Skip to main content

Full text of "Monatsschrift des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten für Gärtnerei und Pflanzenkunde"

See other formats


re 
Be Fr 
u te. 
a 


A er 

> r 

EEE 
Baier x 


Rt ki N RS, m 
EN u DE 
>. ac Sn Zr 2 
a u ee ? 
rn - 
itaak ar 


er 
a 


x3 “ar Re 


5 > 
“ — 7 = || 
. (@ AT Sr nb 1897 Ye W-Gibson-invi BL > =; 


Ka se 
7 


N 
Y 16. Jahrgang. Februar 1873. 9 


a‘ 
2 2 


nn 


= 


Monatsschrift 


Ger 


ezi 
ar 
- —,)  — 


—m_- 8A OÖ) € Na. a oA®) 
N u u) 


ı Vereins zu Befinderung dns Gartnhaes 
Königl. a. Staaten A 


@: 


für 


Gärtnerei und Pllanzenkunde, 


NO 
(ed) 


6 


SERIEN 
1-0 


nn 


Are) 


Te u 


X 


Redacteur: 


BER 
- ANA — z 
() te 


ee 


[& Professor Dr. Karl Koch, | 
i 5 General-Sekretair des Vereines. ‘ 
| 5 


Ro 
 — - 


mal 
007 


Key 


SZ 
KL 


eG 
x0) 
ASNRI 


— TU 
— 


AO AL 
inte } 
et 


ij 
el Le) 
Bu. 
CERERE FT ER? 


en 


BERLIN. 


In Commission bei Wiegandt & Hempel. 


ne 
7: 
r PYOR 


” 
65 te 
a — 


“) 


\ = n 
h 
SCH. 


we 


us BeeH 1 hr 


N ; ee 
dh ae ar ) 
Ku 


5 1910 


Monatssehrift 


des 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 


in den 
Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


nn m m —  -  - 


LIBRARY 
Redactenr: NEW YORK 
5 BOTANICAL 
Professor Dr. Karl Koch, GARDEN. 
General-Sekretair des Vereines. 
No. 1. Berlin, den 1. Februar. 1873, 


Sonntag, den 2. Februar, Vorniittags 11 Uhr, 
findet eine Versammlung im Klub der Landwirthe (Französische Strasse 48) 
statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. 


Vorwort. 


Der den periodischen Publikationen unseres Gartenbauvereins zu 
Grunde liegende Gedanke hat seit einem halben Jahrhundert schon 
mehr als eine Wandlung erfahren. Er tritt heut wiederum in eine 
neue und zwar in die dritte Phase seines Daseins ein. Wie die ur- 
sprünglichen, des Trefflichen und Guten so viel enthaltenden „Ver- 
handlungen“* sich zur „Wochenschrift“ umgestaltet und als solche 
dreizehn Jahre lang die Gunst des Publikums genossen hatten, er- 
schien es jetzt den Zeitumständen angemessener, sich der Anfangs 
beliebten Form wieder mehr zu nähern und so ist es denn eine „Mo- 
natsschrift für Gärtnerei und Pflanzenkunde“ geworden, welche die 
Sorgen und Mühen der unmittelbaren Vorgänger auf ihre Schultern 
nehmend, nach einem sicher nicht minder hochgesteckten Ziele und 

1 


nach Erfolgen, wie jene sie theils erlansten, theils anstrebten, ringen 
will. Diese neue Zeitschrift tritt schüchtern, doch nicht ganz ohne 
Vertrauen auf das Maass ihrer eigenen Kräfte und auf die sie tra- 
genden Sympathieen in die Mitte eines Leserkreises, der zum Glück 
kein neuer und kein durchaus fremder für sie ist, den sie vielmehr 
als bereit ansehen darf, althergebrachte Nachsicht und die Gewohn- 
heit einer kollegialischen und humanen Sinnesweise auch ihr zu gute 
kommen zu lassen. Was kann sie Besseres thun, als ihren künfti- 
gen Gönnern, beim ersten Schritt,"den sie ins Leben hinaus wagt, 
ihren Gruss ‚zu. entbieten, und ihre Bereitwilligkeit -zu.jeder‘im Be- 
reich des Möglichen gelegenen Kraftentwieklung zu erklären? 

Sie fühlt zugleich die Verpflichtung, so weit es thunlich, den 
Prineipien Ausdruck zu leihen, ‚welche auf der zu durchlaufenden 
Bahn die leitenden für sie sein werden. 

Im Grunde genommen, “wird dies nicht allzuschwer und mit um 
so wenigeren Worten abzuthun sein, je mehr man sich vergegenwär- 
tigt, wie die Neugestaltung, welche uns beschäftigt, eigentlich‘ nur 
der äusseren Form nach das Ergebniss einer tief eingreifenden Aen- 
derung in ihrem Gefolge haben wird, während für den inneren Ge- 
halt vorsichtige und allmälige Uebergänge zum als zeitgemäss er- 
kannten Besseren vorbehalten bleiben. . Es ist in. dieser Hinsicht 
nicht ohne Bedeutung, dass der Titel des Blattes nur eine möglichst 
geringe Modifikation erlitten hat. ‘In seiner Schlichtheit gefällt si. h 
derselbe vor Allem darin, darzuthun, dass das Band der Kontinuität 
zwischen Monatsschrift und Wochenschrift in keiner Weise zerrissen ist, 
wie sehr es die jene leitenden Persönlichkeiten immerhin lieben mögen, 
den. Faden- der Tradition auch aus fernerer und glanzvollerer Ver- 
gangenheit her -an die Schöpfungen der Gegenwart zu knüpfen. : Dazu 
einerseits. der Gartenbauverein für: die preussischen Staaten; unwan= 
delbar in seinen Fundamenten, er, unser Patron, und wir,. so lange 
‚schon sein "Organ, jetzt nicht allein dies, sondern auch sein aus- 
schliessliches Eigenthum, andererseits die Person des verantwortlichen 
Redakteurs, — sind sie nicht beide geblieben, was sie bisher waren, 
und mithin -die für uns wiehtigsten Faktoren nicht von ihrem Platze 
gewichen? Wir nennen mit Stolz unseren Gartenbauverein, den Erst- 
gebornen: unter  seines- gleichen im deutschen Vaterlande, ‚Ihn, der 
allen. Zweiflern zum: Trotz, felsenfester als je dasteht,; und wünschen 


won Herzen, er möge in der Wahl der Elemente für die von ihm 
gewollte Zeitschrift einen glücklichen Griff gethan haben. Die Quadern 
seines alten Grundhbaues sind so breit und solid gelegt, dass kein 
Stein an ihnen verrückt zu werden braucht, falls eine frische Gene- 
ration das Gebäude. zu: kühneren Dimensionen emporzuführen denkt. 
Der Sorgfalt. dieser letzteren liegt es nur ob, den neu zu errichten- 
den Stockwerken jene Eigenschaften des Styls, der Gediegenheit und 
der schwungvollen Schönheit zu verleihen, welche von den sich läu- 
ternden Geschmacksansprüchen unserer Zeit mehr als je gefordert 
werden. 

Es ist viel von Schwierigkeiten die Rede gewesen, welche aus 
. der Berufsverschiedenheit der Vereinsmitglieder und den daraus ent- 
springensollenden litterarischen Bedürfnissen derselben hergeleitet 
werden. . Man hat von Gärtnern und Nichtgärtnern gesprochen und 
ihre Zahl gegeneinander abgewogen. Diese Besorgniss, diese fast un- 
liebsame Statistik treten für uns vollkommen in. den Hintergrund, 
..80 lange, wir, den Satz aufrecht erhalten, dass Keiner unter uns ist, 
der. nicht eine Ehre darin fände, selbst Gärtner sein zu wollen, 
Keiner, der nicht andrerseits von der Nützlichkeit, ja von der un- 
amgänglichen Nothwendigkeit strengwissenschaftlicher Forschung über- 
zeugt wäre. Müsste man nicht fürchten, diejenigen Herren, welche 
‚. dem genannten Stande im engeren: Sinne des Worts angehören, zu 
verletzen, wenn man bei ihnen eine geringere Emfänglichkeit für die 
in sich selbst ihren Lohn findenden Bestrebungen . der Wissenschaft, 
für die Eleganz der Schreibweise und für den Flug der Gedanken und 
‚Empfindungen voraussetzte? Weit- entfernt, uns im Gegensatz zu ihnen 
zu fühlen, werden wir sie. vielmehr nicht oft und dringend genug er- 
suchen können, zur wechselseitigen Belehrung aus dem ‚Schatze ihrer 
Erfahrungen zu spenden und so ein wünschenswerthes Gleichgewicht 
zwischen Praxis und. Theorie herstellen zu wollen... Geschieht dies, so 
‚wird es sicher. gelingen, den obenerwähnten Unterschied zwischen 
Gärtnern und Nichtgärtnern noch mehr als bisher zu verwischen, ge- 
rade so wie in derThat gediegene, dabei allgemein. verständliche und 
in ansprechende Form gekleidete wissenschaftliche Mittheilungen uns 
über den zum Theil noch festgehaltenen Gegensatz zwischen Botanikern 
und Laien forthelfen würden. Wahrhafte Liebe zur vegetativen Welt führt 
gleichzeitig, wenn auch nieht immer gleichmässig, je nach der In- 

18 


dividualität, zu den verwandten Richtungen, sei es der Kenntniss, 
sei es der Pflege der Pflanze. Zwischen Beiden vermittelnd einzu- 
treten und sie sich einander ergänzen zu lassen, wird immer eine 
Hauptaufgabe unseres Journals bilden. 

Wir müssten den uns hier angewiesenen Raum weit überschrei- 
ten, wenn wir eine Aufzählung aller der Gegenstände und Diseipli- 
nen liefern wollten, welche berechtigt sind, eine Vertretung in die- 
sen Spalten für sich in Anspruch zu nehmen: Halten wir zuvörderst 
an dem Grundgedanken fest, der in schöner und dankenswerther 
Idealität den Vätern unseres Vereins vorschwebte: an ihrem Glau- 
ben an die bildende und veredelnde Wirkung der Gartenkunst auf 
das menschliche Gemüth. Er hat Grosses geleistet und Niemand 
weiss, ob wir nicht Zeiten entgegengehen, in denen man seiner mehr 
als je bedürfen wird. Lassen wir die Monatsschrift in diesem Sinne, 
im Geiste so theurer Dahingeschiedener, wie in älterer Zeit ein 
Link, in kaum entschwundener ein Gustav Fintelmann es waren, 
fortwirken: sie" wird Samenkörner ausstreuen, die auf keinen un- 
dankbaren Boden fallen können; sie wird in der Rangordnung einer 
für das Wohl des Vaterlandes thätigen Presse einen zwar beschei- 
denen, aber zweifelsohne ehrenvollen Platz behaupten. 

Abgesehen von dieser idealen, mit gesunden, praktischen Ten- 
denzen wohl zu vereinenden Richtung, möchten wir eine möglichst 
grosse Mannigfaltigkeit der Objekte, durchweht vom Hauche echt 
deutscher Gründlichkeit, anempfehlen. 

„Wer Vieles bringt, wird Jedem etwas bringen.“ 

Eine derartige reiche Abwechslung ist an maassgebender Stelle 
mit Recht als ein Haupterforderniss des Journals hingestellt worden 
und wird sich, soweit es geschehen kann, nicht nur im grossen 
Ganzen, sondern auch in der Reihefolge der Artikel eines jeden 
Einzelnhefts abspiegeln. Aus ihr entspringt zugleich die unbedingte 
Nothwendigkeit des Zusammenwirkens vielfacher Kräfte zur Beschaf- 
fung des Materials, das eine einzige, wenn auch noch so gewandte 
Feder allein herbeizuschaffen schwerlich mehr genügt. 

Nieht ohne Erfolg hat man daher gesucht, mit Schriftstellern von 
Ruf, welehe besondere Speeialitäten repräsentiren, sich in Verbindung zu 
setzen. So werden die bildende Gartenkunst, die Pflanzengeographie, 
Baumzucht, Obst- und Gemüsebau ihre Vertreter finden. Die grossen 


Kulturen des Handels sollen eingehende, fachmännische Besprechung 
erfahren; ein feuilletonistischer Abschnitt wird sich aus den Schil- 
derungen berühmter älterer und neuerer Gartenanlagen, aus Exkur- 
sions- und Reiseberichten, aus geschichtlichen und biographischen 
Mittheilungen wie von selbst: zusammenfügen. Dabei kann es nieht 
ausbleiben, dass verwandte Wissenschaften, wie Meteorologie, Orni- 
thologie, Entomologie, ja dass Technik der mannigfaltigsten Art, ins- 
besonders Ceramik, Plastik und Architektur willkommne Streiflichter 
auf unser Gebiet werfen. Es ist selbstredend, dass durchaus nichts der 
Gärtnerei und der Botanik Angehöriges oder ihr näher Verbundenes uns 
fremd bleiben kann und darf, und dass namentlich jenem Theile der 
Systematik, welcher die Einführung neuer Pflanzen verzeichnet oder 
Gesammtgruppen älterer in monographischer Form uns vorführt, be- 
sondere Aufmerksamkeit: zugewendet werden muss. In gleicher Weise 
möchte es rathsam sein, die lieblichen, nur von allzu Wenigen ge- 
kannten Gestalten unserer heimischen Flora mehr als bisher in Be- 
tracht zu ziehen. Man sieht, es ist eine endlose Fülle des Stofts, 
die uns vorliegt, und dass eine glücklich wählende Hand nur hinein- 
zugreifen braucht, um Bedeutsames ans Licht zu fördern, scheint uns 
für die Zukunft der Monatsschrift eine der besten Bürgschaften des 
Erfolgs in sich zu schliessen. 

Der Stoff ist nie ohne Einfluss auf die Form, aus der Schön- 
heit der Gegenstände fliesst die ungekünstelte Grazie der Darstellung. 
Nicht wenige botanische oder ans Gebiet der Botanik nahe anstrei- 
fende Schriftsteller zeigen uns dies ebenso glänzend, als unverkennbar 
in ihren Werken. Wie wäre da anzunehmen, dass es in unserem Kreise 
unter Vielen nicht Einigen gelingen sollte, soviel Neues interessant, so= 
viel Interessantes’neu und anregend darzustellen. Wie wäre es möglich, 
dass Angesichts so erhabener und wunderbarer Offenbarungen der ewi- 
gen Schönheit, wie das Reich Flora’s und Pomona’s sie darbieten, das 
Wort uns versagte, der Ausdruck des mit dem Geist Erfassten allzu- 
weit hinter dem Reiz und der Würde des Objekts zurückstände, dass 
von der allstündlichen Berührung so vielen Goldes nicht etwas edles 
Metall an den Händen, an der Feder, derer, die mit uns arbeiten 
werden, haften bliebe! Wir glauben das nicht, aber wir werden, als 
Leser, und vielleicht nicht allein als soleher, bei der Entscheidung 


dieser Frage interessirt, in Betreff ihrer das Weitere vertrauensvoll . 
abzuwarten wissen. | 

‘ Es ist für angemessen erachtet worden, jedem Hefte eine Mo- 
natschronik hinzuzufügen, in welcher die Wittrungsverhältnisse, die 
periodischen Erscheinungen der Pflanzenwelt, sowie Personalnach- 
richten und lokale Dinge ihre zwanglose Besprechung finden sollen.*) 
Ein Anzeigeblatt wird zur Vertretung der Interessen des Handels 
der Monatsschrift regelmässig beigegeben. Wünschenswerth wäre 
die Einrichtung eines „Briefkastens“ zur Vermittlung des direkten 
Verkehrs zwischen Lesern, resp. Abonnenten und! der Redaktion. 
Hoffen wir, dass ein soleher zu Stande komme, da er bei den viel- 
fachen Verbindungen, deren das Blatt sich rükmen darf, und bei der 
Nähe und Zugänglichkeit zahlreicher wissenschaftlicher Institute von 
Bedeutsamkeit, die es zu Rathe ziehen kann, weniger Erfahrenen 
— und das sind wir ja Alle in diesem oder jenem Zweige — ohne 
Zweifel von grossem Nutzen sein würde. 

Ehe wir schliessen, verdient noch die Thatsache Erwähnung, dass 
Seitens des zur Prüfung der journalistischen Frage ernannten Aus- 
schusses die Bildung eines permanenten Redaktions-Komites beschlossen 
worden ist, welches die Aufgabe hat, dem Redakteur Professor 
K. Koch berathend zur Seite zu stehen und zugleich sein Urtheil 
über die Zulassung und über den resp. Werth der eingesandten Ar- 
tikel abzugeben. Ihm wird ferner die Honorarsfrage zur jedesmaligen _ 
Prüfung und Entscheidung anheimfallen. Dasselbe besteht, unter dem 
Vorsitze des Präsidenten Oppermann, aus dem früheren Kunst- und 
Handelsgärtner Lackner und aus dem Unterzeichneten. Nur in der 
Eigenschaft eines Beisitzers dieses Komite’s, und um Aufforderungen 
von verschiedener Seite her zu genügen, hat Letzterer es wagen können, 
einige Grundzüge eines Programms für die Monatsschrift zu ent- 
werfen, die er als im Sinn der leitenden Kräfte derselben geschrieben 
ansieht und demgemäss hier der öffentlichen Beurtheilung anheim- 
stellt Wie könnte er anders, als den Erfolg des neuen Journals 
hoffnungsvoll mit seinen besten Wünschen begleiten, während er bei 


*) Der Unterzeichnete erbittet für diese Rubrik, Seitens dafür sich Interes- 
sirender, gefällige Malfielongen unter seiner Adresse: Berlin. Leipziger Platz 
F- D 273 
Nr. 13. Für den Fail seiner Abwesenheit von Berlin, unter derjenigen les $ 
Redatteurs en chef, Pro vr sor Koch. 


der rein accessorischen: Bedeutung seines Antheils an den Geschäften? 
der Redaktion selbst, für jetzt jede Art von Verantwortlichkeit-füre 
das Gelingen des Unternehmens von sich ablehnen: muss. 

So möge denn die Monatsschrift für Gärtnerei und Pilanzen- 
kunde dem Verein, der sie unter grossen Opfern ins: Leben rief); 
volle Befriedigung gewähren und, da sie ihren Leserkfeis nicht auf 
die Mitglieder desselben zu beschränken denkt, auch aus weiteren 
Sphären der liebenswürdigsten und erheiterndsten aller Wissenschaften 
immer neue Jünger und Jüngerinnen werben. Das Verdienst "wird 
auf ihrer Seite, der Nutzen, der Genuss, sowie jenes nicht minder‘ 
grosse Verdienst, ein für das Gemeinwohl erspriessliches Unternehmen - 
gefördert zu haben, werden auf Seiten ihrer Leser und Gönner sein. 

Berlin, am 14. Januar 1873. 
Carl Bolle. 


Die 
neuesten Untersuchungen über Zapfenträger 
ah (Uontferen). 


Zu den Pflanzen, welche auf unserer Erde bereits lange existir- 
ten,. bevor die meisten Arten unserer jetzigen Vegetation vorhanden 
waren, gehören auch die Zapfenträger (Coniferen) oder, wie man 
sie ebenfalls gewöhnlich nennt, obgleich nicht alle Nadeln besitzen, 
die Nadelhölzer. Wir müssen jedoch gleich bemerken, dass bei 
unseren Antipoden, den Neuholländern, aber auch in tropischen 
Ländern, die Coniferen nicht breite Blätter haben; es würde dem- 
nach für sie der Ausdruck Nadelholz nicht passend sein, wenn man ° 
sich nicht einmal daran gewöhnt hätte. Andere Pflanzen - Neu- 
hollands dagegen, besonders aus der Familie der Proteaceen, sind- 
mit Nadeln versehen; diese könnten daher mit mehr Recht als 
Nadelholz gelten. rc 

Die Hauptmasse der jetzigen Coniferen bewohnt die nördliche 
semässigte. Zone. Es gab aber eine Zeit, wo die Coniferen weit 
mehr und gleiehmässiger auf der Erde ausgebreitet waren und selbst 


ER. 


einen grossen Theil der damaligen, von der jetzigen sehr verschie- 
denen Pflanzenwelt bildeten, als jetzt. Wie aber die Oberfläche der 
Erde allmälig ihre ursprüngliche Gleichheit in Temperatur und 
Bodenverhältnissen verlor und mannigfacher wurde, so ging auch 
eine Reihe von Pflanzenarten, und ganz besonders auch von Coni- 
feren, im Kampfe des Daseins, um uns eines beliebten Ausdrucks 
zu bedienen, unter, und andere, und zwar in um so grösserer Arten- 
zahl, je mehr die Ungleichheit zunahm, entwickelten sich den ob- 
waltenden Verhältnissen gemäss zu selbständigen Arten. Die 
Mannigfaltigkeit in der Pflanzenwelt nahm von jetzt an gegen früher 
um so mehr zu, je näher der jetzige Zustand der Erde sich befand. 
Unter Anderem gingen auch viele Coniferen in die jetzige Welt 
über, die meisten scheinen aber untergegangen zu sein. 

Aus unseren Stein- und Braunkohlen, den Resten der früheren 
Pflanzenwelt, hat‘ die Wissenschaft uns ein Bild der früheren vege- 
tativen Verhältnisse auf der Erde gegeben. Wie unsere jetzigen 
Pflanzen den auf sie einwirkenden Umständen angepasst sind, so 
waren die früheren den damaligen Verhältnissen gemäss organisirt. 
Im Allgemeinen erscheinen die früheren Pflanzen einfacher gebaut; 
es fehlte ihnen unter Anderem z. B. bis auf die neuesten Perioden 
der Eintwickelung unserer Erde der Schmuck, den wir jetzt häufig 
an den Blüthenorganen der höheren Pflanzen bewundern. Die Far- 
henpracht der Blumen bedarf des Lichtes. Wie hätte diese sich 
aber zu einer Zeit bilden können, wo ein feuchter Dunstkreis noch 
die Erde umhüllte und die Sonne mehr oder minder verschleiert war. 

Wenn auch nicht die ältesten, so sind doch die heutigen Coni- 
feren sehr alte Bewohner der Erde, welche sich durch alle späteren 
allgemeinen und speciellen Umwandlungen auf der Oberfläche der 
Erde bis auf den heutigen Tag erhalten haben, sich aber stets den 
gegebenen Verhältnissen, wie man sich gewöhnlich ausdrückt, auch 
accommodiren mussten. Es sind und bleiben demnach unsere heu- 
tigen Coniferen im eigentlichen Sinne des Wortes Repräsentanten 
einer alten grauen Vorzeit. 

Die Coniferen stellen ohne Ausnahme Gehölze dar, ihr Stamm 
hat aber einen von den anderen Bäumen und Sträuchern, die erst 
später auf der Erde entstanden sind, wesentlich verschiedenen Ban. 
Die ganze Reihe von Leitzellen, welche früher in der Wissenschaft 


als Gefässe bezeichnet wurden, jetzt aber Fibrovasalstränge genannt 
werden, fehlt entweder ganz und gar in dem Holze der Coniferen, 
oder sie sind nur an der Markscheide vorhanden. Die sogenannten 
Holzzellen sind ferner mit gehöften Tüpfeln, d. h. mit eigenthüm- 
liehen kleinen Löchern in der Zellwand versehen. Auch die Blüthe 
der Coniferen ist eine andere, im Vergleiche mit der höherer Pflanzen, 
und steht noch auf einer sehr tiefen Stufe ihrer Entwickelung. 
Anstatt ächter Staubgefässe mit Staubfäden und Staubbeuteln und 
von bunten Blumenblättern umgeben zu sein, sehen wir bei den 
Goniferen die dazu bestimmten Blattorgane weit weniger umgebildet 
(metamorphosirt), es befinden sich in der Regel auf der Unterfläche 
der Staubblätter eigenthümliche Säcke, welche den Blumenstaub 
einschliessen. 

Wie die männlichen Blüthen sieh allein an besonderen Stellen 
der Pflanze bilden, so ist es auch mit den weiblichen Blüthen, den 
Stempeln, der Fall. Diese befinden sich, und zwar wiederum an 
besonderen Stellen, an der Basis von Deckblättern, mit denen eigen- 
thümliche Organe von meist holzartiger, aber auch fleischiger Textur 
(gewöhnlich Schuppen genannt) und später sich bildend, verwachsen, 
und stellen den sogenannten Zapfen (Conus oder Strobilus) dar. Es 
ist dieses ein Umstand, der den Botanikern Veranlassung gab, allen 
hierher gehörigen Pflanzen den Namen Zapfenträ'ger d. i. Coni- 
ferae zu geben. 

Ueber den Ursprung und die Deutung der weiblichen Blüthe 
und ihrer Schuppen herrschen seit fast einem Jahrhunderte ver- 
schiedene Ansichten. Die weibliche Rlüthe ist so einfach, indem sie 
nur aus einem Kern und einer Hülle besteht, dass man zum Theil 
gar nicht glauben wollte, sie sei das, was die weibliche einfache 
Blüthe bei den höheren Pflanzen sei, d. h. ein oder mehrere von 
einer besonderen Hülle (der Fruchtknotenwand) eingeschlossene 
Eichen, sondern man meinte, die vorhandenen weiblichen Blüthen 
beständen nur aus dem Eichen und wären von keinem Fruchtknoten 
oder Stempel eingeschlossen. Die vorhandene eiufache Hülle, welche 
man bis dahin für eine Fruchtknotenwand gehalten hatte, wurde 
jetzt für eine Eihaut erklärt. Man übersah dabei, dass jede Eihaut 
mit dem Eikern auf’s Innigste verwachsen ist, hier aber die Hülle 
in der Regel völlig getrennt von dem Eikern erscheint. 


ler 


Der Italiener Targioni-Tozzetti war der erste, der im Jahre 
1810 diese Ansicht aussprach, aber von den Botanikern der .dama- 
ligen Zeit nicht weiter berücksichtigt wurde. Als aber 15 Jahre‘ 
später ein so gewichtiger und einflussreicher Mann, als der Engländer 
Robert Brown war, in der November-Sitzung der Linne&’schen 
Gesellschaft vom Jahre 1825 die weibliche Blüthe der Coniferen 
ebenfalls für ein einfaches Eichen erklärte, gewann er, trotz der 
kräftigsten Entgegnungen Achille Riehard’s von Jahr: zu Jahr 
mehr Anhänger, bis schliesslich seine Ansicht die allgemein herr- 
schende wurde. Der Ausspruch Robert Brown 's schien von nun 
an unantastbar zu sein Man sah in dem Mangel einer Frucht- 
knotenwand ein besonderes Merkmal für die auf Erden schon sehr 
lange Existenz der Coniferen. Man glaubte ferner auch Grund 
genug zu haben, die Coniferen als eine besondere, wesentlich von 
den -übrigen höheren Pflanzen verschiedene Abtheilung in der Pflan- 
zenwelt zu betrachten. Man nannte sie deshalb mit den allerdings 
für diese Ansicht passenden Namen Gymnospermen, d. h. 
Nacktsämler, und schied sie damit von den Angiospermen, 
d.h. Gefässsämlern, weil hier die Fruchtknotenwand gleichsam 
ein Gefäss oder eine Hülle für das oder die Eichen bildet. Die- 
Gymnospermen wurden hinter den Kryptogamen, und zwar hinter 
den ächten und unächten Farnen, besonders den Lykopodiaceen, 
welche ebenfalls in der grauen Vorwelt eine wichtige Rolle gespielt 
haben, eingereiht. 

So blieb der Zustand in le Deutung der weiblichen Blüthe 
der Coniferen bis vor 9 Jahren, wo wiederum ein Italiener, Par- 
latore in Florenz, im Jahre 1864 eine besondere Schrift, welche 
Ber. organographische Studien über die Coniferen nannte, heraus- 
gegeben hatte, welcher aber 4 Jahre früher schon in den Comptes 
rendues der Dat Akademie eine darauf bezügliche Arbeit über 
die Coniferen vorausgegangen war. Die herrschende Ansicht Robert 
Brown’s über die Gymnospermen, dieser Gruppe von Pflanzen, wurde 
in der Schrift widerlegt. Obwohl Parlatore auch in seiner Mono- 
graphie der Coniferen, welche ebenfalls 1864 in de Candolle’s Pro- 
dromus erschien, die weibliche Blüthe der Coniferen für einen Frucht- 
knoten oder Stempel erklärt und seiner ganzen systematischen Auf- 
stellung dieser ziemlich umfassenden Familie ihre . Fruchtknoten- 


—- 11 — 


Natur zu Grunde gelegt hatte, so trat doch wiederum in dem 
Petersburger Sperk ein Anhänger der Robert Brown’schen An- 
sicht.auf. Im Jahre 1869 gab Sperk, und zwar in den Memoiren 
der Petersburger Akademie, eine Abhandlung über die Gymnosper- 
men im Pflanzenreiche heraus, wo er die Bichen-Natur der weib- 
lichen Blüthe der Coniferen von Neuem nachzuweisen suchte, 
Endlich trat Strasburger, Professor in Jena und lange Zeit 
schon mit den minutiösesten Untersuchungen über die Befruchtung 
der Coniferen beschäftigt, im vorigen Jahre mit einer ausführlichen 
Schrift über die Coniferen hervor. Hier veröffentlichte er die Re- 
sultate seiner Untersuchungen über die Entstehung der weiblichen 
Blüthe bei den Pflanzen genannter Familie und erläuterte sie durch 
vorzügliche bildliche Darstellungen. Nach diesen neuen und gründ- 
lichen Untersuchungen unterliegt es wohl kaum noch einem Zweifel, 
dass die weibliche Blüthe bei den Coniferen kein nacktes Eichen 
darstellt, sondern aus einem mit einer Fruchtknotenwand versehenen 
Stempel besteht, also dem Stempel der höheren Pflanzen durchaus 
ähnlich gebaut ist. Strasburger hat bei hinlänglicher Vergrösse- 
rung gesehen, dass die Hülle des Kikerns keineswegs eine Eihaut . 
darstellt, sondern wie bei den meisten höheren Pflanzen mit soge- 
nannten oberen Fruchtknoten, aus blattartigen Organen, und zwar in 
diesem Falle aus zweien, die später als Hülle zusammenwachsen, 
besteht. Es ist hier wirklich ein Verwachsen von zwei Organen in. 
der ersten Zeit der Entstehung der Blüthen vorhanden. Dieses Ver- 
wachsen ist wesentlich vor dem vermeintlichen Verwachsen bei dem 
unteren Fruchtknoten vorhanden, wo nie getrennte Theile da waren, 
also gar nicht erst zusammen zu wachsen brauchten. | 
Strasburger hat sich auch sehr genau wit den sogenannten 
Schuppen des Zapfens, an deren Basis die weiblichen Blüthen sich 
befinden, beschäftigt und ebenfalls über ihre Entstehung. berichtet. 
Man hatte bis jetzt in Betreft dieses eigenthümlichen Organes, der 
Schuppe, mehr gedeutet, als wirklich untersucht Man durfte sich 
deshalb auch nicht wundern, dass man diese Schuppen nach und 
nach für Alles erklärte, nur nicht für das, was sie wirklich sind. 
Nach Einem bildeten sie offene Fruchtknotenwände (Karpellarblätter), 
deren Ränder sich nicht geschlossen hatten. dem Anderen waren sie 


Bi 


ein verkümmerter Zweig, dem Dritten sogar ein Blüthenstiel, während 
ein Vierter sie für zwei zusammengewachsene Blätter erklärte. 

Strasburger war es auch hier vorbehalten, Licht und Auf- 
klärung zu schaffen. Während bei den höheren Pflanzen mit der 
Anlegung der Blüthe und ihrer Theile nur ausnahmsweise sich 
später Neubildungen zeigen, so ist es bei den Coniferen unterhalb 
der eigentlichen Blüthe ganz gewöhnlich. Es entstehen hier fast 
stets zwar dem äusseren Anschein nach sehr verschiedene in ihrem 
Ursprunge aber gleiche Gebilde, wie sie bei den höheren Pflanzen 
nicht vorkommen. 

Von den vier Familien der Coniferen ist bei den Gnetaceen, 
welehe sieh den anderen höheren Pflanzen am meisten anschliessen, 
meist nach der Befruchtung der weiblichen Blüthe an der Basis 
derselben eine rege Zellenthätigkeit in so fern vorhanden, als zahl- 
reiche neue Zellen sich bilden. Es wird dadurch die Blüthe und 
später die Frucht, die schliesslich über die aus Deckblättern gebil- 
deten Hülle weit herausragt, emporgehoben. Um den Eikern bilden 
sich aber ausserdem noch später ein oder zwei sogenannte Eihäute 
oder Eihüllen. 

Bei den Eibengehölzen (Taxaceen) geschieht die Neubildung 
von Zellen in der Weise an der Spitze des die Blüthen tragenden 
Stieles, dass diese nach aussen geschoben werden und Anfangs nur 
einen Wall um die Basis der Blüthe, später aber eine fleischige 
Hülle um die ganze Frucht darstellen. Man hielt lange Zeit diese 
fleischige, bei Taxus baceata sehr schön entwickelte Hülle für eine 
dritte Eihaut, also für einen Mantel oder Arillus und der sogenann- 
ten Muscatblüthe, welche die Muscatnuss einschliesst, entsprechend. 
Ihre Bildung ist aber völlig gleich dem eines unteren Fruchtknotens, 
nur dass sie später geschieht. Der Ausdruck „Fruchtbecher“, den 
wir gebrauchen, ist demnach auch für sie bezeichnend. 

Bei den Cypressen und ächten Nadelhölzern (Cypressaceae 
und Abietaceae) geschieht diese Wucherung von Zellen nur einseitig, 
und zwar nach Aussen in der Weise, dass sie an der Basis des 
Deckblattes, in deren Winkel die Blüthen angelegt sind, ihren 
Ursprung nimmt und flächenartig sich weiter entwickelt, die Blüthe 
selbst steht in der Regel auf ihrer Basis. Bei den Cypressen und 
verwandten Pflanzen beginnt die Bildung kurz vor oder mit der 


win 1. 


Befruchtung, und zwar so, dass fast die ganze Fläche dieses neu- 
gebildeten Körpers mit dem betreffenden Deckblatte verwächst. Die 
Blüthen selbst sind aber frei und stehen aufrecht, d. h. mit der 
Spitze nach oben. 

Auch bei den ächten Nadelhölzern geschieht, wie bereits 
gesagt, die Wucherung von Zellen nur seitlich nach Aussen, aber, 
wie es scheint, immer von zwei Punkten aus, doch so, dass die 
vorgeschobenen Flächen sich zeitig vereinigen und ein Ganzes bilden. 
Die unbedeutende erste Wucherung dieses Organes geschieht schon 
zeitig; hierauf scheint ein Stillstand bis zur Befruchtung einzutreten. 
Von da ist die Streckung rasch. Eine Verwachsung mit dem be- 
treffenden Deckblatte, wie bei den Cypressen, geschieht bei den 
Abietaceen nicht, wohl aber mit den später mit der Spitze nach 
unten gerichteten Blüthen. Man belegt in der Regel diesen einseitig 
entwickelten und flächenartigen Körper mit dem Namen Schuppe, 
wohl auch neuerdings Fruchtschuppe. Leider herrscht in der 
botanischen Terminologie keineswegs das allein richtige Prineip, das 
Gleiche mit einem und demselben, das Ungleiche mit verschiedenen 
Namen zu belegen, die Namen gehen in der Regel bunt durchein- 
ander, indem man sich leider zumeist nur von der äusseren Erschei- 
nung leiten lässt. So nennt man Schuppe, wie wir eben gesehen 
haben, die unterhalb der weiblichen Blüthe sich bildenden und 
flächenartigen Ausbreitungen bei den Coniferen, man belegt aber 
auch die unfruchtbaren Deckblätter unterhalb der männlichen Blüthe 
hei den Coniferen mit demselben Namen. Schuppe heissen ferner 
die Niederblätter an dem Stengel z. B. bei vielen Schmarotzern, 
wenn sie klein geblieben sind und keine grüne Farbe haben, sowie 
die Tegmente der Knospen und endlich selbst auch haarähnliche 
Gebilde. Umgekehrt hat dasselbe Pflanzenorgan in der botanischen 
Terminologie oft verschiedene Namen. Wir wollen nur an die Deck- 
blätter erinnern, d. h solcher Blätter, in deren Winkel Blüthen oder 
Blüthenstände ihren Ursprung nehmen. Gefärbt und sehr entwickelt 
heissen diese Deckblätter Blumenscheide (Spatha), unscheinlich, wie 
wir gezeigt haben, wiederum Schuppen. An der Basis der Blüthen 
eines Blüthenkörbehens (oder einer zusammengesetzten Blume) 
stehend, führen sie endlich den Namen Spreublätter. So heissen 
aber auch wiederum breite Haarblldungen bei den Farnen und sonst. 


HT AT TN We 


Für die Kenntniss der Coniferen ist schliesslich noch wichtig zu 
wissen, dass die Befruchtung bei ihnen eine ganz andere ist, als bei 
den anderen höheren Pflanzen. Bei diesen geschieht sie direkt durch 
die Einwirkung der Fovilla des Pollenschlauches auf die Bildung 
des Embryo’s im Embryosacke, bei den Coniferen erst durch Ver- 
mittelung der sogenannten Corpuseula, aus denen ausserhalb des 
Embryosackes der Embryo resp. die Embryonen hervorgehen. 

Die Coniferea sind für die Luxusgärtnerei und Landesverschö- 
nerung ausserordentlich wichtig. Eben deshalb werden wir uns 
‘später noch manchmal mit ihnen beschäftigen. Ehe wir sie aber 
jetzt verlassen, wollen wir zuvor noch auf einen Gegenstand „auf- 
merksam machen, der zwar bei vielen Pfi lanzen, "hauptsächlich aber 
bei einigen Coniferen, sehr auffallend erscheint. Ks ist dieses das 
verschiedene Ansehen der Pflanzen, je nachdem sie jung oder alt 
sind. Besonders deutlich titt dies hei den ächten Cypressen und 
bei den Lebensbäumen hervor. Verwechslungen und Irrungen in 
der Nomenklatur sind hier an der Tagesordnung. "Wenn dergleichen 
sogar solchen Männern, wie Carriöre, dem Chef des Arboretum’ S 
im Jardin des Plantes zu Paris, geschehen ist, so darf man, sich nicht 
wundern, sobald es hier und da auch Laien geschieht. Se Re 

Es kommt aber nicht allein bei den Coniferen arz, dass die- 
selben Pflanzen, je nach ihrem Alter, ein anderes Ansehen haben, 
es ist auch sonst, wie schon erwähnt, keine” seltene Erscheinung. 
Es giebt bestimmte Pflanzen, welche sich in ihrem ersten Lebens- 
stadium, wo sie nur vegetiren, w esentlich von dem zw eiten,. wo sie 
blühen und Früchte hervorl bringen,‘ unterscheiden. Jedermann kennt 
beispielsweise unseren Epheu, der an Mauern u. 's. w. emporrankt, 
aber in diesem Zustande nie blüht Soll dieses gesehen, ‚so löst ‚sich 
der Epheu von der Mauer, die ihm von nun an nur noch als. Stütz- 
punkt dient, ab und wächst frei in der Luft. Macht man von einem 
solchen blühenden Epheu einen Steckling, so wird dieser als ‚selb- 
ständige Pflanze nie an einer Mauer emporranken, sondern stets 
einen aufrechten Strauch bilden und seinem Ursprunge treu bleiben, 
was in Gärten als Hedera arborea kultivirt wird, ist nur aus solchen 
-Stecklingen von blühenden Epheupilanzen hervorgegangen. 

.  Fieus stipularis oder seandens unserer Gewächshäuser ist eben- 
falls eine sehr bekannte Pflanze, Wenige möchten aber wissen, dass 


auch diese zu den Feigen gehörende Art, wene sie blühen soll, 
zuvor in einen dem ächten Feigenbaum ähnlichen Strauch sich um- 
wandeln muss. Im botanischen Garten zu Berlin wird ein solches 
strauch- oder baumartiges Exemplar schon seit sehr langer Zeit im 
Topfe kultivirt und bringt jährlich ziemlich grosse Feigen hervor. 

Umgekehrt haben wir Pflanzen, welche Anfangs gerade in die 
Höhe wachsen und dann zu Schlingpflanzen werden. Als der 
Hanauer Kaufmann Rumpf (gewöhnlich Rumphius genannt), einer 
der tüchtigsten Botaniker des 17. Jahrhunderts, der sich grosse Ver- 
dienste um die ostindische Flora erworben hat, auf Amboina, einen 
Baum, der Anfangs gerade in die Höhe gewachsen war, plötzlich in 
ein Schlinggewächs umgewandelt sah, konnte er seiner Verwunderung 
keinen. besseren Ausdruck geben, als dass er der Pflanze in seinem 
Herbarium amboinense den Namen Quisqualis gab. Wir kultiviren 
aber ‚auch .in. unseren. Gärten vielfach eine Asklepiadacee unter dem 
Namen ‚Rhynchospermum jasminoides- als Schlingpflanze, - Auch. sie 
wächst im ersten Stadium. ihres Lebens aber nur aufrecht. 

. Bei den Cypressen besitzen alle Pflanzen, mehr oder "minder 
dtlich, ‚ausgedrückt, zwei wesentlich von : einander verschiedene 
Lebensstadien. Im. ersten Stadium. haben ‚alle. hierher gehörigen 
Pflanzen, mögen sie‘später ‚aussehen, wie sie wollen, meist ‘in’ einem 
dreigliedrigen Quirl abstehende Nadeln: Diese Nadeln ‚bleiben bei 
den.ächten Wachholder- Arten das ganze Leben hindurch, bei den 
Sadebäumen hingegen verschwinden sie schon bald und es kommen 
dafür schuppenförmige Blätter zum Vorschein, wenn auch hier und 
da noch, besonders an im Schatten stehenden Zweigen, einzelne, 
aber kleinere Nadeln zeigend. 

Bei den Cypressen und Lebensbäumen dauert der erste Zustand 
mit Nadeln meist nur eine sehr kürze Zeit, ' dan kommen allein 
Schuppenblätter und bleiben das ganze Leben der Pflanze hindurch. 
Als :Cypressus' funebris,; die Trauer-Cypresse ' der -Ostasiäten, als 
Samenpflanze ‘aus China eingeführt wurde, hatte sie‘ nur Nadeln, 
verlor sie aber in der Kultur alsbald und zeigte nur schliesslich 
schuppenförmige Blätter. Mehrmals sind uns, auch noch in .den 
letzten’ Jahren, von Seiten der Gärtner solche umgewanlleite Pflanzen 
mit der Bitte um Aufklärung: zugesendet worden. np: 

+ Unser Lebensbaum. des Occeidentes: (Thuja oceidentalis) verliert 


BA Re 


ferner eigentlich seine Nadeln sehr zeitig, bisweilen behält er sie 
aber auch länger. Pflanzt man ihn mit Nadeln durch Veredelung 
fort, so scheinen sich an dem veredelten Exemplare bisweilen die 
Nadeln gar nicht zu verlieren, oder doch wenigstens eine sehr lange 
Dauer zu haben. Dergleichen Exemplare befinden sich schon lange 
Zeit unter dem Namen Retinospora ericoides und juniperoides im 
Handel, sind auch von Carriere unter diesen Namen als selbstän- 
dige Arten beschrieben worden. Man kultivirt ferner als Retinospora 
Ellwangeriana eine T'huja occidentalis, wo die unteren Theile der 
Pflanzen noch Nadeln haben, während diese in oberen Theile anfan- 
gen, sich in schuppenförmige Blätter umzuwandeln. 


Diese noch mit Nadeln versehenen Exemplare des abendländi- 
schen Lebensbaumes stehen gewissen Fermen einer japanesischen Art, 
wo die Nadeln fast durchaus bleiben und sich, wenigstens in unseren 
Kulturen, nie in schuppenförmige Blätter umwandeln, sehr nahe und 
sind um so schwieriger zu unterscheiden, als sie ebenfalls im ersten 
Frühjahre eine bräunliche Farbe annehmen. Während aber die 
Exemplare der Thuja oceidentalis im jugendlichen Zustande mit 
Nadeln unsere härtesten Winter aushalten, sind die japanesischen 
Pflanzen sehr empfindlich. Man hat den letzteren, wegen ihrer ab- 
stehenden Nadeln den Namen Retinospora (Chaemaecyparis. oder 
Cypressas) squarrossa gegeben. 


R.K. 


Gärtnerische Plaudereien. 


Wenn man jetzt die Strassen Berlins durchwandert, so fallen 
jedem Blumenfreunde besonders die vielen auf’s Reihshaltigste aus- 
gestatteten Blumenläden auf, und zwar zeigen dieselben besonders 
in dieser Saison in Anbetracht der Jahreszeit eine überraschend 
giosse Reichhaltigkeit und Vielseitigkeit. Unter den vielen blühen- 
den Sachen sehen wir namentlich auch eine grosse Anzahl ver- 
schiedener Blattpflanzen, und die Wahrnehmung, dass Letztere sich 


einer von Jahr zu Jahr steigernden Verbreitung erfreuen, scheint 
mir ein Beweis für das immer mehr zunehmende Interesse, die 
Kenntniss und Vorliebe für die Pflanzenwelt Seitens des Publikums 
zu sein. Und was können wir Gärtner auch wohl gewissenhafter 
für die Ausschmückung der Zimmer und Wohnungsräume dem 
Publikum empfehlen als diese Sachen, deren Kultur so leicht und 
einfach und darum so lohnend ist und die dabei in Bezug auf 
dekorative Schönheit doch wohl den ersten Rang unter den Pflanzen 
einnehmen. Allerdings ist unter den in unsern Handelsgärtnereien 
kultivirten Blattpflanzen und Palmen für den Gebrauch in Zimmern 
eine gewisse Auswahl zu treffen, doch ist selbst für diesen Zweck 
die Reichhaltigkeit eine so bedeutende, dass sie Nichts zu wünschen 
übrig lässt. Von Palmen sind es besonders Latania  borbonica, 
Corypha australis, Phönix reelinata, Ph. tenuis, Ph. farinifera, Cha- 
maerops humilis, Chamaerops excelsa, Rhapis flabelliformis, diverse 
Chamaedorea, die jetzt in nnseren Berliner Handelsgärtnereien zu 
Hunderten und selbst zu Tausenden herangezogen werden und die 
wegen ihres billigen Preises und ihrer Härte grossen Absatz finden 
und sich beim Publikum einer allgemeinen Beliebtheit erfreuen. Bei 
der Kultur dieser Pflanzen in Zimmern u. s. w. ist hauptsächlich 
darauf zu achten, dass es ihnen nie an Feuchtigkeit fehlt und ist 
deshalb hier stets zu empfehlen, den Topf in einen tellerartigen 
Untersatz zu stellen, der fortwährend voller Wasser gehalten wird, 
wodurch das den Palmen höchst schädliche gänzliche Austrocknen 
des Wurzelballens auf die einfachste Weise vermieden wird. Das 
eben Gesagte gilt auch von vielen andern schönen Blattpflanzen, die 
sich für die Zimmerkultur eignen, und nenne ich in dieser Beziehung 
nur Curculigo recurvata, Philodendron pertusum, Dracaena rubra 
Dr. congesta, Dr.. eannaefolia, Dr. gracilis, Phrynium eylindrieum 
u. A. Aletris fragrans, Pleetogyne (Aspidistra) variegata. ete. ete. — 

Was aber besonders in diesem Winter überrascht, das sind die 
vielen in hoher Vollkommenheit prangenden getriebenen Blumen, als 
Hyazinthen, Tulpen, Maiblumen, Flieder, Azaleen, u. s. w., und 
sehen wir hier wieder, wie sehr die verschiedenen Winter sich in 
Bezug auf Treiberei von einander unterscheiden. Während man 
beispielsweise Hyazinthen in manchem Winter, wie in diesem, be- 
reits Anfangs December in vollendeter Schönheit und Blüthe sieht, 

2 


LG 


erreicht der Gärtner dasselbe Resultat in andern Jahren erst An- 
fangs Januar, und erinnere ich in Bezug hierauf an den vorigen 
Winter, wo es erst von Mitte Januar an gelang, Hyazinthen in der- 
selben Schönheit zur Blüthe zu bringen, wie dieses Mal Anfang De- 
cember; die Vegetation differirt also hier um ea. 4 bis 5 Wochen. 
Den Grund für diese Verschiedenheit müssen wir selbstverständlich. 
immer in den Witterungsverhältnissen des vorhergegangen Sommers 
suchen. Ein sehr evidentes Beispiel liefert in dieser Beziehung die 
eben genannte Pflanze, die Hyazinthe, die ja bekanntlich unter den 
berliner Kulturen eine grosse Rolle spielt. Ist der Frühling en 
früher und günstiger, fehlt es nach der Blüthe, — deren Zeit aller- 
dings, je nach der Temperatur, schon sehr schwankend ist, da die- 
selbe auf Ende März, aber auch erst Anfangs Mai fallen kann, — 

fehlt es also dann neben warmer Witterung nicht an Feuchtigkeit 
des Bodens, so geht die Entwicklung der Zwiebel sehr schnell vor 

sich, sie schliesst dann Mitte Juni, unterstützt von der normalen 

Sommertemperatur, ihre Vegetation ab, und in solchen Fällen kann 
man dann mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass im darauf folgen- 
den Herbst resp. Winter die Frühtreiberei mit Erfolg gekrönt wird 

Zeigen sich dagegen die Witterungsverhältnisse des vorangegangenen 
Frühlings weniger günstig, war der Juni kühl, so stirbt das Kraut 
der Hyazinthe um 14 Tage bis 4 Wochen später ab, und in solchen 
Fällen tritt auch die Vegetation im nächsten Herbste um ebensoviel 
Zeit später ein, wovon die Folge ist, dass sich auch das Treiben um 
soviel später hinausschiebt. Es versteht sich von selbst, dass ich 
hier sets eine regelrechte Behandlung der zum Frühtreiben bestimm- 
ten Zwiebeln voraussetze, dass also das Einpflanzen derselben recht- 
zeitig, d. h. nicht später, als Ende August, geschehen ist, dass es 
ferner derselben nach dem Einpflanzen nicht an Feuchtigkeit gefehlt 
hat, und dass auch hauptsächlich die sich zum Frühtreibeneignenden 

Sorten ausgewählt sind, deren Zahl im Verhältniss zu der grossen 
Anzahl der Sorten, die in den Catalogen aufgeführt werden, eine 
sehr keine ist. Es wären für diesen Zweck besonders zu nennen: 

Homerus einfach roth, Gellert, einfach roth, Hester Clifiord, einfach 
weiss, Latour «’Auvergne, gefüllt weiss, Carl Johann, einfach blau, 

La bien aimee, gefüllt blau. Sind diese eben genannten Bedingungen 
nicht sämmtlich erfüllt, so darf man auf keinen Erfolg rechnen. 


ae ud.: = 


Sehr häufig gehen von ausserhalb Klagen über die von uns geliefer- 
ten Zwiebeln ein, mit der Behauptung, die Zwiebeln seien schlecht 
gewesen, da sie sich nicht hätten frühzeitig treiben lassen. Geht 
man dann der Sache auf den Grund, so stellt sich heraus, dass die 
oben angeführten Bedingungen nicht erfüllt waren, und dies die Ursache 
zu dem Misserfolge war. Ich habe z. B. gesehen, dass man zum Frühtrei- 
ben ganz ungeeignete Sorten genommen hatte, dass ferner das Einpflanzen, 
anstatt im August, im November erfolgte, wo man die Hyazinthen zu 
Weihnachten in Blüthe haben wollte ete. ete., und zwar habe ich diese 
Wahrnehmungen nicht nur bei Laien, sondern auch vielfach bei Gärtnern 
gemacht. Ich möchte mir deshalb an dieser Stelle erlauben, strenge 
Innehaltung der oben angeführten Bedingungen zu empfehlen Es 
dürfte wohl am Platze sein, hier zu erwähnen, dass die aus Holland 
bezogenen Hyazinthen naturgemäss in der Vegetation stets gegen die 
in Berlin gezogenen zurück sind. Am deutlichsten zeigt sich dies 
bei der Blüthe auf dem J,ande im Frühling. Holländische, im Herbst 
neben in Berlin gezogene Hyazinthen, von derselben Sorte, gepflanzt, 
blühen eirca 6 Tage später, als unsere Berliner, ein eben solcher 
Unterschied zeigt sich im Winter beim Treiben; auch bei den aus 
Holland bezogenen Tulpen nimmt man dieselbe Erscheinung wahr. 
Betrefis der Hyazinthen muss ich noch anführen, dass sich von den 
in Berlin und Holland kultivirten Hyazinthen eine, im Süden Frank- 
reichs viel gezogene unterscheidet, und die wir von dort unter dem 
Namen: Romaine blanche erhalten. Soweit ich sie beurtheile, ist 
sie botanisch von unserer Hyazinthus orientalis wohl nicht ver- 
schieden, gärtnerisch dagegen zeigt sie sich wesentlich anders. Sie 
hat die Eigenschaft, sich bedeutend früher und leichter treiben zu 
lassen, als unsere, man kann sie ohne grosse Mühe bereits im Oe- 
tober blühend haben, auch zeichnet sie sich durch grossen Wohlgeruch 
aus, doch sind dagegen ihre Blüthenstutze bedeutend kleiner und 
nur mit wenigen Glocken besetzt, so dass sie im Ganzen schr 
winzig erscheint. Dazu kommt noch, dass sie nur in der einen, 
schon aus ihrem Namen hervorgehenden Farbe, der weissen, existirt 
und ihr also der Vorzug der grossen Farbenpracht, die unsere Hya- 
ziuthen so sehr auszeichnet, ganz fehlt, daher ihre Verwendung trotz 
der guten Eigenschaft des Frühtreibens, doch stets nur eine sehr be- 
schränkte war und auch wohl bleiben wird. 
9*+ 


a 


Auch die schon vorhin genannte Blume, die Tulpe, sieht man 
in diesem Winter in wunderschöner Ausbildung. denn abgesehen von 
der allgemein als besonders zum Frühtreiben bekannten kleinen Due 
van Thol einfach, sehen wir in vollendeter Schönheit die prächtige 
scharlachrothe Due van Thol, die weisse Duc van Thol, Due de 
Berlin, die prahlende gefüllte Tournesol u. A. 


Ebenso günstige Resultate der Treiberei zeigen sich in diesem Jahre 
bei den Azaleen, die man in hoher Schönheit prangen sieht; aber 
wie bei der Hyacinthe, so ist auch hier für das Frühtreiben strenge 
Auswahl der Sorten erforderlich. Bewährt haben sich in dieser Be- 
ziehung besonders mehrere, von dem in der Gärtnerwelt allgemein 
hochgeschätzten L. L. Liebig in Dresden — dessen im vorigen 
Jahre erfolgter Tod diese Kreise in tiefe Betrübniss versetzte, — ge- 
züchtete Varietäten, so z B. Blanchard, weiss, Ida, roth, von älteren 
Sorten ist für diesen Zweck besonders Susanna schätzenswerth, 


Zu den hervorragendsten Kulturen der Berliner Gärtner gehört 
auch die Maiblume. Es ist bekannt, dass diese Pflanze hier in un- 
scheuren Mengen gezogen wird, und so schon längst in sogenannten 
trockenem Zustande der Gegenstand eines bedeutenden Exportge- 
schäftes ist, das von Jahr zu Jahr in rapider Weise zunimmt. Mag 
schon der Berliner Sandboden für die Kultur dieser Pflanze schr 
günstig erscheinen, so bin ich doch der Meinung, dass auch haupt- 
sächlich die streng rationelle Kulturmetliode die ausserordentlichen 
Resultate bewirkt, deren sich Berlin in dieser Beziehung erfreut. 
Aber nicht nur das Heranziehen der Keime allein, auch das Treiben 
derselben habe ich nirgends so practisch ausgeführt gefunden, als 
hier, daher sehen wir denn auch dieses reizend duftende Blümehen 
in vollendetster Schönheit in unsern Blumenläden und in den Zim- 
mern der Blumenliebhaber; welche hohe Bedeutung aber für Bouquet- 
binderei und für Blumenarrangements die Maiblume hat, braucht 
wohl kaum erwähnt zu werden, selten dürfte wohl im Winter in 
letzter Beziehung Etwas angefertigt werden, ohne dieses Blümchen. 
Es ist nicht die Absicht dieses Artikels, genaue Kulturbeschreibun 
sen zu geben, vielleicht bietet sich ein andermal Gelegenheit dazu, 
über die verschiedenen in Berlin geübten Methoden der Maiblumen-, 
sowie anderer Treibereien genau zu berichten. 


Ein ferneres Charakteristikum der Berliner Treiberei bildet der 
Flieder, den wir hier schon blühend von Ende November an, und 
zwar über und über mit Blüthen bedeckt, sehen. Dieses günstige 
Resultat kann aber auch nur durch rationelle und aufmerksame Be- 
handlung erreicht werden, die der in Rede stehenden Pflanze sowohl 
während der Zeit, in der sie im freien Lande dazu vorbereitet wird, 
und die mindestens 5 Jahre bei richtiger Behandlung in Anspruch 
nimmt, als auch namentlich während des letzten Jahres, wo der 
Flieder im Topfe kultivirt wird, zu Theil werden muss. Es ist be- 
sonders darauf zu achten, dass das Schneiden sowohl während der 
ersten Periode im Lande, als auch beı dem Einpflanzen in die Töpfe 
rechtzeitig im Frühling geschieht, dass ihm reichliche Nahrung wäh- 
rend dieses letzten Jahres zugeführt wird und dass es ihm nament- 
lich nicht an Wasser fehlt. Bei grosser Hitze ist oft ein dreimaliges 
Giessen an einem Tage nothwendig; ferner ist auf eine starke Be- 
. festigung des Strauches in dieser Zeit zu achten, so dass Sturm und 
Wind ihn nicht bewegen und die Wurzeln im Topfe drehen kann. 
Der grosse Blüthenreichthum, den ein so kultivirter Fliederstrauch 
im nächsten Winter in der Treiberei entfaltet, belohnt reichlich die 
gehabte Mühe des Gärtners. 

Eine Perle in unserer Winterflor bildet die Camellie, die wir 
denn auch in grossen Mengen erblicken. Aber, wie ich dies schon 
bei anderen Pflanzengattungen erwähnte, ist auch hier behufs Treibens 
derselben eine Auswahl der Sorten erforderlich Es eignen sich be- 
sonders hierzu C. Donkelari, C. Dryade, altheäflora, alba plena, be- 
dingungsweise auch Elegans Chandleri, Variegata u. A. Ausser 
dieser Sortenauswahl ist aber auch für den Zweck des Treibens_dar- 
auf zu achten, dass die Knospen vollständig vorher ausgebildet 
waren. Hat der Gärtner zum Treiben ungeeignete Varietäten, oder 
Pflanzen mit unausgebildeten Knospen ausgewählt, so gelingt es ihm 
wohl häufig, durch Anwendung gewisser Kunstgriffe, einige Knospen 
zur Blüthe zu bringen, die meisten Knospen dagegen werden bald 
abfallen, und die bei dieser Pflanze so häufig vorkommende Enttäu- 
schung herbeiführen. Aber nicht diese Umstände allein sind es, die 
das im Zimmer so oft vorkommende Abfallen der Knospen bei den 
Camellien bewirken, häufig ist auch ein zu Trockenwerden des Wur- 
zelballens daran Schuld; auch hat die Erfahrung gelehrt, dass unser 


in so viele Wohnungen eingeführtes Leuchtgas der Camellie sehr 
nachtheilig ist. Ein Umstand, der sich nicht allein bei dieser, son- 
dern erfahrungsmässig auch bei vielen anderen Blüthensträuchern 
zeigt; so z. B. Azaleen; aber auch manche hart scheinende grüne 
Pflanzen, so namentlich Epheu, richtet das Leuchtgas total zu Grunde. 
Weniger oder gar nicht empfindlich dagegen zeigen sich die, am An- 
fange dieses Artikels erwähnten Palmen, Dracaenen, auch u A. Au- 
cuba japonica. 

Unter den jetzt blühenden getriebenen Pflanzen erfreut ferner 
unser Auge ein kleiner Strauch: Prunus sinensis fl. pl, der durch 
seine zahlreichen reizenden kleinen gefüllten schneeweissen Blüthen 
und das dazwischen hindurch wachsende frische junge Grün aufällt. 
Er lässt sich ebenso leicht, wie der vorher genannte Flieder treiben, 
auch ist die Kultur desselben zu diesem Zwecke eine ganz gleiche. 
Ich will aber hierbei bemerken, dass es nicht unbedingt nothwendig 
ist, dass diese Pflanze, ebenso wie der Flieder, ein Jahr vor dem 
Treiben im Topfe kultivirt wird, man kann diese Sträuche im Herbst 
aus der Erde heben, und sie, ohne dass sie in Töpfe eingewurzelt 
sind, sofort treiben. Bei den eingewurzelten Pflanzen dagegen ge- 
schieht dies einmal viel leichter, auch erscheinen bei der letzteren Kul- 
tur die Blüthen viel zahlreicher, als bei den nicht eingewurzelten, 
und drittens ist auch in diesem Falle die Blüthendauer eine viel 
längere. 

Wenn ich auch mit den hier genannten Pflanzen keinesweges 
und bei Weitem nicht alles das erschöpft habe, was in diesem Au- 
genblicke von blühenden oder sonst der Jahreszeit entsprechenden 
Pflanzen uns bei einer Umschau erfreut, so glaube ich doch, die 
meisten derjenigen Sachen, die der Berliner Gärtnerei ihr eigenthüm- 
liches Gepräge aufdrücken, und die hier meist in sehr grossen Men- 
gen angezogen werden, genannt zu Laben. Vielleicht bietet eine 
andere Jahreszeit einmal Gelegenheit und Veranlassung, andere Pfian- 
zen, die ebenso wie die heute genannten, die Berliner Gärtnerei cha- 
rakterisiren, zu besprechen. Carl Lackner. 


Ueber Eandesverschönerung. 


Die Leser der „Wochenschrift für Gärtnerei und Pflanzenkunde“, 
welche sich für diese Sache interessiren, werden sich erinnern, dass 
der Herausgeber, Herr Professor Dr. Karl Koch, bei Gelegenheit 
der Besprechung des neuen Parks bei Liverpool im XII. Jahrgange 
zuerst mit der Idee auftrat, es möchten sich die verschiedenen Loeal- 
vereine für Verschönerung der Ortschaften und deren Umgebung zu 
einem allgemeinen deutschen Landesverschönerungsvereine verbinden, 
welcher hauptsächlich durch Wanderversammlungen Anregung und 
Zuwachs erhalten und wieder in das Volk ausstrahlen solle. So un- 
sefähr, nicht wörtlich, wurde dieser Gedanke ausgesprochen. Herr 
Prof. Koch hat diese Idee, so viel ich weiss, nicht weiter verfolgt 
oder Vorbereitungen zu einem solchen Centralvereine getroffen, ob- 
schon derselbe durch seine dendrologischen Arbeiten und das Stu- 
dium von Anlagen und Pflanzungen des verstorbenen Fürsten Pück- 
ler-Muskau immer wieder auf diesen Gegenstand geführt wurde, 
wobei er stets neue Anregungen in dieser Sache zu geben wusste. 
Dagegen wurde diese Idee im „Deutschen Magazin für Garten- und 
Blumenkunde“, von Wilhelm Neubert, im Jahrgange 1871 auf- 
gefrischt und in begeisterter Weise weiter geführt, wobei an Ausge- 
führtes angeknüpft wurde. Obwohl damals zu einer Vereinigung der 
in Württemberg bestehenden Verschönerungsvereine direct aufgefor- 
dert wurde, so ist doch über die Vollziehung einer solchen nichts 
verlautbar geworden. Die einzige Folge war ein sehr unglücklicher 
Verschönerungsvorschlag, den berühmten Kyffhäuserberg in Thürin- 
gen betreffend, welchen ein Herr S. bepflanzt haben wollte, während 
doch die characteristische Schönheit dieses Berges in der Kahlheit 
seiner oberen Partien um die Ruinen der Kaiserburg besteht, und 
es dort an Wald nicht fehlt. Es ist das ein Beweis, dass selbst 
Gärtner, welche vielleicht einen Park anzulegen verstehen, nicht be- 
fähigt sind, über Landesverschönerung zu urtheilen, wenn sie den 
Gartenmassstab anlegen. ° Obschon der Nichtweiterausbau der Idee 
eines allgemeinen Vereins sehr leicht aus den Zeitereignissen zu er- 
klären ist, so kommt man doch auf den Gedanken, dass die ausge- 
sprochene Idee einer allgemeinen Landesverschönerung als etwas noch 


DB malen 


zu Nebelhaftes, keinen rechten Eindruck gemacht hätte, als wolle 
man noch klarere Auseinandersetzungen abwarten. 

Und so will ich in den folgenden Zeilen versuchen, dss Wesen 
der Landesverschönerung überhaupt zu besprechen. Da meine An- 
sichten in manchen Dingen von den neuen Ideen über diesen Gegen- 
stand abweichen, so bin ich, um nicht anmassend zu erscheinen, ge- 
nötbigt, meine Berechtigung, in diesen Dingen ein Wort mit zu spre- 
chen, durch eine kurze Aufzählung meines Wirkens im Fache der 
Landesverschönerung am Schlusse der folgenden geschichtlichen Dar- 
stellung zu begründen. 

In den meisten Dingen ist die Geschichte eine vortreffliche Leh- 
rerin. Auch die Landesverschönerung hat eine Geschichte. Der 
Anfang ist nicht so neu, wie Viele denken mögen. Die Landesver- 
schönerung ist eine hundert Jahre alte Idee, so alt wie die Einfüh- 
rung der Landschaftsgärtnerei, nur hat man sich damals noch nicht 
um die Städte bekümmert, während Dörfer von grossen Grundbe- 
sitzern zuweilen, sogar öfters als jetzt, in den Kreis ihrer Verschö- 
nerungen gezogen wurden. Liest man die Parkbeschreibungen in 
Hirschfelds „Theorie der Gartenkunst“, sowie in den „Gartenka- 
lendern und Jahrbüchern (Garten-Almanachen)“ seit 1783 bis 1806, 
so erkennt man in vielen beschriebenen Landschaftsgärten nichts we- 
niger als Parke in der jetzigen Bedeutung, sondern verschönerte Land- 
güter und Landschaften. Man legte Wege im Walde und auf Berge 
mit Aussichtspunkten an, und suchte schöne Aussichten einzurah- 
men und vortheilhafter zu machen; machte einige Pflanzungen, ver- 
suchte Teiche in Seen zu verwandeln und — dies galt für Haupt- 
sache — errichtete zahlreiche Verschönerungsgebäude, unter denen 
bekanntlich Eremitagen, Tempel, Fischerhütten ete., eine grosse Rolle 
spielten. Wenn auch weniger künstlerisch, thaten doch viele Grund- 
besitzer dasselbe, was der verstorbene Fürst Pückler-Muskau 
ausgeführt. Fürst Pücklers Thätigkeit in diesem Sinne war also 
nichts weniger als neu, wie Manche zu glauben scheinen. Der Un- 
terschied liegt nur darin, dass die Grossväter unserer jetzigen Ari- 
stokratie nach nebelhaften Vorbildern und ohne Plan arbeiteten und 
die Schönheit in Nebendingen suchten, während Fürst P.-M eine 
vollendete Künstlernatur war. Dass übrigens die Umwandlungen der 
Gegend von Potsdam seit König Friedrich Wilhelm II., beson- 


BR. 


ders aber unter Friedrich Wilhelm IV. und Sr. Majestät dem 
König und Kaiser Wilhelm durch Lenn& und seine treuen Helfer, 
sowie unter Mitwirkung der Architectur, selbst der von Privatbau- 
ten, noch mehr den Ideen einer Landschaftsverschönerung entsprochen, 
als die einheitlichen Schöpfungen in Muskau und Branitz, darf hier 
nicht vergessen werden. Lenne hat mir brieflieh und mündlich 
wiederholt mit Vorliebe die zu Grunde liegenden Ideen dargelest und 
mit mir seme Zukunftspläne entwickelt. 

Der Umschwung der politischen Zustände und Ideen brachte ei- 
nen Stillstand und Rückschritt bis zu Ende der Befreiungskriege 
hervor, ja in Anlagen dieser Art mehr als in andern Kreisen. Nur 
die neuen Könige etc. von Napoleons Gnaden strebten darnach, ihre 
Residenzen zu verschönern. Ausserdem hatte Niemand Sinn und 
Lust dazu. Die Literatur zeigt, da wir nicht Sckell’s bekanntes 
Buch über die Gartenkunst hierzu rechnen können, kaum etwas Be- 
achtenswerthes , Allenfalls wäre hier Tappe’s „Handbuch für Freunde 
verschönerter Natur“ (1807) zu nennen. Nach dem Völkerfrieden 
erwachte auch der Sinn für Gartenkunst und Landesverschönerung 
wieder, und während Sckell in Bayern wirkte, begann ganz im Ver- 
borgenen das Wunder von Muskau sich herauszubilden. Als erste 
serade auf ein bestimmtes Ziel losgehende Schriften über Landes- 
verschönerung im eigentlichen Sinn, müssen wir die kleinen Bücher 
von Heinrich von Nagel: 1) „Landesverschönerung ete., (1827), 
2) Landesverschönerung und Landesverbesserung“ (München 1831), 
nennen Die zweite Bearbeitung war schon die Folge einer eigenen 
Literatur und von Vereinen für Landesverschönerung, welche ihre 
Verbindung in dem „Monatsblatt für Bauwesen und Landesverschö- 
nerung“ hatten, herausgegeben von Dr. Vorherr, königl. bayr. Bau- 
rathe, welchen von Nagel in seiner Widmung „den Begründer der 
Landesverschönerungslehre“* nennt. In welcher Weise derselbe diese 
Lehre umfasste, möge folgende wörtliche Erklärung der „Landesver- 
schönerungskunst“ zeigen. Man wird nicht wenig erstaunen über 
den idealen Flug dieses Mannes, und zugeben, dass unsere heutigen 
Verschönerungs-Enthusiasten, welche weiter nichts wollen, als dass 
das grosse Deutschland gleichsam „ein ganzer grosser Garten werde“, 
bei aller Kühnheit ihrer Wünsche noch sehr bescheidene Ansprüche 
machen. 


RE 


Er sagt: „Die Landesverschönerungskunst, an der Spitze aller 
Künste stehend, umfasst im Allgemeinen: den grossen Gesammtbau 
der Erde auf höchster Stufe; lehrt, wie die Menschen sich besser 
und vernünftiger ansiedeln, von dem Boden neu Besitz zu nehmen 
und solchen klüger zu benutzen haben; legt das Fundament zu ei- 
nem verbesserten Kunst- und Gewerbswesen, gründet die ächte Bau- 
hütte; trägt wesentlich zur Veredlung der Menschheit bei; webt ein 
hoch freundliches Band, wodurch künftig alle gesittete Völker zu ei- 
ner grössern Familie vereinigt werden, und knüpft durch den Son- 
nenbau die Erde mehr an den Himmel, Im Besondern umfasst diese 
Tochter des neunzehnten Jahrhunderts: das gesammte Bauwesen ei- 
nes Landes, Wasser-, Brücken-, Strassen- und Hochbau des Hofs 
und Staats, der Communen und Stiftungen, dann die Baupolizei, ein- 
schliesslich der Polizei des Feld- und Gartenbaues, lehrt, die Hof- 
gebäude nach den 4 Hauptgegenden orientiren und die Wohnhäuser, 
mit steter Rücksicht auf die Sonne, möglichst vollkommen einrich- 
ten, die Städte und Dörfer verschönern und besser anlegen; die Flu- 
ren vernünftiger eintheilen und freundlicher gestalten; bildet geschick- 
tere Bauleute und strebt, glückliches Bürgerthum zu gründen und 
zu erhalten, Gemeines zu veredeln und Niedriges zu erhöhen. Die 
wahre Landesverschönerung oder Verschönerung der Erde entsteht 
nur dadurch, wenn Agrikultur, Gartenkunst und Architeec- 
tur, in grösster Reinheit, ungetrennt nicht bloss für das 
Einzelne, sondern hauptsächlich für das Gemeinsame 
wirken. 

Ich überlasse den Lesern, aus diesem zum Theil sinnlosen 
Wortschwall das Richtige, welches hauptsächlich im letzten Satze 
liegt, herauszufinden, werde übrigens darauf zurückkommen und 
kehre zur eigentlichen Geschichte zurück, welehe ich mit den Mit- 
theilungen über meine eigene Wirksamkeit in der Landesverschöne- 
rung abschliesse. 

Ich bitte, diese Angaben nicht als Selbstiob, sondern als noth- 
wendige geschichtliche Ergänzung aufzunehmen. Abgesehen von 
meiner Wirksamkeit als Landschaftsgärtner und Schriftsteller über 
Gegenstände der bildenden Gartenkunst, welche ja innig mit der 
Landschaftsverschönerung verbunden ist, bin ich bei dieser selbst 
thätig gewesen und bin es noch. Ich wohne an einem Platze, an 


welchem für die Verschönerung der ohnedies herrlichen Landschaft 
so viel geschehen ist, wie nur noch in wenig anderen Gegenden 
Deutschlands. Bei Lebzeiten der verstorbenen Grossherzogin-Gross- 
fürstin Maria Paulowna hatte ich den besondern Auftrag, auch 
ausser meinem @Geschäftsberufe eine Art Controle über Verschöne- 
rungen, namentlich in Verbindung mit Obst- und Seidenbau zu üben 
und Unterstützungen zu diesem Zwecke zu ermitteln. Meine Er- 
fahrungen in diesem Wirkungskreise waren nicht sehr ermuthigend. 
Ich bemerkte bald, dass hohe Herrschaften viel getäuscht werden 
über den Nutzen und Erfolg ihrer Bestrebungen in. diesen Dingen 
und erlaubte mir, die Wahrheit zu sagen. In Folge dessen wurden 
die (wenigstens in unsern Gegenden) nutzlosen Bemühungen zur Ein- 
führung oder der vielmehr Wiedereinführung der Seidenraupenzucht, 
bezüglich Maulbeerpflanzungen, wiehtigeren Dingen zugewendet. Da 
ich durch häufigen Aufenthalt in Landgütern und Dörfern den trau- 
rigen Zustand vieler derselben in Bezug auf Schönheit kennen ge- 
jernt hatte, so beschloss ich für die Landesverschönerung zu wirken, 
und zwar vornehmlich durch Gutsbesitzer, Domänenpächter u. a. m., 
die den grössten Landbesitz und Einfluss auf Gemeinden haben. 
Hierzu fand ich die 1847 gegründete „Agronomische Zeitung“ von 
Dr. M. Hamm, welche von allen diesen Personen gelesen wurde, 
besonders geeignet, und veröffentlichte im Feuilleton des Jahres 1849 
den Roman „Reichenau, oder die Landverschönerung“, worin so 
ziemlich alle möglichen Fälle vorkommen und die vielen Geschmacks- 
verirrungen und Fehlversuche mit heiterer Ironie beleuchtet wurden. 
Als Grundgedanke wurde festgehalten, dass eine allgemeine Ver- 
schönerung nur ausführbar sei, wenn sie zugleich nützlich wirke. 
Die Städteverschönerung habe ich damals nicht mitbesprochen, wohl 
aber in einem der ersten Jahrgänge des „Deutschen Magazins“ etc. 
von W. Neubert. Dieser Tendenzroman erschien 1851 bei J. J. 
Weber in Leipzig vervollständigt und verändert als besonderes Buch, 
ist aber wenig in die gärtnerische Welt eingedrungen, für welche es 
ja auch nicht bestimmt war. Dass es aber nicht ganz unbeachtet 
in diesem Kreise blieb, zeigte mir der Umstand, dass 1861 Herr E. 
Pynaert, Professor an der Gartenbauschule zu Gent, die Absicht 
hatte, das Buch, für dortige Zustände verändert, französisch zu be- 
arbeiten. Obgleich die Erlaubniss hierzu von mir und dem Verleger 


bereitwillig gegeben wurde, so habe ich doch nichts von der Aus- 
führung des Planes gehört. Eine andere noch frühere Folge dieser 
Schrift war eine Aufforderung von Gust. Freytag, damals Heraus- 
geber der hochangesehenen „Grenzboten“, einige Artikel über Lan- 
desverschönerung zu schreiben, was auch geschah und noch andere 
Verbindungen zur Folge hatte. In Regels „Gartenflora“, II. Band, 
habe ich ebenfalls die Grundzüge für „Verschönerung der Land- und 
Ortschaften“ kurz dargestellt. Dahin gehören ferner auch Aufsätze 
in der „Agronomischen Zeitung“ über Waldverschönerung und Aus- 
hauungen mit Rücksicht auf landwirthschaftliche Schönheit, u a. m. 
Bemerken will ich noch, dass meine Ideen aus der Praxis und Wahr- 
nehmungen in der Gegenwart hervorgegangen sind, dass ich mir zwar 
nicht einbildete, der Erfinder der Landesverschönerung zu sein, dass 
aber die bereits über den Gegenstand vorhandenen Schriften mir da- 
mals gänzlich unbekannt waren, und auch später meine Ansichten 
kaum verändern konnten, da sie sämmtlich über das Mögliche hin- 
ausgehen. 

Wenn wir auch lächeln über Vorherr’s Erklärung der Landes- 
verschönerung — so ist doch im letzten Satze eine richtige Wahr- 
heit ausgesprochen. Ja, die Landesverschönerung besteht nicht blos 
in der Anlage von Pflanzungen, Wegen und Plätzen, sondern in 
einer Verschmelzung der Gartenkunst mit der Architek- 
tur, Land- und Forstwirthschaft, welche nur möglich wird, 
wenn jede dieser Beherrscher des Kulturbodens etwas von ihren 
Fachgesetzen nachlässt. Wer an etwas Geringes denkt, hat das 
Wesen der Landesverschönerung nicht begriffen. Wenn dies aber 
so ist, so muss diese Idee aus den gärtnerischen Kreisen in einen 
grössern Horizont gezogen werden, und gewöhnliche Gärtner, deren 
Ideenkreis sich nur im Garten bewegt, können nur bei der Aus- 
führung nützlich werden. Gerade das Unbestimmte Regellose im 
Wesen der Landesverschönerung erfordert Leiter, welche über dem 
Niveau ihrer Kunst- und Fachansichten stehen. Sie müssen etwas 
Kenner (Dilettaut im besten Sinne) in allen diesen Fächern sein, 
zugleich das Wesen der Landschaftsmalerei erkannt haben, besonders 
aber auch viel von der Welt gesehen und bereits Gegenden mit Ge- 
danken an Verschönerung betrachtet haben. Und indem ich dieses 
ausspreche, habe ich auch die Bildung von Vereinen gut geheissen, 


Ban. 


indem nur in solehen die passenden Persönlichkeiten sich zusammen- 
finden. 

Zuerst gilt es, die Local-Gartenbauvereine wieder mehr für den 
Gegenstand zu beleben. Es müsste in jedem eine Section für Ver- 
schönerung sein, wie es bei einigen der Fall ist. In derselben muss wo- 
möglich eine einflussreiche Person der Kreisverwaltung und der 
Stadtgemeinde vertreten sein, damit diese gelegentlich den Rath uud 
die Mithilfe des Vereins beansprucht. Ohne eine solehe Verbindung 
mit den Orts- und Verwaltungsbehörden, wodurch der Verschüne- 
yungsverein gleichsam ein Mandat von der Bürgerschaft hat, lässt 
sich eine Wirksamkeit desselben gar nicht denken. Er muss dabei 
eine moralische Kraft darstellen, deren sich auch der vernünftige 
Einzelne gelegentlich vertrauensvoll bedient. Wenn er aber diesen 
Standpunkt erreicht hat, muss er sich vor Lächerlichkeiten hüten, 
wie sie solchen Localvereinen manchmal passiren, wenn Personen 
mit mehr freier Zeit und Wichtigkeitsgefühl als mit Verstand und 
Sachkenntniss den Ton angeben. In Städten wird eine Neubelebung 
und Gründung solcher Vereine nicht schwer fallen, da diese Art von 
Thätigkeit vielen Personen zusagt. Dass hie und da solche Vereine 
eingegangen sind, wie Herr Prof. Koch S. 274 der Wochenschrift 
von 1869, bemerkt, ist wohl nicht der Abnahme des Interesse für 
die öffentlichen Verschönerungen, als dem Umstande zuzuschreiben, 
dass entweder mancher Verein im ersten Anlaufe das Wichtigste 
ausführte, oder weil er die Erfahrung machte, dass ohne grosse Geld- 
mittel nichts auszurichten sei; wohl auch, weil die geeignete leitende 
Persönlichkeit abging oder nicht zu finden war; endlich weil die 
Ortsbehörde selbst die Verschönerung in die Hand nahm und zur 
allgemeinen Zufriedenheit durchführte, was gegenwärtig gar nicht 
selten ist. Es wirken auch noch genug Vereine ganz im Stillen. 
Der Umstand, dass die spezifisch nordpreussischen Vereine nicht mehr 
so oft Unterstützung der Landesbaumschüle durch Gehölzlieferungen 
gratis) in Anspruch nehmen, mag auch dazu beitragen, sie für ver- 
fallen zu halten. 

Wenn nach den jetzigen Wahrnehmungen die Selbstthätiskeit 
der Städte für Verschönerungen einer Anregung von Ausserhalb kaum 
bedarf, so wäre dies desto dringender in Dörfern nöthig. Dort gilt 
es hauptsächlich, einzelne Persönlichkeiten zu gewinnen, welche 


NER. 


durch Beispiel anregen. Ein gutes Beispiel ist bei allen Land- 
bevölkerungen das wichtigste Mittel zum Fortschritt, wenn nicht 
Armuth und verkimmertes Leben, wie es leider in manchen Dörfern 
herrscht, jede Hofinung auf Verschönerung ausschliesst. Im wohl- 
habenden Orte wird das Beispiel des Mannes, der sein Haus ab- 
putzen und freundlich anstreichen lässt, der den Weg nach seinem 
Gehöft ausbessert, seine Hecken sorgfältig und den Hof reinlich hält, 
der wohl gar ein Blumengärtchen anlegt, sicher Nachahmer finden, 
erst einen, dann mehrere, endlich viele, bis Ordnung und Reinlich- 
keit zur Gewohnheit werden. Ich kann es mir nicht anders erklären, 
als auf dem angedeuteten Wege, dass es in Thüringen Ortschaften 
sieht, wo man jeden Sonnabend die Stufen der Hausthüre und 
etwaige Schmutzfiecken an der Wand weiss anstreicht, oder wo alles 
Fensterholz stets zierlich grün, roth oder hellbraun im Anstrich 
gehalten wird, oder, aber, wo fast jedes Haus ein hübsches Gärt- 
chen und Blumen vor dem Fenster hat, während in ganz nahe 
liegenden nicht ärmeren Orten nichts von alledem zu finden ist. 
Der Sinn für Schönheit und Reinlichkeit ist hier zur Gewohnheit 
geworden, wie dort der Schmutz. Kann man zwei oder mehrere 
einflussreiche Männer für Schönheitsbestrebungen gewinnen, desto 
besser. Aber für eigentliche Orts- oder Distrietsvereine für Landes- - 
verschönerung ist nieht die geringste Hofinung. Nach und nach 
kommt auch auf die Dörfer der Schönheitssinn von selbst, denn 
jetzt reist auch der Bauer und seine Familie. Freilich äussert sich 
dies zunächt in unngeschickten Nachahmungen der Tracht und des 
innern Hausluxus, aber die Zeit kommt, wo auch der Bauer nicht 
mehr in schmutziger Umgebung wohnen will. 

Wie ein allgemeiner Verein zu diesem Zwecke zu erreichen 
wäre, darüber wage ich keine Vorschläge zu machen, ja ich gestehe, 
dass ich bis jetzt keine Idee davon und noch weniger Hoffnung habe. 
Indessen zweifle ich nicht, dass auch dieses Männern mit Organisations- 
talent, besonders mit Vereinserfahrungen gelingen wird, eine so 
grosse verwickelte Maschine in Bewegung zu bringen. Nur eins 
muss ein soleher Centralverein haben. Dies ist Geld. Kommt er 
mit leeren Händen, so kann er die Worte ersparen. Wenn es nun 
aber auch recht lobenswerth und Nachahmungswerth ist, dass reiche 
Leute zu gemeinnützigen Zwecken Geld ausgeben, so ist es doch, 


er a 


leider Thatsache, dass die meisten Leute kein Geld ausgeben 
können, von mögen nicht zu sprechen. Man wird heut zu Tage so 
oft zu Beiträgen für allerlei Dinge gepresst, dass man die Nützlichkeit 
oder Nothwendigkeit einer Betheiligung abwägt. 

Uebrigens schlage ich meinerseits die Einwirkungen der Local- 
vereine viel höher an, als die eines allgemeinen Vereins. Wenn 
irgendwo das gesammte Kirchthurminteresse berechtigt ist, so ist es 
hier. Dagegen wird ein Zusammengehen benachbarter Ortsge- 
meinden vom grössten Nutzen sein. 

Wie ein Verein auf die Betheilisten wirken sollte oder könnte, muss 
ich, wie gesagt, den Männern überlassen, von welchen die Idee eines 
allgemeinen Landesverschönerungsvereins ausgegangen ist. Die 
Erfolge werden immer vom guten Willen der Grossgrundbesitzer 
abhängen, also gerade von solchen Persönlichkeiten, welche in den 
wenigsten Fällen einer Anregung bedürfen, da sie meist selbst 
Neigung baben, die Annehmlichkeiten des Lebens dureh freundliche 
Umgebungen zu erhöhen. Ich irre mich wohl nicht, dass diejenigen 
grossen Grundbesitzer, welche nicht bereits aus eignen Antriebe 
Verschönerungen ausgeführt haben, oder es zu thun im Begrifi sind, 
durch Vereine am wenigstens dazu zu bringen sein werden, -- 
natürlich Ausnahmen zugegeben. Wer solches hoftt, kennt jene 
Herrn nicht. Bei Staatsbehörden wird fast immer die Geldfrage 
entscheiden, denn Neigung zur Verschönerung des Orts .ist immer 
vorhanden. 

Ich bin in dem Vorhergehenden schon weiter gegangen, als ich 
wollte, und muss gleichwohl noch eine Wahrheit aussprechen, die ich 
serne ableugnen möchte, da die Landesverschönerung, wie ich mir 
sie gedacht, zu meinen liebsten Illusionen gehört. Ich glaube die 
Idee zu einer durchgreitenden Landesverschönerung ist um ein Jahr- 
hundert, oder wenigstens ein halbes zu spät gekommen. Als Hirsch- 
feld geschrieben, dass Göthe in mehrere seiner Romane (besonders in 
den „Wahlverwandtschaften‘‘) ähnliche Ideen einflocht, selbst unser 
Schiller an die Recension einer Parkbeschreibung ähnliche Gedanken 
knüpfte; als der Adel noch reicher und weniger beschränkt war, 
als noch die Felder mit Bäumen, Wäldchen und Dornhecken ab- 
wechselten, — damals hätte ein grosser Verein etwas wirken können. 
Vielleicht auch noch später, als das Beispiel des Fürsten Pückler- 


aa? 


Muskau den Adel zur Nachahmung reizte und die schon damals 
aufstrebende Geldaristokratie schon aus Eitelkeit zur Verschönerung 
ihres Landsitzes geneigt war. Aber jetzt. Was werden wir erreichen 
zu einer Zeit, wo der Bodenwerth sich verdoppelt, an vielen Plätzen 
verzehnfacht hat? Wer wird Wald- oder Luxus-Anflanzungen 
dulden oder schaffen wollen, wo Zuckerrüben etc. wachsen kön- 
nen? wo jede Wüstung urbar gemacht, jede Viehtrifit beseitigt 
wird? Wo die überall vor sich gehende Zusammenlegung der Grund- 
stücke (Separation, Commassation) die Fluren mit geraden Wegen 
durchzieht und in Würfel theilt? Wo die letzten wilden Obstbäume 
und Dornenhecken von dem Feldraine verschwinden? Wo die Bäche 
in gerade Linien gelegt und ihres Ufergebüsches beraubt werden ? 
Wo auch die Communieationswege den Eisenbahnen die gerade Linie 
abgesehen haben, wo in vielen Gegenden die Dörfer und Bauernhäu- 
ser plumpe Nachnahmungen des Stadtbaues werden? Verhülle dich! 
landwirthschaftliche Muse, vor solehen Gräueln und fiüchte dich in 
unwegsame Gebirge. 

Alle Verchönerungsvereine der Welt werden nicht das Geringste 
an dieser Entschönerung der Landschaft ändern. Die Zeit geht 
ihren Lauf. Wir werden endlich in fruchtbaren Landstrichen „schöne 
Gegenden“ haben, aber nach holländischem Muster. 

Ich will nun noch kurz erwähnen, wie ich mir unter verschie- 
denen Umständen die Wirksamkeit von Vereinen oder Privaten mög- 
lich denke. 1) In von Natur freundlichen oder gar schönen Gegen- 
den suche man alles zu verhindern, was der Schönheit Eintrag thun 
könnte. In Bergegenden fällt manches Unangenehme auf, was in 
der Ebene gar nicht bemerkt wird Hierbei stelle man aber ja 
keine hohen Ansprüche. Man wird sich gefallen lassen müssen, dass 
ein schönes Stück Wald geschlagen wird, ein anderes aufwächst und 
die schöne Aussicht verdeckt. In der Regel bringt der Wechsel in 
solehen Gegenden auf einer Seite ein, was auf der andern verloren 
geht Werden von Oekonomie-Commissären, Baumeistern oder För- 
stern Wege angelegt oder Bäche verlest, so suche man zu erreichen, 
dass diese an übersehbaren Stellen keine auffallenden langen geraden 
Linien bilden. Es wird zwar selten gelingen, meist nur, wennmansolchen 
Herm diese Idee als die ihrige unterschiebt, geht wohl auch zu 
weilen nicht an; abar man muss es versuchen. Dass man darnach 


strebt, gute Wege nach beliebten Orten und Plätzen anzulegen und 
zu unterhalten, bedarf kaum der Erwähnung. Bietet sich Gelegenheit, 
bei Neubauten, sei es der Kirche, Schule oder eines anderen öffent- 
lichen Gebäudes, durch Wahl des Platzes und Bauart eine die Land- 
schaft verschönernde Idee ins Leben zu rufen, so ist dies ein grosser 
Gewinn, denn Gebäude üben, besonders in Berg und Hügelgegenden, 
einen grossen Einfluss. Im günstigsten Falle kann auch auf Privat- 
bauten unter Freunden gewirkt werden, wobei besonders die schwache 
Seite der meisten Menschen, Eitelkeit und Ehrsucht, anzuregen ist. 
Leider ist das Ideal aller wirklichen Landesverschöner (im Gedanken), 
die Einführung einer schönen ländlichen Bauart, ein Ding der Un- 
möglichkeit, selbst wenn man grosse Summen opfern wollte. Wer 
könnte das Räthsel lösen, warum in einem Landstriche schön, im 
andern abscheulich gebaut wird, warum z. B. in der ebenen Gegend 
am Chiemsee bis Niederbayern die einzelnstehenden Höfe fast ver- 
schwenderisch, massiv, räumlich und schön gebaut sind, während 
westlich vom Inn bis München und weiter unter fast gleichen Ver- 
hältnissen eine ganz andere viel weniger schöne Bauart herrscht? Das 
Baumaterial allein erklärt diesen Umstand nicht. Reichthum und 
Armuth der Gegend ebenfalls nicht. 

Hat die Gegend zierende Ueberreste von alten Bauwerken, so 
möge man diese überwachen, wenn sie Privateigenthum sind, damit 
sie nicht von gänzlich poesielosen Menschen abgebrochen oder an Specu- 
lanten verkauft und durch irgend eime Fabrikenanlage verschändet 
werden. Die Kreis- und Landesregierung hat bei solchen Gelegen- 
heiten sich zwar schon oft als die sicherste Hülfe bewährt, Einspruch 
gethan, oder die Ruine angekauft, allein es empfiehlt sich gerade in 
diesem Falle ein specieller Verein, wodurch schon manche Ruine 
erhalten, allerdings schon oft zu einer Sommer-Gastwirthschaft pro- 
famirt worden ist. 

In durchaus bebauten fruchtbaren, ebenen Gegenden, welche arm 
an landwirthschaftlichen Reizen sind, ist für die Landesverschönerung 
fast gar nichts zu thun, weil die oben angegebenen Fälle der besten 
Ausnutzung des kleinsten Stück Landes eintreten, und die geraden 
Linien unvermeidlich sind. Für gute Wege sorgt dann in der Regel 
die Landes- und Gemeindeverwaltung. Ein Verein würde in solchen 
Gegenden ohne Zweck und Nutzen sein. Das Bedürfniss nach Ab- 

3 


u, 


wechselung der Ansichten und Aussichten ist bei den zahlreichen 
Gebildeten solcher Gegenden auch so gross, dass sie von selbst jeden 
Platz, welcher eine Verschönerung zulässt, benutzen, um dahin zu 
wallfahrten. Der Fremde übersieht solche Dinge, und die Gegend 
hat gegen ihn keine Verpflichtung, während schöne Gegenden Ge- 
meingut Aller sind. 

Was endlich in Gegenden zu thun ist, denen so zu sagen alle 
landschaftliche Schönheit versagt ist, so muss vor ihnen auch der 
grösste, auf’s reichste dotirte Verschönerungsverein stillstehen. Hier 
kann nur der Staat als Besitzer des Waldes und der Grossbesitzer 
eine Aenderung möglich machen, deren Endziel jedenfalls mehr auf 
Ausnutzung des Bodens, als auf Schönheit geht. Wird der Wald 
gut gepflegt und die Bodeneultur verbessert, so sind auch solche 
Gegenden nicht reizlos. 

Kommt Wasser hinzu, so können sie sogar Ansprüche auf Schön- 
heit befriedigen. Ist der grosse Grundbesitzer ein Mann, der irgend 
welchen Anspruch auf eine freundliche Naturumgebung macht, so 
wird er selbst thun. was möglich ist, und was seine Umstände ge- 
statten. Er wird in diesem Falle auch Belehrung suchen und finden, 
jedenfalls aber dazu einen Verein weder benutzen noch bedürfen 

Das Endresultat meiner Betrachtungen ist fast ein negatives zu 
nennen. Auch die grössten Erfolge werden dem Ideal der Landes- 
verschönerung, wie sie sein könnte, auch nicht annähernd nahe 
kommen. Kleine Erfolge verlohnen sich wohl für den Einzelnen, 
der sein Eigenthum nach Kräften verschönert, und vielleicht einen 
Nachbar oder Freund dazu bestimmt, sind aber kein Ziel für die 
Thätigkeit eines grossen Vereins Alles, was er thun kann, ist — 
nach meiner Ansicht — anzuregen und Sinn für Verschönerung zu 
verbreiten. Die Bildung der Zukunft wird das Uebrige thun, leider 
aber die allgemein und immer stärker werdende materielle Richtung 
nicht vermindern können. Dass aber die Idealisten, dass Menschen, 
die noch Höheres kennen und schätzen, als Wohlleben und Erwerb, 
— nicht aussterben, dafür sorgt glücklicherweise unser guter deut- 
scher Genius. _H. Jäger. 


V. Die grosse Ausstellung von Pflanzen 


in Gent, 
vom 30. März bis 6. April. 


Am 30. März wird die 9. grosse, alle 5 Jahre sich wieder- 
holende Ausstellung von Pflanzen in Gent eröffnet und dauert bis 
zum 6. April. Die Reihe der Ausstellungen, zu der diese gehört, 
haben eine grosse Bedeutung nicht allein für Gent und für Belgien 
überhaupt, sondern auch für die ‚gesammte Gärtnerei. Mann kann 
hier von 5 zu 5 Jahren die Fortschritte, welche die Gärtnerei 
gemacht hat, am besten beurtheilen, ganz besonders ist Gent aber der 
Ort, wo die neuen Einführungen, mögen sie durch Reisende aus 
fremden Ländern gebracht werden oder durch die Kunst des sinnigen 
Gärtners oder endlich aus Zufall entstanden sein, zur Kenntniss der 
Fachgenossen und Liebhaber kommen. 

Der Besuch der Genter- Ausstellung von Pflanzen und Blumen 
ist allen denen, welche sich dafür interessiren, um so mehr zu 
empfehlen, als die belgische Gastfreundschaft den Aufenthalt in der ehe- 
maligen Hauptstadt der Grafschaft Flandern möglichst angenehm macht. 
Wer dergleiehen Ausstellungen schon früher besucht und Zeuge von 
dem, was hier geboten, gewesen ist, wird uns beistimmen, wenn wir 
Gärtner und Liebhaber auffordern, eine so günstige Gelegenheit nicht 
vorüber gehen zu lassen, um sich von dem heutigen Zustande der 
Gärtnerei zu informiren und von dem, was vorgeführt wird, Kennt- 
niss zu nehmen In dor Wochenschrift für Gärtnerei und Pflanzen- 
kunde sind diese von 5 zu 5 Jahren sich wiederholenden Ausstellungen 
bereits einige Male besprochen worden (5. Jahrg. S. 81 und 213), 
es ist auch eine geschichtliche Einleitung daselbst gegeben, aus der 
die Bedeutung Gents in gärtnerischer Hinsicht hervorgeht. 

Die Ansprüche wachsen mit den Bedürfnissen. Als wir vor 
nun 10 Jahren zum ersten Male eine grosse Genter Ausstellung 
besuchten, waren wir voll von dem, was uns hier entgegen trat. 
Als wir vor 5 Jahren von Neuem Gent besuchten, reichte der da- 
mals gebotene Raum lange nicht aus, um die Pflanzenschätze, welche 
jetzt geboten waren, aufzunehmen, es musste ein bedeutender Annex 

3* 


=. 


angebaut werden (vergl. 11. Jahrg. d. Wochenscehr. S. 155). Und 
jetzt weiss man bereits, dass in diesem Jahre die Zusendungen aus 
Nah und Fern noch bedeutender sein werden; man .hat sich ent- 
schlossen, dem entsprechende Neubauten in’s Leben zu rufen. 

Es liegt uns das Programm der 9. grossen Genter Ausstellung 
vor. Wie man sich es denken kann, ist es nach allen Seiten hin 
reichlich ausgestattet. Nieht weniger als 291 Bewerbungen (Kon- 
kurenzen) sind ausgeschrieben und für jede stehen 2 und selbst 3 
Preise zur Verfügung. Die Preise sind, wie es auch seither der 
Fall war, Medaillen und zwar goldene, vergoldete (Vermeil) und 
zweierlei silberne. Bronzene, als zu wenig Werth enthaltend, will 
man heut zu Tage nicht mehr als vollgültig betrachten, Geldpreise 
sind durchaus ausgeschlossen. Dem Belgier ist bei dem ausser- 
ordentlichen Umfange seiner gärtnerischen Geschäfte und bei der 
Bedeutung, welche die Gärtnerei für Belgien, wie in keinem anderen 
Lande, selbst nicht in England, besitzt, aber auch bei der grossen 
Liebhaberei, welche bei den wohlhabenden Klassen zum Luxus ge- 
worden, die ausgesprochene Anerkennung seiner Leistungen als solche, 
nicht aber das Geld, eine Ehrensache Er lässt sich selbst nur sehr 
ungern in diesem Falle mit Geld abfinden, da dieses für ibn nur tem- 
porären Werth hat und meist schon nach kurzer Zeit vergessen ist. 
Er will ein bleibendes Andenken, wie sie ihm allein Medaillen ge- 
währen können. 

Wer in Belgien gewesen ist und daselbst kleine oder grosse 
Gärtnereien besucht hat, wird demnach begreifen, wenn deren Eigen- 
thümer jedem Fremden in der Regel, bevor er ihn in seinen Garten 
und in seine Gewächshäuser führt, in seinem guten Zimmer, was 
sonst nicht in Anspruch genommen wird, den verschlossenen Glas- 
schrank an der Wand zeigt, wo er die ihm auf Ausstellungen zuge- 
sprochenen Medaillen aufbewahrt. Auch Liebhaber sprechen gern 
darüber und zeigen die aus Medaillen bestehenden Anerkennungen, 
die ihre Pflanzen erhalten, bereitwilligst. 

Die Preisrichter dürfen bei dieser Ausstellung keine Bewohner 
Gent's sein, sondern müssen in andern Orten ihren festen Aufenthalt 
haben. Aus allen Ländern werden die tüchtigsten und bekanntesten 
Männer ausgesucht und zur Preiszusprechung eingeladen, und zwar 
speciell für die Bewerbungen, welch ihnen am besten bekannt sind. 


nr 


Aus dieser Ursache wird das gesammte Preisrichter-Personal in 
“ mehre Abtheilungen gebracht und den Mitgliedern derselben die 
Bewerbungen genannt, über welche sie urtheilen sollen. Zum ersten 
Male kommen, so viel uns bekannt ist, dieses Mal Damen als Preis- 
richter vor, und zwar für Bouauete und Verwendungen von 
Blumen. Allerdings treten hier die Interessen der Damen am 
Meisten in den Vordergrund und kann demnach ihre Theilnahme, so 
viel sie auch Bedenkliches haben kann, gerechtfertigt sein. 

Alle Sendungen, welche für die Ausstellungen bestimmt sind, 
werden an das Casino (den Sitz der Genter Gartenbau-Gesellschaft) 
adressirt und von Sonnabend den 22. bis Freitag am 28 März in 
Empfang genommen. Nur Bouquets sind auch am anderen Tage, 
aber nur des Morgens bis 8 Uhr, zulässig. Ein besonders dazu er- 
nannter Ausschuss nimmt die Gegenstände in Empfang und sorgt 
für deren Aufstellung, je nach den Erfordernissen der Pflanze, im 
Warmhause, im alten und neuen Ausstellungssaale oder im Freien. 
Das Preisrichter-Amt tritt am 29. März, Morgens 10 Uhr, zusammen. 

Die Anzeige zur Theilnahme an der Ausstellung muss vor dem 
}, März geschehen, während die möglichst genau gemachten Ver- 
zeichnisse der auszustellenden Gegenstände bis zum 16. März ein- 
gesendet sein müssen. 

Wirft man nur einen Blick auf das Programm, so wird man 
einen ausserordentlichen Reichthum und eine grosse Mannigfaltigkeit 
finden. Es möchte kaum eine einiger Maassen wichtige und inter- 
essante Gruppe und selbst Einzelpflanze übergangen sein. Wir nennen 
in letzterer Hinsicht Adiantum Farleyense, Leptopteris huperba, Anthu- 
rıum Scherzerianum, Allamanden, Ixoren, Dipladenien, Genethyllis u.s. w. 
Das grösste Gewicht hat man auch dieses Mal wiederum auf neue 
Pflanzen gelegt, für die 3 goldene, 3 vergoldete und 9 silberne Me- 
daillen ausgesetzt sind. Nächstdem spielen Palmen und Orchideen 
eine Hauptrolle. Dass die in Belgien in Massen herangezogene Blü- 
thensträucher des Kalthauses, wie Azaleen, Rhododendren, Kamel- 
lien u. s. w., ebenfalls eine besondere Berücksichtigung erhalten ha- 
ben, versteht sich von selbst. L. 


Die Einwirkung der schwefligen Säure 
auf die Pflanzen. 


Unter diesem Titel hat Dr. Julius Schroeder in den land- 
wirthschaftlichen Versuchsstationen 1873, Bd. XV. Nr. 5. p. 321 ff. eine 
interessante Arbeit veröffentlicht, die wir allen denen, welche sich 
specieller für den Gegenstand interessiren, sehr empfehlen möchten. 
— Die schweflige Säure ist bekanntlich nach A. Stöckhardts 
Untersuchungen der schädlichste Bestandtheil des Steinkohlen- und. 
des Hüttenrauchs (wenngleich das Arsen und das Blei wohl auch 
nicht zu unterschätzen sein möchten. Ref.) Da nach Prof. Freitags 
Ermittelungen dieselbe Säure nicht durch die Wurzeln, sondern zum 
grössten Theil durch die Blattorgane aufgenommen wird, so wurden 
von Dr. Schroeder die näheren Bedingungen dieser Aufnahme stu- 
dirt. Als Resultat hat sich dabei folgendes ergeben: | 

1. Aus einer Luft, welehe schweflige Säure enthält, wird die- 
ses Gas von den Blattorganen der Laub- und Nadelhölzer 
aufgenommen; es wird zum grösseren Theile hier fixirt und 
dringt zum geringeren Theile in die Achsen (Holz und 
Rinde, Blattstiele) ein, sei es nuu nach vorhergegangener 
Umwandlung in Schwefelsäure, oder sei es, dass diese Oxy- 
dation erst später eintritt. 

2. Die Aufnahme der schwefligen Säure konnte bei Laub- und 
Nadelholz nachgewiesen werden, wenn die betreffenden Zweige 
in einer Luft verweilten, welche nicht mehr als 1,396u0 
ihres Volumens an schwefliger Säure enthielt. 

3. Unter sonst gleichen äusseren Verhältnissen nimmt die gleiche 
Blattfläche eines Nadelholzes weniger schwellige Säure aus 
der Luft auf, als ein Laubholz. 

4. Die von der gleichen Blattoberfläche absorbirten Mengen 
schwefliger Säure gaben für sich bei verschiedenen Pflanzen 
noch kein Mass für die Schädigung, welche die Pflanzen 
bei längerer Entwickelung des Gases erleiden, Es muss hier 
de specielle Organisation der Pflanzen mit in Betracht ge- 
zogen werden. 


10. 


Ile 


12. 


wma. 


. Die schwefliche Säure wird von den Blättern nieht durch 


die Spaltöffnungen, sondern gleichmässig von der ganzen 
Blattfläche aufgenommen, Ein Laubblatt nimmt mit seiner 
spaltöffnungslosen Oberseite unter sonst gleichen Verhält- 
nissen eben so viel schwefliche Säure auf, wie mit der von 
Spaltöffnungen besetzten Unterseite. 


. Dieselbe Menge schweflicher Säure, welche von der Unter- 


seite eines Laubblattes absorbirt wird, desorganisirt das ganze 
Blatt in höherem Grade, als wenn die gleiche Aufnahme 
durch die obere Fläche stattfindet. 


. Die grössere Schädigung eines Laubblattes durch Absorp- 


tion der schwefligen Säure von der Unterfläche her erklärt 
sich dadurch, dass diese Fläche ganz vorherrschend diejenige 
ist, durch welche die Transpiration stattfindet, und dass die 
schweflige Säure auf die Wasserverdunstung einen besonders 
nachtheilisen Einfluss übt. 


. Als Ursache des nachtheiligen Einflusses, den die im Hütten- 


und Steinkohlenrauch enthaltene schweflige Säure auf die 
Pflanzen ausübt, kann (wenigstens zum Theil) die Benach- 
theiligung der Transpiration angesehen werden. 


. Pflanzen, welche von schwefliger Säure getroffen werden, ver- 


lieren die Fähigkeit, normal zu transpiriren. In Folge des- 
sen werden geringere Wassermengen durch den ganzen Orga- 
nismus geleitet, alle Folgen einer gestörten Wassereirkula- 
tion müssen sich geltend machen und zuletzt geht die Pflanze 
ihrem Untergange entgegen. 
Grössere Mengen schwefliger Säure bewirken stärkere, ge- 
ringere Mengen geringere Störungen der Wasserverdunstung. 


Bei Gegenwart von Licht bei hoher Temperatur und trocke- 
ner Luft wird aus der Luft mehr schweflige Säure aufge- 
nommen und tritt eine stärkere Benachtheiligung der Ver- 
dunstung ein, als im Dunkel bei niederer Temperatur und 
feuchter Luft. 

Nach 11 steht daher zu vermuthen, dass der Hütten- und 
Steinkohlenrauch zur Nachtzeit den Pflanzen weniger scha- 
den wird, als während des Tages. 


ey 


13. Ein Nadelholz wird bei gleicher Menge schweflicher Säure 
noch nicht sichtbar in seiner Transpiration herabgesetzt, wo 
sich eine dentliche Einwirkung bei einem Laubholze bereits 
zeigt. Dem entspricht die unter gleichen Verhältnissen ge- 
ringere Absorption der schwefligen Säure, welche ein Nadelholz 
gegenüber einem Laubholz zeigt. 

14, Die grössere Empfindlichkeit der Nadelhölzer in den Rauch- 
segenden lässt sich weder durch eine grössere Fähigkeit der 
Nadeln, die schwefliche Säure zu absorbiren, noch durch eine 
stärkere Schädigung in der Transpiration erklären. Es kommt 
hier höchst wahrscheinlich die längere Dauer der Nadeln in 
Betracht, wobei die schädlichen Einwirkungen eine längere 
Zeit hindurch sich summiren können, während bei den Laub- 
hölzern die Belaubung des einen Jahres nur indirekt von 
der im vorhergegangenen Jahre stattgehabten Schädigung 
beeinflusst wird. Dr. Wittmack. 


Literatur. 


Pynaerts „Les serres vergers‘, dieses jetzt in zweiter Auf- 
lage vorliegende Werk, verdient gewiss die ihm von Seiten des Di- 
rector’s Hardy zu Versailles schon bei seinem ersten Erscheinen ge- 
wordene Anerkennung, „dass er die Treiberei der Fruchtbäume in 
ihrem ganzen Umfange mit Sachkenntniss behandle und dabei den 
Vortheil besitze, von einem geschiekten Praktiker mit eingehendem 
theoretischen Verständniss verfasst zu sein.“ Wir stimmen diesem 
Urtheil aus vollster Ueberzeugung bei und empfehlen das Werk als 
einen guten Rathgeber Allen, die mit Treiberei sich befassen. 

Nach einem historischen bibliographischen Ueberblicke, in dem 
wir, sonst eine Ueberlassungssünde französischer Schriftsteller, auch 
die Verdienste der Deutschen auf diesem Felde nicht vermissen, geht 
Herr Pynaert, nachdem er noch der industriellen Wichtigkeit dieses 
Zweiges der Gärtnerei erwähnt, zur Besprechung der bei der Treiberei 
in Betracht kommenden Factoren über, als: Boden und Düngung, 


EB, ._- 


Wasser, atmospbärische Feuchtigkeit, Begiessen, Luft und Ventilation, 
Licht, Lage der Treibhäuser, Construction derselben, Wärme und 
Heizung, und giebt in diesem Capital so manche zu beherzigende 
Winke. Erst, nachdem er uns mit diesen, zu einer rationellen Aus- 
führung der Treibereinothwendigen Vorkenntnissen bekannt gemacht hat, 
führt er uns in die verschiedenen Specialkulturen ein. Der Verfasser 
bespricht hier ausser der ausführlichen Behandlung aller zum Treiben 
zu verwendenden Obstgattungen auch die gebräuchlichsten Treibeein- 
richtungen aller Länder, vom einfachsten Kasten bis zum kostspie- 
ligsten Treibhause; es finden sich alle Verhältnisse, alle Mittel be- 
rücksichtigt, die mit der Obsttreiberei in Beziehung stehen. Gute 
Zeichungen führen uns die verschiedenen Constructionen der Kästen 
und Häuser vor. 

Die Kulturen selbst sind in vier Abtheilungen gebracht. 

1) Eigentliche Treibkultur (Culture forcee), durch welche 
Früchte zu einer bedeutend früheren, als von der Natur 
bestimmten Zeit zur Reife gebracht werden. 

2) Die Kultur in kalten Gewächshäusern, Talutmauern (Cul- 
ture sous abris vitres) bei welcher nur wenig oder gar 
keine künstliche Wärme in Anwendung kommt 

3) Die Spätkultur (Culture retardee), durch welche im Ge- 
gensatz zur Frühtreiberei das Reifen der Früchte zurück- 
gehalten werden soll. Durch sie ist es nach Pynaert’s 
Angabe möglich, bis dahin, wo wieder getriebene Früchte 
reif sind, frisches Obst zu erhalten. Wenn solche im 
Reifen zurückgehaltene Früchte ihren Wohlgeschmack 
nicht verlieren, so dürfte diese Kultur wol geeignet sein, 
die Aufmerksamkeit der Gärtnerwelt auf sich zu ziehen. 

4) Die Kultur in Töpfen (Culture au pots). Dieser Theil bietet 
dem deutschen Leser kaum etwas Neues. Wir besitzen 
über diese Kulturmethode mehrere gut verfasste Schrift- 
chen, von welchen das Hartwig’sche wohl das empfeh- 
lenswertheste sein dürfte. 

Was Pynaert am Schlusse aus einem Berichte eines Herrn Jas- 
sier anführt, dass man von Kirschbäumen in einem Jahre zwei 
Erndten gewinnen kann, scheint für die Praxis, wenigstens im nörd- 
lichen Deutschland, von sehr zweifelhaftem Werthe zu sein. Er sagt: 


ER 


Herr Jassier hatte zur Zeit der Kirschenerndte einem mit Früchten 
beladenen Baum einen Theil seiner Spitzen genommen, veranlasst 
durch eine grosse Menge von Ungeziefer, welches sich auf den Spitzen 
der Zweige befand. In kurzer Zeit stand der Baum in seinen zurück- 
geschnittenen Theilen in Blüthe und reifte seme zweite Tracht noch 
in der ersten Hälfte des Oktober selbigen Jahres. Dies beobachtete 
er an zwei nicht veredelten, 20 Jahre alten Bäumen. Spätere, auf 
diese Beobachtungen basirte Versuche ergaben analoge Resultate. 
Meine Ansicht ist, dass, wenn diese Operation auch wirklich 
unter besonderen Umständen und klimatischen Verhältnissen oder 
Lagen gelingt, so misslingt sie unter gewöhnlichen Verhältnissen ge- 
wiss recht oft Auch dürfte die Versicherung mit Vorsicht aufzu- 
nehmen sein, dass die Bäume auf die angeführte Weise behandelt, 
nieht nur nicht leiden, sondern kräftiger fortwachsen sollen. 
Stoll. 


Allerlei 


aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Ik 


a 


Eder ausserordentliche milde Winter ruft auch in der Pflanzen- 
welt eine Reihe abnormer Zustände hervor, es wäre daher wohl für 
Wissenschaft und Gärtnerei gleich wichtig und interessant, wenn 
dergleichen Abweichungen von dem normalen Zustande bekannter und 
darüber Aufzeichnungen gemacht würden, um später zu Vergleich- 
ungen benutzt werden zu können. Bei unseren Obstbäumen, auch 
der Rosskastanie, kommt es zwar keineswegs selten vor, dass sie 
zum zweiten Male blühen, ja selbst in voller Blüthe stehen können, 
in der Weise aber, wie in diesem Winter, möchte es kaum zu einer 
anderen Zeit gewesen sein. Von allen Seiten sind uns darüber Nach- 
richten zugekommen, besonders vom Rhein. 

In der Regel ist es nieht der ganze Baum, welcher blüht, son- 
dern es sind nur bestimmte Aeste, welche sich mit Blüthen bedecken. 
Uns ist z. B. ein Kastanienbaum bekannt, der fast regelmässig alle 


| 
| 


—.. (le 


Jahre im Spätherbste, und zwar stets an denselben Aesten, wieder 
Blüthen hervorbringt. Es ist dieses ein Zeugniss von der Selbstän- 
digkeit der Zellen und Zellenverbindungen bei den Pflanzen, im 
Gegensatz zu denen der Thiere. Wie oft sehen wir nicht, dass die 
eine Seite eines Obstbaumes mit Früchten überladen ist, während 
diese auf der anderen Seite nur spärlich vertreten sind. 

In diesem Spätherbste sind aber Fälle vorgekommen, wo der 
ganze Obstbaum seine sämmtlichen Blüthenknospen, welche eigent- 
lich erst im nächsten Frühjahre erscheinen sollten, ausgetrieben hatte 
und demnach im wahren Sinne des Wortes in voller Blüthe stand. 
Es war dieses unter Anderem in Jüterbog mit einem Birnbaum der 
Fall. Wir erhielten von |dem Lehrer Becker daselbst, der gewiss 
vielen Lesern der Monatsschrift durch seinen Brumata-Leim noch 
von früher bekannt ist, im vergangenen November einen ziemlich 
grossen Ast mit weissen Blüthen bedeekt. Nach genauer Unter- 
suchung fanden wir, dass auch nicht eine einzige Blüthenknospe zu- 
rückgeblieben war. 

Noch auffallender mag Manchem erscheinen, dass uns in der 
Weihnachtswoche ein Rosenbouquet zugeschickt wurde, dessen Rosen 
am Heiligen-Abende im Freien abgeschnitten worden waren, und 
was trotzdem an Schönheit sich mit manchen anderen, zu dem das 
Material zu einer günstigeren Zeit abgeschnitten worden wäre, hätte 
messen können. Wenn wir uns nicht getäuscht haben, so bestanden 
die Rosen des ebenbezeichneten Bouquets hauptsächlich aus General 
Jacqueminot. Der freundliche Geber dieses Rosenbouquetes, eines 
Weihnachtsgeschenkes, dessen sich ausser uns wahrscheinlich kein 
Anderer rühmen könnte, war der bekannte Rosengärtner Herger 
in Köstritz bei Gera, dessen Rosenstöcke sich der weitesten Ver- 
breitung erfreuen. 

Es liegt uns, das neueste beschreibende Verzeichniss der Bäume, 
Sträucher und Halbsträucher, sowie Rosen, Obstbäume und Frucht- 
tsräucher der Baumschulen, von A. C. Rosenthal in Wien, vor. 
Es währt kaum noch mehr als drei Monate und die Wiener Welt- 
ausstellung wird eröffnet. Da die Gartenbaugesellschaft in Wien 
bereits schon die grössten Anstrengungen gemacht hat und fort- 
während macht, damit auch die Gärtnerei würdig vertreten ist, so 
werden Fachgenossen und Liebhaber hoffentlich auch in dieser Hin- 
sicht Wien befriedigt wieder ‚verlassen. 


Dass Wien ausserdem aber noch in gärtnerischer, besonders in 
ästhetischer Hinsicht, Manches darbietet, ist wohl genug bekannt. Auch 
einige Gärtnereien finden sich in und bei Wien vor, welche Auf- 
merksamkeit verdienen und lange schon bei uns hinlänglich gewürdigt 
werden. Zu diesen gehören die Baumschulen von A. C. Rosenthal, 
dessen Vater, und wenn wir nicht irren, Gründer der Gärtnerei, 
längst schon sich eines besonderen Rufes ausserhalb Wiens erfreut 
hatte. Wenige von denen, welche nach Wien kommen, werden wis- 
sen, dass diese Baumschulen in der nächsten Nähe des Ausstellungs- 
gebäudes sich befinden und demnach leicht besichtigt werden kön- 
nen. Bei dem Anfschwunge, den neuerdings die Landschaftsgärtne- 
rei nimmt, möchte es Manchem, der sich für Gehölze im Freien in- 
teressirt, lieb sein, den Reichthum, wie er uns in dem Rosenthal’- 
schen Verzeichnisse entgegentritt, auch in den Baumschulen kennen 
zu lernen. Wir bemerken schliesslich, dass ihr Besitzer sich es 
besonders angelegen sein lässt, sich das Neueste anzuschaffen. 

P°flanzen- und Blumenfreunde, welche eine Reise nach dem 
südwestlichen Deutschland machen, mögen um so weniger einen 
Ausflug nach Donaueschingen versäumen, als vom Rhein bis nach 
Stuttgart eine directe Eisenbahn - Verbindung, wobei auch Donau- 
eschingen berührt wird, vorhanden ist. Dort findet man den rei- 
zenden und nicht weniger interessanten Garten des Fürsten. von 
Fürstenberg mit zahlreichen Gewächshäusern, in denen die schönsten 
und seltensten Pflanzen unserer Zeit kultivirt werden. Wenn schon 
die Schönheit der einzelnen Exemplare unsere Aufmerksamkeit im 
hohen Grade in Anspruch nahm, so war es noch mehr die Art und 
Weise der Kultur bei einer verhältnissmässig sehr geringen Tempe- 
ratur. Die von den Gärtnern für das Wohl der Pflanzen unentbehr- 
liche Bodenwärme schien der Chef des Gartens, Hofgärtner Kirch- 
hof, gar nicht zu kennen, da bei ihm alles möglichst kalt und 
ohne alle Bodenwärme kultivirt wird. Unsere Warmhaus-Orchideen, 
wie Öypripedien, Saccolabien u. s. w. befanden sich zu Donaueschin- 
gen in mit Moos und Sand gefüllten und besonders während des 
Treibens sehr feucht gehaltenen Töpfen und gediehen bei offenem 
Fenster am Tage während des Monats September, wo es auf dem 
Schwarzwald-Plateau, auf dem Donaueschingen liegt, schon sehr 
kalt ist, in erfreulichster Weise. Masdevallien und Saracenien be- 


j 


ln 


fanden sich dagegen in Kasten, deren Fenster man während des 
Nachts, obwohl das Thermometer am Morgen bis auf nur einige 
Grad herab sank, geöffnet hatte, um der freien Luft stets Zutritt 
zu lassen. Trotzdem befanden sich die Pflanzen in einer Ueppig- 
keit, wie man sie nicht besser finden kann, und hatten zum Theil 
schöne grosse Blüthen. Doch wir wollten zunächst nur auf Donau- 
eschingen in gärtnerischer Hinsicht aufmerksam machen; wahr- 
scheinlich sind wir später im Stande, ausführlicher zu berichten. 

Für jetzt sei es uns erlaubt, einstweilen nur der Kultur einer 
Pflanze zu erwähnen, weil ihre Resultate der Art waren, dass sie 
wohl verdienen, in weiterem Kreise bekannt zu werden. Es betrifit 
dieses die Kultur der Elendshörner oder Platycerien, jener eigen- 
thümlichen Farne , deren unfruchtbaren Blätter in ihrer Gestalt 
wesentlich von den fruchtbaren sowohl, sowie von den Vorblättern, 
abweichen, und zum Theil eine Form annehmen, welche Ursache 
ist, dass sie den deutschen und griechischen Namen erhielten. 
Platycerium bedeutet nämlich wörtlich übersetzt: grosses Ge- 
weihe. 

In Berlin und überhaupt in Norddeutschland werden die Klends- 
hörner auf Kork- und überhaupt Rindenstücken, welehe man irgend 
wo an die Wand eines Gewächshauses hängt, kultivirt. Seit vielen 
Jahren schon werden dergleichen Pflanzen im Orchideenhause des 
Borsig’schen Gartens in Moabit bewundert. Garteninspector Kireh- 
hof kultivirt die Elendshörner aber in Töpfen und hat dabei einen 
solchen Erfolg, dass es um so mehr werth ist, darüber einige Worte 
zu sagen, als wir eben in Gardener’s Chronicle lesen, dass man 
jenseits des Canals zum Theil dieselbe Kulturmethode verfolgt und 
ebenfalls bedeutende Resultate erreicht. 

W. Wilson in Enfield besitzt unter Anderem ein Platycerium 
grande in einem Hause, was sonst nur Cattlayen enthält. Es befindet 
sich am Nordende des Hauses ungefähr 1 Fuss von dem Fenster ent- 
fernt, denn Licht, wenn auch nicht directes, ist den Platyeerien sehr 
nothwendig, wenn sie gedeihen sollen. Unter der Tafel, auf der die 
Pflanze steht, befindet sich ein Wasserbehälter. Leider ist nicht 
angegeben, wie alt das Exemplar ist, die angegebenen Dimensionen 
lassen jedoch vermuthen, dass es nicht jung ist. In der. Breite 
nimmt die Pflauze einen Raum von 5 Fuss 9 Zoll ein, während ihr 


ad 


Umfang vom Topfe aus über die Spitzen der Blätter bis wiederum 
zum Topfe nicht weniger als 17 Fuss beträgt. 

In dem Topfe befinden sich am Boden bis zur Hälfte nach oben 
zum leichteren Abflusse des Wassers Scherben; auf diesen folgt eine 
Schicht gereinigten Torfmooses (Sphagnum palustre). Es wird des- 
halb sorgfältig gereinigt, damit kein Schmutz sieh zwischen den 
Scherben ansammeln und den Abfiuss des Wassers hindern kann. 
Wie dieses der Fall und stagnirendes Wasser vorhanden ist, wird 
das Elendshorn krank und kann selbst unter Umständen zu Grunde 
gehen. Der Boden, worin das Elendshorn sich befindet, besteht aus 
einem zerkleinerten und mit gutem Sand gemischten Torf oder dafür 
Holzerde; der grösseren Lockerung halber werden ausserdem noch 
einige kleine Scherben zugesetzt. Die grösste Vorsicht verlangt das 
Umsetzen. Man hebt dabei die Pflanze vorsichtig bis an den Rand. 
des Topfes und ersetzt unter ihr die Erde. 

Wine der interessantesten Pflanzen, welche neuerdings ein- 
geführt sind und zu gleicher Zeit als Schmuck eines äusseren 
Hauses und als Gemüse dienen können, ist die Carre-Erbse der 
Franzosen auf der Insel Mauritius. Wegen ihrer grösseren Aehnlich- 
keit mit einer Bohne dürfte sie aber wohl eher, und zwar um so 
mehr den Namen Carre-Bohne führen, als sie wirklich auch zu den 
Bohnen gehört In der systematischen Botanik hat diese Carre-Bohne 
den Namen Psophocarpus Tetragonolobus D. C. erhalten, während 
Linne sie bereits als Dolichos Tetragonolobus beschrieben hatte. Unter 
den Hülsenfrüchten haben wir zwei Geschlechter, welche Bohnen lie- 
fern: Phaseolus und Dolichos, beide haben im wärmeren Asien ihre 
eigentliche Heimath und bestehen aus einer grossen Menge von Arten, 
welche zum Theil in ihrem Vaterlande schon seit sehr langer Zeit 
kultivirt worden sind. Von Östindien aus wurden diese Arten weiter 
verbreitet und so kam es, dass man Bohnen jetzt fast auf der gan- 
zen Erde, auch in Nord- und in Süd-Amerika, sowie auch in Australien 
kultivirt. Obwohl in einem wärmeren, zum Theil selbst in einem 
heissen Klima zu Hause, gedeihen einige Bohnen-Arten auch in 
kälteren Ländern, selbst noch in Schweden, während der Sommer- 
zeit, da sie nur eine kurze Vegetations-Zzeit bedürfen. Es gilt dieses 
besonders von den Bohnen des Geschlechtes Phaseolus, dem unsere 
Stangen- und Buschbohnen angehören (Phaseolus vulgaris und nanus). 


— 41 — 


Keine andere Hülsenfrucht ist so allgemein geworden und dient, be- 
sonders in Südeuropa und im Oriente, dem gemeinen Manne als ge- 
wöhnliche Nahrung, wie diese. 

Die Dolichos-Arten haben im Gegensatz zu den bezeichneten 
Bohnen keineswegs diese Verbreitung gefunden. Ihre Kultur beschränkt 
sich hauptsächlich nur auf wärmere Gegenden. Selbst im Süden Euro- 
pa’s haben sie sich nicht eingebürgert. Das wird auch mit der der 
Fall sein, von der wir sprechen wollen und die seit kurzer Zeit von 
der Insel Mauritius eingeführt wurde, trotzdem bleibt sie aber doch 
eine interessante Pflanze, die unsere Beachtung um so mehr verdient 
als sie, gleich der Feuer- oder Arabischen Bohne (Phaseolus multi- 
florus), dekorativen Werth hat. Mit dieser Feuerbobne hat die Carre- 
Erbse auch im Wachsthum überein, dass ihre Wurzel sich knollen- 
artig verdickt und alle Jahre neue Pflanzen treibt, dass sie aber 
auch als Sommerpflanze benutzt werden kann. 

Tetragonolobus, der etwas lange botanische Beiname der Carre- 
Erbse, bezieht sich auf die lorm der im jugendlichen Zustande und 
als Gemüse gekocht angenehm schmeckenden Hülse, welche, ähnlich 
wie beı der bei uns im Norden Deutschlands wenig gebauten Spar- 
sel-Erbse (Tetragonolobus purpureus oder Lotus Tetragonolobus), mit 
4 hautartigen Flügeln vorsehen .ist, und bedeutet Vierflügelfrucht. 
Diese mit 4 gezähnten Flügeln versehene Frucht erhält die bedeu- 
tende Länge eines Fusses mit dem Durchmesser eines Zolles. Wie 
die unreife Frucht verschiedentlich zubereitet auf Mauritius gern 
genossen wird, so werden nicht weniger die Samen, und zwar im 
reifen und unreifen Zustande, gegessen. 

Da unsere Bohnen seit den letzten 3 Jahrzehnten für den Ge- 
schmack bereits eine hohe Vervollkommnung erhalten. haben, so be- 
dürfen wir der Carr&-Erbsen nicht, insofera es nicht einmal einem 
auch in der Küche etwas Neues suchenden Liebhaber wünschens- 
werth sein sollte, Carr&- Erbsen auf seiner Tafel zu haben. Was 
anders ist es in dekorativer Hinsicht, wo ebenfalls Abwechslung vor- 
handen sein muss. In England wird die Pflanze bereits in Warm- 
häusern während des Sommers, wo man an und für sich Schatten 
gebraucht, wie ihn eine raschwachsende, bohnenartige Pflanze geben 
kann, kultivirt. Besonders m Häusern für die Kultur der Viktoria 
und anderer Wasserpflanzen würde sie sehr gute Dienste thuen. 


eg: N 


Wollte man noch einige Cucurbitaceen, wie die Schlangengurke und die 
ostindische Momordica-Arten, zur Abwechslung anpflanzen, so würde 
der Reiz erhöht. Es wäre wenigstens, wenn zwischen den fusslan- 
gen Hülsen der Carre-Erbse die später aufspringenden und im 
Innern roth sich färbenden Momordica-Früchte herabhängen, ein ei- 
senthümlieher Anblick geboten. 

Es ist in der Wochenschrift für Gärtnerei und Pflanzenkunde 
bisweilen über die Versuche der China-Kultur auf dem ostindischen 
Festlande und auf Java die Rede gewesen, es dürfte gewiss auch 
Interesse für die Leser der Monatsschrift haben, über den neuesten 
Zustand der China-Kultur in Ostindien etwas zu erfahren. Nach 
einer Notiz in Gardener’s Chronicle befinden sich auf den blauen 
Bergen (Nilgerry, Neelgiri und Nilgiri der Eingebornen nach engli- 
lischer Schreibart) jetzt über 2'/, Millionen China-Pflanzen in Kultur, 
und zwar nur von Seiten der britischen Regierung. Dazu kommen noch 
die Anpflanzungen von Privaten, die aber nicht von Bedeutung sind. 

Die grössten Exemplare des Chinarindenbaumes, welche jetzt 
auf den blauen Bergen sich vorfinden, haben bereits eine Höhe von 
30 Fuss mit einem Stammdurchmesser von nahe 1 Fuss. Der Raum, 
den die 2!/, Millionen Cbinapflanzen einnehmen, hat einen Flächen- 
inhalt von 950 englischen Ackers, von denen einer gegen '/; Morgen 
enthält. Bereits wird so reichlich Rinde gewonnen, dass nicht allein 
grosse Mengen bester Qualität um niedrige Preise an die Eingebor- 
nen nicht weniger, als an die Fremden daselbst, abgegeben werden 
konnten, sondern dass ausserdem nahe 7,300 Pfund auf den Markt 
von London kam und 35,000 Pfund an China- Fabriken abgegeben 


wurden. 


Preis des Jahrganges 4 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als 
auch franco durch alle Postanstalten des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


ESTER IND, 


Für gute Aufsätze wird entsprechendes Honorar gezahlt. 


ET 


Amlanlt: Vorwort. — Die neuesten Untersuchungen über Zapfenträger (Coni- 
feren). — Gärtnerische Plaudereien. — Ueber Landesverschönerung. — V. 
Die grosse Ausstellung von Pflanzen in Gent. — Die Einwirkung der schwef- 
ligen Säure auf die Pflanzen. — Literatur. — Allerlei aus der Gärtnerei und 


Pflanzenkunde. 


Monatsschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
in den 


Königl. Preussischen Staaten 
für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


tt 


Redacteur: 
Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretair des Vereines, 


No. 2. Berlin, den 1. März. 1873. 


Sonntag, den 2. März, Vormittags 11 Uhr, 
findet eine Versammlung im Klub der Landwirthe (Französische Strasse 48) 
statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. 


Die 549. Versammlung 


des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, 
am 2. Februar. 


Wie in den letzten Versammlungen des Vereines, so nahmen 
auch dieses Mal innere Angelegenheiten des Vereines die meiste Zeit 
in Anspruch, es blieb daher nur wenig zu Mittheilungen von ausser- 
halb übrig. Zunächst waren von Garteninspektor Bouch& Verzeich- 
nisse der in dem Versuchsgarten des Vereines im vorigen Jahre ge- 
wonnenen Sämereien von Florblumen und Gemüsen zur Abgabe an 
Mitglieder durch den Vereinsgärtner übergeben worden. Es wurden 
diejenigen daher, welche an der Vertheilung dieser Sämereien An- 

4 


— 50° —. 


theil nehmen wollen, ersucht, dergleichen Verzeichnisse bei dem Ge- 
- neralsekretariate (Genthiner Strasse 35), am besten durch schrift- 
liche Meldungen, in Empfang zu nehmen und dann die Wünsche, 
auf einem besonderen Zettel geschrieben, zugleich mit dem Haupt- 
Verzeichnisse, bis zum 20. Februar an dasselbe zurück zu schicken. 
Die Vertheilung geschieht im März durch direkte Zusendung. 

Der Generalsekretär theilte mit, dass im Durchschnitte jährlich 
über 3,200 Samen-Prisen von Blumen und gegen 750 Samen-Prisen 
von Gemüsen zur Vortheilung kommen. Ausserdem werden aber 
noch jährlich nahe 1,200 Blumen-Töpfe in den verschiedenen Ver- 
sammlungen des Vereines unter die anwesenden Mttglieder vertheilt. 

Der Generalsekretär legte Pläne der Räumlichkeiten der am 
1. Mai in Wien beginnenden Weltausstellung vor. Der Gartenbau- 
Verein in Wien hat von denselben zu von ihm in’s Leben zu rufenden 
Ausstellungen von Pflanzen und Blumen einen nicht geringen Flächen- 
Inhalt in der Nähe der Kunsthalle erhalten, die er zu 5 grossen tempo- 
rären Ausstellungen benutzen wird, in der Zwischenzeit aber in dem 
nöthigen Schmuck erhalten muss. Das Specialprogramm der Wiener 
Weltausstellung, und zwar zunächst nur der 2. Gruppe, welche Land- 
wirthschaft und Gartenbau (im weitesten Sinne) enthält, ist zum 
Theil, nämlich was den Gartenbau anbelangt, bereits in der 20. und 
21. Nummer der Wochenschrift vom vorigen Jahre veröffentlicht 
worden, der Generalsekretär behält sich aber vor, sobald er genauer, 
als es bis jetzt der Fall ist, mit den Intentionen des Wiener Garten- 
bau-Vereins bekannt sein wird, hierüber noch nähere Mittheilungen 
zu machen. 

Für jetzt wurden nur im Allgemeinen über die Ausdehnung der 
Wiener Ausstellung einige Notizen gegeben. Die dazu benutzten 
Räumlichkeiten liegen im Anfange des Prater’s zwischen diesem und 
der Donau und umfassen einen Flächeninhalt von 40 Morgen (10 
Hektaren), sie sind also um ein Drittel bedeutender, als der Flächen- 
inhalt des Marsfeldes in Paris, wo 1867 die letzte internationale In- 
dustrie-Ausstellung stattfand. Diese Räumlichkeiten stellen ein läng- 
liches Viereck von 900 Meter Länge und 200 Meter Breite dar. 
Vorn (nach der Stadt zu) befindet sich eine grosse Rotunde von 100 
Meter Durchschnitt und 77 Meter Höhe und ist zur Hälfte dem 
Deutschen Reiche zur Verfügung gestellt, Seitlich von ihr liegen 


NL. 


die Räume für die schönen Künste und nehmen einen Flächeninhalt 
von 7,900 Quadrat-Meter ein. Von hier aus führt eine Gallerie nach 
dem dem Gartenbau zur Verfügung gestellten Raum, und zwar zu- 
nächst zu einem Gewächshause zur Aufnahme von Warmhauspflanzen. 

Der Generalsekretär legte Bast vor, der ihm von dem Kauf- 
mann (©. L. Obrieatis aus Königsberg in Pr. zugesendet war und 
sich durch seine Brauehbarkeit nicht weniger, als durch seine Wohl- 
feilheit auszeichnete. Den Centner kostet 3, franco Berlin hingegen 
4", Thaler. 

Wiederum hatte der Generalsekretär einen Prospekt von Vil- 
morin’s illustrirter Blumengärtnerei, welche hier in Berlin 
bei Wiegandtund Hempel, und zwar in deutscher Bearbeitung von 
Dr. Grönland und Th. Rümpler herausgegeben, erscheint, vor- 
gelegt und empfahl das in Lieferungen gedruckte und mit zahlrei- 
chen Abbildungen versehene Werk allen Liebhabern von Blumen- 
und Gartenbesitzern. In der Wochenschrfti ist schon mehrmals diese 
wichtige Schrift, welche im Original den Titel „les fleurs de pleine 
terre“ führt und in dem kurzen Raum von 7. Jahren 3 Auflagen 
erhielt, besprochen und empfohlen worden. 

Ferner wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die im vorigen 
Oktober eröffnete Königliche Lehranstalt für Obst- und 
Weinbau zu Geisenheim am Rhein fortwährend Zöglimge auf- 
nimmt. Nähere Auskunft ertheilt der Direktor der Anstalt und 
vermittelt auch die Unterbringung der Schüler. Das pomologische 
Institut in Reutlingen eröffnet dagegen das Sommerhalbjahr der 
höheren Lehranstalt und der Gartenbauschule am 3. März. Zugleich 
ist damit ein theoretisch-praktischer Cursus für Baumwärter und 
Obstgärtner verbunden. Statuten stehen gratis und franco bei dem 
Direktor des Institutes, Dr. Lucas, jederzeit zu Diensten. 

Der Obergärtner H. Streubel in Carlowitz bei Breslau theilte 
mit, dass er eine Weimuthskiefer aus Samen erzogen habe, wo im 
Frühjahre die jungen Nadeln milehweiss herauskommen, leider aber 
im Verlaufe des Sommers allmählig wieder grün werden, so dass 
sie sieh im Herbste gar nieht mehr hinsichtlich ihrer Farbe von 
denen der übrigen Weimuthskiefern unterscheiden. 

Auf gleiche Weise machte Obergärtner Streubel über eine 
buntblättrige Fichte (Pinus Abies L., Abies excelsa DC.) Mittheilung, 


 * 


wo sich die Färbung der Nadeln auf gleiche Weise verhält. Im 
ersten Frühjahre kommen sie gelblich-weiss heraus, werden aber im 
Verlaufe des Sommers und Herbstes wiederum völlig grün. Uns ist 
eine. solehe buntblättrige Form der Fichte nieht bekannt, wohl kommt 
aber eine Form mit der näheren Bezeichnung elegantissima vor, wo 
die Oberfläche der Zweige mit ihren Nadeln eine goldgelbe Farbe 
besitzt, bei einer anderen dagegen, die gewöhnlich den Beinamen 
aurea oder medio-aurea führt, ist nur die untere Hälfte der Nadeln 
soldgelb, die obere grün. 

Der Generalsekretär theilte eine hier gemachte interessante Wette 
von gärtnerischen und botanischen Interesse mit, um möglicher Weise 
eine Klärung des Inhaltes der Wette herbeizuführen. Die Wette war 
über unsere einheimische Mistel (Viscum album) entstanden. Dieser 
Schmarotzer führt bekanntlich in den Apotheken, wo er als Volks- 
mittel gegen Epilepsie aber ausserdem noch gebraucht wird, auch 
den alten Apotheker-Namen Viscum quercum und quereinum. Durch 
diese Benennung hat man allgemein die Ansicht, dass die Mistel bei 
uns auf Eichen wachse. Das scheint aber keineswegs der Fall zu 
sein, denn der Name bedeutet ursprünglich eine andere Pflanze und 
ist nur auf unser Viscum album übertragen worden. Ursprünglich 
bedeutet nämlich Viscum quereinum einen in Südeuropa, besonders 
in Italien, wachsenden Schmarotzer (Loranthus europaeus), der ge- 
wöhnlich auf Eichen wächst und ebenfalls gegen dieselbe Krankheit 
seit sehr langer Zeit schon gebraucht wird. Mit dem Gebrauch des 
Viseum album als Arzneimittel zu gleichen Zwecken ging auch der 
Name über. 

Viscum album kommt bekanntlich auf allen unseren Wald- und 
Kulturbäumen vor, und zwar in der Weise, dass in bestimmten Ge- 
senden meist nur bestimmte Gehölze als Nährpflanze dienen. In 
einigen Gegenden werden Kiefern, in anderen Pappeln, Birken 
oder Ahorn heimgesucht, während man sie in anderen wiederum 
auf Obstbäumen, und zwar bald auf Stein-, bald auf Kern-Obst, fin- 
det. Es wäre doch interessant zu wissen, ob in der That bei uns 
die Eiche der einzige Waldbaum ist, auf dem unsere einheimische 
Mistel nicht wächst. Von einigen Botanikern wird das Vorkommen 
auf Eiche ganz und gär in Frage gestellt, von anderen dagegen doch 
ein beschränktes Vorkommen zugegeben. Der Generalsekretär for- 


derte demnach Diejenigen, welche mit eigenen Augen unsere Mistel 
auf Eichen gesehen haben, auf, ihm davon Mittheilung zu machen 
oder noch besser, ihm das Stück Eichen-Ast, auf dem Viseum album 
sich befindet, zukommen zu lassen. 

Als Professor Koch im vorigen Hochsommer unter Anderem auch 
den botanischen Garten in München besuchte, fand er unter vielen 
interessanten Pflanzen auch direkt aus dem Vaterlande bezogene, 
schon ziemlich grosse Farnstämme, welche bereits angewachsen waren 
und eben einen starken Blättertrieb entwickelt hatten. Jetzt theilt 
ihm der Inspektor des botanischen Gartens, Max Kolb, mit, dass diese 
Farnbäume ausserordentlich gedeihen und bereits eine wunderschöne 
Blattkrone getrieben haben. Zu gleicher Zeit bedeckt sich der Stamm 
dicht mit Wurzeln, welche zum Theil die Stärke einer Bleifeder be- 
sitzen, aber nicht, wie man es besonders bei epiphytischen Aroideen 
sieht, in die Erde gehen, sondern zwar dicht am Stamme sich hin- 
ziehen, aber doch frei in der Luft hängen. Wenn nun auch schon 
vorher im Stamme viele, auch mineralische Reservestoffe vorhanden 
gewesen wären, so können diese doch nicht, nach der Ansicht des 
Inspektors Kolb, ausgereicht haben, um dergleichen Blätter auf eine 
solche Weise zu entwickeln. Es wurden allerdings die Farne täg- 
lich 3 und 4 Mal mit Wasser einer Temperatur von 25° C. von oben 
herab gegossen, aber auch dieses möchte noch nicht genügt haben. 
Die Frage wäre demnach natürlich, woher die nöthigen Nahrungs- 
stoffe zu einer solchen üppigen Entwickelung gekommen sind? Sollten 
diese sich schliesslich in der Luft befunden haben? 

Nach Professor Koch sind zunächst die Nährstoffe, auch die 
mineralischen, in solcher Menge Wassers, wie gegeben war, nicht 
unbedeutend, ausserdem finden sie sich in der Luft, besonders in einem 
feuchten Warmhause, noch in ausreichendem Maasse vor. Unsere 
epiphytischen Orchideen, die man an Kork- und Rindenstücken kul- 
tivirt, enthalten bekanntlich in der Regel ziemlich viel mineralische 
Stoffe, die sie doch nur, da ihnen alle Verbindung mit der Erde 
fehlt, aus der Luft und aus dem ihm gegebenen Wasser entnommen 
haben können. Man sehe aber auch einmal die Spitzen von ebenfalls 
Bleifeder starken und selten in die Erde dringenden Luftwurzeln von 
Aörides, Vanden, Angreeum’s u.s. w. genau an und man wird eine 
' Zellenschicht, welche die Oberfläche dieser Spitzen bedeckt, finden, 


ERDE 


die in beständiger Arbeit zum Aufnehmen von allerhand nöthigen 
Stoffen ist. 

Schliesslich machte der Vorsitzende, Präsident Oppermann, 
Mittheilung über die nächste Frühjahrs-Ausstellung, welche nach frü- 
herem Brauch am 1. Sonntage im April stattfindet, also in diesem 
Jahre am 6. April sein müsste. Noch ein bestimmtes Programm zu 
entwerfen, würde zu nichts helfen, da doch Niemand in der kurzen 
Zeit sich mehr vorbereiten könne. In der Regel kommt in dieser 
Frühjahrs-Ausstellung der Jahresbeitrag Sr. Majestät, des erhabenen 
Protektor's des Vereins, des deutschen Kaisers und Königs ven 
Preussen, zur Vertheilung. 


Die Gypressen der Alten und Neuen Welt. 


Eine monographische Szizze. 


Es ist nicht zu läugnen, dass Öypressen nicht allein zu den inter- 
essantesten Pflanzen unter den im ersten Hefte besprochenen Koni- 
feren gehören, sondern überhaupt in mannigfacher Weise das 
Interesse des Gärtners und des Laien, ja auch in. geographischer und 
geschichtlicher Hinsicht, die jedes gebildeten Menschen in Anspruch 
nehmen. Sie sind eine Crux der Botaniker nicht weniger, als der 
Gärtner, weil sie, wie früher schon einmal mitgetheilt ist, im jugend- 
lichen Alter bisweilen so verschieden aussehen, dass man eine und die- 
selbe Art leicht für verschiedene Pflanzen halten kann und gehalten hat. 

Bei den Cypressen sind, mit einer einzigen Ausnahme, die ur- 
sprünglich nadelförmigen Blätter des ersteren bald längeren, bald 
kürzeren Stadiums im zweiten in schuppenförmige umgewandelt. Nur 
Cupressus squarrosa, welche in Japan wächst, behält ihre weichen 
Nadeln bis zur Blüthezeit und Fruchtreife und gleicht deshalb einem 
Wachholder vielmehr als einer Cypresse. Im gewöhnlichen Leben 
nennt man Üypressen die Arten, wo höchstens die Verzweigungen, 
aber nie die letzten und vorletzten Verästelungen nach 2 Seiten ste- 
hen. Bei den Lebensbäumen stehen dagegen die Verzweigungen so- 
wohl, wie die beiden letzten Verästelungen, nach zwei Seiten hin - 


BERN pe 


dieht auf einander folgend, so dass sie eine blattartige Fläche, welche 
von dem Uneingeweihten auch für ein gefiedertes Blatt gehalten wird, 
darstellen. Von ihnen werden wir ebenfalls einmal später sprechen. 
Wo beiderlei Formen gut ausgeprägt sind, lassen sich auch die Arten 
leicht unterscheiden, wo aber Cypressen in ihrer äusseren Gestaltung 
den Lebensbäumen ähneln, ist es dem Laien, ja selbst dem Botaniker, 
oft sehr schwer, ohne Früchte sie von diesen zu unterscheiden. 

Die wissenschaftliche Botanik hat seit Linne bei der Aufstellung 
der Genera (Geschlechter, jetzt Gattungen unlogisch genannt) nur einen 
Werth auf die Blüthe, bisweilen auch auf die Frucht gelegt. Mögen 
2 Pflanzeu noch so unähnlich aussehen, wenn sie in der Blüthen- 
und Fruchtbildung mit einander übereinstimmen, so werden sie in 
einem und demselben Geschlechte eingereiht, umgekehrt, wenn sie 
im Aeussern selbst so ähnlich sind, dass sie nur mit einem geübten 
Auge unterschieden werden können, aber eine von einander abwei- 
chende Blüthen- oder Fruchtbildung besitzen, so gehören sie 2 ver- 
schiedenen Geschlechtern an. 

Die botanische Wissenschaft fragt demnach auch hier nicht nach 
der Stellung der 3 letzten Verästelungen, sondern stellt fest, dass 
die mit den Deckblättern verwachsenen Fruchtteller (oder Frucht- 
schuppen) bei den Öypressen schildförmig (d. h. den Stiel so ziem- 
lich in der Mitte der Fläche habend) sind, bei den Lebensbäumen 
aber in die Länge gezogen und mit dem einen Ende befestigt. Man 
darf sieh deshalb nicht wundern, wenn selbst tüchtige Botaniker 
Cypressen mit der äusseren Form der Lebensbäume auch als Lebens- 
bäume bezeichnet haben, so lange sie keine Beerenzapfen gesehen 
hatten. 

Wir haben unter den Cypressen, wie unter den Lebensbäumen, 
in jeglicher Hinsicht interessante Arten, es gilt dieses ganz besonders 
von denjenigen, welche auch im Norden Deutschlands aushalten und 
in Gärten und Anlagen vielfach einen hochgeschätzten Schmuck bilden. 
Aber auch Diejenigen, welche nicht aushalten und im Winter we- 
nigstens frostfrei gestellt werden müssen, haben in dekorativer Hin- 
sicht um so mehr eine Bedeutung, als sie in der besseren Jahres- 
zeit nebst südeuropäischen und neuholländischen Pflanzen vielfach 
zum Decken von Mauern und Wänden, aber auch zur Austellung 
von Gruppen, verwendet werden können. 


Be 


Das botanische, hier nur allein gültige Merkmal ist’ bereits zur 
Unterscheidung der Cypressen von den Lebensbäumen gegeben. Manche 
Botaniker sind jedoch geneigt, 2 und selbst 3 Geschlechter aus dem 
Linne’schen Genus Cupressus zu bilden. Wir haben nämlich Arten, 
wo an der Basis des Fruchttellers oder der Fruchtschuppe nur 2 bis 
4 oder wo 4 bis 6 und viele Früchte vorhanden sind. Obwohl dieses 
ein relatives und daher keineswegs stichhaltiges Unterscheidungs- 
Merkmal ist, so hat man es doch benutzt, um aus den Arten, wo 
das Erstere der Fall ist, das Genus Cham&cyparis zu bilden, 
während man für die anderen das Genus Cupressus beibehalten ist. 
Besser wäre das Merkmal, dass bei einer Reihe von Cypressen, und 
zwar meist bei denjenigen, welche viele Früchte unter jedem Frucht- 
teller haben, die Beerenzapfen erst im anderen Jahre reifen, während 
dieses bei den übrigen noch in demselben Jahre geschieht. 

Das Wort Chamzcyparis bedeutet Zwerg-Cypresse; man müsste 
demnach annehmen, dass nur zwergige Arten hierher gehörten. Das 
ist aber nicht so, denn es befinden sich in ihm so hoch werdende 
Pflanzen, als bei den ächten Cypressen. In der Botanik muss man 
sich daran gewöhnen, den Namen einer Pflanze nur ausnahmsweise 
mit ihr in Zusammenhang zu bringen, denn er bedeutet oft im 
Verlaufe der Zeit, sobald man erst mehr dazu gehörige Arten kennen 
gelernt hat, etwas ganz anderes. Sonderbar, dass dieses scheinbar 
unlogische Verfahren in der Regel gerade erst entstand, weil man 
logisch sein wollte. Man gab den Namen im Anfange, wo man das 
sanze Material noch nicht übersehen konnte, nach einem bestimmten 
Merkmal, was sich aber später als unbestimmt und schwankend heraus- 
stellte und daher in der Feststellung des Begriffs nicht mehr ange- 
wendet werden konnte, Wie viele Pflanzen haben wir, wo die Blume 
weiss ist und dieser Umstand Veranlassung zum Beinamen album ge- 
geben hat? Später entdeckte man aber Formen mit rothen oder anders 
gefärbten Blumen. Trotzdem blieb der Beiname und führte Laien irre. 

Zu diesen beiden Geschlechtern Cupressus und Chamzcyparis 
kam später noch ein drittes, wo die Fruchtschale mit kurzen Harz- 
Gängen besetzt ist; das Genus wurde deshalb Retinospora genannt. 
Besonders Gärtner sind es, welche dieses zuerst von dem japanischen 
Reisenden Siebold aufgestellte Genus noch festhalten, da es auch 
pflanzengeographisch sich rechtfertigen lässt. 


ng 


Sämmtliche zu Retinospora gehörigen Arten wachsen nur in den 
ostasiatischen Reichen China und Japan. 
Wir werden diese Genera wenigstens als Gruppen festhalten. 


A. Cypressen mit im zweiten Jahre reifenden Früchten. 
1. Cypresse der Alten. 


(Cupressus sempervirens. L.) 


Mattgrüne Färbung; keine blattartig gestellten Ver- 
ästelungen; mittelgrosser Beerenzapfen. Schlanke oder 
pyramidenförmige Bäume. 

Das wären so ziemlich die Merkmale, welche ausreichten, um 
diese Art von den übrigen Cypressen zu unterscheiden. Die Cypresse 
der Alten ist ein geschichtlich sehr interessanter Baum, denn in den 
älteren heiligen Schriften, sowie bei den alten Griechen, spielt er be- 
reits eine grosse Rolle und wurde vielfach angepflanzt. „Ich bin 
hoch wie eine Ceder des Libanon und gleiche einer Cypresse des 
Berges Sion“ heisst es an irgend einer Stelle des alten Testamentes. 
Ob es richtig ist, was Herodot sagt, dass die Aegypter ihre ein- 
balsamirten Leichen in Särgen, welche nur von Cypressenholz an- 
gefertigt waren, aufbewahrten, lassen wir dahin gestellt sein; wahr- 
scheinlich stammt dieses Holz von einer verwandten Art, vielleicht von 
der Callitris articulata. Ausserdem können es auch hoch werdende 
Wachholder, besonders Juniperus excelsa und procera, geliefert haben. 

Es wurden auch Zweige von Cypressen (und gewiss auch von 
verwandten Pflanzen) welche dem Pluto geheiligt waren, den Todten 
mit in das Grab gegeben, als Zeichen, dass der Todte nie wieder 
aufersteht, ebenso wie die abgehauene Cypresse nie wieder ausschlägt. 
Wahrscheinlich legten aber die Alten stark riechende Cypressenäste 
vielmehr deshalb in den Sarg, um den unangenehmen Geruch des 
Todten einiger Maassen zu decken. Die Cypresse wurde aber auch 
ferner von den Alten auf das Grab selbst gepflanzt und spielt noch 
jetzt in dieser Hinsicht in Süd-Europa, in Nord-Afriea und im Oriente 
eine gewichtige Rolle. In ihrer Nähe versammeln sich heut zu Tage 
noch Mohammedaner und griechische, sowie armenische Christen, 
aber nicht um zu trauern, sondern um ihren Kef zu halten oder zu 
tanzen oder sonst sich zu vergnügen. 


ER 


Die Cypiesse erhält, abgesehen von der langen Dauer des Hol- 
zes, dadurch noch einen besonderen Werth, dass sie auch als Pflanze 
ein sehr hohes Alter erreichen kann. Plinius erzählt, dass zu seiner 
Zeit in Rom Cypressen existirten, welche älter gewesen wären, als 
die Stadt Rom selbst. Gärtnerisch interessant ist es ferner, dass sie schon 
bei den Römern, aber nur in der Nähe von Gebäuden, angepflanzt wurde 
und jetzt noch mannigfach in dem sogenannten italienischen Gartenstyl 
benutzt wird. Man beschnitt sie schon vielfach im Alterthum, nicht 
allein um Hecken, sondern auch um allerhand Figuren daraus anzu- 
fertigen. Gärten, wie wir sie heut zu Tage haben, kannten weder 
die Alten, noch kennen sie die heutigen Bewohner Italiens. Bei ihnen 
ist die Natur ringsum so schön, dass sie gar kein Bedürfniss nach 
künstlichen Anpflanzungen zur Verschönerung hatten. Die Alten be- 
nutzten die Pflanzen nur für ihre schönen Gebäude und waren des- 
halb auch gezwungen, sie allein architektonisch zu verwenden. Die 
Gartenkunst bei den Alten ist Dienerin der Architektonik und völlig 
von dieser abhängig. Eben deshalb hat auch die gradlinige Form 
der Cypresse einen besonderen Werth und wurde allgemein ange- 
wendet. Auf gleiche Weise benutzte man und benutzt man noch bei 
uns im Norden, wo die Cypresse im Freien erfriert, die Italienische 
oder Pyramiden-Pappel, wo es sich um gradlinige Formen handelt. 

Schliesslich möchte noch bemerkenswerth sein, dass bei den Rö- 
mern das Cypressenholz in grossem Ansehen stand und vielfach in 
Anwendung gebracht wurde. Grundbesitzer pflanzten deshalb Cy- 
pressen, um sie später als Nutzholz zu verkaufen, und hatten dadurch 
oft eine gute Einnahme. Gewöhnlich wurden die Cypressen alle 
13 Jahre abgeschlagen. Nicht selten erhielten die Töchter solche 
Cypressen-Anpflanzungen als Mitgift. In Rom wurden diese deshalb 
nicht selten als dos filie, d.h. als Geschenk der Väter, bei der Ver- 
heurathung ihrer Töchter bezeichnet. 

In der Kultur befinden sich 2 Abarten der gewöhnlichen Cy- 
presse. Bei der einen stehen die kurzen Aeste und Zweige wenig 
ab und deshalb auch gedrängt, so dass der ganze Baum mehr ein 
säulenartiges Ansehen besitzt. Nach der Spitze zu hat diese Abart 
ein rasches Wachsthum, wobei sie eine Höhe von 70 und selbst 
80 Fuss erreichen kann. Diese Abart ist auch als eine besondere 
Abart beschrieben worden und hat die Namen C. pyramidalis 


= 


Targ. Tozz. und fastigiataDC. erhalten. Die im Himalaya wild- 
wachsende Form wird unter dem Namen ©. ,Whitleyana als eine 
besondere Art betrachtet. Neuerdings hat man eine noch schmälere 
Form als C. eereiformis in den Handel gebracht, welche weit 
schmäler ist und deshalb mit einem Säulen-Cactus (Cereus) ver- 
slichen wurde. D. Bregeoni ist ebenfalls nur eine Form. 

Die zweite Abart hat ziemlich wagrecht abstehende Aeste von 
nicht bedeutender Länge und nach oben allmählig kürzer werdend, 
so dass die ganze Pflanze das Ansehen einer Pyramide erhält. Sie 
ist als ©. pyramidalis Mill. und expansa Targ. Tozz. als beson- 
dere Art beschrieben worden, ausserdem kommt sie aber auch in den 
Gärten als C. Tournefortii und orientalis vor. Von ihr kultivirt 
man in Englaud eine Form mit überhängenden Aesten als ©. semper- 
virens pendula. 

Buntblättrige Formen giebt es von beiden Abarten. 


2. Die grossfrüchtige Cypresse. 

(Cupressus macrocarpa Hartw., Lambertiana Carr.) 

Freudig-grüne Färbung, keine blattartig gestellten, 
sondern kurze Verästelungen; sehr grosse Beerenzapfen. 
Ein ziemlich hoher Baum. 

Leider hält diese wunderschöne Cypresse, welche unser Lands- 
‘ mann, der im vorigen Jahre gestorbene Garteninspeetor Hartweg in 
Schwetzingen bei Heidelberg, im südlichen Californien entdeckte, aber 
auch in Mexico wachsen mag, ebenso wenig bei uns im Freien aus, 
wie die gewöhnliche Cypresse. Wir haben aber von ihr sehr schöne 
Bäume in den wärmeren Gegenden Frankreichs, besonders in den 
Baumschulen von A. Leroy in Angers, gesehen. Nach Hartweg 
wird sie im Vaterlande bis 60 Fuss hoch. Bei uns kommt sie bis 
weilen unter den Namen C. Reinwardtii und occidentalis vor. 


3. Gowen’s Cypresse. 
(Cupressus Goweniana Gord.) 

Freudig-, bisweilen auch blaugrüne Färbung; keine 
blattartig gestellten, sondern kurze Verästelungen; nicht 
grosse Beerenzapfen. Ein kleiner Baum. 

In der Färbung gleicht diese Cypresse, welche zu Ehren eines 
gegen den Ausgang der vierziger Jahre bei dem Londoner Garten- 


— 60 


bau-Vereine fungirenden Secretaire genannt wurde, der grossfrüchtigen 
Art und möchte sich wohl auf gleiche Weise gegen die klimatischen 
Verhältnisse Deutschlands verhalten. Sie unterscheidet sich aber 
wesentlich von der genannten Art, abgesehen von der Grösse der 
ganzen Pflanze, durch die auch weit kleineren Beerenzapfen. Bis- 
wejlen wachsen die Fruchtteller in lange gebogene Hörner aus. 
Von Carriere ist diese Form unter dem Namen (. cornuta als eine 
neue Art beschrieben. Die blaugrüne Abart hat von Gordon den 
Namen (C. attenuata erhalten, kommt aber in den Gärten auch 
als C. nivea und Kaempferi vor. Vaterland ist das südliche Ca- 
lifornien. 
4. Macnab’s Cypresse. 
(Cupressus Maenabiana A. Murr.) 

Blaugrüne Färbung; keine blattartig gestellten, son- 
dern kurze Verästelungen; wahrscheinlich nieht grosse 
Beerenzapfen tragend. Ein kleiner Baum. 

Ebenfalls in Californien einheimisch, gedeiht diese Cypresse wahr- 
scheinlich in den Rheinländern, in Metz hat sie wenigstens bei Simoo- 


Louis freres auch die stärkeren Winter ausgehalten, Kultur-Ver- 


suche würden deshalb auch bei uns im nördlichen Deutschland 
wünschenswerth sein. Ihre Einführung verdankt man dem Inspektor 
des botanischen Gartens in Edinburgh, Mac Nab (oder eigentlich 
M’e Nab), einem Manne, der Wissenschaft mit Praxis zu verbinden 
versteht und im Jahre 1834 eine Reise nach Nordamerika gemacht hat. 

Macnab’s Cypresse übertrifft mit ihrer blaugrünen, etwas glän- 
zenden Färbung noch Gowen’s Cypresse an Schönheit und stellt einen 
20, selbst bisweilen 25 Fuss hoch werdenden Baum von pyramiden- 
föormigen Wuchse dar. Wenn man die Zweige reibt, so entsteht ein 
sehr angenehmer Geruch, ein Merkmahl, was sie leicht von den ver- 
wandten Arten unterscheiden lässt. 

5. Cypresse mit überhängenden Aesten. 

(C. pendula 1’Her., lusitanica Mill. und glauca Lam. 

Hellmattgrüne, etwasins Hellblaue neigende Färbung; 
Zweige länger, oft zweireihig, d.h. blattartig gestellt; Aeste 
in der Regel überhängend; Beerenzapfen klein. Ein mittel- 
mässiger, meist schlanker Baum. 


