  ein  blauschwarzer  Tumor  am  oberen  Augenlid,  ein  halbdurch- 
sichtiger, mit  Teleangiektasien  bedeckter  Knoten  an  der  Schläfe;  linsen- 
grolse,  rote,  erodierte  Warzen  hängen  vom  oberen  Augenlidrande  herab; 
im  12.  Lebensjahre  ist  der  schwarze  Knoten  grölser  und  empfindUck 
geworden,  an  der  Haut  sind  zerstreute,  sehr  zahbeiche,  linsengrolse, 
schwarze  Knoten;  ebensolche  Knoten  unter  der  Haut  durchfuhlbar, 
Schwellung  der  Lymphdrüsen,  Schmerzen  in  der  Lebergegend,  hohe 
Körpertemperatur,  Tod.  (Melanosarcomatosis  universalis.)  Im  2.  Falle 
von  YiDAL  safs  ein  umfangreicher  gestielter  Tumor  an  der  Wange.  Im 
3.  Falle  bildeten  sich  Knoten  an  den  tiefgefärbten  Pigmentflecken ;  ein 
warziger  Knoten  am  Handrücken  ist  bis  zur  Eigröfse  gewachsen,  wurde 
gestielt  und  fiel  ab.  Im  4.  Falle  entstanden  ebenfalls  eigroise  Kjnoten  an 
den  am  tiefsten  ge&rbten  Pigmentflecken  und  fielen  ab  mit  Überlassung 
von  Narben. 

Wir  finden  somit  an  der  Haut  dieser  Kranken  alle  Übergänge  von 
Pigmentflecken  (Sommersprossen)  zu  Melanosarkomen,  und  diesen  klini- 
schen Zusammenhang  entsprechen  anatofmsche  Analogien,  indem  wir 
zwischen  den  Pigmentflecken,  Pigmentwarzen  und  Melanosarkomen  blols 
quantitative  Struktur-Differenz  finden. 

Die  klinische  Verwandtschaft  zwischen  dem  „Xeroderma  pigmen- 
tosum'' und  gewöhnlichen  Sommersprossen  unterliegt  keinem  Zweifel.  Es 
gibt  manche  Übergangsformen,  zu  denen  der  folgende  Fall  von  Duhring^* 
gehört: 

Ein  27jähriges  Mädchen  (Mutter  am  Gebärmutterkrebs  gestorben). 
6  Monate  nach  der  Geburt  sind  Sommersprossen  im  Gesicht  entstanden. 
Im  9.  Jahre  war  die  Haut  des  Gesichts,  des  Halses,  der  Extremitäten 
befallen.  Stat.  praes.  Die  ganze  Hautoberfläche,  mit  Ausnahme 
der  Handteller  und  Fufssohlen,  mit  gelben  und  braunen  stecknadel- 
kopfgroisen  Flecken  bedeckt.  Nur  vereinzelte  Flecke  sind  schwarz  und 
bis  erbsengrois.  Spärliche  stecknadelkopfgrofse  Teleangiektasien,  stellen- 
weise (vorwiegend  am  Handrücken)  kaum  merkliche  atrophische  Flecke. 

Ahnliche  Ubergangsformen  habe  ich  in  2  Fällen  gesehen.  Der  erste  Fall 
betrifft    ein    36jähriges  Weib,  dessen  Gesicht,   Hals  und  Handrücken  mit 


**^  Funk,  Xeroderma  pigmentosum.     Gazeta  Lekarska.  1885.  No.  44. 
••  DüHRiNG,    A   case   of  Xeroderma.      Americ.  Journal  of  Med.  Sciences.  1878. 
Oktober. 


79 

dunkelbraniieii  bis  hanfkomgrofsen  Pigmentflecken  dicht  übersät  war; 
dazwischen  sitzen  einzebie  fleck-  und  streifenförmige  Teleangiektasien.  Die 
Gesichtshaut  war  eigentümlich  buntscheckig,  jedoch  glatt,  geschmeidig, 
ohne  Spur  von  Narben.  Im  zweiten  Falle  waren  ähnliche,  doch  weniger  auf- 
fiillende  Erscheinungen  bei  einem  18jährigen  Mädchen  vorhanden;  am 
Nasenflügel  safs  ein  Epitheliom,  welches  wiederholt  an  der  chirurgischen 
Abteilung  des  Israelitischen  Krankenhauses  im  Jahre  1885  operiert  wurde; 
es  recidivierte  aber  immerfort. 


Therapie  der  Hautsarkome. 

Arsenik,  unter  die  Haut  injiziert,  hat  zweifellos  einige  Fälle  von 
multiplen  idiopathischen  Hautsarkomen,  zahlreiche  Fälle  von  Pseudoleu- 
kämie,  und  einige  andre  Neubildungen^^  vollständig  geheilt.  Durch 
diese  Erfolge  ermuntert,  sollte  man  in  jedem  Falle  von  Sarkom 
eine  energische  Arsentherapie  einleiten. 

Bei  solitären  Hautsarkomen  gibt  die  frühzeitige  und  vollständige 
Exstirpation  oft  gute  Erfolge;  die  Schnittflächen  sollen  mikroskopisch 
untersucht  werden.  Dafs  die  Operation,  besonders  beim  Melanosarkom, 
auch  schlimmste  Folgen  haben  kann,  ist  zweifellos.^^ 

Bei  sarkomatösen  ülcerationen  bringt  Jodoformsalbe  grolsen  Nutzen 
—  in  meinen  2  Fällen  sind  ülcerationen  unter  10  %  Jodoformsalbe  vor- 
trefflich geheilt  worden. 


Die  Fortschritte  der  Hautanatomie  in  den  letzten 

6  Jahren. 

Von 

P.  Gr.  Unna. 

IV. 

Der  Nagel. 

Der  Nagel  ist  in  den  letzten  Jahren  unausgesetzt  äeüsig  bearbeitet 
worden.  Die  Histologie  desselben  hat  besonders  durch  eine  Arbeit  von 
Henle  eine  Bereicherung  erfahren,  die  vergleichende  Anatomie  durch  die 

— 

^^  In  2  Fällen  von  multiplen  warzenförmigen  und  gestielten  Tumoren  der  Haut 
erreichte  Lewin  mittels  Arseninjektionen  vollständige  Heilung.  (25  Injekt.,  4—8  Tropfen 
täglich.) 

•*  Vergleiche :  Boülay,  Du  prognostic  des  tumeurs  melaniques.  Archives  gen.  de 
Medicine.  1888.  V.  8. 


80 

Abhandlungen  von  Boas  und  GtEGENBAUR,  und  die  Entwickelungsgeschichte 
durch  Zanders  und  Köllikbrs  Untersuchungen. 

Erinnern  wir,  um  die  Arbeit  von  Henle  besser  zu  würdigen,  zunächst 
an  den  Stand  der  Frage  nach  der  Nagelverhornung  vor  dem  Erscheinen 
dieser  Arbeit.  Walbeter  hatte  (Untersuchungen  über  die  EUstogenese  der 
Horngebilde.  Henles  Festschrift,  pag.  145)  mit  Bestimmtheit  die  von 
Heynold  und  mir  gleichzeitig  konstatierte  Abwesenheit  des  Keratohyalins 
in  der  Matrix  des  Nagels  verneint.  Bei  starker  Behandlung  der  Präparate 
mit  Essigsäure  würden  die  Kömchen  sichtbar.  —  Dieser  Angabe  stellte 
sofort  (in  den  oben  näher  mitgeteilten  Arbeiten)  Ranvier  seine  Ansicht 
ebenso  schroff  gegenüber,  dafs  weder  in  der  Nagelplatte,  noch  in  der 
Nagelmatrix,  noch  auf  dem  Nagelbette  „Eleidin"  vorkomme  (so  weit  mit 
Heynold  und  mir  in  Übereinstimmung),  dals  jedoch  im  Bereiche  der 
Nagelmatnx  statt  dessen  eine  eigentümliche,  die  Nagelverhornung  cha- 
rakterisierende Substanz  in  den  Übergangszellen  vorkäme:  die  „Substanoe 
onychogäne."  Diese  Substanz  sei  daran  leicht  zu  erkennen,  dafe  sie  durch 
das  B,ANViERsche  Pikrokarminat  braun,  nicht  rot  geftlrbt  werde.  Weitere 
Angaben  über  die  Morphologie  dieser  körnigen  Substanz,  über  ihre 
chemischen  Reaktioneti,  insbesondere  im  Gegensatz  zu  denen  des  Eleidins 
und  des  WALDBYERschen  Keratohyalins,  habe  ich  nirgends  gefunden. 
Dagegen  spielt  diese  sog.  „onychogene  Substanz"  bereits  eine  grofse  Rolle 
in  der  Arbeit  von  Sucharb  (Des  modifications  des  cellules  de  la  matrice 
et  du  lit  de  l'ongle  dans  quelques  cas  pathologiques.  Arch,  de  Phys, 
1882).  Dieselbe  soll  nach  Süchard  nicht  nur  in  der  Matrix  des  Nagels 
in  groJser  Menge  vorkommen,  sondern  auch  —  allerdings  nur  in  einer 
feinen  Schicht  —  auf  dem  Nagelbett,  was  Suchard  an  einer  zwischen 
Nagel  und  Nagelbettepithelien  sich  einschiebenden  braunen  Linie  erkennen 
will.  Hieraus  ganz  allein  schliefst  dieser  Autor  dann  wiederum  auf  eine 
nagelbildende,  freilich  abgeschwächte  Funktion  des  Nagelbettes.  Ranvibb 
und  Süchard  schreiben  die  Trübung  der  Nagelmatrix  und  die  weifee 
Farbe  der  Lunula,  welche  ich  ebenso  wie  die  bräunliche  Farbe  derselben 
auf  die  sehr  rauhe,  unregelmäfsige  Zellenoberfläche  der  Übergangsepithelien 
bezogen  hatte,  natürlich  der  „onychogenen  Substanz"  zu.  Nach  einer 
morphologisch  genauen  Beschreibung  dieser  Substanz  sehen  wir  uns  auch 
bei  Suchard  vergeblich  um,  selbst  nicht  einmal  eine  andre  Farbenreaktion 
wird  von  ihr  mitgeteilt  als  die  braune  Färbung  durch  Pikrokarminat, 
geschweige  eine  genaue  DifiPerentialdiagnose  vom  Eleidin. 

Ranvibr  und  Suchard  gegenüber  stellte  sich  Guldberö  wieder  auf 
meine  Seite,  indem  er  das  kömige  Aussehen  der  Übergangszellen  lediglich 
auf  die  ungemein  deutlich  werdende  Stachelung  der  Oberfläche  der  Zellen 
beziehen  zu  müssen  glaubte  (Über  die  Nagelmatrix  und  die  Ver- 
hornung  des  Nagels.     Monatsh.  f,  pr.  Denn.      Bd.  IV.  pag.  7). 


81 

Hbnle  (Das  Wachstnin  des  menschlichen  Nagels  und 
Pferdehufs.  Abhandlungen  d.  k.  Gesetlsdi.  d.  Wissensch,  zu  Göttingen, 
Bd.  31)  erwähnt  in  der  Einleitung,  dafs  er  bereits  1857  in  seinem 
Jahresbericht  die  Angabe  von  Oehl  bestätigt  habe,  dafs  sich  die  Kerne 
an  Hand-  und  F  aissohle  in  der  Hornschicht  länger  erhalten  als  man 
gewöhnlich  annimmt.  Ich  erwähne  diesen  Passus,  obgleich  er  zum  Nagel 
nicht  in  direkter  Beziehung  steht,  nicht  nur  des  historischen  Interesses 
halber,  sondern  auch  weil  Hbnle  daran  die  interessante  Bemerkung 
knüpft,  dafs,  während  die  Hornzellen  durch  die  Einwirkung  verdünnter 
kaustischer  Alkalien  zu  Blasen  aufquellen,  die  Kerne  aus  scheibenförmigen 
Gebilden  zu  kleineren  Kügelchen  (1 — 2  fA  Durchmesser)  reduziert  werden. 
Die  Kugelgestalt  derselben  könne  wohl  durch  den  Druck  des  quellenden 
Zellenleibs  erklärt  werden,  nicht  aber  die  Verkleinerung.  Henle  glaubt 
daher  in  diesen  kleinen  Kügelchen  die  Kernkörperchen  der  urspriLnglich 
vorhandenen  Kerne  vor  sich  zu  haben. 

Henle  wendet  sich  nun  zunächst  gegen  Ranvier  in  der  Behauptung, 
dab  die  „onychogene  Substanz",  dafs  das  „Onychin"  durch  Pikrokarmin 
braun  gefärbt  werde.  Schon  Kölliker,  Hassall  und  Renaüt  hätten  die 
natürliche  braune  Farbe  des  „Onychins"  auf  das  Vorkommen  von  Pig- 
mentzellen an  dieser  Stelle  irrtümlich  bezogen.  Man  sieht,  die  braune 
Farbe  der  Übergangszone  zu  den  Nagelzellen,  welche  ich  1875  zuerst  als 
punktierte  Zone  beschrieb  und  nach  Pikrokarmin-  und  Osmiumbildern 
abbildete,  wird  jetzt  von  allen  Forschern  anerkannt,  aber  sehr  verschieden 
gedeutet.  Während  Waldeyer  hier  Keratohyalin  findet,  sehen  Ranvier, 
Süghard  und  Henle  eine  neue,  körnige  Substanz,  das  Onychin  daselbst 
auftreten,  ich  und  Guldberg  dagegen  keins  von  beiden.  Ebenso  beziehen 
alle  Forscher  jetzt  die  weüse  Farbe  der  Lunula  auf  die  Undurchsichtigkeit 
dieser  Schicht,  wie  ich  es  zuerst  ausgesprochen.  *  Also  nur  über  die  Natur 
dieser  Körner  herrschen  Differenzen,  über  ihre  Existenz,  den  Ort  des 
Vorkommens  und  ihre  makroskopische  Wirkung  sind  alle  einig. 

Sehen  wir  also  nun  zu,  ob  Henle  dem  „Onychin",  der  „onycho- 
genen  Substanz"^  Ranviers  jetzt  wirklich  das  histologische  Bürgerrecht 
verleiht,  es  als  Grundlage  des  körnigen  Aussehens  wirklich  nachweist. 
Hsnle  findet,  dafs  Pikrokarmin,  Karmin  und  Hämatozylin  das  „Onychin'' 
im  Gegensatze  zum  Keratohyalin  und  zu  den  Kernen  der  onychin- 
haltigen  Zellen  nicht  färben,  dafs  es  in  verdünnter  Salzsäure  sich  länger 
erhält  als  Keratohyalin,  dafs  es  endlich  im  Gegensatz  zum  Hautpigment 
in  verdünnten  Alkalien  und  Säuren  abblafst. 


^  Bis  dahin  wurde  dieselbe  durch  ^ringeren  Blutgehalt  erklärt. 
Monatshefte.  6 


«2 

Ich  kann  in  diesen  Angaben  nur  die  Bestätigung  der  RANVlEBsoheii 
Angabe  sehen,  dafs  „Onychin"  kein  Keratohyalin  ist.     Aber  ich  yermisN 
auch   hier   jede   positive  Angabe    über    Gröfse    dieser    Körner,   über  die 
Art  ihres  Auftretens  in  der  Zelle   und   ihres  Yerschwindens,    analog  wie 
ich  diese  Details  für  das  Keratohyalin  der  Kömerzellen  angegeben  habe. 
In  betreff  der  angenommenen,    braunen  Eigenfarbe  dieser  Kömer  hätte  ee 
Henle    übrigens    doch    auffallen    müssen,    dals    dieselbe   nur   bei   durch- 
fallendem    Licht    existiert,   während    das    „Oaychin"    nach    ihm  bei  auf- 
fallendem  Licht   rein    weiis    und    undurchsichtig    erscheint.    Das  spricht 
doch    in    der    That   ungemein  für  eine  einfache  Brechungserscheinung  an 
einer    unregelmäfsigen    Oberfläche.     Woher  rührt  aber    dann    die  braune 
Färbung    der   ganzen   Schicht,    wenn  die   einzelnen   Kömer  nicht  bnurn 
sind?     Mich    dünkt,    die    Sache   erklärt   sich  sehr  einfach.      Die  Nagel- 
substanz sieht  an  und  für  sich  gelb  aus,  die  einzelnen  Nagelzellen  haben 
ein  hellgelbes  Kolorit.     Die    bräunliche    Farbe    der   Übergangsschieht  ist 
nun  nichts   weiter    als    eine   gesättigtere  NagelfiEkrbe,    das  Nagelgelb,  rer- 
dunkelt   durch  die    vielfache  Brechung   an    den   ünregelmälSsigkeiten  der 
Oberfläche    dieser    Übergangszellen.        Daher    existiert     diese     brämdiche 
Färbung   in    der  That  schon,  wie  Henle  angibt,  am  ungefärbten  Nagel- 
schnitt.  Färbt  man  nun  mit  irgendwelchem   Pikrokarmin,    so    nimmt  die 
Nagelsubstanz  nebst  der  Übergangsschicht   das  Pikringelb    auf,    während 
das  Karmin  vorzugsweise  von  der  lockeren  epithelialen  Umgebung  fixiert 
wird,  und  nun  sieht  die  Übergangszone  wieder    braungelb   aus  gegen  den 
rein  gelben,    fertigen   Nagel,    daher  die  Angabe  Banviers,  die    „onyoho- 
gene  Substanz''  forbe  sich  mit  Pikrokarmin  braun;   das    natürliche   Gelb- 
braun wird  durch  das  Pikringelb  verstärkt  hervorgehoben.  — 

Henle  weist  sodann  Suchards  Angabe  zurück,  dafs  das  „Onychin'' 
sich  in  dünner  Lage  auf  das  Nagelbett  fortsetze.  Jedenfalls  sieht  Hskli 
von  dieser  Seite  her  keinen  Grund,  einen  Zuschuis  des  Nagelbettes  zum 
Nagel  anzunehmen.  Das  „Onychin''  findet  sich  nach  Henle  nur  bis  znm 
weiisen  Rand  der  Lanula  und  schneidet  hier  in  scharfer  Linie  ab. 
Durchschnittlich  enthalten  2 — 4  Zellenreihen  das  „Onychin",  und  zwar 
wächst  die  Breite  dieser  Übergangsschicht  von  dem  hinteren  Kand  des 
Falzes  nach  vom,  zuweilen  bis  auf  10  Zellenreihen,  um  kurz  vor  dem 
vorderen  Rande  sich  auf  eine  Lage  zu  reduzieren.  Allen  diesen  Angaben 
können  wir  zustimmen,  wenn  wir  statt  „Onychinhaltige  Zellen"  ein&cb 
„Übergangszellen"  setzen.  Die  Existenz  einer  besonderen,  die  Nagel- 
verhomung  charakterisierenden  Substanz  scheint  mir  durch  Eübnlbs  Arbeit 
so  wenig  erwiesen,  wie  durch  die  Angaben  Banviers  imd  Süghabds. 
Sollte  sie  aber  noch  einmal  durch  neue  Methoden  nachgewiesen  werden, 
so  ist  der  Name  „Onychin"  wohl  besser  als  „onychogene  Substanz*',  weil 
der    letztere    die    zweite,    unbewiesene  These    involviert,    dafs    aus  dieser 


83 

Substanz  Nagelsnbstanz  hervorgeht*,  während  dieselbe  ja  lediglich  — 
wie  das  Keratohyalin  —  ein  Nebenprodukt  der  Verhomung  sein  könnte. 

Henle  betont  mit  Brecht,  dafe  die  Frage  nach  der  Umgrenzung 
der  Nagelmatrix  von  den  älteren  Untersuchern,  ihn  selbst  nicht  aus- 
genommen, durch  Berücksichtigung  einiger  weniger  Nägel  viel  zu  einseitig 
beantwortet  wäre.  Besonders  die  Epithelwülste  und  papillären  Bildungen 
am  Grunde  des  Falzes  variieren  individuell  sehr,  wie  wir  das  ja  neuer- 
dings durch  die  Untersuchungen  Blasgheos  (s.  oben)  sehr  viel  genauer 
wissen.  Mit  H.  Hebra  imterscheidet  Henle  drei  Zonen  auf  der  Unterseite 
des  Nagels,  grenzt  sie  jedoch  nicht  so  scharf  und  nicht  auf  Grund 
dei'selben  Thatsachen  ab.  Die  hintere  Queranastomose  beider  Digital- 
arterien geben  parallele  Längakapillaren  nach  vom  ab,  welche  anfangs 
stark  geschlängelt  sind  und  hier  dadurch  oft  den  Anschein  erwecken, 
als  wenn  sie  nach  aufwärts  Papillarschlingen  abgäben.  Sie  sind  fast 
gamicht  verästelt,  geben  wenige  Queranastomosen  und  nur  vereinzelte 
Anastomosen  zu  den  tiefen  Nagelbettge&Tsen  ab.  Nach  vom  zu  werden 
diese  Längskapillaren  enger,  verlaufen  in  tieferem  Niveau  und  gestreckter. 
Der  Unterschied  in  der  Blutmenge  des  hinteren  und  vorderen  Abschnitts 
der  Nagelwurzel  beruht  hierauf  und  nicht  etwa  auf  einer  geringeren 
Anzahl  von  arteriellen  Kapillaren.  Auch  zählt  Henle  ebensowohl  diesen 
vorderen  wie  den  hinteren  zur  Nagelmatrix  (gegen  Hebra),  indem  er  sich 
auf  isB  Vorkommen  der  braunen  Übergangsschicht  bis  zum  vorderen 
Bande  der  Lanula  stützt. 

Die  Leisten  des  Nagelbettes  sind  schmal,  scharfkantig,  erhalten,  ohne 
dafs  sie  sich  verbreitern,  von  Zeit  zu  Zeit  aus  den  darunter  liegenden 
Längskapillaren  aufsteigende  Schlingen,  die  senkrecht  oder  öfter  nach 
hinten  geneigt  sind,  und  deren  Schenkel  stets  in  der  Richtung  der  Leisten 
hintereinander  liegen.  Die  typische  Formation  des  Nagelbettes  soll,  nach 
Henle,  bereits  bei  6 — 7  monatlichen  Embryonen  fertig  vorhanden  und 
hier  am  leichtesten  zu  übersehen  sein.  Merkwürdigerweise  bringt  Henle 
die  reichlichere  Ausstattung  des  Nagelbettes  mit  Blutgefäfsen  im  Vergleich 
zu  dem  vorderen  Teil  der  Matrix  teleologischer  Weise  in  Zusammenhang 
mit  dem  freien  Verlauf  der  Na^elplatte  an  dieser  Stelle.  Im  Falze 
werde  der  Nagel  von  zwei  Seiten  ernährt,  auf  dem  Nagelbett  aber  nur 
von  einer  und  bedürfe  daher  hier  einer  kräftigeren  Blutzufuhr.  Ich 
glaube  weder,  dals  die  fertige  Nagelplatte  von  dem  Nagelbett  im  ge- 
ringsten „ernährt"  zu  werden  braucht,  noch  kann  ich  mir  denken,  dafs 
sie  im  Falze,  wenn  sie  nur  von  unten  her  nachwächst,  aufserdem  noch 
von  oben  her  mit  „ernährt"   wird. 


'  Ich   nehme   an,   dafs   Ranvieb   mit  der  Bezeichnung  „onychogüne"  hat  sagen 
▼ollen:    Nagel   erzengend,   obgleich    es  wörtlich:    vom  Nagel  erzeugt  —  heifst. 

6* 


84 

Gegenüber  der  HENLEschen  Anscliaaiing,  dafs  die  Nagelmatrix  so 
weit  reicht,  soweit  „Onychiii"  vorkommt,  bereitet  der  umstand  eine 
gewisse  Schwierigkeit,  dafs  unter  den  vielen  Varianten  des  Nagelgmnde» 
eine  häufig  vorkommt,  bei  der  die  Nagelplatte  bereits  in  der  hintersten 
Kante  des  Falzes  entspringt,  das  „Onychin",  d.  h.  die  bräunliche  Über- 
gangszone aber  erst  etwas  weiter  nach  vorn.  Entweder  muls  man  hier 
eine  Nagelbildung  ohne  „Onychin'^  zulassen  oder  besser  die  Existenz 
einer  bisher  noch  unbeschriebenen  Hornschicht,  welche  die  obere,  freie 
Fläche  der  Nagelplatte  bekleidet  und  mit  dem  eigentlichen  von  unten 
her  gebildeten  Nagelkörper  verschmilzt.  Diese  oberflächliche  Schicht  de» 
Nagels  stammt  also  aus  der  hintersten  Kante  des  Falzes,  sie  ist  durch- 
sichtig wie  das  strat.  lucidum  der  Falzdecke  und  spaltet  sich  von  diesem 
ab,  um,  mit  dem  Nagel  nach  vom  ziehend,  etwa  Vio  von  dessen  Dicke 
auszumachen  (30  fi  auf  300  /it).  Die  Kerne  dieser  eigentümlichen  Schicht 
sind  besser  erhalten  als  in  der  oben  anstofsenden  Hornschicht  des  Decken- 
falzes und  der  darunter  liegenden  Nagelsubstanz,  und  ihre  Zellen  sind 
weniger  platt  und  enthalten  Keratohyalin.  Da  eine  nachträgliche  Bildung^ 
dieser  Kömer  in  alten  Hom-  oder  Nagelzellen  unwahrscheinlich  ist,  hält 
Henle  die  ganze  Schicht  für  die  erste,  im  Grunde  des  Falzes  gebildete 
Anlage  des  Nagels,  die  vorwärts  geschoben  und  zwischen  Nagel  und 
Hornschicht  eingekeilt  ist,  und  nennt  sie  daher:  Primitivschichte. 
Dieselbe  gewinnt  oder  verliert  an  Mächtigkeit,  je  nachdem  das  „Onyohin" 
weniger  weit  oder  weiter  bis  in  die  Tiefe  des  Falzes  reicht. 

Auch  an  die  Unterseite  der  Nagelplatte  legen  sich  hin  und  wieder 
auf  dem  Nagelbett  entstandene  Hornschichten  an.  Also  sei  die  Frage,  ob 
ihr  vom  Nagelbett  ein  Zuwachs  komme,  durch  den  Mangel  an  „Onychin'' 
nicht  geradezu  verneint.  Dennoch,  meint  Henle,  ist  für  die  normale 
Entwickelung  des  Nagels  dieser  Zuwachs  von  sehr  untergeordneter  Be- 
deutung, denn  die  Nagelplatte  wird  auf  dem  Nagelbette  nicht  dicker, 
sondern  —  durch  Vertrocknung  —  dünner.  Also  trotz  der  von  Henle 
gerühmten,  guten  „Ernährung"  von  Seite  des  blutreichen  Nagelbettes  tritt 
dennoch  eine  Vertrocknung  der  Nagelplatte  ein! 

Beim  ömonatlichen  Embryo  findet  Henle  bereits  „Onychin"  unter 
der  noch  von  Hornschicht  bedeckten  Nagelplatte,  keine  Papillen  an  der 
Matrix,  dagegen  das  Nagelbett  bereits  mit  Leisten  bedeckt. 

Ex  ungue  leonem  —  auch  diese  letzte  histologische  Arbeit  unseres 
Altmeisters  enthält  des  Bedeutsamen  und  Neuen  genug,  um  das  ihn 
ein  jüngerer  Forscher  beneiden  könnte.  Freilich  konnte  Henle  wohl 
von  den  neueren  Methoden  der  Färbung  und  des  Mitosennachweises 
nicht  mehr  den  heute  unumgänglichen  Gebrauch  machen.  Allerdings 
wird  der'  Nachweis  der  Kontinuität  bei  jedem  organischen  Gebilde  auch 
ohne  vielfach  variierte  Färbemethodenschliefslich  gelingen,  und  der  Ort  der 


85 

Mntterzellen  eines  solchen  wird  sich  auch  ohne  Mitosennachweis  an- 
nähernd bestimmen  lassen.  Aber  die  Lehre  vom  Haarbeet  zeigt  doch, 
wie  leicht  hier  ein  Irrtum  möglich  ist.  Deshalb  ist  eine  neue  Unter- 
suchung der  Nagelmatrix  und  der  Bedeutung  der  anliegenden  Hornschichten 
nicht  denkbar  ohne  detaillierte  Untersuchung  dieser  Epithelialgebilde 
auf  ihre  sämtlichen  Farbenreaktionen  und  auf  die  Verteilung  der  Mitosen 
nach  Flemming. 

Die  nächste  Frage  von  Bedeutung,  aber  nicht  allein  ausschlaggebend, 
wie  Hbnle  meinte,  ist  die  des  sog.  „Onychins",  dessen  Existenz  ich 
bisher  noch  von  keinem  Forscher  für  erwiesen  erachte.  Dabei  ist  noch 
einmal  zu  betonen,  da&,  wenn  man  für  „Onychin"  dss  Wort  „Übergangs- 
zellen" setzt,  Henles  Beschreibung  durchaus  mustergültig  ist,  wie  denn 
auch  über  die  Ausdehnung  dieser  Schicht  wenigstens  unter  den  Autoren 
keine  Meinungsverschiedenheit  herrscht,  ausgenommen  jene  alleinstehende 
und  von  Henle  bereits  zurückgewiesene  Behauptung  Süghards. 

Eine  dritte  Frage,  die  aufgeworfen  zu  haben  Henles  Verdienst 
bleiben  wird,  ist  die  nach  einer  oberflächlichen  Schicht  der  Nagelplatte, 
welche  der  gewöhnlichen  Homschicht  in  manchen  Beziehungen  sich  nähert. 
Mich  wundert,  dafs  Henle  den  so  naheliegenden  Vergleich  dieser  Schicht 
mit  der  Wurzelscheide,  speziell  der  HENLEschen  Schicht  des  Haars, 
nicht  zieht;  es  ist  fast,  als  ob  er  fürchtete,  den  Verdacht  zu  erwecken, 
dafs  diese  nicht  zu  umgehende  Analogie  ihn  bei  der  Aufstellung  mit 
bestimmt  habe.  Ob  diese  Schicht,  falls  ihr  Vorkommen  sich  allseitiger 
bestätigen  sollte,  als  „Primitivschicht"  anerkannt  wird,  hängt  von  dem 
Entscheid  ab,  den  die  Entwickelungsgeschichte  des  Nagels  allein  zu 
geben  im  stände  ist. 

Die  Schilderung  der  verschiedenen  Typen  des  Nagelgrundes,  obwohl 
gewifs  richtig  und  lehrreich,  ist  durch  die  nach  prinzipiell,  besserer  Methode 
gewonnene  Darstellung  Blaschkos  (s.  oben)  inzwischen  überholt. 

Wir  haben  uns  nun  zu  jenen  Arbeiten  zu  wenden,  welche  die  ver- 
gleichende Anatomie  des  Nagels  betreffen  und  nicht  nur  auf  die  Histologie 
des  menschlichen  Nagels,  sondern  besonders  auch  auf  dessen  Pathologie 
manches  Streiflicht  werfen. 

Zander  (Die  frühesten  Stadien  der  Nagelentwickelung 
und  ihre  Beziehung  zu  den  Digitalnerven.  Arch,  f.  Anat.  n, 
Phys.  1884.  pag.  103)  hatte  als  „primären  Nagelgrund"  kugelige  Vor- 
wölbungen an  den  Enden  der  Finger  und  Zehen  junger  Föten  be- 
zeichnet, welche  von  der  umgebenden  Haut  durch  eine  Rinne  getrennt 
sind,  und  von  diesem  primären  Nagelgrunde  behauptet,  dafs  er  bei 
Weiterem  Wachstum  eine  mehr  dorsale  Lage  einnähme.  Bei  dieser 
Wanderung  von  der  terminalen  zur  rein  dorsalen  Lagerung  gehen  Daumen 


86 

und  groifie  Zehe  den  übrigen  Endphalangen,  die  Hand  dem  FoDse  Yoran. 
Während  nun  bei  Amphibien  und  Reptilien  die  dorgialen  und  volaren 
ZeheDnerven  bis  zur  Zeheospitze  jederseits  zu  verfolgen  sind,  treten  bei 
den  Nägel  tragenden  Säugetieren  und  so  auch  beim  Menschen  die  volaren 
Zehennerven  mit  auf  den  Rücken  der  Phalangen  über. 

Diese    ZANDERsche    Lehre   rief   eine    Opposition    von    Seite  Gsoen- 
BAURs    hervor,    der    wir    eine    kurze,    aber    ungemein    lehrreiche    Arbeit 
dieses  Forschers  verdanken.     Etwa  gleichzeitig  mit    Zandbr   hatte   Boas 
in    Gegenbaurs    Zeitschrift     (Ein     Beitrag    zur    Morphologie    der 
Nägel,    Krallen,    Hufe    und    Klauen    der   Säugetiere.     Morphol 
Jahrbuch.  ,  1884.    Bd.  IX.     pag.  389)     durch    vergleichend    anatomische 
Studien     die    Bedeutung    einer    Hautregion    ins    rechte    Licht     gestellt, 
welche  bisher  beim  Menschen  fast  vollständig  übersehen  war.     Er  zeigte, 
dafs  die  sog.  Hornsohle  des  Hufs  (beim  Rhinozeros,  Pferd),   welche  vom 
an  die  untere  Kante    der  Hornwand,    hinten   an  den  Homstrahl  anstöM, 
sich    durch    die    Krallen    (des  Igels,  der  Hatte  etc.)    und    die    Nägel  der 
Halbaffen  und  Affen    bis  zum  Menschen  verfolgen  läfst.    Die  Hornwand, 
d.  h.  die   glatte  Hornmasse,   welcbe   der   Huf   des  Pferdes  von  vom  ge- 
sehen   zeigt,    entspricht  der  Nagelplatte  des  Menschen    und    bildet,    nach 
innen    unten    umgebogen,    die    Eckstreben.      Boas    zeigte  nun,    dafs   der 
Hornstrahl,    der  bisher  nur  den    Einhufern    zugeschrieben    wurde,    nichts 
andres    ist    als    der    zwischen    die  auseinander  weichenden   Eckstreben  in 
ihren  Winkel  eingekeilte    Zehenballen.     Der    Strahl    ist    also  der  Zehen- 
ballen, resp.    die  Fingerbeere  der  Mittelzehe,    das    Strahlkissen  entspricht 
dem  elastischen  Bindegewebspolster,  die  bedeckende  Hornmasse  der  dicken 
Hornschicht  der  Fingerbeere;  ja  der  Strahl  weist  noch,  wie  jene,  Knäuel- 
drüsen und  PACiNische  Körperchen  auf.    Zwischen  Strahl  und  Hornwand 
liegt    aber   nun    das    Sohlenhorn;    was    entspricht    dieser  Hautpartie   am 
Nagel?    Nun,  jene  kurze,  glatte    Fläche,  welche  sich  auch  hier  zwischen 
Nagelbett  und  Fingerbeere  schiebt    und  bisher  zu  wenig    beachtet  wurde. 

Als  das  ursprüngliche  betrachtet  Boas  die  Kralle.  Aus  ihr  leitet 
sich  einerseits  durch  Rückbildung  des  Sohlenhorns,  Abflachung  der 
Krallenplatte  und  stärkere  Entwicklung  der  Fingerbeere  —  der  Nagel 
der  höheren  Affen  und  des  Menschen  ab,  anderseits  durch  Verdickung 
von  Sohlenhorn  und  Krallenplatte  und  Abflachung  der  letzteren  — 
der  Huf. 

Das  von  mir  beschriebene,  durch  den  Nagel  sichtbare  gelbe  Bänd- 
chen, dicht  hinter  der  Ablösungslinie  der  Nagelplatte,  ist  also  nicht  die 
Nat  von  Nagelbett  und  Fingerbeere,  sondern  vom  Nagelbett  und  dem 
Rest  des  Sohlenhorns. 

An  diese  beiden  Arbeiten  anknüpfend  betont  nun  Gegenbaub  (Zur 
Morphologie    des    Nagels.      Morphol.   Jahrbuch.    Bd.  X.  1885.  pag. 


87 

465),  dafs  Zandbrs  „primärer  Nagelgrund**  nicht  nnr  die  Anlage  des 
künftigen  Nagelbettes  umfaist,  sondern  auch  noch  die  des  Sohlenhorns, 
mithin  dorsale  und  ventrale  Bildungen.  Dann  fragt  es  sich  aber,  ob 
die  Lageveränderung,  welche  Zanbek  beschreibt,  nicht  vielleicht  auf 
Yeränderungen  des  Sohlenhorns  zu  setzen  ist,  besonders  da  die  dorsale 
Grenze  des  „primären  Nagelgrundes"  sich  garnicht,  wie  die  ventrale, 
verschiebt. 

Gbgsnbaür  weist  nun  femer  nach,  dafs  die  Reptilien  und  Vögel, 
auf  die  Zandek  sich  bezieht,  gar  keinen  terminalen,  kappenförmigen 
Nagel  besitzen,  sondern  einen  richtigen,  dorsalen  Nagel  und  ein  davon 
verschiedenes,  von  viel  weicherer  Homschicht  gebildetes,  ventrales  Sohlen- 
hom.  Ein  wirklich  endständiger  Nagel  kommt  nur  bei  einzelnen 
Schildkröten  vor,  aber  auch  hier  ist  der  ventrale  Nagelteil  nicht  wie 
der  dorsale  eingefalzt,  sondern  geht  in  die  Oberhaut  der  Sohle  über.  Bei 
allen  Säugetieren  besteht  nur  eine  dorsale  Nagelplatte,  an  welche  das 
Sohlenhom  sich  ventral  anschliefst.  Während  erstere  in  der  ganzen 
Tierreihe  dorsal  und  sich  stets  annähernd  gleichbleibt,  variiert  das  Sohlen- 
hom bedeutend  und  reduziert  sich  schlieislich  auf  jene  kleine  Hautstrecke 
beim  Menschen,  für  welche  Gegenbaur  den  Namen:  Nagelsaum  vor- 
schlägt. Das  Doi-salwärts- Wandern  von  Zander  ist  also  nur  ein  Schwinden 
des  Sohlenhorns  von  der  ventralen  Seite  her;  die  dorsale  Grenze  des 
Sohlenhorns  bleibt  dabei  stabil.  Ontogenetisch  hatte  schon  Zander  das 
Übergreifen  der  Pingerbeere  von  der  ventralen  Seite  terminalwärts 
hervorgehoben^,  Gegenbaub  findet  nun  auch  phylogenetisch  die  Aus- 
bildung der  ventralen  Weichteile  von  Reptilien  und  Vögeln  zu  den 
Säugetieren  und  schlielslich  Primaten  deutlich  ausgeprägt  und  zugleich 
den  Grund  darin  für  den  gleichzeitigen  Schwund  des  Sohlenhorns.  Die 
Ausbildung  von  Hand  und  FuJs  des  Afifens  zum  Greiforgan  bedingt 
die  der  Pingerbeere,  womit  die  letzte  Reduktion  des  Sohlenhorns  zum 
^Nagelsaum"   gegeben  ist. 

Die  Nägel  erleiden  also  einen  Pormenwechsel,  aber  nicht  den 
ZANDBRSchen  Ortswechsel.  Gböenbaur  lälst  es  dahin  gestellt,  ob  viel 
weiter  zurück  der  beide  Horngebilde  umfassende  „primäre  Nagelgrund" 
von  einer  ursprünglichen  terminalen  Nagelanlage  sich  ableiten  läfst,  da 
der  Befund  der  Schildkröte  zu  vereinzelt  dasteht.  Auch  die  von  Zander 
herbeigezogenen  Thatsachen  bezüglich  der  Innervation sgebiete  findet 
GBGENBAtJR  nicht  stichhaltig,  denn  alle  Finger  zeigen  die  „Dorsalwande- 
rung"  nicht,  und  dorsalwärts  abgehende  Zweige  der  Volamerven  stören 
die  Beurteilung.      Nach  Gbgenbaurs  Darstellung   ist  es   jetzt  wenigstens 


'   Ich   erinnere   auch  an  die   von  Kollmann    hervorgehobene    Überwälzung  der 
▼olaren  Fläche  in  den  Interdigitalräamen. 


88 

verständlich,  dafs  die  ventralen  Digitalnerven  sich  bis  zum  Nagelsanme 
nnd  den  seitlichen  Teilen  des  Nagelwalles  ausbreiten;  die  Versorgung 
gewisser  Nagelbetten  von  volaren  Nerven  bleibt  aber  noch  dunkel. 

Aus  dieser  Kontroverse  haben  wir  als  Reingewinn  für  uns  die 
Existenz  einer  beim  Menschen  rudimentären  Hautpartie  zu  notieren,  des 
Nagelsaumes.  Diese  Thatsache  macht  viele  Details  der  Entwicke- 
lung  des  fötalen  Nagels  verständlich,  die  bisher  unverstanden  waren. 
Ich  habe  vor  dem  Nagelbett  an  der  Endphalange  des  menschlichen  Fötus 
eine  quere  Rinne  beschrieben,  welche  sonderbarer  Weise  in  den  letzten 
Monaten  der  embryonalen  Entwickelung  eine  mächtige  Hommasse  pro- 
duziert. Ich  habe  gezeigt,  dafs  der  unter  dem  Eponychium  hervor- 
brechende Nagel  über  diese  Hornmasse  in  dünner  Lage  fortkriecht,  und 
dafs  diese  Hommasse  mit  dem  papierdünnen  Nagelrand  meist  erst  nach 
der  Geburt  abblättert.  Diese  vergängliche  Proliferation  am  vorderen 
Ende  des  Nagelbettes  war  früher  unverständlich  und  seltsam,  ist  es  jetzt 
aber  nicht  mehr;  denn  die  „Rinne"  ist  das  Sohlenhom  der  Krallentiere, 
und  ihre  lebhafte,  aber  vergängliche  Produktion  von  Homsubstanz  ist 
die  ontogenetische  Erinnerung  an  eine  vormalige  stärkere  und  nicht 
vergängliche  Entwickelung  dieser  Oberhautpartie. 

Hiermit  wenden  wir  uns  zur  Entwickelungsgeschichte  des  Nagels. 
Brooke  hat  im  ScHENKschen  Laboratorium  (Beitrag  zur  Lehre  über  die 
Genese  der  Homgebilde.  Miit  aus  d,  embryol,  Institut  Wien.  Bd.  II. 
1883.  pag.159)  zuerst  in  den  grofsen,  hellen  Nagelzellen,  welche  bereits 
im  sechsten  Monat  im  Nagelfalz  mehrere  Reihen  bilden,  tropfenartige 
Gebilde*  nachgewiesen,  ähnlich  denen,  welche  Zabludowsky  vom  Vogel- 
schnabel beschrieben  hat.  Er  sieht  in  diesen  Zellen  das  Analogen  der 
Körnerzellen  an  der  äufseren  Haut  und  betrachtet  sie  als  Ubergangs- 
zellen  in  die  Nagelsubstanz,  welche  er  übrigens,  wie  ich,  intraepider- 
moidal  entstehen  läfst. 

Diesem  Gegenstande  hat  nun  Zander  eine  ausführliche  Studie 
(Untersuchungen  über  den  Verhornungsprozefs.  I.  Mitteilung. 
Die  Histogenese  des  Nagels  beim  menschlichen  Fötus. 
Ärch.  f.  Anat.  u.  Phys.  1886.  pag.  273)  gewidmet. 

Er  findet  von  der  13.  bis  zur  20.  Woche,  dafs  die  äulsersten  Hom- 
zellen  des  „primären  Nagelgrundes"  (späteres  Nagelbett  und  Sohlen- 
hom umfassend)  hier  und  da  überdeckt  sind  von  eigentümlichen,  einzeln 
oder  gehäuft  vorkommenden  Zellen,  welche  den  sonst  glatten,  äufseren 
Kontur    der    Hornschicht    vei'wischen.      Besonders   zahlreich    finden  die- 


*  Nebenbei  hat  Broükjes  auch  an  dieser  Stelle  auf   das  massenhafte  Vorkommen 
von  Keratohyalin  in  psoriatischer  Oberhaut  zuerst  aufmerksam  gemacht. 


89 

selben  sich  an  einer  Einsenkung  des  Epithels  des  Nagelgrundes,  ent- 
sprechend der  Grenze  zwischen  drittem  und  letztem  Viertel  —  vom 
Nagelfalz  an  gerechnet.  Diese  Stelle  entspricht,  ebenso  wie  die  dort  befind- 
liche Zellenanhänfung,  der  von  mir  beschriebenen  vorderen  „Rinne. '^ 
Znm  Teil  stecken  die  eigentümlichen  Zellen  in  der  Homschicht,  woraus 
Zander  schlierst,  dafs  sie  die  äufserste  Lage  des  Epithels  durchbrochen 
haben.  Es  sind  blasig  aufgetriebene,  kugelige  Zellen  mit  grofsen,  gut 
ftrbbarem  Kern,  wie  sie  in  der  mittleren  Stachelschicht  des  Nagelgrundes 
Yorkommen;  für  weifse  Blutkörperchen  sind  sie  zu  grofs.  Dafs  einzelne 
Epithelien  die  zusammenhängende  Masse  andrer  Epithelien  „durchbrechen'', 
selbst  wenn  der  Auftrieb  durch  starke  Proliferation  bedeutend  ist,  kann 
man  sich  doch  nicht  vorstellen,  ohne  aktive  Bewegungen  dieser  Zellen 
vorauszusetzen;  Zander  scheint  diese  „Wanderepithelien''  auch  mit 
aktiver  Lokomotion  ausstatten  zu  wollen. 

In  der  15.  bis  16.  Woche  beginnen  die  Homschüppchen  und  Wander- 
epithelien  zu  einer  oberflächlich  liegenden,  lamellösen  Hommembran  mit 
regelmäfsig  eingestreuten  Kemresten,  aber  ohne  Zellgrenzen,  zu  verschmelzen. 
Diese  „Begrenzungsschicht"  zeigt  eine  Prädilektion  für  Methylorange, 
Methyleosin,  besonders  aber  Säurefuchsin.  Diese  Begrenzungsschicht  Zan- 
ders ist  offenbar  genau  dieselbe  Hommembran,  die  ich  unter  dem  Namen 
Eponychium  beschrieben  habe,  weil  ich  unter  derselben  den  bleibenden 
Nagel  entstehen  sehe.  Zander  nimmt  auf  das  Eponychium  offenbar 
deshalb  keine  Rücksicht,  weil  er,  wie  wir  noch  sehen  werden,  diese 
Hommembran    bereits   für    den    künftigen   Nagel  selbst  hält. 

Nun  treten  unterhalb  dieser  festen  Decke  des  Nagelgrundes  im 
proximalen  und  distalen  Teile  charakteristische  Unterschiede  hervor.  In 
beiden  Abschnitten  legen  sich  granulierte  Zellen  von  unten  an  die  „Be- 
grenzungsschicht" an,  aber  im  distalen  Teile  (meiner  Binne,  dem  Nagel- 
sanm  Gegenbaurs)  enthalten  diese  Zellen  feinste  oder  doch  immer  relativ 
kleine,  stark  glänzende  chromophile  Körnchen  in  grolser  Menge,  welche 
die  Zellenmitten  frei  lassen.  Diese  Zellen  liegen  gewöhnlich  in  mehreren 
Lagen  übereinander,  und  die  Zahl  der  Granula  nimmt  von  den  tiefsten 
Schichten  gegen  die  oberflächlichen  hin  zu.  Im  proximalen  Abschnitt 
dagegen  (dem  späteren  Nagelbett)  treten  neben  den  Zellen  mit  kleinen 
Kömchen  auch  solche  mit  beträchtlich  gröfseren  auf,  die  mit  den  kleinen 
zusammen  fast  allein  den  Zelleninhalt  auszumachen  scheinen.  Die  Kömchen 
liegen  hier,  wenigstens  die  gröfseren,  sicher  nicht  in  der  Peripherie  der 
Zellen,  sondern  in  deren  Mitte.  Diese  grobkörnigen  Zellen  treten  zuerst 
in  der  Nähe  des  distalen  Abschnitts  ab,  vermehren  sich  dann  gegen  den 
Falz  zu,  rücken  immer  mehr  in  die  Tiefe  desselben  und  können  beim 
Neugeborenen  noch  in  sehr  reduzierter  Zahl  am  hintersten  Ende  des 
Nagels    nachgewiesen    werden.       Auch    das    Verhalten    der    granulierten 


90 

Zellen  zur  Begrenzungsschiclit  ist  im  proximalen  Teile  eigentümlich, 
indem  sie  sich  in  schrägen  von  hinten  oben  nach  yorn  nnten  abfallenden 
Lagen  der  Begrenznngsschicht  anschlie&en.  Dadurch  erhält  diese  glatte 
Hornschicht  hier  einen  lamellösen  und  zwar  schräge  nach  vom  abfal- 
lenden Bau,  ganz  entsprechend  dem  Bau  des  späteren  Nagels.  Auf  dem 
distalen  Teil  dagegen  ist  die  Begrenzungsschicht  horizontal  geschichtet 
und  hat  durch  die  zahlreichen  versprengten  Epithelien  keine  glatte 
Oberfläche;  später  wird  sie  hier  besonders  mächtig  und  geht  allmähUch 
in  die  Hornschicht  der  Fingerbeere  über,  wie  ihre  granulierten  Zellen 
in  die  Körnerschicht  derselben.  Die  Begrenzungsschicht  des  proximalen 
Abschnitts  senkt  sich  in  den  Nagelfalz  ein  und  scheidet  dadurch  das 
Epithel  des  Nagelwalles  ab  von  dem  Epithel  des  Ealzgrundes. 

Unterhalb  der  granulierten  Zellen  zeigen  sich  in  der  15.  und  16. 
Woche  im  proximalen  Teile  mehrere  Reihen  grofser,  blasiger,  heller,  wie 
gequollener  Zellen,  die  wenig  Kömchen  und  auDsen  noch  keine  Stacheln 
zeigen.  Diese  „hellen"  Zellen  hatte  ich  bereits  beschrieben,  aber  an 
ihnen  —  wenn  auch  kurze  —  Stacheln  bemerkt.  Beim  Fötus  von 
18  Wochen  nehmen  sie  den  Raum  einer  Bikonvexlinse  ein,  ihre  gröfste 
Breite  liegt  jetzt  im  Nagelfalz  (4  Zellenlagen);  die  gröfsten  Zellen  zeigen 
als  Durchmesser  11^  :  31  ji».  Oberhalb  dieser  hellen  Zellen  ziehen  sich 
die  grobkörnigen  Zellen  in  2  Lagen  bis  in  den  Grund  des  Falzes.  Wie 
die  Begrenzungsschicht  sich  aus  den  granulierten  Zellen,  so  rekrutieren 
diese  sich  unter  Auftreten  bis  6  fi  grofser  Granula  aus  den  „hellen* 
Zellen,  unter  dem  Nagelwall  sind  die  Granula  wieder  feiner,  und  die 
granulierten  Zellen  schlie&en  sich  hier  parallel  der  Begrenzuogs- 
schicht  an. 

Der  distale  Teil  des  embryonalen  Fingernagels  gleicht  dem  der 
Zehen,  nur  der  proximale  ist  ausgedehnter.  Die  greisen,  wie  Öltropfen 
aussehenden  Gebilde  fehlen  hier;  die  hellen  Zellen  sind  meistens  spindel- 
förmig platt  gedrückt  und  nur  im  Nagelfalze  rund.  Diese  kleinen  Diffe- 
renzen erklären  sich,  wie  ich  glaube,  einfach  dadurch,  dais  bei  der 
wachsenden  Zehe  das  Eponychium  mit  seinen  Endpunkten  gehoben  wird 
und  der  Druck  auf  dem  Nagelbett  sehr  gering  wird,  während  an  den 
langgestreckten  Fingerphalangen  das  wenig  gehobene  Eponychium  nur  den 
Druck  in  der  Tiefe  des  Falzes  aufhebt  (daher  hier  runde,  helle  Zellen), 
nicht  aber  über  dem  ganzen  Nagelbett. 

Bei  Föten  des  sechsten  Monats  sind  die  hellen  Zellen  des  proxi- 
malen Abschnitts  spindelförmig  und  meist  ohne  Körner.  Nach  der 
Geburt  sind  gar  keine  granulierten  Zellen  mehr  vorhanden,  aber  die 
darunter  liegenden  Zellen  verschmelzen  dennoch  weiter  mit  der  Begren- 
zungsschicht, WSU3  Zander  daraus  schliefst,  dafs  sie  sägeförmig  in  dieselbe 
eingreifen    und  sich  mit  Methyleosin    diffus    ebenso    &rben    wie   früher 


91 

die  Granula.  Diese  Motive  kann  ich  als  strikte  Beweise  nicht  anerken- 
nen; denn  auch  die  beiden  Oberhäutchen  des  Haares  greifen  sägeförmig 
in  einander  ein  und  trennen  sich  doch  nachher;  ebenso  verhalten  sich 
häufig  die  Hornzellen  der  Falzdecke  zu  den  sich  davon  trennenden  Zellen 
der  Nagelplatte.  Und  hat  nicht  die  diffuse  Färbung  der  basalen  Hörn- 
Schicht,  weil  sie  zugleich  auch  die  Körner  der  Körnerzellen  färbt,  uns 
alle  lange,  aber  doch  irrtümlich  veranlafst,  das  kömige  Keratohyalin 
and  das  diffus  verteilte  Eleidin  zu  identifizieren?  Auf  diesen  Punkt,  ob 
die  Zellen  des  Nagelbettes  und  -falzes  mit  der  proximalen  Begrenzungs- 
schicht auch  dann  noch  verschmelzen,  wenn  die  granulierten  Zellen  kurz 
vor  der  Geburt  schwinden,  kommt  aber  für  die  Hauptthese  von  Zander 
eben  alles  an.  Denn  diese  lautet,  dafs  seine  „ßegrenzungsschicht", 
mein  „Eponychium",  bereits  der  fertige  Nagel  ist,  während  ich  (mit 
KöLLiKSR,  Henle,  Brooke)  daran  festhalte,  dafs  der  wirkliche  Nagel, 
wie  ^das  Haar,  sich  intraepithelial  bildet  und  unter  der  Hornschicht, 
d.  i.  hier  dem  Eponychium,  gegen  Ende  des  fötalen  Lebens,  dasselbe 
abwerfend,  hervorbricht.  Allerdings  behauptet  Zander,  in  meiner 
Figur  7^^'  (pag.  41,  Ziemssens  Handbuch)  setze  sich  der  embryonale 
Nagel  direkt  in  das  Eponychium  fort.  Aber  aus  dieser  Figui*  kann 
Zander  überhaupt  nichts  schliefsen,  da  es  sich  bei  diesen  auf  einer 
Tafel  zusammengedrängten  und  zu  dem  Zweck  stark  verkleinerten  Holz- 
schnitten natürlich  nur  um  eine  schematisch  gehaltene  Übersicht  der 
groben  Verhältnisse,  nicht  um  Wiedergabe  feiner  Details  handelte. 
DeutUicher  als  diese  gibt  die  nächste  Fig.  7^^  meine  übrigens  im  Texte 
nicht  miJflzuvertehende  Anschauung  wieder,  dafs  der  Nagel  (w)  unter  dem 
Eponychium  {ep)  auf  dem  proximalen  Abschnitt  (Nagelbett)  in  immer 
dünnerer  Lage  hinzieht  und  dann  sich  ganz  fein  zuschärfend  auf  die 
mächtige  Hornschicht  der  Rinne  (r),  Zanders  distalen  Abschnitt,  Gegen- 
BAURs  Nagelsaum  hinauf  kriecht,  um  hier  zu  enden. 

Wir  verdanken  den  Untersuchungen  Zanders  vor  allem  die  erste 
detaillierte  Beschreibung  des  Eponychiums  in  seinen  verschiedenen 
Abschnitten  und  die  erste  genaue  Schilderung  der  unterhalb  desselben 
während  des  fötalen  Lebens  auftretenden  und  mit  demselben  verschwin- 
denden granulierten  Zellen.  Wir  empfinden  lebhaft  den  Mangel  einer 
tinktoriellen  und  chemischen  Charakteristik  der  hier  auftretenden  Körner 
und  die  Differentialdiagnose  vom  Keratohyalin  der  Oberhaut.  Denn  die- 
selben färben  sich  nach  Zander  mit  Säurefuchsin  am  besten,  was  das 
Keratohyalin  nicht  thut,  dagegen  nicht  wie  dieses  mit  Karmin  und 
Hämatoxylin.  Folglich  sind  die  Granula  des  embryonalen  Nagelbettes 
und  die  des  Nagelsaumes  von  den  Kömern  der  Körnerschicht,  der 
Wurzelscheide  und  des  Haarmarks  ganz  zu  trennen,  und  wir  dürfen  vorder- 
hand von  einer   „Kömerschicht"^  des  Nagels  nicht  reden,    sondern  müssen 


92 

uns  der  indifferenten  Bezeichnung:  „granulierte  Zellen  des  embryonalen 
Nagels"  bedienen.  Auch  ist  der  ZANDERsche  Befand  nicht  etwa  in 
Gegensatz  zu  stellen  mit  den  früheren  von  Hetnold,  mir  u.  a.,  denn  wir 
konstatierten  am  Nagel  nur  die  Abwesenheit  eigentlicher  „Kömerzellen" 
mit  den  hierzu  angemessenen  Färbemethoden.  Zander  hat  auch  keine 
„Kömerschicht"  gefanden,  sondern  mit  neuen  Färbemethodeu  neue  Arten 
körniger  Produkte  der  Epithelzellen.  Diese  verschiedenen  Arten  von 
Granulationen  mittels  des  ganzen  Apparates  tinktorieller  und  mikro- 
chemischer Reaktionen  scharf  zu  charakterisiereUi  wird  eine  ebenso 
wichtige  wie  interessante  Aufgabe  der  nächsten  Zukunft  sein. 

Die  letzten  Embryonalmonate  sind  offeubar  von  Zander  nicht  so 
eingehend  für  die  Entwickelung  des  Nagels  studiert  worden  wie  die 
mittleren,  und  damit  mag  es  zusammenhängen,  dafs  seine  Resultate  in 
bezug  auf  das  letzte  Schicksal  des  Eponychiums  und  das  Hervorbrechen 
des  definitiven  Nagels  so  ganz  abweichend  vou  denen  der  früheren  Unter- 

Sucher  ausgefallen  sind. 

(Schlafs  folgt.) 


Üttttetlun^en  ans  Itx  fttteratnr. 

Ödeme. 

Zur  Frage  über  die  Ätiologie  des  Skleroderma,  von  Dr.  Sigmund  Erbbn. 
(Aus  der  KAPosischen  Klinik).  {Vierteljahr esschr.  f.  Dermat  u.  Syph.  1888.  Heft  5.) 
Verf.  hat  an  zwei  auf  der  EAPOsischen  Klinik  beobachteten  Fällen  von  Skleroderma 
eine  genaue  klinische  Prüfung  des  Nervensystems  durchgeführt,  um  einen  Beitrag  zur 
Entscheidung  der  Frage  zu  liefern,  ob  es  sich  um  eine  durch  Lymphstauung  und 
sekundäre  Verengerung  der  Blutgeföfse  bedingte  Ernährungsstörung  der  Haut  handle 
(Kaposi),  oder  um  eine,  in  neuerer  Zeit  von  verschiedenen  Autoren  behauptete 
Trophoneurose. 

Seine  Untersuchungen  ergaben:  Jene  Hautregionen,  welche  den  Übergang  dar- 
stellen von  normaler  Haut  zum  ausgesprochenen  Scleroderma  elevatum  waren  höher 
temperiert  als  die  umgebenden  derben  Partien  und  nahezu  gleich  wie  die  unverän- 
derten, geschmeidigen  Stellen  in  der  Umgebung. 

An  den  sklerotischen  Stellen  ist  erheblicher,  verminderter  Lei  tungs  widerst  and 
der  Haut  gegen  den  galvanischen  Strom  zu  konstatieren. 

Verf.  kommt  per  exclusionem  —  ein  Eingehen  auf  die  Einzelheiten  der  sehr 
ausführlichen  Erörterungen  ist  nicht  thunlich  — ,  dafs  eine  Erkrankung  der  peripheren 
Ausbreitungen  der  Hautnerven,  oder  im  Verlaufe  der  Rückenmarksnerven  sicher  aus- 
geschlossen werden  kann.  Es  bliebe  also  nur  eine  Erkrankung  im  Rückenmark  — 
und  zwar  in  den  Kernen  der  Rückenmarksnerven,  weil  sonst  Lähmung  vorhanden 
sein  müfste.  Da  aber  die  Temperaturveränderungen  und  Veränderungen  der  Leitungs- 
widerstände sich  ebensowohl  durch  die  von  Kaposi  angenommenen  Veränderungen 
—  Verengerung  der  Gefäfse  und  der  diffusen  Bindegewebswucherung  in  der  Cutis  — 


98 

erklären  lassen,  kommt  Verf.  zu  dem  Schlufs,  dafs  „nach  genauer  Untersuchung  des 
Nervensystems  der  beiden  hier  mitgeteilten  Fälle  nichts  namhaft  gemacht  werden 
konnte,  um  die  nervöse  Ätiologie  des  Skleroderma  unwiderleglich  festzustellen. **  — 

In   einem   Anhang   gibt   Verf.     ausführliche   Untersuchungen    des    elektrischen 
„Leitungswiderstandes  der  Haut."  von  Büring-Hamhurg. 


Arzneiexantheme. 

Zur  Kasuistik  des  Bromexanthems,  von  Dr.  Karl  Szadkk,  Kiew.  {Viertel- 
Jahresschrift  f.  Bermat  u.  Syph.  1888.  4.)  Der  mitgeteilt«  Fall  ist  ein  Beispiel,  wie 
anfserordentlich  leicht  eine  Täuschung  in  der  Diagnose  bei  Arzneiexanthemen  vor- 
kommen kann.  Besonders  Veranlassung  hierzu  geben  die  mannigfaltigen  Formen  der 
Bromakne. 

Es  handelte  sich  um  einen  Patienten,  der  sich  vor  einer  längeren  Beihe  von 
Jahren  luetisch  infiziert  hatte.  Wegen  hochgradiger  Neurasthenie  nahm  er  Brom 
in  grofsen  Dosen.  Ein  sehr  verbreitetes  pustulöses  Exanthem,  das  sich  bei  ihm  ein- 
stellte, wurde  für  luetisch  angesehen,  demgemäfs  behandelt,  aber  ohne  Erfolg,  wobei 
Brom  ruhig  weiter  genommen  wurde.  Patient  kam  aufserordentlich  geistig  und 
körperlich  herunter.  S.  stellte  die  Diagnose  auf  Bromexanthem,  und  nachdem  dem- 
fi^eraäfs  Brom  weggelassen  war,   besserte  sich   das  Exanthem   aufserordentlich  schnell. 

von  Düring-Hamburg. 


Syphilis. 

Über  hereditäre  Syphilis.  F.  NsuiiANif  (Wiener  med.  Fresse  No.  51)  kommt 
auf  Grund  von  109  genau  erforschten  Fällen  zu  folgenden  Schlüssen: 

1.  Die  syphilitische  Mutter  kann  in  jedem  Stadium  ihrer  Krankheit  dieselbe  auf 
ihre  Nachkommenschaft  übertragen;  2.  die  nach  der  Konzeption  erkrankte  Mutter 
überträgt  bisweilen  die  Syphilis  auf  den  Fötus;  3.  hat  die  Infektion  der  Mutter  nach 
der  Konzeption  stattgefunden,  und  war  der  Vater  zur  Zeit  der  Zeugung  luetisch,  dann 
ist  der  Einflufs  auf  die  Nachkommenschaft  noch  weit  intensiver;  4.  die  in  den  letzten 
Schwangerschaftsmonaten  acquirierte  Lues  geht  in  der  Regel  nicht  auf  die  Nach- 
kommenschaft über;  5.  wenn  Infektion  und  Konzeption  gleichzeitig  erfolgen,  gehen 
in  der  Hälfte  der  Fälle  die  Kinder  zu  Grunde;  6.  bei  der  Infektion  vor  der  Konzeption 
wird  die  Prognose  um  so  günstiger  für  die  Nachkommenschaft,  je  weiter  die  Infektion 
von  der  Konzeption  entfernt  liegt;  7.  die  gröfsten  Chancen  für  das  Verschontbleiben 
haben  jene  Descendenten,  deren  Mütter  die  Syphilis  erst  in  den  letzten  Monaten  der 
Schwangerschaft  acquiriert  haben  und  deren  Vater  zur  Zeit  der  Zeugung  gesund  war, 
ebenso  die  Nachkommenschaft  von  tertiär  syphilitischen  Eltern. 

Von  den  109  Fällen  sind  überhaupt  nur  44  gesund  zur  Welt  gekommen  und 
nur  die  wenigsten  am  Leben  geblieben.  Eckart- Nürnberg. 

Über  die  therapeutische  Verwendung  des  Qnecksilbersalicylats,  von  Dr. 
Arthur  Plumert.  (Aus  dem  Marinespital  in  Pola.)  {Vierteljahr esschr,  f,  Dermat.  u, 
Syph,  1888.  Heft  5.)  1.  Bei  blennorrhagischen  Prozessen  der  männlichen  Harnröhre. 
Es  wurden  bei  frischen  Blennorrhöen  Lösungen  von  1 :  1000,  bei  chronischer  von 
2 — 3 :  1000  angewandt.    Die  mittlere  Behandlungsdauer  betrug : 


94 

bei  akuter  Urethritis        35,4  Tage 
bei  Urethritis  posterior     29,8     „ 
bei        „     mit  Epididym 

kompliziert      36,6     „ 
bei  chronischer  Urethr.     40,3     „ 
also  lassen  sich  besondere  Vorteile  aus  dem  Medikament  nicht  ableiten. 

2.  Aufserliche  Verwendung  bei  venerischen  und  syphilitischen  Geschwurs- 
prozessen. 

Meist  wurde  Watte  mit  einer  Lösung  von  1 :  100  getränkt  auf  die  Ulcera  gelegt 
—  mit  dem  Erfolg,  dafs  sich  die  Geschwürsfläche  in  2 — 3  Tagen  reinigte ;  auch  der 
desodorierende  Effekt  war  ein  sehr  guter.  Aber  es  scheint  —  wie  beim  Sublimat  — 
häufiger  Ekzem  einzutreten,  denn  Verf.  schlägt  für  diese  Falle  eine  Salbe  von 
1  Quecksilbersalicylat  zu  25 — 30  Vaselin  vor.  Als  Streupulver  in  Verbindung  mit 
Magnesium  carbonicum  im  Verhältnis  von  1 :  20 — 30  bewährte  sich  das  Mittel  bei 
nässenden  Balanitiden  und  ulcerierten  Papeln. 

3.  Behandlung  der  Lues  mit  salicylsaurem  Quecksilber: 

a.  Subkutane  Injektion  1 :  100  in  Chlornatriumlösung  oder  Kaliumkarbonat 
Nach   den   mitgeteilten  Erfolgen  hat  es  keine  Vorteile  vor  HgCl^-injektionen  — 

im  Gegenteil  scheint  der  Erfolg  ein  langsamerer  zu  sein. 

b.  innerlich. 

Innerlich  wurde  Hg-salicylat  in  Pillen  k  0,025  pro  dosi  gereicht.  Verf.  ist  mit 
4em  Erfolg  ebenso  zufrieden,  wie  bei  den  Injektionen. 

Die  Wirkung  soll  bei  allen  Formen  der  Lues,  bei  Früh-  und  Spätformen 
gleich  günstig  sein.  von  Düring-Hamburg. 

Einspritzungen  von  Salicyl-  und  Thyxnol  -  Quecksilber  zur  Sypliilis- 
l>eliandlung,  von  Dr.  J.  Jadassohk  und  Dr.  E.  Zeisiug.  (Aus  der  NEissEBschea 
Klinik  in  Breslau.)  (Viertefjahresschr.  f.  Dermat  u.  Syph.  1888.  Heft  5.)  Die  Prä- 
parate wurden  wesentlich  auf  ihre  Verwendbarkeit  für  die  Injektionsbebandlong  ge- 
prüft, und  zwar  in  hochprozentigen  Suspensionen,  um  den  wesentlichsten  Vorteil  der 
unlöslichen  Salze,  die  geringe  Zahl  der  für  eine  Kur  notwendigen  Injektionen  fest- 
zuhalten. 

Als  Normalsuspension  wurde  gewählt  0,1  Salicylquecksilber  auf  1,0  Paraffin. 

1.  Das  salicylsaure  Quecksilber  (v.  d.  Hbyden). 

Die  Vorteile  des  Präparates  sollen  sein  (statistische  Zahlen  sind  im  Original 
einzusehen):  Die  Zahl  der  Infiltrate  ist  so  gering  wie  bei  keinem  andren  Hg-salz. 
Die  Schmerzen  waren  durchweg  gering,  nicht  berufstörend,  selten  länger  als  24  Stdn. 
anhaltend.  Stomatitis  wurde  bei  den  nötigen  Kautelen  vermieden.  Die  einzelnen 
Injektionen  wurden  in  Zwischenräumen  von  3 — 8  Tagen  gemacht. 

2.  Das  essigsaure,  salpetersaure  und  schwefelsaure  Thymolquecksilber  (E.  Merck, 
Darmstadt). 

Über  chemische  Konstitution  und  Eigenschaften  dieser  Präparate  mufs  auf  das 
Original  verwiesen  werden. 

Lokal,  als  Pulver  oder  Paste,  wirkt  das  Thymolquecksilber  zu  stark  reizend. 
Es  wurde  ebenfalls  eine  lOVoige  Suspension  der  8  verschiedenen  Präparate  in  Paraff". 
liquid,  gewählt.  Wesentliche  Unterschiede  unter  den  3  Präparaten  ergaben  sich 
nicht.  Am  ehesten  scheint  das  Acetat  Vorteile  gegenüber  den  andern  Präparaten  zu 
haben ;  das  Nitrat  wirkt  etwas  weniger  gut,  aufserdem  ist  das  Acetat  am  leichtesten 
herzustellen. 

Sowohl  bei  Salicyl-  wie  bei  Thymolquecksilber  entsprachen  die  kurativen  Erfolge 
und  auch  die  Unterschiede,   welche   sich   in   der  Intensität   der  Wirkung  gegenüber 


95 

den  verschiedenen  Produkten  der  Lues  geltend  machten,  ganz  den  Erfahrungen, 
welche  man  bei  andern  energischen  Quecksilberkuren  schon  langst  gemacht  hat. 

Zu  einer  Kur  genügen  geroäfs  ihrem  Hg-gehalt  von  beiden  Präparaten  6 — 8 
Einspritzungen. 

Eine  eingehendere,  allgemein  gehaltene  Erörterung  über  die  Dosierung  der  ver- 
schiedenen  Hg-präparate,  und  ihren  aus  dem  Hg-gehalt  sich  ergebenden  Wert,  sowie 
die  eingehenden,  interessanten  mikroskopischen  Untersuchungen  nach  Injektionen  bei 
Tieren  (von  Dr.  Jadassobn)  eignen  sich  nicht  zum  Referat,  sondern  müssen  im 
Original  eingesehen  werden.  von  Düring-Hamburg. 


2.ns  ber  gratis. 

Korrespondenz. 

No.  2.  Können  Sie  mir  ein  MesstersclieB  Mikroskop  zum  Ankauf  empfehlen  ? 
Ich  lese  Ihren  Namen  in  der  neuesten  Liste  von  Messtbr  als  Käufer  eines  seiner 
Instrumente.  Dr.  A.  in  St. 

Antwort  der  Redaktion.  Ich  habe  in  der  That  unter  andern  Mikroskopen 
auch  ein  MsssTERsches  kommen  lassen,  um  zu  sehen,  was  heutzutage  für  einen  so 
exorbitant  büligen  Preis  geliefert  werden  kann.  Sie  brauchen  aber  deshalb  nicht  zu 
glauben,  dai^  ich  mit  demselben  „arbeite''.  Man  kann  —  glaube  ich  —  drei  Kate- 
gorien von  Mikroskopikem  unterscheiden,  je  nachdem  dieselben  Ansprüche  an  ihre 
Instrumente  stellen.  Die  erste  und  yornehmste  Kategorie  bilden  diejenigen,  welche 
in  selbständiger  Weise  Forschungen  mit  ihrem  Instrumente  unternehmen;  für  diese 
ist  das  beste  Mikroskop  gerade  eben  gut  genug.  Sie  werden  ohne  einen  solchen 
Freund  süs  den  Werkstätten  von  Zeiss,  Winkel,  Hartnack,  Reichert,  Seibert  und 
Krafvt  etc.  nicht  auskommen  können.  In  die  zweite  Kategorie  möchte  ich  die- 
jenigen Kollegen  stellen,  welche  lediglich  für  die  Anforderungen  der  täglichen  Praxis 
ihr  Mikroskop  brauchen,  an  dasselbe  aber  auch  die  Antorderung  der  vollkommensten 
Zuverlässigkeit,  Solidität  und  Haltbarkeit  stellen.  Hier  kommen,  falls  die  Instrumente 
obiger  Firmen  zu  teuer  erscheinen,  vor  allem  die  sehr  preiswürdigen  Fabrikate  von 
Leite  in  Betracht.  Eine  dritte  Kategorie  bilden  diejenigen  Ärzte  und  Techniker, 
welche  schon  mit  dem  Bewufstsein  zufrieden  sind,  vorkommenden  Falles  eine  brauch- 
bare Ölimroersion  zu  besitzen  und  ihr  Instrument  nur  sehr  selten  seiner  beschaulichen 
Ruhe  entreifsen.  Hier  würden  die  MESSTEBschen  Mikroskope  sehr  zu  empfehlen  sein, 
da  sie  mit  dem  unglaublich  billigen  Preise  ein  gefälliges  Aulsere  verbinden,  dagegen 
weder  einem  stärkeren  Gebrauche  gewachsen  sind  noch  höheren  Anforderungen  an 
die  optische  Leistungsfähigkeit  genügen.  Übrigens  ist  nie  zu  vergessen,  dafs  trotz 
gleichmäfsigster  Arbeit  alle  Linsen  individuell  verschieden  sind  und  daher  eine  billige 
Linse  auch  wohl  einmal  ebenso  gut,  ja  selbst  besser  sein  kann  als  eine  teurere 
Linse  aus  einer  renommierten  Fabrik.  Unna. 


Von  den  „simnlierten"  Hantkrankhelten,  von  Cisterne.  {These  de  Paris. 
1887.)  Künstlich  zum  Zwecke  der  Simulation  hervorgerufene  Hautkrankheiten  werden 
bei  Personen  beobachtet,  welche  sich  dadurch  dem  Militärdienste  entziehen  wollen,  bei 
Soldaten,  die  den  Pflichten  ihres  Standes  nicht  nachkommen  wollen;  häufiger  sahen 
wir   sie  bei  Gefangenen  oder  bei  verkommenen  Individuen,  welche  dadurch  die  Auf- 


96 

nähme  ins  Hospital  erreichen  wollen,  aber  am  häufigsten  kommen  sie  bei  hysterischen 
Frauen  zur  Beobachtung. 

Es  werden  von  den  betreffenden  die  verschiedensten  Agenzien  in  Verwendung 
gebracht;  traumetische  Läsionen,  besonders  wenn  sie  von  einer  Reizung*  der  Wunde 
gefolgt  werden,  Kontusionen,  Bisse  können  das  Ansehen  verschiedener  Krankheits- 
prozesse  annehmen.  Es  werden  Vesikautien,  kaustische  Alkalien,  Säuren,  die  Hitse, 
eine  Serie  von  Substanzen,  welche  Papeln  hervorbringen  (alkalische  Pomaden  und 
Bäder)  oder  solche,  welche  zur  Bildung  von  Blasen  (Terpentin,  schwefelhaltige  Kom- 
positionen, Pflaster  von  Burgunder  Teer,  von  Opium,  Quecksilbersalbe,  Krotonöi)  oder 
von  Pusteln  führen  (Unguentum  Autenriethi,  As-haltiger  Salben,  Leberthran),  in  An- 
wendung gebracht  und  die  dadurch  gesetzten  Läsionen  durch  verschiedene  Beiznngen 
und  wiederholtes  Kratzen  in  ihrem  Aussehen  verändert. 

Die  Verschiedenheit  der  auf  einem  kleinen  Territorium  vereint  sichtbaren  La- 
sionen, die  Unregelmäfsigkeit  ihres  Fortschreitens  gibt  ihnen  ein  von  den  spontanen 
Hauteruptionen  verschiedenes  Aussehen.  Sie  finden  sich  nur  an  den  von  der  Hand 
des  Betreffenden  erreichbaren  Stellen,  kommen  häufiger  links  als  rechts  vor  und 
nehmen  das  Gesicht  und  den  Hals  ein,  wenn  der  Simulant  irgend  welches  Intereaw 
daran  hat,  dafs  sie  von  jedem  gesehen  werden  können.  Der  Kranke  legt  wenig 
Sorge  um  seine  Behandlung  zu  tage  und  führt  die  Befehle  des  Arztes  schlecht  ans, 
der  Zustand  verschlimmert  sich  plötzlich  in  dem  Momente,  wo  der  SLranke  Gefahr 
läuft,  die  Vorteile  seines  Betruges  zu  verlieren.  Ein  schwarzer,  glänzender,  dem 
Kantharidenpflaster  ähnlicher  Fleck,  eine  von  Salpetersäure  gelbgeförbte  Stelle,  der 
Terpentingeruch  des  Urins,  ein  entzündlicher,  der  Spur  des  über  die  Haut  herab- 
geflossenen Säure  entsprechender  Streifen,  können  manchmal  den  Betrug  aufdecken. 
Trotz  dieser  Umstände  ist  die  Diagnose  oft  schwierig  zu  stellen.  Neben  anderen 
Prozeduren  ist  es  besonders  zum  Zwecke  der  Heilung  und  zur  Aufdeckung  der  Täu- 
schung empfehlenswert,  die  betreffende  Stelle  mit  einem  Verbände  zu  versehen 
welchen  der  Kranke  nicht  abnehmen  kann,  ohne  dafs  es  bemerkt  würde. 

Die  Diagnose  ist  besonders  schwierig,  wenn  die  gwöhnlichen  Effloreszenzformen 
von  Hautkrankheiten  künstlich  hervorgerufen  wurden,  besonders  wenn  der  Simulant 
dieselben  an  ihren  Prädilektionsstellen  verursachte. 

Die  auf  dem  behaarten  Kopfe  gesetzten  Läsionen  können  durch  die  mikros- 
kopische Untersuchung  leicht  von  dem  ihnen  eventuell  ähnlichen  Favus  unterschieden 
werden;  eine  künstlich  hervorgerufene  Infektion  mit  Favus  kann  nicht  als  simulierte 
Krankheit  angesehen  werden  und  ist  völlig  identisch  mit  der  accidentiellen  Favns- 
infektion.  Mit  Bläschen-  und  Pustelbildung  einhergehende  Krankheiten,  hauptsächlich 
das  Ekzem  und  Impetigo,  können  durch  eine  Menge  der  verschiedensten  Agenzien 
vorgetäuscht,  der  Pemphigus  kann  durch  Vesikantien  imitiert  werden ;  die  simulierten 
Erytheme  und  Erysipele  charakterisieren  sich  durch  die  Abwesenheit  febriler  Er- 
scheinungen. Geschwüre  werden  am  häufigsten  artefiziell  erzeugt;  mutigere  Simu- 
lanten zaudern  nicht  sich  sogar  Abszesse  oder  Phlegmonen  zu  verursachen.  Saure- 
ätzungen  können  den  skrofulösen  Narben  ähnliche  Veränderungen  hervorrufen. 
Soldaten  täuschen  durch  zirkumskripte  Verbrennung  einen  harten  Schanker  vor,  aber 
dann  ist  die  Induration  weniger  scharf  begrenzt  als  beim  Schanker,  das  Drücken  der 
Stelle  ist  schmerzhaft,  die  Lyraphdi'üsenschwellung  betrifft  gewöhnlich  nur  eine  Drüse 
und  ist  schmerzhaft.  Die  Chromidrose  endlich  wurde  so  häufig  simuliert,  dafs  viele 
dahin    gelangt   sind,    zn    glauben,    dafs    sie    —   ohne  Simulation   —  überhaupt  nicht 

existiere.  Tavemier-Lük. 

•  •  — - 

Verlag  von  Leopold  Voss  in  Hamburfr  (nnd  Leipzig). 
Druck  der  Verlagsanstalt  und  Druckerei  Actien*  Gesellschaft  (vormals  J.  F.  Richter)  in  Hamburg 


F 


9loitat0||e|le  fit  PtaUifdie  Pematologit 


Band  VIII.  No.  3.      1.  Februar  1889. 


Ein  Fall  von  Pityriasis  pilaris. 

Von 

Dr.  Caesar  Boeck, 

Direktor  der  Universitäts  -  Klinik  für  Hautkranke 

in  Christiania. 

Mit  5  Abbildungen. 

Da  es  scheint,  als  ob  die  zuerst  von  Devergie  ^  als  Pityriasis  pilaris 
beschriebene,  sehr  typische  und  sehr  interessante  Krankheit  aufserhalb 
Prankreich  noch  wenig  gekannt  ist,  werde  ich  mir  erlauben,  hier  einen 
sehr  ausgeprägten  Fall  mitzuteilen. 

Die  Geschichte  dieser  Krankheit  ist  eine  kurze.  Devergie  hat  sie 
zuerst  im  Jahre  1854  beobachtet  und  nach  einem  Citate  bei  Gintrac* 
im  Jahre  1856  sie  in  einem  Aufsatze  in  der  Gazette  hehdoniad.  pag.  197 
schon  erwähnt.  Kurz  nachher  hat  er  aufserdem  die  Affektion  in  seinem 
Traite  pratique  des  maladies  de  la  peaii  recht  ausführlich  beschrieben. 
Auch  Hardy  hat  sofort,  wie  es  aus  seinen  Legons  siir  les  tnahdies  de 
h  peau.  II.  Paris  1859.  pag.  106,  hervorgeht,  die  Eigenartigkeit  der 
Krankheit  erkannt.  Die  bisherige  Hauptarbeit  über  diese  Krankheit  ist 
jedoch  die  unter  den  Auspizien  Besniers  von  Richaüd  im  Jahre  1877 
geschriebene  These,  die  leider  ganz  vergriffen  sein  soll,  und  weiter  hat 
Dr.  L.  Brocq'*  in  seiner  interessanten  Atude  critique  et  clinique  sur  U 
Pityriasis  rubra  eine  sehr  gute  und  übersichtliche  Darstellung  der 
Symptomatologie  gegeben,  nach  welcher  ich  sofort  meinen  ersten,  im 
Jahre  1884  in  Norwegen  beobachteten  Fall  diagnostizieren  konnte.  Nach 
Dr.  Brogq   waren   1884,   wenn   einige  bei  englischen  Autoren,  Hillibr*, 


*  Alph.  Devergie,    Traite  pratiqtie   des   maladies  de   la  peau,     3.  edit.    Paris 
1863.  pag.  360—70. 

'  QiNTRAo,   Cours  thi'orique  et  clinique  de  Pathologie  interne.     T.  V.  pag.  449. 
'  Archives  generales  de  Medecine.     1884.  Mai,  Juni,  Juli. 

*  Handbook  of  skin  diseases.  1865.  pag.  59.  Oitiert  nach  Dr.  Brocq. 

Monatshefte.  * 


98 

TiLBURY  Fox^,  Hutchinson  ^  Allan  Jamieson^  unter  anderm  Namen 
beschriebene  Fälle  zu  den  in  Frankreich  beobachteten  gezählt  werden,  in 
allem  etwa  18  Fälle  bekannt. 

Endlich  wird  es  den  Lesern  dieser  Monatshefte  bekannt  sein,  dafe 
die  hier  in  Rede  stehende  Krankheit  in  dem  letzt  vergangeneu  Jahre 
wiederholt  in  dieser  Zeitschrift  erwähnt  worden  ist,  nämlich  von  Eöna^ 
und  namentlich  von  Unna^  in  seinen  Pariser  Briefen.  Aber,  soweit 
mir  bekannt,  ist  doch  bis  jetzt  noch  kein  Fall  in  der  deutschen  medizini- 
schen Litteratur  veröffentlicht  worden. 

Diese  Krankheit  kann  unter  verschiedenen  und  wechselnden  Phasen 
und  Bilden!  auftreten,  von  welchen  jedes  ein  sehr  typisches  und  charak- 
teristisches ist,  und  welche  beinahe  alle  sich  in  dem  hier  mitgeteilten 
Falle  vereinigt  finden.  Der  Fall  mufs  insofern  als  ein  sehr  illustrierender 
und  lehrreicher  bezeichnet  werden. 

Schon  Devergie  hat  auf  das  eigentümliche  und  interessante  Ver- 
hältnis hingewiesen,  dafs  häufig  die  verschiedenen  Körpergegenden 
in  einer  bestimmten  Reihenfolge  ergriffen  werden,  die  auch  in 
dem  hier  mitgeteilten  Falle  befolgt  wurde.  Nur  hat  er  einige  der  häufig 
zuerst  auftretenden  Phasen  und  Äufserungen  der  Krankheit  sonderbarer 
Weise  als  „Vorläufer"  derselben  aufgefafst.  Er  äufsert  sich  darüber  in 
folgender  Weise:  „Konstant  sind  folgende  Affektionen  der  Krankheit 
selbst  vorausgegangen:  Psoriasis  palmaris,  Pityriasis  capitis  und  eine 
mehr  oder  weniger  verbreitete  Pityriasis  rubra,  und  diese  Affektionen  sind 
in  derjenigen  Reihenfolge  aufgetreten,  wie  sie  hier  genannt  worden  sind.*" 
Devergie  hebt  jedoch  hervor,  dafs  diejenige  Psoriasis  palmaris,  von  der 
hier  die  Rede  ist,  eine  spezielle  Form  darstellt,  die  sich  schnell  über  die 
ganze  Handfläche  in  ihrer  Totalität  verbreitet.  Es  mufs  auch  daran 
erinnert  werden,  dafs  Devergie  damals  nur  ganz  wenige  Fälle  gesehen 
hatte.  Es  hat  sich  später  auch  zur  Genüge  gezeigt,  dafs  das  erste  Auf- 
treten der  Krankheit  auf  sehr  verschiedenen  Lokalitäten  beobachtet  werden 
kann.  — 

Dasjenige  Bild  der  Krankheit,  das  von  Devergie  als  die  eigentliche 
Pityriasis  pilaris  bezeichnet  wird  und  in  der  That  eine  sehr  charakteristi- 
sche  Phase  derselben  darstellt,  tritt    besonders    häufig    und    typisch 


*  Skin  diseases.  1874.  Citiert  nach  Dr.  Brocq. 

°  Lectures  on  clinical  surgert/.  Vol.  I.  pag.  249—51  u.  pag.  '2GI — 64.     .. 

^  Edinburgh  med.  Journal.  1880.  pag.  879.  Citiert  nach  Dr.  Brocq.  —  übrigen« 
erwähnt  Dr.  Allan  Jamieson  in  seinem  jüngst  erschienenen  Lehrbuch:  Diseases  of 
the  skin.  Edinburgh  1888  diese  Krankheit  nicht.  Aber  unter  dem  Kapitel  Psoriasis 
findet  sich  pag.  317—18  ein  Kasus  beschrieben,  der,  wie  es  mir  scheint,  wahrschein- 
lich ein  Fall  von  Pityriasis  pilaris  gewesen  ist. 

»  Monatsh.  f.  prakt.  Dermatol.  1888.  pag.  623—25  u.  825—27. 

»  Monatsh.  f.  prakt.  Dermatol.  1888.  pag.  569—73. 


99 

entwickelt    auf   der   Dorsalfläche    der   Finger,    der  Hände  und 
der    Vorderarme   auf,   und    dies    scheint   darin  begründet  zu  sein,  dafs 
sich  eben  an  diesen  Lokalitäten  besonders  stark  entwickelte  Lanugohaare 
vorfinden,  um  welche  herum  die  unten  beschriebene  Affektion  der  Wurzel- 
scheiden  um   so  mehr  markiert  in  Form  von  verhältnismäfsig  mächtigen, 
verhornten    Epidermisbildungen    auftreten    kann.      (Siehe    die    unten    im 
Text  eingetragenen  Holzschnitte.)    Diese  meistens  sehr  festen  und  soliden 
Homkegel,  von  denen  jeder  ein  Haar  umfafst,   dringen  nicht   nur  tief  in 
den    Haarsack    hinab,    sondern   ragen    in  der  Regel  auch  etwas  über  das 
Kiveau    der  Haut   empor.     Die   in    dieser  Weise  affi  zierten  Hautstellen 
sind    nun    wenigstens    anfangs    in  der    Regel  nicht  abnorm    gerötet,    und 
man    hat    somit    das    Bild    einer   blassen  und  sehr   rauhen   ,,Gänsehaut*' 
(„chair  de  poule"  der  Franzosen),  die  scharf  wie  ein  Reibeisen  anzufühlen 
ist.      Weiterhin    tritt   jedoch    oft    eine    Hyperämie  hinzu,  zuerst  um  die 
Haarfollikel  herum,  dann  in  der  ganzen  betreffenden  Hautpartie,  während 
gleichzeitig    die    Homkegel    etwas    in   den    Hintergrund  treten,  und  man 
bekommt  dann  ein  etwas  anders  aussehendes  Bild  der  Krankheit.     Aber 
selbst    wenn    man    an    den    affizierten    Hautpartien    nicht    mehr   makro- 
skopisch   den    für    diese   Krankheit  so   charakteristischen,    zirkumpilären 
Yerhomungsprozefs    wahrnehmen    kann,    kann   man    ihn   immer,   wie  ich 
mich    durch    zahlreiche  Untersuchungen  überzeugt  habe,  mit  der  gröfsten 
Leichtigkeit  mikroskopisch  nachweisen. 

Das  oben  beschriebene  Bild  von  „Gänsehaut"  oder  „chair  de  poule" 
kann  übrigens  aufser  an  den  genannten  Lieblingsstellen  auch  auf 
irgend  welchen  andern  Partien  der  Haut  auftreten  —  die  gewöhnlich 
als  „behaarte"  bezeichneten  Hautregionen  und  die  Yola  und  Planta,  die 
keine  Haare  tragen,  allein  ausgenommen. 

Die  Krankheit  kann  übrigens  auch  von  Anfang  an  —  aber  dann 
allerdings  häufiger  auf  andern  Lokalitäten  wie  die  eben  genannten 
Lieblingsstellen,  z.  B.  am  Stamme  oder  sonst  auf  den  Extremitäten  — 
als  rote  Flecke  und  Flächen  sich  äuisern,  an  welchen  man  doch 
ebenfalls  immer,  trotz  der  oftmals  ganz  seidenglatten  Oberfläche,  sich 
mikroskopisch  von  der  Anwesenheit  des  abnormen,  zirkumpilären  Yer- 
homungsprozesses  überzeugen  kann.  Auch  dieses  Bild  der  Krankheit, 
das  zum  Teil  regionär,  zum  Teil  universell  über  den  ganzen  Körper 
verbreitet  vorkommen  kann,  ist  ebenfalls  in  der  Regel  ein  sehr  cha- 
rakteristisches und  schön  typisches,  so  dais  man,  wenn  man  es 
einmal  gesehen,  es  immer  im  gegebenen  Falle  leicht  wiederkennt.  Die 
klinischen  Charaktere  dieser  roten  Flecke  und  Flächen  sind  in  der 
Krankengeschichte  näher  beschrieben,  und  was  die  Entstehungsweise  der- 
selben betrifft,  kommen  sie  entweder,  was  das  gewöhnliche  ist,  durch 
Konfluenz    kleiner,    zirkumpilärer  Foci  zu  stände,  oder  —  was  ich  noch 

7* 


100 

nirgends  ausdrücklich  beschrieben  gefunden  habe,  aber  in  diesem  Falle 
in  einer  gewissen  Periode  der  Krankheit  sehr  deutlich  beobachten  konnte 
—  die  Hautaffektion  wird,  namentlich  wie  es  scheint  bei  aniversellen 
Ausbrüchen  der  Krankheit,  durch  eine  in  der  Tiefe  der  Cutis  anfangende, 
ungleichmälisige,  aber  bald  mehr  oberflächlich  und  gleichmäfsig  werdende 
Hyperämie  eingeleitet,  woran  dann  schnell  auch  die  charakteristischen 
Veränderungen  der  Epidermis  sich  anschliefsen. 

Bedeutende  Allgemeinerscheinungen  begleiten  in  der  Begel 
diese  Krankheit  nicht.  Der  hier  mitgeteilte  schwere  Fall,  der  zu  einer 
gewissen  Zeit  sogar  universell  wurde,  hat  doch  eine  nicht  unerhebliche 
Abmagerung  und  allgemeines  Unwohlsein  mit  nervöser  Unruhe  veranlalst 
Jucken  ist,  wie  auch  hier,  oft  vorhanden,  und  die  Lymphdrüsen 
können  angeschwollen  sein.  Jedenfalls  kann  die  Krankheit  eine  ganz 
ernste  sein  durch  ihre  Langweiligkeit  und  die  Hartnäckigkeit,  womit  sie 
jeder  Behandlung  trotzen  kann.  Sie  ist  auch  sehr  launenhaft  und  kann, 
wenn  anscheinend  beinahe  geheilt,  wieder  mit  neuen  Ausbrüchen  sich 
äuisern. 

Die  Krankheit  kann  bei  sehr  verschiedenem  Alter  auftreten,  nach 
Bbocq  (1.  c.)  sogar  vom  4.  Monate  bis  zum  54.  Jahre.  Männer  sind 
mehr  disponiert  wie  Weiber.  Meine  beiden  Fällen  kamen  bei  Männern 
in  dem  Alter  von  38  und  55  Jahren  vor. 

Von  meinem  ersten,  im  Jahre  1884  beobachteten  Falle  werde  ich, 
weil  ich  nur  aus  der  letzten  Periode  der  Krankheit  ausführliche  Notizen 
besitze,  nur  so  viel  mitteilen,  dafs  auch  hier  die  Hände  und  Fülse  zuerst 
ergriffen  und  hauptsächlich  noch  die  Vorderarme  und  die  ganzen  unteren 
Extremitäten  mit  den  Hüften  befallen  wurden.  Der  Fall  dauerte 
1^/2  Jahre  und  heilte  unter  lange  fortgesetzter  Anwendung  von  hohen 
Dosen  Arsenik  und  Leberthran.     Kein  Recidiv  seitdem. 

Meinen  zweiten,  durch  die  vielfach  wechselnden  Phasen  des  Krank- 
heitsverlaufes sehr  interessanten  Fall  werde  ich  also  hier  ausführlich  mit- 
teilen. Ich  lasse  die  Beschreibung  des  Falles  von  einigen  im  Texte 
eingedruckten  Holzschnitten  begleiten,  damit  die  für  diese  Krankheit 
eigentümliche  Verhornung  der  Wurzelscheiden  der  Lanugo- 
haare  recht  deutlich  demonstriert  und  hervorgehoben  werden  kann. 

Herr  N.  N.,  55jähriger  Kaufmann,  stellte  sich  zum  ersten  mal  am 
11.  Mai  1888  bei  mir  vor. 

Er  berichtet:  Zu  Anfang  November  1887  machte  er  einen  schweren 
Anfall  von  Nierenkolik  durch,  wobei  er  sehr  viel  ausgestanden  hatte. 
Es  wurde  ihm  nachher  Vichy- Wasser  verordnet,  das  er  aus  MiCsverständniÄ 
in  übermälsigen  Dosen  trank.  —  Ende  November  1887  fing  es  an  in  den 
beiden  Handtellern  zu  jucken,  und  es  bildeten  sich  hier  rote  Flecke, 
die    bald   zu    schuppen    anfingen,    während   gleichzeitig    der  Prozefe  sich 


101 

schnell  über  die  ganzen  Handflächen  verbreitete.  Kurz  nachher  wieder- 
holte sich  gaDz  dasselbe  mit  den  beiden  Fnfssohlen.  Anfang  Januar 
1888  zeigte  sich  eine  flammige  Röte  anf  der  Stirn,  welche  von 
•einer  kleiigen  Abschnppung  gefolgt  wurde,  die  sich  auch  auf  die  pars 
oapillata  verbreitete.  Im  Februar  wurden  ebenfalls  einzelne  Partien  der 
Dorsalfläche  der  Hände  und  der  Pinger  ergriffen,  und  im 
Monat  März  hat  die  Krankheit  sich  in  der  unten  beschriebenen  Form 
über  die  Vorderarme,  die  Unterschenkel  und  die  Ober- 
schenkel zu  verbreiten  angefangen. 

Status  praesens:  Handflächen  und  Fulssohlen  mit  der  Volarfläche 
der  Finger  und  der  Zehen  sind  in  ihrer  Totalität  mit  sehr  dicken,  harten 
Spidermismassen  bedeckt.  Den  Gelenken  entsprechend  und  auch  sonst 
liier  und  da  finden  sich  quer  verlaufende,  tiefe  Risse  und  Rhagaden,  die 
etwas  schmerzhaft  sein  können,  obschon  sie  nirgends  nässend  sind.  Die 
beinahe  durchschimmernden  dicken  Epidermismassen  bedecken  ein  etwas 
typerämisches  Korium,  wodurch  das  Ganze  eine  gelbliche  Färbung  an- 
nimmt. Unter  den  Fnfssohlen  sind  die  Epidermisablagerungen  so  dick 
tmd  hart,  dafs  sie  an  Austerschalen  erinnern.  Von  der  Vola  und  Planta 
erstreckt  sich  der  Prozefs  an  den  Rändern  der  Finger  und  Zehen  hinauf, 
wo  er  mit  einer  ziemlich  scharf  gezeichneten  Linie  aufhört.  An  den 
änfs ersten  Phalangen  sämtlicher  Finger  und  Zehen  greift  der  ProzeUs 
auch  auf  die  Dorsalfläche  hinüber  und  umfafst  somit  sämtliche  Nägel, 
die  aber  nicht  merkbar  affiziert  sind  (sie  werden  es  jedoch  später,  wie 
wir  weiter  unten  sehen  werden).  An  einzelnen  Fingern  ist  auch  die 
2.  Phalanx  rings  herum  vom  Prozesse  ergriffen,  während  dagegen  die 
Dorsalfläche  sämtlicher  Finger- Artikulationen  frei  ist.  Besonders 
charakteristisch  für  die  Krankheit  ist  das  vorzugsweise  Angegriffensein 
der  DorsalSäche  der  1.  Finger<Phalangen.  Man  sieht  nämlich  hier  eine 
begrenzte  Plaque,  der  gewöhnlich  eben  hier  stärker  behaarten  Partie 
entsprechend,  und  man  sieht  weiter,  wie  jedes  einzelne  Haar  von  einem 
in  die  Tiefe  gehenden,  harten,  verhornten  Epidermiskonus  umfafst  ist. 
Zieht  man  mehrere  dieser  dicht  aneinander  sitzenden  Hornkegel  aus,  so 
bat  man  schliefslich  eine  ganz  durchlöcherte  Fläche  vor  sich.  Es  findet 
sich  jetzt  hier  kein  freies  Territorium  normaler  Haut  zwischen  den  ein- 
zelnen Haaren,  sondern  das  Ganze  bildet,  wie  gesagt,  eine  einzige,  etwas 
hyperämische  und  desquamierende  Plaque  von  der  genannten  Begrenzung. 
Eine  ganz  ähnliche,  aber  etwas  gröfsere,  zusammenhängende  Plaque  findet 
sich  auch  auf  der  gewöhnlich  stärker  behaarten  Partie  des  Handrückens 
gegen  den  Ulnarrand  desselben.  Sonst  auf  dem  Handrücken  tritt  die 
Affektion  als  zerstreute  Epidermiskegel  um  die  einzelnen  Haare  auf. 
Nur  über  den  Metakarpo-Phalangealgelenken  ist  wieder  eine  Tendenz 
zur    Bildung  von    desquamierenden   Plaques.     Aber  untersucht  man  hier 


102 

die  einzelnen  konfluierenden  Elementei  so  findet  man  nicbt  konische,  ein 
Haar  einschliefsende  Epidermiszapfen,  sondern  ohen  flache,  unten  halb- 
kugelförmige, etwa  stecknadelkopfgrofee  Epidermisperlen.  Werden  diese 
„Perlen"  herausgehoben  und  untersucht,  so  findet  man,  dafs  sie  von 
mehreren,  bis  zu  6 — 7  distinkten,  festen,  horizontal  gelagerten  Hom- 
lamellen  gebildet  sind.  Eine  solche  Perle  enthält  somit  kein  Haar,  und 
es  ist  mir  auch  nicht  gelungen  nachzuweisen,  dafs  sie  etwa  einer  Drüsen- 
mündung entspreche.  Einzelne  solche  „Perlen"  findet  man  auch  sonst  hier 
und  da  auf  den  Dorsalflächen  der  Phalangen    und  auf   dem  Handrücken. 

Die  Vorderarme  bieten  jedoch  vielleicht  auch  in  diesem  Falle  das 
am   meisten    charakteristische    Bild  dar.     Auf  der  Dorsalfläche  derselben 
sieht   man    um   jedes    einzelne    der  dicht  sitzenden  Haare  einen  zirkum- 
pilären    Konus,    der   hier   nicht  nur  in  die  Tiefe  mit  dem  Haare  dringt, 
sondern  auch,  den  Haarschaft  umfassend,  als  eine  feste,  harte  Epidermis- 
bildung  über  das  Niveau   der  Haut    emporragt.     Mittlerweile,    wie    dicht 
auch    die    Haare    stehen,     findet    sich    doch    überall    zwischen    denselben 
normale  Haut  vor,  so  dafs  das  Ganze  das  allerdings  sehr  markierte  Bild  der 
Gänsehaut    annimmt.      Fährt    man    mit    der    Hand  namentlich  über  den 
untersten  Teil  der  Dorsalfläche  der  Unterarme,  wo  der  Prozeis  am  meisten 
markiert  ist,    hat    man    vollständig  das  Gefühl  eines  scharfen  Reibeisens. 
In    diesem   Falle,    der    überhaupt    ein    sehr  stark  entwickelter  ist,  findet 
man  auch  auf  der  untersten  Hälfte  der  Volarfläche  der  Vorderarme 
denselben    Prozefs    vor,    doch    mit    Ausnahme   einer  ovalen  Partie  gleich 
oberhalb  des  Handgelenkes,   die  frei  ist,  dieselbe  Partie  nämlich,    die  bei 
dem    Liehen  ruber  planus  eben  eine  Prädilektionsstelle  bildet.     Hier  anf 
der  Volarfläche   sind    mittlerweile    die  Haare  feiner  und  übereinstimmend 
damit  auch  die  zirkumpilären  Kegel   kleiner  und  nicht  so  stark  über  das 
Hantniveau    emporragend.      Anderseits   ist   hier    eine   leichte  Hyperämie 
um    die    Follikel    herum    vorhanden,    so  dafs  man  hier  eine  sehr  schöne 
hellrote  Gänsehaut  hat,  während  die  Dorsalflächen  durchgehend  von  ganz 
blasser  Farbe  sind. 

Auf  den  Oberarmen  tritt  allerdings,  da  der  krankhafte  Verhornungs- 
prozeis  in  den  Haarfollikeln  hier  nicht  so  wirksam  ist,  das  oben  be- 
schriebene Bild  ganz  zurück;  aber  auf  der  ganzen  Innenseite  der  Ober- 
arme zeigen  weifsliche,  mehr  lockere  Epidermismassen,  die  röhrenförmig 
zahlreiche  Haare  umfassen,  dafs  auch  hier  die  Haarfollikel  der  Sitz  eines 
krankhaften,  hjrperplastischen  Prozesses  sind. 

Auf  den  Ellenbogen,  oder  richtiger  etwas  unterhalb  derselben,  über 
dem  obersten  Teile  der  ülna,  sieht  man  eine  grö&ere  Fläche,  die  von 
einer  dicken,  weifsen  Epidermismasse  von  eigentümlichem  silbernen  Glanz 
gedeckt  ist,  also  ein  Bild,  das  demjenigen  sehr  ähnlich  ist,  das  so  on; 
eben  auf  dieser  Lokalität  durch  Psoriasis  hervorgebracht  wird. 


103 

Auf   den  uBteren  Extremitäten    zeigt   die  Krankheit  ein  andres, 
aber    ebenfalls    sehr    charakteristisches    Bild.     Sie  tritt  nämlich  hier  mit 
kleineren  und  gröfseren  blafsroten,   desquamierenden   Flecken  und 
Flächen    von    ganz    eigentümlichem    Aussehen    auf.       Auf    den 
Unterschenkeln  bedecken  diese  roten  Flächen  sowohl  die  äufsere,  wie 
die    innere  Seite   derselben  beioahe  vollständig,   nur  eine  Hautpartie  ganz 
vome,  der  crista  tibiae  entlang,  ist  ganz  frei.    Auf  den  Oberschenkeln 
kommt    die    Kraukheit   hauptsächlich  nur  auf  der  innern  Seite  derselben 
vor,    und    hier    kann    man    besonders    schön   verfolgen,    wie    die  kleinen 
Flecke  durch  Konfluenz  von  kaum  stecknadelkopfgrofsen,  hellroten  zirkum- 
pilären    Herden    oder    Fleckchen    gebildet    werden,   welche  nicht  sichtbar 
sich    über    das    Niveau  der   Haut   emporheben.     Durch  Zusammenfliefsen 
der    Flecke    werden    dann    wieder    die  grofsen   Flächen  gebildet,  die, 
wie  schon  gesagt,  ein  höchst   eigentümliches  Bild  darbieten.     Sie 
sind    hier     vorderhand    von    hell    rotgelber    oder    von    einer  blassen  Cha- 
moisfarbe    mit    einem    eigentümlichen    silbernen   Glanz.     Sie    sind  ferner 
ganz    weich    und  glatt,    beinahe   seidenglatt  anzufühlen.     Es  ist  offenbar 
auch    keine    Infiltration   von    Bedeutung  im   Korium  vorhanden.     Kratzt 
man    eine    solche    Fläche,  so  wird  sie  zuerst  weifs  durch  den  Lichtreflex 
von  den  aufgekratzten,  oberflächlichen,  kleinen,  kleienförmigen  Schuppen; 
fährt  man  aber  fort  und  kratzt  nun  noch  stärker,  so  folgt  bald  eine  zwar 
sehr  dünne  und  weiche,  aber  zusammenhängende  grofse  Schuppe 
mit,  die  sich  vor  dem  Nagel  in  Falten  legt.     Wenn    diese  ziem- 
lich   dünne    Homschicht,    die    sich    überraschend    leicht    von   der 
Unterlage  entfernen  läfst,  weggenommen  ist,  so  erweist  die  letztere 
sich  als  eine  nicht  besonders  stark  hyperämische,   graurötliche 
Fläche,  die  wie  halbfeucht  oder  etwas  klebrig  anzufühlen  ist, 
aber    doch    weder    blutet    noch  näfst.     Jedesmal,  wenn  der  Patient 
sich  kratzt,  nimmt  er  in  dieser  Weise  die  Homschicht  mit.     Wenn  man 
das    hier   Beschriebene    mit    dem   vergleicht,    was  man  beobachtet,  wenn 
man  einen  Psoriasisfleck  mit  einem  Tuche  reibt,  wodurch  die  Spitzen  der 
Papillen    entblöfst    und    verletzt    werden,    so    erkennt  man,  dafs  hier  ein 
sehr  grofser  Unterschied  besteht. 

Die  Haut  des  ganzen  Rumpfes  war  bisher  vollständig  gesund.  Am 
Halse  sieht  man  einen  breiten,  roten,  desquamierenden  Rand  quer  über 
den  Nacken,  etwas  unterhalb  dem  Haarrande,  zu  verlaufen. 

Auf  der  Pars  capillata  capitis,  die  wegen  des  Alters  des 
Patienten  in  der  Scheitelregion  nur  sparsam  mit  Haai'en  besetzt  ist,  findet 
ein  reichliches,  kleienartiges  Abschuppen  statt,  das  dem  gewöhnlichen 
Bilde  von  Pityriasis  capitis  sehr  ähnlich  ist.  Die  fetten  Epidermismassen, 
die  mit  dem  Nagel  vom  Haarboden  entfernt  werden  können,  sind 
doch    beinahe    etwas   fett    und    klebrig,    und  viele  Haare    sind   teilweise 


104 

wie    von    einer    Scheide    von    diesen   klebrigen,    fetten    Epidernnijgnji«en 
umgeben. 

Der  Patient  befindet  sieb,  seitdem  er  diese  Krankheit  bekam,  nicht 
ganz  wohl.  Er  ist  nervös,  unruhig  nnd  findet  sich  nirgends 
recht  zufrieden.  Die  Krankheit  ist  auch  von  nicht  geringem  Jucken 
begleitet,  und  die  Rhagaden  an  den  Händen  und  Füisen   sind  ihm  lästig. 

Als  Behandlung  wurde  Arsenik  in  steigenden  Dosen  verordnet. 
Gegen  das  Jncken  bekam  er  ein  Waschwasser  aus  fCarbol,  Borax, 
Glycerin  und  Wasser  bestehend.  Als  emolliiemde  Umschlfige  während 
der  Nacht  um  die  Hände  und  Ftilse  wurde  ein  Unguent.  vaselini  plumb. 
verschrieben. 

I.  Juni:    Die  Krankheit  hat  in  den  verflossenen  drei  Wochen  ziem- 
lich rasche  Fortschritte  gemacht,   namentlich  auf  den  untern  Extremi- 
täten,  wo  jetzt    nur    anf   dem  Fulsrücken,  auf  einer  Partie  den  cristae 
tibiae    entlang   und    auf   der    äuiseren  Fläche  der  Oberschenkel  gesonde 
Haut   zu  sehen   ist.     Sonst  ist  die  Haut  der  ganzen  Extremität,  einzebe 
kleine   Inseln    ausgenommen,    von    den    Inguina   und   Nates    bis  zu.  den 
Zehen  herab,  in  ihrer  Totalität  rot  und  schuppend.     Die    Röte    ist   jetzt 
auch,    namentlich    auf   den  Oberschenkeln,    intensiver,    nicht  bla/srot  wie 
früher,  und  auch  die  Abschuppung  ist  hier  reichlicher  geworden,   so  da& 
die  Schuppen   hier    und    da    mehrere  Schichten  bilden,  von  welchen  die 
unterste    noch    immer    die    beschriebene,    weiche,    faltbare    Beschaffenheit 
behält.     Über   das    ganze    Abdomen    hat  sich  ein  markierter  Zustand 
von    der   beschriebenen    „Gänsehaut"    (Chair  de  poule)  entwickelt,  wobei 
doch    die    hier  nur  schwach  erhabenen  und  von  einer  leichten  Röte  um- 
gebenen,   zirkumpilären    Kegel   ziemlich   zerstreut   und  weit    auseinander 
stehen.     Der    übrige    Teil    des    Rumpfes  ist  sonst  fortwährend  ganz  frei. 
Auf   den    Armen    zeigt    die   Krankheit    eine  Tendenz   sich  weiter  nach 
oben  zu  verbreiten;  aber  gleichzeitig  ist  der  zirkumpiläre  Prozels  offenbar 
weniger  intens   und  markiert  geworden,   das  heifst,  die  einzelnen  zirkum- 
pilären   Kegel    sind    kleiner  und  weniger    hervorragend  als  früher.     Das 
erwähnte  Band  quer  über  den  Nacken  ist  breiter  geworden,  jetzt  imge&hr 
2—3  cm    breit.     Der   Zustand   der  Handflächen,  der  Fufssohlen  und  der 
Pars  capillata  ist  ziemlich  unverändert. 

Die  Lymphdrüsen  in  der  Fovea  ovalis  auf  beiden  Seiten  sind 
jetzt  stark  angeschwollen. 

II.  Juli:  Nachdem  der  Patient  bis  zu  16  milligr.  Arsenik  täglich 
gestiegen  war,  zeigt  die  Krankheit  insofern  Tendenz  zur  Besserung,  als 
der  vor  sechs  Wochen  vorhandene,  sehr  ausgesprochene  Zustand  von 
„Gänsehaut"  auf  dem  Abdomen  jetzt  beinahe  vollständig  geschwundeu 
ist.  Die  fettartige  Abschnppung  auf  der  Pars  capillata  ist  viel  geringer 
geworden,  allerdings  unter  Anwendung  von  Seifenwaschungen  und  einem 


105 

spiritnösen  Waschwasser,    so  wie  auch  das  breite  Band  über  den  Nacken 
schmäler    geworden    ist.     Auf  den  Waden  ist  die  Röte  der  angegriflFenen 
Flächen  wieder  blässer  geworden.     An  den  Volarflächen  der  Finger,  zum 
Teil  auch  in    der  Vola  selbst,  ist  eine  entschiedene  Besserung  zu  spüren, 
indem    die    abgelagerten    hornigen    Epidermismassen    bedeutend  reduziert 
sind.     Dagegen  sind   die   Fingernägel   jetzt  deutlich  affiziert;  sie 
sind  sämtlich  in  ihrer  Totalität  verdickt  und  fein  quer  gestreift  oder  wie 
gemnzelt.      Unter    dem    vorderen    freien    Rande    des    Nagels  findet  man 
weilsgelbe,  harte  Epidermismassen  angehäuft,  die  sich  schwierig  entfernen 
lassen.     Es  will  auiserdem  dem  Patienten  vorkommen,  als  wüchsen  die 
Nägel    etwas   schneller    wie    früher.     Auf  den  Handrücken  und 
den  Unterarmen  hat  die  Krankheit  gleichzeitig  damit,  dafs  sie  sich 
weiter    verbreitet,    ihren   äufsern   Charakter  etwas    geändert.     Wo 
früher  das  oben  beschriebene  Bild  des  blassen  „chair  de  poule"  vorhanden 
war,  findet  man  jetzt  rote  Flächen,  wo  man  nicht  mehr  die  emporragenden, 
harten,  zirkumpilären  Kegel,  die  das  Gefühl  eines  Reibeisens  gaben,  wahr- 
nehmen   kann.      Mikroskopisch    allerdings   zeigt  ein  mit  den  Wurzel- 
scheiden ausgerissenes  Haar  noch  fortwährend  die  erstere  vollständig  ver- 
hornt,   aber    nicht    mehr    von    derselben  Mächtigkeit  wie  früher.  —  Auf 
den  Oberschenkeln  ist  jetzt  auch  die  äulsere  Seite  beinahe  vollständig 
von  den  roten  Flächen  eingenommen,  und  auf  der  innem  Seite  der  Ober- 
schenkel   ist    die    Krankheit  intensiver  wie  je  geworden,  insofern  als  die 
Hant    hier   jetzt   heftig    entzündet,   stark  rot,  turgeszierend  und  reichlich 
abschuppend    ist;    das    Bild    hat  in  der  That  dabei  etwas  von  dem  oben 
beschriebenen,    sehr    charakteristischen  und  eigentümlichen  Aussehen,  das 
die    roten    Flächen    sonst  darboten,   verloren.     Ein  Verhältnis  ist  jedoch 
ebensowohl    hier    wie    sonst    überall    an    den    roten   Flächen  unverändert 
dasselbe,    nämlich    die   leichte  Ablösbarkeit  der  Hornschicht  und 
die   ebenso  eigentümliche,    halbfeuchte,    wie  klebrige  Fläche, 
die    zutage    kommt,    wenn    diese    oberflächliche    Schicht    ent- 
fernt ist.  —  An  den  Füfsen  kann  noch  keine  Besserung,  wie  an  den 
Handflächen,  gespürt  werden.  —  Die  Ab  schupp  ung  ist   im  ganzen  so 
reichlich,  dafs  der  Boden  um  den  Fat.,  wenn  er  sich  auskleidet,  ganz  weifs 
wird.  —  Sowohl    die    Inguinal-    wie    die    Femoraldrüsen   auf  den 
beiden  Seiten  sind   jetzt   sehr   stark  angeschwollen,  aber  unempfind- 
lich.  —  Aus  Vorsicht  war  Pat.  bis    zu    14  mg  Arsenik  per  Tag    herab- 
gegangen, steigt  jetzt  aber  wieder. 

Schon  am  31.  Juli  stellte  er  sich  wieder  vor,  da  er  in  den  letzten 
vorausgegangenen  Tagen  eine  Verschlimmerung  der  Krankheit  zu  spüren 
geglaubt  hatte.  Und  in  der  That ^  war  es  augenscheinlich,  dafs  jetzt 
ein  universeller  Ausbruch  der  Kränkelt  bevorstehend  war. 
Nicht   nur   war    die    Haut    an    mehreren  der  früher  affizierten  Regionen, 


106 

namentlich  auf  den  Oberschenkeln,  noch  stärker  rot,  turgeszierend  und  ent- 
zündet wie  früher,  sondern  auch  an  den  meisten  bisher  verschonten  Teilen  des 
Hautorgans    zeigten   sich  beunruhigende  S)rmptome.    Namentlich  auf  dem 
Rücken,    auf  der    Brust,    am  Halse,  welche  Regionen  bisher  ganz  intakt 
gewesen,    sah  man   jetzt    eine    ungleichmäfsig    verteilte,    fleckige 
und  streifige  Gefäfsinjektion  in  der  Tiefe  der  Cutis  mit  etwas 
Turgor  der  letzteren  verbunden,  während  die  Epidermis  noch  ganz  nonnal 
zu  sein  schien.     Der  Patient  blieb  jetzt  während    der  nächsten    14  Tage 
unter    meiner    täglichen    Beobachtung,    und  ich  konnte  somit  die  weitere 
Entwickelung  der  Krankheit    genau   verfolgen   und  sehen,   wie  die  Haut» 
namentlich  auf  den  genannten  Partien  des  Rumpfes,    von  einem  Tage  zn 
dem  andern  mehr  rot,  angeschwollen  und  warm  anzufühlen  wurde.    Aber 
es   war   mir  dabei   nicht  möglich  weder  vom  Anfange  an  noch  unter  der 
stets    zunehmenden  Gefäfsinjektion    zu  entdecken,  dals  diese  letztere,  wie 
es    unter    den    früheren  Entwickelungsphasen    der   Krankheit    der   Fall 
gewesen    war,    besonders    an    die     nächste    Umgebung    der    Haarfollikel 
geknüpft  war.     Schlielslich    war    die    Haut    über  •  den   Rücken,  die  Brost 
und    den    Hals    in    ihrer    Totalität   ganz  feuerrot,  geschwollen  und  helfe, 
während    die    Haut   des  Abdomens  nur  eine  fleckige,  durch  Injektion  in 
der  Tiefe  der  Cutis  zu  stände  gebrachte  Röte  zeigte.     Gleichzeitig  hatte 
die    Krankheit  sich  auch  auf  den  bisher  intakt   gebliebenen    Hautpartien 
der  Extremitäten  in  ganz  ähnlicher  Weise  entwickelt,  so  dafs  kein  Unter- 
schied mehr  zwischen  den  zuletzt  angegriffenen  und  den  früher  affizierten 
Partien    vorhanden    war,     sondern    alles    in    eins    zusammenlief.      Die 
Affektion  war  also  j  etzt  ganz  universell  geworden,  einzelne  kleine 
Stellen  auf  dem  Unterleibe   und  im  Gesicht  allein  ausgenommen,  und  da 
jetzt    auch    die   zuletzt  angegriffenen  Regionen  etwas  abzuschuppen  ange- 
fangen hatten,  bot  die  Krankheit  in  der  That  das  Bild  einer  univer- 
sellen Pityriasis  rubra  dar. 

Als  diese  heftige  Eruption  etwa  12  Tage  angedauert  hatte,  konnte 
man  die  ersten  Andeutungen  eines  Nachlassens  wahrnehmen.  Die  Haut 
des  Rückens,  namentlich  der  Schulterblattregionen,  fing  an  blässer  za 
werden,  während  allerdings  gleichzeitig  die  Abschuppung  reichlicher 
wurde.  Die  Schuppen  waren  dünn  und  zart,  bis  erbsengrols,  aber  in  der 
Regel  von  dem  einen  Rande  abgelöst  und  zusanmiengerollt  oder  nur  in 
der  Mitte  angeheftet.  Im  ganzen  zeigte  die  Abschuppung  auf  denjenigen 
Hautpartien,  die  durch  diesen  universellen,  mit  einer  Gefifsinjektion 
in  der  Tiefe  der  Cutis  eingeleiteten  Ausbruch  angegriffen  waren,  gan^ 
denselben  Charakter  wie  auf  denjenigen,  wo  die  Krankheit  seiner  Zeit 
sich  langsam  durch  Konfluenz  der  oben  beschriebenen  kleinen,  zirknm- 
pilären  Fleckchen  entwickelt  hatte.  Auch  hier,  auf  dem  Rücken  nämlich, 
liefs    die    dünne,    leicht   faltbare    Hornschicht   sich   sehr   leicht   von  der 


107 

Unterlage  entfemeD,  wobei  man  auf  die  oft  erwähnte  halbfeuchte  oder 
etwas  klebrige  Fläche  herabkam,  die  doch,  wie  gesagt,  nie  nälste.  Die 
Schuppen  auf  den  unteren  Extremitäten  waren  jetzt  zum  Teil 
sehr  grofs  (was  nach  Dr.  Brocq  nur  ausnahmsweise  der  Fall  sein  soll), 
aber  immer  dünn,  durchschimmernd  und  von  den  Rändern  abgelöst. 
Nirgends  konnte  man  jetzt  mehr  mit  dem  unbewaffneten  Auge,  ja  auch 
mit  der  Lupe  nicht,  eine  Spur  von  dem  zirkumpilären  ProzeiSs  wahr- 
nehmen, der  in  den  früheren  Stadien  der  Krankheit  dieser  letztem  ein 
so  charakteristisches  Gepräge  verliehen  hatte.  Mikroskopisch  dagegen 
konnte  man  an  abgekratzten  Schuppen  sich  davon  überzeugen,  dafs  die 
eigentümliche  Tendenz  zur  Hypertrophie  und  Verhornung  der  Wurzel- 
scheiden immer  fortwährend  vorhanden  war,  indem  beinahe  jede  solche 
abgekratzte  Schuppe  einen  oder  mehrere  verhornte  Kegel  mit  einem  darin 
eingeschlossenen  Haare  enthielt. 

Bei    allem    diesen   war    der   allgemeine    Zustand    des  Patienten 
verhältnismäfsig  wenig  angegriffen.   Er  fieberte  nicht,  der  Appetit 
war    ganz    gut,    der    Schlaf   ebenfalls,    wenn  er   nicht  durch  das  Jucken 
gestört   wurde.     Nichtsdestoweniger   war   nach  und  nach  eine  nicht  uner- 
hebliche  Abmagerung   eingetreten,   und    der  Patient  war  etwas  nervös 
und    zitternd    und    geneigt  zum  Frösteln  geworden.     Aufser  dem  Jucken 
war  auch  insofern  eine  Sensibilitätsanomalie   vorhanden,   als  er  ein 
bisher  ungekanntes,   behagliches  Gefühl  bei  leiser  Berührung  seiner  Haut 
spürte.    Andre  Sensibilitätsanomalien  konnten  nicht  nachgewiesen  werden. 
Was  die  Behandlung  betrifft,  so  wurde  immer  mit  Arsenikpillen, 
18  mg  täglich,  fortgefahren,    was    sehr   gut    vertragen    wurde,    und    vom 
10.  August    an    wurde  auch  Leberthran  verordnet     Von  lokalen  Mitteln 
worden   während   des   allgemeinen  Ausbruches  der  Krankheit  Umschläge 
um  die  Extremitäten  mit  gleichen  Teilen  Bleiwasser  und  Liquor  aluminis 
aoetici    versucht,    welche    vielleicht    die     Heftigkeit    der     entzündlichen 
Erscheinungen  etwas  dämpften.    Andre  Mittel,  wie  Tinct.  rusci  und  Ich- 
thyolwasser (1  : 3)  zum  Einpinseln  der  Hände  und  Füfse  mit  nachfolgen- 
der Einwickelung  mit  Salbenmull,  zeigten  keine  deutliche  Wirkung,  obschon 
der    Salbenmull    an    und    für    sich    die    fortwährend  sehr    dicke,    harte, 
hornige  Epidermismasse  unter  den  Fufssohlen  zu  erweichen  und  zu  redu- 
zieren beitrug.     Die  Einwickelung  der   ganzen  Extremitäten   mit  Salben- 
mnll  während  der  Nacht  verschaffte  auiserdem  dem  Patienten  eine  grofse 
Linderung,   indem  die  Steifigkeit  und  Straffheit  der  Haut,  die  ihn  durch 
längere    Zeit   bei   jeder   Bewegung   geplagt  hatte,  unter  der  Anwendung 
dieses   Mittels    viel   weniger  fühlbar  war.     Gleichzeitig  nahm  er  während 
dieser  Eruptionsperiode  und  in  der  nächsten  Zeit  nachher  meistens  jeden 
zweiten    Tag    ein   warmes   Bad    mit    wenig   Borax    oder  Soda  zugesetzt, 
ohne    dals    ich    sagen    darf,    ob    überhaupt   diese  Bäder  günstig  wirkten. 


108 

Dagegen  schien  die  ÜNNAsche  Zinklei mbehandlung,  womit  am 
14.  August  angefangen  wurde,  einen  sehr  entschiedenen  günstigen  Einfluls 
zu  üben.  Die  bisher  überaus  starke  Absohuppung  wurde  augenblicklich 
weit  weniger  ausgiebig,  und  auch  Turgor  und  Röte  der  Haut  nahmen 
bei  dieser  Behandlung  sichtlich  ab. 

Am  13.  September  habe  ich  notiert:  Die  Krankheit  hat  sich  in  den 
letzten    16  Tagen    schnell   gebessert.     Der  Rücken,    die  Brust,  die  Ober- 
arme   und    zum  Teil  der  Hals  —  also   eben   diejenigen  Partien,    welche 
erst  bei  der  heftigen  Eruption  vor  6  Wochen  angegriffen  wurden  —  sind 
ganz    blals    geworden    und    zeigen    beinahe    keine    Spur    mehr    von   Ab- 
schuppung.      Die    Haut    des    Abdomens    ist    allerdings    noch    meistens 
affiziert,  aber  die  Farbe  ist  blafsrot  und  die  Abschuppung  gering.     Auch 
auf  den   Vorderarmen    und  Händen  wie  auf  den  untern  Extremitäten  ist 
die  Röte  und  Abschuppung  jetzt  weit  weniger  intensiv,  so  dafs  die  Hant 
namentlich  auf  den  unteren  Extremitäten  wieder  das  im  Mai  beobachtete 
und  unter  status  praesens  beschriebene,  so  sehr  charakteristische,  hell  rot- 
gelbe, matt  silberglänzende  Aussehen  angenommen  hat.     Zu  gleicher  Zeit 
ist   auch    der    Turgor    der    Haut   geschwunden,    und    die    Hautfläche  ist 
wieder  weich,    fein  und  glatt   anzufühlen      Es    gibt   jetzt    keine    greisen 
Schuppen  mehr,  aber  es  ist  doch  noch  eine  so  ausgiebige  kleienartige  Ab- 
schuppung vorhanden,  dafs  der  Boden  um  den  Pat.  €ioch  ganz  weifs  wird, 
wenn    er    seine    Strümpfe    auszieht.      Was    heute    noch    als   eine  wahr- 
scheinliche   Einleitung    zu    einer    wirklichen    Heilung    speziell 
notiert  zu  werden  verdient,    ist,    dafs    sowohl    auf   den  Ober-  wie  Unter- 
schenkeln eine  ganze  Menge  zerstreute,  etwa  1  cm  in  Diameter  messende 
Inseln    von    gesunder    Haut    zu    sehen  sind,    welche  ganz  blafs  sind 
und    in    der    umgebenden,    kranken,     noch     etwas    turgeszierenden    Haut 
wie  eingesunken  liegen.  —  Die  noch  im  ganzen  stark  verdickten  Nägel, 
namentlich    die    Fingernägal,    scheinen    wieder    etwas    dünner    an    ihrer 
Basis  zu  werden.     Die  Haare  auf  dem  Handrücken    sind    oflFenbar  etwas 
länger  und  dicker  wie  früher  und  aufserdem  sehr  stark    pigmentiert,    bei- 
nahe schwarz.     Einzelne  Haare    sind  mehr  wie  2  cm  lang.    —   Die  An- 
schwellung der  Femoralglandulae  ist  beinahe  vollständig  geschwunden  und 
auch  diejenige  der  Inguinaldrüsen  hat  bedeutend  abgenommen.    Allgemein- 
befinden und  Humor    des    Pat.    sind    auch  viel    besser  geworden.  —  An 
denjenigen  Hautpartien,  wo  der  Prozefs    schon  als    wesentlich  abgelaufen 
betrachtet  werden    mufs,    ist    nicht    das    geringste    Zeichen    einer 
nachfolgenden  Atrophie  der  Haut  zu  beobachten. 

22.  September:  Die  Besserung  schreitet  fortwährend,  obschon  langsamer, 
vorwärts.  Die  erwähnten  Inseln  von  gesunder  Haut  auf  den  unteren 
Extremitäten  sind  etwas  gröfser  geworden.  Der  Rücken,  die  Brust  und 
der  Unterleib  zeigen  jetzt  ganz   normale  Haut.      Die    Haut    der   unteren 


109 

Extremitäten  und  der  Vorderarme  mit  den  Händen  dagegen  ist  zwar 
blässer  geworden,  zeigt  aber  noch  immer  die  für  die  Krankheit  charakte- 
ristischen Veränderungen.  Fährt  mit  18  mgr.  Arsenik  täglich  und  Leber- 
thran  fort;  äuCserlich  Zinkleim,  der  jeden  4.  Tag  erneuert  wird. 

26.  November :  Im  ganzen  hat  sich  die  Krankheit  auch  in  den  letzten 
2  Monaten  fortwährend  etwas  gebessert.  Namentlich  sind  die  Inseln  von 
normaler  Haut  auf  den  unteren  Extremitäten  viel  gröüser  geworden  und  kon- 
fluieren zum  Teil  auf  dem  Oberschenkel  zu  blassen,  eingesunkenen,  land- 
kartenähnlichen Figuren  in  der  grölstenteils  noch  kranken  Haut.  Auch  diese 
letztere  zeigt  doch  oiSenbar  hier  eine  Tendenz  zur  Besserung,  insofern  als  man 
an  ihr  nicht  so  leicht  mehr  die  Hornschicht  wegkratzen  kann,  und  wenn 
es  am  Ende  doch  gelingt,  ist  die  Unterlage  etwas  mehr  trocken,  nicht 
so  klebrig  wie  früher.  Dies  gilt  namentlich  für  die  Oberschenkel,  und 
doch  ist  eben  hier,  namentlich  auf  den  äuüsern  Seiten  derselben,  der 
zirkumpiläre  Proze&  jetzt  mehr  hervortretend  als  je  früher  auf  dieser 
Lokalität,  so  dafs  man  hier  jetzt  vollständig  das  Gefühl  eines  Reibeisens 
bat.  Nicht  so  auf  den  Unterschenkeln,  wo  die  gelbroten  Flächen 
ganz  glatt  sind.  Auch  hier  sieht  man  grofse  Pai*tien  von  ganz  gesunder 
Haut  namentlich  der  crista  tibia  entlang.  Die  Fufs sohlen  zeigen  verhältnis- 
mälsig  wenig  Besserung  und  sind  fortwährend  mit  dicken,  harten  Hom- 
massen  bedeckt.  Die  Nägel  der  beiden  grolsen  Zehen  sind  sogar  stärker 
affiziert  wie  früher.  Namentlich  sieht  man  unter  dem  vorderen  freien 
Rand  derselben  in  grofser  Menge  harte,  weifsgelbe  Epidermismassen 
angesammelt,  und  teilweise  wenigstens  dadurch  veranlafst  sind  die  Nägel 
so  stark  mit  dem  vorderen  Rande  nach  oben  gerichtet,  dafs  der  letztere 
beim  Gehen  in  schmerzhafter  Weise  von  den  Stiefeln  gedrückt  wird.  — 
Auch  auf  dem  Handrücken  und  der  Dorsalfläche  der  Vorder- 
arme ist  der  zirkumpiläre  Verhomungsprozefs  wieder  mehr  intens 
geworden,  zu  gleicher  Zeit  da  die  Haut  im  ganzen  blasser  geworden  und 
die  Krankheit  überhaupt  auf  den  Vorderarmen  mehr  beschränkt  geworden 
ist.  Auch  die  unter  dem  „Status  praesens"  beschriebenen  „lamellierten 
Homperlen"  zeigen  sich  jetzt  wieder  auf  ganz  denselben  Lokalitäten  wie 
damals.  —  Auf  dem  Nacken  hat  man  auch  jetzt  eine  scharfe,  aber 
ziemlich  blasse  „Gänsehaut".  Ganz  gesund  sind:  das  Gesicht,  die 
Vorderseite  des  Halses,  die  Oberarme,  die  Brust,  der  Rücken, 
der  Unterleib;  auf  dem  letzteren  sieht  man  jedoch  ein  paar  etwa 
bohnengroise,  sehr  scharf  begrenzte,  rote,  abschilfernde  Flecke, 
die  Psoriasisflecken  nicht  ganz  unähnlich  sind.  Die  Schuppen  sind 
jedoch  feiner  wie  bei  der  letztgenannten  Krankheit  und,  was  oflPenbar  in 
der  Natur  der  Krankheit  begründet  ist,  die  Konturen  der  Flecke  sind 
nicht  regelmäfsig  rund,  wie  bei  Psoriasis,  sondern  sehr  unregelmäfsig, 
buchtig    und    eingeschnitten.      Nimmt    man    überdies    das    oft    erwähnte 


110 

Kratzexperiment  zu  Hilfe,  so  wird  man  nie  in  Zweifel  bleiben  können.  — 
Noch  zu  erwähnen  ist  die  äufserst  scharfe  Grenze  der  kranken 
gegen  die  gesunde  Haut  über  den  Glutäalregionen.  Die  Grenzlinie 
ist  so  scharf  wie  mit  Feder  und  Tinte  aufgezogen,  aber  auch  hier  un- 
regelmäfsig,  buchtig  und  eingekerbt.  —  Die  Abschuppung  ist  jetzt  weit 
geringer  wie  früher  und  überall  nur  mäfsig. 

Patient  hat  die  ganze  Zeit  Arsenik  in  der  genannten  Dose  nnd 
Leberthran  genommen.  Mit  dem  Zinkleim  hat  er  dagegen  schon  vor 
mehreren  Wochen  aufgehört  und  hat  überhaupt  keine  äufserlichen  Mittel 
mehr  angewendet. 

Obschon  dieser  Fall  also  noch  nicht  geheilt  ist,  und,  infolge  des  oft  sehr 
launenhaften  Verlaufes  dieser  Krankheit,  der  endliche  Ausgang  des  Falles 
noch  nicht  mit  Sicherheit  vorausgesagt  werden  kann,  sind  doch  gewifs  in 
diesem  Kasus,  schon  wie  er  jetzt  ist,  die  Hauptphasen  der  Krankheit  selir 
deutlich  und  ausgeprägt  zum  Vorscheine  gekommen.  Man  hat  gesebeo, 
wie  der  Fall  am  Anfange  typisch  nach  dem  DEVERGiEschen  Schema  Ter- 
laufen  ist,  wie  die  Krankheit  in  den  Handflächen  und  Fufssohlen  ange- 
fangen hat,  dann  auf  der  Stirn  und  der  pars  capillata  aufgetreten  ist, 
demnächst  gleichzeitig  das  typische  Bild  des  blassen  „chair  de  ponle'^ 
auf  den  Handrücken  und  Vorderarmen  und  die  charakteristischen  roten 
Flächen  auf  den  untern  Extremitäten  darbot,  weiter  einen  aknten^ 
universellen  Ausbruch  veranlalste  und  endlich  das  während  dieser  Ernption 
zurückgetretene  Bild  der  „Gänsehaut"  wieder  hervorgebracht  hat. 

Die  KIrankheit  kann,  wie  man  gesehen  hat,  entweder  regionftr 
in  bezug  auf  ihre  Verbreitung  auftreten,  was  jedenfalls  das  häufigste  ist, 
wobei  auch  zu  bemerken  ist,  dafs  sehr  oft  die  betreffende  Lokalität  ihr 
besonderes,  eben  für  diese  selbe  Region  charakteristisches  Bild  aufzuweisen 
hat,  —  oder  sie  kann,  aber  seltener,  eine  universelle  Verbreitung  an- 
nehmen und  dann  eine  nicht  geringe  äufserliche  Ähnlichkeit  mit  einer 
wirklichen  Pityriasis  rubra  im  engeren  Sinne  darbieten. 

Mit  Rücksicht  auf  den  universellen  Ausbruch  ist  dieser  Fall  besonden 
interessant.  Denn  zwar  erwähnen  schon  französische  Verfasser,  wie  z.  B. 
Dr.  L.  Brocq  (1.  c),  dals  die  Krankheit  ziemlich  plötzlich  („brusquement") 
sich  entwickeln  und  von  Zeit  zu  Zeit  mit  akuten  Eruptionen  von  etwas 
Hitze,  lebhafter  Rötung  der  Haut  und  vielleicht  Fieber  begleitet  sich 
äuDsern  kann;  aber  es  wird  nicht  speziell  hervorgehoben,  dafs  der  Ent- 
wickelungsmodus  der  Krankheit  unter  diesen  Umständen  ein 
ganz  anderer,  vom  gewöhnlichen  ganz  verschiedener  sein  kann. 
Auch  Unna*^  hat  dieses  Verhältnis  offenbar  nicht  gekannt,  indem  er  sich 


*^  Monatsh.  f.  prakt.  Dermatol  1888.  No.  12.  pag.  569—70. 


111 

in  seinen  Pariser  Briefen  folgendermalsen  äulsert:  .Jndem  die  Krankheit 
sich  über  den  ganzen  Körper  ausbreitet,  werden  zuerst  immer  in  iso- 
lierter Weise  die  Haarfollikel  befallen/'  Aus  der  obigen  Krankenge- 
schichte geht  mittlerweile  hervor,  dafs  bei  dem  universellen  Ausbruche  der 
Krankheit  die  Hautaffektion  sich  an  den  bisher  ganz  verschont  gebliebenen 
Hautpartien  in  ganz  anderer  Weise  entwickelt  hat,  indem  das  erste  Symptom 
eine  weit  verbreitete,  in  der  Tiefe  der  Cutis  anfangende,  ungleichmälsig 
verteilte  und  gar  nicht  besonders  an  die  Umgebung  der  Haarfollikel  geknüpfte 
ße&Gsinjektion  war,  die  nach  und  nach  sich  der  Oberfläche  näherte  und 
ganz  gleichmäfsig  wurde.  Und  erst  sekundär  haben  dann  ganz  dieselben 
typischen  Veränderungen  der  Epidermis,  welche  sonst  aufzutreten  pflegen, 
sich  hinzugesellt.  Ich  halte  es  für  wichtig,  dafs  dieses  Verhältnis 
betont  wird,  weil  es  doch  denkbar  wäre,  dais  die  Krankheit  in  dieser 
Weise  eingeleitet,  aber  dann  auch  verkannt  werden  könnte,  wenn  dieser 
Entwickelungsmodus  nicht  bekannt  wäre.^^  Übrigens  hat  möglicherweise 
in  diesem  Falle  auch  die  am  Anfange  der  Krankheit  aufgetretene  flam- 
mige ßöte  auf  der  Stirn  sich  in  ähnlicher  Weise  entwickelt. 

Dafs  nicht  nur  die  Menge,  sondern  auch  der  Charakter  der  Des- 
quamation bei  dieser  Krankheit,  und  zwar  auch  in  einem  und  demselben 
Falle,  bedeutend  variieren  kann,  hat  man  hier  gesehen.  In  der  Regel  ist 
die  Abschuppung  eine  kleienartige;  aber  sie  kann,  wie  in  diesem  Falle, 
und  wie  schon  längst  von  französischen  Verfassern  beschrieben  worden  ist, 
zeitweilig  auch   einen  mehr  lamellösen  Charakter  annehmen. 

Die  Affektion  der  Nägel  ist  bei  dieser  Krankheit  eine  häufige  und 
auch  ziemlich  charakteristische,  wie  besonders  Unna  in  seinen  Pariser 
Briefen  hervorhebt,  und  dafs  sowohl  die  Nägel  wie  die  Haare  mit- 
unter infolge  dieser  Krankheit  aufsergewöhnlich  schnell  wachsen, 
ist  von  französischen  Verfassern  schon  öfter  erwähnt  worden. 

Die  sehr  starke  Anschwellung  der  Femoral-  und  Inguinal- 
drüsen,  während  andre  Drüsen,  wie  die  Kubital-  und  Cervikaldrüsen, 
ganz  normal  blieben,  war  recht  auffallend,  und  vielleicht  nicht  weniger 
frappant  war  die  schnelle  Abschwellung  der  affizierten  Drüsen,  als  die 
Krankheit  rückgängig  wurde. 

Was  die  mikroskopisch-anatomischen  Verhältnisse  dieser 
Krankheit  anbetrifft,  sagt  Dr.  Brogq  in  seinem  erwähnten  Au&atze  vom 
Jahre  1884,  dafs  dieselbe  noch  gar  nicht  beschrieben  worden  sind,  daCs 
ftber   diese  Lücke    bald  ausgefüllt  werden  würde    durch    eine  Arbeit   von 


"  In  der  That  hat  auch  der  eine  Fall  von  Hutchinsok,  1.  c.  pag.  249—51,  der 
Bach  Dr.  Brocq  wahrscheinlich  ein  Fall  von  Pityriasis  pilaris  gewesen  sein  soll,  sich 
vom  Anfange  an  in  dieser  Weise  entwickelt,  und  ist  in  kurzer  Zeit  zu  universeller 
Verbreitung  gelangt. 


112 

ViDAL  und  Lelo:b.     Leider  iat  diese  Arbeit,    soweit   mir  bekannt,   noch 
nicht  erscbieneB. 

Es  ist  selbstverstäDdlicli,  dafs  ein  vollständiger  Einblick  in  die  pi 
tbologiscbe  Anatomie  der  Krankheit  nnr  durch  Untersuchungen  an  eizi- 
dicrter  Haut  gewonnen  werden  kann,  wozu  ich  keine  Gelegenheit 
gehabt  habe.  Aber  auch  die  mikroskopische  Untersuchung  der  Schuppen, 
der  Haare  und  der  zirkumpiläreo  Homkegel  ist  nicht  ohne  Inter«» 
gewesen,  da  diese  Untersuchung  namentlich  das  Dasein  einer  dnrel- 
gehends  vorhandenen,  charakteristischen  Veränderung  der 
Wurzelscheiden  der  Lanugohaare  gezeigt  hat.  Besonders  konnte  an 
den  in  einer  gewissen  Periode  der  Krankheit  auf  der  DorsalöSche  ia 
Finger,  Hände   und  Vorderarme    so   stark  hervorti-etenden,    zirkumpilaieo 


harten  Kegeln  beobachtet  werden,  wie  die  gewaltig  entwickelten  Wurzel- 
scheiden  in  mächtige,  feste,  harte  und  solide  Homkegel,  mit  der  Spitze 
nach  unten  gegen  die  Haarwurzel  und  der  Basis  nach  oben  gewendet, 
umgebildet  sind.  Ein  solcher  Homkegel,  der  also  das  Haar  in  seinei 
Mitte  einschliefst,  ist,  wie  die  beifolgenden  Holzschnitte  zeigen,  aus  koo- 
zentrischen  dicken,  soliden  Homlamellen  zusammengesetzt  (Fig.  1.  %  ^ 
und  5).  —  Wie  viel  die  innere  und  wie  viel  die  äufsere  Wurzelscheide 
zur  Bildung  dieser  soliden  Homkegel  beitragen,  ist  wohl  schwierig  anfeer 
au  exzidierter  Haut  zu  ermitteln.  An  einigen  der  ausgezogenen  Kegel 
bekommt  man  beim  untersuchen  den  bestimmten  Eindruck,  dafe  vorzugs- 
weise die  innere  Wurzelscheide  die  Hauptrolle  spielt,  während  man  aus 
andern  Präparaten  wieder  den  Schlafs  ziehen  mufs,  dafs  auch  die  äufeer« 


113 

Wnrzelscheide  beigetragen  hat,    um    wenigstens    die    ftolsersten  Schichten 
der  Hornkegel  za  bilden. 

Ich  dachte  mir  die  Möglichkeit,  dals  der  Prozefs  wenigstens  andeu- 
tnngaweise  auch  an  den  grölseren  Haaren  auf  der  pars  capiUata  vorkommen 
könne,  und  dafs  man  mOgticherweiBe  durch  Untersuchung  solcher  Haare 
sieb  weitere  Einsicht  verschaffen  könnte.  Aber  dies  traf  nicht  zu.  So- 
wohl an  Länga-  wie  Querschnitten  von  solchen  Kopfhaaren,  die  zu  diesem 
Zwecke  in  Celloidin  eingebettet  und  mit  Mikrotom  geschnitten  wurden, 
zeigten  die  innere  und  ftn&ere  Wurzelscheide  alle  beide  wesentlich  normale 


Fiq.M. 


Verhältnisse.  Höchstens  fand  man  an  der  änfseren  Wurzelscheide  oben 
bei  der  Follikelmündung  eine  etwas  aufsergewöhnliche  Verbomiing  vor, 
und,  möglicherweise  hierdurch  veranlaTst,  war  vielleicht  an  der  innem 
Wurzetscbeide  die  auch  normal  nach  oben  vorhandene  Kräuselung  der- 
selben etwas  mehr  pronouciert  wie  gewöhnlich.  An  den  kleinen  La- 
nngohaaren  auf  der  pars  capitlata  dagegen  gelang  es  dieselben 
Veränderungen  nachzuweisen,  wie  sie  an  den  Lanugohaaren  auch 
sonst  an  dem  Körper,  wo  die  Krankheit  auftrat,  vorkamen. 

Än&Uend  btLullg  kam   es    vor,    dafs,    wenn   man   einen  Homkouns 

UoDkUbefla.  8 


114  , 

auszog,    es  sieb  bei  näherer  Untersuchung  zeigte,    dafe    man    nicht  ekn 

eiofachen,     sondern     einen    Doppel-     oder    Zwillingskonus    {^12.41 

herausbefördei't  hatte,    ja    während   einer  gewissen  i  Periode  der  Krankbeii 

war  dies  das  bei  weitem  häufigst«.    Diese  Zwillins- 

kegel    konnten  dann    entweder    gleich    grofs    S€iii. 

oder,    was    häufiger    vorkam,    der  eine    Kegel  irnt 

kleiner  wie    der  andre    und    oft    so    klein,    dafs  et 

nur  einen    kaum    bemerkbaren    Appendix   für  den 

gröfseren    bildete.       Es    kam    dann    auch  mituiter 

vor,    dafs    dieser    Appendix    —    wie    in  Fig.  Hl 

wo  der  Appendix  durch  B    in  gröfserem  MafsstaW 

dargestellt  ist  —  nur    einen   ganz  homogenen, 

•  kleinen    Hornkegel     bildete,     ohne     dafe    eine 

Differenzierung  in  ein  Haar  und  in  WarzelscheideD 

stattgefunden  hatte. 

Wie    schon    gesagt,    kommt    die    beschiieWne 

Veränderung    der  Wurzelscheideu   überall  vor,  wo 

überhaupt    die    Krankheit    auftritt    und     Lanugo- 

haare  vorhanden  sind,  und  somit  auch  an  den  beschriebenen  roten  Piäclien, 

wie  seidenglatt  sie  auch  mitunter  anzufühlen    sein    können.      Kratzt  dud 


Ftfxr 


von  einer  solchen  Fläche,  was,  wie  wir  hörten,  besonders  leicht  sicn 
machen  läfst,  die  Hornschicht  weg  und  untersucht  man  jetzt  die  Schuppe 
unter  dem  Mikroskop,  so  wiid  man  beinahe  immer  finden,    dals  ein  oiei 


115 

mehrere  Lanugohaare  mitgefolgt  sind,  deren  Wurzelscheiden  die  be- 
schriebene  Verhomung  immer  sehr  deutlich  zeigen.  Die  Fig.  5  stellt 
eine  solche  von  einer  ganz  glatten,  roten  Fläche  abgekratzte  Schuppe  dar, 
nnd  dennoch  sieht  man,  dais  die  Wurzelscheiden  des  mitgefolgten,  äufserst 
kleinen  Lanugobaares  einen  verhältnismäDsig  mäcbtigen,  von  dicken,  harten, 
soliden  Homlamellen  zusammengesetzten  Konus  bilden. 

Aber  nicht  nur  wirkliebe  Haare  mit  ihren  verbornten  Wurzel- 
scheiden kann  man  von  der  untern  Fläche  einer  solchen  Schuppe  aus- 
gehen seben,  man  findet  auch  ganz  einfach  verhornte,  konisch 
zugespitzte  Zapfen  ohne  irgend  eine  Differenzierung  der  dieselbe  kon- 
stituierenden Zellen,  ganz  wie  der  bomogene  Homzapfen  in  Fig.  III,  B 
gezeichnet  ist,  und  zwar  kommen  aucb  diese  Zapfen  paarweise 
vor,  ein  Beweis  dafür,  dafs  sie  in  der  That  als  mifslungene,  zu 
früh  verhornte  Haaranlagen  aufzufassen  sind. 

Die  Details  der  bei  dieser  Elrankbeit  durchgebends  vorhandenen 
abnormen  Yerbornungsverbältnisse  der  Hautepithelien  können 
natürlich  nur  an  Schnittpräparaten  studiert  werden. 

Es  darf  wohl  als  wahrscheinlich  angesehen  werden,  dafs  es  hier  um 
trophische  Störungen,  im  Sinne  Samuels,  sich  handelt.  Auch  das  abnorm 
schnelle  Wachstum  der  Nägel  und  mitunter  der  Haare  scheint  dafür  zu 
sprechen.  Anderseits  haben  wir  auch  gesehen,  dafs  heftige  vasomotorische 
Störungen  zum  Wesen  dieser  Krankheit  gehören  können. 

Nach  dem,  was  oben  beschrieben  ist  und  die  beifolgenden  Zeich- 
nungen zeigen,  wird  es  wohl  ganz  tiberflüssig  sein,  einen  weiteren  Beweis 
dafür  zu  führen,  dafs  der  bei  dieser  Krankheit  auftretende  zirkumpiläre 
Homkegel  etwas  ganz  anderes  ist,  als  das,  was  man  bei  einem  gewöhn- 
lichen Lieben  pilaris  vorfindet.  Man  braucht  nur  eine  einzige  der  bei 
dem  letztgenannten  Zustande  auftretenden  Bildungen  unter  das  Mikroskop 
zu  bringen,  um  sich  hiervon  zu  überzeugen.  Die  Einwendungen,  die  einige 
Kollegen  DEVEnaiEs  (Cazenave  und  Bazin^^)  ihm  in  dieser  Richtung 
machten,  waren  somit  vollständig  unbegründet.  Wenn  auch  in  einigen, 
in  der  allerletzten  Zeit  erschienenen  Lehrbüchern  Liehen  pilaris  und 
Pityriasis  pilaris  als  Synonyme  aufgestellt  sind,  so  ist  dies  ganz  sicher 
ans  XJnbekanntschaft  mit  der  letztgenannten  Krankheit  geschehen. 

Was  die  Diagnose  der  hier  in  Rede  stehenden  Krankheit  betrifft, 
wird  kein  Fall,  der  das  beschriebene  typische  Bild  auf  den  genannten 
Prädilektionsstellen,  den  Dorsalflächen  der  Finger,  Hände  und  Vorder- 
arme zeigt,  Schwierigkeiten  veranlassen.  Aber  für  diejenigen  Fälle, 
die  die  wähnten  erroten    Flächen    darbieten,    will    ich    noch    einmal   die 


"  Legons  thioriques  et  cliniques  aur   les   mdladies   de   la  peau.     Paris   1862. 
pag.  362. 


116 

wiederholt  erwähnte,  auch  von  den  französischen  Verfassern  betonte 
eigentümlich  leichte  Ahlösbarkeit  der  Hornschicht  sowohl  wie 
die  nach  der  Entfernung  der  letzteren  zutage  kommende, 
halbfeuchte,  wie  etwas  klebrige  Fläche  hervorheben.  Übrigens 
wird  jeder,  der  das  Mikroskop  anwendet,  sofort  sich  zurecht  finden. 

Dafs  man  mit  der  Stellung  der  Prognose  für  diese  Ejrankheit  sehr 
vorsichtig  sein  mufs,  ist  schon  oben  erwähnt. 

In  bezug  auf  die  Behandlung  möchte  ich  den  Bat  geben,  doch 
immer  den  Arsenik  zu  versuchen,  obschon  französische  Verfasser  ge- 
funden haben  sollen,  dafs  diese  Arzenei  hier  wenig  oder  nichts  nützt 
Mein  erster  Fall  heilte  doch,  und  mein  zweiter  Fall  ist  in  guter  Bessemng 
unter  der  Anwendung  dieses  Mittels.  Bei  beiden  Patienten  wurde  aller- 
dings gleichzeitig  Leberthran  gegeben.  Aber  dasselbe  gilt  hier  wie 
bei  der  Behandlung  des  Liehen  ruber,  dafs  der  Arsenik  nicht  nur  lange, 
sondern  auch  in  starken  Dosen  gegeben  werden  muis.  Von  äufserlichen 
Mitteln  habe  ich  bei  diesem  letzten  Falle  nichts  finden  können,  was  der 
Zinkleimbehandlung  Unnas  gleich  kommen  könnte.  Die  Pyrogallns- 
säure,  womit  Besnier  gute  Resultate  gehabt  haben  soll,  habe  ich  nicht 
versucht. 


Ans  Dr.  Unnas  dermatologischem  Laboratoriam  in  Hamburg. 

Das  Syringo- Cystadenom. 

Von 

Dr.  Ludwig  Török,  ^ 

Assistenzarzt. 

Herr  N.,  33  Jahre  alt,  suchte  wegen  eines  Ekzema  seborrhoicum  die 
Klinik  des  Herrn  Dr.  Unna  auf.  Aufser  der  genannten  Affektion  fiel 
uns  bei  der  Inspektion  noch  eine  andre  auf,  welche  schon  früher  von 
andern  Spezialisten  als  Xanthoma  diagnostiziert  wurde.  Die  letztere 
Krankheit  bestand  schon  seit  langen  Jahren,  jedenfalls  schon  vor  dem 
15.  oder  16.  Jahre  des  Patienten,  denn  derselbe  wurdö  zu  dieser  Zeit 
beim  Baden  von  andern  auf  dieselbe  aufmerksam  gemacht.  Nach  der 
Angabe  des  Patienten  begann  die  Affektion  auf  der  vorderen  Brustwand 
in  der  Nähe  der  Achselhöhlen,  von  wo  sie  sich  langsam  nach  dem  scrobi- 
culum  cordis  hin  verbreitete.     Sie  manifestierte  sich  durch  das  Auftreten 


117 

Ton  im  Durchmesser  etwa  1  mm  gro&en,  erhabenen,  ki*eisrunden,  derben 
£nötchen,  welche  sich  durch  ihre  Farbe  nicht  von  ihrer  Nachbarschaft 
unterschieden.  Die  Knötchen  vermehrten  sich  allmählich  und  sind  gegen- 
wärtig auf  der  vorderen  Brust-  und  Bauchwand  —  aufwärts  bis  in  die 
Nähe  der  Clavicula,  abwärts  bis  zur  Nabelhöhe  —  zerstreut.  Die 
Achselhöhle  wurde  von  ihnen  freigelassen.  Dabei  hatten  sie  an  Gröise 
zugenommen,  und  auch  ihre  Farbe  veränderte  sich,  indem  die  greiseren 
Knötchen  eine  blaurote  Farbe  annahmen.  Die  gröfsten  Knötchen  von- 
etwa  4 — 5  mm  im  Durchmesser  befinden  sich  in  der  Nähe  der  Achsel- 
höhle. Die  Knötchen  verursachten  weder  bei  ihrer  Entwickelung,  noch 
während  ihres  Bestehens  subjektive  Beschwerden. 

Herr  Dr.  Unna  stellte  in  anbetracht  der  Ähnlichkeit  dieses  Falles 
mit  einem  von  Jaquet  und  Dabieb  beschriebenen  und  in  den  Annales 
de  Bermat.  et  de  Syph,  Bd.  VIU.  abgebildeten  Falle  die  Wahrscheinlich- 
keitsdiagnose auf  ein  Schweifsdrüsenadenom.  Jedenfalls  glaubte  er,  ein 
Xanthom  absolut  ausschlieisen  zu  können.  Die  histologische  Untersuchung 
ergab  die  volle  Berechtigung  dieser  Diagnose;  es  handelte  sich  wirklich 
um  eine  Geschwulstform,  welche  derjenigen  der  soeben  citierten  französi- 
schen Autoren  vollkommen  analog  war. 

Dem  Kranken  wurden  während  seines  Aufenthaltes  in  der  Klinik  zwei 
Knötchen  exstirpiert,  welche  in  absolutem  Alkohol  aufbewahrt  wurden. 
Weitere  5  Knötchen  —  jüngere  und  ältere  —  verdanken  wir  der 
Liebenswürdigkeit  des  Herrn  Dr.  Pennee,  dem  ich  hier  unsern  besten 
Dank  abstatte.  Die  letzteren  wurden  zum  Teil  in  FLEMMiNGScher 
Lösung,  zum  Teil  in  Chromessigsäure  chemisch  fixiert  und  in  Alkohol 
nachgehärtet.    Die  mikroskopische  Untersuchung  lieferte  folgendes  zutage: 

In  dem  teilweise  mit  erweiterten  Gefäfsen  versehenen,  verbreiterten 
Stratum  retioulare  des  Koriums  fallen  auf  den  ersten  Blick  kleinere  und 
grölsere,  in  Gruppen  oder  zerstreut  liegende  Höhlen  und  gerade  oder  ge- 
\^iinden  verlaufende,  schmälere  und  breitere  Epithelzüge  auf.  Diese  Ge- 
bilde liegen  zumeist  in  dem  mittleren  Abschnitte  des  Stratum  reticulare, 
nur  wenige  verirren  sich  bis  in  die  Nähe  des  Oberflächenepithels,  während 
man  in  den  tie&ten  Schichten  des  Koriums  überhaupt  keine  dieser  Forma- 
tionen findet.  Die  Höhlen  besitzen  auf  dem  Schnitte  zumeist  eine  kreis- 
runde Gestalt,  doch  gibt  es  auch  nicht  wenige  von  bimförmiger,  oder 
ovalem  Durchschnitte;  sie  haben  im  Mittel  die  Gröfse  eines  Nieren- 
glomerulus,  doch  gibt  es  auch  viel  kleinere  und  beträchtlich  gröfsere. 
Eine  Anzahl  setzt  sich  in  kürzere  oder  längere  Epithelzüge  fort,  welch 
letztere  manchmal  auch  zwei  benachbarte  Cysten  miteinander  verbinden. 
Höhlen  welche  sich  an  zwei  verschiedenen  Punkten  ihrer  Peripherie  in 
Epithelzüge  fortsetzen,  habe  ich  nicht  gesöhen.  Ebenso  wenig  konnte  ich 
sich  in  „Hirschgeweihform"  verästelnde  Epithelzüge,    wie  sie  Dabier  be- 


118 

schreibt,  auffinden.  Die  Epithelzüge,  welche  oft  einen  zur  Oberfläche 
parallelen  Verlauf  haben,  verästelten  sich  in  dem  von  mir  untersuchten 
Falle  überhaupt  nicht;  sie  haben  zum  geringeren  Teile  die  Breite  eines 
Schweifsdrüsenganges,  die  Mehrzahl  ist  stark  verschmälert  oder  überaus  er- 
weitert. Die  Cysten  sind  von  einer  bei  schwacher  Vergröfserung  homogenen, 
mattglänzenden,  kolloidähnlichen  Masse  erfüllt.  Ähnliche  Massen  kann  man 
auch  innerhalb  vieler  Quer-  und  Schrägschnitte  der  Epithelzüge  beobachten, 
die  sich  dadurch  zum  Teile  als  mit  einem  glänzenden  Inhalt  erfüllte  Kanäle 
erweisen.  An  einzelnen  Stellen  sieht  man  übrigens,  dafs  einem  Teile  der 
Cysten  die  Querschnitte  überaus  erweiterter  Kanäle  entsprechen.  Auch 
die  kleinsten  Höhlen  enthalten  oft  die  erwähnte  kolloidähnliche  Substanz, 
doch  findet  man  auch  häufig  an  Gröfse  den  kleinen  Cysten  vollkommen 
entsprechende,  von  Epithel  erfüllte  runde  Nester.  Die  kleinen  und 
kleinsten  Cysten  stehen  des  öfteren  ebenfalls  mit  schlauchförmigen  Ge- 
bilden in  Zusammenhang,  weshalb  man  sie  teilweise  als  Querschnitte  der- 
selben ansehen  mufs.  Man  findet  sie-  ganz  in  derselben  Anordnung,  wie 
die  gröfseren,  mit  dem  Unterschiede,  dals  einzelne  in  den  musculis  arrec- 
toribus  und  in  dem  Bindegewebe  zwischen  den  Acinis  der  Talgdrüsen 
enthalten  sind. 

Zwischen  den  Cysten  und  Kanälen  sieht  man  manchmal  —  besonders 
an  den  Bandpartien  der  Geschwülstchen  —  einen  Schweilsdrüsengang 
geradlinig  oder  infolge  der  Verdrängung  von  Seite  der  Geschwulstelemente 
im  Bogen  verlaufen.  Der  oberste,  noch  unterhalb  des  Oberflächenepithels 
befindliche  Teil  desselben  ist  manchmal  etwas  gewunden,  was  wohl  aneh 
als  Effekt  des  Druckes  seitens  der  Geschwulst  aufzufassen  ist.  Der  Aus- 
führungsgang  besitzt  die  normale  Breite,  ermangelt  vollständig  der  Seiten- 
fortsätze oder  Ausbuchtungen  und  geht  nie  in  eines  der  Geschwulst- 
elemente über.  Auch  der  Glomerulus  der  Knäueldrüse,  den  ich  in  einigen 
Schnitten  unterhalb  der  Geschwulst  auffinden  konnte,  zeigt  keine  Kaliber- 
veränderung gegen  die  Norm.  Sein  Epithel  enthält  etwas  mehr  Fett  und 
seine  unmittelbare  Umgebung  ist  fetthaltiger. 

Die  Gefafse  —  zumeist  etwas  erweiterte  Kapillaren  —  verlaufen 
ziemlich  geradlinig  zwischen  den  Cysten  und  Schläuchen,  in  deren  un- 
mittelbarer Nähe  sie  sich  gewöhnlich  gabelig  teilen;  diese  Gefä&äste  um- 
kreisen einen  geringeren  oder  gröfseren  Abschnitt  des  Umfanges  der  G^- 
schwulstelemente.  An  der  Aufsenwand  einzelner  gröfserer  Gefäfsstämmchen 
haben  sich  Fettkömchen  angesammelt.  Dieser  letztere  Befund,  sowie  der 
Fettgehalt  des  Knäuelepithels  und  der  Umgebung  des  Knäuels  entspricht 
—  wie  ich  nebenbei  bemerken  will  —  ganz  der  UNNASchen  Theorie  von 
der  Bildung  des  Fettgewebes. 

Bei  stärkerer  Vergröfserung  sieht  man  die  Bindegewebsfibrillen  des 
Koriums  die  Höhlen  und  Kanäle,  welche  keine  membrana  propria  besitzen, 


119 

umkreisen.  Ihr  "Wandbelag  wird  von  2 — 3  Reiben  Epitbelzellen  gebildet, 
von  welchen  die  äufsersten  Lagen  aus  mehr  oder  weniger  platten,  mit 
gut  färbbarem  Kern  nnd  feinkörnigem,  schwach  tingiblem  Protoplasma 
versehenen  Zellen  bestehen;  die  Zellen,  welche  die  der  Höhle  zunächst 
liegende  Eeihe  des  Wandbelages  zusammensetzen,  besitzen  zwar  noch 
einen  gut  ferbbaren  Kern,  ihr  Protoplasma  jedoch  ist  gequollen,  glasig- 
durchsichtig, homogen  geworden  und  nimmt  den  Parbstoflf  ganaicht  an; 
ihr  Zellleib  ist  etwa  auf  das  dreifache  angeschwollen,  und  auch  der  Kern 
scheint  etwas  vergrölsert.  Diese  innere  Zelllage  kann  nun  zum  Teil  oder 
auch  ganz  fehlen,  d.  h.  die  Zellglieder  derselben  lösen  ihren  Zusammen- 
hang mit  der  subjacenten  Lage  und  kommen  nun  in  das  Innere  der 
Höhle  zu  liegen,  wo  sie  sich  zunächst  an  die  schon  früher  desquamierten 
Zellmassen  anlagern.  Die  letzteren  nehmen  die  Farbstoffe  nicht  an,  zeigen 
einen  etwas  ins  hellgelbliche  spielenden  Farbenton  und  einen  matten 
Glanz  und  sind  die  Elemente  jener  kolloidähnlichen,  scheinbar  homo- 
genen Substanz,  welche  wir  bei  schwacher  Vergröfserung  als  Füll- 
masse der  Cysten  und  Schläuche  beschrieben.  Der  Kern  dieser 
Zellen  ist  zwar  durch  Färbung  nicht  mehr  nachzuweisen,  man  kann 
denselben  aber  in  den  mehr  peripheren  Schichten  der  die  Höhle 
erfüllenden  Zellmassen  infolge  seines  vom  übrigen  Zellleib  verschie- 
denen Lichtbrechungsvermögens  zumeist  noch  deutlich  als  gequollenes, 
homogenes,  ziemlich  stark  lichtbrechendes  Gebilde  unterscheiden.  Durch 
die  Quellung  der  innersten  Epithellage  und  durch  die  infolge  der  Des- 
quamation anrückenden  Zellen  werden  die  in  der  Höhle  liegenden  Zell- 
gebilde enge  aneinander  geprefst,  wodurch  da  und  dort  feine  Fältelungen 
an  ihnen  entstehen;  die  Zellgrenzen  werden  aber  hierdurch  nie  gänzlich 
verwischt.  An  dickeren  Schnitten  sieht  man  die  weiten  Schläuche 
von  mattglänzenden,  aus  diesen  zusammengeprefsten  Zellen  bestehenden 
Cylindem  erfüllt. 

Die  Cysten  entwickeln  sich  zum  Teile  aus  kugeligen,  kleinen  Epithel- 
nestern, welche  aus  kubischen,  mehr  peripher  liegenden,  und  aus  zentralen, 
polygonalen  Zellen  bestehen,  von  welchen  die  letzteren  schon  ein  etwas 
gequollenes,  helleres  Protoplasma  besitzen,  durch  die  fortlaufende  De- 
generation der  zentralen  Zellen.  Eine  andre  Entstehungsart  ist  die,  dafs 
an  einer  oder  zwei  Stellen  eines  Schlauches  eine  stärkere  Zellproduktion 
mit  nachfolgender  Degeneration  und  Desquamation  auftritt.  Die  dadurch 
entstehende  und  sich  fortwährend  vergröfsernde  Höhle  nimmt  immer  mehr 
von  dem  mit  ihr  im  Zusammenhange  stehenden  Kanäle  auf.  Ist  der 
letztere  zwischen  zwei  Cysten  pusgespannt,  so  muJs  er  sich  infolge  des 
von  zwei  Seiten  auf  ihn  wirkenden  Zuges  verschmächtigen,  und  es  tritt 
endlich  an  irgend  einer  Stelle  seines  Verlaufes  eine  Abschnürung  ein. 
Die  Cysten  entwickeln  sich  also  entweder   aus    einzelnen  Zellinseln  oder 


120 

durcli  allmähliche  Ausbauchung,  eventuell  durch  Abschnürung  einzelner 
Schlauchabschnitte. 

Die  engsten  Kanäle,  welche  nach  obiger  Beschreibung  gewohnlich 
zwei  benachbarte  Cysten  verbinden,  oder  wenigstens  mit  einer  in  Verbin- 
dung stehen,  besitzen  einen  von  einer  Reihe  niedrig-kubischer,  oder  zu- 
meist noch  flacherer  Zellen  gebildeten  Wandbelag.  Die  etwas  breiteren 
Zellzüge,  bei  welchen  ich  kein  Lumen  entdecken  konnte,  haben  eine 
doppelte  Zellreihe  und  sind  manchmal  einem  Knäueldrüsenausführungs- 
gange  zum  Verwechseln  ähnlich,  doch  zeigt  die  innere  Lage  gewöhnlich 
schon  den  Beginn  der  Degeneration  in  Form  des  helleren  Zellprotoplasmas. 
Auch  diese  stehen  manchmal  mit  Cysten  in  Zusammenhang. 

Die  wandständigen  Zellen  produzieren  nun  immer  neue  Zelllagen, 
während  die  älteren,  weiter  nach  innen  liegenden  immer  mehr  aufquellen 
und  sich  den  im  Lumen  der  Höhlen  enthaltenen  Zellmassen  anlagern. 
Hierdurch  wird  die  Cyste  immer  mehr  vergrölsert,  der  Schlauch  immer 
mehr  erweitert,  und  die  wandständigen  Zellen  werden  endlich  infolge  de$ 
dadurch  resultierenden  excessiven  Druckes  plattgedrückt.  Nach  Mitosen 
habe  ich  in  den  angefertigten  Präparaten  vergebens  gesucht,  was  übrigens 
bei  dem  überaus  langsamen  Wachstum  der  Geschwülstchen  nicht  zu  ver- 
wundem ist. 

Wir  haben  es  hier  also  mit  einer  Geschwulst  zu  thun,  welche  im 
wesentlichen  aus  Höhlen,  Schläuchen  und  aus  Epithelnestem  und  -zügen 
besteht,  welche  sich  im  weiteren  Verlaufe  zu  Cysten  und  Kanälen  um- 
wandeln, demnach  mit  einem  Cvstadenoma.  Aus  dem  Baue  der  Ge- 
schwulst,  besonders  der  Konfiguration  der  Schläuche,  und  entsprechend 
dem  Aussehen  de^  Epithels  eines  Teiles  derselben  ist  es  klar,  dafs  der 
Ausgang   des  Cystadenoms  in  den  Knäueldrüsen  zu  finden  ist. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  die  Geschwulst  sich  aus  schon  entwickelten 
EjQäueldrüsen  herausbilde  oder  ob  sie  aus  embryonalen,  in  die  Cutis  ver- 
schlagenen Keimen  entstand.  Unsrer  Meinung  nach  ist  die  letztere  An- 
nahme die  richtige.  Trotz  eifrigen  Nachforschens  konnte  ich  in  den 
untersuchten  Knötchen  keinen  Zusammenhang  zwischen  den  Knäueldrüsen 
einerseits  und  den  Geschwulstelementen  anderseits  auffinden.  Die  Aus- 
führungsgänge hatten  alle  ihr  normales  Aussehen,  ihre  normale  Breite, 
ihre  doppelte  Epithellage;  nirgends  konnte  ich  Epithelknospen,  Ver- 
zweigungen oder  Ausbuchtungen  an  ihnen  entdecken,  nirgends  sah  ich 
den  Übergang  der  Gänge  in  die  Cysten  oder  in  die  Schläuche  der  Ge- 
schwulst. Die  entsprechenden  Drüsenknäuel  waren  von  ganz  normaler 
Weite,  ihr  Epithel  enthielt  höchstens  etwas  mehr  Fett.  Auch  Darier 
konnte,  trotz  sehr  eingehender  Untersuchungen,  keinen  direkten  Übergang 
des  Ausführungsganges  in  die  Geschwulstelemente  sehen.  Trotzdem 
glaubt  er  an  der  Ansicht  festhalten    zu    müssen,    dafs    das    letztere  wohl 


121 

geschehe.  Er  sah  nämlich  in  einem  Schnitte  einen  von  der  Oberfläche 
abwärts  steigenden  Gang  in  der  Nachbarschaft  von  Cysten  und  Zell- 
Dostem  plötzlich  enden  und  konnte  die  Fortsetzung  desselben  in  den 
nächsten  Schnitten  nicht  auffinden.  Bei  dem  Umstände,  dafs  der  Aus- 
fuhrungsgang von  den  Cysten  oft  aus  seiner  Lage  verdrängt  wird  und 
dann,  wie  ich  es  oben  beschrieb,  streckenweise  im  Bogen  verläuft,  dafs 
also  Dabieb  eventuell  die  Fortsetzung  des  Drüsenganges  in  den  nächsten 
Präparaten  als  Querschnitt  desselben  bekam  und  sie  ihm  daher  als 
jüngste  Geschwulstelemente  imponieren  konnten,  —  abgesehen  davon, 
dafs  man  bei  der  greisen  Zahl  der  Cysten  und  Schläuche  der  Geschwulst 
ähnliche  Bilder  und  wohl  auch  direkte  Übergänge  häufiger  finden  müfste, 
ist  mir  solch  ein  Zusammenhang  zwischen  dem  Drüsenausführungsgang 
und  den  Geschwulstelementen  schon  deshalb  unwahrscheinlich,  da  es 
doch  dann  kaum  möglich  wäre,  dafs  die  unterhalb  der  Geschwülstchen 
befindlichen  Knäuel,  die  ich  in  einigen  Präparaten  zu  Gesichte  bekam, 
ganz  unverändert  blieben.  Sie  müfsten  doch  zu  mindest  mit  einer  Er  Weiterung 
ihres  Lumens  und  Plattgedrücktwerden  ihres  Epithels,  als  Stauungs- 
erscheinung, auf  ähnliche  „Kommunikationshindemisse",  wie  ich  sie  oben 
an  den  Schläuchen  der  Geschwulst  beschrieb,  antworten.  Auch  das 
Einmünden  in  eine  Cyste  eines  Kanals,  welcher  dem  des  Knäueldrüsen- 
ausführungsganges  ähnliches  Epithel,  aber  wie  Dabieb  selbst  hervorhebt, 
keine  membrana  propria  besaJs  und  sich  im  Korium  verlor  —  also  nicht 
als  Schweüsdrüsengang  verfolgen  liefs  — ,  kann  doch  nicht  als  Beweis  der 
zu  beki*äftigenden  Annahme  gelten.  Ähnliche  Bilder  bekommt  man  sehr 
häufig  zu  Gesicht,  wenn  auch  das  Epithel  in  den  von  mir  untersuchten 
Schnitten,  je  nach  dem  engeren  oder  weiteren  Kaliber  der  Zellzüge  und 
Schläuche,  zumeist  schon  platter,  oder  teilweise  degeneriert,  eventuell  nur 
in  einer  Lage  vorhanden  war. 

Als  weitere  Stütze  seiner  Ansicht,  dais  der  normale  Schweilsdiüsen- 
gang  zur  Bildung  der  Geschwulst  beitrage,  führt  Dabieb  an,  dafs  er  an 
einem  Mündungsstücke  des  Ganges  eine  Wuchening  beobachtete.  Da  er 
sich  nicht  weiter  über  das  Aussehen  und  Verhalten  etwaiger  Seitenäste 
äufsert,  mufs  hier  ^vohl  nur  die  Verbreiterung  des  Ganges  in  dem  tiefereu 
Abschnitte  seines  Mündungsstückes  —  wie  sie  im  Texte  hervorgehoben 
wird  und  auch  in  der  Zeichnung  sichtbar  ist  —  gemeint  sein.  Diese 
kommt  aber  bei  so  vielerlei  Prozessen  vor,  dafs  man  sie  wohl  kaum  mit 
der  Entstehung  der  Geschwulst  in  Zusammenhang  bringen  kann.  Übrigens 
könnte  auch  eine  „Knospung"  des  Mündungsstückes,  welche  mir  durch 
einen  kurzen  Vorsprung  an  der  oberen  Partie  desselben  in  der  Zeichnung 
angedeutet  zu  sein  scheint,  bestehen,  ohne  deshalb,  schon  wegen  der 
Seltenheit  des  Befundes,  mit  der  Entstehung  der  Geschwulst  in  Zusammen- 
hang gebracht  werden  zu  müssen. 


122 

Die  Annahme,  daiSg  sich  die  Geschwülstchen  aus  embryonalen  Keimen 
entwickeln,  wird  aber  noch  durch  weitere  umstände  gestützt.  Dies« 
Annahme  gemäfs  würden  die  sich  normaler  Weise  zu  Knäueldrüsen  ent- 
wickelnden Epithelfortsätze  durch  irgend  welche  Umstände  an  der  nor- 
malen Evolution  verhindert;  es  käme  also  dieser  Auffassung  gemäls  an 
den  betreffenden  Stellen  nicht  zur  Bildung  der  gewöhnlichen  Boifiuel- 
drüsen.  Aus  meinen  Präparaten  mufs  ich  des  weiteren  folgern,  dafe  die 
eingedrungenen  kleineren  und  gröfseren  Epithelkolonnen  und  Nester  sich 
von  dem  Oberflächenepithel  losschnüren  und  von  den  sich  entwickelnden 
Gebilden  des  Koriums  umwachsen  werden. 

Welche  Befunde    stützen    nun   diese  Meinung?     Vor  allem  der  Um- 
stand,   dafs  es  im  Bereiche    der  Geschwulst   nur  wenige    Schweifedrüsen- 
gänge gibt  und  dieselben   besonders    an    den    peripherischen    Partien  der 
Geschwulst  verlaufen,    dafe  die  Knäuel  der  Schweifsdrüsen  unterhalb  der 
Geschwulst  in  entsprechend  geringer  Zahl  anwesend  sind,    und  dafe    sich 
die  Cysten  und  Schläuche  alle  an  den  mittleren  Rayon  des  Koriums  halten, 
das  Stratum  der  Knäuel  aber  ebenso  frei  von    den    Elementen   des  CH-st- 
adenoms  ist,    wie  die  subepitheliale  Lage.      Den    letztern  Umstand     hebt 
auch  Dabieb  hervor.     Was  anders  beweist  aber  dies,    als  dafe  es  an  den 
betreffenden  Stellen  gar  nicht  zur  Bildung    der  Knäueldrüsen   gekommen 
war,  dafe  die  embryonalen  Knäueldrüsenanlagen  am  Herabsteigen  bis  zur 
Tiefe  der  Knäuel,  sowie  an  der  Bildung  der  letzteren  verhindert  waren,  und 
dafe  sie  sich  vom  Oberflächenepithel    abschnürten?      Des    weiteren    mnfe 
ich  hervorheben,    dafe    ich    in    dem  Winkel    zwischen   zwei  benachbarten 
Talgdrüsenacinis  kleine  Cystchen  beobachten  konnte,  und  dafs  im  arrector 
pili  ähnliche  Gebilde  enthalten  waren.     Die  Fasern  des  letzteren  wurden 
beim  weiteren  Wachstum    der  Cysten    zur    Seite   gedrückt,    bei  stärkerer 
Vergröfeerung  derselben  erlitten  sie  eine  fettige  Degeneration.     Diese  Be- 
funde zeigen  uns  an,  dafs  die  ins  Korium  eingesprengten  Keime  von  den 
betreffenden  Gebilden  umwachsen  werden.     Es  ist  doch  nicht  anzunehmen, 
dafs  die  Geschwulstelemente  erst  nachträglich    in   den  schon  entwickelten 
Muskel  hineingelangt  wären.     Das  elastisch-kontraktile  Gewebe    desselben 
leistet  doch  dem  Eindringen  der  Schläuche    gewifs  mehr  Widerstand,  als 
das    benachbarte   kollagene    Gewebe,    so    dafe    die     proliferierenden    Ge- 
schwulstelemente demselben  eher  ausweichen    und  sich  vielmehr  zwischen 
den  Bindegewebsbündeln  des  Koriums  verbreitet  haben  würden. 

Es  ist  aus  diesen  Gründen  ausgeschlossen,  dafs  sich  diese  Form  von 
(Kystadenom  aus  schon  ausgebildeten  Knäueldiiisen  entwickele,  und  wir 
haben  es  hier  mit  einer  Bildung  zu  thun,  auf  welche  wohl  das  Schlag- 
wort „verunglückte  Knäueldrüsenlage"  pafet. 

Es  erübrigt  mir  nur  noch  die  Erklärung  und  Begründung  des 
Wortes    Syringo- Cystadenom,    welches    mein    sehr    geehrter    Chef,    Herr 


123 

Dr.  Uana,  zur  kurzen  Benennung  der  uns  beschäftigenden  Geschwulst 
vorschlägt.  Wir  haben  unter  den  Adenomen  der  Haut,  welche  mit  dem 
gesamten  Knäueldrüsenapparat  zusammenhängen,  zwei  Hautgruppen  zu 
untei^scheiden:  diejenigen  Adenome,  welche  vom  Knäuel,  und  diejenigen, 
welche  vom  nicht  sezemierenden  Grangepithel  ausgehen.  Solche  Adenome, 
welche  aus  versprengten  Keimen  der  Knäueldrüsenanlage  sich  bilden,  ge- 
hören zur  zweiten  Gruppe,  da  bekanntlich  zuerst  der  Gang  und  später 
erst  in  den  tieferen  Lagen  der  Haut  der  Knäuel  sich  entwickelt.  Im 
Gegensatze  also  zu  denen  des  fertigen  Knäuels  wollen  wir  alle  andern 
Adenome  —  der  sich  bildenden  Drüse  sowohl,  wie  des  fertigen  Ganges  — 
Syringo-Adenome^  der  Haut  nennen,  um  uns  des  Gebrauches  des 
langatmigen  und  deshalb  wenig  mundgerechten  Namens:  Adenome  des 
Knäueldrüsenausführungsganges,  zu  entheben.  In  seiner  Kürze  besteht 
seine  Begründung  und  seine  Berechtigung.  Die  ims  hier  beschäftigende 
Geschwulst  muls  folglich  heifsen:  Syringo-Oystadenom. 

Zum  Schlufe    drücke    ich    Herrn    Dr.  Unna    für   seine  bereitwillige 
Unterstützung  meinen  tiefgefühlten  Dank  aus. 


Über  Lepra  und  deren  Eontagiosität. 

Von 

Dr.  Daubler, 

zur  Zeit  in  Afrika. 
Mit  1  Tafel  in  Lichtdruck. 

Nachstehende  Mitteilungen  veröffentliche  ich  in  einem  dermatolo- 
gischen Fachblatt,  obschon  ich  nicht  darauf  Anspruch  machen  kann, 
Deimatolog  zu  sein.  Es  ist  indessen  bei  wissenschaftlichen  Beobachtungen 
und  Forschungen  auf  Reisen  nicht  möglich,  sich  nur  auf  einige  Disziplinen 
zu  beschränken,  in  welche  man  sich  mehr  vertieft  hat.  Innerhalb  zwölf 
Jahren  bot  sich  mir  auf  meinen  Reisen  während  ständigen  Aufenthalts 
an  gröfseren  Plätzen  mit  Spitaleinrichtungen  Gelegenheit,  Lepra  in  ver- 
schiedenen Ländern  zu  sehen  und  zu  beobachten,  so  an  der  Mittelmeer- 
küste, in  der  Türkei,  in  Spanien,  in  Ostindien,  in  Afrika  und  in  Norwegen. 


^  Da  es  sich  sowohl  beim  fertigen  Ausführungsgange,  wie  bei  der  ersten  Anlage 
des  Enäueldrüsenapparates  stets  um  enge,  gestreckte,  röhrenförmige  Gänge  handelt, 
80  wählen  wir  für  diese  zum  Unterschiede  von  dem  gewundenen,  weiteren,  knäuel 
förmigen  Abschnitt  der  Drüse  den  Namen:  Syrinx  (cvQiyC  =  enger  Gang). 


124 


Am  10.  Oktober  1888  besuchte  ich  zum  ersten  mal  die  Leprastation 
auf  Robben-Island  in  Südafrika,  einer  kleinen  der  Tafelbai  vorgelagerten 
Insel.  Gleich  am  ersten  Tage  meiner  Anwesenheit  auf  Robben-Island 
fand  ich  so  viel  einer  genaueren  Untersuchung  "Würdiges,  dals  ich  beschlolk 
der  freundlichen  Einladung  des  Dr.  Wynne,  Arzt  der  dortigen  Lepra- 
stationen, zu  folgen  und  mich  längere  Zeit  dort  aufzuhalten.  In  kürzester 
Zeit  kehrte  ich  von  Kapstadt  aus  mit  photographischem  Apparat  und 
anderen  mir  zweckmäisig  erscheinenden  Appai^aten  versehen  nach  Robben- 
Island  zurück. 

Ehe  ich  über  die  Ergebnisse  unserer  mikroskopischen  Untersuchungen 
berichte,  glaube  ich  meine  nicht  minder  wichtigen  klinischen  Beobachtungen 
voran  stellen  zu  müssen,  nebst  einer  kurzen  historischen  Übersicht. 

Robben-Island  beherbergt  augenblicklich  84  Leprakranke.     Die  Mehr* 
zahl,  58,  sind  Männer;  in  der  weit  von  dem  Männerasyl  an  einer  kleinen 
Meeresbucht  gelegenen  weiblichen  Abteilung  befinden  sich  nur  26  Patien- 
tinnen,   darunter  sechs  Weiise  und  fünf  Mischlinge.     Nur  drei  Europäer 
findet  man  unter  den  58  männlichen  Kranken,  dagegen  ein  Dritteil  Misch- 
linge von  Kaffern  und  Weilsen,    der  Rest   besteht    fast  zur  Hälfte    ans 
Malayen ;  die  gröfsere  Hälfte  desselben  gehört  den  verschiedensten  Stämmen 
Süd-  und  Südwestafrikas  an.     Die  Malayen  sind  zur  Zeit  der  holländischec 
Herrschaft    über  das  Kap  vom   Grouvemement  zu  Anfang  des  18.  Jahr- 
hunderts als  Sklaven  importiert,  und  erst  nach  ihrer  Einwanderung  in  die 
Kapkolonie  ist  bei  der  dortigen  Bevölkerung  die  Lepra  bekannt  geworden. 
Die  Malayen  hatten,  wie  es  in  einem  alten  holländischen  Gouvemements- 
bericht  heilst,  von  Java  her  die  ersten  Leprakranken  nach  hier  mitgebracht 
Zu  den  Malayen  sollen  nach  Berichterstattern  englischer  und  holländischer 
Nation  die  Chinesen  die  Krankheit  gebracht  haben,    ebenso  nach  andern 
Völkerschaften  Asiens,  Afrikas  und  Amerikas.     So  soll  nach  Trinidad  die 
Krankheit  gekommen  sein,  nach  St.  Helena,  nach  Süd-Amerika,  worüber 
sich  speziell   Dr.  Liveing,    dirigierender  Arzt    am  Middlessex   Hospital. 
ausspricht,     über    die  Entstehung   und  Verbreitung    der  Lepra    auf    den 
Sandwichinseln    sagt   Dr.  Kneeland    in  seiner   Geschichte    der  dortigen 
Lepra:    „It  was  not  known   in  these  Islands  tili  1848  at  which  time  it 
was  Said  to  have  been  introduced  by  Chinese  and  it  was  not  noticeable 
as  a  disease  of  the  country  tili  ten  years  afterwards."     In  einem  Au&atz 
über  Lepraverbreitung  und  Leprabacillen  im  Lancet   vom  30.  Juli  1^81 
wird  konstatiert,    dafs  zu  diesem  Zeitpunkt  bereits   der  zehnte  Teil   der 
Bevölkerung  der  Sandwichinseln  Leprakranke,   „lepers",  seien. 

Aus  dem  Bericht  von  Beavex  Bake,  Oberarzt  am  Lepraspital  zu 
Trinidad  zu  Anfang  1887,  ersieht  man  die  beträchtliche  Zunahme  der 
Krankheit  dort.  Wähi'end  im  Jahre  1877  die  Zahl  der  aufgenommenen 
Leprakranken  nur  35  betrug,    steigerte    sie    sich    successive    bis  zu  Ende 


125 

1886  auf  73.  Die  noch  junge  Anstalt  beherbergt  jetzt  beinahe  200 
Kranke. 

Die  anfällige  Zunahme  der  Lepra  in  den  englischen  Kolonien  Süd- 
afrikas beweist  der  Report  of  the  sdect  Comitte  on  tlie  spread  of  Le- 
prosy.  Capetown  1883.  Leider  lassen  die  Einrichtungen  auf  Robben 
Island  sehr  viel  zu  wünschen  übrig  und  sind  nicht  ausreichend,  um  auch 
nur  den  kleinsten  Teil  der  Leprakranken  der  Kolonie  zu  beherbergen,  so 
dals  man  hier  aller  Orten  frei  sich  bewegende  Lepröse  trifft.  Als  ich 
die  Malayen  in  ihren  Wohnungen  aufsuchte,  fand  ich  häufig  unter  den 
Waschfrauen,  welche  ausschliefslich  der  malayischen  Rasse  angehören, 
mit  beiden  Formen  der  Lepra  behaftete  Lidividuen.  Ebenso  schlimm 
sieht  es  in  Transvaal  aus,  sowohl  die  eingeborenen  Ka£fem,  als  auch  Weiise 
haben  an  Lepra  zu  leiden.  Die  Eingebomen  und  die  Häuptlinge  der  am 
Limpopo  wohnenden,  zu  Transvaal  gehörigen  Stämme  haben  vor  noch 
kurzer  Zeit  bei  dem  dortigen  Gouvernement  um  Errichtung  von  Lepro- 
Serien  nachgesucht,  wozu  sie  die  Hälfte  zu  zahlen  versprachen,  sind  aber 
abschläglich  beschieden  worden.  Bedenkt  man,  dals  zu  den  Diamantfeldem 
in  Kimberley  und  den  Goldfeldern  Transvaals  Neger  aus  den  zentralen 
Teilen  Afrikas  und  vom  Sambesi  als  Arbeiter  kommen,  so  kann  man 
verstehen,  wenn  Eleisende  erzählen,  dais  man  auch  dort  Lepröse  anträfe, 
welche  früher  unbekannt  waren.  Ein  Missionar  aus  Ovamboland  berichtete, 
dafs  er  auch  dort  Leprakranke  gesehen  habe;  die  Portugiesen  und  die 
dort  handelnden  Mischlinge  von  Chinesen  von  St.  Helena  würden  als  die 
Überbringer  der  Krankheit  angesehen.  Wenn  auch  manches  dagegen 
spricht,  den  Chinesen  speziell  die  Urheberschaft  der  Lepra  zuzuschreiben,  so 
geht  doch  ein  eigner  Zug  durch  die  Geschichte  der  Lepra,  welche  ich  hier 
nur  skizziert  habe.  Vertieft  man  sich  aber  mehr  in  das  Studium  über  die 
Verbreitung  der  Lepra  unter  den  verschiedenen  Völkern  der  Erde,  so  wird 
man  schon  dadurch  auf  die  Kontagiosität  der  Krankheit  hingewiesen. 

Auf  Robben  Island  findet  man  bei  weitem  vorwiegend  die  tuberöse 
Form  der  Lepra,  nur  ein  Vierteil  sämtlicher  Patienten  zeigt  die  anäs- 
thetische Form.  In  Bergen  —  Norwegen  —  sah  ich  viel  mehr  die  letz- 
tere und  fand  auch  die  tuberöse  Form  nicht  in  so  ausgesprochenem  Grade, 
als  hier  in  der  Mehrzahl  der  Fälle.  In  Indien  steht  das  Vorkommen  der 
tuberösen  zur  anästhetischen  Form  in  demselben  Zahlenverhältnis  als 
hier,  4:1.  Die  meisten  der  Kranken  auf  Robben-Island  stammten  aus 
dem  Bezirk  Malmesbury,  von  der  Kalkbay  und  von  der  Kapstadt,  nur 
ein  Dritteil  aus  den  übrigen  Teilen  der  Kolonie.  Zwei  Fälle  von  tube- 
röser Lepra  habe  ich  auf  Robben-Island  beobachtet,  in  denen  ich  nach- 
weisen kann,  dafs  die  Lepra  nicht  anders  als  durch  Überimpfung  von 
Mensch  zu  Mensch  bei  der  Schutzpockenimpfung  entstanden  ist.  Eine 
vollständige    ärztliche  Überwachung    und  Beobachtung   während  des  Ent- 


126 

Stehens  der  Lepra  nach  der  Impfung  hat  nicht  stattgefunden,  doch,  decken 
sich  die  Beobachtungen  des  Impfarztes,  welcher  die  Frau  H.  einmal  nach 
der  Lepraeruption  sah,  mit  denen  der  Patientin,  die  andere  PatientiD 
wurde  von  demselben  Arzt  geimpft.  Die  beiden  weiblichen  Kjranken 
befanden  sich  noch  nicht  lange  in  der  Anstalt,  und  dem  behandelnden 
Arzt  war  die  ihm  irregulär  vorkommende  Form  von  Lepra  aufgefalleii, 
schon  ehe  er  von  der  Impfung  wufste,  und  er  hatte,  wie  er  mir  mitteilte, 
daraufhin  bei  den  Patientinnen  und  weiterhin  Nachforschungen  angestellt 
Ich  lasse  es  dahingestellt,  ob  die  Form  von  Lepra  bei  den  beiden  hier 
photographierten  Personen  eine  irreguläre  ist.  Allerdings  werden  dem 
Leser  bei  der  Betrachtung  der  Photos  der  gleich  näher  zu  beschreibendeo 
Kranken  Abweichungen  von  der  regelmäfeig  sich  wiederholenden  Form 
auffallen,  besonders  bei  der  Frau  H.,  deren  Photo  einzeln  hier  daigestelk 
ist.  Es  fällt  bei  dieser  die  Lokalisation  des  Tuber  an  einem  Stimhöcker 
zunächst  auf,  während  doch  gewöhnlich  die  Knollen  besonders  an  den  Ohr- 
läppchen, welche  bei  ihr  nur  wenig  affiziert  sind,  und  gleichmäfsig  in 
der  Haut  über  den  Augenbrauen  resp.  über  beiden  Stimhöckem  sich  zeigen. 
Das  andere  Photo  mit  3  Patientinnen  zeigt  zunächst  eine  sitzende,  an  an- 
ästhetischer  Lepra  Leidende,  die  vom  Beschauer  rechts  stehende  ist  die 
zweite  der  bei  der  Revaccination  durch  Lepra  infizierte,  die  dritte  links- 
stehende eine  Patientin,  in  deren  Familie  Lepra  vorgekommen  war.  Wäh- 
ernd  die  letztere  diffuse  kleinere  Knollen  der  Gresichtshaut  und  der  Ohr- 
läppchen und  Hände  zeigt,  sieht  man  bei  der  vorher  Genannten  die  Knollen 
im  Gesicht  scharf  lokalisiert,    die  Ohrläppchen  und  die  Hände  ganz  frei 

Die  erwähnten  beiden  Fälle  teile  ich  im  folgenden  kurz  mit. 

1.  Frau  H.  aus  W.,  36  Jahre  alt,  verheiratet,  will  nur  einmal 
an  Conjunctivitis  als  Kind  erkrankt  gewesen  sein.  Aus  ihrer  Ehe 
stammt  ein  zwölfjähriges*,  durchaus  gesundes  Kind.  Lepra  in  ihre: 
Familie  läfet  sich  bei  genauem  Nachfragen  völlig  ausschliefisen-  Die 
Schwester  ihrer  Mutter  soll  an  Tuberkulose  der  Lungen  gelitten 
haben.  Als  vor  einigen  Jahren  eine  Pockenepidemie  im  westliehen 
Teile  der  Kapkolonie  und  in  der  Kapstadt  selbst  herrschte,  liefs  sich 
Frau  H.,  wie  alle  andern  Europäer,  zum  zweiten  male  vaccinieren. 
Die  Erstimpfung  war  an  ihr  als  zweijähriges  Kind  vollzogen.  Im  Verlauf 
der  nächsten  zwei  Monate  gleich  nach  der  Impfung,  während  dessen  sie 
abends  drei  bis  fünf  mal  jede  "Woche  Fieberfrost  verspürte,  vermehrten 
Durst  hatte,  aber  weniger  Urin  lieJs  als  sonst,  und  währenddessen  die 
Impfstellen  anschwollen  und  braun  wurden,  fühlte  sie  sich  immer  sehr 
matt.  Auffallenderweise  bildeten  sich  aber  keine  Pusteln  mit  wässerigem 
oder  eiterigem  Inhalt  an  beiden  Oberarmen  aus,  in  deren  Mitte  etwa  auf 
der  Haut  über  der  Insertion  des  musculus  deltoideus  die  Imp£3tellen  sich  be- 
fanden. Genau  2V2  Monate  nach  der  Impfung  suchte  die  Frau  den  Arzt  wieder 


_J 


127 

auf.  Wie  schon  erwähnt  waren  die  Impfstellen  angeschwollen,  den  Höhe- 
punkt erreichte  die  Anschwellung  acht  Tage  nach  der  Impfung,  drei  Tage 
nach  derselben  bemerkte  sie  dieselbe.  Die  gelbliche  Verfärbung  trat 
ebenfalls  nach  acht  Tagen  her^-or,  nachher  wurde  die  Haut  der  Umgebung 
der  Impfstellen,  es  waren  deren  auf  jedem  Arm  drei,  gelblich,  bräunlich, 
sü  dafe  man  schon  14  Tage  nach  der  Impfung  eine  Zweimarkstück  grofse, 
erhabene  Verfärbung  der  Haut  an  jeder  solchen  Stelle  bemerken  konnte. 
Nach  Verlauf  von  fünf  Wochen  vom  Impftermiu  an  gerechnet  fingen  diese 
sich  immer  langsamer  als  in  den  ersten  Wochen  sich  vergröfsemden 
gelblich  braunen  Flecke  an  sich  abzuflachen,  und  als  sie  10  Wochen 
nach  der  Impfung  wieder  zum  Arzt  kam,  war  die  Haut  der  Oberarme 
und  des  oberen  Dritteiis  der  Vordei'arme  bräunlich  verfärbt  und  faltig 
geworden.  Der  Arzt  tröstete  sie  und  bat  sie  wiederzukommen.  Die  an- 
gewendeten Mittel  halfen  nichts,  die  braunen  Flecke  wurden  gröfser,  die 
Haut  bis  zur  Mitte  der  Vorderarme  ergriffen.  Unter  leichten  Fieber- 
erscheinungen und  Unwohlsein  brachte  die  Patientin  noch  drei  Wochen 
zu,  bis  sie  bemerkte,  dafe  die  Flecke  kleiner  und  kleiner  wurden,  aber 
die  Haut  bekam  nicht  mehr  die  normale  Farbe.  In  der  14.  Woche  nach 
der  Impfung  hatte  sie  einen  ihr  in  der  Erinnerung  gebliebenen  heftigeren 
Schüttelfrost,  welcher  sich  in  der  nächsten  Woche  zweimal  wiederholte. 
Späterhin  will  sie  seltener  und  nicht  so  heftig  Fieber  gehabt  haben.  Zur 
Zeit  der  drei  sehr  bemerkbaren  Schüttelfröste  und  kurz  nachher  entwickelten 
sich  bräunliche  Flecke-  auf  der  Wangenhaut  und  der  Stimhaut,  und  an 
letzterer  über  dem  rechten  Stirnhöcker  zeigten  sich  zuerst,  von  der  Impfung 
an  gerechnet  nach  18  Wochen  die  ersten  kleinen  knolligen  Hervorragungen; 
auf  der  Wangenhaut  bemerkte  man  kurze  Zeit  nachher  viele  kleine  solcher 
hervorragenden  Knötchen.  Zwei  Jahre  später  wurde  die  Frau  dem 
Lepmkrankenhause  auf  Robben-Island  zugesandt. 

Frau  H.  sieht  jetzt  viel  älter  aus,  als  sie  ist,  und  macht  den  Ein- 
druck einer  hohen  Vierzigerin,  sie  ist  mager,  fühlt  sich  matt,  obschon 
sie  vor  Eintritt  der  Krankheit,  wie  auch  eine  vorgezeigte  Photographie 
aus  dieser  Zeit  beweist,  üppige  Formen  aufzuweisen  hatte.  Die  Men- 
struation ist  seit  einem  Jahre  ausgeblieben.  Die  Haut  über  den  Knollen 
auf  Wangen  und  Stirn  ist  nicht,  wie  man  es  bei  Leprakranken  gewöhn- 
lich bemerkt,  gelbbraun  verfärbt,  sondern  hell-weils  und  zeigt  sich  leicht 
gerötet,  abschuppend,  ein  dunkler  geröteter  Hof  bildet  die  Umgebung  der 
grölseren  Tubera,  besonders  des  grofsen  über  dem  linken  Stirnhöcker. 
Auch  die  tiefen  Hautrunzeln  sind  bei  ihr  nicht  so  bemerkbar,  als  bei 
den  andern  Kranken,  weil  die  Tubera  nicht  so  massenhaft  aber  gröfser 
smd  und  die  Haut  daher  gleichmäfsiger  vorwölben.  In  der  Regel  findet 
man  die  Lepraknollen  über  beiden  Augenbrauen  an  beiden  Stimhälften 
gleichmäfsig    entwickelt    und    in    der   Stirnmitte   über   der    Nasenwurzel 


128 

schärfer  segmentiert,  oder  diese  Stelle  weniger  affiziert.  Segmentiening 
ist  aber  an  der  Stirn  die  B.egel.  Bei  Frau  H.  zeigt  sich  überhanpt 
keine  Segmentierung,  dagegen  bemerkt  man  über  dem  rechten  Stirohöcker 
einen  hühnereigrofsen,  wenig  gefurchten  Knollen,  welcher  sich  inselhaft 
aus  einem  sonst  gesunden  Hautgebiet  jrder  rechten  Seite  abhebt.  Über 
dem  linken  Stimhöcker  sieht  man  eine  Andeutung  einer  kaum  mark- 
stückgrofsen  Verdickung  der  Haut.  Die  Haut  des  Augenlides  ist  verdickt, 
gelblich,  faltig,  schuppig,  die  Conjunctiya  gerötet,  geschwollen,  einzehie 
Knötchen  nicht  bemerkbar.  Die  Haut  der  Nase  ist  faltig  und  bietet 
das  so  oft  schon  beschriebene  Bild  der  tuberösen  Lepra,  ebenso  die 
der  Wangen;  die  Ohrläppchen  sind  nur  leicht  affiziert,  die  Hände  gar- 
nicht.  Die  Haut  der  Ober-  und  Vorderarme  ist  faltig  ohne  Ver&xbung, 
an  den  Oberarmen  bemerkt  man  noch  die  alten  Impfnarben  nach  der 
ersten  Impfung,  dagegen  nicht  frische  nach  der  vor  3Vs  Jahren  statt 
gehabten,  da  nach  derselben  keine  Pustelbildung  erfolgte,  sondern  nur 
Hautver&rbung  und  Anschwellung.  An  den  Unterschenkeln  zeigen  sich 
in  deren  Mitte  an  den  Streckseiten  je  ein  kleines  Ulcus.  Die  FulssoUen 
sind  frei.  Die  Zunge  ist  dreimal  so  dick  als  in  der  Norm,  tuberös,  tief- 
gefurcht, so  dais  sie  wie  zerrissen  aussieht,  die  Pharynx-,  weniger  die 
Larynxschleimhaut  mit  kleinen,  miliaren  Knötchen  durchsetzt.  Die 
Stimme  ist  heiser,  sie  respiriert  ohne  bedeutende  Anstrengung,  der  Kehl- 
kopfspiegel verursacht  beträchtlichen  B,eiz,  zuweilen  sind  die  Respirationen 
pfeifend,  20  in  der  Minute. 

2.  B.  DU  ToiT,  15  Jahre  alt,  Mischling,  ebenfalls  aus  W.,  in  deren 
Familie  niemals  Lepra  nachzuweisen  ist;  sie  ist  noch  nicht  menstmiert, 
gibt  an,  stets  gesund  gewesen  zu  sein,  bis  sie  zu  derselben  Zeit  als 
Frau  H.  und  von  demselben  Arzt,  welcher  Frau  H.  impfte,  revacci- 
niert  wurde.  Bei  dieser  Patientin,  deren  Krankengeschichte  ich  nicht  so 
ausführlich  gebe,  da  das  Krankenexamen  nicht  gerade  leicht  ist,  traten, 
nachdem  dieselben  Erscheinungen  an  den  Oberextremitäten,  wie  bei 
Frau  H.  bestanden  hatten,  schon  nach  2  Monaten  dunkle  prominente 
Flecke  an  der  Stirn-  und  Wangenhaut  auf,  und  nach  weiteren  3  Monaten 
war  die  Lepra  an  der  Stirn  schon  ausgebildet.  Jetzt  besteht  die  Krank- 
heit also  auch  37«  Jahre.  Die  beigegebene  Photographie  veranschaulicht 
die  Ausbreitung  der  Tubera  im  Gesicht  —  alle  andern  Hautteile  sind 
frei  —  so  vorzüglich,  dafs  ich  eine  weitere  Beschreibung  unterlasse. 
Vorzugsweise  ist  die  Haut  über  der  Nasenwurzel  und  Stimmitte  (anch 
abweichend  von  der  gewöhnlichen  Form)  ergriffen,  an  der  Wangenhaut 
hängen  einzelne  Knollen,  dabei  ist  auch  die  Haut  in  continuo  leicht 
affiziert.  Die  Ohrläppchen  sind  frei,  ebenso  Conjunctiva,  Zunge,  flaclien 
und  Larynx. 

Nachforschungen  in  dem  "Wohnorte  der  beiden  Patientinnen  und  bei 


129 

dem  Arzt,  welcher  die  Impfungen  vollzog,  haben  ergeben,  dafs  die  Person, 
von  welcher  die  Lymphe  für  beide  Kranke  stammte,  vor  einigen  Monaten 
an  tuberöser  Lepra  verstorben  ist,  sie  stammte  aus  dem  Bezirk  Malmes- 
bury,  und  in  ihrer  Familie  war  Lepra  vorgekommen,  was  dem  betreifenden 
Arzt  nicht  bekannt  war,  auch  soll  sie  vor  vier  Jahren  noch  nicht  in 
hohem  Grade  leprös  gewesen  sein. 

Ich  will  den  soeben  beschriebenen  Fällen  keine  längere  Epikrise 
anreihen,  ich  kann  sie  nicht  als  solche  ansehen,  die  auf  vagen  Be- 
hauptungen einzelner  Leprakranker  beruhen,  welche  zufällig  in  der  Ent- 
wickelungsperiode  der  Krankheit  geimpft  waren.  Die  Krankengeschichte 
der  Frau  H.  spricht  schon  an  und  für  sich  gegen  eine  solche  Kollision, 
dais  es  aber  bei  beiden  Patienten,  welche  aus  demselben  Orte  stammen, 
von  demselben  Arzt  geimpft  sind  und  von  derselben  Person,  sich  um 
solche  Zufälligkeiten  gehandelt  habe,  kann  ich  nicht  annehmen. 

Herr  Dr.  Wynne,  welcher  mit  dem  Inhalt  der  bei  anästhetischer 
Lepra  oft  vorkommenden  Pusteln  der  Hand  oder  der  Finger  Impfungen 
an  Mäusen  und  Kaninchen  vornahm,  hatte  stets  Erfolg  an  seinen  Impf- 
lingen aufzuweisen,  er  impfte  die  Tiere  vermittelst  Injektionen  in  die 
Bauchhöhle  und  fand  später  beim  mikroskopischen  Befund  die  Tiere 
leprös.  Durch  Impfung  von  anästhetischer  Lepra  entstand  immer  nur 
wieder  dieselbe  Form.  Zwei  Mäuse,  welche  in  den  Leprahäusem 
gefressen  hatten,  dort  gefangen  waren  und  an  der  Kopfhaut  und  Bauch- 
haut wie  Lepra  aussehende  Knoten  hatten,  sind  im  Hygienischen  Institut 
in  Berlin  von  Herrn  Geh.-Rat  Dr.  Koch  als  nicht  leprös  befunden,  sie 
waren  vorher  noch  nicht  mikroskopisch  untersucht. 


Die  Fortschritte  der  Hautanatomie  in  den  letzten 

5  Jahren. 

Von 

P.  G.  Unna. 

IV. 

Der  Nagel. 

(Schlufs.) 

Die  ZANDERschen  Untersuchungen  über  die  Entwickelungsgeschichte 
des  Nagels  sind  in  erfreulicher  Weise  ganz  neuerdings  ergänzt  worden 
durch  eine  Arbeit  von  A.  v.  Köllikbr:  Die  Entwickelung  des 
menschlichen  Nagels  {Zeäschr.  f,  tvissenschaftl  Zoologie.  B.  47.  Heft  1), 

Monatthefte.  9 


130 

deren  Hauptresultate  bereits  in  den  Sitzungsberichten  der  Würzburger 
phys.  med.  Gesellschaft  nach  einem  am  18.  Februar  1888  gebaltenen 
Vortrage:    Über  die  Entwiokelung  der  Nägel,  mitgeteilt  sind. 

In  diesem  letzteren  erinnert  V.  Kölliker  zuvörderst  daran,  dafe 
aufeer  mehreren  Histologen  neuerdings  auch  ein  Chirurg,  Qüänc  (Des 
limites  de  la  matrice  de  l'ongle.  Bull,  et  Mem.  de  la  Societe  de  la  ehir. 
de  Paris.  T.  XIII.  pag.  252,  CentraM.  für  Chir,  1887.  No.  51.  pag.  951) 
auf  Grund  der  Folgen  der  Exstirpation  des  lunulären  Cutisabschnitts 
für  die  ausschliefsliche  Beteiligung  des  lunulären  Epithels  an  der  Prolife- 
ration des  Nagels  eingetreten  ist.  v.  Kölliker  teilt  nun  mit,  daDs  er 
nach  neueren  Untersuchungen  seine  frühere  Ansicht,  das  Nagelbett  erzeuge 
einen  Teil  der  Nagelplatte,  definitiv  aufgebe  und  sich  der  —  zuerst  von 
Reichert,  dann  von  mir  mit  Entschiedenheit  vertretenen  —  Ansicht 
zuwende,  dafs  die  vordere  Grenze  der  Nagelmatrix  mit  der  Lunnla  zu- 
sammenfalle. In  dieser  Matrix  und  ihren  Übergangszellen  vermag 
V.  Kölliker,  ebenso  wenig  wie  ich,  das  Keratohyalin  Waldeyers,  das 
Onychin  Ranviers,  Sughards  und  Henles  zu  finden  und  schliefst  sieb 
auch  hier  meiner  Aufstellung  an,  dafs  der  Eindruck  von  Körnern  durch 
die  Stacheln  der  Ubergangszellen  erweckt  werde.  Aufser  dem  luaulflren 
Teil  des  Falzbodens  gehört  aber  wesentlich  noch  diejenige  epitheliale 
Masse  zur  Nagelmatrix,  welche  den  hinteren  zugeschärften  Rand  des 
Nagels  umgibt.  Diese  erzeugt  Nagelsubstanz  von  nahezu  wagerechter 
Schichtung,  während  auf  der  Lunula  die  bekannten,  schräg  nach  vom 
abfallenden  Schichten  des  Nagels  gebildet  werden. 

Also  auch  bei  v.  Kölliker  finden  wir  eine  Unterscheidung  der  ober- 
flächlichsten Schichten  der  Nagelplatte,  welche  aus  dem  hintersten  Winkel 
des  Falzes  stammen,  von  den  tieferen,  welche  auf  der  Lunula  gebildet 
sind  —  an  die  Teilung  Henles  in  Primitivschichte  und  eigentlichen 
Nagel  erinnernd,  aber  doch  weit  annehmbarer  als  diese,  da  V.  Kölliker 
weder  histologisch  noch  genetisch  eine  scharfe  Grenze  zwischen  beiden 
Teilen  konstatiert,  sondern  lediglich  die  Schichtungsebene,  die  Wachstunis- 
richtung  beider  verschieden  findet. 

Die  Nagelplatte  findet  v.  Kölliker  jetzt  auch  mit  mir  am  vorderen 
Band  der  Lunula  und  am  vorderen  freien  Rande  im  allgemeinen  gleich 
dick,  nur  selten  etwas  dünner  oder  dicker.  Der  letztere  AusnahmefiEdl 
hatte  ihn  früher  bewogen,  einen  Zuschufs  des  Nagelbettes  zur  Nagelplatte 
anzunehmen,  während  er  jetzt  darin  —  und  gewifs  mit  Recht  —  nur  den 
Ausdruck  einer  anwachsenden  oder  abnehmenden  Proliferation  der  Nagel- 
matrix erblickt. 

In  bezug  auf  die  erste  Entwiokelung  des  Nagels  verharrt  v.  Köl- 
liker, Zander  gegenüber,  auf  seiner  ersten  Annahme,  dafs  der  embryo- 
nale  Nagel,  wie  das  Haar,    innerhalb  des  Epithels  entsteht   und    dafs  die 


131 

Hornschicht  des  „primären  Nagelfeldes"  (Zanders  „primären  Nagel- 
grundes") nicht  direkt  zur  Nagelplatte  des  Erwachsenen  wird,  sondern 
die  später  zutage  tretende  Nagelplatte  längere  Zeit  als  Eponychium 
bedeckt.  Die  epitheliale  Platte,  welche  den  Nagelfalz  bereits  im  3.  Monat 
auskleidet,  nennt  v.  Köllikbr  das  „Wnrzelblatt."  Zu  dieser  Zeit  schon 
treten  auf  dem  ganzen  Nagelfelde  rückwärts  bis  nahe  an  den  Nagelfalz, 
Yom  bis  in  den  Nagelsaum  hinein  zwischen  Stachel-  und  Hornschicht 
eine  Reihe  von  „Kömerzellen"  auf.  Diese  Kömerzellen  wandeln  sich 
Yon  hinten  her  im  4.  Monat  in  eine  Lage  von  Homzellen  um,  den 
Beginn  der  Nagelplatte,  welche  also  zwischen  der  granulierten  Schicht 
und  der  alten  Hornschicht,  meinem  Eponychium,  sich  einschiebt.  Von 
hier  aus  dehnt  sich  das  Nagelplättchen  rasch  soweit  nach  vom  aus,  als 
die  Kömerzellen  reichen,  bedeckt  also  das  ganze  primäre  Nagelfeld, 
selbst  bedeckt  vom  Eponychium.  Die  Körnerzellen  wandeln  sich  in 
Nagelzellen  um,  indem  die  Kömer  in  die  verhornende  und  dabei  sich 
verdickende  Wand  aufgenommen  werden.  Am  Ende  des  4.  Monats  ist 
die  spätere  Nagelmatrix  am  Ausgange  des  Falzes  bereits  angedeutet  und 
dringt  von  hier  langsam  mit  dem  Nagelplättchen  selbst  in  die  Tiefe 
des  Falzes.  Bis  zum  6.  Monat  geschieht  dieses,  indem  Körnerzellen 
den  Übergang  zwischen  Matrixzellen  und  Nagelzellen  vermitteln,  später 
bilden  sich  Kömerzellen  nicht  mehr  oder  nur  ganz  ausnahmsweise. 
Eine  energischere  Proliferation  der  Keimzellen  am  Grunde  des  Falzes 
bedingt  dann  am  Ende  der  Fötalperiode  eine  rückläufige  Bewegung  des 
Wachstums  der  Nagelplatte  nach  vorne  und  damit  ihre  Befreiung  vom 
Eponychium;  dieselbe  erhält  ihren  freien  Rand.  Die  Blätter  des  Nagel- 
bettes erscheinen  bereits  im  4.,  die  Papillen  im  Grunde  des  Falzes  im 
5.  und  6.  Monat.  Der  Nagelsaum  (Geöbnbatjr)  besteht  bis  zum  5.  Monat 
aus  einer  Anhäufung  von  Epithelien,  deren  äuJserste  Lage  in  der  Amnios- 
flüssigkeit  gequollen  ist. 

Wie  der  Leser  sieht,  können  wir  mit  freudiger  Genugthuung  dieses 
jüngste  Werk  unseres  Veteranen  der  Histologie  begrüfsen,  da  wir  in 
den  meisten  Sätzen  desselben  Bestätigungen  und  Ergänzungen  früherer 
Resultate  sehen.  Besonders  erkenne  ich  es  dankbar  an,  da&  die  ge- 
wichtige Autorität  v.  Köllikers  jetzt  auch  für  die  scharfe  Abgrenzung 
des  Nagelwachstnms  an  der  vorderen  Lunulagrenze  eintritt.  Damit  ist 
eine  absolute  Einigkeit  erzielt;  alle,  auch  Henle,  sind  zu  der  alten 
Theorie  von  Ammon-Reichert  über  das  Nagelwachstum  zurückgekehrt, 
welche  allein  das  Verständnis  der  pathologischen  Erscheinungen  am  Nagel 
erschliefst.  — 

Sodann  begegnet  die  Arbeit  v.  Köllikers  zu  rechter  Zeit  den  ent- 
wickelungsgeschichtlichen  Schlüssen  Zanders,  indem  die  positiven  Funde 
dieses  letzteren  Forschers  ebenso  wie  die  Gegenbaürs  über  den  Nagelsaum 


132 

sich  nach  der  Darstellung  v.  Köllikers  zwanglos  mit  der  bisherigen 
Anschauung  über  die  Entstehung  des  Nagels  unterhalb  des  Eponyehiunw 
vereinigen  lassen.  Hier  freue  ich  mich^ganz  besonders,  den  Darlegungen 
V.  Köllikers  rückhaltlos  folgen  zu  können,  da  ich  bereits  1875  —  auch 
ohne  den  Ariadnefaden  der  säurefuchsinroten  Kömerzellen  —  das  all- 
mähliche Wachstum  der  Nagel  platte  nach  hinten  in  den  Falz  hinein 
und  unter  dem   Eponychium  nach  vorne  angegeben  habe. 

VON  KöLLiKER  hält  die  hier  auftretenden  granulierten  Zellen  für 
nahestehend  den  Körnerzellen  der  Oberhaut  und  benennt  sie  demgemäfs 
ebenso.  Ich  habe  bereits  Zander  gegenüber  betont,  dafs  die  charakte- 
ristische Färbung  durch  Säurefuchsin  eine  chemische  Identität  dieser 
Granula  mit  dem  Keratohyalin  und  dem  Eleidin  unmöglich  macht 
Auch  wird  die  Theorie  v.  Köllikers  über  den  Anteil  derselben  an  der 
Verhornung  der  Nagelzellen  die  Feuerprobe  der  Verdauung  zu  bestehen 
haben.  Anderseits  ist  es,  den  Thesen  von  "Waldeyer,  Ranvier  und 
Henle  gegenüber,  für  mich  von  hohem  Werte,  dafs  am  Nagel  des 
reiferen  Fötus  und  des  Erwachsenen  auch  v.  Kölliker  keine  Art  wirk- 
licher Granula  in  den  Übergangszellen  zwischen  Stachel-  und  Nagel- 
zellen erblickt. 

Die  Einzelthatsachen,  die  Messungen  der  embryonalen  Nägel,  welche 
diesem  Vortrage  zu  Grunde  liegen,  hat  v.  Kölliker  zusammen  mit 
ausgezeichnet  gelungenen  lithographischen  und  chromolithographischen 
Abbildungen  seither  auch  in  der  bereits  erwähnten  gröfseren  Abhand- 
lung publiziert.  Ich  entnehme  derselben  noch  einige,  für  uns  wertvollere 
Details. 

Die  Einsenkung  der  Cutis  unter,  resp.  der  Cutis  und  Oberhaut  vor 
dem  Epithelwulst,  welche  den  Nagelsaum  der  Embryonalzeit  darstellt, 
nennt  v.  Kölliker  „vordere  Grenzfurche";  „hintere  Grenzfurche' 
dagegen  die  leichte  rinnenförmige  Vertiefung  zwischen  Nagelwall  und 
primärem  Nagelfeld.  Diese  Begriffsbestimmungen  sind  sehr  einfach  und 
annehmbar.  ^ 

Die  blasigen  von  Zander  beschriebenen  Epithelzellen  des  Nagel- 
saumes, welche  dieser  Forscher  für  Wanderepithelien  hält,  nennt  v.  Köl- 
liker „Blasenzellen''  und  findet  sie  auch  sonst  zerstreut  an  der  Ober- 
fläche junger  Embryonen.  Er  leitet  sie  jedoch  nicht  von  den  unteren 
Epithelien,  sondern  von  den  oberflächlichen  ab  und  glaubt,  dafs  sie  aus 
diesen  durch  Quellung  im  Fruchtwasser  entstehen.    Sie  werden  allmählich 


*  Ich  hatte  die  vordere  Grenzfarche  in  meiner  ersten  Arbeit:  vordere  Bucht  (b), 
in  meiner  Hautanatomie  obere  Binne  (r)  genannt,  welche  Ausdrücke  ich  hiermit  zn 
gunsten  der  besseren  v.  Köllikers  aufgebe.  Zander  nannte  sie:  ventrale  Epidermis- 
viusenkung. 


133 

durch  resistentere  Schüppchen  ersetzt  und  fehlen  ganz  vom  6.  Monat 
an,  wenn  die  Schweifedrüsen  der  Pingerbeere  gut  ausgebildet  sind,  i 

Die  Körner  der  granulierten  Schicht  des  embryonalen  Nagels  erschei- 
nen in  andrer  Ansicht  häufig  als  Stäbchen  oder  Fasern.  Sie  sind  un- 
löslich in  Eisessig  und  Ammoniak  und  fkrben  sich  wie  Keratohyalin  in 
flämatoxylin  (v.  Kölliker  sagt:  wie  Eleidin,  meint  aber  offenbar  Kerato- 
hyalin, da  Eleidin  ja  in  Eisessig  löslich  ist).  Das  Verhalten  der  Körner 
zu  Karmin  und  des  Keratohyalins  zu  Säui'efuchsin  hat  v.  Kölliker 
nicht  untersucht  und  läfst  daher  die  Identitätsfrage  offen,  welche  für  uns 
bereits  dahin  entschieden  ist,  dafs  Keratohyalin  und  die  Granula  des 
embiyonalen  Nagels  nicht  identische  Substanzen  sind. 

Die  Grenzen  des  primitiven,  noch  vom  Eponychium  bedeckten  Nagels 
bestimmt  v.  Kölliker  so,  dafs  derselbe  in  derselben  Ausdehnung  w^e 
vorher  die  granulierten  Zellen  vom  Nagelsaum  nach  hinten  und  nach 
den  Seiten  hin  bis  zum  Nagelfalz,  aber  nirgends  in  diesem  letzteren  an- 
gelegt sei,  also  auf  dem  gesamten  Nagelfelde  (späterem  Nagelbett).  Erst 
im  5.  und  6.  Monat  dringt  die  primitive  Nagelplatte  hinten  und  seitlich 
in  den  Nagelfalz,  in  das  von  v.  Kölliker  näher  studierte  epitheliale 
„Wurzelblatt"  ein,  welcher  den  Falz  ausfüllt. 

Die  Entstehung  der  primitiven  Nagelplatte  aus  den  granulierten 
Zellen  findet  v.  Kölliker  ganz  so,  wie  Zander  es  beschrieben  hat. 
Die  granulierten  Zellen  werden  von  dem  Säurefuchsin  zuerst  an  der 
Peripherie  gefärbt,  später  auch  im  Innern,  während  die  roten  Granula 
und  der  Kern  verschwinden.  So  zeigen  sich  alle  Übergänge  von  den 
granulierten  zu  den  Nagelzellen. 

Die  Nagelmatrix  eines  Neugeborenen  und  eines  14monatliohen  Kindes 
enthielt  jedoch  keinerlei  Art  von  Körnern  mehr.  Ein  Rest  des  Eponychiums 
persistiert,  wie  ich  es  beschrieben,  vor  dem  Nagelfalze,  der  Nagelsaum 
wird  auf  ein  schwach  entwickeltes  „Hyponychium"  unter  dem  feinen 
Nagelrand  reduziert. 

In  be2;ug  auf  die  Zander-  und  GEGENBAURSche  Streitfrage  ent- 
scheidet v.  Kölliker  sich  so,  dafs  die  Grenze  zwischen  Nagelsaum  und 
Nagelbett  allerdings  dorsalwärts  verschoben  wird,  aber  nicht  durch  eine 
Verschiebung  des  primäien  Nagelfeldes  (Zander)  oder  eine  Reduktion  des 
Nagelsaumes,  sondern  durch  die  distal-  und  dorsalwärts  fortschreitende 
Entwickelung  der  Fingerbeere,  worin  ihm  —  für  die  Ontogenese  des 
menschlichen  Nagels  —  wohl  alle  Forscher  beistimmen  werden.  Übrigens 
kommt  VON  Kölliker  damit  einfach  auf  den  von  mir  bereits  vor  Zanders 
Arbeiten  präzisierten  Standpunkt  zurück,  da(s  während  der  Nagelentwicke- 
lung  die  mittlere  Partie  zwischen  Fingerbeere  und  Nagelwall  in  ihrer 
Oröfsenzunahme  erheblich,  besonders  gegenüber  der  Fingerbeere,  zurück- 
bleibt.   Ich  sagte  ausdrücklich:     „Die   obere   Epithelrinne   reicht  (bei  der 


134 

Zehe  des  Gmonatlichen  Fötus)  nicht  mehr  auf  die  Zehenknppe  nach  vorn, 
soDde^n  ist  bei  dem  stetigen  Wachstum  der  Phalanx  auf  den  Bücken 
derselben  verschoben,  da  sie  mit  dem  Nagelwall  immer  noch 
durch  das  Eponychium  eng  zusammengehalten  wird."  Der 
Widerstand  des  festen  Eponychiums  am  Rücken  der  Phalanx  ist  auch 
jetzt  noch  für  mich  der  Grund  des  auffälligen  Voraneilens  der  EHnger- 
beere  und  damit  der  Verschiebung  des  Nagelbettendes. 

Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dafs  durch  die  hervorragenden  Arbeiten 
von  Boas,  Gegenbaub,  Zander  und  v.  Kölliker  die  Entwiokelungs- 
geschichte  des  Nagels  nach  jeder  Richtung  hin  um  ein  bedeutendes  ge- 
fördert, ja  durch  von  Köllikebs  letzte  Abhandlung  zu  einem  sehr 
befriedigenden,  vorläufigen  Abschlufs  gebracht  ist.  Die  interessantesten 
Fragen  zukünftiger  Forschung  beziehen  sich  nunmehr  auf  das  "Wesen  der 
Granula  unterhalb  des  primitiven  Nagels,  welchen  man  mit  mehr  Be- 
rechtigung den  Namen:  „Onychin"  beilegen  könnte,  und  auf  die  nach 
Henle  und  V.  Köllikeb  besondere  Natur  der  oberflächlichsten  Schichten 
des  Nagels. 


Anleitung  zur  Gesundheitspflege  an  Bord  von  Kauffahrteiscliiflren.    Auf 

Veranlassung   des   Staatssekretärs  des  Innern  bearbeitet  vom  Kais.  Gesundheits-Amte. 
Berlin,  J.  Springer.  1888. 

Wir  wissen,  dafs  wir  uns  auch  die  Spezialkollegen  zu  besonderem  Danke  ver- 
pflichten, wenn  wir  auf  dieses  Werk  mit  seinem  reichen,  übersichtlich  geordneten 
Inhalte  aufmerksam  machen,  den  auch  wir  unter  dem  unscheinbaren  Titel  nicht 
gesucht  haben.  Es  ist  uns  hier  nur  gestattet,  auf  die  den  Dermatologen  interessie- 
renden Teile  aufmerksam  zu  machen:  Hautpflege  (pag.  8),  Mafsregeln  bei  Skorbut 
(pag.  25.  26)  (nach  überstandenem  Skorbut,  wie  andern  chronischen  Krankheiten,  z.  B. 
Syphilis,  wird  die  doppelte  Bation  Zitronensaft,  also  40  Gramm  angeraten),  Vorkommen 
von  Erfrierungen  (stärker  und  häufiger,  besonders  an  den  Füfsen  von  Farbigen, 
wo  besonders  auf  gute  Strümpfe  und  Schuhe  zu  achten  ist,  pag.  22),  venerische 
Erkrankungen  (pag.  54— 60)  (ob  man  jede  Epididymitis  8  Tage  lang  liegen  läfst^ 
erscheint  Bef.  kaum  rätlich ;  der  souverän  wirkende  LANOLEBERTsche  [alias  ZsissLsche] 
Verband  sollte  empfohlen  sein,  pag.  58;  Vermeiden  der  behaarten  Stellen  am  Bauche 
bei  Inunktionen  mit  Ungt.  ein.  ist  S.  61  nicht  betont,  auch  das  der  Mammae  nicht; 
wir  lassen  übrigens  besser  die  Brust  ungeschmiert.  Bef.),  Sonnenstich  (pag.  68), 
Furunkel,  Karbunkel,  Erysipel,  Hitzausschlag  alias  roter  Hund,  Krätze 
etc.  Als  einen  Fehler  müssen  wir  ferner  bezeichnen,  wenn  bei  der  Beschreibung 
hydropath.  Umschläge  (pag.  172)  wasserdichtes  Zeug  oder  ein  dickes,  wollenes  Tuch, 
Shawl  oder  dergl.  angeraten  wird.  Wasserdichtes  Zeug  ist  falsch,  direkt  ungeeignet; 
Flanell  das  beste.  Wir  berufen  uns  auf  die  Autorität  Prof.  Winternitzs  (Wien),  aus 
dessen  eignem  Munde  wir  es  haben;  auch  an  uns  selbst  und  an  Patienten  haben 
wir   es   recht   oft    erprobt   gefunden.     Die    exquisit   regulierende  Wirkung    auf   die 


135 

Darmthätigkeit  z.  B.  wird  bei  Flanell  als  zweiter  deckender  Schicht  (erste  Leinwand) 
sicher  erzielt,  anders  nicht.  —  Bei  dem  Abschnitt:  Katheterismus  (pag.  172)  fehlt 
der  Hinweis  auf  Nelaton,  der  in  der  Hand  des  Kapitäns  doch  rätlicher  erscheint, 
als  die  andern  (wenigstens  zuerst).  Die  anatom.  Figur  der  Harnröhre  in  ihrer  Lage 
ist  unentbehrlich,  und  da  das  sorgsam  illustrierte  Buch  (cf.  pag.  94,  95  etc.)  sonst 
nicht  damit  zu  sparsam  ist,  weisen  wir  besonders  darauf  hin.  Auch  der  Haupthinweis 
fehlt  für  den  Lernenden:  beim  Katheterisieren  möglichst  lange  den  Katheter  nicht 
zu  erheben,  d.  h.  von  der  Bauchfläche  zu  entfernen,  ihn  dieser  parallel  zu  halten, 
so  dafs  er  in  die  Blase  quasi  selbst  hineingleitet,  hineinschlüpft.  Das  Weitere  inte- 
ressiert unsre  Leser,  als  unserm  Fache  zu  fernliegend,  nicht.  Wir  wünschen  diesem 
Buche  als  dem  besten  Kämpfer  gegen  Geheim  Schwindel,  Quacksalberunfug  und 
medizinischen  Aberglauben  die  weiteste  Verbreitung.  Paüly-Nervi. 


Dr.  Paul  Lai^dsbero,  Zur  Desinfektion  der  menBchlichen  Haut  mit 
besonderer  Berücksichtigung  der  Hände.  (Aus  der  Klinik  für  Dermatologie  und 
Syphilis  in  Breslau).     {Viertefjahresschrift  f,  Dermat  u.  Syphilis.     1888.  Heft  5.) 

Verf.  unterzieht  die  in  der  Überschrift  genannte  Frage  einer  Versuchsreihe,  die 
sich  von  der  in  den  Arbeiten  von  Kümmell,  Forster  und  Fürbringer  gewählten  An- 
ordnung nicht  unterscheidet.  Während  aber  auf  diesem  Wege  unserer  Ansicht  nach 
neues  nach  den  vorliegendenden  trefflichen  Arbeiten  sich  nicht  mehr  leisten  läfät, 
kommt  Verf.  zu  dem  Eesultat,  dafs  alle  gebräuchlichen  Methoden  —  also  auch  z.  B. 
die  KüMMBLLSche  —  höchst  unsicher  seien.  Die  mitgeteilten  günstigen  Besultate 
bedeuteten  lediglich  „die  prinzipielle  Möglichkeit  der  Vernichtung  der  Keime  an  der 
Hand."  Gegen  den  iiichlufs,  dafs  der  einmal  erzielte  günstige  Erfolg  durch  Übung 
zu  einem  regelmäfsigen  gemacht  werden  könne,  erhebt  Verf.  den  Vorwurf  gegen  die 
Vorarbeiten,  nicht  betont  zu  haben,  „dafs  die  Sicherheit,  welche  sie  ihren  Methoden 
vindizieren,  sich  nur  auf  ihre  eigne,  bevorzugte  Person  bezieht,  nicht  auf  ar*dre, 
welche  die  Durchschnittsmasse  für  sich  beanspruchen." 

Wir  müssen  gestehen  —  eine  solche  Beweisführung  ist  uns  unverständlich. 

Es  ist  selbstverständlich,  dafs  die  Verff.  der  früheren  Arbeiten  nicht  für  die 
Durchschnittsmasse  haben  arbeiten  wollen;  im  Gegenteil  mufs  gerade  der  gewissen- 
hafte Arzt  aus  den  Versuchen  lernen,  wie  er  sich  desinfizieren  mufs,  um  vor  seinem 
eignen  Gewissen  bestehen  zu  können. 

Überdies  leidet  die  Arbeit  an  einem,  ich  möchte  fast  sagen  komisch  wirkenden 
Mangel. 

Ktjmmell  hat  bekanntlich  länger  dauerndes  Bürsten  mit  warmem  Wasser  und 
Seife  (Kaliseife),  darauf  Bürsten  mit  5  %  Karbolsäure  oder  Chlorwasser  als  sicherstes 
Mittel  zur  Desinfektion  der  Hände  empfehlen. 

Verf.  wiederholt  nun  diese  Versuche  —  hat  aber  ungünstige  Resultate  und 
sagt  selbst: 

.,Die  Ersetzung  des  Sublimates  durch  Karbolwasser  bot  nichts  weniger  als 
Vorteile;  ich  will  meine  Karbolversuche  jedoch  nicht  als  ganz  gleichwertig  mit  den 
übrigen  betrachten,  weil  ich  in  dem  Gefühl,  Karbolsäure  sehr  schlecht  zu  vertragen, 
mit  demselben  vielleicht  weniger  energisch  gearbeitet  habe,  als  mit  andern  Mitteln."  — 
Dann  wäre  es  besser  gewesen,  die  Versuche  nicht  mitzuteilen. 

Verf.  erwähnt  an  mehreren  Stellen  „ÜNNAsohe  Desinfektionsseifen."  Mir  sind 
dieselben  bis  jetzt  nicht  bekannt.  Unna  hat  Seifen  für  die  Dermotherapie  empfohlen, 
die  sich   auch   aufserordentlich   bewährt   haben,  —  Desinfektionsseifen  hat  er   nicht 


136 

empfohlen,    im   Gegenteil,   in  seiner  Arbeit  über  Seifen  darauf  hingewiesen,  dals  der 
Effekt  der  Karbolseife  z.  B.  für  die  Desinfektion  ein  ungenügender  sei.  — 

von  Düring-Hamburg. 


JUttetlunjen  ans  ber  £ttteratiir. 

Physiologisches. 

Die  Hirnzentren  für  die  Bewegung  der  Harnblase,  von  Prof.  W.  Bechtebev 

und  Dozent  N.  N.  Mislawsky  (Kasan).  Die  Verf.  haben  in  der  Tiefe  des  vorderen 
Teils  des  Sehhügels  einen  beschränkten,  wenige  Millimeter  nicht  übersteigenden  Raum 
(bei  Katzen  und  Hunden)  gefunden,  dem,  abgesehen  von  seiner  den  Hindenzentren 
untergeordneten  Bolle,  auch  die  Bedeutung  eines  Beflexzentrums  zukommt,  indem  es 
unter  Einflufs  schwacher  Hautreize  Kontraktionen  der  Blase  hervorruft,  wahrend 
dagegen  stärkere  äuCsere  Beizungen  ersichtlicher  Weise  bereits  durch  weiter  abwärts 
gelegene  (Bückenmarks-)  Zentren  vermittelte  reflektorische  Blasenkontraktionen  be- 
wirken.   {Neurolog,  CentrcUblatt.  1888.  No.  18.)  Paüly-Nerci. 

Bezüglich  der  Lokalisation  der  Hantempfindnngszentren  in  der  Binde 
behauptet  Dana.  {Amerie.  Neurolog.  Association.  Washington.  September  1888)  auf 
Grund  von  137  untersuchten  Fällen,  dafs  die  motor.  und  sensiblen  Zentren  dieselben 
seien.  Milb  sagt  in  der  Diskussion,  dafs  motor.  Zentren  öfter  ohne  Anästhesie 
lädiert  wären. 

Stabb  und  Sequin  stimmen  mit  Dana  überein.  Klinisch  wäre  die  Differenzierung 
überhaupt  nicht  leicht,  da  der  Gyrus  Hippocampi  auf  dem  Hirnschenkel  läge. 
Següin  betont  die  wichtigen  Schlüsse,  die  aus  der  sensorischen  Aura  bei  Binden- 
epilepsie zu  ziehen  wären.  Pauly- Nervi. 


Zirkulationsstörungen. 

Über  einen  Fall  von  tranmatiscliem  Tetanns  mit  sogen.  chirurgischeB 
Scharlacll,  von  Dr.  Emil  Schaffeb.  {Deutsche  med.  Wochenschr.  1888.  No.  52} 
Bei  einer  23jährigen  Dienstmagd  gesellte  sich  zu  einem  traumatischen  Tetanus  nach 
einer  infizierten,  vernachlässigten  Fingerwunde  Scarlatina  hinzu  und  zwar  10  Tage 
nach  dem  Auftreten  des  Tetanus  und  eben  so  lange  nach  Vernarbung  der  eiternden 
Fingerwunde,  ausgehend  zuerst  in  nächster  Umgebung  der  leicht  geröteten  und  wenig 
druckempfindlichen  Narben  am  Handrücken.  Nach  Temperatursteigerungen  bis  zn 
40,4  blafste  nach  4— 5tägigem  Bestehen  das  Exanthem  ab,  an  seine  Stelle  tritt 
unter  lytischer  Deferveszenz  eine  typische  lamellÖse  Abschuppung,  welche  8  Tage 
dauerte.  Nachdem  einige  Tage  bereits  völlige  Apyrexie  bestand,  erscheint  unter 
Temperatursteigerung  von  37,0  auf  39,6  an  Hals,  Brust  und  Bücken  ein  Eecidiv, 
17  Tage  nach  dem  Auftreten  der  ersten  Erkrankung.  Tetanus  und  Krampfparoxysmcn, 
die  einige  Tage  vorher  bereits  nachliefsen,  treten  in  alter  Heftigkeit  wieder  auf. 
Nach  mehreren  Tagen  beginnt  unter  allmählicher  Deferveszens  mit  dem  Abblassen 
eine  Desquamatio  membranacea,  die  einige  Wochen  anhält.  Leichte  Scharlach- 
nephritis.  L.  Hoffmann-Berlin. 


137 

Eine  merkwürdige  angionenrotische  Erkrankung  in  Gestalt  von  recidivieren- 
den  AnßUlen  von  Erythem  verbunden  mit  Ödem  demonstrierte  Bronson  an  einer 
28jährigen  Eleidermacherin.  Seit  ca.  IVs  Jahren  treten  ohne  bekannte  Ursache  an 
den  verschiedensten  Körperteilen,  meist  aber  am  Gesicht,  plötzliche  Schwellungen, 
manchmal  von  Orangengröfse  und  von  dunkler,  purpurroter  Farbe  und  teigiger 
Konsistenz  auf.  Ahnliche  Fälle  sind  von  Quincke  u.  a.  beschrieben  worden.  (Journal 
of  cutan.  and  genito-urinary  Diseases,  August  1888.)  PhiUppi- Felsberg, 

ÄnenFall  von  Eaynauds  symmetrischsr  Gangrän^  veröffentlicht  J.  W.  F.  Smith- 
Shand  {Brit.  Med.  Joum.  1888.  pag.  343).  Von  den  bisher  publizierten  Fällen  unter- 
scheidet sich  dieser  Fall  einer  20jährigen  Patientin,  durch  das  vorhandene  Fieber, 
durch  die  Lokalisation:  Ohrläppchen,  Wange,  Nasenspitze,  Gesicht,  Hals,  Arme, 
Hände,  Beine  (oberhalb  des  Knies)  wurden  nach  und  nach  symmetrisch  affiziert. 
Stamm,  Finger,  Füfse  blieben  frei.  Schwarze  mit  Serum  gefüllte  Blasen  (wie  grofs? 
Bef.)  entstanden  nach  brennendem  Gefühl;  sie  schrumpfen  nach  10  Tagen  und 
hinterlassen  eine  Borke.  Das  Fieber  hielt  ca.  3  Wochen  an.  Dysurie,  Albuminurie 
und  Diarrhöe  begleiteten  die  Affektion  und  die  Konvaleszenz.  Auf  der  Höhe  der 
Affektion  Puls  125,  Temper.  104,  4F.  Pauly-Nerm. 

Urticaria  factitia.  (Orvosi  Heiilap.)  1885  stellte  Dr.  Stern,  Assistent  Prof. 
EoRASfjis,  einen  Knaben  vor,  der  schon  vor  6  Jahren  einmal  an  dieser  Krankheit 
litt.  Im  Frühling  1885  recidivierte  sie.  Die  Eigentümlichkeit  dieser  Urticaria  besteht 
darin,  dafs  sie  schon  durch  geringe  thermische  und  mechanische  Reize  provoziert 
wird;  so  entsteht  sie,  wenn  Patient  vom  warmen  Zimmer  an  die  frische  Luft  hinaus, 
geht,  oder  wenn  die  Haut  mit  stumpfem  Werkzeug  berührt  wird.  Diese  Verände- 
rungen können  auch  an  den  Schleimhäuten  hervorgerufen  werden. 

Bona-Budapesi. 

Ober  nnangenehme  Nachwirkungen  des  Sulfonal,  von  Dr.  Schotten  in 
Kassel.  {Therap.  Monatsh.  1888.  No.  12.)  Bei  einer  45jährigen  Patientin  erfolgte 
volle  4  Tage  nach  Anwendung  des  Sulfonal  der  Ausbruch  eines  Exanthems,  vom 
Kopf  beginnend  über  die  ganze  Körperoberfläche,  welches  die  vollständigste  Ähnlich- 
keit mit  diskreten  Masern  darbot,  indem  es  aus  lebhaft  roten,  bis  linsengrofsen 
Flecken  bestand,  welche  vielfach  zu  gröfseren  Flecken  und  Figuren  zusammenflössen 
und  in  ihrem  Zentrum  ein  einem  Follikel  entsprechendes  Knötchen  zeigten.  Dabei 
Hitzegefühl  und  Brennen  der  Haut,  Schleimhäute  normal.  Das  Exanthem  breitete 
sich  in  den  nächsten  2  Tagen  noch  in  der  Fläche  aus,  dann  erblafste  es  allmählich, 
80  dafs  nach  14  Tagen  noch  Spuren  sichtbar  waren.  X.  Hoffmann- Berlin. 

Ober  die  Pellagra,  besonders  in  Rumänien,  von  Dr.  C.  Orleanu.  (These  de 
Paris.  1887.)  Die  Pellagra  ist  in  ganz  Rumänien,  mit  Ausnahme  einiger  Gegenden, 
verbreitet,  sie  zeigt  abwechselnd  ein  Anwachsen  und  Abnahme  der  Zahl  der  Krank- 
heitsfalle, je  nachdem  das  Jahr  der  vollkommenen  Entwickelung  des  Mais  günstig 
oder  ungünstig  war.  0.  führt  als  Ursache  der  Pellagre  den  schlecht  gereiften, 
schlecht  konservierten  und  im  schlechten  Boden  kultivierten  Mais  an.  Des  weiteren 
ist  sie  nach  0.  hereditär,  ihre  Entwickelung  wird  durch  Alkoholmifsbrauch,  ange- 
strengte, schwere  Arbeit  und  das  Elend  begünstigt.  Tavernier- Lille. 


^  Es  sei  gestattet,  hier  auf  den  sehr  interessanten  Fall  von  Steiner  (Deutsche 
med.  Wochenschr,  1888.  No.  4)  aufmerksam  zu  machen:  spontane  Gangrän  auf  dem 
Dorsum  manns  dextrae,  dann  rechten  und  linken  Vorderarm  bei  einem  17jährigen, 
leicht  chlorotischen  Mädchen.    Näheres  im  Orig,  nachzulesen. 


138 


Progressive  Ernährungsstörungen. 

I.  Maligne. 

L.  Heitzmaivn  (New- York)  beschreibt  die  mikroskopischen  Verhältnisse,  wie  er 
dieselben  in  fünf  verschiedenen  Fällen  von  melanoÜBclien  HautgeBCllwfklsten  beob- 
achtet hat.  Nach  genauerer,  an  der  Hand  von  einigen  sehr  anschaulichen  Holzschnittea 
wesentlich  erleichterter  Beschreibung  der  Strukturverhältnisse  wendet  er  slbh  der 
Frage  von  dem  Entstehen  des  Pigments  und  dem  Grunde  der  hochgradigen  Malignitit 
dieser  Neubildungen  zu.  Von  verschiedenen  Forschern  sind  ganz  entgegengesetzte 
Ansichten  geäufsert  worden,  indem  die  einen  das  Entstehen  des  Pigments  ans  dem 
Hämoglobin  herleiteten,  andere  dieses  als  entschieden  unrichtig  hinstellten.  Verl 
konnte  zwei  Arten  von  Pigment  unterscheiden,  von  denen  die  eine  kein  JElisen,  dagegen 
viel  Schwefel  enthielt,  während  die  andere  eisenhaltig  war.  Erstere  findet  sich  als 
diffuse  oder  fein  granulierte  Färbung  vor  und  entspricht  dem  Pigment  bei  brünetten 
Individuen,  in  melanotischen  Naevis,  dunklen  Haaren  etc.  Letztere  entwickelt  sich 
aus  den  Hämatoblasten,  welche  manchmal  anstatt  zu  Blutkörperchen  sich  zu  entwickeb 
zu  melanotischen  Zellen  sich  ausbilden  können.  Das  Pigment  ist  aber  in  jedem  Fall 
an  das  Protoplasma  der  Zellen  gebunden,  und  es  ist  dasselbe  niemals  aus  dem  Hämo- 
globin von  ergossenem  Blut  entstanden.  Die  intensive  Malignität  dieser  melanotischen 
Geschwülste  erklärt  sich  aus  dem  durch  das  Pigment  als  chemisch  differenten  Körper 
auf  die  Gewebe  ausgeübten  Reiz.    (Journ.  of  cout  and  gen.-ur,  Dis.  Juni  1888.) 

Philippi-Felsberg. 

Über  das  idiopathische  mutiple,  pigmentlose  Hantsarkom.  Inaugonl- 
Dissertation  von  H.  Hosin.  (Breslau  1887.)  An  der  Hand  eines  sorgfaltig  beobachteten 
Falles  macht  Verf.  besonders  auf  die  charakteristischen  Unterschiede  zwischen  dem 
multiplen  pigmentfreien  Hautsarkom  und  der  Mykosis  fungoides  aufmerksam  und  betont 
besonders,  dafs  ersteres  eine  echte  Geschwulst,  letztere  eine  entzündliche  Krankheit 
von  chronischem  Verlaufe  ist,  und  daüs  daher  die  Gegensätze  vor  allem  im  histolo- 
gischem Bilde  ihren  Ausdruck  finden.  L.  Hoffmann  BerUn. 


n.  Benigne, 

Leontiasis  ossea,  von  Prof.  B.  FrXnkel.  (Berl  Klin.  Wochenschr,  No.  44.)  la 
der  Sitzung  der  Berl.  Med.  Gesellschaft  vom  10.  Oktober  stellte  Herr  F.  ein  12j  ähriges 
Mädchen  vor,  welches  vor  4  Jahren  auf  das  rechte  Tuber  frontale  gefallen  war,  in 
folge  dessen  sich  eine  Beule  bildete,  die  sich  allmählich  verhärtete  und  schliefslich 
knochenhart  wurde.  Diese  Veränderungen  stellten  sich  1  Jahr  später  an  andern 
Schädel-  und  Gesichtsknochen  ein,  so  dafs  in  der  Gegend  der  Tubera  sich  2  grofie, 
sehr  harte  Höcker  finden,  dafs  ferner  die  Process.  nasal,  des  Oberkiefers,  die  Schlafen 
und  Jochbein  und  der  ganze  Körper  des  Unterkiefers  in  eine  dicke,  harte  Knochen* 
masse  verwandelt  sind.  Die  Weich  teile  des  Gesichts  erscheinen  ganz  normal,  auch 
am  übrigen  Körper  ist  nichts  Abnormes  zu  konstatieren.  Ob  Lues  die  Ursache  ist, 
ist  nicht  nachweisbar,  doch  scheint  Jodkalium  einen  Einflufs  auf  das  Leiden  gehabt 
zu  haben.  L.  Ho  ff  mann- Berlin, 

Beiträge  zur  pathologischen  Anatomie  der  Addisonschen  Krankheit, 
von  Dr.  v.  Kahlden  in  Freiburg.  (Ebenda.)  Nach  Zusammenstellung  der  bis  dahin 
publizierten  Fälle  und  an  der  Hand  von  2  eignen  Beobachtungen  kommt  Verf.  in 
bezug  auf  die  pathologische  Anatomie  der  Hand  zu  folgenden  Schlüssen:  1.  Die  Tlg- 
mentlagerung  bei  Morb.  Addisson.  findet  in  den  tieferen  Schichten  des  Rete  Malpighi 


139 

statt,  nnd  in  diesen  entsprechenden  äufseren  Lagen  der  Epithelzellen  des  Haarbalgs. 
2.  Das  Pigment  wird  nicht  in  diesen  Zellen  selbst  gebildet,  sondern  in  der  Cutis  und 
von  dieser  aus  durch  Wanderzellen  an  den  Ort  der  Ablagerung  transportiert.  3.  Jede 
Epithelzelle  nimmt  das  Pigment  von  mehreren  solcher  Wanderzellen  auf.  4.  Sowohl 
allgemein  pathologische  Gründe,  wie  das  Lageverhältnis  der  Pigmentwanderzellen  zu 
den  Gefaüsen  machen  eine  Abstammung  des  Pigments  aus  dem  Blut  wahrscheinlich. 
5.  Diese  Abstammung  ist  aber  nicht  auf  eine  Erkrankung  der  Gefälswand  und  noch 
weniger  auf  Hämorrhagien  zu  beziehen,  da  derartige  Befunde  nicht  konstant  sind, 
und  wenn  überhaupt  vorhanden,  wohl  sekundärer  Natur  sind.  6.  Eine  genaue  Unter- 
suchung der  Schleimhautpigmentierungen  in  weiter  zur  Beobachtung  kommenden 
Fällen  verspricht  vielleicht  weiteren  Aufschlufs  über  die  Beziehung  des  Pigments  zum 
Blutfarbstoff  zu  geben.  L,  Hoffmann- Berlin. 

Elektrolyse  bei  Xanthom.  {Press  of  Western  New -York.  Sept.  1888.)  Es 
bandelt  sich  um  zwei  typische  Fälle  von  Xanthom,  welche  Damen  im  Alter  von  51 
resp.  63  Jahren,  betrafen.  Eine  Goldnadel,  mit  dem  negativen  Pole  in  Verbindung, 
wurde  seitlich  an  verschiedenen  Punkten  der  Flecke  eingeführt,  so  dafs  sie  unter  der 
Haut  eine  der  Hautoberfläche  parallele  Richtung  beibehielt.  Erst  dann  wurde  der 
Strom  durch  Anpressung  der  positiven  Schwamm-Elektrode  geschlossen.  9  Zellen 
einer  Chromsäure-Batterie  gaben  die  Kraftquelle  ab.  Eine  einzige  20  Minuten  lang 
dauernde  Sitzung  genügte,  um  zu  bewirken,  dafs  die  entstellenden  Flecke  8  Tage 
später  spurlos  verschwunden  waren.  Leviseur-New-York. 

Multiple  Fibrome  der  Haut,  der  Nerven  nnd  Ganglien  mit  Übergang  in 
Sarkom,  von  Dr.  H.Westphalen  inDorpat.  (Vir chow 8  Archiv.  Bd.  114.)  Bei  einer 
45jährigen  Patientin  zeigten  sich  vor  ca.  10  Jahren  zuerst  in  der  Haut  kleine  derbe, 
diskret  stehende  Knoten,  welche  langsam  an  Gröfse  zunehmend  ihre  ursprüngliche 
Konsistenz  einbüfsten  und  bei  ihrem  weiteren  Wachstum  sich  als  etwa  erbsengrofse 
Geschwülste  über  das  Niveau  der  Haut  erhoben.  Keine  Schmerzen  oder  andere  lästige 
Empfindungen.  Im  Dezember  1885  eine  gröfsere  Geschwulst  in  der  Tiefe  der  linken 
Halsregion,  die  anfangs  rapid  wuchs,  dann  aber  einen  Stillstand  erreichte.  Auch  in 
diesem  Tumor  keine  Schmerzen  weder  spontan  noch  auf  Druck.  Ferner  entwickelte 
sich  im  Sulcus  bicipitalis  intern,  des  rechten  Oberarms  eine  3  cm  lange,  frei  bewegliche, 
auf  Druck  schmerzhafte  Geschwulst.  Patientin  starb  an  einer  Lungeninfiltration,  und 
die  Obduktion  ergab^  abgesehen  von  der  Affektion  der  Pulmones  und  der  Pleura,  das 
Vorhandensein  zahlreicher  Fibrome  in  der  Haut  und  an  den  Nerven  und  zwar  fast 
aller  Nerven,  die  sympathischen  nicht  ausgenommen.  Was  die  Struktur  der  Hautknoteu 
anbetrifft,  so  war  sie  dieselbe,  wie  sie  von  v.  Recrunohausen  in  derartigen  Bildern 
beschrieben  ist.  In  einem  der  Hautknoten,  welcher  einem  relativ  frühen  Entwickelungs« 
Stadium  der  Geschwulstbildung  zu  entsprechen  scheint,  überrascht  der  nervös  plexiforme 
Bau  des  Tumors.  Derselbe  dürfte  die  Struktur  der  sogenannten  Rankenneurome 
wiedergeben.  Daran  knüpft  sich  die  Beobachtung,  dafs  die  erste  Anlage  einer  Binde- 
Gewebswucherung  in  den  Hautknoten  neben  einer  allgemeinen  Fibrom bildung  der 
Nerven  sich  zuerst  an  die  nervösen  Stränge  der  Haut  anlehnt.  Der  grofse  Tumor 
der  linken  Halsregien  erwies  sich  als  ein  Fibrom  des  Ggl.  intervertebrale  V.  Dieses 
zeigt  stellenweise  eine  sarkomatöse  Umwandlung,  welche  kontinuierlich  aus  dem  fibro- 
niatösen  Gewebe  hervorgeht.  L.  Hoffmann-Berlin. 


140 


Spezifische  Entzündungen. 

Zur  Behandlung  des  Ekzems  in  allen  Formen  und  Stadien  empfieUt 
C.  H.  RiCHMOND  eine  Salbe  von  Bleijodid  mit  Vaselin  im  Verhältnis  von  1 :  25.  Die- 
selbe soll  ein-  oder  zweimal  täglich  aufgetragen  und  jeden  zweiten  Tag  abgewasches 
werden.  Schwefelsalbe  leiste  auch  gute  Dienste,  besonders  bei  Kopfekzem;  desgleichen 
bei  inveterierten  Fällen  mit  beträchtlicher  Induration  Chrysarobinsalbe  in  einer  Starke 
von  0,1—0,25  auf  25,0.  —  Gegen  Herpes  zoster  gibt  er  alle  3 — 4  Stunden  0,6g 
Bromkalium.    (Journal  of  cut  and  genito-tirinary  Diseases.  Juni  1888.) 

Philippi'Felsberg. 

Zur  Diagnostik  der  Pitsrriasis  rubra.  Prof.  Schwimkeb  (Orvosi  HeUlap 
eichtet  die  älteren  Angaben,  speziell  die  Ansichten  Devebgibs  und  Hebbas,  schildeit 
die  Abweichungen  in  der  Lehre,  so  das  Jucken,  die  Sekretion  und  den  AusgaDf 
betreffend,  würdigt  die  Arbeiten  neuerer  Autoren  und  veröffentlicht  2  Fälle.  Schw 
hält  dafür,  dafs  die  HEBBAsche  Pit.  rubra  mit  der  general  dermatitis  exfol 
Wilson  und  der  herpetide  exfoliatrice  universelle  der  Franzosen  eine 
Krankheit  darstellt  oder  diesen  sehr  nahe  steht.  Schw.  ist  nicht  geneigt,  eine 
zirkumskripte,  auch  keine  akut  verlaufende  Pit.  rubra  anzunehmen,  hingegen  glank 
er  selbe  in  leichtere  und  schwerere  Formen  einteilen  zu  müssen. 

Bona-  Budapest. 

Bbynolds  schildert  einen  blofs  auf  den  einen  Vorderarm  beschränkten  ct. 
markstückgrofsen  rundlichen  Favusausschlag.  Die  mikroskopische  Untersuchang 
bestätigte  die  Diagnose.  Zu  beiden  Fällen  sind  Abbildungen  beigegeben.  (Journal 
of  cutan,  and  genito-urinary  Diseases.  September  1888.)  Phäippi-Felsberg. 

Zwei  Fälle  von  Oarbunculus  malignus,  von  Dr.  Fbavz  Kiss.  (Orroit 
Hetilap)  Ein  Mädchen  kam  mit  Lappen  in  Berührung,  welche  Fett  von  einem 
infizierten  Tiere  enthielten.  Es  bekam  im  Gesichte  Pustelchen,  zu  welchen  sich 
Gangrän  der  Haut  gesellte.  Mit  Ausbreitung  der  Gang^rän  vergrÖfserten  sich  die 
Lymphdrüsen  und  die  Kranke  starb  in  kurzer  Zeit  unter  typhoiden  Erscheinungen. 

Ln  selben  Hause  fiel  ein  6jähriger  Knabe  in  das  Messer,  mit  welchem  das 
kranke  Tier  abgeschlachtet  worden  ist,  und  der  ganze  kranke  Fufs  gangräneszierte. 
Heilung  durch  Demarkation.  Mona-Budapest. 

Über  das  Wesen  der  Alopecie,  ihre  Behandlung  und  Prophylaxe,  von 
Buchin.  (These  de  Paris,  1887.)  Diese  Abhandlung  bestätigt  ebenso  wie  diejenige 
LoRiOTs  vollständig  die  in  den  Monatsheften  schon  referierte  Meinung  Leloirs  über 
die  trophoneurotischen  und  parasitären  Formen  der  Alopecia  areata. 

Tavemier-Lük. 

Beitrag  zur  Kenntnis  der  Alopecie,  von  Dr.  G.  Loriot.  (Thhse  de  Paris. 
1887.)  Diese  Abhandlung  unterscheidet  zwei  Arten  von  Alopecie,  eine  trophoneu- 
rotischer,  nicht  kontagiöser,  und  eine  parasitärer  Natur.  Bei  dem  heutigen  Stand« 
unserer  Kenntnisse  ist  es  absolut  unmöglich  eine  sichere  Entscheidung  über  die 
kontagiöse  oder  nicht  kontagiöse  Natur  einer  Areastelle  zu  treffen. 

Bei  der  Behandlung  der  Alopecie  haben  dem  Autor  Irritantien,  Stimulantien 
und  ganz  besonders  das  in  Frankreich  unter  dem  Namen  „vösicatoire  liquide** 
bekannte  Präparat  die  besten  Dienste  geleistet.  Tavemier-Lüle. 


141 

Über  Haarkuren,  von  Dr.  0.  Lassar.  (Therap.  Monatsh.  1888.  No.  12.) 
Nicht  allein  bei  der  Alopecia  pityrodes,  sondern  auch  bei  der  Area  Celsi,  sowie  beim 
pathologischen  Haarausfall  jeder  Art  hat  sich  die  antiparasitäre  Therapie  bewährt, 
und  gibt  L.  die  bereits  früher  publizierten  Vorschriften  nochmals  wieder.  Dieselben 
lauten  folgendermafsen :  Man  lasse  durch  geübte  Hand  in  den  ersten  6 — 8  Wochen 
täglich,  später  seltener  den  Haarboden  durch  etwa  10  Minuten  seifen  und  zwar  am 
besten  mit  einer  stark  teerhaltigen,  z.  B.  der  BsBOERschen  Teerseife.  Auch  kann 
man  folgende  zur  Reinigung  der  Kopfhaut  sehr  dienliche  Seifenmischung  herstellen 
lassen:  1  St.  Krankenheilseife  No.  2  und  1  St.  Eokosseife  werden  fein  zerrieben,  mit 
je  einem  £fslö£fel  Soda  und  Pottasche  gemischt  und  dann  in  ein  Liter  Rosenwasser 
gelöst.  Nach  gründlicher  Einschäumung  der  Kopfhaut  wird  die  Seife  abgespült, 
nach  leichtem  Trocknen  wird  der  Kopf  frottiert  mit 

5  Sol,  Hydr,  bichlor.  0,5 :  150,0 
Glycerini 

Spirit  Colon.  u  50, 

31.  S. 
sodann   trocken   gerieben   mit   absolutem  Alkohol,  den  Vs  %  Naphthol  zugesetzt  ist, 
und  dann 

9  Äcid,  salicyl.  2,0 

Tinct  Benz.  3,0 

Ol  pedum  tauri  ad     100,0 
3L  S. 
möglichst  reichlich  in  die  jetzt  ganz  entfettete  Haut  eingerieben.     Offenbaren  Nutzen 
gewährt  femer  folgende  Pomade: 

?»  AM.  carboL  1,0 

Sulf.  sublim.  5,0 

Adip.  colli  equini  ad    50,0 
M.  f.  ung.  adde  Col.  Berg.  gtt.  X. 
Günstig   wirkt  auch  vorsichtige  Anwendung  von  Terpentin,  entweder  als  Ol,  anfangs 
mit  gleichen    Teilen   indifferenten    Öls   versetzt   oder   in   Mischung  mit   verdünntem 
Spiritus.    Das  von  Schmitz  empfohlene  Pilokarpiu  sowie  andre  Schwitzkuren  wurden 
mit  Erfolg  angewandt ;  auch  in  Spiritus  oder  in  Pomade : 

ft  IHIocarpini.  muriat    2,0 

Vaselini  flav.  20,0 

Lanolini  80,0 

Ol.  Lavand.  gutt.  XXV. 

wirkt  das  Pilokarpin   fördernd   auf  den  Haarwuchs.    Dafs  ebenso  in  dem  Zusatz  von 

Perubalsam    zu   Haarpomaden   lediglich   das   Antiparasitäre   von    Bedeutung   sei,   ist 

höchst  wahrscheinlich  und  folgende  Zusammensetzung: 

J^  Pilocarpin,  muriat      2,0 
Chinin,  muriat.  4,0 

Sulfur.  praecip.         10,0 
Balsam  peruv.  20,0 

Medull.  bovin,  ad.  100,0 
stellt  eine  empfehlenswerte  Haarsalbe  dar.    Endlich  ist  noch  der  Teer,   in  Form  von 
Teerbädern   bei    allen    stürmisch-progressiven   Fällen    zu    erwähnen   und   ebenso   das 
Chrysarobin,    dem   allerdings   seine   Gefährlichkeit   in   bezug   auf  Ophthalmien   ent- 
gegensteht. L.  Hoffmann- Berlin. 


142 


)Detfaininlun$en. 

Congres  international  de  Dermatologie  et  de  Syphiligraphie. 

Tenu  k  Paris,  en  1889. 

Statuts. 

I.  —  Un  congres  international  de  Dermatologie  et  de  Syphiligraphie  s'ouvrin 
k  Paris,  le  lundi  5  aüt  1889,  et  sera  clos  le  10  du  meme  mois.  II  aura  liea  dana  li 
grande  salle  du  musee  de  l'Hopital  Saint-Louis. 

II.  —  Seront  membres  du  Congres  tous  les  docteurs  en  m6decine  fran^ 
ou  ^traugers,  qui  s'inscriront  en  temps  utile  et  qui  auront  acquitte  les  droits  de 
cotisation. 

III.  —  Dans  la  seance  d'ouverture  du  Congres,  le  Comite  d'organisation  fen 
proceder  ä  la  nomination  du  bureau  definitif,  des  vice-pr6sidents  et  des  secretaires. 

Les  membres  du  Comite  d'organisation  peuvent  etre  nommes  membres  du  baraii 
definitif. 

IV.  —  Les  seances  du  Congres  seront  publiques.  Les  membres  du  Congres, 
qui  desirent  faire  une  commuuication,  pourront  s'exprimer  dans  la  langue  qui  lenr 
est  familiere. 

Les  Communications  du  Comite  d'organisation  se  feront  en  frangais. 
y.  —  Les   comptes   rendus    des   travaux   du   Congres   seront   publids   dans  m 
volume  special  par  les  soins  du  Comite  d'organisation. 

Le  Comite  d'organisation  du  Congres  de  Dermatologie  et  de  Syphiligraphie  est 
composS  de: 

MM.  les  Docteurs: 

RicoRD  (Ph.),  membre  de  l'Academie  de  medecine,  Chirurgien  honoraire  de 

l'hopital  du  Midi,  President  dlwnneiir, 
Hardy,  professeur  honoraire  ä  la  faculte  de  medecine  de  Paris,  membre  de 
l'Academie  de  medecine,  President 

Membres  du  Comite: 
MM.  les  Docteurs: 

Balzer,  medecin  de  l'hopital  de  Lourcine. 

Besnier  (Erkest),  membre  de  l'Academie  de  mödecine,  medecin  de  l'hopital 

Saint-Louis. 
DucASTEL,  medecin  de  l'hopital  du  Midi. 
Fournier  (Alfred),   professeur  de  Clinique  des  maladies  cutanees  et  syplii- 

litiques  k  la  Faculte  de  mSdecine   de   Paris,    membre   de  l'Academie  de 

medecine,  medecin  de  l'hopital  Saint-Louis. 
Gailleton,   professeur  de  Clinique  des   maladies  cutanees  et  syphilitiques  a 

la  Faculte  de  medecine  de  Lyon. 
Hallopeau,  professeur  agrege  ä  la  Faculte  de  medecine  de  Paris,   medecin 

de  l'hopital  Saint-Louis. 
HcMBERT,  professeur  agregS  k  la  Faculte  de  medecine  de  Paris,   Chirurgien 

de  rhopital  du  Midi. 
Lailler,  medecin  honoraire  de  l'hopital  Saint-Louis. 
LuLoiR,  professeur  de  Clinique  des  maladies   cutanees   et   syphilitiques  a  la 


143 


Faculte  de  mSdecine  de  Lille,  correspondant  de  TAcademie  de  medecine. 

Maüriac  (Ch.),  mSdecin  de  l'hopital  du  Midi. 

Pozzi,  professeur  agrSgS  ä  la  Faculte  de  medecine  de  Paris,  Chirurgien  de 
rhopital  de  Lourcine. 

QuiNQüAüD,  professeur  agreg6  k  la  Faculte  de  medecine  de  Paris,  medecin 
de  l'hopital  Saint-Louis. 

Tbnkeson,  medecin  de  l'hopital  Saint-Louis. 

YiDAL,  membre  de  l'Academie  de  medecine,  medecin  de  l'hopital  Saint- 
Louis. 

Feülabd  (Hekbi),  chef  de  clinique  de  la  Faculte  ä  l'hopital  Saint-Louis, 
secrStaire, 


Le  ComitS  d^organisation  s'est  adjoint  des  secrStaires  etrangers,  afin  de  iaciliter 
la  preparation  du  Congrds  et  les  moyens  de  relations  avec  les  mSdecins  des  divers 
pays. 

Sur  la  demande  du  Comite,  ont  bien  voulu  accepter  ces  fonctions: 

MM.  les  Docteurs: 
BsRTABfiLLi  (Amb.)  .  do  Milan Secr^taire  pour  Vltalie. 


BOECC  (C^sab) 

Dubois-Hayeivith  . 

Fox  (Colcott) 

Hasluitd 

Lassab 

Matob  (A.) 

Morris  (Malcolh) 
morrow  (p.-a.)  . . 


Pardo  

Petersen  . .  . . 
BlEHL  (G.)  . . . 
Silva  Abaujo 
Welandeb  . . . 
Zambaco   . . . . 


Christiania  . 
Bruxelles  . . 
Londres. . . . 
Copenhague 

Berlin 

Gendve  .... 
Londres  . . . 
New -York  . 


Madrid 

St-Petersbourg . . . 

Vienne 

Bio-de- Janeiro . . . 

Stockholm 

Constantinople. . . 


la  Norwhge. 

la  Belgique-Hoüande. 

la  Grande-Bretagne. 

le  Danemark, 

VÄÜemagne. 

la  Suisse. 

la  Gfrande-Bretaffne. 

les  Etats 'Unis  y   Ämerique 

du  Nord. 
VEspagne. 
la  Bussie. 
V  Äutrtche-Hongrie. 
X Ämerique  du  Sud. 
la  Suede. 
la  Turquie,  la  Grrhce  et  les 

Pays  d^  Orient 


Begletnent. 

L  —  Les  adhSsions,  demandes  de  renseigneraents  et  les  Communications  peuvent 
etre  adressees,  soit  ä  M.  le  Dr.  H.  Fbülard,  ä  Baris,  höpital  Saint-Louis ,  secretaire 
da  ComitS  d' Organisation,  soit  k  Tun  des  secrdtaires  del^gues  pour  l'etranger. 

n.  —  Les  droits  de  cotisation  sont  de  25  Francs;  la  cotisation  donne  droit  au 
volume  de  comptes  rendus  du  Congres. 

m.  —  Les  cotisations  seront  per^ues  k  Paris,  au  moment  de  l'ouverture  du 
Congres  en  meme  temps  que  seront  distribuees  les  cartes  de  membres  du  Congres. 

Les  personnes  qui,  ayant  envoye  leur  adhesion,  ne  pourraient  venir  au  Congres, 
mais  desireraient  en  recevoir  les  comptes  rendus,  devront  envoyer,  par  mandat-poste, 
ä  M.  le  Dr.  H.  Feulabd,  secretaire  du  Comite,  le  montant  de  leur  cotisation. 

IV.  —  Les  questions  traitees  seront  de  deux  ordres :  les  unes  proposees  ä  l'avance 
par  le  Comite  d'organisation,  les  autres  librement  choisies. 


144 

V.  —  Les  seances  auront  lieu  de  9  heures  du  matin  k  midi  et  de  3benrps 
ä  6  heures  du  soir.  Les  seances  de  Tapres-midi  seront  consacr^es  k  la  discassion  des 
questions  proposees  par  le  Comite. 

VI.  —  Les  membres  qui  desirent  faire  une  communication  sont  pries  de  le 
faire  savoir  au  secr§taire  du  Comite  d  Organisation  ou  k  Tun  des  secretaires  dSIeguei, 
avant  le  15  mai  1889,  et  de  joindre  un  resume  trSs  bref  contenant  les  conclasions 
de  leur  travail. 

Ce  resume  sera  imprime  in  extenso  ou  en  partie  dans  le  programme  genenl 
qui  sera  distribue  avant  l'ouverture  du  Congres. 

Ce  Programme  qui  sera  envoye  au  commencement  du  mois  de  juillet  1889  coo- 
tiendra  les  noms  des  membres  ayant  envoye  leur  adh^sion  avant  le  15  mai,  ceox  des 
orateurs  inscrits  pour  prendre  la  parole  sur  les  questions  mises  k  l'ordre  du  jour,  les 
Communications,  annoncees,  etc. 

VII.  —  Dans  l'ordre  du  jour  de  chaque  seance,  les  orateurs  inscrits  k  l'aYanoe 
et  les  Communications  annoncees  au  programme  general  auront  la  priorite. 

Les  Communications  peuvent  avoir  une  duree  de  quinze  minutes.  Dans  les  dii- 
cussions,  les  orateurs  ne  pourront  garder  la  parole  pendant  plus  de  dix  miiiotes 
consecutives.  Ce  temps  ecoule,  le  president  pourra,  s'il  est  besoin,  maintenir  la 
parole  k  l'orateur. 

VIII.  —  Les  manuscrits  des  Communications  devront  etre  deposes  sur  le  boreaii 
avant  la  levee  de  la  seance. 

Le  Comite  d'  Organisation  decidera  de  leur  insertion  totale  ou  partielle  dans  ie 
compte-rendu  officiel. 

La  publication  sera  faite  en  fran^ais,  en  allemand  ou  en  anglais. 

Quant  aux  discussions,  elles  seront  reproduites  dans  le  compte-rendu  k  conditios 
que  les  membres  qui  y  auront  pris  part  remettent,  au  plus  tard  au  d^but  de  li 
seance  qui  suivra,  un  r^sumS  de  leurs  discours  aux  secretaires  de  la  seance. 

Questions  mises  k  l'ordre  du  jour. 

Question  1.    De  la  Constitution  du  groupe  „Liehen**. 

I.  —  Doit-on,  avec  les  anciens  dermatologistes,  conserver  la  d^nomination  de 
„Liehen"  k  un  assez  grand  nombre  d'affections  que  plusieurs  modernes  consid^rent 
comme  differentes  les  unes  des  autres? 

II.  —  Dans  la  negative  :  lo  Quelles  sont  les  affections  qu'il  faut  söparer  da 
groupe  et  denommer  autrement;  2o  ün  nouveau  groupe  liehen  6tant  constitad,  quelles 
sont  les  especes,  formes  ou  vari^tes  que  Ton  doit  y  admettre? 

Question  IL    Du  Pityriasis  rubra  —  Des  dermaütes  exfoliantes 

generalisees  primitives. 

I.  —  Quels  sont  les  caracteres  propres  de  la  dermatose  k  laquelle  il  faut  limiter 
la  d^nomination  de  Pityriasis  rubra  ?  Ne  doit-on  pas  distinguer  dans  cette  maladie 
plusieurs  types  selon  leur  marche,  leur  duree,  leur  terminaison? 

II.  —  La  dermatose  decrite  sous  le  nom  de  Pityriasis  rubra  püatre^  doit-elle 
etre  consideree  comme  une  espice  du  Pityriasis  rubra  ou  comme  une  affecUon  propre^ 
ou  bien  etre  rattachee  k  un  autre  genre  morbide,  le  psoriasis? 

III.  —  Quels  sont  les  rapports  k  etablir  entre  les  affections  cutanßes  de- 
nomm^es : 

a.  Eryihemes  scarlatiniformes. 

b.  Dermatite  exfoliatrice  geniralisee  primitive. 


146 

QuesHon  HL    Du  pemphigus.  —  Des  dermatoses  buUeuses,  complexes 

ou  multiformes. 

L  —  Le  tenne  de  Pemphigus  peui-il  etre  conservö  ponr  dSnommer  plosieurs 
dermatoses  balleuses  qui  soiit  distiDctes  les  iines  des  antres  par  leur  nature,  lenr 
raarche  et  lear  terminaison ;  ou  bien,  an  contraire,  doit-il  etre  r^erv6  ä  une  maladie 
nnique  et  bien  d^finie,  le  Pemphigus,  correspondant  au  pempbigus  ebronique,  bulleux, 
ou  foliac^? 

n.  —  D*autre  part,  comment  doit-on  classer  diverses  dermatoses  balleuses, 
eryth^mato-buUeuses,  ou  plus  complexes  encore :  ^rythemateuses,  pustuleuses,  buUeuses 
ä  la  fois,  c  est-ä-dire  multiformes^  telles  par  exemple  que  les  affections  connues  sous 
les  noms  de  pemphigus  ä  petites  buües,  ^theme  huUeuXy  Hydroa  buHeux^  dermaüte 
herpäiforme,  dermaüte  prurigineuse  polymorphe,  herpes  gestationis,  etc. ;  et  quelles 
denominations  faut-il  leur  appliquer? 

Question  IV.    Du  trichophyUm.  —  Des  dermatoses  trichopJiytiques. 

I.  —  Mycologie,  espöoes,  cultures,  transmission  exp^rimentale,  contagion. 
n.  —  Prophylaxie  et  traitement. 

Question  V.    DirecOon  genSrale  ei  duree  du  traitement  de  la  Syphilis. 

I.  —  A  quel  moment  de  l'infection  sypbilitique  doit  etre  commence  le  traite- 
ment? 

Traitement  continu;  traitement  interrompu. 

Par  quel  agent  therapeutique  doit-il  etre  commenc4? 

Quand  y  a-t-il  lieu  d*adjoindre  ou  de  substituer  les  preparations  iodur^es  aux 
mercuriaux? 

Indications  et  contre-indications  du  mercure. 

IndicatiouB  et  contre-indications  de  l'iodure  de  potassium. 

n.  —  Combien  de  temps  le  traitement  doit-il  Stre  oontinuS? 

Faut-il  traiter  la  sypbilis  en  dehors  de  ses  manifestations? 

Est-il  utile,  ä  une  6poque  61oign6e  du  debut  de  l'infection,  d'administrer  encore 
l'iodure  preventivement? 

(Question  VI.    Friquence  rdative  de  la  syphüis  tertiaire.  —  Conditions 

favorables  ä  son  dSveloppement. 

I.  —  Etablir  la  proportion  des  syphilitiques  qui  arrivent  k  la  periode  tertiaire: 

lo  Sans  traitement; 

2o  Avec  traitement. 

n.  —  Peut-on  tirer  quelque  indice  soit  des  accidents  secondaires  comme  pr^sages 
des  accidents  tertiaires. 

m.  —  D^terminer  l'influence  reelle  des  causes  reput^es  favorables  k  l'^closion 
de  la  Syphilis  tertiaire  (age,  Constitution,  sexe,  ant^c^dents  morbides  personnels  ou 
hereditaires,  profession,  hygidne  individuelle,  impaludisme,  alcoolisme,  traumatisme, 
sormeoage;  causes  depressives), 

Le  Comitö  d'organisation  pense  qu'il  y  aurait  interSt  pour  la  disoussion  des 
questions  g^nerales,  k  ce  que  ces  questions  fussent  Tobjet  de  rapports  particuliers ; 
il  prie  donc  les  orateurs  qui  ont  l'intention  de  preparer  et  r^diger  ces  rapports  de 
▼ooloir  bien  Ini  faire  parvenir  suivant  le  mode  prescrit  par  l'article  VI  du  röglement, 
lei  condusions  de  leur  travail  sur  la  question  ou  un  point  de  la  question  :  ces  con- 
clotions  seront  reproduites  dans  le  programme  g6n6ral. 

10 


146 

Questions   laisSes  au  choix  des  Meinbres   du  Congrös. 

Tout  en  laissant  aux  membres  du  Congr^s  la  faculte  de  cboisir  les  questions 
qu'ils  veulent  traiter,  le  Comite  d'organisation  desire  attirer  plus  particuliSTement 
Tattention  sur  certaines  questions  dout  la  Solution  ne  parait  pouvoir  etre  obtenue  qne 
par  le  concours  des  dermatologistes  et  sypbiligrapbes  de  pays  divers. 

I.  —  Questions  de  dermatologie, 

Mycosis  fongoide. 

Pruritus  hienialis. 

Contag^on  de  la  lepre.  Du  nombre  des  lepreux  existant  actuellement  en  Earope 
en  debors  des  pays  Scandinaves. 

Etat  de  la  science  sur  la  nature  parasitaire  non  encore  definitivement  etablie  de 
certaines  affections  de  la  peau,  telles  que  Veczema  sec  circine,  le  pityricisis  rose  d< 
GHherty  Veceetna  seborrhHquey  etc. 

IL  —  QttesUons  de  Syphüigraphie. 

Kapports  qui  existent  entre  la  sypbilis  et  quelques  affections  dSfinies  du  Systeme 
nerveux  (tabes,  paralysie  generale). 

Excision  du  cbancre  sypbilitique. 

Indications  et  valeur  th^rapeutique  des  injections  mercurielles  souscutanees. 

Prophylaxie  administrative  de  la  sypbilis  des  nourrices  et  des  nourrissooi 
(reglements  existant  dans  cbaque  pays,  responsabilite  des  administrations  bospitalieitt, 
conduite  ä  tenir  vis-ä-vis  des  nouveaux-nes  abandonn^s,  n4s  de  parents  dont  les  ante- 
cedents  patbolog^ques  sont  ignores,  nourriceries,  allaitement  artificiel,  etc.). 

Du  cbancre  v^nerien,  unicite  et  dualitS ;  frequence  relative  du  cbancre  mou  dans 
les  divers  pays. 

HL  —  Questions  techniques  relatives  ä  la  pratique  et  ä  Venseignement 

de  la  dermato-syphiligraphie, 

Comparaison  de  Tenseigncment  et  de  la  pratique  dermato-sypbiligrapbiques  dans 
les  divers  pays  (chaires  officielles  de  facultes,  enseignement  libre,  bopitaux  et  semces 
speciaux,  consultations  publiques  et  policliniques,  laboratoires,  etc.). 

Nominatiou  d'une  commission  cbargee  de  la  siuiplification  de  la  nomenclatare 
dermatologique. 

Moyens  de  faciliter  l'etude  internationale  de  la  dermatologie ;  publication  d'an 
atlas  international  des  dermatoses  rares;  synonymie  des  appellations  nosologiqoes, 
bibliograpbie,  journaux,  societes,  congres  periodiques,  etc. 


Der  achte  Eongrefs  für  innere  Medizin  findet  vom  15.  bis  18.  April  1889 
zu  Wiesbaden  statt.  Das  Präsidium  desselben  übernimmt  Herr  v.  Libbbrmeistkk 
(Tübingen).  —  Herr  Schultze  (Bonn)  wird  eine  Gedächtnisrede  auf  Herrn  Kühlk 
halten.  Folgende  Themata  sollen  zur  Verhandlung  kommen:  Montag,  den  15.  April: 
Der  Ileus  und  seine  Behandlung.  Referenten:  Herr  Cürschmann  und  Herr 
Leichtenstern.  —  Mittwoch,  den  17.  April:  Die  Natur  und  Behandlung  der 
Gicht.  Referenten:  Herr  Ebstein  und  Herr  Emil  Pfeiffer.  —  Folgende  Vortrage 
sind  angemeldet:  Herr  Immerhann  (Basel):  Über  die  Funktionen  des  Magens 
bei  Phthisis  tuberculosa.  —  Herr  Petersen  (Kopenhagen):   Über  die  Hippo- 


147 

kratische  Heilmethode.  —  Herr  FOrbrtkger  (Berlin):  Über  Impotentia  virilis. 
—  Herr  L.  Lewin  (Berlin):  Über  Arzneibereitung  und  Arzneiwirkung. 


Der  3.  Eongrefs  russischer  Ärzte  fand  in  der  zweiten  Hälfte  Janaar  in 
St.  Petersburg  statt.  Für  die  dermatologisch-sTphilidologische  Sektion  waren  u.  a. 
folgende  Vorträge  vorgemerkt:  die  Herren  Münch  und  Polotebhow  über  Lepra, 
die  Herren  Ischistjakow  und  Rkschitinkow  über  Injektionen  unlöslicher 
Salze  bei  Syphilis,  Herr  Petersen  über  Nomenklatur  der  Syphilisperioden. 
Ein  Bericht  über  die  Verhandlungen  wird  demnächst  in  den  Monatsheften  erscheinen. 


Für  die  Sektion  für  Dermatologie  und  Syphilis  der  diesjährigen  Ver* 
Sammlung  deutscher  Naturforscher  und  Arzte  in  Heidelberg  sind  Herr 
Dr.  Fleiner  als  Einführender  und  Herr  Dr.  Dinkler  als  Schriftführer  gewählt 
worden. 


^txfonaixtn. 

Ein  dermatologisches  50jähriges  Jubiläum.  Prof.  Diday,  seit  1838  Oberarzt 
an  der  Antiquaille  zu  Lyon,  feierte  in  geistiger  Frische  diesen  Ehrentag  bei  einem 
intimen  Festmahle  mit  chirurg.  Hospital-Kollegen.     (Prov.  med.  1888.  No.  25.) 

Pauly- Nervi. 

)i)erf4iiebene5. 

Wechsel  der  Farbe  des  Gefieders  infolge  von  Todesangst.  Über  ein 
merkwürdiges  Ereignis  aus  dem  Tierleben  schreibt  der  Metzer  Ztg.  ein  Einwohner 
von  Planti^res  bei  Metz:  „Ich  besitze  einen  spanischen  Hahn,  der  sich  durch  ein 
schön  schwarzes  Gefieder,  welches  keine  Spur  einer  andern  Färbung  aufwies,  aus- 
zeichnete. Vermutlich  auf  einer  Entdeckungsreise  geriet  dieser  stolze  Spanier  eines 
Abends  in  den  Behälter  der  Schweine,  die,  zur  Gastfreundschaft  nicht  geneigt,  dem 
Armen  übel  zusetzten  und  ihn  ohne  Gnade  ermordet  haben  würden,  wenn  sein 
Wehgeschrei  nicht  rechtzeitig  Menschenhilfe  herbeigerufen  hätte,  die  ihn  seinem 
Harem  zuführte.  Mit  dem  Verlust  der  schönsten  Schwanzfedern  wäre  der  Vorwitz 
genügend  gebüfst  gewesen;  das  miisliche  Abenteuer  war  ihm  aber  so  zu  Herzen  ge- 
gangen, resp.  auf  die  Nerven  geschlagen,  dafs  er,  der  tags  vorher  noch  in  jugendlicher 
Schöne  die  Gärten  durchwandelte,  am  andern  Morgen  als  —  Greis  auf  dem  Futter- 
platze erschien.  Die  Federn  auf  dem  Kopfe  sind  vollständig  weifs  geworden,  am 
Halse  und  auf  dem  Rücken  etwa  die  Hälfte,  so  dals  er  hier  gesprenkelt  erscheint." 

Strafen  der  Prostitution  in  Finnland.  Der  finnische  Landtag  hat  unter 
Kap.  20,9  soeben  beschlossen,  dafs,  wenn  aufser  bei  Minorität,  Geistesschwäche,  naher 
Verwandtschaft,  ein  Mann  und  eine  Frau  der  heimlichen  Kohabitation  überführt  sind, 
sie  bis  zu  40  M.  der  Mann,  20  M.  die  Frau  Strafe  zu  zahlen  haben.  Der  geistreiche 
Redakteur  der  Prov.  med.^  Victor  Angagneur,  begleitet  diese  Mitteilung  mit  der 
Noüz:  Man  sieht,  was  für  ein  kaltes  Land  Finnland  ist.  Welch  reine  Sitten!  Der 
nmple  Koitus  hat  20—40  M.  Strafe.  In  Frankreich  würde  ein  solches  Gesetz  einfach 
die  Wohnungsmiete  um  die  Strafsumme  steigern,  die  Kohabitation  aber  nicht  hindern. 

Pauiy-Nervi, 

10* 


148 

Als  eine  schwer  zu  knackende  disgnostische  Nufs  erscheint  der  Fall,  dto 
Prof.  Schnitzleb  in  der  k.  k.  Gesellsch.  der  Arzte  in  Wien  (21.  Dezbr.  1888)  Yot- 
stellte.  48j ähriger  Mann,  stets  gesund,  erhält  ein  für  Diphtheritis  angesehenes  Ge- 
schwür an  der  1.  Tonsille,  das  nach  Atzungen  verschwindet,  um  wiederzukehren. 
Es  ergreift  Uvula,  weichen  Gaumen,  hintere  Rachenwand.  In  Moskau  hält  es  der 
Chirurg  für  eine  Neubildung,  der  Internist  für  einen  Abscefs,  der  Syphilidolog 
für  ein  G-umma.  In  Wien  konsultiert  er  auch  mehrere  Ärzte,  die  ebenso  dissen- 
tier en.  Nach  einer  erfolglosen  Schmierkur  sieht  ihn  Sohn.,  der  folgendes  kon- 
statiert: Nasale  Sprache,  Zerstörungen  am  weichen  Gaumen,  Uvula  weg,  ebenso  beide 
Arkaden  weg,  hintere  Bachenwand  stark  infiltriert.  Das  Geschwür  war  mit  dickem 
Eiter  belegt,  und  man  sah  im  infiltrierten  Gewebe  einige  Granulationen,  die  an 
Heilung  denken  liefsen.  Schn.  denkt  an  eine  Neubildung.  Das  von  Hofmokl  ex- 
cidierte  Stück  untersucht  Prof.  Weichsblbaum,  der  Tuberkulose  und  Lues  ausschlielst, 
auch  Karzinom;  es  handle  sich  entweder  um  Sarkom  oder  eine  bisher  unbekannte 
Erkrankung. 

In  der  —  höchst  instruktiven  —  Diskussion  sagt  Prof.  Stöbk,  dafs  er,  als  der 
Patient  nach  Wien  kam,  den  Pat.  sah  und  das  Geschwür  damals  auf  die  linke 
Seite  beschränkt  war.  Der  weiche  Gaumen  war  durchbrochen.  St.  riet  zur  Operation, 
denn  er  negierte  Lues:  a.  da  keine  andern  Zeichen  von  Lues  bei  so  hodi- 
gradiger  Zerstörung  da  waren,  b.  da  er  keine  Abklatschgeschwüre  sah,  c  da  der 
Prozefs  sich  auf  einer  Seite  abgrenzte,  e.  da  das  Geschwür  wie  mit  einem  1mlg^ 
krampten  Rande  versehen  war.  St.  hatte  den  Eindruck  einer  malignen  Neubildung. 
Kaposi  hat  den  Kranken  auch  gesehen  und  für  Lues  sich  erklärt,  ebenso  wie  jetzt 
Die  Infiltration  war  gleichmäfsig  wie  bei  einem  retromukösen  Gumma. 
Auch  der  weitere  Verlauf  sprach  dafür.  Der  Mangel  andrer  Syphilis- 
erscheinungen  ist  kein  Gegenbeweis.  Die  Anwesenheit  von  Drüsenschwel- 
lungen ist  nicht  notwendig  —  in  späteren  Jahren  findet  man  überhaupt  keine  Poly- 
adenitis. Abklatscherscheinungen  konnten  nicht  da  sein,  da  Gummen  überhaupt  nieht 
ansteckend  sind.  Nur  Lues,  nicht  Karzinom  —  resümiert  Kaposi.  Billboth  stimmt 
Kaposi  bei,  aber  es  föllt  ihm  auf,  da&  die  Schmierkur  ohne  Erfolg  ist.  Er  eriimeii 
K.  an  einen  Fall  von  Rhinosklerom,  den  B.  für  Lues  hielt,  und  wo  K.  einwarf^  die 
Schmierkur  hätte  doch  dann  Erfolg  gehabt  haben  müssen.  Das  betont  B.  hente 
wiederum  (wie  Ref.  sich  erlaubt  zu  bemerken,  irrtümlich,  denn  hier  ist  eben  eine 
kombinierte  Kur  nötig,  um  Erfolge  rasch  zu  zeigen).  B.  hält  es  nicht  für  Karzinom. 
Rhinosklerom  käme  in  Frage;  aber  dabei  wären  selten  spontane  Ulcerationen ;  anch 
hätten  alle  Fälle,  die  B.  gesehen,  zu  hochgradigen  Stenosen  geführt,  was  hier  nicht 
der  Fall  wäre.  Auf  Tuberkulose  wäre  zu  untersuchen  an  einem  excidierten  ausgiebigen 
Stücke;  negative  Resultate  sind  nicht  mafsgebend.  Dasselbe  gilt  für  Karzinom; 
die  Epithelzellen  können  herausfallen,  und  es  bleibt  blofs  ein  bindegewebige! 
Gerüst,  das  nichts  Charakteristisches  darbietet. 

Neümann  hält  es  für  Lues,  da  die  Geschwüre  ganz  weich  waren.  Er  wartet  den 
Erfolg  seiner  methodischen  Bekandlung  bei  dem  Pat.,  den  er  auf  seine  Klinik  ge- 
nommen, ab.  Kaposi  meint,  etwas  Verheilung  nach  der  früheren  Schmierkur  habe 
er  gesehen. 

ScHNiTZLBB  erwähnt  zum  Schlufs,  dafs  er  vor  einigen  Jahren  mit  Billroth  einen 
ähnlichen  Fall  gesehen.  Auch  dort  Beginn  an  der  Tonsille;  damals  wurde  die  Diagnose 
auf  Diphtheritis  gestellt,  dann  auf  Lues,  später  auf  Karzinom.  Zahlreiche  Metastasen 
auf  der  Haut  rechtfertigten  die  letztere  Diagnose.  Pauly-Nervi 

VerUg  von  LdOPOM  VOSS  in  Hamburg  (und  Leipzig). 
Drvek  der  VcrUgtanttalt  nnd  Dniekerel  Aetten-QMaUaehaft  (rornuds  J.  F.  Blehtar)  In  Hamlmrff' 


Monatsliefto  fpr.  l).-i-ni,LLnl,K,ie.  VIII  tiHiu!. 


'"'■'.     ^^ 


liiu.y.i,  heralohv'lin  unil Klriih. 


rfjg.,o:.kopoldVo55T.I!^".biirg.^rdl<...wgi. 


pottat0|ie)le  fk  ||taUifi|e  pettnatologit 

Band  VIII.  No.  4.  15.  Februar  1889. 


Aus  Dr.  Unnas  dermatologischem  Laboratorium  in  Hamburg. 

Keratohyalin  nnd  Eleidin. 

Von 

Dr.  Pausto  Buzzi, 

Assistent  der  dermat.  Klinik  der  Charit^  in  Berlin. 

Mit  1  FArbendrncktafel. 

n. 

Dem  ersten  historisoh-kritisclieii  Teil  meiner  Arbeit  lasse  ich  einen 
zweiten  folgen,  dessen  Resultate  positiverer  Natur  sind.  Schon  in  einer  vor- 
läufigen Mitteilung  (s.  Monatshefte  f.  pr,  Derm,  1888.  pag.  761)  über  diesen 
Gegenstand  habe  ich  diese  Resultate  kurz  dahin  zusammengefalst,  dals  sie  die 
Individualität  und  Selbständigkeit  der  beiden  Substanzen  —  Kerato- 
hyalin und  IBleidin  — ,  welche  man  bisher  zusammenwarf  und  als 
eine  einzige  Substanz  auffafste,  beweisen.  Die  Beobachtungen,  welche 
mich  zu  diesen  Resultaten  führten,  will  ich  nun  im  folgenden  mitteileui 
ebenso  wie  die  Betrachtungen  und  Polgerungen,  welche  zu  ihren  gunsten 
sprechen.  Zum  bessern  Verständnis  derselben  sind  4  Parbenskizzen 
meiner  Befunde  beigegeben. 

Um  jedes  Mifsverständnis  von  vornherein  auszuschliefsen,  halte  ich 
es  für  nötig,  die  von  mir  angewandte  Nomenklatur  schon  hier  genau 
festzustellen.  Als  Keratohyalin  bezeichne  ich  die  in  Zellen  ein- 
geschlossenen Kömchen  der  Körnerschicht,  welche  zuerst  von 
AuFFHAMMEB  gesehen,  sodann  von  Lakqerhans,  Unna,  Walbeyeb 
u.  a.  m.  besser  beschrieben  und  studiert  wurden  und  welche  seither  allen 
flistologen,  besonders  durch  ihre  grofse  Affinität  zum  Karmin  und 
Hämatoxylin  sehr  wohl  bekannt  sind.  Im  Gegensatze  dazu  reserviere 
ich  den  Namen:  Eleidin  für  jene  Substanz,  welche  sich  in  der  Porm 
von  Tröpfchen  und  Lachen  (flaques)  auf  der  Oberfläche  von  Hautschnitten 
in  der  Höhe  der  basalen  Hornschicht  frei,  extracellulär  zeigt  und 
znerst  von  Ranvier  beschrieben  wurde. 

Monatahefte.  11 


150 

Meine  Untersuchungen  sind  an  der  menschlichen  Haut  angestellt 
und  zwar  vorzugsweise  an  der  Haut  der  Planta,  welche  beide  Substanzen 
in  grofser  Menge  enthält.  Die  speziellen  technischen  Mafsnahmen  werden 
bei  Besprechung  der  einzelnen  Befunde  erwähnt. 

Was  die  Form  und  Verbreitung  der  Keratohyalinkörner  betrifi, 
so  habe  ich  den  Angaben  der  soeben  citierten  Autoren  nichts  hinznza- 
fügen.  Ich  bin  mit  Waldeyer  und  Unna  überzeugt,  dafs  ihre  Konsistenz 
diejenige  fester  Körper  ist,  und  dafs  die  neuerdings  ihnen  häufig  gegebene 
Bezeichnung  von  „Tröpfchen"  eine  unpassende  ist. 

Zunächst  findet  man  nicht  selten  neben  ganz  runden  oder  ovalen 
Körnern  solche  von  mehr  oder  weniger  eckigen  Konturen.  Sodann  habe 
ich  nie  bemerkt,  dafs  sie  ihre  Form  ändern  oder  zusammenflieüsen,  wenn 
man  mittels  des  Deckgläschens  einen  Druck  auf  sie  ausübt,  was  zweifellos 
geschehen  müfste,  wenn  es  sich  um  Tröpfchen  einer  Flüssigkeit  handelte. 
Weiter  spricht  es  gegen  die  flüssige  Natur  der  Kömer,  dafs  man  niemals 
etwas  von  ihrer  Masse  mit  dem  Messer  auf  die  Hornschichtoberflftche 
überträgt,  wenn  man  mit  demselben  von  der  Cutis  gegen  die  Homschicht 
den  Schnitt  führt;  hiervon  kann  man  sich  leicht  mittels  der  Hämatoxylin- 
färbung  überzeugen.  Endlich  konnte  ich  mich  —  wie  "Waldeykb  — 
überzeugen,  dafs  die  Kömer  bei  der  Behandlung  mit  Alkalien  aufquellöi 
wie  eine  feste  Substanz  und  nicht  wie  die  Tropfen  einer  Flüssigkeit. 

Mit  dieser  Erwähnung  einer  Volumenzunahme  der  Keratohyalinkörner 
unter  dem  Einflüsse  von  Alkalien  betreten  wir  das  mikrochemische 
Gebiet.  Eine  Lösung  von  Natron  oder  Kali  wirkt  stärker  als  eine  solde 
von  Ammoniak.  Beim  Erwärmen  des  Objektträgers  lösen  sie  sich  unter 
dem  Einflüsse  dieser  Alkalien  auf,  übrigens  gleichzeitig  mit  den  Zellen, 
welche  sie  enthalten,  und  sogar  den  Homzellen. 

Wasser  übt  durchaus  keinen  lösenden  Einflufs  auf  sie  aus.  Nach 
sehr  langer  Immersion  der  Schnitte  in  destilliertem  Wasser  gelang  es 
mir  noch  sehr  gut,  die  Kömer  mittels  Hämatoxylins  zu  färben. 

Ebenso  indifferent  verhält  sich  der  Alkohol  gegen  sie.  Jahrelang 
in  Alkohol  aufbewahrte  Haut  ergab  mir  noch  eben  so  gute  Färbongs^ 
resultate  wie  die  frische  Haut.  Ich  finde  dieses  Faktum  ebenfalls  erwfthnt 
in  einer  Dissertation  von  Krause,  welcher  die  Haut  des  Affen  bearbeitete, 
und  verstehe  absolut  nicht,  wie  Zander  in  einer  neueren  Publikation  eineo 
deletären  Einflufs  des  Alkohols  auf  die  Keratohyalinkörner  behaupten  kann. 

Auch  durch  Äther,  Chloroform  und  Benzin  gelingt  es  nicht, 
das  Keratohyalin  aufzulösen,  wie  man  sich  durch  die  Färbung  der 
Schnitte  nach  Behandlung  derselben  mit  diesen  Lösungsmitteln  über- 
zeugen kann. 

Schon  in  dem  ersten  Teile  dieser  Arbeit  habe  ich  mich,  gelegenÜidi 
der  LiEBERMANNschen  Reaktion,  eingehend  mit  der  Wirkung  der  Essig- 


151 

saure  und  Schwefelsäure  auf  das  Keratohyalin  beschäftigt,  brauche 
also  hier  nicht  darauf  zurückzukommen. 

Salzsäure  und  Salpetersäure,  selbst  in  starker  Verdünnung, 
lassen  die  Kömer  aufquellen  und  weniger  sichtbar  -werden.  Bei  stärkerer 
Konzentration  werden  sie  —  wie  die  Zellen  —  aufgelöst.  Wie  Walde yer 
habe  ich  nicht  konstatieren  können,  dafs  sie  sich  unter  dem  Einflüsse  der 
Salpetersäure  gelb  färbten. 

Osmiumsäure,  wie  das  seit  langem  bekannt  ist,  schwärzt  sie 
nicht.  Man  kann  sogar  sagen,  dals  sie  etwas  glänzender  hervortreten  im 
Kontrast  mit  der  gebräunten  Umgebung. 

Jod,  in  Form  der  Tinktur  oder  der  LüGOLschen  Lösung,  mit  oder 
ohne  einen  Tropfen  Schwefelsäure,  bringt  an  den  Körnern  keine  spezifische 
Färbung  hervor. 

Ich  selbst  habe  keine  Experimente  über  künstliche  Verdauung  des 
Keratohyalins  angestellt.  Waldkyer  versichert,  dafs  die  Körner  sich 
mittels  Glycerin-Pepsinextrakten  vollkommen  verdauen  lassen.  Unna, 
welcher  mit  Pepsin-Salzsäure  und  Trypsin  arbeitete,  hat  auch  ihre  voll- 
ständige Verdauung  beobachten  können. 

In  formeller  Opposition  mit  diesen  Resultaten  befindet  sich  Zander, 
wenn  er  sagt:  „Ich  trage  kein  Bedenken,  diese  Kömchen,  welche 
wohl  mit  dem  Keratohyalin  oder  Eleidin  gleichbedeutend 
sind,  als  Keratin,  anzusehen."  Die  mangelhafte  Begründung  dieser 
Behauptung  von  Zander  springt,  wie  Unna  dieses  bereits  dargethan,  in 
die  Augen.  Man  fragt  sich,  wie  jemand  eine  solche  These  aufstellen 
konnte,  ohne  Verdauungsversuche  vorzunehmen,  welche  allein  ihr  als 
fiasis  hätten  dienen  können,  um  sich  statt  dessen  auf  Färbungen  mit 
Methyleosin  zu  stützen,  die  an  Hautschnitten  vorgenommen  wurden,  welche 
in  MüLLERScher  Flüssigkeit  gehärtet  waren. 

Es  ist  hier  vielleicht  nicht  überflüssig  die  Bemerkung  einzuschalten, 
dals  man  bei  dieser  Härtemethode,  welche  durch  manche  bedeutende 
Vorteile  —  wie  die  Erhaltung  des  Fettes  und  der  natürlichen  Form  der 
Gewebe  —  einen  ehrenvollen  Platz  in  der  mikroskopischen  Technik  sich 
bewahrt  hat,  anderseits  sehr  auf  der  Hut  sein  mufs,  wo  es  gilt,  delikatere 
Prägen  der  Mikrochemie  zu  entscheiden.  Besonders  gilt  dies  für  in 
MüLLBRscher  Flüssigkeit  gehärtete  tierische  Fette,  was  nebenbei  die 
Besultate  der  STiCKERSchen  Versuche  (s.  oben  pag.  6)  auch  von  dieser 
Seite  fragwürdig  erscheinen  läfst.  Uhthoff  hat  vor  längerer  Zeit 
darauf  aufmerksam  gemacht,  dafs  diese  Flüssigkeit  dem  Fettgewebe 
die  Reaktion  der  amyloiden  Degeneration  erteilen  kann,  und  Meter- 
thal, welcher  Kontrollversuche  hierüber  anstellte,  kam  zu  ungefähr  dem- 
selben Resultate  und  fand  außerdem,  dafs  Fett  und  Fettgewebe  durch 
die  Aufbewahrung  in  MüLLERscher  Flüssigkeit  neben  andern  Eigenschaften 


152 

aiicli    die    erhält,    sich   mit   vielen    Färbemitteln  färben  zu  lassen,  gegen 
welche  das  frische  Fett  sich  vollständig  refraktär  verhält. 

Gerade  für  nnsem  Fall  müssen  wir  also  gegenüber  Angaben,  welche 
sich  anf  in  MüLLERsche  Flüssigkeit  gehärtete  Präparate  beziehen,  doppelt 
vorsichtig  sein;  so  gegenüber  den  Ergebnissen  der  letzten  Arbeit  von 
Zander,  ohne  im  übrigen  den  Verdiensten  derselben  zn  nahe  treten  zu 
wollen.  Mir  lag  nur  daran,  die  völlig  grundlose  Behauptung  dieses 
Autors,  Keratohyalin  und  Eleidin  seien  Keratin,  zurückzuweisen. 

Nach  dem  bisherigen  sieht  man,  dafs  meine  Resultate  in  betreff 
der  Kömerschicht  fast  vollständig  mit  denen  Waldbyers  zusammenfallen. 
Wie  steht  es  aber  nun  mit  dem  Eleidin,  welches  Hanvier  in  der  basalen 
Homschicht  gefunden  hat?  Es  ist  wirklich  höchst  auflfallend,  dafe  dieser 
Befund  des  französischen  Histologen  bis  jetzt  von  keinem  deutschen 
Histologen  bestätigt  worden  ist.  Es  ist  möglich,  dafs  man  diesen  Um- 
stand zu  einem  gro&en  Teil  darauf  zurückführen  kann,  dafs  Ranvieb  in 
seiner  ersten  (1879)  und  zweiten  (1883)  Publikation  über  diesen  Gegen- 
stand zu  wenig  ausführlich  die  Vorsichtsmafsregeln  behandelte,  'welche 
zur  Darstellung  seines  Eleidins  unerlälslich  sind.  Aber  seitdem  hat 
Ranvibr  in  der  zweiten  Auflage  seines  TraiU  technique  die  Vor- 
schriften zur  Herstellung  seines  Pikrokarminats  gegeben  und  ist  in  einer 
andern  Abhandlung  näher  auf  die  Darstellung  seines  Eleidins  eingegangen. 
In  anbetracht  der  Wichtigkeit  des  Gegenstandes  glaube  ich  am  besten 
zu  thun,  wenn  ich  die  betreffenden  Sätze  von  Ranvier  über  diesen  viel 
diskutierten  Punkt  wörtlich  anführe.  Er  sagt  {Ärch.  de  Physiologie. 
1884): 

„C'est  sur  des  coupes  convenablement  colorees  quo  Ton  devra  observer  Teleidine. 
Oes  coupes  seront  executees  apres  durcissement  des  tissus  par  Talcool  et  seront 
colorees  au  moyen  du  picrocarminate  d'ammoniaque.  La  coloration  sera  d*antant 
plus  rapide  et  plus  complete  que  le  sejour  des  tissus  dans  Talcool  aura  ete  moins 
prolonge.  Une  immersion  de  24  heures  dans  Talcool  k  36^  de  Castieb  suf&t  ample- 
ment,  si  le  fragment  n*est  ni  trop  ^pais,  ni  trop  etendu.  Les  coupes  sont  placte 
pendant  quelques  minutes  dans  Teau  ordinaire  pour  enlever  Talcool;  on  les  disposfr 
sur  une  lame  de  verre  öu  on  les  soumet  ä  l'action  du  reactif  colorant.  II  convient 
d'employer  une  Solution  de  picrocarminate  d'ammoniaque  trds-^tendue,  1  pour  lOOO 
environ.  Lorsque  l'elSidine  est  color6e,  ce  qui  se  produit  au  bout  de  quelques  minutes» 
et  ce  dont  on  s'assure  en  examinant  la  preparation  avec  un  grossissement  faible,  on 
ajoute  une  lamelle,  on  depose  sur  un  des  bords  de  celle-ci  une  goutte  de  glycerin» 
et  Ton  porte  le  tout  sous  une  cloche  formant  cbambre  humide,  afin  que  la  glyc^iine 
diffuse  lentement.  Au  bout  de  quelques  heures,  la  pr6paration  est  exposee  k  Tair 
et  l'eau  en  exces  6tant  övapor^e,  on  termine  la  preparation  par  les  procedes  habituels» 
Pour  obtenir  un  plein  succds,  il  importe  d'employer  du  picrocarminate  d'ammoniaque 
et  non  du  picrocarmin  ordinaire." 


153 

Weiterhin  sagt  Ranvier: 

„ dans  les  coupes  de  lepiderme  de  rhomme  colorees  par  le  procede  que 

j'ai  indique  plus  haut,  on  voit  ä  la  surface  de  la  pi^eparation,  au  niveau  du  Stratum 
lucidum,  des  gouttes  et  des  flaques  colorees  en  rouge  vif,  et  j'aujouterai  que  si  Ton 
deplace  la  lamelle  par  rapport  ä  la  coupe  des  tissus,  il  y  a  toujours  un  certain  nombre 
de  gouttes  ou  de  flaques  d'el^idine  qui  restent  adherentes  k  la  face  iiiferieure  de 
cette  lamelle/' 

Endlich  lesen  wir  in  dem  Expose  des  titres  et  des  travaux  scmitifiques 
de  L.  Ranvier.  Paris  1885.  pag.  60: 

„Entre  le  Stratum  granulosum  et  la  couche  comee  se  trouve  une  couche  mince 
d'apparence  homogene,  le  Stratum  lucidum.  Les  elements  qui  la  composent  sont 
infiltres  d'une  substance  qui  s'en  exprime  comme  d'une  eponge,  qui  a  la  consistance 
et  la  refringence  d'une  huile  essentielle  et  se  colore  aussi  facilement  et  aussi  vive- 
ment  par  le  carmin  que  les  granulations  du  Stratum  granulosum.  Ces  granulations  et 
cette  substance  paraissent  avoir  la  meme  Constitution :  elles  correspondent  ä  leleidine 
de  l'auteur." 

Wenn  wir  diese  durchaas  klaren,  konzisen  Schilderungen  Ranviers 
für  sich  allein  betrachten,  so  wird  es  uns  schwer,  zu  verstehen,  weshalb 
bis  heute  von  den  hierzu  berufenen  deutschen  Autoren  die  Existenz  der 
BANViERSchen  Befunde  im  Stratum  lucidum  nicht  bestätigt,  ja  sogar  an- 
gezweifelt wurde.  Ein  Verständnis  hierfür  gewinnen  wir  nur  durch  den 
letzten  Schlufssatz  Ranviers,  der  besagt,  dafs  seine  ölartigen  Tropfen 
und  die  Körner  der  Körnerschicht  ein  und  dieselbe  Substanz  seien.  Wir 
sind  überzeugt,  dais  die  deutschen  Histologen  sich  beeifert  hätten, 
Ranviers  Angaben  ihrerseits  zu  bestätigen,  wenn  der  französische  Forscher 
die  Kömerschicht  bei  seiner  Sache  ganz  aus  dem  Spiele  gelassen  hätte. 
Überzeugt  von  der  nicht-fettigen  Natur  dieser  Kömer  mulsten  die  deut- 
schen Autoren  allerdings  die  Befunde  von  Ranvier  insgesamt  mit  einigem 
MiJstrauen  ansehen,  welches,  soweit  es  das  Stratum  lucidum  betraf,  ganz 
ungerechtfertigt  war. 

Übrigens  ist  es  interessant  zu  bemerken,  da6  der  von  Ran  vier  vor- 
geschlagene Name  Eleidin  von  der  Mehrzahl  der  Histologen  in  Deutsch- 
land seither  gerade  zur  Bezeichnung  der  Keratohyalinkömer,  wenn  auch 
fälschlich,  gebraucht  worden  ist. 

Ist  nun  die  Beobachtung  Ranviers  richtig?  In  der  That,  sie  ist 
es.  Wenn  man  sich  genau  an  die  Vorschriften  des  Autors  hält,  ist  es 
sehr  leicht,  an  Schnitten  der  menschlichen  FuCssohle  eine  Substanz  zu 
entdecken,  die  sich  mit  dem  bezeichneten  Pikrokarminat  intensiv  rot 
&rbt.  Über  die  Existenz  des  Eleidins  im  Stratum  lucidum  kann  nach 
meiner  Meinung  nicht  der  Schatten  eines  Zweifels  obwalten.  Ich  habe 
überdies  meine  Schnitte  mit  skrupulösester  Sorgfalt  so  hergestellt,  dafe 
ich  das  Messer  von  der  Homschicht  gegen  die  Cutis  richtete  und  nach 
jedem  Schnitte  mit  einem  in  Äther  getauchten  Pinsel  reinigte. 


154 

Bei  genauerer  Betrachtung  zeigt  sich  folgendes:  Das  Eleidin  ätzt 
im  Niveau  der  basalen  Homschicht,  ausgebreitet,  so  weit  diese  Lage 
reicht,  nicht  in  der  Dicke  des  Schnittes,  sondern  auf  seinen  beiden  Ober- 
flächen. Es  existieren  also  bei  jedem  Schnitte  zwei  Lagen  dieser  Sub- 
stanz, wie  man  sich  leicht  durch  höhere  und  tiefere  Einstellung  des 
Mikroskops  überzeugen  kann.  Diese  beiden  Eleidinbänder  folgen  genau 
den  Einsenkungen  und  Erhebungen  der  unverhomten  Oberhaut,  indem 
sie  weder  nach  oben  in  die  Homschicht,  noch  nach  unten  in  die  Kömer- 
schicht  übergreifen,  vielmehr  der  letzteren  dicht  angeschlossen  auch  an 
den  Schweifsporen,  wie  diese,  trichterförmig  herabsteigen. 

Das  Eleidin  erscheint  in  der  Form  von  Tröpfchen,  zuweilen  von 
extremer  Feinheit,  von  voluminöseren  Tropfen  und  unregelmfiüCsig  ge- 
stalteten Lachen  (flaques,  Ranvier),  welche  augenscheinlich  durch  das 
Zusammenfliefsen  von  mehreren  Tropfen  gebildet  werden.  Diese  Lacben 
dehnen  sich  zuweilen  in  Form  mehr  oder  weniger  langer  Bänder  und 
Streifen  aus.  Nicht  selten  findet  man  innerhalb  der  Tropfen  ungefärbte, 
kugelige  Vakuolen,  deren  Konturen  intensiver  gefärbt  erscheinen,  als 
der  Rest  der  Tropfen.  Tröpfchen,  Tropfen,  Lachen  und  Bänder 
finden  sich  unregelmäfsig  nebeneinander.  Ich  konnte  auch  die  Be- 
obachtung machen,  dafs,  je  reichlicher  das  Eleidin  auf  der  Sclinittober- 
fläche  erscheint,  um  so  geringer  die  difluse  Färbung  im  Innern  der 
basalen  Homschicht  ist.  Diese  Thatsache  gereicht  der  RANViERschen 
Ansicht  zur  Stütze,  dafs  das  Eleidin  diffus  in  der  basalen  Homschicht 
existiert,  aus  der  es  im  Moment  des  Schneidens  wie  aus  einem  Schwamm 
ausgedrückt  wird.  Ich  habe  mich  weiter  überzeugt,  dafs  diese  Substanz 
reichlicher  über  den  Einsenkungen,  spärlicher  über  den  Erhebungen  der 
Stachelschicht  und  am  geringsten  auf  dem  Wege  zwischen  beiden  Punkten 
entwickelt  ist. 

Ich  zögere  keinen  Augenblick,  mich  Ranvier  anzuschliefsen,  was 
die  flüssige  Natnr  des  Eleidins  betrifit.  Durch  einen  leichten  Drack  anf 
das  Deckglas  kann  man  die  Gestalt  der  Tropfen  und  den  Ort  der  Vakuo- 
len in  ihnen  verändern.  Ein  solches  Deckgläschen  zeigt  unter  dem 
Mikroskop  Reste  anklebenden  Eleidins. 

Ranvier  spricht  nicht  über  die  Region  der  Haut,  von  welcher  er 
die  Stücke  zu  seinen  Versuchen  entnahm.  Meine  ersten  Versuchsobjekte 
waren  aus  der  Plantarhaut  geschnitten.  An  der  Haut  der  Palma  manns 
und  an  den  Fingerbeeren,  welche  nach  Zander  zum  Typus  A  der  Kera- 
tinisation  gehören,  ist  die  Verteilung  des  Eleidins  genau  so,  wie  ich  sie 
eben  beschrieb. 

Mittels  Ranviers  Pikrokarminat  war  es  mir  aber  auch  möglich,  das 
Eleidin  an  den  verschiedensten  andern  Hautregionen  (Brust,  Brustwarze, 
Bein)  vom  Typus  B  nachzuweisen.    Hier  fand  ich  es  stets  in  Form  einer 


155 

Tröpfchenreihe,  in  welcher  die  einzelüen  Tröpfchen  von  gleicher  Gröfse , 
wie  Korallen  auf  einer  Schnur,  nebeneinander  safsen.  Wenn  es  erlaubt 
ist,  hieraus  einen  SchluTs  zu  ziehen,  so  scheint  es,  dals  die  Quantität 
des  Eleidins,  repräsentiert  durch  die  Dicke  seiner  Schicht,  der  Dicke  der 
Kömerschicht  proportional  ist.  In  dieser  Beziehung  wäre  es  interessant 
zu  wissen,  ob  das  Eleidin  sich  auch  dort  findet,  wo  eine  Kömerschicht 
ganz  fehlt,  wie  —  nach  Unna  —  am  Lippenrot.  Ich  warte  aus  leicht 
erklärlichen  Gründen  noch  bis  heute  auf  eine  Gelegenheit,  diese  Lücke 
auszufüllen. 

In  den  bisher  mitgeteilten  Versuchen  habe  ich  mich  nicht  aus- 
schUefslich  des  B>ANVi£Rschen  Verfahrens  bedient,  sondern  dasselbe  oft 
modifiziert.  So  ist  mir  die  Färbung  auch  im  Schälchen  und  mit  einer 
viel  stärkeren  Lösung  gelungen,  als  sie  Ranvibr  angegeben  hat.  In 
diesem  Falle  ist  das  Eleidin  stets  stärker  gefärbt,  als  der  Rest  des  Schnittes. 
Natürlich  läfst  es  sich  bei  allzustarker  Färbung  nicht  mehr  dififerentiell 
hervorheben.  Mittels  des  oben  beschriebenen  Spülapparates  gelingt  die 
Darstellung  des  Eleidins  sehr  gut.  Hierzu  mufs  man  sich  einer  stark 
verdünnten  Pikrokarminatlösung  bedienen. 

Wie  man  sieht,  ist  die  Darstellung  des  Eleidins  durchaus  nicht 
schwierig.  Selbst  die  von  Ranvier  empfohlene  kurze  Härtung  in  Alkohol 
ist  nicht  nötig.  In  ganz  frischer  Haut  läfst  sich  das  Eleidin 
auch  sehr  gut,  vielleicht  sogar  besser  darstellen,  als  in  konser- 
vierter. Hierzu  lasse  ich  die  Haut  etwas  an  der  Luft  antrocknen  und 
schneide  dann  aus  freier  Hand  oder  mittels  des  Mikrotoms,  indem  das 
Hautstück  zwischen  HoUundermark  fest  eingeklemmt  wird.  Solche 
Schnitte,  trocken  wie  sie  sind,  rollen  sich  freilich  sofort  ein,  entrollen 
sich  aber  in  einer  feuchten  Kammer  bald  wieder  vollständig  und  liefern 
ein  voraügliches  Versuchsmaterial.  Diese  sehr  feinen  Schnitte  aus  frischer 
Haut  halten  sich  auch  sehr  gut,  wenn  man  nur  dafür  sorgt,  dafs  die 
feuchte  Kammer  sterilisiert  ist  und  an  einem  kalten  Orte  aufbewahrt 
wird.  Bei  Versuchen  wie  den  vorliegenden  ist  es  praktisch,  sich  auf 
längere  Zeit  hinaus  einen  genügenden  Vorrat  solcher,  nicht  ganz  leicht 
herzustellender  Schnitte  anzulegen,  weshalb  ich  diesen  Punkt  eingehender 
erörtert  habe. 

Ich  habe  das  Eleidin  auch  in  Flächenansichten  geferbt  nach  der 
Methode,  welche  Unna  gelegentlich  der  Kritik  der  ZANDERSchen  Arbeit 
beiläufig  erwähnt. 

Von  pathologischen  Produkten,  soweit  ich  sie  bisher  untersucht  habe, 
nenne  ich  die  gewöhnlichen  Warzen,  in  denen  das  Eleidin  massenhaft 
vorkommt,  wie  es  vorauszusehen  war. 

Nur  eine  Erfahrung  möchte  ich  noch  mitteilen.  An  der  frischen 
Leiche  eines  an    einer  Herzkrankheit  Verstorbenen    konnte    ich    von    der 


156 

ödematösen  Haut  die  Homschiclit  ohne  weiteres  abziehen,  wie  es  sonst 
an  in  Maceration  befindlichen  Kadavern  gelingt.  Da  ich  mir  dachte,  isb 
diese  Abhebung  vielleicht  gerade  zwischen  Kömer-  und  Homschicht  vor 
sich  gegangen  sei,  unterwarf  ich  die  gewonnene  Membran,  mit  der  Unter- 
seite nach  oben  gekehrt,  der  Färbung  mit  Pikrokarbonat  in  der  Hoffiiung, 
auf  diese  "Weise  zu  einer  Darstellung  des  Eleidins  innerhalb  intakter 
Homzellen  in  situ  zu  gelangen  In  der  That  sah  ich  in  den  ganz  platten, 
eng  miteinander  verbundenen,  polygonalen  Homzellen  in  der  Mitte  einen 
ungefärbten  Hohlraum  an  Stelle  des  Kernes  und  rund  herum  eine  doieh 
das  Karmin  rot  gefärbte  Substanz  in  verschieden  gro&en  Tropfen. 
In  einigen  Zellen  umfing  ein  solcher  Tropfen  die  Kemhöhle  hufeisen- 
förmig. ^ 

Die  spezifische  Karminfärbung  dieser  Substanz,  zusammengehalten 
mit  dem  Kernschwund  und  der  charakteristischen  Form  der  Homzellen 
läfst  mich  glauben,  dafs  es  sich  hier  um  Eleidin  gehandelt  habe,  und  so 
wäre  es  mir  denn  gelungen,  diese  Substanz  im  Innern  der  basalen  Hom- 
zellen darzustellen.  Ich  will  jedoch  diesem  Faktum  keinen  allzugrofsen 
Wert  beilegen,  da  es  bis  jetzt  vereinzelt  dasteht;  wenigstens  sind  bis  jetzt 
meine  Bemühungen  gescheitert,  an  normaler  Haut  die  Homschicht  rein 
von  der  übrigen  Oberhaut  abzuziehen. 

Ich  bin  um  so  sicherer,  dafs  ich  in  allen  bisherigen  Untersuchungen 
es  mit  dem  Eleidin  von  Ranvieb  und  mit  nichts  Andrem  zu  thun  hatte,  als 
mir  ein  Präparat  von  Hanvieb  selbst  vorliegt,  welches  letzterer  in  Paris 
vor  den  Augen  Unnas  anfertigte  und  demselben  gab;  in  diesem  Präparat 
ist  das  Eleidin  vorzüglich  erhalten.  Hier  ist  jeder  Irrtum  ausgeschlossen, 
und  ich  verfolge  mein  Thema  weiter. 

Ohne  Zweifel  bewogen  durch  die  Affinität  des  Pikrokarmins  zum 
Eleidin  der  basalen  Homschicht  und  des  Keratohyalins  zur  Kömerschioht 
wurde  Ranvier  dazu  verleitet,  die  Identität  dieser  beiden  Substanzen  an- 
zunehmen. An  eine  solche  Identität  zu  glauben  war  um  so  verführerischer, 
da  beide  Substanzen  in  aufeinander  folgenden  Zellenlagen  vorkommen. 
In  der  unteren  Schicht  treten  Kömer  auf,  welche  in  der  nächsthöheren 
plötzlich  verschwinden.  Man  fragt  sich  unwillkürlich:  wohin  sind  sie  ge- 
kommen? Und  die  Antwort  lautet  einfach,  sie  sind  feiner  geworden  und 
haben  sich  in  den  Zellen  aufgelöst,  indem  sie  diese  diffus  imbibieren, 
so  dals  sie  beim  Anschneiden  aus  denselben  wie  eine  Flüssigkeit  aus 
einem  Schwamm  ausflieisen.    Diese  Auffassung  stimmt  sogar  bis  zu  einem 


*  Die  Form  dieser  Tropfen  entspricht  vollkommen  den  von  Waldeyer  im  Innern 
der  Zellen  des  Markstranges  eines  menschlichen  Barthaares  gefundenen  (s.  dessen 
Fig.  16  n.  17).  Ich  glaube  also,  dafs  in  diesem  Falle  Waldbyer  es  mit  wirklichem 
Eleidin,  nach  meiner  Definition,  zu  thun  hatte. 


V 


157 

gewissen  Grade  mit  gewissen  Theorien  der  Verhomung,  so  mit  der  von 
Waldeyer,  nach  welcher  „das  einmal  gebildete  Eleidin  (soll  heiisen: 
£eratohyalin,  B.)  sich  allmählich  mit  dem  protoplasmatischen  Netzwerk, 
innerhalb  dessen  es  entstanden,  resp.  ausgeschieden  war,  wieder  verbindet, 
und  ans  dieser  Verbindung  die  Hornsubstanz  hervorgeht." 

Aber  lassen  wir  für  den  Moment  die  Bolle  des  Eleidins  beim  Pro- 
zesse der  Verhornung  beiseite  und  fragen  wir  uns,  ob  Ranvier  recht 
hatte,  diese  Substanz  nut  dem  Keratohyalin  zu  identifizieren.  Die  offen- 
bare Verschiedenheit  der  Konsistenz  genügt  wohl  nicht  allein,  ihre  chemi- 
sohe  Identität  zu  leugnen.  Aber  ist  anderseits  die  Affinität  zum  Karmin, 
welche  beiden  gemeinsam  ist,  ausreichend,  um  ihre  Identität  zu  beweisen? 
Gewils  auch  nicht.  Wir  sehen  ja  beispielsweise,  dals  der  Karmin  zu  den 
Kernen  der  jungen  Epithelien  eine  grofse  Verwandtschaft  besitzt.  Und 
doch  wird  es  niemandem  einfallen,  deshalb  zu  behaupten,  dafs  das  Kerato- 
hyalin  mit  dem  Nuklein  identisch  oder  nur  verwandt  sei.  Im  Gegenteil 
wissen  wir,  dafs  das  Keratohyalin  sich  in  den  Epithelien  ganz  ohne  Mit- 
wirkung des  Kernes  derselben  bildet,  und  auiserdem  hat  Walde yeb 
mittels  der  Alkalien  und  besonders  des  kohlensauren  Natrons  zeigen 
können,  dafs  Keratohyalin  und  Nuklein  nicht  identisch  sind.  Solche 
Beispiele  liefsen  sich  ins  unendliche  vervielfältigen. 

Aber  die  Affinität  zum  Karmin  ist  für  beide  Substanzen  auch  gar 
nicht  so  durchaus  gleich,  wie  man  vielleicht  zu  glauben  geneigt  ist.  Ich 
habe  stets  gefunden,  dafs  das  Pikrokarminat  das  Eleidin  rascher  als  das 
Eeratohyalin,  und  dieses  wieder  rascher  als  das  Nuklein  der  jüngeren 
Stachelzellen  färbt. 

Sodann  ist  es  auffallend  zu  sehen,  dals  Ranvieb  selbst  gesteht,  daJs 
beide  Substanzen  sich  dem  Hämatoxylin  gegenüber  verschieden  verhalten. 
Während  dieser  Farbstoff  neben  dem  Karmin  eines  der  besten  Färbemittel 
ffir  das  Keratohyalin  darstellt,  lernen  wir  von  Kanvteb,  dafs,  um  das 
Eleidin  mittels  desselben  zu  färben,  man  die  Präparate  in  MüLLEBScher 
Flüssigkeit  oder  Ammoniumbichromat  härten  und  weiter  auch  eine  be- 
sondere Art  von  Hämatoxylin  benutzen  mufs,  nämlich  eine  Auflösung 
des  Niederschlags  einer  BöHMEBschen  Hämatoxylinlösung  in  1  Voigem 
Alaun.  Diese  komplizierte  Methode  konti*astiert  eigentümlich  mit  der 
Leichtigkeit,  mit  welcher  das  Keratohyalin  das  Hämatoxylin  aufnimmt. 
Aach  gesteht  Banvieb  freimütig,  dafs  die  so  erlangten  Resultate  nicht 
ebenso  sicher  zu  erzielen  sind  wie  mittels  des  Pikrokarminats.  Mir  ist 
68  nie  gelungen,    das  Eleidin  mittels  Hämatoxylin   zu  färben. 

Eine  andere,  noch  wichtigere  Differenz  zwischen  beiden  Substanzen 
l&Ist  sich  dem  Texte  von  Banvteb  entnehmen.  Nach  der  übereinstimmenden 
Erfahrung  sämtlicher  Forscher  auf  diesem  Gebiete  werden  die  mittels 
Karmin   gefkrbten    Keratohyalinkömer   durch    Essigsäure   nicht   entfkrbt. 


158 

Ranvier  aber  sagt:  „pour  executer  les  preparations  avec  le  picrocanainate 
d'ammoniaque,  il  faut  avoir  ä  sa  disposition  de  la  glyc^rine  nentie;  il 
suffit,  en  effet,  d'y  aj  outer  une  faible  quantit6  d'acide,  d'acide  acetique  on 
formiqne  par  exemple,  pour  döcolorer  complätement  l'^läidine."  Hiemach 
hat  man  allerdings  Grund  genug,  an  der  Identität  von  Keratohyalin  nnd 
Eleidin  zu  zweifeln. 

Auf  diese  Beobachtungen  hin  habe  ich  mich  auf  die  Suche  nach 
neuen  DiflFerenzpunkten  für  beide  Substanzen  begeben  und  unterwarf  die- 
selben zunächst  einer  genauen  Prüfung  in  bezug  auf  ihre  Verwandtschaft 
zu  einer  grofsen  ßeihe  von  Färbemitteln.  Diese  Versuchsreihe  wurde  mir 
dadurch  erleichtert,  dais  ich  aufser  den  gewöhnlich  gebrauchten  organischen 
und  unorganischen  Farbstoffen  eine  sehr  vollständige  Sammlung  absolut 
reiner  Anilinfarben  zur  Verfügung  hatte,  welche  im  Handel  gewöhnlich 
nicht  zu  bekommen  sind.  Sie  lieferte  mir  aufser  Resultaten,  die  ich 
späterhin  zu  publizieren  gedenke,  folgende,  welche  auf  die  tinktoriellen 
Eigenschaften  des  Eleidins  und  Keratohyalins  Bezug  haben. 

Im  allgemeinen  fand  ich  viele  Färbemittel,  welche  weder  Kerato- 
hyalin  noch  Eleidin  tingieren,  eine  ziemlich  beträchtliche  Anzahl,  die  nur 
das  Keratohyalin,  eine  weit  geringere,  die  nur  das  Eleidin  färben,  und 
endlich  als  einziges  Färbemittel  für  beide:  das  Pikrokarminat. 

Die  Keratohyalinkömer  lassen  sich  auf  folgende  Weise  tingieren, 
ohne  dafs  das  Eleidin  mitgefärbt  wird: 

Durch  saures  Fuchsin  in  schwacher  Rosafärbung. 

Durch  die  Pararosanilin- Jod-Methoden,  besonders  mit  HUfe 
der  Entfärbung  nach  Bizzozero. 

Unter  den  Azofarbstoffen :  leicht  durch  Tropäolin  mit  Alkohol- 
entfärbung, besser  durch  Kongorot.  Hierfür  untersucht  man  die 
Schnitte  in  angesäuertem  Glycerin;  die  Keratohyalinkömer  haben  düster- 
rote  Farbe. 

Endlich  durch  Benzyl-Methylviolett,  durch  Eosin  und  Azo- 
diphenylblau-Sulfosäure. 

Unter  den  organischen  Färbemitteln  des  Keratohyalins  nenne  ich, 
aufser  dem  wohlbekannten  Hämatoxylin: 

Einige  alkoholische  Extrakte  (Fernambuc,  Crocus). 

Alkalinischen  Rhabarberextrakt,  essigsauren  Rotkohl- 
extrakt. 

Auch  diese  färben  Keratohyalin  mit  Ausschlufs  des  Eleidins.  Schließ- 
lich gehört  noch  hierher  die  braunschwarze  Färbung  des  Keratohyalins 
durch  Kali  hypermanganicum  und  Entfärbung  des  Mangansuperoxyd 
mittels  Oxalsäure  (Erfahrung  von  Unna),  da  hierbei  ebenfalls  das  Eleidin 
nicht  gefärbt  wird. 

Anderseits  läfst  sich  das  Eleidin  unter  Ausschlufs   des  Hämatoxylins 


159 

ftrben  durch  einige  ätherische  Extrakte  (Santalum,  Fmngula,  Cur- 
cnma),  durch  Osmiumsäure,  durch  alkoholische  Alkannalösung, 
darch  Nigrosin  und  Nigrosinsulfosäure. 

Die  Darstellung  des  Eleidins  mittels  der  ätherischen  Extrakte  stöfst 
auf  Schwierigkeiten  wegen  der  Leichtflüchtigkeit  dieser  Lösungen;  auch 
diejenige  mittels  Osmiumsäure  ist  nicht  für  die  Anwendung  in  der 
Praxis  zu  empfehlen.  Trotzdem  haben  gerade  diese  Tinktionen  ein  hohes, 
theoretisches  Interesse. 

Mit  Nigrosin  erhält  man  schon  leichter  schöne  Präparate;  das  Eleidin 
färbt    sich    blau,    die    Streifen    wiegen  vor  den  Tropfen  vor.     (s.  Fig.  4) 

Tadellose    Präparate    ergibt  der    alkoholische    Alkannaextrakt. 
Hierzu    giefst    man    einige    Tropfen    der   Lösung    in    ein    Schälchen   mit 
destilliertem  Wasser,    wobei    sich    ein    Teil    des    Alkannaextraktes  sofort 
präzipitiert.     Ein  Teil  bleibt    in    der    trüben  Lösung    in    Schwebefällung 
(Unna)  und  ist  nun  sehr   zur   distinkten  Färbung    des    Eleidins  geeignet, 
ohne  dafs  das  ursprüngliche  alkoholische  Lösungsmittel  der  Alkanna  dem 
Eleidin  gefährlich  werden  kann.     In    dieser    Flotte    bleiben    die  Schnitte 
je  nach  der  Konzentration  einige  bis  24  Stunden.     Untersucht  man  einen 
solchen  Schnitt,  so  erscheint  seine  Oberfläche  bedeckt    mit    einer    grofsen 
Zahl  roter  Tröpfchen  und  Tropfen,  die  augenscheinlich  nichts  als  Nieder- 
schläge sind.     Bei  vorsichtigem  Eintauchen    der  Schnitte  in  Alkohol  ver- 
schwinden   diese    letzteren    aber    allmählich   vollständig    und    lassen    eine 
Lage  gefärbter  Gebilde  lediglich  im  Stratum  lucidum   übrig,    welche    mit 
den  RANViERschen  Eleidin-Pikrokarminbildem    identisch  sind.    (s.  Flg.  1.) 
Es  sind  ebenfalls  rote  Tropfen  und  Lachen  einer  flüssigen  Substanz,  welche 
sich  durch  Druck  auf  das  Deckglas  mit  den  in  ihnen  enthaltenen  Vakuolen 
verschieben  lassen,    genug    das    bekannte    Bild    des    Eleidins.     Immerhin 
sind  einige  kleine  Differenzen  bemerkenswert.      Die    Lage    ist    öfter  aus- 
gedehnter, breiter,  die  Lachen,  ebenso  wie  die  Vakuolen,  sind  reichlicher 
vorhanden;  auch  trifft  man  unter  ihnen  häufig  Stemfiguren,  welche  jenen 
Druckfiguren  ähneln,  die  man  erhält,    wenn    man    mit  dem  Finger  einen 
Oltropfen  von  einer  Glastafel  entfernen  will.     Man  hat  bei  diesen  Präpa- 
raten  noch  mehr  den  Eindruck,    dafs  das  Eleidin  flüssig,    ja,   dafs  es  ein 
flüssiges  Fett  ist. 

Man  kann  in  demselben  Schnitte  das  Keratohyalin  mittels  Hämato- 
xylin  und  das  Eleidin  mittels  Alkanna  tingieren.  Hierzu  darf  man  nicht  eine 
Mischung  beider  Farbstoffe  anwenden,  sondern  mufs  man  erst  mit  Hämato- 
xylin  und  darauf  mit  Alkanna  ferben.  Wenn  die  Färbung  gut  gelingt, 
was  nicht  immer  der  Fall  ist,  sieht  man  die  Kömerschicht  und  basale 
Homschicht  scharf  auch  durch  ihre  Färbung  unterschieden,     (s.  Fig.  2.) 

Aber  eine  noch  zartere  und  delikatere  Reaktion,  eine  Färbung,  welche 


160 

ich    die    typische   Eleidinreaktion   nennen   möchte,    erhält  man  mit 
ßulfosaurem  Nigrosin. 

Auch  hier  müssen  die  Schnitte  eine  variahle  Zeit  in  der  waßseri^n 
Farblösung  bleiben.  Es  ist  gut,  dieselben  nicht  zu  überfärben.  Bei 
kurzer  Dauer  und  schwacher  Lösung  gelingt  es,  das  Eleidin  mit 
Ausschlufs  aller  andern  Gewebe  geferbt  zu  erhalten;  man  erhält  so 
geradezu  ideale  Präparate,  (s.  Fig.  3.)  Auf  diese  Weis©  dargestellt 
nähern  sich  die  Eleidinfiguren  am  meisten  der  Beschreibung  von  Rakvieb. 
Die  Schicht  hat  dieselbe  Breite;  Tröpfchen,  Tropfen,  Lachen  und  Vakn 
ölen  haben  dieselbe  Form  und  Verteilung. 

Ich  konnte  auch,  wie  Ranvieb,  bemerken,  dals  die  Essigsäure  lang- 
sam die  Färbung  des  Eleidins  zum  Verschwinden  bringt,  aber  dieser 
Vorgang  ist  hier  ein  viel  langsamerer  und  nie  vollständig.  Die  Alkanna- 
färbung ist  in  dieser  Beziehung  empfindlicher.  Daa  Glycerin  braucht  nur 
ein  wenig  sauer  zu  reagieren,  so  ist  das  Eleidin  nach  Verlauf  einiger 
Zeit  entfärbt. 

Ein  Versuch,  diese  Nigrosinpräparate  in  Kanadabalsam  auf  die  ge- 
wöhnliche Weise  einzubetten,  milslaog,  da  auch  das  Nelkenöl  das  Eleidin 
vollkommen  entfärbte. 

Wenn  ich,  auf  die  bisher  mitgeteilten  Thatsachen  fulsend,  die  sich 
ergebenden  Schluisfolgerungen  zu  ziehen  suche,  so  ist  die  erste,  welche 
sich  aufdrängt,  dafs  das  Keratohyalin  und  das  Eleidin,  zwei  bisher 
für  identisch  gehaltene  Substanzen,  sowohl  topographisch,  wie  morpho- 
logisch und  chemisch  ganz  verschiedene  Körper  sind.  Was  ist  nun 
das  Keratohyalin?  Auf  diese  Frage  kann  ich  keine  definitive  Ant- 
wort geben,  da  die  zu  diesem  Behufe  von  mir  begonnenen  Forschungen 
noch  zu  keinem  Besultat  geführt  haben.  Nach  dem  indessen,  was  ich 
soeben  mitgeteilt  habe,  neige  ich  mich  der  Anschauung  Waldetebs  zn, 
welcher  diese  Substanz  als  eine  albuminoide  betrachtet.  Ihre  Ähnlichkeit 
mit  dem  Hyalin  B,ecklinghausens  ist  grofs,  jedoch  nicht  vollkommen. 
Vielleicht  handelt  es  sich  bei  ihr  um  einen  ganz  besonderen  albuminoiden 
Körper,  der  imter  den^^normalen  und  pathologischen  Produkten  der  Ge- 
webe kein  Analogen  besitzt.  Dafs  Cholesterinfette  (Lanolin)  und  fettige 
Körper  überhaupt  bei  Erörterung  der  chemischen  Natur  des  Keratohyalins 
nicht  in  Frage  kommen,  ist,  wie  ich  glaube,  in  dem  ersten  Teile  dieser 
Arbeit  zur  Genüge  dargethan. 

Was  ist  weiter  das  Eleidin?  Banvier,  sein  Entdecker  sagt,  fö 
habe  die  Konsistenz  und  das  Lichtbrechungsvermögen  eines  ätherischen 
Öles  (huile  essentielle),  ohne  weiter  auf  die  chemische  Natur  desselben 
einzugehen.  Wenn  „essentiell",  wie  gewöhnlich,  so  auch  hier  ein  flüch- 
tiges Öl  bedeuten  soll,  so  kann  ich  in  diesem  Punkte  Kanvieb  nicht 
folgen.     Ich  habe  die  Eleidintropfen  in  Schnitten    aus    frischer  Haut  ge- 


161 

hrht,  welche  mehrere  Tage  in  der  fenchten  Kammer  gelegen  hatten  (s. 
oben).  In  diesen  waren  sie  ebenso  reichlich  vorhanden  wie  unmittelbar 
nach  der  Präparation.  Mithin  ist  Eleidin  kein  flüchtiges,  kein 
essentielles  Ol. 

Das  Eleidin  ist  aber  auch  sicher  kein  Cholestearinfett 
(Lanolin),  ja  enthält  überhaupt  kein  Gholestearin.  Abgesehen  davon, 
dafs  Cholestearinfette  feste  Körper  sind,  beziehe  ich  mich  hier  auf  die 
im  ersten  Teile  mitgeteilten  Erfahrungen,  um  zu  beweisen,  dafs  Eleidin 
kein  Cholestearinfett  sein  kann.  Dieselben,  hundertfach  wiederholt,  bezogen 
sich  auf  frische  Hautschnitte  von  den  verschiedensten  Hautregionen,  vor- 
zugsweise jedoch  von  der  Hohlhand,  in  denen  Eleidin  stets  reichlich 
durch  die  besprochenen  Reagenzien  dargestellt  wurde.  In  allen  diesen 
Fällen  gelang  es  mir  niemals,  durch  die  LiEBREiCHsche  E.eaktion  im 
Niveau  der  Eleidinschicht  (basalen  Homschicht,  strat.  lucidum)  eine  grüne 
Farbe  zu  erzielen,  welche,  wie  wir  durch  Liebbeich  wissen,  der  Schluls 
der  Farbenskala  ist,  wie  sie  Cholestearinfette  zeigen.  Ich  trage  daher  kein 
Bedenken,  die  obige  Behauptung  aufzustellen. 

Durch    dieselben    Experimente   ist    aber  zugleich  bewiesen,   dais  das 
Eleidin  kein  Cholestearin  ist  oder  enthält,    da  auch  die  LiEBEBMANNSche 
Farbenskala,  welche  für  Cholestearin  charakteristisch  ist,  hier  nicht  auftritt« 
Was  ist  nuii  aber,  so  fragen  wir  von  neuem,  das  Eleidin? 
Seine  flüssige  Konsistenz,    die   Form   der   gebildeten  Figuren,    seine 
Affinität  zu  den  ätherischen  Farbextrakten,   zur  Osmiumsäure,    besonders 
aber  zum  Alkannaextrakt    drängt   immer  wieder    dahin,    das  Eleidin  als 
fettes    Ol,    ein    Glycerinfett  zu  betrachten.     Um  hierin  ganz  sicher 
zu  gehen,    habe   ich   einige   Augenblicke    frische    Schnitte  in  Äther  und 
Chloroform  geschüttelt    und    es   ist   mir   doch    noch  —  gegen  meine  Er- 
wartung —  gelungen,    das   Eleidin    durch   Färbung   mittels   sulfosaurem 
Nigrosin  deutlich  zu  machen,  weniger  gut  allerdings  mittels  Pikrokarmin« 
Nach   dem    Ausfalle    dieses    letzten  Versuches   wage    ich    allerdings 
nicht  zu  behaupten,    daüs    das  Eleidin    lediglich  ein  fettes  Öl  sei.     Diese 
Untersuchungen    müssen    eben,    wie  viele   andre,    fortgesetzt  werden.     In 
erster  Linie  ist  die  RoUe  des  Keratohyalins   und  des  Eleidins  beim  Ver- 
bomungsprozesse  zu  studieren.     Die  Entscheidung   über   diese  Fragen  ist 
seit  der  Aufdeckung  der  Verschiedenheit  beider  Körper  nur  noch  schwie- 
riger geworden.     Gewebe,  welche  beide  Substanzen  in  greiser  Menge  ent- 
halten, wie  z.  B.  der  Pferdehuf   für  das  Keratohyalin,    werden  vielleicht 
zur  Klärung  ihrer  chemischen  Natur  yerhelfen  können. 

Unna  hat  bereits  darauf  hingewiesen,  dafs  alle  Angaben  der  Ban- 
viEBschen  Schule  über  Eleidin  jetzt  von  neuem  nachzuprüfen  sind.  Nur 
die  absolut  negativen  Befunde  dürften  bestehen  bleiben.  Wo  mittels  des 
RANviEBschen  Pikrokarminats  dagegen  eine  Färbung  erzielt  wurde,  haben 


162 

wir  jetzt  genauer  zu  fragen,  existiert  dort  Keratohyalin  oder  Eleidin  ~ 
oder  beides,  indem  wir  die  Nigrosin-  und  die  Alkannafärbung  neben 
Hämatoxylin  in  Anwendung  ziehen.  Vielleicht  verschwinden  dann  manche 
streitige  Punkte  in  betreff  des  Vorkommens  beider  Substanzen  ans  der 
Wissenschaft,  so  an  der  Nagelmatrix,  dem  Nagelbett,  der  Haarrinden- 
matrix. 

Ferner  sind  alle  histopathologischen  Angaben  der  letzten  Zeit  über 
das  Vorkommen  von  „Eleidin"  im  Lichte  der  neugewonnenen  Erkenntnis 
zu  revidieren.  Derartige  Untersuchungen,  welche  Anspruch  auf  Voll- 
ständigkeit machen,  müssen  in  Zukunft  neben  dem  Keratohyalin  der 
Kömerschicht  stets  auch  das  Eleidin  der  basalen  Hornschicht  in  Betracht 
ziehen,  besonders  alle  Studien  über  Para-  und  Hyperkeratosen.  Gerade 
hier  wird  man  erwarten  können,  Aufklärung  über  das  Verhältnis  beider 
Substanzen  zu  gewinnen.  Einen  kleinen  Anfang  dazu,  in  betreff  der 
Warzen,  habe  ich  oben  geliefert. 

Endlich  möchte  ich  einen  Punkt  nicht  unerwähnt  lassen,  welcher 
unmittelbaren  Bezug  auf  die  hier  erörterten  Fragen  hat.  Schon  in  meiner 
vorläufigen  Mitteilung  sagte  ich:  „Mir  ist  nun  gelungen  nachzuweisen, 
dafs  man  unter  den  hier  vorkommenden  tropfenartigen  Gebilden  wenig- 
stens zwei  ganz  verschiedene  Substanzen  zu  unterscheiden  hat.'' 
Bei  meinen  tinktoriellen  Versuchen  hatte  ich  häufig  Gelegenheit  zu  kon- 
statieren, dafs  die  Zellen  der  Körnerschicht  aufser  den  Keratohyalinkömern 
und  den  Kernen  noch  eine  andre  Substanz  enthielten,  welche  sich  in 
diffuser  Weise  zugleich  mit  den  Kömern  oder  allein  tingierte.  Unter  den 
Farbstoffen  dieser  Kategorie  nenne  ich:  wässerige  Kurkumalösnng, 
alkoholische  Lösungen  von  Santalum  und  Frangula,  Orcein. 
Schon  Cajal  spricht  von  dem  Vorhandensein  einer  solchen,  in  den 
Kömerzellen  diffus  verbreiteten  Substanz.  Über  die  Bedeutung  und 
chemische  Natur  derselben  vermag  ich  bislang  nichts  auszusagen. 

Litteratur: 

Aufhammer.  Kritische  Bemerkangen  zu  Schroens  Satz:  „Lo  strato  comeo  tne 
la  sua  origine  dalle  ghiandole  sudoripare.*^  Verh,  d.  phys.  med.  Gesellsch.  i« 
Wärzburg.  Bd.  I.  1869. 

Lanoerhaks.     über  mehrschichtige  Epithelien.     Virchotos  Archiv.  Bd.  58. 

Waldeter.  Unters,  über  d.  Eistogenese  d,  Homgehüde,  insbesondere  d.  Haare  m. 
Federn.    Festschrift  f.  Henle. 

•  •  

Liebreich.  Über  das  Lanolin,  eine  neue  Salbengrundlage.  Berlin.  Min.  Wochensckr. 
1885.  No.  47. 

Lewin.  Mikrochemischer  Nachweis  von  Cholesterinfett  in  der  Körnerschicht  der  Epi- 
dermis.   Berl.  klin.  Wochenschr.  1886.  No.  2. 

Sticker.  über  die  Eniunckelung  u.  den  Bau  des  WbUhaares  beim  Schafe.  Disseit 
Berlin  1887. 


V  163 

LiEBERMANK.    Über  das  Oxychinoterpen    Ber.  d.  deutsch,  ehem.  Gesellsch.    18.  Jahrg. 

1885.  pag.  1803. 
Moleschott.     Wien.  med.  Wochenschr,  1855. 

Zakdbb.     Der  Bau  der  menschl.  Epidermis.     Archiv  f.  Änat.  u.  Physiol.  1888. 
ÜNKA.     Beiträge  zur  Histologie  u.  Entwickelungsgesch.  der  menschl.  Oberhaut  u.  ihrer 

Anhangsgebilde.    Archiv  f.  mikroskop.  Anat.  Bd.  XU. 
Derselbe.     Über  das  Keratohyalin    u.  seine  Bedeutung  f.  d.  Prozefs  der  Verhomung. 

Monatsh.  f.  prdkt.  Dermat.  Bd.  I.  1882.  Heft  10. 
Derselbe.     Entwickeln ngsgeschichte  u.  Anatomie  d.  Haut.  Ziemssens  Handb.  d.  Haut' 

krankheiten.    Leipzig.  1883. 
Derselbe.     Pariser   Briefe.     Monatsh.   f.  prdkt.   Dermat.     Bd.  VII.     1888.    Heft   11, 

12  u.  13. 
Derselbe.     Die   Fortschritte   d.    Hautanatomie   in   d.   letzten  5  Jahren.    Monatsh.  /*. 

prakt.  Dermat.  Bd.  VII  1888. 
Buzzi.     Keratohyalin  u.  Eleidin.     Monatsh.  f.  prakt.  Dermat.  Bd.  VII.  1888.  Heft  16. 
Derselbe,     über   einen    einfachen    Spülapparat.     Schweningers  Mitteilungen.    1888. 

Heft  6—7.  Oktbr. 
V.  Hecklikohaüsen.     Unters,  in  bezng  auf  kolloide  u.   hyaline  Substanzen,     Tageblatt 

d.  52.    Naturforscherversammhmg  in  Baden-Baden, 
Steterthal.     Zur  mikrochem.  Eeaktion  des  normalen  menschlichen  Fettgewebes.   Dissert 

Berlin  1888. 
Krause.     Beiträge  z.  Kenntnis  d.  Haut  d.  Affen.    Dissert.  Berlin  3888. 
ÜHTHOFF.     Ein  Fall  ungewöhnlicher  Degeneration  der  menschl.  Conjunctiva.  Virchows 

Archiv.  Bd.  86.  pag.  332. 
Kaivyier.     Sur  une  substance  nouvelle  de    l'epiderme  et  sur  le  processus  de  keratini- 

sation    du    revetement    epidermique.     Compt.   rend.  de  VAcad.  d.  sciences»    1879. 

30.  Juni. 
Derselbe.     De  Teleidine  et  de  la  repartition  de  cette  substance  dans  la  peau,    la  mu- 

queuse  buccale  et  oesophagienne  des  vertebres.     Archiv  de  physiol.  1884. 
Expose  des  iitres  et  des  travaux  scientifiques  de  L.  Eanvibr.     Paris  1885. 
Cajal.    Contribution  k  l'etude  des  cellules  anastomosees  des  epitheliams  pavim.  stratif. 

Intern.  Monatsschr.  f,  Anat.  u.  Histol.  Bd.  III.  pag.  250 — 264. 

Erklärung  der  Abbildungen. 

Fig.  1.  Darstellung  des  Eleidins  mittels  Alkannatinktur.  (Leitz,  Oc.  1,  Obj.  7.) 
Das  Keratohyalin  ist  ungefärbt  geblieben. 

Fig.  2.  Darstellung  des  Eleidins  mittels  Alkannatinktur  und  des  Keratohyalins 
mittels  Hämatoxylins.  (Leitz,  Oc.  1,  Obj.  7.)  Die  gesonderten  Lagen  des  Eleidins  und 
des  Keratohyalins  sind  hier  durch  die  Doppelfärbung  deutlich  dargestellt. 

Fig.  3.  Darstellung  des  Eleidins  mittels  sulfosauren  Nigrosins.  Das  Eleidin 
allein  hat  sich  gefärbt  mit  einem  bläulich  grauem  Farbenton.  (Leitz,  Oc.  1,  Obj.  7.) 
Das  Keratohyalin  ist  nicht  dargestellt. 

Fig.  4.  Darstellung  des  Eleidins  mittels  spritlöslichen  Nigrosins.  (Leitz,  Oc.  1, 
Obj.  7.)     Das  Keratohyalin  ist  ungefärbt  geblieben. 


164 


Beitrag  znr  Phimosenoperation. 

Von 

Dr.  M.  Ihle 

in  Leipzig, 
Mit  einer  Tafel. 

So  wenig  bedeutsam  eine  so  kleine  Operation,  wie  die  der  Phimosu, 
an  sich  erscheinen  mag,  so  gewinnt  dieselbe  doch  allgemeine  Wichtigkeit 
dadurch,  dafs  jeder  praktische  Arzt,  nicht  blofe  der  Spezialist,  öfters  in 
die  Lage  kommt,  sie  auszuführen.^  Es  sind  die  teils  schwereren,  teils 
geringfügigeren,  aber  deswegen  nicht  weniger  unangenehmen  Folgeerschei- 
nungen, welche  ärztliche  Abhilfe  erfordern.  Bei  absoluter  Phimose  ma& 
eingeschritten  werden:  wegen  direkter  Hambeschwerden  —  eine  starb 
Verengung  der  Vorhaut,  die  oft  mit  Verwachsung  der  Eichel  Hand  in 
Hand  geht,  bedingt  dieselben  Beschwerden  wie  eine  Striktur  — ,  wegen 
Schmerzhaftigkeit  bei  Ausübung  des  Ooitus,  wegen  fortwährend  recidirie- 
render  Balanitis,  wegen  Paraphimosis  u.  s.  w.  Auch  bei  blofs  relativer 
Phimosis  entschliefsen  sich  oft  ältere  Männer  noch,  die  Operation  an  sich 
vornehmen  zu  lassen,  weil  das  reichlich  sich  absondernde  und  zersetzende 
Smegma  ihnen  sehr  viel  Beschwerden  macht. 

In  recht  vielen  Fällen  könnte  der  Hausarzt  verhindern,  dais  später 
überhaupt  eine  Operation  notwendig  wird,  wenn  er  die  Ermahnung 
Kaufmanns  berücksichtigte,  dafs  es  in  den  ersten  Lebensjahren  des 
Knaben  meist  leicht  gelingt,  durch  wiederholtes  Zurückziehen  der 
Vorhaut  über  die  Eichel  eine  Erweiterung  der  ersteren  auf  unblutigem 
Wege  zu  erreichen.  Besonders  müfsten  die  Eltern  darauf  auimerksam 
gemacht  werden,  dafs,  wenn  bis  zum  Eintritt  der  Pubertät  die  Reposition 
nicht  gelungen  ist,  es  dann  an  der  Zeit  ist,  die  kleine  gefahrlose  Opera- 
tion vorzunehmen,  welche  den  Knaben  nicht  nur  vor  Unannehmlichkeiten, 
die  bis  ins  späte  Alter  dauern  können,  sondern  durch  Abhärtung  der 
Glans  auch  in  einem  gewissen  Grade  vor  Ansteckung  mit  venerischen 
Krankheiten  schützen  kann. 

Diese  Worte,  welche  die  Wichtigkeit  der  Phimosenoperation  betonen, 
sollen  mich  entschuldigen,  dafs  ich  dieses  vielfach  besprochene  Kapitel 
der  kleinen  Chirurgie  nochmals  abhandle. 


^  Nach  den  IJntersucliungen  in  der  Kinderpoliklinik  des  Augustaspitals  in  Berlis 
fanden  sich  unter  4943  Kindern  94  mit  Phimosis  behaftet,  also  ca.  27o,  nach  denen 
des  belgischen  Militärarztes  Jeksen  unter  3700  Männern  89  Fälle,  fast  2,57«-  (Siehe 
Kaufmann,  Chirurgie  f.  männliche  Geschlechtsorgane.) 


MonaUhefk«  f.  pr.  Dcrnuilol<^e.    VIII.  Buk!. 


IHLE,  Zur  Phimoseneperation. 
Verlag  von  Leopold   Voia  in  Hamburg  (und  Lcipiig). 


165 

Seit  der  Einfdlirnng  des  Kokains  ist  es  möglich  geworden,  die 
Zirknmzision  in  aller  Bnhe  nnd  ohne  durch  die  Schmerzensäufserungen 
des  Patienten  gehindert  zu  werden,  absolut  gefahrlos  auszuführen.^ 

Ich  spreche  bei  Fhimosenoperation  immer  nur  von  Zirknmzision  aus 
dem  einfachen  Grunde,  weil  ich  den  Dorsalschnitt  als  eine  höchst  mangel- 
hafte Operation  ansehe,  da  er  ein  widernatürliches  Ansehen  des  männ- 
lichen Gliedes  zurücklälst.  Selbst  die  verfeinerte  Ausführung  nach 
Thebbsgh,  welcher  noch  die  beiden  Lappen  vom  Schnitt  aus  sich  ver- 
jüngend nach  dem  Bändchen  zu,  also  ungefähr  die  halbe  Vorhaut  ablöst, 
hinterlälst  stets  einen  störenden,  unnatürlich  aussehenden  Wulst.  Nur  bei 
der  akkurat  ausgeführten  Zirknmzision  bleibt  keine  solche  Verstümmelung 
zurück.     Ich  verfahre  bei  derselben  jetzt  folgendermafsen : 

Nach  Beinigung  des  Gliedes,  womöglich  Abrasieren  oder  wenigstens 
Abschneiden  der  störenden  Schamhaare,  wird  eine  Pravazspritze  einer 
10%igen  Kokainlösung  rings  in  die  Vorhaut,  auf  3 — 4  Stellen  verteilt, 
eingespritzt  und,  wenn  es  angeht,  nach  Reinigung  der  Eichel  zwischen* 
diese  und  die  Vorhaut  eine  dünne  Schicht  hydrophiler  Watte,  mit  der 
Kokainlösung  getränkt,  eingelegt;  ist  dies  unmöglich,  so  spritzt  man  die 
Lösung  mit  der  Spritze  hinein  und  hält  die  Vorhaut  etwas  empor,  damit 
die  Lösung  nicht  wieder  herausläuft. 

Nach  3 — 5  Minuten,  sobald  vollkommene  Anästhesie  eingetreten  ist, 
fahrt  man  das  Messer  ringförmig  um  die  ganze  Eichel,  erst  oberflächlich 
die  eigentliche  Schnittführung  nur  andeutend,  dann  nachhelfend  durch 
die  ganze  äulsere  Haut.  (Fig.  I.)  Dieser  Schitt  geschieht  bei  normaler 
Lage  der  Haut,  d.  h.  also  ohne  dafs  dieselbe  im  geringsten  zurück- 
oder  vorgezogen  wird,  gewöhnlich  in  der  Mitte  zwischen  Orificium  und 
Corona.* 

« 

Es  ist  absolut  keine  Gefahr  vorhanden,  dafs  bei  der  Durchtrennung 
der  äufseren  Haut  mittels  des  Messers  die  Eichel  verletzt  wird,  denn 
nicht  nur  befindet  sich  darunter  das  resistente  innere  Blatt,  sondern  es 
liegt  auch  zwischen  diesen  beiden  Blättern   eine  lose  Bindegewebsschicht, 


'  leb  habe  wäbrend  27«  Jabren  in  83  Fällen  Zirkumzisionen  mit  Eokain- 
anäatbesie  ausgefübrt,  ohne  nur  im  geringsten  durch  Vergiftungserscheinungen  ge- 
stört worden  zu  sein,  von  denen  von  andrer  Seite  so  oft  berichtet  wurde.  1 — V/% — 2 
Spritzen  einer  lOVoigen  Lösung  injiziere  ich  jedem  Manne  ohne  Sorge. 

'  Will  der  Patient  nur  seine  Verengung  los  sein,  seine  Vorhaut  aber  behalten, 
so  kann  man  bei  dieser  Operationsmetbode  ihm  leicht  diesen  Gefallen  thun,  indem 
man  die  äufsere  Haut  möglichst  weit  nach  der  Penisspitze  zirkulär  mit  dem  Messer 
durchschneidet.  Da  nur  das  innere  Blatt  die  Phimose  bedingt,  und  dieses  regelrecht 
zu  beschneiden  nichts  entgegensteht,  bildet  man  so  mit  der  reichlich  stehen  ge- 
bliebenen äufseren  Haut,  welche  sich  dann  nach  innen  umschlägt,  das  zukünftige 
innere  Blatt  der  neuen  weiten  Vorhaut.  Die  Eichel  bleibt  halb  bedeckt  und  die 
Vorhaut  geht  leicht  zurück. 

Monatahefte.  12 


166 

welche  noch  durch  die  Kokaininjektion    aufgeschwollen  ist   und  hervor 
quillt,  sobald  die  äufsere  Haut  durchschnitten  ist.^     (^g-  !•  &•) 

Ist  das  geschehen,  so  nimmt  man  eine  gerade  geknöpfte  Schere  zu 
Hand  und  spaltet,  indem  man  die  nicht  abgeschnittene  Haut  des  Penis 
durch  gelindes  Zurückziehen  schützt,  das  vordere,  schon  abgeschnittene  Stock 
äufsere  Haut  samt  dem  Zwischengewebe,  nennen  wir  es  also  das  mitÜeiB 
Blatt,  und  dem  inneren  Blatte  —  letzteres  bis  zu  seinem  Ansätze  aD  der 
Eichel.  (Fig.  EE.  c.)  Ist  das  Frenulum  nicht  hinreichend  lang  und  hemmt 
es  nur  im  geringsten  das  Yollständige  Zurückklappen  des  inneren  ßlattes, 
so  wird  dasselbe  nun  doppelt  unterbunden  (Fig.  III  a.  a.)  und  zwischen 
den  Ligaturen  durchtrennt,  eventuell  durch  eine  dünne  oberflficklichfi 
Quemaht  die  Spalte  geschlossen.  So  wird  jede  Spannung,  (Fig.  HI.  b.) 
oder  anders  bezeichnet,  jedes  unnötige  Wiederbilden  eines  Bändchenä 
verhindert.  Alsdann  erst  wird  das  innere  Blatt  mit  einer  etwas  ge- 
krümmten Schere  abgeschnitten,  unge&hr  V»  cm  von  seinem  Ansatz, 
aber  nicht  gleichmäfsig  ringförmig,  sondern  so,  daüs  beiderseits  am  Dorsom 
ein  V^ — 1  cm  breites  Stück  des  inneren  Blattes  erhalten  bleibt,  wfihrend 
sich  dasselbe  nach  dem  Frenulum  zu  verjüngt.  (Fig.  II.  a.) 

Nun  wird  das  mittlere  Blatt  —  denn  nach  Durchschneidung  des 
äuilseren  und  des  inneren  Blattes  haftet  die  abgetrennte  Vorhaut  noch 
immer  an  demselben  (Fig.  11.  b)  —  dicht  an  der  Corona  glandis  ab- 
geschnitten, damit  sie  sich  bei  der  darauf  folgenden  Naht  nicht  unliebsam 
vordrängt,  und  damit  die  gesamte  Vorhaut  entfernt. 

Jetzt  folgt  das  Zusammennähen  des  äufseren  Blattes  mit  dem  Beste 
des  inneren,  und  zwar  beginne  ich  wegen  der  leichten  Verschiebbarkeit 
der  Haut  stets  damit,  das  äufsere  Blatt  in  der  Gegend  der  Raphe  nnter 
halb  des  event.  abgeschnittenen  Frenulums  zu  befestigen,  um  einer 
späteren  Verziehung  der  Blätter  vorzubeugen.  (Fig^  ITE.  c.)  Ich  nüe 
ziemlich  dicht,  abwechselnd  eine  tiefere,  stärkere  mit  einer  oberäächlicbec 
schwächeren  Naht.*  Die  beiden  verlängerten  Enden  des  inneren  Blattes 
geben  bei  Schlielsung  des  Kranzes  einen  gröfseren  Kreis,  und  ich  erreiche 
dasselbe,  wie  mit  dem  KosEBschen  Läppchen,  welches  die  sonst  bleibende 
Kerbe  ausfüllt.  Wie  ich  nach  der  Durchtrennung  des  Frenulums  das 
Kla£Pen  der  Gewebe  durch  eine  Quemaht  verhinderte,  so  verbinde  ich 
ebenfalls  die  beiden  Lappen  des  inneren  Blattes  durch  eine  dünne  Qoer- 
naht.  (Fig.  IV.) 

*  Ich  finde,  dafs  in  anatomischen  Lehrbüchern  diese  Zwischenschicht,  welclic 
man  mit  Fng  und  Recht  als  die  3.  Lamelle  bezeichnen  kann,  wenig  Beachtung  findet 
Wie  wir  sehen,  hat  sie  bei  der  Phimosenbehandlung  wohl  ihre  Bedeutung. 

^  Mit  der  fortlaufenden  Naht  kann  ich  mich  nicht  befreunden.  Bei  der  Knopf 
naht  ist  es  möglich,  bei  Stauung  teilweise  die  Spannung  zu  nehmen  durch  Entfernoog 
der  einen  oder  der  andern  Naht ;  bei  jener  aber  kann  man  nur  alles  auf  einmal  loso- 
Platzt  umgekehrt  die  fortlaufende  Naht,  so  löst  sie  sich  überall.  Bei  Lockerung  einer 
oder  der  andern  Enopfnaht  ist  nicht  viel  geschadet. 


167 

Den  RosERscIien  Lappen  verwerfe  ich  keineswegs,  im  Gegenteil,  die 
Operation  ist  einfach  und  giht  gute  Resultate.  (Fig.  V.)  Von  meiner 
Operationsmethode  glaube  ich  aber  sagen  zu  können,  dafs  sie  noch 
strenger  als  jene  jede  Deformität  vermeidet. 

Das,  was  ich  noch  zu  sagen  habe,  ist  theoretisch  ohne  Belang,  in 
praktischer  Beziehuog  vielleicht  beachtenswerter. 

Nach  Kokaininjektionen  tritt  zweifellos  die  Stauung  nach  der  Opera- 
tion viel  stärker  auf,  als  wenn  die  Operation  in  der  Chloroformnarkose, 
mit  Atherspray  oder  ohne  jede  Anästhesie  ausgeführt  wird.  Früher 
zirkumzidierte  ich  den  Patienten,  verband  ihn  und  lieis  ihn  ohne  Sorge 
nach  Hause  fahren  oder  gehen.  Jetzt,  unter  Kokaininjektionen,  wage  ich 
dies  nicht  mehr  zu  thun,  nachdem  es  mir  öfters  passiert,  dafs  mich  die 
Operierten  noch  desselben  Tages  rufen  lieisen,  weil  die  Schmerzen,  durch 
ein  kolossales  Odem  des  Grliedes  hervorgerufen,  sie  ängstigten.  Auch 
Nachblutungen  traten  leicht  auf,  wenn  man  die  kleineren  Arterienästchen 
nicht  durch  sorgsames  Zusammennähen  der  Wundflächen  oder  besser  noch 
durch  Abdrehen  unschädlich  macht. 

Jetzt  lasse  ich  den  Operierten  mit  einer  Eisblase  auf  dem  Gliede 
3 — 4  Tage  das  Bett  hüten.  Auch  die  Zusammenheilung  der  Wundränder 
verzögert  sich  um  ca.  2  Tage.  8  Tage  habe  ich  fast  regelmäfsig  den 
Patienten  sorgfiütig  zu  überwachen ;  früher,  wo  ich  ohne  Kokain  operiert, 
überliefs  ich  ihm,  gut  instruiert,  nach  3—4  Tagen  die  Nachbehandlung 
selbst.  Doch  kommt  meiner  Meinung  nach  der  Zeitpunkt  weniger  in 
Betracht  rücksichtlich  des  Umstandes,  dafs  man  die  Operation  absolut 
schmerzlos,  gefahrlos  (im  Gegensatz  zur  Chloroformnarkose)  und  mit  stets 
schönem  Erfolge  ausführen  kann. 

Nachdem  ich  den  Penis  mit  27oigem  Karbolwasser  vom  Blut  ge- 
reinigt, übergiefse  ich  die  Wundnaht  mit  Jodoformäther  (5  :  30),  dem  besten 
Desinfektionsmittel  hierfür,  welches  ich  kenne,  und  umgebe  die  Wunde 
mit  einem  dicken  Kranze  von  20%iger  Ichthyolwatte.  ^  Einen  dicken 
Kranz  betone  ich,  weil  ich  damit  verhindere,  dafs  bei  Anschwellung  des 
Gliedes  dasselbe  eingeschnürt  werden  kann  ;  dann  über  die  Watteschicht- 
lage etwas  Guttaperchaklebpapier,  welches  dieselbe  zart  zusammenhält 
und  bei  event.  Nachblutung  die  Gerinnung  des  Blutes  befördert. 

Das  Guttaperchapapier  mufs  recht  dünn  sein,  damit  es  beim  einfachen 
Übereinanderlegen,  ja  an  der  Haut  sogar  von  selbst,  anklebt.  Chloroform, 
wie  bei  stärkerem  Papier,  ist  dann  überflüssig. 

*  Ichthyolwatte  (aber  nur  die  von  der  Ichthyolgesellschaft  hergestellte,  nicht 
die,  welche  der  Apotheker  schnell  selbst  fabriziert,  halte  ich  für  brauchbar)  ist  meiner 
Meinung  nach  das  angenehmste  Styptikum,  besser  als  Watte  mit  Ferr.  sesquichlorat. 
getränkt,  oder  als  das  sonst  ganz  brauchbare  Pcnghawar-Djambi,  welches  jedoch  die 
Wunden  verschmiert.  Bei  kleineren  Operationen,  Schnittwunden,  Skarifikationen 
leistet  diese  lohthyolwatte  ausgezeichnete  Dienste. 

12* 


168 

Die  ersten  Verbände  bleiben  24  Stunden  liegen,  während  der  Patient 
das  Bett  hütet.  Nach  3 — 4  Tagen,  wenn  die  Stannng  im  Abnehmen, 
jede  Blntung  ausgeschlossen  ist,  und  die  Nähte  sämtlich  oder  bis  anf  ein 
paar  Entspannnngsnähte  entfernt  sind,  ändere  ich  das  Verbandmaterial, 
indem  ich  statt  Ichthyol watte  Jodoformgittermnll  trocken  oder  mit  2%igem 
Borvaselin  bestrichen  (um  das  Ankleben  an  die  Wnndränder  zu  ver- 
hindern) umlege.  Doch  kann  man  ebenso  gut  nach  jedesmaligem  Ab- 
tupfen mit  Jodoformäther  beim  Verbandwechsel  den  Ichthyolwatteverband 
beibehalten,  er  löst  sich  mit  Karbolwasser  leicht  ab.  Auf  diese  Weise 
wird  man  stets  eine  prima  reunio  erhalten.  Sind  zugleich  Ulcera  vor- 
handen, so  wird  deren  Heilung  unter  dieser  Behandlung  sich  ebenfalls 
so  günstig  als  möglich  gestalten.  Am  3. — 5.  Tage  verläfst  der  Patient 
das  Bett;  da  bis  dahin  die  Verklebung  der  Wunde  noch  nicht  vollkommen 
erfolgt  und  die  Eichel  noch  empfindlich  ist,  lege  ich  ihm  dann  eine 
schützende  Bandage  um,  in  Form  eines  ÜNNASchen  SuBpensoriums  ^,  oder 
eines  nach  meiner  Art  veränderten  LANaLEBEBTschen  Suspensoriums  ^ 
nur  dals  bei  demselben  nicht  der  Beutel  aus  Gummistoff,  sondern  wie 
bei  dem  ursprünglichen  LANGLEBEBi^chen  aus  starker  Leinwand  besteht 
Die  Anlegung  eines  derartigen  Verbandes  verlohnt  sich  sehr,  da  erst 
1—  2  Wochen  nach  der  Operation  das  Epithel  der  Eichel  so  widerstands- 
fähig geworden  ist,  dafs  die  Reibung  der  Kleidung  vertragen  wird. 


Über  einen  Fall  von  sogenanntem  „Xanthoma  diabeticorum'^ 

Von 

John  Cavafy  M.  D.  F.  E.  C.  P. 

Arzt  am  St.  Georobb  Hospital 
in  London. 

Im  folgenden  soll  der  bisher  nicht  veröffentlichte  Fall  dieser  Affek- 
tion, den  Dr.  Kadcliffb  Ckoceer  in  seinem  jüngst  erschienenen  Werke 
über  Hautkrankheiten  ^  und  Dr.  Barlow  in  seiner  in  No.  23  der  Monatshefie 
vom  vorigen  Jahre  ^  publizierten  Abhandlung  erwähnen,  mitgetheilt  werden. 


'  8.  Monatsh.  f.  prakt  Bermat.  1885.  pag.  123;  1887.  pag.  207. 

•  Ebenda  1885.  pag.  122;  1887.  pag.  153. 

*  pag.  384. 

«  pag.  1172. 


169 

Joseph  A.,  45  Jahre  alt,  Fostamtsangestellter,  konsultierte  mich  im 
Jaimar  1885.  Anamnese:  Er  konnte  sich  nicht  erinnern,  vor  dem 
zwanzigsten  Jahre  irgend  eine  ernste  Krankheit  durchgemacht  zu  haben, 
Ton  da  ab  jedoch  litt  er  im  Laufe  der  nächsten  fünf  Jahre  drei  oder  vier 
mal  an  akuter  Gonorrhöe  und  auch  einmal  an  Leistendrüsenschwellung, 
die  indessen  bald  wieder  verschwand.  Er  hatte  sich  niemals  syphilitisch 
infiziert  und  auch  an  keinen  Hautkrankheiten  gelitten  mit  Ausnahme 
eines  unbedeutenden  Ekzems  der  einen  Hand,  welches  vor  zwanzig  Jahren 
oder  noch  früher  auftrat  und  nach  seiner  bestimmten  Aussage  im  Laufe 
einer  Woche  wieder  geheilt  war.  Gelegentlich  hatte  er  auch  über  Schmerzen 
in  den  Hüften  und  Schultern  zu  klagen  gehabt,  doch  hielten  dieselben 
nur  einige  Tage  an  und  waren  niemals  so  intensiv,  dals  er  das  Bett  hätte 
hüten  müssen.  Vor  sieben  Jahren  zog  er  sich  eine  Erkältung  zu,  als  er 
bei  Gelegenheit  eines  Aufenthalts  auf  dem  Lande  ein  Fluisbad  nahm; 
bei  seiner  Rückkehr  nach  London  einige  Tage  nachher  fühlte  er  sich 
sehr  elend,  doch  setzte  er  seine  Arbeit  fort,  bis  er  sich  zu  krank  dazu 
fühlte  und  sich  gezwungen  sah,  ärztlichen  Rat  nachzusuchen.  Bei  dieser 
Gelegenheit  fand  es  sich,  dafs  seine  Beine  geschwollen  waren,  und  es 
wurde  auch  sein  Urin  untersucht;  Patient  konnte  sich  nicht  erinnern, 
was  damals  darin  gefunden  worden  sei,  doch  gibt  er  mit  Bestimmtheit 
an,  dafs  jener  Arzt  ihm  gesagt  habe,  dafs  er  an  „Diabetes''  leide.  Es 
wurde  ihm  ernstlich  anempfohlen,  seine  Beschäftigung  einzustellen,  was  er 
denn  auch  that.  Er  wandte  sich  nun  an  das  St.  Bartholomews  Hospital, 
wo  ihm  einer  der  Ärzte  sagte,  dals  er  schwer  krank  sei,  doch  wurde  der 
Ausdruck  „Diabetes"  bei  dieser  Gelegenheit  nicht  gebraucht.  Er  war 
immer  noch  wohl  genug,  um  als  ambulanter  Patient  die  Poliklinik  zu 
besuchen,  doch  mufste  er  dieses  bald  unterlassen,  da  diese  Besuche  zu 
viel  Zeit  in  Anspruch  nahmen,  und  er  liefs  sich  deshalb  zu  hause  be- 
handeln. AI»  er  nach  fünf  Wochen  die  Arbeit  wieder  aufzunehmen  ver- 
suchte, war  er  dazu  noch  nicht  imstande,  und  es  wurde  ihm  ein  weiterer 
Urlaub  gewährt.  Sein  Zustand  blieb  ungefähr  ein  gleicher  mit  mälsigem 
Odem  besonders  an  Händen  und  Füisen  bis  zum  Mai.  Alsdann  traten 
plötzhch  kopiöses  Erbrechen  und  heftiger  Kopfschmerz  ein,  und  sein  Urin 
war  zwei  Tage  lang  »blutig  gefärbt."  Diese  Erscheinungen  wichen  einer 
geeigneten  Therapie,  und  akute  Symptome  wiederholten  sich  seitdem  nicht 
wieder;  allmählich  ist  wohl  eine  scheinbare  Heilung  des  Hydrops  eiDge- 
treten,  und  obgleich  die  Beine  längere  Zeit  ödematös  blieben,  so  war 
Patient  doch  schlieislich  imstande,  seine  Beschäftigung  wieder  aufzu- 
nehmen. Über  die  gegenwärtige  Affektion  berichtet  er  folgendes:  Vor 
ungefähr  fünf  Jahren  (d.  h.  zwei  Jahre  nach  dem  Anfang  der  eben  be- 
schriebenen Erkrankung)  kamen  kleine,  symmetrisch  lokalisierte,  aber 
etwas  unregelmäfsige,  erhabene  Flecke  an  der  Dorsalseite  der  Hände  und 


170 

Vorderarme,  späterhin  auch  an  den  Zehen,  Ellbogen,  Knieen  und  Fnls- 
knöcheln  zum  Vorschein.  Dieselben  sind  seitdem  bestehen  geblieben,  dodi 
zeigen  sie  seinem  Berichte  nach  insofern  einen  Wechsel,  als  sie  „bald 
kommen,  bald  vergehen."  Letzteres  erfolgt  bei  einigen  nach  Vereiterung, 
andere  schrumpfen  einfach  ein  und  verblassen  ohne  weitere  Veränderung, 
Die  befallenen  Stellen  jucken  heftig  im  Anfang,  wenn  sie  sich  zu  ent- 
wickeln anfangen,  und  sind  später  ziemlich  empfindlich  gegen  Berührung, 
ohne  aber  spontan  schmerzhaft  zu  sein;  ihr  Umfang  soll  langsam  an- 
fangen von  Stecknadelkopfgröfse  bis  zu  der  Gröise  eines  Hanfkoms  oder 
einer  halben  Erbse.  Ganz  verschwunden  sind  diese  Flecke,  wie  gesagt, 
seit  ihrem  ersten  Erscheinen  nie  wieder,  doch  sollen  sie  während  der 
jeweiligen  Urlaubszeit  des  Patienten  stets  sich  erheblich  verkleinern. 
Status  praesens:  Ziemlich  korpulent  und  blühend  aussehender  Mann 
mit  rötlichem  Haar  und  Backenbart  und  partiellem  Defluvium  capillitü. 
Auf  der  Dorsalseite  beider  Hände  und  in  der  Nähe  der  dritten  und 
vierten  Metacarpusköpfchen  finden  sich  zwei  kreisrunde  Flecke  von  unge- 
fähr Markstück-  resp.  Thalergröfse,  die  aus  dicht  gedrängten  Papeln  und 
Knötchen  von  höchstens  Halberbsengröfse  zusammengesetzt  sind;  die  Heb- 
zahl  derselben  zeigt  eine  stumpf  rundliche  Form,  während  einige  au^ 
sprochener  abgeplattet  erscheinen;  sie  sind  alle  in  der  eigentlichen  Haut 
lokalisiert  und  fühlen  sich  sehr  hart  an;  die  Spitze  dieser  Gebilde  weist 
eine  blaiä  orangegelbe  Farbe  auf,  die  allmählich  in  ein  mattes  Bot  an 
der  Basis  übergeht;  dieselbe  mattrote  Farbe  zeigt  auch  die  Haut  in  A& 
Umgebung  der  breiten  Basis,  mit  der  die  Papeln  derselben  au&itzen. 
Diese  Bötung  beruht  auf  Hyperämie,  denn  sie  verschwindet  auf  Druck, 
indem  die  Papeln  und  Knötchen  viel  blasser  werden,  ohne  aber  ihre 
deutlich  gelbliche  Färbung  einzubüfsen;  ferner  fiel  auch  auf,  dals  die 
flacheren  Gebilde  entschieden  weniger  gelb  waren  als  die  prominenteren. 
Eine,  auch  zwei  ganz  ähnliche,  nur  kleinere  Stellen  finden  sich  am  vierten 
Metacarpusköpfchen  auf  der  dorsalen  Seite  der  rechten  Hand  mehr  radial- 
wärts  gelegen,  und  desgleichen  eine  eben  solche  auf  dem  ulnaren  Bande 
der  linken  Hand.  In  unregelmäfsigerer  Verteilung  finden  sich  große 
Flecke  ähnlicher  Art,  von  denen  einige  auch  eine  reihenförmige  Anord- 
nung zeigen,  auf  der  Dorsalfläche  beider  Handgelenke  und  Vorderarme 
und  in  hervorragendem  Mafse  auf  beiden  Ellbogen;  über  beide  Ober-  und 
Vorderarme  verstreut  sieht  man  auch  isolierte  Gebilde  von  ganz  derselben 
Beschafienheit.  Femer  wurde  ein  Fleck  von  offenbar  im  Abblassen  be- 
griflfenen  Papeln  und  Knötchen,  welche  viel  platter  und  nicht  mehr  gelb 
ge&rbt  erschienen,  auch  auf  dem  rechten  Knie  und  schlieMich  sehr  prono- 
nierte  Gruppen  nebst  vereinzelten  Ejiötchen  auf  dem  rechten  FuJsgelenk 
und  zu  beiden  Seiten  des  Hackens,  sowie  über  der  Achillessehne  und  aof 
dem  groisen  und  dem  zweiten  Zeh   vorgefunden;    die  linke  untere  Extre- 


171 

mität  ist  in  ähnliclier  aber  nicht  so  hochgradiger  Weise  affiziert.  Gesicht, 
Kopfhaut,  Kampf,  Nates,  Handflächen  und  Fufssohlen  sind  von  dem 
Ausschlag  ganz  verschont  geblieben.  Im  weiteren  Verlauf  der  Beobach- 
tung wurde  der  Urin  bei  zwei  verschiedenen  Gelegenheiten  untersucht, 
doch  ergab  sich  beide  male  nur  ein  geringes  spezifisches  Gewicht  (1015 
mid  1017),  ziemlich  blasse  Farbe  nebst  einem  unverkennbaren  Gehalt  an 
Eiweiis;  das  Vorhandensein  von  Zucker  konnte  mit  Sicherheit  negiert 
werden;  eine  Untersuchung  auf  Cylinder  ist  leider  unterblieben.  Bei 
stärkerem  Druck  war  hinter  den  Malleolen  geringes,  aber  deutliches  Odem 
nachzuweisen.  Weiterer  Verlauf:  Patient  verblieb  ungefähr  zwei  Monate 
in  unsrer  Behandlung,  ohne  dais  während  dieser  Zeit  eine  wesentliche 
Änderung  in  dem  Ausschlag  zu  erkennen  gewesen  wäre.  Herr  Arthur 
Wilson,  einer  der  Amtsärzte  des  Hauptpostamts  (dem  ich  für  die  freund- 
lichst gewährte  Gelegenheit,  diesen  Patienten  zu  beobachten  zu  Dank 
verpflichtet  bin),  hatte  die  Güte,  mir  folgende  Auskunft  über  den  weiteren 
Verlauf  des  Falles  zu  geben:  „Ich  bedaure  Ihnen  mitteilen  zu  müssen, 
da&  A.  im  Oktober  1887  hat  pensioniert  werden  müssen.  An  den  Papeln 
and  Knötchen  trat  eine  so  hochgradige  Entzündung  und  Schmerzhaftigkeit 
ein,  dals  er  nicht  mehr  imstande  war,  seinen  Dienst  während  längerer 
Zeit  ohne  Unterbrechung  fortzusetzen." 

Es  erscheint  mir  nun  unzweifelhaft,  dafs  unser  Patient  als  Folge 
von  Nephritis  eine  dauernde  pathologische  Veränderung  an  den  Nieren 
erlitten  hatte;  dagegen  sind  die  Beweise  für  Diabetes  nichts  weniger  als 
uoanfechtbar,  obgleich  ich  es  nicht  zu  erklären  vermag,  dafs  der  zuerst 
behandelnde  Arzt  diesen  Ausdruck  gebrauchte,  es  müfste  denn  sein,  daJjs 
damals  eine  vorübergehende  Glykosurie  bestand.  Femer  ist  die  lange 
Dauer  und  die  auisergewöhnliche  Intensität  des  Leidens,  das  so  schlimm 
wurde,  daüs  der  Patient  seine  Beschäftigung  beim  Briefesortieren  aufgeben 
mufste,  sehr  bemerkenswert.  Ich  stimme  ganz  mit  Dr.  Barlow  überein 
in  der  Ansicht,  dafs  diese  seltene  und  merkwürdige  Affektion  nicht  eine 
Form  von  Xanthom  darstellt;  vielmehr  scheint  mir  dieselbe  hauptsächlich 
entzündlicher  Natur  zu  sein,  und  es  würde  hier  deshalb  auch  die  Bezeich- 
nung Liehen  diabeticus  wohl  eher  am  Platze  sein.  Nur  wäre  dann  ein 
länger  bestehendes  Vorhandensein  von  Zucker  im  Urin,  wie  es  scheint, 
keine  unentbehrliche  Bedingung  für  diese  Diagnose;  bei  meinem  eigenen 
Fall  bin  ich  sogar  sehr  ungewifs,  ob  ein  Zuckerham  jemals  wirklich  be- 
tanden  hat.  Dr.  Barlows  Fall  ist  auch  überhaupt  von  dem  meinigen 
80  sehr  verschieden,  dals  ich  gestehen  muis,  über  die  Berechtigung,  beide 
Krankheiten  in  einer  uud  derselben  flubrik  zu  klassifizieren,  einiges  Be- 
denken zu  hegen. 


172 


Über  die  Dermatitis  herpetiformis 

Von 

Dr.  L.  Bbocq 

in  Paris. 
(Übenetxt  von  Dr.  TOrkhedc  in  Hamburg.) 

(Fortsetzung.)* 

n.  Teil. 

Beschreibung  der  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  chronica  i 
poussees  successives. 

Um  aus  der  Gruppe  dieser  Affektionen  einen  unanfechtbaren  Erankheitsijpu 
aufzubauen,  ^i^erde  ich  als  Beispiele  nur  solche  Fälle  auffuhren,  bei  denen  sich  an 
langer  Verlauf,  ein  beständiges,  schubweises  Auftreten  von  erythematÖsen,  vesikiilofleB, 
bullösen  und  pustulösen  Ausschlägen,  sowie  heftiges  Jucken  findet,  wahrend  d» 
Allgemeinbefinden  ungestört  bleibt.  Ich  habe  28  solcher  Beobachtungen  gesammeh; 
sie  gleichen  sich  sehr  untereinander  und  scheinen  ein  freilich  eng  umschriebenes,  aber 
unanfechtbares  Krankheitsbild  zu  liefern.  Ausschliefslich  auf  diese  28  Falle  stntet 
sich  die  folgende  Darstellung. 

Aber  beim  Studium  des  Verlaufs  dieser  Krankheit  und  ihrer  Varietäten  an- 
gelangt, werden  wir  uns  mit  zwei  weiteren  Beobachtungsreihen  zu  befassen  haben, 
die  meines  Erachtens  in  den  Rahmen  dieser  Dermatose  gehören.  Es  handek 
sich  dabei 

1.  um  Fälle  mit  den  nämlichen  eruptiven  Elementen  und  den  nämlichen  Schmen- 
erscheinungen,  wie  unsre  Dermatose,  bei  denen  aber  der  Kranke  nach  längerem  oder 
kürzerem  scheinbaren  Wohlbefinden  zu  Grunde  geht  (maligne  Varietät  der  Dermatitii 
polymorpha  pruriginosa  chronica); 

2.  um  Fälle,  bei  denen  ebenfalls  Ausschlag  und  Schmerz  in  gleicher  Weise  sof- 
treten,  die  aber  nach  mehreren  Anfällen  von  mindestens  mehrmonatlicher  Dauer,  lei 
es  Ton  selbst,  sei  es  infolge  zweckmäfsiger  Behandlung,  in  Heilung  übergehen 
(benigne  und  subaknte  Varietät  der  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  chronica). 

So  gezwungen  diese  Einteilung  und  diese  Unterscheidungen  auch  erscheinen 
mögen,  so  halte  ich  sie  doch  für  notwendig,  da  wir  uns  nur  auf  diese  Weise  tot 
einer  heillosen  Verwirrung  schützen  können.  Dafs  zwischen  der  hier  besprocheDen 
Krankheitsform,  der  chronischen  xarilo^^y,  und  den  andern  Eruptionen,  die  nadi 
Form  und  Symptomatologie  mit  ihr  identisch  sind,  die  aber  nur  wenige  Tage  danen, 
eine  ununterbrochene  Kette  von  Übergangsformen  sich  befindet,  ist  bereits  er 
wähnt,  und  die  Fälle,  die  im  dritten  Teile  dieser  Abhandlung  bei  Besprechimg  der 
Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  acuta  mitgeteilt  werden  sollen,  werden  jeden 
Zweifel  darüber  benehmen.  Die  Fälle  der  benignen  Varietät  der  DermatitiB  poly- 
morpha pruriginosa  chronica  kann  man  als  erste  Glieder  dieser  Kette  betracbten. 
Daher  mufsten  sie  besonders  aufgeführt  werden  und  dürfen  bei  der  folgenden  Be- 
schreibung nicht  mit  herangezogen  werden. 


^  Vergl.  Monatsh,  f.  prakt  Dermat  1888.  Heft  13,  14  u.  17. 


173 

Ich  werde  also  in  Kürze  alle  meine  Fälle  mitteilen,  dabei  aber  wohlverstanden 
nur  die  ersten  28  zur  Schilderang  der  Symptome  benutzen;  auf  die  übrigen  werde 
ich  nur  bei  Besprechung  des  Verlaufs  der  Krankheit  und  ihrer  Varietäten  zurück 
greifen. 

Übrigens  gleichen  sich  alle  Beobachtungen  in  bezug  auf  subjektive  und  ob- 
jektive Symptome  so  sehr,  dafs  die  Schilderung  der  ersten  28  Fälle  gleichmäfsig 
auch  auf  die  folgenden  13  paust.  Das  einzig  Unterscheidende  der  verschiedenen 
Gruppen  liegt  in  ihrem  Verlauf. 

Geschichtliches.  —  Es  war  Bührinq,  der,  wie  bereits  im  ersten  Teile  dieser 
Abhandlung  gesagt,  in  jüngster  Zeit  durch  seine  interessanten  VeröffentliohuDgen  die 
Aufmerksamkeit  der  Dermatologen  auf  diesen  Punkt  der  Hautpathologie  hingelenkt 
hat.  Sein  Fehler  bestand,  wie  ebenfalls  bereits  erwähnt,  meines  Erachtens  darin, 
dals  er  zu  sehr  verallgemeinerte,  indem  er  alles  mögliche  in  seine  Krankheitsgruppe 
mit  aufnahm.  Jedoch  habe  ich  anerkannt,  dafs  verschiedene  Beobachtungen  älterer 
Autoren,  auf  die  Dührikg  als  auf  Beispiele  seiner  Dermatitis  herpetiformis  hin- 
gewiesen hat,  ganz  wohl  als  Fälle  meiner  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  chron. 
oder  subacuta  gelten  können;  so  z.B.  die  Beobachtuug  von  Ghaüsit  (Herpes  phlyc- 
taenoides  1852),  diejenige  von  Bateb  (Pemphigus  circinatus  1828),  von  Baclb  jr. 
(Pemphigus  chron.  1841),  von  Dbvsroib  (Pemphigus  compositus,  Herpes  pemphigoides 
oder  Pemphigus  herpetiformis).^ 

Dies  sind  aber  noch  keineswegs  die  einzigen  Belege,  die  man  bei  Duhrinos 
Vorgängern  in  bezug  auf  unsre  Slrankheit  findet.  Dafs  der  Pemphigus  diutinus 
haemorrhagicus  von  DBVBBaiB  nichts  weiter  ist  als  eine  eruptive  Varietät  unserer 
Dermatose,  haben  wir  bereits  gesehen.  Anderseits  sagt  Cazbnavb  in  seinem  Lehr- 
buch der  Hautkrankheiten:  „Der  Pemphigus  kann  mit  einer  Menge  andersartiger 
Eruptionen  bestehen;  am  häufigsten  trifft  man  ihn  gemeinsam  mit  Herpes  und  be- 
sonders mit  Prurigo.  Bei  dieser  letzteren  Komplikation  (Pompholix  pruriginosus  von 
Willak)  leidet  der  Kranke  unter  lebhaftem  Brennen."'  „In  seltenen  Fällen  sind  die 
Blasen  des  Pemphigus  acutus  zum  Teil  klein  und  hier  und  da  in  Haufen  angeordnet, 
80  dafs  es  sich  wie  Gruppen  von  Herpes  phlyctaenoides  ausnimmt;  an  allen  andern 
Stellen  findet  man  dann  aber  die  charakteristischen  Pemphigusblasen.^ '  Ofienbar 
kannte  Cazbnavb  bereits  die  hier  erörterten  Thatsachen ;  leider  hat  er  ihre  Bedeutung 
nicht  recht  gewürdig^t,  vielmehr  jene  Fälle  mit  den  andern  bullösen  Erkrankungen 
zusammengeworfen. 

Anders  verhält  es  sich  mit  Bazin,  und  ich  wundere  mich  sehr,  dafs  Dühbino 
seiner  gar  nicht  Erwähnung  thut.  Denn  thatsächlich  war  er  der  erste,  der  diese  Fälle 
gruppiert  und  sie  unter  der  Bezeichnung  „Arthritides  bullosa e^  zu  einen  Krank- 
heitstypus  zusammengefügt  hat.*  Seine  mustergültige  Schilderung  gilt  auch  jetzt 
noch  Satz  für  Satz.  Ich  verweise  den  Leser  auf  dieselbe  und  werde  nur  einige 
Abschnitte  daraus  anführen,  um  haarscharf  zu  beweisen,  dafs  die  Dermatitis  herpeti- 


^  Vergl.  im  ersten  Teile  die  Besprechung  der  Fälle  und  weiter  unten  die  Schlufs- 
betrachtung.  —  Ich  bemerke  dabei,  dafs  ich  mehrere  derselben  nicht  als  typisch 
ansehe  und  sie  daher  nicht  in  die  28  Beobachtungen  mit  aufgenommen,  die  meine 
erste  Kategorie  bilden. 

•  Alfh.  Gazekave,  Abregi  pratique  des  maladies  de  la  peau.  4.  Edit.  1847. 
pag.  205. 

'  Gazekave,  a.  a.  0.  pag.  207. 

*  Bazin,  a.  a.  0.  1868.  pag.  303. 


174 

formis  varietas  chronica  schon  vor  Duhbing  durch  die  alte   französische  dermatologi- 
sehe  Schule  bekannt  war;  Duhriko  hat  nur  den  Namen  geändert. 

Die  Gruppe  der  Arthritides  bullosae  Bazins  umfafst  zwei  HanÜeiden,  die  Hydrot 
bull,  und  den  Pemphigus  arthriticus. 

1.  Pemphigus  arthriticus. 

„Sitz.  —  Der  Pemphigus  arthrit.  kommt  am  ganzen  Körper  vor;  namentlich 
aber  findet  er  sich  auf  der  Schleimhaut  der  Wangen,  des  Bachens,  der  Vagina,  in 
den  Ellbogen,  den  Vorderarmen,  den  Schenkeln  u.  s.  w.,  erst  bei  längerer  Dtner 
pflegt  er  sich  über  den  ganzen  Körper  auszudehnen.'* 

„Symptome.  —  Der  Ausschlag  beginnt  bald  auf  den  Schleimhäuten,  bald  lof 

der   Haut Im   letztem   Falle  bemerkt  man  im  Gesicht,  an  den  Gliedern  oder 

am   Stamm   grofse,   dunkelrote  Flecke.    Häufig  bilden  sich  auf  diesen  Flecken  znent 
kleine  ekzematöse  Bläschen,  .  .  .  die  an  manchen  Stellen  sehr  bald  zu  echten  Blasen 

auswachsen Diese   bullösen    Schübe   sind    übrigens  unregelmäfsig,  so  dals  der 

Pemphigus   arthrit.   alsdann   ein   Gemisch  von  Ekzem,  pemphigoiden  Ausschlag,  nnd 
häufig  noch  Hydroa  bullös,  darstellt."^ 

„Nach  einiger  Zeit  vergröfsem  und  vermehren  sich  die  Blasen.  Sie  erscheinen 
in  aufeinanderfolgenden  Schüben  auf  roten,  erysipelatösen  Plaques  und  überziehen 
den  grölseren  Teil  des  Körpers.  Jedoch  bleibt  der  Pemphigus  bisweilen  auf  be- 
stimmte Körperteile,  wie  die  Vorderarme,  die  Hände  oder  Untereztremitäten  be- 
schränkt.'' 

„Die  Blasen  sind  von  ungleicher  Gröfse  ....  und  namentlich  die  kleinsten 
sind  halbkreisförmig  angeordnet.  Zuerst  sind  sie  durchscheinend,  aber  die  von 
ihnen  eingeschlossene  Flüssigkeit  bleibt  nicht  lange  serös;  vielmehr  trübt  sie  sich 
bald,  verdickt  sich,  wird  eiterig  und  vertrocknet  zu  gelblichen  oder  brännhchen 
Borken." 

„Die  erkrankten  Teile  verursachen  eine  mehr  minder  schmerzhafte  Spannung, 
bisweilen  ein  lebhaftes  Jucken;  diese  Symptome  können  namentlich  während  der 
einzelnen  Anfälle  so  stark  werden,  dafs  sie  den  Schlaf  beeinträchtigen." 

„In  der  Zwischenzeit  zwischen  den  einzelnen  bullösen  Schüben,  oder  wenn  der 
Pemphigus  nur  einzelne  Hautstellen  befallen  hat,  scheint  die  Erkrankung  nicht 
schwerer  Natur  zu  sein:  der  Appetit  ist  dann  erhalten,  die  Verdauung  ungestört. 
Andernfalls  mufs  der  Kranke  das  Bett  hüten  und  er  kommt  durch  den  anhaltenden 
Schmerz,  sowie  durch  die  Hauteiterung  und  den  bestehenden  Darmkatarrh  sehr 
herunter." 

„Verlauf;  Dauer;  Ausgang.  —  Der  Pemphigus  verläuft  in  AnßUen,  die 
anfangs  durch  verschieden  grofse  Zwischenräume  voneinander  getrennt  sind,  nm 
später  einander  ununterbrochen  zu  folgen.  Die  Krankheit  zieht  sich  immer  sehr  in 
die  Länge;  sie  kann  sich  über  Monate  und  Jahre  erstrecken,  und  häufig  treten  som 
Schrecken  des  Kranken,  der  sich  völlig  geheilt  wähnt,  ohne  nachweisbare  Ursache 
neue  Blasen  auf.    Gewöhnlich  endet  der  Pemphigus  arthriticus  mit  Heilung." 

Diese  Ejrankheit  scheint  also  ziemlich  genau  meiner  Dermatitis  polymorphe 
pruriginosa  chronica  zu  entsprechen. 


'  Siehe  weiter  unten  die  Kritik  der  BAZiNschen  Hydroa  bull. 


175 

2.   Hydroa  bullosa. 

Die  Hydroa  bullosa  Bazins  deckt  sich  dagegen  ziemlich  genau  mit  jenen  Fällen, 
die  ich  als  varietas  benigna  seu  subacuta  der  Dermatitis  polym.  prurigin.  k  poussees 
successives  in  meine  dritte  Varietät  eingestellt  habe. 

„Die  Hydroa  bullosa",  sagt  Bazin',  „besteht  aus  ungleichen,  wenig  umfangreichen 
Blasen,  die  in  mehreren  Schüben  auftreten,  zu  Krusten  oder  blattförmigen  Schuppen 
eintrocknen  und  schliefslich  noch  einige  Zeit  Hautverfarbungen  hinterlassen.  Das 
Leiden  ähnelt  dem  Pemphigus  infolge  der  Anwesenheit  von  Blasen ;  aber  diese  Blasen 
sind  nicht  gleichmäfsig,  auch  nicht  so  grofs,  wie  beim  Pemphigus,  und  endlich  macht 
die  Hydroa  bull,  bei  weitem  nicht  so  schwere  Allgemeinerscheinungen;  ich  bezeichne 
sie  haafig*  als  kleinblasigen  Pemphigus.*' 

„Die  Krankheit  beföllt  die  Arme,  den  Stamm  und  die  Schenkel,  auch  ist  sie 
schon  mehrfach  auf  der  Wangenschleimhaut  beobachtet.  Mit  Vorliebe  tritt  sie  in 
der  Nachbarschaft  der  Gelenke  und  an  der  Innenfläche  der  Extremitäten  auf." 

„Bisweilen  geht  dem  Ausschlag  ein  leichtes  Unbehagen  vorauf,  dessen  Haupt- 
symptome geringes  Fieber  und  Appetitmangel  sind.  Lange  hält  das  niemals  an  und 
kann  häufig  auch  ganz  fehlen.  Als  einzige  regelmäfsige  Prodromal-£r' 
scheinung  wäre  ein,  bisweilen  sehr  lebhaftes  Jucken  zu  verzeichnen.'' 
„Die  Blasen,  welche  den  Ausschlag  zusammensetzen,  sind  erkennbar  an  ihrer 
Kleinheit  und  ihrer  Ungleichmäfsigkeit ;  manche  sind  nur  linsengrofs,  und  die  gröüsten 
erreichen  höchstens  den  Umfang  einer  Haselnufs.  Ihr  Inhalt  besteht  aus  einer  durch- 
scheinenden Flüssigkeit,  die  sich  aber  schnell  trübt  und  eine  schmutzig  gelbe  Farbe 
annimmt;  sie  ruhen  auf  einem  roten  Untergrund,  der  ihre  Grundfläche  noch  etwas 
überragt.  ...  Es  kommt  auch  vor,  dafs  man  zuweilen  nichts  weiter  sieht,  als  grofse 
erythematöse  Flächen,  die  hier  und  da  mit  mehr  oder  weniger  dicken  Borken  bedeckt 
sind,  während  man  im  übrigen  nur  weniger  vereinzeltsteheude  oder  halbkreisförmig 
angeordnete  Blasen  antrifft,  die  die  Natur  des  Leidens  anzeigen.  Während  der 
einzelnen  Schübe  besteht  aufser  dem,  meist  sehr  ausgesprochenen  und  hartnäckigen 
Jucken  nichts  Krankhaftes;  der  Patient  mag  essen  und  die  Ernährung  leidet  nicht." 
„Die  Hydroa  bull,  hat  einen  chronischen  Verlauf;  sie  tritt  schubweise  auf  und 
dauert  gewöhnlich  5 — 6  Monate.    Kückfalle  sind  häufig." 

Der  einzige  Unterschied,  den  Bazin  zwischen  seiner  Hydroa  bull,  und  seinem 
Pemphigus  arthrit.  aufzufinden  weifs,  besteht  in  dem  Umfang  der  Blasen,  die  bei 
ersterem  kleiner  sind.  Aber  dieses  Unterscheidungsmerkmal  hat  keine  Bedeutung; 
man  braucht  nur  die  beiden  eben  angeführten  Schilderungen  zu  lesen  um  sich  davon 
zu  überzeugen.  Denn  beim  Pemphigus  arthrit.,  sagt  Bazin,  kämen  kleine,  ekzematöse 
Bläschen  vor,  und  bei  der  Hydroa  seien  sie  bis  haselnufsgrofs ;  auch  würde  der 
Pemphigus  arthrit.  durch  Anfälle  von  Hydroa  bull,  unterbrochen.  Das  alles  macht 
die  Verwirrung  nur  gröfser  und  hat,  zusammen  mit  der  ungeschickten  Benennung 
der  beiden  Gruppen,  bewirkt,  dafs  man  sie  allmählich  wieder  ganz  vergessen  hat. 

In  Wirklichkeit  gehören  Pemphigus  arthrit.  und  Hydroa  bull,  zueinander  und 
sind  wahrscheinlich  nur  Varietäten  einer  Affektion.  Sie  entsprechen  mit  geringen 
Änderungen  —  da  ihr  Bild  weniger  scharf  umschrieben  ist,  als  das  meiner  Krank- 
heitsgruppen --  sie  decken  sich  also,  der  Pemphigus  arthrit.  mit  meiner  Dermatitis 
polymorpha  pruriginosa  chronica  vera  (erste  Beihe  von  Fällen),  und  die  Hydroa  bull, 
mit  meiner  Dermat.  polym.  prurig.  benigna  seu  subacuta  ä  poussSes  successives 
(dritte  Beihe  von  Fällen). 


•  Bazin,  a.  a.  0.  1868.  pag.  303. 


176 

Dies  sind,  einschliefslich  der  Arbeiten  von  Tilbury  Fox,  von  denen  bereits  im 
ersten  Teil  dieser  Abhandlung  die  Bede  war,  die  wichtigsten  SchrifUtiicke,  die 
meines  Wissens  vor  den  BuHBiNGschen  Untersuchungen  über  unsre  Frage  yeroffent* 
licht  wurden.  Aber  schon  hieraus  geht,  meine  ich,  zweifelsohne  hervor,  daÜi  der 
hier  verhandelte  Erankheitstypus,  zu  dem  die  9  PuHBiNGschen  Beobachtungen'  ab 
Beispiele  gelten,  bereits  von  Bazik  unter  dem  Namen  Pemphigus  arthriticai  und 
P.  buUosus  skizziert  worden  ist. 

Von  den  andern  mir  bekannten,  einschlägigen  Beobachtungen  seien  hier  ans 
der  Dissertation  von  Hassan-Mahmoüd  (abgefafst  unter  Leitung  von  Prof.  Habdt^ 
erwähnt:  Beobachtung  8  (allg.  Pemphigus  pruriginosus)  und  Beobachtung  9  (Pem- 
phigus generalise  k  poussees  successives).  Die  Beobachtung,  die  Hütchhisoi  ii 
seinem  Vortrag  über  die  Heilbarkeit  des  Pemphigus  mittels  Arsens  mitteilt,  ist 
zweifelsohne  den  früher  erwähnten  analog*,  aber  sie  ist  zu  unvollständig,  um  hier 
mit  verwertet  zu  werden. 

TiLBTTRY  Fox^^  führt  in  seinem  Buch  über  die  Hautkrankheiten  den  Fall  einer 
23jährigen  Dame  an,  bei  der  durch  mindestens  2  Jahre  ein  anfangs  herpetiformer, 
später  pemphigoider  und  pruriginöser  Ausschlag  bestand,  bis  ■  er  schliefslich  t«^ 
schwand.  Auch  diese  Beobachtung  kann  man  zur  Dermatitis  polymorpha  pmriginon 
chronica  benigna  rechnen.  Fox  bemerkt  dazu,  dafs  er  Fälle  gesehen  habe,  in  welchen 
dem  quasi  herpetischen  oder  pemphigoiden  Ausschlag  eine  beträchtliche  Hautreizimg 
voraufging  und  ein  echter  pruriginöser  „Rash"  nachfolgte.  „Es  handelt  sich  dabei 
wahrscheinlich",  fahrt  er  fort,  „um  den  sogenannten  Pemphigus  pruriginosus."  Zwei 
weitere  bemerkenswerte  Fälle  habe  er  1870  beobachtet.  „In  dem  einen  Fall  folgte 
der  Ausschlag  auf  einen  parasitären  Herpes  circinatus  des  Rumpfes;  in  dem  andern 
handelte  es  sich  um  einen  Mann,  der  viel  Kummer  erduldet  hatte.  Beidemal  trat 
das  Leiden  symmetrisch  auf  und  befiel  folgende  Stellen:  die  Ellbogen,  die  Hinter- 
fiäche  der  Vorderarme,  die  ülnargegend,  die  Waden,  dafs  Gesäfs,  den  Schnlterblitt- 
Winkel,  kurz,  alle  hervorspringenden  Körperteile,  so  weit  sie  einem  Druck  oder  einer 
Reibung  ausgesetzt  waren.  Der  Ausschlag  bestand  aus  Bläschen,  die  in  Haufen  tob 
4 — 5  oder  mehr  auf  einem  roten  Untergrund  von  etwa  Shilling-Ghröfse  standen.  Vor 
dem  Auftreten  der  Blasen  bestand  ein  halbstündiges  Brennen,  dann  lebhafte  BwoHr 
rÖtung.  Die  Blasen  barsten  in  1 — 2  Tagen  und  liefsen  pruriginöse  Papeln  oder 
Borken  zurück.  Sie  entwickelten  sich  in  verschiedenen  Schüben;  die  Haut  war 
hinterher  verdickt  und  pigmentiert.  Durch  den  Schmerz,  vor  allem  durch  du 
Jucken,  wurde  der  Schlaf  gestört.  Ohne  Frage  ist  das  Nervensystem  bei  der  Patho- 
genese dieser  Erkrankung  beteiligt.  Die  pruriginösen  Fälle  sind  sehr  hartnäckig; 
Regelung  der  Lebensweise  und  der  Diät,  Eisen,  Nux  vomica,  Chinin,  Leberthran, 
Colchicum  bei  Arthritikem,  Diuretica  bilden  die  wesentlichsten  Heilmittel.*' 

Da  diese  Schilderung  völlig  auf  unsre  Krankheit  paust,  so  habe  ich  sie  fast  toD- 
ständig  hier  übersetzt. 

Später  brachte  Tilbürt  Fox"  den  gröfsten  Teil  der  Fälle,  die  den  von  mir  be- 
schriebenen   analog  sind,   in  eine  Krankheitsgruppe,   die  er  Hydroa  nannte,   und  bei 


^  Vergl.  den  ersten  Te'l  dieser  Arbeit. 

**  HassanMahmoud,  Über  den  Pemphigus.    Thöse  de  Paris.  12.  Dezbr.  1868. 

^  J.  HuTCHiNSoy,  Vorlesungen  über  klin.  Chirurgie.  Bd.  I.  pag.  49  u.  ff.  London 
1879. 

*®  TiLBUBY  Fox,  Hautkrankheiten.  Über  die  abnormen  Formen  der  bullösen 
Ausschläge;  Hydroa.  1873.  pag.  215. 

^^  Tilbury  Fox  und  Colcott  Fox,  Archiv  of  Dennatology.  Jan.  1886.  —  Vergl. 
den  1.  Teil  dieser  Arbeit. 


177 

der  er  drei  Unterarten  unterschied.  Seine  dritte  Varietät,  Hydroa  pruriginosa,  scheint 
deijenigen  Erankheitseinheit  zu  entsprechen,  von  der  hier  jetzt  die  Rede  ist. 

Sein  Schüler  Radcliffb  Crockbb,  der  zwar  etwas  weniger  sorgfältig  ist,  hat 
kurzUch  verschiedene  Fälle  dieser  Krankheit  veröffentlicht",  seine  Beschreibung  ist 
ganz  gut,  aber  er  hat  in  seine  Gruppe  Hydroa  fast  alle  jene  Fälle  hineinbezogen, 
die  DuHBiKo  zu  seiner  Dermatitis  herpetiformis  rechnet.  (Vergl.  den  ersten  Teil 
dieser  Arbeit.) 

Als  Pemphigus  insolitus  beschrieb  H.  Weber  1877  einen  Fall  von  Dermatitis 
polymorpha  prurigin.  chron.*'  Vielleicht  könnte  man  hierher  auch  einen  von  den 
Fallen  rechnen,  die  Bieoel  1882  in  seiner  Abhandlung  über  Pemphigus  chron.  be- 
Bchrieben  hat.^^ 

Seit  den  ersten  Veröffentlichungen  Duhrings  haben  sich  die  Mitteilungen  und 
Berichte  über  diesen  Gegenstand  in  England  und  namentlich  in  Amerika  gehäuft. 
Mehrere  derselben  habe  ich  bereits  erörtert.  Verschiedene  von  den  Fällen,  die  wir 
bei  A.  R.  Robinson**,  Fox**,  L.  Dukcan  Bülkley",  Bbonson",  Arthur  van  Har- 
UKGEN**,  Malcolm  Morris '^  Bulklet  und  Elliot'*  finden,  scheinen  Beispiele  zu 
meiner  Dermatose  zu  sein. 

Ich  hätte  sehr  gern  alle  Veröffentlichungen,  die  meiner  Darstellung  zu  Grunde 
liegen,  ausführlich  mitgeteilt,  jedoch  gestattet  mir  der  Raum  nur  einen  kurzen  Bericht 
über  die  französischen  und  fremden,  bislang  unbekannten  Fälle. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Ütttteiliitisen  ans  ber  ^itteratur. 

Pariser  Korrespondenz. 

Behandlimg  des  Epithelioms  mit  Kali  chloricum,  von  Georges  Lemoine. 
{Bevue  generale  de  cHmque  et  de  HUrapeuHque.  1888.  No.  27.) 

Die  Ergebnisse  dieser  interessanten  Abhandlung  sind  die  folgenden:  Wir  be- 
sitzen im  Kali  chloricum  ein  Mittel,  welches  grofse  Wirkungsfähigkeit  gegen  Epi- 
theliome zeigt  und  eine  vollständige  Heilung  hervorbringen  kann.  Wenn  man  ihm 
auch  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  das  Messer  vorziehen  mufs,  so  bleibt  es  doch  das 
einzige  Mittel,  von  welchem  man  sich  in  inoperablen  Fällen  einen  Erfolg  versprechen 
kann.    Wenn  es  auch,  nach  der  Meinung  Reclüs',  der  zuerst  seine  Indikationen  auf- 


"  H.  Badcliffe  Crocker,  British  Mediccd  Journal.  1886.  pag.  966.  Mai  22. 

'*  H.  Wbbbr,  Sociötd  Medico-pharmaceutique  du  district  du  Cantoii  de  Beme. 
1877.    Correspondenzblatt  /*.  Schw.  Ärzte.  1878.  No.  19.  pag.  594.  1  Oktbr. 

**  Riegel,   Wien.  med.  Woc?ienschr.  1882.  Beob.  3. 

"  A.  R.  Robinson,  Hydroa;  Impetigo  herpetif.;  Dermatitis  herpetif.  Journal  of 
cutan.  and  venereal  Diseases.  1885.  Jan. 

^*  Fox,  New  York  Dermatological  Society.  24.  März  1885.  Journal  of  cutan. 
and  venereal  Diseases.  1885   pag.  150.  Mai. 

*^  L.  D.  BuLKLEY,  Über  das  Vorkommen  der  Dermatitis  herpetif.  Duhrings  als 
deutliche  Krankheit.    Journal  of  cutan.  and  venereal  Diseases.  1886.  pag.  111. 

**  Bronson,  Fall  von  Dermatitis  herpetif.  New-York  Dermatol.  iScxnety;  165 
meeting.    Journal  of  cutan.  and  venereal  Diseases.  1886.  pag.  340. 

*•  Arthur  van  Harlingen,  Drei  Fälle  von  Dermatitis  herpetif.  Tfic  Foliclinic. 
1886.  Oktbr. 

'*  Malcolm  Morris,  Harveian  Society  of  London.  1887.  19.  Mai.  British  Med. 
Journal.  1887.  pag.  1216.  4.  Juni. 

•'  Bulklet  u.  Elliot,  New  York  Dermatol.  Society.  Journal  of  cutan.  and 
venereal  Diseases.  1887.  pag.  187.  Mai. 


178 

gestellt,  bei  den  Epitheliomen  der  Sohleimhäute,  wegen  der  oft  sehr  tief  eindringfakdea 
epitheliomatösen  Elemente,  nicht  entspricht,  so  gibt  es  um  so  bessere  Besolttte  bei 
den  gemischten  Epitheliomen,  welche  die  Hant  und  die  Schleimhaut  zugleich  okkupieren. 
Am  erfolgreichsten  jedoch  ist  seine  Anwendung  beim  Hautepitheliom,  beim  gewöhn- 
lichen Eankroid.  Es  ist  eine  verhältnismäfsig  langsame  Behandlung,  weshalb  dieselbe 
immer  zurückgewiesen  werden  wird,  wenn  die  Geschwulst  rapid  weiterschreitet,  oder 
wenn  die  Gefahr  einer  Generalisation  derselben  besteht. 

Leukoplakie  und  Kankro'ide   der  Mund-  und  VaginalschleimhaTit,  von 

Eeclus.     (Gazette  des  Hopitaux,    1888.  28.  Juni.) 

Die  Fälle,  in  welchen  man  die  Entwicklung  dieser  Affektion  von  ihrem  Anfug 
bis  zum  Ende,  d.  h.  von  der  Plaque  opaline,  bis  zur  dicken,  gelblichen  Plaque,  bis 
zum  Eankroid  oder  Epitheliom  verfolgen  kann,  sind  selten.  Beclüs  berichtet  aber 
mehrere  Fälle,  bei  welchen  er  den  Prozefs  von  dem  ersten  bläulichen  Schimmer  bii 
zur  vollständigen  Entwickelung  der  Elrankheit  beobachten  konnte.  Aber  deswegen 
glaubt  er  noch  nicht,  dafs  dies  ein  notwendiger  Ausgang  der  Krankheit  sein  mnä 
Die  Statistiken  beweisen,  dafs  sie  schon  früher  ihr  Ende  erreichen  kann.  AaÜBerdeo 
klärt  uns  die  Untersuchung  des  Gewebes  der  Plaques  darüber  nicht  auf:  die  beides 
Veränderungen  sind  voneinander  gänzlich  unabhängig.  Wie  Ebnest  Besnier,  gltsbt 
B.ECLUS,  dafs  die  psoriatischen  Plaques  die  Ursache  einer  fortwährenden  Beizung  sind, 
welche  die  Entwickelung  des  Kankroids  begünstigt.  Die  Behandlung  muis  vor  aOeD 
eine  phophylaktische  sein  und  in  Vermeidung  jeglichen  Reizes,  wie  Tabak  und  Ge- 
würze, bestehen.  Man  wende  Adstringenzien  an.  Sobald  das  Papillom  oder  Kankroid 
sich  entwickelt  hat,  soll  man  chirurgisch  eingreifen.  —  Beclüs  ist  nicht  dafür,  d&ü 
man  die  Kranken  schon  im  voraus  ins  Bad  von  St.  Christan  schickt,  im  Gegensab 
zu  Paul  Benabd,  welcher  seine  Wirksamkeit  rühmt  in  seiner  Arbeit :  Glosso-stomatite 
epitheliale  chronique  superficielle  (psoriasis  buccal  von  Bazin)  und  ihre  Behandloog 
mit  Mineralwässern  (Paris,  Delahaye.  1887)  und  dessen  allgemeine  Ergebmase  folgende 
sind :  Die  chronische  oberflächliche  epitheliale  Stomatitis  scheint  trotz  der  VerBchiedes- 
heit  ihres  klinischen  Aussehens  und  trotz  der  verschiedenartigen  Ursachen,  welcbe 
auf  ihre  Entwickelung  Einflufs  haben,  auf  ein  und  denselben  Prozefs  bezogen  werdn 
zu  müssen,  nämlich  auf  eine  entzündliche  Neigung.  Die  Brunnenkur  kann  als  Hflfr 
mittel  zur  hygieinischen  Behandlung  betrachtet  werden,  welche  sich  bis  jetzt  allein  lis 
wirksam  erwiesen  hat.  Unter  den  verschiedenen  Mineralwässern,  deren  Gebrsock 
hier  angezeigt  erscheint,  verdient  der  Brunnen  von  St.  Christan  (der  Kupfer  in  wag 
barer  Dosis  enthält)  eine  ganz  besondere  Erwähnung,  sowohl  aus  theoretiscben- 
Oründen,  als  besonders  wegen  der  günstigen  Resultate,  welche  mit  ihm  hauptsichlidi 
in  zerstäubtem  Zustande  erzielt  worden  sind.  Es  ist  unschädlich,  verschafft  in  der 
grolsen  Mehrzahl  der  Fälle  einen  gewissen  Grad  von  Besserung,  sehr  oft  eine  bemer 
kenswerte  Besserung  und  mitunter  eine  vollständige  Heilung. 

KontagioBit&t  und  Prophylaxis  der  Impetigo,  von  A.  Ollivieb.  (Renu 
gmircde  de  dinique  et  de  thlrapeutique.  1888.  No.  29.) 

In  dieser  Arbeit  setzt  0.  auseinander,  dafs  aufser  der  individuellen  Disposition 
diese  Krankheit  manchmal  eine  wichtigere  Ursache  aufweist,  nämlich  die  Ansteckimi 
Die  Übertragung  der  Impetigo  von  Schülern  auf  Schüler  und  von  diesen  auf  ibre 
Familien  ist  durch  eine  Eeihe  von  Beobachtungen  sehr  gut  bewiesen.  Er  beruft  «idi 
übrigens  in  dieser  Hinsicht  auf  die  Meinungen  von  De  vergib,  Tilburt  Fox,  Kaposi, 
ViDAL,  CoHBY,  ZiT.  Die  Thatsache  der  Ansteckung  ist  sicher  konstatiert,  obgleich 
man  noch  nicht  den  Krankheitserreger  kennt.  Man  mufs  also  im  Interesse  der  Schal- 
hygieine  alle  Formen  von  Impetigo  als  ansteckend  betrachten    und  den  Schülern  nur 


179 

dann  den  Schulbesuch  gestatten,  wenn  die  Eruption  auf  einem  Körperteil  sich  be- 
findet, der  leicht  mit  einem  geeigneten  Verband  bedeckt  werden  kann,  wie  beispiels- 
weise auf  dem  behaarten  Kopfe. 

Striae  der  Hant  nach  Typhus.  Troisieb  hat  in  der  Sitzung  der  Societe 
medicale  des  hopitaux  am  22.  Juni  ein  Hautstück  von  dem  Unterschenkel  eines 
Kranken  demonstriert,  der  an  Magenkrebs  gestorben  war.  Auf  dieser  Haut  bemerkte 
man  greise  Striae,  die  viele  Jahre  vorher  in  der  Jugend  des  Kranken  während  der 
Eekonvalescenz  nach  einem  Typhus  entstanden  waren.  Diese  Striae  sind  nicht  das 
Resultat  einer  trophischen  Störung;  die  elastischen  Fasern  sind  nicht  resorbiert» 
sondern  nur  zerrissen  und  zurückgezogen.  Bucqüoy  hat  ähnliche  Beobachtungen  ge- 
macht, aber  er  nimmt  nicht  allein  diese  mechanische  Entstehungsweise  an,  sondern 
glaubt,  dafs  es  sich  hier  besonders  um  eine  Ernährungsstörung  der  Haut  handle, 
welche  die  Bildung  von  Striae  nicht  nur  auf  den  Extremitäten  nach  Typhus  erkläre 
sondern  auch  die  auf  dem  Thorax  von  Personen   mit  Pleura-  und  Lungenaffektionen. 

Über  die  antiseptische  Behandlnng  der  Blenorrhöe,  von  Du  Castel.  (Bevue 
generale  de  cUnique  et  de  iherapeutiques.  1888.  No.  28.) 

In  dieser  Arbeit  rühmt  Du  Castel  sehr  die  Injektionen  mit  Besorcin,  welches 
anstatt  wie  alle  andern  Antiseptica  schmerzhafte  Empfindungen  hervorzurufen,  voll- 
ständig schmerzlos  ist,  so  schmerzlos  wie  eine  Injektion  mit  reinem  Wasser.  Die 
Kranken  haben  sich  nur  ganz  ausnahmsweise  beklagt,  und  Du  Castel  hat  sie  zu 
hunderten  damit  behandelt.  Für  ihn  ist  Besorcin  das  unschädlichste  und  angenehmste 
aller  bisher  angewandten  antiseptischen  Mittel. 

Hyperidrosia  des  Gesichts,  von  Paul  Bayvond.  Aus  dieser  interessanten 
Arbeit,  welche  in  den  Archives  de  neurcHogie  (Januar  und  Februar  1888)  veröfifent- 
licht  ist,  wollen  wir  nur  die  therapeutischen  Schlüsse  wiedergeben.  Der  Schweiis  ist 
hier  nur,  vrie  der  Verf.  sagt,  das  lokale  Symptom  einer  Läsion,  die  bald  im  Sym- 
pathicus,  bald  im  Bulbus  oder  Bückenmark  sitzt.  Da  sie  aber  fortdauernd  den 
Kranken  arg  belästigt,  so  erfordert  sie  eine  Behandlung,  die  sich  notwendigerweise 
auf  die  zentrale  Läsion  richten  muis,  denn  alle  Substanzen,  welche  allein  gegen  das 
Symptom  des  Schweifses  gegeben  werden,  schlagen  fehl.  Aufser  den  chirurgischen 
Fällen  ist  es  angebracht,  den  konstanten  Strom  für  das  Bnckenmark,  nervenberuhigende 
Mittel,  Opium,  Bromkalium  und  besonders  Jodkalium  zu  versuchen. 

Imaginäre  Ulcerationen  der  Zunge,  von  Dr.  Poyet.  {Journal  de  connaissances 
medicales.  1887.  20.  Oktober.) 

Verf.  hält  diese  Fälle  für  nicht  so  selten  als  man  gewöhnlich  glaubt.  Er  teilt 
die  von  dieser  Störung  befallenen  Kranken  in  vier  Kategorien :  1.  die  an  Neuralgien 
in  der  Zunge  Leidenden,  2.  diejenigen,  welche  sich  einer  eingreifenden  Behandlung 
unterzogen  haben,  und  deren  Zungenpapillen  durch  reizende  Mittel  schliefslich  schmerz- 
haft werden,  3.  Hypochonder,  4.  die  an  Leukoplakie  Leidenden,  welche  Zungen- 
schmerzen haben,  ohne  dafs  Ulcera  vorhanden  sind.  Daher  mufs  man  seine  Zuflucht 
zur  psychischen  Therapie  nehmen  und  aufserdem  für  die  Kranken  der  ersten  Beihe 
zu  erweichenden  Mundausspülungen,  zum  Kokain,  Antipyrin,  für  die  der  zweiten 
Beihe  zu  leichten  Einpinselungen  mit  Jodtinktur,  für  die  der  dritten  zu  sehr  leichten 
Kauterisationen,  und  endlich  für  die  vierte  Kategorie  zu  Emollientia  und  Antiarthritica. 

Prophylaxis  nnd  Desinfektion  bei  den  Pocken.  {lA/on  medicale.  3.  Juni  1888.) 

Man  weils,  wie   notwendig   es  ist,   bei   Pockenkranken   die   Hautaifektionen  zu 

desinfizieren,  da  sich  in  der  Pustel  der  Keim,  der  noch  unbekannte  Spaltpilz,  befindet, 

der  das  Exanthem   verursacht.    Manche   Kranke    können   wegen  der    langdauemden 


180 

Desquamation  unaufhörlich  während  5  oder  6  Wochen  einer  Infektion  ausgesetzt  seiiL 
Man  wird  daher  gegen  die  Krusten  im  Gesicht  und  auf  dem  Kopfe  Pomaden  mit 
Suhlimat  1  per  mille  oder  mit  Thymol  1  :  30  anwenden  können.  Karbolsaare  ist  viel 
weniger  wirksam,  und  Karbolöl  in  keiner  Form.  Um  dieselben  Mittel  auf  dem  be- 
haarten Kopfe  anwenden  zu  können,  läfst  man  die  Haare  kurz  schneiden.  Wasser 
verordnet  man  in  Form  grofser  Bäder,  die  200  g  Schwefelkalium  enthalten.  Sublimat 
würde  wegen  der  noch  unvollkommenen  Wiederherstellung  der  Epidermis  gefahriich 
sein.  Gewöhnliche  basische  Kaliseife  kann  sogar  auch  zur  Desinfektion  genügen,  wenn 
nur  in  genügender  Quantität  verwandt,  jedoch  stets  mit  Berücksichtigung  der  Em- 
pfindlichkeit der  betreffenden  Haut.  Die  Bäder  sollten  bis  zur  völligen  Abschuppung 
wiederholt  werden;  sie  sollen  warm  (37**)  sein  und  'A — 1  St.  dauern. 

Angiom  der  Zimge,  von  De  St.  Gebmain.  (^Bevtie  des  mcHadies  dt  Tet^wmu, 
Juli  1888.) 

Es  handelt  sich  um  die  Beobachtung  eines  etwa  2jährigen  Kindes,  dessen  Zunge 
das  4fache  Volumen  angenommen  hatte  und  schliefslich  das  Aussehen  eines  kegel- 
förmig zulaufenden  Cylinders  zeigte.  Die  Farbe  ist  violett  geworden,  linksseitlidi 
befinden  sich  rote  Streifen,  die  normale  Farbe  zeigt  sich  nur  in  einer  Ausdehnong 
von  einigen  Zentimetern  von  vorn  nach  hinten,  von  einem  Zentimeter  in  der  Länge 
und  auch  an  der  Basis  der  Zunge.  Die  Oberfläche  dieser  Geschwulst  ist  durchzogen 
von  verzweigten  und  anastomosierenden  Gefäisen.  Keine  Fluktuation,  aber  wohl  eine 
deutliche  Elastizität  und  Eindrückbarkeit.  Kein  Pulsieren,  keine  Schmerzen.  Das 
Angiom  (denn  es  ist  ein  Angiom  der  Zunge)  sitzt  tief^  wächst  langsam,  ohne  Tendenz 
zur  Selbstheilung.  Wegen  der  relativen  Seltenheit  dieses  Falles  wurde  der  kleine 
Kranke  ins  St.  Louis  Hospital  gebracht  zur  Modelliemung  des  Tumors,  aber  Babbtta 
hat  die  verlangte  Operation  für  unmöglich  erklärt.  Darauf  beschränkte  man  sich  nur 
auf  die  Heilung  des  Kranken.  St.  Germain  hat  Elektrolyse  gewählt,  die  er  in  diesem 
besonderen  Falle  dem  Thermokauter,  der  Wiener  Paste  und  der  Ligatur  vorzieht. 

(übers,  von  L.  Fküippson-Hamburg.)  Fournier-Paris. 


Spezifische  Entzündungen. 

Über  Aktinomykose,  von  Dr.  Emmerich  üllmann.  (Wiener  med.  Fresse.  1888. 
No.  49,  50  u.  51.)  Seine  an  13  klinischen  Fällen  gemachten  Beobachtungen  lassen 
sich  dahin  zusammenfassen: 

1.  Das  Hauptsymptom  sei  gewifs  die  brettharte  Infiltration,  welche  ohne  scharfe 
Grenze  ganz  allmählich  in  die  gesunde  Umgebung  übergeht,  nicht  minder  aber 
müfsten  das  Aussehen  der  Fistelgänge  und  der  Farbenton  der  diese  umgebenden 
Haut  beachtet  werden.  Manchmal  wären  alle  Symptome  prägnant  ausgesprochen, 
manchmal  nur  das  eine  oder  andre,  und  die  Diagnose  werde  dann  erst  durch  den 
Nachweis  der  Actinomycespilze  im  Eiter  ermöglicht.  Die  übrigens  beim  Menschen 
nicht  immer  hinzutretende  Eiterung  sei  keine  spezifische  Erscheinung,  denn  er  fand 
bei  seinen  Kulturversuchen  den  Staphylococcus  aureus  und  andre  Spaltpilze  sich 
entwickeln,  die  wahrscheinlich  gleichzeitig  mit  den  Actinomycespilze n  oder  auch  erst 
später  in  diesen  locus  minor,  resistentiae  eingewandert  seien.  Auch  die  infiltrierten 
Lymphdrüsen  seien  nicht  spezifisch,  weil  in  exstirpierten  Drüsen  er  keine  Actino> 
mycespilze,  sondern  nur  Mikrokokken  darin  fand,  sowie  weil  unberührt  gebliebene 
Drüsen  später  von  selbst  abschwollen.  Kultur-  und  Implantationsversuche  des  Pilzes 
miislangen. 


181 

2.  Wesentliche  Anhaltspunkte  für  die  Ätiologie  konnte  Ullmakn  nicht  ge- 
winnen; die  einen  Patienten  wollten  allerdings  mit  kranken  Kühen  oder  Pferden 
umgegangen  sein,  aber  wieder  andre  waren  nie  mit  Tieren  in  BerühruDg  gekommen, 
und  auch  die  Nachforschungen  über  etwaige  Infektion  durch  Ähren  blieben  erfolglos. 

3.  Als  Eingangspforte  des  Pilzes  bezeichnet  Ullmann  hauptsächlich  den  Diges- 
tionstraktus,  dann  in  zweiter  Linie  den  Respiration  sapparat  und  die  allgemeine  Haut- 
decke. Eckart' Nürnberg. 

Die  Heilwirknng  des  Erysipels  anf  Oeschwttlste,  von  Dr.  P.  Bruns.  In 
22  Fällen  von  Geschwulstbildungen  trat  ein  spontanes  Erysipel  hinzu.  Diese  Fälle 
lassen  sich  in  folgende  fünf  Gruppen  teilen:  1.  5  Fälle  histologisch  sicher  gestellter 
Sarkome;  davomsind  3  Fälle  vollkommen  und  dauernd  geheilt;  2.  3  Fälle  von  ulceriertem 
Gesichts-Earzinom ;  zweifelhafter  Erfolg  des  Erysipels;  3.  6  Fälle  histologisch  nicht 
sicher    gestellter    Karzinome    und    Sarkome;    Erysipelwirkung    nur    vorübergehend; 

4.  2   Fälle   multipler   Narbenkeloide    nach    Verbrennungen;     vollständige    Heilung; 

5.  4  Fälle  von  Halslymphomem,  teils  verschwunden,  teils  verkleinert.  Künstlich 
wurde  das  Erysipel  erzeugt  in  5  Fällen:  3  Mamma-Karzinome,  davon  1  unverändert, 
1  um  die  Hälfte  verkleinert,  1  bis  auf  eine  erbsengrofse  Verhärtung  in  der  Narbe 
zurückgegangen;  dazu  noch  1  multiples  Hautfibrosarkom,  teilweise  verkleinert,  und 
1  Orbital-Sarkom  unverändert. 

Verfasser  erklärt  an  der  Hand  dieses  Materials  die  künstliche  Erzeugung 
der  Rose  zur  Beseitigung  von  Tumoren  unter  gewissen  Umständen 
als  berechtigt,  besonders  für  die  Sarkome,  bei  welchen  vollständige  und  dauernde 
Heilung  möglich  ist.  Als  einzige  Methode  der  Erysipel- Erzeugung  empfiehlt  sich  die 
Impfung  mit  Beinkulturen  von  Erysipel-Kokken  nach  Fehleisex.  —  Auch  ein  Fall 
von  Keloid  des  Ohrläppchens,  von  Zineshabuzo  Kiküzi  beschrieben,  befindet  sich 
in  demselben  Hefte.  (Beiträge  zur  klin,  Chirurgie  .Herausgegeben  von  Prof  P.  Bruns. 
m.  3.  Tübingen  1888.)  Pauly-Nervi. 

Über  einen  Fall  von  Mykosis  fangoides  Alibert  (Granuloma  fungoides) 
macht  H.  W.  Blanc  ausführliche  Mitteilung-  Der  Patient,  ein  34jähriger  Schneider 
kaukasischer  Basse,  zeigte  die  Affektion  in  Gestalt  multipler  Knoten  und  Tumoren 
der  Haut  über  den  ganzen  Rumpf  und  die  Extremitäten  verbreitet.  Aus  der  über 
einen  Zeitraum  von  acht  Monaten  sich  erstreckenden  Krankengeschichte,  die  ziemlich 
ausfuhrlich  wiedergegeben  ist,  sei  nur  hervorgehoben,  dafs  eine  entschiedene  Besserung 
des  Leidens  durch  den  konsequent  fortgesetzten  Gebrauch  von  Arsenik  und  Eisen 
neben  lokaler  Applikation  von  Ichthyol  eintrat.  Mikroskopische  Untersuchung  der 
Neubildungen  zeigte  bedeutende  histologische  Unterschiede  je  nach  dem  Alter  der- 
selben; an  den  neu  enstandenen  Geschwülsten  liefs  sich  die  Entstehung  derselben 
aus  kleinzelliger  Infiltration  des  Koriums  und  abnormer  Dilatation  der  Lymphräume, 
welche  sich  allmählich  mit  einem  nach  und  nach  stets  gröbere  Beschaffenheit  an- 
nehmenden adenoiden  Gewebe  anfüllen,  erkennen.  Bemerkenswert  ist  femer  eine 
nicht  unbeträchtliche  Vermehrung  der  weifsen  Blutkörperchen,  sowie  die  ausgedehnte 
Beteiligung  der  Lymphdrüsen  an  den  verschiedenen  Körperregionen.  Wegen  der 
sehr  akkuraten  Schilderung  der  pathologisch-anatomischen  Verhältnisse  der  Tumoren,, 
die  noch  an  aufserordentlich  klaren  Abbildungen  anschaulich  gemacht  werden,  mufs 
aufs  Original  verwiesen  werden.  (Journal  of  cutan.  and  genito-urin.  Diseases.  Juli — 
August.  1888.)  Filippi'Felsberg. 


Monatshefte.  13 


182 


Akute  Infektionskrankheiten. 


Weiterer  Beitrag  zur  Lehre  von  den  Varicellen,  von  Prof.  E.  Lipp  in 
Graz.  {Mitteü.  des  Vereins  der  Ärzte  in  Steiermark.  Vereinsjahr  1887.)  Die  Viri- 
cellen  wurden  schon  im  16.  und  17.  Jahrhundert  von  den  echten  Pocken  unter- 
schieden. Vorübergehende  Albuminurie  ist  häufig.  Hier  und  da  kann  durch  hobem 
Fieber  und  Komplikationen  die  Krankheit  schwerer  werden.  Kombination  mit  andern 
akuten  Infektionskrankheiten  ist  mehrfach  beobachtet. 

Erkrankung  Erwachsener  an  Varicellen  kommt  vor. 

1.  Student  der  Medizin,  18  Jahre  alt.  Diagnose  auf  Varicellen  auch  schon  von 
anderer  Seite  gestellt.  Ausschlag  sehr  deutlich  und  aufserordentlich  reichlich. 
Schleimhaut  des  Mundes  und  Schlundes  auch  besetzt.  T.  bis  40,0.  Vacciniert. 
Unwohlsein  nur  wenige  Stunden  vor  dem  Ausbruch  des  Exanthems.  Es  blieben 
einige  Narben  zurück. 

2.  Fräulein,  17  Jahre  alt;  geimpft;  ohne  Vorboten  Ausschlag;  sehr  geringes 
Unwohlsein;  wenige  Bläschen  in  der  Mundhöhle. 

3.  Soldat,  21  Jahre  alt;  geimpft;  deutlich  ausgeprägter  Ausschlag.  Klinische 
Vorstellungen. 

4.  Tagelöhner,  18  Jahre  alt;  geimpft.  Ungewöhnlich  schön  entwickelte  und 
instruktive  Varicellen;  durch  14  Tage  in  den  Vorlesungen  demonstriert.  Ausbruch 
des  Exanthems  ohne  Vorläufererscheinungen.    Wenig  Eiweifs.    T.  bis  39,4. 

Ein  7j ähriger  Knabe  ohne  Impfnarben,  der  mit  Fall  3  und  4  das  Zimmer 
geteilt  hatte,  erkrankte  in  typischer  Weise  an  Varicellen.  Eine  Variola  kam  im 
Krankenzimmer  nicht  zum  Vorschein. 

5.  Doktor  der  Medizin,  25  Jahre  alt;  geimpft.  Behandelte  zwei  an  VarioelleD 
erkrankte  Mädchen.  Nach  der  entsprechenden  Inkubationszeit  bekam  er  ganz 
charakteristische  Varicellenbläschen  mit  „so  geringen  AUgemeinstorungen,  dtSs  er 
seine  dienstlichen  Funktionen  nicht  einen  Tag  zu  unterbrechen  brauchte.^ 

In  dem  Dezemberheft  (1888)  der  Archives  ginSräles  de  medecine  veröffentlicht 
F.  DE  Grandmaison  seine  Erfahrungen  über  die  Variola  haemorrliagica,  welche  in 
Paris  endemisch  zu  sein  scheint.  Er  unterscheidet,  wie  schon  andre  Autoren  vor 
ihm,  eine  leichtere,  „kutane",  der  Heilung  fähige  Variola  haemorrhagica  und  eine 
schwere  Form  mit  ausgebreiteten  Hämorrhagien,  welche  besonders  auch  die  Schleixa- 
häute  betrifft  und  beinahe  ausnahmslos  zum  Tode  fuhrt.  Am  häufigsten  wnide 
Epistaxis,  Hämaturie  und  Metrorrhagie  beobachtet.  Diese  Schleimhautblntungen  nnd 
die  schweren  AUgemeinerscheinnngen  unterscheiden  die  „echte*'  Variola  haemorrhagica 
von  der  „kutanen",  welch  letztere  nur  in  ihren  Pusteln  Blutungen  aufweist. 

Török'Hambwrg, 

llalleus  hnmidns  acntns  hominis,  von  Dr.  Ronji.  (Gyogyäszat)  R.  beob- 
achtete bis  dorthin  3  Fälle  akuten  Rotzes.  Bei  keinem  von  den  Kranken  konnte  die 
Invasionsstelle  aufgefunden  werden.  Schwer  sind  solche  Fälle  im  Anfang  zu  dii^* 
nostieieren.  Obzwar  Löffler  und  Schutz  die  Bacillen  des  Malleus  entdeckt,  muBses 
wir  doch  sorgsam  die  klinischen  Symptome  studieren.  Letztere  sind  noch  immer 
nicht  genügend  gewürdigt.  Wir  besitzen  keine  authentischen  Daten  über  den  Verliof 
des  Fiebers  bei  Malleus.  Bei  Wunderlich  ist  ein  einziger  Fall  angegeben,  wo  man 
aber  die  Fiebermessung  nur  vom  19.  Tage  an  findet.  In  der  ungarischen  Litteratnr 
ist  eine  genaue  Aufzeichnung  von  Dr.  Dümitreak.  R.  veröffentlicht  seinen  3.  Fsll 
und  fügt  eine  genaue  Fieberkurve  bei.  Das  Fieber  war  re-  und  intermittierend 
bis  zum  Tod.  Die  Krankheit  fing  am  5. — 6.  August  1882  mit  Unwohlsein  ts; 
Rechtsseitige   Pneumonie,   Conjunctivitis,   am    10.    Gonitis   1.  dextri;   am   15.  Chorda 


183 

und  Nasenbluten;  am  23.-24.  Ödem  des  rechten  untern  Augenlides-  Pralle  Infil- 
tration der  rechten  Gesichtshälfte;  Hotzflufs  am  25.;  Ausschlag,  Enteritis,  BewuM- 
losigkeit  am  26. ;  Tod  am  29.  August.  —  Beim  Malleus  müssen  wir  annehmen,  dafs 
sich  das  Kontagium  wo  immer  einnisten  kann,  also  in  der  Nase,  im  Rachen,  in  der 
Lunge,  d.  h.  es  ist  nicht  erst  notwendig,  dafs  die  Invasionsstelle  dem  Auge  zu- 
ganglich sei;  wir  müssen  annehmen,  dafs  der  Charakter  des  Malleus  nicht  in  der 
unbedingten  Erkrankung  der  Nasenschleimhaut  liegt,  und  zwar  nicht  in  der  primären 
Erkrankung.  Der  Malleus  ist  eine  generalisierende  spezifische  Entzündung,  welche 
seine  Produkte  dort  absetzen  kann,  wo  sie  will.  Die  klinischen  und  path. -anatomischen 
Charaktere  ihrer  Produkte  sichern  ihr  die  Spezifizität,  mit  welcher  man  die  Pyämie 
oder  Septikämie  nicht  verwechseln  darf.  Thatsache  ist  aber,  dafs  wir  sie  nicht 
nur  mit  diesen,  sondern  auch  mit  andern  Erankheitsformen,  im  Anfange  überhaupt, 
verwechseln.  H.  berücksichtig^  eingehend  den  Verlauf  des  Fiebers,  den  Einflufs  der 
Krankheit  auf  dasselbe,  schildert  den  eigentlichen  Rotzfiufs;  dieser,  obzwar  nicht 
konstant,  ist  von  eminenten  diagnostischem  Werte,  tritt  Ende  der  ersten  oder 
anfangs  der  2.  Woche  auf.  Aber  seine  Vorboten  treten  schon  früher  auf.  Im  obigen 
Fall  war  schon  4  Tage  vor  dem  Rotzflufs  Schnupfen  mit  häufigem  Niefsen  vorhanden. 
Ein  dünnflüssiger,  schleimiger,  durchsichtiger  Ausflufs  erscheint.  Dieser  Katarrh 
erstreckt  sich  auf  alle  Gänge  der  Nase,  auf  die  Stimrinne,  auf  die  Konjunktiven. 
Schwacher  Kopfschmerz,  Thränengufs,  Odem  des  einen  oder  andern  Augenlides,  ober^ 
halb  der  Augenbrauen,  an  der  Nasenwurzel  oder  Nasenrücken,  welches  langsam 
roter  wird  und  sich  in  erysipelartige  Infiltration  umwandelt.  Ab  und  zu  Nasenbluten, 
welches  den  Katarrh  verdecken  kann.  Alle  diese  Symptome  sind  schon  so  cha- 
rakteristisch, dafs  sie  den  Verdacht  auf  Malleus  erwecken,  bevor  noch 
der  eigentliche  Rotz  erscheint.  Dieser  folg^  als  dickflüssiger,  graulich- weif ser, 
mit  käsigen  Massen  vermengter  Ausflufs  nach.  Dann  sind  schon  grau-weifse  oder 
braunliche  Knötchen  an  der  Scheidewand  und  am  harten  Gaumen  zu  sehen.  Dieser 
Ausflufs   ist  nur  dann  stinkend,  wenn  die  Nekrose  bis  zum  Knochen  gelangte. 

Auch  die  Effioreszenzen  an  der  Haut  haben  ihre  Eigentümlichkeiten  und  bieten 
diagnostisch  verwertbare  Merkmale.  R.  beobachtete,  dafs  an  mehreren  Stellen  linsen- 
grolse,  rosenrote  Flecke  entstanden,  z.  B.  abends,  welche  auf  Fingerdruck  nicht 
verschwanden.  In  der  Mitte  dieser  Flecke  entstand  bis  zum  Morgen  ein  stecknadel- 
kop^rofser,  erhabener,  gelber  Punkt.  Dieser  gelbe  Punkt  vergröfserte  sich  im  Laufe 
des  Tages  nach  jeder  Richtung;  es  entsteht  eine  Pustel,  welche  halbkugelig  ist  und 
keine  Delle  hat.  Man  sieht  solche  Pusteln  von  Hirsekorn-  bis  Erbsengröfse  auf 
verschieden  breiter,  blafsroter  oder  dunkelroter  oder  livider  hämorrhagischer  Basis; 
oder  es  entstehen  an  dieser  Basis  mehrere  neue  gelbe  Herde  und  zwar  entweder  auf 
der  einen  oder  andern  Seite  oder  ringsherum  um  die  mittlere  Pustel,  welche  sich  zu 
der  Zeit  mit  der  letzteren  noch  nicht  verschmelzen.  In  Stunden  oder  in  noch 
weniger  Zeit  kann  das  Bild,  wie  folgt  sein:  Der  gelbe  Inhalt  der  Pustel  wird  rot 
blau,  vergröfsert  sich;  verschmilzt  sich  mit  den  Randpusteln,  und  es  entstehen 
unregelmäfsige,  verschieden  grofse,  blaue,  drüsige  Blasen  (verruköse  Geschwulst  nach 
Bayer.  ^ Krebsnest  nach  Vibchow).  Aufserdem  sieht  man  flache  Ekchymosen  plötzlich 
oder  auf  einen  rosenroten  Fleck  entstehen,  und  es  entstehen  schnell  hämorrhagische 
Blasen.  Mit  diesen  Erscheinungen  gleichen  Schritt  haltend  treten  die  verschieden 
nagel-  bis  flachhandgrofsen  Hautinfiltrate  auf,  welche  sich  auf  vorher  hyperämischen 
Grund  entwickeln,  welche  fast  fortwährend  dunkler  werden  von  diffundiertem  Blute 
oder  schwarz  vom  Gangrän.  Der  Inhalt  der  Pusteln  ist  zähe,  fliefst  aus  der  auf- 
gestochenen Pustel  nicht  heraus,  haftet  an  den  Blasenresten,  der  der  hämorrhagischen 
Blasen  ist  dünnflüssig,  hinausquellend,  zerfliefsend.  Bona- Budapest 

13* 


^ 


184 


Nephritis  parenchsrmatosa  im  Gefolge  von  Varicellen,  von  Dr.  Fküis 
H0QYE8,  Assistent  im  Stephanie  -  Einderspital  zu  Budapest.  (Orvosi  Heiäap)  In 
der  ganzen  Litteratur  sind  bisher  6  Fälle  von  dieser  Komplikation  aufgezeichnet  Ld 
Stephanie -Einderspital  hat  man  2  Fälle  beobachtet.  Diese  bezogen  sich  auf  2V«  nnd 
jährige  Einder.  Beim  ersten  Ein  de  endete  die  Erankheit  letal.  Bei  beiden 
trat  die  Nephritis  19 — 21  Tage  nach  der  Varicellen-Eruption  auf. 

Bona-Budapest 

Ausweis    der    Blattemabteilnng    des    Karolinenspitals    zn    Kolonnr 

(Elausenburg),  von  Dr.  V.  Daday,  Assist.  {Gyögyäszat'Aliamaros.)  Vom  Jahre  1881 
August  bis  1883  August  wurden  300  Eranke  behandelt,  185  Männer,  115  Weiber. 
Gestorben  sind  21  Männer,  (11,35  7o)  und  19  Weiber  (16,52  7o).  Von  den  300  waren 
geimpft  195  (65  %),  und  zwar  129  Männer  (69,6  7o),  66  Weiber  (57,4  Vo).  Von 
den  geimpften  Männern  starben  7  (5,7  Vo),  von  den  nicht  geimpften  14  (25  VO)  ^^"^ 
den  geimpften  Weibern  starben  8  Vo,  von  den  nicht  geimpften  34  Vo. 


Formen 

Aufgenommen: 

Geimpft : 

Üngeimpft : 

Geheilt: 

Sa. 

M.     W. 

M. 

W.    zus. 

M. 

W. 

zus. 

M.     W.jzus. 

Variol.  haem. 

9 

4 

5 

4 

2 

6! 

3 

3 

1 

1 

Vera. 

114 

72 

42 

33 

10 

43 

39 

32 

71 

55 

28 

83 

„        mod. 

105 

64 

41 

49 

26 

76 

15 

14 

29 

64 

41 

105 

Varicella. 

72 

45 

27 

43 

28 

70 

2 

2 

45 

27 

72 

300 

185 

115 

129 

66 

195 

56 

49 

105 

164 

96 

260 

Formen 

M. 

Gestorb 
W. 

>en; 
Zus. 

Variol.  haem. 

4 

5 

9 

Vera. 

17 

14 

31 

„        mod. 

— 

Varicella. 

— 

— 

21 

19 

40 

Eomplikationen  bei  den  260  Geheilten:  Abscesse  bei  18  Männern,  Eentitis 
parenchymat.  bei  2  Männern,  Panophtalmitis  bei  1  Mann.  (Letztere  3  nicht  geimpft) 
Staphyloma  totale  an  beiden  Augen  bei  1  Mann.  Furibunde  Delirien  bei  4  MännerD 
am  7. — 8.  Tage  der  Erankheit.  Die  Todesursache  war  in  den  meisten  Fällen  Pneu- 
monie, und  bei  den  meisten  trat  der  Tod  am  15.  Tage  der  Erkrankung  ein. 

Bona-Budapest 

Über  skarlatinöse  Gelenksentzlindungen.  Dr.  Johanx  Bökai  jun.,  Prin. 
des  Stephanie-Einderspitals  zu  Budapest  veröffentlicht  {Orvosi  Hetiktp)  2  Külc. 
B.  unterscheidet  erstens  purulente  und  zweitens  seröse  Gelenksentzundung  bei 
Scharlach. 

1.  Die  purulente  Form  entsteht  wie  folgt:  a.  die  Synovitis  zeigt  vom  Anfaiigr 
das  Bild  der  eiterigen  Gelenksentzundung,  wodanu  sie  als  ein  Symptom  der  Septi- 
kämie  gilt;  b.  die  Gelenksentzündung  ist  vorerst  durch  seröses  Exsudat  bedingt^ 
wird  erst  nach  kürzerer  oder  längerer  Zeit  eiterig;  c.  in  die  Synovialhöhle  durch- 
brechen periartikuläre  Abscesse  und  rufen  eine  eiterige  Gelenksentzündung  hervor. 


185 

2.  Die  seröse  Form  erscheint:  a.  als  akute  oder  subakute  seröse  multiple 
<}eleiiksentzändungen;  diese  gleichen  in  vielem  der  Polyarthritis  rheumat.;  als 
chronisch  yerlaufende  auch  in  tumor  albus  übergehende  mon-  oder  polyartikuläre 
^ynoritiden;  c.  als  seröse  Entzündungen,  die  früher  oder  später  eiterig  werden. 

Böna^Budapest. 


Chronische  Infektionskrankheiten. 

Lnpns  ynlgaris  wird  nach  L.  Bbocq  am  zweckmäfsigsten  mittels  einer  Korn- 
])ination  von  linearen  Skarifikationen  und  Eauterisierens  mit  dem  Galvanokauter  oder 
dem  Ferrum  candens  und  nachfolgendem  Verbände  mit  Van  SwiSTENScher  Losung  oder 
Vigopflaster  behandelt..  Bei  kachektischen  Individuen  darf  indes  das  Skarifizieren  nur 
mit  Mafs  und  ganz  zuletzt  zur  Verbesserung  der  Narben  in  Anwendung  kommen.  Auch 
das  Atzen  mit  Argent.  nitric.  ist  oft  sehr  nützlich.  Kurz  es  mufs  ein  therapeutisches 
Hil&mittel  mit  dem  andern  vereinigt  werden  zur  gegenseitigen  Unterstützung  und 
Komplettierung.    {JaumcU  of  cut  and  genito-urinary  Diseases,    Juli  1888.) 

Pfnlippi'Felsberg. 

Ober  die  Ansteckung  dnrcli  Lepra  spricht  Diday  in  seinem  und  Doyons 
Namen  in  der  Sog.  nat.  de  m6d.  de  Lyon  (dO.  April  1888).  Er  bespricht  die  An- 
«chauung  Zambacos  u.  a.,  die  im  Elend,  schlechter  Nahrung,  physischen  Erregungen 
etc.  die  Ursache  suchen  und  die  Kontagiosität  verwerfen.  Beide,  Diday  und  Doyon, 
halten  die  Lepra  für  kontagiös.  Sie  citieren  einen  Fall  Besniers,  wo  die  Lepra  durch 
Impfung  übertragen  wurde. 

Dann  gibt  es  eine  zweite  Ursache,  die  Diday  die  eheliche  Ansteckung  —  la 
•contagion  conjugale  —  nennt.  Nicht  so  sehr  die  sexuellen  Beziehungen  sind  es 
hier,  als  das  intimere  Zusammenleben,  das  man  beschuldigen  mufs.  Die  dritte  Form 
ist  die  ererbte,  sie  ist  also  hereditär.    (Prov.  mid.  No.  18.)  Pauly-Nervi, 

Lepra  bei  einem  Syphilitisclien.  Kaposi  (Wien)  stellt  in  der  Oes.  der  Ärzte 
tu  Wien  vom  21.  Dezember  1888  einen  31jährigen  Bussen  vor,  der  seit  1880  in  Ostindien 
«id  Ostasien  (1883—86  aber  in  Sidney)  lebte  und  reiste.  1884  acquirierte  er  Ulcus 
dumm;  dann  Allgemeinerscheinungen.  1888  reist  er  in  die  Heimat,  um  seine  Lues 
„loszuwerden*'  und  bemerkt  auf  der  Volarfläche  des  r.  Zeigefingers  eine  kleine  Blase, 
die  platzte  und  eine  kleine  Wunde  zurückliefs.  Im  August  1888  findet  Chiabi  (Wien) 
Nekrose  der  Nasenknochen.  Er  unterzieht  sich  auf  der  Klinik  für  Syphilis  Prof.  Neu- 
MARKS  einer  kombinierten  Kur  vom  30.  August  bis  19.  Oktober  1888.  Am  30.  Okt.  1888 
sucht  er  die  interne  Klinik  Nothnagels  auf,  wo  er  bis  23.  Nov.  beobachtet  und  unter 
„Neuritis  syphilitica"  gefuhrt  wird.  Sechs  Tage  später  kehrt  er  wieder  auf  den 
zweiten  Hof  des  AUgem.  Krankenhauses  zurück,  aber  auf  die  Klinik  Kaposis,  wo  er 
vom  29.  Nov.  1888  ab  liegt. 

Über  den  Befund  bei  der  Vorstellung,  den  K.  mit  gewohnter  Genauigkeit  und 
Scharfe  gibt,  müssen  wir  bitten,  in  dem  ausführlichen  Referat  der  Wiener  Klin. 
Wochensdir.  (1889.  No.  1)  genaueres  nachzulesen. 

Es  handelt  sich   um  eine  Initialform  der  Lepra  anaesthetica,   gepaart  mit  Lues. 

Mit  Kücksicht  auf  die  negativen  Impfresultate  zweier  Forscher,  die  sich  und  20 
tesp.  16  andere  mit  Lepra  geimpft  haben,  sagt  K.,  dals  er  auch  diesen  Fall  nicht  als 
dorch  Ansteckung  entstanden  erklären  oder  die  Blasenstelle  am  Finger  als  die  Ein- 
gangspforte des  Virus  betrachten  kann.  Pauly-NervL 


186 

An  der  Hand  eines  charakteristischen  Falls  bespricht  Morrow  die  anatomischen 
und  klinischen  Eigenschaften  des  serpiginösen  Syphilids.  Die  Affektion  gehoH  xn 
den  späteren  Symptomen  der  Lnes  und  tritt  selten  vor  dem  zweiten  Jahre  der  Krank- 
heit auf;  je  nachdem  dieselbe  aus  Gummata  oder  nur  oberflächlich  sich  entwickebden 
Pusteln  und  Knötchen  sich  zusammensetzt,  verursacht  sie  mehr  oder  weniger  tiefe 
Zerstörungen;  wenn  die  das  Syphilid  zusammensetzenden  PrimäraffekÜonen  nicht 
völlig  zusammenfliefsen,  entstehen  unvollständige,  durchbrochene  Hinge.  Sich  selbst 
überlassen,  nimmt  dieser  pathologische  Vorgang  sehr  bedeutende  Dimensionen  an  nod 
kriecht  über  weite  Strecken  fort,  doch  ist  er  einer  spezifischen  Behandlung  bei  pas- 
sendem Verband  sehr  zugänglich.  Die  entstehenden  Narben  bleiben  wie  alle  syphi- 
litischen Narben  lange  Zeit  dunkel  pigmentiert,  um  dann  das  eigene  weifse  Kolorit 
anzunehmen.  2  farbige  Abbildungen  sind  dem  Artikel  beigegeben.  (Journal  of  cuUul 
and  genito-urin.  Bis.  Juli.  1888.)  Fhüippi-Felaberg. 

Einige  Bemerkungen  über  den  Wert  der  Anamnese  bei  der  Diagnose  ter- 
tiärer Syphilide  macht  Marmatukb  Sheid  in  dem  Brit  Joum.  ofDermatol  (Dez.  1888} 
unter  Mitteilung  verschiedener  prägnanter  Beispiele,  welche  die  bisweilen  entstehenden 
Schwierigkeiten  einer  sicheren  Diagnose  im  Anfangsstadium,  sowie  die  Unznverläsng- 
keit  der  Angaben  selbst  gebildeter  Patienten  sehr  treffend  charakterisieren.  Aus  dem 
etwas  feuilletonistisch  gehaltenen  Artikel  sind  wesentlich  neue  Punkte  nicht  henror- 
zuheben.  I^üippirFelsberg. 


Sekretions  anomalien. 

Halbseitiges  Schwitzen  bei  Morbus  Basedowii  haben,  wie  wir  der  Disser- 
tation Arthur  Lewins  (Berlin,  Juli  1888.  Zur  Kasuistik  des  Morb.  Based.)  entnehmeü, 
bisher  nur  zwei  Forscher,  Nitzelnadel  und  Chvostek,  beobachtet.  Einen  Fall  der  Art 
hat  L.,  der  sein  wertvolles  Material  von  27  Fällen  der  Klinik  der  Proff.  Mendel  und 
EuLEi7BUR0  verdankt,  beobachtet,  der  gleichzeitig  Myosis,  einseitig  besonders  aoi* 
gebildete  Struma,  erhöhte  Temperatur  der  rechten  Gesiohtshälfte  und  Hand,  sowie 
ebendaselbst  erhöhte  Schweifssekretion  sah.  —  Nebenbei  sei  noch  erwähnt,  dab 
von  13  bisher  zur  Sektion  gekommenen  Fällen  9  Veränderungen  im  Halssympathicus 
zeigten.  Püidy-Nervi 


Regressive  Ernährungsstörungen. 

Vor  der  New  York  Dermatological  Society  zeigte  Herr  Sherwell  einen  Fall 
von  vollständigem  Ausfallen  der  Nägel  an  beiden  Füfsen  als  Folge  von  Ekzem 
der  Unterschenkel.  Eine  eigentliche  Ätiologie  dieser  als  Onycho- Atrophie 
bezeichneten  Affektion  war  nicht  nachzuweisen.  Desgleichen  zeigte  Dr.  Klotz  eioeo 
Fall  von  atrophischen  Vorgängen  an  den  sämtlichen  Fingernägeln  mit  Ausnahme 
derjenigen  der  Ringfinger  an  einem  mit  Epilepsia  minor  behafteten  49jährigen 
Schreiner:  die  Störungen  bestanden  in  Verfärbung,  Verdünnung  und  Rauhwerden 
der  Nägel  und  ekzematöser  Veränderungen  der  umgebenden  Haut.  Behandlung  mit 
Salicylseifenpflaster  bewirkte  baldige  Besserung.  Phüippi-Felsberg. 

Die  der  ELinderlälimung  folgenden  trophischen  Störungen  der  Haut,  ?on 

Trissard.    {These  de  Paris.    J887.)    Im   Gegensatze   zu    andern  Formen  der  Myeliti» 


187 

beobachtet  man  in  der  initialen  Periode  der  Kinderlähmung  keine  gangränösen 
Herde;  aber  in  einer  weiter  vorgeschrittenen  Periode,  wenn  Atrophien  und  Degene- 
rationen auftreten,  kann  man  in  seltenen  Fällen  trophische  Störungen  der  Haut  auf- 
treten sehen.  Die  Gefafse  und  Narben  der  Haut  sind  dann  in  ihrer  Struktur  ver- 
ändert, die  Temperatur  der  Haut  ist  herabgesetzt,  ihre  Vitalität  vermindert,  und 
ihre  Eesistenz  gegen  Traumata  und  gegen  andre  äufsere  Einflüsse  ist  geringer.  Doch 
sind  diese  Umstände  allein  noch  nicht  genügend,  um  trophische  Störungen  der  Haut 
hervorzurufen  oder  das  Auftreten  derselben  im  Anschlüsse  an  leichte  äufsere  Ein- 
wirkungen zu  erleichtem.  Sind  sie  vorhanden,  so  kann  man  mit  Wahrscheinlichkeit 
anf  ein  Übergreifen  des  Prozesses  von  den  Vorderhörnern  auf  die  Hinterhömer  des 
Rückenmarks  folgern. 

Diese  trophischen  Störungen  bestehen  in  Anschwellungen,  welche  manchmal 
dem  Verlaufe  bestimmter  Nerven  entsprechen,  in  Verdickungen  der  Haut,  in  Schwielen, 
in  Bläscheneruptionen,  in  Ulcerationen,  welche  auf  die  geringsten  Läsionen  entstehen, 
gewöhnlich  ziemlichen  Umfang  besitzen,  keine  Schmerzen  verursachen,  schwer  heilen ; 
sie  bestehen  des  weitem  in  Schorfen,  deren  Dimensionen,  sowohl  was  ihre  Dicke  als 
auch  ihre  Breite  anlangt,  nicht  im  Verhältnis  steht  mit  der  sie  hervorrufenden,  gering- 
fügigen Ursache,  die  sich  langsam  abstofsen  und  schwer  vernarbende  Geschwüre 
zarücklassen. 

Der  Autor  hätte  in  einer  von  Leloir  1881  publizierten  Arbeit  über  die  nervösen 
Hantkrankheiten  ein  bemerkenswertes  Beispiel  von  Hautgeschwüren  gefunden,  welche 
wahrscheinlich  durch  die  nervösen  Störungen  bei  der  Kinderlähmung  versursacht 
wurden.  Tavernier-Lüle. 

Fall  von  Skier odaktylie,  von  Prof.  Schwimmer.  (Orvosi Uetüap,)  Die  Haut  an 
den  Fingern  der  Patientin  ist  verdünnt,  stellenweise  atrophisch,  blau,  violett,  kalt 
und  empfindlich.  Patientin  klagt  über  Schmerzen  und  kann  ihre  Finger  nicht 
ausstrecken.     Die  Affektion  hält  Schwimmer  für  eine  Trophoneurose. 

Bona- Budapest 

Ober  Dr.  M.  Josephs  atrophischen  Haarausfall,  von  Prof  L.  Samuel  in 
Königsberg.  (Virchows  Ärehiv.  1888.)  S.  glaubt,  dafs  es  sich  bei  den  Joseph- 
sehen  Experimenten  lediglich  um  ein  entzündliches  Defluvium  capillorum  handelt 
und  um  nichts  Andres.  In  den  schwereren  Fällen  kommt  es  zu  Abscefsbildungen, 
ja  zum  Tode  an  Pyämie.  Auch  am  behaarten  Kopfe  des  Menschen  genügen 
diffuse,  akute  Entzündungen,  die  ohne  Eiterung  sich  lösen,  auf  und  unter  der  Haut, 
um  oft  und  selbst  erst  lange  nach  dem  Kückgang  der  Entzündung  nachträglich 
Haarausfall  hervorzurufen.  An  Ursachen  zu  traumatischer  Entzündung  fehlt  es  bei 
diesen  Experimenten  nicht,  doch  fehlt  sie  nie  völlig.  Mit  dem  entzündlichen  Efflu- 
vium capillorum  stimmt  es,  dafs  der  Haarausfall  zu  ganz  verschiedener  Zeit  vom 
5.-27.  Tage  erfolgen  kann,  dafs  er  —  je  nach  dem  ausgeübten  Druck  in  ganz  ver- 
schiedenem  Umfange  vor  und  nach  Öffnung  der  Abscesse  auftritt,  in  Form  kleiner 
einfacher  Scheiben  oder,  wie  Verf.  es  einmal  gesehen  hat,  in  Form  einer  sich  fast 
bis  zum  Thorax  erstreckenden  vollen  Eahlheit.  Von  einer  Innehaltung  des  Inner- 
vationsgebiets  des  2.  Halsnerven  ist  gar  keine  Hede.  S.  sah  trotz  der  Exstirpation 
des  Ganglion  die  Haarregeneration  bald  etwa  in  der  4.  Woche  wieder  beginnen  und 
80  rasch  fortschreiten,  dafs  nach  5  Wochen  das  Haarwachstum  der  kranken  kaum 
noch  von  dem  der  gesunden  Seite  zu  unterscheiden  war.  In  dieser  raschen  Haar- 
regeneration sieht  S.  den  entscheidenden  Gegenbeweis  gegen  den  nervösen  Ursprung 
des  Haarausfalls. 


188 

Hierzu  bringt  Joseph   eine   Richtigstellung    in    demselben    Band    de«  Archifi, 

auf  die   wir  hier,   da   seine   Ansichten   bekannt  sind,  wohl  nicht  weiter  einzugehen 

brauchen.  X.  Hoffmann-Berlin, 


Mifsbildungen. 

Ein  interessanter  Fall  von  Gescliwürbildung  am  harten  Oanmen 
einem   ömonatlichen  Kinde.    In  der  am  21.  April  1888   abgehaltenen   Sitzung  des 
ärztlichen  Vereins  zu  Budapest  demonstrierte  Dr.  F.  v.  Szontagh  folgenden  Fall: 

Kakl  T  .  .  .  ,  6  Wochen  alt,  wurde  am  9.  Dezember  1887  im  Ambalatoiiimi 
des  Budapester  Stefanie-Kinderspitals  vorgestellt.  Am  harten  Gaumen  rechts,  etwts 
nach  vom  von  dem  Orte,  wo  wir  die  BEDNABschen  Aphthen  anzutreffen  pflegen,  d.  l 
dem  hamulus  pterigoideus,  war  ein  ungefähr  5  Pfennigstück  groüses,  grünlich  gelbes, 
mifsfarbiges  Geschwür  sichtbar,  an  dessen  Peripherie  die  angrenzende  Schleimhaut 
bedeutend  geschwollen  war.  Das  Bild,  das  das  Geschwür  bot,  entsprach  keinem  der 
ulcerativen  Prozesse,  die  am  harten  Gaumen  im  Säuglingsalter  beobachtet  werden. 
Lues  konnte  mit  Sicherheit  ausgeschlossen  werden,  auch  war  der  Säugling  gut  ge- 
nährt, d.  i.  nicht  atrophisch,  an  ein  Geschwür  dekubitalen  Ursprungs  war  auch 
nicht  zu  denken.  In  dem  Geschwürsgrunde  konnte  die  Sonde  nirgends  auf  entblölsten 
Knochen  stofsen. 

Im  Anfange  wurde  das  Geschwür  mit  einer  IVoigen  Lapislösung  gepinselt  — 
doch  ohne  jeden  Erfolg;  die  Schwellung  der  angrenzenden  Schleimhautpartien  nahm 
noch  zu,  und  selbst  die  submaxillären  Lymphdrüsen  schwollen  betrachtlich  an. 
Später  ging  man  zu  Kali  chloric.  über,  innerlich  und  als  Mundwasser.  Nicht  nur 
dafs  keine  Besserung  erfolgte,  sondern  das  Geschwür  nahm  an  Extensität  zu,  zu- 
gleich bedeckte  sich  der  vordere  Teil  desselben  mit  einer  kruppähnlichen  Membran, 
die  mittels  Pinzette  leicht  abgehoben  werden  konnte.  Später  kamen  in  Verwendung: 
Ferrum  sesquichlor.,  Papayotin,  Ac.  lacticum  etc.,  schliefslich  Kalomel  in  Form 
von  Injektionen.  Letzteres  Verfahren  schien  im  Anfang  von  entschieden  günstigem 
Einflüsse  zu  sein,  indem  insbesondere  die  nicht  exulcerierten  Schleimhautpartien  ab- 
schwollen und  der  Geschwürsgrund  selbst  sich  zu  reinigen  anschickte. 

Doch  bald  versagte  auch  diese  Therapie. 

Am  13.  April  —  nach  viermonatlicher  Behandlung  —  wurde  mittels 
Sonde  in  der  Tiefe  des  Geschwürs  ein  resistenter  Körper  entdeckt, 
der  mit  Leichtigkeit  befreit  werden  konnte  und  zum  nicht  geringen  Erstaunen  als 
ein  wurzelloser  Mollarzahn  sich  entpuppte,  den  Dr.  Szontagh  vorzeigte.  Von 
nun  an  erfolgte  spontane  Heilung.  Bona  Budapest, 

Reynolds  beschreibt  einen  eigentümlichen  Fall  von  Naevus  an  einem  IQjähngen 
Knaben.  Die  Aflektion  besteht  in  einem  angeborenen,  die  ganze  linke  Glutäalg^nd 
und  fast  die  ganze  Oberfläche  des  Oberschenkels  bis  einschliefslich  des  Knies  ein- 
nehmenden fleischigen,  dunkel  purpurroten  Auswuchs,  welcher  stellenweise  das  Aus- 
sehen von  Ichthyosis  darbot  und  eine  reichliche  Menge  übelriechenden  Sekrets  lieferte. 
Seifenwaschungen  und  Einpudern  mit  Borsäure  bewirkten  bald  bedeutende  Besserung. 
(Journal  of  cutan.  and  genito-urin.  Diseases,  Sept.  1888.)  Phüippi-Felsberg, 


189 


Pharmakologisches. 

Ein  Fall  von  Quecksilbervergiftung,  von  Prof.  R.  Virchow.  {Berl  Klin, 
Wodtenschr.  1888.  No.  50.)  In  der  Sitzung  der  Berl.  Med.  Gesellschaft  vom  21.  No- 
vember  1888  legte  Virchow  die  Präparate  eines  an  Gyanquecksilber  vergifteten  Apo- 
thekers vor,  der  noch  8  Tage  lang  nach  der  Vergiftung  lebte,  wodurch  sich  die 
Yeranderangen  der  innem  Organe  vollständig  ausbilden  konnten.  Die  Vergiftung 
gleicht  der  mit  Sablimat,  und  zeigt  sowohl  das  Duodenum  als  einige  Abschnitte  des 
Beum  starke  hyperamische  Schwellung,  die  bei  der  mikroskopischen  Untersuchung 
namentlich  durch  die  bedeutende  Ausdehnung  der  venösen  Geftifse  in  der  Schleimhaut 
imd  Submucosa  bedingt  erscheint.  Das  Jejunum  ist  ganz  frei.  Am  Dickdarm  findet 
sich  jene  sonderbare  Erscheinung,  die  wir  bei  den  dysenterischen  Prozessen  kennen 
und  zwar  jedesmal  an  den  Flexurstellen.  Die  Nieren  zeigen  in  der  ganzen  Ausdehnung 
^er  Rindensubstanz,  und  zwar  vorzugsweise  in  den  gewundenen  Kanälen,  starke  Ealk- 
konkretionen,  die  nur  mikroskopisch  zu  konstatieren  sind.  Dieselben  liegen  nicht  etwa 
im  Epithel,  sondern  innerhalb  des  wirklichen  Lumens  der  gewundenen  Kanäle. 

L.  Hoffmann-Berlin. 

Haltbarkeit  von  Ferrojodid-Lösungen.  Syr.  ferr.  jod.,  mit  Vso  %  Zitronen- 
säure, zeichnet  sich  durch  eine  fast  unbegrenzte  Haltbarkeit  aus.  Frisch  licht-gelbgrün, 
wird  er  in  zwei  Tagen  farblos,  scheidet  kein  Fe  aus  und  macht  Jod  nicht  frei.  4 — 10 
Wochen  langes  Stehen  ändert  nichts  an  ihm.  E.  Hecker,  dem  wir  diese  Notiz  nach 
Vorgang  von  Schliccum  u.  a.  verdanken,  plädiert  gleichzeitig  auf  Festsetzung  des 
Gehalts  des  Syr.  ferr.  jod.  auf  besser  57o  FeJ,.    (Pharm.  Post.  1888.  No.  51.  pag.  807.) 

Pauli/'Nervi. 

Leider  erfahren  die  schon  teuem  Jodpräparate  durch  den  „Ring"  wieder  eine 
Steigerung.  Während  die  Rohjod-Preise  unbeeinflufst  bleiben,  steigt  Jodum  resubli- 
matum,  Jodoform  und  Kai.  jod.  pro  Kilo  um  1  florin,  Natr.jod.  um  Vs  florin.  Leider, 
leider  1!     (Nach  einer  Notiz  in  der  PÄanw.  Post    1888.   23.  Dez.)    Pauly-Nervi. 

Jodkaliumsalbe.  Nach  der  Pharm.  Ztg.  1888.  pag.  453  ist  die  Vorschrift  der 
Pharm.  Germ.  II.  unbrauchbar.  Ein  vorzügliches  Präparat  liefern  20Tle,  Jodkalium, 
13  Tle.  Wasser,  153  Tle.  Paraffinsalbe  und  17  Tle.  Lanolin.  Pauli-Nerm. 

Als  klare  Lösung  von  Hydrargyrum  sallcylicum  in  Gurgelwässern  wird  in  der 
Pharm.  Post  (1888.  No.  46)  empfohlen: 

ft    Hydrarg.  salicyl.  2,0 

Natr.  bicarb.  6,0 

Äq.  rosar.  300,0 

Tr.  Op.  spl  5,0 

Syr.  Diacod.  30,0                         Pauly-Nervi. 

Ätherische  öle.  Kollegen,  die  sich  für  die  Prüfung  der  ätherischen  Öle  speziell 
interessieren,  seien  auf  die  sorgfaltige  und  reichhaltige  Arbeit  A.  Kremels  in  den 
Dezember-  u.  ff.  Heften  der  Pharm.  Post.  (Jahrg.  1888/1889)  besonders  aufmerksam 
gemacht  Pauly-Nervi. 

Einen  Aufsatz  von  A.  Kremel  (Wien)  (Pharm.  Post.  1888.  No.  32)  entnehmen 
w,  dafs  /9-Naphthol  blofs  in  der  neuen  ungarischen  Pharmakopoe  offiziell  ist.  Es 
iit  in  100  Tln.  heifsem,  1000  Tln.  kaltem  Wasser,  sowie  in  50  Tln.  Ammoniak  löslich. 


190 

Die   Lösung   darf  kein  —  stark   toxisch   wirkendes  —  a-Naphthol   enthalten.    (Che- 
mische Probe  siehe  Original.)  —  Naphthalinum  ist  in  keiner  Pharmakopoe  offiziell. 

Pauly-Nervi. 

Über  Natriumjodat,  seine  Untersuchung  und  seine  event.  Verfälschung  bringt 
A.  Krbmel  {Pharm,  Post.  1888.  No.  32)  sehr  Instruktives.  Speziell  sich  dafür  Inter- 
essierende seien  auf  das  Original  verwiesen.  PatUy-Nem. 

Die  Bestandteile  des  Lykopodiums  sind  nach  Langer  {Pharm.  Ztg.  No.  33)  in 
dem  Handelsprodukt:  93*^/o  Sporen,  die  1,155  7o  neutrale  Asche  zurücklassen.  Die» 
besteht  aus  Ka,  Na,  Magn.,  Fe  und  Aluminium.  Dann  erhielt  L.  45,17  %  POj.  Du 
fette  Ol  der  Sporen,  das  zu  49,34  7o  enthalten  ist,  bestand  zu  85 — 87  7«  aus  a-Decyl, 
/9-Isopropylakrylsäure  und  aus  festen  Fettsäuren.  Femer  fand  L.  2,8 — 5,2%  Glyoerin 
und  2,1  %  Kohrzucker.  Paüly-NerzL 


Lanolin  als  Ezzipiens  für  Extrakte  bei  der  Bereitung  von 

empfiehlt  Broutin  (Somain)  sehr  warm;  es  erleichtert  ihre  Bereitung.  Er  rat,  wem 
das  Exzipiens  dem  Apotheker  überlassen  ist,  nur  einen  Teil  des  Butyr.  Cac.  durch 
Lanolin  zu  ersetzen  und  gibt  als  Beispiel: 

]^  Extr.  sicc.  Hamamelis  1,75 
Lanol.  9,0 
Butyr,  Cac.  90,0 
M.  f.  supposit.  25. 
(Nach  Pharm.  Post.  1888.  No.  51.)  Pauly-Nervi. 

Einige  neue  Verbindungen  von  Magnesia  mit  den  Halogenen.  Diejenige! 
unter  unsem  Fachkollegen,  die  sich  für  die  chemische  Seite  und  die  Fortschritte  unirer 
Disziplin  interessieren,  seien  auf  die  Untersuchungen  von  C.  F.  Gross  und  E.  J.  Betas 
und  ihre  Resultate  durch  Elektrolyse  besonders  bezüglich  des  Magnesium  Jodids  Ter- 
wiesen,  welches  viel  eher  eine  Verbindung  als  ein  Gemisch  von  Jod  mit  Magnesit 
zu  sein  scheine.  (Chemical  Society  in  London.  1,  Novbr.  1888.  Nach  ChemQier-Zt§, 
No.  92.)  Pauly-NervL 

Über  viskoses  Natur- Vaselin,  von  G.  Vülpiüs.  Unter  diesem  Namen  wird 
jetzt  in  Österreich  ein  aus  galizischem  Kohmateriale  hergestelltes  Vaselin  in  den  Handel 
gebracht,  welches  allen  Anforderungen  entspricht.  Es  ist  den  besten,  früher  erhält- 
lichen amerikanischen  Marken  mindestens  gleichwertig,  den  heutigen  unbedingt 
überlegen.  Es  ist  frei  von  Säure,  vollkommen  geruchlos^  ohne  jede  Spur  einer  komigca 
oder  kristallinischen  Struktur.  Über  10  7o  Wasser,  mehr  als  15  Vo  Weingeist  uad 
Glycerin  und  noch  gröfsere  Mengen  Ol  lassen  sich  ihm  ohne  jede  Schwierigkeit  und 
ohne  Störung  der  Gleichförmigkeit  der  Masse  einverleiben. 

Die  Farbe  des  viskosen  Natur- Vaselins  ist  eine  honiggelbe;  hoffentlich  gelingt 
es,  ohne  Beeinträchtigung  der  wasserbindenden  Kraft  und  der  ausgezeichneten  Kon- 
sistenz die  Farbe  zu  beseitigen.    {Chemisches  Eepertorium,  1888.  No.  39.) 

Österreicbisclies  viskoses  Natur- Vaselin,  von  A.  Kremel.  Verf  kommt  n 
demselben  günstigen  Resultate  wie  Vülpics  bei  der  Untersuchung  dieses  neuen  Fabri- 
kates. Speziell  erwähnt  er  noch  das  Verhalten  des  viskosen  Vaselins  gegen  Jod. 
Während  100  Tle.  des  amerikanischen  Vaselins  10,58  Tle.  Jod  binden,  addiert  d« 
österr.  Fabrikat  nur  3,95  Tle.  Man  kann  daraus  insofern  einen  günstigen  Schlois 
ziehen,  als  ein  Vaselin,  welches  weniger  Jod  bindet,  voraussichtlich  auch  weniger 
Sauerstoff  absorbieren  wird.     Das  amerikanische  Vaselin  zeigte  ferner  bei  ca.  SOOmaliger 


191 

Vergrörserang  das  ganze  Oesichtsfeld  mit  zahllosen  Kristalluadeln  erfüllt,  welche  in 
der  amorphen  Grundlage  des  Vaselins  eingebettet  erscheinen.  Das  Österr.  Yaselin 
zeigte  gar  keine  krist.  Ausscheidungen,  sondern  ist  vollkommen  gleichförmig.  (jChem, 
Sq>ert.  1888.  No.  39.) 

Die  Verfälsclmngen  von  Adeps  suillns  häufen  sich  nicht  blofs  in  England 
derart,  dafs  sie  auch  unsere  Aufmerksamkeit  erregen  müssen.  In  St.  Gallen  hat  die 
amtliche  Kontrolle  unter  77  Proben  43  als  mit  Baumwollsam enöl  versetzt  gefunden. 
Dr.  G.  AjiBÜHL-St.  Gallen  hat  3  Proben  (Bestimmung  der  scheinbaren  Dichte  bei 
IW,  Reduktion  von  Silbernitrat,  Wärmeentwickelung  beim  Vermischen  mit  konz. 
Schwefelsäure,  cfr.  Original)  dabei  angewendet.  Nicht  blofs  die  Nahrungsmittel-Chemie 
dürfte,  wie  A.  meint,  durch  die  Notwendigkeit  internationaler  Eontrolle  dabei  in 
Frage  kommen,  sondern  es  dürfte  auch  die  Aufmerksamkeit  mancher  Grofshändler 
wachgerufen  werden,  die  wahrscheinlich  gerade  unsere  gangbarsten  Salben,  wie  üng. 
Zinci  (in  italienischen  Apotheken  nicht  einmal  fertig  vorrätig!)  aus  solchem  Fette 
zubereiten  lassen,  ohne  es  zu  ahnen.     {Chem.  Zeitung.    1888.    No.  92.) 

Pauly-Nervi. 


Zur  Tinktionstechnik. 

Über  die  Absorption  der  Anilinfarbstoffe  durch  lebende  tierische  Zellen, 
von  Dr.  G.  Martinotti.  (Zeitschr.  für  toüsenschafüiche  Mikroskopie.  Band  V.  Heft  3.) 
Verf.  erwähnt  kurz  die  Geschichte  der  Färbung  der  lebenden  Zellen  von  Geblach, 
bis  ScHULTZB  und  Pfeffer  und  referiert  die  Resultate  des  letzteren,  sowohl  bez.  der 
Absorption  der  Farbstoffe,  als  auch  bez.  der  Gifbwirkung  derselben  auf  die  Zellen: 
Resultate,  mit  denen  diejenigen  M.s  teilweise  übereinstimmen,  teilweise  aber  im  Wider- 
spruche stehen. 

Was  die  Giftwirkung  betrifft,  hat  M.  gefunden,  dafs  Cyanin,  Viktoriablau, 
Methylviolett,  Dahliä  den  höchsten  Grad  der  Giftigkeit  besitzen;  Methylgrün,  Mag- 
dalarot  und  Rosolsäure  sind  auch  noch  sehr  giftig;  basisches  und  saures  Fuchsin, 
Safranin  und  Eongorot  nehmen  nur  eine  mittlere  Stelle  ein;  endlich  sind  Methyl- 
orange, Bordeauxrot  und  besonders  Methylenblau  und  Bismarkbraun  gamicht  giftig. 
Dafs  Methyl  violett  und  -grün  nicht  ganz  unschädlich  sind,  wie  sehr  oft  behauptet 
wird,  war  schon  von  Mosso  hervorgehoben  worden. 

Was  des  weiteren  die  Absorptionsfähigkeit  anbelangt,  so  werden  nicht  alle 
diese  Farbstoffe  vom  Zellprotoplasma  absorbiert  und  fixiert,  sondern,  wie  sich  aus 
M.s  positiven  Resultaten  ergab,  nur  zwei,  nämlich  das  Bismarkbraun  und  Methylen- 
blau. Bei  verschiedenen  Zellen  wird  der  Kern  nie  gefilrbt,  sondern  nur  das  Proto- 
plasma, und  auch  dieses  nicht  vollständig,  sondern  nur  die  in  ihm  enthaltenen 
Kömer.  Von  den  Zellen  färben  sich  nicht  alle  und  nicht  alle  gleichmäfsig:  die 
Epithelzellen  der  Kornea  z.  B.  nicht;  sehr  gut  die  Epidermiszellen ;  vorzüglich  die 
Hautpigmentzellen  und  einige  ovale,  mit  vielen  und  langen  Fortsätzen  versehene 
Bindegewebezellen,  die  unmittelbar  unter  der  Epithelialschicht  liegen.  Diese  Färbung 
bedeutet  endlich  keinen  Degenerationsvorgang,  weil  Martinotti  auch  Kernteilungs- 
figuren gefärbt  fand.  Tommasoli- Hamburg. 

Eine  einfache  Färbnngsmethode  der  elastischen  Fasern,  von  Martinotti. 
(Ebenda.  Band  IV.  Heft  1.  1887:)  Nach  der  Methode  Balzers,  Unnas,  Lustgartens 
und   Herxheimers   beschreibt  der  Verf.  auch  eine  andre  mehr  bequeme  und  sichere: 


die  ihren  Grund  auf  der  der  Chromeaure  und  dem  Safrouin  zakommendea 
f^higkeit  in  ihren  noch  unbekannten  YerhaltnisBan  zueinander  hat.  Dine 
ist  die  folgende:  Fixierung  der  betreffenden  Stärke  und  Härtung  in  Chrou- 
ag  (0,2  %)-  Alsdann  bleiben  die  Schnitte  während  48  Stunden  in  einer 
erten  wässerig-alkoholiachen  Safraninlösung : 

Safran  in  p.  5 

Alkohol    „    100 

Solve  und  nach  einigen  Tagen  adde 

Aqua        p.  200 
en  hierauf  in  Alkohol  entfärbt  und  entwässert,   in  Ol  gebracht  und  endlid 
in  Substanzen  montiert, 

dieser  Prozedur  werden  die  elastischen  Fasern  intensi»  schwarz  osd  it 
btiaft  rot  gefärbt.  Alle  übrigen  Elemente  bieten  eine  diffuse,  ziemlich  rstt 
dar.  Vortrefflich  färben  sich  die  an  der  Konstitution  der  Wände  der  mitwl- 
nd  kleinen  Arterien  teilnehmenden  elastischen  Fasern. 

Tommtuoli-HrnnbuTg. 
Färbung  der  elastischen  Fasern  mit  Ohromsftnre  and  BafMmtn,  tob 
A.  (Ebenda.  Band  V.  Heft  3,  1888.)  F.  hat  sich  mit  der  obigen  Kun- 
n  Methode  lange  beschäftigt,  um  sie  zu  bekräftigen  and  zu  verroll kommni, 
lie  folgende  Thatsache  bestätigt:  1,  Schöne  Färbungserfolge  sind,  entgegen 
IS  Meinung,  nicht  von  der  Echtheit  des  verwendeten  Safranins  abhingif, 
iteil  besitzen  die  unreinen  Safran  ine  ein  gröfseres  Färbungsvermögtn 
Faktoren  aber  diese  unreinen  Safranine  die  gröfsere  Tinktionskraft  tr- 
ist  dem  Terf.  ganz  unbekannt.  2.  Durch  Wärme  wird  die  Färbung,  vk 
J  nachwies,  eine  schnellere.  3.  Die  wässerig- alkoholischen  Safraninlösuugen 
an  Färbekraft  mit  der  Zeit,  4.  Um  die  rötliche  verbreitete  Grundfiihmif 
irate  zu  vermeiden,  ist  es  nötig,  die  Schnitte  mit  einer  sehr  diluierteu  alh> 
Lösung  von  Kalilauge  kurz  zu  behandeln,  oder  auch  lange,  bis  24  Standet 
em  Alkohol  zu  lassen.  Tommatöli-Bamburg 


Slennorrhagie  und  Komplikationen. 

Behandlnng  der  spezifischen  Oonorrhöe  empfiehlt  G,  B.  Breveb  auf  Gmui 
irungen  au  mehr  als  250  Patienten  die  Irrigation  mit  schwacher  Suhllnil- 
ip.  Injektionen  mit  der  beifsen  Lösung  als  äuJserst  wirksames  Mittel,  Ke 
r  Behandtimg  beträgt  nicht  mehr  als  zwei  bis  drei  Wochen,  falls  die«lb( 
rchgefOhrt  wird,  und  die  Patienten  sich  völlig  ruhig  verhalten.  Dieheifsenßn- 
n  sind  für  den  Patienten  angenehmer  und  leichter  ausführbar  als  die  IrrigiÜca, 
luch  eine  erfreulich  geringe  Anzahl  von  Komplikationen  (27»)  bei  die» 
verzeichnet.  Als  ausgezeichnetes  Mittel  bei  akuter  Epididymitii  wird 
ALSTEU  empfohlene  Anwendung  des  PACtti'ELiKSchen  Thermokauters  gerühnL 
ührung  der  Haut  über  dem  Oi^sn  mit  der  weilsglübenden  Spitze  beviiii 
blickliebe  Linderung  der  Schmerzen,  welche  bei  einem  Jodoformsalbenverbud 
lagerung  mittels  eines  Suspensoriums,  auch  wenn  die  Patienten  auf  äA 
■  weniger  anhält.  Zur  Behandlung  des  weichen  Schankers  emp6^ 
der  gründlichen  Beinigung  mit  Sublimatlösung  das  Ausätzen  mit  reioer 
nre  und  nachheriges  Einpudern  mit  pulverisierter  Salicy Uänre.    Wenn  du 


19» 

Geschwür  hinter  der  Corona  glandis  liegt,  kann  man  dann  zweckmafsig  einen  Streifen^ 
Gnttaperchapapier  und  darüber  weiche  Gaze  legen,  um  einen  vollständig  abschlieCBenden 
Verband,  der  drei  bis  sechs  Tage  liegen  bleiben  kann,  zu  erzielen.  {Journal  of  cutan,. 
and  genüo-urm.  Diseases.  Juli  1888.)  Phüippi- Felsberg. 

Über  die  Blennorrhoe  beim  Weibe  und  beim  weiblichen  Kinde  trägt 
HoRAKO  in  der  Soc.  des  sciences  med.  zu  Lyon  (18.  Juli  1888)  vor.  Während  seiner 
6jährigen  Direktion  am  Hopital  des  Chazeaux  hat  er  mehr  als  500  Frauen  und 
500^  Kinder  (petites  filles)  beobachtet.  Neissers  Gonokokkus-Entdeckung  hätte  alle 
früheren  Theorien  hinföUig  gemacht.  Man  könne  den  Sitz  der  Blennorrhagie  selbst 
bei  verschiedenen  frühzeitigen  Ausflüssen  des  Weibes  bestimmen,  wie  bei  Folliculitis^ 
Urethritis,  Blennorrhoe.  Nach  venerischen  und  anderen  Exzessen  beobachtet  man  nicht 
infektiöse  Ausflüsse.  Bei  einzelnen  hätte  H.  2  Jahre  lang  Gonokokken  konstatieren 
können  —  ohne  andere  Zufälle.  Diese  Blennorrhoe  teilt  sich  wenig  den  Nachbar- 
teilen mit  —  in  dem  Blute  der  Menses  oder  in  den  „pertes  blanches^  hat  sie  H. 
nicht  gefunden.  H.  hält  die  uterine  Blennorrhoe  für  relativ  selten;  sie  wird  zur 
Metro-Ovariitis.  Der  Anus  mufs  bei  Prostituierten  sorgfaltig  untersucht  werden.  Bei 
23  analen  Ausflüssen  hat  er  llmal  Gonokokken  gefunden.  Bei  kleinen  Mädchen  kann- 
dies  Stupmm- Versuche  beweisen.  Bukkale  und  nasale  Blennorrhoe  hat  er  nicht  gesehen, 
also  hält  er  sie  für  selten.  Beim  Weibe  wäre  also  die  Blennorrhagie  nach  ihrer 
Häufigkeit:  in  der  Urethra,  dann  erst  Vagina,  Anus,  Uterus.  Bei  den  Kindern  am 
öftesten  Vagina,  dann  Urethra  und  Anus.  Rheumatische  Blennorrhoe  ist  selten  beim^ 
Weibe.  H.  hat  2  Fälle  gesehen  im  Handgelenk  (Prädisposition  des  Temperaments, 
meint  er).  In  dem  serösen  Erguss  hat  er  keine  Gonokokken  gefunden.  Nach  kurzem 
Bericht  über  die  Ophthalmia  blennorrhoica  und  ihre  grofse  Bedeutung  bespricht  er- 
die  Therapie. 

Als  beste  Injektion  hat  sich  ihm  Arg.  nitr.  0,3 :  100  Aq.  bewährt.     Sublimat  ist 
nicht  so  gut.    (IVar.  mid.  1888.  No.  29.)  Pauly -Nervi, 

Über  die  Phagocytlienlehre  in  bezug  auf  den  Oonokokkus  hielt  Bümm  in 
der  phys.-med.  Ges.  zu  Würzburg  am  15.  November  1888  einen  Vortrag.    Nach  einer 
Darstellung  der  METSCHxiKOFFschen  Theorie  spricht  sich  B.  dahin  aus,   dafs  sie   sich 
nicht  verallgemeinem  lasse,  aber  zur  Erklärung  des  Ablaufes  einfacher  Erankheits- 
formen  wohl  herangezogen  werden  könne.    Für  Verlauf  resp.  Heilung  der  Gonorrhöe - 
käme  diese  Theorie  nicht  in  Betracht,  da  hier  die  Gonokokken  von  den  Zellen,  sondern.' 
diese   von   den   Gonokokken   gefressen  werden.    Als  Beweis  sieht  B.  an,   dafs,   wenn, 
man  Sekret  unter  den  Wärmetisch  bringt,  man  sehen  kann,  wie  von  einem  einzelnen 
Kokkus  aus,  der  in  die  Zelle  gelangt,  ein  ganzes  Häufchen  im  Innern  der  Zelle  sich 
entwickelt   und    dieses   dann  die  Zelle  zum  Platzen  bringt,  während  die  Kokken  um 
den   Eem   herum    gelagert    bleiben.      (Müssen    dieses    Wachstum   und   diese    „Ent- 
wickelung"  durch  Erwärmen  notgedrungen  die  in  natura  bei  Tripper  vorkommenden 
sein?    Sehr  fraglich,  ja  unwahrscheinlich.     Anm.  des  Ref) 

Die  Heilung  der  Gonorrhöe  kommt  dadurch  zu  stände,   dafs  nach  Abhebung  des: 
ursprünglichen  Cylinderepithels  sich  eine  Zwischenform  von  Epithel,  eine  Art  Pflaster- 


^  Diese  Zahl  erscheint  kaum  glaublich.     H.  müfste  dann  in  je  9  Tagen  2  neue 
Kinder  mit  Blennorrhoe  6  Jahre  lang  gesehen  haben.    Oder  rechnet  er  zu  den  petites- 
filles  alle  bis  zur  Majoritätserklärung?    Doch  höchstens  bis  zu  14  Jahren  ist  dies  üblich. 
Die  Unsittlichkeit  in  Lyon  mag  dem  Kollegen  H.  viel  zu  denken  und  zu  thun  geben,, 
aber  solche  Verbreitung    des    echten  Gonokokkus    —   jamais,   eher  confr^re!    Anm. 
des  Ref. 


194 

epithel  bildet,  welches  dem  Eindringen  der  GoDokokken  Widerstand  leistet  (abo  t,uA 
eine  Art  Kampf!  Bef.)-  Solange  dieses  Epithel  besteht,  hat  auch  die  ImmnutSt  geg«n 
gonorrhoische  Affektion  Geltung,  Bpat«r  nimmt  das  Epithel  wieder  die  nonnale 
Cylinderform  an  und  damit  hat  auch  die  kurzdauernde  (vom  Fat.  vielleicht  nicfat  einmal 
genügend  aasgebeutete  [Ref.])  Immunität  ihr  Ende  erreicht.  ^Wien.  htm.  Woehaudir. 
1889.  No.  I.)  FattU-Neni. 


Venerische  Geschwüre  und  Komplikationen. 

Die  KlaasiAzlsmng  und  Bshandlnng  der  Bnbouen.    Dr.  Culver  weist  anf 
-die  Notwendigkeit  hin,  auch  für  praktische  therapeutische  Zwecke  eine  VerwedueliUf 
der  verBchiedenen  Arten  von  Bubo  zu  vermeiden.    Er  unterscheidet  1.  den  einfiKhen. 
nicht  vereiternden  Bubo    der   akuten  Gonorrhöe,    3.  den    periadeni tischen    Bubo  und 
3.  die  eiterige  Lymphadenitis,  weiche  sich  auf  die  Drüsen    allein    beBchränkt  und  die 
Umgebung  der  Drüsen  verschont,  4.  die  Lymphadenitis  nach  weichem  Scluuiker.    Dvf 
erste  Form  ist  durch  Buhe,  Eiablase,  leichte  Abführmittel  und  innerliche  Dan 
einer  alkalischen  Medizin  leicht  zu  heilen.     Bei  der  zweiten  Form  sucht  man 
die  Entzündung  abortiv  zu  behandeln   mittels  kräftiger  Abführmittel,    Calcini 
(0,3—0,9  dreimal  täglich  oder  alle  4  Stunden),    für   welches    eine    eklatante  ^ 
bei  den  verschiedensten  DrüsenBchwellungen  vindiziert  wird,  sowie  lokale  Applil 
von  grüner  Seife  oder  Jodkollodium  (1  ;  8).     Wo    diese  Behandlungs weise    sie 
erfolgreich  erweist,  und  Vereiterung  eintritt,  zieht  Verf.  die  Aspiration  des  Sa 
Anspritzen     mit    antiseptisohen    Lösungen    sowie    Ausstauben    mit   Jodoformal 
Inzision  vor,  da  anf  diese  Weise   das  viele   umständliche   Verbinden    und  c 
stehung    einer  grofsen  Narbe   vermieden  wird.     Bei    der  dritten  Form   mit 
nitis  soll  je  eher  je    lieber  durch    warme  ITmschli^    die   ganze    Gesohwnls 
Drüsen     zum    Vereitern    gebracht     und   in    der   beschriebenen    Weise    Oper« 
fahren    werden.    —   Die   Lymphadenitis   nach  weichem   Schanker  halt  Verf 
vornherein  nicht  abortierbar.      Hier    gilt    es    nur    die    Vereiterung    möglicht 
schleunigen,  die  Kräfte  des  Patienten  durch  gute  Nahrung  zu   beben,    Opiui 
-die  Schmerzen  und  reichliche  Lanxantia  zu  verabreichen    und   beim  ersten  A 
von  Eiter  zu  aspirieren  und  mit  Sublimatlösung  (1 :  1000)  die  Höhlung  täglicl 
lieh  anszuspülen.     Ein  Salben läppcben  mit  Ungt  zinc.  osyd.    nebst  einem 
weicher   Oaze  durch   eine    Spica   festgehalten    genügen   zum  Verband.      Die 
sollen    auf  diese   Weise    sehr  viel    besser   sein   als  mit  der  gewöhnlichen  J 
(Journal  of  cutan.  and  genito-vrin.  Disease»-  Juni  1888.)  Pbilippi-Ftbbe\ 


(No.  3.)  Seit  längerer  Zeit  leide  ich  an  einem  Eksema  sqnunoBV 
Handrttcken;  der  übrige  Körper  ist  frei.  Fustelbildung  ist  bei  dem  Ekzei 
vorgekommen,  dagegen  oft  Einrisse,  welche  nur  schlecht  heilen;  die  Haut  ist 
lind  verdickt;  die  Hände  sehen  aus  als  ob  sie  erfroren  wären,  doch  gUabe  icl 
dals  das  Übel  durch  Frost  hervorgerufen  ist.  Auch  im  vorigen  Sommer  war  i 
■ebenso  schlimm.    Es  ist  mir  besonders  in  meinem  Berufe  als  Oeburtshelfer  lä 

Dr.  S.  in 

Antwort   der   Redaktion.     Es   versteht   sich   von   selbst,   dafs  ohn( 


195 

lnspektion  Ihrer  ganzen,  der  kranken  wie  angeblich  gesunden  Hautdecken,  sich  kein 
Urteil  darüber  bilden  lafst,  welcher  Art  ihr  Ekzem  ist.  Mit  einer  gewissen  Wahr- 
scheinlichkeit weist  aber  der  Sitz  auf  beiden  Handrücken  darauf  hin,  dafs  es  sich  nur 
am  die  gewöhnlichste  Form  des  Ekzems,  die  seborrhoische,  handelt. 

Sie  müssen  nämlich  wissen,  dafs  wir  früher  derartige  Ekzeme  bei  Geburtshelfern 
schlechtweg  als  Gewerbeekzeme  anzusehen  und  zu  behandeln  pflegten.  Es  mag  ja 
auch  sein,  dafs  bei  Ihnen  die  Haut  des  Handrückens  den  häufigen  Kontakt  mit 
antiseptischen  Mitteln  schlecht  verträgt. 

In  den  letzten  Jahren  hat  sich  aber  in  meiner  Praxis  herausgestellt,  dafs  die 
meisten  Gewerbeekzeme  (z.  B.  die  sog.  Maurer-Erätze)  und  ebenso  die  Handekzeme 
der  Ärzte  nur  bei  solchen  Individuen  vorkommen,  welche  auch  an  seborrhoischen 
Affektionen  andrer  Hautregionen  leiden,  z.  B.  Alopecia  pityrodes,  Pityriasis  capitis, 
Seborrhoea  oleosa  des  Gesichtes,  Pityriasis  des  Bartes,  seborrhoischen  Flecken  des 
Stammes,  des  Rückens  oder  der  Achselhöhlen,  intertriginösen  Ekzemen  etc.  etc. 

Noch  mehr  als  für  die  Behandlung  ist  dies  für  die  spätere  Prophylaxis  aufser- 
ordentlich  wichtig. 

Sollte  es  sich  bei  Ihnen  in  der  That  um  ein  derartiges  Ekzem  des  Handrückens 
handeln,  so  schlage  ich  Ihnen  folgende  Behandlung  vor:  Sie  bedecken  abends  die 
Handrücken  mit  einer  dünnen  Wattelage,  welche  Sie  mit  einer  spirituös  w^ässerigen 
Lösung  gut  angefeuchtet  haben.  (9  Resorcini,  Glycerini  b  10,0,  Spirit.  dilut.  180,0, 
MDS.  Mit  gleichen  Teilen  Wasser  verdünnt  zum  Verband.) 

Die  angefeuchtete  Watte  wird  mit  einem  grofsen  Stück  Guttaperchapapier, 
welches  die  ganze  Hand  einhüllt,  luftdicht  niedergebunden,  so  dafs  morgens  der 
ganze  Verband  noch  feucht  geblieben  ist. 

Am  andern  Morgen  wird  auf  die  derartig  resorcinierte  und  zugleich  gut  ange- 
feuchtete Haut  eine  Zinkpaste  mit  oder  ohne  Zusatz  von  Schwefel,  Teer,  Resorcin 
Q.  dgl.  eingerieben  (z.  B.  9  Ung.  Zinci  25,0,  Bolus  alba  2,5,  Resorcini  0,5).  Diese 
Paste  wird  ein-  oder  zweimal  am  Tage  nach  Bedürfnis  neu  aufgelegt  und  nachts 
wieder  durch  die  wässerige  Resorcinbehandlung  ersetzt.  Die  letztere  hat  den  Zweck, 
die  bisher  am  Tage  bei  Ihnen  aufgetretenen  Risse  der  Hornschicht  zu  vermeiden. 

Zum  Waschen  würde  ich  Ihnen  unbedingt  raten,  nur  warmes  Wasser  und  — 
auch  nach  Operationen  —  nur  überfettete  Grundseife  zu  gebrauchen. 

Jede  seborrhoische  Affektion  (auch  ein  einfaches  Schuppen  Ihres  Kopfes)  ist, 
wenn  Sie  Ihr  Übel  gründlich  beseitigen  wollen,  konsequent  zu  behandeln.  Andern- 
falls werden  Sie  einem  fortwährenden  Recidivieren  Ihres  Handekzemes  ausgesetzt  sein. 

Unna. 


(So.  4.)    Haben   sich   die   früher  von  Ihnen  empfohlenen  Pasten-Stifte  in  der 
Praxis  bewährt?  —  Dr.  C.  in  B. 

Antwort  der  Redaktion:  Die  Pastenstifte  sind  bekanntlich  w^asserlösliche 
Stifte  (im  Gegensatz  zu  den  Salbenstiften)  und  dann  lediglich  für  den  Gebrauch  auf 
der  von  Hornschicht  entblöfsten  Haut  berechnet.  Die  seiner  Zeit  von  mir  angegebenen 
und  von  Dieterich  in  Helffenberg  angefertigten  Stifte  erfüllen  vollständig  ihren 
Zweck,  welcher  neben  der  Einführung  eines  Medikaments  in  die  Haut  in  zweiter 
Linie  auch  in  einer  mechanischen  Wirkung  besteht.  Zu  dem  Behufe  ist  ihnen  mit 
Hilfe  von  Traganth  eine  harte  und  zähe  Konsistenz  gegeben,  welche  sie  z.  B.  be- 
fähigt, in  weiches  Gewebe  bohrend  wie  ein  Atzstift  einzudringen.  Jetzt  empfehle  ich 
auch  nur  diese  harten  Stifte,  welche  in  meiner  Praxis  noch  fortwährend  in  Gebrauch 
geblieben  und  für  manche  Fälle  fast  unentbehrlich  geworden  sind.  Wenn  ich  noch 
einen  Wunsch    zu   ihrer  Verbesserung  hätte,  so  ist  es  der,  dafs  sie  künftighin  gleich 


196 

angespitzt   in   den   Handel   gebracht   werden,   um  der  allerdings  nicht  grofisen  Mähe 
des  Anspitzens  durch  Drehen  auf  einer  rauhen  feuchten  Fläche  enthoben  zu  sein. 

Den  von  Ihnen  erwähnten  10  7o  Sublimatpastenstift  brauche  ich  unaiu- 
gesetzt,  da  die  Indikationen  für  die  Anwendung  desselben  sehr  mannigfache  sind. 

Seine  Hauptindikation  bildet  der  Lupus  in  allen  seinen  Formen,  besondert 
tritt  er  als  Ergänzung  zu  allen  jenen  Behandlungsmethoden,  welche  eine  chemische 
Einschmelzung  oder  mechanische  Auslöffelung  des  Lupusgewebes  bewirken.  Es  gibt 
sehr  gute  Resultate,  wenn  auf  die  Auslöffelung  eine  energische  Touchierong  der 
Wundfläche  mit  diesem  Sublimatpastenstift  folgt,  welcher  man  zweckmäfsiger  Weise 
Blutstillung  und  event.  Kokainisierung  vorangehen  läfst.  Ebenso  thut  man  gut 
daran,  nach  der  Applikation  des  Salicylkreosot-Pflastermulls  beim  Verband we<disel 
die  gereinigte  Wundfläche  überall,  wo  noch  Lupusherde  in  der  Tiefe  liegen,  mit  dem 
Stifte  auszubohren.  Diese  Touohierungen  sind  weniger  schmerzhaft  und  von  nach- 
haltigerer Wirkung  als  die  von  altera  her  gebräuchlichen  Lapisätzungen. 

Eine  zweite  wichtige  Indikation  gibt  die  sog.  Akne  varioliformis.  Die 
beste  Behandlungsmethode  ist  eine  Kombination  von  Waschungen  mit  alkalischem 
Seifengeist  mit  der  energischen  Anwendung  eines  antibakteriellen  Mittels.  Als  solches 
ist  der  10  Vo  Sublimatpastenstift  besonders  zu  empfehlen.  Eine  zwei-  bis  dreimal 
wöchentlich  vorgenommene  Touchierung  jedes  einzelnen  durch  Seifenwaschung  ge- 
öffneten Knötchens  genügt,  um  diese  äufserst  hartnäckige  Affektion  relativ'  rasch  zur 
Heilung  zu  bringen. 

Die  dritte  Hauptindikation  bilden  sämtliche  Eiterkokkeninfektionen  der 
Haut,  als  Furunkel,  Sykosis  kokkogenes  oder  Akne  pustulosa.  Wenn  auch  hier  eine 
grofse  Reihe  sehr  guter  Mittel  schon  vorhanden  ist,  so  kann  der  starke  SabUmai- 
pastenstift  sehr  häufig  als  Ergänzung  derselben  gute  Dienste  leisten. 

Natürlich  mufs  zur  Ausbohrung  geöffneter  Furunkel,  oder  epilierter,  vereiterter 
Haarbälge  der  Stift  sehr  fein  angespitzt  sein,  und  vielleicht  ist  die  Bemerkung  nicht 
überflüssig,  dafs  man  durch  beständige  Drehung  des  Stiftes  während  des  Gebranches 
und  beim  Reinigen  durch  Abwischen  mit  feuchter  Watte  denselben  auf  leichte  Weise 
spitz  erhalten  kann. 

Für  denjenigen,  welcher  unter  diesen  Umständen  den  starken  Sublimatpasten» 
stift  zu  gebrauchen  gewohnt  ist,  werden  sich  in  der  Praxis  noch  viele  Fälle  ergeben, 
in  welchen  er  mit  Vorteil  angewendet  werden  kann.  Vor  allem  sämtliche  syphi- 
litische Geschwüre  der  Schleimhäute,  ihrer  Eingänge  (Mundwinkel)  und 
behaarter  Hautstellen,  mithin  solcher  örtlichkeiten,  an  denen  die  Appli- 
kation von  Pflastermull  schwierig  ist,  ferner  der  syphilitische  Priroäraffekt, 
zerfallende  Gummata,  luetische  und  andre  schlecht  granulierende  Unter- 
schenkelgeschwüre, nässende  breite  Kondylome  etc.  Gelegentlich  sollen 
auch  die  Indikationen  andrer  Pasten-  und  Salbenstifte  an  dieser  Stelle  genauer 
besprochen  werden.  Unna, 

Druckfehlerberichtigung. 

No.  1.     Seite  25.  Zeile  11  v.  oben:    Knoten  statt  Pusteln. 

26.  „      11  ,,       „        Milium  körn  er  statt  Miliarkömer. 

27.  „      13  „       „         zerfielen  statt  verfielen. 
29.      „        9  V.  unten:  verlötet  statt  verhärtet. 

No.  2.        „      64.      „      13  V.  oben:    Endothelioma  statt  Endothelium. 
„     ,,         „      77.      „      12  „       „         nimmt  an  statt  erinnert  an. 

Verlag  von  Leopold  VOSS  in  Hamburg  (und  Leipiig). 
Dmek  der  Yerlagtanitalt  and  Dmckerei  Actien-Geiellichaft  (Tormala  J.  F.  Richter)  In  Hamborff. 


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poitat0|ie|le  ftit  |!taMifilte  ^ematohigtt 

Band  YIII.  No.  5.  1.  März  1889. 


Aus  Dr.  UxKAs  Klinik  fiir  Hantkrankheiten  in  Hamburg. 

Über  das  Uleiythema  ophryogenes, 

eine  nocli  nicht  beschriebene  Hautkrankheit. 

Von 
Dr.  Paul  Taenzeb, 

AsslBtenzarzt. 

In  den  letzten  drei  Jahren  hatte  ich  Gelegenheit,  sechs  Fälle  einer 
eigentümlichen  Haarerkranknng  kennen  zn  lernen,  die  meines  Wissens 
noch  von  niemandem  beschrieben  worden  ist.  Die  Affektion  beginnt  in 
frühester  Kindheit  mit  Rötung  der  Haut  der  Augenbrauenbogen  (hier 
erhält  sich  die  Affektion  während  des  ganzen  Lebens)  und  greift  erst  später 
auch  auf  einige  benachbarte  Partien,  besonders  des  Gesichts,  des  behaarten 
Kopfes,  seltener  der  Oberarme  über.  Zuerst  einem  sogenannten  Liehen 
pilaris  auf  etwas  geröteter  Basis  gleichend,  führt  die  Krankheit  regel- 
mäTsig  an  einigen  Stellen,  in  schlinmieren  Fällen  überall  zu  einer  stärkeren, 
jedoch  stets  sehr  oberflächlichen  Entzündung  der  Haut.  Dieselbe  charak- 
terisiert sich  an  den  Haarbälgen  durch  den  verspäteten  Durchbruch 
einzelner  meist  büschelförmig  stehenbleibender  stärkerer  Haare,  welche 
zeitweilig  die  Symptome  einer  nicht  eiterigen  FoUikulitis  zeigen ,  während 
die  dazwischen  liegende  Haut,  langsam  einsinkend,  einem  atrophischen 
Prozesse  anheimfällt. 

Kur  einmal  habe  ich  Gelegenheit  gehabt,  das  Endstadium  dieses 
äniserst  langsam  verlaufenden  Entzündungsprozesses  zu  beobachten,  es 
bestand  in  einer  totalen  Alopecie  und  Atrophie  der  Kopfhaut,  so  hoch- 
gradig, wie  es  nur  sehr  lange  Zeit  bestehende  Favusfälle  zu  hinterlassen 
pflegen. 

In  den  meisten  Fällen  bleibt  die  Affektion  an  einigen  Stellen  im 
ersten,  an  andern  Stellen  im  zweiten  Stadium  zeitlebens  bestehen.  Die- 
selbe scheint  nicht  sehr  selten  zu  sein;  daCs  man  derselben  bisher  als 
einer  besondem  Erkrankung  keine  Beachtung  geschenkt  hat,  liegt  offenbar 
darin  begründet,  dafs  nur  das  Mitbefallensein  der  Kopfhaut  zu  so  hoch- 

Honatahefte.  14 


198 

gradigen  und  dabei  eigentümlichen  Veräüderungen  führt,  dafs  die  Besond«- 
heit  der  Affektion  durchaus  nicht  zu  übersehen  ist. 

Diejenigen  Fälle,  welche  mir  zuerst  die  Überzeugung  verschafften, 
dafs  wir  es  hier  mit  einer  durchaus  eigenartigen  Erkrankung  zu  thun 
haben,  betrafen  zugleich  drei  Mitglieder  einer  Familie,  so  dafs  diese  Fälle 
Anlafs  gaben,  sich  die  Frage  vorzulegen,  ob  hereditäre  Beaulagung  oder 
parasitäre  Übertragung  in  der  Ätiologie  die  Hauptrolle  spielten.  Im 
folgenden  gebe  ich  kurz  die  betreffenden  Krankengeschichten. 

I.  Fall. 

Der  erste  Fall  betrifft  eine  Frau  von  40  Jahren,  die  seit  14  Jahren 
verheiratet  und  Mutter  zweier  Kinder  (Fall  2  und  3)  ist.  Anamnestisch 
läfst  sich  folgendes  feststellen.  Als  Kind  hat  Patientin  viel  mit  uni- 
versellen Ekzemen  zu  kämpfen  gehabt,  die  teils  nässend,  teils  trocken 
auftraten,  seit  der  Pubertät  jedoch  sich  nicht  wieder  eingefunden  haben. 
Als  Mädchen  bereits  hatte  sie  auf  dem  Kopfe  einige  kahle  Stellen ;  jedoch 
vermag  die  Patientin  über  deren  Entstehung  nichts  näheres  anzugeben, 
ebensowenig  wie  über  den  Ausfall  der  Haare  in  den  Augenbrauen.  Nur 
so  viel  konnte  ich  erfahren,  dafs  das  letztere  schon  in  der  frühesten  Kind- 
heit stattgefunden  haben  mufiste,  seit  welcher  Zeit  auch  die  Trichiasis 
sich  eingestellt  hat. 

Status.  Auf  den  äufeeren  Hälften  der  Brauenbogen  sind  die 
Haare  bis  auf  einige  vereinzelt  stehende  verschwunden.  Die  Haut  der 
Brauenbogen  ist  von  blafsbräunlicher  bis  rotbräunlicher  Farbe  und  mit 
zahlreichen  miliaren  rötlichen  Höckerchen  besetzt,  welche  den  ihrer  Haare 
beraubten  Follikeln  im  Zustande  der  Gänsehaut  entsprechen.  Abgesehen 
von  den  etwas  dunkler  pigmentierten  Follikeln  zeigt  auch  die  übrige 
Haut  kein  ganz  gleichmäfsiges  Kolorit.  Bei  genauerer  Betrachtung  findet 
man  nämlich  die  Haut  der  Brauen  durchzogen  von  einem  feinen  Geflecht 
atrophischer,  weifser,  zai'ter,  etwas  eingesunkener  Linien,  welche  noch 
deutlicher  hervortreten,  wenn  man  die  in  den  Brauen  vorhandene  Hyper- 
ämie mit  dem  Finger  hinwegdrückt.  Es  schiefst  alsdann  das  Blut  in  die 
leeren  Kapillaren  mit  vermehrter  Heftigkeit,  und  dadurch  heben  sich 
die  weilisen  atrophischen  Linien  von  den  roten  hyperämischen  Flecken 
besser  ab.  Die  Haare  an  den  innem  Partien  der  Brauenbogen  sind 
ziemlich  dicht,  schwarz,  dick  und  ca  1  mm  über  dem  Niveau  der 
Haut  von  einer  weifslichen  Manschette,  aus  Hornzellen  bestehend,  nm- 
geben. 

Die  Wimperhaare  der  obern  Lider  gehen  statt  geschweift  nadi 
aufsen  und  oben,  konvex  nach  unten,  so  dafs  sie  bei  geschlossenen  Liderü 
sich  mit  den  Wimpern    des    untern    Lides    kreuzen  und   durch   das  fort- 


199 

währende  Beräliren  mit  der  Bindehaut  eine  clironisclie  Conjunctivitis 
henrorgerufen  haben.  Infolge  der  starkem  Thränensekretion  sind  die 
Wimperhaare  des  untern  Lides  meist  mit  eintrocknendem  Sekret  am 
Lidrande  yerklebt. 

Vorderkopf,  Scheitel  und  Hinterkopf  sind  von  totaler  Alopecie  heim- 
gesucht, nur  an  der  Grenze  des  behaarten  Kopfes  ist  ein  Bring  Haare 
vorhanden,  aber  nicht  wie  bei  Alopecia  areata  mit  scharf  begrenztem 
Bande,  oder  wie  bei  der  Alopecia  pityrodes  allmählich  von  gelichtetem 
zu  reichlicherem  Haarwuchs  übergehend,  sondern  der  Übergang  findet  derart 
statt,  dafs  die  Haare  vereinzelt  stehende  Büschel  erst  von  wenigen,  dann 
von  zahlreicheren  Haaren  bilden. 

Zwischen  den  einzelnen  Büscheln  finden  sich  wieder  unregelmäisige 
kahle  Stellen,  die  miteinander  kommunizieren.  Die  Haut  der  kahlen 
Stellen  ist  sehr  glänzend,  weifs,  glatt,  leicht  verschieblich  und  legt 
sich  beim  Verschieben  in  äuüserst  zahlreiche  feine  Eältchen. 

Die  noch  vorhandenen  Haare  sind  sehr  dick,  schwarz,  kurz  und 
etwas  geringelt,  ragen  schief  aus  den  trichterförmig  erweiterten  Follikel- 
mündungen hervor  und  tragen  meist  am  ersten,  seltener  am  zweiten 
drittel  ihres  Schaftes  weilsliche,  rauhe,  manschettenähnliche  Binge  von 
2 — 5  mm  Länge,  die,  wenn  sie  /llteren  Datums  sind,  nicht  mehr  ein 
Ganzes  bilden,  sondern  an  der  Oberfläche  durch  Abfallen  von  einzelnen 
Homzelien  ein  zerklüftetes  Äufsere  haben. 

IL  Fall. 

Der  zweite  Fall  betriflft  einen  dreizehnjährigen  Knaben,  den  Sohn 
der  vorigen.  Gleich  seiner  Mutter  hat  er  als  kleines  Kind  an  Ekzemen 
gelitten.  Sein  Haarwuchs  liefs  bis  zum  achten  Jahre  nichts  zu  wünschen 
übrig;  zu  dieser  Zeit  stellte  sich  die  jetzige  Affektion  ein,  die  mit  dem 
Aufsohielsen  von  roten  Pickeln  um  die  Haare  des  Kopfes  hemm  begann; 
auf  der  Spitze  dieser  Papeln  bildeten  sich  dann  Bläschen,  nach  deren 
Eröffnen  kraterförmige  Löcher  zum  Vorschein  kamen.  Patient  ist  von 
verschiedenen  Autoritäten  erfolglos  behandelt  worden,  bis  schlieislich  die 
Affektion  unter  Schwefelbehandlung  abheilte.  Nach  l^/g — 2-jähriger 
Pause  trat   die  Krankheit  neuerdings  und  mit  vermehrter  Heftigkeit  auf. 

Status.  Das  Kopfhaar  ist  sehr  stark  gelichtet,  es  sind  massen- 
hafte kahle  Stellen  von  der  Gröfse  einer  Linse  bis  zu  der  einer  Kirsche 
vorhanden;  dieselben  haben  ganz  das  Aussehen  von  Narben,  sind  etwas 
vertieft,  weiis,  glänzend  und  glatt,  sind  weich  und  legen  sich  beim  Fassen 
zwischen  zwei  Fingern  in  viele  kleine  Fältchen.  Diese  atrophischen  Haut- 
partien durchziehen  die  ganze  Kopfhaut  ziemlich  gleichmäfsig  derartig, 
dafs  die  übrig  bleibenden  Haare  zu  Büscheln  zusammengedrängt  erscheinen« 

14* 


200 

Die  pathologische  Veränderung  schafft  hier  demnach  durch  Einschmelzen 
der  Haarkreise  ein  ähnliches  Bild,  wie  es  jene  durch  büschelförmigen 
Haarwuchs  gekennzeichneten  Völkerstämme  aufweisen,  nur  noch  in  be- 
deutend höherem  Grade.  Die  ursprünglich  ringförmigen,  später  zu  einer 
siebartigen  Fläche  verschmelzenden  kahlen  Flecke  weisen  auch  noch 
spärliche  einzelnstehende  Haare  auf,  deren  Haarbalgtrichter  ähnlich  wie  bei 
der  Gänsehaut  konisch  empor  ragen  und  übrigens  von  ihrer  blassen 
Umgebung  durch  einen  schmalen  hyperämischen  Saum  getrennt  sind. 

Die  Haarbüschel,  welche  im  Zentrum  der  Haarkreise  stehen  geblieben 
sind,  haben  mindestens  zwei  Haare,  es  finden  sich  aber  auch  fünf  imd 
sechs  Haare  und  zwar  so  zusammengedrängt,  dafs  sie  aus  einer  Follikel- 
mündung zu  kommen  scheinen. 

Auch  hier  finden  wir  die  manschettenähnlichen  Gebilde  an  den 
Haarschäften,  und  zwar  bei  längeren  Haaren  einen  Millimeter  vom  Hant- 
boden entfernt  in  einer  Länge  von  0,5 — 1,5  mm. 

Auf  der  Stirn  hat  die  Affektion  auch  die  Lanugohaare  ergriffen 
und  bietet  daselbst  das  Bild  einer  feinen  roten  Gänsehaut.  Die  Hom- 
schicht  der  ganzen  Gesichtshaut  stöfst  sich  in  Form  eines  feinen  Mehl- 
staubes ab;  aus  jedem  Follikel  ragt  eine  feine,  weifse,  kegelförmige 
Spitze  heraus,  die,  dem  Zuge  der  Pinzette  Folge  leistend,  sich  als  ein 
langes,  feines,  cylinderförmiges  Gebilde  präsentiert,  nämlich  als  Ausgufe 
des  Haarbalgtrichters. 

Die  Augenbrauenhaare  lichten  sich  vom  innem  nach  dem  äufsem 
Ende  zunehmend,  so  dafs  an  dem  letztem  überhaupt  keine  Haare  mehr 
sichtbar  sind.  Wo  sie  aber  noch  vorhanden,  sind  sie  glänzend,  schwarz 
und  lang. 

Die  Haut  der  Bräuenbogen  ist  von  einem  feinen  weifsen  Geflecht 
atrophischer  Linien  durchzogen.  Die  dadurch  entstehenden  Felder  sind 
von  livid  rötlicher  Farbe  und  lassen  die  Follikel  als  etwas  konische, 
dunkler  gefärbte  Papelchen  hervortreten.  Dasselbe  Narbengeflecht,  was 
wir  in  den  Brauenbogen  sahen,  findet  sich  auch  auf  der  Oberlippe;  hier, 
wo  durch  häufiges  Waschen  die  Schüppchen  entfernt  sind,  zeigen  sich 
die  Follikelmündungen  kraterförmig  vertieft,  aber  auch  nur  auf  den  von 
den  atrophischen  Linien  eingeschlossenen  Feldern,  niemals  auf  den  letzte- 
ren selbst. 

Die  Schläfengegenden  und  das  Kinn  haben  dasselbe  Aussehen 
wie  die  Stirn,  die  untere  "Wangenpartie  bietet  nichts  abnormes. 

An  beiden  Oberextremitäten  haben  wir  folgenden  Befund: 

An  der  Unterseite  beider  Vorderarme,  über  dem  .Condylus  internus 
beginnend  und  von  da  schief  über  die  innere  Seite  des  Vorderanns 
nach  dem  Daumenballen  zu  verlaufend,  zieht  ein  3  cm  breiter  Streifen, 
bestehend  aus  hirsekomgrofeen  rötlichen  bis  bräunlichen,  stark  glänzenden 


201 

Papeln  mit  abgerundeter  Spitze;  hin  und  wieder  trägt  eines  von  ihnen 
ein  feines  weüses  Schüppchen  auf  der  Spitze,  oder  es  erhebt  sich  beim 
Darüberfahren  mit  dem  Nagel  oder  Messerrücken  ein  feiner  weifeer  Pfropf 
aus  der  Mündung  des  Follikels;  es  entsprechen  also  die  Papeln  den  Haar- 
follikeln, was  wieder  an  andern  Stellen  mit  der  Durchbohrung  der  Papeln 
durch  Haare  bewiesen  wird. 

ni.  Fall. 

In  dem  dritten  Falle  handelt  es  sich  um  ein  10-jähriges  Mädchen 
(die  Tochter  des  ersten  und  Schwester  des  zweiten  Falls),  das  ebenfalls  als 
kleines  Kind  vielfach  ekzematös  gewesen  ist. 

Bei  dieser  Patientin  trat  die  Affektion  etwas  später  auf  als  bei 
ihrem  Bruder,  und  zwar  zeigte  sich  der  Beginn  als  feine  auf  den 
FoUikehnündungen  sitzende  Schüppchen.  Hier  wurden  ganz  sicher  die 
Brauen   zuerst  befallen,  dann  erst  der  Kopf  und  die  Oberlippe. 

Status.  Die  Kopfhaut  ist  wie  bei  Fall  1  und  2  sehr  trocken.  Das 
Haar  steht  noch  ziemlich  dicht,  nur  an  der  Stimhaargrenze  und  am 
Scheitel  beginnen  die  Haarkreise  einzuschmelzen,  so  dafs  es  hier  zu  kleine- 
ren unregelmälsig  kommunizierenden  kahlen  Flecken  kommt.  Aber  die 
Saare  stehen  hier  noch  mehr  vereinzelt,  noch  nicht  zu  isolierten  Büscheln 
vereinigt.  Sie  tragen  meistens  eine  aus  der  Follikelmündung  heraus- 
ragende Hornmanschette  und  sind  von  einem  Schuppenhügelchen  umgeben. 
Zwischen  denselben  ist  die  Haut  auch  dort,  wo  noch  keine  kahlen  Stellen 
sich  bemerklich  machen,  an  vielen  Orten  narbig  eingezogen.  Beim 
Kämmen  soll  sehr  leicht  Blut  aus  den  Follikelmündungen  hervordringen. 
Im  Gegensatz  zu  den  beiden  ersten  Fällen  sind  hier  die  Haare  sehr  fein, 
ragen  meist  einzeln  aus  den  Follikeln  heraus,  doch  finden  sich  auch 
schon  Follikelmündungen  mit  zwei  uud  drei  Haaren.  An  jedem  Haar- 
Schaft  findet  man  mindestens  ein,  häufig  drei  bis  sieben  der  oben  be- 
schriebenen manschettenartigen  Grebilde  von  verschiedener  Gröise. 

Die  Ohrmuscheln  sind  im  Zustande  einer  feinschilferigen  Pityria- 
sis befindlich.  ' 

Die  Haut  der  Augenbrauenbogen  zeigt  den  höchsten  Grad 
der  narbenähnlichen  Atrophie;  hier  findet  man  nur  noch  einige  steck- 
nadelkopfgroise  Stellen  der  zentralen  Hälfte,  die  noch  nicht  atrophisch 
entartet  sind.  Diese  kleinen  rosafarbenen  Inseln  tragen  nur  ein  Haar, 
aus  den  übrigen  noch  daselbst  vorhandenen  Follikeln  ragen  anstatt  des 
Haares  die  schon  oben  erwähnten  Hornkegelchen.  Diese  Inseln  haben 
bei  flüchtiger  Betrachtung  das  Aussehen,  als  ob  sie  abschilferten,  bei 
näherem  Zusehen  jedoch  besteht  die  vermeintliche  Abschilferung  in  nichts 
anderem  als  in   den   aus    den   Follikelmündungen   herausragenden  Hom- 


e  äulsere  Hälfte  der  Branen  ist  voUstäiidig   haarlos,  nur  dag 
gelegene  drittel  derselben   ist  noch  im  Besitze  einzelnstelien- 

berlippe    ist    ebenfalls  von  einem  narbenartigen  feinen  Nets 

Die    Follikelmündungen   sind    hier  vie  bei  Fall  2  tricbter- 

izogen,  and  ans  vielen  derselben  ragen  die  schon  oft  erwähnten 

ist  im  Gesiebt  etwas  abnormes  nicht  mehr  vorhanden. 

n  Armen  ändet  sich  genan  dieselbe  ASektioQ  nud   Lokfdua- 

en,  wie  bei  Fall  2. 


IV.  Fall. 
rierten  Fall  handelt   es  sich  um  ein  20-jahriges  Fräulein,  das 
in   im    7.    Jahre   zuerst   bemerkt   hat,   doch    glaubt  sie  schon 
in    gelitten    zu  haben.     Zuerst  soll  nur    eine  ein&che  Eötong 
sr  Augenbrauen  bestandeo,  später  aber   sich   noch   ein  Lichter- 

Baare  eingestallt  haben.    Jucken  ist  nur  in  mälsigem  Grade 
itweise  vorhanden. 

Jahre  ältere  Bruder  soll  an  derselben  Affektion  leiden. 
i.  Die  Haare  in  den  Brauenbogen  sind  nur  in  der  Mitte 
itet,  an  den  Enden  der  Brauen  sind  sie  in  ungeschwAcbtem 
'orbanden.  Sie  sind  von  glänzend  schwarzer  Farbe  und  bieten 
>rmes.  Die  Haut  der  Brauen  ist  von  einer  gleichmälsi^D 
ie  aberzogen,    auf   der    sich    die    Follikel    als    miliare,    feine, 

bla&rosa  Knötchen  abheben,  welche  auf  Druck  abblassen, 
isartigen  Glanz  haben  und  etwas  transparent  sind,  Aach  hier 
ine,  atrophische,  perifollikuläre  Maschen  werk  wie  bei  den 
llen  vorbanden.  Ein  aus  solchen  Knötchen  bestehender  ca. 
er  Streifen  zieht  jederseits  von  den  Brauenbogen  nach  oben 
'ubera  frontalia  bis  zur  Haargrenze,  woselbst  er  endigt,  ohne 
ehaarten  Kopf,  welcher  aalser  geringer  Pityriasis  nichts  patho- 
arbietet,  überzugreifen, 
den    Haargrenzen    der    Schläfe    ziehen  Streifen    dieser   Hom- 

oa.  2  cm  Breite  vor  deo  Ohren  vorbei  über  den  Kieferwin^el 
3als  zu  and  von  dort  an  Breite  zunehmend  über  die  Schultern 
reckseit«n  der  Oberarme,  am  Ellenbogen  erreichen  sie  ihr  Bnde. 
der  Yorderarme  ist  von  normaler  Beschaffenheit, 
en  Oberannen  bilden  die  Knötchen  zusammen  mit  der  daselbst 
in  Hyperämie  der  Haut  grofoe  gerötete  Stellen,  von  denen  sich 
len  Homdeckel  der  Follikel  durch    ihre  meist  weilsliche  Fartw 

abheben. 


203 


V.  Fall. 

Ein  Mann  von  31  JahreD,  der  in  seiner  Kindheit  sehr  viel  von 
Bässenden  Ekzemen  befallen  war,  'aber  seit  dem  12.  Jahre  von  denselben 
verschont  geblieben  ist.  Soweit  sein  Gedächtnis  zurückreicht,  hat  er  nie 
Haare  in  den  Augenbrauenbogen  gehabt,  erst  -seit  ungefähr  vier  Jahren  ^ 
seitdem  er  regelmäfsig  die  Brauen  rasierte,  haben  sich  im  zentral  gelege- 
nen drittel  derselben  einige  vereinzelte  Haare  eingestellt.  Dann  und 
wann  verursacht  die  AfFektion  ein  gelindes  Jucken.  Auch  an  einer 
eigentümlichen  Eauhigkeit  der  Haut  hat  er,  so  lange  er  sich  besinnen 
kann,  gelitten. 

Statns.  Der  behaarte  Kopf  ist  vollkommen  normal.  Die  Haut 
derBranenbogen  sticht  durch  ihre  glänzend  weifse  Farbe  von  der  etwas 
bräunlichen  Gesichtshaut  ab.  Auf  dieser  atrophischen,  weifslich  verfärbten 
Brauenbogenhaut  erheben  sich  massenhafte  rosafarbene  bis  bräunlich-rote, 
mit  glänzender  etwaa  abgeplatteter  Spitze  versehene»  miliare  Hompapeln ; 
nur  wenige  derselben  sind  von  einem  Haare  durchbohrt,  die  meisten  sind 
haarlos  oder  zeigen  eine  feine  weifse  zugespitzte  Erhebung,  die,  dem  Zuge 
der  Pinzette  folgend,  sich  als  ein  Cylinder  von  Hornzellen  präsentiert. 

Von  den  Brauen  aus  zieht  beiderseits  ein  mit  den  obenerwähnten 
Knötchen  versehener  Streifen  am  Ohre  vorbei  über  den  Elieferwinkel  und 
befällt  von  da  mit  zunehmender  Breite  den  Hals  und  die  Schultern 
und  endigt,  die  Streckseiten  der  Oberextremitäten  überziehend,  am 
Olekranon. 

VI.  Fall. 

Ein  11 -jähriger  zarter  Knabe. 

Er  hat  nach  Aussage  der  Mutter  die  Affektion  im  3.  Jahre  acquiriert. 
Sie  äuJserte  sich  beim  Entstehen  nur  durch  eine  leichte  Böte,  die 
sich  nur  auf  die  Gegend  der  Augenbrauen  beschränkte;  und  diese 
Röte  hat  seitdem  ohne  die  geringste  Schwankung  gleichmäfsig  fortbe- 
standen, trotz  der  mannigfaltigsten  Behandlungsmethoden.  Erst  sehr  viel 
später  (nach  Aussage  der  Mutter  sind  es  fünf  Jahre)  sollen  die  Haare 
der  Brauen  auszufallen  angefangen  haben.  Alle  andern  Familienmit- 
glieder sind  gesund. 

Status.  Kopfhaut  und  Haar  sind  von  aufserge wohnlicher  Trocken- 
heit.   Haarwuchs  sehr  dicht,  nirgends  gelichtet. 

Die  Haut  der  Brauenbogen  ist  in  diffuser  Weise  zart  gerötet, 
xind  erstreckt  sich  diese  Rötung  oberhalb  der  Brauen  noch  um  V»  cm 
über  dieselben  hinaus.   Auf  dieser  hyperämischen  Haut  erheben   sich    die 


204 

FollikelmilndangeQ  als  etwas  tiefer  gerötete,  vaclisartig  glänzende,  koaisd 
Hompapeln.  Der  HaarwuoliB  nimmt  vom  Innern  nach  dem  äolem  Eii' 
an  Dichtigkeit  bedeutend  ab,  so  dafs  das  letztere  beinahe  von  Haar 
entbiölst  ist. 

Viele  von  den  Haaren  sind  in  ihrem  Follikel  so  gelockert,  dab  m 
sie  beim  leichtesten  Zuge  in  der  Hand  behält. 

Sämtliche  so  epilierteü  Haare  haben  nicht  Hohl-,  sondern  YoUwnTzel 
Unter  22  epilierten  Haaien  habe  ich  anch  nicht  eine  einzige  Hol 
Wurzel  getroffen,  ein  Beweis,  dals  die  Haarbttlge  sich  bereits  sehr  t 
kürzt  haben  müssen.  Von  einer  beginnenden  oder  bereits  vorhanden 
Atrophie  —  wie  sie  bei  den  vorerwähnten  Fallen  bestand  —  konnte  i 
nichts  wahrnehmen,  dagegen  gehen  hier  ebenfalls  von  den  Branen  i 
beiderseits  Streifen  der  Aöektioa  vor  dem  Ohre  vorbei  aber  den  ünterkief 
den  Hals,  die  Sohultem  nach  den  Streokseiten  der  Oberanne,  vo 
am  Olekranon  ihr  Ende  en-eichen.  Gleitet  man  mit  den  Fingern  leü 
über  die  Streckseifen  der  Oberarme,  so  hat  man  das  Grefiihl,  als  ob  n 
über  ein  feines  Sandpapier  streiche. 

Von  der  obem  Seite  der  Brauen  gehen  zwei  schmale  ähnliche  Streil 
fibei  die  Tubera  frontalia  bis  zur  Stimhaargrenze,  greifen  aber  nicht  f 
den  behaarten  Kopf  selbst  über. 

Soweit  der  klinische  Teil  meiner  Beobachtungen.  Ein  abgesohl« 
Benes  Bild  dieser  Affektion  wird  natürlich  erst  dann  vorliegen ,  wei 
entsprechende  pathologische  Untersuchungen  an  exzidiertem  Material  z 
Verfügung  stehen.  Es  war  mir  bisher  nicht  möglich,  die  Affektton  : 
Hauischnitten  zu  studieren;  dagegen  können  wir  uns  durch  die  Eig« 
tümlichkeiten  der  ausgezogenen  Haare  und  der  entfernten  Homschnpp 
wenigstens  ein  Bild  von  den  Vorgängen  der  Oberhaut  machen,  welche  i 
Krankheit  einleiten. 

Was  zunächst  die  ausgezogenen  Haare  betrifft,  so  besitzen  sie 
der  Mehrzahl  eine  Vollwurzel  mit  anhängender  Staohelschicht,  sind  al 
bereits  über  das  PapÜlenstadium  hinausgegangen  und  folgen  demgem) 
dem  Zuge  ziemlich  leicht.  Diesen  Umstand  teilen  sie  mit  den  meist 
Formen  der  Alopecie.  Aber  es  bestehen  doch  gewisse  Unterschiede.  V' 
der  gewöhnlichsten  Form  der  Alopecie  (Alopecia  pityrodea  b.  Beborrhoio 
jenem  häufigen  Resultate  eines  seborrhoischen  Ekzems  der  Kopfhai 
unterscheidet  sich  diese  Alopecie  sogar  sehr  bedeutend.  Dort  findet  na 
der  Untersuchung  von  Pohl-Putcüs  und  UsNA  der  Haarwechsel  in  di 
selben  Weise  wie  im  normalen  Zustande,  nur  in  beschränkterer  Foi 
statt;  die  sich  normalerweise  zur  Bildung  eines  jungen  Haares  Terlängemd 
Haarbälge  finden  an  dem  sich  verdickendem  Fannicnlns  adiposus  der  Koj 
baut  einen  immer  stärkeren  Widerstand.     Die  Haarbälge  gewinnen  dah 


205 

nicht  wieder  ihre  alte  Tiefe  beim  Ebarweohsel,  sondern  werden  kürzer 
xmd  mit  der  Zeit  auch  dünner.  Hieraus  resultiert  eine  langsame  aber 
stetig  fortschreitende  Verkürzung  und  Verdünnung  des  Haarwurzelendes, 
welche  zunächst  den  Bestand  des  Kopfhaares  auf  die  Form  gewöhnlicher, 
gleichm&Isig  verteilter  Lanugo  reduziert  und  erst  nach  sehr  viel  längerer 
Zeit  zu  einer  gleichmäJsigen  absoluten  Kahlheit  führt. 

So  bei  der  Alopecia  pityrodes. 

Hier  dagegen  führt  zwar  die  oberflächliche  leichte  Entzündung  an 
einigen  Haaren  —  und  dieses  sind  offenbar  diejenigen,  welche  am  wenig- 
sten tief  in  die  Cutis  eingepflanzt  sind  —  auch  allmählich  zu  einer  Ver- 
kürzung und  Verdünnung  der  Haarbälge  resp.  Lanugobildung;  dagegen 
bleiben  die  tiefer  in  die  Haut  eingepflanzten  Haarbälge  in  den  leichteren 
Fällen  ganz,  und  in  den  schwereren  Fällen  bis  zuletzt  von  dieser  Verände- 
rung verschont,  so  dais  sie  aus  einer  relativ  kahlen  Area  isoliert,  aber  in 
unveränderter  Stärke  hervorragen.  Die  dem  Zuge  leicht  folgenden  Voll- 
wurzeln gehören  hier  mithin  nur  den  atrophisch  einsinkenden  Peripherien 
der  Haarkreise  an,  während  in  der  Mitte  derselben  einzelne  lange  Papillen- 
baare  bestehen  bleiben,  wie  es  dieser  durchaus  oberflächlich  angreifenden 
Entzündung  entspricht.  Daher  kommt  es  bei  dieser  Kirankheit  stets  zu 
einer  unregelmälsigen  Verteilung  der  kahlen  Stellen.  Wir  finden  auf  der 
Höhe  der  Krankheit  Haarzentren  mit  normalen  Haarwurzeln,  und  relativ 
oder  ganz  kahle  Umkreise  mit  Vollwurzeln,  in  welchen  die  Follikel  dem 
totalen  Schwunde  entgegengehen.  Die  Haarzentren  werden  an  den  Augen- 
brauen immer  und  an  der  Kopfhaut  häufig  nur  von  einem  oder  zwei 
Haaren  eingenommen;  häufig  finden  sich  aber  hier  Bouquets  von  vier  bis 
sechs  Haaren  auf  einem  relativ  engen  Baume  zusammengedrängt.  Es  ist 
Sache  der  ferneren  histologischen  Untersuchungen,  zu  entscheiden,  ob 
diese  Haarbouquets  durch  Narbenzug  und  Verschmelzung  nebeneinander 
liegender  Follikel  oder  durch  Überproduktion  einzelner  Follikel  an 
Haaren  zustande  kommen.  Für  die  letztere  Ansicht  spricht  es,  dais  ich 
Bouquets  aus  drei  Haaren  bestehend  fand,  in  welchen  alle  drei  Schäfte 
durch  eine  einzige  Manschette  von  Homsubstanz  zusammen  gehalten  waren. 
Da  jede  Hommansohette,  auch  wenn  sie  höher  oben  am  Haarschaft  ange- 
troffen wird,  die  ursprüngliche  hornige  Auskleidung  eines  Haarbalgtrichters 
war,  so  müssen  alle  Haare,  welche  sich  innerhalb  einer  Manschette  finden, 
aus  einem  einzigen  Follikel  vorgekommen  sein.  Zwei  Haare,  nämlich 
eine  Vollwurzel  und  eine  Hohlwurzel  innerhalb  einer  solchen  Manschette 
zu  finden,  würde  natürlich  nichts  auffallendes  haben;  drei  Haare  jedoch 
lädst  schon  auf  eine  Überproduktion  des  Follikelepithels  mittels  seitlicher 
Epithelsprossen  schlieisen. 

Die  öfter  beschriebenen  Manschetten,  welche  identisch  sind  mit  den 
cyUnderfbrmigen  Homsäulchen,   welche  man  aus  ganz  haarlosen  Follikeln 


206 

herausziehen  kann,  bestehen  ans  einer  leichtwelligen,  im  grolsen  und 
ganzen  der  Haaraxe  parallelen  Hornschicht.  Hin  nnd  wieder  zeigen 
dieselben  ümbiegungen  gegen  den  nmschlossenen  Haarschaft,  als  wenn 
sie  zurückgehalten  und  zusammengeschoben  wären. 

Die  bakteriologische  Untersuchung  sowohl  der  Hommanschetten, 
wie  auch  der  epilierten  Haare  ergab  bei  Färbung  mit  LOFFLBBsdiem 
Methylenblau  oder  mit  Fuchsin  nach  Koch-Ehrlich  stets  ein  n^atives 
Resultat. 

Die  Existenz  der  Hornmanschetten  ist  liicht  an  unsere  Affektion 
gebunden,  sondern  findet  sich  bekanntlich  bei  einer  ganzen  Reihe  von 
Parakeratosen,  vor  allem  bei  verschiedenen  Formen  der  Pityriasis  capitis, 
di^  schon  vor  langer  Zeit  als  asbestartige  Pityriasis  (amiantacee)  von  Ali- 
bert beschrieben  wurden.  In  allen  Fällen  sind  sie  aber  der  Beweis, 
dafs  die  Parakeratose  von  der  Oberfläche  auf  die  Follikelmündungen 
sich  fortgesetzt  hat.  Die  ursprünglich  horizontal  geschichtete  Hornschicht 
der  Oberfläche  wird  also  zunächst  an  Stelle  der  Follikel  in  Form 
eines  spitzen  Deckels  (Conus)  in  die  Höhe  gehoben,  schlielslich  aber 
nicht  nur  durch  das  Haar,  sondern  mit  diesem  oder  an  Stelle  desselben 
von  einer  vertikal  angeordneten  Hornschicht  durchbrochen,  der  hyper- 
trophischen Hornschicht  des  FoUikelausganges.  So  ist  es  bei  allen  jenen 
Parakeratosen,  welche  an  den  Haaren  längere  Homschichtmanschetten 
aufweisen,   und  so    auch  bei  der  unsrigen. 

Wenn  wir  jetzt  in  einem  kurzen  Rückblicke  das  Wesentliche  unsrer 
neuen  Affektion  zusammenfassen,  so  haben  wir  es  mit  einer  Krankheit 
zu  thun,  welche  in  der  frühesten  Jugend  auftritt,  um  —  wenn  ärztlicher- 
seits nicht  eingegriffen  wird  —  das  ganze  Leben  hindurch  bestehen  zu 
bleiben.  Man  kann  eine  milde  und  eine  schwerere  Form  derselben 
unterscheiden. 

In  der  milderen  Form  erstreckt  sie  sich  von  dem  äu&em  Teile 
der  Augenbrauen  über  die  Jochbogen  vor  dem  Ohre  hinab  über  die  Seiten- 
partien des  Halses  und  mit  den  letzten  Ausläufern  auf  die  Streckseite 
des  Oberarmes,  seltener  mit  Umgehung  des  Oberarmes  auf  den  Vorder- 
arm. Sie  beginnt  hier  stets  mit  einer  Hyperkeratose  und  begleitendem 
Erythem;  die  Follikel  sind  durch  Horndeckel  verschlossen,  die  Lanugo- 
haare  stets,  die  stärkern  Haare  zeitweise  am  Durchbruch  verhindert,  w 
dafs  zunächst  das  Bild  einer  eigentümlichen  auf  erythematöser  Grundlage 
auftretenden  Hyperkeititosis  pilaris  entsteht. 

In  den  schwereren  Fällen  partizipieren  aulser  den  genannten  Haut- 
partien auch  die  innem  Teile  der  Augenbrauen,  die  Oberlippe  und  einige 
angrenzende  Hautbezirke  des  Gesichts,  weiterhin  der  ganze  behaarte  Kopf 


207 

usd  die  Streckseiten  der  Oberextremitäten  in  mehr  oder  minder  hohem 
Grrade.  In  diesen  Fällen  dokumentiert  sich  die  Schwere  der  Affektion 
hauptsächlich  durch  die  konsekutive  Narbenbildung,  welche  in  milderen 
Fällen  nur  an  einzelnen  Stellen  angedeutet  ist.  Die  Vemarbung  greift 
stets  zuerst  die  in  der  Mitte  zwischen  den  Haaren  gelegenen  Hautpartien 
an  und  bedingt  daher  auf  den  Augenbrauen  und  der  Oberlippe  ein 
feines  lineares  Netz  von  Narben,  während  sie  auf  dem  Kopfe  zu  einem 
Sjrstem  von  zusammenflieisenden  kahlen  Kiugen  führt,  welche  die  Haar- 
kreise mit  dem  Alter  mehr  und  mehr  auf  vereinzelte  Haare  reduzieren. 
Dadurch  führt  sie  im  Laufe  der  Zeit  schliefslich  zur  totalen  Alopecie. 
Die  Affektion  zeigt  im  allgemeinen  einen  sehr  indolenten  Charakter, 
selten  treten  Perioden  stärkerer  und  schmerzhafter  Rötung  an  den 
Follikeln  ein,  wodurch  es  dann  manchmal  zur  Ansiedelung  von  Eiter- 
kokken und  Kombination  mit  Folliculitis  suppurativa  kommt;  besonders 
ist  dies  der  Fall  bei  jeder  stärker  reizenden  Behandlung  der  Kopfhaut, 
während  schwach  reduzierende  Mittel  (Schwefel,  Resoroin)  die  stärkern 
Formen  der  Krankheit  zu  besseru,  die  schwachem  zu  heilen  imstande  sind. 
Sehen  wir  uns  unter  den  bekannten  Dermatosen  nach  solchen  um, 
welche  mit  unsrer  Affektion  in  allgemein  pathologischer  Beziehung  Ähnlich- 
keit haben,  so  müssen  wir  im  Gegensatz  zur  gewöhnlichen  follikulären 
Hyperkeratose  (Liehen  pilaris)  den  Nachdruck  legen  auf  die  damit  kom- 
binierten Symptome  des  permanenten  Erythems  und  der  schlieüslichen 
Atrophie  der  Cutis.  Wir  haben  eine  Reihe  von  Krankheiten  der  Haut, 
bei  welchen  diese  Symptome  eines  oberflächlichen  Entzündungszustandes 
mit  nachfolgender  narbenähnlicher  Atrophie  der  Cutis  auftreten. 

Und  diese  Affektionen  haben  weiter  das  gemeinsam,  dals  sie  ebenfalls 
schwer  in  den  Rahmen  der  spezifischen  infektiösen  Hautentzündungen 
(Granulationsgeschwülste,  z.  B.  Lupus)  oder  der  Parakeratosen  (z.  ß. 
Psoriasis)  hineinpassen,  obgleich  sie  mit  diesen  beiden  Gruppen  manche 
Züge  teilen.  Indem  ich  es  versuche,  meiner  Affektion  einen  recht  präzisen, 
die  hauptsächlichen  klinischen  Symptome  ausdrückenden  Namen  zu  geben, 
folge  ich  daher  dem  Vorgange  von  Herrn  Dr.  Unna,  welcher  in  seinen 
Vorlesungen  diese  mit  Erythem  und  NarbenbilduDg  einhergehenden  Affek- 
tionen unter  einem  gemeinschaftlichen  Gruppennamen  abhandelt,  nämlich 
dem  der  Ulerytheme.  ^  Dazu  gehören  nach  Unna  vor  allem  der  Lupus 
erythematosus  ^  dann  eine  akneähnliche  und  eine  andere,  sykosisähnliche 
Affektion,  welche  bisher  noch  nicht  beschrieben  sind  (Ulerythema  acnet- 
forme  und  sycosiforme).  Am  nächsten  schliefsen  sich  dieser  Gruppe  der 
Ulerytheme    an    die    Favusarten    und    vielleicht   die    Acne  varioliformis 


*  Von  ovXtjy  die  Narbe,  und  iQu^ij^ua^  die  Kote. 

*  Ulerythema  centrifugum. 


ienec  Schale  wegen  der  lesultierenden  Narbenbildmig;  die  letz^ 
AffektioQ  allerdings  nnr  dann,  wenn  die  EiteruDg  tmd  zentrale 
le  nicht  lediglich  durch  den  hierbei  stets  in  der  UNKASchen  Klinik 
gefundenen  Staphjlococcns  albus  erzengt  wird. 
ih  gebe  mich  der  HofEnung  hin,  daSa  die  Anfstellung  dieser  AJek- 
a  einer  besondern  nicht  nur  die  Aofmerksamkeit  der  FacbkoU^eo 
ese  hau&g  übersehene  Krankheit  hinlenken,  sondern  dalä  die  Ton 
jvorzngte  Namengebang  auch  dazu  beitragen  wird,  den  Gmppen- 
des  Ulerythems  auch  für  die  anderen  genannten  £rkrankmig«ii 
Irgem.* 

inerhalb  dieser  Gruppe  würde  die  von  mir  beschriebene  Krank- 
m  passendsten  nach  dem  charakteristischen  Ausgangspunkt  nnd 
iktionsort  der  Angenbraaen  bezeichnet  ab:  Ulerythema  enper- 
e  8.  ophryogenes. 


rber  einea  Fall  von  primärem  Schanker  auf  der  Wange. 


WiLLiiM  Andersok.  f.  E.  C.  S. 

leknndSrchirorg  and  Leiter  der  E&uUbt«iluDg  im  St.  Thomu-EoBpital, 

London. 

''enn  es  anch  eine  allgemein  bekannte  Thatsaohe  ist,  dals  die 
ffenheit  eines  Primärayphilids  sehr  beträchtlichen  Abweichungen  je 
er  Lokalisation  des  Leidens  unterworfen' zn  sein  pSegt,  iats  fiogu 
rissen  Körperstellen  die  ABektion  längere  Zeit  hindurch  keineswegs 
)ller  Sicherheit  ihrem  wahren  Wesen  nach  zu  diagnostizieren  ist, 
n  doch  ein  Primärsyphilid  der  Wangenhaut  zuweilen  so  besondeis 
mliche  Eigenschaften  darbieten,  dais  sogar  ein  erfahrongsreit^ 
ei  Ermangelung  einer  korrekten  Anamnese  oder  anderer,  begleiten- 
philitischer  Symptome  ziemlieh  ernsten  diagnostischen  Irrtümen 
itzt  ist.  Von  Herrn  Maruaduee  Shbild  ist  bereits  ein  sehr 
lanter  hierhergehüriger  Fall  {British  Medical  Journal.  5.  Febr.  1887) 
itlicht  worden,    nnd   auch   das    folgende,    kürzlich  Ton  mir  beol>- 


Seeonden  &n  Stelle  des  ganz  unpaasenden  Nuneiu  Lupus  erythemato^os. 


209 

achtete  Beispiel  bietet  genug  des  charakteristischen    dar   nm   als  weiterer 
Anhaltspunkt  zur  Erkennung  der  AflFektion  dienen  zu  können. 

Der  Patient,  ein  29jähriger  Mann  von  gesundem  Aussehen,  besuchte 
die  Hautabteilung  im  St.  Thomas-Hospital  am  letzten  März  hj.  ann. 
wegen  eines  grofsen,  elliptischen  Geschwüres,  welches,  unter  dem  rechten 
Auge  gelegen,  in  einer  Ausdehnung  von  zwei  Zoll  dem  queren  und  ca. 
anderthalb  Zoll  dem  vertikalen  Durchmesser  nach  die  Wangenhaut  ein- 
nahm. Die  Oberfläche  desselben  überragte  das  Hautniveau  um  ungefähr 
ein  sechstel  Zoll;  diese  war  glatt,  von  rötlicher  Farbe,  ziemlich  unregel- 
mäfeig  und  ohne  reaktive  Erscheinungen;  die  BÄnder  waren  ziemlich 
scharf  markiert,  mäfsig  hart  und  beträchtlich  nach  aufsen  umgestülpt. 
Die  benachbarte  Haut  leicht  gerötet.  Schmerzen  und  Empfindlichkeit 
waren  gering.  Die  submaxillaren  Lymphdrüsen  waren  geschwollen  und 
verhärtet,  namentlich  auf  der  rechten  Seite.  Im  übrigen  fand  sich  ein 
charakteristisches  Boseolaexanthem  auf  Rumpf  und  Gesicht  nebst  einer 
mä&igen,  entzündlichen  Beizung  des  Bachens. 

Auf  Befragen    erklärte   Patient,    dafe  er  ungefehr  7  Wochen  zuvor 
einen  Schlag  auf  das  betreffende  Auge  erhalten  habe,  welcher  die  üblichen 
Ekchymosen  und  eine  leichte    Hautabschürfang  zur  Folge  gehabt  habe. 
Ein  Bekannter,    an    dem  späterhin  Schleimhautknötchen  im  Munde  nach- 
gewifsen    wurden,    erbot  sich  die  Wunde  auszusaugen,  was  er  auch  that. 
Die   Folge    davon  war,    dafs  nach  drei  Wochen  sich  an  der  Einrifsstelle 
ein  Geschwür   entwickelte,    welches    seitdem    zu   der   beschriebenen  Aus- 
dehnung anwuchs.    Die  Drüsenschwellung  stellte  sich  ungefähr  acht  Tage 
nach   der    Entstehung    des   Geschwürs    ein,  der  sekundäre  Ausschlag  war 
zuerst   am    Tage    des   Hospitalbesuches    hervorgetreten.     Es  wurde  sofort 
mit    der    innerlichen    Darreichung    von    Quecksilber   begonnen,    und    das 
Ulcus  wurde  zuerst  mit  Jodoform,  späterhin  mit  Kalomelpulver  behandelt. 
Indessen    wurde    auf   diese  Weise    nur   ein    sehr  geringer  Erfolg  erzielt, 
iodem    der    Schanker    während  der  nächsten  fünf  Wochen  stationär  blieb 
oder   sich    eher    ein    wenig    vergröfserte ;    dagegen    fing    am  Ende  dieses 
Zeitraumes    der    Involutionsprozefs    sich    zu    entwickeln    an  und   machte 
bald   rapide    Fortschritte.     Nach    weiteren  fünf  Wochen  war  die  Drüsen- 
schwellung fast  gänzlich  verschwunden  bei  gleichzeitiger  Umwandlung  des 
Geschwürs    in    eine    kleine,    oberflächliche  Wund^,   welche  von  einer  im 
Vergleich  zu  der  Ausdehnung  der  Primäraffektion  geradezu  unbedeutenden 
faltigen   Narbe  umgeben  war.     Seit  dieser  Zeit  hat  Patient,  der  offenbar 
eine  weitere  Behandlung  für  überflüssig    erachtete,    seine    Besuche  in  der 
Poliklinik  eingestellt  und  ist  seitdem  nicht  wieder  gesehen  worden. 

Das  seltsame  Aussehen  des  Geschwürs  erinnerte  bei  weitem  eher  an 
einen  malignen  Tumor  der  Haut  als  an  einen  harten  Schanker.  Man 
kann  sich  auch  sehr  gut  vorstellen,  dafs,  wenn  bei  einem  derartigen  Fall 


I ' 


210 

SekuDdärerscheinungen  noch  nicht  hervorgetreten  sind,  oder  die  anam- 
nestischen Angaben  ungenau  sind,  ein  diagnostischer  In-tum  nicht  Töllig 
auszuschlieisen  ist.  Ein  gutes  Beispiel  einer  derartigen  Schwierigkeit  ist 
mir  vor  einigen  Jahren  zu&llig  begegnet.  In  diesem  Falle  hatte  der 
Patient  eine  der  unsrigen  sehr  ähnliche  Affektion  dargeboten,  ohne  aber 
über  deren  Entstehung  irgend  welchen  Aufschluis  geben  zu  können,  und 
ohne  zur  Zeit  irgend  welche  konstitutionelle  Symptome  darzubieten.  Das 
Gewächs  verbreitete  sich  so  rapide  und  nahm  eine  so  bedrohliche  Ans^ 
dehnung  an,  dafis  der  behandelnde  Arzt  die  Diagnose  auf  maligne  Neu- 
bildung stellte  und  dasselbe  exzidierte.  In  der  Folge  wurde  die  Operatioos- 
wunde  fungös  und  bot  am  Ende  von  drei  Wochen  schon  ein  höchst  bös- 
artiges Aussehen  dar,  als  ziemlich  plötzlich  spontane  Heilung  eintrat; 
das  Geschwür  vernarbte  schnell,  und  die  Drüsenschwellung  ging  zurücL 
Späterhin  wurde  durch  den  Ausbruch  von  sekundären  syphihtiflchai 
Symptomen  die  Erklärung  für  diese  Vorgänge  geliefert,  indem  es  offenbar 
wurde,  daüs  man  unversehens  einen  Schanker  operiert  hatte. 


Die  Fortschritte  der  Hautanatomie  in  den  letzten 

5  Jahren. 

Von 

P.  G.  Unna. 
V.  Die  Nerven  der  Haut. 

Bei  Mitteilung  der  paarigen,  intracellularen  Nervenendknöpfe 
der  Stachelschicht,  welche  ich  an  entfetteten  und  dann  mit  Osmium 
behandelten  Präparaten  der  menschlichen  Vorhaut  als  universelle  Endigong 
innerhalb  der  Oberhaut  nachweisen  koDnte  (Diese  Zeitschr.  Bd.  1.  No.  8. 
1882),  bezog  ich  mich  auf  die  bekannte,  ein  Jahr  vorher  erschienene 
Arbeit  von  Pfitzner  [Morphol.  Jahrb.  Bd.  VII.  pag.  726),  in  welcher 
dieselbe  Anordnung  der  Nervenenden  von  der  Frosch-  und  Salamander- 
larve nachgewiesen  und  für  die  Haut  des  Menschen  wenigstens  wahr- 
scheinlich gemacht  wurde. 

Sowohl  meine  als  Pfitznbrs  Darstellung  begegneten  seither  bei  dea 
meisten  Histologen  weniger  einer  eingehenden  Kritik  als  prinzipieller 
Abneigung.  Soweit  sich  diese  kühle  Aufiiahme  auf  den  Fundort  der 
menschlichen    Haut  bezieht,  so  kann  ich  alles  Weitere  ohne  Entgeg^iiuig 


—       C'1_ 


211 

ruhig  der  Zukunft  überlassen,  da  ich  meine  Präparate  photopraphiert^ 
hatte  nnd  jeder  noch  heute  die  Richtigkeit  der  Angaben  an  meinen 
Fhotogrammen  prüfen  kann,  ein  Beweismittel,  wie  es  bisher  für  keine 
Art  der  intraepithelialen  Nervenendigung  vorgelegen  hat. 

Aber  die  parallel  laufenden  Angaben  Pfitznebs  haben  inzwischen 
an  dem  Objekt  der  Amphibienhaut  zu  einer  stattlichen  Reihe  von  Ar- 
beiten gefuhrt,  die  wir  schon  deshalb  nicht  unberücksichtigt  lassen 
dürfen,  da  die  hier  in  gröüseren  Dimensionen  vorliegenden  ähnlichen 
Nervenendigungen  stets  für  die  uns  beschäftigenden  kleineren  cum  grano 
Balis   zu  gebrauchende  Vorbilder  abgeben  werden. 

Zuerst  unternahm,  unter  Gaules  Leitung,  Canini  es,  die  Pfitz- 
HEBschen  Angaben  zu  prüfen  (Die  Endigungen  der  Nerven  in 
der  Haut  des  Froschlarvenschwanzes.  Arch,  f.  Anat,  u.  Phys, 
1883.  pag.  149).  Jene  eigentümlichen  Gebilde  in  den  Epithelzellen  des 
Froschlarvenschwanzes,  welche  Leydig  für  ein  besonderes  Zellensekret 
erklärt  hatte  (daher:  Byssuszellen),  identifizierte  Canini  mit  den  Pfitzner- 
sehen  Befunden.  Er  fand  an  Präparaten,  die  nach  Pfitzners  Methode 
behandelt  waren,  diese  Gebilde  ähnlich  wie  Lbtdio  und  Ebbrth  sie 
beschrieben  hatten,  unregelmäTsig  balkenartifr,  den  Kern  als  Spangen, 
Ringe,  Thorbogen,  Wände  umkreisend,  mithin  weit  entfernt  von  der 
regelmäfsigen  Form  am  Ende  knopffönnig  angeschwollener  Stäbe,  welche 
Pfitzkbr  allein  gesehen  hatte.  Auch  gelang  es  ihm  nicht,  mit  der- 
selben Sicherheit,  wie  Pfitznsr,  Nervenfäden  bis  zu  diesen  Gebilden  zu 
verfolgen. 

In  einem  Nachtrage  zu  dieser  Arbeit  von  Canini  (Ergänzende 
Bemerkungen  zu  vorstehender  Arbeit)  gibt  Gaule  an,  allerdings 
doch  den  Zusammenhang  von  senkrecht  im  Epithel  aufsteigenden  Nerven- 
fasern mit  den  intraepithelialen  Gebilden  gefunden  zu  haben,  kann 
die  letzteren  aber  doch  nicht  einfach  mit  Pfitzner  als  Nervenenden  an- 
sehen. Denn  die  intracellularen  Gebilde  finden  sich  fast  nur  am  Frosch- 
larvenschwanz  und  verschwinden  mit  dessen  Abfall.  Da  sie  den  übrigen 
Epithelien  fehlen,  sind  die  betreffenden  Epithelien  entweder  Sinnes- 
epithelien  oder  Drüsenepithelien  (Lbtdig),  beides  würde  ihre  Beziehung 
zu  den  Nerven  auch  erklären. 


^  Allerdings  gebort  nicht  blofs  guter  Wille,  sondern  anoh  eine  gewisse  Übung 
dazu,  Photogramme  zu  studieren,  das  haben  die  Bakterienphotogramme  zur  Genüge 
bewiesen.  Ist  es  mir  doch  öfter  vorgekommen,  dafs  mir  hervorragende  Fachgenossen, 
nachdem  ich  ihnen  die  Photogramme  der  Nervenenden  selbst  demonstriert,  erstaunt 
sagten:  so  deutlich  hätten  sie  sich  die  von  mir  beschriebene  Endigung  allerdings 
nicht  gedacht.  Auch  W.  Wolff  gehört  zu  demjenigen,  welchen  das  Studium  des 
Mikrophotogrammes  in  seiner  Eigenart  1883  noch  unbekannt  war  (s.  diese  Zeitschr. 
Bd.  n.  pag.  10). 


lochte  in  bezug  aaf  die  CANlNl-GAtiLEsclie  Arbeit  einsclialteii, 
:ner  sicher  nie  daran  gedacht  bat,  diese  iiDr^Imftlsigen,  ja 
ch  gestalteten  Gebilde  mit  seinen  regelmälsigen  Endkn5pfa 
sieren,  und  dafs  die  ScblQsae  ans  der  Gestalt  jener  keineswegs 
'iTZNBBscben  Befunde  entscheidend  sein  können.  KSnnten,  mn 
iöglicbkeit  zu  erwähnen,  jene  groben  Gebilde  nicht  recht  gnt 
Haie  Fortsetzungen  des  Saftkanalsystems  sein,  in  welchm  dit 
ihen  Nervenenden  erst  darin  lägen?  Ich  sehe  wenigstens  dkuh 
en  in  den  Epitbelien  der  Stachelschicht  häufig  deutlich  von  r- 
3  Kemhöhle  mündenden  Kanäle  begleitet. 

ihat  trat  nun  W.  WoLFP  {Die  Nerven  des  FroschlaiTen- 
is.  Terhandbtngen  der  berl.  phys.  Geseltsck.  11.  Jaa.  18&41 
ZNBK  sowohl  wie  gegen  Cantni  anf.    Bas  subepitheliale  Neneo- 

dem  jene  beiden  Foracher  die  senkrechten  letzten  Fasen 
)1  au&teigen  lassen,  existiert  nach  ihm  überhaupt  nicht  D»> 
den  vielmehr  mit  feinen  nnd  nicht  besonders  reichlichen  Spitm 
rhalb  des  Epithels.  Bindegewebszellen  und  deren  Fortettn . 
lin  subepitheliales  Nervennetz,    Reste    schlecht  erhaltener  Eent- : 

für  die  verschieden  geformten  Fsendonervenendigungea   erUir. ' 

mit  beneidenswerter  Sicherheit  vorgetragenen,  radikalen  An- ! 
i  schössen  natürlich  weit  über  das  Ziel  sachgemälser  Knäk 
i    konnten  die  schwebende  Frage  der  Lösung  nm  nichts  niLer 


eingehendere  Studie  widmete  bald  daranf  Mitrophänow  dem- 
genstande  (Über  die  Endignngsweise  der  Nerven  in 
1er  Kaulquappen.  Arch.  f.  Anai.  u.  Thysiol.  1884.  pag.  1911 
:u  dem  Schlüsse,  dafs  die  merkwürdig  geformten  EBBRTasch« 
eine  Nervenenden  und  die  aus  dem  snbepitbelialen  Flexas  zd 
iteigenden  Fasern  keine  Nerven,  sondern  senkrechte  Fasern  de 
ligen  Basalmembran  seien.  Dagegen  fand  er  wirkliche  Nerven- 
irecht  aus  dem  subkutanen  sog.  Fundamentalplesus  aufeteigen; 
thelialer  (Gaule)  existiert  auch  nach  Mitsophanow  daselbst 
»e  senkrechten,  in  das  Epithel  eintretenden  Faden  enden  in 
mit  Endknöpfchen,  aber  nicht  in  den  Epithelzellen  sonden 
denselben.  Je  zwei  oder  drei  Zellen  schlietsen  an  ibnr 
istelle  ein  oder  zwei  solcher  Nervenendigungen  ein,  so  di6 
Epithelzelle,  an  einer  Seite  wenigstens,  mit  einem  Nerven- 
;en  in  Berührung  ist,  MiTBOPHANOW  schliefst  aus  seinen  Be- 
i   Frosch,    dafs   meine    Beobachtnngen    über    die    Endignng  ii 


213 

der  Stachelsohicht   der  Menschen  imge  sind  —  eine   etwas    weitgehende 
Folgerung.  — 

Frbnkbl  (Nerv  und  Epithel  am  Froschlarvenschwanze.  Arch, 
f.  Änat  u.  Phys,  1886.  pag.  415)  nahm  wiederum  die  Angaben  Caninis 
gegenüber  Mitrophanow  in  Schutz.  Der  letztere  habe  seine  Abbildungen 
seiner  Theorie  zu  liebe  schematisiert.  Pfitzner  und  Canini  bedienten 
sich  feinster  Schnitte  und  stärkster  Yergröijserungen,  Mitbophanow  gröberer 
Präparate  und  schwächerer  Yergröiserungen,  die  über  die  Lage,  ob  in 
Epithelien  oder  zwischen  .denselben,  kein  Urteil  erlauben.  In  den 
EBERTH-LETDiGschen  Grebilden  sind  zwei  Substanzen  zu  unterscheiden, 
deren  eine  sich  mit  6old  stark,  die  andre  schwach  färbt;  die  grolBen, 
massigen  Gebilde  sind  nur  in  den  Wandungen  ge&rbt,  die  fildigen  da- 
gegen in  toto  durchge&rbt.  Die  interepiihelialen  Nerven  von  Mitro- 
PHAKOW  sind  EBBRTHsche  Gebilde,  welche  in  der  basalen  Keihe  wurzeln, 
mit  den  gröfseren  Zellkörper  jedoch  in  der  zweithöheren  Zellenreihe 
liegen.  Die  Nervenfasern  Canikis  durchbrechen  die  Basalmembran  (Cutis 
der  Froschlarvenhaut)  und  verzweigen  sich  unterhalb  derselben,  können 
ihr  also  nicht,  wie  Mitrophanow  will,  angehören.  Bis  jetzt  seien  hier 
also  nur  intra-  und  nicht  interepitheliale  Endigungen  der  Nerven  nach- 
gewiesen. 

Frsneel  geht  sodann  dazu  über,  an  der  Hand  einer  eigenen  Färbe- 
methode zum  ersten  male  die  Entwickelung  der  eigentümlichen  Gebilde 
zu  untersuchen.  An  jungen  Larven  fehlen  dieselben  noch  ganz.  Sie 
entstehen,  indem  von  den  Kernen  der  Epithelzellen  sich  ein  Teil  kappen- 
förmig  abtrennt,  der  aus  stärker  tingiblen  Kugeln  besteht.  Diese  Kappe 
des  Kerns  nimmt  allmählich  die  veränderten  Farbenreaktionen  der 
EBERTHschen  Körper  (eosinrot  statt  hämatoxylinblau)  an  und  trennt  sich 
ganz  vom  Kern.  Trotzdem  diese  Gebilde  also  keine  Nervenenden  sind, 
stehen  sie  doch  im  Zusammenhange  mit  Nerven.  Aber  sie  bestehen  ja 
gamicht  von  Anfang  an,  wirft  Frsnkbl  sich  mit  Recht  ein,  beruhigt 
sich  aber  durch  folgende  Überlegung.  Diese*  Gebilde  entstehen  erst, 
wenn  die  basale  Zelle  zur  Zelle  der  höheren  Reihe  wird  und  dabei 
abzusterben  beginnt;  dann  sondern  sich  in  ihr  bestimmte  Substanzen  ab, 
welche  zu  dem  Nerv  in  besondere  Beziehung  treten  und  dadurch 
den  sonst  verlorengehenden  Verband  mit  dem  Nervensystem  aufrecht 
halten. 

Ich  will  hier  ganz  davon  absehen,  dafs  die  Schilderung,  welche 
Fkenkbl  von  den  gleichzeitigen  Veränderungen  der  Epithelzellen,  ihrer 
Kerne  und  der  EBERTHschen  Körper  gibt,  sehr  wenig  den  neueren  Er- 
fahrungen über  Zell-  und  Kernteilung  Rechnung  trägt,  denn  von  indirekter 
Kernteilung  ist  dabei    nicht    die   Rede.      Ich    möchte    dagegen    betonen, 

MonatBheite.  15 


214 

dafs  man  doch  unmöglich  den  einfachen  Teilungsvorgang  der  basalen 
Epithelien  schon  als  ein  „partielles  Absterben"  derselben  ansehen  kann, 
dafs  weiter,  wenn  die  unverhomte  Epithelzelle  im  Vorrücken  wirkHch 
abstürbe,  kein  Grund  einzusehen  ist,  weshalb  sie  dann  noch  auf  höchst 
komplizierte  Weise  eine  neue  Verbindung  mit  dem  Nervensystem  an- 
strebte, besonders,  wo  diese  gemutmafste  Verbindung  später  wieder  ver- 
schwindet, da  die  ganze  Erscheinung  der  EsEBTHschen  Körper  eine  vor- 
übergehende ist. 

Im  allgemeinen  mufs  ich  die  aus  dem  Resultat  einer  einzigen  Färbe- 
methode   (Durchfilrbung  mittels  Hämatoxylin,   Nachf^rbuDg   der    Schnitte 
mit  Eosin  etc.)   gezogenen    Schlufsfolgerungen    über    das  Verhältnis  von 
Nerv   und    Epithel   für   viel  zu  weitgehend  erklären.     Es    fehlt   speziell 
an    einer  eingehenden  Vergleichung   der   FRENKELschen   Bilder   mit  den 
bisherigen    Gold-  und    Osmiumbildem.      Die    drehrunden   PpirzNEKschM 
Fäden    werden    ebenso  vne   von   Canini  und   Mitrophanow  einfach  mit 
den  EsERTHschen  Gebilden  zusammengeworfen,    ohne    zu  untersuchen,  ob 
dieselben  nicht   prinzipiell   vielleicht  ganz  verschieden  sind.     Denn  wenn 
die   von   Freneel   als   erythrophile  Substanz  beschriebenen   EBERTHschen 
Körper    auch   in    gewissen    Stadien    Stäbe    und    Bänder    darstellen,  sind 
diese  noch  weit  von  den  zwei  einfachen,  trommelstockartigen  Endigongen 
Ppitzners  entfernt.     Frenkel  schliefst,  weil  bei    seiner  Färbung  nur  die 
Aufsenwand  der  EBERTHschen  Körper  sich  rot  fkrbt,    dafs   sie    aus  zwei 
Substanzen  bestehen,  erörtert  jedoch  nicht,  ob  sie  nicht  einfach  hohl  sind. 
Wenn  sie  hohl  wären,  könnten  sie,    besonders   da   sie  nur  vorübergebend 
auftreten,    sehr   wohl    ein    vorübergehendes  Ödem  der  kapillaren  Lymph- 
scheiden   der   PFiTZNERschen   Nervenenden   darstellen.     Jedenfalls  würde 
es  mit  dieser  einfachen  Auffassung   gut  harmonieren,    dafs    diese   Zellen 
stets   sehr   grols   und  durchsichtig  sind  (Mitrophanow),  frisch  von  Gold 
gamicht  tingiert  werden  (Mitrophanow),  dagegen  mit  Eosin  eine  äufsere 
Schale    sich    färbt   (Frenkel).      Mit    diesem    Hinweise    will    ich    nicht 
eine    neue  Theorie  der  EBERTHschen  Körper  aufstellen,  sondern  nur  deut- 
lich machen,  daUs  von  Canini   bis  Frenkel    die  Nachuntersucher  Pfitz 
NER    unrecht    thaten,    ihre    Befunde    einfach  mit  seinen  so  durchaus  ver- 
schiedenen  dem  Wesen   nach    zu   identifizieren.      Dafs  wir  allen  Grund 
haben,   die    FRENKELsche    Theorie    derselben    und  speziell  seine  Deutung 
alter  Kemabkömmlinge  als  neuer  Nerven  für  alte,  absterbende  Epithelien 
mit  gröfster  Reserve  zu  betrachten,  ist  wohl  eo  ipso  klar. 

An  diese  FRENKELsche  Arbeit  schliefst  sich  direkt  eine  neuere 
desselben  Autors  an,  welche  sich  mit  ünserm  Gegenstande  direkt  beschäf- 
tigt (Die  Nerven  im  Epithel.  Virchows  Archiv.  Bd.  109.  pag.  424). 
Nach  einer  sehr  klaren  und  tibersichtlichen  historischen    Einleitung  über 


i 


215 

die  drei  Hauptformen  epithelialer  Nervenendigungen  (innerhalb  spezifi- 
scher Zellen,  innerhalb  gewöhnlicher  Epithelien,  zwischen  den  Epithelien), 
beschreibt  Fre^eel  seine  Resultate  an  der  menschlichen  Haut,  zuerst  die 
mittels  Goldchlorids,  dann  die  mittels  Osmiumsäure  gefundenen. 

Die  Goldmeihoden  zeigen  schwarze  Fäden  und  Fadennetze,  welche 
senkrecht  zur  Oberfläche  aufsteigen,  sich  häufig  verschlingen  und  unter 
der  Homschicht  umbiegen.  Der  gröfste  Teil  hiervon  sind  nach  Frbn- 
EEL  Goldniederschläge.  Ein  sicherer  Zusammenhang  mit  gröberen  Nerven 
sei  nicht  erbracht.  Unter  den  eingelagerten  Zellen  imterscheidet  er  die 
eigentlichen  LAKGERHANSschen  mit  vielen  langen,  verzweigten  Ausläufern 
und  die  kleineren  ohne  solche  (PoDCOPAfiw) ;  zu  beiden  haben  die  Nerven- 
fasern keine  konstanten  Beziehungen. 

Meine  Osmiummethode  (die  betreffende  Vorhaut  war  übrigens  nicht 
ödematös)  ergab:  „allerlei,  Fädchen  und  Körnchen  in  den  Zellen,  die  den 
von  Unna  beschriebenen  gleichen.  Niemals  jedoch  sieht  man  den  Zu- 
sammenhang der  intracellulären  Fädchen  mit  zwischen  den  Zellen  ver- 
laufenden Fasern.  Man  sieht  sie  auch  nicht  in  die  Zellen  hineintreten. 
Sie  haben  auch  sonst  nichts  Charakteristisches,  sp  dafs  man  sie  wohl  für 
Protoplasmafäden  halten  darf,  welche  der  Kern  bei  seiner  Schrumpfung 
mit  sich  gezogen."   • 

So  weit  Frenkel!  Und  die  zierlichen  Endknöpfe  dieser  Fäden, 
sollen  diese  etwa  auch  aus  dem  Protoplasma  herausgezogen  sein? 

Trotzdem  hält  auch  Frenkel  an  der  Existenz  von  Epithelnerven 
fest  und  zwar  teils  wegen  der  CANiNischen  Befunde  (Canini  war  sich, 
wie  wir  oben,  sahen,  über  die  Deutung  seiner  Fund^  selbst  nicht  klar), 
teila  wegen  Aev  Analogie  mit  der  Cornea,  welche  sicher  neben  vielen 
Kunstprodukten  auch  vergoldete  Nerven  zeige. 

Im  Anschlüsse  hieran  bespricht  Frenkel  noch  einmal  die  Verhält- 
nisse am  Fioschlarvenschwanze.  Ich  würde  diesen  Abschnitt  übergehen 
können,  wenn  sich  hier  nicht  ^-  wie  es  mir  scheinen  will  —  die  Theorie 
Frsnkels  inz.wischen  wesentlich  geändert  hätte.  Früher  hielt  er  die 
EBERTHschen  Gebilde  doch  für  etwas  vorübergehend  Auftretendes.  Jetzt 
sollen  diese  Gebilde,  welche  tinktoriell  Nerven  ähnlich  sind,  allen  Epi- 
thelien stets  Zukommen,  aber  nur  dort  durch  Kontrastfärbung  sichtbar 
werden,  wo  die  •Epithelien  entstehen  oder  zu  Grunde  gehen,  während 
im  Euhezustande  die  Nerven  an  der  Grenze  des  Protoplasmas  aufzuhören 
scheinen« 

Hieran  )Schlieist  Frenkel  eine  längere  theoretische  Erörterung.  Die 
Feinheit  der  Tastempfindung  und  die  Starrheit  der  Epitheldecke  verlange 
das  Hineinragen  der  Nerven  in  das  Epithel.  Aber  nur  die  M.  Schültzb- 
sehe  Theorie  der  Sinnesepithelien  erkläre  die  differenten,  spezifischen 
Empfindungen.      Die   Nerven   müssen    also    im  Zusammenhang   mit  den 

15» 


216 

Epithelien  stehen,  aber  ein  einfaches  Hineinragen  (Pfitzner,  Ukka)  in 
die  Epithelien  erkläre  noch  nichts;  das  Nervenende  mulszu  einem  Be- 
standteil der  Epithelzelle  werden.  Frenkel  wirft  sodann  die  Frage  anf, 
ob  jede  Zelle  nervös  sei  oder  nur  gewisse.  Letzteres  sei  nnmöglich, 
weil  sonst  gewisse  Hautpartien  unempfindlich  würden,  was  nicht  der 
Fall  sei. 