2 


ee re 


rl = 


Von dieser schon seit langer Zeit in Kultur befindlichen Cypresse 
kennt man merkwürdiger Weise noch nicht mit Bestimmtheit das 
Vaterland. Sie kam über Portugal nach England, weshalb Phil. 
Miller ihr den Namen portugiesische (lusitanische) Cypresse gegeben 
hat. Aber auch jetzt wächst sie in Portugal und Spanien, als wenn 
sie daselbst zu Hause wäre. Nach Portugal scheint sie erst von 
Goa, der portugiesischen Besitzung an Ostindiens Küste, gekommen 
zu sein, denn noch heisst sie auf der Pyrenäischen Halbinsel, aber 
auch sonst: Cypresse von Goa. In Ostindien wächst sie aber gar 
nicht und ist auch von keinem der neueren Botaniker, so viel wir 
wissen, nicht einmal kultivirt, daselbst gesehen worden. 


Woher stammt sie nun? Unserer Ansicht nach ist sie eine all- 
mählig sich eigenthümlich herausgebildete Form der in Centralamerika 
und. Mexico wachsenden C. Coulteri mit überhängenden Aesten, 
welche zu Anfang des vorigen oder in der zweiten Hälfte des 17. 
Jahrhunderts auf der pyrenäischen Halbinsel ein so geeignetes Klima 
fand, dass sie verwilderte.e Es wäre demnach eine sogenannte 
Darwin’sche Species. Wir sind im Besitze italienischer, sowie in 
Deutschland in Kultur befindlicher und von aus der Insel Madeira 
erhaltenen Samen erzogener Pflanzen, welche auf eine Weise in C. 
Coulteri überzugehen scheinen, dass sich alle Merkmale verwischen. 
Carriere lässt die Cypresse mit überhängenden Aesten aber immer 
noch in Ostindien wildwachsen. Nach ihm ist sie sogar erst später 
nach Amerika gekommen und daselbst verwildert. 


An Schönheit steht sie der gewöhnlichen Cypresse nach. Ihre 
meist überhängenden Aeste stehen entfernter und gehen Anfangs 
ziemlich gerade in die Höhe, so dass die Pflanze noch mehr ein 
säulenartiges Ansehen als die gewöhnliche Cypresse erhält. Ihre helle, 
graue oder graublau-grüne Färbung lässt sie leicht erkennen. Wir 
besitzen Exemplare, wo die Zweige sehr lang sind und eine zwei- 
reihige Stellung haben, aber auch deren, wo sie knrz, wie bei der 
gewöhnlichen Cypresse, erscheinen. 


‚C. pendula hält selbst in günstig gelegenen Gegenden des süd- 
westlichen Deutschlands nicht aus. 


rg u 


6. Coulter’s Cypresse. 
(Cupressus Coulteri Forb. C. Lindleyi Kl., thurifera Lindl., 
Uhdeana Gord., Karwinskyana Reg.) 

Matt- oder etwas blaugrüne Färbung; Zweige länger, 
oft zweireihig, d.h. blattartig gestellt; Aeste aufrecht oder 
abstehend, nicht überhängend; Beerenzapfen klein. Ein 
hoher Baum im Vaterlande. 

Hauptsächlich durch den Bruder des berühmten Berliner Forschers 
des kleinstens Lebens, Prof. Ehrenberg, eingeführt, hatten der bota- 
nische Garten und das Königliche Herbar in Berlin so reichliches Ma- 
terial erhalten, dass es uns in den Stand setzte, diese Cypresse mit 
ihren Verwandten im lebenden und getrockneten Zustande vielfach 
zu untersuchen. Darnach stellte sich heraus, dass C. Coulteri und 
pendula kaum speeifisch verschiedene Arten darstellen möchten und 
dass, wie bereits gesagt, die letztere nur eine vorherrschend hellblau- 
grüne Abart mit überhängenden Aesten darstellt. C Coulteri wächst 
weit breiter und scheint schliesslich eine längliche Krone zu er- 
halten; ihre Farbe ist in der Regel auch etwas dunkler. 

Wie Coulter’s Cypresse einerseits in C- pendula überzugehen 
scheint, so sind fast noch mehr Uebergänge zu C. thurifera vorhanden. 
Dergleichen Uebergänge haben von Gärtnern oft besondere Namen 
erhalten, sind aber auch von Botanikern als selbstständige Arten be- 
schrieben worden. Der Raum erlaubt uns nur die Namen aufzu- 
führen, ohne auf die specielle Beschreibung einzugehen. Wir be- 
merken übrigens, dass mehrere dieser vermeintlichen Arten der C. 
thurifera oft näher stehen und daher dann mit eben so viel Recht 
zu dieser gestellt werden könnten. Dergleichen Formen sind: (. 
Knightiana Perry, elegans Low, excelsa Scott, Huegelii (ver- 
schrieben Ugeltii) Hort., tetragona Hort., Skinneri Hort., Ke- 
wensis Hort., californica Carr. und aromatica Hort. 


7. Weihrauch-Cypresse. 
(Cupressus thurifera H. K. B., Benthami Endl.) 
Dunkelgrüne, aber matte Färbung; Zweige lang, vier- 
eckig, etwas zusammengedrückt, zweireihig und mit dem 
letzten Verästelungen blattartig gestellt; Aeste zum Theil 


Ze 


weit abstehend; Blätter stets in eine Spitze auslaufend; 
Zapfen klein. Ein hoher Baum im Vaterlande. 
| Die ächte Weihraueh-Cypresse Humboldt’s wächst hauptsächlich 
in Mexiko und geht wahrscheinlich noch südlicher bis nach Guate- 
mala. Nach den Berichten Ehrenberg’s ist sie im Vaterlande 
einer der schönsten Bäume und vertritt daselbst die Lebensbäume 
des nordwestlichen Amerika’s um so mehr, als sie dieselbe Stellung 
der letzten Verästelungen besitzt. Sie braucht zwar keineswegs 
warm kultivirt zu werden, hält aber doch, selbst im südwestlichen 
Deutschland, nicht aus. Während der guten Jahreszeit ist sie aber, 
wie (©. torulosa und amoena (funebris der Gärten), auf Terrassen, 
zum Decken der Wände u. s. w. zu gebrauchen. 

Wir bemerken schliesslich noch, dass wir die Weihrauch-Üypresse, 
abgesehen von den bei Coulter’s Cypresse erwähnten Namen noch 
als C. mexicana, brasiliensis und Ehrenbergii gefunden haben. 


8. Hohe Cypresse. 
(Cupressus torulosa Don, majestica Knight, Tourneforti 
Ten. Cashmer ana Royle.) 


Mattgrüne Färbung; Zweige lang, rundlich oder vier- 
eckig, zweireihigund mitdenletzten, bisweilenüberhängen- 
den Verästelungen blattartig gestellt; Blätter stets stumpf; 
Beerenzapfen klein. Ein hoher Baum. 

Eine der schönsten Cypressen, welehe mit Recht auch den Namen 
der majestätischen führen könnte. Mit der ihr mehr oder weniger 
ähnlichen Juniperus religiosa gehört sie zu den heiligen Bäumen der 
Hindu’s im Himalaya-Gebirge, wo sie, und zwar auf den höchsten 
Terrassen, einheimisch ist und nicht allein Wälder bildet, sondern 
auch in der Nähe der Tempel vielfach angepflanzt wird. Ob sie 
nicht im südwestlichen Deutschland, wenigstens im Schutze, aushält, 
wissen wir nicht, da keine Versuche vorliegen. Möglich wäre es. 

Dagegen ist sie im Freien während der guten Jahreszeit sehr 
gut zu gebrauchen und nimmt sich in Gruppen, wie auf Terrassen 
und zum Decken von Mauern und Wänden, schr gut aus. Im Alter 
wenigstens sollen die letzten Verästelungen überhängen; es ist dieses 
aber schon bisweilen in unseren Kulturen der Fall, wenn die Exem- 
plare mehr herangewachsen sind. Solche Pflanzen werden gewöhn- 


ER 


lich mit der alsbald zu nennenden ostasiatischen Trauer-Cypresse, 
welche den Namen €. Corneyana führt, verwechselt und für diese 
gehalten. | i 

Wir kultiviren eine etwas blaugrüne Form mit der näheren 
Bezeichnung glauca, während eine Zwergform unter dem Namen 
C. religiosa in den Handel gekommen ist. In Gärten führt die 
hohe Cypresse noch verschiedene Namen, wie C. Smithiana, 
Drummondii, pyramidalis, Himalayensis und nepalensis. 


9. Die oestasiatische Trauer-Cypresse. 
(Corneyana Knight, Cupressus funebrisLindl., pendula Staunt..,) 


Mattgrüne Färbung; Zweige lang, rundlich oder wenig 
viereckig, zweireihig und mit den letzten stets überhän- 
genden Verästelungen blattartig-gestellt; Blätter spitz; 
Beerenzapfen klein. Ein mässig hoher Trauerbaum. 

Wahrscheinlich kommt diese interessante Cypresse nicht mehr, 
wenigstens auf dem Continente, vor, vielleicht mag sie sich aber 
noch in einigen Parks und Anlagen Englands erhalten haben. Was 
man als C. Corneyana jetzt kultivirt, ist gewiss nichts weiter, als 
eine C.‘torulosa. Aber auch die C. funebris der Gärten ist eine 
andere Art, da diese nie überhängende Aeste zu bekommen scheint. 
Wir werden später noch ausführlicher von dieser sprechen. Wahr- 
scheinlich möchte die ächte Trauer-Cypresse als Bewohnerin des 
nördlichen China’s bei uns aushalten und wir würden, wenn sie 
von Neuem eingeführt würde, für unsere Gräber mit ihr einen 
interessanten Trauerbaum erhalten. Eine vorzügliche Abbildung 
findet man von ihr in Staunton’s Bericht der Reise des 
Earl Macartney zu dem Kaiser von China (auf der 41. Tafel 
des 2. Bandes). Von Staunton erhielt Lambert einen Zweig der 
Pflanze und bildete ihn auf der 50. Tafel seiner Description of the 
genus Pinus ab. Nach dieser Abbildung unterliegt es keinem Zwei- 
fel, dass die ächte C. Corneyana mit dieser Art identisch ist. 

(Schluss folgt.) 


HOGG’S 
Bericht über die besseren Erbsen. 


Seit einigen Jahren hat der Londoner Gartenbau- Verein einen 
sehr erfreulichen Aufschwung genommen, er entfaltet nach allen Seiten 
hin eine rastlose Thätigkeit. Die Praxis ist es nicht allein, die er 
fördert, auch die Wissenschaft hat durch die Berufung des Professors 
Thiselton Dyer eine nicht unbedeutende Stütze erhalten. Man 
hatte aus der Verkleinerung des Versuchsgartens in Chiswick (auf 
dem halben Wege zwischen London und Kew liegend) das Gegentheil 
geschlossen, wer aber in den letzten beiden Jahren den Chiswicker 
Garten besucht hat, konnte sich überzeugen, dass der Londoner Garten- 
bau-Verein noch von demselben Geiste beseelt wird, der ihn in den 
zwanziger und dreissiger Jahren beherrschte. 

Es ist früher in der Wochenschrift bisweilen über die glück- 
lichen Resultate des Chiswicker Versuchsgartens in der Blumenzucht 
— wir erinnern nur an die Coleus-Blendlinge — berichtet worden, 
jetzt wollen wir über Kulturversuche eines Gemüses, der Erbsen, 
Mittheilungen machen. Es ist dieses ein Gemüse, was in England fast 
noch mehr geliebt wird, als in Frankreich und Deutschland. Der 
Verein zur Beförderung des Gartenbaues hat in seinem Versuchs- 
garten vor 1 und 2 Jahrzehnten, als ihm noch bei weit mehr Mit- 
teln ein grösseres Terrain zur Verfügung stand, zwar keine Züch- 
tungs-Versuche mit bekannteren Kulturpflanzen angestellt, aber doch 
hat er sich bisweilen bemüht, das existirende Material bestimmter 
Gemüsesorten wissenschaftlich zu ordnen. 

Man muss bedauern, dass dergleichen zum Theil mühevollen Ar- 
beiten nicht die Verbreitung und damit auch nicht die Anerkennung 
gefunden haben, welche sie verdienen. Eine solche Arbeit existirt* 
unter Anderem auch über die Erbsen und ist im 2. Jahrgange der 
neuen Reihe der Verhandlungen des Vereines (8. 258) abgedruckt 
worden. Der Verein liess alle Erbsensorten, welche damals im Handel 
waren, durch seinsn Obergärtner Emil Bouch& (jetzt Garteninspector 
in Braunschweig) kultiviren und ihre Namen rektifieiren. Eine Samm- 
lung von Samen der damals im Versuchsgarten des Vereins kulti- 

e) 


virten Erbsen - Sorten befindet sich jetzt im landwirthschaftlichen 
Museum. 

Hogg’s Bericht behandelt die Versuche des Londoner Gartenbau- 
vereins während der letzten 12 Jahre, um die Erbsen einer grösseren 
Vervollkommnung entgegen zu führen und fusst auf den Bericht, der 
1860 über die früheren Versuche mit Erbsen abgestattet wurde. 
Bei einer Vergleichung beider Berichte findet man, dass eine Anzahl 
von Erbsen, die im ersten Berichte als vorzüglich erkannt, im zweiten 
Berichte dagegen für schlecht erklärt wurden. Man müsste hier eine 
Degeneration annehmen, die nach der Ansicht Einiger bei allen durch 


die Kultur erzeugten Formen und Abarten schliesslich vorhanden ist, 


wenn es nicht wahrscheinlicher wäre, dass diese einzig und allein 
durch die schlechte Auswahl im Samen hervorgebracht ist. Geschieht 
diese Auswahl nicht, so wird selbst die beste Sorte allmälig ihre 
guten Eigenschaften verlieren, und verliert sie auch in der That, da 
bei einer viele Jahre dauernden Kultur die Möglichkeit von Miss- 
sriften in der Samen-Auswahl näher gelegt ist, als bei einer kürzeren. 
Wir sehen, dass allenthalben, in der Gemüse- wie in der Blumen- 
zucht, die guten Sorten allmälig wieder verschwinden. Man muss 
demnach gärtnerischerseits darauf bedacht sein, dass immer wieder 
neue und gute Sorten gezüchtet werden. 

Hogg ist zwar nicht der Meinung, dass eine der einmal gezüch- 
teten Sorten wieder verschwinden könne, wenn er auch von ihrer all- 
mäligen Degeneration überzeugt ist, sondern glaubt, dass sie dann nur 
neue Namen erhalten haben. Bei seiner Musterung hat er allerdings 
viele der älteren guten Sorten unter neuen Namen gefunden. Er stellt 
desshalb in seinem Berichte den alten Namen auch wieder her und 
verwirft den neuen. Es dürfte gewiss die Leser der Monatsschrift 


interessiren, die Synonymie der guten Erbsen-Sorten kennen zu lernen, 


um bei ihren Einkäufen einestheils nicht dieselben Sorten unter 
mehreren Namen zu erhalten, anderntheils um zu erfahren, zu wel- 
cher Abtheilung die einzelnen Sorten gehören. 

Sämmtliche Erbsen wurden am 23. Februar ausgesäet. Um 
die Dauer der Vegetation zu kennen, werden wir die Zeit angeben, 
wann die Sorten geblüht haben und wann die Hülsen (Schoten) ge ' 
pflückt wurden, Bei uns in Deutschland theilt man die Erbsen ge- 
wöhnlich in Krup-(Zwerg- oder Busch-) Erbsen und in Stabel- 


Fe 1 


(Stiebel- oder Stengel-) Erbsen, jede der beiden Hauptabtheilun- 
gen umfasst aber wiederum die Pahl- (Kneifel-, Läufer- oder Aus- 
mache-) Erbsen, deren innere Hülsenhaut pergamentartig ist, und 
in Zueker-Erbsen oder in Zucker-Schoten, wo die innere Hül- 
senhaut fleischig ist und daher die ganzen Hülsen (gewöhnlich Scho- 
ten genannt) mit dem eingeschlossenen unreifen Samen gegessen wer- 
den können. 

In England theilt man die Erbsen ein in: 

1) Frame-peas, d. h. Erbsen mit weissen, kleinen und rund- 
lichen Samen und hellgrüner, nicht gefleckter Belaubung. 

2) In Marrow-peas, d. h. Erbsen mit weissen, grossen, nicht 
glatten, bisweilen eiförmigen Samen und gefleckter Belaubung. 

3. In Green-marrow’s, d.h. Erbsen mit weissen und olivenfar- 
bigen, entweder kleinen, rundlichen und grubigen oder grossen, nicht 
glatten Samen und graublauen Hülsen. Das Laub ist dunkelgrün 
und gefleckt. 

4. In Prussian peas, d. h. Erbsen mit graubläulichen, kleinen 
Hülsen und runden Samen, sowie dunkelgrüner, gefleckter Belaubung. 

5. In Wrinkled white marrow’s, d. h. Erbsen mit weissen, 
zusammengedrückten und runzlichen Samen und dunkelgrüner, ge- 
fleckter Belnubung. 

6. In Wrinkled green marrow’s, d. h. Erbsen mit weisser und 
olivenbläulicher Farbe und dunkelblaugrünen Hülsen; Laub dunkel- 
grün und gefleckt. 

7. In Wrinkled blue marrow’s, d. h. Erbsen mit grünlich- 
blauen Hülsen und dunkelgrüner, gefleckter Belaubung. 


I. Frame Peas (kleine runde Erbsen). 

1. Dillistone’s Early (Carter’s first Crop, Sutton’s Ringlea- 
der),*) am 18. Mai in voller Blüthe, am 9. Juni geerndtdt. 

2. Sangsters Nro.-l, (First and Best, Daniel O’Rourke, Diek- 
son’s Climax, Washington, Hooper’s early Rival) am 24. Mai in vol- 
ler Blüthe, den 12. Juni geerndtet. 

3. Early Emperor (Morning Star) war degenerirt. 

4. Beck’s Gem (Tom Thumb, de Grace), den 25. Mai in vol- 
ler Blüthe, den 27. Juni geerndtet. 


*) Die bei uns unbekannten Sorten haben wir übergangen. 
5* 


a re 


5. Sutton’s long podded Tom Thumb (Bishops early Dwarf), 
den 29. Mai in voller Blüthe, den 20. Juni geerndtet. 


6. Auvergne, den 28. Mai in Blüthe, den 21. Juni geerndtet. 


7. Leopold Il, den 30. Mai in Blüthe, den 19. Juni geerndtet. 

8. Bishop long podded Dwarf, den 30. Mai in Blüthe, den 
24. Juni geerndtet. 

9. American early Comet ist nicht zu empfehlen. 

10. Carter’s Farmers prolifie, den 3. Juni in Blüthe, den 
20. Juni geerndtet. 

11. Laxton’s Nabob, die beste Zerg-Erbse, den 24. Mai in 
Blüthe, den 24. Juni geerndtet. 

12. Peabody, der weissem preussischen Erbsa ähnlich, den 15. 
Juni in Blüthe, den 29. Juni geerndtet. 

13. Crown (Bunch, Cluster), den 17. Juni in Blüthe, den 1. 
Juli geerndtet. Eine ausgezeichnete, bis 4% Fuss hoch werdenda Sorte. 


ll. Marrow-Peas (Mark-Erbsen). 

1. Paradise Marrow (Champion of Paris Excelsior Marrow), 
in Blüthe den 7. Juni, geerndtet den 24. Juni. 

2. Harrison’s Perfection, eine ausgezeichnete Sorte, der 26. 
Mai in Blüthe, den 20. Juni geerndet. 

3. Laxton’s prolifie longpod (Laxton’s prodific Selectel), 
den 5. Juni in Blüthe, den 25. geerndtet. 

4. Turnston’s Reliance war degenerirt. 

5. Vietoria Marrow, ausgezeichnete Sorte, in Blüthe den 12., 
geerndtet den 29. Juni. 

6. Princess royal, ausgezeichnete Sorte, in Blüthe den 6., ge- 
erndtet den 25. Juni. 


III. Green Marr.w’s (grüne Mark-Erbsen). 

1. William the First (Kaiser Wilhelm I.). Eine der frühesten 
und besten Sorten, bis 4 Fuss hoch werdend, blüht den 24. Mai 
und geerndtet den 14. Juni. 

2. Laxton’s Unique. Eine ausgezeichnete Sorte, welche 1% 
Fuss hoch wird; blühte den 24. Mai und wurde den 19. Juni ge- 
erndtet. 

3. Prizetaker (Rising Sun, Carter’s Hunderdfold, prolific 
Longpod), blühte am 3. und geerndtet am 23. Juni. 


ee ee Me ee 


69 °— 


4. Laxton’s Prolifie hat sich nicht bewährt, 

5. Laxton’s Supreme, eine gute Sorte, blühte den 5. Juni 
und wurde am 24. geerndtet. 

6. Laxton’s Superlative, eine Sorte mit den grössten Hül- 
sen, die aber nicht sehr gefüllt sind. 


IV. Prussian Peas (Preussische Erbsen). 


1. Laxton’s Harbinger, die früheste Sorte mit einer Höhe 
von höchstens 3 Fuss, blühte den 15. Mai und geerndtet den 6. Juni. 

2. Carter’s first Crop blue, höchstens 2 Fuss hoch, blühte 
den 26. Mai, geerndtet den 19. Juni. 

3. Blue Prussian (blaue Preussische), blühte den 13., geernd- 
tet den 30. Juni. 

4. Green Noyon, blühte den 14., geerndtet den 27. Juni. 

5. Laxton’s Evergreen, eine schlechte Frbse. 

6. Laxton’s Nimrod, blühte den 21. Mai, geerndtet den 14. 
Juni. i 

1. Carter’s blue Peter, eine gute Sorte, sehr niedrig, blühte 
den 27. Mai, geerndtet den 18. Juni 

8. Laxton’s Griffin taugt nicht viel. 

9. Harrison’s Flory, blühte den 5., geerndtet den 25. Juni. 

10. Harrison’s royal blue ist eine nicht zu empfehlende Sorte. 

1l. Burbidge’s Eclipse, blühte den 8., geerndtet den 23. Juni. 

12. Laxton’s Mogul hat keinen besonderen Geschmack, sonst 
fruchtbar, blühte den 1., geerndtet 26, Juni 

13. Laxton’s Fillbasket, eine fruchtbare gute Sorte, 3 Fuss 
hoch, blühte den 8., geerndtet 26. Juni. 

14. Blue Scimitar, blühte den 14, geerndtet den 30. Juni. 

15. Laxton’s Supplanter, eine fruchtbare, gute Sorte, 3 Fuss 
hoch, blühte den 30. Mai, geerndtet den 1. Juli. 


V. Wrinkled white Marrow’s (weisse, runzliche Erbsen). 

1. Laxton’s Pioneer. Die frübeste Markerbse, ähnlich Alpha, 
blühte den 18. Mai, geerndtet den 13. Juni. 

2. Laxton’s Alexandra, eine gute, frühe Sorte, bis 4 Fuss 
hoch. Blühte den 16. Mai und geerndtet den 12. Juni. 

3, Nottings Nro. 1, wiederum eine ausgezeichnete Frühsorte, 


70. — 


von höchstens 2% Fuss Höhe. Blühte den 28. Mai nnd geerndtet 
den 18. Juli. 

4. Fairbeard’s Nonpareil Marrow, blühte den 11., geernd- 
tet den 25. Juni. 

5. Alliance (Evershed early Prolific), blühte den 27. Mai, 
geerndtet den 24. Juli. 

6. Laxton’s Radscha (Rajah), eine gute Sorte, blühte den 
4., geerndtet den 24. Juni. 

7. Prince of Wales, blühte den 5., geerndtet den 24. Juni. 

8. Dean’s dwarf Marrow, blühte den 4., geerndtet den 25. 
Juni. er 

9. Laxton's Standard, eine ausgezeichnete Sorte, von 3 Fuss 
Höhe, blühte den 9., geerndtet den 25. Juni. 

10. Me Leans Wonderfull, blühte den 8., geerndtet den 26. 
Juni. 

11. Me Leans Prolific, eine gute Sorte, blühte den 9., ge- 
erndtet den 28. Juni. 

12. Britisch Queen (Rollison’s Victoria, Kooper’s Incompa- 
rable, Imperial Wonder, Carter’s Leviathan, Me Millan’s Queen of 
the Marrow’s, William’s Emperor of the Marrow’s, Ward’s Incom- 
parable, Wonder of the World, Champion of Scotland, Queen of the 
Marrow’s), wie man schon aus den vielen Namen ersieht, eine gute 
Sorte. Blühte den 15., geerndtet dzn 30. Juni. 

13. The Prince, sehr zu empfehlen und Veitch’s Perfection 
ähnlich. 

14. Me Lean’s Premier, eine zu empfehlende Sorte, blühte 
den 14., geerndtet den 30. Juni. 

15. Best of All, ist trotz ihres Namens (Beste von Allen) 
eine schlechte Serte. 

16. Knight’s tall white Marrow, blühte am 15. Juni, ge- 
erndtet am 3. Juli. 

16. James’s Prolifie ist sehr zu empfehlen, blühte am 16. 
Juni, geerndtet den 14. Juli. 


VI. Wrinkled green Marrow’s. (Grüne runzliche Mark-Erbsen.) 


1. Laxton’s Dr. Hogg, wegen ihres vorzüglichen Geschmak- 
kes besonders zu empfehlen, blühte den 24. Mai, geerndtet den 16, Juni. 


en 


2. Ne plus ultra (Champion of the World, Edward’s Invin- 
eible), blühte den 13., geerndtet den 29. Juni. 

3. Laxton’s Omega, eine ausgezeichnete Sorte, 24 Fuss hoch 
werdend, blühte den 13. und wurde geerndtet den 30. Juni. 

4. Laxton’s Progress, nur 1 Tag früher als Omega. 

5. Laxton’s Sturdy, ist die späteste Sorte, blühte den 19. 
Juni und wurde geerndtet den 9. Juli. 


VII. Wrinkled blue Marrow's. (Blaue runzliche Mark-Erbsen.) 


1. Laxton’s Nro. 1, in dieser Abtheilung die früheste, blühte 
den 22. Mai und wurde geerndtet den 12. Juni. 

2. Laxton’s Alpha, eine ausgezeichnete Sorte, blühte den 23. 
Mai und wurde geerndtet den 14. Juni. 

3. Me Lean’s little Gem, ein frühreifender Zwerg, besonders 
zum Treiben zu empfehlen, der den 25. Mai blühte und den 16. 
Juni geerndtet wurde. 

4. Notting’s Multum in parvo, blühte den 27. Mai, geernd- 
tet den 19. Juni. 

5. Laxton’s Stamford Marrow, blühte den 28. Mai, ge; 
erndtet den 17. Juni. 

6. Mc Lean’s Advancer, blühte den 30. Mai, geerndtet den 
21. Juni. 

7. Laxton’s Universal, den 28. Mai in Blüthe, den 21. Juni 
geerndtet. 

8. Laxton’s Popular, eine ausgezeichnete Pahlerbse, blühte 
den 24. Mai, geerndtet don 21. Juni. 

9. Champion of England, blühte den 9., geerndtet den 23. 
Juni. 

10. Laxton’s Quality, blühte den 27. Mai, geerndtet den 
24. Juni. 

11. Knight’s tall green Marrow, blühte den 5., geerndtet 
den 25. Juni. 

12. Yorkshire Hero, blühte den 5., geerndtet den 25. Juni. 

13. Princess of Wales, blühte den 8., geerndtet den 29. Juni. 

14. Conquest, eine werthlose Sorte. 

15. @. F. Wilson, eine ausgezeichnete Sorte, blühte den 4., 
geerndtet den 27. Juni. 


a 


16. Tall green Mammoth (Competitor, Epp’s Monarch), blühte 
den en geerndtet den J. Juli. 

. General Havelock, werthlos. 

r Veitch Perfection, eine der vorzüglichsten Sorten, blühte 
den 9. Juli, geerndtet den 4. Aug. Mammoth dwarf Marrow ist nur 
1 oder 2 Tage später. 

.. 19. Laxton’s Connoisseur, blühte den 16. Juni, geerndtet 
den 7. Juli. 
L. 


Die Pfilanzen-Ausstellung in Birmingham 
im vergangenen Sommer, 


Seit einigen Jahren hat der Gartenbau-Verein in London Ver- 
suche gemacht, grosse Ausstellungen von Pflanzen in der Provinz zu 
„veranstalten, um den von dem grossen London entfernten Bewohnern 
ebenfalls Gelegenheit zu geben, sich mit den Fortschritten der Gärt- 
nerei, besonders was die Einführung neuer Pflanzen anbelangt, be- 
kannt zu machen und dadurch die Liebe zur Blumenkultur auch 
in der Provinz zu fördern. Die ersten 3 Versuche sind über alles 
Erwarten gelungen, die letzte des vorigen Sommers in Birmingham 
übertraf sogar die kühnsten Erwartungen. Der Gartenbau-Verein 
in London hat trotz der splendiden Art und Weise, wie man bei 
dieser Ausstellung zu Werke ging, einen Ueberschnss von gegen 
14,000 Thaler gehabt. Nicht allein die Aussteller waren in hohem 
Grade zufriedengestellt, auch die, welche die Ausstellung besuchten. 

In Deutschland vernehmen wir dagegen fast von allen Seiten 
Klagen über das Misslingen von Pflanzen-Ausstellungen und noch mehr 
über den Ausfall, den die Unternehmer in der Regel dabei haben. 
Und doch kann man keineswegs sagen, dass bei_ uns das Interesse 
für Blumen und Pflanzen ganz und gar fehle, im Gegentheil ist die 
Liebe dazu, wenigstens in bürgerlichen Familien, vorhanden. Be- 
sonders die Frauen pflegen hier Pflanzen und Blumen, wenn sie auch 
im Allgemeinen wenig Glück in ihrer Behandlung haben. Da, wie 


A 


gesagt, diese Liebe sich aber in der Regel doch mehr auf den Mittel- 
stand beschränkt, während sie in den niederen Klassen, bei Arbeitern 
und Landbewohnern fehlt, und in den höheren Kreisen mehr Luxus 
mit anderen Gegenständen, als grade mit Blumen- und Pflanzen- 
schmuck getrieben wird, so ist dieses etwas, was zunächst auf die 
Resultate der Pflanzen-Ausstellungen Einfluss ausüben muss. 

Maneherlei ist dagegen, was in England Blumen- und Pflanzenzucht 
fördert; vor allem trägt die Gewohnheit, selbst der ärmeren Familien, 
ein Haus für sich zu haben, nicht wenig bei. ‘Der Arbeiter Englands 
geht in der Regel Abends nach seiner oft schweren Arbeit zufrieden 
nach Hause, weil er weiss, dass er mit seiner Familie dort in der 
That zu Hause ist, d. h. in seinem Eigenthume sich befindet. Alles 
um ihn ist sauber und nett und trägt dazu bei, dass es wohnlich 
um ihn wird. . Gewöhnlich hat der Arbeiter auch ein Gärtchen an 
dem Hause, wo er seine Lieblingsblumen pflanzt. Am Hause selbst 
dürfen Ayrshire- oder Noisette-Rosen und ächter Jasmin nicht fehlen. 
Nicht so verhält es sich bei uns. Unsere Arbeiter fühlen sich zum 
grossen Theil nicht heimisch in ihren in der Regel schlechten Woh- 
nungen, die bald im feuchten Keller, bald in den höchsten Quartieren 
nach dem Hofe zu, wohin die Sonne kaum am Tage einige Strahlen 
werfen kann, sich befinden. Die Vertreter des hohen Adels und der 
hohen Industrie in England haben ferner sich," wie eben gesagt, auf 
eine Weise an Blumenschmuck gewöhnt, dass sie bei allen ausser- 
gewöhnlichen Gelegenheiten diesen haben und ihn nicht selten um 
hohe Preise kaufen müssen. Die Zahl der Gärtner, welche das Mate- 
rial dazu liefern, ist in London und in allen grossen Städten Eng- 
lands sehr gross. 

Diese allgemeine Liebe zu Pflanzen und Blumen hat demnach 
England vor uns Deutschen voraus; man hat aber auch jenseits des 
Kanales ein grösseres Verständniss und weiss das Gute von dem 
Mittelmässigen zu unterscheiden. Uns in Deutschland geht es zum 
Theil mit der Blumenzucht, wie mit der Obstzucht: man weiss das 
wirklich Gute und Schöne bei Weitem noch nicht genug zu schätzen und 
scheut sich für dergleichen Dinge viel Geld auszugeben. Wenn der 
Wirth der feinsten Restauration in Berlin sich für eine Birn zum 
Nachtisch einen Frank (also 8 Groschen) zahlen liesse, würde kaum 
Jemand noch Obst verlangen. In Paris ist dieser Preis aber ge- 


a 


wöhnlich. Man geniesst die saftige und gewürzhafte Frucht mit 
demselben Wohlbehagen, wie irgend ein anderes, vielleicht noch theu- 
reres Gericht. Es wird dieses bedingt, dass die deutsche Zunge an 
den feinen Obstgeschmack noch nicht auf gleiche Weise gewöhnt ist, 
wie die französische, und für sie eine mittelmässige Frucht dieselben 
Dienste thut, als eine feine Dasselbe ist mit Pflanzen und Blumen 
der Fall, wo unser Auge ebenfalls noch keineswegs an die Feinheiten 
in ihrer Anzucht gewöhnt ist, wie sie wiederum der Engländer unter- 
scheidet, und deshalb für etwas"Gutes gern ein Paar Groschen oder 
selbst ein Paar Thaler mehr ausgiebt. 

Um den Geschmack an Blumen und Pflanzen zu verfeinern, haben 
die sogenannten Schaupflanzen, auch da, wo man bei ihrer Anzucht 
auf Irrwege gerieth, in England viel gethan. Selbst bei den niederen 
Volksklassen sieht man hier mehr Verständniss für eine gute Kultur, 
als bei uns in Deutschland. Der Arbeiter zahlt für seine Frau, und 
vielleicht auch für ein Mitglied seiner Familie, oft den niedrigsten 
Eintrittspreis eines Schillinges, zusammen also einen Thaler, um eine 
gute Ausstellung von Pflanzen zu sehen, und freut sich des Genusses, 
den ihm und den Seinigen die schönen Blumen gegeben haben. Er 
spricht in seiner Familie Wochen- und Monatelang davon und sucht 
vielleieht nicht umsonst, Blumen in ähnlicher Weise heranzuziehen. 

Dass die Schaupflanzen in England eine wichtige Rolle spielen, 
ersieht man daraus, dass Gärtner oft damit von einer Ausstellung 
zur andern reisen und sich viel Geld dabei verdienen. Eine in 
früheren Jahren wohlbekannte reiche Dame hielt besondere Gärtner 
für die Anzucht von nur einigen Schaupflanzen, damit allein Vorzüg- 
liches herangezogen würde. Sie war aber auch Pferdeliebhaberin 
und zog während der guten Jahreszeit mit ihren Rennpferden, aber 
auch mit ihren Schaupflanzen, in ganz England und Schottland herum, 
um sich in der Regel allenthalben die besten und höchsten Preise 
zu holen. Zu einer solchen Blumenliebhaberin ist es bei uns noch 
nicht gekommen und wird auch lange noch nicht kommen. Handels- 
gärtner ziehen in Deutschland sogar in der Regel gar keine Schau- 
pflanzen heran. Und warum sollten sie diese auch heranziehen, da kein 
Käufer sich finden würde, der Willens wäre, sie nur annähernd für 
die Mühen zu entschädigen! Die Gärtner reicher Leute ziehen zwar 
bei uns Schaupflanzen heran, aber keineswegs in dieser Menge, wie 


E 


, 


in England, weil in den Gewächshäusern bei uns das Dekorative 
ebenso vorherrscht, wie bei den Ausstellungen. 

Es darf nicht verkannt werden, dass bei uns Deutschen unserer 
Ansicht nach neuerdings zu viel Gewicht auf das Dekorative gelegt 
wird. Die Aufmerksamkeit für die einzelne Pflanze geht dabei leider 
oft zu Grunde. So schlecht gezogene Exemplare, wie man bisweilen, 
selbst oft in grösseren Privatgärten Deutschlands, sieht, so dass sie für 
sich allein stehend gar nicht gesehen werden können, findet man nie 
in England. Wenn diese Vernachlässigung in der Kultur der ein- 
zelnen Pflanzen schon in grösseren Städten, wo man im Allgemeinen, 
doch noch aufmerksamer ist, oft genug zu bemerken ist, so sieht es 
bisweilen auf Ausstellungen in Provinzen dagegen in der That damit 
sehr traurig aus. Das Schlimmste ist, dass es Niemand sieht und 
das Unschöne herausfühlt. 

Wir dürfen uns desshalb nicht wundern, dass unter solchen Um- 
ständen Ausstellungen von Pflanzen in England eine andere Bedeu- 
tung haben und demnach auch in finanzieller Hinsicht andere Resultate 
geben. Bei der grossen Ausstellung des vorigen Sommers in Bir- 
mingham wurden in einigen Tagen nicht weniger als gegen 40,000 
Thlr. durch Billet-Verkauf eingenommen, und zwar die Hälfte an der 
Kasse oder vermittelst der auswärtigen Eisenbahnstationen, von denen 
Extrafahrten veranstaltet worden waren. Die andere Hälfte war schon 
durch den Verkauf von Billeten vor der Eröffnung der Ausstellung 
eingenommen worden. Die Vertreter der hohen Industrie und der Kauf- 
mannschaft in Birmingham hatten sich eine Ehre daraus gemacht, 
Billete das Stück zu einem Pfund (also 6”, Thlr.) schon vorher un- 
ter ihren Bekannten zu verkaufen. Wo in aller Welt würden bei 
uns die Reicheren und Wohlhabenderen, mit einem Worte, die Geld- 
männer sich die Mühe geben, eine Pflanzen-Ausstellung durch Ver- 
kauf von Billeten zu solch’ hohen Preisen zu unterstützen! Mehre 
Wochen, bevor die Ausstellung in Birmingham ins Leben getreten 
war, wusste man in diesem Falle, dass die Kosten bereits gedeckt 
werden würden. Mit einer solehen Anerkennung und bei einer sol- 
chen Zuversicht lässt es sich allerdings auch freudig arbeiten. 

Nicht genug, dass man den Unternehmern der grossen Ausstel- 
lung in Birmingham durch den Verkauf von Billeten zu hohen Prei- 
sen eine nicht geringe Beruhigung gab, war man auch in denselben 


71 — 


Kreisen der Geld-Aristokratie nicht weniger bemüht gewesen, zuden 8000 
Thlrn , welche der Gartenbauverein in London für Preise ausgesetzt 
hatte, noch 1000 Thlr. zur Verfügung zu stellen. Des Gegenstan- 
des würdige Preise, mögen diese in Geld oder in werthvollen Medail- 
len bestehen, sind bei Pflanzen- Ausstellungen durchaus nothwendig. 
Wie kann man verlangen, dass Jemand sich besondere Mühe gibt, 
um schliesslich nur für eine Pflanze einen Dukaten oder gar nur 2 
und selbst 1 Thlr., wie es in der That in Deutschland hier und da 
vorkommt, als Preis zu erhalten! Unserer Ansicht nach sind solche 
niedrige Preise der Sache geradezu unwürdig. Hat man kein Geld, 
so muss das Ehrgefühl eintreten; man vertheile Ehrendiplome oder 
auch nur Anerkennungen aus. Ein tüchtiger Gärtner wird nur aus- 
stellen, wo seine Leistung mit dem Preise im Zusammenhange steht, 
oder aber wenn es ihm überhaupt als eine Ehrensache gilt. 

Der grösste Krebsschaden bei unseren Ausstellungen in Deutsch- 
land sind eben die vielen kleinen, ich möchte sagen, kleinlichen Preise, 
welche man vertheilt, so dass schliesslich selbst die unbedeutendste 
Pflanze etwas erhält. Wie kann bei einem solchen Verfahren von 
einem Wettstreit im eigentlichen Sinne des Wortes die Rede sein! 
Alles läuft schliesslich darauf hinaus, Geld zu verdienen. Ein Wett- 
streit, wo selbst der, welcher unterliegt, noch seinen Stolz bewah- 
ren kann, kommt kaum bei uns noch vor. Man gibt sich in der 
Regel auch nur ausnahmsweise die Mühe, nach dem Programme 
etwas zu kultiviren, sondern bringt, was zufällig vorhanden ist und 
die Wahrscheinlichkeit gibt, dass es einen Preis bekommen könnte. 

Am Schlimmsten sieht es mit den sogenannten Gruppen aus. 
Wir erkennen es vollständig an, dass weder der Engländer, noch 
der Franzose und Belgier, in der Ausstellung geschmackvoller Grup- 
pen eine solche Geschicklichkeit und Gewandtheit besitzt, als der 
Deutsche, wir dürfen aber auch nicht verkennen, dass trotzdem auch 
viel Schlechtes geliefert wird. Es kommt uns manchmal vor, als hätte 
derjenige bei Aufstellnng von Gruppen den Vorzug, der seine Ge- 
wächshäuser am Besten auszuräumen verstände. Wiederum anzuer- 
kennen ist und bestätigt, was schon ausgesprochen, dass man dabei 
oft sehr gut versteht, die schlechtesten Pflanzen, z. B. Sträucher 
mit nur einigen nach einer Seite gerichteten Aesten u. s. w., so zu be- 


SEMETRn: a 


nutzen, dass dergleichen Exemplare in der That noch zur Verschö- 
nerung der ganzen Gruppe beitragen können. 

Ferner ist ein grosser Uebelstand bei deutschen Ausstellungen, dass 
man oft nicht daran denkt, die Töpfe vorher zu reinigen. Entweder 
sieht die Oberfläche der Erde im Topfe aus, als hätte man daselbst 
eine Zucht von Moosen und Marchantien, ja vielleicht von Pilzen, an- 
gelegt, oder die Oberfläche des Topfes selbst hat seine ziegelrothe 
Farbe längst schon verloren und Anflüge verschiedenen Grünes und 
Graues wechseln mit einem weissen kohlensauren Kalküberzuge, dem 
Rückstande des zum Giessen benutzten Wassers, ab. 

Endlich ist unsere Preisrichterei keineswegs immer so, als sie sein 
sollte. Die schon gerügte, wenn auch gut gemeinte Ansicht vieler 
Preisrichter, auch jedem Pfänzehen einen Preis zuzusprechen, ist 
noch nicht das Schlimmste, was dabei geschieht. Sie wird oft weit 
mehr noch in dem Mangel der Kenntniss der Pflichten eines Preis- 
richters übertroffen. Man muss in der That oft über die Aussprüche 
staunen. Die letzte grosse Festausstellung in Berlin hat nieht wenige 
von dergleichen Beispielen gegeben. Wir wollen nicht immer sagen, 
dass die Partheiligkeit von Seiten der Preisrichter der Grund ist, 
wenn sie auch oft vorkommen mag, häufiger ist die deutsche Ge- 
müthlichkeit daran Schuld. Anderntheils wird nicht selten, wo ein 
Reicher und Armer in Konkurrenz treten, der letztere bevorzugt. 
Die Ansicht, Niemanden durch einen harten, wenn auch gerechten 
Ausspruch beleidigen zu wollen, ruft schliesslich manehe schlechte 
Aussprüche im Preisrichter-Amte hervor. Diese Partheiligkeit ver- 
meidet man am Bessten, wenn man nur fremde Preisrichter wählt 
und den Besuch des Ausstellungslokales in der Zeit, wo zugespro- 
chen werden soll, verbietet. Wir haben uns leider manchmal von 
dem Missbrauche, der hier getrieben wird, um die Preisrichter zu 
beeinflussen, überzeugt. SR nr 


ee 


Ueber Wurzelbildung und Saftbewegung. 


Vom Garteninspektor Dotzauer. 


Zu den beiden Bedingungen des Pflanzenlebens, der Wurzelbildung 
und Saftbewegung stehen die gärtnerischen Leistungen so, dass ihnen 
die doppelte Aufgabe anheimfällt, nach den aufgestellten Prineipien, 
ob diese richtig oder unrichtig sind, sich zu vervollkommnen und 
für und gegen sie Beweise zu liefern und sie zu erproben. 

So sind der Thatsache gemäss, dass aus dem abgeschnittenen 
Zweige durch Bewurzelung eine selbstständige Pflanze wird, unter 
dem Gesichtspunete von der die® Anlage zur Repräsentation des 
Pflanzenindividuums ünd zur selbstständigen Entwickelung in sich 
einschliessenden Blattknospe, die Bestrebungen darauf gerichtet, die 
Arbeit mit dem Erfolge des Interesses des Gartenwesens zu belohnen, 
also sicher und schnell Pflanzen zu vermehren. Zur Vervollkomm- 
nung dieses Bereiches gehören die vielseitiger, für die Praxis geläufig 
gemachten Theorieen, welche die Wahl der Stecklinge, Zeit, Boden, 
Lieht, Wärme und Feuchtigkeit zur Wurzelentwickelung bedingen. 

So ist das Verständniss von dem Ernährungsgange der Pflanze 
im Gesichtspunete der verschiedenen, oder vielmehr einer der An- 
nahmen von der Circulation des Saftes das Motiv für die Anleitung 
zu den Behandlungsweisen der Pflanze. Sie werden im Gewichte 
aller Vegetations-Momente von den Gebieten obiger Theorien aus 
berührt, in dem Verhältnisse wie das auf entgegengesetzte Zwecke 
ausgehende Beschneiden von der Annahme über den Gang der Saft- 
bewegung bestimmt sein muss. 

Haben die Prinzipien eine unwandelbare Fassung, so ist die 
gärtnerische Leistung auf ihre Correctheit angewiesen, sind aber 
jene, wie Betreffs der Ausgangsstelle der Wurzelbildung eine ver- 
änderte Anschauung sich aufthun kann und wie über die Saft- 
bewegung überhaupt verschiedene Ansichten obwalten, nicht voll- 
ständig geklärt, so hat in der Abhängigkeit hiervon die gärtnerische 
Leistung die Aufgabe mit, dass durch sie die Prinzipien einer Be- 
handlung unterzogen werden. 

Die bisher, so zu sagen, feststehende Annahme, dass die Stelle 


el 


der Wurzelbildung des Steeklings im nächsten Bereiche der Blatt- 
knospe liege, bedingt, dass durch das Vorhandensein der Knospe, 
oder doch durch eine ihrer Anlage entsprechende Bildung der Erfolg 
der Wurzelentwiekelung besonders begünstigt sei. In vielen Fällen 
kann dieses wegen des an der bezeichneten Stelle eoncentrirten Bil- 
dungswesens richtig sein. Wenn nun darüber, dass aus Blattnerveu 
und Stengeltheilen einzelner Pflanzen eine Bewurzelung, wie lange 
bekannt, leicht hervorgeht, keine Folgerung ergangen ist, so muss 
schon eine andere Beobachtung dieses Gebietes weiteres Eingehen 
auch abwarten. Für den gärtnerischen Standpunet ist auf diese 
Beobachtung hin als unzweifelhaft hervorzuheben, dass im Betrachte 
der Wahl der Stecklinge das junge, zarte Bildungsstadium des 
Zweiges als das ins Auge zu fassen ist, wo die Bewurzelung zu- 
gleich schnell erfolgt. Wenn aber dieses schnelle Bewurzeln weniger 
aufwiegen würde, als dass aus demselben Materiale eine verdoppelte 
Zahl von Steeklingen zu machen ist, dann hat der Gegenstand eine 
Seite noch, die ihre Erklärung über die Bewegung des Saftes in 
der Pflanze schwerlich zurückhalten kann. Das Gewicht dieser 
Seite besteht darin, dass aus der Methode, wenn man die Stelle der 
 Schnittfläche des Stecklinges einen oder einige Centimeter unter dem 
Blattwinkel nimmt, die eintretende Wurzelbildung nicht als Folge 
der Knospenlage, sondern der: Gefässbündel an und für sich erscheint. 
Das Hervortreten der Wurzel steht demnach in solcher direeten 
Beziehung zum Gefässbündel, dass jene als die Fortsetzung des 
Wachsthums des Gefässbündels zu betrachten ist Es muss also 
dieses Wachsthum seinen Verlauf in der Richtung nach dem Ent- 
stehungspuncte der Pflanzenachse haben, was im Falle der Richtigkeit 
und im Betrachte des Verständnisses über die Wirkung einer nieder- 
steigenden Saftbewegung eine ersichtliche Anschauung geben kann. 
Die Ansicht, dass der in der Pflanze emporgestiegene Nahruugs- 
saft das hauptsächliche Stadium der Ausscheidung und Assimilation 
durch die Function der Blätter besteht und, durch den Verbleib des 
zur Verkörperung dienenden Stoffgehaltes zum Bildungssaft nm- 
sewandelt, als solcher in der Pflanze heruntersteige, stützt sich be- 
sonders mit auf das nach dem Ringeln des Stammes am obern 
Theile hervorsprossende Cambium, dessen Erklärung aber durch 
Obiges nahe liegt. 


em: 


Mit der Erwägung der Wurzelbildung, wenn ein Zweig mehr 
oder weniger in der Mitte zwischen den Knospen- oder Knoten-Lagen 
durchschnitten ist, des besonders schnell an zarten, jüngern Theilen 
erfolgenden Vorganges und mit der sich anschliessenden, ja unum- 
gänglichen Annahme, dass eine Wachsthumsentwickelung der Gefäss- 
bündel nach unten hin die Trägerin der Thatsache sei, so erscheint 
es, dass man, die Sache des niedersteigenden Saftes und des endo- 
und exosmotischen Ganges unter jeder Ausicht noch zu erwägen, 
dadurch veranlasst ist. 

Dass eine Umwandlung des Nahrungssaftes doch schon bei der 
Neubildung einer Zelle, mächtiger noch beim Eindringen in die 
schon vorhandenen Zellen und Gefässe erfolgen muss, und also doch 
der Saft oder dass Wasser nicht mehr in dem anfänglichen Gehalte 
dahin gelangt, wo die Ausscheidungs- und Athmungs-Thätigkeit der 
Blätter in der Wirkung ist, um die niedersteigende Bewegung eines 
Bildungssaftes zu dirigiren, daher und darauf ist die mit dem Ver- 
laufe der Endo- und Exosmose gekennzeichnete und wissenschaft- 
lich dargelegte Naturkraft begründet zu erkennen. Und wenn eben 
unter der Macht der eingreifenden Naturkräfte das von der Wurzel 
aufgesogene Wasser da, wo diese Kräfte in voller Wirkung sind, 
unter der Anregung der vorhandenen Organe die Bildung neuer be- 
wirkt, dann spricht der Beweis, wie der vorliegende, der das Wachsen 
der Gefässbündel- Organisation in der Richtung, von wo der Zutritt 
des Nahrungs- und Entwickelungs-Elementes geschieht, darlegt, ge- 
wiss mit besonderem Gewichte dafür. Die Entwickelung der Wurzel 
an der bezeichneten Stelle des Stecklings ist eben nur als eine Fort- 
‚setzung der Gefässbündel zu erklären, und es ist daher die Saft- 
bewegung von.Zelle zur Zelle, und wohl so von Gefäss zum Gefäss 
augenscheinlichst. Allen Ernährungs- und Lebenserscheinungen der 
Pflanze, der der Aeusserung durch Erschlaffen an den obersten 
Theilen, wenn der Zufluss des Wassers mangelt, und der oft sehr 
schnell erzielten Erfrischung, den Abnormitäten, denen der Pflanzen- 
körper durch Einflüsse unterworfen ist, vermag die von dem Begrifte 
der Endo- und Exosmose geleitete Beurtheilung zu entsprechen, 
und die Richtung des Wachsens der Gefässbündel nach unten lässt 
das Hervortreten des Callus am obern Theile des von- der Rinde 


en 


entblössten Stammes folgerecht erkennen, und daher auch die mittels 
Erdanhäufens beobachtete Bewurzelung. 

Der Gegenstand, in den Beziehungen genommen, in welchen 
die wissenschaftliche Betheiligung für das Gartenwesen von ihm an- 
gesprochen sei, legt der gärtnerischen Anschauung einen Zweifel 
über die Darlegung des Niedersteigens des Bildungssaftes als solchen 
nahe. Auf den Verlauf, dass der Nahrungssaft durch den Holz- 
körper in die Höhe steige, unter dem durch die Blätter bewirkten 
Umsatze zwischen ausscheidenden und eindringenden Stoffen um- 
gewandelt werde, nun aber als Bildungssaft zwischen Rinde und 
Holzkörper niedersteige, hinblickend, dürfte eine Dunkelheit für die 
Erklärung, deren Ausführung in subtilster Abweichung weit diver- 
girende Motive birgt, das Gesichtsfeld beherrschen. Wenn dadurch 
zwar, dass im Zustande der Winterruhe bei vielen Pflanzen die den 
Nahrungssaft umbildende Thätigkeit wegen des Mangels der Blätter, 
wenn auch nicht ganz aufgehoben, sondern nur gemindert sein sollte, 
diese Theorie eben nicht erschüttert wäre, so müsste sie es mehr 
unter der Betrachtung des in vollem Sinne lähmenden Rückschlages 
in den Fällen werden, wo während der Vegetationsperiode, durch 
das Abschneiden einiger Anzahl Zweige und namentlich der oberen, 
ein Verlust an Blättern und eine besondere Hemmung erfolgt. Es 
sei hiermit in keiner Weise ein Verkennen der Bedeutung der 
Blätter zu verstehen gegeben, nur in obiger Beziehung die Anschau- 
ung auf den gewichtigern Grad der Rückwirkung gerichtet. Denn 
bei der Hinneigung zum Ernährungs- und Entwickelungs- Verlaufe 
in der Weise, dass von Organ zu Organ die Bewegung sich erstreckt, 
dass die Anlagen der Schichten von unten auf vor sich gehen, diese 
aber auch dem Wachsthume nach unteu genügen, leuchten für die 
Verschiedenheiten des Zweckes, der mit gleichem Mittel auf Con- 
centration und Kräftigung, auf Vertheilung und Schwächen zu einer 
Zeit, zu anderer auf die Förderung und das Hemmen der Blatt- 
thätigkeit und auf das Bedingen der Knospenbildung gerichtet ist, 
die Wirkungen des Beschneidens ersichtlicher ein. 

Die für die Pflanzenvermehrung hierbei empfohlene Methode 
hat also an und für sich für das Gartenwesen eine weitertragende 
Bedeutung. Hinsichtlich ihrer selbst, wird die Erfahruug darüber 
berichtigen, in allen den Beziehungen, die sie überhaupt betreffen, 

6 


BON 


im Besondern aber aus ihrer Eigenthümlichkeit selbst, die von der 
frühern Gebrauchsweise abweichend, den Schnitt im Abstande von 
der Knospenlage machen lässt, worüber jedoch nicht für alle Fälle 
absprechend zu urtheilen ist und jetzt schon entschieden werden 
kann. Ueber das Prinzipielle der Saftbewegung mag kaum bezwei- 
felt werden, dass bei dem Gewichte der verschiedenen Ansichten, 
die eine endgültige Definition noch nicht zugelassen haben, jede 
Beobachtung darüber bis jetzt um so mehr prüfend zu behandeln ist. 


Der Obst- und Weinbau 


in Bozen. 


Wir sind zwar eben im Begriff aus dem zweiten Monat des 
neuen Jahres in den dritten einzutreten, aber immer liegen noch 


prächtige, dem Schauenden entgegenlachende Aepfel der Frucht- - 


handlung von Holzknecht in Bozen in dem Schaufenster der Leip- 
ziger Strasse zu Berlin aus und locken Liebhaber und Käufer her- 
bei. Man fängt endlich auch in Norddeutschland an, nicht allein 
den Werth des Obstes zn schätzen, sondern auch zu verstehen. In 
Folge dieses Verständnisses weiss man, welche Früchte fein und gut 
und welche mittelmässig oder gar schlecht sind. Man zahlt deshalb 
heut’ zu Tage 5 Sgr. für einen Apfel, während man noch vor 10 
Jahren schon 1 Sgr. viel zu hoch fand. Sonderbar dass man von jeher 
in Norddeutschland eine feine Zunge für den Wein hatte, und für 
das Obst fehlte sie. Man ass entweder gar kein Obst oder verzehrte den 
sauren Apfel und die herbe Birn mit gleichem Behagen, wie den 
feinen Apfel und die gewürzhafte, im Munde zerfliessende Schmelz- 
birn. 

Zu diesem Verständnisse haben zunächst die deutschen pomo- 
logischen Versammlungen sehr viel beigetragen, nicht weniger aber 
auch die leichteren Kommunikations-Mittel, durch die man etwas 


han ı 


en, 


Besseres sah und kennen lernte. Auf allen grösseren Obstausstellun- 
‚gen waren während der letzten 10 Jahre Bozener Früchte, besonders 
‚Aepfel in vorzüglicher Schönheit vorhanden. Es entstand umsomehr 
ein Verlangen darnach, als man bald auch ihren feinen Geschmack 
kennen lernte. Die Bozener Fruchthändler begriffen die ihnen günstige 
Meinung in Deutschland. Mit der Vollendung der Eisenbahn über 
den Brenner im Jahre 1867 richteten sie ihre ganze Aufmerksam- 
keit für die Erzeugnisse ihres herrlichen Klimas aus den Norden 
und liessen sich weder Mühen verdriessen, noch sparten sie Geld, 
um ihren guten Früchten in Deutschland Eingang zu verschaffen. 
München war die erste grosse Stadt, welche davon Vortheil zog. 
Wer vor 1867 in München gewesen ist, wird sich noch des schlech- 
ten Obstes erinnern, was man damals erhielt. 

Mit dem Weine, so sehr die Bozener auch in der Kultur der 
Reben und in der Kellerei Fortschritte gemacht haben und jetzt in der 
That ein vorzügliches Getränk liefern, verhält es sich leider nicht so 
günstig. Zu dem ohnehin schwierigen und theuren Transport über 
das Gebirge kommt noch der hohe Zoll in Deutschland. Vielleicht 
ist aber auch der Zeitpunkt nicht mehr fern, wo die Schranken, 
wenn sie auch nicht ganz fallen, aber doch wenigstens eine Ausfuhr 
des Weines möglich machen. 

Von Obst baut der Bozener hauptsächlich Aepfel und vermehrt 
deren Anpflanzungen von Jahr zu Jahr. Während im Jahre 1870 
an 27,000 Wiener Centner Aepfel mit einem Erlös von 252,000 
österreichischen Gulden ausgeführt, ausserdem aber wohl im Lande 
eben so viel verzehrt wurden, betrug die Ausfuhr der Birnen nur 
3,000 Wiener Centner mit einem Werthe von 5,000 österreichischen 
Gulden. Das Jahr 1870 war für Bozen ein um so gewichtigeres 
Jahr, als es, trotz einzelner Spätfröste und eines bedeutenden Hagel- 
schlages, doch sehr viel Obst gab, während in Deutschland fast überall 
Misserndte geherrscht hatte. Der Bedarf der Einfuhr nach Obst war 
daher in Deutschland gross. Noch nie wurden früher in Deutsch- 
land, und zwar hauptsächlich in den grösseren Städten, so viel 
Aepfel und Weintrauben aus Bozen bezogen, als im Jahre 1870. 

Von Aepfeln sind es vor Allem die 3 Sorten Rosmarin- 
Aepfel, welche in grosser Menge in Bozen und Umgegend gewon- 
nen werden. Der genannte Apfel ist es auch, der fortwährend in 

6* 


h — 


dem ganzen Thale von Bozen bis Meran weiter angepflanzt wird. 
Der Rosmarin-Aepfel gedeiht zwar auch im Norden Deutschlands, 
erhält aber nie den Wohlgeschmack, das schöne Ansehen und die 
Dauer, welche letztere ihn für den Handel besonders werthvoll macht. 
Was man bei uns als Rosmarin-Aepfel kultivirt und in der Regel 
breiter als hoch wird, ist eine ganz andere Frucht, welche Ober- 
dieck aus dieser Ursache auch unter einem anderen Namen, nämlich 
als Schmelzling, beschrieben hat. 

Den ächten Rosmarin-Apfel bezeichnet man mit Unrecht als 
italienische Frucht, eben so wenig kannte ihn Gallesio; er ist als ein 
ächtes Produckt des Bozener Thales und des Bozener Klima’s zu be- 
trachten. Nach Süden zu verliert er seinen feinen Geschmack und 
steht, im nahen Trient gewachsen, schon dem in Bozen nach. Von 
den 3 Sorten des Rosmarin-Apfels ist es der weisse, welcher für am 
werthvollsten geachtet und auch am Höchsten bezahlt wird. Unter 
den 7,000 Wiener Centner Rosmarin-Aepfel überhaupt, welche im 
Jahre 1870 ausgeführt wurden, befanden sich allein 400 Gentner der 
weissen Sorte. Von diesen wurden 2,000 Centner der Prima-Qualität 
mit 80,000 österreichischen Gulden. bezahlt, während für die gleiche 
Menge der zweiten Sorte nur die Hälfte genannter Summe einge- 
nommen wurde. Für die übrigen 3,000 Centner des halbweissen 


und rothen Rosmarin-Apfels, sowie des Böhmers, erhielt man nur 


45,000 Gulden. 

Der eben genannte Böhmer ist grösser, als der Rosmarinapfel, 
auch breiter, als hoch, und zeigt, von dem Kelche ausgehend, einige 
Falten, die ihn unter den südtyrolischen Aepfeln leicht erkennen 
lassen. Seine Grundfarbe ist strohgelb, ins Rosenfarbige übergehend, 
was aber auf der vollen Sonnenseite durch das schönste Karmin er- 
setzt wird. Sein Ansehen ist auf der Tafel besonders genehm. : Das 
Fleisch besitzt mit dem des Rosmarin-Apfels gleiche Farbe, aber auch 
ziemlich gleichen, weinig-gewürzhaften Geschmack. Man unterscheidet 
wohl den Edelböhmer bei Bozen von dem, der in der Nähe des 
Dorfes Kaltern wächst. Der letztere ist etwas weniger rothgefärbt, 
aber etwas grösser. Beide Sorten des Böhmers gehen aber so ia 
einander über, dass sie schliesslich gar nicht mehr zu unterscheiden 
sind. 

Der sogenannte Wildböhmer oder Muskateller ist ein ganz an- 


en Br 


en 


derer Aepfel mit der Form des Zwiebelborsdorfers. Er hat eine 
blassgoldgelbe Farbe, die auf der Sonnenseite wiederum von Karmin 
ersetzt wird. Das weisse Fleisch ist weit fester, als bei den übrigen 
genannten Aepfeln, und hat einen angenehmen gewürzhaften Ge- 
schmack, keineswegs aber in der Weise, dass er den Namen Mus- 
kateller verdiente. 

Dem Rosmarin-Apfel in der Form näher stehend, ist der Edel- 
rother. Schade, dass auch er im Norden Deutschlands eben so 
wenig gedeihen will, als der Böhmer und die 3 Rosmarinaepfel. 
Es ist wiederum ein Kind des Bozener Etsch-Thales, was ausser- 
halb seiner gesunden Gebirgsluft nicht gedeihen will und allmälig 
seinen Wohlgeschmack verliert. Die Frucht ist etwas höher, als breit, 
und ähnelt dem halbweissen Rosmarinapfel am Meisten, auch hin- 
sichtlich des Geschmackes. Auf der Sonnenseite hat er eine glän- 
zende, bräunlich-röthliche Farbe, unterbrochen durch kleinere Rost- 
flecken, welche ihm ein melirtes Ansehen geben. 

Der Bozener Borsdorfer oder Maschanzker mag eine im 
Etschthale eingeführte Frucht sein, hat sich aber doch mehr oder 
weniger verändert. Am meisten ähnelt er noch den ächten Borsdor- 
fern, die in Böhmen als Maschansker angebaut werden. Er ist im 
Allgemeinen etwas grösser, als unser Borsdorfer, und hat ein weni- 
ger festes Fleisch, weshalb er auch von denen, die schlechte Zähne 
besitzen, leichter genossen werden kann. Das Aroma scheint uns, 
wo wir jetzt einen in Mecklenburg kultivirten Borsdorfer mit einem 
aus Bozen vergleichen können, ein anderes zu sein und vielmehr dem 
der, Rosmarin-Aepfel zu gleichen. 

Endlich gehört noch der gewöhnliche kleine Api oder Krippel- 
Apfel zu den in der Umgegend von Bozen viel angebauten Aepfeln. 
Man zieht ihn aber nicht in Töpfen, wie meist bei uns, sondern im 
freien Lande in Form kleiner Bäume oder eines rundlichen Strauches. 
Er trägt aber, wie bei uns, 4 bis 6 Apfel dicht gedrängt bei einander. 
Der Geschmack des Bozener Api ist ohne Zweifel weit gewürzhafter, 
als bei denen, welche bei uns im Norden Deutschlands gezogen 
worden sind. 

Man hat neuerdings versucht, in Bozen auch andere in Deutsch- 
land als vorzüglich erkannte Apfelsorten zu kultiviren, bis jetzt aber 
ohne einen wesentlichen Erfolg. Wie man weuigstens uns berich- 


ER 2 


tete, gedeihen sie mit wenigen Ausnahmen entweder nicht gut oder 
stehen doch hinsichtlich ihrer Güte den Bozener einheimischen Früch- 
ten nach Wir möchten daher den Bozenern rathen, sich nicht weiter 
mit dem zu befassen, was aus der Fremde kommt, dagegen um desto 
mehr Aufmerksamkeit den Früchten zuzuwenden, welche im Etschthale 
naturwüchsig sind. Es gilt dasselbe von den Birnen, welche zwar als 
Bäume sehr gut aussehen, auch gute Früchte liefern, uns aber nicht 
fruchtbar vorkamen. Die Birn wird auch nie für weite Ferne 
ein so guter Handelsartikel werden, wie der Apfel, da sie dem Ver- 
derben weit mehr unterworfen ist. 

Von Früchten sind noch die Pfirsiche, die Aprikosen, die Pflaumen 
und Kirschen zu nennen. Die Pfirsiche sind vorzüglich. Der Handel mit 
frischen Pfirsichen würde lohnen, wenn die Entfernungennach Deutsch- 
land nicht gar zu gross und die Versendungen nicht zu umständlich 
wären. Nach dem Süden findet von Bozen aus natürlich gar kein 
Absatz statt, da die genannte Frucht in Italien fast gar keinen Preis 
besitzt, weil sie zu gewöhnlich ist. Man trocknet aber in Bozen die 
Pfirsiche und bringt sie auf diese Weise in den Handel. Solche ge- 
trockneten Früchte kommen, als Compot weich gedunstet, den besten 
eingemachten Früchten gleich. Wir wollen deshalb die Gelegenheit 
ergreifen, um auf diese getrockneten Pfirsiche aufmerksam zu machen; 
bei uns sind sie keineswegs hinlänglich bekannt. Was schliesslich 
die Ausfuhr aller dieser Steinfrüchte anbelangt, so betrug sie im 
Jahre 1870, zugleich mit den Trauben: 10,000 Wiener Centner, was 
eine Gesammt-Einnahme von 95,000 Oesterr. Gulden ergab. 

Von dieser Summe kommt der allergrösste Theil auf die Wein- 
trauben. Ihr Export hat sich in den beiden letzten Jahren sehr 
vermehrt. Hauptsächlich ist es eine Traube, die Vernatsch-Traube, 
welche zwischen Bozen und Meran wächst und selbst auf dem wei- 
testen Transporte sich nicht empfindlich zeigt. 

Auch schöne grosse Wallnussbäume sieht man im Bozener Thale 
der Etsch und ihrer Nebenflüsse, leider fällt aber ein gesunder, kräf- 
tiger Baum nach dem andern. Es geht, wie früher in der Wochen- 
schrift berichtet wurde, in Südtyrol, wie im Grossherzogthum Baden, 
es kommen Händler von Nutzhölzern und kaufen um höhere Preise, 
als der jährliche Ertrag der Wallnussbäume im Durchschnitt giebt, 
die besten Exemplare, um sie schlagen zu lassen, Das Holz der 


BT 


Bozener Wallnussbäume hat einen grösseren Werth, als das des Rhein- 
thales, weil es dem Italienischen gleich geachtet und deshalb eben so 
theuer bezahlt wird. 

Nach dem Norden Deutschlands möchten wenige Wallnüsse 
kommen, da sie von gleicher Güte wohlfeiler vom Rheine bezogen 
werden. Am meisten bezieht Nord-Tyrol und Althayern. Im Jahre 
1870 betrug die Ausfuhr 1,500 Wiener Centner mit einem Werthe 
von 13,500 Oesterr. Gulden. 

Endlich sind noch die Kastanien als’ Ausfuhr-Frucht zu er- 
wähnen. Ein grosser Theil der sogenannten Italienischen Maronen 
sind in Süd-Tyrol, also auch im Bozener Etschthale, gezogen und 
stehen auch denen aus dem eigentlichen Italien an Güte gleich. Im 
Jahre 1870 wurden nicht weniger als 10,000 Wiener Centner mit 
einem Werthe von 65,000 Gulden ausgeführt. 

Für die Kultur der Limonen und süssen Pomeranzen, sowie für 
die der eigentlichen Südfrüchte, ist es in Bozen zu kalt. Wenn man 
die Bäume auch im Freien zieht, so müssen sie im Winter doch ge- 
deckt werden, um sie gegen Frost zu schützen. Aber doch geben 
sie eine Einnahme, wie man nach den obliegenden Verhältnissen 
kaum glauben sollte. Im Jahre 1870 wurden von ihnen 170 Wiener 
Oentner, welche gegen 100,000 Stück Limonen und süsse Pomeran- 
zen enthielten, für 4,000 Gulden nach dem Norden ausgeführt. 

Bei dieser Gelegenheit sei es uns erlaubt, eines interessanten 
Ereignisses zu gedenken, was kurz vor unserer Ankunft in Bozen 
im September vorigen Jahres geschehen war. Man wird sich noch 
des stürmischen und regnerischen Wetters genannten Monats erinnern. 
Plötzlich erhob sich in einer Nacht zu Bozen ein Sturm mit zahl- 
reichen, aber im Raume sehr beschränkten Wirbeln. Ein solcher 
Wirbel fasste mitten aus einer Reihe von einigen 20 in Kübeln be- 
findlichen Limonenbäumen des Erzherzoglichen Gartens eines der 
kräftigsten Exemplare, zog es aus der Erde heraus, ohne es zu ver- 
letzen, und legte es dann zur Seite quer über. Wie die Gärtner 
am andern Morgen kamen, fanden sie alle anderen hier befindlichen, 
sehr schönen Bäume völlig unberührt und hatten nichts Eiligeres zu 
thun, als den Baum wiederum in den Kübel zu pflanzen. Der Ober- 
gärtner, der uns einige Tage später dem ihm vertrauten Garten 
zeigte, um einige andere schöne und grosse Bäume des freien 


RR 


Landes in Augenschein zu nehmen, machte uns auf den kurz vor- 
her eingepflanzten Baum aufmerksam. Von dem Unglück, was ihm 
kurz vorher getroffen, sah man heine Spur mehr. 

Dem Handel mit frischen Früchten schliesst sich der Handel 
mit auf irgend eine Weise zubereiteten und verwertheten Früchten an. 
Es existirt in Bozen zwar nur eine Fabrik, diese ist aber in der 
kurzen Zeit ihres Bestehens so erweitert worden und hat einen solchen 
Aufschwung erhalten, dass es gewiss im Interesse der Leser der 
Monatschrift liegt, etwas Näheres darüber zu erfahren. 

Die Norddeutschen Obstzüchter begehen zum Grossen den Fehler, 
dass sie wohl hier und da vorzügliches Obst, oft besser als in dem 
günstigeren Süddeutschland und selbst in dem eigentlichen deutschen 
Obstlande Württemberg, heranziehen, aber es nicht immer zu ver- 
werthen verstehen. Daher die häufig gehörte Klage derjenigen, 
welche Obst in grösserer Menge kultiviren, dass sie bei guten Erndten 
mit ihrem Ueberflusse nicht wüssten, wohin? Würden die Eigenthü- 
mer eingerichtet sein, ihr Obst in diesem Falle alsbald zu verwerthen, 
so könnte ihnen der Nutzen der guten Erndte nicht entgehen. 

- In Süddeutschland, besonders im Westen, versteht man jetzt 
die Verwerthung des Obstes im hohen Grade, die Regierung nimmt 
sich aber auch der Sache an und lässt unter Anderem Muster-Dörr- 
Oefen für die Landbewohner anfertigen. Ein grosses Verdienst um 
die Verwerthung des Obstes hat sich Dr. Lucas, Director des pomo- 
ligen Instituts in Reutlingen, erworben. Er brachte zuerst wichtige 
Verbesserungen bei diesen Dörröfen an und ist beständig bemüht, 
diese noch mehr zu vervollkommnen. . Wir haben uns davon erst 
im vorigen Spätsommer in Reutlingen überzeugt. Sein Buch über 
. die Verwerthung des Obstes ist das beste, was wir in dieser Hinsicht 
haben, und kann Obstzüchtern nicht genug empfohlen werden. 

Doch wir sind von unserm eigentlichen Gegenstande abgekommen. 
Die in Bozen befindliche Fabrik zur Verwerthung des Obstes gehört 
den kaiserlichen Hoflieferanten Josef Ringler’s Söhne, die schon 
vor mehreren Jahren so freundlich waren, uns mit den Einrichtungen 
‘ihrer Fabrik vertraut zu machen und jetzt uns wiederum verschie- 
_ dene Notizen zur Verfügung gestellt haben. Es versäume Niemand, 
der sich für dergleichen interessirt und nach Bozen kommt, die Fabrik 


a 


von Josef Ringler’s Söhne um so mehr in Augenschein zu nehmen, 
als die Besitzer jedem Fremden freundlichst entgegenkommen. 

Im Jahre 1865 hatte die Fabrik 12 Dörröfen, 8 Kessel zum 
Sieden der Früchte und eine sogenannte Chocoladen-Maschine, sie 
beschäftigte bei 13stündigem Arbeitstage 12 Männer und 15 Weiber. 
Diese verarbeiteten an Obst gegen 1,000 Centner, an Gemüse 60 und 
an Zucker 700 Centner. Das Fabrikat betrug 900 Centner und 
brachte eine Einnahme von 60,000 Gulden. Schon 3 Jahre später 
war die Anzahl der Dörröfen auf 24, der Siedekessel auf 14 gestiegen, 
eine Anzahl, die sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat Es 
verarbeiten jetzt bei gleicher Tageszeit 17 Männer und 23 Frauen 
1,500 Centner Obst, 100 Centner Gemüse und 1,200 Centner Zucker. 
Das erhaltene Fabrikat wiegt 1,350 Centner und ist für 90,000 Gulden 
verwerthet worden. 

Betrachten wir nun die Fabrikate, die eingemachten Früchte, 
etwas näher, da es doch manchen Leser angenehm sein dürfte, etwas 
darüber zu erfahren. Die frischen Früchte aller Sorten werden jetzt 
zum Theil im eigenen Safte eingemacht und haben dadurch einen 
Vorzug vor den anderen. Diese sogenannten Dunstfrüchte behalten 
ihre ursprüngliche Farbe, aber auch ihr Aroma weit mehr, als es 
sonst bei den eingemachten Früchten der Fall ist. Wenn sie gut 
aufbewahrt werden, dauern sie sehr lange Zeit. Sie werden jetzt 
hauptsächlich fast nur noch in Blechdosen von 2% und 13 Pfund ver- 
sendet, da sie hierin auch gegen das-Licht geschützt werden. Erd-, 
Johannis-, Stachel-, Heidel-, rothe und weisse Maul- und Himbeeren, 
sowie weisse und rothe Weintrauben werden nur in kleinen Dosen, 
Pfirsiche, Aprikosen, Zwetschen, Renekloden, Weichsel, Mirabellen, 
Kirschen, Feigen, Mandeln, Nüsse, Birnen, Rosmarin-Aepfel, Quitten, 
und Melonen dagegen in kleinen und grossen Dosen versendet. Die 
Dosen kosten 13 und 221 Sgr., 24 grosse Dosen assortirt in Kisten 
(mit Emballage) aber 28, 48 kleine Dosen auf gleiche Weise 33 Fl. 
Von den 40,000 Dosen, welche alljährlich versendet werden, gehen 
allein 2 Drittel nach Deutschland. Die Versendungen in Flaschen 
zu 1 und 2 Pfund mit dem Preise von 70 Xr. und 1 Fl. 30 Xr. 
sind der Zerbrechlichkeit des Gefässes, des weniger hermetischen 
Verschlusses und der Veränderlichkeit der Fruchtfarbe im Lichte 
wegen weniger gesucht, 


ER N 


Die haltbar eingekochten Früchte in Zucker, Cognac, Rum, 
Kirschwasser, Sliwowitzer (dem Kirschwasser entsprechend, aber von 
Zwetschen und in Croatien angefertigt), Essig und Senf werden in 
wannenartigen Holzgefässen (Schaffel) und in Blechdosen versendet 
und halten selbst in den ersteren, wo sie dem Einfluss der Luft 
ausgesetzt sind, mehrere Jahre. Die Versendung in Schaffeln ist 
weit wohlfeiler, allerdings aber auch unsicherer, da auf dem Trans- 
port stets Saft verlohren geht, lässt man die Schaffel aber noch ein- 
mal gut einschliessen, so umgeht man meist diesen Uebelstand. Die 
so eingekochten Früchte bestehen aus Aprikosen, Pfirsichen, Rene- 
kloden, Zwetschen, Kirschen, Feigen, Quitten, Rosmarinäpfeln, Orangen, 
Mandeln und Nüssen. Das Pfund brutto (d. h. das Gefäss mitge- 
wogen) kostet 43, bei Abnahme von wenigstens 50 Pfund nur 
10, Sgr.. Bis jetzt wurden von diesen eingekochten Früchten jähr- 
lich 6 bis 800 Centner versendet. In Dosen kostet das Pfund 10% 
in Spfündigen Dosen, während Dosen zu 1% mit 17, zu 2% Pfund 
mit 32 Sgr. berechnet werden. In Cognac, Essig, Kirschwasser, Sli- 
wowitzer und Rum sind sie etwas theurer. 

Wir erlauben uns auf die Mustarde, d. h. in Senf eingemachten 
Früchte, deren Bereitung der Fabrik eigenthümlich ist, besonders 
aufmerksam zu machen, da sie den Liebhabern als Appetit reizend und 
Magen stärkend empfohlen werden können. Als Zuthat zu Fleisch- 
speisen verdienen sie besonders angewendet zu werden, da diese 
dadurch vor allem pikant schmecken. Sehr vortheilhaft, weil wohl- 
feil, sind die Mustarde aus verschiedenen gepressten Früchten be- 
stehend, da hier das Pfund nur zu 6!,, bei grösseren Abnahmen 
von mindestens 50 Pfund zu 6 Sgr. berechnet wird. 

Von allerlei Fruchtsäften werden jährlich 12 bis 1500 Flaschen 
versendet. Endlich werden auch kandirte und glacirte Früchte, Pasten, 
Marmeladen und Fruchtmark zum Gefrieren in nicht unerheblichen 
Mengen ausgeführt. Wir machen schliesslich wegen ihres wohlfeilen 
Preises auf eine Melange-Marmelade aufmerksam, da hiervon das 
Pfund nur zu 6, bei grösseren Abnahmen sogar nur zu 5 Sgr. be- 
rechnet wird. 

Ausser dieser Fabrik von eingemachten und überhaupt ver- 
wertheten Früchten, existiren in Bozen noch 3 Fabriken, welche aus 
Feigen ein Surrogat des Kaffe’s, den sogenannten Feigen-Kaffe, an- 


Zn .— 


fertigen. Diese 3 Fabriken verarbeiten jährlich nieht weniger als 
3,720 Centner sogenannter Kranzfeigen, welche aber nicht in Süd- 
tyrol gewonnen, sondern erst aus Triest und Venedig bezogen werden. 
Der daraus angefertigte Feigen -Kaffe von 1,880 Centnern hat einen 
Werth von 38,120 Gulden. 

Schliesslich gedenken wir noch der Sumach-Kultur im Bozener 
Thale. Der Sumachbaum (Rhus Coriaria) ist auch in unseren An- 
lagen bekannt und gehört zu den feineren Gesträuchen, welche im 
Herbste sich schön roth färben und desshalb noch einen besondern 
landschaftlichen Werth haben. Man gebraucht die gepulverten Blät- 
ter hauptsächlich zum Gerben feiner Lederwaaren, der Corduane. 
Die Fabrikation ist jetzt zum grössten Theil von Spanien, wo sie 
dereinst berühmt war, nach England übergegangen. Wir haben früher 
schon einmal in der Wochenschrift ausführlich über die Sumach- 
Kultur gesprochen. In der Umgegend von Bozen sind jetzt 5 Grund- 
besitzer vorhanden, welche sich ausschliesslich mit der Kultur der 
Sumachbäume beschäftigen, und liefern jährlich im Durchschnitte 
gegen 11,000 Centner mit einem Werthe von 58,500 Gulden. 


Literatur. 


- Jahrbuch für Pomologen Gärtner und Gartenfreunde, her- 
ausgegeben vom pomologischen Institute in Reutlingen 
durch Dr. E. Lucas. 12 Jahrgang. 


Vorliegendes Jahrbuch legt von dem Gedeihen des pomologischen 
Institutes in Reutlingen Zeugniss ab, es ist sebst der Ausdruck 
dessen, was man dort thut. Wer wie Schreiber dieser Zeilen, den 
Anfang dieses ersten pomologischen Privat-Institutes kennt, als es 
im Jahre 1860 mit bescheidenen Mitteln errichtet wurde, und hat 
es wieder gesehen, wie es jetzt nach allen Seiten hin für Verbesse- 
rung und Hebung des Obstbaues und der gesammten Gärtnerei wirkt, 


ur 


der wird sich freuen und gern darüber berichten. 645 Schüler sind 
in Reutlingen hauptsächlich für Obstbau im Verlaufe von 12 Jahren 
ausgebildet worden. Mag auch der grössere Theil dieser Schüler 
den Baumgärtnern und weniger gebildeten Gärtnern angehören, so 
haben diese gewiss auch in ihrem Kreise genützt, ein nicht geringer 
Theil der in Reutlingen gebildeten jungen Leute hatte aber schon in 
der Schule mehr Bildung erhalten, und kam empfänglicher für den 
rationellen Unterricht. Diese jungen Leute haben Reutlingen, zu 
tüchtigen jungen Leuten herangebildet, verlassen und verwertheten 
ihre Kenntnisse im ganzen grossen deutschen Vaterlande, ja auch 
ausserhalb seiner Marken, besonders in Oesterreich - Ungarn, zu 
Gunsten des Obstbaues, sie regten, was nicht hoch genug anzuschlagen 
ist, ausserdem vielfach an. Abgesehen von den reichen Kenntnissen, 
welche dem Director des Institutes eigen sind, glauben wir, dass er 

durch die anregende und enthusiasmirende Weise, wie er mit seinen - 
_ Zöglingen umgeht, am meisten auf die jungen Leute einwirkt. Ein 
trockener Unterricht, wie er leider nur nicht selten gegeben wird, 
schreckt leider nur zu oft die Lernenden ab; diese werden Maschinen, 
denen dann die Denkkraft fehlt. 

Der neuen Einrichtung des Institutes, dass in der Woche ein 
Tag festgesetzt wird, wo die Zöglinge, meist unter Theilnahme des 
Dr. Lucas selbst und seines Sohnes, am Abende ungezwungen zu- 
sammen kommen, um sich über Gegenstände der Gärtnerei und der Obst- 
zucht zu unterhalten, wünschen wir das beste Gedeihen, nur klingt 
uns der Name: hortologischer Verein, etwas zu fremd und vornehm. 
Warum nicht grade zu sagen: gärtnerische Unterhaltungen. Zu 
einem Vereine gehören Statuten, die hoffentlich hier nicht vorhanden 
sind. Wahrscheinlich wird auch kem Zögling gezwungen, Antheil 
zu nehmen, wenn er etwa nicht wollte. Gewiss wird aber Jeder 
von ihnen, dem es Ernst ist, gern beiwohnen und schon aus einem 
gewissen Selbstgefühl, was alle jungen Leute haben müssen, sein 
Wissen nicht unter dem Scheftel stecken wollen. Bei solchen Unter- 
haltungen werden Manche oft über den erhaltenen Unterricht erst recht 
klar. In unserer Jugend nannte man auf der Universität dergleichen 
wissenschaftliche Unterhaltungen Fach-Kränzchen, weil sie nur 
Studenten bestimmter Studien vereinigten. Wie oft entstand ein hef- 


u le 


tiger Streit dabei über einen Gegenstand, der bisweilen schliesslich 
nur mit Hülfe des betreffenden Professors entschieden werden konnte. 

Dass Protocolle von grösster Kürze in diesen Abend-Versamm- 
lungen geführt werden, billigen wir ebenfalls, weil ausserdem die 
Unterhaltungen sich leicht verflachen. Dass dieses hier nicht geschehen, 
ersieht man aus dem, was darüber in dem Jahrbuche mitgetheilt ist. 

Es folgen den Protokollen 24 selbstständige Aufsätze, welche 
zum allergrössten Theil von Zöglingen angefertigt sind. Dass dabei 
nicht immer die Zunft im Vordergrund steht, ist erfreulich, denn 
vor Allem ist das Studium der Naturwissenschaften, wenn es auch 
direckt kein Geld einbringt, für den Gärtner sehr geeignet, zum 
Nachdenken anzuspornen. Der Aufsatz, ein Verzeichniss der in der 
Nähe von Reutlingen wachsenden seltenen Pflanzen enthaltend, hat 
uns Freude gemacht. Junge Männer könnnen nicht genug Exkursionen 
in den Umgebungen machen. Es handelt sich dabei selbst weniger 
um den Namen der Pflanzen selbst, als vielmehr darum, dass man 
beobachtet, unter welchen Verhältnissen eine Pflanze wächst und am 
besten gedeiht. 

Bei den neuen Geräthen und Werkzeugen, glauben wir, dass 
der Direktor der Anstalt manchmal zu weit geht und zu oft empfiehlt. 
Nicht dass wir etwa gegen Neuerungen wären; es wird nur zu viel 
Unfug damit getrieben, Was ist nicht alles schon über Instrumente 
beim Pfropfen geschrieben und anempfohlen worden und wie wenig 
ist dabei herausgekommen? Wir haben gefunden, dass man in allen 
grossen Baumschulen immer wieder auf daseinfache Oculirmesser zurück- 
gekommen ist. Den so sehr gerühmten Geisfuss z. B. gebrauchen 
nur Laien, für die er auch, da sie keine Uebung haben, recht gut 
sein kann, aber kein Arbeiter, der viele Tausende von jungen Pflanzen 
der Reihe nach veredeln soll, will sich seiner bedienen. 

Man kann aber, wie gesagt, in der That etwas vervollkommen. 
Das ist Beispielsweise hier in dem Jahrbuche mit den beiden trans- 
portabeln Obstdörren der Fall, welche Dr. Lucas beschreibt. 
Dr. Lucas hat sich bereits um die Verbesserung der Dörröfen 
grosse Verdienste erworben, wir ertheilen auch jetzt allen denen, 
welche grosse Flächen mit Obstbäumen bepflanzt haben, von dem 
Artikel über transportable Dörröfen Kenntniss zu nehmen. : Der 
Obstbau kann nur eine gute Einnahme liefern, wenu man versteht, 


ug 


dass Obst auch zu verwerthen, besonders in Fällen, wo man, wie in 
guten Obstjahren, zu viel hat. 

Interessirt hat uns die Anlage, welche Dr. Lucas mit seinen 
Zöglingen in dem Garten der Königl. Kreisregierung ausgeführt hat. 
Das ästhetische Gefühl des Gärtners kann nicht genug gehoben 
werden, selbst wenn er auch nur mit Obst zu thun hat. Der 
kleinen Abhandlung ist ein Plan beigegeben. Lucas hat hier 
gezeigt, dass auch Obstbäume und Obstgehölze überhaupt in dem 
ländlichen Garten oder auch in dem des einfachen Bürgers einer 
grossen Stadt Anwendung finden und die Schönheit erhöhen können. 

Wenn die übrigen Artikel der Schüler auch grade nichts Neues 
bringen, so werden sie doch immer anregend wirken; die legen aber 
auch ein Zeugniss ab, dass die Schüler des Institutes auf das Denken 
hingewiesen werden. Das wird und muss bei jedem Unterrichte die 
Hauptsache sein, zumal hier bei der Gärtnerei, die am Allerwenigsten 
gedeiht, wenn maschinenmässig gearbeitet wird. 

Doch wir dürfen uns nicht zu sehr ins Einzelne vertiefen. Wir 
wollen nur noch bemerken, dass dieser 12. Jahrgang ausserdem noch 
in so fern eine Erweiterung erhalten hat, als man auch eine genaue 
Beschreibung des pomologischen Institutes mit seinen Aufgaben als 
Anfang darin findet. Eine Gratisbeilage enthält die Va, 
von Bäumen, Sträuchern, Geräthe u. s. w. 


Allerlei 


aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
I. | 

Campanula Medium stellt eine alte Gartenpflanze dar, welche 

im südlichen Europa zu Hause ist, jetzt aber nur noch in kleinen 
Städten und in Dörfern eine Rolle spielt, trotzdem aber mit ihren 
grossen, blauen Blüthen in den Gärten der Reicheren Empfehlung 
verdient. Es gab aber auch eine Zeit, wo sie mehr geachtet wurde, 
ja selbst in grossen Ehren stand. Der Belgier Dodoens (Dodonaeus) 
beschrieb sie unter dem Namen des Marien-Veilchens, ein Name, 


On 


der bereits im 16. Jahrhunderte gebräuchlich und der sehönen, blauen, 
Farbe der Blumen entnommen war. Gegen das Ende des genannten 
Jahrhundertes kannte man schon die weissblühende Form und ausser- 
dem noch eine mit silberweissen Blumen (flore argenteo). 

Damals lebte in Eichstädt in Franken ein Bischof als grosser 
Freund der Natur und legte einen schönen Garten an, für dessen 
Leitung er einen besonderes kenntnissreichen Mann, den Nürnberger 
Apotheker Besler, gewann. Mit nicht geringem Aufwande liess 
der Bischof die damaligen Gartenblumen zeichnen und in einem be- 
sonderen Werke (Hortus Eystettensis) abbilden. Dieses im grössten 
Folio-Format erschienene Werk besteht aus 4 Theilen, in denen der 
Reihe nach die Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Winterblumen 
der damaligen Zeit abgebildet sind. Unter ihnen befinden sich auch 
die drei damals bekannten Formen der Campanula Medium. Wer 
die Geschichte der Gärten und Blumen jener Zeit studiren will, dem 
ist der Hortus Eystettensis nicht genug zu empfehlen. 

Der Beiname Medium wurde keineswegs, wie in Wittstein’s 
etymologisch-botanischem Wörterbuche gesagt wird, wegen der mit- 
telgrossen Blüthen gegeben, sondern ist griechischen Ursprunges und 
wird zuerst von Dioskorides erwähnt. Sprengel behauptet so- 
gar in seiner Geschichte der Pflanzen, dass Dioskorides unter 
seinem Medion schon unsere Campanula Medium verstanden habe. 
Mag dem nun sein, wie ihm wolle, diese Glockenblume ist eine 
unserer ältesten Gartenpflanzen. Wir haben sie erwähnt, weil man in 
England jetzt eine interessante Form von ihr in den Handel gebracht 
und dadurch von Neuem auf sie aufmerksam gemacht hat. Diese 
neue Form hat das Eigenthümliche, dass der Kelch seine ursprüng- 
liche Natur verloren und sieh zu einer zweiten Blumenkrone umge- 
wandelt hat. Man hat ihr deshalb den Beinamen calycanthema, 
ein Wort, was die Umwandlung des Kelches in einer Bilnmenkrone 
bezeichnet, gegeben. Samen dieser neuen Erscheinung werden jen- 
seits des Kanales zu 20 Silbergroschen die Prise verkauft. 

Diese Erscheinung der Umbildung des Kelches in eine zweite 
Blumenkrone ist keineswegs selten. Wir besitzen in der pfirsich- 
blättrigen Glockenblume (Campanula persicifolia) längst schon eine 
Form, wo dieses ebenfalls vorkommt. Eben so findet man es, aber 
nicht so eonstant sich forterbend, bei Gloxinien. 


5° — 


Wie von Seiten der Leiter der jedesmaligen Industrie-Ausstel- 
lung in London bereits 1871 für Belehrung gesorgt wurde und z B. 
sämmtliche Wollthiere und ihre Wolle, resp. Haare neben den aus 
diesen angefertigten Fabrikaten zur Besichtigung und Kenntnissnahme 
vorhanden waren, so übernahm es im vorigen Jahre der Londoner 
Gartenbau-Verein neben den aus Baumwolle angefertigten Fabrikaten 
der eigentlichen Ausstellung auch die verschiedenen Sorten der 
Baumwollen-Pflanze, welche auf der ganzen Erde zur Gewinnung 
der Baumwolle angebaut werden, vorzuführen. Ein Mitglied genann- 
ten Vereines, Mr. Clarke, der die Kultur der Baumwollenpflanzen 
in verschiedenenen Ländern hatte kennen lernen, übernahm es, 
Samen aus den verschiedensten Ländern kommen zu lassen. Diese 
Samen wurden zunächst in dem Versuchsgarten zu Chiswick aus- 
gesäet und dann erst nach dem von den Ausstellungs-Gebäuden ein- 
geschlossenen Garten in South-Kensington übergepflanzt. Ein Freund 
von jenseits des Canales schrieb uns in einem Briefe des vorigen 
Herbstes, dass die Massen der verschiedenen Baumwollenpflanzen 
zur Zeit der Blüthe, aber auch zur Zeit der Fruchtreife, wenn die 
Kapseln sich öffneten, und die glänzend weisse Baumwolle zum Vor- 
schein kam, im hohen Grade auch dekorativ gewirkt hätten. Die 
Baumwollenpflanze ist an und für schön und lässt sich auch zur 
Schaupflanze heranziehen, um so mehr müssen solche Massen einen 
eigenthümlichen Eindruck gemacht haben! Botanisch wichtig möchte 
noch sein, dass alle diese verschiedenen Sorten und Abarten sich 
schliesslich auf drei Arten: Gossypium arboreum, barbadense und 
herbaceum reducirten. 


Preis des Jahrganges 4 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als 
such franco durch alle Postanstalten des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Für gute Aufsätze wird entsprechendes Honorar gezahlt. 


Inhalt: Die 549. Versammlung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues, 
am 2. Februar. — Die Cypressen der Alten und Neuen Welt. — Hogg’s 
Bericht über die besseren Erbsen. — Pfianzenausstellung in Birmingham im 
vergangenen Sommer. — Ueber Wurzelbildung und Saftbewegung. — Der 
Obst- und Weinbau in Bozen. — Literatur. — Allerlei aus der Gärtnerei und 
Pflanzenkunde. ]I. 


Manstsschnift 


des 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 


in den 
Königl. Preussischen Staaten 
für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redacteur: 
Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretair des Vereines, 


No. 0 Berlin, den 1. April. 1873, 


Sonntag, den 6. Aprü, Vormittags 11 Uhr, 
findet eine Versammlung im Klub der Landwirthe (Französische Strasse 48 ) 
statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. 


Donaueschingen und seine Gärten. 


Die Pflanzen, welche der Inspektor der Fürstlich-Fürstenberg’schen 
Gärten in Donaueschingen, Kirchhoff, zur Zeit der Feier fünfzig- 
jährigen Bestehens des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues im Juni 
vorigen Jahres ausgestellt hatte, nahmen nicht allein wegen ihrer 
Schönheit und Seltenheit die Aufmerksamkeit der Besucher in An- 
spruch, sondern wurden noch mehr wegen ihrer Kultur bewundert. 
Diese kennen zu lernen, entschloss ich mich im letzten Spätsommer 
wo ich an und für sich eine Reise durch Elsass-Lothringen und die 
südöstlichen Rheinlande machte, auch nach Donaueschingen zu gehen, 
um diese Kulturen an Ort und Stelle zu schauen. Ich fühlte mich 
um so mehr zu diesem Abstecher veranlasst, als ich Donaueschingen 
mit seinen Donauquellen noch gar nicht, den Schwarzwald aber nur 
noch aus meiner Studienzeit kannte. 


DXOEN. 


Jedes Gebirge hat zwar seine besonderen interessanten Seiten, 
der Schwarzwald aber um so mehr, als er auch in geschichtlicher 
Hinsicht unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Er war seit 
dem ersten Jahrtausend unserer Zeitrechnusg der östliche Theil des 
Allemapnen-Landes, was sich jenseits des Rheines bis tief in die 
Vogesen hinein erstreckte. 

Die sehöne und fruchtbare Ebene auf beiden Seiten des Rheines 
zeigt eine grosse Uebereinstimmung, denn hüben und drüben ist das 
Land und sind die Bewohner in einer solchen Weise dieselben, dass 
man kaum begreift, wie das Elsass fast 2 Jahrhunderte lang der 
Appendix eines ganz verschiedenen Landes sein konnte. Trotzdem 
wollen zum Theil seine Bewohner, wenn man zu ihnen kommt, 
glauben machen, sie seien gälischen oder gallischen Ursprunges 
und hätten nichts mit den Allemannen zu thuen Weniger die 
Schultze’s, aber die Familien Müller, Weiss’ u. s. w. kommen so 
häufig, wie in anderen Gegenden Deutschlands, im Elsass vor und 
sprechen derlei absonderlichen Behauptungen Hohn. 

Auch die Vogesen besitzen eine seltene Uebereinstimmung mit 
dem Schwarzwalde. Nach der Rheinseite fallen beide Gebirge steil 
ab und haben daselbst romantische Thäler, nach der entgegengesetzten 
Seite hingenen ist Hochland, was allmählig abfällt oder anderen 
Gebirgen sich anschliesst Gmneis und Granit bilden die Grundlagen, 
werden aber vielfach von Porphyren und Basalten durchsetzt. Ein 
ächter von Süden nach Norden sich ziehender Gebirgsrücken ist bei 
den Vogesen, wie im Schwarzwalde, weniger vorhanden, dagegen 
schliessen sich einzelne Berge oder Gebirgsstöcke von kuppelförmige- 
Gestalt und in einer bestimmten Richtung liegend einander an. 
Diese kuppelförmigen Höhen scheinen in diese Weise den Vogesen 
sowohl, wie dem Schwsrzwalde, eigenthümlich zu sein und haben 
auch auf beiden Seiten des Rheines einen und denselben Namen. 
Belchen, auch wohl Bolch, ist das ursprüngliche Wort, und Ballon, 
wie man im Elsass sagt, erst daraus gebildet, resp. französisch mund- 
recht gemacht. 

Der höchste Berg in den Vogesen führt vorzugsweise im Munde 
des Volkes den Namen Belchen, während die Franzosen ihn jetzt 
Ballon de Soulz nennen, aber auch der zweithöchste Berg im 
Schwarzwalde heisst bei den Eingeborenen Belchen. Auf beiden 


og 


Belchen erfreut man sich einer seltenen Aussicht, beide Belchen 
haben ziemlich dieselbe Höhe, der Schwarzwälder ist über 4,700, 
der der Vogesen über 4,400 Fuss hoch. Der höchste Berg im 
Schwarzwald ist dagegen der Feldberg. Er bildet einen ächten Ge- 
birgsstock und erreicht nahezu 5,000 Fuss. 

Es liegt ausserhalb meiner Aufgabe, ausführlicher über den 
Schwarzwald zu sprechen, aber denen, welche Gebirgsluft lieben und 
sern nach Gebirgen reisen, kann ich den Schwarzwald um so mehr 
empfehlen, als Reisende, welchen nur mässige Mittel zur Verfügung 
stehen, noch nicht die theuren Preise finden werden, welche jetzt 
im Riesengebirge, in der sächsischen Schweiz oder am Harz all- 
gemein sind. Denen, welche sich orientiren wollen, theilen wir mit, 
dass auch ein vorzügliches Reisebuch über den Schwarzwald, was 
den Freiherrn Dr. v. Seydlitz in Berlin zum Verfasser hat und 
allenthalben Belehrung gibt, existirt. 

Nach dieser Abschweifung kehre ich nach Donaueschingen zu- 
rück. Dieses liegt auf einem Plateau, im Südosten des Schwarz- 
waldes, was im Süden allmählig in das Rheinthal abfällt, im Osten 
und Nordosten in die rauhe Alb (nicht Alp) übergeht. Die kleine 
Stadt Donaueschingen mit ihren über 3,000 Einwohnern liegt nahe 
2,300 Fuss hoch, ist also wohl die nöchstliegende Stadt in Deutsch- 
land. Wenn Jemand von Freiburg oder von Badenweiler aus Ex- 
kursionen nach dem Feldberge oder dem Belchen gemacht und die 
grossartige Natur bewundert hat, findet er sich auf dem Hochlande 
von Donaueschingen sehr enttäuscht, wenn er etwas Aehnliches er- 
wartet hat. Hier ist eine wellenförmige, etwas hügelige Ebene, 
welche auch am Horizonte nach Westen zu keine Höhen von Bedeu- 
tung zeigt. Dagegen weht ihm eine gesunde, kühle Luft entgegen, 
wie sie in jedem Hochgebirge vorhanden ist. Allenthalben erscheint 
der Boden vom frischen Grün üppiger Wiesen bedeckt, an den Höhen 
ziehen sich dagegen in grossen Ausdehnungen Wälder dahin. Haupt- 
sächlich sind es Fichten oder Rothtannen, welche in seltener Schön- 
heit und Grösse hier wachsen und gewiss mit ihren harzigen Aus- 
dünstungen zu der gesunden Lage Donaueschingen’s viel beitragen. 
Das dunkele Grün der Fichten selbst, die allenthalben das Gebirge 
hauptsächlich bedecken, gab übrigens Veranlassung zur Benennung 
Schwarzwald. 

2 


— _100 — 


Die ganze Hochebene von Donaueschingen ist ein schöner Park 
im Sinne des Fürsten Pückler-Muskau in einer Reinheit, wie 
er vom lieben Gott selbst geschaffen ist. Der Mensch hat hier noch 
nichts verbösert, wie in vielen anderen Gegenden unseres lieben 
deutschen Vaterlandes. Alles ist hier unverfälschte Natur. 

Die Harmonie im Verhältniss der herrlichen Wiesen mit den 
zahlreichen dieselben durchfliessenden Bächen und anderen Gewässern 
gegen die mit Wäldern besetzten Höhen am Horizonte, aber auch 
gegen die Haine und einzeln stehende Bäume, sowie auch gegen 
das hier und da auftretende Gebüsch ist dasselbe geblieben, wie es 
ursprünglich war. Nur die Menschen sind gekommen und haben sich 
angesiedelt. Es ist ein freundliches Städtchen, es sind Dörfer und 
Vorwerke entstanden, deren emsige Bewohner das Ganze beleben und 
die früher herrschende Stille unterbrechen. Fruchtbare Getreide- 
felder haben das Eintönige, was selbst schliesslich die schönsten 
Wiesen darbieten können, vermindert und dadurch die Mannigfaltig- 
keit erhöht. Anstatt des Wildes, was in vormenschlichen Zeiten 
hier geweidet haben mag, sieht man jetzt unser Hausvieh, entweder 
dem Menschen in dem Anbau seines Ackers helfend oder sich von 
den gewürzigen Kräutern nährend. 

Die früher auf ihrer Stammburg in der Nähe wohnenden Grafen 
von Fürstenberg kauften 1488 Donaueschingen von der Familie 
Stein und machten zuerst im 17. Jahrhunderte die Stadt zum Sitze 
eines Nebenzweiges der Familie, seit dem Jahre 1750 wurde 
Donaueschingen aber der Hauptsitz der Grafen, später Fürsten von 
Fürstenberg. Damit begann die Stadt eine grössere Bedeutung zu 
erhalten. Die kunstsinnigen Besitzer erbauten sich allmählig ent- 
sprechende Räume für ihren jetzt dauernden Aufenthalt und legten 
allerhand wissenschaftliche Sammlungen an, die sie mit seltener 
Liberalität der Benutzung auch von Fremden überliessen. Aus- 
gezeichnet ist die Bibliothek durch ihre zahlreichen Manuscripte, be- 
sonders zur Geschichte Alemanniens.. Unter Anderem findet sich 
auch eine seltene Handschrift des Nibelungen-Liedes vor. Die 
Fürsten brauchten aber auch das ihnen in der Nähe reichlich ge- 
botene Material der Wiesen und Wälder, um sich reizende Anlagen 
zu schafften. Es wurden in der nächsten Nähe Gärten hergestellt 
und in ihnen Gewächshäuser erbaut, welche jetzt nicht allein dureh 


— 11 — 


ihren Inhalt mit denen reicher und reichster Privaten Deutschlands, 
sondern selbst regierender Fürsten und des Staates rivalisiren können. 
Eben deshalb wegen dieses grossen Reichthumes halte ich es für 
meine Pflicht, Kenner und Liebhaber auf die Gärten und Gewächs- 
häuser Donaueschingens besonders aufmerksam zu machen. 

Die Anlagen haben ein um so grösseres Interesse, als die be- 
rühmten Donauquellen mitten darin liegen. Diese sprudeln nicht gleich 
den meisten anderen Quellen aus Felsen oder Gestein unmittelbar 
aus der Erde hervor, sondern sie befinden sich in einem kleinen 
See, oder wie man hier sagt, Weiher. Um sie in der Mächtigkeit, 
wie sie dem Boden entströmen, genau zu sehen, ist es nothwendig, 
einen Kahn zu nehmen und damit an Ort und Stelle zu fahren. 
Da das krystallhelle Wasser gestattet, bis auf den 3 bis 5 Fuss 
von der Oberfläche des Wassers entfernten Grund zu blicken, so er- 
schaut man auch, wie die 1 bis 2 Fuss im Durchmesser enthaltenden 
Wassermassen der Quellen, die bedeutend auf sie drückende Wasser- 
menge des Weiher’s heben und dann selbst mit diesen sich ver- 
einigen. Da Inspektor Kirchhoff selbst mein freundlicher Führer 
war und mir hier und da Manches erläuterte, so war meine Besich- 
tigung der Donauquellen, aber auch der ganzen Anlagen, um so 
belehrender. 

Das Wasser muss ziemlich tief heraufkommen, da es auch im 
Winter eine Temperatur von 8 Grad R. Wärme besitzt, aber auch 
im Sommer wenig wärmer wird. Leider konnte ich nicht erfahren, 
wie viel Wasser hier im Durchschnitt täglich oder stündlich hervor- 
quillt. Es würde nicht schwer sein, dieses zu bestimmen, da der 
Weiher selbst in den sogenannten Briegkanal abfliesst. Noch inter- 
essanter möchte es sein, die Stärke der-grösseren Quellen und haupt- 
sächlich die Kraft, mit der sie die Wasser des Weihers heben, zu 
kennen. 

Dieser Weiher bildet den schönsten Theil des Parkes und ist 
auch von Seiten des Gartenkünstlers vorzüglich benutzt. Ringsum 
stehen einige prächtige, hohe Bäume und ragen aus dem freundlichen , 
Gebüsch hoch empor. Die Mitte des Weihers nimmt eine mit diehtem 
Gehölz bepflanzte Insel ein, auf der eine, wenn ich nicht irre, aus 
Sandstein angefertigte Gruppe sich befindet. Eine weibliche, etwas 
überlebensgrosse Figur stellt die Donau dar, während ihr zur Seite 


— 12 — 


2 Kinder sich befinden, welche die eigentlichen Quellflüsse der Donau, 
die Brieg nnd Breg, repräsentiren. Aus einer liegenden Urne am 
Fusse der Donaumutter, wie hier das Volk die weibliche Figur 
nennt, kommt ein starker Wasserstrahl, in den Weiher 'fliessend, 
hervor. 

Der Weiher selbst beherbergt eine grosse Menge der verschieden - 
artigsten Schwimmvögel aus fast allen Ländern der Erde. Mancher 
seltener Vogel ist vorhanden, der in anderen, selbst grössseren ormi- 
thologischen Sammlungen fehlt. Was mir aber als das Beste an 
der Sammlung erschien, war der gute Gesundheitszustand, und daher 
' auch das gute Aussehen der gefiederten Bewohner dieses Weihers. 
In seiner Nähe befindet sich übrigens noch ein zweiter, aber weit 
kleinerer Weiher, den man zur künstlichen Forellenzucht benutzt. 

Die hier näher beschriebenen Quellen sind es aber nicht allein, 
welche ihr Wasser der Donau zuführen, es sind deren ausserdem 
noch viele vorhanden. Das ganze Hochland von Donaueschingen 
zeichnet sich durch ausserordentlichen Reichthum an Wasser aus. Eine 
Quelle von nicht unbedeutender Mächtigkeit befindet sich in der Nähe des 
Schlosses und wird oft als die eigentliche Donauquelle ausgegeben. 
In grösserer Anzahl sind sie endlich bei dem nur eine Viertelstunde 
entfernten Dorfe Almandshofen vorhanden und ihr Wasser ist auf- 
wärts zu einem grösseren Wasserbassin vereinigt. Nicht allein 
_ aber durch diese Quellen wird der bedeutende Wasserreichthum der 
‚Donau bei Donaueschingen bedingt, nach Westen und Nordwesten 
haben noch zahlreiche Bäche auf höher liegenden Wiesen und Matten 
ihren Ursqrung und fliessen den beiden eigentlichen Quellflüssen der 
Donau, der Brieg und der Breg, zu. 

„Die Brieg und die Breg 
Bringen die Donau z’ weg,“ 
singt auf dem Hochlande von Donaueschingen das Volk. Unterhalb 
der Stadt vereinigen sich diese beiden Quellflüsse zu gemeinschaft- 
lichem Laufe und führen von nun an den Namen Donau. 

Es sei mir erlaubt, bei diesen Quellflüssen noch kurze Zeit zu 
verweilen, da ihr unteres Gebiet eine natürliche Anlage im Sinne 
des Fürsten Pückler-Muskau darstellt und Gartenkünstlern, aber 
auch anderen Gärtnern, welche zur weiteren ästhetischen Bildung 
Neigung haben, dadurch Gelegenheit zu neuen Ideen gegeben 


— 1938 — 


werden könnte. Ihr Besitzer, der Fürst von Fürstenberg, hat bereits 
seinen Garteninspektor Kirhhoff beauftragt, die Park-Anlagen des 
Schlosses nach dieser Richtung hin zu erweitern und sie bis auf das 
Doppelte des Areals zu vergrössern. Es mag die Herstellung bei 
solchem zu Gebote stehenden Material Manchem leicht erscheinen, 
sie hat aber auch wiederum ihre nicht unbedeutenden Schwierig- 
keiten. Es ist nicht leicht für einen Landschaftsgärtner mit seinen 
vorgefassten Ansichten grade da, wo die Natur an und für sich fast 
Alles geboten hat und fast nichts Anderes nothwendig ist, als die 
Hauptschönheiten denen, die hier lustwandeln, auf eine angenehme 
und bequeme Weise vorzuführen, sich in das durch die Natur bereits 
herbeigeführte harmonische Ganze hineinzufinden und jedes Eingreifen 
zu vermeiden. So gross auch Fürst Pückler-Muskau in der 
Durchführung seiner geistreichen Ideen war, so war er meiner 
Meinung doch dadurch noch grösser, dass er das Schöne was 
die Natur an und für sich geboten, zu respektiren verstand 
und nicht etwa zu verbessern suchte. Die Anlagen an der Wart- 
. burg und in Wilhelmsthal bei Eisenach, so wie die in Belvedere und 
Ettersburg bei Weimar u. s. w., legen vor Allem deutliches Zeugniss 
von dem, was ich eben gesagt, ab. 


Ich werde des allgemeinen Interesses halber die beiden Quell- 
flüsse der Donau, die Brieg und Breg, noch einige Stunden weiter 
bis dahin verfolgen, wo ihre weitesten Quellen sich befinden und 
man demnach nach allgemein angenommenen Grundsatze den wirk- 
lichen Anfang der- Donau annehmen muss. Von den beiden Quell- 
flüssen ist die Brieg der nördliche. In ihrem Thale befindet sich 
die Eisenbahn bis Villingen, welche weiter nordwärts nach Stuttgart 
geht, der südliche Quellfiuss, die Breg, hat gleich anfangs eine 
westliche Richtung. Zwischen beiden Quellflüssen liegt ein breiter 
Rücken von gegen 2,600 Fuss und setzt sich auch weiter im Norden 
und Süden, Hi) auch gegen Westen als Wasserscheide der Donau 
und des Rheines/ fort, Je weiter man sich von dem Zusammen- 
 Ausse beider Qnellflüsse entfernt, um so tiefer schneiden diese ein 
und bilden romantische Thäler, um so mehr erheben sich aber auch 
jene eigenthümlichen Kuppen, welche, besonders im Elsass, als Belehen 
bezeichnet werden. 


— 14 — 


Es ist eine eigenthümliche Erscheinung, dass die Anfänge vieler 
grosser Flüsse keineswegs auf hohen Bergen, sondern häufiger auf 
dazwischen liegenden Einsenkungen auf sogenannten Sätteln, sich be- 
finden. Es ist dieses nicht allein hier mit der Donau der Fall, als 
ich im Jahre 1843 die Quellen des Euphrat in Hocharmenien ent- 
deckte, fand ich auch diese auf einer grossen Wiese eines solchen 
eben näher bezeichneten Sattels des armenischen Hochlandes, 

Doch ich darf mich nicht weiter verlieren, denn da, wo Brieg 
und Breg allmählig in tieferer Thalsohle fliessen, hört auch die 
wellenförmige Aue mit ihren schönen Wiesen und Waldungen auf 
und kann dem deutschen Landschaftsgärtner, der den Pückler’schen 
Prinzipien huldigt, nicht mehr Stoff zu seiner weiteren Ausbildung 
geben. Den chinesischen und japanesischen Landschaftgärtner aber 
würde freilich erst hier für seine barocken, mit grossartigen Felsen- 
partien geschmückten Hausgärten das nöthige Bildungsmaterial ge- 
boten. 

Aus der gegebenen Beschreibung der Hochebene, in welcher 
Donaueschingen liest, geht hervor, dass die Luft, aber auch der 
Gesundheitszustand, nicht allein des Menschen und seiner Hausthiere, 
sondern nieht weniger der ganzen Vegetation, ein vorzüglicher sein 
muss. Es wäre doch noch zu untersuchen, ob ausser den durch 
das Wasser und durch die Ausdünstungen der Pflanzenwelt, besonders 
der Fichten oder Rothtannen, bedingten. günstigen Momenten nicht 
‘ noch andere, vor Allem vielleicht eine grössere Menge des alles 
Organische in seiner Entwickelung und in seinem Wachsthum be- 
fördernden Ozon’s in der Luft vorhanden ist? 

Das Wachsthum der Bäume ist in der Umgegend von Donau- 
eschingen so ausserordentlich, wie ich es, so weit mein Gedächtniss 
reicht, nirgends, selbst in gleich günstig gelegenen Gegenden anderer 
Gebirge, bis jetzt gefunden habe. Mein freundlicher und stets beleh- 
render Führer, Garteninspector Kirchhotf, zeigte mir eine kanadische 
Pappel mit einem Stamm-Durchmesser von 6 Fuss, einige Fuss 
oberhalb des Bodens. Da man genau wusste, wann sie gepflanzt 
worden war, so liess sich auch mit leichter Mühe ihr Alter heraus- 
stellen. Es betrug dieses nur 87 Jahre. 

Nicht weniger erregten 25 Eichen, welche um die zum Andenken 
der goldenen Hochzeit des verstorbenen Fürsten gesetzten Denkmäler 


— 15 — 


stehen, wegen ihres raschen Wachsthumes und ihres kräftigen An- 
sehens meine Aufmerksamkeit. Sie wurden iu dieser Zahl gepflanzt 
als Zeichen der 25 jungen Paare, welche der Fürst ausgestattet hatte. 

Endlieh erwähne ich noch eine Esche, wie ich sie in dieser 
Schönheit und Grösse noch nie gesehen. Im Wachsthum unter- 
scheidet sie sich von den Eschen, wie sie sonst vorkommen, durch 
die grosse Breite der tief herabgehenden Laubkrone. Der bis zur 
Verästelung hohe Stamm hat einen Durchmesser von 4 Fuss. Die 
2 wagerecht abgehenden starken Hauptäste besitzen ebenfalls einen 
Durchmesser von 2’, Fuss. Die Höhe des ganzen Baumes beträgt 
70, der Durchmesser der Krone aber 75 Fuss. Eine Wendeltreppe 
führt um den Stamm auf einen Altan, den man auf den beiden 
ersten, wagerecht abstehenden Hauptästen angebracht hat und von 
dem aus die interessante Art der Verästelung sich am Besten er- 
' schauen lässt. 

Diese Ueppigkeit der Pflanzen in der Umgegend von Donau- 
eschingen findet sich aber nicht allein bei der einheimischen Vege- 
tation vor, man möchte wirklich sagen, sie ist in erhöhtem Masse 
bei den ausländischen Pflanzen, welche hier kultivirt werden, vor- 
handen. Eine Phoenix sylvestris von nieht wunbedeutender Grösse 
schien sich im freien Lande des Schlossgartens eben so wohl zu be- 
finden, als an der günstigsten Stelle ihres Vaterlandes.. Eine Fur- 
eraea tuberosa in der reizenden blaugrünen Färbung hatte gegen 
100 Blätter und besass einen Durchmesser von 5 Fuss. Nicht 
weniger kräftig befand sich eine Yucca aloefolia marginata, welche 
aus Y. tricolor hervorgegangen war, im Freien des Schlossgartens. 
Ich könnte noch manche andere Beispiele nennen, wenn ich nicht 
um so mehr vorzöge, schliesslich auf die Pflanzen der Gewächshäuser 
zu kommen, als Garteninspektor Kirchhoff selbst mir hier das 
nöthige Material dazu gegeben hat. 

Die ‘Gewächshäuser des fürstlichen Hofgartens in Donaueschingen 
bestehen zunächst aus einem sogenannten Winterhause. Dieses hat, 
bei einer Höhe von 22 und einer Tiefe von 20 Fuss, eine Länge 
von 200 Fuss und umfasst einen Raum von gegen 120,000 Kubik- 
fuss. Es ist ganz aus Eisen und Glas erbaut und hat, wie die 
übrigen Häuser, Wasserleitung, bei der Alles sehr solide aus Kupfer 
angefertigt ist. Von all’ den Nachtheilen, die man den durchaus 


— 106 — 


eisernen Häusern neuerdings wiederum zuschreibt, hat Inspektor 
Kirchhoff nichts bemerkt. Alle Arten Kulturen gediehen in den 
eisernen Glashäusern vorzüglich. i 

Ein zweites Haus besitzt 200 Fuss Länge und, bei gleicher 
Tiefe, wie das Winterhaus besitzt, nur 10 Fuss Höhe. Dazu kommen 
1 Kamellienhaus, 1 Kalthaus für Neuholländer und Rhododendren 
1 Palmenhaus, 1 Warmhaus für Schaupflanzen, 2 Häuser, eins für 
tropische, das andere für an weniger Wärme gewöhnte Hochlands- 
und subtropische Orchideen, und 1 Ananashaus. Ein Haus für 
Bohnen- und Weintreiberei war eben im Bau. Dazu kommen end- 
lich noch 500 Mistbeetfenster. 

Einen grossen Werth legt Inspektor Kirchhoff bei seinen Kul- 
turen, wohl gleich allen Gärtnern, auf eine geeignete Erdmischung. 
Seine Haideerde bezieht er von bestimmten Lokalitäten des eigent- 
lichen Schwarzwaldes. Sie besteht fast nur aus zaserigen Pflanzen- 
resten unserer gewöhnlichen Haide (Erica oder Calluna vulgaris), 
der Heidel- und Steinbeere und ist noch, wenn sie geholt wird, mit 
allerhand lebenden Pflanzen besetzt. Sie wird augenblicklich zer- 
hackt und dann ohne Weiteres alsbald gebraucht, ein Verfahren, 
das, so viel ich weiss, sonst nicht angewendet wird. Diese frische 
Haideerde hat sich so vorzüglich bewiesen, dass sie fast zu allen 
Kulturen, selbst bei der Ananas und bei Orchideen in Anwendung 
kommt. 

Die Holzerde wird von faulen Fichten- und Eichen-Wurzelstöcken 
genommen und im ungesiebten Zustande allen Kulturen zugesetzt, 
Die Torferde ist der oberste, 3 bis 5 Zoll starke Abstich eines Torf- 
lagers, der mögliehst reichlich noch mit lebender Haide, Gräsern 
und anderen Torfpflanzen besetzt ist und eigentlich die aus noch 
nicht ganz zersetzten Wurzeln bestehende Humusschicht darstellt. 
Auch von dieser Torferde geschieht die unmittelbare Verwendung. 
Dergleichen Erden, wie es sonst in der Regel geschieht, erst eine 
längere Zeit lagern zu lassen, damit die Pflanzenreste sich noch 
mehr zersetzen, geschieht in Donaueschingen nie, Inspektor Kirch- 
hoff hält es sogar für die Produktionsfähigkeit der Erden sehr nach- 
theilig. Hauptsächlich gut in dieser Torferde befinden sich die Brome- 
liaceen. _Die dem Boden entnommenen Sehichten werden in halbe 
Faust grosse Stücken zerhackt oder einfach nur zerrissen. 


— 107 — 


Auch bei der Ananaskultur spielt diese Torferde eine grosse 
Rolle. Die kräftige, dunkelgrüne Färbung der Ananaspflanzen, wie 
sie in Donaueschingen durchaus vorhanden ist, gibt Kirchhoff haupt- 
sächlich dieser Erde Schuld. Nach ihm wird bei dieser Manipulation 
und durch den Gebrauch die chemische Zersetzung erleichtert, die 
Bildung von Ammoniak dagegen aus dem freiwerdenden Stickstoff 
und des Wasserstoffes im reichlich gegebenen Wasser begünstigt. 
Zu gleicher Zeit vermehrt sich auch die Aufnahme atmosphärischer 
Wärme und die künstlich gegehene Bodenwärme wird unnütz. Diese 
hat ausserdem noch den Nachtheil, dass sie die Erde leicht versauert 
und deshalb nicht zum geringen Theil nachtheilig wirken kann. 
Künstlische Bodenwärme wird vom Inspektor Kirchhoff nur bei 
den Stecklingen gegeben. 

Als Beimischung zu diesen Erden werden, je nach dem Bedürf- 
nisse der kultivirten Pflanze, % % oder s durch Winterkälte und 
Feuchtigkeit aufgeschlossener Keuper-Mergel, ferner etwas reiner, 
weisser Quarzsand und wenig Kohle zugesetzt. Laub- und Mistbeet- 
Erde finden nur bei ganz gewöhnlichen Pflanzen, und selbst hier nur 
untergeordnet, Anwendung. 

Was schliesslich die Specialkulturen anbelangt, so schafft sich 
Kirchhoff nur kleine Pflanzen an und hat dabei das Vergnügen, 
diese allmählig zu wahren Schaupflanzen heranwachsen zu sehen. 
Er steht hier mit denjenigen Liebhabern und deren Gärtnern aller- 
dings in Widerspruch, welche es bequemer finden, die Schaupflanzen 
gleich fertig zu kaufen, um damit dann auf Ausstellungen in Kon- 
kurrenz zu treten und weniger günstig gestellten Gärtnern, welche 
vielleicht Jahre lang gebraucht haben, um eine solehe Ausstellungs- 
Pflanze heranzuziehen, den Preis und scheinbar auch die Ehre wegzu- 
nehmen. Mit Recht hat ein Pflanzenfreund deshalb behauptet, man kröne 
in diesem Falle nicht das Verdienst und die Mühen des Gärtners, 
sondern den an und für sich schon vollen Geldbeutel des reichen 
Liebhabers. 

Es würde zu weit führen, über alle die vorzüglichen Kulturen, 
welche ich in Donaueschingen gesehen, zu berichten, aber über einige 
will ich doch sprechen. Von Dracänen waren nicht weniger als 
42 Arten und Abarten, unter ihnen die neuesten, welche erst vor 
Kurzem in den Handel gekommen sind, vorhanden. Für sie wird 


— 108 — 


eine Mischung von Haide-, Holz- und Torf-Erde, sowie Keuper, 
Sand und Kohle, alles in gleichen Theilen genommen und dieser 
ausserdem noch eine Anzahl von Scherben zugesetzt, - um die Erde 
noch durchlässiger zu machen. Die Stecklinge wachsen, nachdem 
sie bis zur Bewurzelnng bei geschlossener Luft etwas Bodenwärme 
erhalten hatten, in damit gefüllten Töpfen in einer Weise, dass sie 
nach 3, 4 und 6 Monaten zu 1, 2 und 3 Fuss hohen und reich 
garnirten Pflanzen werden. 4 Monate alte Kopf-Stecklinge von 
Dracaena ferrea waren 2% und 3 Fuss hoch. Das Exemplar der 
Dracaena Mooreana, welche bei der Festausstellung zu Berlin im 
Juni vorigen Jahres gewesen war und dort allgemein bewundert 
wurde, hatte nur 1 Jahr. Auf gleiche Weise besassen Dr. Maclayi, 
_ Denissoni, porphyrophylla, Reginae, Chelsonis, albicans u. s. w. 
dieselbe Schönheit; sie waren alle gleichsam aus einem Gusse hervor- 
gegangen. 


Nieht weniger untadelhaft und von prächtigem Ansehen war 
die Sammlung von 30 verschiedenen Maranten und 18 Crotons. Die 
letzteren erhalten bei gleicher Mischung nur etwas mehr Keuper. 
Von besonderer Schönheit sah ich unter ihnen: Cr. Hillianum, 
Hookeri, Joannis, maximum, multicolor u. s. w. Obwohl die sonst, 
wie man glaubt, an mehr Wärme gewöhnten Maranten mit den 
Dracänen in gleicher Temperatur gehalten wurden, stehen sie doch 
im Winter in gleichen blattreichen Schmucke, wie im Sommer. Die 
neue, prachtvolle M. Seemanni hatte sich in der kurzen Zeit, wo sie 
in Donaueschingen ist, vorzüglich entwickelt und strotzte in gleicher 
üppigen Fülle, wie M. chimborazensis, smaragdina, Veitchii u. a. m. 


Die Kultur der Orchideen aus Mexiko, Guatemala und Neu- 
granada befinden sich ebenfalls in einer Mischung von Haide-, Holz- 
und Torferde ganz vorzüglich. Bei den Masdevallien spielt die Torf- 
Erde die Hauptrolle. Schönere Exemplare mit 40, 50, ja sogar 60 
Blüthen möchte man kaum wo anders gesehen haben. Nach der 
Ansicht Kircehhoff’s werden die Masdevallien im Allgemeinen ver- 
zärtelt. In Donaueschingen kultivirt man sie dagegen ganz kalt, 
selbst in kalten Kästen im Freien, und erhalten sie grade erst dadurch 
ihr kräftiges Ansehen. Gleich den Masdevallien werden aber auch 
Sarracenien, Cephalotes, Dionäen und Disa behandelt. Alle diese 


— 109 — 


Pflanzen verlangen, wenn sie üppig wachsen sollen, ausserdem eine 
kalte und feuchte Luft, selbst Nässe. 

Welche niedrige Temperatur Pflanzen oft aushalten können, da- 
von erzählte mir Inspektor Kirchhoff ein Beispiel. Ein Exemplar 
des Tropaeolum tricolor Jaratti, war zufällig in einem Zimmer, 
wo die Fenster often standen, lange im Spätherbste geblieben. 
Trotzdem machte es einen Trieb von 6 bis 8 Zoll, der eine ausser- 
halb befindliche Kälte von 8 Grad aushielt. Man bemerkte schliess- 
lich das Versehen, pflanzte den Knollen ein und der Trieb entwickelte 
sich allmählig zur üppigen Pflanze. 

Von besonders schönen Pflanzen sah ich noch ein grosses Platy- 
cerium grande, ebenfalls im Topfe, ein Adiantum Farleyense und 
eine Alocasia Marshalli, wie man sie gewiss nicht schöner in 
England sieht, ferner die neue Bilbergia Roezlii, Tillandsia oder 
Vriesia imperialis, mehre Exemplare des grossblättrigen Anthurium 
Scherzerianum, von dem Inspektor Kirchhoff nicht weniger als 
gegen 2,000 Sämlinge aus selbstgezüchteten Samen erzogen hatte, 
ein Angrecum sesquipedale mit 5 Blüthenständen und 18 Blüthen, 
endlich Vanda teres mit 72 Blumen. Sehr reich an Arten sind auch 
die Odontoglossen vertreten, zum Theil in Exemplaren, wie man 
sie sonst gewiss nur selten sieht. KK 


Die Gypressen der Alten und Neuen Welt. 


Eine monographische Szizze. 
(Schluss.) 


B. Cypressen mit im ersten Jahre reifenden Beerenzapfen. 
(Chamaecyparis und Retinospora.) 
10. Ceder-Cypresse oder weisse Ceder. 
(Cupressus Thyoides L., Thuja sphaeroidalis C. A. Rehd, 
Chamaecyparis sphaeroidea Spach). 
Matt- oder graugrüne Färbung; Zweige kaum zusam- 
mengedrückt, zwar selbst in 2 Reihen, aber mit den 


— 10 — 


jüngern Aesten nieht regelmässig blattartig; Blätter 
zugespitzt; Beerenzapfen mit verlängerten Erhabenheiten; 
2Stempel unter jedem Fruchtteller. Kin ansehnlicher 
Baum. 

Diese bei uns in den kältesten Wintern harte Cypresse verlangt 
bestimmte Bodenverhältnisse, wenn sie gedeihen soll. Sie unterscheidet 
sich von den ähnlichen Arten dieser Gruppe durch ungleiches und 
weniger geschlossenes Wachsthum. Die letzten Verästelungen sind 
in der Regel kurz und ungleich gestellt. Man kultivirt eine Form, 
wo die Farbung etwas ins Blaugrüne geht, mit der näheren Bezeich- 
nung glauca. Man hat auch Formen in dem Handel, wo die schup- 
penförmigen Blätter als solche sich noch nicht entwickelt haben und 
noch mehr oder weniger nadelförmig erscheinen. Dergleichen sind 
von Carriere als Retinospora psendo-squarrosa beschrieben, 
kommen aber auch unter dem falschen Namen Retinospora lep- 
toclada vor. 

€. Thyoides spielt in Nordamerika eine grosse Rolle und ge- 
hört daselbst zu den wichtigsten Gehölzen. Sie nimmt oft sehr grosse 
Flächen ein und wächst besonders in feuchten Gegenden und in 
Sümpfen. Jhr Holz wird sehr geachtet, da es gut riecht und eine 
lange Dauer besitzt. Jn den nördlichen Staaten gibt es besondere 
Cedern-Bötteher (cedar-coopers), welche nur das Holz der Weissen 
Ceder verarbeiten. Als Reife gebrauchen sie die dünnen Aeste, das 
Holz aber für die Anfertigung der Fässer selbst. Aber auch Tischler 
verarbeiten das Holz vielfach. 


Il. Schöne Cypresse. 


(Cupressus amoena C. Koch, funebris Lindl. et Gord. 

| und der Gärten.) 

Freudig grüne Färbung; Zweige sehr zusammenge- 
drückt, mit den jüngeren Aesten blattartig gestellt; Blätter 
zugespitzt; Beerenzapfen bereift, mit unbedeutenden Er- 
habenheiten; 3 u. 4 Stempel unter jedem Fruchtteller. 

Eine um so schätzenswerthere Einführung der neueren Zeit, 
als sie im Südwesten Deutschlands sehr gut zu gedeihen scheint 
und wahrscheinlich auch im Norden nicht sö empfindlich ist, als 
man glaubt. Sie wurde vor ohngefähr 25 Jahren durch Fortune 


a 


direkt aus ihrem Vaterlande als chinesische Trauer-Cypresse (Cupressus 
Funebris) eingeführt. Von dieser unterscheidet sie sich aber durch 
die sehr zusammengedrückten Zweige und durch die im ersten Jahre 
reifenden Beerenzapfen sehr leicht, selbst wenn im Alter der Pflanze, 
wie Fortune, behauptet, Aeste und Zweige überhängen sollten. 

Da ihre Einführung durch Samen geschah und die jungen 
Pflanzen ihre Nadeln längere Zeit behalten, als die meisten. übrigen 
Cypressen, so glaubten selbst Botaniker im Anfange ihrer Kultur, 
dass sie keine Cypresse, sondern eine Wachholderart sei. Der Ue- 
bergang vom ersten Stadium mit Nadeln zum zweiten mit schup- 
penförmigen Blättern geschieht in der Regel sehr rasch, so dass 
selbst bisweilen Gärtner der Meinung waren, dass mit der Pflanze im 
Darwin’schen Sinne eine vollständige Umwandlung in eine andere 
Art geschehen sei. 


12. Nutka-Cypresse 
(Cupressus Nootkatensis Lamb., Nutkaönsis Hook, americana 
Trautv. Chamaecyparis Nutkatensis Sp, Thuja excelsa 
Bong., Thujopsis borealis Fisch,) 
Dunkelgrüne Farbung; Zweige wenig zusammengedrückt, 
mit den jüngeren Aesten blattartig- gestellt; Blätter zu- 
gespitzt; Beerenzapfen bereift, mit hervortretenden Erha- 
benheiten; 2Stempelunter jedem Fruchtteller. Hoher Baum. 
Jm nordwestlichen Amerika bildet diese Cypresse, welche nach 
der Insel Nutka, auf der sie zuerst entdeckt wurde, den Namen 
erhielt, einen schönen Baum, der selbst 100 Fuss hoch werden kann. 
Bei uns ist sie bereits um so mehr beliebt, als sie gegen unsere 
Witterungsverhältnisse gar nicht empfindlich ist und ziemlich rasch 
wächst. Auf freiem Rasen stellt sie bei ihren schönen Wachsthume 
eine stattliche Pflanze dar. Ihre untersten Aeste breiten sich weit 
aus und liegen oft der Erde auf. So erhebt sie sich fest geschlossen 
in pyramidenförmiger oder länglicher Gestalt. 


Lawson’s Cypresse. 
(Cupressus Lawsoni A. Murr. Chamaecyparis Lawsoniana 
Parl., Chamaeepuaris Boursieri Carr.) 
Dunkele, bisweilen etwas blaugrüne Farbung; Zweige 
stielrundlich, mit den jüngeren Aesten blattartig- gestellt, 


a 


Blätter stumpf; Beerenzapfen bereift, mit unbedeutenden, 
aus einer Vertiefung hervorkommenden Erhabenheiten; 
3 und 4 Stempel unter jedem Fruchtteller. Hoher Baum. 

Auch diese Cypresse erreicht im nordwestlichen Amerika, ihrem 
Vaterlande, die bedeutende Höhe von 100 Fuss und stellt für unsere 
Anlagen, besonders als Einzelpflanze auf Rasen u. s. w. eins der 
besten Gehölze bar. Noch mehr als die Nutka-Cypresse, behält sie 
ihre weitgreifenden, wagerecht abgehenden Aeste bis an die Basis 
des Stammes, baut sich aber um so mehr pyramidenförmig, als 
nach oben die Aeste allmählig kürzer werden. Die Spitze hängt in 
diesem Falle gewöhnlich über. 

Man hat aber auch eine Form in Kultur, die sich anders baut, 
weniger geschlossen und dicht ist, sowie eine längliche Gestalt besitzt. 
Diese Form ist weniger schön und nicht auf gleiche Weise zu em- 
pfehlen. In der Jugend hat Lawson’s Cypresse stets eine mehr 
blaugrüne Farbe, man kultivirt aber auch eine Form, wo diese sich 
länger erhält. Auch bunte blätterige Formen besitzt man in sofern, 
als die Spitzen der Triebe gelblich-weiss sind. 


14. Sonnen - Cypresse., 
(Cupressus obtusa C. Koch, Chamaeeyparis und Retinospora 
obtusa S. et Z.) 

Dunkelgrüne Färbung; Zweige viereckig, zusammen- 
gedrückt, mit den jüngeren Aesten blattartig-gestellt; 
Blätter spitz; Beerenzapfen nicht bereift, mit zwar breiten, 
aber nicht bedeutenden Erhabenheiten: 2 Stempel unter 
jedem Fruehtteller; 2 Harzgänge auf jeder Frucht. 
Mässiger Baum. 

Der deusche Name dieser in Japan wachsenden Cypresse ist 
der einheimischen Benennung entlehnt. Erst seit einem Paar Jahr- 
zehnten durch Siebold eingeführt, hat sie sich um so mehr ver- 
breitet, als sie gegen unsere harten Winter nicht empfindlieh ist. 
Sie wächst schnell und hat eine etwas hellere Färbung, als C. noot- 
katensis, mit der sie sonst, auch im Wachsthume, übereinstimmt. 

Von C. obtusa hat man weniger Formen, als vielmehr frühere 
Zustände mit besonderen Namen in den Handel gebracht, wo anstatt 
der sehuppenförmigen Blätter noch zum Theil oder ganz und gar 


—. 13 — 


Nadeln vorhanden sind. Dergleichen Formen heissen Chamaecy- 
paris Keteleerii, Standishii und Iycopodioides. Thuja 
pygmaea des Garten - Etablissements von James Veitch 
and Sons in London ist dagegen eine Zwergform dar C. obtusa. 
Kudlich bemerken wir noch, dass es auch in so fern buntblätterige 
Formen gibt, als die Spitzen der jungen Triebe im Frühlinge weiss- 
lich oder gelblich herauskommen, diese Färbung aber im Verlaufe 
des Sommers wiederum verliehren. 


15. Erbsenfrüchtige Cypresse. | 
(Cupressus pisifera C. Koch, Chamaecyparis und Retinos- 
pora pisifera 8. et Z.) 

Dunkel- oder freudig- grüne Färbung; Zweige oft sehr 
zusammengedrückt, mit den jüngern Aesten blattartig 
gestellt; Blätter zugespitzt; Beerenzapfen nicht bereift, 
mit unbedeutenden, in einer Vertiefung liegenden Erhaben- 
heiten; 2 Stempel unter jedem Fruchtteller: 2 und mehr 
Harzgänge auf jeder Frucht. Mässig hoher Baum. 

Diese ebenfalls in Japan wachsende Cypresse bleibt etwas kleiner, 
als ©. obtusa, und baut sich ähnlich der C. Lawsoni, während die 
zusammengedrückten Zweige sie der schönen Uypresse näher stellen. 
Hinsichtlich ihres Verhaltens gegen unsere harten Winter verhält sie 
sich aber der ©. obtusa wiederum ähnlicher, denn sie leidet nicht. 

Wie bei ©. obtusa, so hat man auch bei €. pisifera weniger 
eine Form, als vielmehr ein früheres Lebensstadium, wo noch nadel- 
förmige Blätter vorhanden sind, als Chamaecyparis und Retino- 
spora plumosa in den Handel gebracht. Eigenthümlich ist ferner 
eine Abart mit weniger, sehr in die Länge gezogenen jüngern Aesten 
und Zweigen, die nicht mehr blattartig gestellt sind und deshalb 
Veranlassung zur näheren Bezeichnung filiformis gegeben haben. 
Es ist dieses dieselbe eigenthümliche Erscheinung, wie sie bei Biota 
orientalis schon längst bekannt ist und auch denselben Beinamen er- 
halten hat, aber auch die Namen Thuja flexilis, flagellitormis und 
pendula in den Gärten führt. 

Von €. pisifern besitzen wir jetzt in derselben Weise buntblättrige 
Formen, wie bei C. obtusa angegeben ist. 


— 14 — 


16. Nadelhlättrige Cypresse. 
(Cupressus squarrosa ©. Koch, Chamaecyparis und Retinospora 
squarrosa S. et Z.) 

Stumpf-und hellblau oder graugrün; Zweige stielrund, 
zerstreut und nicht blattartig gestellt; Blätter nadel-, selir 
selten an den obersten Spitzen schuppenfömig:;: Beeren- 
zapfen nicht bereift, mit unbedeutenden, in einer Vertiefung 
liegenden Erhabenheiten; 2 Stempel unter jedem Frucht- 
teller; mehre Harzgänge auf jeder Frucht. Strauch oder 
kleiner Baum. | 

Eine Cypresse, weil sie nur ausnahmsweise in das zweite Le- 
bensstadium mit schuppenförmigen Blättern tritt, sehr abweichend 
von allen übrigen Arten dieses Geschlechtes, hinsichtlich der Blüthen u. 
Früchte stimmt sie aber genaumit ihnen überein und kann deshalb nicht 
aus dem Genus Cupressus entfernt werden. Die nadelblättrige Cy- 
presse hat weit mehr Aehnlichkeit mit jugendlichen Pflanzen des 
abendländischen Lebensbaumes (Thuja oceidentalis), die sehr oft 
besonders von Carriere, für Retinospora - Arten gehalten werden. 
Man kann sie aber dadurch leicht unterscheiden, dass die letzteren 
unsere Winter sehr gut aushalten, die ersteren aber nicht.- Die 
Blätter besizen auch bei ©. squarrosa auf der Unterfläche 2 weisse 
Längsbinden, die den jugendlichen, nadelförmigen Blättern der Thuja 
oceidentalis fehlen, i 

Wir haben in der Kultur 2 Formen, welche gegen unsere Win- 
ter weniger empfindlich sind und im südwestlichen Deutschland ziem- 
lich gut aushalten. Bei der einen Form sind die jüngern Aeste 
und Zweige mehr in die Länge gezogen, die Pflanze wächst aber 
trotzdem pyramidenförmig und hat ein blaugrünes Ansehen. Man kul- 
tivirt sie als 'Retinospora leptoclada. Die andere Form, welche 
gewöhnlich den Namen Retinospora juniperoides führt, ähnelt 
der kapischen Widdringtonia, welche denselben Beinamen führt, sich- 
aber leicht: durch Nadeln, welche von 3 Längsnerven durchzogen 
sind, unterscheidet. Wie diese, wächst. die Form auch gedrängt und 
stellt ein kleines Bäumchen von eiförmiger Gestalt dar. 


— 115 — 


Ueber Lärchenbäume*) 


von 


Carl Bolle. 


Wir haben ein gutes altes märkisches Wort, das ieh, obschon 
es in der Schriftsprache kaum üblich, dennoch sehr hoch halte. Es 
ist der Ausdruck Tanger, welcher wie man weiss, bei uns einen 
Kollektivbegriff von Nadelholzmassen, sei es lebenden oder abgehauenen, 
oft auch nur eine Anhäufung von Reisern dieser Gehölze bezeichnet. 
Der Klang dieses Worts hat für mein Ohr einen Zauber der Ur- 
sprünglichkeit, der den anspruchsvolleren Bezeichnungen, die in aller 
Munde sind, wie Koniferen, Zapfenbäume etc. abgeht: es ist als ob 
an ihm etwas von dem Leib und Seele erquickenden Harzgeruch 
des deutschen Nadelwaldes haften geblieben sei. Einer unserer 
frühesten und besten Schilderer speciell heimischer Naturscenen, 
Willibald Alexis hat das Wort gebraucht und geliebt. Ich bilde 
mir ein, dass Jakob Grimm ihm nicht abhold gewesen wäre, 
ja, es als dem süddeutschen Tann ebenbürtig betrachtet haben 
würde. Ebenso nehme ich keinen Anstand, zu versichern, dass auch 
der glänzende Lobredner märkischer Landschaftsbilder, unser Fontane, 
schwerlich abgeneigt sein würde, es in seinen lebenswarmen Schriften 
als adäquate Wiedergabe eines ihm geläufigen und angenehmen 
Gegenstands anzuwenden. 

Ich bekenne mich vor Ihnen als einen grossen Liebhaber jed- 
weden Tangers, sei er nun fremd, sei er heimisch. Sohn der Mark, 
noch immer einer der fichtenreichsten Landschaften der Welt, hat 
die Pflanzenfamilie der Koniferen mich von früher Jugend an gefesselt. 
Ich habe ihre wechselnden und formenprächtigen Gebilde in der 
Nähe wie in der Ferne vorzugsweis bewundert; ich habe mich ihr, 


*) Die gegenwärtige Arbeit war bestimmt, in der Generalversammlung des 
Akklimatisationsvereins für Preussen, welche am 6. März .d. J. stattfand, gelesen 
zu werden. Da Hindernisse geschäftlicher Natur diesen Vortrag auf ein andermal- 
zu verschieben zwangen, findet, einem mehrfach dem Verfasser gegenüber aus- 
gesprochenen Wunsch zufolge, seine Veröffentlichung in der Monatsschrift statt. 
Möge diese sachliche Erläuterung einem hie und da etwas oratorischen Ton, 
der von dem ursprünglichen Zweck gebieterisch gefordert wurde, zur Entschuldi 
gung dienen, | 


5. 


=, 100, 


als Verehrer der freien und wilden Natur, als Pflanzer und Forscher 
eng befreundet. Ich denke auch einmal genug des von mir ge- 
pflanzten Tangers hinter mir zurückzulassen, um bei mehr als einer 
(reneration von Berlinern Zeugniss von dieser Vorliebe abzulegen. 
Es hat sich gefügt, dass diese Liebhaberei, von einer Fülle der 
interessantesten neuen Einführungen begünstigt, gerade in unserer 
Epoche anfängt eine allgemeinere zu werden. Aus vom klima bevor- 
zugteren (egenden reicht sie zu uns herüber. Sie hat einen ziemlich 
lebhaften Handel hervorgerufen und verspricht unser Deutchland 
dauernd mit manchen der edelsten Gestalten der Baumwelt zu 
bereichern. 

Nachdem ich Ihnen so bis zu einem gewissen Grade mein im 
Kreise der Akklimatisation schon mehrfach bekundetes Anrecht von 
diesen Dingen Öffentlich zu reden, auseinander gesetzt, nachdem ich 
es durch das Geständniss bekräftigt, dass ich für allen nur erlang- 
baren Tanger nicht allein Mühe, sondern auch ziemlich viel Geld aus- 
gegeben habe, bitte ich um die Erlaubniss, Sie von einer bestimmten 
Gruppe des Tangers, freilich von einer durch die geringe Persistenz 
ihrer Nadeln vom Grundtypus etwas abweichenden, in der Kürze 
- unterhalten zu dürfen. 

Wer kennt nicht die Lärchenbäume! Obschon germanischen 
Ursprungs, ist ihr Geschlecht doch kein lirzeugniss unseres im 
engeren Sinne vaterländischen Bodens, vielmehr oberdeutsch in 
des Worts verwegenster Bedeutung. Aber seit so lange schon 
hat es sich bei uns eingebürgert und ist unserer Anschauung 
so vertraut geworden, «dass wir es beinahe doch als ein solches 
betrachten können. Sie werden mir nicht die Taktlosigskeit zu- 
trauen, Sie mit botanischen Diagnosen oder mit nach lateinischen 
Barbarismen schmeckenden Gattungscharakteren behelligen zu wollen. 
Verlangt man eine volksthümliche Definition der Lärche von mir, 
so werde ich einfach sagen: Sie ist ein Nadelholz, das schlecht zum 
Weihnachtsbaum, aber um so besser zum Maienbaum passt, wenn über- 
haupt es dem Maienbaum gestattet ist, etwas anderes als eine Birke 
zu sein, Ich denke sie damit wohl soziemlich verständlich als eine 
Art Tanne oder, wenn Sie lieber wollen, als eine Abietinee bezeichnet 
zu haben, deren Nadeln, im Gegensatz zu denen der übrigen, fast 
ausnahmslos wintergrünen Koniferen, den Blättern unseres Laub- 


— 117 — 


holzes gleich, im Herbst abfallen *) Sie hat sonst viel, wenn auch 
nicht Alles von der Tanne: Wuchs und Wüchsigkeit, nahverwandte 
botanische Kennzeichen in Blüthe und Frucht, ähnliche Wirkung im 
Landschaftsbilde, analoge Nutzhbarkeit: aber der eine schon ange- 
deutete biologische Unterschied trennt beide durch eine Kluft von 
einander, ganz abgesehen von dem büschelweisen Hervorsprossen der 
Nadeln bei der Lärche, verglichen mit ihrer isolirten Stellung. bei 
allen wahren Tannen. Die ganze Schönheit der Erstereren ist ihrem 
eigenthümlichsten Reize nach auf die warme ‚Jahreszeit beschränkt. 
Sie erheitert nicht, wie jene der Tanne, den langen Winter, sie 
kontrastirt nicht mit der blendend weissen Schneedecke, die er uns 
bringt. Sie ist vorübergehender, aber um desto intensiverer Natur. 
Von ziemlich trister Erscheinung zur Frostzeit, muss die Lärche, um 
ihre volle Wirkung zu thun, den Frühling abwarten Eine sehr 
zeitig hervorsprossende, gegen Spätfröste unempfindliche Benadelung 
von zartester Textur und Farbe stellt sie, allerdings nicht in 
botanischer, wohl aber in physiognomischer Hinsicht, auf die Grenz- 
linie zwischen Tanger und Laubholz. Wie Letzteres, hat auch sie 
einen zweiten .‚Jahrestrieb im Sommer, den sogenannten August- 
trieb; wie bei ihm, färben sich im Herbst ihre Blätter, ehe sie ab- 
fallen, zu gelben Tinten um. 

Das Wort Lärche scheint dem Ursprung nach zweifelsohne mit 
dem so klangverwandten lateinischen Lariw überein zu stimmen. 
Man lasse dabei jeden Gedanken an den gleichnamigen Vogel 
fahren, von dem sicher nur ein. stubengelehrter Wortklauber, nicht 
aber ein Fachmann, wird behaupten wollen, er liebe es auf den 
Zweigen des Baumes zu ruhen und habe diesem dadurch den Namen 
gegeben. Die Wahrscheinlichkeit führt den der Etymologie des 
Wortes Nachspürenden zu den lärchenbewaldeten Hochgebirgen des 
alten Rhätiens, jener frühen Heimath des Tuskervolkes, von denen 
dasselbe zu den Römern gelangt sein mag, bei welchen Plinius es bereits 
in der bekannten lateinischen Form kennt. Sprachforscher mögen ent- 
scheiden, ob es etruskischen, ob celtischen Stammes sei. Jedenfalls 


*) Während des Drucks dieses Aufsatzes erhielt ich zweijährige Lärchen- 
sämlinge (Larix europaea), die vollkommen immergrün geblieben waren; gewiss 
nicht eine der am wenigsten bemerkenswerthen Erscheinungen des letzten so 
ungewöhnlich milden Winters, obwohl diese Sempervirenz bei Sämlingen öfter 
vorzukommen scheint. 


—- 118 — 


erinnert es lebhaft an den Ausdruck ZLarieio, mit dem im modernen 
Italienisch jetzt eine hohe Kiefernart Korsika’s und der Apenninen 
bezeichnet wird, während derjenige für die Lärche selbst Larice 
lautet. Der Spanier, der den Baum bei sich nur im kultivirten 
Zustande kennt, sagt Alerce, in Erinnrung an die bei den Mauren 
Nordafrika’s noch heut so genannte Callitris quadrivalvis, jenes kost- 
barste aller Bau- und Nutzhölzer des Alterthums und der Kalifenzeit. 
Das französische Wort NMelöze, welches im Languedoc auch für die Cy- 
presse in Anwendung kommt, ist ein ureigenes und dem unseren voll- 
kommen fremdes; das englische Zarch endlich fällt mit dem unseren 
so gut wie ganz zusammen. 3 

Alle Lärchenbaumspecies, die von den Systematikern unter die 
Gattung Larix oder als Unterabtheilung des von Parlatore neuer- 
dings wieder in seine Rechte eingesetzten grossen Linne’schen 
Gesammtgenus Pinus klassifieirt werden, gleichen einander unge- 
mein in der Tracht. Manche von ihnen gehören nicht zu den besten 
der sogenannten guten Arten. Folglich herrscht über sie viele 
Meinungsverschiedenheit und es bedarf, zumal in ihrem Jugend- 
zustande, nicht selten eines geübten Auges, um sie zu unterscheiden, 
Sie alle erfüllen in dem grossen Stimmungsbilde der Natur auch 
so ziemlich dieselben Zwecke, ohne dass jemals zwei Species in ein 
_ und derselben Gegend neben einander aufträten. Ja sie kommen 
hinsichtlich ihrer landschaftlichen und pittoresken Bedeutung in den 
meisten Stücken mit den Cedern, die man als noch edlere Bäume 
anzusehen gewohnt ist, überein, nur dass diese Letzteren, von über- 
dies auch verschiedenem und ornamentaleren Zapfenbau, immergrün, 
ihre Nadeln nicht abwerfen. 

Jener biblische Baum, die gottgepflanzte Ceder, der erhabene 
Waldriese des Libanon, des Taurus, des Atlas, zeigt unglücklicher- 
weise eine kaum zu erklärende Widerspänstigkeit gegen unser 
Klima. Er, der in der feuchten Nebelluft Englands, mit Vorliebe 
angepflanzt, so weit nach Norden hin vordringt, ist trotz viefach 
wiederholter Versuche, ihn einzubürgern, dem mitternächtlichen 
Deutschland östlich der Weser bisher versagt geblieben. Die unver- 
gleichliche Majestät seiner in wagerechten Schichten zu einer flachen 
Krone stufenweis sich“! aufbauenden Gestaltung, sein kolossaler 


Pr. 


en 
Stamm, der ı dunkle_ Sammt seiner tiefgrünen Benadelung, sein 


ed 


Balsamduft, -—— dies Alles wird für jeden mit seiner Erscheinung 
Vertrauten stets eine schmerzlich empfundene Lücke im Gesammt- 
bilde unserer Gärten und Parks zurücklassen. Berlin muss ent- 
behren, was zwischen Florenz und Edinburg fast jede grosse Stadt des 
Westens mehr oder minder besitzt. Der Werth der Grundstücke 
für Villenterrain wird von unseren Gründern nicht durch Berufung 
auf darauf befindliche Cedern noch mehr in .die Höhe geschraubt 
werden können, wie man bekannter Weise jenseit des Kanals beim 
Landverkauf, und zwar mit Recht, schöne Cedern stets hoch mit 
in Anschlag bringt. 

Einem solchen. Mangel gegenüber, sinnt der Pflanzenfreund, der 
. Förderer der bildenden Gartenkunst auf Abhülfe und Ausgleichung. 
Ich habe immer gefunden, dass, wo das Klima eine Schranke zog, 
man wohlthut, sich im nächstverwandten Formenkreise nach 
Ersatz umzusehen. So treten bei uns als immergrüne Gehölze die 
Stechpalme und der Buchsbaum an die Stelle der uns versagten 
Lorbeern uud Myrthen. So müssen und mögen denn auch die 
Lärchen unsere Cedern sein. Sie sind ja auch eigentlich, und längst 
hat man sie mit diesem Namen begrüsst, nicht nur physiognomisch, 
sondern in der That die Cedern der europäischen Alpen und des 
hohen Nordens. So unendlich Vieles ist beiden gemeinsam, so 
Weniges nur trennt sie, dass man wohl berechtigt erscheint, 
die eine Baumart der anderen, ohne grossen Unterschied, zu 
substituiren. Besten Falls erheischt an den Grenzen ihres künst- 
lich ausgedehnten Verbreitungsbezirks die Libanonsceder, mehr 
noch die Deodara, etwas weniger vielleicht die Atlasceder 
Schutz und Winterdecke. Die Bäume frieren in ungewöhn- 
lich rauhen Wintern zurück oder verkrüppeln ganz; immer 
bleiben es Angstkinder. Wie ganz anders dagegen die Lärche. Die 
wächst frei, am liebsten an den ausgesetztesten Stellen. . Sie verlangt 
so recht eigentlich nach frischer Winterluft; sie will ihre Aeste vom 
Schnee belastet, ihre Krone vom eisigen Boreas gepeitscht und durch- 
rüttelt wissen. Keine Rauhigkeit, wenn irgend etwas, weit eher die 
relative Milde der Temperatur darf uns für sie zittern lassen. Ihret- 
wegen können wir ruhig schlafen in den kältesten Januarnächten 
unserer furchtbarsten Winter. Ist periodisch wiederkehrende strenge 
Kälte ja doch eine Lebensbedingung für sie, und sie selbst eine Bür- 


— 10 — 


gerin noch unwirthbarerer Zonen als die unsere, welche gebieterisch 
das fordert, wovor anderem fremdländischen Tanger, wovor den Wel- 
lingtonien und den Kryptomerien bangt. Freilich ist, wie sehon bemerkt, 
ihre Schönheit die Winterzeit hindurch gering: aber lasst nur den 
April kommen und die;Veilchen blühen wollen, dann entfaltet der Baum 
des Nordens auf einmal seine eine zeitlang alle anderen Bäume über- 
bietende Pracht. Strotzend von balsamischem Harzsaft bersten seine 
allmälig angeschwollenen Knospen zu einem grünen Stern auseinander, 
und diese zahllosen Sterne verschmelzen bald mitsammen zu einer 
smaragdenen Laubdecke, in welche sich die Krone einhüllt, wie 
das Mädchen des Feenmährchens in den Mantel ihrer Locken: so 
federhaft duftig, so unnennbar weich und einschmeichelnd schön, so 
übergossen vom zartesten Atlasglanz, so durchsättigt von den wärm- 
sten und lieblichsten Farbentönen. Um diese Zeit ist die Lärche 
zugleich ein Blüthenbaum im schöneren Sinne des Wortes, wie denn 
auch, was wenige wissen, die purpurnblühende Rothtanne ein solcher 
ist. Man betrachte nur die oft schon an wenig mehr als manns- 
hohen Stämmen reichlich erscheinenden weiblichen Kätzchen, und 
man wird nicht ohne Erstaunen gewahr werden, dass dieselben von 
ausserordentlicher Schönheit, fast eine Blume zu nennen sind: von 
der Grösse eines Singvogeleies, schuppig und von reizendster ins 
Rosenrothe spielender Violettfarbe. 

Ja um diese Zeit ist die Lärche ein Baum, allein schon der 
Mühe werth, den Naturfreund ins Freie zu locken, ein Baum der 
seinem Pfleger überreich alle Mühe vergilt. Sie lohnt dieselbe, wenn 
auch in bescheidenerem Maasse den ganzen Sommer hindurch und 
später noch einmal wieder in auffallenderer Weise im November 
durch die fahle Pracht ihrer langsam sinkenden Nadeln, deren Ver- 
wittrung bald einen üppigen Graswuchs unter Lärchenbeständen 
hervorzurufen pflegt. Die Lärche lohnt ferner durch Schnel- 
ligkeit des Wuchses auf fast jedwedem Boden, eine Eigenschaft 
in der sie, Pappeln und Weiden ausgenommen, die meisten anderen 
Bäume überflügelt. Kein dankbareres Gehölz als die Lärche! Selbst 
da, wo sie in späteren Jahren nicht recht vorwärts will, ist und 
bleibt sie wenigstens in der Jugend ein wahrer Schmuckbaum; zu- 
sehends rasch emporschiessend, dabei früh schon blühend und Samen 
tragend. 


we 


Nur eins verträgt ‘die Lärche ebensowenig wie die Tmft des 
Südens: das ist die Luft der Städte, der eingeschlossene Qualm 
eo vieler animalischer und mineralischer Ausdünstungen. Daher 
halte man sie von den Stadtgärten fern; sie wird nie für dieselben 
eine Zierde sein. Ferner scheut sie stagnirende Nässe, sowie das 
Ueberbautsein mit fremden Baumkronen. In fast allen diesen Be- 
ziehungen zeigt sie sich eigensinniger noch als die Ceder, die im 
Schatten aufwächst und willig zur Stadtbewohnerin wird. Sonst 
steht sie dieser so ebenbürtig zur Seite, dass wir fast etwas wie 
Reue empfinden, sie gewissermaassen eir Surrogat derselben genannt 
zu haben. 

Sehr lange Zeit kindurch verstand man, von der Lärche redend, 
darunter ausschliesslich die Species der europäischen Alpen. Neben 
ihr trat zuerst, schon Beehstein und Willdenow in der Kultur be- 
kannt, eine amerikanische Art auf, der wir unter dem Namen 
des schwarzen Lärchenbaums (Pinus Larix nigra, Marsh.) bei den 
dendrologischen Schriftstellern des zu Ende gehenden achtzehnten 
Jahrhunderts begegnen. Seit die Pflanzendecke der Erde genauer 
erforscht worden ist, haben Systematik und botanische Geographie 
uns hinsichtlich der Zahl und Verbreitung der vorhandenen Lärchen 
umfassendere Aufschlüsse gegeben. Wir konstatiren in den uns jetzt 
bekannten Arten durchgehends Bäume des subalpinen Höhengürtels 
der nördlichen Hemisphäre, auch solehe der hochnordischen, ja sogar 
der arktischen Zone. Zur Stunde sind neun bis zehn Species zur 
allgemeinen Kenntniss gekommen, deren geographische Verbreitung 
kurz anzudeuten mir hier gestattet sein möge. 

1. Die europäische Lärche, Larix europaea, D. C., in geringster 
Ferne von uns zuerst in den Karpathen auftretend, durch die ge- 
sammte Alpenkette, allerdings mit Unterbrechungen, verbreitet. Da- 
selbst einen Höhengürtel von durschnittlich zwischen 2800 und 
6000 Fuss einnehmend, ja auf der italienischen Abdachung und im 
oberen Rhonethal bis 7000 Fuss ansteigend. Dieser Baum fehlt, 
wildwachsend, den Pyrenäen und Apenninen, dem gesammten Spanien, 
Britannien und Skandinavien. Man sucht ihn ferner vergebens auf 
dem überhaupt aller Lärchen baaren Kaukasus. Durch Anbau ist er 
dagegen weithin über Europa verbreitet und insbesondere in Sehott- 
land zum wälderbildenden Baum geworden. Im Italien, wo ich ihn 


— 12 — 


noch bei Florenz einzeln gepflanzt sah, bleibt er in der wärmeren 
Ebene stets von kümmerlichem Wuchse. | 

2, Die sibirische Lärche, Larix sibirica, Ledeb.,- zerfallend in 
eine dem eigentlichen Sibirien angehörige Form und in eine andere 
cisuralische, L. rossica, Sabine, die russische oder archangelische 
Lärche genannte: die erstere mit früherem, die andere mit späterem 
Laubfall, sonst einander bis auf die kleineren Zapfen der L. rossica 
sehr ähnlich. Nach Regel ist die erstgenannte Varietät in den Gärten 
um Petersburg die verbreitetste Art, während die zweite daselbst nur 
vereinzelt vorkommt _Speeifische Grenzen zwischen der sibirischen und 
der enropäischen Lärche sind von namhaften Forschern, so von Regel 
selbst, geläugnet worden. Wir halten nichts destoweniger an der 
Ansicht fest, dass man es hier mit zwei unter sich verschiedenen 
Arten zu thun habe und erfahren mit Vergnügen von Professor Koch, 
dass auch er dieser Ansicht sei. Die sibirische Lärche nun, als 
Species anerkannt und als Gesammtbegriff ihrer zwei Typen aufge- 
fasst, wohnt zu beiden Seiten des Europa md Asien scheidenden 
Uralgebirgs, woselbst sie eine weite Verbreitung hat und natürlich 
auf den Höhen der Berge selbst weit tiefer als in der Ebene nach 
Süden hin vordringt. Sie ist waldbildender Baum am Altai, sowie im 
ganzen westlichen Sibirien, bis hinauf zu sehr nordischen Breiten, 
woselbst sie im Taimyrlande, mit einer Rothtanne, Picea obovata, Lk., 
vergesellschaftet, die Polargrenze des eigentlichen Baumwuchses auf 
dem Erdkreise überhaupt bildet. Nach Willkomm wächst sie in 
Lievland mehrfach angepflanzt. Janka möchte diese Art auch als eine 
Bürgerin der Flora Siebenbürgens angesehen wissen, eine Ansicht, 
deren Bestätigung abzuwarten bleibt. 

3. Die dahurische Lärche oder die Lärche Ostsibiriens. Larix 
dahuriea, Turez. Auch im Amurlande, in Kamtschatka und auf der 
grossen nordjapanischen Insel Jeso einheimisch., Es ist dies eine 
Species, welche zuerst in einer den sumpfigen Alpenhöhen Dahuriens 
entstammenden Zwergform bekannt geworden ist. Sie erwächst in- 
dess unter günstigen Verhältnissen nicht minder als andere Lärchen 
zu einem hohen und starken Baum, der sich durch eine sehr un- 
regelmässige Krone und sparrigen Astbau kenntlich machen soll. In 
unseren Kulturen ist die dahurische Lärche noch selten und kaum 
anders als in jugendlichen Stämmchen vorhanden, denen ein lang- 


— 1233 — 


sames Wachsthum nachgesagt wird. Die Traeirung der Demarkations- 
linie zwischen der west- und der ostsibirischen Lärche wäre eine 
dankenswerthe pflanzengeographische Aufgabe, welche bisher noch 
- nieht gelöst worden ist. 

4. Die zartschuppige Lärche, Larix leptolepis, Murray. In den 
Gebirgen Japans, insbesondere der Hauptinsel Nipon weit verbreitet. 
Sie wird als ein bis vierzig Fuss hoher schöner Baum mit überhängenden 
Aesten geschildert und ist in ihrem Vaterlande Gegenstand sorgfäl- 
tiger Kultur. 

5. Die japanische Lärche, Larix japonica, Murr. Diese zweite 
Lärchenart des eigentlichen Japans wächst an den alpinen Gehängen 
des Vulkans Fusiyama in einer Meereshöhe von etwa 8000 Fuss. 
Sie ist uns bisher nur als ein zwergiger Baum bekannt geworden 
und dürfte, obwohl lebend noch nicht eingeführt, zweifelsohne, wie 
wir dies von der zartschuppigen Lärche schon erfahrungsweis wissen, 
in unserem Klima ausdauern. 

6. Griffith’s Lärche, Larix Griffithii, Hook. Ein ansserordent- 
lich wohlgebildeter Baum mit pyramidaler Krone und hängendem 
Gezweig, von allen Gattungsverwandten vielleicht die am meisten von 
der europäischen abweichende Lärche und daher unserer Aufmerk- 
samkeit in um so höheren Grade würdig. Sie ist in Hinsicht auf 
ihr Verhalten zu unserem Klima noch nicht vollständig erprobt. Um 
so mehr freut es mich, berichten zu können, dass ein jugendliches 
Exemplar zu Potsdam im Palaisgarten der K. Landesbaumschule die 
jüngstvergangenen, sehr strengen Winter ohne Decke gesund über- 
dauert hat. Auch der Katalog der Peter Smith’schen Baumschulen 
zu Bergedorf bei Hamburg scheint sich für die Härte der Griffith- 
lärche auszusprechen. Ihr Vaterland ist der Himalaya und zwar in 
demselben eine Zone von etwa 12000 Fuss Höhe, den Provinzen 
Nepal, Bhutan und Sikkim angehörig. Beiläufig bemerkt, ist der 
Himalaya das einzige bisher bekannt gewordene Hochgebirge, in 
welchem Cedern und Lärchen gleichzeitig vorkommen. Sonst schliessen 
diese Gattungen, als zu nahe verwandt, einander geographisch aus, 
so dass im Libanon, im Taurus und Atlas die Lärchen fehlen. 

7. Die amerikanische Lärche, Larix microcarpa, Pinet. Woburn. 
Ein sehr hoher, stattlicher Baum, von, wie bei der europäischen Lärche, 
verschieden ‘ gebildetem Kronenbau,. Hackmack der Eingebornen 


— 1214 — 


Nordamerika’s, wo er auf der atlantischen Seite von der Hudsonsbai 
his Virginien gefunden wird. Frühzeitig bei uns eingeführt, aber 
‘dennoch nieht häufig in den Kulturen und oft mit der folgenden Art 
verwechselt. Diese beiden amerikanischen Lärchen, welche Michanx 
unter. seiner Larix americana zusammenzufassen scheint, gelten hin- 
‚sichtlich des Bodens für noch bedürfnissloser als die unsrige und 
stehen in dem Ruf sich sowohl sehr dürrem. als auch vollkommen 
feuchten, fast nassem Erdreich, welches letztere die europäische Lärche 
meidet, gleichmässig zu akkomodiren. | 

8. Die schwarze amerikanische Lärche, Larix pendula, Salish. 
(L. americana pendula, Loud., Pinus Larix nigra, Marsh.) von, wie 
es scheint, etwas beschränkterem Vorkommen in Nordamerika als die 
vorige, mit welcher Viele sie vereinigen. Ein Baum mit elegant über- 
hängenden Zweigspitzen und im Alter abgeflachtem Wipfel, leicht 
kenntlich im Knospenzustande durch die schwärzlichen Scheiden der 
Nadeln, der mit der pendulirenden Form unserer Lärche nicht ver- 
wechselt werden .darf. 

9. Die Lärche des fernen Westens, Larix oceidentalis, Nutt,, 
in den Felsgebirgen und im Oregongebiet. Eine noch nicht bei uns 
eingeführte, allem Vermuthen nach indess für unser Klima passende Art. 

10. Lyall’s Lärche. L.Lyallü, Parl. Noch wenig besprochener, 
der Beschreibung nach mittelhoher Baum vom Kaskadengebirge im 
nordwestlichen Amerika. Ebenfalls lebend noch nicht zu uns gelangt 
und nur seinen botanischen Charakteren nach gut gekannt. 

Im Anschluss an diese Aufzählung der Lärchen wage ich es 
kaum, hier anders als flüchtig eines der prachtvollsten Bäume neuerer 
Entdeckung und Einführung zn erwähnen, der generisch, wenn auch 
nicht selbst eine Lärche, doch denselben äusserst nahe steht und 
habituell den Uebergang zwischen ihnen und den Cedern noch inniger 
vermittelt, obwohl er seiner abfallenden Nadeln wegen den ersteren 
mehr als den letzteren sich anzureihen scheint und in der Bildung 
der Zapfen von beiden abweicht. Es ist dies die Goldlärche der 
Chinesen, Pseudolarix Kämpferi, Gord., eine Bürgerin der nordchine- 
sichen Flora, mit welcher der verdienstvolle Fortune uns zuerst ge- 
nauer bekannt gemacht hat. Man hat einigen Grund zu der Hoff- 
nung, diese Perle der Nadelhölzer bei uns im Freien gedeihn zu 
sehen. Die Erfahrungen, welche über ihre Ausdauer in Norddeutsch- 


— 125 — 


land vorliegen, sind allerdings an Zahl und an Gewieht noch gering, 
aber eher beruhigender Natur als das Gegentheil. 

Ich selbst experimentire in meinem Garten Scharfenberg in 
diesem Jahre zum erstenmal mit dem noch kostbaren Baume, von 
dem ich weiss, dass er im Bielagrunde der sächsichen Schweiz 70,71 
eingebundeu 27 Grad Kälte ausgehalten hat, sowie dass er seit ıneh- 
reren Jahren im Soltmannschen Brunnengarten zu Berlin befriedigend 
vegetirt. Ich hoffe, obwohl die Milde des diesmaligen Winters kaum 
einen Maasstab abgiebt, baldigst Erfreuliches über diesen Punkt 
melden zu können. 

Aus obiger Aufzählung ersieht der die Lärchen überhaupt mit 
sünstigem Auge Betrachtende, dass ihm ein überaus reiches Material 
zu Versuchen zu Gebote steht und dass die Natur den uns besehäf- 
tigenden Baumtypus, je nach den Ländern in denen er wächst, einer 
mannigfachen specifischen Gliederung werth erachtet habe. Während 
auf der Erdoberfläche überhaupt bis jetzt nur drei echte Cederu: 
vorkommen, können wir ihnen wenigstens neuen Lärchenarten gegen- 
über stellen und wer weiss, ob nicht noch neue Species hinzukommen 
werden. Der Varietäten gar nicht einmal zu gedenken, deren wir 
von der europäischen Lärche allein wenigstens zwei hier nicht zu 
übergehende: eine mit trauerweidenartig hängenden Zweigen, eine 
andere mit krummholzartig kriechendem Stamm (Larix repens, Hort.) 
besitzen. Wie schon angedeutet, bieten alle oder doch fast alle 
diese Bäume uns den Vorzug einer über jeden Zweifel erhabenen 
Rustieität. . Ebenso lässt ihre Genügsamkeit hinsichtlich des Bodens 
wenig zu wünschen übrig. Die Schönheit der meisten Species ist 
bewundernswerth. Bedarf es noch mehr der Gründe, sie für recht 
häufige Anpflanzung zu empfehlen? 

Die Zwecke des Vereins, der uns hier versammelt, finden in 
der europäischen Lärche ein schlagendes Beispiel ihrer Krönung mit 
Erfolg. Seiner verführerischen Aussenseite, seiner Härte und zu- 
mal seiner Schnellwüchsigkeit halber richteten sich die Blicke der 
Akklimatisateurs des vergangenen Jahrhunderts frühzeitig auf diesen 
Baum. Man erblickte in ihm das geeignetste Gehölz um entwal- 
deten Distrikten wieder zu ihrem natürlichen Schmuck zu verhelfen, 
das unfehlbarste Mittel gegen drohenden Holzmangel. Es ist bekanut 
dass die schottischen Hochlande, jene Heimatlı der Romantik par 


— 126 — 


excellenee, unter der Feudalherrschaft ihrer gälischen Clanhäuptlinge 
im Laufe der Zeit zum wüsten, fast gänzlich waldlosen Haide- und 
Moorland geworden waren. Da, als das Uebel seinen Höhepunkt 
erreicht, nahm eine wohlmeinende und einflussreiche Aristokratie 
das Werk der Wiederbewaldung in ihre Hand und bediente sich 
dazu hauptsächlich der Lärche, deren Schönheit sie auf häufigen 
Reisen nach Italien beim Uebersteigen der Alpen kennen gelernt 
hatte. Die frühesten Anpflanzungen im Grossen fanden bei Dunkeld 
auf den Besitzungen des Herzogs von Atholl statt. Bemerkenswerth 
ist, dass ein Gärtner daselbst die zuerst aus Tirol angekommnen 
Stämmchen, sie für schutzbedürftige Fremdlinge des Südens haltend, 
die erste rauhe Jahreszeit hindurch im Warmhause überwinterte. 
Diese Anpflanzungen wurden, in immer mehr sich steigerndem Maasse 
das ganze achtzehnte Jahrhundert durch fortgesetzt. Sie waren im 
höchsten Grade erfolgreich. Ein berühmter englischer Schriftsteller, 
Johnson, hatte noch, wenn auch gewiss mit einiger Uebertreibung 
sagen können, er habe in Schottland nicht soviel Baumwuchs ge- 
funden, dass er sich einen Wanderstab habe schneiden können. Bald 
sah es ganz anders aus. Jetzt weiden ganze Heerden von Roth- 
wild im Schatten meilenweiter Waldungen, wo früher an den Ab- 
hängen kaum ein Paar Birken oder eine verkusselte Fichte ihr 
kümmerliches Dasein gefristet hatte. Die Lärchenforsten liefern 
Schiffsbauholz und Schottland ist grossentheils wieder zu dem, wozu 
es die Natur bestimmte, zum Waldland geworden. 

Aber allerdings stammte die Lärche, wenn auch aus entlegenem 
Lande, so doch aus einem dem schottischen fast ganz analogen Klima. 
Das Wort Akklimatisation findet auf diesen Fall daher keine voll- 
berechtigte Anwendung. So sagen wir denn: Naturalisation, welcher 
Ausdruck mit dem vorhergenannten nur zu oft in schwerbestimm- 
baren Uebergangsnüancen sich begegnet; in praxi indess immer 
Erfolge andeutet, die unser volles Interesse erwecken, unseren En- 
thusiasmus anfeuern und uns zur Nacheiferung anzuregen geeignet sind. 

Auch Deutschland sah im Laufe des achtzehnten Jahrhunderts 
die Lärche von seinen Alpenhöhen herabsteigen und allgemeine Ver- 
breitung gewinnen. Der Baum, den Cäsar, Vitruv und Plinius schon 
gekannt und als Bauholz gerühmt, den einer der Väter der Botanik 
Matthioli zuerst zu genauerer wissenschaftlicher Kenntniss gebracht 


— 127 — 


hatte, nachdem er das Gebirg zwischen Italien und Deutschland 
durehforschend, bei gastfreien Hirten harzreiche Stämme desselben 
angezündet zu ungeheuren Wachtfeuern hatte emporlodern sehen; 
der Baum, der in hunderttausenden von Pfählen in die schlammige 
Tiefe der Lagunen versenkt, zum Grund der Prachtbauten Venedigs 
gedient hatte, dieser Baum, sage ich, war bereits in den achtziger 
Jahren in Norddeutschland ziemlich allgemein geworden. Man 
mochte ihn in Schlesien schon vorgefunden haben und gleichzeitig dureh 
Beriehte von England her zu seiner Kultur ermuntert worden sein. 
Genug, zur Zeit als das Menschengeschleeht mit Preussen den Ver- 
lust des grossen Friedrichs beklagte, konnte der damalige Forst- 
rath, spätere Oberforstmeister von Burgsdorf über den Lärchenbaum 
schreiben: 

„Er ist seit einigen Jahren in vielen königlichen und Privat- 
forsten so gut als naturalisirt anzusehen und daher unter die wilden 
Holzarten der Provinz (Brandenburg) schon zu rechnen. Viele tau- 
send Stämme dieser vortrefilichen Holzart prangen in verschiedenem 
Boden und sie kommen selbst im Sande, wenn er nur nicht allzu 
dürr und hitzig ist, so gut wie in Niederungen fort. Die Tegelsche 
oder Heiligenseeer Forst weiset nicht allein die ansehnlichsten Pflan- 
zungen im Grossen, sondern auch ganze Saatschulen von jungen 
Stämmen zu vielen Tausenden auf.“ 

Das war die Zeit der Illusionen, der sanguinischen Träume. 
Die meisten Hofinungen, die sich an die forstliche Kultur der Lärche 
in der norddeutschen Ebene kmüpften, haben sich nicht erfüllt. Sie 
ist kein eigentlicher Waldbaum bei uns geworden. Sie kommt nur 
horstweise eingesprengt in unseren Forsten, selten in grösseren 
Beständen vor, obwohl der Baum, sich selbst überlassen, hier und da 
sich noch bis heut freiwillig aussäet und wahrscheinlich auch ohne die 
Fürsorge des Menschen sein Dasein bei uns fristen, seine Art bei 
uns fortpflanzen würde. Ascherson, unser vorzüglicher, bei Allem, 
wo es heimische Pflanzenkunde gilt, stets das Richtige treffender Florist, 
sagt von der Lärche im Brandenburgischen: „gedeiht aber nicht beson- 
ders“. Ich, meine Herren, bin nur Gartenfreund und Liebhaber, nicht 
Forstmann. Es liegt mir daher nicht-ob, diese Verhältnisse vor Ihnen in 
ein technisches Licht zu stellen. Es scheint mir jedoch, dass der Haupt- 
mangel der Lärche als forstliches Gehölz darin liege, dass sie erstens, 


— 183 — 


als Gebirgsbaum eines rauheren und schneereicheren Klimas, in un 
serem Flachlande nicht alle in ihrer Heimath ihr eigenen Vorzüge 
bewahren kann, zweitens darin, dass sie, nur ungern als Stangenholz 
in vollständigem Schluss aufwächst, mithin zu einer Vegetations- 
weise, wie sie sie fordert. allzuviel Raum beansprucht werden würde. 
Sie ist dazu viel zu sehr ein Lichtbaum. Sie kümmert, wo den 
Atmosphärilien nicht von allen Seiten her die freieste Einwirkung 
auf sie vergönnt ist. Man betrachte viele. selbst hohe Lärchen un- 
serer Wälder. Wie schmal und klein ist ihre Krone im Gegensatz 
zu dem dünn und ärmlich emporgespillerten Schafte: wie gering zeigt 
sich ihre Widerstandsfähigkeit gegen Stürme: wie häufig reden graue 
Flechten, die sie jung schon überwuchern, von einem inneren Leiden, 
wie von einem tiefen Heimweh nach der rhododendronumblüthen 
Gletschernähe *). Das sind nicht jene Kolosse gedrängten, stäm- 
wigen Wuchses, mit den weithinschattenden Pyramidenwipfeln, die 
in lichten Beständen die Abhänge der rhätischen und penninischen 
Alpen bedecken. Sei dem, wie ihm wolle, selbst jene Frage ausser 
Acht gelassen, ob man der Lärche bei uns nicht oft allzu mittel- 
mässigen Boden zugemuthet habe, immerhin bleibt es eine Wahrheit, 
dass freistehend in gutem Erdreich sie auch bei uns zu einem der 
schönsten Bäume. die es giebt, erwachsen könne. Welchen anderen 
gleich edlen Baum sieht sein Pileger so zusehends rasch anfschiessen, 
so sichtbar vor seinen Augen sich entwickeln? Ob derselbe es zu 
einem hohen Alter bringen werde, ist für diesen Fall eine erst in zweiter 
Reihe aufzuwerfende Frage. Man müsste, denke ich. einmal die 
alten Parks der Mark durchmustern, in ihnen danach forschen, ob und 
wo die Lärche ihrer Entwicklung nach den Erwartungen unserer 


ZEN 


)- 

*, Neuerdings, man glaubt seit dem Jahre 1850, hat sich an den Lärchen- 
bäumen der preussischen Monarchie eine eigenthümliche Krankheit eingestellt, 
welche man mit dein Namen des Lärchenkrebses bezeichnet. Ihre Verheerungen 
sind gross genug gewesen, um die Aufmerksamkeit der höchsten Behörden auf 
sich zu ziehen. Seit Kurzem sind die Oberförster aufgefordert worden, darüber 
an die Hauptstation für das forstliche Versuchswesen zu Neustadt - Eberswalde 
Berichte einzusenden. 

**) In gebirgigeren Provinzen, wie Hessen, Thüringen und Schlesien, gehören 
Beispiele sehr grosser Lärchen keineswegs zu den Seltenheiten. Ich nenne nur 
jenen gewaltigen Lärchenbaum, der zu Renthendorf im Altenburgischen, dem 
Wohnsitze resp. Geburtsorte zweier unserer grössten Forscher auf dem Felde 


Väter entsprochen habe 


ON 


Wo stehen bei uns die grössten und schönsten Lärehenbäume? 

Ich selbst muss mir den Vorwurf machen, einerseits zu viel in 
weiter Ferne umhergeschweift zu sein, andererseits wieder jahrelang 
zu sehr an der eigenen Scholle geklebt zu haben, als dass ich diese 
Frage zu beantworten wüsste. Ich würde es indess als eine dankbar 
zu erkennende Gunst betrachten, wenn dieser Vortrag vielleicht Ver- 
anlassung dazu gäbe, mich durch die Gewogenheit der Kenner oder 
Besitzer mit derartigen Lokalitäten bekannt zu machen. 

Gehen wir jetzt zu einer anderen nicht unwichtigen Frage über. 

Könnte, wie die Lärche für die Ceder bei uns eintrat, nicht 
wiederum eine andere Lärchenart für unsere europäische eintreten? 
Es liegen Gründe vor, die mich diese Frage bejahend beantworten 
lassen, obwohl es noch vieler Versuche, im Grossen wie 
im Kleinen, bedürfen wird, um sie endgültig zu lösen. Der 
hohe Norden Europa’s, die Flussthäler der Dwina und der 
Petschora scheinen mir jenen noch unerprobten Baum für uns in 
Reserve zu halten, der als ein Erzeugniss der Ebene und nicht als 
ein Erzeugniss des Hochgebirgs, auch unter milderen Breiten zu ge- 
deihen verspricht. Es ist ein Zug im Charakter der Lärche: je 
nordischer das Land, um so prachtvoller die Larixart, die es be- 
wohnt. Das scheint insbesondere Larix sibirica uns ad oculos de- 
monstriren zu wollen. Seit nicht langer Zeit erst ist sie zu uns ge- 
langt: wir kennen sie nur erst als junges Bäumchen, aber so wie 
wir sie kennen, stellt sie sich als eine Potenzirung aller vortreft- 


der beschreibenden Naturkunde, der beiden Brehm, Vater und Sohn, steht‘ Der- 
selbe hat, mit veränderter landschaftlicher Umgebung, einer sehr gelungenen 
Rossmässlerschen Abbildung zum Original gedient. Auch im Park von Muskau 
giebt es verschiedene sehr schöne Lärchenbäume, unter welchen ich mich wenig- 
stens eines erinnre, der seine Aeste bis unten behalten hat. 

Mit Fug und Recht geschehe hier noch eines.alten und überaus malerischen 
Lärchenhochstamms Erwähnung, welcher eine Zierde des berühmten Hänelscheu 
Gartens auf dem Werder bei Magdeburg ist. Der Tradition zufolge, soll der 
Dichter der Messiade bisweilen unter demselben die Inspirationen seiner Muse 
empfangen haben. Man sieht aus diesem Beispiel, wie auch auf Alluvialboden 
die Lärche zu hohen Jahren kommen kann. 

Eine bewundernswürdig schöne und grosse Lärche, deren Alter jetzt grade ein 
Jahrhundert beträgt, ziert den gräflichen Park von Laubach im Hessischen. Der Um- 
stand dass dieselbe durch einen Büchsenschuss ihres Gipfeltriebs beraubt wurde, 
hat vermöge der Verschlingung und Abflachung der oberen Aeste dazu bei- 
getragen ihr ein noch pittoreskeres und cedernähnlicheres Ansehen zu geben, 

9 


— 1230 — 


lichen Eigenschaften unserer altbekannten Lärche dar. Ihr Wuchs 
ist noch schneller, ihre Belaubung üppiger, voller, breiter, saftgrüner. 
Sumpfiger und nasser Boden erweist sich grade für sie als der auge- 
messenste, wie denn schon Humboldt als Augenzeuge ihrer als eines 
mit der Arve und mit der sibirischen Waldrebe (Atragene sibirica) 
zusammen in feuchten Wäldern des Urals wachsenden Baumes erwähnt. 
Die Sommerhitze des nördlichen Russlands ist grösser als die unsrige 
und mithin von dieser Seite her der Eingewöhnung kaum ein Hin- 
derniss zu gewärtigen. Wie der höchste Norden Vögel mit fast tro- 
pischem Gefieder erzeugt, so hat er in seiner uns ärmlich dünkenden 
Flora auch Bäume mit seidenweicher, maigrüner Belaubung, mit 
wunderbar schönen, fast zauberhaft bestriekenden Formen. Ich habe 
die alpine Lärche früh im Leben kennen gelernt: im Engadin, im 
Wallis. Ich sah ihre zum Theil noch jungfräulichen Forsten, ihre 
vereinzelten Riesenstämme. ich sah sie jene „‚gefeiten Bannwälder“ 
bilden, welche die Wohnsitze der Gebirgsbewohner und deren Weiden 
gegen den Sturz der Lawinen sichern. Ich habe sie geschaut: zart- 
grün im Frühjahr, gelb und zapfenschwer im Herbst. struppig und 
wüst im Winter, wenn ich die Via mala, den Bernhardin, den 
Splügen hinan die hohen Pässe überstieg. Aber ich wüsste einen 
Wunsch, der nach und neben diesen Jugenderinnrungen, noch spä- 
teren Jahren Reiz zu leihen vermöchte. Es wäre der, im Rennthier- 
gefährt des Samojeden durch die Urwälder jener Gegenden zu glei- 
ten, in welchen Europa und Asien in wenig bestimmten Grenzen. 
miteinander verschmelzen. Die sibirische Lärche prangt (ort zahlios 
in höchster Vollkommenheit, nur bisweilen abgelöst von uns in die- 
ser Kolossalität fremden Birkenbeständen, von der Zirbelkiefer und 
jener Tannenart, welche dem Botaniker Picea obovata ist. Kaum 
gesellen sich noch andere Bäume zu der herrschenden Konifere. Ein 
bernsteinfarbenes Licht lässt der schiefe Strahl der Mitternachts- 
sonne, durch die feinbenadelten Kronen brechend oder an den weissen 
Birkenstämmen emporklimmend, auf den moosigen Waldboden fallen, 
dem hie und da grossblumige Alpenpflanzen entsprossen und den 
Calypso borealis, die schönste Orchidee des Nordens, gartengleich 
schmückt. So tagelang, bis endlich die Wälder sich lichten. Die 
unermessliche Tundra, die Moossteppe, das Gebiet des Schneehuhns 
und des Schneeammers beginnt, deren Ende am Eismeer ist. Nur wenige 


Gruppen verzwergter Bäume erheben sich, als längst der Polarkreis 
überschritten ist, noch über dem inder Tiefe niemals thauenden Boden, 
und diese Bäume, die nördlichsten der Erde, gehören der sibirischen 
Lärche an. Sie erinnern unwillkürlich in der Melancholie ihrer Er- 
scheinung an jenen im Schnee begrabenen Fiehtenbaum, den die 
Poesie Heinrich Heine’s von der Palme des Orients träumen lässt. 
Zerzaust und kümmerlich, bewahren sie immer noch etwas von der 
Majestät ihrer Formen und bleiben des Ruhms würdig, die letzten 
Bäume gegen den Pol hin zu sein. 

Die letzten Bäume gegen den Pol hin. Weiter noch, als sie 
wachsen. Neuere Beobachtungen haben es ausser Frage gestellt, 
dass das Treibholz der höchsten arktischen Breiten, diese einzige 
Wärmequelle des Eskimo und des Polarfahrers, in Zonen, wo man 
die am Boden kriechenden Zwergweiden, den Wald jener Eiswüsten, 
mit einem Hute überdecken kann, grösstentheils von der sibirischen 
Lärche, neben ihr von der sibirischen Rothtanne, herrühre. Wenn 
die Schneeschmelze den Ob, den Jenisei, hundert andere für uns in 
ferner kymmerischer Finsterniss liegende Riesenströme anschwellen 
lässt, wenn die hohen Erdwände ihrer Ufer sich unterwachsen ab- 
lösen, um in die trübe Fluth hinabzustürzen, dann treiben, entwurzelt, 
zwischen Eisschollen, unzählige Stämme dem Polarmeer zu. Nie 
werden auf demselben ein Spiel der Strömungen und gelangen zu- 
letzt, tausende von Meilen weit an entlegene Gestade: ein gütiges 
Geschenk der Vorsehung, das Regionen bewohnbar macht, die es 
sonst für den Menschen nun und nimmer sein würden. 

Noch einmal lassen Sie mich von der sibirischen Lärche, die für 
uns ein Desideratum ist, zur deutschen Lärche, die für uns eine 
Wirklichkeit ist, zurückkehren. Es geschieht, um an ihr noch jene 
sonderbare Wachsthumsweise hervorzuheben, deren mein verewigter 
Freund Hofgärtner Fintelmann nachdrücklieh Erwähnung thut, jene 
Eigenthümlichkeit, bis zum dreissigsten Jahre raschwüchsig zu sein, 
dann eine Zwischenperiode scheinbaren Stillstands oder geringer Zu- 
nahme von etwa zwanzig Jahren zu haben, um endlich wieder vom 
fünfziesten bis zum achtzigsten Jahre raschwüchsig zu werden. Ich 
warne ferner vor dem Verpflanzen zwar noch jugendlicher, doch schon 
sechs bis acht Fuss hoch gewordener Stämme; ich empfehle dies 
Verfahren wenigstens mit jeder nur erdenklichen Vorsicht zu um- 

9* 


— 132 — 


geben, wenn man sich nicht grossen Fehlschlägen aussetzen will. 
Immer bleibt die Verpflanzung älterer als dreijähriger Lärchen 
misslich. Schwierig ist allerdings auch die Saat, da nur unter 
lichter Ueberschattung die Pflänzlinge gedeihen wollen. ‚Jederzeit 
ist die Herbstpflanzung der im Frühjahr vorzuziehen. Verbissene 
oder sonst ihres Gipfeltriebs beraubte Lärchen ersetzen in der 
Jugend durch Adventivknospen oder Emporsteigen eines Seitenastes 
den Verlust leichter als andere Koniferen. Ueberhaupt bleibt das 
Reproduktionsvermögen dieses Baumes lange Zeit hindureh ein über- 
aus kräftiges. n 

Vom Wild hat die Lärche in der Jugend durch das sogenannte 
Schlagen viel zu leiden. Verhältnissmässig wenig wird sie von Insekten 
angegriffen. Sie sieht sich von denselben häufig mehr verunziert, 
als in ihrer Existenz gefährdet, ein Grund mehr, die Lärche als 
Zierbaum in Gärten uud Parkanlagen da zu bevorzugen, wo nament- 
lieh die langnadeligen Pinusarten den Verwüstungen der Kiefern- 
raupe und anderer Feinde so leicht zum Opfer fallen. 

Die Grössenverhältnisse der europäischen Lärche sind je nach 
den Standorten ungleich: bei normaler Entwicklung jedoch höchst 
bedeutend. Einige haben in ihr den höchsten Baum unseres Welt- 
theils sehen wollen. ein Vorzug, den sie jedenfalls mit der Edeltanne 
vielleicht auch mit der Pinie und der Larieiokiefer theilen muss. 
Parlatore nennt die Lärche, neben der Rothtanne, den Giganten unter 
‘den Bäumen Italiens und ganz Europa’s. Die Litteratur des Alter- 
thums redet zu uns von über die Maassen riesigen Bauhölzern der 
Lärche, die aus den Alpen nach Rom geschafft worden waren. Sie 
dienten der leichterregbaren Menge zur Schau. Sezatus populusqur 
Romanus mag ihnen mit ähnlichen Empfindungen gegenüber gestan- 
den haben, wie jetzt der Engländer den bewunderten Masten der 
Donglastanne im Krystalpalast zu Sydenham. Es widerstand dem 
Tiberius solche Weltwunder zu Bauten zu verwenden. Erst Nero 
schmückte mit ihnen sein „‚goldenes Haus“. 

Wessely berichtet, dass in den österreichischen Alpen vierhun- 
dertjährige Stämme von 150 Fuss Höhe und 4 Fuss Dicke keine 
Seltenheit seien, dass man aber auch schon 600jährige noch bedeu- 
tend höhere und diekere Stämme gefällt habe. Ich selbst habe die 
stärksten Lärchen in Tirol gesehen, wo sie so heimisch und mit 


— 193 — 


allen Bedingungen des Lebens so verwachsen sind, dass selbst der 
religiöse Glaube des Landvolks nicht selten an diesen Lieblingsbaum 
anknüpft. Vorzugsweis schöne und grosse Lärchen sieht man durch 
Krucifixe oder andere Symbole des Glaubens in unantastbare Heili- 
genschreine verwandelt; ja von mehr als einem mirakulös erschiene- 
nen Madonnenbilde geht die Tradition, es sei in der Höhlung unge- 
heurer Lärchen aufgefunden worden. | 

Auch die profane Sage nennt den Charakterbaum des rhätischen 
Gebirgs. So erinnre ich mich von einer Bauerngemeinde der grauen 
Vorzeit erzählen gehört zu haben, deren grobe und ungastliche In- 
sassen zur Strafe ihrer Sünden in knorrige Lärchen verwandelt wor- 
den seien und als solehe noch daständen. 

Unsere Zeit hat manch berühmten, weltalten Baum verschwinden 
sehen, denn unablässig arbeiten die Elemente an der Zerstörung. 
Der Drachenbaum von Orotova auf Teneriffa ist dem Orkan zum 
Opfer gefallen; der Ahorn von Truns, unter dem der graue Bund 
beschworen ward, ist nicht mehr. Uns benachbarter sucht man ver- 
geblich die Buche von Französich - Buchholz und erblickt die 
Königseiche von Pausin, jenen Koloss des Brieselang, nur noch 
als eine gespenstige Leiche. Soviel ich jedoch weiss, grünt noch 
zur heutigen Stunde unverletzt die Riesin unter den Lärchenbäumen, 
deren Kunde uns Rossmässler in seinem trefllichen Buche ‚,‚der 
Wald‘ übermittelt hat. Es ist eine Lärche, die bei Reit! in Tirol, 
im unteren Innthale, am Wege nach Alpach steht. Dieser Baum, 
berichtet unser Gewährsmann, hat 26 Fuss im Umfang, also über 
8 Fuss im Durchmesser. Der Stamm ist im Kern ausgefanlt, so 
dass das Innere wie ein hohes Zimmerehen aussieht. Zwei Lücken, 
die sich durch das Ausbrechen der Aeste bildeten, versehen die 
Stelle der Fenster und eine Oeffnung unter dem Stamm giebt die 
natürliche Thür durch welche das auf der freien Weide befindliche 
Kleinvieh im Innern des Baumes häufig sein Obdach sucht. Einmal 
wohnte in dieser Baumhöhlung auch längere Zeit eine alte Frau, 
der das Haus abbrannte und die hier ihr Quartier aufschlug, welches 
sie mit einer Bettstelle, einem Kasten und einem Altärchen aus- 
möblirte. 

Fassen wir noch einmal zusammen, was uns an der Lärche 
fesselt: Kraft mit Grazie gepaart, höchste Eleganz der Form, feine 


— 154 — 


wundervoll grüne Benadelung, die um so mehr Erstaunen erregt, da 
sie sieh mit ungewöhnlichen Dimensionen und mit.einer Widerstands- 
fähigkeit ohne Gleichen gegen Kälte und andere klimatische Unbilden 
paart, ein rascher Wuchs endlich, der in Jahrzehnten leistet, wozu andere 
Baumarten Menschenalter bedürfen. Fügen wir zu diesen Vorzügen 
noch jenen schwer zu definirenden Reiz des Aparten, der der Lärche 
innewohnt und ihre Erscheinung in Anlagen, wie in der freien Natur, 
stets zu einer von dem künstlerisch gebildeten Auge freudig be- 
grüssten macht. Ist es nicht als trüge sie ein ideales Element der 
Vegetation in die Landschaft, in der sie mit Laub- wie mit Nadel- 
holzmassen zu einem gleich harmonischen Bilde verschmilzt! Wer 
erinnert sich nicht, bisweilen einen Förstergarten, einen Pfarr- oder 
Bauernhof gesehen zu haben, dessen simple Prosa durch einen einzi- 
gen nur mässig schönen Lärchenbaum Bedeutsamkeit empfing und 
den Eindruck, zugleich des Anheimelnden und des Ungewöhnlichen 
in uns hervorrief? 


Die Lärche in ihrer Raschwüchsigkeit ist so recht der Baum 
unserer Zeit, die schnellen Genuss fordert; aber sie ist auch so 
recht der Baum der Vergangenheit, die an sie ihre Hoffnungen hing, so 
recht der Baum der Akklimatisation, welche in ihr eins ihrer füg- 
samsten und mit am frühsten in die Hand genommenen Objekte 
wiedererkennt und ihren für uns neu gewonnenen Species ihre 
wohlwollende Fürsorge nicht versagen möge. 


Meine Herren, die Märzluft streicht durch die noch unbelaubten 
Kronen des Waldes. Nur vier Wochen noch und der Lärchenbaum 
öffnet wieder einmal seine Knospen. Mögen Sie, die Freunde der 
Bäume, die Freunde der gesammten Natur, das entzückende Bild 
dieses Erwachens voll und ungetrübt in sich aufnehmen, und möge 
es mir vergönnt sein, Ihnen mit gleichen Empfindungen dabei zur 
Seite zu stehen, 


— 135 — 


Die Gartenanlagen des Monte Pincio in Rom. 


Noch zu Anfang dieses Jahrhunderts waren in den italienischen 
Gärten und Pflanzungen — mit Ausnahme der botanischen Gärten — 
trotz des günstigen Klimas und der im Allgemeinen sehr vortheil- 
haften Bodenverhältnisse, nur wenige ausländische Gewächse anzu- 
treffen; es müssten denn gerade historisch diejenigen Pflanzen hinzu- 
gerechnet werden, die im Laufe der Zeit, theils bis in die graue 
Vorzeit zurückgreifend, theils in den jüngeren Stadien, anlässlich des 
Culturaustausches der Völker, oder bei gegebenen ähnlichen Gelegen- 
heiten, in Italien angesiedelt wurden. Erst dem Ministerpräsidenten 
des Königs Murat, dem Grafen Ricciardi, auch Graf von Camaldoli 
genannt, einem grossen Pflanzenfreunde, war es vorbehalten, in seinen 
ausgedehnten Gärten auf dem Vomero bei Neapel eine Menge Ge- 
wächse aus anderen Welttheilen, besonders aus Neuholland, zu aceli- 
matisiren. 

Wenn nun auch begreiflicher Weise einzelne Gattungen und 
Arten für den Zweck sich ungeeignet erwiesen, so war doch der 
Versuch im Allgemeinen von überraschenden Resultaten begleitet. 
Schon in den vierziger Jahren fanden wir dort Eucalyptus globulus, 
deren Stämme über 2 Fuss im Durchmesser massen und eine Höhe 
von nahe 80 Fuss erreicht hatten, ebenso Eucalyptus robusta, diversi- 
folia und amygdalina in nicht viel schwächeren Exemplaren; ferner 
Acacien, von denen dealbata, melanoxylon, floribunda, vertieillata und 
nigricans besonders - stattliche Bäume bildeten, sodann Jambusen, 
Melaleuken, Callistemon, Leptospermen, Banksien, Fieus und Casua- 
rina in vielen Arten, wie auch Magnolia grandiflora in ihren Spiel- 
arten, Camellien, Laurus Camphora, Justicia Adhatoda; insbesondere 
dürfte Araucaria excelsa hier das erste in Europa ins freie Land 
gepflanzte Exemplar darstellen. 

Dass nicht alle diese genannten Pflanzen sich auch bis in das 
nördliche Italien verbreitet haben, nämlich als Freiland-Gewächse, 
ist wohl in der Natur der Sache begründet; allenfalls Genua, dessen 
Umgegend, wie einzelne mehr westlich gelegene Küstendistrikte, accep- 
tirten den südlichen Pflanzencharaeter; immerhin aber ist die Mannig- 
faltigkeit fremdländischer Pflanzen in Italien fast durchweg für den 
Nordländer überraschend. 


— 5136 — 


Um nun die Anlagen des Monte Pineio zu besprechen, ist es 
nothwendig, von Rom im Allgemeinen zu erwähnen, dass, seitdem 
es die Hauptstadt Italiens geworden, von Seiten des Municipiums für 
die Verschönerung der öffentlichen Pflanzungen sehr viel geschehen 
ist und noch geschieht. Vorzugsweise indessen erfreut sich der 
Monte Pincio der eingehendsten Fürsorge, und auch mit vollem 
Recht; denn abgesehen davon, dass derselbe schon seit Langem, von 
früher her einen Anziehungspunkt der Einheimischen, wie Fremden 
bildete, so ist er namentlich, vermöge seiner herrlichen Lage, wie 
kaum ein zweiter geeignet, der Hauptstadt zur gärtnerischen Zierde 
zu gereichen. Die prachtvolle Aussicht auf die modernen Stadttheile 
Roms mit dem Petersdome, auf das anziehende Tiberthal, gegenüber 
der Monte Mario mit der Villa Madama: Alles dies vereinigt sich 
zu Gunsten dieses Höhenzuges. 

Wie also schon erwähnt, ist derselbe in jüngster Zeit in hervor- 
ragender Weise durch moderne Anlagen und Pflanzungen sehr ver- 
schönert, wobei es gelang, ohne die alten regelmässigen Formen und 
schattigen Partien zu zerstören, nicht nur die gesammte Gruppirung 
harmonisch zu gestalten, sondern auch neue Partien zu bilden, 
die in der That entzückend schön sind. Die Leitung dieser 
Anlagen, wie überhaupt auch der übrigen städtischen öffent- 
lichen Gärten ist den Händen eines tüchtigen, mit richtigem 
Verständnis und aller Liebe der Sache ergebenen Gärtners, 
des Herrn Alessandro Tormelli anvertraut, und es dürfte wohl kaum 
einem Zweifel unterliegen, dass bei weiterhin erforderlicher Unter- 
stützung das öffentliche Gartenwesen Roms nicht nur mit zu dem 
schönsten, sondern, was Pflanzenreichthum anbetrifft, auch zu dem 
interessantesten der Art herangebildet werden wird. Exemplare, die 
bei uns nur unter entsprechender Pflege in Gewächshäusern über- 
wintern, weisen die Pflanzungen des Monte Pincio als Freiland- 
Pflanzen in reichhaltiger Auswahl auf. 

Nachstehendes Verzeichniss bietet einen entsprechenden Ueberblick: 

Elegante Palmen, wie Phoenix dactylifera, Chamaerops humilis, 
Sabal Adansonii, ferner Agaven, Opuntien, Cereen und viele andere 
immergrüne Pflanzen, als: Coceulus laurifolia, Prunus caroliniana 
(stattliche Bäume), Schinus Molle, einer der schönsten, seine Zweige 
hängender Baum, der namentlich im Spätsommer, wenn seine zahl- 


— 177 — 


reichen, Trauben bildende Früchte von karmoisinrother Farbe ent- 
gegenleuchten, einen prachtvollen Anblick bietet; alsdann Punica 
Granatum, Olea fragrans und europaea, Ligustrum japonicum, Camelia 
japonica, Thea Bohea und viridis, Raphbiolepis indiea, Azalea indica, 
Crataegus glabra, Magnolia grandiflora in ihren Spielarten, Arbutus 
Unedo und Andrachne, Myrsine africana, Buxus balearica und 
sempervirens var. arboreseens, Viburnum Tinus, Buddlea globosa, 
Persea gratissima (in geschützter Lage), Callistemon in vielen Arten, 
Edwardsia microphylla, Casuarinen, Acacia Julibrissin, Melanoxylon, 
dealbata, Ficus stipulata (an Mauern), Duranta Elisia, Solanum 
jasminoides (bedeckt ganze Mauern und macht mit seinen vielen 
Blumen einen auffallenden Effekt), IMliecium anisatum und floridanum, 
(uercus Ilex mit seinen verschiedenen Formen, von welchen die 
Spielarten serratifolia, bullata, Mirbecki, longifolia und St. Sisto 
besonders hervorzuheben sind, Rhododendron in vielen Arten und 
Abarten*). Von den Citrus-Arten hat Citrus Aurantium als der härteste 
dieser Gattung die meiste Verwendung gefunden. Von Coniferen 
prangen: Araucaria excelsa, Cunninghami, Bidwilli, brasiliensis und 
imbricata, Cedrus Libani und Deodara, Pinus palustris, tuberculata, 
radiata und Pinsapo, Taxodium sempervirens, Wellingtonia gigantea, 
Cephalotaxus Fortunei, Frenela australis, Phyllocladus trichomanoides, 
Ephedra altissima, Cupressus funebris, torulosa, sempervirens, Crypto- 
meria elegans und japonica und die so characteristische Pinus Pinea. 

auch von Saccharum offieinarum, Papyrus antiquorum, Cyperus 
: alternifolius und mehreren Musa-Arten stehen grosse, stattliche 
Pflanzen im freien Lande; sie werden im December über dem Boden 
abgeschnitten und die Wurzelstöcke mit Laub bedeckt, bis diese dann 
im Frühjahr wieder austreiben, grosse Büsche bilden und eine Höhe 
von 3 bis 4 Meter erreichen. 

Dies in Kurzem ein Ueberblick über diejenigen Pflanzen, welche 
den Monte Pincio zu einem der anziehendsten gärtnerischen Punkte 
machen, welche wir auf Reisen überhaupt kennen gelernt haben. 
Jedenfalls verdient dieser Ort von jedem Reisenden, Fachmann oder 


Laien, besucht und einer eingehenden Musterung unterworfen zu werden. 
BAU | Stoll. 
*) Rhododendron arboreum, Sm. bildet auf dem Monte Pincio wirkliche, 


sehr stattliche Bäunıe, deren ich mich, als im April mit tausenden karmoisin- 
rother Blüthen prangend, voll lebhaftesten Vergnügens erinnere. Carl Bolle, 


— 133 — 


Pflanzen-Ausstellung in und bei Berlin. 


Der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den 
Königlich- Preussischen Staaten wird in diesem Jahre keine 
grosse Ausstellungen veranstalten, dagegen, wie im Jahre 1871, 
mit jeder Monats-Versammlung eine grössere Ausstellung, wo nicht 
einer, sondern mehre Peise zur Verfügung gestellt werden, verbinden. 
Wie 1871 werden auch diese kleineren Ausstellungen im botanischen 
Garten stattfinden. Das Nähere wird später bekannt gemacht 
werden. 


Dagegen findet von Seiten des Vereines der Gartenfreunde, 
wie in den letzten vorausgegangenen Jahren, eine grosse Ausstellung 
von Pflanzen und Blumen statt, die bei den vielen und zum Theil 
hohen Preisen, welche zur Verfügung stehen, an Schönheit die früheren 
übertreffen dürfte, Die Ausstellung ist wiederum in den Reithause 
des Königlichen Kriegs - Ministeriums und zwar befindet sich der 
Eingang auf der Wilhelmsstrasse. Sie beginnt am 5. April und 
endigt am 9. desselben Monats. 


Unter den höheren Preisen, welche vertheilt werden, befindet 
sich auch eine von Sr. Majestät dem Kaiser und Könige bewilligte 
goldene Medaille für die ausgezeichnetste Leistung, ein Ehrenpreis 
(noch nicht näher bestimmt) von Ihrer Majestät der Kaiserin und 
Königin und ein Ehrenpreis (ebenfalle noch nicht bestimmt) von 
Ihrer Majestät der Königin Wittwe. 


Eine andere Frühjahrs-Ausstellung wird der Charlottenburger 
Gartenbau-Verein am 4. und 5. Mai in den Räumen der Re- 
stauration von Ulrich, früher Spangenberg (Berliner Strusse in Char- 
lottenburg Nr. 89) veranstalten. Zahlreiche Preise stehen auch hier 
zur Verfügung. Preise Allerhöchster Personen und des Staates sind, 
wie in früheren Jahren, so auch dieses Mal erboten und in Aussicht 
zu nehmen. Ausserdem wurden von Seiten einiger Mitglieder noch 
13 Preise übergeben. 


— 139 — 


Allerlei 
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
II. 


Wir haben im südlichen Rheinthale, aber auch in Südtyrol die 
Klage vernommen, dass die schönsten Wallnussbäume von Aufkäufern 
niedergehauen werden, um das gesuchte Holz, was alle Jahre theurer 
wird, zu verwerthen, jetzt vernehmen wir sie auch von dem fernen 
Osten, aus der wichtigsten Handelsstadt Persien’s, aus Tauris oder 
Tebris. Französische Holzhändler hatten erfahren, dass es in Trans- 
kaukasien schöne Wallnussbäume gäbe, die denen in Italien hinsicht- 
lieh der Güte ihres Holzes nichts nachgeben, und schon haben sie 
Leute dahin gesendet, um dort Ankäufe zu machen. Was sie ge- 
sucht, haben sie reichlich gefunden, und viele Tausende der präch- 
tigsten Bäume sind schon gefallen. 

Jetzt dringen diese Männer weiter nach Süden vor und kein 
schöner Wallnussbaum hat auf dem Wege vor ihnen Gnade gefunden. 
Wer, wie Schreiber dieser Zeilen, vor längerer Zeit jene Gegenden 
im Süden des Kaukasus und im Süd-Westen der Kaspisee besuchte, 
konnte sich noch über die Bäume freuen. Heut zu Tage sucht er 
sie vergebens. Ihr Holz schmückt bereits die Salon’s der Vornehmen 
in den Kulturländern Europas. Aserbeidschau, die nordwestlichste 
Provinz Persiens, vor Allem der an Wallnussbäumen reiche ‘Gau 
Karndaph, vermag nicht mehr den Ueberfluss von Wallnüssen auf 
den Markt zu bringen. Die Händler dringen immer weiter vorwärts 
und dringen bereits nach Gilan im Süden des Kaspischen Meeres. 
Die grossen Wälder, in denen nach der persisch-indischen Mythe die 
Div’s ihren unnahbaren Aufenthalt aufgeschlagen hatten, müssen jetzt 
dem europäischen Luxus weichen. 


Die Erbsen gehören in England, wie bei uns in Deutschland, zu 
den beliebtesten Hülsenfrüchten und werden in grossen Mengen heran- 
gezogen, obwohl weniger für das Volk, als vielmehr für den Fein- 
schmecker. Sie werden deshalb auch mit besonderer Sorgsamkeit 
behandelt und die guten Sorten um ziemlich hohe Preise verkauft. 
Wir haben in England mehre Gärtner, welche sich fortwährend Mühe 
geben, Frucht und Saamen hinsichtlich ihres Geschmackes zu ver- 


— 140 


feinern. Wir wollen nur die Namen Caxton, ausserdem Sutton 
und Mc. Cean nennen. Auch der Londoner Gartenbau-Verein wid- 
met in seinem Versuchsgarten in Chiswick ihrer An- und Neuzucht 
besondere Sorge. 

Unter den Neuzüchtungen, welche in den letzten Jahren gemacht 
sind, verdient die Wilson-Erbse weitere Verbreitung. Wenn die 
Pflanze nur einiger Massen der Abbildung entspricht, welche in einer 
der letzten Nummern des Gardeners Chronicle gegeben ist, so ver- 
dient sie in hohem Grade Empfehlung und macht dem verdienstvollen 
Manne, dessen Namen sie trägt und der im Ausschuss für Obst - 
und Gemüse bei dem Londoner Gartenbau-Gesellschaft den Vorsitz 
führt, alle Ehre. 

Diese Wilson-Erbse schliesst sich der bekannten guten Erbse _ 
Veitch’s Perfection an, erhält aber eine Woche früher ihre Reife, 
und besitzt etwas breitere Hülsen. Sie wächst ausserordentlich rasch 
und buschig und erreicht eine Höhe von drei Fuss. Gewöhnlich 
stehen in dem Winkel jedes der oberen dunkelgrünen Blätter zwei 
hellgrüne Hülsen, so dass die Pflanze in ihrem vollen Wachsthume 
ganz wie von ihnen bedeckt erscheint. In jeder Hülse befinden sich 
7 bis 9 Körner, welche in der Regel sämmtlich zur Entwickelung 
kommen. Der Ertrag ist daher sehr bedeutend. 

Es liegt uns das neueste 50. Verzeichniss des Vereins-Mitgliedes 
William Ball in London (Chelsen, Kingswod) vor. Wir kennen in 
Deutschland diese Gärtnerei bis jetzt durch von ihr neu eingeführte 
Pflanzen, besonders aus den wärmeren Ländereien Amerika’s, sie 
besitzt aber auch einen bedeutenden Samenhandel, und zwar nicht 
nur von Florblumen jeglicher Art, sondern auch von Gemüsen. 
Dieses Verzeichniss, was uns vorliegt, enthält fast nur die Specifizirung 
dieser Sämereien, nebst einigen ornamentalen Pflanzen, wie z. B. das 
Blumenrohr oder die Ganna, die seit den letzten Jahren, besonders 
durch französische Gärtner, eine grosse Mannigfaltigkeit erhalten hat. 
Nur am Schluss findet man noch eine Anzahl neuester und neuer 
Pflanzen, besonders Draeänen und Lilien aufgeführt. Wie gross die 
Anzahl der Pfianzen, von denen Samen angeboten ist, ersieht man 
daraus, dass sie nicht weniger als 90 Seiten in gross Octav füllen. 
Das eigentliche Pflanzen-Verzeichniss wird in der nächsten Zeit aus- - 
gegeben werden; wir behalten uns vor, später darüber zu berichten. 


— 141 — 


In dem Artikel über Erbsen haben wir uns dahin ausge- 
sprochen, dass nothwendig ist. eine Vervollkommnung unserer Gemüse, 
aber auch unserer Früchte und Florblumen anzustreben, wenn die 
Gärtnerei nieht Rüeksehritte machen will. Nicht dass naturgemäss 
allmählig eine Degeneration unserer Kulturformen geschehen muss, 
sondern weil bei der Kultur von einzelnen Seiten nicht immer mit 
der durchaus nothwendigen Umsicht und Auswahl verfahren wird, 
und damit eine Verschlechterung derselben nach und nach eintritt. 
Selbst die besten und eonstantesten Formen schlagen auf diese Weise 
zurück. 

Es „liegen uns ferner die neuesten Bekanntinachungen über 
Erdbeerzüchtung des Dr. Nieaisne in Chälons-sur-Marne vor Dr. 
Nieaisne, ein Liebhaber, hat unbedingt nach de Jonghe in Brüsse' 
die grössten Verdienste um die Vervollkommnung der Erdbeere, mi 
der er sich seit vielen Jahren schon beschäftigt hat. Sein Garten 
ist im Besitz seines früheren Obergärtners J. Riffaud, der in derselben 
Weise die Vervollkommnungs-Methode fortsetzt. Die vorzüglichsteu 
Sorten, welche in Chalons hervorgegangen sind: 

I) Due de Magenta: gross eirund, von Cochenillefarbe mit gelben 
hervorragenden Körnern. Fleisch zwar weiss, aber etwas roth 
marmorirt. 

2) Marie Nicaise: gross, eirund-kegelförmig, lackfarbig, mit 
braunen, wenig hervorragenden Körnern: Fleisch weiss. 

3) Bertha Monjac: ziemlich gross, rundlich, aber oft etwas 
verlängert, hellroth, mit kleinen eingesenkten Körnern. Fleisch 
hell-lachstarbig. 

4) Auguste Nicaise: sehr gross, fast herzförmig, scharlach-roth, 
mit sehr hervortretenden und regelmässig gestellten und hell- 
gelben Körnern, Fleisch lachsartig. Eine wegen ihrer grossen 
Fruchtbarkeit und der Unempfindlichkeit gegen Witterungs- 
Einflüsse sehr zu empfehlende Sorte. 

5) Madame Nicaise: gross, ungleich in der Gestalt, purpurviolett, 
mit hervortretenden, etwas heller gefärbten Körnern, Fleisch 
sehr zart. weiss. Bine besonders zum Transport sich eignende 
Erdbeere. 

6. Anna de Rothschild: gross, unregelmässig- kegelförmig., oft 
an der Spitze abgetlacht, cochenillefarbig. mit hervortretenden 
Körnern, Fleisch weiss, aber roth geadert. 


— 142 — 


In diesem Jahre wird der Verband rheinischer Gartenbau- 
Vereine in den Tagen vom 20. bis 25. Juni in Darmstadt seine dritte 
grosse Ausstellung veranstalten und sie mit der zweiten Rosen-Aus- 
stellung des Darmstädter Gartenbau-Vereins verbinden. Die vorjäh- 
rige Rosen- Ausstellung, welche der Darmstädter Gartenbau- Verein 
ebenfalls ins Leben gerufen, hatte so viel Beifall gefunden und war 
so reielich beschickt worden, dass man es in Darmstadt für nothwen- 
dig hielt, um so mehr eine solche von Neuem ins Leben zu rufen, 
als der Verband rheinischer Gartenbau- Vereine, welcher schon zwei 
gute und grosse Ausstellungen ins Leben gerufen hatten, eine dritte 
in Darmstadt abhalten wollte. Nirgerds in Deutschland versteht man 
die Treiberei, aber auch überhaupt die Anzucht der Rosen so sehr 
als am Rheju. Wer vor nun !0 Jahren die grosse Blumen-Ausstel- 
lung in Mainz besucht, hat auch die ausgezeichnete Rosen gesehen, 
welche damals ausgestellt waren und das Interesse aller Blumenlieb- 
haber in Anspruch nehmen. 

Preise von Rosen sind von den allerhöchsten und höchsten Herr- 
schaften Darmstadt’s, ausserdem aber noch von der Stadt und eini- 
gen Privaten bereits zur Verfügung gestellt worden. Der Verein 
selbst hat goldene, 25 silberne und 31 bronzene Medaillen dafür aus- 
gesetzt. Die Ausstellung selbst wird in dem grossherzoglichen Oran- 
gerie-Garten stattfinden 

Aber auch die allgemeine Ausstellung des rheinischen Verban- 
des, von der die Rosen-Ausstellung nur eine Abtheilung darstellt, ist 
reichlich mit Preisen versehen, ausser einigen Privatpreisen stehen 
wiederum 3 goldene, 38 silberne und 40 bronzene zur Verfügung. 

Es ist seinerseits in der Wochenschrift des vorigen Jah- 
res über die internationale Pflanzen-Ausstellung in Lima und Peru 
berichtet worden. Es waren auch vach Europa Einladungen gekom- 
men, man glaubte aber nicht, dass man sich bei der sehr grossen 
Entfernung betheiligen würde. Und doch ist es nicht allein geschehen, 
es sind auch europäisches uud selbst einem deutschen Gärtner Preise 
zugesprochen worden Das letzte ist Robert Neumann in Erfurt, 
welcher für eine Sammlung vorzüglicher Sämereien u. dergl. eine sil- 
berne Medaille zugesprochen bekam. Der zweite Gärtner, der eben- 
falls eine silberne Medaille erhielt, war E. N. Krelage und Sohn 
in Harlem. Jean Verschaffelt in Gent hat dagegen eine grosse 


— 13 — 


Sammlung von allerhand Dekorations-Pflanzen nach Lima gesendet. 
Unter ihnen befanden sich besonders Zamien und andere Öycadeen, 
ausserdem aber noch die meisten beliebten Koniferen unserer Gärten. 
Alle Pflanzen gefielen in Lima so allgemeiv, dass ihnen Preise von 
500 Sols (2500 Fres.) zugesprochen wurde. Ausserdem erhielt aber 
Jean Versehaffelt noch für seine Bemühungen, welche er sich 
für die Aufstellung europäischer Sämlinge gegeben hatte, eine gol- 
dene Medaille. 

Wir finden in Gardener’s Chroniele eine Notiz über Lilium 
auratum, die wohl werth ist, auch auf dem Festlande bekannt zu 
werden. Dass diese Lilie zu denen gehört, welche nicht allein rasch 
wachsen, sondern sich auch in einer Weise vermehren, wie gewiss 
wenige andere Pflanzen, weiss man bereits. Es ist kaum ein Jahr- 
zehend vergangen, dass Lilium auratum eingeführt wurde und doch 
sehört sie schon zu den Gartenpflanzen, welche am weitesten verbreitet 
sind. Wenn auch Massen von Zwiebeln alljährlich direkt aus Japan 
nach England, aber auch nach Deutschland eingeführt wurden, so 
wurde doch auch in Europa selbst reichlich für Vermehrung gesorgt. 

Der Obergärtner James Smith bei James Blaud in Liverpool 
setzte im Jahre 1865 eine Zwiebel des Lilium auratum em und 
pflegte sie im Verlaufe von 6 Jahren so gut als es ging, ohne ihr 
von den zahlreichen neu gebildeten Zwiebeln auch nur eine einzige 
zu entnehmen. Jm Jahre 1871 befand das Exemplar der Lilie sich 
bereits in einem 24zölligen Topfe und hatte im August nicht weniger 
als 225 offene Blumen, von denen eine jede 9 Zoll im Durchmesser 
hatte. Die Pflanze selbst besass eine Höhe von 9 Fuss, während 
der Breitendurchmesser nur etwas weniger, nämlich 8 Fuss 6 Zoll 
betrug. 

Der Nordamerikaner oder Jankee ist bekanntlich ein eigen- 
thümlicher Mensch, der oft nach Absonderlichem strebt.. Einem sol- 
chen, der Blumenfreund war und vor Allem Hyaeinthen liebte und 
heranzog, wollte die gewöhnliche W:ise die letzterea in Töpfen oder 
Wassergläsern heranzuziehen, nicht mehr gefallen, daher kam er auf 
die sonderbare Idee, grosse Meerschwämme, wie man sie zum Reini- 
gen der Pferde, Carossen u s. w. besitzt, als das Medium zu be- 
nutzen, worin er seine Zwiebeln pflanzte. Zu diesem Zwecke machte 
er in einem. grossen Schwamm in 2 kurzen Zwischenkreisen 15 Ein- 


—. 144 — 


schritte, brachte denselben in die Oefinung einer etwa 2 Gallonen 
umfassenden Vase und goss so lange Wasser hinzu, bis die eine Hälfte 
des Schwammes unter der Oberfläche des Wassers stand, die andere 
aber oberhalb desselben war Das Wasser war lauwarm und wurde 
in einem sehr warmen Zimmer in gleicher Temperatur erhalten. 

Schon nach 3 Tagen erschienen an den Zwiebeln grüne Blätter, 
die in 34 Tagen 3 Zoll hoch wuchsen. Jetzt streute der Jankee 
einen Fingerhut voll Repssamen auf den Schwamm zwischen die 
Zwiebeln und in Kurzem war die nussfarbige Oberfläche des Schwam- 
mes mit einer freudiggrünen moosartigen Decke versehen. Nach 4 
und 5 Wochen blühten alle Zwiebeln und erregten in ihrer grossen 
Vase allgemeines Aufsehen. 

Wir machen Handelsgärtner, welche sich mit Veiichen-Treibereien 
beschäftigen, darauf aufmerksam, dass die Gärtnerei Ch. HuberetCo. 
in Hyeres im Besitz eines Veilchens ist, was durch Frühzeitigkeit 
beim Treiben noch das sogenannte russische oder Petersburger 
Veilchen übertrifft. Es führt den Namen Wilson und wurde wahr- 
scheinlich aus England bezogen. Die Blüthen sind sehr gross, haben 
eine dunkele violette Farbe und kommen in reichlichster Menge hervor. 

Ch. Huber et Co in Hyeres stellen dieses Veilchen zum Ver- 
kauf und machen ausserdem bekannt, dass sie, da ihr Samenhandel 
einen ungemeinen Aufschwung erhalten hat, gezwungen sind, den 
Detail-Handel aufzugeben. Aus dieser Ursache werden ihre Ver- 
zeichnisse von nun an nur Pflanzen, welche sie selbst unter den 
günstigsten Verhältnissen kultiviren. enthalten. Aus vorliegendem 
Verzeichnisse ersehen wir unter Anderem, dass diese Gärtnerei im 
Besitze vielleicht des grössten Sortimentes von Blumenrohr- oder 
Canna-Sorten ist und daher die grösste Auswahl darbieten kann. 
Unter diesen Canna-Sorten befinden sich auch die neuesten Züch- 
tungen von Chate, Chretien, Nordy, Sisley u. s. w. 


Preis des Jahrganges 4 Thlr,, sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als 
auch franeo durch alle Postanstalten des deutsch-österreichischen Post-Vereines 


Für gute Aufsätze wird entsprechendes Honorar gezahlt. 


inhalt: Donaueschingen und seine Gärten. — Die Cypressen der Alten und 


Neuen Welt. — Ueber Lärchenbäume, — Die Garten-Anlagen des Monti- 
Pineio in Rom. — Pflanzen Ausstellung in und bei Berlin. - Allerlei aus 


der Gärtnerei und Pflanzenkunde. III. 


Monatsschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
in den 


Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redacteur: 
Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretair des Vereines, 


No. 4. Berlin, den 1. Mai. 1873. 


Sonntag, den 11. Mai, Vormittags 11 Uhr, 
findet eine Versammlung im Klub der Landwirthe (Französische Strasse 48) 
statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. 


Tagesordnung unter Anderen: „Wahl der verschiedenen Ausschüsse, auch 
der zu Vorschlägen für die Wahl eines neuen Vorstandes.“ 


551. Versammlung 


des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
am 6. April. 


Wenn die vorige Versammlung durch Verhandlungen über innere 
Angelegenheiten des Vereins ganz ausgefüllt wurde, so war es jetzt 
wenigstens zum grossen Theil der Fall. Abgesehen von diesen wurde 
zunächst mitgetheilt, dass aus dem Versuchsfelde jetzt einige Frühlings- 
pflanzen, wie Myosotis sylvatica, Silene pendula ruberrima, Viola 
tricolor maxima und englische Stockmalven, ausserdem aber noch 
Sortimente von Erdbeer-Pflanzen, abgegeben werden können. Weil 
die Wochenschrift durch eine Monatsschrift ersetzt worden ist, kann, 

10 


— 146 — 


zumal man wegen des hohen Preises der Inserate von Bekanntmachungen 
durch politische Zeitungen absehen zu müssen glaubte, leider den 
nicht anwesenden und auswärtigen Mitgliedern keine weitere Kennt- 
niss zukommen, als dass ihnen bereits bekannt ist, dass bisher alle 
Frühlinge dergleichen Pflanzen zur Vertheilung gekommen sind. 

Dr. Wittmack übergab dem Vereine seine neueste Schrift: 
„Gras- und Kleesamen. Kurze Anleitung zu ihrer Erkennung und 
Prüfung, nebst Angabe der Verwechslungen und Verunreinigungen.“ 
Die mit 16 Holzschnitten und 8 lithographirten Tafeln ausgeschmückte 
Schrift füllt ein wesentliches Bedürfniss aus und ist wichtig genug, 
um ncch ausführlich über sie zu berichten. Professor Koch übernahm 
die Besprechung in einem der nächsten Monatshefte. 

Professor Koch berichtet in einem längeren Vortrage über die 
grosse Pflanzen- und Blumen-Ausstellung in Gent, von der er eben 
erst zurückgekommen war. Die Erwartungen, welche in diesen 
Blättern ausgesprochen sind, haben sich fast übertroffen. Diese 
Ausstellung übertrifft in der That noch die vorausgegangene im Jahre 
1868 in manchen Dingen. Keine Ausstellungen sind ‘so geeignet, 
die Fortschritte der Gärtnerei, sowohl was die Kultur der Pflanzen 
anbelangt, als was die neuen -Einführungen betrifft, beobachten zu 
lassen, als die, welche sich nun fasst seit einem halben Jahrhundert 
in der Regel alle 5 Jahre in Gent wiederholen Wenn Belgien und 
überhaupt die Niederlande im weiteren Sinne von jeher bis in das 
Mittelalter zurück sich durch Pflanzen- und Blumenzucht ausgezeichnet 
haben, auch die tüchtigsten Botaniker jener früheren Zeit daselbst 
geboren wurden oder später wenigstens wirkten und lehrten, so ist 
Gent doch immer die Stadt Belgiens gewesen, in der sich alle Zweige 
der Gärtnerei besonders konzentrirt und geblüht haben. 

Der Ort der Genter Ausstellung war wieder der Garten der 
Gesellschaft. Ausser den Räumen, welche 1868 eingenommen waren 
und über 58,000 Quadratfuss Flächenraum umfassten, hatte man jetzt 
anstatt der früheren einfachen Ueberdachung noch eine Halle von 
1,200 Quadratmeter erbaut. Macht man einen Vergleich mit den 
früheren Ausstellungsräumen in Brüssel, Amsterdam, London und 
Petersburg, so war der grösste, der bis jetzt benutzt worden ist, im 
Jahre 1866 in London, wo er gegen 100,000 Quadratfuss einnahm, 
in Amsterdam wurden dagegen 1865 gegen 80,000 Quadratfuss ge- 


— 147 — 


boten. Bedenkt man aber, dass dieses Mal in Gent die grossen 
Sammlungen der Koniferen und immergrünen Gehölze, sowie sämmt- 
liche mit der Gärtnerei in Zusammenhang stehende Gegenstände, 
vor Allem die, welehe zur Heizung gehören im Freien, also unbe- 
deekt aufgestellt waren, so dürfte der ganze Inhalt der Ausstellung 
ebenfallseinen Flächenraum von 80,000 Quadratfuss eingenommen haben. 
Es war demnach bis jetzt nur die Ausstellung von London, wo der 
eingenommene Raum ein grösserer war, als der jetzt in Gent. 

Von den 291 Bewerbungen (Concours), welche man durch ein 
besonderes, schon im Jahre 1872 ausgegebenes Programm ausge- 
schrieben hatte, betrafen 244 nur Pflanzen und Blumen. Allein über 
die letzteren wird berichtet. Zu 68 Bewerbungen war nichts einge- 
liefert worden. In Belgien wird nie Geld zu Preisen ausgesetzt, 
sondern es stehen in der Regel viererlei Medaillen: goldene, vergoldete 
(Vermeil) und zweierlei silberne zu Gebote. Wenn man in Belgien 
einen Handelsgärtner oder einen Liebhaber, der über einen einiger 
Massen umfassenden Garten verfügen kann, besucht, so wird man 
zuerst in den Salon oder in eins der besseren Zimmer geführt, 
um die unter Glas und Rahmen aufbewahrten Medaillen, welche der 
Besitzer für seine gekrönten Pflanzen empfangen, in Augenschein zu 
nehmen. Die Sammlung erhaltener Medaillen ist sein Stolz. Der 
Belgier zieht bei Preiszusprechungen stets die Medaille, und wenn 
sie selbst einen noch so geringen Werth hat, dem Gelde vor. 

Weit über 700 Medaillen standen für Pflanzen nnd Blumen 
den über hundert Preisrichtern zu Gebote, aber nur wenige über 500 
wurden vertheilt, da ausser den 161, welche für Bewerbungen, wo 
keine Einsendungen geschehen, bestimmt waren, noch 64 Preise bei 
Gegenständen, die nicht für würdig erachtet wurden, ausfielen. 
Offizielle Einladungen an Regierungen, Behörden oder Gartenbau- 
Vereine geschehen nie in Gent, wohl aber Bekanntmachungen und 
Aufforderungen zur Theilnahme und zum Besuch in allen Ländern, 
wo Pflanzen- und Blumenzucht getrieben wird. Preisrichter werden 
aber aus der Zahl der bekannteren Botaniker, Garten- und Pflanzen- 
liebhaber aller Kulturländer auserwählt, und zwar in der Weise, 
dass man vor Allem Männer, welche sich mit Pflanzen aus besonderen 
Familien oder Geschlechtern gärtnerisch oder wissenschaftlich be- 
schäftigen, auswählt. Man theilt nach diesen Speeialitäten die Preis- 

10* 


— 148 — 


richter in bestimmte Sektionen, deren dieses Mal 18 vorhanden waren. 
Dadurch werden, weil jeder Preisrichter nur da seine Stimme ab- 
giebt, wo er bewandert ist, die Preiszusprechungen ungemein er- 
leichtert, zumal auch jeder Sektion ein gewandter einheimischer Führer 
beigegeben ist. In 3 Stunden hatten dieses Mal sämmtliche Sektionen 
ihre Arbeiten erledigt. | 

Der Ueberblick war besonders in dem grossen Annex, der 1868 
erbaut worden war, grossartig, da man auch verstanden hatte, ge- 
schmackvoll zu arrangiren. In der Mitte ein Blumenmeer, baupt- 
sächlich Azaleen und Kamellien, was hier und da durch einzelne 
besonders schöne und grosse Exemplare von Palmen, Cyadeen und 
Baumfarne unterbrochen wurde. 2 mächtige Exemplare des bunt- 
blätterigen neuseeländischen Flachses (Phormium tenax), von denen 
das Stück zu 4000 Frank angeboten wurde, standen gleichsam als 
Wächter am unteren Eingange. Ringsum waren die Wände mit 
Gruppen von hohen Blattpflanzen, hauptsächlich des Warm-Hauses, 
wo wiederum die Palmen eine Hauptrolle spielten, so dicht bedeckt, 
dass einzelne Aufstellungen waldartig erschienen. 

So grossartig die diesmalige Ausstellung in Gent war, so besass 
sie doch nicht die Mannigfaltigkeit, welche die Ausstellungen hatten, 
je weiter man zurückgeht. Es betrifft dieses aber nicht allein die 
in Gent, sondern auch die übrigen, mögen sie stattgefunden haben, 
wo sie wollen. Die Mode hat leider auch in der Gärtnerei ihr Re- 
giment mehr, als es gut ist, aufgeschlagen; einzelne Pflanzen erfreuen 
sich einer besonderen Gunst des Publikums und werden vorzugsweise 
zum Nachtheil anderer, vielleicht selbst schönerer, kultivirt. Es ist 
auch in unseren Gewächshäusern, in unseren Gärten nicht besser. 
Wie viele der früheren beliebten Pflanzen sucht man jetzt vergebens. 
Wenn die Ausstellungen in Petersburg, weniger schon in Amsterdam, 
mannigfaltiger waren, so hatte es darin seinen guten Grund, dass in 
Russland sowohl, wie in Holland, es noch Gärten der kaiserlichen 
und königlichen Familie und der hohen Aristokratie giebt, wo die 
früheren beliebten Pflanzen aufbewahrt werden. Durch Beiträge aus 
solchen Gärten war besonders die Ausstellung in Petersburg sehr 
mannigfaltig geworden. 

Einförmiger sind mehr oder weniger die Ausstellungen in Eng- 
land, wo auch, wie in keinem anderen Lande Europa’s, stets Aus- 


ı 


— 149 — 


stellungen von speciellen Kulturen stattfinden. Mode-Pflanzen, wie 
Chrysanthemen, Rosen, Nelken u. s. w., werden in grossartigstem 
Massstabe ausgestellt. Diese, nebst Schaupflanzen und Orchidaceen, 
bilden jenseits des Kanales auch das Kontingent der allgemeinen 
Ausstellungen. Dieser Mangel an Mannigfaltigkeit, dessen Grund 
aber, wie gesagt, in der herrschenden Strömung gesucht werden 
muss, war also mehr oder weniger dieses Mal auch in Gent vorhanden. 
Einzelne Modepflanzen waren in überwiegender Weise vorherrschend, 
dagegen fehlten ganz und gar oder fanden sich nur in geringem 
Grade vor: Proteaceen und die übrigen Neuholländer, die kapischen 
und Geruch-Haiden (Eriken und Diosmeen), die Theophrasteen mit 
den übrigen sich ihnen anschliessenden Blattpflanzen, die Araliaceen, 
von denen früher stets grosse Sendungen vorhanden waren, die zahl- 
reichen Gesneraceen (abgerechnet. die wenigen hierher gehörigen 
Modepflanzen dieser Familie), ja selbst die Orchidaceen waren nicht 
mehr in dem erhöhten Masse wie früher vorhanden, es fanden sich 
ferner Schaupflanzen fasst nur durch einen Ausländer (Glym in Hol- 
land) eingesendet vor. . 

Dagegen war Alles, was in grösserer Auswahl vorhanden, zum 
grossen Theil in einer Weise vorhanden, dass kaum eine der voraus- 
gegangenen anderen Ausstellungen mit der diesjährigen Genter sich 
hätte messen können. Ganz besonders war die Kultur der Pflanzen, 
vor Allem die der Blüthensträucher, zurühmen. Es möchte schwer ge- 
wesen sein, ein Exemplar herauszufinden, was nicht bis zu einem 
gewissen Anspruche untadelhaft gewesen wäre. Nicht allein von den 
Einzelpflanzen galt es etwa, aus jeder Gruppe hätte man ein belie- 
biges Exemplar herausgreifen können, und man hätte umsonst nach 
einem Mangel in der Kultur gesucht. Sogenannte Lückenbüsser, um 
bei Gruppen die vorgeschriebene Zahl auszufüllen, wie man sie leider 
oft bei deutschen Ausstellungen sieht, suchte man in Gent vergebens. 

Wenn bei der Aufzählung des Einzelnen mit den Azaleen be- 
- gonnen wird, so hatte ein Aussteller, der Präsident der Societe 
d’agrieulture et de botanique, de Gkellinck de Walle, eine Gruppe 
von 60 Exemplaren ausgestellt, von denen jedes einzelne eine Schau- 
pflanze war und einen Preis verdient hätte. Die einzelnen Pflanzen 
waren kurze Kronenbäumchen von halbrunder Gestalt. Da sah man 
weder einen Blüthenast über die anderen hervorgewachsen, noch dureh 


— 150 — 


seine geringere Entwickelung eine Einsenkung, wie man es gewöhn- 
lich findet, sondern es war eine gleichmässige Fläche, nur durch 
Blüthen gebildet. Kein grünes Blatt war sichtbar. Alle Farben, 
welche man bei den Azaleen kennt, erschienen hier vertreten. Die 
Krone besass einen Breiten-Durchmesser von 3 bis 5 Fuss. 

Wenn auch nicht in dieser hervorragenden Weise, so verdienten 
aber doch auch andere Sammlungen von Azaleen im hohen Grade 
Anerkennung. Welchen grossen Werth man in Gent auf Azaleen 
gelegt hatte, ersieht man daraus, dass 3 verschiedene Bewerbungen 
mit 36 Preisen im Programm ausgeschrieben waren. Man darf sich 
nicht wundern, dass unter obwaltenden Umständen auch die Preis- 
richter bei ihrer Zusprechung in Verlegenheit geriethen. Der er- 
wähnten grossen Sammlung wurde natürlich der erste Preis, eine 
besonders schwere goldene Medaille, welche die Confederation des 
soeietes d’hortieulture de Belgique zur Verfügüng gestellt hatte, zu- 
gesprochen. 2 andere Sammlungen von demselben Umfange, eine 
dem Handelsgärtner Jean Verschaffelt, die andere dem Handels- 
gärtner van Eeckhaute gehörig, erhielten eine goldene Medaille 
1. Klasse, resp. eine vergoldete Medaille. Die Jury hielt es aber 
für nothwendig, besonders noch auszusprechen, dass diese 3 Samm- 
lungen ganz ausgezeichnet wären, 

Ein ausführlicher Bericht soll hier nicht gegeben werden, der 
ist nur nach einer specielleren Bearbeitung des gesammelten Materiales 
möglich, doch im Allgemeinen mögen noch einige Bemerkungen über 
die hervorrageudsten Leistungen folgen. Nächst den Azaleen wurden 
die Kamellien wegen ihrer Schönheit und guten Kultur am Meisten 
bewundert. Es waren hier sogar 9 Bewerbungen mit 25 Preisen 
ausgeschrieben. 2 Gärtner, ein Liebhaber, Vandemale-Kanzweert, 
und ein Handelsgärtner, Vanderplanche, so wie der Handels- 
gärtner de Coster in Melle erhielten goldene Medaillen. 

Dass auch Rhododendren nicht fehlten, kann man sich denken. 
Schöne Sammlungen von sogenannten (in Belgien) Freiland-Rhododen- 
dren fanden sich vor und füllten hauptsäehlich die grosse Blumen- 
halle. Reizend erschienen die Sammlungen von Cyclamen’s, von denen 
die des Engländers Williams den 1. Preis davon trug. Nicht 
weniger imponirten die grossen Sammlungen von Hyacinthen, welche 
die Harlemer Schertzer und Krelage, sowie Louis van Heutte 


— 151 — 


in Gent, ausgestellt hatten, eben so die von Rittersternen oder Amaryllis, 
Hier waren es der Liebhaber Vanderbossche und der Handels- 
eärtner von Houtte, welehe die goldenen Medaillen erhielten. 

Die Koniferen zeichneten sich besonders dadurch aus, dass zum 
Theil auch die neueren japanischen und nordwestamerikanischen Arten 
bereits in schönen, herangewaschsenen Exemplaren vertreten waren. 
Solehe Sammlungen, wie: die Handelsgärtner August van Geert 
in Gent und Glijm in Utrecht ausgestellt hatten, möchte man kaum 
bei anderen Ausstellungen gesehen haben. Reichen Zuwachs haben 
wieder die Dracänen an Formen wenigstens erhalten. Linden in 
Brüssel und Gent gehört wiederum auch hier, wie bei den meisten 
neuen Einführungen, das Verdienst. In zahlreichen schönen Exem- 
plaren im Freien befand sich unsere Dracaena nutans, in belgischen 
Gärten gewöhnlich als Dracaena lineata bekannt. Diese Art kann, 
da sie ihre Blätter bis an die Basis länger behält und selbst einigen 
Grad Frost, wenn sie nicht zu lange dauern, widersteht, nicht 
genug empfohlen werden. Auch Agaven hatten Liebhaber und Gärt- 
ner ausgestellt. Während ihre Liebhaberei in Deutschland sehr ab- 
genommen hat, blüht sie fortwährend noch in Belgien und jenseits 
des Kanales. Einem einzigen Aussteller, dem Freiherrn de Kerekkove 
d’Ousselgem in Vosselaere, verdankte man allein eine Gruppe von 
30 Exemplaren der Agave Verschafteltii, von denen eins immer schöner 
als das andere war. 

Durch Reichthum an Arten, durch Schönheit der Blätter und 
durch vorzügliche Kultur zeichneten sich die Maranten aus. Die 
Sammlungen der Madame Legrelle d’Hanis in Antwerpen und 
der Handelsgärtner van Houtte und Gloner (Linden) waren einzig 
in ihrer Art und standen unübertroffen da. Baumfarne fanden sich 
ebenfalls in schönen Exemplaren vor, aber, eben so wenig, wie die 
srossen Cycadeen, so reichlich, wie früher. Dasselbe gilt auch von 
den krauterartigen Farnen. 

Dagegen waren die Palmen wiederum ein Glanzpunkt der Aus- 
stellung. Selbst die neueren und neuesten Arten sah man zum Theil 
in ziemlich grossen, wenigstens ansehnlichen Exemplaren. Wie Linden 
um ihre Einführung die grössten Verdienste hat, so hatte man auch 
die reichsten vorhandenen Sammlungen seiner durch seinen Schwieger- 
sohn Gloner vertretenen, früher Ambr. Verschasselt gehörigen 


— 12 — 


Handelsgärtnerei in Gent entnommen. Hier speciell einzugehen, wird 
Sache eines ausführlichen Berichtes sein. Doch soll nicht vergessen 
sein, dass auch August van Geert und Louis van Houtte, 
hauptsächlich aber Mad, Legrelle d’Hanis, anerkennenswerthe 
Beiträge geliefert hatten. 

Aroideen waren zwar in grösserer Anzahl vorhanden, aber doch 
nicht in der Weise, wie 1868, dagegen sind zwei neue, welche 
Linden ausgestellt hatte, Phyllotaenium Lindenii und Cur- 
meria picturata, viel versprechend und werden gewiss noch in 
unseren Gewächshäusern Epoche machen. Dass ausserdem noch 
mancherlei Neuigkeiten, zu denen hauptsächlich auch James Veitsch 
and Sons in London beigetragen hatten, vorhanden waren, kann man 
sich wohl denken. Im Ganzen mag sich hierin die Ausstellung von 
1873 der von 1868 gleich verhalten haben. K.K. 


Die Aepfelbäume. 
Ihr Vaterland und ihre Abstammung. 
Von Karl Koch. 


Das baldige Erscheinen des dritten und vierten Bandes des 
Dictionnaire de pomologie von Andr& Leroy, die Monographie der 
Aepfel enthaltend, mag mir um so mehr Gelegenheit geben, über 
das Vaterland und den wahrscheinlichen Ursprung dieser Früchte 
mich auszusprechen, als ich darin keineswegs mit meinem sehr ge- 
ehrten Freund übereinstimme. Noch liegt mir nur die Einleitung des 
eben genannten klassischen Werkes, welche vorläufig mir von Seiten 
des in der pomologischen Wissenschaft, wie in der gärtnerischen 
Praxis, überhaupt gleich bewanderten Verfassers zugesendet worden 
ist, vor, das ganze Werk wird aber in höchstens 2 Monaten voll- 
ständig gedruckt vorhanden sein. Ich halte es für meine Pflicht, 
schon jetzt auf die Fortsetzung des Dictionnaire de pomologie auf- 
merksam zu machen, da in Deutschland die Kultur der Aepfel, als 
besonders in unserem Klima gedeihend, von grösster Wichtigkeit ist. 
Denjenigen, welche die Weltausstellung zu Wien besuchen werden, 


— 153 — 


theilen wir ausserdem mit, dass das Werk in Wien ausgestellt sein 
und dass damit Gelegenheit geboten wird, von ihm Kenntniss zu 
nehmen. 

Im Allgemeinen liebt man in Frankreich die Aepfel als Obst 
wenig. Ausser den Kalvill’s, Kanada-Renetten und einigen wenigen 
anderen Sorten werden nur im Norden Frankreich’s Aepfel, haupt- 
sächlich aber zur Ciderbereitung, angebaut. Seit 3, oder vielmehr seit 
3 Jahrzehenten hat man aber auch jenseits der Vogesen den Werth 
der Aepfel sehr erkannt und beginnt ihnen mehr Aufmerksamkeit 
zuzuwenden, als früher. Als ich im Auftrage des deutschen Pomo- 
logen-Vereines eine ausgesuchte Sammlung von Aepfeln während der 
internationalen Industrie- Ausstellung im Jahre 1867 zu Paris aus- 
stellte, nahm diese in hohem Grade das Interesse der Franzosen 
in Anspruch. Ich konnte wohl keinen besseren Gebrauch von der 
Sammlung machen, als sie später dem Verfasser des Dietionnaire de 
pomologie, Andr& Leroy in Angers, zur Verfügung zu” stellen. 
Sie konnte bei seiner Bearbeitung der Monographie der Aepfel um so 
mehr hinsichtlich einer richtigen deutschen Nomenklatur zu Grunde 
gelegt werden, als die tüchtigsten Pomologen Deutschlands, wie Super- 
intendent Oberdieck, Dr. Lucas, Oberförster Schmidt u. s. w. 
zuvor die Namen der ausgestellten Aepfelsorten revidirt hatten. 

Andre Leroy theilt in der mir vorliegenden Einleitung mit, 
dass die Sammlung von ihm kultivirter Aepfel-Sorten im Jahre i845 
nur aus 100 Sorten bestanden habe, jetzt dagegen bestehe sie aus 
561 Sorten, welche nicht weniger als über 1,800 Synonyme ein- 
schliessen. Der gelehrte Verfasser des Verger, Mas, Präsident der 
Gartenbaugesellschaft des Departements der Aine, hat dagegen bis 
jetzt überhaupt nur 104 Aepfelsorten beschrieben. 

Es ist nicht meine Absicht, die beiden Bände des Dictionnaire 
de pomologie, die die Aepfel enthalten, hier zu besprechen, ich be- 
halte mir dieses für ein anderes Mal vor, sobald das ganze Werk 
vor mir liegt, dagegen will ich meine Ansichten über das wahr- 
scheinliche Vaterland und über die Entstehung mehrer jetziger 
Aepfelgehölze aus bestimmten ursprünglich wilden Arten um so mehr 
aussprechen, als man bei uns ebenfalls nicht weniger, als in Frankreich, 
nach meiner Ansicht darüber nicht richtig denkt. 

Zuerst trete ich schon der Ansicht der Laien sowohl, als der 


— 154 — 


meisten Botaniker, welche meinen, dass der Apfelbaum auch bei uns 
wild vorkomme, entschieden entgegen, wenn ich auch zugebe, dass 
er seit sehr langer Zeit, vielleicht schon in vorgeschichtlicher Zeit, 
in Europa kultivirt wurde und bereits vielfach verwildert vorkommt. 
Wenn man bei Pfahlbauten Aepfelkerne gefunden hat und daraus 
schliessen will, der Apfelbaum sei bei uns einheimisch, so ist dieses 
ein unrichtiger Schluss, Die Pfahlbauten sind zunächst zum Theil 
gar nicht so alt, als man angibt, und dann hat man bei ihnen ebenfalls 
Weizenkörner und Leinsamen gefunden. Es müssten diese beiden 
uralten Kulturpflanzen des Menschen deshalb ebenfalls bei uns 
einheimisch sein. So viel ich weiss, hat aber noch Niemand diese 
Behauptung ausgesprochen. Dass die in Wäldern und sonst vorkom- 
menden Aepfelbäume Deutschlands, vor Allem aber Frankreichs, 
nicht wild, ‘sondern nur verwildert sind, ersieht man am besten 
daraus, dess man bei einer Aussaat von gewonnenen Körnern in der 
Regel nur wenige Sämlinge erhält, welche der Mutterpflanze und 
unter sich gleichen. In einer solehen Aussaat habe ich schon die 
abweichendsten Formen gesehen. Es ist aber auch schon vorge- 
kommen, dass auf diese Weise Aepfelsorten entstanden sind, welche 
vorzügliche Früchte besitzen. Dergleichen mit guten Früchten ver- 
sehene Wildlinge, wie man sie pomologischer Seits nennt, werden 
fortwährend und meist zufällig aufgefunden und in der Kultur durch 
Veredelung weiter fortgepflanzt. 

Bestimmte Auskunft über das Vaterland der Aepfel, und über- 
haupt unseres Kern- und Steinobstes, zu geben, ist zur Zeit un- 
möglich. Alles, was man darüber geschrieben hat, sind nur Ver- 
muthungen und Ansichten, weleheman fast allein durch Bücher-Studium, 
nicht aber durch Reisen in die betreffenden Länder, gewonnen hat. 
Mich schon in der ersten Jugend für den Ursprung unseres Obstes 
interessirend, fühlte ich mich um so mehr nach den Ländern des 
Morgenlandes, wo man das Vaterland unseres Obstes ziemlich all- 
gemein annimmt, hingezogen, als mich auch Männer, "wie Göthe und 
Alex. v. Humboldt, mit denen sehr frühzeitig in Verbindung ge- 
treten zu sein, ich als eine besondere Gunst des Geschiekes erachte, 
mich zu einer Reise dahin aufmunterten, ja selbst wesentlich dureh 
Fürsprache unterstützten. Meine erste Reise nach den Ländern des 
Kaukasus, besonders des uralten Kulturlandes Kolchis und nach dem 


Norden des armenischen Hochlandes, geschah bereits in den Jahren 
1836, 1837 und 1838, während meine zweite einige Jahre später, 
und zwar 1843 und 1844, nach dem Pontischen Gebirge, einem 
Theil Kleinasiens, nach Hocharmenien, Kurdistan und nach den 
südlich vom Kaukasus liegenden Ländern bis nach dem Kaspischen 
Meere erfolgte. Die Resultate belder Reisen liegen zum grossen 
Theil gedruckt vor. 

Die Ansicht, dass das mächtige Gebirge des Kaukasus und 
hauptsächlieh die südlich sich ausbreitenden Vorberge das Vaterland 
der Aepfel sein möchten, wurde um so hinfälliger, je länger ich mich 
“ in den genannten Ländern aufhielt und meine Untersuchungen währten. 
Die grossen Ausbreitungen von Apfelgehölzen, welche ich im Süden 
des Ossenlandes im Kaukasus, sowie im südlichen Dagestan fand, 
hatten mich anfänglich geneigt gemacht, anzunehmen, dass hier das 
Apfelgehölz ursprünglich vorhanden gewesen. Doch ich wurde 
s-hliesslich eines Anderen belehrt. Eben so wenig die Weinrebe in 
in den Urwäldern des alten Kolchis, wie ich ebenfalls im Anfange 
meiner Untersuchungen glaubte, ursprünglich zu Hause ist, eben so 
sicher ist das Apfelgehölz im südlichen Kaukasus, wenn auch in 
vorgeschichtlicher Zeit eingeführt und verwildert, ursprünglich ein- 
heimisch. In dem Masse, als die hohe Kultur jener Länder, welche 
noch zu Herodot’s Zeit, also im 5. und 6. Jahrhundert vor Christus 
vorhanden war, allmählig zurückging und schliesslich völlig verfiel, 
hörte‘ die sorgsame Pflege des Apfelbaumes auf, dieser selbst ver- 
wilderte unter den günstigen Verhältnissen, welche ihm daselbst ge- 
boten wurden. 

Dass das Vaterland der Apfelgehölze nur in einem Lande ge- 
sucht werden kann, was zunächst ein diesen günstiges Klima besitzt 
und frühzeitig eine gewisse Kultur gehabt haben muss, ist wohl ein- 
leuchtend. Noch südlicher, als das armenische Hochland reicht, kann 
ihr Vaterland nicht gewesen sein, da der Apfelbaum bei erhöhter 
Wärrme nicht gedeiht, es muss demnach weiter im Osten gesucht 
werden. Bekanntlich sind Japan und -China, wenn auch nicht die 
ältesten, wie Manche meinen, so doch sehr alte Kulturländer, die 
bereits auf einer hohen Kulturstufe standen, als Europa noch in 
tiefer Finsterniss lag. Sollten nieht diese Länder das Vaterland sein? 

Die reichste Sammlung japanischer Pilanzen befindet sich wohl 


— 156 — 


im Reichsherbar zu Leiden in den Niederlanden. Die Familie der 
Pomaceen, zu denen unser Kernobst gehört, wurde mir vor längerer 
Zeit zur Bearbeitung überwiesen. Die Abhandlung, welche ich dar- 
über verfasst, ist bereits im 1. Bande der Annales musei Lugduno- 
Batavi abgedruckt. Bei der Bearbeitung war mir die grosse Armuth 
an Exemplaren des Apfelgehölzes, was zu Pirus spectabilis und 
pumila gehörte, auffallend. Die erstere der beiden Arten scheist 
sogar in Japan weniger als Obstpflanze, sondern vielmehr wegen ihres 
ornamentalen Werthes, und zwar in einer Menge von Abarten und 
Formen, die bereits auch bei uns unter den Namen floribunda, 
Kaido, Ringo u. s. w. kultivirt werden, verwendet worden zu sein. Ich 
bezweifle überhaupt, dass P. spectabilis zu den Mutterpflanzen unserer 
Kulturäpfel gehört. P. pumila wächst gewiss nicht wild in Japan. 
Aber auch sonst, und zwar nach Allem, was ich in dieser Hinsicht 
über Japan habe erfahren können, besitzt dieses Inselreich ursprüng- 
lich keine Art des Subgenus Malus, von dem eine unserer Apfelsorten 
hergeleitet werden könnte. Anders verhält es sich mit China. Das 
himmlische Reich hat einen ungeheuern Umfang. Wir wissen keines- 
wegs genau, wie weit es sich westlich nach Hochasien erstreckt, 
dass aber die 4 oder 5 Apfelarten, welche ich in meiner Dendrologie 
(1. Band, Seite 203 bis 210) als Musterpflanzen unserer Kultur-Aepfel 
angenommen habe, sämmtlich, wenigstens im Norden und Westen 
China’s, ursprünglich wachsen, unterliegt mir keinem Zweifel. Ausser- 
dem sind sie aber auch weiter westwärts auf dem Hochlande, be- 
sonders in dem alten Tatarenlande (in den Chanaten von Chiwa, Sa- 
markand und Bochara allgemein verbreitet und wohl auch ursprüng- 
lich zu Hause). Von da zieht sich eine dieser 4 oder 5 ursprüng- 
lichen Mutterpflanzen unserer kultivirten Aepfel, und zwar Pirus 
prunifolia, bis in das südliche Sibirien hinein. Dass die besagten 
Mutterpflanzen auch südlich den nördlichen Abfall des eigentlichen 
Himalaya-Gebirges erreichen, bezweifle ich. Dort werden die Mutter- 
pflanzen unserer kultivirten Apfelbäume durch andere Arten des 
Genus Pirus vertreten und finden sich nur kultivirt, vielleicht aber 
auch verwildert, vor. 

Während eines längeren Aufenthaltes am westlichen Ufer des 
Kaspischen Meeres habe ich vielfach Gelegenheit gehabt, mit Ein- 
geborenen der Tatarei, besonders mit weitgereisten Kaufleuten aus 


— 157 — 
Bochara, über den Obstbau des centralasiatischen Hochlandes Er- 
kundigungen einzuziehen Kernobst habe ich zwar von dort nicht 
gesehen, wohl aber in Baku Pflaumen (Zwetschen) von einer so vor- 
züglichen Qualität, dass sie den bekannten Katharinen-Pflaumen 
nichts nachgaben. Aber auch ausserdem wird nach den Berichten 
anderer Reisenden in Hochasien viel Obst angebaut. 

Hochasien ist bekanntlich, so weit wir es kennen, zum grossen 
Theil wüst; nur längs der Flüsse und an einigen isolirten Stellen 
findet sich Wasser und damit fruchtbarer Boden vor. Solche Stellen 
sind mit einer dichten Bevölkerung bedeckt und stellen, wie in der 
grossen Wüste Nordafrika’s, Oasen dar. Wie hier Dattelpalmen die 
hauptsächlichste Nahrung bieten, so sind in Hochasien Apfelgehölze 
und eine Art Durra (Sorghum cernuum, dort Dschachhenna genannt) 
die Pflanzen, welche hauptsächlich den Menschen ernähren. 

Nachdem ich versucht habe, das Vaterland unserer Apfelgehölze 
einiger Massen festzustellen, so dürfte es für die Leser der Monats- 
schrift doch auch Interesse bieten, meine Ansicht über die Frage der 
Mutterpflanzen unserer kultivirten Mutterpflanzen kennen zu lernen. 

Einige Botaniker meinen, dass allen unseren Apfelsorten nur 
eine Art ursprünglich zu Grunde liege, andere glauben, dass es mehre 
seien Diese Fragen schon jetzt zu unterscheiden, sind wir noch zu 
wenig vorbereitet. Leider hat man in den botanischen Gärten, ob- 
wohl sie dazu berufen wären, dafür noch gar nichts gethan. Unter- 
dessen haben wir specielle pomologische Gärten erhalten, denen die 
Beantwortung dieser Frage noch näher liest. Wollen wir hoffen, 
dass ihrerseits etwas zu der Lösung dieser Frage geschieht. 

In der von mir herausgegebenen Dendrologie sind 5 Arten be- 
schrieben, welche möglicher Weise als Mutterpflanzen unserer Apfel- 
sorten betrachtet werden könnten: Pirus pumila, dasyphylla, sylvestris, 
prunifolia und spectabilis. Wahrscheinlich lassen sich aber schliesslich 
bei weiterer Untersuchung diese 5 Arten auf 2 reduciren: auf eine 
ursprüngliche strauchartige, welche Ausläufer macht und röthliche 
Blumenblätter besitzt, und auf eine baumartige, die keine Aus- 
läufer macht und sich durch weisse Blumenblätter auszeichnet. 

1. P. pumila oder praecox, macht stets Ausläufer, und wird 
wegen ihres raschen Wuchses gewöhnlich zu Sechnurbäumchen (Cordons), 
Pyramiden und Zwergobst benutzt. Wir unterscheiden von ihr ge- 


— 68 — 


wöhnlich 2 Hauptformen mit besonderen Namen, als Johannis- und 
Split-Apfel, in England führen beide aber den Namen Codlin. In 
Deutschland begreift man sie beide bisweilen ebenfalls unter dem 
Namen Paradies-Apfel, während andererseits dieser Name auch 
wiederum speciell für den Johannis- Apfel angewendet wird. Ich 
muss ausserdem bemerken, dass in der Namenklatur der beiden 
Sorten in vielen Baumschulen keineswegs eine Eicheit herrscht. 

Was den Namen Paradies- Apfel anbelaı st, so bedeutet dieser 
keineswegs den Apfel, mit dem unsere Ahnmutter Eva ihren Gatten 
Adam verführt hat, sondern eine Frucht, die zur Nahrung des 
Mensch n vom Himmel gefallen ist. Nach meinen Untersuchungen 
ist der Name Paradies- Apfel erst gegen das Ende des Mittelalters 
allgemein in Gebrauch gekommen und der Pariser Ruälle (als Ruällius 
bekannter) ist der erste Botaniker, der ihn in seinem 1526 heraus- 
gegebenem Buche: de natura stirpium libri tres, erwähnt. 

Der Johannis-Apfel unterscheidet sich wesentlich von dem 
Split-Apfel, so dass man wohl annehmen kann, dass jeder von ihnen 
eine besondere Art vertritt. Was den ersteren anbelangt, so besitzt 
er nur eine sehr schwache Behaarung, die sich allein auf die Spitzen 
der Jahrestriebe und auf die Unterfläche jugendlicher Blätter beschränkt. 
Die Triebe selbst bekommen dagegen schliesslich eine glänzende 
braune Earbe. Sehr interessant ist, dass die Wurzeln des Johannis- 
Apfels sehr leicht brechen. Seine Blätter sind etwas in die Länge 
gezogen und verschmäl-ın sich nach beiden Enden. Endlich ist die 
Frucht höher als breit, bisweilen auch platt gedrückt, hat eine 
blassgelbe Farbe und kommt in der Regel büschelweise vor. Die 
Reife geschieht bei uns bald rach Johannis, Ende Juni oder Arfang 
Juli. Ihr Geschmack ist süss. 

2. P. dasyphylla macht zwar als Baum keine Ausläufer, ich 
bin aber jetzt geneigt, den sogenannten Split- oder Süss- Apfel 
(Douein, Doucain und Pomme de St. Jean den Franzosen, Belgier 
und Holländer) als die Form zu betrachten, aus der er hervorge- 
sangen ist. In dieser Form, also strauchartig, unterscheidet er sich 
von dem Johannis-Apfel zunächst durch die bisweilen ziemlich starke 
Behaarung, welche den Zweigen und Blättern ein graugrünes Ansehen 
geben. Die Blätter sind kürzer als bei dem Johannis-Apfel und 
gegen die Basis hin mehr oder weniger abgerundet. Die zähen, 


— 159 — 


also keineswegs zerbrechlichen Wurzeln, lassen sich sogar zum Binden 
benutzen. Endlich sind die Ausläufer bei dem Split- Apfel weniger 
an Zahl und weniger kräftig, er baut sich sogar in so fern baum- 
artig, als anfaı gs sogar eine Art Stamm vorhanden ist und die Ver- 
ästelung erst weiter oben beginnt. Die von oben nach unten zu- 
sammengedrückte Frucht schmeckt ebenfalls süss und reift bei uns 
wenigstens 14 Tage später, jenseits des Rheines allerdings früher. 
Er hat ebenfalls eine eitronengelbe Grundfarbe, auf der Sonnenseite 
röthet er aber sohr schön. Während der Johannis-Apfel hauptsäch- 
lich zu Schnurbäumehen und Topfobst Unterlagen gibt, gebraucht 
man den Split-Apfel vorherrschend zu Pyramiden. Man zieht den 
holländischen Split-Apfel vor, weil er etwas robuster wächst. 

Der baumartige Split-Apfel, welcher in meiner Dendrologie als 
P. dasyphylla (I, 205) beschrieben ist, möchte die Mutterpflanze der 
Renetten sein. Er ist es hauptsächlich, den ich im Süden des 
Kaukasus in niedrigen Mischwäldern, besonders in grosser Menge in 
in Dagestan, fand. Seine Früchte waren weniger herb, als säuerlich, 
und hatten zum Theil etwas Renettenartiges. Pirus dasyphylla ist 
auch eine der beiden Hauptformen von verwilderten Apfelbäumen, 
wie sie bei uns besonders in Wäldern vorkommen. Die Krone ist 
bei ihr, da die unteren, gedrängt beisammenstehenden Aeste wage- 
recht stehen und weithin greifen, mehr flach als abgerundet, bis- 
weilen, besonders auf Kalkboden, wenn dieser wasserarm ist, laufen 
die Zweige in Dornen aus, der ganze Baum erhält dann ein sparriges 
Ansehen. 

3. P. sylvestris stellt eine andere Hauptform der beiden in 
Frankreich und Deutschland verwildert vorkommenden Apfelbäumen 
dar und zeichnet sich durch weit geringeres Behaartsein, was selbst 
zur Kahlheit sich steigern kann, aus. Auch diese Apfelart kommt 
strauchartig vor und macht in diesem Falle selbst Ausläufer. In 
dieser Form wurde sie schon zu Anfange dieses Jahrhunderts als 
Malüs frutescens beschrieben. 

Vielleicht ist P. sylvestris erst aus dem Johannis-Apfel hervor- 
gegangen und verhält sich zu diesen, wie P. dasyphylla zum Split- 
Apfel, doch unterscheidet sie sich auch wieder in mancherlei Hin- 
sicht. Ihre Krone geht keineswegs so sehr in die Breite, wie bei 
zuletzt genannter Art, sondern hat eine eirunde Gestalt und wächst 


— 160 — 


auch diehter. Ihre weniger in die Länge gezogenen, als eirundlichen, 
ja selbst etwas herzförmigen Blätter haben eine dünnere Substanz 
und sind nur in der ersten Jugend an den Zähnen des Randes wollig- 
behaart. Die Blüthen haben eine schöne rosenrothe Farbe, wie in 
der Weise die des Johannis- und Splitapfels nicht besitzen. Bei 
P. prunifolia sind sie sogar weiss. 

Die Frucht hat eine rundliche Gestalt und zeichnet sich durch 
eine röthliche Farbe aus, die sich selbst mehr oder weniger im 
Fleische zeigen kann. Auf der “onnenseite tritt das Roth noch 
mehr hervor und kann selbst bis zur dunkelen Purpurfarbe ge- 
steigert werden. Alle die Süssäpfel mit röthlichem Fleische, ferner 
die Streiflinge und viele Sommeräpfel gehören hierher. 

Auf schlechten mageren Boden besitzt P. sylvestris fast noch 
mehr die Neigung zu Dornen, als dasyphylla. 

4. P. prunifolia scheint, wenn auch nicht hoch zu werden, 
so doch stets baumartig zu erscheinen. Ausläufer habe ich nie 
beobachtet. Sie bildet einen geraden Stamm mit ziemlich heller 
und platter Rinde und mit einer eirunden Krone. Die Blätter sind 
noch dünner, als bei P. sylvestris, und nur in der Jugend fein be- 
haart, später aber glatt. Die breit-elliptische Gestalt herrscht bei 
ihnen vor, bisweilen liest aber auch der breiteste Durchmesser im 
unteren Drittel und die Fläche verläuft dann lanzettförmig nach 
oben. Abweichend von den übrigen Apfelarten sind die milehweissen 
Blumenblätter, zumal diese auch noch etwas länger gestielt sind, 
als bei denen der bis jetzt besprochenen Arten. Nur bei P. speeta- 
bilis haben sie noch längere Stiele. 

Die Frucht ist rundlich oder von oben etwas zusammengedrückt 
und hat den Durchmesser von nur 4 bis 6 Linien. Ihre ursprüng- 
liche Farbe ist wachsgelb, durch die Kultur sind aber auch roth- 
gestreifte und ganz rothe Früchte entstanden. Auch ihre Grösse hat 
sich allmählig verändert, da 1 Zoll im Durchmesser enthaltende be- 
sonders in Polen, aber auch in Sibirien, nicht selten vorkommen. 
Sie haben das Eigenthümliche, dass sich das Zellgewebe des Fleisches 
alsbald nach der Reife von einander trennt und körnig wird. Da- 
durch entsteht, zumal auch chemische Veränderungen innerhalb der 
Zelle vorkommen, ein eigenthümlicher Zustand, der dem Teigwerden 
sich zwar nähert, aber doch verschieden ist, und der Frucht ein etwas 


— 161 — 


gläsernes Ansehen verleiht, ein Umstand der zur Benennung „Eis- 
Apfel“ in Russland Veranlassung gegeben hat. 

Aus der P. prunifolia sind durch Kultur Aepfel entstanden, 
welche man in Russland, wo sie am Meisten nach Norden gehen, 
sanz besonders liebt. Bei uns werden sie meist als Astrachaner 
kultivirt. Barkhausen betrachtet diese Kultur-Aepfel als eine 
besondere Art unter dem Namen P. sibirica, der älteste Candolle 
hingegen nennt sie P. Astrachanica. Während der Geschmack 
dieser Kultur-Aepfel augenehm süss erscheint, ist er bei der ursprüng- 
lichen P. prunifolia herb und säuerlich. Doch werden die letzteren 
allgemein in Russland mit Essig eingemacht und dienen als 
Kompot. 

Baumschulbesitzer, besonders in Frankreich, verwechseln sehr 
häufig P. prunifolia mit einer anderen, mehr strauchartigen Pirus-Art, 
welche von Linne wegen ihrer noch kleineren Früchte den Namen 
P. baccata erhalten hat. Schon im Wuchse unterscheidet diese sich 
von P. prunifolia, indem der Hauptstamm sich zwar fortsetzt, aber von 
der Basis an sich verästelt und schliesslich eine längliche Krone bil- 
det. Doch kommt P. baccata auch ganz strauchartig vor. Die Blätter 
sind eben so dünn, als bei P. prunifolia, und haben eine rundliche 
“ oder herzförmige Gestalt mit einer besonderen, wenig in die Länge ge- 
zogenen Spitze. Behaarung ist nicht oder wenig vorhanden. Am Meisten 
unterscheidet sich aber P. baccata von P. prunifolia, dass die här- 
teren und noch kleinereu Früchte bei der Reife ihren Kelch abwerfen. 

Schon im Vaterlande, dem nordöstlichen China, existiren zahl- 
reiche Blendlinge der P. baccata und prunifolia und werden selbst 
auch in Japan kultivirt, theils mögen aber auch Blendlinge der bei- 
den eben genannten Arten mit P. spectabilis existiren. Durch Siebold 
sind sie vor nun 30 Jahren eingeführt worden und werden bei uns 
jetzt ziemlich allgemein als Ziersträucher benutzt. 

5. Es bleibt mir schliesslich noch übrig, einige Worte über 
P. spectabilis zu sagen. Diese wegen ihrer grossen fleischrothen 
Blüthen schönste aller Pirus-Arten hat wahrscheinlich zur Entstehung 
unserer Kultur-Aepfel nichts beigetragen, ist aber einer der belieb- 
testen Blüthenbäume Japans, und wird auch bei uns vielfach in An- 
wendung gebracht. Dass Blendlinge zwischen ihr und P. prunifolia 
existiren, habe ich bereits gesagt, und füge hier nur noch hinzu, 

1l 


— 192 - 


dass diese Blendlinge keine Früchte, soviel ich weiss, hervorbringen, 
welche als Obst benutzt werden. 

Im äussereren Ansehen steht P. spectabilis der P. prunifolia so 
nahe, dass beide ohne Blüthen und Früchte nur schwierig zu unter- 
scheiden sind. Die letzteren weichen aber dadurch wesentlich von 
. denen aller Pirus-Arten ab, dass oft jedes der ursprünglichen 5 Fächer 
durch eine von der Peripherie nicht ganz bis zur Mitte gehende Scheide- 
wand wieder umgetheilt und dadurch beim Querdurchsehnitt 10fächrig 
erscheint. Die Früchte erhalten dadurch den Bau derer von Ame- 
lanehier. Wollte man bei der Unterscheidung der Genera der Po- 
maceen auf dieses Merkmal allein Rücksicht nehmen, so dürfte Pirus 
spectabilis keineswegs unter den Pirus-Arten aufgeführt werden, son- 
dern die Art, obwohl ein ächter Apfelbaum, gehörte zu Amelanchier. 

Es sei mir erlaubt, zum Schluss noch emige Worte über den 
durch die Mythe geheiligten Missbrauch der Worte Apfel, Malum 
und Mn/ov zu sagen. Die Wissenschaft steht auf einem ganz an- 
deren Standpunkte, als der Volksbrauch. Wenn daher die eben ge- 
nannten 3 Worte in der deutschen, lateinischen und griechischen 
Sprache ursprünglich oder später durch den Volksgebrauch in einer 
anderen Bedeutung gebraucht werden, so hat dieses mit der bota- 
nischen Wissenschaft nichts zu thun. Es ist Aufgabe des Sprach- 
forschers nachzuweisen, auf welche Weise die verschiedenen Bedeu- 
tungen entstanden sind? dem Botaniker liegt es aber ob, zu unter- 
suchen, wie sich der wissenschaftliche Begriff Apfel entwickelt hat. 

Ueber den Ursprung des Wortes Apfel zu sprechen, überlasse 
ich, wie gesagt, Spraehforschern, was aber das Wort Malum im La- 
teinischen und Mn4ov im Griechischen anbelangt, so gebrauchten die 
Alten es im Anfange keineswegs für die Apfelfrucht allein, sondern 
benannten damit jede essbare Frucht im Allgemeinen. Erst in den 
späteren Zeiten wurden beide Worte nur allein für die Apfelfrucht 
benutzt. Wenn daher in den lateinischen und griechischen Ueber- 
setzungen des Alten Testamentes für die Frucht, womit Eva Adam 
verführte, die Worte M74ov und Malum gebraucht wurden, so hatten 
die Uebersetzer wahrscheinlich nicht eine bestimmte Frucht, den 
Apfel, im Sinn, sondern meinten überhaupt nur eine essbare Frucht. 
Nach den Mittheilungen mir befreundeter Sprachforscher haben die 
Juden zur Zeit des Alten Testamentes wahrscheinlich den Apfel gar 


— 1985 — 


nicht gekannt, es kommt wenigstens nirgends eine Stelle darin vor, 
die bestimmt auf die Kenntniss unserer Aepfel schliessen liesse. 

Was anders ist es mit den Griechen und Römern. Es unter- 
liegt keinem Zweifel, dass die lieblichen Früchte in den Gärten des 
Antinoos und Laörtes auf der Insel Ithaka Aepfel waren und dass 
diese überhaupt sehr viel in Griechenland angebaut wurden. Man 
unterschied süsse und saure Aepfel, von denen die ersteren dem Wurm- 
frass vielfach ausgesetzt waren. Schliesslich füge ich noch hinzu, 
dass die Griechen ihr Wort Mn4ov auch für mythische d. h. einge- 
bildete Früchte gebrauchten. Was die Alten unter den Aepfeln der 
Hesperiden und der Zwietracht verstanden haben? wissenschaftlich 
feststellen zu wollen, ist und bleibt eben so, wie die Frage über den 
Apfel der Eva, ein ganz nutzloses Beginnen. 


Der Wintergarten 


des Grafen Kerekkove-Denterghem, Bürgermeisters in Gent. 


Die internationale Pflanzen-Ausstellung in Gent während der 
Tage vom 30. März bis zu dem 6. April bot den zahlreichen Gästen, 
welche fast aus allen Kulturländern Europa’s, wo Gartenbau be- 
trieben wird, gekommen waren, Ausgezeichnetes dar. Und doch 
wurde dem Pflanzenfreund zu gleicher Zeit noch etwas geboten, was 
der Ausstellung ebenbürtig zur Seite stand: ein Wintergarten, wie ich 
ihn wenigstens in der Weise noch nirgends, weder auf dem Fest- 
lande, noch in dem Inselreiche, gesehen habe. Ich weiss aber in der 
That nicht, was ich mehr anerkennen soll: das grosse Gebäude mit 
seinem schönen und reichen Inhalte oder die Art und Weise, wie 
der Besitzer mit seiner liebenswürdigen Familie den zahlreichen 
Fremden dabei entgegenkam und ihnen ohne Unterschied des Standes 
der freundliche Führer wurde. Gent hat mit diesem Wintergarten 
eine bleibende Zierde erhalten, welche von nun an manchem Pflanzen- 
freunde veranlassen dürfte, auch ohne Ausstellung nach der einstigen 
zeitweiligen Residenz Kaiser Karls V. zu wandern. 

Der verstorbene Fürst Pückler sagte mir oft, dass der ganze 
Luxus-Pflanzenbau in einem Wintergarten gipfele. Mit den gewöhn- 

117 


— 164 — 


lichen Gewächs- und selbst den sogenannten Paimenhäusern ver- 
mochte er sieh nieht zu versöhnen: er hielt sie sammt und sonders 
mit ihrer ursprünglichen Schönheits-Tendenz unvereinbar. Nach ihm 
standen hier die schönsten Deksrations-Pflanzen mit dergleichen un- 
ästhetischen Räumen in Widerspruch. Noch in dem letztea Jahrzehnt 
seines Lebens hatte er den Gedanken, einen Wintergarten zu erbauen, 
die Grossartigkeit aber, mit der es jedoch geschehen sollte, üerstieg 
weit seine Mittel. Hätte er den Wintergarten des Genter Bürger- 
meisters gesehen, ich bin überzeugt, er wäre auch mit diesem zu- 
frieden gewesen, und hätte gesehen, dass man auch in einem minder 
grossartigem Massstabe etwas Vorzügliches und Zufriedenstellendes 
geben kann. 

Mehr als je ist in der neuesten Zeit das Bedürfniss laut ge- 
worden, die Pflanzenwelt zur Verschönerung des menschlichen Lebens 
zu benutzen. Die Liebhaberei für Pflanzen nnd Blumen hat mit der 
Vervollkommnung der Kulturen, aber auch unserer Florblumen, zu- 
genommen, selbst die Vo-stände grösserer und kleinerer Städte 
machen Anpflanzungen. Gutsbesitzer, welche früher nur dem ma- 
teriellen Nutzen huldigten, verschönern jetzt ihre Umgebungen und 
legen sich grössere und kleinere Parks an. Schon vor längerer Zeit 
fand man ferner, dass die zoologischen Gärten ohne sinnreiche Ver- 
wendung des Pflanzenschmuckes bei Weitem nicht das sind, was sie 
sein sollen. Von den zoologischen ist man zu den Floragärten ge- 
langt, wo ein besonders mit Palmen geschmücktes Winter- oder 
Palmenhaus Hauptsache ist. 

In dem ehrwürdigen Köln kam zuerst ein solcher Floragarten 
in Ausführung. Lenne hat noch den Plan dazu entworfen. Leider 
ist das Palmenhaus daselbst, wenn auch nicht im Bau, so doch in 
Heizung und Luftwechsel, mehr oder weniger verfehlt. Die Pflanzen 
gedeihen nicht in der Weise, um freudig sich entfalten zu können. 
Anders verhält es sich mit dem Floragarten in Frankfurt a. M,, eine 
neuere Schöpfung. Hinsichtlich der Einrichtungdes Palmenhauses kommt 
dieses den Ansprüchen für ein besseres Gedeihen der Pflanzen mehr nach, 
als das in Köln. Es versäume Niemand, der den Rhein besucht, 
die Floragärten in genannten beiden Städten zu besuchen. 

Auch in Charlottenburg bei Berlin soll ein Floragarten gegründet 
werden. Es ist eine Aktien-Ges-IIschaft zusammen getreten und ver- 


— 165 — 


fügt bereits über schr bedeutende Mittel. Ein alter, im englischen 
Style angelegter Garten mit einzelnen schönen und grossen Bäumen 
ist erworben. Man macht die g’össten Anstrengungen und scheut 
keine Kosten, um auch für das Palmenhaus oder den Wintergarten 
möglichst grosse Pflanzen herbeizuschaffen. Grossirtiger ist wohl bis 
jetzt kein Gebäude der Art, als der vorliegende Plan zeigt, erbaut 
worden. Doch wird es wohl noch geraumer Zeit bedürfen, bevor 
Alles vollendet sein wird. Warten wir demnach die Zeit ab. 

Nach diesen Abschweifungen kehre ich zu dem Wintergarten 
des Grafen Kerckkove zurück. Derselbe ist, abgesehen von der 
steinernen Grundmauer, nur aus Holz und Glas durch den Bau- 
meister Bureau erbaut. Es ist das beste und trockenste Kernholz 
ausgewählt worden, ein Umstand der den Bau wohl eben so theuer 
macht, als wenn das beste Eisen gebraucht worden wäre. Das Gebäude 
liegt mitten in einem 4 Hektaren (16 Morgen) umfassenden Garten 
des Stadttheiles Akkergem auf einer unhedeutenden Terrasse und 
bildet ein reehtwinkliges Oblong von 50,55 Meter Länge, während 
der Breitendurchmesser 21,30 Meter beträgt. Rechnet man die 
beiden auf den Seiten befindlichen Annexe der Vermehrungs- und 
Anziehungshäuser hinzu, so erhält man eine Breite von 32,33 Meter. 
Die Höhe ist genau 14 Meter. 

Das Gebäude hat weder ausserhalb, noch im Innern eine be- 
sondere Ornamentik und ist durchaus einfach gehalten. Nur eine 
Galerie führt auf einer Höhe von 6,70 Meter ringsherum, um auf 
die üppige Pflanzenwelt auch eine Ansicht von oben zu geben. 

Die Erwärmung geschieht durch den gewöhnlichen Termosiphon, 
wie er in Belgien überhaupt gemacht wird. Nur werden die Röhren 
nicht durch Kautschuck-Umhüllungen, sondern durch eiserne Ringe, 
welche, wenn beschädigt, man auf die leichteste Weise erneuern 
kann, zusammengehalten. 

Der überbaute Wintergarten wurde im Juli 1870 begonnen und 
war ein Jahr darauf auch im Innern fertig. Hier hatte ein beson- 
derer Künstler, Fuchs mit Namen, sein Talent entfaltet. Wie man 
von einem Wintergarten nicht anders erwarten kann, so ist der zwar 
beschränkte Raum von über 1,100 Quadratmeter landschaftlich an- 
geordne'. Das Terrain ist auf den Seiten leicht bewegt und trägt 
hier die grossen, schönen Palmen und Baumfarne nebst den anderen 


so 


krautartigen Pflanzen. Die Mitte bis zum entfernten Hintergrunde 
ist anfangs Wiesengrund, dann kommt ein gut geschnittenes Bassin. 
Eine grossartige, 2 Mal durchbrochene Felsenparthie schliesst. 
Durch die beiden runden Oeffnungen des Felsens sieht man die hin- 
teren Fenster des Hauses. Bei Festlichkeiten, wie bei den durch 
den König der Belgier an dem Eröffnungstage der Ausstellung statt- 
gefundenen Besichtigung werden diese Fenster durch Blattpflanzen ge- 
deckt. An dem grossen Felsen führt eine in Stein gehauene Treppe 
nach oben und gewährt eine vorzügliche Aussicht nach vorn. Der 
Felsen selbst hat eine Höhe von 6,20 Meter und steht mit der rings- 
um gehenden .Galerie, von der vorn wiederum eine Wendeltreppe 
herabführt, in Verbindung. 

Alle Pflanzen, auch die Palmen und Baumfarne, stehen im 
freien Lande und gedeihen auf eine erfreuliche Weise. Obwohl wir 
bei meiner Besichtigung den Ausgang des Winters hatten, wo alle 
Pflanzen der Gewächshäuser mehr oder weniger in der Regel gelitten 
haben, so sahen doch in dem Wintergarten selbst die Blätter der empfind- 
lichen Farnbäume so frisch und gesund aus, als sie nieht besser im 
Vaterlande aussehen können. Blüthenschmuck ist nur in sehr ge- 
ringem Grade vorhanden; doch hätte eine vollblühende Azalee, wie 
sie sich in der Sammlung des Präsidenten der Societe d’agrieulture et de 
botanique in dem Glaspalast des Ausstellungs-Gebäudes befunden, 
hinter der unteren Oeffnung der Felsenpartie gewiss Effekt gemacht. 

Bei der Aufzählung der Pflanzen des Wintergartens beschränke 
ich mich, ausser einer ziemlich grossen Schaupflanze des reizenden 
und noch neuen Farns, Lepidopteris superba, was am Ufer des 
Wasser-Basins aufgestellt war, auf die Palmen und Baumfarne. Ohne 
Ausnahme befanden sich diese in vorzüglicher Kultur. Um einen Begriff 
von ihrer Schönheit zu erhalten, gebe ich die Höhe des Stammes 
und die Anzahl der Blätter an. 

Ich beginne mit den Palmen: 

1) Eine Livistona oder Corypha australis besitzt einen Stamm 
von 2!|, Meter und hat nicht weniger als 65 Blätter entwickelt. 

2) Phönix reclinata mit einem Stamme von 2 Meter 75 Cen- 
timeter, welcher nicht weniger als 25 Blätter entfaltet hatte. 

3) Die Abart aurea derselben Palme besass dagegen einen Stamm 
von nur 1 Meter 15 Centimeter Höhe mit 22 Blättern. 


— 167 — 


4) Latania borbonica (Livistona chinensis) hatte zwar nur 
einen Stamm von Meter-Höhe, ihre untadelhaften 50 Blätter 
waren aber nach allen Seiten gleichmässig gerichtet. 

5) Chamaerops sinensis oder Fortunei hatte bei einer Stamm- 
höhe von 1", Meter nicht weniger als 40 Fächerblätter. 

6) Sabal Blackburyana ist eben so gross, die Zahl ihrer weit 
grösseren Blätter beträgt aber nur 35. 

7) Die noch ziemlich neue Hyophorbe Verschaffeltii besitzt 
nur einen Stamm von 60 Centimeter und an ihrem oberen 
Ende 30 Blätter. j 

8) Rhapis flabelliformis ist eins der am Meisten busch'gen 
Exemplare, die ich bis jetzt gesehen. Nicht weniger als 16 
Stengel kommen an der Basis hervor. 

Ich gehe zu den Baumfarnen über, deren Zahl 10 beträgt. 

1) Cyathea medullaris hat einen Stamm von 2?|, Meterundzeichnet 
sich durch eine herrliche, aus 34 Blättern bestehende Krone aus. 

2) Cyathea Smithii ist mit ihrem Meter hohem Stamm viel 
kleiner und trägt auch nur 28 Blätter. 

3) Obwohl nur wenig höher, so ist Cyathea dealbata dor mit 
ihren 33 auf der Unterseite silbergrauen Blättern eine herrliche 
Erscheinung. 

4) Alsophila australis besitzt am Ende ihres 1', Meter hohen 
Stammes 18 fein zertheilte Blätter. 

5) Der Stamm der Alsophila ferox ist dagegen 3 Meter hoch, 
trägt aber doch nur 6, obwohl ziemlich umfassende Blätter. 

6) Cibotium Schiedei wird im allgemeinen nie hoch und hat 
auch bei dem hier befindlichen Exemplare nur einen Stamm 
von 80 Centimeter Höhe, die Zahl ihrer Blätter beträgt aber 44. 

7) Dagegen ist bei Cibotium princeps der Stamm 2 Meter 
hoch und hat am oberen Ende 12 Blätter. 

8) Das auch bei uns viel vorhandene Balantium antareticum 
hat einen Stamm von 1 Meter 80 Centimeter, die Zahl der 
Blätter beträgt aber 50. Ein wunderhübsches Exemplar. 

9) Dieksonia squarrosa hat einen Stamm von 1 Meter 20 Cen- 
timeter, aber nur 16 Blätter. 

10) Endlich- beträgt bei Angiopteris erecta der Stamm nur 40 
Centimeter, die Zahl der weit umfassenden Blätter ist aber 8, 


— 168 — 


Der Bamberger Gemüssbau. 
Von Karl Koch. 


Während meines letzten Aufenthaltes in München zur Zeit des 
Oktoberfestes des vorigen Jahres, was aber dieses Mal schon in den 
letzten Tagen des Septembers seinen Anfang genommen hatte, fand 
auch eine Ausstellung von Pflanzen, Obst und Gemüse, veranstaltet 
von dem dortigen Gartenbau-Vereine, statt, die trotz des sonst in 
reichlicher Fülle Gebotenen mit Recht die Aufmerksamkeit der Ein- 
heimischen und Fremden auf sich zog. Von den Gegenständen, 
welche vor Allem mich in Anspruch nahmen, nenne ich deshalb das 
Gemüse, weil eine Sammlung sich darunter befand, welche durch 
Kultur, und demnach auch durch Güte, sich auf eine Weise aus- 
zeichnete, wie man sie kaum sonst auf Ausstellungen findet. Man 
sah aber nicht etwa nur einzelne Exemplare, welche so vorzüglich 
waren, sondern die ganze Sammlung konnte in allen ihren einzelnen 
Theilen als Muster dienen. 

Diese Muster-Sammlung hatte der Gartenbau- Verein in Bam- 
berg ausgestellt. Bamberg gehört mit Erfurt, Nürnberg, Ulm und 
einigen anderen Städten Deutschlands, wo Gärtnerei schon seit Jahr- 
hunderten getrieben wurde. Mehr als 2 Jahrzehente waren verflossen, 
seitdem ich zum letzten Male in Begleitung zweier freundlicher 
Gärtner die Fluren Bambergs mit ihren Gemüsekulturen durch- 
wandert hatte. Es war um so mehr mein Wunsch, dieselben Fluren 
unter durch Eisenbahnen sehr veränderten Verhä'tnissen vom Nenen 
zu besehen, als der Gartenbau-Verein in Bamberg mich schon vor 
einigen Jahren zu seinem Ehren-Mitgliede ernannt hatte und ich 
mich damit verpflichtet fühlte, auch mit den Ei-enthümlichkeiten 
des Vereins sowohl, als seiner Kulturen, etwas mehr vertraut zu sein, 
als es der Fall war. Ich ging also im Anfange des Monates Oktobers 
vorigen Jahres nach Bamberg. 

Leider gestattete mir meine Zeit nicht länger, als 2 Tage in 
Bamberg zu verweilen. Auf das Zuvorkommendste von Seiten des 
Vorsitzenden, des Bürgermeisters Dr. Schneider, und einiger Mit- 
glieder, besonders des Vorstandes, aufgenommen, wurde ich auch 
alsbald in den Stand gesetzt, mich mit den Einrichtungen des Ver- 


— 169 — 


eines sowohl, als mit der Art und Weise der Kulturen, bekannt zu 
machen. Ganz besonders bin ich dem bereits genannten Vereins- 
Vorsitzenden, Bürgermeister Dr. Schneider, dem 2. Vorstand, 
Sippel, und dem Kunstgärtner Daniel Mayer, zu grossem Danke 
verpflichtet, dass sie allen meinen Wünschen der Belehrung bereit- 
willigst entsprachen. 

Es kann nicht meine Absicht sein, einen ausführlichen Bericht 
über die Bamberger Gemüsegärtnerei zu geben, denn dazu war die 
Zeit meines Aufenthaltes doch viel zu kurz, auf jeden Fall darf ich 
aber annehmen, dass ein kurzer Abriss über die Geschichte der 
Bamberger Gemüsegärtnerei, so. wie über ihren heutigen Zustand, 
das Interesse der Leser der Monatsschrift in Anspruch nehmen dürfte. 
Von Seiten des Vorstandes des Bamberger Gartenbau-Vereines wur- 
den mir behufs dieser Abhandlung aus sachkundiger Feder hervorge- 
gangene Materialien zur Verfügung gestellt. Andererseits hat ein 
Bamberger selbst, Professor Dr. Haupt, 2 lehrreiche Abhandlungen 
über den Bamberger Gemüsebau veröffentlicht, aus denen ich vor 
Allem die örtlichen Verhältnisse und das Geschichtliche entlehnt 
habe. Die erste beider Abhandlungen ist als Beilage zum Jahres- 
bericht über das Königliche bayerische Lyceum, Gymnasium und die 
lateinische Schule zu Bamberg unter dem Titel: ‚Die Bamberger 
Gärtnerei, ein Theil der freien Wirthschaft‘‘ im Jahre 866 er- 
schienen. Die andere Abhandlung bildet einen Theil der Festgabe: 
„Die bayerische Landwirthschaft in den letzten 10 Jahren‘, welche 
für die Mitglieder der 28. Versammlung deutscher Land- und Forst- 
wirthe im Jahre 1872 in München gedruckt wurde. Die Abhandlung 
selbst führt dagegen den Titel „die Bamberger Gemüsegärtnerei.“ 

Ich habe bereits anfangs gesagt, dass die Gemüsegärtnerei in 
Bamberg zu den ältesten in Deutschland gehört, vielleicht sogar die 
älteste ist, welche nach auswärts Handel trieb. Man ist allgemein 
der Meinung, dass die Umgegend von Bamberg eine im hohen Grade 
fruchtbare sei und dass dieser Umstand zunächst, wie in Erfurt, 
Nürnberg und Ulm, die Bewohner hauptsächlich veranlasst habe, sich 
speciellen Kulturen, welche nieht allein eine grössere Sorgfalt, sondern 
auch einen guten nahrhaften Boden verlangen, zuzuwenden. Dem 
ist aber keineswegs so, im’ Gegentheil gehört der Boden in der Umgegend 
von Bamberg ursprünglich zu den schlechtesten und unfruchtbarsten, 


— 10 — 


die Deutschland besitzen mag. Es bedurfte im Anfange eine lange 
Ausdauer. Unsägliche Mühen und eine nicht zu beugende Unverdrossen- 
heit waren nothwendig, um den Boden nur einiger Massen kultur- 
fähig zu machen, es musste ausserdem eine Jahrhunderte dauernde Bear- 
beitung stattfinden, um ihn schliesslich auf die Kulturhöhe zu bringen, 
auf der er jetzt steht. Der Boden würde selbst die früheren Zu- 
stände bald wieder erhalten, wenn nicht derselbe Fleiss, dieselbe 
Ausdauer fort und fort sich geltend machte. 

Die Umgegend von Bamberg besteht aus Alluvialboden eines 
durchaus unfruchtbaren Treibsandes, der wiederum einer ziemlich 
mächtigen Schicht von Kies und Gerölle aufliegt. Es war daher, 
wie man sich wohl denken kann, eine sehr lange Zeit nothwendig, 
bevor sich eine Ackerkrume für Kulturen feinerer Art bilden 
konnte. Diese hat sich aber bereits gebildet und bildet sich von 
Jahr zu Jahr mehr, besonders wo die nöthige Feuchtigkeit geboten 
wird. Leider findet sich aber diese keineswegs immer in einer 
günstigen Weise vor. Trockene Sommer sind noch jetzt für Bam- 
berg’s Gemüsegärtnerei ausserordentlich nachtheilig. 

Ausser dem Flusse der Regnitz finden sich nur wenige Quellen 
vor, die ausserdem noch zum Theil zu anderen, besonders tech- 
nischen Zwecken verwendet werden. Es sind zwar ferner noch einige 
kleinere Seen (Weiher) vorhanden, welche für die nächsten Um- 
gebungen Feuchtigkeit vermitteln, leider hat man aber diese zum 
Theil trocken gelegt und damit den umgebenden Feldern ihre frühere 
Fruchtbarkeit genommen. Deren Preis ist daher auf eine Weise 
zurückgegangen, dass die betreffenden Besitzer dadurch bedeutenden 
Schaden erhalten haben. ! 

Der oft eintretende Mangel an Feuchtigkeit wird noch dadurch 
erhöht, dass der unter der Ackerkrume liegende Treibsand das atmos- 
phärische Wasser leicht durchlässt und in die Tiefe führt. Eine 
Folge davon ist auch der geringe Thau, welcher in der Umgegend 
von Bamberg fällt. Ausser Kiefernwäldern sind in der nur auf der 
linken Seite der Regnitz durch Hügel oder Gehänge von Keuper bis 
zu 60 bis 80 Fuss Höhe unterbrochenen Ebene kaum nennenswerthe 
Gehölze in grösserer Ausbreitung vorhanden, die Stadt Bamberg 
selbst liegt aber auf 5 Hügeln, die zum Theil nicht unbedeutende Gärten 
haben und der ganzen Landschaft einen besonderen Reiz verleihen. 


— 11 — 


Man muss unter solchen Umständen wohl fragen, welche Gründe 
waren es, welche trotz der angegebenen, im Anfange wenigstens 
höchst ungünstigen Verhältnisse Bamberg zu einem berühmten Ort 
für Gemüsebau machten und welche fortwährend die vorzüglichsten 
Gemüse bei Bamberg wachsen lassen? Bei solchen Gelegenheiten 
sind die Gründe, wie die Geschichte von Grünberg in Schlesien, von 
Werder bei Potsdam u. s. w. lehrt, keineswegs immer in bestimmten, 
in Klima, Boden und sonstigen Verhältnissen liegenden Ursachen 
zu suchen, sondern es ist oft vielmehr der Zufall, der, wie wir bei 
Bamberg sehen, selbst grosse Hindernisse beseitigt und der in einzelnen 
besonders begabten Menschen schliesslich doch auch seinen erklären- 
den Ausdruck erhält. 

Dass gleich anfangs in Betreff des Gemüsebaues bei Bamberg 
besonders begabte Menschen eingewirkt haben, unterliegt keinem 
Zweifel, — es kommen aber noch äussere Momente hinzu, welche 
wesentlich dazu beitrugen, die Bamberger Gemüsegärtnerei rasch 
emporzubringen und in Blüthe zu erhalten. Franken war von jeher 
von allen deutschen Ländern am Meisten bevölkert, Bamberg selbst 
nahm mit Würzburg deshalb noch eine bevorzugte Stellung ein, weil 
beide Orte schon zeitig der Sitz von Fürstbischöfen wurden. Unter 
diesen befanden sich nicht wenige sehr begabte Männer, welche einen 
grossen Einfluss auf die feinere Ausbildung des Menschen ausübten 
und ein Verlangen nach feineren Genüssen rege machten. 

Ganz besonders war es der fürstbischöfiche Hof von Bamberg, 
der sich viele Jahrhunderte lang durch Luxus nach allen Seiten hin 
auszeichnete und nicht allein viele reiche Leute veranlasste, bisweilen 
nach Bamberg zu kommen, sondern sich auch daselbst oder in dessen 
Nähe nieder zu lassen. Die Bamberger Turnierspiele erfreuten* sich 
einesgrossen Rufes und wurden ebenfalls Ursache, dass viele Tausende von 
Menschen nach Bamberg reisten, um sich daselbst eine Zeit lang auf- 
zuhalten. Dazu kam noch, dass allmählig in Bamberg selbst 6 Mönchs- 
und 3 Frauenklöster, ausserdem aber deren noch, so wie berühmte 
Abteien, in der Nähe und etwas weiterer Ferne entstanden, deren Be- 
wohner feinere Genüsse liebten. Während aber in den Ländern, be- 
sonders des Westens, die Mönche selbst das feine Gemüse bauten, 
überliessen sie es in Bamberg und in dessen Nähe Anderen, wahr- 
scheinlich zu ihren Klöstern in Abhängigkeit stehenden Familien. 


— Nr = 


Viele Gemüsefelder sind noch Eigenthum früherer Klöster und werden 
von Gärtnern gepachtet. Aber dieser lange und ziemlich innige Zu- 
sammenhang mit den Mönchen mag auch die Ursache sein, dass die 
Bamberger Gärtner, welche, früher mehr als jetzt, besondere Strassen 
der Stadt bewohnten, sich durch Frömmigkeit und Anhänglichkeit 
an ihre Religion auszeichneten. Unter den gegen 400 Gärtnern be- 
findet sich auch jetzt noch kein einziger Protestant. 

Kein Marktfeld wird noch jetzt gegraben, ohne dass schliesslich 
an einer Ecke mit einem Rechenstiele das Zeichen eines Kreuzes 
darauf eingetragen wird. Dabei spricht man den einen oder anderen 
frommen Spruch, wie „ich habe das Meine gethan, thue Du, Herr 
Jesu Christ, das Deine.“ Dass dabei mancher, wenn auch sehr 
unschädliche Aberglaube dabsi unterläuft, kann man sich denken. 
Wenn Jemand z. B. in der Gärtnerfamilie stirbt, so wird im Hause 
aller Samenvorrath tüchtig durchgewühlt, denn geschieht es nicht, 
so gibt es schwache oder schlechte Frucht in der nächsten Erndte. 
Kein Bamberger Gärtner nimmt ferner etwas geschenkt an, ohne 
wieder etwas, wenn auch nur die geringste Kleinigkeit, wieder zu 
schenken. Gibt man nichts dagegen, so artet die Kulturpflanze, be- 
sondes ihr Samen, aus und wiederum ist eine schlechte Erndte die 
Folge. 

Wie es scheint, war es aber nicht das Gemüse, mit dem die 
Bamberger Gemüsegärtnerei im Grossen ihren Anfang genommen hat, 
sondern es scheinen vielmehr Arznei- und Gewürzkräuter gewesen 
zu sein, welche man zuerst im Grossen kultivirte. Wie bekannt, 
beschäftigten sich besonders im Mittelalter, aber auch später noch, 
die Mönche sehr viel mit der Arzneikunde Sie bauten die dazu 
nöthigen Kräuter selbst in ihrem Klostergarten oder liessen sie durch 
ihre Hörigen anbauen. Das Arzneimittel, was zuerst im Grossen in 
der Nähe Bambergs angebaut wurde, ist die Süssholzwurzel (Radix 
Liquiritiae), aus der der sogenannte Lakritze:saft in Kuchenform 
bereitet und weit versendet wurde Bis fast in die neueste Zeit 
verliessen die Bewohner der nächsten Dörfer niemals die Stadt Bam- 
berg, ohne einen sogenannten Süssholzring mitzunehmen. Der Anbau 
des Süssholzes ist jetzt aber mit den veränderten Verhältnissen sehr 
unbedeutend geworden. Da nur die Mutterpflanze des spanischen 
Süssholzes (Glycyrrhiza glabra) bei Bamberg angebaut wird, so 


— 13 — 


wurde seine Kultur wohl auch nur durch Spanier eingeführt Sonst ist 
geschichtlich über die Einführung der Mutterpflanze des Süssholzes 
bei Bamberg nichts bekannt. 

Als Arzneimittel wurden früher ebenfalls sehr viel angebaut und 
weithin versendet: Foenum graecum (die Samen von Trigonella 
Foenum graecum) und Kanariensamen (von Phalaris canariensis), 
welcher letzterer in den älteren Zeiten ein Hauptmittel gegen Stein- 
und Urinbeschwerden war. Beide hat man jetzt ganz aufgegeben. 
Es gilt dieses auch von vielen Gewürzkräutern. Schwarzkümmel 
(Nigella sativa) wird gar nicht, Fenchel und Koriander nur sehr 
wenig, Anis etwas mehr angebaut Dagegen findet man Bohnen- 
oder Pfefferkraut (Satureja hortensis), vor Allem aber Majoran 
(Origanum Majorana) in den grössten Ausdehnungen. 

Zu den Gewürzkräutern dürfte man auch allerhand Zwiebeln und 
Knoblauch rechnen. Seit vielen Jahrhunderten bilden die ersteren 
zu langen Trauben (kespen und Rispen in Thüringen genannt) zu- 
sammengebunden einen wichtigen Gegenstand des Handels auf den 
im Herbste abgehaltenen Märkten der Städte Fraukens, Thüringens 
und der Oberpfalz. | 

Je mehr die Bevölkerung überhaupt in Bamberg zunahm und 
die vom Luxus der Bamberger Bischöfe herbeigelockten reichen Frem- 
den das Verlangen nach feinerem Gemüse verbreiteten, um so mehr 
wendeten die Bamberger Gärtner ihre Aufmerksamkeit auch auf di» 
Anzucht von allerhand Gemüsen, besonders von Kohlsorten, von ver- 
schiedenen Rüben und Salaten. Auch der Anbau von Gurken hat 
in Bamberg von jeher eine grosse Rolle gespielt und spielt ihn noch. 
Mit den Bedürfnissen wurde immer mehr Feld in Anspruch genom- 
men, so dass nach den Angaben des Professor Dr. Haupt jetzt be- 
reits von den 1300 Tagewerken der ganzen Bamberger Feldmark ein 
Drittel nur mit Gemüse und einigen andern der genannten Kultur- 
pflanzen bepflanzt ist. Die neueste Zeit hat mit ihren veränderten 
Verhältnissen die Nachfrage nach dem Gemüse noch mehr erhöht, so 
dass nach den erhaltenen speciellen Mittheilungen das Areal des mit 
Gemüse u s. w. bepflanzten Bodens sich gegen früher um das Drei- 
fache vermehrt hat 

Der Handel mit Gemüse-, Gewürz- und Arzneipflanzen scheint 
in Bamberg schon zeitig einen bedeutenden Aufschwung erhalten zu 


n 


ei 


haben. Vielleicht schon im 15., gewiss im 16. Jahrhunderte zogen 
zu verschiedenen Zeiten Gärtner, ihre Wagen mit gutem Gemüse. 
beladen, weit nach Franken, Thüringen und die Oberpfalz hinein, um 
auf dortigen Märkten feil zu halten, und kehrten dann nach mehreren 
Wochen die Taschen gefüllt zurück. Besonders Zwiebeln und Knob- 
lauch wurden aber auch auf den Main gebracht und gingen bis nach 
Holland und selbst auf überseeische Märkte. 

Der Anbau von Gemüsen vergrösserte sich besonders noch dadurch, 
dass sich allmählich auch ein nicht unbedeutender Handel mit Gemüse- 
Sämereien entwickelte Im vorigen Jahrhunderte hatte dieser Samen- 
handel solehe Dimensionen angenommen, dass er weit bedeutender 
wurde, als der mit eigentlichem Gemüse. Was die Ursache - 
dieser Umänderung im Handel gewesen ist, lässt sich kaum sagen. 
Wahrscheinlich machten die damaligen Unruhen mehrer auf einander 
folgenden Kriege das Herumfahren mit den schweren Gemüsewagen 
schwieriger und unsicher. Der bayerische Erbfolgekrieg, aber gewiss 
auch die schlesischen Kriege und schliesslich der Ausbruch der 
grossen französischen Revolution mögen zur Beeinträchtigung des 
eigentlichen Gemüsehandels von Bamberg nicht wenig beigetragen 
haben. 

Nach Beendigung der französischen Kriege kam eine lange Ruhe 
für Deutschland nicht allein, sondern selbst für ganz Europa. Alle 
Länder erholten sich nach und nach. Es entstanden mit den besseren 
Wegen und Chausseen auch bessere Kommunikationsmittel, bis end- 
lieh in den vierziger Jahren die Eisenbahnen anfıngen, ihren grossen 
Einfluss auf das menschliche Leben auszuüben. 

Damit wurde auch dem Handel mit dem schwereren Gemüse zu 
erneutem Umschwunge Gelegenheit geboten Er befindet sich bereits 
wieder in einem blühenden Zustande, ohne dass man aber etwa 
sagen könnte, der Samenhandel wäre dadurch wiederum mehr in 
den Hintergrund getreten. 

Trotz dieses blühenden Zustandes hat der Bamberger Gemüse- 
bau doch ein Hemmniss, dessen Beseitigung unserer Ansicht nach 
sehr wünschenswerth wäre. Die Zusammenlegung der Grundstücke, 
welche besonders in Norddeutschland, sich zum grossen Theil glän- 
zend bewährt hat, ist in Bamberg noch ein frommer Wunsch. Die 
Grundstücke liegen auf eine Weise in der Flur zerstreut, dass Be- 


’ 


— 15 — 


sitzthümer von einem Tagewerk eine Seltenheit sind. Der Gärtner- 
stand war Jahrhunderte lang bis zum Jahre 1862 in Bamberg eine 
eng geschlossene Zunft, die fremde Elemente nur sehr ungern in sich 
aufnahm. Söhne und Töchter von Gärtnern traten nicht aus ihrem 
Stande heraus und vergrösserten dadurch, zumal auch Kindersegen 
im Allgemeinen bei ihnen herrschte, mit der Zeit die Anzahl der 
Gärtner-Familien nicht wenig. Damit wurden aber die einzelnen Grund- 
stücke durch fortwährende Theilung mit der Zeit immer kleiner. 

Ein Gärtner, der 2 Tagewerk Markt- (d. h. Gemüse-) und 3 Tage- 
werk Getreidefeld besitzt, gilt noch heut? zu Tage in Bamberg für 
einen wohlhabenden Mann. Man darf sich demnach nicht wundern, 
wenn es auch einzelne Gärtner gibt, welehe nicht einmal über ein 
Tagewerk als Eigenthumfrei verfügenkönnen, abertrotzdem durch dessen 
Bebauung sich und die Ihrigen ernähren. Welcher Fleiss und welche 
Bearbeitung des Bodens dazu gehört, um der zur Unterhaltung einer 
sanzen Familie nöthigen Ertrag von so einer kleinen Parcelle zu er- 
halten, kann man sich denken. Dieser Umstand allein sprieht für 
die Tüchtigkeit und Rührigkeit des Bamberger Gärtners Aber doch 
bleibt es zu wünschen übrig, dass schliesslich eine bequemere 
Zusammenlegung der jetzt getrennten Marktfelder geschieht. 

Der wohlhabendere Gärtner in Bamberg ist auch Landwirth. Er 
kennt die Nothwendigkeit und die Vortheile des Wechsels im Anbau 
seines Feldes. Das Gemüse wird schliesslich doch einmal durch Ge- 
treide vertreten. 2 Drittel des Landes sind, wie bereits erwähnt, 
im Durchschnitt mit Getreide bestellt. Dass man hierzu, so wie zur 
Anzucht der wenig Sorgfalt verlangenden Gemüse-Sorten, hauptsächlich 
die ferneren Felder benutzt, versteht sich von selbst. In der Reihenfolge 
der Gemüse-Sorten in einem Sommer oder überhaupt, so wie von 
der besten Weise, Zwischen- und Unterfrucht anzubauen, hat der 
Bamberger Gärtner einen ausserordentlichen Takt. 

Durch die Freundlichkeit des Vorsitzenden des Gartenbau-Ver- 
eins in Bamberg habe ich specielle Mittheilungen über den heutigen 
Zustand der Bamberger Gärtnerei erhalten, dieselben geben ein so 
deutliches Bild von derselben, dass ich nieht anstehe, sie genau in 
der Weise, wie sie mir gegeben sind, hier folgen zu lassen. 

Im Anfange des Jahrhunderts wurde in der Bamberger Gärtnerei 
meist Samenbau getrieben; derselbe erstreckte sich auf Caroten, 


— 116 — 


Petersilie, Sellerie, Zwiebeln, Pfefferkraut, Fenchel, Körbel, Anis, 
Salbei, Spinat, Gurken, Sauerampfer, Zuckererbsen, Brecherbsen, 
Buschbohnen, Hirse, Futtermöhren, Runkeln, Mohn, Lein, Raps, 
Koria: der, Stoppelrüben, Salat, Kraut. Wirsing, Kohlrabi ete. Die 
Produkte wurden meist durch hiesige Händler nach Norddeutschland 
verkauft, theilweise aber auch durch Nürnberger Kaufleute erworben 
und weiter verschleisst. 

Eineu Hauptabsatzplatz bildete die Leipziger Messe, welche von 
einigen jetzt noch bestehenden Firmen besucht wurde. In den letzten 
Jahrzehnten entstand durch den sich ausbreitenden Samenbau in 
andern Gegenden und die dadurch gedrückten Preise, ferner durch 
den Bau der Eisenbahnen, aber auch durch die vermehrte Nachfrage 
nach Gemüsen eine Umwandlung in den Bau der Gärtnerei in der 
Art, dass nur einzelne Sämereien noch angebaut werden und damit 
dem Gemüsebau zur Ausführung durch Wagen und Eisenbahnen eine 
grössere Ausdehnung gewährt wird. 

In erster Linie steht jstzt der Bau des Samens der Stoppelrübe. 
Es giebt fast keinen Gärtner, welcher sich nicht mit dem Anbau 
derselben befasst. Es ist eine allgemein verbreitete Ansicht und ein 
Sprüchwort: „Der Rübsamen bringt erst Geld in’s Haus.” Die Erndte 
desselben ist schon Anfangs Juni und die damit bebauten Felder 
liefern noch reiche Erndten von Caroten, welche im Frühjahre beim 
ersten Reinigen eingepackt werden. Statt der Caroten baut man 
nach der Erndte des Rübsamens auf denselben Feldern auch recht 
hübsehen Sellerie, Herbstkraut, Wirsing u. s. w. 

Von dem Rübsamen gehen jährlich 5--800 Centner unter dem 
Namen „fränkische Stoppelrüben” nach Aussen. Den zweiten Artikel 
des Samenbaues bildet der Salatsamen. Derselbe wird auf gewöhnlichen 
Getreidefeldern gemeinschaftlich mit Anis und Caroten gebaut. Nach 
denselben folgt auf den Feldern Winterkorn; Anis wurde in früheren 
Zeiten nicht nur als Unterbau, sondern auch allein auf grossen Feldern 
gebaut. Bamberger Anis hatte einen höheren Preis, als der der 
anderen Gegenden. 

Von Gemüsesamen, als Kraut, Wirsing, Blumenkohl, Kohlrabi 
u. Ss. w. wird keine grosse Quantität gebaut. Man kann sagen, es 
baut jeder nur seinen eigenen Bedarf. Die Ursache davon ist der 
ausserordentliche Anbau von Stoppelrüben, ‘welche zu gleicher Zeit 


—- 17 — 


mit oben genannten Gemüsen blühen und selbstverständlich dieselben 
befruchten. Die Samen, welche man für den eigenen Gebrauch 
heranzieht, werden in den Hausgärten, fern von den Feldern der 
Stoppelrüben, gebaut. Hierzu ist jedoch zu bemerken, dass in den 
letzten Jahren wiederum der Anbau von Gemüsesamen zunimmt und 
damit den der Stoppelrübe etwas verdrängt. 

Eine belieute Kultur ist die des Bamberger Meerrettigs. Anfangs 
wurde sie nur als Einfassung der guten Gemüsefelder benutzt, jetzt 
aber wird der Meerrettig auf ganzen Feldern des besten Gemüselandes, 
und zwar ohne Zwischenfrucht, gebaut. Er gedeiht dabei auf eine 
solche Weise, dass in guten Jahren die Blätter meist eine Höhe von 
3 Fuss erreichen. Die Kultur ist höchst einfach. Im Herbste werden 
die Fechser (Wurzelzacken, welche die Hauptwurzel halten) abgenommen, 
die kräftigsten ausgesucht und in einer Grube im Freien oder im 
Keller überwintert. Im Monate März werden solche in der Grösse 
von 18 Zoll geschnitten und auf dem schon im Herbste zubereiteten 
und gut gedünsten Felde eingelegt. Man bedient sich dazu eines 
Holzes zum Vorsteehen. Der untere Theil darf nicht tiefer als etwa 
ein Fuss unter die Erde kommen, den oberen Theil deckt man 
dagegen 1—2 Zoll mit Erde. Im August wird derselbe gehoben, 
von allen Faserwurzeln befreit und dann wieder umgelest. Diese 
Manipulation macht auch nicht die geringste Störung im Wachsthum, 
weil die Wurzelzacken (zukünftige Fechser) schon über 2 Fuss lang 
in die Erde eingedrungen sind und durch das Aufheben nicht gestört 
werden. Diese Art der Kultur erzeugt wahre Riesenwurzeln. 

Der Bamberger Meerrettig ist von sehr gutem Geschmacke, 
höchst saftreich, und kommt dem Baiersdorfer nicht nur gleich, 
sondern übertrifft denselben noch durch Grösse und Geschmack. Auf 
den Morgen Land werden etwa 12,000 gesetzt. Das Hundert vom 
Felde weg und nieht ausgesucht wird mit 2', bis 3 Thaler verkauft. 

Ein weiterer Artikel, welcher in Bamberg sehr stark gebaut 
wird, ist die Zwiebel. Auf 6—800 Morgen werden über 10,000 Scheffel 
gebaut und der Scheftel durchsehnittlich um 5 Thlr. verkauft Als 
zum Anbau verwendete Sorten sind die strohgelben, schwefelgelben 
und blutrothen runden Sorten zu nennen, welche zur Ausfuhr verlangt 
werden und einen bedeutenden Handelsartikel bilden. Die längliehe 
Birnzwiebel, sogenannte Gochsheimer, wird weniger, meist nur in 

12 


Gärten gebaut, auch nur lokal verwendet, weil nach Aussen gering 
verlangt. Sie ist weniger hart, alsdieersteren, und verträgt den Transport 
nicht gut. Zwiebelsamen von den genannten Sorten wird in grosser 
Menge gebaut und bildet ebenfalls einen hervorragenden Handels- 
artikel. 

Sehr bedeutend ist ferner der Anbau von Knoblauch, da der 
Bamberger Knoblauch wegen seines Aroma’s und seiner Grösse sehr 
gesucht und theuer bezahlt ist. 

Mit besonderer Vorliebe wird von den Bamberger Gärtnern der 
Majoran kultivirt. Derselbe wird durch dreimaligen Schnitt geerndtet, 
und zwar in den Monaten Juli, September und October. Er kostet 
getrocknet mit Stielen 16—-18 Thaler der CGentner, abgerieben von den 
Stielen aber das Doppelte. Bei reicher Düngung und Feuchtigkeit 
liefert der Morgen 12—15 Centner Majoran. 

Der Bamberger Spargel ist eine sehr gesuchte Waare. Von den 
vielseitigen Nachfragen kann nur der geringste Theil befriedigt werden. 
Er wird auf grossen Stricken mit geringer Zwischenfrucht gebaut. 
Der Bamberger Spargel ist weiss und giebt dem Ulmer und Erfurter 
an Güte nichts nach. ; 

Schwarzwurz, welche sonst nur vereinzelt gebaut wurde, ist jetzt 
allgemein verbreitet, theils wegen der vielen Nachfragen, theils wegen 
der Erträglichkeit. Der Bund (etwa 1 Pfund) wird mit 12 Kreuzern 
bezahlt. Auf hervorragend guten Feldern ist die Erndte im ersten 
Herbste, auf geringeren im zweiten. 

Gurken wurden früher in Zwischenreihen gebaut, jetzt geschieht 
es auf ganzen Feldern. Obgleich täglich grosse Wagenladungen im 
grünen Zustande ausgeführt werden, ist doch auch ihr Samenbau 
noch sehr bedeutend. 

Von Kohlrabi werden nur die frühen und späten englischen 
Sorten gebaut. Seit einigen Jahren ist die niedrige weisse und blaue 
Wiener Kohlrabi eingeführt und wird mit ausserordentlichem Erfolge 
in geschützten Gärten auf abgedeckten Mistbeeten gezogen. Das 
Schock englischer Kohlrabi mit grossen Blättern kostet 1 Gulden; 
die Wiener (welehe auch näher gepflanzt werden können) werden 
dagegen zu 3 Gulden das Schuck verkauft. 

Die Rettige erfreuen sich eines bedeutenden Anbaues, da der 
Lokalverkehr und die Anfrage nach Aussen sehr stark sind. Früher 


179 — 


baute man nur den grauen Winterrettig, da dieser aber erst Ende 
Mai zum Markt gebracht werden kann, weil eine Aussaat vor Ende 
April meist vor dem Ansatz der Frucht in Samen übergeht, hat man 
ihn mehr oder weniger aufgegeben. Jetzt ist schon Anfangs Mai 
der Rettig auf dem Markte durch den Anbau der frühen schwarzen 
und weissen runden sogenannten Münchener Rettige vertreten. Im 
April giebt es bereits die sogenannten Halb- oder Monatsrettige weiss 
und gelb, welche aber nicht so beliebt sind, weil ihnen der eigent- 
liche Rettiggeschmack abgeht. 

Der Süssholzbau ist jetzt, wie bereits erwähnt, sehr beschränkt. 
In den früheren Jahren war er der hervorragendste Gegenstand der 
Kultur, an welcher junge Gärtner ihre Gesellenprobe, ältere ihr 
Meisterstück ablegen mussten. 

Dieser Artikel war auch sehr geschätzt und fand reissende 
Abnahme von Kaufleuten und von den Bewohnern der umliegenden 
Ortschaften. Der Preis betrug 20—30 Gulden der Centner im frischen 
Zustande. Erndtezeit nach richtigem Anbau alle 3 Jahre. Zwischenbau: 
Rüben, Rettig, Salatrüäben u s w Von Kartoffeln wird nur die Früh- 
kartoffel gebaut, welche aber in grosser Menge nach Aussen verführt 
wird. Die grösste Ausdehnung hat der Anbau des Bamberger Centner- 
krautes (Exemplare bis zu der Schwere von 18 Pfund sind gewöhnlich) 
und des Bamberger krausen Wirsings Man kann annehmen, dass 
über 500 Morgen damit angebaut werden und dass der grösste Theil 
davon durch Wagen und Eisenbahn ausgeführt wird. Hervorragend 
ist auch der Anbau. von Blumen- und Rosenkohl, da beide Artikel 
sehr gesucht sind 

Zu den nun angeführten Gegenständen des Anbaues und ihrer 
Kulturen darf nicht unerwähnt bleiben, dass in der Bamberger 
Gärtnerei alljährlich die neuesten Erscheinungen der Gemüse gebaut 
und auf ihre Güte und Ertragsfähigkeit geprobt werden. Die Ver- 
anlassung dazu giebt der Gartenbauverein, welcher seit 13 Jahren 
besteht und über 400 Mitglieder zählt. Derselbe akquirirt in jedem 
Jahre die neuesten Erscheinungen im Gemüse auf den Samenmärkten 
von London, Paris, Wien, Berlin u. s. w. und giebt sie den Gärtnern 
zum Anbau. Auf diese Weise benutzt der Gartenbau-Verein die 
Fluren als Versuchsfeld. Die Besitzer der Felder sind die Anbauer 
und Prüfer der Sorten. Dadurch werden jedenfalls die erprobten 

12* 


=, — 


Sorten eine erfolgreichere Einführung finden, als wenn der Garten- 
bauverein selbst ein eigenes Versuchsfeld hielte, durch seine Gärtner 
den Anbau ausführte und die erprobten Sorten dann erst zum Anbau 
empfehlen würde Die ermittelten Resultate werden in den Monats- 
versammlungen besprochen und die Produkte in alljährlich sieh 
wiederholenden Ausstellungen vorgeführt. 

Als Resultat dieser Bestrebungen des Bamberger Gartenbauvereins 
muss hier genannt werden, dass 1) eine Reihe neuer Gemüsearten 
wegen ihrer Güte, wegen ihrer Ertragsfähigkeit, wegen ihrer Eigen- 
schaft auf geringerem Boden zu gedeihen, wegen ihrer Haltbarkeit 
und wegen ihrer Eigenschaft, zu verschiedenen Zeiten auf den Markt 
gebracht werden zu können, eingeführt sind und sich vollständig 
eingebürgert haben. Wir nennen hier 14 Sorten Kopfkohl, als 
Zuckerhut, Spitzkraut, Yorker, Johannistag, Winningstädter, grosses 
und kleines Ochsenherz u. s. w. 10 Sorten Wirsing, als Victoria, 
Vertus ete., 6 Sorten Oberkohlrabi, 4 Sorten Carviol, Brüsseler 
Sprossenkohl, Artischocken, 12 Sorten Zwiebeln u. s. w. 2) Dass 
die Produkte der Bamberger Gärtnerei auf den Ausstellungen zu 
Wien, Erfurt, Frankfurt, Koburg, Hamburg, Linz und München durch 
Preise anerkannt wurden. 

Fruchtwechsel auf den Gemüsefeldern hat man nie gekannt. 
Die Felder werden tüchtig gedüngt, fleissig bearbeitet, gewässert, 
mit einem Wort, man giebt dem Boden oft mehr, als man ihm 
genommen, und hat desshalb keine Abnahme am Ertrag zu besorgen. 
Im Gegentheile, die Felder werden immer besser und ertragsfähiger. 

Die in der Bamberger Gärtnerei gebauten Gemüse werden zu 

',s auf dem Bamberger Markt von den Bewohnern der Stadt 
und den Landleuten gekauft, 

', durch Wagen von den Bamberger Gärtnern selbst verschleisst 
(Ausfahren, Onifahren), 

°, als Eisenbahngut von hier versendet. Nach Ausweis der 
kommerziellen Statistik der königl. Hauptgüter-Expedition Bambergs 
betrug die Ausfuhr an Gemüsen durch die Eisenbahn im Jahre 1872 

„38,740 Centner.” 

Als bedeutende Orte, wohin der Verschleiss der Produkte 
geschieht, ist zu nennen: München, Koburg, Bayreuth und Hof, an 
welchen Orten die hiesigen Gärtner selbst feil halten. In Hof kaufen 


— 1831 — 


Händler die meisten dorthin gebrachten Gemüse und verschleissen 
dieselben nach Norddeutschland. 