Hierbei  müssen  wit  doch  fragen,  ob  Frenkel  die  Untersuchungen 
von  Blix  und  Goldscheiber  unbekannt  geblieben  sind.  Die  Empfind- 
lichkeit ist  ja  in  der  That  intermittierend. 

Frenkel  nimmt  nun  an,  dafs  allerdings  nur  einzelne  EpithelzeUen 
direkt  nervös  seien,  alle  aber  indirekt,  indem  alle  miteinander '  in  Konti- 
nuität stehen  und  daher  Reize  fortleiten  können.  Die  WEBEBschen 
Empfindungskreise  hätten  dann  die  Bedeutung,  dafs  nur  dann  2  Empfin- 
dungen getrennt  wahrgenommen  werden,  wenn  2  nervöse  Epithelzellen 
als  Beginn  der  zentripetalen  Leitungsbahn  benutzt  werden.  Der  Mininaal- 
abstand  für  die  isolierte  Empfindung  wäre  also  der  Abstand  der  nervösen 
Epithelien  voneinander.  Die  Empfindungsqualität  wird  nach  Frenkel 
bedingt  durch  qualitativ  difierente  „Reaktionen  der  Zellen."  Die  Schmerz- 
empfindung sei  stets  das  ßewufstwerden  eines  pathologischen  Vorganges 
und  könne  sich  mit  jeder  Empfindungsqualität  v^binden.  Die  Vor- 
stellung von  Hbnsen,  Pfitzner  und  Unna,  dafs  jede  Epithelzelle  ihre 
Nerven  erhält,  involviere  die  unhaltbare  Vorstellung,  dals  mit  dem 
Epithelverlust  eine  Nervenneubildung  Hand  in  Hand  geht.  Mir  ist  es 
unverständlich,  weshalb  die  Nervenenden  sich  nicht  jeder  Zeit  neu  bilden 
sollen ;  sie  haben  es  ja  doch  ursprünglich  beim  Fötus  auch  öinmal  gethan. 
Um  nun  seiner  Theorie  bestimmter  Neuroepithelien  noch  eine  breite 
histochemische  Stütze  zu  verleihen,  stellt  Frenkel  folgende  Analogie  auf. 
Die  feineren  Fäden  des  Nervenendplexus  sollen  nach  ihm  nicht  mehr 
die  Struktur  des  Achsency linders  und  nicht  mehr  die  der  Markscheide 
besitzen,  sondern  etwas  von  beiden;  ihre  Struktur  gleiche  am  meisten  der 
des  Neurokeratins.  Während  die  Epithelzelle  altert,  treten  in  dem  fein- 
körnigen Protoplasma  Fadennetze  auf,  die  Bich  an  den  Kern  heften  (!?)• 
Das  Protoplasma  schwindet  und  statt  dessen  erscheint  in  Tropfen  Eleidin 
(sollte  wohl  genauer  heifsen:  Keratohyalin).  Die  Epitheizelle  gleiche 
hierin  der  markhaltigen  Nervenzelle,  die  in  einem  Fasergerüst  aus  Neuro- 
keratin  Myelin  als  Stoffwechselprodukt  des  Achsencylinders  ausscheide 
Myelin  und  Eleidin  seien  nahestehende,  fettähnliche  und  gegenüber 
Säurefuchsin  sich  tinktoriell  analog  verhaltende  Substanzen.   . 

Wollten  wir  auch  die  Verwandtschaft  von  Myelin  und, dem  wahren 
Eleidin  Ranvier3  zugeben,  so  nützt  das  hier  doch  wenig,  da  Prbnkel 
als  Ausscheidungsprodukt  der  Epithelieji  offenbar  das  gai*nicht  fettähnliche 
Keratohyalin  im  Auge  hat. 


217 

Beim  Lippenepithel  hat  Frsnkbl  die  Fäden,  welche  die  Epithelien 
verbinden,  in  das  „Horngerüst"  übergehen  sehen,  welches  den  Zellenleib 
durchziehen  soll  (1  ?).  Durch  dieses  Netz  teilen  sich  nach  ihm  die  Vor- 
gänge einer  Zelle  den  benachbarten  Zellen  mit.  Die  intercellularen  Fäden 
liegen  vielleicht  in  feinsten  Brücken  von  verbindender  Zellsubstanz. 

Mit  dieser  letzten  zaghaften  Anspielung  auf  die  Intercellularbrücken 
fühlen  wir  uns  nach  einer  ziemlich  unsicheren  Fahrt  wieder  auf  festerem 
Boden.  Gerne  hätten  wir  von  Freneel  gehört,  wie  sich  seine  neuro - 
keratoiden  Fäden  zu  unsern  alten  Bekannten,  den  Stacheln  oder  Inter- 
cellularbrücken verhalten,  ob  das  etwa  die  RANVlER-CAJALSchen  Fäden 
sein  sollen;  wie  Frenkel  weiter  sich  das  „Homgerüst"  der  Epithelien 
denkt  und  ob  er  dasselbe  etwa  durch  Verdauung  nachgewiesen  hat.  Be- 
sonders ist  es  uns  aufgefallen,  dafs  es  Freneel  nicht  möglich  war,  bei 
der  Froschlarve  die  intercellularen  Fäden  in  das  cellulare  Gerüst  zu  ver- 
folgen, was  bei  deren  Gröfse,  Deutlichkeit  und  Färbbarkeit  doch  gewifs 
hätte  möglich  sein  müssen.  Endlich  fehlt  uns  auch  jedes  Verständnis 
dafür,  wie  die  EßERTHschen  Gebilde  der  Froschlarve,  gesetzt  sie  wären 
wirklich  neuroepithelialer  Natur,  uns  das  geringste  Verständnis  der 
Sensibilität  der  menschlichen  Haut  erschUeisen  können,  da  doch  Freneel 
hier  gar  keine  analogen  bevorzugten  Neuroepithelien  thatsächlich  ge- 
fanden hat. 

Werfen  wir  jetzt  einen  kurzen  Rückblick  auf  das  Resultat  der  hier 
nur  kurz  referierten,  zum  Teil  sehr  ausführlichen  Arbeiten,  welche  alle 
denselben  Gegenstand  behandeln,  so  erscheint  es  für  unsern  Zweck  fast 
gleich  Null  zu  sein.  Offenbar  ist  von  der  Arbeit  von  Canini  an  das 
Interesse  wesentlich  von  den  ursprünglichen  PFixzNERschen  Bildern  auf 
das  Studium  der  EBEKTH-LEYDiGschen  Körper  abgelenkt  worden.  Dieses 
wäre  an  und  für  sich  nicht  zu  bedauern,  wenn  nicht  dadurch  einerseits 
vorschnell  die  nervöse  Natur  auch  der  PpiTZNERschen  Gebilde  diskre- 
ditiert, anderseits  (Freneel)  mit  groüem  Aufwand  von  Arbeit  und 
ungenügend  fundierten  Schlufsfolgerungen  versucht  worden  wäre,  eine 
Verbindimg  dieser  beiden  grundverschiedenen  Erscheinungen  künstlich 
herzustellen.  Die  erste  kurze  Erledigung  in  negativem  Sinne  ist  ebenso 
wenig  geeignet  wie  die  weitläufige  im  positiven  Sinne,  den  Kern  der 
Angelegenheit  zu  fördern,  welcher  nur  darin  bestehen  kann,  erst  einmal 
die  PFiTZNERschen  Bilder  in  derselben  Einfachheit  und  Klarheit  wieder- 
zufinden.  Nur  diese  haben  dann  auch  direkten  Bezug  auf  die  ent- 
sprechende Frage  beim  Menschen.  Ist  das  Vorkommen  der  paarigen, 
intracellulären  Nervenendknöpfe  in  den  Stachelzellen  des  Menschen,  wie 
Pfitzner  es  gelegentlich  gesehen  und  ich  es  photographiert  habe,  ein  all- 
gemeines?    Eine    zweite    Sache  von  für  uns   untergeoidneter  Wichtigkeit 


/ 


218 

ist  es  dann  zu  erforschen,   ob  ähnliche  Gebilde  wie  die  Ebebth-Lbidis- 

schen  Körper  auch  beim   Menschen  vielleicht    in    einem  hestimmfen  Eot 

wickelnngsstadinm    in    der   Kähe    der     intraepithelialen    Nerreoenden   a 

finden  sind.     Ich  habe  schon  Angegeben,   dafs    ein«    Beziehung   derselbei 

zum  Saftkanalsystem  wohl  denkbar  ist,  was  durch  Injektion  der  Haut  mi 

Äspbaltlösungen    zu    studieren   wäre,     übrigens  hat  Macalluh   in  «na 

Arbeit,    welche   mir    nicht    zug&uglich    ist  (The    nerve    terminatiom 

taneous  epithelium  of  the  tadpole.    Quart.  Joum.  of  Mia 

85,  pag.  53,  oit.  nach    Schwalbes  Jahresbericht,   die  Ebkrtb 

ilde  bereits  fiir  Scheiden    derjenigen  Nervenendigungen  erklU 

das  Innere  der  Epithelzellen  eintreten   und  neben  dem  Kem< 

hrend   andre    Nervenendigungen  sich  zwischen  den  Epitheliei 

en.      Dieses    wftre    (nach    dem    Citat    zu  urteilen)    genaa  di 

,    teils   intraepitheliale  Endignng,    wie    ich  sie  für  die  mensdi 

baut  annehme. 

zur  selben  Zeit,  als  i^  meine  Befunde  über  die  Nerven 
lizierte,  erschien  eine  Arbeit  von  Bbeher  {Die  Nerven  de 
m,  der  kleineren  Arterien  und  Veäen.  Ardi.  f.  mHa 
!.  pag.  663),  welche  auch  für  die  EapillaE«n  der  Haut,  besonder 
irkörpers  Bedeutung  hat.  Er  fand,  dals  alle  EapillarsD,  and 
:en,  von  Nerven  begleitet  werden.  G-ewöhulich  li^  ja  eii 
zwei  gegenüberliegenden  Seiten  der  Kapillare,  und  beidi 
iien  in  gröiseren  Abständen  miteinander.  Während  nni 
)  ich,  von  diesen  blassen  Nervenfasern  feine  Äste  in  das  Innen 
arrolirs  treten  läT&t,  sieht  Breuer  diese  Zweige  anläen  in 
ir  knop^rmig  enden.  Die  Kapillamerven  bilden  nach  Breku 
Msenes  System;  es  gibt  Anastomosen  naheliegender  Kapillareo, 

Zweige  znm  Nachbargewebe;  Übrigens  t&lst  Bremer  solch« 
and  wieder  zu,  in  der  Proschzunge  mit  den  Endapparateu  dai 
Ft«n  Muskeln.  Die  tlbergangsgeftllse,  kleineren  Arterien  nnd 
)en    einen    äulseren    markhaltigen,    einen    mittleren    markloseo 

inneren  marklosen  Plexus.  Die  letzten  Endignngen  an  den 
üefälseQ  sind  netzförmig,  an  den  kleineren  wie  bei  den  K^- 
Ünzelfibrillen  mit  knotenförmigen  Ansohwetlnngen  angeordnet 
lochte    Bremer    in    allen    diesen    Angaben    für    die  mensdi- 

zustimmen  bis  auf  die  letzte  Endigung,  welche  ich  in  d^ 
ise  sehe  wie  in  der  Stachelsehicht:  knopfförmig,  paarweise, 
r  (intraendotiielial). 

ungemein  eingehende  Studie  über  fast  sämtliche  Nerveo- 
in  der  Haut  der  Säuger  verdanken  wir  dem  Ehepaar  HoooiS 


219 

(On  some  cutaneous  Nerve  termiDations.  Linnean  Societys  Journal, 
Zoology.  Yol.  XVI.  Juni  1882).  Beobachtungen  über  die  Gewohnheiten 
des  Maulwurfs  in  der  Gefangenschaft  bilden  den  Ausgangspunkt  der 
Arbeit,  und  sie  gipfelt  in  einer  detaillierten  Vergleiohung  des  Nerven- 
apparates der  Haare  mit  jener  merkwürdigen  Ansammlung  von  intra- 
epithelialen Nervenendapparaten,  welche  unter  dem  Namen:  EiMEBSohes 
Organ  des  Maulwurfs  bekannt  ist.  Für  uns  von  Wichtigkeit  ist  die 
Übersicht,  welche  die  Hoggans  von  den  bisher  bekannten  Nerven- 
apparaten   am  Haar  geben.     Sie  unterscheiden    drei  verschiedene  Arten  : 

1.  Markhaltige  Nerven,  die  sich  zu  den  Haaren  begeben. 

2.  Aus  dem  Zerfall  derselben  hervorgehend: 

a.  Verästelte  Ganglien  in  den  untersten  B;eiheil  der  Stachel- 
schicht des  Haarbalgs. 

b.  Grabelartige,  unter  sich  parallel  verlaufende  marklose 
Fasern,  welche  zu  1  bis  4  der  Haarachse  parallel  laufen. 

c.  Ein  Bündel  markloser  Fasern,  welche  die  gabeligen  Enden 
ringförmig  umgeben  imd  '  direkt  unterhalb  der  Talgdrüsen- 
mündung sich  befinden. 

3.  Intraepitheliale,  marklose,  variköse,  in  der  Stachelschicht 
des  Haares  sich  verzweigende  Nerven. 

Während  zu  den  grofsen  Tasthaaren  des  Pferdes  300-— 400  Nerven 
gehen,  begeben  sich  zu  jedem  gewöhnlichen  Haar  wenigstens  1 — 2 
.Nerven,  die  etwa  in  der  Mitte  des  Balges  an  das  Haar  herantreten  und 
sich  in  2  oder  mehr  Äste  teilen,  von  denen  jeder  unabhängig  mit  Nerven- 
enden versehen  ist.  Gewöhnlich  endet  das  Mark  an  der  Stelle,  wo  die 
Fasern  sich  in  die  gabelige  Endverzweigung  teilen,  manchmal  schon 
früher. 

Rakvier  hatte  bekanntlich  die  MERKELschen  Tastzellen  in  der  Ober- 
haut als  zusammengesetzt  erkannt  aus  der  nervösen  konkav-konvexen 
Tastscheibe  (diso  tactile)  und  der  nicht  nervösen  Endzelle.  Hoggans 
fanden  nun  in  der  Stachelschicht  des  Haarbalgs  sehr  ähnliche  Bilder, 
fanden  aber  die  Scheiben  nicht  stets  konkav-konvex  sondern  sehr  un- 
regelmäfsig,  imd  da  sie  die  Schwärzung  derselben  (durch  Gold)  nicht 
als  Beweis  für  ihre  alleinige  nervöse  Natur  gelten  lassen  wollen,  so 
betrachten  sie  geschwärzten  und  ungeschwärzten  Anteil  (RanviErs  Scheibe 
und  Zelle)  zusammen  als  das  Analogen  einer  verästelten  Qanglienzelle 
der  Vordersäulen  des  Rückenmarks.  Der  markhaltige  Nerv  verliert  sein 
Mark,  durchbricht  die  Basalmembran  und  biegt  sich  rechtwinkelig,  um 
sich  an  mehreren  solcher  Ganglien  zu  inserieren.  'Die  Zellen  als  Gesamt- 
heit stellen  ein  peripheres  gangliöses  Zentrum  dar,  zu  dem  sich  mehrere 
bei  Tasthaaren  markhaltige,  bei  gewölmlichen  Haaren  stets  marklose  Nerven 
%eben.   Terminalzellen   im    Sinne  Merkels   können    diese  Zellen  nicht 


sein,  da  sie  uoter  sich  ein  Netz  bilden  und  weiter  peripheriacli  intrs- 
epidermoidale  Fäden  nnd  wirkliche  Nervenenden  erst  ahgeben.  Die 
letzteren  sind  manchmal  gabelig  geteilt,  nie  aber  hftngen  diese  Oaoglien 
mit  den  eigentlichen  Gabelenden  des  Haares  zusammen. 

Diese  gabeUgen  Nervenenden  wurden  1878  von  äbnbtein  entdeckt 
und  von  Bonnet  genau  studiert.  Dieselben  sind  an  den  gewöhnlidieD 
Haaren  viel  leichter  zu  sehen  als  an  den  Tasthaaren.  Dicht  unter- 
halb der  Talgdrüsenmündung  treten  markhaltige  Nerven  an  den  Follikel, 
verlieren  das  Mark  und  teilen  sich  sofort  in  2 — 5  parallel  verlaufende, 
gabelige  Enden,  die  zwischen  Basalmembran  und  unterster  Epithelreibe 
verlaufen  nnd  hin  und  wieder  wie  mit  einer  Klaue  endigen.  Im  Gl^en- 
satz  zu  den  Ganglien  der  Stachelschicht  sind  diese  Grabelenden  wirk- 
liche Nervenenden,  und  zwar  dienen  sie  der  Tastempfindung,  obgleich 
sie  in  den  eigentlichen  Tasthaaren  sehr  zurücktreten.  Hoqgans  schlielsen 
das  daraus,  da&  sie  hauptsftchlich  in  den  menschlichen  Haaren  vor- 
kommen, welche  bekanntlich  sehr  gut  Tastempfindungen  vermitteln. 

Den-  Nervenring  unterhalb  der  Talgdrüse  entdeckte  Jobbbt  (1872) 
an  Batten schwänzen.  Derselbe  kommt  allen  Haaren  zu  und  liegt  aulaen 
von  den  Gabelenden  zwischen  diesen  und  der  Basalmembran,  in  der  seine 
Fasern  eingebettet  sind.  Oft  gehen  eigene,  hoiizontal  von  auC^en  kam- 
mende Nerven  in  den  Ring  ein.  Er  steht  mit  den  intraepithe 
Nerven  und  dadurch  auch  mit  den  Ganglien  der  Stachelschicht  in 
bindung. 

Wie  das  EiMBRSche  Organ  des  Manlwni&,  so  &ssen  Hoggans 
die  Tastkörperchen  als  mdimentäre  Haarnervenendapparate  auf. 

Die  interepithelialen  Nerven  der  Stachelschicbt  des  Haarbalgs  sl 
in  der  Tiefe  in  Verbindung  mit  den  Granglienzellen  und  dem  Nervei 
nach  der  Oberfläche  zu  mit  dem  subepidermoidalen  Plexus  b 
Fasern.  Ihre  Bichtung  ist  parallel  der  Äu&enfläche  des  Haarbalgt 
wäre  es  auch  die  Richtung  der  Nervenfkden,  welche  die  Stachelst 
der  Oberfläche  durchziehen.  Aber  die  in  die  Höbe  strebenden  jr 
Epithelien,  die  die  HoGaANS  iälschlich  aus  den  Wanderzellen  ab! 
nehmen  sie  eine  Strecke  mit  sich,  wodurch  die  ursprünglich  hoi 
talen  Nervenfädeu  innerhalb  des  Epithels  Bögen  und  Schlingen  b: 
Wenn  diese  Bögen  endlich  durchreifsen,  so  entsteht  das  Bild  von 
recht  in  das  Epithe^  aufsteigenden  Fasern,  welches  die  HoqoäNS  allg« 
fiir  ein  Trugbild  erklären.  Daher  stimmen  sie  weder  meinet  Änsohs 
über  die  Endknöpfe  zn  noch  Rahviers  Theorie,  dafs  die  Nerven« 
peripherisch  mit  den  Epithelien  fortwährend  verloren  gingen  unc 
nachwüchsen.  Für  sie  ist  an  der  Oberfläche  der  Haut  der  snbepide 
dale   Plexus  dos  wahre   Ende    der  Hautnerven.     Die  freien    Endei 


221 

Epithel   seien  nur  Bruchenden  des  durch  Epithelienoachsohub  aus  seiner 
richtigen  Lage  gebrachten  subepithelialen  Plexus. 

Mbrebls  Hypothese,  nach  der  die  Endigung  in  spezifischen  Epithel- 
zellen der  Tastwahmehmung,  die  freie  Endigung  der  Temperaturem- 
pfindung  diene  (1876),  müsse  falsch  sein,  denn  diese  „Tastzellen^  bilden 
mit  den  freien  Enden  zusammen  ein  System,  welches,  dem  Sjrmpathicus 
angehörig,  Hitze-,  Schmerz-  und  Lustgefühl  vermittle  und  Zweige  an  die 
Papillarkapillaren  abgebe.  Nur  die  Gabelenden  des  Haares  und  die 
homologen  Gebilde  (Tastkörperchen,  EiMEBsohes  Organ)  seien  wahre 
Tastendigungen.  Die  Cornea,  argumentieren  sie,  gibt  trotz  vieler  freier 
Endigungen  keine  Tastwahmehmung  bei  Berührung  mit  der  Feder,  wohl 
aber  Schmerzgefühl. 

Ranvier  gehe  über  Mebksl  hinaus,  indem  er  nachweise,  dafs 
eine  markhaltige  Faser  mit  ^äelen  „Tastzellen^  zusammenhänge,  aber 
ihm  sind  die  freien  Fortsätze  dieser  Zellen  nach  der  Peripherie  entgangen, 
welche  ihre  Gangliennatur  'beweisen.  Also  haben  die  Ho^gans  auch  in 
der  freien  Oberhaut,  wenn  ihre  Beobachtungen  Bestätigung  finden,  zuerst 
wahre,  periphere,  gangliöse  Apparate  nachgewiesen. 

Gegen  die  Theorie,  dals  die  vertikal  aufstrebenden  Nervenenden  des 
Epithels  nur  Bruchenden  darstellen,  muls  ich  entschieden  Einsprache 
erheben.  Denn  da  die  Epithelien  nur  aus  EpitheUen,  nicht  aus  Wander- 
zellen der  Cutis  entstehen,  so  würde  zunächst  die  HooGANsche  Deutung 
nur  auf  die  wenigen  Nervenfäden  gehen  können,  welche  bereits  dem 
Epithel  angehören  (Verbindungen  der  Ganglienzellen  innerhalb  des  Epi- 
thels), nicht  aber  auf  den  subepithelialen  Plexus,  welcher  unter  dem 
Epithel  liegt,  mithin  überhaupt  nur  eine  untergeordnete  Bedeutung  bean- 
spruchen. Sodann  sehe  ich  an  Osmiumbildern  die  Nervenfäden  des  Epi- 
thels stets  in  einen  kleinen,  regelmäfsigen  Knopf  auslaufen,  der  durchaus 
nicht  den  Eindruck  eines  Bruchendes  macht;  die  schwarzen  Fäden  der 
Goldbilder  sind  für  mich  ganiicht  die  letzten  Enden. 

Aufser  dieser  Arbeit  hat  G.  Hoggan  Beobachtungen  über  weitere 
Formen  der  Nervenendigung  mitgeteilt  (Neue  Formen  von  Nerven- 
endigungen in  der  Haut  von  Säugetieren.  Arch,  f,  mikr,  Afuxt. 
Bd.  23.  pag.  509.  1884),  welche  wir  nur  kurz  berühren  wollen,  da 
sie  bisher  nur  in  der  Haut  von  Procyon  lotor  gefunden  sind.  Hoggan 
fafst  zunächst  die  bisher  bekannten  und  von  ihm  anerkannten  Nerven- 
endigungen in  der  Haut  der  Säugetiere  in  5  Gruppen  zusammen: 

1.  Marklose  Nervenfasern  des  subepithelialen  Plexus,  der 
die  Blutge&fse  begleitet,  dessen  „zufällig"  ins  Epithel  gezogene  Maschen 
die  intraepidermoidalen  Nerven  vorstellen. 


222 

2.  Meissn£Iisg1i6  Tastkörperchen,  Haufen  von  Granglien,  welche 
untereinander  durch  marklose,  mit  dem  Zentrum  durch  markhaltige 
Fasern  verbunden  sind  und  nach  Hoggan  nur  an  der  inneren  Hand- 
fläche und  Fuijssohle  von  Mensch,  Affen  und  Beuteltieren  Yorkommen 
sollen. 

3.  Gabelförmige  Endigungen  an  den  gewöhnlichen  Haaren, 
seltener  an  den  Tasthaaren. 

4.  PACiNische  Körperchen,  nach  Krause  in  viele  Arten  zerfallend, 
die  durch  eine  in  der  Achse  liegende  Nervenfaser  und  eine  konzentriech 
geschichtete  Hülle  charakterisiert  sind. 

5.  Segregierte  Nervenzellen,  durch  Epithelzellen  getrennt, 
in  der  basalen  Stachelschicht  (Merkels  „Tastzellen").  Es  sind  peri- 
phere Ganglien,  wie  die  entsprechenden  Ganglien  in  der  Stachelschiclit 
der  Haare. 

Zu  diesen  Endigungen  kommen  nun  nach  Hoggans  Untersuchungen 
folgende  drei  Arten: 

6.  Die  Browne -Körperchen.  Ein  markhaltiger  Nerv  teilt  sich 
in  der  Papille  in  eine  2 — 3  zinkige,  marklose  Gtibel,  die  in  der  Fort- 
setzung des  Nerven  liegt,  in  der  Spitze  der  Papille  auch  abgebogen 
erscheint.  Hoggan  glaubt,  dals  dieselben  aus  einem  zerrissenen  Plexa& 
markloser  Fasern  gleichsam  zusammengeschnurrt  und  dadurch  dicker  ge- 
worden sind,  da  sie  das  perikapillare  Nervennetz  hier  und  da  ersetzen. 
Übergänge  von  diesen  Endigungen  zu  den  HoGGAN-Körperchen  finden 
sich  in  solchen,  deren  Zinken  zwar  schon  in  granulöse  Substanz,  aber 
noch  nicht  in  Kapseln  eingebettet  sind.  Übrigens  zeigen  auch  die 
PACiNischen  Körper  um  so  weniger  konzentrische  Lamellen,  je  oberflfich- 
lieber  sie  liegen. 

7.  Die  HoGGAN-Körperchen  vermitteln  zwischen  den  PACiNischen 
Körperchen  und  den  Gabelenden  des  Haares.  Es  sind  marklosse  2—3 
zinkige  Gabeln,  welche  aus  einer  markhaltigen  Faser  entspringen  und 
in  eine  gemeinschaftliche  HttUe  eingebettet  sind. 

8.  Die  BLACKWELL-Körperchen  vermitteln  zwischen  den  epider- 
moidalen  Ganglien  und  MBissNBRschen  Körperchen.  Aus  einem  mark- 
haltigen Nerven  direkt  entspringt  eine  Gruppe  gangliöser  Zellen  in  der 
basalen  Epithelschicht,  die  dicht  beieinander  liegen  und  hin  und  wieder 
durch  marklose  Fasern  untereinander  verbunden  sind.  Diese  Körperchen 
lösen  sich  allmählich  aus  der  Epidermis  los  und  gleichen  dann  der 
einfachsten  Form  der  MEissNERschen  Körperchen  (Beuteltiere). 

Das  Hauptinteresse,  welches  für  uns  in  diesen  zunächst  nur  fiir  den 
Waschbären  angegebenen  Befunden  liegt,  ist  das  genetische.  Diese  Über- 
gangsformen   erschliefsen    uns   in  der   That    ein  Verständnis   der  fertigen 


223 

Fonnen  der  MsissNERsclien  und  PACiNischen    Körper,    deren    Entwicke- 
lnngsgeschichte  uns  bisher  nnr  brnchstückweise  bekannt  ist. 

Bekanntlich  hat  Ehbligh  die  sehr  wichtige  Entdeckung  gemacht 
(Über  die  Methylenblanreaktion  der  lebenden  Neryensnbstanz. 
Deutsche  med,  Wochenschr,  No.  4  nnd  Biologisches  Centralbl.  No.  7. 
pag.  214),  dais  nach  Infusion  von  Methylenblau  in  das  Blut  lebender 
Tiere  (Frosch,  Kaninchen)  die  meisten  sensiblen  Endausbreitungen  der 
Nerven  und  die  motoriischen  der  Augen,  des  Kehlkopfs  und  Zwerchfells 
sich  blau  fUrben.  Ehrlich  führt  die  zu  Grunde  liegende  Verwandtschaft 
des  Achsencylinders  zum  Methylenblau  auf  den  Schwefelgehalt  dieser 
Farbe  zurück  und  fand  als  Bedingungeii  der  Färbung  Alkaleszenz  und 
SauerstoffsättiguDg  der  betreffenden  Nervenabschnitte. 

Sein  Schüler  Aronson  {Beiträge  zur  Kenntnis  der  zentralen 
und  peripheren  Nervenendigungen.  Diss.  Berlin  1886),  untersucht© 
mit  dieser  Methode  die  intraepithelialen  Nervenendigungen,  welche  be- 
sonders in  der  Haut  der  Klitoris  des  Kaninchens  sehr  reichlich  vor- 
kommen. Er  fand,  dais  die  Nerven  unterhalb  des  Epithels  ein  dichtes 
Netz  bilden,  aus  dem  zahlreiche  variköse  Nervenfasern  in  das  Epithel 
aufisteigen,  wo  sie  in  verschiedener  Höhe  mit  blauen  Knöpfchen  enden. 
Mit  dieser  Beobachtung  allein  ist  erwiesen,  wie  völlig  unberechtigt  die 
oben  bereits  beleuchtete  Polemik  Wolfes  gegen  die  Existenz  des  sub- 
epithelialen Nervennetzes  und  der  Nervenfasern  im  Epithel  war. 

In  demselben  Sinne  und  fQr  die  Existenz  epithelialer  freier  Nerven- 
enden spricht  sich  Bosbnberg  (Über  Nervenendigungen  in  der 
Schleimhaut  und  im  Epithel  der  Säugetierzunge.  Säzher.  d. 
Wiener  Akademie.  Bd.  93.  III.  Abt.  Mai  1886.  pag.  164)  für  die  Zunge  der 
Säugetiere  aus.  Aus  dieser  sehr  sorgfältigen,  unserm  Gegenstande  ferner 
liegenden  Abhandlung  hebe  ich  nur  noch  hervor,  daJs  der  Autor  die 
bekannten  Varikositäten  der  vergoldeten  Nervenfasern  für  ein  postmortales, 
durch  die  Behandlung  hervorgerufenes  Gerinnungsprodukt  hält.  Über  den 
Spitzen  der  Papillen  in  dem  Epithel  der  Zunge,  nicht  —  wie  Merkel  und 
Sbvbrin  —  am  Grunde  der  Epitheleinsenkungen  beobachtete  Rosenbbro 
aulserdem  Nervenzellen,  die  wegen  der  Abgabe  peripherer  Fasern  wohl 
mehr  den  peripheren  Ganglien  der  HoGGANs^als  den  Tastzellen  Merkels 
nahe  kommen  und  sicher  identisch  sind  mit  Zellen,  welche  Cybülskt 
ans  dem  Epithel  der  Ochsenschnauze  beschrieben  hat  (Das  Nerven- 
system der  Schnauze  und  Oberlippe  vom  Ochsen.  Zeitschr.  f. 
M*w.  Zoologie.  1888.  Bd.  39). 

Dagegen  stellt  sieh  Boknet   (Über   die  MERKELschen  Tastzellen 


224 

in  der  Haut.  Baymsches  ärzÜ,  InteUigbl.  1885.  pag.  30.  Sitzg.  vom 
11.  Nov.  1884)  wieder  Hoggans  gegenüber  auf  die  Seite  Mkrkri£. 
Während  er  früher  die  MEBEELschen  Tastzellen  nur  für  Endknospen  der 
Nerven  gehalten  hatte,  erkennt  er  jetzt  nicht  nur  die  Zellennator  dieser 
Gebilde  vollkommen  an,  sondern  läGst  die  Nervenfasern,  welche  in  das 
Epithel  dringen,  mit  Endanschwellungen  (Tastmenisken)  zwischen  Kern 
und  Hülle  dieser  Zellen  endigen,  während  Banvier  seine  Tastmentaken 
bekanntlich  sich  nur  äufserlich  an  die  Zellen  anlegen  läTst.  Diese 
BoKNETschen  Tastzellen  erhalten  je  eine  Nervenfaser  und  stehen  unter 
sich  nicht  (gegen  Hogoans)  miteinander  in  Verbindung.  Die  intra- 
epidermoidalen  Nerven  treten  ganz  unabhängig  von  ihnen  in  das  Epithel 
ein.  BoNNET  hält  diese  Zellen,  wie  Merkel,  für  Tastzellen  und  nicht, 
wie  die  Hoggans,  für  temperaturempfindend,  weil  sie  am  Grunde  der 
Epitheleinsenkungen  die  für  Temperatureindrücke  ungünstigste  Lage  ein- 
nehmen. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Über  die  Dermatitis  herpetifomiis  Dnhrings. 

Von 

Dr.  L.  Bkocq 

in  Paris. 
(Übersetzt  von  Dr.  TCrkheik  In  Hamburg.) 

n.  Teil. 
(Fortsetzung.) 

Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  chronica  k  poussees  successivei. 

Erste  Gruppe  von  Fällen. 

Beobachtungen  von  Dermatitis  polymorpha  prurigin.  chron.  k  poussees  sncon* 
sives  (Typische  Fälle). 

Beobachtung  10 ^  (Beobachtung  von  Cazenave,  mitgeteilt  von  Ricu.) 
Pemphigus  chronicus;  Durchfall;  chronische  Peritonitis;  hektische« 
Fieber;  Tod.* 

Mann  von  36  Jahren,  leidet  seit  8  Jahren  an  einem  Ausschlag  von  verschieden 
grofsen  Blasen,  denen  Hautrötung  und  lebhaftes  Brennen  vorausgeht,  und  die  sich 
unter   Fiebererscheinungen   ntunentlich   während   des   Beginnes  der  einzelnen  Schabe 


^  Die  9  ersten  Beobachtungen  bilden  die  8  Fälle  von  Duhring,  die  ich  im  ersten 
Teil  dieser  Arbeit  besprochen  habe. 

'  Ännales  des  Maladies  de  la  peau  et  de  la  Syphilis.  1884  Bd.  2.  Xo.  3. 
pag.  80. 


225 

entwickeln.  Betritt  bei  gutem  Allgemeinbefinden  das  Krankenhaus  Saint-Louis,  stirbt 
dort  aber  nach  anderthalbjährigem  Aufenthalt  an  einer  höchstwahrscheinlich  tuber- 
kulösen Peritonitis,  die  aber,  wie  es  scheint,  in  keinem  Zusammenhang  mit  dem 
Hautleiden  steht. 

Beobachtung  11.  (Erster  Fall  von  DEVEsaiB.)  Pemphigus  diutinus  hae- 
morrhagicus.'* 

Frau  von  45  Jahren,  leidet  seit  3  Jahren  infolge  einer  heftigen  Erregung  an 
einer  papulo-bullosen,  hämorrhagischen  Urticaria,  wobei  es  zuweilen  zu  tiefen  Ulce- 
rationen  kommt,  die  sich  mit  einer  schwärzlichen  Pseudomembran  bekleiden.  Das 
Leiden  tritt  anfallsweise  auf,  mit  besonderer  Heftigkeit  während  der  Menses. 

Beobachtung  12.  (Achter  Fall  aus  der  Dissertation  von  Hassan-Mahhodd.) 
Pemphigus  prurigin.  generalis  nach  M.  Habdy.  —  Hydroa  pemphigoides 
nach  M.  Guiboüt.^ 

Mann  von  62  Jahren,  seit  mehr  als  6  Monaten  mit  einem  stark  juckenden 
Ausschlag  behaftet, .  der  aus  roten  Plaques,  aus  verschieden  greisen  und  verschieden 
geformten  Blasen  und  aus  Krusten  besteht,  und  der  nur  das  Qesicht,  die  Palma 
manus  und  die  Planta  pedis  freiläfst. 

Beobachtung  13.  (Neunter  Fall  aus  der  Dissertation  von  Hassak- 
Mahmoud.)  Pemphigus  generalis  k  poussSes  successives.  —  Pemphigus 
saccessivus« 

Frau  von  44  Jahren,  leidet  seit  länger  als  3  Jahren  au  einem  allgemeinen  Aus- 
schlag von  starkjuckenden  Blasen.  Das  Exanthem  tritt  anfallsweise  auf  und  hinter- 
lafst  zuerst  Borken,  später  Pigmentflecke. 

Beobachtung  14.    (Fall  von  H.  Weber.)    Pemphigus  insolitus.^ 

Mann  von  20  Jahren,  seit  4  Jahren  lebhaft  juckender  Ausschlag;  bläulich-rote 
Flecke,  Bläschen  und  Blasen. 

Beobachtung  15.    (Fall  von  Fox.)    Dermatitis  herpetiformis.® 

Bei  einer  Frau  besteht  seit  6  Jahren  ein  vesiko-buUöser,  stark  juckender  Aus' 
schlag.    Entspricht  der,  von  einigen  Autoren  Pemphigus  prurigin.  genannten  Form. 

Beobachtung  16.    (Fall  von  L.  Düncan-Bülkley.^ 

25jähriger  Mann,  seit  6  Jahren  mit  einem  allgemeinen,  stark  juckenden  Aus- 
satz behaftet,  der  aus  erythematösen  Plaques,  Papeln,  Vesikeln  und  Pusteln  zusammen^ 
gesetzt  ist  und  anfallsweise  auftritt.    Heilung  bei  Arsengebrauch. 

Beobachtung  17.    (Fall  von  Dr.  Bronson.®) 

Mann  von  32  Jahren,  leidet  seit  5  Jahren  an  einem  juckenden  Ausschlag,  der 
über  den  gröfsten  Teil  des  Körpers  verbreitet  ist  und  aus  Papeln,  Vesikeln  und 
Blasen  besteht. 

Beobachtung  18.  (Achter  Fall  der  Arbeit  von  Badcliffe-Crocker  über 
Hydroa.) 

iOjähriger  Mann,  leidet  seit  3  Jahren  infolge  einer  heftigen  Gemütserregung  an 
einem  juckenden  Ausschlag  von  zuerst  erythematösen,  kolbenförmigen  (circine)  Plaques, 
später  Vesikeln  und  Blasen. 


'  Devergie,    Traiti  pratique   des   McUadies   de   la  peau.     2.  Ausgabe.    1857, 
pag.  306. 

*  Hassak-Mahmoud,  Über  den  Pemphigus.    Thdse  de  Paris.  1868.  pag.  98. 

*  H.  Weber,    Societe   Medico-pharmaceutique   du   District  du  Canton  de  Beme 
1887.    Correspond.'BlaU  für  Schweiger  Ärzte.  1878.  No.  13.  pag.  594. 

*  Fox.  a.  a.  0. 

'  L.  DUNCAK   BüLKLEY,  a.  a.   0. 

'  Bronson,  a.  a.  0. 


226 


h 


Beobachtung  19.  (Erster  !Fall  der  Arbeit  von  Arthub  yasl  Habusqsv.*) 
Sehr  wichtige  Beobachtung  wegen  der  Beschreibung  der  eruptiven  Elemente. 

52jährige  Frau,  leidet  seit  über  7  Monaten  an  einem  allgemeinen,  sehr  juckenden 
Ausschlag,  bestehend  aus  Urticaria-Papeln,  Blasen,  herpesartigen  Elementen.  Das 
Leiden  erscheint  anfallsweise;  die  einzelnen  Anfälle  sind  von  Allgemeiner8cheinung«ii 

begleitet. 

Beobachtung  20.    (Fall  von  Malcolm  Morbis.^^ 

Mann  von  28  Jahren,  leidet  seit  4  Jahren  an  einem  lebhaft  juckenden  Aus- 
schlag, bei  dem  anfallsweise  Vesikeln  oder  Blasen  auf  erythematöser  Grundlage 
hervorbrechen,  und  der  symmetrisch  verteilt  ist. 

Beobachtung  21.  (Fall  von  Dr.  Bulexet;  von  Dr.  Elliot  als  Dermatitii 
herpetiformis  beschrieben.") 

Mann  von  26  Jahren,  leidet  seit  Vh  Jahren  an  einem  juckenden,  erytliematoi- 
blasigen  A.usschlag^  der  in  einzelnen  Schüben  verläuft,  mit  Alopecia  und  Stönmgea 
im  Haarwuchs  einhergeht. 

Bislang  unveröffentlichte  Fälle,  die  in  den  letzten  Jahren  im 
Hopital  Saint-Louis  zu  Paris  zur  Beobachtung  kamen. 

Beobachtung 22.  (Abteilung  von  E.  Vidal;  beobachtet  zuerst  von  de  Habigxac 
später  von  Brooq,  Assistenten.  —  Diagnose:  E leinblasiger  Pemphigus  diati- 
nus.  —  Beschrieben  von  Vidal.) 

B.,  50  Jahre  alt,  Plätterin,  wird  am  8.  Oktober  1880  Salle  Saint-Jean.  No.  6a 
Abteilung  von  E.  Vidal,  Hopital  Saint-Louis  aufgenommen.  Sie  war  als  Kind 
skrofulös,  bekam  mit  18  Jahren  ihr  Unwohlsein,  hat  10  gesunde  Kinder.  Ihre  Mensa 
bestehen  zur  Zeit  noch.    An  Krankheiten  hat  sie  nur  einmal  Ikterus   durchgemacht 

Vor  etwa  4  Monaten  erschienen,  nach  einem  heftigen  Arger,  um  den  Hand 
herum  Blasen,  die  in  den  nächsten  8  Tagen  am  ganzen  Körper  auftraten.  Seit 
dieser  Zeit  war  die  Kranke  trotz  aller  Heilmittel  immer  mit  ihrem  Ausschlag  be 
haftet. 

Status  praesens:  Patientin  ist  etwas  heruntergekommen  und  schläft  infol^ 
von  Hautbrennen  nur  wenig.  Am  ganzen  Körper  zeigt  sich  ein  polymorpher  Am- 
schlag,  bestehend  aus  Papeln,  Vesikeln,  Pusteln  und  etlichen  grolsen  Blasen,  dereo 
nächste  Umgebung  entzündet  ist;  einzelne  dieser  Blasen  erreichen  die  Gröfse  eines 
1  Fr.-Stücks  (rechter  FuIjb).    Brust,    Bauch   und  Bücken  sind  am  wenigsten   beteiligt 

Genitalien  und  Mund  sind  ganz  frei.  E.  Vidal  stellt  die  Diagnose  auf  klein- 
blasigen  Pemphigus  diutinus.  Am  25.  Oktober  nimmt  er  auf  der  linken  Seite  eine 
Impfung  von  durchscheinenden  Vesikeln,  und  rechts  eine  solche  von  Vesiko-Pustdn 
vor.  Als  Behandlung  verordnet  er  Milchdiät  und  rotes  Pflaster,  welches  Mennige 
und  Zinnober  enthält. 

Am  30.  Oktober  findet  man  auf  dem  rechten  Bein,  da  wo  die  Impfung  mit  den 
Vesiko-Pusteln  vorgenommen  worden  war,  zwei  Vesikeln.  Man  machte  darauf  mit 
einer  sterilisierten  Nadel  rechts  3  und  links  2  Hauptstiche,  um  zu  sehen,  wie  die 
Haut  auf  diesen  Eeiz  reagieren  würde ;  es  zeigte  sich  aber  nichts. 

15.  November.  Die  Kranke  befindet  sich  wohl;  ihr  Allgemeinbefinden  ist  sehr 
zufriedenstellend.  Die  Exkoriationen  und  Borken  sind  fast  ganz  verschwunden,  und 
es  bestehen  fast  nur  noch  violette  Flecke.  Von  Zeit  zu  Zeit  erscheinen  wohl  nwk 
einzelne   Blasen,    aber  sie   werden   immer   seltener.      Impfungen    mit   völlig  darch- 

»  a.  a.  0. 
"  a.  a.  0. 
"  a.  a.  0. 


227 

scheinenden  Blasen,  am  linken  Ami)  Vorderarm  und  Schenkel  ausgeführt,  bleiben 
völlig  erfolglos. 

Vom  10. — 19.  Dezember  traten  von  neuem  Blasen  auf.  Erneute  Impfungen 
mit  seröser  und  serös-purulenter  Flüssigkeit  führen  ebenfalls  zu  keinem  Ergebnis. 

Am  31.  Januar  ein  heftiger  Anfall  auf  dqm  Arm,  der  am  nächsten  Tag  auch 
die  Beine  befallt.  Vom  16. — 20.  Februar  hatte  die  Kranke  heftige  Schmerzen  in  den 
Annen. 

Vom  8.  März  an  schienen  die  Blasen  verschwunden  zu  sein;  Patientin  befindet 
sich  viel  besser.  Auf  den  Faden,  die  man  durch  die  Pemphigusblasen  gezogen 
hatte,  finden  sich  keine  Hamsäurekristalle  mehr;  jedoch  werden  im  Blaseninhalt 
Mikroben  beobachtet. 

Am  19.  April  hatte  Patientin  einen  schweren  Bückfall;  sie  wird  wieder  auf 
strenge  Milchkost  gesetzt,  und  die  Milch  wird  wegen  des  bestehenden  Durchfalls  mit 
80  g  Ealkwasser  auf  je  1  Liter  vermischt. 

Das  Befinden  der  Kranken  bleibt  während  des  ganzen  Jahres  1881  unverändert. 
Nur  einmal  im  Monat  August  schien  eine  merkliche  Besserung  einzutreten,  die  mit 
der  Anwendung  von  Strychnin  zusammenfiel. 

Auch  im  Verlauf  des  folgenden  Jahres  traten  bei  Patientin  von  Zeit  zu  Zeit 
Blasen  auf,  die  stets  von  einem  unerträglichen  Jucken  an  den  Händen,  Vorderarmen 
und  Beinen  begleitet  waren ,  am  Rumpf  war  der  Pruritus  nicht  so  stark.  —  In  diesem 
Znstand  hat  sie  das  Krankenhaus  verlassen. 

Beobachtung  23.  (Abteilung  von  E.  Vidal;  behandelnder  Arzt  Bbocq, 
Assistent.    Diagnose:  Pemphigus  diutinus  pruriginosus.) 

D.,  62  Jahre  alt,  Schumacher,  aufgenommen  den  30.  Juni  1881  Salle  Saint- 
Jean,  No.  23,  Abteilung  von  E.  Vidal,  Hopital  Saint-Louis.  Als  Kind  war  er 
skrofulös,  hatte  aufserdem  nur  Tripper  und  weichen  Schanker.  Seit  September  v.  J. 
erkrankte  er  angeblich  mit  weiXsen  Knötchen,  die  namentlich  abends  lebhaft  brannten. 
Er  liefs  sich  deswegen  in  Metz  behandeln,  weifs  aber  nicht  mehr,  womit. 

Status  praesens.  Die  Nackendrüsen  sind  geschwollen;  am  Hals  rote  Stellen, 
die  von  Blasen  oder  Pusteln  herzurühren  scheinen;  denn  sie  sind  scharf  umschrieben 
und  mit  Epidermisstücken  bedeckt.  Auf  dem  Nacken  ziemlich  grofse  rote  Plaques 
mit  den  Besten  von  Blasen,  mit  Krusten,  vereiterten  Blasen  und  mehreren  kleineren 
blasigen  Abhebungen  der  Epidermis,  die  sich  zum  Teil  vereinigen;  an  verschiedenen 
Stellen  &ltet  sich  die  Haut  beim  sanften  Überstreichen  ^mit  dem  Finger,  als  ob  man 
ein  Vesikans  gesetzt  hätte.  Auf  dem  Rücken  zum  gröfsten  Teil  Blasen  mit  eiterigem 
Inhalt,  zahlreiche,  ziemlich  tiefe  und  dunkelrot  gefärbte  Narben,  offenbar  die  Wirkungen 
eines  Ausschlags,  der  dem  jetzt  bestehenden  ähnlich  war,  da  sie  nach  Angabe  des 
Kranken  erst  neuerdings  entstanden  sind. 

Auf  den  Armen  und  Vorderarmen  findet  man  pemphigoide  Blasen,  teils  mit 
zitronengelber,  teils  mit  eite^ger  Flüssigkeit  gefüllt,  noch  andre  schon  halb  zu  Borken 
vertrocknet;  fast  alle  ruhen  auf  einem  roten  Untergrund;  die  meisten,  noch  deutlich 
erkennbaren,  scheinen  zu  der  Unterart  des  kleinblasigen  Pemphigus  diutinus  zu  gehören. 
Auf  dem  linken  Vorderarm  befinden  sich  mehrere  Blasen  mit  blutigem  Inhalt;  auf 
dem  rechten  Vorderarm  kleinere,  scharf  umgrenzt,  ohne  umgebende  Böte;  auf  dem 
rechten  Handrücken  endlich  eine  besonders  grofse  Blase  mit  durchscheinendem 
serösen  Inhalt. 

Auf  den  Beinen  Kratzspuren;  das  Brennen  ist  daselbst  sehr  lästig;  hin  und 
wieder  Pemphigusblasen,  mit  teils  durchscheinendem,  teils  vereitertem,  teils  zu  Borken 
vertrocknetem  Inhalt. 


228 

Patient  leidet  an  chronischer  Bronchitis  und  Emphysem,  befindet  sich  aber 
sehen  davon  ganz  wohl;  kein  Durchfall;  ausgezeichneter  Appetit.   Polyurie.   Die  Be 
handlung  besteht  in  Milchdiät,  Arsen,  Salben-  und  Watteeinwickelung. 

Patient  beklagt  sich  in  den  nächsten  Tagen  über  Brennen,  das  ihn  ün  Sdilaf 
stört,  und  da  er  keine  schnelle  Besserung  seines  Zustandes  bemerkt,  so  Terläist  er  Am 
Krankenhaus  bald  wieder. 

Beobachtung  24.  (Abteilung  von  E.  Vidal;. behandelnder  Arzt  R&THon, 
Assistent.  —  Mitgeteilt  von  E.  Vidal.) 

C Catherine,  56  Jahre  alt,  Haushälterin,  aufgenommen  am  29.  Juni  1886, 

Salle  Alibert,  No.  14,  Abteilung  von  E.  Vidal,  Hopital  Saint-Louis.  Eine  Schfreafter 
epileptisch;  eine  zweite,  sehr  nervös,  hatte  in  der  Jugend  solche  Anfälle.  Pttioitin 
verlor  mit  52  Jahren  ihr  Unwohlsein.  Mit  16  Jahren  ein  Kind;  mit  47  Jahren  Gürtel- 
rose. Sie  leidet  an  Migräne,  an  Neuralgien  und  unbestimmten  Schmerzen  in  des 
Gliedern;  hat  eine  alte  Aorten-Insuffizienz.  Seit  einem  Jahr  fühlt  sie  sich  schwack 
und  leidend,  hustete  viel  und  schlief  wenig.  Vor  7  Monaten  wurde  sie  am  Körper 
von   einem    Elnötchenausschlag   befallen   und    trat   ins    Hopital   Saint -Louis  auf  die 

« 

Abteilung  von  E.  Beskieb  ein,  wo  sie  4  Monate  blieb. 

Um  jene  Zeit  hatte  sie  Blasen  auf  den  Armen,  den  Vorderarmen,  der  Brost  und 
der  Wangenschleimhaut.  Gleichzeitig  litt  sie  an  Angina  und  Conjunctivitis.  Dei 
weitern  zeigten  sich  am  Körper  grofse  rote  Plaques.  Die  Blasen  waren  von  venclur 
dener  Gröfse;  Patientin  behauptet,  manche  hätten  schon  HaselnuTsgrÖfBe  gehabt;  hä 
einzelnen  war  der  Inhalt  hämorrhagisch.  Die  Kranke  empfand  schmerzhaftes  Span- 
nungsgef  ühl  in  der  Palma  manus  und  Planta  pedis ;  das  Allgemeinbefinden  war  schledii. 
sie  afs  und  trank  nicht.  Die  Blasen  entwickelten  sich  sehr  schnell  in  einer  einzigen  Nacht 

Als  ich  (Dr.  Bbocq)  sie  in  diesem  Zustand  zuerst  auf  der  Abteilung  meines  rer. 
ehrten  Lehrers  E.  Besnieb  sah,  diagnostizierte  auch  ich,  wie  er,  eine  Dermal  herpet 
nach  DuHBiNO.    Ich  hatte  mir  damals  folgende  kurze  Aufzeichnung  gemacht: 

Am  16.  Februar  1886  sah  ich  bei  E.  Beskieb  eine  56jährige  Frau,  die  seä 
mehreren  Monaten  folgenden  Ausschlag  hatte: 

1.  Erythematöse,  mehr  oder  minder  grofse  Kreise  von  2 — 12 — 15  an 
Durchmesser,  mit  dunklem  Grunde  und  scharfem  Rand,  die  gegen  die  gelbliche  Mitte 
etwas  abblaisten.  Sie  sitzen  besonders  an  den  Händen,  den  Vorderarmen,  der  InneB- 
fläche  der  Schenkel  und  hier  und  da  am  Eumpf. 

2.  Blasige  Erhebungen  der  Epidermis,  mit  durchscheinendem,  hanuH^ 
rhagischem  oder  eiterigem  Inhalt ;  einzelne,  besonders  am  Anus,  bereits  geborsten,  die 
freiliegende  Fläche  ist  nässend.  Diese  blasigen  Erhebungen  befinden  sich  auf  da 
erythematösen  Kreisen. 

3.  Echte  Pemphigusblasen  hier  und  da,  unmittelbar  der  gesunden  Hnt 
aufsitzend. 

4.  Schleimhauterkrankung;  eine  Blase  befindet  sich  noch  auf  der  Zunge; 
Spuren  von  andern  sind  hier  sowohl  wie  auf  dem  Gaumen  noch  nachweisbar. 

Das  Leiden  scheint  sich  allmählich  zu  verschlimmem;  seit  2  Tagen  besteht 
Fieber.  Nachdem  Pat.  4  Monate  auf  der  Abteilung  von  E.  Besnieb  war,  verlief«  oe 
wesentlich  gebessert  und  ohne  eigentlich  noch  Ausschlag  zu  zeigen,  das  KrankenhsiR 
Aber  schon  nach  wenigen  Tagen  erschien  die  Krankheit  von  neuem. 

Status  praesens  bei  der  Aufnahme  auf  die  Abteilung  von  E.  Vdal 
Auf  den  Oberextremitäten  meist  linsengrofse  Blasen,  einige  sind  gröfser;  sie  sind  wi 
zitronengelber  Flüssigkeit  gefüllt  und  von  einem  roten,  erythematösen  Hof  amgebeo. 
Nach  Aussage  der  Pat.  bestanden  vor  der  Blasenbildung  rote  Papeln,  deren  AnfMen 
mehrere  Stunden  lang  von   schmerzhaftem   Brennen,   Stechen   und   Jucken   begleitet 


229 

war.  Auf  dem  Handracken  sind  die  £lasen  zur  Zeit  noch  mit  Papeln  vermischt; 
ebenso  auf  der  Flachhand,  wo  die  Papeln  linsen-  bis  20Centimes8tiick  grofs  sind. 
Stellenweise  erscheinen  sie  in  der  Mitte  abgeblafst,  nicht  hervorspringend,  wie  bei 
beginnender  Ezsudation.  Hier  und  da  auf  Arm  und  Vorderarm  finden  sich  schwärz- 
liche Borken,,  das  letzte  Stadium  des  Ausschlags. 

Dieselben  Erscheinungen  auf  den  Schultern,  vielleicht,  dafs  die  Blasen  hier 
noch  grÖfser  sind.  Auch  den  ganzen  Bücken  entlang,  rings  um  die  Taille,  auf  dem 
Leib  finden  sie  sich.  An  verschiedenen  Stellen,  besonders  auf  den  Brüsten,  tri£[t 
man  unregelmäfsige  Papeln,  die  nur  wenig  hervorspringen,  mit  einer  kleinen  weilsen 
Stellen  in  der  Mitte.  Sie  schwinden  nicht  auf  Druck  und  jucken  lebhaft.  Auf  dem 
Gesäls  fliefsen  die  einzelnen  Elemente  zusammen,  und  die  Blasen,  gröfser  als  überall 
anders,  bilden  echte  Phlyktänen,  die  durch  das  Zusammenfliel^en  mehrerer  Blasen 
entstanden  zu  sein  scheinen.  Auf  den  ünterextremitäten  sieht  man  zerstreut  einige 
uQgleichmäfsig-kreisförmige  Papeln  mit  beginnender  Vesikel  im  Zentrum.  Auf  den 
Fülsen  steht  der  Ausschlag  in  grofser  Blüte  und  hat  ein  bedeutendes  Ödem  ver- 
ursacht. —  Die  Behandlung  besteht  in  Sol.  FqwI.,  Milchdiät  und  Einwickelung  in 
Watte  und  Öl. 

11.  August.  Patientin,  die  ich  (Dr.  Bbocq)  während  der  Monate  August  und 
September  in  Vertretung  für  £.  Vidal  behandle,  klagt  über  ab  und  zu  wiederkehrende 
Schwächeanfälle.  Sie  hat  beständig,  über  den  ganzen  Körper  zerstreut,  einen  erythe- 
matös  vesikulösen  und  blasigen,  juckenden  Ausschlag.  Seit  einiger  Zeit  bilden  sich 
auf  der  rechten  Tibia  Ekchymosen  von  mehreren  Zentimetern  Ausdehnung.  Die  Be- 
handlung besteht  in  Chinin,  sulf.  und  Ergotin.  Bei  dieser  Behandlung  bessert  sich 
der  Zustand  derartig,  dafs  sie  sich  vom  10. — 18.  September  geheilt  glaubt.  Aber  als 
ich  die  Mittel  auslieüs,  trat  bald  wieder  ein  Bückfall  ein. 

22.  November.  E.  Vidal  verordnet  der  Patientin  4,0  Kali  jod.  täglich;  sofort 
bilden  sich  über  den  ganzen  Körper  zerstreut  durchscheinende,  auf  einen  roten  Unter- 
grund aufsitzende  Blasen.  Schon  nach  2  Tagen  mufs  das  Jodkali  wieder  ausgesetzt 
werden,  da  ein  aufserordentlich  heftiger  Anfall  erfolgte,  der  ganz  dem  Erythems 
polymorphum  glich.  Um  die  Gelenke  herum  und  am  ganzen  Stamm  zeigen  sich 
grofse,  runde,  erythematöse  Plaques,  von  1 — 2  Fr. -Stück  Ghröfse.  Stellenweise  tritt 
der  Ausschlag  stärker  auf;  die  Epidermis  wird  von  verschieden  grofsen  Blasen  abge- 
hoben, die  einen  vereinzelt  stehend,  die  andern  zusammenfliefsend  und  unregelmäTsig 
geformte  Phlyktänen  bildend.  Dabei  leidet  Pat.  unter  heftigem  Brennen  und  Jucken ; 
ihr  Gesicht  ist  blafs,  die  Augen  injiziert,  Puls  84,  Achseltemperatur  38°.  Der  Aus- 
schlag nimmt  am  folgenden  Tage  noch  zu,  es  bilden  sich  grofse  Plaques  von  Erythema 
circinat.  marginatum,  die  mehrere  Zentimeter  im  Umfang  erreichen,  unregelmälsig  ge- 
formt sind  und  die  Haut  überragen.  Am  27.  November  erfolgt  Besserung  des  Zu- 
stands,  und  am  30.  ist  der  Jodkaliumausschlag  verschwunden. 

Im  Verlauf  des  Dezember  wird  die  Haut  der  Handflächen  blasig  abgehoben; 
jedoch  wird  der  Blaseninhalt  so  schnell  wieder  resorbiert,  dais  kleine,  eingetrocknete, 
kreisförmig  stehende  Schüppchen  zurückbleiben;  seitlich  bemerkte  man  punktförmige 
Anhäufungen  einer  gelblichen  Flüssigkeit.  Es  besteht  leichte  Polyurie  (2500  g  Urin 
mit  27—30  g  Harnstoff  in  24  Stunden). 

Februar  1887  verläfst  Pat.  das  Krankenhaus  ungeheilt;  es  besteht  immer  noch 
ein  erythemato-bullöser  Ausschlag  an  der  Stirn,  den  Beinen,  den  Armen  und  dem 
Thorax. 

Beobachtung  25.  (Abteilung  von  E.  Vidal;  von  ihm  selber  mitgeteilte 
Beobachtung.) 

J. . .  Alphonse,  55  J.,  Tagelöhner,   aufgenommen   am  26.  April  1887    Salle  De- 

Monattb^ft«.  16 


230 

vergic  No.  81,  Abteilang  von  E.  Vidal,  Hopital  Saint-Louis.  Litt  froher  an  SÜiytine 
av6rS  (?),  hat  1872  eine  Luxation  der  linken  Hüfte  überstanden  und  wurde  1875  tm 
Pakas  an  einer  fistula  ani  operiert.  Angeblich  hat  er  vor  genau  einem  Jahr  dm 
nämlichen  Ausschlag  gehabt  wie  jetzt  bei  seiner  Aufiiahme. 

Sein  jetziges  Leiden  hat  vor  3  Monaten  an  der  unteren  Fläche  des  Gliedes  be- 
gonnen; es  dehnte  sich  dann  auf  das  Skrotum,  die  Leistengegend,  die  Schenkd,  du 
Oesäfs,  das  Epigastrium,  den  Rücken  und  schlieislich  auf  Hals  und  Gendit  aia. 
Überall,  wo  der  Ausschlag  bestanden  hat,  findet  man  Pigrmentflecke,  wie  sie  taf 
Blasen  zu  folgen  pflegen.  t 

Zur  Zeit  bemerkt  man  auf  dem  Skrotum  grofse,  vereinzelte  Vesikelo,  zum  Tcfl 
zusammenfliefsend,  halbkreisförmig,  ohne  entzündlichen  Hof,  ohne  Verandenm^  der 
umgebenden  Haut.  Die  Bläschen  enthalten  eine  &rblose  Flüssigkeit,  die  sie  kriital» 
linisch  erscheinen  läfst.  Zahlreicher  und  umfangreicher  finden  sie  sich  auf  der  hinten 
Fläche  des  Gliedes  und  der  entsprechenden  Strecke  des  Hodensacks,  einige  dsTtn 
sind  der  Epidermis  entblölst  und  zeigen  eine  stark  nässende  Oberfläche;  dagegen  mi 
sie  auf  dem  Dorsum  Penis  nur  klein  und  in  geringer  Anzahl  vorhanden. 

Auch  im  Gesicht  bemerkt  man  einzelne  Vesikeln  und  Blasen,  aber  Patient  bt 
sie  zum  groisten  Teil  aufgekratzt,  so  daüs  sie  meist  nicht  mehr  zu  erkennen  sind,  lud 
der  Ausschlag  im  ganzeh  eine  Impetigo  vortäuscht;  die  schmutzig  gelben  Boika 
ruhen  auf  einem  roten,  entzündlichen  Untergrund.  Den  nämlichen  Ausschlag  findet 
man  am  Nacken,  im  Bart,  rings  um  die  Augen,  am  Lidrand.  Am  Gaumensegel  atii 
eine  groüise  Vesikel,  ebenso  2 — 3  auf  dem  rechten  Handrücken,  auf  den  Schultern  u.  i.  w. 

Bräunliche  Flecke  bedecken  fast  den  ganzen  Körper;  sie  sitzen  auf  den  SchnJtenL 
dem  Leib,  den  Schenkeln  u.  s.  w.,  sie  stehen  getrennt  oder  flieiaen  zusammen,  nnd 
an  einzelnen  Stellen  bräunlich,  an  andern,  den  Schenkeln,  weinhefefarbig. 

Der  Ausschlag,  an  dem  Patient  im  Frühjahr  1886  gelitten  hatte,  und  der  fnaf 
Monate  dauerte,  war  mit  dem  jetzt  bestehenden  identisch,  nur  dafs  er  das  Gesidit 
verschont  hatte.  Auch  damals  bestand  äuiserst  heftiges  Jucken  mit  Brennen  and 
Stechen.  Die  Vesikeln  entstehen  plötzlich,  in  wenigen  Stunden,  mitten  auf  der  ge- 
sunden Haut,  ohne  vorherige  Bötung. 

E.  Vidal  stellte  die  Diagnose  auf  Dermatitis  herpetif.  Dühbiko,  Pemphigu 
prurigin.  Hardt,  Pemphigus  arthriticus  Bazik;  er  verordnete  Einreibungen  ait 
Liniment.  Oleo-Calcarium. 

Im  Beginn  des  Monats  Mai  hatte  Pat.  einen  sehr  heftigen  Anfall,  wobei  Blasen 
an  den  Geschlechtsorganen,  den  Schenkeln  und  Vorderarmen  auftraten.  Gegen  des 
1.  Juni  trat  dann  wesentliche  Besserung  ein;  es  waren  fast  nur  noch  Pigmentfled« 
zu  sehen.  Aber  schon  am  12.  Juni  erfolgte  wieder  ein  neuer  Anfall,  wie  alle  firnhereo 
vom  lästigsten  Jucken  begleitet,  das  namentlich  während  der  Bildung  der  vesiko* 
bullösen  Elemente  unerträglich  war.  Bis  gegen  Ende  Juni  blieb  der  Zustand  unver 
ändert,  wiewohl  der  Anfall  etwas  nachzulassen  schien.  In  der  Harnröhre  nichts 
Krankhaftes.  Das  Allgemeinbefinden  ist  gut.  Am  18.  Juli  verläfst  Patient  nach 
dreimonatlichem  Aufenthalt  das  Krankenhaus  auf  Nimmerwiedersehen.  —  Dieser  fsÜ 
ist  sehr  interessant  wegen  des  Bestehens  des  Ausschlags  auf  den  Geschlechtsorganen. 

Beobachtung  26.  (Ich  verdanke  dieselbe  der  Güte  von  Laillbb,  auf  desaen 
Abteilung  im  Hopital  Saint  Louis  der  Fall  von  dem  Assistenten  Gibode  behandelt 
wurde.) 

D.  . .  Jeanne,  66  J.  alt,  Haushälterin,  aufgenommen  den  31.  März  1887  Saüe 
Lugol  No.  15.  Die  Kranke  hat  6  Geschwister;  3  befinden  sich  wohl;  eine  Schwester 
starb  1869  an  Variola  haemorrhagica,  eine  zweite  ging  als  junges  Mädchen  phthiiiic& 
zu  Grunde,  desgleichen  ein  Bruder  nach  beendeter  Dienstzeit.    Patientin  selber  hatte 


231 

als  Kind    skrofulöse   Erscheinungen,  wie  Aasschlag,  Kasenflufs,  Drosenschwellangen. 
Kit  19  Jahren  bekam  sie  erst  ihr  Unwohlsein,  die  Menses  waren  immer  unregelmäfsig; 
sie  hat  eine  Tochter,  die  jetzt  30  Jahre  und  völlig  gesnnd  ist.    Mit  60  Jahren  verlor 
sie  ihr  Unwohlsein.    Ihr  jetziges  Leiden  begann,   als  sich  die  letzten  Spuren  ihrer 
Regel  zeigten,  vor  nunmehr  15  Jahren.    Der  Ausschlag  fing  mit  Yesikeln  an,  die  die 
Kranke  sehr  treffend  als  Wasserblasen  bezeichnete  und  die  Über  den  ganzen  Körper 
zerstreut  waren,  besonders  zahlreich  an  den  Armen,  namentlich  am  linken.    Die  ein- 
zelnen Blasen  waren  erbsengrols  und  grolser;  sie  waren  gleich  bei  ihrem  Erscheinen 
mit  einem  fluchtigen  roten  Hof  umgeben,  prickelten  und  brannten  lebhaft.    Später 
bildeten  sich  trockene  Schuppen  oder  teils  graue,   teils  braunliche  Krusten.    Jedes 
einzelne  Element  brauchte  zu  seiner  Entwickelung  etwa  8  Tage.    Wahrend  sich  dann 
der  alte  Ausschlag  zurnckbildete,  war  schon  wieder  ein  neuer,  mit  den  nämlichen 
Eigenschalten,  im  Entstehen.    Die  einzelnen  Anfalle  waren  namentlich  während  der 
jeweiligen  Menses  besonders  heftig.    In  den  folgenden  Jahren  verschlimmerte  sich  der 
Ausschlag  womöglich  noch;  die  Blasen  entwickelten  sich  mit  Vorliebe  an  bestimmten 
Stellen,    so  em  Leib,   an  der  Taille,   der  linken   oberen   Extremität.    Meistens  ver- 
schwanden die  einzelnen  Elemente  wieder  völlig  und  hinterliefsen  nur  fSr  kurze  Zeit 
ein  schwach  gefärbtes  Mal;   zum  Teil  aber  bestanden  grofse,  schuppige,  borkige  oder 
ekzematöse    Stellen   weiter.      Das   Allgemeinbefinden    blieb   ungestört.     Im   letzten 
Winter,  und  besonders  während  des  letzten  Februar  und  März,  vermehrte  sich  der 
Ausschlag  namentlich  auf  dem  Leib.    Die  Blasen  platzten  und  fingen  an  zu  nässen, 
wodurch  die  Wäsche  beim  Trocknen  steif  wurde.    Diese  Verschlimmerung  veranlalste 
Pat  das  Krankenhaus  aufzusuchen.    Die  Behandlung  hatte  in  Amidam-Bädem  und  in 
Verabreichung  von  Sol.-Fowl.  bestanden. 

Status  praesens.  Patientin  scheint  von  Haus  aus  gesund,  im  ganzen  etwas 
heruntergekommen  zu  sein.  Der  Ausschlag  ist  fast  über  den  ganzen  Körper  ver- 
breitet^ besteht  aber  namentlich  an  den  Oberextremitäten,  den  Leib  und  den  Beinen; 
er  hat  ein  doppeltes,  je  nach  dem  Sitz  verschiedenes  Aussehen. 

1.  Da  wo  er  am  stärkten  ist,  besteht  er  aus  grofsen,  ziemlich  runden,  wenig  er- 
habenen Stellen,  die  mit  Schuppen  und  flachen  Krusten  bedeckt  sind.  Der  Qrund  ist 
Tothch,  wenig  gefärbt;  die  Haut  verdickt  und  hart  Die  einzelnen  Flecke  sehen  aus, 
als  seien  sie  im  Verschwinden  begriffen.  Seitlich  davon  stehen  minder  grofse  Plaques 
jtbgeren  Datums,  in  der  Mitte  mit  einer  glatten,  graufarbenen  oder  bräunlichen 
Knute  bedeckt.  Bings  um  diese  zentrale  Borke  erblickt  man  einen  kleinen  vesiko- 
bullösen  Bing,  mattweifs  oder  grau,  das  Ganze  ist  dann  noch  von  einem  erythema- 
tosen  Kreis  umgeben.  Andere,  ältere  Plaques  haben  in  der  Mitte  nur  eine  bräunliche, 
vertiefte  Stelle,  um  die  sich  nacheinander  ein  Bing  von  Krusten,  von  Vesikeln  und 
zuletzt  ein  erythematöser  Kreis  schlieist.  Bisweilen  dehnen  sich  die  Plaques  nur 
nach  einer  Bichtung  hin  aus ;  man  findet  alsdann  anstatt  der  Binge  nur  Kreis- 
abschnitte. Eine  dritte  Beihe  von  grofsen  Plaques  endlich  sind  zusammengeflossen 
und  bilden  rundliche  Flecke,  entsprechend  den  kurz  vorher  beschriebenen,  nur  dafs 
entere  in  voller  Entwickelung  sich  befinden. 

2.  Die  einzelnen  Ausschlagselemente  bestehen  aus  Blasen  oder  kleinen  Blasen- 
vesikeln,  fiist  über  den  ganzen  Körper  zerstreut,  besonders  aber  an  den  Händen, 
gegen  den  Thenar  hin.  Sie  stehen  auf  einem  Boden,  der  von  früheren  Ausschlags- 
elementen bräunlich  verfärbt  ist;  ihre  Farbe  ist  schmutzig  weifsgrau.  Wenn  die 
Kranke  sich  gerade  hält,  so  nehmen  die  gröfsten  Blasen  am  Bumpf  in  ihrer  oberen 
Hälfte  eine  kaum  graue,  in  ihrer  untern  eine  mattweifse  Farbe  an,  da  ihr  teilweiser 
fester  Inhalt  den  Gesetzen  der  Schwere  gehorcht.  Die  Blasen  an  den  Händen  fallen 
«in  und  vertrocknen,  die  Epidermisdecke  blättert  in  einer  dünnen  Schuppe  ab,  ohne 

16* 


232 

dafs  sich  BlaseDinhalt  ergiefst.  Beim  letztmaligen  Auftreten  der  BiaBen  Toipfirte 
Fat.  Stechen  und  lebhafte  Hitze.  Das  Jucken  ist  zumal  des  Nachts  sehr  listig. 
Verdauung  ist  ungestört.    Vielleicht  besteht  ein  klein  wenig  Insuffizienz  der  ICtralit. 

Die  Blasenflüssigkeit  ist  alkalisch,  stark  eiweiXshaltig.  lükroskopisoh  entdedt 
man  darin  zahlreiche  grofse,  scharfrandige  Leukozyten,  mit  runden,  lichtbrechendeB 
Körnern,  die  bei  Behandlung  mit  Osmiumsäure-Dämpfen  die  charakteristische  hraane 
Farbe  des  Fetts  annehmen.  Weitere  geformte  Elemente  findet  man  nicht,  es  sei  denn 
in  dem  Inhalt  älterer  Blasen  einige  halbzertrtimmerte  Epidermiszellen.  Mikroorgi- 
nismen  lielsen  sich  mittels  der  gewöhnlichen  Färbungsmethoden  nidit  darin  nadi- 
weisen. 

Am  31.  März  und  1.  April  hat  Patientin  leichtes  Blutspeien;  die  Aniknltation 
ergibt  B-H-U.  leichte  Kongestion.  Jedoch  wiederholt  sich  dieser  Zu&ll  nicht,  nnd 
vom  5.  April  an  ist  ihr  Allgemeinbefinden  ungestört  Täglich  treten  einzelne  neue 
Blasen  auf.  Am  15.  tritt  ein  kleiner  Stillstand  in  den  Erscheinungen  ein;  aber  sehon 
am  30.  erscheinen  wieder  neue  Blasen  an  der  Hand^   namentlich  an  der  flandfliche. 

10.  Mai.  Stärkerer  Anfall,  besonders  an  Händen  und  Leib.  Am  20.  Mai  ist 
der  Ausschlag  an  verschiedenen  Stellen  des  Leibes  entzündlich  gerötet.  Am  1.  Juni 
befindet  Patientin  sich  sehr  wohl;  sie  hat  nur  noch  an  den  Händen  einige  Blasen. 
In  diesem  Zustand  verläfst  sie  leider  das  Krankenhaus. 

Beobachtung  27.    (Abteilung  vonE.  Vidal.   Von  ihm  selber  mitgeteilt) 

G. . .  Frangois,  64  J.,  Typograph;  aufgenommen  den  3.  Mai  1887  PAvillon  Ga- 
brielle  No.  7,  Abteilung  von  E.  Vidal,  Hopital  Saint-Louis.  Ich  (Bbocq)  beobacbteU 
den  Kranken  während  der  ganzen  Dauer  seines  Aufenthalts  und  in  den  Monateo 
August,  September,  Oktober  habe  ich  ihn  in  Abwesenheit  Yon  E.  Vidai«  selbst  be- 
handelt. —  Als  Kind  war  er  etwas  skrofulös,  litt  bei  Witterungswechsel  an  unbe- 
stimmten Schmerzen,  sowie  seit  seinem  45.  Lebensjahre  an  Ausschlag  von  unbekannter 
Natur,  den  er  als  Ekzema  bezeichnet  und  der  ihm  stets  Brennen  verursachte.  Dieser 
Ausschlag  nahm  aber  erst  seit  April  1886  einen  ernsteren  Charakter  an.  Damtli 
erschienen  an  den  Ober-  und  Unterextremitäten  Blasen,  die  nach  1 — 2  Tagen  platzten 
und  eine  mit  Knötchen  dichtbesetzte  dunkelrote  Cutis  zurücklielsen.  Dieses  KTanthea 
entwickelte  sich  über  den  ganzen  Körper;  es  trat  in  Schüben  auf,  die  durch  mehr 
oder  minder  lange  Zwischenräume  voneinander  getrennt  waren. 

Seit  seiner  Au&ahme  hat  sich  der  Ausschlag  noch  verbreitet ;  nur  da»  Gesicht  ist 
frei.  Derselbe  besteht  aus  erythematösen  und  erythemato-papulösen  verschiedenformigen 
Gruppen,  die  aber  meistens  Spiralen  beschreiben;  die  aulsenstehenden  Elemente  smd 
mehr  hervorspringend  und  mehr  gefärbt  als  die  gegen  die  Mitte  hin. 

An  den  Beinen  haben  sich  auf  diesen  erythematösen  Kreisen  Vesikeln  gebildet, 
in  den  Kniekehlen  sieht  man  pemphigoide  Blasen,  anderwärts  pigmentierte  Stellen, 
als  Überreste  früherer  Eruptionen. 

Während  der  Monate  Mai,  Juni,  Juli  verläuft  die  Krankheit  in  der  geschilderten 
Weise,  mit  Hautjucken,  Stechen  und  Brennen  der  lästigsten  Art.  Ende  Juli  ^wir 
folgender  Status  praesens: 

An  den  Fülsen  eigenartige  Entwickelung  innerhalb  der  letzten  Monate ;  auf  dem 
Fuisrücken  ältere  Formen,  bestehend  aus  unregelmäfsigen  Plaques  von  mehreren 
Zentimeter  Durchmesser,  graufarbig  und  papillomatös.  Epidermistrümmer  und  seroi- 
eiteriges  Nässen  gegen  den  Band  hin  deuten  an,  dafs  diese  Plaques  die  Überreste  tob 
Blasen  sind.  Der  Grund  ist  mit  kleinen,  spitzen,  papillomatösen  Auswüchsen  besit, 
die  dicht  aneinander  stehen  und  an  5  cm  zum  mindesten  über  die  Umgebung  henrcv- 
ragen.  Sie  sind  mit  ziemlich  festsitzenden  Krusten  bedeckt,  und  in  den  Ftoto 
zwischen   den  Wärzchen  befindet   sich  in  geringer  Menge   ein   weilsfnrbiges,  übel- 


233 

riechendes  Seram.  Schabt  man  diese  papillomatÖsen  Wucherungen  weg,  was  leicht 
gelingt,  so  findet  man  die  Haut  darunter  wenig  verändert,  rot,  leicht  nässend.  Solche 
Wärzchen  befinden  sich  auch  am  Bande  der  Zehen,  wo  sie  unregelmafsige  Beihen 
bilden.  Bings  um  diese  papillomatösen  Plaques  und  besonders  am  rechten  Fufs 
(doch  ist  auch  der  linke  stark  beteiligt)  nimmt  man  riesige  Vesikeln  wahr,  die  stellen- 
weise zosammenflielsen,  auch  mehrfach  richtige  Blasen  mit  trübem,  serÖs-eiterigem 
Inhalt.  Diese  Epidermisabhebungen,  welche  die  papillomatösen  Plaques  kranzartig 
umgeben,  sind  wenig  gespannt,  faltig,  flach.  Einzelne  von  ihnen  sind  mit  einem 
dnnkelblaaen  erythematosen  Hof  umgeben,  andre  sind  zerrissen,  und  man  kann  sehen, 
wie  die  Guus  darunter  warzig  wird  und  sich  mit  Krusten  bedeckt.  In  dieser  Weise 
schreitet  die  Erkrankung  zentrifugal  fort. 

Gegen  das  FuTsgelenk  hin  beobachtet  man  Streifen  und  Ghruppen  von  kleinen, 
durchscheinenden,  lebhaft  juckenden  Vesikeln,  die  auf  einer  stark  pigmentierten  Haut 
anftitzen.  An  den  Aufsenflächen  der  Unterschenkel  zeigen  sich  erythematöse  Kreise 
von  verschiedener  Ausdehnung,  die  stark  jucken,  und  auf  denen  sich  kleinste,  stellen- 
weise zusammenflielsende  Vesikeln  sowie  Blasen  von  gleichfalls  verschiedener  Gröfse 
bilden,  die  aber  teilweise  den  Umfang  eines  Taubeneies  erreichen.  Die  Vesikel- 
gruppen  tauschen  stellenweise  einen  Herpes  zoster  vor.  Auf  den  Oberschenkeln  be- 
merkt man  abgerundete,  erythematöse  Flecke,  in  der  Mitte  leicht  gefärbt,  gegen  die 
Peripherie  dunkelrot.  An  den  Bändern  weisen  sie  kleine  Epidermisabhebungen  auf, 
die  plötzlich  einfallen  und  platzen.    Am  GesäTs  Haufen  von  zerstreuten  Vesikeln. 

An  den  Oberextremitäten  sind  die  papillomatösen  Wucherungen  nicht  vorhanden. 
Hier  und  da  trifft  man  auf  Pigmentflecke,  am  Bande  verschwommen,  die  Überreste 
froherer  Erkrankung;  aber  namentlich  finden  sich  sehr  zahlreiche,  unregelmafsig 
gruppierte  Vesikeln,  bald  einzeln  auf  der  gesunden  Haut,  bald  zu  Gruppen  auf  erjrthe- 
matosen  Flachen  vereinigt;  sie  sitzen  vornehmlich  an  der  äufsem  Seite. 

Beide  Lippen  sind  leicht  infiltriert  und  mit  reichlichem  Ausschlag  bedeckt. 
Patient  leidet  viel  unter  Brennen  und  lanzinierenden  Schmerzen  im  Mund.  Auf  der 
Zunge,  und  zwar  besonders  an  ihren  Bändern,  sowie  auf  der  Wangenschleimhaut, 
finden  sich  nnregelmäüsige,  rötliche  Ulcerationen,  mit  weifslichen  Epidermisabhe- 
bungen. Die  geschwollenen  Mandeln  und  der  Bachen  sind  mit  herpesartigen  Vesikeln 
bedeckt.  Ebenso  mufs  die  Nasenschleimhaut  beschaffen  sein,  denn  der  Kranke  klagt 
über  wiederholtes  Nasenbluten  und  über  Brennen  in  der  Nase.  Das  Jucken  ist  un- 
-aufhorlich,  führt  zu  Schlaflosigkeit  und  Ermattung;  Allgemeinbefinden  und  Appetit 
im  übrigen  gut,  nur  dafs  Kauen  und  Schlucken  sehr  schmerzhaft  sind.  Ausspülen 
des  Mundes  mit  Mohnwasser  und  Borax  und  Bepinselung  der  Ulcerationen  der 
Wangenscbleimhaut  mit  einer  Lösung  von  Kokain  in  Glycerin. 

Im  August  verordnete  ich  Ergotinpillen  und  das  Bromhydrat  von  Chinin  (von 
jedem  0,4)  in  Verbindung  mit  Arsen,  worauf  eine  merkliche  Besserung  erfolgt^.  Die 
Blasenbildung  auf  den  Extremitäten  läfst  nach,  nur  hin  und  wieder  entstehen  noch 
einige  juckende,  erythematöse  Kreise.  Im  Mund  und  an  den  Fufsen  bleiben  immer 
einige  Vesikeln.  Das  Jucken  ist  weniger  lästig,  aber  fast  unaufhörlich.  Langdauemde 
Kataplasmen  von  Stärkemehl  erweisen  sich  gegen  die  papillomatösen  Wucherungen 
nützlich.  Jedoch  bleibt  die  Planta  pedis  immer  mit  einer  dicken  verhornten  Schicht 
bedeckt,  quer  über  welche  sich  umfangreiche  Warzen  hinziehen;  sie  ist  aufserdem 
immer  schmerzhaft  juckend.    Zahlreiche  Pigmentflecke  bedecken  den  Körper. 

Am  10.  September  erneuertes  Auftreten  von  Vesikeln;  Sitz  namentlich  auf  den 
^^en,  besonders  auf  dem  rechten  Fnfsrucken;  einzelne  Vesikeln  bilden  durch  Zu- 
wmmenfiieliBen  ziemlich  umfangreiche  Blasen.  Sie  ruhen  auf  gesunder  oder  pigmen- 
iierter  Haut,  ohne  erythematosen  Hof.   Die  Zunge  ist  immer  noch  schmerzhaft,  gegen 


2S4 

die  Bander  hin  etwas  verhärtet  und  an  den  verhärteten  Teilen  mit  onregefaniliigai 
Ulcerationen  bedeckt. 

Chinin  wird  ausgesetzt,  dagegen  Arsen  in  hohen  Dosen  gegeben. 

1.  Oktober.  Von  neuem  Vesikelbildung  an  den  FüTsen;  einige  auch  auf  der 
Zunge.  Es  wurden  wieder  Pillen  von  Ergotin  und  Ghin.  bromhydr.  verordDet  Am 
folgenden  Tage  einige  erythematöse  Kreise  am  untern  Teil  des  Vorderarms  und  da 
Unterschenkels.  Dieser  Anfall  verläuft  abortiv  und  bringt  es  nicht  zur  Bädung  v« 
Blasen.   Am  8.  Oktober  kommt  es  zu  neuen  Erscheinungen  auf  der  Waogenschleiinhiiil 

November  1887.  —  Das  Befinden  des  Patienten  hat  sich  seit  August  g^Mwi; 
die  Haut  ist  stellenweise  in  grolser  Ausdehnung  verfärbt;  die  Füfse  sind  immer  ge- 
schwollen, an  den  Sohlen  und  Zehen  schmerzhaft,  welche  Teile  mit  einer  did^en, 
gelblichen  Homschicht  bedeckt  sind;  Patient  verspürt  darin  heftiges  Brennen  und 
Jucken.  An  den  Extremitäten  zeigen  sich  nur  von  Zeit  zu  Zeit  juckende  erythemstoie 
Kreise.  Vesikeln  sind  nur  noch  an  den  Füfsen,  der  Wangenschleimhant  und  besonden 
unter  der  Zunge  vorhanden. 

15.  Dezember  1887.  —  Der  Zustand  des  Patienten  ist  sehr  befriedigend.  Er 
verspürt  nur  noch  wenig  Jucken  und  hat  an  krankhaften  Erscheinungen  weiter  nicbti 
als  einige  Ulcerationen  der  Mundschleimhaut  sowie  zahlreiche  Flecke  über  den  ganzes 
Körper  zerstreut.   Von  der  innem  Behandlung  war  seit  langer  Zeit  Abstand  genomaea 

Beobachtung  28.  (Noch  nicht  veröffentlicht.  Mitgeteilt  von  £.  Ydal 
Beobachtet  von  La  Juob  db  Sbg&ais.) 

M.  X  .  .  .,  20  Jahre  alt,  arthritisch'uervöser  Mensch,  geboren  zu  Port-Louis  nf 
der  Insel  Maurice  während  einer  mörderischen  Epidemie  von  Febris  intermittens  po^ 
nioiosa.  Grolsvater  mütterlicherseits  gichtisch,  litt  an  Paralysis  agitans;  anlserdea 
Migräne  und  Bheumatismus  in  der  Familie.  Mit  5  Monaten  erster  WechseXfieberso&II; 
fast  gleichzeitig  Auftreten  von  zwei  Pemphigusblasen  auf  den  kleinen  Zehen,  spiter 
auch  auf  der  Aulsenfiäche  der  Unterschenkeln.  Mit  jedem  Intermittensan&n  neue 
Blasen.  Mit  dem  zunehmenden  Alter  des  Kindes  gewinnt  der  Pemphigus  an  km. 
dehnung.  Mit  8  Jahren  erscheint  er  an  den  Händen  und  Handwurzeln.  Jeder  Btewu 
bildung  ging  Jucken  vorauf;  die  Flüssigkeit  war  farblos,  bisweilen  rötlich.  Ksm  dy 
Kind  zu  Fall,  so  bildeten  sich  an  der  betreffenden  Stelle  Phlyktänen  mit  sangm»)- 
lentem  Inhalt.  Zuerst  einzeln  stehend,  flieüsen  sie,  immer  gröIser  werdend,  zusaimiiei 
und  bilden  zuletzt  eine  grofse,  ausgedehnte  Blase.  Läfst  man  die  Flüssigkeit  ib- 
fliefsen,  so  löst  die  Epidermis  sich  ab  und  die  Cutis  fäng^  zu  eitern  an.  Auf  dar 
W^unde  bildet  sich  eine  Borke,  die  von  Schuppen  umgeben  ist,  welche  mehi&oli  bb 
zur  Heilung  abfallen;  die  neugebildete  Haut  ist  zart  und  glänzend. 

War  die  Flüssigkeit  in  der  Phlyktäne  trübe,  so  war  die  Haut  ringsherum  häk 
rot  und  gespannt,  die  Phlyktäne  schmerzte  sehr  und  nach  Verlauf  von  nngefÜff 
24  Stunden  wurde  der  Inhalt  eiterig.  Die  Entzündung  dauerte  zwei  Tage,  und  bstt* 
die  Eiterung  erst  einmal  begonnen,  so  hörte  der  Schmerz  nach  der  Eröffinug  ^ 
Phlyktäne  auf.  Bei  diesem  Verlauf  bestand  immer  Fieber,  das  durch  AnschweUoDf 
der  schmerzhaften  Lymphdrüsen  noch  zunahm,  gleichviel  ob  der  PempbigUB  sofdsr 
obem  oder  untern  Extremität  sais.  Für  gewöhnlich  war  die  Lokalisation  inuiMr 
gleichmäfsig ;  an  der  obem  ExtremiÜLt  befiel  der  Pemphigus  den  Handrücken  in  dr 
Gegend  des  Handgelenks,  der  Phalango-Metakarpal-  und  der  Interphalangeal-Gelaob; 
an  der  untern  Extremität  sais  er  an  den  Knieen,  an  der  AuÜBen-  und  Vorderflachs  dff 
Unterschenkel ,  an  den  Malleolen  und  den  Zehen.  Niemals  zeigte  er  sich  an  ooer 
andern  Körperstelle.  Vor  und  während  der  AnftQle  bestand  immer  Jucken,  das  is  da 
^reien  Zwischenzeiten  verschwand.  Mit  10  Jahren  kam  M.  X.  nach  Frankreich  od 
wurde  von  Bazin  und  Habdy   behandelt,  jedoch  ohne  jeden  Erfolg.    1878  wshzesd 


235 

der  Saison  in  Bourbonle  traten  die  einzelnen  Schübe  noch  häufiger  und  heftiger  auf. 
1879y  1880  und  1883  in  Luchon,  fortschreitende  Besserung;  kein  neuer  Anfall  in  mehr 
als  Jahresfrist.  —  Zur  Zeit,  d.  h.  während  zweier  Jahre,  beschränkt  sich  der  Aur 
schlag  im  Sommer  auf  die  Vorderfläche  der  Unterschenkel,  wo  er  an  der  Vereinigungs- 
stelle des  untern  Drittels  mit  den  zwei  obem  einen  beschränktei)  Raum  einnimmt* 
Der  Anaschlag  erscheint  im  Sommer  während  der  starken  Hitze  und  verschwindet 
wieder  im  Winter.  Dr.  Lb  Jugb  de  Sborais. 

NB.  Dieser  Fall  ist  interessant  wegen  des  Beginns  des  Leidens  im  5.  Lebens- 
monat, wagten  seiner  nunmehr  20jährigen  Dauer  und  wegen  seiner  Begrenzung  auf 
bestimmte  Körpergegenden.  In  diesem  letztern  Punkte  weicht  er  von  den  meisten 
andern  bekannten  Fällen  ab. 

(Fortsetzung  folgt) 


Akdreab.  über  die  Bahaadlimg  der  Paoriasia  xnit  beaonderer  Berttek- 
siditigimi^  des  Anthrarobina.  Inaugural-Dissertation.  Würzburg  1888. 

A.  berichtet  über  die  Resultate  der  auf  des  Bef.  Anregung  angestellten  thera^ 
pentiscben  Versuche  mit  Anthrarobin.  Es  wurde  dieses  Mittel  in  Salbenform  (20  7») 
nur  bei  Psoriasis,  und  zwar  in  5  Fällen  teils  mit  gutem,  teils  mit  wenig  befriedi- 
gendem Erfolge  angewandt.  Die  Versuche  waran  nicht  ganz  rein,  da  ein  Teil  der 
Patienten  schon  vorher  mit  Jodkali  innerlich  behandelt  worden  war. 

Seifert  -  Würzburg, 


Arehivea  de  Mededne  experimmtdU  et  d^Änatomie  patoloffique,  Paris,  G.  Massok. 
Mit  B^rinn  dieses  Jahres  erscheinen  die  Archive  für  experimentelle  Medizin  und 
pathologische  Anatomie,  welche  unter  Leitung  Cbabcots  vok  Oboücheb,  Lipuns, 
Stbaub,  Joffbot  veröffentlicht  werden.  Neben  pathologischer  Anatomie  und  Physio- 
logie soll  besonders  die  Bakteriologie  Berücksichtigung  finden.  Das  vorliegende  Hefb 
bringt  8  Originalarbeiten,  von  denen  2  die  Beachtung  der  Leser  der  Monatshefte 
verdienen : 

I.  J.  Dabieb,    Beitrag  snm  Studium  dea  Epithelioma  der  ScliweiradrÜBeii. 

II.  £.  Tboisieb  und  P.  Mj^xiTBisB,    Hiatologie  der  Striae. 

L  Verf.  gibt  einen  geschichtlichen  Überblick  über  die  Neubildungen  der  Haut, 
welche  mit  den  Schweifsdrüsen  in  Zusammenhang  gebracht  worden  sind.  Danach 
sind  die  von  den  letzteren  im  Verlaufe  gewisser  Hautkrebse  ausgehenden  N,eu- 
bfldnngen  wohl  zu  unterscheiden  von  Epitheliomen,  welche  primär  und  ausschlielslich 
den  Schweifsdrüsen  ihre  Entstehung  verdanken.  Diese  letzteren  sollen  klinisch  und 
histologisch  in  der  „Fortsetzung*'  untersucht  werden. 

n.  Die  Untersuchungen  beziehen  sich  auf  Schwangerschaf tsnarben,  auf  atrophi- 
sche Hautstellen,  welche  sich  bei  einem  Phthisiker  auf  dem  Thorax  und  oberhalb 
des  Knies  fanden,  und  bei  einem  andren  Individuum  im  Verlauf  des  Typhus  gebildet 
hatten.  Überall  dasselbe  histologische  Bild:  Verdünnung  der  Epidermis,  Papillen 
mehr  oder  weniger  verschwunden,  Bindegewebsbündel  der  Cutis  ziemlich  parallel  zu- 
einander gelagert  und  stellenweise  voneinander  getrennt  (wie  es  Lakgeb  schon  für 
die  Schwangerschaftsnarben   beschrieben   hat)    und  Bchliefslich   als   die   Hauptverän- 


236 

demng  die  Zerreiisung  einer  gewissen  Anzahl  elastischer  Faaem,-  welche  üch  in  der 
Nachbarschaft  der  Striae  zusammengeschnellt  und  angehäuft  finden.  Auf  dieie  LisM» 
der  elastischen  Fasern  legen  Verf.  den  Hauptnachdruck.      X.  I^d^ffpsim'Hamhiirg. 


Ütittetlttugen  ans  Itx  ^itteratttr. 

Blennorrhagie  und  Komplikationen. 

Über  seine  Untersuchungen  betreffend  die  verscliiedeXLen  Sekretionen  der 
welbliclien  Urogenitalwege  hält  Eratjd,  klin.  Dir.  der  Antiquaille  in  Lyon,  einen 
längeren  Vortrag  (Soc.  nat.  de  med.  de  Lyon.  16.  Juli  1888).  Nach  einem  geschieht' 
liehen  Überblick  bespricht  er  die  NEissEBSche  Entdeckung  der  GU>nokokken  und 
spezieller  die  Schwierigkeiten  ihrer  Auffindung  beim  Weibe,  die  ihre  Ursachen  in 
den  Sekreten  der  Vagina  oder  des  Uterus  haben.    Er  betont: 

1.  den  Urethral-Eiter.  Verschieden  ist  das  mikroskopische  Bild  des  akuten 
(Gonokokken  inselförmig  in  den  Eiterkörperchen  oder  noch  aulserhalb  derselben)  und 
chronischen  Trippers  (Epithelzellen,  neben  den  Gonokokken  Mono-  und  Diplokokken). 
Wird  der  chronische  wieder  akuter,  so  auch  sein  Bild. 

.  2.  Die  Vagina.  Während  „deutsche  Forscher  im  Uterus  den  Prädilektionsntx 
der  Gonokokken  zu  finden  scheinen^^  findet  E.  und  viele  Franzosen  ihn  in  der 
Urethra.  Nicht  in  der  Vagina,  denn  dahin  kommt  der  Gonokokkus  erst  aus  dem 
Uterus.  Man  findet  ihn  immer  zahlreicher,  je  tiefer  man  kommt,  im  Cul  de  ssc 
Dort  findet  man  rahmartigen  Eiter,  der  an  einen  akuten  Zustand  glauben  lielae, 
während  er  nur  aus  alten  Blutkörperchen  und  Epithelzellen  besteht.  Das  sind  Schleim* 
massen.  Selten  findet  man  die  Gonokokken  deshalb  in  der  Vagina  nach  E.,  weil  lie 
PflasterepitheP  hat  und  ihre  Lymphnetze  wenig  zahlreich  sind.  Es  gibt  keine 
Vaginitis;  nur  Epithelzellen  findet  man.  Von  der  Dermatitis  unterscheidet  sie  sich 
blofs  dadurch,  dafs  die  Desquamation  in  ein  nasses  Medium  (milieu  humide)  fallt. 

3.  Uterus.  Im  kurzdauernden  akuten  Stadium  findet  man  Eiterkörperchen  and 
Gonokokken,  wie  in  der  Vagina  und  besonders  in  der  Urethra.  Dann  wechselt  dss 
Bild:  man  findet  spezielle  Arten  Eiterkörperchen  (globules  de  pus  sp^ciauz),  wie  E. 
sagt,  die  „glaires"  (Schleimmassen)  haben  nichts  Entzündliches.  Auch  hier  deshalb 
mehr  Gonokokken  und  Eiterkörperchen,  je  nähet*  man  dem  Cul  de  sac  kommt;  tnf 
Intervalle  können  sie  fehlen.  Im  allgemeinen  kann  man  sagen:  eine  Frau,  die  eine 
Urethritis  hat,  hat  eine  Metritis,  aber  nie  eine  Vaginitis.  Die  Deutschen  nehmen 
eine  Metritis  öfter  an,  als  eine  Urethritis.  E.  hält  die  Urethritis  für  das  häufigste. 
Isolierte  Vaginitis  gibts  niemals.  Sie  ist  stets  sekundär  und  hat  ihre  Quelle  im 
Uterus. 

In  der  Debatte  will  Poüllet  mehr  Details.  Auch  er  hält  die  blennorrhagischett 
Metritiden  für  sehr  häufig.  Diday  fragt  E.  nach  seiner  Erklärung  des  plötzHcben 
Verschwindens  der  Gonokokken  im  Uterus  und  dem  Effekt  der  Medikation. 

Von  einer  Antwort  findet  Ref.  nichts  in  der  bez.  Mitteilung.  (Prov,  mid.  1888. 
No.  29.)  Fütdy-Nervi, 


*  cfi:.  BüMMs  Vortrag  über  Phagocythenlehre  und  Gonokokkus  in  der 
Würzbuiver  med.-phyk.  Ges.  vom  15.  Nov.  1888  (ref.  in  voriger  Nummer  dieser 
Zeitschrin). 


237 

Vor  der  chirarg.  Sektion  der  New  York  Acad.  of  Med.  hielt  Bbowv  einen  Vortrag 
fiber  den  Wert  der  elektrolytischen  Beliandliing    der    XJretluralBtriktaren. 

Ans  einer  Zueammenigtellung  der  Berichte  andrer  Forscher,  sowie  gestützt  auf  seine 
-eigenen  an  6  Patienten  gewonnenen  Erfahrungen  kommt  er  zu  dem  Schlufs,  dafs  die 
l>eobachteten  günstigen  Besultate  woHl  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  blofs  spasmodische 
Terengermgen  betrafen,  dafs  bei  multiplen  Strikturen  der  elektrische  Strom  wahr- 
scheinlich Nutzen  bringend  ist,  weil  er  im  stände  ist,  eine  vermehrte  Sekretion  der 
LiTTB^schen  Drüsen  hervorzurufen  und  auf  diese  Weise  für  die  tiefer  gelegenen  Ver- 
engungen die  zum  Durchtritt  des  Instruments  nötige  Schmiere  zu  liefern.  (Journal 
cf  cut  and  gen,"urin.  Diseases.  Juli  u.  Aug.  1888.)  Philippi-Felsberg. 

Der  Nutzen  der  Elektrolyse  zur  Behandlnng  von  TTrethralstriktnren  wird 
von  C.  A.  Brtce  gegenüber  den  von  Bbowk  (s.  vorstehende  Mitteilung)  erhobenen 
Tadelsänfserungen  in  ruhiger,  sachlicher  Weise  verteidigt  und  3  Fälle  hochgradiger 
Striktur  mitgeteilt,  bei  denen  die  Beseitigung  aller  Beschwerden  nach  dieser  Behand- 
longsweise  nachgewiesenermafsen  drei,  vier  und  fünf  Jahre  angehalten  hat.  Ohne  sich 
4iuf  einen  Versuch,  die  Wirkung  der  elektrischen  Behandlung  zu  erklären,  einzulassen, 
;«tellt  Verf.  im  wesentlichen  nur  den  Satz  fest,  daiGs  nach  derselben  Besserung  der 
verschiedensten  Strikturen  in  einer  Ausdehnuug  und  Dauerhaftigkeit  beobachtet  wird, 
wie  bei  keiner  anderen  Methode.  (Journal  of  cuian.  and  genito-urinary  Diseases. 
September  1888.)  Phüvppi-Felsberg. 

Ein  neues  Instrument  znr  Gewinnung  von  Urin  ans  jedem  Ureter  einzeln 
für  diagnostische  Zwecke  ist  von  A.  W.  Stein  angegeben.  Dasselbe  besteht  aus  einem 
passend  gebogenen  Katheter  mit  einem  am  äufseren  Ende  angehängten  Saugapparat 
und  einer  mit  einer  Ghittaperchakapsel  versehenen  zweiten  Öffnung  in  der  Gegend  der 
Katheterbiegung.  Es  sollen  mit  dieser  Kapsel  clie  Ureterenmündungen  nacheinander 
eingefangen  und  somit  das  Sekret  jeder  Niere  einzeln  entleert  werden.  Einige 
zutreffende  Fälle  werden  mitgeteilt  und  auf  die  Wichtigkeit  einer  genauen  Diagnose 
behufs  operativer  Eingriffe  hingewiesen.  (Journal  of  cutan.  and  genito-urinary 
Diseases.  Oktober  1888.)  FMUppi- Felsberg. 

Einen  Fall  von  Prostata-Abscefs  mit  ungewohntem  Verlauf  und  tuberkulösen 
Ursprungs,  der  eine  erneute  Wechselfieber- Attacke  bei  einem  Individuum  herbeiführte, 
das  vor  20  Jahren  Malaria  gehabt  hatte,  bespricht  Disia  de  Fortünet  (Lyon)  in  der 
•Soc  des  Sciences  roSdicales  zu  Lyon  vom  21.  Juli  1888.    (Brov.  mid.  1888.  No.  25.) 

Bauly-Nervi. 


Syphilis. 


Ober  Syphilis,  ürspnmg.  Entwickelnng,  Gang,  verschlimmernde  ür- 
4Nidito  nnd  den  Erfolg  des  Hg  dabei  spricht  Didat  in  der  Soc.  nat.  de  med.  de 
Lyon  vom  23.  Juli  1888.  (Brov.  med.  1888.  No.  30.)  Er  verwirft  die  älteren 
Theorien,  z.  B.  den  Ursprung  aus  einem  alten  Tripper  etc.  Als  erschwerende  Mo- 
mente nennt  er  Alter,  Aufenthalt  in  der  Kälte,  Alkoholismus,  Elend,  Dyspepsie, 
Chlorose,  Tuberkulose,  geistige  Überanstrengung,  Erregungen,  Mangel  an  Schlaf  etc. 
Herkur  kann  den  Anfallen  der  Lues  nicht  vorbeugen,  nur  sie  zum  Verschwinden 
bringen;  er  mildert  die  Syphilis  nicht.  Auf  Delobbs  Anfrage  antwortet  Didat,  er 
▼erordne  Hg,   um   die   syphilitischen  Anfälle  (accidents)  zu  bekämpfen.    1857 — 1863 


238 

hat  er  Hg  bei  benignen  Lnesfallen  nicht  gegeben,  aber  es  nie  verworfn.  — 
Dbon  gibt  Hg  während  und  einige  Tage  nach  den  Anföllen.  Niemals  aber  sli 
Präventiv.  I^HUjß-litnL 

Protojodnret  dem  Jodkali  vorzuziehen,  rät  A.  Pokcbt  (Lyon)  bei  Gelegenhai 
eines  von  ihm  in  der  Soc.  nat.  de  mid.  de  Lyon  am  30.  April  1888  TorgestdheB 
Falles  von  Nasenlues,  der  auf  traitement  mixte  rasche  Besserung  zeigte,  wählend  er 
auf  600  g  Jodkali  in  5  Monaten  nur  wenig  vorwärts  und  dann  rasch  wieder  henmle^ 
gekommen  war.  Er  betont,  wie  bei  gewissen,  in  der  Bef.  zugängigen  Zeitung  {Broe, 
mi4,  1888.  No.  18)  nicht  näher  spezialisierten  Fällen  Jodkali  nur  unvolbttadige 
Besultate  liefere,  quasi  nur  einen  Schritt  zur  Heilung.  Es  bringt  Akne  herrtnr,  kiim 
Hautafifektionen  durch  Kongestion  und  Entzündung  vermehren.  Daher  wäre  PtdIo- 
joduret  dort  viel  besser.  (Derselbe  Grund,  der  uns  alle  bestimmt,  s.  B.  bei  Bqit 
syph.  Sublimatbäder  zu  geben,  die  glänzend  wirken,  während  man  mit  Jod  sUeii 
nicht  vorwärts  kommt.   Bef.)  Pauly-NervL 

Allgemeinbeliandlimg  der  Syphilis  mit  Injektionen  des  granen  öli  (OL 

cinereum),  von  Dr.  J.  Tbost,  Sekund.-Arzt  I.  Kl.  der  Syph.-Abteilung  von  Pro£  Lam 
(Wien).  Labos  Oleum  cinereum  besteht  aus  grauer  Salbe,  (Hg,  T<ano]in  ■)  mit 
reinem  Olivenöl  verrieben: 

Ungt.  dner.  e  Lanol.  6,0 
Ol.  oUvar.  4,0 

also  eines  30-prozentigen  Präparates.  Nach  4  Wochen  laTst  L.  stets  die  Salbe  sea 
bereiten. 

Das  öl  mufs  in  gut  verschliefsbaren,  völlig  reinen  Gefäfsen  aufbewahrt  werdes. 
Die  PsAVAZ-Spritze  hat  einen  dünneren  Cylinder,  als  die  gewohnlichen,  sie  &M 
ca.  Vs  ccm.  Die  Einteilung  ist  genau  nach  0,1  ccm  angegeben.  Die  Spritze  and 
deren  Stachel,  die  2,5  cm  lang  und  scharf  zugeschliffen  sind,  werden  vor  dem  Gt 
brauche  in  Earbolwasser  gelegt,  dann  mit  Earbolwasser  mehrmals  ausgespritst  md 
mit  aseptischer  Gaze  abgetrocknet.  Nach  dem  Gebrauche  werden  Spritze  und  Stacbä 
jedesmal  mit  Sodalösung  ausgespritzt,  dann  die  Spritze  zerlegt  und  der  Cylinder,  vie 
auch  der  Stempel  in  der  Sodalösung  gut  gewaschen,  in  Karbolwasser  gebracht,  dam 
gründlich  gereinigt,  mit  aseptischer  Gaze  abgetrocknet.  Der  leichteren  Beiiugiuif 
wegen  liefs  Tbost  das  obere  Metallstück  mittels  Schraube  an  dem  Cylinder  befeitigeiL 

Die  betreffende  Hautregion,  in  die  man  itgizieren  will,  wasche  man  mit  KsrbaK 
Wasser  oder  1  Voo  Sublimatwasser  ab.  Unmittelbar,  vor  der  L^ektion  wird  der  StacM 
mit  aseptischer  Gaze  gereinigt  und  gut  abgetrocknet,  dann  wird  in  die  Basis  einer 
dicken  Falte  eingestochen,  die  Kanüle  mit  Zeigefinger  und  Daumen  der  linken  Haod 
gefafst,  um  so  dem  Drucke  von  oben  her  einen  gewissen  Widerstand  zu  bieteB. 
Dann  entleert  man  das  zu  injizierende  Quantum  und  entfernt  rasch  Spritze  md 
Stachel.    Massieren  der  Injektionsstelle  ist  überflüssig. 

Zum  Injizieren  wählt  man  Bücken  und  Nates.  Um  nicht  in  das  Terrain  eioer 
vorhergegangenen  Injektion  zu  kommen  (dies  hält  T.  für  die  häufige  Ursache 
der  Abscedierung),  halte  man  sich  an  eine  bestimmte  Beihenfolge:  im  redites 
Interskapularraum  die  ersten  Injektionen,  so  dafs  ein  Stich  vom  andern  ca.  4—6  cm 
entfernt  ist,  für  die  nächstfolgenden  der  linke  Interskapularraum  u.  s.  w.  An  des 
Nates  wird  der  Stachel  senkrecht  in  die  Haut  und  ebenfalls  tief  eingestochen.  iB£ng> 
hatte  T.  bei  vielen  Anstaltspatienten  nach  erst  52  Injektionen  derbe,  schmerihaftfr 
Infiltrate,  bei  einzelnen  Suppuration  der  Injektionsstellen.  Nur  durch  die 
persönliche  Überwachung  der  Beinigung  der  Spritzen  und  der  Zubereitung  des  w 
konnte  er  jeden  Absceis  vermeiden. 


23i» 

Seit  Mitte  Februar  wird  das  30  Vo  öl  injiziert,  in  der  Begel  wöchentlich  ein 
mal  3  Teilstriche  der  Spritze  =  0,3  ccm  des  Präparates  an  zwei  Stellen  des  Aachens. 
Sind  die  Allgemeinerscheinungen  geschwunden  —  gewöhnlich  nach  0,6 — 0,9  ccm  — 
BO  erhalt  der  Patient  wöchentlich  1V>  Teilstriche  =  0,15  ccm  gleichsam  als  Nachkur 
einige  Zeit  lang. 

Vor  jeder  Injektion  werden  Zahnfleisch,  Zunge  und  Wangenschleimhaut  unter- 
sucht, tritt  Stomatitis  ein,  so  wird  gewartet,  bis  sämtliche  Zeichen  der  Hydrargyrose 
geschwunden  sind.  Bauly-Nervi, 

T«rtiftre  Syphilis  der  Tracheii  und  der  Brondiieii,  von  Haubiac.  (Ärchivt^ 
gMrales  de  midedne.  Dezember  1888.)  Der  Sitz  des  Syphiloms  ist  häufiger  die 
Truhea  als  die  Bronchien,  und  öfter  das  untere  Ende  und  die  Bifiirkation  der  Luft- 
röhre als  die  übrigen  Partien  derselben.  £s  entwickelt  sich  in  der  Schleimhaut^  oder 
unterhalb  derselben,  infiltriert  aber  oft  alle  Wandelemente  der  Trachea  and  der 
Bronchien  und  erstreckt  sich  auch  ausnahmsweise  auf  die  benachbarten  Lymphdrfisen, 
den  Ösophagus,  die  Aorta  etc.  Es  fuhrt  zu  Ulceration  und  Narbenbildung.  Bald 
findet  man  diffuse  Infiltrationen,  bald  gut  umschriebene,  kleine  Tumoren.  Durch 
Zerfall  dieser  Bildungen  entsteht  der  „syphilitische  laryngo-tracheale  Phagedänismus*', 
welcher  manchmal  auch  auf  die  Nachbarschaft  übergreift.  Schon  die  Infiltration  und 
Ulceration  verursachen  geringere  Grade  von  Verengerung  der  Luftwege.  Hochgradige 
Stenosen  werden  aber  erst  durch  die  Vemarbung  hervorgerufen.  Dieselbe  fahrt 
einerseits  zu  einer  Verengerung  des  Lumens,  welches  manchmal  selbst  für  eine 
Eabenfeder  undurchgängig  ist,  anderseits  zu  einer  Verkürzung  der  Trachea,  in  deren 
Folge  der  Larynz  in  den  hochgradigsten  Fällen  teilweiBe  hinter  das  manubrium 
ttemi  gelangt.  Unter-  und  oberhalb  der  Stenose  bildet  sich  infolge  der  behinderten 
In-  und  Exspiration  eine  Erweiterung  der  Luftwege  aus. 

Die  Symptome  sind  von  den  durch  die  Affektion  gesetzten  Veränderungen  des 
Lumens  der  Luftröhre  und  von  den  Veränderungen,  welchen  die  Affektion  selbst 
anterliegt,  bedingt.  Nach  den  Atmungsbeschwerden,  Erstickungsanfällen  etc.  der 
ersten  Periode  —  wobei  zum  Unterschiede  von  Laryngealsyphilis  die  Stimme  zumeist 
anverändert  oder  nur  zeitweise  alteriert  ist  —  tritt  eine  kürzere  oder  längere  Pause 
der  schweren  Zufälle  ein,  um  aber  in  der  Periode  der  Vemarbung  wieder  den  mit 
verstärkter  Kraft  losbrechenden  suffokatorischen  Symptomen  zu  weichen.  Gewöhnlich 
herrschen  inspiratorische,  nur  selten  exspiratorische  Atmungsbeschwerden.  Die  durch 
die  Syphilis  gesetzten  Veränderungen  sind  nur  selten,  nur  wenn  sie  knapp  unterhalb 
des  Bingknorpels  sitzen,  während  der  Inspiration  vermittelst  des  Laryngoskopes  zu 
ermitteln.  Die  Trachea  ist  manchmal  spontan  oder  auf  Druck  schmerzhaft.  Der 
Laryux  sitzt  tiefer  und  bleibt  während  der  Phonation  und  während  des  Schluckens 
anbeweglich. 

Die  isolierte  Bronchosyphilose  ist  überaus  selten.  Sie  tritt  unter  der  Haske 
eines  Bronchokatarrhs  auf,  um  später  dieselben  Erscheinungen,  wie  die  laryngeale 
and  tracheale  aufzuweisen.  Das  Gefühl  der  Verengerung  der  Luftwege  kann  auf  der 
einen  Seite  stärker  sein  als  auf  der  andern;  das  Verengungsgeräusch  ist  bei  der 
Auskultation  auf  der  einen  Seite  stärker  zu  vernehmen,  auf  der  befallenen  Seite  ist 
das  Atmungsgeräusch  schwächer  etc. 

Nach  Besprechung  der  Diagnose,  Differentialdiagnose,  Prognose  und  der  Kom- 
plikationen geht  M.  zur  Therapie  über,  von  welcher  er  sich  in  den  Fällen,  welche 
noch  nicht  zum  Zerfall  oder  zur  Vemarbung  geführt  haben,  einen  guten  Erfolg  ver- 
spricht, und  welche  hauptsächlich  in  der  Anwendung  des  Quecksilbers  und  des  Jod- 
,kaliam  besteht.    Von  der  lokalen  Behandlung  durch  Inhalation  von  EmoUientia  oder 


240 

Queoksilberpräparaten  hofft  er  nicht  yiel  Effekt.  Das  aufserste  Mittel  ist  die  Tncheo- 
tomie,  welche  aber  nur  in  den  Fällen,  wo  die  Stenose  in  dem  oberen  Abschnitte  der 
Luftröhre  sitzt,  von  Erfolg  gekrönt  ist.  Tärök'Hambvrg. 

Ein  interessanter  Fall  von  spätanfgetretener  Syphilis,  welclie  die  griUkte 
Ähnlichkeit  mit  Lepra  darbot,  wird  von  Ohman-Dumesnil  mitgeteilt  Bis  zu  seiiieiii 
15.  Jahr  hatte  Patient  mit  Ausnahme  einer  offenbar  geringfügigen  interstitieUeii 
Keratitis  nichts  Abnormes  dargeboten.  Um  diese  Zeit  aber  zeigten  sich  ausgedehnte 
Störungen  sowohl  der  Haut  als  der  Nasenbeine,  welche  sich  auflösten,  und  des 
Oaumens.  Am  Gesicht,  den  Ohren  und  Händen  zeigt  eine  dem  Original  beig^(ebene 
Abbildung  die  der  Lepra  eigene  Verdickung  und  Furchenbildung,  und  es  ist  Pttient 
auch  anfangs  mit  Ol.  Chaulmoogra  erfolglos  behandelt  worden,  bis  0.  den  FiU 
als  syphilitisch  diagnostizierte.  Bei  antiluetischer  Behandlung  ist  auch  alhnahHcfc 
eine  bedeutende  Besserung  eingetreten.  (JounKÜ  of  cutan.  and  genito-urinary  Dmt- 
ases.  Oktober  1888.)  PMippt-Fdsberg. 

Abnahme  der  Bevölkerung  und  Syphilis,  von  Dr.  Andreas  Adam,  Direktor 
des  Spitals  in  Eöcösbanya.  {Gyogyaszat)  Im  obigen  Spital  wurden  seit  11  Jahro. 
1856  syphilitische  und  venerische  Kranke  behandelt,  alle  aus  dem  Komitate  Zar  and. 
Die  Abnahme  der  Bevölkerung  dieses  Eomitates  muDs  man  in  erster  Beihe  der 
Verbreitung  der  Syphilis  daselbst  anrechnen.  Im  Jahre  1882  wurden  im  Spitde 
219  Syphilitische  und  Venerische  behandelt;  davon  1.  Mund-,  Rachen-  und  Nimb- 
«yphilis  49;  2.  Syphilis  der  Beinhaut,  Knochen,  Gelenke  33;  3.  Syphilis  der  Ge- 
schlechtsteile 28;  4.  Syphilis  papulosa  27;  5.  Syphilis  gummosa  19;  6.  Syphilis 
pustul.  20;  7.  Polyadenitis  8;  8.  Syphilis  der  Augen  6;  9.  Syphilis  congenita  2. 
10.  Blennorrhagie  27  mal.  Die  Behandlung  bestand  teils  aus  Inunktionen,  teils  aoi 
innerlich  gereichtem  Merkur  und  Kai.  jod.  Adam  teilt  einige  interessante  Fälle  mii 
—  unter  andern  einen  Fall  von  Variola  sjrphilitica  —  bei  einem  15jährigen  jonga 
Mädchen.  Die  Haut  war  dicht  mit  erbsengrolsen  pustulösen  Ef&oreszenzen  besiet 
Heilung  nach  87  Tagen.  Bana-Budapest 

Ein  Fall  von  geheilter  Myelitis  syphilitica,  von  Dr.  Abthub  Ibsai,  L  AnUt 
der  Klinik  des  Prof.  KoBAihn.  {Orvosi  Heiäap.)  V.  A.,  28j ähriger  Kreisnotar.  Auf- 
nahme 3.  Februar  1883.  Vor  4  Jahren  aquirierte  er  Lues  und  wurde  leicht  anti- 
syphilitisch (18  Einreibungen)  behandelt.  Seitdem  öfters  Becidive.  Anfangs  Janoir 
hemerkte  er  an  beiden  Sohlen  und  beiden  Trochanter  ein  Gefühl  von  Ameisen- 
kriechen, sein  Gang  wurde  schwächer.  Kein  Schmerz  im  Bückgrat.  Bis  5.  Januar 
verstärkte  Parästhesien  an  den  untern  Extremitäten.  Am  5.  konnte  Patient  schoa 
nicht  mehr  gehen,  er  verlor  sein  Gleichgewicht  beim  Gehversuche.  Mäfsige  Han- 
beschwerden,  den  Abgang  von  Fäkalmassen  fühlt  Patient  nicht.   Nirgends  Schmenea. 

St.  präs.  am  8.  Januar.  Patient  mäfsig  genährt,  blofs  pigmentierte  Narben  im 
Gesicht.  Der  harte  Gaumen  uneben  drusig,  in  der  vorderen  Hälfte  eine  nufsgrote. 
unbewegliche  Geschwulst.  Polyadenitis,  Narbe  am  Präputium,  ebenso  in  der  rechtes 
Leistengegend.  Motilitäts-  und  Empfindungsstörungen;  und  zw.  kann  der  Kranke 
seine  untern  Extremitäten  von  der  Bettfläche  nur  sehr  wenig  und  mit  groister 
Anstrengung  erheben;  die  Extremitäten  machen  grofse  Schwankungen  in  jeder 
Richtung  hin  in  der  Luft  und  fallen  alsbald  zurück.  Bei  geschlossenen  Angeo 
findet  der  Patient  mit  der  Ferse  des  einen  Fufses  die  grofse  Zehe  des  andern  nor 
sehr  schwer  und  mit  der  grölsten  Kraftanwendung.  Die  Muskeln  sind  voU 
genährt. 

Die    Empfindung    ist    von    den  Zehen   bis   zu  den  Knieen  sehr  abgeschvichta 


241 

Patellarreileze  beiderseits  verstärkt,  Achillessehnenreflex  beiderseits  provozierbar. 
Hsatreflexe,  Ortssinn,  Temperatarsinn  normal.  Nerven  und  und  Muskeln  verhalten 
sich  gegen  elektrische  Ströme  korrekt. 

Sinnesorgane  intakt. 

Am  11.  Februar  wurde  die  Diagnose  auf  Myelitis  luetica  gestellt.  Anti- 
lyphilitische  Behandlung.  22  Sublimatinjektionn,  nachher  Kai.  jodat. 
Vollkommene  Heilung  am  14.  April.  Eöna-Budapest 

Ein  FallYon  Diabetes  indpidus,  wahrscheiiilich  durch  Sypbilis  venirsaelit, 
TOD  Dr.  MoBUT  Manal.  (Gyogyäszat)  H.  A.,  26j ähriger  Schlosser.  Au&ahme 
11.  November.  Vor  2  Jahren  äquirierte  er  Lues,  dagegen  Schmierkur.  Vor 
8  Wochen  bemerkte  er,  dafs  er  schwer  gehen  kann  und  täglich  schwächer 
wird.  Patient  magerte  ab,  sein  Appetit  verminderte,  sein  Durst  hingegen  ver- 
mehrte sich.     £r  trank   7  bis    11    Liter    Wasser    täglich;    Periostitiden  traten  auf. 

St  präs.  Periostitische  und  gummöse  Prosesse  an  dem  Stirnbein,  Clavicula^ 
Stemum,  Bippen,  ja  selbst  an  dem  Wirbel.  •  Patient  entleert  10—13  Liter  Urin  pro 
die,  dessen  spez.  Gewicht  1004  war,  welcher  sauer  reagierte,  blafs-gräulichgelb  war 
nnd  keine  fremde  Bestandteile  hatte.  Patient  wurde  antisyphil.  und  zwar  zuerst  mit 
Merkur,  dann  mit  Eal.  jod.  und  Boborantien  behandelt.  Bedeutende  Besserung,  so 
dafs  Patient  im  März  schon  3  Liter  Wasser  trank  und  9  Liter  Harn  entleerte.  Am 
4.  April,  am  Tage  seiner  Entlassung,  urinierte  Patient  6800  ccm  in  24  Stunden.  M. 
glaubt,  dais  diese  Polyurie  durch  Erkrankung  luetischen  Ursprungs  des  Gehirns  selbst 
oder  der  es  umgebenden  Knochen  entstanden  ist.  EönO'Budapest 

Über  einige   dentsclie   Syplülographen   des   siebzehnten  Jahrhunderts. 

Ein  historischer  Beitrag  von  J.  K.  PROKSCH-Wien.  (Vierteyahresschr.  f.  Dermat.  u. 
Syph,  1888.  4.)  Aus  dem  siebzehnten  Jahrhundert  ist  nur  sehr  weniges  über  die 
Autoren  über  Syphilis  bekannt.  Verf.  gibt  hier  Notizen  zu  einigen,  von  denen 
wirklich  von  Bedeutung  nach  seiner  Angabe  nur  Pürmakn  ist.  Pboksch  behandelt: 
Tobias  Kkoblocb^  Petbr  Sartorius,  Joseph  Schmid,  Matthäus  Gottfried  PurmaHn^ 
Yvo  Gattcbs.  von  Düring -Hamburg, 


Ztt0  ber  Jlrarts. 

(No.  5.)    Wie  behandelt  die  nenere  Dermatologie  Erysipele? 

Anfrage  eines  Chirurgen. 

Antwort  der  Bedaktion.  Dafs  die  verschiedenen  Antiseptioa  sich  in  ihrer 
Wirkung  auf  die  einzelnen,  infektiösen  Wundkrankheiten  verschieden  verhalten,  ist 
eine  allgemein  bekannte  Thatsache  der  neueren  Chirurgie,  wenn  sie  auch  aus  den 
neaem  Arbeiten  über  Antisepsis  nicht  immer  mit  der  nötigen  Klarheit  hervorgeht. 

Wie  Karbolsäure  und  Sublimat  in  richtiger  Anwendung  das  Wundererysipel 
verhindern,  wie  Jodoform  dasselbe  absolut  nicht  ausschliefst,  so  gibt  es  auch  wieder 
Mittel,  welche  gerade  nur  das  Erysipel  (durchaus  nicht  etwa  andre  Wundinfektionen) 
▼erhiadem  und  das  ausgebroche  Erysipel  in  spezifischer  Weise  zum  Schwinden 
bringen.    Hierher  gehören  Ichthyol  und  Resorcin. 

Wir  dürfen  es  nicht  als  Kriterium  eines  Spezifikums  in  diesem  Falle  ansehen^ 
wenn  unter  Anwendung  desselben  das  Erysipel  keine  weiteren  Fortschritte  macht. 
Denn  bekanntlich  ist  es  recht  schwierig  zu  beurteilen,  ob  im  Einzelfalle  das  Erysipel 
infolge  des  Mittels  oder  ohne  unser  Zuthun  zum  Stillstand  gekommen  ist. 


242 

Von  einem  Spezifikum  gegen  Erysipel  mufs  man  vielmehr  verlangen,  dtls  unter 
seinem  Einflüsse  samtliche  örtlichen  und  allgemeinen  Symptome  des  Erysipels  toD- 
«tändig  und  mit  einem  Schlage  zurückgehen.  Die  Randrote  muüs  einsinken  und 
ahblassen,  die  lokale  Temperaturerhöhung  und  das  Fieber  abfallen,  das  AUgemen»- 
hefinden  (Appetit,  Zunge)  sich  alsbald  bessern.  Es  darf  endlich  an  keiner  Stelle 
Weiterschreiten  des  Rotlaufs  stattfinden.  Alle  diese  Symptome  gewahrt  man 
«iner  dem  Einzelfall  richtig  angepalsten  Ichthyol-  oder  Resorcin-Behandlnng.  Die 
Haaptschwierigkeit  der  letztem  liegt  aber  darin  —  und  das  mag  der  Gnmd  sein, 
weshalb  sie  sich  noch  nicht  allgemeiner  Zustimmung  erfreut  — ,  dals  diese  reduziereD- 
den  Mittel  in  höherer  Konzentration  auf  gewissen  Hautstellen  und  bei  manchen 
Individuen  selbständig  Ödem  und  Blasen  hervorrufen  könuen,  also  Symptome^  n 
denen  schon  durch  das  Erysipel  an  sich  die  Disposition  gegeben  ist.  Es  wäre  z.  & 
niemals  ratsam,  bei  einem  Erysipel,  das  nach  Operation  am  Penis  auftritt,  Ichthyol 
in  stärkerer  Konzentration  anzuwenden,  weil  dasselbe  an  dieser  Hautregion  leicht  die 
geschilderten  Symptome  hervorruft.  Glücklicherweise  sind  aber  die  PradilektiDi»- 
stellen  des  Erysipels  (Gesicht,  behaarter  Kopf)  gerade  sehr  geeignet  für  die  staike 
Behandlung  mit  Ichthyol  und  Resorcin.  Da  man  im  Einzelfalle  nun  aber  doch  nur 
selten  die  Reaktion  der  Haut  auf  diese  Mittel  genau  kennte  so  sind  diejenigen  Wege 
«inzuschlagen,  welche  auch  sonst  bei  der  Behandlung  der  Hautkrankheiten  siek 
geeigrnet  erwiesen  haben,  um  derartige  unliebsame  Nebenwirkungen  zu  vermeiden. 

Wir  erreichen  das  auf  zweierlei  Weise,  einmal  indem  wir  mit  ganz  schwidier 
Prozentuierung  beginnen,  dadurch  eine  Abblassung  und  stärkere  Verhomiing  herixh 
fuhren  und  dann  zu  stärkerer  Prozentuierung  übergehen.  Gewöhnlich  ist  dazu  jedoeb 
beim  akuten  Verlaufe  des  Erysipels  keine  Zeit.  Immerhin  sind  schwache  (1 — 2*A; 
Lösungen  beider  Mittel  in  Form  feuchter  Umschläge  hin  und  wieder  recht  gut  n 
verwenden,  um  das  Erysipel  zunächst  zum  Stillstand  zu  bringen  und  zugleich  die 
Reaktion  der  Haut  auf  diese  Mittel  zu  prüfen.  Der  andre  Weg  ist  die  Yermischm^ 
4er  Mittel  in  hoher  Konzentration  mit  solchen  andern  Mitteln,  welche  atets  olme 
derartige  Nebenwirkungen  die  Haut  zur  Abblassung,  Eintrocknung  und  Sdummpfnif 
bringen.  Unter  diesen  ist  vor  allen  die  einfache  Zinkpaste  zu  empfehlen  (üngt 
Zinci  96,  Terrae  Siliceae  4),  soweit  es  sich  um  die  unbehaarte  Haut  handelt.  Auf  den 
behaarten  Kopfe,  wo  selbstverständlich  nur  dann  Pasten  angewandt  werden  können, 
wenn  das  Haar  kurzgeschnitten  getragen  wird,  ist  in  allen  andern  Fällen  die  Mischimi; 
der  Mittel  mit  Leinöl  andern  Vehikeln  vorzuziehen,  da  dieses  selber  ein  schwadi 
reduzierendes  Mittel  ist. 

Sehr  angenehm  sind  femer  für  den  behaarten  Kopf  halb  wässerige,  hilb 
spirituöse  Sprays,  auf  deren  Anwendung  eine  EinÖlung  des  Kopfes  mit  Leinöl 
folgen  kann.  Übrigens  darf  man  von  der  direkten  Behandlung  des  behaarten  Kopfes 
ganz  Abstand  nehmen,  wenn  das  Erysipel  die  Grenze  derselben  bereits  allseitig  aber- 
schritten hat,  und  braucht  dann  nur  die  Ränder  mit  einer  starken  Resorcin*  oder 
Ichthyolpaste  enei^sch  zu  behandeln,  z.  B.  9  Pasta  Zinci,  Resorcini  a  25,0. 
M.  D.  S.  3—4  mal  täglich  auf  die  angefeuchtete  Haut  sanft  einzureiben. 

Für  Erysipel  in  der  Genitalgegend  ist  wegen  der  leicht  auftretenden  Schwellung 
überhaupt  lieber  von  den  reduzierenden  Mitteln  Abstand  zu  nehmen  und  statt  dessen  nsd 
Watteverbände  anzuwenden,  welche  durch  eine  Mischung  von  Aq.  Plumbi  mit  öVäKät- 
bolwasser  o  dauernd  feucht  gehalten  werden.  Einzelne  ganz  umschriebene  Erysipel- 
stellen  kann  man  durch  Aufpin selnng  von  starkem  Ichthyol-  oder  Resorcinkollodium 
abortiv  behandeln,  wobei  die  mechanische  Kompression  ebenfalls  gunstig  ins  G^ 
wicht  fällt. 


243 

Sehr  wichtig  ist  die  prophylaktische  Behandlung  der  Nasenschleimhaut  des  an 
recidivierenden  Erysipelen  des  Gesichtes  leidenden  Patienten.  Hier  sollte  gewohnheits- 
gemHb  morgens  and  ahends  eine  Bespülung  durch  lauwarme  schwache  Ichthyol- 
losung mittels  Aufschnaubens  oder  Iigektion  unter  geringem  Drucke  (Gummiballon) 
angewandt  werden,  oder  statt  dessen  gleiche  Bespüluugen  mit  einem  Chinarinden- 
dekokt.  Unna. 


^ttf^ithtntt. 


Über  eine  Beihe  von  Hautaffektionen  berichtet  Gbobok  T.  Elliot  an  der  Hand 
TOü  einschlagigen  Fällen.  Als  seltene  Affektion  ist  zunächst  ein  Fall  von  tropho- 
BeurotiBclier  Ckuigrftn  in  Gestalt  von  25  resp.  28  Stecknadelkopf-  bis  zehnpfennig- 
stückgrofsen  gangränösen  Stellen  im  Ausdehnungsgebiet  beider  Glutäalnerven  ge- 
schildert. Dafs  die  Affektion  auf  nervöser  Basis  beruhte,  war  bei  der  bestehenden 
Anästhesie  der  betroffenen  Gebiete  und  der  ziemlich  intensiven  Empfindlichkeit  über 
den  Proc.  spinös  der  letzen  Lendenwirbel  und  dem  oberen  Teil  des  Sacrum  nicht 
zweifelhaft.  Heilung  erfolgte  in  drei  Wochen.  In  differentialdiagnostischer  Beziehung 
kommen  Herpes  zoster  gangraenosus,  Batkau  ds  symmetrische  Gangrän  und  ähnliche 
Läsionen  bei  Diabetes  und  Nephritis  in  Betracht.  —  Ein  Unikum  dürfte  der  folgende 
Fall  Ton  reeidivierendein,  doppelseitigeiii  Herpes  zoster  der  Halsnerven  sein. 
Derselbe  entwickelte  sich  an  einem  39jährigen  Arbeitsmann  dreimal  im  Laufe  von 
ebenso  vielen  Uonaten  und  zwar  in  völlig  ausgeprägter  Deutlichkeit  Bei  dieser 
Gelegenheit  empfiehlt  Verf.  auch  die  von  Halste  ad  angegebene  Anwendung  des 
PACQüBLiNschen  Thermokauters  als  sehr  zuverlässiges  Mittel  gegen  die  neuralgischen 
Schmerzen. 

Femer  wird  ein  Blasenansschlag  an  Händen,  Fufsen,  Lippen,  Zunge  und 
hartem  Gaumen  als  Folge  von  Ohinin  (0,3)  an  einer  48jährigen  Irländerin  be- 
schrieben.  Eine  solche  Wirkung  dieses  Medikamentes  ist  bisher  nur  in  5  o'der  6  Fällen 
erwähnt  worden. 

Ein  Fall  von  Liehen  mber  planus  bot  Interesse  dar  wegen  der  Mitbeteiligung 
der  Mnndchleimhaut,  welche  eine  Verwechselung  mit  Syphiliden  sehr  nahe  legte. 
Die  klinischen  Erscheinungen  beider  Affektionen  werden  genauer  besprochen.  Des- 
gleichen bot  ein  Fall  von  Llelien  ruber  acnminatns  Gelegenheit,  auf  die  Differential- 
diagnose zwischen  dieser  Erkrankung  und  Psoriasis  punctata  sowie  Ekzema  papulosum 
einzugehen.  Entgegen  der  Ansicht  des  dermatologischen  Kollegiums  von  New  York, 
kalt  Verf.  daran  fest,  dafs  L.  ruber  planus  und  acuminatus  nur  Modifikationen  der- 
selben Krankheit  sind.  In  therapeutischer  Beziehung  hat  sich  die  lokale  Behandlung 
mit  Hydrarg.  bichlorid.  (0,12—0,9  auf  27,0  üngt.)  und  Acid.  carbolic.  ß— 6  %  mit 
Hogt.  diachyl.  Hebrae)  als  ein  wesentlicher  Fortschritt  gegenüber  der  früher  üblichen 
internen  Behandlung  erwiesen.  Auch  Hesorcin  (77o)  leistete  sehr  gute  Dienste  in 
einem  andern  inveterierten  Falle  von  achtjähriger  Dauer.  In  therapeutischer  Be- 
ziehnng  war  ein  Unterschied  zwischen  den  verschiedenen  Formen  des  Liehen  nicht 
zu  konstatieren. 

Endlidi  wird  noch  über  ein  aus  einem  Ekzem  entstandenes  ausgedehntes 
Papillom  des  Perinenms,  welches  auf  den  Wert  einer  zweckmäfsigren  lokalen  Be- 
liandlung  hinweist,  und  über  ein  frühzeitiges  Auftreten  von  Bnpia  syphilitica  an 
2  Patienten  wenige  Monate  nach  der  Primärinfektion  berichtet.  Als  geeignetste  Therapie 


244 

empfiehlt  Verf.  den  internen  Gebrauch  möglichst  grofser  Dosen  Jodkali  neben  lokaler 
Applikation  von  Üngt.  hydrargyri  mit  Ungt.  zinc.  oxyd.  (1 : 8  oder  1 : 4).  (faumai  of 
cutan.  and  genito-urin.  Diseases.  Sept.  1888.)  Pküippi'Febberg. 

H.  Fröhlich  betont  in  einem  Aufsatze :  Gedanken  über  die  Begnlienmc  dar 
mensclillchen  Eigenwärme  (Wien,  klin  Wochenschr.  1888.  No.  37—39),  worin  er 
übrigens  die  ^  Selbstregulierung  der  Eigenwärme  mittels  der  ventilartig  wiriceDden 
Aderwände*'  hervorhebt,  dafs  fieberhafte  Krankheiten  Syphilitischer  die  syphiütiidiezi 
Erscheinungen  zurücktreten  lassen,  (pag.  804.) 

Vielleicht  bewegt  dieser  Hinweis  Kollegen,  ihre  diesbezüglichen  Beobachtungen 
von  koinzidier enden,  fieberhaften  Krankheiten  bei  florider  Syphilis  des  ausführlicheren 
mitzuteilen.  Für  Theorie  und  mehr  noch  Therapie  des  Fiebers  wäre  aus  mancber 
—  weil  scheinbar  zu  alltäglich  (?)  —  bisher  unterlassener  Beobachtung  Schätzbirei 
zu  gewinnen.  Fa^dy-NeroL 

G.  L.  HüTCHiNSoi?  macht  auf  den  Nutzen  der  mechanischen  Behandlung  mittek 
Heftpflasters  bei  dem  „Bückenschmerz  der  LokomotiTenflUirer"  aufmerkum. 
(eTourno^  of  cutan,  and  genitihurinary  Diseases,  Juni  1888.)        FiUppi-Felsberg. 

Die  Wirkung  der  verschiedenen  Stoffe  anf  den  TuberkelbaciUus  hat  ntck 
dem  BuR,  gm,  thir,  Villemix  zu  dem  Zwecke  studiert  und  in  folgender  Beihe  n- 
sammengestellt,  um  hierdurch  jenen  Forschem,  welche  mit  dem  Suchen  nach  ebesi 
passenden  Heilmittel  für  die  Tuberkulose  beschäftigt  sind,  mit  nützlichen  Winkes 
darüber,  welchen  Mitteln  sie  ihre  Aufmerksamkeit  in  erster  Beihe  zuwenden  BoUteo, 
an  die  Hand  zu  gehen.  Nach  des  Verf.  Forschungen  wirken  auf  die  Kulturen  Ton 
Tuberkelbacillen  gar  nicht:  Benzoesäure,  Salicylsäure,  Harnsäure^  SalicylaldehTid, 
Natriumbenzoat,  Natriumbiborat,  Bromkampfer,  Chloral,  Koniferin,  Ferrocyankalinn, 
Leucin,  Natriumphosphomolybdad,  weifser  Phosphor,  Bhodankalium,  Harnstoff  und 
ürethan.  Von  geringem,  aber  immerhin  nachweisbar  verlangsamendem  Einfluß  taf 
die  Entwickelung  der  Kulturen  sind:  Acetanilid,  Aceton,  Aldehyd,  Ammoniakskim, 
Ghromalaun,  Natriumarsenat,  Kobaltnitrat,  Kaliumnitrat,  Benzophenon,  Ammanian- 
bichromat,  Quecksilberbijodid,  Kobaltchlorür,  Eukalyptusöl,  Terpentinöl,  Ferricjis- 
kalium,  Jodkalium,  Zinklaktat,  Natriumnaphtylsulfit,  Hesorcin,  Natriumsulfat,  2nk- 
sulfat,  Koffein,  Kaliumchlorat,  Aluminiumchlorid,  Natriumsulfit,  Terpen,  TerpinoL 
Bedeutend  hemmend  auf  die  Bacillusentwickelung  wirken :  Natriumacetat,  Acetophesoi 
arsenige  Säure,  Borsäure,  Pikrinsäure,  Pyrogallussäure,  schweflige  Säure,  Äthyl- 
alkohol, Methylalkohol,  Kaliumnitrit,  Benzin,  Chloroform,  Kreosot,  Äther,  Natriom- 
fluorid,  Erdöl,  Natriumhyposulfit,  Jodoform,  Menthol,  Nitrobenzin,  neutrales  Kalimn- 
oxalat,  Salol,  Alumiuiumsulfat,  Natriumäthylsulfat  und  Toluol.  Die  Kulturen  des 
TuberkelbaciUus  sterilisieren  vollständig:  Kieselfluorwasserstoff,  Ammoniak,  Kiesel: 
fluoreisen,  Kieselfluorkalium,   Kaliumpolysulfide   und  Natriumsilikat.    (Nach  Jhd.'BL] 

Bei  der  Bedaktion  eingegangene  Litteratur: 

Majoghhi.  Coniribuzione  allo  studio  della  etiogenesi  di  alcuni  eruzioni  secondarie  ndh 
scabia  deHT  uomo  e  degli  animali  domestid.    Parma,  L.  Battbi.  1887. 

Finger,  über  Behandlung  der  SyphiUs  mit  subkutanen  KaUrtneli^jekHonen.  (Wieoer 
med.  Presse.  1889.  No.  48  ff.) 

Htde.  Dermatitis  tuherosa  due  to  ingesUon  of  ihe  Jodine  Compounds,  (MedicalKevi 
1888.  13.  Okt) 

VeiiAg  Ton  Leopold  Voss  In  Hamborg  (nnd  Lelpiig). 
Druck  der  TerlagMUtfUIt  oad  Drucker«!  Actien-Gecellachaft  (yornuac  J.  F.  Bickter)  ia  Hcmbwrs. 


p0Qat0|(fte  fit  ^iMi^t  lemtatobigit 


Band  VIII.  No.  6.  15.  März  1889. 


Weitere  Beiträge  zur  Lehre  des  Liehen  niber. 


(1.  Liehen   ruber  scarlatiniformis.     Hallopeau.     Liehen  planus    atypicus. 

2.  Liehen  corne.     3.  Liehen  penis.) 

Von 

Dr.  S.  ßÖNA, 

ordinierender  Primararzt  in  Budapest. 

Seit  der  Publikation  meiner  14  resp.  13  Fälle  von  Liehen  planus 
habe  ich  hier  in  Budapest  wieder  10  neuere  Fälle  zu  beobachten  Ge- 
legenheit gehabt,  von  denen  aber  nur  8  in  meiner  Behandlung  waren, 
unter  den  letzteren  sind  2  Fälle  auTserordentlich  merkwürdig  und 
lehrreich  in  Hinsicht  auf  besondere  fremdartige  Erscheinungen.  In 
beiden  Fällen  trat  die  Krankheit  sehr  akut,  mit  fieberhaften  Symptomen 
verbünden,  auf  und  wich  im  ganzen  Verlauf  wesentlich  von  den  gewöhn- 
lichen, alltäglichen,  auch  mehr  akuten  Fällen  ab. 

Flüchtige,  auch  chronisch  werdende  Röte  groJser  Partien,  Anschwel- 
lungen, ja  selbst  pemphigoide  Eruptionen  traten  allein  oder  in  Be- 
gleitung einzelner  Knötchennachschübe  auf  und  verdeckten  den  Grrundprozefs 
&st  total.  Die  Knötchen  selbst,  im  Bereiche  dieses  fulminanten  Herganges 
sind,  wie  überhaupt  bei  akuten  Eruptionen,  sehr  blutreich,  nicht 
glänzend,  meist  rund  oder  konisch.  Verschiedene  Verfärbungen,  geringe 
Abschilferung,  oberflächliche  Atrophien  folgen  nach.  Die  Patienten 
magerten  ab,  und  bei  einem  der  Fälle  endete  der  Prozeis  durch  interkur- 
rente Pneumonie  letal.  Im  letzteren  Falle  wurde  auch  die  Schleimhaut 
des  Rachens,  des  Kehlkopf  deckeis,  der  Zunge,  der  Nase  in  grofsartiger 
Weise  in  Mitleidenschaft  gezogen. 

In  der  französischen  Litteratur  finden  wir  bei  Lavbrgnb^  einen, 
diesen  nur  annähernden  Fall  beschrieben  (Fall  XXV),  und  auch  er  fühlte 
sich,  frappiert  durch  einzelne  Erscheinungen  (wie  diflfuse  Rötungen  und 
Infiltration),  veranlafst  zu  betonen,  dals  bei  diesem  Patienten  vorhergehend 
imtierende  Einreibungen  gebraucht  wurden. 


'  Contribution  ä  Pitude  du  liehen  planus.  1883. 

Monatshefte.  17 


246 

« 

In  der  deut&clien  Fachlitterattir  lesen  wir  bei  Eapon'  sehr 
interessante  Angaben  über  derartige  Vorkommnisse  bei  Lieben  ruber 
planus.  KiPOSi  beobachtete  einigemal,  dals  an  der  Süme,  an  deo 
Schultern,  am  Bmstblatte  über  flachbandgrorse  und  gröfsere  diffuse 
lebhafte  Kötung  und  Temperatursteigerung  sich  einstellten  und  dafs 
erst  nach  Wochen  und  unter  Auftreten  von  Teleangiektasien  die  charak- 
teristisch glänzenden  Knötchen  sich  entwickelten.  Ebendaselbst  bemeikt 
Kaposi,  dafs  in  seltenen  Fällen  sich  der  örtliche  Prozefs  zur  ßildunf 
von  Pemphigusblasen  steigert  (Über  leteterwfihnte  £ntzündimg9- 
prozesse  berichtete  ich  auch  von  anderen  Autoren  in  meiner  letzten  Arbeit) 
Aber  in  all  diesen  Angaben  sind  diese  Vorkommnisse  als  ganz  neben- 
sächliche  hingestellt;  solche  als  Hauptsymptome  —  das  Gmndleid« 
gänzlich  verdeckende,  zu  Irrungen  und  zu  verschiedenen  Deutungen  ver- 
leitende —  beobachtet,  fanden  wir  nur  bei  Unna*  in  seinen  Pariser 
Briefen  wiedergegeben.  Unna  teilt  daselbst  2  wahrscheinlich  hierher 
gehörende  Fälle  Hallopbaus  unter  der  Bezeichnung  Liehen  planus  und 
Liehen  ruber  scarlatiniformis  mit.  Und  obzwar  Unna  (ja  in 
letzterer  Zeit  selbst  Hallopeau)  in  bezug  auf  Diagnose  und  AufhsamBg 
dieser  Fälle  anderer  Meinung  ist,  hat  er  doch  das  Verdienst,  solche  Nk 
das  erstemal  zur  Besprechung  ans  Tageslicht  gebracht  und  deren  Diskutie- 
rung dadurch  ermöglicht  zu  haben. 

Bei  meinen  Fällen  muisten  die  diffuse  Kote  und  Ansebwetlung  ak 
Hauptsymptome  angesehen  werden,  und  konnte  nicht  auf  irritierende  Salke 
zurückgeführt  werden,  weil  sie  spontan,  schubweise,  ohne  äufserlickes 
Hinzuthun  blitzartig  auftraten  und  später  gröfstenteils  '  einen  cfaronischea 
Charakter  annahmen. 

Gewifs  waren  diese  meine  Fälle  mit  den  von  Lavbrgnb  und  deo  ▼« 

Unna  citierten  Fällen  identisch,   und   nach  so  langer  Beobachtung,  laA 

eingehendem    Studium  und   Erwägung   aller  Momente   zögere   ich   hent» 

nicht  mehr,  solche  Fälle  für  atypische  Liehen  planus-FäUe  anzuspreeheB. 

Denn  abgesehen  davon,  dais  Kaposis  Angaben  beweisend  sind  für  solche 

Vorkommnisse,  dafs  Lavergnes  XXV.  Fall   ein  ausgesprochener  Liehen 

ruber   war,   dafs  Hallopbau  sich   durch   gewisse  Sjnnptome   aus  eigeser 

Erfahrung   veranlafst    sah,    früher    jener   Krankheitsform    den    Namen 

Liehen  ruber  scarlatiniformis  zu  geben,  habe  ich  mich  selbst  davon 

überzeugt,  dafs  diese  exzessiven  Flächenentzündungen  dem  Liehen 

planus  angehören  können. 

Und  nun  veröffentliche  ich  diese  2  und  im  AnschluJs  aueh  die  übrigen 

&  in  mehrerer  Hinsicht  interessanten  Lichenfälle. 


*  ReaUncyklopädie  der  gesammten  Heilkunde.  1887.  Artikel  Liehen. 
'  Pariser  Briefe.  Monatsh.  f.  prakt.  Dermat  1888.  pag.  567. 


947 

Fall  XV.  Liehen  planus  atypicas.  (L.  r.  scarlatiniformia)  H.  V., 
37  Jahre,  Tagelöhner,  kam  am  4.  April  1887  in  mein  öffentliches  Ambulatorium. 

Patient  war  bis  anfangs  Dezember  1886  (damals  litt  er  an  Zoster  pectoralis 
der  linken  Seite)  gesund.  Am  3.  Januar  1887  erkrankte  er  unter  fieberhaften  Sjmp- 
tomeni  Grofse  Schwäche,  Hitze  bemächtigte  sich  seiner,  so  dafs  er  die  Arbeit  ein- 
stallen und  sich  ins  Bett  begeben  mufste.  An  der  rechten  Backe  bemerkte  er  einen 
5  Pfennig  grofsen  roten,  nicht  juckenden  Fleck,  welcher  sich  innerhalb  2  Tagen  ver- 
grolserte,  die  ganze  rechtsseitige  Gesichtshälfte  —  den  Hals  rikigshernm  okkupierte. 
Am  2.  Tage  der  Erkrankung  traten  auf  beiden  Ellbogenspitzen,  an  den  dorsalen 
Flächen  der  Hände  und  Finger,  an  beiden  Enieen  ähnliche  blalsrote  Flecke  auf,  welche 
rasch  gröfser  wurden,  bis  zur  Flachhandgröfse  und  darüber.  Keine  Knötchen,  keine 
Bläschen  wurden  bemerkt,  nur  diffuse  Böte.  Mit  Ausbreitimg  der  Flecke  empfand  er 
ein  Brennen  und  heftiges  Jucken  an  den  erkrankten  Stellen.  7  Tage  lang  konnte 
Patient  nicht  arbeiten  vor  Fieber  und  Schwäche.  Am  8.  Tage  nahm  er  seine  Arbeit 
bei  der  Staatsbahn'  (er  war  Wagenschieber)  wieder  auf»  mufste  sich  aber  nach 
3  Tagen  wieder  auf  7  Tage  niederlegen.  Seitdem  fühlt  sich  Patient  sehr  schwach, 
abgemagert,  er  kann  keine  Last  heben;  auch  sein  Appetit  ist  sehr  schlecht  Das 
Jucken  beraubt  ihn  seiner  Buhe  überhaupt  bei  Nacht.  Jucken  trat  auf  dem  Skrotum 
aaf.  Der  Ausschlag  wechselte  seinen  Typus  nicht  —  die  erkrankten  Stellen  waren 
stets  trocken,  heifs  und  schuppten  sich  nur  stellenweise  sehr  allmählich  ab.  Auch 
oberhalb  des  rechten  Darmbeinkammes  entstand  ein  Fleck.  Erst  nach  dreimonatlicher 
Daner,  am  4.  April,  entschlofs  er  sich,  sein  Leiden  einem  Spezialisten  zu  zeigen. 

St.  praes.  Patient  ist  von  mittlerer  GröDse,  muskulös,  aber  abgemagert,  sehr 
anämisch.  Seine  Haut  zeigt  folgende  Veränderungen:  An  der  Nase,  im  Gesichte 
^ren  HnsengroIÜse,  auch  gröfsere  blafsrote,  glatte,  nicht  schuppende  mit  Komedonen 
oder  Sebumanhäufung  nicht  versehene  Flecke,  welche  auf  Fingerdruck  auf  Momente 
erblalsten.  Zwischen  den  Barthaaren  waren  sehr  zahlreiche,  auch  konfluierende,  scharf 
begrenzte  und  aschgraue,  infiltrierte  Flecke.  Von  da  breitete  sich  die  Infiltration 
auf  den  Hals  hinunter,  bildete  um  denselben  einen  3  fingerbreiten  Gürtel,  welcher 
hinten  knapp  unter  der  Haargrenze  vorüberging,  die  behaarte  Kopfhaut  trei  lassend. 
Der  gurtelartige  Fleck  war  an  den  Bändern  blalsrot,  an  manchen  Stellen  (in  der 
Mitte)  graulich,  nicht  glatt,  sondern  aus  hirsekorn-  bis  linsengrofsen,  flacherhabdnen 
in  der  Papillarschichte,  auch  in  der  Cutis  sitzenden  Infiltrationen  bestehend.  An  der 
Ormze  nur  Hyperämie  und  mäüsige  Anschwellung.    Keine  Knötchen. 

Symmetrisch  an  beiden  Ellbogen  war  die  Haut  an  fiachhandgrofsen  Stellen  mit 
Terschwommenen  Grenzlinien  rot,  trocken,  oberflächlich  infiltriert,  mit  mehr  ausge- 
Bproöhenen  Bewegungslinien.  Neben  ähnlichen  roten,  aber  mehr  lividen  oberflächlichen, 
fiachenhaften  Infiltraten  der  Dörsalflächen  der  beiden  Hände  waren  auch  linsen-  bis 
lOpfenniggrofse,  flach  erhabene,  scharf  begrenzte  Flecke.  Solche  scharf  begrenzte 
Infiltrate  auch  an  den  Dorsalflächen  der  Phalangen.  Wieder  symmetrisch  wie  an  den 
Ellbogen  waren  ganz  ähnliche,  handgrofse,  rötlich-livide  Infiltrate  an  beiden  Knieen 
ra  sehen. 

Circa  2  cm  oberhalb  des  rechten  Darmbeinkammes  war  ein  2thalergrorser,  in 
der  Mitte  narbige  Atrophie  zeigender,  durch  Kratzen  exkoriierter  Fleck  mit  blauroten 
Bändern.  Nirgends  in  der  Umgebung  Knötchen,  und  überhaupt  war  die  Haut  sonst 
normal.    Auch  an  den  Schleimhäuten  fand  sich  nichts  Krankhaftes. 

In  den  innem  Organen  nichts  Abnormes  zu  konstatieren. 

Patient  wurde  von  heftigem  Jucken  gequält. 

« 

17» 


248 

Ich  konnte  nach  dieser  Aufnahme  keine  positive  Diagnose  aufatelleiL 

Fremdartige,  so  zusammengefügt  von  mir  noch  nie  gesehene,  nie 
gelesene  Erscheinungen  waren  diese,  welche  in  keinen  der  vorhandenen 
Bahmen  pausten. 

Der  Fall  machte  auf  mich  vom  Beginn  den  Eindruck  eines  diffusen 
Liehen  planus.  Mit  flächenhaften  Infiltrationen  des  letzteren  hatte  der 
Ausschlag  vermöge  seiner  Farbe  und  Trockenheit,  und  oberfläcUichen 
nachfolgenden  Hautatrophie,  venhöge  des  intensiven  Juckens,  vermiß 
der  Stabilität  und  Hartnäckigkeit  grolle  Ähnlichkeit,  aber  diese  Diagnose 
wurde  nicht  durch  die  ausschlaggebenden  Primäreffloreszenzen 
unterstützt. 

Auf  Momente  konnte  man  an  Lupus  erythematodes,  überhanpt 
an  den  des  Gesichtes  denken.  Es  fehlten  aber  selbst  dort  die  Primär- 
effloreszenzen, es  fehlten  die  Komedonenzäpfchen,  die  erweiterten  Follikd- 
mtindungen,  die  Sebumauflagerungen  und  Fettschuppen  überall. 

Von  Ekzem,  von  Psoriasis  konnte  keine  Bede  sein,  aber  an  one 
seltene  und  für  jüngere  Ärzte  mysteriöse  Krankheit,  an  die  Pity- 
riasis rubra  Hebrae  muiüste  gedacht  werden.  Ich  selbst  habe  nie 
genuine  Pityriasis  rubragesehen,  und  die  Beschreibungen  vonHjSBRAsen. 
und  junior,  von  Kaposi  geben  keine  sicheren  Erkennungszeichen  für  die  An- 
fänge dieser  Krankheit.  Auch  war  die  kranke  Haut  mäfeig  infiltriert,  an 
einzelnen  Stellen  durch  Wochen  nicht  schuppend  und  ein  unaussteb- 
liches  Jucken  verursachend. 

Ich  verliefs  mich  auf  den  weiteren  Verlauf  der  Krankheit  und  ver- 
ordnete nur  indifferente  Salben. 

Verlauf.  Patient  kam  2  Wochen  hindurch  jeden  2. — 3.  Tag  in  das  Ambu- 
latorium, ohne  dafs  seine  Krankheit  eine  Änderung  erfahren  hätte.  Ich  verordnete 
dann  Arsen  und  habe  Patient  bis  zum  1.  Juli,  also  ca.  3  Monate,  nicht  gesehea. 
Damals  schon  seit  3  Wochen  durch  typische,  tägliche  febris  intermittens  geplagt» 
kam  er  wieder  zu  mir.  Gesicht  und  Hals  waren  wie  oben  beschrieben.  Nese 
Eruptionen  seit  3  Wochen  an  der  Stirne,  an  den  oberen  Augenlidern  und  u 
den  Hinterbacken.  An  der  Stime  besteht  die  Eruption  aus  stecknadelkopfgrofsen, 
roten  Flecken.  Die  oberen  Augenlider  sind  in  ihrem  ganzen  umfang« 
polsterartig  gedunsen,  blafsrot  mit  dunkelroten  Bändern,  weich,  elastisch;  mr 
gends  Knötchen. 

An  den  Hinterbacken  sind  flachhandgrofse,  lebhaft  rote  Infiltrationen,  und  io 
deren  Umgebung  zahlreiche  diskrete,  auch  gedrängt  stehende,  meisteoi 
hirsekorngrofse,  blafsrote,  nicht  glänzende,  nicht  schuppende,  8olid& 
runde  oder  flache  Knötchen,  welche  fast  durchweg  den  Follikeln  entsprecheo 
und  mit  Härchen  versehen  warea  Man  sieht  knapp  an  der  Grenze  der  Infiltrite 
4—5  Knötchen  zusammenschmelzen  und  so  in  die  Infiltrate  übergehen,  wo  man  keine 
Knötchen  mehr  unterscheiden  kann.  Oberhalb  des  rechten  Darmbeinkammes  u 
Nacken,  am  Skrotum  sind  die  Infiltrate  blutig  zerkrazt. 

Auch  die  Mundschleimhaut  war  erkrankt.  An  beiden  Wangen  sah  man 
zahlreiche,  mohnkomgrofse,  grauweifse  Knötchen  und  Trübungen.    Therapie:  Chinin. 


i-ii 


249 

3.  Juli.  Intermittens  ausgeblieben.  Die  Knötchen  an  den  Nates  aplanierten  sich, 
ihre  Stellen  waren  hyperämisch,  nicht  infiltriert.  Die  Infiltrate  wie  frnher.  Th.  Asiat. 
Fülen.  Patient  ist  dann  wieder  5  Wochen  lang  ausgeblieben,  nahm  weder  Arsen,  noch 
behandelte  er  sich  äufserlich. 

Seine  Krankheit  machte  weder  Re-  noch  Progression.  Ich  sah  ihn  dann  erst  im 
oäcbsten  Jahre  (1888)  am  3.  März  wieder.  An  den  kranken  Stellen  des  Halses,  der 
Ellbogen  waren  feine  Schuppen  in  grofser  Zahl  vorhanden,  auch  an  den  Nates,  Enieen 
Abschuppung.  An  groJBen  Flächen  ist  die  Mitte  atrophisch -grau.  In  der  Um- 
gebung der  Infiltrate,  überhaupt  an  den  Armen  und  Oberschenkeln  stecknadelkopf- 
groüse,  blafsrote,  teilweise  mit  Schuppen  versehene,  nicht  glänzende  Knötchen.  Solche 
diskret  auch  an  den  Unterschenkeln,  ein  papulöses  Ekzem  imitierend.  Hier  und  da 
Exkoriation,  aber  nirgends  Nässen  oder  Pusteln.  An  der  Wangenschleimhaut 
an  der  Zunge  punktförmige,  grauweifse  Knötchen.  Patient  ist  sehr  abge- 
magert, bleich,  schwach. 

19.  März.  Am  Nacken,  in  der  Umgebung  des  schleifenartigen  Infiltrates  mohn- 
korngrofse,  polygonale,  flache,  taubengraue,  harte,  etwas  glänzende 
Knotehen,  sehr  zerstreut,  auch  hanfkorngrofse,  kreisrunde,  narbige, 
atrophische  Stellen.     Die  Schleimhaut  ist  jetzt  gesund. 

Handteller,  Fufssohlen,  Nägel  normal.  Das  Jucken  dauert  fort.  An  den  Unter- 
schenkeln gab  essehr  vereinzelt  halblinsengrofse,  in  der  Mitte  narbig  depri- 
mierte, braunrote  Flecke.«  Nach  Aussage  des  Patienten  erblalsten  und  schilferten 
die  Flecke  ab  und  zu,  um  dann  in  der  Peripherie  wieder  hyperämisch  zu  werden, 
wenn  eine  neue  Attacke  kam. 

Patient  war  stets  ungeduldig,  ja  ungeberdig.  Von  den  asiatischen  Pillen  nahm 
er  kaum  60  Stück  im  ganzen.     Seit  dem  19.  März  1888  sah  ich  ihn  nie  wieder. 

Nach  den  beschriebenen  Symptomen,  selbst  nach  einjähriger  Beob- 
achtnng,  fafste  ich  noch  nicht  denEntschlnfs,  eine  positive  Diag:nose  zu  stellen. 
Es  lebte  in  mir  die  innere  Überzeugung,  dais  dieser  Fall  ein  atypischer, 
ungewöhnlicher  Fall  des  Liehen  planus  war,  wobei  die  Krankheit  nicht 
die  exquisiten  Charaktere  darbot,  wo  statt  Knötchenausbruch  flächenhafte 
Erytheme  und  Infiltrate  plötzlich  auftraten,  wo  Knötchen,  wenn  auftretend, 
Ton  diflFuser  Hyperämie  begleitet  waren,  einen  akuten  flüchtigen  Charakter 
besafsen,  daher  ihre  Runde,  ihre  intensive  Röte,  welchen  aber  dann 
grauliche  Ver&rbungen,  Hautatrophien,  narbenartige  Umwandlungen  der 
Cutis  mit  mäfsiger  Defurforation  auf  dem  FuTs  folgten. 

Auch  einzelne  sehr  konstante  grauweifee  Knötchen,  die  spärlichen, 
halblinsengrofsen,  braunroten  atrophisch  deprimierten  Stellen,  dann  die  zwar 
flüchtige  Erkrankung  der  Schleimhaut  waren  Momente  und  Symptome, 
welche  bei  Liehen  planus  so  häufig  zu  beobachten  sind.  Und  doch  fehlte 
niir  80  manches  —  so  die  glizemden  gelben  Knötchen,  die  hypertrophischen 
Plaques,  die  zierlichen  Bogen,  der  Glanz,  die  Pigmentflecke  etc.,  und  so 
stellte  ich  den  Fall  bei  Seite  —  auf  neuere  Erfahrung  wartend. 

Fall  XYI.  Liehen  planus  atypicns.  Flächenhafte  Hyperämien  und 
Infiltrate.  PemphigoideErnptionen.  Erkranknngder  Zange,  der  Wangen, 
des  fiachens,  Kehlkopfdeckels  und  der  Nasenschleimhaut.  Interkurrente 
Pneumonie,  Tod. 


2q0 

Th.  A.,  48jährige,  verheiratete  Leiermannsgattin,  kam  am  3.  April  1888  ia  meia 
Öffentliches  Ambulatorium.  Bis  vor  10  Wochjen  war  sie  —  einen  roten,  juckendM 
Fleck  an  der  Innenseite  des  linken  Oberschenkels  aasgenommen,  welcher  schon  i«it 
3  Jahren  bestehen  soll  —  stets  gesund.  Sie  hat  2  Kinder  geboren,  das  letzte  vor 
24  Jahren.    Vor  10  Wochen  wurde  die  Haat  an  der  Streckseite  des  linken  Vorder 

* 

armes  auf  einmal  rot,  mit  runden»  derben,  schuppenlosen  Knötchen  dicht  besäet,  imi 
Patientin  verspürte  Qin  unstillbares  Jucken.  (Nach  Schilderung  des  damals  behsa- 
delnden  Arztes  Dr.  N.  Schwabz,  der  die  Patientin  mir  zuschickte.)  Nirgends  «area 
Bläschen  oder  Nässen  vorhanden.  —  Die  Haut  war  difiPus  rot,  gedunsen,  trocken, 
von  den  Knötchen  hökerig.  Seitdem  wurde  symmetrisch  der  andre  Vorder 
arm  ähnlich  krank. 

Nebstbei  trat  diffuse  Hyperämie  und  oberflächliche  Infiltration  an  beiden  Oto- 
armen  und  an  der  Brust  auf.  Seit  4  Wochen  sind  ähnliche,  aber  mehr  livide  Infiltrate 
an  den  Dorsalflächen  der  Phalangen,  seit  2  Wochen  symmetrisch  an  beidea 
Knieen  zu  sehen. 

Die  Brust  ausgenommen,  juckten  die  kranken  Partien  sehr.  Von  Fieber  weilt 
Patientin  und  Arzt  nichts;  sie  klagte  nur  über  hochgradige  Muskelsch wache  nad 
Appetitlosigkeit.  Seit  6  Wochen  bestehen  sich  steigernde  Schlingbeschwer- 
den.   Stuhl  regelmäisig.     Theraphie  nur  indifferente  Salben. 

St.  praes.  Patientin  sehr  stark,  mit  kolossalem  Fettpolster.  Ihr  Gang  iä 
vermöge  ihrer  Fettleibigkeit  sehr  erschwert,  trippelnd.  *Die  allgemeine  Decke  ist  ver 
schiedenartig  erkrankt.  Die  Gesichtshaut  —  das  Sann  und  eine  thalergrofse  Stelle  der 
linken  Gesichtshälfte  ausgenommen  —  diffus  dunkelrot  (wie  Fieberröte),  die  Na«, 
Ohren,  Kopfhaut,  in  groDsen  Flecken  der  Hals  ringsherum,  der  gröfste  Teil  der  vor- 
dem Brusthälfte,  der  Bäckenteil  zwischen  beiden  Schulterblättern.  Die  höchste  Koi* 
vexität  der  Bauchdecke,  beide  Hinterbacken,  die  Hinterflächen  der  Oberschenkel  dif  fm 
dunkelrot,  mäfsig  geschwollen.  Die  Augenlider  polsterartig  gedunsea, 
weich,  elastisch,  die  übrigen  Partien  des  Gesichts  steif,  wie  bei  Oedema  stabile. 
Die  Böte  ist  nicht  gleichförmig  und  eintönig,  wie  auch  die  Anschwellung  nicht.  Blaiaroi 
und  geschwollen  sind  die  Stellen  bei  frischen  Infiltrationen,  bei  älteren  sind  nur  die 
Bänder  mehrere  Zentimeter  breit  rot  und  geschwollen,  ihr»  Mitte  asch*  od« 
taubengrau,  auf  groüse  Strecken  Hautatrophie  zeigend.  Stellenweise  verorsaehen  wo 
die  Bänder  Jucken. 

An  beiden  Vorderarmen  (Streckseite)  ist  die  Haut  dunkel  bis  blaurot  infiltriert; 
das  Infiltrat,  gebildet  durch  Aneinanderreihen  von  tausenden  von  roten,  spitses, 
derben,  mit  Hornlamellen  bedeckten  Knötchen.  Die  Haut  ist  *hier  beim 
Anfühlen  sehr  rauh,  raspelartig.  Knötchen  findet  man  auch  an  der  Beuge- 
und  Seitenfläche  der  Vorderarme  diskret  oder  in  linsengrofsen  Flecken  teils  plan, 
teils  spitz,  rund,  mit  oder  ohne  harte  Schuppen,  dunkelri)t.  Die  Inoes- 
fläche  der  Vorderarme  ist  sonst  nur  hyperämisch.  Hier  breitet  sich  jetzt  erst  der 
Prozefs  aus  und  zwar  so,  dafs  einerseits  ein  die  Infiltration  der  Streckseite  umschliefsender 
mehrere  Zentimeter  breiter  bis  livider  Hof  auf  diese  Fläche  tibergreift,  anderseits  aber, 
daXs  aus  5—6  Knötchen  bestehende  elevierte  erythem.  Flecke  entstehen,  in  gröfBersr 
Zahl.  An  der  Dorsalfläche  der  Hände  mit  scharfgeschnittenen  Bändern,  den  beides 
Seiten  zu,  eintönige,  dunkel  blaurote,  holperige  Infiltration.  An  den  Dorsalf lachen 
der  Phalangen  plaqueartige  linsen-  bis  lOpfenniggrofse,  blaurote  In* 
filtrate  ohne  Knöthchen.  Nägel  gesund.  In  den  Handtellern,  an  der  Pal* 
marfläche  der  Finger  linsengrofse  und  kleinere,  rote,  infiltrierte 
Flecke.  An  der  inneren  Fläche  des  linken  Oberschenkels,  oberes  Drittel,  sieht  mis 
eine  handtellergrolse,  blaurote,  mit  kleinen  Narben  versehene  Infiltration,  wekke 


251 

sohon  seit  3  Jahren  besteken  soll.  An  den  Yorderflaclien  der  Oberschenkel,  an  den 
Knieen  sind  10p fennig-  bis  handgrofse  Hyperämien,  welche  auf  Druck 
abblassen.  Die  Haut  ist  ganz  glatt,  nicht  infiltriert.  An  den  Dorsal  flächen  der 
Fäfse  sind  zahlreiche  typische,  gelbe  oder  blafs-  bis  dunkelrote,  poly- 
gonale, grlänzende,  flache  Liehen  planus-£nötchen,  welche  an  der  Mittel- 
linie sa  mehreren  grölseren  Infiltrationen  zusammen  fliefsen. 

Schleimhaut:  An  der  untern  Lippe,  an  der  linken  Wange  linsen- 
grofse  und  gröfsere  diffuse  rote  Fleke,  an  welchen  nadelspitzgrofse 
grau-weifse  Knötchen  zu  sehen  sind  in  grofser  Zahl.  Die  beiden  arcus 
pharyng^o-glossus  sind  rot  geschwellt,  mit  zahlreichen  sehr  kleinen 
graulich- weifsen  Knötchen  besäet,  ebenso  die  hintere  Rachenwand,  so 
weit  sie  dem  Auge  sichtbar,  diffus  infiltriert,  mit  ebensolchen  Knötchen 
dicht  besetzt.  Am  linken  Bande  der  Zunge,  1  cm  von  der  Spitze,  ist  ein 
linsengTofser  Fleck,  gebildet  aus  stecknadelkopfgrofsen  grau-weifsen 
Knotehen. 

Das  Offnen  des  Mundes  ist  erschwert  durch  die  Infiltration  der  Gesichtshaut. 

Das  Jucken  qvält  Pat.  nur  abends  beim  Auskleiden  und  überhaupt  an  den 
Händen  und  Vorderarmen.  Beim  Tage  oder  im  Bette  hat  sie  mehr  Buhe.  Sie  schwitzt 
selbst  im  Sommer  sehr  mäfsig.  Innere  Organe  gesund.  Th.  Asiatische  Pillen,  aufser- 
dem  10*/o  Bleisalbe. 

Verlauf,  6.  April.  Pat.  ist  bettlägerig,  Temperaturerhöhung  38^  Gestern 
waren  die  Augenlider  der  Pat.  derart  geschwollen,  dafs  das  Öffnen  der  Augen  unmöglich 
war;  heute  ist  diese  Schwellung  bedeutend  geringer.  An  den  Unterschenkeln  flössen 
die  hyperämischen  Flecke  zusammen  und  verlieren  sich  nicht  ganz  unter  Fingerdruck. 

Ich  stellte  Pat.  den  7.  April  dem  ungar.  Arzte-Verein  als  Liehen  planus 
atypicus  vor. 

11.  April.  Hehrere  neuere  flachhandgrofse,  auf  Fingerdruck  nicht 
verschwindende,  blafsrote,  scbarfbegrenzte  Flecke  am  Bauch  und  an  der 
Vorderfiäohe  der  Oberschenkel.  Die  Haut  ist  an  diesen  Stellen  heifs  konsistent  wie  bei 
l&rysipel.  An  den  Unterschenkeln  sieht  man  nach  intensivem  Druck  auf  der  geblich 
gewordenen  Haut  punktförmige  Hämorrhagien. 

Auch  an  den  neuen  Flächen  wie  an  ihren  Grenzen  fehlen  die  Knötchen  total. 
An  den  Vorderarmen  bildet  sich  der  begrenzende  blaurote  Hof  zurück,  und  man  sieht 
nur  die  roten  Knötchen  und  ein  gekörntes  Infiltrat.  Nur  an  den  ältesten 
Infiltraten  ist  feine  Abschilferung;  an  den  Oberarmen  sieht  man  ein  flaches, 
polygonales,  nicht  glänzendes,  graues  Mosaik  an  der  Oberfläche  des  Infiltrates. 

Pat.  empfindet  seit  2  Tagen  Schmerzen  beim  Urinieren.  Di^  kleinen  Lippen 
sind  geschwellt,  dunkelrot,  stark  prolabierend.  Die  Vaginalschleimhaut 
diflfus  rot,  gesehwollen,  mit  Eiter  bedeckt.  Der  Urin  mittels  Katheter  genommen  zeigt 
sich  blafsgelb,  hat  ein  spez.  Gewicht  von  1025,  enthält  kein  Eiweifs,  nur  grofse 
Mengen  Urate. 

Therapie  wie  oben.  Auf  die  Schamlippen  Aqua  Goulardi.  Auf  die  Salbe  wird 
te  Jacken  erträglicher. 

21.  April  Laryngoskopie  durch  Herrn  Prim.  Dr.  Löai:  An  der 
unteren  Fläche  des  Kehlkopfdeckels  sind  zahlreiche  Knötchen  auf 
geröteter  Basis.  An  der  Zunge  die  beschriebenen  Plaques.  Seit  gestern 
Schmerzen  im  Schlund  —  nicht  Trockenheitsgefühl.  Pat.  kann  mit  Mühe  nur  flüssige 
Nahrang  hinunterschlucken,  an  der  Zunge  hat  sie  selbst  beim  Wassertrinken  Schmerzen« 
Der  Mand  kann  noch  weniger  geöffnet  werden,  denn  seit  gestern  ist  das  ganze  Gesicht 


252 

und    die   Augenlider    wieder    geschwollen.     An    den    Kanten    der   Lider  ist  Kataorrb 
und  Exkoriation  vorhanden. 

Das  Jucken  ist  nur  auf  Hände  und  Vorderanne  lokalisiert.  Die  frischen,  grolaen 
Hyperämien  sowie  Infiltrate  sind  grÖfstenteils  hirsekorngrofse,  nicht 
glänzende,  durch  Anfühlen  kaum  konstatier  bare,  blafs-  oderdunkelrote, 
auch  gelbliche,  durch  gesunde  Hautstellen  separierte  Knötchen 
zurücklassend.     Arsen  wird  weggelassen. 

28.  April.  Die  linse  ngrofse  Plaque  des  linken  Zungenrandes  wurde 
geschwtirig  und  heute  sieht  man  ein  bohnengrofses,  einem  Zahneindrucke 
entsprechendes,  träges  oberflächliches,  sehr  schmerzhaftes  Oeschwür, 
welches  die  Nährung  der  Kranken  noch  mehr  erschwert.  Gesicht,  Lider,  Kim 
infiltriert.  Jetzt  breitet  sich  der  Prozefs  vom  Bauche  auf  die  Brust  in  grofsea 
diffusroten,  scharlachähnlichen  Flecken.  Diese  Stellen  sind  heifs  bein 
Anfühlen.  An  beiden  Kubitalfalten,  unter  der  rechten  Brustdrüse  je  ein  bohneB- 
grofses,  durch  Kratzen  entstandenes,  seichtes,  schmutzig  belegtes  Geschwür.  Tfc. 
Jodoform.     Kein  Fieber. 

3.  Mai.  Geschwür  nur  mehr  am  rechten  Arm,  daher  Odem  des  rechten 
Unterarmes.  Die  übrigen  Geschwüre  verheilen  schon.  An  der  Zungenspitie 
entstand  ein  neues  linsengrofses  Geschwür.  Das  andere  heilt  auf  Argentmi 
nitr.     Schlingbeschwerden.     Th.  Arsen. 

8.  Mai.     140  Pillen.    Nasenbluten  seit  Tagen.    Arsen  bleibt  aus. 

11.  Mai.  An  der  Innenfläche  des  rechten  Oberschenkels  auf  erythe- 
matöser  Basis  thalergrofse  gedrängte  Haufen  einer  Herpeseruptioo 
mit  wasserklarem  Inhalt,  ebensolche  mehrere  an  den  beiden  Hinter- 
flächen der  Unterschenkel  und  am  Bauch.  Noch  immer  nur  an  den  Annea 
und'Füfsen  typischer  Liehen  ruber,  nirgends  sonst.  Stellenweise  an  vorher  rotes 
Stellen  taubengraue  Verfärbung ;  Atrophie  und  feine  Abschilferung  der  Haut.  ScfaÜDg- 
beschwerden  werden  gröfser,  Fat.  bringt  selbst  Wasser  nicht  hinunter.  Die  Flüssig- 
keiten kommen  durch  die  Nase  zurück,  näselnde  Stimme;  die  hintere  Fläche  des 
Rachens  ist  weifsgrau,  matt  rigid,  ohne  Blutgefafse.  Das  Gesicht  gedunsen,  hart^kit 
ein  steinernes  Aussehen;  das  Öfifnen  des  Mundes  kann  nur  mäfsig  geschehen. 

15.  Mai.  Beide  Füfse  ödömatös  angeschwollen,  mäfsiges  Fieber,  Bronchialkatarrii, 
Nasenbluten.  Die  Herpesbläschen  sind  abgeflacht,  im  Eintrocknen  be- 
griffen. Die  Zungengeschwüre  fast  geheilt.  Pat.  kann  vom  Bette  nicht  auf- 
stehen, ist  sehr  schwach,  kann  nur  sehr  wenig  Milch  hinunterschlucken. 

22.  Mai.  Kein  Eiweifs  im  Urin.  Ein  neuer  fufsgrofser  erythematös 
infiltr.  Fleck  am  Bücken,  in  dessen  Mitte  5 — 6  linsengrofse  bereits 
geplatzte  Bläschen.  Alle  Stellen,  Vorderarme  und  Füfse  ausgenommen,  sind  mit 
kleienformigen  Schuppen  bedeckt.     Fieber;  rechtsseitige  Pneumonie. 

29.  Mai,  früh.  Lungenödem.  Der  Ausschlag  abgeplafst,  nur  Infiltration 
und  Knötchen  unterscheidbar.    Abends:  Agonie.     Tod. 

In  Beioer  Art  einzig  steht  dieser  Fall  da.  Unverkennbare  anhaltende 
Zeichen  des  Liehen  planus,  Erytheme,  Flächenentzündnngen, 
ja  vesikulöse  Eruptionen  kombiniert  fanden  sich  hier  vor.  Die 
intensive  Erkrankung  der  Mund-  und  Eachenschleimhaut,  des  Kehldeckels, 
der  Zunge,  vermutlich  auch  der  Nase  erschwerten  den  Fall,  aber  im 
gro&ei)    und   ganzen    war  er  mit  dem  vorigen  identisch. 


263 

Die  folgenden  5  Fälle  sind  mehr  gewöhnliche  Liehen  planus-Fälle. 
Drei  bergen  doch  erhöhtes  Interesse  in  sich. 

Fall  XVn.    Liehen  planus.    Zoster  arsenicalis? 

K.  G.,  33  Jahre,  verheiratet,  Hansinspektor,  kam  am  17.  März  1888  in  mein 
öffentliches  Amhulatorium.  Im  Jahre  1885  nach  Genesung  von  der  Cholera  be- 
merkte er  an  der  linken  Wade  3  hirsekomgrofse,  mäfsig  juckende  Knötchen,  welche 
hinnen  6  Wochen  fast  den  ganzen  linken  Unterschenkel  okkupierten,  und  seither 
breiteten  sie  sich  auch  auf  den  rechten  Unterschenkel,  auf  die  Oberschenkel,  Hinter- 
backen und  Ereuzgegend,  Vorderarme  und  zuletzt  auf  den  Nacken  aus.  Das  Jucken 
steigerte  sich  abends  und  im  Winter. 

In  seinem  15.  Jahre  überstand  Fat.  Scarlatina  und  Erysipel as  fac.  Im  Jaly^ 
1876  Ulcus  vener.  penis.  An  Rheumatismus  hat  er  nie  gelitten.  Er  war  stets  nervös, 
aufgeregter  Natur.  Sein  Vater  starb  an  Apoplexie.  In  seiner  Familie  kamen  keine 
Hautkrankheiten  vor. 

St.  praes.  Patient  ist  wohlgenährt,  stark  gebaut.  An  beiden  Unterschenkeln, 
yon  den  Knieen  bis  zum  untern  Drittel  an  der  Innenfläche  des  linken  Knies  aus 
linsen-  bis  bohnengrofsen  blaugrauen  Plaques  zusammenfliefsende  Infiltration.  An  den 
Oberschenkeln,  Hinterbacken  und  Kreuzgegend,  an  den  Beugeflächen,  der  Vorderarme 
teils  zerkratzte,  teils  unladierte  typische,  von  nadelspitz-  bis  linsengrofse  flache,  glän- 
lende,  gedellte,  polygonale,  gelbe  oder  blaurote  oder  taubengraue  Knötchen.  Solche 
auch  dichtgedrängt  am  Nacken. 

Th.     Asiatische  Pillen  innerlich,  äufserlich  UiifNASche  Salbe. 

Am  21.  April  nach  101  Stück  Pillen  (ä  0,0025  mg  Arsen)  Herpes  Zoster 
am  linken  Schulterblatt.  — 

Patient  hat  seitdem  bis  heute  ca.  2800  St.  asiatische  Pillen  genommen,  ist  voll- 
kommen bis  auf  Pigmentati onen  geheilt,  ^r  war  während  dieser  Zeit  stets  gesund, 
hat  aber   ca.  8  kg  abgenommen.     Zoster  reci vidierte  nicht. 

Folgender  Fall  war  heim  ersten  Anhlick  einem  Herpes  tons.  mac. 
universalis  znm  Verwechseln  ähnlich. 

Fall  XVIII.     Liehen  planus  acutus  der  Haut  und  Schleimhaut. 

A.  H.,  45  Jahre,  Tagelöhnersgattin,  kam  am  7.  Juli  1888  in  mein  öfientlichea 
Ambulatorium.  Patientin  gibt  an,  seit  5  Monaten  an  einem  juckenden  Aussehlag  der 
vorderem  Brusthälfte  zu  leiden,  welcher  vor  14  Tagen  nach  einem  Frostanfall  und 
unter  fieberhaften  Symptomen  rapid  um  sich  griff  und  bis  heute  die  ganze  Haut  okku- 
piert. Seit  14  Tagen  sind  auch  Schlingbeschwerden  und  Trockenheit  im  Rachen 
vorhanden. 

Patientin  hat  6  Kinder  geboren,  von  denen  2  leben  und  gesund  sind.  Haut- 
oder Nervenkranke  kamen  in  ihrer  Familie  nicht  vor.  Patientin  selbst  war  nie  rheu- 
matisch, aber  seit  2  Jahren  leidet  sie  an  Kopfschmerz  und  Schwindel. 

St.  praes.  Gesicht  und  Kopf  haut  vollkommen  frei.  Am  Halse  ringsherum  sind 
höhnen-  bis  10  pfenniggrofse  blaurote,  mit  weifsen,  dichten  Schuppen  bedeckte  Infil- 
trate. An  beiden  oberen  und  unteren  Extremitäten  in  grofser  Zahl  nadelspitz-, 
hirBekomgrofse,  nur  ausnahmsweise  glänzende,  gedellte,  gelb-  oder  dunkelrote  Knötchen, 
aufserdem  linsengrofse,  ins  grauliche  spielende  rote  Infiltrate,  besonders  an  der  Kückenseite 
der  Hände.  An  der  Innenfläche  der  Vorderarme,  in  den  Kniekehlen  zahlreiche 
^Opfennig-  bis  thalergrofse,  mit  weifsen  Schuppen  bedeckte  oder  schuppenlose,  runde, 
längliche,  blaurote,  auch  schiefergraue,  mattglänzende  Infiltrate.  Unzählbare  hirsekom- 
git)i8e,  gelbe,  typische  Liehen  planus-Knötchen  zwischen  linsen-  bis  lOpfenniggrofsen, 


264 

teils  mit  Schappan  bedeckten,  teils  mit  glatter,  polierter  Oberfläche  yerseheaes  Infil- 
traten am  Stamm,  einem  Herpes  ton s.  mac.  zum  Täaschen  ähnlich.  An  der  Um- 
bindungssteile  des  Stammes  ringsherum  reifFörmige,  in  beiden  Inguinalgegenden,  u 
den  grofsen  Schamlippen  grofse,  mit  Horndetritns  bedeckte,  schiefergrane,  sckuflw- 
grenzte  Infiltrate. 

Am  Praeputium  clitoridis,  an  der  Innenfläche  der  grofsen  Labien 
mehrere  linsengrofse,  blaurote  rigide  Plaques. 

Handteller,  Nägel  gesund.  An  den  Fufssohlen  linsengrofse  and  grofsere  rote 
Flecke,  mit  gesunder  Hornschicht  bedeckt. 

Schleimhaut:  Mundschleimhaut  rein.  Beide  arcus  palatoglossus  ud 
pharyngeus  überhaupt — letztere  sind  grauweifs,  holperig,  glanzlos  —  trocken.  Hefti|^ 
Jtcken  quält  Patientin  überhaupt  in  der  Nacht.  Patientin  klagt  über  Hitzegefohl. 
Temperatur  normal. 

Verlauf:    Aufserlich  10%  Borsalbe.  —  Innerlich  asiatische  Pillen. 
16.  April.    Nach  einem  Bad  sind  die  Schuppen  abgelöst,  an  ihrer  Stelle  ist  die 
Haut  rot  infiltriert,  an  vielen  Stellen  grauweifs  durchschimmernd.    Nirgends  Nässoa. 
Auf  den  Handtellern  frische,  linseng^fse,  rote  Infiltrate. 

24.  April.     Status  idem.    Patientin  habe  ich  seitdem  nicht  gesehen. 

Folgende  2  Fälle  waren  gewöhnliche  Liehen  planus-Fälle. 

Fall  XIX.    Liehen  planus  primär(?)  ander  Mundschleimhant  Varicet. 

N.  F.,  42 jähriger  verheirateter  Ingenieur,  kam  am  11.  August  1888  in  meine 
Privatordination.  Seit  März  1888  bemerkte  Patient  am  rechten  Unterschenkel  einzelne 
rote,  derbe  Knötchen.  Seitdem  entstanden  an  verschiedenen  Stellen  ähnliche  miUsif 
juckende  Knötchen.  Früher  war  er  stets  gesund  und  hatte  nie  Bhenmatismas,  isl 
nicht  nervös.  Auf  der  Mundschleimhaut  zeigte  Patient  schon  vor  einem 
Jahre  weifse  Plaques  verschiedenen  Ärzten,  welche  für  Syphilis  erklärt  worden. 

St.  praes.  An  beiden  Unterschenkeln  (vordere  Seite)  zahlreiche  lineen-  bis 
lOpfenniggrofse  blaue  oder  braunrote  hypertrophische  Plaques.  Hochgradig  erweiterte 
Venen,  deren  Rayons  aber  frei  von  Plaques  sind.  Auüserdem  mehrere  Eratzlinieo 
entsprechende  Lichenschnüre.  An  *  den  Oberschenkeln,  Hinterbacken,  am  Stamme, 
an^der  inneren  Fläche  der  oberen  Extremitäten,  der  Haut  des  Penis,  an  der  Innenfläche  des 
Präputium  hirsekom*  bis  hanf  korngrofse,  glänzende,  flache  Knötchen.  Am  schwan 
pigmentierten  Skrotum  grauweifse,  abstehende,  scharfbegrenzte  Kreise  und  Knötchen. 
An  beiden  Trochantergegenden  20pfenniggrofse  Broche-Formen.  An  Jiandtellen 
und  Fufssohlen  zahlreiche  hirsekorn-  bis  hanf  korngrofse,  blafsrote,  in  der  Mitte  mit 
weifslicher,  zerklüfteter  Hornschicht  versehene  Flecke.  An  der  Lippenschleiinhtiil 
unregelmäfsige,  narbenartige  Trübungen,  längliche  Streifen  und  zahlreiche  hirsekom- 
grofse,  grauweifse  Knötchen ;  an  den  Mundwinkeln  gefurchte,  dicke,  getrübte  Hornschicht. 

Th.  "Asiatische  Pillen. 

Verlauf:  Ich  sah  Patient  seitdem  6  mal,  zuletzt  am  6.  Dezember  1888.  Bis  dorthin 
nahm  er  mehr  als  600  Pillen;  der  Ausschlag  bestand  nur  aus  infiltrierten  Flecken, 
meistens  an  den  Unterschenkeln.  |Er  nimmt  Arsen  fort. 

Fall  XX.    Liehen  planus. 

J.  Sz.,  32 jähriges  lediges  Stubenmädchen,  kam  am  31.  Dezember  1888  in  mein 
öffentliches  Ambulatorium.  Patientin  bemerkte  im  September  1887  am  rechten  Obe^ 
Schenkel,  hintere  Fläche,  einen  lOpfenniggrofsen,  trockenen,  braunroten,  juckenden  An- 
schlag. Seitdem  breitete  sich  der  Ausschlag  auf  beide  untere  Extremitäten  aus,  und  Patientin 
magerte  auffallend  ab.    Vor  Beginn  der  Krankheit  litt  sie  häufig  an  Wadenkrämpfea^ 


255 

Das  Jucken  ist  im  Sommer  heftiger,  im  Winter  mäfsig,  und  auch  nur  abencU.  Patientin 
hat  im  Jahre  1879  ein  gesondea  Kind  zur  Welt  gebracht,  vor  3  Jahren  abortierte  sie 
im  3.  Monat  der  Schwangerschaft.  Vor  6  Jahren  hatte  sie  an  Bheumatismus  der 
oberen  ESxtremitaten  gelitten,  gegen  welches  Leiden  sie  Schwefelthermen  gebrauchte. 
In  ihrer  Familie  kamen  Nerven-  und  Hautkrankheiten  nicht  vor. 

St.  praes.  Am  Stamm  an  den  Hinterbacken  zahlreiche  typische  Liehen-planua- 
Knötohen,  an  den Troohantergegenden  einzelne  Broche-Formen,  hier  und  da  Kratz- 
effekte.  Am  aahlreichsten  sind  die  Knötchen  an  den  Oberschenkeln.  An  den  Unter- 
iohenkeln  vereinzelte  kleine  braune  Pigmentflecke.  Hände  und  Fülse,  Schleimhaut 
frei.    Innere  Organe  gesund. 

Th.    Asiatische  Pillen.    Patientin  steht  noch  unter  Behandlung. 

Fall  XXI.    Liehen  cornS.  Varices. 

F.  ScH ,  44 jähriger  verheirateter  Kaufmann,  kam  am  21.  Januar  1879  auf  mein 
Sffentliches  Ambulatorium. 

Seit  5  Jahren  bemerkte  er  an  beiden  Unterschenkeln  trockene,  langsam  wechselnde, 
juckende  Knoten,  von  welchen  manchmal  die  gröfseren  durch  Kratzen  oder  Beiben 
irritiert  eiterig  zu  werden  pflegen.  Seit  IVs  Monaten  ein  kleiner  juckender  Fleck  am 
Penis.  Manchmal  verspürt  Patient  an  den  innem  Flächen  der  Vorderarme,  in  den 
Kniekehlen  heftiges  Jucken;  das  Jucken  an  den  kranken  Stellen  stellt  sich  abends 
beim  Auskleiden  ein.  In  der  Familie  sind  keine  Nerven-  oder  Hautkrankheiten  vor- 
gekommen. Patient  selbst  war  fast  stets  gesund  —  nur  vor  10  Jahren  litt  er  an 
heftiger  rechtsseitiger  Trigeminus  Neuralgie.  Sein  Hautleiden  wurde  bisher  nicht 
behandelt. 

St.  praes.  An  der  vorderen  Hälfte  des  linken  Unterschenkels  im  mittleren 
Drittel  sieht  man  ein  linsen-  und  20pfenniggror8es  Infiltrat  mit  rauhe,  punktierte 
Oberfläche  zeigender  verdickter  Hornschicht  bedeckt.  Oberhalb  des  gröfsem  Infiltrates 
ist  ein  erbsengrofses,  ähnliches,  gelblich  durchschimmerndes,  in  der  Mitte  mit 
kleiner  blutiger  Borke  versehenes  fluktuierendes  Infiltrat  (Vereiterung).  Bings  um 
diesen  vereiterten  Knoten  ist  die  Haut  dunkelr^t,  mäfsig  geschwollen,  heifs,  die  übrige 
Haut  des  Unterachenkels  ist  trocken,  mit  Kratzspuren  versehen,  ohne  Knötchen. 

Im  mittleren  Drittel  (innere  Fläche)  des  rechten  Unterschenkels,  an  der  Platte 
der  Tibia,  ist  ein  linsen-  und  ein  bohnengrofses,  längliches,  2  mm  erhabenes,  blais 
rotes,  scharfbegrenztes  Infiltrat.  An  der  äufseren  Seite  dieses  Unterschenkels  sticht 
wieder  ein  bohnen-  und  ein  mandelgrofses,  längliches  Infiltrat  mit  noch  gröfserer 
Oberfläche  ins  Auge.  In  der  Umgebung  dieser  Infiltrate  sind  zahlreiche,  den  Haar- 
follikeln entsprechende,  steoknadelkopfgrofse,  blafsrote,  mit  Horngübelchen  versehene 
runde  Knötchen  zu  sehen.  Die  Haut  ist  um  die  Plaques  trocken,  feinschilfemd, 
stellenweise  exkoriiert. 

An  beiden  Unterschenkeln  erweiterte  Venen.  An  der  rechten  Seite  des 
Penis,  beiläufig  in  der  Mitte, sieht  man  eine,  seit  IVs  Monaten  bestehende 
halblinsengrofse,  polygonale,  blafs  bläulich-rote,  flache,  in  der  Mitte 
eingesunkene,  sehr  juckende,  mäfsig  glänzende  Lichenplaque. 

Die  übrige  Haut  ist  überall  normal  und  nirgends  sonst  auf  Liehen  planus  erin- 
aemde  Gebilde.    Schleimhaut  gesund.    Patient  steht  unter  Behandlung. 

Fall  XXn.  Liehen  planus  (circinatus)  penis  et  mucosae  oris.  (Pri- 
paäre  Erkrankung.) 

A.  D.,  doctorandus  medicin.,  27  Jahre,  ledig,  kam  am  3.  Februar  1889  in  mein 
eflentliohes  Ambulatorium  und  gab  folgendes  an:  Er  bemerkte  im  Mai  1888  einen 
BAÜaig,  aber  nur  leitweise  juckenden,  trockenen  Ausschlag   an  der  glans  penis, 


256 

welcher  sich  seither  auf  gröfsere  Strecken  ausbreitete,  zierliche,  nicht  schoppenie 
Kreisformen  bildete.  Hervorragende  Arzte  befragt,  wurde  die  Diagnose  auf  Herpet, 
primäre  Psoriasis  penis  etc.  gestellt  und  Ol.  Cadini  und  weifse  Prazipitatstibe  ?er- 
ordnet.  Der  Ausschlag  machte  keine  Umwandlungen  durch,  nur  traten  eiaz  ilne  fritdie 
Effloreszenzen  auf,  die  wieder  ELreisfbrmen  bildeten.  Patient  bemerkte  sonst  nickti 
an  der  übrigen  Haut  und  an  der  Schleimhaut,  hatte  nie  an  Lues  gelitten.  In  seiiier 
Familie  kamen  weder  Haut-  noch  Nervenkrankheiten  vor  und  er  selbst  war  stets  gesnni 

St.  praes.    Die  ganze  Haut  ist,  die  des  Penis  ausgenommen,  gesund. 

An  der  dorsalen  Fläche  der  Glans  bemerkt  man  eine  1  cm  lange,  Vt  cm  breite,  ba 
zur  Krone  reichende  Effloreszenz,  welche  eine  längliche  Kreisform  bildet.  Der  RthaMB 
dieser  Kreisform  ist  scharf  begrenzt,  eleviert,  blafs  blaurot,  hart  und  scheinbar  iv 
vielen  hanfkomgrofsen,  polygonalen,  flachen,  soliden  Knötchen  zusammengesetzt  Die 
Mitte  ist  eingesunken,  im  Niveau  der  übrigen  Glanshaut,  nur  dunkler  als  jene.  Nebes 
dieser  bemerkt  man  eine  20pfenniggror8e,  von  der  Krone  auf  die  Dorsalfläche  do 
Penis  (Patient  ist  zirkumzindiert)  hinüberziehende  ähnliche,  unregelmäfsige  Krekform. 
und  noch  eine  ganz  links  und  unten  neben  dem  Frenulum;  beide  teilweise  in  Köck- 
bildung  begriflen,  mit  feinen  Schüppchen  bedeckt.  An  der  untern  Fläche  des  Fenii 
unterhalb  des  Frenulum,  ist  wieder  eine  20pfenniggrofse,  fast  kreisrunde  Broche-Fora 
aus  glizernden,  hirsekomgrofsen,  sehr  flachen  Knötchen  zusammengefügt.  Aulserdeii 
sind  2  hirsekorngrofse  gedellte,  blafs  blaurote  polygonale  Knötchen  an  der  unten 
Fläche  des  Penis. 

Schleimhaut.  An  der  Oberlippe  rechts  und  links  je  Vs  cm  oberhalb  der 
Mundwinkel  erbsengrofse,  zierliche,  fast  kreisrunde,  grauwöilse  Broche-Form,  gebildet 
aus  verschmolzenen,  mohnkomgrofsen,  grauweifsen  Knötchen.  In  der  Mitte  dieNr 
Formen  ist  die  Schleimhaut  auf  der  linken  Seite  hyperämisch,  auf  der  rechten  gam 
normal.  An  der  Schleimhaut  beider  Wangen  sieht  man  sehr  feine,  Halbkreisfonnes 
bildende,  grauweifse,  elevierte  Linien. 

Von  all  diesen  Gebilden  weifs  Patient  nichts.  Die  übrige  Schleimhaut  ist  nannsL 
Theraphie:  10  Vo.    Chrysarobin-Traumaticin  am  Penis.    Patient  steht  unter  BehaodlnBf. 


Die  Fortschritte  der  Hautanatomie  in  den  lotsten 

5  Jahren. 

Von 

P.  Gr.  Unna. 
V.  Die  Nerven  der  Haut. 

(Fortsetzung.) 

Es  versteht  sich  von  seihst,  dafs  alle*  diese  willkürlichen  Beziehungen 
gewisser  Apparate,  seihst  wenn  sie  als  wirkliche  Nervenendungen  nu< 
Sicherheit  erwiesen  sind,  was  ja  z.  B.  für  Merkels  Tastzellen  yon  den 
HoGGANs    entschieden    hestritten  wird,    zu  hestimmten   EmpfindongsqQsIi' 


257 

täten  noch  durchaus  in  der  Luft  schwebeD.  Die  Schwierigkeit  lag  bisher 
zumeist  daran,  dals  die  Empfindungen  der  Haut  selbst  im  kleinsten 
Baume  bereits  gemischte  sind.  Hier  haben  nun  die  neuen  Untersuchungen, 
besonders  von  Goldscheed^r,  über  die  Lokalisation  der  Kftlte-,  Wärme- 
ond  Druckempfindung  an  allerdings  sehr  kleinen,  aber  doch  mit  geeig- 
neter Methode  isolierbaren  Hautflächen,  sogenannten  Empfindungs  punkten, 
nnsre  Anschauungen  in  ganze  neue  Bahnen  gelenkt.  Waren  die  Tempe- 
latur-  und  Druckpunkte  mechaDisch  zu  isolieren,  so  konnten  sie  auch 
einer  getrennten  histologischen  Durchforschung  auf  bestimmte,  typische 
Endigungen  der  Nerven  unterworfen  werden.  Diesen  Weg  hat  Gold- 
8GHEIDE&  in  der  ihm  eigenen,  umsichtigen  und  beharrlichen  Weise 
beschritten  (Histologische  Untersuchungen  über  die  Endigungs- 
weise  der  Hautsinnesnerven  beim  Menschen.  Archiv  f,  Änat. 
u.  Phys.  1888.  pag.  191).  Er  exstirpierte  von  seiner  eigenen  Haut 
mehrere,  genau  vorher  bestimmte,  möglichst  isoliert  liegende,  einzelne 
Punkte  und  kleine  Ketten  solcher  Punkte  und  untersuchte  sie  nach 
der  Goldmethode. 

Alle     exstirpierten    Hautstückchen    des    linken    Vorderarms    zeigten 
in  ihren  mittleren  Schnitten  die  Ausbreitung    eines  gröfseren  Blutge&lses 
und  eines  gröfseren  Nervenstammes.    Wie  Tomsa  nachwies,  dais  zwischen 
den  Zirkulationsebenen    der  Haut  gefäisarme   Hautpartien   sich   befinden, 
80   weist    GoLBSCHJBiDEB  dassclbc  für  die  „Innervationsebenen^  derselben 
nach.    Nur    stellt  er  sich  darin  auf  meine  Seite   (entgegen   Tomsa),    dafs 
die  beiderlei  Ebenen  nicht  nur  durch  Schnitte  aufgedeckt  werden,   welche 
schräg  zur  Oberfläche   der  Haut  an  den  Haaren    entlang   laufen,   sondern 
auch  durch  senkrechte  Schnitte,  welche  den  Haaren  und  der  Spaltrichtung 
zugleich  parallel  sind.    In  dieser  Weise  müssen  also  auch  künftige  Unter- 
Sucher    der    Hautnerven    die   Haut   zur   Aufdeckung    des   Längsverlaufes 
der  Nerven    zu   spalten  suchen.     Es   zeigte    sich   nun,    dals    die  in  vivo 
auffindbaren    Sinnespunktketten    anatomisch    den   Innervationsebenen  ent- 
sprechen,   oder   mit    andern  Worten,    dafs  die  Punkte    einer   Kette    dem 
Längsverlauf  eines  Nerven  folgen. 

An  den  Druckpunkten  steigt  das  Nervenbündel  schräg  zur  Ober- 
haut empor,  zerfällt  dann  in  einzelne  Nervenfasern,  von  denen  einige 
in  derselben  Bichtung  vor,  andre  rückwärts  dicht  unter  dem  Epithel 
hinlaufen  und  nacheinander  aufsteigende  Äste  abgegen.  Die  Nerven 
laufen  dicht  nebeneinander,  so  dafs  ein  Schnitt  das  Gros  derselben 
enthält;  dagegen  weist  derselbe  wenige  Gefäfse,  nur  einige  Kapillar- 
ftchlingen  auf,  während  benachbarte  Schnitte  erst  die  Zirkulationsebene 
entrollen.  Druckpunktsnerven  verlaufen  also  unabhängig  parallel  neben 
den  Gefäfsen. 

An  den  Temperaturpunkten  und  zwar  ohne  Unterschied  bei  Wärme- 


258 

nnd  KältepunkteD  steigt  das  Nerrenbündel  schrfige  zur  Oberhaut  empor, 
zerfällt  aber  nicht  erst  dicht  anterhalb  derselben,  sondern  schon  etwas  äefar 
als  die  Drnckpnnktsnerven,  im  Stratum  papilläre,  in  eine  Dolde  oder  «in 
ver&stigtes  Geflecht  markloser  Fasern,  die  gerade  oder  schräge  zum  Üläfliri 
aufsteigen  oder  sich  schon  in  der  Cutis  verlieren,  nm  hier  Tielleiebt 
zu  endigen.  Die  Ramifikation  befindet  sich  stets  unmittelbar  benachbait 
den  Gefäfsen;  einzelne  Fäden  mögen  an  die  QefäTse  seiht  abgegeben 
werden,  die  meisten  ziehen  aber  jedenfalls  der  Oberhaut  zu.  Die  Endaia- 
breitung  der  Temperatumerven  ist  spärlicher,  zarter  und  ktlrzer  aU  im 
der  Drucknerven. - 

Gemischte  Nervenbündel  steigen  also  mit  den  Ge&lsen  schräg  ev 
Oberfläche  einem  Sinnespunkt  zu  und  breiten  sich  ftcherformig  isasfs- 
halb  der  Innervationsebene  aus.  Die  Temperaturpunktsnerven  halten  sieh 
mehr  an  die  Gefäüse,  die  Druokpunktsnerven  streben,  parallel  vedauleoi 
weiter  fort.  Die  spärliche  Seitenverzweigung  der  letzteren  ist  schinr 
durch  die  Nachbarschnitte  zu  verfolgen  und  repräsentiert  die  ,6e- 
fühlsnerven^  Goldsgheedebs,  welche  „jenes  matte,  dumpfe  Berfihning»- 
und  Schmerzgefühl  leiten,  aber  kein  Gefühl  der  Druckstärke  und  keine 
Ortsempfindung.  Sie  machen  das  wahre  Kontinuum  der  empfindenda 
Hautfiäche  aus."  Diese  seitlich  von  der  Innervationsebene  auftretendai 
Nervenfäden  stananen  sicher  von  den  Drucknerven,  vielleicht  auch  vn 
den  Temperatumerven,  wahrscheinlich  auch  direkt  von  den  gemeinschafr 
liehen  Stämmen  ab. 

Diese  letzteren  Behauptungen  sind  offenbar  sehr  der  Nach1Hlte^ 
suchung  bedürftig.  Eine  Nötigung,  die  seitlichen  Nervenäste  herazm- 
ziehen,  um  das  Kontinuum  der  „matten  Druckempfindung''  zwischen  im 
Innervationsebenen  zu  erklären,  würde  gamicht  vorliegen,  wenn  Gouv 
SCHEIBEB  die  Existenz  eines  subepithelialen  Gttngliennetzes  berückBicbtigte. 
So  aufserordentlich  wichtig  und  lehrreich  überhaupt  die  bisher  mitge- 
teilten Entdeckungen  Goldsgheidebs  über  den  gröberen  NervenverW 
der  zu  den  verschiedenen  Sinnespunkten  ziehenden  Nerven  sind,  so  wenig 
können  wir  uns  durchweg  mit  den  spärlichen  Thatsachen  und  um  so 
weitläuftigeren  Eaisonnemenis  be&eunden,  welche  unser  Autor  über  die 
letzten  Nervenendigungen  beibringt.  Er  hat  sich  weder  von  der  ExiBtou 
der  Nervenenden  innerhalb  des  Epithels  noch  der  Endigungen  neben  oder 
innerhalb  einer  Zelle  überzeugen  können  und  führt  folgendes  als  Grande 
gegen  das  Vorkommen  von  epithelialen  Nervenenden  überhaupt  an. 

Erstens  könnteti  solche  Endigungen  mit  geschwärzten  ZellgrenieB 
verwechselt  werden;  sodann  sei  die  Schwärzung  der  Fäden  keine  speaifi- 
sche  und  den  Epithelzellen,  besonders  der  unteren  Lagen,  gememsam; 
endlich  könne  die  Kontinuität  mit  Nerven  der  Cutis  durch  ÜberlageriBf 
vorgetäuscht  werdidn.     Es  thut  uns  leid,  solchen  Gründen    in  einer  sonst 


259 

Tellkommen  auf  der  Höhe  der  Zeit  stehenden  Arbeit  «n  begegnen;  efi 
sind  dieses  höchstens  Mahnungen  für  Schüler  nnd  An&nger  in  der 
Goldmethode,  aber  nicht  Gründe  für  gewissenhafte  Mikroskopiker.  Es 
folgen  nnn  wirklich  sachliche  Gründe. 

6oiii>scHEiDEB  sieht  nfimlich  erstens  die  Nervenenden  wirklich  am 
Epithel  enden,  entweder  spitz  oder  mit  einem  Knöpfchen.  Dieser  Thot- 
lache  gegenüber  bedanem  wir,  dafs  GoLDSCHEiBEit  seine  Goldpräparate 
nicht  an  Osmiumpräparaten  wenigstens  kontrollierte.  Drehrande,  scharf 
gezeichnete  Nervenfäden  im  Epithel  zu  vergolden  ist  bekanntlich  schwer 
und  nicht  jedermanns  Sache;  dieser  Teil  der  Arbeit  gelingt  an  Osmium- 
bildem  weit  leichter.  Wir  betonen  hiermit  die  gröfste  Schwäche  der 
GoLBSCHBiDEBschen  Arbeit  in  technischer  Beziehung. 

Sodann    fehlt  Goldscheideb   ein  bestimmter  Parallelismus  zwischen 
den  gleichiQäfsig   verbreiteten    Epithelftden   und    den  ungleichmäisig  ver- 
teilten    Sinnespunkten.      Die    Fäden    können    deshalb    mit   Druck-    und 
Temperatursinn     nichts    zu   thun    haben.       Für   den    Gemeingefühlssinn 
(Waldeteb,  GnuEiraAGEN)  sind  sie  wiederum  viel  zu  häufig,    sie  zeigen 
keinen  Parallelismus  zu  den   Innervationsebenen,    keine    gröJsere    Häufig- 
keit in  deren  Nähe ;    an  den  Druckpunkten  liegen  die  Epithel&den  ni«h4 
häufiger  nnd  oberflächlicher    als  an    der    punktlosen  Haut,    was   sie    der 
Konzentration  der  Nerven  an  dieser  Stelle  und  der  Stärke  des  gefühlten 
Beizes    nach   sein  müCsten,    an  den  punktlosen  Hautstellen  hingegen  sind 
ffie  wieder  viel  zu  zahlreich  im  Vergleich   mit  den  vorhandenen  kutanen 
Nervenästen.      Mit    eioem   Woi-te,    und    darin  hat  GoLDSCHEmEB  ja  un- 
zweifelhaft recht:     es   besteht   eine   fandamentale   Inkongruenz    zwischen 
seinen  Befanden  (in  vivo  und  anatomisch)  über  die  Isolierung  der  SinneiB* 
punkte    und  der  gleichmäTsigen  Ausbreitung  der  von    andern   gefundenen 
Epithelnervenenden.      Dieser   Mangel   an    Parallelismus   <)esteht   in    der 
That    und    wird   nur    dadurch   überbrückt,     dafs    zwischen    beiden    das 
subepidermidale  Nerven-   und  Gangliennetz  eingeschoben  ist,  etwa  so  wie 
zwischen  der  ungleichmäfsig  spaltbaren  Cutis  und  der  gleichförmig  gebauten 
Oberhaut  der  gleichförmige  Papillarkörper  den  Übergang  vermittelt.     Die 
in   dieser   Beziehung   methodisch   höher   stehende    Arbeit    der   Hogöaä» 
scheint  Goldscheideb  unbekannt  geblieben  zu  sein. 

Höchstens  könnte  man  nach  Goldscheibeb  den  Epithelnerven  eine 
atrophische"  «Funktion  zuschreiben;  dann  sei  es  aber  unverständlich, 
weshalb  sie  Über  die  Keimschicht  der  Oberhaut  hinaus  sich  verbreiteten. 
Übrigens  ist  nun  auch  fQr  Goldschecdee  das  Resultat  unbe«- 
friedigend,  dafs  die  Endigungen  an  den  qualitativ  verschiedenen  Punkten 
sich  als  gleichartig  ergeben,  abgesehen  von  der  möglichen  freien  Endigung 
m  der  Cutis  und  der  für  ihn  —  merkwürdigerweise  ■—  unwahrschein- 
Bchen  d^r  Temperaturpunktenerven    an    den    Gefäfsen.     Für  die  Druck- 


260 

übertraguDg  würde  gerade  keine  reizübertragende  Zelle  notwendig  ma, 
wenn  sie  auch  immer  als  Schutz  und  Vermittler,  wie  der  Nj^lkopf 
für  den  Nagel,  sehr  zweckmäfaig  sei;  für  die  TemperaturübertragaDg  wiie 
der  Nachweis  einer  cellulareu  Eudiguug  aber  wohl  eigentlich  recht  not- 
wendig —  und  doch  finden  sich  solche  oellnlare  EadiguDgen  am  richlagBa 
Orte  nach  Goldscheider  nicht.  Aus  dieser  Not  macht  unser  Aator 
nun  eine  Tugend.  Die  Nerveuendknöpfohen  und  selbs 
würden  bei  ihrer  Kleinheit  sehr  ^roüer  ßeize  bedürfen,  ue 
sprechenden  Eindruck  hervorzubringen;  wie  also  die  Nervenl 
immer  endigen  mögen,  stets  gehört  eine  Summation  dieser  kl< 
dazu,  um  wahrgenommen  zu  werden,  und  dazu  dient  die 
Verbreitung  der  Endflste,  wie  sie  besonders  beim  Druckp 
In  dieser  Flächenauadehnung  der  letzten  Nervenverästeluii 
GoLDSCHEiDER  gerade  den  hier  zweckmälsigen  und  nach  sei 
sonst  fehlenden  Nervenendapparat.  Wir  gesteben,  dafe  uoi 
legung  nicht  dafür  blind  macht,  dab  es  uns  —  und  auch  G 
selbst  —  sehr  angenehm  gewesen  wäre,  wenn  wir  wirklich 
Endapparate,  und  zwar  verschiedene  für  Druck-  und  Temj 
kennen  gelernt  hätten.  Die  Summation  kleinster  Reize  mag 
Windung  des  Schwellenwertes  für  die  Haut  notwendig  und  d 
der  Hautnerv enäste  dafür  sehr  geschickt  sein,  sie  enthel 
durchaus  nicht  der  Mühe,  der  Umwandlung  des  Druckes  ei 
der  TemperaturdifTeienz  anderseits  in  Nervenerregung  ii 
elementaren  Nervenenden  nachzuforschen.  Unser  Wissensdn 
Beziehung  läfst  sich  nur  durch  Aufzeigung  verschieden  gi 
apparate  befriedigen,  nicht  durch  den  Hinweis  auf  eine 
artige  Verteilung  der  zu  ihnen  hinführenden  Endäste  abspeia 
Wie  geflissentlich  GrOLDSCHEiDEB  der  naheliegendsten 
welche  diese  Siohtung  einschlagen  könnte,  aus  dem  Weg 
das  folgende  Kapitel,  welches  das  Verhältnis  der  Temperatur 
zu  den  GreßÜsen  erörtert.  Die  Zusammenlagerung  dieser  Ne 
Gre&Tsen  soll  nämlich  keinen  andern  Zweck  haben,  als  ( 
Ausgleich  der  Temperatur  des  Temperaturpunktes  zu  bewirj 
so  wichtiger  sei,  als  der  ß«iz  der  Temperaiurdifferenz  die 
punkte  nicht  blois  durch  Ermüdung,  sondern  auch  durch  die 
änderung  selbst  schädigt.  Gegen  die  Beziehung  der  QeM 
vermittler  spricht  ihm,  dafe  keine  konstante  Beziehung  zwischei 
und  Eigentemperatur  existiert.  Eine  solche  müljte  vorbände 
die  Temperatur punktsnerven  nur  als  zentripetale  GeMsuerve: 
das  jeweilige  Kaliber  der  GefiÜse  als  Kälte  oder  Wärme  2 
sein  bringen  würden.  Sodann  spreche,  gegen  eine  solche 
Leitung,  dafs  die  Temperaturpunktsnerven  über  die  Ge&lse  j 


261 

das  Epithel  verfolgt  werden  könnten.  Dieser  letztere  Umstand  würde 
natürlich  nnr  dafür  sprechen,  dafs  die  Temperatnrpnnktsnerven  gemischte 
seien  nnd  Zweige  andrer  Art  an  das  Epithel  oder  Verbindungszweige 
zum  snbepithelialen  Plexus  abgeben.  Und  diese  haben  wir  sogar  sehr 
nötig,  mn  für  die  Beziehnngen  des  G-e&fskalibers  zn  der  Mnskelspannung 
der  flaut  (Unna,  Bonnet)  ein  Substrat  zu  besitzen.  Anderseits  ist  gewiis 
das  Ge&üskaliber  keine  einfache  Funktion  der  Eigenwärme  des  Haut- 
gewebes, sondern  eine  aus  yerschiedenen,  zentripetal  und  zentrifugal 
geleiteten  Bewegungen  entstehende  Resultante.  Aber  jedenfalls  bildet  die 
Eigenwärme  der  Haut  darin  einen  Faktor,  den  die  zentripetale  Leitung 
auch  dann  allein  richtig  zum  Bewuistsein  bringen  kann,  wenn  die  B>esul- 
tante  einen  davon  weit  yerschiedenen  positiven  Wert  besitzt.  Allerdings 
würde  hierzu  eine  einfache  Leitung  vom  Gefk&endothel  zur  Hirnrinde 
nicht  genügen,  wohl  aber  eine  Verbindung  des  Endothels  mit  peripheren 
Ganglien  und  dieser  mit  der  Hirnrinde  einer-,  dem  vasomotorischen 
Zentrum  anderseits.  Diese  peripheren  Ganglien  sind  aber  sowohl  an  den 
Geftfsen  wie  im  subepithelialen  Plexus  nachgewiesen.  Ohne  dieselben 
würden  nicht  nur  diese  Probleme  der  Physiologie,  sondern  alle  pathologi- 
schen Phänomene  der  Angioneurosen  unverständlich  sein.  Gerade  die 
GoLDSCHBiDERschen  Untersuchungen,  wie  keine  andern  bisher,  haben  der 
Anschauung  eine  feste  Stütze  gegeben,  dafs  der  temperaturempfindende 
Endapparat  kein  andrer  als  die  Gefäfswandung  selbst  ist.  Wenn  dieser 
Autor  auch  nur  von  einer  Anlagerung  der  Temperaturpunktnerven  an 
die  Geftise  spricht,  so  haben  wir  allen  Grund  zu  glauben,  dals  ihm  die 
wahren  Endigungen  hier  ebenso  entgangen  sind  wie  an  der  Oberhaut. 

Den  Unterschied  zwischen  Kälte-  und  Wärmepunkten  sieht  Gold- 
SCHBIDEB  in  einer  molekularen  Verschiedenheit  der  beiden  Arten  von 
Nervenenden  begründet  und  stützt  sich  dabei  auf  die  merkwürdig  ver- 
Bchiedene  Reaktion  beider  Arten  von  Temperaturpunkten  auf  das  Menthol 
und  auf  Herzjbns  Beobachtung,  dafe  bei  Druck  auf  den  Nervenstamm 
zuerst  der  Kältesinn,  viel  später  erst  der  Wärmesinn  erlischt.  Lieber 
beschränkt  hier  Goldsgheider  das  Gesetz  von  der  Gleichartigkeit  der 
Nerven  zu  srunsten  einer  Ausnahme  für  die  Nervenenden,  als  dafs  er  die 
naheliegende  Deutung,  der  nicht  nervöse  Endapparat  (das  BlutgeftJs) 
reagiere  diametral  verschieden  auf  Kälte  und  Wärme,  acceptiert. 

Sehr  wichtig  ist  der  Mangel  an  Tastkörperchen  an  Stelle  der  Druck- 
punkte, wie  Gk)LD80HEn)ER  richtig  hervorhebt.  Dafs  dieselben  keine  für 
die  Druck-  und  Ortsempfindung  notwendigen  Gebilde  sind,  hat  man  ja 
schon  wegen  ihres  beschränkten  Vorkommens,  immer  gewufst.  Aber  sie 
sind  auch  nicht  an  den  Ort  der  Konzentration  der  Druckempfindung 
gebunden.  Goldschbider  sieht  in  ihrem  gehäuften  Vorkommen  an 
Händen   und    Püfsen,    dals  die  „Arbeitsfläche",  nicht  die  TsÄtfläche  hier 

MonatahelU.  1^ 


262 

den  Schutz  der  Endorgane  verlange.  An  der  Zungenspitze  seien  v«iug«r 
Tastkörperchen  als  an  den  Fingerspitzen,  obwohl  dort  das  TasUenD^gw 
feiner  ist*  Übrigens  paist  die  oben  mitgeteilte  Erfahrung  der  HoeoABB^ 
dais  die  FACiNischen  Körper  um  so  dickwandiger  sind,  je  tiefer  sm 
lagern  —  welche  ich  bestätigen  kann  —  nicht  gut  zu  der  schon  oft  yw- 
gebrachten  Deutung  der  bindegewebigen  Hüllen  der  Nerrenendeii  ab 
Schutzapparate. 

Schliefslich  weist  Goldbchbider  noch  mit  Recht  darauf  hin,  dab  ii 
dem  Vorhandensein  eines  gröberen  Nervenstammes  an  dem  exstirpierta 
Temperaturpunkt,  an  dem  Nadelstiche  durchaus  nicht  schmerzhaft  em- 
pfunden wurden,  ein  absolut  sicherer  Beweis  f)ir  die  Analgesie  der 
Temperaturnerven  liege. 

Fasse  ich  nun  noch  einmal  die  wichtigsten  Punkte  zusammen,  weM» 
wir  der  ausgezeichneten  Untersuchung  von  Goldbghbideb  verdanken,  m 
muis  dieses  Besum^  allerdings  in  einigen  Stücken  erheblich  Ton  den 
eigenen  Besumö  des  Autors  abweichen. 

Für  sehr  wertvolle  Beiträge  halte  ich  die  folgenden  neuen  Thi^ 
BfAohen : 

1.  Die  Verbreitung  der  Hautnerven  in  Innervationsebenen,  wenigsteoi 
an  Orten  (Vorderarm)  mit  ungleichförmiger  Spaltbarkeit.  Die  Anoidnug 
an  solchen  mit  gleichförmiger  Spaltbarkeit  wäre  noch  zu  untersuoheD. 

2.  Die  typische  Anordnung  und  Anhäufung  der  Nerven  an  StaUi 
der  in  vivo  wahrzunehmenden  Sinnespunkte. 

3.  Die  charakteristischen  Verschiedenheiten  in  der  Ausbreitung  der 
zu  Druckpunkten  und  zu  Temperaturpunkten  ziehenden  Nerven,  spesieB 
in  ihrem  Verhältnis  zur  Zirktdationsebene. 

Dagegen  stehen  für  mich  auf  sehr  schwachen  Füfsen: 

a.  Die  Verlegung  der  Nervenenden  in  die  Outisgrenze  und  die  Nidit- 
berücksichtigung  des  subepidermoidalen  Plexus, 

b.  die  Polemik  gegen  die  Epithelnerven, 

c.  diejenige  gegen  die  Heranziehung  der  Blutge&fse  als  Endoi]gsM 
der  Temperaturnerven  und 

d.  die  Hypothese  einer  verschiedenen  molekularen  Struktur  ia 
Kälte-  und  Wärmenervenenden. 

Alle  die  genannten  schwachen  Punkte  fliefsen  als  gemeinsame  Kon- 
sequenz aus  der  offenbar  zu  einseitigen  und  unzureichend  angewandteo 
Untersuchungsmethode  der  ]^erven.  Ein  eingehendes  Studium  dir 
Arbeiten  der  übrigen  Histologen,  besonders  derjenigen  von  Bonkst  nsd 
dem  Ehepaar  Hoogan  würden  die  histologischen  Besultate  wahrscheinüfik 
ungemein  bereichert  und  auf  die  Höhe  des  physiologischen  Teils  der 
GoLDSCHUiDSRschen  Arbeiten  gehoben  haben. 


^ 


263 


Über  die  Dermatitis  herpetiformis  Dnhrings. 

Von 

Dr.  L.  Bbocq 

in  Paris. 

(tn>«rs6tst  von  Dr.  TOrkheim  in  HamburgrO 

n.  Teil. 
(Fortsetzung.) 

Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  chronica  k  poussöes  successives. 

Zweite  Gruppe  von  Fällen. 
(Varietas  gravis.) 

Beobachtungen,  die  scheinbar   zur  Dermatitis   polymorpha  pruriginosa 

chronica  gehören,  die  aber  tödlich  enden. 

Streng  genommen,  konnte  man  hierher  die  Beobachtung  10  rechnen,  jedoch  trat 
der  Tod  hier  wohl  mehr  infolge  einer  interkurrenten  Krankheit  und  nicht  infolge  der 
Dermatose  ein.  Anderseits  gebe  ich  gern  zu,  dafs  es  etwas  gezwungen  erscheint,  die 
Beobachtungen  90,  31  und  32  hier  aufzuführen;  ich  verweise  dieserhalb  auf  die  bei- 
{(efugten  Anmerkxmgen. 

Beobachtung  29.  (Ich  verdanke  dieselbe  der  Freundlichkeit  von  Dr.  Laillbr, 
anf  dessen  Abteilung  sie  durch  den  Assistenten  Gibodb  aufgenommen  wurde.  — 
Noch  unveröffentlicht.) 

Arthur  B  .  .  .,  39  Jahre  alt,  Landmann,  aufgenommen  am  7.  Juni  1887,  Pavillon 
Bazxv  No.  84,  Abteilung  von  Laillbr,  Hopital  Saint-Louis.  Das  jetzige  Leiden  begann 
vor  ungefähr  20  Monaten  ohne  nachweisbare  Ursache  an  den  untern  Augenlidern. 
Ein  halbes  Jahr  lang  blieb  es  auf  diese  Stellen  beschränkt.  Es  bildete  sich  ein  roter 
Fleck,  der  sich  bald  mit  einer  wenig  hervorragenden  Phlyktäne  bedeckte;  dieselbe 
trocknete  sofort  wieder  ein,  ohne  aufzugehen,  es  sei  denn,  dafs  der  Kranke  sich  kratzte. 
Nach  einigen  Wochen  fielen  die  Schuppen  oder  Krusten  ab,  und  dasselbe  Spiel  wieder- 
holte sich  wieder  von  neuem.  Erst  seit  August  1886  breitete  sich  der  Ausschlag  auch 
auf  die  benachbarten  Teile  aus.  Vor  seiner  Aufnahme  ins  Krankenhaus  war  Patient 
mit  Wachssalbe,  mit  üngt.  zinc.  oxyd.,  mit  einem  gleichartigen  Gemisch  von  Schwefel- 
grüner  Seife  und  Oleum  Cadin.,  sowie  n^it  Wallnufsblätterthee  behandelt  worden, 
jedoch  ohne  Erfolg. 

Status  praesens.  Patient  ist  nicht  nervös,  macht  einen  völlig  gesunden  Ein- 
dnick;  vielleicht  hat  er  1871  eine  Perikarditis  durchgemacht.  Der  Ausschlag  hat,  mit 
Ausnahme  der  Hände,  der  Ffifse  und  des  untersten  Teils  der  Unterschenkel,  den  ganzen 
Korper  befallen;  er  besteht  aus  Plaques,  Flecken  oder  gröfseren  Streifen,  dazwischen 
liegt  nahezu  gesunde  Haut.  An  den  frischerkrankten  Stellen  läfst  sich  das  erste 
Stadium  der  Krankheit  gut  untersuchen.  Es  besteht  zuerst  Hautrötung,  auf  der  sich 
eine  Blase  oder  nur  wenig  hervorragende  Vesikel-Blase  bildet;  die  Blasenhaut  ver- 
wandelt sich  im  weitern  Verlauf  in  feine  Schuppen  oder  derbere  gelbliche  Borken, 
die  bisweilen  infolge  von  Kratzen  hämorrhagisch  sind.  Die  Elrankheit  beginnt  also 
mit  einer  Vesikel  oder  einer  kleinen  Vesikel-Blase,  die  mit  einer  trüben  Flüssigkeit 
gefällt  ist  und  auf  einem  klaren,    roten  Untergrunde  von   Vs  Fr.-Stnck-Gröfse  ruht 

18* 


264 

Die  Röte  breitet  sich  dann  nach  der  Peripherie  hin  weiter  aas,  und  die  Blue 
gröfsert  sich,  bleibt  aber  flach  nnd  trübe.  Anderwärts  stöüst  man  auf  eine  erythe^ 
matöse,  noch  abgerundete  Plaque,  mit  Schuppen  oder  Krusten  in  der  Mitte,  die  Tcm 
einen  Blasenkranz  umgeben  sind,  während  ein  erythematöser  Hof  das  Ganze  omiieiit. 
Auf  älteren  Plaques  ist  die  Mitte  bisweilen  schon  abgeschuppt  und  nur  noch  ichwicb 
gefärbt  oder  gar  schon  geheilt.  Die  Ausbreitung  der  Plaque  erfolgt  nicht  lange  regd- 
mäfsig ;  hat  sie  den  Durchmesser  eines  5  Fr. -Stücks  überschritten,  so  hört  sie  an  einer 
Seite  fast  immer  zu  wachsen  auf,  während  die  andere  Hälfte  in  gegebener  Eichtoo^ 
weiter  fortkriecht  und  zwar  so  eigenartig,  dafs  wirkliche  circinäre  Fignren  ent 
stehen ;  dabei  schiebt  sie  einen  dreifachen  Kranz  von  Erythemen,  Blasen  und  Schuppen 
immer  vor  sich  her,  in  dessen  Konkavität  eine  desquamierte,  glatte,  nahezu  bräunlidie 
Fläche  zurückbleibt.  Alle  diese  eben  beschriebenen  Formen  sind  zur  Zeit  nebeneis- 
ander  am  Körper  sichtbar.  Auf  der  Bauchhaut  und  der  Bückfläche  der  Vorderame 
und  Oberschenkel  weist  der  Ausschlag  einen  noch  eigentümlicheren  Charakter  anL 
Hinter  dem  erwähnten  dreifachen  Kranz,  auf  den  abgeschuppten  Stellen  entstehen, 
3  oder  4  cm  von  dem  ersten  Entzündungsherd  entfernt,  ein,  zwei  oder  mehrere  neue 
Eruptionen,  die  in  gleicher  Bichtung  sich  vorbewegen  und  in  regelmäfsigen  Abstaadei 
sich  folgen,  wobei  sie  ihre  Bogen  parallel  zu  den  frühern  entwickeln,  aber  einen  sm 
so  kleinem  Baum  einnehmen,  je  später  sie  entstanden  sind.  Man  sieht  dergestalt  sif 
der  Hinterfläche  des  linken  Vorderarms  vier  eruptive  Ordnungen,  die  sich  in  Ab- 
ständen von  ungefähr  3  cm  folgen.  Das  Ganze  erweckt  in  uns  die  Vorstellung  voa 
Wellen,  die  sich  in  einer  bestimmten  Bichtung  fortbewegen. 

Die  zentrifugale  Ausbreitung  dieses  Erythema  bullosum  ist  nicht  unbegrenit; 
nach  einer  bestimmten  Zeit  des  Bestandes  hält  sie  plötzlich  inne,  und  der  Ausschlag 
verschwindet.  Bei  den  eben  beschriebenen  konzentrischen  Eruptionen  erlöschen  <fis 
jüngste!)  Kreise,  bevor  sie  die  Grenze  des  ersten  erreicht  haben ;  alles  vertrocknet  n 
gleicher  Zeit  an  einer  bestimmten'  Stelle.  Man  kann  das  sehr  schön  an  der  Anisen- 
fläche  des  rechten  Oberschenkels  beobachten.  Bisweilen  taucht  während  der  Ver 
trocknung  noch  eine  kleine  Plaque  auf,  sei  es  an  den  Teilen,  die  sich  abschuppen, 
sei  es  weiter  hinaus;  diese  Plaque  breitet  sich  aber  nicht  weiter  aus,  sondern  Ter 
schwindet  bald  wieder. 

Auf  der  behaarten  Kopfhaut  besteht  eine  feine,  trockene,  reichliche  Abschuppong, 
sonst  nur  noch  einige  unregelmäfsige  rote  Streifen,  keine  Blasen  und  Borken.  Dat 
Gesicht  ist  fast  ganz  mit  ziemlich  dicken  Krusten  bedeckt,  die  eine  förmliche  Maske 
bilden.  Die  Krusten  sind  gelb  oder  schwärzlich,  stellenweise  fest  anhaftend,  die  Baal 
darunter  rot  und  nässend.  Nach  Angabe  des  Patienten  besteht  dieser  Zustand  aeit 
mehreren  Wochen  fast  unverändert.  Einige  Borken  fallen  ab,  es  bilden  sich  an  ihier 
Stelle  aber  neue.    Die  Schleimhäute  bieten  nichts  Abnormes. 

An  einigen  Körperstellen  hat  Patient  durch  Kratzen  die  Blasen  aufgerissen  voA 
die  Borken  abgelöst,  die  Haut  darunter  erscheint  exkoriiert  oder  gar  arrodieit 
gerötet,  glänzend  und  sondert  eine  gelbliche  Flüssigkeit  ab,  welche  das  Leinen  etw 
steift.  In  den  Achselhöhlen,  am  Skrotum  und  den  entsprechenden  Teilen  der 
Schenkel  ist  die  Haut  gerötet,  glänzend  und  sehr  nässend.  Auf  dem  Penis  und 
besonders  auf  der  Eichel  befinden  sich  kleine  spitze,  lebhaft  rote  Granulationen. 

Das  Jucken  ist  lästig,  war  aber  vor  der  Aufnahme  ins  Krankenhaus  noch  ^ 
heftiger.  Jetzt  ist  es  teilweise  ganz  verschwunden  und  kehrt  ganz  unregelmalag 
wieder.  Die  einzelnen  Anfälle  sind  mit  Spannen  in  der  Haut  verbunden.  Tas^  (ud 
Wärmegefühl  sind  beinahe  normal;  kein  Ameisengefühl,  keine  trophischen  Stdrangen 
in  den  Nägeln.  Die  Härchen  auf  den  Extremitäten  sind  wenig  zahlreich  nnd  an- 
geblich  teilweise   ausgefallen;   die   Augenbrauen    sind    dünn,   die   Drüsen   nicht  g^ 


265 

flch wollen,  über  die  Sohweifsabsondeniiig  ist  nichts  Sicheres  zu  ermitteln,  indessen 
wird  die  Haut  leicht  feucht,  wenn  Patient  auch  nur  wenig  bedeckt,  im  Bett  liegt. 
Das  Gemenge  yon  Schweifs  und  den  krankhaften  Absonderungen  verursacht  um  den 
Kranken  einen  widerlichen  Geruch.  Die  Haut  fühlt  sich  heifs  an.  Temperatur  des 
Abends  38,2.  Das  Körperfett  hat  nicht  abgenommen.  Appetit  mafsig,  aber  geregelt; 
Verdauung  gut,  der  Stuhl  normal.  Harn  zucker-  und  eiweifsfrei;  Schlaf  etwas  auf- 
geregt. Der  Blaseninhalt  reagiert  alkalisch  und  gerinnt  beim  Erwärmen.  Mikros- 
kopisch findet  man  darin  Epidermisze  Uen,  die  mit  Leukoyten  angefüllt  sind,  aus- 
nahmsweise auch  rote  Blutkörperchen;  niemals  ist  es  gelungen^  Bakterien  darin  nach- 
zuweisen. 

Juli.  Das  Befinden  des  Kranken  ist  nur  wenig  verändert.  Der  Ausschlag 
erscheint  etwa  alle  3  Wochen  und  verläuft  immer  in  der  nämlichen  Weise;  die 
Kreise  sind  deutlicher  als  je  auf  den  Oberschenkeln  und  Vorderarmen  ausgebildet. 
Das  Exanthem  dringt  gegen  die  Extremitäten  vor,  am  Stamm  hat  es  seinen  Charakter 
insofern  etwas  verändert,  als  es  Neigung  hat,  zusammenhängende  Borken  zu  bilden 
(carapace  croüteuse).  Die  Krusten  und  Schuppen  fallen  beständig  ab  und  erneuem 
sich  wieder,  das  Bett  ist  immer  voll  davon.  Gegen  den  fötiden  Geruch  wird  mit 
einem  Gemisch  aus  Talkum  und  Thymianessenz  gepudert  Das  Brennen  hat  etwas 
zugenommen,  Appetit  geringer;  Empfindlichkeit  gegen  Kälte. 

Im  August  und  September,  während  des  Ferienurlaubs  von  Laillbb,  bekomme  ich 
den  Patienten  in  meine  Behandlung.  Auf  den  ersten  Blick  meint  man  es  mit  einem 
Pemphigus  foliaceus  zu  thun  zu  haben,  und  erst  nach  eingehender  Prüfung  ei;kennt 
man  die  Bedeutung  der  ursprünglichen  Elemente  sowie  die  wahre  Natur  des  Leidens.' 
Es  hat  jetzt  die  Extremitäten  erreicht  und  ist  zur  Zeit  über  die  ganze  Haut  ver- 
breitet, mit  Ausnahme  der  Handflächen  und  der  Fufssohlen.  Unterhalb  der  Ellbogen 
and  der  Kniee  hat  der  Ausschlag  sein  ursprüngliches  Aussehen  bewahrt  und  ai%t 
samtliche  Merkmale  des  Erythema  ballosum  einschlieislich  der  topographischen,  bereit« 
erwähnten  Eigentümlichkeiten.  Die  Blasen  sind  vielleicht  etwas  flacher  ab  vorher, 
und  an  einzelnen  Stellen  scheint  die  Abschuppung  sogar,  wie  beim  Pemphigus 
foliaceus,  ohne  eigentliche  Blasenbildung  vor  sich  zu  gehen.  Die  Anordnung  in 
konzentrischen  Kreisen  ist  aber  immer  vorhanden,  selbst  wo  der  Ausschlag  nicht  zu 
Toller  Entwickelung  kommt.  Am  Stamm,  da  wo  die  Extrenytäten  abgehen,  sowie 
am  Kopf  ist  die  Haut  gleichmäfsig  mit  Schuppen,  Borken  un9  roten  oder  bräunlichen 
Flecken  besetzt.  —  Das  Allgemeinbefinden  ist  unverändert. 

Die  Behandlung  erwies  sich  als  ziemlich  erfolglos;  Amylum-Kataplasmen, 
Linimentum  OleoCalcarium,  5 — 6stündige  Bäder  wurden  angewendet;  letztere  mufsten 
freilich  bald  wieder  aufgegeben  werden,  da  der  Kranke  sie  nur  schlecht  vertrug. 
Vaseline,  Glycerinsalbe,  teilweise  Einpackungen  in  Kautschuck  hatten  noch  weniger 
Erfolg.  Nur  Tale,  pulv:  schien  gute  Dienste  zu  leisten.  Innerlich  versuchte  ich  es 
mit  Ergotin  und  Chinin,  jedoch  nicht  lange  genug,  um  zu  einem  abschliefsenden  Urteil  * 
zn  gelangen. 

Bald   nachdem   ich   die   Abteilung  wieder    abgab,   verfiel  Patient  sehr  schnell; 
68  bildete  sich  Gangrän  am  Skrotum  aus,  und  er  starb  im  November  1887. 

Beobachtung  30.  (Erste  Beobachtung  Bazins.)  Pemphigus  chronicus  auf 
trthritischer  Grundlage.     Tod.^ 


^  Bazin,    Legons  iheoriques   et  cUmgues  sw  les   affecHons   cutanies  de  nature 
ofihrüique  et  dartrettse^  redig^e  par  L.  Serobnt.  Paris  1860.  Beob.  8.  pag.  342. 


266 

55j  ähriger  Mann,   leidet   seit   langem   an   heftigen   Brennen   und  seit  2 Vi 
naten   an   einem  juckenden   Ausschlag,    an    Röte,    Yesikeln,    diirGhscheineiide& 
eiterigen   Blasen.     Kurz    nach   seiner   Aufnahme   ins   Krankenhaus   fangt  er  in 
fiebern,  wird  aufgeregt,  deliriert  und  stirbt  in  wenigen  Tagen. 

Auf  den  ersten  Blick  scheint  dieser  Schnell  und  tödlich  verlaufende  Fall  gv 
hierher  zugehören.  Eine  eingehendere  Prüfung  lehrt  uns  jedoch,  dafs  Patieot 
scheinlich  nicht  der  Dermatose  allein  erlegen  ist.  Diese  hat  sich  nämlich  innaiiaft 
2Va  Monaten  bei  gutem  Allgemeinbefinden  entwickelt  und  zeigte  aUe  EigemcfajJkaB 
der  hier  in  Bede  stehenden  Krankheit;  dann  setzte  plötzlich  ein  aknt-fieberlnflBi 
Leiden  ein,  und  der  Tod  erfolgte  nach  4 — 5  Tagen.  Die  sehr  oberflächliche  Anti^Be 
hat  kaum  vielen  Wert.  Man  darf  aber  nicht  vergessen,  dafis  Patient  Alkoholiker  od 
Koch  war. 

Beobachtung  31.  (Zweite  Beobachtung  Bazins.)  Pemphigus  chron.  aaf 
arthritischer  Grundlage.  —  Akne  pilaris  arthritica.  —  Tod.' 

Mann  von  60  Jahren,  leidet  seit  fast  einem  Jahr  an  einem  juckenden  Awsachlaft 
der  anfallsweise  auftritt,  aus  erythematösen  Plaques  sowie  kleinen  und  greisen 
besteht.    Gegen  den  Monat  Oktober  tritt  scheinbare  Heilung  ein.     Aber  schon 
einem  Vierteljahr  erfolgt  ein  Bückfall,  dem  der  Kranke  schnell  erliegt 

Leider  bringt  diese  Krankengeschichte  nichts  über  die  Natur  des  BuckfUls  md 
über  die  Art,  wie  der  Tod  erfolgte;  wir  erfahren  nicht,  ob  er  durch  eine  Kompli- 
kation oder  durch  die  Dermatitis  allein  bedingt  war.  Der  ganze  Verlauf  aber  — 
fast  einjährige  Dauer,  alsdann  drei  Monate  lang  anhaltende  Heilung,  daraaf  Bu^M 
—  scheint  eher  auf  eine  benigne  Varietät  imsres  Leidens  zu  deuten.  So  wie  der 
Fall  vor  uns  liegt,  scheint  es  sich  also  um  eine  Dennatitis  polymorpha  pruriginoisi 
pouBs6es  successives  zu  handeln,  eine  genauere  Klassifikation  ist  aber  mangeb  loa 
Einzelheiten  nicht  gut  möglich. 

Beobachtung  32.  (Fall  von  Bateb.)  Betitelt:  Pemphigus  chronicus.  Bing- 
und  kranzförmig  angeordnete  Blasen;  Komplikation  mit  Herpes  circi- 
natus.^ 

Mann  von  68  Jahren,  leidet  seit  mehreren  Monaten  an  einem  juckenden  Am- 
schlag,  der  aus  verschieden  geformten,  roten,  erhabenen  Stellen,  aus  Blasen,  KrutcD, 
Vesikeln  und  Herpes  circinatus  zusammengesetzt  ist.  Nach  längerem  Aufenthalt  ni 
Krankenhaus  stellten  sich  Durchfälle  ein,  Patient  magerte  ab,  kam  von  Kräften  lad 
verliefs  fast  kachektisch  das  Hospital. 

Was  den  Verlauf  anbelangt,  so  ist  diese  Beobachtung  nicht  vollständig,  da  mia 
den  Patienten  aus  den  Augen  verlor  und  die  Dauer  des  letzten  Anfalls  nur  dro 
Monate  betrug.  Der  erste  Anfall  vor  einem  Jahr  hatte  nur  5  Wochen  gedauert  lod 
mit  &st  völliger  Besserung  geendet.  Die  letzten  schweren  Symptome,  die  hodutr 
wahrscheinlich  zum  Tode  führten,  scheinen  mit  Gehirnerweichung,  aber  auch  namestr 
lieh  mit  dem  Hautleiden  zusammenzuhängen.  Anderseits  halte  ich  den  betreffendeD 
Ausschlag  für  unzweifelhaft  identisch  mit  meiner  Dermatitis  polymorpha  pmrigmM 
chronica.  Das  Abweichende  im  Verlauf  der  Krankheit  verhindert  mich  zu  meinos 
grofsen  Leidwesen,  diesen  Fall,  den  ältesten  meines  Wissens,  denen  von  DuBBixetf 
die  Seite  zu  stellen. 


pag.  284. 


*  Bazin,  a.  a.  0.  pag.  344. 

*  Bayer,    Traiti  praHque  et  theorique  des  mcUadies  de  la  peau,    1835.    Eül  ^- 
284. 


267 

Dritte  Gruppe  Yon  Fällen. 
(Varietas  benigna  et  varietas  subaouta.) 

Fälle,  die  zur  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  chronica  seu 
subacuta  su  gehören  scheinen,  die  sich  nach  einer  Dauer  von  mindes- 
tens mehreren  Monaten  zeitweise  vollkommen  zurückbilden,  so  dafs 
man  zur  Not  Yon  Heilung  reden  könnte. 

Diese  Gruppe  von   Fällen   habe   ich   nicht   chronologisch,    sondern   nach   ihrer 
Schwere  geordnet.     Gleichzeitig  teilte  ich  sie  in  2  Unterabteilungen.    Erstere  besteht 
«OB  den  Fällen,  in  denen  das  Leiden  in  Anfallen  von  je  mehrmonatlicher  Dauer  ver- 
liaft,  wobei  die  einzelnen   Schübe   durch  einen  Zeitraum  völUger  Buhe  voneinander 
getrennt  sind.     Fraglich  ist,   ob   das   Beispiele   wirklicher  Heilung  sind,   und  ob  deär 
Kranke  nicht  noch  weiteren  Bückfallen  ausgesetzt  sei;  auch  finden  sich  in  der  ersten 
Beihe   von    Fällen   solche,    die    den   jetzt   zur   Verhandlung   kommenden   fast   ganz 
gleichen,  so  namentlich  Beobachtung  25.    —   Es   ist   überflüssig,    auf  die  Bedeutung 
dieser  Fälle  hinzuweisen,  die  im  übrigen  ziemlich  selten  sind,   und   die  einesteils  der 
ersten  Kategorie  sehr  nahe   kommen,   wo   sich   aber   die   einzelnen  Anfälle  ununter- 
brochen, ohne  zwischentretende  Gesundheitspause,  folgen,   andern  teils  den  Fällen  der 
Tecidivierenden  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa   acuta   ähneln,    die  in  der  dritten 
Abteilung    dieser   Arbeit   zur   Besprechung   gelangen   werden.    —   Die   erste   Unter- 
abteilung   der    dritten    Gruppe    könnte    man    als     rezidivierende    Dermatitis 
polym.  prurigin.  subacuta  bezeichnen;  sie  umfafst  die  Fälle  33 — 36. 

Die  zweite  Unterabteilung  der  dritten  Gruppe  enthält  die  5  letzten  Beobach- 
tungen; es  sind  dies  die  Fälle  von  Dermat.  polym.  prurig.,  die  nach  verschiedenen 
AnfaUen  von  im  ganzen  5  (Beob.  41),  bis  18monatl.  (Beob.  37)  Dauer  in  Heilung 
übergehen. 

Diese  beiden  Beihen  bilden  gewissermalsen  einen  Übergang  zwischen  dem 
Typus,  den  wir  jetzt  studieren  und  der  Denn,  polym.  prurigin.  acuta. 

Beobachtung  82.  (Fall  von  Chaüsit.)  Herpes  phlyctaenodes.^ 
Frau  von  21  Jahren  leidet  seit  einem  halben  Jahre  an  einem  absonderlichen 
Ausschlag,  der  in  Anfallen  von  6 — 12monatL  Dauer  verläuft,  während  sie  in  den 
Zwischenzeiten,  die  mehrere  Monate  bis  zu  2  Jahren  betragen  können,  vollkommen 
gesund  ist.  Der  Ausschlag  geht  mit  Menstruationsstörungen  oder  Amennorrhöe  einher, 
ist  zuerst  ekzematös,  später  erythematös  und  vesikulo-bullös,  juckt  sehr,  erscheint  in 
verschiedenen  Schüben. 

NB.  Die  Menstruation sstörungen  scheinen  in  diesem  Fall  mit  den  eruptiven  Er- 
scheinungen zusammenzutreffen  und  sie  gewissermafsen  zu  bedingen.  Von  diesem 
Gesichtspunkt  aus  kann  man  diesen  Fall  sogar  wirklich  als  Übergangsform  von  der 
D.  p.  p.  zum  Herpes  gestationis  betrachten.  Auch  in  verschiedenen  andern  Beob- 
achtungen wird  der  Einfluls  der  Dysmennorrhöe  auf  die  eruptiven  Schübe  betont; 
aber  bei  keinem  andren  ist  er  so  in  die  Augen  springend  wie  hier. 

Beobachtung  34.  (Fall  von  Bobivson.)  Hydroa;  Impetigo  herpeti- 
formis,  Dermatitis  herpetiformis.^ 

Zehnjähriges  Kind.  Vor  3  Jahren  der  nämliche  Ausschlag  wie  jetzt;  damals 
^uerte  er  mehrere  Monate.    Jetzt  leidet  es  seit  2  Monaten  an  einer  juckenden  Der- 


^  Ghausit,   Annales  des  Maiadies  de  la  Beau  et  de  la  SyphiUs,   Vol  IV.  No.  5. 
I»g.  117.  Febr.  1852. 

*  A.  B.  BoBiHsoN,  Jownuü  of  Cut.  and  venereal  Diseases,  1885.  Jan. 


268 

matose,  die  aus  eryihematösen  Plaques,  aus  Papeln,  Vesikeln   und  Blasen  mit  nadi- 
folgender  Verfärbung  zusammengesetzt  ist. 

Beobachtung  35.    (2.  Fall  von  Arthur  von  Harlikoen.)^ 
lOj ähriges  Kind,   das   an  einem  juckenden  Ausschlag   leidet,   der  aas  Veokefaa 
und   Blasen    besteht,    die   in   grofsen   herpetiformen    Kreisen    angeordnet  sind.  Der 
Ausschlag  verläuft   in   mehrmonatlichen    Antällen    mit  vollkommen   freien  Zwischen- 
räumen. 

NB.  Man  könnte  diesen  Fall  als  Übergangsform  zwischen  der  reinen  D.  p.  p. 
k  poussees  successives  und  der  D.  p.  p.  acuta  auffassen.  Jedoch  hielt  ich  » (ir 
richtiger,  ihn  hier  aufzuführen,  da  die  ersten  Anfälle  sehr  lange  dauerten,  die  scbeb- 
bare  Heilung  nur  kurzen  Bestand  hatte,  und  der  Fall  nicht  zu  Ende  beobachtet 
wurde. 

Beobachtung  36.    (2.  Fall  von  Radcliffe  Crocker.)    Hydroa.^ 

Frau  von  48  Jahren,  seit  12  Jahren  intermittierende  Fieberanfalle ;  sie  leidet  tu 

einem   heftig  juckenden   Ausschlag,     der    aus   Urticaria,    Papeln,    Vesikeln,  Blasen, 

besteht.     Vor  wenigen  Monaten   hatte   sie  den  ersten,    kurzdauernden  Anfall.    Anea 

scheint  hier  von  Nutzen  gewesen  zu  sein. 

NB.  Die  genaue  Dauer  des  letzten  Anfalls   ist   nicht  verzeichnet;  jedoch  ist  sie 

nach  den  sonstigen  Angaben  auf  etwa  4  Monate  zu  schätzen. 

Beobachtung  37.    (Fall  von  Tilbury  Fox.)' 

23jährige  hysterische  Frau,  litt  früher  an  Penang-Fieber  und  Gesichts-Herptt. 
Seit  ungefähr  IVs  Jahren  hat  sie  einen  juckenden,  erythematösen,  vesikulösen,  bidlötea 
Ausschlag.    Asa  foetida,  Chinin  und  Eisen  schienen  Heilung  zu  bewirken. 

Beobachtung  38.  (5.  Fall  von  Hassan  Mahmoud.  —  "Pemphigus  bulloisf 
generalis.) 

Mann  von  54  Jahren,  wird  durch  Arsenik-Behandlung  innerhalb  zweier  Monile 
von  einem  juckenden  erythematösen  und  bullösen  Ausschlag  geheilt,  der  im  ganxea 
9  Monate  gedauert  hatte. 

Beobachtung  39.    (4.  Fall  von  Badoliffe  Crocker.)    Hydroa. 

Mann  von  45  Jahren,  leidet  an  einem  sehr  pruriginösen  Ausschlag,  der  znent 
aus  roten  figurierten  oder  papulösen  Plaques,  später  aus  Blasen  bestand.  Heflosg 
nach  7  Monaten  durch  Tinct  Bellad. 

Beobachtung  40.    (unveröffentlicht.    Ich  verdanke  sie  der  Güte  von  E.  Vidil) 

M.  X.,  81  Jahre  alt,  Rechtsanwalt,   klein,   mager,    nervös,    sehr   intelligent  und 

lebhaft.    Er  ist  Kheumatiker,  machte  1883   einen   Eheumat.   art.    acut,   durch.    Ver 

schiedentlich   hatte   er   an   verschiedenen   Körperstellen    ein    akutes    Ekzem    gehibt, 

namentlich  an  der  Stirn  und  am  Skrotum. 

Im  Juli  1886  traten  im  Anschlufs  an  eine  geistige  Überanstrengung  Anschwel- 
lungen der  Füfse  und  Waden  auf;  im  August  empfond  er  lebhaftes  Brennen  an  der 
hinteren  untern  Fläche  seines  rechten  Beins  und  entdeckte  daselbst  dunkelrote 
Ejiötchen.  Bald  darauf  erschien  an  den  Armen,  namentlich  um  die  Handgelenke,  ein 
Schub  roter  Knötchen,  und  nach  und  nach  wurden  auch  Schultern,  Rucken,  Lenden, 
Leib  und  ünterextremitäten  befallen.  Die  Knötchen  waren  rot,  hart,  von  einem, 
namentlich  nachts  unerträglichen  Jucken. 


«  A.  a.  0. 

^  B.  Grooker.  Hydroa.  British  Med.  Journal.  1886.  pag.  967. 

«  TiLBURT  Fox,  Skin  Diseases,  1873.  pag.  220. 


269 

Dr.  Herpin  aus  Tours  diagnstizierte  eine  Prurigo  senilis.  Verschiedene  Salben, 
imier  anderm  Schwefelsalben,  Amidambäder,  brachten  keine  Erleichterung.  Dr.  Ddglos, 
konsultierender  Arzt,  verordnete  Schwefelbäder  von  1  bis  V«  Stunde  Dauer;  aber 
schon  nach  dem  ersten  Bade  wurde  der  Ausschlag  noch  schlimmer,  neue  Schübe  mit 
zahlreicheren,  gröfseren  Prurigopapeln  als  vorher  traten  auf.  Da  ihn  die  heftigen 
Schmerzen  nicht  mehr  schlafen  liefsen,  so  entschlofs  sich  M.  X.  zu  einer  Reise  nach 
Paris  und  wurde  von  Düclos  an  mich  (E.  Vidal)  gewiesen.  Ich  sah  ihn  zuerst  ge- 
meinsam nait  Dr.  Gaume  am  2,  Dezbr.  1886.  Wir  diagnostizierten  einen  Pruritus 
ferox,  mit  grollen  roten,  an  der  Spitze  exkoriierten  Papeln  und  Kratzspuren;  es  be- 
steht Schlaflosigkeit,  aber  kein  Fieber,  Appetit  ist  erhalten.  (Waschungen  mit  De- 
coct.  Bad.  Enalae,  Leberthran-Umschläge  für  Bücken  und  Arme,  Glyc^role  tartrique  für 
die  Beine.) 

Am  15.  Dez.  entsteht  ein  Ausschlag  von  Vesikeln  und  pemphigoiden  Blasen  auf 
grofsen,  erythematösen  Flecken.  Der  Ausschlag  ist  reichlich  an  den  Beinen,  Schenkeln, 
Oberextreniitäten,  und  am  Bücken.  Die  Blasen  sind  auf  den  Beinen  am  umfang- 
reichsten. (Verband  von  Linim.  oleo-calcarium,  später  von  Vaseline  und  Aq.  Calc.  b, 
Einpackungen  in  Watte.) 

Mehrere  Schübe  im  Januar  1887,  Vesikeln  und  Blasen  auf  roten  Flächen 
(Erythema  polymorphum),  sowie  einzelne  Vesikeln  und  Blasen.  Unerträgliches  Jucken, 
Schlaflosigkeit,  Aufregung,  Delirien.  (4,0  Tinct.  Mosch,  im  Getränk  während  mehrerer 
Tage;  Chin.  bromhydr.  und  Extr.  Gort.  Ghin.  gegen  die  Schwäche,  über  die  Patient 
klagt.) 

Anfangs  Februar  merkliche  Besserung.  Selteneres  und  spärlicheres  Auftreten 
der  Blasen  und  Bläschen,  Kachlafs  des  Juckens.  Der  Kranke  ist  besser  und  fühlt 
sich  kräftiger.  Am  21.  Febr.  nur  noch  wenige  Blasen  oder  Vesikeln  am  Bücken,  den 
Schenkeln  and  Beinen.  M.  X.  entschliefst  sich  zur  Heimreise  nach  Tours.  Während 
der  nächsten  Wochen  traten  nun  keine  neuen  Blasen  oder  Vesikeln  mehr  auf,  und 
die  fortschreitende  Heilung  wurde  nur  durch  das  Erscheinen  einiger  Prurigopapeln 
auf  den  Armen,  dem  Bücken,  den  Schulterblättern  und  der  Brust  unterbrochen ;  die 
Beine  blieben  fast  ganz  frei,  geringes  Brennen  wurde  erfolgreich  mit  Borvaseline 
behandelt.  Der  Kranke  schien  geheilt,  hatte  keinen  Ausschlag  und  Jucken  mehr,  es 
bestand  nur  noch  ödem  der  Beine,  als  er  in  den  ersten  Tagen  des  April  an  Bron- 
chitis und  Cat.  intestin.  erkrankte.  Daran  schlolB  sich  Blasenkatarrh  und  Hämaturie 
(alle  Hautsymptome  waren  damals  verschwunden  —  Dr.  Bbocq),  alsdann  Hamverhal- 
tong,  die  10  Tage  lang  den  Katheterismus  erforderte.  Nach  14  Tagen  liefsen  die 
Hambeschwerden  nach,  und  der  Urin  erschien  normal.  Zu  keiner  Zeit  enthielt  der 
Harn  Pseudomembranen.  Wenige  Tage  darauf  erfolgte  eine  Augenentzündung,  die 
Dr.  Herpin  fiir  rheumatisch  hielt  und  die  mit  Verlust  des  Auges  endete. 

Ich  (ViDAL  sah  M.  X  zuletzt  am  80.  Okt.  1887,  aufser  vorübergehendem  Jucken 
hatte  er  keine  Hautsymptome  mehr.  Dr.  E.  Vidal. 

Beobachtung  41.  (Fall  von  Deveboie.)    Herpes  pemphigoides.* 

Frau  von  50  Jahren,   leidet   an   einem  juckenden,  erythematösen  und  vesikulo- 

bullosen  Ausschlag,  der  sich  nach  ihrer  Aufnahme  ins  Krankenhaus  unter  dem  Einflufs 

der  Tonica  und  trockener  Verbände  schnell  bessert. 

NB.  Man  könnte  diesen  Fall  vielleicht  nur  als  eine  Übergangsform  zwischen 
der  Derm.  polym.  prurigin.  acuta  und  der  D.  p.  p.  chronica  auffassen  wollen,  da 
Patientin  nur  ungefähr  5  Monate  krank  war.     Aber   die   Besserung  war   im  Grunde 


*  Deveboie,  a.  a.  0.  pag.  309. 


keine  dauernde,  nenn  anob  über  den  weiteren  Terleof  nicht«  berichtet  i*t.  Ken  kasM 
diesen  Fall  also,   meine  ich,  mbig  hierher  reohnen,   wann  ee  uich  kein  typiieber  ist 

Ich  hätte  leicht  noch  mehr  FäUe  sammeln  können,  von  den  bekknntea,  imt 
nicht  berücksichtigten  Beobachtangen  sei  noch  namentlich  Fall  8  ans  der  Theee  tob 
NoDET  erwähnt;  aber  ich  wollte  nur  Fälle  beibringen,  die  in  bazug  aof  AoMcUif 
und  funktionelle  Störungen  typisch  sind.  AuTgerdem  bilden  28,  oder,  wenn  man  will, 
41  Beobachtungen,  bereits  ein  genügendes  Material,  am  unare  Dermatose  erfolgröcfc 
EU  studieren. 

Ätiologie.  ~  Häufigkeit. 
Die  DennetitiB  polymorphe  prariginosa  chronica  ist  eine  ziemlich  seltene  Krank- 
heit; jedoch  kommen  jährlich  mehrere  derartige  Fälle  'im  Krankenhaus  Saint-Loan 
zu  Paris  vor.  Seit  1881  habe  ich  allein  auf  der  Abteilung  meines  verehrten  Lehroi 
E.  ViDAL  7  un zweideutige '"  Fälle  gesehen  und  ich  zweifle  nicht,  dafs  die  andn 
Arzte  dieses  reichen  KrankenhaueeB  weiteres,  noch  unbekanntes  Material  beibringm 
könnten.  Wenn  unere  Krankheit  erst  einmal  besser  gekannt  ist,  wenn  man  sie  Toa 
den  polymorphen  Erythemen  und  den  übrigen  Varietäten  des  PemphigUB  wird  not«- 
scheiden  können,  so  wird  man  sicher  finden,  dafa  sie  eine  der  häufigsten  bnllÖMB 
IDermatosen  ist.  Sie  kommt  überall  Tor,  in  Beutscbland,  England,  Amerika  ebenso 
gut  wie  in  Frankreich.  Beim  Lesen  der  Duhrinq sehen  Fälle  hat  man  zuerst  des 
Eindruck,  als  ob  sie  in  den  Vereinigten  Staaten  heftiger  auftrete,  mit  einer  Neiguig 
zur  pustulösen  Form;  jedoch  ist  zu  bemerken,  dals  die  Amerikaner  jede  Epidenm»- 
blase  mit  getrübtem  Inhalt  Pustel  nennen,  während  ich  in  den  meisten  meiner  FsDe 
nur  von  Tesikeln  oder  Ton  Blasen  mit  opaliner  oder  gelblich weifser  Flüssigkeit 
spreche.  Trotz  alledem  sind  in  mehreren  DuHaiNOBchen  Fallen  die  g 
pustulösen  Ausschläge  häufiger  als  bei  den  meisten  meiner  Kranken. 

Alter.  Geschlecht.  Anamnese. 
Die  D.  p.  p.  chronica  tritt  in  jedem  Alter  auf  Bei  meinen  ^ 
2Tmal  das  Anfangsalter  bemerkt.  Danach  waren  6  unter  30  Jahren  (5 
19.  19  und  20  J.).  Die  andern  verteilten  sich  wie  folgt:  5  waren  zwiaol 
3  zwischen  80—40  J.;  3  zwischen  40  und  50  J.;  6  zwischen  60—60  J.  u 
60—70  J.  Demnach  befällt  unsre  Krankheit  mit  fast  gleicher  Häofigke 
alter  von  16—70  J. ;  nnr  dalä  sie  einmal  in  der  Zeit  vom  16.-30.  ani 
vom  47. — 62,  Lebensjahre  etwas  häufiger  zu  sein  scheint;  denn  von  : 
27  Kranken  brach  das  Leiden  im  Alter  von  16 — 30  J.   und  bei  weiterei 

Die  4  Kranken,  die  der  Varietes  gravis  angehören  (2.  Reihe  von 
29—33)  waren  38,  55,  60  und  68  J.  alt.  Wenn  diese  geringfügige  Anza 
auch  keinen  endgültigen  Sohlufs  gestattet,  so  scheint  die  schwerere 
namentlich   bei  Personen  vorzokommen,   die  das  mittlere  Lebensalter 

Dagegen  lassen  sich  die  9  Kranken  der  Varietas  beningna  s.  snba 
der  Fälle;  Beob.  33 — 41)  in  2  Klassen  teilen:  4  waren  nämlich  unter  ' 
21,  22  J.)  und   5   über  40  J.  alt  (45,  48,  50,  53,  81  J.).     Man  findet 

"  5  davon  habe  ich  soeben  veröffentlicht;  die  2  andern  betrafen 
denen  die  eine  1684  auf  der  Salle  Ai.ibbbt  No.  60  lag;  ich  habe  davon  i 
im  ersten  Teil  dieser  Abhandlung  gesprochen. 


271 

beiden  Maxima  wieder,  auf  die  ich  bei  fiesprechuDg  der  28  Falle  der  ersten  Kategorie 
hingewiesen  hatte. 

Die  änfsersten  Lebensgrenzen,  in  denen  nnsre  Krankheit  zur  Beobachtung  kam, 
waren  5  Mnt.  einerseits  (Beob.  29)  und  81  J.  anderseits  (Beob.  40.). 

Männer  werden  häufiger  als  Frauen  befallen.  Auf  meine  28  ersten  Fälle 
kommen  19  Männer  und  nur  9  Frauen.  Allerdings  habe  ich  bei  Frauen  noch  3  weitere 
ausgesprochene  Fälle  von  D.  p.  p.  chron.,  teils  in  der  Stadt,  teils  im  Krankenhaus, 
gesehen,  wodurch  also  die  Zahl  der  uns  bekannten  Fälle  dieser  Krankheit  auf  31 
steigen  würde,  von  denen  19  auf  Uänner  und  12  auf  Frauen  kämen.  Eine  halbe 
Statistik  kann  zu  ganz  verkehrten  Ergebnissen  fahren.  So  kommen  auf  die  7  oben 
besprochenen  Fälle  von  E.  Vidal  4  fVauen  und  3  Männer.  Namentlich  in  England 
und  Amerika  äberwiegt  die  Zahl  der  befallenen  Männer  diejenige  der  Frauen;  auf 
die  17  ausländischen  Beobachtungen  kommen  bei  13  Männern  nur  4  Frauen;  die 
11  französischen  Fälle  hingegen  setzen  sich  aus  6  bei  Männern  und  6  bei  Frauen  zu- 
sammen; rechnen  wir  dazu  noch  jene  3  unveröffentlichten  Fälle,  so  verteilen  sich 
die  Beobachtungen  innerhalb  Frankreichs  auf  6  Männer  und  8  Frauen. 

Die  4  Fälle  meiner  Varietas  gravis  kamen  sämtlich  bei  Männern  vor;  von  den 
9  Fällen  meiner  Varietas  benigna  s.  subacuta  5  bei  Männern  und  4  bei  Frauen. 
Danach  scheint  die  Krankheit  bei  ersteren  heftiger  als  [bei  letzteren  aufzutreten; 
ebenso  bei  älteren  heftiger  als  bei  jüngeren.  Selbstverständlich  aber  gibt  es  von 
dieser  Regel  zahlreiche  Ausnahmen. 

Die  Anamnese  fordert  nur  wenig  interessante  Aufschlüsse  zu  Tage.  Mehrere 
von  den  Kranken  finden  sich  als  nervös  bezeichnet.  Aber  was  will  das  sagen  ?  Denn 
bei  so  heftigen  und  andauernden  Schmerzen,  wie  sie  unsre  Krankheit  während  ihres 
ganzen  Verlaufs  begleiten,  mufis  schliefslich  das  Nervensystem  angegriffen  werden. 
Wichtiger  wäre  es  schon,  zu  wissen,  ob  jene  nervösen  Symptome  nicht  vielleicht  Vor- 
läufer der  Krankheit  sind  oder  bei  ihrem  Beginn  bestehen.  Über  diesen  Tunkt  finden 
sich  einige  wichtige  Bemerkungen.  In  der  Beobachtung  3  handelt  es  sich  um  eine 
Klavierlehrerin,  die  durch  Überanstrengung  und  zu  viel  Musik  seit  einiger  Zeit  sehr 
nervös  geworden  war.  —  Der  Bruder  des  Patienten  aus  Beob.  16  litt  an  einer 
Nervenkrankheit,  während  Patient  selber  starker  Tabakkauer  und  Masturbant  war; 
anXiserdem  war  er  Alkoholist  und  beim  Beginn  der  Krankheit  überanstrengt.  Der 
Patient  aus  Beob.  24  hatte  eine  epileptische  und  eine  nervöse  Schwester,  die  in  ihrer 
Jugend  an  Anfällen  gelitten  hatte,  auch  bereits  an  einem  Herpes  zoster,  Migräne  und 
allerlei  Neuralgien  erkrankt  war. 

4mal  hatte  der  Ausschlag  nach  heftigen  Gemütserschütterungen  begonnen,  einmal 
(Fall  6)  nach  einem  lebhaften  Schreck  (Patient  war  in  einen  Graben  gefallen),  dmal 
(Beob.  11,  18,  22)  nach  einem  Anfall  von  Jähzorn.  Ahnliche  Vorläufer  finden  sich 
bei  unsrer  2.  und  3.  Gruppe,  sowie  bei  verschiedenen  Fällen  der  Derm.  polym.  prurigin. 
acuta. 

Diese,  allerdings  nicht  sehr  belangreichen  Thatsachen  scheinen  doch  zu  be- 
weisen, dals  das  Nervensystem  bei  der  Ätiologie  unsrer  Krankheit  eine  wichtige  Bolle 
spielt  Wir  werden  weiter  unten,  bei  Besprechung  der  Pathogenese  finden,  dals  die 
meisten  amerikanischen  Dermatologen  dieser  Ansicht  huldigen. 

Auf  die  Untersuchung,  ob  die  Kranken  vielleicht  eine  gichtische  Anlage  dar- 
böten, habe  ich  um  so  mehr  Sorgfalt  verwandt,  als  Bazik  die  Dermatose  als  Pem- 
phigus arthriticus  beschrieben  hat  Ich  mufs  sagen,  dafs  meine  Fälle  hierfür  nioht 
beweisend  sind;  nur  in  einem  Fall  war  Rheumatismus  voraufgegangen  (Beob.  40),  in 
einem  2.  Fall  (Beob.  28)  stammte  der  Patient  aus  einer  arthritischen  Familie;  2mal 
•ind  Herzstomngen   vermerkt,   eine   Aorteninsufiizienz   (Beob.   24)  und   eine  Mitral- 


272 

insuflfizienz  (Beob.  26),  wahrscheinlich,    dafs  hier  Rheumatismus  voraufgegangen  irw 
3mal  bestanden  unbestimmte  Schmerzen    in    den    Gelenken   und    der    Lumbargegeni 
namentlich  bei  Witterungswechsel  —  das  ist  alles. 

Bei  5  Patienten  dagegen  finden  sich  leichte  Spuren  von  Skrofulöse;  3  diToa 
litten  an  ererbter  Tuberkulose,  von  denen  einer  (Beob.  10)  an  Peritonitis  tubercolow 
starb.  Der  Kranke  der  Beobachtung  17  war  syphilitisch.  In  einem  Fall  (Beob.  28) 
begann  der  Ausschlag  gleichzeitig  mit  einem  Anfall  von  Febris  intermittena,  und  di« 
ersten  Schübe  trafen  gleichfalls  mit  lutermittens- Anfallen  zusammen.  Dieses  aaSallin 
Zusammentreffen  findet  sich  ferner  in  Beobachtung  36  und  wahrscheinlich  aoch  in 
Beobachtung  37;  die  ersten  Ausschläge  in  diesen  Fällen  scheinen  Urticaria-arÜg«  ge- 
wesen zu  sein,  namentlich  in  Beobachtung  36.  Bekanntlich  ist  nun  aber  nichts  ge- 
wöhnlicher, als  Urticaria  beim  Sumpffieber.  —  Hier  haben  wir  also  eine  ganze  BeO» 
wertvoller  Angaben  für  spätere  Untersuchungen. 

Ausgesprochener  Alkoholismus  findet  sich  nur  bei  4  Fällen  vermerkt  wilir- 
scheinlich  aber  ist  er  viel  häufiger. 

Die  Jahreszeit  des  Beginnes.  —  Die  Jahreszeiten  scheinen  von  keinem 
Einflufs  auf  die  Entstehung  des  Ausschlags  zu  sein.  Von  meinen  28  Fällen  war 
lömal  die  Zeit  des  Beginns  genau  bemerkt:  Imal  im  September,  Imal  im  Oktober 
.2mal  im  November,  2mal  im  Winter,  2mal  im  Februar,  also  8mal  von  September 
bis  März;  Imal  im  April,  Imal  im  Frühjahr,  2mal  im  Mai,  2mal  im  Juni,  Imal  im 
Sommer,  d.  h.  7mal  von  März  bis  September.  Die  gröfste  Häufigkeit  scheint  von 
April  bis  Juni  zu  fallen;  ein  zweites,  weniger  bedeutendes  Maximum  scheint,  wena 
man  unsre  gesamten  41  Fälle  durchmustert,  gegen  Oktober  bis  November  hin  n 
bestehen,  jedoch  ist  das  alles  noch  nicht  sicher  festgestellt. 

Die  einzige,  ziemlich  sichere  Thatsache,  die  wir  beim  Studium  der  Äüolone 
gewinnen,  ist  die,  dafs  heftige  Gemütserschütterungen  und  ein  nervöses  Temper«meiit 
von  Einflufs  auf  die  Entstehung  der  D.  p.  p.  chronica  sind. 

Ausgangspunkt  und  Entstehungsweise  des  Ausschlags. 

Die  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  chronica  hat  keine  einheitliche  Ent- 
stehungsweise,  vielmehr  kann  sie  auf  die  verschiedenste  Art  einsetzen,  und  ee  ist  sehr 
schwer,  hier  bestimmte  Gruppen  aufzustellen. 

In  vielen  Fällen  sind  die  Schmerzen  die  ersten  Symptome,  die  den  Eranka 
auf  sein  Leiden  aufmerksam  machen,  Empfindungen  von  Hitze,  Brennen,  Jucken  in 
der  Haut,  oft  so  heftig,  dafs  Patient  sich  entblöfst,  um  sich  zu  kratzen,  und  dais  sie 
ihm  den  Schlaf  rauben.  Diese  Empfindungen  sind  bald  über  den  ganzen  Körper  ver- 
breitet, bald  beschränken  sie  sich  auf  diejenigen  Stellen,  an  denen  sich  der  Ausschlaff 
entwickelt.  Sie  gehen  der  Eruption  einige  Tage  bis  Stunden  vorauf,  oder  begleiten 
dieselbe;  nur  in  ganz  seltenen  Fällen  (z.  B.  Beob.  6)  treten  sie  erst  einige  Tage 
später  auf. 

Die  ersten  sichtbaren  Hautstörungen  sind  je  nach  dem  Fall  sehr  verschieden. 
Freilich  bekommt  der  Arzt  nur  selten  die  ersten  Anfange  zu  sehen  und  kann  sich 
sein  Urteil  über  dieselben  meist  nur  nach  den  Angaben  des  Kranken  bilden. 

1.  In  einzelnen  Fällen  besteht  der  erste  Ausschlag  aus  erythematösen  Plaques 
(Beob.  5,  8,  18),  die  mehr  weniger  der  Urticaria  oder  Bestandteilen  der  figurierten 
Erytheme  gleichen,  indem  sie  bald  (Beob.  11)  aus  roten,  harten,  papulösen  Erhöhungen, 
bald  (Beob.  19)  aus  spitzigen  Papeln,  bald  endlich  aus  entzündlich  geröteten  Stellen 
mit  Schwellung  der  erkrankten  Teile  zusammengesetzt  sind.  Diese  Art  nenne  iob 
die  Entstehungsweise  mit  erythematösen  Störungen. 

2.  Bisweüen  (Beob.  2,  4,  6,  10,  12,  13,  22,  24,  25,  27)  sind  umgehehrt  die  ersten 


273 

zur  Beobachtung^  kommenden  Elemente  Vesikeln  und  Blasen;  darf  man  sich  auf  die 
Angaben  der  Kranken  verlassen,  so  scheint  dies  der  häufigste  Anfang  zu  sein.  Doch 
hege  ich  gegen  jene  Angaben  berechtigte  Bedenken,  denn  die  neuesten,  von  Ärzten 
ausgehenden  Untersuchungen  lassen  keinen  Zweifel  darüber,  daiJs  fast  niemals  Ve- 
sikeln und  Blasen  sich  auf  einer  gesunden  Haut,  sondern  auf  einer  erythematösen 
oder  auf  einer  erytbemato-papulösen  Grundfläche  entwickeln.  Jedoch  scheinen  einzelne 
Fälle  auf  das  unzweideutigste  zu  beweisen,  dafs  die  Eruption  mit  kleinen  Yesikeln 
von  wechselnder  Form,  abgerundet  oder  oval,  die  sich  auf  gesunder  Haut  entwickeln, 
beginnen  kann.  Diese  Art  nenne  ich  den  Beginn  mit  vesikulo-bullösen* 
Störungen. 

3.  In  andern  FäUen  (Beob.  1,  10,  23)  endlich  scheint  es,  als  ob  das  erste  erup- 
tive Element  in  einer  mit  trüber  Flüssigkeit  gefüllten  Epidermisabhebung,  d.  h.  in 
einer  Pustel  bestehe.  Dieser  Beginn  mit  von  vornherein  pustulösen  Ele- 
menten däacht  mir  freilich  noch  nicht  genügend  sicher  gestellt.  Da  aber  derartige 
Pusteln,  wenn  sie  aueb  noch  so  klein  sind,  sich  während  des  Entstehens  oder  un- 
mittelbar nachher  mit  einem  erythematösen  Hof  umgeben,  so  möchte  ich  die  Möglich- 
keit eines  solchen  Krankheitsanfangs  zugeben,  zumal  sie  in  späteren  Schüben  sicher 
beobachtet  sind. 

In  der  überwiegenden  Mehrheit  der  Fälle  fängt  unsre  Krankheit  also  mit 
Schmerzen  an,  namentlich  mit  lästigem  Jucken;  die  ersten  eruptiven  Elemente  be- 
stehen aus  Papeln  oder  erythematösen,  mehr  oder  weniger  regelmäfsigen  Flecken;  in 
zweiter  Linie  aus  kleinen  Vesikeln,  Übergangsformen  zu  Blasen,  selten  aus  Pusteln. 

Der  Körperteil,  an  dem  die  Krankheit  zum  Ausbruch  kommt,  ist  sehr  ver- 
schieden; es  ist  auch  schwer,  darüber  Klarheit  zu  erlangen;  denn  einerseits  scheinen 
bisweilen  mehrere  Stellen  gleichzeitig  befallen,  anderseits  tritt  der  Ausschlag  oft  an 
ganz  andern  Teilen  auf,  als  an  denen  das  Jucken  verspürt  wurde.  Von  meinen  28 
ersten  Fällen  sind  7mal  die  Oberextremitäten  (Arme,  Handwurzeln  und  namentlich 
die  Vorderarme)  zuerst  befallen,  dmal  die  Fuisknöchel,  Zehen  und  Füfse,  2mal  die 
Beine;  einmal  die  Itinenfläche  der  Schenkel;  3mal  der  Bücken;  2mal  der  Leib; 
einmal  die  Genitalien ;  Thorax  und  Gesicht  je  einmal,  desgleichen  Mund  und  untere 
Augenlider  je  einmal  (Beob.  19).  Auch  kann  der  Ausschlag  sich  an  den  Schleim- 
häoten,  vorzüglich  der  Wangenschleimhaut,  zuerst  zeigen.  Im  ganzen  fängt  die 
Krankheit  mit  Vorliebe  an  den  Extremitäten,  und  zwar  besonders  häufig  an  den 
Vorderarmen  an. 

Art  der  Ausdehnung.     Zuletzt  befallene  Teile. 

Hat  der  Ausschlag 'erst  einmal  angefangen,  so  bleibt  in  der  Kegel  kein  Körper- 
teil verschont.  Ich  glaube  nicht,  dafs  es  abgesehen  von  der  Symmetrie  der  Er- 
krankung in  der  Art  der  Ausbreitung  eine  Kegel  gibt.  In  vielen  Fällen  scheint  daa 
Exanthem  allerdings  schrittweise  fortzukriechen ;  das  ist  aber  keineswegs  Gesetz,  denn 
sehr  häufig  sind  z.  B.  Ober-  und  Unterextremität  gleichzeitig  befallen. 

Schwierig  ist  es  auch,  zu  entscheiden,  an  welchen  Teilen  die  Krankheit  am 
heftigsten  auftritt.  Jedoch  kann  man  wohl  sagen,  dals  sie  an  den  4  Extremitäten 
gewöhnlich  ihren  bösartigsten  Charater  zeigt.  In  einigen  Fällen  waren  auch  Hüfte 
und  Gesäfs,  Hände,  Füfse,  Geschlechtsteile,  Leistengegend,  Schenkel,  Leib,  Wangen- 
Schleimhaut  am  schlimmsten  daran.  Verschont  bleiben  fast  immer  Hand-  und  Fuis- 
flachen,  wiewohl  Jucken  auch  hier  vorkommt,  femer  die  Geschlechtsteile,  das  Gesicht 
uid  die  behaarte  Kopfhaut.  Der  Ausschlag  erscheint  in  fast  allen  Fällen  sym- 
metrisch. 


274 

Untersuchung  des  Ausschlags. 

Eine  weitere  Eigenschaft  des  Ausschlags,  die  Duhriko  in  seinen  neueren  Arbeitea 
besonders  betont  hat,  ist  seine  Vielgestaltigkeit  und  die  Verschiedenartigkeit  «einer 
äufseren  Erscheinung.  Um  sich  davon  eine  richtige  und  umfassende  Vorstellung  n 
machen,  so  mufs  man  zuerst  die  einzelnen  zusammensetzenden  Elemente,  dann  Mea 
Ausschlag  im  ganzen  studieren.  Schon  früher,  bei  Besprechung  der  Ansichten  dea 
gelehrten  Dermatologen  zu  Philadelphia,  habe  ich  auseinandergesetzt,  dals  die  Der 
matitis  herpetiformis  aus  zwei  Arten  von  Elementen  besteht:  1.  aus  primären 
Elementen,  er3rthematösen  Plaques,  Papeln,  Infiltrationen,  Papulo-Veeikeln,  Vedkeb, 
Blasen,  Vesikulo-Pusteln  und  Pusteln;  2.  aus  sekundären  Bestandteilen,  Krasteo, 
Exkoriationen,  Schuppen,  Verförbungen  und  Verdickungen  der  Haut. 

1.  Die  primärem  Elemente. 

a.  ErythematÖse  Plaques.    Papeln-Infiltrationen. 

Wie  schon  früher  erwähnt,  kann  sich  das  einleitende  Jucken  mit  verschwo 
Hautrötung  yerbinden.  In  einem  bestimmten  Stadi^m  der  Entwickelung  tritt 
ödematose  Schwellung  der  Haut  und  mehr  oder  weniger  scharf  ausgesprochene  ery- 
ihematöse  Verfärbung  auf.  Diese  kleine  Komplikation  gelangt  überall  zur  Beob- 
achtung, namentlich  aber  an  den  Extremitäten,  den  Händen  und  Füfsen.  Jedoch  iit 
dies  ganze  Vorkommen  nicht  gewöhnlich. 

Meistens  sind  die,  der  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  chronica  eigenartigei 
erythematösen  Plaques  umschrieben.  Bald  gleichen  sie  den  Urticaria-Flecken,  rer- 
schwinden  unter  Fingerdruck,  bald  sind  sie  fester,  bilden  bald  mehr  oder  weniger 
regelmäfsige  Flächen,  abgerundete  oder  ovaläre,  von  verschiedener  Orölae,  and 
dienen  einer  oder  mehreren  Vesikeln,  Blasen  oder  Pusteln  als  Unterlage.  In  letzteren 
Falle  können  sie  wirkliche  entzündliche  Plaques  bilden,  die  von  hellem  Bosa  bis  zorn 
dunkelsten  Bot  und  Purpur  hinüberspielen  können,  bisweilen,  wenn  auch  selten,  sogar 
hämorrhagisch  sind  und  nur  wenig  oder  garnicht  auf  Fingerdruck  abblassen.  Oder 
sie  bilden  nur  einfach  schmale  Höfe  um  die  Vesikeln,  Blasen  oder  Pusteln. 

Sehr  häufig  sind  die  erythematösen  Flecke  regelmäfsig  geformt.  Sei  es,  da6 
sie  aus  einer  einzigen  Papel  entstehen,  die  sich  gegen  die  Bänder  hin  ausbreitet 
und  in  der  Mitte  einsinkt,  sei  es,  dafs  sie  aus  dem  Zusammenflielsen  mehrerer  erj« 
thematöser  Elemente  hervorgehen,  genug,  sie  bilden  alsdann  mehr  oder  weniger 
deutliche  Bögen,  bisweilen  sogar  vollkommene  Kreise.  Diese  Bögen  sind  hellrosa  l» 
dunkelrot  gefärbt;  bisweilen  sind  sie  fast  ganz  flach,  meistens  hingegen  etwas  hervor 
springend  mit  einer  Aufwulstung  am  äufsern  Band,  die  dunkler  geförbt  ist;  der 
innere,  flache  und  blassere  Band  ist  minder  scharf  und  verflüchtigt  sich  in  ein  ge- 
sundes oder  nur  mäfsig  schmutzig  gelb  verfarbtes  Zentrum.  Die  Gröfse  dieser  Bogn 
schwankt  von  einigen  Millimetern  bis  zu  mehreren  Zentimetern;  sie  können  sich 
vereinigen  und  allerlei  Qyri  und  Windungen  darstellen. 

Auch  können  die  erythematösen  Elemente  als  echte  Papeln  erscheinen;  alsdana 
sind  sie  rot,  hervorragend,  hart,  verschieden  geformt,  linsen-  bis  IFrc.-Stück  grofi, 
bisweilen  glänzend  und  tief  rot,  zu  andern  Zeiten  bläulichrot,  spitz  und  klein,  auf  der 
Höhe  exkoriiert,  oder  mit  einer  Vesikel  gekrönt.  Sie  stehen  in  Gruppen  oder  ser 
streut,  bleiben  aber  selten  lange  in  diesem  Zustand,  sondern  wandeln  sich  in  grobe 
mehr  oder  weniger  dicke  und  infiltrierte  erythematöse  Plaques  um. 

In  wenigen  Fällen  (Beob.  7)  hat  man  endlich  auch  beobachtet,  dals  die  ersten 
eruptiven  Formen  aus  umschriebenen,  kleinen  Infiltrationen  bestanden,  die  sich  diudi 
die  Haut  durchfühlen  liefsen,  noch  bevor  man  sie  sehen  konnte. 


275 

b.  VesikelB. 

Die  soeben  beschriebenen  erythematösen  Elemente  können  lange  Zeit,  bisweilen 
sogar  während  der  ganzen  Dauer  ihrer  Entwickelang,  ihren  reinen  erythematosen 
Znstand  bewahren;  meistens  aber  gesellt  sich  eine  neue  Ausschlagsform  zu  ihnen. 
Die  Epidermis  wird  von  serösem  Exsudat  in  die  Höhe  gehoben  —  die  Entzündung 
hat  das  Stadium  der  Blasenbildung  erreicht. 

Diese  Yesikulation  kann  in  zweierlei  Weise  vor  sich  gehen:  entweder  plötzlich 
auf  der  gesunden  Haut,  oder  auf  einem  vorher  erythematosen  Grunde. 

Im  ersten  Fall  (z.  B.  Beob.  6)  erscheinen  die  Yesikeln  wie  kleine  durch- 
scheinende Kömchen,  rund,  ovalar,  bisweilen  eckig,  punktförmig  bis  stecknadel- 
kopfgroDs  und  gleichen  völlig  den  Sudamina.  Sie  können  wachsen  ohne  ihr  Aus- 
sehen zu  verändern,  sich  gruppieren,  zusammenfliefsen,  um  von  da  an  äuDserst  un- 
regelmäfsig  zu  werden,  sich  in  Blasen  umzuwandeln  und  einen  beträchtlichen  Umfang 
zu  erreichen,  und  das  alles,  während  die  Haut  darunter  völlig  gesund  bleibt.  Jedoch 
ist  das  nur  Ausnahme,  denn  in  der  Regel  geht  die  genannte  Entwickelung  mit  einer 
entaundlichen  Beaktion  und  der  Bildung  eines  erythematosen  Hofs  einher. 

Viel  häufiger  noch  bilden  sich  die  Yesikeln   auf  Plaques,   Flecken,  Kreisbögen, 
oder  erythematosen   Papeln.     In   diesem  Fall  pflegt  die  Epidermis-Abhebung  wohl 
regelmäfsig  zn  sein  und  eine  echte  Vesikel  im  wahren  Sinne  des  Wortes  darzustellen. 
Diese  Yesikel  ist  meistens  beträchtlich  hoch  und  sitzt  wie   eine   kleine   Kuppel   auf 
der  Haut,  aber  sie  ist  abgeplattet.    Die  Wände  sind  durchscheinend,   prall   und   bei 
wechselnder  Beleuchtung  glänzend;   nur  selten   erscheinen  sie  schlaff.    Ihr  Inhalt  ist 
furhlos,   kristallklar,   oder  hell  bis  zitronengelb,   bisweilen   etwas  getrübt,   opal  oder 
undurchsichtig  weifs;  die  Yesikel  wandelt  sich  alsdann  allmählich   in  eine  Pustel  um. 
Auch  ist  sie  in  einzelnen  Fällen  mehr  oder  weniger  blutig  gefärbt  oder  direkt  hämor- 
rhagisch.    Sie  ist  Stecknadelkopf-  bis  erbsengrofs  und  darüber,    nähert   sich   aber  in 
letzterem  Fall  schon  der  Blase.    Ihre  Form  wurde  schon  als  hemisphärisch  bezeichnet; 
jedoch  trifll;  das  nicht  immer  zu,    denn   fast   allen  Beobachtern   sind   auch  winkelige 
Formen   aufgestofsen,    wo   die  äufseren  Umrisse   also   hervorspringende    Winkel   be- 
schreiben.    Die  Yesikeln  können  gleich  beim  Erscheinen  diese  Form   zeigen  und  sind 
dann   abgeplattet    und    nur    bei    seitlicher    Beleuchtung    wahrnehmbar.      Diese    un- 
regelmäfsige    Konfiguration    kann    aber    auch    durch    den    Zusammenflufs    mehrerer 
Bläschen  erst  nachträglich  entstehen. 

Die  Yesikeln  treten  einmal  vereinzelt  auf  und  erscheinen  dann  entweder  plötzlich 
auf  der  gesunden  Haut,  mit  oder  ohne  roten  Hof;  oder  sie  bilden  sich  als  Krone 
auf  einer  spitzen  Papel  (Papulo- Yesikel),  oder  sitzen  endlich  auf  einer  roten  Plaque, 
und  zwar  auf  ihrer  infiltriertesten  Stelle.  —  Sie  erscheinen  femer,  und  zwar  viel 
häufiger,  gruppenweise.  Auch  dann  vermögen  sie  sich  auf  gesunder  Haut  zu 
entwickeln,  mit  oder  ohne  roten  Hof,  oder  auf  roten  Plaques  oder  erythematosen 
Flächen.  In  fast  allen  Beobachtungan  sind  herpetiforme  Elemente  beschrieben, 
zusammengesetzt  aus  mehr  oder  weniger  zahlreichen  Yesikeln,  2  bis  20  und  darüber, 
die  dicht  aneinandergedrängt  stehen,  sich  zuweilen  ineinander  öffnen  und  auf  einem 
geröteten,  ausgedehnten  und  infiltrierten  Untergrunde  sich  befinden,  der  50Centimes- 
stück  bis  handtellergrofs  sein  kann.  Eine  derartige  Entzündung  gleicht  in  ihrer  Ge- 
samtheit völlig  einer  Gruppe  von  Herpes  zoster-Bläschen,  woher  auch  die  Bezeich- 
nung herpetiformis  rührt,  und  der  Name  Dermatitis  herpetiformis,  mit  dem  Duhriko 
diese  ganze  Gruppe  von  Erkrankungen  belegen  möchte. 

Nicht  immer  ist  die  Blasenbildung  so  deutlich  ausgesprochen;   sie  verläuft  viel- 
mehr bisweilen  sozusagen  abortiv  und  bringt  es  nur  bis  zum  ersten  Grade  der  Vest- 


276 

kulatiou.    Die  Epidermis  ist  dann  von  dem  bischen  Serum  kaum  abgehoben,  und  beim 
Streichen  über  die  erythematöse  Plaque  fühlt  man,  wie  sich  das  Häutchen  &ltet. 