Als weitere Orte des Verkehrs sind aufzuführen: Staffelstein, 
Lichtenfels, Kulmbach, Bayreuth, Wunsiedel, Münchberg, Schwar- 
zenbach, Asch-Eger, Reuth, Zwickau, Franzenshad, Karlsbad, Plauen, 

dann 
Sonnenberg, Kronach, Koburg, Eichsfeld, Themar, Rodach, Salsungen, 
Eisenach, Hildburghausen, 
dann 
Klostererbach, Würzburg, Kissingen, Brückenau und die übrige Rhön, 
endlich 
Neustadt a. A., Rottenburg, Windsheim, Forchheim, Dillingen, 
Ulm, Immenstadt, 


Literatur. 


I. 
HA. Jäger, die schönsten Pflanzen des Blumen- und Land- 
schaftsgartens, der Gewächshäuser und Wohnungen, 
Ein vollständiges Blumenlexikon. 


Die ersten zehn Bogen dieses interessanten Werkes, was einiger 
Massen an Bosse’s Handbuch der Blumengärtnerei erinnert, liegen 
uns vor. Niemand mochte wohl mehr im Stande sein, eine solche 
Bearbeitung vorzunehmen, als der Hofgärtner Jäger in Eisenach. Die 
letzte Ausgabe genannten Werkes erschien 1859. Es sind demnach 
14 Jahre, in denen Manches sich auch in der Gärtnerei verändert 
hat, verflossen. Abgesehen davon, so ist auch das Bosse’sche Werk 
für einen grade nicht sehr bemittelten Laien viel zu theuer. 

Jäger hat die umfassendsten Kenntnisse und auch eine umfassende 
Praxis, sowie die durchaus nothwendige allgemeine Bildung, um bei 
den jährlich in grosser Menge eingeführten Pflanzen das Empfehlens- 
werthe und Schöne wirklich herauszufinden. Es ist dieses in unserer 
auch hinsichtlich der Auswahl von Pflanzen und Blumen der Mode 
unterworfenen Zeit eine nieht geringe Arbeit, die aber verlangt, dass 
man selbst gesehen hat, um schliesslich auch ein Urtheil abzugeben. 


— 12 — 


Wie wenig ist das oft aber bei vielen Schriftstellern der Fall, welche 
ähnliche Bücher bearbeiten, und dabei noch in einer kleineren, von 
Hülfsmitteln entblössten Stadt wohnen. Hier werden in der Regel 
nur die Verzeichnisse der Handelsgärtner benutzt, die nur das Neue, 
weil Theure, wenn auch nicht immer Schöne, hevorheben. 

Jäger bat bei der Auswahl von Pflanzen und Blumen einen 
glücklichen Griff gethan. Dabei wollen wir zwar keineswegs sagen, dass 
wir Alles, was er empfiehlt, ebenfalls unbedingt empfehlen würden. 
Missgriffe kommen immerhin hier und da vor, aber in der Regel 
geht man nicht fehl, wenn man seinen Rathschlägen folgt. Wir bil- 
ligen auch die Nomenklatur, welche er eingehalten, obwohl er 
manchmal aus der Rolle gefallen und selbst eine und dieselbe Pflanze 
mit dem wissenschaftlichen und dann mit dem Garten- Namen be- 
schrieben hat. Wir möchten seine Nomenklatur auch anderen gärt- 
nerischen Schriftstellern empfehlen, weil grade hierin sehr viel ge- 
sündigt wird. Man muss sich in der That manchmal wundern, dass 
dem Blumen- und Pflanzenfreunde dabei nicht manchmal der Gedulds- 
faden reisst. Die Vorwürfe, welche man deshalb theil- und trenn- 
süchtigen Botanikern macht, sind gerecht, treffen aber die Gärtner 
in noch weit höherem Grade. Das Schlimmste bei dem letzteren ist, 
dass man noch Geldverluste hat. 

Auch die Art und Weise der bald kürzeren, bald längeren, stets 
aber instruktiven Beschreibungen billigen wir. Man sieht, Jäger 
kennt seine Pflanzen und ist durch und dureh Praktiker. Wohl wirft 
man ihm Vielschreiberei vor; was er aber Gärtnerisches schreibt, ist 
trotzdem oft besser und richtiger als Manches, was ein Anderer als 
das Einzige veröftentlicht und vielleicht sogar als die Frucht seines 
Lebens ausgegeben hat. Zum Schreiben und noch mehr zum Belehren 
des Publikums gehört auch eine gewisse Gewandtheit, die in der 
Regel die, welche nur einmal etwas veröffentlichen, nicht haben. 

Unser Urtheil ist demnach, dass dieses, wenn auch grade nicht 
vollständig s, so doch sehr brauchbares Blumenlexikon den Laien 
nützlich ist, wenn sie es mit Aufmerksamkeit gebrauchen. Es ist 
ein Buch, wenn auch nicht zum Lesen, so doch zum Nachschlagen 
und Belehren. Bei dem wohlfeilen Preise von 1% Sgr. für den ziemlich 
enggedruckten Bogen kann es sich auch ein Unbemittelter anschaffen. 
Die Ausstattung ist gut, wenn auch nicht gerade splendid. 


I. 

Dr. Nobbe’s Handbuch der Samenkunde. 
Physiologisch-statistische Untersuchungen über den wirth- 
schaftlichen Gebrauchswerth land- und forstwissenschaft- 

licher, so wie gärtnerischer Samen. 

Wir haben selten ein Buch mit so viel Erwartung in die Hand 
genommen und mit so viel Befriedigung wieder aus der Hand gelegt, 
als vorliegendes. Zunächst liegt uns nur das erste Heft vor und er- 
laubt uns über dieses zu urtheilen. Werden aber die folgenden Hefte, 
was von dem Verfasser gar nicht anders zu erwarten steht, auf 
gleiche wissenschaftliche und praktische Weise behandelt, so erhalten 
wir ein Buch, was in der That ein grosses Bedürfniss ausfüllt. Man 
beklagt sich über Samen-Verfälschungen ganz allgemein und ruft die 
Wissenschaft an, den Laien darüber Belehrung zu geben. Das g-ht 
aber gar nieht, wenn man nieht vorher den Samen überhaupt in 
seinem äusseren Erscheinen, in seinem innern Bau und in seiner 
physiologischen Bedeutung kennt. Das vermag man durch vorlie- 
gendes Buch. 

Wir wollen heute nur auf das Buch aufmerksam machen und 
behalten uns eine ernstliche Besprechung vor, wenn das Ganze, was 
hoffentlich in der nächsten Zeit geschieht, erschienen sein wird. 
Empfohlen wird das Buch noch dadurch, dass auch die Ver'ags- 
handlung keine Kosten gespart hat, um es auch äusserlich seinem 
inneren Werthe entsprechend dem Publikum zu übergeben. Druck 
und Papier sind sehr gut und die im Texte eingedruckten Zeichnungen 
lassen nichts zu wünschen übrig. Dabei ist der Preis von ', Thlr. 
für das Heft von 5 Bogen gewiss ein mässiger. 

Dieses erste Heft enthält als Einleitung eine interessante Ab- 
handlung des Umfanges des Samen-Verbrauches im deutschen Reiche. 
Von dem ersten physiologischen Theile ist nur der Anfang vorhanden. 
Er soll nicht nar die Organisation des normalen Samenkorns, sondern 
au’h den stofflichen und gestaltlichen Verlauf des Keimungsprocesses, 
sowie die Momente der Werthbestimmung, «nthalten. In dem zweiten 
statistischen Theile werden auch die Prüfungs-Methoden abgehandelt, 
während schliesslieh der dritte die praktische Anwendung des Ge- 
gebenen enthält, um den Verfälschungen und Fahrlässigkeiten mit 
Erfolg entgegentreten zu können, IHR: 


IM. 

F. Jühlke. Die Königliche Landesbaumschule und 
Gärtnerlehranstalt zu Potsdam. Geschichtliehe Darstellung 
ihrer Gründung, Wirksamkeit und Resultate nebst Kultur- 
beiträgen. Berlin, Verlag von Wiegandt & Hempel, 1872. 

Durch eine eigenthümliche. Verkettung von Umständen ist in 
den Denkschriften unseres Gartenbauvereins ein Werk bisher unbe- 
rücksichtigt geblieben, welches im ve:flossenen Jahr etwa um die 
Zeit erscheinend, wo wir Alle uns durch die Feier des fünfzig- 
jährigen Jubiläums freudig erregt fühlten, als mit diesen Empfin- 
dungen in hohem Grade sympathisirend betrachtet werden durfte. 
Sein ebenso reicher und tiefdurchdachter, als in die anmuthigste Form 
gekleideter Inhalt, widmet sich der eingehenden Besprechung von 
Gegenständen und Kreisen, die uns räumlich nicht minder nahe 
gelegen, als sie uns geistig und genetisch verwandt sind, mit 
welchen uns ein so festgewobenes Band verknüpft, dass jede 
Lebensäusserung gleichzeitig hier wie dort alle Saiten vibriren lassen 
muss. Wenn es daher auch füglich einer Schrift von dem Werth 
der in Rede stehenden genügen könnte, einzig und allein für sich 
selber zu sprechen, so erscheint es doch insbesondere für uns als 
eine Ehrensache, die öffentliche Aufmerksamkeit so nachdrücklich 
als wir es, vermögen, auf dieselbe hinzulenken. Nur so kann die 
Monatsschrift eine Schuld abtragen, welche sie als ein negatives 
Erbtheil ihrer Vorgängerin, der Wochenschrift, überkommen hat. 

-Man kann das uns hier beschäftigende Werk des Herrn Hof- 
gartendirektors Jühlke vielleicht nicht mit Unrecht als ein compte 
rendu, als eine höhere Art von Jahresbericht betrachten, welcher Zeugniss 
von den Fortschritten und von der Thätigkeit zweier wichtiger jenem 
unterstellter königlicher Institute, der Landesbaumschule und der 
Gärtnerlehranstalt, ablegen will. Ist diese Auffassung eine zutreffende, 
so leuchtet jedem, der das Buch zur Hand nimmt, ein, dass vielleicht 
noch niemals eine derartige Berichterstattung in gleich eleganten 
und glänzendem Gewande vor den Leser getreten ist. Es hat 
sich dieselbe aber ausserdem unter den Händen ihres geistvollen 
Verfassers unbedingt zu einem durchaus eigenthümlichen, die 
fesselndste und belehrendste Lektüre darbietenden Bande gestaltet, der 
in aller Händen zu sein verdient und dem dazu noch jener besondere 


Vorzug innewohnt, nur der erste Schritt auf einer Bahn zu sein, die 
in zwangloser Weise eine Reihenfolge analoger Veröffentlichungen in 
Aussicht stellt. An Stoff hiezu kann es nicht mangeln, sicher 
ebensowenig am Talent und an dem guten Willen der zur Fort- 
setzung berufenen litterarischen Kräfte, von denen einige schon jetzi 
— wie mit verzeihlicher Indiskretion berichtet werden darf — in 
reger Thätigkeit für die Herstellung eines zweiten Theils begriffen 
sind. Lasse man uns also mit voller, ungetrübter Freude die Hoff- 
nung begrüssen, dass fortan die berühmten und ihres Ruhms so 
würdigen Gärten der zweiten kaiserlichen Residenz ihre Annalen 
haben und vermöge dieser, als eines weithin vernehmbaren Organs, zur 
Gartenwelt Deutschlands und Europa’s reden werden. 

Nach einer schwungvoll geschriebenen, höchst interessanten, mit 
reichen geschichtlichen Rückblieken, insbesondere auf die friederieia- 
nische Zeit ausgestatteten Einleitung, in welcher der Leser mit 
besonderer Befriedigung von mehreren bisher inedirten Briefen des 
grossen Königs, die eine köstliche Derbheit auszeichnet, Kenntniss 
nehmen wird, geht der Verfasser zu zwei längeren, historischen und 
statistischen Abhandlungen über, von welchen die erstere speciell 
der königlichen Landesbaumschule, die andere der königlichen 
Gärtnerlehranstalt gewidmet ist. Es findetsich in diesen sehr ausführlich 
gehaltenen Kapiteln, ebenso wie in dem vorhergehenden, abgesehen 
von einer gewissenhaften und aktenmässig begründeten Darstellung 
des rein Sachlichen, ein so grosser Reichthum von förderlichen 
Ideen und über das Maas des Hergebrachten weit hinausgehenden 
_ Anschauungen niedergelegt, es spricht aus denselben ein so warm 
patriotischer Sinn, eine so wohlthuende Begeisterung für die höchsten 
Ziele der Menschheit, insofern ihre Verwirklichung mit den Zwecken 
der Gartenkunst zusammenfällt, dass nicht wenige Seiten sich 
dem Besten anreihen, welches in dieser Richtung der Feder der 
begabtesten unter den Gartenschriftstellern aller Länder bisher ent- 
‚flossen ist. 

Der in den Spalten dieser Zeitschrift uns zugemessene höchst 
bescheidene Raum erlaubt uns leider nicht, auf Einzelnheiten näher 
einzugehen, so sehr dies auch unser Wunsch wäre. Es genüge da- 
her, den Leser auf das besprochene Werk selbst zu verweisen und 
ihm dasselbe auf das Dringlichste zur Lektüre zu empfehlen. Er 


— 186 — 


wird sicher mit uns zu der Ueberzeugung gelangen, dass zur Fortbildung 
unserer jungen Gärtner in der K. Gärtnerlehranstalt alle wünschens- 
werthen Massregeln getroffen, alle Bedingungen eines glücklichen 
Erfolgs gegeben sind. Er wird mit uns einer strebsamen Generation 
Glück wünschen, der es unter den Auspivien eines Mannes, wie 
Gartendirektor Jühlke, die Bahn praktischer Thätigkeit zu betreten 
vergönnt ist 

Haben wir in den vorstehenden Zeilen den trefflichen Eigen- 
schaften Jühlke’s als Administrator und als Schriftsteller unsere 
Huldigung darbringen können, müssen wir den Löwenantheil an dem 
Erfolge desBuchs unbedingt ihm zuerkennen, so gebührtihm nichtminder 
Dank dafür, die Betheiligung Anderer an demselben höchst erfolgreich 
angeregt zu haben. Neben dem Hauptinhalt erfreut dasselbe nämlich den 
Fachmann noch durch einige andere folgenden Specialitäten gewid- 
mete Abschnitte. 

Garten-Inspektor W. Lauche, anerkannt einer der vorzüglichsten 
unter unseren Kultivateurs, schreibt über den Herbstschnitt, die ver- 
schiedenen Unterlagen und anzupflanzenden Sorten der Zwergobst- 
bäume. Ferner: Nachrichten über einige gute Birnen-Sorten und 
ihre Kultur, 

Garten-Inspektor J. Wrede, dem wir hier voll lebhaften 
Vergnügens auf dem Felde mit Glück betriebener literarischer Thä- 
tigkeit begegnen, wie wir ‘oft beifälliger Zeuge seines rastlosen 
praktischen Wirkens in der Landesbaumschule gewesen sind: Be- 
obachtungen über die Einwirkung des Frostes auf die Baumvegeta- 
tion im Winter 187071. — Beobachtungen und Wahrnehmungen 
über die Vermehrung der Gehölze. 

Hofgärtner R. Buttmann: Mittheilungen über die Erdbeertr-iberei. 

Obergärtner Eichler: Beiträge zur Kenntniss der schädlichen 
Garteninsekten (insbesondere der Blutlaus, Aphis lanigera.) 

Carl Ritter, z. Z. Gärtner im russischen Gouvernement Pultawa: 
Ueber die Stellung des deutschen Gärtners in Russland, vorzugs- 
weise in Kleinrussland, sowie e'nige Notizen über die Kultur desselben. 
Ein äusserst lebhaft geschriebener und lesbarer, insbesondere für 
strebsame junge Gärtner beherzigenswerther Artikel eines früheren 
Eleven der Gärtnerlehranstalt, dem die weiteste Verbreitung zu 
wünschen ist. 


— 1897 0 — 


Zahlreiche Pläne und Abbildungen illustriren das Werk, dessen 
Titelblatt der Verfasser in dankenswertler Pietät mit dem Brust- 
bilde seines Vorgängers, des unvergesslichen Lenne, geschmückt und 
miteiner Blätter-Guirlande der diesem gewidmeten Aroidee umgeben hat. 

Wir nehmen Abschied von dem Buche, wie von einem lieb- 
gewonnenen Freunde, zu dem man mehr als eivmal zurückzukehren 
und aus dessen Unterhaltung man noch oft Lust und Belehrung zu 
schöpfen wünscht. Indem wir schliessen, ziehen Bilder des Glücks und 
des Gedeihens vor unserem geistigen Auge vorüber. Die Stadt und 
die Insel Potsdam, Sanssouci, der Palaisgarten, Geltow, wie sie blitzend 
im Glanz der Frühlingssonne ver uns liegen, diese Stätten regen 
und lohnenden Fleisses, diese Pflanzschulen, von denen aus all’ die 
neuen Vegetationen der Schönheit und des Nutzens sich über die 
weite Heimath hin ausbreiten sollen. Da häufen sich die von allen 
Seiten her zuströmenden Pflanzenschätze, da tummelt sich eine lern- 
begierige Jugend, da umgeben uns geweihte Schatten voll majestä- 
tischer Erinnerungen, die den holden Reiz der Gegenwart noch 
glückverheissender erscheinen lassen. Zwischen blühenden Pfirsich- 
spalieren, vor den Boskets im Freien ausdauernder japanischer Koni- 
feren, beneiden wir Frankreich, von dem wir gelernt haben, nicht 
mehr um seine Kulturen, kaum noch um sein Klima Fragt man 
uns aber nach dem Facit, das wir in dieser Umgebung aus einer 
Reihe von Betrachtungen ziehen, die wir der Lektüre des sie schil- 
dernden Buchs entnehmen, so wird die Antwort lauten: Es ist das 
Bewusstsein der Gewissheit einer hohen Blüthe der Gartenkunst in- 
mitten der höchsten Blüthe des Vaterlandes 


Carl Bolle. 
Allerlei 
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
IV. 


Am 10. März starb John Torrey, einer der ausgezeichnesten 
Männer, welche Nordamerika hervorgebracht hat. Man nennt allge- 
mein die Vereinigten Staaten Nordamerika’s das Land der materiellen 


— 18 — 


Interessen — und man mag recht haben. Doch aber existirt kein - 
zweites Land, wo es verhältnissmässig so vielMänner gegeben hat, welche 
nur dem Wohle ihrer Mitmenschen lebten und ihm ihr ganzes Leben 
zum Opfer brachten. Zu diesem Menschen gehört John Torrey, 
ein Mann, welcher um die Kenntniss der nordamerikanischen Flor 
die grössten Verdienste sich erworben hat, ausserdem aber als Lehrer 
und dann später als Municipalbeamter im hohen Grade thätig war. 
Schon zu seinen Lebzeiten wurde ein Koniferen-Geschlecht ihm zu 
Ehren Torreya genannt. 

John Torrey wurde 1796 in Neuyork geboren und erhielt 
eine ausgezeichnete Erziehung. Schon in seinem 23. Jahre hatte er 
eine Flora Neuyorks herausgegeben, nachdem er das Jahr vorher 
(1818) zum Doktor der Medizin ernannt worden war. 1824 erhielt 
er den Lehrstuhl für Naturwissenschaft am West Point, den er aber 
4 Jahre später mit der Professur der Chemie und Botanik an der 
medicinischen Schule vertauschte. Etwas später wurde er zu gleicher 
Zeit auch Professor am Princeton-Collegium. Er wirkte hier auf 
eine Weise belehrend und anregend, dass er stets eine grosse Anzahl 
von Schülern um sich versammelte und allgemein beliebt wurde. 

20 Jahre hatte er auf diese Weise segensvoll gewirkt, als er 
in die Unterrichts-Abtheilung (Assay-Departement) berufen und als- 
bald dariuf auch zum Vorsteher (Trustee) des Columbia-Collegiums, 
zu dem auch die Schule, bei der er früher Lehrer gewesen, gehört. 
ernannt wurde. Er war bemüht, diese nach allen Seiten hin zu 
heben und zu fördern. Aber auch ausserdem wirkte er allenthalben 
belebend, zumal er eine ungeheure Arbeitskraft besass. Während er 
am Tage anordnete, Dekrete unterzeichnete und nach allen Seiten hin 
sein Auge hatte, arbeitete er des Nachts wissenschaftlich. Bis spät 
in die Nacht hinein sah man ihn oft mit seinem reichen Herbarium, 
was er mit seinen übrigen Sammlungen später dem Collegium 
geschenkt hatte, beschäftigt. So lebte er bis in sein hohes Alter von 
77 Jahren. Da fand man ihm am 10. März, als eben die Sonne 
untergegangen war, für die Ewigkeit eingeschlafen. 

Es ist auffallend, dass ein solcher rüstiger Mann, wie John 
Torrey war, nie Reisen in seinem zu seiner Jugendzeit noch ziemlich 
unbekannten Vaterlande gemacht hat. Und doch kannte vielleicht 
Niemand dieses so sehr, wie er. Ihm wurde besonders dadurch Ge- 


— 189 — 


legenheit geboten, dass er die botanische Ausbeute in den verschie- 
denen Sammlungen der mancherlei Erforschungsreisen zur Bear- 
beitung erhielt. Ihm verdanken wir z. B. die erste botanische Kunde 
der Felsengebirge und der dortigen Hochebene im Westen Nord- 
amerika’s, da ihm die Bearbeitung der botanischen Sammlung des 
Dr. James, der die Long’sche Expedition begleitet hatte, über- 
tragen worden war. 

In Nordamerika will man einen grossen Landschaftspark 
im Sinne der altchinesischen errichten, nur mit dem Unter- 
schiede, dass er nicht der Einsamkeit und der Zurückgezogenheit 
dienen soll, sondern umgekehrt der Geselligkeit und dem öffentlichen 
Luxus. Was die Stadttheilgründer Berlins in der Nähe der Stadt, 
in Lichterfelde und in Westend bereits im Kleinen gethan haben, soll 
jenseits des grossen Weltmeer’s in der umfassendsten Weise ge- 
schehen. Man soll bereits ein Terrain von 5,575 englischen Meilen, 
was ohngefähr der Provinz Pommern an Ausdehnung entspräche und 
zwischen dem 110. und 111. Grade westlich von Greenwich und 
zwischen dem 44. und 45. Breitengrade liegt, eıworben haben. Das 
Letztere ist eine französische Nachricht, die sicher unrichtig ist, weil 
darnach dieser Park ganz im Norden von Westamerika liegen müsste. 

Dieser Landschafts-Park ist grade für Nordamerika ein eigen- 
ihümlicher Gedanke und scheint einiger Massen dem zu entsprechen, 
dem vor Jahrzehnten der frühere Gartendirektor Thelemann in 
Bieberich dem damaligen Herzog von Nassau vorlegte, zunächst alles 
Laud im Herzosthum Nassau, was am Rhein liegt, anzukaufen und 
es reichen Leuten zur Anlegung von Villen und Gärten abzugeben. 
In der früheren Wochenschrift ist dieser Plan schon einmal besprochen 
worden. 

Ein Landschaftsgarten von dieser Grösse wiirde, wenn er in der 
That nur dem Luxus und nicht auch zu gleicher Zeit der 
Landwirthschaft gewidmet würde, in Deutschlan! wohl nicht allein, 
sondern fast in ganz Europa eine Unmöglichkeit sein, aber auch in 
Nordamerika ist er nicht ausführbar. So reiche Leute, welche sich 
zurückziehen wollen oder sich bereits zurückgezogen haben, auch in 
den Vereinigten Staaten leben mögen, so viel» Iinden sich aber doch 
nicht vor, um ein so bedeutendes Terrain in einen grossen Luxus- 
Garten umzugestalten. Obwohl noch viele Millionen Menschen jen- 


— 190 — 


seits des grossen Oceans friedlich neben einander wohnen könnten, 
so dürfte es ferner doch auch schwer fallen, ein solches Terrain, wa; 
an Grösse selbst manche der Staaten ühertrifft, selbst in noch wenig 
bewohnten Nordwesten, zu erwerben. 

Was anders wäre es, wenn ein solcher Park neben dem Luxus 
auch der Nützlichkeit diente. Wir kommeu hierbei auf die Pück- 
ler’sche Landes-Verschönerung, welche so oft schon in der Wochen- 
schrift, aber auch in dem ersten Hefte der Monatsschrift, besprochen 
ist, zurück. Wir müssen dahin zu streben suchen, unsere Umgebungen 
durch Anpflanzungen zu verschönern und zwar, um eine gewisse 
Einheit herbeizuführen, nach einem gewissen Prineip. Wir können 
unserem verehrten Freunde, dem Verfasser der letzten Abhandlung 
im 1. Hefte der Monatsschrift, keineswegs beipflichten, wenn er die 
mehr träumerisch ausgesprochenen, als praktisch durchführbaren 
Ideen jener Verschönerungsmänner belächelt. Sagt er doch am Schlusse 
seiner übrigens sehr beachtenswerthen Abhandlung selbst, „dass aber 
die Idealisten, die noch Höheres kennen und schätzen, als Wohlleben 
und Erwerb, nicht aussterben, dafür sorgt glücklicher Weise unser 
deutscher Genius.“ 

Wenn der Verfasser besagter Abhandlung von der Entschönerung 
des Landes, welche heut’ zu Tage die Menschen mit ihren materiellen 
Interessen herbeiführen sollen, spricht, so können wir ihm noch we- 
niger beistimmen, da wir grade das Gegentheil finden. Er wird 
gewiss nicht leugnen können, dass, ganz besonders gegen früher, die 
industriellen Gegenden Deutschlands an Schönheit ungemein gewon- 
nen haben. Wir berufen uns vor Allen auf Oberschlesien. Wir 
haben es vor nahe 40 Jahren gesehen und erinnern uns noch deut- 
lich des traurigen Eindruckes, den Obeschlesien damals auf uns machte. 
Wie ganz anders ist es geworden, seitdem Pluto, der Gott der Unter- 
welt, seine Tiefen uns erschlossen und Vulkan seine Werkstätten 
eröffnet hat. Grade die Besitzer der Kohlen- und Eisenwerke, 
der Hochöfen u. s. w. haben gefühlt, dass ihnen vor Allem Ver- 
schönerung durch Anpflanzen noth thut. Sie haben Oberschlesien 
auf eine Weise landschaftlich verschönert, wie es ohne Verfolgung 
der materiellen Interessen nie geschehen wäre. Diese haben erst 
das Geld dazu herbeigeschafft Grade der Gegensatz in Flora’s sanften 
und lieblichen Schöpfungen mit den grotesken Herdten einer durch 


— 11 — 


Feuer bedingten Thätigkeit liegt etwas Grossartiges, dessen Eindruck 
nicht mächtiger auf das Gemüth des Menschen sein kann. 

Aus Frankreich kommt uns die Nachricht zu, dass die 
berüchtigte Weinlaus, Phylloxera Vastatrix, in den Ländern des 
Südens, wo sie einmal sich häuslich niedergelassen und ihre Verwü- 
stungen begonnen, ihr verheerendes Werk fortsetzt, aber bis jetzt 
noch nicht .die Grenzen ihres ursprünglichen Verbreitungsbezirkes 
überschritten hat. Alle Mittel, welche man nach und nach, wenn 
auch oft als untrüglich, vorgeschlagen, haben gar nichts, selbst kaum 
als Palliativ genützt, am Sichersten hat sich noch bewiesen, die 
Weinfelder eine Zeit lang unter Wasser zu setzen. Das kann aber 
leider nur wit denen geschehen, welche in Niederungen liegen. 

Während man bis jetzt der Meinung war, dass die Weinlaus 
alle Weinstöcke ohne Ausnahme angreift, will man jetzt die Be- 
obachtung gemacht haben, dass Weinstöcke, welche vorzugsweise 
eine lange Zeit, um den Weinpilz ‚Oidium Tuckeri) zu vertreiben, 
geschwefelt wurden, ganz besonders von der Weinlaus heimgesucht 
werden. Wenn es gegründet ist, so wäre es für Weinbergsbesitzer 
im Süden Frankreichs eine traurige Sache. Sie kämen aus den 
Armen der Seilla in die der weit gefährlicheren Charybdis. 

Man mag vielleicht Recht haben, wenn man in Frankreich an 
dieser Behauptung zweifelt. Nach (en Beobachtungen, welche be- 
sonders in Tyrol durch einen tüchtigen Pomologen angestellt sind, 
übt der Schwefel auf die Obstbäume eine wohlthätige anregende Wir- 
kung aus. Selbst gesunde und geschwefelte Obstbäume haben eine 
grössere Tragkraft, als ungeschwefelte.. Ob aber nicht durch viele 
Jahre hindurch andauerndes Schwefeln schliesslich eine Ueberreizung 
stattfindet, ist eine andere Frage, die wohl mit ja beantwortet wer- 
den könnte. Es wird, wie bereits gesagt, ausdrücklich in den fran- 
zösischen Berichten hervorgehoben, dass die Weinstöcke, welche vor- 
zugsweise von der Weinlaus ergriffen wurden, früher viele Jahre lang 
geschwefelt worden waren. Das aber kränkelnde oder gar kranke 
Pflanzen (und auch Thiere) den Angriffen von Pilzen und Läusen weit 
mehr und vorzugsweise ausgesetzt sind, ist eine bekannte Thatsache. 

In Paris haben in der letzten Zeit 2 internationale Aus- 
stellungen stattgefunden, wie sie aber nur in Paris vorkommen 
können. Die eine währte vom 15. März bis zum 1. April uud ent- 


i 


lg 


hielt alles das, was eine feine Küche an Speisen und Getränken dar- 
bot. Einestheils damit die Ausstellung eine grössere Zugkraft aus- 
übte, anderntheils wohl auch damit den ausgestellten Gegenständen 
eine Art Relief gegeben würde, hatte man eine Blumen-Ausstellung 
damit verbunden. Leider sivd uns noch nicht specielle Nachrichten 
darüber zugekommen, auf jeden Fall mag sie auch dem Blumen- 
liebhaber manches Interesse dargeboten haben. 

Man hatte zu diesem Zwecke in den Elisäischen Gefilden (Champs 
Elysces) ein besonderes Gebäude aufgeführt. Kaum war die beson 
ders für Feinschmecker berechnete Ausstellung beendet, so wurde 
(am 4. April) eine andere eröffnet. Gegenstände der Ausstellung 
waren jetzt Hunde, Katzen und Hühner. Die Liebhaberei für diese 
Thiere ist in Frankreich, besonders aber in England‘, weit grösser, 
als bei uns. Es werden bisweilen unglaubliche Summen für den 
Ankauf ausgegebea. Ausstellungen von Hunden und Hühnern kommen 
in Berlin nieht selten vor, so viel wir wissen, sind aber Katzen bis 
jetzt noch nicht in Deutschland ausgestellt worden. 


Königliche 


Lehranstalt für Obst- und Weinbau 


zu Geisenheim im Hiheingau. 

Das Sommersemester begiunt am 21. April und Zöglinge werden 

bis dahin angenommen. 
Lehrgegenstände. 

Botanik wird vorgetragen werden von Herrn Dr. Daxid. Physik 
von Professor Dr, Neubauer. Zoologie und allgemeiner Pflanzenbau 
von Dr. Freih. von Canstein. Mathematik: Stereometr.e und Trigono- 
metrie von Herrn Meyer; Feldmessen, Proportionslehre und geometri- 
sches Zeichnen von Obergärtner Trichler. Weinbau von Herrn Umber; 
Obstbau, Gemüsebau und Landschaftsgärtnerei mit Blumenzucht vom 
comm. Direktor Hättig. 

Prakt. Demonstrationen in Seidenbau und Bienenzucht, 
Garten- und Weinbau; botanische, zoologische und mineralogische 
Exkursionen. 

Der Direktor der Anstalt ertheilt nähere Auskunft und ver- 
mittelt die Unterkunft der Schüler. 

Fur die, Dir ecctı:on 
C. Hüttig. 


Preis des Jahrganges 4 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als 
auch franco durch alle Postanstalten des deutsch-Österreichischen Post-Vereines. 


NanNnNRnTTn 


Für gute Aufsätze wird entsprechendes Honorar gezahlt. 


Inhalt: Die 551. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Garten- 
baues, am 6. April. — Die Apfelbäume. -—- Der Wintergarten des Grafen 
Kerckkove-Dentershem, Bürgermeisters in Gent. — Der Bamberger Gemüsebau. 
— Literatur I. I. II. — Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde IV. 


£ 


Monatssehrift 


des 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 


in den 
Königl. Preussischen Staaten 
für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redaeteur: 
Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretair des Vereines. 


——6 


No. 5. Berlin, den 1. Juni. 1873. 


Dienstag, den 24. Juni um 5 Uhr Nachmittags, 
findet im Palmenhause des botanischen Gartens eine Versammlung des Vereins 
statt, hauptsächlich um die Wahlen zu einem neuen Vorstande 


vorzunehmen. 


852. Versammlung 


des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
am 11. Mai 1873. 


In der Sitzung vor dem Jahresfeste werden alljährlich die ver- 
schiedenen stehenden Ausschüsse, sowie der zu Vorschlägen zur Wahl 
eines neuen Vorstandes, durch Stimmzettel gewählt, es wurden diese 
demnach unter den anwesenden Mitgliedern vertheilt. Während das 
Skrutinium gemacht wurde, setzte man die Verhandlungen weiter 
fort. Zunächst war ein Antrag gestellt worden, bei den jetzigen 
ungünstigen finanziellen Zuständen des Vereines, um zu sparen, das 
Jahresfest ausfallen zu lassen. Der Antrag wurde einstimmig an- 
genommen. 


13 


.— 14 0 — 


Obergärtner Müller in den Metz’schen Baumschulen zu Steglitz 
hatte einen Zweig der neueren, direkt aus Japan eingeführten ge- 
füllten Kirsche zur Kenntnissnahme gebracht, welche er als Cerasus 
hortensis fl. pl. erhalten hatte. Sie gehört zur Prunus Pseudo-Cerasus, 
welche sich aber kaum von unserer Pr. Avium unterscheiden dürfte, 
und ist eine halbgefüllte Form mit blutrothem Auge. 

Von Seiten des Inspektors Bouche wurde mitgetheilt, dass Ende 
Mai’s an Mitglieder verschiedene Blumen zur Vertheilung kommen. 
Unter diesen befinden sich Fuchsien, Heliotrop, Scharlach-Pelargonien, 
Verbenen, Coleus, Achyranthes, Iresinen, Alternantheren und Anti- 
rhinums. Meldungen werden vom Inspektor Bouch& selbst im bota- 
nischen Garten (Potsdamer-Strasse 75) angenommen. 

Obergärtner Dressler hatte eine Griffinia Blumenavia aus- 
gestellt, mit verhältnissmässig kleinen Blüthen. Diese Amaryllidacee 
macht leider sehr viel Brutzwiebeln, ein Umstand der Ursache wird, 
dass sie selten und klein blüht. Man muss deshalb, um das Blühen zu 
erleichtern, die Zwiebelbrut zeitig wegnehmen. Griffinia Blumenavia 
wurde von Dr Blumenau, der sich in der bekannten deutschen 
Kolonie im Süden Brasiliens befindet, entdeckt und zuerst dem bota-. 
nischen Garten in Berlin mitgetheilt. Hier erkannte Professor Koch 
sie als eine noch unbeschriebene Pflanze und gab ihr zu Ehren des 
Entdeckers ihren Namen. 

Weiter hatte Obergärtner König im Garten des Geheimen Rathes 
Ravene in Moabit eins der neuesten Croton’s gebracht, welches 
von dem leider zu früh verstorbenen Johan Gould Veitch in London 
aus Neuseeland eingeführt war, der Obergärtner Haack hingegen 
im Garten der Frau Rittergutsbesitzer Reichenheim im Thiergarten, 
ein reichblühendes Selenipedium caudatum, eine wegen ihrer langen 
Blumenblätter ausgezeichnete Orchidee, ausgestellt. Beiden Pflanzen 
wurde später von den Pıeisrichtern auch ein Preis zugesprochen. 

Professor Koch legte Zweige einer Edeltanne vor, welche ihm 
aus einem Privatgarten der Mark zugesendet worden war, weil über 
ihren Namen Zweifel herrschten. Es war eine Form der Nordmanns- 
Tanne, wo die Blätter an den Endzweigen hauptsächlich nach oben 
stehen; dadurch erhält diese Tanne eine nicht geringe Aehnlichkeit 
mit der kalifornischen Edeltanne (Abris nobilis). Professor Koch 
ergriff die Gelegenheit, um zunächst als Einleitung einige Worte über 


— 19) — 


die Koniferen überhaupt und dann speciell über die Edeltannen zu 
sagen. Sie gehören unbedingt zu den schönsten Dekorations-Pflanzen 
für unsere Gärten. Man muss nur bedauern, dass mehre von ihnen, 
besonders die orientalischen und griechischen, nicht weniger aber die 
kalifornischen, in Norddeutschland mehr oder weniger gegen unsere 
harten Winter empfindlich sind. Das südwestliche Deutschland, vor 
Allem die Rheinländer sind aber in dieser Hinsicht bevorzugt. Dort 
findet man so schöne Exemplare genannter Tannen, wie man sie nicht 
besser im Vaterlande finden kann. 

Zu den Edeltannen, welche in Norddeutschland noch am Besten 
aushalten, gehört Nordmann’s Edeltanne, weit empfindlicher sind die 
beiden griechischen Tannen Abies Apollinis und cephalonica. Da 
beide Tannen mit der Nordmanns-Tanne von Parlatore, dem neuesten 
Monographen der Koniferen, mit unserer Edeltanne als nicht ver- 
schieden gehalten werden, machte Prof. Koch auf die unterschei- 
denden Merkmale, besonders auf diejenigen, welche in der Beschaffen- 
heit des Zapfens liegen, aufmerksam und demonstrirte seine Ansicht 
an eben abgeschnittenen Zweigen und an aus dem Vaterlande stam- 
menden Zapfen. Da der Wunsch ausgesprochen wurde, später einen 
ausführlichen Vortrag, wo möglich im botanischen Garten, noch über 
diesen wichtigen Gegenstand zu hören, zeigte sich Professor Koch 
bereit. 

Professor Koch machte einige Mittheilungen aus einem Briefe 
seines Sohnes, der sich als Arzt in Parkersburgh in Westvirginien 
befindet und Gelegenheit gehabt hat, die dortigen Wälder kennen 
zu lernen. Diese unterscheiden sich durch Mamnigfaltigkeit wesent- 
lich von den unsrigen. Während bei uns in Mittel- und Nord- 
Europa derselbe Baum, wie Eichen, Rothbuchen, Kiefern, Roth- 
tannen u. s. w. oft viele Meilen umfassende Flächen einnehmen und 
bisweilen selbst gar kein oder nur wenig Unterholz besitzen, wachsen 
nicht nur verschiedene Laubgehölze, ausser den genannten noch 
Eschen, Rüstern, Tulpenbäume, Linden, Magnolien u. s. w., neben 
einander, sie wechseln selbst noch mit Kiefern, Tannen, Lärchen 
und Cedern (hauptsächlich Juniperus virginiana und Cypresses thy- 
oides) ab. Dazwischen stehen wieder (und zwar zunächst für Vir- 
ginien) kleinere oder höhere Sträucher, wie Sassafras, Papau (Asi- 
mina oder Anona triloba) und unter diesen wieder allerhand Gebüsch, 

ılay= 


— 16 — 


wie Laurel (Kalmia), Rhododendren, verschiedene hohe Heidel- 
sträucher (Vaceinium) u. s. w. Die Bergabhänge sind wieder bedeckt 
mit allerhand schwarzfrüchtigen Brombeeren und Rosensträuchern, 
von denen 5 bis 6 unterschieden wurden. 


An den Waldrändern befinden sich wiederum Prunus virginiana. 
die wilden amerikanischen Pflaumen (Prunus Chicasa und americana), - 
ferner in grosser Anzahl ächte und Ross-Kastanien u. s. w. Auf 
Sumpfboden wächst die abendländische Platane (in Nordamerika 
Sykomore genannt) bis zu einer oft bedeutenden Höhe. Dazu 
sieht man noch verschiedene Wallnüsse (in Amerika Hikkory genannt), 
von denen die schwarze und weisse Wallnuss, sowie die Butternuss, 
am Häufigsten vorkommen. 


Zwischen allen diesen ziehen sich ungeheure Weinstöcke von nicht 
selten 1 Fuss Durchmesser hoch empor. Sie sind oft fast durchaus 
diöeisch.. Während im Frühjahre die vorherrschend männlichen 
Pflanzen weithin den schönsten Geruch verbreiten, laden dagegen im 
Spätsommer oder im Herbste die meist dickschaligen Weinbeeren 
zum Genusse ein. Schlingpflanzen oder Lienen kommen in den nord- 
amerikanischen Wäldern überhaupt weit mehr, als in den europäischen, 
vor. Ausser der Weinrebe sind es noch hauptsächlich Celastrus- 
und Smilax-Arten, welche das Eindringen in die Wälder sehr be- 
schwerlich machen. An sonnigen Stellen überzieht der Gift-Sumach 
(Rhus Toxicodendron) weite Flächen. 


Einen prächtigen Anblick bietet der Wald jetzt (also am 
20. April, wo der Brief geschrieben wurde). Einige Bäume be- 
ginnen, Laub zu bekommen, andere stehen noch schwarz und todt 
da. Dazwischen leuchten die Dogwoods d. h. Hundsgehölze (die 
Cornus-Arten, vor Allem Cornus florida) uud die wilden Kirsch- 
bäume (Prunus pennsylvanica) mit ihren weissen Blüthen, sowie das 
in rothen Blüthen prangende Eisenholz (Iron-wood). Die Tulpen- 
bäume (Poplar’s d. h. Pappeln in Virginien genannt) fangen eben 
ihre Glockenblumen zu entfalten an. Hin und wieder finden sich 
inmitten der Waldungen, in der Regel an Stellen, wo früher eine 
Klärung gewesen, prächtige grosse Catalpa-Bäume in vollster Blüthe 
vor, dagegen zeichnen sich die Heuschreckenbäume (Locust- Trees, 
Gleditschien) durch ihr freudiges Grün aus. 


—- 1917 — 


Professor Koch legte den 1. Theil des 2. Bandes des gewich- 
tigen Dietionnaire de pomologie von Andre Ceroy vor. Er enthält 
den Anfang der Aufzählung der Aepfel. Nach brieflichen Mit- 
theilungen des Verfassers befindet sich der zweite Theil bereits 
ebenfalls im Druck und wird im Verlaufe des Sommers fertig sein, 
um dann zugleich mit dem ersten Theil als eine Monographie der 
Aepfel ausgegeben zu werden. Wie bekannt, haben die Aepfel bis- 
her in Frankreich einen untergeordneten Werth gehabt, in der 
neueren Zeit hat man aber angefangen, auch ihnen jenseits der Vo- 
gesen mehr- Aufmerksamkeit zuzuwenden. Das Hauptland, wo 
Aepfel in Frankreich kultivirt werden, ist die Normandie. Aber 
auch hier geschieht die Kultur weniger, um die Aepfel als Tafelobst 
zu benutzen, man verfertigt vielmehr ein beliebtes Getränk, den 
Apfelwein oder Cider, daraus. 

Professer Koch machte noch besonders darauf aufmerksam, dass 
der Verfasser des Dietionnaire de pomologie bei der Ausarbeitung 
seiner Aepfel-Monographie eine Sammlung gut bestimmter Früchte 
aus Deutschland benutzt habe. Als 1867 die fünfte Versammlung 
deutscher Pomologen und Obstzüchter in Reutlingen tagte, wurde 
eine Sammlung vorzüglicher Aepfel zusammengestellt und von den 
tüchtigsten anwesenden Pomologen, wie Superintendent Oberdieck, 
Dr. Lucas und Oberförster Schmidt, hinsichtlich der Nomenklatur 
revidirt, um in Paris, wo die internationale Industrie- Ausstellung 
damals stattfand, durch Professor Koch ausgestellt zu werden. Die 
Sammlung erregte in Paris mit Recht die Aufmerksamkeit aller 
französischen Pomologen und wurde nach Schluss der Ausstellung 
an Andre Leroy in Angers behufs wissenschaftlicher Benutzung 
bei der Ausarbeitung seiner Apfel-Monographie übergeben. 

Weiter legte Professor Koch den Anfang eines anderen pomo- 
logischen Werkes vor, was Louis van Houtte in Gent jetzt eben 
unter dem Namen „nos poires (uns-re Birnen)“ herausgiebt. Das 
grosse Garten-Etablissement in Gent von Louis van Houtte um- 
fasst, wie kein zweites, wenigstens auf dem Festlande, alle Zweige 
der Gärtnerei, auch die Pomologie und Dendrologie. Erst vor einigen 
Wochen hatte Professor Koch bei einem Besuche in Gent Gelegen- 
heit gehabt, es von Neuem zu sehen und sich von seinem vorzüg- 
lichen Zustande zu überzeugen. Was das Werk anbelangt, so soll 


— 19 — 


es zu gleicher Zeit noch in deutscher und englischer Sprache er- 
scheinen. 

Notar Lämmerhirt legte einige Exemplare der- frühen Rosen- 
kartoffel vor und empfahl diese nicht allein wegen ihrer vorzüglichen 
Eigenschaften als Speisekartoffel, sondern eben so sehr wegen ihres 
reichlichen Ertrages. 

Garteninspector Bouch& hatte Etiquetten, welche im vorigen 
Jahre während der Festausstellung ausgestellt gewesen waren, über- 
geben und zu gleicher Zeit den Wunsch ausgesprochen, dass die 
Etiquettenfrage von Seiten des Vereins weiter verfolgt, event. die 
vorhandenen einer weiteren Prüfung unterworfen werden möchten. 
In Gärten, wo viele Tausende von Pflanzen kultivirt werden, istes von 
grossem Gewichte, Etiquetten zu besitzen, auf denen die Namen 
möglichst lange dauern. Durch das Umschreiben der Etiquetten 
geht nicht allein sehr viel Zeit verloren, sondern das zeitige zu 
Grundegehen derselben und die Unleserlichkeit der Schrift sind 
auch Ursache, dass Verwechslungen in der Benennung der Pflanzen 
leicht stattfinden, aber auch die richtigen Namen ganz und g.r ver- 
loren gehen können. 

Am Schlusse der Versammlung wurde das Resultat der Wahlen 
der verschiedenen Ausschüsse u. s. w. bekannt gemacht 

Als Mitglied im Kuratorium in der Gärtnerlehranstalt und 
Landesbaumschule bei Potsdam war 

Rentier Lackner 
erwählt. 

1. Der Ausschuss, welcher Vorschläge für die Wahl eines neuen 
Vorstandes für die nächste Versammlung zu machen hat, besteht aus 

1. dem Unterstaatssecretair Sulzer, Exc., 

2. dem Rentier Kuhtz, 

3. dem Hofgärtner Brasch in Charlottenburg, 

4 dem Kunst- und Handelsgärtner Barrenstein in Char- 
lottenburg, 

5. dem Kunst- und Handelsgärtner Boese. 

II. Der Ausschuss für Obst, Gemüse und Nutzpflanzen, aus 
dem Kunst- und Handelsgärtner Louis Mathieu, 
dem Kunst- und Handelsgärtner Crass, 

3, dem Kunst- und Handelsgärtner Ostwald, 


T. 
2% 


4. 
5. 
1. 


a u En 


— 19 — 


dem Rentier Lackner, 
dem Kunst- und Handelsgärtner Zietemann. 


Der Ausschuss zur Erziehung von Blumen u. s. w. aus 


dem Apothekenbesitzer Augustin, 

dem Kunst- und Handelsgärtner Jannoch, 
dem Kunst- und Handelsgärtner Allardt, 
dem Kunst- und Handelsgärtner Wendt, 
dem Universitätsgärtner Sauer. 


IV. Der Ausschuss für Gehölzkunde und bildende Garten- 


kunst aus 
8 


dem Gartendirector Jühlke in Potsdam, 
dem Hofgärtner Giesler in Glienicke, 
dem Hofgärtner Brasch in Charlottenburg, 
dem Dr. Bolle, 

dem Kunst- und Handelsgärtner Späth. 


V. kr Ausschuss für die Kasse u. s. w. aus 


dem Kammergerichtsrath Vogel, 

dem Kammergerichtsrath Deegen, 

dem Baurath Gaertner, 

dem Buchdruckereibesitzer Heinicke, 

dem Kunst- und Handelsgärtner Louis Mathieu. 


An sämmtliche Garten- und Obstbau-Vereine 


Deutschlands. 


Leider sind mir erst vor Kurzem die nähereren Bestimmungen 
über die 5 temporären Ausstellungen der Wiener Welt-Ausstellung, 
zugleich mit denen für die erste, welche mit dem Eröffnungstage 
zusammenfiel, zugegangen; ich vermag demnach auch jetzt erst Mit- 


theilungen darüber zu machen und damit den vielseitigen Nachfragen 
wenigstens zum Theil nachzukommen. Die erste temporäre Aus- 
stellung hat bereits stattgefunden, officielle Berichte sind mir darüber 
aber noch nicht zugekommen. 

Das kalte Wetter mit Schneefall und selbst im Süden Deutsch- 
lands mit bedeutenden Nachtfrösten hatte eine Betheiligung für feinere 


ara = 


und zartere Gegenstände von ausserhalb Wien und der nächsten Um- 
gebung unmöglich gemacht. Von den übrigen 4 temporären Ausstel- 
lungen wird die zweite vom 15. bis 25. Juni, die dritte vom 20. bis 
30. August, die vierte vom 12. bis 23. September, die fünfte und 
letzte vom 1. bis 15. Oktober stattfinden. Die letzte ist nur für Obst- 
und Weinbau bestimmt und schliesst demnach Gegenstände der 
Pflanzen- und Blumenzucht und des Gemüsebaues aus, umgekehrt 
können Gegenstände des Obst- und Weinbaues aber bei allen 4 tem- 
porären Ausstellungen zugelassen werden. 

Es liegt im Interesse des gesammten Gartenbaues, dass bei den 
noch bevorstehenden 4 temporären Ausstellungen eine rege Betheili- 
gung von Deutschland aus geschieht. Von Seiten der deutschen Re- 
gierungen wird es ebenfalls gewünscht. Ausstellern sind auch ferner 
noch günstige Bedingungen, unter denen die Betheiligung stattfinden 
kann, gestellt. Vermittelst eines Schreibens der. Centralkommission 
für die Wiener Ausstellung vom 23. April habe ich als Kommissär 
für Wein, Obst und Gemüse bei der Wiener Ausstellung den Auftrag 
erhalten, vor Allem die deutschen Gartenbau-Vereine aufzufordern, bei 
den noch stattfindenden 4 temporären Ausstellungen Antheil zu nehmen 
und eine baldige Erklärung über Betheiligung abzugeben. Die deutschen 
Regierungen übernehmen auch ferner noch die Kosten der Miethe 
für die in Anspruch genommene Räumlichkeit; in Betreff des Trans- 
portes hat es sich aber in so fern geändert, als jeder künftige Aus- 
steller mit der nöthigen Legitimation, welche jede Landeskommission 
nach geschehener Anmeldung ausstellt, versehen, zunächst für Preussen, 
frankirt absenden muss. Er kann aber später den Betrag der gewöhn- 
lichen Fracht bei der Landeskommission liquidiren. Sendet der Aus- 
steller mit Eilfracht, so trägt er nur die Differenz zwischen dieser und 
der gewöhnlichen. 

Für die Bewohner der anderen deutschen Länder, welche in Wien 
- sich bei einer der 4 temporären Ausstellungen betheiligen wollen, 
sind die Transport-Verhältnisse bei den betreffenden Landes-Kommis- 
sionen zu erfahren. 

Mit der Wahrnehmung der Interessen der an den temporären 
Ausstellungen theilnehmenden Aussteller speciell beauftragt, stelle ich 
mich behufs der einen oder andern Anfrage ebenfalls zur Verfü- 
gung; es dürfte ferner überhaupt die Angelegenheit nicht wenig fördern, 


— 201 — 


wenn zugleich auch die Anmeldungen zur Betheiligung bei mir ge- 
schähen. Ich würde in diesem Falle, damit schon im Voraus ver- 
traut, rascher, als wenn ich erst abwarten müsste, durch die Landes-, 
resp. dureh die Central-Kommission in Kenntniss gesetzt zu werden, 
etwa nöthige Vorkehrungen selbst treffen oder wenigstens treffen zu 
lassen im Stande sein. 

Wünschenswerth ist es im hohen Grade, dass die deutschen Garten- 
bau-Vereine diese Angelegenheit bei den 4 noch folgenden temporären 
Ausstellungen in die Hand nehmen, in ihrem Kreise noch speeciell 
zur Betheiligung auffordern und diese bei ihren Landeskommissionen 
anzeigen wollten. Es würde die Angelegenheit nicht allein erleichtern 
und fördern, sondern wir würden bei vielseitiger Betheiligung auch 
anschauliche Bilder über den Zustand des Obst- und Gemüsebaues der 
verschiedenen Gegenden Deutschlands bei der Wiener Weltausstellung 
geben. Grössere Gartenbau-Vereine, welehe ganze Länder, Provinzen 
oder doch wenigstens einen grossen Flächeninhalt vertreten, könnten 
sich noch ein besonderes Verdienst erwerben, wenn sie in Betreff des 
Gemüses und des Obstes Kollektiv-Sammlungen, wo dem einzelnen Aus- 
steller immerhin in Betreff seiner Nennung Rechnung getragen würde, 
veranlassten. Auf diese Weise wirkte die Ausstellung in Wien selbst 
noch mehr belehrend. Weil mir auch mehrfach bereits dieser Wunsch 
ausgesprochen worden ist, möglichst dahin zu wirken, so komme ich 
ihm hier um so lieber nach. 

Da für Obst noch 4 Ausstellung enstattfinden, so könnten selbst früh- 
zeitige Obstsorten, wie Beeren- und zum Theil Steinobst, übersichtlich 
ausgestellt werden. Frühzeitige Ausstellungen von Obst aber wären 
um so mehr zu wünschen, als Obstausstellungen in Deutschland bis 
jetzt fast nur im Herbste geschehen sind, wo natürlich Frühobst aus- 
geschlossen ist. In dem Hauptprogramme, was von der Wiener Central- 
Ausstellungs-Kommission im vorigen Jahre veröffentlicht wurde, ist 
bereits schon darauf Rücksicht genommen. Man bezeichnet für Juni: 
Beerenobst und Kirschen, für den August: Pflaumen und Frühbirnen, 
für den September: Pflaumen, Herbstbirnen und Aepfel, für den Oktober: 
Trauben, Aepfel, Birnen und Schalenobst. Leider sind die hier gewähl- 
ten Termine nicht sehr günstig. Für den Juni möchten z. B., ausser 
Erdbeeren, kaum einige Frühkirschen ausgestellt werden können und 
Ende August sind leider Kirschen, Stachelbeeren u. s. w. nur noch in 


—- 22 — 


den letzten Spätsorten vertreten. Man muss bedauern, dass im Juli 
keine temporäre Ausstellung stattfindet oder dass doch die Ausstellung 
des August, anstatt gegen das Ende dieses Monates hin, nicht am 
Anfange ist. 

Für unsere meisten Gemüse ist der September eine gute, ich 
möchte sagen, die beste Zeit. Ich erlaube mir daher, Gemüsegärtner 
ganz besonders auf die vierte temporäre Asısstellung des Septembers 
aufmerksam zu machen. Gemüse-Ausstellungen, wo man sich aus 
ganz Deutschland betheiligt hätte, haben wir, wie bereits angedeutet, 
noch nicht gehabt; es wäre demnach sehr zu wünschen, dass man jetzt 
die günstige Gelegenheit nicht vorübergehen liesse, um zu Wien im 
September eine allgemeine deutsche Ausstellung von allerhand Ge- 
müsen ins Leben zu rufen. Abgesehen von dem grossen Interesse, was 
eine solche den ganzen deutschen Gemüsebau repräsentirende Aus- 
stellung in Anspruch nehmen dürfte, könnte zugleich die Gelegen- 
heit ergriffen werden, über die Nomenklatur der Gemüse wenigstens 
annähernd eine Einigung herbeizuführen. Grade diesen ausserordent- 
lich wichtigen Punkt möchte ich zur weiteren Ueberlegung und Ent- 
scheidung empfehlen, und zwar nicht allein Gartenbau-Vereinen, auch 
allen den Männern, denen eine einheitliche Nomenklatur des Gemüses 
am Herzen liegt. 

Was ich vom Gemüse gesagt, gilt nicht weniger vom Obst. Wir 
haben zwar in Dentschland seit 1853 im Oktober bereits 6 grosse 
Obstausstellungen gehabt; es ist demnach Manches schon geschehen, 
eine Vergleichung unseres deutschen Obstes in Wien, besonders mit 
dem österreichisch-ungarischen, dürfte aber ebenfalls zur Veremfachung 
der Nomenklatur des Obstes nicht wenig beitragen. Der deutsche 
Pomölogen-Verein hat in seiner letzten Versammlung des vorigen 
Herbstes in Braunschweig die Wichtigkeit der Betheiligung in Wien 
ebenfalls anerkannt und wird auf seine Kosten drei der tüchtigsten 
Pomologen im Oktober nach Wien senden. 

Ueber Pflanzen und Blumen ist bereits in dem allgemeinen Pro- 
gramme, was von Seiten Wiens im vorigen Jahre veröffentlicht wurde, 
ausführlich gesprochen worden. Abgesehen von neuen und Dekorations- 
pflanzen sind es die zur Zeit hauptsächlich in Blüthe stehenden Blumen 
und Blüthensträucher, welche man bei den temporären Ausstellungen 
im Juni, August und September erwartet. Hierüber brauche ich weiter 


— 208 — 


keine Mittheilung zu machen, als dass von Seiten der deutschen 
Central-Kommission alles geschehen wird, um den Pflanzen und 
Blumen eine günstige Aufstellung zu verschaffen. Das Programm 
habe ich seiner Zeit in der Wochenschrift für Gärtnerei und Pflanzen- 
kuı.de, und zwar in der 21. Nummer des vorigen Jahrganges, be- 
kannt gemacht. 

Die’Art und Weise der Preiszusprechungen in Wien ist erst, wie 
anfangs gesagt, vor einigen Wochen erfolgt. Sie ist in so fern für 
Nicht-Oesterreicher ungünstig, als die Zahl der Preisrichter (Juror), 
welche von Seiten der sich betheiligenden Staaten gestellt wird, von 
der Zahl der Theilnehmer jedes einzelnen Staates abhängt. Es versteht 
sich von selbst, dass unter diesen Umständen in der Regel mehr öster- 
reichische Preisrichter vorhandensein werden, als nicht-österreichische 
überhaupt. Es ist nämlich bestimmt, dass für je 1 bis 20 Aussteller ein 
Mitglied des Preisriehter-Amtes (Jury) von dem betreffenden Staate er- 
nannt wird. Dieses selbst wählt Sachverständige (Experte), welche 
vom Generaldirektor der Wiener Ausstellung einberufen werden, aber 
nur berathende Stimme haben. Dasselbe ist auch mit den Delegirten, 
welche einestheils der Generaldirektor der Wiener Weltausstellung, 
anderntheils die General-Kommissäre der einzelnen Staaten ernennen, 
der Fall. i 
Sämmtliche Preisrichter theilen sich unter dem Vorsitze eines 
vom Erzherzog Rainer ernannten Präsidenten in mehre Sektionen, von 
denen für die erste temporäre Ausstellung am 1. Mai 4 (für Zier- 
pflanzen in Töpfen oder im freien Lande, für Bäume und Sträucher, 
Obstbäume, Trauerbäume, Forst- und Waldgehölze, für verwendete 
abgeschnittene Blumen, Gemüse, getriebenes und überwintertes Obst, 
endlich für Pläne, Zeichnungen, Modelle u. s. w.) vorhanden waren. 
Jede Sektion erwählt ihren Vorsitzenden, einen Stellvertreter und einen 
oder mehre Berichterstatter. Die Preise werden von der Sektion nur 
beantragt, von dem ganzen Preisrichter-Amte aber zugesprochen. Die 
Beschlüsse fasst man nach Majorität, nur bei Stimmen-Gleichheit gibt 
der Vorsitzende den Ausschlag. 

Am ersten Tage jeder temporären Ausstellung tritt das Preis- 
richter-Amt zusammen; nach 2 oder 3 Tagen muss es seine Ent- 
scheidung abgegeben haben. Die Preise bestehen aus viererlei Me- 
daillen (eine für den Fortschritt, eine für das Verdienst, eine für das 


— 204 — 


guten Geschmack und eine für Mitarbeiter) und aus einem Aner- 

kennungsdiplom. Ausserdem stehen noch Geldpreise, welche die 

Gartenbau-Gesellschaft in Wien ausgesetzt hat, zur Verfügung. 
Berlin, den 12. Mai 1873. 


Dr. Karl Koch, 


Professor der Botanik an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin. 


Die Mondblumen oder Yukken. 


Ein monographischer Versuch. 


Zu den interessantesten Pflanzen, welehe wir in Kultur haben, 
gehören wohl die Mondblumen oder Yukken: gleichsam baumartige 
Tulpen, welche mit anderen ähnlich gestalteten Lilienblüthlern, den 
ebenfalls zu Geschlechtern vereinigten Agaven und Dasylirien, so wie 
mit hohen, säulenartigen Fackeldisteln oder Cacteen, die Hochländer 
Mexiko’s und Kaliforniens bewohnen, aber auch sonst in geringerer 
Arten- und Individuenzahl weiter nordwärts in den Vereinigten 
Staaten sich ausbreiten. Genannte Pflanzen wachsen weniger gesellig, 
sondern in der Regel einzeln, und zwar auf mit niedrigen Kräutern und 
Gräsern bedeckten, sowie bisweilen auch auf wegen Wasser-Armuth 
unfruchtbaren Geländen, Abhängen und Hochebenen, endlich aber, wie 
vor Allem die Mondblumen, auf dem sandigen Meeresufer. Reisende 
erzählen von dem eigenthümlichen, wie sie sagen, oft geisterhaften 
Eindrucke, den dergleichen einzeln stehende Pflanzen aus der Ferne, 
besonders des Abends, wenn die Sonne untergeht, oder bei Monden- 
schein, machen. Eine Berühmtheit haben in dieser Hinsicht 
die beiden Fackeldisteln, welche im Vaterlande den Namen des 
Greises. und den des Riesen (Cereus senilis und giganteus) führen, 
erlangt, sowie nicht weniger verschiedene, oft an der Basis des Stammes 
zusammengewachsene oder zwiebelig erweiterte Dasylirien, welche in 
unseren Kulturen meist als Pincenec'ien und Beaucarneen vorkommen. 

In einem für das grosse Publikum in französischer Sprache geschrie- 
benen Buche: die Wunder der Pflanzenwelt, ist unter Anderen auch eine 
poetische Beschreibung des Eindruckes, den eine Amerikanerin, Mar- 
garethe Fuller, bei Betrachtung grosser Mondblumen oder Yukken 


— 205 — 


im Mondschein gehabt hat, enthalten. Diese Beschreibung war wohl 
im Stande, die besondere Aufmerksamkeit eines Pflanzenfreundes 
und Botanikers, wie ich bin, auf sich zu ziehen. Ein längerer Auf- 
enthalt in Paris während des Sommers 1867, wo Frankreich noch 
auf der Höhe seiner Macht stand und diese durch eine grossartige 
internationale Ausstellung von Allem, was der menschliche Geist er- 
sonnen und zu Stande gebracht, feierte, bestimmte mich, als die Zeit 
des Mondscheins im August herbeigekommen, die Gelegenheit zu er- 
greifen, um nach Angers, der Hauptstadt des dereinst liederreichen 
Königreiches Anjou, zu gehen und bei meinem verehrten Freunde 
Andre Leroy, einem der liebenswürdigsten Franzosen und Besitzer 
der grössten Baumschulen, nicht allein des Kontinentes, sondern 
wohl der ganzen Welt, mich von der Wahrheit der Aussage der 
Margarethe Fuller zu überzeugen. 

Ich war schon früher in dem Hause Andre Leroy’s gastlich 
aufgenommen gewesen. Auch war mir seine grosse Sammlung von 
im Freien stehende Mondblumen bekannt. Wochen lang hatte ich da- 
selbst dendrologischen Studien obgelegen. In meinen Untersuchungen 
nach allen Seiten hin von dem Besitzer unterstützt, kehrte ich damals 
an Kenntnissen reicher als je nach der Heimath zurück, um ein lange 
vorbereitetes Werk, die jetzt fast vollständig vorliegende Dendrologie 
endlich ernstlich zu beginnen. Schliesslich genau mit dem Inhalte der 
grossartigen Baumschulen in Angers vertraut, kannte ich auch, wie gesagt, 
die dortige reiche Sammlung von Mondblumen oder Yukken, welche 
unter dem allerdings günstigen Himmel Anjou’s gedeihen, die eigen- 
thümliche Erscheinung der Blüthen im Mondscheine war mir jedoch 
damals unbekannt geblieben. 

Vom schönsten Wetter begünstigt, kam ich im August 1867 
wiederum in Angers an. Das Glück wollte mir wohl, denn eine 
grössere Anzahl zum Theil umfangreicher Exemplare der Mondblume 
war mit grossen Blüthenrispen geschmückt. Jetzt erst wo ich ihnen 
meine besondere Aufmerksamkeit zuwendete, vermochte ich den 
Werth dieser Dekorations-Pflanze zu begreifen. Die einzelnen Indi- 
viduen hatten zum Theil Stämme bis 6 Fuss und mehr Höhe, und 
waren meistens in ihrem oberen Theile verästelt, jeder Ast trug aber 
eine 2 und 3 Fuss im Durchmesser enthaltende Laubkrone. Aus 
deren Mitte erhob sich wiederum die 3 Fuss hohe Rispe mit gelblich- 


— 206 — 


weissen und röthlich gezeichneten Glockenblüthen von gegen 1/, bıs 
2 Zoll Durchmesser. 

Ein solcher Anblick wird uns freilich nicht im unserem rauhen 
Klima Norddeutschland’s zu Theil, da pflanzt man wohl hier und 
da kleine Exemplare ins Freie und bedeckt sie den Winter über 
ängstlich, die andern hat man dagegen im Topfe und schützt sie im 
Kalt- oder Orangeriehause gegen Kälte und sonstiges unfreundliches 
Wetter. Blüthen kommen zwar nicht selten ebenfalls zum Vorschein, 
aber die Rispen sind, wie die Pflanzen, welche sie tragen, verhält- 
nissmässig klein. Wie ganz anders imponirt ein Exemplar in Angers, 
wenn 3 und 4 Aeste zu gleicher Zeit oft über 3 Fuss hohe Blüthen- 
rispen entwickelt haben? 

Die Leroy’sche Sammlung der Mondblumen befindet sich im grossen 
Hauptgarten, an dessen Eingang die einfache, ländliche Wohnung 
des Besitzers liegt, und bildet eine besondere Gruppe, ich möchte 
vielmehr sagen, ein Boskett eigenthümlicher Art. Im weiteren Um- 
kreise hat man schöne Exemplare der Cupressus Lawsoniana gepflanzt, 
deren dunkeles und mattes Grün gegen die helle Farbe der Blätter der 
Mondblume kontrastirt. 

Wenn schon am Tage, wo in Anjou, wie in Italien, sich eben- 
falls ein durch eigenthümliches Blau sich auszeichnender Himmel 
über. uns wölbt, der Effekt, den diese Gruppe macht, nicht unbedeu- 
tend, ich möchte für einen an dergleichen Genüsse nicht gewöhnten 
Nordländer selbst sagen, ein grossartiger ist, so war der Eindruck 
um Mitternacht, wo der volle Mond hoch oben im Firmamente mit 
seinem matten Lichte die Sonne vertrat, in der That ein feen- und 
geisterhafter zu gleicher Zeit. Denn die vielköpfigen Exemplare der Mond- 
blume mit zwar kurzem, aber immerhin schlankem Stamme warfen 
schlanke Schlagschatten hinter sich, die mit dem Gange des Mondes eine 
stets sich ändernde Gestalt annahmen und damit sich auch zu bewegen 
schienen. 

Am Tage waren die weissen Blumen i:: Vergleich zu dem tief- 
blauen Himmel matt, so sehr sie auch inmitten des hellen Grüns der 
Laubblätter dureh ihre Masse imponirten, des Nachts aber, nur vom 
geborgten Lichte des Mondes beschienen und sonst weder vom Blau 
des Himmels, noch von dem dunkelen Grün der umstehenden nie- 
 drigen Gehölze beeinträchtigt, erschien es, als wenn die gelblichen 


— 207 — 


und röthlichen Tinten der Blumen, welche erstere am Tage auf der 
äusseren Seite der Blumenblätter vorhanden sind, sich völlig verloren 
hätten und ein wie in der Sonne glitzerndes Weiss des Schnees an ihre 
Stelle getreten wäre. Es war mir selbst bisweilen, als bewege sich die 
Oberfläche der Blumen und wolle sich das Weiss immer vom Neuen ab- 
{rennen, um sich in dem fernen Düster der sonst mondhellen Nacht auf- 
zulösen. Und je länger man schaute, je mehr trat diese eigenthümliche 
Erscheinung hervor. Dazu ringsum die Ruhe der Mitternacht, wo 
selbst die kleinsten Insekten schlafen gegangen. Es bewegte höchstens 
der sanfte Zephyr leise seine Schwingen. Jetzt erst verstand ich die 
Worte der Margarethe Fuller. Mein verehrter Freund, Andre 
Leroy, theilte mir belehrend mit, dass die Mondblumen in der Regel 
nur im Mondschein blühen, wo sie also inmitten ihrer grössten Schön- 
heit aueh ihren grössten Zauber auf den sinnigen Menschen ausüben 
können. 


Das Interesse für die Mondblumen oder (mit dem barbarischen 
Namen) die Yucken wird hoffentlich bei den Lesern der Monatsschrift 
durch diese Einleitung gewonnen haben, um nun den vielleicht 
trockenen botanischen und gärtnerischen Mittheilungen ebenfalls einige 
Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn im Norden Deutschlands auch 
die Mondblumen nie den Eftekt hervorzurufen im Stande sind, wie 
esin dem an Liedern und Sagen gleich reichen Anjou und anderen durch 
Klima begünstigten Ländern der Fall ist, so haben sie doch immer- 
hin bei bescheidenen Ansprüchen eine Bedeutung für die Dekoration 
unserer Gärten und Wohnungen, auch im Freien. Schön gezogene 
und abgerundete Exemplare aus der Gruppe der Yucca Filamentosa 
nehmen sich im Rasen, auf die Wege einschliessenden Rabatten, be- 
sonders aber in Töpfen auf Terrassen, auf Freitreppen und gleichsam 
als Wächter auf den Thorpfosten, ferner bei Felsen-Parthien, sehr gut 
aus. Es kommt dazu, dass ihre Kultur auch nicht die geringste 
Schwierigkeiten macht: eine gute, nahrhafte und durchlässige Erde 
und die nöthige Feuchtigkeit, ist alles, was die Mondblume verlangt, 
um zu gedeihen. Eben so ist die Vermehrung leicht, da die unter- 
irdischen Knospen oder kurzen Ausläufer im Frühjahre oder auch 
später, wenn die Pflanzen abgeblüht haben, leicht zur weiteren Ver- 
wendung abgenommen werden können. 


— 208 — 


Ueber ihre Physiognomie und über ihre geographische Verbrei- 
tung habe ich gleich Anfangs Mittheilung gemacht. Es ist Letzterem 
' nur noch hinzuzufügen, dass man früher, auch noch .Linne, und 
schliesslich selbst Kunth in seiner Monographie, sich über ihr Vater- 
land in grossem Irrthum befand, wenn Canada und Peru als Vater- 
land angegeben wurden. In beiden Ländern wächst keine der bis 
jetzt bekannten Mondblumen. Wie Dillenius dazu kam, das Wort 
Yucea, was brasilischen Ursprunges ist und die Mutterpflanze des 
Cassave- oder Maniok-Mehls bedeuten soll, für diese Pflanzen einzu- 
führen, vermag ich ebensowenig zu sagen. Die Väter der Botanik 
stellen die Mondblumen zu den Aloen. 

Die Mondblumen oder Yukken bilden mit den oben genannten 
Aloen (Alo& und Lomatophyllum), den Dracäneen (Dracaena, Cordyline 
und Dasylirion, zu welchem letzteren auch Pincenectia oder Beaucarnea 
gehört) und (trotz des unterständigen Fruchtknotens) mit den Aga- 
veen (Agave, Furcraea und Beschorneria) eine besondere Gruppe 
lilienartiger Pflanzen, welche man am besten als baumartige 
Lilien bezeichnet. Gärtnerischerseits haben sie, mit Ausnahme der 
kleineren Aloen, ein und dieselbe Bedeutung und ein und dieselbe 
Verwendung. Dass der Stengel oder Stamm, wie man gewöhnlich 
sagt, nicht immer einfach bleibt, habe ich nach Exemplaren aus der 
Leroy’schen Sammlung bereits mitgetheilt. Die Zahl der Aeste ist 
aber nie gross. Eine solche verästelte Mondblume besitzt mehr oder 
weniger die Gestalt eines Armleuchterss. Dass wir im Norden 
Deutschlands dergleichen Exemplare nicht oder doch nur ausnahms- 
weise heranziehen können, ist sehr zu bedauern. Sie machen in 
dieser Weise natürlich weit grösseren Effekt, als dann, wenn der 
Stamm einfach bleibt. 

Die Zahl der jetzt bekannten Arten ist nicht leicht zu bestim- 
men, auf jeden Fall ist sie aber nur gering. In der bereits Jahr- 
hunderte währenden Kultur der Mondblume haben sich zahlreiche 
Formen, Abarten und wahrscheinlich auch Blendlinge gebildet, welche 
man zum Theil schliesslich auch als besondere Arten aufgestellt hat. 
Es betrifft dieses besonders die Abtheilung, wo die Blätter am oberen 
Ende des Stammes dicht gedrängt stehen und in günstig gelegenen 
Gegenden im Freien aushalten. Ganz besonders sind früher in 
England durch Haworth, neuerdings in Frankreich durch Carriere 


209 — 


dergleichen (wie man botanischer Seits sagt) faule Arten in grösserer 
Anzahl aufgestellt und verbreitet worden, obwohl man grade wegen 
des günstigen Klima’s in beiden Ländern Gelegenheit genug gehabt 
hätte, sich von der Unhaltbarkeit dieser vermeintlichen Arten zu 
überzeugen. Auch bei Yucca hat mein geehrter Freund Andre 
Leroy mir für das, was Art ist und nieht? den Leitfaden gegeben. 

Man bringt die Mondblumen am bessten in 2 Abtheilungen. 
Bei den Arten der einen stehen meist die am Rande feingezähnelten, 
aber auch fast dornigen Blätter in grösserer oder geringerer Ent- 
. fernung dem ganzen Stamme oder wenigstens einem grossen Theile 
desselben entlang, bei denen der anderen hingegen bilden sie am 
Ende des Stammes einen mehr oder weniger dichten Kopf und haben 
Blätter, bei denen der Rand ganz ist oder in Fasern sich auflöst. 
Leider gibt es aber auch bisweilen Mittelformen, welche es schwierig 
machen können, zu welcher Abtheilung man ein Individuum zu 
stellen habe. Wichtiger ist dagegen ein der Blüthe und noch besser 
der Frucht entlehntes Merkmal, um 2 Abtheilungen von Yucca zu 
unterscheiden. Diese Abtheilungen haben aber mit den bereits er- 
wähnten auch nicht den geringsten Zusammenhang. Bei einigen 
Mondblumen ist nämlich die Frucht eine trockene, von oben auf- 
springende Kapsel, bei den anderen dagegen springt diese nicht oder 
doch wenigstens sehr spät auf und ist etwas fleischig. Zu gleicher Zeit 
sind hiernach in jedem Fache, von der Mitte der Wand ausgehend, 
sekundäre Scheidewände vorhanden, die aber nieht immer die Mitte 
der Frucht erreichen und diese desshalb (wie man sagt) halb sechs- 
fächrig machen. Ich habe aber auch Fruchtknoten untersucht, wo 
selbst die Haupt- Scheidewände nicht die Mitte des Fruchtknotens er- 
reichten und umgekehrt, wo 6 völlig geschlossene Fächer vorhanden waren. 

Dieses in der Bildung der Frucht liegende Merkmal ist zwar, wie ge- 
sagt, wichtiger, als jenes in Betreff der Stellung der Blätter, da ich 
aber leider nicht alle ächten und vermeintlichen Arten des Genus 
Yucca wegen Mangel an dem dazu nöthigen Material nach dieser 
Richtung hin untersucht habe, kann ich es hier nicht zu Grunde legen. 
Die Mondblumen setzen nur in den günstigsten Jahren Früchte an 
und in Herbarien werden dergleichen Pflanzen, wie die Arten des 
Genus Yucca sind, aber so unvolkommen gesammelt, dass sie bei 
wissenschaftlichen Bestimmungen nicht gebraucht werden können. 

14 


SAN 


I. Ich beginne mit den Arten, wo der Stamm höher wird und 
oft seiner ganzen Länge nach oder doch zum grössten Theil mit 
gesägten oder auch nur gezähnelten Blättern besetzt ist.. Linne führt 
überhaupt nur 3 Arten von Mondblumen auf. Yucca aloifolia, 
Draconis und filamentosa. Im Leben hat Linne die 3 Arten 
selbst nicht gesehen. Man darf sich deshalb auch nicht wundern, wenn er 
2 Formen einer und derselben Mondblume für 2 Arten hält. Es ist 
dieses mit Y. aloifolia und Draconis der Fall. Er stützt sich bei 
seiner Bestimmung und Unterscheidung dieser vermeintlichen Arten 
auf 2 Botaniker der früheren Zeit, auf Commelin und auf Dillen, 
die beide damals berühmten Gärten in Amsterdam und in Eltham 
(England) vorstanden und Exemplare der Y. aloifolia und Draeonis 
kultivirten. Commelin lebte in der zweiten Hälfte des 17., Dillen 
in der ersten des 18. Jahrhundertes, Beide haben Werke heraus- 
gegeben, in denen sie interessante Pflanzen der ihnen unterstellten 
Gärten beschrieben und auch ziemlich getreu abbilden liessen. Diese 
Werke sind leider von den Botanikern in der Weise keineswegs be- 
nutzt worden, als sie es verdienen. 

Y. aloifolia und Draconis wurden bis auf die neuere Zeit auch 
als 2 besondere Arten in europäischen Gärten neben einander kul- 
tivirt, ihre Verschiedenheit beruht aber allein auf die Art und 
Weise ihrer Kultur, nicht auf bestimmte Merkmale. Bei Y. aloifolia 
stehen die Blätter steif, bei Y. Draconis hängen sie über, Nach der 
Abbildung von Dillen sind Laub- und Blumenblätter bsi der letz- 
teren auch schmäler, nach der Commelin’s dagegen die Laubblätter 
am Rande mit dornigen Zähnen versehen, Die Pflanzen scheinen 
bereits im 17. und 18. Jahrhunderts zur Dekoration sehr beliebt 
gewesen zu sein und änderten allmählis bei den verschiedenen Kul- 
turen, welche sie erhielten, ausserdem mannigfach ab, so dass 
in England schliesslich noch andere Formen entstanden, welche der 
englische Botaniker Haworth, obwohl er sie zum Theil nur in 
kaum fusshohen Exemplaren kannte, in seinem Werke über die Diek- 
pflanzen (plantae succulentae) als besondere Arten beschrieb. Mehre 
dieser vermeintlichen Arten kamen auch auf das europäische Fest- 
land, wurden aber gewöhnlich, da die Unterscheidungs-Merkmale 
Keine sicheren waren und die Pflanzen mit der Kultur änderten, 
mit einander verwechselt. | 


211 — 


Haworth legt bei der Unterscheidung seiner vermeintlichen Arten 
den Hauptwerth auf die Farben und auf die Konsistenz der Blätter. Bei 
Y. aloifolia und serrulata sind diese steif, bei ersterer ausserdem 
noch hellgrün, wenig zurückgeschlagen, dagegen zu gleicher Zeit bei 
Y. Draeonis mit einem rostfarbenen Schein versehen. Y. crenulata 
besitzt die auf der Unterfläche blaugrünen Blätter noch mehr zurück- 
geschlagen, bei Y. arcuata biegen sie sich sogar in einen Bogen 
zürück und sind ausserdem sehr schmal. Y. tenuifolia zeigt 
schon in ihrem Namen die abweichenden dünne Textur der Blätter 
an. Was endlich Y. conspicua anbelangt, so hat diese die auch 
breiteren Blätter entfernter stehend, die Blätter haben aber einen so fein 
gezähnelten Rand, dass die Zähnchen nur unter der Lupe erkannt 
werden können. 


Erst in der neueren Zeit haben wir Nachrichten über die Mond- 
blumen aus dem Vaterlande erhalten. Es sind auch dort, von ein- 
heimischen Botanikern, besonders von Buckley, neue Arten aufge- 
stellt worden. Da wir diese jedoch nur aus der Beschreibung kennen, 
so übergehen wir sie hier um so mehr, als Chapman, der neueste 
Florist der Südstaaten Nordamerikas, sie gar nicht erwähnt. Er 
hält sie wahrscheinlich eben so wenig für gut unterschiedene Arten’ 
als die Haworth’schen. Auch Chapman hält die beiden Linne, 
schen Arten: Y. aloifolia und Draconis, für nieht verschiedeu. Der 
Name Yucea Draconis scheint auch neuerdings fast aus den Gärten 
verschwunden zu sein. Was noch hiervon kultivirt wird, haben 
wir sogar in der Regel unter dem Namen Y. aloifolia gefunden. 
Einige Botaniker, so wie Dr. Regel in Petersburg, halten die meisten, 
in Kultur befindlichen und hierher gehörigen Exemplare für Y. ser- 
rulata Haw. 


Ausser den genannten befinden sich jetzt noch einige Formen 
in den Gärten, welche zum Theil von Liebhabern um hohe Preise 
gekauft werden. Es sind dies Formen, welche sich weniger auf die 
Gestalt und auf die Stellung der Blätter beziehen, als vielmehr auf 
deren Farbe. Zu bemerken ist, dass je kleiner oder bunter die 
Blätter gefärbt sind, die Pflanzen sich auch um so empfindlicher 
gegen Witterungs-Einflüsse, und zwar nicht allein gegen Kälte, auch 
gegen Feuchtigkeit, zeigen. Damit steht ferner in der Regel auch 

14* 


— 212 — 


im Zusammenhang, dass zugleich die Blätter etwas schlaffer und 
weicher sind. 

Die Form mit braunen, ziemlich weichen Blättern wurde von 
de Smet in Gent verbreitet und erhielt deshalb auch den Namen 
Yucca Desmetiana und Smetiana, wo die Blätter dagegen 
weniger braun erscheinen, wurde die Form schon längere Zeit unter 
den Namen Y. purpurea kultivirt, wir haben die ersteren auch als 
Y. Atkinis in Gärten gesehen. Sehr hart ist die Form, wo die 
steifen Blätter einen gelblich-weissen Rand haben (fol. vor.), etwas. 
empfindlich dagegen, wo zu der gelblich-weissen und grünen Farbe 
sich noch eine rosenrothe Färbung gesellt, sehr endlich, wo neben 
rosenroth noch dunkelroth sich zeigt. Diese letztere Form führt 
den Beinamen quadricolor, die vorletzte tricoler. 

Endlich gedenken wir noch einer Garten-Form der Y. aloifolia, 
welche vor ungefähr 10 Jahren als Y. laetvirens von Belgien aus 
in den Handel kam. Hier sind die beiden Flächen glänzend grün, 
während der Rand der Blätter später röthlich erscheint. 

Y. aloifolia ist weit länger in Kultur, als man gewöhnlich, 
besonders englischer Seits, angiebt. Die erste Nachricht von ihr 
haben wir bereits in Clusius wichtigem Werke über exotische 
Pflanzen (und zwar im 21. Capitel des 2. Buches) vom Jahre 1605. 
Dort wird gesagt, dass ein gewisser Walichius Syverts in Amster- 
dam sie von aus Amerika zurückkehrenden Schiffern gekauft hat, 
sie muss darnach zu Anfang des 17., vielleicht schon zu Ende des 
16. Jahrhunderts, in Holland gewesen sein. Clusius nennt sie 
Tacori folia Draconis arboris similia, vergleicht sie also bereits mit 
dem echten Drachenbaume Teneriffa’s viel richtiger, als neuere Bo- 
taniker, welche sie wegen der tulpenähnlichen Blume zu den echten 
Lilien stellen. 

Nur zwei Jahrzehnte später befand sich Y. aloifolia auch in 
dem berühmten Garten des Kardinals Odoardo Farnese in Rom 
und wurde zuerst von dem römischen Professor Castelli, der unter 
dem angenommenen Namen Aldini sein Buch über die interessaut:- 
sten Pflanzen des Farnese’schen Gartens herausgab, ausführlich be- 
schrieben und auch ziemlich gut abgebildet. Sweet giebt für England 
1696 als das Jahr der Einführung der Y. aloifolia und 1732 als 
das der Y. Draconis an. 


— 213 — 


Eine zweite Mondblume mit aufwärtsstehenden und am Rande 
sezähnten oder dornigen Blättern haben Alex. v. Humboldt und 
Bonpland in Mexiko entdeckt und ihr den Namen Yacca spinosa 
gegeben (nov. gen. et sp. I, 289). Mondblumen lassen sich, wie 
schon gesagt, nach getrockneten Exemplaren kaum oder eigentlich 
gar nicht beschreiben, man darf sich deshalb auch nicht wundern, 
wenn die Beschreibung genannter Art von Seiten Kunth’s, des Be- 
arbeiters der Humboldt’schen Pflanzen, so mager ausgefallen ist, 
dass wenig oder eigentlich gar nichts damit zu machen ist. Y. spinosa 
scheint nie in Kultur gekommen zu sein, betrachtet man aber die 
Abbildung der Y. Draconis in Caspar Commelin’s praeludia botanica 
(auf der 16. Tafel), so könnte man wegen der am Rande deutlich 
dargestellten Zähne wohl geneigt sein, diese für Y. spinosa zu 
halten. Im Wildenow’schon Herber befinden sich 4 Blüthen von 
Humboldt im Vaterlande gesammelt und ein Blatt von einer im 
Schlosse zu Malmaison kultivirten Pflanze, was aber zu keiner 
Yucca, sondern zu Dasylirion acrotrichon gehört. 

Die genannten berühmten Reisenden haben aber noch eine 
zweite Art bei Caracas und Cumana entdeckt, die keinen 
Stamm besitzt und deshalb auch von ihnen Y. acaulis genannt 
wurde, Sie möchte deshalb vielmehr in die zweite Abtheilung ge- 
hören, wenn sie überhaupt eine Yueca ist. 

Seit 20 Jahren ungefähr wird in unseren deutschen Gärten 
eine Yucca als eine Dracaena unter verschiedenen Namen: Ehren- 
bergii, Fintelmanni, Lennei und yuccoides kultivirt. Sie 
wurde von dem Bruder des Forschers des kleinsten Lebens, Ehren- 
berg in Berlin, welcher anfangs der funfziger Jahre als Kaufmann 
in Mexiko war und bei seinem grossen Interesse, besonders für 
Diekpflanzen, viele zu diesen gehörenden Pflanzen im botanischen 
Garten zu Berlin eingeführt hat, dahin gebracht. Von ihr existiren 
bereits 8 bis 10 Fuss hohe Pflanzen, ohne dass sie aber jedoch daselbst bis 
jetzt. eine Neigung zum Blühen gezeigt haben. Später haben wir 
dieselbe Pflanze unter dem Namen Dracaena guatemalensis und 
ealifornica in Belgien gesehen. Nach diesen Benennungen zu 
schliessen, würde diese Art auch in Guatemala und Californien vor- 
kommen. In wie weit die Y. californiea, welche Lemaire zuerst 
im 10. Bande der Illustration horticole (am Ende der Beschreibung 


— 2l4aı — 


der 372. Tafel) beschrieben hat, hierher gehört, vermag ich nien 
zu sagen, wahrscheinlich stellt sie aber ein jugendliches Exemplar dar. 
Ohne Zweifel ist es trotz der noch längeren Blätter aber Y.gigantea, 
welche Lemaire zuerst ebenfalls in der Illustration horticole, jedoch 
schon in der Miscellaneen des 6. Bandes (Seite 91) beschrieben hat. 
Dieser Name muss darnach auch so lange festgehalten werden, bis 
es doch vielleicht nachgewiesen wird, dass Lemaire von ihr nur eine 
junge Pflanze unter den bereits früher erwähnten Namen Y. conspicua, 
für die ich sie früher in der That schon hielt, beschrieben hat. 

Diese Yucca gigantea scheint weit rascher zu wachsen, als Y. aloi- 
folia Ihre dick-lederartigen und etwas fleischigen Blätter verschmälern 
sich im untern Drittel und bilden hier eine deutliche Rinne, weiter oben 
erweitern sie sich aber und sind flach sowie in der Mitte am breitesten. 
Von hier aus werden sie allmählig schmäler und laufen in eine 
langgezogene Spitze aus. Ihre grösste Breite beiträgt in der Mitte 
2 und selbst 3 Zoll, ihre Länge dagegen 2 bis 3 Fuss. Beide 
Flächen sind glatt, freudig-grün, auf der untern heller. Am Rande 
befinden sich aber sehr feine, mit den Augen kaum sichtbare Zähne. 
Die Stellung der Blätter ist in der Regel entfernter, als bei Y. aloifolia. 
Der Blüthenstand aber, auch die Blüthen, sollen nach Lemaire sehr 
gross sein und eine blendend weisse Farbe besitzen. 

N. Die zweite Abtheilung der Mondblumen umfasst die Arten, 
wo die am Rande wenig rauhen, meist glatten oder faserigen Blätter 
an der Spitze des kurzen oder längeren Stammes zu einem Kopfe 
dicht gedrängt sich befinden und steif abstehen oder ebenfalls mehr 
oder weniger schlaff sind und selbst im Bogen überhängen. Wenn 
Haworth schon in dieser Abtheilung eine Reihe von Formen zu 
Arten erhob, so hat auch Carriere das Seinige beigetragen, um 
die Zahl der vermeintlichen Arten zu vermehren Wir haben zwar 
bis jetzt noch keineswegs alle hierher gehörigen und mit besonderer 
Namen versehene Mondblumen in Blüthe und Frucht untersucht, 
aber doch glauben wir schon jetzt, dass schliesslich kaum mehr als 
4 gute Arten sich herausstellen lassen. Das wichtigste Merkmal zur 
Unterscheidung der Arten giebt hier die Beschaffenheit des Frucht- 
knotens und der Frucht. Interessant ist es, wie bereits aufangs an- 
gedeutet, dass in dem Falle, wo der Fruchtkuoten nur 3fächrig ist, 
die Frucht eine durchaus trockene Kapsel darstellt und mit 3 Klappen 


— 25 — 


und fächerspaltend aufspringt. Ist aber der Fruchtknoten halb- oder 
durchaus- 6fächrig, so wird die Frucht zwar ebenfalls kapselartig, 
zu gleicher Zeit aber auch etwas fleischig und springt damit gar 
nicht oder doch sehr spät und unvollkommen auf. Bis jetzt habe 
ich von den Mondblumen mit deutlich 3fächerigen Fruchtknoten und 
aufspringenden Kapseln nur eine Art kennen lernen. 

1) Diese eine ist Y. filamentosa, eine Art, die Linne schon 
kannte und auch unter diesen Namen beschrieben hat. Sie scheint 
nur in den südlichen Vereinigten Staaten vorzukommen, aber doch 
von allen Mondblumen am weitesten nach Norden, nämlich bis nach 
Virginien, zu gehen. Sie ist es, welche bei uns in Norddeutschland 
am Besten aushält nnd auch hier und da im Freien kultivirt wird. 
Wegen der steifen und an der Spitze oft stechenden Blätter wird 
Y. filamentosa von den Eingebornen Adams-Nadel genannt. So sehr 
sie auch ändert, selbst wohl auch das Merkmal, was ihr den Namen 
gegeben hat, bisweilen verlieren kann, so ist sie doch durch die 
stets mehr oder weniger ranhen und am farbigen Rande faserigen 
Blätter und durch den behaarten und auf einem ziemlich langen 
Stiele stehenden Blüthenstand, abgesehen von der Beschaffenheit der 
Kapsel, nicht schwer zu erkennen. Wahrscheinlich haben sich aber 
im Verlaufe einer langen Kultur durch Kreuzung mit Y. gloriosa 
Blendlinge gebildet, die bald der einen, bald der andern Art näher 
stehen und das Bestimmen bisweilen schwer machen. Ich. bemerke 
übrigens, dass die Y. filamentosa, von der Kunth in seiner Mono- 
graphie Blüthen und Früchte beschreibt, auf keinen Fall die ächte 
Pflanze d. N., sondern wahrscheinlich Y. gloriosa darstellt. 

Gewöhnlich wird Y. filamentosa ohne Stamm angegeben und 
scheint auch meist in unserer Kultur stammlos zu sein, besonders 
wenn sie sich im Freien befindet. Es ist aber stets ein, wenn auch 
noch so unbedeutender Stamm vorhanden, der selbst unter günstigen 
Verhältnissen die Höhe eines Fusses und mehr erhalten kann. Die 
Blätter ändern in Farbe, Gestalt und Konsistenz. Tritt die blau- 
grüne Farbe auf beiden Flächen besonders hervor, so hat schon 
Haworth sie als Y. glaucescens unterschieden. Ich bemerke je- 
doch, dass man unter diesen Namen in den Gärten gewöhnlich eine 
Form der Y. gloriosa kultivirt. Zwischen dieser Y. glaucescens und 
Y. puberula (Haw.) finden wir keinen weiteren Unterschied, als dass 


— 216 — 


die Fäden am Rande bei letzterer rostroth, bei letzterer weiss angegeben 
werden. Schmalblätterige Formen giebt es übrigens, welche in der 
Regel auch im Vaterlande einen Stamm bilden. Der nordamerikanische 
Florist Pursch aus Grossenhayn in Sachsen, der sich später Pursh 
schrieb, hat eine solche Form schon Im Jahre 1814 als Y. angusti- 
folia beschrieben. Die Blätter fasern sich hier in der Regel weniger 
als bei der Hauptart, und die Fäden haben wiederum keine rost- 
gelbe, sondern eine schmutzig-weisse Farbe. Dasselbe gilt von Y. 
concava Haw., welche ausserdem steife und auf der oberen Fläche 
etwas konkave Blätter besitzt. 

Eine steitblätterige Form ist in dem botanical Magazine als 
Y. strieta abgebildet, was Carriere dagegen als Y. flaccida in 
den Revue horticole (Jahrg. 1859, S. 556) abgebildet hat, möchte 
ich trotz des anders sagenden Namens ebenfalls dazu stellen. 
Die ächte Y. flaccida Haw., von der wir im botanical Register 
(Tab. 1895) eine gute Abbildung haben, ist hingegen eine Form mit 
wirklich schlafferen und im Bogen zurückgekrümmten Blättern. 
Interessant, aber leider in der neuesten Zeit wiederum aus den Gärten 
verschwunden, ist Yucca albo-spica, welche van Houtte, wenn 
wir nicht irren, vor ungefähr 10 Jabren in den Handel gebracht hat. 
Sie ist weit zarter, als sämmtliche andere Formen der Y. filamentosa 
und bleibt zwergig. Ausgezeichnet sind die blendendweissen Fasern 
am Rande, da die ziemlich dick und kürzer als gewöhnlich erscheinen. 
Wiederum hat Carriere (rev. hort Jahrg. 1861, S.369) eine ohne Zwei- 
fel hierher gehörige Mondblume unter dem Namen Y. orchiädes, leider 
aber ungenügend, beschrieben und abgebildet. Die im Verhältniss klei- 
nen Blätter haben eine hellgrüne Farbe und fasern sich etwas. Die 
Blüthen sollen eine entfernte Aehnlichkeit mit der einer Orchidee 
haben und bilden einen ziemlich einfachen Blüthenstand. 

Endlich kam in Frankreich von Y. filamentosa früher eine 
buntblättrige Form vor, wo die Oberfläche der Blätter durch. weisse 
Linien unterbrochen war. Man bezeichnete sie gewöhnlich als 
variegata. 

2. Yucea gloriosa L. macht in der Regel einen Stamm, selbst 
bis zu 10 und 12 Fuss, ältere Exemplare, wie ich in Angers gese- 
hen habe, verästeln sichauch und erhalten dann erst ein dem Kandelaber 
ähnliches Ansehen. Sie ist sehr leicht von Y. filamentosa zu unter- 


— 217 — 


scheiden, dass ihr Rand in der Regel nicht fasert. Selbst in Nord- 
amerika gibt es aber eine Abart wo dieses, wenn auch in geringerem 
Maasse, der Fall ist. Diese Abart existirt aber auch in Kultur und 
ist schon im Jahre 1806 von Salisbary als Y. recurvifolia be- 
schrieben. Ausserdem besitzt Y. gloriosa die etwas dünneren und 
meist auch breiteren Blätter selbst am oberen Theile fast immer 
flach, nicht selten zu gleicher Zeit etwas gefaltet, und am oberen 
Ende nieht oder kaum stechend. Ferner haben sie weder am Rande, 
noch auf beiden Flächen eine Rauhigkeit oder doch wenigstens nur 
am oberen Theile, und zwar in sehr geringem Grade 

Der Blüthenstand ist in sofern ein andeerr, wie bei Y. filamen- 
tosa, als der allgemeine Blüthenstiel wenig oder gar nicht aus den 
Blättern herausragt, also kurz gestielt ist, die Rispe selbst aber 
weit gedrängter und demnach auch breiter erscheint. Die, wie bereits 
angegeben, in der Regel nicht aufspringende und etwas fleischige 
Kapsel ist 6furchig, was in dieser ausgesprochenen Weise nicht bei 
Y. filamentosa der Fall ist. 

Auch von ihr sind im Verlaufe einer langen Kultur, ausser der 
bereits genannten, mehre Formen entstanden. Wenn das Gefaltete 
der dann in diesem Falle ziemlich breiten Blätter besonders deutlich 
hervortritt, so führt die Form in der Regel in den Gärten den Namen 
Y. plicata und plieatilis. Die etwas steiferen Blätter stehen in 
diesem Falle auch aufrecht und laufen in eine ziemlich lange und 
lanzettförmige Spitze aus. Stehen die mehr schlaffen Blätter aber 
nicht aufrecht, sondern schlagen in einem Bogen über, so heisst die 
Form in den Gärten gewöhnlich Y. reeurva und reflexa, Carriere 
hat sie aber in der Revue horticole als Y. pendula beschrieben 
und bildlich dargestellt (Jahrg. 1859, S. 489), in französischen 
Gärten kommt sie dagegen auch als Y. japonica vor. 

Hinsichtlich der Färbung wurde schon im botanical Magazine 
eine Y. glauca beschrieben und abgebildet, die aber nicht mit Y. 
glaucescens Salisb. verwechselt werden darf. Sie wird aber als stamm- 
los angegeben, dürfte jedoch wohl bei weiterer Entwickelung einen 
Stamm erhalten. 

Als Y. superba hat Haworth eine Mondblume beschrieben, 
welche zweifellos nur eine besonders hohe Form der Y. gloriosa mit 
bis 2 und 3 Zoll breiten Blättern darstellt. 


— 218 — 


3. Y. rufocincta Haw. ist zwar vom Verfasser sehr schlecht 
beschrieben, es möchte aber doch keinem Zweifel unterliegen, dass 
es dieselbe ist, welche in den Gärten als Y. stenophylla und lon- 
gifolia vorkommt und vor nun 14 ‚Jahren von Carriere in der 
Revue horticole (Jahrg. 1859. S. 398) als Yucca flexilis beschrie- 
ben ist. Sie scheint nur schwierig einen Stamm zu machen und 
schliesst sich am Meisten der blaugrünen Form der Y. gloriosa, 
welche als Y. glauca besonders genannt wurde, an, unterscheidet 
sich aber durch den gelbröthlichem, aber nicht fasernden Rand 
der Blätter. Diese sind ausserdem flach , auf der Oberfläche 
wenigstens, glatt und hängen zum grossen Theil m einem Bogen 
über. Nach Carriere soll der obere Theil der sehr grossen Rispe 
mit kurzen Haaren besetzt sein. 


Carriere stellt als Synonym zu seiner Y. flexilis auch Y. acumi- 
nata der Gärten, die demnach in Frankreich überhängende Blätter 
haben muss. Die Exemplare, welche ich in Deutschland zu unter- 
suchen Gelegenheit hatte, stimmen mit der zuerst von Sweet im 
british Flower-Garden beschriebenen und abgebildeten Pflanze, die 
aufrechte und steife Blätter hat, überein Dadurch unterscheidet sie sich 
von Y.rufoeineta, trotzdem ist sie wohl aber gewiss nichts weiter, als eine 
Form derselben. Mit der Hauptart, d. h. Yucca rufocineta Haw. 
stimmt die Sweet’sche Y. acuminata auch hinsichtlich der- sehr grossen, 
fast rundlichen Blüthen überein. Die, welche ich zu untersuchen 
Gelegenheit hatte, besassen, abweichend von allen übrigen Yucca- 
Arten, einen 6fächrigen Fruchtknoten. 


4. Y. aspera Reg. ist die schmalblättrige Form einer interes- 
santen und in Gestalt der Blätter sich sehr ändernden Mondblume. 
Sie wurde zuerst vom Freiherrn v. Karwinski, welcher in den 
vierziger Jahren in Mexiko für den botanischen Garten in Peters- 
burg sammelte, eingeführt, später (1849) kam, vom Franzosen Trecul, 
aber in Texas aufgefunden, auch die breitblättrige Hauptart nach 
Frankreich Ob sie von hier nach England gelangte, oder ob sie 
daselbst direkt aus dem Vaterlande eingeführt wurde, wissen wir 
nicht, sie blühte aber 1860 im botanischen. Garten in Kew und. 
wurde von Hooker im botanical Magazine (Tab. 5202) als Y. ca- 
nalicalata abgebildet und beschrieben. In französischen Gärten 


— 219 — 


hatte man sie aber bereits zu Ehren ihres Entdeckers Y, Trecu- 
leana genannt. 

Unter diesem Namen wird sie zuerst von Carriere in dem 
Jahrgang 1858 der Revue horticole aufgeführt, 5 Jahre später aber 
erst von Herineq in seinem Hortieulteur francais unter diesem Namen 
ausführlich beschrieben. Ich selbst habe sie ausserdem in den Gär- 
ten noch als Yucca coneinna und cornuta, die schmalblättrige 
Regel’sche Y. aspera aber als Y.undulata, contorta, und tortilis 
gefunden. Vielleicht schliesst sich aber auch zum Theil Y. funifera 
der Gärten an und stellt nur die schmalblättrigste einer Reihe von 
Formen einer und derselben Art dar. Hier haben die Blätter kaum 
die Breite von 9 bis 12 Linien und sind oft so schlaff, dass sie 
nicht selten gedreht erscheinen und auch überhängen. Da ich von 
diesen schmalblättrigen Formen bisher nur kleine stammlose Exem- 
plare gesehen habe, so möchten ich fast vermuthen, dass einige 
derselben nur junge Samenpflanzen der breitblättrigen Form dar- 
gestellt haben. 

Wenn ich alle diese Formen unter dem bezeichnenden Regel’schen 
Namen als Y. aspera zusammenfasse, so geschieht es, weil sie 
sämmtlich doch in einigen wesentlichen Punkten mit einander über- 
einstimmen. Die Pflanze macht einen kurzen, aufrechten und dicht 
geringelten Stamm, welcher am Ende eine aus abstehenden Blättern 
bestehende Krone trägt. Die Blätter unterscheiden sich ausserdem, 
und zwar von denen aller übrigen Mondblumen, durch die dunkle 
graugrüne, bisweilen auch etwas gelbliche Farbe. Beide Flächen, 
besonders aber die untere, sind rauh anzufühlen. Da die Mitte ver- 
tieft ist und die Seiten nach oben gehen, wird die Oberfläche rinnen- 
förmig, die Unterfläche konvex. Ausgezeichnet ist der erst braune 
oder fahlgelbrothe Rand und die ebenso gefärbte Spitze Die grossen 
rundlichen Blüthen bilden eine breitlängliche Rispe, welche kurz- 
gestielt, wenig über die Blätter ragt. 

5. Schliesslich erwähne ich noch einige Mondblumen, die 
mir zum grossen Theil nur aus unvollständigen Beschreibungen be- 
kannt sind und über die ich mir daher kein Urtheil erlauben 
werde. Zu diesen mir unvollkommen bekannten Arten gehört eine 
zweite Y. funifera, welche ich bereits vor 10 Jahren in Brüssel 
bei einem Liebhaber für dergleichen Pflanzen, Tonel mit Namen, 


— 220 — 


gesehen habe und welche von direkt aus Mexiko erhaltenen Samen 
erzogen war. Diese Y. funifera führte in de: Tonel’schen Samm- 
lung selbst den Namen Agave funifera und glich hinsiehtlich der 
schmutzigen und grau-grünen Färbung zwar der bereits als Form 
der Y. aspera bezeichneten Y. funifera, hatte aber weit längere 
und schlaffere Blätter, welche Veranlassung zu der Benennung 
funifera (d. i. Stricke tragend) gaben und welche auch am Rande 
faserten. Möglicher Weise bildet die fasernde und nicht fasernde 
Y. funifera auch eine selbstständige von Y. aspera verschiedene Art. 
Später (im Jahre 1866) hat Lemaire sie in der Illustration horticole 
auch unter diesem Namen beschrieben. 

Als Y. rupicola hat Scheele eine in Texas wachsende Mond- 
blume beschrieben, (Linn. XXIH, S. 143) welche möglicher Weise 
ebenfalls zu Y. aspera gehört oder doch wenigstens in deren Nähe 
stehen muss. Der Beschreibung nach hat sie schmale, steife und 
hellgrüne Blätter mit gezähnelten Rande. Der Stamm wird bis 
7 Fuss hoch angegeben. Die Blüthen bilden eine grosse Rispe. Die 
Kapsel wird 3fächrig und geschnäbelt angegeben, weicht also wesent- 
lich von allen übrigen Mondblumen ab. Vielleicht gehört sie auch 
zu der alsbald zu erwähnenden Y. baccata. Bevor man nicht von dieser 
Pflanze lebende Exemplare untersucht haben wird, möchte kaum 
etwas mit Bestimmtheit darüber gesagt werden können. 

Yueca patens nennt Ed. Andre eine Mondblume (Ilustr. 
hortie. XVII, 120) welche vor 4 Jahren in Paris ausgestellt wurde 
und grosse Aehnlichkeit mit einer Dracaena Draco mit steifen Blät- 
tern haben soll. Nach der im Texte eingedruckten Zeichnung ist 
sie stammlos, wird aber in der Beschreibung mit Stamm angegeben. 
Die Blätter sind sehr steif und stehen nach allen Richtungen ab. 
Sie sind an beiden Enden verschmälert, laufen abar in eine besondere 
verlängerte Spitze aus. Ihre Länge beträgt 2 bis 2, Fuss. Wenn 
wir auf die bildliche Darstellung einen Werth legen, so wären wir 
wohl geneigt, sie für eire Y. gigantea zu halten. 

Weiter hat Regel in seiner Gartenflor (im 17. Jahrg. S. 161. 
Tafel 580) eine Mondblume unter den Haworth’schen Namen 
Y. obliqua beschrieben und abgebildet. Was Haworth unter der 
Pflanze d. N. verstanden hat, ist mir nicht klar. Es existirt weder 
eine ausführliche Beschreibung, noch eine gute Abbildung von ihr, 


— 221 — 


so dass sie wohl für immer eine zweifelhafte Pflanze bleiben möchte. 
Ihr Stamm erreicht eine Höhe von 3 und 4 Fuss und verästelt sich 
gern. Ihre riemenförmigen, schmalen Blätter sind hingegen schief 
gebogen und besitzen eive blaugrüne Farbe, Das ist Alles, was wir 
von Y. obliqua durch Haworth selbst wissen. 

Die Regel’sche Pllanze soll mit Y. gloriosa (Red. Lil. Tab. 326) 
identisch sein; vergleicht man beide Abbildungen jedoch mit einander, 
so weichen die dargestellten Pflanzen in mehrern Stücken von ein- 
ander ab. Y. obliqua Reg. macht einen 2 bis 4 Fuss hohen und 
einfachen Stamm mit einer Krone sehr schmaler, fast linienförmiger, 
am Rande glatter und schon von der Basis an überhängender Blätter. 
Die Blüthen bilden eine einfache, weit aus den Blättern herausragende 
Rispe, ein Umstand, der wesentlich von der zusammengesetzten 
und kurzgestielten Rispe der Y. gloriosa abweicht und vielmehr auf 
eine Verwandschaft mit Y. filamentosa, wo allerdings der Rand der 
Blätter fasert, hinweist. 

Endlich ist noch eine Mondblume zu nennen, welche eben in 
den Handel kommt und bei Linden in Brüssel zu haben ist. Im 
Wachsthum gleicht sie der Y. aspera, im äusseren Ansehen hat sie 
aber auch wegen der am Rande fasrigen Blätter eine Aehnlich- 
keit mit einer Agave filamentosa oder mit der als Abart von Yucca 
filamentosa aufgeführten Yucca albo-spiea. Sie bildet unter den 
Mondblumen eine eigenthümliche Abtheilung, wenn nicht ein beson- 
deres Genus, da die in die Länge gezogene Frucht nicht einmal 
eine fleischige Kapsel darstellt, sondern eine längliche, in einem 
besonderen Schnabel (dem Reste des Griffes) auslaufende Beere, 
deren 3 Fächer mit Fruchtfleisch ausgefüllt sind. Sie hat deshalb 
von dem vor Kurzem verstorbenen Torrey den Namen Yueca 
baccata enthalten. 

Die schmal-elliptischen Blätter stehen ziemlich aufrecht, sind 
sehr steif und laufen in eine stechende Spitze aus, weshalb die 
Pflanze von den in ihrem Vaterlande (Arizona, Utah und Neumexiko) 
wohnenden Indianer-Stämmen den Namen „spanisches Bajonet“ er- 
halten hat. Ausgezeichnet sind die dicken, weissen und meist spiralig- 
sedrehten Fasern am hellbraunen Rande. Die Blüthen sollen denen 
der übrigen Mondblumen ähnlich sein und eme kRispe bilden, die 
Früchte hingegen gleichen in der äusseren Gestalt, aber auch im 


— 22 — 


inneren Bau, den Paradiesfeigen oder Bananen, und werden, wie 

diese, allgemein von den Einwohnern gegessen. Die eingewanderten 

und dort geborenen Europäer nennen sie auch allgemein Bananen. 
K.K. 


Ein Besuch bei den alten Kastanienbäumen 
des Eina. 


Aus des Französischen des J. Chalon von Carl Bolle. 


Man freut sich immer, Gesinnungsgenossen kennen zu lernen. 
Die Bekanntschaft eines solchen machten wir auf dem Wege der 
Lektüre neuerdings in der Person eines belgischen Botanikers, dessen 
Reiseeindrücke, insoweit sie Beobachtungen dendrographischen Inhalts 
betreffen, wir in Folgendem zur Kenntniss unseres Publikums bringen 
wollen. 

Ein warmer Freund alter Bäume, Herr J. Chalon, hat in dem 
Bulletin der botanischen Gesellchaft Belgiens (November 1872) eine 
Reihe interessanter Wahrnehmungen über die Gegenstände seiner 
Vorliebe niedergelegt. Es bedarf kaum erst der Versicherung, wie 
lebhaft wir mit derartigen Bestrebungen sympathisiren und wie sehr 
wir wünschten, dieselben in ausgedehntestem Maasse, insbesondere 
aber innerhalb der Grenzen unseres deutschen Vaterlandes, sich be- 
thätigen zu sehen. Mit wahrer Genugthuung begrüssen wir in Herrn 
Chalon einen jener nie ermüdenden Reisenden, welche ihre Musse 
dazu verwenden, in der Nähe, wie in der Ferne, den Kreis ihrer 
Eindrücke immer weiter zu ziehen. Sein Weg führt ihn fern von 
den vom Fuss des Touristen breitgetretenen Strassen zu den ver- 
borgensten Heiligthümern der Waldgötter in der Ardenne, im Atlas, 
in den Gebirgen Spaniens und Sieiliens. Es steht ihm wohl an, wenn 
er erklärt, er habe ausser den Eichen von Liernu und Cortessens, 
ausser den Linden von Maibelle und Gerolstein, viele andere Riesen 
des Pflanzenreichs gemessen und beschrieben. Es steht ihm nicht 
weniger gut an, wenn er mit enthusiastischem Feuer gegen jenen 
falschen und zerstörenden Positivismus der Gegenwart protestirt, dem 
kein Denkmal der Vergangenheit und der Natur heilig ist, wenn ein 


— 223 — 


Paar Thaler damit verdient, ein Paar Quadratruthen Ackerlandes 
dadurch gewonnen werden können; ja wenn es nur ermöglicht werden 
kann, statt eines in seiner Verfallenheit pittoresken Gegenstandes ein 
Paar schnurgrade Linien mehr in die von Tag zu Tag prosaischer 
werdende Landschaft zu werfen Auch bei uns drängt sich derselbe 
Vandalismus nur all zu sehr in den Vordergrund Wir werden mehr 
als einmal Veranlassung nehmen, ihn, wo wir ihm begegnen, zu be- 
kämpfen und eben so sehonungslos, wie er gegen die ehrwürdigen 
Zeugen uralter Vergangenheit verfährt, gegen ihn selbst zu Felde zu 
ziehen, 

In der gegenwärtigen Stunde folgen wir Herrn Chalon in das 
schöne Reich der Mediterranflora, auf jene im Centrum des herrlichen 
Meeresbeckens gelegene Insel, an deren Küsten der ewige Etna brennt, 
nach Sieilien. Er schildert uns mit beredten Worten den Zustand 
forstlicher Verödung dem das Eiland anheim gefallen, dessen Wald- 
reichthum, nicht etwa zur Zeit der Cyklopen, sondern noch im 
sechszehnten, ja noch im achtzehnten Jahrhundert staunenerregend 
war. Was ist von den Platanenhainen übrig geblieben, welche die 
Freude und die Bewunderung des Kardinals Bembo erweckten? Wie 
wenig von jenen Waldungen der echten Kastanie, die zerstreut in 
ihnen liegenden Dorfschaften einst ihren Namen liehen? Aber in- 
mitten der allgemeinen Entwaldung haben dennoch einzelne Pflanzen- 
kolosse ihr Dasein bis auf unsere Tage gefristet und ist es wohl 
eine dankenswerthe Mühe, nachzuspüren, was von ihnen noch heut 
übrig geblieben sei. 

Es giebt Erinnrungen aus der Kindheit, die im Bienenton uns 
im Ohr fortsummen und oft, nach jahrzehntelangem Schweigen mit 
erneuter Frische wieder in uns lebendig werden. Es giebt Dinge, von 
denen wir lasen, als kaum die Buchstaben aufgehört hatten, uns unver- 
ständliche Hiroglyphen zu sein: zu diesen rechnet sich für den Schreiber 
dieser Zeilen, vielleicht auch für manchen Leser, neben den Wasser- 
bäumen von Ferro, der Kastanienbaum der hundert Pferde, den die 
Schatten des Etna aus ihrem mystischen Dunkel hervortreten lassen. 
Von diesem „Mährehen aus alten Zeiten“ nun redet Herr Chalon 
wieder zu uns. Es hat ihm nicht Ruhe noch Rast gelassen, ehe er 
bei seinem Aufenthalt in Sieilien nicht nachforschen konnte, was 
von dem halb sagenhaft gewordenen Baum noch in die Gegenwart 


_ 24 — 


hineinrage. Auch wir haben die Reste mächtiger und uralter Kastanien 
geschaut, einen ungeheuren Baumtorso zu Villa de la Orotava auf 
Teneriffa im Garten des Marques de la Candia*); auf der Insel Ischia, 
die vier von Ciolaria, am Abhang des Epomeo,hoch über Casamiceciola, 
deren stärkste 23 Fuss Stammumfang hat; aber diese Kolosse, wie 
interessant sie immerhin sein mochten, entbehrten jenes geschichtlichen 
Zaubers, welcher von altersher den sicilischen Waldriesen umsgiebt. 


Der Besuch des Herrn Chalon bei den Kastanienbäumen des 
Etna ist so gut wie ganz neu. Am 24. April 1871 brach er mit 
der Eisenbahn von Catania zu einer Exkursion auf, deren zu Fuss 
fortgesetzter Verlauf wir ihn mit seinen eigenen Worten schildern 
lassen. 


Es ist halb zehn Uhr Vormittags; ich verfolge meinen Weg 
gerade auf den Berg zu. Es ist nur ein Weg da; derselbe folglich 
nicht zu verfehlen. Bald liegen die letzten Häuser von Giarre hinter 
mir. Ich überschreite eine grosse Fiumara*“) und mich immer nach 
Westen zu haltend, fange ich an, die ersten Gehänge des Etna zu 
ersteigen, Ziemlich lange Zeit schlängelt sich der Weg aufwärts 
zwischen aus Lavagestein bestehenden Mauern, welche jede Aussicht 
versperren. Ich beobachte mit Vergnügen, wie sich aus den Stein- 
ritzen das Ceterach officinarum in prächtigen Büscheln hervordrängt. 
Die von diesen Lavamauern eingeschlossenen Felder sind mit Wein- 
reben bepflanzt und man sieht hie und da ihre grünen Reben sich, 
wie neugierig, über die schwarzen Einfassungsblöcke herüberneigen. 
Die Hitze ist schon erstickend, dabei kein Luftzug. 


Etwas vorher, ehe man im Dorfe San Giovanni ankommt, öffnet 
sich plötzlich zur Linken die Landschaft und lässt den Wanderer 
mit Vergnügen ein herrliches Panorama des Etna gewahr werden. 
Es erhebt sich über der grünenden Region des Ackerbau’s und der 


*) Es ist nichts Seltenes auf den Canaren alte Kastanien anzutreffen, die 
als Ställe benutzt werden und in welchen zwei Ochsen bequem ihr Nachtlager 
finden. Der Baum gilt in jenem sehr südlich gelegenen Lande für ein aus- 
schliessliches Erzeugniss der hochgelegeneren Zone, in welcher allein er kultivirt 
wird und in waldähnlichen Beständen seine Früchte reift. 


** Name, welchen die tiefen Thaleinsenkungen in Sieiliien und Calabrien 
tragen, deren im Sommer versiegender Wasserlauf meist durch ein Dickicht 
von Oleander bezeichnet wird. 


| 
So) 
SS) 
[EN 
| 


Wälder die imposante Masse steriler Laven. Der Uebergang wird 
durch ein Paar Flecke düsteren Grüns vermittelt; das sind Fichten- 
gehölze. Einige weisse Wolken schweben, gürtelgleich, an den Flan- 
ken des gewaltigen Berges, höher hinauf blitzen in Sonnenschein 
unermessliche Schneefelder, noch höher erhebt sich der Gipfelkegel 
des Vulkans, indem er eine riesige Garbe von Schwefeldämpfen in 
die Lüfte schleudert. Auf der äussersten Linken unterscheidet man 
deutlich die Monti rossi, jene Zwillingskegel, die das Produkt der 
schrecklichen Eruption von 1669 sind, näher, unter dem Hauptkrater 
das weite Val del Bove oder di Bue (das Ochsenthal), einen tiefen 
Kessel von der grauenvollsten Oede, dessen rollende Wandungen eine 
dichte Lage von Schlacken und Asche bildet; endlich, noch mehr 
im Vordergrund, die Eruptionskegel von 1865, einen scharfen und 
missfarbigen Dampf aushauchend, dessen Windungen sich langsam 
an den Abhängen des Berges nach unten hin ziehen. Ein erhabener 
Anblick, eine grandiose Dekoration! Wo bleiben die Werke des 
Menschen neben den Bildern der Natur? 


Ich passire San Giovanni, ein abschreckend schmutziges Dorf, 
wie so viele im unteren Italien und in Sicilien es sind. Vor den 
Thüren der aus Lava erbauten Hütten beschäftigten sich die Franen 
mit Untersuchungen höchst intimer Art auf den Köpfen ihrer Kinder. 
Schweine, als die beliebtesten Hausthiere, wälzen sich nicht weit 
davon im Schlamm eines Rinnsteins. Ueberall das schmutzigste und 
widerwärtigste Elend, wobei vorauszusehen ist, dass die angeborene 
Trägheit dieser Lazzaroni letzteres noch lange zu einem chronischen 
Schaden machen wird. Zuletzt, anderthalb Stunden nach dem Auf- 
bruch von Giarre, erreiche ich San Alfio, das ganz nahe am Ziel- 
punkt meines Ausfluges liegt. Hier nehme ich, um Zeit zu ersparen, 
einen Führer. Wie gewöhnlich, akkordire ich im Voraus, aber zu 
meinem grossen Erstaunen stellt er gleich anfangs nur eine ganz 
billige Forderung, der ich ohne Handeln zustimmen kann. Dazu 
zeigen sich die Dorfbewohner höflich und nicht im geringsten zu- 
dringlich. Nichts ist hier theurer, als es werth ist. Dies beweist, 
leider, wie selten die Kastanienbäume besucht werden. Der geringen 
Zahl ihrer Bewuuderer ist es noch nicht gelungen, die natürliche 
Einfalt der Landleute zu verderben. 


15 


— 226 — 


Von San Alfio an wird der Weg äusserst malerisch.‘ Man steigt 
das ausgetrocknete Bett einer Fiumara aufwärts, in einem Kastanien- 
walde, der gerade als ich dort war auszuschlagen begann. Früher 
muss es ein schöner Wald gewesen sein, allein alle alten Sämmet 
sind dicht am Boden abgehauen und eine neue Generation junger, 
kraftvoller Bäume hat sie ersetzt. Oft steht eine gewisse Anzahl 
dieser letzteren, sechs, acht oder noch mehr, von gleicher Stärke 
und alle Schösslinge des verschwundenen Stammvaters, im Kreise 
gruppirt, sich oben leicht in Form eines Trichters nach aussen 
neigend. Es ist leicht, die Zeit vorherzusehen, wo diese Stämme 
durch das fortschreitende Wachsthum in der Dieke von unten an 
mit einander verschmelzen werden, um zuletzt nur einen einzigen 
Stamm, mit einer Höhlung in der Mitte zu bilden Man wird 
augenblicklich sehen, warum es gut ist, auf diese Eigenthämlichkeit 
Acht zu haben. 

A tout seigneur tout honneur. Der Führer geleitet mich zuerst 
zu dem berühmten Castagno di cento cavalli oder Kastanie der 
hundert Pferde. Es sei mir zuerst gestattet, hier zuerst wiederzu- 
geben, was Marion, in den Merveilles de la Vegetation von diesem 
der Geschichte angehörigen Baum sagt: 


„Dieser Baum ist unter dem Namen der Kastanie der hundert 
Pferde wegen der weiten Ausdehnung seines Schattendachs bekannt. 
Die Ueberlieferung berichtet, dass die Königin Johanna von Aragon 
auf ihrem Zuge aus Spanien nach Neapel den Etna besuchen wollte 
und dass der gesammte Adel Catania’s ihr hierbei das Geleit gab. 
Während eines plötzlich ausbrechenden Gewitters hätten die Fürstin 
und ihr Gefolge unter der Laubkrone des ungeheuren Baumes Obdach 


gefunden. 


Dieser gerühmte und so dicke Baum, sagt Jean Houel, der erste - 
Reisende, der eine Beschreibung desselben im vorigen Jahrhundert 
lieferte, ist vollkommen hohl; denn die Kastanie gleicht darin der 
Weide, dass sie durch ihre Rinde allein bestehen kann. Sie hat 
die Fähigkeit im Alter ihr Inneres sich aushöhlen zu sehen und 
dabei doch das Grün ihrer Krone zu bewahren. Die Höhlung des 
in Rede stehenden Baums ist so übermässig gross, dass Landleute sich 
ein Haus hineingebaut haben und daneben noch einen Backofen, um 


— 227 — 


Kastanien, Haselnüsse, Mandeln und andere Früchte, die man auf- 
bewahren will, trocknen zu können, wie das der allgemeine Brauch 
in Sieilien ist. Oft, wenn sie gerade Holz brauchen, nehmen sie 
die Axt und hauen etwas von dem Baum selbst ab, der ihr Haus 
umschliesst; deshalb befindet sich auch diese Kastanie in einem 
stark verstümmelten Zustande. 


„Einige haben geglaubt, dass diese Masse aus mehreren Kasta- 
nien bestehe, welche, dicht an einander gedrängt und nichts weiter 
als ihre Rinde bewahrend, dem oberflächlichen Auge wie ein einziger 
Baum erschienen. Sie täuschten sich indess und um diesen Irrthum 
entgegenzuarbeiten, habe ich einen geometrischen Plan davon ent- 
worfen. Alle durch den Zahn der Zeit und durch die Haud des 
Menschen lädirten Bestandtheile haben in meinem Augen immer nur 
aus einem einzigen Stamm bestanden. i 


„Allerdings hat man, wie Houel eitirt, annehmen wollen, mehrere 
Bäume seien in diesem gigantischen Vegetabil mitsammen vereipigt; 
nichts destoweniger muss eine aufmerksame Prüfung diese Hypothese 
Lügen strafen Brydone, der 1770 dort war, erzählt wie seine Führer, 
noch voll von den Traditionen der Gegend, ihm mitgetheilt hätten, 
in alter Zeit habe der Stamm eine zusammenhängende, ganz gesunde 
Rinde gehabt. Was von ihm noch vorhanden, seien nichts mehr als 
Trümmer. Der Kanonikus Recupero, ein sicilischer Naturforscher, 
bezeugte in Gegenwart des englischen Reisenden und mehrerer an- 
derer Personen, dass der Riesenbaum nur eine Wurzel habe. Die 
beste Beobachtung zu Gunsten der Einheit dieses Vegetabils besteht 
in dem Beispiel anderer existirender Kastanien des Etna, welche 
bis zwölf Meter im Durchmesser haben. 


„Der von uns beschriebene Baum hat 160 Fuss Stammumfang. Es 
ist unmöglich, sein Alter auch nur annähernd zu bestimmen. 


„Zur Zeit durchsetzt ihn von einer Seite zur anderen eine 
Oefinung, breit genug um für zwei Wagen neben einander Raum zum 
Durchfahren zu lassen, was nicht verhindert, dass er sich noch all- 
jährlich mit Blüthen und Früchten bedeckt. 


„Wir wollen indess zum Schluss hinzufügen, dass bei den gar- 
tenbauenden Alten die Sitte bestand, um einen Schössling herum 
15” 


— 223 — 


mehrere andere derselben Art zu pflanzen und so den Anschein 
eines einigen Baumes hervorzurufen, dessen kolossalen Umfang die 
Jahre anschwellen liessen Man entrindete die einander zugekehrten 
Seiten und bald umschloss das Ganze nur eine Rinde. Diese That- 
sache findet insbesondere bei Oelbäumen statt.“ 

Möge es mir vergönnt sein, diesem Citat einige Bemerkungen 
hinzuzufügen. Erstens ist es nicht wahrscheinlich, dass die Gärtner 
des Alterthums sich daran erfreut hätten, junge Kastanien im Kreise 
zu pflanzen. Das legendenhafte Alter der von uns besuchten Pflan- 
zenruine macht diese Hypothese unzulässig, indem diese ehrwürdigen 
Reste Zeitgenossen einer Epoche sein müssen, die noch keinen 
Gartenbau kannte. Sicilien musste damals ein Land der Wildniss 
sein, in dem Hirten ihr Vieh gegen wilde Thiere zu schützen hatten, 
wobei sie sich von den Kastanien nährten, welche die Natur ihnen 
freiwillig darbot. Schwerlich aber dachten sie daran, jene wilden 
Bäume im Kreise zu pflanzen, von denen sie so reichlich ernährt 
wurden. Es ist sehr plausibel, dass um einen einst schon ungeheuren 
Stamm herum, der dem Lauf der Zeit erlegen war, neue Wurzeltriebe 
emporgeschossen sind und sich, wie wir eben erst die Beobachtung 
mittheilten, später zusammengeschweisst haben. Gewiss ist, wie der 
Kanonikus Recupero es bestätigte, dass Alles aus einer Wurzel 
kommt. Dies muss in der That so sein und nichts ist natürlicher. 
Im Verlauf der Jahrhunderte haben sich von Neuem grossartige Lö- 
sungen der Wand des von Anfang an hohlen Cylinders bewerkstelligt. 
Dies ist wenigstens die Meinung, die sich uns nach einer sorgfältigen 

Prüfung des Kolosses aufgedrängt hat. 

Eigentlich muss man sagen: der Ruinen des Kolosses. Bei 
meinem Besuch entwickelten ja kaum noch ein Paar von Moos, 
Epheu und einer gelbfrüchtigen Mistel (Viseum laxum) überzogenen 
Aeste mühsam ihr Laub. Vermöge des Vandalismus der Grund- 
eigenthümer ist die Zerstörung dieses vegetativen Monuments um 
Vieles beschleunigt worden. Das Häuschen und der Dörrofen, stehen 
wirklich im Baume und lehnen sich an denselben als an eine lebendige 
Mauer. Es ist auch leider nur zu wahr, dass die Axt von ihm 
abhaut, so oft man Brennholz braucht. Zahlreiche frische Hiebwun- 
den, die Blössen eines goldbraunen Holzkörpers offenlegen, bezeugen 
dies. Aber der Alte ist zäh, er steht noch fest und viele Aexte 


— 223 — 


noch werden an ihm stumpf werden, ehe sein letzter Span gefallen 
ist. Und doch, wer weiss? Es ist ja denkbar, dass das Landvolk 
Eile hat, ihn zu zerstören! Es ist ja möglich, dass ich der letzte Rei- 
sende bin, der ihn als Augenzeuge beschreibt. Doch nein! Hoffen wir, 
dass es einem Anderen beschieden sein werde, des alten BaumesLeichen- 
rede zu halten und dass diese Zeilen einem fahrenden Pflanzenforscher 
den Wunsch, einflössen jenem Koloss des Berges Etna zn besuchen 
und mit eigener Hand anzurühren. 

Trotz seines vielfältigen Ursprungs, macht der enorme Stamm 
des Kastanienbaums der hundert Pferde, hohl, zerfallen, krumm und 
knorrig, umhüllt von Schmarotzerpflanzen, wie ein in Pelz vergrabener 
Greis, einen tiefen Eindruck auf Jeden, der ihn zum erstenmale 
schaut. Diesem Gefühl instinktmässiger Bewunderung folgt ein 
tiefes Staunen, nach genau genommenen Maassen. Zweimal that 
ich dies, denn es wurde mir schwer zu glauben, dass ich mich bei 
der ersten Schätzung nicht geirrt. Ich fand 56 Meter Stammumfang an 
der Basis (56!). Höher verbreitert sich der Baum trichterförmig, 
was die Hypothese seiner Bildung bestätigt. Auch ist ein einfacher 
Stamm von mehr als 18 Meter Durchmesser wohl kaum, selbst 
unter den günstigsten Umständen nicht denkbar. Hierbei will ich 
noch eine Bemerkung zu Marion’s Artikel machen: nirgend am Etna 
existirt eine Kastanie von 12 Meter Dicke. Der stärkste der vor- 
handenen Baumriesen misst nur 18 Meter im Umfang, 6 Meter im 
Durchmesser, was schon respektabel ist. Wir wollen jetzt gleich 
an die kurzgefasste Schilderung der vorzüglichsten unter ihnen gehen. 

Kurz nachdem - ich die uralten Ueherreste der Kastanie der 
hundert Pferde verlassen, stiess ich auf zwei ungeheure, trotz der 
Menge der sie bedeckenden Parasiten noch gesunde und kräftige 
Bäume. Der Boden unter ihnen ist ganz gelb von den abgefallenen 
Beeren des Mistelstrauchs Ein schwacher, tief eingesenkter Pfad, 
während der Gewitterregen eine kleine Wasserschlucht, trennt sie 
in zwei Gruppen: auf der Seite des Etna der geringste der drei 
Stämme; jenseits die beiden dieksten, zugleich auch die verfallend- 
sten. Sie sind nie zusammengewachsen gewesen, denn jeder hat 
eine überall unverletzte Rinde. Der älteste unter den Dreien hat, 
einen Meter über den Boden gemessen, um die Tausende von Schöss- 
lingen, die seine Basis zum Gestrüpp machen, zu vermeiden, 10,80 Me- 


— 230 — 


er Umfang. Er ist grösstentheils hohl und nach der Seite des 
Weges zu offen. Sein stark gegen ihn geneigter Nachbar ist von 
flacherer Gestalt und nicht ganz leicht zu beschreiben. Sein hohler 
Stamm bildet vermöge seiner Schrägheit eine prachtvolle Wölbung. 
Der Hauptstamm wächst dann vertikal weiter, indem er sich ver- 
ästelt. In halber Höhe des hohlen Stammes, zweigt sich ein anderer 
junger Stamm von ihm ab, während zuletzt ganz unten ein noch 
viel jüngerer Schössling das Verschwinden der Alten abwarten zu 
wollen scheint, um sich zur vollen Mächtigkeit zu entwickeln 

Ich schlage durch Weinberge den Weg nach rechts ein und gelange in 

ein Paar Minuten zu einem einzeln stehenden Baum, der es verdient, 
die Aufmerksamkeit zu fesseln. Vom ursprünglichen Stamm ist nur 
die Hälfte übrig geblieben. Die ganze Seite nach dem Meer hin ist 
fort, aber, obwohl die Vernarbung noch frisch ist, habe ich nie er- 
fahren können auf welche Weise. Auf Seiten des Etna zweigt sich 
ein Ast, man möchte sagen ein ganzer Baum davon ab. Seine 
Krone ist regelmässig, wohl mit Zweigen besetzt und Trägerin einiger 
Mistelbüsche. Die dem Berge zugekehrte Stammfläche ist fast eben, 
so dass man ohne allzu grosse Schwierigkeit ihren Diameter messen 
kann. Bretter, die man aus dieser ungeheuren, durchaus gesunden 
Holzmasse sägen würde, müssten hinreichen, um aus einem Stück 
und in ihrer vollen Höhe eine Stube gewöhnlicher Grösse zu täfeln. 
Am Fuss des Riesenbaumes verbreiteten Stauden von Cyclamen ihren 
köstlichen Vanillegeruch. Daphne Laureola, mit noch grünen Beeren 
bedeckt und Ruscus aculeatus mit seinen stechenden Dornzweigen 
bildeten hie und da das Gestrüpp. 

Ich wende mich noch weiter querfeldein; ich überklettre eine 
schlechte Lavaeinzäunung und stehe auf einmal mitten in einem Gersten- 
felde wieder vor einem anderen kolossalen Kastanienbaum. Dieser ist 
schwer zu messen, weil er auf der Seite der Fiumara, die er über- 
ragt, durchaus unzugänglich ist. Auf der entgegengesetzten Seite ist 
sein ungeheurer Stamm hohl. Etwa zehn verhältnissmässig junge 
Aeste entsprossen demselben und bilden eine geräumige Krone, die, 
regelmässig und lebenskräftig, dabei auch ganz frei von Schma- 
rotzern ist. Dichte Büsche von Cyelamen umgeben den Stamm. Von 
der Tiefe der Fiumara aus betrachtet, ist der Anblick dieses schönen 
Baums wahrhaft imponirend. 


—- 231 — 


In derselben Umzäunung befindet sich auch der letzte Koloss, 
den ich noch in Augenschein nehmen konnte. Freilich giebt es am 
Etna noch andere bemerkenswerthe Kastanien, da ich dieselben 
indess nicht zu Gesicht bekam, kann ich ich sie auch nicht beschrei- 
ben; auch genügt wohl das bisher Gesagte, um eine Vorstellung 
von jenen Riesenbäumen zu geben und um in botanischen Wanderern 
den Wunsch wachzurufen, denselben im Vorübergehen einen Besuch 
abzustatten. 

Dieser letzte Baum ist ein wahrhaftes Wunder. Aus einer voll- 
kommen gesunden holzigen Basis, ohne die geringste Höhlung, mehr 
noch, ohne die geringste Unterbrechung der Rindensubstanz, 2—3 Meter 
hoch und 18,90 Meter im Umkreise erheben sich vier Stämme, von 
welchen jeder einzelne einen grossen Baum bildet. Zwei andere 
Stämme, oder besser gesagt, zwei andere Hauptäste sind abgehauen 
oder abgebrochen worden, dergestalt, dass Folgendes übrig bleibt: 
ein von seinen Ursprung an einfach gebliebener Ast und zwei 
andere, anfänglich zweigablige, die jedoch jetzt auf einen einzigen 
Stamm beschränkt sind. Man bewegt sich auf der Hauptholz- 
masse des Baumes wie auf einen mächtigen Felsblock. Es ist ein 
wahrhaft bewundernswerther kleiner Wald, der von diesem 
Kastanienbaum allein gebildet wird. Trotz seines Alters, das stau- 
nenswerth sein muss, ist derselbe noch voller Gesundheit und Lebens- 
frisch. Nur der obere Theil der Hauptäste trägt Spuren der 
Verstümmlung Einige dichte Büsche von Viscum laxum mischen 
ihr Gelbgrün mit dem zartgrünen Laube ihrer Mutterpflanze.. 

Wenn ich bei der Gegenwart dieses Schmarotzers auf den 
Kastanien am Etna verweile (nur auf den sehr alten, die jungen 
sind gewöhnlich frei davon), so geschieht es, weil ich dieselbe nirgendwo 
verzeichnet finde. Decandolle giebt ihm in seinem Prodromus nur auf 
Pinus silvestris in Spanien an. 

Ich bin jetzt wieder in San Alfio, nachdem ich anderthalb Stun- 
den zum Besuch der Kastanienbäume verwendet habe. Es gelingt 
mir daselbst, nicht ohne Mühe, ein Glas schlechten Weins und ein 
Stück Schwarzbrod aufzutreiben. Von gewissen Punkten der un- 
mittelbaren Umgebung des Dorfes aus eröffnet sich dem Blicke ein 
herrliches Panorama. Gelehnt an die Abhänge des Etna sah ich. 
vor mir das Meer sich ausbreiten, wie eiue im Widerschein der 


— 232 — 


Sonne strahlende Fläche geschmolzenen Goldes. Fischerbarken, mit 
ihren lateinischen Segeln, glichen grossen unbeweglich auf der Fluth 
schwimmenden Aleyonen. Links Taormina, das antike Tauromenium, 
seine weissen Häuser in einer Gebirgslücke zeigend; rechts die dunklen 
Lavaströme, hinter welchen Catania liegt; vor mir eine fruchtreiche 
Ebene, Orangenwäldchen, die Dörfer San Giovanni, Giarre, Riposto, 
la Maechia nebst vielen anderen, alles dies beleuchtet von einem strah- 
lenden Licht und unter einem Himmel vom lebhaftesten und dun- 
kelsten Blau. Es ist ein Uhr Mittags und das Thermometer zeigt 
30° im Schatten. Man stelle sieh darnach den Monat August vor! 

Es bedarf einer Stunde um abwärts nach Giarre zu gelangen, 
ein Weg, welcher, der schönen Fernsichten auf See und Flachland 
halber, weit angenehmer, ist als das Hinaufsteigen am Morgen. Die 
Lavamauern der Heerstrasse und die Weingärten verleihen diesem 
Naturbilde eine wunderbar schöne Einrahmung. 

Ich brauchte nicht lange auf den Eisenbahnzug zu warten, der 
mich nach Catania zurückführen sollte. Er that dies noch früh genug, 
um es mir möglich zu machen, noch denselben Abend meime Tages- 
. eindrücke dem Papier anzuvertrauen. Schon der folgende Tag sah 
mich zu Pferde dem Westen der Insel zueilen, um die Gips- und 
Schwefellager der Gegend um Girgenti zu besuchen. 


Ueber die Temperatar des berasten und des 
unberasten Boders in verschiedener Tiefe. 


Die Mitglieder der Pariser Akademie Becquerel und Ed. Bec- 
querel haben bereits im Jahre 1871 der Akademie Mittheilungen 
gemacht über höchst beachtenswerthe Beobachtungen in Betreff der 
Temperatur des berasten und des unberasten Bodens in verschiedeuer 
Tiefe.*) Dieselben haben jene Beobachtungen fortgesetzt und Bericht 
erstattet in der Sitzung vom 19. Februar d. J. (Compt. rend., 
Bd. 76, S. 310 ff.) 

Die Zusammensetzung des berasten und des unberasten Bodens 
ist dieselbe. Die nachstehende Tabelle giebt eine Uebersicht der in 
verschiedenen Tiefen beobachteten Temperatur. 


*) Compt. rend., B, 73, S. 1415. 


— 23 — 


Tiefe 

mm nn nn Um mn nn 
Herpst 13712 22.7 20222227,6010tm: 30 Ctm. 20 Ctm. 5 Ctm. 0 Ctm, 
oC 06 o6 oC ou 
Beraster Boden . . . 13,1 11,6 11,44 10,85 IU,54 
Unberaster Boden . . Il, 10,30 10,82 9,56 I,e7 
Unterschied 1,50 1,66 } ‚62 1,29 1,07 

Winter 1871—72. 
Beraster Boden . . . 4, 3,90 3,49 3,81 3,12 
Unberaster Boden. . . 4,00 3,24 3,04 2,99 2,96 
Unterschied 0,14 0,66 0,45 0,32 0,23 

Frühjahr 1872. 
Beraster Boden . . . 10,1 10,35 10,59 10,36 10,73 
Unberaster Boden. . . 991 10,17 10,22 10,84 11,17 
Unterschied 0,10 0,18 0,37 0,02 0,37 
Sommer 1372. 

Beraster Boden . . . 1944 20,03 20,34 20,53 20,68 
Unberaster Boden. . . 18 19,69 19,35 19,8 21,14 
Unterschied 0,50 0,34 0,49 0,65 0,45 

Mittel des Jahres. 
Beraster Boden. . . . 11, 11,56 11,46 11,39 i1,30 
Unberaster Boden. . . 11,1 10,85 10,73 10,83 i1,ı8 
Unterschied 0,55 0,71 0,13 0,57 0,12 


Die beobachteten Erscheinungen sind komplexer Natur und dürf- 
ten abhängen in erster Linie von dem Strahlungs- und Leitungs- 
vermögen des Bodens und von dem Zustande der Atmosphäre. Der 
Einfluss dieser verschiedenen Ursachen kann nur erforscht werden 
durch wiederholte und nach verschiedenen Richtungen abgeänderte 
Versuche. Es ist dies eine für die Vegetation wichtige Frage der 
Klimatologie 

Wir haben geglaubt, es werde nützlich sein, zuerst zu unter- 
suchen, welchen Einfluss Regenwetter, wie im November und Dezem- 
ber 1872, auf diese Verhältnisse ausübt, da in diesen beiden Monaten 
das Regenwetter fast ununterbrochen war. Die nachstehenden Be- 
obachtungsresultate geben das Mittel aus den mit dem elektrischen 
Thermometer Morgens 6 Uhr und Nachmittags 3 Uhr in Tiefen von 
0,05 M., 0,10 M., 0,2% M.. 0,30 M. und 0,60 M. auf berastem und nack- 
tem Boden gemachten Beobachtungen. 


6 Uhr Morgens 


3 Uhr Nachmittags 


I er 


Mittel des Tages 


| I | in Tages 
| ee ee ai 5 ee 
8 . n . TER Sr SE SE Er In Ins Ins OR a me u 
| SR Tiefe | Tiefe | Tiefe | Tiefe | Tiefe | Tiefe Tiefe Tiefe | Tiefe | Tiefe | Tiefe | Tiefe Tiefe | Tiefe | Tiefe 
0,05 | 0,10 | 0,20 | 0,30 | 0,60 | 0,05 | 0,10 | 0,20 | 0,30 | 0,60 | 0,05 | 0,10 0,20 | O,30 | 0,60 
TEEN ET IP FT FT IT EU IT 
o 5 Beraster Boden. 8,56 | 8,03 | 9,2 | 9,58 | 10,25 I 9,07 | 9,ıs | os | 9,64 | 10,27 I 8,31 | 9,04 | 9,40 | 9,61 | 10,26 
© Be Nackter Boden. Tr | Tor | 822 | 8,55 | 9,0 | Ira | 333 | Bas | 51 | as | 8,10 | 8,00 | 3,30 | 8,53 | Ya 
u 8 = Unterschied. 1,09 | 1,26 | 1,10 | 1,03 | t1,s5 | O,38 O,s2 | O,85 An Oro | Oyrı | 1,08 l,ıo | 1,03 | 0,85 
a a 
1: | 
eg | 
oo © | | 
am | | | 
| | | 
Be () 0 0) (0) 0) 0 Ö 0 0 0 0 0 N) | 0 (0) 
„m © 
DB 25 Beraster 'Boden. | 6,14 | 6,55 | 6,95 | 7,27 | Tor | 6,58 | 6,64 | 6,86 7,28 | 7,05 | 6,38 | 6,50 | 6,90 | 7,25 | 7,06 
TEN IS u Nackter Boden. | 5,ı7 | 5,as | byer | 6,44 | 7,sa | 6,55 | 6,09 | 6,11 | 6,37 | 1,50 I 5,76 | 5,76 | 6,410 | 6,41 | 7,59 
= 2 ’ ’ ’ 
SE eye Unterschied. | 0,97 | 1,12 | 0,55 | 0,83 | O,as | 0,23 | 0,55 | O,rs | O,s6 | O,a5 | 0,55 | 0,83 | 0,50 0,34 | 0,44 
A e H | 
# | 
ae) 


ee en 


Temperatur in 0,05 M. Tiefe je nach der Natur des Bodens. 


November 1872. | Dezember 1872, $ Ru 
Beraster Nackter Temperatur Beraster Nackter Temperatur 
Wetter. Boden. | Boden. Lat Wetten, Boden. der Luft. 
(0) 0) (0) (0) 0) 0 
Hell. 10,34 9,12 11,1 Hell. 6,32 ,42 6,98 
Bedeckter Himmel. 8,87 8,18 8,ar Bedeckter Himmel. 7,16 5,98 7,16 
Regen. 8,28 7,02 7,64 Regen. 6,33 d,80 6,50 


—_— 235 — 


Aus diesen Beobachtungen lassen sich folgende Schlüsse ziehen 

1) Während der Monate November und Dezember 1872, wo 
die Feuchtigkeit des Bodens und der Luft wegen andauernden 
Regens konstant war, war die mittlere Temperatur des mit 
Rasen bedeckten Bodens bis zu einer Tiefe von 0,60 M. 
beinah immer höher als diejenige des nackten Bodens bei 
gleicher Tiefe. | 

2. Im Monat November war dıe Temperatur Morgens 6 Uhr 
bis zu 0,30 M. Tiefe im bedeckten Boden etwa 1 Grad höher 
als im nackten Boden; 3 Uhr Nachmittags war der Unter- 
schied geringer. Die Unterschiede zwischen den mittleren 
Tagestemperaturen betrugen ziemlich eben so viel, ausgenom- 
men bei 0,05 M. Tiefe, wo der Unterschied geringer war. 

Bei klarem Wetter war in einer Tiefe von 0,05 M. die 
Temperatur des bedeckten Bodens etwa 0,3’ unter der mitt- 
leren Lufttemperatur, aber 1,3° höher als im nackten Boden. 
Bei bedecktem Himmel war die Temperatur des bedeckten 
Bodens gleich derjenigen der Luft, im nackten Boden aber 
0,60° tiefer. Bei Regenwetter war die Temperatur des be- 
deckten Bodens um 0,64° tiefer als diejenige der Luit, im 
nackten Boden war sie ziemlich gleich. 

3) Während des Monates Dezember betrugen Morgens 6 Uhr 
in den 5 verschiedenen Tiefen die Differenzen zu Gunsten 
des berasten Bodens 0,87°, 0,12°, 0,88, O,83° und 0,43°; 
Nachmittags 3 Uhr aber 0,18°, 0,54°, 0,75%, 0,86° und 0,45°; 
bei einer Tiefe von 0,05 und 0,10 M. waren dieselben un- 
bedeutend. 

Diese um etwa 1° höhere Temperatur des berasten Bodens 
gegenüber derjenigen des nackten Bodens, während beide von gleicher 
Zusammensetzung sind, bei feuchtem und regnerischem Wetter kann 
nur erklärt werden, wenn man annimmt, dass in dem mit Pflanzen 
bedeckten Boden die Wurzeln dieser letzteren eine Art Filz bilden, 
welcher dem Regenwasser, das die Temperatur der Luft besitzt, den 
Durchgang nicht so leicht gestattet als der nackte Sand; der beraste 
Boden nimmt die Temperatur der Luft langsamer an. 

Dr.'F. 


—_ 236 — 


Allerlei 
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
\% 


In der Wochenschrift für Gärtnerei und Pflanzenkunde ist mehr- 
mals über den botanischen Garten in Adelaide in Süd-Neuholland 
berichtet worden. Er hat für uns ein besonderes Interesse, als der 
Direetor desselben ein Deutscher ist und in den gesegneten güldenen 
Aue, einem fruchtbaren, auf beiden Seiten der Unstrut liegenden 
Landstriche zwischen Thüringer Wald und Harz, und zwar in Frei- 
burg ohnweit Naumburg a. d. S., geboren wurde. Dr. Richard 
Schomburgk ist wohl auch im weiteren Kreise bekannt, da er es 
ist, der im Interesse des botanischen Gartens in Berlin seinen Bruder 
Robert Schomburgk in den vierziger Jahren nach dem britischen 
Guiana begleitete und eine interessante, aber auch lehrreiche Be- 
schreibung dieser Reise herausgegeben hat. 

Der botanische Garten in Adelaide hat neben der wissenschaft- 
liehen Aufgabe auch den Beruf, Liebe zu Pflanzen und Blumen unter 
den Kolonisten zu verbreiten und hauptsächlich solche Arten anzubauen 
und .u verbreiten, welche für Südaustralien einen besonderen Werth 
haben könnten. Welchen grossen Nutzen der Garten hat und wie 
er nach allen Seiten hin seiner Aufgaben sich bewusst ist, ersieht 
man aus dem Berichte. Der Besuch des Gartens von Bewohnern 
der Stadt und der Umgegend hat zugenommen und Veranlassung 
gegeben, dass immer mehr Gärten angelegt werden. Sehr erfreulich 
ist es, dass diese Pflanzen- und Blumenliebe sich ebenfalls auf ge- 
wöhnliche Arbeiter erstreckt. Dieser hat beide aus seinem Vater- 
lande England mitgebracht, wo der Arbeiter in der Regel sein be- 
scheidenes Häuschen mit Garten besitzt. Wir lesen in dem Berichte 
aber auch, dass reichere Leute sich in der Nähe der Stadt elegante 
Landsitze erbauen und diese mit freundlichen Anlagen umgeben. 

Eine grosse Rolle spielen dabei die neuholländischen Gummi- 
häume (Eucalyptus- Arten) und Pinus maritima (d.h. P. Pinaster). 
Die letztere ist erst aus Europa eingeführt, gedeiht aber in den 
wärmeren gemässigteren Ländern auf der Südhälfte unserer Erde 
vorzüglich. _Da sie, gleich den Gummibäumen, rasch. wächst, so wird 
sie mit diesen vielfach zu Alleen und Anpflanzungen gebraucht, wo 


FT 


man den oft heftigen und austrocknenden Ost- und Nordwinden 
einen Damm entgegensetzen will. Ausserdem sind es hauptsächlich 
Bäume der Sterkulia heterophylla, welche man dazu liebt. In den 
letzten Jahren hat man auch angefangen, hohe Cypressen und Kiefern 
des Himalaya anzuflanzen. 

Auch im Süden Neuhollands klagt man schon über Ausrottung 
der Wälder und fordert die Regierung auf, alle Massregeln dagegen 
zu trefien. Für einen Erdtheil, wie der fünfte, wo eine lange Zeit 
im Jahre eine sehr trockene und oft auch ziemlich heisse Luft vor- 
waltend ist, können dergleichen Verwüstungen noch verhängnissvoller 
werden, wie bei uns, besonders in unserem Nachbarlande Frankreich, 
wo die fast alljährlich wiederkehrenden Ueberschwemmungen, vor 
Allem der Loire, der Ausrottung der Wälder Schuld gegeben wird. 

Der Engländer ist, wie bekannt, Praktiker und Kaufmann durch 
und durch. Bei seinen Anpflanzungen hat er vor Allem Nutzpflanzen 
im Auge, die ihm später eine Einnahme bringen könnten. Bereits 
ist es ihm gelungen, einen guten Thee auf seinen südasiatischen 
Kolonieen zu erzielen und giebt sich jetzt hauptsächlich Mühe, den 
Baum, welcher uns die kostbare Chinarinde liefert, ebenfalls daselbst 
zu kultiviren. In Süd-Neuholland, und zwar zunächst in Adelaide, 
hat man jetzt dreierlei Pflanzen in’s Auge gefasst, welche späterhin 
Produkte zur Ausfuhr liefern nnd damit eine Bedeutung erhalten 
könnten. Es sind dieses das Espartogras, die amerikanische Besen- 
pflanze und die Pilanzen, welche im südöstlichen Frankreich haupt- 
sächlich zur Anfertigung von Spezereien und wohlriechenden Wassern 
benutzt werden. 

Was die letzten Pflanzen anbelangt, so war der Chef des gröss- 
ten Handelshauses von Spezereien und wohlriechenden Wassern, 
Piesse und Lubin in London, vor einigen Jahren in Neuholland, 
um Erkundigungen einzuziehen, ob nicht daselbst an günstigen 
Stellen Rosen, Jasmin, Acacia Farnesiana, Heliotrop, Orangen, 
Pfeffermünze, Veilchen, Tuberose u s w., welche man hauptsächlich 
dazu verwendet, gedeihen, damit möglicher Weise, anstatt aus dem 
Südwesten Frankreichs, die nöthigen Ingredienzen aus Neuholland 
bezogen werden könnten. Während des deutsch-französischen Krieges 
fand natürlich kein oder doch nur ein sehr geringer Export aus dem 
südöstlichen Frankreich von genannten Materialien statt und die 


— 233 — 


Fabrikation der Spezereien und wohlriechenden Wasser kam in’s 
Stocken zum nicht geringen Nachtheil der Fabrikanten selbst. 

Das Espartogras (Lygeum Spartum, hauptsächlich aber Stipa 
tenacissima oder Macrochloa tenacissima), über das in mehrern 
Versammlungen des Vereines im vorigen Jahr Mittheilungen gemacht 
wurde, ist jetzt bekanntlich eins der besten Surrogate fur Papier 
fabrikation. Besonders ist es England, wo es im Grossen dazu ver- 
arbeitet wird. Mehre bedeutende Zeitungen werden fast nur auf 
dergleichen Papier gedruckt. Im südlichen Spanien, von wo man 
jetzt in England das Espartogras hauptsächlich bezieht, wird es auf 
eine schonungslose Weise zum Export genommen, dass man jetzt 
schon die Befürchtung hat, dass es in Kurzem bald nicht mehr zur 
Herstellung des nöthigen Papieres ausreichen werde. Deshalb denkt 
man auch in Eng’and ernstlich daran, um einen Ersatz zu schaffen, 
und hat dabei, wie wir eben gesehen haben, wiederum sein Augen- 
_ merk auf Neuholland geworfen. 2 

Was endlich die amerikanische Besenpflanze anbelangt, so ist 
diese auch das zur Zeit des Bürgerkrieges zur Zuckerbereitung in 
den Vereinigten Staaten Nordamerika’s vielbenutzte Sorghum nigrum, 
gewöhnlich aber S. saccharatum genannt, das Imphee der Kapbe- 
wohner. Die steifen Fruchtrispen, wenn die Körner abgenommen 
sind, werden jetzt allgemein jenseits des grossen Oceans zu Besen 
benutzt und bilden hier und da bereits einen nicht unbedeutenden 
Handelsartikel. Im Oriente verfertigt man ebenfalls, aber aus den 
Rispen gelbfrüchtiger Sorghum-Arten, auf gleiche Weise Besen und 
Bürsten zum Kleiderreinigen. Auch bei uns kommen dergleichen 
Bürsten hier und da im Handel vor. 

Während des amerikanischen Bürgerkrieges wurde, wie eben 
gesagt, Sorghum nigrum in den Nordstaaten viel zur Anfertigung 
von Zucker gebraucht, weil die Rohrzuckerzufuhr aus dem Süden 
aufgehört hatte. Man führte, als man Anfangs daselbst Resultate 
hatte, vor zehn Jahren ohngefähr die Pflanze auch aus China in 
Frankreich ein und machte damit Kultur-Versuche zur Zucker- 
gewinnung. So sehr auch, namentlich in Süd-Frankreich, Anfangs 
ihr Anbau empfohlen wurde, so hat doch, so weit wir es wissen, 
die Kultur des Sorghum nigrum zu diesem Zwecke allenthalbea 
nicht allein bedeutend nachgelassen, sondern überhaupt aufgehört. 


— 289, — 


Es ist früher schon auf die Rosenausstellung in Darmstadt, 
welche zu gleicher Zeit mit der grossen Pflanzen-Ausstellung der 
verbündeten rheinischen Gartenbau-Vereine am 27. Juni eröffnet 
wird, aufmerksam gemacht worden, neuerdings ist der Verein zur 
Beförderung des Gartenbaues in Berlin von Seiten des Gartenbau- 
Vereins in Darmstadt wiederholt aufgefordert worden, im weiteren 
Kreise zur Betheiligung an beiden Ausstellungen aufzufordern. Zu 
dem ersten Programm ist ein Nachtrag erschienen, in dem von 
Neuem Preise von nicht geringem Werthe besonders für Rosen, zur 
Verfügung gesteslt werden. 


Für Viele möchte es interessant sein, zu erfahren, dass beide 
Ausstellungen zu Ehren der 25jährigen Regierung des Grossherzogs 
stattfmden und dass schon deshalb Alles aufgeboten werden wird, 
um ihnen den höchsten Glanz zu verleihen. Aussteller von Rosen 
werden daher ersucht, ihre abgeschnittenen Blumen in Holzkästchen 
von 75 Cm. Breite und beliebiger Länge und mit recht frischem grünem 
Moose gefüllt, zur Ausstellung einzusenden. Wenn man dabei die 
Rosenstiele in Kartoftelstückchen steckt, so trägt dies zur Erhaltung 
der Blumen wesentlich bei. Am besten ist es, insofern die Aussteller 
zugleich die Absicht haben, Darmstadt zu besuchen, diese leichten 
Holzkisten auf einander zu stellen und als Passagiergut mit sich zu 
nehmen. 


Literatur. 


Gras- und Kleesamen von Dr. Wittmack. 


Es ist erst im vorigen Hefte ein Werk besprochen worden, was 
sich die Erkennung der landwirthschaftlichen Samen zur Aufgabe 
gestellt hatte. Wenn dieses, Nobbe’s Handbuch der Samenkunde, 
umfassend und neben der Erkennung der betreffenden landwirth- 
schaftlichen Samen auch über Anatomie und Physiologie des Samens 
überhaupt Belehrunggibt, so ist vorliegendes hauptsächlich nur dem prak- 
tischen Gebrauche gewidmet. Ein solcher Leitfaden, denn dieses ist 
das Wittmack’sche Werkehen von 7 Bogen Grossoktav, fehlte bis jetzt 


—_ 


und wird auch nicht durch das umfassende Nobbe’sche Handbuch 
ersetzt. Bei dem grossartigen Handel mit landwirthsehaftlichen Sä- 
mereien, wobei leider oft Unredlichkeiten aller Art unterlaufen, ist 
es gut, ja durchaus nothwendig, etwas der Art gleich bei der Hand 
zu haben, wo man sich bei Ankäufen unterrichten kann. 


Wittmack’s Gras- und Kleesamen beschreibt die betreffenden 
Sämereien nicht allein sehr genau, sondern sowohl im Texte einge- 
druckte Zeichnungen, als auch 8 Tafeln lithographirter Abbildungen 
tragen zum Verständniss derselben sehr viel bei. Da auch von Seiten 
des Verlegers (Wiegandt und Hempel in Berlin) das Werk gut aus- 
gestattet ist und einen verhältnissmässig niedrigen Preis besitzt, so 
kann man es nicht genug empfehlen. Es zerfällt in einen allgemeinen 
und in einen speciellen Theil. 


Der allgemeine Theil bringt zunächst interessante statistische 
Nachrichten über den Samenhandel, geht dann auf die Geräthe und 
Methode der Untersuchung über und gibt schliesslich eine genaue 
Beschreibung der Grasblüthe und Grasfrucht, wobei die verschiedenen, 
besonders neueren Ansichten über die einzelnen Theile der Blüthe 
auseinander gesetzt werden. Wir vermissen leider eine gleiche Beschrei- 
bung der Kleeblüthe, da auch diese manches Abweichende besitzt. 


Der specielle Theil behandelt die Beschreibung der wichtigsten 
Gras- und Klee-Sämereien, nebst Angabe ihrer Verwechslungen und 
Bemerkungen über Standort, Futterwerth, Blüthe- und Reifzeit u. s. w. 
und gibt dann Bestimmungstabellen und Beschreibungen einzelner 
Arten. Von besonderer Wichtigkeit ist die Beschreibung der Säme- 
reien, welche am häufigsten als Verunreinigungen sich vorfinden. 


KR 


Preis des Jahrganges 4 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als 
auch franco durch alle Postanstalten des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Don 


Für gute Aufsätze wird entsprechendes Honorar gezahlt. 


Inhalt: Die 552. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Garten- 
baues, am 11. Mai. — An sämmtliche Garten- und Obstbauvereine Deutsch- 
lands. - Die Mondblumen oder Yukken. Ein monographischer Versuch. — 
Ein Besuch bei den alten Kastanienbäumen des Etna. Aus dem Französischen 
des J. Chalon von Carl Bolle. — Ueber die Temperatur des berasten und des 
unberasten Bodens in verschiedener Tiefe. — Allerlei aus der Gärtnerei und 
Pflanzenkunde. V. — Literatur: Gras- und Kleesamen von Dr. Wittmack. 


Monatsschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
in den 


Königl. Preussischen Staaten 


für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


TE  — 


Redacteur: 
Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretair des Vereines. 


No. 6. Berlin, den 1. Juli. 1873. 
Erklärung. 


Mehre Gründe haben mich bestimmt, auf Verlangen des Aus- 
schusses für die Neuwahl eines Vorstandes des Vereines zur Beför- 
derung des Gartenbaues in Berlin am 24. Juni, die nochmalige sChrift- 
liche Erklärung abzugeben, leider keine Neuwahl wieder annehmen zu 
können. Damit lege ich aber auch mit Schluss dieses Heftes die Stelle 
eines Redakteurs der Monatsschrift des Vereines nieder und nehme hier- 
mit von dem Leser Abschied. Mein Bestreben in meinen beiden, 
nicht leichten Stellungen war vor Allem Liebe zu Pflanzen und 
Blumen zu erhöhen und deren Pflege, zugleich mit ihrer sinnigen Auf- 
stellung, gleich der Kunst, als Bildungsmittel für den Menschen zu be- 
nutzen. Damit war natürlicher Weise Hebung der Gärtnerei und des 
Gärtnerstandes überhaupt auf’s Innigste verbunden. In wie weit ich 
Erfolg gehabt, werden Andere besser beurtheilen können, als ich. 

Als ich vor 23 Jahren die Ehre hatte, zum Generalsekretair 
des Vereines gewählt zu werden, existirten ausser dem Berliner 
Gartenbau-Vereine nur wenige andere im grossen Deutschland; jetzt 

16 


_— 242 — 


sind fast in allen grösseren und selbst in vielen kleineren Städten 
unseres Vaterlandes gleichgesinnte Männer zusammengetreten, um 
gemeinschaftlich die Interessen des Gartenbaues, zunächst in ihrer 
Umgebung, zu fördern. Es herrscht damitin allen Ländern und Gauen 
des Deutschen Reiches ein erfreuliches Streben. Man begnüst sich 
nicht mehr mit dem Anbau und mit der Pflege der Pflanzen und Blu- 
men allein, man sucht auch die weiteren Umgebungen durch Pilanzen- 
schmuck, zum Theil auch durch grössere Anpflanzungen und An- 
lagen, zu verschönern und diese dadurch dem ersten Aufenthalte 
des Menschen, dem Paradiese, immer ähnlicher zu machen. Wir 
können jetzt mit Zuversicht in die Zukunft blieken, dass es von 
Jahr zu Jahr schöner um uns werden wird. Der Verein zur Beför- 
derung des Gartenbaues ist sicher auch noch ferner sich seiner 
gleich schönen, als grossen Aufgabe bewusst. Er wird hierin, wie 
bisher, den übrigen deutschen Vereinen vorangehen. 


Das wohlriechende Treib-, vor Allem das 
Viktoria-Veilchen. 


Eine monographische Skizze. 
Von Karl Koch. L 


Xuf einer unserer gärtnerischen Wanderungen in den ersten 
Tagen des diesjährigen Frühlinges benutzten wir auch die besondere 
Erlaubniss, den Privatgarten der Frau Kronprinzessin des deutschen 
Reiches und von Preussen am Neuen Palais bei Potsdam zu besu- 
suchen. Die hohe Frau liebt nicht allein Pflanzen und Blumen, 
sondern sie ist bekanntlich auch Kennerin, und versteht mit meister- 
hafter Hand in ihrem Garten Alles selbst zu leiten und zu ordnen. 
In dem Lande, wo die Gartenkunst vor Allem blüht, in England, 
seboren, hat die hohe Frau mit der Liebe auch das Verständniss 
in ihr neues Vaterland mitgebracht. Sie schafft und wirkt in 
ihrem Garten im Stillen und bereitet sich dadurch Genüsse, um die 
Jedermann sie beneiden möchte 

Wer das Glück gehabt hat, den Privatgarten der hohen Frau 
zu sehen, wird auch eingestehen müssen, wohl kaum einen andern 


— 43 — 


sefunden zu haben, der auf gleiche Weise zum Gemüthe und des- 
halb auch so angesprochen hätte. Alles erscheint in ihm einfach 
und doch wieder elegant, so dass man überall auch die vornehme 
Besitzerin durehbliekt. Fast noch mehr als dieses, hat aber die 
Zweckmässigkeit in der Bepflanzung ‘des Gartens unsere Aufmerk- 
samkeit in Anspruch genommen. Jedes selbst unbedeutend erschein- 
nende Blümehen hat seinen bestimmten Platz, wohin es gehört, er- 
halten. Man sieht, dass es eben so riehtig hier steht, als irgend 
ein in Blüthen prangender Rosenstock oder irgend ein mehr in die 
Augen fallender Blüthenstrauch, und dass, wenn es wegnommen, 
etwas fehlen würde. Trotz allem Reichthum ist ferner nirgends eine 
Ueberladung, wie man leider gar zu oft gerade in den Gärten der 
Reichen und Hochgestellten sieht. 

Wie jeder Pflanzen- und Blumenfreund, so hat auch die Frau 
Kronprinzessin, ihre Lieblingsblumen, denen mehr Aufmerksamkeit 
gewidmet wird, als andern. Es sinddieses dieRosen, die Alpenrosen, die 
Primeln und Veilchen, welehe in dem Garten am Neuen Palais am 
meisten kultivirt werden und auch von besonderer Schönheit sind. Doch 
nicht zufrieden mit der Pflege allein, es bemüht sich die hohe Frau 
auch, ihre Lieblingsblumen dureh selbst in die Hand genommene 
Aussaaten zu vervollkommnen und, gleich einem darin erfahrenen 
Gärtner, neue Formen und Spielarten durch Züchtung hervorzurufen. 
Erst in voriger Woche, wo wir vom Neuen uns die Freude ver- 
schafften, den Garten zu sehen, fanden wir im Schatten hinter einer 
Laubwand eine ganze Reihe von Pontischen oder sogenannten Frei- 
land- Alpenrosen (Rhododendren), welche aus höchst eigner Hand 
der Frau Kronprinzessin aus Samen erzogen worden waren und sich 
durch Schönheit, hauptsächlich aber durch buschiges Wachsthum und 
durch Blüthenfülle, auszeichneten. Die hohe Frau war 1865 in Eng- 
land gewesen und hatte den Samen selbst, wenn wir nicht irren, in 
Windsor gesammelt. 

Aber auch andere schöne Pflanzen waren die Frucht dieser 
Reise nach England gewesen. In dem Jahre 1865 machte ein Veilchen, 
was unter dem Namen Zar aus Petersburg eingeführt nnd zuerst 
blühend in einer Ausstellung des Londoner Gartenbau-Vereins aus- 
gestellt worden war, wegen mannigfacher Vorzüge mit Recht bei 
dem blumenliebenden Publikum jenseits des Kanales Aufsehen. Dass 

16 * 


E 2 


—_ 24 — 


auch die gerade anwesende hohe Frau an der neuen Sorte Wohlgefallen 
fand, war natürlich, und ebenso, dass dieses Veilchen noch in dem- 
selben Jahre nach dem Garten am Neuen Palais bei Potsdam verpflanzt 
wurde. Dort hat es sich vermehrt und mit ihren grossen, helleren und 
wohlriechenden Blumen auf ziemlich langen Stielen und in reichlichster 
Fülle Ausgang des Winters erscheinend Beifall gefunden. 

Seitdem ist dieses Veilchen auch auf dem Handelswege nach 
dem Norden Deutschlands gekommen und hat bei uns ebenso, wie 
jenseits des Kanales, gefallen. Man kultivirt es bereits vielfach. 
Die Handelsgärtnereien, welche sich hauptsächlich mit der Anzucht 
von Veilchen für den Winter und für die erste Zeit des Frühlinges 
beschäftigen, wissen es um so mehr zn schätzen, als es für diese 
bestimmte Zeit eine Lücke ausfüllt. Der Kronprinz des Deutschen 
Reiches und von Preussen hat es zu Ehren seiner hohen Gemahlin 
Viktoria-Veilehen genannt und war hierzu ebenso berechtigt, 
wie jeder Gärtner und Gartenbesitzer, der einer von ihm neu-einge- 
führten Blume den Namen eines Gliedes seiner Familie gibt. 

Uns soll aber das Viktoria-Veilchen Gelegenheit geben, über die 
wohlriechenden und bei uns kultivirten Veilchen um so mehr in 
einer längeren Abhandlung zu sprechen, als eine monographische Arbeit 
hierüber noch fehlt und über die Stellung dieser Veilchen im Systeme 
noch keine richtigen und abgeschlossenen Ansichten herrschen. 

Nächst der Rose ist es das Veilchen, was sich unter allen Blumen 
am Längsten, man könnte sagen, Jahrtausende lang in der Gunst 
der Menschen erhalten hat. Es scheint selbst, als wenn die Völker 
des indo-europäischen Stammes, wenigstens Griechen und Römer, 
das Veilchen früher :schon kultivirt hätten, als die Rose. Schon 
Homer spricht von Veilchengärten oder wenigstens Veilchenbeeten 
(Joniae); aber auch die Römer hatten ihre Violarien. Bei den Per- 
sern ist as jedoch wahrscheinlich, dass die Rose zuerst und später 
dann das Veilchen kultivirt wurde. Beiihnen spielte, wie noch später 
bei den Arabern, das Veilchen wegen seines Wohlgeruches, aber 
auch wegen der dunkeln purpurvioletten Farbe eine Rolle. Der per- 
sische Dichter Dshami sagt von der Geliebten „Veilchen sind ihre 
Locken, Narzissen ihre Augen, Tulpen das Antlitz und Rosen die 
Brust“. Dass bei den Arabern das Veilchen erst später eingeführt 
wurde, geht daraus hervor, dass sie keinen besonderen Namen dafür 


_— 245 — 


haben; dieser wurde erst dem Persischen entlehnt, Benefscheh heisst 
bei den Persern das Veilchen, bei den Arabern hingegen Benefsedsch. 

Besonders ist es in der griechischen Mythe, in der das Veichen 
eine grosse Rolle spielt. Nymphen des Flusses Öytherus in Elis 
brachten dem Jon, dem Sohne des Apollo und der Kreusa und 
Stammvater des ionischen Volksstammes, Veilchen zum Geschenk. 
Bekannter ist, dass Proserpina, die Tochter der Ceres, auf einer 
Wiese der Insel Sieilien Veilchen und Narzissen pflückte, als Pluto 
sie in die Unterwelt entführte. Das Veilchen blüht, wenn der Same 
des Getreides bei den Griechen in die Erde kommt. Den Sommer bleibt 
dieser darin und wächst zur Pflanze heran, um schliesslich neuen Samen 
hervorzubringen. Diese Zeit bleibt auch Proserpina in der Unter- 
welt nnd kehrt dann erst zu ihrer Mutter Ceres zurück. Auf 
diese Weise wird die Mythe des Raubes der Proserpina durch Pluto 
gedeutet. 

Das Veilchen spielt aber auch ausserdem im Leben der alten 
Griechen und Römer eine Rolle. Es genügten ihnen nicht die Veil- 
chen der Wiesen und Waldränder, man baute sie auch an und 
pflegte sie, wie bereits ausgesprochen, in besonderen Gärten und 
auf besonderen Beeten. Homer betont die Schönheit der Wiesen der 
Kalypso, weil Veilchen auf ihr wuchsen. Kränze aus Veilchen an- 
gefertigt, gelten als ein Symbol der Keuschheit. Chlo& überreichte 
einen solchen Kranz dem schönen Jünglinge Daphnis als ein jung- 
fräuliches Geschenk. Aber auch die Bacchantinnen schmückten ihre 
Thyrsusstäbe ebenso so häufig mit Veilchen, als diese oft als Zierde 
an den Bildsäulen der Hausgötter (Laren) gebraucht wurden. Auf 
den Münzen, welehe die Stadt Henna auf Sizilien schlagen liess, be- 
fanden sich ebenfalls Veilchen. Die Augenbraunen wurden von den 
Griechen mit Veilchen verglichen, wenn sie eine schöne dunkle 
Farbe hatten. Sappho führte den Beinamen Joplocos, der Veilchen- 
flechte bedeutet. Auch hier bezieht sich der Vergleich auf das 
schöne dunkle Haar, was Sappho gehabt haben mag. Interessant 
ist, dass auch die Perser, wie anfangs gesagt, nicht selten schönes 
dunkeles Haar mit Veilchen vergleichen. 

Die Griechen kannten zwar später neben dem blauen Veilchen 
auch ein weisses. Ohne Zweifel ist dieses aber gar kein Veilchen, 
sondern eine andere Pflanze, Die Römer scheinen aber bereits das 


—_ 246 — 


weisse Veilchen gekannt zu haben. Zur Unterscheidung von anderen 
Pflanzen, welche man ebenfalls Violae, d. h. Veilchen, nannte, führte 
das gewöhnliche blaue Veilchen bei den Römern schen den Namen 
Viola Martiana d. h. März-Veilchen. Umgekehrt scheint es aber, 
dass das dunkelblühende Veilchen bei den Römern bisweilen auch 
andere Namen geführt hat. So unterliegt es, uns wenigstens, kaum 
einem Zweifel, dass Virgil unter Vaceinium ebenfalls das Veilchen 
verstanden hat. 


Nach dem Verfall des abendländishhen Kaiserreichs erhielt sich 
das Veilchen in gleichem Ansehen. Die Mönche, damals die Ver- 
treter der Wissenschaft, sowie der Bildung überhaupt, kultivir- 
ten unter anderen Pflanzen in ihren Klostergärten auch das Veilchen und 
verwendeten es hauptsächlich zu Specereien und wohlrichenden Wässern. 
Nächst der Rose stand das Veilchen deshalb, besonders in Frankreich, vor 
Allem in grossen Ansehen, Die Väter der Botanik, bis in das 
15. Jahrhundert zurück, sprechen von den Veilchen, als einer be- 
liebten Kulturpflanze. 


Man scheint auch frühzeitig schon mehre Formen, von denen 
einige in der Kultur den Vorzug hatten, gezogen zu haben. Ueber sie 
spricht am Ausführlichsten Caspar Bauhin in seinem berühmten 
Werke: Pinax theatri botanici. 


Es existirten vor ihm schon gefüllte Veilchen, und zwar ein 
srossblühendes und ein kleinblühendes. Tabernomantanus kennt 
sogar schon ein Veilchen mit gefüllten weissen Blumen, was aus 
Konstantinopel bezogen war und im October blühte. Hinsichtlich 
der Farbe unterschied man eine Form mit tiefvioletten und eine mit 
mehr röthliehen Blumen. Man besass endlich auch bereits eine 
Form, wo die blauen Blumenblätter weiss gestreift waren. Endlich 
war das sogenannte Baumveilchen den Vätern der Botanik ebenfalls 
bekannt. 


Herbstveilchen gab es im 15. und 16. Jahrhundert, wie jetzt. 
Sie wurden hauptsächlich in Mömpelgard (Montbeillard) und in Genua 
gezogen. Wahrscheinlich entstanden aus ihnen die sogenannten ita- 
lienischen oder immerblühenden Veilchen, (Viola semperflorens) welche 
schon im vorigen Jahrhunderte und in der ersten Hälfte von diesem 
eine grosse Rolle spielten, und noch jetzt hauptsächlich zum Treiben 


— 47 — 


gebraucht werden. Unser wildes Veilchen (Viola odorata) findet da- 
gegen, so viel wir wissen, zum Treiben keine Anwendung. 

Der Gebrauch von Veilchen zu Bouquets während der Winter- 
zeit hat in der neuesten Zeit, auch in Deutschland, besonders in 
Berlin, ungemein zugenommen. Es giebt Gärtner, welche sich fast 
nur mit der Anzucht von Veilchen für die Winterzeit beschäftigen und 
sich dadurch eine nicht unbedeutende Einnahme verschaffen. In Leipzig 
hatte man früher eine besondere Sorte des italienischen Veilchens, 
die unter dem Namen des Leipziger Treibveilchens auch vielfach 
nach auswärts verführt und (auch in Berlin) zur Anzucht von Blu- 
men gebraucht wurde. In England war es das neapolitanische Veil- 
chen, in Frankreich das Veilchen von Parma. Neuerdings sind 
wiederum andere Formen des immerblühenden oder italienischen 
Veilchens (Viola semperflorens) an die Stelle jener getreten, besonders 
ist es das russische, was jetzt ziemlich allgemein bei unszum Trei- 
ben benutzt wird. In Frankreich zieht man das Parma-Veilchen noch 
wegen seiner grossen und ausserordentlich wohlriechenden Blumen 
allen andern Sorten vor. In Paris, Lyon, u. s. w. ist es fast nur 
dieses, was man in Bouquets erhält und was in einer kaum glaub- 
haften Menge verbraucht wird. Keine andere Blume, selbst die 
Rose nieht, wird zu Bouquets, Kränzen u. s. w. so viel benutzt, als 
das Veilchen. 

Welche Einnahmen die Veilchen-Treiberei auch bei uns liefert, 
ersieht man daraus, dass im Anfang des Winters das Dutzend Blu- 
men in Berlin zu 6 Pfennigen, wenige Wochen darauf schon zu 
1 Groschen an den Händler verkauft wird. Gegen Weihnachten 
und Neujahrherum steigt das Dutzend Veilchen-Blumen bereits bis zu 
2!|, und 3, etwas später im Februar, besonders wenn es recht kalt 
wird, endlich selbst bis zu 5 Groschen. Ein Gärtner in Potsdam treibt 
jährlich nur gegen 3000 Töpfe mit Veilchen und hat doch durch 
den Verkauf der davon gewonnenen Blumen eine Einnahme von 
300 Thalern. 

In der Stadt Berlin und Umgegend besitzt die Veilchen-Treiberor 
jetzt nur noch einen sehr geringen Umfang; auch in Charlottenburg, 
wo die Veilchen-Treiberei eine Zeitlang sehr betrieben wurde, hat 
sie in der neuesten Zeit, wo allerhand Gründungs-Gesellschaften den 
Boden zum Theil um fabelhafte Preise ‘aufgekauft haben, wiederum 


— 2438 — 


fast völlig aufgehört. Desto grossartiger ist die Veilchen-Treiberei 
in Potsdam und Umgegend. Hier ist es vor Allem der Gärtner 
Friedrich. Er besitzt eine der grossartigsten Veilchen-Treibereien, 
welche wohl überhaupt in Deutschland existiren mögen. Vielleicht 
erinnern sich die Leser der Monatsschrift noch des Aufsatzes in der 
Wochenschrift für Gärtnerei und Pflanzenkunde vom Jahre 1867 
(S. 367), in dem über die Friedrich’sche Gärtnerei berichtet wird. 

Friedrich besitzt zum Treiben der Veilchen ein Haus von 150 
Fuss Länge, in dem jedes Mal 6000 Töpfe aufgestellt werden. Die 
abgetriebenen Pflanzen werden Mitte Mai ausgepflanzt, und zwar auf 
vierfüssigen Beeten 4 Reihen und in Fuss Entfernung. Der Boden muss 
vorher sehr gut gedüngt sen. Da im Herbste gegen 20,000 Töpfe 
eingepflanzt werden, so darf man sich nicht wundern, dass zur Auf- 
nahme der nöthigen Pflanzen im Freien nicht weniger als 3 Morgen 
Land nothwendig sind. 

Im Sommer verlangen die Veilchen, besonders wenn es sehr 
heiss und trocken ist, viel Feuchtigkeit, es muss daher häufig ge- 
gossen werden. Die Einpflanzung im Töpfe geschieht im Anfange 
des Monats September, damit die Pflanzen noch gut an- und durch- 
wurzeln können. Geschieht die Einpflanzung später und es tritt‘ 
bald ungünstiges Wetter ein, so wurzeln die Pflanzen schlecht an 
und bringen dann später keine schönen und auch nur wenige Blumen 
hervor. Aus dieser Ursache ziehen es Friedrich, aber auch andere 
Gärtner vor, die Veilchen für den ersten Satz zum Treiben gar nicht 
auszupflanzen, sondern die Stöcke gleich im Frühjahr zu theilen und 
damit auch in andere Töpfe zu bringen. Diese setzt man in diesem Falle 
während der Sommerzeit eingefüttert in’s freie Land. 

Sobald im Spätherbst das Wetter ungünstig wird, bringt man 
die Töpfe in dazu vorbereitete kalte Kästen. Friedrich bedarf für 
seine 20,000 Töpfe deren niuht weniger als 800 Fenster. Nur um 
gegen eindringende Kälte zu schützen, erhalten die Kästen einen 
Mantel und werden auch, wenn es nothwendig ist, mit Deeken und 
Läden nach aussen geschützt. In diesen Kästen stehen die Töpfe 
dem Fenster möglichst nahe. 

Der erste Satz zum Treiben wird, wie gesagt, Ende September 
in das Haus gebracht. Hier müssen die Pflanzen ebenfalls dem 
Fenster möglichst nahe stehen. Friedrich hat sich zu diesem 


— 249 — 


Zwecke eine Stellage mit 7 Brettern, auf denen die Töpfe ungefähr 
1 Fuss von den Glasscheiben entfernt stehen, angebracht. Im An- 
fange genügt eine Wärme von 6 bis 8 Grad, später wird diese höchstens 
zu 10 Grad erhöht. Mehr darf sie aber nicht betragen, wenn die 
Blume nicht blasser werden, die Pflanzen überhaupt nicht vergeilen 
sollen. Viele Blumen kommen bei zu grosser Wärme auch gar 
nicht zur vollen Entwiekelung und sind deshalb nicht zu gebrauchen. 
Die Heizung geschieht bei Friedrich durch Wasser-Reservoire, in 
welche Dampf geleitet wird. 

Schon nach 4 Wochen erscheinen die ersten Blumen und werden 
gepflückt. Friedrich bekommt von seinen 6000 Töpfen, die er 
auf einmal treibt, täglich gegen 200 Dutzend Blumen, die er um 
die oben angegebenen Preise je nach der Jahreszeit verkauft, 

Man hat, wie früher schon ausgesprochen ist, allmählig besondere 
Sorten Veilchen gewonnen, welche sich zu bestimmten Zeiten leichter 
treiben lassen, als andere. Es scheint dieses aber nur lokal zu sein, 
indem jeder Ort, wo das Treiben im Grossen geschieht, auch in der 
Regel seine eigenen Sorten besitzt, welche der Reihe nach zum 
Treiben benutzt werden. In Potsdam fängt Friedrich mit dem 
Lauche’schen Veilchen an, weil dieses bei den trüben Tagen des 
Novembers und Decembers am wenigsten stockt und fault. Nach 
Weihnachten und Neujahr, wo die Tage wieder heller werden, kommt 
das russische Veilchen, welches aber trotzdem leicht stockt und des- 
halb stets ausgeputzt werden muss, daran. Sobald die Kälte aufge- 
hört hat und der Frühling eintritt, ist es das Vietoria-Veichen, 
was benutzt wird. Es dauert bis zu der Zeit, wo es auch Veilchen 
im Freien giebt. Dieses Viktoria-Veilchen bringt besonders schöne 
Blumen hervor, wenn es vorher durch die Sommerwärme unter Glas 
angeregt worden war. 

Nächst Friedrich hat der Handelsgärtner Schaper in Potsdam 
eine bedeutende Veilchenzucht. Er besitzt ein Haus von 65 Fuss 
und benutzt ausserdem 130 Fenster Kästen. Schaper pflanzt seine 
Veilchen schon im Juli ein und glaubt, dass die Pflanzen dadureh 
reichlicher und schöner blühen. Frieke treibt, wie Friedrich, 
gegen 20,000 Töpfe in einem mit Dampf geheizten Hause und lässt 
die Temperatur ebenfalls nicht über 10 Grad steigen. Nächstdem 
sind es noch die Handelsgärtner Schmerbitz, Mohs und Richter, 


_ 250 — 


welche sich in Potsdam hauptsächlich mit Veilchen-Treiberei be- 
schäftigen. 

Man nimmt gewöhnlich an, dass die sämmtlichen wohlriechen- 
den Veilchen, welche man der Blumen halber in Gärten besitzt und 
für den Winter treibt, zu unserer Viola odorata L. gehören. Wir 
sind anderer Meinung und glauben, dass sich unter unseren wohl- 
riechenden Veilchen mehrere, wenigstens 4 Arten, unterscheiden 
lassen. Dagegen werden nur 2 Arten kultivirt und zum Treiben 
benutzt. Dass die Arten wiederum mit einander Kreuzungen 
eingegangen und dadurch Blendlinge entstanden sind, unterliegt 
wohl keinem Zweifel. Dieser Umstand ist es, welcher die ursprüng- 
lich festen Gränzen, welche zwischen den Veilchen- Arten existiren, 
allmälich so verwischt haben, dass die Arten sich oft zum Theil 
als solche nieht mehr unterscheiden lassen. 

Auf jeden Fall ist das alte italienische Veilchen eine von un- 
serem wildem Veilchen (der Viola odorata) verschiedene Art, welche 
sich dureh die dunklere Farbe des Laubes und auch der Blumen 
wesentlich unterscheidet und ferner in ihrem Verhalten gegen un- 
sere klimatischen Verhältnisse abweicht. Dem italienischen Veilchen 
schliesst sich das von Parma an und ist wahrscheinlich speeifisch 
nicht verschieden. Weit mehr weicht das Vietoria-Veilchen, sowohl 
von unserem, als auch von dem italienischen Veilchen, ab, steht 
aber dem ersteren weit näher. _ 

Wenn wir auch keineswegs im Stande sind, durchgreifende 
Merkmale zwischen den in der Kultur befindlichen und auch wild- 
wachsenden anzugeben und dieses erst nach genauen Untersuchungen 
und vielen Aussaaten geschehen kann, so wollen wir doch versuchen, 
es wenigstens so weit als möglich zu thun, um zunächst andere 
Botaniker darauf aufmerksam zu machen. Nur wenn mehrfach 
Untersuchungen angestellt worden sind, wird schliesslich Klarheit 
über die specifische Natur der wohlriechenden Veilchen kommen. 

Die Veilchen bilden mit einigen anderen Pflanzen bekanntlich 
eine besondere Familie, welche nach ihnen genannt ist und haupt- 
sächlich aus Kräutern, weniger aus unbedeutenden Sträuchern, be- 
steht. Einen Einfluss auf die Physiognomie einer Gegend üben die 
Veilchen deshalb nieht aus. Die Zahl der zu den Violaceen ge- 
hörigen Pflanzen mag gegen 250 Arten betragen. Der weit über- 


— 1281 "ya 


wiegende Theil von ihnen sind ächte Veilehen und damit niedrige 
krautartige Pflanzen. Dadurch, dass das fünfte und nach unten 
stehende Blumenblatt bei den Veilchen grösser ist, als die übrigen, 
— ferner, dass es eine eigenthümliche Stellung gegen die anderen 
besitzt und sich durch einen spornähnlichen Anhang auszeichnet, 
wird die Blumenkrone unregelmässig und ungleich. 

Man hat die über 200 Arten des Genus Viola, welche nach 
und nach beschrieben wurden, aber wahrscheinlich mit der Zeit, 
wenn genauere und gewissenhaftere Untersuchungen stattgefunden 
haben, sich auf noch nicht 100 Arten reduziren werden, in mehrere 
Gruppen getheilt und bei der Unterscheidung die Form des Griffels 
und der Narbe zu Grunde gelegt. Unsere wohlriechenden Veilchen 
gehören zu einer Gruppe, wo der oberste Theil des Griffels seitwärts 
steht oder hakenförmig nach unten gekrümmt ist und welche den 
Namen Nomimium erhalten hat, sie machen aber wiederum hier 
eine besondere Abtheilung aus, indem alle dazu gehörigen Arten 
keinen überirdischen, wohl aber meist dieke, oft geringelte unter- 
irdische Stengel, oft mit über- und unterirdischen Ausläufern ver- 
sehen, besitzen. Der oberste Theil des Griffels ist auch bei ihnen 
stets hakenförmig gekrümmt. Viele, nicht alle der hierher gehörigen 
Arten haben einen angenehmen Geruch. 

Die Veilchen dieser Abtheilung wachsen in ganz Europa, zum 
Theil ebenfalls in Nordafrika, nehmen aber auch in Asien, mit Aus- 
nahme des Südens und auch des Ostens, grosse Streeken des eigent- 
lichen Orientes ein. In Sibirien wachsen wahrscheinlich keine wohl- 
riechenden Veilchen. Sie lieben entweder Gebüsch, was ihnen 
Schatten giebt, oder wachsen an offenen Stellen feuchter Ränder, 
besonders wenn diese Bäche und Flüsse begränzen. Auf sonnigen 
Wiesen haben wir auf unseren vielfachen Reisen im Süden Europa’s 
und im Oriente keine der wohlriechenden Veilchen gesehen. 

Das wohlriechende Veilchen liebt während seiner Blüthezeit 
Frische in der Luft und verträgt deshalb auch keine hohe Tempe- 
ratur. Es wächst hauptsächlich in gebirgigen Gegenden, im Norden 
aber auch in Ebenen. Am schönsten kommen die Blumen im Freien 
hervor, wenn eben der Schnee abgeschmolzen ist. Bei uns ist es 
der Anfang April, oder auch bisweilen schon das Ende März, wo 
das Veilchen blüht, im Süden kommt es weit früher zur Blüthe, 


_. 2532 ° — 


bisweilen schon im Februar, am häufigsten jedoch im Anfang März. 
Schon die alten Römer nannten es deshalb Viola Martiana, 
d. h. Märzveilchen. Bei gelinder Witterung blüht es im Süden bis- 
weilen auch im Spätherbste, ausserdem finden sich einzelne Blüthen 
meist in allen Wintermonaten vor, wenn nicht gerade Kälte herrscht. 
Dieses winterliche Blühen ist auch Ursache, dass das Veilchen in 
unseren Treibereien nur eine geringe Temperatur von höchstens 
10 Grad verträgt und dass es für die warmen Sommermonate so 
ausserordentlich schwierig ist, Veilchen zu haben, und dass man 
diese nur mit der grössten Mühe erhält. 

Dass die wohlriechenden Veilchen noch keineswegs von der 
Wissenschaft festgestellt sind, ist bereits ausgesprochen. Die An- 
sichten der Botaniker weichen hier vielfach von einander ab. Es 
ist auch die Frage, ob der Wohlgeruch der Blumen für bestimmte 
Arten massgebend ist und ob nicht dieselbe Art Pflanzen mit wohl- 
riechenden und gar nicht riechenden Blumen hervorbringen kann? 
Ferner sind die An- und Abwesenheit der Ausläufer ebenfalls keines- 
wegs stets ganz sichere Merkmale, da sie bisweilen bei derselben 
Art vorhanden sind, aber auch fehlen können. Unsere nicht riechende 
Viola hirta hat bisweilen, wenn auch nicht über-, so doch unter- 
irdische Ausläufer. In noch weit grösserem Masse ist dieses bei der 
ungarischen Viola ambigua und der kaukasischen Viola campestris 
der Fall. Der mit der Flora des südöstlichen Europa’s und des kau- 
kasischen Isthmus sehr vertraute Botaniker, Marschall von Bieber- 
stein, hält die ächte V. collina Bess. nur für eine V. odorata, der 
die Ausläufer fehlen. 

Nach unserer Ansicht sind, wie ebenfalls schon gesagt, die 
wohlriechenden Veilchen Süd-Europa’s nicht dieselben, welche wir 
diesseits der Alpen besitzen. Leider haben wir bis jetzt zu wenig 
Gelegenheit gehabt, die in Italien wachsenden wohlriechenden Veilchen 
einer näheren Untersuchung zu unterwerfen, um zu wissen, wie sie 
sich zu denen unserer Kultur verhalten. Das italienische Veilchen 
der Kultur hält unsere starken Winter nicht aus, insofern es nicht 
gedeckt wird, und hat weit dunklere, am Rande oft etwas wellige, 
und selbst krause Blätter von geringeren Dimensionen. Auch sind 
die Blätter rundlicher und nicht später in eine Spitze ausgezogen, 
wie es bei Viola odorata der Fall ist. Endlich haben die Blumen 


ae — 


durchaus eine weit dunklere, purpurviolette Farbe, ihre Blumen- 
blätter sind nicht an der Basis weiss. 

Dieses italienische Veilchen der Kultur ähnelt einem Veilchen 
ungemein, was in Transkaukasien und überhaupt im Oriente bis zu 
dem Libanon wächst und zum Theil von Boissier unter dem 
Namen Viola armena (diagn. pl. orient. 2. ser. V, 48) beschrieben 
ist. Ueberirdische Ausläufer macht es in der Regel nicht, wohl aber 
kriecht es oft in der Erde und sendet mehrköpfige Pflanzen nach 
oben. Wahrscheinlich ist es von Viola eampestris Bieb., welche 
anfangs, weil meist keine überirdischen Ausläufer vorhanden sind, mit 
Viola hirta verwechselt wurde, nicht verschieden. Wir haben aber weder 
die ächte V. hirta, noch die ächte V. odorata im Oriente gefunden. 
Auch Viola purpurea Stev. (bull. de la soc. d. natur. de Mose. 
XXIX, 310), welche Bieberstein nur als Abart seiner V. cam- 
pestris unterschied, gehört sicher hierher. Vielleicht ist diese kau- 
kasische Pflanze das sogenannte russische Veilchen, was bereits gegen 
das Ende der funfziger Jahre nach England kam und vorher erst 
aus Transkaukasien in Petersburg eingeführt worden war. 

Zunächst ist dieses jedoch nur eine Ansicht, welche erst durch 
weitere Vergleichungen, und namentlich durch Aussaaten, bekräftigt 
werden muss. So reichliches Material wir auch im Oriente gesam- 
melt haben und uns demnach jetzt zu Gebote steht, so lassen doch 
getrocknete Pflanzen allein, wenigstens in diesem Falle, keine be- 
stimmten Schlüsse machen. 

Es ist bereits gesagt worden, dass man allmälig in der Kultur 
von dem italienischen Veilchen Sorten erzogen hat, welche sich, und 
zwar zu bestimmten Zeiten, leichter treiben lassen. Diese Sorten 
haben, wenn sie unter gleichen Verhältnissen eine Zeitlang getrieben 
wurden, allmälig ihre guten Eigenschaften wieder verloren und es 
sind neue Sorten, welche in der Regel von anderen Orten eingeführt 
wurden, an ihre Stelle getreten, um schliesslich wiederum anderen 
Sorten Platz zu machen. So wurde im Norden Deutschlands eine 
lange Zeit das Leipziger Treib-Veilchen allen anderen Sorten vorge- 
zogen, in England liebte man dagegen das neapolitanische Veilchen. 
Wie der Name sagt, hatte man das letztere zwar aus Neapel be- 
zogen, es wuchs aber daselbst nicht wild, sondern stammte wahr- 
scheinlich aus Portugal, denn es führte in Unteritalien selbst allge- 


— 234 — 


mein den Namen des portugiesischen Veilchens. In der Regel blüht 
es daselbst schon vom September an und dauert bis zum Frühjahr, 
wo grössere Wärme kommt. 

Anfangs der fünfziger Jahre wurde in Enrnd) das russische 
Veilchen eingeführt und scheint jetzt das neapolitanische fast verdrängt 
zu haben. Später kam es auch nach Deutschland, wo es alimälig 
so. beliebt wurde, dass es rasch alle übrigen Sorten verdrängte und 
jetzt hauptsächlich nur zum Treiben benutzt wird. In den sechs- 
ziger Jahren erzog der damalige Handelsgärtner und jetzige Inspektor 
der Gärtner-Lehr- Anstalt bei Potsdam, Wilh. Lauche, durch Be- 
fruchtung mit dem alten italienischen Veilchen einen Blendling daraus, 
der gegen Abwesenheit von Licht sich weniger empfindlich zeigte nnd 
daher besonders in den lichtarmen Monaten November und December 
gebraucht werden konnte. Dieses Veilchen erhielt seinem Züchter 
zu Ehren den Namen Viola Laucheana 

Dieses für die erste Zeit im Winter nicht genug zu empfehlende 
Veilchen besitzt auch eine dunklere Farbe der Blumen und friert nicht 
so leicht aus, als das russische. Das letztere besitzt dagegen den grossen 
Vortheil, dass es in den Bouquets und überhaupt bei allen Verwen- 
dungen sich 1 und selbst 2 Tage länger hält. Auch sind die Blumen- 
stiele bei dem ächten russischen Veilchen straffer. 

In Frankreich giebt man dem Parma-Veilchen den Vorzug. Es 
unterscheidet sich von dem russischen und allen übrigen Sorten des 
italienischen Veilchens, dass die Blätter fast völlig unbehaart und 
auf der Oberfläche selbst mehr oder weniger glänzend sind. Die 
weit helleren und grösseren Blüthen ragen über die Blätter hervor 
und lassen sich demnach leicht pflüicken Auch ist der Geruch ein 
eigenthümlicher und weicht wesentlich von dem der gewöhnlichen 
und der italienischen Veilchen ab. Nichtsdestoweniger ist er sehr 
angenehm. In Paris werden die Blumen des Parma-Veilchens weit 
höher bezahlt, als die der übrigen Sorten. In Lyon und Marseille, 
so wie überhaupt in Süd-Frankreich, scheint man es fast allein, und 
zwar meist das ganze Jahr hindurch, im Freien zu kultiviren. Bei 
uns in und bei Berlin scheint es nicht gedeihen zu wollen, da alle 
Versuche, es zu treiben, bis jetzt keine glücklichen Resultate ge- 
geben haben. Dagegen kultivirt man das Parma-Veilchen mit Er- 
folg in Herrenhausen bei Hannover. 


— 255 — 


Von dem italienischen Veilchen giebt es seit langer Zeit schon 
auch eine Form mit weissen Blumenblättern. Sie war wahrscheinlich 
schon den Römern, gewiss aber den Vätern der Botanik im 16. und 
17. Jahrhundert eine bekannte Pflanze. In der Nähe von Tiflis und 
in dem russischen Armenien habe ich das weissblühende Veilchen 
auch wild gefunden. Verschieden von diesem ist jedoch V. alba 
Bess., die sieh aber nicht in Kultur befindet und der Viola odorata 
näher steht. Eine kaum abweichende Form des weissblühenden 
italienischen Veilchens führt in Frankreich den Namen Violette 
de Champätreux. 

Ebenfalls seit einigen Jahrhunderten kultivirt man schon vom italie- 
nischen Veilchen Sorten mit gefüllten Blumen. Sie machen in der 
Regel nur kurze Ausläufer, welche man früher, besonders in Frank- 
reich, sobald sie sich zeigten, meist abnahm. Dadurch vermehrte sich 
das Wachsthum des verkürzten Stengels an der Spitze und es bildete 
sich auf diese Weise ein, wenn auch noch so kurzer, ziemlich dieker 
und in der Regel etwas geringelter Stamm. Aus dieser Ursache 
führte dieses Veilchen in den Gärten den Namen Baum-Veilchen 
(Viola arborescens), und wurde zum Aufstellen in Töpfen auf 
Tafeln u. s. w. benutzt. Da diese Form sehr reich blühte, so nahm 
sie sich auch gut aus. 

Die Farbe der Blumen bei den gefüllten Veilchen ist in der 
Regel noch dunkler, als bei der einfachen Form. Eine solche be- 
sonders dunkelblühende Form führt in England den Namen König 
der Veilchen (King of the Violets). Man hat aber auch deren 
mit weissen und mit mehr röthliehen Blumen. Die letztere wird in 
England unter dem Namen Königin der Veilchen (Queen of the Violets) 
kultivirt. Endlich besitzt man, ebenfalls schon seit einigen Jahr- 
hunderten, Veilchen mit bunten gefüllten Blumen. Ein solches 
kennt man in Frankreich unter den Namen Violette de Bruneau 
und benutzt es vielfach. Die äusseren, ziemlich grossen Blumen- 
blätter haben eine schöne violette Farbe, während die inneren klei- 
neren ein Herz bilden, wo die Blumenblätter weiss oder röthlich 
panachirt sind. Von besonderer Schönheit ist eine zweite Sorte, 
welche den Namen Marie Louise führt. Die äusseren Blumenblätter 
haben eine lavendelblaue, die inneren dagegen eine weisse Farbe. 
Ausserdem zeichnet sich diese Sorte noch dadurch aus, dass die 


— 256 — 


Oberfläche der ziemlich unbehaarten Blätter glänzend ist. Wahr- 
scheinlich ist sie daher aus dem Parma-Veilchen entstanden. Früher 
hatte man auch eine Sorte mit gestreiften Blumen, welches den 
Namen Viola Brandyana hatte; leider sieht man es nicht mehr 
in der Kultur, so sehr es auch zu empfehlen ist. Es hielt nicht 
im Freien aus und eignete sich ebenfalls nicht zum Treiben während 
der Winterzeit. Gegen den Ausgang des Winters aber entwickelte 
es, in einem Kalthause dem Fenster möglichst nahe gebracht, eine 
Fülle schöner Blumen. 

Die zweite Art wohlriechender Veilchen, welche kultivirt wird, 
ist das Vietoria-Veilchen. Wahrscheinlich kam es, wie bereits 
anfangs erwähnt, über Petersburg nach London, wo es unter dem 
Namen Zar zuerst im Jahre 1865 bei einer Ausstellung des dortigen 
Gartenbau-Vereins allgemeinen Beifall erhielt. Die Frau Kronprinzess 
des deutschen Reiches und von Preussen befand sich damals in 
London und brachte es, wie anfangs schon mitgetheilt ist, in ihren Garten 
am Neuen Palais bei Potsdam. Das Jahr darauf wurde es auch anderer- 
seits in Norddeutschland, zunächst durch den jetzigen Inspektor 
Lauche, eingeführt und verbreitet. 

Auch bei uns in Deutschland erhielt dieses neue Veilchen mit 
Recht allgemein Beifall. Einen Vortheil gewährte es besonders des- 
halb noch, weil es bei dem grossen Bedürfniss nach Veilchen während 
der ganzen Winterzeit gerade eine Lücke in der Zeit — nämlich 
den Ausgang des Winters = ausfüllt, wo die italienischen und 
russischen Veilchen bereits anfangen, weniger schön zu sein, und 
die Veilchen im Freien sich noch nicht enfaltet haben. 

Das Viktoria-Veilchen lässt sich im eigentlichen Sinne des 
Wortes nicht treiben, sondern es blüht, wenn seine Zeit herankommt, 
Ende Februar oder im März. Da diese Zeit bei uns in der Regel 
“noch unfreundlich ist und es auch selbst noch ziemlich kalt sein 
kann, so stellt man es in einen ziemlich hellen und frostfreien Raum, 
sobald man zum Pflücken Blumen haben will. Im Freien blüht es 
‚gegen 14 Tage früher, als das italienische und gewöhnliche Veilchen, 
aber auch im Herbste kann es unter Umständen im Freien bis 
spät in das Jahr hinein, wenn es die Witterung erlaubt, seine 
Blüthen entstalten. Man benutzt es für diese Zeit vielfach in England 
und pflanzt es am Liebsten an die Nordseite einer Mauer. Zu 


— 2370 — 


diesem Zwecke nimmt man im Mai die stärksten Ausläufer ab. Die 
Erde, worin man sie setzt, besteht aus Sand, Lehm und guter Laub- 
erde. Während der Sommerzeit werden die Pflanzen vielfach gegossen, 
um die Luft möglichst kühl zu erhalten. Gelingt dieses, so kann man 
auch sicher sein, selbst während der "eissen Monate Veilchen- 
Blumen zu haben. Sonst bringt man das Viktoria-Veilchen in Ka- 
mellia-Häuser, um Ausgangs des Winters Blumen zu haben. Man 
hat übrigens die Beobachtung gemacht, dass aus Samen erzogene 
Pflanzen kräftiger wachsen und schönere Blumen hervorbringen. 
Nach Versuchen des Hofgärtners Emil Sello ist das Viktoria- 
Veilchen härter, als das italienische, und blieb die Winter hindurch 
unversehrt, wo viele Pflanzen des letzteren auswinterten. 

Nach genauer Untersuchung unterliegt es keinem Zweifel, dass 
das Viktoria-Veilchen weder zum italienischen noch zu unseren ge- 
wöhnlichen Veilchen gehört, sondern die zuerst vom Marschall 
von Bieberstein in dem Supplement seiner tauro-kaukasischen 
Flor (8. 164) beschriebene Viola suavis darstellt. Wahrscheinlich 
wächst sie aber auch weiter im Süden Europa’s und vielleicht auch in 
Nordafrika. Vielleicht ist Viola Dehnharti, welche Professor Tenore 
zu Ehren des Direktors der damals königlichen Gärten in Neapel 
nannte, nicht verschieden. Vielleicht gehört aber auch das erst 
durch Ramel unter dem Namen Violette Wilson aus Algerien 
eingeführte Veilchen hierher. Doch soll dieses nach Vilmorin 
(les fleurs de pleine terre 3. &d. pag. 1207) selbst in Paris empfind- 
lich sein und oft erfrieren. 

Das Viktoria-Veilchen steht der V. odorata viel näher, als der 
V. semperflorens, und scheint auch dasselbe Vorkommen im Schatten 
von Gebüsch und an Zäunen und Hecken zu haben, während jenes, 
wie bereits schon früher gesagt wurde, offene, jedoch feuchte Stellen 
an Bächen und Flüssen liebt. Das Laub ist weit heller und grösser 
und zieht sich im der späteren Zeit auch mehr in die Länge, wäh- 
rend umgekehrt die ersten Blätter fast ganz abgestumpft und selbst 
nierenförmig erscheinen. Behaarung ist stets vorhanden und kann selbst 
unter Umständen die Pflanze graugrün machen. Die Länge der 
Wimpern an den Nebenblättern haben je nach dem Standorte eine 
verschiedene Länge und sind auch keineswegs immer behaart. Ob 
die Viola suavis der deutschen Flora wirklich mit der orientalischen 

17 


— 258 


identisch ist, müssen erst weitere Untersuchungen lehren. Charak- 
teristisch sind bei der ächten Viola suavis die weit längeren und zum 
unteren Drittel fast weissen, sonst hellblau-violetten Blumenblätter, von 
denen das unterste und grösste am oberen Ende ausgerundet ist. 


bericht 
an das Königl. landwirthschaftliche Ministerium 


über die Pllanzen- und Blumenausstellung 


während der Tage vom 30. März bis 6. April in Gent, 
abgestattet von Professor Dr. K. Koch. 


Den Nachmittag vor dem Tage der Preiszusprechung (am 
29. März) kam ich in Begleitung des Sehatzmeisters des Vereines 
zur Beförderung des Gartenbaues hier, Herrn Rentier Sonntag, in 
Gent an und: stellte mich alsbald im Lokale der Ausstellung, was 
im Garten der Societe d’agrieulture et de botanique sich befindet, 
dem Ehrenpräsidenten, Herrn Grafen de Kerckkove Denterghem, 
Bürgermeister der Stadt Gent, vor. Ich entschuldigte Herrn Geh. 
O.-Reg.-R. Heyder, welcher ebenfalls als Mitglied des Preisrichter- 
Amtes eingeladen war, wegen seiner dringenden amtlichen Geschäfte. 
Sein Nichterscheinen wurde um so mehr bedauert, als grade die 
Pflanzen: Palmen, Cycadeen und Marantaceen, über die man sein 
Urtheil gewünscht hätte, diesesmal sehr vertreten waren. Meine 
Stelle war in der 1. Sektion des Preisrichter-Amtes, der die Beur- 
theilung der neuen Pflanzen und der Orchideen oblag. 2 Engländer, 
1 Franzose und 2 Belgier bildeten die übrigen Mitglieder, welche 
mich zu ihrem Vorsitzenden erwählten. Herr Sonntag nahm an 
der 12. Sektion, wo über Orangen, Granaten, Dracänen u. s. w. 
geurtheilt werden sollte, Antheil. 

Die Soeiete d’agrieulture et de botanique in Gent ist die älteste 
Gartenbaugesellschaft in Europa und wurde 1808 gegründet Die 
eigentliche Landwirthschaft, welche anfangs der Gesellschaft haupt- 
sächlich zu Grunde lag, wurde mit der allmählig grösseren Be- 
deutung der Gärtnerei von Jahr zu Jahr mehr zurückgedrängt und 


_— 259 — 


schliesslich gänzlich ausgeschlossen. So bescheiden die Anfänge der 
ersten Ausstellungen waren, so wurden diese doch schon. in den 
zwanziger Jahren so bedeutend, dass man beschloss, alle 5 Jahre 
eine grössere, wo nun auch Nieht-Belgier zur Theilnahme auf- 
gefordert wurden, auszuschreiben. Dergleichen grosse Ausstellungen 
haben bis jetzt 9 stattgefunden, von denen jede stets an Grösse die 
frühere übertraf. 

Der Gedanke internationaler Pflanzen-Ausstellungen ausserhalb 
Gent entstand zuerst in Mainz, wohin im April 1863 eingeladen 
wurde. Seitdem fanden fast alljährlich internationale Ausstellungen 
in andern Kulturländern Europa’s, wo Gartenbau getrieben wird, 
statt. 1864 war eine in Brüssel, 1865 in Amsterdam, 1866 in 
London, 1869 wurde sie in Paris mit der internationalen Industrie- 
Ausstellung daselbst vereinigt und, während der ganzen Zeit alle 
14 Tage sich wiederholend, in einem besonderen Garten (jardin 
reserve) abgehalten. 1868 wurde von Seiten Gent’s, was dieses 
Mal dem Cyelus internationaler Ausstellungen Europens sich an- 
schloss, eingeladen und 1869 waren es sogar 2 Städte, welche, Pe- 
tersburg im Frühjahre, Hamburg im Herbste, eine internationale 
Pflanzen-Ausstellung abhielten. Der französische Krieg machte den 
friedlichen internationalen Pflanzen-Ausstellungen bis jetzt, wo nun 
wiederum Gent den Reigen eröffnet hat, ein Ende, Wie mir mit- 
getheilt ist, wird im nächsten Jahre von Florenz aus eine Auffor- 
derung zur Theilnahme an einer internationalen Pflanzen-Ausstellung 
ergehen. Bereits ist mir auch eine vorläufige Einladung zugegangen. 

Es dürfte gewiss Ew. Excellenz Interesse in Anspruch nehmen, 
wenn ich die Nothwendigkeit der Vergrösserung der Räumlichkeiten, 
welche sich bei den auf einanderfolgenden internationalen Pflanzen- 
Ausstellungen ergab, durch Angabe des beanspruchten Flächenraumes 
in Zahlen nachweise. 1863 betrug dieser in Mainz 10,500, 1864 
in Brüssel 28,000, in Amsterdam 1865 schon nahe 80,000 und 
1866 in J,ondon sogar fast 100,000 Quadratfuss. Für Paris, wo 
die Pflanzen im grossen Jardin reserv& sehr zerstreut standen, ver- 
mag ich um so weniger eine Angabe des benutzten Flächenraumes zu 
geben, als eigentlich vom 4. April bis zum 15. September 14 
Ausstellungen der Reihe nach stattfanden. 

In Gent hatte man sich bereits 1868 gezwungen gesehen, zu 

Ir 


—U 


dem eigentlichen Anusstellungshause vom Jahre 1835, was einem 
grossen Saal von 11,000 Quadratfuss zur Verfügung stellte, noch 
einen mehr als doppelt so grossen Annex, bestehend aus einem be- - 
sonderen Glaspalaste, anzubauen. Da aber selbst dieser noch nicht aus- 
reichte, wurde rasch noch ein nur wenig kleinerer überdeekter Gang her- 
gestellt. Und doch mussten Koniferen, allerhand Standbäume, wie 
Lorbeer, Orangen, Ilex u. s. w., im Freien aufgestellt werden. Der 
in Anspruch genommene bedeckte Raum betrug 18368 gegen 58,000 
Quardratfuss, rechnet man aber das Terrain im Freien, wo ebenfalls 
ausgestellte Pflanzen standen, noch hinzu, so kommt wohl die Summe 
von über 70,000 Quardratfuss heraus. 

In Petersburg hatte man zu der grossen Reitbahn von gegen 
60,000 Quadratfuss Fläche, welche für die dortige internationale 
Pflanzen-Ausstellung im Frühjahre 1869 in Anspruch genommen 
war, noch einen Annex von gegen 20,000 Quadratfuss für die 
Warmhauspflanzen erbaut. Wie viel Fläche die im Herbste 1869 
in Hamburg ausgestellten Pflanzen eingenommen hatten, vermag ich 
eben so wenig, wie für Paris, zu sagen, da Alles sehr zerstreut 
stand, und ausserdem noch Manches ausgestellt war, was einen 
sehr geringen Zusammenhang mit der Gärtnerei hatte. Das ganze 
eingefriedigte Terrain umfasste aber einen Flächenraum von 1,700,000 
Quadratfuss. 

Der Ausstellungsraum endlich für die letzte internationale 
Pflanzen-Ausstellung in Gent war vielleicht um 8 bis 10,000 Qua- 
dratfuss grösser, als der von 1868. Anstatt des langen bedeckten 
Ganges war eine schöne offene Halle erbaut worden. Ausserdem 
hatte man aber dieselben Räume wie früher eingenommen. 

Bevor ich zur Beschreibung der Ausstellung selbst übergehe, 
will ich einige Worte über die Art und Weise der Preiszusprechung 
sagen. Dass diese bei einem so grossen, aus allen Kulturländern 
Europens stammenden Material sehr schwierig ist, unterliegt wohl 
kaum einen Zweifel. Man musste demnach an Theilung der Arbeit 
denken. Zu diesem Zwecke werden in der Regel über 100 Preis- 
richter aus der Zahl der bekannteren Botaniker, Gärtner und Laien 
der verschiedenen Gartenbau treibenden Völker, welche sich besonders 
durch Kenntniss von Specialitäten auszeichnen, gewählt und zur 
Theilnahme an der Preiszusprechung eingeladen. Von den 116 auf 


—_— 261 — 


diese Weise eingeladenen Preisrichter waren 102 erschienen, und 
zwar 17 Deutsche, 15 Engländer, 33 Belgier, 9 Holländer, 25 Fran- 
zosen, 1 Italiener und 2 Russen. Von den beiden eingeladenen 
Oestreichern war keiner gekommen. Sonstige officielle Einladungen 
seschahen nicht, sondern nur Aufforderungen zur Theilnahme und 
zum Besuch der Ausstellung. 

Damit die Preiszusprechung rasch stattfand, wurden für die be- 
sonderen Speecialitäten 18 Sektionen aus den anwesenden Preis- 
riehtern gebildet. Jede Sektion bestand aus 5 bis 7 Mitgliedern, 
welche sich einen Vorsitzenden und einen Schriftführer wählten. 
Ein mit der Aufstellung der verschiedenen Pflanzen betrautes Mit- 
glied des Genter Vereines diente als Führer und ertheilte auch sonst 
jede Auskunft. Dadurch wurde es auch nur allein möglich, dass 
die ganze Preiszusprechung in 3 Stunden vollendet war. 

Die Soeiete d’agrieulture et de botanique in Gent hat das 
Glück gehabt, nicht allein Präsidenten von besonderer Bega- 
bung und grossem Interesse für Gartenbau an der Spitze zu 
haben, sondern überhaupt einen Vorstand, der in allen seinen 
Gliedern wesentlich unterstützte Mit Ausnahme des Präsidenten, 
der nach dem Tode seines Vorgängers erst vor 4 Jahren gewählt wurde, 
leiten noch dieselben Männer, welche vor 10 und mehr Jahren das Ver- 
trauen des Vereines besassen, die Geschäfte, die in den Vorstand 
gewählten Mitglieder blieben, insofern sie nicht von dieser Welt 
durch den Tod abgerufen wurden, in ihren Stellen. Laien und 
Gärtner wirkten ausserdem hier als Mitglieder der Gesellschaft in 
grösster Harmonie. Aus diesem Umstande erklärt sich der von 
Jahr zu Jahre mehr blühende Zustand der Gesellschaft. Ehren- 
präsident ist Graf Kerekkove de Denterghem, Bürgermeister von 
Gent, wirklicher Präsident hingegen Ed. de Ghellinck de Walle. 
Beıde haben selbst bedeutende Gärten mit grossen Gewächshäusern, 
welche stets das Schönste und Neueste enthalten, was die Gärtnerei 
besitzt. Der erstere hat sich jetzt einen Wintergarten von bedeu- 
tendem Umfange erbaut, der dass Beste ist, was in dieser Hinsicht, 
auch in England, bisher von mir gesehen wurde. Ich behalte mir 
vor, Ew. Excellenz hierüber noch specielle Mittheilungen zu machen. 
Wie die beiden Präsidenten während der ganzen Zeit, welche die 
Aufstellung in Anspruch nahm, aber auch bis zum Schlusse alles 


—_ 22 — 


leiteten, so wurden sie aber auch von den übrigen Mitgliedern des 
Vorstandes und des Conseil’s auf das Kräftigste unterstützt. Nicht 
weniger ist aber auch die Aufmerksamkeit und das freundlichste 
Entgegenkommen von Seiten der Genter überhaupt gegen die fremden 
Gäste rühmend zu erwähnen. 

Die Betheiligung war eine sehr grosse, denn über 200 Aussteller 
hatten eingesandt. Da die meisten der letzteren an verschiedenen 
Bewerbungen (Concours) Antheil genommen, so war natürlich deren 
Zahl bedeutend grösser und betrug 779. Von diesen Bewerbungen be- 
trafen 643 nur Pflanzen und Blumen. Obst und Gemüse war kaum nennens- 
werth vorhanden, doch fanden sich 2 vorzügliche Sammlungen von 
fremden Obstbäumen vor. Sehr vertreten fand ich die Heizapparate 
und die Gartenmöbel. 

Betheiligt hatten sich am Meisten die Belgier, vor Allem die Be- 
wohner Gents und der nächsten Umgebung, deren Zahl allein nicht 
weniger als fast die Hälfte sämmtlicher Aussteller betrug. Von an- 
deren Völkern waren die Holländer am Stärksten, und zwar mit 
10 Ausstellern, vertreten. Ausserdem hatten 8 Engländer und 8 Fran- 
zosen, aber nur 3 Deutsche eingesendet. Die Mannschetten uud 
Bouquethalter des, Berliner Fabrikanten Fadderjahn fanden aber 
solchen Beifall, dass ihnen, obwohl sie im Programm nicht vorge- 
sehen waren (hors de concours), eine vergoldete Medaille zugespro- 
chen wurde. 

Es dürfte Interesse darbieten, in welcher hervorragenden Weise 
einzelne Aussteller sich betheiligt hatten, um daraus auch die Anstren- 
gungen zu erkennen, welche man bei belgischen Ausstellungen oft 
macht und dabei keine Kosten scheut, Man begreift in Belgien die 
grosse Bedeutung der Ausstellungen für den Pflanzenhandel und 
erkennt die Vortheile, welche man daraus zieht. Nicht so in Deutsch- 
land, wo mit geringen Ausnahmen die Gärtner sich an Ausstellun- 
gen wenig oder gar nicht betheiligen und diese selbst nur als einen 
Luxusgegenstand betrachten. 

So hatte Louis van Houtte in Ledeberg bei Gent sich bei nicht we- 
niger als bei 71 Bewerbungen betheiligt, Jean Verschaffelt eben 
daselbst bei 68, das in Gent befindliche Etablissement Lindens 
(früher Ambr. Verschaffelt) bei 54, der Handelsgärtner Dalliere in 
Gent bei 27, die Handelsgärtner Aug. van Geert und C, de Smet 


_ 263 — 


ebendaselbst jeder bei 26, der Präsident der Soeciete d’agrieulture 
et de botanique, de Ghellinck de Walle, bei 19 und der Handels- 
gärtner Glijm in Utrecht bei 17. 

In Belgien werden nur Medaillen als Preise ausgegeben. Nicht 
allein Handelsgärtner, auch Liebhaber, legen einen grossen Werth 
auf sie und heben sie, meist unter Glas und Rahmen, sorgfältig in 
ihrem Salon auf. Der Fremde, welcher die Gärtnerei, resp. den 
Garten besuchen will, wird in der Regel zuerst in diesen Salon ge- 
führt, um daselbst die oft nach Hunderten zählenden Medaillen in 
Augenschein zu nehmen und darnach den Werth. der Kulturen zu 
ermessen. Der Belgier ist stolz darauf und zieht eine oft nur ein 
Paar Thaler an Werth habende Medaille stets jedem höheren Geld- 
Preise vor. Die Medaillen sind sein Stolz, seine Ehre, aber auch 
ein bleibendes Andenken, während das Geld ausgegeben und ver- 
gessen wird. 

Ueber 500 Medaillen waren allein für Pflanzen und Blumen zur 
Verfügung gestellt, unter ihnen nicht weniger als nahe 50 goldene. 
Diese hatten zum Theil einen hohen Werth, wie die, welche Bei- 
spielsweise der König und die Confederation de la Societe d’hortieul- 
ture de Belgique zur Verfügung gestellt hatten. Wie man die 
Bedeutung der Pflanzen-Ausstellungen auch von Seiten der Behörden 
versteht, beweist die Theilnahme der Stadt Gent und der ganzen 
Provinz Flandern. Von der ersteren waren 8, von den anderen 7 
goldene Medaillen I. Klasse den Preisrichtern übergeben worden. 
Aber auch den beiden Präsidenten und zum Theil deren Familie 
verdankte man 5, resp. 3, einem Mitgliede des Conseil, Ch. de Loos, 
?, ausserdem der Königin, dem Grafen von Flandern und endlich 
5 anderen Mitgliedern des Vorstandes, resp. des Conseils, jedem 
1 goldene Medaille I. Klasse. 

Von diesen für Pflanzen und Blumen zur Verfügung stehenden 
Medaillen kamen aber nur 287 zur Verfügung, da für 161 Aufgaben 
sich keine Bewerber eingefunden hatten und bei 64 die Pflanzen 
nicht für würdig erachtet worden waren. Wirklich vertheilt sind ausser 
den hereits erwähnten goldenen: 65 vergoldete (Vermeil), 98 silberne 
1. Klasse und 78 2. Klasse, im Ganzen überhaupt gegen 290 Me- 
daillen aller Art. 

Ich habe bereits gesagt, dass einzelne Aussteller sich bei ver- 


_— 2164 — 

schiedenen Bewerbungen, und zwar zum Theil selbst doppelt und 
mehrfach betheiligt und dadurch auch Anspruch auf verschiedene 
Preiszusprechungen hatten. Es dürfte gewiss ebenfalls von Interesse 
sein, zu erfahren, in welcher Weise beispielsweise auch das Be- 
streben der bereits früher genannten Aussteller bei ihren verschie- 
denen Bewerbungen anerkannt worden ist. Die grösste Anzahl von 
Medaillen hat Jean Verschaffelt in Gent, und zwar 42 (5 gol- 
dene, 7 vergoldete, 20 silberne 1. Klasse und 10 2. Klasse) erhalten, 
die meisten werthvollsten, d. h. goldene, hingegen Linden in Brüssel 
und Gent, nämlich 9, ausserdem noch 8 vergoldete, 6 silberne 
1. Klasse und 4 2. Klasse, im Ganzen 27 Medaillen. Ausserdem 
wurden zugesprochen Louis v. Houtte in Gent 39 Medaillen und 
zwar 4 goldene, 11 vergoldete, 16 silberne 1. Klasse und 8 2. Klasse, 
Aug. v. Geert in Gent 22 im Ganzen, und zwar 1 goldene, 4 ver- 
goldete, 9 silberne 1. und 8 2. Klasse, de Ghellinck de Walle 
in Gent im Ganzen 14, und zwar 5 goldene, 6 vergoldete und 3 
silberne 1. Klasse, Dalliere in Gent im Ganzen 11, und zwar 2 
goldene, 5 vergoldete, 3 silberne 1. und i 2. Klasse, endlich Glijm 
in Utrecht im Ganzen 10, und zwar 1 goldene, 5 vergoldete, 3 sil- 
berne 1. und 1 2. Klasse. 

Ein gute Einrichtung des Programms der Preiszusprechungen 
ist, dass bei den wichtigeren Bewerbungen (Concours) Handelsgärtner 
von Liebhabern (Amateurs) geschieden werden, es giebt demnach 
besondere Aufgaben für die ersteren und besondere für die letzteren. 
Die letzteren waren natürlich weit überwiegend. In Deutschland ist es in 
der Regel, insofern der Verein nicht ein specieller Gärtner-Verein 
ist und.nur mehr zufällig einige Nicht-Gärtner zu Mitgliedern zählt, 
umgekehrt der Fall. Liebhaber hatten dieses Mal in Gent nur 29 
ausgestellt. Davon waren allein 6 Bewohner der Stadt selbst, die 
übrigen lebten, mit Ausnahme 1 holländischen und 1 englischen, zer- 
streut in Belgien. 

Ich komme nun zur Ausstellung als solcher selbst Es gereichte 
mir zur grossen Ehre, dass Se. Majestät der König mein Urtheil 
über den Werth der Ausstellung zu haben wünschte. Wenn ich 
mich schon in meinem in der Wochenschrift (im 11. Jahrg., S. 151) 
abgedruckten allgemeinen Berichte der Genter Ausstellung vom 
Jahre 1868 dahin ausgesprochen habe, dass die Ausstellung von 


—_— 2145 — 
Pflanzen in der neueren Zeit von Jahr zu Jahr weniger mannigfaltig 
werden, weil die Mode bereits auch in der Gärtnerei mehr Wurzel 
gefasst hat, als wünschenswerth ist, und von Zeit zu Zeit bestimmte 
Pflanzen mehr als andere herangezogen werden, so gilt dieser Aus- 
spruch ganz besonders auch von der letzten in Gent. Früher sehr 
geliebte Pflanzen sind aus den Gärten zum Theil ganz und gar ver- 
schwunden, andere aber an ihre Stelle getreten, um nach kürzerer 
oder längerer Zeit wiederum neuen Erscheinungen Platz zu machen. 
Unsere Berliner Ausstellungen zeichneten sich noch vor zehn und 
fünfzehn Jahren durch ihre schönen Schaupflanzen aus den Familien 
der kap’schen und neuholländischen Haidepflanzen, aus der Abthei- 
lung der ganzblättrigen Schmetterlingsblüthler u. s. w. aus, jetzt 
sind diese nur noch ausnahmsweise bei uns, aber auch sonst auf dem 
Festlande, zu finden. In Gent hatte man zwar jetzt noch Preise für 
sie ausgesetzt, die Aufgaben blieben aber ungelöst. Nicht minder 
gilt dieses von den sogenannten Neuholländern, welche vor einem 
halben Jahrhunderte den Hauptschmuck unserer Gewächshäuser bil- 
deten, und ausserdem noch von einer grossen Reihe anderer Pflanzen. 

Der grosse Annex im Genter Ausstellungshause bildete in der 
Mitte ein Meer von Blumen in den verschiedensten Farben, unter- 
brochen nur von einigen baumartigen Farnen und Sagobäumen (Cy- 
cadeen), ringsum wurden aber die hohen Wände hauptsächlich durch 
grosse Palmen von seltener Schönheit gedeckt. Das herrliche Grün, 
die verschiedene Form der Blätter und das imponirende Aeussere 
dieser Bewohner der tropischen und subtropischen Zone machte auf 
den Nichtkenner und Laien, ebenso wie auf den Botaniker und 
Gärtner, einen grossartigen und bleibenden Eindruck, zumal wenn 
das Auge abwechseld sich auch dem Blumenmeere in der Mitte zu- 
wendete. 

Von Blumen waren es eigentlich nur 2: Azaleen und Kamellien, 
welche fast allein die ganze grosse Mitte dieses Ausstellungsraumes 
ausfüllten. Beginne ich in der Schilderung des Einzelnen mit ihnen, 
so möchte wohl kaum auf irgend einer Ausstellung so Vorzügliches 
gesehen worden sein, als in den Tagen vom 30. März bis zum 
6. April d. J. in Gent. 3 Aussteller allein hatten jeder 60 Schau- 
pflanzen von Azaleen ausgestellt. Jedes Exemplar besass eine halb- 
runde Krone, im der kein Blatt siehtbar war. Eins erschien wie 


—_— 266 — 


das andere. Die Sammlung des Präsidenten der Gesellschaft, 
de Ghellinck de Walle, bestand aus solchen niedrigen Kronenbäumehen, 
von denen keins unter 3 Fuss Durchmesser hatte, während sie von 
4 und 5 Fuss am Meisten vertreten waren. Er erhielt natürlich 
den ersten Preis. Man muss es sich klar machen, um die Bedeu- 
tung einer solchen Sammt!ung von 60 Exemplaren zu verstehen und 
was dazu gehört, sie in dieser Vollkommenheit heranzuziehen. An 
den meisten hatte die Kunst wenigstens schon 10 Jahre Alles ge- 
than, um sie bis zu dieser Vollkommenheit zu bringen. 2 ziemlich 
umfassende Gewächshäuser waren nothwendig gewesen, nur um zuvor 
sie aufzunehmen. Ein tüechtiger Gärtner hatte sich allein mit ihnen 
beschäftigt. 

Als Handelsgärtner trug Jean Verschaftelt denSieg davon. Ihm ver- 
dankte man auch Aufstellungen neuer Sorten von besonderer Schön- 
heit. Gent und Belgien ist zwar hauptsächlich das Land, wo neue 
Azaleen gezüchtet werden, es freute mich aber doch, unter diesen 
neuen Sorten auch solche zu finden, welche in Mainz und Hanau, 
zweien Orten, wo für die Vervol!'kommnung der Blüthensträucher in 
Deutschland wohl am meisten geschieht, ihren Ursprung gehabt 
hatten. j 

Zwar werden auch neue Kamellien in Gent gezüchtet, im All- 
gemeinen jst aber Italien das Land, aus dem wir alljährlich neue, 
schöne Sorten erhalten. ‚Die Auswahl von diesen Blüthensträuchern 
bei der Genter Ausstellung war ausserordentlich. Man hatte die 
Pflanzen in der Regel zu 5 bis 10 Fuss hohen Pyramiden herange- 
zogen, an denen die in allen Nuancirungen des blendendsten Weiss 
bis zum tiefsten Purpur erscheinenden Blumen aus dem dunkelen 
und glänzenden Grün der Blätter besonders hervortraten. 

Alpenrosen oder Rododendren befanden sich in prachtvollen 
Sammlungen in der grossen Halle. In früheren Zeiten war die 
Mannigfaltigkeit der Arten weit grösser. Weder waren die Formen 
des anf dem Himalaya wachsenden Rh. arboreum, noch die durch 
Hooker aus dem Sikkim- und Bhutan-Lande eingeführten oder die 
ge’bblühenden Javaner, welche noch vor 10 und 15 Jahren auf 
allen grösseren Ausstellungen glänzten, vorhanden. Man beschränkt 
sich jetzt nur auf die kaukasischen und nordamerikanischen Alpen- 
rosen, welche den Namen Rhododendren des freien Landes (de pleine 


— 267 — 


terre) führen, aber nur jenseits des Rheins und in England die 
Winter im Freien gut überdauern. Mit der Vervollkommnung der 
Blumen hat man es jetzt weit gebracht. Vor allem liessen die 
Sammlungen des Banquier Graet-Bracq und des Gärtners Coninck 
in Gent nichts zu wünschen übrig. Sie erhielten auch die ersten 
Preise: goldene Medaillen. 

Es ist eigenthümlich, dass in Belgien Rosen sich nur schwierig 
treiben lassen. Was an diesen Blüthensträuchern vorhanden, er- 
schien wenig und mittelmässig. 

Von Florblumen aus der grossen Abtheilung der Monokotylen 
waren Hyaeinthen und Rittersterne (Amaryllis) reich vertreten. Von 
den ersteren erhielten wiederum die aus Harlem, welche die in 
dieser Hinsicht berühmte Handelsgärtnerei von Krelage und Sohn 
ausgestellt hatte, den ersten Preis: die goldene Medaille der Königin. 
Aber doch waren auch Sammlungen von Hyacinthen, welche man 
der Genter Gärtnerei von Louis von Houtte verdankte und jenen 
fast ebenbürtig waren, vorhanden. 

Rittersterne (Amaryllis) bilden in Gent einen grossen Handels- 
artikel; alljährlich werden neue und schönere gezüchtet. 13 Preise 
waren deshalb auch für sie ausgesetzt, die Sammlungen der Lieb- 
haber aber von denen der Handelsgärtner geschieden. Louis 
von Houtte war auch hier wieder unter den letzteren, der haupt- 
sächlich bei den Preiszusprechungen gekrönt wurde. Er hat auch 
grosse Verdienste um die Vervollkommnung dieser Florblumen. Ein 
Genter Liebhaber, Vandenbossche, hatte dagegen in seinen beiden 
Sammlungen Alles vereinigt, was hiervon Vorzügliches vorhanden war. 

Schöne, tropische und epiphytische Orchideen waren nicht in der 
Weise vorhanden, wie 1868, obwohl wiederum Linden in Brüssel 
und Gent ein nicht zu unterschätzendes Kontingent geliefert hatte. 
Mit den Orchideen, welche während der Festausstellung des Vereins 
zur Beförderung des Gartenbaues im Garten des Wilhelms-Gymnasium’s 
aus den Gewächshäusern des nun verstorbenen Rittergutsbesitzers 
Moritz Reichenheim im Thiergarten ausgestellt waren, konnten sich 
die Genter keineswegs messen, Was die buntblättrigen Petolen und 
Sammetblätter (Anecochilus- und Physurus- Arten), welche neuer- 
dings bei uns, so sehr sie auch vor noch 8 und 10 Jahren beliebt 
waren, allmälig wieder verschwinden, anbelangt, so fanden sich in 


—_— 268 — 


Gent einige hübsche, aber kleine Sammlungen,. von Liebhabern aus- 
gestellt, vor. | 

Auch die buntblättrigen Kaladien, welche ebenfalls in Deutsch- 
land von Jahr zu Jahr mehr aus der Mode kommen, bilden im 
Westen Europas noch gesuchte Pflanzen, besonders seitdem ein Pa- 
riser Apotheker, Bleu mit Namen, mit Erfolg durch Kreuzungen 
neue Formen mit besonders schönen Zeichnungen gezüchtet hat. 
Diese Formen waren auch mehrfach in den Sammlungen vertreten. 
Sonst fand man die übrigen Aroideen keineswegs in solcher Menge 
vor, wie 1868, aber doch zogen mehrere, besonders ein grosses 
Exemplar des Anthurium Scherzerianum, einige buntblättrige Dieffen- 
bachien und einige andere die Aufmerksamkeit der Laien und Kenner 
auf sich. 

Ausgezeichnet waren die Marantaceen. Sammlungen, wie Madame 
Legrelle d’Hanis in Antwerpen, de Ghellinck de Walle und Louis 
van Houtte in Gent ausgestellt hatten, habe ich nur in dieser Voll- 
kommenheit, was Grösse der ganzen Sammlung, aber auch der ein- 
zelnen Exemplare, wie Kultur, betrifft, in Donaueschingen in einem 
Gewächshause des Fürsten von Fürstenberg gefunden. Leider hatten 
die Sammlungen. zum Theil in dem Ausstellungsraume nicht das 
gehörige Licht, um den Glanz und die Schönheit der Zeichnung auf 
den Blättern zur Geltung gelangen zu lassen. 

Dasselbe gilt von den Dracänen, welche durch die von J. Gould 
Veitch besonders aus Neuseeland vor 8 Jahren eingeführten bunt- 
blättrigen Formen der Cordyline Terminalis Modepflanzen ersten 
Ranges geworden sind. Auch hier war es wiederum Linden aus 
Brüssel und Gent, der Vorzügliches hierin geleistet hatte und auch 
den Sieg davon trug. 

Agaven galten noch vor Kurzem in Deutschland als eine be- 
sondere Liebhaberei und wurden oft um hohe Preise gekauft, in 
Belgien, Frankreich und England sind sie es noch im hohen Grade 
Für ein schönes oder seltenes Exemplar hat man oft sehon jenseits 
des Rheines 1 und selbst 200 Thaler bezahlt. Die Agaven waren 
auch dieses Mal in Gent reichlich vertreten. Ein Aussteller, de Ker- 
khove d’Ouselghem, hatte allein von der beliebten zwergigen Art 
in Rosettenform: Agave Verschaffeltii, 30 verschiedene Formen aus- 
gestellt. Die grössten Verdienste um ihre Einführung und Verbrei- 


— 269 — 


tung hat der Genter Handelsgärtner Jean Verschaffelt, der auch 
dieses Mal das bedeutendste Kontingent, ausserdem aber noch von 
den übrigen baumartigen Lilien: den Yukken und Dasylyrien, man- 
ches Interessante geliefert hatte. Von Liebhabern war durch Graet 
Fiquelmont und Notar Eeckhaute Vorzügliches zur Verfügung ge- 
stellt worden. 


Bromeliaceen sind in Deutschland nie zu dem Ansehen ge- 
kommen, wie es besonders in Frankreich und in Belgien der Fall 
ist. In Paris gehören sie zu den gewöhnlichen Marktpflanzen. In 
der Genter Ausstellung waren sie dieses Mal weniger vertreten, als 
1868, wo damals in der That diese Familie auf eine Weise vor- 
handen war, wie nie vorher und bis jetzt. 3 ziemlich grosse Samm- 
lungen von einem Liebhaber, Beaucarne, und 2 Gärtnern, Linden und 
van Houtte, ausgestellt, erhielten die besondere Anerkennung der 
Preisrichter. 


Die zur Dekoration sehr beliebten Pandaneen, welche in Deutsch- 
land wieder allmälig seltener werden, waren nur zum Theil in 
schönen Exemplaren vorhanden. Einen Glanzpunkt der Ausstellung 
bildeten die Palmen. Die grössten Verdienste hat um diese Familie 
für unsere Gewächshäuser das grossartige Pflanzen-Etablissement für 
neue Einführungen (Etablissement d’introduetions et d’hortieculture) 
von J. Linden in Brüssel und Gent. Nicht allein, dass hier Hun- 
derttausende von Palmen aus Samen herangezogen und zum grossen 
Theil verkauft werden, auch lebende Pflanzen, bisweilen in bereits 
stattliehen Exemplaren, werden durch das Etablissement direkt ein- 
geführt. Unter diesen Umständen wird es nicht auffailen, dass das. 
Schönste, Interessanteste und Seltenste, was vorhanden war, man 
auch Linden verdankte. Linden wurden auch die bedeutendsten, dafür 
ausgesetzten Preise, unter Anderem der des Königs, zugesprochen. 
2" kleinere Sammlungen von 12 Exemplaren waren besonders zu be- 
merken, weil sie das Vorzügliehste in bester Kultur enthielten. 


Doch ich will auch die Verdienste der anderen Aussteller von 
Palmen nicht schmälern. Ganz besonders hatten sich ausserdem 
noch Louis van Houtte, Aug. van Geert, Dalliere und Jean Ver- 
schaffelt als Handelsgärtner, Mad. Legrelle d’Hanis in Antwerpen 
und de Ghellinck de Walle als Liebhaber durch umfangreiche und ent 


— 270 — 


‚kultivirte Pflanzen ausgezeichnet. Nicht weniger als 14 Medaillen, 
darunter 4 goldene, wurden allein für Palmen vertheilt ' 

Den Palmen schliessen sich im äusseren Ansehen die Cycadeen 
und Baumfarne an. Hier sind es wiederum ziemlich dieselben Aus- 
steller, welche ich eben genannt habe und Repräsentanten beider 
Familien geliefert hatten. Seitdem man durch Professor Karsten 
(früher in Berlin) weiss, dass man selbst 10 bis 15 Fuss hohe und 
bis 3 Fuss und mehr im Umfange besitzende Stämme der Cycadeen 
und Baumfarne im Vaterlande herausnehmen kann, um sie für die 
Gewächshäuser der Kulturländer Europa’s zu benutzen, ist man bei 
uns rasch in Besitz grosser Exemplare gekommen. Wiederum sind 
es Linden und Jean Verschaffelt, welche sich um dergleichen direkte 
Einführungen Verdienste erworben haben und stets noch erwerben. 
11 Preise waren für Cycadeen, 8 für Baumfarne ausgesetzt. Mir 
schien es, als wenn 1868 beide Familien noch reieher und schöner 
vertreten gewesen wären, als 1873. Die Ursache mag darin liegen, 
dass der Ehrenpräsident der Soeiete d’agrieulture et de botanique, 
Graf Kerckkove de Denterghem, dieses Mal nicht ausgestellt hatte, 
weil die schönen Palmen und Farnbäume den Hauptschmuck seines 
1871 fertig gewordenen Winterhauses bildeten. | 

Krautartige Farne waren weniger als 1868, einzelne jedoch, wie 
Adiantum Farleyense und Lepidopteris superba in prächtigen Exem- 
plaren vorhanden. Interessant war eine Sammlung von Formen 
unseres Waldfarakrautes, Aspidium Filix femina. Leider haben bei 
uns in Deutschland die krautartigen Farne nicht mehr die Bedeu- 
tung, wie vor 20 und 30 Jahren, dagegen bilden sie noch jenseits 
des Kanals einen grossen Handelsartikel. 

Wenn man von den Blüthensträuchern, einigen Schaupflanzen 
und Florblumen absieht, waren Pflanzen aus der grossen Abtheilung 
der Monokotylen gegen die aus der Abtheilung der Dikotylen weit 
vorherrschend. Es fehlten von den letzteren beispielsweise oder 
waren nur schwach vertreten die früheren beliebten Warmhaus- 
Pflanzen, besonders die, welche zur Dekoration dienen, aber auch 
viele von denen, welehe man wegen ihrer schönen Blüthen kultivirt. 
Allamanden, Dipladenien, Clerodendren, Ixoren u Ss. w. waren gar 
nicht eingesendet, selbst von den Gesneraceen sah man nur wenige. 
Und doch besitzt Gent einen Gärtner, der um die Vervollkommnung 


am 


der zu dieser Familie gehörigen Florblumen, der Gloxinien, Achi- 
menes u. 8. w., die grössten Verdienste sich erworben hat: Louis 
van Houtte. Es mag viel an der Zeit gelegen haben, dass so wenig 
Gesneraceen ausgestellt waren, die Mode hat aber jedenfalls ıhren Ein- 
fluss ebenfalls ausgeübt. Sie scheint sie allmälig aus den Gewächshäusern 
der Liebhaber und damit der Gärtnerei überhaupt von Jahr zu Jahr mehr 
zu verdrängen Dasselbe gilt von den vor 10 Jahren noch vielfach 
wegen ihrer zum Theil herrlichen Zeiehnungen auf den Blättern be- 
wunderten Begonien, welche übrigens in Frankreich noch vielfach 
herangezogen werden Von Blattpflanzen des Warmhauses, welche 
ebenfalls vor 10 und mehr Jahren oft der Stolz auf Ausstellungen 
waren, fand sich nur ein Exemplar der Theophrasta imperialis, 
welehes Louis van Houtte gehörte, von besonderer Schönheit, vor. 

Dagegen spielten wiederum die tropischen Fruchtbäume, sowie 
Arznei- und technische Pflanzen, schon ihres Interesses halber, eine 
srosse Rolle in dieser Ausstellung. Wiederum waren es Linden, 
und ausserdem van Houtte, welche ziemlich umfangreiche Samm- 
lungen geliefert hatten. 

Caeteen und diesen entsprechende Dickpflanzen aus anderen 
Familien sind längst schon bei uns aus der Mode gekommen. Sie 
finden sich überhaupt nur vereinzelt in den Kulturländern Europa’s 
fast nur bei Liebhabern vor. Handelsgärtner wollen sich nieht mehr mit 
ihnen beschäftigen. Selbst den Schlangen-Caetus und die Königin 
der Nacht (Cereus grandiflorus), welche sich vor mehreren Jahrzehnten 
bis in entfernte Dörfer der Provinz verbreitet hatten, verschwinden 
immer mehr und werden jetzt nur noch selten gesehen. Auch in der 
Genter Ausstellung von 1873 hatte nur ein Liebhaber aus Mons, 
Demoulin, eine grössere und gute Sammlung von Cacteen ausge- 
stellt, der auch die goldene Mellaille zugesprochen wurde. 

Dass auch die Florblumen des Kalthauses so wenig vertreten 
waren, fiel mir auf. Selbst die bei uns in Deutschland, mehr noch 
in England, sehr beliebte China-, sowie die neue Japan-Primel ver- 
misste man, eben so die Stiefmütterchen (Viola trieolor-altaica), in 
irgend einer entsprechenden Qualität. Dagegen zogen die persischen 
Alpenveilchen (Clyclamen) die Aufmerksamkeit der Liebhaber in 
hohem Grade auf sich. Eine sehr ausgesuchte Sammlung hatte der 
Londoner Gärtner Williams ausgestellt. 


—- 22 — 


Ausgezeichnet waren ferner die Koniferen um so mehr, als sie 
nicht allein in stattlichen Exemplaren, an denen sich etwas erken- 
nen liess, vorhanden waren, sondern zum Theil aus den neuesten Ein- 
führungen bestanden Die Koniferen, besonders die im Freien 
aushalten, werden immer mehr gesucht. Jenseits des Kanals hatte 
sich vor einiger Zeit eine Gesellschaft gebildet, welche die nöthigen 
Gelder herbeischaffte, um einen besonderen Gärtner nach den wenig 
erforschten Gebirgsländern des Oregon und Kaliforniens auf mehre 
Jahre zu senden, hauptsächlich nur um Koniferen, von denen man 
bestimmt annehmen konnte, dass sie zunächst im Inselreiche aus- 
halten, zusammeln. Aus Japan und aus dem nördlichen China haben 
dagegen in den letzten Jahren der Petersburger Botaniker Maximo- 
witsch und ein Sohn des grössten Pflanzen-Etablissements James 
Veiteh and Sons in Grossbritannien ebenfalls Koniferen von grossem 
Werthe eingeführt, die, wenigstens in den Rheinländern, im Freien 
sehr gut, bei uns in Norddeutschland zum Theil, im Schutze aus- 
halten. Die meisten dieser neueren K’niferen waren in stattlichen 
Exemplaren vorhanden. 

Welchen Werth man auch im Programme auf die Koniferen 
gelegt hatte, ersieht man daraus, dass nicht weniger als 35 Preise, 
von denen 26 auch vertheilt wurden, ausgesetzt waren. Sammlungen, 
wie vor Allem August van Geert in Gent und Glijm in Utrecht, 
ausgestellt hatten, zogen mit Recht die Aufmerksamkeit der Laien 
sowohl, wie der Gärtner, auf sich und ernielten auch die ersten 
Preise. Doch verdienten die Sammlungen von Louis van Houtte und 
Jean Verschaffelt ebenfalls Beachtung. 

Schön waren die ausgestellten Lorbeerbäume, mit denen von 
Gent, besonders durch Jean Verschaffelt, aber-auch sonst in Belgien, 
srosser Handel getrieben wird. Es fiel mir dagegen auf, dass dieses 
Mal Buxbaum, Ilex und Aukuben, die sonst immer in belgischen 
Ausstellungen eine grosse Rolle spielen, weniger vertreten waren. 
Leider hatte der Frost in den beiden letzteren Wintern grade unter diesen 
Gehölzen, und überhaupt unter den Immergrünen, grosse Verwüstun- 
gen angerichtet. 

Neue Pflanzen waren in reichlicher Anzahl vorhanden, vielleicht 
mehr als 1868 und als 1866 in London Unter ihnen befanden sich 
mehre, welche einer Zukunft entgegen gehen. Linden in Brüssel 


— 23 — 


und Gent, sowie James Veitch and Sons in London, sind immer 
die beiden Etablissements, welche in Betreff der Neuheiten mit ein- 
ander wetteifern. So war es auch dieses Mal. Hier ebenfalls näher 
einzugehen, möchte zu einer streng-wissenschaftlichen Auseinanderset- 
zung führen. 

Wenn ich über die ausserdem ausgestellten Gegenstände schweige, 
so liegt zunächst eine Ursache darin, dass ich mit den meisten nicht 
auf gleiche Weise vertraut bin, als mit den Pflanzen, dass aber die 
"Zeit von 5 Tagen, welche ich in Gent verweilte, auch viel zu kurz 
war, um diesen ebenfalls noch meine Aufmerksamkeit zuzuwenden. Ich 
war noch ausserdem vielfach in Anspruch genommen, denn die bel- 
gische Gastfreundschaft beanspruchte ebenfalls nicht wenig von der mir 
leider zu knapp zugesprochenen Zeit. 

Schliesslich gestatten Ew. Excellenz noch zu bemerken, dass 
über die sämmtlichen internationalen Pflanzen-Ausstellungen von 
mir ausführliche Berichte angefertigt worden sind und diese auch 
in der Wochenschrift für Gärtnerei und Pflanzenbau abgedruckt wur- 
den. Diese Berichte haben stets von Seiten der Praktiker und 
Botaniker Anerkennung gefunden und werden vielfach benutzt. 


Allerlei 
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
- v1. 


Der Direktor des pomologischen Instituts in Reutlingen, Dr. Lucas, 
hat uns zweckmässige Vorlagen für den Unterricht im Plan -Zeichnen, 
zunächst nur für das pomologische Institut bestimmt, zugesendet. 
Wir wünschten wohl, dass diese Vorlagen auch weiteren Kreisen zu- 
‚gänglich gemacht würden, da es hieran ganz und gar fehlt. Nach 
Lucas’ Ansicht ist die neuerdings vielfach angewendete Vogelper- 
spektive für den landschaftlichen Charakter ungünstig, Lucas zieht 
eine seitliche Perspektive für die Baumarten und Gruppirungen, und 
zwar von Südwest nach Nordost, vor. Dass die jungen Gärtner im 
guten Planzeichnen wenig unterrichtet sind, ist leider Thatsache. 
Ein grosser Fehler ist, dass man in den meisten Gärtnerlehr-An- 

18 


a = 


stalten von den jungen Leuten zu wenig Vorbildung verlangt und 
damit eine grosse Anzahl halbgebildeter Gärtner heranzieht, von 
denen ein Theil zu Grunde geht oder ein für seinen Stand trauriges 
Leben führt. An tüchtigen Gärtnern fehlt es trotz aller Lehr-An- 
stalten. 

In dem uns vorliegenden 5. Hefte der illustrirten Monatsschrift 
für Obst- und Weinbau hat Superintendent Oberdieck einen inte- 
ressanten Aufsatz über Veredelung gebracht. Wenn wir nicht irren, 
war es Professor Hanstein in Bonn zuerst, der bestimmt aussprach, 
dass, namentlich bei Copulationen, es keineswegs nöthig sei, dass 
die Cambium-Schichten des Edelreises und der Unterlage genau auf- 
- einander lägen, das Anwachsen beider geschähe doch. Wenn er sich 
dabei auf seine Versuche beruft, so glauben wir es recht gern, 
wir hätten aber gewünscht, dass Professor Hanstein uns auch ge- 
sagt hätte, was nach 1 oder 2 Jahren aus seinen Veredlungen ge- 
worden ist? Neuerdings hat Professor Göppert in Breslau diesem 
wichtigen Gegenstande ebenfalls seine Aufmerksamkeit zugewendet 
und auf,gleiche Weise behauptet, dass die Markstrahlen eigentlich es 
wären, welche die Anwachsung bedingten. 

Oberdieck tritt höchst bescheiden, wie er in allen seinen Ent- 
gegnungen ist, Göppert entgegen und wir stimmen ihm bei. Seine 
mitgetheilten Versuche siud der Art, dass die Markstrahlen wenig- 
stens nicht ausschliesslich das Anwachsen bedingen und dieses ohne 
sie geschehen kann und sehr oft geschieht. Nach unserer Ansicht 
hat das schlechte Anwachsen un. das spätere Abwerfen des Edel- 
reises zweierlei Gründe. Entweder fehlt es dem Edelreise und der 
Unterlage mehr oder weniger an der durchaus nothwendigen innigen 
Verwandtschaft beider oder die Veredlung ist schlecht gemacht, 
d. h. die betreffenden Cambium - Schichten liegen nicht genau 
auf einander. 

Bei allen holzigen Pflanzen liegt der Schwerpunkt des Lebens 
in den jüngsten lebenskräftigsten Zellen an der Spitze der Achsen, 
auch in den noch verkürzten, in den Knospen, sowie in der Cambial- 
Schicht swischen Rinde und Holz. Die letztere hat ihre bestimmte 
Zeit, wo sie am thätigsten ist, nämlich ihre erste Jugend, wenn die 
im vergangenen Jahre aufgehäuften Nahrungsstoffe flüssig werden und 
den Orten der Pflanze, wo Neubildungen geschehen sollen, zulaufen 


Dass übrigens Neubildungen von Zellen auch in den Markstrahlen, 
besonders wenn das Holz noch jung ist, kaum einige Jahre zählt 
und auch von der noch lebenden Markscheide, ja selbst vom Marke 
unterstützt wird, geschieht, ist riehtig. Es gilt dieses vor Allem 
von dem Anwachsen bei Copulationen auf Sämlinge. Dieses An- 
wachsen versagt aber um so mehr, wenn die Cambium-Schichten 
nicht aufeinander liegen, je älter die Unterlage schliesslich ist, es 
wird wenigstens um so unvollkommener. Ein einigermassen starker 
Wind oder gar das Berühren mit dem Fusse des kleinsten Vogels, wirft 
schon das Edelreis ab. Untersucht man die Ursachen, so findet man 
diese bald an der weniger oder gar nicht innigen Vereiniguug. 

Sehr oft findet man bei älteren Veredlungen im Innern zwischen 
beiden Theilen Löcher oder diese sind durch Holzmasse, welche 
ihren Ursprung in der Cambiumschicht hat, ausgefüllt. Auch kommt 
vor, dass nur die eine Seite angewachsen ist und eine Spalte sicht- 
bar wird, welche ebenfalls wiederum durch überwallende Holzmasse 
ausgefüllt sein kann. 

Bei solehen Vereinigungen hat bisweilen gar kein Verwachsen 
stattgefunden, bei aufmerksamer Untersuchung war nur ein Aneiander- 
kleben zu bemerken. Das Edelreis ernährt sich von den ausschwitzenden 
Nahrungssafte auf der Schnittfläche der Unterlage eine Zeit lang, 
ohne auch nur die geringste ächte Verwachsung eingegangen zu haben, 
und fällt ab, wenn diese Ausschwitzung nachlässt, resp. ganz aufhört. 
Wir hatten früher einmal Flieder auf Esche veredelt und freuten 
uns, dass der aufgesetzte Zweig Blätter trieb. Gegen den Herbst 
hin vertrochneten diese und der Zweig fiel ab, weil gar keine Ver- 
wachsung stattgefunden und sich das Edelreis nur von dem Safte 
der Unterlage ernährt hatte. 

Gärtner veredeln (wie sie sagen) Paeonia Moutan auf die 
knolligen Wurzeltheile der krautartigen Paeonia alba. Untersucht 
man es etwas näher, so findet man, dass das Edelreis der 
baumartigen Päonie nur die Nahrungsstoffe, welche in der fleischigen 
Knolle dargeboten werden, vielleicht auch nur das diese einhüllende 
Wasser, so lange aufnimmt und damit existirt, bis das Edelreis 
oberhalb der Vereinigungsstelle Wurzeln getrieben hatte. In Paris 
tanden wir während der internationalen Industrie-Ausstellung im 
Jahre 1867 Stapelien auf Cactus, wie man uns sagte, veredelt. 

18* 


— 276 — 


Nach den Mittheilungen von Cels in Paris will Cereus Bertini durch- 
aus nicht in der Erde anwachsen, dieser bekannte intelligente 
Gärtner pflanzt ihn deshalb auf Cereus Bonplandii, worauf er prächtig 
gedeiht. Eine Verwachsung zwischen beiden Cactus-Arten hatte 
aber keineswegs stattgefunden, sondern der eine Cactus ernährte 
nur den andern. Ob diese sogenannten Veredlungen eine lange Lebens- 
dauer haben, wissen wir nicht, möchten es aber bezweifeln. 

In der Sitzung vom 5. Januar des vorigen Jahres hat Professor 
Chatin in Paris einen interessanten Bericht über den jetzigen Zustand 
der Kenntniss der Trüffeln und ihrer Kultur gegeben, der um so mehr 
für die Leser der Monatsschrift Iuteresse haben dürfte, als bereits 
früher schon in mehreren Versammlungen des Vereins darüber ge- 
sprochen worden ist und in der früheren Wochenschrift sich auch 
Mittheilungen darüber vorfinden. Die gute Trüffel, schwarze Trüffel, 
Trüffel von Perigord (Tuber melanospermum), von der jetzt jährlich 
in Frankreich ungefähr 1,600,000 Kilo in den Handel kommen und 
eine Summe von 16 Millionen Fres abwerfen, scheint hauptsächlich 
nur im Süden Erankreichs vorzukommen und wird zum Theil kul- 
turmässig behandelt, was vor einem oder zwei Jahrzehnten früher noch 
nicht der Fall war. 

Was die Kultur anbelangt, so weiss man, dass das Gedeihen der 
Trüffel von gewissen Bäumen, besonders von Eichen, hauptsächlich von 
der weichhaarrigen (Qu. pubescens), abhängt und dass die Trüffel sich, je 
nach deren Alter, in einer bestimmten Entfernung vom Stamm ent- 
wickelt. Welcher Zusammenhang zwischen Trüffel nnd Eiche statt- 
findet, ist noch völlig unbekannt, auf keinen Fall aber ist die 
Trüffel an den feinen Wurzelfasern der Eicheein Schmarotzer 
oder gar eine Art Galle, welche sich später unabhängig weiter 
entwickelt. Nach Tulasne’s vorzüglichen Untersuchungen, welche 
von Chatin bestätigt und vervollständigt werden, bildet sich vor 
der Entwickelung der Trüffel, ganz ähnlich, wie bei unseren Cham- 
pignons uud allen höheren Pilzen, ein Geflecht weisser Fäden in der 
Erde, aus dem die einzelnen Pilze auf gleiche Weise eutstehen. Nur 
hat vor der Entstehung der Trüffeln noch Niemand den Ursprung 
dieses Geflechtes selbst aus den schwarzen Sporen gesehen. Nach 
Chatin soll auch das Mycelium mehre Jahre bedürfen, bevor es 
fruchtbar wird und sich dann deshalb in einem dichten Filz vereinigt. 


— 77 — 


Ist dieses aber einmal geschehen, so bringt das Mycelium Trüffeln 
hervor, verschwindet jedoch wiederum in dem Masse, als die Trüffeln 
wachsen und ihre natürliche Grösse erhalten. Ist dieses der Fall, 
so findet man auch keine Spur des Myceliums mehr. Bei den Cham- 
pignon’s kann man lange Zeit Pilze von einem und denselben Myce- 
lium abnehmen, ohne dass dieses zu Grunde geht. 

Die Erndte der Trüffel beginnt im November, sobald der erste 
Frost gekommen ist, und dauert den ganzen Winter hindurch bis 
zum März oder höchstens bis zum April; von dieser Zeit an werden 
die Trüffeln allmählig schlechter und verfaulen selbst, gleich jedem 
thierischen Körper. Bald ist im Boden alle Spur der Trüffel ver- 
schwunden. Chatin und einige seiner mit der Untersuchung von 
Anfängen sehr vertraute Schüler haben sich vergebens bemüht, 
keimende Sporen in der Erde zu finden. Wenn man bedenkt, dass 
die Sporen auch nicht die Grösse der Amylum-Körner haben, 
ausserdem auch dieselbe Farbe, wie die Erde, besitzen, so wird man die 
sich darbietenden Schwierigkeiten zur Erkennung derselben ermessen 
können. Chatin war aber wenigstens so glücklich, zu Perigord 
und in Poiteau im September und Oktober dergleichen weisse Fäden 
also Mycelium, aus denen sich Trüffeln entwickelten, zu finden. 

Die Trüffel verlangt zum Gedeihen, nächst dem ihr zusagenden 
Baume (der Eiche), noch einen sehr bestimmten Boden, der zwar 
ein dürrer und unfruchtbarer Kalk der Jura-Formation, weniger der 
Kreide oder sonst der tertiären Periode, aber doch durchlässig sein 
muss. Obwohl Trockenheit des Bodens während der Bildung der Trüffeln 
durchaus nothwendig ist, so müssen doch vorher, und zwar im Juli und 
August, möglichst viele Regengüsse gekommen sein, wenn die Trüffeln 
deihen sollen.. Herrscht in den genannten Monaten Trockenheit, so 
kann man sicher auf eine Misserndte rechnen. Es wäre wohl zu 
wünschen, dass grade in dieser Zeit Trüffel-Erden genau untersucht 
würden, da wahrscheinlich dann die erste Entwickelung der Trüffeln 
beginnt. Interessant ist auch, dass bei der Ausbildung der Trüffeln 
eine sehr niedrige Temperatur vorhanden sein muss, wenn sie ihre 
natürliche Grösse erhalten sollen. 

Nach Chatin sind 3 bis 3 Procent Kalk das Minimum, was ein 
Boden enthalten muss, wo die Trüffel gedeihen soll, er darf aber 
nicht feucht sein. Die Trüffel gedeiht nur in diesem Falle unter 


— 78 — 


der guten Kastanie (Castanea vesca). Enthält der Boden weniger Kalk, 
so wächst keine Trüffel, ist aber mehr Kalk vorhanden, so geht da- 
gegen die Kastanie zu Grunde. Ausser Kalk muss der Boden auch 
viel Phosphorsäure und Magnesie enthalten, da in der Asche der 
Trüffel nicht weniger als 30 Procent der erstern enthalten ist, 
Kalk und Magnesie findet man dagegen meist in gleichen Mengen 
in der Trüffelasche. | 

Um neue Trüffelanlagen zu machen, genügt es, insofern man 
den richtigen Boden bei einem Klima, wie es die Kultur der Wein- 
rebe verlangt, besitzt, zunächst die zu dicht stehenden Eichen zu lichten. 
Macht man neue Anlagen, so werden Eicheln von solchen Bäumen, unter 
denen bereits Trüffeln gesammelt wurden, in 2Meter von einander liegen- 
den Reihen, und zwar von Norden nach Süden, und in 1 Meter Ent- 
fernung gelegt. Zwischen den Reihen wird jährlich der Boden 
gelockert. Nach 4 und 5 Jahren marguiren, wie man sagt, sich 
die Trüffeln schon und man findet bereits bis zu 1 Meter Entfernung 
von dem jungen Stämmchen brauchbare Trüffeln. Mit dem Wachs- 
thum der Eichen entfernen sich die Trüffeln weiter vom Stamme 
und verschwinden dagegen in seiner Nähe. Wahrscheinlich hängt 
dieses mit dem Ausbreiten der Eichen-Wurzeln zusammen, so dass 
die Trüffeln an den lebendigeren Endspitzen am Meisten gedeihen. 
So lange die Eichen kräftig und gesund sind, hat man auch 
gute Trüffeln. 

Ausser diesen ächten oder schwarzen Trüffeln, die nur im Han- 
del vorkommen sollen, gibt es noch andere, welche aber zum Theil an 
Güte weit nachstehen. So wachsen in der Champagne und in Burgund, 
aber auch im Elsass, 2 etwas mehr nach Moschus riechende und 
schmeckende Trüffeln, welche deshalb den Namen Mnskat-Trüffeln 
führen. Die eine hat eine dunkelgraue, die andere eine fahl- oder 
rostgelbe Farbe, beide werden aber als Tuber brumale und rufum 
unterschieden. Sehr geschätzt wird eine grosse Trüffel von weissem 
Ansehen (Tuber magnum) in Italien, eine andere weisse, aber weit 
kleinere (Tuber aestivum) wächst auch in Deutschland, besonders in 
Schlesien, und reift im Sommer. Wir bemerken jedoch, dass unter 
dem Namen der weissen Trüffel auch junge Boviste auf dem Bres- 
lauer Markt kommen. Endlich erwähnen wir noch eine sechste 
Trüffel, welehe zugleich mit der ächten Trüffel im Süden von Frank- 


— 219 — 


reich wächst und in Aensseren dieser sehr ähnelt. Sie besitzt 
ebenfalls ein weisses Fleisch und führt den Namen Tuber hyemale. 

Schliesslich dürfte nieht uninteressant sein zu wissen, dass die 
Trüffel nicht weniger als 36 Procent einer stickstoffhaltigen, dem 
Fleische entsprechenden Masse enthält, also sehr nahrhaft ist. Die 
Morchel enthält dagegen nur 33, der Keulenschwamm (Clavaria 
flava) 24, Agaricus Cantharellus 23 und der Steinpilz (Boletus edu- 
lis) 22 Procent. Vergleichen wir unser Getreide und die Hülsenfrüchte 
damit, so haben der Roggen nur 12, der Weizen 16 und die Linsen 17 
Procent dieser dem Fleiche entsprechenden nahrhaften Masse. 

Als im Jahre 1871 die britische Association of seiences in Edin- 
burgh tagte, zog eine eigenthümliche Form der auch bei uns be- 
kannten Binse, Juncus effusus, deshalb die Aufmerksamkeit, be- 
sonders der Botaniker, auf sich, weil die sonst sehr steifen Holme 
spiralförmig aufgerollt waren. Die Pflanze wurde von dem kürzlich 
verstorbenen Curator des botanischen Gartens in Belfast, David 
Bishop, im Norden Irlands unter einer grossen Anzahl von regel- 
mässig gewachsenen Exemplaren dieser Art gefunden. Das Interes- 
santeste dabei ist jedoch dabei, dass der Inspektor des botanischen 
Gartens in Edinburgh, Mc Nab, Samen dieser Abart aussäete und 
wiederum zum grossen Theil Pflanzen mit spiraligen Halmen erhielt. 

Da man seitdem die Abart nirgends wieder wild aufgefunden 
hat, sie sich aber in der Kultur durch Aussaaten fortpflanzt, so fragt 
Mc Nab mit Recht nach den Ursachen, warum dieser Juncus effusus 
mit spiraligen Halmen nicht in der Wildniss durch Aussaat sich 
selbst fortpflanzt? Trotz des eifrigsten Nachsuchens ist an der Stelle, 
wo er aufgefunden wurde, kein zweites Exemplar wieder gesehen 
worden. Und doch waren ohne Zweifel vor der Herausnahme Samen 
ausgefallen. 

Mc Nab macht darauf aufmerksam, dass es sich mit all’ den 
Formen, welche man in der letzten Zeit von einigen unserer wilden 
Farnen, besonders von Athyrium Filix femina, ebenso verhält. Las- 
trea Filix mas var. eristata wurde vor längerer Zeit in einem einzi- 
gen Exemplar in Cornwallis, Athyrium Filix femina var. multifidum 
in Irland, var. Vietoria in Dumbartonshire, Asplenium Trichomanes 
var. digitatum in Kirkeadbrighshire auf gleiche Weise nur einmal ge- 
funden. Alle diese Formen hatten sich vor ihrer Herausnahme aus dem 


— 280 ° — 


Orte ihrer Entstehung durch Ireiwillige Aussaat nicht vermehrt, 
während in der Kultur Tausende von Abarten erzogen und verbreitet 
wurden. 

Da die Erdbeeren auch bei uns allmählig in grösserer Menge, 
wenn auch lange noch nicht in der Weise, wie in England und 
Nordamerika, wo sie bereits, gleich dem Gemüse, der Grosskultur 
angehören, angebaut werden, leider auch noch als Volksspeise viel 
zu theuer sind, so möchte es von Interesse sein, die besten neuesten 
Sorten, welche in Deutschland und in Frankreich neuerdings gezüch- 
tet sind, hier zu nennen. Da wir bisher noch nicht in der Lage 
gewesen sind, die Früchte selbst zu kosten und damit ein eigenes Urtheil 
abgeben zu können, so haben wir uns hierbei auf die Empfehlung Anderer 
verlassen. 

In dem uns vor Kurzem zugegangenen Supplemente des Verzeich- 
nisses von Erdbeeren, Rosen und Birnen aufQuitten von Rosenthal in Wien 
befindet sich unter anderen interessanten Gegenständen auch eine Aufzäh- 
lung neugezüchteter Erdbeeren, welche nach Mitgliedern des deutschen 
Kaiserhauses und nach hervorragenden Helden des letzten französi- 
schen Krieges genannt worden sind. Mögen diese Erdbeeren auch 
in der That den erhaltenen Namen Ehre machen! 

Deutsche Kaiserin heisst eine eiförmige, bisweilen auch etwas 
herzförmige Frucht von karmoisinrother Farbe, auf deren Oberfläche 
die Körner (d h. die eigentlichen kleinen, Samen ähnlichen Früchte) 
von gelber Farbe hervorragen. Das Fleisch selbst hat eine lachs- 
rothe Farbe. Da die Pflanze kräftig wächst, auch reichlich trägt 
und zu den späteren Sorten gehört, so ist sie besonders zu empfehlen. 

Deutsche Kronprinzessin hat eine eigenthümliche Gestalt. Sie 
gehört wahrscheinlich zur Moschus- oder Vierländer-Erdbeere (Hautbois 
der Engländer, Fragaria elatior), welcher auch die Kronprinzessin des 
deutschen Reiches vor allen anderen Sorten den Vorzug gibt. Sie ver- 
schmälert sich nach der Basis, wo sie ausserdem frei von Körnern 
ist. Sie besitzt deshalb eine entfernte Aehnlichkeit mit einer Glocke. 
Ihre Farbe ist Zinnoberroth, die darauf befindlichen Körner sind aber 
dunkelroth, die des Fleisches dagegen weiss. Die Pflanze ist sehr 
hart und bleibt niedrig. 

Deutscher Kronprinz ist in der Regel breiter als hoch, besitzt 
aber ausserdem eine rundliche Gestalt. Nicht selten erscheint die Erd- 


— 2831 — 


beere auch kammförmig. Sie wird ziemlich gross und hat, wie 
auch ihr Fleisch, eine glänzend rothe Farbe. Die Pflanze trägt 
ausserordentlich und ist demnach zur Grosskultur zu empfehlen. 

Graf Moltke hat eine breite, stets kammförmige, unregelmässige 
Gestalt und erreicht bedeutende Dimensionen. Ihre Farbe ist ein 
eigenthümliches Ambragelb mit wenig rothem Schein, was aber 
durch das Dunkelroth der Körner unterbrochen wird. Das Fleisch 
ist rein-weiss. Die Pflanze gehört u den spät reifenden Sorten. 

Kriegsminister von Roon heisst endlich eine grosse, dunkelrothe 
Erdbeere von etwas herzförmiger Gestalt. Die cbenfalls dunkelge- 
färbten Körner liegen aber in Grübehen eingesenkt. Das ziemlieh feste 
Fleisch hat eine helle, rothe Farbe. Auch diese, durch sehr helles 
Laub sich auszeichnende Erdbeere reift spät und bedarf einen etwas 
sandigen Boden und viel Wasser. 

Schön bewurzelte und kräftige Pflanzen kosten 2 österreichische 
Gulden das Stück, 5 Sorten aber nur 9 Gulden. 

Da uns eben auch das neueste Verzeichniss der Dr. Nicaisne'- 
schen Erdbeeren in Chalons vorliegt und diese, besonders in Frank- 
reich, einen grossen Ruf haben, so erlauben wir uns auch auf die 
neuesten Sorten: Duc de Magenta, Dr. Nieaisne, Berthe Montjoie, 
Auguste Nieaisne, Madame Nicaisne und Anna de Rothschild auf- 
merksam zu machen. Sie sind durch J. Riffaud, der früher Gärt- 
ner Nicaisne’s war und nach dessen Tode den Garten gekauft hat, 
in Chalons sur Marne (rue Domique, Nr. 10) zu beziehen, und zwar 
die Pflanze zu 3 Fr., alle 6 Sorten zusammen zu 15 Fr. 

Handelsgärtner, welche Verbindungen zwischen England und 
seinen Kolonien anknüpfen wollen, theilen wir mit,. dass uns eine 
Agentur und Spedition in London, C. I. Blackith & Co., ersucht 
hat, auf ihre Dienste aufmerksam zu machen. Sie verpflichtet sich, 
für die billigsten Preise Transporte von Pflanzen, Bäumen, Sämereien, 
aber auch von allerhand naturhistorischen Gegenständen zu über- 
nehmen. Ihre Adresse für London ist Cox and Hammond’s quays, 
Lower Thames Street. 

Die Redaction der Monatsschrift ist in der neuesten Zeit von 
vielen Seiten ersucht worden, sich über die von Professor Rodigas 
in Gent angeregte Frage des Saftlaufes in der Pflanze auszusprechen 
d. h. den Standpunkt der Wissenschaft anzugeben, auf dem die Frage 


—_— 22 — 


jetzt steht. Bei dem Durchblättern des 16. Jahresberichtes des 
Bremer Gartenbau-Vereines, welcher uns vor Kurzem zugesendet ist 
und der wiederum von der ausserordentlichen Thätigkeit und von 
dem geistigen Streben des genannten Vereines Zeugniss ablegt, haben 
wir den Bericht eines Vortrages über diesen Gegenstand von dem 
Direktor der dortigen Realschule, Professor Dr. Buchenau, ge- 
funden, der die in der neuesten Zeit oft ventilirte Frage über den 
Saftlauf in der Pflanze behandelt und mit unseren Ansichten darüber 
völlig übereinstimmt. Es wäre nur zu wünschen gewesen, dass Pro- 
fessor Buchenau seinen Vortrag zum besseren Verständniss des 
Ganzen veröffentlicht hätte. Vielleicht geschieht es noch. 

Die Männer der Praxis sind in der Regel mit ihrem Urtheile 
rasch, da sie sich damit nur auf ihre meist sehr einseitigen Erfah- 
rungen stützen. Es bringt dieses die Art und Weise ihrer Beschäf- 
tigung mit sich. Sie können nicht lange warten, um von den ge- 
gebenen Verhältnissen Nutzen zu ziehen. Wer von ihnen diese 
Verhältnisse am Schnellsten erkennt und darnach seine Mani- 
pulationen einrichtet, wird auch im Vortheil gegen Andere bleiben, 
welche dieses nicht können und das mechanisch unter anderen Ver- 
hältnissen Angelernte anwenden wollen. Je mehr ein Praktiker 
rationell verfährt, d. h. sich in die gegebenen Verhältnisse mit seinen 
Manipulationen zu finden weiss, um so mehr wird er Resultate, die 
ihm den Lebensunterhalt schaffen, haben, um so mehr wird er aber 
auch als solcher anerkannt werden. 

Die Jünger der Wissenschaft fragen dagegen nicht für das Leben 
nach einträglichen Resultaten ihres Forschens, sondern suchen ein- 
fach nach Wahrheit, mag es ihnen Vortheile bringen oder nicht. 
Intelligente Praktiker wissen dagegen oft Vortheile von diesen wissen- 
schaftlichen Forschungen zu ziehen, wie die meisten Erfindungen der 
neuesten Zeit lehren. Der Jünger der Wissenschaft geht zwar lang- 
sam, aber um desto sicherer. Der Praktiker war lange mit seiner 
Lehre vom auf- und absteigenden Safte fertig, bevor es der Wissen- 
schaft gelang, das Wahre und Falsche dabei zu unterscheiden. 
Schleiden war wohl der Erste, der vor länger als drei Jahrzehnten 
gegen die etwas rohe Lehre des Saft-Auf- und Absteigens sich sehr 
scharf aussprach, wiederum aber das Kind mit dem Bade ausschüttete. 

Die Pflanze unterscheidet sich wesentlich dadurch von dem 


—_— 23 — 


Thiere, dass ihre Zellen, wenigstens eine Zeit lang, ihre Selbständig- 
keit sich erhalten und erst später zu gemeinschaftlicher Arbeit sich 
vereinigen. Jede lebensthätige Zelle arbeitet in der Jugend, d. h. sie 
nimmt Stoffe auf und giebt sie zum Theil, aber mehr oder weniger 
verändert, wieder ab. Wahr ist, dass das Wasser mit den ein- 
schliessenden Nahrungsstoffen fast nur von der Wurzel aufgenommen und 
den grünen jungen Theilen, hauptsächlich den Blättern, welche sich stets 
an den jüngsten Theilen, also nach oben befinden, zugeführt wird. 
Mit Hülfe des Lichtes wird Kohlensäure, we!che von aussen kommt, 
zersetzt und der Kohlenstoff benutzt, um die von unten oder sonst 
aufgenommenen Nahrungsstoffe in nöthiger Weise umzuändern. Dann 
werden sie erst zur Vergrösserung oder Neubildung von Zellen benutzt, 
um, wenn wir uns eines bildlichen Ausdruckes bedienen wollen, in 
der Pflanze zu Fleisch und Blut zu werden. 


Diese fertigen Nahrungsstoffe werden aber in der Regel nicht 
alsbald verwendet, sondern zuvor an bestimmte Orte, d. h. in soge- 
nannte Magazin-Zellen (bei den holzigen Pflanzen meist in das junge 
von lebendigen Zellen der Markstrahlen durchzogene Holz, bei den 
krautartigen Pflanzen in meist unterirdische Theile: Zwiebeln, Knol- 
len, Wurzelstöcke u. s. w.) gebracht. Bei unseren Gehölzen mag 
der fertige Nahrungssaft allerdings und zwar hauptsächlich in dem 
sogenannten Basttheile der Rinde, besonders nach unten fliessen, 
er kann aber auch in Holztheile, welche höher liegen, übergehen. In 
diesem Falle ist es kein ab-, sondern gerade ein aufsteigender Saft. 


Ob für die verschiedenen Nährstoffe (Stärkemehl, Portein- 
stoffe u. s. w.) besondere Leitzellen resp. Gefässe vorhanden sind, 
wissen wir nicht, man glaubte aber annehmen zu müssen, dass Pro- 
teinstoffe in den sogenannten Weichbastzellen sieh bewegen, aber 
auch dieses ist in der allerneuesten Zeit widerlegt worden. So harrt 
von Neuem diese Frage einer Erledigung entgegen. 


Soyald eine neue Vegetation beginnt (besonders im Frühjahre 
und zum zweiten Male in der Mitte des Sommers), so wird in den 
Magazinzellen mit Hülfe des von unten aufgenommenen Wassers der 
aufgespeicherte Nahrungssaft flüssig und begiebt sich dähin, wo er 
zur Neubildung von Organen, mögen diese tiefer oder höher liegen, 
nöthig ist. In der Regel steigt er hier mehr aufwärts als abwärts, 


— 234 — 


da die Neubildungen, z. B. die Triebe an der Kartoffelknolle stets 
höher liegen, als die Knolle, aus der die Nahrung kommt. 

So verhält es sich ungefähr nach den Resultaten : wissenschaft- 
licher Untersuchungen, es liegen aber ausserdem eine so grosse Menge 
von Fragen für die Art und Weise der Ernährung vor, dass es noch 
eine sehr lange Zett dauern wird, bevor eine nur einiger Massen 
wissenschaftlich zufriedenstellende Lösung erfolgt ist. Für den Jün- 
ger der Wissenschaft hat der alte Streit über den auf- und abstei- 
genden Saft gar keinen Werth mehr, aber auch die Praxis kann 
kaum noch jetzt Interesse daran haben. Für beide Theile ist es ein 
bereits überwundener Standpunkt. Wir wiederholen, dass die rohen Nah- j 
rungsstoffe vermittelst des Wassers hauptsächlich aus der Erde 
kommen und, wenn sie zu den näheren Bestandtheilen, also zu Ma- 
gazinstoffen, umgearbeitet werden sollen, nach oben, wo die Umar- 
beitung geschieht, geschafft werden müssen Nach der Umänderung 
gehen sie zum grossen Theil nach den Magazinen, mögen diese tiefer 
oder höher liegen, und von da, wo sie nöthig sind, und zwar mehr 
nach oben, als nach unten. 

In dem 1. Hefte des Bulletins de l’arboriculture, Organ des 
Cerele d’arborieulture en Belgique, hat Th. Buchetet einen sehr 
zu beherzigenden Artikel über die Aufgaben der Gartenbau-Vereine, 
‚ vor Allem aber gegen die kostspieligen Medaillen, welche als Preise 
ausgegeben werden, geschrieben. Von Geldpreisen will der Ver- 
fasser gar nichts wissen, er ereifert sich gegen die theuren goldenen 
Medaillen und hält das dafür ausgegebene Geld hauptsächlich für 
die Ursachen, dass die Gartenbau-Vereine zum grossen Theil ihre 
Aufgaben nicht erfüllen. Es gilt dieses besonders von den weniger 
bemittelten Vereinen, welche meist ihre ganzen Mittel für Preise 
ausgeben und dadurch sich in die Lage versetzen, dass sie eigent- 
lich zur Hebung der Gärtnerei gar nichts thun. 

Buchetet erkennt die Notkwendigkeit der Preiszusprechungen 
vollständig an, protestirt aber gegen das viele Geld, was dabei aus- 
gegeben wird. In Belgien verkaufen wohl kaum Gärtner goldene 
Medaillen, welche sie erhalten haben, sondern sie heben sie sorg- 
fältig in ihren Glasschränken auf und legen einen Stolz hinein, dass 
sie Freunden und Fremden diese zeigen können. Sie bilden hier aber 
ein todtes Kapital. Nach Buchetet würden Medaillen von geringerem 


= 95 


Werthe, wenn sie nur ein angenehmes Aussere haben, dieselben 
Dienste thun. So liegt nach ihm ein todtes Kapital begraben, was 
weder dem Besitzer, noch dem Ganzen zu Gute kommt. 

Hat der gekrönte Aussteller nicht schon durch den Ausspruch 
der Preisrichter eine Belohnung? Wird nicht sein Ansehen dadurch 
vergrössert? Tausende von Besuchern der Ausstellung, vor Allem 
Fremde, haben von der Preiszusprechung Kunde erhalten und sind 
weit eher geneigt, eine höhere Summe für Pflanzen zu zahlen, als 
ausserdem. Die Presse und die Delegirten auswärtiger Gartenbau- 
Gesellschaften verbreiten schliesslich ebenfalls die Nachricht. Hat 
der gekrönte Aussteller nicht in allen diesen Vortheile, die auszu- 
nutzen er freilich verstehen muss!! So spricht Buchetet. 

Die Thätigkeit der meisten Gartenbau-Vereine läuft in der That 
darauf hinaus, möglichst schöne Ausstellungen hervorzurufen und, 
um dieses zu erreichen, geben sie das wenige Geld, was sie überhaupt 
haben, aus. Wird aber allein dadurch dem Gärtnerstande aufgeholfen? 
Wird namentlich Bildung verbreitet und ist die Ausstellung mit 
Preisen das einzige Mittel, um die Liebe zu den Pflanzen und Blumen 
noch mehr zu verallgemeinern. Buchetet bezweifelt es. 

Man klagt, dass unsere Gärtner so wenig Bildung haben. Natürlich, 
es geschieht für ihre Ausbildung gar nichts. Es giebt keine 
Schulen, wo sie sich weiter ausbilden können, es werden nicht 
einmal Vorlesungen für sie gehalten. Gute Bücher, wo sie sich 
selbst belehren könnten, sollten ebenso verbreitet werden, als dass 
man sie auf nützliche und taugliche Instrumente aufmerksam machte. 
Man sollte terner gut gezogene Fruchtbäume an Unbemittelte ver- 
theilen und die neuen Besitzer belehren, wie sie diese zu behandeln 
haben. Gute Gemüse und schöne neue Blumen müssten ferner, be- 
sonders in den kleinen Städten, unentgeltlich vergeben werden. Grade 
in der Provinz und auf dem Lande könnten ferner bezahlte Wanderlehrer 
nützlich werden, wenn sie die Leute darin unterwiesen, wo es ihnen 
noththut. Das Alles geschieht nicht, viele Gartenbau-Vereine legen 
sich lahm, weil sie nach Buchetet ihr ganzes Geld zu Preisen ausgeben. 


—_ 26 — 


Der gärtnerische Kongress zu Wien. 


Im Einvernehmen mit dem Hamburger Gärtner-Verein und im 
Einklang mit dem im Jahre 1869 daselbst von der Versammlung 
deutscher Gärtner gefassten Beschluss, ihm die Bestimmung des 
nächsten Versammlungsortes zu überlassen, beehrt sich das vom Ver- 
waltungsrath der k. k. Gartenbau-Gesellschaft in Wien eingesetzte 
Comite, behufs einer Fortsetzung der daselbst angebahnten wissen- 
schaftlichen Verhandlungen, die Gärtner und Gartenfreunde Deutsch- 
lands zu einem am 20. August d. J. in Wien zu eröffnenden Con- 
gress freundlichst einzuladen. ”) 

Von der Anschauung ausgehend, dass ein derartiger Congress 
den fachwissenschaftlichen Interessen der Hortieultur nur förderlich 
sein könne und den von verschiedenen Seiten in diesem Sinne 
geäusserten Wünschen entsprechend, glaubten die Unterzeichneten 
zur Erfüllung derselben keine passendere Gelegenheit, als die in 
diesem Jahr stattfindende internationale Weltausstellung finden und 
keine günstigere Zeit, als die bezeichnete, hiezu wählen zu können. 

Im Hinblick auf die bei der Weltausstellung aus allen Ländern 
zusammenfliessenden werthvollen Produkte des Bodens und der mensch- 
lichen Thätigkeit und der dadurch vielfach gebotenen Anregung zu 
weiteren Fortschritten in jeder Richtung, und in Berücksichtigung 
der für den Besuch der Umgebungen Wiens günstigsten Jahreszeit, 
schmeicheln sich die Unterzeichneten, dass ihrer Einladung zu einer 
derartigen Zusammenkunft von Fachgenossen in ausgedehnterem 
Masse als je zuvor Folge gegeben werden dürfte. 

Das Comite wird zur Erreichung dieses Zweckes bestrebt sein, 
den Fachgenossen einen Centralpunkt sowohl zur Besprechung wissen- 
schaftlicher Angelegenheiten, als auch zur geselligen Vereinigung in 
den Lokalitäten der Gartenbau-Gesellschaft zu schaffen und sich be- 


*) Ueber einen zur Zeit der Obst- Ausstellungen eventuell abzuhaltenden 
Pomologen-Congress ermangelte die Gartenbau - Gesellschaft nicht, bei dem be- 
treffenden Vorort bereits anzufragen und wird ohne Zweifel von demselben im 
Zustimmungsfalle die Veröffentlichung rechtzeitig veranlassen. Anm. des Autors. 

Die Verhandlungen mit dem Vorstande des deutschen pomologischen Ver- 
eins haben bereits dahin geführt, dass der pomologische Kongress während der 
letzten (der 5.) temporären Ausstellung, welche nur für Obst besti mmt ist und 
vom 1. bis 15. Oktober dauert, sein wird. Anm. der Red. 


— 2837 — 


mühen, den Besuch des Congresses bezüglich der Eisenbahn - Fahr- 
preise nach Möglichkeit zu erleichtern. Bei rechtzeitig erfolgter An- 
meldung dürfte es demselben sogar gelingen, den Theilnehmern An- 
weisungen auf vom Comite für sie gemiethete bescheidene Wohnungen 
um den Preis von 2—3 Gulden per Tag zu übermitteln. In dieser 
Beziehung ist es unter den gegebenen Verhältnissen dringend noth- 
wendig, dem Comite die Betheiligung an dem Congresse und im 
Falle der Reflektirung auf eine Wohnung, den Tag der Ankunft 
sowie die Dauer des projektirten Aufenthaltes, vor dem 15. Juli d. J. 
schriftlich kundzugeben. Zur Bestreitung der Unkosten, die dem 
Comite aus dieser Veranlassung, so wie durch Feststellung der den 
Theilnehmern zu gewährenden Begünstigungen erwachsen, ist die mit 
der Beitritts-Erklärung des Einzelnen verbundene Einsendung von 
6 fl. österr. Währ. — 4 Thlr. Pr. Cour. eine unerlässliche Bedingung, 
ohne deren Erfüllung dieZusendung einer Theilnehmer-Kartenicht erfolgt. 

Diese Karte berechtigt zum unentgeltlichen dreimaligen Besuch 
der Weltausstellung, zur unentgeltlichen Fahrt nach Laxenburg, 
Baden und Klosterneuburg, sowie zur Erlangung der von den Eisen- 
bahnen zu gewährenden Fahrbegünstigungen. 

Karten zur Fahrt auf der Semmering-Bahn, sowie zu dem am 
Schlusse des Congresses stattfindenden Banket, sind am Abende des 
19. August im Congresslocale gegen Vorzeigung der Mitgliedskarte 
und Erlegung des betreffenden Betrages entgegenzunehmen. 

Zur raschen Verbreitung gegenwärtiger Einladung werden die 
Gartenbau- Vereine und Fachzeitungen ersucht beizutragen. 

Zuschriften, namentlich Anträge zum Kartenverkauf, die im 
nebigen Programm berührten Vortrags-Anmeldungen u. s. w. sind 
einfach an die k. k. Gartenbau-Gesellschaft in Wien mit der Be- 
zeichnung Gärtner-Congress-Comite zu richten. 

Das Programm für den Congress lautet vorbehaltlich nachträg- 
licher Veränderungen wie folst: 


Programm für den Congress deutscher Gärtner und 
Gartenfreunde 1873. 
Am 19. August Abends um 8 Uhr im Locale der Gartenbau- 


Gesellschaft Vorversammlung und Begrüssung von Seite der Gesell- 
schaft. Wahl des Vorstandes. 


— 2838 — 


Am 20. August Besichtigung der Gartenbau- und Welt-Aus- 
stellung. Abends um 6 Uhr im gedachten Locale: Congress. Tages- 
ordnung: 1. Bedeutung der Ausstellungen für den Gartenbau. Re- 
ferent Professor Dr. E. Fenzl. 2. Einfluss des Leuchtgases auf das 
Leben der Pflanzen. Von Jürgens. 


Am 21. August Besichtigung der Welt-Ausstellung. Abends 
um 6 Uhr: Congress. 


Am 22. August Fahrt nach Laxenburg und Baden. 


Am 23. Augut Besuch der Weinbauschule in Klosterneuburg. 
Abends um 6 Uhr: Congress. Tagesordnung: 1. Wahl des neuen 
Congressortes. 

Am 24. August Semmeringfahrt bis Mürzzuschlag. 

Am 25. August Besichtigung der Welt- Ausstellung. Nach- 
mittag 5 Uhr: Banket. 


Vervollständigt wird dieses Programm, nachdem von den ver- 
schiedenen Congress-Mitgliedern Gegenstände zur Verhandlung be- 
*zeichnet sind, deren Auswahl und Reihenfolge das Comite sich vor- 
behält. Es wird deshalb gebeten, die betreffenden Anträge bis 
15. Juli beim Comite anzumelden. 


Wien, den 10. Mai 1873. 
Das Comite. 


Carl Gundacar Freiherr von Suttner. Regierungsrath Professor 

Dr. Eduard Fenzl. Johann Freiherr von Mayr. Professor 

Dr. Heinrich Wilhelm Reichardt. Friedrich Gerold. 
Daniel Hooibrenk. A. C. Rosenthal. 


Preis des Jahrganges 4 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als 
auch franco durch alle Postanstalten des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


nnnnnnnnn 


Für gute Aufsätze wird entsprechendes Honorar gezahlt. 


Inhait: Erklärung. — Das wohlriechende Treib-, vor Allem das Vietoria- 
Veilchen. Eine monographische Skizze von Karl Koch. — Bericht an das 
Kgl. landwirthschaftliche Ministerium über die Pfanzen- und Blumen-Aus- 
stellung während der Tage vom 30. März bis 6. April in Gent, abgestattet 
von Prof. K. Koch. — Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde VI. — 
Der gärtnerische Congress zu Wien mit dem Programme. 


Monatsschrift 


des 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 


in den 
Königl. Preussischen Staaten 
für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


ms 


Redakteur: 
Dr. Filly, 


General-Sekretair des Vereines. 


No. 7. Berlin, den 1. August. 1873. 


Sendungen für den Verein zur Beförderung des Garten- 
baues in den Königl. Preussischen Staaten bitten wir an 
das Generalsekretariat, Ritterstrasse 52a in Berlin zu 
adressiren. 


Die nächste Monats-Versammlung des Vereins findet statt 

am Dienstag, den 29. Juli er, Abends 5 Uhr, 
im Palmenhause des Königl. Botanischen Gartens. 

Die Tagesordnung ist am Schluss dieses Heftes mitgetheilt. 


Die 5553. Versammlung 


des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
in den Königlich Preussischen Staaten, 


welche am Dienstag, den 24. Juni, im Palmenhause des Königl. 

botanischen Gartens stattfand, war zugleich die Jahresversammlung 

und deshalb statutenmässig der Neuwahl des Vorstandes gewidmet. 

Bevor der Verein zur Wahlhandlung schritt, machte der bisherige 

zweite Vorsitzende Dr. Bolle einige Mittheilungen über die Thätig- 
19 


_— 2% — 


keit des Vereins im abgelaufenen Geschäftsjahre, der Schatzmeister 
Rentier Sonntag über die Kassenverhältnisse. 

Namens des bisherigen Vorsitzenden, Präsident Oppermann, 
wurde die Erklärung abgegeben, dass er eine Neuwahl unter keinen 
Umständen annehmen könne; eine ähnliche Erklärung wurde Namens 
des langjährigen Generalsekretärs Prof. Dr. Koch abgegeben. 

Aus.der mit den üblichen Formalitäten vollzogenen Wahl gingen 
hervor: 

1. Wirkl. Geh. Rath Sulzer, Excellenz, als Vorsitzender; 

2. Dr. C. Bolle als erster Stellvertreter des Vorsitzenden; 

3. Garteninspektor Gaerdt als zweiter Stellvertreter des 
Vorsitzenden; 

4. Rentier Sonntag als Schatzmeister; 

5. Dr. C. Filly als Generalsekretär. 

Die anwesenden Herren nahmen die Wahl dankend an, Dr. 
Filly mit der Erklärung, seine Mitwirkung zunächst nur für ein 
Jahr zusagen zu können; er hoffe, dass alsdann Jemand zur Annahme 
bereit sein werde, der der Aufgabe eines Generalsekretärs mehr 
gewachsen sei, als er selbst. 

Es wurden Mittheilungen gemacht über den im August er. in 
Wien zu veranstaltenden Kongress, der als eine Fortsetzung des 
zuletzt in Hamburg abgehaltenen deutschen Kongresses von Gärtnern, 
Botanikern und Gartenfreunden betrachtet werden soll; ebendaselbst 
soll im Oktober eine Versammlung deutscher Pomologen und Öbst- 
züchter stattfinden. 

Ausgestellt waren: 

l. aus dem Garten der Frau Rittergutsbesitzer Reichenheim 
(Obergärtner Haack) 12 Kalzeolarien und eine Maranta 
olivapis; 

2. von dem Kunst- und Handelsgärtner L. Mathieu ein 
Delphinium nudicaule. 

Der Monatspreis wurde den Pflanzen des Herrn Haack zuer- 
kannt, dem Delphinium eine ehrenvolle Erwähnung. 

Aufgenommen als neues Mitglied wurde Frau Majorin v. Selin 
auf Caput. 


— 291 — 


Streifzüge durch Wien. 


Die Weltausstellung wird Tausende von Norddeutschen nach 
Wien führen, und ein Jeder wird unwillkürlich Vergleiche mit den 
heimischen Zuständen anstellen. In nachstehender Skizze will ich 
versuchen, einige Eindrücke und Bemerkungen, die sich mir beim 
Durchwandern von Wien aufdrängten, wiederzugeben, um auf diese 
Weise meines Theiles einen kleinen Beitrag an Materialien zu 
solchen Vergleichen zu bieten. Doch bitte ich, Keine besondere 
Ausführliehkeit zu erwarten, da flüchtige Reiseeindrücke nur ein all- 
gemeines Bild des Gesehenen hinterlassen können. 

Was Jedermann in Wien sofort auffällt, und was dieser Stadt 
den wirklich grossstädtischen Charakter verleiht, das ist der äusserst 
lebhafte öffentliche Verkehr und die grossartige bequeme Bahn, die 
demselben in der prachtvollen Ringstrasse geschaffen worden ist. 
Wie bekannt, haben die alten Wälle und Gräben, welche noch den 
Belagerungen der Türken erfolgreich trotzten, bis in die neueste 
Zeit bestanden, und erst Ende 1857 wurde die kaiserliche Genehmigung 
zu deren Beseitigung ertheilt. Damit fiel die Schranke, welche so lange 
die innere Stadt von den volkreichen Vororten getrennt hatte. 

Wenn der Wiener früher in Staub und Sonnenglut den breiten, 
öden Raum der Glacis durchmessen musste, dann ärgerte er sich 
über diese ganz zwecklos gewordenen Befestigungen, und doch hat 
gerade deren lange Erhaltung der modernen Entwickelung Wiens 
den grössten Vorschub geleistet. Nachdem die Wälle endlich gefallen, 
war mit einem Male der geeigneteste und ausreichendste Raum für 
die vielen Bedürfnisse eines zur Weltstadt herangewachsenen Ge- 
meinwesens gewonnen. 

In Anlehnung an die konzentrische Gestalt des gewonnenen 
‚Raumes und dem Beispiel von Paris folgend, wurde eine breite 
Ringstrasse angelegt; dieselbe schliesst in Verbindung mit dem 
Franz-Joseph-Quai die ganze innere Stadt ein und wurde 1865 bei 
dem Einzuge der aus Schleswig-Holstein zurückkehrenden Truppen 
zum ersten Male benutzt. Der Verkehr zwischen den verschiedenen 
Stadttheilen war bis dahin in enge, winkelige Strassen eingeengt 
gewesen und ergoss er sich nun mit vollem Strome in dies neue, 
bequeme Bett. 

1192 


— 292 — 


An den Seiten des Ringes wie in seinen Nebenstrassen erhoben 
sich rasch prachtvolle Häuser und Palläste, und ebenso war an ihm 
für alle monumentalen Neubauten: wie Stadthaus, Parlamentshaus, 
Opernhaus, Börse, Museen, Universität ete. der geeigneteste Standort 
gefunden. 


Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Ring nach Vollendung 
dieser zum Theil erst begonnenen Monumentalbauten einen höchst 
imposanten und malerischen Anblick darbieten wird. 


Die Gliederung der 57 Meter breiten Ringst:asse ist eine eigen- 
thümliche und doch äusserst praktisch. In der Mitte läuft der 
grosse Fahrdamm, der auch noch zwei Geleisen der Pferdebahn 
(Tramway) hinreichend Raum gewährt; dann folgt reehts und Iinks 
eine Allee, je von zwei Reihen schöner hochstämmiger Bäume ein- 
gefasst. 


Die Allee nach der Innenstadt zu ist ein Kiesweg und dient als 
Promenade, während die gegenüber liegende Allee den Reitern zuge- 
wiesen ist. Dann folgt rechts wie links eine schmalere gepflasterte 
Fahrstrasse, welche den Wagen die Zufahrt zu den Häusern, vor 
denen sich ein sehr breites Trottoir befindet, ermöglicht. Diese An- 
ordnung erleidet nur bei den öffentlichen Gärten insofern eine Aen- 
derung, als vor diesen der Seitenfahrweg als entbehrlich fortfällt. 
Der so gewonnene Raum wird von einer dort eingefügten fünften 
Baumreihe beschattet und verbreitert den Promenadenweg. Die Vor- 
theile dieses Systems sind in die Augen springend: Der Haupt- 
wagenverkehr ist auf den Mittelweg gewiosen, ein angenehmer Pro- 
menadenweg zieht sich durch den ganzen Ring, während die Trottoirs, 
welehe mehr den geschäftlichen Verkehr dienen sollen, ganz frei 
von den hindernden Bäumen bleiben. Die schönen Gebäude sind 
demnach unverdeckt von Bäumen, und den Bewohnern ist die Aus- 
sicht auf das rege Leben der Strasse nicht entzogen. Ebenso können 
die vier Reihen Bäume zu beiden Seiten des Mittelweges, wo sie 
Luft und Sonne haben, viel besser gedeihen, als wenn sie an die 
hohen Häusermassen angepresst wären. 

Die meist aus Götterbäumen, Kastanien und Platanen bestehen- 


den Alleebäume sind im Ganzen recht gut gediehen, doch soll die 
erste Anlage mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt haben, 


— 2% — 


und sollen vorzüglich bei den Götterbäumen viele Nachpflanzungen 
nöthig gewesen sein. 

Als sehr praktisch möchte ich noch die Anordnung erwähnen, 
welche den Lastwagen die Benutzung der Ringstrasse untersagt. 
Diese müssen die sogenannte Lastenstrasse, welche unter den ver- 
schiedenen Namen parallel mit dem Ringe näher den Vorstädten zu 
läuft, passiren. Bei der Feststellung des Stadterweiterungsplanes 
wurde in sehr anerkennungswerther Weise auf die Anlage schöner 
öffentlicher Gärten und Plätze Bedacht genommen, und nimmt 
unter diesen neuen Anlagen der am Parkring gelegene Stadtpark 
die erste Stelle ein. Ein wahrhaft wohlthuendes Gefühl ergreift 
uns, wenn wir aus dem Strassengewühl in diese reizende grüne Oase 
treten, und müssen wir bekennen, dass hier eine Anlage hergestellt 
worden ist, die in ihrer Art als Muster gelten kann. Dieser Park 
wurde auf städtische Kosten nach dem Plane des berühmten Malers 
Selleny von dem Direktor der städtischen Park- und Gartenanlagen, 
Dr. Siebeck, im Jahre 1862 und 1863 angelegt. 

Der Park hat eine Grösse von 145 Hektaren, und hat seine 
Anlage circa 380,000 Gulden gekostet; ein’ gleicher Betrag wurde 
für die Erbauung des im Park belegenen Kursaales verwendet. 
Dieses im reichen italienischen Renaissance-Styl gehaltene Gebäude 
dient als Kur- Trinkhalle und als Kaffeehaus und enthält noch 
einen grossen Musiksaal zur Abhaltung von Konzerten. Am Nach- 
mittage und am Abend sind die vielen Stühle, die auf der Estrade 
beim Kursalon oder in den Promenadenwegen des Parkes stehen, 
dieht besetzt. Hierher eilt gern Jeder, um sich zu erholen und um 
vom glücklich eroberten Stuhle aus das farbenreiche Wiener Leben, 
das sich hier in seinem vollen Glanze entfaltet, zu bewundern. Am 
angenehmsten ist jedoch der Aufenthalt im Parke in den Morgen- 
stunden; man kann dort im Freien den Kaffee oder das Frühstück 
nehmen und dabei in aller Ruhe einen Blick in die zahlreich aus- 
liegenden Zeitungen werfen. Die Annehmlichkeit dieses reizenden 
Erholungsortes wird von allen Fremden wohl gewürdigt, und kommen 
sie gern des Morgens, um sich hier für die Strapazen eines Welt- 
ausstellungsbesuches zu stärken. 

Am Morgen kann man mit Musse die schönen Anlagen durch- 
wandeln, und muss man sich über das prächtige Gedeihen der An- 


— 24 — 


lagen, die aus den mannichfaltigsten in- und ausländischen Gehölzen 
zusammengesetzt sind, freuen. Vorzüglich sind die Einzelpflanzen: 
wie Tulpen- und Trompetenbäume, kaukasische Flügelnuss, Trauer- 
weiden, Sumpfeypressen, gelb- und rothblühende Kastanien schon zu 
ganz stattlichen Exemplaren herangewachsen, und wird man leicht 
versucht sein, den Park für älter zu halten, als er in Wirklichkeit 
ist. Das rasche Gedeihen ist wohl hauptsächlich den bedeutenden 
Bodenanschüttungen, die hier gemacht werden mussten, zu danken, 
da nun die Wurzeln leicht in das lockere fruchtbare Erdreich ein- 
dringen konnten. Fast schien es mir, als ob der üppige Wuchs 
aller Gehölze einige Durchblicke schon hbeeinträchtige; jedenfalls 
wird hier in den nächsten Jahren Axt und Baumsäge angewandt 
werden müssen, um den schönsten Exemplaren Raum zu weiterem 
Gedeihen zu ‘geben, und um zu verhindern, dass die Rasenplätze 
nicht zu sehr eingeengt werden. Alle Anlagen, in denen Blüthen- 
sträucher und sogenanntes Unterholz reichlich verwandt sind, unter- 
liegen der Gefahr, bei gutem Wuchse rasch zu alt zu werden, indem 
die enggepflanzten Gruppen zu hoch schiessen und unten kahl an 
Laub werden. Es ist jedoch leicht, die Gruppen vollbelaubt und in 
schöner Form zu halten, wenn man die überflüssigen Gehölze zeitig 
entfernt und einzelne Sträucher durch Zurüekschneiden verjüngt. 

Die Umgebung des Kursalons ist sehr reichlich mit Blumen ge- 
schmückt, und ist hier vor Allem die grosse Rosenterasse zu nennen, 
deren reicher Blumenflor in Wien berühmt ist. Auch die aus 
niedrigen buntblättrigen Pflanzen zusammengesetzten Teppichbeete 
sind vielfach in sehr geschmackvollen Zusammenstellungen angewandt 
worden, und erfreut die saubere Haltung dieser Beete. 

Dagegen ist 'es auffallend, wie wenig hier wie fast in allen 
öffentlichen und Privatgärten Wiens für den Rasen gethan wird. 
Derselbe wird selten geschnitten und ist vielfach mit Kräutern und 
Wiesenblumen vermischt, und nirgends sehen wir einen englischen 
Rasen, dessen Herstellung doch der Stolz der Gärtner ist, und auf 
dessen kurzgeschornen, frischgrünen Flächen das Auge so gerne ruht. 

Der Park entbehrt auch des bildnerischen Schmuckes nicht, der 
ja erst in soleher Umgebung zur vollen Wirkung gelangt. Nach 
der Ringstrasse zu hat die sitzende, wohlgelungene Statue des be- 
rühmten Tondichters Franz Schubert ihre Aufstellung gefunden, 


— 295 — 


und passt die stille, grüne, mit Blumen geschmückte Umgebung 
trefflich zu dem Denkmal des Meisters, dessen seelenvolle Lieder- 
weisen uns immer entzücken werden. In einem anderen Theile des 
Parkes, unter schattigen Bäumen, hat die Märchengestalt des Donau- 
weibehens ihre höchst anmuthige Verkörperung in dem Werke des 
Bildhauers Gauer gefunden. Dies lauschige Plätzchen sucht die 
Kinderwelt gerne auf, und ist es ein anziehender Anblick, das 
schöne, graziöse Marmorbild der Nymphe, die sinnend dem ihrem 
Kruge entquellenden Strahle nachschaut, von spielenden und jubeln- 
den Kinderschaaren umgeben zu sehen. 

Bis vor Kurzem war ein grosser Theil der zahlreichen Gehölz- 
arten des Parkes mit grossen, leserlichen Etiketten versehen, und 
ist es zu bedauern, dass dieselben allmälig zu verschwinden scheinen. 
Es ist nicht genug, dem Volke durch die Anpflanzung die schönen 
Gehölzarten, mit denen wir unsere Gärten so reich ausschmücken können, 
vorzuführen, wir müssen ihm auch die richtigen lateinischen und 
deutschen Namen zugänglich machen. Nur wenn das Volk die Pflanzen 
nennen lernt, wird es sich die 'Eigenthümlichkeiten der einzelnen 
Arten einprägen; für das Namenlose kann es kein Interesse fassen. 
Wir können hier die Bemerkung nicht unterdrücken, dass es oft un- 
begreiflich ist, in welcher tadelswerthen Weise in botanischen und 
auch zoologischen Gärten die deutliche Bezeichnung der Pflanzen und 
Thiere vernachlässigt wird. Da solche Institute weder für eine kleine 
Zahl Fachgelehrter noch für die reine Schaulust des grossen 
Publikums gegründet worden sind, so ist es sehr zu beklagen, dass 
ihre anregende und belehrende Wirksamkeit hierdurch oft sehr beein- 
trächtigt wird. 

Der Stadtpark wird durch dasFlüsschen der Wien durchschnitten, 
und pildet die Karolinenbrücke die Verbindung mit dem auf dem 
rechten Ufer der Wien belegenen Parktheil, der einfacher gehalten 
wird; in demselben sind grosse Spielplätze für Kinder angelegt, und 
wird dort auch treffliche Milch verabreicht. Die Wien fliesst in 
einer breiten und ziemlich tiefen Schlucht, die überall sorgfältig 
durch Gehölzgruppen dem Blicke entzogen wird. 

Vielleicht hätten sich durch Benutzung dieses tiefen Thalein- 
schnittes malerische Effekte erzielen lassen; doch müssen wohl ge- 
wichtige Gründe davon abgehalten haben, die Ufer der Wien mit. in 


— 296 


die Anlage zu ziehen. Der Hauptgrund liegt wohl darin, dass dies 
vom Wienerwald herabkommende Flüsschen im Sommer oft sehr 
wasserarm ist und sich wiederum in Regenzeiten zu einem reissenden 
Wildwasser umwandelt. In letzterer Zeit sind deshalb viele Vorschläge 
zur Beseitigung dieses unangenehmen und im Sommer durch die Aus- 
dünstungen oft sanitätswidrigen Zustandes aufgetaucht. Bald schlug 
man vor, die Wien ganz abzuleiten und den so gewonnenen Raum 
zu bebauen oder ihn zur Anlage einer Stadteisenbahn zu verwenden, 
bald rieth man dagegen, die Wien durch Zuführung weiterer Gewässer 
in einen schiffbaren Fluss zu verwandeln. 

Wenn wir nun auf die ganze Anlage des Stadtparkes einen Blick 
werfen, so müssen wir zugestehen, dass von Seiten der Stadt Wien 
mit grossem Sinne eine Anlage geschaffen ist, auf die Wien stolz 
sein kann, und die sehr viel zur Annehmlichheit des dortigen Lebens 
beiträgt. 

Wenn man eine solche, allerdings kostbare Anlage als einen zu 
grossen Luxus für den Säckel einer Stadtgemeinde hinstellen wollte, 
so lässt sich ein solcher Einwand wohl leicht widerlegen. 

Die Grossstädte üben durch die Leichtigkeit, mit der man in 
ihnen lebt, verkehrt und gewinnt, eine so grosse Anziehungskraft 
aus, dass sie gewiss noch viel gewaltigere Dimensionen annehmen 
werden. Je mehr jedoch an einem verhältnissmässig beschränkten 
Orte Menschen zusammenströmen, desto tiefer sinkt der Gesundheits- 
zustand und das Behagen am Leben, und einer vorsorglichen Stadt- 
verwaltung kommt es zu, auch für diese wichtigen Faktoren, für 
frische Luft und für die Möglichkeit freier Bewegung, zu sorgen. 

Wenn mächtige Strassenanlagen dem gesteigerten Verkehre neue 
bequeme Wege bahnen müssen, so sind in diesem Häusermeere An- 
lagen, in denen die erschöpften Menschen sich ausruhen und sammeln, 
und wo sie sich in frischer reiner Luft erlaben können, dringend 
geboten, und auch der Jugend muss man Plätze gewähren, wo sie 
sich in heiteren Spielen frei entwickeln kann. Und ist nicht unsere 
liebe fröhliche Gartenkunst am meisten zur Mithülfe und Lösung so 
wichtiger Aufgaben berufen, ist sie es nicht die, mit ihren frischen 
duftenden Gaben die müden Menschen am meisten erquickt? In 
letzter Zeit ist viel Anerkennungswerthes geschaffen, doch muss 
überall noch sehr viel gethan werden, um den Anforderungen der 


— 27 — 


Neuzeit zu genügen, und wollen wir hoffen, dass der Besuch der 
Weltausstellung, der sehr Viele mit den neuen, grossartigen Strassen- 
und Parkanlagen bekannt machen wird, anregend und fördernd wirke. 
Möge es immer recht erkannt werden, dass bei dem Aus- und Um- 
bau unserer Städte neben dem Nützlichen das Schöne und Anmuthige 
nicht fehlen dürfe, und dass es der Gartenkunst in hervorragender 
Weise zukommt, zu diesem Ziele mitzuwirken. 
Max Lorberg. 


Die alten Velbäume von Blidah in Algerien. 
P Mai 1872. 


Aus dem Französischen des Jean Chalon übertragen 
von Carl Bolle. 


Der Oelbaum, das Symbol des Friedens, ist unter allen Bäumen 
einer der am frühesten gekannten und von dem Menschen mit Namen 
benannten. Es ist die erste Pflanze, glauben wir, der in der Bibel 
Erwähnung geschieht, und die darin unter ihrem ebräischen Namen Saith 
vorkommt.”) Seine Lebenskraft und seine Lebensdauer sind staunens- 
werth. Die Exemplare des Oelbergs bei Jerusalem vegetiren noch 
immer, und doch waren sie vor mehr als achtzehn Jahrhunderten, 
als sie Jesus unter ihrem Schattendach wandeln sahen, schon ihrer 
Stärke wegen berühmt. Ein noch viel älterer Oelbaum, der Zeuge 
der Gründung Athens gewesen sein soll, lebt noch heut auf dem 
Gipfel des Akropolis und treibt aus seinem Wurzelstoek alljährlich 
grünende Sprösslinge. 

Ungeachtet der ausserordentlichen Langsamkeit seines Wachs- 
thums — wir sahen in Andalusien hundert Jahr alte Bäume von 
kaum einem Fuss im Durchmesser — darf man daher in den Län- 
dern, wo er freudig gedeiht, darauf rechnen, Individuen anzutreffen, 


“) Die Wurzel dieses semitischen Ausdrucks hat sich, nur wenig verändert, 
in den spanischen Worten aceite, das Oel und «ceitun«, die Olive erhalten, 
während der Baum selbst die römische Benennung ulivo trägt und sein wilder 
Urtypus acebuche genannt wird. Der Härte und Vorzüglichkeit des Holzes 
dieses letzteren wegen gilt von ihm auf den kanarischen Inseln das Sprüchwort: 

Con el acebuche 
No hay palo que luche. 
Carl Bolle. 


— 298 — 


die bemerkenswerth durch ihre Dicke und würdig sind in der Liste 
der vegetabilischen Kolosse verzeichnet zu werden. Man suche die- 
selben aber ja ausserhalb der Kulturen, in welchen sie der Mensch 
verstümmelt, um mehr Früchte zu erhalten oder um sich die Ernte 
zu erleichtern. 

Der Süden Frankreichs, mehr noch derjenige Spaniens und Por- 
tugals — denn der Norden dieser letztgenannten Länder ist zu ge- 
birgig und daher im Winter zu kalt — bieten dem Auge unermessliche 
Olivenpflanzungen dar. Neben den Orangen, denen man den besten 
Boden und die geschütztesten Lagen zu Gute kommen lässt, besteht 
in ihnen der Hauptreichthum Andalusiens, und hierfür können ins- 
besondere die weiten Ebenen um Cordova in dem so fruchtbaren 
Flussthal des Guadalquivir als Beispiel dienen. 

Von Anfang an erscheint die Frage ziemlich verwickelt. Man 
trifft zwar allerdings einige massive alte Stämme in Form von Kopf- 
weiden, wie ihre Nachbarn, kultivirt, deren ausnahmsweis grosse 
Dimensionen ihr hohes Alter verrathen; dagegen andere mehr ver- 
fallene, die ziemlich hohl sind und eine entschiedene Neigung zeigen, 
sich in mehrere kreisförmig gestellte Segmente zu spalten, welche 
nur auf einer Seite noch Rinde tragen. Aber neben diesen, sicht- 
bar einem einheitlichen Ursprunge entsprossenen Bäumen giebt es andere 
von hohem Alter, krumm und so gewunden, dass man kaum die 
Rinde und deren ursprüngliche Lage erkennen kann. Sie stehen in 
einem grossen Kreise, der oft 20 bis 25 Meter im Umfange misst. 
Soll man nun glauben, dass sie Theile eines einzigen Individuums 
sind, von dem jedes Fragment beständig stärker geworden ist und 
sich unausgesetzt mehr und mehr von dem primitiven Mittelpunkte 
entfernt hat, gerade als sei es noch ein Theil eines gewöhnlichen, 
unverletzten Baumes; oder dass sie einfach gesonderte Individuen 
sind, von der Laune des Menschen im Rund gepflanzt? Die erstere 
Vermuthung, abgesehen davon, dass sie im Widerspruch steht mit 
dem naturgemäss krummen Wuchse der Art, unterläge dem Uebel- 
stande, dass sie dem Ganzen ein wahrhaft fabelhaftes Älter zuerkennte. 
Was die zweite Hypothese anbelangt, so ist sie zuerst um so ver- 
führischer, da man noch heut zu Tage den spanischen Landmann 
die Kultur des Oelbaums im Kreise betreiben sieht. Aber eine auf- 
merksame Prüfung der Thatsachen schon in Andalusien, mehr aber 


— 299 


noch in Algerien, hat uns bewiesen, dass sie ebenso wenig als die 
erstere auf Wahrheit beruht. 

Zu einem gewissen Alter gelangt, hat der Oelbaum die Eigen- 
schaft die Dimensionen seiner Basis bedeutend zu vergrössern, ohne 
dass der eigentliche Stamm davon im geringsten beeinflusst wird. 
Die Phytolaeca dioiea bietet dasselbe Phänomen dar, und man sieht 
gewöhnlich die Stämme dieser Baumart sich über einem wahrhaften 
Piedestal von unregelmässiger Zerklüftung erheben, das nichts Anderes 
als eine Wurzelhalsanschwellung ist.) Schon früher erklärten wir, 
durch einen analogen Thatbestand die beim ersten Blick unglaubliche 
Korpulenz des Kastanienbaumes der hundert Pferde. Auf derartigen 
holzigen Erweiterungen erscheinen bei den drei genannten Species 
gern Adventivknospen, welche, die rauhe Rinde durchbreehend, sich 
zu Ruthen, zu Aesten, zu Stämmen entwickeln. Diese Stämme 
stehen dann naturgemäss im Kreise und im Verlaufe der Zeiten ver- 
schwindet die ursprüngliche Centralmasse wie ein von seiner 
jugendlichen und lebensfrischen Familie umringter Urgrossvater. 

Wir nannten Algerien. Auf dem Boden dieses Landes, woselbst 
die Civilisation erst im Akklimatisiren begriffen ist, giebt es wenig 
oder keine Oelbaumkulturen, sondern nur hier und da alte Exem- 
plare, in voller wilder Freiheit aufgewachsen, nicht gepfropft. Sie 
blühen gegen den zehnten Mai. Ihre Blüthen, grünlichweiss von 
Farbe, sind zahllos und verbreiten, zumal Abends, einen angenehmen, 
etwas süsslichem Wohlgeruch. Ihre Früchte sind schwarz und klein. 
Sie geben wegen der Dicke des Kernes verhältnissmässig wenig, aber 
geschätztes Oel. Schon in der Nähe der Stadt Algier begegnet man 
schönen Oelbäumen, z. B. auf dem Hügel unfern des Exercierplatzes, 
zwischen Isly und dem Versuchsgarten und zu beiden Seiten des 
Weges nach Constantine, ein wenig vor der Stelle, die der Bach 
(le ruisseau) genannt wird. Die grössten jedoch befinden sieh bei 
Blidah; diese sind ohne Gleichen. 


*) Um diese in hohem Grade auffallende Erscheinung schön darzustellen, muss 
die allerdings sehr rasch wachsende Phytolacca dioica schon ein starker Baum 
sein. Wir erinnern uns, dieselbenie schöner entwickelt gesehenzuhaben, als an einem 
Stamme, der im Innern der Stadt Corfu steht und einem wahrhaften Sockel von 
Marmor zu entwachsen scheint. Verschiedene Baumarten des tropischen Ur- 
waldes zeigen ein ähnliches Verhalten, das für Europa indess eine Seltenheit 
ist und daher die im tiefen Süden so häufig unter dem Namen der Bella-Sombra, 
besonders an Promenaden gepflanzte Phytolacca zu einer höchst charakteristi- 
schen Erscheinung macht. C.B. 


— 300 — 


Blidah, obwohl arabischen Namens, ist eine ganz französische 
kleine Stadt, erbaut am Fusse des Atlas, ganz hinten in der frucht- 
baren Ebene Metidja. Man gelangt dahin von Algier auf der Eisen- 
bahn in zwei bis drei Stunden. Zehn Minuten ausserhalb der Thore, 
denn Blidah geniesst das zweifelhafte Glück, eine Festung zu sein, 
dehnt sich ein öffentlicher Park, der Jardin des Oliviers aus. In ihm 
bewundert man etwa hundert Oelbäume, sämmtlich erster Grösse 
und nur mit den stärksten Eichen unserer Wälder zu vergleichen. 
Ihre Stämme sind gesund und heil. Nicht solehe problematische 
Existenzen, von welchen oben die Rede war. Wir lassen die Grössen- 
verhältnisse der merkwürdigeren unter ihnen folgen. 

Bäume von drei Meter Umfang an der dünnsten Stelle ihres 
Stammes sind häufig. Man vermeide bei Messungen nicht nur die 
Wurzelanschwellung, sondern auch die Erweiterung, die oft unter- 
halb der ersten Aeste stattfindet. Manche Bäume nehmen dadurch 
die Gestalt einer Streusandbüchse mit einer Einschnürung in halber 
Stammhöhe an. Wir haben Umfänge von 3 Meter 20, 3 Meter 
25, 3 Meter 40, 3 Meter 50 notirt. Letztgenanntes Mass ist in 
_ Mannshöhe genommen worden, weil oben und unten der Stamm viel 
dieker war. Gewisse Stämme haben eine mehr abgeflachte Gestalt. 
Ein sehr alter, theilweis am Grunde verbrannter misst 1 Meter 50 
in seinem grössten Durchmesser; ein anderer weniger beschädigter 
i Meter 40. Nichts Seltenes ist es, mehrere sekundäre Stämme aus 
einem gemeinsamen Stock entspringen zu sehen, ohne dass behauptet 
werden kann, dasselbe sei eine Wurzelerweiterung. Ja in mehreren 
Fällen lassen ihn seine Höhe und seine Cylindergestalt als einen 
dieken Stamm erkennen. Es giebt auch Uebergänge. So erheben 
sich zwei Stämme aus einer gemeinsamen Basis von mehr als 1 Meter 50 
in ihrem grössten Durchmesser; vier aus einem gemeinsamen Stamm von 
5 Meter 10 im Umfang. Hinsichtlich angeschwollener Wurzeln massen 
wir einmal 7 Meter 50 im Umfang, weiterhin 1? Meter 60. Aus diesem 
letzterem Piedestal erhob sich ein einzelner, ganz gesunder, in seiner 
Gesammtlänge fast eylindrischer Stamm von 3 Meter Umfang in 
einer Höhe von 6 Fuss über der Erde. 

Jetzt jedoch kommen die wahrhaften Riesen, die bemoosten 
Häupter unter allen diesen Greisen. Der Zahl nach bestehen sie 


— 301 - 

aus höchstens einem halben Dutzend, und um die gewöhnliche Phrase 
anzuwenden, muss ihr Alter sich in die Nacht der Zeiten verlieren. 

Da ist zuerst ein kerngesunder Vollstamm von 4 Meter 25 Umfang 
an seiner dünnsten Stelle; ein anderer von 4 Meter 70 in Mauns- 
höhe und vonmehr als 9 Meter am Grunde; ein dritter von 5 Meter 60 
in einer Höhe von 25 Centimeter vom Boden und von 4 Meter 40 
in Mannshöhe. Dieser letztere ist ganz voller Höhlungen, welche 
wie bei gewissen Taxus nicht von der Fäulniss herrühren, sondern 
einer besonderen Art und Weise des Wachsthums ihren Ursprung 
verdanken, indem sie inwendig mit lebendiger Rinde überzogen sind. 
Sein Wipfel ist unermesslich und sein Wurzelstock nicht übermässig 
entwickelt. Ueber das Älter dieser Bäume lassen sich keine Ver- 
muthungen anstellen. Trotz ihrer hohen Jahre haben sie sich eine mäch- 
tige Lebenskraft bewahrt. Man glaubt unter ihrer klaren und ge- 
wöhnlich von jenen kryptogamischen Parasiten, die bei uns die meisten 
grossen Bäume überziehen, freien hinde die Saftströmung verfolgen 
zu können. 