Die  Vesikeln  entwickeln  sich  ganz  verschiedenartig,  je  nach  dem  Fall  Bald 
verändern  sie  sich  nur  wenig  und  werden,  da  sie  nicht  von  selbst  platzen,  aber  leb- 
haft jucken,  entweder  vom  Kranken  aufgekratzt  oder  trocknen  ein,  wobei  sich  kleme 
gelbe  oder  braune  Schüppchen  und  Erasten  bilden;  diese  Entwickelang  beansprodrt 
5 — 15  Tage.  —  Bald  wachsen  sie  unverhältnismäfsig  durch  periphere  Flächeiiaii»' 
dehnung  oder  indem  sich  mehrere  von  ihnen  vereinigen,  sie  gewinnen  alsdann  den 
Charakter  einer  Blase;  oder  es  trübt  sich  endlich  ihr  Inhalt  mehr  und  mehr,  wird 
eiterig,  und  sie  wandeln  sich  in  Pusteln  um.  —  Diese  verschiedenen  Moglicbkeitai 
können  sich  an  demselben  Individuum  an  verschiedenen  Stellen  und  zu  verschiedenen 
Zeiten,  oder  auch  gleichzeitig  an  der  nämlichen  Stelle  abspielen. 

c.  Blasen. 

Die  Blase  ist,  wie  wir  soeben  gesehen  haben,  in  vielen  Fällen  das  Endergebnii 
einer  wachsenden  und  sich  mit  ihren  Nachbarelementen  vereinigenden  Vesikel.  Li 
ebenso  vielen  Fällen  freilich  tritt  die  Blase  von  vornherein  als  solche  auf,  ohae 
dafs  es  möglich  wäre,  ein  Stadium  vesiculosum  zu  unterscheiden,  sei  es  nun,  dals 
die  Epidermis  sofort  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  von  der  serösen  Flüssigkeit  abgebobeo 
wird,  sei  es,  dafs  der  ganze  Vorgang  sich  so  äufserst  schnell  abspielt. 

Die  Blase  kann,  wie  die  Vesikel,  regelmäfsig  halbkreisförmig,  ovalfir  oder  ab 
gerundet,  oder  auch  sie  kann  mit  unregelmafsigen  Bändern,  hervorspringenden  und 
eingezogenen  Winkeln  versehen  sein.  Die  letztere  Anordnung  findet  sich  namentÜck 
bei  solchen  Blasen,  die  aus  dem  Zusammenflufs  mehrerer  benachbarter  Elemente 
entstanden  sind.  Die  Blasen  sind  entweder  prall  gefüllt,  glänzend,  fast  hart  anra- 
fühlen  oder  doch  mindestens  elastisch.  Oder  sie  sind  —  häufiger  als  die  Vesikeln  — 
eingefallen,  schlaff,  die  Wände  gefaltet,  runzelig,  wobei  die  Flüssigkeit  dem  Oeaetx 
der  Schwere  folgt;  letztere,  d.  h.  der  flüssige  Inhalt,  kann  sich  dabei  sogar  in  ver 
Bohiedene  Lagen  absetzen,  die  um  so  dunkler  gefärbt  sind,  je  tiefer  sie  stehen. 

Die  Gröfse  der  Blasen  schwankt  für  gewöhnlich  von  der  einer  dicken  Erbse  bii 
zu  der  einer  Haselnufs,  kann  aber  auch  die  eines  Taubeneis,  einer  Wallnufs  ond 
eines  Hühnereis  erreichen.  Wenn  benachbarte  Blasen  zusammenflielsen,  so  bilden 
sich  bisweilen  ganz  unregelmäfsig  geformte,  ungeheure  Phlyktänen ;  so  hat  man  z.  B. 
ringförmige  Gebilde  um  die  Fufsknöchel  beobachtet.  Beim  selben  Patienten,  an  der 
selben  Körperstelle  treten  die  Blasen  in  allen  möglichen  Formen  und  Grofsen  auf 

Bei  noch  jungen  Blasen  ähnelt  der  flüssige  Inhalt  demjenigen  der  Vesikeln;  er 
ist  durchscheinend,  kristallinisch,  blafs-  bis  zitronengelb,  trübt  sich  aber  viel  leichter 
als  jener  und  wird  bald  opal  und  eiterig.  Die  Blase  verwandelt  sich  alsdann  in  eine 
Pustel,  flacht  sich  ab,  die  Haut  runzelt  sich.  Jedoch  sieht  man  ihr  auch  dann  den 
blasigen  Ursprung  immer  noch  an,  wie  denn  auch  bei  den  meisten  französischen  Be- 
abachtern  nur  von  durchscheinenden  oder  eiterigen  Blasen,  nicht  aber  von 
Pusteln  die  Bede  ist.  —  Die  Flüssigkeit  reagiert  für  gewöhnlich  alkalisch,  jedoch 
kommt  auch  saure  Reaktion  vor,  und  einzelne  Autoren  haben  sogar  behauptet,  dalt 
sie  in  den  Blasen  jüngeren  Datums  alkalisch,  in  den  älteren  dagegen  sauer  sei.  S» 
ist  eiweifshaltig  und  trübt  sich  beim  Kochen,  enthält  stark  lichtbrechende  Kömer, 
die  sich  bei  Behandlung  mit  Osmiumsäure  als  Fettkömer  erweisen,  femer  in  wech- 
selnder Menge  grölsere  und  kleinere  Leukocyten,  bisweilen  einzelne  rote  Blutkörper- 
chen und  manchmal  endlich  auch  gequollene  oder  zertrümmerte  Epidermiszellen; 
irgend  ein  besonderer  Mikrobe  ist  noch  durch  keine  der  bekannten  Methoden  darin 
anchgewiesen  werden.     Die   mit   der   Flüssigkeit   vorgenommenen   Autoinokulationen 


277 

tcheisen  noch  immer  erfolglos  gewesen  zu  sein.  —  In  manchen  Fallen  kann  die  Zahl 
der  roten  Blutkörpereben  recht  beträchtlich  werden,  es  treten  dann  rote  Fäden  im 
Innern  solcher  Blasen  auf,  ja,  letztere  können  sogar  ausgesprochen  hämorrhagisch 
werden. 

Der  Blaseninhalt  kann  aber  auch  noch  andre  Eigentümlichkeiten  aufweisen;  so 
enthielten  die  opal  gefärbten  Blasen  in  Beobachtung  30  (Batbr)  fast  immer  eine 
mattweilse  Pseudo -Membran,  die  zuweilen  etwas  blutig  infiltriert  war.  Beim  Öffnen 
zeigte  sich  nach  Entfernung  der  Pseudo-Membran  die  nackte,  stark  rot  gefärbte 
Cutis.  —  Im  Fall  8  (Duh&iitg)  bestand  der  Ausschlag  während  eines  bestimmten 
Krankheitsstadiums  aus  einer  Art  Blasen  von  Daumennagelgröfse,  die  goldgelb,  er- 
haben, wenn  auch  an  der  Spitze  etwas  abgeplattet  und,  wenn  überhaupt,  nur  von 
einem  geringen  Hof  umgeben  waren;  sie  enthielten  eine  dickliche,  konsistente,  orangen- 
farbene oder  mattgoldgelbe  Masse.  Sie  entstanden  sehr  schnell,  oft  in  10 — 15  Min. ; 
ihr  Wachstum  war  mit  einem  bienenstichartigen  Gefühl  und  nicht  mit  wirklichem 
Pruritus  verbunden,  der  Schmerz  dauerte  solange,  bis  der  Patient  sie  öffnete.  Sie 
waren  umschrieben,  fühlten  sich  fest,  aber  nicht  hart  an.  Öfinete  man  sie,  so  konnte 
man  als  Inhalt  eine  polpöse  Masse,  etwa  von  der  Konsistenz  einer  Kirsche  heraus- 
ziehen. Diese  sonderbaren  gelatinösen  Massen  lielsen  sich  zwischen  Daumen  und 
Zeigefinger  fassen  und  zerdrücken.  Die  Höhle,  die  nach  ihrer  Entfernung  zurück- 
blieb, enthielt  kein  Blut;  bisweilen  sickerte  eine  trübgelbe  Flüssigkeit  heraus;  diese 
Hohle  fiel  nicht  zusammen,  und  man  konnte  mit  einer  Fingerspitze  eindringen.  Zu- 
weilen füllte  sie  sich  von  neuem,  und  häufig  überraschend  schnell,  in  knapp  10  Min., 
mit  einer  ftinlichen  Masse,  wie  die  eben  entfernte,  die  aber  weniger  gelb  und  dünn- 
flÜBsiger  war.  Dieser  Ausschlag  heilte  in  einigen  Tagen,  ohne  die  geringste  Spnr 
nach  einer  leichten  Abschuppung  zu  hinterlassen. 

Wie  die  Vesikeln  können  sich  auch  die  Blasen  unmittelbar  auf  der  gesunden 
Baut  entwickeln  und  umgeben  sich  dann  meistens  mit  einem  roten,  bald  mehr,  bald 
weniger  breiten,  oft  kaum  wahrnehmbaren  Hof.  Aber  ihre  Entstehung  geht  auch  auf 
erythematösen  Flächen  vor  sich.  Sie  finden  sich  willkürlich  zerstreut  oder  in  Gruppen 
angeordnet,  in  letzterem  Fall  kommunizieren  sie  häufig  miteinander. 

Ihr  Verlauf  ist  wie  derjenige  der  Vesikeln;  sie  trocknen  entweder  unter  Bildung 
von  Schuppen  und  derben,  gelben  bis  braunen  Borken  ein,  oder  sie  gehen  in  Pusteln 
über.  Desgleichen  kommt  manchmal  wie  bei  den  Vesikeln  eine  zweite  Generation 
▼on  Blasen  ringsum  eine  zentrale  vertrocknende  Blase  oder  Vesikel  vor,  d.  h.  es 
bildet  sich  ein  peripherer  Kranz  von  Blasen,  die  häufig  zusammenfliefsen  und  immer 
viel  kleiner  sind,  als  das  primäre  Element.  Diese  Anordnung  findet  sich  namentlich 
bei  den  Pusteln. 

d.  Pusteln. 

Die  Pusteln  können,  wie  wir  gesehen  haben,  aus  den  Vesikeln  und  Blasen 
hervorgehen;  häufig  aber  entstehen  sie  auch  primär.  Ihre  Gröfse  schwankt  zwischen 
der  eines  Stecknadelkopfes  und  der  eines  IFr.-Stücks;  selten  erreichen  sie  die 
Grofse  der  Blasen,  haben  vielmehr  eine  Neigung  zu  kleinen  oder  mittleren  Ver- 
hältnissen. 

Die  kleineren  Pusteln  sind  spitz,  abgerundet,  oder  zuweilen  eckig  wie  die  Ve- 
sikeln; beim  Wachsen  fiachen  sie  sich  ab  und  gewinnen  zusehends  unregelmäfsigere 
Umrisse;  die  früher  prallen  Wände  falten  sich  und  werden  runzelig.  Ihr  Inhalt  ist 
mattweifs,  hellgelb  bis  schmutzig  dunkelgelb,  eiterförmig;  sie  sind  von  einem  mehr 
oder  weniger  grofsen  Hof  umgeben,  der  bald  dunkler,  bald  heller  rot  ist,  der  anfangs 
ganz  unbedeutend  sein  kann,  dann  aber  sehr  schnell  wächst,  zumal  wenn  es  sich  um 

Monatshefte.  Id 


278 


das  Entstehen  einer  neuen  Gruppe  handelt.     Die  Pusteln  gleichen  völlig  den  hnpetii»- 
oder  Erythema-Pusteln. 

Sie  treten  vereinzelt  oder  gruppenweise  auf  und  fliefsen  im  letzterem  Fall  gen 
zusammen.  Sie  haben  eine  ausgesprochene  Neigung,  sich  mehr  und  mehr  abznflaehea 
und  in  der  Mitte  einzutrocknen,  woselbst  sich  alsdann  ziemlich  schnell  eine  gelUicIis 
oder  bräunliche  Kruste  bildet.  Ringsherum  um  diese  Kruste  erscheint  dann  in  vidca 
Fällen  ein,  nicht  immer  ganz  geschlossener  Kranz  kleiner,  weiÜBlicher,  flacher  Posfab, 
die  jede  für  sich  stehen  oder  ineinanderfliefsen.  Es  sind  diese  Pusteln  zwcifter 
Generation  immer  kleiner,  namentlich  während  sie  entstehen,  als  die  zentrale  Matter 
pustel.  Letztere  ist  zuweilen  noch  gar  nicht  eingetrocknet,  sondern  noch  voiiiBf' 
reich,  flach,  runzelig,  während  um  sie  herum  schon  3  bis  4  oder  mehr  bei  weit» 
kleinere  peripherische  Pusteln  reifen  und  eine  Gruppe  bilden,  die  Dührivg  ab  be- 
zeichnend für  die  Varietas  pustulosa  seiner  Dermatitis  herpetiformis  ansieht  Soklie 
€hruppe  lagert  dann  auf  einer  grofsen  entzündlichen  Fläche.  —  Die  Pusteb  zwete 
Generation  vermögen  sich  nun  ihrerseits  wieder  zu  vergröfsem  und  den  Hittelpakt 
eines  unregelmäßigen,  unvollkommenen  Elranzes  abzugeben,  so  dafs  Kreislinien  la 
Pusteln  dritter  Ordnung  mit  den  verschiedenartigsten  Zeichnungen  entstehen. 

Diese  eben  geschilderte  Art  der  peripheren  Weiterverbreitung  scheint  nun  nicht 
immer  durch  die  Bildung  neuer  exzentrischer  Pusteln  vor  sich  zu  gehen,  sondeii 
manchmal  auch  dadurch,  dafs,  während  die  Pustel  in  der  Mitte  eintrocknet,  är 
eiteriger  Inhalt  einfach  weiterkriecht  und  die  benachbarte  Epidermis  abhebt;  mk 
einem  Wort,  die  Krankheit  verbreitet  sich  dann  wie  die  echte  Ekthyma-PusteL 

Reifst  der  Patient  die  Pustel  ab,  so  liegt  die  rote,  feuchte,  nässende  Cutis  nseh 
zutage.  Sich  selbst  überlassen  trocknet  sie  dagegen  zu  einer  Borke  ein,  deren  Eigen- 
schaften uns  noch  beschäftigen  werden.  Die  kleinen  Pusteln  brauchen  zu  ihrer  fiit* 
Wickelung  5 — 10  Tage,  die  gröfseren  8 — 20  Tage,  vielleicht  auch  längere  Zeit 

2.  Die  sekundären  Läsionen. 

a.  Krusten.  Schuppen. 

Die  Krusten  bilden  sich  fast  immer  aus  Pusteln  oder  aus  Blasen  mit  getrobtea 
Inhalt;  sie  sind  um  so  dicker,  je  gröiser  und  je  eiterhaltiger  das  Element  war,  td 
dem  sie  entstehen.  Bei  Vesikeln  und  durchscheinenden  Blasen  bleibt  es  hänfig  bä 
einer  lamellösen  Abschuppung,  bestehend  aus  mehr  oder  minder  derben  und  groliei 
EpidermisschoUen,  oder  aus  feinen,  graugelben,  bald  mehr,  bald  weniger  zuasrnm» 
haltenden  Krustchen,  unmittelbar  unter  denen  die  rosafarbene  bis  hellbraune  CotiB 
liegt.  —  Die  echten  Pusteln  wandeln  sich  in  entsprechend  grofse  Borken  um,  die, 
ihrem  Ursprung  entsprechend,  bald  rund,  bald  ovalär  oder  unregelmäfsig  und  winkefif 
sind.  Sie  sind  abwechselnd  bald  gelblich,  weich,  den  Impetigo-Borken  ähnlich,  beU 
graugelb,  in  der  Mitte  verdickt  und  fast  lamellenhaft  zart  gegen  die  Ränder  hin, 
bald  bräunlich  gelb  bis  tiefbraun,  sogar  schwärzlich  und  sanguinolent,  weich  und 
feucht,  oder  trocken  und  hart,  mehr  oder  weniger  festhaftend.  Sie  können  wdvßA 
entzündlichen,  figurierten  oder  regellosen  erythematösen  Flächen  au&itzen.  BdilA 
man  sie  frühzeitig  ab,  so  bleibt  eine  tief  rote,  exkoriierte  sanguinolente  oder  naaspoöe 
Fläche  zurück ;  meistens  lockern  sie  sich  und  fallen  von  selber  ab ;  die  Haut  dsnister 
ist  dann  bald  stärker,  bald  schwächer  gerötet,  gewöhnlich  nur  mattrosa  und  bereit! 
pigmentiert.  Stellenweise  scheint  es  zuweilen  auch  noch  zu  einer  wirklichen  Ab- 
schuppung zu  kommen,   so  auf  der  behaarten  Kopfhaut   bei   allgemeinem  Ausschh^ 

b.  Flecke.     Exkoriationen.    Hautverdickungen. 

Die  Flecke,  welche  die  Haut  des  Kranken  marmorartig  überziehen,  entstekee 
aus  Vesikeln,   Blasen,   und   besonders   aus   getrübten   Blasen   und   Pusteln.    Sie  M 


279 

Mhmntzig  ^b  bis  dunkelbraun  gefärbt,  echte  Pigmentflecke,  mit  der  Neigung,  all- 
nShlich  zu  verschwinden;  bei  andauernd  i^euen  Schüben  nehmen  sie  zu,  nach  Zahl 
ond  Starke.  Wenn  die  Krusten  abfallen,  so  zeigen  diese  Flecke  manchmal  noch  etwas 
erythematöse  Färbung,  die  auf  Fingerdruck  teilweise  verschwindet.  Jedoch  ver- 
lehwindet  diese  Färbung  sehr  bald  gänzlich,  und  es  bleibt  nur  noch  eine  stärkere 
oder  schwächere  bräunliche  Pigmentierung  zurück,  in  Form  und  Gröfse  dem  Ursprung- 
Ijohen  Element  entsprechend.  In  dem  Mafse,  wie  der  Ausschlag  sich  an  einer  be- 
•timmten  Stelle  wiederholt,  verändern  sich  hier  die  Grenzen  der  Pigmentflecke,  ihre 
färbe  wechselt,  und  es  kommt  dann  zur  Bildung  von  ausgedehnten  und  gesprenkelten 
Flecken  auf  der  Haut,  namentlich  den  Extremitäten. 

Hierzu  kommen  noch,  wie  bei  der  Phthiriasis  chronica,  die  Exkoriationen,  als 
Folge  des  Kratzens,  um  diese  Pigmentation  zu  verändern  und  zu  vermehren.  So 
sieht  man  denn  häufig,  dafs  in  Zeiten  des  Stillstands  die  Grundfarbe  der  Haut  eine 
bräunlich  gelbe  ist,  von  der  sich,  entsprechend  den  jüngsten  Elementen,  dunkler  ge- 
übte Flecke  abheben. 

Aufser  diesen  oberflächlichen,  infolge  von  Kratzen  entstandenen  Ezkoriationen 
kommt  es  nun  aber  auch  noch  zu  wirklichen  ülceratioaen,  die  ebenfalls  eine  Wirkung 
das  Kratzens  sind,  und  man  begreift,  dafs,  wenn  dieser  mächtige  Beiz  sich  mehrfach 
an  einer  Stelle  wiederholt,  die  Haut  sich  alsdann  allmählich  verhärten  und  ver- 
dicken kann. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Geobo  Fischbb.  Ober  Behandlung  der  Syphilis  mittels  intramnsknl&rer  In- 
jektionen Yon  Hydrargynun  salicylicam.    Inaug.-Dissertation.    Würzburg  1889. 

Bericht  über  15  Fälle  von  Syphilis,  bei  welcher  Hydrarg.  salicyi.  in  10  %  öliger 
Lösung  (0,1  Hydrarg.  salicyi.  p.  dosi)  zur  Verordnung  kam.  Die  Injektionen  wurden 
anßnglich  alle  8  Tage  einmal,  später,  als  sich  dieses  Verfahren  als  zu  schwach  erwies, 
wöchentlich  zweimal  vorgenommen.  Dieses  Präparat  verursachte  keine  unangenehmen 
Lokalerscheinungen,  vor  allem  keine  Infiltrationen  (Abscesse),  die  Schmerzen  waren 
sehr  gering,  nie  kamen  gastrische  Erscheinungen  zur  Beobachtung,  Stomatitis  trat 
einige  mal  auf,  doch  nie  auf  längere  Zeit  oder  von  solcher  Intensität,  dafs  die 
Injektionen  ausgesetzt  werden  mufsten.  Zweimal  wurde  ein  Erythema  mercuriale 
beobachtet.  In  den  leichteren  Fällen  genügte  eine  solche  Behandlung,  bei  schweren 
mulsten  noch  Inunktionen  beigegeben  werden,  besonders  gut  schien  sich  dieses 
Präparat  für  Becidive  zu  eignen. 

Die  Zahl  der  Injektionen  für  die  einzelneu  Fälle  schwankte  zwischen  4—10. 
Die  Arbeit  wurde  unter  der  Leitung  des  Beferenten  gemacht. 

Seifert-  Würzburg. 


L.  Banvikb,  Membre  de  Tlnstitut,  Professeur  d'Anatomie  generale  au  College 
de  France,  Membre  de  l'Aoad^mie  de  M^decine.  Traitö  teclmiane  d'Histologle. 
Deuzidme  j^dition.  Avec  414  gravures  dans  le  texte  et  une  planche  chromolitho- 
^(rapbee.    Paris,  Librairie  F.  Savt.  1889. 


280 

Eine  neue  Auflage  dieses  klassischen  Werkes  liegt  vor  uns.  Beferent  virde 
es  für  Überhebung  halten»  wenn  er  mehr  geben  wollte,    als   die  Anzeige  dei  Bodiei. 

Wir  wollen  nur  darauf  hinweisen,  dafs  die  Ausstattung  —  im  Gegensatz  n  lo 
vielen  Werken  dieses  Faches  bei  uns  —  eine  geradezu  mustergültige  ist.  Die  „GrtTURt^ 
sind  von  einer  Sphärfe,  Klarheit  und  Sauberkeit,  die  wirklich  daa  höchste  Lob  rth 
dienen.  — 

Wir  haben  eingehend  den  Abschnitt  über  die  Haut  studiert,  zu  deren  genaoerer 
Kenntnis  ja  Ranvieb  selbst  so  viel  Wertvolles  beigetragen  hat,  und  müssen  der 
grofsen  Sachlichkeit,  dem  klaren,  unparteiischen,  dem  Texte  in  Anmerkungen  bei- 
gegebenen  Resume  der  Ansichten  andrer  Forscher  die  gröfste  Anerkennung  zu  teä 
werden  lassen.  Mit  gewifs  nicht  unberechtigter  Freude  kann  es  uns  erfüllen,  wenn  int 
sehen,  daüs  in  den  Citaten  die  deutsche  Litteratur  weitaus  den  ersten  Platz  einninoDi 

van  Düring-Hamburg. 


Dr.  W.  Ellenbebgeb,  Professor  an  der  Konigl.  Tierarzneischule  in  DresdeB. 
Handbucli  der  vergleichenden  Histologie  und  Physiologie  der  Hanss&ngetien; 
Erster  Band:  Vergleichende  Histologie  der  Haussäugetiere.  Berlin,  Pici 
Pabby.  1888.    Preis  Mk.  25  —. 

Das  vorliegende  Werk,  dessen  Mitarbeiter  Prof.  Bonnet  (München),  Prof.  CsoKtt 
(Wien),  Prof.  Eichöaüm  (Giefsen),  Prof.  Ellenbeboeb  (Dresden),  Dozent  Schlür 
(München),  Prof.  Flesch  (Bern),  Prof.  Kitt  (München),  Prof.  StJssDOBF  (Stuttgirt), 
Prof.  Tebeg  (Hannover)  sind,  müssen  wir  als  ein  hochwillkommenes  bezeichnen.  Wir 
haben  schon  verschiedentlich  mit  grofsem  Nutzen  für  die  verschiedensten  Kapitel  der 
Anatomie  von  diesem  Werke  Gebrauch  gemacht. 

Es  ist  nicht  möglich,  jedes  einzelne  Kapitel  einer  eingehenden  Besprechung  n 
unterziehen. 

Sehr  gut  ist  der  dem  Werke  vorausgeschickte  allgemeine  Teil,  und  besondoi 
hat  uns  hier  die  für  das  Selbststudium  so  sehr  förderliche  Anordnung  in  der  „Methode 
der  mikroskopischen  Untersuchung  von  Süssdobf  gefallen. 

Von  dem  speziellen  Teil  hat  uns  natürlich  besonders  die  Histologie  der  Hnt 
und  Anhänge  interessiert,  der  von  Bonnet  in  ausgezeichneter  Weise  behandelt  ist 

Der  Verfasser  hat  ja  selbst  als  Forscher  auf  diesem  Gebiete  einen  guten  Nunea. 
Wenn  die  neuere  Litteratur  nicht  bis  zur  letzten  Zeit  hat  benutzt  werden  konsea, 
so  hat  das  wohl  seinen  Grund  in  der  Natur  des  Sammelwerkes:  die  Teile  müsKB 
häufig  auf  das  Erscheinen  des  Ganzen  längere  Zeit  warten. 

B.  kommt  auf  Grund  seiner  Untersuchungen  im  allgemeinen  zu  Ergebnissen,  die 
sich  mit  den  von  Unna  gewonnenen  decken.  Die  Namen  „Bonnet,  Unna,  Waldbih' 
sind  in  den  Citaten  dieses  Abschnittes  die  am  häufigsten  wiederkehrenden. 

Es  wäre  sehr  zu  wünschen,  dafs  allmählich  eine  einheitliche  Nomenklatur  in  der 
Histologie  der  Haut  und  ihrer  Anhangsgebilde  eingeführt  würde. 

Die  von  Bonnet  gewählte  entspricht  im  allgemeinen  der  uns  geläufigen. 

Mit  Unna  ist  Bonket  der  Ansicht,  dafs  das  elastische  Gewebe  der  Hast  die 
Funktion  von  Antagonisten  der  in  der  Haut  befindlichen  Muskeln  habe. 

An  Stelle  der  alten  Bezeichnungen  „Hornschicht  und  Schleimsohicht^  empfiehlt 
B.  die  von  Unna  eingeführten  Bezeichnungen  zu  benutzen. 

B.  nimmt  mit  Waldeyeb  an,  dafs  die  Kömer  des  Strat.  granulös.  Keratohyitifl 
seien.  (Diese  Frage  ist  wohl  durch  die  neuere  Arbeit  von  Buzzi  ihrer  Entscheidiaf 
bedeutend  näher  geführt.) 

19* 


J 


281 

Nach  der  vorliegenden  Abbildang  gibt  der  Nasenspiegel  der  Katze  ein  besonders 
geeignetes  Material  zum  Studium  der  Epidermis. 

Für  den  besten  Teil  dieses  Abschnittes  halten  wir  das  Kapitel  über  die  Haare. 

Auch  hier  decken  sich  die  üntersuchungsergebnisse  B.s  und  die  Nomenklatur 
im  wesentlichen  mit  der  von  Unna.  Wir  müssen  gestehen,  selten  eine  so  klare, 
knappe  Barstellung  des  Wachstums,  der  Entwickelung  und  des  Wechsels  der  Haare 
gelesen  zu  haben;  der  letzte  Punkt  ist  vielleicht  etwas  zu  knapp  weggekommen. 

Erwähnenswert  erscheint  uns  noch  besonders,  was  B.  über  die  eigne  Muskulatur 
der  Drüse  (sc.  Hautdrüse,  pag.  430)  und  über  die  Haarbalgdrüsenmuskeln  (pag.  435)  sagt 

„Die  eigne  Muskulatur  der  Drüse  ist  in  ihrer  Entwickelung  unabhängig  von  der 
Orofse  der  Drüse,  um  so  stärker  ausgebildet,  je  fetter  (zähflüssiger)  das  Drüsensekret 
ist  und  je  weniger  durch  benachbarte,  willkürliche  Muskulatur  oder  Haarbalgdrüsen- 
muskeln die  Sekreten tleernng  begünstigt  wird." 

„.  .  .  .  An  vielen  Regionen  der  Haut  mit  grofsen  Knäueldrüsen  umscheidet  der 
Kuskel  den  Ezkretionsgang  (der  Haarbalgdrüse)  ein  nicht  unbeträchtliches  Stück  weit 
imd  strahlt  sogar  mit  reichlichen  Muskelfasern  auf  die  Oberfläche  des  Drüsenkörpers 
tos.  Mitunter  sah  ich  auch  einen  besonderen  fächerförmigen  Ast  zur  Knäueldrüsen- 
oberfiache  hinziehen.  Die  Beziehung  des  Muskels  zur  Knäueldrüse  scheint  vielfach 
intimer  zu  sein,  als  die  zum  Haarbalge.*' 

„Die  Länge  des  Muskels  steht  in  geradem  Verhältnis  zur  Länge  des  Haarbalges, 
•eine  Dicke  aber  ist  proportional  nicht  der  Entwickelung  des  Haares,  sondern  der 
lam  Haarbalg  gehörigen  Drüsen,  speziell  der  Schlauchdrüsen." 

Die  Wirkung  der  glatten  Hautmuskeln  ist  (worauf  zuerst  Unna  hingewiesen 
hat)  dadurch,  dais  dieselben  ihren  fixen  Punkt  am  Haarbalge  haben  und  deshalb 
bei  ihrer  (in  einer  Region  stets  gleichzeitig  eintretenden)  Kontraktion  die  Haut  im 
Dickendurchmesser  verkürzen,  physiologisch  von  grolser  Wichtigkeit.  Es  wird  dadurch 
refpilatorisch  auf  die  Blut-  und  Lymphzirkulation  und  somit  auf  Drüsensekretion, 
Hantperspiration  und  Wärmeökonomie  gewirkt. 

Die  folgenden  Absätze  sind  den  vorhergehenden  ebenbürtig,  klar  und  mit  in- 
struktiven Zeichnungen  reichlich  versehen.  Was  die  Ausführung  der  Abbildungen 
betrifft,  so  könnte  sich  allerdings  der  Verleger  an  der  des  RANVisnschen  Werkes  ein 
Beispiel  nehmen.  von  Düring-Hamburg. 


C.  Manchot.  Die  Hantarterlen  des  menschliclien  Körpers.  Mit  9  Tafeln. 
Leipzig,  Verlag  von  F.  C.  W.  Voqkl.    1889.    Preis  M.  12. 

Diese  als  Beantwortung  einer  von  der  medizinischen  Fakultät  zu  Strafsburg 
gestellten  Aufgabe  verfafste  Arbeit  will  erstens  die  in  der  Kenntnis  der  arteriellen 
Versorgung  der  Haut  vorhandenen  Lücken  ausfüllen  und  zweitens  das  etwa  in  der 
Verteilung  der  Hautarterien  liegende  Gesetz  aufsuchen. 

Eine  systematische  Bearbeitung  der  Hautarterien  fehlte  bis  jetzt  gänzlich,  denn 
nixr  diejenigen  des  Kopfes,  des  Fufses,  der  Hand,  der  Knie-  und  Ellbogengegend  sind 
genauer  beschrieben.  Unter  steter  Berücksichtigung  der  bereits  in  der  anatomischen 
Litteratur  niedergelegten  Bemerkungen  über  verschiedene  Hautarterien  ergänzt  Verf. 
das  noch  Fehlende  durch  eine  grofse  Beihe  neuer,  eigner  Beobachtungen,  über 
welche  das  Beferat  nur  einen  kurzen  Überblick  gewähren  kann. 

Hautarterien  des  Rückens,  der  Lenden-  und  Kreuzgegend.  Ihr  Ur- 
sprung aus  den  Interkostal-,  Lumbal-  und  Sakralarterien  ist  bekannt,  jedoch  blieb 
bis  jetzt  ihr  regelmäfsiger  Verlauf  und  ihre  gesetzmäfsige  Anordnung  unberücksichtigt. 


282 

£8  treten  nämlich  der  ganzen  Wirbelsäule  entlang  die  medialen  Zweige  der  nmi 
musculo-cutanei  zwischen  den  Spitzen  der  Wirbeldome  ans  und  verlanfen  latenhraiti, 
entsprechend  den  Wirbel-  und  Rippensegmenten.  Alle  medialen  Zweige  stehen  noter 
sich  und  mit  denjenigen  der  andern  Eörperhälfte  in  anastomotischer  Verbtndv^. 
Die  lateralen  Zweige  der  rami  musculo-cutanei,  am  stärksten  in  der  Lendengegendi 
entwickelt,  gehören  ihrem  Ursprünge  nach  nicht  immer  dem  Bippenflegment  u^ 
dessen  Haut  sie  versorgen. 

Das  seitliche  Rumpfgebiet  wird  von  den  lateralen  perforierenden  Ha^ 
muskelästen  der  Interkostalarterien  ernährt,  welche  Aste  bei  ihrem  Austritt  ans  dan 
Muskeln  in  dorsale  und  ventrale,  den  Rippen  parallel  verlaufende  Zweige  zerfüka. 
Das  obere  seitliche  Brustgebiet  bezieht  seine  Hautarterien  auXserdem  noch  ans  fJatm 
Ursprünge  nach  sehr  wechselnden  Verzweigungen  der  Thorax-  und  Snbskspnir> 
arterien,  deren  Endausbreitungen  aber  parallel  den  Rippen  angeordnet  sind. 

Die  eben  beschriebenen  Hautarterien  stehen  unter  sich  und  mit  denjenigen 
hauptsächlich  von  der  Arteria  mammaria  interna  ernährten  vorderen  Brnstwii«! 
in    Anastomose.    Entgegen   Htbtl   findet   Verf.,   dafs   die   Brustwarze  und  der 
nicht  von  der  intercostalis  IV,  sondern  von  rami  perforantes   der  Mammaria  im 
und  den  Thoraxarterien  hauptsächlich  versorgt  werden.    Unter  den  Hautzweigen 
vorderen   Intercostales   zeichnen   sich    besonders   die   der   zweiten    Interk 
zugehörigen  durch  ihr  Ausbreitungsgebiet  aus.    An  der  Bildung  des  anastomotiiehaij 
Netzes   der   Brust   ist   hauptsächlich    eine  Thoraxarterie  beteiligt,  die  noch 
erwähnt  ist;    sie   verläuft   von   der  Achselhöhle  auf  dem  lateralen  Rande  des 
pect.  maj.  bis  zur  5.  oder  6.  Rippe  herab. 

Vordere  Bauchwand.  Von  den  beiden  Endästen  der  Mammaria  interna 
der  schwächere  zwischen  den  Eostalursprungen  des  Muse,  pectoralis  und  Hose,  reill 
abdom.  zur  Haut  des  6.  Interkostalraumes,  der  stärkere  auf  der  Bektusscheide 
zum  Nabel,  wo  seine  Eudzweige  mit  den  Hautzweigen  der  Interkostalarterien  ni 
den  aufsteigenden  Asten  der  Art.  epigastrica  superfic.  anastomosieren. 

Untere  Bauchgegend  hauptsächlich  von  Hautzweigen  der  zuletzt  genanntoi 
Arterie    versorgt,    mit   Ausnahme    eines   kleinen   Gebietes    oberhalb  der 
welches   von   bisher   unbeschriebenen   Abdominalzweigen    der   Art.   pndenda 
ernährt  wird. 

Seitliche  Bauchgegend  weist  die  rami  perf.  laterales  der  eigentlicb» 
Lumbaiarterien  auf,  welche  eine  den  Wirbelsegmenten  entsprechende  Anordniug 
zeigen. 

Von  der  Haut  der  männlichen  Leisten-  und  Geschlechtsgegend  wizd 
der  vordere  Bezirk  von  Asten  der  Art.  pud.  ext.  versorgt,  und  zwar  nach  Beobtdi 
tungen  des  Verf.s  meist  so,  dafs  die  Art.  pud.  ext.  snperior  sich  auf  das  Anfuigsstöd 
der  Skrotalhaut  beschränkt,  während  das  übrige  der  Art.  pud.  ext.  inferior  zugetolt 
ist,  deren  rami  scrotales  ant.  an  der  lateralen  Wand  mit  Hautzweigen  der  Art  obti« 
ratoria  anastomosieren.  Die  beiderseitigen  Art.  dorsales  penis,  durch  Vena  doi. 
penis  voneinander  getrennt,  stehen  nach  Verf.  durch  zahlreiche  feine  horizontal« 
Aste  in  Verbindung.  Die  Art  perinea  superficialis  versieht  nach  Verf.  mit  latenka 
Zweigen  auch  ein  ziemlich  ausgedehntes  Hautgebiet  an  der  hintern  medialen  üid» 
des  Oberschenkels. 

Beim  Weibe  ist  die  Anordnung  der  Hautarterien  dieser  Gegend  trotz  rninchr 
Abweichungen  entsprechend  derjenigen  beim  Manne,  wenn  man  nur  die  entwickehog»- 
geschichtlich  gleichwertigen  Teile  miteinander  vergleicht. 

Die  Hautarterien  der  vorderen  und  seitlichen  Halsgegend  sind  in  dff 
Litteratur  kaum  erwähnt.   Nach  den  Beobachtungen  des  Verf.B  gehört  das  Hantgebvt 


283 

«nf^  ober-  and  unterhalb  der  Clavicula  der  Art.  transversa  scapulae  an,  der  Haut- 
bezirk  darüber  2—3  Arterien,  welche  von  dem  lateralen  Eande  des  Platysma  median- 
wärts  parallel  dem  Schlüsselbein  laufen,  dann  folgt  nach  oben  das  Gebiet  der  Art. 
cervicalis  snperfic,  deren  Hautzweige  mit  den  eben  aufgeführten  anastomosieren. 

Kopf.  Hautmuskeläste  der  Carotis  externa  schon  eingehend  beschrieben;  es 
blieben  Verf.  noch  die  Hautarterien  der  Ohrmuschel  und  das  Hautarteriennetz  der 
Schädelkappe.  Das  Verästungsgebiet  der  ersteren  ist  so  konstant,  dafs  als  Begel 
aufgestellt  werden  kann:  der  obere  und  vordere  Ohrmuschelteil  mit  Tragus  bis  zur 
Incisura  intertragica  gehört  den  Aa.  auric.  anter.  an,  das  Gebiet  der  A.  auric.  post. 
umfafst  den  hinteren  Ohrmuschelrand  mit  dem  Ohrläppchen.  —  Verf.  macht  bei  den 
Hautarterien  der  Schädelkappe  darauf  aufmerksam,  dafs  die  unregelmäfsig  viereckigen 
Maschen  des  Arteriennetzes  so  orientiert  sind,  dafs  die  gröfsere  Diagonale  immer  der 
SagitalUnie  parallel  verläuft. 

Zu  den  bekannten  Hautarterien  des  Nackengebietes  fügt  Verf.  noch  3 — 5Aa. 
eervic.  desc.  soperf.,  welche  in  der  Richtung  der  Muskelfasern  des  Trapezius  zur  Spina 
scapulae  herabziehen,  hinzu  und  für  das  Gebiet  der  Fossa  infraspinata  einen  starken 
Hautast,  welcher  aus  der  A.  subscap.  entspringt  und  mit  den  Hautzweigen  der  A. 
transversa  colli  und  transversa  scapulae  anastomoeiert.  Alle  Hautarterien  verlaufen 
init  ihren  Endzweigen  schräg  abwärts  nach  aulsen. 

Für  den  hinteren  Schulterbezirk  findet  Verf.  einen  ganz  speziellen  Hautast 
der  A.  circnmflexa  humeri  post.  (A.  subcutanea  deltoidea  post.  des  Verf  s).  In  der 
Begel  wird  auch  das  vordere  Schultergebiet  von  besonders  starken  Hautzweigen  aus 
der  A.  thoracico-acromialis  versorgt. 

Die  Hautarterien  der  oberen  Extremität  sind  mit  Ausnahme  der  Ellbogen- 
gegend in  der  Litteratur  nur  spärlich  bedacht.  Zwar  sind  sie  ihrem  Ursprünge  nach 
anjCsevordentlich  wechselnd,  aber  ihre  Endverzweigungen  sind  in  der  Ausbreitung  und 
Richtung  sehr  konstant.  Nach  Verf.  wird  die  Haut  der  äufseren  lateralen  Hälfte  des 
Oberarms  versorgt  von  A.  collat.  rad.  inf.,  deren  hintere  Endzweige  horizontal  ver- 
laufen, während  deren  vordere  teils  horizontal,  teils  schräg  nach  vorne  gehen.  Sie 
wird  nach  oben  ergänzt  von  den  ebenfalls  horizontal  ziehenden  Endästen  der  A.  cir- 
eomflexa  humeri  post.  Das  untere  Bicepsgebiet,  sowie  das  mediale  Oberarmgebiet 
erhält  direkte  Hautzweige  aus  der  Brachialis,  welche  ebenso  wie  diejenigen  der 
A.  collat.  ulnaris  sup.  entweder  horizontal  oder  schwach  auf-  oder  absteigend  ver- 
laufen. 

Die  Hautarterien  des  Unterarmes  schildert  Verf.  ebenfalls  nach  eignen  Beob- 
achtungen: die  radiale  Aufsenseite  und  ein  kleiner  Teil  der  Beugeseite  gehören 
der  A.  radialis  an,  während  alles  übrige  von  der  A.  ulnaris  versorgt  wird,  mit  Aus- 
nahme der  Streckseite  des  ulnaren  Bezirks,  welche  Hautästen  der  beiden  A.  interosseae 
angehört.    Die  meisten  Endzweige  verlaufen  schräg  abwärts. 

Die  Hautarterien  des  Gesäfses  konvergieren  alle  nach  dem  Troch anter  major: 
daher  ziehen  die  betreffenden  Zweige  der  A.  glutaea  schräg  lateral  abwärts,  die 
der  A.  ischiadica  horizontal  lateral,  die  des  unteren  medialen  Gebiets  schwach  auf- 
steigend. 

Das  hintere  Oberschenkelgebiet  wird  versehen  von  horizontalen  oder 
schwach  absteigenden  Hautzweigen  der  Aa.  pudenda  interna,  ischiadica,  circumfl.  fem. 
med.  und  4 — 6  ebenfaUs  schwach  absteigenden  Asten  aus  den  Rami  perf.  der  A. 
prof.  fem.  Die  Hautarterien  des  vorderen  Oberschenkelgebiets  stammen  aus  der  A. 
croralis,  sind  mehr  oder  minder  geschlängelt  und  entsenden  auf-  und  absteigende 
Zweige.  Der  laterale  Bezirk  gehört  Ästen  aus  der  A.  prof.  fem.  an,  welche  teils 
aenkrecht  nach  abwärts,  teils  schräg  verlaufen. 


284 

Am  hintern  Unterschenkel  gehen  die  Haatarterien  aus  dem  medialen  vad 
lateralen  Ast  der  Aa.  surales  unter  spitzen  Winkeln  nach  abwärts,  dazu  komoMi 
noch  (nach  Verf.)  3  zwischen  den  ürsprangsköpfen  des  M.  gastrocnemios  he^To^ 
tretende  Arterien.  Die  Endzweige  aus  der  A.  tibialis  antica  und  postica  am  medialea 
und  lateralen  vorderen  ünterschenkelgebiet  ziehen  in  vertikaler  Richtung  nach  aof- 
und  abwärts.  — 

An  diesen,  von  uns  soeben  kurz  durchgegangenen  ersten  Teil  der  Beachrabaag 
anatomischer  Thatsachen  schliefst  Verf.  eine  Reflexion  an  über  die  Ursachen  der 
gefundenen  Gesetzmäfsigkeit  in  den  Verbreitungsgebieten  der  Hautarterien,  vekhc 
Gesetzmäfsigkeit  auffällig  ist  gegenüber  dem  Wechsel  in  den  Ursprüngen  und  in  da 
Austrittsstellen  aus  den  Muskeln.  Diese  Erscheinung  ist  abhängig  von  der  Entwi^ 
lung  des  Geföfssystems,  welches  bekanntlich  von  der  Peripherie  aus  nach  dem  Zcb- 
trum  zu  wächst  Da  die  erste  Anlage  des  Embryo  metomer  ist,  so  spricht  sich  diem 
Verhältnis  überall  dort  an  allen  Organ  Systemen,  also  auch  im  Gefäfsverlaaf  aus,  vo 
es  nicht  durch  sekundäre  Wachstumsprozesse  gestört  ist.  In  der  Cutis  mit  üms 
Enden  fixiert,  müssen  die  Hautarterien  wiederum  vom  Hautwachstum  in  ihrer  Yer 
laufsanordnung  abhängen.  So  ist  z.  B.  am  Rumpfe  die  metamerale  Anlage  der 
Hautarterien  aus  den  Interkostal-Lumbal-Sakralgefaüsen  noch  bewahrt,  wohingegen 
am  Nacken  die  nach  der  Spina  scapulae  zu  konvergierenden  5 — 6  oberen  Hantarterus 
offenbar  durch  Zug  in  diese  Lage  erst  später  gebracht  worden  sind.  Durch  Streckanf 
des  Körpers  sind  die  anfangs  nahe  beieinander  entspringenden  Aa.  epigastrica  soparf. 
sup.,  epigastr.  sup.  inf.  und  pudenda  ext.  voneinander  getrennt  worden,  so  dab  sie 
entgegen  der  allgemeinen  Anordnung  der  Hautarterien  des  Bauches  der  Länge  nscfa 
statt  quer  verlaufen.  Auch  über  die  eigentümliche  Hautarterienanordnung  am  Halte, 
im  Gesichte,  des  äufseren  Ohres,  der  äusseren  Geschlechtsteile  sucht  Verf.  durch  Hin- 
weis auf  embryonale  Wachstums  Vorgänge  Licht  zu  verbreiten.  Es  ist  hier  jedod, 
nach  Meinung  des  Referenten,  der  Haut  eine  allzu  passive  Rolle  zugewiesen,  weai 
Verf.  (S.  49)  sagt:  „In  ihrem  Wachstum  und  in  ihrer  Spannung  hängt  die  Hsot 
durchaus  von  dem  Wachstum  des  Körpers  ab,  den  sie  umschliefst",  und  ferner 
S.  51:  „Der  Austritt  der  Hoden  aus  der  Leibeshöhle  und  die  dadurch  hervor 
gerufene  Ausstülpung  des  Hodensackes.''  Bekanntlich  ist  aber  schon  vor  dem  D» 
census  testiculi  der  Hodensack  ausgebildet;  und  ebenso  wie  die  Schwimmhaut  zwisclia 
den  Fingern,  das  Ohrläppchen,  der  Präputialsack  Zeichen  selbständigfen  Hantmcb' 
tums  sind,  sprechen  auch  diejenigen  Hautpartien,  welche  nicht  gespannt  sind  (KopC 
Hohlhand,  Fufssohle)  für  die  Selbstthätigkeit  der  Haut.  Es  wird  daher  anch  ent 
durch  vollständige  Kenntnis  des  Wachstums  sowohl  des  Körpers  wie  der  Hant  die 
Anordnung  der  Hautarterien  gesetzmäfsig  abgeleitet  werden  können." 

Schliefslich  wird  auch  das  Hervorsprosssen  der  Extromitätenanlagen  anf  die 
Hautarterien  derselben  einen  richtenden  Einflufs  ausüben.  (Hier  ist  auÜserdem  noek 
die  Torsion  der  Extremitäten  in  Betracht  zu  ziehen.    Ref.) 

Verf.  weist  auf  die  Übereinstimmung  der  Richtungsverhältnisse  der  Hantarterieo 
mit  der  Richtung  der  LANGEBschen  Spaltbarkeitslinien  hin,  welche  ganz  besonden  in 
Hautgebiete  des  Kopfes,  Nackens,  Rückens,  der  Genitalgegend,  Brust,  seitUcheB 
Bauchwand  und  der  Extremitäten  hervortritt. 

Dieselben  Ursachen,  welche  die  Bindegewebsfasern  der  Cutis  und  mit  ihnen  ö» 
Hautarterien  richteten,  mufsten  auch  auf  die  Hautnerven,  -venen,  -lymphgefa&e  ibna 
Einfluüs  ausüben.  Verf.  beschränkt  sich  auf  einen  Vergleich  zwischen  dem  Verittf 
der  Hautarterien  und  -nerven,  wobei  nur  zu  berücksichtigen,  dafs  erstens  die  Ver- 
schiedenheit dieser  Gewebe  auch  einen  Unterschied  im  Wachstum  bedingt,  and  ds6 
femer  die  ersteren  von  der  Peripherie  zum  Zentrum,  letztere  in  umgekehrter  Bichtafl^ 


285 

rieh  entwickeln.  Wo  die  primäre  Anlagfe  aach  beim  Erwachsenen,  wie  im  Hautgebiet 
des  Rampfes,  bewahrt  ist,  da  stimmen  die  Richtungen  von  Nerven  und  Arterien 
antsprechead  dea  Metameren  vollständig  überein,  wohingegen  wie  im  Hals-  und 
E^ackengebiet,  am  Bauche  etc.  spätere  Waohstumsprozesse  eingegriffen  haben,  da 
decken  sich  Nerven  und  Arterien  in  ihrer  Anordnung  nicht.  Besonders  merkwürdig, 
dem  Entwickelun^sgange  nach  aber  leicht  verständlich,  ist  die  absolute  Uberein- 
itimmung  der  Verteilung  der  Haut  nerven  und  -arterien  am  äufsem  Ohre.  Die  Teile 
der  Muschel,  welche  aus  dem  vordem  Rande  der  embryonalen  Eiemenspalte  hervor- 
Ijegangen,  beziehen  ebenso  ihre  Nerven  wie  Arterien  aus  einer  andern  Quelle,  wie 
diejenigen,  welche  sich  aus  dem  hintern  Rande  ableiten.  Den  Aa.  auriculares  ant. 
aus  der  A.  temporalis  superf.  entsprechen  die  Nn.  anric.  ant.  aus  dem  N.  aurigulo- 
temporaÜB  —  der  A.  aurio.  post.  die  Hautzweige  des  N.  auric.  magnus  aus  dem  Gervikal- 
plexus. 

An  der  sranzen  Kopfhaut  zeigt  sich  aufser  der  Kongruenz  der  Yerbreitungs- 
gebiete  von  Nerven  und  Arterien  auch  noch  eine  weitgehende  Übereinstimmung  in 
ihrer  Hauptrichtung. 

Am    Sohlasse   seiner  überaus    verdienstvollen  Arbeit  wirft  Verf  einen  Blick  auf 
das  patholosrische  Verbal tea   der    Haut  bei  Krankheiten  wie  Herpes  Zoster,  Psoriasis 
u.  a.,   für   deren  Verstäaiuis    eine  '^„genaue  Kenntnis  der  Hautarterien  ihm  von  Be- 
deutunor^  zu  sein  scheint.    Er  bezieht  sich  hier  auf  Kaposi,   nach  dem  „viel  IJrsäch' 
liches   in  der  wenig  bekannten    feineren  Geföfsverteilung  zu   suchen  sei.''    Offenbar 
sind   die   mikroskopisohen   Gefäfsverhälnisse   gemeint,   die   doch  eigentlich  allein  bei 
den  physiologischen  Vorgängen  in  der  Haut  in  Betracht  kommen.    Bei  dem  überraus 
reich  entwickelten  Anastomosen  ist  es  für  die  Ernährung  einer  gegebenen  Hautpartie 
im  allgemeinen  irrelevant,  von  welcher  Arterie  ihr  Kapillarbezirk  gespeist  wird,  wenn 
er  überhaupt  nur  mit  Blut  versorgt  wird.   Eine  Morphologie  dermatologischer  Krank- 
heitsformen   ist  nur  möglich  auf  Grundlage  sowohl  ätiologischer  wie  anatomo-physio- 
logischer  Kenntnisse,  welche  in  gründlichster  Weise  die  topographischen  Verhältnisse 
der  Haut   berücksichtigen.     Was    die    Zirkulationsverhältnisse   betrifft,  so  ist  bereits 
durch  ToxsA    der   Anfang   gemacht,    für  dessen  Arbeit  ebenso  eine  vollständige  Er- 
gänzung   zu   hoffen   ist,   wie    sie    unserm   Wissen  in  der   allgemeinen  Anatomie  der 
Hautarterien  durch  die  vorliegende  Abhandlung  von  C.  Manchot  zu  teil  geworden  ist. 
Schliefslich   verdienen   die    nach   eignen  Beobachtungen  des  Verf.  angefertigten 
Zeichnungen   und   deren  Wiedergabe    auf  8  Tafeln  eine  ganz  besonders  lobende  Er- 
wähnung. Ludwig  Fhüippson-Hamburg. 


E.  SoHWBKivoEB.  Mitteilungen  aus  der  dermatologischen  Klinik  des  Königlichen 
Chariti'Krankenhauses  eu  Berlin,    1888.    Heft  IV— VII. 

Das  vierte  Heft  enthält  eine  Arbeit  von  Dippb:  Beitrag  znr  Behandlnng 
chroniBcher  UnterscheiikelgeselLWÜre  und  eine  von  Leopold,  Beitrag  zur  Ana- 
tomie dea  Komedo  und  der  Akne  vulgaris.  Folgendes  Verfahren  wurde  auf  der 
ScHWEinNGEitschen  Abteilung  mit  Erfolg  zur  Heilung  grofser,  vernachlässigter  Unter- 
achenkelgeschwüre  angewandt.  Nach  gründlicher^  Reinigung  des  Unterschenkels  mit 
Beife,  des  Geschwürs  mit  Karbol-  oder  Ealiumpermanganatlösung,  wurde  das  Geschwör 
ca.  8  Tage  lang  mit  feucht  gehaltenen  Kompressen  bedeckt.  Dieselben  wurden  alle 
6  Stunden  gewechselt  und  dabei  das  Geschwur  wiederum  gereinigt.  Zur  Anfeuohtung 
diente  physiologische  Kochsalzlösung.  Nach  8  Tagen  wurde  das  Geschwür  nach 
NuBSBAüM  umschnitten  und  wiederum  8  Tage  mit  den  Kompressen  bedeckt  gehalten, 


286 

bis  die  Binne  und  das  Geschwür  mit  guten  Granulationen  ausgekleidet  waren.  Auf 
diese  wurde  nun,  wenn  es  nötig  erschien,  nach  Thibbsoh  mit  möglichst  groCMn 
Lappen  transplantiert  und  sodann  das  Geschwür  mittels  sich  teilweise  deckender 
Heftpflasterstreifen  unter  leichter  Kompression  verbunden,  wobei  transplantierte 
Oberhautstückchen  sehr  gut  anheilten.  Der  erste  Verband  durfte  nicht  über  4  Tage 
liegen,  der  zweite,  unter  dem  oft  schon  völlige  Heilung  eintrat,  8  Tage.  Don 
empfiehlt  auch  für  die  Nachbehandlung  nachts  sehr  reinlich  gehaltene,  hjdropaüiische 
Umschläge. 

Lbofold  gibt  als  Einleitung  eine  ausführliche  und  lesenswerte,  weil  kritucb 
gehaltene  Übersicht  über  die  Geschichte  der  Komedofrage.  Seine  eigne  üntersachaiig 
bezieht  sich  vomemlich  auf  eine  eiterige  Aknepustel  der  Bückenhaut.  Es  fand  sieh 
eine  Abscefshöhle  am  Fufse  des  Follikels,  welche  an  einer  SteUe  mit  dem  Ltuneik 
desselben  frei  kommunizierte.  Im  übrigen  fand  Leopold  aufser  den  bekannten  Ver- 
hältnissen des  Komedo  eine  starke  Epithelproliferation  am  untern  Teil  des  FoUikek 
Von  normalen  Talgdrüsenresten  fand  sich  nichts  mehr  vor;  in  der  Aknepustel  aoek 
nichts  mehr  von  einem  Haare,  wobei  bemerkt  werden  muTs,  dafs  L.  ein  benachbart» 
Lanugohaar  für  das  zugehörige  Haar  hält,  obgleich  beide  Follikel  auf  der  Abbildung 
deutlich  getrennt  an  der  Oberfläche  ausmünden.  Diese  Verwechslung  mag  auch  der 
Grund  seiner  ziemlich  gewundenen  Erklärung  des  ganzen  Bildes  sein.  Denn  die 
Akne  und  der  Komedo  sind  gamicht  Erkrankungen  der  Talgdrüse  allein,  sonderä 
des  gesamten  Follikels,  und  eine  Untersuchung  beginnender  Komedonen  hatte  dea 
Autor  überzeugen  können,  dafs  diese  sogar  nur  dem  Haarbalgtrichter  angehörea 
Die  Hyperkeratose  des  Follikelepithels,  die  L.  sehr  gut  schildert,  ist  deshalb  gar 
keine  seltsame  Umwandlung  des  Talgdrüsenepithels.  Wenn  die  Talgdrüse  ergriffea 
wird,  so  geht  sie  einfach  als  Drüse  zu  Grunde;  ihr  Epithel  verhornt  wie  alles  übrige 
Epithel.  Gewifs  kann  das  vorgeführte  Bild  deshalb  auch  keineswegs  eine  Stutxe  der 
ganz  unhaltbaren  Ansicht  Löwbs  sein,  welcher  das  Talgdrüsenepithel  von  der  sog. 
innem  Wurzelscheide  des  Haares  ableitet,  eine  Ansicht,  die  allein  schon  deshalb  ose 
Unmöglichkeit  in  sich  schliefst,  weil  beim  Embryo  Talgdrüsenfett  und  priniitiTer 
Haarkegei  ganz  getrennt  erscheinen  und  ersteres  häufig  fräher  als  der  letztere.  Dia 
letzte  These:  es  kann  ja  nicht  wunder  nehmen,  dafs  aus  der  Homschicht  Lanofin 
abgespalten  wird,  da  ja  das  gewöhnliche  Talgdrüsenfett  ein  Umwandlungsprodakt  der 
„Homschicht"  ist,  wird  der  Autor  nach  Buzzis  neuester  Arbeit  wohl  selbst  nickt 
mehr  aufrecht  halten. 

Genug,  der  Verfasser  beschreibt  das  Thatsächliche  sehr  gut,  erschwert  sich  das 
Verständnis  desselben  aber  ganz  unnötig  durch  falsche  Prämissen.  Seine  Präparale 
beweisen  nur  die  lange  feststehende  Hyperkeratose  des  Follikelepithels  und  beschreibeB 
eine  vorhergehende  Proliferation  desselben,  von  der  es  noch  fraglich  bleibt,  ob  die- 
selbe zum  gewöhnlichen  Bilde  der  Aknepustel  notwendig  gehört,  imd  über  dem 
Konstanz. und  Bedeutung  neue  Untersuchungen  entscheiden  müssen. 

Das  fünfte  Heft  beginnt  mit  einer  Abhandlung  von  Buzzi:  Beitrag  ZOT  HlstO- 
genese  der  PerlgeBchwülste  (Gholesteatoma  Joh.  Müllbbs).  Nach  Vibohowb  De- 
finition sollten  nur  solche  Perlgeschwülste  mit  dem  Namen:  Cholesteatome  bezeidinei 
werden,  welche  als  heterologe  Neubildangen  an  solchen  Orten  entstehen,  wo  D0^ 
malerweise  kein  Hautepithel  vorkommt;  Cholestearin  ist  nach  VmcHow  dagegen  wedv 
ein  konstanter  noch  wesentlicher  Bestandteil  derselben.  Der  Autor  zeigt  nun  an» 
einer  ziemlich  reichhaltigen  Litteratur,  dafs  viele  unter  dem  Namen  ChoIesteatoB 
beschriebene  Gebilde  durchaus  nicht  auf  die  ViBOHOWsche  Definition,  welcher  er  nA 
anschliefat,  passen  und  daher  keine  wahren  Cholesteatome  sind.  Er  selbst  fand  bei 
einer  Sektion  zufallig   ein   haarhaltiges   Cholesteatom   von   blätterigem  Geßge 


287 

luid  BteariD&hnlichem  Aussehen,  welches  wallnufsgrofs  lose  dem  Nervus  olfactorius 
öer  linken  Seite  aufsafs.  Cholestearin  fand  sich  nicht  darin,  dagegen  eine  grolse 
Uenge  kleiner  glitzernder  Tropfchen  von  den  Farbereaktionen  des  Hyalins  und  in 
«iicselben  eingebettet  abgestofsene,  Vollwnrzeln  zeigende  Härchen.  Eine  Beihe  ähn- 
licher Fälle  wahrer,  haarhaltiger  Cholesteatome  wurde  von  Rokitansky,  Otto  und 
Paget  beschrieben.  Der  Haarbefund  veranlafst  Buzzi,  für  seinen  Fall  eine  Metaplasie 
auszuschlieisen  und  einen  in  die  Arachnoidea  verirrten,  epithelialen  Keim  als  Aus- 
gangspunkt anzunehmen.  Damit  wäre  die  von  Vibchow  für  die  Cholesteatome  im 
Allgemeinen  angenommene  Metaplasie  für  viele  Fälle  als  nicht  notwendig  zurück- 
£^e wiesen.  Übrigens  läfst  Buzzi  auch  diese  Genese  für  eine  Keihe  von  Cholesteatome!! 
gelten.  Hiemach  würden  diese  besser  „Perlgeschwülste*'  genannten  Gebilde  eine 
dreifache  Entstehungsmöglichkeit  haben,  erstens  aus  normal  präexistierendem  Epithelial- 
gewebe  (homologe),  zweitens  aus  anormal  präexistierendem  Epithelialgewebe  (homöo- 
plastische), drittens  aus  Bindegewebe  entstandene  (metaplastische). 

Die  Abhandlung  zeichnet  sich  durch  Klarheit  und  Kürze,  wie  der  Autor  durch 
kritisches  Talent  aus.  Kur  verstehen  wir  nicht  ganz,  weshalb  Buzzi  mitten  auf  dem 
eingeschlagenen  Wege  stehen  bleibt  und  den  Feldzug  nicht  auch  noch  auf  die 
übrigen  Fälle  von  sog.  metaplastischen  Perlgeschwületen  ausdehnt.  Da  ist  doch 
ViBCHow  konsequenter.  Nimmt  man  aber  einmal  mit  Cohnhbiu,  wenigstens  für  gut- 
artige Geschwülste,  die  Verirrung  der  Keime  in  einem  Falle  an,  was  kann  uns  dann 
in  andern  Fällen  nötigen,  noch  eine  Metaplasie  aufserdem  anzunehmen? 

In  einem  hierauf  folgenden  Vortrage  von  Schwekinger:  Betrachtmigen  ttber 
Krebs  und  seine  Diagnose  verwirft  der  Autor  die  Frage,  ob  die  anatomische  oder 
klinische  Diagnose  des  Karzinoms  sicherer  sei  als  inkonekt  gestellt  und  unpraktisch. 
Kliniker  und  path.  Anatom  können  einander  in  keinem  Falle  entbehren.  Die  pathol. 
Anatomie  hat  bösartige  Bindegewebsgeschwülste  (Sarkome),  Endotheliome,  Enchon- 
drome  und  Epitheliome  längst  getrennt;  alle  sollten  —  und  nicht  blofs  die  bös- 
artigen Epithelgeschwülste  —  als  Krebse  (Karzinome)  bezeichnet  werden.  Alle  ana- 
tomischen  Kriterien  der  Fösartigkeit,  so  sicher  sie  hin  und  wieder  die  Krebsdiagnose 
frühzeitig  stellen  lassen,  erfordern  doch  in  den  meisten  Fällen  die  Ergänzung  durch 
klinische  Merkmale,  und  für  diese  wiederum  besteht  das  gleiche  Verhältnis.  Mehr 
ins  Detail  gehend  reproduziert  Sch.  seine  bereits  in  früheren  Arbeiten  niedergelegte 
Ansicht,  dafs  von  allen  Epithellagcm  sich  beständig  einzelne  Epithelien  loslösen  und 
als  Wanderzellen  beweglich  werden.  Diese  ganz  neue  Hypothese  über  die  oder  sagen 
wir:  eine  Quelle  der  Wanderzellen  wird  nicht  verfehlen,  berechtigte  Opposition 
hervorzurufen.  Abgesehen  von  dem  Widerspruch,  in  welchen  sich  der  Autor  gegen 
die  heute  herrschende  Anschauung  von  dem  Getrenntbleiben  ^er  verschiedenen 
Keimblätter  setzt,  können  wir  vom  Standpunkt  der  Hautpathologie  aus  keine  Stützen 
für  ScHWBMNGBEs  Hypothese  erkennen.  Wir  halten  die  Epithelien  für  formbar,  aber 
nicht  für  beweglich  und  für  ganz  unvermögend,  die  normale  Cutisgrenze  einzeln 
zu  durchbrechen.  Wo  aber  unter  pathologischen  Verhältnissen  einzelne  Epithel- 
zellen in  die  Cutis  gedrängt  werden,  da  gehen  sie  stets  zu  Grunde  (z.  B.  bei  harten 
Schankem)  und  verhalten  sich  etwa  wie  transplantierte  Massen  fremden  Gewebes, 
von  denen  Schweninoer  im  weiteren  Verlaufe  seines  Vortrages  als  das  gewöhnliche 
Schicksal  die  Resorption  nach  seinen  eignen,  zahlreichen  Versuchen  angibt. 

Auf  dieser  Hypothese,  dafs  für  gewöhnlich  eine  Art  Überproduktion  von  Epi- 
thelien als  Wanderzellen  in  das  Bindegewebe  gerät,  baut  sich  nun  für  Schw.  unter 
Zuhilfenahme  einer  zweiten  in  leichter  Weise  eine  allgemeine  Anschauung  über  die 
Entstehung  bösartiger  Geschwülste  auf.  Diese  zweite  Hypothese  besagt,  dafs  der 
Körper    manchmal    di^  Umwandlung    der    verschleppten    Epithelien    in    harmlose 


288 

Wanderer  nicht  zu  stände  bringt,  welche  dann  ebensowohl  zu  Metastasen  wie  rar 
Kachexie  Veranlassung  geben.  Diese  Theorie  kann  sich  auch  mit  der  parasitären 
befreunden,  indem  die  spezifisch  gesteigerte  Proliferationsenergrie  der  „abgelösten* 
Zellen  möglicherweise  einem  Parasiten  zu  danken  ist. 

Wie  von  dem  präexistierenden  Epithel,  so  losen  sich  nach  Soh.  auch  von  Knochen, 
Knorpel  und  von  Endothelien  solche  bösartig  werdende  Wanderzellen  ab,  um  Sar- 
kome, bösartige  Enchondrome  und  Eadoteliome  zu  bilden. 

Die  yielseitigen  Ausblicke,  welche  die  jedenfalls  sehr  originelle  Krebs theorie 
von  Soh.  gewährt,  mögen  vielleicht  auf  den  ersten  Blick  manchem  bestechend  er- 
scheinen. Wir  verhalten  uns  zunächst  sehr  reserviert  ihr  gegenüber,  da  wir  die 
positiven  Grundlagen  derselben,  so  weit  sie  die  Haut  betreffen,  nicht  anerkennen 
können. 

Den  Schlufs  des  fünften  Heftes  bildet  ein  Vortrag  von  Soswbninobr:  Bemer- 
kungen ttber  Ekzeme  und  deren  diätetische  Behandlung,  welcher  bereits 
in  den  CharitS-Annalen  pro  1886  publiziert  wurde.  Wir  können  uns  deshalb  kan 
fassen.  Wir  teilen  Sgh.s  Ansicht  durchaus,  dafs  veränderte  Diät  einen  Einflufa  üben 
kann  auf  die  Sekretionen  und  vielleicht  auf  die  Zirkulations Verhältnisse  der  Haut; 
leider  kennen  wir  denselben  noch  nicht.  Wir  kommen  aber  gewÜB  auch  nicht  weiter 
durch  gelegentliche  Bemerkungen,  welche  einen  solchen  Einflufs  erweisen,  und  wie 
sie  der  gewifs  häufig  machen  mufs,  welcher  sein  Augenmerk  mit  Vorliebe  auf  die 
Folgen  diätetischer  Verbesserungen  auf  bestehende  Krankheiten  lenkt.  In  diesem 
Sinne  und  wohl  noch  zu  wenig  haben  wir  immer  auch  diätetisch  behandelt.  Eine 
wirkliche  Verbesserung  unserer  Therapie  wird  aber  nur  deijenige  berbeifübren, 
welcher  imstande  ist,  für  eine  ganz  bestimmte  Dermatose,  z.  B.  das  seborrhoische 
Ekzem,  in  jeder  Phase  und  bei  jedem  Individuum  eine  diätetische  Behandlung  von 
ebenso  grofser  Sicherheit  (nicht  notwendigerweise  von  ebenso  grofser  Wirkung)  anza- 
gebe^,  wie  wir  es  für  die  äufsere  Behandlung  können.  Gerade  beim  seborrhoischen 
Ekzem  können  ja  gewifs  Einflüsse  auf  die  Sekretionen  ins  Gewicht  fallen,  also  viel- 
leicht auch  diätetische.  Diese  gilt  es  im  Detail  zu  studieren.  Hie  Rhodus,  hie  saltal 
Allgemein  gehaltene  Apergus  für  „das  Ekzem"  im  allgemeinen  —  wir  gestehen,  dab 
wir  mit  bestem  Willen  daraus  noch  nichts  für  unsere  Praxis  lernen  können. 

Das  letzte  Doppelheft  (6  und  7)  der  ScHWENiNOBBschen  Mitteilungen  bringt 
zunächst  eine  Arbeit  von  A.  Ebnst,  betitelt  Pseudolepra.  Ein  aus  leprafreier 
Gegend  kommender,  72j ähriger  Förster  zeigte  ein  im  Verlaufe  eines  Jahres  ent- 
standenes knotiges  Exanthem  des  Gesichts,  der  Stirn,  Wangen,  Nase  und  Ohren, 
welches  zu  unförmlicher  Verdickung  der  letzteren  geführt  hatte.  Die  dunkelroten, 
knolligen  Erhebungen  waren  durch  tiefe  Einschnitte  gefurcht,  aber  die  Oberhaut  ging 
glatt,  ohne  Rhagaden  und  Geschwüre  über  die  Knoten  hinweg.  Die  Krankheit  ver- 
ursachte keine  subjektiven  Beschwerden;  die  Sensibilität  war  normal.  Die  Neubildang 
griff  nicht  auf  die  Schleimhäute  über.  Am  rechten  Arm  waren  einige  kleinere  Knoten 
derselben  Art  vorhanden.  .Die  leontiastische  Verunstaltung  des  Gesichts  liefs  an 
Lepra  tuberosa  denken,  die  histologische  Untersuchung  eines  Knotens  und  seines 
Saftesl  ergab  aber  die  Abwesenheit  von  Leprabacillen  und  die  Struktur  eines  Granu- 
loms ohne  regressive  Metamorphose  mit  scharfer  Abgrenzung  gegen  die  ein&ch 
atrophische,  nicht  entzündlich  veränderte,  umgebende  Cutis  und  Oberhaut.  Der  Autor 
sucht  den  Charakter  der  kleinzelligen  Geschwulst  näher  zu  bestimmen.  Syphilis, 
Tuberkulose,  Rhiuoskleron  lassen  sich  leicht  ausschliefsen ;  schwieriger  ist  die  Diffe 
rentialdiagnose  vom  tief  in  der  Haut  sich  entwickelnden,  rundzelligen  Sarkom.  Doch 
ist  die  vorliegende  Geschwulst  trotz  ihres  Zellenreichthums  zu  langsam  gewachsen, 
sie  ist  von  zu  harter  Konsistenz  und  zeigt  zu  wenig  Neigung  zur  Uloeration,  um  als 


289 

Sarkom  gelten  zu  können.  Nachdem  der  Verf.  noch  Elephantiasis  arabnm,  Rosacea 
nnd  Erythema  nodosum  ausgeschlossen,  entscheidet  er  sich  zunächst  für  die  vorsichtig 
negative  Diagnose:  Pseudolepra,  da  die  Neubildung  bis  auf  die  fehlenden  Bacillen 
klinisch  und  selbst  histologisch  der  Lepra  tuberosa  nahe  kommt.  Resorcin  hatte, 
örtlich  angewandt,  einen  günstigen  Einflufs. 

Eeefs.  Thiol  nnd  Ichthyol.  Eine  Studie  über  die  chemische  und 
therapeutische  Identität  beider  Mittel.  Dr.  Euil  Jacobben  in  Berlin  hat  es 
sich  zur  Aufgabe  gemacht,  ein  dem  Ichthyol  analoges  Produkt  dadurch  zu  gewinnen, 
dafs  er  Schwefel  in  Kohlenwasserstoffe  künstlich  einführte  und  aus  dieser  Substanz 
durch  Sulfonierung  mittels  konzentrierter  Schwefelsäure  und  Neutralisierung  mit 
Natron  oder  Ammoniak  den  Ichthyolsalzen  entsprechende  Salze  herstellte.  Er  nennt 
dieses  Konkurrenzprodukt:  Thiol  oder  „deutsches  Ichthyol*'  und  benutzt  die  flüssigen 
Destillationsprodukte  des  Braunkohlenteeröls,  das  „Gasöl"  des  Handels,  zur  Dar- 
Stellung,  indem  diese  mit  Schwefelblumen  im  Olbade  erhitzt  werden,  bis  die  unge- 
Bättigten  Kohlenwasserstoffe  des  Gasöls  etwa  10  %  Schwefel  aufgenommen  haben. 
Bei  der  Sulfonierung  dieses  Produkts  trennen  sich  die  schwefeli'reien,  gesättigten 
Kohlenwasserstoffe  von  der  Formel  Cn^sn-ft  ^<^n  den  ungesättigten,  künstlich 
an  Schwefel  gebundenen.  Die  entstehende  Thiolsulfosäure  bildet  eine  harzige,  braune 
Hasse,  die  in  Wasser  leicht  löslich  ist,  ebenso  in  einem  Gemisch  von  Äther  und 
Alkohol.  Auch  das  Ammoniaksalz  teilt  diese  —  dem  Ichthyol  gleichen  —  Löslich- 
keitsverhältnisse.  Wie  das  Ichthyol  gehört  auch  das  Thiol  zu  den  reduzierenden 
Substanzen ;  Eisenchlorid  verwandelt  es  in  Eisenchlorür,  aus  Kaliumpermanganat  scheidet 
es  Mangan superoxyd  ab.     So  weit  Jagobsbn. 

Eebps  teilt  nun  eine  kleine  Reihe  von  Krankengeschichten  (Akne,  Ekzem,  etc.) 
mit,  in  welchen  in  der  Art  vergleichende  Versuche  über  die  Wirkungen  des  Ichthyols 
und  Thiols  angestellt  wurden,  dafs  man  bei  symmetrisch  verteilten  Hautafiektionen 
rechts  das  eine,  links  das  andre  Mittel,  beide  gewöhnlich  in  10  Voigen  Salben  appli- 
zierte. Er  kommt  zu  dem  Schlüsse,  dafs  beide  Mittel  ganz  gleiche  Wirkungen 
äufsem ;  in  den  betreffenden  Krankengeschichten  war  stets  auf  beiden  Seiten  entweder 
Erfolg  oder  Nichterfolg  zu  verzeichnen.  Bebps  verordnete  das  Thiol  auch  innerlich 
und  fand  dieselbe  Unschädlichkeit  wie  beim  Ichthyol. 

Sicher  ist  die  Darstellung  von  dem  Ichthyol  ähnlichen,  geschwefelten  Kohlen- 
wasserstoffen, wie  sie  Jacobsen  sich  hat  patentieren  lassen,  theoretisch  sehr  inter- 
essant. Dafs  die  Möglichkeit  vorlag,  haben  auch  alle,  die  dem  Ichthyol  ihr  näheres 
Interesse  zuwandten,  sehr  wohl  erkannt.  Aber  wir  hofften  stets,  dafs,  wenn  dieses 
gelänge,  man  uns  mit  einem  noch  reineren  und  konstanteren  Produkt  beschenken 
wurde,  als  es  das  Ichthyol  schon  ist,  nicht  mit  einem  noch  weniger  einheitlichen 
und  darum  noch  inkonstanteren  Körper.  Beeps  betont  zwar,  dafs  es  sich  bei 
dem  Ichthyol  auch  nicht  um  eine  einheitliche  Substanz  handelt.  Aber  Baumamn  und 
Schotten  sagen  doch  nur:  „Es  ist  indessen  trotz  der  genauen  Übereinstim- 
mung der  gefundenen  und  der  berechneten  Werte  die  Möglichkeit  nicht 
völlig  ausgeschlossen,  dafs  dasselbe  ein  Gemenge  mehrerer  Salze  ist,  in  welchen  das 
Verhältnis  von  Schwefel,  Sauerstoff  und  Natron  übereinstimmt."  Also 
zunächst  ist  die  Möglichkeit  gamichl  ausgeschlossen,  dafs  das  Ichthyol  doch  ein 
einheitlicher  Körper  ist;  diese  Möglichkeit  ist  beim  Thiol  dagegen  vermöge  des  Aus- 
gangs von  einer  unbekannten,  beliebigen  Mischung  von  Kohlenwasserstoffen  von 
vornherein  absolut  ausgeschlossen.  Vom  Ichthyol  exisliert  doch  weiter  eine  zuver- 
lässige Elementaranalyse,  vom  „Thiol"  oder  besser  von  „den  Thiolen  aus  Gasöl" 
können  natürlich  je  nach  dem  Gasöl  und  je  nach  der  Schwefelung  eine  unendliche 
Beihe   von   Formeln    aufgestellt   werden.    Beim  Ichthyol  also  ein  von  der  Natur  vor 


290 

undenklichen  Jahren  ein  für  alle  mal  hergestelltes  gleiohmä£iBiges  AnÜEingsprodakt, 
für  das  Jacob SENsche  „Thiol"  die  nach  Preis  und  andern  Umstanden  wechselnde  Qaelle 
des  zu  Grande  gelegten  Gasöls. 

Ein  Produkt,  welches  das  Ichthyol  wirklich  ersetzen,  ja  es  übertreffen  sollte, 
müfste  von  einem  bestimmten  Kohlenwasserstoffe  ausgehen  und  würde  sich  daxm 
allerdings  wohl  kaum  billiger  stellen  als  das  Ichthyol.  Dieser  letztere  Punkt  wird 
wohl,  falls  die  guten  Resultate  von  Bbeps  sich  bestätigen,  ausschlaggebend  für  die 
Einführung  eines  Thiols  neben  Ichthyol  sein;  in  dieser  Herabd rückung  des  Ichthyol- 
preises,  in  der  Konkurrenz  überhaupt,  erblicken  wir  hauptsächlich  den  Wert  des 
Jacob BEi^schen  Thiols.  Hinter  dem  noch  unbekannten  Ideal  des  Ichthyols,  dem 
Sulfosalz  des  einfachen  geschwefelten  Kohlenwasserstoffs,  bleibt  es  — 
wie  es  durch  Jacobsens  Patent  fixiert  ist  —  viel  weiter  zurück  als  das  Ichthyol  selbst 

H.  ScHADEWALDT.  Beitrag  zur  Lehre  von  der  Sklerodermie.  Bei  einem 
59jährigen  Manne  begann  die  Krankheit  mit  einer  juckenden,  schuppenden  Affektion 
des  behaarten  Kopfes  und  Gesichtes,  dann  der  Oberarme,  für  welche  die  Diagnose: 
squamöses  Ekzem  gestellt  wurde.  Später  schwollen  abwechselnd  verschiedene  Teile 
des  Körpers,  besonders  oft  das  Gesicht  an,  waren  rot,  schuppend  und  brennend;  der 
Patient  fror  beständig,  selbst  im  Sommer.  Diarrhöe,  Bronchitis,  Rhagaden  an  den 
Schleimhauteingängen,  allgemeine  Abmagerung,  Steifigkeit  und  Schwäche  fesselten 
den  Patienten  ans  Bett. 

Nach  dieser  Schilderung  erwarteten  wir  eine  Differentialdiagnose  zwischen 
Pityriasis  rubra,  Ekzema  seborrhoicum  höchsten  Grades  oder  andern  chronischen 
squamösen  Dermatitiden  mit  dem  Ausgang  in  Atrophie,  wurden  mithin  nberrftscht 
durch  die  unvermittelt  gestellte  Diagnose:  Sklerodermie.  Die  Steifigkeit  des  Pa- 
tienten, seine  gezwungene  Lage  mit  angezogenen  Knieen,  ist  ja  doch  nur  ein  Beweis 
von  Hautatrophie,  die  sich  aufser  bei  Sklerodermie  bei  Pityriasis  rubra,  bei  den 
höchsten  Graden  des  seborrhoischen  Ekzems  entwickeln  kann.  Wir  würden  diesen 
kritischen  Zweifel  nicht  geltend  machen,  wenn  in  der  Anamnese  oder  dem  Status 
praesens  die  typischen  Symptome  der  Sklerodermie,  die  Bretthärte,  das  „Wie  gefroren 
sein*'  der  Haut  erwähnt  wären.  Statt  dessen  finden  wir  Jucken,  Brennen,  Ödem, 
Rötung,  fortdauerndes  Schuppen  und  Frieren  bei  allgemeinem  Marasmus  geschildert* 
was  liegt  da  näher  als  an  Pityriasis  rubra  Hbbrab  zu  denken  ?  Jedenfalls  hätte  die 
finale  Hautatrophie  dieser  Dermatosen  ausgeschlossen  werden  müssen,  die  allerdings 
in  der  Litteratur  schon  mehrfach  zu  Verwechselungen  mit  atrophisierender  Sklero- 
dermie Anlafs  gegeben  hat. 

ScHADEWALDT  fand  an  der  Leiche  entnommenen  Stücken  der  Haut  von  der 
Streckseite  der  Oberarme  und  Unterschenkel:  Erhaltensein  des  elastischen,  Hyper- 
trophie des  koUagenen  Gewebes,  besonders  in  der  Umgebung  der  dadurch  verengerten 
Gefafse,  Atrophie  der  Stachelschicht,  normales  Verhalten  des  Papillarkörpers,  Ver- 
mehrung des  Pigments  in  der  Stachelschicht,  Schwund  der  Drüsen,  Zellenherde  in 
der  Cutis  -  Befunde,  die]  für  typische  Sklerodermie  so  wenig  charakteristisch  wie  mit 
finaler  Atrophie  durch  Pityriasis  rubra  und  chronisches  Ekzem  unvereinbar  sind. 

Abgesehen  von  der  zweifelhaften  Diagnose  verdient  die  Arbeit  wegen  ungemein 
fleifsiger  Zusammenstellung  der  in  der  Litteratur  enthaltenen  Angaben  über  die 
einzelnen  Symptome  alles  Lob.  Sie  verdiente  eine  Revision  durch  den  Autor  selbst 
und  würde  dann  eventuell  einen  nicht  unwichtigen  „Beitrag  zur  Lehre  von  ....**  — 
einer  andern  Krankheit  liefern. 

Büzzi.  Über  einen  einfachen  Spttlapparat.  B.  beschreibt  genauer  jenen 
Spülapparat,   welcher  in  dieser  Zeitschrift  pag.  11  von  ihm  ebenfalls  erwähnt  wurde. 


291 

I 

Bef.  hatte  sich  vor  mehreren  Jahren  zur  Beobachtung  die  künstlichen  Verdauung 
von  Schnitt  en  unter  dem  Mikroskop  eigne,  gerinnte  Objektträger  konstruiert,  welche, 
mit  Eapillarrohrchen  armiert,  ihrem  Zwecke  gut  entsprachen.  B.  brachte  an  dem 
Apparate  die  Vereinfachung  an,  dafs  er  anstatt  eines  festen,  mit  dem  zufahrenden 
Kapillarrohrchen  armierten  StandgefSÜBes  ein  leicht  aus-  und  einzuhängendes,  als 
Heber  gebogenes  Kapillarrohr  als  Zuflufsrohr  benutzte  und  verwandte  den  dadurch 
mobiler  gewordenen  Apparat  zur  Entfärbung,  Minimalfärbung  etc.  Derselbe  ist  in 
der  Büzzischen  Form  sehr  zu  allgemeiner  Einführung  zu  empfehlen. 

Dieses  —  wie  wir  hören  —  letzte  Doppelheft  der  ScHWSNiKOEBschen  Hitteilungen 
schliefst  mit  einem  von  Büzzi  verfafsten,  kurzen  Bericht  über  die  an  der  dermato- 
logischen Klinik  und  Poliklinik  der  Charite  1886  und  1887  behandelten  Kranken. 

ütma. 


(No.  6.)  Was  halten  Sie  von  der  eigentümlichen  Erscheinung,  dafs  die  ver- 
breitetsten  Handbücher  der  Dermatologie  und  Chirurgie  auf  die  stereotype  Bemerkung, 
dafs  es  keine  guten  ,»Mlttel  gegen  Frost'*  gäbe,  doch  —  gleichsam  aus  Mitleid 
(s.  Billboth)  —  eine  grofse  Reihe  sogenannter  Frostmittel  aufführen?  Was  denken 
Sie  von  diesen  Mitteln  selbst?  es  mufs  doch  ein  guter  Kern  darin  sein,  aber  wo 
findet  man  den  Sinn  derselben  auseinandergesetzt?  Endlich,  wie  behandeln  Sie  selbst 
den  Frost?  Dr.  N.  in  D. 

Antwort  der  Redaktion:  Sie  haben  ganz  reeht,  auf  die  von  Dmen  gekenn- 
zeichnete Erscheinung  als  eine  für  unsre  Wissenschaft  nicht  gerade  sehr  ehrenvolle 
hinzuweisen.  Sie  ist  offenbar  nichts  als  der  Ausdruck  der  Verlegenheit,  welcher  die 
Erscheinung  des  Frostes  Dicht  blofs  dem  Praktiker,  sondern  auch  den  Männern  der 
Wissenschaft  bisher  stets  bereitet  hat.  Sie  werden  sich  deshalb  auch  vergebens  nach 
dem  roten  Faden  umsehen,  welcher  die  lange  Liste  der  Frostmittel  durchzieht,  ist 
doch  selbst  in  dem  klassischen  Handuch  von  Hebra  unrichtiger  Weise  der  Frost 
noch  bei  der  Erfrierung  abgehandelt.  Immerhin  soll  Ihre  freundlichst  eingesandte 
Liste  von  Frostmitteln  nicht  umsonst  zusammengestellt  sein;  denn  ich  glaube,  es  ist 
nicht  schwierig  wirklich  in  denselben  ein  durchgehendes  Prinzip  nachzuweisen.  Eine 
andre  Sache  ist  es,  die  Übereinstimmung  dieses  therapeutischen  Ghrundprinzips  mit 
dem  Wesen  des  „Frostes*^  klar  zu  legen.  Wie  dieses  gelingt,  hängt  ganz  von  der 
Ansicht  ab,  die  man  sich  von  dem  Wesen  des  „Frostes"  gebildet  hat;  und  da  es 
bisher  keine  Theorie  dieser  Angioneurose  gibt,  so  kann  ich  nicht  mehr  thun,  als 
Ihnen  die  Übereinstimmung  meines  therapeutischen  Prinzips  mit  meiner  Anschauung 
vom  Froste  mitteilen. 

Unter  den  einfachen  Frostmitteln  kann  man  zwei  grofse  Gruppen  unter- 
scheiden, welche  eine  ganz  verschiedene  Wirkung  auf  die  Haut  ausüben.  Es  finden 
sich  nämlich  unter  ihnen  vertreten:  1.  die  Rubefacientia;  2.  möglichst  allgemein 
gesprochen:  komprimierende  Mittel.  Als  Rubefacientia  sind  vor  allem  zu 
nennen:  Jod,  Kampfer,  Terpentinöl,  Kantharidentinktur,  Gapsicum  annuum  und  die 
Säuren:  Salpetersäure,  Zitronensäure,  Essigsäure.  Alle  diese  Mittel  sind  im  stände, 
eine  mehr  oder  minder  grofse  Wallungshyperämie  zu  erzeugen  resp.  eine  vorhandene 
Kontraktur  der  Hautgefäfse  zu  beseitigen.  Die  zweite  Klasse  einfacher  Mittel  um- 
üSst  zunächst  mechanisch  wirkende:  Kollodium,  Alkohol,  Gerbsäure;  sodann  redu- 
zierend   und   anäroisierend   wirkende:    Ichthyol,    Styraz   und   Perubalsam,    Blei-  und 


292  ; 

Zinkpasien.  Die  besten  und  seit  altersher  bewährtesten  Frostmittel  stellen  nun  dar: 
Kombinationen  von  Mitteln  aus  diesen  beiden  Klassen,  woraus  wohl  hervorgeht,  dafs 
jede  der  letzteren  einer  Hauptindikation  bei  der  Therapie  des  Frostes  gerecht  wird. 
Als  solche  zusammengesetzte  Mittel  nenne  ich  aus  Ihrer  Liste  beispielsweise  die 
Tinctura  Benzoes  compos.  (Balsamum  Commendat  oris),   die  Mixtura  oleos.  balsamica, 

j  

das  Ungt.  Cerussae  comp.,  als  neuere  die  Mischung  von  Tr.  Jodi  und  Tr.  Gallar., 
von  Tannin  und  Kampferspiritus,  von  Kollodium  mit  Terpentin  oder  Jod,  von 
Terpentinöl  und  Ichthyol. 

Die  Angioneurose,  welche  wir  populär  mit  dem  Namen  Frost  bezeichnen,  fasse 
ich  ihrem  pathologischen  Wesen  nach  als  eine  Stauungsdermatose  auf.  Sie  nimmt 
für  mich  unter  den  verwandten  Afiektionen  der  Hautgefäfse  eine  mittlere  Stellung 
ein,  indem  hier  weder  die  Arterien  so  stark  kontrahiert  sind,  wie  bei  der  lokalen 
Asphyxie  der  Haut  (RATKAUDsche  Krankheit)  noch  die  Venen  so  stark  verengert 
sind  wie  bei  den  angioneurotischen  Ödemen  der  Haut  (Urticaria,  Ödema  papulatmn). 
Es  besteht  beim  Froste  also  eine  mittlere  Kontraktur  der  Arterien  sowohl  wie  der 
Venen,  dadurch  eine  bedeutende  Verlangsamung  des  Kapillarkr^islaufs,  cyanotische 
Färbung,  subjektive  und  objektive  Kälte  und  bei  lokalisiertem,  stärkerem  Blutzufluls: 
Auftreten  von  sanguinolentem  Ödem  d.  i.  von  „Frostbeulen*'.  Diese  mittlere  Kon- 
traktur der  Arterien  und  Venen  ist  eine  krankhafte  und  sehr  unzweckmälsige  Be- 
aktion  der  Haut  gewisser  Individuen  auf  Temperaturschwankungen  besonders  aber 
Temperaturemiedrigungen.  Eine  gesunde,  reflektorisch  erzeugte  GeHLfslähmung 
(Wallungshyperämie)  bleibt  aus,  und  damit  beginnt  ein  circulus  vitiosus,  welcher  nur 
durch  länger  dauernde  Wärme  oder  künstliche  Mitt  el  gehoben  werden  kann.  Näheres 
über  die  Theorie  des  „Frostes"  hier  mitzuteilen   verbietet  der  beschränkte  Baum. 

Wenn  eine  unzweckmäüsige  Verengerung  der  gröfseren  muskulösen  HautgefSise 
die  Ursache  des  Frostes  ist,  so  sind  selbstverständlich  gefafslähmende  Mittel  indiziert, 
d.  h.  mit  andern  Worten  Bubefacientia.  Da  anderseits  die  venöse  Stase  durch  die 
meisten  dieser  Mittel  nicht  zugleich  vollständig  üb  erwunden  werden  kann,  so  sind  alle 
Mittel  ebenfalls  gerechtfertigt,  welche  das  Volumen  der  betrefienden  Hautregion  ver- 
kleinern können;  daher  die  Zweckmälsigkeit  der  mechanisch  komprimierenden,  der 
reduzierend  wirkenden  und  selbst  der  anämisierend  wirkenden,  obgleich  diese  letzteren, 
allein  angewendet,  das  Übel  zu  verschlimmem  geeignet  wären.  Die  besten  Mittel 
werden  eine  Wirkung  haben  müssen,  durch  welche  die  Arterien  künstlich  hyperamisch 
gemacht  werden,  ohne  dafs  das  Volumen  der  ohnehin  gedunsenen  Haut  sich  ver- 
mehren kann.  Dieser  letztere  Punkt  ist  um  so  wichtiger,  als  es  ja  nicht  bloOs  gilt, 
den  „Frost"  zu  bemeistem,  sondern  vor  allem  auch  den  Ezzefs  desselben,  die  „Frost- 
beulen." 

Ich  denke  also,  dafs  man  sehr  wohl  die  pathologische  und  die  therapeutische 
Gedankenreihe  zu  einem  roten  Faden  verknüpfen  kann,  welcher  sich  durch  alle  gegen 
den  Frost  seit  alters  her  verordneten  Mittel  verfolgen  läfst,  und  es  wird  nichts  leichter 
sein  für  Sie,  als  sich  aus  den  beiden  Klassen  nach  Ihrem  Belieben  neue  und  vielleicht 
recht  schöne  Frostmittel  zu  konstruieren. 

Ein  Frostmittel  ist  aber  weit  davon  entfernt,  eine  Behandlung  des  Frostes 
zu  sein,  und  die  sogenannte  Machtlosigkeit  der  ärztlichen  Kunst  ist  ganz  gewils  nur 
der  Ausflufs  der  Gleichgültigkeit,  welche  für  ein  so  unbedeutendes  Leiden  die  Angabe 
eines  Rezeptes  bisher  stets  für  ausreichend  gehalten  hat.  Ihre  letzte  Frage  mithin, 
wie  ich  selbst  den  Frost  behandle,  verdient  eine  eigene  ausführliche  Besprechung, 
welche  ich  mir  für  ein  anderes  mal  vorbehalte.  Unna. 


Verlag  von  Leopold  VOSS  in  Hamburg  (und  Leipstg). 
Dniek  der  Yerlagsanatalt  vnd  Draekerel  Actleii-0«feIl«efaaft  (Tormala  J.  F.  lUebter)  in  Hamirarf. 


r  • 


Monatshefte  f.  prakt.  Dermatologie.  YIII.  Band. 


Fig.  IV  h.  (i-45  ;  1)  FI3.  V  b.  I2G5  ;  1). 


Fi?.  IV  a.  (52C  :  U.  Fig.  V  ;.  (4C5;.). 


Ti?.  Via.  (54:1). 


Flg.  VII  Q.  (64  :  1). 


Fl;.  VIb.  (2C3:1). 


Fls-  VII  b.  12C5:  1). 


J.  SihaU;:-,  Itarlar'j 


.■;m  Leoi::ii  V;;^  In  K^rr.b'.irs, 


V 


|Noit(rt0l|efle  fit  IltaUtfilie  lematolottt 

Band  VÜI.  No.  7.  1.  April  1889. 


Flora  dermatologica. 

Unter  Mitwirkung  Yon  H.  Grünbler  und  P.  Taenzer 

herausgegeben  von 

P.  Gr.  Unna. 

I.  Abteilong. 

Fadenpilze    mit   Abschnürnng   von    Sporenketten    auf  nnver- 
zweigten    oder   verzweigten    atypischen    Fruchtträgern. 

(Fortsetzung.) 

Mit  einer  DoppelUfel  in  Lichtdruck. 

Wir  geben  auf  nnsrer  zweiten  Tafel  (Taf.  IV.  V.)  vier  weitere  Pilze,  deren 
Sporen  in  Eettenform  von  Fruohtträgem  hervorgebracht  werden,  welche 
nicht  den  bekannten  typischen  Fruchtträgern  der  Hyphomyccten  (Mukoren, 
Penicillien  und  Aspergillen)  gleichen  und  welche  wir  deshalb  vorläufig 
atypisch  nennen.  Während  die  Pilze  No.  1,  2  und  3  der  ersten  Tafel 
makroskopisch  braun  ge&rbt  sind,  ist  die  Farbe  von  .No.  4  weiis,  von 
No.  5  grünlich,  von  No.  6  und  7  ein  nahezu  gleiches  Dunkelgrün.  Von 
No.  4  haben  wir  noch  eine  Lochkultur  (lY^)  zum  Vergleiche  mit  den 
entsprechenden  Figg.  I*,  II*,  III*  gegeben,  Figg.  IV*>  und  VI®  stellen 
die  charakteristischen  Sporenketten  dieses  Pilzes  bei  verschiedener  Ver- 
gröfserung  dar.  No.  5  könnte  bei  oberflächlicher  Betrachtung  leicht  für 
eine  typische  Art  von  Penicillium  gelten.  Wir  stellen  diesen  Pilz  da- 
gegen zu  den  atypischen,  weil  seine  Fruchtträger  deutlich  alle  Übergänge 
vom  einfachen  Sporenträger  mit  einfacher  Sporenkette  durch  die  Form 
mehrfach  geteilter  Sporenträger  bis  zu  sehr  langen  Fruchtträgern  mit 
pinselartigem  Kopf  aufweisen,  auf  diese  Weise  gleichsam  die  Herkunft; 
der  Penicillien  aus  einfachen  Fruchtträgern  illustrierend.  Auiserdem 
scheidet  diesen  Pilz  von  den  echten  Penicillien  auch  der  Umstand,  dals 
die  Sporenketten  niemals  von  einem  gemeinsamen  Ausgangspunkte  ent- 
springen, sondern  stets  die  Enden  von  auf  ungleicher  Höhe  entspringenden 
Sporenträgem  bilden  und,  wenn  sie  auch  meistens  in  gleicher  Höhe  be- 
^ginnen,    doch  selten   in  gleicher  Höhe  endigen. 

Monatshefte.  20 


294 

No.  6  und  7,  deren  Kulturen  sich  ungemein  ähneln,  gehören  zu 
den  gewöhnlichsten  Begleitern  des  Ekzema  seborrhoicum.  Sie  unter- 
scheiden sich  hauptsächhch  nur  dadurch,  dals  7  sehr  bald,  besonders  am 
Kande,  ein  spärliches  Luftmycel  entwickelt,  welches  durch  seine  weilse 
Farbe  die  dunkelgrüne  des  Rasens  zum  Teil  verdeckt.  Die  mikroskopi- 
sehe  Untersuchung  ergibt  eine  Reihe  weiterer  Unterschiede.  Zunächst 
sind  die  Fruchtstände  von  No.  7  lockerer  gebaut,  als  von  No.  6  (vgl. 
Figg.  VI*  und  VII*),  sodann  ist  die  Auskeimung  von  No.  6  eine  ganz 
eigentümKche,  indem  sofort  an  die  Bildung  der  ersten  Hjrphen  sich 
schon  die  Bildung  grüner  Sporenträger  anschliefst  (Fig.  VI*^).  Trotzdem 
handelt  es  sich  offenbar  um  nahestehende  Arten  derselben  Gattung.  Be- 
weisend hierfür  ist  die  Gleichheit  der  Farbe,  die  Art  der  Fruchtbildung 
und  hauptsächlich  die  sehr  ähnliche,  von  andern  Pilzen  abweichende, 
höchst  variable  Form  der  Hyphen. 

Während  IV*  und  VI®  wie  die  Figuren  der  ersten  Tafel  mit  dem 
gewöhnlichen  alten  Okular  No.  2  resp.  4  von  Zeiss  und  dem  Objektiv 
A  resp.  D  photographiert  wurden,  benutzten  wir  für  sämtliche  andern 
das  neue  Projektionsokular  No.  4  von  Zeiss,  welches  wesentlich  schärfere 
Bilder  und  hellere  Gesichtsfelder  gibt.  Fig.  IV*  entspricht  also  einer 
67fachen,  VI®  einer  200faohen  Vergröfserung. 

Figg.  V*,  VI*,  VII*  sind  mit  Zeiss,  Linse  ß  und  dem  Projektions- 
okular 4  abgenommen  und  zeigen  mithin  eine  Vergröfserung  von  100, 
V^,  VP,  VIP  sind  250fach  vergrö&ert  mittels  der  Kombination 
Zeiss  Objektiv  D,  Projektionsokular  4.  V®  und  VII^^  wurden  mit  Zei&; 
Linse  D  und  Projektionsokular  4  und  vollständig  ausgezogener  Camera 
auf  die  Vergröiserung  400  gebracht.  *  IV^  und  IV  °  wurden  ebenfalls 
bei  vollständig  ausgezogener  Camera  aufgenommen,  IV^  mit  Zeiss  Linse 
B  (Vergröiserung  160),  VI®  mit  Zeiss  Ölimmersion  3,0  mm  (Ver- 
gröiserung 520)  und  Projektionsokular  4. 

Die  Vergröüserungen  wurden  wie  bei  unserer  ersten  Tafel  auf  die 
Weise  berechnet,  dafs  ein  Objektivmikrometer  bei  allen  genannten  Ver 
gröfserungen  photographiert  und  mit  den  10  erhaltenen  Photogrammen 
verglichen  wurde. 

No.  4. 
Makroskopische  Beschreibung. 

Beagierglaskulturen: 

a.  Gelatine.  Die  Kultur  breitet  sich  sehr  rasch  und  unbegrenzt 
über  die  Oberfläche  der  alsbald  verflüssigten  Gelatine  aus  unter  Bildung 
eines  dünnen  gelblich-weifsen  etwas  durchscheinenden  Basens,  welcher 
sich  alsbald  vollständig  mit  einem  talcumfarbigen  Anfluge  bedeckt.  Der 
letztere  verstärkt  sich  nur  an  wenigen  Stellen  zu  dickeren  weiislichen 
Massen.     Kein  Wachstum  im  Stiche  und  in  die  Gelatine  hinein. 


295 

b.  Agar.  Ganz  wie  auf  Grelatine,  nur  etwas  üppiger  in  die  Höhe 
und  in  ganz  geringem  Mafse  in  den  Agar  hineinwachsend. 

Objektträgerkultur.  Von  oben  gesehen  eine  gelblich-wei&e, 
trockene,  kalkige  Masse  welche  in  ganz  dünner  Schicht  peripherisch  noch 
über  die  Grenzen  des  Nährbodens  sich  ausbreitet  und  dabei  verschieden 
dicht  verteilt  ist,  so  dals  einzelne  durchscheinende  Stellen  auch  in  der 
Mitte  der  Kultur  verbleiben.  Hierdurch  gewinnt  die  ganze  Kultur  ein 
wolkiges,  durchaus  nicht  konzentrisch  gebautes  Aussehen.  An  der  Unter- 
seite erscheinen  die  dichteren  Stellen  der  Oberseite  hell  ockergelb. 

Lochkultur  zeigt  keine  Zentralkegel,  dagegen  die  hervorragenderen 
Fruehtträger  durch  horizontal  verlaufende,  guirlandenartig  ausgespannte 
•dickere  und  dünnere  Lufthyphen  (Fig.  IV»)  und  von  diesen  ausgehende 
rankenartige  Zweige  verbunden.  Es  existiert  also  ein  Luftmycel,  dasselbe 
ist  aber  durch  seine  Feinheit  und  weifse  Farbe  über  der  weiTsen  Kultur 
makroskopisch  nicht  wahrnehmbar. 

Mikroskopische  Beschreibung. 

a.  Die  Hyphen  sind  farblos  und  treten  an  Masse  gegen  die  Sporen 
ungemein  zurück,  sie  verlaufen  weitläufig,  teils  gestreckt,  teils  sehr  un- 
regelmäMg  geschwungen,  .sind  reichlich  septiert  (Fig.  IV°);  ihre  Breite 
variiert  ganz  bedeutend  (2 — 6  gi)  (s.  Fig.  IV^). 

b.  Die  Fruchtträger  sind  zum  Teil,  bei  jüngeren  Kulturen  stets,  mit 
Sporenträgern  identisch.  Sie  bestehen  aus  einer  oder  mehreren  kurzen 
Zellen  und  werden  selten  über  40  fi  lang  (Fig.  1\^').  In  älteren  Kultxu'en 
sind  die  Sporenträger  hin  und  wieder  geteilt.  Gewöhnlich  entspringen 
hier  von  einem  Punkte  einer  breiteren  Bodenhyphe  3,  6  imd  mehr  dieser 
eben  beschriebenen  Sporenträger  (büschelförmiger  Fruchtstand).  Vielfach 
aber  teilt  sich  ein  kurzer  (ca.  20  /i)  Fruchtträger  einmal  oder  auch  mehr- 
fach (2 — 3  mal)  in  ebenso  kurze  aber  dünnere  Zweige,  von  denen  die 
letzten  je  eine  Sporenkette  tragen.  Während  also  die  Fruchtträger  ganz 
tinregelmäfsig  gebaut  sind,  teils  einzeln,  teils  büschelförmig  zusammen- 
stehen, teils  vielfach  verästelt  sind,  fehlt  niemals  das  charakteristische 
Moment  der  ungemein  langen,  von  den  Endpunkten  einzeln  abgehenden 
Sporenketten. 

c.  Die  Sporen  sind  zu  ganz  besonders  langen  Sporenketten  ver- 
einigt; es  lassen  sich  leicht  Ketten  von  40,  50  und  mehr  Sporen  nach- 
weisen. Innerhalb  der  Kette  nehmen  die  Sporen  sehr  langsam  an  Gröfse 
zu,  so  dais  die  Basalspore  die  kleinste  und  schmälste,  die  Endspore  die 
grölste  und  der  Kugelform  sich  am  meisten  nähernde  ist.  Hiernach 
variiert  der  Längsdurchmesser  von  5 — 10  fi,  der  Breitendurchmesser  von 
4 — 8  fi.  Im  allgemeinen  ist  die  Gestalt  eine  zitronenförmig  längliche, 
an  den  Polen  warzenförmig  ausgezogene.  Die  Sporen  besitzen  eine  stark 
lichtbrechende,    sehr   dicke    Membran  von  schwachgelblicher  Farbe.     Der 

20* 


296 

• 

Übergang  von  dem  Sporenträger  zur  Sporenketie  wird  ganz  allmälilich 
durch  die  jüngste  Spore  vermittelt,  indem  das  Ende  des  Sporenträgers 
anschwillt,  stärker  konturiert  und  dabei  etwas  zugespitzt  wird  und  sich 
darauf  abschnürt. 

No.  5. 
Makroskopische  Beschreibung. 
Keagierglaskulturen: 

a.  Gelatine.  Die  Kultur  bildet  eine  beuteUbrmige  sich  zusammen- 
ziehende dicke  Decke,  welche  von  oben  gesehen  grüngelblich  und  unter- 
wärts graugelblich  gefärbt  ist.  Während  des  sehr  raschen  Wachstums 
wird  die  Gelatine  verflüssigt.  Das  Wachstum  an  der  Oberfläche  ist 
zuerst  nach  beiden  Seiten  des  Impfstiches  ein  rasches,  hält  dann  aber  in 
der  Breitenrichtung  ein.  Von  nun  an  verdickt  sich  die  Kultur,  während 
die  Seitenränder  am  Ort^  verharren.  Im  Stiche  und  in  die  Gelatine 
hinein  findet  kein  Wachstum  statt.  ^ 

b.  Auf  Agar  ein  dicker  grünlich-gelber  Basen  von  beschränktem 
Wachstum;  es  findet  sich  ein  geringes  Einwachsen  in  den  Agar  hinein. 
Kein  Wachstum  im  Impfstiche.  Sehr  alte  Kulturen  &rben  sich  an  der 
Unterseite  gelbbraun,  an  der  Oberseite  braungrün. 

Objekt trägerkultur.  Von  oben  gesehen  vereinigen  sich  die 
bräunlich-grünen  im  Strich  gewachsenen  Kulturen  nicht,  sondern  bleiben 
als  raupenähnliche  Wülste  isoliert.  Die  Kulturen  sind  in  der  Mitte  sehr 
dick  und  nehmen  nach  den  Bändern  zu  bedeutend  an  Höhe  ab.  An  der 
Unterseite  ist  die  Farbe  gelbbräunlich. 

Mikroskopische  Beschreibung. 

a.  Die  Hyphen  sind  2 — 4  /i  breit,  leicht  geschlängelt,  vielfach 
verzweigt  und  anastomosierend,  mäfsig  reichlich  septiert. 

b.  .Wenn  die.  Fruchtträger  des  vorigen  Pilzes  (No.  4)  alle  Über- 
gänge erkennen  lielsen  von  der  einzelnen  Sporenkette  bis  zu  einer  dolden- 
förmigen Anhäufimg  derselben,  so  zeigt  dieser  Pilz  (No.  6)  die  Weiter- 
entwickelung  bis  zu  einem  fast  penicilliumartigen  Fruchtstand.  Es  finden 
sich  in  jungen  Kulturen  zunächst  einfache  Fruchtträger  mit  einfacher 
Sporenkette,  sodann  viele  kurze,  ca.  20  fi  lange  dichotomisch  geteilte  Frucht- 
träger, deren  Sporenträger  beide  gleichlange  Ketten  tragen.  Indem  die 
dichotomische  Teilung  sich  auf  die  Sporenträger  fortsetzt,  entstehen  8-  und 
16endige  Fruchtstände;  die  von  den  Enden  der  letzteren  sich  abschnüren- 
den Sporenketten  beginnen  stets  auf  ziemlich  gleicher  Höhe  (Fig.  V^),  so 
dais  man  annehmen  muTs,  dafs  das  Wachstum  und  die  Verästelung  der 
Fruchtträger  an  allen  Punkten  gleichmäfsig  fortschreitet. 

Auiser  der  dichotomischen  Teilung  kommen,  wenn  auch  seltener^ 
Drei-  und  Vierteilungen  der  Fruchtträgeräste  von  einem  Punkte  aus  vor. 
Zugleich  verlängert  sich  der  ursprüngliche  Fruchtträgerstamm  durch  Quei- 


-     i 


297 

teilung  80  bedeutend  (100 — 200  /»),  dafs  diese  langgestielten,  sporen- 
tragenden Fmclitträger  auf  den  ersten  Blick  den  Fruchtträgem  gewöhn- 
licher Penicillien  sehr  ähnlich  sind  (Fig.  V*).  Die  Breite  der  Fruchtträger 
schwankt  je  nach  der  Dicke  zwischen  2 — 6  ijb. 

c.  Die  Sporen  sowohl  der  einfachen  wie  der  zusammengesetzten 
Fruchtstände  bestehen  aus  6,  8,  12  und  mehr  Einzelsporen,  erreichen 
aber  nie  die  bedeutende  Länge  der  Sporenketten  von  No.  4.  Die  Gröfse 
der  Sporen  yarriert  von  den  jüngsten  zu  den  ältesten  zwischen  3  und  4  ju. 
Sie  sind  eiförmig,  innerhalb  der  Kette  häufig  an  den  Polen  gegenein- 
ander etwas  abgeplättet,  aber  nicht  warzenförmig  verlängert,  wie  die 
Sporen  aller  vorhergehenden  Pilze. 

No.  6. 
Makroskopische  Beschreibung. 

Beagierglaskulturen: 

a.  Die  Kultur  bildet  •  auf  Gelatine  einen  in  ganz  beschränkter 
Weise  neben  dem  Striche  sich  ausbreitenden  dichten,  grünschwarzen 
Rasen,  welcher  von  einer  schmalen  durchscheinenden  Zone  von  derselben 
Farbe  eingefafst  ist.  Die  Gelatine,  in  welcher  der  Basen  längs  des 
Striches  mit  einem  weifsen  Flaume  hineinwächst,  wird  allmählich  ver- 
flüssigt und  sodann  von  dem  Pigment  des  Basens  etwas  dunkelbräunlich 
verf^bt.  Auf  der  Stichkultur:  flache,  knopfartige  Ausbreitung  von 
dunkelgrüner  Farbe,  von  einem  zarten,  sehr  schmalen,  weifslichen  Hofe 
begrenzt.  Derselbe  setzt  sich  als  zuerst  breite,  daün  immer  schmäler 
werdende  weüse  Wolke  in  die  Tiefe  des  Stichkanals  fort.  Die  Pilzf^den, 
welche  diese  Wolke  bilden,  streben  starr  von  einem  Punkte  des  Impf- 
stiches nach  allen  Bichtungen,  so  dafs  die  letzten  vereinzelten  Kolonien 
in  der  Tiefe  des  Impfistiches  Ähnlichkeit  mit  Eiskristallen  haben.  Indem 
die  Kultur  die  Gelatine  allmählich  verflüssigt,  sinkt  der  Basen  unter  die 
Oberfläche  ein  imd  fkrbt  die  verflüssigte  Gelatine  bräunlich.  In  der  Tiefe 
des  Impfstiches  färbt  die  Kultur  sich  nicht  grünlich. 

b.  Agar.  Strichkultur.  Grünsohwarzer  Basen  von  beschränktem 
Wachstum,  welcher  etwa  3 — 4  mm  weit  in  den  Agar  mit  warzigen 
Protuberanzen  hineinwächst.  Die  letzteren  sind  nicht  überall,  aber  an 
vielen  Stellen  braun  gefärbt.  Stichkultur.  Grünschwarzer,  nagelkopf- 
artiger Basen,  setzt  sich  durch  den  ganzen  Stichkanal  als  eine  im  Durch- 
messer beständig  abnehmende  weifse  Wolke  mit  dunkelgrünen  Einspren- 
g^gen  fort. 

Die  Objektträgerkultur  bildet  entlang  den  Strichen  schwarz- 
grüne, ziemlich  schmale  und  hohe,  raupenähnliche  Basen,  welche  nur 
von  einer  ganz  schmalen,  gleichge&rbten,  durchscheinenden  Zone  begrenzt 
Bind.     Die  Farbe  der  Unterseite  ist  braungrün. 


298 

Die  Lochkultur  von  4  Tagen  zeigt  bereits  ein  niedrigem  Gesträuch 
ähnliches  Hervorwachsen  von  Fmchtträgem. 

Mikroskopische  Beschreibung. 

a.  Die  Hyphen  sind  in  allen  Beziehungen  äufserst  variabel,  die 
Dicke  schwankt  von  3 — 10  (i.  Lange  Segmente  wechseln  mit  ganz 
kurzen,  welche  so  eingeschnürt  und  bauchig  sind  (Figg.  VP  und  VI^)r 
dafs  sie  einer  Sporenkette  nicht  unähnlich  werden.  Ihr  Verlauf  ist  teils 
gestreckt,  teils  äuiserst  geschwungen,  die  Verästelung  ganz  unregelmälsig; 
an  vielen  Stellen  verschmelzen  benachbarte  Hyphen  miteinander,  indem 
die  sich  am  nächsten  gelegenen  Zellen  Auftreibungen  erhalten,  welche 
einander  entgegenstreben  und  verschmelzen.  An  Stelle  der  Septen  sind 
die  Hyphen  sehr  häufig  eingeschnürt  und  zeigen  hier  oft  einseitige  Ver- 
dickungen der  aneinander  grenzenden  Zellen,  welche  der  ganzen  Hyphe 
das  Aussehen  verleihen,  als  wenn  sie  aus  ineinander  gesteckten  Tüten 
bestände. 

b.  Die  Fruchtträger  sind  ebenso  reichlich  septiert,  wie  die  Hyphen 
und  erheben  sich  60 — 250  ^  über  die  Oberfläche,  sind  meist  dichotomisch 
verzweigt  und  4 — 7  fjb  breit.  Sie  erscheinen  ungemein  früh,  indem  die 
aus  der  auskeimenden  Spore  entstehenden  Hyphenzellen  sofort  auch 
Fruchtträger  zu  bilden  beginnen  (Fig.  VI^).  Die  Zellen,  welche  sie 
zusammensetzen,  sind  meistens  regelmäfsiger  und  gestreckter  als  die 
Hyphen,  doch  kommen  auch  hier  bauchige  Auftreibungen  und  nnregel- 
mäfsige  Einschnürungen  vor.  Am  Ende  verzweigen  sich  die  Frucht- 
träger  rispenartig.  Durch  die  Kürze  der  verzweigten  Sporenträger  ver- 
schmilzt der  ganze  Fruchtstand  zu  kugeligen  Köpfchen,  aus  denen  nur 
einzelne  längere  Sporenketten   isoliert   hervorragen  (Figg.  VI*  und  VP). 

c.  Die  Sporenträger  sind  meist  oval  (Figg.  VP  und  VP),  6 — 10 f> 
lang  und  4  fi  breit,  an  beiden  Enden  zugespitzt  und  schnüren  durch 
quere  Teilung  die  Sporen  ab. 

d.  Die  Sporen  sind  4 — 6  (a  im  Durchmesser,  kugelrund,  sitzen  in 
annähernd  gleichlangen  Ketten  von  4 — 6  zusammen  auf  den  Enden  der 
rispenartig  verzweigten  Sporenträger  in  der  Weise,  dafs  sie  zusammen 
dichte  kugelige  Köpfchen  bilden  (Figg.  VI*,  VP),  in  dem  sie  vom 
Mittelpunkte  der  Kispen  nach  allen  Seiten  radienartig  ausstrahlen. 

No.  7. 
Makroskopische  Beschreibung. 
Reagierglaskulturen: 

a.  Auf  Gelatine  bildet  die  Kultur  einen  beschränkt  wachsenden 
dunkelgrünen  Rasen,  welcher  von  einer  breiten  hellen  Zone  zu  beiden 
Seiten  des«  Impfstriches  umgeben  ist.  Die  Gelatine  wird  langsamer  ver- 
flüssigt, als  bei  No.  6  und  ebenfalls,  aber  in  geringerem  Mafse,  bräunlich 
verfärbt.     Die  Stichkultur  hat  eine  flache   nagelkopfartige   Verbreitung 


299 

von  dunkelgrüner  Farbe,  welche  von  einer  breiten,  weifeen  Zone  begrenzt 
ist.  Dieselbe  setzt  sich  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  No.  6  als  kegel- 
förmig zugespitzte,  weifse  Wolke  in  die  Tiefe  des  Imp&tiches  fort.  Die 
Pilz&den,  welche  diese  Wolke  zusammensetzen,  sind  regelmäfsiger  hori- 
zontal geschichtet  und  länger  als  bei  No.  6,  weniger  kristallartig  als 
seidenhaarähnlich.  Auch  hier  bleibt  die  Kultur  in  der  Tiefe  des  Impf- 
stiches farblos. 

b.  Agar.  Strichkultur.  Dunkelgrüner  Basen  von  beschränktem 
Wachstum,  welcher  von  einer  helleren  Zone  zu  beiden  Seiten  umgeben 
ist  und  an  seiner  Oberfläche  allmählich  grau  ge&rbt  wird.  Derselbe 
wächst  mit  weifslichen  Protuberanzen,  welche  sich  auch  später  nicht 
dunkel  &rben,  etwas  in  den  Agar  hinein.  Stichkultur.  Dunkelgrüner, 
nagelkopfartiger  Rasen,  welcher  sich  im  Stichkanal  mit  abnehmender 
Stärke  und  abnehmendem  umfange  als  eine  weiise  Wolke  fortsetzt. 
Dieselbe  ist  schwächer  ausgebildet  als  bei  No.  6  und  niemals  dunkel 
gefärbt. 

Objektträgerkultur.  Dunkelgrüner,  etwas  mehr  als  bei  No.  6 
ins  breite  wachsender,  raupenähnlicher  Rasen,  welcher  nur  in  der  Mittel- 
linie sehr  dxmkel  gefärbt,  am  Rande  in  breiter  Ausdehnung  durchscheinend 
und  heller  ge&rbt  ist. 

Lochkultur  (4  Tage  alt).  Das  Wachstum  der  aufetrebenden 
Hyphen  ist  bereits  ein  bedeutend  höheres  als  bei  No.  6  (3 — 4  mal  so 
hoch),  doch  sind  dieselben  noch  vollkommen  steril,  und  gleichen  in  ihrer 
Gresamtheit  nicht  einem  niedrigen  Gesträuch,  sondern  hochwachsenden 
Gräsern. 

Mikroskopische  Beschreibung. 

a.  Die  Hyphen  sind  gleichfalls  variabel  in  ihrer  Dicke,  ca.  4—10  fju 
breit,  doch  ist  hier  eine  gröfsere  Regelmäfsigkeit  unverkennbar,  insofern 
als  die  jüngeren  Hyphen  an  der  Peripherie  der  Kultur  dünner  (4 — 6  /w), 
gestreckter  und  länger  septiert,  die  älteren  Hyphen  in  der  Mitte  der 
Kultur  sämtlich  dicker  (6 — 10  fi),  kürzer  septiert,  bauchig,  und  die 
kürzesten  sogar  kugelig  angeschwollen  sind^  (Fig.  VIP).  Auch  hier  ist 
die  Verästelung  unregelmäßig.  Verschmelzungen  benachbarter  Hyphen 
kommen,  wenn  auch  nicht  so  häufig  als  bei  Nr.  6,  vor.  Die  dickeren 
kurzseptierten  Hyphen  zeigen  häufig  das  Bild  ineinander  gesteckter  Tüten 
oder  von  Rosenkränzen  (Fig.  VII**).  Alte  Kulturen  werden  von  einem 
dünnen  spinnewebartigen  Luftmycel  überzogen. 

b.  Die    Fruchtträger    sind    50 — 300  (i   lang,    3 — 5  fi    breit,  im 


^  Die  dünnen,  gestreckten  färben  sich  mit  alkalischem  Methylenblau  blaugrün, 
die  angeschwollenen  kurzseptierten  älteren  dunkelviolett  im  Innern  mit  blaugrüner 
Membrau  und  Scheidewänden. 


300 

gaDzen  mehr  gestreckt  gebaut  als  bei  No.  6.  Sie  bestehen  je  nach  ihrer 
Länge  aus  wenigen  oder  vielen  Zellen  yon  ca.  10 — 20  fi  Länge,  die 
meistens  von  unten  nach  oben  an  Breite  fzunehmen.  Sie  verästeln  sich 
unter  spitzerem  Winkel  (Fig.  YIP]  als  bei  No.  6.  Sie  tragen  eben&LUs 
rispenförmige  Fruchtstände,  indem  sie  sich  am  Ende  mehrfach  in  2 — 3 
oder  selbst  4  Äste  teilen.  Die  entstehenden  Fruchtstände  sind  wegen  der 
gröiseren  Länge  der  Äste  des  Fruchtträgers  und  der  Sporenträger  lockerer 
gebaut  (Fig.  Vil*)  als  bei  No.  6;  sie  halten  weniger  zusammen  und 
bilden  keine  so  abgerundeten  kugeligen  Fruchtstände. 

c.  Die  Sporenträger  sind  7 — 12  (j,  lang,  oblong,  an  den  Enden 
zugespitzt,  gehen  spitzwinkeliger  ab  als  bei  No.  6  (Fig.  VIP). 

d.  Die  Sporen  sind  eiförmig,  an  beiden  Polen  spitz  ausgezogen, 
4 — 6  fjk  lang;  sie  sitzen  in  Ketten  zu  3 — 6  an  den  Enden  der  Sporen- 
träger. Es  findet  bei  den  meisten  Fruchtständen  ein  ganz  ali- 
mählicher Übergang  von  den  Zellen  des  Fruchtträgers  zu  denen  der 
Äste,  der  Sporenträger  imd  der  Sporen  in  bezug  auf  Form  und  Grölse 
statt,  so  dals  es  nach  dem  Abfall  vieler  Sporen  oft  nicht  leicht  zu  ent- 
scheiden ist,  ob  eine  ovale  Endzelle  noch  die  Bedeutung  eines  Sporen- 
trägers oder  bereits  einer  Spore  hat. 

Die  Länge  der  Sporenketten  ist  an  den  verschiedenen  Enden  des- 
selben Fruchtstandes  sehr  verschieden,  was  die  Unregelmälsigkeit  der 
Rispen  erhöht  und  damit  zusammenhängen  mag,  dais  hier  die  Sporen- 
ketten ungemein  leicht  in  die  einzelnen  Sporen  zerfallen. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Aufl  der  dermat.  Universitäts-Klinik  von  Prof.  Sghwbninger  in  Berlin. 

Zur  Kenntnis  des  Thiels. 

Von 

Dr.  F.  Buzzi, 

Assistent. 

In  einer  Ahhandlung  tiher  „Thiol  und  Ichthyol"  {Mitth.  a.  d.  der- 
matöl.  Klin.  der  Charite  in  Berlin.  Hefk  6/7)  hat  Rebps  die  Aufmerk- 
samkeit auf  die  physikalische,  chemische  und  therapeutische  Identität 
dieser  beiden  Stoffe  gelenkt. 

Dem  seit  einigen  Jahren  in  die  Therapie  mit  nicht  genug  zn 
rühmendem   Erfolge    eingeführten  Ichthyol  stellt  Rebps  den  neulich  von 


301 

Dr.  Emil  Jagobsen  in  Berlin  hergestellten  Körper,  das  Thiol,  als  thera- 
peatisoh  gleichwertig  gegenüber.  Die  Krankengeschichten,  auf  die  Rbbps 
sich  znr  Begründung  dieser  Gleichwertigkeit  stützt,  sind  jedoch  sehr 
spärlich.  Wir  verfugten  damals  auf  unserer  Klinik  über  nur  geringe 
Mengen  von  dem  bis  dahin  im  Privatlaboratoiium  hergestellten  Thiol, 
und  war  es  hauptsächlich  deshalb  Bbbps  unmöglich  eine  gröfsere  Anzahl 
Untersuchungen  anzustellen. 

Seine  Versuche  wurden  aber  in  letzter  Zeit  in  unserer  Klinik,  Poli- 
klinik und  Privatpraxis  von  mir  wieder  aufgenommen,  da  ich  durch  die 
nunmehr  erfolgte  fabrikmäfsige  Darstellung  des  Thiols,  über  gröisere 
Mengen  von  demselben  verfügen  konnte.  Zwar  sind  auch  meine  Versuche 
noch  nicht  abgeschlossen,  und  die  Veröfifentlichung  derselben  mit  den 
Krankengeschichten  muTs  ich  mir  deshalb  für  eine  spätere  Publikation 
vorbehalten.  Aber  ich  kann  schon  jetzt  ohne  Bedenken  vorausschicken, 
dals  in  den  Fällen,  bei  denen  ich  Gelegenheit  gehabt,  die  Wirkung 
des  Thiols  zu  prüfen  (Seborrhöe,  Rosacea,  Akne  vulgaris,  Ekzeme  u.  a.) 
die  Resultate  von  Reeps  sich  bestätigen  lassen.  Das  Thiol  besitzt  voll" 
kommen  die  dem  Ichthyol  von  autoritativer  Seite,  besonders  von  Unna 
in  seiner  trefflichen  Arbeit :  Ichthyol  und  Resorcin  als  Repräsentanten  der 
Gruppe  reduzierender  Mittel  [Dermatologische  Studien.  Heft  2,  1886)  nach- 
gerühmten therapeutischen  Eigenschaften  —  wie  das  schon  a  priori  daraus 
hervorgeht,  daGs  beide  Mittel  im  wesentlichen  chemisch  identisch  sind. 
Es  kommen  somit  dem  Thiol  als  Haupteigenschaften  eine  wasserent- 
ziehende, eine  keratoplastische,  eine  ge&isverengende  und  eine  leicht 
antiseptische  Wirkung  zu. 

Mit  Hinweis  auf  die  oben  genannte  Arbeit  von  Rbbps  möchte  ich 
nun,  zur  näheren  Charakterisierung  des  Thiols,  einige  Daten  anführen, 
die  ich  mit  Aufschlüssen  von  Dr.  Jacobsen  —  wofür  ich  ihm  herzlichst 
danke  —  zusammengestellt  habe,  mit  besonderer  Berücksichtigung  der 
Ergebnisse,  die  sich  seit  der  fabrikmäfsigen  Darstellung  des  Thiols  heraus- 
gestellt haben. 

Diese  Darstellung  des  Thiols  im  greisen  hat  nun  nach  Überwindung 
mancher  Schwierigkeiten  zu  Präparaten  geführt,  die  von  relativ  gleich- 
mäfisiger  Zusammensetzung  und  Reinheit  sind  —  soweit  es  erlaubt  ist, 
Produkte,  welche  nicht  als  chemische  Individuen  angesehen  werden 
können,  als  „chemisch  rein^  zu  bezeichnen.  In  dieser  Hinsicht  durfte 
die  seiner  Zeit  im  Laboratorium  dargestellte  ThioUösung,  mit  welcher 
Rbbps  seine  Versuche  anstellte,  solche  relative  Reinheit,  wie  sie  die  jetzt 
in  den  Handel  gelangenden  Präparate  zeigen,  nicht  in  gleichem  Mafse 
beanspruchen. 

Ob  einem  idealen  Thiol  eiu  einziger  ungesättigter  Kohlen- 
wasserstoff zu  ti-runde  liegen  mülste,  und  ob  ein  solches  Idealthiol  thera- 


302 

peutisch  und  praktiscli  einem  Gemisch,  von  Thiolen  vorzuziehen  ist,  will 
ich  hier  nicht  erörtern.  Mir  genügt  zu  wissen,  dafs  das  Thiol  —  wie 
das  Ichthyol  —  ein  Gemenge  geschwefelter  Kohlenwasserstoffe  ist, 
welches  durch  Behandlung  mit  Schwefelsäure  wasserlöslich  gemacht  (sul- 
foniert)  ist.  Das  ideale  Thiol  würde  ja  zur  Zeit  doch  nur  eine  theoretische 
Bedeutung  beanspruchen  können,  denn  erstens  ist  es  bisher  meines  Wissena 
noch  ];^icht  gelungen,  die  ungesättigten  Kohlenwasserstoffe  techniscli  za 
isolieren.  Femer  ist  aber  auch  anzunehmen,  dafs  die  Kohlenwasserstoffe 
an  der  therapeutischen  Wirkung  des  Thiols  —  sowie  des  Ichthyols  — 
nicht  wesentlich  teilnehmen. 

Das  Wesentliche  bleibt  ja  doch  lediglich  der  in  ihrer  Verbindung 
enthaltene  und  wasserlöslich  gemachte  Schwefel.  Da  nun  in  diese 
Kohlenwasserstoffe  prozentualisch  gleiche  Mengen  von  Schwefel  eingeführt 
sind,  so  ist  wohl  nicht  anzunehmen,  dafs  irgend  einer  der  ge 
schwefelten  Kohlenwasserstoffe  die  andern  therapeutisch  weit  übertriffi. 
Sollte  jedoch  die  weitere  Verfolgung  dieser  interessanten  Fragfe  der  Sul- 
fbnierung  der  geschwefelten  ungesättigten  Kohlenwasserstoffe  zur  Dar- 
stellung von  so  vielen  Thiolen  führen,  als  es  ungesättigte  Kohlen- 
wasserstoffe gibt,  dann  wird  sich  schon  aus  vergleichenden  Versuchen 
zwischen  diesen  verschiedenen  Thiolen  dasjenige  herausstellen  —  das 
ideale  Thiol  — ,  welches  seine  Blutsverwandten  in  therapeutisch-prak- 
tischer Hinsicht  weit  überstrahlt.  Diese  Möglichkeit  will  ich  gerne  zu- 
geben und  zugleich  hervorheben,  dais  das  Thiol,  so  wie  es  ist,  doch 
einen  Fortschritt  darstellt  auf  dem  Wege  zur  Erzielung  des  idealen 
Thiols;  und  das  verdanken  wir  Jacobsen,  der  uns  bei  der  Herstellung 
dieses  Körpers  gezeigt  hat,  dafs  die  Sulfonierung  des  Stinksteinök 
beim  Ichthyol  nur  ein  spezieller  Fall  einer  allgemeinen  chemischen  Re- 
aktion ist. 

Was  sehen  wir  zur  Zeit  in  praktischer  Beziehung?  Im  Ichthyol  ist 
das  Gemisch  der  geschwefelten  Kohlenwasserstoffe  wirksam,  und  von 
niemanden  ist  je  der  Anspruch  erhoben  worden,  es  müsse  sich  um  einen 
einheitlichen  Körper  handeln.  Dasselbe  gilt  fürs  Thiol.  Gerade  diese 
Thatsache,  nämlich  dals  beide  Körper  im  wesentlichen  ein  Gemisch 
von  sulfonierten  geschwefelten  ungesättigten  Kohlenwasserstoffen  darstellen, 
bürgt  für  ihre  Identität.  Begegnen  wir  doch  unter  den  Medikamenten  oft 
Produkten,  deren  therapeutische  Wirksamkeit  gerade  in  ihrer  gemischten 
Natur  zu  liegen  scheint,  so  verschiedenen  Pflanzenextrakten,  dem  noch 
immer  unentbehrlichen  Opium,  dem  Leberthran,  dem  neuerdings  sich  em- 
porgeschwungenen Kreolin  und  a.  m. 

Da  es  dennoch  für  die  therapeutische  Verwendung  jedenfalls  von 
gröfeter  Wichtigkeit  ist,  ein  möglichst  gleichmäfsiges  Präparat  zu  haben, 
so  bedient  sich  Jacobsen  für  die  Darstellung  des  Thiols  im  grofsen  eines 


303 

Rohmaterials,  das  sich  erfahrnngsgemärs  am  geeignetsten  erwiesen^  von 
derselben  Provenienz  entspringt,  und  dessen  spezifisches  Gewicht  und 
Siedepunkt  innerhalb  enger  Grenzen  liegen. 

Bei  der  Sulfonierung  des  geschwefelten  Öles  unter  Verwendung 
g-ewissen  Rohmaterials  kommen  unerhebliche  Mengen  nicht  näher  be- 
kannter Körper  ins  Thiol,  welche  saure  Eigenschaften  zeigen  und  doch 
nur  als  Verunreinigungen  angesehen  werden  müssen.  Von  diesen  ist  das 
jetzt  hergestellte  Präparat  frei,  ebenso  enthält  es  keine  Salze  mehr,  die 
von  der  Absättigung  und  dem  Aussalzen  herrühren.  Wesentlich  ist  auch, 
dafs  das  Thiol  von  anhängendem,  unverändertem  Mineralöl,  sowie  von 
dem  zur  Entfernung  des  letzteren  benutzten  Reinigungsmittel  (Ligroin) 
befreit  ist.  Vor  allem  zeigt  das  Thiol  nicht  den  xmangenehmen  Geruch, 
den  die  flüchtigen  Beimengungen  geschwefelter  Rohöle  be- 
sitzen imd  welche  sich  aufs  fertige  Produkt  übertragen  und  demselben 
hartnäckig  anhaften.  Der  Geruch  des  völlig  gereinigten  Thiols  ist 
dann  nur  ein  schwach  bituminöser,  gamicht  widerwärtig,  der  Geschmack 
ist  bitterlich  und  adstringierend.     Auf  Lackmuspapier  reagiert  es  neutral. 

Es  ist  nicht  meine  Sache  mich  auf  die  weiteren  chemischen  Eigen- 
schaften des  Thiols  einzulassen.  Ich  will  hier  nur  noch  erwähnen,  dafs 
das  Thiol  gegenwärtig  in  zwei  Formen  in  den  Handel  gelangt^  und 
zwar: 

1.  Thiolum  liquidum,  eine  ca.  40  prozentige  wässerige  Lösung 
von  der  Konsistenz  eines  dicken  Sirups  vom  spezifischen  Gewicht  1,080 
bis  1,081  bei  15^0.  Dieses  flüssige  Thiol  wird  wohl,  seiner  Natur 
entsprechend,  wie  das  Ichthyol  dispensiert  und  verwendet  werden. 

2.  Thiolum  siccum.  Das  unter  geeigneten  Vorsichtsmafsregeln 
zur.  Trockne  gebrachte  flüssige  Thiol  wird  in  Form  kleiner,  braun- 
schwarzer, glänzender  Lamellen  erhalten.  Zur  bequemeren  Dispensation 
wird  ein  staubfeines,  dunkelbraunes  Pulver  daraus  präpariert.  Die  Mög- 
lichkeit der  Darstellung  des  trockenen  Thiols  ist  nur  eine  Folge  der 
Beseitigung  der  dasselbe  verunreinigenden  Salze,  wodurch  ihm  jede  hy- 
groskopische Eigenschaft  entzogen  und  seine  Eintrocknung  und  Beständig- 
keit in  fester  Form  ermöglicht  wird. 

Das  Thiolum  siccum  ist  in  Wasser  völlig  und  unzersetzt  löslich. 
Der  adstringierende  Thiolgeschmack  kommt  besonders  bei  dieser  Form 
zur  Geltung. 

Abgesehen  davon,  dafs  wir  in  dieser  Form  ein  Präparat  besitzen, 
das  ganz  wasserfrei,  was  in  gewissen  Fällen  von  Bedeutung  sein  kann, 
dürfen    wir   in    ihm  ein  Präparat  begrüfsen,  das  sich  zur  inneren  Dar- 


*   Die   fabrikmäfsige   Darstellung  des  Thiols  findet  bei  der  bekannten  Berliner 
Firma  J.  D.  Biedel  statt. 


304 

reioliang  besonders  eignet  und  als  solches  dem  Ichthyol  wohl  überlegen 
ist.  Aufserdem  findet  es  eine  natürliche  Verwendung  als  Streupulver 
bei  Hautaffektionen,  bei  welchen  absorbierende  Puderungen  sich  bewfihrt 
haben,  so  bei  aktiven  Erythemformen,  nanientlich  bei  denen,  welche 
oft  nur  ein  Yorstadium  des  Ekzems  sind  (Eryth.  caloric,  Eryth.  ex 
profluviis),  dann  bei  Ekzemen,  besonders  den  intertriginösen,  bei 
Erysipel,  Yerbrennungen  ersten  Grades,  bei  Blasenaffektio- 
nen  wie  Pemphigus,  Dermatitis  herpetiformis,  Impetigo, 
Zoster  u.  s.  w.  In  allen  diesen  Fällen  eignen  sich  vielleicht  10 
bis  20  prozentige  Thiolpulver,  JQ  nach  Umständen  mit  Talcum,  Amylnm, 
Zinc.  oxydat.  und  dergleichen  gemengt.  Die  von  Unna  (loc.  cit.  pag.62) 
gerühmte  Wirkung  des  Ichthyols  bei  der  Heilung  von  Hautwunden  be- 
rücksichtigend, würde  sich  das  Thiolpulver  in  der  Chirurgie  leicht  eine 
Bahn  brechen  und  etwa  nach  dem  Verfahren  von  Koghsb  mit  Magist. 
Bismuthi  hier  seine  Verwendung  finden. 

Die  Verwendung  des  Thiols  als  Streupulver,  wozu  gröDsere  Mengen 
in  G-ebrauch  kommen,  setzt  natürlich  die  Billigkeit  dieses  Mittels  voraos. 
Gerade  diese  Frage  des  Preises  war  eines  der  H!auptmomente,  die  mein 
Interesse  fürs  Thiol  gewannen«  Denn,  wie  oft  haben  wir  in  der  Poli- 
klinik auf  die  Verschreibung  des  Ichthyols  verzichten  müssen,  nur  deshalb, 
weil  die  unbemittelten  Patienten  die  hierzu  erforderlichen  bedeutenden 
Kosten  nicht  tragen  konnten  I  Nun  haben  wir  zwei  gleichwertige  Mittel, 
und  eine  Konkurrenz  auf  diesem  Gebiete  muls  unbedingt  zur  Herab- 
setzung der  Preise  führen.  Eine  solche  wird  dann  bald  eintreten,  wenn 
berufenere  Kollegen  (nicht  allein  Dermatologen,  sondern  und  hauptsächlich 
innere  Mediziner)  Versuche  mit  dem  Thiol  anstellen  und,  nach  Über- 
zeugung, seine  therapeutische  Gleichwertigkeit  mit  dem  Ichthyol  bekannt 
machen. 

Berlin,  Januar  1889. 


Beitrag  zur  Kenntnis  des  Hydrargyrum  salicylicnm. 

Von 

Dr.  Geoeg  Müller 

in  Dresden. 

In  der  Augustnummer  der  Therapeutischen  Monatshefte  von  1888 
haben  Ellenbebgeb  und  Hofmeisteb  sehr  eingehende  Versuche  über  di« 
Wirkungen  des  Hydrargyrum  salicylicum  veröffentlicht  und  unter  anderm 
gefanden,  dals  das  genannte  Mittel  ein  vorzügliches  Antiseptikum,  Anti- 
zymotikum    und   Desinfiziens  ist,   welches  den  Vorzug  relativer  »UnschÄd- 


j 


305 

I 

lichkeit  besitzt,  denn  Kaninchen  von  1200,0  Körpergewicht  vertrugen 
Dosen  von  0,005 — 0,150  des  Pulvers  ohne  jeden  Nachteil,  und  ein  1500,0 
schweres  Kaninchen  starb  erst  nach  Yerabreichung  von  50,0  einer 
0,5%igen  Quecksilbersalicylatlösnng,  während  kleinere  Mengen  keine  gif- 
tigen Eigenschaften  entfalteten.  Femer  referierte  Karl  Szadeck  in 
No.  10  der  Monatshefte  /*.  praM.  Dermatologie  von  1888  über  die  von  ihm  bei 
Syphilitischen  angestellten  therapeutischen  Versuche  mit  dem  genannten 
Quecksilberpräparat,  aus  denen  hervorgeht,  dafs  Tagesdosen  von  0,1  per  os 
xmd  von  0,05  subkutan  oder  intramuskulär  appliziert  von  Menschen  ohne 
Nachteil  vertragen  wurden. 

Im  Anschlufs  daran  erlaube  ich  mir,  über  einige  Versuche  zu 
berichten,  welche  ich  über  die  Besorptionsfthigkeit  des  Hydrargyrum 
saUcylicmn  vom  Verdauungstraktus.  von  Wunden,  von  der  Subcutis  nnd 
von  der  intakten  Haut  aus  und  über  seine  Wirkung  auf  Käudemilben  an^ 
gestellt  habe.  Ich  suche  also  im  nachstehenden  folgende  Fragen  zu  l5sen : 
1.  Wird  das  Quecksilbersalicylat  von  dem  'Verdaungs- 
traktus,  der  Subcutis,  der  Haut  und  den  granulierenden  Wun- 
den der  Warmblüter  aus  resorbiert,  und  ist  der  Organismus 
-dieser  Tiere  imstande,  das  genannte  Mittel  zu  spalten,  oder 
läfst  er  es  unverändert  den  Körper  passieren? 

Es  konnte  darüber  die  Untersuchung  des  Harnes  Aufschluls  geben,- 
und  zwar  war  es  zunächst  nötig  festzustellen,  durch  welche  analytische 
Methode  das  Quecksilbersalicylat  im  Harn  sich  nachweisen  läüst.  Es 
wurde  zu  500,0  Hundeham  1,0  einer  0,5Voigen  Lösung  des  Hydrargyrum 
salicylicum  (==  0,005  des  Mittels  =  0,00295  Quecksilber)  gesetzt  und 
dann  auf  das  Vorhandensein  von  Salicylsäure  und  von  Quecksilber  ge^ 
trennt  geprüft.  Erstere  liefs  sich  sehr  bequem  mittels  Eisenchlorid  nach« 
weisen.  Durch  Zusatz  von  einigen  Tropfen  seiner  Lösung  entstand  eine 
lebhaft  violette  Färbung,  die  allerdings  sehr  rasch  von  den  sich  massen^ 
haft  bildenden  Eisenphosphaten  verdeckt  wurde,  aber  trotzdem  so  scharf 
in  die  Erscheinung  trat,  dais  ein  Irrttim  völlig  ausgeschlossen  werden 
muTste.  Zur  Bestimmung  noch  kleinerer  Mengen  empfahl  es  sich,  den 
betreffenden  Harn  in  ein  flaches  Porzellanschälchen  zu  gieisen  und  die 
Eisenchloridlösung  in  sehr  dünnem  Strahl  auf  der  Mitte  der  Flüssigkeit 
auffallen  zu  lassen.  Die  Beaktion  war  dann,  schon  bei  minimalsten 
Mengen  des  Salicylats,  recht  schön  wahrnehmbar. 

Zur  Prüfung  auf  Quecksilber  wurde  die  von  Fürbringbr  empfohlene 
Methode  in  etwas  modifizierter  Weise  benutzt.  500,0  des  mit  Quecksilber- 
salicylat versetzten  Harnes  wurden  mit  2  ccm  Salzsäure  angesäuert  und 
10  Minuten  hindurch  mit  0,5  in  feine  Streifen  zerschnittenen  JElausch- 
goldes  (sogen.  Messingwolle)  digeriert.  Der  Harn  wurde  abgegossen,  die 
MessingwoUe    nacheinander   mit   heiisem  Wasser,    mit  Alkohol    und    m^t 


306 

Äiher  gewaschen  und,  nachdem  sie  zwischen  Flieüspapier  trocken  geworden 
war,  zu  einer  Spindel  zusammengedrückt  in  ein  dünnes  Yerbrennungsrobr 
von  etwa  1  cm  lichter  Weite  gebracht,  welches  an  dem  einen  Ende  zu 
einer  über  5  cm  langen  offenen  Kapillare  von  etwa  1,5 — 2  mm  Weite  aus- 
gezogen worden  war.  Nach  dem  Einbringen  der  Messingwolle  wurde  das 
andre  Ende  durch  einen  Asbestpfropfen  verschlossen  und  das  Rohr  an 
der  Stelle,  wo  die  Messingwolle  lag,  unter  gleichmäfsigem  Rotieren  er- 
hitzt. Das  Quecksilber  sammelte  sich  in  Form  von  kleinen,  selbst  mit 
unbewaffiietem  Auge  sehr  leicht  erkennbaren  Tröpfchen  in  der  Kapillare 
an.  Spätere  Untersuchungen  haben  dann  gezeigt,  dafs  durch  diese  Me- 
thode auch  ^iel  geringere  Mengen  von  Quecksilber  sich  deutlich  nach- 
weisen liefsen,  und  dafs  man  nur  selten  nötig  hatte,  nach  dem  Erkalten 
des  Yerbrennungsrohres  noch  einige  Körnchen  Jod  in  der  Kapillare  zu 
verflüchtigen,  um  den  bekannten  roten  Ring  von  Jodquecksilber  zu  er- 
zeugen. 

Nachdem  sich  so  die  Sicherheit  der  gewählten  Prüfungsmethoden  un- 
zweifelhaft ergeben  hatte,  wurden  dieselben  bei  den  nachstehenden  Ex- 
perimenten verwendet,  und  es  gelang  in  der  That,  sowohl  nach  der  inner- 
lichen als  nach  der  subkutanen  Applikation  von  Hydrargyxum  salicylicum 
Salicylsäure  und  Quecksilber  im  Harn  nachzuweisen.  Es  könnte  allerdings 
der  Einwand  gemacht  werden,  dafs  die  getrennte  Piüfung  eines  Harnes 
auf  Salicylsäure  und  auf  Quecksilber  insofern  der  Vollkommenheit  ent- 
behrt, als  sie  den  Nachweis  nicht  zu  erbringen  vermag,  dals  beide 
Körper  wirklich  in  Form  des  Quecksilbersalicylats  in  ihm  enthalten  sind. 
Nun  läfst  sich  bekanntlich  die  Salicylsäure  aus  ihren  Lösungen  durch 
Äther  ausschütteln,  so  dafs  der  letztere  bei  Zusatz  von  Eisenchloridlösnng 
eine  violette  Färbung  annimmt.  Dies  war  jedoch  hier  nicht  der 
Fall,  so  dafs  wohl  die  Folgerung  gerechtfertigt  erscheint,  dals  in  der 
That  die  Salicylsäure  in  Form  einer  Verbindung  ausgeschieden  worden 
war,  und  man  durfte  daher  wohl  annehmen,  dals  das  Quecksilbersalicylat 
unverändert  den  Organismus  passiei*t  hatte.  Mit  absoluter  Sicherheit  kann 
natürlich  diese  Frage  erat  dann  beantwortet  werden,  wenn  es  gelungen 
ist,  das  Quecksilbersalicylat  als  solches  wiederum  aus  dem  Harn  zn 
isolieren. 

1.  Versuch. 

Einem  etwa  1  Jahr  alten,  7  kg  schweren  Hund  wurden  innerhalb 
24  Stunden  4  Pulver  von  je  0,1  Hydrargyrum  salicylicum  per  os  ein- 
geführt. Der  Harn  wurde  mittels  Eisenchloridlösung  untersucht.  Die 
ersten  Spuren  der  Violettfärbung  traten  10  Stunden  nach  Eingeben  des 
ersten  Pulvers  auf;  nach  Aufiiahme  sämtlicher  4  Pulver  war  sie  sehr 
stark  ausgesprochen,  um  von  da  ab  allmählich  schwächer  zu  werden,  bis 
3ß  Stunden  nachher  das  Quecksilbersalicylat  gänzlich  aus  dem  Harn  ver- 


307 

schwunden  zu  sein  schien.  Das  Allgemeinbefinden  des  Hundes  blieb 
völlig  ungetrübt. 

2.  Versuch. 

Einem  3  Jahre  alten,  etwa  10  kg  schweren  Hund  wurden  innerhalb 

3  Tagen  9  Pulver  von  je  0,1  Hydrargyrum  salicylicum  per  os  eingegeben, 
und  der  Harn  des  Tieres  wurde  sowohl  auf  das  Vorhandensein  von 
Salicylsäure  als  von  Quecksilber  untersucht.  Die  ersten  Spuren  derselben 
lieJBen  sich  im  Harn  15  Stunden  nach  Eingeben  des  ersten,  die  letzten 
30  Stunden  nach  Eingeben  des  letzten  Pulvers  nachweisen.  Störungen 
des  Allgemeinbefindens  traten  nicht  ein. 

3.  Versuch. 

Einem  jungen  Hunde  von  7  kg  Körpergewicht  wurden  4  Tage  hin- 
durch 3mal  täglich  je  2,0  einer  0,5  Voigen  Quecksilbersalicylatlösung 
(==  0,01  pro  dosi,  0,12  in  summa)  in  die  Subcutis  beliebiger  Körperstellen 
gespritzt.  36  Stunden  nach  Beginn  des  Experiments  waren  im  Harn  so- 
wohl Quecksilber  wie  Salicylsäure  nachweisbar,  und  erst  50  Stunden 
nach  Beendigung  der  Injektionen  scheint  der  Harn  völlig  von  diesen 
Körpern  befreit  zu  sein.  Eine  örtliche  Reaktion  an  der  Einstichstelle 
trat  ebensowenig  ein,  wie  eine  Störung  des  Allgemeinbefindens. 

4.  Versuch. 

Einem  etwa  3  Jahre  alten  Hund  von  8  kg  Körpergewicht  wurden 
12,0  einer  0,5  Voigen  Lösung  des  Hydrargyrum  salicylioum  (=  0,06  dieses 
Mittels)  auf  einmal  teils  in  die  Subcutis,  teils  in  die  Intramuscularis  ver- 
schiedener Körperstellen  gespritzt.  35  Stunden  nachher  lassen  sich  im 
Harn  Spuren  von  Salicylsäure  durch  Eisenchloridlösung  nachweisen. 
Tags  darauf  gelingt  der  Nachweis  nicht  mehr.  Das  Tier  blieb  völlig 
gesund. 

5.  Versuch. 

Einem  etwa  2  Jahre  alten,  kleineren  Hund  wurden  in  der  Zeit  von 

4  Tagen  zweimal  täglich  je  10,0  der  von  Szadeck  bei  Syphilitischen 
angewendeten  Quecksilbersalicylat-Emulsion  (Hydrargyrum  salicyl.  0,2, 
Mucilag.  gi.  arab.  0,3,  Aq.  destillat.  60,0)  teils  ins  subkutane  Binde- 
gewebe, teils  in  die  Muskeln  mittels  Pravazspritze  eingeführt,  so  dafs 
also  jedesmal  eine  Dosis  von  0,033  appliziert  wurde.  Der  Harn  des 
Tieres  wurde  nun  auf  da£  Vorhandensein  von  Quecksilber  geprüft.  42 
Stunden  nach  Beginn  des  Versuches  traten  die  ersten  Spuren  von  Queck- 
silber im  Harn  auf,  gegen  Ende  der  Einspritzungen  erweist  sich  der 
Harn  sehr  reich  an  diesem  Körper,  und  erst  5  Tage  nachher  gelingt  der 
Nachweis  nicht  mehr.  Allgemeinstörungen  wurden  nicht  beobachtet.  Die 
subkutanen  Einspritzungen  schienen  für  das  Tier  völlig  schmerzlos  zu 
sein,  während  allerdings  die .  intramuskulären  Injektionen  es  für  wenige 
Minuten  ziemlich  stark  aufregten.     Nach   den   letzteren,    nur   vereinzelt 


308 

nacli  den  ersteren,  entwickelten  sich  kleine  Indurationen  resp.  Ejioten, 
welche  beim  Druck  wenig  schmerzhaft  waren  und  sehr  langsam  ver- 
schwanden.    Abscesse  traten  nirgends  auf. 

6.  Versuch. 

Eine  ca.  handtellergrofse^  rasierte  Hautfläche  eines  älteren  etwa 
10  kg  schweren  Hundes  wurde  wochenlang  anfangs  mit  einer  10  Voigen 
Quecksilbersalicylat-Lanolinsalbe,  später  mit  Quecksibersalicylatbrei  ein- 
gerieben und  der  Harn  des  Tieres  in  Zwischenräumen  von  2  Tagen  so- 
wohl mittels  der  FüBBRiNGEBschen  Methode,  als  mittels  Eiaenohlond- 
solution  geprüft.  Der  Nachweis  von  Quecksilber  und  von  Salicylsänie 
gelang  niemals. 

7.  Versuch. 

Eine  10  cm  lange,  4  cm  breite  granulierende  Wunde  am  Vorderbeine 
'eines  nur  6  kg  schweren  jungen  Hundes  wurde  2  Tage  hindurch  täglich 
einmal  mit  grofsen  Mengen  des  puren  Hydrargyrum  salicylicum  bestreut 
danach  mit  hydrophiler  Watte  bedeckt  und  durch  einen  Wasserglas- 
verband  hermetisch  von  der  Außenwelt  abgeschlossen.  Der  gesamte  yoih 
Hunde  während  der  Versuchszeit  entleerte  Harn  wurde  gesammelt  und 
sowohl  mittels  Eisenchloridlösimg,  als  auch  durch  die  FüHBBiNGEBSche 
Methode  untersucht.  Der  etwa  20  Stunden  nach  Anlegen  des 
ersten  Verbandes  aufgefangene  Harn  erhielt  nach  Zusatz  von 
Eisenchloridsolution  eine  überaus  starke  Violettfärbung,  und 
aus  300,0  des  innerhalb  zweier  Tage  gewonnenen  Harns  liefs 
sich  ein  starker  Quecksilberspiegel  herstellen.  Das  Allgemein- 
befinden des  Tieres  blieb  ungetrübt. 

8.  Versuch. 

Dagegen  ergab  sich,  als  bei  einem  mittelgroisen  Hunde  eine  größere 
granulierende  Wunde  am  Hinterkopf  mehrere  Wochen  der  offenen  Wund- 
behandlung mittels  5  Teilen  Hydrargyrum  salicylicum  und  1  Teil  Gummi 
arabicum  unterzogen  und  der  Harn  alle  2  Tage  auf  Vorhandensein  von 
Quecksilber  untersucht  wurde,  dafe  erst  etwa  8  Tage  nach  Beginn  der 
Behandlung  Spuren  von  Quecksilber  durch  die  FünsBJNGSBsche  Me- 
thode sich  nachweisen  lieüsen,  während  die  Eisenchloridreaktion  nicht 
gelang. 

2.  Welche  Wirkung  äufsert  das  Quecksilbersalicylat  auf 
Räudemilben? 

Behufs  Beantwortung  dieser  Frage  wurde  aus  den  zahlreichen 
Milbengattungen,  welche  auf  dem  Körper  unsrer  Haustiere  schmarotzen, 
diejenige  herausgegrifien,  welche  allgemein  als  die  widerstandsfähigste  an- 
gesehen wird,  nämlich  Demodex  folliculorum  canis,  und  zwar  be- 
schränkte ich  mich  nicht  darauf,  lediglich  nur  mit  Hydrargyrum  salicylicnm 


^309 

zu  operieren,  sondern  es  wurden  auch  noch  einige  andre  Antiparasitica 
^prüfi;,  welche  alle  mehr  oder  weniger  in  dem  Ruf  stehen,  den  genannten 
Milben  den  Garaus  machen  zu  können. 

Ich  experimentierte  so,   dals    der   mit   Milben   stark  besetsste  blutig- 
eiterige Inhalt  der  Pusteln  eines  an  Acarusräude   leidenden    Hundes    auf 
einen  Objektträger  gebracht,  auf  demselben  ausgebreitet  und  mittels  eines 
I^eckglases  locker  bedeckt  wurde.      Die   weitere  Untersuchung  wurde  bei 
scliwach^r   Vergröfserung    auf   dem   heizbaren  ObjekttiBch,    der   in   einer 
konstanten   Temperatur  von  35 — 40  ^   erhalten   wurde,    ausgeführt.      Die 
betrefiFenden   milbentötenden  Mittel  wurden,    sobald  sie  in  Wasser  löslich 
waren,  in  wässeriger  Solution,  sobald  sie  unlöslich  oder  nur  in  Öl  löslich 
waren,  in  öliger  Yerreibung   oder  in  Lösung    (mittels  Mandelöl)   an   den 
!Rand  des  Deckglases  gebracht,  und  danach  wurde  die  Wirkung   der  sich 
über  dem  Objektträger  verbreitenden  Flüssigkeit   auf  die  in  lebhafter  Be- 
wegung  befindlichen  Milben   beobachtet.      Ölige   Lösungen   oder   Yerrei- 
bnngen  konnten  um  so  ruhiger  verwendet  werden,  als  sich  herausgestellt 
hatte,  dafs  in  Mandelöl  eingebettete  Milben,  auf  dem  erwärmten 
Objekttisch  beobachtet,  noch  nach  10  Stunden  genau  dieselben 
lebhaften  Bewegungen  zeigen,  wie  zu  Beginn  des  Experiments. 
Dagegen  war  die  Lebensfähigkeit  der  in  Wasser   oder   in  physiologischer 
!KochsaMösung  eingebetteten  Milben  eine  viel  beschränktere,  obgleich  na- 
türlich für  steten  Wiederersatz  der  durch  Verdunstung  verloren  gegangenen 
Zusatzflüssigkeit  gesorgt  wurde.      Bereits    nach    etwa   3  Stunden  wurden 
die  Bewegungen  der  Tierchen  schwächer   und  waren  nach  4 — 5  Stunden 
gllnzlich  erloschen,    eine    Thatsache,    die   indessen    für  die  nachstehenden 
[Beobachtungen  nicht  in  Betracht  kommt,  da  man  wohl  zu  der  Annahme 
berechtigt  ist,  dafs  ein  Mittel  dann  nicht  zu  den  wirksamen  Antiparasiticis 
gerechnet  werden  kann,  wenn  es  innerhalb  2  Stunden  nicht  vermag,    auf 
dem  Objektträger  isolierte  Milben  zu  töten. 

a.  Die   in  Wasser   befindlichen  Milben  sistierten   ihre   Bewegungen 
nach  Zusatz  von: 

Kreosot  10  %  sofort. 

Kreosot  5  %  in     6  Minuten.  ^ 

Karbolsäure  10%  in     5  Minuten. 

Karbolsäure  5  %  in  18  Minuten. 

Sublimat  2  %  sofort. 

Sublimat  1  7o  in  15  Minuten. 

Sublimat  0,66  7o  nach  2  Stunden  noch  nicht. 

Kreolin  sofort. 

Ichthyol  in  25  Minuten. 

Schwefelleber  20  %  in  30  Minuten. 

Sozojodolquecksilber  2,5  %  in  24  Minuten. 

MoiMittbefl«.  21 


310 

■ 

Tabaksabkochung  15%       in  85  Minuten. 

Arsenik  1  7o  nach  2  Stunden  noch  nicht. 

Quecksilbersalicylat  0,5  7o  nach  2  Stunden  noch  nicht. 

b.  Die  in  Mandelöl  befindlichen  Milben  sistierten  ihre  Bewegungen 
nach  Zusatz  von: 

Holzteer  sofort. 

Teerliniment  sofort. 

Perubalsam  in  wenigen  Minuten. 

Oleum  animale-  foetid.  in     6  Minuten. 

Benzin  in  10  Minuten. 

Benzinöl  20  %  in  14  Minuten. 

Naphtholöl  10  7o  in  20  Minuten. 

Karbolöl  10  7o  in  25  Minuten. 

Petroleum  in  95  Minuten. 

Naphthalinöl  10%  in  2  Stunden. 

Salicylsäureöl  20  7o  nach  2  Stunden  noch  nicht. 

Sozojodolquecksilberöl20  %  nach  2  Stunden  noch  nicht. 

QuecksiU^ersalicylatöl  20  7o  nach  2  Stunden  noch  nicht. 

Ich  bemerke  übrigens,  dafs  diese  Versuche  fortgesetzt,  bezw.  auf 
andre  Milbengattungen  ausgedehnt  werden,  und  dafs  ich  seiner  Zeit  über 
das  Ergebnis  ausführlichen  Bericht  erstatten  werde. 

Aus  vorstehenden  Versuchen  dürfte  hervorgehen: 

1.  dafs  das  HydrargjTum  salicylicum  innerlich,  subkutan  und  anf 
Wunden  angewendet  den  übrigen  Quecksilberverbindungen  an  Giftigkeit 
bedeutend  nachsteht,  eine  Thatsache,  die  auch  dadurch  ins  rechte  Licht 
gestellt  wird,  dafs  ich  einem  alten,  wenig  widerstandsfähigen  Anatomie- 
pferd  innerhalb  4  Tagen  etwa  30,0  Quecksilbersalicylat  in  Pillenform  ein- 
geben konnte,  ohne  dem  Tiere  irgendwie  zu  schaden; 

2.  dafs  das  Mittel  bei  Hunden  sowohl  vom  Verdauungstraktus 
als  von  der  Subcutis  aus  in  die  Blutbahn  aufgenommen  wird  und  im 
ersteren  Falle  nach  10 — 15  Stunden,  im  letzteren  nach  35 — 42  Stunden 
wieder  im  Harn  erscheint,  sowie  dafs  seine  Aufnahme  von  der  Subcatis 
schneller  vor  sich  geht,  wenn  es  im  gelösten  Zustande,  als  wenn  es 
im  ungelösten  Zustande  appliziert  worden  war; 

3.  dafs  die  Aufnahme  des  Quecksilbersalicylats  von  der  Haut  ans 
nicht  erfolgt; 

4.  dafs  das  Hydrargyrum  salicylicum  von  granulierenden  Wunden 
aus  dann  sehr  prompt  resorbiert  wird,  wenn  es  in  grofsen  Mengen  zu 
Dauerverbänden  benutzt  wird,  während  bei  der  ofienen  Wundbehandlung 
nur  sehr  kleine  Mengen  dieses  Körpers  zur  Aufnahme  in  die  BlutbaLn 
zu  gelangen  scheinen; 


311 


5.  dalB  das  geBaonte  Mittel  weder  im  gelösten  Zustande  noch  in 
Salbenfonn  eine  nennenswerte  Wirkung  auf  Demodex  folliculorum  aus- 
zuüben vermag. 


Über  Atlanten  der  Hautkrankheiten  im  allgemeinen  nnd  über  einen 
internationalen  Atlas  seltener  Hautkrankheiten 

im  besondem. 

Von 

P,  G.  Unna. 

Zu  den  Lehrmitteln  der  Dermatologie  haben  seit  Anfang  dieses  Jahr- 
hunderts in  allen  Ländern  und  Schulen  auch  die  bildlichen  Darstellungen 
der  Hautkrankheiten  gehört.  Gewifis  liegt  dieses  Hilfsmittel  für  keine 
Spezialität  näher  als  für  die  unsere.  Sind  doch  au&er  einigen  Zweigen 
der  Chirurgie  nur  noch  eine  B.eihe  von  Augen-,  Ohren-,  Nasen-,  Bachen-, 
Mund-,  Kehlkopf-  und  Genitalerkrankungen  überhaupt  einer  dem  Leben 
treu  nachgeahmten  bildlichen  Darstellung  fähig.  Das  Gebiet  der  Derma- 
tologie ist  aber  geradezu  das  einzige,  auf  welches  ganz  unbeschränkt  die 
Methode  der  Wiedergabe  durch  Abbildungen  anwendbar  ist. 

Diese  unbeschränkte  Abbildungsfähigkeit  aller  Hautkrankheiten  ist 
anderseits  aber  auch  das  von  der  Natur  gegebene  Mittel,  um  den  uner- 
schöpflichen Formenreichtum  der  Dormatosen  für  unser  Auge,  für  eine 
oftmalige  Betrachtung  und  daher  für  eine  Zeit  besseren  Verständnisses 
festzuhalten.  Wir  können  die  Krankheiten  der  Haut  besser  abbilden 
als  die  Krankheiten  anderer  Organe,  und  müssen  es  oder  sollten  es  im 
Hinblick  auf  die  ungewöhnlichen  Schwierigkeiten  des  Verständnisses  der- 
selben —  diese  beiden  Triebfedern,  unabhängig  voneinander  und  doch  so 
eng  in  dem  eigenartigen  Wesen  der  Dermatosen  miteinander  verknüpft, 
haben  im  Laufe  der  Zeit  eine  groJse  Beihe  von  Atlanten  der  Hautkrank- 
heiten zutage  gefördert. 

Betrachten  wir  die  wissenschaftliche  und  künstlerische  Entstehung 
dieser  Atlanten  genauer,  so  müssen  wir  zuerst  von  den  Privat- Atlanten 
reden.  Es  gibt  wohl  keinen  beschäftigten  Spezialarzt,  welcher  nicht  von 
Zeit  zu  Zeit  bei  der  Behandlung  und  dem  Studium  seltenerer  Fälle  den 
Drang  verspürt,  die  Eigentümlichkeiten  derselben  durch  eine  Farbenskizze, 
eine  Photographie  oder  beides  zu  fixieren.  Wir  sind  überzeugt,  dafs  in 
solchen  Privatsaramlungen  eine  Fundgrube  interessanter  Einzelfälle  ver- 
borgen ist,  welche  für  den  Eigentümer  allerdings   den  Wert  eines  unver- 

21* 


312 

gängliohen  Erinnerungsbildes  besitzt,  aber  ungleich  wertvoller  noch  durch 
den  Vergleich  mit  analogen  Fällen  anderer  Sammlungen  werden  würde. 

Es  ist  weiterhin  ganz  natürlich,  dais  diejenigen  Kollegen,  welche 
zugleich  Lehrer  sind,  ihre  Sammlungen  mit  der  Zeit  um  solche  Fslle 
vermehren  werden,  welche  ihnen  persönlich  weniger  wissenschaftliches 
Interesse  bieten,  als  dafs  sie  Typen  bestimmter,  wohl  charakterisierter  Derma- 
tosen darstellen.  Aus  der  Sammlung  von  BAntäten  wird  unter  der  Hand 
des  Lehrenden*  eine  Sammlung  von  Typen,  zunächst  privater  Natur. 

Wieder  ein  Schritt  weiter,  und  zu  dem  pädagogischen  Zweck  treten 
von  auisen  industrielle  und  buchhändlerische  Interessen  heran.  Das  vor- 
handene Material  an  Nachbildungen  soll  für  einen  allgemeinen  Kreis  von 
Schülern,  für  die  Gesamtheit  der  praktischen  Ärzte  ausgenutzt  werden. 
Jetzt  genügt  es  nicht  mehr,  einige  wohlgelungene  Typen  bei  der  Hand 
zu  haben,  welche  privatim  das  Material  der  Vorlesungen  zu  ergänzen 
bestimmt  und  daher  nach  Ort  und  Zeit  ganz  verschieden  zu  sein  pflegen. 
Eine  organiastorisch  waltende  Hand  mu&  das  Zufällige  ausmerzen,  die 
Lücken  ausfüllen  und  das  Vorhandene  schlieüslich  durch  einen  mehr  oder 
minder  systematisch  gehaltenen  Text  zu  einem  Ganzen  zu  verbinden 
suchen. 

Das  wäre  etwa  die  Entstehungsgeschichte  der  meisten  bisher  erschie- 
nenen Atlanten  der  Hautkrankheiten,  und  da  diese  so  natürlich  ist,  so 
wäre  hiernach  jeder  derartige  Atlas  als  Kind  seiner  Zeit,  wenn  die  Ans- 
führung  der  Tafeln  einigermafsen  den  Ideen  des  Autors  entspricht,  will- 
kommen zu  heiJsen.  Wir  würden  die  Geschichte  unserer  Wissenschaft 
an  den  Atlanten  ebensogut,  wenn  auch  in  anderer  Richtung,  studieren 
können  und  müssen,  wie  aus  den  Lehrbüchern  der  verschiedenen  Epochen. 

Fragen  wir  uns  nun  aber  doch  einmal,  ob  die  Atlanten  für  das 
Studium  der  Hautkrankheiten  denn  wirklich  die  Rolle  spielen  und  je 
gespielt  haben,  welche  sie  nach  ihrer  eingangs  charakterisierten  hohen 
Bedeutung  für  unsere  Wissenschaft  zu  spielen  bestimmt  und  berechtigt 
waren,  so  müssen  wir  —  leider  mufs  es  gesagt  sein  —  mit  nein  antworten. 

Beginnen  wir  mit  der  letzten,  der  rein  pädagogischen,  der  wissen- 
schaftlich allerdings  niedersten  Bestimmung.  Erfüllen  die  vorhandenen 
Atlanten  wirklich  ausreichend  den  Zweck,  einem  praktischen  Arzte,  welcher 
auf  der  Universität  nicht  Gelegenheit  hatte,  sich  mit  den  Haupttypen 
der  Dermatosen  bekannt  zu  machen,  einen  klaren  BegriflF  von  denselben, 
und  zwar  einen  besseren  und  inhaltlich  vollständigeren  zu  geben,  als  die 
entsprechenden  Lehrbücher?  Bei  aller  Hochachtung  vor  den  guten  Ab- 
sichten der  Verfasser,  vor  ihrem  Fleilse  und  Verständnis,  vor  den  opfer- 
vollen Leistungen  der  Verleger  glauben  wir,  dals  in  keinem  einzigen 
Falle  die  Absicht  voll  erreicht  wurde,  dals  in  den  meisten  Fällen  da» 
pädagogische  Resultat  weit  hinter  den  bescheidendsten  Ansprüchen  zurück- 


313 

blieb.  Das  beweist  die  zum  Teil  ziemlich  traurige  bucbbändlerische 
Geschichte  der  meisten  Atlanten,  die  notwendig  werdende  und  geradezu 
exorbitante  PreisermäCsigung  auch  der  besten,  der  vorzeitige  Abbruch  so 
yieler  mit  grolsen  HojQPhungen  begonnener.  Denn  wir  können  und  wollen 
zur  Ehre  unserer  lernbegierigen  ärztlichen  Generationen  nicht  annehmen, 
dais  das  Interesse  für  dieses  Lehrmaterial  vollständig  fehlen  sollte,  wo  doch 
gemeiniglich  ein  weit  trockeneres  begierig  verschlungen  wird.  Es  sind 
eben  die  Bilderwerke  selbst,  welche  nicht  entfernt  den  klaren  Begriff  dem- 
jenigen geben,  welcher  ihn  überhaupt  erst  erwerben  soll.  Wie  ist  das 
aber  bei  dem  Zusammenwirken  von  Kenntnis,  Hingabe  und  pekuniären 
Opfern  möglich?  wie  ist  die  pädagogisch  in  der  That  geringe  Bedeutung 
der  Atlanten  im  allgemeinen  zu  erklären? 

Die  Erklärung  ist  sehr  einfach.  Ein  solcher  Bilderatlas,  welcher 
Typen  darstellen  soll,  wird  in  erster  Linie  immec  ein  Kunstwerk 
sein  und  erst  in  zweiter  ein  wissenschaftliches  Werk.  Die 
Natur  ist  vielgestaltig,  veränderlich  überall,  aber  nirgends  so  polymorph, 
so  individuell  verschieden,  wie  in  den  einzelnen  Hautkrankheiten.  Um 
eine  einzelne  irgendwie  multiforme  Krankheit  darzustellen,  wie  sie  wirk- 
lieh  ist,  genügt  nicht  eine  Tafel,  auch  nicht  ein  halbes  Dutzend,  nein,  es 
müijste  ein  spezieller  Atlas  für  dieselben  herausgegeben  werden,  wo  jede 
Tafel  eine  besondere  Nuance,  einen  besonderen  Körperteil  u.  s.  w.  dar- 
teilen würde.  Ein  „typischer''  Fall  als  B.eprä6entant  kann  immer  nur  so 
gegeben  werden,  dais  man  eine  Menge  von  unter  Umständen  sehr  wich- 
tigen Einzelheiten  dem  Schema  zu  liebe  vernachlässigt.  Als  „Typus" 
bezeichnet  deshalb  ein  jeder  Dermatologe  einen  andern  Fall,  wie  derselbe 
gerade  seinen  bestimmten  Ideen  von  der  Krankheit  in  gewissen  Symptomen 
am  meisten  entspicht.  Und  wenn  wir  angesichts  des  Patienten  jedem 
Autor  gewifs  gerne  seinen  „Typus''  als  einen  berechtigten  zugeben  würden, 
angesichts  des  Konterfeis  müssen  wir  bekennen,  dais  der  Typus  in  bester 
Absicht  noch  weiter  das  lebendig  Polymorphe  abgestreift  hat  und  uns 
eigentümlich  fremd  anblickt.  Ein  solches  Bild  ist  nur  noch  ein  pädago- 
gisches Schema,  nicht  mehr  ein  Modell  von  selbständigem  Wert.  Bei 
dieser  Betrachtung  haben  wir  nun  noch  vorausgesetzt,  dais  das  Bild 
aus  der  Hand  eines  Meisters  hervorgegangen  ist.  Und  der  KünsÜer  ver- 
mag bei  feiner  Beobachtungsgabe  in  der  That  den  Wert  eines  solchen 
Bildes  ungemein  zu  erhöhen;  ja,  als  Lehrmittel  hat  es  überhaupt  nur  dann 
Wert,  wenn  es  zugleich  ein  Kimstwerk  in  seiner  Art  ist.  Denn  wie  der  echte 
Porträtmaler  instinktiv  sein  Schönheitsideal  mit  der  treuen  Nachahmung 
des  Individuums  zu  vereinen,  ja  oft  zu  versöhnen  weiis,  so  muls  der 
KünsÜer  diesen  Typen  Leben  einzuhauchen  versuchen,  indem  er  das  Charakte- 
ristische, das  GrewoUte  mit  der  natürlichen  Polymorphie  seines  augenblick- 
lichen Modells  zu  verschmelzen  strebt.    Hierzu  bedarf  er  ebensosehr  künsÜe- 


314 

rischen  Siunes  wie  dermatologische  Kenntnisse;  kurz,  er  mufs  ein  sei 
begabter  Zeichner  sein,  welcher  sich  lange  und  tief  in  dieses  spezielle  Padi 
hineingearbeitet  hat  und  womöglich  noch  allgemeine  anatomische  Kennt- 
nisse besitzt.  Aber  bei  wie  vielen  Atlanten  hat  wohl  ein  Elfingeb  den 
Pinsel  geführt? 

Mit  der  Herstellung  des  Bildes  im  Original  sind  die  Schwierigkeiten 
überwunden;  wenigstens  ist  die  Chromolithographie  heute  in  allen  LfLndeni 
auf  einer  Höhe  angelangt,  welche  eine  absolut  treue  Nachahmung  und 
Vervielfältigung  ermöglicht.  In  früheren  Zeiten  fingen  allerdings  in  diesem 
Stadium  neue  Schwierigkeiten  an,  welche  sehr  oft  garnicht  überwunden 
wurden. 

Wie  man  sieht,  ist  die  Herausgabe  eines  Atlas   der  gewöhnlich  vor- 
kommenden  Hautkrankheiten  kein  so  einfaches  Ding,  und   dals    das  red- 
lichste Streben   nur  sehr  selten,   wir    möchten  beinahe    sagen,    nur    aus- 
nahmsweise hier  von  Erfolg  gekrönt  wird,  ist  sehr  leicht  begreiflich.    Es 
wäre  deshalb  auch  sehr  ungerecht,  gegen  den  Autor  oder  den  Maler  oder 
den  Lithographen,  oder  gegen  alle  drei,  wenn  wir  an  dieser  Stelle  Belege 
anführen  wollten.     Aber  mache   ein  jeder  das  Experiment,    verdecke  die 
Benennung  einiger  Tafeln  in  einem   beliebigen    Atlasse   des  Buchhandels, 
versammle  3   oder  4  Fachkollegen  vor   denselben  und  lasse  jeden  im  ge- 
heimen seine  Diagnosen  aufschreiben.  Eine  Vergleichung  der  Diagnosen  wird 
nur  sehr  selten  eine  annähernde,  wohl  niemals  eine  volle  Übereinstimniiing 
ergeben,  wie  es  doch  sein  müfste,  würden  die  Tafeln  wirklich  echte  Durch- 
schnittsbilder, wahre  Tjrpen  geben.    Wir  haben  jedenfalls  auf  diesem  Wege 
sehr  ernüchternde  Erfahrungen  gesammelt,    und  es   ist  ja    auch  bekannt, 
dafs  vor  jedwedem  noch  unbekannten  Bilde  ein  jeder  PachkoUege  instinktiv 
zuerst  am  Pulse  nach  der  Benennung  sucht,  um  dann   allerdings  häufig 
erkennen  zu  geben,  dafs  er  sich  in  seiner  Erwartung  getäuscht  sieht.  *Niir 
über  die  krassesten,  extremsten  Pormationen  herrscht  Einigkeit,  alle  unbe- 
stimmten Bilder  sind  jeder  Auslegung  fUhig. 

Wenn  dieses  aber  das  Resultat  der  Betrachtung  der  meisten  Atlanten 
der  Hautkrankheiten  durch  Pachgenossen  seit  Batemans  Zeiten  ist,  wie 
kann  man  dann  einen  Nutzen  für  Ärzte  erwarten,  welche  sich  den  Inbe- 
griff des  Wesentlichen  aller  Dermatosen  erst  aus  diesen  Bildern  holen 
sollen?  Müssen  dieselben  nicht  vielmehr  oftmals  in  ihren  Anschauungen 
durch  ungenügende  Abbildungen  geradezu  verwirrt  werden? 

Wahren  Nutzen  kann  aus  solchen  Bilderwerken  der  Schüler  nur 
ziehen,  wenn  Hand  in  Hand  mit  der  Betrachtung  die  Belehrung  durch 
einen  erfahrenen  Dermatalogen  geht,  welcher  durch  das  lebendige  Wort 
aus  dem  „Typus"  und  dessen  häufig  verunstalteter  Nachahmung  wiedenun 
das  polymorphe,  sich  beständig  verändernde  Bild  der  E^rankheiten  vor  den 
Ohren  und  Augen  des  Schülers  rekonstruiert.  Dann  bildet  der  Atlas  aber 


315 

nur  eine  Handhabe  für  den  Lehrer.  Seine  eigentliche  Bestimmung  ist 
verfehlt,  seine  allgemeine  Verbreitung  als  Lehrbuch  gerichtet. 

Und  ziehen  wir  nun  erst  noch  den  letzten,  leider  Ausschlag  gebenden 
Umstand  des  Kostenpunktes  in  Betracht,  so  yerstehen  wir  sehr  wohl  die 
geringe  Verbreitung  der  Atlanten  der  Hautkrankheiten  unter  den  prak- 
tischen Ärzten.  Ein  Lehrmittel  von  allgemeiner  Verbreitung  soll  das 
Beste  in  billigster  Form  bieten;  hier  wird  dagegen  in  wissenschaftlichem 
Sinne  nur  sehr  Pragwürdiges  für  einen  relativ  nicht  hohen,  in  Ansehung 
des  Nutzens  aber  geradezu  exorbitanten  Preis  gebracht.  Und  so  ist  denn 
auch  die  Verbreitimg  der  Atlanten  bisher  wesentlich  von  einem  sehr 
untergeordneten  Punkte,  den  Vermögensverhältnissen  der  Ärzte,  und  keines- 
wegs, wie  es  sein  sollte,  von  den  wahren  Bedürfnissen  derselben  bestimmt 
worden.  Die  Anschafihng  eines  derartigen  Atlasses  ist  Sache  des  Luxus, 
nicht  des  Studiums  geworden. 

Wir  haben  bisher  nur  die  Atlanten  in  Beziehung  auf  ihren  Wert 
als  Unterrichtsmittel  betrachtet.  Dieser  Gesichtspunkt  ist  in  der  That  der 
erste  und  ausschlaggebende  bei  allen  bisherigen  dermatologischen  Bilder- 
werken gewesen;  aber  wir  haben  schon  oben  hervorgehoben,  dals  er  in 
wissenschaftlicher  Beziehung  der  letzte  und  jedenfalls  von  untergeordneter 
Bedeutung  ist.  Wenn  nun  noch  die  bisherige  Erfahrung  selbst  über  die 
besseren  derselben  gerade  vom  praktischen  Standpunkt  aus  den  Stab  bricht, 
so  ist  es  wohl  Zeit,  sich  ernstlich  zu  fragen,  ob  der  lobenswerte,  immer 
erneute  Eifer  von  Autoren  und  Verlegern  bei  Herausgabe  neuer  Atlanten 
sich  auf  der  einzig  richtigen  Bahn  bewegt. 

Als  einen  viel  höheren  und  edleren  Zweck  eines  dermatologischen 
Bilderwerkes  müssen  wir  doch  die  Belehrung  xmd  das  Studium  der  Fach- 
kollegen  selbst  hinstellen,  wie  es  in  kleinem  Mafsstabe  bei  gemeinschaft- 
licher Betrachtung  der  anfangs  erwähnten  privaten  Bildersammlimgen 
einzelner  Forscher  durch  befreundete  Dermatologen  immer  schon  stattge- 
funden hat.  Hierbei  handelt  es  sich  nicht  um  künstlich  mit  Geschick 
vorbereitete  Typen,  sondern  umgekehrt  um  auffallende,  dem  gewöhnlichen 
Verhalten  nicht  entsprechende,  die  gebräuchlichen  Diagnosen  nicht 
deckende  Fälle,  welche  in  peinlich  genauer  Abbildung  an  die  weitere 
Erfahrung  eines  Kreises  von  Fachgenossen  appellieren,  um  vielleicht  als 
Unikum  erklärt  zu  werden,  vielleicht  aber  auch  schlummernde  Erinnerungs- 
bilder wachzurufen  und  durch  den  Austausch  der  einschlägigen  klinischen 
Thatsaohen  dann  einen  neuen  Baustein  dem  wissenschaftlichen  Gebäude 
einzuverleiben.  Hier  dient  das  Bild  als  wahres  Hilfsmittel  zur  Förderung 
der  Wissenschaft,  indem  es  den  Beobachtungshorizont  für  jeden  seltenen 
Fall  so  erweitert,  dafs  mehrere  einschlägige  und  sich  gegenseitig  erklärende 
Fälle  darin  Platz  finden.  Hier  hat  der  Autor  nicht  ängstiich  zu  beob- 
achten, ob  sein  Bild  auch   als  das  erkannt  wird,  was  es  vorstellen  soll, 


316 

« 

sondern  er  erwartet  in  Ruhe,  gestützt  auf  sein  Bild  als  eine  gut  fandierte, 
natorwissenschaftliolie  Thatsaclie,  die  Zeit,  welche  Ähnliches  oder  Grleiches 
zutage  fördern  wird. 

Ist  es  nun  so  ganz  unmöglich,  auf  diesem  wahrhaft  wissenschaftlichen 
Wege  fortzuschreiten,  die  Raritätensammlung  des  einzelnen  Gelehrten  zu 
einem  Bilderwerke  zu  erweitem,  welches  allen  Fachgenossen  ohne  Aus- 
nahme zugänglich  ist?  Wir  glauben,  dafs  dieser  Weg  sehr  wohl  zu  be- 
schreiten ist,  ja,  dals  er  längst  hätte  beschritten  werden  sollen. 

Natürlich  kann  es  sich  dabei  nicht  um  einen  abgeschlossenen  Atlas 
vpn  so  und  so  vielen  Tafeln  handeln.  Wi^  die  Wissenschaft  unaufhalt- 
sam  fortschreitet,  so  auch  mit  ihr  die  seltenen  Fälle  von  Hautkrankheiten, 
und  jedes  Jahr  wird  neue,  interessante  Fälle  aufdecken  und  zu  erklären 
haben.  Es  kannalso  nur  ein  fortlaufendes,  jedes  Jahr  einzelne  Hefte  produ- 
zierendes unternehmen  ohne  Ende  sein,  welches  dem  wahren  Bedürfnisse 
in  der  von  ims  angedeuteten  Bichtung  entspricht.. 

und  weiter  ist  eine  fruchtbare  Thätigkeit  dieses  Unternehmens  f&r 
die  Kenntnisse  und  das  Verständnis  der  Dermatosen  ganz  undenkbar,  ohne 
den  Schatz  seltener  Fälle  zugleich  in  allen  zivilisierten  Ländern 
zu  heben  und  mittels  eines  dreisprachigen,  internationalen  Atlasses 
den  Fachkollegen  aller  Länder  gleichzeitig  zugänglich  zu  machen.  Diesen 
Punkt  in  unserem  Blatte  noch  durch  Beispiele  über  die  Vermehrung 
unserer  dermatologischen  Kenntnisse  durch  die  Bemühungen  speziell  eng- 
lischer, französischer  und  amerikanischer  Forscher  zu  erläutern,  hiefse 
Eulen  nach  Athen  tragen. 

Es  gereicht  mir  daher  zur  gröisten  Freude  mitteilen  zu  können,  dafe 
sich  die  Herren  L.  A.  DuHRiNa  in  Philadelphia,  Henri  Leloib  in 
Lille,  Malcolm  Morris  in  London  mit  mir  zur  G-ründung  eines  solchen 
internationalen  Atlasses  der  seltenen  Hautkrankheiten  vereinigt 
haben  und  dals  Herr  Maass  (Firma  Leopold  Voss)  in  Hamburg  sich  zum 
Verlage  dieses  Bilderwerkes  bereit  erklärt  hat. 

Im  Gegensatze  zu  den  bisherigen  Atlanten,  welche  für  Fachkollegen 
sowohl  wie  für  die  Ärzte  im  allgemeinen  bestimmt  waren,  richtet  sich  unser 
Unternehmen  in  erster  Linie  auiser  an  diejenigen  Bibliotheken,  welche 
grö&ere  Bilderwerke  zu  halten  gewohnt  sind,  nur  an  die  Fachkollegen. 
Es  rechnet  auf  einen  auserwählten  Leserkreis,  von  dem  ein  jeder  jedes 
Heft  mit  eigener  Kritik  empfangen  und  der  Natur  des  Inhalts  nach  nicht 
ohne  besondere  Anregung  aus  der  Hand  legen  wird.  Da  dieser  Atlas 
sich  lediglich  dem  Fortschritte  unserer  Wissenschaft  dienstbar  macht, 
wird  auf  die  Dauer  kein  Dermatologe,  der  an  dem  Fortschritt  unserer 
Wissenschaft  teil  nimmt,  dieses  Werk  entbehren  können.  An  Teilnahme, 
das  wissen  wir  nach  vertraulicher  Umsprache,  fehlt  es  schon  jetzt  unserem 
Unternehmen    nicht.     Damit    aber    auch    nie    der   hälsliche,    äufserliche 


317 

Faktor,  mit  dem  wir,  wie  alle  Herausgeber  von  Atlanten,  rechnen  müssen, 
der  Geldmangel;  diesem  rein  wissenschaftlichen  Unternehmen  ein  jähes 
f]nde  bereiten  kann,  so  wird  es  zunächst  bis  zur  vollkommenen  Sicherung 
seiner  Basis  in  zwanglosen  Heften  erscheinen  und  nur  an  Subskribenten 
abgegeben  werden.  Wir  zweifeln  nicht,  dals  die  Subskription  der  einzig 
richtige  Weg  bei  der  Natur  dieses  Unternehmens  für  dessen  Durch- 
führung ist. 

Alle  wirklich  seltenen  und  ganz  einzig  in  ihrer  Art  dastehenden 
Fälle  sind  zur  Aufnahme  willkommen;  zunächst  wird  die  Bedingung  an 
dieselben  geknüpft,  dals  sie  noch  nicht  anderweitig  publiziert  sind  oder 
doch  wenigstens  in  einer  leicht  zugänglichen  Zeitschrift  oder  einem  Sinzel- 
werk  einem  gröJseren  Ejreise  von  Dermatologen  noch  nicht  vorgelegen 
haben.  Später  mag  es  im  Interesse  des  Verständnisses  einzelner  Fälle 
liegen,  früher  bereits  veröffentlichte,  aber  bisher  unverstandene  oder  über- 
sehene zum  Vergleiche  heranzuziehen.  An  Material  wird  es  gewifs  nicht 
mangeln,  und  es  ist  mehr  die  Frage,  wie  dasselbe  richtig  zu  redigieren  und 
wie  der  begleitende  Text  derjenigen  Fälle,  welche  aufgenommen  werden 
sollen,  am  besten  einzurichten  sei.  Die  Herausgeber  entscheiden  über 
die  Au&ahmefähigk^it  eines  vorgeschlagenen  Falles  lediglich  nach  dem 
Prinzip  der  Seltenheit.  Da  aber  gerade  in  diesem  Punkte  die  Er- 
fahrungen aller  Länder  variieren,  so  ist  der  Meinungsaustausch  unter  den 
Herausgebern  als  Kontrolle  über  die  Frage,  ob  ein  Fall  eine  solche 
Seltenheit  repräsentiert,  durchaus  unentbehrlich.  Auch  die  subjektiv 
originelle  Auffassung  einer  sonst  nicht  seltenen  Krankheit  bedingt  nicht 
die  Au&ahmefähigkeit  in  unserm  Atlas;  z.  B.  wäre  ein  prägnanter  Fall 
von  seborrhoischem  Ekzem  nicht  geeignet  für  denselben,  obgleich  noch 
vielen  Fachkollegen  dieser  Krankheitstypus  ziemlich  neu  und  fremd  ist, 
da   er   in  Wirklichkeit  eine  unserer  gemeinsten  Dermatosen  repräsentiert. 

Was  weiter  den  Text  betrifft,  so  ist  derselbe,  da  er  in  den  3  Haupt- 
sprachen erscheint,  auf  das  Notwendigste  in  kürzester  Sprache  zu  be- 
schränken.    Er  muis  folgende  Teile  enthalten: 

a.  Stets  Krankengeschichte:  Anamnese,  Status,  Dekursus,  Be- 
handlung; 

b.  eventuell  kurz  Pathologie  und  Ätiologie:  Histologie,  Bak- 
teriologie, pathologische  Experimente; 

c.  stets  und  ausführlicher  Differentialdiagnose; 

d.  stets  ganz  kurz  Meinung  des  Autors  über  Wesen,  Stellung 
im  System,  Namengebung. 

Die  Tafeln  (ein-  oder  mehrfarbige  Lithographien,  Lichtdrucke  etc.) 
geben  das  makroskopische  und  mikroskopische  Bild  der  Krankheit. 

Wir  erhoffen  ein  gesundes  Gedeihen  dieses  auf  richtige  Voraus- 
setzungen gebauten  und  ideale  Ziele  erstrebenden  Unternehmens,  und  von 


318 

dem  Gedeihen    desselben  die  Anbahnung    eines    ebenso    notwendigen  wie 
bisher    vermifsten    internationalen   Verständnisses    über    die    schwierigsten 
Punkte  unserer  Wissenschaft. 
Hamburg,    Februar  1889. 


Öerfammlttu^eiu 


Dermatologische  Vereinigung  zu  Berlin. 

Sitzung  vom  5.  Februar  1889. 
Vorsitzender:  Herr  Lewin.     Schriftführer:  Herr  Rosenthal. 

Herr  Lewin  stellt  einen  Fall  von  Iritis  gummosa  vor  und  bemerkt  hierzu,  dafs 
statistisch  unter  452  Syphilitischen  8  Fälle  von  Iritis  beobachtet  sind.  Auf  seiner 
Abteilung  waren  es  meistens  Frauen,  während  die  Augenärzte  angeben,  dafs  Männer 
häufiger  davon  befallen  werden.  Dieses  mag  darin  seinen  Grund  haben,  dafs  in 
Berlin  die  Männer  frei  herumgehen  und  die  Frauen  unter  polizeilicher  Kontrolle 
stehen.  Während  die  ersteren  sich  demnach  von  den  Augenspezialisten  behandeln 
lassen,  werden  letztere,  sowie  sie  infiziert  sind,  in  die  Charit^  geschickt.  In  25  Jahren 
hat  er  nur  12 — 15  Fälle  von  Iritis  gummosa  beobachtet  und  glaubt  er  den  Grund  in 
der  sofort  und  energisch  (es  werden  dann  nämlich  täglich  0,024  Sublimat  injiziert] 
augewandten  Therapie  zu  sehen,  da  es  dann  nicht  mehr  zur  gummösen  Entwickelang 
kommt.  Das  Gumma  unterscheidet  sich  vom  breiten  Kondylom,  dais  beim  Gumma 
eine  markige  Substanz  besteht  und  darüber  die  Neubildung  der  Geföfse.  Iritiden 
recidivieren  sehr  häufig,  ebenso  auch  die  Iritis  gummosa;  der  Grund  liegt  wahr- 
scheinlich in  den  zurückgebliebenen  Adhäsionen,  zu  denen  dann  blofs  ein  neuer  Beii 
hinzuzutreten  braucht;  deshalb  wird  man,  wenn  gründliche  Kuren  schon  vorher  an- 
gewandt sind,  vom  Hg  Abstand  nehmen.  Der  vorgestellte  Patient  ist  mit  6  Hydr. 
oxyd.  flav .-Injektionen  behandelt  gewesen. 

Hierzu  bemerkt  Herr  Rosekthal,  dafs  der  Patient  von  ihm  mit  diesen  Injektio- 
nen behandelt  worden  ist,  dafs  derselbe  aber  gleich  sehr  schwere  Symptome  zeigte, 
und  glaubt  deshalb  Eosenthal,  dafs  ein  solcher  Fall  mit  so  schweren  Erscheinungen 
nach  jeder  Behandlungsweise  ein  Recidiv  bekommen  haben  würde. 

Herr  Isaac  stellt  an  den  Herrn  Vortragenden  die  Frage,  ob  Iritiden  zugleich 
mit  den  ersten  sekundären  Erscheinungen  beobachtet  sind,  oder  ob  die  Iritis  nicht 
eine  Eecidiverkrankung  ist?  Er  will  sie  nur  mit  papulösen  Ausschlagsformen,  nie  mit 
den  makulösen  gesehen  haben. 

Der  Herr  Vortragende  sowohl  als  Herr  Behbekd  erwidern  darauf,  daiJs  ihnen 
Fälle  bekannt  sind,  wo  die  Iritis  neben  den  ersten  Ausschlagsformen  vorgekommen  ist 

Herr  Lewdj  stellt  dann  einen  Neger  vor,  der  am  untern  Augenlide  einen 
Defekt  zeigt,  der  von  einem  zerfallenen  Gumma  herrührt.  Die  Krankengeschichte 
des  Mannes  lautet:  Vor  5  Jahren  will  er  einen  Bubo  ohne  Ulcus  und  vor  V*  Jahre 
eine  Gonorrhöe  gehabt  haben.  Vor  3  Monaten  stellte  sich  dann  ein  Exanthem  ein, 
das  mit  tief  eingreifenden  XJlcerationen  cinherging  und  welches  unter  Sublimtt- 
injektionen  mit  Keloidbildungen  vernarbte,  an  diesen  Stellen  ist  eine  intensivere 
Pigmentbildung  eingetreten.  Alsdann  zeigte  sich  am  untern  Augenlide  ein  Tmaof, 
der  allmählich  härter  wurde,  und  dann  zerfiel ;  es  war  ein  Gummiknoten,  wobei  keine 
Tarritis  oder  Chondritis  vorhanden  war.    Dieses  Gumma  heilte  dann  erst  unter  dem 


319 

Gebrauch    von    Jodkali,   und   nachdem  lokal   mit   Arg.   nitr.   traktiert  wurde.     Die 
Sublimatinjektionen  hatten  darauf  keinen  Einflufs. 

Alsdann  stellt  Herr  Lewin  ein  Mädchen  vor,  bei  der  sich  im  Verlauf  der 
jÜEYBOMschen  Drüsen  am  Obern  rechten  Augenlide  mehrere  Gummiknoten  ent- 
"wickelt  haben,  zu  denen  dann  Iritis  sich  hinzugesellte. 

Der  letzte  Fall,  den  Herr  Lewin  vorstellte,  betraf  ein  Mädchen,  bei  dem  sich 
vor  ca.  13  Wochen  ein  Knötchenanssclilag  mit  Bläschenbildang  entwickelt  hat. 
In  der  ersten  Zeit  soll  starkes  Jucken  vorhanden  gewesen  sein.  Syphilitische  Symp- 
tome sind  nirgends  nachweisbar,  es  besteht  geringer  Fluor,  aber  weder  Inguinal- 
drüsenschwellung,  noch  sonst  irgend  eine  Affektion;  die  Schleimhäute,  besonders 
Tonsillen  sind  vollkommen  normal,  selbst  in  bezug  auf  Färbung.  Lewin  hält  das 
Leiden  für  eine  akute  Akne. 

Bei  der  dabei  stattfindenden  Diskussion  erklären  Herr  Lassab,  Behbend  und 
KosENTHAL,  dafs  sie  glauben,  dafs  es  sich  un^  ein  pustulöses  Syphilid  handelt, 
wobei  BosENTHAL  hervorhebt,  dafs  nach  seiner  Ansicht  die  Anordnung  der  Gruppen 
für  diese  Diagnose  spreche.  Herr  Lewin  stützt  seine  Diagnose  1.  auf  die  hellrote  Farbe, 
2.  auf  das  Jucken,  3.  auf  das  Fehlen  der  Polymorphie,  4.  auf  die  Anamnese;  die 
Gruppenbildung  spreche  für  nichts. 

Herr  Joseph:  Über  Alopecie.  Er  glaubt,  dafs  nach  dem  von  E.  Pontofpidan 
veröffentlichen  Fall  über  Alopecia  areata  nach  Operation  am  Halse  (cf.  Monatsh, 
f.  pr.  Derm.  1889.  No.  2)  seine  Ansicht  über  die  Alopecie  gleichsam  durch  ein 
Experiment  am  Menschen  bestätigt  sei,  worauf  Herr  Behbend  erwidert,  dafs  dieser 
Fall  eigentlich  nichts  beweise,  indem  nach  der  Operation  auf  der  einen  Seite  schlief s- 
lich  selbst  Alopecie  auf  der  entgegengesetzten  Seite  auftrat;  seine  Experimente  an 
Tieren  fielen  rein  negativ  aus.  L.  Hoffmann-Berlin. 


Ad.  Zemanee.  Syphilis  in  ihrer  Bückwirknng  auf  die  Bernfsarmeen  im 
Frieden  nnd  im  Kriege,  und  die  Möglichkeit  ihrer  thunlichaten  Eindämmung. 
Wien  1887.  73  S. 

Ein  von  echt  humanem  Geiste  durchwehtes,  durch  die  Fülle  des  in  prägnanter 
Kürze  erläuterten  Materiales  wertvolles  Buch  hat  uns  der  gelehrte  Verfasser,  der 
k.  k.  Begimentsarzt  ist,  in  diesem  Werke  geboten.  Nach  einer  lebendig  und  an- 
regend geschriebenen  Einleitung  behandelt  Verf.  die  „Syphilis  in  ihrer  Bückwirkung 
auf  die  Berufisarmeen  im  Frieden  und  Kriege",  und  zwar  in  Österreich,  Preufsen, 
England,  Frankreich,  Italien,  Niederlande,  Buisland,  sowie  in  der  österr.  und  deutschen 
Marine.  Wir  begnügen  uns  notgedrungen  hier  mit  einigen  kurzen  Auszügen.  Die 
durchschnittliche  Behandlungsdauer  im  Jahr  1885^  betrug  bei  der  österr.  Armee: 
bei  Tripper  34  Tage;  9292  Fälle  mit  315,920  Behandlungstagen. 

„    weichen  Geschwüren  33      „    ;  3293      „       „    108,669 

„    harten  Geschwüren     43      „     ;  1394      „       „      59,942 

„    allgem.  Syphilis  47      „    ;  3296      „       „    154,912 


n 
n 


*  Das  um  fast  0,5  Vo  kleinere  Prozent  an  Syphilis  gegen  die  Vorjahre  erklärt 
Z.  dadurch,  dafs  weniger  Truppen  1885  ihre  Garnisonen  gewechselt  haben. 


320 

Z.  berechnet  nun  den  jährlichen  Mehraufwand  für  die  syphilit.  Soldaten 
Österreichs  auf  durchschnittlich  284,000  Gulden  (aus  den  Jahren  1876—80).  Er  weist 
dann  tabellarisch  nach,  dals  S3rphili8  diejenige  Krankheit  ist,  die  dem  Staate  die 
meisten  Kosten  verursacht  und  durch  die  die  Armee  die  meisten  Arbeitstage  ver- 
liert.   In  Österreich  ebenso,  wie  in  Preuisen  und  in  den  übrigen  Ländern. 

Speziell  von  Preulisen  sagt  Z.,  dafs  die  Handhabung  der  sanitätspolizeilichen 
Mafsregeln  in  den  kleinen  Garnisonen  eine  schlechte  wäre,  denn  daselbst  kämen  viel 
mehr  Erkrankungen  an  Lues  vor,  als  in  den  grofsen  (pag.  35).  Den  vortrefflichen 
Abschnitt  über  England  leitet  Verf.  damit  ein,  dafs  in  England  die  Beeinflussung  der 
öffentlichen  Gesundheitspflege  durch  die  staatliche  Autorität  am  frühesten  eingeleitet 
und  von  dem  besten  Erfolge  begleitet  war.  Die  Lebens-Statistik  Englands  lehre,  daia 
daselbst  die  Morbidität  und  Mortalität  der  Einwohner  gegen  früher  und  gegen  sonstwo 
geringer  geworden  sei.  Wenn  die  englische  Armee  trotzdem  an  der  Syphilis  eine 
Hauptgeifsel  habe,  so  sei  dies  die  Folge  einer  anderswo  geradezu  unverständlichen 
fanatischen  Agitation  für  den  Schutz  der  persönlichen  Bechte  der  Prostituierten,  wo- 
durch  die  sanitätspolizeiliche  Überwachung  der  Prostituierten  mittels  Parlaments- 
beschlufs  stets  verhindert  wurde. 

Da  die  Zahl  der  infizierten  Soldaten  eine  kolossale  Ziffer  erreichte,  votierte  das 
Parlament  ein  Gesetz,  nach  welchem  wenigstens  in  einigen  Garnisonen  die  zwangs- 
weise ärztliche  Untersuchung  der  Prostituierten  eingeführt  wurde.  Die  segensreiche 
Wirkung  dieses  „Contagious  diseases  prevention  Act^*  ersieht  man  daraus,  dafs  in  den 
unter  diesem  Gesetze  stehenden  Gkurmsonen  nach  7  Jahren  weniger  als  die  Hälfte 
syphiliskranke  Soldaten  ärztlich  behandelt  wurden.  In  den  andern  Garnisonen  ist 
die  Zahl  der  Syphiliskranken  gleich  groüs  geblieben.  Um  einen  Vergleich  mit  andern 
Armeen  anzustellen,  mufs  man  die  Summen  der  Gonorrhoischen  und  Syphilitischen 
zusammenstellen  und  kommt  für  1871  auf  die,  wie  Z.  mit  Eecht  sagt,  horrende  Zahl 
von  206,2  Voo  infizierter  Geschlechtskranker.  In  den  letzten  Jahren  hat  die  Syphilis 
bedeutend  zugenommen,  weil  durch  den  Parlamentsbeschlufs  vom  21.  April  1883  die 
„Contagious  Acts*'  aulser  Wirksamkeit  gesetzt  worden  sind.  Z.  schliefst  diesen  Ab- 
schnitt mit  den  Worten:  Indem  die  Habeas-corpus-Akte  die  Prostituierten  schützt, 
steht  die  Armee  schutzlos  da  gegen  ihre  gröiste  Plage,  gegen  die  Syphilis. 

In  Frankreich  sank  die  Zahl  der  syphilitischen  Soldaten  von  113  Voo  des  Effektiv- 
Standes  auf  90  7oo  im  Jahre  1874,  also  innerhalb  10  Jahren.  Diese  verkleinerte  Er- 
krankungsziffer sank  1876  sogar  auf  weniger  als  2  Dritteile,  nämlich  auf  57  Vo», 
eine  Thatsache,  die  Z.  durch  die  gröfsere  Stabilität  der  Truppen  erklärt.  Also  wieder 
eine  Begründung  des  alten  bösen  Sprichworts:  Andre  Städtchen,  andre  Mädchen. 
In  den  Festungen  ist  die  Zahl  der  syphiliskranken  Soldaten  wie  in  allen  Ländern  anch 
in  Frankreich  sehr  grofs.  Durchschnittlich  treten  in  Frankreich  jedes  Jahr  30  000 
bis  35 000  Mann  der  Landarmee  wegen  Syphilis  in  ärztliche  Behandlung;  ihre  Krank- 
heit kostet  jährlich  über  1  Million  Franken. 

In  Italien  wurden  1870  laut  offiziellem  Sanitätsbericht  in  Militär-Spitälern 
24  263  Syphilitische,  das  ist  117  Voo,  behandelt.  Die  durchschnittliche  Behandlungs- 
dauer  betrug  20  Tage ;  im  Jahre  1878  erkrankten  20  851,  gleich  107  Voo,  an  Syphilis. 

In  den  Niederlanden  war  1876  in  der  Kolonial-Armee  der  Prozentsatz  der 
Syphiliskranken  ein  kolossaler,  nämlich  von  37  931  Mann  8032  gleich  214  Voo  mit 
52  Todesfallen.  Wenn  man  diese  Zahlen  mit  den  in  demselben  Jahre  in  der  engli- 
schen Kolonial-Armee  vorgekommenen  Syphilis-Erkrankungen  vergleicht  und  zwar: 

Cap  und  St.  Helena     115,6  Voo 
Bengalen  91,4   „ 

Madras  108,2   „ 


f 


321 

so  findet  man  diese  Zahlen  in  der  niederländischen  Armee  nnyerhältnismärsig  grois, 
besonders  wenn  man  berücksichtigt,  daTs  jeder  Soldat  das  Becht  hat,  eine  Ein- 
geborene sich  in  der  Kaserne  zu  halten,  so  dafs  an  Stelle  der  Prostitution 
ein  in  eine  gewisse  Kechtsform  gekleidetes  Konkabinat  tritt.  Diese  Frauen  stehen 
unter  den  militärischen  Disziplinar-Gesetzen  (was  auch  manchen  nicht  militärischen 
Frauen  bei  uns  ganz  gut  thäte)»  werden  in  Krankheitsfällen  in  Militär^pitälem 
bebandelt;  bei  Mobilisierungen  werden  sie  in  den  Kasernen  kompagnieweise  ver- 
einigt und  erhalten  regelmäisige  Verpflegung.  Diese  Art  von  Prophylaxis  gegen 
Syphilis  hat  sich  gut  bewährt;  denn  der  offizielle  Sanitätsbericht  für  das  Jahr  1880 
meldet,  dals,  nachdem  in  diesem  Jahre  die  Zahl  der  Frauen  10130  ausmachte,  die 
Syphilis  im  niederländischen  Indien  bedeutend  abgenommen  hat.  Es  sind  nämlich 
1880  von  30 175  Mann  2268  Syphiliserkrankungen '  gleich  75  Voo  vorgekommen,  davon 
die  meisten  in  Amsterdam. 

Die  offiziellen  Sanitätsberichte  der  russischen  Armee  sprechen  zwar  nur  von 
geringen  Ziffern,  so  1872:  50,17  Voo,  1873:  46  7oo,  1874:  42  7oo  bei  einem  Effektiv- 
stande von  884  314  Mann.  Aber  Tabnowskis  Bericht  (1881,  2.  Wojeno,  mediz. 
Journal)  spricht  von  dem  grofsen  Geldaufwande,  der  sehr  langen  Entziehung  vom 
Dienste  und  der  thatsächlichen  Schädigung  der  Schlagfertigkeit  der 
Armee.  In  den  ersten  2  Jahren  ist  der  syphilitische  Soldat  300  Tage  in  5  malen 
im  Spital  (Warschau).  Ein  kurzes  Resum6  über  die  Bückwirkung  der  Lues  auf  die 
Kriegawunden  (1877er  Krieg)  beschliefst  dieses  Kapitel.' 

Dafs  die  Stabilität  der  Truppen  geringeren  Prozentsatz  an  Syphiliserkran- 
kungen hervorbringt,  dafür  ist  ein  indirekter  Beweis  die  Zahl  der  Syphiliskranken 
der  See- Armeen,  die  viel  gröfser  als  beim  Landheere  ist.  In  der  österreichischen 
Marine  waren  1876  93  7oo,  1878  113,2  7oo,  1879  104,2  7oo,  1883  97  Voo.  Und  im 
Durchschnitt  während  des  sechsjährigen  Zeitraumes  1877  bis  1882  101,3  Voo;  die 
konstitutionelle  Syphilis  nahm  ununterbrochen  von  13,82  7oo  (1877)  bis  zu  19,85  Voo 
(1883)  zu.  Im  Jahre  1883  war  mehr  als  der  vierte  Teil  aller  Kranken 
wegen  Syphilis  in  Spitälern. 

Noch  ärger  sieht  es  in  der  deutschen  Marine  aus.  In  den  Jahren  1877  bis 
1882  stieg  die  Zahl  der  Syphiliskranken  von  987  auf  1032  das  ist  von  111  Voo  auf 
159,3  Voo,  während  die  Besatzungsstärke  der  deutschen  Marine  nur  von  8816  auf 
10246  Mann  zunahm.  Besonders  bei  den  in  Ostasien  weilenden  Schiffen  zeigte  sich 
eine  grofse  Erkrankungshäufigkeit.  In  den  Jahren  1880/81  an  Syphilis  247  Voo,  im 
Jahre  1881/82  sogar  289,7  Voo  der  durchschnittlichen  Besatzungsstärke.  Aber  auch 
in  den  Nordseehäfen  ist  die  Syphilis  zahlreich  vertreten.  1881/82  waren  auch  hier 
von  100  Soldaten  täglich  12  dem  Dienst  entzogen. 

Das  letzte  Kapitel  beschäftigt  sich  mit  der  Möglichkeit  der  thunlichsten  Ein- 
dämmung der  Syphilis.  Da  in  der  österreichischen  Armee  eine  stetige  Zunahme  der 
Behandlungsdauer  bei   Tripper   (1878   nur   23  Tage,  1885  34  Tage)  und  der  konsti- 


'  Bez.  der  Notiz,  dafs  plastische  Operationen  nicht  selten  mifslingen,  sei  es  mir 
gestattet,  an  einem  Fall  aus  meiner  Studienzeit  zu  erinnern.  1874  kam  zu  Thiebsch 
nach  Leipzig  ein  19jähriffer  Patient  zur  Rhinoplastik,  den  ,jVater  Thibesch",  wie  wir 
unsem  hochverehrten  Lebrer  stets  nannten,  einfach  eine  Inunktionskur  machen  liefs. 
Als  die  Wundränder  am  Nasengerüste  gut  verheilt  waren,  enüiefs  Thibbsoh  den 
Patienten,  den  er  selbst  dann  zur  Bhinoplastik  für  ungeeignet  hielt.  Ich  habe  den 
Arzt,  der  jenen  Fall  an  Th.  sandte,  wiedergesehen  und  entsinne  mich  noch  deutlich 
des  Kopfschütteins  über  Th.s  Diagnose  (Syphilis  heredit.  tarda)  und  Therapie.  Ich 
habe  allerdings  auch  erst  viele  hundert  Fälle  von  Lues  in  Wien  —  in  späteren 
Jahren  —  sehen  müssen,  ehe  ich  Fälle  der  Art  verstehen  gelernt  habe.    Ref. 


322 

tutionellen  Syphilis  (von  33  auf  47  Tage  in  demselben  Zeitraum)  beobachtet  worden 
ist,  während .  andre  Armeen,  z.  B.  die  preufsische,  eine  kürzere  Behandiongsdaner 
aufweisen,  so  schiebt  Z.  dies  auf  den  Mangel  einer  einheitlichen  und  bewährten  Be 
handlungsmethode.  Von  autoritativer  Seite  sollte  eine  solche  dem  Fortschritte  der 
Wissenschaft  entsprechende  Behandlungsmethode  empfohlen  werden,  wie  es  z.  B.  mit 
der  Kaltwasserbehandlung  des  Typhus  geschah.  (Ref.  möchte  hier  in  parenthesi  be- 
merken, dafs  ein  so  souveränes  Mittel  bei  Gonorrhöe  allerdings  nicht  existiert,  wie  die  — 
„mittel temperierten  Bäder"  bei  Ileotyphus,  d.  h.  von  22^  bis  herab  auf  17*.  Aber 
die  WaiTiung  vor  kaustischen  Injektionen,  vor  Abortivkuren  ist  schon  von  hohem 
Wert.  Femer  der  Rat  ganz  milder  Injektionen ;  man  kann  wohl  zu  starke  Losungen, 
selten  zu  schwache  verordnen  I)  Der  heutige  Standpunkt  der  Therapie  der  Lues  und 
Gonorrhöe  wird  erörtert,  und  es  beschlielst  ein  trefflicher  Abschnitt  über  die  Prophy- 
laxis, besonders  beim  Militär  (auch  wir  Civilisten  können  viel  daraus  entnehmen),  die 
Hebung  des  geistigen  Niveaus,  die  Beschäftigung  in  der  Mufsezeit  des  Soldaten 
u.  a.  m.  das  instruktive  Werk.  Fauly-Nervi. 


Pariser  Korrespondenz. 

Über  die  Alopecia  areata.  Ernst  Besnier  publizierte  unter  diesem  Titel  in 
Form  einer  Abhandlung  die  Arbeit,  welche  er  in  der  Sitzung  vom  31.  Juli  1888  in 
der  AcadSmie  de  M6decine  vorgelesen  hatte,  als  Referent  einer  Kommission,  welche 
zum  Studium  der  mit  Rücksicht  auf  die  von  der  Area  befallenen  Individuen  zu 
treffenden  Vorkehrungen  entsendet  wurde.«  Wir  besitzen  schon  zahlreiche  zusammen- 
fassende Arbeiten  über  diesen  Gegenstand,  aber  wir  müssen  gestehen,  dafs  dieselbe 
noch  nie  in  ähnlicher  Vollkommenheit  und  so  eingehend  behandelt  wurde.  Das  Urteil 
des  Autors  bleibt,  trotz  der  übergrofsen  Menge  der  Argumente  und  der  jedem  Kapital 
beigefügten  zahlreichen  bibliographischen  Dokumente,  nüchtern  und  genau. 

Im  ersten  Teile  untersucht  B.  das  Wesen  der  Area,  ihre  Ül)ertragbarkeit,  einige 
Schwierigkeiten  der  Diagnose,  im  zweiten  die  mit  Rücksicht  auf  die  von  der  Area 
befallenen  Individuen  zu  ergreifenden  Mafsregeln.  Das  dem  Wesen  der  Area  ge- 
widmete Kapitel  enthält  vor  allem  die  Kritik  der  von  den  verschiedenen  Autoren 
diesbezüglich  ausgesprochenen  Ansichten.  Bazin  hatte  die  Area  Celsi  dem  Favus  und 
dem  Herpes  tonsurans  angeschlossen.  Es  war  daher  ganz  logisch,  wenn  die  Arzte, 
welche  diesen  Standpunkt  adoptierten,  gegen  die  Area  dieselben  Vorkehrungen  trafen, 
welche  man  auch  gegen  die  beiden  andern  Erkrankungen  anzuwenden  pflegte.  Diese 
Theorie  hatte  aber  von  Anfang  an  die  Ansicht  mehrerer  Arzte  des  Hopital  St.  Lou» 
und  andrer  Autoren,  besonders  des  Erasmüs  Wilson,  gegen  sich.  Die  Angriffe 
mehrten  sich  mit  dem  Fortschritte  der  Phytologie.  Robin  und  Hebra  wiesen  sie, 
nachdem  sie  anfangs  den  parasitären  Ursprung  angenommen  hatten,  vollkommen  zu- 
rück; auch  Rollet  aus  Lyon  (1859)  leugnete  das  Vorhandensein  eines  Parasiten,  und 
Guitrau  aus  Bordeaux  stellte  ihn  zu  den  unbestimmten  Parasiten.  Bergeron  erwähnt  die 
Area  gamicht  unter  den  parasitären  Erkrankungen,  da  er  ihre  parasitäre  Natur  für 
nicht  erwiesen  hält.  Rindfleisch,  Purdon,  Dubrino  kamen  zu  demselben  Ergebnis 
(1869 — 70).  In  der  Societe  m^dicale  des  Hopitaux  de  Paris  verteidigt  im  Jahre  1874 
niemand  mehr  die  Eontagiosität  der  Area,  und  Horand  (Antiquaille,  Lyon)  weist  die- 
selbe —  als  alten  Plunder  —  zurück.  Im  nächsten  Jahre  erklärt  Nystrom  aus 
Stockholm,  dafs  es  bei  den  von   der  Area  Befallenen  Parasiten  gäbe,   dafs   dieselben 


323 

SLlser  accidentiell  und  ohne  Bedeutung  seien.  Dies  ist  auch  das  Urteil,  welches  man 
■über  die  von  Malassez,  Coubr^ges,  Thin,  Sehlen,  Robinson  etc.  beschriebenen  Parasiten 
fiUleii  mufs.  Man  hat  zugegeben,  dafs  diese  Parasiten  unter  gewissen  Bedingungen, 
der  verminderten  Widerstandsfähigkeit  der  Ortlichkeit  und  des  Individuums,  schäd- 
licli  und  pathogen  werden  können;  dies  ist  jedoch  nicht  sicher  festgestellt,  und  man 
möge  auch  nicht  vergessen,  dafs  Mikrophyten,  welche  das  Haar  nicht  schädigen  (der 
X^arasit  der  Pityriasis  versicolor,  des  Erytrasma),  um  das  Haar  herum  weilen,  welches 
sie  einschlieisen,  ohne  irgend  welche  Veränderung  an  demselben  hervorzurufen,  und 
dafs  dieselben  nur  an  einzelnen  dieser  accidentiell  befallenen  Punkte  wachsen. 

Trotz  all  dieser  Untersuchungen  und  Arbeiten  bleibt  die  Area  Celsi  durch  die 
parasitäre  Theorie  unerklärlich.  Wirft  das  klinische  Studium  der  Krankheit,  der 
liistologischen  Veränderungen  des  Haares,  der  anatomischen  Verhältnisse  der  Haut 
mehr  Licht  auf  die  Frage?  Die  klinische  Geschichte  der  Krankheit  ist  kurz;  die 
Erscheinungen  der  Anfangsperiode  und  des  präalopecischen  Stadiums  sind  ge wohn- 
lich nicht  bemerkbar,  die  Entwickelung  ist  sehr  verschieden,  bald  galoppierend,  bald 
von  einer  besonderen  Langsamkeit,  das  Aussehen  der  Plaques  ist  verschieden,  je 
nachdem  sie  glatt  oder  mit  in  gleicher  Höhe  mit  der  Haut,  oder  etwas  über  dem 
Niveau  derselben  abgebrochenen  Haaren  besäet  sind.  Mit  Rücksicht  auf  letzteren 
Umstand  gab  Lailler  den  dieses  Aussehen  bietenden  Fällen  den  Namen:  „Pelades 
pseadotondantes. " 

Vom  histologischen  Standpunkte  kann  man  zweierlei  Haarläsionen  unterscheiden. 

Sei  der  einen  sieht  man  „eine  Auffaserung   der  Wurzel,    Anschwellungen,   in   deren 

Höhe  der  Haarsohaft  wie  ein  Schilfrohr   zerplittert   erscheint,   das   freie,   im    Niveau 

einer  Anschwellung   oder   auch   anderswo   abgebrochene  Ende   pinsel-,  ährenfÖrmig." 

Bei  der  andern  —  Area  mit  brüchigen  Haaren  — ,   bei  welcher  die  Nekrobiose  rasch 

vorwärts  schreitet,  „ist  das  immer  in  kurze  Stümpfe  fragmentierte  Haar  eher  stärker 

pigmentiert  und  verdickt;  man  sieht  weder  Luftblasen  noch  eine  Zerstörung  des  Haar- 

markes;  der  Haarschaft  besitzt  keine  Anschwellungen,  und  sein  freies  Ende  ist  nicht 

pinselförmig  aufgefasert.    Er  behält  vollkommen  seine  Konsistenz  und  zerbricht  weder 

beim  Anfassen  mit  der  Pinzette,  noch  unter  dem  Deckglase,  im  Gegensatz  zum  dicken, 

trichophytischen,   mit   Sporen   infiltrierten  Haar,    mit   welchem   er  —   in  anbetracht 

seiner  Farbe,  seiner  Dicke   und  seiner  in  geringer  Entfernung  von  der  Hautoberfläche 

gelegenen  Bruchstelle  —  häufig  verwechselt  wurde."     Diese   zweierlei   Läsionen  sind 

zwei  Varietäten  eines  nekrosierenden Vorgangs.    Allein  für  sich  haben  sie  keine  pathog- 

nomonische    Bedeutung,    aber   ihre  Vereinigung   hat  einen   besonderen  Wert   für  die 

Erklärung  des  Wesens  der  Krankheit.    Die   Haarfunktion   ist   eher   lahm   gelegt   als 

gänzlich  aufgehoben  —  wie  Balzer  konstatierte  — ,  eine  für  die  Prognose  der  Alopeoie 

sehr  wichtige  Thatsache.    Das  Leben  des  Haares  kann  sehr  lange  latent  sein,  es  gibt 

eine  wahrhaftige  Lethargie  des  Haares. 

Diese  Thatsachen  sind  festgestellt,  wenn  wir  aber  tiefer  eindringen,  so  kommen 
wir  zu  einander  entkräftenden  Resultaten ,  wie  bei  der  Untersuchung  Leloirs, 
der  in  einem  Falle  eine  atrophierende,  degenerierende  Neuritis  der  kutanen  Nerven, 
in  einem  zweiten  —  nichts  gefunden  hat.  Wenn  wir  also  einerseits  den  Parasiten 
der  Alopecia  areata  kennen,  so  bleiben  uns  anderseits  in  den  Fällen,  welche  von 
Veränderungen  der  peripherischen  Nerven  abhängig  wären,  die  letzteren  vollkommen 
unaufgedeckt.  Die  Versuche  von  Joseph  und  Mibelli,  so  interessant  sie  auch  seien, 
entscheiden  die  Frage  nicht.  Die  Läsionen  der  Nerven,  welche  das  Haar  hinfällig 
machen,  können  ihren  Ursprung  im  Zentrum,  an  den  Stämmen,  in  der  Peripherie 
haben,  und  allen  diesen  Lokalisationen  kann  die  Ursache  eine  materielle  oder  funk- 
tionelle, eine  direkte  oder  indirekte,  nahestehende  oder  entfernte,  von  verschiedenen 


324 

oft  sehr  entfernten  Pankten  transmittierte,   eine  reflektierte  sein.     Eine    Menge  yon 
Ursachen  —  ;,morali8che  Erschütterungen,  physischer  Choc,  traumatische  oder  patho- 
logische Läsionen,    schwere  ^Alterationen   der   Ernährung,   wie   bei   vielen    schweren 
Erkrankungen,  verschiedene  pathologische  Zustände  des  Nervensystems,  BASXDOWBche 
Krankheit,  Diathesen  (Syphilis),  reine  dystrophische  Läsionen  (Morphea),  endlich  viel- 
leicht auch  direkte  oder  reflektorische  Lritationen  der  HaarpapiUe  durch  unbekannte 
Parasiten,  wie  bei  der  Alopecia  areata,   oder  durch  bekannte  Parasiten,  wie    bei  ge- 
wissen  parasitären   Haarkrankheiten",    —    können   dasselbe   Phänomen  hervormfen, 
nämlich  die  Lähmung  der  nervösen  Papille,   die  Alteration,   die  Aufhebung^    oder  die 
Vernichtung  ihrer   Funktion.      „Darauf  müssen  wir  immer  hinauskommen",    so  fahrt 
B.  fort,  und  weit  entfernt  die  nervöse  Natur  dieser  Alopecien   zu  bestreisen,    erklärt 
er  im  Gegenteil,  dais  es  ganz  unmöglich  wäre,   dieselben   ohne   die  Intervention  des 
Nervensystems  zu  verstehen.     Auch   wenn  das   die   Alopecia   areata  hervorrufende 
spezifische  Agens  entdeckt  wäre,   müiste  man  seine  Wirkung   auf  die  Papille  selbst, 
auf  den  „lebenden  Teil"  beziehen,   um   die  Veränderungen   des  Haares  zu  verstehen. 
Weit  entfernt,  den  Parasiten   in   dem  Haare   selbst  oder  um   dasselbe  —  wie   beim 
Trichophyton  und  beim  Favus  —  zu  suchen,  muüs  man  von  nun  an  die  Ursache  der 
funktionellen  Paralyse  oder  Parese  der  HaarpapiUe,  welche  so  lange  das  absolute  und 
vollkommene  Verschwinden  der  Haare  überdauert,  zu  entdecken  trachten.    Man  muls 
sich  hier  mit  der  einfachen  Konstatierung  der  Thatsachen  begnügen,  da  die  ESrklänuog 
derselben  fehlt.    Die  besondere  Nervosität,   welche  man  nur  allzu  leicht  den  von  der 
Alopecie  befall^ien  Lidividuen   zuschreibt,   ist  weder   notwendig  noch  konstant,  wie 
sie  es  sein  mülÜBte,  wenn  sie  bezeichnend  wäre.     Man   kann  auch  nicht  aus  der  Frm- 
existenz  oder  aus  der  Koexistenz  von  physikalischen   Läsionen   oder  moralischen  Er- 
schütterungen  schliefsen,   dafs   dieselben   alle   die   alopecischen   Afifektionen    hervor- 
bringen, welchen  wir  auf  Schritt  und  Tritt  begegnen.    Li  der  jüngsten  Epidemie  der 
Alopecia  areata,  welche  im  Sapeur-Pompier-Begimente   von   Paris  herrschte,   war  gar 
kein  schwerer  professioneller  Zwischenfall  vorhergegangen,  durch  welchen  ihre  Affek- 
tion mit  einem  aus  ihrer  Beschäftigung  entstandenen  nervösen  Zustand  in  Zusammen- 
hang hätte  gebracht  werden  können.      „Wenn   auch   gewisse  Alopeciearten   sich  auf 
rein  trophoneuro  tisch  er  Basis  entwickeln,  wenn  nervöse  Lidividuen  auch  prädisponiert 
sind,  wenn  endlich  der  eliminatorische  Prozefs  des  Haares  ein  neurotischer  ist,  so  ist 
damit  noch  in  keiner  Weise  gesagt,  dsSs  die  gewöhnliche  Alopecia  areata   eine  reine 
Trophoneurose  sei,  und  auch  weder  die  Möglichkeit,  noch  die  Wahrscheinlichkeit  der 
Thätigkeit  eines  äulserlichen  „agent  provocateur^'  gegeben,  welches  wir  hier  ebensowenig 
kennen,   als  bei   der  Scabies  oder  bei  der  Syphilis,    dessen  „VorsteUung  jedoch  von 
der  Thatsache  der  Ubertragbarkeit,   welche   der   gewöhnlichen  Alopecia  areata  eigen 
ist,  unzertrennlich  ist."     In  den  Fällen,   welche   man   für   rein   nervöse  Alopecia  e 
klärt,   weil  sie  unmittelbar  nach  einem  nervösen  Choc  aufgetreten  waren,   mniste 
das  Haar  —  wenn  es  in  der  That  mit  einem  Schlage  von  der  Papille  losgelöst  worden 
wäre,  —  wie  „ ausgerissen ''  erscheinen,    ohne  atrophische  Veränderungen  aufzuweisen, 
welch  letztere  wohl  von   raschem  Verlaufe   sein,  jeooch   keineswegs   plötzlich  auf- 
treten können.    Von  nun  an  müssen  alle  Beobachtungen  von   plötzlich  aufgetretenen 
oder  sehr  rapiden   nervösen  Alopecien,   bei   welchen   die   histologische  Untersuchimg 
der  Haare  unterlassen  wurde,  zurückgewiesen  werden.      „In   der   That   ist  der  beim 
ersten  Blick  so  hervorstechende  Gegensatz,  welcher  zwischen  denjenigen,   die  bei  der 
Alopecie  nur  eine  nervöse  Ursache  sehen,  und  denjenigen,   die  ihr  eine  äuTsere,  kon* 
tagiöse  Ursache  zuschreiben,  besteht,  mehr  auffällig  als  thatsächlich,  und  der  Glaube  an 
eine  gewisse  Bolle  des  nervösen  Systems^  schlieist  die  Thätigkeit  eines  transmissiblen 
Agens  ebensowenig   aus,   als   z.  B.   bei   der  Wut,  bei   welcher   die  accidentelle  oder 


325 

f 

halbitaelle  Nervosität  des  Individuums  eine  gleiche,  wenn  nicht  hervorragendere  Bolle 
spielt."  Des  weiteren  sind  die  klinischen  Thatsachen  von  der  Art,  wie  der  von 
SsBEBOULLET  {GozetU  Tiebdom,  29.  Juni  1888)  publizierte  Fall:  ,, Durch  Ansteckung 
erworbene  und  durch  nervösen  Ghoc  recidi vierte  Alopecie'^,  danach  angetban,  um 
die  Verbindung  dieser  verschiedenen  Elemente  thatsächlich  nachzuweisen. 

Ich  habe  mich  bestrebt,   Ihnen  diesen   Teil   der   hervorragenden  Arbeit  B.s  bis 
ins  kleinste  Detail  zu  referieren,  ich  werde  bei  dem  nächsten  Paragraph,  der  sich  auf 
die  Häufigkeit,  den  Herd  der  Krankheit   und   auf  die  Ungleichheit   ihrer  geographi- 
schen Verbreitung  bezieht,  rasch  vorwärts  schreiten.     Dieses  letzte  Zeichen,   welches 
beim  Favus  und  Herpes  tonsurans  sehr  hervorstechend  ist,  ist  es  auch  bei  der  Alopecia 
areata.    Dem  Berichte  des  inspizierenden  Arztes  Vidal  gemäfs  ist  der  Favus  bei  der 
arabischen  Bevölkerung  Algiers  sehr  häufig,    die  Alopecie   hingegen   sehr  selten,    hk 
den  Jahren  1887  und  1888  hat  das  Seehospital  des  Dey  nur  3  mit  Alopecie  befallene- 
Individuen  aufgenommen..    Leloib  fand  in  Lille  unter  5000  mit  Haut-  und  venerischen« 
AfTe^ionen  behafteten  Individuen,  die  in  seiner  Behandlung  standen,  149  alopecischCy. 
d.  h.  3  7o.    Die  ist  auch  beiläufig  die  von  B.  erhaltene  Zahl,   und   er  stellt   sie   der 
von  Unita  in  Hamburg  gewonnenen  gegenüber  —  7 — 8  Alopecische  auf  1500  Kranke 
des  Jahres,  d.  h.  V»  Vo.  —  In  Lyon  fand  man  im  Jahre  1887  auf  2865  Kranke,  welche 
in   der»  Antiquaille  behandelt  wurden,   nur  17  Fälle  von  Alopecie,    d.  h.  0,6  7o,   also 
eine  Zahl,  welche  derjenigen  von  Hamburg   sehr  ähnlich  ist.    Kaposi  zählt  in  Wien 
40  Fälle  auf  5000  klinische  Kranke,   und   in   seiner  Privatpraxis   eine   etwas  höhere 
Zahl  (IVa  7o).    Das  von  Hebra  gefundene  Verhältnis  zeigt,    dafs   die   Krankheit  viel 
häufiger  geworden  ist,  obwohl  noch  immer  viel  seltener,   als  dies   die   für  Lille  und 
and  Paris  gefundenen  Zahlen  ausdrücken.   In  Berlin  fanden  Schweningeb  und  Köbner 
1  Vo,  Lassar  2  7o,   doch   zieht   der  letztere  von   der  Totalsumme   seiner  Fälle   die 
venerischen  ab.    Lesser  in  Leipzig  fand  in  seiner  Poliklinik  0,7  7o,  in  seiner  Privat- 
praxis gegen  2  7o.    Die   Zahl   der  Fälle  variiert  also   von  0,5 — 3  7o,  was  man  nach 
B.  wohl   nicht   finden   würde,   wenn   die   Alopecie   eine   rein    trophoneurotisohe   Er- 
krankung wäre,  welche  keine  Ursache  hat  in  Paris  häufiger  zu  sein,  als  in  Wien,  in 
Lille  oder  in  Berlin  häufiger  als  in  Hamburg. 

Dieselbe  Ungleichheit  und  dieselbe  Variabilität  finden  sich  auch  in  ein  und 
demselben  Lande.  Die  ärztlichen  Berichte  beweisen,  dafs  die  Alopecie  in  der  fran- 
zösischen Armee  weit  davon  entfernt  ist,  an  allen  Orten  gleichmäfsig  aufzutreten. 
In  Bochefort  kommt  sie  gar  nicht,  in  Toulon  beinahe  gar  nicht  vor.  In  Gherbourg 
zahlte  man  während  5  Jahren  nur  3  Fälle  unter  den  Truppen  aller  Waffengattungren. 
In  Brest  fand  man  1887  6  erwachsene  von  der  Alopecie  Befallene  und  10  unter  den 
Zöglingen  der  Marine,  bei  welchen  die  Affektion  häufiger  zu  sein  scheint.  Die  von 
der  Enquete  im  Juni  1888  bewerkstelligte  Untersuchung  der  Garnison  von  Paris  hat 
nur  58  Fälle  ergeben,  von  welchen  20  dem  Sapeur-Pompier-Regimente  angehören 
und  nur  38  der  ganzen  Garnison  von  Paris  und  Versailles,  d.  h.  der  gesamten 
Garnison  des  Pariser  Gouvernements,  das  Sapeur-Pompier-Eegiment  ausgenommen. 

In  anbelracht  dieser  Thatsachen  ist  es  evident,  dafs  gröfsere  Massen  vereint 
lebender  Menschen  von  der  Area  oft  verschont  bleiben;  Beweis  das  grofse  Seminar 
St,  Sulpice  in  Paris,  wo  Herr  Bucquoy  nicht  einen  einzigen  Fall  der  Area  je  gesehen 
hat.  Und  doch  ist  diese  Krankheit  weit  entfernt  davon  die  Geistlichen  zu  verschonen 
und  befällt  mit  Vorliebe  die  Zöglinge  der  Unterrichtsanstalten. 

Übertragbarkeit  der  Area  Celsi. 

Die  Alopecia  areata  ist  übertragbar.     Aber  es  gibt  hier  so  viel  Unregelmäfsig- 
keiten,    Widersprüche,  Undeutlichkeiten,   dafs   die  Kontagiosität   in   anbetracht  der 
MonaUhefta  22 


326 

mehr  aufifallenden,  als  reellen  negativen  Thatsachen  beinahe  immer  von  denen  ver- 
kannt wird,  welche  das  Studium  derselben  beginnen.  Auch  Besnier  ist,  nachdem  er 
vorerst  die  Eontagiosität  bezweifelte,  den  unzweifelhaften  Thatsachen  der  kontagiosen 
Ubertragbarkeit,  den  Beobachtungen  von  Familien-,  Haus-,  Schul-  und  Begiments- 
epidemien  gewichen.  Die  von  ihm  citierten  Beispiele  sind  unwiderleglich;  ganz  be- 
sonders dasjenige  der  Epidemie  des  Pariser  Sapeur-Pompier-Begiments  (Feuerwehr), 
welches  durch  seine  Verbreitung  über  die  ganze  Stadt  in  den  vollkommensten 
und  innigsten  Beziehungen  zu  der  Civilbevölkerung  steht.  Man  hat  hier  20  Falle 
zu  gleicher  Zeit  konstatiert,  und  man  kann  vielleicht  als  Quelle  der  Ansteckung 
den  Kopfpfühl  anklagen,  auf  welchen  diese  Leute  —  einzeln  oder  in  kleinen 
Gruppen  allabendlich  auf  verschiedenen  Posten  zerstreut  —  ihr  Haupt  zur  Bohe 
legen.  Dies  scheint  der  Umstand  zu  beweisen,  dafs  die  Mehrzahl  der  befallenen 
Soldaten  auf  dem  Hinterhaupte  und  auf  dem  Nacken  mit  der  Alopecie  behaftet 
waren. 

Da  bisher  kein  unzweifelhafter  Parasit  gefunden  wurde,  noch  eine  beweisende 
Impfung  existiert,  kann  man  sich,  um  die  prophylaktischen  Mafsnahmen  zu  be- 
stimmen, nur  auf  die  klinische  Untersuchung  stützen.  Leloir  fand  unter  92  Beob- 
achtungen 21  Fälle,  bei  welchen  die  kontagiöse  Ursache  nicht  in  Zweifel  zu  ziehen 
war.  Von  den  übrigen  71  Fällen  führte  er  35  auf  eine  nervöse  Ursache  zurück,  und 
36mal  konnte  er  zu  keinem  sicheren  Schlüsse  kommen. 

Es  ist  gewöhnlich  nicht  gerade  der  von  der  Aifektion  Befallene  die  unmittelbare 
Ursache  der  Übertragung,  wohl  aber  seine  Gerätschaften.  Toilettgegenstände,  Gerat- 
schaften des  Friseurs,  vertauschter  Kopfputz,  Kopfkissen,  Kopfpfühle,  Kopf-  und 
Bückenlehnen  der  Möbelstücke  sind  die  häufigsten  Ursachen  der  Ansteckung.  Bei 
den  Begimentem  ist  das  Scheren  der  Haare  —  durch  die  dabei  verwendeten  In- 
strumente —  häufig  die  Ursache  der  Verbreitung  der  Alopecie. 

Gibt  es  auch  Fälle  von  Übertragung  ^er  Alopecie  von  Tieren  auf  Menschen? 
Gewisse  Fälle  sprechen  dafür,  doch  mufs  dies  noch  durch  neuere  Untersuchungen 
festgestellt  werden.  Man  weifs,  dafs  die  Alopecie  bei  den  Zöglingen  der  Tierarznei- 
schule zu  Alfort  nicht  selten  ist,  und  B.  hat  einen  hervorragenden  Tierarzt  der  Armee 
behandelt,  der  seine  Area  vom  Pferde  erworben  zu  haben  behauptete. 

Man  ist  noch  nicht  zu  einer  endgültigen  Entscheidung  über  die  Frage  gelangt, 
zu  welchem  Zeitpunkte  ihrer  Entwickelung  die  Area  Celsi  am  ehesten  übertragbar 
sei,  was  doch  mit  Bücksicht  auf  die  Prophylaxis  von  grofser  Bedeutung  wäre.  Uan 
kann  aber  behaupten,  dafs  die  Gefahr  der  Ansteckung  sehr  vermindert  sei,  wenn  die 
Initialplaque  allein  bestehen  bleibt,  oder  sich  keine  neuen  mehr  zu  den  alten 
gesellen,  besonders,  wenn  man  dabei  noch  alle  nötigen  Mafsnahmen  zur  Überwachung 
und  Beinhaltung  in  Angriff  nimmt. 

Schwierigkeiten  der  Diagnose. 

Die  Diagnose  kann  Schwierigkeiten  verursachen  durch  die  Koinzidenz  mit  an- 
erkannten parasitären  Erkrankungen  des  Haares  oder  mit  einigen  dem  Favus  oder 
dem  Herpes  tonsurans  folgenden  peladoiden  Alopecien.  Auch  die  Erscheinungen 
des  Lupus  der  behaarten  Kopfhaut  können  so  schwach  angedeutet  sein,  dai« 
ein  Irrtum  möglich  wird;  dasselbe  ist  der  Fall  bei  einzelnen  seltenen  Fällen  von 
Sclerodermie  en  plaques  des  Gesichtes  oder  des  behaarten  Kopfes,  ober  bei 
einigen  noch  unbenannten  andern  Alopecien.  Aber  die  gewöhnlichste  Ursache  von 
Irrtümern  sind  jene  alopecischen  Stellen,  welche  das  Überbleibsel  vorangegangener 
Traumen  und  pathologischer  Zustände,  oder  der  übermäfsigen  Anwendung  von  To- 
picis  sind.    Gewisse,  nur  eine  einzige  Plaque  aufweisende,   beinahe   endlos   in  ^mve^ 


327 

andertem  Zustande  verharrende  Areafalle  endlich  benötigen  wiederholte  Beobachtung 
und  können  nicht  allsogleich  diagnostiziert  werden. 

Zweiter  Teil.  Trotz  des  Umstandes,  dafs  uns  so  viele  Seiten  des  Problems 
unbekannt  und  dunkel  sind,  so  ruht  doch  die  Übertragbarkeit  der  Area  auf  genügend 
sicherer  Basis,  um  gegen  sie  ernste  Präventivmafsregeln  zu  ergreifen.  Doch  darf 
man  deswegen  nicht  allzustrenge  vorgehen  und  das  Gesetz  der  Ausschliefsung  ganz 
unterschiedslos  bei  allen  von  der  Area  Celsi  Affizierten  anwenden. 

B.  empfahl  daher  der  Academie  de  M6decine  prophylaktische  Maüsregeln,  welche 
mit  den  Privatinteressen  der  Kranken  gut  vereinbar  sind. 

Als  allgemeine  Mafsregeln  empfiehlt  er:  1.  dais  ein  mit  Area  Behafteter,  der  in 
einen  Verband  aufgenommen  zu  werden  wünscht,  seine  Au&ahme  oder  sein  Weiter- 
verbleiben nicht  als  ein  Becht  fordern  könne;  2.  daÜB  die  Gesunden  vor  dem  mittel- 
baren  oder  unmittelbaren  Kontakt  mit  den  von  der  Area  heimgesuchten  Ortlich- 
keiten  bewahrt  werden.  Aus  diesem  Grunde  sollte  man  den  Kopf  der  Patienten 
bedeckt  halten,  sie  einer  speziellen  Behandlung  teilhaftig  werden  lassen,  selbst  noch 
lange  nach  der  beendigten  Heilung,  ihre  Gerätschaften  ihnen  ausschlieislich  reservieren, 
dieselben  nach  dem  Gebrauche  desinfizieren,  wenn  notwendig  vernichten  etc.  etc. 

Was  die  spezielle  Behandlung  anbelangt,  schlägt  B.  vor,  dafs  jeder  Kranke 
einer  speziellen  ärztlichen  Untersuchung  unterzogen  werde,  welche  über  die  Auf- 
nahme, das  Weiterverbleiben,  oder  über  die  Nichtaufnahme,  die  Entlassung,  die 
temporäre  Isolierung  zu  entscheiden  hätte.  Für  die  Asyle  und  Schulen  der  frühen 
Kindheit  wird  die  Ausschlieüsung  die  Regel  sein,  da  diese  hier  von  keinem  Nachteile 
gefolgt  sein  kann.  In  den  Mittelschulen  soll  der  Zutritt  unter  gewissen  Bedingungen 
der  Isolierung  und  Reinlichkeit  möglich  sein.  Dasselbe  gilt  für  die  Extemate.  In 
den  Internaten,  Hoch-  und  Fachschulen  soll  die  Nichtaufnahme  oder  die  temporäre 
Ausschliefsung  nur  in  seltenen  und  besonders  intensiven  Fällen  ausgesprochen  werden. 
Bei  den  militärischen  Verbänden  soll  die  Isolierung  und  Stellung  unter  Beobachtung 
angewendet  werden.  Wenn  endlich  von  der  Area  befallene,  „tolerierte"  Individuen 
der  augenscheinliche  Ausgangspunkt  weiterer  Ansteckung  geworden  sind,  dann  hat 
die  Tolerans  allsogleich  nach  der  Konstatierung  des  neuen  'Herdes  ein  Ende  zu 
nehmen,  und  die  vollkommene  und  unmittelbare  Ausschliefsung  aller  Kranken  mufs 
mit  vollem  Rechte  vollzogen  werden.  H.  Foumier-Paris. 

(Übersetst  ron  Dr.  LuDWia  Töb5k,  Hamburg.) 


Ütittetlttnjjen  am  ber  txtUxalnx. 

Zirkulationsstörungen. 

Über  Jo^pform-Dermatitis,  von  Dr.  Israel  in  Gnesen.  {Therap.  Monatsh.  No.2.) 
Bei  einer  Frau  mit  Ulcera  cruris  traten  nach  Applikation  von  ganz  geringen  Mengen 
Jodoform  jedesmal  Jucken  und  erbsen-  bis  wallnufsgrofse  Blasen  um  das  Ulcus  auf, 
die  bald  barsten.  Es  muis  demnach  eine  Idiosynkrasie  bei  einzelnen  Individuen  für 
das  Jodoform  bestehen.  L.  Hoffmann-Berlin. 

Über  das  Vorkommen  der  Pellagra  in  dec  Bukowina,  von  Kluczekco,  Sus- 
zawa.  (Wien,  kUn,  Woehenschr,  1889.  No.  3.)  Mehr  als  der  Titel  verspricht,  bringt 
die  wertvolle  Arbeit  K.s.  Er  hat  in  4  Jahren  12  Fälle  (11  Männer  darunter)  beob- 
achtet; Fnjppowicz  im  Czemowitzer  Krankenhause  (Wien.  med.  Blätter.  1888.  No.  14 


328 

und  15)  hat  nur  6  Fälle  (4  Männer,  2  Weiber),  alles  Baaersleute,  beobachtet,  deren 
Hauptnahrung  aus  Maismehl  bereitete  Polenta  (Mamaliga  in  der  Bukowina  genannt) 
war.  Bezüglich  der  Krankengeschichten  (die  3  ersteren  sind  ausfuhrlicher)  müssen 
wir  auf  das  Original  verweisen.    Wir  betonen  hier  nur  in  Kürze: 

1.  Alle  12  waren  Bauern  und  nährten  sich  von  Mamaliga  (3  davon  von  ver 
dorbener'  Mais&ucht  längere  Zeit). 

2.  K.  beobachtete  dort  folgende  Symptome:  die  Krankheit  ist  eine  chronische, 
jahrelange;  die  ersten  Symptome  sind  gastrische;  heftige,  oft  blutige  Diarrhoen. 
Dann  ein  eigentümliches  Kopfleiden,  Kopfschmerz,  Schwindel,  rauschartiges  Betäubt- 
sein. Zuweilen  Verschlimmerung  bis  zum  Irrsinn;  Unruhe  und  psychische  Verstimmang 
treiben  Pellagröse  zuweilen  zum  Selbstmord.  (K,  hat  2  Fälle  der  Art  konstatiert,  die 
nicht  in  jenen  12  inbegriffen  sind.) 

3.  Anfang  Mai  zeigen  sich  die  ersten  Zeichen  eines  Erythems  an  Hand-  und 
Fufsrücken,  seltener  an  der  äulseren  unteren  Hälfte  des  Vorderarms;  bei  schweren 
Fällen  auch  am  Gesicht  und  Genick.  Die  Haut  der  erythem.  Stellen  ist  angeschwollen 
und  rissig,  an  einigen  Stellen  leicht  blutend,  mit  linsenbreiten  Krusten  bedeckt 
Am  Bande  sieht  man  mitunter  einen  mäfsig  erhabenen,  querfingerbreiten,  hellrot 
geförbten  Saum  als  scharfe  Grenze. 

4.  Hohihand  und  Fufssohle  sind  stets  frei  von  diesem  Erythem. 

5.  Im  September  blaist  das  Erythem  ab,  beginnt  aber  abzuschuppen.  Die  Haut 
ist  dann  dunkler  gefärbt,  rauh  und  mäfsig  glänzend.  Nachlafs  aller  Symptome  tritt 
im  Herbst  ein;  im  Winter  Euphorie.  Im  Frühjahr  tritt  wieder  der  geschildeite 
Symptomenkomplex  ein. 

6.  In  leichteren  Fällen  scheint  in  den  ersten  Jahren  durch  Eisen,  Arsenik  und 
roborierende  Kost  eine  Heilung  möglich. 

7.  Wahrscheinlich  wird  die  Pellagra  durch  eine  Intoxikation  und  nicht  durch 
eine  Mykose  veranlafst. 

8.  Die  chemische  Noxe  scheint  Verf.  in  Alkohol  extrahier  bar  zu  sein,  da  vo^ 
wiegend  Männer  Pellagra  bekommen,  während  Frauen  und  Kinder  bei  derselben  ver 
dorbenen  Nahrung  gesund  bleiben.  Männer  trinken  dort  zu  jeder  Nahrung  Schnaps. 
(Vielleicht  wirkt  der  Alkohol  nur  dadurch,  dafs  er  die  Noxe  desto  länger  im  Darm 
retiniert  hält,  also  nicht  durch  seine  chemische  Wirkung  auf  den  Mais  direkt.   Bef.) 

9.  Volksschule  und  Ortspfarrer  sollten  die  Kenntnis  der  Gefahren  verbreiten, 
die  der  Genufs  vorreifer  oder  verdorbener  Maisfirucht  verursacht. 

10.  Aus  schlechtem  Mais  bereiteter  Spiritus  ist  auch  Träger  des  PellsgragÜles 
(Neüssbr),  wonach  sich  die  Branntwein-Brennereien  richten  sollten. 

11.  Im  benachbarten  Galizien  sollte  man  auch  auf  Pellagra  fahnden. 

Paidy-Nervi, 


Einfache   Entzündungen. 

Über  anatomisclie  Befunde  bei  aknten  Todesfällen  nach  ausgedehnten 
Verbrennungen,  von  Euo.  Frankbl.  (Deutsche  med.  Wochenschr.  No.  2.)  Bei  3  «ur 
Obduktion  gelangten  Fällen  nacli  ausgedehnten  Verbrennungen  konnte  Verf.  Organ- 
erkrankungen schwerer  Art  feststellen,  welche  sich  äufsem  in  Verstopfung  der  Harn- 
kanälchen  mit  Hämoglobinmassen,  in  ausgedehnten  degenerativen  Prozessen  des, 
soweit  wir  wissen,  für  die  Hamsekretion  besonders  bedeutungsvollen  Epithels  der 
gewundenen  Harnkanälchen  und  in  dem  Auftreten  eines  körnigen  Materials  nament- 


329 

lieh  in  den  Nieren,  über  dessen  Provenienz  das  Mikroskop  Aufschlafs  zu  geben  nicht 
vermochte.  Diese  Veränderungen  beschränken  sich  nicht  allein  auf  die  Nieren, 
sondern  wir  finden  parenchymatöse  Prozesse  degenerativer  Art  auch  in  der  Leber 
und  massige  Ablagerungen  von  Hämoglobin  in  diesem  Organ,  wie  namentlich  auch 
in  der  Milz.  Dafs  daneben  dem  übermäfsigen  Beiz  auf  das  Nervensystem  und  der 
damit  verbundenen  reflektorischen  Herabsetzung  des  Gefafstonus  (Soknenbubo)  eine 
nicht  zu  unterschätzende  Bedeutung  für  den  raschen  Eintritt  des  Todes  zukommt, 
soll  nicht  in  Abrede  gestellt  werden,  aber  dieses  Moment  würde  erst  in  zweiter  Linie 
in  Frage  kommen.  L.  Loffmann-Berlin. 

Zur  Behandlung  des  Decubitus,  von  Dr.  W.  Ebstein  in  Breslau.  {Deutsche 
med.  Wochenschr.  No.  6.)  Prophylaktisch  soll  bei  schweren  Erkrankungen,  um  Decu- 
bitus zu  verhüten,  die  Haut  nach  vorausgeschickter,  gründlicher  Beinigung  tüchtig 
mit  Lanolin  eingerieben  werden  und  durch  reichliches  Unterlegen  von  Watte,  Jute 
und  ähnlichem  Material  soll  weiterer  Druck  vermieden  werden.  Wo  sich  bereits 
Exkoriationen  oder  die  verdächtige,  dem  Decubitus  vorausgehende  Bötung  der  Haut 
bemerkbar  gemacht  haben,  heilen  dieselben  rasch  unter  der  Lanolindecke. 

L.  Hoffmann-Berlin. 

Über  Dermatitis  herpetiformis.  Dr.  A.  Blabchko  berichtet  (Berl  klin. 
Wochenschr,  No.  6)  über  2  von  ihm  beobachtete  Fälle,  welche  er  nach  Dühbino  mit  dem 
Namen  der  Dermatitis  herpetiformis  belegt.  Der  erste  Fall  betrifft  eine  25jährige, 
seit  5  Jahren  verheirathete  Frau,  die  im  Anschlufs  an  ihr  vor  27«  Jahren  erfolgtes 
zweites  Wochenbett  zum  ersten  mal  erkrankte.  Etwa  14  Tage  nach  der  Entbindung 
traten  damals  plötzlich  auf  Armen,  Brust,  Bauch  und  Gesicht,  später  auch  auf  den 
Oberschenkeln  zahlreiche^  heftig  juckende  Flecke  von  Stecknadelkopf-  bis  Linsen - 
gröfise  auf,  aufserdem  Bläschen  mit  wasserklarem  Inhalt,  die  teils  in  Gruppen,  zumeist 
aber  einzeln  standen,  femer,  namentlich  in  den  späteren  Stadien  der  Erkrankung, 
mit  eiterigem  Inhalt  gefüllte  kleinere  und  gröüsere  Pusteln.  Nach  ca.  2  Monaten 
trat  spontane  Heilung  ein.  Im  Frühjahr  1888  stellte  sich  3  Tage  nach  einer  Aus- 
kratzung des  Uterus  unter  heftigem  Jucken  der  gleiche  Ausschlag  ein.  Styrax-Ein- 
reibungen  verschlimmerten  den  Zustand,  insofern  Gesicht  und  Arme  der  Patientin 
beträchtlich  anschwollen.  Erst  nach  Verbrauch  von  10  g  Sol.  Fowl.  blieben  neue 
Anfalle  aus,  das  Jucken  liefs  nach,  die  Exantheme  heilten  ab,  überall  dunkle  Pig- 
mentflecke zurücklassend,  die  noch  nach  2  Monaten,  wenn  auch  etwas  abgeblafst, 
bestanden. 

Der  zweite  Fall  betraf  einen  34jährigen  Patienten,  verheiratet,  der  im  No- 
vember 1887  in  beiden  Kniekehlen  heftig  juckende^  handtellergrofse  rote  Flecke 
bekam,  innerhalb  deren  sich  in  wenigen  Tagen  zahlreiche  Bläschengruppen  ent- 
wickelten. Seitdem  sind,  während  die  alten  Stellen  immer  nach  14  Tagen  unter 
Hinterlassung  grofser  brauner  Flecke  abheilten,  in  ein-  oder  mehrwöchentlichen 
Pausen  auf  den  verschiedensten  Stellen  des  Körpers,  zumeist  symmetrisch,  auf  den 
Beinen,  den  Hüften,  dem  Sternum,  den  Nates  ähnliche  Exantheme  ebenfalls  unter 
heftigem  Jucken  zum  Vorschein  gekommen.  Anfang  September  Blaseneruption  auf 
der  untern  Seite  des  Penis,  die  mehrere  Wochen  anhält,  Ende  September  Bildung 
neuer  Blasengruppen  in  der  Gegend  des  linken  Tuber  ischii  und  beider  Trochanteren. 
Die  Blasen  reiskorn-  bis  erbsengrofs,  einige  konfluierend.  Im  Oktober  ist  alles  ab- 
geheilt, an  beiden  Oberscheukeln  zerstreut  stehende  erythematöse  Flecke,  Papeln  und 
Bläschen.  Nach  Arsenmedikation  allmähliches  Nachlassen;  seit  Anfang  November 
keine  neue  Attacke. 


330 

B.  glaubt,  dafs  die  Dermatitis  herpetifonuis  kaum  ak  eine  Krankheit,  sondern 
als  eine  Gruppe  von  Krankheiten  aufzufassen  sei.  ü.  Hoffmann-BerUn. 

Pempliigiis  der  Conjunctiva  haben  Schmidt-Huifleb  (Zehenders  kl.  Mo- 
naUhl.  f.  Äugenh.  1887)  und  K.  Tilley  {Americ.  Joum.  of  Ophth,  1887)  je  1  FaD 
beobachtet;  beide  mit  Bildung  von  Symblepharon,  Sch.-R.8  Patientin  war  eine 
45jährige  Frau,  die  daneben  an  Pemphigus  der  Lider  und  anderer  Eörperstellen  litt. 
T.s  Fall  betraf  ein  6j ähriges  Kind,  das  erblindet  war  und  bei  dem  sich  spater  erst 
Blasen  im  Munde  und  am  Körper  zeigten.  Paidy-Nervi. 


Spezifische  Entzündungen. 

I.  Oberhauterkrahkungen, 

Ätiologie  und  Behandlung  der  PsoriasiB,  von  Dr.  Shoehaksb.  {Med.  Eegister 
Philadelphia.)  Verf.  zögert  nicht  seine  Überzeugung  auszusprechen,  dafs  Psoriasis' 
immer  durch  konstitutionelle  Störungen  hervorgerufen  werde.  Dyspepsie,  Anämie 
Syphilis,  Ekzema,  Skrofula,  hauptsächlich  aber  Rheumatismus  und  Gicht  werden  als 
die  hauptsächlichsten  ätiologischen  Momente  aufgeführt.  Diese  Anschanimg  bietet 
dem  Verf.  den  Vorteil,  mit  dem  ganzen  therapeutischen  Armamentorium  der  inneren 
Medizin  gegen  Psoriasis  zu  Felde  ziehen  zu  können.  Allgemeine  hygieinische  Vo^ 
Schriften,  Bäder,  Massage,  Bewegung  im  Freien  u.  s.  w.  sind  zu  allererst  nötig. 
Salicylsäure,  Wintergrünöl,  Kali  aceticum,  Tinct.  digitalis,  Spirit.  aether.  nitros. 
Chinin,  Antimon,  Jodkalium  u.  s.  w.  sind  je  nach  der  speziellen  Indikation  am 
Platze.  Arsenik  wird  nur  bei  chronischen  Fällen  gegeben,  es  wirkt  am -nachhaltigsten, 
wenn  in  Form  tiefer  subkutaner  Injektionen  gegeben.  Man  fange  mit  0,006 — 0,015 
Acid.  arsenicos.  oder  Natr.  arsenicos.  an  und  steigere  die  Dosis  behutsam  jeden  2.  oder 
3.  Tag.  Auch  Suppositorien,  0,015—0,08  Acid.  arsenicos.  enthaltend,  1 — 2mal  täglich, 
zeigten  sich  recht  nützlich.  Die  herkömmliche  lokale  Behandlung  mit  Teer,  Chrysa- 
robin,  Anthrarobin,  Acid.  pyrogallic.  möchte  der  Verf.  dabei  keineswegs  aufgeben, 
hält  dieselbe  aber  für  unvermögend  eine  definitive  Heilung  allein  herbeiführen  xa 
können.  Lemseur-NeuhYork. 

F.  BuLLBE  {Amer,  Joum.  of  Ophth,  Dezember  1887)  beobachtete  bei  3  FäDen 
von  Ichthyosis  eine  Oonjunctivitis,  hauptsächlich  auf  der  Bindehaut  des  ob^en 
Lides.  Sie  sah  dem  Trachom  sehr  ähnlich,  aber  die  Körner  waren  auffallend  hart, 
die  gewöhnlichen  Behandlungsmethoden  liefsen  im  Stich,  die  Sekretion  war  ähnlich 
wie  bei  Xerosis  conjunctivae,  femer  war  sie  nicht  kontagiös.  B.  will  sie  daher 
Ichthyosis  conjunctivae  nennen.  Pauly-Nervi. 

II.  GuHserkrankungen. 

a..  Durch  bekannte  Parasiten. 
Zur  Therapie  des  Erysipels,  von  Dr.  W.  Ebstein  in  Breslau.  {DevLUdu 
Med,  Wochenschr.  No.  6.)  Auf  der  Abteilung  des  Prof.  Boseitbagh  wird  das  Erysipel 
der  Art  behandelt,  dafs  die  gesunde  Haut  der  Umgebung  des  Erysipeb  zunächst  in 
weitem  Umfange  mit  warmem  Wasser  und  Seife  gründlich  gereinigt  wird.  Dsranf 
wird  an  der  ganzen  Grenze  der  erkrankten  Partie  in  einem  15 — 20  cm  breiten  Streifen 
der  gesunden,  sorgiältig  gereinigten  und  gut  abgetrockneten  Haut  5  Voiges  Karbol* 
vaselin  energisch  eingerieben.     Zuletzt  wird  auch  die  erkrankte  Hautpartie  selbst  mit 


331 

Slarbolvaselin  bestrichen,  doch  ist  behnfs  Vermeidung  einer  Verschleppung  der 
Infektionskeime  mit  der  gröfsten  Sorgfalt  darauf  zu  achten,  daüs  das  Aufstreichen 
stets  Yon  der  gesunden  nach  der  kranken  Haut  hin,  niemals  umgekehrt  stattfinde. 

X.  Hoffmann-Berlin. 

Die  Beliandliixig  des  Erysipels  mit  3— 5prozentigem  KarbolgnmiiiiBelileiin, 

von  Dr.  Nolte.  (Allg.  med.  Centrahtg,  No.  100.  1889.)  Seit  Jahren  wendet  Verf. 
mit  sehr  gutem  Erfolge  Mucilago  gumm.  arab.  unter  Zusatz  von  Karbolsäure  an.  Er 
läTst  die  affizierten  Stellen  und  einige  Zentimeter  darüber  hinaus  zweimal  täglich 
mit  3 — 5prozentigen  Earbolgummischleim  pinseln  und  diesen  dann  trocknen. 

L.  Ho ffmcmn- Berlin. 

Über  die  Behandlnng  des  Erysipels  mit  Spiritus,  von  Dr.  BEHBB]<n>  in 
Sagan.  {Berl  kUn  Wochenschr,  No.  4.)  Gestützt  auf  die  Mitteilung,  dafs  der  Spirit. 
absolutus  k  90  7o  den  Erysipelkokkus  tötet,  hat  Verf.  das  Mittel  bei  Erysipel  mit 
sehr  gutem  Erfolge  angewandt.  Er  läfst  dreimal  täglich  die  erysipelatösen  Haut- 
partien nebst  den  gesunden  Umgebungen  auf  2 — 3  cm  hinaus  mit  absolutem  90  Vo 
Alkohol  bis  zum  völligen  Verschwinden  der  örtlichen  Erscheinungen  energisch  ab- 
waschen. L.  Hoffmann-Berlin. 

Über  Aktinomykose,  von  Dr.  Eoman  v.  Baracz  in  Lemberg.  Nachdem  Verf. 
die  bisher  von  verschiedenen  Autoren  bei  Menschen  beobachteten  Fälle  auf  103  be- 
rechnet, gibt  er  die  Krankengeschichten  von  Personen  seiner  eignen  Praxis.  Der 
erste  Fall  betraf  einen  Droschkeneigentümer,  der  am  9.  Januar  1887  mit  Aktinomy- 
kose des  Unterkiefers  in  Behandlung  trat,  und  der  zweite  Fall  dessen  Geliebte,  welche 
sich  am  17.  Juli  1887  mit  demselben  Leiden  vorstellte.  Während  die  Ätiologie  des 
ersten  Falles  ziemlich  dunkel  blieb,  hält  v.  Baracz  beim  zweiten  für  wahrscheinlich, 
dafs  der  Pilz  durch  Euijs  in  die  Mundhöhle  überimpft  wurde.  Bei  einem  im  Nachtrag 
der  Abhandlung  berichteten  dritten  Fall  blieb  der  Invasionsmodus  rätselhaft.  (Wiener 
med.  Presse.  1889.  No.  1.)  Eckart-Nürnberg. 

b.  Durch  unbekannte  Parasiten. 

t  Bakteriologische  üntersuchimgeii  ttber  das  phagedänische  Tonkin-Gto- 
schwttr  bespricht  Boinet  in  der  Soc.  des  sciences  mSdicales  vom  30.  Januar  1889 
(La  Prov.  med.  2.  Februar).  Über  seine  Kulturen  auf  Gelatine  und  Agar-Agar, 
spezifische  Kokken  und  kleine  Bacillen  der  gutartigen  Form,  lange  Bacillen  des  bös- 
artigen phaged.  Ulcus  liegt  nur  1.  cit.  eine  ganz  kurze  Mitteilung  vor.  Auch  im 
Blute  der  Kranken  hat  er  manchmal  Kokken  gefunden.  -  Affen  widerstehen  der 
Impfung  des  phaged.  Ulcus.  Die  einfache  Impfung  beim  Hunde  ist  von  wenig  Erfolg 
begleitet;  aber  auf  eine  spontane  Hautwunde  gebracht  entsteht  ein  typisches  Ulcus 
phagedaenicum.    B.  verspricht  fernere  Mitteilungen.  Fatdy-Neroi, 

Demonstration  von  Impetigo  contagiosa  mit  Herpes  tonsurans,  von 
Dr.  G.  Behreivd.  (Berl.  klin.  Wochenschr.  No.  4.)  In  der  Sitzung  der  Berl.  Med. 
Q-esellschafb  vom  9.  Januar  d.  J.  stellt  B.  2  Kinder  vor,  von  denen  das  kleinere 
Ringe  von  Herpes  tonsurans  am  Kinn  und  am  Eumpfe  zeigt,  während  die  gröfsere 
Schwester  Impetigo  contagiosa  im.  Gesicht  hat.  L.  Hoffmann-Berlin. 


332 

Akute  Infektionskrankheiten. 

Prophylaxe  der  Pocken  im  Distrikt  von  Litang  (Asien).  Der  von  der  engli- 
schen Regierung  ausgesandte  Forschungsreisende,  Pandit  (i.  e.  gelehrter  Hindu} 
Ebischi^a  erzählt,  dafs  man  in  Litang  aus  den  getrockneten  Pockenpusteln  ein  Polrer 
macht  und  dieses  Pulver  wie  Schnupftabak  durch  die  Nase  nimmt.  Die  chinesischen 
Arzte  betrachten  dieses  Mittel,  als  prophylaktisch;  es  soll  ebenso  wirken,  wie  die 
Impfung  und  jedenfalls  gegen  die  schwerere  Form  der  Krankheit  genügenden  Schutz 
bieten.    (Allg.  Zeitung.  3.  November  1888.)  Paülf^'Nervi. 


Chronische  Infektionskrankheiten. 

Tuberkulose  der  Zunge.  H.  Poncet  (Lyon)  stellt  in  der  Soc.  nat.  de  med. 
de  Lyon  (28.  Mai  1888)  einen  27jährigen,  stets  gesund  gewesenen  Mann  vor. 
Keine  Spur  von  Lues  oder  Skrofulöse  in  den  Kinderjahren.  Die  Mutter  nur  war  an 
Tuberkulose  gestorben.  Im  September  1884  beginnt  in  der  Mediangegend  der  Zunge 
ein  Tumor,  der  von  Aubebt  im  März  1885  mit  dem  Tkermokauter  entfernt  wird; 
damals  bestand  schon  doppelseitige  Adenitis  submaxillaris,  „enorme  Schwellung". 
Die  rechte  gröfsere  trug  A.  ab.  Eine  kleine  harte  Stelle  rechts  an  der  Zunge  blieb 
zurück;  sonst  Heilung.  1887  bildet  sich  ein  kleiner  Tumor  am  Frenulum  linguae; 
Patient  geht  wieder  ins  Spital,  wo  der  —  tumeur  liquide  —  sich  selbst  öffnet  und 
heüt.  Seitdem,  d.  h.  seit  1885,  entwickelt  sich  die  indurierte  Stelle  rechts  an  der 
Zunge  langsam,  aber  fortschreitend,  bis  fast  2u  Nufsgröfse,  fast  sphärischer  Gestalt 
bei  fester  derber  Konsistenz.  Mucosa  ganz  gesund;  nicht  die  geringste  Ulceration. 
Wieder  beiderseitige  Drüsenschwellung.  Spezifische  Behandlung  bleibt  ohne  Erfolg. 
P.  diagnostiziert  per  exclusionem  ein  intralinguales  Tuberkulom.  Nachdem  er  Syphilis, 
Karzinom,  Sarkom,  Fibrom  und  Cysten  der  Beihe  nach  ausgeschlossen  hat,  folgert  er 
a.  aus  den  vorhergegangenen  Adenitiden,  b.  aus  der  mütterlichen  Tuberkulose,  dsÄ 
ein  kalter  Abscefs  vorläge.  Die  Probepunktion  bestätigte  auch  diese  Diagnose. 
KocHsche  Bacillen  wurden  gesucht,  aber  bis  zum  betr.  Tage  noch  nicht  gefunden' 
(Prov.  med,  1888.  No.  22.)  P.  selbst  nennt  diese  Form  der  Tuberkulose  der  Zunge 
eine  sehr  seltene  im  Vergleich  zu  der  so  häufigen  (?)  uloerösen  Form  der  Phthißi» 
buccalis. 

Gleichzeitig  sei  auf  eine  ausfuhrliche  Arbeit  über  Tuberkulose  der  Zunge  vom 
Prosektor  Albertin  (Lyon)  in  derselben  Nummer  vom  2.  Juni  1888  der  Prov.  »w^- 
verwiesen.  PatUy-NervL 

Ober  einen  Fall  tuberkulöser  Ulceration  der  Urethra  nach  prinüirer 
Nierentuberkulose,  von  Michant.  {Bullet  de  la  soc,  anatom.  de  Paris.  1887.) 
M.  berichtet  über  folgenden  interessanten  Fall:  Ein  27  Jahre  alter  Patient  litt  seit 
seiner  letzten  Gonorrhöe  1884  an  einem  schleimig-eiterigen,  gegen  jede  Therapie 
widerspenstigen  Ausflufs,  dabei  wurde  der  Harnstrahl  dünner,  interkurrent  war  einmal 
für  kurze  Zeit  Hämaturie  aufgetreten.  Bei  der  Untersuchung  zeigte  sich  in  der 
Urethra,  5  cm  hinter  deren  Orificium,  ein  länglicher,  erbsengrolker,  derber,  einem 
Urethralschanker  ähnlicher  Knoten.  Beginnende  Lungentuberkulose  mit  rapidem 
Verlauf  führte  den  Exitus  letalis  herbei.  Acht  Tage  vor  demselben  entstanden  an 
der  Glans  stecknadelkopfgrofse  graue  Knötchen,  aus  denen  sich  rasch  kleine  fimgose 
Ulcerationen  entwickelten.    Bei  der  Sektion  fand  sich   ausgebreitete  Tuberkulose  der 


333 

LuDfs^en   nnd   Nieren.    In   der   Urethra   eine   tuberkulöse,  in  die  Glans  eindringende 
Xaveme,  hinter  dieser  der  auch  in  vivo  gefühlte  harte  Knoten. 

Verf.   bespricht  die  Differentialdiagnose  und  die  eigentümliche  Lokalisation  am 
Genitale. 


Syphilis. 


Ein  Schwielengumma  des  weichen  Gaumens  stellt  Prof.  LA^a  (Wien)  in  der 
Wiener  Gesellschaft  der  Ärzte  vom  15.  Februar  1889  vor.  {Wien,  Min,  Wochenschr, 
No.  8.)  Die  27jährige  Patientin  war  bereits  von  Dr.  Roth  (Wien)  4  Wochen  früher 
in  derselben  Gesellschaft  (cfr.  Nr.  4  derselben  Wochenschr.)  als  lokale  Tuber- 
kulose unter  Berücksichtigung  differentiell-diagnost.  Momente  bez.  Lues,  und 
Lupus  vorgestellt  worden,  v.  Schbötteb  hatte  in  der  damaligen  Diskussion  auch 
die  Möglichkeit  eines  Bhinoskleroms  hervorgehoben,  wogegen  sich  Roth  aussprach, 
dem  negativen  Befund  von  Tuberkelbacillen  (in  Prof.  Weiohselbaums  Labor.)  ent- 
gegenhaltend, man  hätte  nur  ein  kleines  Schleimhautstück  exzidieren  können.  R. 
stützte  sich  auf  die  Analogie  mit  einem  ähnlichen  Falle  eines  20jährigen  Mannes,  bei 
dem  er  rasch  Exitus  letalis  hatte  eintreten  sehen.  Lang  sprach  sich  damals  bereits 
für  Lues  aus,  v.  Schbötteb,  nach  ihm  nochmals  das  Wort  ergreifend,  nur  für  längere 
Beobachtung,  um  event.  Lues  zu  diagnostizieren;  Tuberkulose  leugnet  er. 

In  dankenswerter  Weise  stellt  Lang  denselben  Fall  wieder  in  derselben 
Gesellschaft  vor.  (Der  einzige  Lapsus  ist  der,  dafs  die  Patientin  in  diesen  4  Wochen 
2  Jahre  älter  geworden  ist  1)  Er  betont,  die  Ähnlichkeit  beider  Prozesse  bestehe  darin: 
Bei  sehr  schleppenden  syphilit.  Prozessen  findet  man  statt  einzelner  grofser,  sehr 
viele  kleine,  gummöse  Herde,  die  gamicht  selten  in  ihrer  Umgebung  eine  Binde- 
ewebsneubildung  anregen,  die  durch  nachträgliche  Schrumpfung  eine  Umwandlung 
in  Schwiele  eritlhrt  (Schwielengumma).  Dann  sah  L.  bei  genauerer  Untersuchung 
zarte  Narben  an  den  Labien,  der  Nase,  den  Mundwinkeln;  dann  am  Scheitel  einige 
oberflächliche  derbere  Infiltrate,  von  denen  einige  zerfallen  sind;  femer  eine  charak- 
teristische syph.  Myositis  des  linken  Kopfnickers.  Die  Resorptionsbedingungen  be- 
zeichnet L.  für  ungünstig;  die  Diagnose  ex  juvantibus  ist  also  nicht  durch  die  Therapie 
zu  stellen.  Erst  nach  vielen  Wochen  ist  ein  merkbares  Resultat  zu  erzielen,  so 
besonders  am  Schwielengumma  des  Rectums.  Im  Gesicht  ist  die  Verwechselung 
mit  Lupus,  event.  auch  mit  Rhinosklerom  möglich. 

In  derselben  Sitzung  demonstriert  Lako  eine  4Qj  ährige  Patientin  mit  Verbreitung 
nnd  Hervorwölbnng  des  Nasenrückens  durch  eine  elastisch  weiche  (Ge- 
schwulst, in  der  die  untern  Teile  der  Nasenbeine  untergegangen  scheinen.  Die 
Nasenhaut  weist  narbige  Veränderungen  auf,  die  mit  charakteristischen  Narben  am 
rechten  Unterschenkel  und  am  linken  Introitus  vaginae  auf  eine  frühere  Infektion 
deuten.  Trotzdem  es  also  nahe  lag,  an  ein  Gumma  zu  denken,  hatte  L.  Verdacht 
auf  maligne  Tumoren,  besonders  da  er  in  den  Nasenhöhlen  polypöse  Wucherungen 
bis  vorne  reichend  fand.  Das  Mikroskop  (Dozent  Paltaüf)  wies  Karzinom  nach. 
L.  läfst  der  Möglichkeit  Raum,  dais  die  bösartige  Neubildung  durch  einen  vielleicht 
zum  Teil  noch  bestehenden  syphilit.  Infiltrationsprozefs  geweckt  worden 
sein  könne.  Pauhj-Nervi. 

Auf  die  Seltenheit  der  Gelenkleiden  bei  Syphilis  macht  Poncet  (Lyon) 
in  der  Soc.  des  sc.  m^d-  (22.  März  1888)  zu  Lyon  bei  Gelegenheit  der  Demonstration 


334 

• 

der  anat.  Präparate  einer  55jährigen  Frau  durch  A.  Polosson  aufmerksam,  von  der 
jede  Anamnese  fehlte.  Er  betont,  dafs  die  syphilit.  Arthritis  als  Hauptunterscheidimg»- 
merkmal  von  der  rheumat.  Arthritis  —  nicht  stets,  aber  doch  meist  —  1.  Tom 
Knochen  ihren  Ausgangspunkt  nimmt;  2.  spezif.  Behandlung  weicht  (Prov.  med. 
1888.  No.  12.)  Patdy-Nervi. 

Über  syphilitische  Geschwulstbildnngen  in  den  Muskeln,  von  Dr.  Bilamuci. 
(Berl  klin.  Wochenschr,  No.  6.)  In  der  Sitzung  der  BerL  Mediz.  Gesellschaft  vom 
23.  Januar  stellte  B.  2  Kranke  vor,  von  denen  die  erste  eine  Frau  von  31  Jahren, 
5  Jahre  verheiratet,  war;  sie  ist  kinderlos,  hat  nie  abortiert  und  leugnet  jede  In- 
fektion. Seit  3  Monaten  bemerkte  sie  eine  Geschwulst  an  der  rechten  Seite  ihres 
Halses,  wozu  sich  bald  darauf  eine  zweite  Geschwulst,  diese  unterhalb  der  Clavicola, 
da,  wo  die  Clavicula  in  das  Stemum  übergeht,  gesellte.  Die  oberhalb  der  Clavicola 
sitzende  Geschwulst  ist  von  ziemlich  harter,  derber  Konsistenz,  etwas  höckerig, 
unregelmäfsig  in  ihrer  Oberfläche,  von  etwa  Wallnufsgröise,  in  der  Mitte  des  Muscoloa 
sternocleidomastoideus,  d.  h.  innerhalb  der  Scheide  desselben.  Die  Diagnose  wnrde 
aujf  Gumma  gestellt;  eine  Verbindung  dieses  Gumma  mit  dem,  das  an  der  ersten 
Bippe  sitzt,  ist  nicht  mit  Sicherheit  nachzuweisen.  Andre  Zeichen  von  Lues  sind 
nicht  vorhanden. 

Der  2.  Fall,  bei  dem  es  sich  um  Myositis  fibrosa  handelt,  die  aber  auch  meist 
mit  grÖfseren  oder  kleineren  gummösen  Knoten  verbunden  ist,  betrifft  einen  40  Jahre 
alten  Patienten,  der  sich  1874  infiziert  hat  und  damals  mit  Pillen  behandelt  wurde, 
seitdem  aber  gesund  war.  Im  Juni  v.  J.  bemerkte  er  eine  Geschwulst  an  der  linken 
Seite  des  Halses,  die  allmählich  zunahm  und  sich  bretthart  anfühlte.  An  einigen 
Stellen  ist  sie  grobhöckerig  und  nimmt  dieselbe  den  ganzen  Musculus  sternoclei- 
domastoideus von  seinem  Ansatz  an  der  Schädelbasis  bis  herab  zur  Clavicula  ein, 
ohne  dafs  die  Clavicula  mit  beteiligt  ist.  Die  Geschwulst  zeigt  wohl  das  dreifache 
Volumen  des  normalen  rechten  Sternocleidomastoideus.  Hier  handelt  es  sich  lun 
eine  mehr  diffuse  Form  der  Myositis  fibrosa,  die  aber  doch  zugleich  eine  gummöse 
ist,  insofern  als  sich  mehrere  umschriebene  Knoten,  von  denen  einige  schon  etwas 
weich  sich  anfühlen,  vorhanden  sind.  In  solchen  Fällen,  wie  dem  ersten,  wo  es  sich 
um  isolierte,  in  der  Erweichung  noch  nicht  sehr  weit  vorgeschrittene  Knoten 
handelt,  geht  die  Besorption  unter  antisyphilitischer  Behandlung  verhaltnismäisig 
schnell  vor  sich,  während  der  2.  Fall  wohl  etwas  längere  Zeit  zur  Heilung  bean- 
spruchen wird.  B.  hat  in  den  letzten  2  Jahren  8  Gummata  des  Sternocleidomas- 
toideus beobachtet,  von  denen  3  ulcerierten,  und  er  glaubt,  dafs  in  vielen  andern 
Fällen  die  sogenannten  Muskelschwielen  wohl  auch  nicht  auf  rheumatische  Affek- 
tionen, sondern  in  einer  Zahl  besonders  der  von  Fborisp  beschriebenen  Fälle  sich 
auf  Gummata  zurückführen  lassen  dürften.  L.  Hofffnamn-BerUn. 

Beitrag  zum  Stndinm  der  Syphilis  der  fossae  nasales,  von  E.  J.  Moübe. 
Paris,  0.  Doik  1888.  Verf  beschreibt  zwei  sehr  interessante  Fälle  von  Nasenines. 
Der  eine  betrifPb  einen  54jährigen  Mann,  der  einen  indurierten  Schanker  des  rechten 
Nasenflügels  acquiriert  hatte.  M.  konstatierte  nasale  Stimme  und  geringe  Permea- 
bilität des  rechten  Nasenloches.  Hechte  Submaxillardrüse  geschwollen.  Er  schloß 
ein  Gumma  aus  und  war  eher  geneigt,  es  für  eine  bösartige  Geschwulst  zu  halten, 
besonders  durch  die  Vaskularisation  und  Leichtigkeit,  mit  der  Nasenbluten  sich 
wiederholte.  Er  liefs  die  Diagnose  anfangs  in  suspenso.  Aber  das  anämische  Aus- 
sehen und  ein  „Je  ne  sais  quoi  dans  son  aspect"  lie&en  ihn  an  Syphilis  denken. 
Verf.  leitete  nun  die  gemischte  Behandlung  (Sirop  de  Gibert)  ein;  daneben  lokale 
Besorcin-Injektionen.     Acht  Tage   später   (zwei   Monate    nach    Beginn   der   Nasen- 


335 

a£fektioQ)  war  die  ganze  Stirn  mit  fast  konfluierenden  Papeln  bedeckt,  ebenso  der 
Körper  an  zahlreichen  Stellen ;  auch  eine  spezifische  Halsaffektion  klärte  die  Diagnose 
▼eilends. 

Nach  zwei  Wochen  war  eine  deutliche  Verkleinerung  des  Geschwürs,  nach 
einem  Jahre  eine  normale  Nase  zu  konstatieren. 

Der  zweite  Fall  betrifft  ein  Gumma  an  der  inneren  Fläche  des  Nasenflügels 
einer  28jährigen  Frau,  di\9  seit  zwei  Monaten  Kopfschmerzen  links  und  etwas 
Schwellung  des  linken  Nasenflügels  hatte.  Jodtherapie  war  ohne  Erfolg  gewesen« 
Als  M.  die  Patientin  sah,  konstatierte  er  an  der  inneren  Seite  des  linken  Nasenflügels 
einen  Tumor,  der  das  Nasenloch  ganz  verstopfte.  Bald  sezemierte  derselbe  Eiter, 
die  Kopfschmerzen  wurden  heftiger,  das  linke  Auge  thränt  von  Zeit  zu  Zeit.  M« 
konstatiert,  dais  durch  das  linke  Nasenloch  jede  Atmung  unmöglich  ist,  da  der 
haselnuisgrofse  Tumor  vorliegt.  Dieser  fühlt  sich  hart  (dure,  r^itente)  an,  er  blutet 
schon  bei  leichter  Berührung.  M.  wendet  Sirop  b^odur^  (Modifikation  des  Gibbbt- 
schen)  an,  nach  5  Tagen  war  die  Neuralgie  facialis  weg;  die  Ulceration  verkleinert 
sich.  Nach  9  Tagen  ist  der  Tumor  fast  verschwunden.  8  Tage  nachher  stöist 
sich  ein  Sequester  ab.  Am  20.  Tage  betrachtet  Verf.  die  Pat.  „comme  gnörie". 
(Nach  Gaz.  med,  1889.  No.  1.)  Pavly-Nervi. 

Zum  Stande  der  Sypliilisbeliandlimg,  von  Dr.  0.  Lassab.  (Deutsche  Med. 
Wochenschr.  No.  6.)  (Vortrag,  gehalten  in  der  dermatologischen  Vereinigung  zu 
Berlin.)  L.  will  vor  allem  die  Frage  kurz  behandeln,  welche  Gesichtspunkte  den 
Arzt  bei  der  Auswahl  der  Methode  leiten  sollen,  indem  er  besonders  hervorhebt,  dafs 
man  die  Syphilis  zu  behandeln  und  zu  erdrücken  habe,  wo  man  sie  und  sobald  man 
sie  findet.  Wichtig  sei  daher  die  Entfernung  des  Anfangsherdes  und  aufserdem  als- 
baldiger Beginn  der  Allgemeinbehandlung,  wodurch  die  Möglichkeit  geboten  wird, 
die  Krankheit  im  Keime  zu  ersticken.  Was  nun  die  Allgemeinbehandlung  anbetrifft, 
so  sind  die  subkutanen  Injektionen  für  den  Patienten  insofern  die  angenehmsten,  als 
er  seinem  Berufe  nachgehen  kann,  doch  haben  die  subkutanen  Injektionen  der  un- 
löslichen Quecksilberpräparate  ihre  Bedenken.  Deshalb  hat  L.  Versuche  anstellen 
lassen,  wie  weit  man  mit  der  subkutanen  Darreichung  von  Sublimatlösung  gehen 
kann,  und  es  hat  sich  ergeben,  dafs  man  bis  0,8  auf  einmal  injizieren  kann.  Gewöhn- 
lich läfst  er  die  Männer  dreimal  wöchentlich  mit  1  g  2  Voiger,  die  Frauen  ebenso  oft 
mit  1  g  nur  1  Voiger  Sublimatlösung  (nach  Zusatz  von  3  Vo  NaCl  gekocht  und  filtriert) 
injizieren  und  hat  noch  niemals  eine  Betardation  der  Heilung  beobachtet.  Dabei 
empfiehlt  er  systematische  Massage  der  Drüsen  und  Muskeln  mit  grüner  Seife,  wo- 
möglich in  dem  bei  allen  Erkrankungen  der  Lymphwege  so  ersprielslichen  Salzbade 
(3—4  Vo),  jedenfalls  im  täglichen  Bade.  Energische  Bewegung  in  frischer  Luft,  sehr 
kräftige  und  stickstoffhaltige  Ernährung,  Milch  und  Mästung,  viel  ungesörter  Schlaf 
und  ruhiges,  gesammeltes  Allgemeinverhalten  —  das  sind  die  diätetischen  Voraus- 
setzungen. Endlich  Jod  in  ertäglichen  Dosen,  reichliche  Darreichung  von  Holzthee, 
zusammengesetzt  aus  allen  nur  üblichen  Sorten  und  gemischt  mit  diuretischen  und 
leicht  abführenden  Kräutern  bilden  die  arzneilichen  Grundlagen  einer  möglichst  voll- 
ständigen Kombination  aller  der  Mittel,  die  jedes  für  sich  als  nützlich  für  Syphilis- 
kuren erprobt  worden  sind.  L.  HoffmantirBerlin. 

Über  die  therapentlache  Verwendung  des  Jodols  bei  inneren  Krank- 
heiten, von  Dr.  Dakte  Cervesato.  {Berl  klin.  Wochenschr,  No.  2.)  In  dem  vom 
Verf.  publizierten  Artikel  erwähnt  er,  dafs  er  in  Fällen  von  tertiären  syphilitischen 
Affektionen  das  Jodol  innerlich  mit  sehr  günstigem  Erfolge  angewandt  hat.  In 
2  Fällen,   in  welchen   sich   aus   Gummata  im   Bachen,   am  harten  und  am  weichen 


336 

Oaumen  ausgedehnte,  tiefe  syphilitische  Geschwüre  gebildet  hatten,  wodarch  in  einem 
Fall  sogar  die  Perforation  des  harten  Gaumens  bewirkt  wurde,  konnte  durch  inner 
liehe  (2—3  g  pro  die)  und  lokale  (1  TL  Jodol,  16  Tle.  Alkohol  und  34  Tle.  Glycerin} 
Behandlung  eine  rasche  und  vollständige  Heilung  im  Laufe  von  2  Monaten  erzielt 
werden.  In  einem  andern  Fall  von  tertiärer  Syphilis  mit  Läsionen  an  der  Leber 
und  am  Kehlkopf  wurde  durch  innerliche  Behandlung  ein  überraschender  Erfolg 
erzielt.  Das  Jodol  wird  sehr  gut  vertragen  und  verursacht  fast  nie  die  Phänomene 
des  Jodismus.  L.  Hoffmann-BerUn. 

Ober  Schwitzknren  bei  SyphiliB,  von  Or.  Badestock.  (Theräp.  Monatsk. 
No.  2.)  Nach  den  Erfahrungen  des  Yerfs  sind  die  Schwitzkuren  bei  der  Syphilis 
von  bedeutendem  Wert,  deshalb  läfst  er  sofort  vom  Bestehen  der  PrimärBklerose, 
w^elche  lediglich  lokal  behandelt  wird,  wöchentlich  mehrmals  warme  Bäder  von  ca. 
30^  B.  und  über  halbstündiger  Dauer  gebrauchen  bis  zum  Auftreten  des  Exanthems. 
Bei  einer  Schmierkur  wird  das  heifse  Bad  nur  an  den  Buhetagen  nach  den  einzelnen 
Touren  verordnet;  das  nach  dem  Bade  eintretende  Schwitzen  wird  noch  durch  Dar 
reichung  warmen  Thees,  durch  subkutane  Lijektion  von  0,02  Pilokarpin  oder  durch 
Anwendung  des  Schwitzofens  auf  mehrere  Stunden  hinaus  verlängert.  Bei  der  inner- 
lichen Darreichung  des  Quecksilbers  läfst  B.  täglich  schwitzen.  Auch  nach  den 
scheinbaren  Erlöschen  der  Krankheit  wird  die  Schwitzkur  wöchentlich  je  einmal 
vorgenommen  und  späterhin  mit  längeren  Pausen,  event.  jahrelang  fortgesetzt. 

L.  Hoffinann-Berlin. 

Über  Nebenwirkungen  bei  Injektionen  unlöslicher  Hg-Verbindungen  an 

Syphiliskranken  hat  E.  Lesser  in  der  Vierteljahr esachr.  /.  Derm,  u.  Syph.  1888  einige 
Beobachtungen  veröffentlicht,  die  ausgebreitete  Erytheme,  die  nach  mehreren  Tagen 
wieder  schwanden  (Hydr.  oxyd.  fi.  und  Kalomel),  schwere  Durchfälle  (Rgds,  oxyd. 
flav.)  und  einen  Fall  von  embolischen  Lungeninfarkt  nach  unbeabsichtigter 
Einspritzung  der  Hg  tann. -Suspension  in  eine  Vene  betrafen. 

B.  (wir  glauben  nicht  zu  irren,  wenn  wir  unter  diesem  Initial  den  erfahrenen 
Dermatologen  Bibhl  vermuten)  begleitet  dieses  Besume  mit  folgenden  höchst  be- 
achtenswerten Bemerkungen : 

Er  hat  von  Fällen  schwerer  Stomatitis  mercurialis,  die  wochenlang  nach  der 
letzten  Injektion  mit  Ol.  einer,  auftraten,  vernommen.  Die  jetzt  häufiger  werdenden 
Beobachtungen  über  Folgen  nach  subkutanen  oder  intramuskulären  Injektionen  von 
suspendierten  Hg-Präparaten  sollten  zur  Vorsicht  mahnen,  um  so  mehr  als  der 
Vorteil  der  genauen  Dosierung  des  injizierten  Präparates  durch  den 
Nachteil  der  ungleichmäfsigen,  nicht  dosierbaren  Besorption  aaf 
gewogen  wird. 

Es  ist  also  sehr  zweischneidig,  mit  einem  Hg-Beservoir  in  seinem  Körper  als 
syphilitisch  herumzulaufen.  Mit  andern  Worten:  Verlassen  wir  besser  die  «war 
noblere  Behandlungsweise,  „einmal  wöchentlich  subkutan  zu  injizieren^',  sondern 
folgen  wir  dem  alten  wohlerprobten  Bat  Sibgmukds,  jeden  8.  spätestens  4.  Tag 
seinen  syphilitischen  Patienten  wiederzubestellen.    Quod  erat  demonstrandum! 

FaiUy-Nervi. 

Gehirn- Ohirurgie  bei  Himsypliilis.  Heilung.  Von  Willum  Macewsv. 
{Brit  med,  Joum.  1888.  pag.  302.  4.  August.)  Ohne  hier  auf  den  Vortrag  M.8  vor 
der  Brit.  Arzte- Versammlung  in  Glasgow  (9.  August  1888)  näher  eingehen  zu  können, 
der  die  heutigen  physiologischen  Kenntnisse  und  die  Möglichkeit  genau  zu  wählen- 
den chirurgischen  Eingriffes  in  Schädel-  und  Bückenwirbelhöhle  erörtert,   sowie  die 


337 

Geschichte  der  bez.  Arbeiten  seit  B&ocAs  Entdeckung  des  äprachzentrums  und 
Alex.  Bobertsons  Aufsuchung  kortikaler  Bewegungszentren  für  ganz  abgegrenzte  ^ 
peripherische  Kontraktionen,  sei  hier  —  gemafs  dem|yon  mir,  wie  oben,  modifizierten 
Titel  —  nur  folgendes  betont:  Von  21  operierten  Himfällen  heilten  18;  an  3  mori 
bnnd  Operierten  trat  der  Tod  ein  —  alle  B  Gehim-Abscesse,  die  bereits  ihren  Inhalt 
in  die  Seitenvetrikel  ergossen  hatten. 

Unter  den  18  Geheilten  hat  ein  Fall  die  Diagnose:  Tumor  syphiliticus  im 
Lobus  paracentralis.  Er  betrifft  eine  Frau  (1883),  die  eine  Brachial-  und  Crural- 
Monoplegie  ohne  Sensibilitäts-Verlauf  hatte. 

Innerhalb  einer  Woche  post  operationem  verlor  sich  die  Lähmung.  Die  Fat. 
ist  nach  1  Monat  arbeitsfähig.  Nur  geringfügiger  Best  ist  geblieben.  (Mendels 
Centralblatt  für  Neurologie.  1889.  No.  2.)  Fauly-Nervi, 


3liis  ber  Jlrttfts- 


(No.  7.)  Gibt  es  eine  rationelle,  den  Verlauf  wirklich  abkürzende  Behandlunfi^ 
des  Herpes  Zoster,  und  welche?  —  Die  landläufigen  Methoden  sind  mir  bekannt; 
ich  bitte  dieselben  unberücksichtigt  zu  lassen,  da  sie  weder  dem  Arzt  noch  dem 
Patienten  genügen.  Dr.  v.  Bb.  in  Hau. 

Antwort  der  Bedaktion.  Das  Bild  des  Herpes  Zoster  zerfallt  bekanntlich 
in  zwei  Teile,  in  die  Ausbildung  der  Gruppen  spezifisch  entzündlicher  Bläschen  und 
in  den  davon  unabhängigen  der  Vereiterung  derselben.  Wenn  ich  Ihre  Frage  sa 
deute,  dafs  Sie  blofs  die  Vereiterung  der  Bläschen  abkürzen  oder  ganz  vermeiden 
wollen,  so  stehen  uns  hierzu  eine  grofse  Beihe  von  Mitteln  zu  Gebote.  Es  sind  die- 
selben Mittel,  welche  uns  beföhigen,  die  Eiterung  einer  Aknepapel,  eines  beginnenden 
Furunkels  zu  unterdrücken.  In  erster  Linie  ist  hier  der  Schwefel  zu  nennen,  in 
zweiter  Linie  die  im  engeren  Sinne  sogenannten  Antiseptica,  Sublimat,  Jodoform, 
Karbolsäure,  Besorcin.  Den  Schwefel  können  Sie  am  besten  in  Form  einer  Zink^ 
sehwefel-Paste,  oder  eines  ZinkschwefeUeimes  frühzeitig  auf  die  Bläschen  applizieren, 
die  übrigen  Mittel  am  besten  in  Spirituosen  Lösungen,  wobei  ich  darauf  aufmerksam 
mache,  dafs  allein  schon  die  häufige  Bepinselung  mit  Alkohol  und  dadurch  erzeugte 
Eintrocknung  die  Eiterung  zu  verhüten  im  stände  ist.  Am  einfachsten  werden  wohl 
wässerig-spirituöse  Umschläge  sein.  Die  für  den  Patienten  bequemste  Behandlung 
ist  die  frühzeitige,  einmalige  Einleimung.  —  Ein  schwierigeres  Unternehmen  ist  es, 
die  Bläschenbildung  überhaupt  zu  verhindern,  d.  h.  die  Abortivkur  des  Herpes 
Zoster  im  engern  Sinne.  Hier  kommt  alles  auf  ein  möglichst  frühzeitiges  Ein- 
greifen an,  sowie  die  Diagnose  sich  mit  Sicherheit  stellen  läfst;  dann  können  aller- 
dings selbst  die  Bläschen  am  Entgehen  verhindert  werden.  Sind  dieselben  einmal 
auch  nur  in  winziger  Andeutung  vorhanden,  so  vergröfsem  sie  sich  trotz  der  Be- 
handlung, trocknen  aber  dann  doch  wesentlich  schneller  ein.  Daher  wird  man  auf 
einer  gröfseren  von  Herpes  Zoster  befallenen  Fläche  nicht  überall  das  gleiche  Be- 
sultat  zu  erwarten  haben.  Hierzu  empfehle  ich  Ihnen  vor  allem  das  Ichthyol,  mit 
etwas  Wasser  verdünnt,  anwinseln  zu  lassen  oder  eine  starke  Zink-Besorcinpaste 
(]^  Fast.  Zinci  m.,  Besorcin  b).  Diese  Mittel  scheinen  in  der  That  einen  spezifischen 
abortiven  Einflufs  auf  den  Herpes  Zoster  auszuüben,  sind  aber  bei  schon  eingetretener 
Eiterung  zu  widerraten.  Eine  andre  Methode  der  Applikation  möchte  ich  Ihnen 
raten   zu   versuchen,   obgleich  ich  selbst  bisher  nur  geringe  Erfahrung  darüber  habe. 


338 

es  ist  die  Bedeckung  der  befallenen  Stellen  mit  einer  Schichte  Watte,  welche  mit 
einer  mäfisig  starken  (10  Vo)  Ichthyol-  oder  Besorcinlösung  befeuchtet  ist,  und  die 
Bedeckung  der  Watte  mit  einem  grofsen  Stück  Heftpflastermull  derart,  daTs  letzteres 
mit  einem  zollbreiten  Bande  rings  um  die  Watte  herum  der  Haut  fest  anklebt.  Ein 
solcher  Verband  kann  selbst  mehrere  Tage  liegen  bleiben.  LsLom  hat  auf  seiner 
Klinik  die  abortive  Behandlung  aller  Herpes-Arten  durch  unausgesetzte  Befeuchtang 
mit  Aq.  Bototi,  der  in  Frankreich  allgemein  bekannten  roten  Zahnfleischtinktur,  ein- 
geführt. Auch  diese  Art  der  Behandlung  mittels  einer  adstringierend-aromatiKh- 
Spirituosen,  permanenten  Befeuchtung  (am  besten  unter  HefbpflastermuU)  habe  ich  in 
zwei  Fällen  mit  ganz  günstigem  Erfolge  angewandt.  Doch  ziehe  ich  Schwefel, 
Ichthyol-  und  Resorcin  in  den  genannten  Applikationsweisen  Tor.  Unna, 


Eine  neue  Methode,  um  die  Eigentümlichkeit  der  Farbe  bei  Hautkrank- 
heiten zn  studieren,  von  Dr.  F.  H.  Leviseür.  (New -York  Medtcal  Becord.)  An- 
geregt durch  die  herrliche  Sammlung  von  Wachsmodellen  im  Hospital  Saint  Looii 
in  Paris,  sowie  durch  einen  von  Dr.  Bbooke  in  Manchester  in  den  Monatsheften  ver 
öfifentlichten  Artikel  beschäftige  ich  mich  seit  einigen  Jahren  mit  der  Anfertigonnf 
von  plastischen  Abgüssen  in  Wachs.  Das  Material  wurde  mir  freundlichst  von 
Dr.  L.  D.  BüLKLEY  zur  Verfügung  gestellt.  Meine  Methode  unterscheidet  sich  nnr 
in  einzelnen  Details  von  der  Dr.  Brooees.  Meine  besondere  Aufmerksamkeit  richtete 
ich  auf  die  Eigentümlichkeit  der  Farben  der  einzelnen  Affektionen.  Man  findet  in 
Lehrbüchern  sowie  Journalen  leider  zu  oft  willkürlich  gewählte  Farbenbezeichnungen. 
Wir  haben  es  eigentlich  mit  drei  Arten  von  Farben  zu  thun:  1.  deckende  Farben. 
2.  tiefe  Farben  oder  Färbung  in  der  Substanz,  und  3.  Farbeneffekte. 

Lemsewr-New  York. 

Fortschritte  der  Dermatologie.  Umschau  über  neuere  Erscheinungen 
auf  diesem  Gebiete  von  Dr.  M.  Joseph.  (Deutsche  med,  Wochenschr,  No.  3.) 
J.  stellt  in  diesem  Artikel  die  bis  jetzt  bestehenden  Ansichten  über  Impetigo  con- 
tagiosa, über  Alopecia  areata  und  über  die  Pathologie  der  Herpeser nptionen, 
besonders  des   Herpes  Zoster  zusammen,    ohne  etwas  Neues  darüber  zu  berichten. 

X.  Hoffmann-Berlin, 

Wie  konserviert  der  Arzt  seine  Hände?  von  Dr.  George  Meter.    (BerUn, 

klin.  Wochenschr,  No.  2.)    Bötung,  Ekzeme,  Einrisse  der  Haut  etc.  w^en  mit  Erfolg 

folgendermafsen  behandelt:  Nachdem  die  Hände  mit  leicht  schäumender  (zentrifugierter) 

Seife  gründlich  gewaschen,  gut  abgespült   und   möglichst   sorgföltig   getrocknet  sind, 

wird  die  Hand  mit  einer   kleinen   Menge   Lanolin   eingerieben   und   der  Überscbufs 

desselben  mit  einem  Handtuche  wieder  entfernt.    Dem  Lanolin  kann  man  zwcckmafsig 

Geruchskorrigentien  hinzufügen : 

Lanolin,  puriss,      50,0 

Vanillin.  0,1 

Ol.  Bosar.      gutt.  1 

Eine  geschmeidigere  Salbe  ist  folgende: 

Lanolin.  100,0 

Paraffin,  liquid,    25,0 

Vanillin.  0,1 

Ol.  Bosar,       gutt.  1 

M.  f.  terendo  ungt. 


339 

Die  genaonte  Einsalbung  mufs  nach  jeder  Waschung  geschehen.  Auch  bei  Ge- 
sichtsröte, wie  z.  B.  bei  Schauspielern  infolge  der  Schminke,  hat  Verf.  von  dieser 
Salbe  günstige  Wirkungen  gesehen.  L,  Hoffmann-Berlin. 

Die  periodische  Berichterstattung  über  die  Verbreitung  von  Infektions- 
krankheiten unter  den  Menschen  bedarf  in  Österreich  (blofs  dort?  Ref.)  einer  durch- 
greifenden Regelung.  Die  betreffende  Verordnung  (Erlafs  des  österr.  Minist,  des 
Innern  vom  13.  Dezbr.  1888)  besagt,  dafs  vom  ersten  Auftreten  jeder  Infektions- 
krankheit, besonders  Blattern,  Scharlach,  Dyphtheritis,  Typhus  jeder  Art,  Buhr, 
Cholera,  Kindbettfieber,  womöglich  auch  von  Masern  und  Keuchhusten  sofort  die 
Anzeige  an  die  politische  Behörde  gemacht  wird.  Femer  soll  über  den  weitem 
Verlauf  der  betreffenden  Krankheit  jeden  Sonntag  unter  nomineller  Anzeige  der 
von  der  letzten  Woche  krank  Verbliebenen  berichtet  werden.  (Österr.  San,- Wesen. 
1889.  No.  1.)  Fauly-NeroL 

Nachdem  bereits  im  Jahre  1885  in  verschiedenen  Kreisen,  namentlich  in  Pommern, 
das  Auftreten  eines  eigenartigen  Blasenausschlages,  Impetigo  contagiosa,  in 
Verbindung  mit  der  Schutzpockenimpfung  bemerkt  worden  war,  hat  man  diesem 
Gegenstande  weitere  Beobachtung  zugewendet,  und  so  sind  auch  in  den  Jahren  1886 
und  1887  in  den  verschiedensten  Provinzen  derartige  Epidemien  festgestellt  worden, 
von  denen  es  zweifelhaft  erscheint,  dafs  sie  mit  der  Impfung  zusammenhängen.  Um 
nun  diese  neue  Krankheit  zu  bekämpfen  und  vor  allem  das  Hätsel  ihrer  Verbindung 
mit  der  Schutzpockenimpfung  zu  lösen,  hat  der  zuständige  Minister,  der  Wes.  Ztg. 
zufolge,  nicht  allein  sämtliche  beamtete  Arzte,  sondern  auch  sämtliche  Impfärzte  durch 
die  Behörden  auf  das  Auftreten  dieses  Ausschlags  unter  genauer  Beschreibung  der 
Krankheitsformen  hinweisen  lassen  und  sie  beauftragt,  jedes  epidemische  Auftreten 
dem  Beichsgesundheitsamt  behufs  näherer  Untersuchung  zu  melden  und  selbst  in 
thunlichst  eingehender  Weise  die  neue  Krankheit  zu  beobachten. 

Aus  einem  Artikel  von  Schulz  über  Huminsubstanzen  entnehmen  wir  folgende 
für  die  Abonnenten  der  Monatshefte  nicht  uninteressante  Stelle,  worin  wir  Aufschlufs 
finden  über  die  Bräunung  der  Haut  nach  Pyrogallol-  oder  Besorclnbehandlung. 
Es  heifst  dort:  Hydroxyl Verbindungen  und  Amine  der  aromatischen  Reihe  unter* 
liegen  bekanntlich  an  der  Luft  einer  teil  weisen  Oxydation,  ihre  frisch  bereiteten 
wasserklaren  Lösungen  bräunen  sich  spontan  und  scheiden  allmählich  dunkel  gefärbte 
Materien  aus.  Bisher  sind  diese  amorphen  Niederschläge  nicht  näher  untersucht 
worden.  Um  gröfsere  Quantitäten  derselben  zu  gewinnen,  überliefs  Hoppe-Seyleb 
stark  ammoniakalische  Lösungen  von  Protokatechusäure  und  Pyrogallol  monatelang 
in  lose  bedeckten  Gefäfsen  der  Einwirkung  des  atmosphärischen  Sauerstoffs.  Aus 
^  g  Protokatechusäure  erhielt  er  auf  diese  Weise  nach  Verlauf  von  sieben  Monaten 
neben  6,3  g  einer  kristallisierenden  Verbindung  4  g  huminähnliche  Substanz,  welche 
in  Alkohol  nur  wenig  löslich  war,  von  Natronlauge  leicht  aufgenommen  und  durch 
Salzsäure  gefallt  wurde. 

Mit  besserer  Ausbeute  und  rascher  verlief  die  Zersetzung  des  Pyrogallols. 
50  g  dieses  Phenols,  in  konzentriertem  Ammoniak  gelöst,  gaben  nach  einem  Monat 
4,5  g  alkohollösliche  und  15  g  alkoholunlösliche  Huminsäure.  Gleich  andern  Humin- 
körpem  hielten  diese  Produkte  hartnäckig  Ammoniak  zurück,  sie  wurden  deshalb 
nicht  analysiert,  da  zuverlässige  Zahlen  für  den  Kohlenstoff-  und  Wasserstoffgehalt 
nicht  erwartet  werden  konnten.  Dafs  sie  in  der  That  als  Huminsubstanzen  zu  be- 
trachten sind,  geht,  abgesehen  von  ihrem  Verhalten  gegen  Beagenzien,  daraus  hervor, 
dafs   sie  beim  Schmelzen  mit  Kali  in  derselben  Weise  umgewandelt  werden  wie  die 


340 

KuminstofiTe  aus  Kohlehydraten.  In  der  Ealischmelze  hat  Hoppe-Sexler  ein  Mittel 
kennen  gelehrt,  welches  sich  vortrefflich  znr  Prüfung  der  Huminsubstaozen  eignet 
und  anscheinend  auch  zu  deren  Beindarstellung  verwertet  werden  kann.  Besonderes 
Interesse  verdient  diese  Operation  im  vorliegenden  Falle  femer  um  deswillen,  weil 
sie  die  ungewöhnliche  Resistenz  der  Huminkörper  aufs  deutlichste  illustriert,  indem 
sie  dieselben,  bei  einer  Temperatur  von  240 — 250^,  nur  zum  kleinsten  Teil  völlig 
zerstört,  zum  gröfsten  sie  einerseits  intakt  läfst,  anderseits  nur  in  nahe  verwandte 
Stoffe  von  gleicher  oder  ähnlicher  elementarer  Zusammensetzung  fiberfiiliri  Sie 
ergibt  fast  immer  im  wesentlichen  das  gleiche  Resultat:  sowohl  aus  den  Huminen 
wie  aus  den  Huminsäuren  entstehen  wechselnde,  im  ganzen  aber  stets  geringe  Quanti- 
täten von  Ameisensäure,  Essigsäure,  Oxalsäure,  Protokatechusäure  und  häufig  Breiu- 
katechin  und  als  Hauptprodukt  —  40  bis  80  ^/o  vom  angewandten  Material  —  ein 
huminartiger  amorpher  alkalilöslicher  Körper,  der  sich  von  den  meisten  Haminsänren 
durch  seine  verhältnismälsig  grofse  Löslichkeit  in  verdünntem  Alkohol  unterscheidet 
Solche  Körper  hat  Hoppe-Seyleb  aus  allen  von  ihm  dargestellten  Huminsnbstanzen 
mittels  Kalischmelze  gewonnen,  und  er  hat  die  Gruppe  dieser,  wenn  wir  so  sagen 
können,  ersten  Derivate  der  Huminsubstanzen  unter  den  Namen  Hymatomelansäuren 
zusammengefafst.  Der  Unterschied,  welchen  diese  Bezeichnung  konstatiert,  kann 
vorläufig  weniger  in  differenten  Löslichkeitsverhältnissen  als  darin  gefunden  werden, 
dafs  die  Bildungsweisen  d^  Hymatomelansäuren  und  der  Huminsubstanzen  ver 
schiedene  sind.  Die  fortgesetzte  Untersuchung  wird  lehren,  ob  nicht  dessen  unge- 
achtet beide  Reihen  von  Produkten  zu  einer  greisen  Körperklasse  zu  vereinigen 
sind.    (Biologisches  Central-BIatL  1888.  No.  20.) 


Bei  der  Redaktion  eingegangene  Litteratur: 

Joseph.    BichUgsteUung  der  von  Herrn  Prof.  S.  Samuel  gegen  meine  Versuche  über 

atrophischen  Haarausfall  erhobenen  Einwände.     VmoHows  Archiv.   Bd.  114.  1888. 
Haksen.    Erblichkeit  der  Lepra.  (Ebenda.) 
Hallo peaü.     Sur  les  topiques  d'TJnna  et  leur   empM  dans  les  maladies  de  la  peau. 

(L  Union  medicale.  1888.  No.  154.) 
Geijl.     Over   den  onderUngen   samenhang    der    verschülende    Geslachtsversdnünsde». 

(Nederlandsch  Tydsshrift  voor  Geneeskunde.     1888.  IE.) 
Mazotti.    Esantema  antipirinico  per  injezioni  sottocutanee  d'antipirina  ed  erueione  di 

herpes  zoster  sopra  di  esso.  (Giomale  Italiano  delle  malattie  veneree  e  della  Pelle. 

1888.  Juni.) 

—     ün  caso  raro  di  eritema  polimwfo  grave.    (Ebenda.) 
TöRöK.     Teilung  der  roten  Blutkörperchen   bei  Amphibien.    (Archiv  f.  mikroskopische 

Anatomie.  Bd.  32.) 
V.  Sehlen.    Kleine  Beiträge  zur  bakteriologischen  Methodik.    (CentralbL  f.  BakterioL 

u.  Parasitenkunde.  No.  22/23.  1888.) 
Pleiffer.    Beiträge  zur  Kenntnis  der  pathogenen  Oregarinen.    (Zeitschr.  £.  Hygiene. 

1888.  V.  Bd.) 
Altschul.    Zur  Behandlung  der  Warzen  und  insbesondere  der  Verrucae  aggregatae. 

(Prager  med.  Wochenschr.  1888.  No.  48.) 
Janovskt.     Über  Dermatitis  papillaris.    (Internat,  klin.  Rundschau.  1888.) 


Verlag  von  Leopold  VOSS  in  Hamburg  (und  Leipzig). 
Drnck  der  Yerlagaanstall  und  Drackerei  Actien-GMellBchaft  (yormala  J.  P.Richter)  in  Hambarg. 


J 


Paitat0||(|le  fit  |ltaktif(|ie  ^ermatologit 


Band  VIII.  N2;  8.  15.  April  1889. 


Aus  dem  Laboratorium  der  Universitätsklinik  für  Hautkrankheiten  im 
Königlichen  Charite-Erankenhause  zu  Berlin. 

Beiträge  zur  Anatomie  und  Histologie  der  Vermca  vulgaris. 

Von 

Dr.  Geobg  Kühnemann. 

Mit  2  lithogrraphischen  Tafeln. 

Zu  dem  Begrifife  „Warzen**  rechnet  man  in  der  Pathologie  eine 
Menge  von  Hautanswüchsen,  deren  Entstehungsarten  und  Struktur  ge- 
wiJB  die  denkbar  verschiedensten  sind.  Mstn  redet  von  angeborenen 
und  erworbenen,  von  harten  und  weichen,  rauhen  und  glatten,  gestielten 
und  ungestielten,  pigmentierten  und  nicht  pigmentierten,  trockenen  und 
feuchten,  idiopathischen  und  syphilitischen,  gut-  und  bösartigen  Warzen. 
Die  Willkür  bei  derartigen  Benennungen  fällt  sofort  ins  Auge,  wenn 
man  erwägt,  dais  es  nur  eine  gewisse  Ähnlichkeit  und  Eigentümlichkeit 
der  äufseren  Form  ist,  die  zu  denselben  Veranlassung  gegeben  hat.  Aber 
auch  die  Bezeichnung  „Warze"  im  engeren  Sinne,  Verruca,  wird  noch 
viel  zu  weit  ausgedehnt.  Man  zählt  zu  ihr  vielfach  das  spitze  Kondylom, 
dessen  Struktur  allerdings  manche  Ähnlichkeit  mit  derjenigen  der  Ver- 
ruca hat.  Weshalb  aber  heutzutage  noch  in  manchen  Lehrbüchern  die 
Naevi  ven-ucosi  et  pigmentosi  mit  den  eigentlichen  Warzen  unter  einen 
Begriff  gebracht  werden,   ist  in  der  That  nicht  einzusehen. 

Diejenigen  Formen,  welche  ich  als  eigentliche  Warzen,  Verrucae 
vulgares  (Verrucae  durae)  bezeichne,  stellen  jene  bekannten  Hautaus- 
wüchse dar,  die  sich  meist  an  den  Fingern,  Händen  und  am  Arm, 
seltener  am  Gesicht  oder  auf  der  behaarten  Kopfhaut  finden.  Ihre  Form 
ist  mehr  oder  weniger  halbkugelig,  oben  zuweilen  etwas  abgeplattet.  Sie 
grenzen  sich  von  der  umliegenden  normalen  Haut  ziemlich  scharf  ab; 
doch  läJst  sich  stets  eine  geringe  Hypertrophie  der  anstofsenden  Ober- 
hautschichten nachweisen.  Die  Konsistenz  ist  entsprechend  der  bedeu- 
tenden Verhomungsschicht  hart,  ihre  Farbe  im  ganzen  die  der  normalen 
Haut  und  die  Oberfläche  von  rauher,  zuweilen  wenig  höckeriger  Be- 
schaffenheit.    Häufig  findet  man,  besonders   bei  gröfseren  oder  lange    be- 

Monatshefte.  23 


S42 

stehenden  Warzen,  die  Hornschicht  durch  eine  oder  mehrere  tief  kbifiende 
Spalten  zerklüftet,  deren  Entstehung'  vielleicht  oft  nur  auf  gewaltsame 
äuJsere  Eingriffe  zurückzuführen  ist. 

Die  Entwickelung  der  Verruca  scheint  in  der  Weise  zu  gescheheo^ 
dafs  sich  zuerst  an  der  betreffenden  Hautstelle  eine  kleine  Hervorragong 
bildet,  die  allmählich  gröfser  wird  und  schliefslich  das  Volumen  einer 
halben  Erbse  oder  Bohne  erreicht.  Doch  kommt  es  auch  nicht  selten 
vor,  dafs  die  Warze  während  der  ganzen  Dauer  ihres  Bestehens  in 
jenem  ersten  Entwickelungsstadium  verharrt.  Dann  kennzeichnen  siel 
ihre  Strukturverhältnisse  auch  als  weniger  anomale. 

Die  nämliche  Lokalisation,  wie  diese  Warzen,  hat  auch  eine  andere 
Art  von  Exkreszenzen,  die  bei  oberflächlicher  Betrachtung  viel  ÄhnHch- 
keit  mit  der  Verruca  vulgaris  besitzt  und  deshalb  häufig  mit  ihr  ver- 
wechselt wird.  Diese  Auswüchse  unterscheiden,  sich  aber  dadurch,  dals 
sie  nicht  so  scharf  umschrieben  und  mehr  abgeplattet  sind.  Vor  allem 
aber  ist  ihre  Oberfläche  nicht  glatt,  sondern  in  zahlreiche  griffeiförmige, 
zuweilen  fein  verzweigte  Fäden  gespalten,  so  daijä  sie  ein  büschelför- 
miges oder  das  Aussehen  „eines  groben,  kurzen  Borstenpinsels**  dar- 
bieten. 

Diese  sogenannten  „Verrucae  papilliformes"  versetze  ich  zusammen 
mit  dem  spitzen  Kondylom  in  die  Gruppe  der  „Papillome."  Es  sind 
dies  zerfaserte,  blumenkohlartige  Greschwülste.  Sie  tragen  keine  gemein- 
schaftliche Epitheldecke,  sondern  lassen  die  einzelnen  Auswüchse,  deren 
jeder  sein  eigenes  Epithel  besitzt,  baumartig  verzweigt  über  das  Nivean 
der  Haut  hervortreten.  Ich  werde  auf  jene  Verrucae  papilliformes  noch 
weiterhin  unten  zu  sprechen  kommen. 

Die  Verruca  vulgaris  nun  stellt  eine  Erkrankung  der  Haut  dar, 
welche  in  der  praktischen  Dermatologie  nur  eine  untergeordnete  fiolle 
spielt  und  deshalb,  trotz  der  Häufigkeit  ihres  Vorkommens,  das  Interesse 
der  Dermatologen  in  sehr  geringem  Mafse  auf  sich  gelenkt  hat.  Hier- 
aus erklärt  sich  denn  auch  wohl  die  Thatsache,  dais  der  Platz,  der 
ihr  in  den  meisten  Lehrbüchern  eingeräumt  wird,  ein  mehr  denn  be- 
scheidener ist,  und  dafe  die  Ansichten  über  die  Anatomie  der  Verruca, 
welche  vor  fünf  und  mehr  Dezennien  die  herrschenden  waren,  auch  noch 
in  die  neuesten  Werke  Eingang  gefunden  haben. 

Wenn  ich  es  nun  übernommen  habe,  eine  eingehendere  Beschreibung 
der  Anatomie  der  Verruca  vulgaris  zu  liefern,  so  geschah  dies  in  der 
Überzeugung,  dais  gerade  derartige  Erkrankungen,  denen  als  solchen  eine 
besondere  Bedeutung  oder  doch  Würdigung  abgeht,  oft  in  pathologisch- 
anatomischer  Hinsicht  ein  hohes  Interesse  bieten  und  uns  für  die  Be- 
urteilung anderer  krankhafter  Bildungen  wichtige  Aufschlüsse  liefern 
können. 


34S 

Zndem  läfst  sich  niclit  in  Abrede  stellen,  dafs  eine  Klarlegung  der 
anatomischen  Veränderungen  und  damit  ein  richtiges  Auffassen  des 
pathologischen  Prozesses  auch  weniger  beachteter  und  vielleicht  scheinbar 
einfachster  Erkrankungsformen  für  die  theoretische  Dermatologie  von  nicht 
zu  unterschätzender  Wichtigkeit  ist. 

Bevor  ich  auf  meine  eigenen  Untersuchungen  näher  eingehe,  sei  es 
mir  gestattet,  eine  kurze,  möglichst  ausführliche  Übersicht  über  die 
Litteratur  der  Anatomie  der  Verruca  zu  geben,  und  es  ist  hierbei  viel- 
leicht nicht  ohne  Bedeutung  und  Interesse,  auch  die  Beobachtungen 
und  Ansichten  einiger  älterer  Autoren  kennen  zu  lernen. 

VossEN  [1]  hält  die  Warze  für  eine  Anhäufung  von  nebeneinander- 
stehenden, durch  ein  sehniges  Band  umschlossenen  hornartigen  Fasern, 
während  Rayer  [2]  und  Ascherson  [3]  sie  sich  durch  Hypertrophie  der 
Hautpapillen  entstanden  denken,  verbunden  mit  mehr  oder  weniger 
starker  Verdickung  der  Oberhaut,  die  sich  zwischen  die  papillenförmigen 
Verlängerungen  einsenkt. 

Alibert  [4]  gibt  eine  ähnliche  Beschreibung;  doch  erwähnt  er  nichts 
von  einer  epidermidalen  Verdickung,  sondern  fafst  die  Warzen  nur  als 
kleine  Verlängerungen  der  Lederhaut  auf,  die  ihre  Nahrung  aus  den 
Haarge&fsen  der  Haut  empfangen,  sich  später  voneinander  trennen  und 
dem  Auswüchse   dann   ein   zerspaltenes  Aussehen  verleihen. 

Die  von  den  drei  letzten  Autoren  angeführte  Ansicht  über  die  Ent- 
stehungsweise  und  Struktur  der  Warzen,  welche  ohne  Frage  auf  selb 
ständigen,  für  den  damaligen  Stand  der  Wissenschaft  ausreichenden 
Beobachtungen  beruht,  hat  sich  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten, 
indem  sie  meist  von  einem  Lehrbuch  in  das  andere  übernommen  worden 
ist.  Dabei  sind  aber  die  Fragen  völlig  unbeachtet  und  unbeantwortet 
gelassen,  wodurch  diese  „Hypertrophie  der  Papillen"  entsteht,  in  welcher 
Weise  sie  vor  sich  geht,  ob  das  Gewebe  der  hypertrophischen  Papillen 
von  demjenigen  der  Cutis  sich  irgendwie 'unterscheidet,  von  welcher  Stelle 
oder  welchem  Bestandteil  der  Lederhaut  der  pathologische  Prozefe  aus- 
geht u.  s.  w.  Man  gewinnt  eben  von  den  meisten  der  Beschreibungen 
die  Überzeugung,  dafs  sie  nicht  auf  Grund  umfassender  eigener  Unter- 
suchungen gemacht  sind. 

Etwas  eingehender  sind  die  anatomischen  Verhältnisse  von  Simon  [5] 
■studiert  worden  an  Warzen,  die  sämtlich  an  den  Händen  lokalisiert  waren. 
Er  fand  die  an  der  Spitze  abgerundeten  oder  kolbig  angeschwollenen 
Papillen  bald  stark  vergröfsert,  bald  sehr  niedrig,  in  dem  einen  Falle 
von  bedeutend,  im  anderen  von  geringer  hypertrophischen  Epidermis- 
schichten  bedeckt.  Doch  läfst  er  die  Frage  unentschieden,  ob  die  Verruca 
vulgaris  wirklich  eine  Hypertrophie  der  Hautpapillen  darstellt,  indem  er 
als  Einwand    dagegen    anführt,   dafs  völlig    ausgebildete  Warzen  auch  an 

23* 


344 

Hautstellen    vorkommeD,    ,,aQ    denen    eigentliche    Gefühlswärzchen   ganz 
fehlen. " 

Fuchs  [6]  sieht  die  Verruca  vulgaiis  für  einen  hypertrophischen 
Zustand  der  Epidermis  an  mit  Beteiligung  des  Papillarkörpers,  und  die 
gleiche  Ansicht  vertritt  Baumäs  [7].  Letzterer  Forscher  macht  noch  fol- 
gende interessante  Bemerkung: 

„En  faissant  une  section  horizontale  vers  la  hase,  le  sang  sort  par 
gouttelettes  par  une  foule  de  petits  vaisseaux,  qui  s'introduisent  dans  la 
verrue ;  dans  quelques  cas  m@me  la  surface  de  la  section  saigne  abondam- 
ment,  et  j'ai  cru  remarquer  parfois,  conmie  d'autres  m^decins,  que  oe 
sang  favorisait  l'issue  de  nouvelles  verrues  sur  les  points  avec  lesquels  il 
6tait  en  contact."  Es  geht  hieraus  hervor,  dafs  Baum£:s  die  Warzen  für 
kontagiös  hält,  eine  Annahme,  die  von  fast  allen  anderen  Forschern  — 
allerdings  ohne  Anführung  irgend  welcher  Gründe  —  direkt  verneint 
wird.  Ja,  Wilson  geht  soweit,  den  im  Volke  verbreiteten  Glauben  an 
die  Kontagiosität  des  aus  den  Warzen  stammenden  Blutes  als  „zu  albern" 
zu  bezeichnen,  um  Beachtung  zu  verdienen! 

Eine  gänzlich  abweichende  Darstellung  gibt  Batemann  [8].  Xaeh 
ihm  sind  „Warzen  unzweifelhaft  anfangs  blofse  Produktionen  der  Oberhaut, 
die  höchst  wahrscheinlich  von  einer  eigentümlichen  Thätigkeit  der  Kapil- 
largefäfse  abhängen,  welche  die  Oberhaut  sezernieren;  allmählich  V 
kommen  sie  aber  einen  Zusammenhang  mit  der  wahren  Haut,  indem 
sich  die  sie  erzeugende  krankhafte  Thätigkeit  der  kleinen  Gefäfse  fort- 
pflanzt." 

An  Unklarheit  läfst  diese  Definition  nichts  zu  wünschen  übrig: 
doch  ist  sie  insofern  beachtenswert,  als  der  krankhafte  Prozefs  von  der 
Epidermis  ausgehend  gedacht  wird. 

Wohl  die  genaueste  und  klarste  Beschreibung,  die  sich  in  der 
ganzen  Litteratur  vorfindet,  liefert  uns  v.  Bärensprünö  [9],  und  ich  will 
deshalb  seine  Beobachtungen  etwas  eingehender  behandeln. 

Die  Cutis  zeigt  bei  den  Warzen  eine  unveränderte  Beschaffenheit,  nnr 
die  Papillen  sind  drei-  bis  viermal  so  lang  als  in  der  benachbarten  ge- 
sunden Haut,  an  der  Spitze  kolbig  angeschwollen  und  in  der  Mitte  der 
Warze  etwas  länger  als  gegen  den  Rand  hin.  v.  Bärensprüng  will 
bei  Behandlung  mit  Essigsäure  an  dem  oberen  Teil  der  Papillen  eine 
Strukturveränderung  wahi'genommen  haben,  nämlich  statt  der  Bindegewebs- 
fasern rundliche  oder  längliche,  in  einem  formlosen  Cjrtoblastem  dicht 
liegende  Kerne,  und  statt  der  elastischen  Fasern  schmale,  *  spindelförmige 
Kerne,  die  parallel  dem  Papillenrande  verlaufen  und  an  einigen  Stellen 
in  elastische  Kemfasern  übergehen. 

Jede  Papille  enthält  eine   schon    ziemlich  weit  von    der    Spitze  um- 
biegende   kapilläre  Gefäfsschlinge  und  ist   mit    verdickter  Epidermis   be- 


34r) 

kleidet.  An  dieser  Epidermis  unterscheidet  er  drei  Schichten.  Di(^ 
unterste  wird  von  polyedrischen  Zellen  mit  gelblich  gefärbten  Kernen 
gebildet  und  erreicht  eine  gröfsere  Dicke  als  die  entsprechende  der  nor- 
malen Haut.  Die  folgende  Schicht,  welche  aus  grofsen,  hellen  Zellen  mit 
deutlichen  farblosen  Kernen  besteht,  ist  schmal,  verbreitert  sich  aber  be- 
deutend zwischen  den  Papillen.  Sie  wird  von  der  Hornschicht  bedeckt, 
deren   platte  Zellen  eine  bräunliche  Färbung  haben. 

An  den  Haaren  und  Drüsen  war  keine  Veränderung  zu  erkennen. 
Nur  die  „Ausfuhrungsgänge  der  Schweifsdrüsen"  (die  Schweifsporen) 
nehmen  durch  die  verdickte  Epidermis  einen  geraden  Verlauf. 

Sehr  bemerkenswert  sind  v.  Bärensprüngs  Angaben  über  die  Struktur 
der  Epidermis.  Er  unterscheidet  drei  Schichten,  als  deren  unterste  man 
ohne  Schwierigkeit  die  hypertrophische  Stachelschicht  erkennt,  während  die 
zweite,  schmälere  wohl  der  Kömerschicht  entspricht;  denn  gerade  die  von 
ihm  erwähnte  interpapilläre  Verbreitung  derselben  ist  für  eine  groise 
Anzahl   von   Warzen  charakteristisch. 

Trotzdem  gelangt  dieser  Forscher  zu  dem  nämlichen  Ergebnis  wie  die 
übrigen  Autoren,  ebenso  wie  auch  Erasmus  Wilson  [10].  Letzterer  be- 
merkt aber  ausdrücklich,  dafs  die  Epidermis  der  Warzen  abgesehen  von  der 
Verdickung  in  keiner  Weise  von  der  Oberhaut  des  übrigen  Körpers  ver- 
schieden ist,  und  fügt  hinzu,  dafs  jede  Papille  eine  Oberhautscheide 
um  sich  bildet.  Diese  Oberhautscheiden  werden  von  der  Oberhautmasche, 
welche  zwischen  und  um  dieselben  von  den  Grundflächen  der  hyper- 
trophischen und  von  den  sie  umgebenden  normalen  Papillen  gebildet 
wird,  wie  ein  Bündel  zusammengehalten.  Mehrere  Papillen  im  Bereiche 
der  Warze  behalten  ihre  natürliche  Gröise  und  tragen  zur  Erzeugung 
der  Oberhautmasche  bei.  Erreichen  die  Warzen  eine  bestimmte  Länge, 
so  spalten  sie  sich  und  zerfasern. 

Es  folgt  nun  die  Beschreibung,  die  Simon  [11]  in  seinem  Lehr- 
buche gibt,  und  die  im  wesentlichen  der  schon  oben  angegebenen  {in 
Müllers  Archiv)  entspricht.  Auch  hier  läfst  er  die  Frage  über  die  Ent- 
stehungsweise der  Verruca  unbeantwortet. 

Hebra  [12]  teilt  die  Warzen  in  angeborene  und  erworbene  ein  und 
rechnet  zu  den  ersteren  die  Naevi  veiTucosi  et  pigmentosa  Nach  ihm  mufs 
man  sich  jede  Warze  und  kondylomatöse  Neubildung  durch  Auswachsen  des 
Bindegewebes  entstanden  denken ;  die  Verruca  besteht  also  aus  einem,  der 
Exkreszenz  die  Form  gebenden,  bindegewebigen  Grundgerüst,  in  dessen 
Innerem  sich  eine  Gefäfeschlinge  befindet  und  dessen  Äufseres  von  einer 
mehr  oder  weniger  dicken  Epidermisschicht  bedeckt  ist.  Er  folgt  in 
dieser  seiner  Darstellung  der  Ansicht  Virchows  [13],  der  sich  dahin  aus- 
spricht, dafs  ein  Auswachsen  warziger  Gebilde  auch  dort  stattfinden  kann, 
wo  keine  Papillen  vorhanden  sind,    z.  B.  auf  den  Schleimhäuten.     Eine 


346 

präexistierende  Papille  ist  zur  Entstehung  also  nicht  notwendig,  es  ge- 
nügt eine  bindegewebige  Basis,  von  welcher  zu  jeder  Zeit  warzige  papillilre 
Wucherungen  ausgehen  können. 

Die  ganze  übrige  Litteratur  kann  ich  sehr  kurz  behandeln:  Berg  [14', 
Bazin  [15],  Kleinhans  [16]  und  Neumann  [17]  wiederholen  die  an- 
geführten Beschreibungen,  und  die  Ansichten,  welche  wir  aus  Alibkbts 
und  Bayebs  Abhandlungen  aus  der  Mitte  der  dreifsiger  Jahre  kennen 
gelernt  haben,  finden  wir  auch  in  den  neueren  Lehrbüchern  von  Behrsnd  [18; 
Lbsser  [19]  und  Kaposi  [20]  vertreten. 

Erst  die  bahnbrechenden  Arbeiten  [eines  Aüspitz  und  Unna  haben 
dieser  althergebrachten,  einseitigen  Methode  der  Beurteilung  vieler  patholo- 
gischer Prozesse  in  der  Haut  ein  Ende  gemacht.  Es  war  Aüspitz  [21, 
der  zuerst  darauf  hinwies,  dafs  den  Papillen  der  Haut  nicht  die  aktive 
Bolle  zufällt,  die  man  ihnen  bisher  zugeschrieben  hat,  sondern  dals 
ihre  „Verlängerung",  „Hypertrophie"  oder  „Formveränderung"  nur  se- 
kundäre Erscheinungen  seien,  die  durch  Wucherung  oder  Einsenknng 
der  Stachelschicht  in  das  Cutisgewebe  hervorgerufen  würden. 

Auch  Unna  [22]  vertritt  die  Ansicht,  daüs  die  pathologischen  Verän- 
derungen der  Papillen  stets  durch  epitheliale,  nie  durch  bindegewebige 
Wucherungen  bedingt  sind.  Es  gibt  allerdings  auch  ein  Einwachsen  von 
jungem  Bindegewebe  in  das  Epithel  hinein  unter  pathologischen  Verhält- 
nissen ;  hierbei  wird  aber  letzteres  stets  krankhaft  verändert,  von  Wander- 
zellen durchsetzt,  zerworfen  und  zerstört  gefunden.  Auch  die  normalen 
Papillen  entstehen  (nach  Unna)  während  des  Fötallebens  in  der  Weise, 
dafs  sich  zuerst  primäre  Epithelleisten  in  die  Cutis  einsenken,  denen 
dann  sekundäre,  Papillen  formierende,  Querleisten  folgen.  Dieser  einfache 
normale  Prozefs  gibt  uns  wichtige  Aufschlüsse  für  die  Beurteilung 
pathologischer  Vorgänge:  die  Oberfläche  der  Cutis  pafst  sich  ent- 
sprechend ihrer  hohen  Plastizität  leicht  den  Veränderungen  der  in  sie 
eindringenden  Epithelgebilde  an. 

Jene  von  Unna  angeführte  Papillenbildung  der  normalen  Haut  bat 
eine  neue  Bestätigung  gefunden  durch  die  vortrefflichen,  von  Blasoheo  [23j 
an  der  abgelösten  Epidermis  faultoter  Früchte  angestellten  Untersuchungen, 
auf  welche  ich  hierdurch  verweise. 

Aüspitz  nun  rechnet  die  Warze  und  das  spitze  Kondylom  zu  den 
Wachstumsanomalien  der  Haut  mit  epithelialem-  Ursprung  und  Typus 
(Epidermidosen),  und  zwar  versetzt  er  sie  in  die  dritte  Gruppe  jener  Ober- 
hauterkrankxmgen,  deren  Wesen  in  einem  abnorme^  Wachstumsprozesse 
der  Stachelschicht  zutage  tritt  (Akanthosen).  Innerhalb  dieser  Gruppe 
vertritt  sie  den  Typus  der  einfachen  Wucherung  derselben  (Hyperakan- 
those). 

Einer  gleichen  Anschauung   huldigt   H.  v.  Hebra  [24].     Das  unter" 


347 

scheidende  Merkmal  zwischen  Warze  und  spitzem  Kondylom  liegt  nach 
ihm  vorwiegend  darin,  dafs  letzteres  von  einer  dünnen  Homschicht  bedeckt 
ist,  während  die  Warzen  neben  der  Wucherung  der  Stachelschicht  auch  eine 
Dickenzunahme  des  Stratum  comeum  aufweisen. 

Es  sei  nun  noch  eine  Auffassung  erwähnt,  welche  Bindfleisch  [25] 
über  die  Papillarformation  bei  gewissen  Geschwülsten  und  über  das  dabei 
bestehende  Verhältnis  ^zwischen  der  obersten  Cutisschicht  und  der  Epider- 
mis hegt.  BiNDFLSiSOH  will  bei  einigen  Wachtumsanomalien  der  Haut 
und  speziell  auch  bei  den  Warzen  eine  eigentümliche  Erscheinung  an  der 
Spitze  der  Papillen  beobachtet  haben,  nämlich  ein  vollständiges  Yer- 
wischtsein  der  Leder-  und  Oberhautgrenzen :  einerseits  häufen  sich  die  rund- 
Uchen  Zellen  des  Bindegewebes  auf  Kosten  der  Intercellularsubstanz  an, 
anderseits  gehen  die  Zellen  des  Epithels  durch  ganz  allmähliche  Form- 
veränderungen aus  diesen  runden  Elementen  in  mehr  spindelförmige  und 
endlich  reguläre  Pflasterzellen  über. 

Eine  derartige  Erklärung  aber  widerspricht  durchaus  den  Thatsachen, 
die  uns  die  Embryologie  lehrt.  Die  Oberhaut  und  die  Cutis  gehen  aus 
verschiedenen  Keimblättern  hervor,  und  regenerieren  auch  Substanzverluste 
stets  nur  von  ihrem  Muttergewebe.  Aulserdem  kann  ich  aus  meinen  Unter- 
suchungen keineswegs  die  Beobachtungen  von  Bindfleisch  bestätigen. 
Es  ist  wohl  richtig,  dafs  infolge  der  bedeutenden  Epithelwucherungen 
innerhalb  der  untersten 'Zellschichten  der  Epidermis  die  Zellformen  rund- 
licher, kleiner  sind  und  dadurch  die  Grenze  zwischen  ihr  und  dem  Cutis- 
gewebe  weniger  scharf  ausgeprägt  ist  als  in  normaler  Baut;  aber  niemals 
ist  dieselbe  so  verwischt,  dafs  an  ein  direktes  Hervorgehen  der  Oberhaut 
aus  der  Cutis  zu  denken  wäre. 

Kürzlich  ist  von  J.  Darier  [25]  in  den  Amiales  de  dermato- 
iogie  et  de  syphüigraphie  eine  Abhandlung  erschienen,  in  der  er  eine  be- 
sondere Art  von  Warzen  beschreibt,  die  von  ab  geplatteter  Form  sind 
und'  hauptsächlich  an  dem  Gesicht  jugendlicher  Personen  in  greiser 
Menge  und  fast  zu  gleicher  Zeit  auftreten.  Der  Verfasser  hatte  Gele- 
genheit zur  Untersuchung  einer  derartigen  Warze,  welche  folgendes  ergab: 

Die  krankhaften  Veränderungen  bestehen  in  einer  einfachen  Ver- 
dickung aller  Oberhautschichten  „mit  Hypertrophie  der  Papillen",  und 
zwar  trennt  eine  fast  senkrechte  Grenze  die  affizierte  Partie  von  der  nor- 
malen. Die  Homschicht  ist  mindestens  um  das  doppelte  verdickt  und 
aus  kernlosen,  abgeplatteten  Zellen  zusammengesetzt,  die  wenig  fest 
zusammenhängende,  zuweilen  Spalten  zwischen  sich  lassende  Lamellen 
bilden.  Dadurch  erhält  die  Homschicht  eine  Neigung  zur  Schuppenbildung. 
Das  Stratum  lucidum  tritt  nicht  sehr  hervor.  Die  Kömerschicht  zeigt 
eine  bedeutende  Hypertrophie  so,  dafs  sich  statt  der  2 — 3  normalen 
Zellenreihen  an  der  Stelle  der  interpapillären  Einsenkungen  deren  10 — 12, 


1 


348 

über  dem  Gipfel  der  Papillen  aber  6 — 7  finden.  Ihr  Gehalt  an  „Eleidin" 
ist  kein  sehr  bedeutender.  Dasselbe  breitet  sich,  wie  gewöhnlich,  in  den 
unmittelbar  darüber  liegenden  verhornten  Schichten  zu  Lachen  aus.  Das 
Stratum  dentatum  hat  normale  Beschaffenheit,  abgesehen  von  einer  be- 
deutenden Zunahme  der  Zellen,  deren  Volumen  selbst  nur  wenig  ver- 
gröfsert  ist. 

Die  Papillen  sind  regelmäfsig  verteilt,  von  cylindrischkonischer  Form 
und  zwei-  bis  dreimal  so  lang  als  in  der  Norm.  Die  über  ihrem  Gipfel 
liegende  Oberhaut  weist  eine  relativ  geringe  Verdickung  auf. 

Was  das  Cutisgewebe  anbetriflft,  so  ist  dasselbe  ganz  normal,  ziemlicli 
reich  an  elastischen  Fasern  und  ohne  jede  Spur  von  entzündlichen  Vor- 
gäbgen.  Die  Papillargeftlfse  sind  sehr  voluminös  und  von  einer  geringen 
Zahl  lymphoider  Zellen  umgeben.  Man  nimmt  auch  zuweilen  im  „Rete" 
einige  Wanderzellen  wahr,  die  aber  nur  die  Spuren  einer  unbedeutenden 
Beizung  darstellen. 

Die  bakteriologische  Untersuchung  hat  ein  negatives  Resultat  ergeben; 
dagegen  findet  man  an  den  Warzen  der  Hand  fast  stets  einige  Kokken 
oder  Bacillen,  deren  pathogenetische  Bedeutung  aber  nicht  nachgewiesen  ist. 

Bei  der  Beurteilung  des  pathologischen  Prozesses  stellt  Darieb 
sich  im  Gegensatze  zu  Auspitz  auf  den  Standpunkt  jener  alten  Schule, 
welche  die  „Verlängerung  der  Papillen"  und  ihr  daraus  resultierendes 
Oberflächenwachstum  als  den  primären  Faktor  betrachtet,  der  eine  Ver- 
mehrung der  Epidermis  zur  Folge  hat,  „ohne  dais  der  Verhomungs- 
prozefs  sich  irgend  wie  modifiziert." 

Ich  möchte  hieran  die  Bemerkung  knüpfen,  dafs  meiner  Ansicht  nach 
weder  der  klinische  Verlauf,  das  plötzliche  massenhafte  Auftreten  im 
Gesicht  sowie  an  den  Armen  und  die  etwas  abgeplattete  Form,  noch 
auch  das  Ergebnis  der  anatomischen  Untersuchung  (zumal  eines  einzigen 
Exemplars)  dazu  berechtigen,  jene  Hautauswüchse  als  eine  ganz  be- 
sondere Art  hinzustellen.  Die  Beschreibung,  welche  der  Autor  von 
der  Anatomie  eines  jener  Gebilde  gegeben  hat,  entspricht  auffallend  der 
einen  oder  anderen  der  von  mir  untersuchten,  jüngeren,  unentwickelten 
Warzen,  bei  welchen  die  Veränderungen  im  Stratum  granulosum  und 
Stratum  comeum  noch  nicht  so  deutlich  zutage  getreten  sind  wie  bei 
den  völlig  zur  Reife  gelangten. 

Wenn  man  sich  daher  aus  jener  recht  genauen  anatomischen  Darstel- 
lung ein  eigenes  Urteil  bilden  darf,  so  möchte  ich  mich  dahin  aus- 
sprechen, dafs  die  von  Darier  als  eine  besondere  Art  beschriebene  Neu- 
bildung mit  der  Veruca  vulgaris  identisch  ist,  welche  den  Gegenstand 
dieser  Arbeit  bildet. 


j 


849 

Im  Auftrage  des  Herrn  Prof.  Schweninöer  habe  ich  eine  grölsere 
Anzahl  von  Warzen  untersucht,  die  fast  sämtlich  aus  der  Haut  lebender 
Menschen  exzidiert  und  nur  ausnahmsweise  von  gut  erhaltenen  Leichen 
entnommen  wurden.  Sie  safsen  zum  gröfsten  Teile  am  Handrücken  und 
an  den  Fingern,  hier  besonders  auf  der  Haut  über  den  Metacarpo- 
phalangeal-  und  Interphalangealgelenken.  Einige  Warzen  waren  an  der 
Beugeseite  und  an  den  einander  zugekehrten  Flächen  der  Finger  lokali- 
siert. Auch  die  Haut  der  Arme,  der  Stirn  und  des  behaarten  Kopfes 
hat  mir  mehrere  Exemplare  geliefert. 

Die  Behandlungsweise  der  exzidierten  Warzen  war  je  nach  dem  Zwecke 
und  Gegenstande  der  Untersuchung  eine  sehr  verschiedene. 

Die  Mehrzahl  von  ihnen  wurde  sofort  nach  der  Exzision  in  abso- 
lutem Alkohol  gehärtet,  24  Standen  in  Alkohol  und  Äther  ää  gebracht 
und  ebensolange  in  eine  Celloidinlösung^. 

Hierauf  erfolgte  ihre  Einbettung  in  Celloidin  und  die  Aufbewahrung 
in  80%  Alkohol.  Sodann  wurden  mit  dem  Mikrotom  serienweise  Schnitte 
gemacht,  deren  Dicke  im  allgemeinen  zwischen  15  und  30  fi  schwankte. 
Als  Färbemittel  bediente  ich  mich  hauptsächlich  des  Hämatoxylins, 
Pikrokarmins  und  Karminalauns.  Jede  dieser  Lösungen  hat  ihre  gewissen 
Vorzüge.  Die  besten  isolierten  Kemferbungen  erzielte  ich  mittels  Über- 
färbung durch  gute  Hämatoxylinlösungen  und  nachheriges  Eintauchen  der 
Schnitte  in  verdünnte  Essigsäure.  Auch  Überfärben  mit  Pikrokarmin 
und  längeres  Entfärben  in  Glcyerin  mit  einigen  Tropfen  Salzsäure  lieferte 
recht  günstige  Resultate. 

In  dieser  Weise  habe  ich  auch  Schnitte  gefärbt,  die  von  ganz 
frischen  oder  höchstens  24  Stunden  lang  in  Alkohol  gehärteten  Warzen 
stammten. 

Die  übrigen  Härtungs-  und  Färbemethoden,  die  zum  Nachweise  ge- 
wisser Substanzen  oder  Elemente  dienten,  finden  später  an  der  geeigneten 
Stelle  ihre  Erwähnung. 

Im  folgenden  nun  werde  ich  eine  Beschreibung  des  Befundes  liefern, 
wie  er  sich  aus  den  zahlreichen,  untersuchten  Warzen  ergab,  und  zu- 
gleich auch  der  Abweichungen  gedenken,  welche  die  eine  oder  andere 
von  ihnen  darbot. 

Die  Cutis  als  solche  läfst  keine  besondere  Veränderung  erkennen, 
Sie  ist  reich  an  elastischen  Fasern,  die  sich  auch  in  der  ganzen  Aus- 
dehnung der  Papillen  vorfinden.  Die  auflfä,lligste  Erscheinung  innerhalb 
des  Cutisgewebes  bildet  eine  bedeutende  Volumszunahme  und  Erweiterung 
der  Gefefse.  Man  findet  selbst  in  den  höheren  Schichten  noch  recht 
starke  Gefäfsstämme,  von  denen  aus  sich  diktierte  Kapillaren  in  die 
Papillen  hinein  erstrecken.  Hier  nehmen  sie  einen  bald  geraden,  bald  ge- 
schlängelten Verlauf.      Die    ümbiegestelle    der    arteriellen    Kapillaren    in 


350 

venöse  liegt  meist  unmittelbar  unter  der  Fapillenspitze.  Nicht  selten 
bemerkt  man  in  der  Umgebung  der  Papillargelkrse  einige  Rundzellen  im 
Bindegewebe. 

Ein  wesentlich  verändertes  Bild  zeigt  das  Grenzgebiet  zwischen  der 
Cutis  xmd  Epidermis,  der  sogenannte  Papillarkörper.  Betrachtet  man 
nämlich  die  Übergangsstelle  der  normalen  in  die  pathologische  Haut,  so 
fällt  es  zunächst  ins  Auge,  dafs  hier  die  Stachelschicht  der  Epidermis 
ganz  beträchtlich  in  die  Tiefe,  d.  h.  in  das  Cutisgewebe  hineinrückt. 
Durch  dieses  weitere  Eindringen  der  intei'papillären  Epitheleinsenkungeo 
in  die  Cutis  erfahren  die  Papillen  eine  scheinbare  Verlängerung  imd 
Volumszunahme.  Sie  weisen  auch  nicht  die  regelmäisigen  Formen  auf 
wie  in  der  normalen  Haut,  sondern  erscheinen  weit  mehr  in  die  Lauge 
gezogen,  meist  spitz  auslaufend,  seltener  nach  oben  zu  abgeiiindet  oder 
kolbig  verdickt.  Dendritisch  verzweigte  Papillen  habe  ich  in  mehreren 
Fällen  bei  der  Verruca  vulgaris  konstatieren  können;  di)ch  gehören  sie 
immerhin  zu  den  Ausnahmen,  während  sie  bei  der  Verruca  papilliformis 
und  dem  Condyloma  acuminatum  Regel  sind.  —  Entsprechend  der  halb- 
kugeligen Form  der  Warzen  und  der  radiären  Wucherung  der  Stachel- 
Schichteinsenkungen  nehmen  die  Papillen  meist  eine  solche  Richtung  zur 
Cutis,  dafs  diejenigen  der  mittleren  Partien  ziemlich  senkrecht  auf  ihr 
stehen,  die  peripherwärts  gelegenen  aber  mehr  oder  minder  geneigt  sind. 
Bei  einigen  Warzen  waren  die  seitlich  gelegenen  Papillen  beträchtlich 
gekrümmt  oder  geknickt.  — 

Ich  habe  hier  eine  Beschreibung  der  Papillenformen  geliefert,  wie  sie 
sich  mir  aus  den  Präparaten  ergaben,  die  sowohl  von  gehärteten,  auf  Kork 
gespannten,  wie  frischen  Warzen  stammten.  Es  ist  aber  sehr  wahr- 
scheinlich, dafs  diese  Formen  nicht  den  ursprünglichen  der  noch  mit 
der  übrigen  Haut  in  unmittelbarer  Kontinuität  stehenden  Warze  ent- 
sprechen, sondern  dais  sie  vielmehr  nach  der  Exzision  infolge  der  hohen 
Kontraktilität  der  Haut  wesentliche  Modifikationen  erfahren  haben.  Doch 
ist  der  Entscheidung  dieser  Frage  nicht  die  hohe  Bedeutung  beizumessen, 
die  ihr  für  die  Beurteilung  des  pathologischen  Prozesses  in  vielen  Lehr- 
büchern noch  immer  zuerkannt  wird.  Der  Papillarkörper  ist  eben  nur 
eine  rein  sekundäre  Erscheinung,  er  stellt,  wie  Unna  sich  ausdrückt,  das 
sehr  variable  Grenzphänomen  dar  zwischen  dem  Wachstumsdnicke  der 
epithelialen  und  bindegewebigen  Elemente  der  Haut.  Zudem  ist  die  Form 
der  Papillen  in  der  lebenden  Haut  durchaus  keine  konstante,  sondern  durch 
die,  jeden  Augenblick  wechselnden  Spannungsverhältnisse  einer  fortwähren- 
den Veränderung  ausgesetzt. 

Die  Oberhaut  der  Verruca  vulgaris  ist  stark  hypertrophisch  nnd 
bildet  —  meiner  Ansicht  nach  —  den  eigentlichen  Sitz  der  Erkrankung. 

Das  Stratum  dentatum  weist  eine  bedeutende  Zellproliferation  an( 


351 

yerbnnden  mit  mälsiger  Yolumszunalime  der  einzelnen  Elemente.  Die  Kerne 
sind  grofs,  treten  dentlich  hervor  und  enthalten  meist  mehrere  Kernkörper- 
eben.  In  der  germinativen  Schicht  (pars  cylindrica)  nimmt  man  eine  starke 
Vermehrung  der  Kerne  wahr,  infolge  dessen  der  Saum  über  den  Papillen 
und  besonders  smch  die  tie&ten  Stellen  der  Epitheleinsenknngen  bei 
Anwendung  von  Farbstoffen  dunkler  nüanziert  erscheinen  als  die  übrige 
Stachelschicht. 

Schon  gewöhnliche  Hämatoxylin-  und  Karminpräparate  lassen  auch 
in  dem  suprapapillären  Teil  des  Stratum  dentatum  Kernteilungsfiguren 
zutage  treten,  welche  bei  Anwendung  der  ELEMMiNGschen  Färbemethode 
noch   deutlicher   sichtbar    zu  machen  sind. 

Die  Hypertrophie  der  Stachelschicht  kommt  in  der  Weise  zum 
Ausdruck,  dafs  sie  sowohl  nach  der  Cutis  wie  auch  nach  der  entgegen- 
gesetzten Seite  hin  ihre  normalen  Grenzen  überschreitet.  Wie  schon  oben 
bemerkt,  ist  es  hauptsächlich  das  Herabwuchem  der  interpapillären  Binsen- 
kungen  unter  das  normale  Niveau,  welches  eine  passive  Verlängerung  der 
Lederhautpapillen  zur  Folge  hat.  Die  Form  und  Richtung  dieser  Ein- 
Senkungen  ist  meistens  (besonders  an  den  Grenzpartien  der  normalen  und 
pathologischen  Haut)  die  eines  Keiles,  dessen  scharfe  Kante  dem  Zentrum 
der  Warze  zugekehrt  ist.  In  diesem  Sinne  sind  auch  die  meisten  Zellen  des 
interpapillären  Teils  der  Stachelschicht  gestaltet  und  angeordnet.    (Fig.  2.) 

Nicht  minder  aber  dehnt  sich  das  Stratum  dentatum  auch  nach 
der  Hornschicht  zu  aus.  Entweder  entspricht  die  obere  Begrenzung 
desselben  im  grofsen  ganzen  den  Formen  der  der  Cutis  zugekehrten 
Fläche,  d.  h.  es  behält  an  allen  Stellen  dieselbe  Dicke  bei,  oder  seine 
nach  aufsen  gewendete  Fläche  zeigt  eine  mehr  oder  minder  ebene  Be- 
schaffenheit, so  dafs  es  also  über  den  interpapillären  Einsenkungen  be- 
deutend dicker  ist   als    oberhalb  der  Papillen. 

Letzteres  findet  sich  hauptsächlich  bei  denjenigen  Warzen,  bei  welchen 
die  Wucherung  nach  anfsen  hin  überwiegt,  die  Papillen  also  weniger 
verlängert  erscheinen,  während  das  Stratum  dentatum  bei  erhöhtem  Vor- 
dringen in  das  Cutisgewebe,  also  bei  stärkerer  „Verlängerung"  d^  Papillen, 
gleichmäfsig  verbreitert  ist. 

Die  Intercellularbrücken  und  -knötchen  sind  überall  deutlich  sichtbar; 
nur  an  den,  von  Leichen  entnommenen  Warzen  waren  sie  zuweilen  nicht 
zu  erkennen. 

Bei  der  Betrachtung  des  Stratum  granulosum  ist  es  am  zweck- 
mäßigsten, zunächst  die  Stelle  der  Präparate  ins  Auge  zu  fassen,  an 
welcher  die  normale  Haut  in  die  pathologische  übergeht.  Dieser  Übergang 
erfolgt  in  der  Weise,  dafs  die  unmittelbar  an  die  Verruca  angrenzenden 
Hautpartien  eine  mäfsige  Hypertrophie  hauptsächlich  der  beiden'  obersten 
Epidermisschichten  darbieten.     Das   Stratum    granulosum   besteht   in  der 


352 

gesunden  Haut  aus  zwei,  höchstens  drei  Reihen  spindelförmiger  Zell«), 
die  bis  auf  eine  deutliche  Randzone  dicht  und  gleichmälsig  mit  kleineren 
odergröiSseren  Kömchen  von  Keratohyalin  angefüllt  sind.  In  der  verdick- 
ten Grenzpartie  wird  das  Band  aus  3 — 5  Zellreihen  zusammengesetzt 
ohne    dafs   sich  sonst  noch  eine  Veränderung  bemerken  läfet. 

Dagegen  treten  in  der  eigentlichen  Warzensubstanz  bedeutende 
Anomalien  zutage.  Der  Übergang  von  den  normalen  zu  den  pathologisdi 
veränderten  Gewebspartien  (sowohl  der  Kömer  wie  der  Hornschicht)  ist 
schroff  und  erfolgt,  wie  Darier  ganz  richtig  bemerkt,  in  einer  fast 
senkrechten  Linie.     (Fig.  1.)^ 

Zunächst  macht  sich  eine  ganz  beträchtliche  Verbreiterung  der 
Köraerschicht  bemerkbar.  Bei  denjenigen  Warzen,  bei  welchen  die  obere 
Grenze  des  Stratum  dentatum  eine  ebene  Beschafifenheit  besitzt,  verUnfi 
das  Stratum  granulosum  als  eine  ziemlich  gleichmäfsig  dicke  Schicht  von 
8 — 10  Reihen  Zellen.  In  anderen  Fällen  hingegen,  wo  die  Oberfläche 
der  Stachelschicht  wellig  ist,  variiert  ihre  Dicke  in  hohem  Grade.  Über 
den  interpapillären  Einsenkungen  entfaltet  sich  die  Körnerschicht  bis  zu 
einer  Breite  von  12 — 14  Zellreihen,  während  sie  über  dem  Gipfel  der 
Papillen  oft  nur  durch  eine  Zellreihe  vertreten  ist,  ja  nicht  selten  ganz 
fehlt. 

Ich  habe  mehrere  Warzen  untersucht,  deren  geringe  GröJse  schon 
darauf  hinwies,  dafs  sie  sich  entweder  im  ersten  Stadium  der  Entwicke- 
lung  befanden  oder  auf  demselben  stehen  geblieben  waren.  In  diesen 
Fällen  bestand  das  Stratum  granulosum  aus  einer  Schicht  von  nur 
4 — 8  Reihen  Körnerzellen  und  bot  auch  weniger  Anomales  als  bei  an- 
deren Warzen. 

Diese  Anomalie  nun  besteht  zunächst  in  einer  Formveränderung  der 
Körnerzellen.  Dieselben  haben  nicht  die  normale  spindelförmige  Gestalt, 
sondern  sind  den  Stachelzellen  ähnlich,  so  daHs  ihr  Durchschnitt  rundlich 
oder  polygonal  erscheint.  (Fig.  2.)  Nur  an  den  Stellen,  wo  das  Stratam 
granulosum  zu  einer  dünnen  Schicht  ausgezogen  wird,  behalten  sie  ihr 
normales  Aussehen. 

Die  Kerne  sind  in  diesen  Zellen  gut  erhalten  und,  ebenso  wie  die 
Zellen  selbst,  vergröfsert.  An  vielen  Stellen  der  verbreiterten  Interoel- 
lularräume  nimmt  man  deutliche  Brücken  wahr.  Der  Keratohyalingehalt 
der  Kömerzellen  entspricht  bei  kleineren,  noch  nicht  zur  vollen  Entwiche- 
lung  gelangten  Warzen  im  ganzen  demjenigen  der  normalen  Haut.  Größere, 
entwickeltere  Warzen  hingegen  bieten  regelmäfsig  Abweichungen  dar. 

In  einigen  Fällen,  bei  gleichmäfeiger  Verbreiterang  des  Stratum 
granulosum,    ist   auch    das    Keratohyalin  in  den  einzelnen  Zellen  gleich- 

^  Einer  solchen  Warze  entstammen  die  Präparate,  nach  denen  die  Abbildnogen 
gefertigt  sind. 


353 

mfiisig  verteilt;  die  Körner  sind  jedoch  kleiner  und  sehr  viel  spärlicher 
als  in  der  Norm. 

Bei  anderen  Warzen  hingegen,  deren  Körnerschicht,  wie  oben  erwähnt, 
an  Dicke  beträchtlich  schwankt,  variiert  auch  der  Gehalt  an  Kömern  in 
hohem  Grade.  Während  dei'selbe  über  dem  Gipfel  der  Papillen  oft  gleich 
null  ist,  sind  die  Zellen  oberhalb  der  Einsenkungen  meist  reichlich  mit 
Keratohyalin  gefüllt.  Freilich  zeigt  dasselbe  hier  innerhalb  der  einzelnen 
Zelle  eine  sehr  unregelmäfsige  Verbreitung,  und  zwar  so,  dafs  sich  an 
der  einen  Seite  spärliche  und  kleine  Kömer  finden,  an  der  anderen  Seite 
hingegen  solche  von  abnormer  GröCse.  Nicht  selten  finden  sich  schon 
innerhalb  der  Stachelschicht  vereinzelte  Zellen  oder  Zellgruppen,  die  mit 
Keratohyalin  angefüllt  sind  und  dadurch  deutlich  aus  ihrer  Umgebung 
hervortreten. 

Im  allgemeinen  läfst  sich  sagen,  dafs  es  vor  allem  die  Kömerschicht 
ist,  die  bei  den  Warzen  sich  schon  auf  den  ersten  Blick  hin,  auch  bei 
ganz  oberflächlicher  Betrachtung,  als  anomal  kennzeichnet.  Abgesehen 
von  der  bedeutenden  Hypertrophie  fällt  sofort  die  eigentümliche,  „zer- 
worfene"  Beschaffenheit  ins  Auge,  welche  durch  Vergröfserung  der  Inter- 
cellularräume  entsteht.  Aufserdem  ist  ihr  Tinktionsvermögen  ein  verhält- 
nismäisig  geringes. 

Bekanntlich  haben  die  Untersuchungen,  welche  Buzzi  [27]  kürzlich 
angestellt  hat,  die  interessante  Thatsache  ergeben,  dafs  das  Keratohyalin 
(Waldeyer)  und  das  Eleidin  '(Ranvibr)  zwei  chemisch  differente  ko- 
existierende Substanzen  in  der  Oberhaut  sind.  Das  Eleidin  findet  sich 
häufig  zu  Lachen  ausgebreitet  an  der  Oberfläche  der  Schnitte,  wohin  es 
w^ahrscheinlich  aus  den  angeschnittenen  Zellen  der  basalen  Hornschicht 
(Stratum  lucidum)  gelangt  ist.  Hier  erkennt  man  es  bei  Anwendung  der 
Buzzischen  Behandlungs-  und  Färbemethoden  als  eine  ölartige,  rings  um 
die  Kerne  verbreitete  Flüssigkeit. 

Es  lag  nun  für  mich  nahe,  die  Verruca  vulgaris  auch  auf  diese 
Substanz  hin  zu  untersuchen.  Ich  bediente  mich  hauptsächlich  der 
Nigrosinsulfosäure  und  des  Alkannas  und  konnte  das  Eleidin  in  allen 
Warzen  nachweisen.  Die  Veränderungen  erwiesen  sich  als  rein  quantita- 
tiver Natur,  indem  die  Verbreiterung  der  eleidinhaltigen  Zellschicht  mit 
derjenigen  des   Sti'atum  granulosum  korrespondiert. 

Die  Hornschicht  der  Vermca  vulgaris  zeigt  regelmäfsig  eine  ganz 
bedeutende  Hypertrophie,  welche  die  der  unverhornten  Schichten  be- 
trächtlich übertrifft.  Ihre  Dicke  variert  zwar  bei  den  einzelnen  Warzen: 
in  jedem  Falle  aber  kommt  sie  der  gemeinschaftlichen  des  Stratum  den- 
tatam  und  Stratum  granulosum  gleich. 

Was  die  Hornzellen  anbetrifft,  so  ist  ihre  Form  eine  breitspindel- 
förmige, viel  weniger  abgeplattete  als  die  gewöhnlicher  Hornzellen.    Daher 


354 

erlangt  auch  das  Stratum  comeum  nicht  jene  feste,  lamellöse  Beschaffen- 
heit, sondern  repräsentiert  den  Typus  der  lockeren  Verhomung  (Typos 
A  der  Verhornung),  wie  er  nach  Zander  [27]  hauptsächlich  an  der  Vola 
und  Planta  vorkommt. 

Die  auffälligste  Erscheinung  innerhalb  der  Hornschicht  aber  ist  die 
gute  Konservierung  der  Zellkerne.  Dieselben  werden  bei  allen  vollständig 
entwickelten,  älteren  Warzen  durch  die  gewöhnlichen  Kem&rbemittel 
deutlich  tingiert.  Es  fällt  sofort  ins  Auge,  dafs  diese  Erhaltung  der 
Kerne  stets  mit  einem  Mangel  der  Kömerzellen  an  Keratohyalin  v«- 
bunden  ist.  Die  weiteste  Verbreitung  und  beste  Konservierung  nämlich 
bieten  sie  bei  denjenigen  Warzen,  deren  Stratum  granulosum  überall 
gleichmäfsig  dick  und  gleichmäfsig  arm  an  Keratohyalin  ist,  während  sie 
sich  in  den  Fällen,  in  denen  diese  Verhältnisse  der  Kömerschiclit 
schwanken,  allein  an  den  Stellen  deutlich  zeigen,  wo  das  Keratohyalin 
fehlt  oder  in  geringerer  Menge  vorhanden  ist,  also  hauptsächlich  in  der 
Richtung  der  Papillen.  Andere,  offenbar  jüngere  Exemplare  der  Verruca 
vulgaris  zeigten  bei  Anwendung  von  Hämatoxylin,  Pikrokarmin  und 
Karminalaun  keine  Kerne,  in  der  Hornschicht.  Trotzdem  aber  konnte  ich 
durch  eine  andere  Färbemethode,  auf  die  ich  weiter  unten  zurückkommen 
werde,  auch  in  ihnen  Kerne  nachweisen.  Zwar  kommen  Kemreste, 
worauf  Unna  zuerst  aufmerksam  gemacht  hat,  auch  in  der  Homscliiclit 
normaler  Haut  vor;  aber  sie  sind  weder  so  gut  erhalten  noch  so  allgemein 
verbreitet,  wie  bei  der  Verruca  vulgaris. 

Die  Form  der  Kerne  ist  länglich  und  —  besonders  oberhalb  der 
Papillenspitze  —  abgeplattet.  Schon  dieses  Aussehen  und  die  isoherte 
Färbung  charakterisierte  sie  als  richtige  Zellkerne.  Um  aber  ganz  sicher 
zu  gehen  und  festzustellen,  dafs  dies  Bild  nicht  etwa  durch,  in  der  Horn- 
schicht vorkommende,  Protoplasmareste  vorgetäuscht  würde,  bediente  ich 
mich  eines  von  Unna  und  Büzzi  angewendeten,  noch  nicht  veröffentlichten 
Verfahrens,  durch  das  der  Nachweis  von  Kernen  resp.  Kernresten  in 
den  meisten  Fällen  gelingt. 

Der  Schnitt  wird  auf  dem  Objektträger  mit  einem  Tropfen  Jodtinktur 
behandelt  und  mit  Wasser  wieder  abgewaschen.  Sodann  deckt  man  das 
mit  konzentrierter  Schwefelsäure  betupfte  Deckgläschen  rasch  auf  das 
Präparat,  um  ein  Sichzusammenrollen  des  Schnittes  zu  verhindern  und 
setzt  hierauf  von  der  Seite  her  etwas  Glvcerin  hinzu. 

Zuerst  hat  der  Schnitt  ein  dunkelbraunes,  undurchsichtiges  Aussehen; 
in  einiger  Zeit  hellt  er  sich  auf,  und  es  treten  dann  nach  Zerstörung 
des  Zellprotoplasmas  deutlich  sowohl  in  der  nicht  verhornten  als  auch 
in  der  Hornschicht  die  dunkel  gefärbten  Kerne  zutage.  Später  aber, 
nach  einigen  Wochen,  werden  auch  die  Kerne  zerstört  und  verschwinden. 

Wie  schon  erwähnt,    gelingt    die    Färbung   durch    die    gewöhnlichen 


355 

I 

Kernfärbemittel  nicht  immer,  ein  Zeichen,  dafs  die  Hornzellenkeme  nicht 
so  gnt  erhalten,  sondern  geschrumpft  sind.  Trotzdem  aber  lassen  sie  sich 
durch  ein  anderes,  ebenfalls  von  Buzzi  zuerst  angewendetes  Verfahren 
darstellen,  welches  darin  besteht,  dais  man  die  Schnitte  von  frischen 
oder  nur  kurze  Zeit  in  Alkohol  gehärteten  Warzen  ca.  24  Stunden  in 
Nigrosinsulfosäure  überfärbt  und  hierauf  in  verdünnter  Salzsäure  entfärbt. 

Dann  zeigt  sich  folgendes:  Die  Kerne  aller  Oberhautschichten 
bleiben  ungefärbt,  treten  aber  dadurch  deutlich  hervor,  dals  sie  von 
einem  breiten,  schwarzblauen  Saume  koagulierten  Zellprotoplasmas  um- 
geben sind.  In  den  meisten  Homzellen  kann  man  den  Kern  deutlich  als 
hellen  Punkt  innerhalb  des  dunklen  Saumes  wahrnehmen,  in  anderen 
hingegen  ist  er  entweder  von  der  dunklen,  kompakten  Masse  völlig  ver- 
deckt, oder  aber  die  Zelle  ist  überhaupt  leer.  Diese  Methode  liefert 
also  ein  negatives  Bild  der  Kerne. 

Ein  ausgezeichnetes  Färbemittel  für  die  Hornschicht  ist  femer  das 
Azodipbenylblau.  Dasselbe  läfst,  besonders  nach  Entfärbung  der  Schnitte 
in  absolutem  Alkohol,  die  Hornzellenkeme  sehr  deutlich  hervortreten. 

Schliefslich  sei  noch  erwähnt,  dals  man  letztere  häufig  auch  an  un- 
gefärbten Präparaten  bei  Anwendung  von  matter  Beleuchtung  als  ganz 
schwach  konturierte  Gebilde  innerhalb  der  Homzellen  erkennen  kann. 

Die  Oberfläche  der  Homschicht  ist  von  mäfsig  rauher,  zuweilen 
höckeriger,  selten  von  ganz  glatter  BeschafiFenheit.  Die  Kauhheit  wird 
hervorgerufen  durch  flache,  sich  oft  senkrecht  schneidende  Furchungen. 
Letztere  entsprechen  aber  keineswegs,  wie  man  vielleicht  anzunehmen 
geneigt  ist,  den  interpapillären  Einsenkungen  der  Stachelschicht,  sondern 
verlaufen  ganz  regellos.  An  vielen  Warzen  bemerkt  man  auch  tief 
klaffende  Risse  und  Spalten,  die  aber,  wie  schon  erwähnt,  wohl  nur 
Kunstprodukte  darstellen. 

Haare  und  Talgdrüsen  habe  ich  innerhalb  der  eigentlichen  Warzen- 
substanz nur  an  denjenigen  Exemplaren  nachweisen  können,  die  der  Kopf- 
haut entnommen  waren.     Ihre  Struktur  zeigte  keine  'Veränderung. 

Häufiger  ist  das  Vorkommen  von  Knäueldrüsen.  Die  Schweifsporen 
nehmen  innerhalb  der  Epidermis  gewöhnlieh  keinen  korkenzieherartig 
gewundenen,  sondern,  ebenso  wie  beim  Clavus  und  Callus,  einen  geraden 
Verlauf.  Es  ist  mir  aufgefallen,  dafs  die  der  Schweiispore  zunächst 
gelegenen  Partien  des  Stratum  granulosum  und  Stratum  comeum  einen 
weniger  anomalen  Charakter  darbieten.  Ersteres  nämlich  verschmälert 
sich  in  der  Umgebung  der  Schweifspore  ziemlich  plötzlich  zu  einer 
3-  bis  4reihigen  Schicht  normaler,  ,  reichlich  keratohyalinhaltiger  Körner- 
zellen, -Während  die  Zellen  der  verdickten  Hornschicht  ihre  Kerne  ver- 
lieren. (Fig.  1.) 

Durchmustert   man  die  Schnitte,    welche    durch    mehr   peripherwärts 


356 

gelegene  Teile  geführt  sind,  so  erhält  man  ziemlich  dasselbe  Bild;  nur 
verlieren  die  pathologisch  veränderten  Partien  an  Ausdehnung,  je  mehr 
man  sich  der  Peripherie  der  Warze  nähert,  nm  schlieislich  normaler, 
noch  etwas  verdickter  Oberhaut  zu  weichen. 

An  einigen  dieser  peripheren  Schnitte  nimmt  man  deutlich  jene  be- 
schriebenen Anomalien  in  Hom-  und  Kömerschicht  wahr,  die  aber  da- 
durch besonders  auffallend  sind,  dafs  sich  in  ihrer  Ausdehnung  eine  oder 
mehrere,  hreite,  sich  ziemlich  senkrecht  abgrenzende  Zonen  finden,  inner- 
halb deren  jene  Schichten  bis  auf  die  Hypertrophie  ganz  normale  Be- 
schaffenheit haben.  Dieses  höchst  frappante  Bild  findet  dadurch  sone 
Erklärung,  dais  die  pathologisch  veränderten  Teile  nicht  rundlich  abge- 
grenzt  sind,  sondern  periphere  Ausläufer  haben. 

Zum  Nachweise  von  Spaltpilzen  im  Gewebe  der  Verruca  bediente 
ich  mich  eines  von  Kühne  [28]  angegebenen  Verfahrens,  und  zwar  mit 
Erfolg.  Hauptsächlich  innerhalb  der  Stachelzellen,  sowie  in  den  Interoel- 
lularräumen,  seltener  in  •  den  übrigen '  Oberhautschichten  und  dem  an- 
grenzenden Gutisgewebe,  fanden  sich  zahlreiche  Kokken  vor,  entweder 
einzeln  oder  zu  Gruppen  angeordnet.  Auch  kurze  Stäbchenformen  lieüsen 
sich  hier  und  d^  erkennen.  Ob  denselben  irgendwelche  pathologische 
Bedeutung  beizumessen  sei,  ist  eine  Frage,  die  sich  noch  nicht  entscheiden 
läfst,  der  ich  aber  durch  weitere,  eingehendere  Untersuchungen  näher 
zu  treten  gedenke. 

Ich  persönlich  neige,  wie  ich  gleich  im  voraus  bemerken  will,  in. 
der  Ansicht  hin,  dafs  die  Entstehung  der  Warzen  auf  bakterielle  Ein- 
flüsse zurückzuführen  ist.  Hierauf  weist  zunächst  ihre  eigentümliehe 
Lokalisation  hin,  ihr  Vorkommen  an  den  unbekleideten  Körperteilen, 
und  zwar  an  Stellen,  .die  äufseren  Verletzungen  am  meisten  ausgesetzt  und 
deshalb  für  das  Eindringen  von  Mikroorganismen  besonders  geeignet  sind. 
Andere  Momente,  die  ein^  derartige  Annahme  rechtfertigen,  sind  das 
massenhafte,  plötzliche  Auftreten  bei  manchen  Personen  ebenso  wie  ihr 
plötzliches,  spurloses  Verschwinden,  sowie  die  unzweifelhafte  Prädis- 
position gewisser  Individuen  für  diese  Erkrankung. 


Bei  kritischer  Betrachtung  der  aus  den  mikroskopischen  Unter- 
suchungen gewonnenen  Resultate  ergibt  sich  zunächst  ohne  weiteres,  dals 
der  pathologische  Prozefs  bei  der  Warzenbildung  in  einer  Wachstums- 
anomalie  besteht.  Der  Typus  derselben  ist  ein  rein  epithelialer; 
denn  die  Cutis  als  solche  läfst  abgesehen  von  sekundären  Gefelsverfin- 
derungen  keine  Abweichungen  erkennen,  und  die  Formveränderungen  der 


357 

Papillen  beruhen  ebenfalls  nicht  auf  aktiven  Vorgängen  innerhalb  des 
Cutisgewebes,  sondern  sind  lediglich  bedingt  durch  ein  weiteres  V'ordingen 
der  Stachelschichteinsenkungen  in  die  Cutis.  Dies  erkennt  man  sofort 
bei  Betrachtung  der  Übergangsstelle  von  der  normalen  in  die  patholo- 
gische Haut,  an  welcher  ein  beträchtliches  Hinabsteigen  der  Stachel- 
schicht unter  das  noimale  Niveau  stattfindet. 

Ich  muüs  deshalb  meinen  Beobachtungen  zufolge  durchaus  die  An? 
sieht  von  Auspitz  und  Unna  betrefis  der  pathologischen  Formverän- 
derungen der  Papillen  bestätigen  und  kann  nicht  die  Auffassung  der 
meisten  andern  Autoren  teilen,  welche  in  einer  Papillarhypertrophie  den 
wesentlichsten  Faktor   bei   der    Bildung    der  Verruca    vulgaris    erkennen. 

Den  eigentlichen  Sitz  des  Krankjieitsprozesses  stellt  vielmehr  die 
Oberhaut  dar,  und  zwar  kommt  er  in  allen  drei  Schichten  derselben 
zum  Ausdruck.  Die  primäre  Erscheinung  bildet  wohl  die  Hypertrophie 
der  Stachelschicht,  deren  Zellen  sowohl  nach  aufsen  zu  als  auch  in  die 
Cutis  hinein  vordringen.  In  den  ersten  Stadien  der  Entwickelung  über- 
wiegt im  allgemeinen  die  Wucherung  des  suprapapillären  Teils,  und  erst, 
wenn  äaa  Stratum  comeum  eine  starke  Dicke  und  Konsistenz  erreicht,  rückt 
die  Stachelschicht  auch  bedeutend  ins  Cutisgewebe  hinab  und  läfst  die 
Papillen  beträchtlich  verlängert  erscheinen. 

Ich  bin  nun  der  Ansicht,  dafs  irgend  ein  äufserer  Reiz,  vielleicht 
,das  Eindringen  eines  Mikroorganismus  in  die  Oberhaut,  proliferierend  auf 
die  Zellen  des  Stratum  dentatum  einwirkt,  und  dafs  als  sekundäre  Reiz- 
erscheinung  sich  die  Papillargefäise  und  auch  die  gröisern  Gefäfsstämme 
der  Cutis  erweitern.  Verbunden  mit  dieser  Gefäfserweiterung  ist  eine 
erhöhte  Blutzufuhr  und  gesteigerte  Ernährung  der  Gewebe. 

Hierdurch,  sowie  infolge  der  Veränderungen  innerhalb  der  Stachel- 
schicht, wird  eine  Strukturveränderung  der  übrigen  beiden  Oberhaut- 
sohichten  bedingt  und  der  Verhomungsprozefs  ganz  wesentlich  modifizieii. 

Jene  Hypertrophie  des  Stratum  dentatum  allein  halte  ich  nicht 
für  das  Charakteristische  an  der  Verruca  und  kann  deshalb  der  Ansicht 
von  Auspitz,  der  auch  H.  v.  Hebra  folgt,  nicht  beipflichten,  in  der 
Warze  lediglich  eine  Hyperukauthose,  d.  h.  eine  einfache  Wucherung 
der  Stachelschicht  zu  sehen. 

Beim  spitzen  Kondylom  und  der  schon  erwähnten  „Verruca  papilli- 
formis*'  ist  diese  Anschauung  wohl  berechtigt.  Hier  treten  die  patho- 
logischen Veränderungen  ausschliefslich  in  der  Region  des  Papillarkörpers, 
und  zwar  als  eine  bedeutende  Hypertrophie  der  Stachelschicht  zutage, 
während  das  Stratum  granulosum  und  corneum  (bis  auf  eine  geringe 
interpapilläre  Verbreiterung  des  erstoreu)  durchaus  normale  Beschaffenheit 
haben  und  der  Kornifikationsprozefs  keine  Veränderung  darbietet.  Anders 
ist  es  bei  der  Verruca  vulgaris.  Makroskopisch  freilich  tritt  diese  atypische 

Monatshefte.  24 


358 

Verhomnng  mehr  als  blo&e  Hypertrophie  und  nicht  so  dentlich  zutage 
wie  bei  den  übrigen  Parat}'pien  des  Verhomungsprozesses,  nämlich  bei 
der  Psoriasis  nnd  dem  Liehen  ruber,  deren  Oberfläche  erhöhte  Abschnppnng 
oder  Anhäufung  von  Schuppen  zeigt. 

Dagegen  läfet  uns  die  mikroskopische  Untersuchung  die  Paratypie  als 
eine  ganz  wesentliche  erkennen.  Die  Stachelzellen  gehen  nicht  in  die 
platten  Zellformen  der  Körnerschicht  über,  sondern  behalten  in  bald 
höherem,  bald  geringerem  Grade  ihre  ursprüngliche  Gestalt  und  unter- 
scheiden sich  auch  durch  ihren  Keratohyalingehalt  sehr  wesentlich  Ton 
den  normalen  Kömerzellen.  Das  Keratohyalin  ist,  wie  erwähnt,  entweder 
äufserst  spärlich  vorhanden,  aber  gleichmäfsig  verteilt,  oder  es  zeigt  be- 
trächtliche Schwankungen  so,  dafs  es  oberhalb  der  interpapillären  Einsen- 
kungen  reichlich  vorkommt,  über  den  Papillen  aber  gänzlich  fehlt. 

Mit  diesem  Mangel  an  Keratohyalin  ist  nun  eine  eigentümliche  E^ 
scheinung  innerhalb  der  Homschicht  verbunden,  nämlich  die  gute  Erhal- 
tung der  Homzellenkeme.  Bekanntlich  konservieren  auch  die  harte 
Nagelsubstanz  und  das  Lippenrot  ihre  Kerne,  Stellen,  an  denen  das 
Keratohyalin  ebenfalls  gänzlich  fehlt.  Ich  finde  nun  die  Beobachtung 
Unnas,  dafs  das  Vorkommen  wohl  erhaltener  Kerne  in  der  Homschicht 
stets  aus  dem  Mangel  der  Körnerschicht  an  Keratohyalin  hervorgeht,  an 
meinen  Untersuchungen  durchaus  bestätigt. 

Femer  ist  noch  hervorzuheben,  dafs  die  Form  der  Homzellen  keine 
abgeplattete,  sondern  eine  spindelförmige  ist.  Daher  erscheint  die  Horo- 
schicht  auch  weniger  lamellös  als  sie  sonst  an  den  Stellen  normaler 
Haut,   wo  die  Warzen   am   häufigsten  vorkommen,  zu  sein  pfl^. 

Die  Anomalien  des  Stratum  granulosum  und  Stratum  comeum  sind 
es,  welche  ich,  wie  schon  bemerkt,  für  das  wesentliche  Charakteristiknm 
des  Krankheitsbildes  der  Vernica  ansehen  möchte,  das  sie  von  ähnlichen 
Neubildungen  streng  unterscheidet,  und  ich  zähle  sie  deshalb  zu  den  Para* 
keratosen  oder  Dyskeratosen,  d.  h.  zu  den  Verhornungsanomalien  mit 
abweichendem  Typus  des  Wachstums. 

Wie  aus  der  oben  angeführten  Litteratur  hervorgeht,  ist  v.  Bärbn- 
SPRUNG  der  einzige  Forscher,  welcher  Stmkturveränderungen  in  der 
Oberhaut  der  Warzen  beschreibt,  während  alle  andern  die  Epidermis  nur 
für  hypei-trophisch  ansehen.  Allerdings  gibt  auch  Darier  an  der  von 
ihm  untersuchten  und  als  eine  besondere  Art  aufgestellten  Warze  einige 
Abweichungen  in  der  Straktur  der  Oberhaut  an,  doch  ohne  ein  grobes 
Gewicht  auf  dieselben  zu  legen. 

Das  Ergebnis  meiner  Untersuchungen  ist  nun  —  um  es  in  Kürze 
zu  wiederholen  —  folgendes:  Die  gewöhnliche  Warze  (Verruca  vulgaris) 
entsteht  nicht  durch  aktive  Hjrpertrophie  oder  Verlängerung  der  Lede^ 
hautpapillen    und   daraus    resultierender  Verdickung   der    entsprechenden 


359 

Oberhautschicliteii,  sondern  sie  stellt  eine  selbständige  Erkrankung 
der  Epidermis  dar  (Epidermidose).  Diese  Kmokbeit  kommt  neben 
einer  Hypertrophie  der  gesamten  Oberbaut  vor  allem  zum  Ausdruck  in 
einer  atypischen  Verbornung.  Die  Verruca  vulgaris  gehört  deshalb  zu 
den  Erkrankungen  der  Hornscbicht  (Keratonosen)  oder  genauer  zu  den 
reinen  Verhomungsanomalien  (Keratosen),  und  in  der  Reihe  dieser  nimmt 
sie  ihre  Stelle  unter  den  Anomalien  ein,  welche  sich  durch  „Abweichungen 
vom  Typus  des  Wachstums*  charakterisieren,  und  die  man  als  Dyskera- 
tosen (Parakeratosen)  bezeichnet. 


Litteratur: 

1.   KusTs  Magazin.  Bd.  39.  pag.  513. 

^.   Bayer,  Traue  des  maladies  de  la  peau.  Paria  1835. 

3.  Caspers  Wochenschrift.  Jahrg.  1835.  pag.  513. 

4.  Aliberts  Vorlesungen  über  die  Krankheiten  der  Haut.  Leipzig  1837.  Tl.  2.  pag.  495. 

5.  Müllers   Archiv.   Jahrg.  1840.    Tl.    1.  pag.  169.    (G.  Simon,   Über   die    Struktur 
der  Warzen  und  über  Pigmentbildungen  in  der  Haut.) 

6.  C.  H.  FrcHS,    Die  krankhaften    Veränderungen    der   Haut    und   ihrer   Anhänge, 
Göttingen  1840.  Bd.  I.  pag.  45. 

7.  P.  BaumIss,  Nouvelle  dermatologie  ou  precis  tfUorique  et  practique  sur  les  maladies 
de  la  peau.  Paris  et  Lyon  1842.  T.  II.  pag.  279. 

8.  Th.  Bateman,  Praktische  Darstellung  der  Hautkrankheiten.  Leipzig  1841.  pag.  138. 

9.  F.  V.  Bäreksprüng,  Beiträge  zur  Anatomie  und  Pathologie  der  menschlichen  Haut. 
Leipzig  1848.  pag.  12. 

10.  Erasmüs  Wilson,  Die  Krankheiten  der  Haut.    Leipzig  1850.  pag.  409. 

11.  G.  Simon,    Die    Hautkrankheiten    durch    anatomische    Untersuchungen    erläutert 
Berlin  1851.  pag.  37. 

12.  Hebra,  in  Virchows  Handbuch  der  speciellen  Pathologie  und  Therapie.    Bd.  lU. 
Akute  Exantheme  und  Hautkrankheiten.   1860. 

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und  Therapie  der  Haut.  pag.  197.  ff.  Leipzig  1883,  und  Über  das  Verhältnifs  der 
Oberhaut  zur  Papillarschicht.  1870. 

22.  P.  G.  Unna,  in  v.  Ziemssens  Handbuch.  Bd.  XIV.  Handbuch  der  Hautkrankheiten 
I.  Hälfte.    Entwicklungsgeschichte  und  Anatomie,  pag.  16  ff. 

24» 


360 

23.  A.  Blaschko,   Beiträge  zur  Anatomie  der  Oberhaat.      (Ärdiiv  für  mikroskopiscke 
Anatomie.  Bd.  dO.) 

24.  Hans  v.  Hebba,   Die .  krankhaften  Veränderungen  der  Haut  und  ihrer  AnhaHif.f 
gehilde.  Braunschweig  1884. 

25.  E.    Rindfleisch,     Lehrbuch     der    pathologi^then    Gewebelehre.       Leipzig    1878. 
pag.  259.  260. 

26.  Annales  de  dermatologie  et  de  syphüigraphie.  Deuxieme  Serie.    Tome  IX^   Xo.  10. 
Yermes  planes  juveniles  de  la  face.  Par  le  Dr.  J.  Dabier. 

27.  F.  Büzzi,  Xeratohyalin  und  Eleidin.  (Unnas  Monatshefte  für  praktische  Dermato- 
logie. Bd.  8.  [1889]  No.  1  und  4.) 

28.  H.  Kühne,     über   ein    kombiniertes    üniversalverfahren     Spaltpilze   im  tierischen 
Gewebe  nachzuweisen.    (Unna,    Dermatolog.  Studien.  Heft  6.) 


Aus  Dr.  Unnas  dermatologischem  Laboratorium  in  Hamburg. 

Zur  Anatomie  der  Scabies. 

Von 

Dr.  Ludwig  Türök 

Assistenzarzt. 

Während  bei  den  meisten  Hautkrankheiten  die  verschiedensten  teil- 
weise einander  widersprechenden  histologischen  Befunde  veröffentlicht 
werden  und  die  Anatomie  derselben-  verwirren,  herrscht  in  bezug  der 
anatomischen  Veränderungen  bei  der  Scabies  eine  seltene  Einmütigkeit 
der  Ansichten,  und  die  histologischen  Befunde  der  verschiedenen  Autoren 
decken  sich  beinahe  vollständig.  Unter  solchen  Umständen  scheint  eine 
histologische  Untersuchung  der  Scabies,  welche  einen  andern  Zweck 
befolgt,  als  die  einmütig  konstatierten  Thatsachen  zur  eigenen  Belehrung 
aufzusuchen,  ein  ganz  überflüssiges  Unterfangen.  Und  doch  sprechen 
einzelne  Umstände  dafür,  dafe  die  bisher  beschriebenen  Veränderungen 
nicht  dem  wahren  Thatbestand  entsprechen,  und  dafs  eine  histologische 
Exkursion  in  dieses  scheinbar  wohlbekannte  Gebiet  einige  von  den  bisher 
beschriebenen  verschiedene,  dieselben  teilweise  desavouierende  Ergebnisse 
liefern  müfste. 

Alle  neueren  Autoreu,  die  sich  mit  der  Frage  histologisch  beschäf- 
tigten —  ich  nenne  Kaposi,  Neumanx,  Geber,  Hans  Hebra,  Dührinö, 
Barthjöl^my,  Anderson,  Majocchi  —  sind  darin  einig,  dafs  die  Krätz- 
milbe, nachdem  sie  die  Hornschicht  durchwühlte,  in  das  Stratum  Mal- 
pighi,  in  die  sukkulenteren  Schichten  der  Epidermis  (H.  Hebra)  einzieht, 
welche    ihren    Lebensbedingungen    am    besten    entsprechen.     Guibout  be- 


'361 

hauptet  sogar,  dafs  sich  die  Milbe  in  den  tiefsten  Schichten  der  Epidermis, 
selbst  an  der  Oberfläche  der  Cutis  aufhalte.  Im  Gegensatze  zu  den 
bisher  erwähnten  Untersuchern  steht  Kleinhans  auf  dem  auch  von  Hebra 
adoptierten  Standpunkt,  dafs  die  Tiefe  der  Milbengänge  verschieden  sei, 
und  citiert  auch  Piogby,  weicher  intraepidermidale  (d.  h.  —  in  der 
Sprache  der  damaligen  Zeit  —  in  der  Hornschicht  liegende)  und  sub- 
epidermidale  (besser  subkorneale)  Gänge  unterscheidet.  Bei  letzteren  soll 
das  Jucken  viel  intensiver  sein,  ja  sogar  Schmerzgefühl  auftreten.  Ziegler 
gibt  in  seiner  pathologischen  Anatomie  eine  gute  Zeichnung  vom  Milben- 
gange, welche  aber  mit  dem  Texte  in  eklatantem  Widerspruche  steht, 
da  dem  letzteren  zufolge  die  Milbe  ihren  Gang  bis  ins  Stratum  Malpighii 
wählt,  ja  sogar  die  Papillen  erreicht,  während  die  Figur  den  Milbengang 
immer  oberhalb  der  Stachelschichte  zeigt.  Gegen  die  Annahme  des 
Sitzes  der  Milbe  in  der  Stachelschicht  tauchten  nun  schon  a  priori  einige 
Bedenken  auf,  und  diese  waren  es  eben,  welche  Herrn  Dr.  Unna  be- 
wogen, die  Anatomie  des  Milbenganges  einer  neueren  Prüfung  unterziehen 
zu  lassen. 

Hat  nämlich  die  Milbe  ihren  Sitz  wirklich  in  dem  Stratum  spino- 
sum,  dann  münden  die  interepithelialen  Saftspalten  in  den  Milbengang. 
Die  in  diesen  Saftbahnen  kreisende  und  den  durch  die  Gegenwart  der 
Milbe  gesetzten  Entzündungsreiz  entsprechend  vermehiie  Lymphe  mufs 
sich  also  in  den  Gang  ergiefsen  und  damit,  so  zu  sagen,  eine  fortwährende 
Überschwemmungsgefahr  für  die  Milbe  bilden.  Man  könnte  eben  nicht 
behaupten,  dafs  die  Milbe  den  letzten  Umstand  als  ihrem  Dasein  be- 
sonders günstig  auffafst;  trachtet  sie  doch  selbst  nach  der  Beschreibung 
obiger  Autoren  aus  der  Nachbarschaft  der  unter  ihrem  Einflüsse  sich 
bildenden  Entzündungsherde,  Bläschen  und  Pusteln  wegzukommen.  Ander- 
seits müfste  es  gelingen  —  und  diesen  Einwand  halten  wir  für  den  ent- 
scheidenden — ,  unter  den  angenommenen  Umständen  aus  dem  Milbengang 
immer  Serum  herauszupressen.  Auch  müfste  der  Scabiesprozefs  bei  dem 
Verweilen  der  Milben  in  der  an  Nerven  und  Nervenendigungen  über- 
reichen Stachelschicht  mit  fortwährenden,  ganz  unausstehlichen  Juck- 
und  Schmerzempfindnngen  einhergehen,  da  doch  auch  ganz  geringe  Ex- 
kursionen der  Milbe  in  der  sie  umgebenden  weichen  Substanz  des  Stratum 
splnosum  und  an  den  in  demselben  enthaltenen  Nervengebilden  nicht 
unerhebliche  Läsionen  setzen  müfsten.  Der  Juckreiz  steigert  sich  aber 
nur  periodenweise,  unter  bestimmten  Umständen,  z.  B.  im  warmen  Bette, 
in  höherem  Grade  und  Schmerzen  sind  ja  bekanntlich  überhaupt  nicht 
charakteristische  Begleiterscheinungen  der  Scabies.  Bei  der  gewöhnlich 
herrschenden  Intensität  und  Periodizität  des  Juckreizes  lag  aus  klinischen 
Gründen  die  Annahme  näher,  dafs  die  Milbe  ihren  Sitz  nicht  in  der 
nervenreichen  Stachelschicht  habe. 


362 

Die  histologische  Untersuchung  rechtfertigte  nun  vollständig  — 
wenigstens  hei  den  von  mir  untersuchten  7  Milhengängen  —  das  durch 
ohige  Betrachtungen  hervorgerufene  Mifstrauen  gegen  die  Annahme  eine» 
Aufenthaltes  der  Krätzmilbe  in  den  oberflächlichen  Lagen  des  Rete  Mal- 
pighi.  Die  Milbe  fand  sich  in  den  untersuchten  Hautstücken  nie  in  dem 
Rete  Malpighi,  sie  war  sogar  noch  um  die  Breite  mehrerer  Zellreihen 
oberhalb  der  basalen  Hornschicht  zu  finden  und  hatte  sich  hier  ein  von 
dem  ihr  bisher  vindizierten  verschiedenes,  solider  gebautes,  starres  Harn 
bereitet. 

Die  Milbe  gelangt,  nachdem  sie  die  oberflächlichen  Lagen  der  Horn- 
schicht zerwühlte,  in  den  unteren  Teil  der  mittleren  Hornschicht  und 
setzt  nun  ihre  Wanderung  nicht  schräge  nach  abwärts,  sondern  ganz  und^ 
gar  dieser  Schicht  entsprechend  in  mehr  oder  weniger  horizontaler 
Richtung  fort,  wobei  sie  ihrer  längst  bekannten  Gewohnheit  gemäfs  ihre 
Eier  quer  zur  Achse  des  Ganges  hinter  sich  legt.  Was  ist  aber  der 
Grund  des  Weiterwandems  der  Milbe?  In  erster  Reihe  steht  natürlick 
der  Umstand,  dafs  die  Milbe  Platz  für  ihre  Eier  braucht  und  deshalb 
ihre  Minierarbeit  fortsetzt.  Kaposi  beschuldigt  noch  eine  eliminatorische 
Epithelhyperplasie  und  Verhornung  unterhalb  des  Ganges,  welcher,  durch 
die  Gegenwart  der  Milbe  hervorgerufen,  dieselbe  aus  der  ihren  Lebens- 
bedingungen entsprechenden'  Schicht  emporhebt,  weshalb  dieselbe  über 
diesen  Hügel  hinauszukommen  trachtet,  um  wieder  die  ihren  Anforde- 
rungen entsprechende  Schicht  aufzusuchen.  Geber  bringt  die  sich  hierauf 
beziehende  Zeichnung  nach  B[aposi  in  Ziemssens  Handbuch  der  Haut- 
krankheiten. Sein  Zeichner  verlegt  aber  auffklligerweise  diese  Herde  der 
Epithelproliferation  oberhalb  des  Milbenganges.  Eine  Epithelproliferation 
findet  übrigens  weder  über  noch  unter  dem  Gange  statt,  was  nach  unsem 
Kenntnissen  von  der  Proliferation  der  Epidermiszellen  nicht  anders  zu 
erwarten  war.  Die  Teilung  der  Epidermiszellen  findet  auch  unter  patho- 
logischen Verhältnissen  nur  in  den  unteren  Stachelzelllagen  statt,  nie  in 
der  Hornschicht,  die  Lagerungsverhältnisse  der  Milbe  werden  also  hier- 
durch nicht  verändert,  und  somit  entfällt  dieser  Dmstand  als  Ursache  des 
Weiterwandems  der  Milbe.  Hingegen  kann  vielleicht  der  ProzeJs,  den 
Kaposi  mit  dem  Namen  der  „Verhomung"  der  unter  der  Milbe  liegenden 
Reteschicht  bezeichnet,  mit  dazu  beitragen,  um  die  Milbe  zum  Fort- 
wandern zu  bewegen.  Da  ich  den  Milbengang  immer  nur  in  der  Horn- 
schicht fand,  kann  ich  von  einer  Epithelverhornung  des  Rete  natürlich 
nicht  sprechen.  Doch  die  die  Milbe  umgebende  Hornschicht,  also  die 
Wand  des  Milbenganges,  finde  auch  ich  verändert.  Die  Hornschicht  ist 
hier  dichter,  fester,  starrer,  trockener  geworden  und  färbt  sich  z.  B.  mit 
Safranin  viel  intensiver  als  die  Nachbarschaft.  Diese  Starrheit  des 
Kanals    ist    eben    die  Ursache,    dafs    derselbe  nach  dem  Durchgange  der 


363 

Milbe  nicht  zusammenfkUt  nnd  besonders  bei  der  Flächenansicbt  überall 
dieselbe  Breite  besitzt.  Diese  Dichtigkeit  und  Trockenheit  der  umgeben- 
den Homschicht  harmoniert  wohl  nicht  mit  den  Ansprüchen  der  Milbe, 
sie  bohrt  weiter  in  die  Nachbarschaft,  wo  zwischen  den  noch  nicht  ver- 
trockneten, nicht  komprimierten  Zellen  das  Nährmaterial  leichter  zu  be- 
schafiFen  ist.  Es  ist  aber  doch  zu  bedenken,  dals  bei  der  Borkenkrätze 
selbst  im  Nagel  Milben  angetroffen  werden,  also  unter  Umständen,  welche 
denselben  viel  schwerere  Lebensbedingungen  setzen  müTsten  als  die  eben 
beschiiebenen. 

Die  Veränderung  der  umgebenden  Homschicht  wird  wohl  nur  durch 
das  physikalische  Moment  der  Durchwühlung  verursacht.  Durch  die 
Bildung  des  Hohlraumes  wird  die  Vertrocknung,  durch  das  Dazwischen- 
treten und  Wühlen  der  Milbe  die  Verdichtung  der  benachbarten  Schicht 
begünstigt. 

Zu  den  bekannten  Thatsachen  über  die  Entwickelung,  Lebensweise 
etc.  der  Milbe  habe  ich  nichts  hinzuzufügen.  Hingegen  scheinen  mir 
einige,  durch  die  Milbe  verursachte  Veränderungen  der  Haut,  welche  in 
den  Kreis  des  Scabiesekzems  gehören,  erwähnenswert.. 

Die  im  Gefolge  der  Scabies  auftretenden  Effloreszenzen  waren  schon 
von  jeher  in  solche  eingeteilt,  welche  durch  die  Milbe  direkt  verursacht 
werden,  und  in  solche,  welche  nur  als  Komplikationen  aufgefaCst  werden 
müssen.  Es  ist  doch  nicht  zu  bezweifeln,  dals  die  Pustelbildung  auch 
bei  der  Scabies  nur  einer  Staphylokokkeninvasion  zu  verdanken  sei,  also 
nicht  Produkt  der .  Mübe  selbst  ist.  Die  Exkoriationen,  Krusten  und 
Borken  sind  natürlich  durch  den  kratzenden  Finger  verschuldet.  Die 
histologische  Untersuchung  lehrt  aber,  dafs  es  nicht  angehe,  alle  Efflo- 
reszenzen (Knötchen,  Bläschen,  Pusteln)  nur  dem  mechanischen  Insult  des 
Kratzens  zuzuschreiben  und  den  Milben  nur  die  Bildung  des  Ganges  und 
den  dadurch  verursachten  Juckreiz  zu  vindizieren.  Man  kann  auch  aus 
diesem  Grunde  die  Krätze  nicht  als  ein  artefizielles  Ekzem  auffassen, 
welches  zur  Ursache  das  durch  die  Gegenwart  der  Milbe  bedingte  Jucken 
nnd  den  kratzenden  Finger  hat. 

Die  Befunde,  auf  die  ich  hiermit  hinweisen  will,  beziehen  sich  auf 
die  Art  der  Bläschenbildung,  welche  hier  einige  Eigentümlichkeiten  hat. 
Die  jüngsten  und  kleinsten  Bläschen  befinden  sich  gewöhnlich  knapp 
unterhalb  des  Milbenganges,  oft  sogar  in  der  Homschicht.  Indem  die- 
selben sich  vergröfsem,  wachsen  sie  so  zu  sagen  nach  abwärts  und  dehnen 
sich  auf  Kosten  der  Stachelschicht  aus,  die  nun  in  die  Bläschen  aufgeht. 
In  der  Aufquellung  der  Hornzellen,  d.  h.  in  Bildung  der  Bläschen  in  der 
Homschicht,  Eegt  doch  nach  dem  durch  Unna  erbrachten  Beweis,  dais 
nur  der  Mantel  der  Zelle,  im  Innem  derselben  aber  noch  quellbare  Sub- 
stanz enthalten  ist,  nichts  Auffälliges.   Nur  der  Umstand,  dals  die  jüngsten 


364 

Bläschen  sich  so  enge  an  die  Nachbarschaft  des  Ganges  halten,  erregt 
berechtigte  Aufmerksamkeit.  Wenn  die  oberen  Zellen  infolge  der  die 
Epidermis  durchtränkenden  Lymphe  aufquellen,  während  die  unteren  sieh 
noch  ganz  normal  erweisen,  so  ist  dies  nur  durch  die  Annahme  erklärlich, 
dafs  die  dem  Milbengange  näheren  Zellen  durch  den  Krankheitsprozefe 
widerstandsunfähiger,  oder  abgetötet  werden  und  nun  der  Kolliquations- 
nekrose  verfallen.  Da  nun  diese  Zellen  nicht  in  der  unmittelbaren  Nach- 
barschaft der  Milbe,  sondern  von  letzterer  durch  die  Wand  des  Granges 
abgeschieden  liegen,  so  ist  an  eine  mechanische  Läsion  derselben  durch 
die  Milbe  nicht  zu  denken.  (Die  die  Wand  des  Milbenganges  bildenden, 
komprimierten  und  vertrockneten  Zellen  scheinen-  überhaupt  einer  ähn- 
lichen Veränderung  nicht  mehr  fähig  zu  sein.)  Es  mufe  also  zur  Er- 
klärung dieser*  „Femwirkung"  der  Milbe  ein  von  derselben  sezemiertes 
Gift  angenommen  werden,  welches  auf  die  betreflfenden  Zellen  einen 
deletären  Einflufs  ausübt. 

Diese  Annahme  scheint  auch  den  klinischen  Symptomen  gut  zu  eüt- 
sprechen.  Ein  in  die  Epidermis  hineingeratener  Fremdkörper  verursacht 
kein  hochgradiges  Jucken,  und  auch*  das  Herumwühlen  der  Milbe  in  der 
Homschicht  scheint  mir  für  das  zeitweise  so  hochgradige  Jucken  der 
Skabiosen  ein  ungenügender  Grund  zu  sein.  Die  Annahme  einer  zeit- 
weisen Sekretion  irgend  einer  reizenden  •  Substanz  von  Seite  der  Milbe 
erweist  sich  mir  auch  infolge  dieses  Umstandes  nicht  als  grundlos.  Das 
Vorhandensein  derselben  haben  auch  Boürgüignon  und  Moquin  Tandok 
behauptet,  und  Hardy  bemühte  sich  den  experimentellen  Beweis  für  ihr 
Vorhandensein  zu  erbringen,  indem  er  sich  mit  der  durch  Zerquetscheo 
einiger  Milben  gewonnenen  Masse  impfte.  Während  nun  an  den  zwt 
Kontrolle  mit  „sterilen"  Instrumenten  behandelten  Stellen  keine  Ver- 
änderung eintrat,  entstanden  an  den  geimpften  Punkten  unter  ziemlichem 
Jucken  Papeln. 

Schon  das  bisher  Erwähnte  scheint  mir  mit  ziemlicher  Sicherheit  für 
das  eben  Behauptete  zu  sprechen;  die  weiteren  Veränderungen  der  Hant 
beim  Scabiesprozesse  tragen  noch  einiges  zur  weiteren  Bekräftigung  dieser 
Ansicht  bei. 

Es  entwickeln  sich  nämlich  Reizungserscheinungen  im  Korium  und 
in  den  tieferen  Schichten  des  Rete  Malpighi.  Die  Gefäfse  des  Stratum 
papilläre  erweitern  sich,  ihre  Endothelien,  sowie  auch  die  fixen  Binde- 
gewebszellen weisen  da  und  dort  Kernteilungsfiguren  auf;  die  Papillen 
erscheinen  ödematös  durchtränkt,  zwischen  den  tiefer  gelegenen  Zellen 
der  Stachelschicht  sieht  man  einzelne  Wanderzellen  sich  hindurchdrängen, 
und  die  Bläschenbildung  schreitet  immer  mehr  in  die  Tiefe.  Im  Ver- 
laufe der  letzteren  quillt  das  Protoplasma  der  tiefer  liegenden  Zellen 
ebenfalls  auf;   die  Zellen  werden  hell,  durchsichtig,  bauchig  aufgetrieben, 


j 


365 

ihr  Inhalt  flüssig;  nur  die  Randpartie  bleibt  länger  konsistent,  nnd  auch 
der  Kern  ist  lange  durch  Färbung  nachweisbar.  Die  der  Bläschenmitte 
zu  gelagerten  Zellen,  welche  also  die  nächste  Umgrenzung  des  flüssigen 
Bläscheninhalts  bilden,  platzen  .endlich,  und  man  sieht  die  konsistentere 
Randschicht  an  einer  Stelle  durchrissen,  den  Kern  nicht  mehr  im  Innern 
der  geplatzten  Kugel.  Während  also  das  Bläschen  im  Anfang  nur  aus 
gequollenen  'Epithelien  bestand  und  von  den  Wänden  derselben  septen- 
artig  durchzogen  war,  findet  man  diese  Zeichnung  später  nur  an  der 
Bandzone  des  Bläschens.  Durch  die  allmähliche  Vergröfserung  des 
Bläschens  werden  die  benachbarten,  der  Degeneration  noch  nicht  anheim- 
gefallenen Zellen  des  Rete  Malpighi  etwas  abgeflacht.  Im  Innern  der 
Bläschen  befinden  sich  neben  Resten  der  Zellenwand  Fragment^  der 
Kerne,  welchen  sich  später  einige  durch  die  interepithelialen  Lymph- 
spalten gewanderte  weifse  Blutkörperchen  zugesellen. 

Diese  Erscheinungen  lassen  sich  nun  keinenfalls  auf  die  an  der  Haut 
bewirkten  mechanischen  Läsion,  welche  durch  die  die  Homschicht  durch- 
wühlende Milbe  verursacht  werden,  allein  beziehen.  Die  Annahme  einer 
durch  die  Milbe  abgesonderten,  bis  in  das  Korium  diflFundierenden  und 
auch  dessen  Gefäfse  und  Zellen  reizenden  Substanz  scheint  mir  zur  Er- 
klärung der  eben  mitgeteilten  Befunde  vollkommene  Berechtigung  zu 
haben. 

Aus  meinen  Präparaten  ergibt  sich  mithin: 

1.  dafs  der  Milbengang  sich  hier  nicht  in  der  Stachelschicht,  sondern 
in  der  untersten  Lage  der  mittleren  Homschicht  befindet; 

2.  dafs  das  Scabiesekzem  kein  durch  das  Kratzen  hervorgerufenes, 
sondern  aus  histologischen  Gründen  wahrscheinlich  ein  durch  die  Milbe, 
resp.  durch  die  von  derselben  abgesonderte  reizende  Substanz  verur- 
sachtes Ekzem  sei. 

Weiteren  Untersuchungen  mufs  es  vorbehalten  bleiben  zu  entscheiden, 
ob  die  von  mir  gefundenen  und  mit  den  bisherigen  Beobachtungen  in 
Widerspruch  stehenden  Thatsachen  eine  allgemeine  Gültigkeit  für  den 
Scabiesprozefs  besitzen,  was  bei  der  ausnahmslosen  Gleichförmigkeit  der 
Befunde  bei  7  Milbengängen  mir  jetzt  schon  wahrscheinlich  ist. 


366 


Die  Fortschritte  der  Hantanatomie  in  den  letiten 

5  Jahren. 

Von 

P.  G.  Unna. 

VI. 

Das  Pigment  der  Haut. 

Die  Bearbeitung  des  Hautpigmentes  gehört  fast  ganz  dem  letztes 
Lustrum  an;  kein  andrer  Teil  der  Hautanatomie  ist  seitdem  so  yyä. 
gefördert  worden.  Zunächst  war  der  Sitz  des  Pigmentes  an  der  Stachel- 
schicht näher  zu  erforschen,  da  Waldeybrs  Angaben  über  diesen  Punkt 
(1884)  den  meinen  (1876)  schnurstracks  zuwider  Uefen.  Ich  hatte  iSr 
das  Haar  angegeben,  daJjs  die  Matrixzellen  der  Haarrinde  in  Pigment- 
Scheiden  steckten,  liefs  aber  zu,  .^dafs  weiter  oben  im  Schaft  und  bei 
stärkerer  Pigmentierung  das  Pigment  seinen  Weg  in  die  Zellen  selbst 
finden  mag."  Waldeyer  sieht  umgekehrt  daa  Pigment  sicher  ^am 
unteren  noch  weichen  Haarende  in  den  Bildungszellen  der  Rinde**  li^en 
und  gibt  umgekehrt  zu,  dafs  „weiter  nach  oben  wohl  einzelne  Pigment- 
kömchen  zwischen  dieselben  gelangen." 

E.IEHL  (Zur  Kenntnis  des  Pigmentes  im  menschlichen  Haar. 
Vief'teljahresschr.  f.  Dermat.  1884.  pag.  33)  untersuchte  nun  dieselbe  Frage 
am  Haar  und  fand  das  Pigment  zuerst  unterhalb  der  Papille  und  in  der 
Papille  an  unregelmäfsig  gestaltete,  verästigte  Wanderzellen  gebunden, 
mit  denen  es  in  die  Interstitien  zwischen  die  Epithelien  gelangt.  Weiter 
oben  verschwindet  es  aus  den  Interstitien  immer  mehr  und  häuft  sick 
dafür  im  Protoplosma  der  Epithelzellen  an.  Noch  ehe  die  Bindenzellen 
ganz  verhornt  sind,  umgibt  es  in  dichter  Lage  die  Kerne  derselben, 
welche  vollkommen  frei  bleiben,  und  zeigt  sich  in  der  Peripherie  der 
Zellen  unregelmäfsig  verteilt.  Bei  der  Verhomung  scheint  RiSHL  eine 
diflFase  Verteilung,  eine  Art  Lösung  des  Pigmentes  in  der  Homsubsfaoz 
vor  sich  zu  gehen.  Wo  das  Protoplasma  der  Wanderzellen  bleibt,  welche 
ihr  Pigment  an  die  Epithelien  abgegeben  haben,  weifs  £.iehl  nicht  «u 
sagen. 

Zur  selben  Zeit  wie  Biehl  hat  auch  Aeby  in  einer  kurzen  vo^ 
läufigen  Mitteilung  (Die  Herkunft  des  Pigmentes  im  Epithel.  Medis^ 
Cmt/ralbl,  1885.  .  No.  16)  den  allgemeinen  Satz  aufgestellt,  dafs  das 
Pigment  nicht  im  Epithel  selbst  gebildet,  sondern  durch  Wanderzellen 
aus  dem  Bindegewebe  dahin  getragen  und  dort  deponiert  würde.  Leider 
verhinderte  der  bald  erfolgende  Tod  dieses  Autors  eine  ausführliche  nsd 


367 

beweisende  Publikation.  Bishl  war  daher  der  erste,  welcher  diese 
These  für  einen  speziellen  Fundort  des  Pigmentes  am  Menschen  näher 
begründete.  Was  die  Lagerung  des  Pigmentes  betrifit,  so  vermittelt  Ribhl 
nicht,  wie  er  sagt,  zwischen  Waldbyer  und  mir,  sondern  stellt  sich  ganz 
auf  meine  Seite,  indem  er  das  Pigment  von  auisen  in  die  Epithelzellen 
hinein-  und  nicht  aus  denselben  heraustreten  sieht,  während  die  Rinden- 
zelle altert. 

Ehbmann  (Untersuchungen  über  die  Physiologie  und  Patho- 
logie des  Hautpigmentes.    Vierteljahr esschr.  /.  Dermat,  1886.  pag.  507) 
ging  bei  seinen  Untersuchungen  des  Hautpigmentes  einerseits  vom  Studium 
der  Amphibienhaut  aus,  von  welcher  die  Pigmentierung  durch  Pigmentzellen 
ja  bereits  viel  genauer  studiert  war,    andeimts  machte  er,  wie  Quincke, 
Experimente   über    die  künstliche  Bildung  von  Pigment  auf  Blutfarbstoff 
im    Gewebe.     Er    brachte    Hunde    und  Meerschweinchen  blutunterlaufene 
Quetschungen  bei  und  fand,  dais  der  von  Zellen  aufgenommene  Blutfarb- 
stoff sich  regelmäfsig  in  amorphes,  kömiges  Pigment  umwandelt,  während 
sich  frei  im  Gewebe  aus    demselben  Hämatoidinkristalle  bildeten.    Später 
enthielten    dieselben   Gewebe    massenhaftes    amorphes    Pigment  in  Zellen 
der  Cutis    und    in    der    Stachelschicht  der  Oberhaut.     Die  Untersuchung 
der   Cutis    des   Frosches    führte    anderseits   zu   dem    Schlüsse,    dafs    die 
Pigmentzellen    sich    überall    dicht  an  die  Blutgefäfse  halten,  in  der  mitt- 
leren,  „gegitterten",  gefäislosen  Lage  fehlen,  um  das  Kapiilarnetz  der  Ober- 
fläche   reichlich    vorhanden    sind    u.  s.  f.      Eurmank    leitet    daher    das 
Hautpigment   hier    aus    dem    Blutfarbstoff  ab,    welchen  die  den  Ge&isen 
zunächst    gelegenen    Bindegewebszellen    aufnehmen.        Aber    auch    beim 
Säugetier    hält    sich    das    Pigment    genau  an   die   stark    vaskularisierten 
Bezirke;    es    erstreckt    sich    beispielsweise    vom    Konjunktivalepithel    ins 
Kornealepithel  nur,  soweit  die  Randgefufszone  der  Cornea  reicht. 

Die  Pigmentation  der  Oberhaut  von  der  Cutis  aus  geht  nur  beim 
Frosch  so  vor  sich,  dafs  die  unterhalb  des  Epithels  gelagerten  verästigten 
Bindegewebszellen  ihr  Pigment  an  die  unteren  Zellen  der  Oberhaut  ab- 
geben, während  sie  selbst  vorübergehend  pigmentfrei  werden.  Wenn 
dieser  Pigmentschub  in  die  oberen  Epithellagen  aufgestiegen  ist,  erscheinen 
die  unteren  Epithelien  pigmentfrei  und  die  verästigten  Zellen  der  Cutis 
bereits  wieder  beladen  mit  Pigment.  Beim  Säugetier  und  Mensch  enthält 
die  Keimschicht  der  Oberhaut  zunächst  das  Pigment,  welches  von  den 
Pigmentzellen  der  Cutis  abgegeben  wird,  meist  schalenförmig  um  den 
oberen  Pol  des  Kerns  gelagert  und  von  dort  in  Streifen  nach  dem  Fufs- 
ende  der  Epithelzelle  ziehend.  Die  Keimzellen  der  Haarrinde  dagegen 
erhalten  selbst  kein  Pigment,  sondern  lassen  zwischen  sich  Raum  für  sehr 
lang  verzweigte  Pigmentzellen,  die  noch  3 — 4mal  höher  zwischen  die 
Uatrizzellen   hinauf  ihre   Äste   senden,    als  Rishl,  dem  Ehrmann  sonst 


368 

vollkommen  beistimmt,  '  angibt  (6 — 16  Zellenhöhen).  Ehrmä5N  findet 
also  auch  das  Pigment  zwischen,  nicht  in  den  Keimzellen  der  Hau- 
rinde  liegen.  Die  Pigmentzellen  der  Oberhaut  sind  zart,  sternförmig  und 
anastomosieren  untereinander;  sie  sind  viel  schmächtiger  als  die  Figment- 
zellen  der  Cutis.  Sie  sind  wie  diese  stabil  und  wandern  nicht  aus  da 
Cutis  in  die  Oberhaut,  sondern  entnehmen  nur  das  Pigment  den  pig- 
mentierten Bindegewebszellen.  Es  besteht  also  nur  eine  Pigmentwande- 
rung,  keine  Pigmentzellenwanderung,  wie'ÄEBY  und  Riehl  glaubten. 

Das  Pigment  wird  beim  Menschen,  obgleich  es  fast  nur  im  Epithel 
zu  finden  ist,  doch  insgesamt  in  der  Cutis  gebildet;  dies  schliefst  Ehkmakj 
einerseits  aus  der  Analogie  mit  der  Amphibienhaut,  wo  das  massenhafte 
Aufsteigen  aus  der  Cutis  sich  besser  beobachten  läfst,  anderseits  daraus, 
dafs  bei  stärkerer  Pigmentierung  stets  auch  Pigmentzellen  sich  in  der 
Cutis  finden.  Er  erklärt  das  gehäufte  Vorkommen  in  der  Oberhaut  hie: 
durch  die  Existenz  der  Hornschicht  (wie  bei  Reptilien),  ohne  diese  vörde 
das  Pigment,  weil  es  kontinuierlich  aufwärts  wandert,  abgestoJsen  werden; 
nun  wird  es  in  der  Oberhaut  festgehalten  und  nur  mit  den  Homschuppen 
schliefslich  entfernt.  Diejenigen  pathologischen  Zustände  der  flaut 
(Vitiligo,  Poliosis),  wo  die  Cutis  pigmentiert,  die  Oberhaut  pigmentfra 
sind,  erklären  sich  durch  den  Mangel  der  verästigten,  cellulären  Pigment- 
träger. 

Wie  gelangt  aber  nun  das  Pigment  aus .  den  verästigten  Bindegewete- 
'  Zellen  in  die  verästigten  interepithelialen  Zellen,  resp.  in  die  basalen 
Epithelien  selbst?  "Wie  wandert  Pigment  ohne  eigne  aktive  Beweglich- 
keit von  einer  Zelle  zur  andern?  Diese  nach  Beseitigung  von  Eekhls 
Wanderzellen  höchst  rätselhafte  Thatsache  erklärt  sich  nach  EhbjcasJ 
„ganz  einfach"  f olgendermafsen : 

„Die  mit  aktiver  Beweglichkeit  (aus  den  beweglichen  Pigmentzellen 
färben  wechselnder  Tiere  erschlossen.  Ref.)  versehenen  subepidermidate 
Pigmentzellen  treten  mit  den  ebenfalls  aktiv  beweglichen  fingerförmigen 
Portsätzen  (nach  Stricker.  Ref)  der  Basalzellen  in  Verbindung.  Auf 
den  so  entstandenen  Brücken  tritt  das  Pigment  in  die   Basalzelle   über.' 

Soweit  ist  alles  nicht  gerade  unglaublich  und  die  Übertragung  aktiver 
Beweglichkeit  von  den  Wanderzellen  auf  die  subepithelialen  Bindege- 
webszellen und  basalen  Epithelien,  so  wenig  die  histologischen  Verhilt- 
nisse  der  Cutisgrenze  am  Menschen  für  eine  solche  sprechen,  gäbe  aller- 
dings ein  Verständnis  der  Pigmentwanderung;  dann  fährt  aber  Ehe- 
mann fort: 

„und  ein  Teil  des  Fortsatzes  der  Bindegewebszelle  wird  vom  Zellen- 
leibe  der  Basalzelle  aufgenommen.'" 

Hierbei  stützt  sich  unser  Autor  auf  nichts  weniger  als  die  —  Bbkrtb- 
schen  Gebilde  im  Froschlarvenschwanze.     Hoffentlich  ist  dieses  die  letzie 


369 

I^hase,  welche  die  Byssuszellen  Leydigs  durchzumachen  haben.  Nach 
allem,  was  wir  oben  hierüber  bereits  mitgeteilt,  und  trotz  des  Geschicks, 
mit  welchem  Ehrmann  die  GAULEsche  Arbeit  für  seine  neue  Theorie 
dieser  Gebilde  verwendet,  bleibt  an  der  ganzen  Sache  wohl  nichts  anderes, 
als  dafs  bei  etwas  älteren  Salamandern  hin  und  wieder  in  den  basalen 
Epithelien  Pigment  in  einer  Form  auftritt,  die  an  die .  EßERTHSchen  Ge- 
bilde erinnert.  Gehören  die  EßERTHschen  Gebilde  dem  Saftkanalsystem 
an,  wie  ich  annehme,  so  liegt  in  einem  Pigmentgehalt  derselben  nichts 
besonderes  und  macht  die  von  Ehrmann  angenommene,  vorübergehende 
Invagination  der  subepithelialen  Bindegewebszellen  in  die  basalen  Epithelien 
unnötig.  Wir  finden,  oflFen  gesagt,  diese  letztere  "Idee  von  Ehrmann 
etwas  abenteuerlich  und  sehen  in  ihr  nichts  weniger  als  „den  letzten 
Beitrag  zur  Aufklärung  dieser  Gebilde." 

Die  Weiterbeförderung  des  Pigments  nach  oben  bei  den  Amphibien 
besorgen  neue,  reichlich  mit  feinen  Ausläufern  versehene,  kreisförmige 
oder  ovale  Zellen  der  zweiten  Epithellage  (Taf.  22,  Fig.  2),  welche  den 
w^eniger  reichlich  verzweigten,  unregelmäfsig  gestalteten  Pigmentzellen  des 
Bindegewebes  so  unähnlich  sind,  dafs  Ehrmann  sie  .für  Epithelzelleu 
hält.  Ich  gestehe,  dafs  das  betreffende  Bild  so  frappant  einer  gelungenen 
interepithelialen  Injektion  mit  Asphalt  oder  einer  natürlichen  (durch 
Osmium  geschwärzten)  Injektion  der  Epithellymphwege  mit  Fett  (beim 
Ekzema  seborrhoicum)  gleicht,  dafs  ich  vielmehr  geneigt  bin,  diese  sog. 
pigmentführenden  Epithelien  als  in  Pigment  eingebettete  Epithelien,  ihre 
sog.  Ausläufer  als  Ausgiefsungen  der  nächstgelegenen  SafÜücken  mit 
Pigment  anzusehen,  besonders  da  sie  nach  Abstofsung  des  Pigments  sich 
wieder  in  unverzweigte  Epithelien  verwandeln  sollen. 

Sehr  mit  Recht  macht  Ehrmann  auf  die  groJse  Bedeutung  der  Ab- 
wesenheit von  Bildern  aufmerksam  (bei  den  Amphibien),  wo  unter  der 
Basalmembran  liegende  pigmentierte  Zellen  halb  ins  Epithel  aufragen 
und  in  diesem  sich  reichlich  verzweigen.  Nur  diese  würden  eine  Pig- 
mentzellenwanderung sicher  beweisen.  Auch  wir  glauben  nicht  an  eine 
solche.  Aber  anderseits  versäumt  Ehrmann,  die  Zellennatur  seiner  s'oge- 
genannten  Pigmentübertrager,  die  innerhalb  der  Oberhaut  stabil  sein  sollen, 
gegen  die  nächstliegenden  Einwürfe  sicher  zu  stellen.  Alle  seine  Bilder 
erklären  sich  einfach  als  sehr  vollkommene  Ausgüsse  der  Saftspalten  des 
Epithels  mittels  Pigmentbrockeu,  die  ja  wohl  aus  den  subepithelialen 
Pigmentzellen  herstammen  mögen. 

Die  PigmentwandeiTing  beim  Menschen  wird  nun  mehr  durch  die 
Analogie  der  Amphibienhaut  als  durch  neue  Beweise  gestützt,  ebenfalls 
für  die  Haare  als  eine  indirekte  Übertragung  durch  stabile,  in  der  Haar- 
wurzel sefshafte,  verzweigte  Zellen  beschrieben.  Diese  sollen  bei  Canities 
praematura    fehlen;    das    ist   sehr    wahrscheinlich.     Dafs   sie  aber  für  ge- 


370 

wohnlich  vorkommen,  dafs  mit  andern  Worten  Ehrmanns  verzweigte 
Pigmentzellen  daselbst  nicht  einfach  Ausgüsse  der  interepithelialen  Saft- 
kanäle mit  Pigment  sind,  das  hat  der  Autor  nirgends  bewiesen.  Wir 
protestieren  aber  hier  wie  anderswo  gegen  jede  nicht  strikt  bewiesene 
Übertragung  der  Zellnatur  auf  zellähnlich  gestaltete  Dinge. 

An  der  Oberhaut  des  Menschen  soll  aufser  der  indirekten  Über- 
tragung durch  verzweigte  Zellen  der  Outisgrenze  in  weit  beschränktem 
Mafse  auch  die  direkte  Übertragung  von  Bindegewebs  an  basale  Epithel- 
zellen vorkommen.  Auch  diese  in  der  Histologie  ganz  einzig  dastehende, 
wenn  auch  nur  vorübergehende  Verschmelzung  von  Bindegewebszellen 
und  Epithelien  scheint  mir  von  Ehrmann  noch  nicht  genügend  bewiesen 
zu  sein. 

Übrigens  halten  wir  mit  Ehrmann  gegen  B.iehl  daran  fest,  dafs  die 
Leucopathia  syphilitica,  die  Vitiligo  und  Poliosis  nicht  durch  Abwärts- 
schaffung des  bereits  vorhandenen  Pigments,  sondern  durch  Sistierung  von 
neuerzeugtem  viel  wahrscheinlicher  erklärt  werden,  wenn  wir  dazu  auch 
gerade  nicht  wie  Ehrmann  des  Mangels  von  Pigment  übertragenden 
Zellen  bedürfen. 

Der  Hauptwert  der  EnRMANNschen  Arbeit  scheint  uns  eineraeits  in 
den  experimentellen  und  histologischen  Beweisen  für  die  Pigmenterzeu- 
gung in  der  Cutis  zu  liegen,  anderseits  in  den  vielföltigen,  instruktiven 
Schilderungen  der  Pigmentwanderung  ohne  Wanderung  der  Cutiszellen, 
welche  das  Pigment  beherbergen.  Seine  weit  ausgesponnene  Theorie 
eigner,  cellulärer  Pigmentübertrager  in  der  Epidermis  dagegen  erscheint 
uns  durchaus  noch  unbewiesen  und  unwahrscheinlich,  und  die  morphologi- 
schen Unterschiede  zwischen  den  verästelten  Pigmentzellen  der  Cutis  und 
den  sog.  verästelten  Pigmentzellen  der  Oberhaut  alle  nur  dafür  zu  sprechen, 
dafs  die  letzteren  eben  gar  keine  Zellen  sind. 

Nothnagel  (Zur  Pathologie  des  Morbus  Adwson.  Zeitschr.  /*. 
klin.  Med.  Bd.  IX.  Heft  3  u.  4)  schlie&t  sich  Aeby,  Biehl  und  Ehrmann 
darin  an,  dafs  er  das  Pigment  der  Oberhaut  bei  der  ADDisoNschen 
Krankheit  und  das  damit  vollständig  übereinstimmende  der  weifsen  und 
schwarzen  Rassen  aus  den  Pigmentzellen  der  Cutis  ableitet.  Nothnagel 
konnte  an  dem  Oberhautpigmente  beim  Morbus  Addison  nicht  die  Perls- 
sehe  Eisenreaktion  mit  Perrocvankalium  und  Salzsäure  erhalten,  was  ich 
für  das  normale  Oberhautpigment  nach  eignen,  früheren  Versuchen  be- 
stätigen kann.  Der  Autor  möchte  das  Nervensystem  für  die  Bedingungen 
verantwortlich  machen,  welche  einen  reichlichen  Blutfarbstoffaustritt  in 
die  perivaskulären  Bindegewebszellen  gestatten.  Über  den  Modus  der 
Fortschafiung  des  gebildeten  Pigments  in  das  Epithel  stellt  er  keine 
Theorie  auf. 

Karg  (Verhandlungen  der  ersten  Versammlung  der  anatom.  Gesellsch. 


371 

1887.  AncUom,  Anzeiger.  J887.  pag.  377)  beobachtete,  dafs  weifse,  auf 
das  Unterschenkelgescbwür  eines  Negers  transplantierte  Haut  daselbst 
bald  tief  schwarz  wurde.  Umgekehrt  ergab  die  Trausplantation  schwarzer 
flaut  auf  die  Substanzverluste  eines  Wei&en,  daüs  dieselbe  mit  der  Zeit 
ihr  Pigment  verlor.  Die  Pigmentierung  der  weifsen  Haut  geschah,  indem 
zunächst  das  intercellulare  Kanalsystem  des  Epithels  von  schwarzen  Fäden 
durchzogen  wurde,  welche  Karg,  nach  Ehrmann  und  ohne  besondere 
Beweise,  für  Ausläufer,  von  Zellen  hält,  welche  an  der  Grenze  von  Ober- 
haut imd  Cutis  liegen.  Erst  später  sammelt  sich  das  Pigment  in  Körn- 
chen im  Innern  der  Epithelzellen  an.  Die  Pigmentzellen  der  Cutis  haben 
keine  Ausläufer.  Der  Pigmentschwund  der  schwarzen  Haut  zeigte  zuerst 
einen  Pigmentverlust  der  Stachelschicht,  während  die  Hornschicht  noch 
länger  Pigment  enthielt  (übereinstimmend  mit  Ehrmanns  Theorie).  Wichtig 
erscheint  uns  aufserdem  der  Befund  von  Pigment  in  den  Talgdrüsen,/ wo 
es  Karo  der  Verfettung  anheimzufallen  schien. 

In  bezug  auf  den  Modus  der  Pigmentübertragung  schlieM  sich  Karg 
an  Aeby  und  Riehl  an,  indem  er  Wanderzellen  (Chromatophoren)  mit 
diesem  Geschäfte  betraut.  Aber  mehr  noch  als  das.  Diese  pigment- 
beladenen  Wanderzellen  sollen  auch  als  Nähi'material  für  das  Epithel 
dienen.  So  lange  sie  noch  «fehlen,  ist  das  Aussehen  der  transplantierten 
Stücke  ein  kümmerliches,  wenn  sie  erscheinen,  sehen  jene  frisch  aus  und 
zeigen  energische  Proliferationsvorgänge.  Diese  Thatsache  mag  klinisch 
sehr  gut  beobachtet  sein;  ihre  Deutung  aber  ist  wohl  einfacher  die  um 
gekehrte:  so  lange  die  transplantierten  Stücke  schlecht  ernährt  werden, 
wandert  auch  noch  kein  Pigment  ein,  sondern  erst  mit  einem  kräftigeren 
Saftstrome. 

Es  ist  sehr  bezeichnend,  dafs  es  ^ trotz  mannigfacher  darauf  gerichteter 
Bemühungen**  Karg  ebensowenig  wie  Ehrmann  gelungen  ist,  das  Chro- 
matophorennetz  an  weiiJser  Oberhaut  einwandsfrei  (durch  Tinktion)  nach- 
zuweisen. Es  existiert  eben  nicht;  sonst  wäre  es  in  der  Hauthistologie 
wohl  schon  länger  bekannt.  Trotzdem  kann  sich  Karg,  wie  Aeby,  von 
der  Idee  einer  Ernährung  der  Epithelien  durch  Wanderzellen  nicht  los- 
reiisen  —  in  der  in  verschämter  Weise  die  alte  Theorie  von  Bisiadbcki 
wieder  auflebt,  welche  jetzt  ganz  verlassen  ist,  nach  der  aus  Wanderzellen 
direkt  Epithelien  werden.  Eines  ist  so  unnötig  und  unbewiesen  wie  4»^ 
andere. 

V.  KöLLiKER  (Woher  stammt  das  Pigment  in  den  Epidermis- 
gebilden.  Anatom,  Anzeiger.  1887.  pag.  483)  hat  schon  vor  Jahren 
Dach  eignen  Befunden  und  solchen  von  Lbydig  und  H.  Müllbr  die 
Vermutung  ausgesprochen,  dafs  alle  Pigmentzellen  in  den  Oberhäuten 
aus  der  Cutis  durch  Einwanderung  in  dieselbe  gelangen.  Er  schliefst 
sich   nach   neueren   Untersuchungen   ganz    an  Aeby  und  Biehl  an  (die 


372 

EHRMANNsche  Arbeit  scheint  v.  Kölliker  damals  noch  unbekannt  ge- 
wesen zn  sein).  Als  besonders  passende  Objekte  zur  Demonstration  nenat 
V.  Kölliker  die  menschlichen  Haare,  den  Bast  des  sich  entwickelnden 
Hirschgeweihes,  die  Federkeime  des  Hühnchens,  die  Oberhaut  des  D^om^ 
dars  und  des  Gorilla.  Während  hier  der  Nachweis  von  verästigten 
Pigmentzellen  in  der  tieferen  Stachelschicht  und  an  der  Grenze  von  Cutis 
und  Stachelschicht  durch  die  Menge  und  Gröfse  derselben  sehr  erleichtert 
ist,  war  es  Kölliker  bisher  noch  nicht  möglich  in*  der  menschlichen 
Oberhaut  verzweigte  Pigmentzellen  zu  entdecken.  Dagegen 
fand  Kölliker  hier  auch  wie  alle  Histologen  vor  ihm  kleinere,  mehr 
rundliche*  Pigmentzellen  in  der  Cutis  bis  unmittelbar  an  das  Epithel 
heran  und  glaubt,  gestützt  besonders  auf  Kargs  Präparate,  dafs  auch  hier 
derselbe  Modus  der  Pigmenteinwanderung  besteht,  aber  nur  schwerer  nach- 
weisbar sei. 

Seither  hat  der  hochverdiente  Nestor  der  Histologen  dieselbe  Frage 
noch  zweimal  erörtert,  einmal  in  einem  Vortrage:  über  die  Entstehung 
des  Pigmentes  in  den  Oberhautgebilden  [Sitzber,  d,  Würzb.  Phifs. 
tned.  GeseUsch.  vom  4.  Juni  1887)  und  in  einer  gleichnamigen  mit  Ab- 
bildungen reich  ausgestatteten  Abhandlung  in  der  Zeitschrift  für  unssenscJi. 
Zoologie  (Bd.  45.  Heft  4.  1887). 

Jenem  Vortrage  entnehme  ich  die  Anschauung  v.  Köllikers,  dafe 
die  pigmentierten  Bindegewebszellen  ohne  Ausnahme  nur  in  den  tiefsten 
Lagen  der  Stachelschicht  liegen  und  weit  von  der  Cutis  entfernte  Epithel- 
abkömmlinge ihr  Pigment  nicht  in  loco,  sondern  bereits  zu  einer  Zeit 
aufgenommen  haben,  wo  sie  noch  der  Lederhaut  nahe  lagen.  Die  Pi^:- 
mentbildung  in  den  Bindegewebszellen  ist  v.  Kölliker  geneigt,  auf  die 
Anastomosierung  derselben  untereinander  und  mit  den  Adventitialzellen 
der  Blutgefäfse  und  damit  auf  ein  Transsudat  aus  dem  Blute  zu  beziehen; 
wenigstens  erscheint  eine  solche  Beziehung  wahrscheinlicher  als  eine 
spezifische,  pigmentbildende  Thätigkeit  der  Zellen.  Doch  sind  es  nicht 
die  Bindegewebezellen  ganz  allein,  welche  Pigment  zu  bilden,  vermögen; 
die  Pigmentlage  der  xSetzhaut  enthält  FarbstoflFkömer,  ehe  die  Aderhaut 
gefärbt  ißt,  ferner  nennt  v.  Kölliker  pigmentierte  Nervenzellen  als 
pigmentbildende  Abkömmlinge  des  Ektoderms.  Auch  an  pigmentierten 
Naevi,  also  pathologischen  Oberhautgebilden,  konnte  v.  Kölliker  den- 
selben Modus  der  Pigmentierung  nachweisen,  wie  er  jetzt  für  die  normale 
Oberhaut  feststeht. 

Aus  der  gröfseren  Arbeit  desselben  Autors  erfahren  wir  den  Ort 
seiner  früheren  Angabe,  dafs  wahrscheinlich  alle  verästigten  Pigmentzellen 
der  Oberhäute  eingewanderte  Bindegevvebsköipei'chen  seien.  Beobachtuogen 
über  Protopterus  annecteus  veranlafsten  ihn,  diese  Hypothese  1860  bereits 
aufzustellen   [Würzh.   Verlidlgn.  Bd.  1).     Wichtig  ist  sodann  die  Angal'e, 


A 


373 

dafs  die  Haarpapille  nod  der  Haarbalg  Pigmentzellen  enthalten,  daTs 
,,  dieselben  hier  aber  meist  viel  weniger  gnt  entwickelt  sind  als  im  Baare 
selbst.^  Diese  Angabe  wird  durchaus  bestätigt  dnrch  die  Abbildung  1, 
welche  das  Pigment  einer  isolierten  Papille  zeigt,  und  die  Figuren  2 — 7, 
welche  das  Pigment  des  Haares  nebst  Scheiden  illustrieren.  Diese  Diffe- 
renz ist  in  der  That  eine  konstante,  aber  doch  höchst  auffallende,  wenn 
es  richtig  ist,  dafs  die  Pigmentzellen  in  die  Oberhaut  einwandern.  Man 
sollte  sie  doch  dann  gerade  in  der  Cutis,  welche  das  Haar  umgibt,  optima 
forma  zu  sehen  bekommen  und  sie  sollten  hier  freier  und  schöner  aus- 
gebildet sein  als  in  den  Spalten  der  Oberhaut.  Mir  scheint  diese  That- 
sache  die  Zellennatur  der  verästigten  Pigmentfiguren  in  der  Oberhaut, 
wie  sie  v.  KOlliker  trefflich  abbildet,  sehr  zu  verdächtigen.  Genau  die- 
selben Bilder  findet  man,  wenn  eine  Fettinfiltration  der  Lymphwege  der 
Oberhaut  mittels  Osmium  geschwärzt  wird  (Fig.  15  meiner  Anatomie);  die 
Zellenleiber,  welche  scheinbar  dabei  auftreten,  sind  Infiltrationsmassen, 
welche  die  Oberhautzellen  schalenartig  umgeben. 

Fassen  wir  nun  das  Gesamtresultat  der  hier  mitgeteilten  Arbeiten 
zusammen,  so  ergibt  sich  in  betreff  eines  Punktes  wenigstens  eine  recht 
erfreuliche  Übereinstimmung.  Alle  Forscher  (Riehl,  Aebt,  Ehrmann, 
Nothnagel,  Karg,  Köllikbr)  lassen  das  Oberhautpigment  nicht  in  der 
Oberhaut  selbst  entstehen,  sondern  aus  der  Cutis  dahin  transportiert 
werden.  Für  einen  so  kurze  Zeit  erst  bearbeiteten  Gegenstand,  der  bis 
dahin  noch  völlig  dunkel,  aber  doch  a  priori  meist  umgekehrt  entschieden 
wurde,  ist  diese  Einmütigkeit  ebenso  überraschend  wie  wertvoll. 

Femer  sind  alle  Untersucher  darüber  einig,  dafs  in  den  unteren 
Lagen  des  Epithels  das  Pigment  noch  zwischen  den  Epithelien  in  den 
Saftkanälen  der  Oberhaut  sitzt,  um  höher  oben  —  und  nur  bei  starker 
Pigmentierung  bereits  unten  —  in  die  Epithelien  hineinzugelangen,  wo 
es,  wie  schon  Aebt  betonte,  sich  hauptsächlich  am  distalen  Kernpol 
ansammelt.  Involviert  diese  allgemeine  Annahme  der  Pigmenteinwande- 
rang  von  aufsen  schon  eigentlich  die  frühere,  dafs  überhaupt  solche 
intercelluläre  Spalten  zwischen  den  Epithelien  vorhanden  sind  —  was 
vor  der  Arbeit  von  Key  und  Retzius  und  meiner  Nachuntersuchung 
durchaus  nicht  angenommen  wurde  — ,  so  liegt  es  am  nächsten,  für  die 
weitere  Einwanderung  in  das  Innere  der  Epithelien  ebenfalls  die  Saft- 
kanäle, resp.  die  von  mir  angegebenen,  an  die  Kernpole  führenden  feinen 
Gänge  anzunehmen,  in  welchen  die  intracellulären  Nervenfäden  den  Kern 
erreichen. 

Uneinigkeit  herrscht  noch  zunächst  über  die  Kräfte,  welche  das 
Pigment  aufwärts  befördern.  Merkwürdigerweise  ist  die  einfachste  Kraft, 
nämlich  die  des  Lymphstroms  selbst,  fast  garnicht  in  Anspruch  genommen 
worden,    und  doch    hat  man    eigentlich   nichts  weiter  nötig,  um  alle  von 

Monauhefte.  25 


374 

den  Autoren  gezeichneten  Bilder  zu  verstehen.  Wenn  Pigmentkömer 
mittels  des  Saftstroms  in  das  Epithel  geschwemmt  werden,  so  müssen  sie 
des  Strombettes  wegen  zwischen  den  untersten  Epithelien  dunkle,  den 
Nervenfäden  dicht  anliegende  Pigmentfäden  bilden  (Ehrmann,  Karg), 
welche  oberhalb  der  ersten  Epithelreihe  sich  verzweigen  und  reich  ver- 
ästelte Figuren  darstellen.  Die  Verästelung  alles  dessen,  was  in  die 
Epithellymphbahnen  hineinkriecht  (Fett,  Injektionsmasse,  Wanderzellen] 
ist  seit  langer  Zeit  bekannt,  die  reich  verästelten  Wanderzellen  in  der 
oberen  Stachelschicht  haben  ja  viele  Forscher  verführt,  denselben  eigne, 
nervöse  Funktionen  zuzutrauen.  Heute  liegt  wieder  die  Gefahr  nahe, 
den  Pigmentausgüssen  der  epithelialen  Lymphwege  mehr  Bedeutung  zu- 
zumessen, als  ihnen  an  und  für  sich  zukommt.  Konstatieren  wir  daher 
zunächst,  dafe  der  einfache  Lymphstrom,  wenn  er  reichlich  Pigment 
führt,  alle  Bilder  unserer  Autoren  erklären  kann,  selbst  das  Bild  einer 
in  der  Cutis  liegenden  Zelle,  welche  polypenartig  Äste  in  das  Epithel 
hineinsenkt,  denn  diese  Äste  können  zu  unterst  Protoplasma  sein,  dem  sich 
weiter  oben  unorganisierte  Pigmentausgüsse  anschlielsen.  Alle  Berichte  von 
Zellarmen,  die  sich  ungemein  weit  in  das  Epithel  hinein  erstrecken 
(Ehrmann,  Köllieer)  sind  aber  auf  diese  Weise  zu  erklären. 

Der    zweitfolgende,    natürliche   Weg    der  Pigmentbeförderung  ist  der 
mittels    Wanderzellen    oder   zeitgemäfser:    Phagocyten.     Mir    liegt   nichts 
ferner  als  diesen  zu  bestreiten,  besonders  da  ich  selbst  nachgewiesen,  dufe 
jedes    leichte    Ödem    die   Oberhaut  mit  Wanderzellen  überschwemmt,  die 
darin  stecken  bleiben.    Aber  dazu  gehört  der  Nachweis,  dafs  es  sich  anch 
wirklich  um  Zellen  handelt,  d.  h.  um  kernhaltige  Protoplasmakörper,  nnd 
diesem  Beweise  darf  man  sich  um  so  weniger  entziehen,  als  er  hier  durch 
die  Anwesenheit  des  Pigmentes  erschwert  wird.   Bleichung  des  Pigmentes 
durch  HgOg  und  gute  Protoplasma-    und    Kemfärbung   wird    sicher  stets 
zum   Ziele    führen.     Die  Wanderzellenidee    ist    aber   heutzutage    eine  so 
absolutistisch    herrschende,    dafs    ein    speziell    ad  hoc  geführter  Nachwei^^ 
gamicht    mehr    nötig    erscheint,    sobald  die  Behauptung  aufgestellt  wird, 
gewisse    Körper    seien    Wanderzellen.        Die    verästigten,     saftfiihrenden 
Epithelspalten    haben    in    der   Histologie    schon    einmal    in     Gestalt   der 
LANGBRHANSschen    Körperchen    zu   jetzt    überwundenen   Verwechselungen 
geführt,  indem  sie  Form   und  Verlauf  der  wirklichen  Epithelnerven,  ver- 
goldeter lymphatischer  Kanäle  und  vergoldeter  Wanderzellen  gleichmäfeig 
bestimmten    und   alle    drei    differenten    Dinge    zu  einem  Kontinuum  ver- 
schmolzen.    Hoflfentlich    wird    uns  durch  scharfe  histologische  Diagnostik 
von  vornherein    ein    ähnlicher  Irrtum  in  betreff  der  Pigmentausgüsse  und 
pigmentierten  Wanderzellen  im  Epithel  erspart. 

Einen    ganz    originellen,    dritten    Weg    der    Pigmentwanderung  hat 
allein  Ehrmann  aufgestellt,    indem  er   im  Epithel  sefshafte  Zellen  bisher 


375 

unbekannter  Art,  aber  —  ebenfallB  wie  die  Wanderzellen  hier  —  von 
sehr  fein  verästigter  Form  gefunden  zu  haben  glaubt.  Auch  diese 
EHRMANNSchen  Zellen  entbehren  für  mich  noch  des  absolut  sicheren  Be- 
weises ihrer  Zellnatur,  Analogien  mit  den  grölseren  Pigmentzellen  der 
Amphibienoberhaut  sind  nicht  hinreichend,  um  ihr  Vorkommen  beim 
Menschen  zu  beweisen,  besonders,  da  ein  so  eminenter  Histologe  wie 
A.  KöLLiKER  sie  in  der  menschlichen  Oberhaut  bisher  vergebens  gesucht 
hat.  Auch  ich  habe  bisher  an  sonst  normaler,  stark  pigmentierter  Haut 
nichts  dergleichen  gesehen.  Pigmentierte  Bindegewebszellen,  welche  sich 
hier  und  da  dicht  .  an  das  Epithel  von  unten  anlegen  und  selbst,  wenn 
sie  beweglich  wären,  viel  zu  grofse  Dimensionen  besitzen,  um  in.  die 
normalen  Saftlücken  hineingeschwemmt  zu  werden,  sind  mir  allerdings, 
wie  wohl  allen  Histologen  bekannt.  Sie  mögen  ja  Pigment  aufnehmen 
oder  erzeugen  und  wieder  an  den  Lymphstrom  abgeben.  Im  Epithel  des 
Menschen  sitzende  und  diesem  dauernd  angehörige,  bald  Pigment  führende, 
bald  pigmentlose,  eigentümlich  verästelte  Zellen,  wie  sie  Ehrmann  an- 
nimmt, sehe  ich  jedoch  keine  Veranlassung,  als  nachgewiesen  zu  be- 
trachten. 

Über  das  endliche  Schicksal  des  Pigments,  nachdem  es  von  dem 
Protoplasma  der  Epithelzellen  aufgenommen  ist,  herrscht  ebenfalls  noch 
Dunkel.  Der  bei  Amphibien  vorfindliche  Prozefe  der  Abstofeung  gröfserer 
Pigmentmengen  mit  den  Epithelzellen  kann  für  die  Säugetiere  und  den 
Menschen  keine  erhebliche  Bedeutung  haben.  Denn  das  Pigment  des 
Europäers  verschwindet  schon  in  den  unteren  oder  oberen  Lagen  der 
Stachel^chicht,  und  die  pathologisch  an  der  Homschicht  auftretenden 
Schwärzungen  sind,  wie  ich  gezeigt  habe,  andern  Ursprungs.  Wahr- 
scheinlich findet  eine  langsame  Zersetzung  des  Pigments  im  Innern  der 
Epithelien  statt,  die  aber  kaum  den  Wert  einer  konstanten  Emährungs- 
quelle  erreichen  dürfte. 


25' 


376 


))er|'atnntlttn$en. 

III.  Kongreß  russischer  Irrte. 

(Vom  3./15.  bis  10./22.  Januar  zu  St.  Petersburg  abgehalten.) 

I.   Sektion  für  Dermatologie  tind   Syphilis. 

Sitzung  den  4./16.  Januar. 
Vorsitzender:     Prof.  SruKOWENKOw-Kiew. 

Dr.  SüCHow-Kronstadt.  Kritik  der  Methoden  der  subkatanen  Syphilis- 
behandlimg.  Als  Vorteile  dieser  Behandlungsmethoden  hebt  S.  hervor,  daCs  dabei 
der  Arzt  vollkommen  Herr  der  Behandlung  ist  und  sie  ambulatorisch  durchfahren 
kann.  Die  Patienten  leiden  nicht  durch  Inhalation  von  Hg-Dampfen,  wie  bei  der 
Einreibungskur,  brauchen  ihre  Arbeit  nicht  aufzugeben  und  können  ihre  Behandlung 
leicht  geheim  halten.  Diese  Methoden  können  leicht  auch  in  denjenigen  Fällen 
angewandt  werden,  wo  Einreibungskuren  nicht  anwendbar,  wie  z.  B.  bei  stark  aos- 
gebreiteten  ulcerösen  Hautaffektionen.  Als  Nachteile  hebt  S.  hervor  die  Schmere> 
haftigkeit  und  das  Auftreten  von  knotigen  Infiltraten.  Ferner  weist  er  darauf  hin 
dafs  bei  Anwendung  unlöslicher  Salze  im  Falle  von  eintretender  Hg-Intoxikation  die 
letztere  schwerer  zu  bekämpfen  ist.  Aus  diesem  Grunde  glaubt  S.  sich  zur  Annahme 
berechtigt,  die  Injektionsmethoden  würden  niemals  die  Einreibungskur  verdrängen 
können.  —  Was  nun  die  einzelnen  Methoden  betrifit,  so  meint  S.,  daDs  bei  Injektion 
unlöslicher  Hg- Salze  der  Behandlungserfolg  langsamer  auftrete,  als  nach  Injektion 
löslicher  Salze,  und  trete  nach  Anwendung  löslicher  Salze  seltener  Stomatitis  anf. 
Daher  zieht  er  diese  Methode  vor,  namentlich,  wenn  man  es  mit  drohenden  Symp- 
tomen zu  thun  hat.    Als  zweckentsprechendstes  Präparat  sieht  S.  den  Zinnober  an. 

Diskussion. 

Dr.  Petersen.     Die  Syphilistherapie  in  unserm  Jahrhundert  lafst  sich  in  3  Pe- 
rioden  teilen:    1.    die   Periode   der   inneren   Behandlung   (Rigord.     SublimatpiUen;; 

2.  die   Periode    der   Einreibungen   (Sigmund).    Gegenwärtig   befinden  wir  uns  in  der 

3.  Periode,    der   Periode   der    Injektionsmethoden,    und   ist   durch   dieselbe  ein 
wesentlicher   Fortschritt   erreicht,  namentlich  seit  durch  Scarenzio  und  Smirnow  die 
Injektionen  unlöslicher  Hg-Salze  in  Suspension  ihr  Bürgerrecht  erhalten.    Auch  diese 
letzte   Periode   hat   verschiedene   Phasen   durchgemacht.      Jahrelang   wurden    klebe 
Dosen    löslicher    Salze    alle    1 — 2  Tage    injiziert,    dann   begann    man    Xalomel  in 
gröfseren   Dosen   und    gröfseren    Zwischenräumen  zu  injizieren,  doch  hatte  diese  Me- 
thode den  Nachteil,  Schmerzen  und  Abscesse  zu  bewirken.     Dann  kam  das  Hg  oxj* 
dat.  flav.  an  die  Reihe.     Abscesse  gab  dasselbe  nicht  mehr,    wohl  aber  nicht  selten 
Schmerzen.    Neuerdings  ist  als  ganz  besonderer  Fortschritt  zu  bezeichnen,  dafs  dnrch 
Neisser   das   Hg   salicylicum  in    die  Injektions-Praxis  eingeführt  worden.    P.  hftt 
bereits  eine  Reihe  von  Patienten  damit  behandelt  und  so  vorzügliche  Erfolge  erhalten, 
dafs  er  es  jetzt  als  herrschendes   Präparat  in   seine   Klinik    eingeführt   hat.    Die  Pt- 
tienten  vertragen  es  ohne  jegliche  Reaktionserscheinungen,  während  der  therapeutische 
Effekt   dem   Hg   oxydat.    flav.    gleichkommt.     Somit  hält  sich  P.  für  berechtigt,  ent- 
schieden  zu  behaupten,    dafs   die   Injektionsmethode  die  Einreibungsmethode  besi^ 
habe  und  letztere  nur  noch  in  einzelnen  besondern  Fällen  zur  Verwendung  kommen 
könne.     Die   unlöslichen   Hg-Salze   geben   entschieden    ebensogut  Resultate   wie  die 


377 

löslichen  und  haben  den  grofsen  Vorteil,  dafs  man  seltene  Injektionen  mache;  dieses 
sei  sowohl  fär  den  Fat.  wie  den  Arzt  bequemer. 

Dr.  MAJEW-St.  Petersburg  weist  nur  darauf  hin,  dafs  bei  der  Injektionsbehandlung 
■öfter  die  Nadeln  verdorben  und  häufig  gewechselt  werden  müssen. 

Dr.  GuRiN'Bessarabien  meint,  die  Injektionsmethoden  können  leicht  die  lokale 
Behandlung  in  den  Hintergrund  drängen,  und  spricht  den  Wunsch  nach  weiterer 
Entwickelung  der  Inunktionsmethode  aus. 

Dr.  TscHisTJAKow-St.  Petersburg.  Die  Syphilisbeliaiidlnng  mit  Injektidnen 
Ton  löslichen  Hg-Salzen  in  Suspension.  T.  fürchtet,  dafs  bei  Verwendung  unlös- 
licher Salze  unter  der  Haut  Depots  derselben  ungelöst  liegen  bleiben  können  und 
hat  daher  versucht,  die  löslichen  Salze,  wie  Sublimat,  Hg  cyanat.,  Hg  salicylic.  in 
Vaselinum  liquidum  suspendiert  zu  injizieren  und  zwar  mit  gutem  Erfolg  zu  1  Gran 
pro  dosi.  Es  wurden  mit  Hg-salicylic.  194  Injektionen,  mit  Sublimat  70  und  mit 
Hg  cyanat.  11  gemacht.  Schmerzhaftigkeit  und  Eeaktion  waren  gering.  Keine 
A  bscesse. 

Diskussion. 

Dr.  Majew  weist  darauf  hin,  dafs  der  Eintritt  der  Schmerzhaftigkeit  unter 
andenn  auch  vom  Zustande  des  Nervensystems  abhänge,  namentlich  ist  sie  bei 
«chlechtgenährten,  mehr  herabgekommenen  Patienten  häufig  stärker  zu  beobachten. 

Dr.  SiB8Ki-St.  Petersburg  macht  dem  Vortragenden  die  Bemerkung,  Hg  salic, 
soweit  es  hier  im  Handel,  sei  doch  ein  unlösliches  Salz.  Er  habe  übrigens  mit  dem- 
selben ebenfalls  sehr  gute  Besultate  erhalten,  nur  müsse  man  darauf  achten,  dafs  es 
mit  dem  Vaselin.  liquid*  exakt  gemischt  werde,  sonst  kann  sich  die  Nadel  ver- 
stopfen. 

Prof.  Stukowenkow  bemerkt,  beim  Vertragen  von  Hg  spiele  die  Individualität 
^ine  grofse  Bolle,  zuweilen  trat  schon  nach  2 — 3  Injektionen  zu  Ve  g  Salivation  auf, 
daher  scheine  ihm  die  Methode  der  Einführung  gröfserer  Dosen  nicht  ganz  geeignet. 

Dr.  Petersen  hebt  hervor,  dafs  sie  gerade  ein  besonderer  Vorteil,  namentlich 
für  die  Landpraxis,  dafs  man  gröfsere  Dosen  in  gröfseren  zeitlichen  Zwischenräumen 
einführen  könne,  und  habe  er  nie  schlimme  Folgen  gesehen. 

Dr.  BERMANN-Moskau.  Syphilisbeliandlang  mit  subkutanen  Sublimat-Injek- 
tionen.    B.  zieht  diese  ältere  Methode  allen  andern  vor. 

Prof.  Stukowenkow  entgegnet  ihm,  bei  dieser  Methode  seien  Salivation  und 
schmerzhafte  Infiltrate  gar  keine  Seltenheit,  und  ziehe  er  die  neueren  Methoden  ent- 
schieden vor. 

Dr.  TscHERNOGüLow-Moskau.  Subkutane  Syphilisbehandlung  mit  Hg  ozydat. 
ilavum.  T.  hat  zu  2  Gran  alle  10—11  Tage  injiziert  und  zieht  er  die  subkutane 
Injektion  der  tiefen  vor.  Stomatitis  hat  er  bei  Syphilis  recens  in  8  7o,  bei  Syphilis 
recidiva  in  26  Vo  beobachtet.    4 — 8  Std.  post  Inject,  fand  er  das  Hg  im  Harn. 

Dr.  REscHETNiKow-St.  Petersburg.  Über  eine  Modifikation  der  Dr.  Witz- 
schen  Methode  zur  Bestimmung  minimaler  Hg-Mengen  im  Harn.  Sie  besteht 
darin,  dafs  E.  noch  dünnere  Glasröhren  und  besonders  dünne  Kupferspiralen  ver- 
wandte. 

Dr.  JAKOWLEW-St.  Petersburg.  Das  Decoctum  Zittmanni  als  Hg-Präparat 
bei  Syphilis.  Da  der  Hg-Gehalt  von  verschiedenen  Autoren  verschieden  angegeben 
wird,  hat  J.  in  verschiedenen  Apotheken  das  Mittel  nach  demselben  Rezept  bestellt 
und  dann  Analysen  angestellt,  wobei  sich  herausstellte,  dafs  der  Hg* Gehalt  ein  sehr 
schwankender  war,   jedoch   zwischen  dem  Decoct.  fortius  und  mitius  kein  besonderer 


378 

unterschied  nachzuweisen  war.  Das  Hg  fand  er  im  Dekokt  teils  in  Form  von 
Sublimat,  teils  als  Verbindung  mit  organischen  Stoffen. 

Dr.  GüBiN.  Zur  Theorie  der  Hg-Wirkung  bei  Syphilis.  G.  neigt  sich  zur 
Idee  der  bakteriellen  Entstehung  der  Syphilis  und  meint,  dafs  das  Hg  antibakteriell 
wirke,  doch  müsse  noch  die  chemische  Bolle  des  Hg  im  Körper  genauer  studiert 
werden. 

Sitzung  den  7./19.  Januar. 

Vorsitzender:   Prof.  MüNCH-Kiew  (stellvertretend  Prof.  Tabkovski). 

Dr.  Petersen.  Über  die  Nomenklatur  der  Syphilisperioden  (wird  in  extenso 
in  den  Monatsheften  abgedruckt  werden).  In  der  Diskussion  sprechen  sich  die 
meisten  Bedner  für  die  von  P.  vorgeschlagene  Nomenklatur  aus  (Syphilis  recens, 
S.  recidiva,  S.  tardiva),  dadurch  dieselbe  die  Sammlung  statistischer  Daten  erleichtert 
wird,  nur  Prof.  Tabkovski  meint,  man  müsse  bei  der  älteren  Nomenklatur  bleiben, 
da  jede  Einführung  neuer  Nomenklaturen  mit  Schwierigkeiten  verbanden,  und  oft 
sehr  früh  gummöse  ErscheinuDgen  auftreten,  namentlich  bei  Potatoren. 

Dr.  G.  HERZEN8T£iN-St.  Petersburg.  Über  die  wünschenswerte  Einheitlich- 
keit  beim   Sammeln    statistischer   Daten    über   die   Syphilis   in    BnTslaai 

H.  schlägt  vor,  nach  dem  Kartensystem  die  Daten  zu  sammeln  und  die  Sammelkarten 
nach  einem  für  alle  Gouvernements  gleichen  Programm  zusammenzustellen,  wobei 
namentlich  darauf  zu  achten,  ob  in  den  betreffenden  Gegenden  Fabriken,  Städte  ete: 
jn  der  Nähe  und  ob  die  Bevölkerung  auf  Arbeit  in  andre  Gegenden  ziehe;  ferner  ist 
auf  den  Zustand  der  Prostitution,  Einflufs  des  Militärs  zu  achten. 

Dr.  MAJEw-St.  Petersburg.  Über  den  Einflufs  der  Syphilis  der  Eltern  anf 
die  Nachkommen  bezüglich  deren  Infektionsdisposition.  1.  Mit  wenigen  Aas- 
nahmen   ist   ein    mit   Syphilis   infiziertes   Individuum    gegen  neue  Infektion  immun. 

2.  Diese  Immunität  geht  auch  auf  die  Kinder  des  Infizierten  über.  Ist  jemand  here- 
ditär syphilitisch,  so  ist  er  gewöhnlich  gegen  neue  Infektion  gesichert.  3.  M.  inte 
ressiert  nun  die  Frage,  ob  diese  Immunität  sich  auch  auf  die  3.  Generation  vererben" 
kann  und  ob  die  Infektion  der  Grofseltem  sich  noch  bis  auf  die  Grofskinder  übertragt 
d.  h.  ob  noch  bei  diesen  (ohne  neue  Infektion)  Syphiliserscheinungen  sich  naohweises 
lassen.  Er  glaubt  das  durch  folgenden  Fall  beweisen  zu  können:  Ein  35jähriger 
Ingenieur  stellte  M.  sein  3j  ähriges  Kind  vor,  bei  welchem  M.  an  der  linken  Katei 
ein  ausgesprochenes  gummöses  Geschwür  vorfand.  Die  Eltern  waren  und  cdnd  gesancL 
nie  Zeichen  von  Syphilis,  der  Vater  der  Mutter  hat  aber  an  Syphilis  gelitten.  4.  Bei 
einzelnen  Individuen  ist  die  Immunität  gegen  Syphilisinfektion  das  einzige  Zeichen, 
dafs  ihre  Eltern  oder  Grofseltem*  syphilitisch  gewesen.  M.  hat  wiederholt  gesehen, 
dafs  Frauen  fremde  syphilitische  Kinder  säugten  ohne  infiziert  zu  werden.  5.  Die 
Immunität  kann  verschiedene  Grade  zeigen,  nach  Analogie  dessen,  dafs  bei  syphiliti- 
schen   Eltern    das    1.  Kind    schwere  Symptome  zeigt,    das  2.  schon  geringer  und  ds& 

3.  scheinbar  gesund  ist.  Sollten  nicht  die  meisten  von  syphilitischen  Eltern  geborenen 
Kinder  eine  gewisse  Immunität  gegen  Infektion  besitzen?  6.  Tritt  auch  nicht  stets 
absolute  Immunität  ein,  so  läfst  sich  vielleicht  annehmen,  dafs  die  Kinder  von  Syphi- 
litikern, wenn  sie  erkranken,  nur  leichte  oder  abortive  Formen  aufweisen,  tf.  teät 
2  einschlägige  Fälle  mit,  wo  entschieden  hereditär  Syphilitische  sich  infiziertes,  deut- 
liche ulcerea  indurata,  jedoch  keine  Folgeerscheinung  aufwiesen.  Auf  Grund  dieser 
Ansicht  schlufsfolgert  M.,  dafs  die  progressierende  natürliche  Syphilisation  der  Be- 
völkerung  zu   allmählicher  Abschwächung  der  Syphiliserscheinung  überhaupt  fahren 


379 

könne.    Bekanntlich    ist   die    Syphilis   früher   viel    maligner   gewesen,  wie  jetzt.     M. 
fordert  zu  weitern  Beobachtungen  anf  diesem  Gebiete  auf. 

In  der  Diskussion  führt  Dr.  Esow  einen  Fall  an,  wo  der  Vater  eine  schwere 
Syphilis  durchmachte  und  der  Sohn  sich  ebenfalls  infizierte  und  gleichfalls  schwere 
Formen  zeigte. 

Dr.  BoBovsKi.    Über  den  Einflufs  von  Bädern  auf  die  Hg-Ausscheidung. 

B.  hat  eine  Keihe  Untersuchungen  angestellt  und  kommt  zu  folgenden  Besultaten: 
1.  Wannenbäder  (28—30°  R.),  Schwefelbäder,  sowie  auch  trocken  heifse  Luft- 
bäder (50—80°  B.)  erhöhen  die  Hg- Ausscheidung  und  kann  man  durch  dieselbe  den 
Körper  völlig  von  Hg  befreien ;  2.  hat  die  Hg- Ausscheidung  bei  gewöhnlicher  Lebens- 
weise sistiert,  so  kann  man  sie  durch  Bäder  wieder  hervorrufen;  3.  Stomatitis  roer- 
curialis  vergeht  unter  dem  Einflüsse  warmer  Bäder  schneller;  4.  die  Schwankung  der 
Temperatur  der  Bäder  ruft  entsprechende  Schwankungen  der  Hg- Ausscheidung  hervor; 
5.  gleichzeitige  Behandlung  mit  Hg  und  Bädern  gibt  bessere  Kurerfolge,  als  Hg-Be- 
handlung  allein ;  6.  bei  den  Schwefelbädern  haben  die  Bestandteile  des  Schwefelmoors 
nur  sekundäre  Bedeutung,  in  erster  Linie  wirkt  das  Bad  als  solches. 

Dr.  TscHisTJAKow.  Ober  die  Quelle  der  Syphilisinfektion  bei  Männern 
gebildeter  EHassen.  T.  hat  als  Assistent  Prof  Tarnovskis  in  dessen  Privat- Ambulanz 
Notizen  darüber  gesammelt,  durch  wen  sich  die  Fat.  infiziert  haben.  Von  512  Pat. 
hatten  sich  12  im  Auslande,  500  in  Rufsland  infiziert  (davon  315  in  St.  Petersburg, 
185  in  der  Provinz).  In  der  Provinz  erfolgte  70  7o  der  Infektionen  von  Weibern,  die 
nicht  unter  polizeiärztlicher  Kontrolle  standen,  in  St.  Petersburg  dagegen  nur  42  Vo. 
Infektion  durch  Prostituierte  erfolgte  in  St.  Petersburg  somit  in  58  %,  in  der  Provinz 
in  30  7o.  fiieraus  geht  hervor,  dafs  die  polizeiärztliche  Kontrolle  immer  noch  eine 
ungenügende  ist. 

Dr.  SiBSKi.  Wasser  nnd  Elektrizität  als  therapentische  Agenzien  bei  Be- 
liandlong  der  Hautkrankheiten.  S.  betont,  dafs  das  Wasser  noch  viel  zu  wenig 
bei  Hautleiden  verwertet  wird,  man  kann  es  anwenden  in  Form  von  Vollbädern 
28^  R.),  lokalen  Bädern,  Douchen  und  Kompressen.  Elektrizität  kann  verwandt 
werden  bei  Jucken  der  Haut  (Urticaria,  Prurigo). 

In  der  Diskussion  bestätigt  Dr.  Petersek,  dafs  in  der  That  unter  den  Ärzten 
vielfach  noch  grofse  Scheu  gegen  Anwendung  des  Wassers,  selbst  einfaches  Waschen 
bei  Hautleiden,  verbreitet  sei.  Er  wolle  aber  speziell  betonen,  dafs  die  Reinheit 
des  Wassers  von  grofser  Wichtigkeit  sei,  daher  wende  er,  wo  es*  nur  angehe,  destil- 
liertes Wasser  an,  so  namentlich  zu  Kompressen,  die  er  zudem  nicht  aus  alter  Lein- 
wand, sondern  aus  hygroskopischer  Watte  machen  läfst.  Prof.  Polotebnow  meint, 
theoretisch  lasse  sich  dagegen  nichts  einwenden,  doch  sei  er  stets  mit  einfachen 
Watte-  und  Leinwand-Kompressen  ausgekommen. 

Ärztin  Elzin.  Über  die  Notwendigkeit  der  Popnlarisation  der  Kenntnisse 
ttber  die  Ssrplülis.  E.  weist  darauf  hin,  dafs  gegenwärtig  in  den  russischen  päda- 
gogischen Kreisen  lebhaft  dafür  gesprochen  wird,  die  Hygieine  unter  die  Zahl  der 
o^Rlig&torischen  Lehrgegenstände  aufzunehmen.  Diese  Gelegenheit  müsse  benutzt 
werden,  die  Pädagogen  darauf  auimerksam  zu  machen,  dais  in  den  Lehrer-Seminaren, 
wo  Volksschullehrer  ausgebildet  werden,  dieselben  auch  mit  der  Syphilis  bekannt 
gemacht  werden  müfsten,  damit  sie  die  Landbevölkerung  über  diese  Volksseuche 
belehren  könnten. 

In   der  Diskussion  wird  von  verschiedenen  Seiten  darauf  hingewiesen,  dafs  es 
besonders  wünschenswert  sei,   richtige  Begrifie  von  der  Syphilis,  deren  Kontagiosität 


380 

und   der   Beinlichkeit   als   Hauptmittel  zum  Schutze  vor  Infektion  unter  dem  Volke, 
welches  sich  ja  meist  extrageuital  infiziere,  zu  verbreiten. 

Sitzung  den  8./20.  Januar. 

Präses:   Dr.  Tueanski  (Landarzt  im  Gouv.  Charkow). 

Dr.  Herzensteik  berichtet  im  Auftrage  der  „Russischen  syphilidologischen  Ge- 
sellschaft" über  die  Frage,  in  welcher  Weise  die  Säuglinge  vor  Syphilisinfektloi 
durch  Ammen  zu  schützen.  Anläfslich  eines  einschlägigen  in  der  genanntes 
Gesellschaft  berichteten  Falles  von  Infektion  wurde  eine  Kommission  gewählt 
(Drs.  Herzenstein,  Petersen,  Elzin,  Tbghistjakow),  welche  die  Bearbeitung  der 
Frage  für  St.  Petersburg  übernommen.  Vorläufig  ist  über  folgendes  Resultat  der 
Arbeiten  dieser  Kommission  zu  berichten:  Es  kommen  in  St.  Petersburg  sowohl 
Übertragungeii  von  Syphilis  von  den  Ammen  auf  die  Säuglinge  vor,  wie  auch  in 
umgekehrter  Weise.  Genauere  Daten  sind  noch  nicht  vorhanden,  überhaupt  ist  die 
Ammenfrage  noch  sehr  im  argen.  Daher  spricht  sich  die  Kommission  dahin  au, 
dafs  eine  Kontrolle  derselben  äufserst  notwendig,  wobei  sie  die  Mittel  dazu  in  obligi- 
torische  und  wünschenswerte  scheidet.  Als  obligatorisch  müfste  eingeführt  werden. 
1.  Ohne  Genehmigung  der  Medizinal-Behorde  soll  niemand  das  Hecht  haben,  gewerbs- 
mäfsig  sich  mit  der  Lieferung"  von  Ammen  zu  beschäftigen  (bisher  beschäftigten  sich 
u.  a.  die  Portiers  der  Gebärhäuser  damit).  2.  Ammen-Bureaus  müssen  unter  der  Auf- 
sicht der  Medizinal -Behörde  stehen  und  dürfen  keine  Anune  zum  Säugen  abgeben, 
bevor  sie  von  einem  Spezialarzt  einer  gründlichen  Untersuchung  unterworfen.  3.  Jede 
Amme  mufs  ein  Sanitätsbüchlein  besitzen,  in  welchem  der  Arzt  seine  Notizen  vha 
den  Gesundheitszustand  macht,  womöglich  auch  über  denjenigen  ihres  Kindes,  sowie 
dessen  Alter  etc.  (wünschenswert  wären  auch  Notizen  seitens  des  Geistlichen,  wsnn 
das  Kind  geboren  und  getauft  ist,  im  Falle  die  Amme  vom  Lande  gekommen). 
4.  Bei  den  grofsen  Gebärhäusem  müfsten  offizielle  Ammen-Bureaus  eingerichtet 
werden,  da  stets  eine  Beihe  der  dort  geboren  habenden  Weiber  das  Ammengewerbe 
übernehmen  und  die  intelligente  Bevölkerung  auch  jetzt  schon  gern  sich  an  die 
Gebärhäuser  wendet,  um  frische  Ammen  zu  haben.  5.  Die  Findelhäuser  dürfen  keine 
Ammen  an  Privat-Familien  abgeben,  da  man  über  die  Findelkinder  keine  Notizen 
haben  kann,  ob  sie  nicht  von  syphilitischen  Eltern  stammen. 

Prof.  Stükowenkow.  Über  Mykosis  fungoides  Alibert  (Granuloma 
fungoides  nach  Aüspitz,  Lymphadenie  cutis).  Diese  bisher  so  wenig  beachtete 
Krankheit  ist  auch  in  Bufsland  noch  kaum  beschrieben.  St.  hat  folgenden  Fall  in 
Kiew  beobachtet.  Es  handelte  sich  um  eine  26jährige  Jüdin,  welche  vor  V/t  Jthr 
nach  der  Geburt  ihres  4.  gesunden  Kindes  eine  starke  Metrorrhagie  bekam,  wonaf 
sich  Böte  und  ein  urticariaartiger  Ausschlag  an  denjenigen  Körperstellen  einstellte, 
die  gegenwärtig  affiziert.  Ca.  Vs  Jahr  lang  wiederholten  sich  die  urticariaartigen 
Ausschläge  häufig,  bis  schlief slich  rote,  erhabene,  stark  juckende  Eruptionen  persit 
tierten,  die  nach  2  Monaten  sich  mit  leichten  Schuppen  bedeckten.  Gleichzeitig 
starke  Kopfschmerzen,  Übelkeiten,  Appetitlosigkeit,  Durst.  Im  Juni  1888  begannen 
die  affizierten  Hautpartien  zu  nässen.  Jetzt  ist  die  ganze  Hautfläche  vorn  von  der 
Glavicula  bis  zum  unteren  drittel  der  Oberschenkel,  hinten  vom  Halse  bis  zur  Hälfte 
der  Hinterbacken  fast  völlig  bedeckt  von  zahlreichen,  zum  Teil  konfluierenden, 
verschieden  grofsen  Infiltraten  und  Knoten  (von  Erbsen-  bis  Hühnereigröfse),  teil* 
nässend,  teils  mit  Schuppen  oder  Borken  bedeckt.  Die  grofsen  Knoten  sind  zum  Teil 
höckerig.,  der  gröfste,  8  cm  im  Durchmesser,  sitzt  am  vorderen  Hände  der  linken 
Achselgrube.    Die  Ernährung   herabgekommen,    Puls    100,  Resp.    20.     Die  Zahl  der 


381 

roten  Blutkörperchen  4160000,  ihr  Verhältnis  zu  den  weifsen  Blutkörperchen  wie 
693  : 1.  Das  spez.  Gewicht  des  Harnes  1020 — 25.  —  Die  mikroskopische  Untersuchung 
ausgeschnittener  Knoten  (Dr.  Wyssokowitsch)  gab  das  Bild  mit  Granulationselementen 
durchsetzter  Hautinfilltration,  die  Epithelien  sind  tief  ins  Eorium  hineingewuchert, 
zahlreiche  dünnwandige  Gefäfse,  Fehlen  der  Haarbälge  und  Hautdrüsen.  Nach  Be- 
arbeitung mit  FLEMMiNGscher  Lösung,  Färbung  mit  wässeriger  Safraninlösung  und 
nachfolgender  Entförbung  durch  angesäuerten  Spiritus  sieht  man  retikuläres  Gewebe, 
hyalinähnliche  Zellen  und  kokkenähnliche,  durch  die  FLEUMiNGsche  Solution  schwarz- 
gefärbte  Gebilde.  —  Aus  frisch  durchschnittenen  Knoten  hat  Dr.  Janovski  Impfungen 
auf  Gelatine  vorgenommen.  Die  Arbeiten  sind  noch  nicht  beendet,  doch  lälÜBt  sich 
schon  mitteilen,  dafs  man  gewöhnlich  3  Arten  von  Kolonien  erhalt: 

No.  1.  erinnert  an  die  von  Schiff  beschriebenen  —  blafsgelbliche  Streifen  ent. 
-sprechend  dem  Stich  und  an  der  Oberfläche  eine  gelbe  nagelkopfförmige  Erhebung. 
Die  Gelatine  wird  nicht  verflüssigt.  Unter  dem  Mikroskop  findet  man  Bakterien  und 
Kokken. 

No.  2.  Blafsgrüne,  Gelatine  nicht  verflüssigende  Kolonien,  aus  kleinen  Kokken 
bestehend. 

No.  3.  Weifse,  ebenfalls  ans  kleinen  Kokken  bestehende  Kolonien. 

Der  Pat.  wurde  Arsen  (V«o  pro  dosi,  bis  V»  Gr.  pro  dosi)  verordnet,  und  schon 
nach  einer  Woche  trat  Besserung  ein.  (St.  demonstrierte  Präparate  und  Modelle  der 
Geschwulst.) 

Prof.  Taknovski  demonstrierte  ebenfalls  Modelle  eines  von  ihm  beobachteten 
Falles  und  hebt  hervor,  dais  er  bei  demselben  anästhetische  Hautstellen  beobachtet. 

Prof.  Stükowenkow.    Ein  neues  Hg-Präparat:   Hydrargymm  benzoienm 

oxydatnm,  welches  im  Mai  1888  vom  Chemiker  Brandt  für  St.  hergestellt  und  von 
demselben  bei  über  300  Patienten  angewandt  worden.  Er  hat  es  sowohl  lokal  bei 
Urethritis,  Ulcus  molle  als  auch  bei  Syphilis  innerlich  und  subkutan  angewandt 
und  ist  sehr  zufrieden  damit,  obgleich  sich  früh  Stomatitis  einstellte.  Zur  Injektion 
in  Suspension  gibt  er  folgendes  Rezept: 

Br   Hydrarg.  henzoic.  oxydat. 
Vaselini  pur.  a 
Ol.   Vaselini  q.  s. 
ut  fiat  suspensio  10  %  Hg.  benzoic. 

Allwöchentlich  wurde  je  1  Injektion  in  jede  Nates  zu  Vs  Gran  gemacht.  Nach 
2  bis  3  Doppelinjektionen  (17«— 27«  Gran  Hg  benzoic.)  schwanden  gewöhnlich  alle 
Symptome.  Zu  Umschlägen  bei  Ulc.  molle  wirken  1—2  Gran:  6  5  sehr  günstig,  des- 
gleichen bei  Urethritis  Injektionen  von  1  Gran:  1  *S  im  akuten  und  1  Gran:  7«  ^ 
im  subakuten  Stadium. 

Dr.  SiRSKi-St.  Petersburg.  Über  Erforscliung  der  Lepra  in  Bufsland.  Die 
Leprafrage,  beschäftigt  gegenwärtig  in  Kufsland  nicht  nur  die  Arzte,  sondern  auch 
die  gebildeten  Klassen  der  Bevölkerung.  Der  Wunsch,  diese  rätselhafte  (?)  Krankheit 
näher  kennen  zu  lernen,  wächst  stetig.  Die  Erforschung  derselben  wird  jedoch  nicht 
immer  mit  der  gehörigen  Vorsicht  und  genügenden  Vorbildung  unternommen,  und 
möchte  daher  S.  darauf  hinweisen,  dafs  man  mit  genügender  Vorsicht  an  die  Arbeit 
gehe.  Die  Unbeständigkeit  der  Symptome  und  die  Mannigfaltigkeit  der  Erscheinungen 
machen  die  Diagnose  der  Krankheit  zu  einer  äufserst  schwierigen,  und  dieses  ist 
wohl  auch  der  Grund,  dafs  man  sie  zu  wenig  kennt. 

Bezüglich  der  Schwierigkeit  sollen  nachfolgende  Daten  als  Beleg  dienen.    Berg- 


382 

MA17N  zeigt  in  seiner  Arbeit  {Die  Lepra  in  Livland.  1870^),  daüs  viele  Falle,  weldie 
von  den  Lokal-Arzten  für  Lepra  angesehen,  sich  als  Syphilis  erwiesen.  In  Indieo, 
wo  100  000  Lepröse  sein  sollen,  ist  die  Krankheit  den  dortigen  Ärzten  kaum  bekannt 
und  wird  von  ihnen  nicht  erforscht.  Aber  auch  erfahrene  Spezialisten  haben 
Schwierigkeit  mit  der  Diagnose.  Namentlich  Leloib  und  Besnieb  sollen  darauf  hin- 
weisen,  dafs  die  Meinung  einiger  Arzte  über  die  Leichtigkeit  der  Lepra-Diagnoee 
eine  irrige  sei  (eine  Beihe  Citate  sollen  das  beweisen).  Zum  Schlufs  weist  S.  darauf 
hin,  dafs  man  sich  erst  gründliche  Kenntnisse  der  Dermatologie  anlegen,  darauf  nBch 
Norwegen  reisen  um  die  Lepra  zu  studieren  und  dann  an  die  selbständige  Er 
forschung  gehen  soll. 

Diskussion.  Dr.  Petersen  kann  sich  mit  der  Ansicht  SntSKis  nicht  ein?er 
standen  erklären;  die  Diagnose  der  Lepra  ist  durchaus  nicht  so  äuikerst  schwierig, 
im  Gegenteil,  das  Bild  ist  im  allgemeinen  so  charakteristisch,  dafs,  wenn  man  nur 
einige  Studien  gemacht  und  Leprakranke  gesehen  hat,  es  nicht  schwer  ist  die 
Diagnose  zu  stellen.  Ausnahmen  werden  ja  wohl,  wie  bei  jeder  Krankheit,  vor- 
kommen, und  darauf  beziehen  sich  wohl  auch  die  Angaben  Lelgibs.  Es  ist  durcham 
nicht  nötig,  besondere  Reisen  nach  Norwegen  zu  machen,  wir  haben  ja  leider  im 
eignen  Lande  grofse  Herde,  wo  man  ausgiebige  Studien  machen  könne.  (Bef.  Ab 
Beweis  gelten  die  ausgezeichnete  Arbeit  des  Prof.  Münch  für  Süd-Rufsland,  sowie  die 
Arbeiten  der  Dorpater  Arzte.)  P.  proponiert,  die  Regierung  zu  ersuchen,  eine  Samm- 
lung von  Daten  über  die  Lepra  in  Rufsland  zu  veranstalten.  —  Dr.  Sirski  entgegnet 
er  habe  keine  eigne  Meinung  ausgesprochen,  da  man  dazu  grofse  Erfahrung  b^ 
sitzen  müsse. 

Prof.  PoLOTEBNOW  meint,  wenn  man  Spezialisten  für  Syphilis  heranbilde,  moiR 
die  Regierung  auch  Spezialisten  für  Lepra  ausbilden  lassen,  die  Erforschung  dieser 
Krankheit  nicht  dem  Zufalle  überlassen.  Er  hält  die  Diagnose  auch  für  schwierig, 
führt  einen  Fall  an,  wo  er  bei  einem  Mädchen  im  Mai  Syphilis  diagnostiziert  hatte 
und  im  September  sich  davon  überzeugen  mufste,  dafs  es  Lepra  sei. 

Prof.  Stükowenkow  hält  die  Diagnose  ebenfalls  für  schwierig  und  schliefst  neb 
dem  Vorschlage  Petersens  an  bezüglich  der  Petition  um  Sammlung  von  Daten  und 
fügt  nur  hinzu:  „durch  speziell  vorbereitete  Arzte." 

Dr.  TüRANSKi  meint,  das  Recht,  Beobachtungen  über  eine  Krankheit  anzustellen, 
habe  jeder  Arzt.  Ist  die  Beobachtung  richtig,  so  wird  sie  Anerkennung  finden« 
einerlei  ob  sie  von  einem  Spezialisten  ausgeführt  oder  nicht.  Ist  eine  BeobachtoD^ 
ungenau,  so  hilft  es  auch  nicht,  dais  sie  von  einem  Spezialisten  angestellt. 

Dr.  KüLNEw.  Über  die  nngünsüge  Wirkung  der  Pätigorskschen  Schwefel- 
thermen  auf  einige  Syplülisformen.  K.  weist  darauf  hin,  dafs  beim  Anwenden  von 
Schwefelbädern  bei  Früherscheinungen  der  Syphilis  die  nachfolgenden  Erscheinungen 
heftiger  auftreten,  und  meint,  den  Grund  in  zu  schneller  Ausscheidung  des  Hg  suchen 
zu  müssen. 

Dermatologisches  wurde  ferner  verhandelt  auf  der 

2.  allgemeinen  Sitzung,  den  6./18.  Januar. 

Prof.  MüNCH-Kiew.  Die  Infektiosität  der  Lepra  und  die  dagegen  not- 
wendigerweise in  Bufsland  zu  ergreifenden  Mafsregeln.  M.  begann  mit  der 
Wiedergabe  einiger  historischer  Dokumente  aus  den  Jahren  1827 — 28,  welche  ^ 
weisen,    dafs   die   Medizinal- Verwaltung   im  Gouv.  Astrachan  damals  die  Infektioattt 


^  Ref.  der  Arbeit  ist  1869  in  der  St.  Petersburger  med.  Zeitschrift  erschienen. 


383 

leugnete,  entgegen  den  Anschauungen  der  Vertreter  des  Kosakenhiieres,  welche  trotz- 
dem Isolierung  der  Leprösen  durchführten,  und  die  Folge  davon  ist,  dafs  die  ent- 
sprechenden Eosakenansiedelungen  jetzt  leprafrei.  Ferner  wies  M.  besonders  auf 
3  Punkte  hin,  welche  für  Infektiosität  sprechen: 

1.  Die  Krankheit  entwickelt  sich  unabhängig  von  klimatischen,  tellurischen, 
ökonomischen  und  sozialen  Verhältnissen. 

2.  Die  Verbreitung  der  Krankheit  in  einzelnen  Familien,  wobei  das  Zusammen- 
leben, aber  nicht  die  Heredität  eine  Eolle  spielt  (zahlreiche  Beispiele).  Von  226  Pat. 
konnte  M.  bei  131  nachweisen,  dafs  sie  vorher  mit  andern  Leprösen  zusammen- 
gewohnt. 

3.  Die  Erkrankten  sind  stets  längere  oder  kürzere  Zeit  vorher  mit  Leprösen 
zusammen  gewesen. 

Die  Häufigkeit  der  Erkrankung  von  Kindern  hängt  damit  zusammen,  dafs  sie 
viel  häufiger  in  näheren  Kontakt  mit  den  franken  kommen. 

Als  Maisregel  gegen  die  Verbreitung  der  Lepra  in  Rufsland  schlägt  M.  die 
Gründung  von  kleinen  Dorf-Lepra-Kolonien  vor,  dieselben  sind  zweckmäfsiger  als 
grofse  Leproserien,  gegen  welche  man  unter  der  Landbevölkerung  leicht  auf  Ab- 
neigung sich  hinzubegeben  stofsen  wird. 

Diskussion.  Prof.  Polotebnow  weist  darauf  hin,  dafs  es  noch  immer  2  An- 
schauungen gebe,  die  einen  halten  die  Lepra  für  infektiös,  die  andern  nehmen  eine 
autochtone  Entstehung  an.  Dieses  erkläre  sich  daraus,  dafs  man  die  Leprabacillen 
noch  nicht  hat  kultivieren  können,  und  dafs  Impfungen  noch  kein  sicher  positives 
Resultat  gegeben.  Bisher  weifs  man  noch  nicht,  in  welchem  Stadium  die  Lepra 
infektiös  oder  ob  sie  überhaupt  infektiös  ist.  Auch  der  ev.  Weg  der  Infektion  ist 
noch  unbekannt,  ist  es  Kontakt  oder  Übertragung  auf  indirektem  Wege  (Luft, 
Wasser  etc.).  Daher  wären  Untersuchungen  der  Umgebung  der  Leprösen  auf  Ba- 
cillen wünschenswert.  Auch  die  Hereditätsfrage  mufs  nochmals  untersucht  werden, 
nicht  nur  in  direkter  Linie,  sondern  auch  bezüglich  der  Seitenlinien.  Die  Frage  der 
Infektiosität  kann  erst  entschieden  werden,  wenn  genannte  Lücken  im  Forschungs- 
gebiet ausgefüllt. 

Dr.  TuRAKSKi  hat  im  Landhospital  zu  Charkow  8  Fälle  von  Lepra  beobachtet. 
Er  schlieiBt  sich  der  Ansicht  an,  dafs  sie  häufiger  vorkommt,  als  man  bisher  ange- 
nommen, und  darauf  hingewiesen  zu  haben,  ist  ein  bedeutendes  Verdienst  des  Prof. 
MüiTCH,  wie  es  auch  dessen  Verdienst  i&t,  diese  wichtige  Frage  wieder  in  Anregung 
gebracht  zu  haben. 

Dr.  BosrnssTWENSKi  hat  an  verschiedenen  Orten  in  Nord-  und  Süd-Bufsland 
(Gouv.  Archangel,  Gouv.  Astrachan  und  Gouv.  Charkow)  gelebt  und  überall  Lepra- 
kranke gesehen.  Um  diese  Krankheit  zu  erkennen,  mufs  man  schon  während  der 
Studienzeit  damit  bekannt  gemacht  worden  sein;  das  geschah  leider  bisher  in  den 
Kliniken  nicht,  daher  sind  unsere  Arzte  noch  wenig  mit  Lepra  bekannt.  Der  Vor- 
schlag Prof.  MüNCHfe,  Isolierhäuser  einzurichten,  ist  sehr  wichtig.  Die  Landbevölke- 
rung ist  auch  jetzt  schon  von  der  Infektiosität  der  Krankheit  überzeugt  und  sucht 
selbst  die  Kranken  zu  isolieren,  natürlich  in  der  primitivsten  Weise. 

0.  Petersen- St  Petersburg. 


384 


JttttetlttnQen  ans  ber  i^ttteratitr. 


Begressive  Ernährungsstörungen. 

Demonstration  von  Präparaten  von  Areahaaren,  von  Dr.  Bbhrbkd.  (Beri 
KUn.  Wochenschr.  1889.  No.  1.)  In  der  Sitzung  der  Gesellschaft  der  Charite-Ärzte  a 
Berlin  vom  14.  Juni  1888  bemerkte  B.  zu  den  von  ihm  gezeigten  Präparaten,  daii 
alle  Autoren,  welche  die  Haare  bei  Area  untersuchten,  darin  übereinstimmen,  dafs  die 
Veränderungen,  welche  sie  zeigen,  keine  charakteristischen  seien;  meistens  findet  msn 
solche  Haare,  welche  man  seit  Unna  als  seneszierende  betrachtet.  Mit  Hrvle  ante^ 
schied  man  bis  vor  kurzer  Zeit  1.  Zwiebel-  oder  Bulbushaare  und  2.  KolbenhuR. 
B.  will  nun  noch  eine  dritte  Form  beobachtet  haben,  die  sehr  vielgestaltig  ist.  Hsa 
trifft  zunächst  Bulbushaare  mit  Hohlbulbus»  dann  Haare,  die  am  Wurzelende  Anschwel- 
lungen zeigen  und  hinter  dieser  Anschwellung  verschieden  geformte  schwanzartig« 
Fortsätze;  femer  gibt  es  Haare  mit  stummelartigem,  kui'zem  Fortsatz.  Schließlich 
kommen  noch  die  verschiedensten  Formen  vor.  Schon  makroskopisch  lassen  sieb  an 
solchen  Haaren  überall  spindelförmige  Anschwellungen  und  jenseits  derselben  eine 
fadenförmige  Verdünnung  erkennen.  Unter  dem  Mikroskop  sieht  man  im  Balbm 
eine  gröfsere  Anzahl  dunkler  Punkte,  die  sich  aufwärts  in  den  Schaft  erstrecken,  in 
gröfsere  Spalten  übergehen,  welche  sich  als  Luftspalten  charakterisieren.  Es  handelt 
sich  zweifellos  um  Luft  im  Bulbus,  und  daher  das  Ausfallen  bei  Area.  Nach  fij 
Ansicht  dringt  die  Luft  deshalb  in  den  Bulbus,  weil  ein  gewisser  Fehler  in  den 
Zirkulationsverhältnissen  eine  Zusammentrocknung  der  Wurzelscheide  herbeiführt, 
dann  dringt  die  äufsere  Luft  tiefer  in  den  Follikel  ein,  trocknet  die  Matrix  aus  and 
es  kommt  zum  Haarausfall.  L.  Hoffmann-Berlin. 

Beitrag  zur  Beurteilung  der  nach  heftigen  EörpererschtttteruiLgen  (bei 

Eisenbahnunfallen)  auftretenden  Störungen,  von  Dr.  Stepp  in  Nürnberg.  (Deutsdie 
Med.  Wochenschr.  1889.  No.  4).  In  den  vom  Verf.  bei  Eisenbahnunfallen  beobachteten 
Veränderungen  interessiert  uns,  dafs  er  in  einigen  Fällen  auch  das  Ausfallen  der 
Kopf-  und  Barthaare  beobachtet  hat.  In  dem  ersten  der  publizierten  Fälle  tnt 
nach  Ablauf  eines  Jahres  nach  der  Verletzung  ein  herdweises  Ausfallen  der  Barthsare 
auf,  so  dafs  nach  und  nach  der  ganze  Bart  verloren  ging.  Später  wuchsen  die  Haare 
zwar  wieder,  aber  verkümmert,  wie  Flaum.  Auch  die  Kopfhaare  fielen  zum  Teil  »w, 
zum  Teil  wurden  sie  grau.  In  dem  zweiten  Fall  trat  nach  7 — 8  Monaten  ein  herd- 
weises  Ausfallen  der  Bart-  und  Kopfhaare  ein,  so  dafs  in  kurzer  Zeit  voll- 
ständige Kahlheit  des  Kinnes  und  Kopfes  bestand.  L.  Hoffmann- Berlin. 

In  der  Münchener  med.  Wochenschr.  No.  8  teilt  Dr.  Schütz  6  Fälle  von  AlopecU 
neurotica  unter  Beigabe  von  Abbildungen  mit,  wobei  einmal  der  Kinnbart  und  oa- 
mal  der  Backenbart  Sitz  der  Erkrankungen  waren.  In  allen  Fällen  handelte  es  sich 
um  schwächliche  oder  doch  nervöse  Personen,  von  denen  zwei  noch  dem  Kindesalter 
angehörten. 

Als  nähere  Veranlassung  wurde  in  zwei  Fällen  ein  dem  Haarschwund  unmittel- 
bar vorausgegangenes  Trauma  gemeldet,  das  auch  örtlich  genau  der  Stelle  entsprach, 
an  welcher  zuerst  die  Haare  auszufallen  begannen,  einmal  lagen  häufige  Phlyktänea 
zu  Grunde,  und  einmal  war  der  Haarschwund  gleichzeitig  mit  heftigem  Pruritus  cu- 
taneus  aufgetreten.  In  keinem  der  Fälle  sind  sichtliche  Veränderungen  der  Haut 
vorausgegangen. 


385 

In  der  Mehrzahl  der  Fälle  handelte  es.  sich  zuerst  "um  einen  strichformigen 
Haarausfall,  der  sich  erst  später  verbreiterte  und  zwar  mehr  an  seinem  peripheren 
als  an  seinem  zentralen  Ende,  so  dafs  am  Capillitium  dreieckige  Glatzen  entstanden, 
mit  der  Spitze  nach  dem  Wirbel  gerichtet. 

Therapeutisch  wandte  Dr.  Schütz  aufser  einem  diätetisch  roborierenden  Ver- 
fahren und  kalten  Salzwasserinreibungen  des  ganzen  Körpers  die  Galvanisierung 
(stabiler  Strom)  wöchentlich  dreimal  an  und  lieis  dann  noch  täglich  zweimal  den 
Kopf  mit  Spir.  sapon.  kal.  abwaschen  und  darauf  mit  Veratrinsalbe  1 :  15  Fett  ein- 
reiben; die  Erfolge  mit  deutlichem  Nachwuchs  sollen  sich  schon  nach  6 — 7  Wochen 
zeigen.  Eckart- Nürnberg. 

tfber  Nervenläsion  und  Haarausfall  mit  Bezug  auf  Alopecia  areata  (mit 
Demonstration),  von  Dr.  G.  Bbhbbiii).  (Berl  Klin.  WocJienschr,  1889.  No.  3.)  B.  hat 
die  JosxFHschen  Experimente,  wie  er  in  der  Berl.  Med.  Gesellschaft  vom  18.  Dezem- 
ber 1888  mitteilte,  genau  in  derselben  Weise  nachgemacht,  und  blieb  der  Erfolg  in 
bezug  auf  den  Haarausfall  bei  allen  Tieren,  die  er  operiert  hat,  vollkommen  aus! 
Er  hat  im  ganzen  9  Katzen  operiert,  von  denen  eine  Katze  7  Tage  lebte,  die  andere 
10,  eine  dritte  12,  andere  20,  22,  63,  120  Tage,  und  von  den  beiden  Tieren,  die  er 
der  Gesellschaft  demonstriert,  steht  das  eine  20,  das  andere  10  Tage  unter  Beobach-< 
tung.  In  der  darauf  folgenden  Diskussion  erklärt  Herr  Joseph,  dals  er  nicht  in  allen 
Fällen  einen  positiven  Erfolg  erzielt  hat,  worauf  Prof.  Münk  erwiderte,  dafs  das 
positive  Ergebnis  in  der  Minderheit  der  Fälle  demnach  nur  auf  eine  zugleich  gesetzte 
Nebenverletzung  oder  auf  im  weiteren  Verlaufe  eingetretene  Komplikation  zurückzu- 
fuhren sei.  L.  Hoffmann-Berlin. 


Physiologisches. 

Verbreitungsweifle  der  Hautnerven  beim  Mensclien,  von  Prof.  Dr.  Eichhorst. 
{Zeitschr.  /.  klin.  Med.  Bd.  XIV.  Heft  5.  6.)  Die  Untersuchung  der  Grenzen  zwischen 
sensibler  und  anästhetischer  Zone  bei  sehr  abgegrenzten  Krankheitsprozessen  im  Rücken- 
mark —  bei  5  Fällen  —  hat  E.  zu  einer  charakteristischen  Kurve  geführt.  Nicht 
im  geradlinigen  Verlauf  finden  sich  die  Endausbreitungen  der  sensiblen  Rückenmarks- 
Nerven  angeordnet,  sondern  sie  bilden  eine  Kurve,  die  sich  durch  eine  „Vertebral-, 
Skapular-  und  Mamillar-Elevation^  auszeichnet.  Kurvenzeichnungen  erläutern  das 
Original,   auf  das  wir  verweisen.  (Nach  Mendels  Centralblait  1888.  No.  22.) 

Faiüy-Nervi. 


Therapie. 
a-Oxynaphtodsäure,   von  Dr.  Helbio   (Dresden).    (^Therap.  Monatsh.   No.  2.) 

9 

Das  0,5  Voige  Kollodium  bietet  einen  guten  Ersatz  für  Jodoform-Kollodium  und  hat 
den  Vorzug,  dafs  es  eine  empfindliche  Haut  nicht  reizt  und  nicht  leicht  verdirbt. 
Recht  brauchbar  zeigte  sich  hei  der  Behandlung  von  Geschwüren  und  Wunden  eine 
1  Voige  «-Oxynaphtoesäure- Watte,  Vaselinsalben  (1 :  10)  wirken  als  vorzügliches  Anti- 
scabiosum. L.  Hoffmann-Berlin. 

Das  Ohlormethyl  als  lokales  An&sthetikum,  von  Dr.  E.  Feibes.  {Berl.  klin. 
Wochen8chr,  1889.  No.  5.)  Nach  Beobachtungen  im  Hopital  St.  Louis  in  Paris  em- 
pfiehlt F.  das  Chlormethyl  als  lokales  Anästhetikum   und   hält   es  für  empfehlenswert 


386 

bei  Eröffnung  von  Abscessen  und  Parasiten,  Abtragung  von  Eankroiden,  Phimosen- 
Operationen,  Fistelspaltung,  Zirkumzision,  Atheromexstirpation  —  kurz  bei  allen  obe^ 
Sächlichen  Eingriffen.  L.  Hoffmann-BerUn. 

Beitrag  zur  Sozojodoltherapie,  von  Dr.  Nitschmakn.  {Therap.  Monatshifk. 
1889.  No.  1.)  Die  guten  Erfolge,  die  Lassar  bei  verschiedenen  Hautkrankheiten  mit 
dem  Sozojodol  erzielt  hat,  kann  Verf.  nur  bestätigen,  und  kann  es  derselbe  femer 
empfehlen  bei  eiternden  und  jauchigen  Wunden,  bei  Brandwunden  durch  glühendes 
cider  flüssiges  Erz,  bei  oberflächlichen  Verbrennungen  der  Haut  durch  Explosionen, 
])ei  chronischen  Unterschenkelgeschwüren^  etc.  Die  Salbe,  die  N.  anwandte,  hatte 
folgende  Zusammensetzung:  Lanolin  40,0,  Sozojodolnatr.  4,0.  Bei  Urethritis  gonor- 
rhoica wirkte  eine  2  7oig«  Lösung  günstig.  Bei  der  Vaginitis  seu  benigua  seu  maligna 
empfehlen  sich  Wattetampons,  mit  Sozojodolnatr.-Salbe  (1 :  10)  bestrichen,  einzofahreo. 

L,  Ho  ff  mann- Berlin. 

Einige  warnende  Winke  bei  Behandlung  von  Hautkrankheiten  veröffent- 
licht Dr.  G.  Th.  Jackson  im  Med.  Record.  Dezbr.  29.  1888.  Wir  möchten  sie  hier 
ihrer  übersichtlichen  Zusammenstellung  halber  und  wegen  ihrer  praktischen  Köne 
vielen  Kollegen  empfehlen.  Man  sollte  sie,  wie  die  lateinischen  Genusregeln,  am 
Schnürchen  hersagen  können.  Leviseur-Neic  York. 

Neue  Lanolinsalben,  von  Dr.  E.  Stern  in  Mannheim.  {Therap.  Moiiatshtfit 
1889.  No.  2.) 

I.  Sapolanolin.  Besteht  aus  einem  Gemenge  von  Lanolin,  anhydricum  2Vf  Tk 
und  Sapo  kalinus  2  Tle.  Mit  Ausnahme  der  Salicylsäure  lassen  sich  alle  üblichen 
Medikamente,  wie  Borsäure,  Teer,  weilser  Präzipitat,  Resorcin  etc.  dieser  Mischung 
inkorporieren.  Bei  inveterierten  infiltrierten  Ekzemen,  gegen  Mykosen,  sowie  ia 
Fällen  von  Seborrhöe  mit  starker  Borkenansammlung  lassen  sich  solche  Salben  mit 
gröfstem 'Vorteil  gebrauchen.  Gegen  Psoriasis  capitis  wendet  Verf.  mit  Erfolg  folgende 
Salbe  an: 

Hydr.  praecip.  10,0 

Sapotu  kaiin.  40,0 

Lanolin,  anhydr.  50,0 

IL  Lanolin -Wachspaste.  (Ung.  adhaesiv.)  Bei  den  Kopf-  und  Gesicht«' 
ekzemen  der  Kinder  empfiehlt  St.  als  Basispaste: 

Cer.  flav. 

Lanolin,  anhydr.  ss  40,0 

Ol.  oliv.  20,0 

(im  Sommer  Ol.  oliv,  benzoin.) 
M.  f.  Pasta  usque  ad  refrigerat.  agitand. 

Die  meisten  Medikamente  lassen  sich  ihr  beimischen;  bei  Teerzusatz  mufs  der 
Wachsgehalt  etwas  erhöht  werden.     Bei  squamösen  und  vesikulösen  Formen 

Äcid,  sälicyl.  subt.  plv.  3,0 

Ol.  oliv.  17,0 

Cer,  fl.  LanöL           äs  40,0 
M.  f.  Pasta. 

III.  Flüssige  Lanolin-Injektion. 

1.  Lanolin,  anhydr.  25,0 

Ol.  amygdah  75,0 

M.  (Basisinjektion.) 


387 


2.  Zinc.  suifur. 

0,5 

Aq, 

4,5 

Lanolin,  anhydr. 

20,0 

OL  amygd. 

75,0 

3.  Acid.  salicyh  0,25 

Ol  amygd.  75,0 

Lanolin,  anhydr.  24,75 

Die  Injektion  geschieht  mit  einer  gewöhnlichen  Spritze. 

Die  Basisinjektion,  5 — 10  Minuten  in  der  Urethra  zurückgehalten,  wirkt  überaus 
mild  und  reizherabmindernd  und  wird  im  Stad.  acmes  angewandt,  nach  8 — 10  Tagen 
wird  ein  antiseptisches  oder  adstringierendes  Mittel  zugesetzt,  und  dann  wird  mit 
einer  IV«  "^Mgen  Resorcinlösung  in  Wasser  die  Behandlung  geschlossen. 

L.  Hoff  mann- Berlin. 


Gonorrhöe. 


Fall    von    zweifelloser     gonorrhoischer    Infektion    des    Mundes,    von 

Dr.  C.  W.  CüTLER.  {New'York  Medical- Journal.  November  1888.)  Ein  21jähriges 
Mädchen  gab  vor  10  Tagen  im  trunkenen  Zustande  dem  unnatürlichen  Gelüste  eines 
Matrosen  nach.  24  Stunden  darauf  empfand  sie  einen  schlechten  Geschmack  im 
Munde,  es  zeigten  sich  kleine  Erosionen  an  den  Lippen.  Am  3.  Tage  schwollen 
Zunge  und  Zahnfleiseh  an  und  wurden  sehr  schmerzhaft.  Eine  weifsliche  übel- 
riechende Flüssigkeit  gemischt  mit  Blut  ergofs  sich  aus  dem  Munde.  Die  geröteten 
und  entzündeten  Lippen  waren  stellenweise  ihres  Epithels  beraubt,  stellenweise  mit 
pseudomembranösem  Belage  behaftet.  Die  Zunge  kann  nur  mit  Mühe  und  Not  ein 
klein  wenig  aus  dem  Munde  hervorgestreckt  werden.  Gonokokken  konnten  in  dem 
an  Mikroorganismen  überreichen  Sekrete  sow^ie  in  den  pseudomembranösen  Fetzen 
nicht  mit  Sicherheit  nachgewiesen  werden.  Bei  dem  Matrosen  wurde  das  Vorhanden- 
sein einer  Gonorrhöe  konstatiert.  Leviseur- New- York. 

Pyämie  die  Folge  einer  Gonorrhöe,  von  Dr.  R.  Park.  (New-York  Medical- 
JReeord.)  Ein  gewöhnlicher  Fall  von  Tripper,  der  bei  einem  Manne  schon  seit 
jtnehreren  Wochen  bestand,  komplizierte  sich  plötzlich  mit  Anschwellung  des  linken 
Kniees.  Das  Gelenk  war  heifs  und  entzündet.  Auch  das  rechte  Knie  wurde  dann 
in  dieser  Weise,  aber  nicht  so  heftig,  afßziert.  Schliefslich  verfiel  der  Patient  in 
ein  typhusähnliches  Koma  mit  Delirium  und  starb.  Die  Sektion  ergab  Vereiterung 
beider  Kniegelenke  und  einen  Abszefs  am  linken  Sterno-Klavikular-Gelenk.  Im 
Eiter  wurden  keine  Gonokokken  konstatiert.  Verf.  glaubt,  dafs  es  sich  hier  um 
eine  wahre  Pyämie  im  Gefolge  von  Gonorrhöe  gehandelt  habe. 

Leviseur- Netc-  York. 

Eine  —  wenigstens  nicht  allzu  scharfe  —  Abortivkur  der  Gonorrhöe  em- 
pfiehlt RiVKLT,  {Med%calrB>egister.)  Frische  Fälle  werden  mit  einer  mit  Kopaiva- 
balsam  armierten  Bougie,  die  man  6 — 8  Minuten  lang  liegen  lafst,  behandelt.  Der 
Sicherheit  wegen  führt  man  das  Verfahren  einige  Tage  fort.  Es  ist  wenig 
schmerzhaft,  mindestens  nachprüfenswert.  Pauly-Nervi.. 

Akute  Gonorrhöe  will  Ch.  Smith  (Lancet;  Wien.  klin.  Wochenschr.  1889. 
No.  7)    binnen    8  Tagen    also    koupieren:     Er    führt   ein    sondenartiges    Instrument 


388 

I 

in  die  Urethra,  dieses  hängt  mit  einem  Schlauch  zusammen,  der  ein  antiseptasches 
Liniment  (Ol.  oliv,  et  Ol.  Eucalypti)  enthält.  Wenn  das  Instrument  eingeführt  ist» 
wird  es  durch  das  Drehen  eines  Knopfes  entleert  und  so  die  Urethralschleimhaut  ?on 
hinten  nach  vorn  fortschreitend  mit  dem  Medikament  bestrichen.  Sistierung  der 
Eiterung  nach  3  Tagen;  der  farblose  Ausfluls  dann  würde  durch  adstringierende 
Injektionen  leicht  behoben. 

Ob  das  Instrument  nicht  aber  auch  das  Virus  gerade  nach  hinten  schieben 
kann  —  wir  meinen  beim  Einführen  —  und  so  mehr  schaden  als  nützen  dürfte? 

Pauly-Nervi, 

Th.  Legby  {Frogr.med,  1887.  No.  35)  teilt  2  Fälle  von  Mastitis  mit,  in  denen 
die  säugenden  Kinder  Blennorrlioea  neonatorum  hatten.  Eines  hatte  auiserdem 
noch  eine  Parotitis  purulenta  mit  Durchbruch  in  die  Mundhöhle.  Verf.  nimmt 
die  Bleu.  neon.  als  Ursache  der  Krankheit  der  Mutterbrust  an.     FatUy- Nervi. 

Ein    Fall   von   Trismus    und    Tetanus    bei   Orchitis    gonorrhoica,  ygh 

Dr.  J.  Samter.  {Berl,  klin,  Wocheiischr.  1889.  No.  7.)  Bei  einem  2Öjähr.  Patienten 
stellte  sich  im  Verlauf  einer  Gonorrhöe  eine  Orchitis  ein,  und  diese  allein  war  die 
Ursache  des  Trismus,  da  sich  kein  anderes  Moment  auffinden  liefs.  Die  üntersuchniig 
ergab  eine  Fistula  testiculi  sinistri  mit  Schwund  des  Testikels.  Chloral  heilte  schlieii- 
lich  den  Trismus.  L.  Hoffmann- BerUn. 


Diskreditierung  der  Ealomelinjektionen.  Die  19jährige  Katharina  K.,  die 
sich  nicht  für  interne  Behandlung  ihrer  Lues  begeistern  kann,  soll  auf  dem  B.-SpiUl 
in  Wien  eine  Kalomelii^'ektion  bekommen;  schlägt  und  beifst  aber  um  sich,  anstatt 
ihre  Glutäen  zu  präsentieren.  Selbst  in  der  ihr  nunmehr  ärztlich  T^rordneten 
Zwangsjacke  versteht  sie  es,  „aggressiven  Widerstand  zu  leisten",  um  denselben  Aus- 
druck sorgsam  zu  gebrauchen,  den  die  Pharm.  Post.  1889.  No.  1.  pag.  19  bei  E^ 
Zählung  dieses  Falles  in  objektiver  Anlehnung  an  die  juristische  Sprachweise  gebraucht 
Nun  beginnt  eine  —  für  uns  Dermatologen  etwas  aufsergewöhnliche  —  Entwickelasg 
dieses  Satyrdramas.  Wir  hören  nichts  von  Isolierung^,  sondern  nur  von  Übennt- 
wortung  der  Antimerkurialistin  an  —  horribile  dictu  —  das  Gericht.  Die  gleich- 
mütige Göttin  mit  der  Stimbinde  und  der  —  ach,  so  oft  schwankenden  —  Wtge 
sollte  entscheiden.  Natürlich  konnte  der  Verteidiger  „bestreiten,  dafs  der  Widerstand 
gegen  eine  schmerzhafte  Operation  einen  verbrecherischen  That bestand  begründe.'' 
Der  Gerichtshof  aber  verurteilte  die  Feindin  der  Kalomelinjektionen  zu  —  4  Monaten 
Kerkers.  Pauly-Nervi. 


^  In  Köln  habe  ich,  als  ich  Assistent  Riegels  (heute  Ordinarius  in  Giefsen)  war, 
im  Jahre  1876  eine  widerspenstige  Prostituierte  auf  der  syphilitischen  Abteilung  des 
Bürgerspitals,  die  auf  die  äufsere  Fensterbrüstung  jäh  sprang  und  erklärte,  alsbald 
die  2  Stock  hinunter  zu  springen,  und  mühsam  nur  durch  Gewalt  zurückgezogen 
wurde,  durch  2tägige  Isolierung  in  einer  bescheiden  möblierten  und  erleuchteten  Zelle 
ausgezeichnet  folgsam  werden  sehen.  Nach  24  Stunden  bat  sie  den  Chefarzt  noch 
nicht  um  Entschuldigung  —  trotz  Vorhaltes  war  kein  Wort  über  die  Lippen  der 
Halsstarrigen  zu  bringen  — ,  nach  48  Stunden  bester  Kurerfolg  —  ohne  Gerichtshof! 

Verlag  von  Leopold  VOBB  in  Hamburg  (und  Leipzig). 
Druck  der  YcrlagsanstaU  und  Druckerei  Actifn-OosellBohaft  (vormals  J.  F.Kiehter)  In  Hamburg. 


Monatshefte  f.  prakt.  Dermatologie.     VIII.  Band. 


1/ 


Kr/{.\E.ll.lX.\;   Analomit  und  HiiH.'xie   iler    Voruea   iin^arit 


Monnlshcfle  f.  prikl,  DiTm.Uol.iRie.     VIII.  Hund. 


/ 


_.^^''i':'ss^r^^üy 


A''V/A7r/i/.f.\'A'.  Anatomie  und  Histologit  dtr    Vtrriiea  rw/jiff 
Verlan  ™"  Leopold  Voss  in  Hamburg  fund  LeiprigV 


Erklärung   der   Figuren    auf   Tafel    VI   und  VII 

in  Heft  8. 

Fig  1.  Warze  von  der  Haut  über  dem  Metacarpo-phalangeal-Gelenk  des  recbnte 
Zeigefingers. 

0  =  Grenze  zwischen  normaler  und  pathologisch  veränderter  Haut.  E  =  Knäuel- 
drusenausftihrungsgänge.  s  =  Schweifsporen.  (Zeiss,  Eompensationsokular  2;  Leit'* 
Obj.  3.) 

Fig.  2.  Ein  andrer  Schnitt  von  derselben  Warze.  Stärkere  Vergröfserung  der 
Grenzpartie.    (Zbiss,  Oc.  0;  Leitz  Obj.  7.) 

Färbung  der  Schnitte  mittels  Earminalaun. 


1 


UoiuC*h«fte  f.  prakt.  Dermatologie.     VIII.  Band. 


VerUg  von  Leopold  Voss  in  Hambarg  (und  Leip: 


ponataliefie  fit  |ltakiifi|ie  9tmatol0gtt 


Band  VIII.  N2;  9.  1.  Mai  1889. 


Aus  Dr.  Unnas  dennatologischem  Laboratorium  in  Hamburg. 

Über  die  Herstellimg  von  Flächenbildem  der  Oberhaut 

und  der  Lederhaut. 

Von 

Dr.  L.  Philippson, 

praktischer  Arzt  in  Hamburg. 

Mit  einer  lithographitchea  Tafel. 

„Wir  müssen  in  Zukunft  durchaus  die  XJnterfläche  der  Oberhaut  und 
die  Oberfläche  der  Cutis  in  Totalansichten  zu  erhalten  suchen.  Die 
Methodik  für  diesen  Fall  existiert  noch  nicht,  sie  muüsi  aber  gefanden 
werden."  —  Diese  Schluisworte  Unnas  in  der  Besprechung  der  „B^^^^i^^ 
zur  Anatomie  der  Oberhaut  von  Blasgheo*'  [Monatsh,  f,  prdkt.  Dermat 
Bd.  VIT.  1888.  No.  16)  gaben  Veranlassung  zu  einer  Versuchsreihe, 
welche  darauf  abzielte,  eine  Methode  zu  finden,  Oberhaut  und  Lederhaut 
in  möglichst  unversehrtem  Zustande  voneinander  zu  trennen. 

Die  Vorteile,  welche  Flächenbilder  vor  Schnittpräparaten  bieten  filr 
die  Kenntnis  des  Papillarkörpers  und  der  Stachelschicht,  sind  zu  ein- 
leuchtend, als  daJB  sie  weitläufig  auseinander  gesetzt  zu  werden  brauchten. 
Die  Konstruierung  stereometrischer  Verhältnisse  aus  Schnittserien  ist 
wegen  ihrer  Umständlichkeit  bei  der  Haut  nicht  in  Anwendung  gezogen 
worden,  und  mufste  daher  alles,  was  von  der  Form  der  Papillen  und  der 
Epithelzapfen  beschrieben  wurde,  sehr  unsicher  oder  gar  fehlerhaft  aus 
fallen.  Nur  solche  Präparate,  wie  sie  von  Blasghko  in  der  oben  citierten- 
Arbeit  aus  der  Haut  macerierter  Früchte  dargestellt  worden  sind,  können 
hier  die  richtigen  Vorstellungen  und  Begriffe  gewähren.  Und  es  wird 
dadurch  der  Wunsch  nahe  gelegt,  was  in  diesem  Falle  von  der  Natur 
vorbereitet  ist,  auf  künstlichem  Wege  zu  gewinnen,  um  von  jedem  be- 
liebigen, normalen  nnd  pathologischen  Hantstück  jene  Flächenbilder  an- 
fertigen zu  können. 

Die  Flächenbilder,  welche  bis  jetzt  in  der  Litteratur  beschrieben 
worden  sind,  stammen  teils  von  gefaulter  Haut  her  (Sappby,  TraiU  düana- 
tomie.  £dit.  m),  teils  wurden  sie  durch  Kochen  der  Haut  gewonnen  (wie 
die  Abbildungen  bei  KOllieer,  Handbuch  der  Gewebelehre.  Fig.  55  a,  und 

Monatshefte.  26 


390 

KoLLMANK,  Tastapparat  der  Hand.  Taf.  I).  Die  gefaolte  Haut  liefert, 
wenn  nur  der  richtige  Zeitpunkt  abgepa(st  wird,  sehr  gute  Bilder,  — 
doch  läfst  sich  selbstverständlich  der  Fäulnisprozeis  fiir  ein  methodisches 
Verfahren  nicht  gut  verwerten.  Das  Kochen  der  Haut,  welches  für  die 
Untersuchungen  des  Nagels  Hjebra  so  vorzügliche  Resultate  geliefert  hat, 
ist  für  die  Stachelschicht  sowohl  wie  für  den  Papillarkörper  eine  zu  ein- 
greifende Prozedur,  als  dafs  sie  naturgetreue  Präparate  liefern  könnte. 
Viel  bessere  Erfolge  erzielt  man  dagegen  durch  Maoeration  der  Haut  in 
Wasser,  welchem  ich  auf  Anraten  des  Herrn  Dr.  Unna  zur  Verhinderung 
zjmotischer  Vorgänge  einige  Tropfen  Chloroform  hinzusetzte.  Die  Mace- 
ration  wird  noch  beschleunigt,  wenn  man  die  Präparate  im  Wärmeschrank 
bei  Körpertemperatur  hält;  die  Ablösung  der  Oberhaut  von  der  Cutis 
erfolgt  alsdann  in  2 — 3  Wochen.  (Es  sei  hier  die  Bemerkung  gestattet, 
dais  jener  „eigentümliche"  in  der  Haut  sogenannter  faultoter  Früchte 
intrauterin  sich  abspielende  Vorgang,  welcher  Epidermis  und  Cutis  von 
einander  löst,  ohne  die  Gewebselemente  zu  zerstören,  wohl  auch  nichts 
weiter  ist  als  eine  azymoiisch  verlaufende  Maceration.) 

Um  auf  schnellerem  und  bequemerem  Wege  zu  dem  gesteckten  Ziele 
zu  gelangen,  bot  sich  der  Gedanke  dar,  vielleicht  durch  chemische  Mittel 
eine  Trennung  von  Oberhaut  und  Lederhaut  zu  bewirken,  und  zwar  durch 
Auflösung  einer  etwa  vorhandenen  (?)  Kittsubstanz.  Die  in  Verwendung 
gezogenen  Säuren  (Essig-,  Ameisen-,  Oxal-,  Zitronensäure)  lassen  nun 
zwar  in  höheren  Konzentrationsgraden  eine  Trennung  erfolgen,  aber  nur 
zwischen  Homschicht  und  Stratum  spinosum.  Von  letzterem  bleibt  an 
der  abgehobenen  Schicht  um  so  mehr  hängen,  je  verdünnter  die  Säure 
ist,  zu  gleicher  Zeit  quillt  die  Cutis  viel  stärker  als  in  konzentrierter 
Säure.  Bei  einer  Verdünnung  von  Vs — V*  %  erfolgt  endlich  die  Ab- 
lösung ganz  scharf  zwischen  Epidennis  und  Cutis,  mit  vollständiger  Er- 
haltung der  Stachelzellen  und  der  Papillen.  Die  Ursache  dieser  Ablösung 
wird  wohl  nach  allem  weniger  in  einem  chemischen  Prozesse,  als  vielmehr 
in  einer  durch  die  verschiedene  Quellungsfähigkeit  epithelialer  und  binde- 
gewebiger Gebilde  bedingten  Flächenverschiebung  zwischen  Cutis  und 
Epidermis  zu  suchen  sein. 

Zur  Gewinnung  der  Flächenbilder  verfährt  man  also  einfach 
folgendermafsen:  Die  Hautstückchen  werden  in  eine  Vs  — V*Voige  Essig- 
säure je  nach  der  Grölse  1 — 3  Tage  gelegt,  alsdann  läfet  sich  die  Ober- 
haut leicht  von  der  Cutis  abziehen.  Um  Fäulnis  zu  vermeiden,  kann 
man  zweckmäfsiger  Weise  der  Essigsäure  einige  Tropfen  Chloroform  bei- 
fügen. Die  Oberhaut  ist  dünn  genug,  um  bei  durchfallendem  Lichte 
untersucht  werden  zu  können,  die  Papillarschicht  mufs  hierzu  erst  mit 
dem  Messer  von  der  Cutis  abgetragen  werden. 


391 

Einiges  über  die  Struktur  der  Flächenbilder. 

Es  ist  hier  nicht  der  Oi*t  ausführlich  und  systematisch  die  Bilder 
ÄU  beschreiben,  welche  durch  obiges  Verfahren  von  der  Haut  Erwachsener 
.gewonnen  worden  sind.  Indem  wir  auf  die  der  Arbeit  Blasgheos  bei- 
gegebenen Tafeln  verweisen,  müssen  wir  uns  bescheiden,  die  haupt- 
-sächlichsten  Unterschiede  zwischen  der  unentwickelten  und  der  ausgebil- 
*deten  Haut  anzugeben. 

Wie  bereits  Blascheo  angibt,  tritt  mit  zunehmendem  Alter  eine 
stärkere  Ausbildung  der  Stachelsohicht  auf,  gegenüber  den  Verhältnissen 
bei  Neugeborenen.  Auiser  den  stark  hervortretenden  Hauptleisten  bilden 
sich  zahlreiche  dieselben  miteinander  verbindende  Nebenleisten  aus, 
welcher  Veränderung  dann  nicht  mehr  einfache,  sondern  zusammengesetzte 
Papillen  der  Cutis  entsprechen.  Am  ausgeprägtesten  zeigt  sich  diese 
Entwickelung  an  der  Handfläche  und  der  Fufssohle,  ist  aber  auch  an  der 
behaarten  Haut  deutlich  wahrzunehmen. 

Die  von  Blaschko  für  die  Stachelschicht  der  behaarten  Haut  auf- 
gestellten Typen  habe  ich  auch  an  verschiedenen  Körperregionen  des 
Erwachsenen  im  grofseu  und  ganzen  wiederfinden  können,  so  für  die 
Streck-  und  Beugeseiten  der  Extremitäten,  für  Bauch-,  Brust-,  Achselhaut. 
Wenn  nun  auch  für  bestimmte  Hautpartien  die  Bildung  der  Stachel- 
:schicht  und  damit  die  Form  der  Papillen  mehr  oder  weniger  charakte- 
ristisch ist,  so  finden  sich  doch  überall  auch  Unregelmäfsigkeiten  in  der 
Form  und  Gröise.  Am  auffälligsten  sind  die  überall  unter  die  andern 
verteilten,  sehr  schmalen  und  winzigen  Papillen,  welche  auf  der  Cutis- 
fläche  bei  genauer  Durchmusterung  ebensowohl  zu  beobachten  sind,  wie 
sie  auf  der  Epithelialfläche  sich  als  kleine  runde  Lücken  in  den  Leisten 
selbst  dokumentieren. 

Während  es  Blaschko  an  der  Kopfhaut  macer ierter  Früchte  nicht 
gelang,  Flächenbilder  darzustellen,  läfst  das  oben  angegebene  Verfahren 
auch  hier  nicht  im  Stiche,  sondern  liefert  wie  sonst  sehr  gute  Präpai'ate. 
Gegenüber  älteren  Angaben  ist  besonders  zu  betonen,  dafs  auch  die 
Kopfhaut  einen  wohlausgebildeten  Papillarkörper  hat,  welchem  ein  ije- 
achlossenes  Netz  von  Epidermisleisten  entspricht. 

Was  die  Lisertion  des  Schweifsdrüsenganges  an  der  Epidermis  be- 
trifft, so  finden  sich  beim  Erwachsenen  verschiedene  Verbältnisse:  einmal 
geht  der  Gang,  wie  an  der  Hohlhand  und  der  Sohle,  in  die  Drüsenleiste 
über;  er  kann  zweitens,  wie  gewöhnlich  an  der  behaarten  Haut,  an  dem 
Knotenpunkt  radiär  gestellter  Leisten  mit  einer  knopfförmigen  Verbreite- 
rung münden ;  oder  er  trifft,  wie  in  der  Achselhöhle,  direkt  auf  die 
•ebene  Fläche  des  Stratum  spinosum  und  ist  dann  seine  Ansatzstelle  von 
«iner  kreisförmigen  Leiste  der  Oberhaut  in  einiger  Entfernung  umgeben. 
Dementsprechend    zeigt    hier  die  Cutis    eine    wallartig    erhabene  Papille, 

26» 


392 

in  deren  trichterförmiger  Mitte  der  Scliweiisdrüsengang  sich  in  die  Tiefe 
senkt. 

Gleich  diesen  Drüsengängen  bleiben  auch  die  Haare  mit  ihren 
Wnrzplscheiden  an  der  Epidermisunterseite  hängen.  An  guten  Präpa- 
raten sieht  man,  dafs  die  Leisten  der  Stachelschicht  sich  noch  eine 
Strecke   weit   auf   die  Stachelschicht  des  Haares  fortsetzen,  um  niedriger  | 

zu  werden  und  schlieislich  ganz  zu  verstreichen.  Die  Oberhautfelderung, 
welche  an  macerierter  Haut  fast  ganz  verschwindet,  bleibt  an  den  nach 
unserem  Verfahren  hergestellten  Flächenbildem  yollständig  erhalten.  Da 
gerade  hier  die  Flächenbilder  manches  neue  zeigen,  so  wollen  wir  die 
Furchung  der  Haut  etwas  eingehender  besprechen. 

Am  meisten  Interesse  haben  für  den  Anatomen  von  jeher  die  Riffe 
und  Furchen  der  Hohlhand  gehabt,  doch  ist  erst  durch  Blascheo  die 
Bildung  derselben  bekannt  geworden:  entsprechend  der  Furche  befindet 
sich  an  der  Epidermisunterfläohe  eine  Leiste,  die  sogenannte  Falte,  imd 
entsprechend  der  Mitte  der  Kiffe,  wo  die  Schweifsporen  vorhanden,  eine 
zweite  Leiste,  die  Drüsenleiste.  Hohlhand  und  Fufssohle  besitzen  alsa 
2  Leistensysteme,  wovon  das  eine  Drüsen  produziert,  das  andre  unpro- 
duktiv ist.  Für  letzteres  hat  Blaschko  den  Namen  „Falte"  in  An- 
wendung gezogen,  indem  er  seine  Entstehung  von  einer  Einfaltung  der 
gesamten  Oberhaut  ableitet.  Gegen  diese  Auffassung  hat  sich  Unna 
{Manaish,  f,  prakt.  Derm,  Bd.  VII.  pag.  763)  gewandt.  Die  Einsenkunf 
der  Oberhaut  mit  ihrer  Epidermisleiste  bildet  sich  nach  ihm  in  der 
Weise,  dafs  „zuerst  die  Stachelschicht  nach  unten  leistenartig  durch  Pro- 
liferation vorgetrieben  wird  und  daiSs  bei  mangelndem  Nachwuchs  die- 
Homschicht  und  die  Kömerschicht,  im  Mafse  als  die  Stachelschicht  ver- 
hornt, allmählich  einsinkt."  Da  ich  die  Verwendung  einer  so  indiffe- 
renten Bezeichnung  wie  „Falte"  für  eine  so  charakteristische  Bildung,, 
wie  die  Furche  mit  ihrer  Epidermisleiste,  nicht  gerade  für  passend  halte, 
so  ziehe  ich  es  vor,  mich  einer  von  Herrn  Dr.  Unna  angegebenen 
Nomenklatur  zu  bedienen  und  nenne  fortan  die  Furchen  der  Vola  manus 
und  der  Planta  pedis  (Blaschkos  Falten)  „SenkuDgsfurchen"  (ein  Name- 
in Gemäfsheit  der  UNNAschen  Anschauung  gebildet)  und  die  den  Furchen 
entsprechenden  Leisten  der  Stachelschicht  (zu  Blaschkos  Falten  gehörig) 
unproduktive  Leisten,  im  Gegensatz  zu  den  Drüsen-,  den  produktiven 
Leisten. 

Nach  der  eben  angeführten  Ansicht  von  Unna  haben  wir  überall 
da,  wo  die  Stachelschicht  Leisten  trägt,  auf  der  Hautoberfläche  Furdben 
(Senkungsfurchen)  zu  erwarten,  also  auch  über  den  Drüsenleisten.  Und 
wirklich  zeigen  sich  auch  bei  genauerer  Betrachtung  auf  der  Mitte  der 
Riffe  an  der  Hand  und  dem  Fulse  ganz  seichte  Einsenkungen  der  Hom- 
schicht,     welche     die     Schweüsporen    untereinander    verbinden.      Diese- 


393 

Senkungsfurchen  (denn  ihre  Struktur  stellt  sie  neben  die  zu  den  unpro- 
duktiven Leisten  gehörigen  Furchen)  sind  nicht  überall  gleich  gut  ent- 
wickelt und  kommen  bei  verschiedenen  Händen  auch  in  ungleicher  Aus- 
bildung vor,  was  wohl  damit  in  Zusammenhang  steht,  düh  übeihaupt  die 
Drüsenleiste  schwächer  ist  als  die  unproduktive  Leiste,  und  die  Dicke 
der  Homschicht  sehr  variabel  ist.  Diese  Senkungsfurchen  sind  gegenüber 
jenen  andern  grofsen,  zwischen  den  Riffen  verlaufenden,  so  unscheinbar, 
dais  sie  bis  jetzt  kaum  beachtet  worden  sind;  sie  müssen  hier  aber  des- 
halb erwähnt  werden,  um  eine  systematische  Einteilung  der  gesamten 
Oberhautfelderung  möglich  zu  machen. 

Derselbe  Grund  ^  veranlafst  uns,  wenn  wir  jetzt  die  übrige  Haut  in 
Betracht  ziehen,  die  Aufmerksamkeit  auf  ebenfalls  sehr  seichte  Furchen 
der  Hautoberfläche  zu  lenken,  welche  bisher  auch  unbeachtet  geblieben 
sind.  Es  sind  hier  nicht  die  Gelenkfurchen  gemeint,  noch  die  über  die 
ganze  Haut  verbreiteten,  sie  nach  allen  Dichtungen  hin  durchziehenden, 
dreieckige  oder  vieleckige  Felder  abgrenzenden  Furchen,  sondern  die 
innerhalb  dieser  Felder  befindlichen  leichten  Einsenkungen  der  Hom- 
schicht. Am  stärksten  markiert  zeigen  sich  diese  Einsenkungen  an 
groben  Händen,  und  zwar  auf  der  Haut  über  den  Fingergelenken  und 
an  den  Seitenflächen  der  Finger;  sie  verleihen  hier  der  Haut  das  Aus- 
sehen von  Chagrinleder.  Hat  man  an  diesen  Stellen  die  betreffenden 
seichten  Furchen  gesehen,  so  findet  man  sie  mehr  oder  weniger  deutlich 
auch  überall  anderswo,  besonders  bei  schräger  Beleuchtung.  Die  Be- 
deutung dieser  Furchen  ergibt  sich  aus  dem  Flächenbild  der  unteren 
Epidermisfläche,  welche  nämlich  das  aus  der  Staohelschicht  gebildete 
Netz  von  Leisten  besitzt.  Wie  an  der  Hohlhand  den  Leisten  der  Stachel- 
schicht Furchen  (die  Senkungsfurchen)  der  Hautoberfläche  entsprechen, 
so  sind  an  der  übrigen  Haut  die  Epidermisleisten  ebenfalls  durch  Ein- 
senkungen der  Homschicht  angedeutet;  sie  besitzt  also  auch  Senkungs- 
furchen. Für  diese  gilt  dasselbe,  wie  für  die  seichten  Senkungsfurchen 
der  Hohlhand,  sie  sind  am  entwickeltsten  auf  dicker  Homschicht,  während 
sie  auf  dünner  mitunter  gamicht  zu  finden  sind. 

Demnach  dokumentiert  sich  das  Leistennetz  der  Staohelschicht  auf 
der  Hautoberfläche  allgemein  durch  Senkungsfurchen,  und  gewinnt  die 
oben  citierte  Ansicht  von  Unna,  welche  ursprünglich  nur  zur  Erklärung 
der  tiefen  Furchen  der  Hohlhand  und  der  Sohle  (der  Falte  von  Blaschko) 
gebildet  war,  eine  allgemeinere  Bedeutung. 

Diese  letzteren  Furchen  forderten  deshalb  allein  unter  allen  Senkungs- 
furchen, welche  in  ihrer  weiten  Verbreitung  über  die  Haut  nicht  bekannt 
waren,  das  Interesse  heraus,  weil  sie  so  ausgeprägt  sind  und  einen  so^ 
regehnäjjsigen  Verlauf  haben,  beides  abhängig  von  den  zu  ihnen  gehörigen 
Epidermisleisten.     Letztere   sind   anderswo  nicht  so  hoch  und  auch  nicht 


394 

parallel  zueinander  verlaufend,  sondern  bilden  ein  gleichmäfsig  aus- 
gebreitetes Netz.  Diese  Gegensätze  lassen  sich  auch  so  ausdrücken,  dais 
zwischen  hohen  und  in  Reihen  stehenden  Papillen,  wie  in  der  Hohlhand» 
tiefere  und  regelmäfsigere  Furchen  vorhanden  sind,  als  zwischen  den 
niedrigeren  und  unregelmäfsig  verteilten  Papillen  der  übrigen  Haut. 

Trotz  ihres  verschiedenen  Aussehens  (nämlich  auf  der  Hautoberfläche) 
gehören  also  die  bis  jetzt  beschriebenen  Furchen,  die  Senkungsfarchen, 
genetisch  zusammen,  wie  sich  aus  den  Flächenbildem  der  Stachelschicht 
ergibt.  Schon  bei  Betrachtung  der  Fig.  9  in  der  eingangs  citierten 
Arbeit  von  Blaschko,  welche  ein  solches  Flächenbild  von  der  Sohle 
mit  Übergang  in  den  Fufsrücken  darstellt,  und  wo  der  Übergang  der 
parallel  verlaufenden  Leisten  der  ersteren  in  das  Leistennetz  des  letzteren 
deutlich  erkannt  wird,  —  schon  hier  wirft  sich  die  Frage  auf,  ob  nicht, 
wie  dort  den  Leisten  Furchen  der  Hautfläche  entsprechen,  so  auch  hier 
Furchen  vorhanden  sind?  Und  wie  eine  genaue  Betrachtung  der  Haut 
lehrt,  muTs  diese  Frage  bejahend  beantwortet  werden.  Die  Senkungs- 
furchen sind  also  mit  der  Bildung  der  unproduktiven  (der  Falten 
Blaschkos)  und  der  produktiven  Leisten  der  Hohlhand  und  Fuüssohle 
(Drüsenleisten),  auf  der  übrigen  Haut  mit  dem  Leistennetz  gegeben;  sie 
stehen,  anders  ausgedrückt,  in  Beziehung  zur  anatomischen  Struktur 
der  Stachelschicht. 

Alle  übrigen  auf  der  Hautoberfläche  vorkommenden  Furchen  haben 
eine  ganz  andre  Entstehungsart,  wie  aus  den  Flächenbildem  der  Stachel- 
schiebt  hervorgeht.  Da  auf  diese  Weise  die  Furchen  weder  von  O.  Simon,. 
uoch  von  Lewinski,  noch  von  Unna  oder  von  Blaschko  (denn  an  der 
Haut  macerierter  Früchte  sind  sie  fast  verstrichen)  untersucht  wurden, 
sondern  sie  nur  von  der  Hautoberfläche,  wo  ihr  Aussehen  ein  so  ein- 
förmiges  ist,  betrachtet  worden  sind,  so  wende  ich  mich  gleich  zur  Be- 
$chreibung,    um  erst  nachher  einige  kritische  Bemerkungen  hinzuzufügen. 

Über  den  ganzen  Körper  verbreitet  sind  die  drei-  oder  vieleckige 
Felder  einschliefeenden  Furchen,  welche  nach  allen  Richtungen  hin  die 
Hautoberfläche  durchkreuzen,  während  es  an  bestimmten  Hautstellen  auch 
Furchen  gibt,  welche  nur  in  einer  Richtung  allein  verlaufen,  sich  streng 
an  die  Gelenke  (z.  B.  Fingergelenke)  halten  und  schon  dadurch  eine 
andre  Bedeutung  vermuten  lassen. 

Ein  Hautstück  über  dem  Fingergelenk  zeigt  auf  der  Unterfläche 
seiner  Stachelschicht  folgendes  Bild:  distal  und  proximal  von  der  Furche 
verlaufen  die  hohen  parallelen  Leisten,  welche  durch  zahlreiche  niedrigere 
Querleisten  miteinander  verbunden  werden;  der  Furche  entsprechend 
dagegen  werden  Haupt-  und  Querleisten  von  gleicher,  mittlerer  Höhe, 
wodurch  ein  gleichmäfsiges  Leistennetz  gebildet  wird.  Auf  der  Cutis 
gehen    die    in   Reihen   geordneten,  zusammengesetzten  Papillen  in  einzel- 


395 

stehende    und   gleichmälBig   verteilte    über   da»  wo  der  Furche  der  Haut' 
fläche  eine  Furche  der  Cutis  entspricht. 

Die  Ursache  des  Entstehens  dieser  Furchen  läist  sich  bei  den  vor- 
liegenden einfachen  Verhältnissen  nur  in  den  Gelenkbewegungen  finden, 
welche  die  Haut  in  Falten  werfen  und  knicken.  Diese  Furchen  mögen 
Knickungsfarchen  heifsen. 

Das  Flächenbild  bei  den  übrigen,  allgemein  verbreiteten  Furchen 
nimmt  sich  ganz  anders  aus.  Nehmen  wir  beispielsweise  ein  Stück  der 
Kniehaut  eines  Kindes,  welche  nach  allen  Richtungen  hin  von  Furchen 
durchzogen  wird,  so  dokumentieren  sich  dieselben  bei  durchfallendem 
Lichte  auf  der  Unterseite  der  Stachelschicht  als  schmale^  durchscheinende,, 
drei-  oder  vieleckige  Felder  einschliefsende  Streifen.  Während  in  den 
Feldern  das  epitheliale  Leistennetz  schön  entwickelt  ist,  fehlt  dasselbe 
auf  den  Streifen,  nur  hier  und  da  sind  Andeutungen  von  sehr  niedrigen 
queren  Leisten  zu  bemerken,  welche  zumeist  die  Ausläufer  der  zunächst 
liegenden  Leisten  der  Felder  sind.  Diese  Leisten  schlieiSsen  sich  nämlich 
nicht,  wie  die  übrigen,  zu  Maschen  zusammen,  sondern  sind  nach  jenen 
Streifen  zu  parallel  verlaufend.  Au£serdem  sind  die  den  Streifen  benach- 
barten Maschen  wie  nach  ihnen  zu  verzogen.  Diesem  Bilde  entsprechend 
gibt  es  in  der  Mitte  des  von  geradlinigen  Furchen  umsäumten  Cutisfeldes 
gleichmäfsig  verteilte,  aufrechte  Papillen,  die  den  Furchen  näheren  sind 
hchräg  und  zu  ihnen  hingerichtet,  die  unmittelbar  an  die  Furchen  an- 
grenzenden Papillen  sind  nur  leichte,  nach  ihnen  zu  schräg  abfallende - 
Gutiserhebungen  oder  ganz  winzige  Spitzen,  in  der  Furche  selbst  finden, 
sich  so  gut  wie  gar  keine  Papillen. 

Ganz  ebensolche  Bilder  erhält  man  von  der  Haut  andrer  Regionen. 
Beim  Erwachsenen  stellen  sich  die  Furchen  auf  den  Flächenbildem  fast 
ebenso  dar  wie  beim  Kinde.  Auch  hier  schmale,  durchscheinende,  glatte, 
geradlinige  Streifen,  in  welche  die  angrenzenden  Leisten  allmählich  flacher 
werdend  verlaufen,  —  es  ist  hier  aber  nicht  das  Verzogensein  der  Maschen 
ausgesprochen. 

Die  Flächenbilder  dieser  Furchen  legen  den  Gedanken  nahe,  sie 
könnten  durch  Zug  entstanden  sein,  welcher  auf  ein  überall  gleichmäfsig 
angelegtes  Leistennetz  der  Stachelschicht  wirkend  dasselbe  stellenweise 
abgeflacht  und  schliefslich  ganz  zum  Verschwinden  gebracht  hat;  die 
Epidermis  würde  dadurch  dünner  und  sänke  ein,  —  zu  gleicher  Zeit 
Würden  die  Papillen  in  das  Niveau  der  Cutis  hinabgezogen  und  die  all- 
mählich durch  den  Zug  sich  vermindernde  Spannung  ihrer  Bindegewebs- 
bündel  mit  den  elastischen  Fasern  liefse  sie  in  Form  von  Furchen  ein- 
sinken. 

Die  die  ganze  Haut  durchziehenden  Furchen  also,  welche  zwischen 
sich  kleine  Felder  aussparen,    sind  der  bleibende  Ausdruck  für  die  durch 


396 

Bewegung  bedingte,  fortwährend  nach  allen  Bichtongen  hin  wirkende 
Spannung  der  Haut.  Diese  Furchen  (Spannungsfurchen  mögen  sie  hei&en) 
sind  die  atrophischen  Stellen  der  Haut  gegenüber  den  von  ihnen  ein- 
geschlossenen, mit  Leistennetz  versehenen  und  Papillen  bedeckenden 
polygonalen  Feldern.  Während  das  Spiel  der  Zugkräfte  in  den  Spannungs- 
furchen wirkt,  bilden  die  Felder  die  Mittelpunkte  der  Ruhe. 

Die  Flächenbilder  der  Oberhaut  und  der  Cutis  gedtatten  uns  also 
mit  viel  gröfserer  Sicherheit,  als  es  bislang  möglich  war,  die  Oberhant- 
felderung  zu  studieren,  indem  sie  uns  anatomische  Unterscheidungsmerk- 
male an  die  Hand  geben.  Die  theoretische  Spekulation  yon  Lbwiksei 
[Virchows  Ärch.  Bd.  92.  pag.  136),  nach  welcher  alle  Furchen  entweder 
durch  Faltung  oder  durch  Spannung  der  Haut  entstanden  sind,  hat  ja 
ihre  volle  Berechtigung,  nur  ist  es  auf  der  Hautoberfläche  nicht  imme^ 
möglich,  diese  Entscheidung  zu  treffen,  welche  ei'st  durch  Betrachtang 
der  unteren  Fläche  der  Stachelschicht  eine  sicher  begründete  wird. 

Da  in  das  bunte  Bild  der  gesamten  Oberhautfelderung  nunmehr 
anatomische  Gesichtspunkte  hineingebracht  werden  können,  so  sei  es 
gestattet,  hier  noch  einmal  kurz  die  Klassifizierung  der  Furchen  vor- 
zunehmen. 

Primäre,  durch  die  Proliferation  der  Stachelschicht  in  Form  von 
Leisten  (sowohl  der  in  Hohlhand  und  Sohle  vorkommenden  Drüsenleisten 
und  unproduktiven  Leisten,  wie  der  an  den  übrigen  Hautregionen  befind- 
liehen  Leisten)  bedingte  Einsenk ungen  der  Hornschicht,  welche 
zwischen  den  Biffen  an  Hand-  und  FuTsfläche  am  tiefsten  sind,  aber 
auch  in  der  Mitte  der  Biffe  und  überall  anderswo  in  den  polygonalen 
Feldern  sich  auffinden  lassen  —  diese  Einsenkungen  der  Hornschicht 
nenne  ich  Senkungsfurchen.  Sie  hängen  also  von  anatomischen 
Verhältnissen  ab. 

Sekundär  entwickeln  sich  dann  durch  Knickung  und  Spannung 
der  Haut  die  Knickungsfurchen,  quer  über  die  Gelenke  verlaufend, 
und  die  Spannungsfurchen,  als  kompliziertes  Furchennetz  sich  über 
die  gesamte  Haut  ausspannend.  Sie  hängen  mithin  von  physiologischen 
Verhältnissen  ab. 

Dafs  unsere  Auffassung  vom  Entstehen  der  Spannungsfurchen  eine 
wohlberechtigte  ist,  wird  durch  eine  Strukturveränderung  der  Haut  be- 
wiesen, welche  in  ihr  durch  übermälsig  starke  Spannung  hervorgerufen 
wird;  schon  aus  diesem  Grunde  möge  hier  eine  Beschreibung  der  Flächen- 
bilder von  Epidermis  und  Cutis  einer  Stria  gravidarum  folgen.  Zugleich 
wird  sich  zeigen,  wie  übersichtlich  gewisse  pathologische  Erscheinungen 
an  Flächenbildern  zu  erkennen  sind. 


397 

Flächenbild  der  Stria  gravidarum. 

Das  Hauistückclien  ist  senkrecht  znr  Bichtung  der  Stria  heraus- 
geschnitten, so  dais  zu  beiden  Seiten  die  normale  oder  fast  normale,  in 
der  Mitte  die  veränderte  Stachelschicht  zu  sehen  ist.  Dieselbe  zeigt  eine 
glatte,  durchscheinende  Fläche,  welche  nur  wenige,  niedrige,  quer  ver- 
laufende Leisten,  einige  Maschen  von  annähernd  normaler  Gröfse  und 
zahlreiche  von  viel  kleinerem  umfange  aufweist.  Die  der  Mitte  an- 
liegenden Leisten  sind  nach  ihr  zu  ausgezogen.  Diesem  Bilde  ent- 
sprechend trägt  die  Cutis  in  dem  mittleren  Teile,  welcher  sonst  glatt  ist 
und  nur  wenige  quere  Furchen  hat,  spärlich  verteilte,  winzige  Papillen 
und  hier  und  da  einige  von  fast  normaler  Gröise.  Erinnert  man  sich 
der  Entstehungsweise  der  Papillen,  welche  aus  der  Cutisoberfläche  durch 
das  einwachsende  Epithel  erst  geformt  werden,  so  sind  jene  Flächenbilder 
leicht  zu  erklären.  Die  überaus  starke  Spannung,  welcher  die  Haut 
Schwangerer  ausgesetzt  ist,  und  welche  eine  parallele  Anordnung  der 
Bindegewebsbündel  der  Cutis  bewirkt,  überträgt  sich  auch  auf  die  aus 
dem  Niveau  derselben  heraustretenden  Bindegewebsfasern  der  Papillen 
und  strebt  danach  sie  in  die  Zugrichtung  hineinzuziehen.  Daher  die 
Abflachung  und  das  Verschwinden  der  Papillen,  durch  welche  Formver- 
änderuDg  anderseits  wieder  die  AbflachuDg  und  das  Verstreichen  der 
zwischen  ihnen  befindlichen  Epidermisleisten  verursacht  wird.  Zuerst 
werden  diejenigen  Leisten,  welche  genau  oder  annähernd  senkrecht  zur 
Zugrichtung  verlaufen,  ausgeglichen,  bis  schlie&lich,  wenn  überhaupt,  nur 
noch  die  in  die  letztere  fallenden  Leisten  übrig  bleiben. 

Wie  man  sieht,  haben  die  Spannungsfurchen,  und  namentlich  wenn 
sie  noch  in  der  Bildung  begriflen  sind,  bei  Kindern,  groüse  Ähnlichkeit 
mit  den  Striae.  Ihre  anatomische  Gleichheit  weist  auf  gleiche  Ui'sachen 
ihres  Entstehens  hin  und  lä&t  daher  die  Aufstellung  einer  besonderen 
Klasse  v^on  Furchen,  von  Spannungsfurchen,  als  berechtigt  erscheinen. 

Welche  Bedeutung  diese  Spannungsfurchen  für  gewisse  Formen  von 
Primäreffloreszenzen  haben  können,  möge  schlieislich  illustriert  werden 
durch  das 

Flächenbild  bei  Liehen  ruber  planus. 
Das  Präparat  stammt  von  einem  sehr  kleinen  Knötchen,  welches  an 
der  Basis  die  bekannte  scharfkantige  Umrandung  zeigte.  Die  Papillen 
sind  ringsherum  normal,  in  der  Mitte  aber  stark  vergröisert,  zum  Teil 
miteinander  verschmolzen,  die  Spannungsfurchen  der  Cutis  stellen  sich 
als  geradlinig  verlaufende  Spalten  zwischen  den  vergröCscrten  Papillen 
dar.  Der  Krankheitsprozefs  sitzt  also  anfangs  in  den  Papillen,  da  aber 
in  den  Furchen  keine  vorhanden,  so  bleiben  diese  bestehen  und  bilden 
auf   der   Hautoberfläche   die    scharfe    Begrenzung  des    von    ihnen    einge- 


398 

schlossenen    Feldes    mit  seiner  durch  die  Vergröfserung  der  Papillen  ve^ 
ursachten  knötchenförmigen  Niveauerhöhung. 

Das  ehen  Mitgeteilte  dürfte  vielleicht  genügen,  um  die  nach  unserem 
Verfahren  leicht  herstellbaren  Flächenbilder  von  Epidermis  und  Cutift 
als  Ergänzung  für  die  Schnittpräparate  in  die  histologische  Methodik  ein- 
zuführen und  zu  gleicher  Zeit  die  Hoffnung  wachzurufen,  dafs  jetzt  ein 
sicheres  Mittel  uns  an  die  Hand  gegeben  ist,  Begriffe  wie  „Papillär- 
hypertrophie"  und  „Vergröfserung  der  Epithelzapfen"  auf  ihre  waire 
Bedeutung  zu  prüfen. 

Zum  SchluGs  darf  ich  es  nicht  unterlassen,  auch  an  dieser  Stell» 
Herrn  Dr.  Unna  für  die  vielseitige  Unterstützung,  welche  er  meben 
Untersuchungen  hat  zu  teil  werden  lassen,  und  für  die  Liberalität,  mit 
welcher  er  mir  die  Mittel  seines  Laboratoriums  zur  Verfügung  gestellt 
hat,  meinen  verbindlichsten  Dank  auszusprechen. 


Erklärung   der  Figuren   auf  Tafel  VIII. 

Dieselben  sind  teils  (Fig.  1,  2,  3)  nach  getrockneten  Präparaten,  teils  (Fig.  4) 
nach  einem  in  Glycerin  befindlichen  Präparat  von  dem  Herrn  Assistenten  Dr.  L 
TöRöK  gezeichnet  worden. 

Fiq.  1.  stellt  die  Unterfläche  der  Oberhaut  von  der  Enickungsfurche  über 
einem  Fingergelenk  dar. 

Links  zwei  hohe  Drüsenleisten  mit  Stücken  der  Ausführungsgänge,  zviscben 
jenen  in  der  Mitte  die  unproduktive  Leiste,  Querleisten  schliefsen  Gruben  ein  far  die 
zusammengesetzten  Papillen  bestimmt. 

Rechts  ist  die  unproduktive  Leiste  nicht  mehr  ausgeprägt,  während  in  der 
Mitte,  welcher  auf  der  Hautoberfläche  die  Furche  entspricht,  auch  die  Dnisenleiste 
nicht  mehr  vorhanden  ist.  Die  Leisten  sind  hier  von  mittlerer  Höbe  nnd  schlieiseu 
kleinere  Gruben  ein  für  die  kleineren,  einfachen  Papillen  passend. 

Fig.  2.  stellt  die  Unterfläche  der  Oberhaut  von  der  Kniehaut  eines  Kinde» 
dar  mit  einer  Spännungs furche. 

Das  im  übrigen  gleichmäfsig  entwickelte  Leistennetz  wird  quer  durch  äna 
helleren  Streifen  durchzogen.  Hier  fehlen  die  Leisten ;  die  angrenzenden  Leisten  btboi 
keine  geschlossenen  Maschen  mehr,  sondern  gehen  niedriger  werdend  in  den  Strafen 
(Spannungsfurche)  über.  Die  der  Furche  näheren  Maschen  sind  nach  ihr  zu  „Te^ 
zogen."  Auf  der  Furche  sind  noch  2  seichte  Grübchen,  herrührend  von  sehr  kleisea, 
auf  der  Cutis  stehen  gebliebenen  Papillen.  Aufserdem  ein  Haar  mit  seiner  Sttchel- 
schicht. 

Fig,  3.    Unterfläche  der  Oberhaut  einer  Stria  gravidarum. 

Hechts  und  links  sind  noch  höhere  Leisten,  welche  neben  sehr  kleinen  Kaflcfaen 
auch  gröfsere  bilden,  entsprechend  den  gröfseren  und  kleinen  normalen  Papillen  der 
Bauchhaut.  Je  mehr  der  Mitte,  der  Stria  zu,  desto  niedriger  werden  die  Leisten,  ws 
sie  in  das  Niveau  der  hier  dünneren  Epidermis  übergehen  und  ganz  verschwinden 
können.    Daher  zeigt  die  Stria   auf  der  sonst  glatten  Fläche  der  Stachebchicht  mir 


399 

* 

einzelne  mclir  oder  weniger  hohe  quere  Leisten,  niedrige  sehr  kleine,  selten  gröfsere 
Maschen  einschlielsende  Erhebungen  und  allmählich  verstreichende  Leisten. 

Fig.  4.  Gntisoberflache  eines  kleinen  Lichenknötchens.  (Hämatoxylin- 
praparat.) 

Am  Bande  normale  Papillen;  nach  der  Mitte  zu  die  durch  die  Entzündung  gröfser 
gewordenen,  welche  auch  zu  zweien,  dreien  u.  s.  w.  miteinander  verschmolzen  sind 
und  eine  starke  zellige  Infiltration  zeigen.  Das  Präparat  wird  von  oben  nach  unten 
von  einer  tiefen  Spalte  und  von  rechts  nach  links  von  einer  seichteren  durchzogen. 
Diese  Furchen  (Spannungsfurchen),  welche  keine  Papillen  tragen,  grenzen  in  diesem 
Stadium  der  Entwickelung  das  Lichenknötchen  scharf  ab  und  bedingen  auf  der  Haut- 
oberfläche das  scharfkantige  Aussehen  desselben. 


Über  die  Wirkung  verschiedener  Antiscabiosa  auf  die  einseinen 

der  Haustiere. 


Von 

Dr.  Geoeö  Müller. 

(Fortsetzung  aus  Nr.  7.) 

Weitere  Versuche  galten  der  Widerstandsfähigkeit  von  Sarcoptes 
minor.  Diese  Milbe  verursacht  bekanntlich  bei  Katzen  einen  fast  un- 
heilbaren Hautausschlag,  welcher  sich  zunächst  wenigstens  am  Kopfe 
lokalisiert  und  sich  durch  die  Bildung  dicker,  graubrauner  Borken  aus- 
zeichnet, unter  denen  man  die  Milben  in  allen  ihren  Entwickelungsstufeii 
zu  tausenden  finden  kann. 

Die  Untersuchung  wurde  auf  dem  erwärmten  Objekttisehe  in  der 
in  Nummer  7  angegebenen  Weise  ausgeführt,  und  es  fiel  gleich  von 
vornherein  auf,  dafs  Sarcoptes  minor  insofern  viel  weniger  wider- 
standsfähig ist  als  Demodex  folUculorum,  als  die  in  Wasser  oder  in 
physiologischer  Kochsalzlösung  befindlichen  Sarcoptesmilben  bereits  nach 
etwa  3  Stunden,  die  in  Mandelöl  befindlichen  nach  etwa  4  Stunden  ihre 
Bewegungen  einstellten. 

a.  Die  in  Wasser  befindlichen  Milben  sistierten  ihre  Bewegungen 
nach  Zusatz  von 

Kreosot  10%  sofort. 

Kreosot  5  %  in  6  Minuten. 

Karbolsäure  10%  fast  sofort. 

Karbolsäure  5  7o  in  8  Minuten. 

<r-Oxynaphthoesäure  5%  (spirit.)       in  8  Minuten. 

Sublimat  2  7o  in  15  Minuten. 


400 

Sublimat  1  %  in  40  Minuten. 

Sublimat  0,66%  nacli  2  Stunden  noch  nicht. 

Kreolin  in  wenigen  Minuten. 

Ichthyol  in  wenigen  Minuten. 

Salicylsäure  10  %  (spirit.  et  aq.  aä  p.  aeq.)       in  wenigen  Min. 

Schwefelleber  20  7o  in  13  Minuten. 

Sozojodolquecksilber  2,6  %  in  95  Minuten. 

Arsenik  1  7o  i^ach  2  Stunden  noch  nicht. 

Tabakabkochung  15  %  nach  20 — 25  Minuten. 

Quecksilbersalicylat  0,5%  nach  2  Stunden  noch  nicht. 

b.  Die  in  Mandelöl  befinldGchen  lüilben   sistierten   ihre   Beweguog« 
nach  Zusatz  von 

Holzteer  fast  sofort. 

Teerliniment  in  5 — 6  Minuten. 

Perubalsam  sofort. 

Oleum  animale  foetidum  fast  sofort. 

Benzin  sehr  schnell  (Verdunstungskfilte?). 

Benzinöl  20%  nach  2  Stunden  noch  nicht. 

Naphtholöl  10  7o  in  2—3  Minuten. 

Karbolöl  10 7o  fast  sofort. 

Petroleum  in  27  Minuten. 

Naphihalinöl  10  %  nach  2  Stunden  noch  nicht. 

Sozojodolquecksilberöl  20  %  nach  2  Stunden  noch  nicht. 

Quecksilbersalicylatöl  20  %  nach  2  Stunden  noch  nicht. 

Oxynaphthoesäureöl  10%  in  5 — 10  Minuten. 


Salicylöl  5    % 

fast  sofort. 

3,3  7o 

in  3 — 5  Minuten. 

2,5  Vo 

in  4 — 7  Minuten. 

2    7o 

in  etwa  8  Minuten. 

Wenn  man  diese  Zahlen  mit  den  in  Nummer  7  veröffentlichtHi 
vergleicht,  dann  wird  man  finden,  dafs  Demodex  folliculorom 
und  Sarcoptes  minor  in  ihrer  \yiderstandsfähigkeit  gegen 
Antiscabiosa  eine  sehr  bemerkenswerte  Verschiedenheit  zeigen. 

Kreosot,    ILreolin,    Teer,    Tieröl  und  Perubalsam   wirken   auf  beide  ^ 
Arten  nahezu  gleich  tödlich.  H 

Karbolsäure,  Naphthol,  Petroleum,  Tabak  und  Schwefelleber  sind  fv 
Sarcoptes  stärkere  Gifte  als  für  Demodex,  während  umgekehrt  Sublimas 
und  Sozojodolquecksilber  den  letzteren  schneller  töten  als  den  ersteren, 
und  Naphthalin  und  Quecksilbersalicylat  weder  auf  Sarcoptes  noch  auf 
Demodex  eine  sichtbare  Wirkung  entfalten. 


401 

Aach  gegen  Benzin  (SteinkoUenbenzin)  scheinen  Sarkopten  sehr 
widerstands&hig  zu  sein,  denn  eine  207oige  Lösung  dieses  Mittels  in  Öl' 
Teimochte  nicht,  die  Milben  innerhalb  2  Stunden  zu  töten,  trotzdem 
sie  in  reinem  Benzin  ohne  weiteres  zu  Grunde  gingen.  Da  in- 
dessen Acarusmilben  in  reinem  Benzin  erst  nach  10  Minuten  und 
in  20%igem  Benzinöl  bereits  nach  14  Minuten  ihre  Bewegungen  ein- 
stellten, so  dürfte  der  schnelle  Tod  der  Sarkopten  in  reinem  Benzin  wohl 
anf  die  Yerdunstungskälte,  bezw.  darauf  zurückzuführen  sein,  dais  diese 
Tiere  der  Abkühlung  gegenüber  sehr  viel  empfindlicher  sind  als  die 
Acarusmilben.! 

Durch  Versuche,  welche  nicht  nur  von  mir,  sondern  auch  von  meinem 
Assistenten  —  Herrn  stud.  Waubich  . —  dutzende  male  mit  völlig 
gleichem  Resultate  wiederholt  worden  sind,  ist  femer  die  Thatsache  fest- 
gestellt worden,  dafs  Sarcoptes  minor  selbst  recht  schwache  ölige 
Losungen  der  Salicylsäure  durchaus  nicht  verträgt.  Es  ist  diea 
um  so  aufiälliger,  als  dieses  Mittel  bisher  niemals  als  ein  wirksames 
Bäudemittel  angesehen  worden  ist,  und  es  dürfte  sich  wohl  empfehlen, 
praktische  Versuche  mit  Salicylöl  z.  B.  auch  bei  der  Krätze  des  Menschen 
anzustellen,  denn  es  ist  kaum  anzunehmen,  dais  Sarcoptes  scabiei  sich 
betreffs  seiner  Lebensbedingungen  wesentlich  anders  verhält  als  Sarcoptes 

minor. 

(Fortsetzung  folgt  in  einer  der  nächsten  Nummern.) 


Au8  Dr.  ÜKVAB  Klinik  fSr  Hautkrankheiten  in  Hamburg. 

Bin  Minünalbrenner. 

Von 

P.  Taenzeb, 

Assistenzarzt. 

Bei  Gelegenheit  der  elektrolytischen  Behandlung  einer  Hypertrichosis 
machte  ich  zu&llig  die  Beobachtung,  dafs  eine  dauernde  Entfernung  der 
Baare  auch  dort  zu  stände  kam,  wo  ich  die  im  Follikel  steckende  Stahl- 
nadel mit  dem  andren  Pole  direkt  berührt  hatte. 

Bei  Erörterung  dieser  Thatsache  wurde  es  klar,  dais  es  sich  hier 
gamicht  um  eine  elektrolytische  Wirkung  gehandelt  haben  konnte;  denn 
der  Stromkreis  war  jetzt   auTserhalb   der   Haut   geschlossen.     Die   gute. 


402 

Wirkung  war  hier  vielmehr  anf  die  fortgeleitete  Wärme  zu  besiehesi, 
welche  die  feine  Stahlnadel  durch  direkte  Schliefsung  mittels  eines  Metall- 
drahtes  angenommen  hatte.  Es  war  also  eine  Art  galvanokaustisclier 
Wirkung,  um  die  es  sich  hier  handelte,  aber  wohlthätig  abgeschwilcht 
dadurch,  dafs  die  Wärme  nur  indirekt,  nur  fortgeleitet  zur  An- 
wendung kam. 

Herr  Dr.  Unna,  welcher  sofort  erkannte,  dafs  hier  ein  noch  for 
viele  andre  Bedürfnisse  der  Dermatochirurgie  nützlich  zu  verwendendes 
Prinzip  vorliege,  forderte  mich  auf,  einen  „Minimalbrenner"  nach  diesem 
Grundsatz  zu  konstruieren.  In  der  That  ist  es  ja  einleuchtend,  dals  ein 
einfaches  Instrument,  mit  welchem  wir  so  minimale  Brandschorfe  erzeugen 
können,  dafs  sie  makroskopisch  schwer  oder  garnicht  wahrnehmbar  werdeo, 
bisher  nicht  existiert. 

Die  feinsten  und  besten  Brenner,  wie  sie  bei  den  Pacquelins  geliefert 
werden,  und  wie  sie  Besnier  für  die  galvanokaustische  Batterie  ange- 
geben hat,  erzeugen,  selbst  wenn  die  Spitze  nur  einen  Durchmesser  von 
0,5  mm  hat,  stets  einen  Brennschorf  von  3 — 4  mal  so  grofsem  Durch- 
messer. Die  Anwendung  derselben  bei  Prozessen,  welche  selbst  Narben 
hinterlassen,  wie  Lupus,  ülerythema  centrifugum  (sog.  Lupus  erythematodes) 
etc.,  ist  vollständig  zu  billigen.  Aber  es  besteht  anderseits  eine  dorchaiis 
gerechtfertigte  Scheu,  solche  Affektionen,  welche  ohne  Narben  heilbar 
sind,  wie  die  einfache  Rosacea,  oder  welche  nur  einen  Schönheitsfehl» 
ausmachen,  wie  die  Feuermäler,  galvanokaustisch  zu  behandeln,  obgleidi 
dieselben  sich  nach  der  Natur  der  pathologischen  Veränderung  vorzüglich 
für  diese  Behandlung  eignen  würden. 

Es  ist  daher  ein  aussichtsvoller  Gedanke,  von  der  uns  reichlich  zu 
Gebote  stehenden  Wärmequelle  des  galvanischen  Stroms  durch  FoiÜeitan^ 
vom  Punkte  der  gröfsten  Erwärmung  nur  so  viel  Wärme  zu  entnehmen, 
als  wir  gerade  für  die  Zerstöining  nötig  haben,  und  zugleich  durch  Über 
tragung  dieser  Wärme  auf  eine  möglichst  feine  Spitze  die  Hitzewirku« 
auf  einen  äufserst  kleinen  Hautbezirk  zu  beschränken,  jedenfalls  eines 
viel  kleineren,  als  wir  es  mittels  der  galvanokaustischen  ösenförmigen 
Spitzen  oder  der  hohlen  Spitzen  des  Pacquelins  zu  thun  vermögen. 

Ich  habe  nun  mit  sehr  einfachen  Mitteln,  aus  etwas  Platin  und 
Kupferdraht  und  einem  Glasstab,  einen  Minimalbrenner  konstruiert,  vou 
welchem  verschiedene  Exemplare  seit  einem  halben  Jahre  in  Dr.  Unnas 
Klinik  in  Thätigkeit  sind  und  sich  durchaus  bewährt  haben. 

In  einen  ca.  25  cm  langen  Glasstab  von  mittlerer  Stärke  wird  fein 
ungefähr  8  cm  langer,  nicht  zu  starker  Kupferdraht  eingeschmolzen,  dessen 
freies  Ende  man  mit  einer  Feile  so  fein  wie  möglich  verjüngt,  so  daß 
die  Spitze  die  Schärfe  einer  Nähnadel  erreicht.  Dann  umwickelt  man 
diese   Kupfemadel    1  cm    unterhalb    der    Spitze  angefangen    bis  ca.  3  cm 


403 

vom  emgeschmolzenen  Ende  entfernt  mit  einem  feinen  Platindraht  in 
ziemlich  engen,  doch  sich  nirgends  beruhigenden  Spiraltouren,  so  daüs  die 
Kupfemadel  in  einer  Ausdehnung  von  2 — 3  cm  von  denselben  umgeben 
ist.  Die  beiden  Enden  der  Platinspirale  werden  nun  mit  den  nicht 
isolierten  Enden  der  gut  isolierten  Leitungsdrähte,  die  man  am  besten  in 
Ösen  umbiegt,  durch  mehrfaches  Umwickeln  befestigt,  und  zwar  thut  man 
gut,  die  Platinspirale  dicht  am  Kupferdraht  mit  den  Leitimgsdrähten  zu 
verbinden,  wobei  der  eine  der  letzteren  natürlich  weiter  nach  der  Spitze 
hin  reichen  mufs  als  der  andre. 

Es  erhält  zwar  dadurch  das  ganze  Instrument  kein  symmetrisches 
Aussehen;  allein  würde  man  beide  in  gleicher  Höhe  enden  lassen,  so 
wäre  aufser  den  Spiraltouren  um  die  Kupfernadel  noch  ein  grofses  Stück 
Platindraht  als  Verbindungsglied  des  einen  Leitungsdrahtes  mit  dem  höher 
gelegenen  Ende  der  Spiraltouren  nötig,  welches,  da  es  ebenfalls  glühend 
wird,  den  Widerstand  im  Instrumente  nutzlos  erhöht,  ohne  therapeutisch 
«twas  zu  leisten.  Hat  man  die  beiden  Platinspiralenden  mit  den  Leitungs- 
drähten verbunden,  so  befestigt  man  die  letzteren  mittels  nahe  aneinander 
liegenden  Bindfadentouren  zu  beiden  Seiten  des  Glasstabes  bis  an  dessen 
Ende,  so  dafs  Leitungsdrähte  und  Glasstab  zusammen  einen  festen  Halter 
bilden.  Die  über  diesen  Halter  hinausragenden  Enden  der  Leitungsdrähte 
hingegen,  welche  frei  und  unbewickelt  neben  dem  Kupferdraht  verlaufen, 
mu&  man  halbkreisförmig  vom  Kupferdraht  abbiegen,  um  ihnen  eine 
gröisere  Länge  zu  geben,  denn  dieselben  werden  dicht  an  der  Spirale  bei 
längerem  Gebrauche  sehr  warm  und  dadurch  bei  zu  grolser  Kürze  der 
Hand  des  Operateurs  unangenehm.  Hat  man  die  Leitungsdrähte  bis  zu 
dem  4er  Kupfernadel  entgegengesetzten  Ende  des  Glasstabes  mit  Bind- 
faden an  demselben  befestigt,  so  schneidet  man  die  Leitungsdrähte,  um 
eine  Berührung  der  Verbindungsstellen  zu  vermeiden,  in  verschiedener 
Höhe  an  dem  freien  Ende  des  Glasstabes  ab,  entledigt  diese  Enden  der 
Drähte  ihres  Überzuges  und  biegt  sie  ebenfalls  zu  Ösen  um,  die  dann 
beim  jedesmaligen  Gebrauche  mit  den  Leitungsdrähten  der  Batterie  ver- 
bunden werden.  Das  Umwickeln  mit  Bindfaden  hat  nicht  nur  den  Zweck, 
die  beiden  Leitungsdrähte  an  dem  Glasstabe  zu  befestigen  und  das  In- 
strument dadurch  dauerhafter  und  handlicher  zu  machen,  sondern  es  läfst 
auch  die  nach  längerem  Gebrauche  von  der  Platinspirale  auf  die  Leitungs- 
drähte und  den  Glasstab  fortgeleitete  Hitze  nicht  mehr  in  dem  Mafse  auf 
die  Hand  des  Operateurs  zur  Wirkung  kommen,  wie  ohne  dieselbe. 
Hiermit  ist  das  Instrument  zum  Gebrauch  fertig. 

Läfst  man  jetzt  den  Strom  durch  das  Instrument  gehen,  so  wird  der 
Platindraht  glühend;  dies  geschieht  bei  diesem  Instrument  jedoch  lang- 
samer als  bei  einem  gewöhnlichen  galvanokaustischen  Brenner,  weil  die 
Platinspirale  einen  Teil  ihrer  Wärme    sofort    an    die  Kupfernadel  abgibt. 


k 


404 

Die  Kupfernadel  selbst  wird  nie  glühend,  sondern  nur  selir  heils,  und 
darin  bestellt  gerade  der  Vorteil  dieses  Brenners  vor  allen  andern. 

Anfser  dieser  dauernd  geringeren  Hitze  kommt  nun  noch  der  Durch- 
messer der  Spitze  in  Betracht,  der  ebenfalls  so  gering  ist,  wie  bei  keinem 
der  bisher  konstruierten  Brenner. 

Diese  beiden  Faktoren  zusammen,  der  geringe  Durchmesser  des 
Brenners  und  der  niedrige  Hitzegrad,  ermöglichen  es,  so  geringe  Brand- 
schorfe zu  setzen,  dais  dieselben  sich  im  Bereiche  eines  kleinsten  Steck- 
nadelkopfes halten  und  dadurch  nach  Abfall  des  Brandschor&  für  das  Auge 
ohne  Lupenbetrachtung  unsichtbar  werden.  Mit  diesem  Instrument  kami 
man  getrost  gröüsere  Stellen,  wie  z.  B.  Feuermäler  im  Gesicht,  kauteri- 
sieren,  indem  man  massenhafte  punktförmige  Schorfe  in  dieselben  setzt, 
nur  hat  man  hier,  genau  wie  bei  der  Elektrolyse,  darauf  zu  achten,  dals 
man  in  ein  und  derselben  Sitzung  die  Brandschorfe  nicht  zu  dicht  bei- 
einander setzt,  damit  die  Verbrennungszonen  sich  nie  gegenseitig  berühren. 
Hat  man  ausgedehntere  Stellen  zu  kauterisieren,  so  geschieht  dies  besser 
in  mehreren  Sitzungen.  Die  Patienten  entschliefsen  sich  dazu  sehr  leicht, 
da  der  Schmerz  ein  ganz  geringer  ist,  und  die  Sitzung  nie  eine  so  lang- 
dauernde  ist,  wie  z.  B.  bei  Elektrolyse;  denn  man  kann  die  eimselnea 
Stiche  sehr  rasch  aufeinanderfolgen  lassen,  und  selbst  sehr  nervöse  Per- 
sonen machen,  falls  eine  Wiederholung  der  Sitzungen  angebracht  ist, 
keine  Schwierigkeiten.  Man  mufs  nur  darauf  achten,  dafs  das  Instrument 
den  richtigen  Hitzegrad  erlangt  hat,  bevor  man  die  Kauterisation  beginnt; 
dies  erkennt  man  am  besten  daran,  dafs  das  Instrument  nach  dem  Ein- 
stechen in  die  Haut  sich  leicht  herausziehen  Iftist.  Ist  es  noch  nicht 
heiis  genug,  so  läfst  sich  die  Nadel  nur'  schwer  und  unter  Schmerz  aus 
der  Haut  entfernen. 

In  der  angegebenen  Weise  kann  jeder  Dermatologe  sich  selbst  leicbt 
gut  funktionierende  Minimalbrenner  anfertigen.  Doch  habe  ich  neuerdings 
auch  —  in  Form  eines  dicken  Bleistiftes  —  nach  diesem  Prinzip  Minimal- 
brenner fabrikmäfsig  anfertigen  lassen.^ 


^  Bei  Bauer  und  Häselbarth,   Instrumentenmacher,   Eimsbüttel-Hamburg.     Zu 
beziehen  durch  die  Schwanapothekei  Dammthoratraise,  Hamburg. 


405 


Über  einen  Fall  von  multiplem  Cheloid  (Alibert). 

Von 

Walter  G.  Smith,  M.  D., 

Arzt  am  Sir  Patrick  Dük's  Hospital  in  Dublin. 

Die  Entstehung  solitärer  cheloider  Tnmoren  ohne  vorherige  Narben- 
bildnng  oder  traumatische  Einflüsse  ist  nach  der  übereinstimmenden  Be- 
obachtuDg  aller  Forscher  schon  ein  seltenes  Vorkommnis.  Hebra  und 
Kaposi  geben  das  Verhältnis  zu  einem  Fall  von  Cheloid  auf  2000  Fälle 
von  Hautkrankheiten  überhaupt  an. 

Noch  ungewöhnlicher  ist  das  Vorkonmien  multipler  Neubildungen 
dieser  Art,  wie  ich  dieselben  an  einem  kürzlich  in  meine  Behandlung 
gelangten  Fall  zu  beobachten  Gelegenheit  hatte,  Bei  diesem  Patienten 
scheint  die  Multiplizität  der  Gewächse  sowie  die  LokaUsation  derselben 
entschieden  gegen  die  Annahme  einer  Verletzung  oder  Beizung  der  Haut 
als  eines  ätiologischen  Moments  zu  sprechen.  Zur  Vermeidung  von  Ver- 
wechselungen halte  ich  es  fiir  erwünscht,  daJd  alle  Autoren  sich  in 
Zukunft  der  Schreibweise  mit  Ch  (Cheloid)  bedienen  möchten,  die  ja  auch 
Ton  Dr.  Fagge  als  der  Etymologie  dieser  ursprünglich  von  Alibebt  be- 
schriebenen Affektion  entsprechend  nachgewiesen  worden  ist. 

Philip  0.,  30  Jahre  alt,  Ökonom  aus  der  Grafechaft  Cavan,  wurde 
wegen  seines  eigentümlichen  Hautleidens  am  5.  Juni  1888  an  das  Sir 
Patrick  Dtjn's  Hospital  verwiesen.  Sein  Gesundheitszustand  im  allge- 
meinen war  völlig  befriedigend;  hereditäre  Belastung  lag  nicht  vor.  Er 
gab  an,  daüs  die  Affektion  in  frühester  Kindheit  in  Gestalt  von  „Knoten" 
auf  dem  Nacken  angefangen  habe.  Von  dort  breitete  sich  dieselbe  über 
Gesicht,  Kopf  und  späterhin  über  weitere  Teile  des  Körpers  aus. 

Lokalisation:  Auf  der  Vorderfläche  des  Thorax  finden  sich  drei 
groise,  unregelmäfsige  Flecke,  von  denen  der  gröfste  ca.  4  Zoll  im  Durch- 
messer mifst.  Auf  dem  Halse  sieht  man  mehrere  kleine,  runde  Flecke, 
und  zwar  auf  der  rechten  Seite  in  gröfserer  Anzahl  als  auf  der  linken. 
Drei  Beulen  von  beträchtlicher  Gröfse  und  von  den  natürlichen  Linien 
und  Furchen  der  Haut  durchzogen,  sind  auf  der  Stirn  lokalisiert.  Femer 
bieten  sich  auf  dem  Rücken  über  der  Scapula  linkerseits  ein  paar  kleine 
Flecke  dar,  während  die  rechte  Seite  frei  geblieben  ist.  An  den  Armen 
sind  die  pathologischen  Veränderungen  auf  die  Beugeseiten  beschränkt 
und  haben  hauptsächlich  den  Vorderarm  befallen  vom  Ellbogengelenk  bis 
beinahe  an  die  Handwurzel  hinab;  am  linken  Arm  finden  sich  einige  kleinere 
Flecke  in  der  Nähe  der  Achselhöhle.  Auch  ist  das  Abdomen  Sitz  einzelner 

H»nattbefte.  27 


406 

kleiner  Flecke.  Ein  grofses  höckeriges  Konglomerat  von  neoplastischen 
Knötchen  befindet  sich  anf  der  linken  Glutäalgegend;  rechterseits  nichts. 
Zahlreiche  Flecke  und  Flatschen  finden  sich  endlich  auf  beiden  Beinen. 
An  den  Armen  und  auf  dem  Kücken  befindet  sich  die  Neigung 
seitens  der  beschriebenen  Flecke,  dem  Verlauf  der  Hautnerren  sich  an- 
zuschliefsen.  Überhaupt  läist  sich  entschieden  eine  gewisse  Symmetrie 
der  Verteilung  nicht  verkennen. 

Beschaffenheit:  Meistenteils  sind  die  Flecke  blafs  lachsfarben, 
doch  finden  sich  hier  und  dort  einige  von  dunklerer  Färbung,  und  an 
einzelnen  Teilen  sieht  die  Oberfläche  wie  poliert  aus.  In  bezug  anf 
Gestalt  und  Gröfse  variieren  die  Tumoren  aufserordentlich.  An  einigen 
Stellen  steigen  sie  steil  aus  dem  Niveau  der  Haut  auf,  an  andern  gehen 
sie  ganz  allmählich  in  dieselbe  über.  Die  Arme  waren  von  mamello- 
niertem  Aussehen,  und  es  hatte  an  einzelnen  Lokalitäten,  z.  B.  an 
Gesicht  und  den  Armen,  eine  unbeträchtliche  ekzematöse  Entzündung  mit 
dünnen,  festhaftenden  Schippen  sich  entwickelt.  Auijser  wo  die  fiJAnt 
exkoriiert  war,  machten  sich  keine  Schmerzen  oder  Beschwerden  bemerkbar. 
Die  Flecke  fühlten  sich  fest  und  lederartig  an;  einzelne  waren  sogar 
beinahe  von  homartiger  Konsistenz.  Patient  behauptet,  daCa  im  Laufe 
des  Jahres  einige  der  Flecke  wieder  verschwunden  seien,  und  es  sei  die 
Haut  an  den  betroffenen  Gebieten  zäh  und  induriert  geblieben. 

Keine  der  Neubildungen  zeigte  die  Abzweigung  von  Ausläufern  der 
Tumoren,  welche  so  oft  bei  den  ca.  50  Vo  a-Uet  Fälle  ausmachenden  Cheloid- 
tumoren  des  Stemums  vorkommen. 


Ein  Fall  von  Ganglion  penis  nach  Trauma  des  erigierten  Oliedes. 

(Nodus  s.  induratio  plastica  corp.  cavern.  penis.) 

Von 
Dr.  S.  RÖKA, 

ordinierender  Primararzt  in  Budapest. 

[Jmschriebeue  Verhärtungen,  Knoten  in  den  Schwellkörpem  des 
Penis  können  Endresultate  verschiedenster  Prozesse  sein.  So  wissen  wir, 
dafs  hochgradige  Urethritiden  ebenso  wie  in  dem  Schwellkörper  der 
Urethra  —  zwar  viel  seltener  —  auch    in   jene    des   Penis   Herdentzun- 


407 

dangen    einsetzen    und   infolge   zu  Verhärtungen  führen  können.     Solche 
Fälle  teilte  Scholz^  mit. 

Greschwürige  Prozesse,  wie  tiefgreifende  sohankröse  und  luetische  Gre- 
schwüre  können  in  der  Nachbarschaft  einen  ähnlichen  Entzündungsherd 
unterhalten  und  harte  Knoten  zur  Folge  haben,  oder  ihre  eigne  Ver- 
narbung  bringt  diese  zu  stände. 

Aber  auiser  diesen,  akuten  Entzündungen  folgenden,  werden  auch 
andre  Knoten  beschrieben. 

So  haben  Van  Buben  und  Kbybs*  5  Fälle  von  chronischer  Ent- 
zündung ^der  Schwellkörper  veröflfentlicht.  Alle  betrafen  ältere  Per- 
sonen, von  denen  nur  2  an  Syphilis  gelitten.  Durch  Zufall  oder  durch 
schmerzhafte  Erektion  aufmerksam  gemacht,  fanden  die  Patienten  flache, 
harte,  scharfbegrenzte  Knoten  an  der  Oberfläche  eines  oder  beider  Schwell- 
körper. Über  diesen  Knoten  war  die  Haut  noimal.  Ohorda  entwickelte 
sich  Jauf  der  kranken  Seite.  Die  Knoten  widerstanden  einer  jedweden 
Behandlung  und  blieben  jahrelang  unverändert,  oder  breiteten  sich  in 
einer  Dichtung  aus,  während  sie  in  der  andern  erweichten.  In  keinem 
der  Fälle  trat  Eiterung  ein,  und  in  allen  waren  die  subjektiven  Symp- 
tome gering. 

Aus  dem  Referat  ergibt  sich  die  Auffassung,  als  ob  jene^noten 
von  den  Verfassern  als  idiopathische  chronische  Entzündungen  hingestellt 
worden  wären,   deren  Ätiologie  in  grölstes  Dunkel  gehüllt  wäre. 