In Algier verkauft man Photographien mehrfacher kolossaler 
Bäume. Unglücklicher Weise weigern sich die Verkäufer, aus Unwissen- 
heit oder bösem Willen, dieOrte, wo dieselben wachsen, genau anzugeben. 


Der Kartoffelkäfer von Colorado. 


Wie vor fast drei Jahrzehnten plötzlich und unerwartet ein Ver- 
wüster der Kartoffeln, Peronospora infestans, unsere, Felder und 
Gärten befiel und die wichtigste Nahrungspflanze des Volkes erkranken 
machte, so droht uns jetzt von Amerika her ein neuer Feind der 
Kartoffelfelder, der aber nicht, wie die Peronospora dem Pflanzen- 
reiche, sondern dem Thierreiche angehört. 

Es ist dies der Kartoffelkäfer aus dem Coloradogebiete, von den 
Zoologen Doryphora decemlineata genannt, über den in unserem 
Vereine schon vor längerer Zeit Prof. Koch Mittheilungen gemacht 
hat, und wovon derselbe Exemplare vorzeigen konnte; gegenwärtig befin- 
det sich der Käfer auch im königlichen landwirthschaftlichen Museum. 

Seit zwei bis drei Jahren gelangen die alarmirendsten Nach- 
richten über die Verwüstungen, welche der Käfer in den Kartoffel 
feldern der Vereinigten Staaten anrichtet, zu uns, und hat sich das 


= N 


Insekt bereits bis nahe an die Küste des atlantischen Ozeans ver- 
‚breitet, von Westen nach Osten wandernd. Bei dieser Sachlage dürfte 
es wohl an der Zeit sein, wenn wir uns mit dem drohenden Feinde 
näher bekannt machen ; denn sollte es das Unglück wollen, dass er 
von Amerika, wie so viele Unkräuter, und wie vielleicht auch die 
Rebenlaus, zu uns herüber gebracht würde, so ist seine Bekämpfung 
nur möglich, wenn man seine Lebensweise kennt. 
Der in Fig. 1 dargestellte Käfer wurde im 
wi Jahre 1823 von Say in dem „Journal of the Academy 
> \ N of Natural Science“ beschrieben; er hatte ihn in 
Figur 1. Missouri und Arkansas gefunden. Er wurde Dory- 
phora decemlineata, zehnliniger, genannt, weil er, wie die Abbil- 
dung zeigt, auf jeder Flügeldecke 5 schwarze Linien trägt. 


Die Larve des Käfers ist ganz dunkel rothbraun, wird aber, 
je älter sie wird, immer hellfarbiger. Der Kopf ist schwarz, das 
erste Segment des Leibes hat einen schwarzen Ring und auf jeder 
Seite des Körpers verlaufen zwei Reihen schwarzer Punkte. Die 
Abbildung stellt den Käfer in natürlicher Grösse dar, die Länge be- 
trägt 12, die grösste Breite 8 Millimeter. Die Farbe ist grünlich- 
gelb, die Flügeldecken haben, wie schon gesagt, 10 schwarze Linien. 
Kopf und Brustkasten sind orangebraun mit schwarzen Flecken. 


Zu demselben Geschlecht gehört noch ein anderer Käfer, der 
dem eben beschriebenen in Gestalt, Färbung und äussern Abzeichen 
sehr ähnlich ist und den Namen Doryphora juneta führt. Man 
kann beide Arten dadurch unterscheiden, dass bei letzterem auf beiden 
Flügeldecken die zweite und dritte schwarze Linie derart zusammen- 
fliessen, als besässen sie nur 8 schwarze Streifen. In Maryland, Vir- 
sinien und Südkarolina hat man diese Art auf Solanum caroliniense 
und weiter südlich auf Eierpflanzen g:funden, doch ist nicht sicher 
festgestellt worden, dass sie den Kartoffelpflanzen 
schädlich wird; indessen wird aus Alabama berich- 
IS tet, dass sie, wenn auch nur geringen Schaden in 
den Kartoffelfeldern anrichte. 

Fig. 2 giebt eine Abbildung dieses Käfers nebst 
der Larve, welche letztere nur eine Reihe schwarzer 
Punkte zeigt. 


— 50 — 


Noch ein anderer Käter, die in Fig. 3 dargestellte x ; 
Lema trilineata ist wiederholt mit dem Kartoffelkäfer Al RN 
verwechselt worden. Dieser besitzt eine geringere N E 


Grösse, ist mehr länglich gestaltet — Länge Figur 3. 
10 mm., Breite 4 mm. — und hat auf den röthlichgelben Flügel- 
decken nur 3 schwarze Linien. Die Larve ist gleichfalls kleiner 
und trägt ihre Exkremente auf dem Rücken mit sich. 
Auch einige Kanthariden, wie Epicantha vittata (Fig. 4) 
und E. lemniscata werden häufiger mit dem Kartoffelkäfer 
verwechselt, sind jedoch leicht an dem kleineren Brustkasten 7 IN) \\ 
und der schlankeren Gestalt zu erkennen. 


Kehren wir jedoch zu Doryphora decemlineata und zu zig a 
dessen Auftreten als Kartoftelschädiger zurück. In letzterer Eigenschaft 
wurde der Käfer zuerst vom Richter Edgerton signalisirt, der 
im Jahre 1861 ihn als einen gefährlichen Feind der Kartoffel- 
felder in Jowa schilderte; Thomas Murphy beobachtete ihn als 
solchen im Jahre 1862 in Kansas, wo er in ungeheuren Mengen 
auftrat. Zuerst auf einer wilden Kartoffel gefunden, war der Käfer 
innnerhalb 6 Jahren etwa 360 englische Meilen — 550 Kilometer 
von Westen nach Osten gewandert. Im Jahre 1371 fand man den 
Käfer schon im Norden bis Kanada und im Osten bis Ohio, ja nach 
einigen, jedoch nicht verbürgten Mittheilungen sogar im Staate New- 
York und in Pennsylvanien. Nach einer Berechnung, die Walsh 
1864 anstellte, soll der Käfer, eine gleich schnelle Wanderung nach 
Osten wie bis dahin vorausgesetzt, im Jahre 1880 die atlantische 
Küste erreicht haben. Nach neueren Nachrichten ist diese Eventua- 
lität bereits eingetreten oder steht doch nahe bevor. 

Das Weibchen legt im Klümpchen von je 12 bis 24 Stück auf 
die Unterseite der jungen Blätter der Kartoffelpflanzen 700 bis 1200 
Eier, aus welchen die Larven in wenigen Tagen auskriechen und 
17 bis 20 Tage fressen, um sich sodann zum Verpuppen in die Erde 
zu begeben. Im Zustande der Puppen verbleiben sie 10 bis 12 Tage, 
worauf die Käfer aus der Erde hervorbrechen, um bald die Eier zu 
einer zweiten Generation zu legen. Da sämmtliche Verwandlungen 
in einem Zeitraume von 50 Tagen stattfinden, so ist die Vermehrung 
bei ungestörter Entwickelung eine ungeheure. Das Weibchen stirbt 
nicht gleich nach der Eierablage; Prof. Daniels an der Universität 


— 304 — 


des Staates Wisconsin hat ein Weibchen 6 Wochen lang ohne Nahrung 
am Leben erhalten, nachdem dasselbe }200 Eier gelegt hatte. In 
Missouri und Illinois sollen jährlich drei Bruten auskommen, wovon 
die letzte als Puppe den Winter über in der Erde bleibt und im 
Frühjahr als Käfer erscheint. Bei der Berührung soll der Käfer 
Entzündungen bewirken, was jedoch Walsh, der sich wiederholt mit 
dem Insekt beschäftigt hat, bestreitet. 

Sowohl Käfer als Larve nähren sich von dem Laube der Kar- 
toffeln, greifen aber auch den Stengel an; der Käfer verwüstet mehr 
als die Larve. Durch die zum Theil gänzliche Vernichtung des 
Laubes wird nach bekannten Wachsthumgesetzen die Entwicklung 
der Knollen beeinträchtigt, und fand ©. Finsch aus Bremen auf einer 
Reise in Cleveland an den angegriffenen Stöcken meist nur 4 bis 8 
Knollen. 

Gewisse Kartoffelsorten werden von dem Kartoffelkäfer bei seinem 
Zerstörungswerke bevorzugt, besonders die in Europa weniger bekann- 
ten Sorten Merces, Shaker, Pinkeye, wogegen die neuerdings auch 
die bei uns viel empfohlenen Sorten Peachblow, Early Rose, Peerless 
möglichst verschont bleiben sollen. 

Ausser auf den Kartoffeln lebt der Käfer noch auf anderen 
Solaneen, auf Tomaten, Eierpflanzen, Stechapfel, Bilsenkraut ete. 

Was nun die Bekämpfung des Käfers betriftt, so ist Ablesen 
das wirksamste, aber bei mangelnden Arbeitskräften kaum ausführ- 
bare Mittel. Nächstdem soll sich fleissiges Hacken des Bodens im 
zeitigen Frühjahr als nützlich erwiesen haben. Auch hat man die 
angegriffenen Pflanzen mit allerhand Giftstofften bestreat, um die 
darauf sitzenden Thiere zu tödten. Am wirksamsten hat sich Schwein- 
furter Grün gezeigt, das in der Weise verwendet wird, dass man 
10 Theile Mehl mit 1 Theil des grünen Farbstoffes mengt und damit 
die Pflanzen bestreut. indessen ist hiermit eine grosse Gefahr ver- 
bunden, nicht nur für die Pflanzen, sondern auch für die Menschen, 
weil das Schweinfurter Grün aus arseniksaurem Kupferoxyd besteht. 

Nach der Angabe des Apothekers Henschen in Cleveland soll 
eine Art Betonica, wenn man sie um die Kartoffelfelder pflanzt, den 
Käfer vertreiben; welche Art dies ist, haben wir nicht erfahren 
können. 

Im Thierreiche hat der Kartofielkäfer einige Feinde, die seiner 


Vermehrung ins Unendliche entgegenwirken; es sind dies die para- 
sitischen Iusekten Arma, Harpactos, Levia, Coceinella, Tachina ete. 
Die vorstehenden Mittheilungen beruhen hauptsächlich auf Er- 
hebungen, welche die Ackerbaubehörde (Department of Agriculture) 
der Vereinigten Staaten von Nordamerika hat veranstalten lassen. 
GE, 


Die Ausstellung des Pankow-Schönhausener 
Gartenbau- Vereins. 


Am 6. u. 7. Juli hat der Pankow-Schönhausener Gartenbau- 
Verein zu Pankow eine Ausstellung von Pflanzen veranstaltet, die 
wir hier kurz beschreiben wollen, nachdem wir einige Angaben über 
die Verhältnisse der Orte Pankow und Schönhausen, die unseren aus- 
wärtigen Lesern weniger bekannt sein dürften, vorausgeschickt haben. 

Die beiden Dörfer Pankow und Schönhausen liegen im Norden 
von Berlin und zählen zusammen 5,500 Einwohner, wozu im Sommer 
noch etwa 2000 Sommergäste kommen, die zum Theil dort eigene 
Villenanlagen besitzen. Seit einigen Jahren haben sich daselbst 20 
bis 30 Handelsgärtner angesiedelt, die wohl hauptsächlich durch die 
rapide Ausdehnung Berlins dorthin gedrängt worden sind. Pankow 
bildet deshalb mit Ausnahme des vor dem Frankfurter Thore lie- 
genden Stadttheiles eine der Hauptplätze zur Anzucht von Pflanzen 
für den Berliner Markt. 

Daneben besitzt Pankow eine grössere Zahl von Gartenliebhabern, 
die bei ihren Villen zum Theil erhebliche Gartenanlagen unterhalten ; 
vor allen ausgezeichnet ist bekanntlich an Umfang und an Reich- 
thum seltener und kostbarer Pflanzen der Garten des Herrn Killisch 
v. Horn, Öbergärtner Perring, der zu der zu schildernden Aus- 
stellung denn auch sein gut Theil beigetragen hat. 

Es war bei diesen Umständen natürlich, dass im Jahre 1868 
Gärtner und Gartenliebhaber zusammentraten zur Gründung eines 
ihre Interressen fördernden Vereines, des „Pankow-Schünhausener 
Gartenbau-Vereines.“ 

Der Verein verfolgt selbstverständlich ein mehr lokales Interresse 


an 


— 306 — 


das er besonders auch durchjährlich wiederkehrende Ausstellungen 
zu fördern sucht. 

Die diesjährige Ausstellung fand in einem 70 Fuss langen und 
40 Fuss breitem Zelte statt, an dessen Wänden 4-5 Fuss breite 
Tische zur Aufstellung der Pflanzen angebracht waren’; die Hinter- 
wand trug eine 10 Fuss breite grosse Gruppe von Dekorationspflanzen. 
In der Mitte des Zeltes waren Rasenplätze hergestellt, deren mittlerer 
zugleich den Mittelpunkt der Ausstellung bildete, indem hier ein 
grössere Gruppe aus Palmen, Dracaenen und anderen Blattpflanzen, 
aus Fuchsien, vortrefilich kultivirten Hortensien ete. durch den 
Oberg. Scopi aus der Villa Reissner aufgestellt war. Es seien be- 
sonders hervorgehoben 4 hochstämmige, recht blüthenreiche Fuchsien, 
unter denen die Varietät Justine Sittmann besonders gefiel Dieselbe 
eignet sich wegen ihres starken Wuchses besonders zur Kultur als 
Hochstamm, weniger für die Buschform, weil die Zweige mit ihren 
grossen, stark violet gefüllten Blumen bis auf den Boden sich nieder- 
biegen. Oberg. Scopi erhielt den höchsten Preis von 15 Thalern für 
die grössten Verdienste um die Ausstellung, wie hier gleich erwähnt 
werden soll. Ä 

Wie alljährlich hatte sich auch diesmal Oberg. Perring ganz 
besondere Verdienste um die Ausstellung erworben, besonders durch 
Einsendung seltener und kosibarer Pflanzen, auch solcher zu dekorativen 
Zwecken, hatte sich aber selbst von jeder Konkurrenz um die aus- 
gesetzten Preise ausgeschlossen. 

An den Ecken der hRasenplätze hatte derselbe 4 prächtige 
Baumfarne, Alsophila australis, aufgestelit, welche allein schon der 
Ausstellung einen eigenthümlichen Reiz gewährten. 

Unter den von demselben Aussteller gelieferten Neuheiten nennen 
wir drei neue Arten des schönen Geschlechtes Dieffenbachia, nämlich 
latimaculata mit lebhaft gelb gefleckten Blättern, D. nobilis u. D. 
imperialis, welche beide sehr gross werden; sis besitzen 2—3 Fuss 
lange und 1 Fuss breite Blätter von dunkelgrüner Farbe und ein- 
zelnen grossen gelblichen Flecken; beide unterscheiden sich dadurch, 
dass imperialis eine grosse gelbe Mittelrippe besitzt. Ferner das in 
seinem Habitus an ein Caladium erinnernde Phyllotaenium Lindenii 
von 2 Fuss Höhe und 1 Fuss Durschmesser mit gelbgrünen, weiss- 
lich gestreiften Blättern; als neues Genus in der Familie der Aroi- 


— 307 — 


deen Curmeria pieturata mit langen, hellgrünen, in der Mitte mit 
einem breiten weissen Streifen gezeichneten Blättern; beide Pflanzen 
scheinen für die Warmhäuser sehr gesuchte Pflanzen werden zu 
wollen. Auch Anthurinm erystallinum mit silberglänzenden Adern, 
ähnlich dem A. magnificum, die 1 Meter hohe Dracaena gloriosa 
mit ziegelrothen u. strohgelben Streifen und D. lutenscens striata, 
eine ächte Dracaena mit gelblichgrünen und gelblich gestreiften 
Blättern, Phormium atropurpureum mit matter, dunkel kupferiger 
Färbung, Agave mierantha albo-pieta mit breitem, reinweissem Mittel- 
‚streifen, die der Zamia Skinneri ähnliche Z. Roezlii, die weiss 
gestreifte Cureuligo recurvata fol. var., Cyathea funebris, Adianthum 
Daphnites u. 2 Formen von A. veneris (magnifieum und erispulum) 
sind hier. anzuführen. 

Auf dem Rasenplatze am Eingange des Zeltes fiel zunächst eine 
Gruppe Gloxinien des Kunst- u. Handelsgärtners Wilhelmi in die 
Augen, ihr gegenüber eine Gruppe grossblumiger und gefleckter 
Pelargonien aus dem Garten des Brauereidirektors Busse, Oberg. 
Kempin, welche aus etwa 70 Varietäten bestand und sich als vor- 
vorzüglichste Leistung unter den Florblumengruppen kennzeichnete. 
Leider hat die Kultur der in England so beliebten Pelargonien bei 
uns in letzter Zeit sehr abgenommen und anderen Modepflanzen, 
ohne dass solche immer besser seien, Platz gemacht. Als besonders 
schöne Varietäten traten hervor M. Barillet, Dr. Andre, Hormanby, 
Royal Albert, Les Lys, Adonis, Gloire de France, Lord Derby und 
andere. 

Rechts dieser Gruppen hatte Kunst- und Handelsg. Beyer eine 
Gruppe von Crassula coceinea, umgeben von Phlox. Drummondii mit 
einer Einfassung von Lobelia Erinus Kaiser Wilhelm und Pyrethrum 
parthenifolium hergerichtet, links der Kunst- und Handelsg. Blume 
eine Gruppe Pelargonium Gloire de Nancy und zwischen diesen 
Gruppen 2 Tafelaufsätze von den Kunstgärtnern Eggert, (1. Preis) 
und Mahlow (ll. Preis), beide beim Oberg. Perring, sowie ein 
grosses Pyramidenbouquet vom Kunstg. Jensch. Auf demselben 
Rasenplatze sahen wir noch ein prächtiges, ganz mit den weissen, 
stark duftenden Blüthen bedecktes Rhynchospermum jasminoides vom 
Oberg. Perring und eine gut kultivirte, vorzüglich gesund aus- 
sehende Thujopsis dolobrata vom Oberg. Scopi. 

20* 


—.308 — £ 


Auf dem hinteren Rasenplatze fand sich ein grosses Exemplar 
von Phormium tenax fol. var. u. das prächtige Croton Weissmanni, 
letzteres unstreitig eines der schönsten der Crotons, bei welchem die 
lebhaft gelbe Zeichnung sich als konstant erwiessn hat; beide Pflan- 
zen vom Öberg. Perring ausgestellt. 

Auf demselben Platze hatte der Kunstg. Müller aus dem 
Garten des Dr. med. Mendel einen etwa 5 Fuss im Durchmesser 
halben Blumentsch, aus Holz gefertigt, mit Florblumen und Blatt- 
pflanzen recht hübsch geschmückt, der Lehrer Hunger eine 4 Fuss 
hohe Baumnelke ausgestellt. 

Die schon erwähnte, an der Hinterwand aufgestellte Gruppe 
(Villa Sehuster, Oberg. Krull) enthielt unter Anderem sehr grosse 
Myrthenkronenbäume mit 5—7 Fuss Kronendurchmesser. 

Rechts vom Eingange fand sich an der Giebelwand eine aus 19 
verschiedenen Sorten bestehende Gemüsesammlung des Obergärtners 
Suchlandt, Villa Brüstlein, die dem Züchter zur nicht geringen 
Ehre gereichte, was übrigens auch von der 18 Sorten zählenden 
Sammlung des Handelsgärtners Schlojan aus Fr. Buchholz galt. 
Beide wurden prämiirt. 

Früchte (Erdbeeren) hatten hier ausgestellt Obstgärtner Tautz 
aus der Villa Gravenstein (Fr. Buchholz), Lehrer Schulz aus dem 
Garten der Pestalozzistiftung, Suchlandt und Hapt. 

Unter den abgeschnittenen Rosen zeichneten sich besonders die 
Kollektionen des Obergärtners Scopi und des Notar Lämmerhirt, 
Obergärtner Deppner aus; ausserdem waren solche ausgestellt vom 
Obergärtner Krull und vom Handelsgärtner Sabeck, welchem für 
die richtige Benennung der Sorten ein Preis zuerkannt wurde. In 
der Scopi’schen Sammlung zeichnete sich durch vorzügliche Formen- 
vollkommenheit Marechal Niel aus; es dürfte die Bemerkung nicht 
überflüssig sein, dass Obergärtner Scopi die Beobachtung gemacht 
hat, dass diese Rose nur gut und reichlich blüht, wenn sie nicht 
zu weit zurückgeschnitten wird. 

Eine Gruppe vortrefflich kultivirter, für den Markt bestimmter 
Öleanderpflanzen des Kunst- und Handelsgärtners Kerkow gefiel 
allgemein. Daran schloss sich, gleichfalls für den Markt bestimmt, 
eine Sammlung aus drei Sorten bestehender Fuchsien in reicher 
Blüthenfülle des Handelsgärtners Jaenicke; eine ähnliche Sammlung 


— 309 — 


stand gegenüber an der anderen Seitenwand, ausgestellt vom Kunst- 
und Handejsgärtner Wilhelmi. 

Neben den Fuchsien hatte Obergärtner Perring eine Gruppe 
blühender Orchideen, darunter besonders Cypripedium barbatom majus 
und barb. superbum, Anguloa Clowesii major, Aörides odoratum 
majus aufgestellt, woran sich eine gemischte, mit dem ersten 
Vereinspreise gekrönte Gruppe des Kunst- und Handelshärtners 
Bacher schloss; sie enthielt Blatt- und Blüthenpflanzen in verschie- 
denen Arten und Sorten, Teppichpflanzen etc. Daneben hatte der- 
selbe Aussteller ein reiches Sortiment einfacher und gefüllter Schar- 
lachpelargonien aufgestellt, unter denen Cyclop besonders auffiel wegen 
Grösse der Blüthendolde und der eigenthümlich violettrothen Färbung. 

Den Schluss auf dieser Seite bildete eine reiche Gruppe von 
Marktpflanzen des Kunst- und Handelsgärtners Richard, Lilium 
auratum, Levkoyen, Pelargonien, Hortensien ete. enthaltend 

Ihr gegenüber stand eine Sammlung buntblättriger Kaladien des 
Obergärtners Perring, die sich in dem Leinwandzelte anscheinend 
recht gut erhielten. Sie bestand aus 30 Variatäten, darunter die 
neuesten in starken Exemplaren. Als besonders schön schon zeichneten 
sich aus Albert Vietor, Meyerbeer, Beethoven, Dr. Lindley, Duc de 
Nassau, Duc de Morny, Golden Queen, Prince of Wales und andere. 

Hieran schlossen sich zwei grössere Gruppen von Marktpflanzen 
vom Handelsgärtner Beyer, enthaltend unter anderen in Töpfen 
gezogene Zwerggeorginen, und vom Handelsg. Mahnke. Zwischen 
beiden waren von dem Apotheker Jaeckel in Pankow fabrizirte 
Baumwachsarten, Kollodium und Fruchtsäfte ausgestellt, Gegenstände, 
über deren Werth auf das blosse Aussehen hin natürlich kein Ur- 
theil gefällt werden kann. 

Ferner fanden wir hier ausser den schon erwähnten Neuheiten 
des Obergärtnors Perring einige des Handelsg. Sabeck und die 
buntblätterigen und selbstgezüchteten Scharlach-Pelargonien des Ober- 
gärtners Scopi, von denen sich letztere durch gedrungenen Wuchs 
und leuchtende Farbe auszeichneten. 

Endlich sei noch einer neuen Gartenspritze von Corn. Franke 
in Berlin gedacht, die auch schon in der letzten Versammlung un- 
seres Vereines gezeigt wurde. 

Ausser den schon genannten Ausstellern erhielten noch Preise; 


— 310 — 


Müller, Krull, Richard, Mahnke, Kempin, Wilhelmi, Jaenike, Blume, 
Deppner, Jehnsch, Schlojan, Tautz, Schulz. 

Man muss die Ausstellung als eine durchaus gelungene, selbst 
für grössere Vereine anerkennen, und ist es nur bedauerlich, dass 
das Interesse des grossen Publikums ein so geringes ist, dass trotz 
des günstigen Wetters und trotz der durch weise Sparsamkeit und 
Opferfreudigkeit so geringen Höhe der Unkosten diese nicht einmal 
durch das erhobene Entree gedeckt worden sind. Möge das nächste 
Jahr sich dem strebsamen Vereine günstiger erweisen. C.E. 


Der grösste Steckling, 


der wohl je gepflanzt worden, dürfte am 12. April d. J. im Kg]. 
botanischen Garten zu Königsberg i. Pr. gemacht worden sein und, 
wie sich jetzt schon zeigt, auch den besten Erfolg versprechen. 

Der Sachverhalt ist in Kürze folgender: 

Im grossen Warmhause des Gartens stand schon seit vielen 
Jahren eine mächtige Strelitzia Augusta, ihren schlanken Stamm, 
geschmückt mit schöner Krone, stolz aus der üppigen sie umgeben- 
den Palmengruppe erhebend. Das Aussehen des Stammes, sowie 
die Befühlung desselben zeigten eine durchaus feste, holzartige Be- 
schaffenheit, und so war denn die Pflanze nur an einer vierfachen 
Bindfadenschnur an der Rückmauer befestigt, um sie etwas nach 
hinten zu halten. Im verflossenen Sommer hatte die Pflanze durch 
ganz aussergewöhnliche Vegetation eine imposante, blätterreiche 
Krone erhalten und war die Freude eines jeden Besuchenden. 

Aber welch einen Schrecken mussten wir erleben! Am Mittag 
des 12. April, als ich durch das Haus gehen musste, fand ich die 
prächtige Pflanze gegen die Hinterwand des Hauses liegend, und 
die nähere, eiligst vorgenommene Besichtigung ergab, dass der Stamm 
nahe der Erde an einer etwas schadhaften, äusserlich fast unbemerk- 
baren Stelle abgesprengt war, der ungeheuren Wucht der reichen 
Krone nachgebend. Alles lief zusammen, den Unfall zu sehen, all- 
gemeine Bestürzung und Klage. Doch was beginnen?, das war die 
brennende Frage, und darüber waren die Meinungen nun die ver- 
schiedensten. Was mit der Pflanze machen? — wegwerfen, hiess 


— 3ll — 


es; damit ist nichts mehr zu wollen; in’s Museum das Ungethüm 
stellen zum Andenken, sagten wieder Andere; doch machte sich auch 
die Ansicht geltend, dass absolut etwas noch mit der Pflanze unter- 
nommen werden müsse, da zum Wegwerfen später noch Zeit sei. 
Die nähere Untersuchung des zurückgebliebenen Strunkes ergab auch, 
dass aus den Gliederungen des Stammes sich Wurzeln gebildet und 
zur Erde gesenkt hatten, was man für ein gutes Zeichen ansah, und 
frisch ging’s an das Werk. 

Doch fehlen hier im Garten die nöthigen Räumlichkeiten, um 
einen derartigsn Koloss im geschlossenen Raume unterzubringen, und 
man musste deshalb im nämlichen Hause, das fast gar nicht mehr 
gelüftet werden sollte, den Versuch selbst ausführen. 

Es wurde nun ein Topf von 15", Zoll Höhe und 14 Zoll Breite 
mit gehörigem Abzug versehen, darüber eine Schicht abgelagerter 
Haideerde mit reicher Silbersand-Beimischung und nun eine 1'/, zöl- 
lige Lage feingesiebter Holzkohle gebracht. 

Der kolossale, unbehülfliche Stamm von 5,0 Metr. Höhe, 
0,62 Meter Umfang wurde nun mit Beihilfe von vier kräftigen 
Männern an der Rückwand des Hauses aufgerichtet und, nach- 
dem die abgebrochene Stelle glatt geschnitten war, wobei 
sich zeigte, dass die holzartige, derbfaserige Umhüllung nur ein 
Centimeter Dicke hatte, das übrige Innere aber eine fleischige, 
brüchige Markmasse, ähnlich dem Fleische eines Stettiner Apfels 
bildete, wurde derselbe in den bereitstehenden Topf eingelassen, mit 
einer Lage Kohlenstaub umgeben und dann mit obiger Erde 
vollends zugefüllt. - Täglich dreimal, nach Bedürfniss auch öfter, be- 
spritzt, leicht beschattet, möglichst geschlossenes Haus, Temperatur 
von 12— 24° stand derselbe ganz frisch aussehend bis in die 7. Woche, 
blos drei der untersten Blätter wurden gelb. Bemerkt muss hier 
noch werden, dass zur Erzeugung der so nöthigen, wohlthätigen 
Bodenwärme der Stecklingstopf mit einem hölzernen Kasten von 4' 
im Quadrat bei 2° Höhe umgeben und mit ganz heissem Pferdedünger 
vollgefüllt wurde, welches Verfahren bis zur sich zeigenden Ent- 
wiekelung des Stecklings noch zweimal wiederholt werden musste. 

Am Anfange der 8. Woche zeigte sich, dass der junge hervor- 
sprossende Blattrieb, der bei der Katastrophe ungefähr 15 Centim. 
Länge hatte, sich bereits zu regen beginne, und am vierten Tage 


— 312 — 


nach dieser Beobachtung schon zu 17 Centim. herangewachsen war, 
und heute in der 12. Woche seit der Einpflanzung des Stecklings 
hat dieser junge Trieb schon die stattliche Länge von 0,82 Metr. 
erreicht, mithin sich in 30 Tagen um 67 Centim. vergrössert und 
zwar in kräftiger, vollkommener Entwickelung. 

Die heutige Untersuchung des in der Erde befindlichen Theiles 
ergab, dass aus einer Gliederung des Stammes sich neun dicke, 
wurzelartige Auswüchse gebildet, deren Länge 1—1!!, Centim. be- 
trägt, jedoch die Verhältnisse an der Schnittfläche zu untersuchen, 
war bei dem Monstrum nicht möglich, da solches gefährliche Störun- 
gen hätte veranlassen können. 

Es ist anzunehmen, dass dieses Unternehmen mit dem Riesen- 
steckling als ein gelungenes zu betrachten und die Erhaltung des 
schönen Exemplares, das immerhin einen Werth von 200 Thlr. und 
darüber repräsentirt, für die Sammlung als gesichert anzunehmen 
ist, und werde ich mir erlauben, sollten sich noch interessante Vor- 
kommnisse zeigen, weiteren Bericht zu erstatten. 

Alex. Heyl, Gehilfe im bot. Garten, Königsberg i. P. 


Die Wurzellaus des Weinstocks, 


Phylloxera vastatrix. 


Es ist unsern Lesern bekannt, dass seit einigen Jahren in den 
Weinbergen Frankreichs — neuerdings auch zu Klosterneuburg bei 
Wien — ein Feind des Weinstocks in so enormen Massen und von 
so enormer Verbreitungsfähigkeit auftritt, dass der Weinbau Frank- 
reichs in grosser Gefahr schwebt; die deutsche Reichsbehörde hat, 
um eine gleiche Gefahr von Deutschlands Weinbergen fern zu halten, 
die Einfuhr von Rebeu in das deutsche Reich verboten (Ann. der 
Landwirthschaft, 1873, Nr. 15), ein Beweis, wie ernst diesseits in 
den massgebenden Kreisen die Angelegenheit aufgefasst wird. 

Da der Weinbau eine der umfassendsten Kulturen Frankreichs ist 
und den Wohlstand weiter Distrikte bedingt, so ist es selbstverständlich, 
dass die französische Regierung Alles aufbietet, um Mittel zur Bekämpfung 
des gefährlichen Feindes ausfindig zu machen. Sie hat nicht blos 
einen Preis von 20,000 Franken für ein sicheres Mittel zur Be- 


— 33 — 


kämpfung der Wurzellaus (von Planchon genannt Phylloxera vasta- 
trix) ausgesetzt, sondern auch die Akademie der Wissenschaften ver- 
anlasst, eine Kommission mit dem Studium der Wurzellaus und der 
Mittel zu ihrer Bekämpfung zu beauftragen. Die Kommission, welche 
aus den Mitgliedern Milne Edwards, Duchartre, Blanchard 
und Dumas besteht, hat die besonders von Duclaux, Max Cornu 
e und L. Faucon eingesendeten Berichte gesammelt und in der Sitzung 
der Akademie vom 16. Juni er. einen Bericht erstattet, den wir 
hiermit unseren Lesern in seinen Grundzügen nach den Comptes rendus 
mittheilen: 

Die Lage der weinbauenden Gegenden Frankreichs, welche von 
der Wurzellaus angegriffen sind, verdient mehr als je die Aufmerk- 
samkeit der Akademie.- Nach einem zeitweisen Stillstande, welcher 
im vorigen Jahre veranlassen konnte, einige Hoffnung zu schöpfen, 
scheint sich das Uebel vergrössert zu haben. In gegenwärtigem Mo- 
mente zeigen sich die verschiedenen Beobachter, welche mit Angst 
und Sorge im Süden des Landes die Fortschritte der Pest verfolgen, 
besonders aufgeregt; sie sehen der Zukunft mit Besorgniss entgegen. 
Dies besonders veranlasst die Kommission, der Akademie die unter 
ihrer Leitung unternommenen Untersuchungen und deren Erfolge vor- 
zulegen. Die begonnene Sommer-Kampagne gestattet, die Versuche 
weiter zu führen und daraus Schlüsse zu ziehen. 

Die Kommission hatte sich folgende Aufgaben gestellt: 

1) Den Ort des Ursprunges im Auftreten der Phylloxera fest- 
zustellen und die Punkte zu finden, von wo in jedem Jahre 
die Gegenwart derselben konstatirt ist. 

2) Die Stellung des Insekts im zoologischen System und die 
Gewohnheiten und Eigenschaften desselben zu erforschen. 

3) Die Art des Schadens zu prüfen, welchen das Insekt dem 
Zellgewebe des Weinstocks zufügt. 

4) Den Erfolg zu beobachten, welchen die verschiedenen vor- 
geschlagenen und in Gebrauch genommenen Vorbeugungs- 
oder Heilmittel gehabt haben. 

Der Akademie ist bekannt, dass die Phylloxera vastatrix, früher 
den Weinbauern und selbst den Naturforschern unbekannt, im Jahre 
1865 zuerst in Frankreich (wenigstens in grösserer Menge) aufge- 

treten ist. Man ist darüber einig, sie als identisch mit dem 1854 


in Amerika entdeekten Pemphigus vitifoliae zu betrachten. Es ist 
hier nicht der Ort, sich weiter über die Identität der beiden 
Schmarotzer zu verbreiten, deren einer, die Phylloxera, unter der 
Erde lebt und die Wurzeln der Weinstöcke angreift, während der 
andere, Pemphigus, in der freien Luft lebt, auf den Blättern sitzt 
und hier zahlreiche Gallen erzeugt, in denen sich seine Eier ent- 
wickeln, ohue den Pflanzen einen besonders bemerklichen Schaden * 
zuzufügen. 

Ist die Wurzellaus wirklich nur eine Abart von Pemphigus, die, 
aus Amerika nach Frankreich übertragen, ihre Lebensweise geändert hat? 

Es ist dies eine wichtige Frage, welche nicht hinlänglich von 
allen Gelehrten geprüft ist, die sich damit beschäftigt haben, ob- 
gleich sie für einzelne derselben gelöst erscheint. Wir möchten 
wünschen, dass sie an Ort und Stelle selbst, m Amerika, durch 
eine Spezial-Kommission gründlich erforscht würde. Für die Gegen- 
wart scheint sie uns vertagt werden zu können, theils weil es uns 
an den Elementen der Untersuchung fehlt, theils weil die Wurzel- 
laus die einzige Form ist, die man bis jetzt in Frankreich beob- 
achtet hat. Die Verwüstungen, unter denen unsere Weinberge lei- 
den, sind nur dieser Form zuzuschreiben, die Lebensweise derselben, 
die Mittel, ihren verwüstenden Zug aufzuhalten oder die ergriffenen 
Weinberge davon zu befreien, fesseln ausschliesslich unsere Auf- 
merksamkeit. 

Duclaux, einer der Beauftragten der Akademie, hat sich mit 
dem grössten Eifer der Aufgabe gewidmet, den Gang der Seuche 
seit dem Jahre 1865 zu verfolgen, wo ihr Auftreten zu Pujaut bei 
Roquemaure im Departement des Gard festgestellt wurde. Acht 
kartographische Darstellungen, welche seinen Bericht begleiten, 
lassen die Ausdehnung der Ländereien erkennen, wo die Gegenwart, 
der Wurzellaus in jedem einzelnen Jahre angezeigt worden ist. 

Das Uebel breitet sich von den zuerst angegriffenen Punkten 
aus wie ein Oelfleck auf einem Blatt Papier. Das Insekt verlässt 
eine Weinpflanzung nur, nachdem es dieselbe vernichtet hat. Aus- 
serdem sendet es ausserhalb der angegriffenen Distrikte Vortruppen, 
welche Anfangs wie allein liegende Punkte aussehen, aber sich nach 
und nach vergrössern, bis sie mit den früher angegriffenen Lände- 
reien zusammenfliessen. 


a 


Die Verbreitung erfolgt in den Bedenspalten, unter der Erde, 
von Wurzel zu Wurzel und auf der Oberfläche des Bodens von einer 
Spalte zur andern; ferner durch die Luft, indem der Wind mit dem 
Staube zugleich die winzig kleinen Thiere in die Höhe hebt, beson- 
ders leicht die geflügelten Formen. Thonige Bodenarten, welche in 
Folge der Dürre leicht Risse bekommen, sind der Verbreitung am 
günstigsten. Kalkiger und sandiger Boden widersteht derselben besser 
und schützt die Wurzel mehr gegen die Angriffe des Insekts. 

Max Cornu, ebenfalls ein Beauftragter der Akademie, hat 
diese geographische und statistische Studie noch vervollständigt; der- 
selbe hat eine Karte derjenigen Theile des Bordelais entworfen, 
auf welche bis jetzt die Wurzellaus beschränkt geblieben ist. Glück- 
licher Weise sind dieselbsn von geringer Ausdehnung, und ist da- 
selbst bis jetzt die Heftigkeit des Auftretens wenig beunruhigend. 
Dies rechtfertigt gewissermassen die Hoffnungen derjenigen, welche 
die Wurzellaus als eine wenig zu fürchtende Gefahr für die Gewächse 
der Gironde, woher die Bordesuxweine kommen, betrachten, wenn 
es auch nicht genügt, diejenigen zu beruhigen, welche sich von einem 
ähnlichen Einbruche bedroht glauben, unter welchem das Departe- 
ment Vaucluse seufzt. 

Derselbe Forscher hat sich eifrigst mit, dem Studium der Blatt- 
phylloxera beschäftigt. Seine Denkschrift euthält eine eingehende 
Darstellung der Veränderungen, welehe das von dem Insekt ange- 
griffene Blatt des Weinstocks erleidet, indem das Insekt vom Safte 
desselben lebt und Gallen erzeugt. 

Eben so hat er‘ die angegriffenen Wurzeln einer sorgfältigen 
Prüfung unterzogen; er zeigt die Veränderungen, welche das Gewebe 
derselben erleidet, besonders an den Faserwurzeln, die sich mit 
Knötehen bedecken. Da er Gelegenheit hatte, das Insekt am Orte 
seines Auftretens zu verfolgen, so hat er einen praktisch wichtigen 
Punkt festzustellen vermocht. Die Wurzellaus verlebt wie die mei- 
sten Insekten den Winter im Zustande der Unbeweglichkeit. Um 
zu überwintern, heftet sie sich an den Wurzeln fest, mitunter auch 
in den tiefen Rissen des Bodens. Dort erwartet sie die Ankunft des 
Frühlings. Erwacht, macht sie eine Häutung durch und erscheint 
als ein weiches Insekt von hellgelber Earbe, das sich bewegt und. 
auf einer Wurzel festsaugt, um nunmehr grösser zu werden. Bald 


— 3l6 — 


legt sie Eier und ist von solchen und daraus ausgeschlüpften jungen 
Thieren umgeben. Letztere sind hellgelb, sehr beweglich und zau- 
dern nicht, sich auf irgend einer Wurzel anzuheften, wo sie wach- 
sen und ebenfalls befruchtete Eier legen, ohne von einem Männchen 
vorher befruchtet zu sein (wie unsere Blattläuse). Die Eichen der 
Wurzellaus haben eine feste Hülle und nur ein latentes Leben; sie 
zu tödten, ist nicht leicht, eben so wenig das Tödten der überwin- 
ternden Insekten; dieselben haben gleichfalls eine feste Haut und 
ein so wenig thätiges Leben, dass die Mittel, in diesem Zustande 
auf sie einzuwirken, sehr beschränkt sind. Anders verhält es sich 
mit dem Insekt, wenn es gelb gefärbt erscheint und auf Nahrung 
ausgeht, um sich zum Eierlegen vorzubereiten. In diesem Zustande 
kann es mit sehr verschiedenen Mitteln getödtet werden. 

Im Frühjahr widersteht die Wurzellaus nur kurze Zeit dem 
Eintauchen ins oder Ueberschwemmen mit Wasser; sie zieht sich 
zusammen und stirbt. Der elektrische Funke tödtet sie, ohne ihre 
Gestalt zu verändern.*) Eine Temperatur von 50 bis 60 °C. (40 
bis 48° R.) tödtet das Insekt in wenigen Minuten. Man kann daher 
die ersten Tage des April als eine für die Vernichtung der Phylloxera 
günstige Zeit empfehlen. Um diese Zeit könnte die Anwendung von 
warmem oder giftigem Wasser sehr nützlich wirken, wenn damit die 
Weinstöcke oder das umgebende Erdreich begossen würde. 

Wenn es sich darum handelt, sich von einem Insekt zu befreien, 
welches die zarteren Organe einer Pflanze angreift, so besteht die 
Aufgabe darin, ein Verfahren zu findeu, wodurch das Thier getödtet, 
das Leben der Pflanze aber geschont wird. Je weniger Widerstands- 
fähigkeit ein Thier besitzt, desto leichter wird ein solches Verfahren 
zu finden sein. 

Ein Verfahren, welches der Pflanze schadet, noch bevor es die 
überwinternde, die sehr entwickelte Wurzellaus oder die noch nicht 
ausgeschlüpften Eichen tödtet, ist nicht anwendbar. Aber im ersten 
Frühjahre würde das eben erwachte, weiche und bewegliche Insekt 
wahrscheinlich leicht durch Wasser, worin Sckwefel, Karbolsäure, 


*) Die Blattläuse der Rose, der Kamille ete. widerstehen der Einwirkung 
‚des elektrischen Funkens, wenn sie nicht direkt getroffen werden; diejenigen, 
welche in einiger Entfernung sich befinden, werden zwar starr, erholen sich 
aber nach und nach. : i 


Tabaksabkochung, Abkochung von Quassia amara, Kupfervitriol 
ete. gelöst ist, getüdtet werden. Die Aufmerksamkeit der Weinbauern 
ist ganz besonders auf den Zeitraum hinzulenken, wo es nur diese 
eben aus dem Winterschlafe erwachten Insekten und keine Eichen 
giebt; jedes Mittel dürfte einigen Erfolg haben. Dahin gehört auch 
ein Wenden des Bodens, Begiessen mit giftigem Wasser, Bestreuen 
des Bodens mit den genannten Substanzen ete. Einzelne der einge- 
sangenen Mittheilungen führen zu der Annahme, dass die oft nutz- 
los gebliebene Anwendung von insektentödtenden Substanzen der für 
die Anwendung ungünstigen Zeit zuzuschreiben ist, während man 
da günstige Erfolge erzielte, wo man den günstigen Moment er- 
fasste. 

Wendet man um diese Zeit die von Faucou empfohlene totale 
Ueberstauung des Bodens mit Wasser an, sollte man dann wicht die 
Dauer derselben abkürzen, die nöthige Wassermenge vermindern können? 
Faucon räth zwar, die von der Wurzellaus zu reinigenden oder 
gegen dieselbe zu schützenden Weingärten den ganzen Winter hin- 
durch zu überstauen. Durch dieses Mittel sind einige seiner Wein- 
berge vollständig gerettet worden, und ihr Wachsthum scheint unter 
der Anwendung eines solehen Bades nicht im geringsten gelitten zu 
haben. Sollten aber nieht, wenn dies alle Jahre wiederkehrt, die 
Besitzer besonders werthvoller Anlagen, deren Erhaltung besonders 
erwünscht erscheint, von Besorgniss erfüllt werden? obschon die 
Kommission diese Besorgniss nicht theilf. | 

Es scheint, dass die Wurzellaus während des Winters dem 
Weinstocke nicht Schaden bringen kann, und dass es deswegen nicht 
am Platze ist, darauf zu denken, sie in dem Augenblicke zu tödten, 
wenn sie sich zum Winterschlafe begiebt. Alles spricht dafür, dass 
sie im Winter unschädlich ist, dass sie vielmehr erst im Frühjahr 
es zu werden beginnt und dies daher die beste Zeit ist, wo sie mit 
Erfolg bekämpft werden kann. 

Genaue Untersuchungen, welche die Kommission ausführlicher 
beschreibt, haben gezeigt, dass die Wurzellaus ihre Nahrung nur in 
der Zellschicht finden kann, welche zwischen dem Holzkörper und 
der braunen korkigen Rinde der Wurzel des Weinstockes liegt. Die 
Schicht allein enthält im Frühlinge Stärkemehl nebst löslichen stick- 
stoffhaltigen Substanzen, Zucker, lösliche Salze, insbesondere Phos- 


— 318 — 


phorsäure und Kali, mit anderen Worten diejenigen Elemente, welche 
das thierische Leben erheischt. 

Es ist leicht zu beobachten, dass die von der Wurzellaus ange- 
griffenen Wurzeln besonders in der Rinde leiden, welche sich roth 
färbt und zerfällt. Die Färbung geht mit einer Schnelligkeit von 
aussen nach innen, welche in Erstaunen setzt: die Wirkung erscheint 
ausserordentlich gross gegenüber einer so kleinen Ursache wie die 
Gegenwart einiger winziger Insekten. Wenn man die plötzliche Wir- 
kung sieht, sollte man kaum glauben, dass die Wurzellaus nichts 
weiter thue, als den Saft aussaugen. 

Indem die Kommission noch einmal alle Beobachtungen zusammen- 
fasst, erklärt sie, zur Zeit nichts weiter thun zu können, als die 
Aufmerksamkeit auf jenen kritischen Moment im Leben der Wurzel- 
laus zu richten, welcher Ende März und Anfang April einen erfolg- 
reichen Angriff gegen das Insekt gestattet. Um dieses furchtbare 
Uebel aufzuhalten, welches das Gedeihen der weinbauenden Gegen- 
den und den Wohlstand des ganzen Landes bedroht, sind ernstliche 
Anstrengungen nothwendig. ° 

Im Anschluss an diesen Bericht wurde ein Schreiben von 
Faucon mitgetheilt, worin er meldet, dass er am 14. Juri Mittags 
1 Uhr bei sonnigem und stillem Wetter die ersten Exemplare der 
Wurzellaus beobachtet hat, die aus dem Boden auf die Oberfläche 
gekommen sind. Sie sind so klein und beweglich, dass es ihm un- 
möglich war, dieselben mit der Lupe zu erkennen; erst das Mikro- 
skop gab ihm Gewissheit, dass er es mit der Wurzellaus zu thun 
hatte. Er hat nie so kleine Exemplare gesehen, selbst in dem Augen- 
blicke nicht, wo sie dem Ei entschlüpfen; aber trotz dieser Kleinheit sind 
die Fühler, die Beine etc. ausserordentlich entwickelt. Die Pigment- 
fiecken, welche die Augen andeuten, treten mehr hervor als gewöhnlich. 

Diese Entdeckung, welche den Zeitpunkt kennen lehrt, wo die 
Wurzellaus ihre Wanderungen beginnt, kann von praktischer Bedeu- 
tung für ihre Vertilgung werden. | 

Ein Schreiben von Henri Mar&s meldet, dass der Zustand der 
Weingärten täglich trostloser werde, besonders auf magerem, flach- 
gründigem und thonigem Boden sei ein sehr schneller Fortschritt 
des Uebels zu fürchten. Es giebt dies Jahr ungeheure Mengen 
schädlicher Insekten; die Weinstöcke sind bedeckt mit Spring- 


— 319 -— 


käfern, Rebenstechern, Goldblattkäfern, Rebenwicklern, Phylloxeren 
u. Ss. w. 

Anderen Quellen entnehmen wir noch folgende Mittheilungen. 

Reisst man einen kranken, von der Wurzellaus angegriffenen 
Weinstock aus dem Boden, so findet man die Fasern schon theilweise 
zerstört, namentlich sind die jungen Würzelehen mit gelblichen Aus- 
wüchsen bedeckt. Auf einem solchen Wurzelstocke bemerkt man 
schon mit einer Lupe, dass die von einer gelblichen Substanz gebil- 
deten Flecken und Linien aus einer Anhäufung sehr kleiner Thierchen 
bestehen, welche ihre Saugwerkzeuge in das lebendige Gewebe der 
Wurzeln eingesenkt haben, um aus dem Stocke den Saft auszusaugen. 
Das winzige Ungethüm hat bereits Tausende von Weingärten Frank- 
reichs verwüstet und bedroht nun auch Oesterreichs Weingärten (die 
Wurzellaus ist zu Klosterneuburg) aufgetreten. 

Die Wurzellaus kommt in geflügelter und ungeflügelter Form 
vor. Die Nachkommenschaft eines einzigen Weibchens, wenn es 
sich vollständig ungestört vermehren könnte, könnte vom Frühjahre 
bis zum Herbste alle Weingärten Oesterreich-Ungarns zu Grunde 
richten. Das Thier legt etwa eine Woche lang 8&—10 Eier täglich. 
Angenommen, es leste nur 20 Eier im Ganzen, wir hätten also am 
15. April 20 Nachkommen, welche am 15. Mai Mütter von 400 
Nachkommen wären, aus welchen am 15. Juni 8000, am 15. Juli 
160,000, am 15. August 3,200,000, am 15. September 64,000,000 
etc. geworden wären Wi» aber überall in der Natur, ist auch hier 
einer so rasend schnellen Vermehrung eine Grenze gesetzt dadurch, 
dass viele Eier gar nicht zur Entwickelung kommen, viele andere 
von anderen Insekten gefressen werden oder auf andere Weise zu 
Grunde gehen. Es bleiben indessen immer noch genug übrig, welche 
sich nach 4 bis 5 Tagen in den Rindenspalten und Wurzelfasern 
festsetzen und ihr Zerstörungswerk beginnen können. Ist der Stock 
ausgesogen, so wandert das Insekt zur zweiten Rebe, wächst rasch, 
häutet sich dreimal, bekommt eine Form, deren Hintertheil immer 
konischer zuläuft, je näher die Zeit des Eierlegens kommt. Dies 
ungeflügelte Weibehen bedarf keines Männchens, um entwickelungs- 
fähige Eier zu legen. Aus den Eiern der letzten Herbstgeneration 
(November) kriechen Weibchen und Männchen in geflügelter Form, 
und findet nunmehr jene wunderbare Begattung statt, welche das 


— 320 — 


Weibchen befähigt, solche Eier zu legen, aus welchen ungeflügelte 
Insekten hervorgehen, die 8 Generationen hindurch entwicklungsfähige 
Eier legen können, ohne von Neuem begattet zu sein; eine Erschei- 
nung, die bekanntlich auch unsere gewöhnlichen Blattläuse bieten. 
GEB 


Die Wachsihumsbedingungen der Seestrands- 
kiefer, Pinus Pinaster Sol. 


Man ist sehr häufig in der Lage, keinen Grund dafür auf- 
finden zu können, warum von zwei nahe verwandten Arten derselben 
Gattung die eine in einem Boden vortrefflich gedeiht, die andere 
aber trotz aller aufgewendeten Mühe kränkelt und schliesslich zu 
Grunde geht. Einen interessanten Beitrag zur Lösung derartiger 
Fragen liefern die Professoren P. Fliche u. L. Graudeau an der 
Forstlehranstalt zu Nancy durch eine Arbeit über den Einfluss der 
chemischen Zusammensetzung des Bodens auf die Vegetation der 
Seestrandskiefer, welche bekanntlich für die Kultur der Dünenlän- 
dereien Frankreichs, besonders in den Landes, die grösste Bedeutung 
erlangt hat, aber zur Ueberraschung der mit dieser Kultur beschäf- 
tigten nicht selten ihre Dienste versagt und in gewissen Bodenarten 
durchaus nicht gedeihen will. 

Während viele Pflanzen gegen die chemische Zusammensetzung 
des Bodens sich gleichgültig verhalten, wenn er nur die zu ihrem 
Wachsthum nöthigen Stoffe enthält, giebt es andere Pflanzen, welche 
eine bestimmte Bodenmischung vorziehen oder sogar zu ihrem Ge- 
deihen verlangen. Zu letzteren gehört auch die Seestrandskiefer, 
die oft in Bodenarten nicht gedeihen will, die dem äusseren Anscheine 
nach von solchem Boden nicht verschieden sind, wo sie ganz vor- 
treflich gedeiht. Doch hat es bisher an ausreichenden Untersuchun- 
gen gefehlt, welche diese Erscheinung auf die wahre Ursache zurück- 
zuführen gestatteten. Bekannt war nur, dass die Seestrandskiefer 
eine Kieselpflanze ist, dass sie aber auf kalkreichen Boden nicht ge- 
deiht; alle Versuche, sie auf Boden, welcher von Natur grössere 
Mengen Kalk enthält oder zur Erhöhung seiner Fruchtbarkeit ge- 
mergelt worden war, anzupflanzen, sind gescheitert. (Bekanntlich 


— 31 — 


gedeiht auch die gelbe Lupine nicht auf Boden, der gemergelt wor- 
den ist). 

Einer der obengenannten Forscher hat Gelegenheit gehabt, in 
der Umgegend von Sens Seestrandskiefern zu beobachten, die in ge- 
ringer Entfernung von einander die einen auf reinem Kieselboden, 
die anderen auf kalkhaltigem angepflanzt waren. Sie beschreiben 
genau die geologische Formation des Bodens und den Zustand, in 
welchem sich die Bäume auf den beiden Lokalitäten befanden, in- 
dem sie zugleich die eben daselbst vorkommende Pinus Lariecio £. 
austriaca in Vergleich ziehen. 

Auf dem rein kieseligen Boden gedeihen die Seestrandskiefern 
ausgezeichnet, sie hatten einen vorzüglichen Wuchs und zeigten in 
einem. Alter von 25 Jahren bei einer Höhe von 18—20 Meter in 
1,5 Meter Entfernung vom Boden 0,60 Meter (2 Fuss) Durchmesser. 

Nicht weit von dieser Lokalität enthielt die Oberkrume ebenfalls 
nicht viel Kalk, wohl aber der Untergrund; die hier angepflanzten 
Seestrandskiefern zeigen ein äusserst mittelmässiges Wachsthum, am 
besten noch, wo die thonige und kieselhaltige Decke ‘über den kalkigen 
Untergrunde eine bedeutende Dicke besitzt. Die neben ihnen vor- 
kommende Pinus sylvesiris, mehr noch P. Laricio austriaca besitzen 
ein ausserordentlich kräftiges Wachsthum. 

An einer dritten Lokalität, wo Krume und Untergrund kalkreich 
sind, gingen die wiederholt angesäeten Seestrandskiefern bald aus, 
obgleich die Saat gut aufging und die jungen Pflanzen zuerst ein 
gutes Gedeihen versprachen. Auf dem Boden mit kalkhaltigem 
Unterdrunde besassen die grössten Bäume eine Höhe von kaum 
3,5 Meter und einen Durchmesser am Boden von 0,08 bis 0,09 Meter; 
die kleinsten waren nur 0,47 Meter hoch und hatten einen Durch- 
messer von 0,018 Meter. 

Um eine Erklärung für diese Erscheinung zu finden, wurde der 
Boden, wo die Pflanzen wuchsen, und die Aschen der Pflanzen selbst 
untersucht, welche Untersuchung denn auch in der That einiges Licht 
auf die Erscheinung geworfen hat. 

Die folgende Tabelle A giebt die Zusammensetzung der ver- 
schiedenen Bodenarten und zwar unter I. des Bodens, wo die See- 
strandskiefer sehr gut gedieh, unter II des Bodens, wo sie nur 
kümmerlich gedieh, unter Ill des Bodens, wo sie ganz einging. 

21 


| E. I, KARTE 
Inter Inter 
' Krume. | Date | Krume BER | 
I ) 5 ) i 
Wasser . n- I, 18. T5hehand.66;.1ij02,90:] 32,46 | 1,42 
Verbrennliche Stoffe Ist | 234 | 655 | 539 | 28 
Kalkan. .: \ 035 | 2,20 | 3,25 | 24,04 | 29,72 
Mameia . . !.. | 0,88 | 047 047 | 131 | 1,00 
Kalyisise kei: share rien | siro,p 
Natron: ...... Ba | BDE | 0,04 0,03 | 0,07 0.07 
Phosphorsäure . . . .\ 0,64 | 0,42 0,29 0,18 0,49 
Rückstand. . . . 2...) 90,55 | 92,70 83,00 46,80 40,00 
Kohlensäure . 2...) 0,0 | 1,64 | 3,54 19,59 | 24,45 
Summa | 100,00 | 100,00 | 100,00 | 100,00 | 100,00 


Die Tabelle B. zeigt die Zusammensetzung der Aschen und 
zwar unter I der kräftig, unter II der kümmerlich gedeihenden See- 
strandskiefer, unter III der Pinus Larieio austriaca. Die Aschen 
wurden erhalten durch Verbrennen eines Zweiges mit Rinde und 
Blättern von jeder Sorte; die P. Laricio austriaca war aber jünger 
als die P. Pinaster. 


Phosphorsäure . > 2 2.2... | 9,00 | 9,14 | 11,33 
Kıeselnäue” "EL 9R WERTEN E e| 9,18 6,42 7,14 
Raelimldla Zu, anhand „ar, uh = 2080 | 61a | a3 
Eisenözydrr uläll Sn „anill. N 3,83.) 207 | 3,29 
Magen. nk 9 nererchet ar) Ham 2D 08 130 | 13,49 
Ense 16,04 | 4,95 13,56 
an a no 1,91 | 22 | 2 
| l 
Insgesammt .. ...| 100,3 | 10004 | 100,18 
| 1,535 | 2,45 


Asche in 100 Thelen . . ... 1,32 


ist aber ein wenig grösser auf dem kalkreichen Boden, am grössten 
aber bei der österreichischen Kiefer, welche indessen jünger war 
und darum wohl mehr Asche enthielt wie alle jüngeren Pflanzentheile. 
Der Kalk ist zum Wachsthum offenbar den kieselliebenden Pflanzen 
nicht minder nothwendig als den kalkliebenden, denn die Asche der 


—- 323 — 


auf einem Boden mit nur 0,2 pCt. Kalkgehalt gewachsenen Kiefer 
enthielt doch 40 pÜt. Kalk. 

Die Unterschiede in dem Gehalte an Phosphorsäure, Magnesia 
und Natron sind unbedeutend, der Gehalt an Kieselsäure ist um 
etwas geringer in der Fichte vom kalkhaltigen Boden, aber dieser 
geringe Unterschied dürfte schwerlich die Ursache des schlechten 
Wachsthums sein, zumal die österreichische Kiefer von demselben 
Boden etwas mehr davon enthält. 

Grösser ist schon der Unterschied bei dem Eisenoxyd; da aber 
in dem Boden unter II. ein Mangel an Eisen nicht vorhanden ist, 
so muss man annehmen, dass der Ueberschuss an Kalk die Aufnahme 
der normalen Menge Eisenoxyd verhindert hat. Beachtet man die wich- 
tige Rolle, welche das Eisen in dem Blattgrün spielt, so kann man in 
dem Mangel desselben eine der Ursachen für die schwache a else 
der Kiefer in diesem Boden finden. 

Noch auffälliger ist der Unterschied, wenn man den Gehalt .an 
Kalk und Kali untereinander vergleicht. Der auffälligen Vermehrung 
des Kalkes in der Asche II entsprieht eine nieht minder, ja relativ 
noch auffälligere Verminderung des Kali’s. Fasst man nun die 
wichtige Rolle in’s Auge, welche das Kali bei der Ernährung der 
Pflanzen und nach Nobbe’s in Tharand schönen Versuchen bei der 
Bildung der Stärke in den Pflanzen spielt, so muss man erkennen, 
dass hierin die Hauptursache des schlechten Gedeihens der 
Seestrandskiefer in dem kalkreichen Boden zu suchen ist. Dabei 
war letzterer nicht ärmer an Kali als der kieselreiche Boden. 

Nicht minder belehrend ist die Analyse der Asche von Pinus 
Larieio austriaca, welche in demselben Boden, wo die Seestrands- 
Kiefer nur kümmerlich vegetirte, eine Menge Kalk aufgenommen 
hatte, die etwa in der Mitte zwischen der gut und der schlecht 
gedeihenden Seestrandskiefer steht; ausserdem enthielt sie fast eben 
so viel Eisenoxyd und Kali als die Kiefer I, aber erheblich mehr 
Phosphorsäure als beide. 

Die Leser wollen hieraus entnehmen, wie wichtig oft genaue 
Bodenuntersuchungen für unsere Kulturen werden können, und dass 
die Verhältnisse nicht immer so einfach liegen, wie es den 
Anschein hat. C. FE. 


21° 


_ 324 — 


Journalschau und Vermischtes. 


— Die Hamburger Garten- und Blumenzeitung, €. Heft, 
1873. 

Das Heft enthält zunächst einen Artikel über „Künstlichen und 
natürlichen Dünger“, in welchem der Verfasser sich über das soge- 
nannte präparirte Hornmehl, das von Ludwig Michaelis in Gr.- 
Glogau ausgeboten wird, verbreitet. Das Hornmehl kann, wenn es 
wirklich nur aus Horn bereitet ist, keine andere Wirkung auf das 
Pflanzenwachsthum ausüben, als die allen Gärtnern bekannten Horn- 
spähne. Wenn es jedoch, wie der Verkäufer angiebt, innerhalb 14 
Tagen im Wasser löslich ist, was durch geeignete chemische Vorbe- 
reitung der Hornspähne erreicht werden kann, so bietet es offenbar 
in vielen Fällen einen wichtigen Vortheil, abgesehen davon, dass 
ein schneller Umsatz des im Dünger angelegten Geldes an sich schon 
ein Vortheil ist, den die Landwirthe längst erkannt haben, indem 
sie statt der schwerlöslichen natürlichen phosphorsauren Verbindungen 
die daraus durch Aufschliessen mit Säuren hergestellten Superphos- 
phate verwenden. | 

Der Verfasser spricht bei dieser Gelegenheit die Anwendung der 
künstlichen oder richtiger käuflichen Düngers überhaupt und fordert 
zu neuen Versuchen auf, auch wenn frühere Versuche in Folge fal- 
scher Ausführung missglückt sind Wir können dieser Aufforderung 
nur beistimmen. 

Hieran schliesst sich ein äusserst lesenswerther Bericht des Prof. 
Dr. Göppert in Breslau über „die Pflanzenwelt im vergangenen 
Winter“, der sieh aber nieht im Auszuge mittheilen lässt. 

Es folgt sodann eine kurze Monographie der chinesischen 
Astern und ein Verzeichniss der von William Bull zu Chelsea 
bei London neu eingeführten Pflanzen, von denen wir folgende her- 
vorheben: Alocasia illustris, eine zwischen Alocasia und Caladium 
stehende Art, welche aus Ostindien eingeführt ist. Der aufrechte 
Blattstiel ist bräunlich-purpurn gefärbt, die 1% Fuss langen Blätter 
sind etwas vom Blattstiel herabgebogen, schildförmig, an der Basis 
breit gelappt, an der Spitze abgerundet, saftgrün, zwischen den 
Hauptnerven mit breiten, schwärzlich olivenfarbenen Flecken ge- 
zeichnet. Alpinia vittata, eine perennirende, buntblätterige Art der 


0 


Südseeinseln. Die 6 bis 8 Zoll langen, oben in eine Spitze auslau- 
fenden Blätter sind blassgrün mit breiten, dunkelgrünen Streifen und 
von der Mittelrippe ausgehend längs den Adern vorlaufenden weissen 
Linien. Aralia Guilfoylei stammt ebenfalls von den Südseeinseln. 
Bei buschigem Habitus hat sie gefiederte Blätter an langen, geraden 
Blattstielen. 


Bignonia reticulata ist eine Schlingpflanze aus Neu-Granada mit 
saftgrünen, hübsch netzartig gezeichneten Blättern. 

Bomaria bogotensis ist, wie der Name sagt, aus Bogota ein- 
geführt und bildet eine elegante Schlingpflanze für das Kalthaus. Die 
Blüthen sind hängend, die Sepalen karmoisinroth, schwarz gefleckt. 

Copernicia (Corypha) cerifera ist eine der Wachs liefernden Pal- 
men Brasiliens und in zahlreichen Reisebeschreibungen und dergl. 
wiederholt eingehend geschildert. Croton limbatum hat 7 Zoll lange, 
1% Zoll breite, linien-lanzettförmige Blätter. Dieffenbachia nobilis 
findet sich bereits in dem Garten des Herrn Killisch von Horn 
in Pankow. 


Dioscorea illustrata ist eine schöne kletternde Pflanze aus Rio 
Grande do Sul. Die obere Seite der Blätter ist hübsch gezeichnet 
und schattirt, die untere Seite purpurfarben. Doryanthes Palmeri 
soll zu den schönsten Pflanzen der Kolonie Queensland gehören, wo 
sie bisher nur an einer Stelle in den Gebirgen gefunden worden ist. 
Im Wuchs steht sie der bekannten D. excelsa nahe. Die Blüthen 
bilden eine pyramidenförmige Rispe von 12 bis 18 Zoll Höhe, sie 
sind roth, im Zentrum fast weiss. 


Dracaena compacta ist eine zwergige Art von den Samoaninseln. 
Die Blätter sind schmutzig olivengrün mit hellbronzenem Schein und 
rosafarbenen Strichen. 

Dracaena Fraseri von den Südseeinseln bildet ein Seitenstück 
zu D. regina. 

Eben daher stammt Dracaena ornata, die zu den kleiner blei- 
benden Arten gehört. Blätter 2 Zoll breit, Farbe bronzegrün mit 
rosafarbenem Rande. 

Grevillea Forsteri aus Australien hat den Habitus von G. ro- 
busta, soll schon als 2 Fuss hohe Pflanze blühen und hat schar- 
lachrothe Blüthen. 


— 326 — 


Iris tomialopha, harte Art aus China. Nidularium spectabile, 
eine Bromrliacee aus Südamerika, 

Passiflora eapsularis aus Bogota mit kleinen Blüthen, aber kar- 
minfarbenen Früchten. 

Phajus Berneyssii aus Australien ähnelt Ph. grandifolius, blüht 
gelb. 

Phyllanthus nivosus, eine von den Südseeinseln stammende 
Euphorbiacee. Die völlig entwickelten Blätter geben der Pflanze 
ein schneeweisses Ansehen. 

Tabernaemontana Wallichiana, ein hübscher, dankbar blühender 
Strauch aus Ostindien. 

Unter den übrigen Artikeln des vorliegenden Heftes heben wir 
noch hervor: „Einfluss der Pflanzenwalt auf die atmospärische Luft“ 
von Seuffert, der zwar nichts Neues bietet, sondern nur eine ge. 
schickte Zusammenfassung von schon Bekanntem, dessen Tendenz 
aber, auf die Wichtigkeit des Pflanzenlebens für das Thierleben hin- 
zuweisen, höchst beachtenswerth ist. 

— Das Maiheft des „Journal de la Societe centrale 
d’horticulture de France‘ enthält den Sitzungsbericht über die 
Maiversammlung des Vereins, einen bibliographischen Bericht, einen 
Bericht über die Nahrungspflanzen von Guyana, Berichte über die 
Arbeiten des Ausschusses für Blumenzucht, über Obstbau, über die 
permanente Konkurrenz von Früchten und über die Treiberei der 
Tomaten, endlich eine Uebersicht über die ausländische Fachliteratur. 

Die Bemerkungen über die Nahrungspflanzen von Guyana be- 
schäftigen sich mit der Kultur derselben; interessant ist die Angabe, 
dass die Tropenländer stärkemehl- und zuckerreiche Pflanzen in gros- 
ser Menge erzeugen, stickstoffreiche Pflanzentheile aber nur in ge- 
ringer Menge. Der Bericht über die Tomatentreiberei giebt eine 
Schilderung dieser Kultur zu Armainvilliers bei Paris, wo sie in ei- 
nem Warmkause betrieben wird. 

— Die Nr. 25 der „Chronique horticole‘ enthält unter An- 
derem einen kurzen Artikel über die „Kultur des Blumenkohls im 
Frühlinge‘“ im freien Lande. 

Der Same wird in der zweiten Hälfte des September in ein altes 
Mistbeet gesäet, und sobald die Pflanzen die nöthige Grösse erreicht 
haben, werden die Pflanzen in ein bedecktes Mistbeet oder unter 


—- 327 — 


Glasglocken versetzt, wo sie den Winter über bleiben. Man hat 
nur zu verhindern, dass die Pflanze vom Frost leidet, und dass sie 
durch Zuführung von Luft möglichst erstarke. Sobald sie das Be- 
streben zeigt, einen Kopf zu bilden, muss sie von Neuem verpflanzt 
werden, um die Vegetation zu unterbrechen. 

Im März, je nach dem Wetter etwas früher oder später, werden 
die Pflanzen in tief gegrabenes und reichgedüngtes Land versetzt, 
wo sie einmal behackt und bei trockenem Wetter reichlich bewässert 
‚ werden. 

Man erhält auf diese Weise einen wohlschmeckenden Blumen- 
kohl. Es eignen sich hierzu am besten der halbharte Blumenkohl 
und Lenormand. 

— Der 32. Bericht des thüringer Gartenbau-Vereins zu 
Gotha für die Jahre 1870 bis 1872 konstatirt, dass sich am 31. De- 
zember 1869 die Zahl der wirklichen Mitglieder ausser dem Schirm- 
herrn, Herzog Ernst von Sachsen-Koburg-Gotha, 2 ausserordentlichen 
Ehrenmitgliedern und 35 Ehren- und korrespondirenden Mitgliedern 
auf 112 belief; am Schlusse des Jahres 1872 bestand der Verein 
aus 2 ausserordentlichen Ehrenmitgliedern, 35 Ehren- und korrespon- 
direnden Mitgliedern und 117 ordentlichen Mitgliedern. 

Der Verein hält wie der Berliner Verein der Gartenfreunde, 
wöchentlich eine Sitzung; seit 1872 dient jedesmal die erste Sitzung 
im Monate geschäftlichen, die anderen sachlichen Berathungen. 

1870 hat der Verein ein Grundstück zur Einrichtung eines Obst- 
gartens angekauft, welcher einem praktischen Zwecke, der Ausbil- 
dung von Baumwärtern dienen soll. 

Im Jahre 1872 hat der Verein eine Obst-, Gemüse- und Blu- 
menausstellung veranstaltet, worüber der Bericht ein lesenswerthes 
Referat enthält. 

Nicht minder lesenswerth ist eine Denkschrift des Herrn C. A. 
Nattermüller über die „Vortheile des Obstbaues und seine Hebung“, 
mit besonderer Rücksicht auf das Herzogthum Gotha. 

Der Bericht legt ein gutes Zeugniss ab von der im Vereine 
herrschenden Rührigkeit. 

— Der Berliner Gärtner-Verein, welcher am 17. April 1868 
gegründet worden ist, hat in der Versammlung vom 15. März ein 
verändertes Statut angenommen. 


= 0 


Zweck des Vereins ist die Ausbildung seiner Mitglieder, Unter- 
stützung derselben in Krankheitsfällen und Vermittelung der Be- 
setzuug vakanter Gärtnerstellen. Bekanntlich bestehen für die letz- 
teren beiden Zwecke seit längerer Zeit Vereine für die landwirth- 
schaftlichen Beamten, die sich als recht nützlich erwiesen haben. 
Der betreffende Verein für die Provinz Schlesien verfügt bereits über 
ein Vermögen von mehr als 125,000 Thlr. 

Aueh dieser Verein hält wöchentliche Versammlungen. 

— Unter dem Namen Adiantum amabile befinden sich in 
den Gärten nach J. G@. Baker (Gardeners’ Chroniele, 1873, Nr. 24) 
zwei verschiedene, aus Mexiko und Peru stammende Arten, deren 
erstere längere Zeit bekannt und von Liebmann so benannt, dem 
A. glaucophyllum Hook. sehr nahe steht. Baker schlägt deshalb 
or, die von Moore zuerst beschriebene peruanische Art (Florist 
and Pomologist, 187?, S. 278) A. Moorei Bak. zu nennen. 

— Einem Berichte des Direktors der königl. Garten zu Kew 
entnehmen wir, dass letztere während des Jahres 1872 von 553,249 
Personen, 6000 mehr als 1871 besucht wurden. Besonders ist die 
Zahl der besuchenden Gärtner gewachsen, was der Direktor dem Um- 
stande zuzuschreiben geneigt ist, dass das Aufiinden der Namen der 
Farne und der krautartigen Dekorationspflanzen erleichtert worden 
ist. Es wäre zu wünschen, dass in allen öffentlichen Anlagen die 
einzelnen Pflanzen, wenigstens die grösseren, mit deutlichen Etiket- 
ten versehen würden. 


Tages-Ordnung für die Monats- Versammlung am 29. Juli: 


1) Geschäflliches. 
3; Bericht über die Ausstellung am Wildpark bei Potsdam. 
3) Mittheilungen über die ausgestellten Pflanzen. 
4) Ausbildung der Gartengehülfen. 
5) Vorträge aus der Mitte der Versammlung. 


Preis des Jahrganges 4 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als 
auch franco durch alle Postanstalten des deutsch-österreichischen Post- Vereines. 


Für Beiträge zur Monatsschrift wird Honorar gezahlt. 


Inhalt: Die 553. Versammlung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues 
in den Königlich Preussischen Staaten. - Streifzüge durch Wien. — Die 
alten Oelbäume von Blidah in Algerien. Mai 1872. Aus dem Französischen 
des Jean Chalon übertragen von Carl Bolle. — Der Kartoffelkäfer von 
Colorado. — Die Ausstellung des Pankow-Schönhausener Gartenbauvereins. — 
Der grösste Steckling. — Die Wurzellaus des Weinstocks, Phylloxera vastatrix. 
— Die W achsthumsbedingungen der Seestrandskiefer, Pinus Pinaster Sol. — 
Journalschau und Vermischtes. 


Monatsschrift 


des 
Vereines zur Beförderung; des Gartenbaues 
in den 


Königl, Preussischen Staaten 
für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redakteur: 
Dr. Filly, 


General-Secretair des Vereines. 


No. 8. Berlin, den 1. September. 1873 


Sendungen für den Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den 
Königl. Preussischen Staaten bitten wir an das Generalsekretariat, Ritter- 
strasse 52a in Berlin zu adressiren. 


IL II I LI I SL L TI 


Die nächste Monats-Versammlung des Vereins findet statt 
amı Dienstag, den 16. September er, Abends 5 Uhr, 

im Palmenhause des Königl. Botanischen Gartens. 

Die Tages-Ordnung ist am Schluss dieses Heftes mitgetheilt. 

Mit der Versammlung wird eine grössere Monats-Ausstellung verbunden sein, 
wozu eine grössere Summe zu Preisen zur Verfügung steht. 

Die Pflanzen können bereits Morgens 7 Uhr in das Succulentenhaus ein- 
geliefert werden. 


Die 554. Versammlung 
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 


in den Königlich Preussischen Staaten. 

(Abgehalten am 29. Juli 1873, Abends 5 Uhr im Palmenhause des 
K. botanischen Gartens.) 

Von den geschäftlichen Verhandlungen heben wir hervor, dass 
Gartenimspektor Gaerdt die in der vorigen Sitzung auf ihn ge- 
fallene Wahl dankend annahm. 

B 2 


IV 


— 330° — 


Der Vorsitzende gedachte des kürzlich verstorbenen königlichen 
Universitätsgärtners Sauer, eines der ältesten Mitglieder des Vereins, 
das bereits bei der ersten Ausstellung desselben thätig war. Der 
Verein ehrte sein Andenken durch Erheben von den Sitzen. 

Der Generalsekretär Dr. Filly hat auf das für das Amt eines 
Generalsekretärs ausgesetzte Gehalt Verzicht geleistet, dagegen ist 
ein Vereinssekretär angestellt worden. 

Dr. Filly berichtete kurz über Ausstellungen in Spaa und 
Bremen und über die Aroideen-Bastarde von L. Kellermann in 
Liesing bei Wien, worüber unter „Journalschau und Vermischtes“ 
Näheres sich mitgetheilt findet. 

Auf Antrag des Herrn Dressler wnrde beschlossen, einen 
Fragekasten einzurichten, auf Vorschlag des Vorstandes, in Rück- 
sicht auf die Wiener Ausstellung und den daselbst stattfindenden 
Kongress die August-Versammlung ausfallen zu lassen. 

Die mit der Versammlung verbundene Ausstellung war von zwei 
Ausstellern beschickt worden ; 

1. Vom Obergärtner König aus dem Garten des Geh. Kommerzien- 
rathes Raven€ war eine Gruppe von 14 grossen und präch- 
tigen Kultur- und Schaupflanzen ausgestellt worden und zwar 
6 Varietäten von Croton (longifolium, pietum, pietum verum, 
elegans, Hillianum, aucubaefolium), Alocasia cuprea, ein reich- 
blühendes Lilium auratum, Griffinia byaeinthina, 2 Cypripedien 
(barbatum grandiflorum und Veitchii), Aralia leptophylla und 
2 Dracaenen (Reginae und terminalis strieta). Der Aussteller 
wird über die Kultur der ausgestellten Crotons Mittheilung 
machen. 

2. Vom Obergärtrer Müller aus dem Garten-Etablissement von 
Metz & Comp. in Steglitz 9 neuere und neue Fuchsienvarietäten, 
22 ältere und neue Pelargorium zonale, 2 Varietäten von Pelarg. 
lateripes mit bunten, resp. dreifarbigen Blättern, eine Hemero- 
callis disticha fl. pl, eine Centaurea Clementii und 2 Iresine 
acuminata aureo-retieulata. 

Ausserdem hatte Hofgarten-Direktor Jühlke in Sans-Souci ein 
prächtiges Exemplar einer, Kronen - Kantalupe eingesendet, welche 
in der Melonerie vom Hofgärtner Buttmann gezüchtet worden. Die- 
selbe eignet sich auch zum Frühtreiben. 


— 331 — 


Die Pflanzen des Obergärtner König erhielten einen Preis von 
20, diejenigen des Obergärtner Müller einen solchen von 5 Thalern. 
Der Melone wurde eine ehrenvolle Erwähnung zuerkannt. 

Prof. Dr. A. Braun hielt einen eingehenden Vortrag über 
Beobachtungen an Syringa. Derselbe hat im königl. botanischen 
(arten eine Syringa entdeckt, die in den Blättern der S. chinensis 
sehr nahe steht, in den Blüthen aber von dieser Varietät ganz ab- 
weicht, vielmehr die Blüthen der Syringa vulgaris zeigt. Da die- 
selbe noch keinen Namen besitzt, hat er sie S. correlata genannt. 
Von der 8. chinensis behauptet man, dass sie niemals Früchte bringe, 
in ähnlicher Weise wie die thierischen Bastarde; Prof. Braun hat 
aber in diesem Jahre von einer S. chinensis 10 Früchte gesammelt, 
und ersuchte er deshalb die Mitglieder, genau Umschau zu halten, 
ob sie ähnliche Beobachtungen machten, und ihm Mit- 
theilung davon zu machen. 

Auffällig sei es ihm aber, dass allgemein angenommen werde, 
auch Syringa persica bringe keine Früchte, obgleich dies doch eine 
gute Art sei. Der Redner ging in seinem äusserst interessanten 
Vortrage des Näheren auf die verschiedenen Arten der Bastardbildung 
und auf den auch im Pflanzenreiche vorkommenden Atavismus ein. 

Mit Beziehung auf die erwähnte Unfruchtbarkeit der Syringa 
persica bemerkte Dr. Bolle, dass auch andere gute Spezies keine 
Früchte brächten, wie Robinia hispida und R. viscosa. 

Endlich hielt der Samenhändler Boese einen längeren Vortrag 
über seine gärtnerischen Beobachtungen auf einer Reise zur 
Wiener Weltausstellung, die mancherlei interessante Streiflichter 
warf. Die Monatsschrift wird den Vortrag ausführlich veröffentlichen. 

An seinen Vortrag knüpfte Redner den Wunsch, dass die Aus- 
steller über die von ihnen in den Vereins-Ausstellungen zur Schau 
gestellten Pflanzen schriftliche Mittheilungen über Kultur ete. machen 
möchten, welchem Wunsche allgemein zugestimmt wurde. 


HD 
DO 


—_— 332 — 


Bemerkungen über das fehlerhafte Tiefpflanzen 
der Topfgewächse, Bäume und Sträucher, 


veröffentlicht in der Allgemeinen Gartenzeitung von Otto 
und Dietrich im 12. Jahrg., No. 36, 1844. VonJul. Reinecke. 

Es sind heute bereits 29 Jahre verflossen, als ich obigen Artikel 
über diesen für die Gärtnerei höchst wichtigen Gegenstand veröftent- 
lichte, und da man noch heute hierin ebenso unrichtig als damals 
verfährt, so will ich es versuchen, meine langjährigen Erfahrungen 
hierüber dem Publikum mitzutheilen, um sie nochmals der Beach- 
tung desselben zu empfeblen. Zunächst sei es mir gestattet, den 
Artikel, welchen ich heute vor 29 Jahren schrieb, nochmals zu 
wiederholen. 

Er lautet: 

Verdient irgend ein Gegenstand hinsichtlich der Pflanzenkultur 
öffentlich besprochen zu werden, so ist es gewiss das fehlerhafte 
Tiefpflanzen der holzartigen Topfgewächse, sowie der Bäume und 
Sträucher, welche von der Natur nieht darauf angewiesen sind, am 
Stamme Wurzeln zu bilden. Die vielen bitteren Erfahrungen, welche 
ich seit einer Reihe von Jahren habe machen müssen und auch zum 
Theil Gelegenhelt hatte, in andern Gärten zu beobachten, veranlassen 
mich dazu, die Verkehrtheit und Mangelhaftigkeit dieser Pflanzungs- 
weise im Interesse des Gartenswesens zu beleuchten. 

Wenn man den anf den ersten Anblick eine unumstössliche 
Wahrheit zu enthalten scheinenden Grundsatz aufstellt, dass die 
Wurzel einer Pflanze unter jeder Bedingung in die Erde gehöre, so 
kann dies, so schroff hingestellt, eine Veranlassung zu zahlreichen 
und schweren Irrthümern werden, da nun Jedermann daraus schliessen 
muss, dass die Wurzel durchaus nicht blos liege, sondern überall 
mit Erde bedekt werden müsse. 

leh stelle dagegen die Ansicht auf, dass alle holzartigen Topf- 
pflanzen, Bäume und Sträucher durchaus so gepflanzt werden müssen, 
dass die oberen Wurzeln an der Basis des Wurzelstocks erhaben und 
über der Erde stehen, wie überhaupt Topfgewächse so zu pflanzen 
sind, dass sie höher stehen, als der Rand des Topfes, damit das 
Wasser nicht unmittelbar am Stamm herab in den Wurzelballen ein- 
zudringen vermag, vielmehr am Rande des Topfes einziehe. Nur in 


— 333 — 


seltenen Fällen wird bei einer solehen Vorsicht eine Pflanze übergossen 
werden oder bei heftig anhaltenden Regenwetter leiden, vorzüglich 
wenn für guten Abzug des überflüssigen Wassers Sorge getragen 
wird. 

Vielfache Erfahrungen haben mich belehrt, dass, wenn eine zarte 
Pflanze oft nur % Zoll zu tief gepflanzt war, selbige dadurch zu 
Grunde ging, indem die Rinde unter ungünstigen Verhältnissen, 
nämlich bei Feuchtigkeit der Erde und dann hinzukommender grosser 
Sonnenwärme, sich erhitzte und die Pflanze dadurch plötzlich abstarb. 

Ganz anders verhält es sich mit denjenigen Pflanzen, welche 
geneigt sind, am Stamme Wurzeln zu bilden, wie dies bei vielen 
krautartigen Pflanzen der Fall ist. Diesen giebt man dadurch, dass 
man sie tiefer pflanzt, mehr Nahrung, wodurch sie dann auf diese 
Weise eine grössere Menge Wurzeln bilden können. 

Beobachten wir die Natur, so zeigt sie uns überall in den 
Wäldern, wo Bäume aus den Samen von selbst aufgegangen sind, 
dass die Wurzeln immer unmittelbar über der Erde ihren Ursprung 
haben. Warum sollte. man diesen Wink der Natur nicht bei den 
so zarten Topfpflanzen benutzen und ihm so viel als möglich nach- 
zukommen suchen ? 

Selbst Bäume und Sträucher sieht man oft in Folge des zu 
tiefen Pflanzens absterben, und wenn sie sich am Leben erhalten, so 
gedeihen sie höchst mangelhaft, sind mehrfachen Krankheiten unter- 
worfen, wachsen nicht stärker, sondern sterben nicht selten bei hinzu- 
kommenden schädlichen Eimwirkungen ab. Häufig sieht man Obst- 
bäume, welche von einer Menge Rindenkrankheiten befallen werden; 
untersucht man nun die Sache, so ergiebt es sich gewöhnlich, dass 
sie oftmals über einen halben Fuss zu tief stehen. 

Bei den Topfgewächsen treten die Folgen des zu tiefen Pflanzens 
schneller ein; ist die Erde sehr durchnässt, und sind die Pflanzen 
der Sonne ausgesetzt, so sieht man nicht selten Pflanzen, die sonst 
wohl kräftig wachsen, mit einem Male plötzlich zu Grunde gehen. 
Die feine Rinde erhitzt sich, indem sie der unmittelbaren Luft ent- 
behrt, und die Folgen sind, dass die Pflanze nach oben und unten 
zugleich abstirbt und ohne Rettung verloren geht. Im Winter tritt 
derselbe Fall ein, denn nur zu häufig sterben die Pflanzen durch 
das Anfaulen der Rinde ab oder sind von ganz kurzer Dauer. 


—_ 354 — 


Nur höchst selten ist mir dahingegen eine Pflanze abgestorben, 
wenn sie so gepflanzt war, wie ich oben bemerkte. Wie viele der 
seltensten Eriken gehen nicht dadurch zu Grunde und mit den Le- 
guminosen, Epakrideen und andern ähnlichen zarten Pflanzen geht 
es nicht besser. Selbst Fuchsien, Pelargonien und andere derartige 
Pflanzen können es nicht vertragen, wenn der Wurzetstock oder die 
Basis des Stammes oft nur mit eimem halben Zoll Erde bedeckt 
wird. Bei einer solchen Behandlung sterben sie nur zu häufig in 
ganz kurzer Zeit. 

Es kann daher nicht genug empfohlen werden, und man sollte 
besonders darauf halten, holzartige, so wie jede andere zarte Pflanze, 
welche nicht geneigt ist, am Stamme Wurzeln zu bilden, jederzeit 
so zu pflanzen, dass die Basis des Stammes frei und die oberen 
Wurzeln sich über der Erde befinden. 

Man wird, wenn man auf diese Weise verfährt, nicht mehr so 
viel über das plötzliche Absterben und zu Grundegehen der Pflanzen 
zu klagen haben, sondern die seltensten Pflanzen mit mehr Glück als 
bisher kultiviren können. — 

Es sind jetzt, wie gesagt, 29 Jahre verflossen, als ich obigen 
Artikel über diesen für die Gärtnerei höchst wichtigen Gegenstand 
veröffentlichte. 

Man sollte meinen, dass in der langen Zeit von 29 Jahren be- 
züglich des richtigen Pflanzens der Topfpflanzen, Bäume und Sträucher 
kein Zweifel mehr obwaltete, allein man würde sich sehr irren, wenn - 
man dies annehmen wollte. 

Noch heute scheint die Mehrzahl derjenigen Personen, welchen 
das Pflanzen der Gewächse obliegt, denselben Fehler zu begehen, 
und es ist traurig genug, sehen zu müssen, wie gedankenlos mit 
dem Verpflanzen der Bäume, Sträucher und Topfpflanzen überhaupt 
verfahren wird. 

Noch heute ist die Klage über das häufige Absterben junger 
und alter Bäume und Topfpflanzen allgemein, ohne dass man den 
Grund davon erkannt hat. Man steht dem Walten der Natur rath- 
los gegenüber. Man versucht alles Mögliche und findet nichts. 

Man gehe nur in den Wald und beobachte die wild aufgekeim- 
ten Bäume und Sträucher, und man wird gleich gewahr werden, 
dass diese ausserordentlich gut gedeihen, wo hingegen die mit einem 


— 3355 — 


scheinbaren Aufwande grosser Kunst und Einsicht verpflanzten Bäume 
und Sträucher etc. ete. grösstentheils sehr kümmerlich gedeihen. 

Jeder Gärtner hat wohl Gelegenheit zu sehen, wie die reifen 
Früchte der Kastanien abfallen, dass später abfallende Laub dieser 
Bäume den Samen derselben bedeckt, und dass bei kommenden 
warmen Frühlingswetter diese Samen keimen und die jungen 
Kastanienbäume herrlich gedeihen, und dabei sieht man stets an der 
Basis des Wurzelstocks eine Verdickung über den Boden, ein Zeichen, 
dass man diese Stelle stets beim Verpflanzen wieder so herstellen 
muss, wie es die Natur uns zeigt. 

Verpflanzt man nun diese so aufgekeimten Bäume, so wird, ihnen 
ein grosses Loch gegraben, gute Erde hineingethan und so der junge 
Baum hineingepflanzt. Dies ist so weit recht gut und zu empfeh- 
len. Aber hierbei begeht man nun den Fehler, der alles verdirbt 
und zu nichte macht. Man hat nicht berücksichtigt, wie tief der 
lockere Boden sich setzt, man hat nicht Sorge getragen, dass der 
Baum oder Strauch in der lockeren Erde so zu stehen komme, dass 
die Basis des Wurzelstocks über den -Boden hervorragt, d. h. der 
Baum soll mit seiner Wurzelbasis immer höher stehen, als der harte 
Boden der nächsten Umgebung ist. 

Ich habe oftmals Gelegenheit gehabt zu sehen, wie so gepflanzte 
Bäume mehr denn einen Fuss zu tief standen, in Folge dessen krank 
wurden und abstarben. Mit andern Waldbäumen als: Koniferen, 
Eichen, Linden, ete. etc. geht es ebenso. Man sehe nur zu, wie 
viele Nachpflanzungen alljährlich gemacht werden müssen, welche 
grossen Kosten dieses Alles verursacht, und man wird begreifen, wie 
dies vermieden werden könnte, wenn man es so machte, wie es uns 
die Natur allein zeigt. 

Mit den seltenen Topfpflanzen geht es nicht anders, diese ster- 
ben noch viel schneller ab. Wo sind die schönen Eriken, Epakri- 
deen, Leguminosen ete. alle geblieben, welche früher mit so vielem 
Glück kultivirt wurden? 

Nur einem die Natur scharf beobachtenden Pflanzenkultivator 
konnte es während einer langjährigen Praxis beschieden sein, die 
Fehler zu entdecken, welche beim Verpflanzen der Gewächse gemacht 
wurden. Wäre es so leicht gewesen, so würde wohl ein Anderer 
seit 29 Jahren die Beobachtung gemacht und veröffentlicht haben; 


— 336 — 


denn seine eigene Veröffentlichung hat nichts geholfen, man hat sie 
entweder nicht gelesen oder wieder vergessen oder mit Misstrauen 
aufgenommen. 

Möge man ihr jetzt, da die Nichtbeachtung ale el Schaden 
mit sich geführt hat, die im eigenen Interesse gebotene Aufmerksam- 
keit schenken, um nicht nach abermals 29 Jahren wieder da zu 
stehen, wo man heute steht! 

Berlin, im August 1873. Julius Reinecke. 


Die Feinde der Rosen-Kultur. 
E 


Unsere edelste Blume, die Rose in ihren Hunderten von Spiel- 
arten, ist den ‘Verheerungen der mannichfaltigsten Insekten und Wür- 
mer ausgesetzt Nicht allein findet man an ihr Zerstörer, welche sie 
ganz oder theilweise des Blätterschmuckes berauben, man entdeckt 
an ihr auch sehr häufig winzige Feinde, welche das Aufblühen der 
Knospen auf jede Weise zu zerstören und zu verhindern wissen, den 
Ertrag ganzer Rosengärten in Frage stellen und oft genug den Ro- 
senzüchter zur Verzweiflung bringen können. Schon mehrmals wurde 
ich von dem einen und anderen Gärtner angegangen und befragt, 
wenn sich die verschiedensten Insekten an seinen Rosen letzten und 
‘ die Leute sich nicht zu helfen wussten, weil Unwissenheit in Bezug auf 
die Verwandlungszustände sie entweder zu verkehrten Vorbeugungs- 
und Vertilgungsmitteln schreiten liess, oder weil sie die richtigen 
Mittel falsch anwendeten. Ich will mieh nun in Folgendem bemühen, 
den Gärtnern und Gartenliebhabern eine möglichst gedrängte Ueber- 
sicht über die Feinde der Rosen zu geben und zugleich die wichtig- 
sten Vertilgungsmittel, deren Anwendung (es sei hier ein für alle 
Mal gesagt) nur dann rationell genannt werden kann, wenn sie mit 
Berücksichtigung der verschiedenen Lebensstände gehandhabt wird, 
aufführen. 

1) Käfer. Ausser dem Mai-, dem grossen und kleinen Juni- 
käfer (Melolantha vulgaris, Rhizotrogus solstitialis und Phyllopertha 
horticola), welche sowohl Blätter als Blüthen zerstören und sich nur 


— 3370 — 


durch Abschütteln und Ablesen (namentlich an kalten, feuchten 
Tagen) entfernen lassen, ist namentlich ein Schnellkäfer (Lacon mu- 
rinus) ein sogenannter Schuster, der, wenn man ihu auf den Rücken 
legt, sich durch mehrmaliges Knipsen mit dem Thorax wieder auf 
die Füsse zu helfen weiss, der Rosenkultur häufig schädlich gewor- 
den. Die Larve, welche dem allbekannten Drahtwurm, entfernt ei- 
nem Mehlwurm, ähnlich ist, beisst nämlich die Stengel, welche 
Knospen tragen, dieht unter den Knospen ab, so dass ein von die- 
sen Larven in Arbeit genommener Rosenstrauch zuweilen über Nacht 
seine sämmtlichen Knospen verliert. Die Larve zeichnet sich durch 
einen harten, gepanzerten, walzenförmigen Leib aus, ist gelb, zuwei- 
len bräunlih gefärbt und unterscheidet sich vom Mehlwurm, der 
einen gewölbten Kopf hat, durch einen flachgedrückten Kopf. Sie 
hat sechs kurze, einklauige Beine und benutzt zur Fortbewegung 
den röhrenförmigen After, den sie vorstülpen kann. Das vollkom-. 
mene Insekt ist braunschwarz, mit hellerer oder dunklerer grauer 
Behaarung, dreieckiger Stirn und gelben Fühlern, die an der Wurzel 
schwarz gefärbt sind. Die Beine sind rothbraun. Der Käfer ist 
6—7 Linien lang und treibt sich Sommers auf Blüthen und Gläsern 
umher. Um die Verwüstungen der Larve zu beschränken, die 
glücklicher Weise nicht alljährlich schädlich wird, muss man fleissig 
absuchen, eine Arbeit, die nicht Jedermanns Sache und sehr mühe- 
voll, aber ohne Zweifel lohnend ist. 

Das so schädliche Heer der küsselkäfer (Gureulionidae) lie- 
fert auch für die Rosenkultur sein Kontingent, und da steht denn 
oben an der sogenannte Pflaumenrüsselkäfer (Magdalis pruni), dessen 
beinloses, 1°,- 2 Linien langes Lärvehen ausser der Rinde der Obst- 
bäume auch die der Rosen heimsucht, unter welcher sie wohnt, 
minirt und schmarotzt, bei einiger Häufigkeit auch manche Pflanze 
absterben macht. An dieses Geschöpf lässt sich ebenso schlecht 
kommen, als an die Larve eines grösseren Rüsselkäfers, des soge- 
nannten Naschers (Otiorhynchus ligustici), die im Marke der Rosen- 
zweige lebt. Geht eine Rose in kurzer Zeit ohne jede äussere Ur- 
sache ein, so kann man beinahe stets mit Bestimmtheit auf die 
Gegenwart der Larve von 0. ligustiei rechnen. Den Käfer findet 
man häufig auf den verschiedensten Pflanzen. Er überwintert und 
wird im ersten Frühjahre unter Steinen, unter Moos ete. gefunden. 


— 553 — 


Bei einer Lange von 4—5 Linien ist er schwarz gefärbt, mit grauen 
Schuppen bedeckt. Der gekielte Rüssel zeigt eine erhabene Mittel- 
linie. Das Halsschild ist stark, die Flügeldecken nur schwach cha- 
grinirt. Wahrscheinlich im Juni bohrt das Weib vermittelst des 
Rüssels ein Loch in junge Rosentriebe und legt in die Bohrstelle 
ein Ei. Letztere vernarbt. Gleichzeitig will ich hier noch eines Rüssel- 
käfers gedenken, der auch in Deutschland vorkommt und in Newman’s 
Entomologist für England als Otiorhynchus scabrosus beschrieben ist, 
ein Rüsselkäfer, der, wie Newman bemerkt, ein so hartes Röcklein 
hat, dass es sehr schwierig ist, ihn zu zerquetschen. Dieses schädliche 
Insekt ruht am Tage in der Erde und kriecht erst mit Anbruch 
der Dunkelheit auf hochstämmizge Rosen. Hier benagt er die Rinde 
einjähriger Triebe und zieht namentlich solche vor, die auf einige 
Zoll Länge zurückgeschnitten sind. Manchmal frisst er kreisförmige 
Flecken in die Rinde, oft nagt er auch nur hier und da, so dass 
der Zweig sich bei der Berührung rauh anfühlt. Es giebt nach 
Newman mur ein Mittel zu seiner Verminderung, das ist das 
Ablesen, ein langweiliges, aber wirksames Verfahren. Zu diesem 
Zwecke soll man sich mit einer Laterne und einem Kübel heissen 
Wassers bewaffnen, die Käfer des Abends einzeln, vorsichtig, jede 
Erschütterung thunlichst vermeidend, (da sie sich sonst fallen lassen) 
ablesen und in das heisse Wasser werfen. Ich zweifle keinen Augen- 
blick daran, dass ausser der einen Art O0. scabrosus noch manche 
andere aus dem Geschlecht Otiorhynchus schädlich werden, da man bei 
uns viele dieser Nager Nachts auf Weissdorn- und Rosenhecken 
finden kann und der nächtlicher Weile angerichtete Schaden viel- 
leicht anderen Insekten zugeschrieben wird Der allgemein bekannte 
Rosenkäfer (Cetonia aurata) wird wohl kaum den Rosen ‚schädlich. 
Viel wahrscheinlicher ist es, dass dieses prachtvolle Insekt die Blü- 
then zu seinem Nachtquartier aufsucht. 
Linderhöhe bei Köln. 
Dr. Kalender. 


— 339 — 


Die Bewegungen der Chlorophylikörner 
unter dem Einllusse des Lichtes. 


Man weiss, dass die grüne Substanz oder das Chlorophyll, wel- 
ches die Pflanzenblätter färbt, sich in Form von Körnern zeigt, die 
sehr zahlreich im Innern der Pflanzenzellen enthalten sind. — Schon 
vor mehreren Jahren hat ein deutscher Beobachter, Böhm, veröffent- 
licht, dass er diese Körner bei den Crassulaceen sich unter dem Ein- 
flusse des Sonnenlichtes in der Mitte der Zellen anhäufen sah. — Diese 
Beobachtung blieb isolirt, bis ein russischer Gelehrter, Famintzin 
ebenfalls unter dem Einflusse des Lichts ausgeprägte Bewegungen 
der Chlorophylikörner in den Blattzellen eines Mooses (Minium) 
beobachtete. Sein Landsmann Borodine bestätigte und erweiterte 
diese Entdeckung. 


Nichtsdestoweniger wurden diese Beobachtungen in Frankreich, 
we sie bisher noch nicht gemacht worden, mit einer gewissen Reserve 
aufgenommen. Prillieux fand, dass sie richtig seien und beschreibt 
die Art und Weise dieser Bewegungen. Zur Untersuchung diente 
ihm ebenfalls ein Moos, die Funaria hygrometriea, welche er deshalb 
ganz besonders für seinen Zweck geeignet hält, weil man das Innere 
der Pflanzenzelle beobachten kann, ohne ihre normalen Lebensbedin- 
gungen zu alteriren. 


Die Blätter bestehen aus einer einzigen Zellenlage; man kann 
eins im Ganzen auf den Objektträger des Mikroskopes legen und 
sehen, was im Inneren der Zelle vorgeht Die Chlorophylikörner 
markiren sich ganz exakt, und man vermag an der lebenden Pflanze 
ziemlich lange den Einfluss des Sonnenlichtes zu studiren. 


Hat man eine Pflanze einen oder mehrere Tage im Dunkeln 
gehalten und bringt sie dann unter das Mikroskop, so bietet das 
Blatt den Anblick eines grünen Netzes, zwischen dessen Maschen 
ein klarer nnd durchseheinender Grund vorhanden ist, alle Chloro- 
phylikörper liegen an den Wänden, welche die Zellen von einander 
trennen. Man erblickt keines an der oberen und unteren Wand. 
Lässt man das Blatt längere Zeit unter dem vom Spiegel des Instru- 
mentes reflektirten Sonnenstrahlen auf dem Objektträger verweilen, 
so sieht man die Körnchen langsam von den Seiten- nach den Ober- 


— 340° — 


flächenwänden gleiten, woselbst sie sich ausbreiten und dann nur 
unbedeutende Bewegungen ausführen; die Pflanze muss dabei lebend 
und die Temperatur nicht zu niedrig sein. So bleibt der Anblick, 
bis Dunkelheit eintritt; alsdann kehren die Körnchen nach den 
Seitenwänden zurück, und das grüne Netz erscheint wiederum. 

Man kann diese Erscheinung auch Nachts hervorrufen, wenn 
man das Licht der Lampe abwechselnd einwirken und wieder ver- 
schwinden lässt; dann vollzieht sie sich etwa von 3 zu 3 Stunden. 

Jedenfalls spielt diese Wanderung der Chlorophylikörnchen eine 
bis jetzt noch nicht erkannte, aber sicher bedeutende Rolle. 

Auch E. Roze hat diese Erscheinung untersucht, welche ihm 
um so wunderbarer erschien, als noch kein Forscher davon eine 
Erklärung gegeben hat. Man könnte sich in der That fragen, ob 
die Chlorophylikörner, indem sie langsam an der Zellenwand hin- 
gleiten, selbstständig diese Ortsveränderung machen, oder ob sie 
einem ausser ihnen liegenden Anstosse folgen. Als Roze die Blätter 
von Funaria, vorzüglich die älteren bei ungefähr 5—600facher Ver- 
grösserung in sehr lebhaftem Lichte beobachtete, bemerkte er, dass 
jede Zelle ein durchscheinendes Plasma in Form sehr zarter Fäden 
aufweist, an deren Enden die Chlorophylikörner angereiht sind. Mit 
Hülfe der camera lucida konnte er leicht fesstellen, dass im Laufe 
einer halben Stunde eine merkliche Ortsveränderung mit diesen 
Plasmafäden vorging und nach einer Stunde ihre Lage schon eine 
ganz andere war, endlich auch, dass die Chlorophylikörner sie bei 
dieser langsamen Bewegung begleiten; letztere erscheinen demnach 
wie ein Anhängsel des Plasma, wenn nicht wie ein direktes Erzeug- 
niss derselben. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass die von Böhm, 
Famintzin und Borodine bei anderenPflanzen beobachteten Bewegun- 
gen der Chlorophylikörser eigentlich eine bewegung des Plasmas ist. 

Uebrigens hat auch schon H. Mohl in seiner vortrefflichen Arbeit 
über das Chlorophyll (Botanische Zeitung, 9. und 16. Februar 1855) 
ausgesprochen, dass die Chlorophy!lkörner mit dem Protoplasma der 
Zellen verbunden und grösstentheils in einer mueilaginösen, durch- 
scheinenden Substanz eingebettet sind, mit welcher in einigen Fällen 
z. B. bei Vallisneria und Ceratophyllum demersum sie sich in Strömen 
bewegen, aber in so langsamen Tempo, dass sie in einer Sekunde 
nur "aısco bis 4000 Linie zurücklegen. 


Wir wissen jetzt, dass (die Bewegung Folge eines speziellen 
Reizes ist, dass sie, wenn möglicher Weise auch nicht allein, doch 
meistentheils von Einflüssen des Sonnenlichtes abhängt. C.'F. 


Ueber die Färbung und das Krgrünen 
von Neoitia Nidus avis Rich. 


Es giebt bekanntlich nur wenige phanerorgamische Pflanzen, 
welche gar kein Blattgrün enthalten, und wenn dies der Fall ist, 
sind es Parasiten. Neottia Nidus avis Rich , eine auch in 
Deutschland verbreitete Orchidee, scheint hiervon eine bemerkens- 
werthe Ausnahme zu machen, da sie in allen Theilen bräunlich ge- 
färbt ist und nicht allgemein als ein Parasit angesehen wird. Wiesner 
hat jedoch die Entdeckung gemacht, dass sich die Pflanze, als er sie 
zur Konservirung in Alkohol legte, grün färbte, und dass echtes 
Blattgrün in Lösung ging, woraus er schloss, dass das Blatterün in 
derselben nur durch andere Stoffe verdeckt sei. 

Untersucht man ein Blumenblatt von Neottia Nidus avis unter 
dem Mikroskop, so findet man, dass die braune Farbe von langen, 
krystallinischen Nadeln herrührt, die unregelmässig in den Zellen 
vertheilt sind. Die Nadeln, sind meist dreikantig, die Kanten mehr 
oder weniger scharf; oft sind zwei Nadeln so verwachsen, dass sie 
vierkantige Krystalle bilden. Mit Zucker und Schwefelsäure befenchtet 
seben sie die Reaktion von Proteinkörpern, d. h. sie enthalten Stick- 
stoff. Sie verlieren ihre Kıystallform, wenn die Zelle, worin sie sich 
befinden, verletzt wird und Wasser hinzutritt; an ihre Stelle tritt 
eine feine körnige Masse. 

E. Prillieux hat nun gefunden, dass diese Substanz nicht blos 
in Alkohol, Aether, Benzin ete., wie Wiesner glaubt, sieh grün färbt, 
sondern auch in Säuren und Alkalien; selbst die Wärme bringt diese 
Veränderung hervor. Taucht man die Pllauze oder ein Stück der- 
selben in kochendes Wasser, so färbt sie sich sofort grün. Löst 
man den grünen Farbstoff in Alkohol .ete., so zeigt die Lösung alla 
optischen Eigenschaften einer Lösung von Blattgrün. 

Wenn man die Blüthe in den verschiedenen Entwiecklungsstäiien 


untersucht, so kann man die allmälise Bildung der braunen Kıvatill- 


—- 342 — 


nadeln verfolgen. In der jungen Knospe enthalten die Zellen nur 
Stärkekörnchen, wogegen man in den Knospen unmittelbar vor der 
Entfaltung die Stärkekörnchen von einer hellbraunen: Substanz ein- 
gehüllt findet; weiterhin nimmt die braune Substanz an Dicke zu 
und formt sich schliesslich zu den oben erwähnten Krystallen. In 
demselben Masse vermindert sich die Menge der Stärke, und in 
den voll aufgeschlossenen Blüthen findet man gewöhnlich in den 
Nadeln keine Spur von Stärke mehr. 

Prillieux wirft nun die Frage auf, ob sich das Blattgrün 
fertig gebildet in den krystallinischen Nadeln findet, oder ob es aus 
deren Substanz erst unter der Einwirkung der oben angeführten 
Agentien entsteht. Seine Versuche haben zu einem direkten 
Ergebniss nicht geführt; denn wenn er auch das Vorhandensein 
von Blattgrün in grösserer Menge nicht nachweisen konnte, so waren 
doch seine Versuche nicht dazu angethan, die gänzliche Abwesenheit 
festzustellen. Soviel ergeben indessen die Versuche mit aller Be- 
stimmtheit, dass, wenn überhaupt fertig gebildet vorhanden, die 
Menge des Blattgrüns zu gering ist, um eine wesentliche Rolle bei 
der Ernährung der Pflanze spielen zu können. Er ist deshalb ge- 
neigt anzunehmen, dass Neottia Nidus avis im Stande ist, aus den 
vorhandenen Pflanzenresten organisirte Stoffe aufzunehmen und zu 
verarbeiten (verdauen), dass die Pflanze zu den Parasiten gehört. 

Ir 


Das 50jährige Jubiläum des kaiserlichen 


botanischen Gartens in Petersburg. 
(Nach Regel’s Gartenflora.) | 

Am 4. April d. J. feierte der kaiserliche botanische Garten zu 
St. Petersburg das 50jährige Jubiläum seiner Umgestaltung eben in 
den „k. botanischen Garten.“ 

Ausser der offiziellen Feier ist von R. von Trautvetter für 
diesen Tag eine Geschichte des Garten auf Grundlage der vorhande- 
nen Aktenstücke bearbeitet worden, vom Direktor Regel ein Wege- 
weiser durch den Garten. | 

Der zuerst genannten, in russischor Sprache verfassten Schrift, 
sind nachstehende Angaben entnommen worden. 


— 7343 — 


Durch Ukas vom 11. Februar 1714 befahl Peter der Grosse, 
auf einer der Newainseln einen Garten zu schaffen zur Kultur der 
Arzneipflanzen, einen „Apothekergarten.“ Derselbe stand bis 1823 
in mehr oder weniger naher Beziehung zu den vorhandenen Bildungs- 
anstalten für Aerzte. Unter Anderen standen dem Garten vor Bux- 
baum, Siegesbeck, Falk, Rudolph und Stephan, die auch Vorlesun- 
sen in dem Garten hielten. Im angegebenen Jahre wurden darin 
1500 Arten lebender Pflanzen kultivirt, und besass er eine medizi- 
nische und eine botanische Abtheilung nebst einer Baumschule. Der 
jährliche Etat betrug nur 10,000 Rubel banco. 

Vom Minister des Innern Graf Pawlowitsch Kotschubei er- 
hielt Prof. Fischer den Auftrag, einen Plan für die Neugestaltung 
des Gartens zu entwerfen, und wurde der Plan vom Kaiser Alexan- 
der I. unter dem 22. März 1823 genehmigt: der Garten sollte 
fortan den Namen kaiserlicher botanischer Garten führen. Für die 
erste Anschaffung von trocknen und lebenden Pflanzen wurden 
100,000 Rubel bestimmt, für den Bau von Gewächshäusern und Be- 
amtenwohnungen 250,000 Rubel und zwar aus den Fonds der 
medico-chirurgischen Akademie. Als jährlicher Etat wurden 68,270 R. 
ausgeworfen. 

Schon im Mai 1823 übernahmen Prof. Fischer als Direktor, 
F. Faldermann als Obergärtner die Leitung des Gartens. 

Es wurden 3, je 720 Fuss engl. lange Gewächshäuser erbaut, 
das vorhandene ausgebessert und 1827 und 1828 noch einige klei- 
nere Häuser für die Kultur zarterer Pflanzen hergestellt. 

Dem Zwecke des Gartens, als wissenschaftlich eingerichtetes 
Zentralinstitut für Botanik zu dienen, entsprechend, wurden nicht 
blos die Sammlungen lebender Pilanzen vermehrt, sondern es ward 
auch ein Herbarium und eine Bibliothek angelegt; zum Unterricht der 
Studirenden der Medizin erhielt der Garten eine Abtheilung, in wel- 
cher alle Arzneigewächse kultivirt wurden. Der grössere Raum 
wurde als Park, als Arboretum, zu Baumschulen und zu Blumen- 
partien verwendet. 

Seit dem Jahre 1830 wurde der Jahresetat auf 123,000 Rubel 
banco erhöht, 1843 auf 54,045 Silberrubel festgestellt, wozu später 
2000 Rubel für einen Reisenden, 4000 Rubel für die 1346 erbauten 
Palmenhäuser kamen. 


—_ 344 — 


Fischer blieb bis 1852 Direktor, und ihm folgte C. A. Meyer, 
der 1855 starb. Jetzt wurde die Verwaltung von der wissenschaft- 
lichen Leitung des Gartens getrennt: erstere erhielt Baron von 
Küster, letztere Dr. E. Regel. 

Im Jahre 1863 wurde Geheimrath v. Trautvetter, der schon 
1838 dem botanischen Garten angehört und sodann eine Reihe ande- 
rer Aemter verwaltet hatte, beauftragt, ein neues Statut für den 
Garten zu entwerfen. Derselbe erhielt nach dem neuen Statut 1866 
die Stelle des Direktors, Dr. Regel ward Oberbotaniker und behielt 
die Leitung des Gartens und des Herbariums, während der Öber- 
botaniker Rosanow die Aufsicht über das Museum erhielt Endlich 
wurde auch der Akademiker ©. Maximowicz als Oberbotaniker 
angestellt und nach Rosanow’s Tode mit der Leitung des Museums 
beauftragt. 

Seit 1855 hat der Garten grosse Veränderungen erfahren: die 
alten Gewächshäuser wurden umgebaut, ein Glaspalast für Farne 
neu gebaut, der ganze Garten in einen einheitlichen Park verwan- 
delt, der die Wohnungen der Beamten und Gärtner enthaltende Hof 
von 5", Hektaren Grösse zu einem Parke mit chaussirten Wegen 
umgewandelt ete. 

Im grossen Parke wurde das Gemüseland in einen von dem 
Parke ganz getrenuten Theil verlegt, der daneben zur Kultur der 
Baumschulen, Fruchtbäume und Freilandfruchtpflanzen bestimmt ist 

Das Areal des Gartens beträgt etwa 27 Hektaren. 

Die Sammlungen der lebenden Pilanz n bestanden 

1823 aus 1500 Arten. 
ET 
a gel RN A 
18500, 12,061" N, 
1863 , 16,500 , 
IST 97173207 

Unter der Gesammtzahl der 1871 kultivirten Arten befinden sich 
unter anderen 827 Arten Farne, 1088 Orchideen, 240 Brome iaceen, 
350 Aroideen, 270 Palmen, 415 Koniferen, 787 Kakteen. 

Das Herbarium ist jetzt eines der reichsten in Europa. Das- 
selbe ist eine überaus nöthige Zugabe, da ohne ein solches die 
richtige Bestimmung der neu eingehenden Pflanzen kaum möglich 


we MAR "m 


sein würde. Letzteres ist aber eine der ersten Aufgaben der botani- 
schen Gärten, die leider oft genug vernachlässigt wird. 

Den ersten Stamm des Herbariums bildete das 1823 von Haupt 
angekaufte Herbarium sibirischer Pflanzen (1000 Arten). 1824 wurde 
das Herbarium des früheren Direktors Stephan nebst seiner Biblio- 
'thek angekauft, 1825 die berühmte Sammlung des Botanikers 
Eschscholz, aus Kamtschatka und der Laurentiusbucht stammend. 
Dann wurden angekauft die sibirische Sammlung von Gebler, das 
Herbarium (25,000 Exemplare) von Prof. Mertens in Bremen und 
das 10,000 Arten zählende Herbarium von Schrader. Nach 1855 
kamen an grösseren Sammlungen noch hinzu das Herbar des frühe- 
ren Direktors Fischer (60,000 Arten) und Ledebour’s russisches 
Herbar, ausserdem eine Anzahl kleinerer Sammlungen. Die spätere 
Anordnung und Bearbeitung des vorhandenen Materials lieferte durch 
Austausch jährlich 10,000 bis 20,060 trockener Pflanzen. 

Was die Zahl der vorhandenen Arten betrifft, so schätzte sie 
1850 C. A. Meyer auf 50,000, Meyendorff gab sie 1857 au 
100,000 an, dech dürfte diese Zahl kaum gegenwärtig erreicht sein. 

Unter den Einzelsammlungen sind als sehr bedeutend hervor- 
zuheben, das von Riedel und Langsdorff gesammelte Herbar 
Brasiliens und das von €. Maximowiez und Tschonosky gesam- 
melte japanische Herbar. 

Das botanische Museum genoss bis 1855 wenig Aufmerksamkeit 
Die Frucht- und Samensammlung zählte in diesem Jahre 11,462 
Nummern, 1856 geordnet aufgestellt 25,500 Nummern. Die Samm- 
lung von Hölzern ist nach dem Vaterlande geordnet, sie enthielt 1855 
nur 1450 Stück, 1863 schon 52,275 Stück und 1871 gar 59,047 
Stück. Die Sammlung fossiler Pflanzen betrug 1855 nur 270, jetzt 
1,906 Stück. 

Das biologische Laboratorium wurde 1868 eingerichtet und 
stand demselben zuerst der Pflanzenphysiolog Rosanow vor. 

Die Bibliothek ist sehr reichhaltig und enthält die wichtigsten 
Werke. 

Ein besonderer Vorzug des kaiserlichen botanischen Gartens be- 
steht darin, dass er heisende, besonders nach allen Theilen des wei- 
ten russischen Reiches aussendet, durch die er alljährlich reiche 
direkte Sendungen erhält. Von Reisenden, die ausschliesslich au 

23 f 


— 346 — 


Kosten des k. botanischen Gartens ausgesendet wurden, führt der 
Bericht 8 auf und zwar: Pomorzoff 1825 als Begleiter des Prof. 
E. J. Eichwald. 2. Dr. Killer als Begleiter des Kapitain Baron 
"Wrangel 1825—1827. 3. Johann Nep. Szovits 1827 —1830. 
AR Langsdorff und Riedel 1822—1834 in Brasilien. 5. N.S. 
Turezaninow 1830—1835, Südost-Sibirien. 6. A. J. Schrenk 
1837— 1844. 7. Fried. Kolenati 843—.845, Kaukasus 8.K. 
J. Maximowiez 1853—1857, Amurgebiet, und 1859 bis 1864 
‚Japan. 

Ausserdem zählt der Bericht eine grosse Zahl von Reisenden 
auf, mit denen der kaiserl. botanische Garten in dauernder Verbin- 
dung steht. 


Von Berlin über Prag nach Wien. 


Eine Reiseskizze.. Von E. Boese. 


In Nachstehendem will ich versuchen, wie es Herr Lorberg 
vor mir in dem letzten Hefte der Monatsschrift in seinem „Streifzüge 
durch Wien“ getlan, von dem, was ich in gärtnerischer Hivsicht 
gesehen und soweit es mir interessant scheint, niederzuschreiben. — 

Vielen der geehrten Leser werde ich nichts Neues bringen; doch 
ein Jeder sieht die Sachen von seinem Standpunkte an; dadurch 
aber wird ja gerade erreicht: „ein vielseitiger Vergleich mit unseren 
heimischen Verhältnissen“ wie in obengenanntem Aufsatze gesagt 
wurde. 

Von Berlin fuhr ich des Abends ab, um möglichst wenig Zeit- 
verlust zu haben und den nächsten ganzen Tag Prag, der Haupt- 
stadt Böhmens, widmen zu können. Morgens früh in Prag auge- 
kommen, machten wir, einige Freunde, die der Zufall mir zuführte, 
und ich, uns alsbald auf, um die Sehenswürdigkeiten der Stadt und 
wenn möglich auch einiges gärtnerisch Interessante zu sehen; dass 
wir dabei die verschiedenen Kirchen, die in seltener, prachtvoller 
Ausstattung, sowie die alte Synagoge, aus dem 6. Jahrhundert stam- 
mend, den berühmten Judenkirchhof ete besuchten, ist selbstverständ- 
lich; doch erst in der Praemonstratenser Bibliothek fand ich etwas 
höchst Interessantes Nachdem der uns führende freundliche Pater 
verschiedexe, höchst interessante Bücher, (darunter einige 4—5hun- 


— 347° — 


dert Jahre alte mit schön in den zarten Farben erhaltenen Initia- 
lien), Mineralien ete. gezeigt hatte und wir eben im  Begrifte 
waren, hinaus zu gehen, wurden wir von unserm freundlichen Führer, 
der wohl aus unserer Unterhaltung gehört hatte, dass wir uns für 
Botanik oder Gärtnerei interessiren, noch an einen Schrank gerufen 
mit der Frage, ob wir wohl schon ein Herbar gesehen hätten, in 
dem einer jeden Holzart ein Buch gewidmet sei? Sodann zeigte er 
uns aus Holz nachgeahmte Bücher in gross Octav, die Deckel zum 
Theil polirt, zum Theil unpolirt, jedes von einer anderen Holzart. 
Machte man das Buch, besser Kästchen auf, so fand mai darin mit 
Blättern versehene Zweige, Früchte ete. desjenuigen Baumes, aus dessen 
Holz das Buch gefertigt war, in der Art also, was man in einem 
Herbar ein vollständiges Exemplar nennt. Auf dem Rücken des 
Buches war an der Stelle, wo sonst der Titel desselben angebracht 
ist, der botanische ünd deutsche Namen des Gehölzes. — Wir möch- 
ten glauben, dass eine Holzsammlung, auf diese Weise angelegt, in- 
struktiver wäre als jene, worin nur zum Theil polirte Holzklötze 
aufgestellt werden. Dass die Herstellung einer solchen Sammlung 
freilich mehr Mühe und Kosten verursacht, ist andererseits nicht zu 
verkennen. — 

Darauf führte uns unser Weg nach dem Hradschin, dem berühm- 
ten alten und wirklich schön gelegenen Sitze früherer böhmischer 
Könige. Die einzelnen, theils wirklich kaiserlich ausgestatteten Räume, 
wie der Tanz- und Speisesaal, oder die alten historisch wichtigen 
Räume zu beschreiben, liegt mir fern, wohl aber kann ich nicht 
unterlassen, des prachtvollen Panoramas zu gedenken, welches man 
aus den sogenannten Rathszimmer, aus dessen Fenster die vielgenann- 
ten zwei Rathsherren (Martinitz und Slavata) von den Protestanten ge- 
worfen sein sollen, geniesst. Unten liest ganz Prag mit seinen 
vielen Kirchen und anderen alten und öffentlichen Gebäuden; da- 
zwischen zieht sieh die Moldau wie ein breiter Silberstreifen, da und 
dort mit Bäumen bedeckte Inseln umtliessend; weit in der Ferne 
sieht man aufsteigende Höhen, rechts jenseits eines Thales den dicht 
bewachsenen und wie mir mitgetheilt wurde, mit Wegen durchzogenen 
Karlsberg mit der sogenannten Hungermauer und links die eine 
Höhe und deren südwestlichen Abhang deckende städtische Garten- 
anlage mit hier und dort hervorguckenden Baulichkeiten: Kafteehäusern, 


23 


= AO, 


Pavillon ete. — Der Blick von dieser Stelle des Hradschin ist bei 
guter Beleuchtung. die wir trotz grosser Hitze zum Glück hatten, 
so schön, dass man sich schwer trennen konnte. 

Der nächste Besuch galt dem Garten ete des vom 30jährigen 
Kriege her bekannten Grafen Wallenstein (man belehrte uns, dass 
eigentlich Waldstein richtig sei), Herzogs von Friedland. Für die 
jetzige Unterhaltung des Gartens scheint nicht zu viel gethan zu 
werden, wie das mit so vielen anderen a:ten Anlagen geht: ersicht- 
lich thut der vorstehende Gärtner Alles, was möglich ist. Die Anlage 
selbst ist in frauzösischem Style gehalten und muss zur Zeit, als 
der Herzog auf dem Gipfel des Glückes stand. wirklich prächtig 
gewesen sein: davon zeugen die Kaskaden, die jetzt freilich wasser- 
los sind und sich an einer Mauer bis zu einer Höhe von 50 bis 60 
Fuss erstrecken und von Epheu so überrankt sind, dass wenig davon 
zu sehen ist: ferner die nach den Garten offenen, riesigen Hallen ete. 
— Die hier angewandten Gehölze bieten keine grosse Auswahl, es 
sind nur allbekannte Sachen, meistens Linden, Kastanien, Ahorn; 
das Merkwürdigste von Allem ist der Epheu, welcher die vorher- 
genannte Mauer überdeckt, uud welcher Stämme von mehr denn 
0.25 m. Durchmesser hat. — 

Die städtischen Anlagen selbst, soweit ich dieselben sah, sind 
zweckentsprechend, bieten indess nichts Besonderes. Nur eins fiel 
uns auf, und dasselbe findet man auch in Wien und Umgegend, — 
das sind die vielfach als Allee-Bepflanzung angewandte Akazie 
(Robinia Pseudacacia), die überall einen so viel kräftigeren Wuchs 
und in Folge dessen auch eine viel grössere und dichtere Belaubung 
hat, so dass man nicht umhin kann, diesen Baum hier als sehr 
schön anzuerkennen. — 

Die nächste Nacht wurde wieder auf der Eisenbahn zugebracht, 
und war ich Morgens gegen 6 Uhrin Wien. Der erste Gang brachte 
uns selbstverständlich n ch der Weltausstellung. Die Gärtnerei ist 
hier, wo es sich darum handelt, dass sammtliche Völker der Erde 
wetteifern in gewerblicher Hinsicht so reichhaltig und so gut als 
möglich vertreten zu sein, eigentlich nur ein Stiefkind, ein Lücken- 
büsser, nur dazu dienend, die Plätze einzunehmen, die man ihr, als 
Aschenbrödel unter den Künsten, nur darum überliess, damit der 
grosse weite Raum doch nicht gar zu öde aussehe. — Wie uns von 


— 349 — 


vielen Seiten berichtet wurde, ist hier, wie sonst gewöhnlich von 
den meisten Architekten geschieht, mit einem wahren Vandalismus 
gegen den Bestand der Bäume auf diesem Theile des Praters vor- 
gegangen worden. Bei projektirten Bauten, bei denen es nicht darauf 
ankam, ob dieselben 50 oder 60 Fuss nach rechts oder links zu 
stehen kamen, sind die schönsten Bäume aus Gruppen der Axt ver- 
fallen, nur weil der Baumeister gerade an der Stelle den Bau pro- 
jektirt hatte; häufig mussten die schönen Bäume auch nur deshalb 
weichen, weil der Architekt meinte, sie störten die Ansicht der Facade 
seines Baues. — Es ist vorgekommen, dass der ausführende Gärtner, 
um einen oder einige Bäume zu erhalten, welche der Baumeister 
entfernt wissen wollte, sich an die höchste Instanz der Ausstellungs- 
Kommission wenden musste; in einigen Fällen glückte es, sie zu 
erhalten, und was geschieht nun? Derselbe, welcher früher auf 
Entfernung der Bäume bestehen zu müssen glaubte, ist nicht der 
letzte, welcher sich gern bei der in letzter Zeit in Wien herrschen- 
den Hitze im Schatten ihrer Krone aufhält und auch im Freundes- 
kreise anerkennt, dass die Facade seines Baues nicht gestört wird. 
— Möchten doch endlich die Herren Baumeister mehr Achtung vor 
den Bäumen bekommen und bedenken, wie viel Zeit, Mühe und 
Geld es kostet, um ein schattiges Plätzeheu zu bekommen. — Wäre 
es nicht richtiger, dass nur im äussersten Falle die Axt in Anwen- 
dung käme, um die Bäume und nur die zu entfernen, die dort 
stehen, wohin der Bau unabweislich zu stehen kommen muss; man 
schone die anderen so lange mit möglichster Sorgfalt, bis der Bau 
fertig, und nehme nun die, welche durchaus störend wirken, fort, 
nicht aber dass man, wie es selbst bei uns in Berlin bei Beginn 
des Baues des städtischen Krankenhauses im Friedrichshain gesche- 
hen ist, alles was Baum heisst, niederhaut. 

Wir bitten um die Nachsicht der geehrten Leser, ob dieser Ab- 
schweifung, aber die Frage ist zu wichtig, um sie nicht immer wie- 
der anzuregen. — 

Also zurück zum Aussteilungsplatz, wo uns, durchs westliche 
Portal eintretend, überall zu Gemüthe geführt wurde, mit welch‘ 
grosser Mühe und Sorgfalt man es dahin brachte, auf den baum- 
losen Plätzen wenigstens grüne Flächen, hier und da unterbrochen 
von eben angepflanzten duftigen Sträuchern und einigen Blumen, her- 


— 3550 — 


zustellen. Am besten noch sieht in dem Theile der Ausstellung, 
welcher den Maschinen gewidmet ist, der Rasen auf den Plätzen 
zwischen den Baulichkeiten aus, welche von dem deutschen Reiche 
hergestellt wurden. 

Mehr Freiheit hatte der Gärtner auf dem weiten Raume vor 
der Vorderfront des Hauptausstellungsgebäudes, dessen Mittelpunkt 
die viel besprochene Rotunde bildet. Die Anlage selbst ist in 
regelmässigem Style ausgeführt, grossartig aufgefasst und auch recht 
gut gehalten. Die meisten der angepflanzten kleineren Gehölze, die 
Blattpfanzen und Blumengruppen sind zugleich Ausstellungsgegen- 
stände von verschiedenen Handelsgärtnern. Besonders interessirte 
uns die aus rothhlühenden Kastanien mit Stämmen bis zu einem 
Fusse Durchmesser bestehende, im rechten Winkel vom Südportal 
des Ausstellungsplatzes auf die Rotunde führende Hauptallee und 
zwar deshalb, weil es selten gelingt, eine so grosse Zahl stariser 
Bäume wie hier ohne Verlust zu verpflanzen, und dass ein Baum 
wie der andere kräftig belaubt dasteht. Wie wir hörten, soll dieser 
Theil der Gartenanlage mit der Rotunde dem Prater erhalten bleiben. 
wodurch letzterer nur gewinnen kann. 

Wie allgemein bekannt, haben sich die Völker der Erde. in 
Wien mehr als in Paris 1867 an der Ausstellung betheiligt, unter 
andern hat sich Japan ganz besonders auch in gärtnerischer 
Hinsicht hervorgethan, nicht nur. dass es eine grosse Zahl Gehölze, 
die ihm eigenthümlich, eine grosse Zahl Zwiebelgewächse, besonders 
Lilien, mitbrachte, sondern es zeigt uns auch eine Miniatur- 
Gartenanlage, die gewiss Jedem, der sich für Landschaftsgärtnerei 
interessirt, in die Augen fallen wird. Auf einem kleinen Raume 
von kaum 30 Schritt Quadrat haben die Japaner mit bewunderns- 
würdiger Geschicklichkeit einen Garten hergerichtet, der trotz des 
geringen Raumes, (wenn man sich die vielen Stein-Ornamente, 
angeblich dem religiösen Kultus gewidmet und die allerdings durch 
ihre Zahl etwas stören, wegdenkt), keineswegs kleinlich aussieht. 
Die Bewegung des Bodens ist eine recht gute. Auf dem höchsten 
Punkte steht ein Pavillon, rechts davon ist eine Felspartie mit 
Wasserfall: das Wasser breitet sich zuerst etwas mehr aus und 
bildet eine Art Teich, um nachher in einem verengerten Bette 
zwischen Steinen ete. weiter zu fliessen. Die Steinpartie, der 


—_— 351 — 


Wasserfall ete., sind mit vollendetem Geschick ausgeführt, und was 
dabei noch höchst interessant ist, die dazu verwendeten Steine, die 
grössten wie die kleineren, sind sämmtlich aus Japan mit herüber 
gebracht worden. Die hier verwendeten Pflanzen sind sämmtlich 
dem Lande eigene Arten, die uns wohl sämmtlich, doch wenig in 
den zwergigen Formen bekannt sind. Da sieht man z. B. Gingko 
biloba mit armstarkem Stamme und nur zwei Fuss hoch; eine 
Retinospora vier und mehr Fuss breit und kaum 2% hoch, indess 
schon sehr alt; eine niedrige Form der Spiraea callosa, nicht höher als 
einen Fuss und über und über blühend. 

Ein besonderer Theil des japanischen Gartens dient als Vorraths- 
raum, und hier ist die grösste Zahl der mitgebrachten Gehölze an- 
gepflanzt; leider ist auf der langen Seereise ein grosser Theil zu 
Grunde gegangen und der andere hat meistens so gelitten, dass Vieles 
erst jetzt (Juli) auszutreiben beginnt Ganz besonders zahlreich sind 
Lilien vertreten, die indess noch nicht in Blüthe waren. Trügen die 
kolorirten Abbildungen, welche meist die Japanesen zeigen, nicht, so 
müssen sich darunter für uns Europaeer wahre Wunder finden, denn 
es sind Zeichnungen darunter, die z. B. einem Lilium Takesimae 
oder L. lancifolium in der Form nahe stehen, doch ganz rosa sind. 
Hoffentlich erhalten wir noch Bericht darüber von denjenigen Herren, 
welche die Ausstellung später besuchen. Dann brachten die Japa- 
ner auch ein volles Sortiment der diesem Lande eigenthümlichen 
Arten mit, die aber auch erst auszutreiben beginnen, so dass man 
nicht erkennen konnte, ob ganz neue, uns noch nicht bekannte 
Formen darunter sind. 

Ganz in der Nähe der japanischen Abtheilung befindet sich auch 
der Theil des Ausstellungsplatzes, welcher für die internationalen Pflan- 
zenausstellungen reservirt ist. Leider fand in der Zeit unseres Dort- 
seins keine Ausstellung statt. Die Einrichtungen liessen freilich 
darauf schliessen, dass man gerade keine zu grosse Betheiligung -er- 
wartete; doch auch hier hoffen wir auf Berichte von denen, die zur 
Zeit der Ausstellungen dort sein werden. — Den Hof an dem ägyp- 
tischen Hause, welcher mit diesem Lande eigenthümlichen Pflanzen 
dekorirt ist, will ich nur beiläufig erwähnen; denn, da die Pfianzen 
zum grössten Theil sehr gelitten hatten, machte das Ganze keinen 
sehr erfreulichen Eindruck. 


— 3532 — 


Das brasilianische Kaiserreich hatte nicht weit von hier einen 
troekenen Stamm der Araucaria brasiliensis aufstellen. lassen von 
circa 100 Fuss Höhe. Man kann sich denken, wie majestätisch ein 
- soleher Baum im Vaterlande, freistehend erwachsen, mit seinem re- 
gelmässigem Wuchse und schönem Grün aussehen muss. 

Oesterreich, England, Frankreich und Deutschland haben jedes 
für sich einen Kaiserpavillon, ein Fürstenhaus, Kommissionshaus oder 
sonst wie genannt mit grösseren oder kleineren Gartenanlagen um- 
geben. Am besten angewachsen ist Alles um den österreichischen 
Kaiserpavillion, denn hier stehen die Gehölze schon im zweiten Som- 
mer. Das Ganze ist recht gut gehalten und hübsch mit blühenden 
Pflanzen dekorirt. 

Das französische Kommissionshaus war eben erst fertig _gewor- 
den, die inneren Räume, höchst geschmackvoll mit den schönsten 
Tapeten, Möbeln, Kronleuchtern ete. ausgestattet, daran anstossend 
ein kleiner Glassalon, worin man eben beschäftigt war, Pflanzen in 
freien Grund zu pflanzen und die Wände zu dekoriren. Es mag 
recht hübsch geworden sein, doch jetzt war noch wenig zu sehen, 
noch weniger aussen um den Pavillon herum.. 

Die Engländer haben ein grösseres Grundstück, es schien recht 
hübsch zu sein, doch war uns nicht vergönnt, einzutreten. 

Das deutsche Fürstenhaus liegt rund umgrenzt von der Rotunde 
und anderen Ausstellungsbaulichkeiten: man möchte sagen, es liegt ver- 
steckt. Hat man es aber endlich entdeckt, so findet man sich ordentlich 
wohl berührt. Ein Augenblick früher in dem Getümmel der eigent- 
lichen Ausstellung und jetzt hier an einem so ruhigen, traulichen Orte; 
man könnte meinen, mit einem Sehritte meilenweit gekommen zu sein. 
Der glückliche Zufall hat es hier unter Anderem gewollt, und der 
ausführende Gartenkünstler hat das Seine dazu beigetragen, dass 
einige Gruppen hoher Bäume, wenn auch meistens nur Pappeln, 
erhalten worden sind, die nun das Ganze bei der glühenden Hitze 
um so traulicher machten. Der Rasen in diesem sogenannten 
Fürstengarten ist der bestgehaltene, welchen ich in Wien zu sehen 
Gelegenheit hatte. Man hat überhaupt keine Mühen und Kosten 
gescheut, um gerade diesen Platz angenehm zu machen. Da sind 
sehr schöne Lorbeerbäüme, prächtige Koniferen, mit Blumen reich- 
besetzte Arabesken etc. Eins nur hätte ich gewünscht, dass man, 


—_— 35 — 


wo so viel angewandt wurle wie hier, auch schönen feinen Kies 
für die Wege beschafft hätte, und man nicht hier, wie überall im 
Ausstellungsraume und in allen Gärten Wiens, gezwungen wäre, 
auf dem abscheulichem Schodder, einem aus der Donau gebaggerten 
Grand, meistens aus Steinen von Haselnussgrösse und grösseren 
bestehend, herumzutreten. An dem Schuhzeuge bleibt dieses Material 
bei trockenem Wetter freilich nieht so hängen, als unser feiner 
Kies. — 

Was nun die anderen Objekte in der Ausstellung anlangt, so 
ist gerade nicht zu viel vorhanden, dessen Besprechung in diesen 
Blättern am Platze wäre. Unter den Maschinen könnte ich nur die 
verbesserten Grasmähemaschinen nennen, welche anstatt zwei, vier 
Messer haben und in Folge dessen eine viel gleichmässigere Schnitt- 
fläche herstellen und von einer amerikanischen Firma ausgestellt 
sind. Ferner verbesserte Gaskraftmaschinen von einer Deutz’er 
Firma, zum Ersatz von Dampfmaschinen, um Wasser zu heben, wo 
nicht ein sehr grosses Quantum nothwendig ist. 

Unter den grossen Massen von Sämereien, welche in den ver- 
schiedenen Abtheilungen für Landwirthschaft ausgestellt waren, habe 
ich Nichts gefunden, was besonderes hervorzuheben wäre, wenigstens 
fand ich nichts Neues. Interressant ist die fürstlich Schwarzen- 
bergische Kollektiv-Ausstellung, da sie ein getreues Bild giebt von 
dem, was die ausgedehnten Besitzungen der Fürsten Schwarzenberg 
leisten. 

Hier waren nicht nur die Getreidearten, Hopfen ete. trocken aus- 
gestellt, sondern von den auf den Gütern kultivirten Weizen und 
anderen Getreidearten, Hanf etc. waren von jeder eine kleine Par- 
zelle bepflanzt, die in bewundernswerther Ueppigkeit gediehen. 
Solche Ausstellung macht viel Mühe, doch ist sie dafür auch viel 
anregender. — 

Ferner befindet sich in der oesterreichischen Abtheilung eine 
grosse Zahl Weinstöcke von der Versuchsstation in Kloster-Neuburg 
in Glaskästen ausgestellt und in die verschiedensten Materalien ge- 
pflanzt, in Hobelspäne, in Thon, Humus, in zerkleinerte Kalksteine, 
in Schiefer, Marmor ete.; zum Theil waren die einzelnen Stein- 
stücke durchweg von der Grösse einer Kinderfaust, Es soll diese 
Ausstellung ein Bild geben, wie und in welchen Bodenarten der 


—_— 354 — 


Wein gedeiht. Ob diese Ausstellung, wie es hier geschehen, und 
wo die Pflanzen alle mit Wasser von gleichem Nährstoffgehalt ge- 
gossen werden, einen besonderen Werth haben, kann ich nicht be- 
urtheilen; dem Augenscheine nach möchte ich es verneinen.*) Hier- 
mit will ich meine Bemerkungen über die Aussellung beenden und 
noch darüber berichten. was ich sonst in und um Wien in den 
Gärtnereien sah. — (Schluss folgt.) 


Mittheilungen des Herrn Professor Braun 
über Syringa correlata A. Braun. 


Prof. Braun sprach im Gartenbau- Vereine über das Auftreten 
fremdartiger Sprosse, Blüthen, Früchte oder selbst nur einzelner Theile 
solcher, durch welches an demselben Pflanzenstock zwei oder mehrere 
Spielarten derselben Spezies, zuweilen sogar mehrere verschiedene Arten, 
nicht durch künstliche Verbindung, sondern durch natürliche Entwick- 
lung vereinigt werden. Die meisten derartigen Fälle gehören der soge- 
nannten Knospenvariation an, von der Darwin in seinem berühmten 
Werke (Variiren der Pflanzen und Thiere im domestizirten Zustande) 
zahlreiche Beispiele aufführt, und zu denen (als rückschreitende 
Variation) auch die häuflgen Fälle des vegetativen hückschlags aus 
Samen entstandener Varietäten in die Normalform gerechnet werden 
können, wie z. B. das Erscheinen einzelner grünblättriger Zweige 
an den rothblättrigen oder buntblättrigen Abarten mancher Bäume, 
ebenso das Erscheinen von Zweigen mit ungetheilten (normalen) 
Blättern an den schlitzblättrigen Abarten Auch die vegetativen 
 Rückschläge von Bastardpflanzen in die Natur der Eltern gehören 
hierher ; sie scheinen bei gewöhnlichen, durch Befruchtung entstandenen 
Bastarden äusserst selten zu sein; dagegen sind sie sehr bekannt 
hei dem durch Pfropfen entstandenen Cytisus Adami, bei welchem 


*) Derartige Versuche, richtig geordnet und gewissenhaft durchgeführt, 
haben allerdings einen hohen wissenschaftlichen und auch praktischen Werth 
und beschäftigen seit Jahren unsere agrikultur-chemischen Versuchsstatitionen. 
Ob es angezeigt erscheint, dieselben in natura auf Weltausstellungen vor- 
zuführen, ist eine ganz andere Frage. Resultate lassen sich daselbst kaum 
zeigen, und ohne mündliche Erläuterung sind solche Ausstellungen dem Laien 
ganz unverständlich. Die Redaktion. 


- 359 — 


durch die Rückschläge in Cytisus Laburnum und purpureus Stämme 
entstehen, an welchen drei Arten, die Bastardform und die zwei 
elterlichen Stammformen, vereinigt sivd. Wie Cytisus Adami 
verhält sich auch der unter dem Namen Bizzaria beschriebene 
Citrus-Bastard. Endlich ist noch zu bemerken, dass fremdartige 
Früchte auch durch Bastardbestäubung entstehen können, indem 
diese nicht blos auf die Nachkommenschaft, sondern auf die Frucht 
selbst, in welcher dieselbe erzeugt wird, einen Einfluss ausübt. 
Zuweilen wird hierbei nur ein Theil «er Frucht affızirt, so dass 
Früchte von gemischter Natur entstehen, jedoch in ganz anderer 
Weise, als die durch theilweisen Rückschlag von Bastarden erzeugten 
gemischten Blüthen und Früchte. Solche Fälle von Bastardfrüchten 
sind namentlich beim Mais, bei Aepfeln und bei Citrus beobachtet 
worden. 

An diese allgemeinen Bemerkungen knüpfte der Vortrageude 
eine in diesem Jahre an einer Syringa des K. botanischen Gartens 
gemachte Beobachtung an, auf die er die Versammlung besonders 
aufmerksam zu machen wünschte, und um Mittheilung etwaiger 
ähnlicher Wahrnehmungen bat. 

Die betreffende Syringa, welche der Vortragende mit dem 
Namen Syringa correlata belegte, scheint bisher mit S. Rothomagensis 
(dubia chinensis) verwechselt worden zu sein, mit welcher sie auch in 
der B’attbildung vollkommen übereinstimmt, von der sie aber in der 
Blüthenbildung sehr wesentlich abweicht. Bei S, Rothomagensis sind 
die Lappen der Blumenkrone, wie bei S. persica, flach ausgebreitet 
und zugespitzt, bei S. correlata dagegen konkav mit eingebogenen 
Rändern un? stumpf, wie bei S. vulgaris. An unserem Baume von 
S. correlata, dessen Blüthen fast weiss sind (worauf ein besonderes 
Gewicht nicht zu legen ist), erschienen nun und zwar in einer 
einzigen Blüthenrispe eine Anzahl abweichender Blüthen, welche von 
Weitem durch die lebhafte rothe Färbung kenntlich waren und bei 
näherer Betrachtung alle Merkmale der Blüthen von Syringa 
Rothomagensis zeigten. Zwei Blüthen waren sogar getheilt, halb 
Rothomagensis und halb correlata angehörig. Der Vortragende 
vermuthet nach einer im der Bonplandia von 1859 enthaltenen 
Nachricht, dass auch umgekehrt an Rothomagensis zuweilen Blüthen 
von 8. correlata erscheinen. Nach seiner Ansicht giebt es zwischen 


S. vulgaris und persica zwei verschiedene Bastarde, welche zwar 
in der Blattbildung die Mitte zwischen den Eltern halten, nicht aber 
in der Blüthe, indem der eine die Blüthenbildung von S. persica, 
der andere die von S. vulgaris besitzt, jeder von beiden in 
ausserordentlichen Fällen aber auch die Blüthen des anderen hervor- 
bringen kann. Schliesslich bittet der Vortragende um 
Nachricht, ob irgendwo in unseren Gärten Früchte von 
S. persica oder Rothomagensis beobachtet worden sind. 


“ 


Einige Bemerkungen über buntblättrige Erotons, 
Vom Obergärtner König. 


Es werden bis jetzt in den Gärten 21 Sorten buntblättrige 
Crotons kultivirt, von denen nachbenannte Sorten theils durch ihren Ha- 
bitus, theils durch das prächtige Colorit ihrer Blätter den Vorzug 
verdienen: 1) Üroton undulatum, 2) C Weissmanni, 3) €. 
Hookeri, 4) €. pietum, 5) pietum superbum, 6) ©. laeteum. 

Die Crotons sind nicht nur Zierpflanzen für das Warmhaus, 
sondern sie behaupten auch im Zimmer bei 15—16 Grad R. ihren 
Platz und schmücken das Blumenfenster durch das buntgefleckte 
oder gestreifte, glänzende Blatt wie sonst kaum eine andere Zimmer- 
pflanze. 

Ganz besonders interessant ist eine Zusammenstellung von Croton 
undulatum mit roth, €. Hookeri mit gelb, und €. lacteum mit weiss 
kolorirten Blättern Es ist Hoffnung vorhanden, dass diese 3 Sorten 
für die Zukunft sieh als gute und gesuchte Handelspflanzen ein- 
bürgern werden. 

Die Vermehrung der Uro‘ons geschieht, wie Vielen bekannt sein 
wird, durch Stecklinge, die zu jeder Jahreszeit in einem recht warm 
und feucht geha!tenen Warmhause gemacht werden könnnen 

Besonders gern scheinen die Stecklinge in Torfgruss zu wurzeln; 
solche von 1 jährigem Holze mit 5—6 Nebenzweigen wurzeln in 8 
bis 14 Tagen, während solche mit 1 Triebe von jüngerem Holze 8 
bis 14 Tage mehr Zeit gebrauchen, um sich zu bewurzeln. 

Die weitere Knltur der Crotons nach der Vermehrung ist die- 
selbe wie bei vielen anderen Warmhauspflanzen; nur muss man dazu 


DI) 
= ID sl 


eine besondere lirde präpariren, die aus gleichen Theilen Haide- 
und Wiesenerde, '/; Holzkohle und aus 5 Theilen Sand besteht. Das 
(semisch wird durch ein mittelfeines Sieb gerieben, darin gedeihen 
die Crotons ganz vorzüglich. 

Nachdem man den Crotons die ihnen am besten zusagende Erde 
und den im Verhältniss zur Pflanze passenden, jedoch nicht zu grossen 
Topf und einen angemessenen, recht hellen Platz ziemlich nahe am 
Fenster gegeben hat, bleibt noch eine der wiehtigsten Aufgaben: 
das Giessen. 

Die Crotons wollen mehr trocken als nass gehalten sein; denn 
es sind Beobachtungen gemacht, dass eine vertrocknete Pflanze sich 
wieder erholte, während eine wurzelfaule sicher zu Grabe getragen 
werden muss. 

Ein gefährlicher Feind der Crotons ist die sogenannte schwarze 
Fliege (Trips);wöchentlich dreimaliges Räuchern mit persischem In- 
sektenpulver vern’chtet dieselben auf 6 bis 8 Wochen. Schliesslich 
sei noch etwas über den Schnitt gesagt: Man soll die Crotons nicht 
kneifen oder stutzen; wenn man kräftige und schöne Pflanzen ziehen 
will, muss man sie jedes Jahr, am besten im Monat Juni, zurück- 
schneiden bis auf 5- 6 Augen von einem ljährigen Triebe. 

Die vorstehenden Zeilen sind nicht geschrieben, weil der Ver- 
fasser etwa glaubt, besonders Neues und Eigenthümliches bieten zu 
können, sondern nur deshalb, um die Fachgenossen zu veranlassen, aus 
ihren reicheren Erfahrungen hier Mittheilungen zu machen, einerseits, 
um den noch vorhandenen Mängeln in der Kultur abzuhelfen, an- 
dererseits, um das Interresse für diese hübschen Pflanzen zu er- 
wecken und rege zu erhalten. 


Die Bildung des Honisthau's. 


In „The Gardener’s Chroniele and Agrieultural Gazette, vom 
19. Juli 1873 theilt Herr Dr. I. D. Hooker folgende Beobachtungen 
wit über die Bildung des allgemein bekannten Houigthaus, der nameut- 
lich an den Blättern der Linde leicht beobachtet werden kann. 

„ich habe mit besonderer Sorgfalt im Verlauf dieser und der 
beiden vorhergehenden Wochen die erste Bildung des Honigthau’s 


auf den Blättern einer Linde beobachtet und mit grosser Befriedigung 
bemerkt, dass sein erstes Erscheinen von der Thätigkeit gewisser 
Insekten vollständig unabhängig ist: Mit der Zunahme und der 
grösseren Beständigkeit heissen und sonnigen Wetters werden die 
Blätter mit Einschluss der an den äussersten Zweigen befindlichen 
mehr und mehr vom Honigthau besprenkelt. Diese Sprenkel er- 
scheinen auf den etwas angeschwollenen Stellen zwischen den Adern 
und haben selten einen grösseren Durehmesser als ',, Zoll. Von 
dem ersten kräftigen Regenschauer wurden sie abgewaschen und 
erschienen wieder mit Rückkehr einer brennenden Sonnenhitze. Es 
war sehr schwierig, in der ersten Woche Blattläuse zu finden, und 
diejenigen, welche ich fand, waren sehr vereinzelt, wenig entwickelt 
und hielten sich beständig auf der Unterseite der Blätter auf. An 
den äussersten Zweigen, deren Blätter um einige Fuss von dem 
übrigen Laubwerke entfernt und die ebenso gesprenkelt waren, fand 
ich kaum eine Blattlaus. Während der letzten und der gegen- 
wärtigen Woche sind die Blattläuse zahlreicher geworden, sind aber 
noch verhältnissmässig selten und immer vereinzelt Für mich ist es 
demnach erwiesen, dass die Bildung des Honigthau’s unabhängig von 
der Thätigkeit der Blattläuse, vielmehr die Funktion einer Pflanze 
ist, die keineswegs von Insekten beeinflusst wird; immerhin muss 
man aber noch sehen, ob die Blattläuse nicht in einer späteren Pe- 
riode eine reichere Seeretion von Honigthau hervorrufen * 

Zur Lösung dieser Frage zitirt Edward Newman in seinem 
fachwissenschaftlichen Blatte „The Entomologist“ (Nr. 119, August 
1873) Kirby und Spence, welche in ihrer Einleitung in die Ento- 
mologie (Introduction to Entomology p. 210) Folgendes anführen: 

„Ohne Zweifel bemerkte der Leser schon auf den Blättern des 
Ahorns nnd vieler anderer Bäume jene Ausschwitzung, Honigthau 
genannt, in Betreit deren der gelehrte römische Naturforscher 
Plinius schwere Zweifel hegt ob er sie als Himmelsthau, Sternspeichel 
oder als eine Flüssigkeit, welche durch Reinigung der Luft entstanden 
ist, betrachten soll. Vielleicht bemerkte der Leser, dass es ein 
Sekret der Blattläuse ist, deren Exkremente einmal dazu priveligirt 
sind, in ihrer Zusammensetzung mit Zucker aus Honig in Süssig- 
keit und Reinheit zu wetteifern.“ Weiterhin sagen genannte Au- 
toren auf p. 83 desselben Bandes: „Diese Flüssigkeit, welche dem 


— 359 — 

Honig kaum an Süssigkeit nachstehen dürfte, fliesst in klaren Tropfen 
aus dem After dieser Insekten, nicht allein auf dem gewöhlichen 
Wege, sondern auch aus zwei borstenförmigen Röhren, die, auf jeder 
Seite eine, gerade über dem After stehen. Der Sauger dieser Thiere 
bleibt immer in die zarte Oberfläche des Blattes gesenkt, absorbirt 
dort ohne Unteryrechung den Saft, welcher durch das gauze Ver- 
dauungssystem zirkulirt und mit derselben Stetigkeit durch die ge- 
nannten Organe wieder abgegeben wird. Wird den Blattläusen nieht 
von Ameisen aufgewartet, so stossen sie den Saft durch eine Kon- 
traktion des Körpers, die in regelmässigen Zwischenräumen stattfi ndet, 
ruckweise auf einige Entfernung aus. Wenn aber Ameisen bei der 
Hand sind, die den Augenblick abwarten, in dem die Blattläuse 
besagten Saft von sich geben, so verschlucken diese ihn sofort.“ 

Hierzu bemerckt noch Edward Newmans aus persönlichen Er- 
fahrung: „Da ich oft Ameisen beschäftigt sah, wie Kirby und 
Spence dies beschreiben, oft beobachtete, wie die Blattläuse die 
Flüssigkeit von sich gaben; da ich ferner diesen Saft oft befühlt 
und geschmeckt habe und ihn stets süss fand; da ich endlich Honig- 
thau auf den Blättern in der Nähe soleher Scenen, wie die oben 
beschriebenen fand, so muss ich mich dagegen sträuben, eine langge- 
hegte Idee, dass nämlich der Honigthau von seinem ersten bis zu 
seinem letzten Erscheinen nichts Anderes als Blattlausexkrement ist, 
aufzugeben. Nichtsdestoweniger glaube ich, dass eine Behauptung, 
die dem bedeutenden Wissen aus den Erfahrungen eines Botanikers 
wie Dr. Hooker entsprang, mit aller Achtung aufzunehmen ist, auch 
wenn sie einmal vorgefassten Meinungen entgegenläuft.“ 

Ich glaube um so mehr den Anschauungen des Dr. Hooker 
beipflichten zu müssen, als auch ich schon vor Jahren den Honisthau 
auf Linde, Ahorn und Eiche (auf den Blättern des letzteren Baumes 
bildet er die Nahrung des Hirschkäfers, Lucanus cervus) fand, ohne 
Blattläuse in der nöthisen Anzahl entdecken zu können. Ich habe 
Linden ‚gesehen, deren Blätter von Honigthau förmlich kandirt 
waren. Mir scheint die Sekretion von Honigthau, wie sie zuerst 
stattfindet, eine Einwirkung übermässiger Sonnenhitze zu sein, 
dureh welche die Blattzellen und Drüsen, in einen krankhaften Zu- 
stand versetzt, diesen Thau ausschwitzen. Möglich, selbst wahr- 
scheinlich ist es, dass alsdann solche krankhaften Blätter gerade die 


— 360 — 


Blattläuse anlocken und zur Niederlassung veranlassen. Dann aber. 
ist es noch immerhin fraglich, ob der von den Blattläusen abgege- 
bene Saft identisch sei mit dem von der Sonne erzeugten Honig- 
thau. Die Zunge allein kann hier nicht entscheiden, die chemische 
Analyse muss zu Hülfe kommen. Erst dann wird wohl Klarheit in 
einer Sache werden, die trotz ihıer Alltäglichäeit noch keine richtige 
Erklärung gefunden zu haben scheint, | 
Linderhöhe bei Köln. Dr. Kalender. 


Ueber die Einwirkung verschiedener Düngemittel 


auf den Alkaloidgehalt der Chinabäume. 
(Von Broughton.) 


Welche Bedeutung die Düngung für den chemischen Bildungs- 
prozess der Pflanzen hat, wie durch sie die Erzeugung ganz bestimm- 
ter organischer Stoffe im Pflanzenorganismus beeinflusst wird, zeigt 
recht schlagend eine Reihe von Düngungsversuchen, welche in Indien 
in den dortigen englischen Cinchona-Plantagen unternommen wurden. 

Der Verf. verwandte zu seinen Versuchen schwefelsaures Am- 
moniak und Peruguano; die gedüngten Cinchoneen waren 3 Jahr alte 
Pflanzen von Cinchona suceirubra und Cinchona offieinalis. 

In der Periode von 1867—72 wurden Exemplare der letzt- 
genannten Abart mit Hofdünger versehen. Aus den Resultaten dieser 
Versuche ergeben sich nun ohne Weiteres eine Reihe interessanter 
Schlussfolgerungen. 

Zunächst wirkte die Form, in welcher der Stickstoff den Pflan- 
zen geboten wurde, wie es scheint verschieden auf Quantität und 
Qualität der erzeugten Alkaloide, und zwar ergaben sich, je nach 
der Abart der Pflanze, bei welcher die Düngung zur Verwendung 
kam, weitere beachtenswerthe Unterschiede. So betrug bei C. suceirubra 
die Erhöhung der Gesammtalkaloide durch die Düngung mit schwefel- 
saurem Ammoniak 2,36 pCt., die des Chinins um nur 0,87 pCt.:. 
durch Guano-Düngung dagegen wurden die Gesammtalkaloide um 
nur 0,51 pCt., das Chinin um 0,13 pCt. vermehrt. 

Bei Ü. oftieinalis veranlasste die Düngung mit schwefelsaurem 
Ammoniak eine Zunahme der Gesammtalkaloide um 1,22 pÜt, des 


— 31 — 


Chinins um 0,57 pCt. Bei der Düngung mit Guano ward eine Stei- 
serung des Gesammtalkaloidgehaltes um 2,53 pCt., des Chinins um 
2,01 pCt. herbeigeführt. 

Besonders merkwürdig war die Wirkung des Hofdüngers auf die 
Produktion der Alkaloide bei C. offieinalis. Die Gesammtmenge der- 
selben stieg um nur 2,81 pCt, die des Chinins aber um 4,75 pÜt., 
während das Cinchonin und Cinchonidin eine Verminderung um 
1,96 pCt. erfuhren. 

„Man sieht“, so schliesst der uns vorliegende Bericht, „welche 
Studien zur Aufklärung der Düngerwirkung noch erforderlich sind.“ 


Neue Kartoffeln in den alten. 


Von dem Direktor der landw. Lehranstalt in Hildesheim, 
Michelsen, geht uns nachstehende Mittheilung zu. 

In diesem Jahre zeigte sich hiersbelst sehr vielfach an den in 
Kellern und Kisten aufbewahrten vorjährigen Kartoffeln eine Er- 
scheinung, welche dem Unterzeichneten bis dahin unbekannt war, 
und welche auch älteren Landwirthen, wenigstens in ihrer diesjährigen 
Ausdehnung, nicht vorgekommen war. Die vorjährigen Kartofteln 
nämlich waren gespalten, und aus den Spalten schauten junge Kar- 
toffeln hervor. Diese jungen Kartoffeln entwickelten sich, zumal 
wenn nur eine derselben in der Mutterknolle sass, bis zu der Grösse 
eines Hühnereies. In welchem Umfange diese Erscheinung auftrat, 
ergiebt sich am besten daraus, dass z B. in der Familie des hiesigen 
Amtsraths R. zur Mittagstafel ein Gericht so gewachsener junger 
Kartoffeln servirt und sehr wohlschmeckend befunden wurde. — 
Um über diese Abnormität zu wissenschaftlicher Klarheit zu kommen, 
sandte der Unterzeichnete einige solcher alten Knollen mit junger 
Brut an die bekannte Autorität auf diesem Gebiete, Herrn Professor 
Dr. Julius Kühn, Direktor des Landw. Instituts an der Universität 
Halle, welcher in gewohnter Güte die nachfolgende Auskunft ertheilte: 
„Die eigenthümliche Abnormität der Kartoffel, wie sie die mir über- 
saudten Exemplare zeigten, habe ich nie in so reicher Menge beobachet; 
vereinzelt sind mir derartige Vorkommnisse früher schon begegnet. 
Das Einwachsen von Wurzeln junger Triebe oder Knollen in die 

24 


— 3562 — 


Mutterknolle kommt nicht selten vor, aber in allen Fällen, wo ich 
das beobachtete habe, ich nie ein Aufspalten der Mutterknolle wahr- 
genommen; es durchsetzt die Wurzel einfach mehr oder weniger tief 
das Mark der Knolle, und im Querschnitt einer solchen sieht man 
scharf den Umkreis der eingedrungenen Wurzel. — 4Wohl aber 
kommt es vor, dass der eigentliche Stengeltrieb oder Zweige des- 
selben (Stolonen) in die Mutterknolle eindringen und diese spalten. 
Eine solche Erscheinung liegt in den mir übersandten Exemplaren 
vor. Häufig bleibt ein solcher Stolone sehr kurz und schwillt alsbald . 
zur Knolle an seinem Ende an, so dass dadurch das Spalten hervor- 
gerufen wird. - Dann liegt der Spalt in der Nähe eines Auges. Es 
kommt aber auch vor, dass der Stolone einen Zoll und tiefer in die 
Mutterknolle eindringt, ehe seine Spitze zur Knolle anschwillt; dann 
kann der Spalt an der entgegengesetzten Seite der Knolle entstehen 
und reicht in solchen Fällen zuweilen bis in die Mitte der Mutter- 
knolle, wenn nur bis dahin der eingedrungene Stolone gelangte, ehe 
die Anschwellung der Knolle geschah. Der Spalt ist minder tief, 
wenn der Stolone, oft schon mehr oder weniger verdickt, bis über 
die Mitte eindrang, ehe die Spitze zur Knolle anschwoll. Ein Ein- 
dringen des Haupttriebes eines Auges in die Mutterknolle ohne Er- 
zeugung einer jungen Knolle habe ich einmal vor mehreren Jahren 
beobachtet. Der Trieb war von unten nach oben eingedrungen, er 
schien gekrümmt, etwas, aber abnorm verdickt und hatte auch ein 
Spalten der Mutterknolle hervorgerufen, deren Spaltränder aber 
weniger weit auseinander klafften, als es in solchen Fällen geschieht, 
wo junge Knollen sich bilden.“ 

Landw. Lehranstalt Hildesheim. E. Michelsen, Director. 


Pomologischer Kongress in Wien. 


Die unterzeichneten Vereine beehren sich, die Pomologen und 
Freunde des Obst- und Weinbau’s Deutschlands zu einem am 3. 
Oktober d. J. in Wien zu eröfinenden Kongress freundlichst 
einzuladen. 