Als  primäre  chronische  (idiopathische)  Entzündungen  hingestellt, 
findet  man  sonst   von  solchen  Knoten  nirgends  Erwähnung. 

Als  Residuen  aber  kommen  solche  Verhärtungen  des  öfteren  zur  Be- 
obachtung, wo  man  deren  Ursprung  nicht  mehr  enträtseln  kann.  So 
lesen  wir  bei  Lang'  bei  der  Differentialdiagnostik  des  Grumma  penis, 
dals  er  einen  Fall  von  harten  Knoten  beobachtet  hat,  der  nicht  mit 
Syphilis  verwechselt  werden  dürfe  und  von  welchem  er  nicht  weifs,  ob  sie 
auf  Ruptur  zurückzuführen  sind. 

Auch  Tarnowosky  *  erwähnt  im  Anschlufs  der  Besprechung  der 
Cavernitis  nach  Urethritis  solche  Indurationen  der  Corpora  cavemosa, 
welche  sich  bei  einigen  G-reisen  ohne  sichtbare  Ursache,  ohne  vor« 
hergegangene  Urethritis,  an  der  solche  Patienten  n i e  gelitten,  bilden 
und  welche  noch  seltener  vorkommen  als  jene  und  sich  auch  bei  der  Be- 
handlung viel  hartnäckiger  zeigen.  Über  den  Ursprung  dieser  Ganglien 
oder  Nodi  finden  wir  aber  bei    den  chirurgischen   Autoren  deutliche, 


*  Wiener  med.  Wochenschr,  1858.  No.  48. 

*  Vierteljahreaschr.  f.  Dermat  u.  Syph.  1874.  pag.  572.   Referat. 

*  Vorlesungen  über  JPiathol.  u.  Therap.  d.  Syph.  1886. 

*  Venerische  Krankheiten,  1872.  pag.  271. 


408 

wenn  aucli  spärliche  positive  Angaben,  nnd  dnrcli  diese  gestalten  sidi 
die  Nodi  s.  Ganglia  als  eine  Krankheit  sui  generis.  Pitha,  Podrazki, 
Bakdbleben,  König  erwähnen,  dafs  durch  Kontusionen  oder  spontan 
entstandene  Hämoirhagien  in  die  Corpora  cavernosa  bei  erigiertem 
Penis,  wenn  sie  nicht  zur  Resorption  gelangen,  zu  fibrinösem  Gerinsel 
verdickt,  harte  Knoten  (Nodi  s.  Gtmglia)  im  Grefolge  haben,  welche  die 
Erektion  verhindern,  so  dals  gewöhnlich  sichtbare  Verkrümmungen  ent- 
stehen, wodurch  der  Koitus  erschwert  oder  unmöglich  wird.  Nor 
in  den  Anfangsstadien  ist  diese  Krankheit  der  Heilung  oder  Besserong 
zugänglich,  später  nicht  mehr. 

Demabqüay  imd  Pabmentisb^  geben  selbst  bei  intensiven  und  an- 
haltenden Erektionen  partielle  Srupturen  der  Corpora  cavernosa  zu  und 
erklären  dadurch  die  Entwickelung  beschränkter  Knoten. 

Auch  im  Handbuch  der  pathol,  Anatomie  von  Birch-Birschfeld  isk 
der  Ursprung  der  Knoten  ähnlich  dargestellt.  „Die  Quetschung  des  Penis 
überhaupt  im  erigierten  Zustande  verursacht  in  den  Schwellkörpem  des 
Penis  Gefäfszerreiisungen.  Es  entstehen  zuerst  weiche,  später  konsistente 
Geschwülste,  manchmal  stellt  sich  Gangrän  oder  Eiterung  infolge  dieser 
Kontusionen  ein.  Öfter  aber  geschieht  es,  dafs  nach  Resorption  dieser 
Blutergüsse  narbige  Verhärtungen,  sogenannte  Ganglia  zurückbleiben. 
Diese  Stellen  der  Corpora  cavernosa  nehmen  infolge  der  Verödung  der 
Gefäfse  an  der  Erektion  nicht  teil,  und  so  entstehen  Krümmungen.^ 

Nach  alledem  müssen  wir  heute  unter  Nodi  s.  Ganglion  penis  — 
deren  Zusammenhang  mit  vorhergegangenen  Entzündungsprozessen  nicht 
gut  denkbar  ist,  deren  Entstehung  nach  den  Angaben  der  meist  älteren 
Patienten  spontan  nach  aufsergewöhlichen  Erektionen  oder  Anstrengungen 
beim  Koitus,  nach  Quetschungen  etc.  erfolgte  —  eine  selbständige  nur 
auf  partielle  Verletzung  der  Schwellkörper,  oder  auf  Zerreiisung  ihrer 
Gefäfse  zurückführbare  Affektion  verstehen. 

Die  Seltenheit  dieser  Krankheit  veranlafst  mich  einen  hierheige- 
hörigen  Fall  mitzuteilen. 

N.  M.,  53jäbriger  verheirateter  Hutmacher,  kam  am  14.  Februar  1887  auf  meine 
Poliklinik  und  gab  an,  dafs  er  seit  Juni  1886  Knoten  im  Penis  bemerkt,  derea 
Entstehung  er  folgendermafsen  schildert :  An  einem  Tage  des  Monats  Juni  1886,  nack 
kopiösem  Mittagsmal  und  übermälsigen  Weingenuls,  wollte  er  auf  dem  Sopha  da 
Beischlaf  mit  seiner  Frau  ausüben.  Er  erinnert  sich  nur  daran,  dafs  das  Glied  ud^ 
wohnlich  und  sehr  anhaltend  steif  war,  und  dafs  er  infolge  der  abnormalen  Erregung 
und  unbequemen  Lage  nur  nach  längerer  Zeit  den  Koitus  ausführen  konnte.  Tag» 
darauf  erst  verspürte  er  Schmerzen  im  Penis,  so  dafs  ihm  selbst  die  Beibung  der 
Beinkleider  wehe  that.  Die  Ursache  forschend,  fand  er  eine  nufsgrofse  konsiBtente 
Geschwulst   am  Penis,    an   der   oberen   Fläche,   knapp   vor   der  Symphyse,  und  eine 

*  Momteur  des  sciences.  1861.  No.  41  u.  43.    (Citiert  bei  Tabhowskt.  I.  c.) 
McHadies  chirurgicaks  du  penis.  Publik  par  Voblker.  Paris  1876. 


409 

kleinere  vorn  unterhalb  der  Eichelkrone.  Diese  Geschwülste  waren  damals  konsistent 
nicht  hart,  und  die  bedeckende  Haut  rot.  Die  Schmerzen  verg^öfserten  sich,  sobald 
das  Glied  in  Erektion  geriet.  3  Monate  hindurch  dauerte  die  Schmerzhaftigkeit, 
während  welcher  Zeit  die  Geschwülste  nach  Umschlägen  und  Besorbentien  kleiner, 
flacher  und  härter  wurden. 

Im  September  bemerkte  Patient,  dafs  an  der  Stelle  der  hinteren  Geschwulst 
im  erigierten  Zustande  der  Penis  stark  nach  oben  gekrümmt  ist,  und  dafs  er  nur 
nach  gewissen  Manipulationen  das  Glied  beim  Koitus  in  die  Scheide  fuhren  kann. 

Langsam  wurden  die  Knoten  noch  härter,  und  Patient,  über  seinen  Zustand 
▼erzweifelt,  konsultierte  mich  am  14.  Februar  1887.  Er  gab  an,  nie  angesteckt 
gewesen  zu  sein,  also  nie  an  Blennorrhoe  oderG^chwüren  gelitten  zu  haben.  Vor 
Jahren  hatte  er  gegen  Gelenkrheuma  zu  kämpfen  und  vor  6  Jahren  bekam  er  plötzlich 
ohne  Ursache  im  rechten  Handteller  eine  schmerzhafte  Sehnenentzündung,  worauf 
eich  der  rechte  Zeige-  und  Ringfinger  langsam  krümmten  und  seither  in  stark  flek- 
tierter Stellung  verblieben.  Sonst  war  Patient  stets  gesund.  Kinder  hatte  er  nicht 
^zeugt. 

St  praes.  Patient  ist  wohl  gebaut  und  gut  genährt.  Der  Penis  ist  gut  ent- 
wickelt und  zeigt  bei  der  Besichtigung  keine  Abnormitäten.  Hoden  und  Nebenhoden 
sind  normal.  Aus  der  Harnröhre  ist  kein  Sekret  auszudrücken,  und  im  Urin  sind 
keine  Fädchen  wahrnehmbar. 

Im  rechten  Corpus  cavernosum  penis  ist  knapp  unter  der  Eichelkrone  und  die 
obere  und  seitliche  Fläche  des  Corpus  okkupierender,  ca.  2  cm  grofser  scharfbe- 
grenzter, im  linken  Corpus  ebendaselbst  ein  kleiner  ähnlicher  knorpelharter,  unregel- 
mäfsiger,  länglicher,  mit  gesunder,  gut  faltbarer  Haut  bedeckter  Knoten  durch- 
fühlbar. 

Ahnlicher,  ca.  3cm  langer,  ebenso  breiter,  beide  Corpora  und  selbst  das  Septum 
umfassender  Knoten,  nach  vorne  mit  linsengrolsen  zackigen  Ausläufern,  ist  an  der 
Wurzel  des  Penis  unter  und  vor  der  Symphyse  zu  palpieren.  Alle  diese  Knoten 
lagen  unmittelbar  unter  der  Haut  und  gröfstenteils  in  der  Albuginea  selbst.  Be- 
sonders der  letzte  Knoten  imponierte  so,  als  wäre  eine  Knorpelscheibe  an  ent- 
sprechender Stelle  der  elastischen  und  bei  der  Erektion  dehnbaren  Tunica  fibrosa 
und  Septum  eingeschaltet,  und  dais  beiderseits  unter  dieser  Scheibe  befindliche  seit- 
licher und  unterer  Schwellkörperteil  samt  der  Albuginea  gesund  und  normal  wäre. 

Auf  Druck  empfindet  Patient  keine  Schmerzen. 

Abnorm,  aufser  den  geschilderten  Verhältmssen  des  Penis,  ist  beim  Patienten 
noch  die  Kontraktur  der  Fiuger,  verursacht  durch  Verkürzung  und  Verdickung  der 
Sehnen  der  entsprechenden  flexor.  digit.  superfic. 

Verlauf.  Ich  wendete  beim  Patienten  die  Massage,  Besorbentien,  Elektrizität 
mit  grölster  Ausdauer  länger  als  7  Monate  an  ohne  jedwelchen  Erfolg.  Während 
dieser  Zeit  stellte  sich  bei  Erektionen  auch  Chorda  entsprechend  dem  vorderen  linken 
Knoten  ein,  so  dafs  dem  Patienten  der  Koitus  noch  mehr  erschwert  wurde.  Aufser- 
dem  gewahrte  ich  infolge  der  Massage  am  17.  August  1887  einen  neuen  bohnen- 
jrrofsen  Knoten  im  rechten  Schwellkörper  im  Anschlufs  an  den  Wurzelknoten. 

Der  besohriebene  Fall  gesellt  sich  zu  dem  genuinen  Knoten  der 
Chirurgen.  Höchstwahrscheinlich  gab  jene  merkwürdige  Gelegenheit  An- 
lafs  zu  Zerreifsungen  der  Blutgefäfse  der  Corpora  cavernosa  oder  gar  zu 
partieller  Ruptur  der  Tunica  fibrosa  selbst.  Die  Ebneten  waren  unbedingt 
bindegewebiger  Natur,  da  sie  jeder  Behandlung  widerstanden. 


410 

Dafs  es  bei  ältlichen  Leuten,  schon  infolge  anhaltender  und  inteiuer 
Erektionen,  wie  dies  Demarquay  annimmt,  oder  vielmehr  noch  nach 
forzierten  Manipulationen,  zu  partiellen  Rupturen  kommen  kann,  ist  nicht 
zu  bezweifeln,  da  doch  in  diesen  vorgeschrittenen  Jahren  die  Atheioma- 
tose  der  GefäJse  und  die  Rigidität  der  Albuginea  nicht  aufaer  acht 
gelassen  werden  dürfen. 


Über  die  Dermatitis  herpetiformis  Duhrings. 

Von 

Dr.  L.  Bbocq 

in  Paris. 
(Übersetzt  von  Dr.  Türkheim  in  Hambürff.) 

IL  Teil. 
(Fortsetzung.) 

Permatitis  polymorpha  pruriginosa  chronica  k  poussees  successiTes. 

3.   Seltenere  Ausschlagsformen. 

Ich  habe  bereits  auf  das  Vorkommen  von  Pseudo-Membranen  in  den  Blasen  imd 
auf  die  einmal  beobachtete  Bildung  gelatinöser  Massen  hingewiesen.  Im  Fall  11  wtr 
der  Ausschlag  ausgesprochen  hämorrhagisch;  in  diesem  Fall  trockneten  die  Bliaen 
entweder  ein  und  verwandelten  sich  in  eine  blutige  schwarze  Kruste,  die  sich  all- 
mählich unter  Hinterlassung  einer  oberflächlichen  Narbe  ablöste,  oder  sie  wurden 
beim  Kratzen  abgerissen,  und  an  ihre  Stelle  trat  eine  tiefe,  mit  einer  schwärzliches, 
brandig  aussehenden  Pseudo-Membran  bedeckte  ülceration.  Biese  Ulcerationen  wtrea 
äufserst  empfindlich;  sich  selbst  überlassen,  drangen  sie  mehr  in  die  Tiefe,  entfente 
man  hingegen  die  Pseudo-Membran  durch  Emollientia,  so  zeigte  sich  der  Gnuui 
schön  rot,  granulierend  und  heilte  in  12 — 14  Tagen. 

In  Beobachtung  27  zeigten  die  Blasen-Pusteln  ,an  den  Fiilsen  ein  giu 
eigenartiges  Aussehen.  Da,  wo  sie  entstanden,  war  die  Haut  mit  spitzen,  umflog*- 
reichen,  papillomatösen  Wucherungen  besetzt,  die  dicht  aneinander  standen  und  die 
Nachbarhaut  um  mindestens  5  mm  überragten.  Sie  waren  mit  festhaftenden  KrosUa 
bedeckt,  während  sich  in  den  Furchen  zwischen  den  Wucherungen  in  geriiifer 
Menge  ein  schmutziges,  übelriechendes  Serum  befand.  An  den  Fufssohlen  wucherten 
ebenfalls  solche  papiUomatöse  Elemente,  nur  dafs  sie  hier  durch  Homgebilde  eingeengt 
waren,  die  eine  Art  dicken  und  auf  Berührung  schmerzhaften  Schildes  (carapaoe)  bil- 
deten. Diese  auffallenden  Gebilde  liefsen  wohl  an'  den  Pemphigus  vegetans  tob 
Neumann  denken,  aber  sie  waren  auf  die  untern  Extremitäten  beschrankt  und  zdgia 
sich  an  keiner  andern  Korperstelle. 


411 

Bei  keinem  andern  Fall  habe  ich  ähnliche  Formen  beobachtet;  jedoch  war 
mein  hochverehrter  Lehrer  E.  Besnier  so  besonders  liebenswürdig,  mir  eine  seiner 
Priyatpataentinnen  zu  zeigen,  die  seit  2  Jahren  an  einer  Dermatitis  polymorpha  prori' 
ginosa  chronica  yesicnlo-bollosa  leidet;  bei  dieser  Dame,  die  sich  in  einem  traurigen 
Zustand  befindet,  da  die  Haut  des  ganzen  Körpers  ergriffen  ist,  hat  sich  die  Haut 
der  Hand-  und  Fufsflächen  allmählich  verändert:  sie  ist  gelblich,  wie  ausgereckt  ge- 
worden, und  hat  sich  derartig  verdickt,  dafs  die  Kranke  weder  die  Finger  beugen 
noch  die  Hände  schlieisen  kann.  Die  genannten  Teile  sind  alle  äuTserst  empfindlich. 
Diese  Umwandlung  der  Epidermis,  die  gleichmäüsig  auch  die  Innenfläche  sämtlicher 
Finger  befallen  hat,  ist  nicht  zu  verwechseln  mit  der  Keratodermia  vulgaris,  von  der 
sie  sich  dunh  gröfsere  Gleichmäfaigkeit,  Glätte,  Weichheit,  durch  ein  stärkeres  Gelb 
und  vor  allem  durch  gröfsere  Schmerzhaftigkeit  unterscheidet. 

Bei  einigen  weiteren  Fällen  zeigten  sich  an  den  Handflächen  abgerundete  erythe- 
matöse  und  erythematös-papulöse  Formen,  mit  Neigung,  vesikulös  und  blasig  zu 
werden.  Da  die  Epidermis  an  diesen  Stellen  sehr  dick  ist,  so  kam  es  in  diesen 
Fällen  in  der  Mitte  der  roten  Papel  nur  zu  einer  weilblich  opalinen  Verförbung,  ohne 
wahrnehmbare  Hautabhebung,  dann  vertrocknete  die  Epidermis  und  löste  sich  in 
Schuppen  ab. 

Schleimhautveränderungen.  Bei  seiner  Beschreibung  des  Pemphigus 
arthriticus  sagt  Bazik,  dafs  die  Schleimhäute  häufig  mitbeteiligt  sind,  dais  die  ersten 
Symptome  sich  sogar  im  Mund,  im  Bachen  und  in  der  Vagina  zeigen  können.  Wenn 
letzteres  nun  auch  bei  keiner  meiner  Beobachtungen  der  Fall  war,  so  findet  sich  die 
Lokalisation  auf  den  Schleimhäuten  doch  bei  4  Fällen  vermerkt.  (Beob.  14,  Weber; 
Beob.  24,  25  und  27,  Vidal.)  Bei  der  Kranken  No.  24  bildeten  sich  Blasen  auf  der 
Zunge  und  dem  Gaumensegel.  Bei  Beob.  25  safs  eine  grofse  Vesikel  auf  dem  Gaumen- 
segel. Aber  namentlich  bei  FaU  27  konnte  diese  Komplikation  in  ihrer  ganzen 
Stärke  studiert  werden.  Der  betreffende  Patient  wies  während  seines  ganzen  Kranken- 
hausaufenthalts beständig  vesikulös-bullöse  und  ulceröse  Störungen  der  Wangen- 
schleimhaut auf.  Dabei  beklagte  er  sich  über  Stechen,  Brennen  und  lanzinierende 
Schmerzen  im  Munde.  Auf  der  Innenfläche  der  Lippen  und  Wangen  zeigten  sich 
Abschürfungen  und  zuweilen  selbst  wirkliche,  unregelmäfsig  geformte,  teilweise  rote 
Ulcerationen,  mit  weifslichen  Epidermisfetzen  bedeckt  und  umgeben  von  einer  ver- 
schieden grofsen  erythematösen  Zone.  Die  nämlichen  Störungen  konnte  man  zu 
andern  Zeiten  am  Zungenrand  sowie  an  der  untern  Zungenfiäche,  auf  den  Mandeln, 
dem  Pharynx  wahrnehmen;  zu  mehreren  malen  habe  ich  ganz  frische  herpetiforme 
Vesikeln  angetroffen.  Höchst  wahrscheinlich  hatte  dieser  Patient  die  nämlichen  Er- 
scheinungen auch  auf  der  Nasenschleimhaut,  denn  während  einiger  Zeit  verspürte  er 
in  der  Nase  heftiges  Brennen  und  wurde  von  mehrfachem  Nasenbluten  befallen; 
gleichzeitig  klagte  er  über  Schlingbeschwerden  und  konnte  die  Speisen  nur  schlecht 
kauen. 

Ich  halte  die  Frage  über  die  Häufigkeit  derartiger  Schleimhauterkrankungen 
noch  nicht  für  abgeschlossen.  Von  den  10  Kranken  mit  Dermatitis  p.  p.  chronica 
Vera,  die  mir  zu  Gesicht  kamen,  boten  4  dieses  Symptom  dar.  Manche  Anzeichen 
scheinen  mir  übrigens  dafür  zu  sprechen,  dals  auch  die  Urethralsch leimhaut  mitbe- 
teiligt sein  kann. 

Komplikationen  des  Ausschlags.  Dafs  die  Blasen  hämorrhagisch  werden 
können,  wurde  schon  erwähnt;  auch  das  Entstehen  von  Flecken  und  purpurfarbenen 
Plaques  ist  beobachtet  worden.  In  einzelnen  Fällen  wurden  die  befallenen  Teile, 
namentlich  die  Extremitäten,   Ödematös   oder  röteten  sich  erysipelatös,   Anschwellung 


412 

der  HalBdrüsen  und  andrer  Drüsengruppen  kam  vor.  Auch  findet  sich  das  Auftreten 
zahlreicher  Furunkel  zwischen  den  einzelnen  Ekzemschüben  verzeichnet,  und  in  einem 
Fall  (Beob.  16)  bildeten  sich  sogar  Abscesse;  es  war  dies  übrigens,  wie  ich  aoadridc- 
lieh  bemerken  will,  der  einzige  Fall,  Einzelheiten  sind  nicht  dabei  angegeben,  die 
Abscesse  scheinen  sich  nur  in  den  freien  Zwischenzeiten  gezeigt  zu  haben. 

In  einigen  Fällen  (Beob.  21,  29)  wurden  die  Kopfhaare  und  sogar  samtKche 
Körperhaare  trocken,  brüchig  und  fielen  aus.  Ebenso  will  man  EmahrungsstÖrongen 
an  den  Nägeln  gesehen  haben,  jedoch  besitze  ich  hierför  keine  bestimmten  Belege. 

Das  auffallendste  bei  der  Symptomatologie  der  Dermatitis  polym.  prurigin.  chroiL 
und  ihrer  Komplikationen  ist  die  Oberflächlichkeit  des  ganzen  Prozesses,  die  Seilen- 
heit,  man  könnte  fast  sagen,  das  Fehlen  jeglicher  tieferen  Störung,  wie  langdauemde 
Hautinfiltrationen,  Eiterungen,  IJlcerationen.  Alle  Krankheitserscheinungen  sind 
äulserst  flüchtig,  kurzdauernd,  hinterlassen  keine  Narben,  betreffen  nur  die  obentea 
Schichten  von  Cutis  und  Epidermis.  Betrachten  wir  unsre  Krankheit  mit  Bückndit 
auf  jene  wichtigen  Eigentümlichkeiten,  wie  die  Bildung  von  papillomatosen  Vegeta- 
tionen und  Hornsubstanz  an  Händen  und  FüiJsen,  die  in  je  einem  Fall  beobachtet 
wurden,  könnte  man  da  nicht  mit  Besnier  versucht  sein,  sich  der  Ansicht  von  Acsrnz 
über  die  pemphigoiden  Dermatosen  anzuschliefsen  und  unsre  ganze  Krankheitsgruppe 
mit  seinen  Akantholysen  zu  identifizieren,  die  die  dritte  Familie  seiner  AkanthoaeD 
bilden,  die  selber  wieder  die  dritte  Abteilung  seiner  Epidermidosen*  ausmachen? 

Äufsere  Erscheinung  des  Ausschlags.    Verschiedene  Formen. 

Alle  in  den  früheren  Abschnitten  ausfuhrlich  beschriebenen  Elemente  können 
bei  dem  nämlichen  Kranken  gleichzeitig  vorhanden  sein  und  sich  auf  das  mannig- 
faltigste miteinander  verbinden.  Es  erklärt  sich  daraus,  dafs  die  äufsere  Erscheinung 
des  Ausschlags  eine  sehr  verschiedenartige  sein  kann.  Dennoch  ist  es  möglich,  mit 
DuBBiKG^  bestimmte  Krankheitstypen  aufzustellen,  die  zur  Erkenntnis  dieses  proteos^ 
artigen  Leidens  beitragen. 

1.  Varietas  erythematosa.  —  Seilten  besteht  der  Ausschlag  nur  aus  erythe- 
matösen  Elementen;  Beobachtung  8  von  Duhring  macht  hiervon  eine  Ausname,  denn 
während  zweier  aufeinanderfolgender  Winter  bestanden  sämtliche  Symptome  nor  in 
Brennen  und  Böte;  beim  dritten  Anfall  erschienen  dann  Pusteln.  (Sieh  auch  Beob. 
21  und  40.) 

2.  Varietas  erythemato-vesiculosa  und  erythemato-bullosa.  —  Die 
reine  Varietas  erythematosa  kommt  also  genau  genommen,  nicht  vor;  zu  dem  erytbe* 
matösen  Ausschlag  gesellt  sich  fast  jedesmal  sehr  bald  eine  seröse  Epidermisabhebnng. 
Je  nachdem  Vesikeln  oder  Blasen  vorherrschen,  unterscheidet  Duhrino  2  Varietitoi: 
a.  die  Varietas  vesiculosa,  zu  der  er  den  Herpes  gestationis  rechnet;  (dem  nia£i 
ich  aber  widersprechen,  da  der  Herpes  gestationis  vor  allem  ein  polymorpher  — 
erythematöser,  vesikulöser,  bullöser  —  Ausschlag  ist;)  b.  die  Varietas  bulloBii 
wohin  er  verschiedene  Pemphigus-Fälle  rechnet. 

Nun  kommen  allerdings  bei  manchen  Fällen,  richtiger  bei  manchen  Schüben, 
bald  auf  gesunder,  bald  auf  erythematös  erkrankter  Haut  kleine,  begrenzte  vesiknloee 
Hautabhebungen  vor;  man  kann  dann  mit  einem  Schein  von  Becht  sagen,  dafs  der 
Ausschlag  im  wesentlichen  vesikulös  sei.  Sind  die  Epidermisabhebungen  hing^en 
umfangreicher,  so  kann  man  von  einem  bullösen  Typus  reden.  Fast  immer  jedoch 
sind  die  fraglichen  Elemente  so  ungleichartig,   dais   man   mit   viel    mehr   Recht  be* 


1  Vgl.  I.  Teil  2.  Kap. 


413 

haupten  kann,  der  gemischte,  vesikulo-bullöse  Typus  kommt  am  häufigsten  vor.  Die 
Blasen  können,  wie  wir  bereits  gesehen  haben,  jede  Gröise  erreichen;  meistens  jedoch 
bleiben  sie  recht  klein  (kleinblasiger  Pemphigus  diutinus  pruriginosus). 

3.  Varietas  pustulosa.  Keiner  unsrer  28  Fälle  yerlief  rein  pustulös;  aber 
bei  mehreren,  namentlich  bei  Fall  1  und  4  von  Duhbikg,  kamen  einzelne  Schübe  vor. 
•die  nur  aus  Pusteln  nut  den  oben  beschriebenen  Eigenschaften  bestanden. 

4.  Varietas  haemorrhagica,  v.  gelatinosa;  v.  vegetans  seu  papil- 
lomatosa.  —  Die  Fälle  11,  8  und  26,  deren  Eigentümlichkeiten  wir   schon   erörtert 

haben,  könnten,  genau  genommen,  als  Beispiele  dieser  Varietäten  betrachtet  worden; 
ich  meine  aber,  dais  man  diesen  Zufölligkeiten  denn  doch  nicht  zu  viel  Gewicht 
beilegen  darf. 

5.  Varietas  polymorpha.  —  Diejenige  Varietät  ist  als  die  häufigste  zu  be- 
zeichnen, die  gewissermaÜBen  den  Typus  der  ganzen  Gruppe  darstellt.  Wenn  man 
nun  auch  einen  eruptiven  Schub  ganz  gut  als  erythematös,  vesikulös,  bullös  oder 
pustulös  u.  s.  w.  ansehen  kann,  so  mögen  doch  häufig  die  nachfolgenden  Anfälle  ein 
ganz  andres  Aussehen  haben,  so  dafs  der  Gesamtcharakter  der  Krankheit  immer  und 
bei  allen  Fällen  zum  wesentlichen  polymorph  erscheint.  Anderseits  gestaltet  sich 
selbst  jeder  einzelne  Anfall  fast  immer  polymorph,  denn  man  findet  bei  ihm  gleich- 
zeitig und  in  der  verschiedensten  Weise  gruppiert:  Papeln,  Plaques,  Vesikeln  und 
Blasen  auf  gesunder  Haut  oder  auf  erythematösen  Elementen,  mit  oder  ohne  Hof, 
durchscheinend  oder  trübe,  vereinzelte,  oder  um  eine  zentrale  Borke  gruppierte 
Pusteln,  Krusten,  die  allein  stehen  oder  eine  Art  Schalen  (Carapaces)  bilden,  Schuppen, 
verschiedenfarbige  Flecke,  unregelmäfsige  Verfärbungen,  Kratzspuren  u.  s.  w.  Alle 
-diese  Erscheinungen  vereinigt,  zusammen  auftretend,  bilden  den  Typus  der  uns  hier 
beschäftigenden  Krankheit,  die  Polymorphie  im  strengsten  Sinne. 

Alle  möglichen  Verbindungen  sind  hier  gleich  häufig.  Zuweilen  bestehen  nur 
•einige  erythematöse  Kreise,  nur  einige  Vesikeln  oder  Pusteln  hier  und  da  zerstreut; 
ein  andermal  wieder  kann  der  Körper  völlig  mit  Ausschlagselementen  bedeckt  sein,  mit 
groXsen  erythematös-bullösen  Streifen,  mit  umfangreichen,  vereiterten  Blasen,  und 
namentlich  mit  Vesikeln,  denn  die  miliaren  Vesikeln  und  die  verschieden  grofsen 
Vesikelblasen,  besonders  aber  die  von  mäfsiger  Gröfse,  sind  diejenigen  Elemente,  die 
sich  am  leichtesten  vermehren.  Es  kommen  Fälle  vor,  wo  auf  den  Unterextremitäten, 
dem  Gesäfs,  dem  ganzen  Körper  kein  Fleck  heiler  Haut  mehr  sitzt;  alles  ist  besät 
mit  hunderten  und  tausenden  von  Epidermisabhebungen  oder  mit  Spuren  ehemaligen 
Ausschlags.  Die  Leiden  des  Patienten  sind  entsetzliche,  er  gewährt  einen  jämmer- 
lichen Anblick,  aber  trotz  der  schrecklichen  Entstellung  ist  sein  Allgemeinbefinden 
verhältnismäTsig  gut. 

Die  Heftigkeit  des  Ausschlags  im  Verein  mit  der  Kratzwirkung  verleiht  alsdann 
den  erkrankten  Teilen  oft  ein  eigentümliches  Aussehen.  Das  Gesäfs,  die  Genitalien, 
die  Innenfläche  der  Schenkel,  die  Achselhöhlen  können  einem  grofsen  Vesikatorium, 
einem  nässenden  Ekzem  gleichen;  das  Gesicht  sieht  aus,  wie  mit  Impetigo  behaftet. 
Die  Borken  und  Schuppen,  die  sich  beständig  neu  bilden,  helfen  die  Verwirrung  noch 
vermehren. 

Die  verschiedenen  Ausschlagselemente  können  sich  zu  regelmäisigen  Figuren 
vereinigen.  Bings  um  eine  zentrale,  platte,  graue  oder  braune  Kruste  bildet  sich  ein 
Kranz  mattweifser  Vesikelblasen,  die  ihrerseits  vom  erythematösen  Hof  umgeben  sind 
Dieses  Gebilde  wächst  peripherisch,  breitet  sich  allmählich  aus;  die  zentrale  Kruste 
fällt  ab  und  hinterläfst  nur  einen  wechselnd  stark  gefärbten  Fleck,  der  bisweilen  ein 
wenig  schuppt,  sich  allmählich  glättet  und  bräunlich  gelb  förbt,  während  um  ihn 
herum  sich  ein  vierfacher  Gürtel   von   Borken,    Vesikelblasen   oder  Pusteln  und  Ery- 


414 

themen  ausbreitet.  Häufig  dehnt  sich  die  Erkrankung  dann  nur  nach  einer  Bichtnng 
hin  aus,  und  an  Stelle  von  Kreisen  finden  sich  dann  nur  Kreisbogen,  die  sich  unter- 
einander verschiedenartig  zu  verbinden  und  zu  gruppieren  vermögen,  so  dals  spiralige 
Linien  entstehen.  Zuweilen  (Beob.  29)  bildet  sich  auch  wenige  Zentimeter  hinter 
dieser  ersten  Gruppe  eine  bis  mehrere  neue  eruptive  Ordnungen,  die  der  erstem 
ähnlich  sehen;  sie  entwickeln  ihre  Spirsden  parallel  zu  den  bereits  vorhandenen  und 
nehmen  einen  um  so  geringeren  Baum  ein,  je  später  sie  entstanden  sind.  Die  Aus- 
dehnung dieser  wunderlichen  Gebilde  ist  nicht  unbegrenzt,  vielmehr  hören  sie  nach 
einer  bestimmten  Zeit  des  Bestandes  auf  zu  wachsen  und  zu  sein.  In  einzelneD 
Fällen  tritt  der  Ausschlag  so  heftig  und  so  ausgedehnt  auf,  folgen  die  einzelaen 
Schübe  so  schnell  und  so 'unaufhörlich,  bilden  sich  die  Blasen  so  bösartig  und  platceD 
oder  trocknen  so  rasch  ein,  dalis  die  gerötete,  infiltrierte,  schmerzhafle  Haut  mit  be- 
ständig abschuppenden  Fetzen  und  mit  schildförmig  zusammenhängenden  Borken  be- 
deckt ist.  Ein  solcher  Kranker  sieht  dann  aus,  als  litte  er  an  allgemeinem  Ekzem 
oder  an  Pemphigus  chron.,  der  zu  einem  malignen  Herpes  exfoliativus  von  Baziv 
ausgeartet  ist,  mit  einem  Wort,  an  Pemphigus  foliaceus.  Man  konnte  solche  FBle 
daher  mit  einigem  Recht  als  Varietas  foliacea  bezeichnen. 

Aus  dem  gesagten  geht  klar  hervor,  dafs  man  bei  unserer  Krankheit  der  Fonn, 
die  gerade  im  Augenblick  das  Feld  behauptet,  nur  eine  sekundäre  Bedeutung  bei- 
messen darf,  da  der  Ausschlag  im  weitern  Verlauf  ein  ganz  andres  Aussehen  an- 
nehmen kann.  Hier  springt  so  recht  die  Wahrheit  des  Satzes  in  die  Aug^n,  fSr  den 
ich  immer  eintrete,  dafs  man,  um  die  Hautkrankheiten  zu  erkennen,  sich  nicht  Diit 
dem  vorliegenden,  objektiven  Befund  begnügen  dürfe,  denn  der  ist  vorübergehend, 
sondern  dafs  man  den  Gesamtverlauf  der  Krankheit  in  Betracht  ziehen  müsse;  alle 
einzelnen  Elemente  wollen  berücksichtigt  sein,  Ätiologie,  Entwickelung,  subjektive 
und  objektive  Symptome.  Weil  man  die  Wahrheit  dieses  Satzes  verkannte,  ifit  die 
Geschichte  so  vieler  Dermatosen,  und  besonders  der  vesikulo-bullösen  Dermatosen, 
bis  auf  die  jüngste  Zeit  dunkel  geblieben.  Diese  Krankheiten  sind  vor  allem  poly- 
morph, proteusartig,  im  beständigen  Wechsel  ihres  Charakters;  man  ersieht  daraas, 
wie  schwer  es  sein  mufs,  sie  nach  den  von  Willan  und  Bateman  aufgestellten 
Grundsätzen  zu  gruppieren.  Ist  doch  auch  dasselbe  £j*ankheitsbild,  immer  mit  einem 
Schein  von  Eecht,  unter  den  verschiedensten  Namen  beschrieben  worden  I  Hat  man 
doch  sogar  die  Behauptung  aufgestellt,  dafs  so  viele  Varietäten  wie  Einzelfalle  T0^ 
kämen  I  Bei  solcher  Ansicht  freilich  sind  ein  erfolgreiches  Studium  sowohl  wie  jede 
Klassifikation  völlig  unmöglich. 

* 

Subjektive  Symptome.  Die  Schmerzen  spielen  in  der  Dermatitis  polym. 
prurigin.  chron.  eine  Hauptrolle;  sie  sind  immer  vorhanden,  und  ich  halte  sie  für  eine 
der  4  wichtigsten  pathognomonischen  Eigenschaften  unsrer  Dermatose.  Sie  be- 
stehen wesentlich  in  äufserst  heftigem  Jucken,  das  dem  Kranken  das  Leben  geradezu 
verleidet.  Bisweilen  ist  es  mehr  ein  Gefühl  von  Hitze  und  Brennen  in  der  Haat, 
von  Stechen,  Prickeln,  Ameisenkriechen,  von  Beifsen  und  Jucken,  von  schmerzhafter 
Spannung;  das  Jucken  aber  ist  das  gewöhnlichste. 

Diese  Empfindungen  können  für  sich  bestehen  und  längere  Zeit  das  einsige 
Symptom  bilden  (vgl.  Beob.  21);  sie  können  dem  Ausschlag  um  ein  paar  Tage  bis 
Stunden  vorauseilen  oder  gleichzeitig  mit  ihm  auftreten ;  nur  selten  erscheinen  sie  erat 
später,  und  niemals  bleiben  sie  ganz  aus.  Im  Verlauf  der  Krankheit  deutet  ihr  er- 
neutes Auftreten  oder  ihr  Heftigerwerden  auf  den  baldigen  Ausbruch  eines  neaen 
Anfalls.  Für  gewöhlich  wächst  und  vermindert  sich  ihre  Heftigkeit  mit  der  Starke 
des  Ausschlags. 


415 

Im  allgemeinen  haben  sie  ihren  Sitz  an  den  von  dem  Ausschlag  befallenen 
Körperteilen,  jedoch  werden  sie  auch  manchmal  über  den  ganzen  Körper  empfunden, 
während  der  Ausschlag  lokalisiert  bleibt;  auch  werden  sie  mitunter  da  am  heftigsten 
gespürt,  wo  sich  weder  vorher  noch  nachher  sonst  etwas  krankhaftes  zeigt,  so  an 
den  Hand-  und  Fufsflächen.  Anderseits  brauchen  auch  nicht  alle  Ausschlagselemente 
mit  Notwendigkeit  immer  zu  jucken,  wie  wohl  das  Gegenteil  eine  nur  äufserst  seltene 
Ausnahme  bildet. 

Das  Jucken  wird  nach  einiger  Zeit  durch  das  Kratzen  gelindert;  beim  Platzen 
der  Vesikeln  und  Pusteln  hört  es  fast  immer  von  selbst  auf;  daher  eröffnen  die 
Kranken,  nachdem  sie  das  einmal  gemerkt  haben,  die  Blasen,  sowie  sie  erscheinen. 
Am  meisten  jucken  die  erythematösen  und  vesikulösen  Elemente ;  die  Pusteln  scheinen 
weniger  schmerzhaft  zu  sein,  doch  können  auch  sie  mitunter  unerträgliches  Jucken 
verursachen.  Verschiedene  Kranke  geben  an,  dals  die  Schmerzen  zur  Zeit  des  Ent- 
stehens des  Ausschlags  am  heftigsten  sind  und  dafs  die  Umgebung  der  Plaques  am 
meisten  wehthut.  Das  Jucken  ist  nur  selten  am  Tage  heftiger,  für  gewöhnlich  ver- 
schärft es  sich  gegen  Abend  und  behindert  den  Schlaf.  —  Zuweilen  läfst  es  nach, 
wenn  sich  keine  neuen  Elemente  mehr  bilden,  aber  dieses  vollkommene  Aufhören  ist 
sehr  sehr  selten  und  dann  nur  von  kurzer  Dauer. 

In  einzelnen  Fällen  ist  das  Gefühl  von  Hitze  und  Brennen  an  verschiedenen 
Korperteilen,  z.  B.  an  den  Füfsen,  so  stark,  dafs  kein  Kleidungsstück  daran  ver- 
tragen wird  und  der  Kranke  den  betreffenden  Teil  so  viel  wie  möglich  blofs  hält. 

Dafs  derartige  fast  unaufhörliche  Schmerzen  mit  bedeutenden  Verschlimmerungen 
den  Kranken  erschöpfen  müssen,  ist  selbstverständlich;  er  kommt  nur  selten  zum 
Schlaf,  wird  nervös,  äufserst  reizbar,  verliert  allen  Lebensmut  und  trägt  sich  manch- 
mal sogar  mit  Selbstmordgedanken. 

Der  Verlauf  der  Krankheit.  Die  Dermatitis  polym.  prurig.  chron.Werläuft 
in  der  überwiegend  gröfsten  Anzahl  der  Fälle  anfallsweise.  Diese  Anfölle  sind  nach 
der  Zeit  ihres  Auftretens,  nach  Grad  und  Form  des  Ausschlags  ungleichartig.  Das 
ist  ihre  Haupteigenschaft,  die  namentlich  in  den  amerikanischen  Beobachtungen 
deutlich  hervortritt,  und  auf  die  auch  Duhbiko  besonders  aufmerksam  macht. 

Die  Dermatitis  p.  p.  chronica  kann  den  Kranken  plötzlich  mit  all  ihren  Tücken 
befallen,  von  vornherein  chronisch  und  mit  schnellfolgenden  Anfällen  auftreten,  oder  sie 
beginnt  mit  einer  Ausschlagsperiode  von  einem  Monat  (Beob.  10),  von  4  Monat  (Beob.  25) 
mit  mehreren  eruptiven  Abschnitten,  die  über  den  Winter  dauern  und  im  Mai  auf- 
hören (Beob.  8);  diese  einzelnen  Perioden  sind  dann  von  Zwischenpausen  völliger 
Gesundheit  unterbrochen.  Aber  selbst  bei  diesen  Antillen,  die  ich  prä monitorische 
nenne,  besteht  die  Krankheit  meist  aus  eruptiven,  sich  drängenden  Schüben,  die  zu- 
s^ammen  den  Anfall  ausmachen. 

Mitten  im  Ablauf  der  Krankheit,  wenn  sie  sich  schon  durch  eine  mehrmonat- 
liche Dauer  als  solche  ausgewiesen  hat,  kommen  doch  noch  Pausen  vollkommenen 
Wohlbefindens  vor.  Jedoch  ist  das  selten,  und  das  Wohlbefinden  meistens  nur  re- 
lativ: etwas  Jucken,  einige  Blasen,  Vesikeln,  Pusteln,  Eötungen  erscheinen  hier  und 
da  immer  wieder  auf  der  Haut  oder  Schleimhaut  und  erinnern  daran,  dafs  der  Krank- 
heitsprozefs  nur  schlummert. 

Diese  Besonderheiten  sind  zur  Kenntnis  der  Gruppe  äufserst  wichtig.  Man  sieht 
leicht,  dafs  die  prämonitorischen  Anfälle,  von  denen  eben  die  Bede  war,  in  ihrer  Ge- 
samtheit solche  Fälle  bilden,  wie  sie  zu  unsrer  dritten  Kategorie  gehören.  Hatte  man 
den  Kranken  aus  der  Beob.  8  nur  während  der  3  bis  4  ersten  Jahre  seines  Leidens 
beobachtet,  so  würde  man  ihn  ohne  Bedenken  für  einen  Typus  meiner  recidivierenden 
Varietas  benigna  halten  können.    Umgekekrt  weifs  ich  nicht,   ob  nicht  die  Fälle,  die 


416 

ich  dieser  Varietät  zugerechnet  habe,  schlielfllich  doch  wie  Fälle  der  Dermatitis  poly- 
morpha  pruriginosa  chronica  k  poussees  successives  verlaufen  sind.  Indem  ich  mein« 
allerdings  etwas  künstliche,  aber  für  das  Studium  dieser  Dermatosen  zweckmafirige 
Einteilung  beibehalte,  gilt  es  nun,  diejenigen  Punkte  festzustellen,  die  diese  ^^n^^^^«^ 
Fälle  miteinander  verbinden. 

Nichts  ist  ungewisser  als  die  Frage,  wann  ein  neuer  Anfall  auftreten  wird;  es 
gibt  hier  keinen  cyklischen  Verlauf.  Jedoch  gilt  es  zu  unterscheiden.  loh  habe 
früher  von  grofsen  eruptiven  Perioden  gesprochen,  die  durch  freie  Zwischenräomfi 
getrennt  sind  und  teils  als  prämonitorische  zu  der  Dermatitis  p.  p.  chron.  vera,  teils 
zu  der  D.  p.  p.  benigna  s.  subacuta  gehören  und  dals  solche  Perioden  Anfälle 
(Attaque s)  genannt  werden  müssen  und  aus  mehreren  Hauptschüben  bestehen; 
diese  Hauptschübe  können  sich  wieder  aus  verschiedenen  kürzeren,  einander  ablösenden 
Schüben,  Nebenschüben,  zusammensetzen. 

Die  Hauptschübe  füllen  die  einzelnen  Abschnitte  der  Krankheit  aus;  gewöhn* 
lieh  sind  sie  durch  Pausen  verhältnismäisigen  oder  gänzlichen  Wohlbefindens  von 
einander  getrennt.  Sie  können  sich  bei  dem  nämlichen  Kranken  ganz  verschieden- 
artig  gestalten.  So  war  in  der  Beobachtung  1  der  erste  Schub  pustulös,  der  zweite 
papulös  und  papulo-vesikulös,  der  dritte  vesikulös  und  pustulös  u.  s.  w.  In  Beob.  4 
waren  die  Schübe  während  eines  Jahres  vesikulös  und  bullös,  dann  wurden  sie  nach 
einander  durch  einen  pustulösen  und  vesikulo-bullösen  ersetzt;  es  folgte  nun  wieder 
der  pustulöse  Charakter  u.  s.  f.;  zu  andern  Zeiten  war  der  Anfall  rein  polymorph. 
Doch  ich  will  keine  Beispiele  häufen. 

Diese  eruptiven  Hauptschübe  sind  von  verschiedener  Dauer;  sie  können  mit  on- 
geschmälerter  oder  schwankender  Heftigkeit  lange  Zeit  fortbestehen;  gewöhnlich  vor- 
laufen sie  in  15 — 45  Tagen.  Je  nach  der  Zahl  der  Nebensohübe,  aus  denen  sie  sidi 
zusammensetzen,  dauern  sie  länger  oder  kürzer. 

Diese  Nebenschübe  treten  anfangs  sehr  heftig  auf,  entsprechen  freilich  immer 
der  Heftigkeit  des  Hauptschubs,  dann  nehmen  sie  allmählich  ab,  je  mehr  sie  sich  dem 
Ende  der  eruptiven  Periode  nähern.  Ihre  Dauer  zu  bestimmen  ist  sehr  schwer,  da 
beim  Auftreten  des  einen  der  andre  noch  nicht  abgelaufen  ist,  jedoch  läfst  sich  an- 
nähernd  sagen,  dafs  sie  sich  in  8 — 24  Tagen  abwickeln. 

In  den  Pausen  zwischen  den  gröfsem  eruptiven  Schüben  können  kleinere,  kürzere, 
fast  abortiv  verlaufende  auftreten;  sie  unterbrechen  die  Zeiten  der  Buhe  und  zeigen, 
wie  ich  das  schon  früher  ausgeführt  habe,  dafs  der  Prozefs  nur  schlummert  Aach 
diese  Zeiten  der  Buhe  sind  von  verschiedener  Länge,  umfassen  bald  nur  wenige  Tage, 
bald  mehrere  Wochen. 

Manchmal  wird  ein  Hauptschub,  noch  bevor  er  gänzlich  abgelaufen  ist,  von 
einem  zweiten,  ähnlichen  oder  andersartigen  verdrängt. 

Fast  immer  kündigt  sich  ein  Anfall  Stunden  bis  Tage  vorher  durch  stärkeres 
Jucken  und  Hautschmerzen  an. 

Die  eruptiven  Elemente  können  allmählich,  nacheinander  entstehen;  sie  sind 
zuerst  hier  und  da  über  den  Körper  zerstreut  oder  an  einzelnen  Punkten  lokalisiert. 
J^eistens  aber  entwickeln  sie  sich  sehr  schnell,  und  man  kann,  namentlich  bei  heftigem 
Anfall,  häufig  genug  gewahren,  wie  sich  in  2 — 3  Tagen,  in  24  Stunden,  ja  sogar  in 
einer  einzigen  Nacht  hunderte  und  tausende  solcher  eruptiver  Elemente  bilden.  Dii 
Schmerzen  erreichen  dann  ihren  höchsten  Grad,  nicht  selten  sogar  kündigt  sich  der 
Anfall  mit  Schüttelfrost,  Unbehagen  und  Fieber'  an. 


'  Vergl.  zum  Studium  des  Verlaufs  der  Varietas  benigna  die  in  der  3.  Kategorie 
aufgeführten  Beobachtungen  nebst  den  daran  geknüpften  Bemerkungen. 


417 

Welcherlei  Umstände  einen  Anfall  yerarsacben,  läüst  sich  schwer  sagen.  Meistens 
ist  nichts  bestimmtes  nachweisbar.  Dafs  er  mit  dem  Steigen  und  Abfallen  der  Men- 
struation an  Stärke  znnehme  ist  mehrfach  beobachtet,  ja  er  kann  auch  zu  der  teil- 
weisen oder  gänzlichen  Unterdrückung  der  Begel  in  Beziehung  stehen  (Beob.  83)^ 
(wodurch  die  nahe  Verwandtschaft  dieser  Fälle  zum  Herpes  gestationis  hergestellt 
wird).  Auch  Temperaturveranderungen,  erhitzende  Speisen  und  Getränke  vermögen 
vielleicht  einen  Anfall  auszulösen.  Aber  das  ist  alles,  wie  gesagt,  noch  ganz  un- 
bestimmt. 

Vielfach  hat  die  Krankheit,  nach  kürzerer  oder  längerer  Dauer,  die  Monate  bia 
Jahre  umfassen  kann,  das  unverkennbare  Bestreben,  sich  zu  mildern.  Die  Anfälle 
rücken  mehr  auseinander,  werden  schwächer,  kürzer,  abortiv.  Doch  kommt  auch 
der  umgekehrte  Verlauf  vor. 

(Fortsetzung  folgt.) 


IDerfatntnlungen. 


Dermatologische  Vereinigung  zu  Berlin. 

Sitzung  am  5.  März  1889. 
Vorsitzender:  Herr  Bosekthal.     Schriftführer:  Herr  Saalfeld. 

Herr  Oestrbicber.  Die  Behandlung  der  SyphUis  mit  grofsen  Sublimatdosen. 

DerVortragendeteilt  mit,  dafs,  nachdem  mit  den  grofsen  Dosen  der  unlöslichen  Quecksilber- 
präparate manchmal  sehr  unangenehme  Erscheinungen,  ja  in  einzelnen  Fällen  der  Tod 
beobachtet  worden  ist,  er  in  den  Jahren  1887  und  1888  Versuche  mit  grofsen  Dosen 
Sublimat  angestellt  habe,  umzusehen,  bis  zu  welcher  Stärke  man  gehen  kann,  und  ob 
bei  den  grofsen  Dosen  auch  die  Wirkung  eine  um  so  gröDsere  ist.  Die  Versuche  wurden 
zuerst  an  Tieren,  und  zwar  an  Kaninchen  und  dann  am  Hunde  angestellt.  Bei 
Kaninchen  ergaben  Injektion  von  0,02—0,05  Sublimat  sehr  ungünstige  Besultate,  von 
6  starben  4,  und  bei  der  Sektion  zeigte  sich  bei  allen  eine  starke  Veränderung  im 
Darm  und  in  den  Nieren.  In  den  letzteren  war  die  Bindenzone  verbreitert  und  mit 
Kalkinkrustationen  versehen.  Der  Hund,  bei  dem  0,1  injiziert  war,  blieb  am  Leben, 
er  hatte  nur  etwas  Diarrhöen,  die  aber  nicht  blutig  waren.  An  der  Injektionsstelle 
war  Gangrän  aufgetreten,  sonst  aber  waren  keine  Veränderungen  zu  konstatieren.  Die 
Versuche  an  Menschen  wurden  derart  angestellt,  dalii  zuerst  0,02,  dann  0,03,  0,04  — 
Bchliefslich  0,1  injiziert  wurde.  Bei  allen  zeigten  sich,  aufser  geringer  Stomatitis, 
keine  Intozikätionserscheinungen ;  die  betreffenden  Patienten  blieben  alle  gesund 
0.  hat  bei  48  Patienten  (und  zwar  bei  27  Frauen  und  21  Männern)  180  Injektionen 
gemacht  und  zwar  von  einer  4Voigen  Lösung  4  Injektionen,  von  einer  6%igen  83, 
einer  87oigen  83,  einer  10 %igen  10  Injektionen.  Bei  den  stärkeren  Lösungen,  und 
zwar  von  der  GVoigen  ab,  wurde  in  jede  Glutäalgegend  0,03  injiziert.  Um  einen 
gröfseren  Beiz  der  Darmschleimhaut  zu  verhüten,  wurden  sofort  gröisere  Quantitäten 
Eier  verordnet;  es  traten  infolge  dessen  auch  nur  in  vereinzelten  Fällen  Diarrhöen 
ein.  Anfangs  wurden  die  Sublimatlösungen  in  saurer  Lösung  (5  g  Acid.  tartar.  bei 
1  %iger  Sublimatlösung)  injiziert,  da  sich  aber  dabei  eine  zu  grofse  Schmerzhaftigkeit 
zeigte,  so  wurden  zu  100  g  Lösung  3  g  Chlornatrium  zugesetzt.  Abscesse  hat  0.  nie 
beobachtet,  wohl  Infiltrationen,  doch  glaubt  er,  dafs  auch  solche  bei  genügender 
Antisepsis  vermieden  werden  können.    Was  die  Schmerzhaftigkeit  anbetrifft,   so  war 


418 

dieselbe  bei  den  stärkeren  Lösungen  natürlich  etwas  intensiver,  doch  war  dieselbe 
individuell  sehr  verschieden.  Von  den  48  Patienten  seien  bei  diesen  starken  Injektionen 
33  geheilt  —  natürlich,  was  man  unter  Heilung  verstehen  kann,  indem  bis  jetzt  im 
Verlauf  ca.  eines  Jahres  kein  Recidiv  aufgetreten  ist  — ,  8  waren  gebessert,  ein  FaU 
blieb  ungeheilt,  doch  war  die  Diagnose  in  diesem  Falle  zweifelhaft.  6  Fälle  sind  aus- 
geblieben nach  der  ersten  Injektion,  1  Fall  nach  zwei  Injektionen,  2  Fälle  nach  0,1 
wegen  Stomatitis.  Bei  den  Männern  wurde  bei  0,04 — 0,06  keine  Stomatitis  beobachtet, 
bei  0,08  vier  mal  und  bei  0,1  kein  mal.  Bei  den  Frauen  zeigte  sich  bei  4Voiger 
Lösung  ein  mal  Stomatitis,  von  12  Frauen,  die  mit  einer  6%igen  Lösung  behanddt 
wurden,  bekam  keine  die  Afifektion,  von  10  Frauen,  mit  87oiger  Lösung  behandelt, 
stellte  sich  in  4  Fällen  und  von  6  Frauen  mit  10  7<>iger  Lösung  in  5  Fällen  Stomatitii 
ein.  Die  Vorteile  dieser  Methode  vor  der  mit  den  unlöslichen  Quecksilberpraparaten 
bestehen  nach  0.  1.  darin,  dais  das  lösliche  Präparat  sehr  bald  resorbiert  wird,  während 
das  unlösliche  längere  Zeit  an  der  injizierten  Stelle  verbleibt,  und  wir  nicht  be- 
rechnen können,  wie  viel  davon  aufgenommen  wird ;  2.  in  der  auffallenden  Bessemn; 
aller  Symptome  bei  87oigen  Lösungen.  Bei  einzelnen  blieben  alle  Erscheinangeo 
schon  nach  einer  grofsen  Dosis  fort.  Unter  den  Frauen  waren  5  gravidae,  und  4  haben 
davon  vollständig  ausgetragen.  Diarrhöen  traten  sehr  selten  ein,  ja  nach  den  grofsea 
Dosen  von  0,1  war  manchmal  Verstopfung  vorhanden.  Der  Urin  zeigte  niemuh 
Albumen  oder  Zucker.  In  bezug  aufRecidive  läCst  sich  bei  dem  poliklinischen  Materitl 
mit  Bestimmtheit  nichts  sagen. 

Diskussion  sowohl  über  diesen  als  über  den  vijn  Herrn  Lassar:  Der 
Stand  der  Syphillsbehandlaag,  gehaltenen  Vortrag.  Herr  Hofphakit  kann 
sich  der  Ansicht  des  Herrn  Lassab,  der  ^nach  der  Exzision  des  Primir- 
affekts  eine  baldige  AUgemeiubehandlung  empfiehlt,  nicht  anschliefsen.  Nach 
den  in  der  letzten  Zeit  gemachten  Erfahrungen  ist  das  Hg  doch  nicht  eine 
Substanz,  die  man  unnötigerweise  dem  Körper  zuführen  sollte.  Es  sind  doch 
Fälle  bekannt,  bei  denen  man  die  PrimärafTektionen  für  ein  Ulcus  dumm  hielt  nnd 
bei  denen  keine  syphilitischen  Erscheinungen  aufgetreten  waren.  Er  selbst  habe 
jetzt  noch  einen  solchen  Patienten  in  Beobachtung,  der  am  9.  November,  nachdem 
die  Infektion  3  Wochen  vorher  stattgefunden  hatte,  mit  4  Ulcera  dura  an  der  Corona 
glandis  in  Behandlung  kam  und  bei  dem  sich  bis  heute  keine  sekundären  Symptome 
zeigten.  Die  Diagnose  der  Ulcera  dura  ist  von  Herrn  Lbwin,  der  den  Fall  ebenfalb 
gesehen  hat,  bestätigt  worden. 

Was  femer  die  Wirkungen  der  Sublimatinjektionen  anbetrifft,  so  erklärt  Herr 
H0FF1CANI7,  dafs  er  zwar  die  grofsen  Dosen  von  Sublimat  nicht  versucht  hat,  dafs 
ihm  aber  die  Wirkungen  der  2  Voigen  Losungen  weit  hinter  den  Kalomelinjektiooea 
zurückstehen.  20  Injektionen  einer  2  Voigen  Sublimatlösung  erzeugen  noch  lauge  nicht 
die  Wirkungen  wie  2  Injektionen  einer  1  Voigen  Kalomelölsuspension.  Er  verkenne  nicht 
die  Gefahren  der  Ealomelinjektionen,  er  habe  selbst  in  einem  Vortrage  in  dieser 
Gesellschaft  auf  die  Nachteile  hingewiesen  —  wie  starke  Stomatitis,  Darmaffektionen, 
Fieber,  Abscesse  (letztere  lassen  sich  nach  den  zuletzt  gemachten  Beobachtungen 
durch  genaue  Antisepsis  vermeiden)  etc.  — ,  allein  was  die  Wirkung  anbetrifit»  w 
mu£s  er  sagen,  dafs  sie  viel  eklatanter  als  nach  jeder  andern  Behandlung  ist  Man 
sieht,  dafs  nach  2  Ealomelinjektionen  alle  sekundären  Erscheinungen,  selbst  Eondv* 
Jome,  vollständig  schwinden.  Um  die  unangenehmen  Nebenwirkungen  zu  vermeiden^ 
hat  er  in  der  letzten  Zeit  nur  eine  halbe  Spritze  voll  einer  1  %igen  Kalomelölsuspension 
ix\jiziert  und  dabei  ebenso  glänzende  Besultate  erziehlt,  ohne  dafs  gefahrdrohende 
Erscheinungen  aufgetreten  sind. 

Herr  Saalfeld  bestätigt  die  Angaben  des  Herrn  Hoffmann,  dafs  in  der  Litteratur 


I 


419 

■ 

Fälle  bekannt  sind,  wo  nach  Ulcera  dura  keine  syphilitischen  Symptome  zur  Beob- 
achtung kamen. 

Herr  Kosenthal  bemerkt,  dafs  er  gerade  deshalb  den  unlöslichen  Quecksilber- 
präparaten  den  Vorzug  gibt,  weil  sie  nicht  sofort,  sondern  allmählich  resorbiert 
werden,  und  glaubt,  dafs,  wenn  Herr  Osstebbbicheb  von  den  grofsen  Dosen  Sublimat 
abrät,  man  erst  recht  die  unlöslichen  Präparate  wählen  soll,  da  er  Herrn  Hoffmank 
nur  beistimmen  kann,  dafs  ihre  Wirkung  eine  viel  intensivere  ist.  Auch  er  habe 
nach  2  Injektionen  von  Hydr.  oxyd.  flav.  Kondylome  schwinden  sehen,  ja  in  vielen 
Fällen  vollständige  Heilungen  beobachtet.  Zu  Herrn  Lasbabs  Vortrag  bemerkt  er, 
dala  über  die  Exzision  des  Primäraffekts  wohl  Einstimmigkeit  bestehe,  dagegen  wird 
man  nicht  immer  das  Ulcus  molle  vom  ydurum  unterscheiden  können,  selbst  wenn  alle 
Merkmale  vorhanden  sind.  Aufserdem  wird  in  einzelnen  Fällen  selbst  die  Allgemein- 
behandlung keinen  Einflufs  ausüben ;  so  habe  er  bei  einem  Ulcus  phagadaenicum  der 
Unterlippe  trotz  der  Injektionen  keinen  Stillstand  erzielen  können,  sondern  das  Ulcus 
schritt  weiter  fort. 

Herr  Lassab  erwidert  auf  die  Bemerkungen  des  Herrn  HoFFMAm^,  dafs  die 
Fälle,  in  denen  nach  einem  Ulcus  durum  keine  sekundären  Symptome  aufgetreten 
waren,  verschwindend  klein  sind,  und  diese  einzelnen  Fälle  ihn  nicht  abhalten  können, 
von  der  Allgemeinbehandlung  Abstand  zu  nehmen.  Was  die  bessere  Wirkung  der 
unlöslichen  Quecksilberpräparate  im  Verhältnis  zu  den  löslichen  anbetrifft,  so  glaubt 
er  letzteren  aus  dem  Grunde  den  Vorzug  geben  zu  müssen,  weil  man  es  hier  in  der 
Hand  hat,  die  Ix^ektionen  so  häufig  und  so  stark  zu  machen,  als  es  der  Fall  ver- 
langt, ohne  gefährliche  Erscheinungen  zu  beobachten.  X.  Hoffmann-Bertin. 


6ef|ire(^un$en. 


I. 

Zur  Lelire  Yom  Bhinoskleroin. 

M.  N.  NiKiKOROw.    Von  den  Mikroorganismen  bei  Rhinosklerom. 
G.  N.  BoJEW.    Ein  Fall  von  Rhinosklerom. 

P.  A.  Pawlow.  Ein  Fall  von  Bhinosklerom  der  Nase,  des  Rachens  und  des 
Oberarmes: 

E.  M.  Stepanow.    Ein  Fall  von  Rhinosklerom. 

—  Über  Itnpfungen  mit  Rhinosklerom.     Vorläufige  Mitteilung. 

{Medieinskoje  Obosrenije.  1888.  Bd.  XXX.  No.  20.  pag.  693-  718). 

NiKiFOBow  und  BoJüw  beschreiben  einen  und  denselben  Fall,  wobei  Nikiforow 
speziell  die  bakteriologische,  Bojew  die  klinische  Seite  behandelt.  Pawlow  und 
Stefano w  fugen  je  einen  Fall  hinzu.  Der  NiKiFOBOWSche  Fall  zeigt  am  deutlichsten 
die  schon  von  Kaposi  und  Hebra  geschilderten  Veränderungen  (Ergriffensein  von 
Nasenflügel  und  Septum,  äufsere  Elfenbeinhärte,  leichte  Schneidbarkeit).  Von  der 
Nase  aus  hatte  sich  der  Prozefs  auf  die  Arcus  palatoglossi  beiderseits  verbreitet.  Die 
übrigen  2  Fälle  bieten  gröfsere  oder  geringere  Abweichungen.  Die  Krankengeschichte 
des  NiKiFORO'w-BoJEWschen  Falles  wäre  folgende:  Verabschiedeter  Soldat,  25  Jahre 
alt,  aus  dem  jAROSSLAWschen  Gouvernement,  krank  seit  3  Jahren  (das  Leiden  begann 
4  Monate  nach  dem  Eintritt  in  den  Militärdienst).  Heftig  auftretendes  Nasenbluten, 
nach  2monatlicher  Hospitalbehandlung  wird  Patient  entlassen,  um  eine  Woche  später 
¥rieder  Nasenblutens  wegen  ins  Hospital  zu  kommen.    Jetzt  erwies  die  Nase  sich  „als 


420 

geBchwollen",  nnd  wurde  Fat.  nach  iVsmonatlicher  erfolgloser  antisyphiliiiscber  Kur 
(üng.  ein.  und  E  J)  als  unheilbar  entlassen.  Bei  seiner  Aufnahme  (September  1887)  in  das 
Alte  Eatharinenhospital  zu  Moskau:  Gut  genährt,  keine  geschwellten  Drusen,  innere 
Organe  gesund,  auf  harter  Nasenspitze,  -flügel  und  -Scheidewand  gesohlingelte 
Venen;  Nasenflügel  in  die  Breite  verzogen,  Nasenöfinungen  stark  verengt  bis  anf 
V^  cm.  In  dem  Sulcus  naso  labialis  beiderseits  hart  unter  den  Nasenflügeln  höckerige 
Verdickungen,  die  Haut  dieser  Teile,  sich  scharf  abgrenzend  gegen  die  gesunde,  ist 
haar-  und  follikellos,  leicht  schneidbar,  stark  blutend,  leicht  heilend.  Rachen: 
Keine  Uvula,  Arcus  palatoglossi  matt  glänzend,  verdickt,  schnurformig.  Auf  den 
Graumenbögen  einzelne  bis  linsengrolse  Plättchen,  dazwischen  Ezkoriationen;  auf 
hinterer  Racheuwand  eben  solche  Plättchen^  doch  kleiner  und  in  geringer  Anzahl; 
hinterer  Nasenrachenraum  kann  wegen  Tiefstandes  des  weichen  O^aumens  nicht  unter- 
sucht werden.  Patient  leidet  an  Thränenflielsen  (besonders  rechts)  und  näselnder 
Sprache.  Lues  kann  sowohl  durch  Anamnese,  wie  durch  Untersuchung  völlig  ans- 
geschlossen  werden. 

Die  nach  Prof.  Stukowbnkows  Vorgange  eingeleitete  Behandlung  von  subkntanei 
Injektionen  einer  1  Voigen  Karböllösung  (1 — 2  Spritzen  täglich)  scheint  erfolglos 
geblieben  zu  sein,  es  sei  denn,  dafs  man  das  Zurückgehen  der  im  Rachen  nidi 
vorhergegangener  Schmier-  und  Hg-Kur  aufgetretenen  Gteschwürchen  als  Erfolg  tn- 
sieht.  Es  treten  jedoch  später,  trotz  derselben  Therapie,  erneute  Geschwürchen  im 
Naseninnem  selbst  auf.  Zudem  bemerkt  Bojbw,  dafs  viele  der  Hautstellen  so  hart 
waren,  dafs  er  kaum  mit  der  Injektionsnadel  eindrang  und  keinen  Tropfen  ins 
Gewebe  injizieren  konnte,  die  Injektionen  sich  also  nur  in  weichere  Partien  madken 
liefsen. 

Von  NiKiFOROw  wurden  in  beiden,  behufs  Untersuchung  ezzidierten  Stacken 
charakteristische  Rhinosklerom-BaciUen  nachgewiesen.  Er  hat  diese  Beobachtnngea 
im  Archiv  für  experimentelle  Pathologie  und  Therapie.    Bd.  XXFV  veröfienilioht. 

Der  Fall  von  Pawlow  bietet  das  gröfste  Interesse  dar,  da  hier  der  erste  Fill 
vorliegt,  wo  es  sich  um  Rhino sklerom  auch  am  Arm  handelt.  Pat.,  Gutsbesitzer  im 
WoBONSSHBohen  Gouvernement,  65  Jahre  alt,  kräftiger  Konstitution,  leidet  häufig 
an  Schnupfen  und  Husten,  hat  in  seinem  40.  Lebensjahre  eine  langdauernde  Pleoiitii 
durchgemacht  und  sich  vor  4  Jahren  wegen  chronischen  Magendarmkatarrhes  und 
Obesitas  behandeln  lassen.  Seit  Ende  1887  zeitweise  schmerzhaftes  Schlucken  und 
Trockenheit  im  Munde  mit  Schnupfen  kombiniert.  Die  damalige  Untersuchung  ergab 
nur  Hyperämie  und  Schwellung  der  Arcus,  der  Uvula  und  der  Nasenschleimhaat 
Im  Januar  1888  alle  diese  Symptome  heftiger;  Uvula  und  Arcus  haben  cyanotische 
Färbung;  im  April  bemerkt  Pat.  Geschwürchen  im  Schlund  und  in  der  Nase,  derent- 
wegen er  in  Behandlung  trat.  8.  Juni  1888  Uvula,  Arcus  si nister  und  Tonsilla  sin. 
bläulich  rot,  verdickt,  zwischen  Arcus  und  Uvula  Geschwürchen.  Auf  dem  Arcos 
selbst  derer  3,  hintere  Fläche  der  Uvula,  sowie  Oberfläche  des  linken  weichen 
Gaumens  ebenfalls  geschwürig,  Umgebung  aller  Geschwürchen  infiltriert,  hart,  Introitas 
tubarum  frei,  innere  Nasenflügelflächen,  wie  Scheidewand  verdickt,  mit  Geschwürchen 
besetzt.  Die  hintere  Larynxwand  zeigt  Verdickung.  Subjektiv  Schnupfen,  Atem- 
und  Schlingbeschwerden.  Die  Untersuchung  ergab  noch  Arteriosklerose,  Emphysem 
und  chronischen  Bronchialkatarrh.  Leichte  Lymphadenitis  submaxillaris  sin.  et  colli 
sin.  Unter  Pinselungen  mit  Jodglycerin  und  Spülungen  mit  demselben  ging  die 
Geschwürsbildung  wenig  zurück  (2  Wochen).  Darauf  im  Laufe  von  3  Wochen 
aufserdem  noch  Ätzungen  mit  Acid.  chromic.  cryst.  Die  Geschwürchen  gingen  zurück. 
Es  treten  auf  dem  unteren  Drittel  des  rechten  Oberarms  2  kleine  oberflächliche 
Geschwürchen    auf  mit   reinem   dunkelroten  Grunde  und  ohne  Reaktionszone  in  der 


421 

Umgebung.     Sie   sezernierten   eine   eiterähnliche   klebrige   Flüssigkeit,    die  zu  festen 
Borken  eintrocknete. 

14.  September.  Allgemeine  Verschlimmerung.  Die  Nase  hat  jetzt  auch  schon 
äuTserlicli  das  bekannte  charakterische  Aussehen.  Etwas  über  dem  rechten  Ellen- 
bogengelenk, an  der  Innenseite  des  Oberarms,  findet  sich  eine  fast  5  cm  lange  und 
2  cm  breite  Neubildung  in  der  Haut,  umgeben  von  einem  etwas  über  die  gesunde 
Haut  erhabenen  bräunlichroten  leicht  glänzenden  Walle.  Das  Zentrum  bilden  eine 
Menge  dichtsitzender  Wärzchen,  die  mit  graurötlichem  gleichmäfsigen  Epithel  bedeckt 
sind,  das  an  Narbengewebe  erinnert.  Zwischen  den  einzelnen  Wärzchen  und  zwischen 
diesen  und  dem  Walle  finden  sich  oberflächliche  Fissuren,  die  ein  serös-eiteriges 
Sekret  geben,  das  zu  Borken  eintrocknet  An  einer  Stelle  des  Randwalles  findet  sich 
ein  kleines  Geschwür  mit  gelblichem  Belag.  Die  Neubildung  ist  fast  schmerzlos,  und 
ihre  Haut  läfst  sich  schwer  falten,  mit  der  übrigen  Haut  aber  leicht  verschieben. 
Die  umgebende  Haut  völlig  normal,  keinerlei  Lymphadenitis.  Die  Diagnose,  schon 
früher  durch  Drs.  Stefanow  und  Nikiforow  an  Rachen  und  Nase  festgestellt  (mikros- 
kopisch), wurde  auch  für  die  Neubildung  gesichert,  da  es  Dr.  Stefanow  gelang,  aus 
einem  der  Neubildung  entnommenen  Stückchen  Reinkulturen  der  Bacillen  zu  erlangen. 
Das  Interesse  dieses  Falles  besteht  in  den  Abweichungen  von  dem  typischen  Krank- 
heitsbilde. Es  bestand  weder  Elfenbeinhärte,  noch  fehlten  Follikel  und  Haare  der 
Haut;  es  liefse  sich  dieses  durch  ein  frühes  Stadium  der  Krankheit  erklären.  Verf 
meint,  die  hirseähnlichen  Knötchen,  die  stets  mit  Zunahme  des  Rachenkatarrhs  auf- 
traten, für  entzündete  Follikel  der  Schleimhaut  halten  zu  müssen,  da  sie  nie  zu 
Zerfall  oder  Geschwürsbildung  neigten.  Das  Auftreten  der  Neubildung  auf  dem 
Oberarm  hält  Verf.  für  eine  Autoinfektion,  ähnlich  der  beim  Ulcus  molle  beobachteten, 
und  wäre  hiermit  die  Ubertragbarkeit  auf  lebendes  Gewebe  erwiesen. 

Stepanows  Fall.  Der  23jährige  P.  0.  war  im  Sommer  1886  in  dem  Alten 
Katharinenhospital  zu  Moskau  wegen  Polypen  der  Nase  und  Laryngitis  sicca  behandelt 
worden.  Im  Sommer  1887  trat  er  mit  Recidiv  ein,  die  Atembeschwerden  waren 
aber  so  grofs,  dafs  sie  Tubage  des  Larynx  erforderten.  Auch  das  zweite  mal  verliefs 
Pat.  entschieden  gebessert  das  Hospital.  Am  11.  März  a.  c.  trat  er  wieder  in  Be- 
handlung; kräftiger  Körperbau,  guter  Ernährungszustand,  innere  Organe  gesund  bis 
auf  einzelne  nicht  konstante,  trockene  Rasselgeräusche.  Atmung  durch  Nase  unmög- 
lich, durch  leicht  bei  Sondierung  blutende  polypöse  Wucherungen,  die  ein  serös- 
eiteriges Exsudat  liefern,  das  zu  Borken  eingetrocknet  die  erodierten  Ränder  der 
Nasenöffnungen  deckt.  Leichte  Stenosis  laryngis,  die  sehr  verdickte  Schleimhaut  des 
Larynx  mit  grauweifslichen  Borken  belegt,  hintere  Larynxwand  stark  verdickt,  untere 
Seite  der  Stimmbänder  gleichfalls,  wodurch  Schluckfähigkeit  behindert.  Therapie: 
Pulverisationen,  Tubage,  KJ.  Trotzdem  bleiben  die  Erscheinungen  bestehen,  speziell 
„das  Ekzema,  introitus  narium."  Angeregt  durch  den,  von  Dr.  Pawlow  beobachteten 
Fall  übergab  Dr.  Stefanow  dem  Dr.  Niktfobow  einige  Gewebsstückchen  aus  der 
Nase  des  Patienten.  Die  Untersuchung  ergab  Rhinosklerombacillen.  Es  fehlten  in 
diesem  Falle  völlig  die  Härte  der  Nase,  obgleich  die  Innenflächen  der  Flügel  stark 
verdickt  w&ren;  die  Bedeckung  der  Nasenscheidewand  fällt  durch  ihr  sehniges  Aus- 
sehen auf.  Verf.  entfernte  das  neugebildete  Gewebe  aus  beiden  Nasenöffnungen. 
Therapie:  Spülungen  mit  leichten  Karbollösungen.  Interessant  ist,  dafs  nach  Ex- 
stirpation  sich  bisher  kein  Recidiv  gezeigt. 

Die  vorläufige  Mitteilung  E.  M.  Stepanows  über  seine  Impfversuche  hat  definitiv 
die  Impfbarkeit  von  Rhinosklerombacillen  erwiesen.  Er  gebrauchte  zu  seinen 
Impfungen:  Kaninchen,  Meerschweinchen,  Ferkel  und  einen  jungen  Kater.  Am 
besten   erwies   sich   das  Meerschweinchen.    Er  wählte  zum  Ort  seiner  Impfungen  die 

Monatshefte.  28 


422 

vordere  Augenkammer.  Die  Impfangen  wurden  gemacht:  1.  mit  Rhinoskleromgewebe 
(von  dem  Krankheitsfall  Stbpanows);  2.  aus  einer  alten  Kultur  vom  BoJiwKben 
und  3.  aus  einer  Beinkultur  (2.  Generation)  von  Stepanows  Fall. 

1.  Versuch,  10.  Juli:  Impfung  von  Gewebsstückchen  in  die  vordere  Augen- 
kammer  des  Meerschweinchens.  Es  bildet  sich  diffuse  Keratitis,  nach  ihrem  Schwinden 
eine  gelbliche  Masse  (kataraktähnlich)  vor  der  linken  Pupille.  Diese  gelbe  Ma«e 
wächst  der  Cornea  entgegen,  und  auch  auf  ihr  zeigen  sich  gelbliche  Yerfarbimgen. 
Am  15.  September  wurde  das  Meerschweinchen  getötet.  Impfungen  auf  Gelatine 
und  Agar-Agar.  Das  Auge  wird  in  FLBsoayGsche  Lösung  gelegt  und  daranf  m 
Spiritus  erhärtet.  (Die  Sektion  des  Tieres  ergab  weder  im  andern  Auge  noch  in  den 
übrigen  Organen  irgend  welche  makroskopische  Veränderung.)  Nach  einigen  Tagen 
fanden  sich  in  allen  Probiergläschen  Beinkulturen.  Die  Schnittpräparate  aus  dem 
geimpften  Auge  zeigten  überall  in  dem  neugebildeten  Binde-  und  Granulationagewebe 
die  charakteristischen  Mikroben,  wobei  die  Gewebselemente  teilweise  oder  ganz  hytün 
degeneriert  waren ;  die  von  Mikulicz  beschriebenen  Zellen  fanden  sich  auch  recht  dt 
Durch  diesen  Versuch  ist  die  Ubertragungsföhigkeit  vom  Bhinoskleromgewebe 
auf  lebende  Tiere  und  die  Entstehung  eines  gleichartigen  Prozesses  bei  ihnen  ent- 
schieden. 

2.  Versuch.  Impfung  in  die  vorderen  Augenkammern  des  Meerschweinchen 
aus  der  Beinkultur  (2.  Generation,  gewonnen  von  Stepavows  Patienten).  10  Tage 
später  wird  Bildung  und  Wachstum  gelblicher  Massen  hinter  der  Cornea  des  reckten 
Auges  beobachtet.  Am  30.  September  Meerschweinchen  durch  Chloroform  getötet, 
Cornea  angeschnitten  und  Impfungen  auf  Agar-Agar  und  Gelatine  gemacht,  Ton 
denen  jedoch  nur  eine  einzige  eine  Beinkultur  gab,  was  sich  dadurch  erklären  liTst, 
daüs  Verf.  nicht  die  Cornea  durch-,  sondern  nur  angeschnitten  hat.  Die  makro-  nnd 
mikroskopische  Untersuchung  ergab  dieselben  Verhältnisse,  wie  beim  ersten  Versuch, 
nur  war  der  Prozefs  noch  nicht  so  weit  vorgeschritten.  Dieser  Versuch  beweist,  da£i 
die  spezifische  Erkrankung  auch  durch  Beinkulturen  von  Frischs  Mikroben  erlangt 
werden  kann. 

B.  Versuch.  12.  Juli.  Impfung  in  die  vorderen  Augenkammem  eines  Meer- 
schweinchens aus  einer  alten  Kultur  (Bojews  Fall),  die  ca.  7  mal  von  Dr.  Ndlifosow 
und  2  mal  von  Dr.  Stbpanow  weiter  geimpft  worden  war.  16.  Oktober  Tötung 
des  Meerschweinchens,  die  Impfungen  auf  Agar-Agar  und  Gelatine  aus  dessen 
vorderer  Kammer  ergaben  Beinkulturen.  Im  erhärteten  Auge  fanden  sich  ebenfmUt 
die  Mikroben  und  besonders  viel  MiKULiczsche  Zellen.  So  beweist  auch  dieser  Fall, 
dafs  die  Ursache  des  Bhinoskleroms  die  von  Frisch  beschriebenen  Mikroben  sind. 
Verf.  hat  seine  Beobachtungen  und  Versuche  noch  nicht  abgeschlossen,  doch  meint 
er  schon  jetzt  nach  den  Präparaten  annehmen  zu  können,  dafs  der  Krankheitsprosels 
schon  die  das  Auge  umgebenden  Gewebe  ergriffen  hatte.  Man  kann  nur  wünschen, 
Verf.  möge  recht  bald  seine  Arbeit  in  extenso  veröffentlichen. 

C  JoJiannsen-St  Beiersburg. 


Zur  Ätiologie  der  lingna  nigra  bei  Kindern,  von  P.  P.  Gündobin.  (Med»- 
ginskoje  Ohosrenije.  1888.  No.  19.)  Nachdem  Verf.  in  kürze  eine  Definition  des 
Krankheitsbildes  gegeben,  beschreibt  er  3  von  ihm  beobachtete  Fälle,  2  Knaben  von 
11  und  12  Jahren  und  1  Mädchen  von  1  Jahr  2  Monate  betreffend.  Zwei  derselben 
litten  an  Magendarmbeschwerden  und  wurden  deshalb  zum  Arzt  gebracht,  der  dritte 
trat  wegen  akuter  Entzündung  des  Nasenrachenraumes  in  Behandlung.   Alle  3  hatten 


423 

foetor  ex  ore,  und  klagten  die  Kaabea  über  Trockenlieit  des  Mundes.  Die  Zangen- 
oberfläche zeigte  eine  keilförmige  Verfärbung  deren  Basis  an  den  Papulae  ciroum- 
▼allatae,  deren  Spitze  ca.  V*  cm  von  der  Zungenspitze  entfernt  war,  so  dais  die 
Zangenränder,  die  untere  Fläche  und  die  Spitze  frei  von  der  Affektion  blieben.  Bei 
dem  Knaben  mit  Entzündung  des  Nasenrachenraumes  trat  die  schwarze  Verfärbung 
erst  mit  dem  Schwinden  des  allgemeinen  Belages  (während  der  Behandlung)  intensiver 
hervor.  Die  Färbung  der  erkrankten  Zungen  variierte  von  lichtbraun  bis  schwarz- 
braun. Die  verfärbte  Partie  hatte  ein  rauhes  Ansehen,  von  vielfach  verfilzten  Fäden 
(bis  1  cm  Länge)  herrührend.  Diese  liefsen  sich  als  hypertrophische  Papillae  filiformes 
konstatieren  (der  Papillae  filiformes  erwähnt  Verf.  nur  im  2.  Falle  als  „mäfsig  ver- 
gröfsert  und  hyperämisch").  Die  Reaktion  des  ]  Mundschleimes  war  bei  allen  3  Pa- 
tienten sauer  und  nahm  im  Laufe  der  Behandlung  ab.  (Den  einen  Knaben  sah  Verf. 
nur  einmal.) 

Zur  Ätiologie  übergehend,  bespricht  Verf.  die  Meinungen,  die  bisher  von  den 
Autoren  vertreten  waren,  und  geht  dann  auf  seine  Untersuchungen  über.  Er  unter- 
suchte die  Fäden  sowie  den  Mundschleim  seiner  Patienten  mikroskopisch  und  bakte- 
riologisch. 

Die  mit  kleiner  Schere  oder  Spatel  von  der  Zunge  entnommenen  Fäden  zeigten 
verschiedene  Länge,  lichtbraune  bis  schwarze  Färbung,  und  bildeten  ein  regelloses 
Maschenwerk,  in  dessen  Lücken  Speisereste  und  eine  Menge  Mikroorganismen  (Kokken, 
Stäbchen)  lagen.  In  den  Impfpräparaten  der  ungefärbten  Fäden  zeigt  der  einzelne 
Faden  gleichmäfsig  braune  Färbung  und  besteht  aus  dichtgedräugten  Epithelzellen, 
die  an  einzelnen  Stellen  schwarze  Körner,  wahrscheinlich  Pigment,  enthielten.  Die 
chwarzen  SchoUeu,  die  Verf.  im  V^rlaufö  dor  Fidiri  aa  einzelnen  Stellen,  aufserhalb 
der  Zellen,  fand,  hält  er  für  zufallige  Beimischungen,  da  sie  bei  wiederholten  Unter- 
snchungei^  fehlten.  Die  Fäden  zeigen  Verzweigungen,  aus  denselben  Epithelzellen 
bestehend.  Zwischen  den  einzelnen  Epithelzellen,  doch  nur  an  der  Basis  der  Fäden, 
finden  sich  runde  und  ovale  Körnerchen,  die  stark  lichtbrechend  sind.  Im  Verlaufe 
der  Fäden  finden  sich  ähnliche  Körner,  nur  viel  gröfser  und  anders  lichtbrechend. 
Die  Mehrzahl  der  Körner  konnte  mit  Hämatoxylin  und  Pikrokarmin,  die  geringere 
Zahl  mit  Alksmna  und  Osmiumsäure  geförbt  werden. 

Schnitte  durch  die,  in  Celloidin  gebetteten,  Fäden  ergaben  dichtgedrängtes 
Plattenepithel. 

Verf.  kommt  zu  folgenden  Schlüssen:  Die  Fäden  bestehen  ausschliefdlich  aus 
pigmenthaltigen,  wahrscheinlich  verhornten  Epithelzellen.  Die  Sporen,  dem  Anscheine 
nach  Leptothrix  buccalis,  liegen  zwischen,  seltener  in  den  Zellen,  ausschliefslich  aber 
4in   der   Basis   der   Fäden.    Die  Körner  sind  zum  Teil  Fettkörnchen. 

Die  bakteriologische  Untersuchung,  im  Laboratorium  des  Prof.  M.  P.  Tscherinow 
ausgeführt,  ergab  an  der  Basis  einzelner  Fäden  zwischen  den  Epithelzellen  Kokko- 
bakterien,  zuweilen  fadenförmig  geordnet.  Färbungen  wurden  vorgenommen  mit  Häma- 
toxylin (nach  Bhblich)  und  Gentianaviolett ;  das  Aussehen  des  Parasiten  entsprach  dem 
Leptothrix  buccalis.  Verf.  versuchte  ferner  Fäden  in  Nährflüssigkeiten  zu  bringen. 
Von  den  15  Probiergläschen  blieben  9  völlig  rein;  in  4  entwickelten  sich  Sarcinen 
und  Hätttchen,  wahrscheinlich  der  Luft  entstammend;  in  den  beiden  letzten  erhielt 
«ich  Kultur  von  Leptothrix  buccalis.  Verf.  stellte  an  2  Hunden  und  au  sich  selbst 
Impfversuche,  teils  mit  den  Fäden,  teils  mit  Leptothrixkultur  an  —  mit  negativem 
Besuitate.  Durch  diese  Versuche  meint  Verf  die  Unschädlichkeit  der  Mikroben 
nachgewiesen  zu  haben. 

Die  Untersuchung  des  Mundschleimes  ergab  unter  dem  Mikroskop  Speisereste 
und  die  verschiedenartigsten  Bakterien,  Spirillen  und  Kokken.   Die  angestellten  Rein- 

28* 


424 

kulturen:  Leptotbrix,  Bacillus  subtilis,  Staphylokokkus  albus,  Sarcina  flava  et  alba 
und  YiGNALS  Bakterie  d  und  Kokkus  a.  —  Impf  versnobe  mit  Mundschleim  gaben 
auch  nur  negative  Besultate.  Die  Kontrollversuche,  die  Verf.  mit  dem  Handschleim 
gesunder  Kinder  anstellte,  ergaben  auf  6  Plattenkulturen  ein  Prävalieren  von  10  hu 
15  Kolonien  bei  Kranken.  Verf.  zieht  aus  seinen  Beobachtungen  den  Schlafs,  daik 
bei  lingua  nigra  sich  kein  spezifischer  Parasit  in  der  Mundhöhle  finden  läfst; 
vielleicht  aber  ist  der  Krankheitserzeuger  ein  Ferment. 

Da  Yerf  die  saure  Eeaktion  des  Mundschleims  aller  3  Patienten  aafliel,  unter 
suchte  er  femer  den  Mundschleim  und  die  Zunge  bei  über  300  Kindern  mit  allen 
möglichen  Magendarmafifektionen ;  dabei  fand  er,  dafs  bei  gesunden  Kindern  die 
Reaktion  bald  neutral,  bald  alkalisch  und  häufig  sauer  ist,  doch  bleibt  letztere  nicht- 
konstant.  Bei  dyspeptischen  Kindern  wird  die  Mundreaktion  zuweilen  so  aaaer,  wie 
sie  bei  gesunden  nicht  vorkommt;  die  Reaktion  wechselt  bei  Kranken  rasch,  am 
Läufigsten  ist  sie  sauer  und  erreicht  die  alkalische  niemals.  Die  Papillen  der  Zan^e 
>)ieten  bei  den  einzelnen  ein  verschiedenes  Bild  —  viel  deutlicher  noch  bei  Dys, 
l^eptischen  —  dar.  Zuweilen  fand  er  mit  Änderung  der  Reaktion  auch  eine  Ändenms 
im  Aussehen  der  Zunge. 

Bei  Dessois  findet  sich  ein  Fall,  wo  der  Kranke  angibt,  dafs  die  Hypertrophie 
der  Papillen  der  Verfärbung  der  Zunge  vorherging,  mit  Auftreten  der  Dyspepsie 
begann  und  mit  ihr  zunahm.  Ferner  erzählt  Verf.,  dafs  ein  Kollege  ihm  seine  Zange 
—  eine  typische  lingua  nigra  —  gezeigt  habe  und  dabei  angegeben,  er  leide  schon 
lange  an  Dyspepsie,  seine  Zunge  sei  fast  nie  rein  gewesen.  Der  Mundschleim 
reagierte  sauer.  Sollten  nun,  fragt  Yerf,  nicht  vielleicht  an  der  sauren  Reaktion 
die  Mikroben  der  Mundhöhle  schuld  tragen  und  wären  sie  nicht  von  diesem  Gesichts- 
punkte aus  ein  ätiologisches  Moment  der  Krankheit? 

Was  die  Therapie  anbetrifft,  so  sind  die  verschiedensten  Mundwässer  empfohlen 
worden,  innerlich  sind  oft  mit  Erfolg  Tonica  und  Alcalina  verordnet  worden,  worin 
Verf.  eine  Bestätigung  seiner  Meinung  ex  juvantibus  sieht. 

C  Joufiun.'fin'St.  Petersbura. 


iWittetltttijen  an$  ber  fittteratur. 

Spezifische  Entzündungen. 

II.  Cutiserkrankungen.  — 

Znr  Behandlung  des  Erysipels.  {Medizinskoje  Obosrenije.  1888.  No.  9.  10 
S.  Pbeobra  SEEN  SKI  berichtet  über  einen  Fall  von  Gesichtserysipel,  den  er  mit  Erfolg- 
nach  Unnas  Vorschrift  mit  Ichthyolkollodium  behandelt  hat.  W.  Shadkewitsch 
(No.  12)  hält  sich  auch  an  das  Ichthyol,  wendet  es  jedoch  in  Salbenform  an  um  die 
lange  festhaftenden,  dankelgefärbten  Schuppen  des  eingetrockneten  KollodiamB  im 
vermeiden.  Seine  5  derart  behandelten  Fälle  zeigen  deutlich  die  erfolgreiche  Ichthyol- 
anwendung.  Anders  stellt  sich  M.  Strisoweb  (No.  9 — 10)  zur  Erysipelbehandlung; 
er  empfiehlt  als  „stets  wirksame^',  bei  ihm  seit  2  Jahren  eingeführte  Behandlongs- 
weise  subkutane  Injektionen  einer  Sublimatkarbolsäurelösung,  „die  Erysipel  stets  kos- 
piere,  an  welcher  Körperstelle  es  auch  auftrete.*'  Sein  Verfahren  beschrankt  ncfa 
jedoch  nicht  blofs  auf  subkutane  Injektion  (Hydrarg.  muriat,  corr.  0,06,  Aq.  dest  60,0, 
Acid.  carbol.  0,6),  sondern  er  verordnet  nach  stattgehabter  Injektion  Friktionen  mit  in 
diese  Lösung  getauchter  Watte   und  Applikation   von   Kompressen   mit   derselben. 


425 

Diese  Kompresasen  sollen  alle  6—8  Standen  ernent,  die  Injektionen,  wenn  Hautröte 
oder  Temperatur  es  erfordert,  wiederholt  werden.  Leichte  Fälle  von  Erysipel  be- 
handelt er  in  dieser  Weise  ambulatorisch.  Der  erste  seiner  drei  citierten  Fälle 
(Erysipel  des  linken  Beines  bis  in  die  Inguinalgegend  hinauf)  hat  —  nachdem  schon 
tags  nach  der  Iigektion  Bötung  und  Temperatur  abgenommen  und  am  zweiten 
Tage  „der  Prozefs  koupiert  ist*'  —  dennoch  am  elften  Tage  der  Behandlung  einen 
Absceis  am  Malleolus  extemus  und  kann  erst  am  vierzehnten  Tage  entlassen  werden. 
(Woher  der  Abscefs  bei  schon  „koupiertem*'  Erysipel?)  Beim  2.  Falle  (Kopf-  und 
Oesichtserysipel)  soll  schon  am  Tage  nach  der  Injektion  die  Temperatur  normal,  das 
Ödem  geschwunden  sein.  Beide  Pat.  fieberten  hoch  (+40®  C.)  und  phantasierten 
beim  Eintritt  ins  Hospital.  Der  3.  Fall  (ambulatorischer  Kranker)  erhält  wegen 
linksseitigen  Wangenerysipels  die  typische  Behandlung.  Tags  darauf  Übergreifen 
des  Erysipels  auf  die  rechte  Wange  —  dieselbe  Therapie.  3.  Tag.  Pat.  gesund. 
Es  läXst  sich  bei  solcher  Kürze  der  Krankengeschichte  kein  Schlufs  ziehen. 

G.  Johannsen-St  Petersburg, 

Im  Münchener  ärztlichen  Verein  stellte  Privatdozent  Dr.  Seydel  einen  jungen 
Mann  von  gesunden  Eltern,  und  bei  dem  Lues  und  Tuberkulose  ausgeschlossen  sind, 
mit  multiplem  idiopathischen  Eeloid  vor.  Qeheimrat  v.  Ziemssbn  bemerkte  bei 
der  Diskussion,  von  keinem  wahren  Keloid  berichten  zu  können,  denn  allen  seinen 
Fällen  hätten  Destruktionsprozesse,  wie  Verbrennungen,  syphilitische  Ulcerationen,  zu 
<jrunde  gelegen.  (Münch.  med.  Wochenschr.  No.  14.)  Eckart- Nürnberg. 


Chronische  Infektionskrankheiten. 

Von  latenter  Lepra  hat  C.  Kiöxio  im  Verein  der  Ärzte  in  Christiana  eine 
Mitteilung  gemacht  (Norsk  Magazin  for  Logeridenskdb.  1888.  No.  11)  und  den  vor- 
liegenden Fall  referiert. 

Der  Kranke,  32  Jahr  alt,  in  Schweden  geboren,  kam  16  Jahr  alt  nach  der 
norwegischen  Westküste,  wo  er  seitdem  als  Fischer  gelebt  hat.    Slirpsana. 

1876  hat  er  ein  Jahr  mit  einem  Knecht  zusammen  gedient,  der  leprös  war,  mit 
offenen  Ulcerationen  der  Unterextremitäten,  und  der  im  Jahre  darauf  in  einem 
Hospital  für  spedalske  starb.  Mit  diesem  hat  er  das  Zimmer,  bisweilen  auch  das 
Bett  geteilt,  hat  mit  ihm  gegessen  und  gearbeitet.  Noch  neun  Jahre  nachher  war 
er  vollständig  gesund  bis  August  1886,  als  er  nach  einer  Erkältung  eine  febrile 
Krankheit  mit  Ausschlag  im  Gesicht  acquirierte,  welche  ihn  3  Wochen  im  Bette  hielt. 
Seitdem  war  er  wieder  gesund,  und  als  er  Juni  1887  zum  erstenmale  vom  Verf.  unter- 
sucht wurde,  zeigte  er  nur  einen  Koiyunktivalkatarrh.  Im  August  trat  unter  Fieber- 
erscheinungen ein  erythematöser  Ausschlag  im  Gesicht  auf  Im  November  kam  Patient 
wieder  mit  seinem  Erythem,  das  jetzt  das  ganze  Gesicht  mit  scheibenförmigen,  etwas 
erhabenen  Flecken  bedeckte,  dabei  hatte  der  Augenkatarrh  zugenommen  und  bildete 
bereits  ein  leichtes  Ektropion.  Am  Perineum  fanden  sich  Flecke  von  roter  Farbe, 
einzelne  mit  helleren  Zentrum,  und  am  Crus  ein  ganz  weifser,  anästhetischer  Fleck. 
Das  Tastgefnhl  der  Unterextremitäten  herabgesetzt,  bisweilen  Schmerzen  und 
Parästhesien  in  den  Beinen.    Sonst  normales  Verhalten. 

Verf.  resümiert:  Ein  Fall  von  Lepra  ereignet  sich  bei  einem  gesunden  Indivi- 
duum, das  von  gesunden  Eltern  und  aus  einer  Gegend  stammt,  wo  Lepra  unbekannt 
ist.    Das  Kontagium  mufs  also  durch  sein  Zusammenleben  mit  einem  Leprösen  über- 


426 

tragen  worden  sein;  erst  nach  einer  Inkubation  Ton  9  Jahren,  in  welcher  Zeit  er 
bestimrot  angibt,  mit  keinem  Leprösen  in  Berührung  gejcommen  zu  sein,  werden  die 
ersten  Symptome  der  Krankheit  nach  einer  Erkältung  offenbar. 

Fontoppütan- Kopenhagen, 


Sekretionsanomalien. 

Bei  ttbelriechendcn  Fufsechweifsen  läfst  Dr.  Sprixz  die  Sohlen  der  Strumpfe 
abends  mit  3  7oiger  Borsäurelösung  ziemlich  anfeuchten  und  während  der  Nacht 
trocknen.  Bei  wöchentlich  dreimaligem  Wechsel  derartig  präparierter  Strümpfe  und 
cnti^prechender  Beinlichkeit  sei  selbst  in  den  hartnäckigsten  Fällen  der  günstigste 
Erfolg  zu  erwarten.  (Wiener  med,  Presse.  No.  13.)  Eckart-Nürnberg. 


Gonorrhöe. 

Zur  Pathologie  der  Harnröhrenflüsse,  von  Dr.  S.  Bona.  (Orvosi  Hetilap.) 
R  teilt  2  Fälle  von  Urethritis  membranacea  mit.  Bei  beiden  entfernten  sich 
1 — 2  cm  lange,  2 — 4  mm  breite  zähe  milchglasfarbige  Membranen,  die  unter  dem 
Mikroskope  das  Bild  einer  Erupmembran  zeigten.  In  beiden  Fällen  waren  nur  die 
pars  pend.  affiziert.    Mäfsige  Entzündung,  mäfsiger  AusfluTs. 

Beide  Fälle  kamen  aus  dem  Schulhause  auf  die  X.  Abteilung  des  Spitals.  Es 
ist  nicht  unmöglich,  dafs  nebst  Blenorrhöe  auch  artifizielle  Schäden  die  Ursache 
des  krupösen  Belages  gewesen;  denn  B.  hat  des  öfteren  erfahren,  dafs  ganz  gesunde 
Individuen,  um  nur  aus  dem  Schulhause  ins  Spital  zu  gelangen,  sich  Urethritiden 
mittels  roher  Seifenbougies  und  Zündhölzchen  oder  Kalk  beibrachten.  Aach  das  ist 
nicht  unmöglich,  dafs  die  Atmosphäre  des  Schulhauses  an  einer  eigenartigen  Eni- 
Zündung  schuld  getragen  hat. 

Von  den  Komplikationen  der  Blen.  urethrae  beschreibt  B.  eine  seltene 
aber  typische  Entzündung  kleiner  Drüsen  (Tyson)  an  den  Labien  des  Orific.  ext. 
der  Urethra,  die  er  in  5  Fällen,  und  zwar  4  mal  bei  Beschnittenen  beobachtete.  Das 
Orificium  ist  dabei  geschwollen,  lebhaft  rot,  an  einer  oder  beiden  Lippen  oder  in 
der  Komissur  ist  ein  hirsekomgrolkes  oder  gröfseres  Hügelchen,  an  dessen  Kuppe  eine 
Öffnung  sichtbar  ist.  Aus  dieser  Öffnung  entleert  sich  auf  Druck  Eiter.  Die  Öffnung 
ist  abgerundet  regelmäfsig,  dadurch  unterscheidet  sich  dieser  Prozefs  von  follikulärem 
Schanker.  Diese  Drüsen  sind  viel  tiefer  als  die  übrigen.  Die  Entzündung  ist  leicht 
zu  beheben.    (Dv)ay  hat  diesen  Prozefs  schon  1860  beschrieben  R.) 

Eona-Budapest. 

Über  Herzerkranknngen  im  Verlaufe  der  HarxirölireiibleimorrlLöe,  von  Doz. 
W.  A.  Glüzinski.  (Przeglad  Lekarski.  1889.  No.  11.  Polnisch.)  Es  sind  bisher  31  FSUe 
Herzkrankheiten  infolge  von  Gonorrhöe  bekannt.  Diese  Endo-  und  Perikarditiden 
entstehen  selbständig,  oder  als  Teilerscheinung  des  gonorrh.  Rheumatismus,  verlaufen 
akut,  mitunter  unter  dem  Bilde  der  ulcerösen  Endocarditis  und  fuhren  oft  lur 
Klappenfehlerbildung.  Verf.  beobachtete  jedoch  in  den  letzten  3  Jahren  8  Falle  von 
schleichenden,  langsam  sich  entwickelnden  Herzerkrankungen,  deren  Zusammenhang 
mit  Gonorrhöe  mehr  als  wahrscheinlich  erscheint.    Sämtliche  Fälle   betreffen  junge, 


427 

mit  chronischer  Gonorrhöe  behaftete  Männer.  Sie  klagten  über  Stechen  in  der  linken 
Thoraxhälfte  und  Herzklopfen.  Objektive  Untersuchung  ergab:  beschleunigte  und 
verstärkte  Herzaktion,  perikardiales  Beibgeräusch.  In  zwei  von  diesen  Fällen  haben 
sich  nach  einigen  Monaten  Klappenfehler  entwickelt.* 

Blofs  über  einen  Fall  finden  wir  genauere  Angaben:  ein  22 jähriger  Mann,  mit 
Gonorrhöe  seit  4  Monaten  behaftet,  klagt  (Mai  1888)  über  Stechen  in  der  linken 
Brusthälfte  und  Öfteres  Herzklopfen.  Hat  niemals  an  Gelenkschmerzen  gelitten. 
Objektiv:  Puls  98,  Herzschlag  stark,  perikardiales  Reibgeräusch.  Im  August  1888 
erste  Exacerbation  der  Gonorrhöe,  gleichzeitig  Dyspnoe  nach  starker  Körperbewegung, 
Stechen,  Herzklopfen,  Schmerz  im  rechten  Knie-  und  Ellbogengelenk  (keine  objektive 
Veränderungen  in  den  betreffenden  Gelenken),  Puls  116,  systolisches  Geräusch  über 
der  linken  Herzkammer.  Funk-Warschau. 


Syphilis. 

Fälle  tertiärer  Syphilis  des  Penis.  N.  F.  Boooljubow  {Medizimk^a  Pribaw- 
lepija  k  morakomu  sbomiku.  Juni  1888)  betont  eingangs  .  die  Schwierigkeit  der 
Diagnose  vereinzelt  auftretender  Gummata  bei  anscheinend  gesunden  Individuen. 
Dann  kommt  er  auf  das  seltene  Erscheinen  derselben  am  Penis  und  fügt  —  da  er 
in  der  russischen  Litteratnr  der  letzten  8  Jahre  keine  derartigen  Fälle  gefunden  — 
ans  seiner  14jährigen  Hospitalpraxis  6  Fälle  hinzu;  sie  scheinen  ihm  recht  selten 
(0,3  7o  oder  1  :  334)  und  unbedingt  Gummata  zu  sein.  Zwei  seiner  Kranken  waren 
in  früherer  Zeit  auf  Syphilis  behandelt  worden  und  hatten  seit  5  resp.  7—9  Jahren 
sich  völliger  Gesundheit  erfreut.  Bei  ihrem  Eintritt  liefs  sich  keine  Spur  über- 
standener  Lues  nachweisen,  beide  litten  an  Gumma  der  Glans.  Der  dritte  Fall  — 
anfangs  für  ein  Ulcus  moUe  gehalten  —  zeigte  nur  leichte  Adenitis  inguinalis.  Bei 
ihm  kam  es  zu  einem  tiefen  Ulcus  am  Frenulum  und  einer  Induratiion,  die  sich  auf 
dem  Bücken  der  Glans  bildete  und  in  die  Urethra  perforierte.  Die  übrigen  3  Fälle 
zeigten  bei  ihrem  Eintritt  schon  anderweitige  tertiäre  Symptome.  Alle  Fälle  führten 
unter  antisyphilitischer  Behandlung  zur  Heilung.       C.  Johannsen- St  Petersburg. 


Pharmakologisches. 

Quecksilberintozikation  mit  tödlichem  Ausgang  nach  subkntanen 
Kalomelinjektionen,  von  Prof.  Bukeberg.  (Deutsche  Med.  Wochenschr.  1889.  No.  1.) 
Bei  einer  34jährigen  schwächlichen  Patientin,  welche  nach  3  Ealomelinjektionen  an 
dysenterischen  Darmerscheinungen  und  bedeutender  Stomatitis  zu  Grunde  ging,  fand 
man  bei  der  Obduktion,  dafs  die  Schleimhaut  des  Dickdarms  in  grofser  Ausdehnung, 
und  besonders  auf  der  Höhe  der  Falten,  mit  hämorrhagischen  Flecken  und  tief- 
greifenden diphtheritischen  Infiltrationen  bedeckt  war.  .Stellenweise  waren  die 
diphtheritischen  Infiltrationen,  unter  Zurücklassung  tiefer  Ulcerationen,  abgestoüsen. 
Bei  Einschnitt  in  die  Clunes  wurden  2  Herde  angetroffen,  von  denen  der  eine  2  Eis- 
löffel  dickflüssige,  grauweifse,  eiterähnliche  Flüssigkeit  enthielt,  in  der  sehr  reich- 
liche Mengen  Quecksilber  nachweisbar  waren.  Indem  Verf.  noch  eine  Beihe  andrer 
unglücklich  verlaufener  Fälle  zusammenstellt,   mahnt  er  zur  Vorsicht  bei  der  Anwen 


428 

doQg  der  subkutanen  Injektionen  unlöslicher  Quecksilberpräparate  und  verwirft 
dieselben  entschieden  bei  schwächlichen,  anämischen  Individuen. 

L.  Hoffmann-Berlin. 

Über  die  Ausscheidung  des  Jodkaliums  nach  grofsen  Dosen  hat  Ehlkv 

(HospitcUsiidende.  1889.  No.  1.)  im  Laboratorium  des  Kommunehospitals  tu  Kopen- 
hagen eine  Reihe  Untersuchungen  angestellt.  Veranlassung  dazu  gab  das  von  Prof. 
Haslünd  angewandte  Kurverfahren  gegen  Psoriasis  mit  grofsen  Dosen  Jodkali  (bis 
40  g  pro  die),  weil  von  verschiedenen  Seiten  die  wirkliche  Absorption  dieser  grofsen 
Mengen  in  Zweifel  gezogen  wurde.  Verf.  hat  in  einer  Reihe  von  Fällen  70  quanti- 
tative Analysen  der  Harns  gemacht  und  hat  durchschnittlich  827o  des  aufgenommenen 
Jodkalium  im  Harn  nachgewiesen,  und  zwar 

bei  tägl.  Dosis  von     1 — 5     g  80  Vo 

5—10  „  80  „ 

10-15  „  71  „ 

15-20  „  74  „ 

20-25  „  69  „ 

25-30  „  64  „ 

30-  35  „  80  „ 
Wenn  die  Kranken  die  Dosen  steigerten,  wurde  alsbald  auch  eine  entsprechend 
grölsere  Menge  des  Jodkali  ausgeschieden.  Wenn  aber  Jodismus  auftrat,  so  zeigte 
sich,  dafs  seine  Symptome  durch  eine  Hetention  des  Jodkaliums  im  Organismus  ver- 
ursacht wurden.  Sobald  die  zurückgehaltene  Jodkaliummenge  wieder  ausgeschieden 
wurde,  verschwanden  die  Symptome  des  Jodismus  ebenso  prompt.  Wie  die  Aus- 
scheidung sich  sehr  schnell  zeigte,  hörte  sie  auch  nach  dem  Aussetzen  des  Medikt- 
mentes  sofort  wieder  auf.  Ein  Patient  nahm  seine  letzte  Tagesdosis  von  20  g,  schied 
an  denselben  Tage  15,23  g  aus,  am  nächsten  3,27  g,  und  schon  den  dritten  Tag  ent- 
hielt der  Harn  nur  noch  Spuren  von  Jod. 

Das  Jodkalium  scheint  somit  wegen  seiner  leichten  Absorption  und  ebenso 
leichten  und  schnellen  Ausscheidung  ein  ziemlich  unschädliches  Mittel 
zu  sein. 

Über  einen  Einwand  gegen  die  Jodkaliumbehandlung  in  groOsen  Dosen,  nämlich 
ihre  Kostspieligkeit,  bemerkt  Verf.,  dafs  man  den  Harn  dieser  Kranken  einsammeln 
könnte,  da  derselbe  einen  ganz  bedeutenden  Wert  als  Rohmaterial  für  Jodfabrik&tion 
repräsentiert.  Fontoppidan^Kopefüiagen. 

Parke,  Davis  &  Co.,  diese  rührigste  der  amerikanischen  Exporteur-Firmen,  hat 
wieder  —  wie  die  Wiener  Min.  WocJienschr,  1889.  No.  8  bemerkt,  „mit  der  nötigen 
Reklame"  —  eine  Drogue  vertrieben,  die  gegen  9  schwere  Krankheiten,  daneben 
auch  Syphilis,  helfen  soll.  Es  ist  Jiirnbeba,  eine  Solanacee  Brasiliens,  dort  als  Heil- 
mittel verwendet   (Solanum  paniculatum). 

Prof.  E.  KoBERT  (Dorpat)  sagt  u.  a.  in  der  Petersb.  med.  Wochenschr,,  dafs  bei 
Tieren  und  Menschen  auch  in   gröfseren  Dosen  diese  Drogue  unwirksam  wtr. 

Fauly-Wiesbiiden. 

Als  Ergosterin  wird  ein  bisher  nicht  isolierter,  kristallinischer  Bestandteil 
des  Mutterkorns  von  Tanret  in  den  CompU  rend.  etc.  beschrieben,  wie  das 
Phann.  Journal  and  Transact.  berichtet. 

Das  Mutterkorn  wurde  mit  der  mehrfachen  Gewichtsmenge  Alkohol  erschöpft, 
das  Exti'akt  nach  dem  Abdestillieren  mit  Äther  gewaschen,  wobei  nach  dem  Abu 
dampfen  eine  ölige  Masse  voll  kleiner  Kristalle  zurückblieb. 


429 

£s  soll  dem  tierischen  Cholesterin  und  den  pflanzlichen  Isomeren  desselben 
ahnliche  Eigenschaften  besitzen,  während  die  Zusammensetzung  durch  die  Formel 
^'»H^oOBjO  repräsentiert  wird.  Es  löst  sich  in  36  Teilen  kochendem  und  500  Teilen 
kaltem  96prozentigen  Alkohol  auf,  'aus  welchem  es  in  perlmutterartigen  Füttern 
kristallisiert;  es  löst  sich  auch  in  38  Teilen  kochendem  und  80  Teilen  kaltem  Äther, 
aus  dem  es  in  feinen  Nadeln  kristallisiert,  dann  in  45  Teilen  kaltem  und  in  einigen 
wenigen  Teilen  heifsem  Chloroform.  Das  Ergosterin  oxydiert  langsam  an  der  Luft, 
wobei  es  geförbt  und  geruchführend  wird ;  diese  Veränderung  geht  bei  100  ^  C. 
schnell  vor  sich  und  bei  154®  C.  schmilzt  es.  Das  Cholesterin  ist  ein  einwertiger 
Alkohol,  und  es  hat  Taxret  dessen.  Ameisen-,  Essig-  und  Butteräther  dargestellt- 
(Pharm.  Post.  1889.  No.  7.) 

Zur  GedächtnisauffrischuDg  teilt  Fischer  in  der  Pharm.  Ztg.  unter  anderra 
folgende  Mazimaldosen  neuer  Heilmittel  ad  usum  delphini  mit: 

Erythrophl.  mur.      0,01  pro  dosi    0,3  pro  die 


Phenolquecksilber 

0,03 

n 

0,10 

n 

Hydr.  formamid. 

0,03 

j» 

0,1 

n 

Hydr.  pepton. 

0,03 

w 

0,1 

Ji 

Hydr.  salicyl. 

0,03 

n 

0,1 

y> 

Hydr.  tann. 

0,1 

V 

0,3 

V 

Jodol 

0,2 

rt 

1,0 

'     D 

Jodtrichlorid 

0,2 

» 

1,0 

rt 

Kesorcin 

3,0 

y 

10,0 

ri 

Pauly-  Wiesbaden. 

Unter  den  Sterbefallen  durch  Vergiftung  in  England  und  Wales  im  Jahre  1887 
<606,  darunter  blois  246  Selbstmörder,  die  andern  durch  Zufall)  findet  sich  auch 
1  Fall  an  Jod.  Aus  der  mir  zugäDgigen  Stelle  in  der  Pharm,  Post  1889.  No.  7  i&t 
leider  nichts  näheres  zu  ersehen.  Bei  der  Seltenheit  dieser  Todesursache  und  dem 
groCsen  Interesse  eines  derartigen  Sektionsbefundes  sei  darauf  und  auf  die  Original- 
quelle (F.  Haselsteik  in  The  Brit.  and  Colon.  Druggist  12.  Jan.  1889)  aufmerksam 
gemacht.  Pauly -Wiesbadeti, 

Über    die    Lokalisation   des   Quecksilbers    nach   Sublimatvergiftungen 

sprach  Prof.  E.  LuDimG  kürzlich  in  der  chemisch  •  physikalischen  Gesellschaft  in 
Wien.  Der  Vortragende  weist  dara»f  hin,  dafs  zwar  schon  zu  Orphilas  Zeiten 
über  die  Verteilung  von  Giften  im  Organismus  Versuche  angestellt  wurden,  dafs  aber 
speziell  über  Quecksilber  bis  jetzt  gar  nichts  bekannt  war.  Die  grofse  Zahl  von 
Sublimatvergiftungen,  welche  in  den  letzten  Jahren  in  Wien  vorkamen,  verschafften 
dem  Vortragenden,  welchem  die  sanitätspolizeilichen  Untersuchungen  obliegen,  ein 
aufserordentlich  reiches  Versuchsmaterial,  das  durch  Vergiftung  von  Hunden,  die  als 
Versuchsobjekte  dienen  mufsten,  noch  erweitert  wurde.  Bei  der  Wichtigkeit,  welche 
Sublimat  jetzt  sowohl  in  der  Technik  wie  in  der  Medizin  als  Antiseptikum  spielt, 
sind  die  diesbezüglichen  Untersuchungen^  gewifs  von  allgemeinstem  Interesse. 

Was  zunächst  die  Methode  des  Nachweises  von  Quecksilber  betrifft,  so  wendete 
Prof.  Ludwig  die  von  ihm  in  derselben  Gesellschaft  vor  12  Jahren  mitgeteilte  Me- 
thode des  Niederschiagens  von  Quecksilber   durch  Zinkstaub   mit  bestem  Erfolge  an, 


^  Dieselben  wurden  1884  von  Prof.  E.  Ludwig  in  Gemeinschaft  mit  Dr.  E.  Zillnhr 
begonnen,  welch  letzterer  jedoch  schon  1885  starb. 


430 

welche  Methode  damals  von  ihm  mir  zum  qualitativen  Nachweise  des  Hg  im  Harne, 
später  aber  auch  zum  quantitativen  Nachweise  verwendet  wurde,  wobei  z.  B.  aus 
Harn  97—98  Prozent  wiedergewonnen  wurden;  also  ein  sehr  gunstiges  Besultst 
Bei  Anwendung  dieser  Methode  auf  die  Untersuchung  ganzer  Organe,  wobei  die 
letzteren  durch  chlorsaures  Kali  und  Salzsäure  zersetzt  wurden,  zeigte  sich  aber  troix 
Beibehaltung  möglichst  niederer  Temperatur  ein  höchst  bedeutender  Verlust  (es 
konnten  nur  60 — 70  Prozent  Hg  wiedergefunden  werden),  was  sich  bei  eingehenderen 
Versuchen  daraus  erklärte,  dafs,  abgesehen  von  den  Verdunstungsverlusten,  die  bd 
Anwendung  von  chlorsaurem  Kali  und  Salzsäure  zur  Zersetzung  der  Organe  sich 
bildende  krümeliche  Masse  einen  grofsen  Teil  des  HgCl,  zurückhält.  L.  moiste 
daher  von  Zersetzung  der  Organe  mit  KGlOj  und  HCl  absehen  und  die  Methode  von 
Hlasiwetz  und  Habermann  (mehrstündiges  Kochen  mit  kons.  Salzsäure  im  Kolben 
mit  Bückflufskühler)  zur  Anwendung  bringen.  Bei  dieser  Art  der  Zersetzung  erhielt 
L.  sehr  befriedigende  Resultate.  Es  mufs  aber  der  Lösung  vor  dem  Filtrieren  etwas 
KCIO,  zugesetzt  werden,  um  das  durch  den  Schwefel  der  Albuminate  eventuell  ge- 
bildete Schwefelquecksilber  in  Lösung  zu  bringen.  Dann  kann  ohne  weiteres  der 
Zinkstaub  eingeführt  werden.  L.  machte  auch  mit  Kupferstaub  Versuche  und  for 
qualitative  Versuche  verwendete  er  das  von  Fürbringer  empfohlene  Walkurenbaar 
(Messingwolle),  welches  sich  aber  für  quantitative  Versuche  nicht  eignet  und  überdie» 
häufig  selbst  Hg-haltig  ist.  Das  beste  bleibt  Zinkstaub,  nur  mufs  derselbe  rein  und 
fein  verteilt  sein  und  möglichst  lange  mit  der  Flüssigkeit  in  Ber\ihrung  bleiben, 
namentlich,  wenn  viel  Flüssigkeit  vorhanden  ist. 

Nach  halbstündigem  Erwärmen  auf  50 — 60^  wird  einen  Tag  stehen  gelassen 
(unter  öfterem  Umrühren),  dann  eine  neue  Partie  Zinkstaub  hinzugefügt,  aufgekocht 
absetzen  gelassen,  dekantiert,  nacheinander  mit  Aq.  dest.,  Kalilauge,  Alkohol  und 
Äther  gewaschen,  worauf  durch  Darüberleiten  von  Luft  getrocknet  wird. 

Der  so  gewonnene,  das  ganz  Hg  enthaltende  Zinkstaub  wird  nun  in  ein  Ver- 
brennungsrohr  gebracht,  dessen  Ende  zu  einem  U-förmigen,  dünneren  Teile  ausge- 
zogen ist,  welcher  sich  zur  Abkühlung  der  Quecksilberdämpfe  in  Wasser  befindet. 
Vor  dem  U-förmigen  Bohre,  resp.  schon  vor  der  Verengerung,  wird  in  das  Ver- 
brennungsrohr zuerst  eine  Schicht  Asbest,  dann  eine  Schicht  Kalk  (OaO),  hierauf 
wieder  Asbest,  dann  frisch  geglühtes  Kupferoxyd  und  endlich  der  Zinkstaub  gebracht. 
Auf  der  Seite  des  Zinkstaubes  befindet  sich  in  dem  Verschlufsstöpsel  des  Verbrennungs- 
rohres  ein  Glasrohr,  durch  welches  die  Luft  einströmt,  die  bei  dem  zunächst  vom 
Asbest  ausgehenden  und  dann  zum  Zinkstaub  fortschreitenden  Erhitzen  die  Queck- 
silberdämpfe in  das  U-förmige  Bohr  führt,  wo  sich  dieselben  in  feinen  Tropfen  ab- 
setzen. Das  Vorlegen  von  Kalk  ist  deshalb  notwendig,  weil  sonst  sehr  leicht  Chloride 
statt  metallischen  Quecksilbers  in  die  Vorlage  übergehen.  Das  Trocknen  des  Queck- 
silbers mittels  Luftstromes  (der  BuNSBNschen  Luftpumpe)  geht  sehr  leicht  von  statten. 

Nach  Beendigung  des  Versuches  wird  das  U-Rohr  abgesprengt,  das  in  demselben 
befindliche  Quecksilber  wird  durch  einen  über  Baumwolle  filtrierten  Luftstrom  ge- 
trocknet; dann  wird  gewogen,  das  Quecksilber  durch  Erhitzen  und  Einblasen  von 
Luft  ausgetrieben  und  das  leere  U-Bohr  wieder  gewogen. 

Es  wurden  auf  diese  Weise  bei  Versuchen  durchschnittlich  97,5 — 98  Prozent,  und 
wenn  ganze  Organe  mit  verarbeitet  wurden,  immer  noch  96  Prozent  gewonnen. 

Was  nun  die  Verteilung  des  Quecksilbers  im  Körper  nach  Vergiftungen  betrifft 
80  zeigt  sich,  dafs  auch  das  Quecksilber  wie  andre  Metalle  (z.  B.  As,  Sb  etc.),  keines- 
wegs gleichmäfsig  im  Organismus  verteilt  ist,    sondern  es  fanden  sich   (z.  B.  bei  Ver 
giftungen  mit  12  g  Sublimat)  im  Gehirn  nur  ganz  geringe  Spuren,   ebenso   fand  sieh 
nicht  viel  Hg  in  den  Muskeln  und  Knochen  vor.    Dagegen  war  dasselbe  insbesondere 


431 

in  der  Leber  und  der  Milz  anzutreffen,  noch  mehr  aber  —  bei  akuten  Vergiftungen  — 
in  den  Nieren,  wogegen  wieder  in  der  Galle  sehr  wenig  Hg  zu  finden  war.  Die 
Leber  zeigt  die  Eigenschaft,  nicht  nur  sehr  viel  Gift  aufzunehmen,  sondern  dasselbe 
auch  sehr  lange  zurückzuhalten.  Interessant  ist  es,  dafs  sich  auch  im  Dickdarm 
ziemlich  oft  viel  Quecksilber  Torfand,  dafs  sich  aber  dann  an  der  betreffenden  Stelle 
des  Dickdarms  Diphtherie  ähnliche  Prozesse  zeigten,  und  dafs  im  Dünndarme  diese 
Erscheinungen  nie  auftraten. 

Erwähnenswert  wäre  auch  noch  der  Kuriosität  halber,  dafs  bei  den  Vergiftungs^ 
versuchen  mit  Hunden  aus  Humanitätsrucksichten  versucht  wurde,  das  Gift  in  Wurst 
eingehüllt  den  Tieren  zu  verabreichen.  Es  zeigte  sich  da  die  merkwürdige  Erschei- 
nung, dafs  die  stärksten,  weitaus  letalen  Dosen  gar  keine  Wirkung  übten;  augen- 
scheinlich verhinderte  das  Fett  der  Wurst  die  Lösung  des  Sublimats,  und  ging  letzteres 
unabsorbiert  wieder  ab.  Es  mufste  daher  den  Tieren  das  Gift  in  LÖsuug  mittels 
Schluudsonde  appliziert  werden,  um  die  tödliche  Wirkung  hervorzubringen.  (Phanr. 
JPö8t.  1889.  No.  5.) 

Jodoform  nnd  Jodpräparate.  In  den  Fachschriften  hat  sich  in  letzter  Zeit 
eine  lebhafte  Kontroverse  über  die  Eeinheitsprüfung  der  verschiedenen  Jodoformsorten 
des  Handels  entsponnen. 

C.  Neuss  (Pharm.  Ztg.  1888.  pag.  133)  hat  die  Beobachtung  gemacht,  dafs  das 
sogenannte  „absolute  Jodoform**,  jn  Äther  gelöst,  diesem  sehr  schnell  unter  Ab- 
scheidung von  Jod  eine  rote  Farbe  erteilt  und  auf  der  Haut  infolge  der  raschen  Jod- 
abscheidung  Ekzeme  hervorruft.  £.  Fischer  behauptet  nun  in  der  Pharm.  Zig.  1889« 
No.  4,  dafs  das  chemisch  reine  „Jodoform,  absolut. **  allerdings  in  Äther  am  schnellsten 
Botfarbung  erzeuge,  jedoch  sei  diese  Botfärbung  in  dem  Luftgehalte  des  Präparates 
und  der  Lösungsmiltel  zu  suchen,  denn  luftfreies  Jodoform  gibt  mit  luftfireien 
Lösungsmitteln  Lösungen,  welche  längere  Zeit  hindurch  nicht  rot  werden. 

Dem  gegenüber  hält  Neuss  {Pharm.  Ztg.  No.  8)  seine  erste  Meinung  in  vollem 
Umfange  aufrecht  und  weist  darauf  hin,  dafs  die  Therapie  ihre  bisherigen  Erfahrungen 
nur  auf  solche  Jodoformsorten  aufgebaut  hat,  welche  das  Jod   langsam  entbinden. 

Wie  man  uns  mitteilt,  entsprechen  sämtliche  Jodoformsorten  F.  Mercks, 
wie  das  „Jodoform,  praecipität.",  das  „Jodoform,  pulverisat»",  das  „Jodoform  Vulpius" 
(nicht  ballend)  voll  und  ganz  der  Nsussschen  Atherprüfung,  auch  rufen  sie 
keine  Ekzeme  hervor.  Besonders  gut  zum  Zerstäuben  eignet  sich  das  „Jodoform 
VuT.pius''  infolge  seiner  Eigenschaft,  nicht  zusammen  zu  ballen. 

Alle  diese  Jodoformpräparate  entsprechen  den  gesamten  Anforderungen  der 
österreichischen  und  ungarischen  Pharmakopoen;  vollkommen.  Auch  die  übrigen 
in  diesen  Pharmakopoen  aufgeführten  Jodpräparate,  wie  das  „Jodum  resublimatum", 
das  „Kalium  jodatum"  und  das  „Natrium  jodatum"  etc.  repräsentieren  sich  durch 
chemische  Beinheit  und  tadelloses  Äufseres  mustergiltig.    (Pharm.  Post.  1889.  No,  7.) 

Arsen  in  reinem  Glycerin.  E.  Bitsert  in  Frankfurt  a.  M.  hat  sieben  Handels. 
Sorten  reinsten  Glycerins,  darunter  bestbekannte  Marken,  nach  der  GuTZEiTschen  Be- 
aktion  auf  Arsen  untersucht  und  fand  sämtliche  Glycerinsorten  in  stärkerem 
oder  schwächerem  Mafse  arsenhaltig.  B.  kommt  daher  in  seiner  jüngsten  Mitteilung 
(Pharm.  Zig.  vom  13.  Februar  1889)  zu  dem  Schlüsse,  dafs  der  Arsengehalt  des 
Glycerins  nicht,  wie  nach  den  ersten  darüber  vor  kurzem  gemachten  Mitteilungen  zu 
vermuten  war,  ein  zuHilliger  sei,  sondern  aus  der  in  den  Stearinfabriken  zum  Zersetzen 
der  Fette  benutzten  Schwefelsäure  stammt  und  durch  die  jetzigen  Beinigungsmethoden 
des  Boh-Glycerins  nicht  vollständig  entfernt  ^ird.    (Tharm.  Post.  1889.  No.  7.) 


432 

Phenolquecksilber,  von  Hugo  Andres.  Im  Jahre  1886  bericlitete  Gaubieiii 
über  ein  neues  Quecksilberpräparat,  das  Phenolquecksilber,  das  nach  dem  italieniachan 
Chemiker  Bobiaki  durch  Fällung  einer  wässerigen  Lösung  von  karbolsaorem  Kiliom 
mit  einer  wässerigen  Sublimatlösung  dargestellt  wurde. 

Im  Handel  kommen  jedoch  unter  diesem  Namen  verschiedene  Präparate  Tor, 
•die  sich  sehr  stark  voneinander  unterscheiden,  weshalb  es  Verf.  unternahm,  em 
Verfahren  aufzufinden  {Journal  de  pharm,  et  de  chim.),  das  jedem  Apotheker  die  Dtr 
Stellung  eines  gleichmäfsigen  Produktes  gestattet. 

Vor  allem  bereitete  er  karbolsaures  Kalium  durch  Auflösen  von  94  Tln.  kristalli- 
siertem Phenol  und  56  Tln.  Ealiumhydroxyd  in  907oigem  Alkohol. 

Die  alkoholische  Lösung  wird  im  Wasserbade  bis  zur  Sirupkonsistenz  eingedid[t, 
dann  unter  einer  Glasglocke  mit  Schwefelsäure  eingetrocknet. 

Man  löst  100  Tle.  karbolsaures  Kalium  in  Alkohol  auf,  filtriert  und  fallt  die 
filtrierte  Flüssigkeit  mit  einer  alkoholischen  Lösung  von  112  Tln.  Sublimat 

Man  erhält  auf  diese  Weise  einen  orangefarbigen  Niederschlag,  den  man  sif 
dem  Filter  mit  607oigem  und  zuletzt  mit  absolutem  Alkohol  wäscht,  bis  die  filtrierte 
Flüssigkeit  mit  Schwefelwasserstoff  keinen  Niederschlag  mehr  gibt. 

Das  mit  Hilfe  von  Schwefelsäure  getrocknete  Produkt  stellt  ein  amorphes  ziegel- 
rotes Pulver  von  schwachem  Phenolgeruch  dar,  das  sich  leicht  in  der  Wärme  in 
Salzsäure  auflöst,  aus  welcher  Lösung  mit  Atzkalium  gelbes  Qnecksilberoxyd  gefiüK 
wird.  Die  Sedpetersäure  löst  gleichfalls  das  Phenolquecksilber  beim  Erwärmen  n 
einer  goldgelben  Flüssigkeit  auf. 

Diese  Phenolverbindung  ist  unlöslich  in  Wasser,  Chloroform,  SchwefelkohlenitoC 
Äther  und  in  Alkohol.  Sie  enthält  im  Mittel  51,68  V»  Quecksilber,  was  beinahe  der 
theoretischen  Menge  von  51,81  %  entspricht.    {Pharm,  Föst  1889.  No.  7.) 

Eine  kunstlose  Prälimiiiarprttfang  des  Harnes  auf  Zuckergelialt  ist  m 

H.  Hager  empfohlen  worden.  Dieselbe  ist  zwar  nicht  neu,  jedoch  bisher  in  nicht 
ausreichend  praktischer  Weise  angewendet  worden. 

Zur  Ausführung  dieser  Prüfung  dient  eine  wohl  in  jedem  Haushalte  vorhandene 
Petrollampe  mit  Rundbrenner,  deren  Olascylinder  über  dem  Brenner  eine  Länge  tod 
16 — 20  cm,  also  etwa  von  einer  Handspanne,  hat.  Man  zündet  die  Lampe  an  and 
reguliert  die  Flamme  so,  dafs  sie  eine  Höhe  von  2 — 2,5  mm  zeigt.  Nun  setzt  mtn 
auf  das  äufsere  drittel  eines  3—4  cm  breiten  und  5 — 7  cm  langen  Streifens  Filtrier- 
papier einen  kleinen  Tropfen  des  zu  untersuchendefn  Harnes  und  hält  dann  die  be- 
tropfte Papierseite,  resp.  die  betropfte  Stelle  nach  unten  der  Flamme  zu,  etwa  2—3  cm 
über  der  Ausmündung  des  Lampencylinders  während  einer  Zeit  von  3 — 4  Minuten, 
so  dafs  das  Papier  um  den  Fleck  herum  nicht  gebräunt  wird. 

Die  Flecke  zeigen  sich  nach  dieser  Erhitzung  in  folgender  Weise: 

Gesunder  oder  normaler  Harn:  Kaum  sichtbarer  Fleck,  ohne  Band, 
bisweilen  blafsgelblich  bis  blafsgelb. 

Morphinisten-Harn:     Fleck  gelblich,  mit  Rand. 

Eiweifs haltiger  Harn:  Fleck  gelblich  oder  gelbrötlich,  entweder  ohne Rtnd 
öder  mit  einer  schwachen  Andeutung  eines  Bandes. 

Diabetischer  Harn:  Fleck  gebbraun,  bräunlich,  braun  bis  dunkel- 
braun, je  nach  dem  Mafse  des  Zuckergehaltes  und   stets  mit  scharfem  Bande 

Um  Yersuchsproben  auszuführen,  löse  man  etwas  Glykose  oder  mit  absolatem 
Weingeist  gewaschenen  Honig  in  Harn  auf.    {Pharm.  Post.  1889.  No.  5.) 

Als  Mittel  zur  Verdecknng  des  Jodoformgernches  empfiehlt  Llvrä  Gobd* 
MAN :     Gibt  man  einen.  Mentholstift   in    ein   mit  Jodoform   halb   gefülltes  GefiUSi  >o 


433 

wird    man    beobachten,    dafs   der  Geruch   des   Jodoforms    nach    1 — 2  Stunden    voll- 
kommen verschwindet.    {Pharm.  Post.  1889.  No.  5.) 

Eine  nene  Salbenbasis  empfiehlt  Percy  Wells  in  The  pharm,  Journ.  and 
Transact.  Er  nimmt  3  Pfund  irisches  Gansfett,  das  er  in  einer  emaillierten  Pfanne 
schmilzt,  durch  Muslin  seiht  und  dem  er  dann,  so  lange  das  Fett  noch  heifs  ist^ 
0,5  Pfund  Kakaobutter  zusetzt,  die  sich  leicht  ohne  weiteres  Erwärmen  auflöst. 
Diese  gemischten  Fette  werden  mit  einem  hölzernen  Agitakel  bis  zum  vollständigen 
Festwerden  gerührt.  Dieses  Gemisch  verflüssigt  sich  leicht  bei  der  Anwendung  und 
wird,  wie  Verf.  behauptet,  leichter  als  jedes  andre  Fett  absorbiert.  {Pharm,  Post. 
1889.  No.  5.) 

Bezepte  für  Jodol-Fräparate. 

1.  Jodollösung: 


Jodol 

1  Tl. 

Alkohol 

16    „ 

Glycerin 

34   „ 

2.  Jodolgaze: 

• 

Jodol. 
Besinae. 

Glycerin.  äS 

1  Tl. 

Alkohol 

10    „ 

3.  Collodium  cum  Jodolo: 

Jodol 

10  Tl. 

Alkohol  (947o) 

16    „ 

ÄÜur 

64    „ 

Pyroxilini 

4    „ 

Olei  ricini 

6    „ 

• 

(Pharm.  Post.  1889.  No.  5.) 

Injektion  Bron. 

Das  Journal  de  Pharmacia  veröffentlicht  folgende  neue  Formel 

fär  diese  Injektion: 

Opii 

0,50 

Catechu 

0,50 

Croci 

1,0 

A 

Aq^.  buUient 

200 

W 

infunde,  filtra  et  adde. 

Plumb.  acetic. 

1,50 

Zinc.  sulfuric. 

3,0 

Misce. 

Invisible  tollet  powder.  Ein  solches  nicht  sichtbares  Toilettpulver  wurde 
von  Owen  C.  Sfear  {Amer.  Journ.  Pharm.  Jan.  1889)  untersucht;  er  erhielt  folgende 
Resultate : 

Stärke  18,02 

Talk  49,42 

Alum.  und  Eisenoxyd         1,37 

Zinkoxyd  29,76 

Calciumkarbonat  1;43 

100,00 
Dieses  Pulver  wurde  jedenfalls   durch   Mischen  von    18  Tln.  Handelsstärke  mit 
52  Tln,  Zinkoxyd  bereitet.    (Pharm,  Post.  1889.  No.  5.) 


434 


))erfonalten. 

Unser  Mitarbeiter  Dr.  £.  von  Dürixg,  bisher  Leiter  der  UKXASchen  PolikUnik 
in  Hamburg,  hat  einen  Buf  als  Professor  der  Dermatologie  und  Syphilidologie 
an  der  medizinischen  Fakultät  von  Konstantinopel  erhalten  und  wird  demselben 
Folge  leisten. 


J)erfd)tebenes. 


Aus  Professor  Scabbmzios  Klinik. 

Von  Dr.  Paüly  in  Wiesbaden. 

Selbst  wenn  mein  gelehrter  Freund,  der  Professor  der  Chemie  Giacomo  Bebtoki, 
—  der  Erfinder  des  Äther  nitrosus  Bertoni  —  in  Pavia  moht  gelebt  hätte,  wäre  ich  an 
Prof.  SoARENZios  Klinik  nicht  vorübergefahren,  ohne  den  Confrater  in  rebus  dermato- 
logicis  begrüfst  zu  haben. 

Auch  die  noch  streitige  Frage  der  Kalomelinjektionen  forderte  in  meinem  on- 
geklärten  Innern  einige  Funken  der  Erleuchtung. 

Schliefslich  konnte  ein  Casus  rarissimus  auch  hier  sein  und  meine  an  der 
Biviera,  ja  in  Campanas  Klinik  zu  Grenua,  sowie  der  psychiatrischen  Klinik  Mariquasos 
daselbst  völlig  ungestillte  Sehnsucht  nach  Pellagrafällen  konnte  vielleicht  trotz  der 
dafür  ungeeigneten  Jahreszeit  befriedigt  werden. 

Manchmal  wird  nämlich  wissenschaftlicher  Eifer  —  auf  diesem  Planeten  aoek 
belohnt  I 

Wenn  auch  kein  Pellagrafall  „Schatten  verstreute",  um  mit  Uulakd  zu  reden, 
so  habe  ich  doch  von  dem  liebenswürdigen  Kollegen  auf  dem  Durchgange  durch  seine 
wohlgeleitete  dermatologische  Station  und  durch  bereitwillig  beantwortete  Fragen 
genug  Neues  und  Wertvolles  erfahren. 

Ein  prächtig  vernarbter  Lupus  vulgaris  eines  ca.  13jährigen  Mädchens  liels 
mich  nach  der  dabei  angewandten  Therapie  fragen. 

„Besorccin  1  :  3 — 5",  lautete  die  Antwort. 

Erfreut  sprach  ich  den  deutschen  Namen  Justus  Axdekr  auf  italienisch  ans. 

Bei  schwereren  Fällen  nimmt  Sc.  den  VoLKMAXNschen  Löffel  zu  Hilfe. 

Der  Pemphigus  chronicus  eines  22jährigen  Mädchens  fesselte  mich  sehr 
wegen  der  ihn  begleitenden  oder  richtiger  der  ursächlichen  Erscheinungen.  Die 
Patientin  hatte  eine  Myelitis,  welche,  dem  Fortschreiten  auf  immer  tiefere  Hali- 
gegenden  genau  entsprechend,  auch  Blaseneruption  au  den  betreffenden  tieferen 
Hautabschnitten  hervorrief.  Alle  Blasen  waren  serös,  keine  einzige  eiterig;  einzebie 
von  HandtellergrÖfse.  Auf  der  einen  Wange  sah  ich  noch  deutlich  den  Best  einer 
solchen,  dreiviertel  Wange  einnehmend.  Die  Wange  der  andern  Seite,  die  firoher 
affiziert  gewesen,  bot  eine  frische  röte  Haut  —  ohne  jede  Narbe  —  dar. 

Der  Fall  wird  demnächst  in  einer  Dissertation  veröffentlicht.  — 

Ichthyol  wendet  Scarekzio  mit  Erfolg  äufserlich  und  auch  innerlich  an. 

Salbenmulle  sah  ich  nicht,  aber  Scarbnzio  kennt  sie.  Chrysarabin-Gkittapercha- 
mull  habe  ich  dort  gefunden  —  Pavienser,  nicht  übles  Fabrikat,  gut  klebend. 

Bei  Favus  wäscht  Scabekzio  früh  mit  1—2  pro  mille  Sublimatlösung  taglicli; 


435 

abends  1,0  Cupr.  acet.  (besser  nach  Scabenzio  als  Capr.  salf.)  :  100,0  Vaselin  auf  den 
Kopf,  der  mit  impermeabler  Kappe  bedeckt  wird. 

Eine  sehr  grofse  Warze  hat  Scabenzio  mit  der  DiTTLschen  Ligatur  abgebunden. 

Bezuglich  der  Art  und  der  Erfolge  der  —  von  Scabekzio  bekanntlich  zuerst 
eingeführten  —  Ealomelinjektionen  erlaubte  ich  mir  eingehendere  Erkundigungen  ein- 
zuziehen. 

Scabenzio  wendet  seine  Injektionen  mit  0,1  Kalomel,  das  er  in  Vaselinöl  löst, 
in  Intervallen  von  13  Tagen  an.  Drei  Injektionen  genügen  meist  zur  Heilung  eines 
Syphilis-Schubs.  In  der  Privatprazis  hilft  er  sich  oft,  dafs  er  eines  der  Pulver,  das 
er  bei  sich  hat,  selbst  löst  und  in  seine  Pravazspritze  allmählich  und  wiederholt  auf- 
zieht. Frauen  vertragen  es  ebenso  g^t  und  gern,  auch  die  verzärtelten  der  sogen, 
^besseren  Stände."   Er  zieht  als  wirksamer  Kalomel  dem  Ol.  cinereum  zur  Injektion  vor. 

Abscesse  bekommt  nach  Scabenzio  nur  derjenige,  der  eine  falsche  Injektionsstelle 
wählt.  Mit  gleich  subtilen  Antisepsiskautelen  hat  er  bei  denselben  Individuen  z.  B. 
Arm  und  Glutaeus  gewählt,  erstere  Injektionsstellen  eiterten  stets,  letztere  niemals. 

Er  zieht  daher  die  intramuskulären  Glutäalinjektionen  vor,  die  er  an  der  Be- 
rührungsstelle  des  änfseren  und  mittleren  dritteis  einer  Linie  macht,  die  er  von  dem 
Trochanter  zur  Spina  oristae  ilei  post  sup.  gezogen  denkt. 

Wo  er  die  kombinierte  Kur  anwendet,  wartet  er  mit  dem  Beginn  des  internen 
Jodgebrauches  stets  einige  Tage  nach  jeder  Injektion,  um  nicht  eine  zu  rasche 
Hg-Ausscheidung  zu  bekommen.    (Bildung  von  Hjdr.  bijod.) 

Die  Station,  wo  Scabenzios  Syphiliskranke  liegen,  habe  ich  leider  nicht  gesehen, 
nur  am  Tage  vorher  den*  schönen  Grarten  im  Vorbeifahren  passiert.  Sie  ist  in  einem 
anderen  Stadtteil  Pavias.  Einen  woblthuenden  Eindruck  vor  allem  hat  die  Inschrift 
über  dem  Gartenportal  auf  mich  gemacht  und  den  Wunsch  lebhaft  in  meiner  Brust 
erregt,  dafs  alle  syphilitischen  Kranken  ans  dieser  Inschrift  Trost  und  Aufrichtung, 
Hofhung  und  Lebensfreude  schöpfen  möchten. 

Nicht  blofs  der  Kranken,  nein  auch  mancher  Ärzte  krankhafte  Anschauungen 
würden  geklärt,  wie  z.  B.  die  eines  mir  bekannten  oberschlesischen  Arztes,  der  beim 
Worte  „Syphilis''  stets  ein  Kreuz  schlägt,  trotzdem  er  nicht  einmal  in  seinem  Glauben 
eine  Aufforderung  dazu  erblicken  kann. 

Die  Inschrift,  die  aber  mein  Interesse  und  meinen  Beifall  so  sehr  erregt  hat, 
lautet  kurz  und  volksverständlich: 

Casa  di  Salute, 
in  ärztliches  Latein  übersetzt:  Salutis  domus. 


Bei  Ozaena  wendet  Prof.  Bosenbach  (Breslau)  laut  Publikation  W.  Ebsteins 
{Deutsche  med,  Wochenschr.)  Perubalsam  —  mit  einem  Pinsel  auf  die  Schleimhaut 
des  Naseneinganges  aufgestrichen,  und  ins  Innere  der  Nase  einen  Wattetampon,  mit 
Perubalsam  getränkt  —  mit  gutem  Erfolge  täglich  an. 

Selbst  bei  dem  sonst  hartnäckigsten  Gestanke  wirkt  es  desodorisierend. 

JPatdy-Nervu 

EröfEhnxig  des  ersten  fomo  rnrale  im  Pellagra-Gtobiete  von  Gradisca. 

{Österr.  Sanitätswesen.  1889.  No.  6.)  Nach  dem  System,  wie  es  sieh  in  Italien  bewährt 
hat,  ist  ein  Ofen  (fomo  rurale  oder  forno  economico)  für  die  Gemeinde  Tergo  erbaut 
worden,  in  dem  „das  zu  billigen  Preisen  zu  verkaufende  und  aus  tadellosem  Getreide 
hergestellte  Brot  gebacken,  anderseits  aber  auch  der  in  unreifem  Zustande  oder  feucht 
geemtete  oder  später  der  Verderbnis  anheimgefallene  Mais  getrocknet  und 


436 

wieder  unschädlich  und  genufefähig  gemacht  wird."  Am  13.  Januar  1889  ll 
die  feierliche  Eröffnung  dieses  nach  dem  System  Makztni  für  ca.  6000  fl.  hergesteq 
Ofens  statt.  Könnte  man  nur  allen  andern  Bacillen  auch  also  einen  glühenden  Gzxi 
machen  1  Fault/- Kervi. 

Ein  chinesisches  Heilmittel  beschreibt  H.  HELsiNG-London  in  der  Berlin 
Pharm,  Ztg.    Grofses  Interesse  erregte  (auf  dem  Evening  Meeting  der  Pharmaceui 
Society)  die  Ausstellung  eines  Filzes,    der   dem   Kopfe   einer   Kaupe  entwachsen 
als  frisches  Präparat   sich    sehr    deutlich   beschauen   liefs.     Hia-tsao  tong  tchong 
Chinesen,  Totsu-Kaso  der  Japaner,    Sommerpflanzen -Winterwurm  zu  deutsch,    ist 
Name  dieser  Drogue,  halb  animalischen,  halb  vegetabilischen  Ursprungs.     Die  D 
besteht  aus  der  Eaupe  von  Sphaeria  sinensis,  aus  deren  Kopf  infolge  einer  Krankli^ 
ein  Pilz  auswächst.     Das  Tier  ist  ca.  4  cm  lang,    von   hellgrauer   Farbe,    eine  unlij 
haarte,  ziemlich  fette  Kaupe;    der  Pilz  hat  die  gleiche  Länge    und   bildet    am    Kofi 
eine   zungenformige    Verlängerung    von    2 — 3  mm    Breite    und    purpurner  Färbu]| 
Dieses  Produkt  wird  getrocknet  und  läfst  im  getrockneten  Zustande   auch  noch  gai 
gut  das  Tier  erkennen.    Je  2  Dutzend  werden  in  Päckchen  zusammengebunden   vm 
fanden   sich    auch   so    zubereitet   auf  der  Colonial  and  Indian  Exhibition  ausgestel 
Dies  höchst  kuriose  Heilmittel  ist  bei  den  Chinesen  hochgeschätzt   und   soll    mit  dei 
vierfachen  Gewicht   Silbers   aufgewogen   werden;    man   schreibt   ihm   stärkende  um 
Kräfte  erneuernde  Eigenschaften  zu,  was  nicht  ganz  so  befremdend  klingt,  wenn  ma 
die  Art   der  Anwendung   hört:     Der    Leib    einer    Ente    wird   mit   5  Drachmen  da 
Mittelchens  gestopft  und  bei  einem  mäfsigen  Feuer  langsam^geröstet.    Wenn  die  Enti 
gar  ist,  nimmt  man  die  Tierpflanze  aus  dem  Bauch  heraus,  da  die  Heilkraft  derselben 
in  das  Fleisch  der  Ente  nun  genügend  eingedrungen  ist,  und  geniefst  den  Entenbraten 
eine  Woche  lang  zweimal  täglich.  Tauly-Nerri. 


Bei  der  Kedaktion  eingegangene  Litteratur: 

Lang.     Wege  und  Wandlmigen  d,  Syphüiskontagiums.   (Mitteil.  d.  Wiener  med.  Doct* 

Kolleg.  XIV./XV.  Bd.  1888/1889.) 
v,  Eeckunghaüsen.     Über    die    Saftkanälchen    der    Harnhaut     (Anatom.    Anzeiger 

m.  Jahrg.  1888.  No.  19—21.) 
ScHiMMKLBUCH.     Über  d,  Ursachen  d.  Furunkel.     (Archiv  f.  Ohrenheilkunde.  XXYII.* 
Daubler.     Chirurgische  Studien  in  ÄfriRa'    (Virchows  Archiv.  115.  Bd.  1889.) 
P.  MicHELSoN.     Über  Nasen- Syphilis.    (Sammlung  klin.  Vorträge.  No.  426,  1888.) 
SzAOEK.     Index  bibliographicus  syphilidologiae.    Jahrg.  II.    Die  Litteratur  von  1887. 

Hamburg  und  Leipzig,  Leopold  Voss.  1889. 
Blascbko.    Verhornungsprozefs.    (Verhandlungen  physiolog.  Gesellsch.  zu  Berlin.  1889.) 
Feibes.    Das  Chlormethyl  als  lokales  Änästhetikiim.     (Berl.  klin.  Wochenschr.  1869, 

No.  5.) 
Bender.    Über  Lupus  der  Schleimhäute.  (Vierteljahresschr.  t  Dermat.  u.  Syph.  1888.  4.) 
Lov^n.     Über  Transsudationsprozesse  im  Tierkörper.   (Mitteilgn.  d.  physiolog.  Laborat. 

zu  Stockholm.  4.  Heft.) 
WiNTERNiTz.     Versuche  über  Quecksilbernahme  «.   Ausscheidung.    (Arch.  f.  experim. 

Pathol.  u.  Pharm.) 


Verlag  von  Leopold  V08B  In  Hamburg  (and  Leipzig). 
Dmck  der  VerlagaanstaU  nnd  Drnckerei  Actif  n-Gesellsehaft  (rormala  J.  F.Rtehter)  ia  Himbaiy. 


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Monatshefte  f.   prakl.   DerniBUlogie.      VIII.  Band. 


9l0itat0liefle  fit  pakfifilie  petmatologit 

Band  Vm.  N2i  10.  15.  Mai  1889. 


Pemphigns  der   Hant  und  der  Mundschleimhant,  verbanden  mit 
„essentieller  Schmmpfiang"  nnd  Pemphigus  der  Eoi^jnnktiven. 

Von 

Malcolm  Mobeis.  P.  R.  C.  S.  E. 

nnd 

H.  Leslie  Bobebts.  M.  B. 

Mit  1  ehromoUthofraphlachen  Tafel  nnd  1  Tabelle. 

Maby  G-.,  ledig,  60  Jahre  alt,  besuchte  die  Poliklinik  des  St.  Mabts 
Hospital  anfangs  September  1888. 

Hereditäre  Verhältnisse:  Beide  Eltern  sind  gestorben,  die  Mutter 
an  Pneumonie  im  76.  Jahre,  der  Yater  mit  76  Jahren  an  Unterkieferkrebs« 
Es  waren  ihrer  im  ganzen  10  Gresohwister  gewesen;  6  derselben  sind 
klein  gestorben;  der.  älteste  Bruder  ist  mit  41  Jahren  an  Schwindsucht 
gestorben;  ein  zweiter  war  Soldat,  starb  im  Ausland;  Todesursache  nicht 
mehr  zu  eruieren.  Zwei  Schwestern  sind  noch  am  Leben.  Die  älteste 
ist  71  Jahre  alt  und  soll  bei  guter  Gesimdheit  sein;  die  zweite,  68  J. 
alt,  sei  nicht  sehr  kräftig. 

Spezielle  Anamnese:  Als  Elind  Blattern,-  Masern  und  „Cholera^ 
durchgemacht.  Mit  21  Jahren  litt  sie  an  Abscessen  in  der  Achselhöhle, 
welche  zum  Aufbruch  kamen.  Es  entleerte  sich  Eiter,  womit  dann 
spontane  Heilung  eintrat.  Zwischen  ihrem  40.  und  60.  Jahre  zog  sie 
sich  eine  Verbrennung  der  Beine  zu,  indem  ihre  Kleider  in  Brand  ge- 
rieten. Zwischen  dem  50.  und  60.  Jahre  hatte  sie  2  An&lle  von  Ge- 
lenkrheumatismus durchzumachen,  je  einen  in  zwei  aufeinander  folgenden 
Jahren.  Die  erste  Erkrankung  dauerte  5  Wochen,  die  zweite  8,  doch 
hat  sie  keine  ärztliche  Behandlung  gehabt. 

Daneben   hat   sie   unzählige   male   sich   kleine  Verbrennungen  und 
andre  weniger  bedeutende  UnMle  zugezogen. 

Über  den  Verlauf  der  vorliegenden  Bjrankheit  ist  Patientin  nicht 
imstande,  zusammenhängend '  zu  berichten.  Auf  der  Haut  scheint  der 
Pemphigus  vor  unge&hr  5  Jahren  zuerst  aufgetreten  zu  sein,    und   zwar 

Honatahefte.  29 


438 

während  der  EekonvaleszeDz  naek  dem  zweiten  Anfall  von  Gdenkrhea- 
matismns.  Der  Ansschlag  reoidivierte  mehrmals  und  hatte  akute  Exa- 
cerbationen dargeboten,  weim  die  Patientin  sicli  Erkältungen  anaBetsto. 
Das  Augenleiden  hatte  mit  Thränenlanfen  ange£angeny  worauf  bald  Ent- 
zündung an  beiden  Augen  folgte. 

Patientin  ist  zeitlebens  Wäscherin  gewesen  und  hatte  im  Sommer 
1888  mit  greiser  Not  und  Nahrungsmangel  zu  kämpfen. 

Status  praesens:  Am  7.  Novbr.  1888  wurde  folgender  Befund 
erhoben:  Allgemeiner  Körper-  und  Geisteszustand  hin&Uig.  Es  besteht 
etwas  Dysphonie.  An  fast  allen  Teilen  des  Körpers  ist  die  Haut  Ton 
Narben  verschiedenen  Alters  und  Aussehens  eingenommen.  Die  Wangen- 
haut ist  beiderseits  in  ein  glänzendes,  narbiges,  fleckig  purpurröÜicheB 
Gewebe  umgewandelt.  Ähnliche  narbenartige  Flecke  finden  sich  auf  der 
Innenseite  beider  Ohrläppchen  und  auf  der  Stirn.  Beide  obere  Extremi- 
täten sind  sowohl  an  der  Streck-  wie  an  der  Beugeseite  mit  Narben  be- 
deckt. Die  meisten  derselben  sind  erhaben  und  Yon  purpurroter  Farbe; 
wenn  man  sie  zwischen  die  Finger  nimmt,  fühlen  sie  sich  dicker  an  als 
die  normale  Haut.  Andre,  viel  kleinere,  sind  dünner  und  perlartig 
glänzend,  während  die  Haut  zwischen  ihnen  tief  pigmentiert  erscheint 
Auf  dem  Thorax,  Abdomen,  Rücken,  Ober-  und  Unterschenkeln  finden 
sich  auch  mehrere,  den  an  den  Armen  beschriebenen  ganz  ähnliche  Narben; 
einige  derselben  sind  mit  abgestorbener,  geplatzter  Epidermis  bedeckt 
Viele  dieser  Narben  werden  yon  der  Patientin  den  Yerbrennungen  und 
andern  Verletzungen  zugeschrieben,  nur  diejenigen  der  Arme  und  des 
Gesichts  scheinen  durch  Pemphigus  yeranlafst  zu  sein. 

Auf  der  Schleimhaut  des  harten  Gaumens  sieht  man  eine  weik^ 
geschrumpfte  Stelle  von  ca.  1  cm  Ausdehnung,  deren  Umgebung  einen 
dunkelroten  Hof  bildet. 

Linkes  Auge:  Die  Lidspalte  ist  sowohl  in  horizontaler  als  in 
Terükaler  Biohtung  eingeengt.  Beider  Lider  sind  von  roter  Fuba. 
Partielle  Ptosis  des  oberen  Lides.  Wenn  man  das  untere  Lid  abzieU; 
zeigt  es  sieh,  daüs  der  Konjunktivalsack  fast  völlig  vemichtet  ist,  v>d 
dflüs  zahlreiche  Bänder  oder  Brücken  von  blassem,  verdicktem  Konjnnküval- 
gewebe  von  der  Conj.  sclerae  zu  der  Gonj.  palpebrae  hinüberziehfin.  Der 
sUerale  Teil  der  Bindehaut  ist  injiziert,  und  die  Cornea  ist  beinahe  me 
dnrohsichtig.  Lris  getrübt,  Pupille  reaktionslas.  Sehkraft  völlig  er- 
loschen, jedoch  besteht  noch  Lichtempfindung.  Die  Bewegung  des  Balbai 
nach  auüsen,  aufwärts  und  abwärts  hat  eine  wahrnehmbare  TJSnaAliriLTitTiTij 
erlitten. 

B.echtes  Auge :  Dasselbe  ist  nicht  so  hochgradig '  affiziert  wie  dtf 
linke.  Der  untere  Konjunktivalsack  ist  etwas  geschrumpft.  Die  Honr 
haut  ist  ungetrübt.    Die  Pupille  reagiert  auf  Licht  und   bei   der  Akko- 


439 

modation.     Die  Sehkraft  reicht   nur   zur   Erkennung   grofser  Schrift   auf 
geringe  Entfernung  hin. 

Auf  keinem  Teil  der  Haut,  Schleimhaut  oder  Conjunotiva  finden  sich 
Bullae  oder  Yesiculae. 

Weiterer  Verlauf:  Den  26.  Noremher.  —  Die  noch  frischen  ÜW- 
reste  einer  Blase  sind  auf  der  rechten  Schläfe  zu  sehen.  Auf  der  Haut 
der  Unterlippe  findet  sich  ein  ca.  3  mm  hreites,  helles  Bläschen.  Femer 
sieht  man  auf  der  Schleimhaut  der  Unterlippe,  dem  Mundboden  und  dem 
harten  Gaumen  einige  intakte  Bläschen. 

Den  3.  Dezember.  —  Patientin  wird  im  Hospital  aufgenommen. 
Das  Schrumpfen  der  rechten  Conjuntiva  hat  bedeutend  zugenommen. 

Den  1.  Januar  1889.  —  Zustand  ungefehr  derselbe  wie  am  3.  Dez. 
Keine  frischen  Bläschen;  die  alten  Blasen  im  Munde  haben  sich  unver- 
ändert erhalten  und  sind  noch  nicht  geplatzt.  Die  Disphonie  ist  noch 
hochgradiger  geworden  als  rorher,  so  dafs  Patientin  nur  im  Flüsterton 
q>rechen  kann. 

Den  4.  Januar.  —  Es  wird  ein  intaktes  Bläschen  auf  der  unteren 
Hafte  der  linken  Conjimctiva  bulbi  konstatiert. 

Den  28.  Februar.  —  Es  sind  frische  Bullae  zum  Vorschein  ge- 
kommen, und  zwar  eine  auf  dem  Torderen  Teil  des  Halses,  zwei  andere 
auf  der  Sehleimhaut  der  Unterlippe.  Am  äufseren  Canthus  des  rechten 
Auges  ist  die  Conjunetiya  in  Gestalt  Ton  schmalen  Bändern  zusammen- 
geschrumpft, welche  in  vertikaler  Richtung  vom  einen  zum  anderen  Lide 
hintLberEiehen  (vide  Abbildung,  weiche  das  rechte  Auge  fbr  sich  allein 
«darstellt).  An  beiden  Lidern  sind  die  Wimpern  nach  innen  umgebogen 
tind  berühren  die  Cornea  und  die  Conjunctiva  Sderae.  Am  linken  Auge 
haben  nur  einzelne  Cilien  am  medianen  Winkel  des  oberen  Lides  eine 
Abnorme  Kichtung,  während  die  übrigen  gerade  gestellt  sind. 

Den  10.  März.  —  Die  Entwickelung  frischer  Bläschen  auf  der  Schleim- 
haut der  Unterlippe  und  des  Mtmdbodens  hat  noch  nicht  aufgehört. 

Bemerkungen.  —  Wir  haben  alle  bisher  publizierten  Fälle  von 
Pemphigus  conjunctivae  gesammelt  und  in  tabellarischer  Form  zusammen* 
gesteUt.  Wir  haben  es  vorgezogen  dieselben  in  dieser  Weise  zu  ordnen, 
-weil  dadurch  eine  gröfsere  Bequemlichkeit  beim  Vergleichen  der  Haupt- 
merkmale Aet  Krankheit  geboten  ist,  und  alle  übereinstimmenden  Punkte 
:Qo  am  meisten  in  die  Augen  springen.  Im  ganzen  sind  achtundzwanzig 
Fälle  beschrieben  worden.  Allerdings  sind  noch  einige  weitere  Fälle  be- 
•obachtet  worden,  doch  sind  diese  entweder  nur  ganz  oberflächlich  erwähnt 
-oder  gar  nicht  weiter  verzeichnet  worden.  Von  diesen  achtundzwanzig 
Erkrankungen  entfallen  drei  auf  firanzOsische,  siebenzehn  auf  deutsche, 
•drei  auf  amerikanische  und  fünf  auf  englische  Beobachter.  Was  das  Ge« 
schlecht  anbetri£Ei,  so  stellt  sich  das  Verhältnis  (nach  Ausschaltung  von 

29* 


440 

drei  von  Klbmm  als  „Kinder"  bescliriebenen  Fällen)  auf  zwölf  weibliche 
zu.  dreizehn  männlichen  Patienten.  Das  Alter  erstreckte  sich  vom  Säuglings- 
alter  bis  zum  76.  Lebensjahr  und  betrug  im  Durchschnitt  ca.  40  Jahre 
Das  Allgemeinbefinden  in  der  Zeit  zuvor  wird  bei  einigen  als  „gut",  bei 
anderen  als  „schlecht''  beschrieben.  Einige  befanden  sich  bei  mangel- 
hafter Gesundheit  und  im  Zustand  beträchtlicher  Abmagerung  beim  Ein- 
setzen der  Krankheit  oder  zur  Zeit,  als  sie  in  ärztliche  Behandlung  ge- 
langten, andere  dagegen  scheinen  sich  vorzüglicher  Gesundheit  erfreut  zu 
haben  und  wohlgenährt  und  vollständig  entwickelt  gewesen  zu  sein.  Nur 
in  einem  einzigen  Fall  ergab  die  Anamnese  eine  syphilitische  Infektion, 
welche  aber  zehn  Jahre  vor  dem  Auflreten  des  Pempiphus  stattge- 
habt hatte. 

Bei  sechszehn  von  den  achtundzwanzig  Fällen  fing  die  Affekticn 
als  Pemphigus  vulgaris  oder  foliaceus  auf  der  Haut  an,  bei  vier  auf 
Schleimhäuten  und  bei  acht  am  Auge.  Es  wurden  niemals  beide  Augen 
gleichzeitig  befallen,  aber  die  bis  zum  Ergrifienwerden  des  zweiten  Augea 
verstreichende  Zeit  zeigte  beträchtliche  Schwankungen  von  wenigen  Tag«i 
bis  zu  zwei  Jahren.  Bei  zwölf  von  den  gesamten  Fällen  wurden  Vesicula» 
oder  Bullae  auf  der  Conjunctiva  entweder  in  intaktem  Zustand  oder  bald 
nach  dem  Platzen  beobachtet.  Einige  Beobachter  haben  die  Entwiek»- 
lung  einer  diphtherischen  Pseudomembran  auf  der  Conjunctiva  besohiieboi. 
Dafs  die  Yeränderungen,  welche  als  Endstadium  in  der  Conjunctiva  er- 
zeugt werden,  bei  allen  Kranken  eine  auffällige  Übereinstimmung  auf« 
weisen,  geht  aus  der  Bubrik  „Ausgang  der  Krankheit"  unserer  tabellariflcheB 
Zusammenstellung  hervor.  Diese  Veränderungen  bestehen  in  einer  charak* 
teristischen  Schrumpfung  der  Conjunctiva,  sowohl  der  Lider  als  det 
Bulbus.  Das  dabei  entstehende  Besultat  ist  ein  zweifaches,  indem:  zo- 
nächst  dadurch  eine  Difibrmität  der  Lider  entsteht,  welche  zur  EinsielluDg 
der  Cilien  gegen  die  Conjunctiva  comealis  und  sderalis  führt,  und  zweitens^ 
die  durch  dieses  Entropien  entstehende  entzündliche  Beizung  dieser  Q^ 
bilde.  Früher  oder  später  wird  die  Cornea  des  befallenen  Augee  trObe, 
und  es  tritt  eine  Verdickung  der  Conjunctiva  sclerae  ein.  SchlieMck 
trocknen  Hornhaut  und  Bindehaut  ein,  wodurch  ein  Zustand  entsteht^ 
den  manche  Forscher  mit  Xeropbthalmie  verglichen  haben.  Daa  Seh- 
vermögen ist  manchmal  selbst  vor  der  Entwickelung  der  Komealaffektionmi 
herabgesetzt,  doch  ist  dann  eine  Verbesserung  durch  geeignete  Behand. 
lung  noch  immer  möglich.  Gewöhnlich  stellt  sich  auf  dem  einen  oder 
auf  beiden  Augen  fast  völlige  Amaurose  ein;  stets  ist  dabei  aber  die 
subjektive  Lichtempfindung  erhalten.  Perforation  der  Cornea,  Prolapsos 
iridis  und  Zerstörung  des  ganzen  Bulbus  sind  als  schlieisliches  Besultat 
beobachtet  worden.^ 

*  Vide  Fall  von  Stbfpan  No.  17  der  Tabelle. 


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441 

Was  die  Behandlung  des  Pemphigus  conjunctivae  anbetrifft;,  so  ist 
leider  wenig  darüber  zu  sagen.  Bisher  sind  zwei  Hauptprinzipien  bei  den 
therapeutischen  Versuchen  mafsgebend  gewesen,  einmal  das  operative  und 
zweitens  das  palliative.  Die  erstere  Methode  umfaüst  Entropionoperationen, 
Epilation  der  Wimper,  Transplantation  von  Kaninchenschleimhaut.  Von 
diesen  Maisregeln  ist  zu  sagen,  dafs  die  Entropionoperationen  zeitweilige 
Besserung  bewirkten,  dais  aber  die  Experimente  mit  Schleimhauttrans- 
plantation nur  völligen  Müserfolg  aufzuweisen  haben.  Die  palliativen 
Malsregeln  bestehen  im  Aufbessem  des  Allgemeinzustandes,  im  Lindem 
der  Trockenheit  des  Auges  mittels  G-lycerin  oder  mucilaginöser  Augen- 
wasser und  in  der  Anwendung  von  lindernden  Mitteln,  um  die  Entzündung 
2U  bekämpfen. 

Trotz  aller  bisher  in  Anwendung  gebrachten  Behandlungsmethoden 
behält  jedoch  der  Schrumpfungsprozefs  seinen  fortschreitenden  Charakter 
ununterbrochen  bei  bis  zum  Eintritt  totaler  Blindheit.  Nur  in  einem 
einzigen  Fall,  den  Samelsohn  beim  12.  Kongrefs  der  Ophthalmelogischen 
Gesellschaft  im  Jahre  1879  in  Heidelberg  mitteilte,  ist  von  einem  günsti- 
geren Ausgang  zu  berichten  gewesen.  Bei  diesem  Patienten  hellte  sich 
die  Comea  wieder  auf,  die  Trichiasis  verschwand  fast  gänzlich,  und  die 
Conjunctiva  bot  einen  nur  unbedeutenden  Grad  der  Schrumpfang  dar. 

Es  ist  keine  Frage,  dais  diese  Affektion  eine  grolse  Seltenheit  ist,  wie  auch 
aus  den  folgenden  Thatsachen  entnommen  werden  kann.  Während  Arlt 
erklärt,  dais  er  bei  seinen  vierzigjährigen  Erfahrungen  nur  einen  einzigen 
Fall  von  Pemphigus  conjunctivae,  der  sich  in  der  Behandlung  von  Prof. 
Stellwag  in  der  Augenklinik  in  Wien  befeuid,  gesehen  hat,  hat  Hebra 
sogar  unter  200  Fällen  von  Hautpemphigus  keinen  einzigen  Fall  unseres 
Leidens  beobachtet.  Stbffan  (Frankfurt)  hatte  unter  84000  Patienten 
(bis  zum  Jahre  1884)  nicht  mehr  ab  einen  gesehen,  der  Bläschenbildung 
und  Schrumpfung  der  Conjunctiva  dargeboten  hätte.  Hornbb  hatte  unter 
70000  Kranken  nur  dreimal  Schrumpfen  der  Conjunctiva  gefunden. 
Professor  Graefe  teilte  bei  Gelegenheit  des  obenerwähnten  Kongresses 
mit,  daüs  er  vier  Fälle  gesehen  habe,  welche  er  als  „essentielle  Schrum- 
pfung der  Bindehaut''  beschrieb. 

Die  Pathologie  der  Krankheit  ist  noch  in  Dunkel  gehüllt.  Bisher 
stehen  uns  nur  Berichte  über  eine  einzige  Autopsie  und  drei  mikroskopi- 
sche Untersuchungen  zu  Gebote.  Unglücklicherweise  gewähren  diese  For- 
schungen nicht  viel  Aufschlufs  über  die  Ätiologie  des  Leidens  und  sind 
sogar  in  bezug  auf  ihre  Ergebnisse  nicht  einmal  ganz  übereinstimmend. 
In  dem  Fall  von  Gelpee'  ergab  die  Autopsie  nichts  besonderes  Ab- 
normes aufser  hochgradiger  Anämie  der  Organe  und  allgemeiner  Atrophie. 


*  Zehenders  Min,  Monatsblätter  f,  Äugenheükunde.  Vol.  XXm.  pag.  199. 


442 

Gelpee',  Bäümlsr^  und  Sattler^  haben  di^  pathologische  Conjunctiya  und 
Solera  mikroskopisch  untersucht.  Die  SATTLSBsche  Untersudhiung  ergab, 
ä&b  die  Schwellung  der  Conjunctiva  bulbi  nicht  auf  Infiltration  der  Binde- 
haut mit  lymphoiden  Zellen  beruht,  sondern  zum  Teil  durch  beirftohtUcha 
Schwellung  der  Bindegewebs&sem,  zum  Teil  durch  Ausdehnung  der 
Spalträume,  welche  mit  Flüssigkeit  angefüllt  waren,  herrorgerufen  war. 
Die  subepitheliale  Schicht  der  Conjunctiva  bulbi  bildete  eine  besonders 
modifizierte  Membran  von  80 — 40  f*  Dicke.  Dieselbe  war  viel  trftber 
als  das  übrige  Gewebe,  sogar  beinahe  yQüig  undurehsichtig,  verli^  paralM 
mit  der  Oberfläche  der  Bindehaut  und  bedeckte  den  größeren  Teil  der 
Oomea.  Diese  subepitheliale  trübe  Schicht  war  beim  ersten  AnblidL 
leicht  mit  dem  Epithel  selbst  zu  verwechseln.  Das  gesamte  Siroaa 
dieser  Schicht  war  von  Kömchen,  welche  sich  weder  mit  Bismarkbraun 
noch  mit  Hämotoxylin  &rben  lieieen,  durohsefart.  Die  BhttgefiÜse  der 
Conjunctiva  waren  sehr  zahlreich  und  hochgradig  injiziert.  Trotudem 
waren  sie  beim  oberflächlichen  Ansehen  der  Conjimctiva  nicht  gleich 
sichtbar,  da  sie  durch  das  modifizierte  Epithel  Verdeckt  wurden.  Dieses 
letztere  hatte  seine  normale  BeschaflPenheit  vöUig  eingebOJBt.  Yen  den 
tiefereai  bis  zu  den  oberflächlichsten  Legen  bestand  es  bloiis  aus  ver- 
hornten Zellen.  Es  war  80  fi  dick  und  ]ieb  sich  mit  grolser  Leichtig- 
keit von  der  darunter  liegenden  fibrösen  Bindehaut  ablOmn.  Bäümlse 
gibt  zwar  zu,  daJs  das  von  ihm  beschriebene  Fsräparat  nicht  wesentUeh 
von  dem  SATTLBRsohen  verschieden  ist.  Nur  war  es  ihm  nicht  gehmgen, 
die  von  letzterem  beobachtete  und  beschriebene  trübe  Schicht  zu  ent- 
decken. Anderseits  waren  an  Sattlebs  Präparaten  die  von  BIumlbe 
besdkriebene  Hypertrophie  und  Papillarbildung  des  EpithelB  nicht  zu 
finden.  "Wegen  der  weiteren  Details  müssen  wir  unsere  Leser  auf  die 
Qriginalartikel  in  den  vorhin  genannten  Werken  verweisen. 

Vom  klinischen  Standpunkt  aus  sind  zwei  Hauptansichten  über  das 
Wesen  dieser  Affektion  zu  verzeichnen.^  Die  eine  geht  dahin,  da6  die- 
selbe eine  essentielle  Schrumpfung  der  Bindehaut  (Gbaxfe)  darstellt,  mit 
anderen  Worten:  eine  Atrophie,  welcher  keine  Hypertrophie  vorang^angen 
ist,  während  die  andere  Theorie  das  auf  die  Bildung  von  Bläschen  und 
Blasen  auf  der  Conjunctiva  (Biumler,  Gblpke,  Sattlbr,  Pflügeb  u. 
a.)  zurückführt. 

Unzweifelhaft  erscheint  es  uns,  dals  dieser  Vorgang  am  Auge,  welcher 


»  Ibid.  pag.  206. 

*  Ibid.  pag.  341. 

*  Bericht  über  den  12.  EongreÜB  der  Ophthahnolog.  Gesellsoh.  zu  Heidelberg. 
(Zehenders  kUn.  Monatshlätter  f*  Äugenheük.    Vol.  XYlL 

^  Stellwag   {ü-aküsche  Äugenheük.  1870.  pag.  413)  beschreibt  die  Affektion  als 
SyndesmitiB  degenerativa. 


A.XKJ 

ZU  Sohnunpfang  der  Gonjunctiva  und  Verlust  des  Sehvermögens  führt, 
als  Teilerscheinung  eines  AllgemeinleidenS)  welches  sich  auf  der  Haut 
und  den  Sohleimh&uten  in  Form  von  Yesiculae  und  Bullae  äuJsert,  auf- 
gefeklst  werden  muls.  Die  Schrumpfung  an  der  Conjunctiva  wiederholt 
sich  auch  an  der  Cutis,  was  an  dem  von  uns  mil^teilten  Falle  besonders 
deutlich  zu  erkennen  ist  Das  narbige  Gewebe  der  betrofifenen  Hautteile 
zeigt  eine  heftige  Schrumpfang,  welche  die  Annahme,  daJSs  die  am  Auge 
xmd  an  der  Haut  aufgetretenen  Veränderungen  auf  eine  gemeinsame 
Ursache  zurückzuführen  sind,  auTserordentlich  nahe  legt. 


Über  die  Wirkung  yencUedener  Antisoabioga  auf  die  eüuielnea 

Milbenspezies  der  Haustiere. 

Von 

Dr.  Geobg  Müllee. 
(Fortsetzimg  auB  Nr.  9.) 

Dermatoryktes  mutans. 

Diese  Milbe  hat  groise  Ähnlichkeit  mit  Sarcoptes  minor  und  ruft  bei 
Hühnern,  viel  selt^ier  bei  Tauben,  Fasanen,  Puten  und  Singrügeln  an 
den  FüJsen,  weniger  am  Kamm,  Kehllappen  und  Hals  einen  Hautaus- 
schlag hervor,  der  dem  Laien  unter  der  sehr  passenden  Benennung 
Kalkbeine  bekannt  ist.  Es  bilden  sich  nämlich  auf  der  Vorderfläche, 
später  auch  auf  der  Hinterfläche  der  Ständer  der  Hühner  unter  allmäh- 
lichem Abheben  der  Fufsschilder  gelbe  oder  graugelbe,  höckerige,  mörtel- 
aiüge,  ans  Epidermisschuppen,  eingetrocknetem  Serum  und  Milben  be- 
stehende Massen,  nach  deren  Loslösung  eine  mehr  oder  weniger  gerötete, 
nässende,  manchmal  eiternde  Fläche  resultiert. 

Die  Untersuchung  der  Milben  wurde  bei  einer  Temperatur  des  Ob- 
jekttisches Yon  30 — 35^  C.  Torgenommen,  da  es  sich  herausgestellt  hatte, 
dab  Dermatoryktes  bei  derartigen  Wärmegraden  lebhafter  und  sehr  viel 
ausdauernder  sich  bewegt,  als  bei  Temperaturen  von  85 — 40^  C. 

Diese  Beobachtung  war  die  Veranlassung,  dals  auch  die  andern 
beiden  Mher  geprüften  Milbenarten  auf  ihr  Yerhalten  gegenüber  ver- 
schiedenen Wärmegraden  untersucht  wurden,  und  es  konnte  schUefslich 
folgendes  als  thatsächlich  hingestellt  werden: 


444 

1.  Um  festzustellen,  welchen  Einfluis  verschiedene  Temperatnren  auf 
Käudemilben  ausüben,  kann  lediglich  Öl  (am  besten  das  eist  bei  sehr 
niederen  Temperaturen  erstarrende  Mandelöl)  als  Einbettungsmaterial  be- 
nutzt werden,  da  die  Lebensdauer  der  in  Wasser  schwimmenden  Milben 
(infolge  von  Aufquellen?)  eine  recht  beschränkte  ist  (siehe  früher). 

2.  Temperaturen  von  50  ^  C.  und  darüber  töten  sämtliche  3  Milben- 
arten. Die  Bewegungen  der  Tierchen  hören  schnell  auf  und  kehren  anoh 
dann  nicht  wieder,  wenn  die  Temperatur  des  Objekttisches  sinkt. 

3.  Demodex  canis  und  Sarcoptes  cati  bewegen  sich  am  lebhaftesten  bei 
Temperaturen  von  35 — 40  ^  C,  zeigen  aber  insofern  Verschiedenheiten,  ab 
der  erstere  tagelang,  der  letztere  nur  einige  Stunden  lang  (siehe  früher)  dieae 
Bewegungen  beibehält.  Indessen  wird  man  dieses  Verhalten  des 
Sarcoptes  bei  etwas  hoher  Temperatur  lediglich  als  eine 
Buhepause,  nicht  als  ein  Zeichen  des  Todes  aufzufassen 
haben,  denn  bei  längerer  Beobachtung  der  Tierchen  findet  man,  dab 
wenigstens  ein  Teil  derselben  über  kurz  oder  lang  neue  Laufübungen 
unternimmt  oder  gelegentlich  schwache  Bewegungen  mit  dem  einen  oder 
andren  Beine  macht. 

4.  Dermatoryktes  des  Huhnes  ist  am  lebhaftesten  bei  Temperaturea 
von  30 — 35  ^  C.  und  bleibt  dann  (in  Öl  gebettet)  tagelang  lebens&hig, 
wenigstens  zeigten  die  Milben  noch  nach  48  Stunden  (länger  wurde  die 
Beobachtung  nicht  fortgesetzt)  ihre  volle  Munterkeit. 

5.  Zur  Prüfung  der  Arzneiwirkung  auf  Demodex  canis  und  Sarcoptes 
cati  dürften  demnach  Temperaturen  von  35 — 40^,  auf  Dermatoryktes 
gallinae  solche  von  30 — 35  ^  C.  geeignet  erscheinen,  da  es  bei  derartigen 
Untersuchungen  lediglich  darauf  ankommt,  die  Milben  zwei  Stunden  lang 
(siehe  früher)  in  steter  flotter  Bewegung  zu  erhalten,  um  die  Zeit  ihres 
Todes  genau  feststellen  zu  können. 

6.  Bei  Temperaturen  unter  10  ^  0.  verfallen  die  Milben  in  einen 
Erstarrungszustand,  ohne  zu  sterben,  denn  sie  konnten  selbst  dann 
durch  Erwärmen  wieder  ins  Leben  zurückgerufen  werden,  wenn  sie 
48  Stunden  lang  in  einem  Baume  aufbewahrt  worden  waren,  in  welchem 
die  Temperatur  zwischen  0  ^  und  — 10  ^  0.  schwankte. 

Ich  werde  übrigens  Gelegenheit  nehmen,  auf  diese  Temperaturver- 
suche, welche  in  erschöpfender  Weise  nur  im  Winter  vorgenonmien 
werden  können,  zur  geeigneten  Zeit  zurückzukommen. 

Die  in  Wasser  befindlichen  Dermatoryktesmilben  sistierten  ihre  Be- 
wegungen nach  Zusatz  von 

Kreosot  10  7o  sofort. 

Kreosot  57o  fast  sofort. 

Karbolsäure  10%  sofort. 

Karbolsäure  5  %  in  wenigen  Minuten. 


445 

SnbHmat  2  7o  in  15—18  Minuten. 

Sublimat  1  %  in  längstens  45  Minuten. 

Sublimat  0,66  7o  nach  2  Stunden  noch  nicht. 
Oxynaphtho6säure57o(8pirit.)  in  mehreren  Minuten. 

Salicylßäure  10%  in  etwa  15  Minuten. 

Kreo^n  in  wenigen  Minuten. 

Ichthyol  iu  wenigen  Minuten. 

Schwefelleber  20%  in  längstens  22  Minuten. 

Tabakabkochung  15%  in  längstens  35  Minuten. 

Die    in   Mandelöl    befindlichen   Milben   sistierten   ihre    Bewegungen 
nach  Zusatz  von 

Holzteer  fast  sofort. 

Teerüniment  in  wenigen  Minuten. 

Perubalsam  sofort. 

Oleum  animale  foetid.  fast  sofort. 

Naphtholöl  in  7—10  Minuten. 

Karbolöl  fast  sofort. 

Petroleum  in  längstens  42  Minuten. 

Naphthalinöl  10  %  nach  2  Stunden  noch  nicht. 
Oxynaphthoösäureöl  10%         in  etwa  10  Minuten. 

SaHcylöl  5  7o     .  in  15—18  Minuten. 

Salicylöl  3,3  7o  in  längstens  20  Minuten. 

Salicylöl  2,5  7o  in  längstens  25  Minuten. 

Salicylöl  2  %  in  längstens  28  Minuten. 

Es  geht  aus  diesen  Zahlen  jedenfalls  hervor,  dals  Dermatoryktes 
gallinae  imd  Sarcoptes  cati  sich  den  angewendeten  Antiscabiosis  gegen- 
über nahezu  gleich  verhalten,  vielleicht  mit  der  einzigen  Ausnahme,  dafs 
letzterer  ölige  Lösungen  der  Saliöylsäure  weniger  gut  verträgt,  als  ersterer. 
Ich  mache  bei  dieser  G-elegenheit  ausdrücklich  darauf  auf- 
merksam, dafs  nur  Lösungen,  nicht  kalt  bereitete  Yerreibun- 
gen  der  Salicylsäure  einen  milbentötenden  Effekt  hervor- 
bringen. Salicylsäure  löst  sich  bekanntlich  in  etwa  35  Teilen  er- 
wärmtem Öl,  ohne  sich  beim  Erkalten  wieder  auszuscheiden.  Auch  die 
Herstellung  konzentrierterer  Lösungen  gelingt,  doch  &llt  beim  Abkühlen 
der  Überschufs  in  Form  sehr  feiner  Nadeln  aus.  Li  der  That  ist  auch 
Demodex  folliculorum  canis  öligen  Salicylsäurelösungen  gegenüber  aulser. 
ordentlich  empfindlich,  während  er  ölige  Salicylsäureverreibungen  ohne 
jeden  Schaden  stundenlang  verträgt.  So  vermochte  das  in  No.  7  erwähnte 
Salicylsäureöl  von  20%,  welches  lediglich  eine  auf  kaltem  Wege  her- 
gestellte Yerreibung  war,  nicht,  die  Milben  innerhalb  2  Stunden  zu  töten 
(siehe  früher). 


446 


Demodex  canis  sistierte  seine  Bewegungen  (dauernd)  nach  Zusats  von 
öliger  Salicyllösung  von  5     %  in  wenigen  Minuten. 
„  „  »    ^)3  %  meist  in  wenigen  Minuten,  längstens 

in  9  Minuten. 
„  „  „    2,5  7o  in  6 — 8,  Itogstens  10  Minuten. 

„    2    %  in  10—15  Minuten. 
„  ^  „    1,6  Vo  in    längstens    18    Minuten,    nur   in 

einem  einzigen  Falle  in  32  Min. 
(Fortsetzong  folgt.) 


nicht-entsttndUchen  Ödeme  der  Haut. 

Eine  historisch-kritisclie  Studie. 

von 

,  P.  G.  Unna. 

Keine  Thatsaehe  hat  in  der  Pathologie  des  Ödems  so  unbestrittene 
Geltung,  wie  die  Entstehung  von  Ödemen  durch  mechanische  Beeinträch- 
tigung des  Yenenstroms.  Seitdem  Loweb^  zum  erstenmal  Ödeme  durch. 
Unterbindung  gröfserer  Yenenstämme  experimentell  erzeugte,  ist  das  Ödem 
als  notwendige  Folge  des  partiellen  oder  absoluten  Yenenverschlussee  bia 
in  die  neuere  Zeit  hinein  nicht  ernstlich  in  Zweifel  gezogen  worden. 
Speziell  mit  der  Arbeit  von  Lunwia  und  Tomsa'  schien  diese  durch  ihr 
Alter  ehrwürdige  Lehre  völlig  gesichert,  und  Pathologen  wie  KHniker 
hatten  um  so  weniger  Grund  an  ihrer  Wahrheit  zu  zweifeln,  als  beide  sc 
häufig  Gelegenheit  hatten,  Ödeme  infolge  von  Yenenthrombosen  zu  beob- 
achten. 

Derartige  Zweifel  stiegen  erst  auf,  als  AnfEuig  der  sechziger  Jahre, 
vornehmlich  durch  Goltz  und  seine  Schüler,  der  Einfluis  der  Nerven* 
Zentren  auf  die  Gefä£swand  näher  erforscht  wurde.  Hätte  man  doch  von 
jeher  die  Entstehung  gewisser,  klinisch  wohlbekannter  Ödeme  auf  nervOee 
Einflüsse  gern  zurückgeführt.  Und  wenn  nun  Oohnbeih  anderseits  nach- 
wies, dais  eine  ganze  Reihe  früher  für  nicht  entzündlich  gehaltene  Ödeme 


^  LowEB,  Tractatua  de  corde  item  de  motu  et  colore  sangtUina..   London  1680. 
'  ToMSA,  Beiträge  zur  Lymphbildong.    Sitzb,  d.  k.  k.  Akad.  d.  Wissenechttft  m 
Wien.  Bd.  46.  pag.  185. 


447 

den  entzündlichen  anzureihen  seien  (vor  allem  das  kollaterale  Ödem),  so 
wurde  allgemach  auch  eine  erneute  Bevision  des  Stauungsödems  mit  Be- 
rücksichtigimg der  Vasomotoren  auf  experimentellem  Wege  zur  unabweisbaren 
Notwendigkeit.  Zuerst  war  es  bekanntlich  'Rai[yieb\  welcher  das  Ödem 
bei  einfachen  Yenenunterbindungen  in  der  That  Termifste,  dasselbe  aber 
eintreten  sah,  wenn  er  gleichzeitig  in  den  betreffenden  Hautgebieten  eine 
vasomotorische  Lähmung  erzeugte,  beispieLsweise  bei  Unterbindung  der 
Vena  cava  inferior  des  Hundes  den  Nenrus  ischiadicus  eines  Beines 
durehschnitt.  Es  trat  dann  das  Ödem  nur  in  dem  Beine  mit  durch* 
schnittenen  Vasomotoren  auf. 

Dieses  Ergebnis  beim  Hunde  yerallgemeinerte  Rusrnss,  auch  für  den 
Menschen  und  die  Pathologie  des  Ödems  überhaupt.  Es  schien  hiemach 
eine  Zeitlang  überhaupt  zweifelh^t,  ob  Veneaunterbindung  allein  ohne 
Vasomotorenlähmung  Ödem  berrorrulen  ktonte.  Die  Versuche  von 
Sakvieb  wurden  zunächst  von  einem  russisehen  Forscher,  Hehn^  be- 
stätigt jßoTT^  konnte  dagegen  auch  ohne  Nervendurchschneidung  Ödem 
allein  nach  Venenunterbindung  beobachten,  wenn  nur  die  Entstehung 
eines  venösen  Kollateralkreislau£9  verhindert  wurde. 

Nach  diesen  in  den  Resultaten  ziemlich  übereinstimmenden  Arbeiten 
lagen  eigentlich  zwei  SchluMolgerungen  auf  der  Hand. 

Einmal  war  nämlich  der  allgemeine  Satz,  daJs  Venenunterbindung 
von  Ödem  gefolgt  werde,  da  der  Effekt  der  Venenunterbindung  leicht  durch 
koUaterale  venöse  Bahnen  vereitelt  wird,  dahin  etwas  nSlier  zu  präzisieren, 
dab  derselbe  nur  dann  ein  stärkerer,  in  die  Augen  springender  sein  kann, 
wenn  der  Blutstrom  in  sämtlichen  Venen  einer  B.egion  verlegt  ist. 
Dieser  Zusatz  enthält  durchaus  keine  eigentliche  Beschränkung  des 
Hauptsatzes« 

Sodann  war  es  nach  den  übereinstimmenden  Angaben  von  Baitvier, 
Hehn  und  BoTT  klar,  daJs  das  Transsudat  aus  den  Kapillaren  bei 
Venenstauung  durch  Erweiterung  der  zuführenden  Arterien  und  Erhöhung 
des  Blutdrucks  vom  Herzen  her  noch  erheblich  steigt,  ja  bei  ungenügender 
Stauung  erst  dann  merkbar  wird.  Wir  finden  in  diesem  Zusätze  nur  ein 
physikalisch  notwendiges  Komplement  des  Hauptsatzes,  durchaus  nicht 
die  Andeutung  eines  mysteriösen  Einflusses  des  Nervensystems.  Denn 
durch  Lähmung  der  Vasomotoren  werden  alle  Hindemisse  fortgeräumt, 
welche  den  durch  die  Venenstauung  bereits  erhöhten  Druck  im  Kapillar- 
system niedrig  erhielten,  und  das  letztere  ist  jetzt  einem  geradezu  maximalen 


*  BechercheB  exp^rimentales  sur  la  production  de  1'  oedeme.  Compt  rend.Äc 
des  sc.  20.  Dezbr.  1869. 

^  Hehn,  Über  die  Entstehung  mechanischer  Ödeme.  Centralbl  f,  d.  med.  Wiss, 
1873.  pag.  625,. 

^  BoTT,  Über  die  Entstehung  von  ödem.     Berl  kUn,  Wochensehr.  1874.  No.  9, 


448 

Drucke  von  beiden  Seiden  ausgesetzt;  die  Filtration  der  Lymphe  nm£s 
daher  hier"  den  höchsten  Grad  erreichen  und  sich  in  den  LymphgefiÜsen 
einen  Ausweg  suchen. 

Die  Notwendigkeit  dieser  beiden  Zusätze  bedingt  daher  folgende 
vorsichtigere  Fassung  des  Hauptsatzes: 

Ein  mechanisches  Hindernis  im  Yenenabflufs  bedingt  Ödem, 
wenn  dadurch  das  Verhältnis  des  Blutabflusses  zur  Blutzufuhr 
ein  gegen  die  Norm  ungünstiges  wird. 

In  dieser  Fassung  ist  sowohl  enthalten,  dafs  erhebliche  KoUateralen 
das  Ödem  verhindern,  wie  da&  der  letztere  Umstand  durch  arterielle 
Hyperämie  überkompensiert  werden  kann. 

SoLNiTSCHEWSKY®  hat  uun  (1879)  unter  Cohnheimb  Leitung  eine 
Methode  ausgearbeitet,  welche  es  erlaubt,  ohne  entzündliche  Komplikationen 
zu  setzen,  sämtliche  Hautvenen  zu  thrombosieren.  Er  spritzte  von  einer 
kleinen  Hautvene  aus  Gipsmasse,  welche  rasch  erhärtete,  in  die  Yeneii 
einer  Extremität  und  sah  danach  unter  Temperaturemiedrigung  ein  starkes 
Ödem  in  derselben  auftreten.  Die  Lymphe  des  Ödems  war  dabei  dünn- 
flüssig und  rötlich  ge&rbt,  schwach  und  locker  gerinnend  und  enthielt 
viele  rote,  wenig  weiTse  Blutkörperchen,  entsprach  mithin  durchaus  der 
Lymphe  des  nichtentzündlichen  Stauungsödems. 

Diese  neue  und  sichere  Methode,  ein  einfaches  Stauungsödem  zu  e^ 
zeugen,  ergab  mit  Sicherheit,  was  die  Versuche  von  Hehn  und  Bon 
bereits  erwarten  lieJsen,  dais  eine  Yasomotorenlähmung  durchaus  nicht 
notwendig  ist  zur  Erzeugung  von  Ödem.  Auch  war  es  Solnitschewbkt 
möglich,  die  Wege  genauer  anzugeben,  auf  denen  bei  Ranviebs  Ve^ 
suchen  das  Blut  der  unterbundenen  GefäTse  zum  Herzen  zurückkehrt 

Von  dieser  Seite  her  scheinen  mit  der  Arbeit  von  Solnitschewskt 
die  von  Bjlkvieb  angeregten  Zweifel  an  der  Existenz  eines  rein  mechani- 
schen Stauungsödems  beseitigt.  Lizwischen  waren  aber  durch  zwei  hervor- 
ragende Arbeiten  aus  Ludwigs  Laboratorium  von  Paschittik^  und 
EMMiNaHAUS^  die  Beziehungen  des  Nervensystems  zum  Lymphstrom  nach 
einer  andren  Methode  untersucht  worden.  Nachdem  LüDWia  im  allge- 
meinen festgestellt  hatte,  dais  die  Durchschneidung  der  Vasomotoren  des 
Beines  am  Hunde  ohne  Einflufs  auf  die  aus  Kanälen  ausfliefsende  Menge 
des  Lymphstromes  ist,  wiederholten  Paschijtin  und  Emminohaub  diese 
Versuche  genauer,  jener  an  den  Vorder-,  dieser  an  den  Hinterextremitftten 
des  Himdes.     Beide  kamen  ziemlich  übereinstimmend   zu   demselben  Be- 


'  Über  Stauapgsödem.     Vir chows  Archiv.  Bd.  77.  pag.  85. 

^  Paschütin,  Über  die  Absonderung  der  Lymphe  im  Arme  des  Hundes.  Ber. 
d.  kgl  Sachs.  GeseUsch.  d.  Wiss.  m  Leipzig.  1878.  21.  Febr. 

8  EmfiNaHAüs,  Über  die  Abhängigkeit  der  Lymphabsonderung  vom  Blutatrome. 
Ebenda.  26.  Juli.  1873. 


449 

sultate»  daüs  der  Lymphstrom,  gemessen  —  nicht  durcli  das  Besultat  seiner 
Stauung,  die  Gewebeschwellung,  sondern  —  durch  die  Quantität  direkt 
aufgefangener  Lymphe,  nach  dem  Yasomotorenschnitt  nicht  gesteigert  ist. 
Allerdings  fielen  die  Versuche  von  Emminghaüs  nicht  ganz  so  stringent 
aus  wie  die  von  Paschutin,  und  ersterer  verhält  sich  deshalb  auch  nicht 
gänzlich  ablehnend  gegenüber  dem  Einflufs  der  Yasomotorenlähmung. 
Da  auTserdem  vereinzelte  Wahrnehmungen  verschiedener  Forscher,  über 
welche  wir  noch  besonders  referieren  müssen,  immerhin  ein  Odem  nach 
einfacher,  nicht  durch  Stauung  komplizierter  Yasomotorenlähmung  wahr- 
scheinlich machten,  unternahm  es  Jankowsky^  (1883)  unter  Cohnheims 
Leitung,  zunächst  die  Versuche  von  Paschutin  und  Emminghaus  zu 
wiederholen  und  weiterhin  dieselben  durch  Untersuchung  des  Lymph- 
stroms unter  komplizierteren  Bedingungen  zu  ergänzen. 

Die  Nachuntersuchung  der  aus  LuDWias  Laboratorium  hervorgegan- 
genen Arbeiten  ergab  genau  das  fi.esultat  von  Paschutin:  absolute  In- 
dififeroDz  gegenüber  dem  Yasomotorenschnitt.  Zwei  Tage  nach  der 
Operation  der  einen  Seite  flössen  aus  den  Kanülen  beider  Seiten  annähernd 
dieselben  Lymphmengen  aus. 

Jankowsky  verglich  hierauf  die  Lymphquantitäten  zweier  Ex- 
tremitäten, von  denen  eine  nur  entzündet  (durch  Verbrennung  mit  Wasser 
von  70  ®  oder  Lijektion  von  Terpentinemulsion),  die  andre  ebenso  ent- 
zündet und  auiserdem  durch  Yasomotorenschnitt  kongestioniert  war.  Die 
letztere  sonderte  weit  mehr  Ljnnphe  ab,  was  gewiis  nicht  auffallen  kann, 
da  ja  die  Kapillaren  des  entzündeten  Beines  eo  ipso  durchlässiger  waren. 
Auch  das  entzündliche  Ödem  entwickelte  sich  unter  Mitwirkung  der 
Yasomotorenlähmung  stärker,  was  auch  unsem  alltäglichen  pathologischen 
Erfahrungen  entspricht.  Bei  einer  Reihe  mit  starkem  Hautödem  einher«> 
gehenden,  artifiziellen  Dermatitiden  wird  man  daher  nach  diesem  Versuche 
Jankowskts  wohl  auf  eine  komplizierende  Yasomotorenlähmung  zu 
schliefsen  berechtigt  sein.  Übrigens  hatte  die  Durchschneidung  der  Vaso- 
motoren in  Jankowskys  Experimenten  keinen  bestimmten  und  konstanten 
Einfluis  auf  die  Farbe,  die  Gerinnbarkeit  und  den  Gehalt  an  festen  Be- 
standteilen der  Entzündungslymphe,  sondern  lediglich  auf  deren  Quantität. 

Kombinierte  Jankowsky  weiter  mit  der  Entzündung  die  von  Sol- 
nitschewsky  geübte  Gipsthrombosierung  der  Venen,  so  ergab  sich  eine 
Steigerung  der  Lymphquantität,  welche  diejenige  beider  einzelnen  Pak- 
toren hinter  sich  liefs.  und  diese  konnte  wiederum  noch  übertroffen 
werden  von  der  Kombination  einer  Entzündung   und    Stauung    mit    dem 


•  Janxowbkt,  Über  die  Bedeutung   der  GefäTsnerven   für  die  Entwickelung   des 
Ödems.     Virchowa  Archiv.  Bd.  93.  pag.  259. 


450 

Yasomotorensohnitt.  Auch  diese  Itesultate  sind  so  selbstverständlich,  da& 
sie  keiner  Erläntemng  bedürfen. 

Überraschendere  Ergebnisse  erhielt  Jankowsky  jedoch,  als  er  seine 
Versuche  an  durch  Kochsalzinfusion  hydrämisierten  Hunden  fortsetste. 
OoHNHEiM  und  Lichtheim  hatten  bekanntlich  gefunden,  daCs  die  Lymphe 
bei  solchen  Tieren  von  geringerer  Konzentration  ist,  aber  dafs  trotzdem 
kein  Ödem  erscheint,  dais  dagegen  letzteres  nach  sonst  folgenlosen,  leichten 
Stauungen  und  Entzündungen  in  ansehnlichem  Maise  auftritt.  Hierbei 
ist  Entzündung  und  Stauung  wohl  zu  untersicheiden.  Leichte  Entzfln- 
düngen  können,  weil  sie  eine  abnorme  Durchlässigkeit  der  &e&lswandangen 
herbeiführen,  von  stärkerer  Transsudation  der  dünneren  Lymphe  begleitet  sein; 
es  würde  das  wenigstens  nichts  auffallendes  haben.  Aber  weshalb  steigen 
schon  leichte  Stauungen  die  Transsudation  hydrämischer  Lymphe,  während 
sie  —  der  Kollateralen  wegen  —  diesen  Effekt  bei  gesunden  Tieren  be- 
kanntlich nicht  haben?  Eine  Veränderung  der  Ge^wand  durch  dis 
flydrämie  darf  man  bei  diesen  Versuchen  noch  nicht  heruiziehen,  sonst 
mülste  auch  ganz  ohne  Stauung  Ödem  eintreten.  Wie  haben  wir  vaa 
das  zu  erklären? 

Jankows£T  denkt  offenbar,  daCs  bei  hydrämischen  Tieren,  weil  ge- 
wöhnlich kein  Ödem  entsteht,  nicht  mehr  Lymphe  als  normal  produziert 
wird.  Hierin  steckt  aber  ein  Trugschluis,  und  weil  sich  dureh  die  ganze 
Lehre  vom  Ödem  dieser  Trugschlufs  hindurchzieht,  mufs  ich  auf  deneriben 
einmal  ernstlich  aufmerksam  machen. 

Wir  haben  allen  Grund  anzunehmen,  dais  in  der  BLatit  viel  m^ 
Lymphe  die  arteriellen  und  venösen  Kapillaren  verlälst,  als  in  den 
Lymphgefäisstämmen  später  nachweisbar  ist,  einfach  deshalb,  weil  die 
besonders  zahlreichen  und  besonders  weiten  Hautvenen,  wie  ich  sefaon 
zu  wiederholten  malen  betont  ^^  die  meiste  Lymphe  der  Haut  wieder 
aufsaugen.  Das  Lymphgefäfssystem  der  Haut  ist  für  den  ganzen 
Saftstrom  der  Haut  nur  eine  mehr  oder  minder  in  Anspruch 
genommene  Seitenbahn. 

Dies  lehren  zunächst  die  anatomischen  Verhältnisse  der  Haut:  die 
im  Vergleich  mit  den  Venen  g.eringe  2iahl  und  geringe  Weite  der 
Lymphgefäisstämme  und  mehr  noch  die  auffallende  Weite  der  Hautvenen 
gegenüber  dem  Um&nge  der  Hautarterien  in  anbetracht  der  geringen 
zwischen  beiden  interponierten  Gewebsmassen.  Würden  die  Hautvenen 
nur  dem  Rückflusse  des  Blutes  aus  den  recht  engen  und  relativ  spär- 
lichen  Hautarterien   dienen,    vermindert  um  sämtliche  in  der  Haut  abge- 


^^  Die  Lymphbahnen  der  menschlichen  und  tierischen  Haut  Monatth.  /.  prakt, 
Dermat  1882.  pag.  20.  —  Das  subkutane  Fettgewebe.  Ebenda,  1882.  —  Anatomie 
der  Haut  Ziem  säen  8  Handbwh,  pag.  109.  —  Beitrage  zur  Anatomie  der  Urticaria 
isimpl.  u.  pigm.    Dermatologische  Studien,  Hefl  3.  pag.  86.  1887. 


1 
451 


sonderte  Lymphe,  deren  Menge  —  wenigstens  im  Fapillarkörper  —  keine 
geringe  sein  kann,  so  wftre  ilire  bedeutende  Weite  ganz  nnerklärlich  nnd 
tjü[>eiflüs8ig. 

Doch  viehtiger  nooh  als  diese  anatomisohen  Yerhidtaiflse  sind  die 
physiologischen  Experimente,  welche  stets  ein  nnd  dasselbe  Resultat 
ergeben  haben,  dais  es  durch  Unterbindung  noch  so  zahlreiche  Lymph- 
ge&lse  überhaupt  nicht  gelingt,  ein  Hautödem  hervorzubringen.  Hier  ist 
nicht  der  Einwand  berechtigt,  wie  gegenüber  den  Experimenten  Baitvisbs,' 
dafs  eine  Unzahl  von  Anastomosen  das  Zustandekommen  einer  Ljrmph- 
stase  nach  Ljnnphge&fisunterbindung  verhindere.  Denn,  wenn  die  Haut- 
lymphe —  nach  der  allgemein  gebräuchlichen  Annahme  —  die  Lymph- 
geifiUsstämme  der  Haut  beständig  erfüllte,  so  müiste  eine  Unterbindung 
aller  jedenfalls  so  lange  ein  Ödem  hervorrufen,  bis  die  Venen  dasselbe 
aufgesogen  hätten.  Denn  diese  Mögliehkeit,  unter  pathologischen  Um* 
ständen  Lymphe  aufzusaugen,  gesteht  man  den  Venen  ja  zu.  Aber  es 
entsteht  auch  im  AnfEmge  kein  Ödem  nach  Lymphge&Jsunterbindung,  und 
nach  meiner  Ansicht  ein&ch  deshalb  nicht,  weil  normalerweise  die 
Lymphge&fsstämme  fast  trocken  sind,  nur  verschwindende  Menge  Lymphe 
führen  und  fast  alle  in  den  arteriellen  Kapillaren  abgesonderte  Lymphe 
durch  die  venösen  Gef^fse  in  der  Haut  bereits  zurückkehrt.  Dies 
klingt  nur  paradox  für  denjenigen,  welcher  bisher  nicht  beachtet  hat, 
dals  alle  Experimentatoren  aus  den  angeschnittenen  LymphgefUsstämmen 
gar  keine  Lymphe  in  der  Buhe  sammeln  konnten.  Ein  m«rklioher 
Lymphabflub  aus  den  L3rmphge[fiLis8tämmen  kommt  bekanntlieh  erst  zu 
stände,  wenn  mit  den  betreffenden  Extremitäten  Pumpbewegungen  aus- 
gejEührt  werden,  welche,  wie  man  annimmt,  die  Lymphe  ansaugen,  in 
Wirklichkeit  aber  in  wirksamster  Weise  einmal  an  der  Flexoren-,  dann 
an  der  Extensorenseite  die  Hauivenen  komprimieren  und  so  abwechselnd, 
bald  dort,  bald  hier,  eine  Quantität  Lymphe  vom  Haupflymphstrome 
der  Venen  ab  in  den  stets  offenen  Seitenweg  der  Lymphgefilise  leiten. 
Wenn  aber  Muskelbewegung  dazu  gehört,  die  Lymphgefkisstämm*  zu 
fällen,  so  kann  man  diese  doch  nicht  als  Hauptweg  für  den  Büokfinfs 
der  Lymphe  betrachten. 

Es  ist  also  der  zweite,  wichtige  Hauptsatz  der  Ödemlehre: 
Absolute  Aufhebung  des  Lymphstromes  in  den  Lymphgefäfs- 
stämmen  der  Haut  hat  kein  Ödem  zur  Folge,  da  die  meiste 
Lymphe  narmalerweifle  durch  die  Hautvenen  zum  Herzen 
zurückgeführt  wird. 

EUeraus  folgt  aber  sofort,  dafis  das  Ausbleiben  einer  Mengen- 
steigeruDg  der  Lymphe  in  den  Lymphge&lsstämmen  der  Haut  ebenso 
wie  das  Ausbleiben  des  Ödems  durchaus  noch  nicht  den  Mangel  reich- 
licher  Transsudation   (nämlich  in   das   Hautgewebe   und   zurück  in  die 


452 

Yenenan&nge)  beweist.  Es  können  nnd  werden  —  entsprechend  der 
dünneren  Lymphe  —  bei  hydrämisohen  Tieren  gröfsere  Lymphquantitäten 
in  der  Hant  zirkulieren,  ohne  dafs  die  ans  den  Stämmen  auffangbare 
Lymphe  vermehrt  wird  oder  Odem  eintritt.  Dieses  Verhältnis  kann  sich 
aber  sofort  ändern,  sowie  das  normale  Verhältnis  von  Blutzu-  und  -abfiahr 
zu  Ungunsten  der  letzteren  geändert  wird. 

Es  wird  uns  nach  dem  Gesagten  gamioht  überraschen,  wenn  Jas* 
KOWSKY  bei  hydrämisohen  Hunden  durch  die  Unterbindung  von  Lymph- 
ge&Tsstämmen  kein  Ödem  erzeugen  konnte,  wohl  aber  nach  Durchschnei- 
dung der  Vasomotoren  (eines  Beines,  verglichen  mit  dem  gesunden  Beine 
des  hydrämisohen  Tieres). 

Wir  brauchen  also  auch  aus  dem  Umstände,  daCs  bei  Hydrämie 
schon  das  Spiel  der  Vasomotoren  genügt,  um  Ödem  zu  bewirken,  durch- 
aus nicht  mit  Janeowsey  den  weiteren  Trugschluls  zu  ziehen,  da&  bei 
Hydrämie  (und  ebenso  bei  Stauung)  zur  Vasomotorenlähmung  ein  unbe- 
kanntes,' mysteriöses  Etwas  hinzukommen  müsse,  um  das  ödem  zu  er- 
klären. Und  damit  entMlt  auch  die  Hoffiiung,  die  Jakeowset  rege 
macht,  aus  seinen  Versuchen  ein  Verständnis  fCLr  die  Urticaria  und  daa 
QüiNOEBsche  akute  Ödem  zu  erzielen;  wie  es  denn  —  und  das  gibt 
Janeowset  selbst  zu  —  durchaus  keine  hydrämische  Menschen  sind, 
welche  an  Urticaria  erkranken. 

Dagegen  ist  das  Verständnis  der  Hautödeme  bei  Nephritikem,  Kam« 
nomatösen  und  Tuberkulösen,  überhaupt  bei  Elachektischen,  durch  die 
jANEOWSEYschen  Experimente  in  der  That  wesentlich  gefordert. 

War  hiemach  der  Charakter  des  Hautödems  mit  Aufdeckung  der 
physiologischen  und  pathologischen  Ghnndthatsachen  durch  Ludwig  und 
OoHNHEiM  und  ihre  Schüler  auch  in  den  wesentlichen  Umrissen  fest- 
gestellt, ja,  waren  diese  Umrisse  bereits  fester  und  klarer  eis  Janeowsey, 
der  letzte  Bearbeiter,  selbst  glauben  mochte,  so  war  es  doch  noch  nidii 
möglich,  auf  diesem  gesicherten  G-runde  eine  Pathologie  des  Hautödems 
zu  errichten,  welche  die  klinischen  Thatsachen  der  Dermatologie  sämüioh 
umÜBifste  und  verständlich  machte.  Die  Wissenschaft  geht  bekanntlich 
meistens  nicht  gerade  aus,  sondern  im  Zickzack.  Ein  Forscher  aus 
Heidbnhains  Schule,  Bogowigz^^  war  es,  welcher  an  den  Grundvesten 
der  bereits  gewonnenen  Erkenntnis  rüttelte  und  eine  der  bereits  fdr  über- 
wunden geltenden  BANViERschen  Theorie  ähnliche  aufzustellen  unternahm. 
A  priori  leuchtete  es  Rooowioz  ein,  dais  eine  rein  mechanische  Theorie 
der  Lymphfiltration  schwer  verständlich  sein  müsse,  welche  die  Erweite- 
rung der   zuführenden   Arterien  für  gleichgültig  in  bezug  auf  die  Ödem- 


^^  BoGOWicz,   Beiträge  zur  Eenntnis    der   Lympbbildang.    Pflüg  er  8  ArdUv. 
Bd.  36.  pag.  252.  1885. 


453 

bildung  erkläre,  die  Besohränkong  des  venösen  Abflusses  dagegen  für 
wesenÜich.  Dagegen  wissen  wir,  dafs  ein  Anhänger  der  rein  meohanisclien 
Theorie,  welcher  nur  die  anatomischen  Verhältnisse  kennt,  wie  sie  in 
der  Haut  vorliegen,  sehr  wohl  begreift,  weshalb  eine  Erweiterung  der 
Arterien  nicht  entfernt  den  hautschwellenden  Einfiuis  besitzen  muJs  wie 
eine  entsprechend  starke  Yerengenmg  der  Venen.  Spezieller  knüpft 
BoQOWiGZ  an  jene  oben  erwähnten  Ausnahmefälle  von  EMifiNaHAUS  an 
welcher  in  der  That  zweimal  unmittelbar  nach  Durchschneidung  des 
Ischiadicus  eine  Steigerung  der  Lymphquantität  konstatiert  hatte. 

BoGOWiGZ  wiederholte  nun  zunächst  die  Versuche  von  Janeowskt, 
indem  er  nach  einseitiger  Ischiadicns-Durchschneidung  die  Lymphmengen 
beider  Pfoten  verglich,  und  fand  im  Gegensatz  zu  jenem  Forscher,  dals 
die  Lymphmenge  an  der  vasomotorisch  gelähmten  Seite  so  lange  be- 
deutender war  als  an  der  gesunden,  als  diese  Seite  auch  eine  höhere 
Temperatur  des  kranken  Beines  anzeigte. 

Booowicz  macht  sich  gegen  dieses  durchaus  unerwartete  und  neue 
Besultat  nur  den  Einwurf,  dais  möglicherweise  nicht  beide  Hinterpfoten 
bei  gleichen  Bedingungen  gleiche  Lymphrnengen  lieferten.  Diesen  sub- 
tilen Einwand  wollen  wir  ihm  ruhig  ersparen,  aber  er  scheint  nicht  2U 
bemerken,  dals  Janeowskt  die  Lymphmengen  zwei  Tage  nach  dem 
Vasomotorenschnitt  maJs,  während  er  selbst  unmittelbar  nach  demselben 
die  Quantität  der  Lymphe  bestimmte.  Das  ist  in  der  That  die  ausschlag- 
gebende Differenz  beider  Versuchsreihen. 

Booowicz  bestimmte  weiter,  wie  Paschutin  und  Emminghaüs,  die 
Lymphmengen  derselben  Pfote  vor  und  nach  der  Durchschneidung  des 
Nerv,  ischiadicus  und  fand  das  als  Begel,  was  bei  Emhinghaub  Ausnahme 
war.  Li  den  ersten  30  Minuten  nach  der  Operation  war  die  Lymphe 
weit  reichlicher  als  zuvor,  während  die  Temperatur  zugleich  anstieg. 
Dann  trat  jedoch  wieder  ein  Absinken  der  Lymphmengen  ein,  während 
die  Temperatur  hoch  blieb. 

Uns  scheint  auch  dieses  abweichende  Resultat  von  Booowicz  leicht 
verständlich.  Vor  dem  Vasomotorenschnitt  waren  die  Venen  des  Hunde- 
beines auf  einen  gewissen  Blutdruck  so  eingestellt,  dafs  sie  dabei  fast 
alle  abgesonderte  Lymphe  in  sich  zurück  aufiiehmen  konnten.  Nach  dem 
Schnitte  dauerte  es  SO  Minuten,  bis  sich  sämtliche  Venen  auf  einen 
höheren  arteriellen  Blutdruck  eingestellt  hatten,  bei  welchem  sie  nun, 
wie  zuvor,  die  abgesonderte  Lymphe  bewältigen  konnten,  dann  muüste 
die  auffangbare  Lymphquantität  wieder  abnehmen,  trotzdem  GefäCser- 
weiterung  und  Temperaturerhöhung  gleich  blieben.  Bis  zu  diesem 
Zeitpunkt  aber  erzeugte  der  arterielle  Überdruck  ein  AbflieDsen  der 
reichlicher  abgesonderten  Lymphe  auf  dem  hierzu  bereit  stehenden  Seiten- 
wege der  Lymphbahnen. 

Monatshefte.  30 


454 

Ferner  fand  ßoQOWicz,  dals  nach  jeder  mit  Temperatnrherabsetzmig 
verbundenen  Reizung  des  durchschnittenen  Ischiadicus  die  Lymphmenge 
erheblich  anstieg,  aber  nicht  dauernd,  sondern  um  trotz  hoch  bleibender 
Temperatur,  also  dauernder  arterieller  Erweiterung  wieder  abzusinken. 
Auch  dieses  Besultat,  wie  wohl  ohne  weiteres  zugegeben  wird,  ist  eine 
selbstyerständliche  Konsequenz  unseres  ersten,  vorsichtig  eingeschränkten 
Hauptsatzes,  dais  jedes  für  die  Blutabfuhr  ungünstige  Verhältnis  der 
Zirkulation,  so  lange  es  dauert,  die  Lymphe  von  der  venösen  auf  die 
lymphatische  Bahn  ablenkt. 

Die  Quantität  der  aufgefangenen  Lymphe  ist  während  der  Dauer 
der  Ischiadicus-Eeizung  gegen  die  Norm  nicht  wesentlich  vermindert 
Dieses  mufste  Boaowicz,  welcher  glaubte,  die  Lymphproduktion  der  Haut 
an  der  aus  den  Lymphstämmen  aufgefangenen  Lymphe  messen  zu  können, 
natürlich  auffallen.  „Es  scheint  also,  dafs  ein  Weiterwerden  der  Ea* 
pillaren  den  Lymphstrom  mehr  begünstigt,  als  ein  Engerwerden  ihn 
beeinträchtigt."  Dieser  Schluis  ist  nach  unserer  Anschauung  gamicht 
notwendig  und  würde  eine  physikalisch  schwer  verständliche  Annahme 
involvieren.  Die  absolute  Weite  der  Kapillaren  ist  überhaupt  für  die 
Absonderung  auffangbarer  Lymphe  irrelevant.  Die  relative  Weite  von 
Zu-  und  AbfluDs  beherrscht  allein  die  Menge  der  letzteren.  Bei  Tetani- 
sierung  des  Ischiadicus  sind  Arterie  und  Yene  kontrahiert,  das  Verhältnis 
ihrer  Weite  gegen  die  Norm  also  nicht  erheblich  verändert.  Nach  Auf- 
hören des  Beizes  steht  das  arterielle  Zuflufsrohr  sofort  unter  dem  vollen 
arteriellen  Blutdruck,  das  venöse  Abflulsrohr  nur  unter  dem  weit  schwächeren 
Druck  des  verengerten  Kapillargebietes.  Jenes  wird  sich  demgemäCs  sehr 
stark  und  rasch,  dieses  nur  mäisig  und  langsam  erweitem,  und  bis  dieses 
fOr  den  Blutabfluis  ungünstige  Verhältnis  gehoben  ist,  muTs  eine  Ver- 
mehrung der  Lymphe  in  den  Lymphge&fsen  die  notwendige  Folge  sein« 

B.OGOWICZ  hat  endlich  seine  Versuche  noch  vervollständigt  durch 
Untersuchung  des  Einflusses,  welchen  die  reflektorische  Erweiterung 
der  Hautarterien  des  Hundesfulses  besitzt.* 

Die  Beizung  des  zentralen  Vagusendes .  führt  durch  Erregung  der 
Erweiterungsnerven  am  Fuise  eine  aktive  Dilatation  der  Arterien  herbd, 
welche  mit  Steigerung  der  Temperatur  auch  eine  grolse  Quantität  Lymphe 
in  die  Lymphge&lse  überführt.  Daus  diese  Wirkung  hier  eine  gröÜBere 
ist  als  bei  der  Erweiterung  nach  voraufgehender  Beizung  der  Vaso- 
konstriktoren,  erklärt  sich  leicht  dadurch,  dals  in  letzterm  Falle  keine 
aktive,  sondern  nur  eine  passive  Arterienerweiterung  eintritt,  proportional 
der  Höhe  des  allgemeinen  Blutdrucks.  Dafs  weiter  diese  Vermehrung 
der  auffangbaren  Lymphmenge  sehr  bald  mit  der  Temperatur  gleichzeitig 
wieder  absinkt,  ist  eine  Folge  davon,  dais  hier  die  Arterien  sich  nach  der 
Beizung  wieder  verengern. 


455 

•Die  Erweiternng  der  Arterien  tritt  nach  Ostboümoff  auch  bei 
NikotinTergiftung  ein.  Kogowicz  fand  dieselbe  begleitet  von  einer  sehr 
starken  Vermehning  auffangbarer  Lymphe,  der  mit  dem  Abfall  des  Blnt- 
dmcks  ein  rapider  Abfall  folgte. 

Alle  bisherigen  Versnobe  von  Rogowicz  reihen  sich  zwanglos  nnsem 
beiden  Hauptsätzen  der  Ödemlehre  nnter.  Die  Schwierigkeiten,  welche 
der  Antor  gegenüber  seinen  eigenen  Besidtaten  empfindet,  insbesondere 
das  Absinken  der  Lymphmenge  trotz  hoch  bleibender  Temperatur  und 
Geftfserweiterung,  existieren  für  uns  nicht.  Wir  haben  nicht  nötig,  mit 
ihm  zu  den  auf  schwachen  Füfsen  stehenden  Hypothesen  zu  greifen,  dafs: 
das  Weiterwerden  der  Kapillaren  die  Lymphbilduug  begünstige,  das 
Weitersein  vielleicht  nicht  —  oder:  dab  die  Morphiumbetftubung  viel- 
leicht in  Beträcht  kttme,  um  das  anscheinend  Paradoxe  zu  erklären.  Ln 
Gegenteile,  die  Boaowiczschen  Versuche  sind,  richtig  aufgefafst,  vorzüg- 
liche Stützen  der  in  der  Schule  von  Ludwig  und  Gohnheim  aufgestellten 
Hauptsätze;  sie  ergänzen  jene  Versuche  um  die  genauere  und  wertvolle 
Kenntnis  der  Anfangswirkung  der  Vasomotorenlähmung,  welche 
wirklich  in  einer  Vermehrung  auffangbarer  Lymphe  besteht.  Und  diese 
Anfangswirkung  ist  nur  eine  Schwankung  der  Lymphsäule  aus  dem 
venösen  zum  Teil  in  das  lymphatische  System,  welche  der  Ausgleichung 
des  abnormen  Verhältnisses  zwischen  Arterien  und  Venenweite  proportional 
verläuft. 

RoGOwioz  fällt  es  nun  selbst  auf,  dals  die  bisherige  Lehre  von  der 
Irrelevanz  der  Vasomotorenlähmung  nur  dann  von  ihm  entkräftet  würde, 
wenn  er  zeigen  könnte,  dals  die  Erweiterung  der  Arterien  auch  unter 
normalen  Verhältnissen  eine  dauernde  Vermehrung  des  Lymphabflusses 
zur  Folge  hat  Und  hierzu  führte  er  in  ihrer  Art  ganz  neue,  höchst 
interessante  Versuche  aus,  welche  der  Lispiration  Heidenhains  würdig 
sind.  Nach  Vorversuchen  über  die  Bläuuug  ödemätös  gemachter  Zungen 
durch  Einspritzung  you  P/oigem  indigschwefebaurem  Natron  in  eine  Vena 
saphena,  stellte  er  folgenden  Grundversuch  an: 

Beim  Kaninchen  wird  ein  Halssympathicus  durchschnitten  und  die 
genannte  Farblösung  in  eine  Vena  saphena  injiziert.  Das  vollständig 
vasomotorisch  gelähmte  Ohr  wird  viel  früher  gebläut  als  das  gesunde. 
Der  AufspeicheruDg  des  Farbstoffs  in  der  Leber  und  Niere  geht  sehr 
bald  ein  Verschwinden  des  Farbstoffs  im  Blute  parallel,  und  die  stärkere 
Durchschwemmung  mit  farbloser  Ljnnphe  zeigt  nun  das  gelähmte  Ohr 
dadurch  an,  dafs  es  bereits  in  24  Stunden  wieder  farblos  ist,  während  das 
gesunde  erst  später  farblos  wird.  Den  Beweis  dafür,  dafs  hier  am  Ohr 
die  Bläuung  auf  dem  Wege  der  Lymphbahnen  einhergeht,  findet  Roao- 
wicz  in  einem  andern  Versuche  am  Hunde.  Nach  Ischiadicus-Durch- 
schneiduDg  wird  bei  diesem  in   die  Vena  facialis   aoterior  indigschwefel- 

80* 


466 

saures  Natron  injiziert.  Auf  beiden  Seiten  wird  die  Beinlymplie  ange- 
fangen ;  diejenige  auf  der  gelähmten  Seite  ist  etwas  früher,  besonders  aber 
stärker  blau,  der  feste  Rückstand  beider  Lymphen  erwies  sich  dagegen 
nicht  verschieden. 

Ist  nun  wirklich  durch  diese  Versuche  bewiesen,  dais  der  Einflulk 
der  Arterienerweiterung  auf  die  Lymphproduktion  ein  dauernder  ist? 
Uns  dünkt,  die  raschere  Bläuimg  des  Ohres  erklärt  sich  vollauf  durch 
das  zunächst  auftretende  Mifsverhältnis  zwischen  Blutzu-  und  -abfuhr;  es 
ist  ganz  natürlich,  mathematiisch  notwendig,  dais  die  früher  gebläute 
Seite  auch  die  stärker  gebläute  bleibt,  und  selbst  die  firühere  Entfernung 
der  Farbe  aus  dem  gelähmten  Ohre  ist  verständlich,  wenn  diese  noch  in 
das  Stadium  der  nicht  ganz  ausgeglichenen  Blutzirkulation  hinein&Ut. 

Nun  sind  in  der  Thai,  wie  es  scheint,  die  Mehrzahl  von  Roeowic^ 
Versuchen  so  angestellt,  dafs  unmittelbar  nach  der  Sympathicusduich- 
schneidung  die  Farbinjektion  ausgeführt  wurde.  Für  un9  würde  fär  eine 
wirklich  stärkere  und  dauernd  stärkere  Berieselung  des  Ohres  mit  Lymphe 
nur  solch  ein  Injektionsversuch  oder  besser  wiederholte,  zu  permanent» 
Bläuung  führende  Injektionsversuche  beweisend  sein,  welche  einige  Tage 
nach  der  Lähmung  der  Vasomotoren,  bei  nur  gerötetem,  aber  durch- 
aus nicht  mehr  ödematösen  Ohre  ausgeführt,  ein  unzweideutiges 
Voraneilen  resp.  Bleiben  der  Bläuung  zeigte.  Für  diese  offenbare  und 
entscheidende  Lücke  der  Versuche  ist  die  anhangsweise  gegebene,  kurze 
Bemerkung:  „Das  Resultat  bleibt  dasselbe,  wenn  man  den  SympaÜiiciis 
24  Stunden  vor  der  Farbstoffinjektion  durchschnitten  hat**  —  kein  Ersats. 
Um  diesen  Punkt  hätten  sich  eigentlich  alle  Versuche  drehen  müssen, 
und  wir  müssen  dringend  zur  Nachprüfung  in  diesem  Sinne  mit  der  an 
und  für  sich  zweifellos  vortrefflichen  Methode  aufPordern. 

Wir  können  also  bisher  auch  durch  Rooowicz,  so  wenig  wie  früher 
durch  Rakvieb,  die  rein  mechanische  Theorie  des  Ödems  als  erechüttert 
ansehen.  Wenn  Rogowioz  schlielslich  noch  die  von  Paschittin  entdeckte 
lymphtreibende  Wirkung  der  Ourare-Injektion  als  Beweis  dafür  anfUut, 
dafs  die  mechanische  Theorie  nicht  alle  Ödeme  erkläre,  so  halten  wir  dies 
bei  der  ITnvollkommenheit  unserer  Kenntnisse  vom  Ourare  auch  für  ve^ 
früht.  Die  Drucksteigerung  im  Venensystem,  welche  bei  Curarevergiffamg 
eintritt,  könnte  dieses  Ödem  beispielsweise  erklären.  Keinenfalls  haben 
wir  aber  bis  jetzt  Veranlassung,  mit  RoGOWicz  „ lymphtreibende*'  Mittel 
nach  Analogie  der  „harntreibenden''  anzunehmen. 

Diese  in  den  letzten  Bemerkungen  von  Roaowicz  angedeutete  Rich- 
tung, welche,  unbefriedigt  von  der  rein  mechanischen  Theorie  des  Ödems, 
sich  nach  andern  Hil&kräften  für  die  Entstehung  mancher  Ödeme  aus- 
sieht, hat,  wie  es  scheint,  noch  einen  weit  positiveren  Vertreter  in  unsrer 


457 

Zeit  erhalten.  Tigebstbdt  und  Santssson^'  lassen  „die  Transsudation 
ans  dem  Blnte  infolge  einer  aktiven  Thätigkeit  derjenigen  Zellen,  welche 
die  Eapillarwand  zusammensetzen*^,  geschehen  (pag.  58).  Ihnen  ist  es 
nicht  unmöglich,  „dafs  eine  Transsudation  durch  Nenrenreizung  statt&nde, 
seihst  in  dem  Falle,  dafs  der  Blutdruck  gleich  null  wäre^  (pag.  60). 
Eine  „aktive  Thätigkeit''  der  Endothelien  würde  mithin  als  deus  ex  machina 
heispringen,  wo  nur  die  mechanische  Theorie  des  Ödems  im  Stiche  zu 
lassen  scheint. 

Die  Hauptversuche  der  schwedischen  Autoren  heschftftigen  sich  gar- 
nioht  mit  der  Filtration  durch  lebende  Eapillarwände,  sondern  derjenigen 
durch  tote  tierische  Membranen  (Q-oldschlägerhäutohen).  Dieselben  verdienen 
ab  reiflich  durchdachte  und  mit  allen  Eautelen  ausgeführte  Arbeit  das 
uneingeschränkteste  Lob.  Die  Verfasser  kommen  zu  der  wohl  unanfecht- 
baren These,  daJs  die  für  tote  Membranen  geltenden  Gesetze  nicht  direkt 
auf  den  TierkOrper  Anwendung  finden  können.  Hieran  schliefsen  sich 
einige  Versuche  an  überlebenden  Gheweben  des  Frosches  (Lunge,  Darm, 
Bauchwand),  welche  solange  keine  Filiration  zeigten,  als  der  Überzug 
epithelialer  Zellen  nidit  beschädigt  war;  diese  beanspruchen  ebenfalls  an 
sieh  grofses  Litereese.  An  diese  vorzügliche  experimentelle  Arbeit  reiht 
sich  nun  ein  Kapitel,  in  welchem  die  Autoren  aus  den  von  uns  be- 
sprochenen Arbeiten  den  Schiulis  ziehen,  dafs  die  einfachen  Gesetze  der 
Filtration  überhaupt  auf  die  Transsudation  durch  die  Kapillaren  keine 
Anwendung  finden  können  und  deshalb  die  Annahme  einer  bisher  noch 
unbekannten  Hilfskraft  notwendig  sei.  Eine  solche  haben  ja  auch  schon 
Jaiteowsky  und  Bogowigz  zwischen  den  Zeilen  ahnen  lassen,  aber  doch 
nur,  weil  sie  die  physiologischen  Thatschen  nicht  im  Lichte  der  anato- 
mischen Verhältnisse  der  Haut  betrachteten.  Wir  dagegen  empfinden 
kein  Bedürfnis  nach  einer  noch  unbekannten  Hilfskraft  für  die  Trans- 
sudation aus  den  Blutge&ben  dw  Haut.  Die  bekannten  physikalischen 
Kräfte  und  anatomischen  Einrichtungen  genügen  uns  in  allen  Fällen  zur 
Erklärung  der  Ödeme.  Aber  selbst  wenn  uns  heute  noch  gegenüber  der 
weitaus  überwiegenden  Anzahl  leicht  erklärbarer  Vorkommnisse  der  eine 
oder  der  andre  Fall  Schwierigkeiten  bereiten  sollte,  so  würden  wir  uns 
wohl  hüten,  ein  solches  Danaergeschenk  wie  die  „aktive  Thätigkeit  der 
Endothelien"  anzunehmen.  Es  wäre  das  entschieden  ein  Bückschritt 
gegenüber  aller  durch  die  Schüler  Lxtdwigs  und  Gohnheims  gewonnenen 
klaren  Erkenntnis.  Möge  die  noch  ganz  unverstandene  Nerventhätigkeit 
innerhalb  der  Drüsenepithelien   immerhin   die  Vorgänge  der   Sekretion 


'*  TioERSTEDT  und  Saktessok,  Einige  Betrachtangen  und  VerBache  über  die 
Filtration  in  ihrer  Bedeutung  für  die  Transsudationsprosesse  im  Tierkoiper.  Mit" 
teilung  vom  phiysioL  Lahoratorium  m  StodshcHm^  von  Ytot  Lovek.  Heft  IV.  1886. 


468 

80  lange  mit  dem  woUÜiätigen  Schleier  eines  Mysteriums  decken,  bis  die 
Meckanik  dieser  chemischen  Vorgänge  klaigelegt  ist,  nnr  wolle  man  uns 
dieses  Mysterium  nicht  auch  in  die  an  und  für  sich  so  viel  klarer  liegenden 
Prozesse  der  Transsudation  einzuführen  versuchen. 

Die  LymphbilduDg  in  der  Haut  ist  und  bleibt  eine  einfache  Trans- 
sudation, die  Lymphe  ein  wahres  Transsudat.  Alle  gelösten,  nicht 
kolloiden  Stoffe  des  Blutplasmas,  die  Salze  des  Blutes,  (JullenfEirbstpff 
und  andre  derartige,  fremde  Beimischungen  transsudieren  in  die  Lymphe 
nach  einfach  physikalischen  Prinzipien  über.  Die  Gre&lsendothelien  be- 
%tzen  nicht  das  elektive  Vermögen  der  Drüsenepithelien^',  gewisse  Stofie 
dieser  Art  vorzugsweise  zurückzuhalten  und  andre  durchzulassen.  Daher 
erscheint  es  durchaus  unangemessen,  ihnen  eine  durch  NerveneinfluGs  in- 
spirierte Elektion  für  den  Durchtritt  oder  die  Zurückhaltung  des  Biut- 
wassers  zuzuschreiben. 

Aber  wir  haben  ein  solches  Auskunftsmittel  auch  gamioht  nötig. 
Alle  jene  mehr  oder  minder  ernsten  Bestrebungen,  die  rein  mechanische 
Theorie  des  Ödems  abzuschütteln,  finden  offenbar  ihren  Hinterhalt  an 
jenen  sogenannten  nervösen  Ödemen  der  Haut  (und  des  Nervensystems), 
welche  von  jeher  den  Pathologen  die  grölsten  Schwierigkeiten  bereiteten« 
Selbst  CoHNHEiM  gesteht,  dafs  auiser  einigen  Thatsachen  der  experimen- 
tellen Pathologie  besondei*s  das  Wesen  der  Urticaria  und  verwandter 
Dermatosen  doch  an  die  Möglichkeit  eines  direkten  Kerveneinfiusses  auf 
den  Transsudationsprozefs  denken  liefsen. 

Diese  Batlosigkeit  der  Pathologen  den  sogenannten  nervösen  Ödemen 
gegenüber  ist  sehr  wohl  begreiflich;  denn  die  experimentelle  Pathologie 
ist  bisher  fast  stets  der  Untersuchung  jenes  Faktors  geflissentlich  aus  dam 
Wege  gegangcD,  welcher  alle  „nervösen  Ödeme**  erklärt,  indem  er  auch 
sie  als  ein  besonderes  Beispiel  der  mechanischen  Ödeme  erkennen  läist  — 
das  ist  die  dem  Nerveneinflufs  gehorchende  Venenmuskulatur. 
Man  hat  bei  der  Lektüre  vieler  Arbeiten  über  das  Ödem  den  Eindruck, 
als  ob  die  Autoren  die  Venen  geradezu  für  muskellose  Schl&uche  hielten, 
und  doch  hat  gerade  die  Haut,  an  welcher  die  urtikariellen  Prozesse 
vorzugsweise  beobachtet  werden,  an  den  meisten  Orten  eine  Muskulatur 
der  hypodermalen  Venen,  welche  derjenigen  der  hypodermalen  Arterien 
wenig  nachgibt.  Wo  aber  Muskeln  sind,  da  haben  wir  auch  ein  Beoht, 
Muskelwirkung  und  Nervenverbindungen  mit  Sicherheit  anzunehmen. 
Wir  verdenken  es  keinem  Physiologen,  ja  selbst  nicht  dem  Anatomen, 
welcher  ein  neues  Muskelbündel  am  Skelett  entdeckt,  wenn  er  nach  der 
Lage  der  Ansatzpunkte  die  Wirkung  seines  Zuges  bemiist,  ihm  daraufhin 


^^  Senator,  Über  Transsudation  und  über  den  Einflufs   des  Blutdrucks  auf  die 
Beschaffenheit  der  Transsudate.     Virchows  Ardiio,  Bd.  111.  pag.  219.  1888. 


459 

seine  Stellung  unter  den  übrigen  Muskeln  zuteilt  und  sogar  seine  Bolle 
bei  koordinierten  Bewegungen  des  ganzen  Skeletteiles  feststellt.  Nun, 
mit  genau  demselben  Becbte  haben  wir  auch  für  die  oft  sehr  bedeutende 
Bingmuskulatur  der  Venen  des  subkutanen  Plexus  eine  Wirkung  anzu- 
nehmen und  das  Eingreifen  dieser  Wirkung  in  den  Verlauf  der  übrigen 
Veränderungen  der  GeMswände  zu  berechnen.  Dieses  Becht  wollen  wir 
uns  nicht  verkümmem  lassen. 

So  hat  die  Angabe  für  die  experimentelle  Pathologie  Ton  jeher  ge- 
legen, aber  sie  ist  stiefmütterlich  behandelt  worden.  Einerseits  waren  die 
Erscheinungen,  welche  man  erwartete,  nicht  so  in  die  Augen  fallende, 
wie  bei  den  Untersuchungen  über  den  Arterientonus,  anderseits  waren  die 
Bahnen  der  Venennerven  augenscheinlich  noch  weniger  einfach  zu  stu- 
dieren als  die  der  Arteriennerven,  der  vorzugsweise  sogenannten  Vaso- 
motoren. Nun  aber  die  gesamte  Pathologie  des  Ödems  darin  gipfelt,  die 
absolute  oder  relative  Blutstaung  in  den  Venen  als  Hauptfaktor  für  das 
Zustandekommen  des  Ödems  anzusehen,  steht  die  Frage  nach  dem  Ein- 
fluüs  der  Venenkontraktion,  des  Venentonus  auf  die  Transsudation  geradezu 
im  Vordergrund  des  Interesses.  Sie  mülste  auch  dann  mit  allen  Mitteln 
physiologisch  und  anatomisch  verfolgt  werden,  wenn  sie  nicht  nebenbei 
das  Verständnis  der  bisher  noch  unverstandenen,  sogenannten  nervösen 
Ödeme  in  sichere  Aussicht  stellte. 

Der  hier  den  Pathologen  gemachte  Vorwurf  ist  gewils  im  allgemeinen 
begründet,  da,  wie  wir  noch  sehen  werden,  die  so  ungemein  naheliegende 
Erklärung  des  „nervösen"  Ödems  durch  Venenspasmus  auch  in  den 
neuesten  Arbeiten  über  „nervöse  Ödeme"  nicht  zum  Durchbruch  gekommen 
ist.  Aber  im  einzelnen  können  wir  doch  schon  mit  Q^nugtuung  einige 
Thatsachen  über  den  Venentonus  aus  der  grofsen  Beihe  von  Arbeiten 
über  den  Tonus  der  Blutgefälse  überhaupt  registrieren. 

Unter  den  älteren  Forschem  ist  es  vor  allem  Goltz,  dem  wir  einige 
interessante  Beobachtungen  über  Venentonus  verdanken,  wie  denn  ja  über- 
haupt die  Lehre  vom  selbständigen  Q-efäfstonus  mit  den  Experimenten 
dieses  Forschers  erst  eine  gesicherte  Basis  gewonnen  hat. 

Goltz  ^*  wies  nach  (1863),  dafs  beim  Frosch  nach  Unterbindung  der 
Aorta  die  fast  blutleeren  kontrahierten  Mesenterialvenen  sich,  gelähmt 
durch  einfaches  Klopfen  auf  dem  Darm,  von  der  untern  Hohlvene  her 
bis  in  die  kleinsten  Ästchen  hinein  rückwärts  füllen.  Bei  sonst  gesunden 
Fröschen  gleicht  sich  diese  strotzende  venöse  BiutfüUe  des  Darms  wieder 
aus,  wenn  die  Aortenligatur  gelöst  wird.  Hat  mau  dggegen  vor  Lösung 
der  Ligatur  Hirn  und  Bückenmark   des  Frosches  zerstört,    so   bleibt    die 


"  Goltz,  Beweis,  dafs  die  Eontraktion  der  Venen  vom  cerebrospinalen  Nerven  - 
System  aus  beeinflulBt  wird.     Centralbl,  f.  d,  med.  Wiaaensch.  1863.  pag.  593. 


460 

Injektion  der  Darmvenen  bestehen.  Die  Kontraktion  der  Venen  ist 
mithin  abhängig  vom  cerebrospinalen  System. 

In  weiteren  Versuchen  ^^  verlegte  Goltz  genauer  die  Zentren  für  die 
Kontraktion  der  Mesenterialnerren  des  Frosches  in  das  Büokemnark  und 
die  Medulla  oblongata,  nicht  in  das  Gehirn  desselben.  Denn  letzteres  kann 
man  abtragen,  und  doch  gleicht  sich  die  Lähmung  der  mesenterialen 
Venen  nach  dem  Klopfv^ersuche  allmählich  wieder  aus.  Auberdem  be- 
stehen aber  noch  dem  Darm  nähere  Zentren  in  den  groüsen  Gtmglien  der 
Bauchhöhle. 

Was  Goltz  für  den  Nachweis  von  Vasomotoren,  leistete  Bi^el^'  fOr 
den  der  rhythmischen  Kontraktionen  an  den  Venen  der  Froschschwimm* 
haut.  Auch  in  dieser  Beziehung  gleicht  die  motorische  Ausstattung  der 
Venen  vollkommen  der  der  Arterien,  wenn  sie  auch  überall  eine  quanti- 
tativ unbedeutendere  zu  sein  scheint. 

In  neuerer  Zeit  ist  es  vor  allem  Klemensiewicz,  welchem  wir  m» 
ganze  Reihe  von  Beobachtungen  über  die  Innervation  und  den  selbstän- 
digen Tonus  der  Venen  verdanken.  Der  Leser  wird  es  uns  gewiis  Dank 
wissen,  wenn  wir  ihn  in  Kürze  mit  einigen  Besultaten  der  langjährigen, 
mühsamen  Arbeiten  dieses  Forschers  bekannt  machen. 

Dieselben  beziehen  sich  auf  eine  Methode  der  Forschung,  welche  es 
gestattet,  die  komplizierten  Probleme  der  Transsudationslehre  zu  zergliedeEm 
und  auf  einfachere,  exakterer  Untersuchung  zugängliche  Faktoren  zurück- 
zuführen; 

Nachdem  K lwmeitbibwicz  schon  1887  in  einer  gemeinschaftiibh  mit 
Glax  durchgeführten  Arbeit  (Bei tage  zur  Lehre  von  der  Entzün- 
dung. Bd.  84  der  Sitab.  d.  h.  Je.  Ak.  d.  Wiss.  HL  Juli.  1887)  künstlich 
durch  Injektion  verschiedener  Flüssigkeiten  in  die  Blutbahn  kurarinerter 
Frösche  Ödeme  hervorgerufen  und  die  Bedingungen  ihres  Zustande- 
kommens teils  mikroskopisch  an  der  Schwimmhaut  verfolgt,  teils  tiieoretisoh 
an  einem  Modell  der  Blut-  und  Lymphzirkulation  im  Gewebe  stodittt 
hatte,  faTste  er  in  seinen  Fundamentalversuchen  über  Trans- 
sudati on  {Em  Beitrag  ewr  Pa^logie  des  Elut-  und  Lifmphstroms. 
Ghraz.  1883)  das  Wesentliche  dieser  Versuche  zusammen. 

Es  handelte  sich  vor  allem  darum,  die  Zulässigkeit  jenes  Modells 
für  Durchströmungsversuche  an  diffiisiblen  Bohren  zu  beweisen,  wel<dies 
zuerst  von  MoRiz  Köbneb  (Die  Transfusion  im  Gebiete  der  Ka- 
pillaren.   Wiener  med.  Ztg.    1873   und   1874)   erdacht   und   dann  von 


^'  Goltz,  Über  den  Einflafs  des  ZentralnervenBystemes  auf  die  Blutbewegong. 
Virchows  Archw.  Bd.  28.  pag.  428. 

**  BiEOEL)  Über  den  Einflafs  des  Nervensystems  auf  den  Kreislauf  und  die 
Eörperteniperatar.    Pflüg  er  s  Archiv.  1871.  pag.  365. 


461 

EIlemensiewicz  verbessert  xiiid  für  die  Lehre  von  der  Trazussudation  ein- 
gehend verwertet  wurde.  Wenn  ein  Mensohenalter  früher  die  Physiologie 
des  Kreislaufs  durch  Heranziehung  rein  physikalischer  Experimente  über 
die  Strömung  in  starren  und  elastischen  Köhren  für  alle  Zeiten  sicher 
begründet  wurde,  so  fehlte  es  bislang  an  einer  entsprechend  sicheren 
Ghrundlage  fär  jene  Erscheinungen  der  Zirkulation  und  Transsudation, 
welche  ein  mit  durchlässigen  Wandungen  versehenes  ßöhrensystem 
darbietet.  Es  ist  klar,  daiis,  wenn  die  Physiologie  der  Zirkulation  auch 
zur  Not  solcher  Fundamentalversuche  entraten  kann,  unsre  pathologischen 
Anschauungen  ohne  solche  an  einer  bedenklichen  Unvollkommenheit  leiden 
müssen.  Denn  unter  pathologischen  Verhältnissen  spielen  bekanntlich 
Transsudationen  häufig  eine  so  wichtige  Bolle,  dals  nicht  nur  ihre  Genese 
selbst,  sondern  sogar  ihre  Büokwirkung  auf  die  Blutzirkulation  zu  einer 
Frage  von  eminenter  Bedeutung  wird. 

Ein  in  Alkohol  gehärtetes  Stück  Dünndarm  eines  neugebomen  Kindes 
stellt  in  dem  KöBNBB-KLEMENSiEWiczschen  Modell  die  Blutkapillare  dar 
und  bildet  das  Mittelstück  einer  längeren,  horizontal  verlaufenden  starren 
(Glas-,  Metall-)  Bohre,  welche  auf  der  einen  Seite  durch  ein  Druckge&is 
mit  konstant  erhaltenem  Niveau  mit  Wasser  gespeist  wird.  Zwischen 
Druckgefäls  und  S^apillare  befindet  sich  die  Arterie,  zwischen  Kapillare 
und  dem  Ausfiiiüsende  des  Bohres  die  Vene.  Das  Kapillan-ohr  wird  von 
einer  weiteren  Glasröhre  umgeben,  welche  am  arteriellen  und  venösen 
Ende  dicht  verschlossen  ist,  so  dals  die  Kapillare  sich  in  diesem  ge- 
schlossenen, das  Gewebe  des  tierischen  Körpers  vorstellenden  Hohlraum, 
dem  Geweberohr,  befindet  Arterie,  Vene  und  Geweberohr  tragen  nach 
aufwärts  Manometer,  nach  abwärts  Hähne  zum  Ablassen  des  Blut  oder 
(aus  dem  Geweberohr)  Lymphe  darstellenden  Wassers. 

Bei  Füllung  dieses  Systems  transsudiert  durch  die  Kapillare  Wasser 
in  den  umgebenden  Hohlraum  des  Geweberohres  und  der  äuüsere  (Lymph-) 
Druck  dieses  Transsudats  auf  die  nachgiebigen  Wandungen  der  Kapillare 
verändert,  sowie  er  eine  gewisse  Höhe  erreicht  hat,  das  bis  dahin  ge* 
wohnliche  Druokgefillle  der  Leitung.  Durch  Begulierung  der  verschiedenen 
Ausfluiishähne  lassen  sich  bei  gleichbleibendem  Drucke  alle  physiologisch 
und  pathologisch  vorkommenden  Varianten  der  Strömung  an  diesem 
Modell  erzeugen  und  durch  Ablesung  an  den  Manometern  und  Messung 
der  abflieJsenden  Wassermengen  in  Zahlen  fixieren. 

Die  nächste  und  wichtigste  Erscheinung  ist  nun  folgende:  Wenn 
der  Druck  im  Geweberohr  wächst,  nimmt  die  Kapillare  eine  konische 
Gestalt  an,  das  verjüngte  Ende  der  Yene  zugekehrt.  Dieses  ist  die  not- 
wetfdige  Folge  davon,  dals  innerhalb  der  Kapillare  ein  DruckgefkUe  herrscht, 
während  au&en  der  Druck  überall  gleich  ist.  Ist  das  Druckge&lle  sehr 
steil  und  die  Kapillare  nicht  zu  weit  und  dünnwandig,    so  steigert    sich 


462 

die  Veijüngimg  am  yenösen  Ende  bis  za  Yölligem  VerschlHSse  und  zwar 
so  lange,  bis  der  Druck  im  Innern  der  Kapillare  dem  äuisem  das  Gleioh- 
gewicht  hält,  worauf  die  Kapillare  sich  sofort  wieder  öffnet.  Es  kommt 
unter  diesen  Umständen  also  —  lediglich  durch  den  äulseren  Druck  des 
Transsudats  —  zu  einem  periodischen  Auf-  und  Zuklappen  des  TenOsen 
Kapillarendes  und  damit  zu  einer  Periodizität  der  Blutströmung,  zu  einem 
Kapillarpulse. 

Die  Haupteigenschaften  dieses  Modelles,  welche  es  fär  die  Erklärung 
pathologischer  Erscheinungen  verwertbar  machen,  sind  die  Nachgiebig- 
keit und  die  Durchlässigkeit  der  künstlichen  Kapillare.  Beide  Eigen- 
schaften muiste  Klemensiewicz  unabhängig  voneinander  am  Modelle 
prüfen,  die  Nachgiebigkeit  durch  Einschaltung  eines  Kautschukrohres  an- 
statt des  Darmrohres,  die  Durchlässigkeit  vermittels  des  Ersatzes  der 
zahllosen,  unsichtbaren  Wandporen  durch  je  ein  einzelnes  kapillares  Seiten- 
ästchen,  welches  von  dem  arteriellen  und  von  dem  venösen  Ende  her  in 
das  Geweberohr  frei  einmündet.  Zu  Anfang  des  Versuches  strömt  aus 
beiden  Seitenästchen  Ljrmphe  in  das  Geweberohr,  ist  jedoch  der  Druck 
in  demselben  (der  Lymphdruck)  dem  venösen  Drucke  gleich  geworden,  so 
hört  die  Zufuhr  aus  dem  venösen  Seitenästchen  auf;  steigt  er  noch  weiter, 
so  kehrt  sich  die  Stromrichtung  in  letzterem  um,  das  Gewebe- 
rohr entleert  seinen  Inhalt  zurück  in  die  Vene.  Die  Erscheinung  des  Zu- 
drückens  und  Aufklappens  kommt  bei  dieser  Modifikation  des  Modells 
nur  vor,  wenn  in  dem  venösen  Seitenästchen  der  Widerstand  grölser  ist, 
als  in  dem  arteriellen  Seitenästchen.  Hat  ersteres  nachgiebige  Wandungen, 
so  kann  es  zu  völligem  Stillstand  der  Zirkulation  mit  Ansteigen  des 
arteriellen  und  lymphatischen  Drucks  und  Absinken  des  venösen  Druckes 
kommen.  Bleibt  dagegen  der  äuisere  Gewebedruck  unter  dem  venösen, 
was  durch  genügendem  Abflufs  aus  dem  Geweberohr  leicht  erreichbar  ist, 
so  tritt  überhaupt  kein  Stromhindernis  ein. 

Aus  diesen  fundamentalen  Yersuchsergebnissen  von  KiiEMENSiewicz, 
glaube  ich,  ergeben  sich  unmittelbar  für  die  uns  interessierenden  Zirkula- 
tionsverhältnisse an  der  Haut  folgende  Schlüsse:  Während  die  der 
Arterie  naheliegenden  Teile  des  Blutkapillarsystems  stets,  also  auch  bei 
höherem  Gewebedruck,  Lymphe  absondern,  kehrt  sich  in  dem  venösen 
Ende  des  Kapillarsystems  der  Safbstrom  um,  d.  h.  dieselben  resorbieren 
Lymphe,  sowie  der  Lymphdruck  im  Gewebe  bedeutender  wird.  Es  ist 
dieses  Verhältnis,  wie  wir  oben  gesehen  haben,  schon  aus  rein  anatomischen, 
aber  sicherer  noch  aus  physiologischen  Gründen  als  ein  für  die  Haut  nor- 
males anzusehen. 

Hier  lernen  wir  nun,  daCs  ein  höherer  Gewebedruck  an  und  fär 
sich  die  Ursache  dieser  Erscheinung  sein  kann.  Und  ein  solcher  ist  in 
der  eigentlichen  Cutis  in  der  That  überall  vorhanden,  da  sie  vom  muskulo- 


463 

elastischen  System  der  Haut  durchsponnen  wird.  Im  Hypodenn,  wo 
diese  Ursache  des  höheren  Gewebsdrnckes  gröistenteils  fortfellt,  herrscht 
normaler  Weise  eine  permanente  Lymphstauung,  hervorgerufen  durch  die 
mangelhafte  Versorgung  mit  Lymphgefäisen,  welche  zur  Entleerung  ihrer 
weiten  Lymphspalten  hinreichen  würden.  Zugleich  ist  hier  der  Druck 
in  den  Hautvenen  naturgemäfs  niedriger  als  in  den  kleinen  Hautvenen 
der  Cutis.  Daher  sind  gewifs  auch  die  venösen  Kapillaren  des  Hypoderms 
in  hohem  Mafse  Träger  der  wieder  resorbierten  Lymphe. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Über  die  Dermatitis  herpetiformis 

Von 

Dr.  L.  BnocQ 

in  Paris. 

(Übersetzt  von  Dr.  TObkheim  in  Hambnnc.) 

IL  Teil. 

(Fortsetzung.) 

Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  chronica  ä  pouss^es  successives. 

Allgemeinsymptome.    Komplikationen.    Fieber. 

Die  Allgemeinsymptome  sind  in  der  überwiegenden  Zahl  der  Falle  nur  schwach 
angedeutet.  Zuweilen  magert  der  Kranke  ab,  kommt  infolge  der  Schmerzen,  der 
Schlaflosigkeit^  der  Hautkrankheit  herunter.  Häufig  genug  muCs  er  das  Bett  hüten, 
teils  weil  er  sich  wirklich  schwach  fühlt,  teils  —  und  das  ist  das  gewöhnlichere, 
weil  die  geplatzten  Blasen  und  Pusteln  zu  schmerzhaft  sind,  als  dafs  er  sich  anziehen 
könnte.  —  Der  Durchfall  erreicht  oft  einen  erschreckenden  Grad;  er  stellt  sich 
namentlich  zu  Anfang  der  grofsen  eruptiven  Schübe  ein.  Seine  Ursache  ist  noch 
dunkel,  aber  die  Vermutung  scheint  nicht  so  ganz  unberechtigt  dafs  ein  Übergreifen 
des  Ausschlags  auf  die  Darmschleimhaut  daran  schuld  sei,  denn  er  hat  durchaus 
nicht  den  Charakter  der  kachektischen  und  letalen  Diarrhöe  des  Pemphigus  chronicus 
oder  des  Herpes  (Herp^tide)  malignus  exfoliativus,  wie  er  denn  auch  mit  Nachlafs  des 
Anfalls  wieder  verschwindet. 

In  schwereren  Fällen  beobachtet  man  häufig  geringes  Fieber,  das  gegen  Abend 
noch  etwas  zunimmt  und  in  der  Achsel  88—38,5 "  erreichen  kann.  Die  Temperatur- 
erhöbung  ist  zuweilen  bei  Berührung  der  erkrankten  Hautteile  schon  fühlbar.  Von 
den  Fieberanfallen,  die  die  heftigen  Schübe  ankündigen  oder  begleiten,  war  schon  in 
einem  früheren  Abschnitt  die  Rede. 


464 

Dy  spepsie  kommt  selten  vor,  im  Gegenteil  ist  die  Erhaltung  des  Appetits  imsrer 
Dermatose  eigen.  Die  Kranken  essen  trotz  der  den  ganzen  Körper  befaUenden 
Blasen  und  Pusteln  gem.  —  Verstopfung  ist  sehr  häufig. 

Wichtigere  Komplikationen  kamen  bei  meinen  28  Fällen  nicht  vor.  In  einem 
Fall  (Beob.  16)  wurden  die  Hauterscheinungen  von  Bronchitis  und  Lungenkongestion 
abgelöst,  femer  finden  sich  verzeichnet:  Hämoptö,  Angina,  Conjunctivitis,  Hals-, 
Leisten-,  Achsel-,  Drüsenanschwellungen;  Furunkel  und  in  einem  Fall  Abacesse,  ge- 
wissermalsen  erysipelatöse  Entzündungen.  In  Beob.  10  erfolgte  der  Tod  an  einer 
Peritonitis  tuberculosa,  doch  war  das  eine  zufällige  Erkrankung,  die  mit  dem  Haut- 
leiden  wohl  so  gut  wie  nichts  zu  thun  hatte. 

E.  Besnier  hat  in  einem  Fall  eine  Endokarditis  beobachtet;  Shsbwsll'  Cuid 
Zucker  im  Harn  zweier  Kranken;  bei  keinem  meiner  41  Fälle  wurde  Albuminurie 
beobachtet.  Jedoch  fand  ich  diese  letztere  Komplikation  bei  einem  der  beidoi 
Kranken  von  E.  Vidal,  deren  bereits  Erwähnung  gethan  ist.  Vielleicht  gehört  hierher 
auch  der  Fall  8  aus  der  These  von  Molj^nbs-Mahom,  beobachtet  im  Hopital  Saint- 
Louis  auf  der  Abteilung  von  E.  Besnibb;  es  handelte  sich  um  einen,  der  Dermatitis 
polymorpha  pruriginosa  chronica  ä  pouss^es  successives  ähnlichen,  juckenden  Ans- 
schlag,  der  mit  einer  beträchtlichen  Albuminurie  abwechselte.  Als  Ursache  war 
Überarbeitung  angegeben,  doch  schien  der  Kräftezustand  des  Kranken  während  der 
Beobachtungsdauer  kein  schlechter  gewesen  zu  sein.^ 

Im  ganzen  ist  man  erstaunt  über  das  gute  Allgemeinbefinden,  über  den  geringen 
Einflufs,  den  das  Leiden  auf  den  übrigen  Organismus  übt,  mit  Ausnahme  yielleidit 
des  Nervensystems.  Thatsächlich  vermag  der  Kranke  in  vielen  Fällen,  oder  doeh 
zum  mindesten  an  vielen  Tagen  während  der  Dauer  der  Dermatose,  aufinistehen,  zu 
arbeiten,  selbst  seiner  gewöhnlichen  Beschäftigung  nachzugehen. 

Dauer  und  Verlauf. 

Über  diesen  Punkt  bestehen  noch  keine  bestimmten  Erfahrungen.  In  den 
28  Beobachtungen  meiner  ersten  Kategorie  verlor  man  die  Kranken  nach  einer 
bestimmten  Zeit  aus  dem  Auge,  und  über  den  sohliefslichen  Ausgang  der  Derma* 
tose  findet  sich  demnach  nichts  erwähnt.  Die  Behandlungsdauer  schwankt  von 
mehreren  Monaten  bis  zu  20  Jahren;  sehr  häufig  kehrten  die  eruptiven  Schübe 
während  mehrerer  Jahre,  im  Mittel  2—5  J.,  so  lange  die  Kranken  beobachtet  vnuden, 
immer  wieder. 

Bazin 'f  spricht  von  der  Möglichkeit  eines  tödlichen  Verlaufs  „infolge  der  liodi- 
gradigen  Kachexie,  wenn  das  Leiden  sehr  ausgedehnt  ist,  oder  infolge  eines  plötxlidiai 
arthritischen  Ausbruchs.  So  kam  mir  ein  Pemphigus  arthriticus  zu  Oeaidit,  der 
4  Monate  lang  auf  die  Hände  und  Handgelenke  beschränkt  btieb,  und  der  sick  erst 
wenige  Monate  vor  dem  Tode  auch  auf  den  übrigen  Körper  erstreckte.  Der  Kmik» 
starb  unter  Zeichen  hochgradiger  Ataxie.  Diese  Himsymptome  gehören  wohl  tohliels- 
lich  zu  jener  Gruppe  von  Erscheinungen,  die  dem  Bhumatisme  o6r6bral  eigen  sind.'* 

Sieht  man  den  Fall  von  Pemphigus  chron.  der  Haut  und  der  Wangenschleimhaot, 
den  Baziv  in  seinem  Werk  über  die  Hautkrankheiten  gichtischen  und  skrofuldaea 
(dartreuse)  ürsprongs  (Beob.  24.  pag.  473)  mitteilt,  »als  einen  Fall  von  Dermat.  p.  p. 


"  Vgl.  Journal  of  cutaneous  and  venereal  diseases.  1886.  pag.  340. 
^  MoLtNBs-MAHON,  De  VEryiMme  polymorphe;  Coniribuiion  ä  V£iude  des  Maladies 
infectieuses,    Paris  1886.  pag.  91. 

*  Vergl.  Journal  of  cutaneous  and  venereal  Diseases,  1886.  pag.  341. 
^  Bazin,  a.  a.  0.  pag.  311.  1868. 


465 

ohron.  an  —  und  genau  genommen,  kann  man  das  thun,  wiewohl  ich  ihn  für  meine 
Arbeit  nicht  beweisend  genug  fand  — ,  so  hätten  wir  im  ganzen  5  todlich  verlaufene 
Fälle  unsrer  Dermatose.'  Bei  der  letztgenannten  Beobachtung  trat  der  Tod  allmählich 
infolge  fortschreitenden  Erafkeyerfalls  ein.  Im  Fall  10  war  eine  tuberkulöse  Bauchfell- 
entzündung die  Todesursache;  im  Fall  30  heftige,  schnell  verlaufende  FieberanföUe, 
▼eranlaist,  wie  es  scheint,  durch  eine  unbemerkt  gebliebene  Komplikation;  Beob.  31 
gibt  uns  gar  keine  Einzelheiten  über  die  letzten  Lebenstage  des  Kranken. 

In  Beobachtung  32  scheint  der  tödliche  Ausgang,  wenn  Berichte  darüber  auch 
fehlen,  doch  sehr  wahrscheinlich;  er  erfolgte  ohne  Zweifel,  wie  in  dem  eben  ange- 
fahrten Fall  von  Bazin,  durch  Erschöpfung  infolge  unstillbaren  Durchfalls  und  an- 
haltenden Fiebers.  In  Beobachtung  29  hatte  das  Leiden  allmählich  das  Aussehen 
eines  Pemphigus  foliaceus  gewonnen;  Diarrhöe  und  Dekubitus  führten  unter  mäfsigem 
Fieber  und  hochgradigem  Kräfteverlust  allmählich  zum  Tode. 

Diese  Beispiele*  scheinen  den^i  doch  die  Ansicht  Baziks  von  der  Möglichkeit 
des  tödlichen  Ausgangs  zu  bestätigen.  Seine  Meinung  läfst  sich  dahin  ergänzen,  daüs 
wir  sagen :  die  Dermatitis  polym.  prurig.  chron.  k  poussdes  sucoessives  scheint  ab  und 
zu,  wenn  auch  nur  selten,  tödlich  zu  verlaufen,  indem  sie  sich  in  einen  Pemphigus 
foliaceus,  richtiger  in  eine  „Herp^tide  maligne  exfoliatrice*'  umwandelt. 

Bazih  war  ebenso  die  Möglichkeit  einer  völligen  Heilung  schon  bekannt.  Der 
Patient  von  L.  D.  Büullbt*  sei  unter  groüsen  Gkkben  von  Arsen  genesen,  nachdem 
die  Krankheit  6  J.  bestanden  hatte.  Fraglich  bleibt  nur,  ob  es  sich  in  diesem,  wie 
in  ähnlichen  Fällen,  um  dauernde  Heilung,  oder  nur  um  kürzer  oder  länger  anhaltenden 
NaohladB  der  Erscheinungen  handelte^ 

Die  Fälle  meiner  dritten  Kategorie  scheinen  allerdings  zu  beweisen,  dafs  ein 
eruptiver  Prozeis,  ähnlich  dem  unsrigen,  recht  häufig,  sei  es  von  selbst,  sei  es  unter 
dem  Binfluis  geeigneter  Behandlung,  heilen  kann.  Anderseits  steht  es  aber  fest,  dafs 
die  Krankheit  häufig  trotz  aller  therapeutischen  Eingriffe  fortbesteht,  bis  der  Pat.  an 
einer  interkurrenten  Krankheit  zu  Grunde  geht. 

Behandlung. 

Was  man  bis  jetzt  auch  gegen  die  D.  p.  p.  versucht  hat,  war  alles  nur  wenig 
befriedigend.  An  Medikamenten  ist  so  ziemlich  alles  durchprobiert  worden.  Man  hat 
Alkalien  verdordnet,  Milchdiät,  Eisen,  Jodeisen,  Eisenchlorür  (Perchlomre  de  Fer), 
Schwefel,  Kali  tartaricum  (Tartrate  de  Potasse),  Kali  arsenicosum;  die  tonischen 
Mittel,  Strychnin,  Belladonna,  Atropin,  Chinin,  Cinchonidin,  Ergotin,  Tinct.  Gantharid  ; 
die  bittem  Mittel,  Jodkali,  Laxantien  jeglicher  Art  u.  s.  w. 

Jodkali  schien  die  Anfalle  nur  zu  verschlimmem,  Strychnin  in  einem  Fall  Besserung 
zu  bewirken.  Am  nützlichsten  hat  sich  in  erster  Linie  das  Kali  arsenicosum  be- 
währt^ das  HüTCHivsöK  schon  seit  langer  Zeit  gegen  die  pemphiginösen  Ausschläge 
empfiehlt,  dann  die  Tonica,  besonders  Chinin  und  Ergotin.  Auch  ich  glaube  in 
2  Fällen  (Beob.  24  und  27)  merkliche  Erfolge  mit  der  abwechselnden  oder  verschieden 
kombinierten  Anwendung  von  Elali  arsenioos. ;  Chin.  bromhydr.,  Ergotin  und  Belladonna 
gehabt  zu  haben.    Jedoch  möchte  ich  in  dieser  heiklen  Frage  noch  kein  endgültigea 


"*  Ich  kenne  sogar  auch  noch  einen  sechsten  Fall,  da  eine  der  beiden  Patientinnen 
von  E.  YiDAL,  von  denen  schon  mehrfach  die  Bede  war,  deren  vollkommene  Kranken- 
geschichte ich  aber  nicht  besitze,  unter  den  Zeichen  von  Lungenkongestion  und 
Albuminurie  zu  Grunde  gegangen  ist. 

^  Selbstverständlich  halte  ich  alle  Bedenken  aufrecht,  die  ich  zu  Anfang  dieses 
Kapitels  über  die  Natur  der  Fälle  unsrer  2.  und  3.  Kategorie  geäufsert  habe.  Die  obisren 
FäUe  mit  tödlichem  Ausgang  mulsten  der  Vollständigkeit  halber  hier  erwähnt  werden. 

•  Vergl.  Journal  of  cutaneoua  and  venerecU  Diseases.  1886.  pag.  841. 


I 


466 

Urteil  abgeben ;  ist  es  doch  ganz  gut  möglich,  dals  die  nach  der  Anwendung  ge- 
nannter Mittel  beobachtete  Besserung  einer  ron  selbst,  aach  ohne  ärztliches  ZnÜinn, 
eintretenden  Buhepanse  entsprach.  Jedoch  ist  mir  ein  Fall  wohlbekannt,  wo  bei 
einer  noch  in  Behandlang  stehenden  Patientin  bei  Anwendung  von  Arsen  der  Aus- 
schlag sofort  verschwindet,  während  er  bei  Aussetzen  des  Mittels  sofort  wieder  er- 
scheint. —  Fest  sieht  auch,  dafs  bei  fast  allen  bekannt  gewordenen  Heilangen  die 
Besserung  durch  Weiterreichung  von  immer  gröfseren  Gaben  Kali  arseniooe.  —  bis 
zu  den  äufserst  erlaubten  Mengen  —  erhalten  blieb.  So  befreite  L«  D.  Bvlkut 
seinen  Patienten  von  der  Dermatose,  auch  im  Fall  36  und  38  war  die  HeQiing  von 
Dauer. 

Im  Fall  41  waren  eine  gute  Ernährung  nebst  trockenen  Verbänden,  im  Fall  37 
Tonica  und  Sedativa,  wie  Eisen,  Chinin,  Asa  foetida,  in  Fall  38  Leberthran  und  einige 
kräftige  Mittel  zur  Wiederherstellung  der  Menstruation,  hinreichend,  um  ein  be- 
friedigendes Ergebnis  zu  erzielen.  Im  Fall  39  endlich,  wo  man  mit  Arsen  nicht 
weiter  kam,  bewährte  sich  die  Tinct.  Belladonnae  sehr  gut. 

Äulserlich  ist  ebenfalls  alles  mögliche  mit  dem  verschiedensten  Erfolg  versacbt 
worden.  Alle  antipruriginösen  Waschwässer,  Karbolsäure,  Sublimat,  Liquor  picis 
alkalinus,  kamen  zur  Anwendung.  Teer,  Schwefel,  alkalinische  Bäder,  Amylombäder 
scheinen  von  keinem  Nutzen  zu  sein.  Verlängerte  Wannenbäder  waren  einigen 
Kranken  angenehm;  aber  im  Fall  29  mufste  ich  deren  Gebrauch  unterbrechen,  da 
sie  die  Haut  zu  sehr  aufweichten.  Den  nämlichen  Nachteil  führen  die  EmoUientia, 
wie  Stärkemehl-Kataplasmen,  Kautschukeinreibungen  u.  s.  w.  mit  sich.  Salben  von 
Zinkoxyd,  Wismut  (OUate  de  Bismuth)  Teer  u.  s.  w.  gewährten  den  Kranken  zuweilen 
Erleichterung.  Einreibungen  mit  Linim.  oleo-oalcarium,  mit  oder  ohne  Zusatz  von 
1 — IViVo  Karbolsäure,  und  darau£Polgender  Watteeinpackung,  haben,  in  Frankreich 
wenigstens,  befriedigende  Ergebnisse  geliefert;  desgleichen  die  indifferenten  Pulver, 
wie  Amylum,  Zinkoxyd,  Bismut.  subnitr.,  sogar  Tannin  und  besonders  Talcum. 
Häufig  befinden  sich  die  Kranken,  wenn  sie  lange  Zeit  dem  erweichenden  Verfahren 
unterworfen  waren,  und  der  Ausschlag  trotzdem  an  Stärke  zunimmt,  bei  trockenen 
Einpuderungen  ganz  wohl,  während  man  innerlich  Kali  arsenicosum  und  die  vaso- 
motorischen Tonica  reicht  * 

Sind  auch  bei  dieser  Behandlung  die  Erfolge  nicht  sehr  errontigend,  so  soll 
man  doch  nicht,  gegenüber  einem  Fall  von  D.  p.  p.  chronica  die  Hände  einlach  in 
den  Schofs  legen  und  sich  auf  die  Wirkung  des  exspektativen  Verfahrens  verlassen. 
Vielmehr  soll  man  auf  folgendes  sein  Augenmerk  richten: 

1.  Soll  man  die  Ernährung  des  Kranken  regeln,  ihn  zum  Milchtrinken  anhalten, 
dahingegen  Kaffee,  Thee,  Liköre,  starke  Weine,  scharfe  und  schwer  verdauliche  Gerichte, 
Tabak  auf  das  strengste  untersagen. 

2.  Soll  man  für  regelmäfsigen  Stuhlgang  und  Harnentleerung  Sorge  tragen. 

3.  Soll  der  Pat.  vor  Gemütserregungen  bewahrt  werden ;  bei  nervösen  Personen 
ist  Valeriana,  Asa  foetida,  Castoreum  und  vielleicht  sogar  Moschus  zu  reichen.  Bei 
schwachem  Magen  kann  man  diese  Medikamente  als  Suppositorien  oder  Klystiers 
geben.    Letzteres  gilt  natürlich  nicht  von  den  übrigen  Arzneien,  die  zur  Verwendung 

kommen,  wie: 

4.  Kali  arsenicosum.  Man  gebe  zuerst  mälsige  Mengen  und  steige  damit  vo^ 
eichtig,  aber  nicht  zu  langsam,  bis  zu  den  äufserst  erlaubten  Grenzen,  wobei  man 
immer  auf  den  Zustand  des  Verdauungskanals  Obacht  zu  geben  hat;  nötigen&Ik 
mache  man  subkutane  Einspritzungen. 

5.  Bei  Fieber  verordne  man  Chin.  bromhydr. 

Erweist  sich  das  Arsen   als  nutzlos,   so   greife   man   zu   den  Tonica,   zu  Tinct 


467 

Belladonnae,  StrycbDin,  Lebertbran,  oder  versnebe  es  mit  einer  Kombination  von  Cbin. 
brombydr.,  Ergotin  und  Bellad.,  die  einzeln  oder  in  verscbiedener  Weise  zusammen 
mit  dem  Arsen  verabreicbt  sieb  ziemlicb  wirksam  erwiesen  baben.  Cbin.  bydrobrora. 
und  Ergotin  (b  30—60  cg  tägl.),  zusammen  mit  Extr.  Bellad.  (0,005—0,03  tägl.) 
baben  sieb  mir,  nebenbei  bemerkt,  bei  der  bartnackigen  ebroniscben  Urticaria,  bei 
der  bullösen  Urticaria  und  bei  den  polymorpben,  erytbemato-buUösen  Ausscblagen 
ganz  aufserordentlich  bewabrt. 

6.  Zur  örUioben  Bebandlung  empfehle  man  den  Kranken,  bei  lebbaften  Schmerzen 
die  Blasen  mit  einer  gereinigten  Nadel  zu  eröffnen,  femer  Betupfungen  mit  Bor-, 
Karbol-,  Sublimat-,  Kokain-Lösungen,  mit  Aqua  Laurocerasi.  Je  nach  dem  Fall  sind 
verlängerte  Bäder  (von  denen  aber  Abstand  zu  nehmen  ist,  wenn  sie  die  Epidermis 
zu  sehr  auflockern),  Einreibungen  mit  Vaselin,  mit  Salbe,  mit  Amylum-Glycerin 
(Glyc^rol6  d'Amidon),  mit  Linim.  oleo-oalcarium  rein  oder  unter  Karbolsäurezusatz 
und  nachfolgender  Watteeinpackung,  mit  Leberthran  zu  versuchen.  Auch  Atzung 
mit  Höllenstein  kann  sich  nützlich  erweisen  (vergl.  in  der  4.  Abteilung  die  Beband- 
lung des  Herpes  gestationis).  Oft  sind  die  trockenen  Pulververbände  dem  Kranken 
am  angenehmsten  und  reizen  die  entzündete  Haut  am  wenigsten. 

Auf  Einzelheiten  in  der  Behandlung,  die  Anwendung  von  Ourgelwässem  und 
beruhigenden  Mundwässern  bei  Erkranktsein  der  Schleimhäute,  sei  hier  nur  kurz 
hingewiesen. 

Natur  und  Pathogenese. 

Wir  kennen  nunmehr  die  Symptomatologie  der  Dermatitis  p.  p.  chronica,  wenden 
wir  uns  jetzt  zum  Studium  ihrer  Pathogenese  und  Diagnostik  und  suchen  wir  einen 
passenden  Namen  für  sie. 

Trotz  der  Verschiedenheit  der  äufsem  Erscheinung,  die  unsre  Krankheit  dar- 
bietety  trotz  des  ungeheuren  Unterschieds,  der  auf  den  ersten  Blick  zwischen  solchen 
Fällen,  wo  die  ganze  Oberfläche  der  Haut  mit  Blasen  oder  Pusteln  bedeckt  ist,  oder 
die  einem  Pemphigus  foliaceus  ähneln,  und  solchen  Fällen,  wo  der  ganze  Prozefs  sich 
zeitweise  auf  einige  erythematöse,  mit  Vesikeln  oder  Blasen  gekrönte  Spiralen  be- 
schränkt, zu  bestehen  scheint,  nehme  ich  doch  keinen  Anstand  zu  erklären,  dafs 
meine  28  Fälle  durchaus  zueinander  gehören  und  dafs  sie  einen  scharf  gezeichneten 
Krankheitstypus  bilden,  der  sich  unmöglich  mit  irgend  einer  andern  der  sonst  be- 
kannten Dermatosen  identifizieren  läfst,  au9genommen  die  Arthritides  bulleuses  von 
Baziv  und  das  Hydroa  pruriginosum  von  Tilbübt  Fox.  Dühbino  hat  unter  der  Be- 
zeichnung Dermatitis  berpetiformis  eine  gute  Beschreibung  dieser  Gruppe  geliefert, 
aber  er  hat  meines  erachtens  unrecht,  sie  nicht  genügend  abzugrenzen  und  eine 
Menge  Fälle  hinzuzurechnen,  die  davon  geschieden  werden  müssen.  Trotz  dieser 
Mängel  verdielien  die  amerikanischen  Arbeiten  über  diesen  Gegenstand  die  höchste 
Anerkennung,  und  wir  werden  uns  jetzt  mit  diesen  Arbeiten  zu  beschäftigen  haben. 
Verschiedene  Kliniker^®  jenseits  des  Ozeans  halten  dafür,  dafs  unsre  Krankheit  in  erster 
Linie  nervösen  Ursprungs  sei;  allerdings  sei  es  bis  jetzt  noch  nicht  erwiesen,  aber 
wahrscheinlich,  dafs  es  sich  dabei  um  eine  Störung  in  den  nervösen  Zentren  und  den 
Nervenhauptstämmen  handle. 

Ich  bin  sehr  geneigt,  mich  dieser  Ansicht  anzuscbliefsen.  Wäre  diese  Frage 
nicht  schon  von  andrer  Seite  angeregt  so  hätte  ich  sie  wohl  bei  seite  gelassen,  denn 


^®  Siehe  besonders  die  Arbeit  von  L.  Düvoan  Bulklsy,  Über  das  Vorkommen 
der  Dermatitis  berpetiformis  Dührikgs  als  besondere  Krankheit.  Journal  of  cutaneous 
and  venereal  Diseases.  1886.  pag.  111. 


468 

mir  sagen  die  rein  theoretischen   Betrachtangen   nicht  recht  zu;   so   aber  seien  den 
wichtigsten  Hypothesen  einige  Worte  gewidmet: 

1.  Zur  Zeit  sind  bekanntlich  die  bakteriologischen  Theorien  in  Gunst;  man  hat 
demnach  auf  den  pathogenen  Mikroben  der  pemphiginosen  Erkrankungen  geüahndet, 
scheint  ihn  aber  bis  jetzt  noch  nicht  gefanden  zu  haben.  Das  ist  nun  freilich  noch 
kein  Beweis  für  die  nicht  parasitäre  Natur  unsrer  Dermatose ;  diese  Frage  hängt  viel- 
mehr zur  Zeit  noch  in  der  Schwebe,  und  wir  haben  hier  zu  untersuchen,  ob  die 
klinischen  Thatsachen  in  der  einen  oder  andern  Weise  einen  Beitrag  zur  Losung 
dieser  Frage  liefern.  Nun  lafst  aber  selbst  die  sorgfaltigste  Prüfung  den  Bettand 
eines  Parasiten  nicht  vermuten.  Die  Krankheit  scheint  weder  überimpfbar  noch 
kontagiös  zu  sein;  auto-inokulabel  sind  die  einzelnen  Elemente  nur,  wenn  sie  rw 
eitert  sind.  Die  lange,  nicht  cyklische  Dauer  der  eruptiven  Erscheinungen,,  die  jahre- 
lang, oft  ohne  die  geringste  nachweisbare  Ursache,  unregelmäfsig  einander  folgenden 
Anfalle  —  das  alles  spricht  nicht  gerade  zu  gunsten  eines  bakteriologischen  Ursprungs. 

2.  Könnte  man  den  schädlichen  Einflnfs  der  Exkrete  oder  einer  unvollkommenen 
Verbrennung,  z.  B.  der  Leukomaine  verantwortlich  machen,  die  in  den  Kreis- 
lauf eingeführt,  entweder  direkt  oder  durch  Einwirkung  auf  das  Nervensystem  die 
Hauterkrankung  veranlassen.  Diese  Frage  läTst  sich  meines  erachtens  bei  dem  jetsigen 
Stand  der  Wissenschaft  noch  nicht  beantworten.  Dazu  gehört  eine  genaue  Analyse 
von  Blut,  Harn  und  Blaseninhalt,  eine  sorgfaltige  Beobachtung  des  Kranken  während 
der  Anfalle  sowohl  wie  während  der  anfallsfreien  Zeiten. 

3.  Eines  aber  wird  durch   die  klinische  Beobachtung,   wenn    auch  noch   nicht 
unwiderleglich  erwiesen,   so   doch   sehr  wahrscheinlich   gemacht,    dafs   nämlich   das 
Nervensystem  bei  dem  Mechanismus  der  eruptiven  Erscheinungren    eine  Bolle  spielt 
Ob  es  sich  aber  dabei  um  eine  reine,   primäre  Dermatoneurose  handelt,   oder  ob  das 
Nervensystem    seinerseits   erst  etwa    durch    Mikroben    oder    Leukomaine   in   einen 
Beizzustand  versetzt  wird  -^  über  diese  Frage  tappen  wir  noch   völlig  im  Dunkein« 
Das  einzige,  was  ich  mit  gutem  Gewissen  behaupten  kann,  ist  eben  die  Mitbeteüignng 
des  Nervensystems.     Wir  haben  ja  auch  gesehen,   dafs   eines  der  hervorragendsten 
Symptome  der  Dermat.  p.  p.  chron.  in  den  neuralgischen  Hautschmerzen  besteht,  die 
fast  immer  den  Ausschlag  ankünden   oder  begleiten   und  die  manchmal  die  fühlbare 
Form  der  Urticaria  annehmen;  diese  so  überaus  lästigen   und   hartnäckigen  Ersdiei 
nungen  von  Jucken,  Stechen  und  Brennen  drücken  unsrer  Dermatose  ein  ganz  eign* 
tümliches  Gepräge  auf  und  machen  sie  zu  einer  der  schmerzhaftesten  Krankheiten. 
Nervöse  Symptome  wurden  schon  früher  bei  solchen  Patienten  oder  deren  Angehongen 
beobachtet;   bisweilen  auch  erkranken   sie  infolge  körperlicher  oder  geistiger  Oher> 
anstrengung  oder  nach   heftigen   Gemütserregungen.  ^^    Endlich  ist  die  Erkrankung 
auch  immer  symmetrisch.    Weisen   alle  diese  Thatsachen  in   ihrer  Gesamtheit  nicht 
deutlich  genug  auf  irgend  eine  Erkrankung  des  Nervensystems  hin? 

Man  hat  aber  auch  das  Vorkommen  solcher  Hauterscheinungen,  die  mit  Formen 
unsrer  Dermatose  identisch  sind,  in  Fällen  beobachtet,   wo  Erkrankung  des  Nerven- 
systems durch  die  Autopsie  bestätigt  wurde;   so   in   einem  Fall  von  BBrnows",  wo 
ein  Mann  an  Caries  der  obem  Bückenwirbel  erkrankt  war,   und  bei  dem  sich  zuent 
mehr  minder  allgemeines  Jucken,  später  auch  ein  erythematöser,   spiraliger,  vesikolo- 


^i  Vergl.  hierzu  das  im  4.  Teil  dieser  Abhandlung  über  die  Pathogenese  des  Herpes 
gestationis  Gesagte. 

^'  J.  S.  Bbistowe,  Beobachtungen  über  Erytheme  verschiedener  Form,  die  mit 
Herpes,  Pemphigus  und  andren  Hautkrankheiten  in  Beziehung  standen.  St.  Thomas 
Hospital  Beports.  New  Series.  Bd.  5.  pag.  236.  1874. 


469 

bullöser  Ausschlag,  der  heftig  juckte,  auf  den  obem  Extremitäten  und  am  Oberkörper 
einstellte.  Hierher  gehört  auch  der  schon  früher  erwähnte  Fall  von  Meier  ^^,  der, 
abgesehen  von  seiner  Dauer  und  seinem  schnell  tödlichen  Verlauf,  nach  seinen  sonstigen 
subjektiven  und  objektiven  Symptomen  vollkommen  der  Dermatitis  polymorpha 
pruriginosa  chronica  ä  poussSes  successives  gleicht;  in  diesem  Fall  ergab  die  Sektion 
eine  deutliche  Degeneration  der  den  erkrankten  Teilen  entsprechenden  Nervenzweige, 
mit  Spaltung  des  Marks  und  Proliferation  der  Kerne,  Sklerose  der  GoLLschen  Stränge 
und  der  BuRDACHschen  Stränge. 

Ich  bin  freilich  weit  entfernt  zu  behaupten,  dafs  es  sich  bei  unsrer  Dermatose 
um  so  weitgehende  Störungen  des  zentralen  oder  periferen  Nervensystems  handle; 
die  Nachlässe  und  die  wahrscheinlichen  Heilungen  scheinen  im  Gegenteil  darauf  hin- 
zuweisen, dafs  wir  es  nUr  mit  vorübergehenden  Veränderungen  zu  thun  haben;  auf 
jeden  Fall  aber  dienen  alle  meine  Beobachtungen  der  Hypothese  der  amerikanischen 
Dermatologen  zur  Stütze. 

Diagnose. 

Die  Differentialdiagnose  zwischen  der  D.  p.  p.  chronica  und  ähnlichen  Er- 
krankungen wird  uns  nicht  schwer  fallen,  da  ja  von  unserm  Typus  auf  das  sorg- 
fältigste alles  ausgeschieden  ist,  was  nicht  unzweideutig  folgende  vier  Hauptsymptome 
aufzuweisen  hat:  1.  Polymorphen  Ausschlag;  2.  Hautschmerzen;  3.  lange 
Dauer  mit  aufeinanderfolgenden,  verschiedenartigen  Schüben;  4.  gutes 
Allgemeinbefinden. 

Danach  sind  also  die  Grenzen  der  D.  p.  p.  genau  vorgezeichnet. 

Vom  Erythema  polymorphum  unterscheidet  sie  sich  durch  ihre  viel  gröfsere 
Neigung  zur  Vesikel-,  Blasen-  und  Pustelbildung,  durch  das  heftige  Jucken  und  ins« 
besondere  durch  die  lange  Dauer  und  den  Verlauf.  Dieselben  Merkmale  unterscheiden 
sie  auch  vom  Herpes  Iris  Bateman  (Hydroa  vesiculosum  Bazin). 

Vor  Verwechselungen  mit  dem  Pemphigus  acutus  schützt  sie  ihre  lange 
Dauer,  ihr  schubweises  Auftreten,  die  gröfsere  Mannigfaltigkeit  der  Ausschlagsformen, 
das  Jucken  und  das  gute  Allgemeinbefinden. 

Von  den  andern  Dermatosen,  mit  denen  sie  ehemals  in  den  mytischen  Topf  des 
Pemphigus  chron.  zusammengeworfen  wurde,  sondert  sie  sich  ab  durch  die  stärltere 
Polymorphie  der  Eruption,  durch  den  Verlauf,  der  sich  aus  freien  Zeiten  und 
heftigen  Anfällen  zusammensetzt,  durch  die  Verschiedenheit  des  Ausschlags  zu  ver- 
schiedenen Zeiten,  durch  den  heftigen  Schmerz  und  endlich  durch  das  Ungestört- 
bleiben des  sonstigen  Befindens.  Allerdings  verdient  dieser  besondere  Punkt  noch 
weiteres  Studium.  Jetzt,  da  wir  aus  der  ehemaligen  Gruppe  des  Pemphigus  chronic, 
eine  in  sich  abgeschlossene  Dermatose,  die  Dermatitis  p.  p.  chronica,  abgesondert 
haben,  gilt  es,  auch  die  übrigen,  in  jener  Gruppe  mit  einbegriffenen  Fälle  zu  prüfen, 
um  auch  sie  womöglich  unterzubringen,  damit  nicht  neue  Verwirrung  und  neue 
Zweifel  entstehen  vor  jedem  chronischem  Blase nausschlag,  der  nicht  deutlich  die 
4  Hauptsymptome  unsres  Typus  aufweist. 

Mit  am  schwierigsten  zu  beantworten  bleibt  die  Frage  über  die  Beziehungen 
der  Dermatitis  p.  p.  im  allgemeinen  zur  Urticaria  bullosa.  Sicherlich  sind  zahlreiche 
Fälle  von  Urticaria  bullosa  als  Hydroa  pruriginosa  oder  Pemphigus  pruriginosus  be- 
schrieben; anderseits  steht  es  fest,  dafs  bei  unsern  Fällen  zuweilen  Urticariaelemeiite 
beobachtet  wurden.  Über  diesen  Punkt  müssen  wir,  glaube  ich,  erst  noch  zu  gröfserer 


^^  Meier,  Fall  von  Dermatitis  pemphigoides  mit  Erkrankung  des  Nervensystems. 
Archiv  f.  pathol  Anatomie  u,  Fhysiol.  Bd.  94.  pag.  1886.  1883. 

Monatshefte.  31 


4V0 

Klarheit  gelangen.  Einstweilen  möchte  ich  mich,  vorbehaltlich  späterer  Untersuchungen, 
so  ausdrücken,  dafs  ich  sage,  beide  A£fektionen  scheinen  pathogenetisch  sowohl  vi« 
symptomatisch  einander  nahe  verwandt  zu  sein.  Nichtsdestoweniger  kann  man  und 
mufs  man  bis  auf  weiteres  eine  Urticaria  bullosa  vera  besonders  auffahren. 
Diese  Urticaria  bullosa  vera  ist  vor  allem  daran  kenntlich,  dafs  jede  blasige  Erhebung 
der  Epidermis  sich  auf  einem  vorhandenen  Urticariaelement  bildet,  und  dafs  mu 
bei  derartig  erkrankten  Individuen  Urticaria  faotitia  erzeugen  kann.  Für  gewöhnlich 
ist  der  Blasenausscklag  in  diesen  Fällen  nicht  so  reichlich,  viel  spärlicher  als  bei  der 
D.  p.  p. ;  dieses  Merkmal  ist  jedoch  kein  unregelmäisiges,  und  ich  habe  Falle  g^ 
seilen^  wo  es,  was  Polymorphie  und  Beichlichkeit  des  Ausschlags  anbelangt,  auf  dea 
ersten  Blick  völlig  unmöglich  war,  die  Urticaria  bullosa  von  einem  Fall  von  De^ 
matitis  polymorpha  pruriginosa  zu  unterscheiden.  Ich  begnüge  mich,  diese  Fälle  der 
Aufmerksamkeit  der  Beobachter  zu  empfehlen,  ohne  hier  weiter  dabei  zu  verweilen, 
denn  ihr  Studium  kann  erst  an  der  Hand  neuer  Thatsachen  wieder  au%eiiomniett 
werden.  Meine  Bemerkungen  zur  Urticaria  bullosa  gelten  nicht  nur  ftir  die  Denn, 
p.  p.  chron.,  sondern  für  alle  polymorphen,  pruriginösen  Dermatitiden.  Ebenso  ver 
hält  es  sich  mit  verschiedenen  medikamentösen  Ausschlägen,  die  fast  völlig  eine  Foto 
untrer  Dermatosen  vortäuschen  können,  namentlich  die  Denn.  p.  p.  acuta.  So  habe 
ich  auf  der  Abteilung  von  E.  Besnier  im  Hopital  Saint-Louis  einen  Mann  gesehen, 
der  wegen  eines  Hautleidens  in  die  Poliklinik  (ä  la  Consultation)  gekommen  war; 
dieses  Leiden  dauerte  schon  4  Wochen,  bestand  aus  Urticariaelementen,  Urticaria 
factitia,  aus  unregelmäfsigen,  verschieden  grofsen  Blasen,  die  teils  durchach einend 
teils  leicht  hämorrhagisch  waren,  und  sich  sowohl  auf  den  Urticariaerhebungen,  wie 
auch  auf  der  gesunden  Haut  bildeten;  aufserdem  war  der  Ausschlag  von  Jacken  he- 
gleitet.  Dieser  Mann  war  eben  aus  einem  allgemeinen  Krankenhaus  entlassen,  wo  er 
wegen  Gelenkrheumatismus  mit  Natr.  salicyl.  behandelt  worden  war.  Es  handelte 
sich  hier  nicht  um  eine  einfache  Urticaria  bullosa,  denn  die  Blasen  erschienen  j> 
unmittelbar  auf  der  gesunden  Haut.  War  es  etwa  eine  Form  unsrer  Dermatosen? 
Oder  war  der  Ausschlag  eine  Wirkung  des  Natr.  salicyl.?  Zur  Beantwortung  dieser 
schwierigen  Frage  verordnete  Besnier  dem  Kranken  Jodkali,  und  trotz  der  Einfahr 
dieses  Medikaments  verschwand  der  Ausschlag  völlig.  B.  schlofs  daraus,  dafs  der 
Ausschlag  nur  eine  zufällige  Nebenwirkung  des  Salicyls  gewesen  sei,  da  er  andern- 
falls  durch  das  Jodkali  sicherlich  verschlimmert  worden  wäre. 