Die während der internationalen Welt-Austellung zu jener Zeit 
stattfindenden, dem Gartenbau und der Obstzucht gewidmeten Aus- 


— 308 — 


stellungen dürften in anregendster Weise auf die Verhandlungen einer 
Zusammenkunft von Fachmännern wirken, welche noch in anderen 
Expositions-Gruppen die Bestrebungen und Ergebnisse einer national- 
ökonomisch so wichtigen Produktion zu verfolgen Gelegenheit haben 
wird. 

Das von der Wiener Gartenbau-Gesellschaft für diesen Kongress 
berufene Komite wird es sich zur besonderen Aufgabe machen, den 
Fachgenossen einen Zentralpunkt sowohl zur Besprechung wissen- 
schaftlicher Angelegenheiten als auch zur geselligen Vereinigung in 
den Lokalitäten der Gartenbau-Gesellschaft zu schaffen, und wird 
wie bei dem im August stattfindenden Gärtner-Kongresse, auch beim 
Pomologen-Kongresse bemüht sein, bei rechtzeitig erfolgter Anmel- 
dung den Theilnehmern Anweisungen auf vom Komite für sie ge- 
miethete bescheidene Wohnungen um den Preis von 2-3 Gulden pr. 
Tag zu übermitteln. In dieser Beziehung ist es unter den gegebenen 
Verhältnissen dringend nothwendig, dem Komite die Betheiligung an 
dem Kongresse, und im Fall der Reflektirung auf eine Wohnung den 
Tag der Ankunft sowie die Dauer des projektirten Aufenthalts vor 
dem 1. September d. J schriftlich kundzugeben. Zur Bestreitung 
der Unkosten, die dem Komite aus dieser Veranlassung sowie durch 
Feststellung der den Theilnehmern zu gewährenden Begünstigung er 
wachsen, ist die mit der Beitritts-Erklärung des Einzelnen verbundene 
Einsendung von 3 fl. Vest. Währ. — 2 Thlr. Pr. C., eine uner- 
lässliche Begingung, ohne deren Erfüllung die Zusendung einer Theil- 
nehmerkarte nicht erfolgt. | 

Diese Karte berechtigt zum unentgeltlichen dreimaligen Besuche 
der Weltausstellung und zur unentgeltlichen Fahrt nach Klosterneu- 
burg und Albern (Kaiser-Ebersdorf); die angestrebte Ermässigung der 
von den Eisenbahnen zu gewährenden Fahrbegünstisungen finden 
ohnehin durch die auf den meisten derselben eingeführten Separat- 
Personenzüge mit 40 pCt. Preisermässigung und mindestens 14tägiger 
Gültigkeitsdauer der Fahr- und Retourbillets statt. Karten zu dem 
am Schlusse des Kongresses stattfindenden Bankett sind am Abende 
des 2. Oktobers gegen Vorzeigung der Mitgliederkarte und Erlegung 
des betreffenden Betrages entgegen zu nehmen. 

Zuschriften, namentlich Anträge zum Kartenverkauf, die in nach- 
stehendem Programme berührten Vortrags-Anmeldungen u. s. w. sind 

24* 


1:7 


entweder an den Geschäftsführer des deutschen pomologischen Vereins, 
Dr. Lucas in Reutlingen, oder an die k. k. Gartenbau-Gesellschaft 
in Wien mit der Bezeichnung „Komite des pomolog. Kongresses“ zu 
richten. 


Programm 


für den in Wien stattfindenden Kongress deutscher 
Pomologen und Freunde des Obst- und Weinbau’s 1873. 


Am 2. Oktober: Abends 6 Uhr im Saale der Gartenbau-Gesell- 
schaft (Wien, Parkring Nr. 12.) Vorversammlung und Begrüssung 
von Seite der Gesellschaft. Wahl des Vorstandes. 

Am 3. Oetober: Besichtigung der Gartenbau- und Welt-Aus- 
stellung. Nachmittag um 5 Uhr im gedachten Lokale: Kongress. 
Tagesordnung: 1) Welche neuere Methoden sind in die Praxis 
des Obstbaues mit günstigem Erfolg in der neueren Zeit eingeführt 
worden? a) in der Veredlung, b) in der Erziehung junger Hoch- 
stämme wie Formbäume, e) in der Baumpflege. 3 Referenten: 1. 
Dr. Lucas, 2. Prof. Belke, 3. Obstbaulehrer Arnold von Trier. 

Am 4. Oktober: Besichtigung der Weltausstellung. Nachmittags 
um 5 Uhr Kongress. Tagesordnung: 2) Welche Aepfel- und 
Birnensorten (je 3—5 Sorten Herbst- oder Winterobst) sind in 10 
Hauptobstgegenden Oesterreich-Ungarns, welche durch Abgeordnete 
vertreten sind, besonders als Tafel-, Markt- und Handelsobst gesucht 
und verdienen in Bezug auf Gesundheit und gutes Gedeihen des 
Baumes, auf dessen Tragbarkeit, sowie in Bezug auf Schönheit und 
Grösse der Frucht für die genannten Zwecke empfohlen zu werden? 
3) Welche dieser Sorten empfehlen sich zu allgemeinem Anbau a) 
in warmen Obstbaugegenden (Weinbauklima), b) in gewöhnlichen 
guten Obstlagen (Wintergetreideklima), e) in höheren und rauheren 
 Obstlagen? 4) Welche neueren Sorten von Aepfeln und Birnen sind 
zu Tafel- und Marktobst, ausserdem zu vermehrter Anpflanzung zu 
empfehlen, und zwar in welchen Lagen und Verhältnissen? - Ueber 
Frage 2 sind 10 Referenten aufzustellen, und diese haben die em- 
pfohlenen Früchte vorzuzeigen: diese Referenten werden in der 1. 
Kongresssitzung bestimmt Zu Frage 4 sind von 3 Referenten von 
jedem höchstens, 10 Aepfel- und ebensoviel Birnsorten namhaft zu 


_ 365 — 


machen unter Vorzeigung (der Früchte. Es ist erwünscht, wenn die 
Referenten über die von ihnen vorzuschlagenden Früchte hinsicht- 
lich der pomologischen Benennung derselben eine kurze Besprechung 
mit den anwesenden Vorstands-- oder Ausschussmitgliedern des 
deutschen Pomologen-Vereirs pflegen. 

Am 5 Oktober: Besuch der Obst und Weinbauschule, sowie 
der önologischen Versuchstation in Klosterneuburg. 

Am 6. Oktober: Besichtigung der A. C. Rosenthal’schen 
Obstbaum-Kulturen in Albern nächst Kaisers-Ebersdorf; um 5 Uhr 
Nachmittags Kongress. Tagesordnung: 5) Welche Maschinen und 
Geräthe für Obst- und Weinbau und Obstbenutzung sind als neue 
Einführungen von besonderem praktischen Werthe mit Bezugnahme 
auf die in der Ausstellung vorhandenen Gegenstände: a) als Hand- 
geräthe, Messer, Scheeren; b) Bodenbearbeitungsgeräthe, Hacken 
Spaten u. s. w.; 6) Fuhrgeräthe; d) Obstbenutzungsgeräthe, Dörren, 
Obstmahlmühlen u. s. w. 

Am 7. Oktober: Besichtigung der Welt-Ausstellung. Nach- 
mittags um 5 Uhr Bankett. 

Vervollständigt wird dieses Programm, nachdem von den ver- 
schiedenen Kongress-Mitgliedern Gegenstände zur Verhandlung be- 
zeichnet sind, deren Auswahl und Reihenfolge das Komite sich vor- 
behält. Es wird deshalb gebeten, die betreffenden Anträge bis 15. 
Angust beim Komite anzumelden. 

Wien, den 31. Mai 1873. 


Der Vorstand des- deutschen Das Komite der k. k. Gartenbau- 
Pomologen- Vereins: Gesellschaft: 
Superintendent Oberdieck in Jeinsen. Carl &undaker Freiherr v. Suttner. 
Prof. Dr. Karl Koch in Berlin, Regierungsrath Prof. Dr. Ed. Fenzl. 
zugleich Kommissar Johann Freiherr von Mayr. 
der deutschen Zentral- Kommission für Prof. Dr. Heinr. Wilh. Reichardt. 
Wein, Obst und Gemüse. Friedrich Gerold. 
Dr. Eduard Lucas in Reutlingen, Daniel Hooibrenk. 


zugleich Geschäftsführer des Vereins. A. C, Rosenthal. 


—. 366 — 


Aroideenformen durch Kreuzung 


von L Kellermann in der Handelsgärtnerei von L. Bachraty 
in Liesing bei Wien, welche auf der Wiener Weltausstellung in 
der Kollektivausstellung der k. k. Gartenbau-Gesellschaft zur Schau 
gestellt sind. 

Form I. Philodendron speeiosum, Schott. Brasilia, gekreuzt 
mit Philodendron bipinnatifidum, Schott. Brasilia. Pflanzen in den 
verschiedenen Entwicklungsstadien in Bezug auf die Veränderung der 
Blattform durch Einwirkung der väterlichen Art. Gezüchtet 1862. 

Form Il. Philodendron Simsü, Knth. gekreuzt mit Philoden- 
dron pinnatifidum, Schott. Caracas, Pflanzen, wie oben. Gezüchtet 
1862, erste Blüthe 1865, mit unfruchtbarem Pollen. (Vollendete 
Pflanzenform.) 

Form III. Philodendron pinnatifidum, Schott, Caracas, gekreuzt 
mit Philodendron Selloum, K. Koch. Pflanzen wie oben. Gezüchtet 
1862, erste Blüthe, 1868. Unfruchtbar. (Pflanze in zeitiger Ent- 
wicklung.) 

Form IV! Philodendron Wendlandii, Schott Am. centr., ge- 
kreuzt mit Philodendron Selloum, K. Koch. Pflanzen, wie oben, mit 
ursprünglichen und abgeänderten Blattknospenlagen und den Folgen, 
welehe die Abänderung der Blattform hierdurch erleidet. Gezüchtet 
1864, erste Blüthe 1875. (Pflanze in zeitiger Entwicklung.) 

Form V. Philodendron Advena, Schott. Venezuela, gekreuzt 
mit Philodendron rubens, Schott. Venezuela. Gezüchtet 1862. (Vol- 
lendete Pflanzenform.) 

Form VI. Philodendron disporile Schott. Brasilien, gekreuzt 
mit Philodendron curvilobum, Schott. Brasilia. Gezüchtet 1863, 
erste Blüthe 1869. 

Form VII. Philodendron tenue, K. Koch, gekreuzt mit Philo- 
dendron gracile, Schott. Am. centr. Pflanzen in zurückgehaltenem 
Wachsthume in Bezug auf ihre Degenerirung oder Uebergehung in 
eine der älterlichen Arten. (Ohne Resultat.) Gezüchtet 1863. 

Form VIII. Philodendron pedatum, Knth. Peruvia, gekreuzt 
mit Philodendron tenue, K. Koch. Pflanzen wie vorstehende. (Ohne 
Resultat.) Gezüchtet 1863. 


— 367 — 


Form IX. Philodendron pterotum, K. Koch, gekreuzt mit Phi- 
lodendron tenue, K. Koch. Pflanzen wie vorgehende. (Ohne Resul- 
stat.) Gezüchtet 1864. 

Form X. Spathiphyllum longirostre, Schott, Mexico, gekreuzt 
mit Spathiphyllum blandum, Sehott. Pflanzen in vollendeter Form 
mit den aus ihrem Samen ohne Abänderung gezogenen Pflanzen. Ge- 
züchtet 1860, erste Blüthe 186? mit unfruchtbarem Pollen. Erster 
Scheinfruchtansatz 1865. Erste vollkommene Frucht 1869. 

Form XI. Xanthosoma Maxmilianum, Schott, Brasilia, ge- 
kreuzt mit Xanthosoma robustum, Schott. Mexico. Gezüchtet 1861, 
erste Blüthe 1863, mit unfruchtbarem Pollen und Eichen. Zahlreiche 
Versuche von 18%3 bis 1865, die Pflanzen mit ihrem eigenen als 
auch mit dem Pollen anderer Xanthosomen-Arten zu befruchten, er- 
wiesen sich als resultatlos. 

Form XII. Alocasia Lowi, gekreuzt mit Alocasia macrorrhi- 
zon, Schott. (Vollendete Pflanzenform.) Gezüchtet 1864. Erste 
Blüthe in Paris 1867. 

Form XIII. Monstera crassifolia, Schott. Estabei, gekreuzt 
mit Monstera Milleriana. (Pflanze in zeitiger Entwicklung.) Gezüch- 
tet 1864. 

Form. XIV. Anthurium leuo:neurum, gekreuzt mit Anthurium 
pedato-radiatum, Schott. Mexico. Pflanzen in vollendeter Form. 
Gezüchtet 1864. DBlüthen von 1866 bis 1869 unfruchtbar, erreichte 
einen ersten Scheinfruchtansatz 1570, und entwickelten sich von da’ 
ab bis 1°72 sämmtliche Pflanzen mit blos weiblichen Blüthentheilen. 
1373 blüthen wieder sämmtliche Pflanzen mit männlich und weiblich 
entwickelten Staubgefässen (soll wohl heissen Geschlechtstheilen 
Die Red.) 

Form XV. Anthurium polytomum, Schott. Mexico, gekreuzt 
mit Anthurium intermedium, Knth. Pflanzen in zeitiger Entwick- 
lung und Formveränderung. Gezüchtet 1863. 


a 


Journalschau und Vermischtes. 


— Das Maiheft von Regel’s Gartenflora bringt Abbildung und 
Beschreibung von Odontoglossum Insleayi Lindl.. das aus Mexiko 
stammt und mit O. grande am nächsten verwandt ist. Die Blüthe 
bleibt mehrere Monat in voller Schönheit, weshalb die Art als eine 
der schönsten für den Winterflor empfohlen wird. 

Max Kolb in München ruft Begonia scandens Sw. (abgebildet) 
ins Gedächtniss zurück als eine der besten Kletterpflanzen in den 
Gewächshäusern, besonders den ÖOrchideenhäusern, die aber ganz in 
Vergessenheit gerathen sei. Sie ist vollkommen frei von Ungeziefer. 

Neben den weissblühenden Libertia panieulata Sprgl., L. pul- 
chella Sprgl. und L. formosa Grah. empfiehlt Regel die blau blü- 
hende L. caerulescens Knth et Bouche, indem er sie abbildet und 
beschreibt. Aus dem sehr ausführlichen Artikel über das 50jährige 
Jubiläum des kaiserlichen botanischen Gartens in St. Petersburg 
bringen wir an anderer Stelle einen Auszug. 

Nach Katalogen und anderen Journalen berichtet das Heft über 
eine grössere heihe neuer oder empfehlenswerther Pflanzen, unter 
denen Begonia intermedia, Croton Weismanni, Mimulus eupreus Brillant 
abgebildet sind. 

— Nr. 14 der Revue hortieole berichtet unter Anderm über 
‘die Rosen, welche aus einer sehr grossen Zahl neuer, auf der Rosen- 
ausstellung zu Lyon (19—23. Juni er.) als solehe erster Klasse 
anerkannt sind. Es sind dies nur folgende 5: 

Remontirende Hybriden: 1. Madame Marie Finger, gezüchtet 
von Rambaux in Charpennes-Lyon. Kugelig, rosa-feischfarben, in 
der Mitte dunkler. 

2. Capitaine Chrisby, gezüchtet von F. Lacharme zu Lyon. 
Blume gross, voll, zart rosafarben. 

3. Prince Paul Demidoff, gezüchtet von Guillot fils zu 
Lyon. Blume gross, hellkarminroth. 

Theerosen: 1. Shirley Hibbert, gezüchtet von Levet zu 
Lyon. Blume mittelgross, nankingelb; neu in der Farbe. 

2. Marie Guillot, gezüchtet von Guillot filszu Lyon. Blume 
gross, sehr gefüllt, weiss mit gelblichem Widerschein. 


— 39 — 


Die Gartenbau-ete. Gesellschaft zu Aube hat in diesem Jahre an 
Stelle einer Ausstellung eine Reihe von Gärten, Parks, Weinbergen 
etc. besucht und an deren Besitzer oder Gärtner zahlreiche Preise 
für gute Kulturen vertheilt, ein Vorgehen, das wohl Beachtung verdient. 

Als neue Palmen werden beschrieben: Cocos Weddeliana und 
Glaziova insignis. Beide sollen zu den schönsten unter den niedrig 
bleibenden Palmen gehören; sie stammen aus Brasilien. 

Carriere will den Namen Agalmyla staminea nicht anerkennen 
für eine von ihm abgebildete und beschriebene, unter jenen Namen 
vorkommende Pflanze, weshalb er sie A. longistyla nennt. 

Herr Jamain spricht über Heizvorriehtungen in den 
Gewächshäusern, die ganz allgemein in Berlin und in Norddeutsch- 
land angewandt sein soll, und darin besteht, dass das Wasser durch 
Dampf erhitzt wird Er tadelt das und hält es nur für besondere 
Verhältnisse für anwendbar. So viel Referentem bekannt, ist diese 
Art der Heizung in Berlin nur ganz vereinzelt, zum Theil auch 
wieder beseitigt. Dasselbe Heft bringt auch Abbildung und Be- 
schreibung der Jpekakuanhapflanze, Cephaelis Jpecacuanha. 

— Die botanische Zeitung Nr. 30 berichtet über eine Mit- 
theilung, welehe Oudemans in der Jahresversammlung des nieder- 
ländischen botanischen Vereins gemacht hat in Bezug auf zweier- 
lei Blüthen bei Glechoma hederaceum L., die in keiner der 
ihm zu Gebote stehenden Floren erwähnt sind. Die zweigeschlech- 
tigen Blüthen sind grösser als die weiblichen, in welchen letzteren 
die Staubfäden kürzer sind und keinen Pollen tragen. 

— Nr. 7 und 8 der illastrirten Monatshefte für Obst- 
und Weinbau bringen eine Biographie nebst Portrait des Professor 
Eduard Pinaert, des bekannten belgischen Pomologen. Bekannt 
ist sein Manuel de la eulture fore&e des arbres fruitiers, jüngst in 
neuer Auflage erschienen. Eines Urtheils darüber, ob es angemessen 
ist, Biographien lebender Personen zu veröffentlichen, enthalten 
wir uns, fürchten aber Nachtheile davon. 

Abgebildet und beschrieben wird der „Keswicker Küchen- 
apfel.“ ‘Joseph Spachtholz in Ungarn beschreibt eine von ihm 
mit Erfolg angewendete Abart des Rindenpfroptens. 

Als neues Mittel gegen die Blutlaus wird eine Abkochung 
von Solanum nigrum empfohlen. 


—_— 370 — 

— Im siebenten Hefte der Hamburger Garten- und Blumen- 
Zeitung werden diegrossblumigen Pelargonien von Hamann in 
Altona empfehlend besprochen, ein anderer Artikel beschäftigt sich 
mit der Vertilgung der Erdflöhe (Haltica); Begiessen mit Wermuth- 
Wasser soll sich darnach gut bewährt haben. 

Von Prof. Fenzl in Wien werden Mittheilungen gemacht über 
eine im Freien noch bei 10° R. aushaltende Opuntia, O. Raffınes- 
qui, aus Texas stammend. 

Ferner wird auf Geranium anemonifolium L’Herit. als 
Dekorationspflanze, die leider ganz vernachlässigt werde, aufmerksam 
gemacht, vernachlässigt, wie wir hinzufügen, zu Gunsten weit 
“ weniger schöner, aber Modepflanzen. Sehr ausführlich wird der schon 
früher vielfach empfohlene und vielfach als unbrauchbar verworfene 
v. Levetzow’sche Blumenkulturtopf behandelt. Derselbe ist zu 
haben in der von Levetzow’schen Thonwaarenfabrik zu Kiel. Nach 
dem, was die Gartenzeitung darüber mittheilt, wären gründliche 
Versuche wohl angezeigt. 

— Vom Gardener’s Chroniele liegen uns die Nummern 27, 28 
und 29 vor. No. 27 bringt die Beschreibung drei neuer Oncidien 
aus Neu-Granada und zwar ©. tetracopis Rchb. f., ©. Baldeviamae 
Rchb. f. und O. plagianthum Rehb f.; letztere soll die grösste 
Blüthe der bekannten Oneidiumarten besitzen. Sie sind von Balde- 
viama gesammelt und von Bell eingeführt. 

Dieselbe Nummer enthält einen Bericht über die zu Bath 
abgehaltene mikroskopische Soirce, welche den Zweck hatte, das 
Publikum für botanische mikroskopische Studien zu interessiren; 
Einzelnes lässt sich daraus nicht mittheilen. 

No. 28 bringt Abbildung und Beschreibung des interessanten 
Schmarotzers Cytinus Hypoecistis, welcher in Südfrankreich auf 
einigen Cistusarten vorkommt wie bei uns die Orobanche auf den 
Kleewurzeln. Im Habitus gleicht der Schmarotzer unserer Lathraea 
Squamaria L., die Blüthen sind hellgelb. 

Als Neuheiten werden beschrieben Escallonia Philippiana Mast., 
eingeführt aus Valdivia durch Pearsey. E. montana Philippi, 
die möglicher Weise nur eine durch Aussaat entstandene Abart von 
E. rubra ist und aus Valdivia stammt; E macrantha Hook. et Arn. 
soll die schönste der Eskallonien sein. 


—_— 371 — 


No. 29 beschäftigt sich in der Rundschau mit den hohen 
Kohlenpreisen und deren Einfluss auf den Betrieb der Gärtnerei, 
einem Gegenstande demnach, der bei uns nicht minder wichtig 
erscheint. 

Als neue Pflanzen werden beschrieben Maxillaria porphyrostyle 
Rehb. f. von Rio Grande do Sul, eingeführt durch Bell; Oncidium 
rotundatum Rehb f. und ©. lecochilum v. Dawsonianum. 

Auch eine Monographie des Geschlechtes Escallonia bringt 


das Heft. 
— Von dem in voriger Nummer von uns erwähnten Berliner 


Gärtner-Verein liegt uns der Jahresbericht für 1872 und das 
erste Halbjahr 1873 vor, dem wir nachstehende Daten entnehmen. 

Der Verein hielt in seinem fünften Vereinsjahre 49 Sitzungen, 
in welchen 13 grössere Vorträge gehalten, ausserdem Berichte aus 
den eingegangenen Zeitschritten gegeben wurden. Angeboten, resp. 
vermittelt wurden 22 Stellungen. 

An dem vom Vereine eingerichteten Zeichnenunterricht nahmen 
21 Mitglieder Theil. 

Am Ende des Jahres war ein Kassenbestand von 144 Thlr. 
18 Sgr. 4 Pf. vorhanden, wovon auf die Krankenkasse 89 Thlr. 
17 Sgr. 6 Pf., auf die Vereinskasse 55 Thlr. 10 Sgr. 10 Pf. ent- 
fielen. 

Im ersten Halbjahr 1873 wurden 24 Sitzungen gehalten, 9 
Stellengesuche erledigt. Am Zeichnenunterrichtt nahmen 19 Mit- 
glieder Theil. 

Der Kassenbestand betrug Ende Juni d. J. 182 Thlr. 20 Sgr. 9 Pf. 
und zwar 119 Thlr. 11 Ser. 3 Pf. Krankenkasse und 62 Thlr. 
24 Sgr. 10 Pf. Vereinskasse. 

— Die frühe Rosenkartoffel (Early Rose), welche erst vor 
Kurzem aus Amerika bei uns eingeführt und in hiesiger Gegend be- 
sonders durch unser Mitglied Eduard Boese verbreitet worden ist, 
findet sich in diesem Jahre ziemlich allgemein auf den Berliner 
Wochenmärkten und wird nur ein wenig höher im Preise gehalten 
als andere, ältere Sorten. 

— In Frankreich besitzt man unter dem Namen Noyer de la 
Saint-Jean eine Wallnussvarietät, die sich von allen anderen da- 
durch unterscheidet, dass sie nicht Ende März oder Anfang April 


— 372 — 


zu treiben beginnt, sondern erst im Juni; sie wird deshalb nie vom 
Froste geschädigt und giebt jedes Jahr Früchte, gewiss eine sehr 
schätzbare Eigenschaft. 

— Es wird vielfach über eine Spargelkultur berichtet, welche 
von einem gewissen Biekardt in Horburg im Elsass geübt werden, 
und welche aussergewöhnlich günstige Resultate geben soll. Die 
berühmte Methode besteht darin, dass die Klauen, wenn ein 
Spargelbeet angelegt wird, nur S—10 Zentimeter (8 Zentim. etwa 
3 Zoll) hoch mit Erde bedeckt werden. Im Frühjahr des zweiten 
Jahres erhalten sie noch eine Erddecke von gleicher Höhe und im 
Frühjahr des dritten Jahres bildet man um die einzelnen Pflanzen 
Erdhanfen von 30—36 Zentimeter Höhe. Bricht aus der Spitze der 
Spargel hervor, so macht man den Haufen auseinander und knickt 
den Spargel mit dem Daumen oder mit einem Messer an der Klaue 
ab und häufelt wieder an. Es ist selbstverständlich, dass auf diese 
Weise der Stock mehr geschont wird und längere Dauer behält, als 
bei der hier gebräuchlichen Methode des Spargelstechens. 

Solite die Methode wirklich neu sein, so käme es wohl darauf 
an, Versuche damit zu machen. 

— Die königliche Regierung zu Frankfurt a. OÖ. macht in einer 
Publikation auf die Erträge des Anbaues der sauren Kirschen 
aufmerksam. Der aus den sauren Kirschen gewonnene und richtig 
bearbeitete Saft liefert einen Export-Artikel von grosser Bedeutung 
nach den Tropenländern. Die feine Säure dieses Saftes und sein 
Arom seien auf den Antillen, in Brasilien und in Ostindien beson- 
ders beliebt. Norddeutschland sei das Land der sauren Kirschen 
und geeignet, einen bedeutenden Beitrag zu diesem Export zu lie- 
fern und daraus grossen Gewinn zu ziehen. Mit 15°, Alkohol ver- 
setzt, bilde der Saft einen ausserordentli.h gesuchten Artikel, dessen 
gesteigerte Produktion den Export erheblich vermehren werde, wozu 
noch komme, dass der Saft bereits 6 Wochen nach der Erzeugung 
ohne Schaden den Aequator passiren könne. Der Umsatz des Kapi- 
tals sei ein rascher, die Bodenrente eine sichere. 

— Am 23. September 1. J. findet in Spaa in Belgien eine 
Ausstellung von nützlichen und schädlichen Pilzen, von Ge- 
müsen und Obst statt. Die Pilze bilden ein eben so gesundes, 
als nahrhaftes und angenehmes Nahrungsmittel, und ist die Aus- 


re 


stellung ein jedenfalls glücklicher Gedanke, wenn damit eine scharfe 
Scheidung der schädlichen von den nützlichen verbunden wird, so 
dass die Besucher Gelegenheit haben, sich zu unterrichten. 

-—- Für die zur Feier des fünfundzwanzigjährigen Bestehens des 
Landwirthschafts- Vereins für das Bremische Gebiet beabsichtigte 
internationale landwirthschaftliche Ausstellung in Bremen, 
mit welcher eine Gartenbau- Ausstellung verbunden ist, sind 
nachstehende allgemeine Bestimmungen getroffen: 

1. Die zur Anmeldung nothwendigen Formulare sind von dem 
Bureau der internationalen landwirthschaftlichen Ausstellung in Bre- 
men, Breedenstrasse No. 5, vom 1. September 1873 an zu beziehen, 
auch, wenn verlangt, in englischer und französischer Uebersetzung, 
und wird die Uebersendung portofrei erfolgen. 

2. Der Aussteller hat die in den Anmeldeformularen vorgeleg- 
ten Fragen nach bestem Wissen und Gewissen vollständig in mög- 
lichster Kürze zu beantworten und die ausgefüllten Formulare spä- 
testens bis zum 1. April 1874 an das Ausstellungsbureau por- 
tofrei zurückzusenden. Spätere Anmeldungen haben keinen Anspruch 
auf Berücksichtigung. — Die Anmeldegebühr ist bei der Anmeldung 
einzusenden; dieselbe verfällt als Reugeld, falls die angemeldeten 
Thiere oder Gegenstände nicht oder nicht rechtzeitig gestellt werden. 

3. Auf Grund der in den Anmeldungen von dem Aussteller ge- 
machten Angaben fertigt das Bureau .demselbven das Zulassungs-Zer- 
tiflkat aus. Nur nach Vorzeigung dieses Zertifikats als des alleini- 
gen Ausweises der Zulassungs-Berechtigung werden die Ausstellungs- 
Gegenstände demnächst angenommen. 

4. Die Eröffnung der Ausstellung findet am 13. Juni 1874 statt. 

5. Die Aussteller sind verpflichtet, sogleich nach Beendigung 
der Ausstellung zu räumen, jedoch darf vor dem Schluss der Aus- 
stellung Nichts zurückgezogen werden. 

6. Jeder Ausstellungs-Gegenstand bekommt vor der Zulassung 
zum Schaufelde vom Komite eine mit dem auszugebenden Ausstel- 
lungs-Kataloge korrespondirende Nummer, die während der ganzen 
Dauer der Ausstellung sichtbar angeheftet sein muss. 

7. Den vom Komite zugelassenen Führern und Aufsehern der 
ausgestellten Thiere, sowie den nöthigen Bedienungsmannschaften für 
Maschinen und sonst'ge Ausstellungs-Gegenstände, werden auf Namen 


lautende Eintrittskarten zugestellt, welehe Karten in sichtbarer Weise am 
linken Arme getragen werden müssen und anderen Personen bei einer 
Konventionalstrafe von 15 Reichsmark (5 Thlr.) nieht überlassen werden 
dürfen. In gleicher Weise werden denjenigen Ausstellern, welche zugleich 
Führer ihrer ausgstelleten Thiere sind, Karten ausgefertigt. 

8. Sämmtliche Aussteller, ihre Vertreter und ihre Leute haben 
sich den Anordnungen des Komites oder seiner Angestellten zu un- 
terwerfen. Etwaige Beschwerden sind an die Platzsektion zu richten. 

9. Feuer und Licht dürfen auf den Ausstellungsplätzen nur 
unter spezieller Erlaubniss der Platzsektion angewendet werden. 

10. Das Komite übernimmt keinerlei Verantwortlichkeit für 
Schädigung oder Verluste der zur Ausstellung gebrachten Thiere, 
Maschinen, Geräthe und Erzeugnisse. 

Feuerversicherung wird, wo es gewünscht wird, auf Kosten des 
Ausstellers vom Komite besorgt werden. 

11. Eine unter Kontrolle des Komites stehende Ausstellungs- 
Agentur wird gegen billlge Provision alle ihr vom Aussteller etwa 
ertheilten Aufträge ausführen. 

12. Zum Zweck der beabsichtigten Verloosung wird ein Theil 
der ausgestellten Thiere, Maschinen, Geräthe und andere. geeignete 
Ausstellungs-Gegenstände vom Komite angekauft werden. Auch findet 
am Schlusse der Austellung eine freiwillige Auktion derjenigen Cegen- 
stände statt, welche die Aussteller auf diesem Wege verkaufen wollen. 

Der Plan der Verloosung, sowie die Bestimmungen für die Auk- 
tion werden seiner Zeit veröftentlicht werden. 

13. Der Ausstellungs - Katalog wird mit einem Inseratentheile 
verbunden und den Ausstellern die Benutzung desselben gegen eine 
Insertionsgebühr von 1', Reichsmark (15 Sgr.) für die durchlaufende 
Petitzeile oder deren Raum gestattet. 

14. Das Ausstellungs-Komite behält sich vor, Abänderungen an 
den Bestimmungen des gegenwärtigen Programms vorzunehmen; auch - 
ist dasselbe berechtigt, ihm ungeeignet erscheinende Anmeldungen 
zurückzuweisen. 

15. Ueber die Modalitäten der Ausstellung für die verschiedenen 
Abtheilungen werden Spezialprogramme ausgegeben, welche auch die 
für jede Abtheilung ausgesetzten Prämien enthalten werden. 


saven-Auktion in Holland. 


Alle sich dafür Interressirenden möchten wir darauf aufmerksam 
machen, dass am Montag, den 22. September d. J., Morgens 
9 Uhr, die grosse Agavensammlung des Hrn. de Jonge van Elle- 
meet aul dessen Schloss Overduin bei Oostkapelle pr. Middel- 
burg, Provinz Zeeland, in Holland versteigert wird. Sicherlich wird 
ein Jeder, der diese Sammlung gesehen, oder Beschreibungen derselben 
gelesen, ungern eine mit soleher Liebe gepflegte Kollektion unter 
den Hammer kommen sehen, aber Hr. v. Ellemeet giebt uns in 
dem Vorwort zum Kataloge selber den Schlüssel dazu: Es wird 
ihm, bei seinem Alter von über 60 Jahren zu schwer, den Pflanzen 
die nöthige Sorgfalt angedeihen zu lassen und ausserdem erfordert 
der Transport der zum Theil kolossalen Exemplare aus den  Ge- 
wächshäusern und in dieselben von Jahr zu Jahr grössere Mühe. 

Der Auktionskatalog weist nicht weniger als 323 Nummern 
auf, darunter 290 Nummern eigentlicher Agaven, so dass fast alle 
nur bekannten Species vertreten sind. Das ganze Verzeichniss ist 
im Allgemeinen wie die Sammlung selbst, nach dem System des 
Generallientenants v. Jacobi geordnet, und mit Angaben über die 
Höhe der Pflanzen, Durchmesser, Zahl der Blätter nebst vielen Be- 
merkungen versehen, so dass selbst dieser Katalog an sich schon 
einen Werth hat, abgesehen davon, dass, wie die Bedingungen näher 
mittheilen, Niemand zur Auktion zugelassen wird, der nicht einen 
solchen ‚besitzt. — Derselbe ist im hiesigen landwirthschaftlichen 
Museum einzusehen, dürfte aber gewiss ausser vom Besitzer selbst, 
auch vom Notar Hrn. L. L. Woutersen in Middelburg zu erlan- 
gen sein. 


Berichtigungen zu Nr. 7. 
.8. 290, Zeile 7 von unten muss es heissen: olivaris, nicht olivapıs. 
In dem Artikel über die Pankower Ausstellung kommt wiederholt der Name 
Schlojan vor; derselbe soll Schojan heissen, 


— 36 — 


Tages-Ordnung für die Versammlung am 16. September. 
1) Geschäftliches. 
2) Berathung darüber, ob im Frühjahr 1874 eine grössere Ausstellung ver- 
anstaltet werden soll. 
3) Bericht über die ausgestellten Pflanzen. 
4) Vorträge aus dem Schosse der Versammlung. 


Fragekasten: Welche Mittel sind anzuwenden, um die Vereinsbibliothek den Mit- 
gliedern leichter zugänglich und dadurch nutzbarer zu machen? 
Sollte es nicht gerathen erscheinen, die Monats-Versammlungen 
allgemein auf Wochentage zu verlegen? 


Kgl. Lehranstalt für Obst- und Weinbau 


zu Geisenheim im Rheingau. 


Das Wintersemester beginntamI. Oktober. Neue Zöglinge werden bis dahin angenommen. 
Lehrgegenstände: 
Obstbau, Landschattsgärtnerei, Blumenzucht, doppelte Buchhaltung, kauf- 
"männische Korrespondenz werden vorgetragen vom Unterzeichneten: Planzeichnen, 
Früchte- und Blumenmalen vom Öbergärtner Teichler: Botanik, Theorie des 
Seidenbaus und der Bienenzucht vom Dr. David; Chemie vom Professor Dr. 
Neubauer; Mineralogie und allgemeiner Pflanzenbau vom Dr. Frhr. v. Canstein; 
Mathematik (Stereometrie und Trigonometrie) vom Herrn Meyer: Weinbau und 
Weinbereitung vom Dr. Umber. 
Kursus für Hospitanten. 
3. Termin vom 28. September bis 25. Oktober. 
Honorar 2 Thlr. Schullehrer und Baumwärter frei. Nähere Auskunft ertheilt 
und die Unterkunft der Zöglinge in Geisenheim vermittelt 
für die Direktion der Kgl. Lehranstalt, 
0. Hüttig. 


Preis des Jahrganges 4 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als 
auch franco durch alle Postanstalten des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


anrınnnnann 


Für Beiträge zur Monatsschrift wird Honorar gezahlt. 

Inhalt: Die 554. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
in den Königlich Preussischen Staaten. — Bemerkungen über das fehlerhafte 
Tiefpflanzen der Topfgewächse, Bäume und Sträucher. — Die Feinde der 
Rosen-Kultur. — Die Bewegungen der Chlorophylikörner unter dem Finfl usse 
des Lichtes. Ueber die Färbung und das Ergrünen von Neottia Nidus avis 
Rich. — Das 50jährige Jubiläum des kaiserlichen botanischen Gartens in 
Petersburg. — Von Berlin über Prag nach Wien. Mittheilungen des Herrn 
Professor Braun über Syringa correlata A. Braun. — Einige Bemerkungen 
über buntblättrige Crotons. — Die Bildung des Honigthau’s. — Ueber die 
Einwirkung verschiedener Düngemittel auf den Alkaloidgehalt der Chinabäume. 
— Neue Kartoffeln iu den alten. — Pomologischer Kongress in Wien. — 
Programm für den in Wien stattfindenden Kongress deutscher Pomologen und 
Freunde des Obst- und Weinbau’s 1873. — Aroideenformen durch Kreuzung. 
— Journalschau und Vermischtes. Agaven-Auktion in Holland. 


Monatssehrift 


des 
Vereines zur Beförderung, des Gartenbaues 
in den 


. Königl. Preussischen Staaten 


für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Dr. Filly, 


General-Secretair des Vereines. 


No. 9. Berlin, den 1. Oktober. 


Sendungen für den Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den 
Königl. Preussischen Staaten bitten wir an das Generalsekretariat, Ritter- 
strasse 52a in Berlin, S. zu adressiren. 


Die nächste Monats-Versammlung des Vereins findet statt 
am Sonntag; de 26. Oktober er., Morgens pünktlich 11 Uhv, 


im Lokale des Klubs der Landwirthe, Französische Strasse 48, 1. 


Die 555. Versammlung 


des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
am 16. September 1873 


wurde im Palmenhause des königlichen botanischen Gartens Abends 
5 Uhr unter dem Vorsitze des Wirklichen Geheimen Rathes Sulzer 
Excellenz abgehalten. 

Nachdem das Protokoll der vorigen Sitzung verlesen und unver- 
ändert genehmigt, wurden zu neuen Mitgliedern durch den General- 
sekrelär vorgeschlagen: 

1. der Königliche Obergärtner Beust in Berlin. 
2. der Öbergärtner Braune in Berlin. 


155) 
Oo. 


— 378 — 


Vom Vorsitzenden wurde ferner der Vorschlag gemacht, den 
Inspektor des Königl. botanischen Gartens, ©. Bouche, zum Ehren- 
mitgliede zu ernennen. 

Ueber beide Vorschläge wird statutenmässig in der nächsten 
Versammlung Beschluss gefasst werden. 

Ferner theilte der Vorsitzende mit, dass der Herr Minister für 
die landwirth. Angelegenheiten die durch den Verzicht des Dr. Filly 
frei werdenden 150 Thaler dem Verein überwiesen habe. 

Die auf der Tagesordnung stehende Frage: „wie die Bibliothek 
den Mitgliedern zugänglicher und damit nutzbarer zu 
machen sei,“ wurde in Rücksicht darauf, dass zur Zeit die Kassen- 
verhältnisse nicht übersehen werden könnten, auf eine spätere Ver- 
sammlung vertagt. Die Frage dagegen, „ob es nicht rathsam er- 
scheine, die Monatsversammlungen des Vereins allgemein an 
Wochentagen abzuhalten,“ soll voneiner Kommission vorberathen werden. 

Zur Vorberathung der Frage, „ob im nächsten Jahre eine grös- 
sere Ausstellung veranstaltet werden soll“, wurde eine Kommission 
ernannt. Es sind für eine solche Ausstellung von einem Mitsliede 
sehr vortheilhafte Anerbieten gemacht worden. 

Mit einem Briefe ging eine Abhandlung des Inspektors des K. 
botanischen Gartens, Bouche, über Erfahrungen bei Anwendung des 
sogenannten Brumataleimes des Lehrers Becker ein; die Erfahrungen 
sind recht günstige, und wird die Abhandlung in der Monatsschrift 
abgedruckt werden. 

Ueber die ausgestellten Pflanzen berichtete Obersärtner 

Perriug etwa wie folgt: 
Aus dem Garten der Frau Rittergutsbesitzer Reichenheim hat 
der Obergärtuer Haack eine Vanda Lowii ausgestellt, wie sie schwer- 
lich in einem zweiten Exemplare vorhanden ist. Die Im. hohe, bis 
unten belaubte Pflanze trägt an vier Blüthenstielen 115 Blumen; der 
Topf ist 25cm. hoch und 42cm. breit. 

Aus dem Garten des Baumschulenbesitzers Metz & Comp. ia 
Steglitz hat der Obergärtner Müller ein Sortiment neuer abgeschnittener 
Astern, desgleichen neuer Georginen und 2 schöne Gurken (kollison’s 
Telegraph) ausgestellt. Die Georginen zeichnen sich meist durch 
vollendete Formen und einzelne durch eigenthümliche Farben aus, 
so der „Stern von Köstritz“ und der „Bundeskanzler Bismark.“ 


Aus dem königlichen botanischen Garten ist eine Gruppe blühender 
Pflanzen ausgestellt, die mehr ein botanisches Interesse bieten, be- 
stehend aus folgenden Pflanzen: 

Jasminum arbusculum und J. gracile, Fuchsia Millierii und 
F. myrtifolia, Hyperieum monogynum, , Dichorisandra ovata, Eurybia 
aculeata, Isotome axillaris, Tritonia aurea, Eupatorium Gerites, 
Beaufortia splendeus, Lotus Jacobaeus, Inga albo-rosea, Uroton pietum 
superbun, ©. Hoockeri, Begonia discolor, B. Saunderiana, kudbeckia 
asperrima, Penisetum longistylum, Eryeitris hirta und Hibiseus 
Houlteri. Die Tritonia, die früher viel häufiger kultivirt wurde, ist 
auch jetzt noch zu vielfacher Verwendung zu empfehlen. Dem vollen 
Sonnenlichte ausgesetzt, leidet sie; dieselbe gedeiht am besten im Halb- 
schatten und zwar nach Obergärtner Müller-Steglitz vorzüglich in 
Laub- und Haideerde. In Berlin findet sie sich nach Obergärtner Dress- 
ler in grösseren Mengen im Garten des Kommerzienrathes Gilka. 

Aus dem Versuchsgarten des Vereins endlich sind ein Sortiment 
Georginen, desgleichen von Bohnen ausgestellt und 150 Töpfe zur 
Verloosung geliefert. Unter den Bohnen ist das „weisse Schlacht- 
schwert“ hervorzuheben. 

Die‘ vom Vorsitzenden ernannten Preisrichter: Baurath a. D 
Gerstenberg, Obergärtner Reinecke und Obergärtner Perring 
erkannten dem Obergärtner Haack und dem Obergärtner Müller 
Preise zu. 

Unter den Eingängen befanden sich ausser Anderem der Katalog der 
königlichen Landesbaumschnle zu Potsdam, ferner Berichte über die 
zweite Rosenausstellung zu Darmstadt ete. Der Generalsekretär 
machte ausserdem auf Abbildung und Beschreibug eines transportabeln 
Kalthauses in dem Country Gentleman’s Magazine aufmerksam. 

Obergärtner Perring machte Mittheilungen über den gärtnerischen 
Theil der Wiener Weltausstellung, der Generalsekretär über den 
Konsress der Gärtner und Gartenfreunde in Wien: beide Vorträge 
werden durch die Monatsschrift publizirt. 


— 380 0 — 


Die Königliche Gärtner-Lehranstalt zu Sanssouci. 
Von W. Lauche. 


Die Königl. Gärtner -Lehr- Anstalt zu Sanssouci bat sich nach 
ihrer zeitgemässen Reorganisation durch den Hofgarten - Direktor 
Jühlke einer so lebhaften Betheiligung zu erfreuen gehabt, dass es 
mir als eine angemessene Pflicht erscheint, die Gesichtspunkte und 
die der Anstalt zu Grunde liegenden Ideen darzulegen, nach welchen 
. der Unterrichtsplan und die Einrichtungen festgestellt sind, damit das 
gärtnerische Publikum aufgeklärt werde über den Zweck und die 
Bedeutung derselben. 

Die Gärtnerei auf ihrem heutigen Standpunkte macht auf den 
Namen einer Wissenschaft mit vollem Rechte Anspruch, und wer 
sich ihr widmet und mehr in ihr sucht, als in einem einfachen Ge- 
werbe, der muss das Gebiet, in dem er leben und wirken will, zu 
übersehen und zu beherrschen im Stande sein; dem müssen Mittel 
und Wege offen stehen, sich Alles das anzueignen, was ihn auf die- 
sem weiten Gebiete mit Sicherheit arbeiten und mit Erfolg schaffen lässt. 

Hat sieh nun die Gärtnerei zur Wissenschaft erhoben, und hat 
sich herausgestellt, dass sich eine ansehnliche Zahl von Hilfswissen- 
schaften um sie gruppirt haben, deren Studium Jedem nothwendig 
sind, der mehr als das Handwerksmässige leisten will, so ist esauch 
nothwendig, dass die Gärtnerei schulmässig d h. auf einer für sie 
besonders eingerichteten Anstalt gelehrt werde. 

Die bestehenden höheren und mittleren Lehranstalten haben die 
allgemeine formale Bildung ihrer Schüler zum Ziel, sie können sich 
nicht darauf einlassen, ihre Zöglinge für besondere Lebensberufe vor- 
zubereiten, auf ihnen können die künftigen Forst-, See- und Bers- 
männer, Landwirthe u. s. w. ihre besonderen Fachwissenschaften sich 
nicht aneignen. Besondere Fachwissenschaften sind für sie erforderlich, 
wenn sie Tüchtiges leisten wollen. So kann auch der künftige Gärt- 
ner nur auf einer gut eingerichteten Gärtner-Lebr-Anstalt alles das 
vereinigt finden, was ihn einführt in das weite Gebiet und mit der 
ganzen Aufgabe vertraut macht, der er sich widmen will. 

Auf privatem Wege sich mit allen Hilfswissenschaften auszurüsten 
und die erforderlichen technischen Fertigkeiten sich anzueignen, ist 
selbst für Begüterte schwer und nur mit grossen Umwegen und 


—-— 381 — 


Zeitverlust, für wenig Bemittelte dagegen gar nicht ausführbar. 
Ausnahmen von bekannten Männern, die mit eisernem Fleisse, uner- 
schöpflicher Strebsamkeit und grosser Energie sich einen hohen 
Platz und Namen in der Gärtnerei errungen haben, dürfen nicht als 
Einwand angeführt werden. Sie sind gewiss die ersten, welche 
das Wort für Lehranstalten führen, um Andern die Opfer und Irr- 
wege zu ersparen, denen sie nicht entgangen sind. Und wer kann 
die Alle nennen, die im eifrigen Streben ohne die Schule erfolglos 
sich abmüheten und nicht über die Halbheit hinauskamen! 

Sieht man auf die Wichtigkeit der Gärtnerei, ihren Ein- 
fluss auf die Ernäherung und das Wohlsein der Bewohner, rechnet 
man, wie viel Tausende im Vaterlande derselben angehören, und ver- 
gleicht damit, was bisher für die Förderung dieses hochwichtigen 
Kulturgebietes geschehen ist, und was dafür gethan werden kann 
und muss, so ergiebt sich das Verlangen nach Lehranstalten für 
Gärtner als wohl begrün det. 

Eine solehe Fachschule für Gärtnerei hat zunachst die Ausbil- 
dung derjenigen im Auge, die das Bestreben haben, sich über den 
Standpunkt eines gewerhsmässigen Gärtners zu erheben, sei es als 
Kunst- oder sei es als Handelsgärtner. Der Staat verlangt für seine An- 
stalten in diesem Gebiete durchgebildete, erfahrene Gärtner, viele Städte 
verlangen sie für ihre Verschönerungsanlagen und Volksgärten; Privat- 
besitzer für grössere Park-, Obst- und Gartenanlagen, dem Besitzer 
srösserer Handelsgärtnereien drängt sich immer mehr das Bedürfniss 
auf, gründlicher, den Anforderungen der Zeit und den Fortschritten 
der Wissenschaften entsprechend. ihre Aufgabe zu betreiben und zu 
umfassen, welche darin besteht, dem Boden den grössten Reinertrag 
abzugewinnen, und es kann nicht genug betont werden, wie es nicht 
allein die Aufgabe der Gärtnerei ist, zur Landesverschönerung beizu- 
tragen, sondern hauptsächlich die grösstmögliehe Be- und Ausnutzung 
des Bodens auf wissenschaftlicher Grundlage zu bewirken. Die Lei- 
tung aller soleher gärtnerischen Etablissements erfordert nicht allein 
eine grosse Summe von praktischem Wissen und technischen Fertig- 
keiten, sondern auch Intelligenz und Erkenntniss aller bedingenden 
Ursachen und zugleich eine Bildung, welche die Grundlage für jedes 
weitere Streben gewährt. Denn es ist nichts schädlicher in der Gärt- 
nerei, als öftere Missgriffe und planloses Umhertappen; ein ratio- 


neller Gärtner kann nur ein solcher sein, welcher auf Grund erkannter 
Gesetze und Erfahrungen seine Anordnungen zu treffen vermag und 
das Wissen nicht als das höchste Ziel, sondern nur als Vorstufe 
des Könnens betrachtet. ; 

Mit welchen Schwierigkeiten alle Gärtner, die sich in solchen 
Stellungen als Vorsteher oder Besitzer von grösseren Gärtnereien 
befunden haben oder noch befinden, zu kämpfen haben, darüber 
liesse sich viel berichten. Wo waren die Orte, die Anstalten, die 
den strebsamen jungen Gärtner allseitig mit den in der Gärtnerei so 
nöthigen Hilfswissenschaften und künstlerischen Fertigkeiten ausge- 
rüstet und gleichzeitig Gelegenheit gegeben hätten, die wichtigsten 
Gebiete und Kulturen der Gäıtnerei: als Gemüsebau, Obstbau, Pomo- 
logie, Baumschnitt, Treiberei, Pflanzen-Kulturen, Landschaftsgärtnerei 
ete., an einem Orte vereinigt kennen zu lernen? 

Wie viel Zeit, Mühe und Arbeit kostete es, Wissen und Erfah- 
rung in den verschiedenen Gärtnereien zu suchen und dabei viele 
Missgrifte und Verkehrtheiten in den Kauf zu nehmen, von denen 
man sich nur, noch schmerzlicehen Erfahrungen wieder losmachen 
konnte. Und wenige strebsame Gärtner hatten die Mittel, sich diese 
Kenntnisse und Erfahrungen in den Gärten des In- und Auslandes 
zu verschaffen. Ein öfterer Wechsel in den verschiedenen Gärtne- 
reien, wo einzelne Zweige und Kulturen besonders rationell betrie- 
ben werden, hat seine grossen Schwierigkeiten, und stellen sich dem 
in der Praxis meist unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen, wenn 
man nicht in der glücklichen Lage ist, in solche als Freiwilliger ein- 
treten zu können, wobei, wie die Erfahrung so oft gelehrt hat, schliess- 
lich nieht viel gelernt wird. Sich aber in der Gärtnerei auf ein be- 
stimmtes Fach legen zu wollen, so berechtigt und vortheilhaft die 
Arbeitstkeilung in der Handelsgärtnerei auch ist, ist für Gärtner, die 
sich meist diesem Zweige widmen wollen, durchaus nicht zu empfeh- 
len. Sie würden es in diesem Falle freilich zu grosser Vollkommen- 
heit in irgend einer Spezialität bringen, wie wir es ja auch bereits 
in solehen Geschäften finden, die sich speziell mit Samenzucht, An- 
zucht von Marktpflanzen, Vermehrung von Neuheiten, Rosen, Geor- 
sinen, Fuchsien u. s. w. beschäftigen. 

In der hiesigen Anstalt wird nicht nur eine wissenschaftliche 
Ausbildung der Eleven bezweckt, sondern auch eine technische und 


— 3853 — 


praktische; denn es kommt in der Gärtnerei nicht allein darauf an. 
wie viel Jemand weiss, sondern wie er es weiss, und was er kann. 
Es soll eine gärtnerische Hochschule sein, die nicht mit den Anfangs- 
perioden der Gärtnerei beginnt; bei der Aufnahme wird die Bedin- 
zung gestellt, dass die aufzunehmenden Eleven bereits 2 Jahre in 
einer anerkannt guten Gärtnerei gelernt und sich die praktischen 
Handgriffe angeeiguet haben, worauf die praktische, wissenschaftliche 
und künstlerische Seite fortgebaut und zwischen Theorie und Praxis 
ein richtiges Verhältniss hergestellt werden kann. Dies erstrebt die 
hiesige Anstalt zum Unterschiede von anderen Anstalten, die oft nur 
junge Sehüler aufnehmen, die noch nicht gelernt haben und noch 
nicht im Stande sind, das zu verstehen und zu verarbeiten, was ihnen 
vorgetragen wird. Eine Anstalt kann nur wahrhaft nützlich wirken, 
wenn sie solche aufnimmt, die bereits praktisch vorgebildet sind, und 
die bei höherer Begabung und grossem Fleisse sich zu den 
besten und intelligentesten ihres Standes emporarbeiten werden; 
geschieht dies nicht, so liegt es nicht an der Anstalt, sondern 
an den jungen Leuten selbst, die theils wenig begabt und befähigt, 
theils ihre Zeit vergeudet und das, was ihnen geboten, nicht gelernt 
haben. Mit solehen Leuten ist der Anstalt nicht gedient, und hof- 
fentlich sind die Zeiten vorbei, wo die Ansicht in einigen Kreisen 
vorherrschend war, dass beschränkte, mittelmässige, zum Studiren 
unfähige Köpfe für die Gärtnerei noch brauchbar genug wären; diese 
haben ein grosses Kontingent zur Gärtner-Lehranstalt geliefert, und 
gerade sie haben durch ihren Dünkel, ihre Eitelkeit, ihr aufgeblase- 
nes Wesen bei grosser Unwissenheit, oft nur im Rennen nach sinn- 
lichen Genüssen Befriedigung suchend, den Ruf der Anstalt, wo sie 
ihre Bildung erhielten, geschädigt. Sie waren nicht im Stande, grös- 
seren Stellen vorzustehen, während kleinere ihren grossen Ansprüchen 
nicht genügten. 

Anf der anderen Seite ist es nicht zu verkennen, dass sich 
im gärtnerischen Publikum immer mehr die Ansicht Bahn bricht, 
dass die Gärtnerei hoch genug steht, um von gebildeten Leuten 
praktisch betrieben zu werden, und dass ein grösserer Zntluss von 
fähigen, jungen Leuten höchst wünschenswertk und nothwendig ist. 

Der Inhalt und Umfang des Unterrichts in der Anstalt ist zu 
einer systematischen Einheit verbunden, die Methode logisch, den 


— 34 — 


Verhältnissen angemessen und soll die den Erscheinungen und Kul- 
turen zu Grunde liegenden Ursachen und die Gesetze ihrer Wirkungen 
vermitteln. In früheren Jahren kannte man die Gärtnerei grössten- 
theils nur als einen handwerksmässigen Betrieb und legte den Schwer- 
punkt hauptsächlich auf die Praxis des Gewerbes. Dieselbe genügte 
aber nicht mehr für einen Mann, dessen Aufgabe mehr als eine 
blosse Handarbeit in sich schliesst, dessen Produktionen industrieller 
geworden und dessen Produkte dem Weltverkehr geöffnet sind. Ich 
erinnere hier nur an den bedeutenden Export von Pflanzen und Samen 
der Erfurter, Quedlinburger und Berliner Gärtner nach England, 
Frankreich, Russland und selbst nach Amerika und Australien 

In dem übersichtlichen Zusammenfassen aller mit der Gärtnerei 
eng verbundenen Hilfswissenschaften, insbesondere mit Beziehung 
auf alle praktischen Kulturen, wird die Anstalt ihre wesentliche Auf- 
gabe suchen, wie es gleich hervortretend kaum:in irgend einer ähnlichen 
Anstalt gefunden werden dürfte, bei denen es leider nur zu oft da- 
rauf ankommt, billige Arbeitskräfte zu bekommen und dieselben 
möglichst auszunutzen. ‘ Dass die Anstalt um so mehr geeignet ist, 
dem Einzelnen sowohl als auch dem ganzen Staate zum Segen zu 
gereichen, wird um so mehr einleuchten, wenn man bedenkt, 
welches Material derselben in Bezug auf Baumschulen, Treibereien, 
Obstbau, Pfianzenkulturen und ganz besonders der Landschaftsgärtnerei 
in den Königl. Gärten zu Potsdam und Umgegend, den Privat- und 
Handelsgärtnereien hier und Berlin zur Verfügung steht, und nach 
denen häufig Exkursionen gemacht werden, denen sich botanische 
Wanderungen in die Nähe und Ferne anschliessen. Sie sollen durch 
spezielle Beispiele zeigen, welche Ausdehnung der deutsche Samen- 
und Pflanzenhandel genommen hat, welche Erträge bei rationeller 
Bewirthschaftung einzelne Artikel bringen können, sollen mit der 
Flora der verschiedenen Gegenden bekannt machen, das jugendliche 
Gemüth erfrischen und geistig und körperlich anregen. 

Da das Wissen mit dem Können in der Gärtnerei so eng 'ver- 
bunden ist, so sollen die Eleven mit der gründlichen theoretischen 
Bildung gleichzeitig in der Verrichtung der praktischen Arbeiten 
ausgebildet werden, und ist daher die Einrichtung so getroffen, 
dass abwechselnd ein Tag für den theoretischen, ein Tag für den 
praktischen Unterricht und zu Exkursionen, verbunden mit Demon- 


—_— 3855 — 


strationen in den verschiedenen Königlichen Revieren, bestimmt 
ist. Es soll den Eleven dabei klar gemacht werden, dass die ganze 
särtnerische Laufbahn eine Zeit des Lernens ist, wie das Erlernte 
im Leben zu verwerthen ist, damit sie nicht später sagen können : 
Was wir gelernt haben, können wir nicht gebrauchen, und was wir 
brauchen, wissen wir nicht. 

Das ganze Revier an der Anstalt ist deshalb in folgende Ab- 
theilungen gebracht, an welchen je 2—3 Eleven die Arbeiten selbst- 
ständig besorgen und in gewissen Zeiträumen mit denselben wech- 
seln: 1. Spalier- und Zwergobstgarten, 2. Instruktions-Mauern für 
Pfhirsich-, Aprikosen- und Weinschnitt, 3. Musterhecken und dazwi- 
schen Pikirschulen, 4. botanische Abtheilung für offizinelle und tech- 
nisch. wichtige Stauden, nach dem natürlichen System geordnet, 
5. Samenschule, ®. drei Gewächs- und Vermehrungshäuser, 7. Ab- 
legeschulen, 8, Gemüse-Versuchsstück, 9. Baumschule zur Anzucht 
von Hoch- und Zwergstämmen, 10. Obstmutterstämme, i1. Gehölz- 
Sortiment (Arboretum), 12. Versuchsgarten für pflanzenphysiologische 
Experimente, Veredlungen und Unterlagen ete., um das Leben und 
Verhalten der Gewächse in den verschiedenen Eigenthümlichkeiten 
kennen zu lernen, 13. Anlagen für Alpinen und Moorpfianzen. 

Die praktischen Unterweisungen und die Aneignung der manuel- 
len Fertigkeiten in den verschiedenen Arbeiten des Gartenbaues und 
die selbstständige Betheiligung der Eleven an denselben sollen nicht 
in den Hintergrund treten, und wird namentlich darauf gesehen, dass 
pünktliche und sorgsame Auslührung der Arbeiten in einer bestimm- 
ten Zeit geschehen und Schlaffheit und Unordnung nicht einreissen. 
Die Eleven sollen arbeiten und dadurch den Werth der Zeit kennen 
lernen, was in vielen andern Gärten nicht möglich ‘ist, wo die Ar- 
beiten meist nach Schablonen und mit der grössten Bequemlichkeit 
ausgeführt werden. Selb»t die beim Gemüsebau und in den Baum- 
schulen vorkommenden Arbeiten, als säen, pflanzen, graben u s. w. 
erfordern Uebung und gewisse Fertigkeit und können nicht entbehrt 
werden, um später die Arbeiten und Leistungen Anderer beurthei- 
len zu können. Die Eindrücke der Ordnung und Pünktlichkeit müs- 
sen sich hier für's ganze Leben einprägen. 

Dass Vorsteher solcher Anstalten nur Gärtner von Fach sein 
können, ist selbstverständlich; sie müssen von grosser Liebe für den 


— 36 — 


sanzen Umfang der Gärtnerei beseelt sein, gründliche Einsicht von 
den Forderungen haben, welche die Wissenschaft dem Gartenbau bei 
seinen Kulturen bringt, auch in allen Zweigen der Gärtnerei prak- 
tische Erfahrungen haben und mit Ruhe, Geduld und Umsicht die 
Arbeiten überwachen. 

Je mehr sich nun das Bedürfniss der wissenschaftlichen Aus- 
bildung aller zu einer gewissen Selbstständigkeit berufenen Gärtner 
herausstelit, desto grössere Berechtigung hat auch die Gärtnerei, 
dass Anstalten dafür zu Staatsanstalten erhoben, unter staatlicher 
Anfsicht stehen und mit Mitteln versehen werden, wie wir ähnliche 
für die Botanik, die Landwirthschaft, das Forstfach u. s. w. haben, und 
wie sie in neuerer Zeit speziell für Pomologie und Weinbau in Proskau 
und Geisenheim gegründet sind. Privatanstalten können die grossen 
Kosten für tüchtige Fachlehrer, Unterrichts-Material u. s. w. nur 
durch hohes Honorar oder übermässige Ausnutzung der Arbeits- 
kräfte ihrer Zöglinge aufbringen, wenn es überhaupt in der Mög- 
lichkeit liegt, tüchtige Fachlehrer mit den verschiedenen Zweigen 
der Gärtnerei an einem Orte zu vereinigen. Hiermit erledigt sich 
auch die Frage des Internats, dessen Mängel von manchen Seiten 
mit Recht. hervorgehoben worden, von selbst, da manche Eleven aller- 
dings den Bedingungen desselben entwachsen sind. Es ist aber 
durch dasselbe nur möglich, dass junge Leute mit geringen Mitteln 
eine solche Anstalt besuchen können. Wie viel höher würden sich 
die Kosten stellen, wenn jeder Besucher derselben für Wohnung, 
Holz, Licht und Bedienung selbst sorgen sollte? Ausserdem gewährt 
das Internat auch noch den grossen Vortheil, dass die Eleven viele 
Zeit ersparen und z. B. bei schlechtem Wetter, wo die praktischen 
Arbeiten ausfallen müssen, sogleich durch theoretischen Unterricht 
beschäftigt werden können. Bei der hiesigen erfolgreichen Einrich- 
tung und bei der wunderbar schönen Tage der Anstalt kann das- _ 
selbe nur Vortheil bringen, vor vielen moralischen Gefahren schützen 
und die Lust zur Zerstreuung hemmen, die bei jungen Leuten in 
diesem Alter oft sehr gross ist. 

Die Anstalt steht im Allgemeinen unter Leitung eines vom 
landwirtschaftlichen Ministerii ernannten Kuratoriums und speziell 
unter Leitung des Hofgarten-Direktors Jühlke. Die Aufnahme 
der Eleven geschieht am 1. April, und müssen die Aufznneh- 


— 33970 — 


menden mit dem Zeugniss der Reife für Sekunda versehen sein und 
bereits 2 Jahre in einer guten Gärtnerei praktisch gelernt haben. 
Der Unterricht ist auf einen 2jährigen Kursus in 2 Klassen begründet. 
Beim Abgange werden die Zöglinge nach ihrer wissenschaftlichen 
und praktische Befähigung in der Lehrer-Konferenz geordnet und 
die begabtesten und fleissigsten mit dem Zeugniss 1. als Garten- 
künstler, die weniger befähigten mit dem Zengniss Il. als Kunst- 
gärtner entlassen. 

Die Disziplin wird durch eine Hausordnung geregelt; das Honorar 
beträgt jährlich 50 Thlr., wofür die Eleven freien Unterricht, Woh- 
nung, Heizung, Licht und Bedienung haben. Ansserdem besitzt die 
Anstalt 6 Freistellen, die an die bedürftigsten und fähigsten Eleven 
vergeben werden sollen. Der Mittagstisch wird in der Anstalt gege- 
ben, und ist die Einrichtung so getroffen, dass die Eleven Brod, 
Butter, Kaffee, Bier u.s: w. von der Köchin der Anstalt zu dem Ein- 
kaufspreise erhalten können. 

Die Jahresprüfung findet Ende März in Gegenwart des Kom- 
missars des Herrn Ministers, des Kuratoriums u. s. w. statt, welche 
sich von dem Wissen und Können der Bleven überzeugen. Die Lehrer 
wissen zwar längst, was die einzelnen Eleven leisten können, und 
hat die Prüfung nur den Zweck, den Gästen über den befolgten 
Gang des Unterriehts ein Bild zu geben und ihnen den Beweis zu 
liefern, dass Dieser oder Jener etwas Tüchtiges zu lernen in der 
Lage war. Dann werden dieselben, nachdem sie den 2jährigen 
Kursus vollendet haben, aus den Anstalt entlassen und den prak- 
tischen Leben zugeführt. Das Band gleichen Strebens umschliesst 
alle, welche in der Anstalt die Grundlage für die künftige erfolg- 
reiche Thätigkeit erhielten, und sie Alle werden ein dauerndes Inte- 
resse behalten für Alles, was später in der Anstalt vorgeht, und 
stets eingedenk sein dessen, was sie sich und der Gärtnerei schnldig 
sind, und die Ehre der Anstalt unter allen Verhältnissen hoch halten. 

Die Anstalt selbst befindet sieh in der Königl. Palais- Baum- 
schule zu Sanssouci zwischen dem Neuen Palais uud der Wildpark- 
station. In den unteren Räumen befindet sich die Wohnung des In- 
spektors, die erste Etage enthält den Lehrsaal, den Speisesaal, das 
Bibliothekszimmer mit den verschiedenen Sammlungen und das Kon- 
ferenzzimmer, wo fast sämmtliche gärtnerische Journale und Zeitun- 


—_— 3588 — 


gen zur Benutzung der Eleven ausgelegt sind. In der 2. und 3. 
Etage befinden sich dio 6 Zimmer für die 24 Eleven; jedes enthält 
als Inventarium 4 eiserne Bettstellen mit Matratzen, Stühle, Tische, 
Schränke und Kleiderspinden. 

Das bei der Anstalt befindliche, 16 Morgen grosse Grundstück 
enthält die bereits angeführten Abtheilungen, die durchweg in ihren 
Grundzügen den Charakter einer wissenschaftlichen Anstalt tragen 
und in jeder Beziehung Muster sein sollen; auch soll der Charakter 
von Versuchs- und nicht von Ertragswirthschaft stets gewahrt bleiben. 

Für die weitere Ausstattung und Vervollständigung der Unter- 
richtsmittel ist der Hofgarten-Direktor Jühlke, dem alle Gärtner 
für diese neue Schöpfung zu grösstem Danke verpflichtet sind, un- 
ermüdlich besorgt, und sind namentlich in den beiden letzten Jahren 
die Sammlungen der Bibliothek, Früchte, Samen, Pflanzen, Holzarten 
u. s. w. durch Freunde und Gönner der Anstalt bedeutend vermehrt. 

Denjenigen, welche sich über die Entstehung, Einrichtung und 
Anlagen der Anstalt ausführlicher unterrichten wollen, ist folgende 
Schrift zu empfehlen: Geschichtliche Darstellung, Wirksamkeit und 
Resultate der Königl. Landesbaumschule und Gärtner -Lehr- Anstalt 
zu Potsdam von F. Jühlke. Berlin, Verlag von Wiegandt und 
Hempel, 1872. 


Ueber einige Feinde der Obstbäume und 
deren Vertilgung. 
Vom K. Garteninspektor ©. Bouche zu Berlin. 


Die geehrten Mitglieder des hiesigen Gartenhau-Vereins-er- 
laube ich mir, auf eine für den Obstbau wichtige Entdeckung des 
Lehrers ©. Becker in Jüterbogk aufmerksam zu machen. 

Es betrifft zunächst die durch seinen Brumata-Leim zu be- 
wirkende Vernichtung der Obstmaden (Raupen von Tortrix (Car- 
pocapsa) pomonana), die oft die Hälfte des Obstes zerstören. — 
Ende Juli d. J. liess ich um die Obstbäume im botanischen Garten 
Papierstreifen legen und mit Brumata- Leim bestreichen. Ich fand 
schon in den ersten Tagen des August.d. J. unter den Streifen 


— 589 — 


eine Menge Obstmaden, die diesen Ort mit Vorliebe aufgesucht 
hatten, weil sie sich hier vor Feinden und Kälte gesichert hielten.”) 
Die Raupen überwintern in einer Hülle und verpuppen sich erst im 
März; die düstern Falter fliegen Ende Mai und legen dann ihre 
Kier in das halbwüchsige Obst. 

Dass dieser Brumata-Leim auch ein vorzügliches Mittel ist, um 
einen andern Hauptfeind der Obstbäume, den Frostspanner, (Geo- 
metra brumata) zu fangen und unschädlich zu machen, davon habe 
ich mich durch eigene Versuche im November v. J, überzeust. 
Bei dem billigen Preise (a Pfd. 20 Sgl., für etwa 30 Bäume aus- 
reichend), ist die Anwendung dieses Leimes einfach und jedem Obst- 
baum-Besitzer zu einpfehlen. 

Um die sogenannten Obstmaden zu vertilgen, wird in vielen 
pomologischen und andern Gartenbüchern gerathen, dass abgefallene 
Obst, namentlich Birnen und Aepfel, sorgsam aufzulesen, zu ver- 
staben oder zur Viehfütterung zu verwend n, wenn es nicht als 
Schälobst oder zur Ciderbereitung benutzt werden kann. Dieses 
Mittel habe ich schon vor vielen Jahren als ganz nutzlos erkannt, 
weil ich selbst beim scheffelweis geschältem Obste selten noch eine 
Raupe der Carpocapsa pomonana fand, weil die Frucht selten früher 
abfällt, als bis sich die Raupe sattgefressen hat, also zum Einspinnen 
reif. ist; würden die Früchte früher abfallen, so könnten sich die 
Thiere nur unvollkommen ausbilden, und würde die ganze Art sehr 
bald verschwinden. 

Ist die Raupe ausgebildet, so verlässt sie die Frucht, lässt sich 
an einen Faden zur Erde und kriecht dann am Stamme empor, um 
sich hinter einem losgelösten Rindenstücke oder in einer Rindenspalte 
einzuspinnen. 

Bei dieser Gelegenheit will ich auch noch auf einen anderen 
Feind der Obstbäume, besonders des Steinobstes, aufmerksam 
machen. Zuweilen findet man an den Stämmen und diekeren Aesten 
ein kleines Kügelchen von zusammengeballten Wurmmehl; untersucht 
man eine solche Stelle mit einem Messer, so ist die Rinde unten 

*) Heut am 31. August revidirte ich den Papierstreifen eines 6 — 8 Zoll 
Starken Aptelbaumes und fand darunter 26 bereits eingesponnene Raupen (vuleo 
Obstmaden); das Bestreichen der Papierstreifen mit Brumata-Leim ist insofern 
nöthig, damit die Raupen nicht über das Papier hinweg kriechen und sich dar- 
über in Rindenspalten einspinnen können. Ich fand mehrere am Leim festecklebt. 


a 


nur in einen schmalen Streifen vom Holzkörper des Stammes abge- 
löst, einige Zolle hinauf wird die Verletzung einige Zoll breit, so 
dass dadurch eine oft S—10 Zoll lange Verletzung des Baumes ent- 
steht. Die Veranlassung ist nicht, wie Viele glauben, die Larve 
eines Holzkäfers, sondern eine Raupe der Carpocapsa funebrana, 
welche ieh im verflossenen Frühlinge ausschnitt, verpuppen und 
auskriechen liess. Zu Anfang scheint nur eine Raupe, die die Splint- 
schicht fortfrisst und einen schmalen Kanal unter der Rinde bildet, 
vorhanden zu sein, im folgendem Jahre ‚aber scheint das Weibchen 
im oberen Ende dieses Kanales mehrere Bier abzulegen; denn man 
findet alsdann, wie bei manchen Borkenkäfern, 4 — 6 Gänge neben- 
einander, daher die meist elliptische Form der Verletzung. Die 
kaupe frisst stets yon unten nach oben und. ist stets nur in den 
anscheinend fast noch ganz festen Theilen der Splintschicht zu finden, 
so dass es nöthig ist, so lange mit dem Aufsehneiden der Rinde fort- 
zufahren, bis man eine oder mehrere Raupen findet. Ob alle ent- 
fernt sind, macht sich leicht dadurch erkennbar, dass das Ausstossen 
von Wurmmehl, eigentlich Exkrementen, aufhört. Um so be- 
schädigste Räume zu retten, ist es am besten, alle abgestorbene 
Rinde bis auf die gesunden Theile auszuschneiden und mit Kuhwist 
und Lehm zu bekleiden, wodurch alsdann, wenn nicht Gummifluss 
eintritt, eine allmälige Vernarbung und Schliessung der Rinde durch 
jüngere Splintschichten herbeigeführt wird. 

Bei den Pflaumen und Aprikosen ist das Auflesen und Vertil- 
sen der abgefallenen, madigen Früchte durchaus nöthig, wenn man 
die Raupen (Maden) der Carpocapsa Woeberiana vermindern will, 
weil diese mit den Früchten herabfallen und sich in der Erde ver- 
puppen, und man daher nicht wie die der Corpocapra poinonana durch 
oben beschriebene Papierstreifen fangen kann. Zum bessern Geliusen 
des Fangens sei noch bemerkt, dass die Papierstreilen nach uuten 
nur sehr lose um den Stamm gelest werden dürfen, damit die 
Raupen Lücken finden, um zwischen Papier und Rinde hineinkriechen 
zu können. 


Die Feinde der Rosen -Kkultur. 


I. 

2) Raupen. Leunis zählt in seiner Synopsis der Botanik nicht 
weniger als 57 auf Rosen lebende Raupen auf, von denen nach 
genanntem Naturforscher 17 schädlich sind. Praktisch gesprochen 
ist diese Zahl jedoch sehr einzuschränken. 

Der allgemein verbreitete und an kosen sehr gefrässige Gross- 
Kopfspinner (Liparis dispar) steht obenan. Dieses Thier ist seiner 
Schädlichkeit halber zu den vorzüglichsten Feinden der Rosenkultur 
zu ‚zählen. Noch vor kurzer Zeit erwähnte ich seiner in den 
„Annalen der Landwirthsehaft“. Die Raupe ist an ihrer beträcht- 
lichen Länge (1&—2%°) und ihrem dieken, honiggelben Kopfe, der 
einige schwarze Zeichnungen trägt, mehr aber noch dadurch kenntlich, 
dass sie bei braungrauer Grundfarbe vom Kopfe ab mit rothen 
und blauen Rückenwarzen besetzt und borstenförmig behaart ist. 
Wer starken Frass an seinen Rosen im Juni und Juli bemerkt, an 
den Blättern aber kein Insekt entdecken kann, wird. nicht leicht 
ivrregehen, wenn er den Fuss der Pflanzen absucht, an dem jene 
Raupe am Tage langgestreckt ruht. Erst gegen Abend, wenn die 
Sonne ihre letzten Strahlen versendet, ersteigt sie Aeste und Zweige 
und macht sich im Laufe einiger Tage durch ihren enormen Appetit 
bemerklich. Das beste Schutzmittel gegen den Diekkopfspinner 
(besonders in Gärten!) ist das Absuchen der Spaliere und Wände 
im Winter. — Im Winter? wird vielleicht Mancher fragen. Was 
kann denn das Absuchen im Winter helfen? 

Wer jemals die EntwickInng des Grosskopfspinners nur einiger- 
massen verfolgte, der wird wissen, dass der weibliche Schmetterling 
dieser Spezies an genannten Stellen seine Bier in grosser Masse auf 
einem Klumpen absetzt, und weil diese Eier überwintern, zum 
Schutz mit einer diehten, gelbbraunen Wolle überzieht, die er sich 
selbst mit einer sogenannten Haarzange aus dem wollisen After 
ausrupft, Wer sich nun die Sache bequem machen will, der tödtet 
besser im Winter oder im ersten Frühjahr einige Hunderte von 
Eiern mit einem Fingerdruck, als dass er später mühsam die nach 
allen Richtungen der Windrose zerstreuten Raupen absucht. (Diesen 


a9 = 


Wi.k mögen namentlich auch die Besitzer von Steinobstspalieren 
beherzigen, denn dort findet sich Liparis dispar am liebsten ein.) 
Zwei seiner Vettern, der Goldafter und der Gartenbirnspinner 
(Liparis chrysorrhoea und Liparis auriflua), ebenfalls haarige, zoll- 
lange Raupen mit schwarzbrauner Grundfarbe mit feuerrothen und 
weissen Zeichnungen finden sich gleichfalls gern auf Rosen ein, und 
namentlich muss die erstere. besonders berücksichtigt werden. Da 
die Raupen des Goldafters in Gespinnsten an den Spitzen der 
Zweige überwintern, so genügt es, dieselben abzuschneiden und — 
nieht auf der Erde liegen zu lassen, sondern sie zu verbrennen (). 
Es muss dies so früh wie möglich geschehen, da die Raupen bei 
warmer Witterung manchmal schon Ende Mai hervorkommen, um 
die Knospen recht gründlich abzunagen. Bei eintretender Tempera- 
turerniedrigung ziehen sie sich wieder in ihr Nest zurück. Ich 
habe die Raupen schon Ende Januar d. J. ausserhalb des Nestes 
gefunden. Als ich nach den starken Maifrösten dasselbe Nest wieder 
aufsuchte, waren die Raupen wohl und munter. Sie hatten schon 
wenigstens die dreifache Grösse erreicht. Die Raupen von Liparis 
auriflua zerstreuen sich noch im Herbst, fressen Frühjahrs und 
Sommers nur einzeln, richten aber doch noch merkliechen Schaden 
an und müssen beim jeweiligen Schneiden abgelesen werden, da sie 
sehr gern das Innere der Blüthe selbst ausnagen. 

Noch muss hier des Ringelspinners Erwähnung geschehen. Ein 
jeder sorgsame Gärtner kennt wohl die blauköptge, gelbbraune uud 
blaugestreifte Raupe der Bombyx neustria, die sogenannte Ringel- 
Raupe. Beim Schnitt achte man auf die ringfürmig um Zweige 
und Aestchen gelesten grauen Eierchen. Diese müssen verbrannt 
oder in siedend heissem Wasser getödtet werden. 

Ferner gehören zu den Feinden der Rosenkultur zwei Spanner- 
Raupen, der sogenannte Blatträuber (Fidonia defoliaria) und der 
\Winterspanner (Acidalia brumata), die einem jeden rationellen 
Ohstzüchter ebenso bekannt als verbasst sein müssen. Die 
Sehmet’erlinge erscheinen spät im Herbst, manchmal tief im Winter, 
die Raupen aber beginnen im April zu fressen und sind im Junr 
erwachsen. Bei Obstbäumen hilft man sich wohl durch Theerringe, 
über welche das Nügellose Weibchen nicht fortkriechen kann: bei 
Gesträuchen aber dürfte nur ein wirksames Mittel existiren, und das 


—_ 593 — 


ist: Ablesen der Raupen. Die Raupe des Blatträubers ist braunrotb, 
in den Seiten gelb und hat auf jedem Gelenk eine braunrothe 
Zeichnung; die des Frostspanners ist in der Jugend graubraun, 
später grün und gelb gestreift und röthlich oder braunroth punktirt. 

Glücklicher Weise kommen diese Zerstörer nicht regelmässig, 
sondern nur in einzelnen Jahren an Rosen vor. Im anderen Falle 
würden sie geradezu verderblich werden. 

Beinahe an jedem Rosenstrauch, an jeder hochstämmigen Rose 
bemerkt man während der ganzen Vegetationsperiode einzelne 
Blätter, die durch Seidenfäden zusammengeheftet und zusammen- 
gewickelt sind. In ihnen bemerkt man, wenn man sie aufrollt, 
kleine grüne oder braune Räupehen, welche sich in der Gefahr 
rückwärts bewegen und sich endlich dadurch zu retten versuchen, 
dass sie sich an einem feinen Faden auf die Erde fallen lassen. 
Es leben nun verschiedene dieser Mottenarten (Wickler genannt) auf 
Rosen; die schädlichsten aber sind Tortrix Bergmannniana und Tortrix 
Forskaeleana, die nach meinen Beobachtungen zuweilen umfangreichere 
Zerstörungen dadurch verursachen, dass sie junge Triebe in den Bereich 
ihrer Wohnung, die ihnen zugleich zur Nahrungdient, (die beguemste 
Lebensart!) ziehen und sie verzehren. Ich habe einmal früher ver- 
sucht, die Falter während der Flugzeit mit betheerten Lappen, ' die 
man zwischen die Sträucher hängt, zu fangen, mittlerweile aber 
gefunden, dass der Gärtner am besten thut, die Raupen zwischen 
den zusammengesponnenen Blättern zu zerquetschen. 

Linderhöhe bei Köln. Dr. Kalender. 


Die K. K. Gartenban-Gesellschalt zu Wien 


und 
der Kongress deutscher Gärtner und Gartenfreunde 
daselbst. 

Wie in der Monatsschrift früher mitgetheilt, sah sich die k. k. 
Gartenbau-Gesellschaft in Wien durch die daselbst stattfindende Welt- 
ausstellung veranlasst, in Fortsetzung der früheren Kongresse deut- 
scher Gärfner und Gartenfreunde, deren letzter bekanntlich in Ham- 

26 


— 34 — 


burg im Jahre 1869 stattgefunden hat, für die Tage vom 19. bis 
25. August d. J. einen solchen Kongress auszuschreiben, der denn 
auch an den bezeichneten Tagen stattgefunden hat, jedoch bei nicht 
sehr zahlreicher Betheiligung. 

Bevor ich mich zu den gepflogenen Verhandlungen selbst 
wende, halte ich es für angemessen, einige Bemerkungen über die 
Gartenbau-Gesellschaft in Wien zu geben und über den Empfang, 
den dieselbe den fremden Gästen bereitet hat. 

Die Wiener Gartenbau - Gesellschaft hat vor den anderen deut- 
schen Schwestern den Umstand voraus, dass sie im schönsten Theile 
der Stadt, in der Ringstrasse, gegenüber dem Stadtpark (Park-Ring- 
strasse 12) ein umfangreiches Gartengrundstück nebst Gebäuden besitzt, 
wodurch sie in den Stand gesetzt ist, unbekümmert um die wech- 
selnden Miethspreise, eine dauernde Heimath zu gründen, die zu- 
gleich Gelegenheit bietet, den Kreis ihrer Thätigkeit weiter auszu- 
dehnen. Grund und Boden sind ein Geschenk des Kaisers, die Ge- 
bäude sind von der Gesellschaft selbst mit einem Kostenaufwande 
von, wenn wir recht berichtet sind, 160,000 Gulden österr. Wäh- 
rung errichtet worden. 

Da aber die Gesellschaft so grosse Kapitalmittel nicht besass, 
so musste sie das Geld anleihen, was ihr nicht schwer werden 
konnte, weil das Grundstück an sieh einen hohen Werth darstellt. Um 
nun die erheblichen Zinsen aufbringen und wo möglich das Kapital 
amortisiren zu können, was aus den Mitgliederbeiträgen nicht möglich 
war, veranstaltet sie in ihren Räumen öffentliche Konzerte und ver- 
pachtete die täglich und zu jeder Tageszeit‘ geöffnete Restaura- 
tion. Das Lokal ist ein ausserordentlich besuchtes und wirft erheb- 
liche Erträge ab, was nicht in Verwunderung setzen kann, wenn 
man erwägt, dass bei einem Eintrittsgelde von 1 oder 1,5 Gulden bei 
Konzerten die weiten Räume zur Zeit unserer Anwesenheit derart 
gefüllt waren, dass es oft schwer hielt, einen Sitzplatz zu erobern. 

Für die Versammlungen der Gesellschaft ist ein besonderer Saal 
nebst den nöthigen Bureauräumen reservirt. 

Die Wiener Gartenbau-Gesellschaft besitzt auch noch den Vorzug, 
dass die höchste Aristokratie uml die reichsten Leute es sich zur Ehre 
rechnen, neben den eigentlichen Fachleuten zu ihren Mitgliedern zu 
gehören und an den Geschäften thätigen Antheil zu nehnlen. 


In dem oben erwähnten Saale wurden am Abend des 19. Aug. die 
Mitglieder des Kongresses von dem Vorstande, an seiner Spitze Frei- 
herr von Suttner, auf die zuvorkommendste Weise empfangen 
und begrüsst, darauf zur Wahl von drei Vorsitzenden für die drei 
Verhandlungstage des Kongresses geschritten. Die Wahl fiel auf 
Prof. Koch- Berlin für den ersten Tag, Regierungsrath Professor 
Fenzl- Wien für den zweiten und Direktor Petzold- Mus- 
kau für den dritten Tag. Im Interesse der Leitung der Geschäfte 
würde es vielleicht besser gewesen sein, nur einen Vorsitzenden für 
die gesammten Verhandlungen zu ernennen. 

Ausserdem lud der Vorstand der Gartenbau-Gesellschaft die Mit- 
glieder des Kongresses auf seine Kosten zu einem Banket ein, das 
später in demselben Saale stattfand. 

In der ersten Sitzung hielt Prof Dr. E. Fenzl einen länge- 
ren Vortrag über „die Bedeutung der Ausstellungen für den 
Gartenbau.“ Es wurde beschlossen, denselben sofort drucken zu 
lassen und am dritten Kongresstage darüber in eine Debatte einzu- 
treten. Ob letzteres geschehen, kann Referent nicht angeben, da er 
verhindert war, der Sitzung beizuwohnen. Der Vortrag wird wegen 
seines allgemeinen Interesses in der Monatsschrift unverkürzt mitge- 
theilt werden. 

Baumschulbesitzer Jürgens referirte sodann über „den Ein- 
fluss des Leuchtgases auf das Leben der Pflanze“ und 
theilte selbstgemachte Erfahrungen mit, welche, wie er annahm, 
ihn zu dem Glauben berechtigten, dass in den allermeisten Fällen 
das Leuchtgas die einzige Ursache des Absterbens zahlreicher Bäume 
an Strassen und Alleen sei. Derselbe wollte mit Erfolg die schäd- 
lichen Wirkungen des aus den Rohrleitungen in das Erdreich drin- 
genden Gases dadurch bekämpft baben, dass er. auf die Gasleitungen 
Drainröhren gelegt und deren Mündung in das Laternenrohr geführt 
hatte. In diesem Sinne stellte Redner den Antrag, der Kongress 
solle beschliessen, das Leuchtgas sei die Ursache des Eingehens der 
Bäume an Strassen etc., bei Neuanlagen seien die Gasleitungen in 
angemessener Entfernung von Baumpflanzungen zu legen und mit 
Drainröhren in angemessener Weise zu versehen. — Es sei ausdrück- 
lich bemerkt, dass dies nicht der Wortlaut, wohl aber der Sinn des 
Antrages war. 


26* 


— 396. — 


Einer derartigen Beschlussfassung glaubte sich Dr. Filly- 
Berlin widersetzen zu müssen. Ohne bestreiten zu wollen, so führte 
derselbe aus, dass das aus den Leitungen in den Boden dringende 
Leuchtgas den Pflanzen gefährlich werden könne, so hätten doch die 
bisherigen Untersuchungen erwiesen, dass in die Augen fallende 
schädliche Wirkungen nur da stattfänden, wo ungewöhnlich grosse 
Quantitäten Gas im Boden vorhanden waren. Es sei deshalb be- 
denklich, das Absterben aller Bäume an Wegen etc. ausschliesslich 
dem Leuchtgase zuschreiben zu wollen, um so bedenklicher,, als 
Senkung des Grundwassers, zu tiefes Pflanzen oder späteres Erhöhen 
des Bodens, mechanische Beschädigungen und viele andere Ursachen 
die Bäume tödten könnten und erfahrungsmässig tödteten. Ein 
Kongress könne überhaupt nicht derartige Fragen entscheiden; der- 
selbe könnte nur den Zweck haben, dureh Mittheilung von Erfah- 
rungen die einzelnen Mitglieder anzuregen, theils selbst weitere Beob- 
achtungen zu machen, theils, in die Heimath zurückgekehrt, Andere 
zu weiteren Beobachtungen zu veranlassen. In diesem Sinne stelle er 
den Antrag, der Kongress möge erklären, dass es wünschenswerth 
sei, weitere Beobachtungen über diesen wichtigen Gegenstand anzu- 
stellen. Dazu stellte Graf Attems-Graz den Zusatzantrag, dass es 
erwünscht wäre, die gemachten Beobachtungen auf geeignete Weise 
zu veröffentlichen. Nach ziemlich verworrener Debatte wurden beide 
Anträge angenommen, der des Herrn Jürgens abgelehnt. Indessen 
soll letzterer in der dritten Sitzung in etwas modifizirter Form 
und bei geringer Betheilisung der Mitglieder noch einmal einge- 
bracht und dann eine schwache Majorität erhalten haben! Referent 
enthält sich jedes Urtheils über dieses Vorgehen. 

Am zweiten Sitzungstage kamen weniger wichtige Gegenstände 
zur Verhandlung. Es sei ein Antrag hervorgehoben, der dahin ging, 
der Kongress solle sich an die Regierungen wenden, insbesondere au 
die österreichische, damit die Eisenbahnfrachttarife für Pflanzen- 
Sendungen herabgesetzt würden, jwelche uf der österreichischen 
Südbahn ganz abnorm hohe sein sollen. Vom Vorsitzenden Prof. 
Fenzl sowohl als von Dr. Filly wurde gegen die Annahme eines 
solehen Antrages geltend gemacht, dass der Kongress, der heute be- 
stehe und morgen nicht mehr, dem jedes dauernde Organ fehle, um 
solche Beschlüsse zur Ausführung zu bringen, gar keine Legitimation 


— 31 — 


gegenüber der Verwaltung der österr. Südbahn besitze. Es könne 
vom Kongress nur die Anregung in die einzelnen betheiligten Kreise, 
in die Gartenbanvereine getragen werden, ihrerseits das betreffende 
Material zu sammeln und sich an die betreffenden Behörden mit 
dem Gesuch um Abhilfe der unbestreitbar vorhandenen Missstände 
zu wenden. Was im Speziellen die Südbahn betreffe, so sei es 
Sache der Gartenbau-Gesellschaft zu Wien, die nöthigen Schritte zu 
thun. 

Am dritten Verhandlungstage ist unter Anderem beschlossen 
worden, der Gartenbau - Gesellschaft zu Wien die Einleitungen für 
die Berufung des nächsten Kongresses zu überlassen. Es war bean- 
tragt worden, denselben 1874 in Bremen bei Gelegenheit der Aus- 
stellung daselbst zu veranstalten. Doch war man nicht sicher 
darüber, ob derselbe dort willkommen sein werde. 

Ein Rückblick auf die gepflogenen Verhandlungen zeigt, dass 
derartige Kongresse viel nützlicher dadurch wirken, dass sie Gelegen- 
heit zu persönlicher Begegnung der Fachgenossen geben, als durch 
die gepflogenen Debatten, besonders wenn eine Ausstellung Anlass 
zu anderer Beschäftigung giebt. 

Ueber die gemachten Ausflüge, über die Anlagen zu Klosterneu- 
burg, Laxenburg, Baden, Dornbach ete., über die temporäre Pflan- 
zenausstellung in der Weltausstellung werden, so hoffe ich, berufe- 
nere Federn berichten. gg ie 


Die 
dritte temporäre Ausstellung des Gartenbaues 
‚der Wiener Welt-Ausstellung 
vom 20. bis 30. August 1879. 


Von W. Perring in Pankow bei Berlin. 


Bekanntlich finden während der Dauer der Welt-Ausstellung in 
Wien ausser der permanenten Gartenbau-Ausstellung 5 temporäre 
Ausstellungen statt. 

Die 3. Ausstellung mag wohl die von oesterreichischen und 
deutschen Gärtnern am meisten besuchte gewesen sein, weil zu der- 
selben Zeit der Gärtner-Kongress in Wien stattfand. Auch ich hatte 


— 3% — 


mit mehreren meiner hiesigen Freunde diesen Zeitpunkt zu einer 
Reise nach Wien gewählt. Obgleich auch die beiden ersten tempo- 
rären Pflanzen-Ausstellnngen von vielen Sachverständigen besucht 
worden sind, so hat doch noch Niemand eine Beschreibung derselben 
in einer deutschen Gartenzeitung veröffentlicht; die wenigen Mit- 
theilungen, welche dieselben bisher gebracht haben, waren sehr un- 
bedeutend und auch meist aus englischen Garten-Zeiungen ent- 
nommen. Aus diesem Grunde will ich es versuchen, in Nachstehendem 
den Eindruck, den die 3. temporäre Ausstellung auf mich gemacht 
hat, wiederzugeben. | 

Die Betheiligung an der Austellung aus dem Auslande war eine 
sehr geringe. Unter den 139 Austellern, die der Ausstellungs-Katalog 
aufführt, sind 92 Oesterreicher (hiervon 51 Wiener), 21 Ungarn, 20 
Deutsche, von denen aber mehrere nicht ausgestellt hatten, 3 Belgier, 
von denen keiner etwas eingesandt hatte, 1 Franzose und das ja- 
panische Gouvernement. Schon aus diesen Zahlen ist ersichtlich, 
dass die Ausstellung keinen richtigen internationalen Charakter ge- 
habt haben kann, wie es bei ihren Vorgängern, auf denen die bel- 
gischen, besonders die Genter Gärtner dominirt haben, der Fall ge- 
wesen ist. Es war eigentlich eine grössere oesterreische, ja sogar 
nur eine grössere Wiener Ausstellung, an der sich einige Ausländer 
betheiligt hatten. Obgleich von ausserhalb manche hübschen Pflanzen 
eingeliefert waren, so verschwanden dieselben doch unter den grossen 
Massen aus den Wiener Gärten. Weniger war dies bei Obst und 
Gemüse der Fall; hierin standen die Wiener Produkte den von ausser- 
halb eingelieferten nach, ersteres dem ungarischen und böhmischen, 
letzteres dem Frankfurter. 

Nach dem Urtheile Aller, welche auch die beiden vorherge- 
gangenen Ausstellungen gesehen haben, hat die dritte die beiden 
ersteren an Reichhaltigkeit und Mannichfaltigkeit übertroffen, nur an 
blühenden Pflanzen hat sie denselben nachgestanden; neue, noch nicht 
im Handel befindliche Pflanzen waren dagegen, mit Ausnahme der 
japanesischen Pflanzen-Kollektion, nicht vorhanden. Das Fehlen an 
blühenden Pflanzen wurde, wenn auch nicht ganz, durch die Reich- 
haltigkeit an buntblättrigen Blattpflanzen ersetzt. — 

Die temporäre Gartenbau-Ausstellungen finden in dem sogenannten 
Flora-Zelte, das aus 5 Hauptzelten besteht, und zwar zunächst aus dem 


— 399 — 


höchsten Mittelzelte, in einfacher viereckiger Form, nur mit einem 
kleinen als Haupt-Eingang dienenden Vorbau versehen. An diesen 
Mittelbau schliessen sich rechts und links an beide Giebel sehr 
schmale, lange, halbkreisförmig gebaute Zelte an, welche die Ver- 
bindung mit kleineren, rechts und links vom Haupt-Zelte stehenden 
Zelten vermitteln. Die Hauptform der sämmtlichen Zelte bildet so- 
mit etwa die Hälfte einer Ellipse. Die Zeichnung von diesen Gebäuden 
mag auf dem Papiere recht hücsch aussehen und darnach ganz 
zweckmässig erscheinen, allein in der Wirklichkeit ist die letztere 
Eigenschaft denselben nicht zuzusprechen. Der Hauptfehler der 3 
für Pflanzen bestimmten Abtheilungen besteht in der viel zu geringen 
Breite derselben; zum mindestens hätten sie, namentlich das Mittel- 
zelt, noch einmal so breit, resp. tief sein müssen. 

Die k. k. Gartenbau-Gesellschaft soll sich gegen die Erbauung 
und Ueberweisung dieser Zelte für die Gartenbau-Ausstellungen nach 
Kräften gesträubt haben, aber leider ohne Erfolg. Die General- 
Direktion für die Welt-Austellung hatte die schon gebrauchten Zelte 
billig aus Paris gekauft, und da sich dieselben zur Aufnahme von 
andern Ausstellungs-Gegenständen als ungeeignet erwiesen haben 
mögen, so sind sie, trotz aller Proteste, für die Pflanzen-Austellungen 
angewiesen worden. 

Dass bei der viel zu geringen Tiefe der Zelte nirgends ein 
grossartiger Gesammt-Ueberblick vorhanden sein kann, liegt auf der 
Hand. Die hohen Seitenwände des mittleren Zeltes sind bei der ge- 
ringen Breite unmöglich mit Pflanzen geschmackvoll zu dekoriren. 

Unter solehen Umständen haben die Ordner der Ausstellungen 
eine undankbare und schwierige Aufgabe; trotzdem war dieselbe, so 
gut es die Umstände gestatteten, glücklich gelöst worden und die 
Arrangements den Verhältnissen geschmackvoll und zweckmässig an- 
gepasst. Die Pflanzen waren mit Ausnahme einzelner, auf Posta- 
menten plazirter, in Gruppen auf der Erde aufgestellt. Für viele 
kleine Pflanzen würde jedoch die Aufstellung auf 3 Fuss hohen 
Tischen zweckmässiger gewesen sein, weil die Besichtigung dadurch 
erleichtert wäre. 

Das Hauptverdienst an der Ausstellung hat sich unstreitig 
Rudolph Abel aus Hietzing bei Wien erworben; seine ausgestellten 
Pflanzeh bildeten allein eine Ausstellung. Von nachstehenden Familien 


— 40 — 


und Gattungen hatte er reiche und gut kultivirte Sammlungen aus- 
gestellt, welche jede für sich eine schöne Gruppe bildeten 

25 Araliaceen, ferner Aroideen in 5 Gattungen und zwar 5 Alocasien, 
16 Anthurien, 18 Dieffenbachien, 10 Philodendron und 70 Caladien, 
ferner: 27 Bromeliaceen, 25 Croton-Arten und Abarten, 43 Dra- 
caenen, 22 Selaginellen, 36 Maranten, 43 Coleus, 88 Palmen, 26 Cy- 
cadeen, 13 Pamdaneen, 27 Artocarpeen (meist Ficus), 34 Eriken, 
8 Dammaren und ausserdem mehrere Gruppen von den besten übrigen 
Warm- und Kalthaus-Pflanzen. | 

Für die hervorragendste und beste Leistung auf der ganzen 
Ausstellung halte ich die Gruppe Eriken, aus 34 Arten und Abarten 
in mehreren Exemplaren bestehend. Es war ein wirklicher Genuss, 
diese jetzt bei uns so selten gewordenen Pflanzen in so schön kul- 
tivirten und reichhblühenden Exemplaren zu sehen. In solcher Voll- 
kommenheit möchten die Pflanzen auf dem Kontinente wohl schwer- 
lich zum zweiten Male zu finden sein. Die Kollektion würde selbst 
auf einer Londoner Ausstellung Anerkennung gefunden haben und 
nur hinsichtlich der Grösse übertroffen worden sein. Alle Pflanzen 
waren gleich gut kultivirt und die Sorten so reich und schön blühend, 
dass es mir sehr schwer wurde, einige als die besten herauszu- 
finden; als solche notirte ich E. Evereana rubra, ramentacea vera, 
Rohani und vestita multiflora. 

. Leider gestattet der mir zugewiesene Raum nicht, die übrigen 
Gruppen von Rudolph Abel, wie auch die der übrigen Aussteller 
genau zu beschreiben, obgleich sehr viele Pflanzen darunter waren, 
welche wirklich hervorgehoben zu werden verdienten; ich muss mich 
desshalb nur darauf beschränken, die besten Leistungen und einzelne 
besonders schöne und auffallende Pflanzen zu erwähnen. In der aus 
sehr starken Exemplaren bestenden Dracaenen-Gruppe von Rudolf Abel 
stand eine Dracaena indivisa (vera), auch unter den Namen aureo- 
lineata bekannt, welche durch ihre Grösse und Ueppigkeit den Blick 
aller Kenner auf sich zog. Ich habe nur einmal auf einer Aus- 
stellung in London ein ähnliches, ebenso starkes und kräftiges Exem- 
plar gesehen, das aber diesem doch an Schönheit in Folge. eines 
höheren kahlen Stammes nachstand. Die Seltenheit dieser Art hat 
ihren Grund in der schwierigen Kultur oder vielmehr in der Em- 
pfindlichkeit der Pflanze. ? 


— 41 — 


Die Pflanze muss sehr vorsichtig gegossen werden und verlangt 
einen möglichst heilen Platz in einem temperirten oder einem 
Kalthause, in dem keine zu niedrige Temperatur gehalten wird. 
Trotz aller Vorsicht passirt es, dass man die Pflanze plötzlich mit 
schlaffen Blättern vorfindet, während sie noch den Tag zuvor scheinbar 
sesund war. Bei näherer Untersuchung stellt sich Stamm- und 
Wurzelfäule als die Ursache der Krankheit heraus; die Pflanze ist 
unrettbar verloren und stirbt in kurzer Zeit ab. 

Die neuerdings so beliebt gewordenen Croton waren in allen 
bekannten Arten und Abarten vertreten und standen in üppiger 
Kultur, allein es fehlte ihnen meistentheils die schöne Färbung, 
welche man an dieser Gattung in England bewundert — ein Umstand, 
der bei uns hier in Berlin auch in der Regel eintritt. — Eine 
Ausnahme machte unter andern Cr. fuscatum, der hier unter dem 
Namen Cr. Harrisonii ausgestellt war. In der aus 43 Sorten — 
worunter 6 neue Züchtungen des Ausstellers — bestehenden Gruppe 
Goleus enthielt etwa 80 Pflanzen von ca 1%—2 Fuss im Durch- 
messer, bei 1—1% Fuss Höhe. Die Exemplare waren alle gut ge- 
färbt und regelmässig gestaltet, was zwar keine grossen Schwierigkeiten 
bereitet, aber bei einer so grossen Zahl doch Anerkennung verdient. 
Die Palmen- und Cycadeen-Gruppen enthielten die neuesten und 
schönsten Arten in zum Theil sehr starken und schönen Exemplaren. 
Die erst neuerdings durch Linden in Gent in grösseren Massen 
eingeführte zierlichste aller Palmen, Cocos Weddeliana oder richtiger 
Glaziova elegantissima, war in einem stattlichen, über 3 Fuss hohen 
Exemplare, welches seine Wedel noch bis auf die Erde des Topfes 
hatte, vorhanden. Hierbei sei bemerkt, dass diese Art niedrig bleibt 
und deshalb eine grössere Zukunft hat, als wenn sie, wie andere 
Cocos-Arten, leicht zu hoch würde; die höchsten Pflanzen, welche 
existiren, sind 4 bis 5 Fuss hoch. Die neuesten Einführungen waren 
ebenfalls zahlreich vorhanden; als die schönsten, die wahrscheinlich 
bald eine grosse Verbreitung finden werden und später Marktpflanzen 
zu werden versprechen, nenne ich: Curculigo recurvata fol. var., 
Curmeria picturata, Phyllotaenium Lindenii und Anthurium erystal- 
linum, desgleichen der schon einige Jahre ältere Pandanus Veitchii 
und das schönste von allen Adiantnm-Arten, Ad. Farleyense. 

Die Privatgärten vertraten auf das Würdigste die Pflanzen- 


— 402 — 


Kollektionen von Emil Rodeek (Obergärtner Joseph Tidler), dem 
wohl nächst Rud. Abel das grösste Verdienst an der Ausstellung ge- . 
bührt. Von Emil Rodeck waren ähnlich wie bei den Abel’schen Pflan- 
zen zahlreiche Arten einer Familie zu einer Gruppe vereinigt und bil- 
deten so recht interessante und lehrreiche Sammlungen. Fünf grössere 
Gruppen enthielten 46 Palmen, 33 Farne, 18 Croton, 26 Dracaenen 
37 Maranten. Andere Gruppen waren aus den verschieden schönen 
Modepflanzen zusammengesetzt, z.B. Dieffenbachien, bunten Dioseoreen, 
Diechorisandren ete. Auch war ein kleines Sortiment von Nepenthes 
ausgestellt. Die Kultur aller Pflanzen liess nichts zu wünschen 
übrig, und die Grösse vieler bekundete, dass ihr Besitzer kein 
Handelsgärtner, sondern Liebhaber sei. 

Zwar weniger zahlreich, aber doch nicht minder stattlich, war 
die Pflanzengruppe, die der Hofgärtner Lesemann aus dem Garten 
des Herzogs von Braunschweig in Hietzing aufgestellt hatte; sie ent- 
hielt fast nur Schaupflanzen. Die in einem schönen Exemplare 
ausgestellte Maranta Clorostina war mir unbekannt, obgleich ich von 
dieser Gattung über 60 Arten und Abarten kultivire und die belgischen 
Handelsgärtnereien vielfach durchsucht habe, um etwa mir noch 
fehlende Sorten aufzufinden. Maranta Clorostina ist eine hübsche 
Art mit nicht sehr grossen, länglichen, glänzend grünen Blättern 
und hat, wie es mir schien, einen niedrigen Habitus. 

Der aus den k. k. Universitäts-Garten eingelieferten Pflanzen- 
Gruppe war es nicht anzusehen, dass sie einem der Botanik gewid- 
meten Garten entstamme, wie dies sonst meist der Fall ist. Ober- 
gärtner Benseler hat dadurch den Beweis geliefert, dass es auch in 
botanischen Gärten möglicht ist, Schaupflanzen heranzuziehen, 
was bekanntlich vielfach von Vorstehern derartiger Institute bestritten 
wird. Besondere Erwähnung verdient eine prachtvolle Theophrasta 
imperialis von über 5 Fuss Höhe. Zahlreiche Repräsentanten der 
Familien der Aroideen und Palmen wies die Grupge ausserdem noch 
auf; von ersteren zeichnete sich Anthurium egregium Schott. durch 
Grösse der Blätter aus, in der letzteren Familie fiel Oreodoxa 
ventricosa Mart. durch den dicken, bauchigen Stamm auf; Phoeni- 
cophorum Sechellarum Herm. war in einem stattlichen, recht gesunden 
Exemplare vertreten. Unter den durch Hofgärtner Imeling aus dem 
Garten des Fürsten Schwarzenberg ausgestellten Pflanzen imponirten 


— 403 — 


die aus 33 Aepfel, 5 Birnen, 1 Feige und 1 Pflaume bestehenden 
Obstbäumchen in Töpfen, sog. Obst-Orangerie, durch ihren Reiehthum 
an Früchten. Die aus dem Garten des Fürsten Lichtenstein in 
Eisgrub vom Garten-Direktor Pohle ausgestellten Kollektionen wiesen 
einen grossen Reichthum an buntblättrigen Gewächs-Haus-Teppich- 
Pflanzen und Gehölzen auf. Von sonstigen Leistungen aus Privat- 
Gärten will ich nur noch die verschiedenen Pflanzen des gräflich v. 
Schönborn’schen Obergärtner Stoeger erwähnen; es waren 50 Sorten 
Caladien und 9 Sorten blühende Gesneriaceen, (Tydaeen und Naegelien), 
sowie 50 Coleus-Sämlinge eigener Zucht. Bei der Mannichfaltigkeit 
der Zeichnung der schon existirenden Sorten dieser Gattung werden 
wohl noch kaum bessere Sorten gezüchtet werden können. — 

‚Von Handelsgärtnern hatte sich Carl Matznetter in Wien durch 
Caladien-Sorten in riesigen, in Körben kultivirten Exemplaren aus- 
gezeichnet. Die Pflanzen besassen bis zu 3 Fuss Durchmesser bei 
ziemlich gleicher Höhe und hatten recht gesunde, gut gezeichnete 
Blätter. Ausserdem hatte dieser Aussteller noch eine Marktpflanzen- 
Gruppe, aus den besten Blattpflanzen- und Palmen-Arten dieses 
Genres bestehend, geliefert. 

Eduard und Ludwig Abel hatten sich ähnlich wie Rudolph 
Abel durch Ausstellungen von Blattpflanzen-Gruppen in Sammlungen 
betheiligt, wenn auch nicht in ganz so umfassender Weise; trotzdem 
boten dieselben viele schöne und werthvolle Schätze. 

Eduard Abel war durch Caladien, sehr schöne Palmen und 11 
Baumfarne vertreten, ferner durch ein Sortiment gefüllter und ein 
solches einfacher scharlachfarbener Pelargonien und endlich mit den 
neuesten Sorten dieser Gruppe. Unter denselben befanden sich auch 
die beiden weissgefüllt blühenden Sorten, alba plena und Aura Sisley. 
Beide entsprechen den von ihnen veröffentlichten Beschreibungen und 
Lobeserhebungen durchaus nicht. Die Blumenformen sind kaum 
so vollkommen, wie die der allerersten rothen Varietäten, und 
die Färbung ist‘ keine rein weisse, sondern mehr ins Röthliche 
spielende. Trotzdem will ich das Verdienst des Züchters hierdurch 
nicht schmälern; der Anfang, welcher uns wohl in nicht allzulanger 
Zeit zu einem schönen, weissen gefüllten Pelargonium führen wird, ist 
da. Voraussichtlich werden auch die nächst folgenden Generationen 
unsern Anforderungen noch nicht entsprechen, weil eine derartige 


Ye u 40 


Vervollkommnung selbstverständlich nur allmälig vor sich gehen 
kann, wobei hier noch in Betracht kommt, dass die einfach weiss 
blühenden Pelargonien sich in ihrer Verbesserung schwieriger erwiesen 
haben, als die mit rothen und rosa gefärbten Blüthen Es giebt 
bis jetzt noch keine weiss blühende Pelargonie, von zonale oder 
inquinans entstammend, welche allen mässigen Anforderungen genügte. 
Ludwig Abel hatte die reichhaltigste Pandaneen-Sammlung auf der 
ganzen Ausstellung, desgleichen recht schöne Kollektionen von Palmen, 
Cycadeen, Dracaenen, Musen, Croton und Aroideen 

Die 4 Fuss hohen, reich blühenden Säulen der Campanula pyra- 
midalis des Handelsgärtners Bachraty brachten unter die vielen 
Blattpflanzen eine angenehme Abwechslung und nahmen sich darunter 
sehr gut aus, was ich aber nicht von den zwar reich blühenden, 
aber nicht zur Einfassung von Palmen- und Cycadeen-Gruppen 
passenden Scharlach-Pelargonien eines andern Ausstellers behaupten 
kann. Es sind dies eben zu verschiedenartige Pflanzen, deren Charakter 
durchaus nicht zusammenpasst, und von denen eine Zusammenstel- 
lung etwas Unnatürliches hat, was das ästhetische Gefühl verletzt. 

Die durch L. Kellermann in Wien durch Kreuzung erzielten 
Aroideen-Formen, welche zum Theil ‚schon 1867 auf der Pariser 
Ausstellung prämiirt worden sind, fanden den ungeiheiltesten Beifall 
aller Kenner und fesselten selbst die Blicke der Laien durch die 
schöne Form und Grösse der recht üppigen Blätter Obgleich alle 
15 Formen wirklich schön waren, so möchte ich doch der unter 
Nro. 15 ausgestellten den Vorzug vor allen übrigen geben.”) Neben 
jeder einzelnen Form waren die beiden Arten, aus deren Kreuzung 
sie hervorgegangen, aufgestellt, wodurch Gelegenheit zu Vergleichungen 
derselben geboten wurde. | 

Von den übrigen Handelsgärtnern, die sich an der Ausstellung 
betheiligt hatten, will ich nur noch Georg Stoeck & Comp. und 
Fr. Freilich, beide aus Wien, erwähnen. 

Von fremden Ausstellern verdienen besonders hervorgehoben zu 
werden: Geheimer Kommerzienrath Ravene in Berlin (Obergärtner 
König) hatte eine Sammlung sehr gut kultivirter Croton in zum 
Theil recht starken und schön gezeichneten Exemplaren ausgestellt, 


*) Vergleiche das Augustheft Die Red: 


— 405° — 


welche allgemeine Anerkennung fand. Die prinzlich niederländische 
Baumschule zu Muskau (in Preussen) hatte durch Garten - Direktor 
Petzold eine aus 602 Arten und Abarten bestehende Gehölz-Samm- 
lung jn jungen, kräftigen, in Töpfen stehenden Exemplaren ausge- 
stellt. Einzelne Gattungen waren in einer anftallend reichen Arten- 
zahl vertreten; z. B. Eichen mit 125, Birken mit 40, Buchen mit 
20, Linden mit 26, Ulmen mit 18 und endlich Berberis mit 40 
Arten und Abarten. Diese Reichhaltigkeit wurde durch keine Ge- 
hölz-Sammlung in der permanenten Gartenbau-Ausstellung auch nur 
annährend erreicht. 

Die aus Marktpflanzen und vier schönen Schaupflanzen: Balan- 
tium Sellowianum, Chamaerops humilis, Cycas revoluta und Dracaena 
Ehrenbergii von 8 bis 12 Fuss Höhe bestehende Pflanzen-Kollektion 
des Handelsgärtner Oskar Liebmann in Dresden, der durch seine 
schönen Kulturen auf unsern Berliner Ausstellungen bekannt ist, 
zeigte auch hier nur musterhafte Kultur. 

Dasjapanische Gouvernement in Tokio hatte durch die Kommis- 
sionäre J. Tanaka, Botanist, und S. Tsuda, Agriculturist und Horti- 
eulturist, 35 Farne, 12 Lilien in Blüthe und 9 Orchideen, welche 
aber nicht blüheten, ausgestellt. Unter den Farnen mögen viele 
hübsche Arten und Formen sein, die in unsern Gärten noch fehlen, 
leider waren die Wedel der meisten Pflanzen aber noch so wenig 
entwickelt, dass es nicht möglich war, über ihren Werth ein Urtheil 
abzugeben. Unter den Lilium auratum habe ich keine Formen ge- 
funden, die wir nicht auch schon besässen. Einige schöne unbekannte 
Lilien-Arten, die eine Blüthenform wie Lilium laneifolium und 
theils eine rosa, theils eine rothe Färbung mit dunkelen Flecken 
‚hatten, waren recht hübsch und werden wohl bald Verbreitung bei 
uns finden. Weniger möchte dies wohl mit den vasenartig geformten, 
mit einem recht grellen Blau bemalten Töpfen, in denen die Lilien 
standen, der Fall sen. Zu der weissen Farbe mit gelben Streifen 
der Blüthen von Lilium auratum harmonirte das helle Blau der 
Töpfe durchaus nicht, — doch ländlich, sittlich — in Japan mag 
man es schön finden, sonst wäre es wohl nieht so ausgestellt. 

Charles Verdier fils in Paris hatte ein Sortiment von 150 ab- 
geschnittenen Gladiolen-Blüthen ausgestellt. Es befanden sieh zwar 
recht hübsche Farben und Blüthenformen darunter, eine wesentliche 


— 406 — 


Verbesserung der mir bisher bekannten Sorten habe ich jedoch 
nicht gefunden; ich glaube, dass die Vervollkommnung dieser Gattung 
ihren Höhepunkt erreicht hat. — 

Von Gemüsen war ‘die reichste und beste Sammlung von der 
Frankfurter Gartenbau-Gesellschaft aus den Gemüsegärten von Frank- 
furt a. M., Oberrad und Sachsenhausen eingeschickt. Kohlköpfe von 
staunenswerther Grösse bildeten den Mittelpunkt und Hintergrund; 
um diese gruppirten sich die Rüben-Sorten, Knollen- und Wurzel- 
gewächse und Gurken, den Abschluss bildeten Küchenkräuter und 
Bohnen. Alle Gemüse waren in der grössten Vollkommenheit ver- 
treten. Von den 25 Bohnen-Sorten erschienen mir als die besten: 
Extra breite Schlacht-Schwert Stauden, Oberräder Mittel- und Ober- 
räder schmale Schlacht-Schwert Stangen. Unter den Rettigen war 
mir der ;?), Fuss lange Frankfurter Trocken-Rettig unbekannt. Von 
den 12 Sorten rothen Rübeu möchte wohl die schon mehrfach em- 
pfohlen „Aegyptische“ als die beste zu bezeichnen sein, welche auch 
in mehreren anderen Sammlungen vertreten war. In Berlin habe 
ich dieselbe bisher noch nicht auf dem Markte gesehen; ich glaube, 
diese Sorte mit gutem Gewissen den hiesigen Gemüsezüchtern zum 
Anbau empfehlen zu können Obgleich dieselben sehr an ihren seit 
längerer Zeit gebaueten Gemüsen hängen und für die Vorzüge der- 
selben so eingenommen sind, dass neue Sorten bei ihnen schwer Ein- 
gang finden — was ihnen ja auch in vielen Beziehungen nicht zu 
verdenken ist, — so glaube ich doch, dass Niemand von ihnen den 
Anbau dieser Sorte bereuen wird. Diese Rübe hat eine rundliche, 
aber dabei etwas eckige Form, läuft an ihrer Endspitze nicht in 
eine lange‘, dieken, sondern in eine dünne Wurzel aus, ähnlich 
wie dies bei den echten runden Rettigen der Fall ist. Das tief. 
schwarzrothe Fleisch ist zart und weich. 

80 Kartoffel-Sorten waren vom Gutsbesitzer Adler sen. in Köln 
ausgestellt, welche wohl das Beste und Neueste enthielten, was davon 
existirt. Als die drei- grössten Sorten notirte ich die bekannte 
Rosenkartoffel, die lange amerikanische Maus und die weisse Stock- 
stetter. 

In der Gemüse-Sammlung des Schlossgärtners vom Baron Suttner 
in Hermannsdorf, Franz Skebra, befanden sich auch einige Neuhei- 
ten; zuerst Hibiseus avelmoschatus, dessen Schoten in subtropischen 


— 417 — 


Ländern ein beliebtes Gemüse bilden sollen. Bei uns wird diese 
Pflanze aus Mangel an der nöthigen Wärme wohl nicht als Nahrungs- 
mittel Verwendung finden können. Ferner war eine schöne Ananas- 
Melone, Melon de Cantonniers, vorhanden, deren Samen durch die 
ostasiatische Expedition nach Algier eingeführt und von dort aus 
verbreitet sein sollen. Die Sammlung zeichnete sich durch sehr 
schöne, grosse Gurken und Zwiebeln vortheilhaft aus; von ersteren 
waren dies besonders griechische (von Athen), Henderson’s white, 
und weisse Himalaya, von letzteren Red Westerhersield und Nonaras, 
eine weisse, sehr früh reifende Sorte. Kohl war dagegen, wie in 
allen Wiener Sammlungen, nur in kleinen Köpfen vertreten, woran, 
wie mir mitgetheilt wurde, die grosse Hitze und Dürre dieses Som- 
mers die Schuld tragen soll. 

Hier bei Berlin und auch wohl in den meisten Theilen des nörd- 
lichen Deutschlands sind gerade die Kohl- und Kküben-Sorten in 
Folge des vielen Regens zu einer grossen Vollkommenheit gediehen. 

Handelsgärtner Karl Mayr in Wien hatte zwar auch ein sehr 
reiches, aber ohne Namen gelassenes Gemüsesortiment ausgestellt, 
weshalb sich nichts darüber sagen lässt. Ausserdem war noch 
vom gräflich von Schönborn’schen Obergärtner Stoeger eine hübsche 
Sammlung, vom Krenhändler Johann Klempf sehr starker Kren 
(Meerrettig) und von mehreren Anderen kleinere Sammlungen aus- 
gestellt. | 

Die Gemüse-Ausstellung fand in dem Gange rechts vom Haupt- 
Pavillon statt, während die Früchte in dem links davon befindlichen 
Gange Aufstellung gefunden hatten. Diese Räume waren dem Zweck 
einigermassen entsprechend, obgleich auch hier bei einer doppelten 
Breite des Zeltes an jeder Seite des Weges ein Tisch hätte ange- 
bracht werden können, wodurch der Total-Eindruck sehr gewonnen 
haben würde. 

Obst war verhältnissmässig am wenigsten ausgestellt; die eigent- 
liche Obst-Ausstellung findet allerdings erst im Oktober statt. Ananas 
waren sehr schön und stark aus Böhmen, das ja auch durch diese 
Kulturen berühmt ist, vorhanden. Die schönsten Früchte hiervon 
waren wohl die aus den Treibereien des Herzogs von Modena in 
Chlumetz in Böhmen, während ihnen die aus den böhmischen Gär- 
ten des Fürsten Schwarzenberg wenig nachstanden. Weintrauben 


Zr BGB = 


waren nicht in sehr grosser Vollkommenheit vorhanden, die bessten 
mögen wohl die des letztgenannten Ausstellers gewesen sein. 

Die reichste Obst-Sammlung hatte die Trienter Landwirthschafts- 
Gesellschaft durch den Obergärtner Christoph eingeliefert. Ferner 
verdienen noch Erwähnung die Sammlungen von Jeanette Pellican, 
Obergärtner Janauscheck zu Banat-Kombos in Ungarn, Ybergärtner 
Schilhan zu Horpace (Ungarn) und mehrerer anderer ungarischer 
Gärtner, die besonders viele Melonen und Wassermelonen eingelie- 
fert hatten. 

Bouquets waren auch nicht sehr zahlreich ausgestellt; am mei- 
sten fanden die aus Alpen-Blumen gefertigten meinen Beifall. Das 
schönste hiervon war unter dem Motto: „Ein Gruss an alle Alpen- 
freunde“ ausgestellt und bestand aus einer sehr zahlreichen Blumen- 
und Gräser-Sammlung der lieblichen Kinder der Alpenwelt, war 
auch mit grossem Geschmack leicht gebunden. Auch den von Lid- 
wina Alt, der berühmten Wiener „Kranzelbinderin“, waren recht 
hübsche Bouquets von Alpenblumen eingeliefert. Eins, in‘ französi- 
scher Form, bestand in der Mitte aus Alpenrosen, umgeben von 
einem breiten Edelweissrande, und den Sehluss bildete ein Kranz 
leuchtend blauer Gentianen. 

Die in Pyramiden oder naturlicher Form gebundenen Bougqunets 
von Garten- und Gewächshaus- Blumen waren auch ziemlich befrie- 
digend; dagegen gefiel mir bei den in Tellerform gehaltenen die 
Farbenzusammenstellung nicht; meist waren zu matte oder nicht zu- 
sammenpassende Farben nebeneinander verwendet. 

Eine mir neue Art Vasen hatte mehrfach zur Aufstellung von 
Bouquets Verwendung gefunden. Wahrscheinlich waren dieselben 
von Holz angefertigt und die Aussenseiten mit den Blättern der 
Georginenblumen (der eigentlichen einzelnen Blumen) in verschiedenen 
Mustern beklebt. Dies sieht zwar recht hübsch aus, ob aber die 
kurze Dauer dieser Bekleidung die jedenfalls mühsame Arbeit auf- 
wiegt, ist eine Frage, die ich nicht bejahen möchte. 

Von Ferd. Krägel sen. in Meran waren zwei Tableaux von 
getrockneten Alpenblumen und Insekten angefertigt; das eine stellte 
den k. k. Reichs-Adler, das andere das k. baierische Wappen dar. 
Der dafür verlangte Preis von 600 Gulden mag wohl der Arbeit 
entsprechend sein, aber erschien mir doch so hoch, dass sich wohl 


— 409 


schwerlich ein Käufer dafür finden wird. Viel leichter werden die 
von der Kunsthändlers-Gattin Anna Bermann in Wien sehr geschmack- 
voll angefertigten kleinen und grösseren Tableaux aus plastisch ge- 
trocknetem Edelweiss in Form von Bouquets oder gefüllten Körbchen 
Abnehmer finden. 

Von grossem Fleiss zeugte dass vom Kunstgärtner Tsehernick| 
in Schönbrunn ausgestellte Herbarium-Tableau des Gewächsreiches in 
seinen natürlichen EntwickelungsstufennachEndlicher’sSystem geord- 
net, mit schriftlichen Erläuterungen, 750 Pflanzen auf 330 Tafeln. Sehr 
interessant ist das 1000 Pflanzen enthaltende Herbarium der Japanesen, 
sowohl für Botaniker wie auch für Gärtner; es finden sich in dem- 
selben viele Pflanzen, die uns noch fehlen, und die ‘auch noch nicht 
wissenschaftlich bestimmt sind. Ueber die Preis-Vertheilung kann 
ich keine Mittheilungen machen, weil ich schon vor Beendigung der- 
selben von Wien abgereist bin. 

Die Erfahrung hat bereits vielfach gelehrt, dass grössere Gartenbau- 
Ausstellungen, mit Industrie- oder landwirthschaftlichen Ausstellungen 
vereinigt, meistens als Stiefkinder oder nothwendige Anhängsel be- 
trachtet werden und deshalb selten zur allgemeinen Befriedigung der 
Fachmänner gelingen. Hierzu hat auch wieder sowohl die 3. temporäre 
wie auch die permanente Gartenbau-Ausstellung der Wiener Welt- 
Ausste'lung ein Beispiel geliefert. Dass erstere zwar eine sehr gute 
Wiener, aber keine befriedigende internationale war, habe ich bereits 
im Eingange durch Zahlen nachgewiesen. Aber auch die permanente 
Gartenbau-Ausstellung ist dies nieht, obgleich dabei Deutschland 
durch Hamburg gut vertreten ist. 

An der permanenten Ausstellung haben sich betheiligt: 23 Oester- 
reicher, 8 Deutsche, 5 Ungarn, 5 Franzosen, 5 Holländer, 2 Belgier, 
2 Engländer, 1 Italiener, 1 Grieche, 1 Japanese und der Staat Monaco. 

Hierbei kommt noch der Umstand in Betracht, dass sich viele 
der fremden Aussteller mit wenigen unbedeutenden Erzeugnissen 
betheiligt haben, die beiden Engländer nur mit Grasssamen-Aussaaten. 

Unter allen fremden Ausstellern sind die vier Hamburger Handels- 
särtner die einzigen, welche etwas Anerkennenswerthes geliefert haben. 
F. J. C. Jürgens in Ottensen beiHamburg hat sich mit 4Konkurrenzen, 
100 Koniferen in grossen Exemplaren, 100 Allee-, Solitair- und 
Trauerbäumen mit geschlitzten und bunten, resp. gelb und roth ge- 

27 


— 40 — 


färbten Blättern, 21 Rhododendron hybr. und 38 hochstämmigen Obst- 
bäumen, Palmetten und Flügelpyramiden, betheiligt. Peter Smith 
& Comp. in Hamburg ist mit 200 Koniferen in Schaupflanzen und 
Zwerg-Formen, einem Sortiment gefüllter und einem einfach blühender 
Scharlach-Pelargonien und einem Sortiment Malven vertreten. Hermaion 
Ohlendorf in Ham bei Hamburg hat ein Sortiment Bäume mit ge- 
schlitzten und bunt gefärbten Blättern, ein Sortiment Trauerbäume, 
‘ein Sortiment Bäume für Park-Anlagen und ein Sortiment Koniferen 
ausgestellt. Fr. Harms in Eimsbüttel bei Hamburg hat 8 Gruppen 
verschiedener Rosen ausgepflanzt. 

Die übrigen Baumschulen-Artikel, an denen sich besonders 
4 französische, 3 holländische Aussteller betheiligt, haben durch‘ 
Ueberschwemmung sehr gelitten und sind sogar meist vollständig zu 
Grunde gegangen. 

Obgleich die gesammte Gartenbau-Ausstellung in der Welt-Aus- 
stellung wohl bei Vielen den gehegten Erwartungen nicht ent- 
. sprochen haben wird, so bieten doch alle übrigen Theile der Welt- 
ausstellung sowie die Stadt Wien und deren Umgebung so viel 
Sehenswerthes, dass man dies gar nicht empfindet; ich glaube wohl 
mit der Behauptung schliessen zu können, dass es bis jetzt kein 
Gärtner oder Gartenfreund bereut, die Reise nach Wien unter- 
nommen zu haben. 


Bedeutung der Ausstellungen für den Gartenbau. 
Von Professor Dr. Eduard Fenzl. 
(Vortrag, gehalten auf dem Kongresse deutscher Gärtner ete zu Wien.) 


Meine Herren! 

Wenn mir bei der Eröffnung des von unserer Gesellschaft ein- 
berufenen Kongresses deutscher Gärtner und Gartenfreunde die Ehre 
zu Theil wird, den Reigen der Vorträge mit einem die Bedeutung 
der Ausstellungen von Pflanzen für den Gartenbaubehandelnden zu 
eröffnen, so gestatten Sie mir, einige einleitende Worte über die 
Wahl dieses Thema’s als eine Art von Rechtfertigung vorauszuschicken. 

Vielen von Ihnen dürfte die Wahl eines solchen, seit einer 
langen Reihe von Jahren her von den verschiedensten Seiten in in- 


— 41 — 


und ausländischen Blättern behandelten Thema’s etwas auffällig er- 
schienen sein und zu der nicht ganz ungerechtfertigten Anschauung 
verleiten, abermals einen Gegenstand besprochen zu hören, dem man 
keine neue Seite mehr abzugewinnen im Stande sei, schon deshalb 
nicht, weil die Erfahrung den Nutzen hortikoler Ausstellungen überall, 
wo man sie versuchte, auf das schlagenste erwiesen hat. Wenn ich 
demungeachtet es wage, dieses Thema nochmals aufzunehmen, so 
mussten, das werden Sie mir zugeben, ganz bestimmte Gründe vor- 
selegen haben, um ein solches Wagniss zu unternehmen Diese 
Ihnen auseinander zu setzen, halte ich für meine Pflicht. Ob selbe 
Ihnen genügend erscheinen werden, weiss ich nieht; genug an dem, 
dass sie für mich schwerwiegende geworden. 

Vor Allem waren es Gelegenheitsursachen und in erster Linie 
die Weltausstellung, das Ergebniss der damit verbundenen temporären 
Ausstellungen von Pflanzen, von welchen bereits zwei hinter uns 
liegen, die dritte eröffnet ist und der in den Monaten September 
und Oktober noch zwei folgen werden, von welchen die letztere 
einen mehr landwirthschaftlichen als hortikolen Charakter tragen 
wird. Ein dritter für mich bestimmender Grund für die Wahl die- 
ses Thema’s war die von verschiedenen Seiten an mich ergangene 
Aufforderung, es zu wählen, um in Bezug auf den Nutzen derartiger 
Ausstellungen für den Gartenbau meine Ansicht, als von einer den 
merkantilen Interressen desselben fernstehenden Person ausgehende, über 
die in jüngster Zeit sich kundgebenden Anschauungen auszusprechen. 

Es liegt mir fern, bezüglich der beiden ersten Motive Kritik 
zu üben über das, was bezüglich unserer Ausstellung hätte vorge- 
kehrt werden müssen, um sie zu einer glänzenden zu gestalten; über 
das, was angestrebt, was erreicht und nicht erreicht wurde und 
erreicht werden konnte. Ebenso fern liegt es mir auch, eine Po- 
lemik zu eröffnen gegen den Inhalt eines von höchst achtbarer Seite 
in einem unserer gelesensten Fachjournale im Vorjahre publizirten 
Artikels über Ausstellungen im Allgemeinen. 

Die Aufgabe, welche ich mir gestellt, kann keine andere sein, 
als in allgemeinen Umrissen die Verhältnisse zusammenzufassen, 
unter welchen sich die hortikolen Ausstellungen allmälig gestalteten 
und sich in der Folge gestalten müssen, um fördernd auf den Garten- 
bau zu wirken. 


27* 


— 42 — 


Ueber den Nutzen, welchen hortikole Ausstellungen stiften 
können und gestiftet haben, habe ich kaum ein Wort zu verlieren. 
Die im Laufe von: mehr als 40 Jahren allerwärts gemachten Erfah- 
rungen haben dies auf das unwiderleglichste bewiesen, und nur 
kurzsichtige Auffassung der bestehenden und Unkenntniss früher be- 
standener Verhältnisse oder selbstsüchtige Motive allein vermöchten 
diese Thatsache in Abrede zu stellen. 

Was uns zunächst in dieser Frage beschäftigt, das ist, sich die 
Lage der Dinge klar zu machen, unter welchen internationale Aus- 
stellungen gegenwärtig stattfinden, und was man von ihnen in der 
Folge erwarten darf. 

In dieser Beziehung erscheint es mir von Wichtigkeit, vorerst 
einen Blick auf das erste Auftauchen gemeinsamer hortikoler Aus- 
stellungen, auf ihre weitere Gestaltung und die Folgen derselben zu 
werfen und an der Hand dieser Erhebungen zur Beurtheilung der 
Verhältnisse der Neuzeit schreiten zu können, unter welchen sie 
stattfinden. 

Versucht man dies, so wird man finden, dass die ersten Schau- 
stellungen von Pflanzen für die grosse Menge von einzelnen vermög- 
lichen, zumeist den höchsten Adelskreisen angehörigen Gartenlieb- 
habern veranstaltet wurden, welche, über die herrschenden Auschau- 
ungen ihrer Standesgenossen sich erhebend, aus reiner Liebe für den 
Gartenbau zeitweilig ihre Pflanzenschätze aller Welt zur Besichtigung 
ausstellten und die damit verbundenen Auslagen allein trugen. An- 
geeifert durch das diesen Mäzenen allgemein gespendete Lob, schlossen 
sich zunächst einzelne der damals noch dünn gesäeten grössern 
Handelsgärtner an; der materielle Erfolg dureh grössern Zuspruch 
von Käufern blieb nicht aus, und bei dem Beifall, welchen solche 
zeitweise veranstaltete Ausstellungen sich erwarben, trat hierin sehr 
bald ein löblicher Wettstreit unter den ersteren und letzteren in Be- 
zug auf Menge und Seltenheit der auszustellenden Gegenstände ein. 
Wie bescheiden diese Ausstellungen im Vergleich zu jenen unserer 
Tage ausfielen, davon wissen nur die wenigsten unter uns noch zu 
erzählen. Trotz aller Mängel, welche diesen zeitweiligen Ausstellungen 
anklebten, erzielten sie doch bedeutende praktische Erfolge. Sie 
weckten nicht blos die Liebe für die Blumistik in weiteren Kreisen 
und wirkten dadurch veredelnd auf den Geschmack, sondern nöthtigten 


ba! me 


die Gartenfreunde von selbst den Gedanken an Assoziationen zur 
Förderung des Gartenbaues auf. Wir sehen solche nachgerade im 
Laufe weniger Jahre in den meisten Hauptstädten des mittleren und 
nördlichen Europa oder an alten Kulturstätten der Hortikultur auf- 
tauchen und eigenartig mit grösserem oder geringerem Erfolge ihre 
auf die Ausbreitung und Hebung des Gartenbaues gerichteten Ten- 
denzen verfolgen. Während sich alle diese Vereine und Gesellschaften 
des Vertrauens‘ ihrer Landesregierungen und der Sympathie der 
sebildeten zu erfreuen hatten, betrachtete die Mehrzahl der pro- 
fessionellen Gärtner, in völliger Verkennung ihres Zweckes und ihrer 
eigensten Interessen, sie mit Misstrauen oder Gleichgültigkeit. Nur 
wenige von ihnen schlossen sich mit Eifer und voller Hingebung an 
sie an und wussten die ihnen durch sie gebotenen Vortheile praktisch 
auszunutzen. Erst als diese wenigen gross und mächtig geworden 
waren, dämmerte bei den übrigen der Gedanke auf, sich an solche 
Centra anzuschliessen. Die Furcht vor den vermeintlichen Rivalen 
und Gewerbsstörern, für welche man die Gartenbau-Gesellschaften 
in jenen Kreisen anfänglich ansah, begann zu schwinden und einer 
richtigeren Auffassung Platz zu machen. Durch Gründung von 
Fachjournalen, jährlich ein oder mehrmals sich wiederholende Aus- 
stellungen, unentgeltliche Vertheilung von Sämereien und Pflanzen 
und andere kleine, die persönliche Eitelkeit schmeichelnde Begün- 
stigungen gewannen diese Vereine immer mehr und mehr Boden in 
der Gesslischaft und trugen geräuschlos, zumeist indirekt, zur He- 
bung der Hortikultur im Ganzen und Grossen bei. 

Die Entstehung zahlreicher grösserer und kleinerer Privat- und 
Handelsgärten, die veränderte Bepflanzung der ersteren, die Erzeugung 
einer Menge neuer Sorten aus älteren auf verschiedene Weise; die 
Einführung neuer Gewächse, namentlich aus Australien, die Verände- 
rung im Baue der Gewächshäuser und die namentlich von England 
und Frankreich ausgehende grössere Betheiligung der Fachgelehrten 
an der Theorie des Gartenbaues kennzeichnen zunächst diese zweite 
Periode der Entwicklung der Hortikultur in Deutschland. 

So gefestigt und gerüstet traten der deutsche Gartenbau und 
mit ihm die Gesellschaften und Vereine, welche ihn gehoben, in die 
neue Aera ein, die dem Einzelnen eine weit freiere Bewegung als 
vordem gestattete, das Land mit Eisenschienen bedeckte und dadurch 


— 44 — 


die rasche Versendung von lebenden Pflanzen in weitere Entfernungen 
als zuvor ermöglichte und eine Bewegung des geistigen und materiellen 
Kapitals hervorrief, von der man sich vor einem Dezennium kaum 
noch etwas träumen liess Dass die dadurch angebahnte grosse 
soziale Bewegung auch den Gartenbau, als einen nicht mehr unbe- 
deutend gebliebenen Zweig der Nationalökonomie, nicht unberührt 
lassen konnte und mächtig förderte, erscheint nur als die Wirkung 
eines grossen Naturgesetzes, und Alles, was sich an diesen Umschwung 
der Dinge auf diesem Felde knüpft, als Konsequenz seiner nach 
allen Richtungen hin sich äussernden Schwingungen. 

Die freier gewordene Bewegung des Einzelnen führte in kurzer 
Zeit zur Gründung zahlreicher Handelsgärtnereien und nöthigte die 
kleineren dadurch zum intensiveren Betriebe des eigenen Geschäftes, 
sowie die grösseren zur Erweiterung ihrer Etablissements und zur 
Spekulation. Die grösseren Gartenbangesellschaften, früher häufig 
als die Vermittler neuer Einführung exotischer Gewächse auftretend 
und für Musterschulen geltend, erschienen nach beiden Ri®htungen 
hin in kürzester Zeit von dem Spekulationsgeiste einiger intelligenter 
und unternehmender Gärtner überflügelt, mussten ihre Thätigkeit 
mehr nach innen konzentriren und trachten, durch Gründung von 
Schwestergesellschaften, Erweiterung ihrer literarischen Produktionen 
und schliesslich durch Gründung von Gärtnerschulen dem Bedürfnisse 
der Zeit und des Unterrichts zu genügen. Als ein vermittelndes 
Band zwischen den divergirenden Handelsinteressen der einzelnen 
Gärtner und der in der Förderung der allgemeinen, mehr wissen- 
schaftliehen Thätigkeit der Vereine traten jetzt die gemeinsamen 
Ausstellungen von Erzeugnissen der Hortikultur entschiedener als je 
zuvor in den Vordergrund und beherrschen die Situation. 

Jedermann erkannte in denselben einen der kräftigsten Hebel 
zur Förderung der gemeinsamen Interessen des Gartenbaues, und so 
sahen wir von Jahr zu Jahr diese Ausstellungen in allen Ländern, 
in welchen der Gartenbau bereits blühte oder aufzublühen begann, 
sich mehren und an räumlicher Ausdehnung wie an innerem Gehalte 
gewinnen. Alle trugen bis dahin den Charakter lokaler Ausstellungen, 
legten ihn aber hie und da mit den in Aufschwung kommenden 
internationalen Industrieausstellungen nachgerade ab, schlossen sich 
theilweise an letztere an oder erhoben sich selbsständig zu solchen, 


— 45 — 


wie z. B. in Brüssel, Amsterdam, London, Erfurt, St. Petersburg, 
Hamburg und Berlin. 

Dieselben Gesichtspunkte, welche massgebend für die Inszenirung 
der grossen, sich in der Zeitfolge einander rasch ablösenden Industrie- 
Ausstellungen waren, machten sich auch bei dem Zustandekommen 
der hortikolen dieser Art geltend oder wurden von diesen mächtig 
influenzirt. Der Erfolg war ein bis in die jüngste Zeit nachhaltiger 
ja theilweise selbst überraschend günstiger, namentlich dort, wo sie 
nieht als Anhang einer Industrieausstellung figurirten. 

Ich erinnere nur an die diesfälligen Ausstellungen in Erfurt 
und Hamburg, welche sich zu förmlichen Volksfesten gestalteten. 

Der verbissenste Gegner solcher Ausstellungen wird nicht in 
Abrede stellen können, dass der Geschäftsbetrieb der einzelnen 
Handelsgärtner sich seit der Zeit dieser grossen internationalen 
Ausstellungen fast allerwärts entschieden gehoben hat; mindestens 
werden sie zugestehen müssen, dass keine dieser Ausstellungen trotz 
der grossen pekuniären Opfer, welche die meisten Aussteller dafür 
gebracht haben, auch nur einen davon empfindlich oder gar nach- 
haltig geschädigt habe. 

Dass der aus ihnen gezogene materielle Gewinn nicht immer 
ein unmittelbarer und direkter für den Einzelnen gewesen, sondern erst 
später ihm daraus erwuchs, ändert an der Thatsache ihres geübten be- 
lebenden Einflusses auf den merkantilen Verkehr in Pflanzen gar nichts. 

Ging aber vielleicht der nicht merkantile Theil des Gartenbaues, 
ich meine der theoretisch-praktische, dabei leer aus, oder zog er 
aus diesen internationalen Ausstellungen nicht ebenso vielen Gewinn 
als aus den lokalen Expositionen ? 

Zum mindesten ebensoviel, wenn nicht mehr. Den Nachweis 
im Einzelnen dafür zu liefern, ist wohl unmöglich, allein so gut als 
eine Reihe von Verbesserungen und Verwendungen von Maschinen 
in der Technik und von Stoffen in der Industrie sich auf eine 
bestimmte Zeit zurückführen lässt, in welchen eine wichtige 
Entdeckung den Anstoss zu weiteren folgenreichen gab, ebenso gut 
lässt sich nachweisen, dass manche der wesentlichsten Verbesserungen 
in der Kultur der Gewächse der Zeit nach in die Aera der inter- 
nationalen Ausstellungen fallen und ihre Erfolge sich auf diesen am 
deutlichsten manifestirten. 


— 46 — 


Einen schlagenden Beweis für den Einfluss, den sie auf das 
Fortschreiten der Hortikultur in wissenschaftlicher Beziehung geübt, 
zeigt die mit ihnen zunehmende Menge hortikoler Zeitschriften; die 
weit allgemeinere Betheilisung von Botanikern vom Fache und 
hochgebildeten Gartenfreunden an deren Redaktion; ihre grössere 
Verbreitung selbst unter den kleineren Gärtnern von Beruf; ihr 
qualitativ sich wesentlich verbessernder Gehalt und ihre Aussattung 
mit mitunter ausgezeichneten Illustrationen. Haben doch selbst seit 
dieser Zeit unsere Pflanzen- und Samenkataloge ein ganz anderes 
Aussehen und manche derselben eine geradezu wissenschaftliche 
Bedeutung und Verwendbarkeit erhalten. 

Man kann daher getrost behaupten, dass der Nutzen, welchen 
diese grossen Expositionen gestiftet und der ganzen Gärtnerwelt im 
Laufe der letzten 20 Jahre durch sie zu Gute kam, der Opfer werth 
war, welche Regierungen, Vereine und Private für ihr Zustande- 
kommen seither gebracht haben. Dass sie auch in der Folge 
dieselben Wirkungen haben werden, daran ist eben so wenig zu 
zweifeln, als an dem Nutzen des Anschauungsunterrichts in der 
Schule, den Gärten und Museen für die Wissenschaft und das 
praktische Leben des Einzelnen haben. Und insofern kann man die 
von Manchem über sie ausgesprochene Behauptung, „sie hätten sich 
bereits überlebt“, ruhig zurückweisen. 

Eine andere sich daran knüpfende wichtige ee ist aber die 
der Möglichkeit, derartige grosse internationale Ausstellungen in so 
rasch aufeinander folgenden Zeitabschnitten wie bisher geben zu können. 
Und kierin bin ich der unmassgeblichen Meinung, dass dies nicht 
möglich ist. Es kommen dabei eine Masse ausserhalb der Opportuni- 
tätsfrage liegende Verhältnisse zu berücksichtigen, ausser den vielen 
nebensächlichen vor Allem die Art. die Zeit und der Ort ihrer 
Inszenirung. 

Sollen derlei Ausstellungen zündend auf die grosse Menge und 
belehrend zugleich auf den Fachmann wirken, dann muss der 
Schwerpunkt ihrer Erscheinung in die Massenwirkung einzelner 
Gruppen aus bestimmten Ordnungen, wie Farnkräutern, Palmen, 
Koniferen, Rhodoraceen, Rosen u. dgl. gelegt werden, an deren 
Bildung sich die Besitzer solcher Sammlungen von Gewächsen 
gemeinschaftlich zu betheiligen hätten, 


— 417 — 


Es muss Raum für die seit kurzen Reihen von Jahren theils 
von auswärts eingeführten, theils in Europa gezüchteten Novitäten 
seschaffen werden, welche, übersichtlich und wissenschaftlich zu- 
sammengestellt, eine Ueberschau und Würdigung des gewonnenen 
Materials ermöglichen. 

Es müssen die Kulturen der einzelenen Aussteller im Ganzen 
mehr als die einzelner Arten gewürdigt werden. 

Das Jagen nach den Preisen, sie mögen sein welch’ immer für 
einer Art, muss der Ehre weichen, auf einer solchen Ausstellung 
nur zugelassen zu werden und seinen Namen und seine Firma zur 
Geltung gebracht zu haben. Alles Uebrige müsste Nebensache bleiben. 

Erhebliche, bleibende Fortschritte in der Hortikultur lassen sich 
erst nach einer Reihe von Jahren erkennen und entsprechend wür- 
digen; daher dürfen sich solche internationale Ausstellungen nicht in 
den zu kurzen Zeiträumen von 2—3 Jahren wiederholen, sollen sie 
nicht an ihrer Bedeutung Einbusse erleiden und zum Spielballe ge- 
wagter Spekulation herabsinken. Sie sollen nur an solehen Orten 
stattfinden, welche Sitze einer bereits hoch entwickelten Hortikultur 
sind, und an deren Leistungen beinahe Jedermann direkt oder in- 
direkt Theil nimmt und sie zu fördern sucht. Sie müssen selbst- 
ständig dastehen und nicht als Annexe anderartiger industrieller 
Ausstellungen erscheinen, sondern zu wahren Volksfesten im edleren 
Sinne des Wortes sich erheben. 

Fehlen diese Kardinalbedingungen, so werden solche improvisirte 
Ausstellungen nach keiner Seite hin befriedigende Resultate liefern 
und nur Entmuthigung, Zerwürffnisse und pekuniären Schaden zur 
Folge haben. Wo diese Bedingungen aber alle zusammentreffen, da 
werden sie stets gelingen; da werden sich auch die geeigneten Männer 
finden, welche die Last der Geschäfte auf sich zu nehmen im Stande 
und gewillt sind, die übernommene Aufgabe erfolgreich durchzuführen. 

Um aber nach einer Reihe von Jahren zu solehen grossen Aus- 
stellungen zu gelangen, müssen in grossen wie in kleinen Städten 
regelmässig wiederkehrende Lokal-Ausstellungen veranstaltet werden, 
bei welchen Niemand als Aussteller, mag er ein Einheimischer oder 
Auswärtiger sein, ausgeschlossen sein soll. 

Sie wirken, ob gross oder klein, ausgezeichnet oder mittelmässig 
in einem oder dem andern Jahre, unwiderstehlich auf die Bevöl- 


— 48 — 


kerung, nutzbringend für den kleinsten Gärtner und fördernd auf 
den Gartenbau weit über die Grenzen des eigenen Landes hinaus. 

Geht man in dieser Weise beharrlich, einträchtig und umsichtig 
vor, dann wird man es sicher zu immer imposanteren und gewinn- 
bringenderen internationalen Ausstellungen bringen. 


Der Garten von Hamma in Algier. 


Inder „Revue politique“ veröffentlicht Clamageran die auf einer 
Reise in Algier gewonnenen Eindrücke; wir entnehmen dem Aufsatze 
die Beschreibung des Gartens von Hamma, welche auch unsere Leser 
interessiren dürfte. 

Zwischen Mustapha und Kouba, etwa 5 Kilometer von der Stadt 
Algier, liegt der Versuchsgarten von Hımma, welcher im Jahre 1832 
von der französischen Regierung auf einem sumpfigen, etwa 90 
Hektaren grossen Terrain angelegt und 1867 an die Compagnie 
generale algerienne abgetreten wurde. Derselbe bildet gleichzeitig 
eine Promenade, eine Baumschule, einen Akklimatisations- und einen 
botanischen Garten. Riviere, der gegenwärtige Direktor, welcher 
Alles aufbietet, um aus der Anlage mehr Nutzen zu ziehen, lässt 
ihn trotzdem in wissenschaftlicher und landschaftlicher Beziehung 
nicht entarten, er hat im Gegentheil das Werk des berühmten 
Gründers desselben, Hardy, weiter vervollkommnet, wobei ihn seine 
jungen und alten Mitarbeiter mit unermüdlichem Eifer unterstützen. 
Nicht ohne innere Bewegung haben wir drei Geschlechter von . 
Arbeitern: Grossvater, Vater und Sohn — daselbst gleichzeitig bei 
der Arbeit gesehen. 

Ich habe den Garten mehrere mal besucht, im März, im April 
und im Mai; jedesmal entdeckte ich neue Reize. 

Am Engange des Gartens stehen grosse Encalyptus, und ein 
schattiger, grüner Platz empfängt den Besucher. Rechts bemerkt 
man ein arabisches und ein französisches Kaffeehaus und im Hinter- 
grunde einen Springbrunnen, dahinter einen ansteigenden Weg, welcher 
in einen halb wilden, halb kultivirten Annex führt, passend für 
Höhen liebende Pflanzen; zur Linken dehnt sich der ebene Theil des 


Zu 


Gartens aus, die eigentliche Hamma, das durch vierzigjährige Mühen 
und Arbeiten umgestaltete Sumpfland. Indem man eintritt, macht 
man zuerst einige Schritte unter einem Gewölbe prächtiger Platanen, 
deren Schönheit man mehr bewundern würde, wenn man nicht be- 
sierig wäre, die Bäume aus tropischen Ländern zu sehen. Ein 
. leises Rauschen lässt sich hören. Man richtet das Ohr dafnach, man 
befindet sich in einer grossen Bambussallee, welche die Platanenallee 
kreuzt. Hineingetreten, kann man sich nach Südchina oder nach 
Ostindien versetzt glauben Die Stengel dieser mächtigen Gramineen 
erheben sich bis zu einer Höhe von 15 bis 2) Metern; sie sind dicht 
aneinander gedrängt, und der geringste Luftzug bewegt ihre langen 
Blätter, wodurch ein eigenthümliches Rauschen entsteht; ihre Färbung, 
bald dunkel und bläulich, bald zart grün, zuweilen schwarz wie 
Ebenholz, entzückt das Auge. 

Ist man der Bambusallee eine Zeit lang gefolgt, so stösst man 
auf eine andere Allee, welche der Platanenallee parallel läuft; sie 
besteht aus Dattelpalmen, welche mit Latanien und Drachenbäumen 
(Dracaena Draco) abwechseln. Letztere machen einen unheimlichen, 
wilden Eindruck, wodurch die eleganten und majestätischen Palmen 
um so vortheilhafter hervortreten. Im Mai sah ich gewaltige weisse 
Blüthentrauben zwischen den Blättern hervortreiben, der Saft dringt 
durch die Rinde und trocknet auf der Oberfläche an. Wenn man 
die bis zum Meere reichende Allee weiter verfolgt, so trifft man 
rechts in der Richtung nach Südost auf eine Allee von Chamaerops 
excelsa, welche den Garten in zwei ziemlich gleich grosse Hälften 
theilt. Diese Palme gleicht der südeuropäischen Zwergpalme (Ch. 
humilis) durch die Form ihrer fächerförmigen Blätter, aber sie un- 
terscheidet sich davon durch die Stärke und die Höhe ihres Stam- 
mes. Weiterhin folgt eine Allee von Ficus, darunter besonders Ficus 
elastica, aber nicht schwach und empfindlich, wie in unsern Gewächs- 
häusern, sondern voll von Kraft und mit starken und gesunden 
Zweigen in tiefgrüner Farbe. Unter den verschiedenen Feigenarten 
findet man auch solche, welche ihre Wurzel in die Luft entsen den, 
sie gegen den Boden .neigen und endlich in denselben einbohren. 
Ein wenig weiter breitet sich ein See aus, wo neben der Papyrus- 
staude die Nelumbien glänzen. Während des Winters und bis Ende 
März ist die Wasserfläche mit einer kleinen, weissen, graziösen 


2 MD. 


Blume bedeckt, die einen prächtigen Duft verbreitet; es ist dies 
Aponogeton dystachium. 

Zwischen den verschiedenen Alleen fesseln Hunderte von Bän- 
men und Sträuchern den Blick des europäischen Besuchers durch 
ihre wunderbaren Formen, oder sie erinnern denjenigen, der Aegypten, 
Indien, China, Australien, Ostafrika und Amerika durchreist hat, 
an das, was er in jenen fernen Ländern sah. 

Die Jocarana mosaefolia zeigt ihre blauen Blüthen neben den 
brennend rothen Blumen der Erythrinen von Brasilien, Accacia 
coceinea ihre rosenfarbenen Knöpfchen dicht neben den weissen von 
Calliandra quadrangularis. Aus der Mitte der grossen Blätter von 
Strelitzia australis brechen die bizarren Blüthen hervor, dicht daneben 
erblickt man Laurus persea mit ihren saftigen Früchten; weiterhin 
sammelt man die kleinen braunen Samen von Croton sebiferum und 
von Sapindus emarginatus; die ersteren liefern ein gesuchtes Fett, 
die anderen eine seifenartige, zum Waschen dienende Substanz. Un- 
zeheure Yukken wnuchern derart, als hätten sie hier ihren heimath- 
lichen Boden wiedergefunden. Neben prächtig entwickelter Cycas 
schaukelt sich Cocos flexuosa. 

Ich könnte die Namen noch unendlich vermehren, wollte ich 
ein vollständiges Verzeichniss aller hier vorkommenden Pflanzen 
geben; aber ich glaube, es ist genug, um zu zeigen, was den Be- 
sucher hier erwartet. 

Die freien Theile des Gartens sind der Kultur der Nahrungs- 
pflanzen gewidmet, unter denen die Bananen, Musa paradisiaca, einen 
besonders grossen Raum einnehmen. Sie haben sich nach und nach 
von hier aus durch ganz Algier verbreitet. Die anderen Bananen- 
arten dienen fast ausschliesslich ornamentalen Zwecken; neben M. 
Ensete ist hier besonders M. rosacea zu nennen.\ C: FE. 


do, = 


Journalschau und Vermischtes. 


— Nr. 26 der Chronique horticole (Journal de la Soeiete 
d’hortieulture de l’Ain) empfiehlt drei ausserordentlich frühe Pfirsich- 
sorten: Early Beatrice, Early Louise, Early Rivers, deren erste An- 
fang Juli, die beiden anderen Mitte Juli reifen. 

Dasselbe Heft theilt eine Verhandlung eines Gartenbau-Vereins 
über den Einfluss des Mondes auf die Saat mit und bemerkt 
mit Recht, dass es unbegreiflich sei, wie im Jahre 1873 derartige 
Diskussionen im Ernste noch stattfinden könnten. Der Berichter- 
statter über jene Verhandlungen im „Bulletin“ des betreffenden 
Vereins leistet aber das Höchste, was in dergleichen Nonsens zu 
leisten ist, denn er zieht aus jenen Verhandlungen folgenden Schluss: 
„Der Einfluss des Mondes, von den Gärtnern anerkannt, ist eine 
Folge der reflektirten „Strahlen des Mondes, welche die Erde er- 
kälten!! und zwar um so empfindlicher, je länger sie einwirken.“ 

Die in mondhellen Nächten oft eintretende Kälte ist aber eine 
Folge derselben Ursache, aus welcher der Mond eben hell er- 
scheint, nämlich des unbedeckten Himmels. 

— Das Juniheft des Journal de la Soeiete centrale d’hor- 
ticulture de France enthällt die Protokolle der Sitzungen vom 
12. und 26. Juni. In letzterer erregte besonderes Interresse ein 
Vortrag des städtischen Ingenieurs A. Durand-Claye über die 
1869 begonnenen, durch den Krieg unterbrochenen und im vorigen 
Jahre wieder aufgenommenen Versuche, die Kloakenwässer von 
Paris zur Berieselung von Gemüsen zu benutzen. Anfanes 
waren nur mit Mühe einzelne Gärtner zu gewinnen, welche sich auf 
dem ihnen unentgeltlich überlassenen Terrain zu Gennevilliers mit 
mit Gemüsebau beschäftigten. Diese Versuche auf dem an sich 
äusserst unfruchtbaren Boden sollen so glänzend ausgefallen sein, 
dass jetzt schon 60 Hektaren berieseltes Land zum Preise von 500 
Franken für den Hektare (33'/,; Thlr. für den Morgen) zu Gemüse- 
kulturen verpachtet sein sollen. Die Leitung bis zum Felde ge- 
schieht auf Kosten der Stadt. 

— Dasselbe Heft enthält eine Mittheilung über Tinea aspe- 
rella L., deren Larve in diesem Frühjahre fast sämmtliche Apfel- 
blüthen im Luxemburggarten vernichtet hat; gleichzeitig wurde 


a 


noch eine andere Larve beobachtet, die aber nicht bestimmt werden 
konnte. Die Larve der Tinea ist braun und hat einen tiefschwar- 
zen Kopf. Der Schmetterling ist gelbgrau mit einigen welligen 
Querlienien; am inneren Rande der oberen Flügel befindet sich je 
ein halbmondförmiger, dunkler gefärbter Flecken Mittheilungen, ob 
das Ungeziefer auch bei uns beobachtet ist, würden erwünscht sein. 
Man kann seine Feinde nur bekämpfen, wenn man sie kennt. 

Ein längerer Kommissions - Bericht des Vereins beschäftigt 
sich mit Agave Salmiana, der echten Pulquepflanze Mexiko’s, 
welcher für Liebhaber der Agaven von Interesse sein dürfte. 

— Die Revue horticole vom 1. August spricht in ihrer 
särtnerischen Wochenschau davon, dass der Kaiser von China in 
Frankreich einen Gärtner verlangt habe, welcher seine Gärten nach 
dem Muster der Pariser Gartenanlagen einrichten soll. Dafür würde 
der glückliche Gärtner das anständige Gehalt, von sechszig tausend 
Franken jähslich zu beziehen haben. Recht hübsch, wenn sich diese 
vom hekaunten Pomologen Charles Baltet herrührende Nachricht 
nur auch wirklich bestätigt! 

Professor Planchon in Montpellier ist, wie die „Revue“ mel- 
det, vom französischen Ackerbauminister nach Amerika entsandt 
worden, um sich dort an Ort und Stelle über einen neuen Verwüster 
der Rebe, den Pemphigus vitifoliae, zu unterrichten. Allem An- 
scheine nach ist dieser Pemphigus nichts Anderes als die bereits 
seit einer Reihe von Jahren durch die von ihr verursachten schreck- 
lichen Verheerungen berüchtigte Phylloxera vastatrix. 

‚ Der Pemphigus ist bekanntlich ein den Blattläusen angehören- 
der Insekt. Eine Art dieser Gattung, der Pemphigus bursacius ist 
es, welche bei der Pyramiden-Pappel an den Blattstielen dıe eigen- 
thümlichen Gallen hervorruft, in deren Inneren die Brut sich aufhält. 
Ganz nahe damit verwandt ist die Schizoneura lanugenosa, welche 
die grossen kantigen Gallen an den Blättern der Rüster verursacht. 

Carri&re empfiehlt warm eine Angelica sylvestris purpurea von 
purpurroth metallischer und eisenartig glänzender Farbe, die sich, 
wie ihm versichert worden, durch Samen sehr gut vermehren lässt, 
ohne auszuarten. Ueber die Herkunft dieser Pflanze weiss er Nichts 
anzugeben. Er räth, sie mit Centaurea eandidissima oder Gnapha- 
lium lanatum und ähnlichen weissfilzigen Pflanzen gruppirt zu verwenden. 


— Zweite Gartenbau-Ausstellnng in Halle a. S. Die 
allseitige Anerkennung, welche die im September v. J. von dem 
Hallischen Gartenbau-Verein veranstaltete Ausstellung von Erzeu- 
gnissen des Gartenbaus gefunden, wie die unverkennbare fördernde 
Anreguug, welche sie sowohl für die Entwiekelung unserer Handels- 
särtnerei wie für die Pflege gärtnerischer Kunst in unsrer Bevölkerung 
zur Folge gehabt hat, haben den hiesigen Gartenbau-Verein zu dem 
Entschlusse geleitet, abermals im Frühjahr künftigen Jahres eine 
Ausstellung zu veranstalten. Dieselbe wird vom 25. bis 28. April 
in dem grossen untern Saale des neuerbauten Stadt-Schützenhauses 
stattfinden. Gegenstände der Ausstellung sollen sein: Pflanzen und 
Pflanzen-Gruppen, -abgeschnittene und abgebundene Blumen, Gemüse, 
Obst, Obstbäume, Gartengeräthe, Dekorationsgegenstände ete. Mit 
der Ausstellung wird auch eine Prämiirung besonders hervorragender 
Leistungen auf dem Gebiete des Gartenbau’s verbunden sein. Be- 
dingung für die zu prämiirenden Pflanzen ist, dasssiemindestens6 Monate 
vom Aussteller selbst kultivirt sind. Ausgeschlossen von der Prämiirung 
sind nur solche Aussteller, die zugleich als Preisrichter fungiren. 