Eigentlich  müfste  ich  nun  noch,  um  ganz  vollständig  zu  sein,  die  Denn,  polym. 
prurigin.  chron.  ä  pouss^es  successives  auch  noch  von  verschiedenen  andern  Haut- 
krankheiten, mit  denen  sie  verwechselt  werden  könnte,  abgrenzen,  z.  B.  von  der 
Herp6tide  maligne  exfoliatrice,  in  die  sie  übrigens  wirklich  übergehen  kann,  femer 
von  Herpes,  Impetigo,  Ekzema,  Prurigo  (vergl.  Beob.  40),  den  Aphthen,  den  Schleim* 
hautplaques,  den  verschiedenen  Ulcerationen  in  Mund  und  Rachen  u.  s.  w.  Aber 
diese  ebenso  einfache  wie  langweilige  Arbeit  hat  gar  keinen  Wert  und  bietet  durchaus 
kein  thatsächliches  Interesse.  Die  Eigenschaften  unsrer  Krankheit  sind  so  bestimmt, 
dafs  jeder  Arzt  für  sich  selber  diese  Unterscheidung  vornehmen  kann.  Allerdings 
mufs  man  den  Kranken  bisweilen  längere  Zeit  beobachten,  bis  man  durch  das  Auf- 
treten der  Polymorphie  zu  einer  sichern  Diagnose  geführt  wird. 

Besonders  mifstrauisch  mufs  man  bei  einem  hartnäckigen  Prurigo  sein, 
der  ohne  nennenswerte  Ursache  bei  arthritischen  oder  nervösen  Personen  auftritt; 
denn  er  bildet  zuweilen  nur  den  Vorläufer  einer  D.  p.  p.,  das  geringste  Auftreten 
von  Blasen  mufs  da  unsem  Argwohn  erwecken. 


471 


Wie  soll  man  die  Eranklieit  benennen? 


DüHRiKo  hat  bei  verschiedenen  Gelegenheiten  die  von  ihm  gewählte  Bezeichnung 
Dermatitis  herpetiformis  verteidigt.  Er  gibt  dem  Ausdruck  herpetiformis  den  Vorzug 
vor  raultiformis  (oder  polymorph),  weil  bereits  eine  Dermatose  (Erythema  polymorphum) 
mit  diesem  Beiwort  besteht;  der  Ausdruck  Dermatitis  multiformis  konte  nach  seiner 
Ansicht  die  Verwirrung  leicht  noch  vermehren,  indem  der  Glaube  erweckt  wurde,  als 
ob  die  neue  Krankheitsgruppe  nur  ein  vorgeschrittenes  Stadium  des  Erythema  polym. 
aeiy  welche  Meinung  er  eben  bestreitet.^^  Er  halt^'  die  Bezeichnung  herpetiformis 
für  sehr  glücklich,  weil  man  in  allen  Fällen  herpetiforme  Gruppen  von  Vesikeln 
beobachtet  und  weil  das  gerade  eine  der  wesentlichsten  Eigenschaften  der  Erank- 
lieit sei." 

Whitb"  hat  seit  1885  gegen  diese  Bezeichnung  protestiert.  Er  bemerkt  sehr 
richtig,  dafs  das  herpetische  Element  denn  doch  nicht  immer  vorhanden  ist;  er 
wünscht  lieber  den  Ausdruck  multiformis.  Auch  Bülklet^^  ist  der  Ansicht,  dafs 
die  herpetischen  Elemente  nur  eine  der  möglichen  Formen  der  Krankheit  darstellen; 
auch  er  wünscht  lieber  das  Prädikat  multiformis  oder  neuritica,  um  anzu- 
deuten, dafs  in  der  grofsen  Mehrzahl  der  Fälle  das  Nervensystem  mitbeteiligt  ist; 
^nz  besonders  aber  würde  er  sich  mit  der  Bezeichnung  Dermatitis  pruriginosa 
befreunden,  denn  dadurch  würde  auf  das  Vorhandensein  eines  entzündlichen  Elements 
hingewiesen,  und  der  Pruritus  fehlt  bekanntlich  niemals. 

PiFFARD  hat  1884  den  Namen  Dermatitis  multiformis  vorgeschlagen,  um  diese 
noch  so  unklaren  Ausschläge  bis  auf  weiteres  zu  benennen.  Dieser  Name  ist  von 
Sherwell  und  Allek  angenommen.  Morrow  endlich,  der  noch  zu  keinem  endgültigen 
Urteil  über  diese  Krankheiten  gelangt  ist,  äufsert  sich  dahin,  dafs,  wenn  ihr  nervöser 
Ursprung  unbestritten  wäre,  die  Bezeichnung  Dermatitis  trophoneurotica  die 
zutreffendste  wäre. 

Der  unbestimmte  Ausdruck  Dermatitis  läfst  sich  meines  erachtens  beibehalten, 
um  alle  die  entzündlichen  Erscheinungen  zusammenzufassen,  die  sich  bei  unsrer 
Krankheit  auf  der  Haut  abspielen.  Das  Beiwort  polymorpha  oder  multiformis 
pafst  ganz  gut,  da  der  Ausschlag  wesentlich  aus  verschiedenartigen  Elementen  zu- 
sammengesetzt ist:  allerdings  wäre  das  Prädikat  pemphigoid  ungefähr  ebenso  be- 
zeichnend. Ich  habe  schon  im  ersten  Teil  dieser  Arbeit  auseinandergesetzt,  warum 
ich  es  für  notwendig  halte,  das  Prädikat  pruriginosa  hinzuzufügen:  wirklich  ist 
das  Jucken  u.  s.  w.  eines  der  wesentlichsten  Symptome  unsrer  Krankheit;  nur  ist 
jener  Ausdruck  vielleicht  noch  nicht  umfassend  genug,  da  ja  zuweilen  die  Empfin- 
dungen des  Brennens,  Prickeins,  der  Hitze  und  der  Spannung  vorherrschen,  deshalb 
wäre  das  Wort  dermalgica,  oder  gar  der  Ausdruck  Algodermatitis  wohl  noch 
bezeichnender;  die  von  Mobrow  und  Bulkley  vorgeschlagenen  Bezeichnungen 
trophoneurotica  und  neurotica  scheinen  mir  noch  nicht  genügend  berechtigt. 
Der  Zusatz  chronica  k  pouss6es  successives  endlich  weist  auf  die  beiden  andern 
Haupteigenschaften  der  Krankheit,  ihre  lange  Dauer  und  ihren  anfallsweisen  Ver- 
lauf hin. 


"  Vergl.  DüHRiNo,  a.  a.  0.  1887. 

^^  Vergl.  DuHRiNo,  a.  a.  0.    Journal  of  cutan.  and  ven.  Diseases.  1885.  pag.  318. 
*•  Vergl.  im  ersten  Teil  dieser  Abhandlung,  Kap.  3.  die  Angabe  der  Gründe,  die 
mich  verhindern,  die  DuRRiKGsche  Benennung  anzimehmen. 

*^  White,  Diskussion  über  den  DuHBiNoschen  Vortrag.  (Das.  1885.) 
"  L.  D.  Bulkley,  a.  a.  0.  April  1886. 


472 

Und  80  komme  ioh  denn  zu  dem  Ergebnis,  dafs  die  Bezeichnung  Dermatitis 
polymorpha  pruriginosa  chronica  k  poussees  successives  einstweilen  für 
unsre  Dermatose  am  zutreffendsten  ist.  Allerdings  ist  sie  viel  zu  lang,  um  sich  für 
die  Dauer  erhalten  zu  können.^* 

(Fortsetzung  folgt.) 


)Derfamtrtlun$en. 


Ärztlicher  Verein  zu  Wiesbaden. 

Sitzung  vom  1.  Mai  1889. 

Dr.  TouTON  stellt  einen  2Vi  jährigen  Knaben  mit  Urticaria  pigmentosa  vor. 
Bei  dem  seit  seiner  Geburt  viel  schreienden  und  aufgeregten,  in  der  letzten  Zeit  vor 
Beginn  der  Hautkrankheit  mit  Oxyuren  behafteten  Kinde  trat  am  Ende  des  2.  LelieuB- 
Jahres  im  Anschlufs  an  eine  mit  Fieber  bis  39^  einhergehende  Angina  tonsillaris 
eine  heftige  Eruption  einer  gewöhnlichen  Urticaria  auf,  welche  sich  fast  über  den 
ganzen  Körper  verbreitete.  Die  Quaddeln  verschwanden  aber  nicht,  sondern  wandelten 
sich  im  Laufe  von  10  Tagen  in  die  schon  mehrfach  beschriebenen  gelben  bis  milch- 
kaffeebrannen  Flecke  um,  welche  es  gelingt,  durch  länger  andauernden  Druck,  Reiben 
etc.  vorübergehend  wieder  in  gewöhnliche  Urticariaquaddeln  zu  verwandeln.  Bei 
strichförmigem  Beiz,  welcher  quer  durch  die  braungelben  Flecke  und  das  Gesunde 
gesetzt  wird,  wandelt  sich  nur  der  den  Fleck  durchziehende  Teil  des  Striches  in  eine 
streifenförmige  Quaddel  um,  d.  h.  ein  auf  einzelne  Partien  der  gelbbraunen  Flecke 
konzentrierter  Beiz  bringt  nicht  den  ganzen  Fleck,  sondern  nur  die  sich  eng  an  die 
gereizte  Stelle  anschliefsenden  Partien  zur  Quaddelbilduug.  Als  eine  Kombination 
mehrerer  ätiologischer  Momente  lassen  sich  in  dem  Falle  anführen:  1.  das  stets  auf- 
geregte, nervöse  Wesen  des  Kindes ;  2.  die  Oxyuren ;  3.  die  mit  starker  Hautkongestion 
einhergehende,  ziemlich  hochfieberhafte  Krankheit.  Der  Fall  wird  noch  ausfuhrlich 
publiziert  werden. 

Darauf  stellt  Toüton  einen  Fall  von  Liehen  planus  aus  seiner  Privatpraxis  vor 
(holländischer  Becbtsanwalt).  T.  betont  neben  der  Arsenbehandlung  den  Wert  der 
UNNAschen  Karbol-Sublimat-Pflasterraulle,  die  die  Heilung  beschleunigen. 

Fauly  -  Wiesbaden  -  NervL 

Bericht  über  einige  in  der  Glasgow  Pathological  and  Olinical  Sodetf 
▼orgestellte  Fälle.    {Glasgow  Med,  Joum.  April  1889.) 

1.  Favus  der  Kopfhant  von  einähriger  Dauer.  Dieser  Fall  sowie  die  zwei 
folgenden  wurden  von  Prof.  Mo  Call  Andebson  demonstriert.  Die  Krankheit  war  auf 
folgende  Weise  bekämpft  worden:  nach  Entfernung  der  Borken  mittels  warmer 
Umschläge  wurde  die  Kopfschwarte  mit  Kaliseife  abgewaschen  und  darauf  eine  anti* 
septische  Pasta  aus  Resorcin  4,0,  Lanolin,  Vaselin,  Zinkoxyd,  Amylumpulver  b  12,0 
eingerieben.  Nach  dem  Einreiben  wurde  zur  Bedeckung  eine  Leinenmütze  aufgesetzt 
Das  Waschen  des  Kopfes  und  die  Einreibung  wurden  täglich  einmal  vorgenommen. 
Vor  Beginn  der  Behandlung  waren  an  den  Haaren  Sporen  und  Mycelfäden  nach- 
gewiesen worden;    Nach   täglicher  Anwendung  der  Salbe  während  8  Wochen  konnte* 


^*  Vergl.  hierzu  Abteilung  1.  Kap.  5.  dieser  Abhandlung. 


473 

^ennocb  am  Ende  dieser  Zeit  das  Vorhandensein  von  vielen  Sporen  und  Mycelien  an 
^en  Haaren  noch  nachgewiesen  werden. 

2.  Becidivierender  Herpes  facialis.  Die  26jährige  Patientin  hatte  während 
der  letcten  20  Jahre  2  oder  3  Anfalle  jedes  Jahr  durchzumachen  gehabt,  ohne  dafs 
eine  bestimmte  Ursache  für  ihr  Entstehen  angegeben  werden  konnte.  Gewöhnlich 
waren  beide  Oesichtshälften  gleichzeitig  affiziert.  Bei  dem  gegenwärtigen  Ausbruch 
entsprach  die  Lokalisation  der  Bläschen  auf  der  rechten  Seite  des  Gesichts  dem 
Verlauf  des  Nervus  maxillaris  superior  und  inferior,  sowie  (wenn  auch  in  sehr 
geringem  Grade)  des  Bamus  supraorbitalis.  Auf  der  linken  Seite  war  nur  der  Nervus 
maxillaris  superior  befallen. 

3.  Skrofiilodenna  ▼errncostun.  Dasselbe  betraf  den  rechten  Daumen  und  die 
linke  Glutäalgegend,  wo  es  schon  8  Jahre  bestanden  hatte,  femer  die  Vorderfläche 
des  rechten  Vorderarms  mit  5jähriger  Dauer,  sowie  den  rechten  Oberarm  mit  ein- 
jährigem Bestand  und  die  rechte  Hüfte  seit  6  Monaten.  Die  Affektion  bestand  aus 
warzenartigen  Stellen,  mit  einem  umgebenden  Hofe  von  cyanotischer  Färbung.  Wenn 
•die  auf  den  Stellen  aufliegenden  Krusten  entfernt  wurden,  traten  hypertrophische 
Papillen  zutage,  t^er  Schmerzen  wurde  nicht  geklagt,  doch  bestand  ein  mäfsiger 
Juckreiz.  Hier  und  dort  waren  Narben,  die  von  früheren  ähnlichen  Läsionen  her- 
rührten, zu  sehen. 

4.  Alopecia  areata  von  IGjähriger  Dauer  bei  einer  23jährigen  Frau  wurde  von 
Dr.  Alex  Napieb  demonstriert.  Seit  4  Jahren  war  der  Kopf  total  kahl  gewesen. 
Ein  anderes  Mitglied  derselben  Familie  hatte  früher  an  Alopecia  areata  mit  gleich- 
zeitiger Tinea  circinata  des  einen  Fufsrnckens  gelitten.  Die  Behandlung  bestand  in 
«iner  tonisierenden  Mixtur  von  Eisen  und  Strychnin  nebst  einem  Waschwasser  von 
Karbolsäure,  rektifiziertem  Alkohol,  Glycerin  und  Wasser  zu  gleichen  Teilen,  mit  dem 
die  Kopfhaut  täglich  zweimal  eingerieben  wurde.  Pilocarpinum  nitrioum  wurde  in 
Dosen  von  0,015  in  Pillenform  beim  Zubettgehen  einige  Monate  hindurch  dargereicht. 
Als  Resultat  dieser  Therapie  war  die  Entwickelung  eines  neuen  Haarwuchses  auf  fast 
der  ganzen  Kopfhaut  zu  verzeichnen.  Die  neugewachsenen  Haare  waren  kräftig, 
glänzend  und  stark  pigmentiert. 

Dr.  Napieb  vertritt  die  Ansicht,  dafs  es  eine  Abart  von  Herpes  tonsurans  der 
Kopfhaut  gibt,  welche  klinisch  von  Alopecia  areata  faktisch  nicht  zu  unterscheiden  ist. 

H,  Leslie  Boberts- London. 


Mitteilungen  aus  ber  £itteratur. 

Zirkulationsstörungen. 

Purpura  rhenmatica.    Dr.   W.  Osler  gruppiert  {N.  Y,  Med.  Journal.  1889) 
die  Varietäten  der  Purpura  folgendermafsen : 

1.  Fälle   mit  leichten    Gelenkschmerzen   oder   mit  Durchfall,   oder    auch   ohne 
diese  Symptome,  namentlich  bei  Kindern,  die  an  Rheumatismus  gelitten  haben. 

2.  Polyarthritis  acuta  mit  ausgebreiteter  Purpura  urticans,  gleichbedeutend  mit 
ficHÖNLEivs  Peliosis  rheumatica. 

3.  Mit   den   Gelenkafifektionen   und   der   Purpura  sind  heftige  gastrointestinale 
Anfälle    verbunden.      Hämorrbagien    von     verschiedenen    Schleimhäuten     ausgehend 


474 

stellen  sich  ein,  und  es  kann  zur  Albuminurie^  wohl  auch  gar  zu  tödlicher  Nephritis 
kommen. 

Es  ist  zwar  schwer,  den  Eheumatismus  als  ätiolo^schen  Faktor  stets  mit  Sicher 
heit  auBzuschliefsen,  es  scheint  indessen  als  ob  ein  vom  Verdaunngstraktus  aus  in 
den  Organismus  übergendes  Gift  diese  einander  so  ähnlichen  und  oft  ineinander  über- 
gehenden Symptomenkomplexe  hervorzurufen  im  stände  wäre. 

Leviseur-New  York. 

Über  den  EinfluTs  der  Spannongsverliältnisse  in  den  Oefälsen  auf  die 
Entstehnng  von  Purpura.  —  Buhige  Lage  der  Extremitäten  und  Purpura,  von 

Henbi  Habtmann.  {Annales  de  Dermat.  et  de  Syph,  1888.  Heft  11.)  Verf.  hat  die- 
jenige Purpura  im  Auge,  die  sich  bisweilen  an  den  unteren  Extremitäten  zeigt,  wenn 
der  Patient  nach  länger  dauerndem  Krankenlager  sich  zum  erstenmal  wieder  erhebt 
Dies  Verhalten  hatte  Jules  Cloqüet  schon  1823  beobachtet;  er  sah  in  diesen  „E^cfay* 
mosen''  eine  Art  Skorbut  infolge  schwächender  Ursachen,  ein  Zustand,  welcher  der 
Heilung  von  Frakturen  hinderlich  sei. 

Nach  Verf.  entsteht  die  Purpura  infolge  verstärkten  Blutdrucks  im  Innern  der 
Kapillaren,  die  in  ihrer  Ernährung  vielleicht  durch  die  lange  Ruhe,  durch  einen 
Verband  und  durch  ein  Trauma  gelitten  haben. 

Für  gewöhnlich  herrscht  ein  gewisses  Gleichgewicht  der  Kräfte  zwischen  dem 
intrakapillaren  Blutdruck  einerseits,  der  Kontraktilität  der  Grefäfswand  und  dem 
Widerstand  des  umgebenden  (iewebes  anderseits.  Der  intrakapillare  Druck  ist  in  den 
abschüssigen  Teilen,  infolge  der  Schwere  des  Blutes,  natürlich  stärker;  dementsprechend 
ist  dort  die  Kontraktilität  der  Qefäfswand  aber  auch  vermehrt.  Diese  vermehrte 
Kontraktilität  verschwindet  nun  aber,  wenn  der  intrakapillare  Druck  in  den  Untere 
eztremitäten  für  längere  Zeit  aufgehoben  bleibt,  wie  das  ja  bei  längerem  Kranken- 
lager der  Fall  ist.  So  beobachtet  man  denn  häufig,  wenn  ein  Kranker  nach  langer 
Bettruhe  zum  erstenmal  wieder  aufsteht,  Böte  und  Odem  der  Unterextremitäten. 

Kommt  es  dann  noch  zu  trophischen  Störungen  in  der  Kapillarwand,  wie  da» 
bei  Frakturen  u.  s.  w.  nicht  selten  der  Fall,  so  zerreilst  das  Gefals  und  bedingt  so 
die  Purpura,  fuhrt  zuweilen  sogar  zu  wirklichen  Ekchymosen.  Dieser  Vorgang  tritt 
noch  leichter  ein,  wenn  die  Art  der  Verletzung  für  die  ganze  Dauer  des  Kranken- 
lagers einen  Druckverband  verlangte,  dessen  Entfernung  nun  den  extra-vaskulSrea 
Druck  vermindert.  Die  Purpura  entsteht  gewöhnlich,  sowie  der  Kranke  zum  ersten- 
mal  das  Bett  verlaust,  selten  später.  In  einem  Fall  genügt  schon  das  Anlegen  eines 
Druckverbandes  allein,  um  an  den  betreffenden  Teilen  Purpura  zu  erzeugen.  Hatte 
Verf.  dagegen  dem  Kranken,  bevor  er  ihn  aufstehen  liefs,  eine  Binde  teuren  weise  um 
die  Unterextremitäten  gelegt,  so  blieb  hernach  an  den  durch  die  Binde  komprimierten 
Stellen  die  Purpura  aus.  —  Im  übrigen  kommt  dieser  Purpura  gar  keine  Bedeutung 
zu;  sie  verschwindet  nach  5 — 6  Tagen  ohne  Spuren  zu  hinterlassen. 

Türkhetm-Heunburg, 


Chronische  Infektionskrankheiten. 

Über  luetische  Stenose  der  Trachea  und  der  Bronchien,  von  Dr.  A.  Soko- 
LOWSKi  in  Warschau.  {Berl.  klin.  Woclienschr.  No.  10.  1889.)  Diese  Erkrankung, 
welche  selten  beobachtet  wird,  zeigt  klinisch  3  Stadien:  1.  der  Beizung,  2.  der 
beständigen  Stenose,  und  3.  der  Erstickung.    Die  Symptome  des  ersten  Stadiums  sind 


475 

die  eines  hartnäckigen,  trockenen  Tracheal-  und  Bronchialkatarrhs ;  die  beiden  weiteren 
Stadien  sind  durch  ihre  Symptome  sehr  frappant.  Infolge  von  Versohwärungen  und 
dadurch  bedingten  narbigen,  bindegewebigen  Wülsten  wird  das  Lumen  der  Trachea, 
ja  sogar  eines  oder  beider  Hauptbronchien  eingeengt.  Eine  beständige  Atemnot  mit 
einem  typischen,  schrecklichen,  stenotischen  Einatmen  ist  für  beide  dieser  Stadien 
kennzeichnend.  Verf.  beschreibt  2  Fälle,  in  beiden  bestand  eine  Komplikation  mit 
einer  doppelseitigen  Paralyse  der  respiratorischen  Larynxmuskeln. 

L.  Hoffmann-Berlin 

•  ■ 

Im  Verein  der  Arzte  in  Steiermark  besprach  Prof.  Lifp  einen  Fall  von  Lupus 
des  Gesichts  bei  einem  sonst  vollständig  gesunden  Knaben,  wo  die  Erkrankung  von 
der  tuberkulösen  Mutter  durch  einen  KuTs  natürlich  bei  vorhandenen  Rhagaden 
übertragen  war;  und  weiter  stellte  er  zur  Bekämpfung  der  Ansicht  Heb&as,  dafs  der 
Lupus  stets  vor  der  Pubertät  sich  entwickele,  eine  Patientin  mit  Lupus  im  Gesicht, 
Gesäfs  und  Labium  majus  vor,  bei  der  die  Krankheit  erst  im  42.  Lebensjahre  auftrat, 
und  die  Tuberkelbacillen  wohl  durch  die  zahlreichen  von  Läusen  verursachten 
Exkoriatiouen  eingedrungen  waren.    {Wiener  med.  Fresse,  1889.  No.  11.) 

Eckart-Nü/rnberg, 

Dr.  A.  Cbane,  gegenwärtig  auf  den  Hawaischen  Inseln,  schreibt  in  einem  Briefe 
an  Dr.  C.  W.  Allen  {N.  .T.  Med.  Journal.  Jan.  1889):  „Vater  Dahien  liegt  jetzt  im 
Sterben.  Die  Lepra  hat  bei  ihm  einen  ziemlich  kurzen  Verlauf  genommen.  Der 
Erkrankte  glaubt  sich  folgendermafsen  sein  Leiden  zugezogen  zu  haben:  Als  er  einem 
schauderhaft  vorgeschrittenen  Leprafalle  die  letzte  Ölung  gab,  bemerkte  er  die  An- 
wesenheit unzähliger  Fliegen  und  ist  überzeugt,  dals  er  durch  eine  derselben  an  der 
Stelle  einer  kleinen  Schrunde,  die  er  am  Kopf  hatte,  mit  Lepragift  inokuliert  worden 
ist.  —  Ferner  berichtet  Dr.  Cbanb,  dafs  der  vor  längerer  Zeit  mit  Lepraprodukt 
geimpfte   Verbrecher   jetzt   wirklich    leprös    sei. 

Leviseur-New  York. 

Ober  eine  eiterige  Form  des  Lupus  tuberculosus,  von  H.  Hallopbaü  und 
M.  L.  WiCKHAK.  {Ännales  de  Dermat  et  de  Syph.  1888.  Heft  12.)  Während  die 
tuberkulösen  Haut-  und  Unterhautgummata  sehr  leicht  vereitern,  ist  das  bei  den 
Lupusknötchen  nur  äulserst  selten  der  Fall.  VerfiT.  teilen  eine  einschlägige  Beob- 
achtung mit,  wo  gleichzeitig  zahlreiche  tuberkulöse  Gummata  und  Knötchen  sich  im 
Stadium  der  Vereiterung  befanden.  Der  Kranke,  ein  Hufschmied,  war  vor  mehreren 
Jahren  von  einem  Pferd  ins  Knie  gebissen  worden ;  im  AnschluXs  daran  hatte  sich  die 
genannte  Störung  aUmählich  über  das  ganze  Gesicht  und  die  Mundschleimhaut  aus- 
gebreitet und  hatte  sofort  die  eiterige  Form  angenommen.  Hotz  konnte  in  diesem 
Falle  mit  Sicherheit  ausgeschlossen  werden,  während  die  Anwesenheit  zahlreicher 
Tuberkelbacillen  und  erfolgreiche  Impfversuche  mit  dem  Eiter  die  Diagnose  sicherten. 
Woher  stammt  nun  aber  der  Eiter?  Durch  den  Staphylococcus  pyogenes  kann  er 
nicht  erzeugt  sein,  denn  dieser  fand  sich  nur  wenig  zahlreich  und  bei  weitem  nicht 
in  allen  Eiterherden  vor,  scheint  sich  vielmehr  nur  nachträglich  in  die  Abscesse  ein- 
genistet zu  haA>en.  Die  Verff.  kommen  per  exclusionem  zu  dem  Schlufs,  dals  der 
Eiter  ein  Erzeugnis  der  indirekten  Wirkung  der  Tuberkelbacillen,  nämlich  der  von 
Gautier  zuerst  nachgewiesenen  Leukomaine  sei  und  erblicken  in  ihrem  Fall  einen 
weiteren  Beleg  für  die  neue  Lehre,  dais  nicht  die  Bakterien  selber,  sondern  erst  deren 
Erzeugnisse,  die  Leukomaine,  eitererregend  wirken,  dalJB  somit  der  Satz,  ohne  Kokken 
kein  Eiter,  hinfällig  wird.  Aber  sie  gehen  noch  einen  Schritt  weiter:  sie  halten  es 
für  sehr  wahrscheinlich,  dafs  es  bei  Anwesenheit  von  Tuberkelbacillen   ebenfalls  erst 


47Ü 

infolge    der  Einwirkung    der  Leukomaine    zur   Bildung    von    Gummaia    und   Lupus- 
knötchen  komme.  Türkheim' Hamburg. 


Einfache  Entzündungen. 

Im  Verein  deutscher  Arzte  in  Prag  besprach  Prof.  Sattler  als  Pendant  zu  den 
von  Lendet  mitgeteilten  Beobachtungen  von  Herpes  Zoster  nach  Kohlenoxydgu- 
Vergiftung  einen  solchen  Fall  bei  einem  85jährigen  Manne,  welcher  nach  einer 
solchen  Vergiftung  von  heftigen  neuralgischen  Schmerzen  im  Gebiete  des  1.  Astes 
des  linken  Nervus  trigeminus  befallen  wurde,  am  4.  Tage  darauf  im  Bereiche  dieses 
Nervenastes  einen  Herpes  Zoster  hatte,  der  auf  das  Auge  übergriff,  und  am  14.  Tage 
unter  zunehmenden  Marasmus  starb.  Sattleb  demonstrierte  die  mikroskopischen 
Präparate,  wobei  nur  der  dem  Eamus  primus  zugehörige  Anteil  des  Ganglion  Gassen 
durch  entzündliche  Infiltration  des  interstitiellen  Gewebes,  komplette  Degeneration 
sämtlicher  Ganglion zellen  und  intensive  Veränderungen  erlitten  hatte,  während  die 
übrigen  Teile  des  Ganglions  nahezu  normalen  Befund  zeigten. 

Eckart-Nürnberg. 

Als  zweiten  Fall  stellte  Sattleb  als  Beispiel  von  Zosterbildnng  bei  Tuber- 
kulose einen  an  tuberkulöser  Enochenerkrankung  leidenden  15jährigen  Knaben  mit 
der  äufserst  seltenen  Form  von  Herpes  Zoster  im  Gebiete  des  1.  und  2.  Astes  des 
linken  Trigenimus  vor,  ohne  dafs  weder  bei  der  Eruption  noch  im  weiteren  Verlaufe 
neuralgische  Schmerzen  aufgetreten  waren.  Eckart-Nürnberg. 

Pemphigus  vegetans  (Neümann).  Dr.  Badgliffe  Cbockeb  berichtete  in  der 
Royal  Medical  Chirurgical  Society  {Brit.  Med.  Joum.  16.  März  1889)  über  einen  Fall 
von  Pemphigus  vegetans  unter  Beifiigang  einer  kurzen  kritischen  Übersicht  der  bisher 
beschriebenen  13  Fälle  dieser  Krankheitsform.  Sein  Fall  betraf  eine  43jährige  Frau, 
die  Affektion  begann  mit  Stomatitis  und  grofser  Hinfölligkeit  im  April  1887;  bald 
darauf  traten  Blasen  auf  der  Haut  des  Abdomens  hervor  und  später  auch  in  den 
Leisten,  den  Aohselgegenden,  den  Glutäalfalten  und  auch  auf  der  Schleimhaut  des 
Mundes,  der  Konjunktiven  und  der  Vulva.  Diese  Blasenbildung  zeigte  nicht  den 
charakteristischen  Verlauf  des  Pemphigus  vulgaris,  denn  anstatt  prompt  abzuheilen, 
hinterHefs  sie  Ulcerationen.  In  den  Achselhöhlen,  den  Leisten  und  ähnlichen 
Gegenden  entwickelten  sich  auf  dem  Grunde  der  Geschwüre  papilläre  Auswüchse, 
welche  eine  jauchig  stinkende  Flüssigkeit  absonderten.  Die  Entwickelung  von  Blasen 
und  Geschwüren  im  Munde  machten  der  Patientin  die  Nahrungsaufnahme  fast  zur 
Unmöglichkeit,  so  dafs  sie  in  höchster  Erschöpfung  3  Monate  später  einer  inter- 
kurrenten Krankheit  erlag.  Alle  therapeutischen  Maisregeln  hatten  nur  in  so  fern 
Erfolg,  als  es  damit  gelang  den  unerträglichen  Geruch  der  Sekrete  von  den  papillären 
Geschwüren  zu  beseitigen. 

In  seiner  Synopsie  der  früher  beschriebenen  Fälle  hob  Dr.  Crockbb  hervor, 
dafs  die  Bildung  von  Blasen  im  Munde  und  Bachen  eine  charakteristische  Erscheinung 
bei  diesem  Leiden  bildet,  und  dafs  auf  diese  Weise  eine  erhebliche  Störung  in  der 
Ernährung  der  Patienten  verursacht  wird.  Bei  einigen  Kranken  war  die  Affektion 
zuerst  auf  der  Cutis  hervorgetreten.  Vier  mal  war  eiterige  Onychie  an  allen  Fingern 
und  Zehen  vorgekommen.  Bei  zwei  Fällen  werden  klonische  Krämpfe  und  Erhöhung 
der   Reflexe   erwähnt.    Mit  einer  einzigen  Ausnahme  endigte  das  Leiden  regelmafsig 


477 

letal,  und  auch  in  diesem  Ausnahmefall  erlag  der  Patient  einige  Jahre  nachher  einem 
wiederholten  Anfall.  Dr.  Cbockeb  ist  der  Ansicht,  dafs  dieses  Leiden  mit  Pemphigus 
foliaceus  eng  verwandt  ist. 

Bei  der  Diskussion  über  diesen  Vortrag  führte  Dr.  Mapotheb  einen  ähnlichen 
yon  ihm  behandelten  Fall  an.  Auch  hier  hatten  sich  Blasen  und  Geschwüre  mit 
papilliformem  Grunde  entwickelt.  H.  LesUe  Boberts-London. 


Spezifische  Entzündungen. 


a.  Der  Oberhaut 

Die  Znnaluiie  im  Auftreten  der  Scabies  nebst  Bemerkungen  ttber  die 
Behandlung  dieser  Affektion,  von  Dr.  Jambs  C.  White.  (Boston  Med.  and  Chirurg. 
Journal.  Febr.  1889.)  Anfangs  hierzulande  eine  seltene  Affektion,  hat  die  Scabies 
namentlich  in  den  letzten  Jahren  bedeutend  zugenommen.  Im  Massachusetts  General- 
Hospital,  Boston,  betrug  die  Anzahl  Scabies-Kranker 


im 

Jahre  1869  .  . 

.  .  50 

n 

n 

1870  .  .  . 

.  22 

n 

n 

1871  .  . 

.  .  30 

r 

n 

1872  .  . 

.  .  20 

n 

n 

1873  .  . 

.  .  24 

n 

n 

1874  .  .  . 

.  17 

n 

n 

1875  .  . 

.  .    8 

ft 

n 

1876  .  .  . 

.  .  35 

n 

n 

1877  .  .  . 

.    2 

n 

n 

1878  .  . 

.  .  11 

Im  Jahre  1879  ....    15 

»            n 

1880  ....      9 

n           n 

1881  ....      9 

»          n 

1882  ....    25 

t1               H 

1883  war  das  Hospital 

geschlossen. 

»           ty 

1884  ....    68 

n          n 

1885  ....    98 

w          » 

1886  ....  105 

z 

1887  ....  123 

11              n 

1888  ....  165 

Auch   in   der  Privatpraxis   bemerkt  Dr.  White  eine   bedeutende  Zunahme  für 
das  Jahr  1888. 

1885  ....  11 


1886 
1887 
1888 


14 

8 
18 


Was  die  Ursache  hierfür  ist,  lälst  sich  schwer  sagen,  da  sich  sonst  die  Ver- 
hältnisse nicht  bedeutend  verändert  haben.  Das  Zusammendrängen  grofser  Arbeiter- 
massen in  den  Fabriken  mag  der  Weiterverbreitung  der  Affektion  besonders  günstig 
sein.  Zur  Behandlung  hat  sich  dem  Verfasser  das  folgende  Rezept  am  besten 
bewährt. 

9  Flor.  sulf.  8,0 

ß  Naphthol  4,0 

Balsam.  Peruv. 
Vaselini.  u  30,0 

Der  dritte  Teil  dieser  Salbe  wird  abends  vor  dem  Schlafengehen  überall  tüchtig 
eingerieben.  Am  Morgen  ist  eine  Waschung  mit  gewöhnlicher  Seife  vorzunehmen. 
Die   dreimalige   Applikation   genügt   in  den  meisten  Fällen.    Bei  Eindem  mit  zarter 


478 

Haut  wird  das  Naphthol  weggelassen.  Alle  direkt  auf  der  Haut  getragenen  Kleidungi- 
stücke  sowie  auch  die  Bettwäsche  werden  gründlich  ausgekocht.  Man  vergesse  nicht 
dasselbe  mit  den  Handschuhen  zu  thun,  oder  dieselben  lieber  ganz  zu  zerstören. 
Auch  empfiehlt  es  sich,  die  yerschont  gebliebenen  Mitglieder  einer  Familie,  in  die 
sich  Scabies  eingeschlichen  hat,  der  Prophylaxe  halber  ein  paar  EinBchmiemngen 
machen  zu  lassen.  Leviseur- New- York. 


b.  Der  Cutis. 

Ein  Fall  von  Filaria  medinensis,  von  A.  v^n  Haklinoen.  {Med.  Surg.  Et- 
porter.  Jan.  1889.)  Der  Patient  bemerkte  eine  kleine  rote  Papel  auf  der  Haut  des 
Handrückens.  Dieselbe  juckte  stark,  war  aber  nicht  schmerzhaft.  Sie  wurde  dann 
länglich  und  schien  sich  an  einem  Ende  unter  der  Haut  vorwärts  zu  schieben.  Die 
Epidermis  war  wallartig  aufgewühlt,  und  aus  der  Tiefe  schimmerte  eine  Linie  wie' 
ein  roter  Faden  durch.  So  schritt  die  Affektion  langsam  über  den  Handrücken 
zwischen  dem  Zeige*  und  Mittelfinger  weiter,  trat  auf  den  Handteller  über  und 
durchkreuzte  denselben.  Als  der  Patient  zur  Beobachtung  kam,  war  die  Bahn  6  Zoll 
lang  und  Vs  Zoll  breit.  Es  wurde  Asa  foetida  innerlich  gegeben  und  der  Patient 
innerhalb  einer  Woche  geheilt.  Es  blieb  nur  eine  bräunlich  pigmentierte  Spur  am 
Sitze  der  Affektion  zurück.  Leviseur-Neto  York. 

Zur  Behandlung  des  Erysipels  nach  Ebaskb-Ribdsl,  von  Dr.  C.  Lausnstsiv 
in  Hamburg.  (Deutsche'  Med.  Wochenschr.  No.  11.  1889.)  Verf.  berichtet  über 
5  nach  der  Methode  von  Ebasks-Riedel  behandelte  Fälle  von  Erysipel,  die  alle 
günstig  verlaufen  sind,  und  empfiehlt  dabei  nur,  die  Barriere  gitterförmiger  Inzisionen 
ausschliefslich  in  das  gesunde  Grenzgebiet  zu  legen.  L.  HoffmannrBerUn. 

Beitrag  zum  Studium  des  Erythema  infectiosum,  von  P.  Simon  und  £. 
Legraik.  (AnndUs  de  Dermat  et  de  Syph.  1888.  Heft  11.)  Nachdem  sich  schon 
seit  längerer  Zeit  viele  gewichtige  Stimmen  in  Frankreich  für  die  infektiöse  Natur 
des  Erythema  polymorphum  ausgesprochen  haben,  ist  es  Haüsbalter  neuerlich  in 
2  Fällen  gelungen,  einen  beweglichen  Mikrokokkus  nachzuweisen,  der  auf  Gelatine 
weiTse  Kulturen  lieferte,  und  den  H.  für  den  Mikrokokkus  des  Erythema  polymorphum 
hält.  Simon  und  Legbain  haben  nun  auf  der  Einderklinik  zu  Nancy  bei  einem 
12jährigen  Knaben  ein  Erythema  marginatum  mit  vorübergehender  Albuminurie  be- 
obachtet und  aus  dem  Blut  der  tieferen  Hautschichten  Kulturen  angelegt,  bei  denen 
sie  zwei  Pilze  darstellen  konnten:  einen  weiDsen,  den  sie  mit  dem  von  HAUSHALTEa 
gefundenen  für  identisch  halten,  und  einen  gelben,  der  sich  bei  keiner  der  bislang 
bekannten  Arten  unterbringen  läfst. 

Der  weifse  Mikrokokkus  findet  sich  gewöhnlich  als  Diplokokkus,  mit  ziem- 
lich lebhafter,  oszillierender  Bewegung  selbst  in  älteren  Kulturen;*  seine  Länge  ist 
0,6 — 0,8  fjL.  Er  färbt  sich  nach  der  GaAMschen  Methode.  Auf  Gelatine  entwickelt  er 
sich  hur  sehr  unvollkommen,  ausgiebig  dagegen  auf  Gelose  ebenso  auf  Kartoffeln 
und  Bouillon.  —  Mäuse,  denen  von  den  Kulturen  unter  die  Haut  gespritzt  wurde, 
starben  nach  5—8  Tagen;  der  Pilz  fand  sich  im  Blut  der  Leber  und  des  Herzens 
und  scheint  eine  echte  Septikämie,  ohne  Örtliche  Erkrankungen  zu  erzeugen. 

Der  gelbe  Mikrokokkus  ist  rund,  erscheint  in  Haufen,  in  kurzen  Kettchen 
von  4 — 5  Gliedern,  oder  am  häufigsten  ebenfalls  als  Diplokokkus;  in  diesem  Fall  ist 
das  eine  Element  fast  während  der  ganzen  Zeit  merklich  grölser  als  das  andre ;  seine 


479 

Qrörse  schwankt  zwischen  0,5 — 1  /a;  er  bewegt  sich  selbst  auf  festem  Boden  lebhaft; 
in  RiPPART-PETiTscher  Flüssigkeit  hört  die  Bewegung  sofort  auf;  färbt  sich  mit 
GRAMscher  Lösung.  Gelatine-Kulturen  entwickeln  sich  nur  sehr  langsam;  die  Gelatine 
verflüssigte  sich  erst  nach  5—6  Wochen.  Gegenüber  den  andern  Nährböden  verhält 
er  sich  ähnlich  wie  der  weifse  Mikrokokkus.  Mäuse  und  Meerschweinchen  erwiesen 
sich  gegen  diesen  Mikroben  immun. 

Dieser  letztere  Pilz  hat  einige  Ähnlichkeit  mit  dem  M.  pyogenes  aureus,  unter- 
scheidet sich  aber  von  ihm  durch  gröÜBere  Beweglichkeit,  durch  seine  Eartoffelkiiltur 
und  seine  Unschädlichkeit  Morphologisch  kommt  er  noch  dem  Mikrokokkus  der 
Nilbeule  (Clou  de  Biskra)  am  nächsten,  unterscheidet  sich  aber  auch  von  ihm  durch 
seine  Ungefährliohkeit. 

Im  Urin  ihres  Kranken  fanden  S.  und  L.  im  Gegensatz  zu  Haüshalteb  die 
eben  beschriebenen  Mikrokokken  nicht,  jedoch  stiefsen  sie  auf  eine  interessante 
Saprophytenart,  deren  Schilderung  für  eine  besondere  Abhandlung  aufgespart  ist. 

Die  Autoren  sehen  in  ihrem  Fall  eine  Stütze  für  die  Theorie  von  der  infek- 
tiösen Natur  des  Erythema  polymorphum  und  halten  es  far  wahrscheinlich,  dafs  ihr 
weifser  Pilz  ein  spezifischer  Krankheitserreger  sei,  indem  sie  die  Möglichkeit  zugeben, 
dals  auch  noch  andre  Keime  ein  Erythema  polymorphum  erzeugen  können. 

Türkheim-Ham  bürg. 

Ätiologie  und  Prophylaxe  der  Alopecie,  von  P.  Merklen.  {AnnaUa  de 
Dermat,  et  de  Syph.)  Verf.  geht  von  dem  Bericht  über  die  Alopecie  aus,  den  Ebnest 
Beskier  am  31.  Juli  1888  der  Academie  de  M^decine  vorgelegt  hat,  und  bespricht 
an  der  Hand  desselben  den  jetzigen  Stand  der  Frage. 

Der  alte  Streit,  ob  die  Ursache  der  Alopecie  trophoneurotischer  oder  parasitärer 
Natur  sei,  ist  noch  immer  nicht  entschieden,  und  noch  immer  wogt  der  Kampf  der 
Meinungen  hin  und  her;  indessen  scheint  sich  der  Sieg  doch  mehr  auf  die  Seite  derer 
zu  neigen,  die  für  einen  parasitären  Ursprung  des  Leidens  eintreten.  Eine  ent- 
scheidende Niederlage  haben  sie  den  Gegnern  allerdings  noch  nicht  beizubringen 
vermocht,  denn  trotz  eifrigen  Suchens  ist  es,  wie  auch  bei  der  Syphilis  z.  B.,  noch 
immer  nicht  gelungen,  den  vermuteten  Missethäter  in  Gestalt  eines  behäbigen  Kokkus« 
eines  schlanken  Bacillus,  oder  einer  vornehmen  Spirochata  nachzuweisen.  Aber  in 
aUerlei  glücklich  geführten  Vorpostengefechten  haben  sie  die  gegenteilige  Meinung 
doch  immer  mehr  zurückgedrängt.  Gegen  das  schwere  Geschütz  der  Kontagiosität 
z.  B.,  das  von  den  „Parasitisten^  aufgefahren  wird,  vermögen  die  „Trophoneurotiker'' 
nur  mit  schwachem  Feuer  zu  antworten,  indem  sie  unter  anderm  auf  die  schnelle 
Zerstörung  des  Haares  und  auf  die  bei  der  histologischen  Untersuchung  gefundenen 
trophopathischen  Störungen  hinweisen,  Störungen,  die  sich  nach  E.  Besnier  nur 
durch  die  Annahme  einer  funktionellen  Parese  der  Haarpapille  selber  erklären  lassen. 
Besnier  versucht  nun,  zwischen  beiden  Parteien  zu  vermitteln,  indem  er  beide  Ansichten 
zu  Hecht  bestehen  läüst ;  das  Zustandekommen  der  Alopecie  wäre  somit  bedingt  durch 
das  Zusammenwirken  von  nervöser  Störung  und  Kontagion,  wie  ja  auch  z.  B.  bei  der 
Babies,  „wo  die  zufällige  oder  habituelle  Nervosität  des  Individuums  eine  wichtige, 
wenn  nicht  eine  unerläfsliche  Bolle  spielt."  Die  früher  weit  verbreitete  Theorie,  es 
gäbe  eine  parasitäre  und  eine  nervöse  Form  der  Alopecie,  verliert  jetzt  mehr  und 
mehr  an  Boden.  —  Die  gegen  die  Weiterverbreitung  der  Alopecie  vorgeschlagenen 
Mafsnahmen  gehen  eigentlich  nicht  über  das  Selbstverständliche  hinaus. 

Türkheim-Hamburg. 

Ekthyma  terebrans  bei  einem  Kinde.  —  Bakteriologische  Unter- 
suchungen,   von   G.  Baüdouin   und   Louis  Wickham.    {Ännales  de  Dermat  et  de 


480 

Syph.  1888.  Heft  12.)  Ea  handelt  sich  um  ein  lOmonatliches  Kind  von  yolb'g  ge- 
sunden Eltern,  das  am  27.  Mai  auf  der  Abteilung  von  FouRyiER  zur  Aufnahme  kam 
und  am  12.  Juni  wesentlich  gebessert  wieder  entlassen  wurde.  Die  Behandlung  hatte 
namentlich  in  Badern  und  Anwendung  von  Jodoform  bestanden. 

Die  bakterielle  Untersuchung  lieferte  als  vorherrschenden  Pilz  den  Streptococcos 
pyogen  es.  Die  Verff.  vermögen  diesen  Befund  einstweilen  noch  keine  Bedeutung 
beizulegen.  TürkheimSaniburg. 

PUebitis  bei  Ersrthema  polymorphtuii,  von  J.  Girode.  (M^daflle  d'Or  d« 
Hopitaux).  (^Ännales  de  Dermat  et  de  Syph.  1888.  Heft  12.)  Verf.  bringt  2  Falle  von 
Erythema  polymorphum,  in  beiden  Fällen  gesellte  sich  zu  dem  Grundleiden  eiiw 
Phlebitis  mit  dem  Sitz  an  der  rechten  Unterextremität.  Girode  glaubt  beide  Falle 
für  die  Lehre  von  der  infektiösen  Natur  des  Erythema  polymorpbum  verwerten  lu 
können  und  stellt  das  Auftreten  der  Venenentzündung  hier  in  Parallele  mit  der  bei 
Typhus,  Puerperalfieber  u.  s.  w.  vorkommenden  Phlebitis.  Eine  andre  Ursache  fnr 
das  Zustandekommen  der  Entzündung  liefs  sich  in  seinen  beiden,  günstig  verlaufenden 
Fällen  mit  Sicherheit  ausschliefsen.  Türkheitn-Hamburg. 


Syphilis. 

Beitrag  zum  Studium  über  den  Einflufs  von  Syphilis  auf  die  Schwaager- 
schaft,  von  Em.  Baude.  {Annales  de  Dermat  et  de  Syph.  1888.  Heft  12.)  Eine  Frau, 
die  schon  ein  normales  Wochenbett  hinter  sich  hat,  wird  6  Monate  nach  Beginn  der 
2.  Schwangerschaft  infiziert  Etwa  4  Wochen  später  kommt  es  bei  leichtem  Fieber 
zum  Ausbruch  von  Roseola;  gleichzeitig  stellen  sich  itnermittierende  Leibschmerzen 
ein,  der  Muttermund  ist  etwas  geöffnet  (entr'ouvert),  aber  noch  ungefähr  2  cm  lang. 
Man  diagnostiziert  beginnenden  Abort,  der  aber  durch  geeignete  Behandlung  auf- 
gehalten wird.  Erst  im  Beginn  des  9.  Monats  kommt  sie  mit  einem  toten,  2Vt  kg 
schweren  Kinde  nieder;  die  Placenta  bot  nichts  Abnormes;  über  den  Zustand  des 
toten  Kindes  ist  nichts  bemerkt. 

Verf.  erblickt  nun  in  dem  zeitlichen  Zusammentreffen  vom  Ausbruch  der  All- 
gemeininfektion  (Roseola)  und  drohendem  Abort  keinen  blofsen  Zufall,  und  obschon 
16  Tage  vorher  die  Frau  sich  einem  unglaublich  reichlichen  Geschlechtsgenuis  hin- 
gegeben habe  (qu'elle  aurait  co'ite  soixante  fois  dans  la  journSe  de  minuit  k  minuit), 
80  hält  er  doch  den  Abort  nur  von  dem  Ausbruch  der  Allgemeiniufektion  bedingt, 
und  zwar  sei  er  bedingt  nicht  durch  die  Syphilis  der  Mutter,  sondern  durch  diejenige 
des  Fötus.  Verf.  teilt  somit  vollkommen  den  Standpunkt  von  Leloir,  dessen  Schüler 
er  ist,  und  auf  dessen  Abteilung  der  mitgeteilte  Fall  zur  Beobachtung  kam. 

Türkheim-Hamburg. 

Gumma  syphiliticum  auf  der  Kopfschwarte,  im  44.  Jalire  der  bestehendeft 
Syphilis,  von  Hugüet  und  Actdain.    (Ännalea  de  Dermat  et  de  Syph.  1888.  Heft  11.) 

Bei  Aufnahme  des  GBjährigen  Patienten  im  Hotel  du  Midi  war  daa  Onmma  eehon 
ulceriert  und  hatte  den  Knochen  ergriffen;  die  Ulceration  durchdrang  den  Knochen 
in  seiner  ganzen  Dicke  und  bildete  zwischen  Knochen  und  Meningen  einen  Eiterherd. 
Trepanation  des  Schädels.  Besserung.  —  Abscefs  in  der  linken  Hinterhauptgegend: 
Phlebitis  der  rechten  Unterextremität.    Eröffnung  des  Abscesses.    Tod. 

TürJcheim- Hamburg. 


481 

öffentliclie  Prophylaxis  der  Ssrphllis,  von  M.  BARTHiLEur.  {Annaks  de 
Demnat  et  de  Syph.  1888.  Heft  11.)  Diese  mit  französischer  Lebhaftigkeit  geschriebene 
Abhandlung  enthält  einen  warmen  Appel  an  die  Regierung,  die  Prostituierten  in 
Frankreich,  wie  es  in  andern  Ländern  schon  längst  geschieht,  polizeilich  überwachen 
zu  lassen.  Den  deutschen  Leser  mutet  solche  Forderung  sonderbar  an.  Bei  uns  hat 
sich  die  Einrichtung  der  sanitats-polizeilich  überwachten  Prostitution  gut  bewährt  und 
gilt  als  selbstverständlich.  Keinem  fallt  es  ein,  darin  einen  Eingriff  in  die  Freiheit 
des  Individuums  —  der  Prostituierten  —  zu  erblicken;  keiner  wagt  es,  wenigstens 
nicht  mehr  öffentlich  und  in  wissenschaftlichen  Schriften,  die  Geschlechtserkrankung 
als  eine  wohlverdiente  Folge  der  Ausschweifung  zu  bezeichnen;  jeder  ist,  wenigstens 
auf  diesem  (xebiet,  bis  zu  dem  Grad  von  der  Richtigkeit  und  Wichtigkeit  des  Satzes : 
„Salus  Bei  publioae  prima  Lex  est^  überzeugt,  dais  er  selbst  noch  viel  strengere  Vor- 
schriften (z.  B.  die  schon  in  Vorschlag  gebrachte  Untersuchung  jedes  ein  Bordell  be- 
suchenden Mannes)  fordert  oder  duldet.  Ganz  anders  scheint  das  in  Frankreich  zu 
sein,  denn  BARTHtLEKY  hält  es  für  notwendig,  auf  solche  Einwände,  wie  Polizei- 
übergriffe, Mifsachtung  der  persönlichen  Freiheit  u.  s.  w.  u.  s.  w.  allen  Ernstes  ein- 
zugehen und  nachdrücklichst  auf  die  Gefahren  der  uneingeschränkten  Prostitation 
hinzuweisen.  Eine  interessante  und  lehrreiche  Statistik,  eine  Übersicht  über  die  Ver- 
hältnisse in  andern  Staaten,  wobei  namentlich  die  einschlägige  englische  Gesetzgebung 
eingende  Berücksichtigung  findet,  die  Contagious  Diseases  Acts  von  1866,  die  aber, 
trotz  ihrer  ausgezeichneten  Wirkung,  später  unter  Gladstokes  Regierung  (vermutlich 
aus  parteipolitischen  Gründen,  der  Ref.)  wieder  abgeschaffl  wurden,  sicher  dem  Artikel 
eine  nachhaltige  Wirkung.  Türkheim-Hamburg, 


über  Behandlung  der  Hydrocele  vaginalis  mittels  Injektion  reiner  Karbol- 
säure nach  Levis  von  Prof.  Helferich  in  Greifswald.  {Tfierap.  Monaish.  No.  8.  1889. 
Nach  dem  LEvisschen  Verfahren,  nach  welchem  kristallisierte  Karbolsäure,  welche 
nur  durch  Zusatz  von  5—10  7o  Wasser  oder  Glycerin  verflüchtigt  ist,  nach  der 
Punktion  der  Hydrocele  injiziert  wird,  hat  H.  29  Fälle  behandelt,  von  welchen  21 
geheilt  sind.  Von  6  Recidiven  sind  4  zum  zweiten  mal  ebenso  operiert  und  3  davon 
geheilt;  in  einem  Falle  blieb  auch  die  zweitmalige  Injektion  erfolglos.  Verf.  sagt) 
dafs  die  Resultate  demnach  unsicher  sind  und  mit  denen  der  Jodinjektion  garnicht 
wetteifern  können,  noch  viel  weniger  mit  denen  der  Radikaloperation. 

X.  Hoff  mann- BerUn. 

Übersiclit  über  die  Tlidses  de  Dermatologie,  die  innerlialb  des  Jahrea 
1887  bei  der  Pariser  Fakultät  eingerichtet  wurden,  von  Georges  Thibiergb. 
{Annales  de  Dermat.  et  de  Syph.  1888.  Heft  11.)  Im  ganzen  kommen  hier  19  Thesen 
zur  Besprechung;  ich  glaube  von  einem  Referat  absehen  zu  dürfen,  da  solches  meines 
Wissens  von  A.  Tavernibr  geliefert  wird.  Türkheim-Hamburg. 

Kupfergeld  seit  9  Jahren  in  der  Harnröhre.  Dr.  Prochkow  stellt  am 
30.  März  1889  einen  Fat.  aus  der  Klinik  des  Prof.  Koracs  vor,  der  vor  9  Jahren 
einen  Kreuzer  in  seine  Harnröhre  gleiten  liefs.  Seitdem  verheiratete  er  sich  und 
erzeugte  2  Kinder.  Das  Kupfergeld  (mit  19  mm  Diameter)  steckte  bei  seiner  Auf- 
nahme unterhalb  der  pars  bulb.  fest,  und  verursachte  nur  in  der  letzten  Zeit  Harn- 


4S2 

besch werden.    Am    19.  März   extrahierte   Prof.  Kovaos  das  inkrustierte  Geld,  mittdi 
eines  kleinen  Lithotriptors.    {Gyogydszat.  1889.  No.  14.)  Bona-Budapest 

AmmoniakallBclie  Qnecksilberverbindungen.  Rahmelsbcbg  hat  die  Konsti- 
tution dieser  Verbindungen,  namentlich  des  „weifsen  Präzipitats''  aufgeklart. 

Bei  Einwirkung  von  Ammoniakgas  sowohl  wie  wässerigem  Ammoniak  auf  Queck* 
silberoxyd  entsteht  die  als  „Millans  Base*'  bekannte  Verbindung  2HgO  4~  HgN,  die 
•ein  blafsgelbes  Pulver  darstellt.  Die  Verbindung  verliert  weder  an  der  Luft,  oder 
im  Wasser,  noch  auch  bei  Kochen  mit  Wasser  Ammoniak;  ebenso  wird  sie  dudi 
starke  Basen  kaum  angegri£fen.  Die  Verbindung  ist  das  Hydrat  eines  Herkuram- 
moniumhydroxyds,  NHg^OH -f  H,0,  welches  das  Hydratwasser  beim  Trockna 
verliert.  Verdünnte  Salzsäure  verwandelt  die  MiLLAVsche  Base  in  blafsgelbes  anl» 
liebes  Merkurammonchloridhydrat,  NHg,01  +  H^O;  das  Wasser  entweidii 
vollständig  erst  bei  200  ^  wobei  das  blafsgelbe  Chlorid  NHg^Cl  zurückbleibt. 

Die  Doppelsalze  des  Merkurammonohlorids  mit  Ammoniumchlorid  bildet  der  be- 
kannte „weifse  Präzipitat'^  in  seinem  zwei  Formen. 

Der  offizinelle  unschmelzbare  weifse  Präzipitat,  der  durch  Hinzufügen  voi 
'Quecksilberchlorid  zu  überschüssigem  Ammoniak  entsteht,  hat,  wie  Kavs  zuerst  feet- 
stellte,  die  Zusammensetzung  HgH,NCl. 

Der  schmelzbare  weifse  Präzipitat,  der  durch  Fällung  einer  Lösung  von  Queck- 
silberchlorid mit  Ammoniumchlorid  und  Natriumkarbonat  entsteht,  ist  ebenfalls  naek 
Kans  aus  ngH^N^Clf  zusammengesetzt. 

Wie  schon  Kake  nachwies,  gibt  der  unschmelzbare  weifse  Präzipitat  beim  & 
Jbitzen  mit  Kalilauge  die  Hälfte  seines  Stioksto£fs  als  Ammonik  ab.  Rammblsbbbo  hit 
nun  gefunden,  dafs  der  schmelzbare  weifse  Präzipitat  bei  gleicher  Behandlung  drei 
viertel  seines  Stickstoffs  in  Form  von  Ammoniak  abgibt. 

Hieraus,  sowie  auch  aus  der  Thatsache,  dafs  der  unschmelzbare  weifse  Priüd- 
pitat  durch  Kochen  mit  Salmiaklösung  in  schmelzbaren  umgewandelt  werden  kann, 
zieht  Rammelsbebo  den  Schlufs,  dafs  beiden  Formen  des  weifsen  Präzipitats  dieselbe 
Verbindung  zu  Grunde  liegt,  die  in  den  einzelnen  Fällen  nur  mit  verschiedeaeo 
Mengen  Amrooniumchlorid  zu  Doppelsalz  verbunden  ist: 

Unschmelzbarer  weifser  Präzipitat 

NHg, .  Cl  +  NH^  Cl  =  2(HgH,NCl). 

Schmelzbarer  weifser  Präzipit 

NHg,  Cl  +  3  NH^  Cl  =  2(HgHeN,Cy . 

Joum.  f.  prakt.  Chem,  1888.  pag.  558. 


Zur  gefälligen  Beachtung. 

Durch  ein  Versehen  ist  in  Heft  8  die  Erklärung  zu  den  Abbildungen  wegge- 
lassen worden,  welche  als  Tafeln  VI  und  VII  den  Beiträgen  9ur  Ashatomie  miuI  ^tfto- 
logie  der  Verruca  vulgaris  von  Georo  Kühnbkakk  beigegeben  sind.  Dieselbe  fblgt 
hier  nachträglich  und  wird  ersucht,  das  Blatt  an  der  betr.  Stelle  in  Heft  8  einzu- 
schalten. 


Verlag  von  Leopold  VOSS  in  Hamboig  (and  Leipzig). 
Druck  der  Verlagtanstalt  und  Drnekorel  Actien-Oeiellsehaft  (vormal«  J.  F.Kiehter)  in  Hambnrg. 


iN(Kiat0|efle  fit  iftakfifilie  9et]iiat0l0|it 


Band  Vm.  N2;  11.  1.  Juni  1889. 


Aus  Dr.  Unnas  dermatologisohem  Laboratorium  in  Hamburg. 

Übor  bacülogene  Sykosis. 

''         Von 

Dr.   P.    TOMMASOLI. 

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Die  folgende  dermatologische  Untersacliung  verdanke  ich  der  sorg- 
&ltigen  Beobachtung  und  dem  eifrigen  Studium,/  mit  welchem  jeder 
Krankheitsfall  in  der  Klinik  des  Herrn  Dr.  Unna  behandelt  wird. 

Nachdem  M.  Bockhabt  seine  üntersuchunjB^'  über  Ätiologie  und 
Therapie  der  Impetigo,  des  Furunkels  und  ^Äer  Sykosis  veröffentlicht 
hatte  (JftmafeA.  f.  prakt.  Bermat  1887.  pj^.  450),  wurde  von  Herrn 
Dr.  Unna  kein  Fall  von  Sykosis  klinisch  in  Behandlung  genommen,  der 
nicht  den  nötigen  Untersuchungen  unterzogen  ward,  um  die  Ejrankheits- 
Ursache  festzustellen.  Mit  einer  derartigen  Studie  wurde  auch  ich  durch 
die  Gtite  des  Herrn  Dr.  Unna  im  nachstehend  beschriebenen  Falle  be- 
traut. 

Der  Kranke  war  ein  noch  junger  Maurer  mit  hellblondem  Haar  und 
zarter  blasser  Hautfarbe.  Seit  Jahren  hat  er  nie  in  Ställen  oder  in 
sonstiger  Nähe  von  Hornvieh  oder  Schweinen  gearbeitet.  Er  liefs  sich 
aber  gewöhnlich  in  öffentlichen  Barbierstnben  rasieren.  Die  Krankheit 
begann  im  Jupi  1887  und  zwar  zuerst  an  der  Backe.  Nach  der  Schil- 
derung des  Patienten  entstanden  zuerst  einzelne  kleine  Bläschen,  welche 
Spannung  und  Schmerz,  aber  kein  Jucken  erzeugten.  Diese  nahmen 
allmählich  an  Zahl  zu,  verbreiteten  sich  auf  beide  Backen,  auf  das  Kinn 
und  schlieislich  auch  auf  den  Schnurrbart. 

Als  Patient  in  die  Klinik  aufgenommen  wurde,  hatten  die  über  den 
ganzen  Bart  ausgedehnten  affizierten  Stellen  das  Aussehen  der  gewöhn- 
lichen Sykosis,  die  von  dem  gewöhnlichen  pyogenen  Mikroorganismus 
erzeugt  wird.  Auffallend  war  jedoch  eine  eigentümlich  braunrote  Färbung, 
welche  mit  der  relativen  Geringfügigkeit  der  Pusteleruption  kontrastierte. 
Letztere  entsprach  dem  Sitz  der  Talgdrüsen.  Gröfeere  entzündliche  Elnoten 
wie  bei  der  hyphogenen  Sykosis  fand  man  nicht ;  ebenfalls  fehlte  stärkere 
Narbenbildung. 

Monatshefte.  82 


484 

Bevor  die  Behandlung  des  Kranken  begann,  zog  ich  bei  demselben 
mit  den  nötigen  antiseptischen  Kantelen  einige  Haare  ans,  die  sich  an 
den  geröteten  nnd  etwas  hervorragenden  Bläschen  befanden.  Ich  ver- 
senkte sie  in  verschiedene  Gelatineröhrchen,  gois  diese  sodann  anf  Platten 
nnd  behielt  noch  eine  Schicht  des  Nährbodens  an  der  Innenseite  der 
Böhrenwände  zurück. 

Nach  vier  Tagen  war  ich  sehr  erstaunt,  als  ich  sah,  daDs  sich  sowohl 
hier  wie  auf  den  Platten  eine  unzählige  Menge  gleichartiger  Kolonien 
entwickelt  hatte.  Meine  Verwunderung  nahm  noch  zu,  als  ich  nach 
acht  Tagen  wahrnehmen  konnte,  dals  diese  Kolonien  ausschUefslich  ans 
Bacillen  bestanden.  Ich  begann  dann  natürlich  eine  längere  Beihe  von 
Untersuchungen,  um  die  Frage  zu  lösen,  ob  die  Bacillen  in  der  That, 
wie  es  von  vornherein  wahrscheinlich  schien,  die  einzige  Ursache  der 
Sykosis  bildeten.  Die  Resultate  dieser  Studien  sollen  nun  in  folgendem 
mii^eteilt  werden. 

Der  Bacillus  ist  kurz,  geradlinig,  mit  abgerundeten  Enden,  so  dals  er 
eliptisch  oder  leicht  oval  erscheint.  Sein  gröfster  Durchmesser  beträgt 
1,0 — 1,5  X  0,25 — 0,3  fß,.  Auf  der  Kartoffel  entwickelt  er  sich  üppig  und  wird 
gröüser.  Dort  mifst  er  1,0 — 1,8  X  0,3 — 0,35  ^i.  Ein  gleiches  gilt  von 
Fleischbouillon.  Hier  sind  die  Bacillen  in  Kettenreihen  angeordnet,  deren 
jede  4 — 8  Elemente  enthält. 

Hier  herrscht  die  eliptische  Form  vor.  Die  Bacillen  sind  entweder 
eliptisch  oder  bilden  dünne  abgerundete  Stäbchen.  Untersucht  man  die 
Präparate  im  hängenden  Tropfen,  so  erscheinen  sie  dicht  aneinander  ge- 
lagert, sind  unbeweglich  und  zeigen  keine  Sporen.  Bei  gewöhnlidier 
Temperatur  und  in  dem  üblichen  Nährboden  entwickelt  sich  der  Bacillus 
nur  langsam. 

Auf  den  Platten  erscheinen  die  tiefer  liegenden  Kolonien  nach  vier 
Tagen  als  ganz  kleine  weüse  Punkte.  Die  oberflächlichen  sind  glatt  und 
haben  eine  graue  Färbung.  Nach  acht  Tagen  sind  sie  noch  sehr  wenig 
verändert.  Nach  einem  Monat  erscheinen  die  unteren  rundlich  wie  Senf- 
körner, die  oberflächlichen  aber  breit  (etwa  1 — 2  mm),  glänzend,  schleimig, 
dünn,  schleierartig.  Die  Farbe  bleibt  dieselbe.  Sind  diese  Kolonien  gut 
entwickelt,  so  zeigen  sich  die  tieferen  wie  dicke  Scheiben,  etwa  so  grols 
wie  Erbsen,  sie  sind  opak  und  haben  scharfe,  dunkle  Konturen,  die 
oberen  dagegen  sind  wie  dünne  Scheiben  und  zwar  doppelt  so  grois  und 
haben  hellere  graugelbe  Bender. 

Macht  man  Stichkulturen  in  Gelatine,  so  sieht  man  schon  nach 
zwei  Tagen  längs  des  Impf  kanals  eine  weüse  Linie,  welche  auf  der  Ober- 
fläche mit  einem  kleinen  Köpfchen  endet.  Nach  sechs  Tagen  besteht  der 
Impfstich  aus  kleinen,  dichtgedrängten  Kömern.  An  der  Oberfläche  ent- 
wickelt sich  ein  konvexer,  glänzender,  weüiser  Nagelkopf.  Nach  einem  Monat 


485 

erreicht  derselbe  die  Gröfse  von  3 — 4  mm,  ragt  ca.  2  mm  in  die  Höhe, 
ist  konvex,  rund  imd  weiTs.  Längs  des  Impfkanals  hat  der  Nagel  eine 
Dicke  von  2  mm,  er  besteht  aus  weilslichen  Körnchen,  von  denen  die 
ftuiseren  zum  dreiviertel  Teile  isoliert  angeordnet  sind,  so  dafs  die  Kultur 
im  Stiche  gezahnt  aussieht. 

Auf  Agar-Agar  entwickeln  sich  die  Bacillen  an  der  Oberfläche 
sehr  langsam.  Letztere  zeigt  dann  schleimige,  schleierartige,  isolierte 
Flecke  von  grauweifser  Farbe.  Später  konfluieren  diese  zu  glänzenden, 
wellenförmigen  Streifen. 

Ajif  Kartoffel  geht  die  Entwickelung  schnell  und  regelmälsig  vor 
sich.  Die  Kolonien  erscheinen  hier  zuerst  als  kleine  rundliche,  unregel- 
mäTsige  Protuberanzen  des  Imp&triches.  Dieselben  ragen  ziemlich  hoch 
über  die  Oberfläche  hervor  und  haben  scharfe  Konturen.  Später  breiten 
sich  dieselben  aus  und  vereinigen  sich  mit  den  Nachbarkolonien  zu  einer 
dicken  Auflagerung.  Dieselbe  hat  ein  körniges  Aussehen,  ist  chamois* 
färben  oder  gelblich  weüs,  während  die  Kartoffel  an  den  nicht  geimpften 
Stellen  ein  dunkelgrünes  Aussehen  annimmt.  Je  mehr  die  Kolonien  sich 
entwickeln,  um  so  mehr  verbreitet  die  Kartoffel  einen  intensiven,  unan- 
genehmen Geruch,  wie  man  ihn  an  den  Kulturen  in  Gelatine,  Agar- 
Agar  und  Bouillon  kaum  wahrnimmt.  Stärker  tritt  er  jedoch  auch  bei 
alten  Plattenkulturen  hervor. 

Li  Bouillon  bildet  sich  allmählich  ein  grauer  flockenartiger  Nieder- 
schlag am  Boden.  In  den  ersten  Tagen  ist  die  Bouillon  getrübt  und 
bildet  einen  Schaum  auf  der  Oberfläche,  der  aus  den  von  der  Tiefe 
heraufsteigenden  Bläschen  besteht.  Dieser  Schaum  erhält  sich  ungefähr 
eine  Woche  lang.  Dann  klärt  sich  die  Bouillon,  die  Schaumbildung  hört 
auf,  imd  der  Niederschlag  vermehrt  sich  sehr  langsam. 

Mit  der  gewöhnlichen  Anilinfärbung  kann  man  den  Bacillus  ganz 
gut  fkrben. 

Während  ich  die  Untersuchungen  über  Morphologie  und  Biologie 
des  von  mir  entdeckten  Bacillus  machte,  besserte  sich  der  Zustand  des 
Patienten,  welcher  mit  Karbol-Quecksilberpflastermull  behandelt  wurde. 
Nach  40  Tagen  verliefs  er,  freilich  noch  nicht  vollkommen  geheilt,  die 
Klinik.  Die  früher  erkrankten  Stellen  waren  noch  etwas  gerötet;  hier  und 
da  fanden  sich  noch  einzelne  kleine  Pusteln. 

Für  mich  waren  nun  folgende  3  Hauptfragen  zu  lösen : 

1.  ob  der  von  mir  kultivierte  Bacillus  der  einzige  Urheber  der, 
Sykosis  sei; 

2.  ob  der  Bacillus  auch  die  Ursache  der  Pustelbildung  sei,  d.  h.  ob 
er  auiser  der  Fähigkeit,  Entzündungsprozesse  an  den  mit  Haaren 
versehenen  Stellen  zu  erzeugen,,  noch  eine  pyogene  Eigenschaft 
besitze; 

32» 


488 

3.  ob  der  Bacillus  bereits  in  ähnlichen  Krankheitsprozessen  des 
Menschen  und  der  Tiere  von  andern  Forschem  gefanden  worden  oder 
ob  er  bisher  ganz  und  gar  unbekannt  sei. 

Ich  machte  zunächst  an  mir  selbst  Impf^ersuche.  Nach  Anwendung 
der  entsprechenden  Kautelen  rieb  ich  an  meinem  mit  reichlichem  'Haar- 
wuchs versehenen  Hnken  Vorderarm  eine  umschriebene,  6  cm  im  Durch- 
messer  grofse  Stelle  mit  einer  kleinen  Menge  reiner  Bacillenkultur  recht 
stark  ein,  die  ich  von  einer  Agar-Agar-Kultur  entnommen  hatte.  Ick 
gebrauchte  hierzu  die  Plattennadel  nach  von  Sehlen,  mit  welcher  ick 
auch  die  Kulturen  aus  der  Köhre  herausnahm. 

An  einer  andern  jener  Stelle  benachbarten  Zone  liels  ich  mir  yod 
meinem  verehrten  Freunde  Dr.  TOrOk,  Assistent  des  Herrn  Dr.  Ukka, 
mit  einer  sterilisierten  Impfiiadiel  eine  kleine  Menge  von  Kulturen  unter 
das  Stratum  comeum  bringen,  und  zwar  wurde  die  nächste  Umgebung 
eines  Haarfollikels  hierzu  gewählt.  Dann  bedeckte  ich  die  operierten 
Stellen  mit  indifferentem  Zinkleim. 

Nach  24  Stunden  fühlte  ich  daselbst  ein  leichtes,  nicht  bestfindig» 
Jucken.  Dieses  nahm  am  zweiten  Tage  zu,  und  die  betrefiPenden  Stellen 
wurden  auf  Fingerdruck  schmerzhaft.  Auch  am  dritten  Tage  nahm  idi 
dieselben  Symptome  wahr,  dann  wurde  ich  ungeduldig  und  nahm 
76  Stunden  nach  der  Impfung  die  Bedeckimg  ab.  Dort,  wo  ich  die- 
Kulturen  nur  auf  die  Hautoberfläche  eingerieben  hatte,  fand  ich  nur 
3— -4  kleine  rote  Punkte  und  zwar  in  der  Nähe  der  Haare.  Dort  aber, 
wo  mit  der  Imp&adel  unter  die  Oberfläche  der  Haut  gedrungen  war,  sah 
man  eine  Gruppe  kleiner  Bläschen,  deren  Zentrum  jedesmal  ein  Haar 
bildete,  und  deren  Umgebung  in  der  Grofse  eines  20-Pfennigstückes 
gerötet  war.  Als  ich  die  beiden  Stellen  nun  unbedeckt  liefs,  nahm  nach 
zwei  Tagen  die  Böte  ab  und  die  Bläschen  erschienen  abgeplattet.  Am 
dritten  Tage  machte  die  Besserung  noch  weitere  Fortschritte. 

Am  vierten  Tage,  als  der  gröfste  Teil  der  Bläschen  sich  zurück- 
gebildet hatte  und  nur  noch  eine  dunkel  weüsrote  Färbung  der  Stelle  in 
der  Grofse  etwa  einer  Linse  zurückgeblieben  war,  zog  ich  aus  der  noch 
am  markantesten  gebliebenen  Stelle  mit  einer  Pinzette  zwei  Haare  heraus, 
von  denen  ich  dos  eine  in  Agar-Agar  und  das  andre  in  Gelatine  steckte. 
Von  beiden  Kulturen  erhielt  ich  ganz  reine  Bacillen-Kolonien.  Noch 
nach  zwei  Wochen  waren  die  Spuren  der  erkrankten  Punkte  auf  meinem 
Vorderarme  zu  sehen. 

Da  ich  diese  erste  Untersuchung  noch  nicht  für  vollkommen  beweis- 
kräftig hielt,  wiederholte  ich  mit  den  nötigen  Kautelen  dieselben  Ex- 
perimente auf  meinem  haaireichen  Oberschenkel.  An  einzelnen  Stellen 
rieb  ich  vermittelst  der  Impfnadel  Kulturen  von  Agar-Agar  und  Kartoflel 
auf   die    Oberfläche    der   Epidermis  ein,  an  andern  führte  ich  die  Nadel- 


J 


487 

spitze  den  Haaren  entlang  und  zwar  so  Weit,  daCs  eben  noch  keine  Stioh- 
empfindong  wahrzunehmen  war.  Bei  diesen  Operationen  flofs  nirgends 
ein  Tropfen  Blut.  Darauf  bedeckte  ich  vier  dieser  Stellen  nebst  ihrer 
Umgebung  mit  Zinkleim;  eine  aber,  die  sich  unge&hr  in  der  Mitte  des 
Schenkels  befeuid,  lieis  ich  ganz  &ei. 

Nach  24  Standen  empfand  ich  an  allen  Stellen,  besonders  an  der 
unbedeckten,  ein  immer  deutlicher  werdendes  Jucken.  Ich  konnte  vielen 
meiner  Freunde  —  einem  wahren  internationalen  Gerichtshofe  — ,  welche 
gegenwärtig  in  dem  dermatologischen  Institute  zu  Hamburg  arbeiten, 
deutlich  zeigen,  daSs  die  frei  gebliebene  Stelle  im  Umfange  eines 
20-Pfennigstücks  dunkelrot  wurde  und  an  den  Haaren  kleine  bläschen- 
förmige Erhebungen  zeigte. 

Am  folgenden  Tage  war  der  Inhalt  der  Bläschen  getrübt.  Letztere 
hatten  eine  graue  Färbung  und  sahen  wie  kleine  Pusteln  aus.  Am 
dritten  Tage  waren  diese  noch  weiter  entwickelt,  das  Jucken  nahm  zu 
und  es  trat  noch  ein  Schmerz  auf  Fingerdruck  und  bei  Bewegungen 
hinzu.  Von  zwei  dieser  eiterigen  Bläschen  zog  ich,  nach  der  gewöhn- 
lichen Sublimatsterilisation,  die  Haare  heraus  und  drückte  mit  derselben 
sterilisierten  Pinzette  einen  kleinen  Tropfen  Eiter  aus.  Von  diesen  machte 
ich  einige  Präparate  und  vier  Plattenkulturen.  In  den  Präparaten  waren 
aulser  Eiter  und  Epithelzellen  viele  freie  Bacillen,  die  in  ihrer  Grölse 
den  auf  Kartoffel  kultivierten  entsprachen.  Irgend  welche  Kokken 
&nden  sich  nicht  vor. 

Am  vierten  Tage  waren  die  kleinen  Läsionen  der  offenen  Zone  nicht 
weiter  verändert,  vielleicht  durch  Einwirkung  des  zum  Desinfizieren  ver- 
wendeten Sublimats.  An  den  andern  Stellen  nahmen  die  Beschwerden 
zu,  so  daJs  ich,  um  mich  nicht  reiben  zu  müssen,  gezwungen  war,  mit 
warmem  Wasser  die  zwei  schmerzhaftesten  geimpften  Stellen  des  Schen- 
kels frei  zu  legen. 

In  der  Zone  des  oberen  Drittels  waren  keine  Pusteln  vorhanden ;  hier 
waren  vielmehr  die  Röte  und  saftreiche  Papeln  vorherrschend.  In  der 
benachbarten  Zone  dagegen»  am  Knie,  waren  drei  Pusteln  in  Bildung 
begriffen,  die  Böte  der  Papeln  konfluierte  in  der  Weise,  dafs  sie  einen 
Fleck  in  der  Gröise  eines  10-Pfennigstücks  bildete.  Auf  diesem  waren 
verschiedene  kleine  Bläschen  zu  sehen,  die  Epidermis  war  feucht  und 
maceciert,  so  dafs  kleine,  blutrote,  linienförmige  Exkoriationen  erschienen, 
welche  den  Impfstichen  entsprachen. 

Die  Stellen  am  linken  Schenkel  wurden  von  mir  am  sechsten  Tage 
aufgedeckt.  In  der  Nähe  des  Knies  waren  die  Papeln  erhaben  und 
gleichförmig.  Erstere  Eigenschaft  war  hier  in  höherem  Grade  als  an  den 
andern  Stellen  zu  finden.  Böte  und  Jucken  waren  hier  sehr  stark.  An 
einer  höher  gelegenen  Stelle,  wo  ich  ein  wenig  von  den  Elartoffelkulturen 
nur   eingerieben   hatte,    war  nur  eine  leichte  Böte  in  der  Umgebung  der 


488 

Haare  vorhanden,  sonst  nichts.  Trotzdem  hatte  ich  an  den  vorhergehen- 
den Tagen  auch  hier  ein  leichtes  Jucken  verspürt.  Sowie  die  Stellen 
einmal  freigelegt  waren,  besserte  sich  ihr  Zustand  sehr  schnell  schon 
nach  ein  oder  zwei  Tagen.  Die  roten  Höfe  machten  die  gewöhnliche 
Farbenveränderung  durch,  die  Bläschen  sanken  in  der  Mitte  (also  an  den 
Haaren)  etwas  ein;  es  bildete  sich  dort  eine  kleine  blutige  Bimste.  Tage- 
lang blieb  aber  immer  noch  eine  juckende  Empfindung  zurück.  Nach  zwei 
Wochen  waren  nur  noch  ganz  leichte  Spuren  jener  Bläschen  vorhanden. 
Damit  war  die  erste  Frage  zur  ü-enüge  gelöst,  der  gezüchtete 
Bacillus  ist  pathofor  und  erzeugt  genau  dieselbe  Hautkrank- 
heit,   welche   klinisch    als    eine    Svkosis   beobachtet  war. 

Um  nun  der  zweiten  Frage  näher  zu  treten,  legte  ich  mit  dem  aus  den 
Pusteln  des  Kranken  vor  seinem  Austritt  aus  der  Klinik  entnommenen 
eiterigen  Materiale  Plattenkulturen  an.  Bei  diesen  Untersuchungen  fand 
ich  nicht  mehr  den  gewöhnlichen  Bacillus,  wohl  aber  einige  Formen  von 
Kokken,  die  heute  als  pathofore  bekannt  sind,  gleichzeitig  auch  den 
Staphylococcus  pyogenus  albus. 

Selbstredend  konnten  diese  so  spät  gemachten  Untersuchungen,  zn 
einer  Zeit,  als  der  Kranke  bereits  länger  als  einen  Monat  in  Behandlung 
war,  keinen  grofsen  Wert  haben.  Ich  wiederholte  sie  daher  mit  dem 
aus  meinen  Pusteln  entnommenen  Eiter. 

Zu  diesem  Zwecke  wusch  ich,  wie  oben  gesagt,  die  Stelle  mit  Sub- 
limat, hierauf  mit  sterilisiertem  Wasser,  zog  vorsichtig  die  Haare  heraus 
und  zerdrückte  dann  mit  einer  sterilisierten  Pinzette  die  bis  dahin  noch 
intakten  Pusteln.  Mit  einer  Platinnadel  nahm  ich  hierauf  den  Detntos 
heraus  und  mächte  mit  demselben  vier  Plattenkulturen. 

Diese  mit  den  gewöhnlichen  Vorsichtsmafsregeln  bereiteten  Platten 
blieben  steril. 

Erstaunt  hierüber,  zog  ich  viele  Tage  nach  dieser  Operation  einige 
Haare  aus  den  noch  intakt  vorhandenen  Bläschen  heraus  und  machte  mit 
denselben  ebenfalls  Plattenkulturen.  Hier  erhielt  ich,  wie  mit  den  von 
dem  Arm  entnommenen  Haaren,  die  reinsten  Bacillenkulturen. 

Ich  dachte  nun,  dafs  der  Sublimat  vielleicht  das  Resultat  der  ersteren 
Experimente  beeinträchtigt  hätte.  Ich  machte  daher  Impfversuch  auf 
dem  Bücken  eines  Kaninchens.  Nach  36  Stunden  fand  man  auTser  den 
gewöhnlichen  knötchenförmigen  Papeln,  die  hier  noch  deutlicher  als  auf 
meiner  Haut  ausgeprägt  waren,  einige  Bläschen.  Diese  wusch  ich 
blofs  mit  sterilisiertem  Wasser  und  öffnete  sie,  um  mit  ihrem  Inhalte  die 
gewöhnlichen  Kulturen  zu  machen.  Diesesmal  glückten  die  Vereuche 
vollkommen.  Denn  die  mit  einer  geringen  Menge,  dem  in  zwei 
Bläschen  enthaltenen  Eiter  gemachten  Kulturen  zeigten  dann 
die  Reinkulturen  der  gewöhnlichen  Bacillen. 


489 
Da   ich    darauf  bedacht  war,  nur  von  der  oberen  Schicht  der  Blas- 

I 

clien  den  Eiter  zu  meinen  Untersuchnngen  herauszunehmen,  um  so  sicher 
die  dort  vorhandenen  Bacillen  zu  treffen,  so  glaube  ich  versichern  zu 
können: 

1.  dafs  die  in  den    Beinkulturen  gefundenen  Bacillen  im  Eiter  ent- 

lialten  waren; 

2.  daJB  der  Eiter  durch  sie  erzeugt  wurde. 

Somit  war  auch   die   zweite  Frage  gelöst,    mein  Bacillus  ist  ein 
py  oforer. 

Um  nun  auch  die  dritte  Frage  zu  beantworten,  machte  ich  5  mal  in 
starker  Dosis  subkutane  Impfversuche  bei  einem  Kaninchen.  Dasselbe  er- 
krankte nicht,  blieb  am  Leben  imd  zeigte  blois  einen  kleinen  abscefsartigen 
^Eiterherd,  welcher  in  einem  Ohre  subepidermidal  sitzt.  Daher  glaube  ich 
auch  den  zuerst  von  mir  gehegten  Verdacht  beseitigen  zu  können,  daJs 
der  Bacillus  dieser  Sykosis  mit  dem  Bacillus  parvus  ovatus  Loefflbb 
identisch  sei,  da  dieser  immer  und  rasch  tödlich  wirkt.  Viel  näher 
steht  mein  Bacillus  dem  bereits  von  Passet  beschriebenen  B.  pyogenes 
foetidus.  Nur  die  mehr  gelbe,  nicht  hellbraune  Farbe  der  Kartoffelkul- 
turen meines  Pilzes  veranlafst  mich,  denselben  —  in  Übereinstimmung  mit 
Herrn  Dr.  Unna  —  einen  besonderen  Namen  zu  geben,  welcher  seine 
pathologische  Bedeutung  genauer  ausdrückt.  Ich  nenne  ihn:  Bacillus 
sykosiferus  foetidus. 

Es  steht  fest,  dafs  zu  den  möglichen  schon  bekannten  Ursachen  der 
Sykosis  eine  andre  hinzuzufügen  ist,  die  bisher  noch  nicht  bekannt  war. 
Es  steht  ebenfalls  fest,  dafs  zu  den  beiden  von  Unna  [Monatsk  f.  prakt. 
Derm,  1888.  Heft  5)  als  hyphogene  und  kokkogene  unterschiedenen 
Sykosisformen  nun  eine  dritte  Art,  die  bacillogene  hinzukommt.  Diese 
dritte  Form  nähert  sich  klinisch  sehr  der  kokkogenen,  indessen  unter- 
scheidet sie  sich  in  verschiedenen  Punkten  von  derselben,  so  dafs  meiner 
Meinung  nach  ein  eigenes  Kapitel  für  dieselbe  aufgestellt  werden  mufs. 
Aber  auf  diese  Frage  hoffe  ich  in  einer  späteren  Veröffentlichung  ein« 
gehender  zurückkommen  zu  können. 


490 


Die  nicht-entzündlichen  Ödeme  der  Haut. 

Eine  historisch-kritische  Studie. 

Von 
P.  G.  Unna. 

(SohlulB.) 

Ich  kann  deshalb  nicht  ganz  mit  folgender  SchlnMoIgemng  Yon 
Elemensibwicz  übereinstimmen  (pag.  64):  ,,  Vor  allem  ist  es  eine  bekannte 
Thatsache,  dais  normalerweise  nur  wenig  Lymphe  produziert  wird,  wem 
das  betreffende  Organ,  dessen  Lymphabfluis  beohachtet  wird,  sich  mdA 
in  Thätigkeit  befindet.  Ja  es  sind  die  Versuche  von  EiCMiNaHAUS  und 
PASCHUTm  sogar  dahin  zu  deuten,  dais  im  ruhenden  Organe  die  Menge 
der  gebildeten  Lymphe  nahezu  gleich  null  ist.  Offenbar  liegt  die  Ur- 
sache dieser  Erscheinung,  abgesehen  von  einem  wirklichen  Sekretion8T0^ 
gange,  nur  darin,  dafs  der  Blutkreislauf  in  einem  solchen  Organe  auf 
ein  Minimum  reduziert  ist.  Das  ist  aber  eine  Wirkung  des  vasomotoii- 
sehen  Apparates.  Dieser  fehlt  in  unserm  Schema.  Mangelt  eine  aus- 
reichende Regulierungsvorrichtung  für  die  Höhe  des  Drucks  im  Elapillar- 
gebiete,  so  muh  es  zu  vermehrter  Transsudation  kommen.  Dabei  ist  es 
bis  zu  einem  gewissen  Ghrade  gleichgültig,  wie  hoch  der  Druck  im  blnt- 
Zuführenden  Arteriengebiete  ist.'' 

In  der  That  ist  in  der  Haut,  dank  der  überaus  starken  Arterien- 
muskulatur,  die  Blutzufuhr  de  norma  eine  geringe  und  ebenso  die  Lympk- 
abfuhr  durch  Lymphge&ise  relativ  sehr  spärlich  (nach  EiCMiNChHAUS  und 
Paschütin).  Aber  das  letztere  Moment  sagt  über  die  Menge  der 
gebildeten  Ljonphe,  wie  wir  oben  sahen,  gamichts  aus.  Das  Transsudat 
kann  bedeutend  sein  und  ist  für  den  Papillarkörper  gewiJs  stets  bedeutend, 
wie  jede  einfache  Kontinuitätstrennung  ohne  entzündliche  Komplikation 
im  Bereiche  der  Staohelschicht  beweist.  Und  doch  wird  bei  der  eben&Ils 
grofsen  Gewebespannung  der  Haut  die  Lymphe  gröfstenteils  durch  die 
Venen  und  venösen  Kapillaren  wieder  resorbiert,  ohne  dafs  sie  in  den 
Lymphgefälsen  zutage  tritt.  Hierzu  ist  der  regulatorische  Apparat  der 
Arterien  und  Venen  nicht  notwendig;  es  genügt  —  mehr  als  Klembit- 
siEWicz  selbst  denkt  —  sein  nervenloses  Transsudationsschema  und  zwar 
vermöge  der  anatomischen  Verhältnisse,  wie  sie  in  der  Haut  und  dem 
subkutanen  Gewebe  gegeben  sind.  Der  arterielle  Blutdruck  allein  ist  — 
ganz  wie  der  Autor  angibt  —  durchaus  nicht  maJsgebend  für  die  Höhe 
der  Transsudation,  wohl  aber,  wie  sein  Schema  zeigt,  jedes  Stromhindemi« 


491 

in  der  yenösen  Lymphabfahr.  Das  Modell  von  KObnbb  und  Klbmen« 
SIBWIGZ  erläutert  also  in  befriedigendster  Weise  die  Vorgänge  der  nor- 
malen und  pathologischen  Transsndation  in  der  Haut. 

Wenn  wir  in  dieser  einen  Beziehung,  dem  Verbleib  der  Hautlymphe 
und  ihrer  normalen  Besorption  durch  das  Venensy^stem,  mit  Klembnsiewicz 
nicht  ganz  einer  Meinung  sein  können,  so  freut  es  uns  anderseits,  die 
vollkommenste  Übereinstimmung  unsrer  Anschauungen  in  betreff  aller 
sonstigen  Vorgänge  im  Venensystem  mit  denen  des  um  die  Physiologie 
des  Blutkreislaufs  so  ungemein  verdienten  Forschers  konstatieren  zu 
können,  wie  derselbe  sie  in  der  Abhandlung:  „Ezp^mentelle  Beiträge 
zur  Kenntnis  des  normalen  und  pathologischen  Blutstromes''  (Bd.  94  der  Säeb. 
d.  k.Ak.d.  Wiss.  in  Wien,  Math.-naturw.  KL  III.Abt.  Oktober  1886)  nieder- 
gelegt hat.  Es  kann  nicht  unsre  Absicht  sein,  den  ganzen,  reichen  Inhalt 
dieses  Werkes  hier  auch  nur  skizzenhaft  vorzufahren;  wir  begnügen  uns 
mit  der  Anführung  der  für  die  Zirkulation  der  Haut  wichtigeren  Ver- 
suche, Beobachtungen  und  Schlüsse. 

Den  Hauptinhalt  bildet  die  Untersuchung  der  Einflüsse,  welche  eine 
Änderung  des  Blutdrucks  in  einem  einzelnen  Kapillargebiet  auf  die 
Gesamtzirkulation  ausübt,  und  der  Mittel,  welche  der  Organismus  besitzt, 
um  diese  Einflüsse  zu  regulieren.  An  dem  Blutdruck  der  Beinvenen, 
dem  Volumen  der  ganzen  Extremität  und  der  Ge&ise  und  dem  Füllungs- 
zustand der  Niere  studiert  Klsmsnsiewicz  zuerst  eine  Beihe  mechanisch 
wirkender  Momente,  vor  allem  die  der  Atmungssuspension  bei  künstlicher 
Respiration  und  der  Zuklemmung  der  Vene  und  Arterie,  dann  solcher 
Einflüsse,  welche  vom  Nervensystem  ausgehen  (Vagusreizung,  Beizung 
des  zentralen  Peroneusstumpfes)  und  endlich  die  Wirkimg  bestimmter 
Gifte  (Curare,  Strychnin,  Amylnitrit). 

Klemensiewicz  findet,  dafs  die  Thätigkeit  des  rechten  Herzens  die 
Höhe  des  Venendrucks  viel  unmittelbarer  beeinfluist  als  der  Stand  des 
arteriellen  Blutdrucks.  Bei  Herzstillstand  durch  Vagusreizung  führt 
hauptsächlich  der  Mangel  der  Entleerung  des  rechten  Herzens  zur  Stauung 
im  Venensysteme.  Vor  allem  aber  geht  aus  den  Versuchen  mit  Ab- 
klemmung der  Gefä&e  hervor,  dais  ein  Ansteigen  des  Venendrucks  nur 
dann  erfolgt,  wenn  der  venöse  Abflufs  behindert  ist.  Für  das  venöse 
Ge&fssystem  ist  mithin  „die  venöse  Stauung  das  bei  weitem  wirk- 
samere Moment  als  der  von  den  Arterien  in  die  Venen  über- 
tretende Blutstrom.''  Die  Übereinstimmung  dieser  Besultate  mit  den 
Thatsachen  der  Hautpathologie  liegt  auf  der  Hand. 

Sehr  interessante  Ergebnisse  weist  die  Reizung  des  zentralen  Pero- 
neusstumpfes auf:  verminderte  Blutfülle  peripher  gelegener  Kapillar- 
bezirke imd  damit  Druckerhöhung  im  Arteriensysteme.  Bei  derselben  ist 
die  BlutfüUe  des  Beines  der  andern  Seite  vermehrt  und  zwar  nicht  etwa 


492 

vermittelt  durch  den  Peroneus  der  andern  Seite,  da  diese  HypeiÄmie 
auch  nach  Durchschneidnng  des  letzteren  Nerven  besteht;  sie  ist  vielleicht 
Teilerscheinung  der  passiven  Erweiterung  vieler  andrer  Bahnen  (z.  B.  der 
Niere).  —  Es  liegt  nahe,  das  Resultat  dieser  Beizung  bei  solchen  Haiit- 
affektionen  heranzuziehen,  welche  peripherer  Natur  sind  und  einseitig 
auftreten,  wie  z.  B.  bei  gewissen  Fällen  von  Herpes  Zoster.  Vielleicht 
bedingt  der  hier  auf  die  sensiblen  Nerven  einer  Seite  ausgeübte  Beiz 
eine  stärkere  Blutfülle  der  entsprechenden  symmetrischen  Hautpartie  d« 
andern  Seite,  welche  den  Boden  zur  Entfaltung  der  Dermatose  auf  dieser 
ungünstig  beeinflufst. 

Beim  Nachlafs  derselben  Peroneusreizung  tritt  in  dem  zugehörigen 
Venensystem  konstant  eine  Druckerhöhung  auf;  sie  ist  um  so  bedeutender, 
je  höher  die  arterielle  Drucksteigerung  war,  und  erscheint  etwas  später, 
als  die  Arterienverengerung  sich  löst.  Diese  Spannungszunahme  im 
Venensysteme  ist  also  wohl  zweifellos  eine  Folgeerscheinung  der  Arterien- 
erweiterung; die  Venen  haben  sich  während  der  Peroneusreizimg  auf 
einen  etwas  geringeren  Durchmesser  selbständig  zurückgezogen,  und  deshalb 
läuft  bei  Nachlafs  der  Arteriensperre  eine  positive  Druckschwankung  über 
sie  hin.  Derart  ist  auch  —  wenn  ich  Klemensibwicz  hier  recht  ver- 
stehe —  seine  Erklärung  der  Thatsache.  um  so  weniger  erklärlich  ist 
mir  daher  die  an  diesen  Versuch  geknüpfte  Bemerkung:  „Die  Möglichkeit 
einer  Wirksamkeit  von  vasomotorischen  Apparaten  auf  das  Venensystem 
kann  nicht  geleugnet  werden;  doch  sehe  ich  von  diesem  Erklärungsrer- 
suche  ab,  da  die  Thatsachen,  welche  als  Stütze  dienen  können,  noch  xa 
mangelhaft  sind.'' 

In  der  von  mir  soeben  gegebenen  Erklärung  sind  allerdings  nicKt 
die  von  aufsen  an  die  Gefäfse  herantretenden  Vasomotoren,  aber  doch  die 
in  der  Grefäfswand  gelegenen,  vasomotorischen  Apparate  in  Ansprach 
genommen.  Dem  scheint  die  citierte  Bemerkung  unseres  Autors  zn 
widersprechen;  man  könnte  sie  so  verstehen,  als  ob  E^lemensiewigz  die 
vasomotorischen  Apparate  des  Venensystems  überhaupt  noch  nicht  disku- 
tabel und  als  Erklärungsgrund  geeignet  findet.  Nun  ist  es  aber  gerade 
Klemensiewigz,  welchem  wir  mehrere  wichtige  Thatsachen  verdanken, 
die  den  Venentonus  und  seine  Wirkung  illustiieren.  Sie  sind  es  natürlich, 
welche  ims  hier  am  meisten  interessieren. 

Derselbe  fand,  dafs  nach  Strychnininjektion  in  die  Venen  der  Blut- 
druck in  den  Venen  bedeutend  und  zwar  noch  vor  der  Erhöhung  des 
arteriellen  Druckes  ansteigt,  umgekehrt  folgt  auf  Einatmung  von  Amyl- 
nitrit  eine  selbständige,  primäre  Druckemiedrigung  im  Venensystem. 
Beide  Erscheinungen  führt  Klemensiewicz  auf  die  entsprechenden  Te^ 
änderungen  des  Venentonus  zurück.  Dementsprechend  figuriert  die  pri- 
märe Veränderung  des  Tonus  der  Venenwand   als   dritte  Kategorie  unter 


493 

den  von  ihm  angeführten  peripheren  Einflüssen,  welche  den  Venendruck 
verändern.  Diese  Beobachtungen  über  den  Venentonus  schliefsen  sich 
denen  von  Goltz  und  Biegbl,  welche  wir  bereits  kennen,  an. 

Wir  können  diese  wichtige  Arbeit  nicht  verlassen,  ohne  auf  die 
darin  enthaltenen  Blutdruckuntersuchungen  an  entzündeten  Geweben  und 
'weiter  auf  die  Kompensationsvorrichtungen  hinzuweisen,  welche  Klemen- 
siEWioz  bei  Störungen  der  Zirkulation  beobachtet  hat. 

CoHNHEiM  hatte  bekanntlich  angenommen,  dafs  bei  der  Entzündung 
in  den  Arterien  nnd  besonders  den  Kapillaren  der  Blutdruck  trotz  be- 
stehender Stromverlangsamnng  erniedrigt  sei,  da  die  letztere  hier  ja  nicht 
durch  Stauung  bedingt  ist.  Klemensiewicz  untersuchte  nun  den  Blut- 
druck entzündeter  Schwimmhäute  (Ätznng  mittels  Krotonöls)  direkt  nach 
der  Methode  von  Roy  und  Graham  Bbown  [Journal  of  Fhysiöl.  Vol.  II. 
pag.  323).  Der  Drock,  welcher  nötig  ist,  um  mittels  des  aufgelegten 
Deckglases  die  Zirkulation  znm  Stillstande  zu  bringen,  gibt  bei  dieser 
Methode  ein  Mafs  für  den  Blutdruck  in  den  Gefäfsen  ab.  Roy  und 
Brown  hatten  bereits  gefunden,  dafs  bei  geringem  Steigen  des  extra- 
vaskulären Druckes  in  den  Kapillaren  der  Schwimmhaut  ein  Kapillarpuls 
aufbrät. 

Klemensiewicz  fand  nun  mittels  dieser  Methode  als  nächste  Er- 
scheinung Randstellung  der  weüäen  Blutkörperchen  in  den  Venen  bei 
einem  noch  vollständig  unschädlichen  Drucke,  wenn  der  letztere  nur  eine 
Stromverlangsamnng  in  den  Venen  zur  Folge  hatte.  Diese  Randstellung 
verschwand  wieder  bald  nach  Aufhebung  des  Druckes.  Durch  öfters 
wiederholten,  einfachen  Druck  auf  die  Gefäfse  war  es  aber  möglich, 
aufser  der  Randstellung  auch  Auswanderung  weifser  Blutkörperchen,  also 
den  Anfang  typischer  Entzündung  hervorzurufen. 

Ich  möchte  nicht  unterlassen,  auf  diese  experimentelle  Erzeugung 
von  Entzündung  durch  Druck  als  ein  Paradigma  für  gewisse  Hautent- 
zündungen hinzuweisen. 

Aufserdero  sah  auch  Klemensiewicz  hierbei,  wie  bei  jedem  extra- 
und  intravaskularen  Druck  von  bestimmter  GröiSge,  Kapillarpuls  auftreten, 
für  dessen  Verständnis  die  oben  besprochenen  V-ersuche  am  Modell  mals- 
gebend sind.  Aber  er  fand  noch  eine  sehr  interessante  Erscheinung  am 
Ge&fsbaume.  Der  ansteigende  Druck  öffnete  nämlich  eine  Reihe  von 
kurzen  Seitenästen  der  Arterie,  welche  ohne  längeren  kapillaren  Verlauf 
direkt  in  Venenanfänge  übergingen  und  welche  beim  Nachlafe  des  Druckes 
unter  Verdickung  der  Wände  wieder  unwegsam  für  Blut  wurden.  Offen- 
bar dienen  diese  Ventiläste  der  Arterien  regulatorisch  der  Ableitung  des 
Blutes  bei  jeder  Hyperämie,  und  wenn  diese  Erscheinung  schon  bei  der 
Schwimmhaut  des  Frosches  eine  nicht  zu  unterschätzende  Rolle  spielt, 
so  haben  wir  gewifs  an  der  menschlichen  Haut  derselben  einen  noch  viel 


494 

breiteren   Wirkungskreis    einzuräumen.     Denn   die   tägliche    Beobaditang 
lehrt   ja,    dafs   hier   die    Gegensätze   äu&erster   Blässe  und   strotzendstor 
BlutüberfüUung   rasch   aufeinander   folgen   können,    ohne    Störungen    d«r 
Zirkulation    oder    auch    nur    Stauungen   und    Ödem  zur  Folge  zu  haben. 
Uns  wundert  nur,    dafs   Klbmbnsibwicz   hier  nicht  auf  die  analogen  Be- 
obachtungen SuoQüSTs  und  HoYEBs  hinweist,  welche  aus  ihren  Injektioos- 
resultaten  an  bestimmten  Hautstellen  die  Existenz  eines   derartigen  „den- 
vatoriscl^en''    Kreislaufes    erschlossen.      Allerdings    verstand    man    biah^ 
darunter  eine  permanente,  direkte  Kontinuität  der  Arterien  und  YeDen 
durch  dickere,  kürzere  Äste;    aber  vielleicht  werden  diese  doch  auch  nur 
durch    den    Überdruck   einer   künstlichen   Injektion  geöffnet  worden  sein. 
Nach  den  Versuchen  von  Klbmbnsibwioz  müssen  wir  jedenfalls  annehmen, 
dafs   dieser   ungemein   einfachen   regulatorischen   Einrichtung   eine   nodi 
viel  ausgedehntere  Verbreitung  zukommt,  als  man  bisher  annahm.    OflEeo- 
bar  ist  sie  für  die  Erhaltung   eines    gleichmälsigen,    mittleren  Blutdroeks 
im  Kapillarsysteme,    wie   KlbmeksiBWIGZ  angibt,  ein  sehr  wirkungsvolles 
Mittel.     Aber  mehr  als  dieses.     Wenn  in  der  Eroschschwimmhaut  beieitB 
jene   kurzdauernde    Stauung   in   den   Arterien,    welche   als   erste  Dradc- 
wirkung   auf   die    Kapillaren    auftritt,    die  Ventiläste    öfEhet,  müssen  wir 
annehmen,    dals    der  viel   stärkere   Druck  von   den  Venen  her   bei  allen 
Arten   von   Stauungsdermatosen   ebensowohl   wie   der    stärkere    arterieUe 
Druck   bei  jeder  Form  der  entzündlichen  und  nicht  entzündlichen  Hype- 
rämie dieselben  in  der  einen  wie  in  der  andern  Sichtung  wegsam  madit 
Es   müssen    in  Zukmiit  vergleichende    Untersuchungen    der    künstlichen 
Injektionen    der   Haut   bei   verschieden    hohen   Drucken  lehren,  in 
welcher  Ausbreitung  ein   pathologisch   veränderter  Blutstrom  in  der 
Haut   auf   dieses   regulatorische   Mittel   zu   rechnen  hat;    möglicherweue 
erscheinen  bei  höherem  Injektionsdruck  als  dem   gewöhnlichen  Ventilfiste 
an  Orten  injiziert,  wo  man  sie  bisher  nicht  kennt. 

Dafs  der  Blutdruck  in  den  Arterien  und  Elapillaren  eines  entzündeten 
Bezirks  —  wie  eben  bereits  bemerkt  —  auch  erhöht  ist  oder  wenigstens 
erhöht  sein  kann,  hat  Klbmbnsibwioz  mittels  seines  Druckmessers  nach- 
gewiesen. Nach  der  Ätzung  hören  die  spontanen  rhytmisohen  Kon- 
traktionen der  Blutge&lse  auf,  sie  sind  auch  nicht  mehr  vpm  verlängerten 
Mark  oder  vom  Ischiadicus  aus  zur  Verengerung  zu  bringen,  sondern 
verharren  in  einem  Zustand  gleichmäfsiger  Weite,  was  allein  schon  eine 
Erhöhung  des  Blutdrucks  erklären  würde.  In  der  That  zeigte  sieh  nnn 
auch  ein  höherer  Gegendruck  notwendig,  um  den  Blutlauf  in  der  Arterie 
eines  derart  entzündlich  veränderten,  aber  noch  nicht  ödematösen  Ge- 
webes zum  Stillstand  zu  bringen.  Jedenfalls  ist  also  die  —  nicht  dureh 
Versuche  gestützte  —  Annahme  Gohnhbims  über  den  Blutdruck  in  ent- 
zündeten Geweben  keine  allgemein  zutreffende. 


495 

Wie  im  Ki^illargebiet  die  arterio-yenösen  Yentiläste  den  Blutdruck 
regulieren  und  den  EinfluCs  der  örüichem  Kreislaufsstörung  auf  den 
Greeamtkreislauf  herabsetzen,  so  existieren  auch  in  den  greisen  Arterien 
und  Venen  vor  und  hinter  dem  pathologisch  veränderten  Kapillarbezirke 
Einrichtungen^  welche  eine  Kompensation  in  demselben  Sinne  anstreben 
und  dadurch  den  Gesamtblutdruck  auf  einer  mittleren  Höhe  erhalten. 
Meistens  zeigt  sich  nämlich  die  Arterie  einer  entzündeten  Extremität 
verengert,  die  Vene  erweitert.  Die  Verengerung  der  Arterie  hält  eine 
dauernde  Erniedrigung  des  allgemeinen  Blutdrucks  hintan,  die  kompensa- 
torische Erweiterung  der  Stammvene  sorgt  für  eine  Ausgleichung  der 
sonst  notwendigen  Blutdruckerhöhung.  Klbmbnsiewicz  nimmt  an  —  was 
auch  wir  für  sehr  wahrscheinlich  halten  — ,  daCs  die  Druckschwankungen 
an  der  Peripherie  als  direkter  Biciz  auf  die  muskulo-nervösen  Apparate 
der  gröfseren  Gefäfse  wirken.  Die  Arterien  sind  jedoch  zu  dieser  kom- 
pensatorischen Funktion  geschickter  als  die  Venen,  denn  stets  ist  der 
Druck  in  der  Arterie  des  gesunden  Hundebeines  ebenso  groJis  wie  in  der 
verengerten  des  entzündeten  Beines,  dagegen  zeigt  die  Vene  des  kranken 
Beines  mitunter  höheren  Druck  als  die  der  gesunden  Seite.  Aus  diesen 
Angaben  darf  man  jedoch  nicht  auf  eine  geringe  kompensatorische 
Thätigkeit  der  Venenwandung  überhaupt  schlieiflen;  denn  die  Venen 
erweitem  sich  viel  bedeutender  als  die  Arterien  sich  verengem,  in  einem 
Falle  sechsmal  so  stark  (in  linearer  Ausdehnung)  wie  diese.  Die  abso- 
luten MaCse  der  Durchmesserschwankungen  müssen  auch  in  diesem  Sinne 
verschieden  ausfallen,  da  die  Verkleinerung  des  Radius  der  Arterie  um 
1  mm  ein  viel  stärkeres  Stromhindemis  schaöt  als  die  Erweiterung  der 
Vene  um  ebensoviel  an  Hindernissen  beseitigt.  Ehe  wir  uns  diesen 
Leistungen  der  Venenmuskulator  gegenüber  zu  der  Annahme  voa 
Klemjbnsiewicz  bekehren,  dafs  der  Unterschied  in  den  Muskelschichten 
beider  Gefäfsarten  die  kompensatorische  ünvoUkommenheit  der  Venen 
erkläre,  glauben  wir  vielmehr,  dals  in  den  Fällen  imkompensierten 
venösen  Dmokes  der  entzündeten  Extremitäten  eine  allgemeine  Druck- 
steigerung im  Interesse  des  kranken  Organismus  lag  und  der  Muskel- 
apparat  der  Vene  gerade  auf  eine  geringere  kompensatorische  Erweiterung 
vom  Zentrum  aus  eingestellt  war.  Jedenfalls  ist  diese  kompensatorische 
Erweiterung  der  groisen  Venen  bei  peripherer  Entzündung,  welche 
KxEMSNSiEWiGZ  entdeckt  hat,  wieder  ein  neuer  Beweis  für  die  Existenz 
eines  selbständig  thätigen  Venentonus. 


Nachdem  wir  in  dem  bisherigen  die  Arbeiten  aus  dem  Gebiete  der 
Physiologie  und  allgemeinen  Pathologie  berücksichtigt  haben,  welche  die 
zu    Ödem   fährenden    Zirkulationsanomalien   behandeln,  erübrigt  es,  einen 


496 

Blick  auf  die   theoretischen  Erörterungen  der  Kliniker  zu  werfen  ^  welche 
speziell  über  die  sog.  nervösen  Ödeme  gearbeitet  haben. 

Quincke^  sagt  über  jene  riesenartige  Form  von  Urticaria  (Miltok), 
die  besonders  bei  anämischen  Frauen  garnicht  so  selten  zn  beobachten 
ist:  ,,Nach  der  ganzen  Art  seines  Auftretens  ist  das  akute  umschriebene 
Ödem  der  Haut  und  Schleimhäute  wohl  als  Angioneurose  anzusehen. 
Freilich  dürfte  aus  (dem  Wegfall  von)  rein  motorischen  Einfläfisen 
eine  unter  Nerveneinflufs  stehende  Änderung  der  Transsudations&higkeit 
der  Gefäfswand  anzunehmen  sein  —  wodurch  der  Vorgang  dann  der 
eigentlichen  Entzündung  näher  verwandt  erscheint.*' 

Wie   man    sieht,    ist  sich    Quincke    nicht   ganz  einig  geworden,  ob 
eine   reine    motorische  Parese  der  Vasomotoren,  also  eine  ein&che  Hype- 
rämie, oder  eine  Wandveränderung  der  GefSäise  im  CoHNHBiMschen  Sinne 
die    Ursache    dieser    akuten  Ödeme  ist.     Wir  können  hier  weder  in  dem 
einen   noch   dem    andern   Sinne  Quincke  folgen.     Eine  einfache  vasomo- 
torische Parese  der  Arterien  bei  vollständig  normalem  Venenabfluis  kann 
nach    unserer    Ansicht   niemals    ein  Ödem   zustande    bringen.     Anderseits 
ist   gerade    das   klinische   Bild  dieser   Ödemform,    welches  seit  Quinckes 
Arbeit  wohl  allen  Klinikern  geläufig  ist,  von  einer  Hautentzündung  auch 
leichtesten  Grades  weit  entfernt;  die  Akuität,  der  rasche  Ortswechsel,  das 
meist   spurlose  Verschwinden,    die    mangelnde    Temperaturerhöhung,    die 
häufig  vorhandene  Blässe  der  Anschwellungen  —  alles  spricht  gegen  eine 
solche  Auffassung.   Quincke  hat  auch  offenbar  nicht  an  eine  gewöhnliche 
Entzündung    der   Hautge&fse   gedacht,     sondern     an     eine    Endothelver- 
änderung   analog    der   von    Cohnheim    beim    kachektischen    Ödem    ange- 
nommenen,   welche    auch    ohne    akute    Entzündungserscheinungen    allein 
vermöge   stärkerer   Porosität   der    Gefälswände    zum    Ödem    führt.     Aber 
eine    solche   pflegt   sich    doch    (durch    im  Blut  kreisende  Auswurfsstoffe, 
durch    Sauerstoffmangel    etc.)    erst    allmählich   und    dann    nicht    derartig 
launenhaft    an   ganz    beschränkten   und   wechselnden   Lokalitäten  zu  ent- 
wickeln. 

Jamieson  und  Riehl,  welche  beide  neuerdings  die  genannte,  so  ganz 
und  gar  in  den  Bereich  des  „nervösen"  Ödems  gehörige  Störung  be- 
handelten, sprechen  sich  nicht  genauer  über  ihre  von  dem  Wesen  der 
Affektion  gewonnene  Anschauung  aus. 

Dagegen  finden  wir  die  Frage  eingehender  behandelt  von  Lewinski' 
gelegentlich  eines  Falles  von  Lähmung  eines  Hals-  und  ArnLsympathicus 


^  Über  akutes  umschriebenes  Hautödem.  Monatsh.  f.  prakt  DermaL  Bd.  1. 
1882.  pag.  219. 

'  Lewiksei,  Zur  Pathologie  des  N.  Sympathicus.  BerL  kUn,  Wbchenschr.  18®. 
No.  34  u.  35. 


497 

durch  Druck  einer  rechtsseitigen  Struma.    Lewinsei  sah  hiei  im  Bereich 
des  Vorderarms   und    der   Hand   ein    sehr  lange  Zeit   bestehendes  Ödem 
neben    etwas    erhöhter    Temperatur    der   betreffenden    Hand.     Er    glaubt, 
durch    diesen    Fall    den    Satz   von   Solnitsohewsky  hin&llig  zu  machen 
dalB    das    Auftreten    von    Ödem    infolge    ausschlieislicher    Lähmung  der 
Vasomotoren   noch   nie    beobachtet   ist.     So   sorgfältig   dieser  interessante 
Fall    von    Lewinsei    beobachtet  wurde,  so  kann  natürlich  die  Thatsache, 
dafs  es  sich  um  ein  Ödem  bei  Lähmung  des  Sympathicus  handelt,  nichts 
gegen  den  Satz  beweisen,  dafs  stets  zur  Lähmung  der  Arteriomotoren  ein 
Hindernis  im  Abflüsse  des  Venenblutes,  sei  es  organischer  oder  spastischßr 
Natur,  hinzukommen  mufs,  um  Odem  zu  bewirken.    Und  weshalb  konnte 
die    Kompression   des    unteren    Hals-    und  obersten  Brustganglions  durch 
die   Struma,  welche  Lewinski  in  diesem  Falle  diagnostiziert,  nicht  eben- 
so gut  eine  Heizung  der  Venomotoren  wie  eine  Parese  der  Arteriomotoren 
bewirkt  haben  und  weshalb  nicht   beides?     Wie  ist  weiter  die  Annahme 
von    der   Hand   zu   weisen,    dafs    ein   und   derselbe    Druck   neben  einer 
leichten  venösen  Stauung  im  ganzen  Arm  durch  Kompression  der  groLsen 
Halsvenen  eine  umschriebene  Arterioparese  der  Hand  und  des  Vorderarms 
durch  Kompression  der  Granglien  bewirkte?    Uns  scheint  sogar  das  Odem 
sich  auf  diese  letztere  Weise  ain  besten  zu  erklären. 

Am  ausführlichsten  ist  sodann  BObner'  neuerdings  auf  die  Frage 
des  „nervösen""  Ödems  eingegangen.  Die  Beobachtung  einer  Beihe  von 
akut  auftretenden,  umschriebenen  Ödemen  der  Haut  bei  Frauen  über- 
zeugte BöRNEB  von  dem  häufigen  Zusammenhang  dieser  Erscheinung  mit 
Veränderungen  der  Sexualorgane,  speziell  mit  der  Menstruation  und  dem 
Klimax.  Er  unterscheidet  zwei  verschiedene  Formen  dieser  reflektorisch 
erzeugten  Hautschwellungen;  die  eine  häufigere  und  bereits  länger  be- 
kannte begleitet  Neuralgien,  die  andre  tritt  ganz  allein  in  die  Erscheinung. 
Beide  Formen  sind  nicht  prinzipiell  voneinander  unterschieden  und 
kommen  bei  ein  und  derselben  Patientin  vor.  Quincke  hatte  bereits  auf 
diese  Menstruationsödeme  und  ihre  Verwandtschaft  mit  seinem  akuten 
umschriebenen  Hautödem  hingewiesen. 

BöRNER  hält  sich  für  berechtigt,  im  Anschlufs  an  die  CoHNHEiMsche 
Lehre,  dails  alle  Ödeme,  welche  nicht  auf  venöser  Stauung  beruhen,  sich 
wie  das  entzündliche  Ödem  auf  eine  Veränderung  der  Durchlässigkeit  des 
Endothelrohrs  zurückführen  lassen,  auch  die  Ursache  dieser  Hautschwellun- 
gen auf  eine  „plötzliche  Änderung  im  Verhalten  des  Endothels  der  be- 
treffenden Gefäfsbezirke^  zu  beziehen.  Dnd  diese  an  und  für  sich  schon 
höchst   dunkle    „plötzliche"    Änderung    soll    durch   nervösen    Reflex  vom 


'  BöKNER,  über  nervöse  Hautsohwellungen  als  Begleiterscheinung  der  Menstrua- 
tion und  des  Klimax.     Sammlung  JUin.  Vorträge  von  Volkmakn.  No.  312. 


498 

/ 

Uteras  her  erzeugt  werden,  resp.  durch  NacUafa  desselben  wieder  ver- 
schwinden. Die  Anämie  und  Nervosität  der  betreffenden  Frauen  werden 
als  begünstigende  Faktoren  angesehen,  aber  auch  nur  im  Sinne  „grötaerer 
Permeabilität  der  Gefäfswände'^ ;  ebenso  die  Blutverluste  der  Menstma- 
tionsperioden  und  des  Klimakteriums. 

Natürlich  geben  die  oben  eingehend  beleuchteten  Versuche  Ton 
RoGOWiGZ  für  diese  Sätze  von  BObner  eine  ausreichende  Basis,  so  lange 
man  dieselben  —  wie  Börnbr  —  wirklich  als  beweisend  ansieht.  Dafe 
BoGOWiGZ  nur  in  der  ersten  halben  Stunde,  d.  h.  in  der  Periode  der  noch 
unausgeglichenen  Strombettveränderung,  Vermehrung  der  Lymphe  feuid, 
wird  von  BOrner  erwähnt,  aber  trotzdem  dieses  ganz  andersdentige 
Resultat  wenigstens  für  diejenigen  Hautschwellungen  als  zureichender 
Grund  betrachtet,  welche  mit  erhöhter  Wärme  einhergehen.  Wir  brauchen 
dem  gegenüber  kaum  noch  zu  bemerken,  dafs  derartige,  oft  Tage  lang 
anhaltenden  Schwellungen  nicht  durch  die  vorübergehende  Druckschwan- 
kung einer  einfachen  Arterioparese  erklärt  werden  können. 

Wie  sucht  nun  aber  BOrner  diejenigen  Hautschwellungen  zu  er- 
klären, welche  mit  auffallender  Blässe  und  £ühle  der  Haut  einhergehen? 
Hier  lassen  natürlich  auch  selbst  die  Versuche  von  B^gowicz  im  Stich. 
BöRNigiR  wendet  sich  deswegen  an  Klemensiewicz  und  teilt  dessen  brieflich 
geäufserte  Ansicht  mit. 

„Man  könnte,  sagt  Klemeksiewigz,  diese  Schwellungen  an  bestimmten 
Hautstellen  vom  theoretischen  Standpunkte  auf  eine  plötzlich  vermin- 
derte Abfuhr  von  Transsdat  zurückfuhren,  doch  entfällt  dieses  Moment 
im  Hinblick  auf  die  experimentellen  Thatsachen.  Es  mülste  nad>- 
weislich  eine  lokale,  unter  Nerveneinfluis  sich  ausbildende  Insuffizienz 
der  abführenden  Lymphgefäfse  vorhanden  sein.  Dieser  Nachweis  ist  nicht 
zu  liefern.  Obgleich  durch  die  Versuche  von  P.  Bert  und  Laffoüt 
(Comptes  rend.  Bd.  94.  pag.  739 — 742)  eine  von  den  vasomotorischen  Nerven 
ausgehende  Beeinflussung  des  Lumens  der  Lymphgefäfse  nachgewiesen  ist, 
so  lassen  diese  Versuche  doch  noch  keine  praktische  Seite  zu.'' 

Wie  seltsam!  Klembnsiewicz,  welchem  wir  die  wichtigsten  That- 
Sachen  über  die  Veränderungen  des  Venenkalibers  bei  Blutstromschwan- 
kungen  verdanken,  welcher  die  Venenparese  bei  Entzündungen,  die 
Venenverengerung  bei  Blutungen  kennen  lehrte,  glaubt  eine  Lisulfizieiiz 
der  Lymphabfuhr  nur  auf  eine  Veränderung  der  Lymphge&lse  zurüek- 
führen  zu  können.  Wahrlich  unbegreiflich!  Der  Leser  wird  es  uns 
gewiis  nicht  verübeln,  dafs  wit*  die  Versuche  von  Bert  und  Lamout  ftr 
unseren  Zweck  gamicht  angezogen  haben,  denn  bekanntlich  führt  selbst 
vollständige  Verlegung  aller  Lymphbahnen  gar  nicht  zum  Odem,  wenn  die 
Venen  normal  arbeiten.  Die  Hautaffektionen  z.  B.,  welche  mit  voll- 
ständiger   Infarzierung   aller  Lymphspalten   der  Haut  einhergehen  (Lepra 


-«j« 


499 

tuberosa,  Endoiheliome,  Naevi  etc.)  zeigen  gar  kein  Ödem  der  Hant.  Wie 
sollen  da  Kontraktionen  oder  selbist  Kontrakturen  der  Lymphge&fse  je 
zum  Ödem  fähren?  Das  Übersehen  der  Venenverengemng  auf  der  einen 
Seite,  bei  dem  notorischen  EinfiniSy  den  diese  auf  den  Lymphstrom  be- 
sitzt, ist  ebenso  unbegreiflich  wie  der  Wert,  den  Klbmsnsiewicz  andere 
seits  auf  eine  „Insuffizienz  der  Lymphge&ise''  legt.  Möge  es  bei  dieser 
Gelegenheit  einmal  gesagt  sein,  dals  der  Begriff  „Insuffizienz  der  Ljrmph- 
gefiüse^  wenigstens  bei  der  Haut,  in  den  meisten  Fallen,  wo  er  hier 
angewandt  worden  ist,  gar  keinen  Sinn  hat.  So  überall  dort,  wo  die 
Blntge&lswandungen  noch  gesund  sind,  also  die  Lymphge&lse  nur  eine 
Nebenschlieisung  für  den  Lymphstrom  darstellen. 

Für  EjiEMENSIEWIOZ  und  BOrnsr  ist  also  das  einzig  mögliche,  ur- 
sächliche Moment  dieser  Ödeme  die  vermehrte  Bildung  von  TranS'^ 
sudat  und  zwar: 

A.  durch  Paralyse  der  Arteriomotoren.  Hier  kommt  wieder 
zweierlei  in  Betracht: 

a.  die   mechanische   Beeinträchtigung   des   bereits   erzeugten   Trans- 
sudats auf  den  Blutstrom  (Körner), 

b.  die     „aktive"'     Thätigkeit    der    Endothelien     (Tigerstbbt    und 
Santesson). 

BöRNER  parallelisiert  die  von  Klemensiewicz  unter  a.  erwähnte 
Beeinträchtigung  des  Blutstroms  nach  Körner  mit  seiner  (Roaowiczschen) 
Annahme  einer  doch  quasi  „entzündlichen*'  Funktionsstörung  der  Endo- 
thelien; mit  welchem  Becht,  will  mir  nicht  einleuchten,  wie  ich  über- 
haupt in  dieser  KöRNERschen  Beobachtung  keine  Grundlage  des  Ödems 
erblicken  kann. 

Die  TiQERSTEBTsche  Hopothese  würde  Börner  eine  gute  Stütze 
geben,  wenn  sie  ihm  nicht  doch  auch  zu  unbewiesen  vorkäme.  Wir 
haben  dieselbe  oben  bereits  als  unnötig  zurückgewiesen. 

B.  Durch  Druckerhöhung  ohne  paralytische  Hyperämie. 

Dafs  auch  ohne  Hjrperämie  Druckerhöhung  im  Kapillarsystem  auf- 
treten kann,  wodurch  natürlich  die  blassen  Hautschwellungen  von 
Börner  eine  genügende  Grundlage  erhalten  würden,  versucht  derselbe 
aus  den  uns  schon  bekannten  Arbeiten  von  Klemensiewicz  zu  beweisen. 
Die  rhythmischen  und  kompensatorischen  Arterienkontraktionen,  das  Vor- 
handensein der  Yentiläste  und  manches  andre  wird  angezogen,  wodurch 
nach  unserer  Ansicht  wohl  der  beständige  Wechsel  des  Druckes  in  den 
verschiedenen  Kapillaren  eines  Arterienbezirkes,  durchaus  aber  kein 
Hindernis  für  die  Lymphabfnhr  je  erklärt  werden  kann.  Denn  das  weite 
Yenensystem  überkompensiert  diese  auf-  und  abwogenden  und  ihren  Ort 
verändernden  Druckschwankungen  reichlich.  Börner  glaubt  nun  aller- 
dings, dafs  den  Druckschwankungen  der  gröiseren  Gefäfse  die  entsprechen- 

Monatahefte.  33 


500 

den  Kaüberschwankungen  der  kleineren  sich  nicht  stets  exakt  ansdilie&eB, 
so  daüs  hier  und  da  ein  in  anbetracht  des  augenblicklichen  Gef^Gsqiier- 
Schnitts  übergroiser  Druck  in  den  Elapillaren  auftreten  mub  xmd  zun 
Ödem  sofort  Veranlassung  gibt.  Aber,  so  müssen  wir  fragen,  was  haX 
diese  Erscheinung,  welche,  wenn  sie  auftritt,  doch  nur  als  Zeiekm 
vorübergehender,  punktuell  mangelhafter  Kompensation  aufgefiaüst  werdn 
könnte,  mit  den  eine  längere  Zeit  persistierenden,  über  weite 
Kapillargebiete  ausgedehnten  Hautschwellungen  des  „nerröses* 
Ödems  gemein?  Wir  können  nicht  zugeben,  dafs  sich  aus  diesen  ^UDge- 
nügend  kompensierten  Druckschwankungen''  das  Wesen  der  Hant- 
schwellungen  „in  ungezwungener  Weise''  erklären  lasse.  BOrner  nemit 
sie  „einfach  das  Resultat  einer  yon  den  betreffenden  größeren  Geftfsen 
ausgehenden  Blutdrucksteigenmg,  welche  zu  rasch  abläuft,  nm  8of<»t 
kompensiert  zu  sein.  Vor  Eintritt  der  nötigen  Kompensation  hat  die  auf 
die  Elapillaren  sich  fortsetzende  Drucksteigerung  bereits  vermehrtes  Trans- 
sudat in  das  umliegende  Gewebe  gesetzt." 

Also  die  Blutdrucksteigerung  soll  zu  rasch  ablaufen,  um  sofort  kom- 
pensiert zu  sein,  und  doch  soll  die  dadurch  entstehende  Transsudationd- 
steigerung  eventuell  Tage  lang  anhalten  1  Ein  merkwürdiges  PhflnomeiL 
Besonders  merkwürdig  bei  offenen  Venen  und  venösen  Kapillaren;  denn 
von  einer  Kontraktion  dieser,  von  einem  Hindernis  an  diesem  für  jedes 
Ödem  wundestem  Punkte  spricht  Börner  garnicht. 

Kurz  gesagt,  kommen  also  nach  Börner  die  mit  Hyperämie  einher- 
gehenden Schwellungen  durch  einfache  paralytische  Hyperämie,  die  Uassei 
Schwellungen  durch  uokompensierte  Drucksteigerung  ohne  Hyperämie 
oder  einer  solchen  voraufgehend  zu  stände.  Alle  ursächlichen  Momente, 
die  paralytische  Hyperämie  sowohl  wie  die  unkompensierte  Drucksteigenzng 
liegen  dabei  auf  der  arteriellen  Seite  des  Blutstromes. 

Wir  müssen  dagegen  behaupten,  dals  kein  einziges  dieser  Phänomene 
allein  zum  Ödem  führt;  dals  stets  nur  die  relative  Insuffizienz  der 
venösen  Abfuhr  das  Auftreten  von  Ödem  nach  sich  zieht,  dals  al» 
letzteres  unter  allen  Umständen  die  wahre  Ursache  ist,  erstere  Erschei- 
nungen dagegen  höchstens  im  Einzelfalle  begünstigende  NebenumstSnde 
abgeben  können. 

BöRNERs  Verdienst,  den  Zusammenhang  der  Biesenurticaria  mit  de& 
Veränderungen  der  Sexualorgane  beim  Weibe  klinisch  genau  verfolgt  und 
dadurch  überhaupt  den  auf  der  Bahn  vasomotorischer  Befiexe  sich  ab- 
spielenden Beziehungen  zwischen  Qenitaltrakt  und  Haut  eine  bessere 
Grundlage  gegeben  zu  haben,  als  diese  bisher  besalsen,  ist  ein  großes, 
was  wir  mit  Freude  anerkennen.  Und  wir  können  dieses  Verdienst  nicU 
als  geschmälert  ansehen,  weil  wir  die  von  Börner  versuchte  nähere  Be- 
gründung dieses  Zusammenhanges  für  verfehlt  erachten  müssen. 


501 

BObneb  und  Klembnsixwicz  wufsten  offenbar  nicht,  dals  schon  vor 
Abfassung  dieser  letzten  Arbeit  eine  Abhandlang  von  mir  über  Urticaria^ 
eine  allgemeine  Theorie  dieses  Ödems  enthielt,  welche  sich  ohne  jede 
Abänderung  auf  alle  „nervösen*'  Ödeme  ausdehnen  Iftfst  und,  wie  ich 
glaube,  alle  Schwierigkeiten  auf  diesem  Gebiete  mit  einem  Sdilage  be- 
seitigt. 

Wenn  Cohnhbim  noch  sagte:  „ich  wüfste  nicht,  auf  welche  andre 
Weise  die  Nerven  die  Transsudation  direkt  steigern  könnten,  als  durch 
Erhöhung  der  Durchlässigkeit  der  Gefälswände",  so  antworte  ich  darauf: 
„Die  Nerven  können  direkt  die  Transsudation  steigern  ohne 
Erhöhung  der  Durchlässigkeit  der  Gefäfswände,  wenn  sie 
eine  Verengerung  der  sehr  muskulösen  Venen  der  Haut  be- 
wirken. Dieses  wäre  also  im  CoHNHEmschen  Sinne  ein  Ödem,  welches 
nicht  (wie  das  Oedema  Cachecticorum,  das  Ödem  der  Nephritiker,  der 
Skarlatinösen)  unter  die  entzündlichen  einzureihen  wäre,  sondern  unter 
die  mechanischen  oder  Stauungsödeme.  Nur  käme  hier  die  Blut- 
stauung nicht  durch  ein  organisches,  sondern  durch  ein  funktionelles 
Hindernis  zu  stände,  und  demzufolge  wäre  das  Ödem  nicht  ein  bleibendes, 
sondern  ein  flüchtiges,  nicht  ein  „plastisches*',    sondern  ein  „elastisches".^ 

Wie  sich  alle  einzelnen  klinischen  Symptome  der  Urticaria  aus  der 
Annahme  eines  venösen  Spasmus  befriedigend  erklären,  habe  ich  in  der 
citierten  Arbeit  dargelegt,  ja  ich  habe  dort  bereits  darauf  hingewiesen, 
dafs  die  Riesenurticaria,  das  akute  umschriebene  Ödem  Quinckes,  ganz  in 
derselben  Weise  vollkommen  verständlich  wird;  ebenso  ist  hiermit  auch 
eine  befriedigende  Aufklärung  über  die  Entstehung  der  reflektorisch 
erzeugten  Hautschwellungen  der  Menstruationsperiode  und  des  £limaz 
/Börner)  gegeben. 

Durch  eine  einzige  Hypothese  aber  für  eine  ganze  Beihe  von 
Erkrankungen  ein  volles  Verständnis  gewinnen  zu  können,  für  deren  Er- 
leuchtung bisher  nur  eine  Anzahl  unhaltbarer  und  sehr  komplizierter 
Theorien  aufgestellt  sind,  die  —  ich  verweise  nochmals  auf  meine  citierte 
Arbeit  —  auch  von  den  Dermatologen  bis  heute  in  widersprechendster 
Weise  gedeutet,  aber  nirgends  wirklich  erklärt  werden  konnten,  —  das 
macht  eine  solche  Hypothese  zu  einer  wissenschaftlich  vollberechtigten, 
zu  einer  im  hohen  Grade  erwünschten.  Sie  muls  in  Zukunft  in  erster 
Linie  von  Seite  der  Kliniker  wie  der  Experimentalpathologen  dem  Ex- 
periment unterworfen  werden,  und  ich  hoffe,  bald  in  der  Lage  zu  sein, 
selbst  experimentelle  Beweise  für  ihre  Berechtigung  zu  bringen. 


*  Beiträge  zur  Anatomie  und  Pathogenese  der  Urticaria  simplex  u.  pigmentosa. 
Dermaiologiache  Studien.  Hamburg.  Heft  §.  1887. 

*  A,  a.  0. 

33» 


502 

Hier  möchte  ich  nur  noch  die  Frage  beantworten,  ob  meine  Theorie 
der  verschiedenen  Formen  des  sog.  „nervösen"  Odems  gegen  irgend  welche 
bekannte  Thatsache  der  Experimentalpäthologie  oder  der  Klinik  YerBtoüst 
Denn  dafs  sie  im  allgemeinen  mit  den  Thatsachen  der  Anatomie  nnd 
Physiologie  der  Haut  vollkommen  harmoniert,  glaube  ich  im  bisherigen 
erwiesen  zu  haben. 

Durch  alle  Arbeiten  über  Ödem  geht  der  bekannte  Veisuch  von 
OsTROXTMOFF  als  Beweis,  daJjs  Ödem  der  Zunge  ganz  allein  durch  eine  oft 
wiederholte  Lingualisreizimg  erzeugt  werden  kann.  Sowie  aber  überhaupt 
nur  die  Möglichkeit  zugegeben  ist,  dafs  ein  Ödem  bewirkt  werden  kann 
durch  einen  Yenenspasmus,  der  nicht  stärker  zu  sein  braucht,  als  dais  er 
für  den  verstärkten  arteriellen  Blutzufiufs  ein  Abfiufshindemis  setzt,  so 
sieht  jeder,  daüs  dieser  Versuch  auch  eine  andre  Deutung  zuläfst  Es 
muis  jetzt  eben  erst  untersucht  werden,  ob  der  Lingualis  nicht  neben 
arterienerweitemden  auch  venenverengemde   Fasern  führt. 

Ebenso  ist  es  klar,  dafs  die  Ödeme  der  Beine  bei  Myelitis  und  bei 
Blutungen  im  Bückenmark,  die  der  Arme  bei  Syringomyelie  desselben 
(Rbiiak),  die  Ödeme  bei  peripherer  Neuritis  und  bei  Neuralgien,  dafs  alle 
diesQ  immerhin  seltenen  Formen  des  Ödems,  welche  mit  einer  Nerven- 
affektion  klinisch  in  Zusammenhang  gebracht  werden,  auch  die  Möglich- 
keit einer  spastischen  Verengerung  der  Venen  zulassen  und  auf  diese 
Weise  um  so  eher  anstandslos  erklärt  werden  können,  als  alle  diese 
Affektionen  Nervenreize  abzugeben  geeignet  sind.  Jedenfalls  ist  ihre 
gewöhnliche  bisherige  Erklärung  als  Folgeerscheinung  einer  Parese  der 
Arteriomotoren  wissenschaftlich  unzulässig;  die  Arter ioparese  allein 
ist  nie  ausreichend  um  Ödem  zu  bewirken,  wohl  aber  verstärkt  sie  den 
ödematoforen  Einflufs  einer  Venenreizung. 

Das  „nervöse"  Ödem  ist  also  nach  wie  vor  ein  berechtigter  Begriff, 
aber  nicht  in  dem  Sinne,  als  ob  auf  nervösem  Wege  die  Endothelien 
mehr  oder  weniger  zur  Traussudation  geschickt  oder  sogar  zu  einer 
„Lymphsekretion"  veranlafst  würden;  sondern  in  dem  viel  einfacheren 
Sinne,  einer  Beeinträchtigung  der  normalen  Verhältnisse  des 
Blutabflusses  der  Haut  auf  nervösem  Wege,  sei  es,  daCs  allein 
die  Venenlumina  spastisch  verengt  oder  aulserdem  noch  die  Arterienlumina 
paretisch  erweitert  werden. 

Hiermit  ist  das  „nervöse*'  Odem  nur  als  ein  besonderer  Fall  des 
mechanischen  oder  Stauungsödems  erkannt.  Die  mysteriösen  Andeutungen 
aller  pathologischen  Lehrbücher,  als  ob  aufser  dem  entzündlichen  ödem 
imd  dem  Stauungsödem  noch  eine  Beihe  von  Ödemen  übrig  bliebe,  welche 
nicht  auf  diese  Weise  erklärlich  seien,  und  wegen  derer  allein  ein  aller- 
dings noch  unklarer,  direkter  Einfluls  der  Nerven  auf  die  Transsodation 
unabweisbar  schiene,   sind  vollständig  überflüssig.     Alle  Ödeme  der  Hantr 


503 

bei  weloher  das  Endothelrohr  in  seiner  Substanz  verändert  ist,  sind  ent- 
zündliober  Natur  (Cohnheim),.  alle  übrigen  ebne  Ausnabme  sind 
Stauungsödeme. 


eines  Falles  von  Lepra. 

Von 

Dr.  M.  Sanbbeczky, 

Direktor  des  EinderhospitaU  zu  Jerusalem. 

Herr  Dr.  Dbeckmann  in  Vienenburg  hat  auf  der  61.  Naturforscher^ 
Versammlung  in  Köln  einen  Vortrag  über  Heilung  eines  Falles  von  Lepra 
gehalten;  in  der  neueren  Litteratur.  sind  auch  ein  paar  wertvolle  Fälle  von 
Heilung  veröffentlicht  worden,  und  so  getraue  ich  mich  auch  mit  meinem 
schon  vor  vielen  Jahren  in  meinem  Kinderhospital  behandelten  geheilten 
Fall  vor  die  Dermatologen  und  Spezifiker  zu  treten.  Der  Grund  meines 
langen  Schweigens  war  einfach  der,  dafs  ich  einen  einzelnen  Fall  nicht  für 
malsgebend  betrachtete  und  weitere  Heilungen  noch  konstatieren  wollte. 
Daran  wurde  ich  leider  verhindert  durch  die  immer  gröfser  werdende 
Inanspruchnahme  meines  Kinderhospitals  durch  andre  Kranke,  welche 
sich  bei  den  beschränkten  fUumlichkeiten  geweigert  hätten,  mit  Aussätzigen 
zusammen  zu  logieren. 

Mein  Fall  betrifft  einen  Jungen  von  8  Jahren  aus  einem  Dorfs,  wo 
unter  800  ?  Einwohnern  sich  8  ?  Lepröse  befinden  sollen  ^ ;  er  stammte 
von  gesunden  Eltern,  und  weder  unter  seinen  Verwandten,  noch  unter 
seinen  Geschwistern  war  ein  Fall  von  Lepra  vorgekommen.  2  Jahre  vor 
seiner  Aufnahme  zeigten  sich  die  Spuren  der  Krankheit  im  Gesicht,  und 
als  die  Krankheit  zunahm,  wurde  er  von  den  Dorfältesten  und  seinen 
Verwandten  auf  die  Strafse  gesetzt,  aus  Haus  und  Hof  vertrieben  und 
irrte  als  Bettler  in  Jerusalem  herum.  Die  Zeichen  und  Symptome, 
welche  er  bei  der  Aufnahme  zeigte,  waren  folgende:  Gesicht  gedunsen, 
glänzend,  Gesichtsfarbe  bräunlich  gelb,  ungesund;  die  Augenlider,  die 
Ohren,  die  Nase  geschwollen,  infiltriert ;  Knoten  auf  der  Stirn,  den  Augen- 
wimpern, den  Augenlidern,  auf  der  Nase,  einige  davon  in  Verschwärung; 
Augenconjunctiva  rot  und  infiltriert,    an    einzelnen  Stellen  gelbe  Punkte; 

*  Genaue  Statistik  fehlt  gänzlich. 


1 


504 

Augen  thränend  mit  Ectropium  des  unteren  Augenlids;  Coryza  der  Nise; 
auf   dem    Gtiumen    und    im    Pharynx    Infiltrationen,     kleine    Taberkeln 
und    Uloerationen ;    stinkender  Atem;     die    Stimme    rauh   und    nfiselnd: 
an    den    Artikulationen    der    Hand    Yerdickxmgen    und    Einsdmflmiigen 
über    der '  ßelenkgegend;     an    zwei     Fingergelenken    Ulcerationen    und 
Kontrakturen.     Anästhesie  mehr   oder   weniger   im  Gresioht   und  an  d€& 
Armen   und   Händen;    reifsende    Schmerzen   in  den  oberen  und  onteieB 
Extremitäten.     Sein  junges   System    auch  durch    viel  Weohselfieber   ge- 
schwächt.    Appetit  gut.     Hautthätigkeit  ganz  aushoben,    selbst    in   der 
gröfsten  Hitze,    bei    der  Arbeit   kein   SchweÜB.      Meine   mit   ihm  vorge- 
nommene  Kur  und  Beobachtung  dauerte  4  Jahre,    also    sehr   viel  Ifinger 
als  die  des  oben  angegebenen  Falles  von   Dr.  Dbeckhann.      Ich  behielt 
den  Jungen  auch  nach  der  Kur  in  meiner  Beobachtung,  insbesondere  bei 
erwarteter  Pubertät,  um  genau  zu  konstatieren,    ob   Büokfallszeichen  ein- 
treten würden.    Meine  Behandlung  des  Leprösen  war  gar  keine  spezifische, 
vor  aUem  richtete  sich  dieselbe  auf  Verbesserung  und  Kräftigung  des  all- 
gemeinen Zustandes  xmd  starke  Anregung  der  Hautthätigkeit:  Aufendialt 
und  Arbeit   im   Freien,    Gymnastik,   Massage;    Bekämpfung  des  Fiebers; 
Darreichung  von  verschiedenen  Eisen-  und  Chininpräparaten ;  Bädern  tob 
grüner  Seife,  Eisen,  Schwefel,  Salz  von  sehr  hoher  Temperatur  und  darauf- 
folgenden Einwickelungen  mit  Schwitzen.    Wegen  der  Ulcerationen  muiste 
von   lokaler  Anwendung  von  Chrysaröbin   und   selbst   von    grüner   Seif« 
abgesehen  werden,  da  dieselben  Entzündung   und   groise   Schmerzen  ver- 
ursachten.    Auf  einzelne  Knoten  wurden  dieselben   und   auch  Jod  lange 
ohne  irgend  welchen  Erfolg  angewendet. 

Ich  konnte  noch  im  Laufe  des  zweiten  Jahres  eine  merkliche  Besse- 
rung des  Zustandes,  den  Knotenschwund,  beobachten.  Die  ersten  Fort- 
schritte zeigten  die  Ulcerationen,  die  ganz  einfach  behandelt  wurden,  dann 
hob  sich  nach  und  nach  die  Anästhesie,  nach  und  nach  schwanden  die 
Hals-,  Nasen-  und  Fharynxstörungen  und  die  Infiltrationen,  zuletzt  lösten 
sich  die  Knoten,  von  denen  mehrere  während  der  Behandlung  Te^ 
schwärten.     Die  Kontrakturen  an  den  Fingern  blieben  zurück. 

Jetzt  lebt  der  Jüngling  in  seinem  Dorf  unter  seinen  Verwandten 
und  verdient  sich  in  der  Stadt  sein  Brot  als  Taglöhner. 

Ich  möchte  gern  noch  mehr  lepröse  Kinder  zur  Behandlung  auf- 
nehmen, aber  die  eigenen  Mittel  fehlen  mir  dazu,  und  eine  mehrjährige 
Kur,  wie  die,  welche  ich  angegeben,  kostet  sehr  viel.  Gibt  es  eine 
Möglichkeit,  den  Aussatz  zu  heilen,  so  ist  sie  sicherlich  bei  den  Kinden, 
im  Anfangsstadium  zu  erreichen;  bleiben  sie  gesund,  so  ist  doch  eber 
zu  erwarten,  dafs  die  nächste  Generation  auch  von  der  Lepra  frei  bleiben 
würde.  Der  Aussatz  hier  im  Lande  nimmt  nach  Aussage  der  Dorf- 
ältesten ab.     Kultur  und  die  doch    auch   hier  fortschreitende  Civilisation 


505 

tragen  gewifs  etwas  dazu  bei.     Der  lepröse  Mann    des   Dr.  D.    ist  über- 
zeugt,   von    seiner   Fran    angesteckt  worden  zu  sein.    Wie?  auf  dem  ge- 
schlechtlichen Weg  oder  auf  welche  Art?   Mir  sind  viele  Lepröse  bekannt, 
deren  Frauen  ganz  gesund  sind;  Männer  kohabitieren   auch   mit  leprösen 
Frauen  und  behaupten,  nicht  aussätzig  zu  werden;    lange   dauert  das  Zu- 
sammenleben nicht,    denn    der   Mann    sucht   sich   in   diesem   Lande    der 
Freiheit  bald  eine  andre  als  Ersatz  für  die  durch  den  Aussatz  Entstellte« 
An    das    Kontagium    des    Aussatzes   glaubt  jetzt   niemand   hier  in 
Jerusalem,   dazu  hat  das  Hermhuter  Aussätzigen -Asyl  viel  beigetragen, 
da  dasselbe   seit   seinem  Bestehen  1867    keinen   einzigen   Fall   von   An- 
steckung  bei    seinen  Angestellten   zu   beklagen   hatte.     Dessenungeachtet 
will  aber  diese  Anstalt,  die  mehr    philantropisch-religiös   als  wissenschaft- 
lich und  unter  geistlicher  Direktion  ist,  durch  Einsperren  aller  Aussätzigen 
des  Landes  den  Aussatz  in  demselben  vernichten,  und  sind  die  Vorsteher 
sehr  ungehalten,  dafs  die  türkische  Regierung   nicht    damit  einverstanden 
ist,  dieselben  durch  Entziehung  der  Freiheit  und  Aufhebung  des  ehelichen 
Lebens    bei  den  Leprösen  in  diesem  grausamen  Vorhaben  zu  unterstützen. 
In  dem  Prachtbau  der  Anstalt,   der  80000  Frcs.    gekostet,    befinden  sich 
nur  20 — 25  Aussätzige,  meistens  sehr  schlimme  alte  Fälle.     In  Palästina 
nimmt  man  an,  dais  sich  höchstens  500  Aussätzige  daselbst  befipden. 

Mein  Vorschlag,  diese  Anstalt  zu  einer  Erziehungs-  und  Kuranstalt 
für  lepröse  Kinder  umzuwandeln,  wurde  abgewiesen,  da  die  Gründerin 
die  Anstalt  für  Erwachsene  bestimmt  habe;  bis  jetzt  ist  aber  noch  keiner 
geheilt  worden,  und  für  die  schweren  chronischen  Fälle  könnte  man  ja 
immer  ein  kleines  Asyl  behalten. 

Die  Kinder  mit  beginnendem  Aussatz  mit  Erwachsenen,  die  mit 
allen  Schrecken  der  Krankheit  behaftet  sind,  einzusperren,  wäre  unwissen- 
schaftlich. —  Sektionen  wurden  im  Asyl  noch  keine  gemacht,  imd  ist  es 
sehr  schwer,  fast  unmöglich,  von  Lebenden  ein  Präparat  zu  erhalten, 
weil  die  Kranken  behaupten  und  glauben,  dafs  dann  der  Verlauf  der 
Krankheit  schnell  ein  lethaler  werden  würde. 


506 


Über  die  Dermatitis  herpetiformis  DuhrinsTS. 

Von 

Dr.  L.  Bbocq 

in  Paris. 

(Übenetst  ron  Dr.  TÜBKHEIM  in  Hamburir.) 

m.  Teü. 
Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  acata. 

Bei  Besprechung  der  DuHKiNGsohen  Arbeiten  über  Dermatitis  herpetiformu  ia 
ersten  Teil  dieser  Abhandlung  habe  ich  eine  Gruppe  von  Fällen  unterschieden,  die 
sich  auszeichnet:  1.  durch  einen  polymorphen  Ausschlag,  bestehend  aus  Erythemo, 
Vesikeln,  Blasen,  bisweilen  sogar  auch  Pusteln,  einfach  oder  in  circinarer  Anordnm;; 
2.  durch  Jucken,  Prickeln,  Brennen;  3.  durch  einen  schnellen  Verlanf;  4.  dnid 
sonstiges,  fast  ungetrübtes  Wohlbefinden  und  durch  regelmalsigen  Ausgang  m 
Heilung. 

Wir  haben  gesehen,  daijs  diese  Fälle  nach  ihren  subjektiven  und  objektfm 
Symptomen  mit  den  Formen  der  D.  p.  p.  chronica  nahe  verwandt  sind.  Bei  der 
Gelegenheit  habe  ich,  ohne  einstweilen  eine  bestimmte  Ansicht  über  ihre  mbn 
Natur,  über  den  ihnen  unter  den  Krankheiten  gebührenden  Platz  aufzustellen,  mk 
dahin  geäufsert,  dais  ich  mich  mit  dem  Studium  derselben  weiter  befassen  moM. 
damit  sie  nicht  mehr,  wie  bisher,  mit  den  andern  polymorphen,  veeikulo-buUoKi 
Erythemen  verwechselt  würden,  sondern  zu  einer  besondem  Gruppe  vereinigt  werdes 
könnten,  die  allerdings  erst  ungeniigend  abgegrenzt  sei,  und  die  ich  Torlänfig  Der 
matitis  polymorpha  pruriginosa  acuta  genannt  habe. 

Auf  den  ersten  Blick  scheint  diese  Aufstellung^  sehr  einfach;  leider  entdeckt 
man  beim  Eingehen  auf  die  zahlreichen  bekannten  oder  noch  unveröffientÜchten 
Fälle,  die  diesem  „Syndrome"  entsprechen,  dals  sie  sehr  verwickelter  Natur  dai 
Da  ich  nicht  alle  Fälle  hier  mitteilen  kann,  so  habe  ich  wenigstens  eine  AusviU 
getroffen,  die  mir  ermöglichen  wird,  die  wichtigsten  Varietäten  vorzufuhren,  losie 
die  ganze  Bedeutung  und  die  ganze  Schwierigkeit  der  Frage  klar  zu  machen. 

Diese  Fälle  bilden  eine  ununterbrochene  Kette,  welche  die  Varietas  benigot 
der  D.  p.  p.  ä  poussSes  successives  und  den  Herpes  gestationis  einerseits,  mit  des 
polymorphen  pruriginösen  Ausschlägen  schnellsten  Verlauf  und  dem  Erythems  poly* 
morphum  vulgare  anderseits  verbindet.' 

Ich  mufste  sie  daher  in  verschiedenen  Gruppen  unterbringen.  Zuerst  sei  eise 
Übersicht   über   diese   Einteilung  gegeben;   daran   schlielse  sich  dann  die  Kitteiloog 


*  Vergl.  wegen  der  Einzelheiten  die  erste  Abteilung  dieser  Arbeit;  ich  möchte 
mich,  zumal  bei  einer  auf  so  schwachen  Füfsen  stehenden  Gruppe,  nicht  allzahin£ger 
Wiederholungen  schuldig  machen. 

'  Sind  die  Eigenschaften,  derentwegen  wir  diese  Formen  vom  Erythema  polj« 
vulgare  trennen,  deutlich  ausgedrückt?  Besitzt  der  Schmerz  hier  wirklich  dieselbe 
symptomatische  Bedeutung,  die  ich  ihm  zuschreibe?  Es  sind  das  lauter  fragliche 
Punkte,  die  der  endgültigen  Entscheidung  noch  harren;  letztere  schneller  herbeiia* 
führen,  ist  einzige  Zweck  dieses  dritten  Teils. 


507 

der  Falle,  die  mir  zur  Aufstellung  der  Kategorien  gedient  haben.  Dieser  Klassi- 
fikAtion  lege  ich  selbstrerstandlich  keinen  grofsen  Wert  bei;  ich  betrachte  sie  viel- 
mehr nur  als  ein  Hilfsmittel^  um  die  Fälle  besser  zu  übersehen  und  nutzbar  zu 
machen. 

Vorläufige  Einteilung  der  Formen  yon  Dermatitis  polymorpha 

pruriginosa  acuta. 

Die  folgenden  18  Fälle ^  zerfallen  zuvörderst  in  zwei  Gruppen:  1.  in  solche,  bei 
denen  es  nur  zu  einem  Anfall  kommt;  2.  in  solche  mit  Rückfällen.  Ich 
wiederhole  noch  einmal,  dafs  diese  Einteilung  sehr  gekünstelt  ist;  denn  wer  bürgt 
z.  B.  dafür,  dafs  bei  dem  einen  oder  dem  andern  der  8  rückfallfreien  Fälle  nicht 
später  doch  noch  ein  solcher  aufgetreten  sei?  Sie  erleichtert  aber  die  Über- 
sichtlichkeit. 

1.  Bückfallsfreie  Ausschläge. 

Sie  lassen  sich  wieder  in  3  Unterabteilungen  zerlegen,  und  zwar: 

1.  Fälle,  a.  mit  einem  hervorragend  polymorphen  Ausschlag,  der 
sich  aus  primären  Elementen,  wie  figurierten  oder  regellosen  Erythemen,  Papeln, 
Papulo-Vesikeln,  Vesikeln,  Blasen  imd  selbst  Pusteln,  und  aus  sekundären  Elementen, 
wie  Schuppen,  Krusten,  Prurigo  zusammensetzt;  —  b.  mit  ausgesprochenen 
subjektiven  Symptomen,  wie  Jucken,  Stechen,  Hitze,  Brennen;  —  c.  mit 
schnellem  Verlauf  von  15—30  Tagen  in  Form  kleinerer  sekundärer 
Schübe,  die  bisweilen  voneinander  verschiedenes  Aussehen  haben;  —  d.  mit  voll- 
ständiger oder  fast  vollständiger  Erhaltung  des  Allgemeinbefindens. 

Solche  Fälle,  deren  ich  6  (Beob.  A— F)  mitteilen  werde,  verdienten  vielleicht 
für  sich  die  Bezeichnung  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  acuta ;  darüber  läfst  sich 
aber  wie  gesagt,  noch  streiten. 

2.  Akute  Ausschläge  von  kurzer  Dauer  und  herpetischem  Aussehen, 
die  also  nur  aus  Vesikeln  oder  Vesikel-Pusteln  bestehen;  letztere  stehen  bald  ver- 
streut, bald  in  Spiralen  geordnet  oder  unregelmäfsig  entwickelt  auf  einem  roten, 
pruriginösen  Orunde.  —  Auch  diese  Fälle  lassen  sich  nur  etwas  gewaltsam  in  eine 
Gruppe  zusammenzwängen  und  verdienen  noch  am  ehesten  die  Bezeichnung  Derma- 
titis herpetiformis.  Sie  sind  am  wenigsten  polymorph  von  allen  in  dieser  Arbeit 
behandelten  Formen.  Man  hat  sie  früher  ab  Herpes  circinatus,  Febris  herpetica, 
Herpes  generalisatus  febrilis,  Herpes  phlyctaenodes  u.  s.  w.  beschrieben.  Wiewohl  sie 
vielleicht  garnicht  hierher  gehören,  habe  ich  ihrer  doch  erwähnt,  um  auf  die  ihnen 
mit  den  andern  Formen  gemeinsamen  Züge  hinzuweisen.  Sie  verlaufen  mit  (Beob.  G.) 
und  ohne  Bückfall  (Beob.  J,  N). 

3.  Bückfallsfreie,  länger  dauernde  und  ziemlich  heftig  auftretende 
Ausschläge,  die  ein  Bindeglied  bilden  zwischen  der  nicht  recidivieren- 
den  Dermatitis  p.  p.  acuta  und  der  D.  p.  p.  subacuta  (Beob.  H.). 

2.  Recidivierende  Ausschläge. 

Auch  hier  lassen  sich  3  Gruppen  unterscheiden: 

1.  Polymorphe,  pruriginöse  Ausschläge,  die  periodisch  zur  näm- 
lichen Jahreszeit  einen  Bückfall  zeigen  (Beob.  J,  D). 


•  Ich  habe  sie  mit  den  Buchstaben  A — B  bezeichnet,  um  jede  Verwechselung 
mit  den  Fällen  von  Herpes  gestationis  und  Dermatitis  polym.  prurig.  chron.  zu 
verhüten. 


508 

In  diesen  beiden  Fällen  handelte  es  sich  um  Männer  von  30,  bezw.  25  Jshren. 
Ebrsterer  hatte  seit  seinem  8.  Jahr  in  jedem  Augost  einen  juckenden  Vesikel-  und 
Blasenausschlag,  letzterer  seit  seinem  20.  Jahr  in  jedem  März;  bei  diesem  zieagtt 
das  Exanthem  einen  deutlich  herpetischen  Charakter  und  dauerte  nur  an  14  Tage. 
Bei  beiden  waren  auch  die  Schleimhäute  befallen. 

2.  Pruriginöse,  polymorphe,  akute  Ausschläge,  mit  Bfickfällen  zu 
unbestimmten  Zeiten  (Beob.  K,  L,  M,  M^). 

Im  Fall  £.  (20|jähr.  Mensch)  waren  bereits  5  Rückfalle  aufgetreten,  als  der 
Kranke  auf  die  Abteilung  von  £.  Vidal  kam.  Die  Anfalle,  die  hochgradig  polymorph 
and  pruriginös  waren,  dauerten  20 — 30  Tage  und  wiederholten  sich  erst  nach  einer 
mehrmonatlichen  Pause  völliger  Gesundheit.  —  Im  Fall  L.  (17jähr.  Mensch)  lag 
zwischen  zwei  KückläUen  von  je  20 — 25tägiger  Dauer  ein  freier  Zeitraum,  von 
IVa  Jahren.  —  In  Beob.  M.  (nervöse  Frau  von  26  Jahren)  kam  es  innerhalb  weniger 
Wochen  zu  drei  Anfällen  von  imgefähr  je  14tägiger  Dauer.  Der  erste  Anfall  sdieint 
rein  erythematös  gewesen  zu  sein,  woraus  man  vielleicht  schlieisen  kann,  dafs,  wie 
beim  Hexpes  gestationis  und  der  Dermatitis  p.  p.  chronica,  so  auch  hier  der  Prozels 
bisweilen,  wenn  auch  selten  das  erythematöse  Stadium  nicht  überschreitet.  —  Im 
Fall  M^.  endlich  hatte  die  Kranke  10  Anfalle  von  je  ungefähr  1  Monat  Dauer  mit 
langen  Zwischenzeiten  völligen  Wohlbefindens. 

3.  Polymorphe,  pruriginöse,  akute  Ausschläge  mit  Bückfällen;  sie 
bilden  die  Übergangsform  von  der  Dermatitis  p.  p.  acuta  zur  D.  p.  p. 
subacuta  k  pouss^es  successives. 

Diese  Fälle  ordnen  sich  in  zwei  Klassen: 

a.  In  der  einen  Klasse  haben  die  Anfalle  zwar  keine  lange  Dauer,  aber  sie 
wiederholen  sich  so  hartnäckig  und  nach  so  kurzen,  unregelmäfsigen  Pausen,  dals  üe 
mit  denjenigen  Formen  der  D.  p.  p.  chronica  eine  auffällige  Ähnlichkeit  gewinnen, 
in  welchen  der  Ausschlag  nicht  sehr  heftig  auftritt  und  aus  kurzdauernden  Schülien 
besteht,  die  durch  Zwischenpausen  fast  völliger  Gesundheit  voneinander  getrennt  sind. 
Die  weiter  unten  angeführten  Beobachtungen  N.  und  0.  scheinen  mir  in  dieser  Be- 
ziehung typisch  zu  sein. 

In  Beobachtung  N.  (Herpes  phlyctaenodes  von  Gibert)  handelt  es  sich  um  eine 
27jährige  Frau,  die  1814  infolge  heftiger  Gemütserschütterung  einen  ersten,  sehr 
juckenden,  erythematös-vesikulösen  Ausschlag  bekam.  Dann  wiederholten  sich  die 
Schübe,  die  5 — 6  Wochen  gedauert  zu  haben  scheinen,  fast  fortwährend  —  allerdings 
mit  freien  Zwischenzeiten  —  bis  1819,  wo  die  Kranke  zur  Beobachtung  kam.  Die 
Anfälle  traten  immer  mit  Menstruationsstörungen  auf.  In  dieser  Hinsicht  könnte 
diese  Beobachtung  als  ein  Übergangsfall  von  der  recidivierenden  D.  p.  p.  acuta  zum 
Herpes  gestationis  aufgefalst  werden,  ebenso  wie  die  Beob.  XXXL  (11.  Teil)  eis 
Bindeglied  bildet  zwischen  der  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  chronica  und  dem 
nämlichen  Herpes  gestationis. 

In  der  Beobachtung  0  (Cazenave-Chausit.  —  Pemphigus  pruriginosus,  Pemphigus 
acutus  successivus)  handelt  es  sich  um  einen  35jährigen  Mann,  der  infolge  von  über 
anstrengung  an  einem  erythematös-bullösen  juckenden  Ausschlag  in  aufeinander- 
folgenden Schüben  erkrankte;  die  einzelnen  Anfälle  dauerten  zusammen  3  Monate; 
dann  nach  einem  Monat  völliger  Gesundheit  ein  neuer  milder  Ausschlag  von  14tagiger 
Dauer,  dem  in  Zwischenräumen  von  je  einem  Monat  noch  5  völlig  ähnliche  Anfille 
folgten;  endlich  nach  lebhafter  Gemütsbewegung  ein  echter,  sehr  heftiger  An&lL 
über  den  weiteren  Verlauf  der  Krankheit  ist  nichts  vermerkt,  aber  wie  wohl  jedem 
einzelnen  Anfall  eine  kurze,  völlig  freie  Zwischenzeit  folgte,  so  wird  es  doch  schwer, 


509 

so  schnell  einander  folgende  Schübe  nicht  als  Einzelglieder  einer  und  der  nämlichen 
Erkrankung  anzusehen. 

b.  In  der  2.  Klasse  von  Fällen  (Beob.  P  und  B)  dauert  der  Ausschlag  viel 
länger.  In  der  Beob.  P  wurde  der  68jShrige  Patient  zuerst  von  allgemeinem  Brennen 
be£allen,  dann  im  Juni  1886  von  einem  polymorphen,  bullösen,  juckenden  Ausschlag, 
der  2  Monate  dauerte.  —  8  Monate  später  leicht  blasiger  Ausschlag,  und  fast  un* 
mittelbar  darauf,  im  Juni  1887,  ein  neuer  polymorpher  Ausschlag  von  1  Monat 
Dauer. 

Im  Fall  B,  der  als  Übergangsform  noch  vie^  lehrreicher  ist,  erkrankt  der 
18jährige  Patient  zuerst  an  einem  leichten  Papelnausschlag,  dann,  gegen  Ende  Juni, 
an  einem  polymorphen,  erythematösen,  vesikulösen  und  bullösen  Ausschlag,  der 
anfallsweise  verlief,  Haut  und  Schleimhäute  befiel  und  nach  ungefähr  2  Monaten 
Dauer  unter  Anwendung  von  Sol.  Fowleri  heilte.  Aber  schon  nach  3 — 4  Wochen, 
da  der  Patient  wieder  an  seine  gewohnte  Beschäftigung  gehen  wollte,  stellten  sich 
die  nämlichen  krankhaften  Erscheinungen,  nur  noch  heftiger,  wieder  ein.  Arsen 
blieb  wirkungslos,  und  die  Dermatose  verschwand  erst  nach  27*  Monaten  unter  An- 
wendung von  Chinin  und  subkutanen  Atropineinspritzungen. 

Wie  im  ersten  und  zweiten  Teil  dieser  Abhandlung  kann  ich  auch  hier  wegen 
des  knappen  Baumes  nur  einen  kurzen  Auszug  der  unveröffentlichten  Fälle  geben. 

1.  Bückfallsfreie  Ausschläge. 

Fall  A.  (Beobachtung  von  Servier  und  Bont.  —  Herpes  generalisatus 
febrilis.)* 

Mann  von  23  Jahren,  fühlte  sich  zuerst  3—4  Tage  unpäfslich  und  erkrankte 
dann  am  10.  April  an  einem  Ausschlag  kleiner  Knötchen,  die  teils  in  Gruppen, 
teils  einzeln  standen,  an  der  Spitze  schnell  eine  Yesikel  entwickelten,  sich  über  den 
ganzen  Körper  verbreiteten,  nach  5  Tagen  sich  an  den  Beinen  in  Blasen  ver- 
wandelten und  in  mehreren  Anfällen  hintereinander  auftraten.  Am  23.  April  wird 
der  ganze  Ausschlag  blasig  und  verursacht  lebhhaftes  Brennen.  Am  27.  April 
werden  Pusteln  sichtbar.  Am  17.  Mai  scheint  die  Krankheit  vorüber,  jedoch  bildet 
sich  jetzt  auf  den  Armen  und  Beinen  ein  Prurigo.  6  Tage  später  tritt  endgültige 
Heilung  ein. 

NB.  Dieser  Fall  findet  sich  als  Herpes  general.  febrilis  veröffentlicht.  Ich 
brauche  wohl  nicht  erst  ausdrücklich  zu  erklären,  dafs  diese  Bezeichnung  verkehrt 
ist.  Mochte  der  Ausschlag  auch  im  Anfang  einige  Ähnlichkeit  mit  Herpes  haben,  so 
gestatten  die  später  auftretenden  Blasen,  Pusteln,  sowie  der  Prurigo  doch  viel  eher 
den  Fall  unter  die  Formen  der  Denn,  polym.  prurig.  acuta  au&unehmen.  Allerdings 
sind  die  funktionellen  Störungen  hier  nicht  gerade  typisch.  So  trat  das  Jucken  erst 
14  Tage  nach  Beginn  des  Ausschlags  auf;  freilich  bildete  es  auch  wieder  das  letzte 
Krankheitssymptom;  da  es  aber  zu  Anfang  fehlte,  so  ist  der  Fall  etwas  fraglich. 
Man  erkennt  hieraus  wieder,  wie  schwer  die  Beurteilung  derartiger  Fälle  ist  und 
dafs  ihre  Klassifikation  einstweilen  nur  ungenügend  gelingt. 

Fall  B.  (2.  Beob.  aus  der  These  von  Nodet.  —  Beobachtet  von 
M.  Lailler  —  Pemphigus  acutus.)* 


*  Beobachtet  von  Bont  auf  der  Abteilung  von  Servier,  Militär-Lazarett  zu 
Besancon.    Vergl.  Annäles  de  Dermat.  et  de  Syph.  Bd.  6.  pag.  46.  1874—1875. 

^  NoDET,  Beitrag  zum  Studium  der  pemphigoiden  akuten  Eruptionen.  These. 
pag.  88.  1880. 


510 

Mann  von  33  Jahren,  überarbeitet,  bemerkt  am  21.  Juni  zuerst  Brennen,  dann 
einen  Blaseuausschlag  auf  der  innem  Sohenkelfläche.  Nach  2  Tagen  Brbreehfln, 
Schlaflosigkeit,  Verallgemeinerung  des  Ausschlags,  der  auch  auf  die  Wangenacbleim- 
haut  überspringt.  Am  4.  Juli,  unter  erneuertem  heftigen  Brennen,  erjthematötes 
Befallenwerden  des  ganzen  Körpers,  das  aber  nur  einige  Tage  dauert  Am  IL  Juli 
einige  Ekthymapusteln. 

NB.  Dieser  Fall  kann  als  ein  typisches  Beispiel  meiner  Dermatitis  poljm. 
prurig.  acuta  betrachtet  werden. 

Fall  C.  (Beob.  19  aus  der  These  von  Nodbt.  —  Aufgenommen  von  Laillek.  — 
Hydroa?    Erythema  polymorphum?)' 

llann  von  24  Jahren  wird  am  19.  Augrast  fast  über  den  ganzen  Körper  von  einem 
ei-ythematösen,  bullösen  und  pustulösen  Ausschla^r  befallen;  dabei  heftiges  Jucken, 
namentlich  im  Anfang.    Am  9.  Septbr.  vollständige  Heilung. 

Fall  D.  (Beob.  12  aus  der  These  von  Nodbt.  —  Aufgenommen  von  Laillkb.  — 
Pemphigus  acutus?    Hydroa  bullosum?y 

Mann  von  24  Jahren,  erkrankt  am  21.  Septbr.  fast  über  den  ganzen  Körper 
an  einem  nicht  sehr  reichlichen,  juckenden,  erythematösen,  vesikulösen,  bullösen  Aus- 
schlag, der  am  4.  Oktbr.  völlig  geheilt  ist. 

NB.  NoDET  bemerkt  zu  diesem  Fall:  „Er  ist  ein  Beispiel  einer  pemphigoiden, 
polymorphen  Dermatose.  Die  Symptome  von  Urticaria,  von  Herpes  en  Cocarde,  von 
Erythema  papulosum,  von  Pemphigus  finden  sich  gleichzeitig  bei  dem  nämlichen 
Individuum." 

Fall  E.    (Beob.  von  G.  T.  Elliot.  —  Hydroa  herpetiforme)' 

Mann  von  23  Jahren,  leidet  seit  dem  27.  Septbr.  an  einem  pruriginösen,  papa- 
lösen,  erythematösen,  später  vesikulösen  und  bullösen  Ausschlag,  der  gruppenweise 
aufti'itt.     Seit  dem  6.  Oktbr.  ist  der  Ausschlag  wesentlich  geringer. 

Fall  F.  (Noch  nicht  veröffentlicht.  —  Aufgenommen  durch  Bbocq  auf  der  Ab- 
teilung von  E.  ViDAL.) 

TKtB.  .  .  48  Jahre  alt,  Schneiderin,  kommt  am  19.  Mai  1881  auf  die  Abteilung 
von  E.  ViDAL,  Hopital  Saint-Louis.  Dir  Vater  soll  hautkrank  gewesen  sein.  Sie  selber 
hatte  vor  15  Jahren  Gelenkerscheinungen.  Seit  3  Jahren  ist  die  Kegel  weggeblieben. 
Sie  ist  sehr  nervös  und  hysterisch.  Seit  langer  Zeit  wird  sie  im  Frühjahr  von  einem 
Ausschlag  befallen  und  verspürt  von  Zeit  zu  Zeit  heftiges  Brennen,  leidet  an  chroni- 
scher Bronchitis  und  Emphysem. 

Der  jetzige,  seit  3  Wochen  bestehende  Ausschlag  hat  an  den  Beinen  begonnen, 
ging  dann  auf  die  Arme  über,  war  von  lebhaftem  Brennen  begleitet ;  keine  Allgemein- 
erscheinungen, höchstens  etwas  weniger  Hunger  als  sonst. 

Status  praesens:  Auf  der  Yorderfläche  des  rechten  Unterarms  sind  Papulo- 
vesikeln  und  hin  und  wieder  auch  rote  Papulopusteln  sichtbar,  auf  entzündetem 
Grunde,  von  einer  erythematösen  Plaque  umgeben.  Die  Haut  ist  in  der  Umgegend 
verdickt.  Auf  der  Innenfläche  des  Arms  und  Vorderarms  befinden  sich  ähnliche 
exkoriierte  Papulovesikeln.  Links  sieht  man  nur  auf  der  Hohlhand  eine  umfangreiche 
Yesikel.  Auf  den  Schultern  einige  kleinere  derartige  Elemente,  die  Prurigo  ähnlich 
sahen,  auf  dem  Rücken  mehrere  exkoriierte  Gruppen,    die  Herpes  vortäuschen,  eben- 


^  NoDÄT,  a.  a.  0.  pag.  127. 
^  NoDET,  a,  a.  0.  pag.  109. 

^  G.  T.  Elliot,   Beitrag   zur  Pathologie   und   Histologie   der   Hydroa  herpetif. 
The  New-York  Med,  Journal.  1887.  23.  April. 


511 

solche  Elemente  findet  man  an  der  rechten  Seite,  aaf  der  Brost,  an  der  Wurzel  der 
linken  Mamma,  an  den  Schenkeln,  besonders  an  den  Beinen,  einige  am  GesfiDs  und 
in  der  Nierengegend,  wo  sie  vollkommen  dem  Prurigo  glichen.  Vidal  hält  den  Aus- 
schlag nicht  für  einen  recidivierenden  Herpes  generalisatus  febr.,  denn  Fieber  besteht 
nicht,  und  das  papalöse  Element  ist  zu  sehr  ausgebildet.  Auch  an  eine  besondere 
Varietät  von  Ekzema  glaubt  er  nicht,  da  der  Ausschlag  zu  spärlich  ist.  Ebensowenig 
kommt  Prurigo  in  Frage  wegen  des  Vorhandenseins  grofser  Vesikeln,  die  nach  An- 
gabe der  Kranken  früher  schon  an  Händen  und  Füfsen  bestanden  hätten.  Vidal  ist 
am  ehesten  geneigt,  eine  Hydroa  vesiculos.  zu  diagnostizieren. 

27.  Mai.  —  Keine  neuen  Vesikeln  mehr;   der  bestehende  Ausschlag  scheint  im 
Abmarsch.    Die  Kranke  wird  am  9.  Juni  entlassen. 

Fall  G.  (Beob.  von  Cazekaye.  —  Herpes  circinatus  der  Brust,  des 
Bückens   und   des   Halses.)* 

Mädchen  von  15  Jahren^  skrofulös  und  sohlecht  ernährt,  erkrankte  am  3.  April 
unter  allgemeinen  Erscheinungen,  bekam  dann  heftiges  Brennen,  zuletzt  einen  Ansschla  g 
bestehend  aus  roten  Plaques,  die  von  einer  Reihe  kleiner  Vesikeln  umsäumt  sind 
Nach  mehreren  Schüben  erfolgte  die  Heilung  von  selbst  am  26.  April. 

NB.  Auch  diesen  eigentümtichen  Fall  habe  ich  in  die  2.  Unterabteilung  der  rück-- 
faUsfreien  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  acuta  aufgenommen,  denn  die  Poly- 
morphie ist  vorhanden,  wenn  auch  nicht  sehr  deutlich. 

Fall  H.  (Beob.  von  Chausit.  —  Pemphigus  acutus  pruriginosus.)^^ 
Frau  von  56  Jahren,  erkrankt  gegen  den  20.  Juli  mit  Fieber  und  allgfem einer 
Röte,  auf  der  sich  eine  Menge  kleiner  Knötchen  und  nach  48  Stunden  auch  Blasen 
entwickeln;  letztere  platzten,  die  Haut  blieb  rot  und  schmerzhaft  und  schuppte  ab. 
Gegen  Ende  August  befand  die  Kranke  sich  wohl  und  wurde  am  14.  Septbr.  geheilt 
entlassen. 

U.  Recidivierende  Ausschläge. 

Fall  I.  (Beob.  26  aus  der  These  von  Nodet,  aufgenommen  durch  Lailler.  — 
Febris  herpetica  mit  multiplen  Hauterscheinungen.)^^ 

Mann  von  25  Jahren,  leidet  seit  dem  8.  Januar  an  einem  spärlichen  Ausschlag 
über  fast  den  ganzen  Körper,  der  aus  Erythemen  und  Vesikeln  besteht  und  wie  Herpes 
aussieht.  Auch  die  Schleimhaut  des  Gaumensegels  und  Kehlkopfs  ist  mitbeteiligt. 
Am  24.  Januar  Heilung.  Seit  5  Jahren  wird  er  jährlich,  gegen  den  März  hin,  von 
einem  ähnlichen  Leiden  befallen. 

Fall  J.  (Beob.  von  Saundby.  —  Hydroa  purpur.  mit  periodischen  Rück- 
fällen.)" 

Mann  von  30  Jahren,  wird  seit  8  Jahren  regelmäfsig  im  Monat  August  von  dem 
nämlichen  Ausschlag  befallen.  Der  Ausschlag  besteht  aus  schmerzhaften,  pruriginösen 
Vesikeln  und  Blasen  mit  entzündlichem  Hof,  die  Hände,  Füfse,  Kniee,  Schultern, 
zuletzt  die  Lippen  und  den  Zungenrand  befallen. 

Fall  K.  (Noch  nicht  veröffentlicht;  beobachtet  von  Brocq  auf  der  Abteilung 
von  £.  Vidal. 


^  Cazenave,  Annales  des  McUadies  de  la  peau  et  de  la  Syphüis,  Bd.  1.  1844. 
pag.  306. 

^^  Ghaüsit,  AnnaUa  des  McUadies  de  la  peau  et  de  la  Syphilis,  Bd.  4.  1852 
pag.  143. 

"  NoDBT,  a.  a.  0.  pag.  140. 

^*  Saundbt,  British  med.  Journal,  1878.  pag.  724. 


512 

T.  .  .  Charles,  20  Jahre  alt,  Kellner,  aufgenommen  den  21.  Juni  1881  auf  der 
Abteilung  von  E.  Yibal,  Hopital  Saint-Lonis.  War  in  seiner  Jugend  skrofoio«,  litt 
an  nicht  vereiternden  Nackenlymphomen  und  an  chronischer  Coryza.  Hat  erst  kürz- 
lich einen  subakuten  Gelenkrheimiatismus  durchgemacht,  nachdem  er  1876  fchon 
einen  sehr  heftigen  derartigen  Anfall  gehabt  hatte.  Aufserdem  hatte  er  einen  Tripper, 
zweimal  Schanker  und  zeigt  deutliche  Spuren  von  beginnender  Alkoholvei^ifUuig. 

Den  Ausschlag,  wegen  dessen  er  das  Krankenhaus  aufencht,  hat  er  jetst  zum 
vierten  mal.  Das  erstemal,  1874,  wurde  er  von  Quikquavd  behandelt,  das  zweitemal 
von  HiLLAiRET,  das  drittemal,  Oktbr.  1880,  von  Beskibb.  Der  jetzige  Ausschlag  be- 
gann am  14.  Juni  mit  einem  nagelähnlichen  Knötchen  auf  dem  rechten  Arm  und 
war  von  lebhaftem  Brennen  namentlich  während  der  Tageshitze  b^leiteU  Du 
Knötchen  vergröfserte  sich  allmählich  und  es  bildeten  sich  noch  mehrere.  Kein 
Fieber,  kein  Kop&chmerz,  keine  sonstigen  Symptome. 

Der  erste  Herzton  ist  unrein;  auf  beiden  Lungenspitzen  Zeichen  beginnender 
Tuberkulose.  Urticariaplaques  mit  exkoriierten  Papeln  links  am  Hals  und  um  die 
Handgelenke.  Auf  den  Fingerrücken  und  auf  den  Händen  kreisförmige  Plaques,  is 
der  Mitte  mit  einer  Blase  von  serösem  Inhalt,  der  stellenweise  schon  eiterig  ist.  Ao 
einzelnen  Stellen  sind  diese  zentralen  Vesikeln  zu  wahren  Blasen  vergröCsert.  be- 
sonders an  der  Palmarfläche  des  linken  Bingfingers.  Zahlreiche  Elemente  auf  der 
linken  Hohlhand. 

Ebensolche  Plaques  finden  sich  auf  der  rechten  Hand,  dem  rechten  Vorderarau 
an  der  Streckseite  der  beiden  Ellbogen. 

Auf  den  Untereztremitäten  finden  sich  Urticariaelemente  und  rote  Plaques  mit 
Schleifen  bildenden  Vesikeln  und  Blasen;  besonders  zahlreich  sind  sie  am  recfateB 
Knie.    (Alkalische  Bäder,  Vichy-Wasser  u.  s.  w.) 

Patient  wurde  am  6.  Juli  geheilt  entlassen,  kehrte  aber  bereits  am  21,  Juli  mit 
einem  erythemato-vesiknlösen  Ausschlag  auf  Vorderarmen,  Händen,  Ellbogen,  Gesaik. 
Schenkeln,  Beinen  und  Fuüsrücken  wieder.  Dieser  Ausschlag  war  in  der  Nacht  zum 
14.  Juli  entstanden,  wobei  er  lebhaftes  Brennen  und  Stechen  verspürt.  Am  24.  Juli 
wurde  Pat.  zum  zweitenmal  entlassen. 

FaU  L.    (Beob.  von  G.  H.  Fox.)" 

17jähriger  Mensch,  erkrankte  am  10.  Febr.  1878  an  einem  schmerzhaften  Aus- 
schlag von  Vesikeln  und  Blasen  mit  entzündetem  Hof,  die  namentlich  an  den  Extre- 
mitäten, dem  Skrotum  und  der  Wangenschleimhaut  salsen.  Das  Exanthem  verlief 
anfallsweise  und  war  am  8.  März  gänzlich  geheilt.  1876  hatte  der  Kranke  berats 
einen  ähnlichen  Ausschlag  gehabt. 

Fall  M.  (Beob.  2  von  L.  Ditncan  Bulelet.  —  Hydroa.)** 
Nervöse  Frau  von  26  Jahren,  erkrankte  am  22.  Nov.  1876  an  einem  prurigi- 
nösen Ausschlag  von  Erythemen  und  Blasen,  der  nach  8  oder  10  Tagen  durdi  die 
Anwendung  von  Sol.  Fowl.  wieder  verschwand.  Im  April  1876  hatte  sie  einen  Sio* 
liehen  Ausschlag,  der  aber  rein  erythematös  blieb;  einen  weiteren  Anfall  mit  Phlyk- 
tänen und  Böte  hatte  sie  6  Wochen  vor  der  letzten  Erkrankung  durchgemacht. 

Fall  M*.  (Noch  nicht  veröffentlicht.  —  Nach  einer  Mitteilung  von  E.  Vidil. 
Diagnose:  Hydroa.) 


^^  G,  H.  Fox,  Über  Hydroa  und  andre  bullöse  Ausschläge.  Ärchw  of  DenMt 
New  York.  1878.  pag.  211. 

**  L.  DuNCAN  BiTLKLEY,  Zwci  Fälle  von  Hydroa.  Archiv  of  Dermal  1877. 
pag.  217. 


513 

A. . .  Poliererin,  32  Jahre  alt,  aufgenommen  1.  Febr.  1877  Salle  Saint  Jean  No.  16. 
Sie  ist  zum  6.  mal  von  dem  nämlichen  Ausschlag  befallen.  Den  ersten  Anfall  machte 
sie  1869  dnroh,  den  2.  nnd  3.  1870;  dann  folgten  noch  2  Anfalle.  Das  Leiden  be- 
gann jedesmal  mit  leichtem  Fieber,  beschränkte  sich  stets  anf  Hände  und  Füfse  und 
dauerte  nie  länger  als  1  Monat;  es  war  jedesmal,  wie  auch  jetzt,  von  lebhaftem 
Jucken  und  schmerzhaftem  Brennen  begleitet 

Am  15.  Jan.  1877  wurde  Fat.  aufgeregt,  appetitlos,  bekam  Abend  für  Abend 
ziemlich  hohes  Fieber,  ^  und  nun  bildeten  sich  auf  den  Lippen,  der  Zunge  und  im 
Hals  umfangreiche  Blasen,  die  nach  einiger  Zeit  verfielen. 

Wenige  Tage  später  erschienen  an  den  Händen  ebensolche  Blasen,  die,  zuerst 
klein,  sich  bald  vergröfserten,  sich  dann  abflachten  und  unter  Hinterlassung  von 
roten  Plaques  verschwanden.  Täglich  bildeten  sich  neue  Blasen,  so  dafs  sie  in  allen 
Stadien  ihrer  Entwickelung  gleichzeitig  vorhanden  sind.  ^ 

Um  die  Handgelenke,  auf  der  grofsen  Zehe  rechts  befinden  sich  ebensolche 
Elemente,  Zunge  und  Lippen  sind  ulceriert. 

Die  Kranke  hatte  früher  rheumatische  Schmerzen  gehabt. 

NB.  Gewifs  sind  die  Angaben  über  diesen  Ausschlag,  seinen  Verlauf  u.  s.  w. 
nur  ganz  summarisch;  indessen  wird  man  doch  die  charakteristischen  Züge  der  uns 
hier  beschäftigenden  Form  wiedererkennen. 

Fall  N.    (Beob.  von  Gibbrt.  —  Herpes  phlyctaenodes.)** 
Frau  von  27  Jahren,  erkrankte  1814  infolge  heftigen  Schrecks  an  einem  erythemato- 
vesikulösen,   sehr  juckenden  Ausschlag.     Seit  jener  Zeit   blieb   sie   entsprechenden 
eruptiven  Anfällen  von  kleinen  vesikulösen  Knötchen  unterworfen. 

April  1819  kam  sie  ins  Hopital  Saint-Louis  und  wurde  am  8.  Mai  geheilt  wieder 
entlassen.  Am  24.  Oktbr.  erneuertes  Auftreten  von  Röte,  Yesikeln  und  Brennen, 
welche  Symptome  gegen  Ende  Nov.  wieder  völlig  verschwanden.  Aufserdem  litt  sie 
gleichzeitig  an  Menstruationsstörungen. 

Fall  0.  (Beob.  von  Cazekave,  von  Chausit  veröffentlicht.  —  Pemphigus 
pr  uriginosus.)" 

Yergl.  weiter  oben  den  Bericht  über  diesen  Fall. 

NB.  Ich  habe  mich  lange  besonnen,  ob  ich  diesen  Fall  hier  anführen  sollte. 
Ich  halte  ihn  eigentlich  für  geeigneter,  in  der  Denn,  polym.  prurigin.  subacuta  k 
pouss^es  successives  mit  zu  figurieren.  Dennoch  habe  ich  ihn  lieber  hier  gebracht, 
um  seine  Eigenschaft  als  Übergangsform  deutlicher  hervortreten  zu  lassen.  Allergings 
aber  ist  er  eigentlich  eine  abgeschwächte  Varietät  der  Dermatitis  polym.  prurigin. 
subacuta. 

Fall  P.  (Noch  nicht  veröffentlicht.  Nach  einer  Mitteilung  von  E.  Vidal.) 
H.  .  .  Hekri,  68  Jahre  alt,  Schneider,  aufgenommen  den  6.  Juli  1886  im  Hopital 
Saint-Louis,  Abteilung  von  E.  Vidal.  Will  bisher  nur  an  Migräne  gelitten  haben; 
führt  ein  •  anstrengendes  Leben,  aber  ernährt  sich  gut.  Vor  2  Monat  bekam  er 
Brennen  über  die  ganze  Haut  ohne  sichtbaren  Ausschlag.  Vor  6  Wochen  entstanden 
unter  Brennen  auf  beiden  Handrücken  zahlreiche  Blasen  von  jeder  GrÖfse,  die  nach 
14  Tagen  auch  auf  die  Finger  übergingen;  sie  bildeten  sich  in  aufeinanderfolgenden 
Schüben.  Der  Ausschlag  hat  allmählich  an  Stärke  verloren,  niemals  die  Handgelenke 
überschritten,  niemals  die  Handflächen  befallen.    Bei  seiner  Aufnahme  ins  Kranken- 


^^  GiBERT,  Traiti  pratique  des  McUadies  de  la  peau.  Bd.  1.  1860.  pag.  214. 
^^  Annales  des  Maladies  de  la  peau  et  de  la  Syphilis.   Bd.  4.  No.  10.  pag.  260. 
Juli  1852. 


514 

haus  hat  Fat.  eine  etwa  1  Fr. -Stück  grofse  Blase  auf  der  Bückenflache  des  UeiDcn 
Fingers  rechts.  Andre  Vesikeln  sind  zerfallen,  an  ihrer  Stelle  sieht  man  eine  T«r 
trocknete,  braune  Epidermisfiäohe.  Bei  einer  Blase  dicht  am  Btngfinger  sieht  man, 
da  der  seröse  Inhalt  ganz  klar  ist,  den  ekchymotischen  Grand  doichscheinen.  Aa 
andern  Stellen  sieht  man  auf  der  Blasenfläche  punktförmige  Hämorrhagien.  Die 
Blasen  entstehen  schnell,  in  wenigen  Standen;  bei  einigen  erscheint  Torher  eint 
erythematöse  Röte,  auf  der  sie  sich  dann  erheben ;  andre  bilden  sich  anf  der  gesunden 
Haut;  von  letzterer  Art  sieht  man  jetzt  einige  ohne  roten  Hof  auf  der  Olans. 

Der  Kranke  empfindet  lebhaftes  Brennen.  Hier  und  da  entdeckt  man  Prarigo* 
papeln  mit  kleinen  Krustchen  —  ein  Folge  des  Kratzens.  Im  Gesicht  nnd  am  Hab 
einige  kleine  Blasen;  die  Schleimhäute  sind  aber  frei.  Abgesehen  ron  dem  lästigen 
schlafstörenden  Jucken  befindet  Patient  sich  wohl.  Am  Leib,  in  der  EUbogenbenge 
und  am  Hals  findet  man  grofse  erythematöse  Plaques  und  papnlöse  Erhebungen  im 
regellosen  Ghruppen. 

Pat.  erhielt  täglich  2,0  Jodkali.  Sofort  bilden  sich  auf  dem  Glied  und  an  des 
Füfsen  zahlreiche  Blasen  und  erreichen  an  letzterem  Ort  eine  ungeheure  Grofse; 
femer  Vesikeln  und  erythematöse  Plaques;  in  den  Achselhöhlen  flieten  die  Blasen 
fast  zusammen.  Am  12.  Juli  erscheint  der  Ausschlag  noch  heftiger;  einzelne  Blasea 
sind  hämorrhagisch  geworden.  Aussetzen  des  Jodkalium.  Verband  von  Linim.  01eo> 
Calcarium  und  innerlich  Chin.  sulf.  Darauf  lassen  sämtliche  Symptome  nach  nnd- 
Pat.  yerläfst  das  Krankenhaus  völlig  geheilt  am  31.  Jnli  1886. 

Im  April  1887  zeigen  sich  wiederom  Blasen  auf  der  Stirn  und  an  den  SchÜ&n, 
verschwinden  aber  schon  nach  einigen  Tagen.  Anfang  Juni  stellt  sioh  plötzlich  an 
Sorotum  ein  neuer  Ausschlag  ein,  dem  ein  zweiter  Anfall  an  den  Händen  folgt  In- 
folge dessen  kommt  Pat.  am  21.  Juni  1887  wieder  auf  die  Abteilung  von   £.  Vidau 

Damals  war  das  Scrotum  stellenweise  mit  einer  jungen  Epidermis  bedeckt,  auf 
der  rosafarbene,  runde  Flecke  den  Sitz  der  eben  geheilten  Blasen  anzeigten.  Aa 
den  Händen,  wo  nur  die  Büokenfläche  erkrankt  ist,  sieht  man  borkig-erythematöse 
Plaques  an  Stelle  der  früheren  Blasen,  deren  einzelne  noch  sichtbar  sind.  Jene 
Plaques  sind  rund  und  etwa  50  Centimesstück  grofs;  die  Blasen  halbkugelformig, 
farblos  und  schmerzlos,  ohne  Hof.  Pat.  merkt  den  Ausbruch  des  Exanthems  an 
einem  eigentümlichen  Jucken,  ähnlich  dem  durch  Frost  verursachten  Brennen.  Die 
Blasen  machen,  soweit  sie  nicht  aufgekratzt  oder  aufgedrückt  werden,  ihre  verKhie- 
denen  Stadien  in  einigen  Tagen  durch;  sie  sinken  ein,  werden  runzelig,  and  ihr  In- 
halt wird  allmählich  resorbiert;  die  Epidermis  vertrocknet  zu  einer  dunklen  Kruste, 
die  abfällt,  und  unter  der  eine  frische  Epidermis  zum  Vorschein  kommt.  —  Bei  dieser 
Erkrankung  waren  nur  Hände  und  Scrotum  befallen. 

Am  24.  Juni  erschien  auf  der  Innenfläche  des  rechten  Daumens  innerhalb  einer 
Nacht  eine  Blase^  die  farblos,  mäfsig  prall  und  etwas  geföchert  (biloba)  ist.  G^gea 
Ende  Juni  fallen  die  letzten  Krusten  ab,  und  am  2.  Juli  bittet  der  völlig  geheilte 
Pat.  um  seine  Entlassung. 

Fall  B.    (Beob.  6  von  R.  Crookbr.  —  Hydroa.)" 

Vergl.  weiter  oben  den  Bericht  über  diesen  Fall,  den  ich  fast  völlig  im  Jahr;. 
1887  der  Annaks  de  Dermatologie  et  de  SyphüigrapMe  übersetzt  habe. 

Von  den  bereits  bekannten  Fällen,  die  ich  aufser  den  vorhergehenden  noch  e^ 
wähnen  könnte,  seien  die  Beobachtungen  6  und  7  und  besonders  21,  22,  24^  27  und 


"  a.  a.  0.  pag.  968. 


516 

28  aus  der  Theee  von  Nodet,  sowie  die  Beob.  18  aus  der  These  von  Mol^hbs-Mahon 
u.  s.  w.  genannt. 

Es  liegt  nicht  in  meiner  Absicht,  eine  Schilderung  der  Dermatitis 
polymorpha  pruriginosa  zu  versuchen.  Die  schon  früher ^^  berührte  Unklarheit, 
welche  annoch  über  diese  Gruppe  herrscht,  läfst  es  erklärlich  erscheinen,  wenn  ich 
einen  derartigen  Versuch  beim  jetzigen  Stand  unsrer  Kenntnisse  für 
nutzlos  halte.  Wissen  wir  doch  nicht,  wie  weit  wir  berechtigt  sind, 
diese  Fälle  von  all  den  andern  Ausschlagsformen  abzusondern,  die  wie 
sie  den  Namen  Dermatitis  polymorpha  verdienen,  bei  denen  aber  das 
Symptom  des  Schmerzes  nur  wenig  ausgebildet  ist.  Ich  beschränke 
mich  daher  auf  einige  Bemerkungen  über  die  wesentlichsten  Eigen- 
schaften dieser  Form.  Ich  werde  dabei  besonders  die  ersten  6  Fälle 
(A — F)  berücksichtigen,  da  diese  namentlich  dem  Erankheitstypus  nahe- 
kommen, welcher  dem  Syndrom  Dermatitis  po^lymorpha  pruriginosa 
acuta  entspricht,  wenn  auch  in  Wirklichkeit  ein  solcher  Erankheits- 
typus noch  nicht  nachgewiesen  ist. 

Allgemeine  Bemerkungen   zu    den  Eruptionen,   die  dem   Syndrom 
Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  acuta   entsprechen. 

Ätiologie.  Diese  Formen  scheinen  namentlich  in  der  Jugend  häufig  zu  sein, 
im  Gegensatz  zu  der  D.  p.  p.  chronica,  die,  wie  wir  gesehen  haben,  zwischen  dem 
48.  und  65.  Lebensjahr  am  häufigsten  ist.  Die  8  ohne  Bückfall  Erkrankten  waren 
22,  23,  24,  24,  33,  48,  15  und  56  Jahre  alt  Die  10  mit  Bückfall  Erkrankten  hatten 
den  ersten  Anfall  mit  20,  8,  13,  15,  25,  24,  22,  33,  68  und  18  Jahren.  Diese  Zahlen 
beweisen:  von  18  Kranken  waren  12  unter  25  Jahre  alt. 

Wie  bei  der  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  chronica  werden  auch  hier  die 
Männer  häufiger  als  die  Frauen  befallen.  Auf  18  Kranke  kommen  12  Männer  und 
nui  6  Frauen,  was  genau  dem  Verhältnis  von  2 : 1  entspricht. 

Die  Anamnese  liefert  uns  wenig  Verwertbares.  Wie  bei  der  D.  p.  p.  chronica 
findet  sich  namentlich  Skrofulöse  verzeichnet,  manchmal  auch  Tuberkulose,  sei  es  bei 
dem  Kranken  selbst  (Fall  K),  sei  es  bei  seinen  Eltern  (Fall  B);  femer  Nervosität 
(Fall  M),  Hysterie  (Fall  F),  Überarbeitung  (Fall  B,  E),  Gemütserschütterung  (Fall  N,  0). 
Bheumatische  Beschwerden  gingen  nur  im  Fall  C  deutlich  vorauf;  unbestimmte  An- 
gaben finden  sich  im  Fall  J,  K,  M  und  B.  Vielleicht  spielen  sie  also  bei  dieser 
Form  eine  gröfsere  Bolle  als  bei  der  früheren.  Jedoch  erfordert  dieser  Punkt  noch 
weitere  Untersuchungen. 

Während  der  Einflufs  der  Jahreszeiten  auf  die  Entstehung  der  Formen  der 
D.  p.  p.  chronica  fast  gleich  null  zu  sein  scheint,  ist  er  bei  der  D.  p.  p.  acuta  im 
Gegenteil  ganz  unverkennbar.  Von  meinen  6  ersten  Fällen  verliefen  3  im  April  und 
Mai,  einer  im  Juni  und  2  im  Septbr.  und  Oktbr.  Prüfen  wir  daraufhin  unsre  18  Fälle, 
so  finden  wir,  daüs  der  Ausschlag  Imal  im  Januar,  Imal  im  März,  6mal  im  April, 
4mal  im  Juni,  Imal  im  Juli,  je  2mal  im  August  und  September,  5ma]  im  Oktober 
und  Imal  im  November  auftrat;  es  gibt  hier  also  2  deutliche  Maxima:  eins  im 
April— Mai — Juni,  das  andre  im  September — Oktober. 

Der  Ausschlag.  Wer  die  18  Fälle  aufraerksam  prüft,  überzeugt  sich  leicht, 
dafs  die  Ausschlagsformen  im  einzelnen  der  Schilderung  entsprechen,  wie  ich  sie  von 
der  D.  p.  p.  chronica  entworfen  habe. 


'*  Vergl.  die  Einleitung  zur  dritten  Abteilung  und  das   Ende   des   Kap,  3  der 
ersten  Abteilung. 

Monatsheft«.  ^^ 


616 

Die  enten  Symptome  können  in  Hitee,  Brennen  tud  lebhaften  Joekas  be- 
stehen; sie  künden  den  Ansschlag  an  (Fall  B,  D,  G,  H,  H,  P)  begleiten  ilm  (FUl  C, 
E,  F,  K,  N,  0,  R)  od^  folgen  ihm  (Fall  A  —  in  dieser  Hinsicht  typisch). 

Der  Ausschlag  selber  beginnt  mit  roten,  lokalisierten:  Flecken  (Faü  C),  die 
randliche,  der  Urticaria  ähnliche  Plaques  bilden  (Fall  0);  femer  mit  kleinen 
einzeln  oder  grappenweise  auftretenden  Knotehen  (Fall  A,  H,  J,  K,  N,  B)  mit 
ginösen  Yesikeln  und  solchen,  die  sich  auf  gesunder  Haut  bilden  (Fall  D,  B,  I,  B^ 
mit  umfkngreichen  Blasen  (B,  H,  M^  P). 

Befallen  wurden  die  oberen  Elxtremitaten,  zumal  der  Handrucken  und  die  Haadr 
gelenkgegend  (Faü  A,  D,  I,  L,  E,  N,  P),  die  Unterextremitaten  (Fall  B,  C.  D,  I\ 
der  Bumpf,  Bücken  und  Leib  (FaD,  Q,  I,  B),  die  Ohren  (A,  E),  die  Lippen  (M^  dss 
Scrotum  (P).  Von  diesen  Stellen  aus  kann  der  Ausschlag  sich  ausdehnen  und  übet 
den  ganzen  Körper  sich  ausbreiten :  über  Ober^  und  Unterextremitaten,  über  Schffgnkfil, 
Gesals,  Brust,  Leib,  Schultern,  Bücken,  Hals,  seltener  übers  Gesicht.  Am  hanfigatem 
scheinen  die  Ober-  und  Unterextremitaten  gegen  die  Ellbogen  und  Kniee  hin  befiüka 
zu  werden.  Auch  die  Schleimhäute  bleiben  nicht  verschont;  Zunge  und  ZSpfdieB 
waren  in  den  FäDen  B  und  M^  miterkrankt;  Zunge  und  Zahnfleisch  im  Faü  I;  dis 
Gaumensegel  in  Faü  J  und  B,  der  Mund  im  Faü  L. 

Wie  bei  der  D.  p.  p.  chronica,  so  hat  der  Ausschlag  auch  in  den  Torliegendea 
Fällen  ein  polymorphes  Aussehen;  er  setzt  sich  zusammen  aus  erythematSsen  Elementen, 
die  spiralige  und  abgerundete  Plaques  bilden,  aus  pruriginösen  Papeln,  aus  Pmpolo- 
Vesikeln,  Yesikeln,  durchscheinenden,  nur  selten  hämorrhagischen  Blasen  und  aas 
Pusteln.  Die  letzteren  drei  Formen  entstehen  entweder  auf  gesunder  Haut  oder  aof 
präexistierenden  erythematosen  Elementen;  sie  erscheinen  einzeln  oder  in  Gruppca 
und  bilden  gelegentlich  wohl  auch  Spiralen  rings  um  ein  zentrales  Element.  Icfc 
muis  bemerken,  dafs  in  den  akuten  Formen  die  Pusteln  häufig  nur  aus  Yesikeln 
Blasen  bestehen,  deren  Inhalt  sich  getrübt  hat.  Nur  in  den  Fällen  A,  B,  K,  B 
es  zu  wirklicher  Pustelbildung.^'  Es  sind  dies  die  primären  Krankheitselemente. 

Es  kommt  aber  auch  hier,  wie  bei  der  D.  p.  p.  chronica,  zu  sekundärem 
Bildungen,  wie  Schuppen,  Trümmer  der  Yesikeln  und  Blasen,  gelblichen,  graoea 
oder  bräunlichen  Sj*usten,  die  aus  Blasen  und  namentlich  aus  Pusteln  sich  faSden, 
Prurigo,  Exkoriationen,  Kratzwirkungen. 

Ln  ganzen  sind  in  den  vorliegenden  18  Fällen  die  Heftigkeit  und  die  Polymoiphie 
des  Ausschlags  etwas  geringer  als  bei  den  meisten  der  86  Beobachtungen  der  D.  p^ 
p.  chronica.  FaD  F  ist  in  dieser  Beziehung  sehr  lehrreich:  hier  sehen  wir  den 
eigentlichen  Ausschlag  auf  das  geringste  Mals  beschränkt,  er  besteht  nur  aus  Gmppea 
von  Papeln  und  exkoriierten  Papulo- Yesikeln,  die  zum  Teil  schon  in  P^ulo-Poitdi 
übergegangen  sind,  derartig,  dafs  selbst  Yidal  zweifelhaft  wurde,  ob  er  es  nidhi  hiar 
mit  einem  jener  Fälle  von  Herpes  generalisatus  iebrilis  zu  thun  habe.  Auf  diess 
Frage  denke  ich  übrigens  später  noch  zurückzugreifen. 

Bntwickelung  und  Yerlauf.  Bei  mehreren  der  vorliegenden  BeobachtnnfSB 
treffen  wir  auf  aufeinander  folgende  Schübe,  die  unter  sich  dem  Aussehen  nach  versoliiedM 
sind,  wodurch  ihre  Analogie  mit  der  D.  p.  p.  ohronioa  augenfällig  wird.    So  war  im 


^*  Ich  brauche  mich  bei  der  Beschreibung  dieser  Formen,  die  bei  der  Dermatitii 
polymorpha  pruriginosa  chronica  schon  ausfühnich  geschildert  sind,  nicht  weiter  auf* 
zuhalten. 


517 

Fall  A  der  erste  Anfall  derartig  aasgesprodien  papolo-Tenkolös,  dal«  er  als  Herpes 
generalisatus  hätte  gelten  können;  am  22.  April  aber  Sndert  der  Aossohlag  seinen 
Charakter  und  wird  auf  den  Unterextremitäten  vesikulo-bullös. 

Am  27.  April  kommt  ein  Pastelaosschlag  dazu,  der,  wie  die  Torherg^enden 
Veeikel-  und  Blasenezantheme,  schubweise  verlief,  im  Mai  endlidi,  als  alles  Torüber 
acbien,  trat  ein  Prurigo  auf.  Haben  wir  da  nicht  in  nuoe  ein  treues  Abbild  der 
D.  p.  p.  chronica? 

Der  Anschlag  verläuft  also  bei  der  D.  p  p.  acuta  in  mehr  oder  minder  heftigen 
Sohübeu,  die  um  so  schwächer  werden,  je  länger  die  Krankheit  dauert,  und  die  jeder 
fSr  sich  ein  andres  Aussehen  haben;  die  einen  sind  fast  nur  erythematos,  die  andern 
erythemato-vesikulös,  bullös  oder  sogar  pustulös  (Fall  A,  B  u.  s.  w.). 

Die  Gesamtdauer  dieser  Schübe  dauert  im  Mittel  20 — 30  Tage;  in  den  6  ersten 
Fällen  betrug  sie  40,  25,  17,  14,  15  und  30  Tage.  Jeder  einzelne  Schub  verläuft  für 
gewöhnlich  in  4 — 10  Tagen  und  kann  braune  Stellen  hinterlassen,  die  erst  allmählich 
schwinden. 

Bei  dem  Aussehen  der  Eruption  brauche  ich  nicht  lange  zu  verweilen;  dieser- 
halb  sei  auf  das  bei  der  D.  p.  p.  chronica  Gesagte  verwiesen.  Dieses  Aussehen  ist 
sehr  wechselnd,  je  nach  der  Natur  des  Kranken  und  der  Dauer  des  Ausschlags;  der- 
eelbe  kann  wesentlich  erythematos,  papulös  oder  pruriginös  sein,  oder  erythematod 
bullös,  bullös,  vesikulo'bullös,  pustulös;  endlich  ist  er  auch,  wenn  auch  nicht  ganz 
so  häufig  wie  bei  de/D.  p.  p.  chronica,  durchweg  polymorph,  und  hat  dann  das 
schon  geschilderte,  eigenartige  Aussehen:  erythematöse,  mehr  oder  minder  grolse  und 
regelmäüsige  Flecke,  unregelmäfsige  Vesikeln,  verschieden  grofse  Blasen,  mit  durch, 
scheinendem  oder  mehr  minder  trübem  Inhalt,  die  auf  gesunder  oder  auf  erythema- 
töser  Haut  stehen,  Exkoriationen,  Schuppen,  E^msten,  Flecke,  alles  bunt  durchein- 
ander geworfen. 

Diese  mannigfachen,  hier  skizzierten  Varietäten  machen  es  eridärlich,  warum 
die  Arzte  fOr  diese  Formen  so  verschieden  lautende  Namen  gewählt  haben,  warum 
sie  sie  Herpes  phlyctaenodes,  Herpes  cirdnatus,  Herpes  generalisatus  febrilis,  Febris 
herpetica,  Hydroa  vesioulosum,  Hydroa  buUosum,  Hydroa  herpetiforme,  Pemphigus 
acutus,  Pemphigus  acutus  pruriginosus  genannt  haben,  je  nachdem  das  eine  oder 
das  andre  eruptive  Element  mehr  vorherrschte.  Man  kann  alle  diese  Varietäten  bei- 
behalten, darf  ihnen  aber  meines  erachtens  keine  allzugrolSie  Bedeutung  beilegen. 

Subjektive  Symptome.  Die  subjektiven  Symptome  sind  die  nämliohen,  wie 
bei  der  D.  p.  p.  chronica,  nur  für  gewöhnlich  etwas  schwächer,  sie  bestehen  aus 
Jucken,  Stechen,  Brennen  und  Hitze,  oft  in  unerträglichem  Grade,  bald  am  ganzen 
Körper,  bald  nur  an  einzelnen  Teilen,  fast  immer  an  demjenigen  Stellen,  die  der  Sitz 
der  Entzündung  sind  oder  sein  werden. 

Allgemeinerscheinungen.  Fieberkomplikationen.  Mehrmals  wurde 
der  Ausschlag  durch  Allgemeinerscheinungen  angekündigt,  durch  Unbehagen,  ein 
Gefähl  von  Schwäche  oder  Zerschlagenheit  der  Glieder,  Kopfschmerz,  Appetitmangel, 
Schlaflosigkeit,  unbestimmte  Schmerzen  (Fall  A,  B,  D  u.  s.  w.),  sogar  auch  durch 
geringes  Fieber  gegen  Abend.  Bei  den  meisten  Fällen  aber  war  das  Allgemeinbe- 
finden in  keiner  Weise  beeinträchtigt. 

Es  sind  nun  aDerdings  auch  Fälle  veröffentlicht,  die,  als  reine  Hautkrankheiten 
betrachtet,  auf  den  ersten  Blick  hierher  zu  gehören  scheinen,  bei  denen  aber  doch 
•die   allerschlimmsten   Komplikationen    vorkamen.     Genannt  seien  nur  die  Fälle  von 

34* 


518 

M.  R.  Maütard-Martik  ^^,  M.  Horakd'^  und  E.  BEsmBR,  welch  letzterer  von  Mol&nks- 
Mahon  veröffentlicht  wurde." 

Diese  Fälle  sind  sehr  schwer  zu  deuten.  Bis  auf  weiteres  möchte  ich  sie  ebenso 
bezeichnen,  wie  die  yorliegenden,  ohne  damit  indessen  über  ihre  Natur  und  den  ihnen 
unter  den  Krankheiten  zukommenden  Platz  etwas  bestimmtes  aussagen  zu  wollen. 

Natur.  Pathogenese.  Diagnose.  Wegen  aUer  dieser  Punkte  sei  auf  den 
Schlufs  des  Kap.  in.  Abteil.  1  der  ganzen  Arbeit  verwiesen.  Dort  findet  man  alle 
Qründe  angegeben,  warum  ich  einerseits  nicht,  wie  Dührino  es  thut,  die  Dermatitis 
polymorpha  pruriginosa  acuta  mit  den  chronischen  und  subakuten  Formen  zusammen- 
werfe und  warum  ich  sie  anderseits  (ohne  bestimmte  Unterscheidungsmerkmale 
aufzustellen)  von  der  grofsen  Gruppe  der  polymorphen  Erytheme  aussondere,  wohin 
man  sie  bis  vor  kurzem  verwiesen  hatte. 

Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  ich  nochmals  betonen,  daXis  das  Erythema  poly- 
morph um,zu  dem  das  Erythema  papulosum,  papulo*vesiculom,  buUosum,  Iris,  marginatnm, 
circinatum,  induratum,  nodosum,  infectiosum  u.  s.  w.  gehört,  symptomatologisch  wohl 
genügend  studiert  ist,  aber  als  Krankheitstypus  noch  völlig  dunkel  erscheint.  Meiner 
schon  früher  geäufserten  Meinung  nach  haben  wir  es  mit  einem  Syndrom  zu  thmu 
ähnlich  wie  beim  ehemaligen  Pemphigus,  der  Pityriasis  der  ausländischen  Autoren, 
und  vermutlich  werden  wir  bei  weiterem  Studium  verschiedene  klinische  Typen,  oder 
doch  mindestens  deutliche  Varietäten  darin  entdecken.  Wollte  man  den  jetzigen 
Begriff  beibehalten,  wollte  man  pedantisch  dem  Erythema  polymorphum  alle  diejenigen 
Fälle  zuweisen,  die  mit  Erythem,  Vesikeln,  Blasen  u.  s.  w.  emhergehen,  kurz  mit 
erythematösen  Symptomen,  zu  denen  sich  im  weitem  Verlauf  noch  andre  eruptive 
Elemente  gesellen,  und  die  in  ihrer  Gesamtheit  einen  polymorphen  Ausschlag  dar. 
stellen  —  ja,  dann  gehörte  nicht  nur  unsere  D.  p.  p.  acuta,  sondern  auch  die  D.  p.  p. 
chronica,  der  Herpes  gestationis,  mit  andern  Woorten,  die  Dermatitis  herpetiformis 
DuHRixGs  hierher!  Dann  käme  das  ganze  aber  auf  einen  reinen  Wortstreit  hinaus» 
denn  dann  würde  man  eben  mit  dem  fast  bedeutungslosen  Wort  Erythema  poly- 
morphum  die  ganz  bestimmten,  in  dieser  Abhandlung  geschilderten  Krankheitsbiider 
bezeichnen. 

In  Wirklichkeit  sondere  ich  aus  und  hebe  hervor  eine  ganze  Gruppe  von  Fallen, 
denen  allen  gemeinsam  ist  ein  Ausschlag  von  polymorphem,  erythematösem,  vesikulösem, 
bullösem  und  pustulösem  Aussehen,  ferner  Jucken,  Stechen,  Brennen,  ohne  Störung  des 
Allgemeinbefindens,  lauter  Eigenschafben,  die  keineswegs  dem  von  Hbbra  ursprünglich 
beschriebenen  Erythema  polymorphum  regelmäfsig  zukommen.  Jedoch  brauche  ich 
hierbei  wohl  nicht  länger  zu  verweilen,  da  alle  diese  Punkte  bereits  in  der  ersten 
Abteilung  berührt  sind. 

Zwei  Einwürfe  jedoch  bedürfen  hier  ihre  Erledigung:  1.  Warum  anerkenne  ich 
nicht  rüokhaltslos  einen  klinischen  Typus,  entsprechend  dem  Syndrom  der  Dermatitis 
polymorpha  pruriginosa  acuta,  wie  ich  einen  solchen  für  das  Syndrom  der  Dermatitis 
polymorpha  pruriginosa  chronica  aufgestellt  habe?  2.  Warum  schreibe  ich  überhaupt 
meine  dritte  Abteilung  über  die  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  acuta?  Zu  was 
behandle  ich  diese  Formen  und  suche  sie  von  den  übrigen  polymorphen  Erythemen 
abzusondern,   wenn  ich  keine   bestimmten  Angaben  über  dieselben  zu  machen  weüs? 


*®  R.  Mo üTARD -Martin,  Erytheme  marginö,  devenant  buUeux  avec  complications 
multiples.  France  medicale.  No.  53— ß4.  —  Vergl.  These  de  Molexes-Maho^. 
pag.  193. 

*^  HoRAND,  Note  pour  servir  k  l'histoire  du  Pemphigus  aigu  febrile.  Annale^ 
de  Dermat  et  de  Syph.  1872—73.  pag.  401.  Fall  2. 

23  De  Molenes-Mahon,  Tfikse  de  Parts.  Fall  27.  pag.  178.  1885. 


519 

1.  Erstere  Frage  ist  im  ersten  Teil  dieser  Arbeit  bereits  vollkommen  beant- 
wortet. In  der  That  genügt  ein  Blick  auf  das,  was  ich  über  die  Difierentialdiagnose 
der  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  chronica  gesagt  habe,  um  zu  erkennen,  daüs 
dieser  Erankheitstypus  trotz  einiger  dunkler  Punkte,  namentlich  in  seinem  Verhältnis 
zu  andern,  nicht  pruriginösen,  chronischen  pemphigoiden  Ausschlägen,  durch  seine 
Symptome,  durch  den  beständig  vorhandenen  Schmerz,  vor  aUem  durch  seinen  Ver- 
lauf deutlich  gekennzeichnet  ist.  Kann  man  das  nämliche  aber  von  der  Dermatitis 
polymorpha  pruriginosa  acuta  behaupten?  Ich  meine,  dals  diese  Form,  abgesehen 
von  dem  Schmerz  und  der  allerdings  in  den  einzelnen  Schüben  etwas  stärker  hervor- 
tretenden Polymorphie,  mit  andern  Dermatosen  identisch  ist,  die  ich  einstweilen  noch 
der  Gruppe  des  Erythema  polymorphum  nicht  entreiüsen  will,  und  die  sich  durch 
ähnliche  Ausschläge,  durch  einen  entsprechenden  Verlauf  und  durch  eine  gleich  groüse 
Dunkelheit  in  bezug  auf  die  Ätiologie  auszeichnen.  Genügt  das  eine  Symptom  des 
Schmerzes  allein,  um  zwischen  diesen  beiden  Gruppen  einen  strengen  Unterschied  zu 
machen?    So  lautet  die  Frage. 

Allerdings,  in  anbetracht  der  groisen  Bedeutung,  die  diesem  Symptom  des 
Schmerzes  in  der  D.  p.  p.  chronica  sowohl,  wie  in  den  Übergangsformen  von  dieser 
zu  den  akuten  Affektionen  zukommt,  kann  man  versucht  sein,  die  Frage  mit  ja  zu 
beantworten,  zumal,  wenn  man  die  ganze  Beihe  von  Fällen  im  Auge  hat,  die  Duhbino 
als  Dermatitis  herpetiformis,  Tilbury  Fox  als  Hydroa  bezeichnet,  und  denen  allen 
das  Syndrom  der  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa,  besser  dolorosa  gemeinsam  ist; 
es  erscheint  dann  ganz  natürlich,  diese  Ausschläge  für  sich  zu  beschreiben,  eine  grofse 
Gruppe  daraus  zu  bilden,  die  auf  den  ersten  Blick  durch  das  ebengenannte  Syndrom 
als  wohlumschriebene  erscheint,  und  in  der  man  je  nach  Ätiologie  und  Verlauf 
verschiedene  Varietäten  unterscheidet.  Eine  derartige  Einteilung  der  Dermatitis  poly- 
morpha pruriginosa  in  chronische,  subakute,  akute  und  recidivierende  Schwangerschafts- 
formen ist  freilich  verlockend  und  imponiert  auf  den  ersten  Blick  durch  ihre  Klarheit 
und  Einfachheit. 

Dringt  man  nun  aber  ins  einzelne,  so  macht  man  leider  die  Entdeckung,  dafs 
in  vielen  FäDen  der  Schmerz  nur  in  geringem  Mafse,  oder  zeitweise,  bald  im  Beginn, 
bald  mehr  gegen  das  Ende  hin,  gamicht  vorhanden  ist.  Was  soll  man  nun  mit  diesen 
Fällen  anfangen,  die  doch  die  direkte  Verbindung  zwischen  der  D.  p.  p.  acuta  und  dem 
Erythema  polymoiphum  vulgare  non  pruriginosum  darstellen?  Zum  Beweise  der  Zusam- 
mengehörigkeit dieser  beiden  Gruppen  lassen  sich  jene  Fälle  meiner  Überzeugung  nach 
unter  keinen  Umständen  verwenden;  sie  tragen  nur  zur  Verwirrung  bei  und  er- 
schüttern sehr  die  Bedeutung  des  Pruritus  als  charakteristischen  Symptoms,  um  eine 
scharfe  Einteilung  der  akuten,  polymorphen  Ausschläge  vorzunehmen.  Aufserdem  er- 
reicht, wie  ich  gern  zugeben  will,  der  Schmerz  bei  der  D.  p.  p.  acuta  selten  die 
Höhe  wie  bei  den  chronischen  und  den  Schwangerschaftsformen.  Aus  diesen,  aller 
dings  anfechtbaren  Gründen  habe  ich  es  vorgezogen,  einen  der  akuteif  Form  ent- 
sprechenden klinischen  Typus  einstweilen  noch  nicht  aufzustellen  und  lieber  erst  die 
weiteren  Untersuchungsergebnisse  abzuwarten. 

3.  Zu  was  dann  aber  dieser  ganze  dritte  Teil  meiner  Arbeit?  Zu  was  diese 
langatmige  Untersuchung  über  die  D.  p.  p.  acuta?  Ich  hielt  sie  aus  mehreren 
(Gründen  für  notwedig;  einmal,  und  zwar  in  erster  Linie,  deshalb,  weil  ich  mir  vor- 
genommen habe,  die  Dermatitis  herpetiformis  Dubrikos  einer  genauen  Prüfung  zu 
unterziehen;  nun  hat  aber  Duhbino  in  diese  Gruppe  auch  die  akuten,  hier  in  Bede 
stehenden  Fälle  mit  aufgenommen;  ich  war  demnach  gezwungen,  entweder  seiner 
Auffassung  einfach  beizutreten,  oder  diese  Fälle  schlechtweg  als  Formen  des  Erythema 
polymorphum  vulgare  zu  bezeichnen  —  und  ich  habe  im  ersten  Teil  die  Gründe  an- 


520 

gegeben,  warum  mir  weder  die  eine  noch  die  andre  Lösung  annehmbar  erschien  — 
oder  endlich  dieselben  einer  besonderen  Besprechung  zu  unterziehen,  unter  ausdrück- 
lichem Hinweis  auf  die  nahen  Beziehungen,  in  denen  sie  zu  den  verschiedenen 
Formen  der  D.  p.  p.  chronica  einerseits  und  zu  den  andern,  unter  das  Erythema 
polymorphum  geworfenen  Ausschlägen  anderseits  stehen.  Diese  Besprechung  ist  nun 
allerdings  ganz  unvollständig  ausgefallen,  es  ist  aber  auch  keineswegs  meine  Abeicht^ 
den  Gegenstand  hier  zu  erschöpfen ;  ich  wollte  nur  auf  diese  Frage  hinweisen,  wo- 
möglich neue  Untersuchungen  veranlassen  und  andeuten,  nach  welcher  Richtung  hin 
diese  Untersuchungen  zu  führen  sind. 

Auf  jeden  Fall  habe  ich  gezeigt,  dafs  zwischen  dem  unanfechtbaren  Krankheiti' 
typus  der  D.  p.  p.  chronica  und  den  Formen  der  D.  p.  p.  acuta  (Varietäten  des 
Erythema  polymorphum)  eine  ganze  Beihe  von  Übergangsfallen  besteht,  und  ich  habe 
auf  die  Beziehungen  hingewiesen,  die  zwischen  verschiedenen  akuten  Ausschlägen,  die 
von  den  meisten  Autoren  bisher  unter  das  Erythema  polymorphum  vulgare  verwiesen 
waren,  und  der  D.  p.  p.  chronica  herrschen ;  in  der  Art  des  Ausschlags,  in  den  funk- 
tionellen Störungen  sind  sie  fast  identisch,  sie  unterscheiden  sich  nur  durch  den 
grrundverschiedenen  Verlauf.  Die  Frage,  ob  man  aus  dieser  D.  p.  p.  acuta  einen  be- 
sonderen Typus  machen  soll,  kann  erst  durch  weitere  Untersuchungen  entschieden 
werden. 

Die  bereits  bekannten  Ausschlagsformen  aber  lassen  sich  im  Gegensatz  zum 
Erythema  polymorphum  sehr  leicht  von  der  D.  p.  p.  acuta  unterscheiden. 

Der  Herpes  Iris  Batemak,  den  man  unter  gewissem  Vorbehalt"  auch  als 
Hydroa  vesiculosum  Bazin  bezeichnen  könnte,  unterscheidet  sich  von  der  D.  p.  p. 
acuta  durch  die  nur  schwache  Polymorphie  seines  papnlösen  Ausschlags  mit  dem  so 
bekannten  Aussehen  und  durch  die  leider  nicht  immer,  aber  doch  far  gewöhnlich 
geringfügigen  funktionellen  Störungen.  In  manchen  Fällen  schien  die  D.  p.  p.  acuta 
sich  in  sein  Gewand  zu  kleiden;  das  geschah  aber  immer  nur  vorübergehend,  und 
die  übrigen  Elemente  des  Ausschlags  liefsen  alsdann  immer  noch  die  wahre  Natur  des 
Leidens  erkennen. 

In  betreff  der  nahen  Verwandtschaft,  die  zwischen  manchen  Formen  der  Urti- 
caria bullosa  und  der  medikamentösen  Ausschläge  einerseits,  und  der 
D.  p.  p.  acuta  anderseits  herrscht,  sowie  in  betreff  der  Differentialdiagnose  zwischen 
diesen  Formen  sei  auf  das  im  Kapitel  über  die  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa 
chronica  Gesagte  verwiesen. 

In  den  4  Fällen  von  Herpes  gener alisatus  febrilis,  die  Contaokb  in  den 
Jnndles  de  Dermatologie  (1870 — 71.  pag.  162)  veröffentlichte,  findet  sich  weder  Pra- 
ritus  noch  Hautbrennen  erwähnt;  der  Ausschlag  trat  allerdings  schubweise  auf,  wsr 
aber  doch  im  ganzen  nur  vesikulös  und  etwas  erythematös.  Die  jüngsten  Autorea 
haben  im  Gegensatz  hierzu  als  Herpes  generalisatus  febr.  ganz  fi'agwürdige  Beobach- 
tungen veröffentlicht;  eine  derselben  (Fall  A)  kann,  vrie  ich  vorhin  nachgewiesei 
habe,  als  Dermatitis  polymorpha  pruriginosa  acuta  aufgefaJst  werden,  auch  noek 
mehrere  andre  dieser  Beobachtungen  mögen,  wiewohl  der  Ausschlag  wesentlich  nnr 
herpetischen  Charaker  zeigte,  dahingerechnet  werden  können.  Diesen  Fällen  käme 
namentlich,  wie  schon  früher  gesagt,  die  Bezeichnung  Dermatitis  herpetifonnis  zu 
(Beob.  G,  J,  N). 


•^  Ich  sage,  unter  gewissem  Vorbehalt ;  denn  mehrere  der  von  Bazin  als  Hydroa 
vesiculos.  veröffentlichten  Falle  scheinen  mir  denn  doch  zur  Dermatitis  polymorpha 
pruriginosa  acuta  zu  gehören. 


521 

Mehrere  Ton  den  als  Pemphigus  aoatos  bezeichneten  Fälle  gehören  gleichfalls 
hierher;  die  andern  unterscheiden  sich  von  dieser  Qrappe  durch  die  Schwere  ^s 
Leidens,  durch  das  Fehlen  von  Hautschmersen,  sowie  endlich  durch  die  minder  ans- 
gesprochene  Polymorphie  des  Ausschlags. 

Behandlung«  —  Die  Behandlung  der  wsten  6  Falle  war  fiufserst  einfach;  sie 
war  im  wesentlichen  expektativ,  Bader,  Glyc^ol4  d' Amidon  und  Einpuderungen  mit 
Starkepuder  kamen  zur  Anwendung.  Im  Fall  A  wurde  Chinin,  im  Fall  C  zuerst  4, 
später  6  mg  Natr.  arsenicici,  im  Fall  E  Sol.  Fowl.  gegeben.  Bei  einigen  der  12  an- 
deren waren  die  Verordnungen  die  nämlichen  wie  bei  der  D.  p.  p.  chronica.  Ich 
glaube,  dafs  man  bei  einer  Summe  von  Symptomen,  die  das  Syndrom  der  D.  p.  p. 
acuta  bilden,  folgendes  thun  könnte: 

Bei  vorhandenem  Fieber  Chic,  bromhydr.  reichen;  bei  fieberfreien  Fallen  Natr. 
arsenic.  allein  oder  in  Verbindung  mit  Chinin. 

AuDserlich  genügen  Einreibungen  mit  Vaseline  oder  Glyc^role  d  Amidon;  noch 
besser  wirken  Einpackungen  in  Watte  und  Linimentum  oleo-calcarium.  Bei  sehr 
schmerzhaftem  Hautbrennen  empfehlen  sich  Waschungen  mit  Sublimat,  Karbolsäure, 
£okain;  ist  in  den  Blasen  ein  starkes  Spannungsgeftihl  vorhanden,  so  soll  man  sie 
aufstechen  und  mit  aseptischem  Linimentum  oleo*calcarium  verbinden.  —  Wegen 
Einzelheiten  verweise  ich  auf  das  bei  der  Behandlung  der  Dermatitis  polymorpha 
pruriginosa  chronica  Gesagte. 

Die  Empfehlung  aller  dieser  Mafsregeln  geschieht  nicht  etwa,  weil  ich  sie  bei 
der  Mehrheit  der  akuten  Fälle  für  notwendig  oder  auch  nur  for  nützlich  halte, 
sondern  weil  ich  meine,  dafs  man  angesichts  eines  ersten  derartigen  Anfalls,  der  doeh 
ebenso  gut  das  erste  Symptom  einer  beginnenden  D.  p.  p.  chronica  sein  kann,  alles 
versuchen  soll,  was  die  Heilung  zu  beschleunigen  vermag. 

(Fortsetzung  folgt.) 


^txfamminn^tn. 


Dermatologische  Vereinigung  zu  Berlin. 
Sitzung  vom  1.  November  1888. 

Herr  Feibeb  stellt  einen  Fall  von  MykoBis  fongoides  vor;  die  Erkrankung 
begann  nach  Angabe  des  Patienten  vor  etwa  3  Jahren  mit  der  Bildung  eines  Knotens 
am  rechten  Oberschenkel.  Ähnliche  Tumoren  entwickelten  sich  dann  zerstreut  an 
der  ganzen  Körperoberflöche;  sie  wuchsen  und  kamen  zum  Teil  zu  einem  sulzigen 
Zerfall.  Das  Allgemeinbefinden  zeigte  sich  nicht  wesentlich  gestört,  nur  wenn  Ge- 
schwülste zerfielen,  fühlte  sich  der  Patient  wegen  eines  kontinuierlichen  Kältegefühls 
am  wohlsten  im  Bett.  Fieber  war  nur  vorübergehend  vorhanden.  Einen  sehr  über- 
raschenden Erfolg  hatte  die  Behandlung  mit  Quecksilberinjektionen  und  Jodkalium. 
Namentlich  ging  ein  framboesieartiger  Krankheitsherd  am  Arm  rasch  zurück,  ebenso 
verkleinerte  sich  eine  IV*  mannsfaustgrofse  Geschwulst  am  Oberschenkel  ziemlich 
schnell  mit  Zurüoklassung  einer  Narbe;  auch  mehrere  vorhandene  rupia-  und  ekzem- 
artige Stellen  besserten  sich  zusehends.  Dunkle  Pigmentflecke  sind  als  Beste  früherer 
Effloreszenzen  vielfach  zu  sehen.  Patient  bestreitet  jede  Syphilis.  Die  lokale  Be- 
handlung bestand  im  Auftragen  von  Kochsalzlösung  und  Kalomel. 


622 

Herr  Eöbnbb  bemerkt,  dafs  die  Stelle  am  linken  Arm  jener  Form  der  SypliiUf 
gleiche,  welche  man  früher  als  Badesyge  zu  bezeichnen  pflegfte;  dafür  spricht  auch 
der  Erfolg  der  Therapie,  den  man  bei  wahrer  Mykosis  fnngoides  bisher  niemals  kon- 
statiert habe.  Femer  falle  die  groDse  Härte  der  Mehrzahl  der  Tumoren  nnd  ihr 
tiefer  Sitz  im  Ünterhautzellgewebe  auf,  wahrend  die  Geschwülste  der  Mykosis  fnngo- 
ides aus  der  Cutis  selbst  hervorgingen. 

Herr  Lassab  bestätigt,  dafs  nach  der  stattgefundenen  histologischen  Unter- 
suchung die  Tumoren  im  Unterhautzellgewebe  sitzen.  Ghegen  die  Annahme 
von  Gummigeschwülsten  spreche  der  Mangel  von  Vereiterung  und  Narbenbüdong. 
Der  Erfolg  der  Therapie  lasse  vielleicht  den  Schluls  zu,  dafs  sich  eine 
antiparasitäre  Therapie  auch  bei  andern  Infektionsgeschwülsten  nützlich 
könnte.  Eedner  fand  in  dem  vorgestellten  Falle  bei  der  vorläufigen  histologisdieii 
Untersuchung  die  Knoten  im  wesentlichen  aus  lockerem  Bindegewebe  mit  einge- 
streuten Entzündungsherden  bestehend. 

Herr  Isaao:  Über  Liclien  ruber.  Die  Krankheit,  die  yerhältnismä&ig  selten 
sein  solle,  wird  in  Lassabs  Klinik  häufig  beobachtet.  Allein  innerhalb  der  letstea 
4  Wochen  seien  5  neue  Fälle,  von  denen  4  vorgestellt  werden,  aufgenommen  worden. 
Der  Unterschied  zwischen  Liehen  acuminatus  und  planus  komme  in  der  Klinik  nidit 
rechfc  zur  Geltung;  fast  immer  finde  sich  nur  L.  planus.  Bemerkenswert  sei  fiemer. 
dafs  bei  fast  allen  Elranken  mit  L.  ruber  Drüsenanschwellungen  gefänden  werden; 
deshalb  müsse  es  sich  wohl  um  eine  Infektionskrankheit  handeln.  Bei  einem  der 
vorgestellten  Kranken  haben  sich  auch  Lichenknötchen  auf  der  Mundschleimiiaot 
entwickelt. 

Herr  Lassab  macht  darauf  aufmerksam,  dafs  der  eine  der  vorgestellten  Patienten 
behauptete^  die  Krankheit  von  einem  Hunde  acquiriert  zu  haben,  der  mit  Acara 
behaftet  war;  bei  dem  Kranken  selbst  wurden  keine  Milben  gefunden. 

Herr  Köbkeb  bemerkt,  dafs  der  Hunde-Acarus  sich  nicht  auf  den  Menschen 
übertrage. 

Herr  Lassab  hat  wiederholt  gesehen,  dafs  bei  Personen,  die  mit  raadigea 
Hunden  zu  thun  gehabt  hatten,  wie  Hundescherem,  Hundewärtem,  Jägern  ein 
Bcabiesartiger  Ausschlag  entstand;  es  scheinen  also  durch  den  Verkehr  mit  rändigen 
Hunden,  wenn  auch  nicht  Scabies,  so  doch  Eeizzustande  der  Haut  beim  Menschen 
erzeugt  zu  werden.    (Nach  Deutsche  Med,  Woi^henschr.  1889.  No.  13.) 

L.  Hoffmann-BerUn. 


ÜtUteilttngen  ans  ber  ^ttterattir. 

Chronische  Infektionskrankkeiten. 

Rhinosklerom.  Dr.  Kbboak  berichtet  (Indian  Med.  Gazette,  Jan.  1889)  über 
vier  Fälle  dieser  seltenen  und  in  Indien  bisher  nicht  weiter  beobachteten  Krankhdt 
Zwei  'der  Kranken  waren  Männer  im  Alter  von  85  resp.  45  Jahren.  Die  beiden 
andern  waren  weiblichen  (Geschlechts,  die  eine  48,  die  andre  20  Jahre  alt  Alk 
gehörten  der  Hinduhrasse  an. 

Die  Dauer  der  Krankheit  bis  zur  Aufnahme  der  Patienten  im  Indore-Charitable- 
Hospital   schwankte   zwischen   1  und  10  Jahren.    Die  Geschichte  des  Verlaufs  zeigte 


523 

bei  allen  Fällen  eine  groise  Übereinstimmung.  Bei  zweien  derselben  fing  die  Nea- 
bildung  zwischen  der  J^aae  und  der  Oberlippe  an,  bei  den  beiden  andern  entwickelte 
sie  sich  auf  der  Schleimhaut  des  linken  Nasenganges. 

Keiner  der  4  Patienten  hatte  das  Qewächs  bemerkt,  ehe  dasselbe  die  Qrölüse 
einer  Erbse  erreicht  hatte;  zu  jener  Zeit  bot  es  dann  das  Aussehen  eines  harten 
Knötchens  ohne  irgend  welche  Entzündungserscheinungen  dar.  Stets  trat  eine  all- 
mähliche Zunahme  des  Gebildes  bis  zum  völligen  Yerschlufs  des  betreifenden  Nasen- 
ganges  ein.  Die  Wachstumsperiode  erstreckte  sich  auf  6  Monate  bis  3  Jahre.  Nach 
Verlauf  einiger  Monate  war  der  zweite  Nasengaug  in  ähnlicher  Weise  affiziert.  Bei 
dreien  der  Kranken  war  auch  die  Oberlippe  befallen;  sobald  dieses  eintrat,  erkrankte 
auch  das  Zahnfleisch  des  Oberkiefers,  und  es  trat  Lockerung  der  Schneidezähne  ein. 
In  einem  Fall  erstreckte  sich  die  Läsion  auf  den  weichen  Gaumen,  vordere  und 
hintere  Gkumenbögen,  Tonsillen  und  hintere  Bachenwand,  femer  auf  den  Nasen- 
rachenraum, wahrscheinlich  auch  auf  die  beiden  Tubae  Eustachi!  und  sogar  auf 
den  inneren  Canthus  des  rechten  Auges. 

Die  Gebilde  waren  steinhart,  mit  scharf  markiertem  Rande.  Die  Umgebung 
zeigte  kein  Odem  oder  irgend  welche  entzündliche  Erscheinungen.  Es  bestand  keine 
Schmerzhaftigkeit  aufser  in  einem  Falle,  wo  auf  Druck  gegen  die  betroffenen  Teile 
ein  gewisser  Schmerz  empfunden  wurde.  Mit  der  Zeit  vergröiserten  sich  die  Tumoren^ 
indem  sie  auf  die  angrenzenden  Gewebe  übergriffen  und  eine  erhebliche  Entstellung 
des  Gesichts  herbeiführten. 

Die  Behandlung  bestand  darin,  die  Neubildung  wegzumeifseln,  um  einen  Kanal 
von  dem  vorderen  nach  dem  hinteren  Teil  der  Nase  herzustellen.  Daneben  wurde 
Jodkalium  gereicht,  wie  es  schien,  nicht  ohne  Nutzen. 

Dr.  CüHNiMGHAM  fügt  uoch  eine  Notiz  über  die  Histologie  der  entfernten  Stück- 
chen des  Gewächses  bei.  Das  Korium  war  mit  Zellen  durchsetzt,  von  denen  einige 
den  beim  Granulationsgewebe  vorkommenden  ähnlich  waren,  während  die  andern 
grofser  waren  und  vakuolenreiches  Protoplasma  und  einen  oder  zwei  Kerne  enthielten. 
Daneben  wurden  auch  einige  Zellen,  welche  kolloide  Körperchen  zu  enthalten 
schienen,  konstatiert.  Besondere  Bacillen  wurden  nicht  vorgefunden.  Über  den 
Zustand  des  Epithels  oder  der  InterpapiUarkörper  ist  nichts  weiter  mitgeteilt. 

JET.  LesHe  Böberts-London. 

ElephantiasiB  Arabnm.  Über  das  Auftreten  von  Elephantiasis  Arabum  an 
einer  dSjährigen  Dame,  welche  in  Indien  geboren  war  und  auch  den  grö&ten  Teil 
ihres  Lebens  dort  zugebracht  hatte,  berichtet  Dr.  Felkin  in  Edinburgh  Med,  Joum. 
März  1889.  Die  Krankheit  stellte  sich  zuerst  ein  im  Jahre  1887  nach  einem  Fieber- 
anfall. Als  die  Patientin  von  Indien  bald  nachher  abreiste,  betrug  ihr  Körpergewicht 
134  Pfund.  Dr.  Fblkin  fand  bei  seiner  Untersuchung  die  Haut  an  vielen  Teilen  des 
Körpers  hypertrophisch.  ,Die  folgenden  Gebiete  waren  verschont  geblieben:  Kopf 
und  Hals,  Vorderarme  und  Hände,  Unterschenkel  und  Füfse,  ein  kleiner  Teil  der 
Yorderfläohe  der  Brust  zwischen  dem  Nabel  und  den  Schlüsselbeinknochen  und  auch 
ein  kleines  Gebiet  zwischen  und  eine  kurze  Strecke  unterhalb  der  Schulterblätter. 

Der  Umfang  des  rechten  Oberarms  an  der  dicksten  Stelle  mafs  36Vs  cm,  während 
der  linke  Oberarm  einen  Umfang  von  fast  86  cm  aufwies.  Der  Umfang  des  rechten 
Oberschenkels  am  mittleren  Drittel  betrug  71  cm,  deijenige  des  linken  beinahe  eben 
so  viel.  Die  Haut  der  hypertrophischen  Teile  war  pigmentiert,  rauh  und  gespannt 
und  machte  an  den  meisten  Stellen  den  Eindruck,  als  ob  sie  mit  dem  subkutanen 
Zellgewebe  fest  verbunden  wäre.  Druck  auf  die  Haut  rief  keine  Deilenbildung 
hervor;   die   Berührung   wurde  etwas   schmerzhaft  empfunden.    An   einigen  Stellen, 


524 

namentlich   an   den  Naies,    war  die  Cutis  von  knotiger,  elephantoider  BeschafienheH. 
Die  Drüsen  beider  Achselhöhlen  und  beider  Leistengegenden  waren  geschwollen. 

Die  Untersuchung  des  Blutes  auf  Filaria  sanguinis  hominis  ergab  negatiTe 
Besultate.  Die  Haut  wurde  an  mehreren  Stellen  punktiert,  aber  ohne  Ljmphe  zu 
entleeren. 

Die  in  24  Stunden  entleerte  Urinmenge  schwankte  zwischen  1400  und  1%0  ccm; 
das  spezifische  Gewicht  betrug  1012 — 1025;  eine  geringe  Menge  Albnmen  wnrde 
während  der  ersten  3  Wochen  nachgewiesen,  doch  verschwand  dasselbe  nachher 
wieder. 

Im  allgemeinen  bestand  die  Behandlung  in  gröfster  Euhe  bei  einer  hauptsachlidi 
aus  Milch  besiehenden  Diät.  Massage  kam  regelmäfsig  in  Anwendung,  daueben  der 
konstante  Strom  täglich  20  Minuten  lang.  Innerlich  wurde  eine  Mixtur  von  Chinia, 
Arsenik,  Eisen  und  Strychnin  dargereicht,  und  zur  Beförderung  des  Stuhlgangs  wurden 
Abführmittel  in  häufigen  Dosen  verordnet. 

Nachdem  diese  Therapie  ungefähr  2  Monate  lang  fortgesetzt  worden  war,  hatte 
die  Haut  ihr  normales  Aussehen  wiedergewonnen,  und  es  war  eine  erhebliche  Ver- 
minderuDg  der  Gröfse  der  Extremitäten  herbeigeführt  worden.  Der  Umfang  des 
Oberarms  betrug  nunmehr  25  cm,  derjenige  der  Oberschenkel  54  cm.  Das  hjper- 
trophische  Gewebe  des  Bumpfes  war  gänzlich  verschwunden,  und  es  war  auch  das 
Allgemeinbefinden  der  Patientin  erheblich  gebessert.     H.  LesUe  Boberis-London. 

Über  Trichomycosis  nodnlaxis,  von  Ed.  Juhel-Benoy.  (AnfuUes  de  DermaL 
et  de  Syph,  1888.  Heft  12.)  In  Columbien  ist  unter  dem  Namen  Piedra  eine  Haar- 
krankheit sehr  häufig,  die  erst  seit  kurzem  in  Europa  gekannt  wird.  Verf.  hat  nna 
von  einem  Arzt  einen  Büschel  solcher  Piedra- kranker  Haare  erhalten,  und  dieselben 
eingehend  untersucht. 

Dieselben  fühlen  sich  Lanugo-artig  an  und  sind  leicht  gekräuselt.  An  den  ein- 
zelnen Haaren  fühlt  man  nun  und  sieht  man  in  unregelmäfsigen  Zwischenraomen 
nahezu  mikroskopisch  kleine  Knötchen,  von  hellerer  Farbe  als  das  Haar,  und  von 
fester  Konsistenz,  was  der  Krankheit  den  Namen  „Piedra''  (Stein)  eingetragen  hat 
Nach  OsTORio  de  Bog  ata  hört  man  beim  Durchfuhren  des  Kammes  durch  solches  Haar 
eine  Art  Krepitation  infolge  des  Widerstandes  der  Knötchen;  auch  soll  sich  nach 
weiteren  Berichten  das  Haar  verkleben  und  verfilzen.  In  dem  vorliegenden  Falle 
hatten  die  Knötchen  eine  gelblich-grüne  Farbe;  Verf.  zählte  23  auf  einem  Haar  von 
23  cm  Länge.  —  Die  Krankheit  scheint  bei  beiden  Geschlechtern,  in  jedem  Alter  and 
bei  der  dunklen  und  weifsen  Basse  vorzukommen;  ihre  Dauer  ist  unbestimmt,  die 
Heilung  leicht;  eine  Verwechselung  mit  andern  Haarerkrankungen  ist  ausgeschlossen. 
Verf.  schlägt  als  zutreffendere  Bezeichnung  den  Namen  Trichomycosis  nodosa 
vor.  Die  einzelnen  Knötchen,  die  den  Haarschaft  ringförmig  umgeben,  lösen  sieh 
bei  mikroskopischer  Betrachtung  in  einen  Haufen  von  Sporen  auf,  die  so  stark  licht- 
brechend wie  Fettkörnchen  sind.  Die  Sporen  kleben  mittels  einer  grüngelben  Masse 
zusammen,  die  aus  Stäbchenkolonien  besteht  und  den  Knötchen  vermutlich  ihre  Harte 
verleiht;  sie  gleicht  in  allen  Punkten  dem  Favus-Schleim.  —  Der  Dorchmesser  der 
Sporen  ist  ungeßlhr  doppelt  so  grofs  wie  derjenige  des  Trichophytus-Pilzes.  Die 
Form  der  Sporen  ist  bald  länglich,  bald  polyedrisch  bis  rundlich.  Diese  Sporen  sind 
nach  Verf.  die  eigentlichen  Krankheitserreger.  Über  die  Natur  der  unendlich  sahi- 
reichen Stäbchen  hingegen  ist  er  sich  noch  nicht  im  klaren.  Auf  keinen  Fall  können 
sie,  wie  Desenne  meint,  das  Mycelium  des  Pilzes  sein.  Sie  sind  um  etwa  Waial 
kleiner  als  die  Sporen  und  haben  £igenbewegung.    —   Auch   ein  Mycelium  hat  V^ 


525 

gefunden;  dasselbe  war  aber  nur  klein,  wie  atrophisch;  jedoch  stellt  Jvhel-Revoy 
uns  darüber  noch  weitere,  bakterielle  Untersuchungen  in  Aussicht. 

Der  Pilz  sitzt  nur  auf  der  Oberfläche  des  Haares,  zerstört  den  Schaft  nicht. 

Verf.  halt  die  Krankheit  fär  kontagiös.  Als  Heilmittel  empfiehlt  er  völliges  Ab' 
scheren  der  Haare;  da  die  Wurzeln  unversehrt  sind,  so  ist  ein  Eahlbleiben  nicht  zu 
befürchten.  —  Verschiedene  wohlgelungene  Abbildungen  tragen  zur  Veranschaulichung 
des  Gesagten  bei.  Türkheim-Hamburg. 


n 
n 


Syphilis. 

Welches  ist  die  beste  Byphillsbeliandlung,  von  Erowczynski.  (Przeglad  Le- 
katski.  1889.  No.  13.  14.  Polnisch.)  K.  fuhrt  die  erste  Syphiliskur  nach  folgendem 
Plane:  1.  ezzidiert  die  Sklerose,  wo  es  nur  ihre  Lokalisation  erlaubt;  2.  in  allen 
Fällen  ohne  Ausnahme  verordnet  er  möglichst  früh  (gleich  nach  der  Feststellung  der 
Diagnose)  lokale  Inunktioneu  mit  grauer  Salbe  in  der  Gegend  der  In- 
guinaldrüsen,  anfangs  täglich,  später  jeden  2.-3.  Tag  in  1,50  bis  2,0  (10-15 
Minuten  einreiben);  3.  gibt  gleichzeitig  Sublimat  oder  Jodkali  innerlich. 

K  berichtet  über  60  in  dieser  Weise  behandelte  Fälle  (doch  ohne  Exzision) 
deren  kürzeste  Beobachtungsdauer  2  Jahre  beträgt.  In  sämtlichen  Fällen  kamen 
Beläge  an  den  Mandeln  zum  Vorschein,  blofs  in  4  Fällen  Eoseola,  in  8  Fällen  leichtes 
papulöses  Syphilid,  in  1  Falle  Paronychia  nach  Trauma,  blofs  in  4  Fällen  Ero- 
sionen und  Papeln  an  den  Genitalen.  Der  Ausbruch  der  Allgemeinsymptome 
war  regelmäisig  verschoben: 

in    1  Falle  79  Tage  nach  Infektion. 

„     8  Fällen  97      „ 

„  24     „    108-115     „ 
„  27     ;,  nach  dem  115.  Tage  nach  Infektion. 

Vergrofserung  der  Lymphdrüsen  war  in  sämtlichen  Fällen  unbedeutend.  Jod- 
kalibehandlung gab  bessere  Resultate  im  Vergleiche  mit  der  internen  Sublimatbe- 
handlung. 

Als  Resultate  dieser,  in  der  zweiten  Inkubationsperiode  ausgeführten  Therapie 
gibt  somit  der  Autor  an:  Verschiebung  des  Ausbruchs  der  Allgemein- 
symptome,  Milderung  derselben,  Einschränkung  der  Zahl  der  Reci- 
diven  an  den  Genitalien  (für  Prostituierte  sehr  geeignete  Therapie). 

Funk  -  Warschau, 

MoDRCEZJBwsKi  (Gozetü  Lekarska.  1889.  No.  16.  Polnisch)  berichtet  über  2  Fälle 
von  Verwachsung  der  Nasenhöhlen  infolge  von  Syphüls.  Der  erste  Fall  betrifft 
ein  SVsjähriges  Mädchen:  zahlreiche  Narben  um  den  Mund  herum,  kleine  Deformation 
der  Nase.  Die  linke  Nasenhöhle  undurchgängig,  1  cm  oberhalb  der  äufsem  Nasen- 
öffnung eine  weiche,  blasse,  obturierende  Membran. 

Im  zweiten  Fälle  bei  einem  IVajährigen  Kinde  (Vater  syphilitisch)  mit  zahlreichen 
Syphilissymptomen  (Kachexie,  Iritis  spec.  eingesunkene  Nase)  waren  beide  Nasen- 
höhlen verwachsen.  Die  diaphragmaartigen  Membranen  safsen  IV*  cm  oberhalb  der 
äufseren  Nasenöffhung.  Therapie:  1.  Perforierung  der  Membran  mittels  Galvano- 
kauter;  2.  Durchtrennung  der  höher  liegenden  Adhäsionen  mittels  entsprechend 
dicker  Metallsonde;  3.  Dilatatien  der  Nasenhöhlen  mit  elastischen  (Urethral-)  Bougie«, 


526 

imd  4.  sorgfaltiges  Einlegen  von  Drainageröhrchen  durch  viele  Monate  Idndurcii.  Der 
Erfolg  war  in  beiden  Fällen  ausgezeichnet.  Fimk-Wärsckau. 


In  einer  der  letzten  klinischen  Wochenversammlungen  der  Arzte  des 
Hopital  St.  Louis  stellte  Barthel^my  ein  4monatliches  mit  hereditärer  Syilhilk 
behaftetes  Kind  vor,  dessen  Eltern  vor  14  Jahren  Syphilis  acquiriert  hatten;  iko 
Übertragung  der  Syphilis  auf  den  Fötus  solange  Zeit  nach  dem  Primarafl^te. 
(Wiener  med.  Presse.  No.  17.)  Eckartr Nürnberg, 

Ober  Syphilis    des  Herzens,   von    Charles  Maüriac.    {Wiener  med.  JPtesH. 

"^o.  18)  nach  Semaine  medicale.)  Die  Syphilis  des  Herzens,  von  der  jetzt  kaum  25—30 
Fälle  bekannt  seien,  treffe  viel  häufiger  das  männliche  als  das  weibliche  Geschlecht  6 : 1 
trete  durchschnittlich  erst  10  Jahre  nach  dem  Primäraffekt  auf  und  befalle  alle  Teile  da 
Herzens,  hauptsächlich  aber  die  Muskeln  und  meist  als  rundliche  erbsen-  bis  taabeno- 
grofse  multiple  Gummata,  welche  dieselbe  Entwickelung  durchmachen,  wie  die  im 
subkutanen  Zellgewebe.  Die  Gefölsveränderungen  bei  Herzsyphilis  bestehen  eben&fli 
in  einer  Periarteriitis.  Die  Symptome  und  funktionellen  Störungen  bei  Herzsyi^nlM 
sind  unbestimmt,  und  die  Krankheit  bleibt  lange  unbemerkt,  daher  die  Diagnose 
äuDserst  schwierig.  Ende  der  Krankheit  mit  einer  immer  mehr  zunehmenden  Asystofie 
oder  mit  plötzlichem  Tode.  Eckart-Nürnberg. 


2.UB  )er  gratis. 


(No.  8.)    Die  Behandlung  des  Lupus  mit  Pflastermullen. 
Ein  Vortrag  von  Dr.  P.  G.  Unna,  mitgeteilt  von  Dr.  Clasbit. 

Der  Dermatologe  steht  dem  Lupus  gegenüber  vor  der  schwierigen  Aufgabe,  nidit 
blois  die  tuberösen,  vom  Tuberkelgift  erweichten  Herde,  sondern  auch  die  von  hier 
aus  in  die  noch  gesunde  Umgebung  ausstrahlenden,  makroskopisch  unsichtbuea, 
kleinsten  Foci  zu  sterilisieren.  Der  Chirurg  umgeht  diese  Au%abe  durch  l^"»»w*» 
des  lupösen  Gewebes  en  bloc,  d.  h.  der  lupösen  Herde  sowohl  wie  der  genmdfiB 
umgebenden  und  zwischenliegenden  Haut.  Diese  rein  chirurgische  Methode  ist  aber 
nur  bei  den  kleinsten  Lupusflecken  von  höchstens  Markstückgröfse  statthaft, 
kann  mit  oder  ohne  plastische  Deckung  das  kosmetische  Endresultat  befriedigoid 
Bei  grölseren  Lupusflächen  von  etwa  Fünfmark-  bis  Handgröfse  steht  jedoch  dai 
Besultat  einer  plastischen  Operation  bereits  weit  zurück  hinter  den  fiesultaten  der 
dermatologischen  Behandlung.  Bei  noch  gröfseren  Flächen,  bei  multiplem  Lupus  des 
Körpers  und  beim  Schleimhautlupus   ist  die   Exzision  überhaupt  nicht  dorchfohibar. 

Immerhin  können  wir  mit  grofsem  Nutzen  einfachere  chirurgische  KafMi^l«™*« 
zur  Unterstützung  der  dermatologischen  Behandlung  in  bezug  auf  Schnelligkeit 
und  Sicherheit  der  Heilung  heranziehen.  Es  fragt  sich:  wie  weit?  Die  Antwoit 
darauf  ist  einfach  die  folgende.  Die  Zerstörung  durch  Kratzen,  Schneiden, 
Sticheln,  Brennen  und  Ätzen  darf  niemals  auffallendere  Narben  setzen 
als  die  seltene  Spontanheilung  und  die  stets  zu  erreichende  dermato- 
therapeutische  Heilung. 

Die  letztere  zerfallt  bei  irgendwie  grölseren  LupusflSchen  in  zwei  Teile;  la 
raschesten   und  sichersten   beginnt   man   mit   einem   unter  Chlorofbrmnarkoee  TorsD' 


J 


527 

nehmenden,  chirurgischen  Eingriff,  der  besiimmt  ist,  den  gröfsten  Teil  der  sichtbaren 
Luptuherde  anf  einmal  zn  vernichten.  Hieran  schliefst  sich  der  zweite,  bei  weitem 
i7?ichtigere  Abschnitt,  der  der  Ausheilnng.    . 

Diesem  letzteren  Teile  der  Behandlung  fallt  die  dreifache  Aufgabe  zu,  die  Sab- 
stanzTerlttste  zu  erganzen,  alle  Inpösen  Beste,  auch  die  unsichtbaren  kleinsten  Herde 
der  gesunden  Umgebung  zu  zerstören  und  die  Narbenbildung  in  kosmetisch  befriedi- 
^nder  Weise  zu  leiten.  Alle  diese  Erfordernisse  werden  in  geradezu  idealer  Weise 
erfallt  von  der  Behandlung  mit  Pflastermullen,  welche  einen  starken  Gehalt  an 
Salicylsäure  und  Kreosot  (oder  Guajakol)  besitzen.  Es  gibt  keine  andre  Methode 
für  diesen  zweiten  Abschnitt  der  Lupusbehandlung,  die  in  bezug  auf  Sicherheit  des 
Erfolges  und  Schönheit  der  Narbe  mit  ihr  konkurrieren  könnte. 

Im  einzelnen  verfahrt  Unna  bei  gröfseren  oder  multiplen  Lupuaflächen  folgender- 
maijBen : 

Erster  Abschnitt:  Zur  einmaligen  Zerstörung  des  Lupus  im  groben  zieht 
Unna  den  Paquelin  dem  scharfen  Löffel  vor.  Man  kann  mit  ersterem  niemals  neue 
Einimpfungen  von  Tuberkelgift  in  noch  gesunde  Partien  des  Bodens  und  Bandes 
bewirken.  Man  trifft  mit  dem  Spitzbrenner  noch  kleine  Herde  in  der  Tiefe,  die  sich 
der  Auskratzung  unzugänglich  erweisen.  Man  übersieht  das  Lupusfeld  fortdauernd, 
ohne  durch  die  Blutung  in  der  Erkennung  kleiner  Herde  gehindert  zu  werden. 
Sodann  ist  der  Löffel  bei  bereits  stark  von  schwieligem  Narbengewebe  durchzogenen 
Gewebe  überhaupt  nicht  praktisch.  Endlich  ist  das  Anbrennen  des  Lupus  schon 
deshalb  die  beste  chiraigische  Behandlung,  weil  es  wie  alle  Verbrennungen  eine 
starke  Entwickelung  des  kollagenen  Gewebes  nach  sich  zieht,  wodurch  die  zurück- 
bleibenden Lupusreste  geradezu  erdrückt  werden.  Man  braucht  zwei  Paquelinspitzen, 
eine  breite  für  vorquellende,  gleichmäfsig  erweichte  Lupusfelder,  eine  scharfe  für 
zerstreute  kleine  Herde,  besonders  in  der  Mitte  von  älteren  Narben. 

Sofort  nach  der  Anwendung  des  Brenners  werden  die  gut  aufsaugenden  Brand- 
schorfe dazu  benutzt,  ein  starkes  Antituberkulosum  aufzunehmen,  dessen  Anwendung 
aufserhalb  der  Chloroformnarkose  zu  schmerzhaft  sein  würde.  Die  ganze  Brandfiäche 
wird  derb  angepinselt,  resp.  eingerieben  mit  folgender  Lösung: 

Spiritus  aelherei  20,0 
Acid.  carbolici  4,0 
Süblimati  Ifi 

M. 

Mit  der  nun  folgenden  Applikation  des  Salicyl-KreosotpflastermuUs  be- 
ginnt der: 

Zweite   Abschnitt. 
Hierzu  dient  entweder  ein  Pflastermull  von  dieser  Zusammensetzung: 


SalicyMure  20,0  |  ^  j^^^ 

Creosoti  fagi  optimi  40,0  ) 


oder  von  der  folgenden: 

Salicylsäure  20,0  |  ^  ^^^^ 

auoQakol  10,0  /  ^ 

Stücke  dieser  Präparate  werden  den  Lupusflächen  so  aufgelegt,  dafs  die  Bänder 
des  PflastermuUs  die  Lupusflecke  etwas  überragen.  Darauf  wird  der  Pflastermull 
nebst  einem  anliegenden  Ringe  gesunder  Haut  mittels  Zinkleims  überdeckt  und  der 
Leim  wie  gewöhnlich  wattiert.  Wenn  der  Patient  aus  der  Narkose  erwacht»  ist  die 
Kreosot-  (Guajakol-)  Anästhesie  bereits  so  weit  gediehen,  dafs  die  Sublimat-  und 
Salicylschmerzen  nicht  mehr  gefühlt  werden. 


528 

Von  jetzt  an  findet  alle  24  Standen  ein  Verbandwechsel  statt,  bei  weldiem.  & 
Pflaster  abgenommen,  die  Wandfläche  mit  laawarmem  Wasser,  eyentaell  nnter 
zosatz  gereinigt,  sodann  kokainisiert  und  einige  Uinaten  später  wieder  mit 
Salioyl-Kreosotpflastermall  bedeckt  werden.  Nach  2 — 3  Tagen,  wenn  sich  die  Brand- 
schorfe  abgestofsen  haben  und  die  allmähliche,  kontinuierliche  Exfoliation  aller, 
der  kleinsten  Lupusinseln  unter  dem  Einflüsse  der  Salicylsfiure  beginnt^  be&otst 
den  Verbandwechsel  aufserdem  noch  zu  einer  ergiebigen  Anwendung  dea  Sablinal> 
pastenstiftes.    Der  tägliche  Verbandwechsel  umfafst  dann: 

1.  Abnahme  der  Pflaster  und  Reinigung  der  Wundfläohen; 

2.  Kokainisienmg  derselben  (etwa  mit  5  Voiger  Losung) ;  nach  5  Minnten : 

3.  Bearbeitung    aller   noch   verdächtigen,    gelblichen    SteUen,    besonders    aller 
Höhlungen  mit  dem  lOVoigen  Sublimatpastenstift; 

4.  nochmalige  Eokainisierung; 

5.  Applikation  der  neuen  Pflastermulle. 

Eine  Viertelstunde  nach  Applikation  der  Pflaster  h5ren  alle  Schmerzen  auf;  dsi 
Kreosot  (resp.  Ou^'akol)  macht  dann  seine  Wirkung  geltend.  Die  folgenden  S^  Stondei 
sind,  trotzdem  die  Salicylwirkung  fortgeht,  Yollkommen  schmerzlos. 

Unter  dieser  Behandlung  heilt  der  Lupus  mit  weicher,  glatter  Narbe  nberraachend 
schnell  zu.  Man  thut  gut,  die  oft  allzurasohe  Überhomung  durch  immer  kraliagen 
Anwendung  des  Sublimatpastenstiftes  zu  Terzögem.  Immerhin  werden  nach 
2 — 3  Wochen  selbst  handgrofse  Lupusflächen  vollkommen  vernarbt  sein. 

Es  ist  vorteilhaft,  so  lange  noch  eine  Botung  der  Narbe  besteht,  jede  Nacbt 
eine  207oige  Ichthyollösung  aufpinseln  zu  lassen. 

An  diese  nach  Unnas  Erfidirung  beste  Methode  der  Lnpusbehandlung  massea 
noch  einige  Bemerkungen  geknüpft  werden  über  die  zeitweise  notwendig  werdendea 
Modifikationen  derselben. 

Ist  aus  irgend  einem  Grunde  die  Chloroformnarkose  kontraindiziert,  so  begiant 
man  sofort  mit  dem  zweiten  Abschnitt  der  Bepflasterung,  nimmt  dann  aber  zuerst  ~ 
wenigstens  aufserhalb  des  Gesichtes  —  einen  stärkeren  Pflastermull,  etwa: 

Salicylsäure  40,0  |  ^  j^^^ 

Guqjakol  20,0  /  *^ 

bis  alle  Lupusknötchen  ausgefallen  sind. 

Hierbei  ist  ein  um  so  energischerer  Gebrauch  des  Sublim atpastenstiftei 
anzuraten.  —  Diese  Modifikation:  stärkerer  Pflastermull  ohne  Paquelinanwendung  ist 
beim  Leichentuberkel  überhaupt  vorzuziehen. 

Hat  man  keine  Pflastermulle  zur  Hand,  so  ersetzt  man  sie  mit  annäherndem, 
wenn  auch  nicht  vollständig   gleichem  Resultate  durch  Applikation  einer  Salbe: 

Äcid.  saHcylici  20,0 
Creosoti  fagi  40,0 
Cerati  40,0 

welche  auf  doppelten  Verbandmull  gestrichen  und  mit  Guttaperchapapier  bedeckt 
wird.  Die  Tiefenwirkung  und  Anästhesie  ist  hierbei  nicht  ganz  so  vollkommen  wie 
bei  den  Pflastermullen.  Nur  bei  ungemein  ausgedehnten  lupösen  Bezirken  (ganse 
Extremitäten  etc.)  zieht  Unna  diese  Methode  der  Billigkeit  wegen  vor. 

Bei  sehr  ungünstig  sitzenden  Lupusflächen,  bei  denen  die  GranulationsbflduBg 
zögert  (z.  B.  über  dem  Trochanter  oder  andern  Enochenerhebungen)  ersetzt  man  die 
ersten  Tage  den  SalicylpflastermuU  durch  ein  ebenso  au&uleimendes  Stuck  Jodofonr 
gitterpflastermull,  bis  die  Granulationen  fest  und  schön  geworden  sind. 

Handelt  es  sich  um  versprengte  Lupusknötchen  zwischen  dicken 


529 

strängen,  von  alten  Vemarbungsprozessen  herruhreDd,  so  appliziert  man  zweckmäTsiger- 
weise  zuerst  eine  Zeitlang  folgende  Salbe: 

Lanolini  90,0 

Acidi  lactid     10,0 
unter  impermeabler  Bedeckung,  bis  die  Haut  weicher  und  nachgiebiger  geworden  ist, 
und  geht  dann  zur  klassischen  Pflasterbehandlung  über. 

Der  Schleimhautlupus  des  Mundes  und  Rachens,  der  Conjunctiva  und  des  Kehl- 
kopfes kann  nur  mittels  Paquelin  oder  Galvanokauter  behandelt  werden.  Für  den 
Lupus  der  Nase  und  des  Thränenkanals  eignen  sich  Tampons,  mit  der  Salicyl-Kreosot- 
salbe  bestrichen,  auTser  der  Glühhitze.    Ebenso  für  den  Gehörgang. 

Wo  jede  energische  Behandlung  zur  Zeit  unthunlich  ist,  empfiehlt  UNKii  als 
schwach  aber  mit  der  Zeit  sicher  wirkende  Behandlung  folgendes: 

bei  Nacht:    obige  Salicylkreosotsalbe  am  besten  mit  impermeabler  Bedeckung; 

bei  Tage:    Einfettung  mittels   des   lOVoigen    Sublimataalbenstiftes   oder  Auf- 

pinselung  von: 

Xt'S  KaU  aüiciei   80,0 

Ol  Uni  20,0 

M.  S.  Wasserglasfimis. 

oder  wenn  der  Lupus  stark  entzündlich  gerötet  ist: 

bei  Nacht:    Aufpinselung  von  Ichthyol  mit  etwas  Wasser  verdünnt; 

bei  Tage:    einfache  Einreibung  der  Salicylkreosotsalbe. 

Bei  ganz  kleinen  Herden,  wie  sie  besonders  am  Bande  sonst  gut  vernarbter 
Lupusflecke  als  Becidive  auftreten,  ist  es  am  einfieushsten,  dieselben  mittels  des  Mini- 
malbrenners anzustechen  oder  mittels  eines  scharfen  Hölzchens  (Zahnstocher)  auszu- 
bohren (Spickmethode).  Hierzu  umwickelt  man  die  Spitze  mit  einem  minimalen 
Wattefläumchen,  taucht  den  Zwergtampon  in  obige  spirituösätherische  Lösung  von 
Karbolsäure  und  Sublimat,  und  bohrt,  nachdem  man  die  Hornschicht  über  dem 
Knötchen  mit  einem  in  der  linken  Hand  gehaltenen  Messerchen  durchstochen,  mit 
der  rechten  Hand  denselben  rasch  in  die  Tiefe,  ehe  noch  ein  Tröpfchen  Blut  hervor- 
quillt. Diese  Tampons  bleiben  V« — V>  Stunde  in  der  Haut  stecken,  die  wie  gespickt 
aussieht  Dreht  man  sie  dann  rückwärts  vorsichtig  aus,  so  sind  an  Stelle  der  Lupus- 
knötchen  ebenso  viele  kleine  Cystemen  gegeben,  die  man  dann  mit  derselben  Ätz- 
lösung  mehrfach  ausfüllen  kann,  um  die  Wirkung  der  Anbohrung  zu  verstärken. 

Wie  man  sieht,  dienen  alle  diese  chirurgischen  Encheiresen :  das  Brennen  mittels 
Paquelin  und  Minimalbrenner,  die  Atzung  mittels  Sublimatpastenstift  und  der  Atz- 
lösung, die  Spickmethode  nur  als  zweckmäfsige  Ergänzungen  der  üaupt- 
methode,  der  Pflastermullbehandlung.  Sie  können  diese  letztere  nie  ersetzen, 
wohl  aber  kann  diese  ganz  allein  zur  Heilung  des  Lupus  fähren. 


(No.  9.)  Auf  dringenden  Wunsch  eines  Patienten  richte  ich  an  die  hochgeehrte 
Bedaktion  die  Bitte,  in  einer  der  nächsten  Nummern  der  Monatshefte  unter  der  Bubrik 
„Aus  der  Praxis^'  gütigst  Auskunft  geben  zu  wollen,  welche  Therapie  bei  Onyoli- 
atrophia  seniliB  die  besten  Resultate  ergeben  dürfte.  Die  Krankengeschichte  ist  in 
kürze  folgende: 

Herr  v.  S.,  45  a.  w.,  hat,  ebenso  wie  sein  Vater,  sehr  früh  eine  Glatze  gehabt 
Die  Haut  ist  etwas  welk  und  trocken  geworden  in  den  letzten  Jahren;  seit  1883  ist 
ihm  eine  abnorme  Brüchigkeit  der  Nägel  aufgefallen.  Im  Herbst  1888  wurde  auf 
dem  Rücken  und  in  geringem  Grade  auch  auf  der  Haut  der  Brust  die  Entwickelnng 
von  Verruca  senilis  beobachtet.    Aufserdem  leidet  Patient  an  häufigem  Harndrang, 


530 

als  dessen  Ursache  neben  mafsiger  Frostatahypertrophie  eine  Herabsetzung  der  Kap«- 
zität  der  Blase  konstatiert  wurde.  Herr  v.  S.  ist  seit  einigen  Jahren  impotent  und 
gibt  an,  nie  an  Syphilis  gelitten  zn  haben.  Gegenwärtiger  Befund  an  den  NSgcfai: 
die  Ecken  der  kurzen  Nägel  ragen  etwas  vor,  der  vordere  freie  Band  derselben  iit 
uneben,  rissig,  bröckelt  beim  geringsten  Trauma  ab.  Die  Längsstreif ung  der  Nagel  ist 
sehr  stark  ausgeprägt;  in  der  Mitte  verläuft  ein  flacher  Längswulst,  seitlich  von  dem- 
selben beiderseits  breite  seichte  Furchen.  Namentlich  an  den  Nägeln  der  Daamen, 
am  wenigsten  ausgeprägt  an  den  kleinen  Fingern,  sind  Querrisse  und  Längsrisse  in 
der  obersten  Schicht  der  Nägel  vorhanden.  An  den  Fnfsen  finden  sich  ähnliche,  je- 
doch weit  weniger  ausgeprägte  Veränderungen.  Patient  macht  den  Eindruck  eines 
früh  gealterten  Mannes.  Für  die  Atrophie  der  Nägel  läfst  sich  keine  Ursache  ao» 
findig  machen;  eine  parasitäre  Erkrankung  wurde  durch  die  mikroskopische  Untere 
such  ung  ausgeschlossen.  Jodkali  ist  ohne  Erfolg  gebraucht  worden;  über  die  Wirkong 
des  gegenwärtig  angewandten  Arsens  ist  ein  Urteil  noch  nicht  zulässig.  Was  kann 
aufser  dem  Tragen  von  Handschuhen  und  Lanolineinreibungen  empfohlen  werden  und 
wie  ist  die  Prognose  zu  stellen? 

Einer  geneigten  Beachtung  dieser  Anfrage  entgegensehend,  zeichne  ich  hoch- 
achtungsvoll 

Dorpat,  4.  Mai  1889.  Dr.  Jon.  Meyer. 

Wir  bitten  unsere  Leser,   sich  an  der  Antwort  auf  diese  Anfrage  zu  beteilij2;en. 

Die  Bedaktion. 


Bei  der  Redaktion  eingegangene  Litteratur: 

Letzel.    Die  Heilquellen  und  Quellenprodukte  des  Bades  KrankenheilTöle,  1889. 
B EHREND.     Über  NerverUäsion  und  Haarausfall  mit  Bezug   auf  die  Alopecia  areata, 

(ViECHows  Archiv.  Bd.  116.) 
VAN  Haren  Noman.    Äfdeeling  voor  Huid  ziehten  en  Syphüis,    Amsterdam  1887. 
Klüizenko.    Beitrag  zur  VariceUenfrage,    (Osterr.  Sanitätsbeamte.  1889.  2.  u.  3.) 
Annales  de  la  Polyclinique  de  Bordeaux.    Tome  1.  fasc  1.  No.  1.  1889. 
Schütz.     Nachweis  der  Gonokokken. 
BoECK.     Über  Acne  frontalis.    (Acne  pilaris  Bazin.)    (Archiv  f.  Dermatologie  u.  SypL 

1889.) 
Gottstein.     Sublimat-Lanolin.    (Therapeut.  Monatshefte.  1889.  März.) 
Neumann.  Studie  iU)er  hereditäre  Syphilis.  (Wiener  klin.  Wochenschrift.  1889.  No.  4—9.) 
Neumann.      Wirkung   des  salicylsauren    Quecksilbers  gegen  konstitutioneüe   Syphüis. 

(Wiener  med.  Wochenschr.  No.  47  u.  48.  1888.) 
Schwimmer.    Neuere  dermatoiherapeutische  Mittel.    (Wiener  med.  Wochenschr.   1889. 

No.  3-5.  8.  9.) 
Schwimmer.    Heutiger  Stand  der  Dermatologie.    (AUg.  Wiener  med.  Zeitung.    1889.) 
Jacob Y.     Contributions  to  the  anatomy  and  pathology  of  ihe  Thymtu  GUmd.     (Trans* 

action  of  the  Assoc.  of  Amer.  Phys.  Sept.  1888.) 
Seidel.    Der  gegenwärtige  Stand  der  Trippertherapie.    Berlin  u.  Neuwied  1889. 
DuBREUELH.    De  la  Dermatite  herpetiforme  de  Duhring.    (Mem.  et  Bullet,  de  la  So- 

ci6t6  de  M6d.  et  de  Chir.  de  Bordeaux.  1888.) 
Mikrotherapie  von  einem  prakt'  Arzte.  Hamburg,  Jbvichen.  1889. 
VON  Bergmann.    Zur  Differentidldiagnose  und  Therapie  der  Lues.    (St.  Petersb.  Med. 

Wochenschr.  1889.  No.  8.) 

Verlag  von  Leopold  V08B  In  Hamburg  (und  Leipsig). 
Dmck  der  VerlagMiiftaU  und  Dmckerei  Aetien-GeMllaohaft  (voniiali  J.  F.RIcbter)  la  Haabing. 


INoitateliefle  fSt  lltaktifdie  9etDiat0logit 


asB 


Band  VIH.  N2;  12.  15.  Juni  1889. 


Aus  Dr.  Vksab  dermatologischem  Laboratorium  in  Hamburg. 

Beitrage  zur  Histologie  des  Bhinoskleroms. 

Von 
Dr.  ViTTORio  Mtbelli, 

Privatdozent  der  Dermatologie  an  der  Universität  Siena. 

Die  zahlreioben  Beobachtungen  und  genauen  Studien  der  letzten  Jahre 
haben  festgestellt,  dais  das  fi«hinosklerom  eine  Krankheitsform  ist,  die 
sich  durch  besondere  klinische  Merkmale  auszeichnet  und  zum  ausschließ- 
lichen Sitz  die  Pharyngonasalschleimhaut  hat.  Von  hier  aus  greift  der 
Prozefs  auf  die  benachbarten  Gewebe  über,  ohne  indessen  sich  weit  vom 
Ausgangspunkte  zu  entfernen.  (Hebba,  Pellizzabi,  Chtabi  u.  a.) 

Auch  ist  histologisch  festgestellt  worden,  dafs  es  sich  bei  dieser 
Krankheit  um  einen  chronisch-entzündlichen  GranulationsprozeJOs  handelt, 
welcher  durch  die  Gegenwart  besonderer  alterierter  Zellenformen  haupt- 
sächlich charakterisiert  wird.  (Mikulicz,  Frisch,  Pellizzabi  u.  a.) 

Die  Ätiologie  des  Rhinoskleroms  anlangend,  ist  man  aber  bis  zur 
Stunde  noch  zu  keinem  abschlieisenden  Urteil  gelangt.  Man  kennt  zwar 
eine  mit  Kapsel  versehene  Bakterienart,  welche  beständig  im  kranken 
Gewebe  gefunden  wird  und  sich  leicht  in  Kulturen  fortzüchten  läist. 
(Fbisch,  PAiiTAur  u.  a.) 

Allein  die  gewonnenen  Resultate  berechtigen  noch  nicht  dazu,  mit 
Sicherheit  zu  behaupten,  dafs  diese  Keime  die  eigentliche  Ursache  der 
Krankheit  seien,  weil  diese  Bacillen,  auf  Tiere  geimpft,  sich  bisher  nicht 
haben  reproduzieren  laasen.  (Mibelli,  Dittbich.) 

Immerhin,  in  Berücksichtigung  der  besonderen  Art  und  Weise,  wie 
jene  Zellen  des  kranken  Gewebes  degenerieren,  welche  von  Mikulicz 
für  hydropische,  von  Pellizzabi  in  der  Folge  für  hyalin  degenerierte 
Zellen  gehalten  wurden;  in  Berücksichtigung  sodann  der  Beziehungen, 
welche  genannte  Bacillen  zu  jenen  Zellen,  wenn  auch  nicht  beständig,  so 
doch  sehr  häufig  haben,  kam  zuerst  Fbisch,  dann  Cobnil  und  später 
WoLKOWiTSCH  und  Dittbich  zu  der  Idee,  es  möchte  die  hyaline  De- 
generation unter  dem  Einflüsse  jener  Bakterien  entstehen. 

35 

Monatshefte. 


632 

Während  nun  die  zwei  ersten  Forscher  eine  solche  Lösung  der  Frage 
für  wahrscheinlich,  aber  nicht  für  bewiesen  halten,  liels  Ditteich  „gewi6 
den  Schluis  als  gerechtfertigt  erscheinen,  dafs  die  vielfach  als  hyalin  be- 
zeichnete Degeneration  hier  unter  dem  Einflüsse  der  Bakterien  erfolge." 

Welcher  Art  ist  die  fragliche  Degeneration  und  entsteht  sie  unter 
dem  direkten  Einflüsse  der  Bacillen?  —  Diese  beiden  Fragen  sind  es 
also,  welche  noch  des  näheren  studiert  werden  müssen.  Dieser  An^be 
gilt  die  gegenwärtige  kleine  histologische  Studie,  zu  deren  Ausführung 
ich  in  das  dermatologische  Laboratorium  von  Herrn  Dr.  Unna  eintrat, 
welchem  ich  für  seine  Unterstützung   hier   meinen  wärmsten  Dank    sage. 

Li  meiner  Eigenschaft  als  Assistenzarzt  der  Klinik  für  Dermatologie 
und  Syphilis  in  Siena  war  ich  in  der  Lage,  einen  Fall  von  Bhinosklerom 
beobachten  und  klinisch  und  histologisch  studieren  zu  können.  Daba 
fahndete  ich  auch  auf  die  im  Bhinosklerom  vorkommenden  Bakterien  und 
züchtete  dieselben  auf  gewöhnlichen  Nährböden.  Die  hieraus  gewonnenoi 
Resultate  wurden  von  mir  in  meiner  Arbeit:  „Un  oaso  di  rinoscle- 
roma"  seiner  Zeit  publiziert.  Da  alle  Lnpfversuche,  die  ich  damals  an 
verschiedenen  Tieren  vornahm,  firuchtlos  blieben,  und  auch  auf  Grund  von 
Erwägungen  anderer  Art,  glaubte  ich  den  Schluis  ziehen  zu  sollen, 
es  sei  noch  keine  bewiesene  Sache,  dafs  die  im  Bhinosklerom  vorkom- 
menden mehrfach  erwähnten  Bacillen  das  eigentliche  ätiologische  Moment 
der  Erkrankung  bilden.  Und  auch  bezüglich  ihrer  behaupteten  Einwirkung 
auf  die  Zellen  des  kranken  Gewebes  führte  ich,  wenn  auch  nur  kurz,  an, 
dais  meinen  histologischen  Untersuchungen  nach  zur  Hervorrufung  der 
sogen,  hyalinen  Degeneration  der  Zellen  die  Gegenwart  jener  Bacillen 
nicht  einmal  notwendig  sei. 

Ich  mufs  hier  anführen,  was  ich  auch  in  meiner  ersten  bezug^ 
liehen  Arbeit  erwähnte,  dafs  mir  nämlich  damals  noch  spärliches  Materisl 
zum  Untersuchen  vorlag,  und  dafs  auch  dieses  zu  histologischen  Zwecken 
wenig  geeignet  war.  Infolge  dessen  konnte  ich  meine  Untersuchungen 
in  dieser  Frage  nicht  so  weit  ausdehnen,  als  es  wünschenswert  gewesen 
wäre.  Auch  erachtete  ich  es  für  meine  Pflicht,  über  gewisse  beobachtete 
Einzelnheiten  mit  Stillschweigen  hinwegzugehen,  über  die  man  sich  eist 
durch  ein  reichlicheres  Material  besser  Bechenschaft  hätte  verschaffen 
können. 

Ich  hatte  später  sehr  oft  Gelegenheit,  meinen  Patienten  zu  sehen, 
welcher  zu  wiederholten  malen  ärztliche  Hilfe  wünschte,  teils,  wenn  auch 
nur  vorübergehend,  um  die  Nase  für  Luft  durchgängig  zu  machen,  teils 
auch,  um  das  nicht  gerade  ästhetische  Aussehen  der  Nase  einigermaJsen 
zu  verbessern. 


533 

Am  6.  Dezbr.  1888  schnitt  ich  von  der  Nasenspitze  einen  grofsen 
Teil  kranken  Gewebes  aus,  welcher  aniser  der  Hant  das  unterliegende 
kranke  Gewebe  entfernte  und  zwar  an  einer  hervorragenden  Stelle,  wo 
die  Epidermis  yerdünnter  erschien,  wo  die  Masse  des  kranken  Gewebes 
vom  Innern  der  Nasenhöhle  her  getrieben,  den  stärksten  Druck  ausgeübt 
und  auch  das  Hautgewebe  stärker  als  anderswo  angegriffen  hatte. 

Das  zweite  mal  am  20.  Jan.  1889  entfernte  ich  vom  Hautteil  des 
Nasenseptums  beiderseitig  zwei  grolse  Stücke,  da  dieser  Teil  sich  stark 
verdickt  hatte,  und  schabte  hierauf  beide  Nasenhöhlen,  soweit  thunlich, 
mit  dem  scharfen  Löffel  aus,  bis  es  mir  schliefslich  gelang,  in  jede  der- 
selben einen  Stift  von  Laminaria  digitata  einzuführen  und  während 
ca.  16  Stunden  darin  liegen  zu  lassen. 

Ich  muTs  hier  zweierlei  erwähnen,  erstens,  dais  im  ersten  Falle  die 
künstlich  gesetzte  Wunde  durch  3  Nähte  geschlossen  wurde  imd  innerhalb 
7  Tagen  per  primam  zuheilte,  und  dafs^bei  der  zweiten  Operation  auf  die 
Entfernung  jener  Laminariastifte  eine  grolse  Menge  halbflüssiger  bräun- 
licher Masse  aus  den  Nasenhöhlen  folgte,  welche  der  Konsistenz  nach 
dem  Eiweüs  nahe  kam. 

Das  ganze  Material,  das  ich  vom  Ejranken  entfernte,  das  erste  so- 
wohl als  das  zweite  mal,  wurde  in  entsprechenden  Fixationsflüssigkeiten  auf- 
bewahrt, teils  in  Alcohol  absolutus,  teils  in  Sublimat,  teils  in  Osmium- 
säure */2 — 1%,  teils  endlich  in  FLEMMiNGscher  Lösung. 

So  bekam  ich  Gelegenheit,  ausgedehnte  histologische  Untersuchungen 
des  fraglichen  Gewebes  anzustellen,  was  wünschenswert  war,  um  meine 
ersten  Studien  hierüber  zu  erweitem  und  zu  Kesultaten  zu  gelangen, 
welche  für  mich  einen  vorläufigen  Abschluß  der  obigen  Fragen  herbei- 
führten. 

Allgemeine    Übersicht    der    histologischen   Verhältnisse. 

In  absolutem  Alkohol  gehärtete  und  mit  Pikrokarmin  oder  mit 
Eämatoxylin  nach  Böhmes  gefärbte  Schnitte  haben  mir  immer  sehr 
schöne  Bilder  geliefert,  welche  über  die  wichtigsten  Einzelheiten  des 
Baues  des  Rhinoskleromsgewebes  AufischluilB  gaben ;  ebenso  die  Schnitte 
aus  FLEMMiNGscher  Lösung  nach  geeigneten  Färbungen  mit  Saffiranin 
oder  Gentiana. 

Durch  die  Zahl  der  Untersuchungen,  welche  ich  mit  dem  auf  ver- 
schiedenen Stellen  des  kranken  Gewebes  gesammelten  Material  anstellte, 
konnte  ich  mich  überzeugen,  dafs  die  stärksten  Alterationen  der  Zellen 
des  Brhinoskleromsgewebes  konstant  in  dessen  tieferen  Teilen  liegen,  welche 
letztere  in  frischen  Stücken  sich  auch  mikroskopisch  auTserordentlich  weich 
und  gelatinös  zeigten. 

35* 


534 

« 

Diesen  Punkt  hat  man  bisher  nicht  genug  gewürdigt.  Da  die  Klinik 
unter  Rhinosklerom  eine  mit  besonderer  Härte  einhergehende  Krankheit 
versteht,  da  dieses  Symptom  pathognostische  Bedeutung  besitzt,  so  er- 
scheint es  fast  parodox,  wenn  ich  behaupte,  dals  der  am  meiste» 
charakteristische  histologische  Befund  ein  ganz  ungemein  weiches,  fast 
flüssiges  Gewebe  repräsentiert.  Und  doch  ist  dies  der  Fall  und  wider- 
spricht den  klinischen  Thatsachen  nur  scheinbar.  Denn  dieses  weiche 
G-ewebe  findet  sich  nicht  überall;  hauptsächlich  ist  es  ausgebildet  in  d^ 
Tiefe  des  Gewebes,  der  Nasenbedeckung,  zunächst  dem  Knorpel.  We- 
niger massenhaft,  in  zerstreuten  Inseln  findet  es  sich  auch  anderswo.  El 
kann  aber  nicht  die  äulsere  Beschaffenheit  der  Geschwulst  bestimmen, 
da  es  von  mehr  oder  minder  induriertem  Hautgewebe  überall  einge- 
schlossen ist.  Nur  die  Härte  des  letzteren  fühlen  wir,  aber  diese  Indura- 
tion und  Hypertrophie  des  durchsetzenden  und  umgebenden  kollagenen 
Gewebes  finden  wir  auch  bei  andern  pathologischen  Prozessen,  beispiels- 
weise bei  der  Initialsklerose,  bei  manchen  Gummata.  Dagegen  sind  die 
eingestreuten,  weichen  Gewebepartien  so  speziell  charakteristisch  für  das 
Rhinosklerom,  dafs  sich  aus  wenigen  Zellen  desselben  mit  Sicherheit  die 
histologische  Diagnose  stellen  lälst. 

'  Dadurch  wird  das  Bild,  welches  Schnitte  durch  Bhinoskleromgewebe 
geben,  je  nach  den  Umständen  ein  sehr  verschiedenes  sein.  Besond^s 
nahe  der  Oberhaut  gibt  es  in  den  Befunden  keine  Konstanz.  —  So  sieht 
man  an  verschiedenen,'  aber  einander  ganz  nahe  liegenden  Punkten  hier 
unter  der  verdünnten  komprimierten  Epidermis  eine  spärliche  Infiltration 
loindlicher  Zellen  inmitten  sehr  gut  erhaltenen  Bindegewebes,  dort  hin- 
gegen inmitten  eines  fein  retikulierten  Bindegewebes  eine  sehr  starke 
Infiltration  kleiner  gleichmäfsig  verteilter,  ganz  normaler  Zellen,  welche 
bis  zu  den  cylindrischen  Zellen  der  Stachelschicht  der  Epidermis  selbst 
reicht,  was  hauptsächlich  nach  Härtung  in  FLEMMiNGScher  Lösung  klar 
zu  sehen  ist. 

An  andern  Stellen,  wo  die  Infiltratioo  weniger  stark  ist,  sieht  man,  dafs 
dieselbe  hauptsächlich  um  die  Gefäfswandungen  dichter  wird,  niemals  um  die 
Talgdiüsen  oder  Haarfollikel  oder  Knäueldrüsen,  welche  noch  vorhanden  sind. 

Anderswo  treten  neben  typischen  nicht  alterierten  Infiltrationszellen 
spindelförmige,  zu  Bündeln  verschiedener  Gröfse  vereinigte  Zellen  in 
Verbindung  mit  zarten  Fasern  Bindegewebe  auf.  An  andern  Punkten 
wiederum  erscheinen  die  Infiltrationszellen  teilweise  oder  fast  gänzlich 
{jlteriert  und  zwar  in  einer  Weise,  die  wir  weiter  unten  beschreiben 
werden.  Die  stärkste  Alteration  dieser  Zellen  triffib  man,  wie  schon  ge- 
sagt, gewöhnlich  in  den  tiefer  gelegenen  Teilen;  an  einzelnen  Stellen  je- 
doch ist  dieselbe  bis  zum  unmittelbaren  Kontakt  mit  der  Epidermis  an 
die  Oberfläche  gelangt. 


535 

Die  Follikel  der  Hant  anlangend,  ist  es  eine  auffallende  Ersoheinung, 
dals  sioi  während  dieselben  an  dicht  infiltrierten  Stellen  fast  nirgends 
zu  sehen  sind,  hart  daneben  in  Form  eines  Haarfollikels,  oder  einer 
greisen  Talgdrüse,  die  noch  gänzlich  intakt  und  gesund  sind,  erscheinen. 
Noch  viel  seltener  begegnet  man  Ejxäueldrüsen.  In  einzelnen  Schnitten 
jedoch  kann  man  zuweilen  durchschnittene  Drüsentubuli  sehen,  von 
welchem  einzelne  ganz  intakt  sind,  andre  allerdings  eine  Erweiterung  des 
Lumens  zeigen.  In  dem  letzteren  findet  man  auch  hin  und  wieder  die 
Wandung  verdickt,  das  Protoplasma  der  Epithelien  angeschwollen,  viel- 
leicht proliferierend. 

In  vielen  Schnitten  gelingt  es  nicht,  Blut-  oder  Lymphgefäise  zu 
treffen,  und  wenn  vorhanden,  so  sind  sie  nur  sehr  spärlich. 

An  andern  Stellen  treten  dieselben  wiederum  zahlreich  auf.  Was 
die  Blutgefä&e  angeht,  so  präsentieren  sich  dieselben  in  der  Hauptsache 
immer  im  gleichen  Bilde.  —  Man  sieht  nämlich  um  ihre  Wandungen  und 
auch  innerhalb  derselben  eine  Infiltration  rundlicher  Zellen,  die  meistens 
normal  sind.  Und  überraschender  Weise  findet  man  selbst  mitten  in 
einem  Gewebe,  das  fast  ausschlieUslich  aus  im  höchsten  G-rade  alterierten 
Zellen  besteht,  diejenigen  Zellen  noch  intakt,  welche  zu  den  Gefäfs- 
wandungen  gehören  oder  sie  zunächst  umgeben. 

Sehr  oft  sodann  kann  man  konstatieren,  dafs  das  Ge&lslunien  er- 
heblich verengt  und  an  manchen  Stellen  vollständig  obliteriert  ist.  Dies 
ist  da  leicht  erklärlich,  wo  die  Infiltration  eine  sehr  starke  ist  und  eine 
laterale  Druckwirkung  zur  Geltung  kommt. 

An  andern  Stellen  dagegen  muTs  man  diese  Verengerung  einer  Al- 
teration der  GefäGswandungen  selbst  zuschreiben.  Nicht  selten  begegnet 
man  einem  transversalen  Schnitte  einer  kleinen  Arterie,  deren  infiltrierte 
Wandungen  erheblich  verdickt  sind,  und  zwar  nicht  nur  die  Adventitia, 
sondern  auch  die  Media,  verbunden  mit  Anschwellung  der  Endothelzellen 
der  Intima.  —  In  diesem  zweiten  Falle  bekommt  man  sehr  klare  Bilder 
von  Endarteriitis  obliterans  in  der  nämlichen  Form  und  Intensität,  wie 
solche  für  gewöhnlich  bei  der  sypilitischen  Initialsklerose  vorkommt. 

An  andern  Funkten  sieht  man  innerhalb  der  Ge&fswandungen  selbst 
unregelmälsige  Massen  einer  kolloiden  glänzenden  Substanz,  derjenigen 
der  sogenannten  Kugeln  ganz  ähnlich.  Einzelne  Fragmente  dieser  Sub- 
stanz thrombosieren  bisweilen  das  Gefälslumen  vollständig.  Anderswo 
sind  die  Gefäfswandungen,  hauptsächlich  diejenigen  der  Kapillaren,  stark 
alteriert,  das  Endothel  ist  erheblich  angeschwollen  und  trübe  mit  undeut- 
lichen Zellkonturen,  was  ßhexis  und  Hämorrhagie  zur  Folge  haben  kann. 
Nicht  selten  begegnet  man  im  Gewebe  Kugeln,  die  zu  Haufen  oder 
zerstreut  liegen,  oder  man  stöfst  auf  wahrscheinliche  Fragmente  derselben, 
die  in  ähnlicher  Weise  verteilt  sind. 


536 

Die  LymphgefäTse  erscheinen  stark  dilatiert.  An  Stellen,  wo  die 
Gewebsalteration  nicht  zu  stark  ist,  sieht  man  weite,  ziemlich  regelm&lkige, 
ovale  oder  stark  sich  verlängernde  Bäume,  welche  stets  lymphoide,  mehr- 
kemige  Zellen  enthalten  mit  typischem  Endothel,  das  stark  ausgeprägt 
und  gänzlich  intakt  ist.  Von  diesen  Räumen  liegen  die  grö&ten  in  der 
Tiefe  des  Gewebes. 

Aber  genau  so  wie  Unna  es  von  dem  Leprom  der  Haut  beschreibt, 
kommen  auch  hier  direkt  unter  der  Oberhaut  enorm  dilatierte  Lymph- 
kapillaren  vor,  wo  die  Infiltration  mit  runden  Zellen  durchaus  nicht  dicht 
ist.  Diese  Erscheinung  hat  offenbar  denselben  Grund,  wie  nach  Unna 
bei  der  Lepra,  nämlich  die  Thrombosierung  des  gröfsten  Teils  der  tiefer 
gelegenen  Lymphwege. 

Selbst  das  Bindegewebe  bietet  ein  andres  Bild  dar,  je  nach  der 
Stelle,  der  es  entnommen.  Ich  habe  schon  weiter  oben  der  retikulären 
Anordnung  gedacht,  welche  dieses  Gewebe  da  annimmt,  wo  die  Infiltra- 
tion eine  stärkere  ist.  Doch  auch  an  Stellen,  wo  die  Infiltration  geringer  ist 
oder  gänzlich  fehlt  und  wo  die  typischen  Kollagen-Bündel  sich  zeigen, 
kann  es  verschieden  aussehen.  So  bemerkt  man  an  einzelnen  Punkten, 
die  jüngeren  Stadien  entsprechen,  zarte  Faserbündel  von  normalem  Aus- 
sehen und  von  zahlreichen  spindelförmigen  Zellen  begleitet.  An  andern 
Stellen  dagegen  sieht  man  starke  Anhäufungen  solcher  Fasern,  so  dals 
ausgedehnte  Herde  einer  kompakten,  dichten  sklerotischen  Masse  gebildet 
werden,  wo  die  eingestreuten  Zellen  seltener  werden  oder  gänzlich  fehlen* 
Selbst  das  elastische  Gewebe,  das  sonst  an  allen  andern  Teilen  fehlt, 
findet  sich  hier  erhalten  und  vielleicht  mitten  innerhalb  dieser  Balken 
dichten  Bindegewebes  sogar  vermehrt.  Häufiger  aber  noch,  und  dies 
hauptsächlich  in  der  Nähe  der  stärksten  Infiltrationen  und  Zellenalteration, 
erscheinen  die  Kollagenbündel  enorm  verdickt.  Letzteres  ist  an  Schnitten, 
die  in  FLEMMiNGscher  Lösung  gehärtet  und  zuerst  mit  Fuchsin  oder 
Saffranin  und  nachher  mit  Hämatoxylin  gefärbt  werden,  wobei  nur  die 
koUagene  Substanz  violette  Farbe  annimmt,  gut  zu  sehen, 

Diese  Struktureigentümlichkeiten  und  die  aufserordentliche  Viel- 
fältigkeit, welche  das  Bhinosklerom  der  Haut  darbietet  und  zwar  an 
Schnitten,  die  einander  sehr  nahe  liegen,  von  Stellen,  wo  bereits  die  Haut 
erheblich  alteriert  erscheint,  fanden  wir  zum  Teil  auch  in  der  Schleimhaut 
des  Nasenseptums.  Nur  war  hier  das  Bindegewebe  immer  reichlicher  vor 
banden  und  zu  greisen  Bündeln  vereinigt,  und  noch  öfters  fand  sich  ein 
dichtes  sklerosiertes  Bindegewebe  vor. 

Aus  den  beschriebenen  Bildern,  welche  für  das  Bhinosklerom  schon 
ziemlich  charakteristisch  sind,  können  wir  einesteils  schlieisen,  dafs  der 
Krankheitsprozefs  die  Haut  und  die  äufsem  Teile  der  Nasenschleimhaut 
nur  sekundär  und  sehr  langsam  angreift,  indem  er  von  den  tiefer  liegenden 


537 

Teilen  der  Nase  ausgeht,  andemteils,  dais  jene  anders  geformten  Zellen 
das  wichtigste  Element  des  kranken  Gewebes  bilden  und  jene  die  Nasen- 
höhlen ausfüllende  und  abschliefsende  gelatinöse  Masse  fast  ausschliefslich 
ausmachen.  In  jenen  ZeUen  hauptsächüch  und  in  den  eigentümUchen 
Modifikationen,  denen  dieselben  entgegengehen,  treffen  wir  die  interessan- 
testen Merkmale  des  Bhinoskleromgewebes. 

Die  charakteristischen  Zellen  des  S.hinoskleromgewebes. 

Diese  Zellen  zeigen  an  den  Stellen,  wo  sie  noch  besser  erhalten 
sind ,  regelmäfsig  runde  Form,  sind  mit  starkem  Lichtbrechungsvermögen 
ausgestattet,  enthalten  ein  grob  granuliertes,  scharf  konturiertes  Proto- 
plasma und  einen  groJben  ovalen  oder  runden,  leicht  fkrbbaren  Kern. 

In  der  Nähe  derselben  sieht  man  oft  etwas  gröfsere,  rundliche 
Zellen  mit  hellerem,  fein  granuHertem,  unbestimmt  konturiertem  Proto 
plasma  und  mit  einem  weniger  leicht  tingierbaren  Kern,  öfters  noch  mit 
zwei  oder  drei  Eernfragmenten,  die  scharf  begrenzt  sind  und  rundliche 
Form  haben.  Es  ist  bemerkenswert,  dais  man  eine  groise  Anzahl  ähn- 
licher Fragmente  au&erhalb  der  Zellen  an  einzelnen  Punkten  zerstreut 
findet. 

Die  grofse  Ähnlichkeit,  welche  diese  letzteren  Zellen  mit  einigen  in 
Lymphkapillaren  oft  zu  treffenden  lymphoiden  Zellen  bieten,  legt  den 
Gedanken  nahe,  dieselben  möchten  von  ebensolchen  lymphoiden  Körpern 
abstammen.  —  Es  ist  ja  nicht  unwahrscheinlich,  dafs  ein  kleiner  Teil 
der  Bhinoskleromzellen  diesen  Ursprung  habe.  Die  grofse  Mehrzahl  der 
Zellen  aber  glauben  wir  auf  Grund  ihres  Aussehens  und  ihrer  eigentüm- 
lichen Eesistenz,  und  weil  wir  sie  immer  in  den  Gefäiswandungen,  selbst 
mitten  in  einem  im  höchsten  Grade  alterierten  Gewebe  in  grofser  Zahl 
und  gut  erhalten  antreffen,  von  den  fixen  Zellen  des  Bindegewebes  und 
hauptsächlich  von  denjenigen  der  Gefäfswandungen  ableiten  zu  sollen. 

Es  ist  mir  nie  gelungen,  in  jenen  Zellen  mitotische  Bilder  zu  sehen. 
Dagegen  fand  ich  in  allen  Präparaten  eine  mehr  weniger  groise  Anzahl 
von  Mastzellen,  welche  insbesondere  in  den  nach  Flemmings  Methode 
für  Mitosenuntersuchungen  behandelten  Präparaten  klar  zu,  sehen  waren. 
Die  Mastzellen  zeigen  sich  auch  hier  wie  immer  in  den  verschieden- 
artigsten Formen,  enthalten  gut  ausgeprägte  Granulationen,  welche  bald 
den  Kern  unsichtbar  machen,  bald  einen  hell  ovalen,  beinahe  unge&rbten 
Kern  erblicken  lassen.  Man  kann  unter  denselben  zwei  Formen  leicht 
unterscheiden;  die  eine  besitzt  eine  sehr  grofse  Anzahl  kleiner  Kömer, 
die  andere  eine  geringere  Anzahl  gröfserer,  regelmäfsig  ovaler  Granula- 
tionen.    Diese  Mastzellen  sind  immer  isoliert,  nie  zu  Haufen  vereinigt. 

Wie  mehrfach  erwähnt,  finden  sich  in  der  Nähe  einer  starken  In- 
filtration rundlicher  Zellen  auch  längliche    oder   geradezu   spindelförmige 


538 

Zellen,  welche  fast  immer  dünnen  Bündeln  von  Bindegewebe  aufgelagert 
sind. 

Überlegt  man  sich  nnn  einerseits  diese  histologischen  Bilder  und  er- 
wägt man  anderseits  auch  noch  die  mehrfach  gemachte  Beobachtung,  mit 
welcher  Leichtigkeit  dieses  Gewebe  sich  zur  Vemarbung  anschickt,  welche 
Kontinuitätstrennung  auch  immer  an  demselben  ausgeführt  worden  ist,  so 
wird  man  zur  Annahme  gezwungen^  dafs  wenigstens  ein  Teil  jener  Ge- 
webezellen sich  zu  organisieren  neigt. 

Es  kann  auch  zugegeben  werden,  zumal  wenn  man  jene  greise  Zahl 
von  Kemfragmenten  bedenkt,  welche  man  an  verschiedenen  Punkten  zer- 
streut findet,  dais  ein  anderer  Teil  dieser  Zellen  zu  Grunde  geht.  Gewi£s 
•st  es  aber,  dafs  die  gröfste  Menge  derselben,  und  dies  hauptsächlich  in 
den  tieferen  Gewebeteilen,  Alterationen  erleiden,  in  deren  Folge  sie 
nicht  mehr  lebensfähig  bleiben.  Trotzdem  persistieren  solche  Zellen  weiter, 
ohne  sich  aufzulösen,  und  nehmen  Kolonien  von  Mikroorganismen  in  sich 
auf,  welche  die  Zellen  nicht  zerstören,  sondern  umbilden  und  so  den 
eigenartigen  Bedingungen  ihrer  Existenz  geeignet  machen. 

Wir  haben  es  also  hier  mit  zwei  Alterationsformen  der  Zellen  zn 
thun.  Fürs  erste  sehen  wir  einzelne,  ohne  Ordnung  hier  und  dort  zerstreute 
Zellen,  die  inmitten  der  verschiedenartigsten  Formen  des  kranken  Ge- 
webes liegen.  Sie  sind  zwei  bis  dreimal  gröfser  als  die  gewöhnlichen 
Infiltrationszellen,  besitzen  ein  gleichmäfsiges,  kolloidartiges,  klares  Aus- 
sehen und  sind  sehr  stark  lichtbrechend.  Schon  allein  durch  diese  Kenn- 
zeichen stechen  diese  Zellen  inmitten  der  andern  stark  hervor  und  lassen 
sich  selbst  am  frischen  Gewebe  und  ohne  Färbung  sehr  gut  unterscheiden. 
Zudem  zeichnen  sich  dieselben  auch  dadurch  aus,  dafs  sie  sich  mit  den 
basischen  Anilinfarben  sehr  stark  färben  und  die  Farbe  auch  nach  Ein- 
wirkung von  Alkohol  und  Nelkenöl  beibehalten.  Auch  ist  darauf  auf- 
merksam zu  machen,  dals  Osmiumsäure  sie  grüngeblich  &rbt. 

Man  findet  sodann  im  Bhinoskleromgewebe  fireie,  vollständig  sphä- 
rische Körper  von  der  mittleren  Gröfse  eines  Blutkörperchens,  oft  aber 
noch  viel  gröfser.  Dieselben  sind  bald  isoliert,  bald  zu  verschiedenartig 
geformten  Gruppen  vereinigt  und  zeigen  genau  dasselbe  Bild  und  die, 
selben  Beaktionen,  wie  die  soeben  beschriebenen  Zellen,  so  dafs  der 
Schlufs  gerechtfertigt  erscheint,  dafs  diese  Körper  in  ihrem  Innern  die 
kolloide  Substanz  enthalten  müssen,  wie  jene  Zellen.  Diese  Zellen, 
welche  wir  wegen  ihres  Aussehens  als  kolloide  Zellen  bezeichnen  wollen» 
zeigen  immer  einen  mehr  oder  weniger  verkleinerten  Kern,  und  nur  durch 
Hämatoxylinferbung  nach  Böhmer  ist  es  mir  gelungen,  diesen  Kern  b 
allen  Zellen  nachzuweisen.  Dieselben  haben  fast  immer  eine  ovale  oder 
ellipsoide,  seltener  eine  sphärische  Form  und  sind  immer  scharf  konturiert 
Der  kolloide  Zelleninhalt  aber  zeigt  sich  fast  immer  in  sehr  verschiedener 


539 

"Weise  geteilt,  am  öftesten  in  2 — 3  Teile  von  unregelmäJsiger  Form,  aber 
mit  ausgeprägter  Tendenz  znr  Kugelgestalt.  Man  bekommt  den  Eindruck, 
dafs  die  ünregelmdisigkeit  der  einzelnen  Segmente  dem  gegenseitigen  Drucke 
zuzuschreiben  sei. 

In  andern  Fällen  erscheint  der  Zelleninhalt  in  eine  gröfsere  Anzahl 
kleinerer,  sphärischer  Körperchen  geteilt  zu  sein,  und  man  sieht  dann 
entweder  einen  guterhaltenen  Kern  im  Zentrum,  von  einzelnen  sphärischen 
Kugeln  umgeben,  welche  dann  die  Stelle  des  Protoplasmas  einnehmen, 
oder  aber  öfters  noch,  da  der  Kern  in  den  meisten  Fällen  sehr  klein 
geworden  ist,  die  ganze  Zelle  von  einer  grolseu  Zahl  kleiner  Kugeln 
ausgeftlllt,  die  sich  oft  gegenseitig  pressen  und  infolge  dessen  eine  facet- 
tierte Form  annehmen,  so  dafs  die  Zelle  ein  maulbeerähnliches  Aussehen 
bekommt. 

Mitunter,  wenn  auch  nur  selten,  scheint  die  kolloide  Substanz  jener 
Zellen  anstatt  in  kugelige  Stücke  in  Streifen  geteilt  zu  sein,  welche  von 
einem  Ende  der  Zelle  zum  entgegengesetzten  verlaufen,  wie  die  zu> 
eammengelegten  und  etwas  gekrümmten  Finger  einer  Hand.  Auch  in 
diesem  Falle  kann  man  einen  Kemrest  oder  einen  gutgeformten  Kern 
auf  einer  Seite  der  Zelle  selbst  sehen.  —  In  andern  Fällen  endlich  ist 
der  ganze  Zelleninhalt  von  gleichmäfsigem  Aussehen,  ohne  jegliche 
Teilung  zu  zeigen.  Die  Zelle  erscheint  stark  gespannt  mit  einer  glänzen- 
den Masse  ausgefüllt;  der  Kern,  dem  intracellularen  Drucke  nachgebend, 
bildet  eine  Ausstülpung  an  einer  Stelle  der  Zellenoberfiäche. 

In  all  diesen  Fällen  ist  die  Begrenzung  der  Zelle  kontinuierlich 
und  scharf.  In  andern  Fällen  dagegen  ist  dieselbe  an  irgend  einer 
Stelle  durchbrochen,  die  verschiedenen  Fragmente  der  kolloiden  Substanz 
verlieren  gänzlich  oder  zum  Teil  den  gegenseitigen  Kontakt,  machen  sich 
frei,  worauf  sie  ihre  runde  Gestalt  wieder  annehmen.  Platzen  diese 
Zellen  erst  unter  dem  Deckglase,  so  behalten  natürlich  die  Segmente  ihre 
facettierte  Form. 

Zahlreicher  als  die  eben  beschriebenen  sind  andre  Alterationsformen 
der  Zellen.  Man  sieht  solche,  welche  im  allgemeinen  gröfser  sind  als 
die  letzterwähnten  und  welche  ein  retikuliertes  Protoplasma  und  einen 
deformierten  sehr  verkleinerten  Kern  enthalten.  Dieselben  finden  sich 
unter  den  gewöhnlichen  Infiltrationszellen  zei'streut.  Öfters  aber  sind  sie 
vereinigt  und  nehmen  einen  grofsen  Teil  des  Schnittes  ein.  Gerade  diese 
Stellen  sind  es,  welche  den  besprochenen  weichen  Anteil  des  Rhinoskle- 
romgewebes  ausmachen. 

Diese  Zellen  heben  sich  von  den  übrigen  gewöhnlichen  Infiltrations- 
zellen wie  glänzende  Lücken  ab,  sobald  sie  sich  aber  in  gröfserer  Ver- 
breitung vorfinden,  was  ja  in  der  Regel  in  den  tieferen  Teilen,  mitunter 
jedoch    auch    unmittelbar    unter    der   Epidermisgrenze  der  Fall  ist,  dann 


540 

nimmt  das  Gewebe  das  eigentümliche  Aussehen  eines  weitmaschigen, 
hellen  Netzes  an,  welches  im  Innern  der  Maschen  ein  noch  feineres  Nets- 
werk enthält. 

Diese  Zellen,  welche  immer  yon  einer  kontinuierlichen,  regelmftfsigcp, 
scharfen  Linie  begrenzt  werden,  besitzen  sphärische  oder  orale  Form,  die 
meist  sehr  regelmäfsig  ist,  mitunter  dagegen  nach  einer  Seite  sich  staik 
verlängert.  An  Präparaten,  die  mit  Hämatoxyliu  oder  auch  mit  Pikro- 
karmin  ge&rbt  sind,  ist  das  zu  ziemlich  regelmäfsigen  Maschen  angeordnet» 
Netz  innerhalb  der  ZeUen  gut  zu  unterscheiden,  den  Kern  sieht  man  ftst 
immer  gegen  eine  Seite  gedrängt;  der  Inhalt  der  Netzmaschen  aber  zei^ 
sich  gar  nicht  gefärbt,  und  da  dieser  Inhalt  sehr  schwach  lichtbrecheiMi 
ist,  so  sollte  man  meinen,  die  Zellen  wären  ganz  leer. 

Färbt  man  indessen  mit   dem   nämlichen  Pikrokarmin  etwas  stärker, 
oder  läfst  man  noch  besser  die  Schnitte  während    ca.  24 — 48  Standen  in 
einer   schwachen    Orceinlösung,    so    gelingt   es  nun,  dem  Netzinhalt  eine 
leichte  Färbung   zu   erteilen,    und   so    erscheinen  die  Zellen  deutlich  als 
Körper,    angefüllt   mit   einer   schwach    lichtbrechenden    Substanz,    durch 
deren    Vorhandensein    sie    stark     aufgetrieben    sind.       Bei    Anwendung 
stärkerer  Vergröfserung   sodann   kann   man    Einzelheiten  und  interessante 
Differenzen  konstatieren.     So   sieht  man  in  vielen  Zellen,  die  eine  regel- 
mäfsige   Form   und   einen  noch  gut  erhaltenen  Kern  haben,  bei  verschie* 
dener   Einstellung    des   Focus,    dais    der    ganze   Zellenkörper  von  jenem 
zarten  Netz  durchzogen  ist.     Neben  diesen  sieht  man  andre,  deren  Beti- 
kulum   nicht   durch    den    ganzen   Zellenkörper   kontinuierlich    verbreitet, 
sondern  an  einer  oder  mehreren  Stellen  wie  zerrissen  ist,  so  dals  dieselben 
eine,  zwei  oder  mehrere,  ovale  oder  sphärische,    regelmäfsige  Höhlen  mit 
hellem   Inhalt   zeigen.      Man   kann  bei  verschiedener  Einstellung  konsta- 
tieren,   dais    diese    Höhlungen  an  allen  Seiten  von  dem  feinen  protopla^- 
matischen    Netzwerk     umgeben    sind.       In    einzelnen    Zellen    sind    die 
Höhlungen    so   grofs,   dafs   sie  den  Zellenkörper  fast  gänzlich  einnehmen. 
Selbst   in   diesen    aber    sieht   man  noch   gut   einen  Rest  des  Retikulums 
auf  einer   Seite    der   Zelle   mit  dem  Kern,  und  bei  entsprechender  Ein- 
stellung bemerkt  man,  dafs  von  diesem  Punkte  aus  ein   feines  Netz  über 
die   ganze    Oberfläche    des   Zellkörpers   sich  ausbreitet.     Befindet  sich  in 
der   Zelle    nur    eine   jener   Höhlungen,   so  sieht  dieselbe  sowohl  infolge 
der    fast   sphärischen    Form,    welche    sie    annimmt,    als    auch    durch  die 
Gegenwart   eines   platt   gedrückten   Kernes,    welcher   an   der   Peripherie 
hervorragt,    einer   Fettzelle  £fehr  ähnlich;   nur  hat  der  Inhalt  der  groüsen 
Höhle    mit   Fett   gar   keine    Ähnlichkeit.     Mitunter  dagegen  zerreifst  an 
irgend    einem   Punkte    die   höchst   verdünnte  Zellenwand,  und  nun  kann 
man   sehen,    wie    der   Inhalt  wie  ein  Tropfen  aus  dem  Innern  der  Zelle 
hervorquillt.     Oft   bemerkt   man   noch  irgend  einen  Zellenrest  von  Halb- 


541 

mondform  mit  nocli  erhaltenem  Kern,  welcher  sich  offenbar  vom  übrigen 
Teil  der  Zelle  losgetrennt  hat.  Die  Substanz,  welche  in  den  Maschen 
des  Frotoplasmanetzes  enthalten  ist,  läTst  sich  am  besten  dort  studieren, 
"WO  mehrere  Maschen  zerrissen  und  ihr  Inhalt  zur  Bildung  der  gröfseren 
Höhlungen  zusammengeflossen  ist.  Sie  erweist  sich  hier  als  eine  helle, 
fast  homogene,  besser  gesagt  fein  bestäubte  Substanz.  An  Präparaten, 
die  mit  Hämatoxylin  (nach  Böhmeb  oder  Delafibld)  oder  mit  Orcein 
gef^bt  sind,  erblickt  man  in  dieser  Substanz  die  mit  Kapsel  ver- 
sehenen Rhinosklerombacillen. 

Mit  Hämatoxylin  erscheinen  sie  leicht  gefärbt  und  nicht  immer 
deutlich  ausgeprägt;  Orcein  färbt  sie  ebenfalls  leicht  oder  gamicht. 
Trotzdem  stechen  sie  in  letzterem  Falle  sehr  scharf  auf  schwachviolettem 
Grunde  ab  als  längliche  glänzende  Körperchen,  und  man  kann  deutlich 
das  zentrale  intensiver  kolorierte  Stäbchen  und  die  es  umgebende  Kapsel 
unterscheiden. 

Färbt  man  mit  Methylviolett  6B  während  24—48  Stunden  und 
wendet  man  die  Methode  von  Gram  (Cornil)  an,  so  kann  man  diese 
Bacillen  viel  deutlicher  hervortreten  lassen.  Allein  der  Zelleninhalt 
erscheint  in  diesem  Falle  gänzlich  ungefärbt,  und  die  Bacillen  zeigen  sich 
frei  in  den  Zellhöhlen  schwimmend,  vornehmlich  in  den  groDsen,  wo  sie 
in  bedeutender  Zahl  vorhanden  sind. 

Das  nämliche  Resultat  erreicht  man  in  rascherer  Weise,  indem  man 
die  Schnitte  der  gehärteten  Stücke  vor  der  Färbung  während  einiger 
Minuten  in  Alkohol  (Alvarez)  oder  einiger  Stunden  in  Osmiumsäure- 
lösung liegen  läM.  Mit  diesen  Methoden  erscheinen  die  Bacillen  meist 
zugleich  mit  der  Kapsel  ge&rbt  und  stellen  infolgedessen  dicke,  ovoide 
Stäbchen  dar,  die  sehr  stark  und  gleichmäisig  violett  gefärbt  sind. 
Ändert  man  aber  etwas  die  Entfärbungsmethode,  so  gelingt  es  oft,  Prä- 
parate zu  bekommen,  in  denen  eine  gewisse  Bacillenzahl  sich  deutlich  in 
ihren  einzelnen  Schichten  repräsentiert.  Im  Zentrum  zeigt  sich  ein 
dünnes,  gleichförmiges  Stäbchen  oder  eine  Reihe  rundlicher  Kömchen,  um 
welche  ein  heller,  leicht  gefärbter  Hof  sichtbar  ist,  selbst  begrenzt  von 
einem  peripherischen,  sehr  stark  gefärbten  Randsaum. 

Diese  nämlichen  Bacillen  finden  wir  nie  in  den  unveränderten  Infil- 
trationszellen, auch  nicht  in  denjenigen  Zellen,  deren  Protoplasma  in 
kolloide  Kugeln  transformiert  ist.  In  sehr  geringer  Zahl  (1 — 2)  finden 
wir  sie  in  einigen  sehr  seltenen,  schon  partiell  alterierten  Zellen,  welche 
den  Übergang  zu  den  stark  degenerierten  Zellen  bilden.  "Wir  begegnen 
ihnen  auch  öfters  in  wahren  erweiterten  Lymphkapillaren  und  öfters  noch 
und  in  gröfserer  Anzahl  zusammengehäuft  in  den  ebenfalls  erweiterten 
Lymphspalten    des    Bindegewebes.     Endlich    finden  wir  sie  auch  unregel- 


r 

542 


xnäiBig   zerstreut    mitten    unter   den    Gewebselementen,   vielleicht  nur  « 
Produkt  der  Präparation. 

Deutung  der  Zellenbefunde. 

Welchen  Sinn  nun  sollen  wir  den  eben  beschriebenen  zwei  Beiha 
von  Zellenveränderungen  beilegen,  den  ersten  Zellen,  welche  kenn 
Bakterien,  sondern  nur  kolloide  Kugeln  aufweisen,  —  den  letzteren,  wekbe 
eine  weichere,  weniger  stark  lichtbrechende  Substanz  und  inmitten  der- 
selben die  Bacillen  entb alten?  Welche  Beziehungen  bestehen  zwiacha 
diesen  Mikroorganismen  und  den  Veränderungen  der  Zellen? 

Bevor  wir  es  versuchen,  diese  Fragen  zu  beantworten,  können  wii 
nicht  umhin,  einen  kurzen  Blick  auf  die  vornehmlich  diese  Frage  W 
rührende  Litteratur  zu  werfen. 

Mikulicz  beschrieb  zuerst  eine  eigentümliche  Zellenform,  welebe 
sich  unter  den  gewöhnlichen  runden  Bhinoskleromzellen  befindet,  die  sog. 
geblähten  Zellen,  die  3 — 4mal  gröfser  sind  als  die  andern.  Sr  hid: 
sie  für  hydropische  Zellen  und  den  LANQschen  Zellen,  die  im 
Zentrum  von  Lupusherden  vorkommen,  für  analog.  Einige  Jahre  späte 
beschrieb  Frisch  die  nämlichen  Zellenformen;  zum  erstenmal  findet  er 
die  sog.  Bhinosklerombacillen  und  zwar  fast  ausschlieMich  im  Zellkörp&. 
am  zahlreichsten  und  deutlichsten  in  jenen  geblähten,  von  Mikulicz  be> 
schriebenen  und  für  hydropisch  gehaltenen  Zellen.  Es  kommt  ika 
ziemlich  wahrscheinlich  vor,  dafs  diese  Metamorphose  der  Zellen  direkt 
auf  die  Aufnahme  und  Einwirkung  der  Bakterien  zurückzuführen  sei. 
Denn  er  habe  alle  Übergänge  von  den  gewöhnlichen  Rundzellen  bis  za 
den  Endstadien  dieser  metamorphosierten  Zellen  verfolgt  und  gefonden. 
dais  in  den  nur  wenig  alterierten  Zellen  blols  2 — 3  Stäbchen  liegen, 
während  die  gequollenen  MiEULiGZschen  Zellen  mit  Bakterien  voUg^ 
pfropft  sind. 

Pellizzari  konstatierte  als  der  erste  die  Gegenwart  nmdlidier 
Körper  im  Bliinoskleromgewebe,  welche  bald  isoliert,  bald  in  Gruppen 
auftreten,  die  einfache  bis  doppelte  Grö&e  einer  gewöhnlichen  Rundzelk 
besitzen,  ein  homogenes  Aussehen  haben  und  stark  lichtbrechend  sind. 
Er  hält  sie  für  degenerierte  Infiltrationszellen  von  hyaliner  Substvu 
und  schliefst  auf  Grund  chemischer  Untersuchungen,  dafs  diese  Zellen  zu 
Grande  gehen  infolge  hyaliner  oder  kolloider  Degeneration. 

CoRNiL  und  Alvarez  berichten  eingehender  über  die  „hyaline* 
Substanz.  Als  charakteristische  Elemente  des  Ehinoskleroms  beschreiben 
sie  sehr  genau  sphäroidale  Zellen  mit  einem  Durchmesser  von  ea,  20  p 
und  mehr  mit  verkleinertem  Kern  und  retikuliertem  Protoplasma.  Sie 
finden  oft  in  diesen  Zellen  bald  die  eingekapselten  Bakterien,  bald 
sphärische  Kugeln  hyaliner  Substanz,  bald  endlich  Kugeln  und  Bakterien 


543 

zasammen  in  der  nämlichen  Zelle.  Sie  halten  es  für  möglich  aber  nicht 
für  erwiesen,  dafs  die  hyaline  Substanz  eine  Folge  der  Infektion  jener 
mit  Mikroorganismen  sei.  Offener  als  die  zwei  genannten  Forscher  spricht 
WoLKOWiTSCH  TOD  hyaliner  Degeneration  und  zwar  nicht  nur  der  Zellen^ 
sondern  auch  der  Bindegewebsbündel.  Er  verfolgt  die  verschiedenen 
Phasen  dieser  Degeneration  im  Innern  der  Zelle  und  findet  die  Mikro- 
organismen in  den  am  stärksten  alterierten  Zellen,  die  er  als  mit  granu- 
liertem Inhalt  versehene  bezeichnet,  und  in  den  hyalinen  Massen  selbst. 
Trotzdem  läfst  er  es  unentschieden,  ob  irgend  welche  Beziehungen 
zwischen  jener  hyalinen  Degeneration  und  den  Bakterien  bestehen. 

Diesen  für  die  Histologie  des  B.hinoskleroms  wichtigsten  Arbeiten 
sind  in  den  letzten  Jahren  viele  andre  gefolgt,  welche  alle  der  grofsen  Zellen 
mit  Mikroorganismen  und  hyalinen  Körpern  erwähnen,  die  bald  in  den 
Zellen  selbst,  bald  auch  aufserhalb  derselben  liegen  sollen. 

DiTTRiCH  allein  hat  in  drei  Fällen  von  Rhinosklerom,  die  er  histo- 
logisch untersuchte,  die  hyalinen  Körper  nie  gefanden,  weder  in  den 
Zellen  noch  aufserhalb  derselben.  Er  fand  aber  immer  sehr  grofse  Zellen, 
die  ganz  hell  und  ohne  Kern  und  von  kugeliger  Glestalt  waren  (42,. 
pag.  267).  DiTTRiCH  hält  dieselben  jenen  von  Mikulicz  beschriebenen 
grofsen  Zellen  für  analog  und  möchte  sie  mit  Rücksicht  auf  ihre  be- 
deutende Tinktionsfilhigkeit  als  hyalin  oder  kolloid  degenerierte  Zellen 
ansprechen.  Da  er  weiterhin  imstande  war,  in  allen  MiKULiczschen 
Zellen  die  Rhinosklerombacillen  nachzuweisen,  so  ist  er  geneigt,  die 
hyaline  Degeneration  dieser  Zellen  dem  Einflüsse  der  Rhinosklerom- 
bacillen  zuzuschreiben  (57,  pag.  5). 

Bei  näherer  Prüfung  der  zwei  DiTTRiCHschen  Arbeiten  konnte  ich 
mich  des  Eindrucks  nicht  entschlagen,  dafs  die  Deutung,  welche  Dittrich 
seinen  Beobachtungen  beilegt,  von  derjenigen  andrer  Autoren  abweiche^ 
und  für  unsem  Teil  können  wir  nicht  verstehen,  was  Dittrich  eigentlich 
unter  seinen  MiKULiozschen  Zellen  gemeint  hat.  Ich  finde  im  Rhino- 
skleromgewebe  kein  Element,  das  alle  diese  Charaktere  vereinigt 
böte,  wie:  ganz  helles  Aussehen,  kugelige  Form,  leichte  Färbbarkeit  und 
kontanten  Inhalt  einer  grofsen  Zahl  von  Mikroorganismen.  Ich  sehe  nur 
in  den  ßacillenthromben  der  Lymphwege  (bei  der  von  Dittrich  ange- 
wendeten Methode  von  Alvarez)  Dinge,  welche  wenigstens  das  kolloide 
Aussehen,  die  leichte  Färbung  und  den  Bacilleninhalt  vereinigen,  aber 
keine  Zellenform  und  keinen  Kern  aufweisen ;  möglicherweise  liegen  diese 
extracellulären  Gebilde  den  Beschreibungen  von  Dittrich  zu  Grunde. 

Deshalb  wollte  ich  die  Zellenalteration  etwas  eingehender  beschreiben 
und  von  vornherein  zwei  Punkte  feststellen,  welche  ich  nur  in  den  Ar- 
beiten von  CoRNiL  und  Alvarez  skizziert  finde,  nämlich: 


544 

1.  Es  gibt  eine  grofse  Zahl  sehr  grofser  Zellen  mit  retika- 
liertem  Protoplasma  nnd  verkleinertem  Kerne. 

2.  Es  gibt  auch  eine  geringere  Anzahl  von  Zellen,  die  in 
allgemeinen  etwas  kleiner  sind  als  die  ersteren  und  einen 
ebenfalls  verkleinerten  Kern  besitzen.  Sie  enthalten  aber 
einen  stark  lichtbrechenden  homogenen  Inhalt,  welcher  meist 
segmentiert  erscheint. 

Die  ersteren  Zellen  färben  sich  nur  sehr  schwer  oder  gar- 
nicht,  die  letzteren  färben  sich  sehr  stark,  hauptsächlich  mit 
basischen  Anilinfarben.  Die  ersteren  enthalten  oft  die  Hhi> 
nosklerombacillen,  in  den  letzteren  kann  man  deren  G-egen- 
wart  mit  Sicherheit  nicht  konstatieren. 

Dagegen  ist  gewifs,  dafs  die  kolloide  Substanz,  welche  sie 
enthalten,  die  nämliche  Substanz  ist,  welche  wir  in  den  kollo- 
iden Kugeln,  die  im  Gewebe  getrennt  liegen,  antreffen. 

Welche  unter  diesen  zwei  Zellenformen  die  MiEULiczschen  Zellen 
sind,  können  wir  nicht  sagen,  und  es  hätte  auch  wenig  Zweck  danach  n 
forschen.  Diese  historische  Aufgabe  ist  zur  Zeit  nicht  die  wichtigste. 
Ich  begnüge  mich  vielmehr  mit  der  Aufstellung  obiger  zwei  Sätae, 
welche  aus  der  grofsen  Anzahl  sich  untereinander  oft  widersprechender 
Angaben  der  Autoren  bisher  nicht  mit  genügender  Klarheit  hervor- 
treten. 

Im  übrigen  muis  bemerkt  werden,  daJs  das  Rhinoskleromgewebe 
erhebliche  Unterschiede  bieten  kann,  je  nach  den  angewandten  unter 
suchungsmethoden.  Ich  habe  zum  Teil  auf  solche  Differenzen  schon  hin- 
gewiesen und  auch  angegeben,  welche  Färbungen  wohl  am  geeignetsten 
seien,  um  die  einzelnen  Gewebsteile  klar  hervortreten  zu  lassen.  lA 
mu&  hier  noch  andre  nicht  weniger  interessante  Methoden  anfähreiL 
hauptsächlich  für  das  Studium  der  RhinosklerombacilleD.  Alvabrz  &nd 
zuerst,  dafs  Schnitte,  welche  ca.  24  Stunden  in  einer  Lösung  von  (k- 
miumsäure  gelegen  hatten,  die  Bacillen  auch  ohne  Färbung  gut  zeigten. 
Durch  diese  Methode  hat  sich  aber  das  Aussehen  des  Gewebes  so  staik 
verändert,  dafs  Alvarez  zu  neuen  Schlufsfolgerungen  gelangte,  welche 
sehr  verschieden  von  denjenigen  waren,  welche  er  in  jener  ersten  Ver- 
öffentlichung mit  OoRNiL  angegeben  hatte.  Er  sagt  in  der  That  [Arek, 
de  Phys,  1886.  pag.  97):  „On  voit  des  espaces  claires  ordinairement 
arrondis  et  contenant  une  matiäre  finement  räticulöe.  Oes  espae^  quo 
si  ce  n'ätait  par  d'autres  moyens  d'examen  (Osmiumsäure)  on  prendndt 
pour  de  grandes  cellules  ä  protoplasme  röticul6  sont  des  capillaires  lym- 
phatiques  dilatäs,  entenant  un  r^ticulum  fibrineux  et  qui  sont  le  si^  d« 
prödilection  des  bacteries  du  Rhinosclerome." 

Diese   Bilder  sieht  man  nach  Alvabez  noch  besser,  indem  man  di« 


545 

in  OBminmsäure  gehärteten  Schnitte  mit  Hämatoxylin  Delafield,  Methyl- 
violett, Fuchsin  etc.  ferbt. 

DiTTEiGH  hat  die  üntersuchnngsmethoden  von  Alyaregz  adoptiert 
und  scheint  in  seinen  Beschreibungen  und  Erscheinungen,  deren  weiter 
oben  Erwähnung  geschah,  sich  fast  ausschlielslich  solcher  Präparate,  die 
nach  dieser  Methode  behandelt  waren,  bedient  zu  haben.  In  seinen 
Osmiumschnitten  findet  er  auch  wie  Alvarez  die  nämlichen  retikulierten 
Gebilde.  Da  es  ihm  aber  nicht  gelingt,  in  denselben  Endothel  nachzu- 
weisen, so  ist  er  geneigt,  sie  als  Zellen  zu  betrachten,  in  denen  die  netz- 
förmige Zeichnung  der  Osmiumwirkung  zuzuschreiben  sei. 

Ich  habe  mich  unter  andern  auch  der  ALVARBZschen  Methode  be- 
dient, welche'  ohne  Zweifel  die  leichteste,  schnellste  und  sicherste  ist,  um 
die  Bihinosklerombacillen  zu  demonstrieren.  An  Osmiumschnitten,  die 
mit  Hämatoxylin  Delafield  ge&rbt  sind,  finden  wir,  dalis,  während  alle 
andern  Gewebselemente  ein  dunkelgrünes  Kolorit  annehmen,  die  kolloiden 
Kugeln,  die  zerstreuten  sowohl  als  die  in  den  Zellen  angehäuften,  eine 
hellere,  grüngelbliche  Färbung  zeigen.  Von  diesen  Elementen,  welche 
durch  die  tiefe  Osmiumfärbung  die  Lichtstrahlen  stark  absorbieren,  stechen 
jene  großen  Zellen  ab,  die  Ton  uns  als  hydropische  beschrieben  werden. 
Diese  lassen  das  Licht  fast  gänzlich  durch  und  erscheinen  daher  als  leere 
Lücken. 

In  diesen  hellen  Formen  erkennen  wir  jedoch  jene  grofsen  oben 
beschriebenen  Zellen  wieder  und  zwar  durch  die  Gegenwart  des  Kernes 
und  durch  das  protoplasmatische  Netz,  welches  deutlich  violett  gefärbt 
erscheint.  In  vielen  derselben  finden  wir  die  Bhinosklerombacillen.  Das 
B.etikulum  zeigt  sich  hier  nicht  so  regelmäfsig,  wie  an  Stücken,  die  in  Alkohol 
gehärtet  werden,  und  ist  auch  nicht  immer  gut  zu  sehen.  Im  Gegenteil 
erblickt  man  in  vielen  Zellen,  welche  viele  Bacillen  enthalten,  anstatt 
eines  echten  Retikulums  eine  amorphe,  violette  Masse,  in  welcher  die 
Bacillen  durch  ihre  Form  und  ihr  starkes  Lichtbrechungsvermögen  scharf 
hervortreten.  An  der  Hand  der  ALVAREZschen  Methode  kann  man  auch 
im  Gewebe  selbst  viele  Bacillen  entweder  zerstreut  oder  in  Gewebslücken 
zusammengehäuft  treffen.  Hier  handelt  es  sich  aber  um  eine  ganz  neue, 
ganz  wichtige  Thatsache,  welche  wir  allein  Alvarez  verdanken.  Es  ist 
der  Nachweis  der  Bacillen  und  Bacillenklumpen  in  den  Lymph- 
wegen. Hier  sind  die  Bacillen  getrennt  durch  eine  homogene,  stark 
üngible,  regelmäüsig  begrenzte  Masse.  Alvarez  aber  verlieis  sich  so  sehr 
auf  diese  Methode,  dafs  er  zu  der  Ansicht  kam,  es  lägen  alle  Bhino- 
sklerombacillen  nur  in  Lymphräumen,  was  sicher  nicht  der  Fall  ist. 
Allerdings  ist  es  in  vielen  Fällen  nicht  leicht,  die  bacillenerfüllten 
Lymphräume  von  hy dropischen  bacillenerfüllten  Zellen  zu  unterscheiden. 
Und    dies    um    so    mehr,    als    es  wohl  keinem  Zweifel  unterliegen  kann, 


r 

546 


dafs  die  letzteren,  wenn  sie  endlieH  platzen,  ihren  Inhalt  direkt  in  die 
benachbarten  Lymphräume  ergiefeen. 

Nach  der  Methode  von  Alvarez  erscheinen  die  Khinosklerombacilkü 
immer  verkleinert  und  ohne  Kapsel.  Mit  andern  Methoden  bemerirt  m&i 
oft  die  äuTsere  Kapsel,  welche  bald  ein  Stäbchen,  bald  eine  Reihe  yoa 
2 — 3  Kömchen  umschlieist.  Das  konnte  ich  in  den  Zellen,  in  da 
Lymphspalten  und  in  den  echten  Lymphkapillaren  konstatieren.  Ick  habe 
Zu  diesem  Zweck  neben  der  Orceinmethode  auch  die  Färbong  mit 
Methylviolett  6B  nach  Cornil  gebraucht,  welche  von  Bacillen  aus- 
gezeichnete Präparate  liefert,  die  Kapsel  aber  nicht  immer  klar  zeigt 
Auch  dadurch,  dals  man  die  in  Alkohol  gehärteten  Schnitte  wahrend 
einiger  Minuten  oder  besser  nach  Unna  einige  Stunden  in  Osmiojns&ur^ 
lösung  liegen  laust  mit  darauffolgender  Färbung  in  Methylviolett,  kam 
man  mitunter  die  Bacillenkapsel  sehr  deutlich  darstellen.  Das  Resultat 
ist  aber  auch  in  diesem  Falle  nicht  konstant.  Ebenfalls  durch  F&rbuBg 
der  in  Alkohol  gehärteten  Schnitte  zuerst  mit  Hämatoxylin  und  darauf 
mit  Sa&anin  oder  allein  durch  einfache  Saffranin&rbung  und  rasdie 
Entfärbung  in  Alkohol  gelingt  es  mitunter,  einen  gewissen  Grad  von 
Entfärbung  zu  bekommen,  bei  welchem  wir  die  Bacillen  in  den  Lympl- 
spalten  sowohl  als  auch  in  dem  Betikulum  der  Zellen  mit  der  grölstes 
Klarheit  sehen  können.  Besser  als  durch  irgend  eine  andre  Behandluugs- 
weise  sieht  man  hier  das  hellrote,  zentrale  Stäbchen,  den  hellen,  leichi 
rosafarbigen  Hof  und  die  feine  rote  Linie  der  Peripherie.  Auch  diese 
Methode  gelingt  nicht  immer  gut. 

Diese  Unbeständigkeit  in  den  Resultaten  aller  bisher  versuchteo 
Färbemethoden  ist  wohl  nur  zum  Teil  von  der  jeweiligen  TinktiofiS' 
methode  abhängig  zu  machen.  Denn  selbst  in  den  Kulturen  kann  man 
immer  einen  gewissen  unterschied  in  der  Dicke  und  Form  der  Mikro- 
organismen finden  und  im  nämlichen  Präparat  solche  treffen,  bei  denen 
die  Kapsel  sehr  deutlich  hervortritt  neben  andern,  bei  denen  dieselbe 
nicht  zu  unterscheiden  ist.  Man  kann  femer  beobachten,  dafs  BaciUea 
aus  der  nämlichen  Kultur  sich  nicht  alle  in  der  nämlichen  Intensiüt 
färben  und  ebenso  wenig  auf  die  nämliche  Weise  ent&rben  lassen.  £s 
ist  gewifs  sehr  wahrscheinlich,  daik  das  verschiedene  Alter  der  Gloca» 
welche  den  Bacillus  umgibt,  die  Ursache  dieser  Färbungsunterschiede  ist 

Ein  solches  differentes  Verhalten  gegen  Färbungsmittel  treffen  wir 
auch  bei  den  kolloiden  Körpern  an.  In  meiner  ersten  Veröffentlichung 
habe  ich  die  Thatsache  bereits  konstatiert,  dafs  die  intracellnläreo, 
kolloiden  Massen  für  violette  Farben  nicht  die  nämliche  Affinität  besitzen 
wie  die  freien  Kugeln,  heute  kann  ich  noch  zufügen,  dafe  beim  Ver- 
gleichen der  kolloiden  Masse  einer  Zelle  mit  derjenigen  einer  andern 
Taenachbarten  Zelle,  ja  beim  Vergleichen  der   einzelnen   kolloiden  Körper 


547 

in  ein  nnd  derselben  Zelle  selbst  man  immer  erhebliche  Färbungsnnter- 
schiede  wahrnehmen  kann  nnd  ebenso  bei  der  Ent&rbnng  in  Alkohol 
und  Nelkenöl. 

Ich  mnis  anf  die  sehr  verschiedene  Form,  welche  die  kolloiden 
Körper  in  den  Zellen  annehmen,  znrückkommen.  Wie  gesagt,  zeigen 
dieselben  bald  eine  regelmäisige,  sphärische  Form,  bald  erscheinen  sie  als 
fingerförmige  Stäbe.  Ich  bemerke  dazn,  dais  in  einzelnen  dieser  Zellen, 
in  denen  der  Kern  noch  gut  erhalten  ist,  verschiedene  solcher  Körper 
elliptischer  Form  gesehen  werden  können,  die  sich  sehr  stark  {ä.rben  nnd 
das  ganze  Anssehen  eines  Bhinosklerombacillus  besitzen,  nnr  sind  sie 
etwas  dicker,  so  dafs  ich  über  deren  Bedentnng  in  Zweifel  blieb. 

Endlich  erinnere  ich  noch  daran,  dais  man  in  jenen  gröiseren  Zellen 
mit  retiknliertem  Protoplasma,  welche  ich  hydropische  Zellen  nannte, 
ähnliche  ellipsoide  Formen  konstatiert,  welche  sich  sehr  stark  &rben  und 
von  verschiedener  G-röfse  sind,  jedenfalls  gröfser  als  wie  die  Bhinosklerom- 
bacillen  sich  zn  zeigen  pflegen.  Ein  jeder  dieser  ellipsoiden  Körper  füllt 
eine  Lücke  des  Cellnlarretiknlnms  selbst  ans. 

Dieses  Bild  konnte  ich  an  Schnitten,  die  zuerst  in  einer  Anilinwasser- 
Gentiana-Lösung  mit  Znsatz  von  etwas  Salzsäure  (Unna)  nnd  darauf  nach 
vorausgegangener  Entfärbung  nach  Gram  mit  SafiEranin  ge&rbt  wurden, 
am  besten  sehen. 

All  die  erwähnten  Beobachtungen,  die  ich  hervorzuheben  für  nötig 
fand,  setzen  uns  in  den  Stand,  eine  Hypothese  über  die  Art  und  Weise, 
wie  die  Zellen  durch  die  Rhinosklerombacillen  dem  Untergänge  verfallen, 
aufzustellen.  —  Und  in  der  That,  die  Gegenwart  der  Rhinosklerom- 
bacillen in  den  Zellen,  der  Umstand,  dals  man  sie  in  den  nur  schwach 
alterierten  Zellen  in  geringer  Zahl,  in  den  vergröiserten  und  stark  defor- 
mierten Zellen  dagegen  meist  in  grofser  Menge  vorfindet,  lassen  uns  an- 
nehmen, was  übrigens  Dittbich  auch  annimmt,  und  vorher  von  Frisch, 
CORNIL  und  WoLKOWrrsCH  für  wahrscheinlich  gehalten  wurde,  dafs  die 
Alteration  dieser  Zellen  wirklich  der  Gegenwart  dieser  Mikroorganismen 
in  derselben  zuzuschreiben  ist.  Wir  müssen  des  weitem  annehmen,  dafs 
diese  Alteration  sich  sehr  rasch  abspielt;  denn  während  wir  eine  sehr 
grofse  Zahl  im  hohen  Grade  alterierter  Zellen  antreffen,  begegnen  wir 
nur  sehr  selten  Übergangsformen  unter  den  noch  normalen  Infiltrationszellen. 

Also  wir  finden  im  Bhinoskleromgewebe  zwei  Alterationsformen,  von 
welchen  die  eine  unter  dem  Bilde  der  hydropischen,  die  andere 
unter  demjenigen  der  kolloiden  Degeneration  auftritt.  Ist  es  nun 
in  den  ersten  Stadien  nicht  immer  möglich,  die  eine  von  der  andern 
zu  unterscheiden,  so  kann  die  Differenzierung  auf  der  Höhe  der 
Affektion  mit  aller  Schärfe  durchgeführt  werden.  In  den  ersten 
Zellenformen,    die   ich  vorläufig  kurzweg  die  hydropischen  Zellen  nenne, 

MonaUhefte.  36 


548 

triffit  man  oft  eine  grofse  Menge  von  Organismen,  in  den  kolloiden  ZeUea 
—  anch  eine  Torlänfige  Benennung  —  dagegen  gelingt  es  uns  nieH 
Mikroorganismen  mit  Sicherheit  nachzuweisen.  Allein  an  der  Hand  ia 
von  nns  his  dahin  benutzten  Färbemittel  können  wir  auch  hier  deren 
Gegenwart  vermuten.  Besonders  in  Berücksichtigung  gewisser  Grestaltn- 
gen,  welche  die  kolloiden  Körper  in  einigen  Zellen  zeigen,  ist  anzunehmeB. 
dafs  die  Mikroorganismen  auch  hier  existieren,  aber  in  eine  Substanz  «n- 
gehüllt  sind,  die  es  verhindert,  sie  in  der  Form  echter  Stäbchen  hervor- 
treten  zu  lassen.  Durch  Änderung  der  üntersuchungsmethode  wird  ei 
einmal  gelingen,  auch  diese  Lücke  in  der  Histologie  des  Bhinoskl^t»i 
auszufüllen.  Herrscht  doch  über  die  bacillftre  Natur  der  entsprechend« 
alten,  bräunlichgelben  Globi  lepröser  Herde  kein  Zweifel  mehr. 

Sind  nun  diese  Zellenalterationen,  die  wir  mit  Mikroorganismen  n 
Zusammenhang  bringen,  wirkliche  Degenerationen  im  eigentlichen  patho- 
logisch-anatomischen Sinne? 

Zunächst  ist  klar,  dais  wir  entsprechend  den  hydropischen  und  kollo- 
iden Formen  auch  zwei  verschiedene  Degenerationen  der  Zellen  annehmen 
müssen.  Ein  solches  Zusammentreffen  ist  kein  Novum  in  der  Patholc^e, 
und  es  kann  auch  vorkommen,  dafs  die  verschiedenen  DegeneTatianea 
Zellen  verschiedenen  Ursprungs  betreffen. 

Wäre  es  jedoch  möglich,  an  die  Stelle  dieser  von  Anfang  an  zwei- 
teiligen Hypothese,  die  als  solche  stets  etwas  unwahrscheinliches  hat,  eine 
einheitliche  zu  setzen,  so  wäre  damit  dem  logischen  Bedürfnisse  einer 
dem  einheitlichen  Virus  analogen  Wirkung  jedenfalls  besser  Genüge 
geleistet. 

Denken  wir  nun  an  die  Art  und  Weise,  wie  viele  niedere  Oigani»- 
men  aus  der  Klasse  der  Algen  vegetieren.  Die  Botanik  lehrt  uns,  da6 
viele  dieser  Pflanzen  in  günstigen  Entwickelungsbedingungen  die  Fähigkeit 
besitzen,  eine  schleimige  Masse,  die  Gloea,  auf  Rechnung  ihrer  Substanz 
zu  produzieren.  Es  ist  bekannt,  welche  sehr  verschiedenen  Formen  diese 
Gloea  annehmen  kann,  je  nach  dem  Alter  ihrer  Bildung  und  je  nach 
ihrem  gröfseren  oder  geringeren  Wassergehalt.  Es  ist  ebenfalls  bekannt, 
wie  hier  ein  einzelner  Organismus  oder  mehrere  vereinigt  successive  mit 
Schleimmänteln  sich  umhüllen,  wobei  ein  jeder  Mantel  ein  verschiedoies 
Alter  der  Entwickelung  darstellt.  Infolgedessen  variiert  nicht  nur  der 
Aggregatzustand,  sondern  auch  die  Gestaltung  und  die  verschiedene 
Färbungsfähigkeit  der  Gloea  sehr  bedeutend.  Da  es  nun  sicher  ist,  dals 
der  Rhinosklerombacillus  sowohl  in  Kulturen,  ab  auch  im  Gewebe  eine 
Gloea  bildet,  d.  h.  eine  helle  Umhüllung  mit  dunkler,  peripherischer 
Begrenzungslinie,  welche  sich  um  ein  zentrales  Stäbchen  oder  eine  Aeihe 
von  2 — 3  Körnchen  schlägt,  so  kann  man  die  Möglichkeit  nicht  aus- 
schliefsen,  dafs  es  die  nämliche  Gloea  in  ihren  verschiedenen  Alterstadiea 


549 

ist,  welche  die  grofsen  Zellen  ausfüllt,  und  dafs  das  Protoplasma  infolge 
dessen,  weit  davon  entfernt,  in  Degeneration  zu  verfallen,  nur  durch  eine 
andre,  von  Parasiten  gelieferte  Substanz  ersetzt  wird. 

Nach  dieser  Hypothese  würde  der  Inhalt  jener  grofsen  Zellen,  die 
-wir  hydropische  Zellen  nannten,  die  Gloea  vorstellen,  welche  eine  gröfsere 
Menge  Wasser  absorbiert  hat  und  infolgedessen  außerordentlich  weich, 
amorph  nicht  leicht  sichtbar  und  schwer  zu  fkrben  ist.  Der  Inhalt 
jener  kolloiden  Zellen  dagegen  wäre  demnach  die  nämliche  Gloea,  aber 
in  einem  gewissen  Stadium  der  Eintrocknung  und  daher  stärker  licht- 
brechend, härter,  von  bestimmter  Form  und  immer  leicht,  wenn  auch  in 
verschiedener  Intensität,  je  nach  dem  Grade  ihrer  Trockenheit  färbbar. 

Nach  der  nämlichen  Hypothese  würden  die  kleinen  kolloiden,  ellip- 
tischen Körper  Bacillen  vorstellen,  welche  von  einem  zweiten  Gloea- 
mantel  bedeckt  sind,  der  sich  ganz  färbt  und  das  zentrale  Stäbchen  nicht 
sehen  lälst.  Die  sphärischen  oder  facettierten  Körper  würden  ebenfalls 
Bacillen  vorstellen,  deneo  ein  dritter  Gloeamantel  diese  Form  notwendiger- 
weise verleihen  mufs.  Denn  es  ist  eine  physikalische  Notwendigkeit, 
dals  jede  periphere  Hülle,  welche  einen  Druck  zentrifugal  von  innen  her 
auszuhalten  hat,  der  Kugelform  zustrebt.  Daher  ist  der  erste  Mantel 
dieser  Bacillen  (oder  vielleicht  Kokkothrix?)  stäbchenförmig  mit  rund- 
lichen Ecken,  der  zweite  nach  aufsen  geschobene  Mantel  ellipsoidisch, 
der  dritte  kugelförmig  und  hier  je  nach  dem  Wassergehalt  kolloid 
und  facettiert  oder  zu  einer  schleimigen,  halbflüssigen  Masse  auf- 
gequollen. Die  kolloide  Substanz  in  Fingerform,  welche  wir  mitunter 
ebenfalls  antreffen,  würden  kleine  Ketten  von  Bacillen  vorstellen,  von 
einem  gemeinsamen  Mantel  trockener  Gloea  umgeben. 

Diese  soeben  entwickelte  Hypothese  erklärt  uns  alle  Erscheinun- 
gen, die  sich  anderseits  durchaus  nicht  durch  die  Annahme  selbst 
mehrerer  Arten  von  Zellendegenerationen  ebenso  einfach  erklären  lassen 
würden.  Trotzdem  müssen  wir  zugeben,  dafs  die  Hypothese  im  Grunde 
nur  zwei  positive  Thatsachen  für  sich  hat,  nämlich  erstens  die  Gewifsheit, 
dafs  die  Bhinosklerombacillen  in  Kulturen  die  Fähigkeit  besitzen,  Gloea 
zu  produzieren,  und  zweitens  die  Thatsache,  daDs  es  gelingt,  die  Bacillen 
mit  ihren  Hüllen  im  Rhinoskleromgewebe  nachzuweisen.  Wir  wollen 
noch  hinzufügen,  dafs  der  Umstand,  dais  die  Bacillen  selbst  da,  wo  sie 
massenhaft  vorkommen,  einander  nie  berühren,  sondern  immer  eine  gegen- 
seitige bestimmte  Entfernung  voneinander  inne  halten  und  in  eine  ver- 
schiedentlich färbbare  Substanz  eingehüllt  sind,  sich  besser  mit  dieser 
Hypothese  als  mit  jeder  Degenerationshypothese  in  Einklang  bringen  läüst. 

Wenn  auch  diese  Grundthatsachen  für  sich  schon  einen  gewissen 
Wert  haben,  so  müssen  offenbar  doch  noch  viele  Untersuchungen  an- 
gestellt werden,  bis  diese  von  mir  aufgeworfene  Theorie  entgültig  bewiesen 

36* 


550 

sein  wird.  Zunächst  mufs  die  Hauptanfmerksamkeit  darauf  gerichtet  sein^ 
die  Bacillen  als  Kern  der  kolloiden  Zellen  mit  derselben  Sicherheit  dar- 
stellen zu  lernen,  wie  wir  sie  in  den  hydropischen  Zellen  nachweisen 
können.  Sodann  wird  es  uns  hoffentlich  auch  gelingen,  für  jede  Stufe 
des  Wajssergehaltes  und  Alters  der  Gloea  diejenige  Färbungsmethode 
herauszufinden,  welche  die  Struktur  der  so  beschaffenen  Organismen  voll- 
ständig erkennen  lassen.  Endlich  ist  es  eine  Aufgabe  der  Zukunft,  auf 
tinktoriellem  und  mikrochemischem  Wege  die  yerschiedenen  Formen  des 
Pflanzenschleims  einerseits  mit  den  entsprechenden  Formen  höherer 
Pflanzen  (Algen),  anderseits  mit  ähnlich  aussehenden  DegenerationBpro- 
dukten  der  tierischen  Zellen  sorgfältig  zu  vergleichen. 

Es  läfst  sich  nicht  verkennen,  dais  nach  dieser  fär  die  sehr  ver- 
schiedenen Bilder  des  Rhinoskleromgewebes  gewonnenen,  einheitlichen 
und  einfachen  Anschauung  der  Träger  dieser  Infektionskrankheit  sehr 
viele  Analogien  aufweist  zu  den  Mikroorganismen  der  Lepra.  Beide,  die 
Rhinosklerombacillen  und  die  der  Lepra  repräsentieren  sich  teils  ak 
Stäbchen,  teils  als  noch  kleinere,  rundliche,  stark  tingible  Elemente, 
welche  um  sich  herum  erst  in  Stäbchenform,  dann  bis  zur  Kugel  an 
schwellend  eine  Gloea  erzeugen. 

Beide  erfüllen  in  dieser  einfachen  Form  die  Lymphwege  der  Haut 
und  erzeugen  in  derselben  teils  eine  einfache  Lymphstauung,  teils,  be- 
sonders in  der  Umgebung,  eine  mechanische  Atrophie,  teils  endlich  Hyper- 
trophie des  Hautgewebes. 

Dabei  besteht  aber  der  eine  grolse  Unterschied,  dals  die  Lepra- 
organismen auf  dieser  Stufe  der  Livasion  sämtlicher  Lymphwege  stehen 
bleiben,  während  die  Bhinoskleromorganismen  auch  befähigt  sind,  in 
gewisse  Zellen  des  Bindegewebes  einzudringen  und  in  ihnen  sich  zu  ver- 
mehren. Dieses  geschieht  aber  nicht  unter  den  Erscheinungen  der  fettigen 
Degeneration  oder  irgend  einer  Nekrose,  sondern  die  eingedrungenen 
Bacillen  vergröfsem  sich  einfach  auf  Kosten  der  Zellsubstanz,  bis  diese 
letztere  auf  ein  feines  Protoplasma  und  einen  den  Kern  umgebenden 
kleinen  B*est  verzehrt  ist. 

Die  Zellen  gehen  also  unter  der  Invasion  dieser  Organismen  all- 
mählich zu  gründe,  indem  sie  bis  auf  einen  Rest  verzehrt  werden,  dann 
platzen  und  ihren  Inhalt  in  die  Lymphwege  entleeren,  sei  es,  dafs  der 
letztere  vorher  die  kolloide  oder  die  hydtopische  Form  des  Sehleimes 
angenommen  hat. 

Dieser  ganze  Vorgang  beim  Rhinosklerom  wirft  seinerseits  auch  noch 
durch  den  soeben  betonten  Gegensatz  ein  klares  Licht  auf  die  Invasion 
der  Lepraorganismen,  mit  welcher  wir  seit  den  Untersuchungen  von 
Lutz  und  Unna  bereits  vertraut  sind.  Würden  die  Lepraorganismen 
ebenfalls  in   die  Zellen   des   Bindegewebes   eindringen  können,    wie  viele 


551 

Forscher  es  heute  noch  annehinen,  so  wäre  es  zn  erwarten,  dafs  wir  bei 
Anwendung  derselben  Methode  auch  bei  der  Lepra  derartige  instruktive 
Bilder  über  das  Eindringen,  von  Organismen  in  Zellen  zu  sehen  bekämen, 
wie  beim  Rhinosklerom.  Dies  ist  bekanntlich  aber  nicht  der  Fall.  Die 
beiden  in  Bede  stehenden  Infektionskrankheiten  liefern  vielmehr  Beispiele 
für  die  verschiedenen  Möglichkeiten  der  Invasion  solcher  Mikroorga- 
nismen, welche  das  tierische  Q-ewebe  mehr  durch  ihr  Vor- 
handensein und  ihre  Masse  selbst  als  durch  giftige  Produkte 
zu  zerstören  vermögen. 


Litteratur: 

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{Wien,  Med.  Wochenschr.  1870.  No  1.) 

2.  Kaposi.     Virchows  Spez.  Fäth,  u.  Therap.  1872.  111.  2.  pag.  288.) 

3.  Gebbb.     über  das  Wesen  des  Bhinosklerom.    (Archiv  f.  Dermat  u.  Syph,   1872. 
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5.  EiECHi.    Gontribuzione  alla  Terapia   del  Binoscleroma.    (12  Baccoglitore  medica, 
1873.  T.  XX.  pag.  485.) 

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Bd.  XX.) 

9   Max  Zeissl.    Ein  Fall  von  vereiterndem  Bhinosklerom.   {Wiener  med.  Wochenschr. 
No.  22.  1880.) 

10.  Schmibdbcke.  Über  das  Bhinosklerom.  (Viertefjahreaschr.  f.  Dermat.  u.  Syph. 
1880.  2.  u.  3.  Heft.) 

11.  0.  Ghiari.  Stenose  des  Kehlkopfes  und  der  Luftröhre  bei  Bhinosklerom.  (Me- 
dieinisehe  JahrbOchery  herausgegeben  von  der  k.  k.  Gesellsch.  der  Arzte.  Heft  2. 
Wien  1882.) 

12.  Lang.  Über  Bhinosklerom  und  dessen  Behandlung.  (Wiener  med.  Wochenschr. 
No.  24  u.  25.  1883.) 

13.  A.  V.  Irisch.  Zur  Ätiologie  des  Bhinoskleroms.  (Wiener  med,  Wochenschr. 
No.  32.  1882.) 

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15.  CoRViL.    Le  Bhinosclerome.    (Progrhs  Midical  No.  30.  1883.) 

16.  Babes.  Note  sur  une  esp^ce  de  cellules  granuleuses  (Mastzellen  de  Ehrlich) 
et  ses  rSlations  avec  la  syphilis,  le  lupus,  le  rhinosdSrome  et  la  Idpre.  (Progris 
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17.  Pick.  Demonstration  eines  Falles  von  Bhinosklerom.  (YierteJ^ahresschr.  f.  Derm. 
u,  Syph.    1884.  1.  u.  2.  Heft.) 

18.  BiEHL.  Zwei  Fälle  von  Bhinosklerom.  (Vierte^jahresschr.  f.  Dermat  u.  Syph. 
1884.  1.  u.  2.  Heft.) 


552 

19.  Bardüzzi.    Bi  un  caso  di  Rinoscleroma .    Pisa  1884. 

20.  ToMMASOLi.     Contributo   allo   studio   del    Biaoscleroma.     {Buüetino  deUe  scioKe 
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26.   Patne.    Deutsche  Med.-Zeitung.  1885.  No.  89. 

26.  Cornil  et  Alvarez.    Memoire   pour  servir  ä  l'histoire  du  Rhinoscl^rome.    (.irck 

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27.  EöBNER.   Demonstration  eines  Falles  von  Bhino-Pharingosklerom  {DeuUeke  üfeiL- 
Zeitung.  1885.  No.  51.) 

28.  Alvarez.  Recherches  sur  l'anathomie  pathologique  du  Rhinosclerome.  {Arck.  dt 
Phys.  norm,  et  path.  1886.  1.  Semestre.  pag.  196.) 

29.  SiDVEY  Davies.  A  case  of  Rbinoscleroma.  {British  medical  Journal.  29.  Maj. 
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31.  Chiabi  u.  Biehl.    Das  Rbinosklerom    der  Schleimhaut.    (CentrMl  f.  med.  Wies. 

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32.  DoüTRELEFONT.  Ein  Fall  von  Rhinosklerom.  {Deutsche  Med.'Zeüung.  1886. 
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33.  Wölk 0 WITSCH.  Zur  Histologie  und  parasitären  Natur  des  Rhinoskleroms.  {CentroüH 
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36.  WoLKowiTscH.    K  woprossu  o  rhinoscleremie.    {Centralbl.  f.  Bakt.  u.  Parantaüt. 

1887.  Bd.  1.  No.  8.) 

37.  Paltaüf.  Über  Rhinosklerombacillen.  {Centralbl.  f.  Bakt.  u.  Para^tenk.  1887. 
Bd.  1.  No.  8) 

38.  Mandblbaüh.    Über  Rhinosklerom.    {Wratsch.  1887.  No.  38.) 

39.  Stükowenkow.  Ein  Fall  von  Rhinosklerom.  {Vierteljahresschr.  f.  Dermat  u.  Syph. 
1887.  2.  Heft.  2.  Hälfte.) 

40.  Max  Bbkdeb.  Das  Rhinosklerom.  {Centralbl.  f.  Bakt  u.  Parasitenk.  1887.  Bd.  L 
No.  19.) 

41.  ScHüLTESS.  Ein  Fall  von  Rhinosklerom.  {Deutsches  Ärchw  f.  kUn.  Med,  1887. 
Bd.  XLI.  No.  1  u.  2.) 

42.  DiTTRiCH.    Über  das  Rhinosklerom.    {Zeitschr.  f.  Heilkunde.  Bd.  VIH.  1887.) 

43.  Welaiider.    Fan  af  rhinosclerom  %  tungan  och  gommen.    Stockholm  1887. 

44.  DiTTRicH.  Entgegnung  auf  die  kritischen  Bemerkungen  des  Herrn  Babbb,  be- 
treffend die  Publikation  über  das  Rhinosklerom.  (Cen^oZR  f.  Bakt.  «.  Parasiten 
künde.  1887.  Bd.  U.  No.  15.) 

45.  Babes.  Antwort  auf  Herrn  Dittrichs  Entgegnung,  dessen  Artikel  über  Bhino- 
sklerom  betreffend.    {CentraXtU.  f.  Bakt  u.  Parasitenk.  1887.  Bd.  II.  No.  21.) 


553 

46.  Jakowski  u.  Matlakowbki.  0  twardzieli  noee  Hebry.  (Gazetta  Lekarska.  1887. 
No.  45,  46,  47,  48,  50,  51,  53.) 

47.  Melle.  Metodo  rapido  per  colorire  i  baoilli  del  linoBcleroma.  {Qiomctle  itdUano 
d.  m(ü.  veneree  e  della  peüe,  1887.  No.  5.) 

48.  Stükowekkow.    Khinoscleroma.    (Kiews  Ärzte-Verein,  1887.) 

49.  BiTTBicH.  Schlafsbemerkazigeii  zu  der  Ejritik  des  Herrn  Babes,  betreffend  den 
Artikel  über  das  Bhinosklerom.  (Centralbl  f,  BaJct  u,  JParasitenk.  1888.  Bd.  I. 
No.  5.) 

50.  HiBELLi.  Un  Caso  di  Binoscleroma.  Studio  clinico,  istologico  e  batteriologico. 
{GiamcUe  italiano  deUe  malattie  veneree  e  deUa  peüe.  1888.  No.  2—3.) 

51.  Nlcifobow.  Über  das  Bhinosklerom.  (Archiv  f.  experim.  Pathologie  u.  JPharmch 
kologie.  1888.  Bd.  XXIY.  6.  Heft.) 

52.  BoJEW.    Ein  Fall  von  Bhinosklerom.    (Medieinische  Bundsehau,  Moskau  1888.) 

53.  Stepanow.    Ein  Fall  von  Bhinosklerom;  über  Impfversuche  desselben.    (Ebenda.) 

54.  Pawlow.  Ein  Fall  von  Bhinosklerom  der  Nase,  des  Bachens  und  Oberschenkels. 
(Ebenda.) 

55.  Melle.  I  bacilli  del  Binoscleroma.  (Besoconii  della  B.  Äccademia  di  Medidna. 
Napoli  1888.) 

56.  Del  Chiappa.  Sul  valore  diagnostico  dei  cosi  detti  globi  iolini  del  Binoscleroma. 
(CriomdU  itaUano  delle  mal.  veneree  e  deüa  peüe.  1888.  No.  2.) 

57.  DiTTBioH.  Zur  Ätiologie  des  Bhinoskleroms.  (Centraibl.  f.  Baku  u.  Farasitenk. 
V.  Bd.  1889.) 


Ober  Nierenaffektionen  bei  Lepra  und  deren  Beziehung  zu  den 

pathologischen  Störungen  an  der  Haut. 

Von 

Beavan  Bake  M.  D.  Lond. 

Medizinisclier  Direktor  des  Leprahospitals  auf  Trinidad. 

Es  gibt  wenige  Thatsachen,  welche  besser  bekannt  wären  als  das 
Wechselverbältnis  zwischen  den  sekretorischen  Funktionen  der  Haut  und 
deijenigen  der  Nieren.  Abnormitäten  des  einen  dieser  Organe  bieten  daher 
stets  ein  gewisses  Interesse  in  bezug  auf  die  Pathologie  des  anderen,  wes- 
halb es  sich  auch  wohl  lohnt,  dieser  Frage  in  bezng  auf  Lepra  etwas 
näher  zu  treten,  da  dieses  Leiden,  wenn  es  auch  allerdings  jetzt  als  ein 
infektiöses  Granulom  erkannt  worden  ist,  so  sehr  mannigfaltige  und  tief 
greifende  Veränderungen  in  der  Haut  hervorruft. 

Nierenerkrankungen  sind  schon  seit  langer  Zeit  als  eine  nicht  unge- 
wöhnliche Ursache  des  letalen  Ausgangs  der  Lepra  bekannt;  doch  scheint 
es  mir,  als  ob  die  renale  Pathologie  dieser  Fälle  noch  nicht  hinreichend 
erforscht  worden  sei,  namentlich  hat  man  bisher  noch  gar  nicht  versucht, 
den  kausalen  Zusammenhang  zwischen  der  Ausdehnung  oder  der  Litensitfit 
der  Hautaffektion  und  den  pathologischen  Veränderungen  an  den  Nieren 
nachzuweisen. 

Cabteb^  erwähnt  bei  fünfzehn  Autopsien  sechs  mal  das  Vorkommen 
vergröüserter  Nieren,  sechs  mal  waren  dieselben  klein  und  drei  mal  von 
normaler  Gröfse.  Daneben  teilt  ep  das  Resultat  eingehenderer  Unter- 
suchungen an  sieben  Fällen  mit,  doch  ergaben  sich  nur  bei  dreien  der- 
selben Veränderungen,  welche  die  Diagnose  der  chronischen  Nephritis 
begründet  erscheinen  lielsen. 

Danielssen  und  Boeck*  sagen  in  bezug  auf  Lepra  tuberculosa:  „Les 
reins  sont  presque  constamment  plus  ou  moins  attaques.  si  la  maladie  a 
persevörö  longtemps,  si  mSme  les  autres  organes  internes  sont  demeurfe 
tout-ä-fait  intacts.  La  capsule  des  reins  est  souvent  revStue  de  petita 
tubercules:  la  substance  renale  est  aussi  plus  ou  moins  affect^."  Nach 
Beschreibung  der  pathologischen  Veränderungen  fahren  sie  fort:  „Nous  ne 
doutons  aucunement  que  chacune  ne  soit  portö  h  reconnattre  dans  c^  alt^ 
rations  celles  de  la  nephrite  albumineuse,  si  parfaitement  d^crite  et  repr6- 
sent^e  par  Ratee." 

Ln  Kapitel  über  anästhesierende  Lepra  sagen  dieselben  Verfasser:  „Les 
altörations  sont  les  m§mes  que  celles  constatöes  par  nous  sous  la  forme 


^  Leprosy  and  Elephantiasis. t^b^.  78. 

'  Traiti  de  la  Spidalskhed.  pag.  226.  289. 


555 

tubercnleuse,  seulement  nous  avons  remarqu6  ici  deux  fois  nne  grande 
qnantit^  de  oystides  formte  surtout  dans  la  substance  renale.^ 

^s  sei  mir  gestattet,  hierzu  zu  bemerken,  dafs  ich  niemals  die  von 
diesen  Forschem  beschriebenen  Tuberkeln  auf  der  Nierenkapsel  zu  finden 
im  stände  gewesen  bin;  in  einigen  spärlichen  Fällen  habe  ich  allerdings 
Cysten  gesehen,  doch  schienen  mir  dieselben  durchaus  nicht  anders  als 
die  auch  bei  nicht  leprösen  Kranken  vorkommenden  Cysten  zu  sein. 

BiDENKAp'  scheint  die  NierenafPektionen  ätiologisch  in  Zusammenhang 
mit  dem  Grundleiden  zu  bringen,  wenigstens  sagt  er,  dafs  Albuminurie 
bei  der  E^nötchenform  der  Lepra  keineswegs  selten  sei. 

HiLLis*  gibt  die  mit  Albuminurie  verbundene  Nephritis  als  Todes- 
ursache für  22,5  Vo  der  an  Lepra  im  Knötchenstadium  gestorbenen  Kranken 
an;  dagegen  hat  er  bei  der  anästhesierenden  Form  in  11%  der  Verstorbenen 
Ascites  als  causa  morbi  konstatiert,  doch  meint  er,  daijs  derselbe  nicht  durch 
Nephritis  herbeigeführt  worden  sei. 

CoRNiL  und  Babes*  ferner  scheinen  die  gewöhnlichen  Formen  der 
chronischen  Nephritis  bei  Lepra  nicht  anzuerkennen,  sie  schildern  aber 
albuminöse  Nierenentzündungen  als  Komplikation  von  Amyloidentartung 
anderer  Organe  infolge  von  Ulcerationen  an  der  Haut  und  den  Schleim- 
häuten. Femer  erwähnen  sie  die  Möglichkeit  des  Vorkommens  von 
Leprabacillen  in  den  Nieren,  sowie  den  anderen  Geweben  des  Körpers,  ohne 
dafs  fürs  unbewaffnete  Auge  sichtbare  Veränderungen  hervorgerufen  würden. 

Obige  Schilderungen  kann  ich  nun  alle  zwar  aus  eigener  Beob- 
achtung bestätigen,  doch  scheinen  sie  mir  entschieden  etwas  zu  vage. 
Allerdings  kann  ich  nicht  behaupten,  viel  Neues  in  dieser  Frage  beizu- 
bringen, doch  denke  ich,  dafs  eine  kurze  statistische  Tabelle  in  einigen 
Beziehungen  von  TVert  sein  dürfte.  Zugleich  legt  diese  Zusammen- 
stellung uns  einige  weitere  Bemerkungen  nahe. 

"Während  der  letzten  fünf  Jahre  habe  ich  am  Hospital  in  Trinidad 
achtundsiebenzig  Autopsien  an  Lepraleiohen  ausgeführt.  Bei  dreiund- 
zwanzig derselben,  d.  h.  29,4  7o  fand  sich  Nierenentzündung  in  der  einen 
oder  anderen  Form. 

Ich  habe  absichtlich  andere  pathologische  Veränderungen  an  den  Nieren, 
z.  B.  Amyloidentartung,  pyämische  Lifarkte,  syphilitische  und  tuberkulöse 
Herde  und  andere  Abnormitäten,  welche  bei  Allgemeinleiden  der  inneren 
Organe  vorkommen,  ausgelassen.  Zuweilen  jedoch  haben  sich  dieselben 
noch  neben  der  chronischen  Nephritis  vorgefunden. 

Im  folgenden  is  eine  übersichtliche  Tabelle  der  dreiundzwanzig  Fälle 
beigefügt : 

'  Vorlesungen  über  Lepra,  pag.  47. 

*  Leprosy  in  British  Guiana.  pag.  39,  111. 

*  Les  Bactiries.  pag.  769. 


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55» 

In  den  folgenden  zwei  Tabellen   sind   nun   diese  Fälle   nach  andern 
Gesichtspunkten  zusammengestellt: 

Tabelle  isum  Nachweis  der  Anzahl  und  Form  der  hei  den  verschiedene^t 
Stadien  der  Lq^a  vorkommenden  NierenaffeJctionen. 


Art  des  Nierenleidens 

Lepraform 

Akute 
Nephritis 

Groiseweifse 
Niere 

Mischform 

Schrumpf- 
Niere 

Summa 

Tuberös 

1 

7 

2 

2 

12 

Anästhetiscli 

— 

3 

5 

1 

9 

Gemischt 

1 

l 

— 

2 

Summa 

1 

11 

8 

3 

23 

Tabelle  zum  Nachweis  der  Durchschnittsdauer  der  verschiedenen  Lepraformen 

bei  den  obigen  Arten  von  Nierenkrankheit, 


Art  des  Nierenleidens 

Lepraform 

Akute  Nephritis 

Grofse  weifse 
Niere 

MischfoFm 

Schrumpfniere 

Tuberös 

7 

7 

9V« 

8 

Anästhetisch 

1 

19 

21Vt 

25 

Gemischt 

9 

19 

— 

Gesamtdurchschnittsdauer  der  Lepra  127»  Jahre. 

Es  drängen  sich  uns  nunmehr  naturgemäis  bei  Betrachtung  dieser 
Fälle  zwei  Fragen  auf: 

1.  Werden  diese  Formen  der  Nierenentzündung  durch  spezifische» 
lepröse  Einflüsse  herbeigeführt;  oder  sind  sie  mit  den  bei  nicht  an  Lepra 
leidenden  Kranken  vorkommenden  Affektionen  identisch  und  sind  sie 
vielleicht  nur  auf  die  Störungen  in  den  Funktionen  der  Cutis  zurückzu- 
führen? 

2.  Welche  Beziehung  besteht  zwischen  den  verschiedenen  bei  Lepra, 
beobachteten  Formen  von  Nierenerkrankungen? 


560 

Mit  Bezug  auf  die  erste  dieser  beiden  Fragen  habe  ick  die  Nieren 
von  neunnndyierzig  verschiedenen  Leprakranken  mikroskopisch  untersucht, 
doch  konnte  ich  nur  in  zwei  Fällen  gemischter  Lepra  den  Bacillus  lepiae 
nachweisen.  Li  einem  Fall,  welcher  fünfzehn  Jahre  bestanden  hatte, 
wurden  Bacillen  in  der  Leber,  Milz  und  Nieren,  femer  im  Larynx,  Nenrus 
medianus  und  den  Schenkeldrüsen  nachgewiesen.  Die  Leber  wog  2664  g, 
die  Nieren  397  g  imd  die  Milz  425  g.  Die  Nieren  wiesen  keine  ent- 
zündlichen Veränderungen  auf.  Bei  dem  zweiten  Fall  hatte  Lepra  elf 
Jahre  bestanden;  es  wurden  die  Bacillen  in  Leber  und  Nieren  nach- 
gewiesen. Dabei  wogen  letztere  nur  170  g  und  zeigten  keine  Entznn- 
dungserscheinungen. 

Dieses  verhältnismälüsig  sehr  seltene  Vorkommen  von  Bacillen  in  den 
Nieren  scheint  mir,  wenigstens  für  die  Mehrzahl  der  Fälle,  den  Einflds 
des  Leprabacillus  als  eines  direkten  ätiologischen  Faktors  bei  der  Ent- 
stehung der  Nierenaffektionen  auf  ein  sehr  geringes  Mals  zu   reduzieno. 

Es  erübrigt  also  den  Zustand  der  Haut  in  bezug  auf  diese  Frage 
einer  Prüfung  zu  unterziehen: 

Wie  mir  scheint,  kann  kaum  ein  Zweifel  darüber  bestehen,  dais  die 
ersten  Anzeichen  der  Einführung  des  Bacillus  bei  jeder  Form  der  Krank- 
heit sich  an  der  Cutis  äuüsem.  Wir  dürfen  deshalb  die  Änderungen  an 
der  Haut  als  ein  ziemlich  zuverlässiges  Mals  für  die  Dauer  des  Leidens 
ansehen. 

Wenn  wir  den  einen  Fall  von  akuter  Nephritis,  die  sich  bei  einem 
an  Lepra  tuberosa  Verstorbenen  yorfand,  betrachten,  so  finden  wir  zunfichst, 
dals  die  Dauer  des  Grundleidens  sieben  Jahre  betragen  habe. 

Nun  dürfte  aber  eigentlich  dieser  Fall  kaum  bei  der  jetzigen  Unter- 
suchung herangezogen  werden,  da  die  linke  Niere  mit  einem  Gewicht 
von  nur  einer  halben  Drachme  sich  in  einem  Zustand  kongenitaler  Atrophie 
befand,  so  dals  man  die  Entstehung  des  akuten  Anfalls  wohl  mit  RecLt 
der  fast  aufs  doppelte  gesteigerten  Arbeitsleistung  der  rechten  Niere  zu- 
schreiben kann.     Dieser  Fall  ist  bereits  publiziert  worden.* 

Es  folgen  nun  der  Liste  nach  die  sieben  Fälle  yon  large  white  kidner. 
welche  bei  Kranken  mit  Lepra  tuberosa  konstatiert  wurden.  Bei  dem  einen 
derselben  ist  zwar  die  Krankheitsdauer  nicht  bekannt  gewesen,  aber  der 
nach  den  sechs  anderen  Fällen  berechnete  Durchschnitt  stellt  sich  wieder 
auf  genau  sieben  Jahre  heraus. 

Bei  den  zwei  gemischten  Formen  der  Nierenentzündung  bei  tuberös 
Erkrankten  beträgt  der  Durchschnitt  neun  und  ein  halb  Jahre.  Bei  dem 
einen  Fall  yon  Schrumpfoiere  ist  die  Kiankheitsdauer  nicht  zu  eruieren 
gewesen,  bei  den  anderen  betrug  dieselbe  acht  Jahre. 


*  Fathological  Society^s  TransacHons.  Vol.  XXXVIL  pag.  286. 


561 

Wenn  wir  uns  nun  zu  den  anästhesierenden  Formen  wenden,  so  haben 
wir  wiederum  bei  dem  einen  Fall  mit  groljser  weüüser  Niere  die  Dauer 
der  Lepra  nicht  feststellen  können,  doch  ergab  sich  bei  den  beiden  an- 
deren ein  Durchschnitt  yon  neuzehn  Jahren. 

Des  weiteren  fand  sich,  dais  bei  dem  einen  Fall  yon  Schrumpfhiere 
das  Grundleiden  fünfundzwanzig  Jahre  gedauert  hatte,  und  daijs  die  Misch- 
formen (bei  zwei  Fällen  mit  unbekannter  Dauer)  einen  Durchschnitt  von 
zwanzig  und  zwei  drittel  Jahren  ergaben. 

Der  Einzelfall  von  grofser  weifser  Niere  bei  einem  Kranken  mit 
Mischform  wies  eine  Eo'ankheitsdauer  von  neun  Jahren  auf,  und  bei  der 
Mischform  der  Nierenaffektion  hatte  die  Lepra  neunzehn  Jahre  bestanden. 

Im  allgemeinen  beträgt  der  nach  den  achtzehn  Fällen  von  Nieren- 
erkrankung, bei  denen  die  Dauer  des  Hautleidens  festgestellt  werden 
konnte,  berechnete  Durchschnittsverlauf  der  Lepra  zwölf  Jahre  und  acht 
Monate. 

Nun  erreicht  aber  im  Durchschnitt  die  aus  dem  Hospitalsarchiv  zu- 
sammengestellte Dauer  aller  Arten  von  Lepra  nur  acht  und  ein  halbes 
Jahr.  Es  scheint  demnach,  als  ob  die  Fälle  mit  Nierenaffektionen  einen 
chronischeren  Verlauf  nehmen,  als  die  anderen  Komplikationen  und  Folge- 
zustände der  Lepra. 

Leider  besitze  ich  keine  genauen  Aufzeichnungen  über  den  Zeitpunkt 
des  Eintretens  der  Albuminurie  und  der  Ödeme  bei  den  verschiedenen 
Fällen,  doch  kann  ich  mit  Sicherheit  behaupten,  dafs,  sobald  ausgesprochene 
Anasarka  sich  einstellt,  der  Exitus  letalis  nicht  lange  auf  sich  warten 
läist,  in  einigen  Fällen  sogar  sehr  plötzlich  eintritt.  Letzteres  war  bei 
Fall  No.  3  sehr  ausgesprochen.  Man  hatte  dtibei  den  Eindruck,  daCs  der 
Tod  als  eine  Folge  der  plötzlichen  Vermehrung  der  Arbeitsleistung,  welche 
den  Nieren  infolge  des  schnellen  Abheilens  einiger  tuberöser  Geschwüre 
an  den  Beinen  erwuchs,  anzusehen  war. 

Ein  weiterer  sehr  bemerkenswerter  Punkt  besteht  in  der  ungleich 
ausgedehnteren  Dauer  des  Lebens  bei  Nierenleiden  im  Verein  mit  anästhe- 
sierender Lepra.  Diese  Thatsache  stimmt  völlig  überein  mit  unseren  sonstigen 
Erfahrungen  über  die  Hautaflfektionen  derselben.  Bei  der  tuberösen  Form 
entstehen  die  Neoplasmen  im  Bindegewebe  in  den  und  um  die  Schweüjsdrüsen, 
während  bei  der  anästhetischen  Form  die  Nerven  zunächst  befallen  werden, 
dagegen  die  Veränderungen  an  den  Schweiisdrüsen  erst  sekundär  und  mit 
geringerer  Intensität  eintreten.  Infolge  dessen  tritt  die  den  Nieren  zu- 
fallende Arbeitsvermehrung  erst  allmählicher  ein  als  bei  der  tuberösen 
Form,  bei  welcher  das  plötzliche  Auftreten  der  Knötchen  eine  gro&e  An- 
zahl Schweifsdrüsen  dauernd  schädigen  kann,  wodurch  gleichzeitig  eine 
dementsprechende  Vermehrung  der  sekretorischen  Arbeit  des  Nierengewebes 
verursacht  wird. 


562 

Zur  Beantwortung  der  zweiten  Frage  ist  leider  diese  Statistik  zn 
dürftig,  um  irgend  welche  zuverlässigen  Schlüsse  über  den  Zusanunenhang 
zwischen  der  greisen  weiisen  Niere,  der  Mischform  und  der  Schrompfoiwe 
zu  ermöglichen.  Indesen  liegt  vielleicht  ein  Fingerzeig  in  der  Thatsacbe, 
dafs  der  langwierigste  anästhetische  Fall  mit  vierunddreifsigjähriger  Dauer 
die  Mischform  aufwies,  während  der  nächst  längste  mit  fünfundzwanzig- 
jähriger  Dauer  zu  Schrumpfniere  geführt  hatte,  und  die  Mischform  sidi 
bei  anästhetischen  Fällen  von  siebenzehn  und  vierzehnjähriger  Dauer 
vorfand. 

Wenn  wir  Zieglers^  Darstellung  folgen,  so  sind  diese  s&mtlicheii 
Nierenveränderungen  nur  verschiedene  Stadien  derselben  einen  E^rankheit 
Nach  seinen  Untersuchungen  läfst  sich  die  Entwickelung  der  chronisebeo 
Nephritis  auf  dem  Wege  der  resultierenden  Atrophie  der  sekretorischeo 
Teile  bis  zur  narbigen  Zusammenziehung  und  zur  sekundären  Schrompi^ 
niere  verfolgen.  Die  obige  Statistik,  soweit  dieselbe  reicht,  scheint  dieee 
Ansicht  zu  unterstützen.  Die  Fälle  mit  kürzerer  Dauer  zeigen  groisen- 
teils  chronische  parenchymatöse  Nephritis  oder  grosfe  weilse  Niere,  während 
die  länger  währenden  Fälle,  bei  denen  die  Hautaffektion  allmählicher  ein- 
getreten ist,  entweder  beginnende  narbige  Schrumpfung  (Mischform)  oder 
die  sekundär  geschrumpfte  Niere,  das  Endglied  in  der  Kette  dieser  Vor- 
gänge, aufweisen. 


Flora  dermatologica* 

Unter  Mitwirkung  von  D.  v.  Seelen  und  P.  Taekzer 

herausgegeben  von 

P.  Gr.  Unna. 

I.  Abteilung. 

Fadenpilze    mit   Abschnürung    von    Sporenketten    auf    nnver- 
zweigten   oder  verzweigten  atypischen    Fruohtträgern. 

(Fortsetzung.) 

Mit  einer  DoppelUlel  in  LIehtdraele. 

Die  zwei  Pilze  YIII  und  IX  der  Tafeln  X  und  XI  sind  mit  mehreren 
der  vorhergehenden  Tafeln   eng   verwandt,    VIII  mit  den  grünen  Pilzen 


^  Spezielle  pathologische  Anatomie.  Kap.  LXIX.  §  646. 


Monatshefte  f.  prakt.  Dermatologie.  YIII.  Band. 


Hot-Llahtaru;k-Arn 


sriag  Vir.  Ls^toll  V:3S  in  Hamburg 


663 

VI  Tmd  yn,  IX  mit  den  braunen  I,  11  und  lU.  Es  lassen  sich  offen- 
bar unter  diesen  9  ersten  Formen  atypischer  Hyphomyceten  bereits  zwei 
Gruppen  aussondern.  Innerhalb  derselben  herrscht  auTser  der  annähernd 
gleichen  Farbe  eine  Gleichartigkeit  des  in  besonderer  Weise  ausgebildeten 
Fruchtstandes,  weshalb  wir  diese  Gruppen  von  unserm  Standpunkte  aus 
als  „Gattungen^  bezeichnen. 

Die  Gruppe  der  anfangs  weiDsen  dann  braunwerdenden  Pilze  I,  II, 
m  und  IX  zeichnet  sich  durch  besonders  niedrige  Fruchtträger  aus. 
Dieselben  bleiben  entweder  einfach  oder  verästeln  sich  zu  kurzen,  band- 
förmigen, seltener  zu  doldenShnlichen  Fruchtständen.  Von  letzteren 
schnüren  sich  lange  Sporenketten  ab;  besonders  die  einfachen  Frucht- 
träger tragen  sehr  lange  Ketten  bis  zu  40  Gliedern. 

Die  Hyphen  sind  sehr  zart,  gleichartig  und  durch  spärliche  und 
schwach  angedeutete  Septen  ausgezeichnet. 

Die  andre  Gruppe,  welche  wir  vorläufig  als  die  der  grünen  Pilze 
bezeichnen  wollen,  ist  charakterisiert  durch  die  starke  Septierung  bei 
grofser  Formverschiedenheit  der  Hyphen  und  aufserdem  durch  rispen- 
artige, im  allgemeinen  höher  aufstrebende  Fruchtstände,  die  zu  lockeren 
oder  dichteren  Büscheln  heranwachsen.  Die  Sporenketten  erreichen  hier 
nie  die  excessive  Länge  wie  bei  der  ersteren  Gruppe. 

Da  diese  beiden  Gruppen  von  dem  gewöhnlichen  Schema  der  drei  Haupt- 
formen der  niedem  Hyphomyceten  so  erhebliche  Abweichungen  zeigen,  so 
lag  uns  vor  allem  daran,  ehe  wir  in  der  Darstellung  neuer  Pilze  weiter 
gingen,  ihre  charakteristischen  Eigentümlichkeiten  ganz  klar  zur  An- 
schauung zu  bringen.  Deshalb  geben  wir  in  den  vorliegenden  Tafeln  nur 
von  je  einem  Repräsentanten  beider  noch  eine  gröUsere  Anzahl  von  Pho- 
togrammen. 

Was  die  besonderen  Merkmale  von  VIII  betrifft,  durch  die  dieser 
Pilz  sich  von  den  übrigen  seiner  Gruppe  unterscheidet,  so  ist  in  makros- 
kopischer Hinsicht  auf  die  gesättigt  grüne,  bei  älteren  Kulturen  mehr 
grünschwarze  Farbe  das  Hauptgewicht  zu  legen,  während  bei  VI  und  VII 
ein  Stich  ins  Bräunliche  mehr  hervortritt.  Im  mikroskopischen  Bilde 
unterscheidet  sich  VIII  durch  die  auJäergewöhnliche  Dicke  seiner  Hyphen 
von  VI  und  VII.  Die  sonstigen  Differenzpunkte  ergeben  sich  aus  der 
Detailbeschreibung  der  früheren  Tafeln. 

Pilz  IX  unterscheidet  sich  von  seinen  Verwandten  I,  11  und  III 
makroskopisch  hauptsächlich  durch  die  sehr  schwache  Färbung  der  Gela- 
tinekulturen, welche  auch  nach  längerem  Bestände  keinen  tiefbraunen 
Hasen  bilden,  sondern  nur  einen  leicht  bräunlichen  Anflug  zeigen,  wobei 
die  verflüssigte  Gelatine  sich  gelb  färbt.  In  alten  Agarkulturen  fällt 
dieser    Farbenunterschied   fort,    obwohl  in  ihnen  auch  insofern  noch  eine 

Monatshefte.  37 


564 

Differenz    besteht,    als   die   braune   Färbung  bei  IX  sich  erst  viel  ap&ter 
einstellt. 

Auch  im  mikroskopischen  Bilde  machen  analoge  Unterschiede  des 
Nährbodens  sich  geltend;  auf  dem  Agar  kommen  nämlich  fast  ausschlief 
lieh  sehr  lange  Sporenketten  auf  einfachen  Fruchttträgem  zur  Entwifie- 
lung,  auf  der  Gelatine  findet  man  neben  diesen  zusammengesetzte  Fracht- 
träger  in  vorwiegender  Anzahl  von  bandförmiger  bis  doldenähnlicher 
Gestaltung  mit  kürzeren  Sporenketten. 

No.  VIII. 
Makroskopische   Beschreibung. 
Reagierglaskulturen. 

a.  Gelatine.  Im  Strich  beschränkt  wuchernder  dunkel  oliren- 
grüner  Rasen,  welcher  im  Gegensatzte  zu  No.  YI  nicht  von  einem 
weüslichen  Saum  umrandet  wird  und  darin  mehr  den  von  No.  VII  ähnelt 
von  dem  er  auch  im  übrigen  makroskopisch  nicht  leicht  zu  unterscheiden 
ist.  Die  Stichkultur  zeigt  seidenartige,  hauptsächlich  horizontal 
laufende,  weit  fortstrebende,  in  der  Tiefe  an  Länge  abnehmende  weilse 
Fäden.  Die  Gelatine  wird  verflüssigt  unter  einer  bräunlich-grünen,  anfangs 
auf  die  obersten  Schichten  beschränkten,  mit  dem  Alter  dunkler  werdenden 
und  die  ganze  Gelatine  durchsetzenden  Yer&rbung.  Auf  der  Oberfliche 
schwimmt  ein  rundlich  begrenzter  Fruchtrasen  von  grau-grüner  spfiter 
schwarz-grüner  Farbe. 

b.  Agar.  Die  Strichkultur  verbreitet  sich  zu  einem  dunkelgrünen 
Basen,  der  denjenigen  von  VI  und  VII  sehr  ähnlich  ist,  aber  einen  mehr 
schwärzlich-grünen,  weniger  bräunlichen  Farbenton  aufweist.  An  der 
Peripherie  trägt  er  nicht  einen  Saum  feinhaariger  Hyphen  wie  bei  VI 
und  Vn,  sondern  er  zeigt  eine  mehr  strahlige  Umkränzung  mit  gefiederten 
Ausläufern,  welche  dicht  bis  zur  Spitze  mit  schwärzlich-grünen  Frucht- 
punkten  besetzt  sind. 

Die  Objektträgerkultur  bildet  breite,  flächenhaftc  Rasen  von 
gesättigt  olivengrüner  Farbe,  welche  nur  von  einem  feinen,  gleichgeffirbten, 
mit  Fruchtpunkten  besäten  Saume  umgeben  sind.  Von  den  entsprechen- 
den Kulturen  von  VI  und  VII  unterscheiden  sie  sich  gegenüber  dem 
mehr  bräunlichen  Farbenton  der  letzteren  durch  die  mehr  schwarz-grüne 
Farbe,  die  auch  an  der  Unterfläche  der  Kulturen  stark  hervortritt,  und 
durch  das  flachere  Wachstum  des  Rasens. 

Mikroskopische  Beschreibung, 
a.   Die    Hyphen   sind    von  grünlich-brauner  Farbe  und  auffidlender 
Dicke,  7 — 20  fji,  breit,    mit  zarten  doppelkonturierten  Wandungen.  Neben 
längeren    Segmenten    entstehen   durch   sehr  häufige  Septierungen  äulaeist 


565 

kurze  rundliche  Glieder,  die  im  einzelnen  das  Bild  von  kleinen  Tonnen 
darbieten,  welche  stellenweise  mit  reifenartigen  Einschnürungen  ihrer 
Mitte  als  Zeichen  beginnender  Querteilungen  versehen  sind.  Der  Verlauf 
ist  ein  nngemein  gewundener,  die  Verästeluag  sehr  unregelmäfsig.  Luft* 
hyphen  fehlen,  wodurch  die  Kulturen  bei  makroskopischer  Betrachtung  von 
oben  gesehen  ebenso  schwärzlich-grün  erscheinen,  wie  an  der  ünterfläche. 

b.  Die  Fruchtträger  sind  konstant  dünner  als  die  Hyphen,  von 
denen  sie  entspringen,  ihre  Breite  beträgt  nach  der  Spitze  zu  abnehmend 
9—4  fjt.     Die  Länge  mifst  60—200  fi. 

Durch  zahlreiche  Septen  werden  sie  in  kurze  Glieder  geteilt,  welche 
durch  ringförmige  Einschnürungen  ein  selbständiges,  interkalares  Wachs- 
tum dokumentieren.  Die  bei  schwacher  Vergröfserung  wie  kleine  Büsche 
erscheinenden  älteren  Fruchtstände  (YIII  a)  entstehen  aus  sehr  zierlichen 
und  regelmäfsigen  Bispen,  wie  sie  die  Figuren  Vlllb,  d,  e  und  f  deutlich 
zur  Anschauung  bringen. 

Die  Fruchtstände  besitzen  durch  die  in  weiten  Winkeln  auseinander 
strebenden  Aste  einen  lockeren,  mehr  sparrigen  Bau  und  sind  darin  den- 
jenigen von  No.  VII  ähnlicher  als  denen  von  No.  VI;  sie  bieten  ein  be- 
sonders deutliches  Bild  jener  atypischen  Ausbildung  der  Fruchtträger, 
welche  diese  Gruppe  von  Pilzen  (VI,  VII,  VIII)  kennzeichnet. 

c.  Als  Sporen  träger  heben  sich  7 — 12  fi  lange  ovale  Zellen  ab, 
welche  aus  den  Verzweigungen  der  Fruchtträger  unmittelbar  hervorgehen 
und  ihrerseits  die  verzweigten  Sporenketten  tragen. 

d.  Die  Sporen  messen  4 — 6  fj,  im  Durchmesser,  sie  sind  dunkel- 
grün gefärbt  und  von  kugeliger  Gestalt,  an  den  Polen  mit  feinen  Spitzen 
versehen,  durch  welche  sie  in  rosenkranzähnlichen  Ketten  zusammen- 
hängen. Die  Zahl  der  Glieder  beträgt  meist  6 — 8,  doch  kommen  auch 
doppelt  so  lange  Ketten  von  Sporen  vor  (Vllle,  f). 

No.  IX. 
Makroskopische  Beschreibung. 
Beagierglas. 

a.  Gelatine.  Im  Strich  dünner  gelblich-weifser  Rasen  von  un- 
beschränktem Wachstum.  Ein  feiner  Rand  bleibt  flaumig  durchscheinend, 
die  ganze  Mitte  bedeckt  sich  mit  trockenem,  mehlweifsem  Staube,  welcher 
nach  einiger  Zeit  eine  milchkaffeeartige,  bräunliche  Färbung  annimmt. 

Die  Gelatine  wird  unter  gelblicher  Verftlrbung  allmählich  verflüssigt, 
ohne  indessen  wie  bei  den  entsprechenden  Kulturen  von  I,  IE  und  III 
braungeferbt  zu  werden.  In  die  Gelatine  hinein  findet  kein  Wachs- 
tum statt. 

Strichkultur.  Feiner,  flaumiger,  gelblich-weifser  Rasen,  welcher 
auf   der  Oberfläche   nur  an  einzelnen  Stellen  sich  wie  mit  Mehl  bestreut 

37* 


566 

zeigt.  Am  emtrocknenden  Rande  stellen  sich  nach  längerer  Zeit  die 
Anfänge  brännlicher  Verferbung  dieses  Fruchtstandes  ein.  In  der  Tiefe 
des  Stichkanales  kein  "Wachstum. 

b.  Agar.  Im  Strich  niedriger,  f^elblich-weifser,  unbeschrftiikt 
wachsender  Hasen,  welcher  an  den  Stellen,  wo  an  der  Unterfläclie  die 
geimpften  Sporenhanfen  im  Yerlanfe  des  Striches  sichtbar  sind,  einen 
dichten,  strichförmigen,  einem  Pelzbesatz  vergleichbaren  Wulst  von  weilsen 
Zentralkegeln  emporschickt. 

Die  Oberfläche  erscheint  trocken,  fein  bepudert,  sie  &rbt  sich  nur 
sehr  langsam  und  zwar  zuerst  an  dem  eintrocknenden  Bande  bräanlidi. 
Granz  allmählich  überzieht  die  kaffeebraune  Farbe  den  ganzen  Rasen  in 
ähnlicher  Weise,  aber  erst  nach  viel  längerer  Zeit,  wie  bei  den  Kulturen 
von  I,  n  und  III;  noch  später  schwindet  an  einzelnen  Stellen  die  branne 
Färbung  wieder  unter  einer  Decke  von  milchweifsem  Luftmycel. 

In  die  Tiefe  des  Agars  findet  kein  Wachstum  statt,  ebensowenig 
wie  in  den  Stichkulturen,  die  an  ihrer  Oberfläche  dasselbe  Bild  bieten, 
wie  von  den  Strichkulturen  beschrieben. 

Obj  ektträgerkultur. 

Weifslich-gelber,  die  dünne  Gelatineschicht  durchsetzender  und  weit 
über  dieselbe  mit  Bodenhyphen  hinaus  wachsender  Rasen,  dessen  Ober- 
fläche mit  trockenem,  mehlweüsem  Staube  unregelmäfsig  bedeckt  ist.  Die 
XJnterfläche  erscheint  gesättigt  gelb  ge&rbt. 

Mikroskopische  Beschreibung. 

a.  Die  Hyphen  sind  vollstilndig  farblos,  von  verschiedener  Dicke 
3 — 6  fi  breit)  und  spärlich  septiert.     Verlauf  im  allgemeinen  gestreckt. 

b.  Die  Fruchtträger  stellen  in  jüngeren  (und  Agar-)  Kulturen  ein- 
zelne 20 — 2b  fi  lange  Zellen  dar  (IXb,  d).  In  älteren,  vorzugsweise  in  Gela- 
tinekulturen  differenzieren  sich  durch  1 — Smalige  Verästelung  der  Frucht- 
träger  besondere  Sporenträger  (IX  e,  f).  Die  einzelnen  Äste  der  dadurch 
gebildeten,  im  ganzen  50 — 60  fi  hohen,  band-  oder  dolden-ähnlichen 
Fruchtstände  sind  von  nahezu  gleicher  Länge. 

c.  Die  Sporenträger  (in  jüngeren  Kulturen  mit  den  Fruchtträgem 
identisch)  messen  20 — 25  /i*  in  der  Länge  bei  4 — 5  fjt  in  der  Breite. 

Oberhalb  der  Mitte  verjüngen  sie  sich  flaschenhalsartig.  Von  dieser 
Verjüngung  entsteht  die  erste  Spore  ohne  weitere  Einschnürung. 

Die  Sporen  wachsen  in  langen  Ketten  bis  zu  40  Gliedern  (IX  a,  b,  d). 
Ihre  Gestalt  ist  ein  der  Kugelform  angenähertes  Oval  von  6—8  fA  im 
Durchmesser. 

Deutliche  Polfortsätze  oder  Spitzen  sind  nicht  vorhanden.  Die  Farbe 
ist  hellgelblich,  in  älteren  Kultuien  etwas  dunkler. 


I 

j 


567 


DerfammUnsen. 

Dermatologiflche  Vereinigung  zn  Berlin. 

Sitzang  vom  7.  Mai  1889. 
Vorsitzender:  Herr  Köbkbr.    Schriftführer:  Herr  Rosenthal. 

Herr  Lewin  stellt  einen  Patienten  vor,  bei  dem  sich  ein  SJTpllilitisches  Exanthem 
im  (lesicllt,  wie  bei  Pityriasis  rosea,  unter  Fiebererscheinongen,  mit  bedeutender  Mattig- 
keit und  Schlaflosigkeit  eingestellt  hat.  Anamestisch  ist  zu  erwähnen,  dafs  der  Patient 
eine  Gonorrhöe  acquirierte,  und  da  eine  Phimose  bestand,  so  wurde  wegen  ülcerationen 
zwischen  Präputium  und  Glans  die  Phimosenoperation  gemacht.  Nach  derselben 
bildeten  sich  2  Indurationen  in  der  Corona  glandis.  Später  stellte  sich  das  Exan- 
them im  Gesicht  ein,  das  aus  kleinen  Knötchen  und  Pusteln  bestand,  an  welchen  sich 
Krusten  bildeten,  und  wie  Impetigo  aussah.  Eine  leichtere  Form  eines  Exanthems  hat 
sich  vorher  nicht  gezeigt.  An  den  Oberextremitäten  und  am  ganzen  übrigen  Körper 
sind  nur  vereinzelte  Exanthemeruptionen  zu  konstatieren.  An  den  Tonsillen  bestehen 
ülcerationen.  Der  Herr  Vortragende  erwähnt,  dafs  ihm  ein  derartiges  Bild  eines  pri- 
mären Exanthems  noch  nicht  vorgekommen  sei.  Subkutane  Injektionen  von  salicyl- 
saurem  Quecksilber  haben  keinen  Einflufs  gehabt,  erst  gröfsere  Mengen  Sublimatii^'ek- 
tionen  scheinen  jetzt  den  Prozefs  zum  Stillstand  zu  bringen. 

Herr  Östbeicher  erwähnt,  dafs  er  einen  analogen  Fall  auf  der  LA.ssARschen 
Klinik  beobachtet  hat.  Diese  Fälle  gehören  zu  den  schwersten  und  sind  auch  in  be- 
zug  auf  die  Therapie  sehr  hartnäckig.  In  dem  beobachteten  Falle  wirkten  selbst 
sehr  grolse  Dosen  Sublimat  subkutan  gar  nicht,  erst  eine  geregelte  Inunktionskur  in 
Verbindung  mit  Jodkalium  hatte  einen  Erfolg. 

Herr  Rosenthal  stellt  einen  26jährigen  Tischler  mit  Erythema  exsndativum 
multiforme  vor,  welcher  vor  6  Wochen  bereits  einen  ähnlichen  Ausschlag  auf  den 
Handrücken,  Füfsen  und  Knieen  gehabt  haben  soll,  der  von  einem  Arzt  für  Scabies 
erklärt  wurde.  Der  jetzige  Ausschlag  zeigte  sich  an  den  Handflächen  und  Fufssohlen, 
und  zwar  trat  er  als  weifse  Knötchen  von  einem  roten  Hofe  umgeben  auf.  Jetzt  ist 
die  Affektion  beinahe  zurückgebildet,  und  man  sieht  an  einzelnen  Stellen  nur  noch 
Pigmentflecke,  während  an  andern  Stellen  die  weiTsen  Knötchen  mit  der  sie  umge- 
benden Röte  noch  deutlich  zu  konstatieren  sind.  Allgemeinerscheinungen  fehlten, 
ebenso  ist  Syphilis  ausgeschlossen. 

Herr  Levin  will  Erythema  exsudativum  in  der  Vola  manus  und  Planta  pedis  nie 
gesehen  haben. 

Herr  Köbnbb  ist  der  Ansicht,  daDs  die  weifsen  Erhebungen  ganz  flache  Blasen 
sind,  und  glaubt  nicht,  dafs  die  weifsen  Trübungen  das  primäre  und  der  rote  Hof 
das  sekundäre  ist,  sondern  dals  aus  den  Knötchen  einfache  flache  Blasen  hervorge- 
gangen sind.  Ubergangsformen  zu  Herpes  iris  kommen  sehr  häufig  vor.  Er  stimmt 
mit  der  Diagnose  vollkommen  überein,  glaubt  jedoch,  dafs  dieser  Prozeüs  mit  ver- 
mehrter Exsudation  einhergegangen  ist. 

Herr  Bosenthal  bemerkt,  dafs  die  ganze  Hand  mit  weifsen  Flecken  besät  war, 
die  roten  Pigmentflecke  sind  nur  Konsekutiverscheinungen.  Eine  Desquamation  der 
Haut  fand  nicht  statt,  trotzdem  einzelne  Stellen  kleine  Bläschen  bildeten. 

Herr  Lbwin  bleibt  bei  seiner  Ansicht,  dafs  Erythem  in  der  Vola  manus  und 
Planta  pedis  gar  nicht  vorkomme,  er  habe  es  noch  nie  beobachtet,  ebenso  behauptet 
er,  dals  Herpes  iris  in  der  Palma  bei  Erythem  sehr  selten  vorkomme. 


568 

Herr  Köbner  erwidert,  dafs  er  einen  Fall  an  einem  9jährigen  Knaben,  wie  er 
glaubt,  im  Jahre  1864  beschrieben  hat,  aufserdem  finde  man  in  allen  gröfseren  At- 
lanten, besonders  in  dem  Hebras,  derartige  Abbildungen.  Er  fragt  Herrn  RoseitthaIh 
ob  die  Schleimhäute  ergrifien  waren,  was  letzterer  verneint. 

Herr  Eosbnthal  stellt  eine  17jährige  Arbeiterin  vor,  deren  Vater  an  Tuber- 
kulose gelitten  hat,  deren  5  Geschwister  aber  vollkommen  gesund  sein  sollen.  Alt 
Kind  soll  sie  sehr  schwächlich  gewesen  sein.  Die  Untersuchung  ergibt,  dals,  aoiaer 
2  Narben,  eine  von  einem  Drüsenabscefs  am  Halse,  die  andere  von  einer  KnocheD- 
afiektion  an  der  linken  Hand  herrührend,  beide  Unterschenkel  der  Art  ver- 
dickt sind,  dafs  der  untere  Teil  an  Umfang  gröfser  ist,  als  der  obere. 
Die  Verdickung  betrifft  besonders  die  Tibia,  dieselbe  verläuft  gebogen  und  zeigt  be- 
deutende Unebenheiten.  Schmerzen  sind  in  den  Tibien  nicht  allein  beim  Geben, 
sondern  auch  in  der  Nacht  vorhanden.  Ebenso  zeigt  die  rechte  Clavicula  von  der 
Mitte  nach  aufsen  eine  gleichmäfsige  Verdickung  und  Aufbreibung,  ohne  Unebenheiten. 
Syphilitische  Erscheinungen  sind  nirgends  vorhanden,  auch  läfst  sich  anamnestiach 
nichts  eruieren.  Der  Herr  Vortragende  ist  der  Ansicht,  dals  es  sich  nicht  um  Sypbüis 
handelt,  sondern  er  hält  es  für  eine  skrofulöse  Affektion,  indem  solche  idiopathische 
Osteosklerosen  bekannt  sind. 

Herr  Lewin  erklärt,  dafs  solche  Knochenaffektionen  als  Ätiologie  entweder 
Tuberkulose  oder  Skrofulöse  oder  Syphilis  haben,  und  er  möchte  gerade  an  letitere 
denken,  doch  läfst  sich  hierfür  kein  Moment  auffinden.  Von  der  Syphilis  zeigt  auch 
nur  die  hereditäre  Syphilis  solche  Erkrankungen,  welche  man  mit  Syphilis  here- 
ditaria  tarda  bezeichnet,  wie  er  einen  solchen  Fall  erst  in  der  letzten  Zeit  beob- 
achtet hat. 

Herr  Köbker  sagt,  dafs  bei  kongenitaler  Syphilis,  zwischen  dem  14. — 20.  Leben»* 
jähre  und  darüber  hinaus,  Knochenaffektionen  vorkommen,  die  ganz  und  gar  den 
vorgestellten  ähneln;  doch  müfste  man  hierzu  eine  ganz  genaue  Anamnese  haben, 
die  ungleiche  Art  der  Auftreibung  und  die  kolossale  Vergröfserung  der 
Tibia,  sowie  die  ungleiche  Affektion  an  der  Clavicula  sprechen  eigentlich  gegen 
Skrofulöse.  Während  die  Tibia  in  ihrem  ganzen  Verlauf  erkrankt  ist,  isi  nirgends 
eine  Suppuration  eingetreten,  wie  es  bei  Tuberkulose  der  Fall  ist.  Herr  Rosehteal 
erwidert,  dafs  nach  Volkmann  solche  Osteosklerosen  bei  ausgeheilter  Tuber- 
kulose vorkommen. 

Herr  Rosenthal:  Über  Sykasis  ▼nlgaris.  Es  ist  noch  nicht  lange  her,  dafe 
man  einen  Unterschied  zwischen  der  parasitären  und  nicht  parasitären  Sykosis  macht, 
während  man  früher  beide  Arten  zusammenwarf.  Die  nicht  parasitäre  Form  zeigt  atdi 
meistens  als  follikuläre.  Es  entsteht  die  Frage,  ob  die  parasitäre  Erkrankung  in  die 
einfache  follikuläre  übergehen  kann?  R.  verneint  dieses,  da  beide  Formen  sich  seifatt 
durch  den  klinischen  Verlauf  unterscheiden.  Was  die  Ätiologie  anbetrifil,  so  gibt 
es  eine  ganze  Reihe  bekannter  Ursachen,  unter  andern  die  Rasiermesser,  örtUobe 
Ekzeme  etc.  So  kann  ein  starker  Schnupfen,  der  sich  auf  die  Oberlippe  fortsetzt,  n 
Sykosis  an  der  Oberlippe  führen.  Bei  Schnupfem  entsteht  sehr  leicht  Bartfleehte. 
Manche  Autoren  fahren  die  Sykosis  selbst  auf  dyskrasische  Verhältnisse  snrück. 
Haare  und  Haarbälge  können  die  Ursache  sein,  auch  kann  ein  mechanischer  Dnok 
eine  Entzündung  des  Follikels  hervorrufen.  Die  Sykosis  ist  femer  mit  Lnpetigo, 
mit  Akne  in  Verbindung  gebracht,  was  R.  in  bezug  auf  Impetigo  verneint,  während 
er  einen  Fall  beobachtet  hat,  bei  dem  aus  Akne  die  follikuläre  Form  hervorging,  da 
im  behaarten  Teil  des  Gesichts  Akne  vorkommen  kann. 


669 

Therapie.  Sykosis  durch  innere  Mittel  heilen  zu  wollen,  ist  völlig  aufgegeben. 
Man  kann  nur  noch  eine  mechanische  und  medikamentöse  Behandlung  unterscheiden. 
Zur  ersteren  gehört  die  Eröffnung  der  Pusteln  und  Entleerung  des  Eiters;  aufserdem 
Stichelung,  die  Anwendung  des  scharfen  Löffels.  Diesen  verwirft  der  Vortragende 
ganz;  er  empfiehlt  aber  tägliches  Basieren  resp.  Epilieren  der  Haare,  wenn  es  not- 
wendig ist.  Von  äufseren  Medikamenten  sind  empfohlen:  Ung.  Hebr.,  Salicylsäure, 
Salicylpflaster,  Eautschukpflaster,  Salicyl-Cannabispflaster,  PyrogaUussäure,  Naphtol, 
Ohrysarobin,  Sublimat,  Ung.  Wilkinson.  etc.  In  hartnäckigen  Fällen  Kaustika,  selbst 
der  Thermokauter.  R.  hat  21  Fälle  mit  sehr  günstigem  Erfolge  folgendermafsen  be- 
handelt:  Die  Patienten   werden   täglich   rasiert  und   dann  wird   3  mal   täglich   eine 

Salbe  aus  ' 

Acid.  tann.     1 

L(ict,  sulfur.  "2 

Vaaelin,        20 

eingerieben;  zur  Nacht  eine  Salicylpaste  oder  Ung.  Hebr.  Bas  Tannin-Schwefel  kann 
auch  in  Pastenform  angewandt  werden,  und  es  genügt  dann,  wenn  2  mal  täglich 
folgende  Paste  aufgetragen  wird. 

Acid.  tann.  5,0 

Lact,  sulfur.        10,0 

IZinc,  oxyd.  cUb. 

Amyl,  s  17,5 

VaatUn.  flav.       50,0 

Nach  4 — 5  Tagen  sieht  man  bereits  die  Pusteln  eintrocknen  und  so  den  Prozefs 
allmählich  heilen. 

Diskussion.  Herr  Isaac  meint,  dafs  man  bei  der  Ätiologie  in  vielen  Fällen  auf 
eine  Rhinitis  Bücksicht  nehmen  muTs,  die  nicht  skrofulöser  Natur  zu  sein  braucht. 
In  bezug  auf  die  Therapie  hätte  er  zu  erwähnen,  dafs  auf  der  Lassar  sehen  Klinik 
nur  täglich  rasiert  und  nicht  epiliert  wird,  dann  wird  3—4  Tage  lang  eine  Salicyl- 
schwefelpaste  (87o  Schwefel)  zum  Erweichen  angewandt,  wonach  später  eine  10—20% 
Besorcinsalbe  gebraucht  wird.  Sind  Knoten  vorhanden,  dann  wirkt  eine  107o  Naphtol- 
salbe  sehr  günstig. 

Herr  Köbneb  sagt,  dafs  er  nie  von  einem  Übergang  der  parasitären  in  die  nicht 
parasitäre  gesprochen,  sondern  dals  er  beide  Formen  sehr  scharf  unterschieden  hat. 
An  der  Oberlippe  kommt  Sykosis  sehr  selten  vor;  hier  kann  Schnupfen  die  Ursache 
sein.  Mit  Akne  ist  die  Sykosis  fast  nie  verbunden.  In  bezug  auf  die  Ätiologie 
glaubt  er  auch  nicht,  dafs  konstitutionelle  Ursachen  für  die  Sykosis  nonparadtica 
vorhanden  wären.  In  therapeutischer  Beziehung  möchte  er  das  Epilieren  in  Schutz 
nehmen  und  an  die  von  Saalfeld  empfohlene  Salolpaste  erinnern,  die  ihm  in  vielen 
Fällen  gute  Dienste  geleistet  habe. 

Herr  Lbwin  hat  Fälle  der  parasitären  Sykosis  durch  Sublimatumschläge  und 
Einspritzungen  geheilt.  Ob  eine  allgemeine  Dyskrasie  in  vielen  Fällen  vorliege,  dafar 
kann  er  sich  nicht  entscheiden,  doch  macht  er  auf  die  Fälle  aufmerksam,  wo  die 
Sykosis  auch  an  den  Wimpern,  Augenlidern  und  am  Mons  veneris  vorkommt. 

X.  Hoffmann-BerUn, 


570 


Referate. 

A.  M.  Brown  M.  D.  Einige  Betrachtungen  ttber  die  kontagiösen  Big«- 
Schäften  der  Lepra  in  bezug  auf  Infektion  mit  Syphilis  nnd  Vaccine. 

Ein  Eesum6  dieser  23  Seiten  umfassenden  Abhandlung  läfst  sich  am  besten  mit 
den  Worten  des  Verfassers  geben: 

Lepra  ist  eine  Krankheit,  welche  noch  jetzt  eine  hervorragende  Stelle  in  der 
Liste  menschlicher  Gebrechen  einnimmt  und  welche  zwar  für  gewöhnlich  nicht  in 
Form  einer  Epidemie  auftritt,  aber  doch  gelegentlich  eine  derartige  Ausdehnung  ge- 
winnen kann.  Trotzdem  die  ersten  Beobachtungen  über  dieses  Leiden  aus  den  aller 
frühesten  Zeiten  stammen,  sind  dessen  Ursache  und  Entstehungsweise  auch  jetzt  nodi 
unbekannt.  Jedenfalls  entsteht  dasselbe  nicht  spontan ;  es  ist  spezifischer  Natur  und 
beruht  auf  der  Einwirkung  eines  ganz  bestimmten  bakteriellen  Körpers.  Femer  ist 
es  sicher  kontagiös  und  kann  auf  verschiedenerlei  Weisen  übertragen  werden;  von 
den  Ubertragungsarten  sind  einige  bekannt.  Das  Leiden  ist  ausschliefalich  auf  den 
menschlichen  Organismus  beschränkt,  und  das  einzige  Mittel  der  Übertragung,  wie  es 
scheint,  beruht  in  der  direkten  Berührung  des  einen  Menaohen  mit  dem  anden, 
weswegen  man  aach  eher  beim  Studium  des  einzelnen  befSedlenen  Individuums  Auf- 
klärung über  die  Infektionsweise  erhalten  wird  als  aus  Eigentümlichkeiten  der  Base 
oder  des  Landes. 

Wenn  nun  auch  die  Entwicklung  des  Kontagiums  verschiedene  Modalitsten 
aufweist,  so  läfst  sich  sicherlich  eine  Übertragbarkeit  mittels  Syphilis  und  Vaccine 
nicht  abstreiten.  Überall  wo  Lepra  in  den  letzten  Jahren  in  Länder  oder  Gemeinden, 
die  mit  diesen  beiden  letztgenannten  Geschenken  der  modernen  Civilisation  gesegnet 
sindi  eingeschleppt  worden  ist,  hat  diese  Thatsache  eine  stark  begründete  Unter 
Stützung  an  der  fest  eingewurzelten  Überzeugung  der  grofsen  Masse  der  Bevölkerung 
betreffs  dieses  Verhaltens  erhalten,  und  auch  viele  unparteiische  ärztliche  Beobachter 
teilen  diese  selbe  Ansicht. 

Die  Ursache  und  Entstehung  der  Syphilis  (grofse  Blattern)  ist  ebenso  unerforscht 
geblieben  wie  diejenige  der  Lepra,  jedoch  sind  die  beiden  infolge  gelegentlich  vor 
kommender  Ähnlichkeiten,  welche  auf  eine  gewisse  Affinität  zu  deuten  scheinen,  nicht 
selten  miteinander  zusammengestellt  worden.  Desgleichen  ist  die  Ursache  und  Ent- 
stehung der  Vaccine  (oder  Kuhblattem)  ebenso  wenig  festgestellt  wie  diejenige  irgend 
einer  dieser  beiden  Affektionen,  aber  hier  wieder  ist  infolge  gelegentlich  beobachteter 
Ähnlichkeiten,  die  auf  Verwandtschaft  mit  Syphilis  hinweisen,  eine  GleichsteUnng 
beider  versucht  worden.  Welche  nun  auch  der  Stammbaum  oder  die  Familienrer- 
wandtschafb  dieser  drei  Krankheiten  sein  möge,  so  sind  sie  jedenfalls  lange 
genug  hinreichend  gesondert  gewesen,  um  als  distinkte  Krankheiten  jede  für  sich 
hervorzutreten,  un  des  kann  sogar  bei  gegebener  Gelegenheit  die  eine  auf  dem  Boden 
der  andern  sich  entwickeln. 

Hier  wie  anderswo  wird  Jekkbbs  und  Pasteubs  prophylaktisch-pathologische 
Homöopathie  zu  schänden  gemacht.  Das  Wesen  der  Lepra,  das  für  das  Virus  der 
Syphilis  und  der  Vaccine  empfanglich  ist,  besitzt  die  Fähigkeit,  sich  durch  deren 
Vermittelung  zu  übertragen,  so  dais  diese  spezifischen  Krankheiten  an  einem  and 
demselben  Individuum  parallel  und  gleichzeitig  miteinander  ihren  ungehinderten 
Verlauf  nehmen  können,  was  auch  thatsächlich  in  den  neuen  Lepragegenden,  wo 
SyphiUs  und  Vaccination  zuvor  verbreitet  waren,  des  öfteren  beobachtet  werden  kann. 


671 

Wie  man  yemanftigermafsen  annehmen  darf,  sind  die  Elemente  der  S3rphili8 
und  Vaccine  imstande,  bei  en^rer  Berührung  mit  ihrem  ursprünglichen  Erzeuger« 
der  Lepra,  eine  Steigerung  ihrer  selbst  einzugehen  oder  auch  das  konstitutionell 
lepröse  Leiden  intensiver  zu  machen,  wobei  ihre  speziellen  Eigentümlichkeiten  in  der 
G-esamtheit  der  Krankheit  sich  yermischen  und  verloren  gehen.  Die  Übertragung  der 
Xiepra  auf  S3rphilitische  Individuen  oder  auf  Gesunde  durch  Vaccination  hat  eine  noch 
ernstere  Bedeutung,  die  auch  ganze  Bevölkerungskreise  berührt.  Diese  Schilderung 
ist  keineswegs  etwa  ein  Phantasiegemälde.  Die  Lepra  ist  jetzt  viel  besser  erforscht 
und  von  den  Beobachtern,  welche  derselben  ihre  Aufinerksamkeit  zugewendet  haben, 
verstanden,  als  dies  früher  der  Fall  war.  Die  Pathologie  und  Übertragungsweise 
derselben  sind  mit  vollständig  neuen  Hilfsmitteln  und  üntersuchungsmethoden  sorg- 
fältig ergründet  worden.  Wir  wissen,  dafs  gewisse  äufserliche  Verhältnisse,  z.  B.  Entbeh- 
rangen  und  ein  der  Menschen  unwürdiges  Zusammenhausen  jedenfalls  die  Brutstätte 
dieser  S[rankheit  abgeben;  doch  wissen  wir  jetzt  auch,  dafs  sie  eine  kontagiöse  Er- 
krankung ist,  und  zwar  ist  das  Eontagium  hauptsächlich  ermöglicht:  1.  durch  direkten 
Kontakt  mit  Lepra  unter  den  obigen  Verhältnissen;  2.  durch  das  lepröse  Virus  des 
offenen  syphilitischen  Geschwürs;  3.  durch  die  Entnahme  lepröser  Lymphe  aus  den 
gewöhnlichen  Vaccinepusteln. 

Bei  ihrer  Hilflosigkeit  in  therapeutischer  Beziehung  stehen  der  Heilkunst  nur 
gewisse  allgemeine  Mafsregeln  zur  Verhütung  und  Bekämpfung  der  Seuche  zu  Gebote. 
Leider  beruhen  dieselben  auf  zwar  an  und  für  sich  einfachen  aber  in  der  Praxis 
schwer  durchzuführenden  Prinzipien:  einsichtsvolle  Einschränkung  der  Schutzpocken- 
impfnng,  möge  dieselbe  mit  menschlicher  oder  animaler  Lymphe  ausgeführt  sein; 
Mafsregeln  zur  Unterdrückung  der  Syphilis  und  des  Umgangs  mit  Syphilitischen; 
Durchführung  einer  genauen  Befolgung  der  Gesetze  der  öffentlichen  und  privaten 
Hygieine;  Verbesserung  der  Lage  der  ärmeren  Klassen;  schliefslich  unter  Umständen 
inhibitive  Schutzmafsregeln,  welche  aber,  weit  entfernt  von  der  barbarischen  Tyrannei 
vergangener  Jahrhunderte,  sich  wohl  vereinigen  lassen  mit  den  heiligen  Gesetzen  der 
persönlichen  Freiheit,  welche  in  diesen  Fragen  leider  so  häufig  aufser  acht  gelassen 
werden.  H,  LesUe  Roherts-London. 


Ütittetlnngen  aus  btr  txtUvatnx. 


Chronische  Infektionskrankheiten. 

Über  Tuberkulose  der  Zunge,  von  Dr.  B.  Baoikskt.  (Berl  klin.  WochewK^r. 
No.  14.)  In  der  Sitzung  der  Berl.  Med.  Gesellschaft  vom  8.  März  stellte  B.  einen 
dOj  ährigen  Patienten  vor,  der  an  tuberkulöser  Laryngitis  und  einer  Infiltration  beider 
Lungen  litt,  und  bei  dem  sich  vor  etwa  4  Wochen  am  linken  Seitenrande  der  Zunge 
ein  Geschwür  ausbildete,  welches  der  Patient  als  durch  Beiz  eines  Zahnes  entstanden 
angab.  Dieses  Geschwür  zeigt  folgende  Eigentümlichkeiten.  Es  ist  länglich,  etwa 
von  der  Gröfse  eines  Zehnpfennigstücks,  erscheint  etwas  zerrissen  aussehend,  in  das 
Gewebe  tief  hineingreifend,  mit  schmutzig  grauem  Sekret  bedeckt.  Die  Nachbarschaft 
ist  hochgradig  infiltriert,  und  man  kann  sich  überzeugen,  dais  in  der  Umrandung  des 


572 

Gefcbwürs  an  einzelnen  Stellen  kleine  graue  Knötchen  durchscheinen,  die  vollnindig 
den  Chrakter  der  Miliartuberkeln  an  sich  tragen.  In  dem  Sekret  iand  B.  Toberk^ 
bacillen.  X.  Hoffmatm-BerUn, 

Im  Verein  deutscher  Ärzte  in  Prag  sprach  Prof.  J.  Pick  unter  VorfShrong 
einiger  Fälle  über  tuberkulöse  Hantkrankheiten,  wobei  die  Verruca  necrogenica 
die  Leichenwarze,  die  Tuberculosis  verrucosa,  der  Lupus,  das  Scrofuloderma  und  die 
Tuberculosis  cutis  propria  verglichen  wurden.  Trotz  der  aUen  diesen  Formen  gemein- 
samen parasitären  Natur  (Tuberkelbacillen)  böte  doch  jede  einzelne  Foma  ganz 
differente  klinische  Erscheinungen. 

Die  lymphatische  Diathese,  die  Skrofulöse  und  die  Tuberknlose  in  der- 
matologischer  Hinsicht,  von  Prof.  H.  Leloib.  {Bulletin  medical.  Juli  1888.) 

In   diesem   interessanten   und   wichtigen   klinischen  Vortrag   studiert  Verf.  die 
Beziehungen   der   lymphatischen   Diathese,   der   Skrofulöse   und   der  Tuberkoloee  in- 
einander  und   kommt   zu  dem  Schlüsse,  dafs  die  Skrofulöse,  wenn  sie  nicht  Syphihi 
ist,   nur   eine  Abart  der  Tuberkulose  vorstellt.  —  Die  lymphatische  Diathese,    weldi# 
ein  normaler  und  vorübergehender  Zustand  der  ersten  Lebensjahre  ist  und  anatomiach 
durch   die   Erweiterung   der   Lymphräume   der   Haut   und  des  Unterhautaellgewebes 
charakterisiert  wird,  verschwindet  bald,  persistiert  sie  aber,  so  ist  sie  zwar  noch  kein 
krankhafter   Zustand,   kann  jedoch   dazu  führen.    Wer  mit  dieser  Diathese  behafUti 
ist   infolge   seiner   schwächeren   respiratorischen   Funktionen   und   seiner   geringeren 
Widerstandskraft   prädisponiert   zu   Katarrhen  jeglicher  Art,  zu  Impetigo,  Ekzemen, 
für   das   Eindringen   von   Parasiten,   deren   Aufnahme   durch  die  Vergröiserong  der 
Lymphwege  erleichtert  ist.   -   Da«   Ekzem,   die  Impetigo,  welche  rings  um  die  Öfl: 
nungen  lokalisiert  sind,  haben  bei  dem  Lymphatischen  nichts  besonderes,  als  dals  das 
Terrain  für  ihre  Entwickelung  und  langsame  Ausbreitung  prädisponiert  ist;   aber  sie 
öfifnen  das  Thor  für  den  Tuberkelbacillus,  wie  es  auch  andre  Kontinuitätstrennungea 
der   Oberhaut   thun,    wie   z.  B.  der  Favus.    Die  tuberkulösen  Einimpfungen  sind  zu- 
föllige,  und  es  brauchen   ebensowenig   die   Lymphatischen  Skrofulöse  zu  acquiriereiiy 
wie  gewisse  Skrofulöse  niemals  lymphatisch  waren.    —    Die   Skrofulöse  ist,   entg^ea 
den  Autoren,  nicht  durch  ein  besonderes  Aussehen  gekennzeichnet;   die  BeschrelbaBg 
darüber   ist   zu  unbestimmt  und  zu  allgemein  um  Wert  zu  besitzen.    Auiaerdem  und 
ebenfalls  entgegen  den  gewöhnlichen  Anschauungen  gibt  es  bei  der  Skrofulöse  keuM 
leichten   oberflächlichen   Erkrankungen,    sondern  Erkrankungen  mit  der  Tendenz  die 
Gewebe   zu   zerstören.    —   Wenn   man  von  der  Skrofulöse,  wie  sie  von  den  Antonn 
aufgefaist  wird,  die  lymphatische  Diathese,  die  durch  Tuberkelbildung  bedingten  Ver 
änderungen  und  die  Spätformen  der  hereditären  Syphilis  ausschliefst,  so  bleibt  nidtts 
mehr  übrig.  —  Die  skrofulösen  Geschwülste  sind  nur  lokalisierte  Tuberkulose,  wie  es 
die  Klinik,  die  pathologische  und  experimentelle  Pathologie  beweisen.  TrÜTt  man  mit- 
unter  skrofulöse   Geschwülste,   in   denen   sich   kein  Bacillus  findet  und  durch  deren 
Impfung   kein   positives   Resultat  erzielt  wird,  so  hat  man  gewifs  syphilitische  Affek- 
tionen vor  sich  gehabt.  —  Der  gewöhnliche  Lupus  ist  eine  tuberkulöse  Affektion  und 
weist  Verf.  auf  die  Gegenwart  von  Lupusknötchen,  welche  die  Narben  der  skrofnlosen 
Geschwülste  umgeben,  hin;   hier  ist  nach  ihm  die  wichtigste  klinische  Thatsaohe  und 
es   sei  zu  verwundern,   dafs  die   Autoren,   welche  die  tuberkulöse  Natur  des  Lnpas 
verteidigen,    dies   nicht   in   den    Vordergrund   ihrer   Beweisführung    gesetzt    hatten. 
Verf.    fafst  darauf  mit  grofser  Klarheit  die  Beweise  für  die  tuberkulöse  Natur  des 
Lupus  zusammen,   welche   herrühren   aus   der  pathologischen  Anatomie,   der  KUnik, 


57S 

dem  Experiment  und  dem  Bacillennachweis,  und  welche  er  selbst  durch  zahlreiche 
Publikationen  gestützt  hat.  —  Da  die  Skrofulöse  nur  eine  Abart  der  Tuberkulose  ist,  so 
xnufs  sie,  um  in  ihrer  Ausbreitung  gehindert  zu  werden,  energisch  behandelt  werden. 

Tavemier-LiUe. 

Über  die  Natur  der  atypischen  Varietäten  des  gewöhnlichen  Lnpns,  von 
Prof.  LsLoiB.  (Ännales  de  Dermatologie.  1888.)  Nachdem  er  auf  seine  eigenen  Unter- 
suchungen über  die  Natur  des  Lupus  hingewiesen  und  die  zahlreichen  Arbeiten  auf- 
f^ezählt,  auf  welche  er  sich  gestützt  hat  um  die  tuberkulöse  Natur  dieser  Affektion 
zu  beweisen,  setzt  Verf.  in  seiner  Denkschriffc,  welche  auf  dem  internationalen  Eon- 
grefs  für  Tuberkulose,  Juli  1888,  vorgelesen  wurde,  das  besondere,  atypische  Aussehen 
in  klinischer  und  pathologisch-anatomischer  Beziehung  auseinander,  welches  diese 
mildere  Form  der  Tuberkulose  der  Haut  annehmen  kann.  Er  hat  nachgesucht,  ob 
diese  atypischen  Varietäten  wohl  zum  gemeinen  Lupus  sowohl  in  anatomischer  wie 
in  ätiologischer  Beziehung  gehorten? 

Bei  einer  ersten  Varietät  zeigen  die  luposen  Knötchen  ein  fast  durchscheinendes 
Aussehen,   schliefsen   kleine   Cysten   ein,   welche   von   der  kolloiden  Entartung  eines 
Teils   des   Lupusgewebes   herrühren.     Schnitte  durch   dieselben   zeigen,   dais  sie  aus 
durch  Pikrokarmin  orange  gefärbten  Blöcken  bestehen  mit  den  Zeichen  der  kolloiden 
Entartung.     Diese   Blöcke   sind   nichts   anderes   als   die   zentralen  Teile  der  luposen 
Follikel.     Sie   schliefsen   sehr  häufig  eine  oder  mehrere  Biesenzellen  ein,  in  welchen 
und   in   deren   Nachbarschaft   man    mitunter   nach   langem   Suchen  in  einer  grofsen 
Zahl  von  Schnitten  einige  Tuberkelbacillen  finden  kann.    Diese  Knötchen  haben  fast 
keine   Gefaise.     Die   zahlreichen   mit   Stückchen    aus    diesen    luposen    Knoten    vor- 
genommenen  Impfungen   haben   bewiesen,   dafs  diese   Varietät   des   Lupus  nur  eine 
abgeschwächte    Form    der   Hauttuberkulose    ist      Diese    Varietät   könnte    man    die 
kolloide   nennen.   —  Bei  einer  2.  Varietät   stellt    sich   der  Lupus   unter   der   Form 
von    schlaffen,    gelatinähnliohen    Knötchen    dar,    welche    von    feinen,    mehr    oder 
weniger    verzweigten    Blutgefäfsen    an    ihrer    Oberfläche   durchzogen    werden.     Mit- 
unter  gibt   es   auf  der   Oberfläche   der   Knötchen   kleine,   durch   ihre   blasse   Farbe 
auffallende  Punkte,   welche   nichts   anderes    sind  als   kleine,    eine    schleimige  Masse 
enthaltende  Cysten.    Bei  dieser  Varietät  ist  das  lupöse  Infiltrat  diffus  verbreitet.   Die 
Rundzellen   sind   unregelmäfsig   in  der  Cutis  verbreitet.    Das  Bindegewebe  derselben 
hat   sein   faseriges   Aussehen   verloren   und  erscheint  wie  eine  gelatinähnliche  Masse. 
Die  elastischen  Fasern  sind  fast  vollständig  verschwunden.     An  einigen  Stellen  findet 
man   im   Bindegewebe   die    platten   Zellen  desselben  schleimig  verändert,  ebenso  wie 
einige  der  Bundzellen  der  Infiltration.    Blutgefäfse  sind  zahlreich  vorhanden  und   er- 
weitert    Ausnahmsweise   bilden   die   Rundzellen   grofse   Knoten,   in  denen  sich  sehr 
selten  Riesenzellen   finden;   Bacillen   meistens   nicht  zu   finden,  wenn  aber,  dann  in 
oder   in   der  Nähe   dieser   Zellen     Mitunter  zeigen  sich  interstitielle  Hämorrhagien, 
welche  sich  in  gewissen  Fällen  mit  der  schleimigen  Masse  der  Pseudo-Cysten  mischen. 
Auch  hier  haben   Impfungen   die   tuberkulöse   Natur  dieser  Varietät  des  gemeinen 
Lupus   bewiesen:   sie  möge   die  schleimige  oder  besser  myxomatöse  Form  des  Lupus 
helben.  —  Bei  einer  dritten  Varietät  zeigt  sich  der  Lupus  unter  einer  Form,  welche 
Verl   zusammen   mit  E.  Vidal   unter  dem  Namen  des  sklerosierten  Lupus  1882  be- 
schrieb.    Sein   klinischer   Charakter:   kleine,    harte,    bläuliche,    rauhe,    ofb   warzige, 
papillomatöse,   verhornte,   durch   Furchen   und   Spalten   getrennte   Knötchen.     Diese 
Geschwülste   vergehen,  indem   sie   eine   eingezogene   Narbe  hinterlassen,   um  welche 
sich  neue  harte   Knötchen   entwickeln.    In   Schnitten  bestehen  dieselben  aus  Binde- 
gewebsbündeln,    welche  konzentrisch   angeordnet  und  durch   wenige  Rundzellen  ge- 


574 

trennt  sind.  Gefafse  sklerosiert.  An  manchen  Stellen  der  Geschwulst  trifft  nuui 
mitunter  Knötchen  aus  Rundzellen  und  Biesenzellen  bestehend.  —  Nach  seiner 
Arbeit  von  1882  hat  Verf.  eine  Beihe  von  Untersuchungen  angestellt,  um  die  etwaige 
tuberkulöse  Natur  dieser  Art  von  Lupus  aufzudecken.  Es  gelang  ihm  dies  in  ex- 
perimenteller und  histologischer  Beziehung.  Und  zwar  fanden  sich  die  Bacillen, 
sehr  selten  hier  sind,  in  den  noch  nicht  vollständig  sklerosierten  Knötchen, 
sklerosierte  Lupus  ist  also  auch  eine  abgeschwächte  Form  der  Hauttuberkuloae.  Sr 
ist  für  die  Haut  dieselbe  Art,  wie  die  fibröse  Tuberkulose  für  die  Lunge. 

Tavemier-LilU. 

(übersetzt  yon  Dr.  Philippson  in  Hambun;.) 


Progressive   Ernährungsstörungen. 

Über  einen  Fall  von  MoUuscnm  fibrosum  mit  Neurofibromen.    Vor  der 

Olinical  Society  hielt  Dr.  Payne  einen  Vortrag  {Brit.  Med.  Joum.  16.  März  1889) 
über  einen  Fall  von  Molluscum  fibrosum,  welches  mit  Nervengeschwulstbildnng  kom- 
pliziert war.  Die  Haut  des  64jährigen  Patienten  war  fast  überall  mit  fibrösen  Oe- 
wächsen  bedeckt;  einige  derselben  sausen  breitbasig,  andre  gestielt  auf  der  Hant 
auf;  ihr  Volumen  variierte  von  Stecknadelkopf-  bis  Haselnufsgrölse.  Es  bestand  au- 
gesprochene  Pigmentierung  der  Haut,  stellenweise  mit  weifsen,  leukodermatinchen 
Flecken.  Neben  den  kutanen  Geschwülsten  fanden  sich  mehrere  subkutane  Gewächse, 
welche  aber  kleiner  als  jene  waren.  Diese  letzteren  waren  empfindlich  auf  Berührung 
und  standen  offenbar  in  Zusammenhang  mit  den  Nerven.  Aulserdem  bestand  eine 
gewisse  Muskelschwäche,  welche  auf  eine  Paresis  motorischer  Nerven  schlieüsen  liels, 
sowie  auch  Hyperästhesie,  welche  die  Beteiligung  sensibler  Nerven  bewies.  Eine 
Störung  im  Zentralnervensystem  lieiÜs  sich  nicht  nachweisen.  Patient  zeigte  grolse 
Schwäche,  ohne  dafs  dafür  eine  bestimmte  Ursache  angegeben  werden  konnte. 
Dauer  des  Leidens  15  Jahre.  Geistiger  Zustand  normal.  Symptome,  die  etwa  auf  eine 
Atrophie  der  jenseits  der  Tumoren  gelegenen  Nerven  hätten  schlielsen  lassen,  lagen 
nicht  vor.  Einer  der  kutanen  Tumoren  wurde  noch  intra  vitam  entfernt,  doch 
liefsen  sich  weder  mit  den  gewöhnlichen  Beagenzien  noch  mit  Osmiumsaure  Nerven 
fasern  erkennen. 

Dr.  Paynb  erwähnte,  dafs  Recklinohaüsen  zuerst  dieses  gleichzeitige  Vorkommen 
von  Molluscum  fibrosum  und  Neurofibroma  beschrieben  hat  und  die  Vermutung  aus- 
sprach, dafs  erstere  wirkliche  in  Zusammenhang  mit  Hautnerven  stehende  Tu- 
moren sind.  H.  Leslie  Roberts-Landon, 


Regressive  Ernährungsstörungen. 

Dr.  S.  BONA  stellt  einen  2djährigen  Patient  mit  Atarophia  hemifadalis  pro- 
gressiva im  ärztlichen  Vereine  zu  Budapest  (23.  Febr.  1889)  vor. 

Aus   der  Anamnese  geht  hervor,   dais  Pat.  in  seinem  3.  Lebeniyahre  an  einer 


575 

yereitemden  Drüsengeschwulst  unterhalb  des  Beines  litt.  In  seinem  5.  Jahre  über- 
stand er  einen  schweren  Typhns.  Ein  Jahr  später  bemerkte  seine  Umgebung  einen 
kleinen  weifsen  Fleck  in  der  Mitte  der  rechten  Gesichtshälfte;  dieser  Fleck  ver- 
grofserte  sich  später  fortwährend;   innerhalb   seiner  Grenzen  schrumpfte  das  Gesicht. 

In  3 — 4  Jahren  war  die  Schrumpfung  höchst  bemerkbar.  Pat.  verspürte  nie 
Schmerzen  im  Gesichte;  empfand  gleichmäfsig  kaltes  und  warmes;  nur  bemerkte  er 
daijB  die  rechte  Gesichtshälfte  nie  schwitzt.  Seit  einigen  Jahren  hat  Pat.  am  rechten 
Auge  häufig  Conjunctivitis. 

Die  Hautempfindung  ist  normal.  Die  gröbere  Muskelaktion  ist  intakt.  Die 
Mimik  fehlt  aber  in  der  rechten  Seite.  Der  Hautwiderstand  gegen  den  galvan.  Strom 
hat  sich  um  2  Milianpdre  verringert.  (Entsprechend  der  Verdünnung  der  Haut.) 
(Gyogyoszat  1889.  No.  9.)  Bona- Budapest. 


Pharmakologisches. 

Snblimat-Laaolin  als  Anüseptiknin,  von  Dr.  A.  GoTTSTsnff  in  Berlin. 
(Therap.  MancUsh.  No.  3.  1889.)  Bekanntlich  hat  Eoch  nachgewiesen,  dafs  die 
Karbolsäure  in  Ol  oder  Alkohol  gelöst  auch  nicht  die  geringste  desinfizierende  Wirkung 
ausübt.  Ebenso  verhält  es  sich  mit  den  andern  Antisepticis.  Verf.  hat  nun  die 
Antiseptica  mit  Lanolin  gemischt  und  gefunden,  dafs  sie  auch  in  dieser  Zusammen- 
setzung absolut  unwirksam  sind.  In  direktem  Gegensatz  aber  steht  das  Verhalten 
des  Sublimatlanolins.  Für  diese  Mischung  hat  er  experimentell  den  Nachweis- 
geliefert,  dafs  dieselbe  gerade  so  desinfizierend  wirkt,  wie  die  wässerige  Lösung  von 
Sublimat.  L.  Hoffmann^Berlin, 

Bromkallnm  ein  Antidotum  des  Jodofonns,  bezw.  des  Jods,  von  Dr.  G. 

Samte R  in  Posen.  {Berl  klin,  Wochenschr.  No.  15.)  An  einem  Patienten  beobachtete 
S.^  dafs  das  Brorokaliura  ein  Antidot  gegen  den  Jodismus  war,  weshalb  er  versuchte, 
solches  auch  experimentell  nachzuweisen.  Weder  eine  Kochsalzlösung  noch  eine  der 
andern  bekannten  Salze  waren  imstande,  bei  einem  Volumen  von  ca.  V>  eines  Bea- 
gensglases  und  Zusatz  von  10  Tropfen  Jodtinktur  das  Jod  dauernd  in  Lösung  zu 
erhalten,  dagegen  konnte  man  zu  gleichen  Volumen  Sol.  Kali  bromati  (1 : 3)  bis  zu 
50  Tropfen  Jodtinktur  setzen,  ohne  dafs  selbst  nach  Tagen  sich  das  Jod  aus  seiner 
Verbindung  mit  dem  Bromkalium  ausschied.  Auch  reines  Jod  brachte  er  in  Brom- 
kaliumsolution  zur  Lösung.  L.  Hofftnann-Berlin, 

Beitrag  zur  Kenntnis  der  Nebenwirkungen  des  Jod  (Jodkali),  von  Dr.  E. 
Malachowsei  in  Breslau.  {Therap.  Monatsh.  No.  4.)  Aufser  den  bis  jetzt  bekannten 
Symptomen  des  Jodismus  hat  Verf.  einen  Fall  von  Parästhesien  beobachtet,  und 
zwar  betraf  derselbe  einen  älteren  Mediziner,  der,  durch  vieles  Arbeiten  und  erheb- 
liche psychische  Aufregungen  ziemlich  nervös,  wegen  eines  Gumma  am  Kopfe  2  g 
Jodkali  pro  die  nahm.  Nach  einer  Woche  bereits  stellten  sich  anfangs  leichte,  dann 
sich  immer  mehr  verstärkende  Sensationen  an  beiden  Beinen,  vom  Knie  abwärts  bis 
in  die  Fufssohlen,  ein.  Es  war  ein  ununterbrochenes  Kribbeln  und  Ameisenlaufen  in 
den  Fufssohlen  anfangend  und  bis  ans  Knie  hinauf  sich  erstreckend.  Bei  Bewegungen  der 
Beine  trat  eine  geringe  Verminderung  ein.  Nach  Aussetzen  des  Jods  schwanden  all- 
mählich die  Parästhesien,  und  zwar  innerhalb  36  Stunden  vollkommen. 

Ein  zweites  Symptom,  das  Verf.   beim  Jodgebrauch   beobachtet  hat,   ist  Fieber^ 


576 

für  das  ebenso  wenig,  wie  für  die  Parästhesien  eine  Erklärung  gefunden  werden 
kann.  Hierzu  berichtet  er  über  2  Fälle,  bei  denen  das  Thermometer  eine  Temperatur 
bis  40,2  ^  nachwies,  und  die  nach  Aussetzen  des  Jod  sofort  abnahm. 

L.  HoffmannrBerlm. 


Arznei  ex  an  theme. 

Ohinlnexanthem.  Dr.  Bübney  Yeo  {Brit  med.  Joum.  16.  März  1889)  gab  vor 
der  Glinical  Society  of  London  einen  Bericht  über  konsekutive  Attacken  eines  Chinin- 
exanthems,  welche  er  an  sich  selbst  zu  beobachten  Gelegenheit  hatte.  Der  Ausschlag 
stellte  sich  zuerst  ein  zur  Zeit  als  er  wegen  eines  rhume  de  cerveaa  dreimal 
täglich  0,12  g  Chinin  einnahm.  Der  zweite  Ausbruch  trat  ein,  als  er  einige  Monate 
später  wegen  derselben  Störung  dieselbe  Therapie  befolgte.  Zum  dritten  mal  tnt 
der  Ausschlag  als  Folge  einer  Einzeldosis  von  0,18  Chinin  während  eines  Aafenthaiti 
in  Rom  auf.  Zum  vierten  mal  rief  Y.  dasselbe  Exanthem  hervor,  indem  er  nngetalir 
4  Monate  später  des  Experimentes  halber  zweimal  0,18  eines  chemisch  reinen  Chinin- 
Präparates  zu  sich  nahm.  Das  Eintreten  des  Exanthems  war  ein  promptes.  Sogar 
beim  Einnehmen  von  nur  0,015  desselben  reinen  Präparates  folgte  bald  ein  fonfter 
Ausbruch. 

Der  Ausschlag  stellte  sich  als  ein  einfaches  Erythem  in  GFestalt  von  nuregei- 
mäfsigen,  etwas  erhabenen  Flatschen  dar.  Die  Stellen  waren  auf  Berührung  nidit 
empfindlich;  auch  machten  sich  keinerlei  fieberhafte  oder  konstitutionelle  Symptome 
geltend.  Das  Erythem  beschränkte  sich  auf  die  unteren  Extremitäten  ohne  aick 
jemals  bis  aufs  Abdomen  hinauf  zu  erstrecken.  Andre  Symptome  einer  Chininintox^ 
kation  fehlten  gänzlich. 

Dr.  Tbo  wies  darauf  hin,  dals  er  schon  seit  Jahren  gewohnheitsmäOng  Chinin 
eingenommen  habe,  merkwürdigerweise  ohne  dals  jemals  irgend  welcher  Ausschlag 
durch  die  Einführung  des  Mittels  hervorgerufen  worden  wäre. 

H.  LesUe  Boberts-London. 


))erf4|iebenes. 


Dr.  Joseph  Schütz  in  Frankfurt  a.  M.  veröffentlicht  sein  VerfalireiL  snm  l»e8S«ni 
Nachweis  der  Qonokokken  durch  isolierte  Färbung  derselben.  Die  recht  gleich, 
mäfsig  und  dünn  hergestellten  Deckglaspräparate  kommen,  nachdem  sie  dreimal  durch 
die  Flamme  gezogen  sind,  für  einige  (5 — 10)  Minuten  in  eine  kalte  filtrierte  Lösung 
von  Methylenblau  in  5prozentigem  Karbolwasser.  Alsdann  werden  die  Präparate  in 
Wasser  abgespült  und  einen  Moment  (so  lange  als  man  langsam  1,  2,  3  zählt)  in 
Essigsäure-Wasser  (Aoid.  aoet.  dil.  5  Tropfen  auf  20  ccm  Aq.  dest.)  getaucht  und  sofort 
wieder  in  Wasser  abgespült.  Alsdann  sei  alles  im  Präparat  entförbt  bis  auf  die 
Gonokokken,  welche  deutlich  blau  blieben.  Es  empfehle  sich  jedoch,  die  entfärbten 
Präparate  noch  mit  einer  sehr  diluierten  wässerigen  Safraninlösung  zu  Überfarben. 

EckarUNümberg. 


577 

Die  Bestandteile  des  Eakaofettes.  Paul  Gbaf  (Ärch.  Pharm,  Bd.  226. 
pag.  830)  bat  auf  Veranlassang  und  im  Laboratorium  Professor  Hiloers  in  Erlangen 
das  Kakao  fett  einer  chemischen  Untersuchung  unterzogen,  da  die  bisher  über  diesen 
Gegenstand  vorliegenden   Arbeiten   wenig  Übereinstimmung  zeigen. 

KiNGZETT  fand  im  Eakaofett  eine  der  Laurinsäure  isomere  Saure  und  eine 
andere  mit  der  Zusammensetuung  C«^Hj,gO,,  die  er  Theobromasäure  nennt. 
Nach  ihm  soll  femer  die  Ölsäure  20  Vo  der  Fettsauren  betragen  und  die  Stearin- 
säure reichlich  vertreten  sein.  Freie  flüchtige  und  nicht  flüchtige  Säuren  konnte 
KiNOZETT  nicht  nachweisen.  Später  beschäftigte  sich  van  deb  Becke  mit  Versuchen, 
die  Theobromasäure  wieder  darzustellen,  ohne  jedoch  zu  positiven  Resultaten  zu  ge- 
langen. Die  letzte  ausführliche  Arbeit  lieferte  Tbaüb,  dessen  Untersuchungen  haupt- 
sächlich dahin  gerichtet  waren,  die  Existenz  der  Laurinsäure  und  Theobromasäure 
festzustellen.  Tbaüb  hegte  Zweifel  besonders  über  die  Existenz  der  letzteren,  weil 
dieselbe  hinsichtlich  ihrer  Zusammensetzung  der  Essigsäurereihe  angehört  und  doch 
nach  EiNGZETT  Eigenschaften  besitzen  soll,  welche  Säuren  dieser  Heihe  nicht  zu- 
kommen. Als  Resultat  der  TRAüBschen  Untersuchung  ergab  sich  denn  auch,  daüs 
eine  Theobromesäure  aus  dem  Kakaofett  nicht  isoliert  werden  konnte,  sondern  dafs 
letzteres  aus  den  Glycerylestem  der  Ol-,  Laurin-,  Palmitin-.  Stearin-  und  Arachin- 
säure  zusammengesetzt  ist. 

Grafs  Untersuchung  gipfelt  nun  in  dem  positiven  Nachweis  flüchtiger  Fett- 
säuren im  Eakaofett,  wie  der  Ameisensäure,  Essigsäure  und  Buttersäure, 
sowie  in  der  Bestätigung  der  TRAUBschen  Arbeit,  dafs  eine  höher  molekulare  Säure 
als  die  Arachinsäure  nicht  nachgewiesen  werden  konnte.  Femer  wurde  durch 
die  Magnesium-  und  Baryumbestimmungen  das  schon  früher  beobachtete  Vorkommen 
der  Ölsäure,  der  Stearin-,  Palmitin-  und  Laurinsäure  in  der  Form  der  Glyceride 
bestätigt.  Die  Prüfung  auf  unverseifbare  Substanzen  liefs  die  Anwesenheit  von  Cho- 
lesterin und  eines  nicht  näher  festgestellten,  hoch  molekularen  Alkohols  erkennen. 
Durch  umfangreiche  Aciditätsbestimmungen  bewies  Graf,  dafs  freie  Fettsäuren 
im  Eakaofett  nur  in  sehr  geringer  Menge  vorhanden  sind. 

Bei  der  Schmelzpunktbestimmung  hat  Graf  gefunden,  dafs  Eakaofett  verschie- 
dener Herkunft  beim  Schmelzen  im  offenen  Röhrchen  stark  voneinander  abweichende 
Resultate  lieferte,  dafs  hingegen  die  Bestimmung  im  geschlossenen  Röhrchen  nur  un- 
wesentliche Unterschiede  zeigte,  und  letztere  daher  mehr  zu  empfehlen  ist.  Der 
Schmelzpunkt  des  reinen  Eakaofettes  schwankt  zwischen  33,5  ^  und  34,5  ^ 

(Nach  Pharm.  Centralh.) 

Beiträge  zur  Chemie  der  Fette  nnd  Harze.  Eine  Reihe  von  Untersuchungen 
über  das  Ranzigwerden  der  Fette  sind  von  M.  Gböger  (Zeitschr.  f.  ang,  Chemie. 
1889.  Nr.  3)  gemacht.  Obwohl  dieselben  noch  nicht  abj^eschlossen,  so  geht  doch 
daraus  hervor,  dafs  man  sich  das  Ranzigwerden  der  Fette  so  vorzustellen  hat,  dafs 
dieselben  wahrscheinlich  durch  Wasser  in  Fettsäuren  und  Glycerin  zerlegt,  diese  aber 
gleichzeitig  durch  Luftsauerstoff  oxydiert  werden.  Die  Oxydation  mufs  sich  sowohl 
auf  die  Fettsäuren,  als  auch  auf  das  Glycerin  erstrecken,  da  letzteres  im  freien  Zu- 
stande nicht  nachgewiesen  werden  kann.  Die  Fettsäuren  zerfallen  hierbei  in  kohlen- 
stofifarmere,  sauerstoffireichere  Säuren,  welche  zum  Teil  der  Fettsäurereihe  angehören, 
aus  welcher  namentlich  Azelainsäure,  die  auch  bei  der  künstlichen  Oxydation  der 
Fettsäuren  mit  Salpetersäure  stets  auftritt,  hervorzuheben  ist. 

(Nach  Pharm,  Centralh) 


578 

62.  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und  Ante 

zu  Heidelberg 

17.— 23.  September  1889. 

Im  Auftrage  der  Gescbäftsführer  der  62.  Versammlang  dentscher  Naturfondier 
und  Ärzte  haben  wir  Vorbereitungen  für  die  Sitzungen  der  Abteilung  für  Dermt- 
tologie  und  Syphilis  (Abteilnng  22) übernommen  und  beehren  uns  hiermit  die  Heim 
Fachgenossen  zur  Teilnahme  an  den  Verhandlungen  dieser  Abteilung  ganz  ergebemt 
einzuladen. 

Gleichzeitig  bitten  wir  Vorträge  und  Demonstrationen  frühzeitig  bei  uns  an- 
melden zu  wollen. 

Die  Geschäftsführer  beabsichtigen  Mitte  Juli  allgemeine  Einladungen  zu  tct- 
senden  und  wäre  es  wünschenswert,  schon  in  diesen  Einladungen  eine  TJberaicht  der 
Abteilungs-Sitzungen,  wenigstens  teilweise,  veröffentlichen  zu  können. 

Dr.  Flbinbr,  Dr.  Dihki«br, 

Einführender  Vorsitzender.  Schriftführer. 

Heidelberg,  Bohrbacherstrafse  22.  Akademisches  KrankenhaiüL 


Blumenbachsches  Stipendium. 

Zufolge  eines  vom  Königlichen  Universitäts -Kuratorium  ergangenen  fieskriptes 
ist  der  verfägbare  Fonds  des  BLUUBNBACHschen  Stipendiums  auf  Mk.  1800  ange- 
wachsen, so  dafs  dasselbe  wiederum  einem  jungen,  durch  vorzügliche  Geiatesigibai 
sich  auszeichnenden,  aber  unbemittelten  Doctor  medicinae  als  Beisestipendium  zuer- 
kannt  werden  kann.  Kompetenten  haben  sich  vor  Ablauf  eines  halben  Jahres  an 
die  medizinische  Fakultät  zu  Göttingen,  welcher  dieses  mal  die  Verteilung  zukommt 
zu  wenden,  derselben  Zeugnisse  über  ihr  Betragen  und  über  ihren  Mangel  an  Ver- 
mögen, sowie  ihre  Inaug^ral-Dissertation  und  was  sie  sonst  etwa  haben  droekea 
lassen,  portofrei  einzusenden,  dabei  den  Umfang  und  Zweck  ihrer  wissenschaftlicheo 
Reise  zu  entwickeln.  Wer  das  Stipendium  erhält,  muiJB  bestimmt  dafür  ein  Jahr  inf 
Beisen  sein. 

Göttingen,  den  31.  Mai  1889. 

W.  Ebstkut, 

d.  Z.  Dekan. 


Zur  gefälligen  Beachtung. 

Mit  diesem  Hefte  schließt  der  achte  Band  der  Monatshefte  für  pral- 
tisdie  Dermatologie;  die  dazu  gehörigen  Begister  werden  in  Küree  nadi- 
geliefert. 

Um  Störungen  im  Empfang  der  Fortsetzung  zu  vermeiden^  werden 
die  verehrlichen  Abonnenten  um  rechtzeitige  Erneuerung  ihrer  Abonme- 
ments  ersucht. 

Verlag  von  LOOpOld  VOBB  in  Hamburg  (tmd  Lelpsig). 
Drnek  der  YerligsanetaU  nnd  Drnckerel  Aetlfn-Geielltchaft  (vonnals  J.  F.BIehter)  in  HaBtmig. 


J 


Sachregister. 


(Die  römlfchen  Zahlen  besleben  rieh  auf  die  Erginzongshefte  dea  Jahifangee.') 


Acarus  522. 

Addisonsche  Krankheit,  Beitrag  zur  patho- 
logischen Anatomie  der  (Kahl den) 
138 ;  —  zur  Pathologie  der  (Nothnagel) 
370. 

4dep8  snillns,  Verfalschnngen  des  191. 

Ätherische  öle  189. 

Akne  289.  301.  319;  —  Beitrag  zur  Ana- 
tomie der  (Leopold)  285;  —  Behand* 
Inng  mit  Besorcinsalicylseife  I.   24.  32. 

—  pilaris  arthritica  266. 

—  yarioliformis,  Behandlung  mit  Sublimat- 
pastenstift 196. 

Aktinomykose,  über  (Baracz)  331;  — 
(Ullmann)  180, 

Algodermatitis  471. 

Alkali  in  der  Seife,  freies  I,  11. 

Alopecia  areata,  über  (Joseph)  319.  338; 
(Napier)  473;  (Besnier)  322;  — 
Ätiologie  und  Prophylaxe  der  (M  e r k  1  en) 
479;  —  Nervenlasion  und  Haarausfall 
mit  Bezug  auf  (Behrend)  385;  —  nach 
Operation  am  Halse^^Fall  von  (Pon- 
toppidan)  51;  —  Wesen,  Behandlung 
und  Prophylaxe  der  (B-uchin)  140;  — 
Beitrag  zur  Kenntnis  der  (Loriot) 
140;  —  nach  heftigen  Körpererschüt- 
terungen  384. 

—  pityrodes  141;  —  Entwickelung  der 
204. 

—  neurotica  (Schütz)  384. 

—  totaHs  199. 
Angiektaaien  I,  44. 

Angiom  der  Zunge  (Germain)  180. 
Angioneurotische  Erkrankung  (Bronson) 

137. 
Anilinfarbstofife,   Absorption    der,    durch 

lebende  tierische  Zefien  (Martinott i) 

191. 
Ansäuern  der  Seifen  I,  21. 
Anthrarobin  bei  Psoriasis  235. 


Antiscabiosa,  Wirkung  verschiedener  auf 
die  einzelnen  Milbenspezies  der  Haus- 
tiere   (Müller)  399.  443. 

Antrophore  als  neue  Behandlung  der 
Blennorrhoe  (v.  Düring)  46. 

Aphthen,  Bednarscbe  188. 

Area  delsi  s.  Alopecia  areata. 

Areahaare,  Demonstration  von  Präparate 
von  (Behrend)  384. 

Arsenik  bei  Sarcomatosis  79 ;  —  in  reinem 
Glycerin  (Ritsert)  431. 

Arthritis  rheumatica,  Muskelatrophie,  Haut- 
und  Nägeldeformitäten  und  Ernährungs- 
störungen bei  (Garrod)  36. 

—  bullosa  173. 
Arzneiverordnungslehre    für    Studierende 

und  Ärzte,  Kompendium  d«r  (Kobert) 
30. 

Arztlicher  Verein  zu  Wiesbaden  472. 

Atlanten  der  Hautkrankheiten  im  allge- 
meinen und  über  einen  internationalen 
Atlas  seltener  Hautkrankheiten  im  be- 
sonderen (Unna)  311. 

Atrophia  hemi&cialis  progressiva  (Bona) 
574. 

—  narbenähnliche,  der  behaarten  Haut  201 . 
Atrophische   Stellen    der    Haut    (Span- 
nungsfurchen) 396. 

Aufgesprungene  Hände  I,  13. 
Augenliddefekt      infolge     eines    Gumma 
(Lewin)  318. 

Bacillenklumpen  in  den  Lymphwegen  des 

Rhinoskleroms  545. 
Bacillogene  Sykosis  (Tommasoli)  483. 
Bacillus  parvus  ovatus  489. 

—  sykosiferus  foetidus  489. 

Bäder,   Einflufs   der   auf  Queoksilberaus- 

scheidung  (Bor.ovski)  379. 
Blackwell-förperchen  222. 


'  ZxL  dieeem  Band  enehien  1  Ergiiunwftheft. 
Monatohefte. 


38 


680 


1 


Blasenaffektionen  304. 
Bli^enaussclilag  339;  —  durch  Chinin  248. 
Blasenzellen  s.  Wanderepithelien  132. 
Blattemabteilung  des  Karolinenspitals  zu 

Kolorsvar,  Ausweis  der  (Daday)  184. 
Blennorrhoe  der  Urethra  s.  Gk)norrhöe. 
Blennorrhagische  Affektionen  33. 
Blennorrhoea  neonatorum  (Legry)  388. 
Blumenbachsches  Stipendium  578. 
Bräunung  der  Haut  nach  Pyrogallol-  oder 

Besorcmbehandlung  (Schulz)  339. 
Brandnarben  I,  46. 
Brandschorfe,  minimale  404. 
British  medical  Journal  of  Dermatology 

48. 
Bromexanthem,   Zur  Kasuistik  des  (Sza- 

dek)  93. 
Bromidrosis  I,  43. 
Bromkalium   ein  Antidot   des  Jodoforms 

bes.  Jods  (Samt er)  575. 
Broo'sohe  Injektion  483. 
Browne-Körperchen  922. 
Babonen,  Klassifizierang  und  Behandlung 

der  (Culver)  194. 
Byssuazellen  211. 


Canities  praematura  869. 

Oarfounculus  malignus,  zwei  FSlle  ron 
(Kiss)  140. 

Oaveroitit  407. 

ChinineocaDthem  (Yeo)  576. 

Chininseife,  fiberfettete  I,  84. 

Chlormethyl  als  lokales  Anästhetikum 
(Feibes)  385. 

CSiolesteatom  286. 

Cholesterin  3.  429. 

Cholesterinfette  2;  —  in  den  Homzellen 
I,  11. 

Oholeatol  a 

Chorda  407. 

Chorio-Eetinitis  syphilitica  und  ihre  Be- 
ziehungen zur  Himarterienlues  (Os- 
walt)  44. 

Chromatophore  Wanderzellen  871. 

Chrytarobinseife  I,  18. 

Coccidien    bei   Epithelioma   contagiosum 

Oonjunktival'PemphiguB  (Morris  and  Bo- 

berts)  437. 
Conjunctivitis  bei  Ichthyosis  330. 
Contagion  co^jugale  de  la  Idpre  185. 
CopaiTabougies  ^7. 
Cystadenom,  das  Syringo-  (Török)  116. 


Dauer  der  Syphilisbehandlung  145. 
Deckende   Mittel  in  der  Behandlung  der 

Hautkrankheiten  (Guire)  38. 
Decubitus,  zur  Behandlung  des  (Ebstein) 

329. 
Defluvium  capiUorum  34. 


Deformitäten    der  Haut   und    "Nrngek   b« 

rheumatischer  Arthritis  (Qarrod)  96. 
Demodex  canis  444. 

—  foUiculornm  399. 

Dermatitis  exfoliativa  universalis  140. 141. 

—  herpetiformis  225.  226.  230.  267.  301; 
(Blasohko)  329. 

Duhrings,überdie(Brocq)ILTVi 

172.  224.  263.  410.  463.    m.  Teü  606L 

polymorpha  pruriginosa  chronica  171 

224.  263.  410.  m, 

acttU  506. 

Dermatologie,  Fortschritte  der  (Josepk] 
338. 

—  und  S^hiHdoIogie,  klininche  Seais- 
lung  für  (Manssurow)  34. 

—  Internationaler  Kongn^t  in  Paris  148. 
Dermatologische   Vereinigung    an    Berim 

818.  417.  521.  567. 
Dermatonosen,  bullöse  145. 
Dermatoryktes  mutans  448. 
<^  gallinae  444. 
Desinfektion  der  mentchKohea  Haai  mi 

Hände  135. 
Diabetes  insipidus,   wahnoheialiok  dmrA 

Syphilis  verursacht  (Manal)^  Ml. 
Diät  in  der  Behandlung  der 
Diagrnostische  NuXb  148. 
Diatoese,  lymphatisohe  572. 
DoppelkonuB  114. 
Dersalsohnitfc  165. 
Drüsenmuskeln  281. 
Drüsentumoren  I,  49. 
Drüsenleisten  391.  392. 


Eberthscbe  Gebilde  2ia  868.  369. 
Ekthyma    tenebrans    bei     eineia    Kiade 

(Baudouin  u.  Wickham)  479. 
Ekzem  289.  301.  304;   —    deren   düteti- 

sehe    Behandlung.    Bemerkungen   Wbtr 

(Schweninger)  288. 
Ekzembehandlung  (Bio  ho  ad)  140l 
Ekzema  chronicum  35. 

—  intertnginosum  I,  85. 

—  seborrhoicum  des  Handrückens  195l 

—  Behandlung  mit  EesorcinsaHeyls^ 
I,  24.  29.  31.  36.  50.  53;  —  Pilze  bä 
294. 

—  squamosum,  Behandlung  des  L  32;  — 
des  Handrückens,  Behandlung  (Unna) 
195. 

—  varicoBom  I,  45. 

Eigenwärme,   Qedanken  über  die  Begu- 

Berung  der  menschlichen   (FrohlicIO 

244. 
Eimersches  Organ  219. 
Einsenkungen  der  Homschicht  392. 
Eiterkokkeninfektion,     Behandlung     mit 

Sublimatpastenstifi  196. 
Elastische  Fasern,  eine  einfache  FSrbungt- 

methode  der  (Martinotti)  191. 


581 


-V  —  flrbimg  mit  OhroniKu«  u.  Stihiala 
(Ferim)  1», 

Heidin  I  11.  If ;  —  im  Kagel,  Vor- 
kommen des  80. 

^  «Bd  KfftttobTaliii  (Boisi)  l.  140. 

Bleidiiumktion  1^0. 

SUktrieohflr  Leltongiwidentond  dir  Htil 
98. 

ElektriatSt  in  der  Bohttadlnag  dtr  HmiI* 
knunUieiten  379. 

Elektrolyse  bei  üretbralstriktnren  (Biioe) 
287;  (Brown)  287;  —  btiXftntliom  18B. 

aepkttiiiMiB  Axibnm  (Felkin)  628:  ^ 
ffuifar»  Iftbü  mi^omdMrtri  (Horavetlk) 

I^dotkopia  (7. 

EnidennuhwpirpUd«,  BeiorQiBiei&  bei  I, 
84.  9». 

Epidermideisten  891. 

Spididymiüs  184;  *-  «onta,    Beh«idhui|f 

mit  dem  Thermok^nter  ^rerer)  192. 
BpitheKenwmidenmg  287. 
Epitheliom  77.  79.  178;  -*  derMmtlU»- 

drüetn  886;  ^  Behandlung  mit  alk»* 

lisoher    Seife  I.    17;    -—   mit   KaUmn 
•—  cUoncnm  diemoine)  177. 
Epithelioma  oontagioenm  (Neisiar)  40. 
Epitiielnerv«n  815. 
Epithelpignunt  (Aeby)  866. 
Epithelpraliferatioii  bei  Soabiat  868. 
I^ithefarinne  188. 
^n^diinm  88.  181.  184. 
Epolis  saroomatosa  71. 
Erbsjpkilif  b,  Syphilis. 
EvfriimBgw  184. 
Ergosterin  428. 
Ergotinseife,  überfettete  I.  44. 
Bmfihrongsetonmgen  der  Bant  und  Nagel 

bei  rhflwoaüsoher  ixtbritis  (Oarrod) 

86. 

Bmipel  184.  804;  ^  als  ünaoht  des 
Uerpes  65;  -^  Heilwirkong  auf  Oe- 
sehwülsie  (Bruns)  181.  ^  Wie  be- 
handelt die  nenere  DennatokMrie  241; 
•**  lur  Bahandlnng  des  ^anen- 
stein)  478;  (Preobraschenski)  484; 
(Shadkewitsoh)  424;  (Btrisover) 
424.  (Ebstein)  880;  -^  mit  Spiritns 
(Behrend)  881;  -^  Karbolgiunmischleim 
(Nolte)  881. 

Erythemformen  20L 

Erytheme ,    grofsere    oberflXchliohe    bei 

tiebris  recurrens  87;  —  mit  Odem,  reci- 

divierendes  137. 

—  infeotiosmn^  Beitrag  zum  Studium  des 
(Simon  und  Legrain)  478. 

—  ezsndatiyum  miutiforme  (Bosenthal) 
667;  —  Bacillen  bei  86 ;  —  polymorphum 
469.  510;  —  Phlebitis  bei  (Girode) 
480. 

—  scarlatiniforme  144. 
Ezzision  der  Initialsklerose  526. 


Fadenpilse  mit  Absekninung  von  Spoven* 

ketten    auf   unTersweigten    oder   yei^ 
cweigteu  atypischen  Fru^httrÜgerQ  298. 

Falte  der  Oberhaut  892, 

Farbe  der  Hautkrankheiten  au  «tudiereB} 

neue  Methode»  um  di^  (Leriseur)  MS. 
Flurbenireobiei    der  Federn   infolge   Ton 

Todesangst  147. 
Fasern,  marklose,  gab^t^tiga  219;  «lasH« 

sehe  191. 198, 
Favus  I,  60.  58.  484;  — <  der  Kopfhaul 

(Anderson)  472. 

—  vulgaris  und  Favus  herpetious»  Doppel« 
inlbftion  mit  Quincke)  49. 

Favusaussohli^  (Reynolds)  140. 
Febri«  herpetica    imt  multipleii    Saoter- 
soheinungen  611. 

—  recurrens,  H%utverlnderange|i  bei 
(B^na)  87. 

Fdrn^odidlosunffen,       Haltbarkelt      vou 

(Becker)  189, 
Fettsoifett  t  18. 
Ffttte  und  Barse,  Beitrag  lur  Chemio  4«r 

(Gröffer)  677, 
FbuemuQer  404. 
Fibrom^  derHaut,  darKaxT^  vndiHDg* 

lien  mit  Übergang  in  Sarkom,  multiple 

(Westphalen)  199, 

I^rosarkom  71. 

FQaria  medinensis  (van  Earltngen)  478. 

Fingeraffektion  bei  Pityrisis  pilarlii  105. 

Flääenbilder,  der  Oberhaut  und  Leder« 
haut.  Herstellung  von (Pbipp 9 oo)  889; 
Stfoktor  der  891. 

Flora  dermatolofica  I.  Abtl,  (Fortsetsg.) 
unter  Uitwirgung  von  H,  Grflndler, 
D.  V.  Sohlen  una  P»  Taenzer  hen^us- 
gegeben  von  P.  9.  Unna  298.  5^. 

Folliculitis  suppurativa  207. 
Follikuläre  Tuberkulose  s.  Tuberkuloea 
Fomo    rurale    im    Pallagragebieto    Ton 

Gradisca  435. 
Frost,  Mittel  gegen  291 ;  I,  46. 
Füllen  der  Se%  das  I,  15. 
Fnrchung  der  Efaut,  Anatomie  der  892. 
Furunkel    184;   —   des   Kuüseren  Gehor- 

ganges  87. 
Fursschweiise,     übelriechende     (Sprina) 

426.  575. 


Afinsehaut  99. 

Gkmglien,  verästelte  819. 

(hmglion  penis  nach  Trauma  des  erigier- 

ten  Gliedes  (Böna^  406. 
Gangrän,  symmetrische   (Smith-Shand) 

137.  292;  ~  trophoneurotische  (Elliot) 

243. 
GFebilde  der  Nagelzellen,  tropfenartige  88. 
Gehörgang,     Erankheiteu     des    äuTseren 

(Sexton)  87. 

88^ 


582 


Gelatine  bei  Hautkrankheiten  38. 

Gtolenkleiden  bei  Syphilis,  Seltenheit  der 
(Poncet)  333, 

Gelenksentzündungen,  skarlatinÖse  (B6- 
kai)  184. 

QefafBl&hmnng  292. 

Geachwürbildong  am  harten  Gaumen  bei 
einem  5  monatlichen  Kinde,  interessan- 
ter Fall  Ton  (Szontagh)  188. 

Geschwüre,  syphilitische  196.^ 

Geschwulst,  entzündlich  funjp^ose  61. 

Gesundheitspflege  auf  Kau£ra,hrteischiffen, 
Anleitung  zur  134. 

Glaires  286. 

Glyoerin,  Arsen  in  reinem  (Ritsert) 
431. 

Gommes  cancereuses  29« 

GonococcuB,  Phagocytenlehre  in  bezug 
auf  den  (Bumm")  193. 

Gonokokkennachweis,  Verfahren  zum  bes- 
sern (Schutz)  576. 

Gonorrhöe,  akute  387;  —  beim  Weibe 
und  beim  weiblichen  Kinde  (Hör and) 
193;  _  Pyamie,  die  Folge  einer  (Park) 
387;  —  Abortiykur  der  (Eively)  387; 
—  Behandlung  mit  Antrophoren  46; 
AntiseptisoheBehandlung  der  (Castel) 
179;  mit  Hg-Salicylat  93;  mit  heüsen 
Einspritzungen  (Brever)  192. 

Gonorrhoische  Infektion  des  Mundes,  Fall 
von  zweifelloser  (Cut  1er)  387. 

Granuloma  fiingoides  s.  Mykosis  fungoides. 

Grenzfurche  des  Nagels  132. 

Grundseife,  überfettete  I,  18. 

Gumma  am  Augenlid,  Defekt  infolge  eines 
(Lew in)  318;  —  retromuköses  148;  — 
syphiliticum  auf  der  Kopfschwarte  im 
44.  Jahre  der  bestehenden  Syphilis 
(Huguet  und  Audain)  480;  —  des 
Penis  407.  427;  —  tuberkulöse  475. 

Gummiknoten  am  oberen  rechten  Augen- 
lid (Lewin)  319. 

Guttaperchapflastermulle  30.  38.  45. 


Haarausfall,   Dr.  M.  Josephs  atrophischer 

(Samuel)  187. 

Haarbalgtrichter,  AusguTs  des  200. 

Haarbouquets  205. 

Haarbüschel  199. 

Haarkreise  200.  201. 

Haarkuren,  über  (Lassar)  141. 

Haarmanschetten  198. 

Haarschwund  s.  Alopede. 

Haarveränderungen  bei  Alopcia  areata  323. 

Haarpigment  (Biehl)  366. 

Hämorrhagien  der  Haut  bei  febris  recur- 
rens 37;  —  bei  Liehen  ruber  251. 

Hände?  Wie  konserviert  der  Arzt  seine 
(Meyer)  338. 

Harn,  kunstlose  Präliminarprüfung  des, 
auf  Zuckergehalt  (Hager)  432. 


Harnblase,  Hirnzentren  Ütr  die 
der  (Bechterew    und    Mislawaky] 
136 ;  —  Kupfeiveld  8«it  9  Jahraa  iü  der 

(Prochnow)  4öl. 

Hajnrohrenblennorrhöe,  Eanmknalkmt- 
gen  im  Verlaufe  der  (Glnzintki)  426L 

Hia>nrOhrenfltee,  zur  Pathologie  der 
(Bona)  426. 

Hamröhrenroiralen  47. 

Harze  und  Fette,  Chemie  der  (Gröger) 
577. 

Harzseifen  I,  14. 

Haut,  elektrischer  Leitungswidertiaiid  der 
93;  —  zur  Desinfektion  der  menedi- 
liehen,  mit  besonderer  Berücksichti- 
gung der  Hände  (Landsberg)  185;  — 

.  und  Nägel,  Deformitäten  und  firnak- 
rungsstörungen  bei  riieumatiselier  Ar- 
thritis (Garrod)  36. 

Hautanatomie  in  den  letzen  5  Jahren,  die 
Fortschritte  der  (Unna).  IV.  Der  Na^el 
79.  129.  V.  Die  Nerven  210.  256.  VL 
Pigment  966. 

Hautarterien    des   mensohlichen  Korpers 

(Manchot)  281. 
Hautbräunung  nach  Pyrogallol  oder  Be- 

sorcinbehandlung  (Sohuiz)  889. 
Hautendtpfindungszentren    in    der    Binde, 

Lokalisation  der  (Dana)  136. 
Hautentzündungen,  infektiöse  207. 
Hautfd^I,  n. 
Hautgeschwülste,    melanotische   (Heitz* 

mann)  138. 
Hautgeschwüre,  tuberkulöse  (V alias)  42L 
Haul£ämorrhagien  bei  febris  reonrrensST; 

—  bei  Liehen  ruber  251. 
Hautjucken  35. 

Hautkrankheiten  aus  der  dermatologischen 
Poliklinik  von  Prof.  EÖbner,  drei- 
tausend Fälle  von  (Block)  48;  — 
deckende.  Mittel  in  der  Behandlung  der 
(Guire)  38;  —  einige  warnende  Winke 
bei  Behandlung  von  (Jackson)  386; 

—  tuberkulöse  572;  —  über  Atlanten 
von  311;  —  von  den  simuli«iien 
(Cisterne)  95;  —  Wasser  und  Elek- 
trizität als  therapeutische  Agenzien  bei 
(Sir  ski)  379;  —  neue  Methode  um  die 
Farbe  der  —  zu  studieren  (Leviseur) 
338. 

Hautkrebse  235. 

Hautnerven  210.  256;  —  beim  Menschen, 
Verbreitungsweise  der  (Eichhorst)  385. 

Hautödeme  ^7. 

Hautpemphigus  441. 

Hautpflege  134. 

Hautpigment  366 ;  Physiologie  und  Patho- 
logie des  (Ehrmann)  367. 

Hautsarkom,  Gumma  ähnliches  27;  — 
idiopathisches,  multiples,  pigmentloees 
(Bosin)  138;  —  klinische  Studien  über 
(Funk)  19.  60. 


683 


Hautschwellungen  als  Begleiterscheinun- 
gen der  Menstruation  und  der  Klimax, 
nerYose  (Born er)  497. 

Eautstorungen  nach  Kinderlähmung,  tro- 
phische  (Trissard)  186. 

Hautstriae  nach  Typhus  (Troisier)  179. 

Hautverändernngen  od  Fehris  recurrens 
(B6na)  37. 

Hautverförbnng  nach  Arsenikgebrauch  35. 
Heilmittel,  chinesisches  486;  —  Maximal- 
dosen neuer  Qß^ischer)  429. 
Hereditäre  Syphilis  s.  Syphilis. 
Herpes  oircinatus  266.  oll. 

—  facialis,  recidiTierender  (Anderson) 
472. 

—  febrilis  66;  —  bei  febris  recur- 
rens 37. 

—  —  generalisatus  509.  520. 

—  iris  469.  520.  567. 

—  labialis  54. 

—  phlyctaenoides  173.  267.  513. 

—  gestationis  518. 

—  pemphigoides  269. 

—  tonsurans  I,  36.  50.  53.  56;  —  ton- 
surans mit  Hydroxrlamin  behandelt  17. 

maculoBus   imiversalis  253. 

«-  zoster  55.  140.  804.  838.  492;  — 
abkürzende  Behandlung  des  (Unna) 
338;  —  doppelseitiger,  recidivierender 
(El Hot)  248;  —  nach  Arsenikbehand- 
lung (B6kai)  39.  253;--  nach  Kohlen- 
oxydffasvergiftung  (Sattler)  476;  — 
bei  Tuberkulose  (Sattler)  476. 

pectoralis  247. 

HexT)esarten,     zur     Infektionsfrage     der 

(Törok)  54. 
Herpesepidemie  55. 
Herpeseruptionen  338. 
Herpetide  exfoliatrice  universelle  140. 
Herzsyphilis  (Mauriae)  526. 
Himarterienlues,  Chorio-Retinitis  und  ihre 

Beziehungen  zur  (Oswalt)  44. 
Himsyphilis,  Gehirnchirurgie  bei  (Mace- 

wen)  336. 

Histologie  der  Haussäugetiere,  verglei- 
chende (Bllenberger)  280. 

Histologische  Technik  (Ran  vi  er)  279. 

Hitzausschlag  134. 

Hoggan-Korperchen  222. 

Homgebilde,  Untersuchungen  über  die 
Histiogenese  der  80. 

Hornfferüst  217. 

Homkegel,  zirkumpilare,  bei  Pityriasis 
pilaris  112.  114 ;  —  der  Haare  199.  201. 

Hompapeln  203. 

Hornsfiulchen  der  Follikelmündung  205. 

Homschicht,  basale  1. 

Huminsubstanzen  339. 

Hund,  roter  134. 

Hyaline  Zellen  bei  Rhinosklerom  531. 
542. 

Hydrargyrum  benzoicum  881. 


—  salicylicum,  zur  Kenntnis  des  (Mull er) 
304. 

Hydroa  267.  268.  510.  512.  514 

—  bullosa  175.  469.  510. 

—  herpetiforme  510. 

—  pemphigoides  225. 

—  purpurea  511. 

—  vaginalis,  Behandlung  der  (Helfer ich) 
481. 

—  vesiculosum  469. 

Hydroxylamin  als  neues  wichtiges  derma- 

totherapeutisches  Heilmittel  (Eichhoff) 

12. 
Hydroxylaminseife,  überfettete  I,  36. 
H]merkeratose    des   FoUikelepithels    206. 

^7.  286. 
Hyperidrosis  I,  43;  —  des  Gesichts  (Ray 

mond)  179. 
Hypertrichosis  401. 
Hyponychium  133. 

Ichthyol  bei  Erysipel  241;  —  und  Thiol 

(Reeps)  289.  300. 
Ichthyolseife  I,  18. 
Ichthyolwatte  als  Stypticum  167. 
Ichthyosis,  Behandlnnf^  mit  Reeorcinsalicyl- 

seife  I,  24;  Resorcinsalicylschwefelseife 

I,  29;  —  und  Conjunctivitis  (Buller) 

330. 

—  universalis  34. 

Ikterus  bei  febris  recurrens  37. 

Impetigo  304;  —  Kontagiosität  und  Pro- 
phylaxis der  (Olli vier)  178. 

~  contagiosa  338.  339.  I,  41;  —  mit 
Herpes  tonsurans,  Demonstration  von 
(Behrend)  331. 

—  herpetiformis  267. 

Induratio  plastica  corporis  cavemosi  penis 

406. 
Infektionskrankheiten,  Verbreitung  von339, 
Infiltrationsherde,  Köstersche  42. 
Injektion  Brou  433. 
Injektionsmethoden  bei  Syphilis  376. 
Instrument  zur  Gewinnung  von  Urin  aus 

jedem  Ureter,  ein  neues  (Stein)  237. 
Intercellularbrüoken  217. 
Internationaler  Kongreis  für  Dermatologie 

und  Syphiligraphie  in  Paris  142. 
Intertrigo  I,  43. 

Jod  und  Jodoform,  Bromkalium  als  Anti- 
dot des  575;   —   Nebenwirkungen  des 

(Malachowski)  575. 
Jodismus,  über  (Bradley)  38. 
Jodkalium,    Ausscheidung    nach   grofsen 

Dosen  (Ehlers)  428. 
Jodkaliumsalbe  189. 
Jodoform     und     Jodpräparate     (Neuss- 

Fischer-Yulpius)  431. 
JodoformdermatitiB  (Israel)  327. 
Jodoformgeruch,  Yerdeckung  des  432. 
Jodoformsalbe  bei  Sarcomatosis  79. 
Jodoformseife,  überfettete  I,  39. 


584 


Jodol  bd  innfirai  KAinkheit«!,  therapwi- 
tisclier  Wert  des  (Cervesato)  396;  — 
bei  tertiärer  Lues  885. 

Jodpräparate,  Bezepte  fVr  488. 

Jodolpraparate  189. 

Jodseife,  uberfettete  I»  48* 

Jodvergiftang  429. 

Iritis  ipimmosft  (Löwin)  818. 

Irrigationskatheter  für  die  HAmröbri)  «in 
neuer  (Lanz)  56. 

Jubilüuin»  dormatologitcbw  147. 

Joraboba  428. 

Eakaofett,  Bestandteile  dei  (Graf)  677. 
Kidkbeine  der  Hühner  443. 
Eampferseife  I,  18. 
Kan£roide  und   Leukoplakie  der  Mund* 

und  Vaginalschleimhaut  (Keoltts)  178. 
Ealomeldampfbäder  bei  Syphilis  81. 
Kalomelii^ektionen,    Diskreditierung   der 

388;  —  mit  tödlichem   Ausgang  427; 

•^  bei  Syphüis  s.  Syphilis. 
Karbunkel  134. 
Karzinom  der  Nase  838;  —  Tuberkulose 

oder  Lues?  148. 
Katheterismus  135. 
Keloid  des  Ohrläppchens  (Kikuci)  181; 

—  Fall  von  multiplem  (Smith)  405;  — 
multiples  idiopathisches  (Seydel)  425. 

Keratohyalin  und  Eleidin  (Buzzi)  1. 149; 

—  im  Nagel,  Vorkommen  des  80. 
KeratohyalinkÖmer  150;  chemische  Eeak* 

tion  150. 
Knickungsfurchen  396. 
Knötchen,  Friedländersohe  42. 
KnÖtchenausschlag   mit    Blaschenbildung 

(Lewin)  319. 
Knochenverdickungen  bei  Syphilis  (Bösen- 

thal)  568. 
Kömerschicht  1. 

Kokain  bei  Phimosenoperation  165. 
Kokosölseife  I,  13.  15. 
Kolloidlupus  573. 

Komedo,  Beitrag  zur  Anatomie  des  (Leo- 
pold) 285. 
Kondylom,   spitzes  341;   —    Behandlung 

des  breiten  nässenden  196. 
Kotaffreis  (VUt.)  ftbr   innere  Medizin  2U 

Wiesbaden  146. 
—  (HI.)  russischer  Ärzte   2u  Petersburg 

147.  376. 
Kratze  134. 
Krebs  und  seine  Diagnose,  Betrachtungen 

über  (Sohweninger)  287. 
Kreolinseife,  überfettete  I,  41. 
Krümmung  des  erigierten  Pe&ib  408. 
Kunstseife  I.  15. 

LAKosche  Zelleki  542. 

Lanoün  2.  4;  •—  in  den  HomzeUen  £,  11 ; 

—  als  BKcipietti  für  Extrakte  bei  der  Be* 
reitungy.8uppoeitori.en(Brotitain)  190. 


Lanölitiixgektion,  flüMige  886. 
LaaoKnsalben,  neue  (Stern)  886. 
Lanolinwaohspaste  886. 
Lanugohaare  bei  Pityrtasis, 

der  112.  118. 
Lederhaut,  Fl&ohenbilder  der  880. 
Leimpaiten  80. 
Leisten,    produktive   (Drnsenleistea)    und 

unproduktive  (Falten)  392.  394;  —  der 

Epidermis  391. 
Leistennetz  der  Stacheleehicht  89B. 
Leistensysteme  392. 
Leitungswiderstand  der  Haut,  elektriadier 

93. 
Leontiasis  68.  71;  —   ossea  (PrSnkel) 

138. 

Lepra  (Grane)475.  (Münoh)  36;—  lateote 
O^iöniff)  425;  —  bei  einem  Syphili- 
tischen (Kaposi)  185;  —  Hethtng  eines 
Falles  von  (Sandreczky)  508;  —  ein 
Fall  vott  (Babrock)  41. 

—  und  deren  Kontagioeitat  (Danbler) 
123;  ~  die  dagegen  notwendigenraiee  in 
Buisland  zu  ergreifenden  Ma/Gsregela; 
Infektiosität  der  (Münoh)  882;  —  übet 
Ansteckung  durch  piday)  185;  — 
Infektion  durch  Vacdnation  125;  —  ia 
beeug  auf  Infektion  mit  Syphilis  «nd 
Yaocine;  einige  Betraohtongen  über  die 
kontagiösen  ägenschaftea  der  (Brown) 
570;  —  in  den  Vereinigten  Staaten»  die 
Ausbreitung  der  (Allen)  41;  -*  Be- 
schlüsse der  Moskauer  Sektion  für 
Dermatologie  und  Syphilis  über  36; 
^  in  Italien  und  insbeBondere  in  Sioi* 
lien  (Ferrari)  32;  —  und  deren  Be- 
ziehungen zu  den  patholoffischen  Sto^ 
rungen  der  Haut,  Nierenaftektionen  \m 
(Bake)  553. 

Lepraerforschung  in  BuTsland  88L 

Lepraimpfung,  ufolffreiche  475. 

Leprastation  auf  Bobben-Ldaiid  124. 

Leptothrix  bncoalis  428. 

Leukaemia  cutis  65.  67. 

Leukomaine  475. 

Leukoplakie  und  Kankroid  der  Hund-  nnd 

Vaginalschleimhaut  (Beolus)  178. 
Liehen  pilaris  207;    —  fiknli(äie   Krank* 

heit  197. 

—  ruber  nlanus  243;  (Touton)  479; 
(Isaac)  522.  Weitere  Beitrege  zur 
Lehre  vom  (B6na)  245;  —  FUUmenbild 
bei  397 ;  —  penis  et  et  mucosae  oria  256. 

-^  ' —  aouminatus  243. 
atypicus  247.  249. 

—  «—  scarlatinifermis  246. 
comS  255. 

Lichengruppe  144. 

Liebermannsche  Beaktion  auf  OholesteriB 

8.9. 
Lingua  nigra  bei  Kindern,  zur  Atiologivder 

(Qundobin)  4^. 


686 


Lippentaberknlose  48. 

Lokale  Asphyxie  s.  GangrSn,  symmetriBche« 

LokomotivftUirer,  Biickenscbmerz  der  344; 
Ltmola,  weifse  Farbe  der  80. 

Lopas  Yolgaris  (Brocq)  185.  333.  434. 
I,  36.  44.  50.  53;  —  des  Gesichts  (Lipp) 
475;  —  Natur  der  atypischen  Varie- 
täten de«  gewöhnlichen  (Leloi  r)  573;  — 
Behandlung  mit  Sublimatpastenstift  196 ; 
Pflastermullen(Unna)^526;  —  mit  Hy- 
droxylamin  17. 

—  erythematosus  s.  TJlerythema  centrifu- 
gum. 

—  hypertrophicns  18. 

—  tuberculosus ,  eiterige  Form  des 
(Hallopeau)  475. 

Lykopodium  190. 

Lymphadenie  cutanße  61.  67.  380. 
Lymphgefftlsthromborierang  498.  536. 
Lympbodermia  perniciosa  68. 


Maceration  der  Haut  390. 

Magnesia  mit  Halogenen,  Verbindung 
der  190. 

Malleus  humidus  acutus  hominis  (Bona) 
182. 

Markhaltige  Nerven  219. 

Maschenwerk,  perifoUikaläres  202. 

Mastzellen  bei  Bhinosklerom  537. 

Mazimaldosen  neuer  Heilmittel  429. 

Medizinische  Seifen  I,  7. 

Melanosarkom  der  Haut,  primäres  74. 

Melanosarkompigment  75. 

Melamotische  Hautgeschwülste  s.  Haut* 
gesch  Wülste. 

Merkeische  Tastzellen  in  der  Haut 
(Bonnet)  224. 

Methämoglobin  16. 

Methylenblaureaktion  der  lebenden  Nerven- 
substanz (Ehrlich)  223. 

Mikroskop,  Mestersches  95. 

Mikuliczsche  Zellen  bei  Bhinosklerom 
222.  531.  542. 

Milbengang  bei  Scabies  362. 

Miliaria  rubra  et  alba  \  v  •   r  v  • 

-  crystaUina  /  *>«^  ^^^"«  '•«^^^ 
rens  37, 

Minimalbrenner,  ein  (Taenzer)  401. 

Mittelohrentzündung  37. 

Molesohottsche  Beution    auf  Cholesterin 

3.  9. 
Molluscum    contagiosum    s.    Epithelioma 

contagiosum. 

—  fibrosum  mit  Neurofibromen  (Payne) 
574. 

Muskelatrophie,  die  im  Verlauf  der  rheu- 
matischen Arthritis  auftretende  (Oarr  od) 
36. 

Muskelgeschwulst«,  syphilitische  (Bra- 
mann)  334. 

Matterzellen  der  Haarscheiden  7. 


Mykosenbehandlung     mit     medizinieohen 

Seifen  I,  29.  32.  34.  50.  53. 
Mykosis     fnngoides     60.     181;    (Stuko- 

wenkow)  380*  (Feibes)  521. 
Myelitis    syphilitica,    Fall   von    geheüter 

(Irsai)  240;  fibrosa  334. 
Myxödem,  Fall  von  (Laudouar)  39. 
Myzomatöser  Lupua  573. 
Myxosarooma  64. 


Naevus,  interessanter  secemierender  (Bey- 
nolds)  188. 

Nagel,  Anatomie  und  Entwickelungsge- 
schichte  des  (Unna)  79.  129;  —  beim 
menschlichen  Foetus,  Histogenese  des 
(Zander)  .  88 ;  —  Entwickelung  des 
menschlichen  (v.  Kollicker)  129;  — 
Entwickelung  und  ihre  Beziehungen  zu 
den  Digitalnerven,  die  frühesten  Stadien 
der  (Z and  e r)  85 ;  —  zur  Morphologie  des 
(Gegenbaur)  86;  —  nach  Ekzem,  voll- 
ständiger Ausfall  der  (S  her  well)  186;  — 
und  Haut,  Deformitäten  und  Ernährungs- 
störungen bei  rheumatischer  Arthritis 
(Garrod)  36;  —  und  Pferdehuf,  Wachs- 
tum des  menschlichen  (Henle)  81;  — 
Erallen,  Hufe  und  Klauen  der  Säuge- 
tiere, ein  Beitrag  zur  Morphologie  der 
(Boas)  86. 

Nagelbett  80.  88. 

Nagelfeld,  primäres  131.  132. 

Nagelgrund,  primärer  85.  87.  88.  131. 

Nagelmatrix  und  Verhomung  des  Nagels 
(Guldberg)  80. 

Nagelplatte  80. 

Nagelrinne  88. 

Nagelsaum  87.  88.  131. 

NagelverdickuDg  bei  Pityriasis  pUaris  108. 
111. 

Nagelvcrfarbung  nach  Arsenikgebrauch  35. 

Nagelverhomung  80. 

^-Naphthol  189. 

Naphtholseife  I,  18. 

Narben  ähnliche  Atrophie  der  behaarten 
Haut  201. 

Nasenhöhlenyerwachsung  durch  Syphilis 
525. 

Nasenrückenverbreiterung  und  Hervor- 
wölbung durch  eine  elastische  Geschwulst 
(Lang)  333. 

Natriumjodat  190. 

Natrontannatseife  I,  18. 

Naturforscherversammlung  (62.)  zu  Heidel* 
berg,  Sektion  für  Dermatologie  und 
Syphilis  147.  578. 

Neoplasma  fimgoides  61. 

Nephritis  parenchymatosa  im  Gefolge  der 
Varicellen  (Hogyes)  184. 

Neuritis  optica  specifica  (Horstmann) 
44;  —  peripherische  bei  Hautdeformi- 
täten 36. 


586 


Neurofibrome     bei    MoUuscam    fibrosam 

OPayne)  574. 
Neutrale  Seifen  I,  13. 
Nerv  und  Epithel  am  Froscblarvenschwanx 

(Frenkel)  213. 
Nerven  im   Epithel  (Frenkel)  214;  Kar 

pillaren,    der     kleinen    Arterien    und 

Venen  (Bremer)  218. 

—  markhaltige  219. 

—  marklose  219.  221. 

—  intraepitheliale,  marklose,  yariköse  219. 
Nervenendknopfe,   paarige,    intraoellulare 

210. 

Nervenendigungen  in  der  Haut  des  Frosch- 
larvenschwanzes (G  a  n  i  n  i)  21 1 ;  (Wo  1  ff) 
212;  —  im  Epithel  der  Kaulquappen 
(Mitrophanow)  212;  —  Beiträge  zur 
Kenntnis  der  zentralen  und  peripheren 
(Aronson)  223;  —  in  der  Schleimhaut 
und  im  Epithel  der  Säugetierzunge 
(Kosen berg)  223;  —  in  der  Haut  210. 
256;  —  der  Haut  (Mac  all  um)  218; 
(Hoggan)  219.  221. 

Nervenläsion  und  Haarausfall  mit  Bezug 
auf  Alopecia  areata  385. 

Nervensubstanz,  Methylenblaureaktion  der 
lebenden  (Ehrlich)  223. 

Nervensystem  der  Schnauze  und  Ober- 
lippe vom  Ochsen  (Cybulsky)  223. 

Netzhautentzündung,  spezifische  (Hirsch- 
berg) 44. 

Nierenaffektionen  bei  Lepra  (Bake)  553. 

Nodus  corporis  cavemosi  406. 


Oberhaut,  Beiträge  zur  Anatomie  der  389 ; 

—  Flächenbilder  der  389. 
Oberhautfelderung,   Zustandekommen  der 

392. 
Objekträger,  gerinnte  291 ;  —  nach  ünnall. 
Ödem,  akutes  zirkumskriptes  496. 

—  kachektisches  496. 

—  das  rheumatische  ohne  Gelenkser- 
scheinungen auftretende  (Coeur)  39. 

ödema  papulatum  292. 
Ödeme  der  Haut,  die  nicht  entzündlichen 
(Unna)  446.  490;  —  kollaterale  447; 

—  nervöse  459.  496. 
ölseifen  I,  13. 
Onychatrophia  senilis  529. 
Onychin  81.  134. 
Onycho-Atrophie  186. 
Onychogene  Substanz  80. 

Orchitis  gonorrhoica,  Trismus  und  Tetanus 
bei  (Samt er)  388. 

Osteosklerosen  bei  ausgeheilter  Tuberku- 
lose 568. 

Otitis  externa  circumscripta  37. 

Oxychinoterpen  3. 

«Oxynaphtoesäure  (Hei big)  385. 

Ozaena,  Perubalsam  bei  (Bosenbach) 
435. 


Pacinische  Korperchen  222. 

Papillom  178.  341 ;  —  des  Perineumt  243. 

Paralyse,  Zusammenhang  der  allgemein«K 

und  der  Syphilis  (Begis)  45. 
Paraphimose  165. 
Pasten  30. 
Pastenstifte  195. 
Pelades  pseudotondantes  323. 
Peliosis  rheumatica  473. 
Pellagra  besonders  in  Bumanien  (0  r  1  e  a  n  u) 

137;   —   in   der  Bukowina  ^luczen- 

ko)  327. 
Pellagragebiet  von  Gradisca,  Eroffiiung  des 

ersten  Fomo  rurale  435. 
Pemphigoide  Eruptionen  245.  249. 

Pemphigus  145.  304;  —  der  Goiganctiva 
(Schmidt-Bimpler)3dO;  —der  Haut 
und  Mundschleimhaut,  verbunden  mit 
essentieller  Schrumpfung  und  Pemphigin 
der  Konjunktiven  (Morris  und  Bo- 
berts)  437. 

—  acutus  469.  509.  510. 

—  arthriticus  174.  230.  265.  266. 

—  bullosus  generalis  268. 

—  chronicus  224.  434.  463. 

—  circinatus  173. 

—  diutinus,  kleinblasiger  226. 

—  haemorrhagicus  225. 

—  foliaceus  s.  vulgaris  440. 
~  insolitus  225. 

—  pruriginosus  226;  —  generalis  225. 
230;  —  acutus  511.  513. 

—  successivus  225. 

—  vegetans  (Crocker)  476. 

Pemphigusblasen  bei  Liehen  ruber  246. 

Perlgeschwülste,  Beitrag  zur  Histogenese 
der  (Buzzi)  286. 

Personalien  (v.  Du  ring)  434. 

Pflastermulle  bei  Lupus  526. 

Phagocytenlehre  in  bezug  auf  den  Gono- 
kokkus (Bumm)  193. 

Phenolquecksilber  (Andres)  432. 

Phlebitis  bei  Erythema  polymorphum 
(Girode)  480. 

Phimosenoperation,  Beitrag  zur  (Ihlc) 
164. 

Piedra  524. 

Pigment  der  Haut  366;  —  im  Haar  866; 
—  im  Epithel  366;  —  in  Epidermisge- 
bilden  371;  —  und  Oberhautgebüden, 
Entstehung  des  (v.  KöUicker)  372. 

Pigmentmal  66. 

Pigmentsarkom  74.  75;  —  der  Haut,  idio- 
pathisches multiples  21. 

Pigmentübertragung  371. 

Pigmentwarzen  75. 

Pigmentzellen    75.    868;    —    verzweigte 

372. 
Pityriasis  pilaris,  Fall  von  (Boeck)  97. 

—  rubra  98.  144.  248.  290;  zur  Diagno- 
stik der  (Schwimmer)  140. 

—  versicolor,  Behandlung  der  I,  34.  50. 


687 


Pocken,  Prophylaxe  der  (Erisclina)  332; 
— ProphyiaziB  n.  Desinfektion  bei  den  179. 

Polytrichie  34. 

Pompholyx  proriffinosas  173. 

Primäraffekt,  sypnilitiBcher  196;  —  Ezzi- 
Bion  des  418. 

Primitivschichte  des  Nagels  84.  85.  130. 

Prostataabscels  237. 

Prostitution  in  Finnland,  Strafen  der  147. 

Protojoduret  (Poncet)  238. 

Prurigo  379.  470;  —  Behandlung  mit  al- 
kalischer Seife  I,  17. 

Pseudolepra  (Ernst)  288. 

Pseudoleukaemia  cutis  65.  67. 

Psoriasis  vulffaris  35;  —  und  Lues,  Sym- 
biose der  35. 

—  buccalis  178. 
Psoriasisbehandlung  I,  29.  31.  32.  36.  50. 

53;  —  mit  alkalischer  Seife  I,  17; 
Resoroinseife  I,  24;  —  mit  besonderer 
Berücksichtigung  des  Anthrarobins 
(Andreae)  235;  —  Ätiologie  und  Be- 
handlung der  (Shoemaker)  330. 
Purpura,  Einfluls  der  Spannungsverhalt- 
nisse  in  den  Gefafsen  auf  die  Entstehung 
Yon  — ;  ruhige  Lage  der  Extremitäten 
und  (Hartmann)  474. 

—  rheumatica  (Osler)  473. 

—  sarcomatodes  72. 

—  urticans  473. 
Pustelbildung  bei  Scabies  363. 
Pyämie  nach  Gonorrhöe  (Park)  387. 


Quecksilber  nach  Sublimatvergiftungen, 
Lokalisation  des  (Ludwig)  429. 

Qnecksilberausscheidung,  Einfluls  der  Bä- 
der auf  die  (Borovski)  379. 

Quecksilberbestimmung,  Modifikation  der 
Witzschen  Methode  der  (Besohetni- 
kow)  377. 

Quecksilberintoxikation  mit  tödlichem 
Ausgang  nach  subkutanen  Kalomeli^jek- 
tionen  (Buneberg)  427. 

Quecksilbemachweis  nach  Färbringer 
305. 

Quecksilberpracipitatseife  I,  18. 

Quecksilberpräparat,  ein  neues  Hg-benzoi- 
cum  (Stukowenkow)  381. 

Quecksilbersalicylat  304;  —  Wirkung  auf 
Räudemilben  308;  —  als  Gurgelwasser 
189;  —  Resorption  von  granulierenden 
Wunden  308;  —  therapeutische  Ver- 
wendung des  (Plumert)  98.  94. 

Quecksilberverbindungen,  ammoniakali- 
sche  (Rammeisberg)  482;  —  Neben- 
wirkungen bei  Injektionen  unlöslicher 
(Lesser)  336. 

Quecksilbervergiftung,  Fall  von  (Vircho  w) 
189. 

Quecksilberwirkung  bei  Syphilis,  zur 
Theorie  der  (Gurin)  378, 


Radesyge  522. 

Räudemilben,  Wirkung  des  Quecksilber- 
salicylats  auf  308. 

Rankenneurome  139. 

Ranzigwerden  der  Fette  577. 

Raynauds  Krankheit  s.  Gangrän  (symme- 
trische). 

Reinigung  der  Haut  I,  11. 

Resorcin  bei  Erysipel  241. 

Resorcinsalicylseife,  überfettete  I,  23. 

Resorcinzersetzung  durch  Seife  I,  20. 

Rhabarberextraktseife  I,  18. 

Rhinosklerom  (Eeeg an)  522;  —  Fall  von 
(Bojew)  419;  (Stepanow)  421;  — 
der  Nase,  des  Rachens  und  des  Ober- 
armes (Pawlow)  420;  —  Beiträge  zur 
Histologie  des  (Mibe lli)  531;  —  Mikro- 
organismen bei  (Nikiforow)  419;  — 
Bacillen  541;  —  über  Impfungen  mit 
(Stepanow)  421. 

Rhinosideromzellen  531.  542. 

Riesenzellensarkom  71. 

Riesenurticaria  496.  500. 

Rosacea  301;  —  Behandlung  I,  30.  44. 

Roseola  bei  ifebris  recurrens  37. 

Roter  Schweüs  s.  Schweifs. 

Rotzfluls  183. 

Rückenschmerz  der  Lokomotivführer  244. 

Rupia  syphilitica  243. 


Salbenbasis^  eine  neue  (Wells)  433. 
Salicyl-EreoBot-Pflastermull  bei  Lupus  526. 
Salicylkreosotseife,  überfettete  I,  52. 
Salicylquecksilber  bei  Syphilis  94. 
Salicylresorcinschwefelseife,  überiettete  I, 

28. 
Salicylresorcinsohwefelteerseife,  überfettete 

I,  31. 
Salicylsäureseife  I,  18. 
Sapolanolin  386. 
Sarcoma,  Übergang  von  Hautfibromen  in 

139;  —  durch  Erysipelimpfung  geheilt 

181;   —    der   Haut,    klinische   Studien 

über  (Funk)  19.  60. 

—  multiplex  idiopathicum  gummatodes 
27;  —  idiopathicum  multiplex  (pig- 
mentosum) cutis  (Typus  Kaposi)  21. 

—  globo-cellulare  70. 

—  solitäres  idiopathisches  71. 
Sarcomatosis  cutis  61. 
Sarcoptes  cati  444. 

—  minor  399. 

Scabies  I,  41;  —  zur  Anatomie  der 
(Török)  360;  —  nebst  Bemerkung  über 
die  Behandlung  dieser  Affektion;  über 
die  Zunahme  im  Auftreten  der  (White) 
477. 

Scarenzios  Klinik,  aus  Professor  434. 

Scarlatina,  über  einen  Fall  von  traumati- 
schem Tetanus  mit  sogenanntem  chirur- 
gischen (Seh  äffe  r)  136. 


588 


ScarlatinÖBe  Gelenksentzrindungen  (B  6  k  ai) 
184. 

Schanker  auf  der  Wange,  Fall  von  pri- 
märem (Anderson)  208. 

Scharlach  s.  Scarlatina. 

Schleimhautpemphigos  437. 

Schleimhautverandeningen  bei  Dermatitis 
polymorpha  pruriginosa  410. 

Schuppen  der  Kopfhaut  I,  25. 

Schwangerschaftsnarben  235. 

Schwarze  Zunge  bei  Kindern,  zur  Ätiolo* 
gie  der  (Gundobin)  422. 

Schwefelbäder  von  Fätigorsk  382;  —  bei 
Quecksilberbehandlung  379;  —  Indika- 
tiouen  für  den  Gebranch  der  36. 

Schwefelseife  I,  18. 
SchweiXse  bei  der  Syphilis,  lokale  36. 
Schweifs,  roter  35. 
SchweiTsdrüsenadenom  117. 
Schweifsdriisenepitheliom  (Darier)  235. 
Schwellkörper,  Elnoten  und  VerhärtungMi 

in  den  406. 
Schwielengumma   das   weichen   Gaumens 

(Lang)  333. 
Schwitzen,  Charakter  und  Lokalisation  des 

37. 
—  bei    Morbus    Basedowii,     halbseitiges 

(Lew  in)  186. 
Schwitzkuren  bei  Sjphilis  (Badestook) 

336. 
Seborrhöe   301.   I,   25.    —   des    äuiseren 

Gehörganges  38. 
Seborrhoisches    Ekzem  s.  Ekzema  sebor- 

rhoicnm 
Seifen,   über  (Eichhoft)!;   —  neutrale 

I,  3 ;  —  saure  I,  21 ;  —  Zweck  der  1, 10. 
Seifenmethode  I,  57. 

Sekretionen    der   weiblichen    Urogenital- 
wege, verschiedene  (Eraud)  286. 
Senkun^furchen  der  Haut  392. 
Sensibilitätsanomalie  bei  Pityriasis  pilaris 

107. 

Simulierte  Hautkrankheiten  (C  i  s  t  e  r  n  e)  95. 
Sklerodaktylie  (Schwimmer)  187. 
Skleroderma,  Zur  Frage  über  die  Ätiologie 

des  (E  rb en)  92 ;  —  universale  (Bona)  39. 
Sklerodermie,  Beitrag  zur  Lehre  von  der 
•   (Schadewalt)    2^;    —    en    plaques 

326. 
Sklerosierter  Lupus  573. 
Skrofuloderma   verrucosum    (Anderson) 

472. 
Skrofulöse,  Tuberkulose  und  lymphatische 

Diathese  572. 

Skorbut  134. 

Sohlenhom  86. 

Solanum  paniculatum  428. 

Sommersprossen  76.  77.  78. 

Sonnenstich  134. 

Sozojodoltherapie,    Beitrag     zur    (Nitz- 

mann)  386. 
Spannungsfurchen  396. 


Sphaoelinsäure  I,  44. 
Sphaeria  sinensis  436. 
Spickmethode  bei  Lupus  529. 
Sporozoen  bei  Epithehoma  contagiosum  40l 
Spülapparat^  über  einen  einfachen  (Buisi) 

290. 
Stauungshyperamie  I,  45. 
StaunnffsÖdem  448. 
Stomatitis  epithelialis  178. 
Störungen,   JBeitrag   zur  Beurteilang  dar 

nach     heftigen    KörperersdiatteEungfin 

auftretenden  (Stepp)  384. 
Stria  gravidarum,  Flächenbild   der  397; 

—  Histologie  der  (MenStrier)  235;  — 
der  Haut  nach  Typhus  (Troisier) 
179. 

Struma  I,  49. 
Styraxseife  I,  18. 

Sablimatlanolin  als  Aniiseptikam  (Gott- 
stein) 575. 
Sublimatpastenstift  bei  Lupus   196.  5S8; 

—  bei  Akne  varioliformis  196. 
Sublimatseife  I,  18. 
Sublimatvemftungen,     Lokalisation    da 

Hg  nach  ^udwiff)  429. 
Sulfonal,     unangenehme    Nachwirkungen 

des  (Schotten)  137. 
Suppositorien,  Lsoiolin  als  Ezcipiens  der 

190. 
Sykosis,  baciUogene  (Tommasoli)  483. 

—  hyphogenes  I,  36.  50.  53. 

—  parasitoria  mit  Hydroxylamin  behan- 
delt 17. 

—  vulgaris  (Bosenthal)  568. 
Symmetrische  Gangrän  s. 
Syphilid,  serpiginöses  (Morrow)  186;  — 

pustulöses  319;  —  Wert  der  Anamnese 
bei  der  Diagnoee  tertiärer  (Sheid) 
186. 
Syphilidologie  und  Dermatologie,  Iriinische 
Sammlung  fur(Manssurow)  34;  —  in- 
ternationaler Eongreis  in  Paria  142. 

Syphilis,  über  Geschichte,  Natur  und  Be* 
handlung  der  (Mi  1  ton)  81;  —  and 
venerische  Krankheiten,  Lehrfondi  der 
(Neumann)  33;  —  Ürspnmg,  Ent^ 
Wickelung,  Gkmg,  verschlimmernde  um- 
stände und  Erfolg  des  Hg.  dabei  (Diday) 
237. 

—  in  BuTsland;  wünschenswerte  Binheit- 
lichkeit  beim  Sammeln  statistischer 
Daten   über   die   (Herzenstein)   378; 

—  in  ihrer  Bückwirkung  auf  die  Be- 
rufsanneen  im  Frieden  und  im  Kriege 
und  die  Möglichkeit  ihrer  thunlichsten 
Eindämmung  (Zemanek)  319;  —  Ab- 
nahme der  Bevölkerung  und  8.  (Adam) 
240. 

—  öffentliche  Prophylaxe  der  (Barthe- 
lemy)  481;  —  Notwendigkeit  der  Popa- 
larisation  der  Kenntnisse  über  die 
(Elzin)  379. 


589 


*—  acqmsita,  Spätformen  der  35;  —  der 
fossae  nasales,  BeitraA.ETiin  Studiun  der 
(Moure)  Ä34;  —  Yerwachsnnff  der 
Nasenliohleii  infolge  von  (Modroec- 
jewski)  526;  —  bkale  SohweiXae  bei 
der  86. 

—  und  allgemeine  Paralyse,  Zusam- 
menhang der  (R^^is)  45;  —  Selten- 
heit der  Gelenkleiden  bei  (Poncet) 
338;  -^  welche  ffrÖiste  Ähnlichkeit  mit 
Lepra  darbot,  Pau  von  sp&taufgetretener 
(Ohmann-Dumesnil)  240. 

—  In  welcher  Weise  sind  die  Säuglinge 
vor  Infektion  doroh  Ammen  zu  schützen? 
(Herzenstein)  380;  —  über  die 
Quelle  der  Infektion  bei  Männern 
gebüdetet  Klassen,  (Tschistjakow) 
379 ;  —  der  Eltern  über  den  EinfluTs 
auf  die  Nachkommen  bezüglich  deren 
Infektionsdisposition;  (Majew)  878; 
—  EinflulB  auf  die  SchwangerBchafit^ 
(Baude)  480. 

—  Vaccine  und  Lepra,  kontagiose  Eigen- 
schaften 570;  —  der  Trachea  und 
Bronchien,  tertiäre  (Mauriac)  239;  — 
des  Penis.  Fälle  von  tertiärer  (Bogol- 
jnbow)  427;  -^  Belatiye  Häufigkeit  der 
tertiären  186. 

—  hereditäre  (Neumann)  98;  (Bar- 
thSlemy)  526.  568;  —  des  Herzens 
(Mauriao)  626. 

Syj^lisbehandlnnff,  weichet  ist  die  beste 

(^rowczynski;  525. 
SyphiUsformen,  ungünstiffe  Wirkung  der 

Pätigorskschen  Schwefelbäder  auf  einige 

(Kulnew)  382. 
Syphiliskontagium,  über  die  Waadlnngen 

des  (Lanff)  -45. 
Symlisperioden,  über  die  Nomenklatur  der 

(Peteraen)  878. 

Syphilistherapie  (Lang)  45;  —  znm  Stande 
der  (Lassar)  335.  418;  —  Kritik  der 
Methoden  der  subkutanen  (Suchow) 
376;  —  mit  Injektionen  von  löslichen 
Hg-8alzen  in  Suspension  (Tschist- 
jakow) 877;  —  von  grauem  öl  (Trost) 
238;  —  Sublimatinjelrtiionen  fB  ermann) 
377;  —  mit  grofsen  SuDÜmatdosen 
(Ostreicher)  417;  —  mit  Hg-oxyda- 
tum  (Tschern ogulow)  377;  —  mit 
Hydrargyrum  benzoicum  381;  —  mit 
Kalomelinjektionen  (Finger)  45. 
(Lang)  46;  —  von  Hg-salicylat 
(Fischer)  94.  279;  —  Thymolqueck- 
silber  94;  —  Schwitzkuren  bei  (Rade- 
stock)  336;  —  Zittmanns  Dekokt 
bei  377;  —  Quecksilberwirkung  bei 
378. 

Syphilitische  Geschwulstbildungen  in  den 

Muskeln  (Bramann)  334. 
Syphilitisches     Exanthem      im     Gesicht 

(Lewin)  567. 


—  Stenose  der  Trachea  und  der  Bron- 
chien (Sokolowski)  474. 

Syphilographen  des  17.  JahrhundertSi  über 
deutsche  (Proksoh)  241. 

Syringoadenome  128. 

Syringo-Cystadenom  (TÖrok)  116. 


Tastapparat  der  Hand  (Kollmann)  890. 

Tastkörperchen  220;  MeiTsnersches  222. 

Tastmenisken  224. 

Tastzellen  221;  Merkels  222;  —  über  die 
Merkeischen  (Bonnet)  223. 

Technik,  histologische  (Eanvier)  279. 

Teerseife  L  18. 

Tertiärsyphilis  s.  Syphilis. 

Thöse  de  Dermatologie  der  Pariser  Fakul- 
tät im  Jahre  1887.  481. 

ThioL  zur  Kenntnis  des  (Buzzi)  300;  — 
und  Ichthyol  (Reeps)  289. 

Thiolsulfosänre  289. 

Tinea  circinata  473. 

Toilettepulver  433. 

Tonkingeschwür,  Bakteriologische  Unter- 
suchungen über  das  phagedänische 
(Boinet)  331. 

Trachealstenoee,  syphilitische  474. 

Traum  aticin  bei  Mautkrankheiten  38. 

Trichiasis  198.  441. 

Trichomykosis  nodularis  (Juhel-Benoy) 
524. 

Trichophyton  145. 

Tripperpistole  57. 

Tropfenartige  Gebilde  der  Nagelaellen  88. 

Trophische  Störung  der  Haut  nach  Kinder- 
lähmung (Trisaard)  186. 

Trophoneurotische  Gangrän  s.  Gangrän. 

TuberkelbacilluB,  Wirkung  verschiedener 
Gifte  auf  den  244. 

Tuberkulose  der  Zonge  (Poncet)  332; 
(Albertin)  332;  (Baginsky)  571.  — 
in  dermatologischer  Hinsicht,  lympha- 
tische Diathese  I  Skrophulose  und 
(Leloir)  572. 

—  follikuläre  42. 
^^  verruköse  42. 

—  granulo-kaseöse  42. 

—  lokale  333. 

Tuberkulöse  Hautgeschwüre  (V  a  1 1  a  s)  42 ; 
—  Hautkrankheiten  (Pick)  572;  —  Ul- 
ceration  an  der  Urethra,  nach  primärer 
Nierentuberkulose  (Michant)  332. 

Thymolquecksilber  bei  Syphilis  94. 


Überfettung  der  Seifen  I,  16. 
Übergangszellen  82.  85. 
Überproduktion  der  Follikel  205. 
U Iceration  der  Zunge,  imaginäre  (Poyet) 

179. 
Ulcus  molle  192.  381.  I  40. 


590 


—  phagedaenicnm  419. 

Uleryihema  ophryogenes  (Taenzer)  197. 

—  207. 

—  centrifdgam  207.  402. 

—  syooBiforme  207. 

Unterschenkelgeschwüre  196;  —  chroni- 
sche I  39;  —  Beitrag  zur  Behand- 
laog  chronischer  (Dippe)  285. 

ürethraleiter  236. 

ürethralstriktnren,  Elektrolytische  Be- 
handlung der  (Brice)  237;  (Brown) 
237. 

Ürethraltnberknlose  nach  primärer  Nieren^ 
tuherknlose  (Michant)  332. 

Urethritis  381.  386. 

—  anterior  57. 

—  posterior  57. 

—  chronica  57. 

—  memhranacea  (R6na)  426. 
ürethritisbehandlung     mit     Spfilkatheter 

56;  mit  Sappositorien  57 ;  —  mit  Salben- 
sonden 57. 

Urogenitalwege,  Terschiedene  Sekretionen 
der  weiblichen  (Eraud)  236. 

Urticaria  292.  379.  458. 

—  bullosa  469.  520. 

—  factitia  (Stern)  137. 

—  pigmentosa  (Touton)  472. 


Vaccine  und  Syphilis  kontagiose  Eigen- 
schaften 570. 

Vaginitis  386. 

Varicellen,  weiterer  Beitrag  zur  Lehre 
von  den  (Lipp)  182;  —  Nephritis  pa- 
renchymatosa  im  Gefolge  der  (Hogyes) 
184. 

Variola  haemorrhagica  182. 

—  syphilitica  240. 

Vaselin,  viskoses  Natur-  (Vulpius)  190; 
—  österreichisches  viskoses  Natur- 
190. 

Venerische  Krankheiten  und  der  Syphilis, 
Lehrbuch  der  (Neumann)  33;  —  Er- 
krankungen 134. 

—  Geschwüre,  Behandlung  mit  Hg-Sali- 
cylat  94. 


Verbrennung  304.  386;  —  anatomiMfae 
Befunde  bei  akuten  TodeefiQlen  nach 
ausgeddmten  (Frankel)  328. 

Vereinigung,  dermatologische  s.  Dennato* 
logisdie  Vereinigung. 

Verhomungsprozels,  Unterrochnngen  vber 
(Zander)  88. 

Verruca  papiUiformis  341. 

—  vulgaris,  Beitrage  zur  Anatomie  od 
Histologie  der  (Kuhneman n)  341. 

Vigopflaster  bei  Lupus  vulgaris  185. 


WallungshyperSmie  292. 
Wanderepithelien  im  Nagel  89.  132. 
Wanderzellen,  Pigment  mhrende  371. 
Warzen  341.  435. 
Wasser    in    der   Behandlung   der   Haut* 

krankheiten  379.  ^ 

Wasserglaafimis  529« 
Wolf  s.  Intertrigo. 
Wundgehen  I,  &. 
Wurzelblatt  des  Nagels  131.  133. 


Xanthoma  116;  des  Gesichts  34;  — 
trolyse  bei  139;  —  diabetioonim, 
einen  Fall  von  sogenanntem  (C 
168. 

Xeroderma  pigmentosum  75. 

Xerophthalmie  bei  Pemphigus  440 


fj) 


Zellenreaktion  216. 

Zentrifngierung  der  Seifen  I,  14. 

Zinkleime,  haiie  30. 

Zinkoxydseife  I,  18. 

Zirkumzision  165. 

Zittmannsches    Dekokt    als    QaeekaQber- 

präparat  bei  Syphilis  (Jakowlew)  377. 
Zoster  s.  Herpes  zoster. 
Zuckerham,  Präliminarprufung  des  432. 
Zungenangiom  (Germain)  IW. 
Zungentuberkulose    (Poncet)    332;    (AI- 

bertin)  332;  (Baginsky)  571. 
Zungenulcerationen,  imaginäre  179. 
Zwilligskonus  114. 


Namenregister. 


Die  mit  •  bezeichneten  Artikel  sind  Orlgl»al«pbelt«i-  Die  römtachen  Zahlen  berfehwi  •»« J  «■'  ^ 
dntlnzxingihefte.  Die  Namen,  hei  denen  keine  Arbeiten  angegeben,  sind  an  den  beaetehneteo  Stellen  Ton 
anderen  Autoren  genannt. 


Ackermann  76.  77. 

Adain,  A.,   Abnahme  der  BeTÖlkenmg 

und  Syphilis  241. 
Addison  870. 

Aeby  366.  368.  370.  871.  878. 
Albertin  332. 

Alibert  60.  181.  206.  343.  405. 
Allen,   Cb.   W.,    Die    Ausbreitung    der 

Lepra  in  den  Vereinigten  Staaten  41. 

—  471.  475. 

Alvarez  541.  542.  543.  544.  545.  546. 

Am  buhl,  G.,  191. 

Ami  eis  21.  62.  63.  64.  67.  68. 

Ammon  1dl. 

Andeer,  Justus  434. 

Anderson,  M.  C,  Recidivierender Herpes 

£BM!ialis  473;  Skrofioloderma  vermoosum 

473. 

—  Favns  der  Kopfhaut  472. 
-360. 

Andreae,  über  die  Behandlung  der 
Psoriasis  mit  besonderer  Berücksich- 
tigung des  Anthrarobins  235. 

Andres,  H.,  Phenolquecksilber  432. 

Antal  70. 

Araujo,  Silva  143. 

Arlt  441. 

Arnstein  220. 

Aronson  223. 

Ascherson  343. 

Aubert  332. 

Audain  u.  Huguet,  Gumma  syphiliticum 
auf  der  Eop&ohwarte  im  44.  Jahre  der 
bestehenden  Syphilis  480. 

Aufhammer  149. 

Augagneur  147. 

Auspitz  63.  64.  65.  74.  346.  348.  357. 
380.  I,  16. 


Babes  35.  555. 

Babrock,  J.L.,  Ein  Fall  von  Lepra  41. 


Baelz  32. 

V.  Bärensprung  344.  345.  358. 

Bäumler  442. 

Baginsky,  B.,  Tuberkulose  der  Zunge 

672.  *  .         , 

Baracz,    B.    von,   Über   Aktmomykose 

331. 

Bardeleben  408. 

Baretta  180. 

Barlow  168.  171.      „  ,      «      ,. 

Barth616my,  M.,  Öffentliche  Prophy- 
laxe der  Syphilis  481. 

—  Hereditäre  SyphiUs  526. 

—  360. 
Basedow  324. 

Bäte  man  344.  414.  469.  520. 

Baude,  E.,  Beitrag  zum  Studium  über 
den  Einflufs  der  Syphilis  auf  die 
Schwangerschaft  480. 

Baudouinu.  Wickham,  Ekthyma  tene 
brans  bei  einem  Kinde  479. 

Baumann  289. 

Baumes  344. 

Bazin  29.  60.  61.  62.  115. 116. 173.  174. 
175.  176.  178.  229.  263.  265.  266.  271. 
322.  346.  411.  464.  465.  469.  520. 

Bechterew  u.  Mislawsky,  Die  Hirn- 
zentren für  die  Bewegung  der  Harn- 
blase 136. 

Bednar  188.  „      .     ,       .^ 

Bohrend,  Behandlung  des  Erysipels  mit 

Spiritus  331.  _ 

Bohrend,  G.,  Demonstration  von  Im- 
petigo contagiosa  mit  Herpes  tonsurans 

331 

—  Demonstration    von    Präparaten    von 

Areahaaren  384. 

—  Über  Nervenläsion  und  HaarausfaU  mit 
Bezug  auf  Alopecia  areata  385. 

—  318.  319.  346. 
B  erder  75. 
Berg  346. 
Berger  141. 


592 


Bergeron  822. 

B  ermann,   SyphiÜBbehandlong  mit  sub- 
kutanen Sublunatiiijektionen  877. 
Bert,  P.  498. 
Bertarelli  143. 
Bertoni,  Q,,  434. 

Besnier,  K,   28.  29.  97.  142.  178.  185. 

228.  882.  402.  411.  412.  464.  469.  479. 

512.  518. 
Beurmann  66. 

Bevan  u.  Gross,  YerbinduQge^  von 
Magnesia  mit  den  Halogenen  190. 

Bidder  71. 

Bidenkap  664. 

Biesiadeoki  67.  70.  871. 

Billrotk  148.  291. 

Binz  12.  16.  80.  I,  45. 

Biroh-Hirsohfeld  408. 

Blaokwell  222. 

Blano,  H.  W.,  liykons  fungoides  181. 

Blascnko,  über  Dermatitis  Eerpetifonato 

329. 

—  83.  85.  846.  889.  391.  892.  883.  8M. 

Bus  216. 
Boas  80.  86.  134. 
Bockhart,  H.  483. 
Boeok  41.  554. 

*Boeok,  Caesar,  Ein  Fall  von  Pitj« 
riasii  pilaris  97» 

—  143. 
Boehme  157. 
Böhmer  ^.  538.  541. 

Born  er,  über  nervöse  Hautsohwellungea 
als  Begleitarschebiungen  der  Uenstrua- 
tion  und  der  Klimax  497. 

-.  498.  499.  500.  501. 

Bogata,  0.  de  524. 

Bogoljubow,  Fälle  tertiSrer  Syphilis 
des  Penis  427. 

B  o  i  n  e  t ,  Bakteriolog^he  UntertuchiHigen 
über  das  phagedanische  Tonkingesc^wur 
881. 

Bojew,  Fall  voii  Bhinosklerom  419. 

—  422. 

B6kai,  J.,  Drei  FlUle  Ton  Chorea  minor, 
Arsenbehandlung,  Herpes  zoster  89. 

—  Skarlatinöse  Gelenkentzündungen  184. 
BoUinger  40.  41. 

Balzer  142.  191.  828. 
Bonnet  220.  223.  224.  262.  280. 
Bony  509. 
Boriani  48%^ 

BoroYski,  Über  den  Einflufs  von  Bädern 
auf  die  Qoecksilberaussoheidung  379. 

Boulay  79. 

Bourguignon  864. 

Brächet  62. 

Bradley,  E.,  Über  Jodismus  88. 

Bramann,  Über  syphilitische  Geschwulst- 

bildungen  in  den  Muskeln  334. 
Bremer,  Die  Nerven  der  kleinen  Kapil- 


laren, der  kleinen  Arterien  und  YensB 

218. 
Brever,  Behandlung  der  Oonorriioe  192. 
Bristowe  468. 
Broca  337.. 
*  Brocq,   Über  die  Dermatitis  herped- 

formis  Duhrings    172.   224.   263.  4ia 

463.  506. 

—  Lupus  vulgaris  185. 

—  29.  62.  63.  64.  65.  97.  100.  107.  lia 
111.  227.  228.  229.  282.  510.  511. 

Brooke,  H.  0.  48.  88.  91.  338. 
Bronson,  Angioneurotische  Srkrmnknng 
187. 

—  177.  226. 

Broutin,  Lanolin  als  l&Loipiens  fOr  Bs- 
trakte  bei  der  Bereitung  von  Suppch 
sitorien  190. 

Brown,  A.  M.,  Einige  Betrachtungai 
über  die  kontagiosen  EtoensrJiaftws  dsr 
Leprt  in  beaug  anl  LiMctioa  pni  flff* 
philis  und  Vaccine  570. 

—  Wert  der  elektrolytisohan  Ptiilrtlnt 
der  üretbralstriktujreii  287. 

Brown,  G.  493. 

Browne  282. 

Bruns,   F.,  Dil  Htflwirkung  dea  trT' 

sipete  Mf  G«tohw«Me  181. 
Bryce,  C.  A.,   Elektrolyse   zur  Bahaad* 

hxhg  der  Urethralstrikturen  837. 
Buchin,  Über  das  Wesen  dar  Alqpiwi^ 

ihre  Behandlung  und  Pn^hylaxo  140. 
Bucquoy  179.  325. 
Bulkley,  L.  D.   66.  177.  825.  296.  8>a 

4£5.  466.  467.  468.  512. 
BulUr,  F.,   lohthyoiU  «nd   CoiüoMti- 

vitis  330. 
Bumm,  Die  FhageoytheBlahif  ia  baaug 

auf  den  Gonooocous  193. 
--236. 
Bunsen  480. 
Burdach  469. 
Buren,  van  407. 
^Buzzi,    Keratohyalin    und    Eloftdim   L 

149. 

—  Beitrag  zur    Histogenese  der  Perti^ 

tiwülste  286. 
ber  einen  einfachen  SpfiUppant  890. 

—  Zur  Kenntnis  des  Thiols  800. 

—  280.  353.  354.  355.  I,  11. 

Cajal  162.  217, 

Campana  434. 

Canini  211.  212.  213.  214.  215.  817. 

Carter  554. 

Cartier  152. 

Casper  57.  60. 

Castel,  du,  Über  die  antiseptische  Be- 
handlung der  Blennorrhoe  179. 

^Cavafy,  John,  Über  einen  Fsll  von 
sogenanntem  Xanthoma  diabetioorum 
168. 


698 


CazenaTe  116.  178.  224.  506.  511.  5ia 
CerTesato,  D.,  Ub«r  die  thenpeatiache 

Verweiidnng   des    Jodols   bei   inneren 

Krankheiten  386. 

Charoot  235. 

Chan  Sit  178.  267.  008.  611.  618. 

Chavel  70.  71. 

Ghiari  78.  185.  581. 

GhTOstek  186. 

Ci Sterne,  Von  den  simulierten  Haut- 
krankheiten 95. 

Glasen  626. 

Gloquet,  J.  474. 

Goenr,  H.,  Das  rheomattache,  ohne  Ge* 
lenksersobeinonffen  auftretende  Odem 
39. 

Cohnheim287.  446.  448.  449.  450.  462. 
456.  457.  468.  493.  494.  495.  496.  501. 
503. 

Gomby  178. 

Gontagne  520. 

Gornil  85.  48.  531.  641.  549.  648.  646. 

647.  655. 
Gourröges  328. 
Grane,  A.,  Lepra  476. 
Grooker,  B.  168.  177.  225.  268.  614. 
Gross  und  Bevan,    Verbindungen   von 

Magnesia  mit  den  Halogenen  190. 
Gulver,  Klassifisierung  und  Behandhmg 

d«r  Bubonen  194. 
Gunningham,    Histologie    des   Bhino- 

sUeroms  523. 
Gurschmann  88.  146. 

Gutler,  Fall  von  zweifelloser  ffonorrhoi- 

scher  Infektion  des  Mundes  3i37. 
Gybulsky  223. 
Gzokor  280. 


Daday,  Ausweis  der  Blattemabteüung 
des  Karolinenspitales  lu  Kolorsrar 
184. 

D  ana,  Lokalisation  der  Hautempfindungs- 
zentren in  der  Binde  136. 

Danielssen  664. 

Darier,  J.,  Beitrag  zum  Studium  des 
Epithelioms  der  SehweÜsdrüsen  286. 

—    117.   190.   121.   847.   348.   862.   868. 

^Daubler,  Über  Lepra  und  deren  Eon- 
tagiosität  123. 

Donath  14. 

Doyon  185. 

Delafield  541.  645. 

Delores  287. 

Demange  29.  65. 

Demarquay  408.  410. 

Demiöville  76. 

Desenne  524. 

Dessois  424. 

Devergie  97.  98.  110.  115.  140.  173. 
178.  §25.  269. 


Diday,  Über  die  Ansteekuig  dnrdi 
Lepra  186. 

—  Über  Syphilis,  Ursprung,  Entwiekalung, 
Ganff,  yerschlimmemde  Ursachen  und 
den  Erfolg  des  Quecksilbers  dabei  237. 

—  147.  286.  426. 
Dinkler  147.  578. 
Dittel  67. 
Dittl  486. 

Dittrich  531.  532.  648.  646.  547. 
Dreckmann  503.  504. 
Dubois-Havenith  148. 
Ducastel  142. 
Duckworth  89. 
DucIqs  269. 

V.  Düring,  Anthrophore  als  neue  Be- 
handlung der  Blennorrhoe  46. 

—  Beferate  30.  32.  41.  93.  94.  95.  136. 

241.  280.  281. 
55,  484. 

Duhring!  L.  A.,  62.  63.  64.  66.  7a 
173.  17l  175.  176.  224.  228.  230.  270. 
316.  322.  860.  412.  467.  471.  506.  618. 
519. 

Dumitrean  182. 


Ebermayer  60. 

Eberth  75.  21L  212.  218.  214.  216.  W. 
218.  369. 

Ebstein  146. 

Ebstein,  W.,  Zur  Behandhmg  des  De- 
cubitus 329. 

—  Zur  Therapie  des  Erysipels  880. 

—  436.  578. 

Eckart,  A.,  Beferate  46.  46.  98.  181. 
331.  886.  426.  426.  476.  476.  626. 

Ehrlich,  P.  206.  223.  423. 

Ehrmann  76.  867.  868.  869.  870.  871. 
872.  878.  874  876. 

Bichbaum  280.       ^ 

•Eichhoff,  P.  J.,  Über  das  Hvdroxyl- 
amin,  als  neues,  wichtiges,  dermato* 
therapeutisches  Heilmittel  12. 

•—  Über  Seifen  B.-H.  L 

Eichhorst,  Yerbreitungsweise  der  Haut- 
nerven bom  Menschen  386. 

Eimer  219.  220.  22L 

Ellenberger,  W.,  Handbuch  der  ver- 
ffleichenden  Histoloflie  und  Physiologie 
der  Haussäugetiere  280. 

—  304. 

Elliot,  G.  T.,  Fall yon  trophoneurotischer 
Gangrän  243. 

—  Becidivierender,  doppelseitiger  Herpes 
zoster  243. 

—  Blasenausschlag  nach  Ghinin  248. 

—  Liehen  ruber  planus  und  acuxainatus 
243. 

—  Papillom  des  Perineums  243. 

—  Bupia  syphilitica  248. 

—  177.  226.  510. 


594 


Elsenberff  26. 

Elzin,    Über     die     Notwendigkeit     der 

Popularisation  der  Kenntnisse  über  die 

Syphilis  379. 
—  380. 

Eminffhaus  448.  449.  453.  490. 
Eraua,    die    verschiedenen    Sekretionen 

der  weiblichen  Urogeuitalwege.  236. 
Erben,  S.,  Zar  Frage  über  die  Ätiologie 

des  Skleroderma  92. 
Erichsen  57. 

Ernst,  A.,  Pseudolepra  288. 
Esow  379. 
Enlenburg  186. 
Ewald  30. 


Fagge  67.  405. 
Fehleisen  181. 
Fehling  13. 

Feibes,  E.,  Das  Ghlonnethyl  als  lokales 
Anästheticum  385. 

—  Mykosis  fungoides  521. 
Felkin,  Elephantiasis  Arabum  523. 
Ferari,  F.,   Über   die   Lepra  in   Italien 

und  besonders  in  Sicilien  32. 
Ferria,   Färbung  der  elastischen  Fasern 

mit  Chromsäure  und  Safranin  192. 
Feulard,  H.  143. 
t'ilippowicz  327. 
Finger,  E.,   Über   die   Behandlung  der 

Syphilis  mit  subkutanen  Ealomelinjek- 

tionen  45. 
Fink,  E.,  Beferate  33. 
Finlayson  39. 
Fischer,  Maximaldosen  neuer  Heilmittel 

429. 

—  431. 

Fischer,  G.,  Über  die  Behandlung  der 
Syphilis  mittels  intramuskulärer  In- 
jektionen von  Hydrargyrum  salicylicum 
279. 

Fleiner  147.  578. 

Flemming  117.  351.  381.  422.  533.  534. 
636.  537. 

Flesch  280. 

Fortunet,  D.  de,  Prostata- Abszefs  237. 

Fox  25.  41.  71.  225. 

Fox,  G.  H.,  512. 

Fox,  Colcott  143. 

Fox,  Tilbury  98.  176.  177.  178.  268. 
519. 

Forster  135. 

Fournier,  A.  142.  480. 

Fournier,  H.,  Eeferate  180.  327. 

Fränkel,  B.,  Leontiasis  ossea  138. 

Fränkel,  E.,  Über  anatomische  Befunde 
bei  akuten  Todesfallen  nach  ausge- 
dehnten Verbrennungen  328. 

Francke  46. 

Frenkel  213.  214.  215.  216.  217. 

Friedländer  42.  43. 


Frisch  422.  531.  542. 

Fröhlich,. H.,  Gedanken  über  die  Bcgo- 

lierung  der  mensohlichon  Bunnwanne 

244. 
Fuchs  344. 

Fürbringer  135.  147.  305.  908.  4»0. 
*Funk,  Klinische  Studien  ober  Sarkom» 

der  Haut  19.  60. 
—  Beferate  427.  525.  526. 


Gailleton  142. 

Galliard  65.  68. 

Gamberini  482.  ,, 

Garrod,  A.  G.,  Über  die  im  Yerlaide 
der  rheumatischen  Arthritis  auftrelende 
Muskelatrophie,  Deformitäten  nnd  Er- 
nährungsstörungen der  Haut  und  der 
Nägel  36. 

Gaukes,  Yvo  241. 

Gaule  211.  212.  369. 

Gaurn  e  269. 

Gautier  475. 

Geber  40.  63.  64.  65.  360.  362. 

Ge|enbaur  80.  86.  87.  89.  91.  131. 133. 

Geiss'ler  I,  21.  22. 

Gelpke  441,  442. 

G«rlach  191. 

Germain,  de  St.,    Anciom    der    ^mce 

180 
Gibei-t  334.  508.  513. 
Gillot  62.  63.  65.  66.  67. 
Gintrac  97. 
Giro  de,  J.,  Phlebitis  bei  Erythona  poly- 

morphum  480. 
—  230.  263. 
Gladstone  481. 
Glax  460. 
Gluzinski,  W.  A.,    Über    Herzerkiaii- 

kungen   im   Verlaufe   der  Hiamröfareii- 

blennorrhÖe  426. 
Goldscheider,  Fr.,  216.  257.  2&8.  S59. 

260.  261.  262. 
Goll  469. 

Goltz  446.  459.  460.  493. 
Gordman,    Laura,     Mittel    zur    Ver> 

deckung  des  Jodoformgeruchs  432. 
Gottstein,  A.^  SublimaÜanolin  als  Anti 

septicum  575. 
Graefe  441.  442. 
Graf,  Paul,  Die  Bestandteile  des  Kakao* 

fettes  ^77. 
Gram  478.  479.  541.  547. 
Grandmaison,  F.  de,  Variola  haemor 

rhagica  182. 
Griesbach  192. 
Gröger,   M.,   Beitrete   sur  Chemie  der 

Fette  und  Harze  577. 
Grönvold  41. 
Grouoher  235. 
•Gründler,  H.,  und  P.Taenzer,  Floim 


596 


dermatologioa,  herausgegeben  Von  Unna 
293. 

-  30. 

Gruenhagen  259. 
Gschirhakl  57. 
Guibout  360. 

Guire,   J.  C.  M.,    Die    Anwendung   von 

deckenden  Mitteln   in  der  Behandlung 

von  Hautkrankeiten  38. 
Guitrau  322. 
Guldberg  80.  81. 
Gundobin,    P.    F.,    Zur   Ätiologie    der 

Lingua  nigra  bei  Kindern  422. 
Gurin,  Zur  Theorie  der  Hg- Wirkung  bei 

Syphilis  378. 

-  377. 

Gussenbauer  76.  77. 
Gutzeit  431. 
Guyon  39.  57. 


Habermann  430. 

Hager,  H.^   Eine   kunstlose    Präliminar- 

prüfung   des   Harnes   auf  Zuckergehalt 

432. 
Hallopeau,  H.,  Über  eine  eiterige  Form 

des  Lupus  tuberculosus  475. 
--  142.  245.  246. 
Halsted  192. 
Hammer  63. 
Hansen,  A.  32.  33. 
Hardy  63.  97.  142.  176.  225.  230.  364. 
Harlingen,  H.  van,   Fall   von   Filaria 

medinensis  478. 

—  177.  226.  268. 
Harnaok  30. 
Hartenberg  72. 

Hart  mann,  H.,  Über  den  Einflufs  der 
SpannuDgsverhältnisse  in  den  Gefafsen 
auf  die  Entstehung  von  Purpura.  Bu- 
hige Lage  der  Extremitäten  und  Pur- 
pura 474. 

Haslund  143.  428. 

Hassall  81. 

Hassan-Mahmoud  176.  225.  268. 

Haushalter  478.  479. 

Hebra,  F.   34.    77.   140.  248.   290.  291. 

322.  325.  345.  361.  405.  419.  441.  475. 

531. 
Hebra,  H.  ▼.  83.  367.  360.  390. 
Heck  er,  E.,  Haltbarkeit  von  Ferrojodid- 

Lösungen  189. 
Hahn  447.  448. 
Heidenhain  452.  455. 
Hein  15. 
Heitzmann,    L.,      Melanotische     Haut- 

geschwülste  138. 

—  33. 

Hei  big,  a-Oxynaphthoesäure  385. 
Hei  hing,  H.,  Ein  ohineBisches  Heilmittel 
436. 

Monatshefte. 


Helferich,  Behandlung  der  Hydrooele 
vaginalis  481. 

He  nie  7.  79.  80.  81.  82.  83.  84.  85.  91. 
130.  131.  132.  134.  384. 

Hensen  216. 

H erpin  269. 

Herxheimer  191. 

Herzen  261. 

Herzenstein,  G.,  Über  die  wünschens- 
werte Einheitlichkeit  beim  Sammeln 
statistischer  Daten  über  die  Syphilis  in 
Buisland  378. 

—  In  welcher  Weise  sind  die  Säuglinge 
vor  der  Syphilisinfektion  durch  Ammen 
zu  schützen?  880. 

Heubner  44. 
Heurteaux  66. 
Heynold  80.  92. 
Hillairet  512. 
Hillier97. 
Hillis  554. 

Hirschberg,  Über  spezifische  Netzhaut- 
entzündung 44. 

Hlasiwetz  430. 

Hochsinger  65.  68.  70.  71. 

Hodgkins  67. 

Hoffmann,  L.,    Referate    44.    45.    48. 

136.    137.     138.    139.    141.    188.    189. 

319.    324.    325.    326.    327.    329.    330. 

331.    338.    339.    384.    385.    386.    387. 

388.    419.    428.    475.    478.    481.    569. 

571.  575.    576. 

—  418.  419. 
Hofmeister  304. 
Hofmokl  148. 

Hoggan,  G.  und  E.,  219.  220.  221.  222. 

223.  224.  256.  259.  262. 
Hogyes,  Fr.,  Nephritis  parenchymatosa 

im  Gefolge  der  Varicellen  184. 
Hoppe-Sey.ler  50.  339.  340. 
Hör  and,    Über    die    Blennorrhoe   beim 

Weibe    und    beim    weiblichen   Kinde 

193. 

—  322.  518. 
Homer  441. 

Horstmann,    Über  Neuritis  optica  spe- 

cifica  44. 
Hoyer  494. 
Huguet  u.  Audain,  Gumma  syphiliticum 

auf  der  Eopfschwarte  im  44.  Jahre  der 

bestehenden  Syphilis  480. 
Humbert  142. 
Hutchinson,  G.  L.,  Heftpflaster  bei  dem 

Rückensohmerz    der     Lokomotivführer 

244. 
Hutchinson,    J.     39.    67.     98.     176. 

465. 
Huxley  6.  7. 
Hyde  65. 
Hyrtl  282. 

39 


596 


Jackson,    G.    Th.,     Einige    warnende 

Winke  bei  Behandlung  von  Hautkrank- 
heiten 386. 

Jacobsen,  E.  289.  290.  301.  302. 
JadasBohn  u.  Zeising,  Einspritzungen 

von  Salicyl-  und  Thymolquecksilber  zur 

Syphilisbehandlung  94. 
Jakowlew,    Das    Dococtum    Zittmanni 

als  Hg-Präparat  bei  Syphilis  377. 
Jamieson,  Allen  98.  496. 
Jankowsky  449.  450.  452.  453.  457. 
JanoYski  381. 
Jenner  570. 
Jensen  164. 
*Ihle,  M.,  Beitrag  zur  Phimosenoperation 

164. 
Immer  mann  146. 
Jobert  220. 
Joffroy  235. 
Joseph,  M.,  Über  Alopecie  319. 

—  Fortschritte  in  der  Dermatologie  338. 

—  323.  385. 

Irsai,  A.,   Ein  Fall  von  geheilter  Mye- 

lytis  syphilitica  240. 
Isaac,  Über  Liehen  ruber  522. 

—  318.  569. 

Israel,  Über  Jodoform-Dermatitis  327. 
Juffe  de  Segrais,.  Le  234.  235. 
Juhel-Benoy,      Über     Trichomykosis 
nodularis  424. 


Kahlden,  von,  Beiträge  zur  pathologi- 
schen Anatomie  der  Addisonschen 
Krankheit  138. 

Kane  482. 

Kaposi,  M.,  Lepra  bei  einem  Syphiliti- 
schen 185. 

—  21.  29.  40.  56.  61.  62.  63.  65.  66.  68. 
71.  74.  92.  148.  178.  246.  248.  285. 
325.  346.  360.  362.  405.  419. 

Karg  371.  373.  374. 

Kausmann  164. 

Keegan,  Bhinosklerom  522. 

Key  373. 

Keyes  407. 

Kikuzi,    Z.,    Keloid    des    Ohrläppchens 

181. 
Kingzett  577. 

K ionig,  C,  Latente  Lepra  425. 
Kirmisson  39. 
Kiss,  Franz,  Zwei  Fälle  von  Carbunculus 

malignus  140. 
Kitt  280. 
Klein  218. 
Kleinhans  346.  361. 

Klemensiewicz  460.  461.  462.  490.  491. 

492.  493.  494.  495.  498.  499.  501. 
Kluczenko,   Pellagra  in  der  Bukowina 

327. 
Kneeland  124. 


Knobloch,  T.  241. 

Kobert,  R.,    Kompendium   der   Arsnei- 

verordnungslehre  far  Studierende  und 

Ärzte  30. 
428.  I  44. 

Koch,"  ß.  43.  129.  206.  332. 

Kocher  304. 

Köbner,  H.    21.  23.  24.  48.  61.  62.  63. 

64.  65.  66.  325.  522.  667.  568.  569. 
König  408. 
Köllicker,  A.  v.    80.  81.  91.  129.  130. 

131.  132,  133.  134.  371.  372.  373.  374. 

375.  389. 
Körner,   Moriz,    Die   Transfusion    im 

Gebiete  der  Kapillaren  460. 

—  460.  461.  491.  499. 
Köster  42. 
Kollmann  390. 
Koranyi  240. 
Koramjis  137. 
Kovac  481.  482. 
Kraske  478. 
Krause  150.  222. 

Kremel,  A.,  Ätherische  Öle  189. 
*-  i9-Naphthol  189. 

—  Über  Natriumjodat  190. 

—  Österreichisches  viskoses  Natur- Vaselin 
190. 

Krischna,  Prophylaxe  der  Focken  332. 
Krowczynski,    Welches   ist   die   beste 

Syphilisbehandlung?  425. 
Kühne  64.  65.  356. 
*Kühnemann,    Georg,    Beitri^re    zur 

Anatomie   und   Histologie  der  Verraca 

vulgaris  341. 
Kümell  135. 
Kulnew,   Über  die  ungunstige  Wirkung 

der     Pätigorskschen     Schwefelthermen 

auf  einige  SyphiÜsformen  382. 


Laffont  498. 

Lailler  142.  230.  263.  323.  509.  510. 
511. 

Landouzy  62.  67. 

Landsberg,  P.,  Zur  Desinfektion  d& 
menschlichen  Haut  mit  besonderer  Be- 
rücksichtigung der  Hände  135. 

Lane,  A.,  37. 

Lang,  E.,  Über  Wege  und  Wandlungen 
des  Syphiliskontagiums  und  über  Syphüia- 
therapie  45. 

—  Schwielengumma  des  weichen  Gaumens 
333. 

—  Verbreitung  und  HervorwÖlbung  des 
Nasenrückens  durch  eine  elastische  Ge- 
schwulst 333. 

—  238.  407.  542. 
Langer,  Lycopodium  190. 

—  284. 

Langer han 8  149.  215. 
Langlebert  134.  168. 


597 


^Lanz,  A.,  Ein  neuer  Inigationskatheter 
für  die  Harnrohre  56. 

Las  aar,  0.,  Über  Haarkuren  141. 

—  Zum  Stande  der  Syphilisbehandlung 
335.  418. 

—  30.  143.  319.  325.  386.  522.  567. 
Laudouar,  Fall  von  Myxödem  39. 
Lauenstein,  C,    Zur    Behandlung    des 

Erysipels  nach  Eraske-Riedel  478. 
Lavergne  245l  246. 
Leber  69.  70.  71. 

Legrain,  E.,  und  P.  Simon,  Beitrag  zum 
Studium  des  Erythema  infectiosum  478. 

Legry,  Th.,  Blennorrhoea  neonatorum 
2S8. 

Leichtenstern  146. 

Leloir,  H.,  Die  lymphatische  Diathese, 
die  Skrofulöse  und  die  Tuberkulose  in 
dermatologisoher  Hinsicht  572. 

—  Über  die  Natur  der  atypischen  Varie- 
täten des  gewöhnlichen  Lupus  573. 

—  43.  112.  142.  187.  316.  325.  326. 
332. 

L  e  m  0  i  n  e ,  G.,  Behandlung  des  Epithelioms 
mit  Kalium  ohloricum  177. 

Lendet  476. 

Leopold,  Beitrag  zur  Anatomie  des  Ko- 
medo und  der  Akne  vulgaris  285. 

Lepine  235. 

Lesser,  E.  Über  Nebenwirkungen  bei 
Lijektionen  unlöslicher  Quecksilberver- 
bindungen 336. 

—  57.  325.  346. 
LetuUe  43. 
Levis  481. 

Leviseur,  Fr.  H.,  Eine  neue  Methode,' 
um  die  Eigentümlichkeit  der  Farbe  bei 
Hautkrankheiten  zu  studieren  338. 

—  Referate  38.  42.  139.  330.  338.  386. 
387.  474.  475.  478. 

Lewin,   A.,    Halbseitiges   Schwitzen   bei 

Morbus  Basedowii  186. 
Lewin,  O..  Iritis  gummosa  318. 

—  Defekt  des  Augenlides  durch  ein  zer- 
fallendes Gumma  318. 

—  Gumma  am  oberen  Augenlid  319. 

—  Knötchenausschlag  mit  Bläschenbildung 
319. 

—  syphilitisches  Exanthem  im  Gesicht 
567. 

—  5.  7.  8.  9.  10."  11.  35.  318.  418.  567. 
568.  569. 

Lewin,  L.,  147. 
Lewinski  394.  396.  497. 
Leydig  211.  213.  217.  218.  369.  371. 
Lichtheim  450. 
Liebe  74. 

Liebermann  2.  3.  4.  5.  9.  150.  161. 
Liebermeister,  v.  146. 
Liebreich  2.  3.  4.  5.  7.  9.111.  12.  161. 
I,  11.  16. 


Lipp,  E.,  Weiterer  Beitrag  zur  Lehre  von 
den  Varicellen  182. 

—  Lnpus  des  Gesichts  475. 
Littrg  237. 

Liveing  124. 
L off  1er  182.  206.  489. 
Löri  251. 
Löwe  286. 
Lohnstein  59. 

Loriot,  G.,  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
Alopecie  140. 

—  140. 

Lossen,  W.  13.  14. 
Lower  446. 
Ludwig  15. 

Ludwig,  C.    446.   448.   449.   452.   455 
457. 

Ludwig,  E.,  Über  die  Lokalisatiou  des 
Quecksilbers  nach  Sublimat  Vergiftungen 
429. 

Lücke  75. 

Lüdeke  30. 

Lugol  151. 

Lastgarten  191. 

Lutz,  A.  33. 


Mac  all  um  218. 

Mac e wen,  W.,  Gehirnchirurgie  bei  Sy- 
philis. Heilung  336. 

Maclagan  37.  , 

Majew  Über  den  Einfluls  der  Syphilis 
der  Eltern  auf  die  Nachkommen  be- 
züglich deren  Infektionsdisposition  378. 

377^ 

Majocchi  360. 

Malachowski,  E.,  Beitrag  zur  Kennt- 
nis der  Nebenwirkungen  des  Jod  (Jod- 
kalium) 575. 

Malassez  323. 

Manal,  M.,  Ein  Fall  von  Diabetes  insi- 
pidus,  wahrschMulich  durch  Syphilis 
verursacht  241. 

Manchot,  C,  Die  Hautarierien  des 
menschlichen  Körpers  281. 

Manino  63. 

Manssurow,    N.,    Klinische    Sammlung 

für    Dermatologie    und    Syphilidologie 

34. 
Manzini  436. 
Mapother  477. 
Marignac,  de  226. 
Martinotti,  G.,   Über   die    Absorption 

der     Anilinfarbstoffe     durch     lebende 

tierische  Zellen  191. 

—  Eine  einfache  Färbungsmethode  der 
elastischen  Fasern  191. 

-  192. 
Maumen^  14. 

Mauriac,    Gh.,   Über   Syphilis  des  Her 
zens  526. 

39* 


598 


Hauriao,  Gh.,  Tertiäre  Syphilis  der 
Trachea  und  der  Bronchien  239. 

—  143. 

Mautard-Martin  518. 
Mayor  143. 

Meier  469. 

Meissner  222.  223.  I,  11. 

Mendel  186. 

Menetrier  u.  Troisier,  Histologie  der 

Striae  235. 
Merck  14.  94.  431. 
Merkel  219.  221.  222.  223.  224.  256. 
Merklen,  P.,  Ätiologie  und  Prophylaxe 

der  Alopecie  479. 
Metschnikoff  193. 
Meybom  319. 
Meyer,  J.  630. 
Meyer,  G.,    Wie    konserviert    der    Arzt 

seine  Hände?  338. 
Meyeringh,  W.  14. 
Meyerson  5. 
Meyerthal  151. 

*Mi belli,  Y.,  Beiträge  zur  Histologie  des 
Bhinoskleroms  531. 

—  54.  323.  531. 

Miohant,  Über  einen  Fall  tuberkulöser 
ülceration  der  Urethra  nach  primärer 
Nierentuberkulose  332. 

Mielck,  W.  H.,  47.  I,  18.  19. 

Mikulicz  422.  531.  542.  543.  544. 

Millan  482. 

Mils  136.     « 

Milton,  J.  L.,  (beschichte,  Natur  und 
Behandlung  der  Syphilis  31. 

Mislawsky  u.  Bechterew,  Die  Hirn- 
zentren für  die  Bewegung  der  Harn- 
blase 136. 

Mitrophanow  212.  213.  214. 

Miura  75. 

Modrcezjewski,  Verwachsung  der 
Nasenhöhlen   infolge  von  Syphilis  525. 

Moleschott  3.  4.  9. 

MoldnesMahon  464.  515.  518. 

Money,  A.  37. 

Moravesik,  £.,  Elephantiasis  glabra 
labii  m^joris  dextri  40. 

^Morris,  M.  u.  H.  L.  Roberts,  Pem- 
phigus der  Haut  und  der  Mundschleim- 
haut, verbunden  mit  essentieller  Schrum- 
pfung und  Pemphigus  der  Koi^unktiven 
437. 

Morris,  M.  48.  143.  177.  226.  316. 

Morrow,  P.  A.,  Serpiginöses  Syphilid 
186. 

—  35.  41.  143.  471. 
Morvon  39. 

Moure,  E.  J.,  Beitrag  zum  Studium  der 
Syphilis  der  fossae  nasales  334. 

Müller  6.  151.  152.  157. 

^Müller,  6.,  Beitrag  zur  Kenntnis  des 
Hydrargyrum  salicylicum  305.  399. 
433. 


Müller,  H.  371. 

Müller,  Joh.  286. 

Münch,  Die  Infektiosität  der  Lepn  ind' 
die  dagegen  notwendigerweise  in  Rob-' 
land  zu  ergreifenden  Mafsregeln  382. 

—  36.  378.  382.  383. 

Munk  385. 


Naether  64.  65. 

Neisser,  A..  Über  das  Epithelioma  con- 
tagiosum 40. 

—  45.  65.  193. 
Nelaton  57.  58. 
Nencki  75. 
Nepoin  75. 

N  e  u  m  a  n  n ,  J.,  Lehrbuch  der  Tenerischen 
Krankheiten  und  der  Syphilis  33. 

—  Über  hereditäre  Syphilis  93. 
~  148.  185.  346.  360.  476. 
Neuss,  G.  431. 

Neusser  32a 

Nikiforow,  M.  N.,  Von  den  Mikro- 
organismen bei  Bhinosklerom  419. 

—  420.  421.  422. 
Nitschmann,    Beitrag    zur    Sozojodd- 

therapie  386. 

Nitzelnadel  186. 

Nodet,  Beitrag  zum  Studium  der  pem- 
phigoiden akuten  Eruptionen  509. 

—  510.  511. 

Nolte,  Behandlang  des  Erysipels  mit 
3 — 5  prozentigem  Earbolg^mmischldm 
331. 

Nothnagel,  Zur  Pathologie  des  Morbus 
Addisonii  370. 

—  30.  76.  186.  373. 
Nussbaum  285. 
Nystrom  322. 


Oberländer  33. 

0  8  w  a  1 1 ,  Über  Chorio-Retinitis  syphilitics 
und  ihre  Beziehungen  zur  Hirnarterien- 
lues  44. 

Oehl  81. 

Oestro ic her,  Behandlung  der  Syphilis 
mit  grofsen  Sublimatdosen  417. 

—  419.  567. 

Ohmann-Dumesnil,  Fall  von  spat 
aufgetretener  Syphilis,  welche  diegrofste 
Ähnlichkeit  mit  Lepra  hat  240. 

Olli  vier,  A.,  Kontagiosität  und  Prophy- 
laxis der  Impetigo  178. 

Oliver  69.  71.  . 

Orleanu,  C,  Über  die  Pellagra,  beson- 
ders in  Bumänien  137. 

Osler,  W.,  Purpura  rheumatica  473. 

Ostroumoff  455.  502. 

Otto  287. 

Oume  41. 


599 


Pacini  86.  223.  262. 

Paj^et  287. 

Paltauf  333.  531. 

Pardo  143. 

Park,  R.,  Pyämie  die  Folge  einer  Go- 
norrhöe 187. 

Parmentier  408. 

Paechutin  448.  449.  453.  456.  490. 

Passet  489. 

Pa8teur.570. 

•Pauly,  J.,  Aus  Professor  Scarenzios 
Klinik  434. 

—  Referate  34.  37.  45.  135.  136.  137. 
147.  148.  181.  185.  186,  189.  190.  191. 
193.  194.  236.  237.  238.  239.  244.  322. 
328.  330.  331.  332.  333.  334.  336.  336. 
337.  339.  385.  387.  388.  429.  435.  436. 
472. 

Pawlow,  P.  A.,  Ein  Fall  von  Rhino- 
sklerom  der  Nase,  des  Rachens  und  des 
Oberarmes  419. 

—  420.  421. 

Payne,  Über  einen  Fall  von  Molluaoum 
fibrosum  mit  Neurofibromen  574. 

—  65. 

Peabody  71. 
Pellizzari  531.  542. 
Penner  117. 

Petersen,  0.,  Über  die  Hippokratische 
Heilmethode  146. 

—  Über  Nomenklatur  der  Syphilisperioden 
147.  378. 

—  Referate  383. 

—  143.  376.  377.  379.  380.  382. 
Petit  479. 

Perrin  65.  66. 

Pfeffer  191. 

Pfitzner  210.  211.  212.  213.  214.  216. 

217. 
Pflüger  442. 
Philippert  68.  71. 
Philippi,   Referate   41.    137,   138.   140. 

181.  185.  186.  188.  193.  194.  237.  240. 

244. 

•Philippson,  L.,  Über  die  Herstellung 
von  Flächenbildern  der  Oberhaut  und 
der  Lederhaut  389. 

—  Referate  180.  236.  285.  574. 

Pick,  J.,  Tuberkulöse  Hautkrankheiten 
572. 

—  38.  76.  77.  78. 
Piogey  361. 
Pitha  408. 
Piogey  461. 
Pitha  408. 

PI  um  er  t,    A.,    Über   die   therapeutische 
Verwendung  des  Quecksilbersalicylats  93. 
Podcopaew  215. 
Podra^iki  408. 
Pohl-Pincus  204. 
Polosson,  A.,  334. 
Polotebnow,  Über  Lepra  147. 


Polotebnow  379.  382.  383. 
Poncet,  A.,  Protojoduret  238. 
Poncet,  H.,  Tuberkulose  der  Zunge  332. 

—  Seltenheit  der  Gelenkleiden  bei  Syphi- 
lis 333. 

♦Pontoppidan,  E.,  Ein  Fall  von  Alo- 
pecia areata  nach  Operation  am  Halse 
51. 

—  Referate  426.  428. 

—  319. 

Pospelow,  A.  J.,  60. 
Poullet  236. 

Poyet,  Imaginäre  Ulceration  der  Zunge 

179. 
Pozzi  143. 
Preobraschenski,  S.,   Zur  Behandlung 

des  Erysipels  424. 
Prochnow,  Kupfergeld  seit  9  Jahren  in 

der  Harnröhre  481. 
Proksch,  J.  K.,  Einige  deutsche  Syphilo 

graphen  des  17.  Jahrhunderts  241. 
Purdon  322. 
Purmann  241. 

Quenu  130. 

*Quinke,  H.,  Doppelinfektion  mit  Favus 
vulgaris  und  Favus  herpeticus  49. 

—  367.  452.  496.  497.  501.  571.  574. 
Quinquaud  143.  512. 

Racle  173.  224. 

Radestock,  Über  Schwitzkuren  bei  Sy- 
philis 336.  .. 

*Rake,  B.,  Über  Nierenaffektionen  bei 
Lepra  und  deren  Beziehung  zu  den 
pathologischen  Störungen  an  der  Haut 
553. 

—  124. 

Rammeisberg,  Ammoniakalische  Queck- 
silberverbindungen 482. 

Ran  vi  er,  L.,  Histologische  Technik  279. 

—  1.  2.  4.  65.  80.  81.  82.  83.  130. 
132.  149.  152.  153.  154.  155.  156.  157. 
158.  159.  160.  161.  216.  217.  219.  220. 
221.  224.  281.  353.  447.  448.  451.  452. 
456.  I,  11. 

Raschig  14. 

Rayer    173.    183.    266.    277.    343.    346. 

554. 
Raymond,  P.,  Hyperidrosis  des  Gesichts 

179. 

228 

Raynaud  137.  243.  292. 

Reboul  39. 

Recklinghausen  139.  160.  574. 

Reclus,  Leukoplakie  und  Kankroide  der 
Mund-  und  Vaginalschleimhaut  178. 

—  177. 

RSgis,  E.,  Über  den  Zusammenhang  der 
allgemeinen  Paralyse  und  der  Syphilis 
45. 


600 


Beeps,  Thiol  und  lohthyol  289. 

—  300.  301. 
Reichert  130.  131. 
Bemak  502. 
Eenard,  P.  178. 
Benaut  81. 

Beschetnikow,  Über  eine  Modifikation 
der  Dr.  Witz  sehen  Methode  zur  Be- 
stimmung minimaler  Quecksilbermengen 
im  Harn  377. 

—  Ixgektionen      unlöslicher    Salze    bei 
Syphilis  147. 

Betzius  373. 

Beinolds,  Favusausschlag  140. 

—  Naevus  188. 
Bichaud  97. 

Bichmond,  G.  H.,  Zur  Behandlung  des 

Ekzems  140. 
Biedel  478. 

Biegel  177.  388.  460.  493. 
Biehl,  G.,   Zur  Kenntnis   des  Pigmentes 

im  menschlichen  Haar  366. 

—  42.  76.  143.  336.  367.  368.  370.  371. 
373.  496 

Bindfleisch  65.  322.  347. 
Bippart  479. 

Bitzert»  E.,  Arsen  in  reinem  Glycerin  431 
Bively,  Abortivkur  der  Gonorrhoe  387 

*Boberts,  H.  L,  und  M.  Morris.  Pem 
phigus  der  Haut  und  der  Mundschleim 
haut,  verbunden  mit  essentieller  Schrum 
pfung  und  Pemphigus  der  Konjunktiven 
437 

—  Beferate  473.  477.  623.  524.  576. 
Bobertson,  AI.  337. 

Bobin  322. 

Bobinson,  A.  ß.,  177.  267.  323. 

Bogowicz  452.  453.  454.  455.  456.  457. 

498.  499. 
Bohe  41. 
Bokitansky  287. 
Bellet  322. 
*B6na,  S.,  Ein  Fall  von  Ganglion  penis 

nach  Trauma  des  erigierten  Gliedes  406. 

—  Veränderungen  der  Haut  im  Gefolge 
von  febris  recurrens  37. 

—  Malleus  humidus  acutus  hominis  182. 

•  —  Weitere  Beiträge  zur  Lehre  des 
Liehen  ruber  245. 

—  Zur  Pathologie  der  Harnröhrenflüsse* 
426. 

—  Atrophia  hemifacialis  progressiva  574. 

—  Beferate  37.  39.  40.  137.  140.  184. 
185.  187.  188.  240.  241.  426.  482.  575. 

—  98. 
Böse  72. 
Böser  166.  167. 
Bosenbach,  Ozaena  435. 

—  330. 

Bosenberg,  Über  Nervenendigungen  in 
der  Schleimhaut  und  im  Epithel  der 
Säugetierzunge  223. 


Bosenberg,  222. 

Bosenthal,  0.,   Erythema   ezsodatii 
multiforme  567. 

—  Knochenverdickung  568. 

—  Über  Sykosis  vulgaris  668. 

—  318.  319.  417.  419.  667.  568. 
Boshestwensky  383. 

Bosin,  H.,   Über  das  idiopaihische  mul- 
tiple, pigmentlose  Hautsiu-kom  138. 
Bossbach  30. 
Both  333. 
Bott  447.  448. 
Boy  493. 
Buhle  146. 

Buneberg,  Quecksilberintoxikation  mit 
tödlichem  Ausgang  nach  subkntansB 
Kalomelii^ektionen  427. 


Sahlfeld,  E.  417.  418.  669. 

Samelsohn  441. 

S  a  m  t  e  r ,  G. ,  Bromkalium,  ein  Antidotofl 

des  Jodoforms  bez.  dee  Jods  575. 
Samt  er,  J.,    Ein  Fall  von   Triamos  und 

Tetanus  bei  Orchitis  gonorrhoica  388. 
Samuel,    L.,     Über    Dr.    M.     Joeepb 

atrophischen  Haarausfall  187. 
*Sandreczky,  M.,  Heilung  eines  Falles 

von  Lepra  503. 
Santesson  457.  499. 
Sappey  389. 
Sartorius,  P.  241. 

Sattler,  Herpes  zoster  nach  Koblen- 
ozydgasvergiftung  476. 

—  Zosterbildung  bei  Tuberkulose  476. 

—  442. 

Saundby  511. 
Scarenzio  376.  434.  435. 
Schadek,  K.,   Zur  Kasuistik   des  Brom- 

ezanthems  93. 

—  305.  307. 

Schadewaldt,  H,  Beitrag  zur  Lehre 
von  der  Sklerodermie  290. 

Schaff  er,  E.,  Über  einen  Fall  von  trau- 
matischem Tetanus  mit  sogenanntem 
chirurgischen  Scharlach  136. 

Schenk  88. 

Schiff  65.  68.  71.  381. 

Schirmer  70. 

Schlamp  280. 

Schlickum  189. 

Schmid,  J.  241. 

Schmidt-Bimpler,  Pemphigus  der 
Oonjunctiva  330. 

Schnitzler,  Diagnostische  Nuls  148. 

Scholz  407. 

Schotten,  Über  unangenehme  Nach- 
wirkungen des  Sulfonal  137. 

—  289. 

Schrötter,  von  333. 
Schütz  182. 


601 


Schütz,  J.,  Verfahren  zum  bessern 
Nachweis  der  Gonokokken  576. 

—  6  Fälle  von  Alopecia  neurotica  384. 
Schütze,  C,  59. 

Schnitze  146.  191. 

Schulz,  Bräunung  der  Haut  nach  Pyro- 

gallol-  und  Besorcinbehandlung  339. 
Schwarz  13. 
Schwarz,  N.  250. 
Schweninger,  E.,   Betrachtungen  über 

Krebs  und  seine  Diagnose  287. 

—  Bemerkungen  über  Ekzeme  und  deren 
diäthetische  Behandlung  288. 

—  800.  825.  349. 

Schwimmer,  E.,  Zur  Diagnostik  der 
Pityriasis  rubra  140. 

—  Fall  von  Sklerodaktylie  187. 

—  39. 
Seguin  136. 

*Sehlen,  D.  von,  u.  P.  Taenzer, 
Flora  dermatologica,  herausgegeben 
von  P.  G.  Unna  562. 

—  486. 

Seifert,  Beferate  235.  279. 

Senator  458. 

Senftleben  57. 

Sereboullet  325. 

Servier  509. 

Sex  ton,   P.,  Krankheiten   des   äuiseren 

Qehorganges  37. 
Seydel,   Multiples  idiopathisches  Keloid 

425. 
Shadkewitsoh  424. 
Sheid,  M.,  Wert  der  Anamnese  bei  der 

Diagnose  tertiärer  Syphilide  186. 

—  208. 

S  her  well.  Vollständiges  Ausfallen  der 
Nägel  186. 

—  464.  471. 

Shoemaker,  Ätiologie  und  Behandlung 

der  Psoriasis  330. 
Siegmund  336.  376. 
Silva  Araujo  143. 
Simon,  G.  343.  345. 
Simon,  0.  394. 
Simon,   P.,   Beitrag   zum   Studium   des 

Erythema  infectiosum  478. 
Siredey  64. 
Sirski,     Wasser    und    Elektrizität    als 

therapeutische  Agenzien  bei  Behandlung 

der  Hautkrankheiten  379. 

—  über  Erforschung  der  Lepra  in  Ruls- 
land  381. 

—  382. 
Smirnow  376. 

Smith,  Gh.,  Akute  Gonorrhoe  387. 

Smith,  W.  G.,  Über  einen  Fall  von  mul- 
tiplem Keloid  405. 

Smith-Shand,  Symmetrische  Gangrän 
187. 

Sokolowski,  Über  luetische  Stenosen 
der  Trachea  und  der  Bronchien  474. 


Solnitsohewsky  448.  449.  497. 

Sonnenburg  329. 

Sorokin  35. 

Sort  65. 

Spear,  0.  C,  Nicht  sichtbarer  Toiletten- 
puder 433.^ 

S  p  r  i  n  z ,  Übelriechender  Fulsschweirs 
426.  575. 

Starr  136. 

Steffan  440.  441. 

Stein,  A.  W.,  Ein  neues  Instrument  zur 
Gewinnung  von  Urin  ans  jedem  Urether 
einzeln  237. 

Steiner  137. 

Stell  wag  441.  442. 

Stepanow,  E.  M.,  Fall  von  Rhino- 
sklerom  419. 

—  421.  422. 

Stepp,  Beitrag  zur  Beurteilung  der 
nach  heftigen  Körpererschütterongen 
auftretenden  Störungen  384. 

Stern\  Nene  Lanolinsalben  386. 

—  Urticaria  factitia  137. 

Sticker  5.  6.  7.  8.  9.  10.  11.  12.  151. 
Straufs  235. 
Stricker  368. 
Strisower,  M.  424. 

■  ■ 

Stukowenkow,  Über  Mykosis  f ungoides 
Alibert  380. 

—  Ein  neues  Quecksilberpräparat.  Hy- 
drargyrum  benzoicum  ozydatum  381. 

—  376.  377.  382.  420. 
Suchard  80.  81.  82.  85.  130. 
Suchow,   Kritik  der  Methoden  der  sub- 
kutanen SyphillBbehandking  376. 

Sucquet  494. 
Süssdorf  280. 
Swieten,  van  185. 

Szontagh,  F.  von.  Ein  interessanter 
Fall  von  Geschwürsbildunff  am  harten 
Gkiumen  bei  einem  5monaUichen  Kinde 
188. 


"^'Taenzer,    P.,    Über    das    Ulerythema 

ophryoffenes  197. 
* — ,    H.  Gründler    und    D.    von    Schien 

Flora     dermatologica,     herausgegeben 

von  P.  G.  Unna  293.  562. 
*—  Ein  Minimalbrenner  401. 
Tandon,  M.  364. 
Tanred,  Ergosterin  428. 
Tarnowski    321.    378.    379.    381.    407. 

408. 
Tavernier,    Referate   38.   39.    43.   96. 

140.  187.  572.  574. 
—  481. 
Taylor  77. 
Tenneson  143. 
Tereg  280. 


602 


Thibierge,  G.,  übemcht  über  die 
Theses  de  Dermatologie,  die  innerhalb 
des  Jahres  1887  bei  der  Pariser  Fakul- 
tät eingereicht  wurden  481. 

Thiersch  165.  286.  321. 

Thin,  G.  323. 

Tigerstedt  457.  499. 

Tilden  65. 

Tilley,  R.,  und  Schmidt-Rimpler, 
Pemphigus  der  Conjunctiva  330. 

*Török,  L.,  Zur  Infektionsfrage  der 
Herpesarten  54. 

•—  Das  Syringo-Cystadenom  116. 

• —  Zur  Anatomie  der  Scabies  360. 

—  Referate  182.  240. 

—  327.  486. 

^Tommasoli,  P.,  Über  bacillogene  Sy- 
kosis  483. 

—  Referate  191.  192. 

—  65.  56. 
Tomsa  257.  446. 

Touton,  C,  Urticaria  pigmentosa  472. 
Traub  577. 

Trissard,  Die  der  Einderlähmung  fol- 
genden trophischen  Störungen  der  Haut 
186. 

Troisier,  Striae  der  Haut  nach  Typhus 
179. 

—  u.  Menetrier,  Histologie  der  Stiiae 
235. 

Trost,  J.,  Allgemeinbehandlung  der  Sy- 
philis mit  Injektionen  des  grauen  Öls 
238. 

Tsoherinow,  M.  P.  428. 

Tscher nogu low,  Subkutane  Syphilis- 
behandlung mit  Hg-oxydatum  377. 

Tschistjakow,  Über  Injektionen  lös- 
licher Salze  bei  Syphilis  147.  377. 

—  Über  die  Quelle  der  Syphilisinfektion 
bei  Männern  gebildeter  Klassen  379. 

—  380. 

Türkheim,    T^eferate    172.    224.    263. 

410.  463.  474.  476.  479.  480.  481.  506. 

525. 
Turanski  380.  382.  383. 


Uhthoff  151. 

•Unna,  P.  G.,  Fortschritte  der  Haut- 
anatomie in  den  letzten  5  Jahren. 
IV.  Der  Nagel  79.  129.  V.  Die  Nerven 
der  Haut  210.  256.  VI.  Pigment  der 
Haut  366. 

* —  über  Atlanten  der  Hautkrankheiten 
im  allgemeinen  und  über  einen  inter- 
nationalen Atlas  seltener  Hautkrank- 
heiten im  besonderen  311. 

• —  Die  nicht  entzündlichen  Ödeme  der 
Haut  446.  490. 

*—  Behandlung  des  Lupus  mit  Pflaster- 
mullen  526. 


*Unna,  Flora  dermatologioa,  unier  Mitwii 
kung   von   H.  Grundler,   D.  v.    Selir 
und  P.  Taenzer  293.  562. 

* —  Aus  der  Praxis.    1.   Ekzema  squai 
sum   der  Handrücken  194.    2.  Pa 
stifte  195.    3.  Wie  behandelt  die  neaei 
Dermatologie  Erysipele  241.     4.  Mii 
gegen   Frost   291.     5.  Abkürzende 
handlung  des  Herpes  zoster  337. 

—  Referate  95.  291. 

.  38.  45.  48.  54.  57* 
117.  118.  123.  13a 
156.  159.  161.  168. 
215  216.  246.  253. 
304.  325.  346.  3&0. 
361.  363.  384.  389.1 
398.  401.  402.  434. 
527.  528.  529.  531 
I,  11. 16. 18.  19.  44. 
Aktinomykoae  180. 


1.  2.  7. 

11.  30.  33 

98.    108. 

110.  111. 

149.  150. 

151.  155. 

191.  197. 

204.  207. 

261.  280. 

281.  301. 

354,  357. 

358.  360. 

390.  392. 

393.  394. 

472.  483. 

486.  489. 

532.  536. 

546.  547. 

Ullmann, 

E.,  Über 

Ultzmann 

57. 

Vallas,  M.,  Die  tuberkulösen  Hautge- 
schwüre 42. 

Vidal,  E.  62.  63.  64.  65.  77.  143.  178. 
226.  227.  228.  229.  230.  232.  234.  269. 
271.  325.  411.  464.  465.  510.  511.  512. 
513.  514.  573. 

Villemin,  Die  Wirkung  der  verschie- 
denen Stoffe  auf  den'  Tuberkelbacillos 
224. 

Virchow,  R.,  Ein  Fall  von  Quecksilber- 
vergiftung 189. 

—  77.  183.  286.  287.  345. 
Volkmann,  R.  434. 
Vossen  343. 

Vulpius,  G.,  Über  viskoses  Natur -VaMÜD 
190. 

—  190.  431. 


Waldeyer  1.   2.   8.   80.   81.    130.   132. 

149.  150.  151.  152.  156.  157.  160.  259. 

280.  353.  366.  367. 
Wanscher  52. 
Waurich  401. 
Weber  216. 

Weber,  H.  177.  225.  411. 
Weichselbaum  148.  333. 
Wel  ander  143. 
Wells,  P.,  Eine  neue  Salbenbasis  433. 

Westphalen,  H.,  Multiple  Fibrome  der 
Haut,  der  Nerven  und  Ganglien  mit 
Übergang  in  Sarkom  139. 

White  471. 

White,  J.  C,  Die  Zunahme  im  Auftreten 
der  Scabies  nebst  Bemerkungen  über 
die  Behandlung  dieser  Affektion  477. 


603 


33: 


Wickham,  M.  L.,  und  H.  Hallopeau^ 
Über  eino  eiterige  Form  des  Lupus 
tuberkulosus  475. 

—  L.  und  G.  Baudouin,  Ekthyma  tene- 
brans  bei  einem  Kinde  479. 

Willan  173.  414. 

Wilson,  E.  48.  140.  322.  344.  445. 
Winternitz  134. 

Wolff,  W.,  Die  Nerven  des  Froschlarven- 
schwanzes 212. 

—  211.  223. 

Walkowitsch  531.  543.  547. 
Wunderlich  182. 
Wynne  124.  129. 
Wyssokowitsch  381. 

Yeo,  B.,  Chininexanthem  57(5. 

Zabludowsky  88. 
Zambaco  143.  185. 


Zander,  R,    Die    frühesten  Stadien  der 

Nagelentwickelung  und  ihre  Beziehung 

zu  den  Digitalnerven  85. 
—  80.   86.   87.   88.   89.   90.  91.  92.  129. 

130.  131.  132.  133.  134.  150.  151.  152. 

154.  155.  354. 

Zeising,  E.,  und  Jadassohn,  Ein- 
spritzungen von  Salicyl-  und  Thymol- 
quecksilber  zur  Syphilisbehandlung  94. 

Zeissl  134. 

Zemanek;  Ad.,  Syphilis  in  ihrer  Rück- 
wirkung auf  die  Berufsarmeen  im 
Frieden  und  im  Kriege,  und  die  Mög- 
lichkeit ihrer  thunlichsten  Eindämmung 
319. 

Ziegier  361.  562. 

Ziemssen,  von  425. 

Zillner,  E.  429. 

Zit  178. 

Zuelzer  59. 


41C  16  0