Das unterzeichnete Ausstellungskomite wendet sich an alle 
Gärtner und Gartenliebhaber, insbesondere der Provinz Sachsen und der 
benachbarten thüringischen, sächsischen und anhaltinischen Landes- 
theile, mit der Bitte um rege Betheiligung. Anmeldungen, welche 
zugleich die Angabe der Anzahl und Art der auszustellenden Gegen- 
stände, wie der Grösse des beanspruchten Raumes enthalten müssen, 
sind bis zum 1. April an das mitunterzeiehnete Komite-Mitglied 
Bürgermeister v. Helldorff, Kirchthor 1, zu richten Die einge- 
lieferten Gegenstände müssen mit deutlich geschriebenen Etiketten 
versehen und denselben zwei Exemplare eines nach Stückzahl und 
Arten genauen Verzeichnisses beigefügt werden, von denen eines dem 
Aussteller quittirt zurückgegeben wird. 

Alle ausgestellten Gegenstände müssen bis zum Schlusse der Aus- 
stellung im Austsellungslokale verbleiben. DieKosten des Tranports trägt 
der Aussteller; den Transport vom hiesigen Bahnhofe bis zum Ausstel- 
lungslokale und zurück übernimmt das Komite auf Kosten des Vereins. 

Halle a. S., den 25. August 1873. 

Das Ausstellungskomite des GartenbauvereinsinHallea. S. 
Dr. Ule. v. Helldorff. Rosch. Spindler. Kayser. 


— 4124 — 


Bekanntmachung. 


Von der Smithsonian-Institution sind Sämereien einheimischer 
nordamerikanischer Pflanzen ohne Namen für den Verein eingegangen 
Die Herren Mitglieder, welche davon zu haben wünschen, werden 
gebeten, dies dem Generalsekretär anzuzeigen. 


Tages-Ordnung. 


1) Bericht .über die beabsichtigte Ausstellung. 
2) Kassenbericht und Decharse. 
3) Geschäftliche Mittheilungen, 
4) Was ist für die Ausbildung der Gärtner zu thun. Referent Dr. C. Filly. 
5) Briefkasten: 1) Ist die Kultur von Topfobstbäumchen zu empfehlen, und 
wodurch wäre das Interesse dafür im Publikum anzu- 
regen. 
2) Welche Obstsorten eignen sich vorzugsweise zu Kordon- 
bäumen in Berlin und Umgegend. 
3) Sind Versuche in Norddeutschland gemacht, die ameri- 
kanische Cranberry zu ziehen, und mit welchem Erfolge? 


Preis des Jahrganges 4 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als 
auch franco durch alle Postanstalten des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt. 


Die 555. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues. — 
Die Königliche Gärtner-Lehranstalt zu Sanssouci. — “Ueber die Feinde der 
Obstbäume und deren Vertilgung. — Die Feinde der Rosenkultur. II. — Die 
k. k. Gartenbau-Gesellschaft zu Wien und der Kongress deutscher Gärtner und 
Gartenfreunde daselbst. — Die dritte temporäre Ausstellung des Gartenbaues 
der Wiener Welt-Ausstellung. — Bedeutung der Ausstellungen für den Garten- 
bau. — Der Garten von Hamma in Algier. — Journalschau und Vermischtes. 


Monatsschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
in den 


Königl. Preussischen Staaten 


für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Dr. Filly, 


General-Seeretair des Vereines. 


No. 10. Berlin, den 1. November. 1873 


Königl. Preussischen Staaten bitten wir an das Generalsekretariat, Ritter- 
strasse 52a in Berlin, 8. zu adressiren. 

Die nächste Monats-Versammlung des Vereins findet statt 
am Sonntag; d. 26. Oktober cr., Morgens pünktlich 11 Uhr, 
im Lokale des Klubs der Landwirthe, Französische Strasse 48, I. Wegen der Be- 
schlussfassung über die Ausstellung pro 1874 ersucht der Vorstand um recht 
zahlreiche Betheiligung der Herren Mitglieder. 


Von Berlin über Prag nach Wien. 


Eine Reiseskizze. Von E. Boese. 


(Fortsetzung) 

Unser nächster Ausflug in die Umgebung Wiens galt dem 
schönen Laxenburg, das man mit der Südbahn in etwa einer 
Stunde erreicht. Der Ort selbst sowohl als das kaiserliche Schloss 
sind nicht hervorragend, desto sehöner ist der Park, unseres Erach- 
tens das Schönste, was Wien’s Umgebung in landschaftlich-gärtnerischer 
Hinsieht bietet. Beim Austritt aus den Durchgängen des Schlosses 
steht man unwillkührlich einen Augenblick still, um den herrlichen 
Eindruck zu geniessen. Man hat eine im grossartigsten Style ge- 

28 


— 4216 — 


haltene Anlage vor sich, grosse Grasplätze mit prächtigen Baum- 
sruppen und einzelstehenden Bäumen, meistens Eichen. Das Ganze 
erinnert 'so recht an alte, in reinem natürlichen Style gehaltene Parks 
in England: nur ist zu bedauern, dass man gar nichts für Boden- 
bewegung gethan hat, wenigstens nicht in dem älteren, vorderen 
Theile des Parkes, obgleich erst durch diese das landschaftliche Bild 
das rechte Leben bekommt. Im Vordergrunde, in der Nähe des 
kaiserlichen Schlosses, gruppiren sich an den Wegen entlang eine 
grosse Zahl kreisförmiger Beete, durchweg mit blühenden Gewächsen 
bepflanzt. Das grösste Kontingent lieferten hier wie jetzt fast über- 
all die Scharlachpelargonien; aber auch andere hübsche Blüthenge- 
wächse sind verwendet, die man bei uns wenig oder gar nicht findet. 
Dahin gehören ganze Gruppen hochstämmiger Plumhago coerulea 
Hort., (Plumhago capensis Thunb.), überdeckt mit ihren schönen, 
blass himmelblauen Blüthentrauben. Wir sollten meinen, dass diese 
Pflanze ebenso gut bei uns in guten Lagen zu verwenden wäre, ja 
wir sind der Ansicht, dass sie sich ähnlich, wie man es 
mit den remontirenden Rosen häufig thut, auf einem wagerechten, 
einige Zoll vom Boden entferntem Gitter mit ihren dünnen 
Zweigen niederbinden liesse und man so eine herrliche Bereicherung 
der Teppichgärtnerei (die nun doch einmal Mode und am richtigen Orte, 
wogegen leider sehr oft gefehlt wird, angewandt, auch sehr schön 
ist) haben würde, da dieses Blau uns sonst gänzlich fehlt. - Ferner sieht 
man Gruppen hochstämmiger, ihren Duft weithin verbreitender He- 
liotropen, Lantanen etc. Besonders in die Augen fallend waren Gruppen 
einer niedrigen Skabiosenform (als Se. atropurpurea grandiflora wurde 
sie uns bezeichnet), dunkelrothblühend, umgeben von der gelben Cal- 
ceolaria floribunda. Diese Scabiosa trägt keinen Samen und wird 
aus Stecklingen fortgepflanzt. Interessant ist Iter noch die massen- 
hafte Verwendung von Mirabilis Jalapa zur äussersten fernsten Be- 
grenzung des mit Blumengruppen bedeckten grossen Rasenplatzes. 
Eine Strecke weiter in den Park hinein trifft man schön ge- 
formte grosse Wasserflächen; auf einer Insel derselben liegt die 
Franzensburg, welehe im Jahre 1801 als Nachahmung einer mittel- 
alterlichen Ritterburg erbaut worden ist Selbstverständlich 
unterlassen wir, die Burg näher zu beschreiben, wohl aber machen 
wir Jeden, der Gelegenheit hat, nach Laxenburg zu kommen, dar- 


nn DT 


auf aufmerksam, doch ja die Plattform des Thurmes derselben zu 
besteigen. Man hat von dort eine unbeschreiblich schöne Aussicht, 
nicht nur über den herrlichen Park mit seinen vielfach verschlungenen 
Gewässern ete., sondern auch auf den Schneeberg, die steyerischen 
Alpen und andere Gebirgszüge. Geht man rückwärts von der 
Franzensburg weiter nach rechts, so kommt man im Gegensatz zu 
dem vorderen Theile des Parkes in ein recht bewegtes Terrain, und 
hat dieser Theile einen ganz anderen Charakter. Die Pflanzungen 
sind zahlreicher, die Grastlächen demgemäss kleiner; man hat künst- 
liche Felspartien hergestellt, deren grösste die sogenannte Grotte ist; 
weiterhin kommt man über die hoch über das Wasser führende 
Brücke, von der man einen herrlichen Blick nach rechts und links 
über die Gewässer mit den schön und mannichfaltig bepflanzten Kon- 
turen und Inseln hat. Von besonderer Schönheit sind hier die Juni- 
perus virginiana, 30 — 40 Fuss hohe Pyramiden bildend, in einer 
Ueppigkeit, wie man dieselben bei uns kaum findet; herrlich kon- 
trastirend treten die wie mit einem granen Silberglanz überzogenen 
weiblichen Exemplare, von Früchten überdeckt, neben den lichtgrünen 
männlichen hervor. Zu unserem grossen Leidwesen begann jetzt ein 
so heftiger, bis zum Abend anhaltender Regen, dass es uns nicht 
möglich war, den Park weiter zu dure!:wandern, noch die eigentlichen 
Pflanzenkulturen in Augenschein zu nehmen. Zu einem zweiten Be- 
suche reichte die uns zugemessene Zeit leider nicht hin. 

Eines anderen Tages lenkten wir unsere Schritte nach dem 
Stadtparke, den Herr Lorberg in so beredter Weise im Julihefte 
geschilderte hat; nur bedauern wir, dass man nicht schon jetzt 
damit vorgegangen, die weniger werthvollen Gehölze zu entfernen 
und den besseren mehr Raum zur Entwickelung zu geben; die 
Pflanzungen nehmen in ihrer jetzigen Entwickelung einen viel zu 
grossen Raum ein und bringen dadurch eine gewisse Unruhe in 
die Anlage. Die Unterhaltung dieses Parkes wie der Ringstrasse 
ist eine recht gute; dem entsprechend sind auch die dafür aufge- 
wendeten Mittel (40,000 fl. jäbrlich). 

Nicht zu entfernt liegt der Volksgarten. Dieser, eine kaiserliche 
Anlage, doch dem Publikum jederzeit zugänglich, ist in seinem neuen 
Theile mit meist geraden Wegen durchschnitten, wahrschein'ich des- 
halb, weil hier mehrere mal in der Woche grosse Konzerte von 

28” 


— 423° — 


Strauss ete.. zum Theil mit Illumination des Gartens, stattfinden. 
Für solche Zwecke sind natürlich geradlinige Wege vortheilhaft. 
Auch hier lässt die Unterhaltung nichts zu wünschen übrig: besonders 
reich ist das Ganze mit Blumengruppen, resp. Teppichanlagen ge- 
schmückt. Die Gehölzgruppen sind meistens in diesem neueren 
Theile mit den ganzen Sommer hindurch blühenden, eingestreuten 
Stauden durchsetzt und die äussere Grenze mit kurz gehaltenem 
wilden Wein (Ampelopsis) umgeben, derim Herbste mit dem rothge- 
färbten Laube und bei Beleuchtung sehr schön aussehen muss. In 
gärtnerischer Hinsicht darf man keine zu grossen Ansprüche an 
diese Anlage machen; eine vollständig durchdachte Grundidee ist 
nicht durchgeführt worden. Alles ist für das grosse Publikum ge- 
schaften, dass in seiner Mehrheit Knalleffekte liebt und diese auch 
am schönsten findet; des Abends bei Beleuchtung sieht das Ganze 
daher auch besser aus, als am Tage. Der Gartenkünstler hat, ver- 
folgte er diesen Zweck, ihn allerdings vollständig erreicht. Der ältere 
Theil der Anlage, der Theseus-Tempel, die Kolossalgruppe, Sieg des 
Theseus über Minotaurus von Canova darstellend, umgebend, ist land- 
schaftlicher gehalten, bietet aber sonst nichts besonders Be- 
merkenswerthes. 

Diebt an den Volksgarten grenzend befindet sich die kaiserliche 
Burg und an diese anstossend, besser gesagt, durch einen unter- 
irdischen Gang mit derselben verbunden, der Burggarten. Dadurch 
ist es möglich, mit den Pflanzenschätzen, ohne dass diese gefährdet 
werden, zu jeder Jahreszeit, wenn es gewünscht wird, die kaiser- 
lichen Gemächer zu schmücken, andererseits können die hohen 
Herrschaften auf diesem Wege nach den grossen, dekorativ gehaltenen 
Gewächshäusern, resp. dem Burggarten gelangen, ohne ins Freie zu 
gehen. Auf dem äusseren Burgplatze, an die Burg anstossend, sind 
immergrüne Gewächse zum Schmuck angepflanzt: es sind solehe Arten 
gewählt, die einen mehr runden und nicht zu schnellen Wuchs haben: 
diese sind nun, jedenfalls um sie vor Beschädigung und zu naher 
Berührung durch Hunde etc. zu schützen, mit grünen Drathgeflechten 
überdeckt. In der Entfernung bemerkt. man nichts von diesem 
Schutze. Derselbe ist unserer Ansicht nach sehr zweckinässig. Der 
eigentliche Burggarten ist dem Publikum verschlossen und kann nur 
mit besonderer Erlaubniss des Gartendirektors besucht werden. Die 


—-— 4129 — 


Anlage ist in natürlicher Weise gehalten und sehr hübseh unter- 
halten und zum Theil reich mit Blumen geschmückt. Unter Anderem 
fanden wir hier eine Clematis, als ©. hybrida splendida bezeichnet, 
welehe an Blüthenreiehthum Alles übertraf, was wir bis jetzt ge- 
sehen; in Farbe und Form der Blumen ähnelt sie der Clematis hybrida 
Jackmanni ungemein. Auch hier wie vielfach in Wien waren 
Gruppen von ‚Begonien theils mit schönem Blatte, wie Begonia sub- 
peltata, bronzefarben, theils schön blühende, wie Begonia Soundersoni 
vorhanden; wohl zu wünschen wäre es, dass man in dieser Hinsicht 
auch bei uns vorginge und diese schönen Pflanzen in ähnlicher Weise zu 
verwenden trachtete. Ferner war hier Festuca glauca mehrfach zu 
Kontrasten bei Zusammenstellungen von Teppichpflanzen angewandt, 
und zwar war die Pflanze in Wuchs und Färbung so ausgezeichnet, 
dass sie wohl zu empfehlen ist. Man pflanze das Gras jedoch nicht, 
wie man es bei uns zur Zeit thut, aus, weil es dann zu sehr wuchert 
und die hellgraue Farbe mehr oder weniger verliert, sondern halte 
es wie hier in kleinen Töpfen, mit denen es in die Erde gesenkt 
wird. Es versicherte uns der Direktor des Burggartens, er habe so 
seit Jahren immer guten Erfolg gehabt. — Wenngleich die eigent- 
liche Fabrik, d. h. die Anzucht-Gärten und Häuser für die .Deko- 
rationspflanzen, welche das Bedürfniss des kaiserlichen Hofes decken, 
nicht hier, sondern im Augarten ist, so bleiben doch hier im Burggarten 
für immer die grossen Pflanzen, besonders alte Neuholländer und 
Warmhauspflanzen, die alle recht gesund sind. — Fast sämmtliche 
Koniferen, d. h. die feineren, seltneren, und die das Klima von Wien 
nur irgend im freien Grunde ertragen, findet man im Burggarten 
ausgepflanzt; so alle griechische u. s. w. in schönen Exem- 
plaren. Gedeckt wird angeblich Nichts. Man sieht hier recht deutlich, 
wie viel günstiger das Klima Wiens gegen das unsere ist: da sicht 
man Wellingtonien und andere weiche Pflanzen, welche die strengen 
Winter seit 1869 vollständig unbeschädigt ertrugen; ein anderes Zeichen 
(dafür ist, dass Ziziphus Paliurus als ziemlich grosser Strauch, über 
und über blühend, im Freien stand und hier wie sonst in den 
besseren Anlagen Wiens starke Bäume von Virgilia lutea jetzt gerade 
mit Blüthen. bedeckt zu finden sind. 

Die nächste Wanderung galt Hietzing und Schönbrunn. Zuerst 
besuchten wir hier die Gärtnerei von R. Abel, die grösste Handels- 


— 30 0 — 


gärtnerei Wiens und der Umgegend; denn haben auch die Pflanzen- 
gärtner Matznetter und Steck eine grössere Zahl Pflanzen in 
Töpfen oder verkauf n deren mehr, so besitzt doch die Abel’sche Gärtnerei 
einen viel grösseren Artenreichthum; es sind da alle gangbaren 
Pfianzenfamilien vertreten. Ganz besonders schön und von dem Be- 
sitzer mit Vorliebe kultivirt sind die Eriken; man findet da von 
den seltneren harten Sorten wahre Prachtexemplare, die vielfach mit 
englischen Züchtungen konkurriren könnten. Abel liefert daher 
auch immer einen gut Theil der Pflanzen zu jeder der periodischen 
Gartenbauaustellungen der Wiener Weltausstellung, und thut es 
dessen Verdienste um dieselbe keinen Abbruch, dass er hier und da 
Lücken in manchem seiner Sortimente durch Kauf ausfüllt. Nächst 
Eriken ist die Gärtnerei reich an sogenannten feinen Neuholländern 
und jungen Palmen. Alle Pflanzen befinden sich in einem recht ge- 
sunden Zustande. Angrenzend an die Abelsche Gärtnerei befindet 
sich die des vielgenannten früheren Chefgärtners des Bsrons v. Hügel, 
des bekannten Hooibrenk. Die kurze Zeit, welche wir dem Etablisse- 
ment widmen und mit dem geistreichen, anregenden Besitzer desselben 
verplaudern konnten, gehört zu den angenehmsten Erinnerungen an unse-- 
ren Wiener Aufenthalt. Mag auch Mancher die Bestrebungen und Ver- 
öffentlichungen dieses Mannes mit Gleichgültigkeit (ja Manche nen- 
nen ihn überspannt) ansehen, seine Bestrebungen sind jedenfalls be- 
achtenswerth. Hier und da mag er auch missverstanden sein. Lange 
bevor andere Gärtner daran dachten, stellte er den Grundsatz auf, 
dass das Laub und die Wurzeln einer Pflanze in unbedingter Wech- 
selbeziehung stünden, dass die schwach wurzelnden Pflanzen nur da- 
durch zu kräftigen sind, dass man auf die Erhaltung und Vermeh- 
rung des Laub esdie grösste Sorgfalt legt, die Zweige der Pflanzen 
also nicht beschneidet, sondern niederbindet, dadurch diese nicht nur 
erhält, sondern verstärkt, und erst daun scharf schneidet, wenn durch 
solche Behandlung ein reiches Wurzelvermögen erzeugt ist. So ist 
das Niederbinden der Zweige, das man vielfach angewendet sieht, 
eine von den Operationen, von denen der Ausführende sich oft keine 
Rechenschaft geben kann, warum er deis thut; in der Regel hört 
man: ja die Pflanze darf man nicht schneiden. — Die Hooibrenk- 
sche Methode, den Weinstock zu ziehen, gehört auch hierher; diese 
besteht bekanntlich darin, dass die jungen Reben, die also im näch- 


- 21 — 


sten Jahre Frucht tragen sollen, senkrecht aufgabunden werden, 
während die Reben des vorigen Jahres, die also in diesem Jahre 
Krneht tragen, seitwärts mit der Spitze dem Boden zugeneigt gebun- 
den werden. Durch dieses Niederbinden der letzteren werden sämmt- 
liehe Augen der Kebe angeregt, sie treiben aus, und man erhält 
eine grössere Zahl Trauben nicht allein, sondern diese reifen auch 
wegen der Nähe des Bodens sicherer und früher; andererseits reift das 
Holz der jungen Rebe, weil dem Lichte und der Luft ausgesetzt, besser 
und früher. Die Einwände, dass dureh das reiche Tragen der Stöcke 
deren Lebenskraft geschwächt würde, sind nicht stichhaltig: 
man darf nur kürzer schneiden und anderseits die Reben weni- 
ger zum Boden geneigt binden. In der Weinschule zu Klosterneu- 
burg bei Wien, auf die wir später zurückkommen, ist auch eine 
Abtheilung der Hooibrenk’sehen Methode überwiesen; man konnte 
indess nicht bemerken, dass diese Stöcke dürftig ständen. Anderer- 
seits ist doch wohl auch richtiger, dass man durch erhöhte Auf- 
merksamkeit und Pflege von einem bestimmten Stücke mehr Trau- 
ben erzielt, als dass man nach alter Methode verfährt. Was nun 
die Hooibrenk’sche Getreidebefruchtung anlangt, so erlauben wir 
uns darüber kein Urtheil, sind aber der Meinung, dass auch hier 
wahrscheinlich etwas an der Sache ist, wenigstens will man doch 
in Frankreich sehr günstige Resultate erzielt haben, und sind auch 
gelegentlich der Wiener Ausstellung seitens der österreichischen 
Regierung grössere Flächen zu komparativen Versuchen der Methode 
eingerichtet, über deren Resultate wohl von kompeter Seite Bericht 
erstattet werden wird.”) 

Was nun die Gärtnerei Hooibrenk’s selbst betritt, so findet 
man erstlich an einer langen Bretterwand Wein nach seiner Methode 
gezogen, der so voller Trauben sass, dass die Reben als Trauben- 
suirlanden erschienen. Im Uebrigen werden nur wenige Artikel ge- 
zogen; so Tulpen, Sparaxis ete,, ferner Gladiolen in ungeheurer Za»l. 

Die letzteren erzieht der Besitzer selbst durch Befruchtung, und 
will er so günstige Resultate haben, dass sein Sortiment, wie uns 
Re Da sich die einzelnen Blüthen in den Aehren nicht gleichzeitig, sondern 
nur nach und nach entfalten, so ist es höchst unwahrscheinlich, dass ein einma- 
liges Ueberstreifen derselben mit wollenen Lappen den behaupteten Erfolg habe. 


Die französischen Mittheilungen über die gemachten Versuche sind ganz wider- 
sprechend und daher werthlos. Die Redaktion. 


— 2 — 


kompetente Zeugen versicherten, besser als die besten französischen 
sein sollen. Den Pollen von seinen besten Sorten bewahrt Hooi- 
brenk mehrere Jahre in einem Papierbeutel an einem trockenen 
Orte auf und verwendet solchen bei Bedarf, indem derselbe mit 
etwas Honig gemischt () auf die Narbe gebracht wird: es 
sollen immer günstige Resultate bei dieser Befruchtung erzielt sein. 
— Theerosen in Töpfen, Stämmchen von 1", bis 3 Fuss Höhe, mit 
schönen Kronei? versehen, sind Tausende vorhanden und durchweg 
in solcher Vollkommenheit, wie man wohl hier und da einzelne 
Exemplare findet, doch nirgends in soleher Zahl. Bei seinen Thee- 
rosen wendet Hocibrenk seine Methode des Bindens durchweg an 
und erzielt bei den schwachwüchsigsten Sorten so schöne Kronen 
und ein solches Wurzelvermögen, dass man mit den aus den Töpfen 
genommenen Ballen umherschlagen kann, ohne dass er zerfällt. 
Das Resultat davon ist ein immenser Blumenreichthum; wenn für 
Ausstellungszwecke ein Sortiment der kräftigsten Pilanzen kurz zu- 
rückgesehnitten wird, so treiben dieselben so kräftis und 
bringen Blumen von soleher Füllung und Grösse, dass die Sorten 
kaum wiederzuerkennen sind. — Anknüpfend an diese Theerosen- 
Kultur möchten wir noch bemerken, dass man unserer Ansicht und 
eigenen Erfahrung nach die hochstämmigen Rosen, besonders die 
Remontanten, zu stark schneidet und dadurch die Stämme so in der 
Kräftigung zurückhält, dass man nicht allein einen geringeren Flor 
erzielt, sondern auch die Stämme selbst einem frühen Tode zuführt. 
Man lasse das Holz lang und biege es lieber, wie man es bei niedrig 
veredelten und wurzelechten Rosen auf Gruppen thut, und schneide 
dann im Herbste das schlechte alte Holz, doch nur dieses heraus 
und lasse das gute Holz lang, mit Ausnahme der unreifen Spitzen 
der Triebe; nieht aber, dass man die Kronen seiner Rosen im Früh- 
jahr jeden Jahres durchweg kurz zurückschneidet Das Binden 
macht mehr Mühe, aber diese Mühe wird auch belohnt. In einem 
hiesigen Privatgarten sahen wir in diesem Jahre hochstämmige Rosen 
so gehalten mit ellenlangen Zweigen und mit einer unendlichen Zahl 
Rosen bedeckt. 

Hooibrenk hat in diesem Jahre von den Japanesen eine 
Menge Samen der verschiedensten Ipomoeen und Pharbites erhalten 
und daraus weit über tausend Pflanzen gezogen. Die Abbildungen, 


—_— 49 — 


welche die Japanesen mitbrachten, sind höchst eigener Art, und wir 
wollen nur wünschen, dass diese Sorten auch bei uns einjährig 
blühen oder knollig sind. Ein Bericht über die Erfolge wurde uns 
zugesagt. 

Die oben benannten beiden Gärten liegen in Hietzing; dort be- 
finden sich auch einige andere Gärtnereien, welehe schöne Pflanzen- 
schätze beherbergen sollen; so der Garten des Herzogs von Braun- 
schweig und der eines Regierungsrathes; doch beide sind dem Be- 
sucher verschlossen. | 

Wir wenden unsere Schritte jetzt nach den berühmten Anlägen 
Schönbrunns. — Hier besuchten wir zunächst den Theil des Gar- 
tens, der den Namen „des botanischen“ trägt. Wir fanden hier 
die grösste Sauberkeit in den Häusern wie im Freien. 
Der Garten selbst, im natürlichen Geschmacke gehalten, zeichnet 
sich durch schöne Baumexemplare seltener Arten aus, in 
deren Schatten, zum Theil auf Rasen, der grosse Pflanzen- 
reichtbum der Gewächshäuser vertheilt ist. Besonders treten 
hier wie in Laxenburg, im Burggarten, im fürstlich Schwarzenberg- 
schen Garten grosse alte Neuholländer zahlreich auf, wie sie 
bei uns nur ähnlich der botanische Garten besitzt; nur dass man 
in Wien mehr Proteaceen darunter findet. Alle diese Neuholländer 
sollen durch Einführung des Baron v. Hügel, weleher bekanntlich sein 
Alles darauf verwandte, nach Wien gekommen sein. Die Palmen 
sind hier nicht reich vertreten, wohl aber sind einige seltene Arten 
darunter. Auf die. berühmte Aroideen- Sammlung legt man, wie es 
scheint, keinen so grossen Werth mehr, man findet aber selbst- 
verständlich immer noch eine grosse Auswahl und sieht hier so recht, 
wenn zwischen Palmen etc. wie hier alte Exemplare von Scindapsus, 
Pothos, Anthurium, Philodendron in seltener Grösse und Gesundheit 
zweckmässig und dekorativ in den Häusern ‚verwandt sind, welchen 
Werth gerade diese Pflanzen für Dekorationshäuser haben, und muss 
bedaueren, dass diese Pllanzenfamilie in letzterer Zeit bei uns so zu- 
rückgesetzt wird. Der eigentliche Pflanzengarten, in welchem die 
Vermehrungs- und Kulturhäuser sich befinden, liegt von dem botani- 
schen Garten durch den zoologischen getrennt und von einer Mauer 
umschlossen. Hier findet man einen grossen Pflanzenreichthum und 
Alles in recht gutem Zustande. Die Häuser sind meist niedrige 


; —_— 44 — 


Doppelhäuser in Holzkonstruktion und zweckmässig eingerichtet 
(rrosse Mengen von Gesneriaceen der verschiedensten Genera standen 
in schönster Blüthe, sonst grosse Sortimente Kaladien, d. h. 
die buntblätterigen, überhaupt das Neueste von Warmhaus- 
pflanzen. Orchideen sind ziemlich reich vertreten und auch 
recht gesund, nur sind es kleine Exemplare und vom blumistischen 
Standpunkt sehr viele hur botanischen Werth habende Speziese; daraus 
sieht man, dass die Sammlung älteren Ursprunges ist, einer Zeit ange- 
hörig, wo es ganz gleich war, wie das Ding blühete und aussah; wenn 
es nur eine Orchidee war, so wurde es mit Freude aufgenommen. Heute 
denkt man anders darüber; hat die Art nicht schöne Blumen, so 
kann der Importeur wenig damit anfangen; es vernachlässigen deshalb 
die Sammler, zum grossen Schmerz der Botaniker, die unscheinbaren, 
kleinblumigen Spezies. Reich sind auch Florblumen vertreten, 
welche zu Dekorationen herangezogen werden müssen. Die Eriken 
sind sehr gut vertreten und kommen auch in der Kultur den Abel’- 
schen sehr nahe. In einer Abtheilung fanden wir auch ein schönes 
Exemplar der jetzt seltenen Nepenthes destillatoria neben anderen 
Formen. Gern hätten wir uns noch länger hier sowohl als in dem 
botanischen Garten aufgehalten, um die Pflanzenschätze gründlicher 
durehzusehen. Der Abend rückte aber immer näher, ein zweites Mal 
hierher zu kommen, war uns nicht möglich, und noch hatten 
wir den französischen Theil des Parkes, a la Le Nötre angelegt, 
den sogenannten grossen Garten, nicht gesehen. 

Wie sich von selbst versteht, ist dieser ganze Garten regel- 
mässig, mit schnurgeraden Wegen und zu beiden Seiten derselben 
mit Hecken verstehen. Man sieht der ganzen Anlage an, dass es 
eine Zeit gegeben, wo wenig Sorgfalt auf dieselbe verwandt 
wurde: überall in den Hecken entdeckt man Lücken, die 
man in neuerer Zeit auszufüllen bestrebt ist. Am imponirend- 
sten ist der Weg, wohl 20—25 M. breit, welcher von Hietzing 
direkt nach dem Schlosse führt und zu beiden Seiten von 20-24 M. 
hohen Hecken aus Kastanien, deren Stämme,. hinter der Laubdecke 
stehend. wohl einen Durchmesser von 0,50 -0,60Met. haben, begrenzt 
wird. Vor dem Seblosse liest ein ebenso breiter Platz, als dieser lang ist, 
ein länsliches Viereck bildend und wohl ei Morgen Fläche einneh- 
mend. Dieser ganze Platz ist regelmässig eingetheilt, im Vorder- 


grunde reichlicher, entfernter weniger reich, natürlich wieder mit 
möglichst regelrechten niedrigen Blumengruppen geschmückt, an sei- 
ner schmalen Seite, gegenüber dem Schlosse, an eine Anhöhe, 
auf welcher das Belevedere, hier Gloirette genannt, steht, sick 
anlehnend, befindet sich ein Wasserbassin mit grossem, figurenreichem 
Springbrunnen Rechts und links von diesem riesigen Parterre sind 
an den Kreuzungspunkten der Heckenwege, wohl auch an einzelnen 
Endpunkten derselben, Figuren und Fontänen aufgestellt. So unend- 
liehe Arbeit die gute Unterhaltung einer solehen Anlage verursacht, 
und so interessant eine solche in reinem Style wie hier gehaltene 
Anlage in grossartigem Massstabe, wohl die grösste ihrer Art nächst 
Versailles, ist, so muss man doch bedauern, dass all’ diese Mühe und 
Kosten daran gewendet werden. Die Anlage, wenn sie uns auch im 
ersten Augenblicke anregt, lässt doch kalt. Dazu kommt noch, 
dass, wenn dieselbe »so wenig als gerade bei unserem Besuche 
belebt ist, man sich bedrückt fühlt, unheimlich, wie zwischen den 
Mauern eines grossen Schlosses, einer Ruine. Die Hecken sind 
hier nicht todt, sie haben Leben, sind grün, doch steht Alles wie 
von einem Zauber gebannt da. Es ist zu bewundern, dass es noch 
immer so viele Menschen giebt, welche dergleichen schön finden. 
Von der schon vorhin erwähnten, auf der Höhe gegenüber dem 
Schlosse gelegenen Gloriette hat man einen prächtigen Rundblick. 
Zunächst fällt der Blick auf das Plateau, von dieser Höhe und Ent- 
fernung wie eine Stickerei aussehend; dahinter das freundliche Schloss 
von Schönbrunn mit seinem hellen Gemäuer und seinen grünen Fenster- 
läden, mehr rechts die Stadt Wien mit ihren Thürmen ete. und 
noch mehr rechts der Prater mit den Ausstellungsgebäuden, von 
denen die Rotunde über Alles hervorrast. Nach links und rück- 
wärts schaut man überall freundliche Ortschaften, unter anderen auch 
Hetzendorf, wo unsere kronprinzlicheu Herrschaften während ihres 
Ausstellungsbesuches wohnten, und dahinter ringsum Gebirgshöhen. 
Bei untergehender Sonne ist dieses Panorama so schön, dass man 
sich gar nieht entschliessen kann, fortzugehen. Immer noch einmal 
wird der Umkreis durehmustert. Der Abend kam indess mit sei- 
nen Schatten heran und mahnte uns nachdrücklich zur Rückkehr. 
Schon am nächsten Tage fanden wir uns wieder in einem 
Parke, und zwar in dem mitten in der Stadt gelegenen Parke des 


— 436 — 


Fürsten Schwarzenberg. Die Anlage selbst ist eine recht alte, was 
die riesigen Bäume bezeugen; sie ist während des Sommers dem 
Publikum stets geöffnet. In der Nähe des fürstlichen Palastes ist 
derselbe äusserst reich mit Blumen ete. geschmückt; der obere Theil 
hingegen ist schmucklos, wie dies auch ganz in der Ordnung ist. 
Am Eingange rechts sind riesige Neuholländer aufgestellt. 
Geradeaus fällt zuerst eine Gruppe purpurfarbener, niedriger Celo- 
sien auf, die hier auf warmer Unterlage (altes Laub) in den freien 
Grund ausgepflanzt sind. Die Vorkultur besteht, wie der fürstliche 
Hofgärtner uns mittheilte, darin, dass er die jungen Pflänzchen aus 
den Samenschalen, um schnell grosse, kräftige Pflanzen zu erziehen, 
frei auf Mistbeete auspflanzt und hier so lange hält, bis die Kämme 
sich entwickeln. In diesem Stadium werden die Pflanzen ein- 
getopft und einige Tage unter Fenster geschlossen gehalten, damit 
sie schnell neue Wurzeln machen und nicht das Laub verlieren oder 
im Wachsen stillstehen. Nach und nach werden sie an die Luft 
gewöhnt nnd dann in den freien Grund auf die Gruppen gepflanzt. 
Wie schon oben erwähnt, ist die Umgebung des fürstlichen Schlos- 
ses sehr blumenreich gehalten, und hat man hier eine der seltenen 
Ausnahmen vor. sich, dass den überall auftretenden Teppiehpflanzen 
das Terrain nicht ganz allein überlassen ist, im Gegentheil herrscht 
hier die grösseste Abwechslung in der Bepflanzung der Gruppen, und 
findet man da alte und liebe Bekannte, die jetzt von den überall 
hervortretenden Coleus, Althernantheren, Scarlet - Pelargonien ete. 
verdrängt werden. Missverstanden möchten wir nicht werden, dass 
wir etwa die genannten Pflanzen beseitigt wissen wollen! wir wün- 
schen sie nur auf das gehörige Mass beschränkt. Gruppen von 
anderen guten Pflanzen zu unterhalten, macht mehr Mühe, erfordert 
mehr Aufmerksamkeit; sie halten in der Regel nicht bis zum Herbste 
aus, wie die eben genannten; man muss mehr an den Ersatz den- 
ken und darauf hin arbeiten. Der Dank dafür bleibt aber auch 
nicht aus; es sehen die Teppichanlagen reinsten Wassers aus, als ob 
sie Stickereien wären; und wenn man früher auch einmal, als die 
sogenannten holländischen Gärten Mode waren, fast denselben Effekt 
mit farbigen Steinen und Scherben erzielte,”) so ist hier überall 
*) Dieselbe Verirrung des guten Geschmackes ist auch unserer Zeit nicht 


fremd und findet Gönner in Kreisen, wo man sie am wenigsten erwarten sollte. 
Die Redaction. 


’ 


Teben und Werden und eine Fülle der Abwechslung, des Neuen. — 
Ausserdem ist der Chef der Gärtnerei bemüht, allerhand tropische 
Pflanzen dem Garten während des Sommers einzuverleiben, ähnlich 
wie es früher in Wilmersdorf bei Berlin durch unser kürzlich ver- 
storbenes Mitglied Pilder geschah. Wir sahen z. B. hier Gruppen 
von Jochroma (Habrothamnus) Warzsewieii und eoerulea über und 
über mit Blumen bedeckt, wie es im Topfe nie der Fall ist. Die 
Erythrina Humei,' wohl eine der schönsten scharlaehfarbenen, können 
wir Jedem empfehlen, besonders auch darum, weil sie schon in klei- 
nen Exemplaren blüht. — 

Wenig entfernt von dem Sehwarzenberg’schen Garten ist das 
Belvedere, eine kaiserliche Besitzung. Die Anlage zwischen dem 
oberen und unteren Palais, jetzt Museen, vom Prinzen Eugen 
von Savoyen angelegt, sind auch Anlagen in französischem 
Style, die nichts Besonderes bieten. Uns interessiren nur die 
Heeken, welche‘ hier undurchdringlich sind und von Acer cam- 
pestre gebildet wurden; sie beweisen, dass es für trockenen, 
schweren Boden kaum ein Gehölz giebt, das sich so wie dies zu 
solehen Zwecken eignet, Der oben genannte Theil der Anlage ist 
dem Publikum geöffnet, nicht so der sogenannte botanische Garten, 
der mit eimer Mauer umschlossen ist, und den man nur mit Erlaub- 
niss des Hofgärtners betreten darf. Derselbe enthält alte, seltene 
Bäume, so in einer Ecke eine Pistacia Terebinthus mit einem 
Stamme von etwa einem Fuss im Durchmesser; im Uebrigen enthält 
der Garten eine höchst vollständige, vielleicht jetzt die vollständigste 
Sammlung von Alpenpflanzen, über 600 Spezies. Der Rest der früher 
so berühmten Sammlung der Alpenpflanzen von Schönbrunn wurde 
nach Belvedere gebracht und dem sich persönlich dafür interessiren- 
den Hofgärtner Maly übergeben; derselbe pflegt und überwacht sie 
wie seinen Augapfel und macht selbst ein oder zwei Reisen jähr- 
lich in die Gebirge des grossen Oesterreich, um zu sammeln; über- 
haupt sucht er auf jede Weise seine Sammlung durch Tausch und 
dergl. zu bereichern. Die grösseren Pflanzen sind zum Theil in dem 
Garten vertheilt, die Hauptmasse befindet sich indess in einer Ab- 
theilung, welche eigens für sie hergerichtet ist. Sie bildet eine 
Felspartie mit Grotten, Wasserbassins ete., so dass jede Pflanze eine 
ihrem natürlichen Standorte möglichst angepasste Oertlichkeit erhält. 


aan 


Die Pflanzen gedeihen vorzüglich, und wird jeder Pflanzenfreund 
und Botaniker, der sich für diese kleinen der kleinsten Pflanzen in- 
teressirt, für einen Besuch an diesem Orte sich belohnt fühlen. 

In den Parterres des französischen Theiles des Gartens sind 
Centaurea candidissima, (bes.erer Name Ragusina, dieses also nichts 
Neues) in sehr grosser Zahl verwandt, nnd sprachen wir unsere Bewun- 
derung darüber dem Chef des Gartens aus. Ja, sehen Sie, die be- 
komme ich sehr leicht; hier habe ich eine Anzahl alter Pflanzen, 
die ich bei niedrigster Temperatur durchwintere und davon dann 
im Frühjahre Stecklinge mache, welche ich ganz kalt stecke. Sie 
bewurzeln sich schnell, und habe ich durch Faulen nie Verluste. 

(Schluss folgt ) 


Die vierte temporäre Ausstellung des Gartenbaues 
in Wien. 


Von Fintelmann. 


Wenn auch diese Aussellung ebenso wenig wie die drei vorher- 
gehenden zu den bedeutenderen Leistungen auf dem Gebiete des 
Gartenbaues gezählt werden kann, so bot sie doch dem Besucher 
vieles Lehrreiche dar. Der Jahreszeit entsprechend waren Pflanzen 
und Blumen mehr in den Hintergrund getreten. Kollektionen von 
Gemüsen und Früchten nahmen einen grossen Raum ein, und be- 
sonders die letzteren gaben in Folge des internationalen Charakters 
der Ausstellung zu interessanten Vergleichen der verschiedenen 
klimatischen Verhältnisse Gelegenheit. 

An Pflanzen oder Blumen waren von österreichischen Ländern 
nur einige Sendungen eingelaufen, wahrscheinlich weil die auswärtigen 
Gärtner in Wien zwar Medaillen erwerben konnten, aber keinen 
Markt für ihre Erzeugnisse vorfanden. Aus Köstritz waren von 
Christian Deegen abgeschnittene Georginen gesendet, die leider 
nur kurze Zeit sich gehalten haben, ferner zwei Pflanzen von 
Euphorbia lathyriflora mit Früchten. Der ausserordentliche Reichthum 
an Oel und Talg in denselben macht es möglich, dass Kulturver- 
suche -mit dieser Pflanze für ökonomische Zwecke günstige Resultate 
liefern, und sie würde dann von um so grösserer Bedeutung sein, als 


— 439 — 


sie mit sehr geringem Boden zufrieden ist. Oscar Knopff in 
Erfurt (Firma J. W. Wendell) hatte Kästen mit abgeschnittenen 
Blumen geliefert, sehr gute Astern, Georginen und prachtvolle 
Zinnien, die mit der Verdienst-Medaille prämiirt wurden. Viola 
tricoler von H. Wrede in Lüneburg waren wie immer gut. 

Gladiolus- Sortimente hatte man zu prächtigen Gruppen zu- 
sammengestellt; das von J. P. Scheidecker in München wetteiferte 
in Glanz der Farben und Schönheit der Zeichnung mit den Sämlingen 
von. Daniel Hooibrenk in Hietzing. Beide bekamen denselben 
Preis, die Verdienst-Medaille. 

Aus Frankreich hatte Alegatiere in Lyon 10 Sorten von 
gefüllt blühenden Pelargonien ausgestellt, von denen leider nur 
zwei einige Blüthen zeigten, und diese waren noch dazu einfach. 

Alle übrigen Pflanzengruppen waren von Oesterreichern und 
speziell aus Wien und seinen Umgebungen ausgestellt worden. 
Rudolf Abel in Hietzing, der für seine Leistungen im Gartenbau 
während der Weltausstellung von der Jury mit dem Ehrendiplom 
ausgezeichnet worden ist, hatte wiederum viele seiner vortrefflichen 
Pflanzen dort: Aralien, Aroideen, Bromeliaceen, Pandaneen, starke 
Cykadeen und von seinen mit besonderer Vorliebe und mit Erfolg kul- 
tivirten Eriken mehrere Kulturpflanzen in vollster Blüthe; Erica curvi- 
flora lutea, E. grandinosa major, E, Rohanii, BE. eruciata, E. mammosa 
purpurea, E. mollissima, E. declinata und E. colorans. Der Hof- 
gärtner Lesemann des Herzogs von Braunschweig erwarb die Fort- 
schrittsmedaille für seine neueren Palmen, Maranteu, Dracaenen, die 
sut kultivirt sind und geschmackvoll aufgestellt waren. Von der 
hübschen, blauen Plumbago capensis, die man mit Recht so häufig 
in den Gärten von Wien angewendet sieht, hatte er mehrere niedrige, 
reichblühende Exemplare dort. Vom Obergärtner Fiedler des Herrn 
Rodek war eine sehr ansprechende Gruppe von Palmen, Farren, 
Maranten, Croton, Aroideen ete. zusammengestellt worden mit gut 
kultivirten Exemplaren, die zum Theil schon auf den früheren Aus- 
stellungen zur Dekoration gedient hatten. Ein Anerkennungsdiplom 
erhielt der Obergärtner Hirsch des Grafen August Breuner in 
Grafenegg, der unter anderen Pflanzen eine Partie Begonien aus- 
gestellt hatte, Sämlinge von B. Sedeni befruchtet mit B. Pearcel und 
B. boliviensis, ferner Desmodium penduliflorum (racemosum) und 


— 440 7° — 


mehrere grosse Exemplare der schönen Lasiandra macrantha, die so 
reich mit Knospen versehen waren, dass sie fortwährend ihre dunkel- 
blauen Blüthen entfalteten, die sich leider nicht länger als einen 
Tag halten. u 

Der botanische Universitäts-Garten in Wien — Verdienst-Medaille 
— hatte eine Reihe von Exemplaren aus den Familien der Liliaceen, 
Crassulaceen, Amaryllideen, Euphorbiaceen und einige Mesembri- 
anthenum geliefert, die in ihrer Zusammenstellung zwar weniger 
dekorativ waren als die vorher erwähnten Blattpflanzen, doch manche 
empfehlenswerthe Spezies zeisten, wie die orangefarbene Crocosmia 
aurea, eine Jridee, die in grösserer Menge gezogen für die jetzige 
Jahreszeit sehr gut zu dekorativen Zwecken verwendet werden könnte.“) 

Denselben: Preis bekam der Obergärtner N owotny des Grafen 
Schönborn auf Schönborn in Nieder-Oesterreich, der unter anderen 
Pflanzen gute Proteaceen und die noch zu selten kultivirten Gesneriaceen 
Naegelia und Tydea auf der Ausstellung hatte. Gerade von Naegelia 
und Tydea hat man jetzt so viele durch Farbe der Blüthen und 
Blätter und durch eleganten Habitus ausgezeichnete Varietäten, 
die mit sehr einfachem Kulturverfahren zu vollkommenen Pflanzen 
erzogen werden können, dass es auffallend ist, sie so wenig zu finden. 
Nur noch ein Aussteller, Carl Matznetter, Handelsgärtner in 
Wien, hatte noch einige Naegelien dort, und diese waren wegen der 
Schönheit ihrer Blätter noch besser als die vorher erwähnten. Reich- 
liche Nahrung ist ihnen unbedingt nöthig, und die giebt Herr 
Matznetter seinen Pflanzen, wie man aus der guten Beschaffenheit 
der von ihm ausgestellten Marktpflanzen sehen kann, der Dracaenen, 
Ficus, weissen gefüllten Primeln, Epiphyllum truncatum und Palmen 
für Zimmerdekoration, die mit der Verdienstmedaille ausgezeichnet 
wurden. Denselben Preis erhielten auch Georg Steck & Co. in 
Wien, ebenfalls für gut und kräftig erzogene Marktpflanzen, die in 
grosser Anzahl ausgestellt waren: Ficus, Dracaena, Latania borbonica, 
Corypha australis, Cyperus, Gloxinia, Salvia splendens, Ardisia cre- 
nulata und Kammelien in Knospen. Eine Varietät von Begonia Rex 
(desselben Ausstellers) scheint härter zu sein, als die sonst schon 
auf Ausstellungen gesehenen Begonien mit röthlichen Blättern; 


*) Hier in Berlin sieht man sie zur Zeit viel angewandt. Die Red. 


— 41 — 


wenigstens kommen aus zwei Vermehrungsschalen eine Menge guter 
Pflanzen mit der zarten Färbung zum Vorschein. 

Erwähnenswerth ist noch ein Abutilon vexillarium, hochstämmig 
veredelt, dessen reichblühende Zweige nach ailen Seiten hin her- 
unterhängen. 

Getrocknete Blumeu, Gräser und frische Bouquets waren in 
grosser Anzahl vorhanden. Wenn auch nicht alle von dem guten 
Geschmack oder dem Geschicke ihrer Zusammensteller Zeugniss ab- 
legten, so waren doch manche sehr geschmackvoll gemacht, wie die 
Brautkränze von Julius Schäme sen. in Dresden. — Gent in 
Belgien, die Residenz der Flora, hat nur getrocknete Imortellen 
und Gräser von seinen reichen Schätzen sehen lassen. 

Eine interessante Sammlung von Koniferen-Zapfen hatten die 
Brüder Bovelli in Pallanza am Lago Maggiore ausgestellt, in deren 
Gärten 12 Meter hohe Araucaria brasiliensis ihre grossen Früchte 
zur Reife bringen können. 

Von den Gemüse-Sammlungen hätten manche einen besseren 
Eindruck gemacht, wenn nicht besonders die, welche von ausserhalb 
sekommen waren, so sehr während des Transportes gelitten hätten. 
Die Kohlarten, die Bohnen in Schalen kamen zum Theil halb ver- 
fault oder verstockt an, und mussten die Sammlungen viel von ihrer 
Grösse verlieren, bevor sie ausgestellt werden konnten; so waren bei 
manchen Kollektionen nur die härteren Gegenstände, wie Kartofteln, 
Rüben und Kürbisse gut geblieben. 

Durch Reichhaltigkeit der Sammlung und Güte der Arten 
zeichneten sich die Gemüse aus dem Garten des Freiherrn v. Suttner 
in Hermannsdorf, Obergärtner Skebra, aus, die die Fortschrittsmedaille 
erhielten. Ausser Blumenkohl, Wirsing, Kohlrabi, Sellerie, Gurken 
waren zehn verschiedene Varietäten von Liebesapfel (in Wien Para- 
diesapfel genannt), Solanum Lycopersicum, und mehrere der Eier- 
früchte, Solanum Melongena, ausgestellt. Unter den Zwiebeln fielen 
durch Güte und Beschaffenheit auf die rothe Riesen-Madeira, James, 
Red Wethersfield und die eigenthümlich geformte Ochsenhorn. Von 
Erbsen waren nur die besten englischen Sorten da und eine sehr 
ertragreiche Varietät: Ruhm von Kassel. Das Bohnensortiment be- 
stand aus 18 Sorten, von denen Mont d’or, eine neue französische 
Stangenbohne, als besonders zart und ertragreich empfohlen wird. 

29 


— 42 — 


Merkwürdig waren die grünen Schoten von Hybisecus Abelmoschus, 
die in diesem Zustande in subtropischen Ländern gegessen werden. 
Eine andere, alle Arten umfassende Kollektion Gemüse war von 
dem Gartenbau-Vereine in Bamberg ausgestellt, die mit der Ver- 
dienstmedaille belohnt wurde. Unter Kopfkohl zeiehneten sich zwei 
Arten dureh besondere Grösse aus, Bamberger Zentner und glatter 
Bräunschweiger. Die Zwiebeln waren in Holzkästen mit Fächern 
ausgestellt und präsentirten sich so auf sehr vortheilhafte Weise. 
Von welcher Grösse die Sortimente waren, geht schon daraus her- 
vor, dass 104 Varietäten Bohnen und 49 Erbsen ausgestellt wurden. 
Ebenso hatte sich der Verein für Gartenbau in Hamburg — 
Verdienstmedaille — mit einer reichen Sammlung Gemüse betheiligt 
und unter anderen Gemüsen auch viele Kürbisse ausgestellt. Friedrich 
Klaering in Wien hatte zwar nur drei Arten geliefert, die aber 
ganz vortreffliich waren, nämlich Rothkohl und spanische weisse und 
rothe Zwiebeln. Von grosser Vollkommenheit und sehr übersichtlich 
aufgestellt war die Kollektion von Oskar Knopff in Erfurt, dessen 
Blumenkohl wohl der beste auf der Ausstellung war. Ferner hatte 
er sehr gute Runkelrüben, Riesen-Kohlrabi, engl. weisse Glaskohl- 
rabi, Gurken, Zwiebeln und viele Arten Kartoffeln. Als nachah- 
menswerth möchte das Verfahren empfohlen werden, bei Kartoffeln, 
Zwiebeln und Rüben auch durchgeschnittene Exemplare auszulegen, 
wie dies Herr Knopff gethan hat. Es wird dadurch viel leichter, 
sich einen richtigen Begriff von der Güte der Frucht zu machen. 
Trotz der so nahe bevorstehenden Früchte-Ausstellung in Wien 
war doch auch schon bei dieser Gelegenheit die Betheiligung von 
Obst - Ausstellern eine ziemlich bedeutende, obgleich die aus wei- 
teren Gegenden kommenden Früchte zum Theil noch nicht reif ge- 
nug waren. Aus Frankreich hatte nur ein Gärtner Demouilles in 
Toulouse ausgestellt, der die Fortschrittsmedaille für seine reiche 
Kollektion bekam, die sich durch vortreffliche Beschaffenheit der 
Früchte auszeichnete. Diese gaben, selbst wenn man das günstigere 
Klima abrechnet, das ihnen zur Reife verholfen hatte, das besste 
Zeugniss von der Geschicklichkeit ihres Kultivateurs in der Pflege 
seiner Obstbäume und von seinem Verständniss für den richtigen 
Zeitpunkt der Ernte. Photographien von Pfirsischbäumen, die er 
selbst gezogen, zeigten tadellose Formen. Ausser Mandeln, Pfirsich, 


— 453 ° — 


Pflaumen, Maulbeeren, Feigen, Granatäpfeln, Quitten, Wallnüssen 
hatte er 169 verschiedene Birnen, 64 Aepfel und 128 Trauben aus- 
sestellt. 

Diesen Früchten an Güte und Reife vollkommen gleich waren 
die von dem Landwirthschafts- und Gartenbau-Vereine in Bozen in 
Südtyrol ausgestellten, welehe ebenfalls die Fortschrittsmedaille er- 
halten hatten. Durch geschmackvolle Aufstellung und ganz beson- 
‘ders dureh übersichtliche Anordnung der verschiedenen Früchte nach 
einem Systeme verdient diese Kollektion als besonders nützlich her- 
vorgehoben zu werden. Nichts erschwert ein genaueres Studiren 
der ausgestellten Gegenstände mehr, als wenn sie so hingestellt sind, 
wie sie der Zufall gerade in die Hand gegeben. Die Früchte lagen hier 
auf Tellern und waren mit Blättern von immergrünen Gehölzen dekorirt. 
Von den 69 Sorten Aepfeln waren zunächst die Kalvillen zusam- 
mengestellt, dann folgten Gulderlinge, Rosenäpfel, Taubenäpfel u. s f. 
Ebenso hatte man 110 Birnen zu Gruppen zusammengebracht: But- 
terbirnen, Halbbutterbirnen, Bergamotten, grüne Langbirnen, Flaschen- 
birnen, Apothekerbirnen, Rousseletenbirnen, Schmalzbirnen. Von 
Trauben waren vier Zusammenstellungen gemacht worden: weisse 
und rothe Tafeltrauben und weisse und rothe Trauben zur Weinbe- 
reitung, im Ganzen 126 Sorten. Unter den Tafeltrauben waren auch 
solche Varietäten, die in England zum Treiben benutzt werden, die 
dort aber vollkommener werden, als die im Freien gezogenen: 
Muscat of Alexandria, Canon Hall, Royal Vineyard, Duchesse of 
Buckleugh; Black Frontignae, Barbarossa, Trentham Black, der 
zwar roth aussah, aber doch wohl richtig benannt und nur schlecht 
gefärbt war. Die Trauben lagen sehr appetitlich auf übereinander 
stehenden runden Obsttellern, die an einer mit Epheu berankten 
Säule befestigt waren. In ähnlicher Weise waren Südfrüchte, wie 
Zitronen, Apfelsinen, Maronen, Granaten auf Gestellen geordnet. 
Von Melonen, deren auch viele da waren, zeichneten sich aus Anda- 
lusische Melonen, Siam und Anguria di Valle, eine grüne, sehr 
grosse Wassermelone. 

Aus Italien waren zwei grosse Obst-Sammlungen geschickt wor- 
den, die ebenfalls vollkommen reife Früchte enthielten. Die eine 
von der Ackerbaugesellschaft in Trient: Fortschrittsmedaille, 150 
Birnen, 80 Aepfeln und 200 Trauben und ausserdem eine Reihe von 

29° 


— 44 — 


ın Holzgefässen abgelegten Weinreben mit Trauben: die andere von 
der Ackerbaugesellschaft in Rovereto, mit der Verdienstmedaille aus- 
gezeichnet. 

Zwar unter weniger günstigen Verhältnissen, als die bisher er- 
wähnten Kollektionen gereift, sind die folgenden doch auch der Aus- 
stellung würdig gewesen. A. Galle aus Ober-Glauche bei Trebnitz 
in Schlesien hat die Verdienstmedaille für seine Früchte bekommen. 
Ausser einigen Ananas hatte er 114 Aepfel und 88 Birnen herge- 
schickt. Josef Runkel, der Obergärtner von Kremsmünster in Ober- 
Oesterreich, hatte ebenfalls eine grosse Kollektion ausgestellt, unter 
anderen auch amerikanische Apfel-Sorten, die aber fast alle nur sehr 
kleine Früchte hatten, mit Ausnahme von Adam’s autumne sweet, 
der der beste zu sein schien. Als vorzügliche Weinbirnen, die sich 
auch zur Anpflanzung an Strassen eignen, werden empfohlen die 
grüne und rothe Winawizbirne. 

Auch das Stift St. Florian in Oberösterreich hatte sich mit einer 
bedeutenden Anzahl von Früchten betheiligt, die in dem Ausstel- 
lungszelte denen aus Bozen in Südtyrol gegenüberlagen und es mög- 
lich machten, den verschiedenen Reifezustand derselben Sorten in 
den beiden Gegenden zu vergleichen; so war der Apfel Gloria mundi 
auf der einen Tafel schön roth gefärbt, während er auf der andern 
noch grün war. Ferner hatte der Pomologe dieses Stiftes, Josef 
Kienast, einige reich mit Früchten besetzte Obstbäume in Töpfen 
ausgestellt; zwei Birnen: Passe Colmar de France und Bergamotte 
von Hildesheim; von Aepfeln Pomme d’Api, der sehr voll besetzt 
war, überstriekte Reinette, Königs-Kalvill, Dietzer’s Goldreinette und 
noch einige andere; sogar einen Pfirsisch: Fürst Karl Schwarzenberg 
mit mehrern Früchten Bei dieser Gelegenheit seien auch 18 Stück 
Limonen in Töpfen erwähnt, die von Hellerman, dem Gärtner im 
Stifte Zwettel in Nieder-Oesterreich, ausgestellt worden. sind und 
voller Früchte hingen. Die Pflanzen waren 50 Zentimeter etwa hoch 
und durch Aufsetzen von Fruchtzweigen auf den Wildlung hergestellt. 

Aus Ungarn waren ausgezeichnete Trauben auf der Ausstellung, 
von denen die besten, die von Franz Held in Fünfkirchen, mit der 
Verdienstmedaille ausgezeichnet wurden. Obergärtner Janauschek 
bei Johanna von Näko hatte neben vorzüglicehen Trauben noch eine 
grössere Anzahl von Aepfeln und Birnen. 


—_— 45 — 


Auch aus Russland hatte ein Handelsgärtner, H. Goegginger 
in Riga, eine kleine Einsendung gemacht: in Alkohol aufbewahrte 
Früchte einer neuen Johannisbeere mit birnenförmigen Beeren, die 
er aus Samen gezogen hatte. 


Neuere Beobachtungen 


über die Wurzellaus des Rebstocks. 
Phylloxera vastatrix.*) 


I. Maxime Cornu’s Untersuchungen über die geflügelte 
Form des Insekts mit Beziehung auf seine Verbreitung. 
(Comptes rendus, Bd. 77, S. 656 ff,) 


Bisher hat man geglaubt, die geflügelte Form der Phylloxera 
sei sehr selten. Ich erinnere mich, wie ich zusammen mit Plan- 
chon zu Montpellier auf grossen Wurzeln, die mit einer ungeheuren 
Zahl von flügellosen Insekten, Puppen und Eiern bedeckt waren, 
nach ihnen gesucht habe; sie waren selbst im Monat September 
ausserordentlich selten. Nachdem wir ein Dutzend und mehr stark 
angegriffener Wurzeln geprüft, entdeckten wir nur 5 oder 6 geflü- 
gelte Phylloxeren In den Gefässen, in welchen man die mit der 
Wurzellaus bedeckten Wurzeln behufs des Studiums aufbewahrt, be- 
merkt man auf den Wänden von Zeit zu Zeit einzelne geflügelte 
Exemplare, aber niemals sehr zahlreich; während meiner vorigjäh- 
rigen Studien habe ich nur 3—4 gefunden. Planchon zeigte mir 
etwa 15 Stück, welche er durch Aussuchen der Puppen erhalten 
hatte. Die Beobachtung Faucon’s, welcher geflügelte neben unge- 
flügelten Insekten auf dem Boden wandern sah, stellt fest, dass die 
ersteren häufiger sind, als man bis dahin annahm. Er sandte in ei- 
nem Briefkouvert 1 Dutzend nach Montpellier. 


*) Obgleich wir bei uns keinen Weinbau treiben, die nachstehenden Mit- 
theilungen also scheinbar für unsere Mitglieder keinen Werth haben, so haben 
wir uns doch in Rücksiebt auf die allgemeine Bedeutung des Gegenstandes es 
nicht versagen können, dieselben hier zu veröffentlichen, um so weniger, als es jetzt 
unzweifelhaft feststeht, dass die Wurzellaus des Weinstockes auch die Obstbäume 
angreift, also auch unsere Kulturen bedroht. Man vergleiche auch das im Juli- 
heft Mitgetheilte, 


— 46 — 


Wenn man die geflügelten Individuen noch nicht häufiger zu be- 
obachten Gelegenheit gehabt hat, so pflegt man sie an anderen Orten 
zu suchen als da, wo sie sich für gewöhnlich entwickeln. Die Puppen, 
welehe leicht durch ihren längeren, in der Mitte eingeschnürten Kör- 
per von dunklerer Orangefarbe, besonders aber durch die Flügelscheiden, 
welche auf den Seiten zwei kleine, schwarze Flecken bilden, von 
den ungeflügelten unterschieden werden können, zeigen sich nicht blos 
auf den dickeren Wurzeln, sondern hauptsächlich auf den Anschwellun- 
gen der Würzelehen. Planchon und Lichtenstein geben in 
ihrem kürzlich veröffentlichten Werke*) an, dass sie sich häufiger 
auf den Knötchen als auf den dicken Wurzeln finden. Sie sind auch 
hier nicht zahlreich, aber — und das ist ein wichtiger Punkt — 
sie werden es durch eine Umwandlung der hier angehefteten Indivi- 
duen. Um sich davon zu überzeugen, muss man sie mehrere Tage 
hintereinander beobachten; indessen ist diese Beobachtung nicht leicht. _ 
Die Knötchen verfaulen nach sehr kurzer Zeit, wenn man nicht be- 
sondere Vorsichtsmassregeln ergreift; die darauf vorhandenen Insek- 
ten, besonders der Eichen legenden Mütter, ist verhältnissmässig 
viel geringer, als auf den dieken Wurzeln; die Würzelchen sind 
weniger bequem zu halten und nach allen Seiten zu wenden; sie be- 
sitzen Falten ete., in denen sich die Thierchen verbergen. Obgleich 
ich diese Thatsache auf den Wurzelanschwellungen zu Bordeaux und 
zu Montpellier beobachtet habe, ziehe ich es doch vor, ein mehr in 
die Augen fallendes und interessanteres Beispiel anzuführen. 

Eines der Kölbchen, welche Lecoqg de Boisboudran im Sep- 
tember mit Wurzeln des Weinstockes, die von der Phylloxera ange- 
griffen waren, der Akademie der Wissenschaften übersandt hatte, 
enthielt mit der Wurzellaus bedeckte Würzelchen mit grossen und 
kleinen Anschwellungen in der Zahl vou etwa zwanzig. Das Kölb- 
chen hatte die Länge und Breite eines kleinenFingers und wurde mir 
von der Akademie am 6. September übersendet. Bei flüchtiger Un- 
tersuchung entdeckte ich drei Puppen und ein ausgebildetes Insekt 
der geflügelten Wurzellaus. Seit jenem Tage bis zum 19. Septem- 
ber, wo die Anschwellungen vollständig verfault sind, habe ich nach 
und nach 31 solcher Individuen gefunden. Im Zusammenhange mit 
den lebenden Wurzeln würden diese Anschwellungen wahrscheinlich 

*) Le Phylloxra (de 1854 a 1873). Resume pratique et scientifique. 


— 47 — 


noch einige Zeit gelebt und einer gewissen Anzahl Insekten Nahrung 
geliefert haben, die so an den Wänden des Kölbchens und auf den 
schwarzen und zersetzten Anschwellungen vor Hunger umgekom- 
men sind. 

Wenn man sich nun das gesammte Wurzelsystem eines Wein- 
stockes in einem vollständig angegriffenen Weinberge vorstellt und 
sich die ungeheure Anzahl von Anschwellungen denkt, welche die 
Würzelehen darbieten, so begreift man, dass die Zahl der Einzel- 
wesen, welche sich darauf entwickelt, eine ansehnliche sein muss. 
Diese besondere und von der anderen so verschiedene Form findet 
sich daher in bemerkenswerthem Verhältniss neben den auf den 
Weinstock festgesogenen Insekten, und die von den gefiügelten ab- 
stammenden Wurzelläuse stellen in ihrer Gesammtheit eine wichtige 
Grösse dar. Sind dies vielleicht die Generationen, welche die über- 
winternden Insekten darstellen? Hier ist eine direkte Untersuchung 
nöthig, welche übrigens sehr schwierig durchzuführen ist. 

Die Eier der geflügelten Form sind, wie dies oft behauptet ist, 
in kleiner Zahl im Abdomen vorhanden; sie sind gross, sehr sicht- 
bar und zu 3 vorhanden. Wenn eines auf die Wand des Kölbehens 
gelegt worden ist, so kann man im Körper des mütterlichen Insekts 
die beiden anderen finden, welche im gleichen Stadium der Ent- 
wicklung zu sein scheinen. Ausser der Grösse unterscheidet sie 
Nichts von den Eiern der flügellosen Wurzellaus. 

Wohin werden diese Eier gelegt? Offenbar sind es nicht die 
Blätter des Weinstockes, wie man anfangs geglaubt hat; die Blätter 
des einheimischen Weinstockes besitzen niemals Gallen oder doch 
nur äusserst selten. Da aber die geflügelten Wurzelläuse sich in 
den Weinbergen zahlreich finden, so haben sie offenbar von der Natur 
eine andere Aufgabe erhalten, als die Gallen auf den Blättern zu er- 
zeugen. 

In welchen Weinbergen ist diese Form häufiger? Diese Frage 
ist leicht zu beantworten: in denen, deren Würzelchen die meisten 
Anschwellungen besitzen; im ersten Jahre der Invasion ist es, denn 
in diesem sind die Anschwellungnn am zahlreichsten, welche That- 
sache den Weinbauern des Südens wohlbekannt ist; es ist dies das 
erste Anzeichen der Krankheit. Im ersten Jahre vermehren sich die 
geflügelten Phylloxeren in grösserer Zahl, 


_ 448 — 


Wir wissen andererseits, dass diese Anschwellunger mit dem 
. Ende des Sommers verwesen oder mit dem Beginne des Herbstes, in 
welcher Jahreszeit die geflügelte Form hauptsächlich auftritt: es ist 
demnach nieht wahrscheinlich, dass sie ihre Eier auf die Anschwel- 
lungen der Würzelchen legt, eben so wenig auf die dieken Wurzeln, 
wo die Puppen sehr selten sind oder die geflügelten Insekten sich 
niemals finden. Ihre mehrfachen Angen und ihr doppeltes Tastorgan 
— die flügellosen Individuen besitzen nur rudimentäre Augen, drei 
Zellen von rother Farbe, und ein einziges Tastorgan an den Anten- 
nen —, das Vorhendensein von Flügeln, Alles dies scheint anzudeuten, 
dass sie, wenigstens zeitweise, in der Luft leben können; sie müssen 
den Boden verlassen und an das Tageslicht kommen. 

Wann verlassen die geflügelten Insekten ihre Geburtsstätte sd 
zeigen sich nicht mehr auf den Knötchen der Würzelchen? Es ist 
wahrscheinlich, dass dies im Nymphenzustande geschieht, kurze Zeit 
vor der letzten Häutung, wo sie keine Nahrung zu sich nehmen, 
um sich der Oberfläche des Bodens zu nähern: hier findet das Insekt 
die günstigen Bedingungen, seine Flügel zu entfalten und die zarten 
Häutchen abzuhärten. In den Weinbergen der Umgegend von Cognac 
habe ich auf dem Boden ausser diesen jungen, beweglichen Insekten 
eine eben so lebhafte und bewegliche Nymphe gefunden und Herr 
Lecoq de Boisbaudran, welchen ich begleitete, gezeigt. Letztere 
wurde in ein Glaskölbehen gethan und verwandelte sich am folgen- 
den Tage in ein geflügeltes Insekt. Ich habe mich durch direkte 
Beobachtung vergewissert, dass die Nymphe, wenigstens während 
einiger Zeit, mit ihrem Saugerüssel an der Anschwellung festsitzt. 
Dies verhindert nicht, dass sie, wenn ihre Zeit gekommen, die 
Wurzel verlassen kann. 

Was hier mitgetheilt ist, scheint a priori zu beweisen, dass die 
gefiigelten Thiere den Boden vor oder nach der letzten Häutung 
verlassen und an’s Tageslicht kommen, wie Faucon es mit seinem 
Neffen direkt beobachtet hat: aber sie dürften nicht auf dem Boden 
bleiben; man findet sie in den Spinngeweben, wie ich mit Planchon 
konstatirt habe, nachdem Lichtenstein zuerst diese Beobachtung 
gemacht hatte. Die geflügelten Individuen scheinen bestimmt zu 
sein, die Schmarotzer und damit die verheerende Krankheit zu 
verbreiten. 


— 49 — 


Aus dem Vorstehenden können folgende Schlüsse gezogen werden: 

1) Die Verbreitung der Weinkranheit durch die geflügelte Wurzel- 
laus, welche ernstliche Schwierigkeiten verursachte, ist erklärt; aber 
man darf nicht vergessen, dass dies sowohl auf kurze als auf weite 
Entfernungen geschehen kann. 

2) In der ersten Zeit der Einwanderung in eine Lokalität wird 
die Krankheit von grossen Entfernungen eingeführt, aber unter noch 
wenig bekannten Verhältnissen. 

3) Das Herausreissen der zuerst angegriffenen Pflanzen (ein 
Vorbeugungsmittel, das oft den besten Erfolg hat) kann nicht voll- 
ständig Platz greifen. Man hebt den Stock und die starken Wurzeln 
wohl heraus, aber meist werden die Würzelchen abgerissen und 
‘bleiben in dem Boden, ebenso die äussersten Wurzelenden mit ihren 
Anschwellungen. Sie sterben nicht so schnell ab wie an der Luft 
und bilden das Lager, wo sich die Wurzellaus massenhaft entwickeln 
kann; sie verlässt den Boden und verbreitet die Krankheit auf 
grössere oder geringere Entfernung. Das Ausreissen und sofortige 
Verbrennen bilden zwar einen sicheres Mittel, die Verbreitung ein- 
zuschränken, aber immer noch nicht von genügender Sicherheit, 
denn es bleiben im Boden unvernichtete Phylloxeren. Dies war 
bereits bekannt, aber ni-ht bekannt war und, was ich besonders be- 
tone, dass unter den ihm verbliebenen Insekten viele solche sind, 
die nicht im Boden bleiben, sondern herauskommen und die Krank- 
heit auf den noch nicht ergriffenen Theil der Weinstöcke verbreiten. 
Die Furchen, welche man mit verschiedenen Flüssigkeiten bewässert 
— Karbolsäure, Tabaksabkochung ete. — können die gellügelten 
Individuen weder tödten noch abhalten; man muss mit dem Aus- 
reissen der Stöcke eine vorbeugende Behandlung des Bodens verbinden. 
. 4) Wenn man die Wurzellaus von unten nach oben bekämpft, 
indem man in grössere Tiefe des Bodens Stoffe bringt, welche giftige 
Dämpfe erzeugen, würde man dadurch nicht, besonders in der ge- 
genwärt'gen Jahreszeit (Anfang September) die gefährlichen geflügelten 
Insekten und deren Nymphen zwingen, die Würzelchen, welche sie 
ernähren, um so schneller zu verlassen ? 

5) Es ist nothwendig, die Verbreitung des Insekts auf der 
Oberfläche des Bodens ernstlicher in’s Auge zu fassen. Man hat 
vorgeschlagen, insektentödtende Pulver und Flüssigkeiten auf den 


— 450. — 


Boden zu bringen; aber es ist hierbei eme Gefahr, mit der man 
rechnen muss. 

Was die Möglichkeit betrifft, ob die geflügelten Insekten auch 
fliegen können, so ist sie für mich zweifellos; die geringe Zahl, die 
man bisher beobachtet hat, und die der Beobachtung wenig günstigen 
Verhältnisse sind, wie ich glaube, Veranlassung, dass man dies noch 
nicht hat direkt feststellen können. 

Ein verwandtes Insekt, Phylloxera Quercus, bedient sich seiner 
Flügel, wie sicher feststeht; ich habe am 12. September er. Hunderte 
dieses Insekts im geflügelten Zustande bei Cognac gesammelt und 
zwar auf der Unterseite der Blätter von Quereus alba. Das Insekt ist 
der Wurzellaus des Weinstocks sehr ähnlich; es unterscheidet sich 
davon durch eine mehr rothe Farbe und durch längere Antennen. 

Im ersten Augenblicke ähneln sich die geflügelten Individuen 
ausserordentlich. 

Ich legte auf ein Blatt weiss Papier mit diesen geflügelten In- 
sekten bedeckte Eichenblätter. Sie liessen sich auf das Papier 
fallen und wanderten hastig umher; darauf richteten sie ihre hori- 
zontal liegenden Flügel senkrecht in die Höhe wie die gewöhnliche 
Blattlaus und flogen, ohne sich viel zu erheben, gegen ein 1% Meter 
entferntes Fenster; anfangs flogen sie in kurzen Kreisen, sodann aber 
in gerader Richtung, übrigens ziemlich langsam und schwerfällig. 
Nach wenigen Minuten war eine ziemliche Zahl fortgeflogen, und ich 
fand mehrere festsitzend an den Fensterscheiien Auch Planchon 
hat sie fliegen sehen. Es ist nur zu konstatiren, dass sie wie die 
Rosenblattläuse sich gegen das Fenster, also zum Lichte wenden. 
Wenn uns die Analogie nicht täuscht, so ist es wahrscheinlich, dass 
die geflügelte Form von Phylloxera vastatrix eben so wohl wie die von 
Ph. Quereus sich ihrer langen, aber schwächlichen Flügel bedient, und. 
dass sie, vom Winde getragen, grosse Entfernungen durehmessen kann. 

Man kann annehmen, dass die geflügelten Individuen von Ph. 
vastatrix viel zahlreicher sind, als man bisher geglaubt hat, und 
die aus dieser Thatsache zu ziehenden Folgen verlangen eine ernst- 
liche Beachtung sowohl vom »naturwissenschaftlichen als vom prak- 
tischen Standpunkte. 

Ich sehe für den Augenblick davon ab, geh einen Rath in 
Bezug auf die Behandlung des Weinstockes zu ertheilen, aus Furcht, 


— 41. — 


die Anstrengungen für eine ungünstige Zeit wachzurufen. Man 
wird erst mit Erfolg handeln können, wenn die Naturgeschichte des 
Parasiten vollständig bekannt ist; aber ich erlaube mir zu bemerken, 
dass aus dieser und meinen früheren Mittheilungen sich ergiebt, die 
Phylloxera werde in dem einen oder dem anderen Momente ihrer Ent- 
wicklung mit Erfolg bekämpft werden können. Es wird Sache der 
Weinbauern sein zu prüfen, ob der Feind in verschiedenen oder in 
einer Entwicklungsperiode und in welcher am besten zu bekämpfen sei. 

Die Frage hat nichts Aussergewöhnliches; wiederholt man nicht 
das Schwefeln der Weinstöcke bis dreimal im Bordelais, bis viermal 
im Süden? 

N. Ueber den Zeitpunkt, in welchem die Bewässerung, 
der von der Wurzellaus befallenen Weinanlagen mit Er- 
folg auszuführen ist. VonL. Faucon. (Comptes rendus, Bd. 77. 
S. 663 ff.). 

Wenn es ohne grosse Nachtheile ausführbar wäre, in dem Mo- 
mente die Wurzellaus anzugreifen, in welchem sie ihr Winterlager 
verlässt, unmittelbar nach der ersten Frühjahrshäutung, in dem Mo- 
mente, da sie die Winterhaut verliert, da sie alle jung sind, da alle 
Eier des Vorjahres ausgeschlüpft oder zu Grunde gegangen sind, da 
neue Eier noch nicht gelegt sind, — also unter Bedingun;en, wo 
die Wurzellaus nur kurze Zeit der Einwirkung der Bewässerung 
widersteht, so würde dies unzweifelhaft der günstige Zeitpunkt für 
die vollständigste Vernichtung sein; aber verschiedene Gründe sprechen 
gegen die Bewässerung in dieser Jahreszeit und beeinträchtigen ihren 
Erfolg. Zunächst kommen nicht alle Insekten gleichzeitig aus dem 
Winterschlafe; ich habe solche gesehen, welche am 1. April er- 
schienen, und andere, welche zwanzig Tage später sich noch im 
vollsten Winterschlaf befanden, als die früheren sich schon wieder 
gehäutet und angefangen hatten, Eier zu legen. Man befindet sich 
demnach in einem Zirkel, aus dem es schwierig ist, herauszukommen, 

Wollte man die Bewässerung beginnen, wenn eine gewisse An- 
zahl Insekten den Winterschlaf durchgemacht hat, so würde man, 
in Rücksicht auf die noch nicht erwachten, die Bewässerung zu 
sehr verlängern müssen; wollte man warten, bis alle Insekten er- 
wacht sind, so würde man sie in allen Lebensstadien und eine grosse 
Menge Eier vor sich haben, wodurch der Erfolg wiederum beein- 


— 452 — 


trächtigt werden würde, da ältere Insekten widerstandsfähiger gegen 
die Einwirkung des Wassers sind und die Eier davon gar nicht be- 
rührt werden. 

Wollte man aus dem Umstande, dass neugeborene Insekten dem 
Einflusse der Bewässerung wenig widerstehen, schliessen, dass durch 
eine kurze Zeit dauernde Bewässerung auch alle jungen Insekten ge- 
tödtet würden, so würde man irren. Wenn man einen Weinberg von 
grösserer Ausdehnung bewässern will, so würden mehrere Tage 
nöthig sein, um das Wasser in alle Theile des Weinberges zu leiten; 
auch müsste man wieder mehrere Tage warten, bis das Wasser bis 
zu den tiefsten Wurzeln in den Boden gedrungen ist. 

Wenn aber auch alle diese Hindernisse nicht vorhanden wären, 
so bleibt noch eines, das allein gegen die Bewässerung im Frühjahr 
spricht; es ist dies der Schaden, den das über die Oberfläche fliessende 
Wasser den Weinstöcken selbst zufügt Das Erwachen der Insekten 
fällt zusammen mit dem Wiedererwachen der Vegetation; es ist 
dies die Zeit, wo das Leben der Pflanzen nicht nur einer gewissen 
Wärmemenge bedarf, sondern auch der Einwirkung der Atmosphäre 
auf die Wurzeln. Beraubte man den Weinstock dieser unerlässlichen 
Agentien, so würde man seine Entwickelung erheblich stören. Wenn 
man ferner den sehr ernstlichen Schwierigkeiten Rechnung trägt, 
welche eine im Frühjahr angewendete Bewässerung den Kultur- 
arbeiten im Allgemeinen, wie Schnitt, Düngung, Hacken etc., bereitet, 
so muss man derselben im Frühjahr entsagen. 

Im Sommer, zur Zeit der stärksten Vermehrung der Wurzel- 
laus, wo nach der Ansicht aller Versuchsansteller dieselben am 
wenigsten die Bewässerung vertragen kann, könnte letztere in Bezug 
auf Tödtung der Insekten sicheren Erfolg haben; aber sie bietet in 
dieser Jahreszeit nicht geringere Uebelstände als im Frühling. 
Wegen des nöthigen Wassers würde sie nur in Ausnahmefällen zur 
Anwendung kommen können, da viele Gegenden, die im Winter 
Ueberfluss an Wasser haben, dessen im Sommer ganz entbehren. 
Ferner steht fest, dass über weite Flächen verbreitete Wassermassen 
im Winter der öffentlichen Gesundheit nicht schaden, wohl aber im 
Sommer.”) Eine im grossem Massstabe ausgeführte Bewässerung - 


*) Bekanntlich bestreiten unsere Kanalisations- und Rieselfreunde diese trotz- 
dem unbestreitbare Thatsache, um ihre Projekte durchzusetzen Die Red. 


— 45 — 


würde die Bildung wahrer Sümpfe zur Folge haben, die während 
der heissen Jahreszeit gesundheitsschädliche Ausdünstungen bringen. 
Endlich hat die Erfahrung gezeigt, dass in der heissen Jahreszeit 
der Weinstock nicht ohne Nachtheil dem Einflusse des Wassers längere 
Zeit ausgesetzt werden darf, dass er selbstdurch eine für die Tödtung der 
Wurzellaus noch ungenügende Bewässerung getödtet werden würde. 

Es bleiben demnach für die Anwendung der Bewässerung nur 
der Herbst und Winter übrig. 

UI. R. Rejou über die Anwendung der Tabaksblätter 
segen die Wurzellaus. 

Rejou giebt an, dass die Versuche, welche er angestellt hat, 
die Wirksamkeit eines Verfahrens bewiesen haben, welches darin be- 
steht, grüne oder trockene Tabaksblätter am Fusse der Weinstöcke 
einzugraben: die in der Nähe der Wurzeln erfolgende Zersetzung 
derselben erzeugt nach seiner Ansicht einen, Giftstoft, welcher die 
Wurzellaus schnell tödtet. Es ist nur zu bemerken, dass dies Ver- 
fahren im Grossen kaum auf wirthschaftliche Weise angewendet 
werden kann. C. FE. 


Rheum oflieinale. 
Mitgetheilt von Prof. Flückinger. 


Es ist bekannt, dass die Bemühungen der russischen Botaniker 
um die Stammpflanze des echten Rhabarbers erfolglos geblieben sind 
In neuerer Zeit gelang es dem apostolischen Vikar in Tibet, Mon- 
seigneur Chauveau, sich einige dieser Pfllanzen zu verschaffen, 
welche er eben an den Garten der Societe d’acelimatation in Paris 
abzusenden im Begriffe war, als die Gegend, die er bewohnte, auch 
von den in China nicht aufhörenden politischen Wirren heimgesucht 
wurde. Hierbei wurden die Rhabarberpflanzen des Mgr. Chauveau 
von den Chinesen zerstört”). 

Im Jahr 1867 glückte es Herrn Dabry, in die tibetanischen 


Berge gegen 40 ° N. Br. vorzudringen, in denen der Rhabarber 


*) So berichtet Eugene Collin: des Rhubarbes, These de l’Ecole sup£rieure. 
de Pharmacie de Paris, 1871, pag. 17. Das von denselben zitirte Bulletin de 
la Societe zoologique d’acclimatation 1863, pag. 230, steht uns nicht zu Gebote. 


— 454 — 


wächst, wenigstens wird dies ausdrücklich von Collin*) angegeben, 
während Baillon im Gegentheil andeutet, Dabry**) sei auf nicht 
bekannte Weise, vermuthlich durch Chinesen, in den Besitz seiner 
Wurzeln gelangt. 

Diese erreichten Paris in einem sehr üblen Zustande, aber Dr. 
J.L.Soubeiran, der Sekretär der Soeiete d’acelimatation, trug Sorge, 
die fast ganz verfaulten Wurzeln einem geschiekten Gärtner, Neu- 
mann, zu übergeben, welcher ein Paar der Fäulniss entgangene 
Knospen aus der Masse herauszulesen verstand. Eine der hieraus 
erzogenen Pflanzen blühte im Garten des Hrn. Giraudeau im Thale 
von Montmoreney, eine zweite entwickelte sich glücklich im Garten 
der medizinischen Fakultät in Paris. 

Die reichliche Knospenbildung gehört zu den Eigenthümlich- 
keiten dieser Art und erleichtert ihre Vermehrung in hohen Grade. 
So gedeiht sie jetzt in sehr kräftigen Exemplaren, welche aus dem 
genannten Pariser Garten stammen, in Kew und im Garten von D. 
Hanbury in London. Nach einem Besuche, den ich voriges Jahr 
mit dem letzteren bei Mr. Rufus Usher, dem Besitzer der grossen 
Rhabarberpflanzungen in Boicot bei Banbury, Oxferdshire, machte, 
wurde auch diesem eine junge Pflanze geschickt, um ihre Kultur in 
Angriff zu nehmen. Seit einigen Wochen besitzt ferner der Garten 
des pharmazeutischen Instituts der Universität Strassburg, durch 
Hanbury’s Güte, gleichfalls ein lebendes Exemplar. 

Baillon giebt in der Adansonia, Bd. X, p. 246 eine Beschrei- 
bung des blühenden Stockes und benennt diese Spezies Rh. offieinale. 
Unter ihren Charakteren ist die Form der wie die ganze Pflanze sehr 
gross werdenden Blätter besonders hervorzuheben. Sie sind kurz- 
fünflappig mit ungleich eingeschnittenem Rande der Lappen, der 
Endlappen nicht länger als die seitliehen, die Unterfläche weisslich- 
einhaarig; der Blattstiel aus etwas abgeflachter Basis fast zylindrisch, 
oben nicht gefurcht. (Bot. Zeitung.) 


*) Auszug aus den Verhandlungen der französichen Societe pour l’avancement 
des sciences, section de Botanique, im Bulletin des travaux de la Societe de 
Pharmacie de Bordeaux 1871. p 179. 

**) In dem eben angeführten Auszuge Dahy geschrieben; in Andansonia X, 
247 Dabry, wie oben. 


— 455 — 


Die Feinde der Rosenkultur. 


IM. 

Aderflügler. Unter den Adlerflüglern müssen besonders die 
Blattwespen (Tenthredonidae) als der Rosenkultur sehr schädlich her- 
vorgehoben werden. Es giebt einige Blattwespen, welche sogar nur 
auf Rosen leben, wie z. B. die Rosenblattwespe (Hylotoma rosarum). 
Diese Art ist 3—4 Linien lang, gelb mit schwarzem Kopfe, 
Fühlern, Rücken, Brust, Vorderrand der Vorderflügel und Spitzen 
und Schienen der Tarsenglieder Das Weibchen schneidet vermittelst 
des sägeförmig gezähnten Legestachels, der übrigens in der Ruhe 
wie die Klinge eines Taschenmessers eingeklappt ist, die Rosenblätter 
an und legt in die Schnitte seine Eier in der Zahl von 30—50. 
Letztere werden schon nach wenigen Tagen von der Larve verlassen. 
Welcher Rosenzüchter kennte sie wohl nicht, die sogenannte grüne 
Rosenraupe mit dem dunklen Rückenstreifen, dem gelben, kugelrun- 
den Kopfe, wie sie während ihrer Mittagsruhe, der Verdauung ob- 
liegend, ringförmig in sich zusammengekauert, an der Unterseite der 
Blätter hängt, den hinteren Theil ihres Leibes in die Höhe hebt, 
und so dem Auge des Unkundigen lange verborgen bleibt? 

Diese Larve, wie schon erwähnt, häufig für eine Raupe gehalten. 
hat eine ebenso interessante als verderbliche Frassmethode. Sie 
frisst nämlich die Blätter vom Rande ab tief buchtig ein und lässt 
nur die Mittelrippe mit der Basis der Seitenrippen stehen. Ich 
habe beobachtet, dass eine halberwachsene Larve an einem Vor- 
mittage drei wohlgebildete Blätter in der angegebenen Weise ver- 
zehrte, und da mit dem Wachsthum auch der Appetit dieser Thiere 
proportional zunimmt, die Lebensdauer auch wohl einen Monat be- 
tragen mag, so ist es leicht möglich, dass eine Brut von vierzig 
dieser Rosenfeinde ein Rosenbeet derartig seines Blätterschmuckes 
entkleidet, dass die Rosenstöcke eher kahlen Besenreisern als einer 
lebenden Pllanze ähneln. In dem Garten meiner Eltern wird all- 
herbstlich, namentlich einigen Malmaisons übel mitgespielt, und so 
sehr ich mir Mühe gebe, diese Thiere fern zu halten, gelingt mir 
dies doch nur theilweise, da in der Flugzeit sich täglich Dutzende 
von Weibchen zum Eierlegen auf den Pflanzen niederlassen. Neben 
dem Zerquetschen der Larven ist es sehr empfehlenswerth (für den 


— 456 — 


Gartenliebhaber), seine Rosen auf untergebreitete, weisse Tücher ab- 
zuschütteln und so die Larve zu sammeln. Wenn man sie zerquetschen 
will, so suche man sie nicht während sie fressen, da sie alsdann sehr 
schwer zu erkennen sind, sondern vielmehr in den Mittagstunden, 
wo man sie meistens auf der Unterseite der Blätter zusammenge- 
ringelt sitzend findet. Niemals suche man sie direkt an entblätterten 
Spitzen. Hat die Larve von oben herab vier Blätter verzehrt, so 
wird man selten vergebens arbeiten, wenn man das fünfte oder sechste 
Blatt umwendet. Der eifrigste Verfolger, der zärtlichste Rosenlieb- 
haber wird aber wenig gegen dieses schädliche Insekt vermögen, denn 
in den meisten Fällen ist es die reine Sisyphus-Arbeit, die Rosen- 
blattwespe vertilgen zu wollen. 

Ein zweiter Aderflügler, die gegürtelte Blattwespe, (Emphytus 
einetus) wird ebenso häufig den Rosen schädlich, freilich auf eine 
ganz andere Art, als ihre Vorgängerin, Das vollkommene Insekt 
ist schwarz, der fünfte Ring des Hinterleibes trägt eine weisse Binde, 
wodurch die Blattwespe leicht kenntlich ist. Die Grösse ist ungefähr 
die der Hylotoma rosarum, also 3'|, Linien. Das Weibchen legt seine 
Eichen in die zarten Spitzen der Stengel. Die ausschlüpfende Larve 
nährt sich nur vom Mark und bohrt sich mit zunehmender Grösse 
immer tiefer in den Stengel hinein und verwandelt sich, erwachsen, 
in den Zweigen in eine Tönnchenpuppe, besonders gerne da, wo 
von dem Zweige ein Nebenspross sich abzweigt. Das einzige Mittel 
gegen dieses Insekt besteht darin, dass man die braunen, absterben 
den oder schon abgestorbenen Zweige so tief ausschneidet, bis man 
die Puppe findet. Wenn man nicht alle faulenden (also braunen) 
Partikelchen sorgfältig entfernt, frisst die Fäulniss weiter. 

Nach M£rat lebt die Larve einer dritten Blattwespe (Tenthredo 
excavator) ebenfalls in den Stengeln der Rosen, erzeugt hier blasige 
Auftreibungen und muss in diesen mit den Fingern zerdrückt werden, 
da im anderen Falle ein Absterben des Stengels oder selbst der 
ganzen Pflanze erfolgen soll. 

Eine schwarze Larve, welche sonst die Gestalt der Hylotoma 
rosarum hat, und die im Jahre 1853 die Raps- und Rübenfelder um 
Zürich vollständig vernichtete, kommt ebenfalls zuweilen auf Rosen 
vor und wird alsdann ebenso schädlich, wie die der Rosenblattwespe. 
Ich fand sie noch in diesem Jahre auf Rosen. Es macht wenig 


— 417 — 


Mühe sie einzusammeln, da sie durch ihre dunkle Färbung leicht 
ins Auge fallen. Das vollkommene Insekt ist röthlich gelb, Fühler, 
Hinterrücken des Thorax, die Spitzen und Schienen der Tarsenglieder 
sind schwarz. Das Thier ist alljährlich in der Rheinprovinz auf 
Rübenfeldern häufig und findet sich auch regelmässig auf Rosen ein. 
Es ist die Athalia spinarum Fabr. 

Der Fünfte im Bunde ist eine Blattwespe (Cladius difformis), 
welche zngleich mit der Rosenblattwespe auftritt. Auch die grünen 
Larven dieser Art findet man auf der Unterseite der Blätter und 
wendet gegen sie dieselben Mittel an. 

Im Allgemeinen schaden die fünf hier aufgeführten Aderflügler 
weniger als die früher zitirten Käfer und Raupen, indessen ist ihre 
Sehädlichkeit doch eine merkliche, die der Hylotoma rosarum sogar 
eine recht empfindliche zu nennen. Den Aderflüglern gegenüber 
steht der Rosenliebhaber und noch mehr der Rosenzüchter so ziem- 
lich hülflos da, weil selbst die peinlichste Sorgfalt diese winzigen 
Zerstörer nicht fernzuhalten oder auszurotten vermag. Diese Leiden 
sind aber Nichts im Vergleich mit denjenigen, welche dem Rosen- 
züchter die Blattläuse verursachen. Ob und inwiefern gegen letztere 
ein wirksames Palliativ existirt,. werden wir aus dem Schlussartikel 
ersehen. 

Linderhöhe b. Köln. Dr. Kalender. 

Berichtigung zu Nr. Il. Es muss daselbst heissen: Die Raupen der 


Liparis chrysorrhoea verlassen schon häufig ihr Nest zu Ende März, statt: zu 
Ende Mai. 


Die springenden Samen aus Mexiko. 


Von 
Prof. Dr. F. Buchenau.”) 


In der Ausstellung des Bremer Gartenbauvereins vom September 
1871 erregte ein Teller voll lebhaft sich bewegender „springender 
Bohnen“ ausMexiko die allgemeine Aufmerksamkeit in ganz besonderem 
Masse. Die Samen waren von Herrn Hugo Martens überbracht 


*) Aus den „Abhandlungen, herausgegeben vom Naturw. Verein zu Bremen“ 
III. Bd. 3. Heft. 


30 


— 458 — 


worden, der bereits seit Mitte Juni mit ihnen unterwegs war und 
die Reise über San Francisco und die Paeific-Eisenbahn gemacht 
hatte. Von ihm erfuhr ich folgendes Nähere über die Abstammung 
der Samen. Sie stammen aus einer heissen Gegend in der Nähe von 
Alamos im Staate Sonora und gehören einem grossen Baume von 
ulmenartigem Ansehen an. Die Samen werden dort brincadores ge- 
nannt; sie sind in dem einen Jahre häufig, im andern selten. Die 
überbrachten hatten sich während der ganzen Reise immer sehr stark 
bewegt, sobald sie auf einen flachen Gegenstand gelegt wurden; auf 
einer gewärmten Unterlage oder im direkten Sonnenlichte nahm die 
Intensität ihrer Bewegungen überraschend zu. 

Die fraglichen Samen wurden mir zum Theil zur Untersuchung 
übergeben; ein grosser Theil wurde aber über Deutschland verbreitet, 
und so ist das Phänomen gewiss vielerwärts beobachtet worden. Es 
scheint dies aber auch das erste Mal gewesen zu sein, dass die 
Samen nach Deutschland kamen (wenigstens wusste der Entomologe 
Hr. Dr. Gerstäcker in Berlin mir Nichts darüber in der deutschen 
Literatur nachzuweisen, während er mir die englischen und franzö- 
sischen Zitate freundlichst übermittelte), und dürfte es deshalb von 
einigem Interesse sein, hier einige Beobachtungen über sie mitzutheilen.*) 

Vorher schicke ich einige Notizen über die Angaben, welche 
ich in der französischen und englischen Literatur aufzu@nden vermochte. 

Das erste Bekanntwerden der „springenden Samen“ in Europa 
scheint in das Jahr 1857 zurück zu datiren. Die Transaktions of 
the entomolog. society of London 1856-58, new ser., IV, Proceed. 
pag. 90 enthalten ein Schreiben des Hrn. W. G. Lettsom von der 
englischen Gesandtschaft in Mexiko, datirt vom 2. September 18-7, 
ıit welchem derselbe eine Büchse voll frischer Samen aus der 
Nachbarschaft von Tassic einsendet, wobei er schon ihre Reizbarkeit 
gegen die Wärme erwähnt und um Bestimmung des Insekts bittet. 
Diese erfolgt dann im folgenden Bande des eben zitirten Journales 
durch Westwood (1858, V, Proceed. pag. 27), dahin, dass das Thier 
zu Carpocapsa, einer Gattung der Platiomyden (Familie der Wickler, 
Tortrieina) gehört, und noch in demselben Jahre veröffentlichte 


*) Aehnliche Erscheinungen sind übrigens nach Gerstäcker auch schon 
an den Gallen einer Cynips und nach Lucas an den von Larven von Nanodes 
Tamarisei bewohnten Samen einer Tamarix bekannt. 


— 459 ° — 


Lucas in den Annales de la soe. entomologique de France, 1858 
3. serie, VI, pag, 19, 33, 41 (Bulletin); 1859, VII, pag. 561 fi. 
eine Beschreibung und Abbildung des Thieres, sowie eine ausführliche 
Erörterung des ganzen Vorganges; ausserdem zitirt Dr. Gerstäcker 
noch Revue et magasia de Zoologie, 2. serie, X, p. 171, 470, welche 
Stelle ich aber nicht vergleichen konnte. 
Westwood giebt folgende Beschreibung des Thieres: 
Carpocapsa saltitans Westw. (Deshaisiana Lue.). 

C. Alis antieis griseo-albis einereo rivulosis; costa lineolis eireriter 
16 obliquis alternatim tenuibus, angulo apicali nigricanti plagae parva 
ovali albida; margine postico prope basin macula prava quadrata 
Nigrieanti, plagaque postica magna conica einerea, nigro lineata et 
marginata, margine apicali griseo-plumbeo- et albo-variegata serie 
dupliei punetorum minutorum nigrorum, alis postieis fuseis, capite 
et collari brunnescentibus, palpis extus fuseis, intus albidis. Expansio 
alarum antie. lin. 9. 

Hab. Larva in seminibus plantae peruvianae (?B.) Calliguaja 
dietae, quae mota saltatorio mire progrediuntur. — 

Die „springenden Bohnen“ sind, wie der Augenschein lehrt, 
die Samen einer baumartigen Euphorbiacee. Sie haben die für diese 
Familie charakteristiscke Gestalt, nämlich zwei ebene, unter 120° 
geneigte Flächen und eine gewölbte Rückenfläche, die in der Mitte 
einen gerundeten Kiel besitzt; bekanntlıch rührt diese Form daher, 
dass drei Samen in einer Frucht vereinigt sind. Das Gewicht des 
grössteu Samens betrug 0,10 Grm., das des kleinsten 0,07; die 
Länge des grössten an der inneren Kante 11 "=, die quere Breite 
12 wm, die Länge des kleinsten an der innern Kante 8 "”, die quere 
Breite 9 "nm, Die Farbe der Bohne ist ein wenig hervortretendes Gelb- 
grau. Auf der innern Seite des Samens findet sich eine in querer Rich- 
tung breitere, glatte, gelbe Stelle von 4- 5 ®" Breite bei 2 -2?,mm 
Länge. Sie entspricht der Chalaza (der Befestigungsstelle) des Sa- 
mens; sie schiebt sich unter die beiden Spitzen im obern innern 
Winkel des Samens, mit denen der Samen offenbar an der Mittel- 
säule befestigt war; sie ist ein Theil des Gespinntes, mit dem die 
in dem Samen enthaltene Raupe nach dem Ausfressen des Kernes 
die ganze innere Oberflüche des Samens bekleidet hat und tritt nur 
hier, wo die eigentliche Samenschale fehlt, zu Tage, indem sie fast 

30* 


-—- 460 — 


vollständig in der Ebene der beiden Flächen liegt und sich ihnen als 
eine Scheinfortsetzung anschmiegt. 

Oeffnet man einen Samen, so findet man seine ganze Innen- 
seite von diesem gelben glatten Gespinnste austapeziert; ausser der 
ungemein kontraktilen Raupe (welchei m gewöhnlichen Zustande 8” 
lang und ziemlich 3 breit, aber nicht ganz so diek ist) ist der 
innere Raum ganz leer, und die Raupe füllt ihn bei weitem nicht 
aus. Die Raupe ist weisslich-gelb gefärbt mit hornartigem Kopfe, 
3 Ringen mit spitzen Beinen, dann 2 leeren Körperringen, 4 Ringen 
mit warzenförmigen Beinen mit einem Kranze von Haken, 2 leeren 
Körperringen und endlich zwei Nachschiebern mit Hakenkranz am 
Ende des Körpers; sie hat zwei sehr grosse seitliche Augen, aber” 
keine Nebenaugen; aus der Mitte des Körpers schimmert deutlich 
ein mit schwärzlicher Masse erfüllter Nahrungskanal hervor. Die 
Raupe spinnt verletzte Stellen ihres Kokons sehr schnell wieder zu; 
ja sie ist so lebhaft dabei, dass eine, welche ich mit den beiden 
ganz getrennten Hälften der Schale (und noch in einer derselben . 
liegend) in ein Proberöhrchen geschoben hatte, schon am andern 
Morgen nicht allein die beiden Hälften der Schale an der Stelle, 
wo sie sich berührten, an einander geheftet, sondern auch ihre Fäden 
überall an die Glaswände befestigt hatte; nach wenigen Tagen hatte 
sie wieder eine vollstädige Hülle um sich fertig gebracht. 

Die Bewegungen der Bohnen sind ziemlich verschiedener Art; 
liegen sie auf einer der flachen Seiten, so legen sie sich leicht auf 
die andere flache Seite um, was also eine Art von Wackeln ist. 
Schwieriger ist es schon für sie, sich über die Seitenkante zu 
werfen, so also, dass sie auf die gewölbte kückenfläche zu liegen 
kommen oder umgekehrt, wenn sie auf dieser liegen, sich herum, 
also auf eine der flachen Bauchseiten zu werfen (da die Rückenfläche 
aus zwei gewölbten, durch einen runden Kiel verbundenen Flächen 
besteht, so liegen die Bohnen natürlich nie auf diesem Kiel, sondern 
auf einer dieser Flächen, daher also stets schief). So legte ich am 
Abend eines Tages im Oktober 1871 alle meine Samen auf den 
Rücken, aber, obwohl sie sich sehr lebhaft bewegten, gelang es erst 
nach 30 Minuten einer Bohne, sich herumzuschnellen; hierbei lagen 
sie auf einem glatten Teller. Leichter wird es ihnen, wenn man 
sie auf die Erdoberfläche eines Blumentopfes legt; dann gelang 


— 41 — 


es oft alle 2—3 Minuten einem Samen, sich herumzuwerfen. 
Zum Zwecke dieses Herumwerfens müssen sie sich natürlich auch 
in die Höhe schnellen, und dies ist die zweite Art der Bewegung. 
Die Samen hüpfen oft mehrere Millimeter hoch; ja einmal gelang es 
einem derselben, auf den Rand eines flachen Tellers (eines gewöhn- 
lichen Desserttellers) hinaufzuhüpfen, von dem sie freilich wegen 
Mangels eines genügenden Haltes sogleich wieder hinabfiel. Eine 
dritte Art der Bewegung ist das Forthüpfen. In raschen, kleinen 
Sprüngen bewegt sich die Rohne oft über den ganzen vorhandenen 
Raum hin; ich beobachtete wiederholt Sprünge von 5 ""® Länge. Die 
Bewegung geschieht, zwar hauptsächlich in der Richtung der Längs- 
achse der Bohne, doch dabei immer um einen kleinen Winkel von 
der Richtung des vorigen Sprunges abweichend, so dass die Bahn 
im Ganzen die Form eines elliptischen oder Kreisbogens hat. Lucas 
beobachtete sogar auch ein kurzes Sichaufrichten der Bohne auf das 
eine Ende, wobei die Larve durch eine Anzahl kurzer, rasch auf- 
einander folgender Stösse das Gleichgewicht erhielt. 

Nimmt man eine Bohne, welche sich lebhaft hewegt, zwischen 
die Finger, so fühlt man an ihr ein äusserst energisches Pochen, als 
wenn im Innern eine stark gespannte Stahlfeder losschnellte. Oft 
folgen 18--20 Schläge in rascher Folge auf einander und dann tritt 
eine Ruhepause von beliehiger Dauer ein. Ist das Thier in mässig 
rascher Bewegung, so beträgt die Anzahl der Schläge etwa 15—16 
in der Minute, doch sah ich sie auch bis auf 2 in der Sekunde 
steigen, wo dann die Bewegung in ein förmliches Pochen überging. 

Lucas benutzte das starke Spinnbestreben der Raupe zur Be- 
obachtung ihrer Bewegung. Er schnitt mit dem Messer 2 gegen- 
überstehende Längsstreifen der Bohne ab, wartete bis die Raupe die 
entstandene Oeffnung dünn zugesponnen hatte und hielt die Bohnen 
dann vor ein Lieht. So konnte er die Mechanik des ganzen Vor- 
ganges studiren und beobachtete (1. e. VIII, p. 561), dass die Larve 
sich mit den Bauchfüssen in das Gewebe stüzt, die Brustfüsse und 
ersten Bauchfüsse loslässt und sich dann gewaltsam ausschnelit, so 
dass der gegen die Waod anschlagende Kopf die Bohne zur Bewe- 
gung bringt; sie steigt aber auch im dem Samen umher und bewirkt 
die verschiedenen Bewegungen, indem sie sich an verschiedene Stel- 
len der Wand stützt. 


— 462 — 


Auffallend ist namentlich die ganz enorme Kraftentwickung der 
Raupe. Schon im Juni hatte sie die lebhaftesten Bewegungen ge- 
gezeigt, und dies dauerte unvermindert fort bis zum nächsten April, 
während doch bereits im Juni absolut keine Nahrung mehr in der 
Bohne vorhanden war. — Noch Ende März bewegten sich die Maden 
auf das lebhafteste, aber im Laufe des Aprils verpuppten sie sich; 
dies that selbst die seit dem Oktober v. J. in einem Glasröhrehen 
aufbewahrte, aus ihrer Bohne genommene Raupe. Im Laufe des 
Mai und Juni krochen die Schmetterlinge aus; sie thaten dies, indem 
sie einen zirkelrunden Deckel aufstiessen, den die Raupe vor ihrer 
Verpuppung mit ihren Oberkiefern aus der Schale des Samens heraus- 
gebissen hatte. Dieser Deckel liegt am oberen (vielleicht aber auch 
zuweilen am unteren Ende) des Samens. Beim Auskriechen drückt 
die Puppe durch gewaltsame Bewegung den Deckel von ivunen auf 
und presst sich in die entstandene Oeffnung hinein, so dass hernach 
ein Theil der Puppenhaut aus der Oeffnung hervorragt. 

Der Schmetterling selbst ist ein etwa 1°” langes, grauge- 
wölktes Thier aus der Famile der Pladiomyden. Lucas beobach- 
tete (um das hier einzuschalten) in der Raupe sogar eine Schlupf- 
wespe. | 

Den Baum, von welchem die springenden Bohnen stammen, 
haben die bisherigen Beobachter nicht bestimmen können; doch ist 
Hoffnung vorhanden, dass er bald bekannt wird, da Herr Hugo 
Martens versprochen hat, getrocknete Blüthenzweige desselben nach 
Europa zu schicken. 


Nochmals der Honigthau. 


Eine weitere Bestätigung für meine früher ausgesprochene Ansicht, 
dass der Honigthau nicht Exkrement der Blattläuse sei, findet sich in 
„Ihe Gardener’s Chroniele*. Mr. Henry Doubleday theilt nämlich 
in Folgendem einige weitere Belege zu der bis jetzt noch nicht ganz 
entschiedenen Streitfrage mit. 

Beinahe vor einem Jahrhundert verlas Abbe Bossier de 
Sauvage vor der Societe des Sciences in- Montpellier ein Memoire 
betrefis des Honigsthanes, aus welchem folgende Stelle besonders her- 
vorzuheben ist: 


— 463 ° — 


„Zufällig wurde mir die Gelegenheit zu Theil, diesen Saft in seiner 
primitiven Form auf der Stech- oder immergrünen Eiche in Ilex Aqui- 
folium L., zu entdecken. Die Blätter dieser Pflanze waren mit Tröpfchen 
oder Kügelchen bedeckt, welche, ohne sichzuberühren, die Poren, aus 
welchen sie geflossen, anzudeuten schienen. Mein Geschmack belehrte 
mich, dass sie süss wie Honig waren. Der Honigthau auf einer in 
der Nähe stehenden Bromberranke ähnelte dem hier erwähnten nicht 
im mindesten, da die Tropfen, sei es durch die Feuchtigkeit der 
Luft, sei es durch die Hitze, welche sie so weit ausdehnte, zu- 
sammengelaufen waren. Im letztereu Zustande sehen wir meistens 
den Honigthau. — Die zweite Art von Honigthau verdankt ihren 
Ursprung kleinen Insekten, welche Weinfresser genannt werden 
(Aphidae). Die Exkremente, welche mit einer gewissen Gewalt von 
diesen Insekten ejicirt werden, bilden den kostbarsten Honig, welchen 
man nur in der ganzen Natur finden kann. Während ich sie be- 
trachtete, bemerkte ich, dass sie von Zeit zu Zeit ihr Hintertheil 
in die Höhe hoben, an dessen Spitze alsdann ein Tröpfehen von 
bernsteingelber Farbe erschien, welches sie alsdann sogleich einige 
Zoll weit fortschleuderten. Die also ausgespritzten Tropfen fallen, 
wenn sie nicht von den Blättern aufgefangen werden, zu Boden, und 
die Flecken, welche sie auf Steinen machen, bleiben längere Zeit, 
selbst wenn die Steine vom Regen abgewaschen werd ‚n.“ 

Ich glaube, dass die Angaben des Abbe richtig sind; um so 
mehr, als ich die Blätter der verschiedenartigsten Bäume mit Honig- 
thau bedeckt fand, ohne eine Spur von Blattläusen entdeeken zu 
können. Vor einigen Jahren waren die Blätter der Stachel- und 
Johannisbeerbüsche in meinem Garten mit Honigthau bedeckt und 
sahen aus, als wenn sie gefirnisst wären; ich konnte aber keine 
einzige Blattlaus finden, und ‚die Sträucher waren auch nicht von 
Bäumen überschattet. Schwärme von Bienen und Fliegen wurden 
während des Tages, Motten und Nachtfalter zur Nachtzeit von diesem 
Honigthau angelockt. Zugleich waren die Eichen im Angar Park 
und in Park Hall in ähnlicher Weise mit dem 'Thau bedeckt, aber 
man konnte keine Blattläuse auf ihnen finden. Ich bin fest über- 
zeugt, dass dieser Honigthau eine Ausschwilzung der Blätter ist. 
Wenn Insekten ihn produziren, wie erklärt dann Herr Thompson 
(ein Gegner der Ansicht, dass der Honigthau ein Exsudat der Blätter 


— A644 9 — 


sei) sein plötzliches Erscheinen? Blätter, welche Abends ganz rein 
waren, wurden am anderen Morgen dick mit Honigthau belegt ge- 
funden. Gewöhnlich ereignete sich dies, wenn die Temperaturwechsel 
gross und plötzlich waren — heisse Tage und kalte Nächte. 

Soweit die Ansicht des Mr. Doubleday. Man sieht, dass sie 
mit der von mir früher in dieser Monatsschrift geäusserten voll- 
ständig übereinstimmt. Die Gründe sind so schlagende, die Beweis- 
führung eine so unwiderlegbare, dass es ein eben so unnützes als 
thörrichtes Unternehmen ist, die Bildung des Honigthau’s lediglich 
den Blattläusen zuschreiben zu wollen. 

Linderhöhe b. Cöln. Dr. Kalender. 


Journalschau und Vermischtes. 


— Ein Gartenfreund hat durch Zufall ein Mittel gegen die 
Blutlaus welche unseren Obstpflanzungen so empfindlichen Schaden 
zufügt, gefunden und erklärt, dass dasselbe sich in seinem Garten 
seit 2 Jahren durchaus bewährt babe. Derselbe benutzte nämlich, 
um die Blutlaus abzureiben, die Blätter eines Weinstocks, der zu- 
fällig in der Nähe stand. Als er beobachtete, dass an den so be- 
handelten Zweigen die Blutlaus nicht wiederkehrte, wandte er das 
Verfahren weiter an und hat dadurch seinen Garten von jener Plage 
befreit. Weitere Versuche in dieser Richtung dürften sich schon 
um deswillen empfehlen, da das vorgeschlagene Mittel im Gegensatz 
zu so vielen anderen jedenfalls ein für die Bäume unschädliches ist. 

— Ein praktischer Gärtner hat verdünnte Karbolsäure ange- 
wandt, um die Kohlschmetterlinge abzuhalten, ihre Eier auf die 
Kohlpflanzen zu legen. Auf eine Giesskanne Wasser nahm derselbe 
einige Löffel voll Karbolsäure und besprengte mit diesem Wasser 
einen Theil seines Kohlfeldes, welches Verfahren er in Zwischen- 
räumen von einigen Tagen wiederholte. Den so behandelten Theil 
des Feldes vermieden die Schmetterlinge, während sie auf den nicht 
besprengten Kohlpflanzen sich fleissig einfanden 

— Die Wurzellaus, Phylloxera vastatrix, auf Obst- 
bäumen. Schon früher haben fransösische Beobachter behauptet, 


od 


dass die Wurzellaus auch auf den Wurzeln von Obstbäumen vor. 
komme und letztere krank mache. Vor einiger Zeit gelangten 
durch den Herrn Mack an das oenochenische Laboratorium zu Karls- 
ruhe Stückchen einer Birnbaumwurzel aus dem südlichen Frankreich, 
auf welchen durch Dr. Blankenhorn, CGerletti, Mack und Dr 
Moritz die Anwesenheit zahlreicher Exemplare der Phylloxera 
vastatrix konstatirt, die französische Beobachtung also bestätigt 
wurde. Die zweifellose Konstatirung dieser Thatsachen ist um so 
wiehtiger, als sie darthut, dass das gefährliche Insekt nicht nur dureh 
Reben, sondern auch durch Obstbäume eingeführt werden kann, dass 
daher eine Ausdehnung des Einfuhrverbots auf Reben vergl. Ann. 
der Landw. 1873 Nr. 15), auf die Einfuhr von Obstbäumen als 
geboten erscheint. 

— Die Firma Martin Grashof in Quedlinburg hatte auf der 
vorjährigen Ausstellung unseres Vereins eine Rhodanthe Manglesii 
fl. pleno, Fürst Bismark, ausgestellt, welche die Aufmerksamkeit 
der Besucher erregte. Dieselbe kommt für die nächste Saison in 
den Handel. Sie soll sich nach den Züchtern sowohl zur Topfkultur 
als Marktpflanze eignen, als auch namentlich zur Herstellung von 
Bouquets aus getrockneten Blumen. Der Habitus soll kompakter 
sein als der der nicht gefüllten Rhodanthe, der Samen in Bezug 
auf Gefülltheit ein ähnliches Resultat liefern als Portulaca grandi- 
flora fl. pleno. Die Blüthenfarbe ist bekanntlich rosenroth. 

— In der „Ackerbau-Zeitung‘“ wird von @. A. Kaselow in 
Stettin mitgetheilt, dass es ihm gelungen sei, Aucuba japonieca 
statt durch Stecklinge durch Blätter zu vermehren, was sich sehr 
leicht und ohne Schwierigkeiten ausführen lasse, wenn man den 
Blattstiel in mit Sand vermischte Lauberde stecke. C. FE. 


— Die Angelegenheit der Pkylloxera vastatrix hat in jüngster 
Zeit im hohem Grade an drohender Bedeutung zugenommen, seitdem 
sich herausgestellt hat, dass nicht allein die Rebe, sondern auch mehrere 
Obstbäume von diesem verderblichen Feinde heimgesucht werden. 

Unter solehen Umständen, dürfte es von besonderem Interesse 
für die Leser unserer Zeitschrift sein, über ein Verfahren zur Ver- 
nichtung dieses Feindes Näheres zu erfahren, welches von ganz über- 
raschendem Erfolge gekrönt zu sein scheint. 


z 46 = 


In einem längeren Artikel, den das Journal d’Agrieulture pratique 
in seinem August-Hefte bringt, berichtet der Vize-Präsident des land- 
wirthschaftlichen Vereins für das Herault-Departement, Herr Gustav 
Bazille, aus eigener Anschauung über die Resultate, welche ein von 
den Herren Monestier, Lautaud und d’Ortomon gegen die Ver- 
wüstungen der Phylloxera zur Anwendung gebrachtes Verfahren her- 
ausgestellt hat, und lässt diesem Berichte eine Beschreibung des 
Verfahrens selbst folgen. 

Wir sind der Ansicht, dass man derartige Mittheilungen nicht 
mit all’ zu sanguinischen Hoffnungen aufnehmen darf, glauben aber 
immerhin, dass sie in das Bereich unserer Versuche gezogen werden 
müssen, da ja im Falle des günstigen Ausfalles nicht allein dem so 
verheerenden Uebel abgeholfen wäre, sondern vielleicht anch noch 
das Mittel angewiesen sein könnte, auch anderen dem Thierreiche ent- 
stammenden Feinden des Gärtners in nachdrücklicher Weise den 
Krieg zu erklären. 

Der Verfasser des Berichts selbst geht von der Ansicht aus, 
dass es unrecht sein würde, bei den Winzern falsche Hoffnungen 
aufkommen zu lassen, er ist aber ganz entschieden der Ansicht, dass 
dennoch das in Rede stehende Verfahren ein sehr entschiedener 
Fortschritt im Kampfe gegen den so zerstörend auftretenden 
Feind sei. 

Seit mehreren Monaten, sagt er, hatten die Herren Monestier, 
Lautaud und d’Ortomon zahlreiche Versuche angestellt die Reben 
von ihren grausamen Feinde zu befreien. Vor acht Tagen kamen 
die letzten Herren zu mir, um mir anzukündigen, dass sie endlich 
ihren Zweck erreicht hätten und nur noch zu bitten, den Erfolg in 
Gelleneuve unfern Montpellier in einem Weinberge des Herrn 
Lautaud zu konstatiren. 

Ich beeilte mich, dieser Aufforderung zu entsprechen und hatte 
die Gelegenheit am 3. August in Gegenwart mehrere Personen Fol- 
gendes feststellen zu können: 

Der seit fünf bis sechs Jahren angelegte Weinberg des Herrn 
Lautaud, in gutem Boden gelegen, zeigt mehrere sehr deutlich 
charakterisirte Angriffspunkte, wo die Stöcke bereits gelitten haben; 
indessen sind die Reben in ihrer Gesammtheit noch ganz erträglich. 
Bekanntlich ist ein solcher Zustand des Weinberges gerade der Zeit- 


— 4617 — 


punkt, wo sich die verderblichen Insekten in grösster Anzahl an den 
Wurzeln befinden. Durch eine schnelle, aber aufmerksame Prüfung 
von etwa zwanzig auf’s Gerathewohl herausgerissene Pflanzen konnte 
ich mich von der Gegenwart des Feindes im ganzen Weinberge über- 
zeugen, und ich fand ihn in solcher Anzahl, dass ich nicht einmal 
die LoupezuHülfe zu nehmen brauchte. Einige Wurzeln erschienen voll- 
ständig gelb, sie waren dicht besetzt mit einer Unmasse von Phylloxeren. 

Die Herren Monestier, Lautaud und d’Ortomon machten 
alsdann darauf aufmerksam, dass sich inmitten aller dieser heimge- 
suchten Pflanzen eine Reihe befinde, die seit 10 bis 12 Tagen ihren 
Verfahren gemäss behandelt worden seien, und dass man an diesen 
Pflanzen auch nieht ein einziges Insekt finden werde. 

Es wurde mit besonderer Sorgfalt eine Pflanze aus dieser Reihe 
herausgenommen Der Boden war locker genug, und fast das ganze 
Gewebe konnte unversehrt aufgenommen werden. Die genaueste 
Prüfung liess auch keine Spur von dem Insekt endecken. Wenn 
man mit der Loupe die kleinsten Wurzelfasern bis zu den grössten 
Wurzelästen genau beobachtete, wenn man genau alle Ritzen der 
Oberhaut und die Winkel der Verzweigungen betrachtete, so konnte 
man doch nicht die allergeringste Spur entdecken. Dabei bemerkte 
man indessen, dass eine grosse Menge der Wurzeln augenscheinlich 
von der Phyloxera angegriffen worden war. Ihre bräunliche Farbe, 
ihre vielfach zerrissene Oberhaut liessen darüber nicht den geringsten 
Zweifel zu. Man konnte sich nicht der Ueberzeugung verschliessen, 
diese Reihe von Pflanzen, welche wie alle anderen, den Sommer 
über von der Phylloxera angegriffen worden waren, beherbergten am 
3. August kein einzges dieser Thiere mehr. An verschiedenen 
Theilen des Wurzelstockes, den ich untersuchte, bemerkte ich bereits 
die Entwickelung neuer Würzelchen, was unstreitig auf ein Wieder- 
erwachen der Vegetation der Pflanze hinwies. 

Endlich hatte ich dann vor Augen, was ich seit fünf Jahren oft, 
aber vergeblich, gesucht hatte, nämlich Pflanzen, die durch Anwen- 
dung eines Insekten-Vertilgungsmittels vollständig von der Phyloxera 
befreit worden waren. 

Dies erste Resultat hatte sicherlich eine sehr grosse Bedeu- 
tung. Es war indessen nicht entscheidend, erstlich weil ein einziger 
Versuch nicht genügt, und dann auch, weil ungeachtet der Seltsam- 


— 468 — E 


keit der Thatsache es nicht mathematisch unmöglich war, dass eine 
Reihe der Pflanzen, gerade die, welche beobachtet worden war, in- 
mitten der anderen Reben von der Phyloxera verschont geblieben wäre. 

Es bedurfte mithin eines Gegenversuchs an einer Seite des 
Weinberges, wo ich mich durch wiederholtes Sondiren von der Ge- 
genwart der Phyloxera in sehr grosser Menge überzeugen konnte; ich 
bezeichnete ein Viereck, welches etwa hundert Pflanzen enthielt, und 
liess es durch Pfahle abstecken. Diese hundert Pflanzen wurden am 
Abend des 3. August nach dem System der Herren Monestier, 
Lautaud und d’Ortomon behandelt; gestern, den 10. August, nach 
nur sieben Tagen, prüfte ich die Resultate. Ich liess auf's Ge- 
rathewohl zwölf Pflanzen von den hundert herausreissen. Die Wurzeln 
wurden so viel als möglich in ihrer ganzen Länge geschont. Unge- 
achtet aller von den Arbeitern gehegten Sorgfalt brachen indessen 
einzelne Wurzel ab und blieben in der Erde. 

An elf von diesen Pflanzen konnte ich auch keine einzige 
lebende Phylloxera entdecken. Man sieht im Gegentheil an einigen 
Stellen todte, geschwärzte und gleichsam verkohlte Thiere. Die Be- 
handlung verletzt nicht etwa, wie man es hätte glauben können, 
das Insekt, sie tödtet es an Ort und Stelle, und ehe die Hülle dieses 
kleinen, fast mikroskopischen Wesens in Verwesung übergeht, sieht 
man ganze Gruppen von todten Phylloxeren an den Wurzelästen und 
-Fasern. Das habe ich in Gesellschaft von einigen anwesenden 
Personen deutlich gesehen und beobachtet. Was die zwölfte Pflanze 
betriftt, so war sie, wie am 3. August, dem Tage meines ersten 
Besuchs, mit ganz verschont gebliebenen Phylloxeren bedeckt. War 
hier die Behandlung wirkungslos angewendet worden? Es wird mir 
schwer, das anzunehmen. Es wäre doch zu auffallend, wenn das 
Verfahren bei allen Pflanzen des Vierecks gewirkt hätte und nur 
bei einer einzigen erfolglos geblieben wäre. Persönlich bin ich über- 
zeugt, dass diese Pflanze im Augenblicke der Behandlung übersehen 
worden ist. Das ist sicher verdriesslich, aber es ist erklärlich. Das 
Viereck, welches ieh bezeichnet hatte, liegt an einem vielbetretenen 
Wege, und die Herren, welche selbst die Arbeit verriehteten, unter- 
brachen sie oft beim Herannahen eines zu neugierigen Vorüber- 
gehenden. Dieser bedauerliche Zufall schwächt für mich nicht den 
Werth des Systems. 


— 469 — 


Darf man deshalb behaupten, dass von heute an die Winzer 
sich vollständig von dem sie verfolgenden Feinde befreit glauben 
dürfen? Keineswegs. Es bedarf wiederholter Versuche unter neuen 
Bedingungen, in Boden von verschiedener Art und Zusammensetzung, 
an Pflanzen verschiedenen Alters. Man muss sich versichern, dass 
das Insekten-Vertilgungsmittel in keinem Falle der Rebe schädlich 
ist. Alles das erfordert noch Zeit; es scheint mir indessen sc ziem- 
lich sicher, dass den Winzern heute ein wichtiges Mittel an die 
Hand gegeben ist, ihre Weinberge zu retten. 

Bei dem Systeme, von dem hier die Rede, ist es nicht nöthig, 
die Rflanzen mit Wasser oder irgend einer anderen Flüssigkeit zu 
begiessen, was oft eine Sache der Unmöglichkeit sein dürfte und 
auf alle Fälle grosse Kosten verursachen würde. Ein Arbeiter kann 
leicht den Tag über 300 Pflanzen behandeln, und das Verfahren 
kostet nicht über 12 bis 15 Centimes für jede Rebe. Man kann es 
zu jeder Zeit des Jahres zur Anwendung bringen, weder Dürre 
noch Hitze hindern an einem günstigen Resultate. 

Soweit der Bericht des Herrn Gustav Bazille; nun folgt die 
Beschreibung des von denH.H. Monestier, d’Ortomon und Lautaud 
zur Anwendung gebrachten Verfahrens, welches dieselben anfänglich 
geheim hielten, später aber in uneigennütziger Weise der Oeffent- 
lichkeit übergaben. Sie lautet: 

Bis die H. H Lautaud und d’Ortomon im Stande sein 
werden, dem Publikum eine von ihnen erfundene Maschine zu liefern, 
die dazu bestimmt ist, die Operationen zu erleichtern und zu be- 
schleunigen, muss der Winzer in folgender Weise verfahren: Um jede 
Pflanze macht er drei Löcher, deren Tiefe im allgemeinen 80 Zentimeter 
erreichen, jedoch nach der Art des Erdreichs geändert werden muss. 

Bisher hatten wir diese Löcher mit Hülfe einer eisernen Stange 
gemacht, die man mit dem Hammer in die Erde hineintrieb. Wenn 
das Loch tief genug ist, zieht man die Stange wieder heraus und 
giesst nun durch eine oben mit einem Trichter versehene Röhre auf den 
Boden jeden Loches unterhalb der Wurzeln 50 Gr. Schwefel-Kohlen- 
stoff. Sodann vershliesst man schnell die Oeffnung. Dieser Schwefel- 
Kohlenstoff ist dazu bestimmt, die von Herrn Monestier gefasste 
Idee zu verwirklichen, indem alle unterirdischen Theile der Pflanze 
von unten nach oben von ihm durchdrungen werden. 


— 40 — 


Es wird ohne Unterlass darauf hingearbeitet, eine Reihe von 
Körpern zu entdecken, welche der Sparsamkeit wegen den Schwefel- 
kohlenstoff ersetzen könnten; da aber diese Versuche :noch nicht zum 
Abschluss gekommen und von Sachverständigen geprüft sind, so 
haben wir nur in dieser Beziehung Winke zu geben, damit man 
uns nicht den Vorwurf machen kann, dass wir, nach einem Rechte 
der Priorität haschend, voreilig zu Werk gegangen seien. 


Da sich der Schwefelkohlenstoff in der Erde verflüchtigt, so 
bilden sich sofort Dämpfe desselben, die sich allmälig in dem gan- 
zen Erdreich verbreiten. Das Gas ist nämlich nicht, wie der flüs- 
sige Schwefelkohlenstoff der Rebe schädlich, im Gegentheil scheint 
es die Vegetation anzureizen und zu fördern(?). Wiederholte und ver- 
gleichende Versuche haben uns erlaubt festzustellen, dass 100 gr. 
Schwefelkohlenstoff genügen um das Insekt zu tödten. Man muss 
aber das Begiessen sorgfältig vermeiden, denn dasselbe würde in 
hohem Grade verderblich auf die Wurzeln einwirken. Man kann 
150, 300 und 400 gr. Schwefelkohlenstoff in die Erde bringen, ohne 
dass die Dämpfe den Pflanzen schädlich werden. 


Das sind in der Hauptsache die Anweisungen, welche die Er- 
finder des Insekten-Vertilgungsmittels geben. Es ist nicht zu leug- 
nen, dass man sie nicht ohne Bedenken aufnehmen darf, und nur 
wiederholte Versuche können über den wahren Werth des Verfah- 
rens aufklären. 

Einerseits ist zu bedenken, dass der Schwefelkohlenstoff an und 
für sich, abgesehen von seinem ziemlich hohen Preise, eine gefähr- 
liche und der Gesundheit wenig zuträgliche Substanz ist. Anderer- 
seits dürften die Manipulationen doch ziemlich weitläufig und zeit- 
raubend sein. Bedenklich ist es ferner auch, dass die Erfinder so 
ausdrücklich vor dem Begiessen warnen, welches den Reben sehr 
nachtheilig sein solle. Wenn nun aber Regenwetter einträte, nach- 
dem man soeben die Prozedur vorgenommen hatte? 

Auf jeden Fall ist das Verfahren mit grosser Vorsicht zu hand- 
haben und noch nach recht vielen Seiten hin zu prüfen. — 

J. G. 
— Es geht uns folgendes Schreiben mit der Bitte um Veröffent- 


liehung zu: 


— 4il 


Lyon, den 1. September 1873. 
An den Herrn Redakteur der „Berliner Wochenschrift.“ 
Berlin. 
Geehrter Herr! 

Erlauben Sie mir mich Ihrer Vermittelung zu bedienen, um Ihre 
Leser zu benachrichtigen, dass ich mein Amt als erster Schriftführer 
des Lyoner Gartenbauvereins niedergelegt habe. 

Ich schulde es sowohl mir selbst als auch meinen Freunden der 
Gartenliteratur und der grossen Anzahl Gärtner und Gartenfreunde, 
mit denen ich die Ehre habe, in freundschaftlicher Verbindung zu 
stehen, den Grund anzugeben, welcher mich zur Niederlegung meines 
Amtes veranlasste. 

Eine Meinungsverschiedenheit von geringer Bedeutung nach der 
Ansicht Einiger, aber meines Erachtens von der grössten Wichtig- 
keit hatte sich bei Gelegenheit der Besprechung des Programms der 
nächsten in Lyon stattzufindenden Blumenausstellung erhoben. 

Mit Eifer vertheidigte ich den Grundsatz, dass Keiner um einen 
Preis mit solchen Pflanzen conceurriren könne und dürfe, welche er 
nicht selbst eultivirt habe, ich behauptete und bestehe darauf, dass 
bei einer Coneurrenz die Arbeit allein Belohnung verdient. 

Die Mehrzahl stimmte dieser Meinung nicht bei. — Ich muss 
mich unterwerfen, aber ich protestire öffentlich dagegen und ziehe 
mich zurück, um nicht durch meine Gegenwart eine Sache gut zu 
heissen, welche ich als einen Betrug auf gärtnerischem Gebiete be- 
trachten muss. 

Als erster Schriftführer des Lyoner Gartenbauvereins hoffte ich 
durch meine vielseitigen Verbindungen in Europa und Amerika der 
Gartenkunst nützlich zu sein. — Auch jetzt, nachdem ich mein Amt 
niedergelest, gebe ich diese Hoffnung nicht auf und werde auch in 
der Zukunft als Liebhaber die geringe Energie über die ich bei 
meinem vorgerückten Alter noch zu verfügen habe, dem Dienste der 
Gartenkunst weihen und mit Eifer jedem Rufe, der an mich ergeht, 
Folge leisten. 

Empfangen Sie, verehrter Herr Redakteur die Versicherung 
meiner vollkommensten Hochachtung. 

Jean Sisley, 
Rue St. Maurice-Montplaicir, Lyon. 


z ge = 


— Der englische Gärtner Vietor Paquet giebt an, dass zu 
tief gesetzte oder durch Erdaufschüttungen zu hoch mit Erde be- 
deckte Bäume sich dadurch erhalten und zu neuem Wachsthum 
bringen lassen, dass man an dem Stamme derselben zwei Zoll unter 
der Erdoberfläche ein Stück Rinde im ganzen Umfange des Stammes 
ablöst, wodurch sich an dieser Stelle ein Wulst bilde, aus welchem 
neue Wurzeln schlagen. 


Berichtigung. 


Im verigen Hefte, Seite 407, Zeile 9 von oben muss es heissen: „Wethers- 
field‘ statt: Westerhersield und „Neceras‘ statt Nonaras. 


Von denjenigen Herren Mitgliedern, welche Ihre Bei- 
träge mit 4', Thalern bis zum 1. Dezember er. nicht ein- 
gesendet haben, nehmen wir an, dass es Ihnen bequemer 
ist, wenn dieselben unsererseits durch Postvorschuss ein- 
gezogen werden. 

Der Vorstand. 


Preis des Jahrganges 4 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als 
auch franco durch alle Postanstalten des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


ENTER NTIIET 


Für Beiträge zur Monatsschrift wird Honorar gezahlt. 


Inhalt: Von Berlin über Prag nach Wien. Von E. Boese. :Fortsetzung). 
— Die vierte temporäre Ausstellung des Gartenbaues in Wien. Von Fintelmann. 
— Neuere Beobachtungen über die Wurzellaus des Rebstocks, Phylloxera 
vastatrix. — Rheum offiecinale. Von Prof. Flückinger — Die Feinde der 
Rosenknltur. — Die springenden Samen aus Mexico. Von Prof. Dr. F. 
Buchenau. — Nochmals der Honisthau. — Journalschau und Vermischtes. 


Monatsschrift 


des. 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
in den 


Königl. Preussischen Staaten 


für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Dr. Filly, 


General-Seeretair des Vereines. 


No. 11. Berlin, den 1. December. 1873 


Sendungen für den Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den 
Königl. Preussischen Staaten bitten wir an das Generalsekretariat, Ritter- 
strasse 52a in Berlin, S. zu adressiren. 

Die nächste Versammlung des Vereins findet statt 
am Mittwoch, den 26. November, Abends pünktlich 6 Uhr, 
im Restaurant International in der Passage, Eingang in der Behrenstrasse 
bei dem Postamt. 

Die Tages-Ordnung findet sich am Schluss dieses Heftes. 


Die 556. Versammlung 
des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues 
wurde in Gegenwart des gesammten Vorstandes am 26. Oktober im 
Lokale des Klubs der Landwirthe abgehalten. 
Der Vorsitzende machte im Namen des Vorstandes nach- 
stehende Vorschläge: 
1. den Herrn Professor K. Koch, 
2. den Herren Gartendirektor Meyer, 
3 den Herrn Dr. phil. Ascherson, 
erstere in Anbetracht ihrer Verdienste um den Verein selbst zu Ehren- 
mitgliedern, letzteren mit Bezug auf die nahen Verbindungen der 


ol 


—_— 44 — 


von ihm verfolgten Zwecke zu dem Vereine zum Korrespondirenden 
Mitgliede zu ernennen. 

Derselbe ernannte sodann zu Preisrichtern für die ausgestellten 
Sachen die Herren Dressler, Barrenstein und Brasch, und 
Garteninspektor Gaerdt berichtete darüber. Die durch Obergärtner 
Reinicke ausgestellten 12 Stück Gravensteiner Aepfel des Medizinal- 
assessors Mahn in Göttingen zeigten alle drei Varietäten, die 
rothe, die gestreifte, und die rein gelbe, welche letztere das feinste 
Arom zu besitzen pflegt. 

Eine aus Schlesien eingesendete und daselbst gezogene Traube 
(Barbarossa) von 4 Pfund Gewicht liess erkennen, dass man bei 
uns unter Glas eben so schöne Trauben als in England erziehen kann. 

Der Vereinsgärtner hatte eine blühende Phlomis ausgestellt. 

Das Preisrichteramt erklärte später, dass es sich nicht in der 
Lage befände, einen Preis zuerkennen, da die Traube nicht 
konkurrirte. | 

Eine formelle Uebergabe der Bibliothek und des sonstigen 
Inventars seitens des früheren Generalsekretärs an den neuen hat 
um deswillen nicht stattfinden können, weil es an jeder aktenmässigen 
Grundlage hierzu fehlt. Der Vorstand beantragte deshalb, die Ueber- 
gabe ohne Verbindlichkeit für den neuen Generalsekretär als voll- 
zogen zu betrachten. 

Während von einer Seite vorgeschlagen wurde, sofort ein In- 
ventar aufzunehmen, vertrat der Vorstand die Ansicht, dass dies 
erst dann geschehen könne, wenn ein Lokal zur Aufstellung der 
werthvollen Bibliothek gewonnen worden sei, zumal die Inventarisirung 
auch nicht unerhebliche Kosten verursachen werde. 

Ein anderes Mitglied erinnerte an einen früheren Beschluss des 
Vereins, wonach die auf einem Speicher niedergelegten Kisten einer 
Revision unterzogen und alles Unbrauchbare beseitigt werden soll. 
Der Generalsekretär erklärte, dass es seine Absicht sei, sobald die 
Umstände es gestatten würden, die gesammte Bibliothek, die neben 
vielem Werthvollen auch viel ganz Werthloses enthalte, einer Revi- 
sion zu unterwerfen und sodann die Inventarisirung zu beantragen. 

Der Antrag des Vorstandes wurde angenommen. 

Der Vorsitzende leste sodann den revidirten Etat von 1873, 
der mit einem Ueberschuss von 270 Thlr. abschliesst, sowie die re- 


— 45 — 


vidirten Rechnungen pro 1872 vor. Der Etat wurde später gutge- 

heissen und dem Schatzmeister unter Danksagung für seine Mühe- 

waltung Decharge ertheilt. 

Der Vorsitzende theilte sodann das Statut des „Deutschen 
Gärtner-Vereins“ zur Kenntnissnahme mit. 

Die für die Vorberathung etc. der 1874 beabsichtigten 
srösseren Ausstellung ernannte Kommission hatte ihre Arbeiten 
beendet und ihre Vorschläge dem Vorstande überreicht, welcher die- 
selben zn den seinigen gemacht hatte und die Genehmigung des 
Vereins nunmehr nachsuchte. Zu Prämien sind 3460 Mark ge- 
sichert, worunter sich ein Beitrag des Pankower Gartenbauvereines 
von 750 Mark befindet. 

Die nachstehenden Beschlüsse der Kommission wurden verlesen 
und genehmigt, desgleichen die Bestimmungen des weiter unten ab- 
gedruckten Programmes. 

Die BesChlüsse lauten: 

1. Die Kommission war einstimmig in der Annahme, dass die in 
Rede stehende grössere Ausstellung eine Frühjahrs- Ausstellung 
sein solle, und schlägt die drei Tage vom 2. 3. und 4. Mai, d.h. 
einen Sonnabend, Sonntag und Montag für diese Ausstellung vor. 

2 Sie schlägt demnächst ferner vor, für den ersten dieser drei Tage 
ein Eintrittsgeld von 10 Sgr., für die beiden anderen Tage ein 
solches von 5 Sgr. zu erheben, während die Mitglieder des Vereins, 
wie bisher, drei Freikarten für sich erhalten sollen. 

3. Sie schlägt demnächst vor, die Ausstellung in der heitbahn der 
Tattersall-Aktien-Gesellschaft zu veranstalten und beantragt, nach- 
dem von drei Mitgliedern der Kommission mit der Direktion der 
in Rede stehenden Gesellschaft bereits ein vorläufiges Abkommen 
dahin getroffen worden ist, dass die qu. Reitbahn für die Aus- 
stellung in der Zeit vom 28. April bis 7. Mai incl. unter den 
im Jahre 1870 stipulirten Bedingungen hergegeben werden solle, 
ein definitives Abkommen mit der Direktion der Tattersall-Aktien- 
Gesellschaft zu vereinbaren. 

4. Die Kommission einigte sich zu dem Vorschlage, dass die Matrize 
zu einer Medaille, welche Namens des Vereins ausgeprägt werden 
soll, beschafft und demnächst schon nach Massgabe eines noch 
weiter zu fassenden Beschlusses für die nächste Ausstellung eine 

31* 


un | 


—_— 46 — 


Anzahl solcher Medaillen zur Preisvertheilungausgeprägt werden solle. 
Sie wird ihre genaueren hierauf bezüglichen Vorschläge bei der Be- 
rathung über Ausprägung dieser Medaillen zu machen sich erlauben. 
Sie schlägt ferner vor, dass der Verein für die Preisvertheilung 
noch eine Anzahl Ehren-Diplome zur Verfügung des Preisreichter- 
amtes stelle. 


. Indem die Kommission hinsichtlich der Geldpreise von der Ansicht 


ausgeht, dass für die in dem Programme ausgesetzten Preisauf- 
gaben 3460 Mark zur Verfügung stehen, beschloss sie, dass in 
Betreff der wirklichen Verwendung dieses Geldes so verfahren 
werde, dass, falls ein Theil der gestellten Aufgaben nicht gelöst 
werden sollte, die dafür ausgesetzten Preise also nicht zur Ver- 
wendung kämen, von den so erübrigten Geldern dem Preisrichter- 
kollegium nur eine Gesammtsumme von 300 Mark zur Verwen- 
dung, ein etwaiger weiterer Ueberschuss aber der Vereinskasse 
zur Bildung eines Prämienfonds für die nächste Ausstellung über- 
wiesen werden solle. 

Die Kommission einigte sich demnächst in dem Entschlusse, 
den Vorstand zu ersuchen, seinerseits die entsprechenden Schritte 
wegen Erlangung der von Sr. Majestät dem Kaiser, den sonstigen 
Mitgliedern der kaiserlichen Familie und den Ministerien etwa zu . 
bewilligenden Preise zu thun. 


. Sie einigte sich dann ferner in dem Entschlusse, das gegenwärtig 


festgestellte Programm sobald als möglich zwar zu veröffentlichen, 
aner noch ein Nachtragsprogramm aufzustellen, sobald sich über- 
sehen lasse, welche anderweitigen Preise etwa von den eben be- 
zeichneten Stellen her sowie etwa vom Vereine in der Form der 
von ihm zu stiftenden Medaille vorhanden seien. Sie beschloss 
in Verbindung hiermit, an den Vorstand das Ersuchen zu richten, 
dass die Kommission auch über die jetzigen Berathungen hinaus 
bis zur wirklichen Ausstellung bestehen bleibe, um für etwaige 
noch andere auf die Ausstellung bezügliche Fragen dem Vorstande 
aus eigener Initiative Vorschläge machen zu können. 


. Demnächst berieth die Kommission in eingehender Weise die auf- 


zustellenden Ausstellungs-Bedingungen und normirte dieselben, 
wie sie in der Anlage I*) hier beigefügt sind. — Demnächst 


*) Besonders abgedruckt, Die Redaktion. 


— 471 — 


stellte sie die auszuschreibenden Preisaufgaben selber nebst den 
für die einzelnen Positionen zu bewilligenden Prämien fest. 

Mit Bezug auf eine Anfrage, ob der Verein beabsichtige, künftig 
nur Medaillen und keine Geldpreise zu vertheilen, wurde bemerkt, 
dass sich die Kommission bei ihren Beschlüssen von dem Gedanken 
habe leiten lassen, auch ferner neben den Medaillen Geldpreise aus- 
zuschreiben, erstere seien aber mit in Betracht gezogen worden, weil 
es manchem Aussteller lieber sein werde, ein Vereins-Medaille zu 
erhalten. i 

Der Schatzmeister theilte mit, dass von der letzten Ausstellung 
noch ein werthvolles, damals nicht vertheiltes Geschenk Ihrer Kaiser- 
lichen Hoheit der Frau Kronprinzessin vorhanden sei, das nach 
einem bezüglichen Schreiben für dieselbe Preisaufgabe: „die beste 
Gattung Rosen“ dem Vereine für die nächste Ausstellung zur Ver- 
wendung überlassen ist. 

Auch der von der Stadt Berlin für die vorige Ausstellung be- 
willigte Preis für einen Plan zu einer städtischen Anlage im Betrase 
von 100 Thalern, der nicht vertheilt ist, steht zur Verfügung. 

In Betreff der Beschaffung einer Matrize zu einer Vereins-Me- 
daille theilte ein Mitglied mit, dass eine solche, wenn der Verein 
die Zeichnung beschaffe, in einer Grösse von 15 Mark Silberwerth 
400 Thlr. kosten werde. Ein anderes Mitglied hob hervor, dass 
wohl ein Mitglied bereit sein werde, die Kosten vorzuschiessen, wenn 
der Verein sich verpflichte, jährlich 100 Thlr. abzuzahlen. 

Zur weiteren Berathung der Angelegenheit betrefis der Medaille 
wurde eine Kommission ernannt, bestehend aus den Herren Boese, 
Gerstenberg und Lorbere. 

Eine wegen der Ehrendiplome aufgeworfene Frage wurde dahin 
erledigt, dass solche noch vorhanden seien, desgleichen der dazu 
verwendete Stein. 

Verschiedene Einwürfe gegen den Wortlaut der gestellten Preis- 
aufgaben wurden durch die Erklärung erledigt, dass man beabsichtigt 
habe, den Preisrichtern einen möglichst weiten Spielraum zu gewähren. 

Das Programm soll zunächst in 500 Exemplaren gedruckt und 
sämmtlichen deutschen Gartenbauvereinen, bekannteren Besitzern von 
Gärten, den Fachzeitschriften ete. zugesendet werden; desgleichen sol! es 
der Monatsschrift des Vereins veröftentlicht werden, wie weiter unten in 


— 418 — 


geschieht. Ausserdem ersucht der Generalsekretär um Unterstützung 
seiner Bemühungen, durch die Zeitungspresse auf = Ausstellung 
aufmerksam zu machen. 

Der Generalsekretär legte sodann den Gartenkalender von 
Rümpler vor, über dessen Inhalt Garteninspektor Gaerdt in der 
nächsten Versammlung berichten wird; ferner in Utha in Nordamerika 
gesammelte Sämereien, die zur Vertheilung gelangten, und ver- 
schiedene Preisverzeichnisse. 

Namens der Kommission zur Berathung der Frage, ob 
die Versammlungen in Zukunft nicht besser in der Woche 
abzuhalten seien, berichtete der Schatzmeister, dass die Kommission 
die Frage einstimmig bejaht, dass er sich deshalb nach einem geeig- 
neten Lokal umgesehen und ein solches gefunden habe, das aber nur 
Mittwochs von 4 bis 7 Uhr zur Verfügung stehe. 

Da dieser Vorschlag wenig Anklag fand, so berichtete der Ge- 
neralsekretär über ein anderes Lokal, das zum Preise von jedesmal 
10 Thlr. im Restaurant International in der Passage zu haben sei, 
wobei sich zugleich die Gelegenheit biete, nach der Sitzung noch 
bei einander zu bleiben und auch wöchentlich einmal sich zusammen - 
zu finden. Er hoffe, dass dadurch das Leben im Vereine gewinnen 
werde. Sein Antrag: „Der Verein beschliesst, jeden letzten Mittwoch 
im Monat Abends 6 Uhr seine Versammlungen, zunächst in der 
Passage, abzuhalten,“ wurde nach Erledignng einiger Bedenken an- 
genommen. | 

Herr Brebeck und der Generalsekretär werden das Weitere 
veranlassen. 

Notar Lämmerhirt legte eine Sammlung von 8 Sorten feiner 
Birnen und 8 Sorten Aepfel vor, welche den Beweis lieferten, was 
eine sorgfältige Kultur auch bei uns ‚vermag. 

Schliesslich wurden proklamirt 

a) als Ehrenmitglied: 

der Königliche Garten-Inspektor C. Bone ern 
b) als wirkliche Mitglieder: 
der Königliche Obergärtner Beust— Berlin und 
der Obergärtner Braune -Berlin. 


PROGRAMM 


für die vom Verein zur Beförderung des Gartenbaues 


23 


in den Königl. Preussischen Staaten 
am 2, 3. und 4. Mai 1874 
zu veranstaltende Ausstellung, 


Ausstellungs-Bedingungen. 
Zur Preisbewerbung sind Gärtner und Garten-Besitzer des In- 
und Auslandes berechtigt, sie seien Mitglieder des Vereines 
oder nicht. 
Ausser Pflanzen, abgeschnittenen Blumen, Gemüsen und Früchten 
sind auch Garten-Verzierungen, Sämereien, künstliche Düngstoffe 
und sonst auf Gärtnerei Bezug habende Gegenstände zulässig. 
Die Gegenstände der Preisbewerbung verbleiben Eigenthum der 
Besitzer. 
Die auszustellenden Pflanzen und die sonstigen Ausstellungs- 
Gegenstände sind in einem doppelten Verzeichnisse bis zum 
28. April 1874 bei Herrn Obergärtner Dressler hierselbst, 
Bellevue-Strasse 6a, anzumelden und die Gegenstände selber bis 
spätestens den 4. Mai Mittags im Ausstellungs-Lokale, 
Georgen-Strasse No 19 (Reitbahn der Tattersal-Gesellschaft) 
einzuliefern. Nur Früchte, Gemüse und abgeschnittene Blumen 
werden noch am .ersten Ausstellungstage bis 7 Uhr Morgens an- 
genommen. Eine gleiche Ausnahme soll noch für einzelne, be- 
sonders empfindliche Pflanzen gestattet werden. Die Entschei- 
dung darüber hängt von dem Ermessen der Ordner ab. 
Die Pflanzen müssen sich, ebenso wie die Töpfe, Stäbe und 
sonstiges Zubehör, jn einem für die Ausstellung geeigneten Zu- 
stande befinden, andernfalls können sie von den Ordnern zurück- 
gewiesen werden. Es ist den Ausstellern gestattet, ihre Pflanzen 
als verkäuflich zu bezeichnen und auch von den einzelne Pflanzen 
den Preis anzugeben. 
Die Aussteller haben in ihren Verzeichnissen ausdrücklich anzu- 
geben, um welche Preise des Programmes sie sich mit den ein- 
gesendeten Gegenständen bewerben; zur besseren Vergleichung 
bei Beurtheilung der um einen Preis konkurrirenden Gegen- 


10. 


alt 


13. 


— 480 °— 


stände sind für jede Kategorie der Bewerbung gesonderte Ver- 
zeichnisse einzureichen. . Dagegen Handelnde haben es sich 
selbst beizumessen, wenn ihre Einsendungen nicht die gewünschte 
oder gar keine Berücksichtigung bei den Preisrichtern finden. 
Die Anordnung der Ausstellung übernehmen die vom Vorstande 
ernannten Ordner, welche allein berechtigt sind, die eingelieferten 
Gegenstände anzunehmen, den Platz zu deren Aufstellung anzu- 
weisen und den Empfang in einem der beiden Verzeichnisse zu 
bescheinigen. Die Aufstellung der Ausstellungs-Gegenstände 
kann jeder Einsender an dem von den Ordnern anzuweisenden 
Platze selbst bewirken oder auch den Ordnern überlassen. 

Alle Einlieferungen müssen bis zum Schluss der Ausstellung 
ausgestellt bleiben, doch können Frächte und die nach No. 4 
als besonders empfindlich bezeichnete Pflanzen nach vorgängiger 
Verständigung mit den Ordnern schon früher zurückgenommen 
werden. 

Um mehr als eine und zwar um die vom Aussteller selbst be- 
zeichnete Preis-Aufgabe kann dasselbe Objekt oder dieselbe Kol- 
lektion als Bewerber nicht gelten. 

Die Einlieferung der betreffenden Gegenstände bis in das oben 
bezeichnete Ausstellungs-Lokal erfolgt auf Gefahr und Kosten 
der Aussteller. 

Für Schutz und Pflege der ausgestellten Pflanzen ete. während 
der Dauer der Ausstellung wird von dem Vereine nach Kräf- 
ten Sorge getragen werden. Mit dem Schlusse der Ausstellung 
hört die Pflege der Pflanzen durch den Verein auf, und haben 
die Aussteller für ibre Pflanzen selbst zu sorgen. 

Die Zurücknahme der ausgestellten Gegenstände beginnt am Tage 
nach Schluss der Ausstellung von Morgens 7 Uhr an. 

Das Preisriehteramt besteht aus 10 Personen, deren Berufung 
dem Vorstande zusteht, welcher zugleich den resp. die Vorsitzen- 
den ernennt. Aussteller sind von dem Amte gänzlich ausge- 
schlossen. Zur Beschlussfähigkeit reichen 7 Mitglieder im Plenum 
des Kollesiums resp. 4 in der einzelnen Sektion aus, deren Zahl 
im Falle der Unvollständiskeit der Vorsitzende des Preisrichter: 
amtes aus anderen Mitgliedern des Vereins zu ergänzen befugt 
ist. Bei etwaiger Stimmengleichheit giebt die Stimme des Vor- 


14. 


16. 


NE 


— 4841 — 


sitzenden den Ausschlag. Eine Trennung des Preisrichter-Kol- 
lesiums in Sektionen bleibt vorbehalten. 

Die Preisrichter erkennen auf Medaillen, Geldpreise und Ehren- 
Diplome. Die gekrönten Gegenstände werden nach Abfassung 
des Urtheils dureh den Vorsitzenden des Preisriehteramtes und 
durch die Ordner als gekrönt bezeichnet; hierauf erst tragen 
die letzteren auch für die Anheftung der Namen sämmtlicher 
Aussteller bei ihren Ausstellungs-Gegenständen Sorge. Der Be- 
schluss des Preisrichteramtes wird durch den Vorsitzenden des- 
selben oder dessen Stellvertreter am ersten Tage der Aus- 
stellung, Mittags 1 Uhr, öffentlich proklamirt. 

Die etwa nicht nach Massgabe des Programmes zugesprochenen 
Geldpreise werden den Preisrichtern bis zn einem Maximalbe- 
trage von zusammen 300 Mark zur Verfügung gestellt; ein 
etwaiger weiterer Ueberschuss wird einem für eine spätere Aus- 
stellung zu bildenden Prämien-Fonds überwiesen. 

Es wird ein Eintrittsgeld erhoben; einheimische Mitglieder er- 
halten 3 Freikarten, auswärtige ebenso auf ihre Meldung bei 
dem Generalsekretair. 

Die Ausstellung findet in der Reitbahn der Tattersal- Aktien- 
Gesellschaft, Georgen-Strasse 19, statt. Die Namen der Ordner 
und der Preisrichter werden später bekannt gemacht werden. 


PREIS-AUFGABEN. 


nn 


Preise des Vereins. 
Für eme Zusammenstellung blühender Topfpflanzen in 20 


Exemplaren und ebenso vielen Arten, ein Preis von . . 150 Mari. 

Für eine Pflanzengruppe, welche malerisch und ästhetisch 

aufgestellt ist, ein erster Preis von. . . ». 2 2.....100 
em"zweiıter. Preis’vone rar 9. 0A 2216 507%, 


Für eine Gruppe blühender Orchideen, ein erster Preis von 150 „, 
ein zweiter Preis von 50 -, 

Für eine Gruppe indisch - chinesischer Azaleen in 25 

Exemplaren und ebenso vielen Sorten ein erster Preis von 100 ., 
ein zweiter Preis von 50 „ 


9. 


10. 


11: 


13. 


14. 


15. 


16. 


— 42 — 


Für eine Gruppe indisch-chinesischer Azaleen in mindestens 
30 Sorten, ein\erster£Preis. vony.z 49 .LUgL. sen ie 
Einfzwelten, Preis; vongz ae... a aa 


Für neuere und neueste Azaleen in mindestens 12 Sorten, 
ein erster Preis von . . 

ein zweiter Preis von . . 

Für eine Gruppe Rhododendren, ein erster Preis von . . 
ein zweiter Preis von . 


Für eine Gruppe blühender Kamelien, ein erster Preis von 
ein zweiter Preis von 
Für Baumfarne in mindestens 6 Arten, wovon mindestens 
6 Exemplare 1 Meter Stammhöhe haben müssen, ein Preis von 
Für eine Sammlung Freilandsfarne von mindestens 50 Arten 
und Abarten mit erkennbar ausgebildeten Wedeln, ein 
Preispvong., 2 a a He en Bel a 


Für eine Palmen-Sammlung in mindestens 30 Arten, 
ein erster Preis von . . 
ein zweiter Preis von. . 
Für eine Sammlung Dracaenen: 
1) aus mindestens 30 Arten und Abarten bestehend, 
ein Preis von . 
2) aus mindestens 15 Arten und Abarten bestehend, 
ein Preis von . . 
Für eine Gruppe aus Agaven, Yukken, Dasylirier, Pincte- 
nectien etc., sei es in einer dieser Gattungen oder in einer 
gemischten Gruppe, ein Preis von . . ... 
Für eine Sammlung Aroideen in mindestens 12 Arten, 
ein Preis von 
Für eine Gruppe blühender Rosen, ein erster Preis von . 
ein zweiter Preis von 
ein dritter Preis von 
ein vierter Preis von 
Für eine Gruppe blühender Sträucher des freien Landes in 
Gefässen in mindestens 12 Arten, ein erster Preis von 
ein zweiter Preis von 
Für Azalea pontica und mollis in mindestens 10 Sorten, 
ein erster Preis von . . 
ein zweiter Preis von. . 


100 Mark. 


50 


90 


100 


30 


4U 


100 


100 


EZ 


», 


22 


> 


”? 


2 


18. 


19. 


21. 


28. 


29. 


30, 


31. 


— 483 — 


Für eine Gruppe buntblättriger Warmhauspflanzen, 
ein erster Preis von . . 
ein zweiter Preis von. 
Für eine Gruppe buntblättriger Kalthauspflanzen, 
ein erster Preis von 
ein zweiter Preis von . 
Für eine Zusammenstellung blühender Pflanzen aus einer 
und derselben Gattung (Eriken, Epakris, Akazien, Cyclamen, 
Cinerarien, Calceolarien, Goldlack, Winterlevkojen, 
Pelargonien etc.), ein erster Preis von. . . 2.2... 
einvzweiternkreis von m 2. 
zwei Preise von a 20 Mark 
Für eine Gruppe ornamentaler Blattpflanzen, 
ein erster Preis von . . 
ein zweiter Preis von . 
Für Marktpflanzen in 12 Arten, ein erster Preis von . . 
ein zweiter Preis von . 


Für Marktpflanzen in 6 Arten, ein erster Preis von . . 
ein zweiter Preis von . 

Für Topf-Koniferen, ein Preis von . . . ... 

Für Freilands-Koniferen, ein Preis von. . . 2.2... 


Für eine Sammlung von Laubhölzern in Töpfen mit -voll- 

ständig entwickelten Blättern, ein Preis von . . . .. 

Für eine Sammlung japanesischer Ahorne, ein Preis von. 

Für das beste Paar Pyramiden- oder Kronenbäume mit 

dauerndem Laube (Orangen, Lorbeeren, Myrthen etc.), 
ein erster Preis von 

ein zweiter Preis von. . 

Für blühende Zwiebelgewächse (Amaryllis oder Hyazinthen 

oder Dulpen etc), zeinzersterBreis vonn an. en 

eine zweiten »Preisı von. sn. 

HinsSchanpilanzenszems Rreissvonss N re 

EINKPrEISP VON tee 

zwei Preise von 4 40 Mark . . . 

fünf Preise von a 30 Maık . ... 

a) Für 6 in Berlin noch nicht ausgestellte neue Pflanzen, deren 

Charakter deutlich erkennbar, ein Preis von. . . . . 

b) Für 3 in Berlin noch nicht ausgestellte neue Pflanzen, 
deren Charakter deutlich erkennbar, ein Preis von 


50 Mark. 


30 


50 
30 


” 


”» 


” 


— 484 — 


ce) Für 1 in Berlin noch nicht ausgestellte neue Pflanze, 
deren Charakter deutlich erkennbar, ein Preis von. . 10 Mark 
32. Für ein Arrangement von Pfianzen zur Zimmerdekoration 


(Blumentisch, Etageren etc.), ein Preis von . . . ...30 
33. Abgeschnittene Blumen: 
1) Sortimentsblumen, ein Preis von -. . . 2.2.2....20 
2) Arrangements (Bouquets, Tafelaufsätze. Haargarni- 
zungen efc.), einzersiersPreis- von... 2 0.22 Sn 
ein»zweiter. Breis, Von... 1:2 =. 250 
ein dritter kreis yon 027,2 02 Wen. Die 
em-wierter Preis von‘ a0 2 er a 
34. Für Garten- Utensilien und Geräthe, ein Preis vn . . 20 
33. Kur-Obst ) em erster Preis’ von 2.012 02 See 
ein*zwelier Preis: von Toro ER 20 
36." Für "Gemüse; "ein"ersier Preis von ar. Tre E30 


eiNKzwelser Ereis vone tr en er 
37. Zur Verfügung der Preisrichter eine Anzahl Ehren-Diplome 
und ausfallende Preise bis zum Gesammtbetrage von 300 Mark. 
Die Feststellung eines Nachtrags-Programms für etwa noch zu 
bewilligende anderweitige Preise sowie für die eventuell vom Verein zu 
stiftende Medaille wird noch vorbehalten. 


Von Berlin über Prag nach Wien. 
Eine Reiseskizze. Von E. Boese. 
(Schluss. 

Nurdurcheine Mauer getrennt liegtneben dem Belvedere-Garten der 
eigentliche Wiener botanische (Universitäts-) Garten, dessen Direktor 
der Regierungs-Rath und Professor Dr. Fenzl ist. Kann dieser 
Garten sich auch hinsichtlich des Pflanzenreichthums nicht mit ande- 
ren Instituten der Art, namentlich nicht mit dem Berliner botan. 
Garten messen, so ist er doch höchts sehenswerth. Besonders vor- 
theilhaft zeichnet er sich durch die weithin erkennbare Etiquettirung 
der Pflanzen und Gehölze im Freien aus; man hat nicht nöthig, wie 
an anderen Orten bei den Gehölzen nach den versteckten Etiquetien 
herumzusuchen, und hat man sie schliesslich entdeckt, so kann man 
sie nicht lesen, denn die Zeit hat Farbe und Schrift verwaschen. 
Hier sind alle vortheilhaft angebracht -und in solcher Verfassung, 


Auch konservirtes Obst. 


— 485 — 


dass sie weithin zu lesen sind. Modern sieht der Garten sonst auch 
nicht aus, die grössten mit Glas versehene Häuser haben nur senk- 
rechte Fenster, nur drei oder vier kleine Häuser sind neueren Datums 
und haben Satteldach. Bewundernswerth ist, was trotzdem unter 
den misslichen Verhältnissen geleistet wird, denn die Pflanzen stehen mit 
wenigen Ausnahmen in vorzüglicher Kultur. Der Etat des Gartens ist 
im Verhältnisszu den Leistungen sehr gering; erbeträgtausser freiem Holze 
und dem Gehalte des Obergärtners, wie uns mitgetheilt wurde, nur 
10,000 fl, und dabei wird noch ein recht hübsches naturhistoriches 
botanisches Museum unterhalten; ein solches befindet sich ähnlich, 
obgleich viel reicher als das Wiener, im Kew Garden“) bei London. 
Durch Verbindung einer solchen Sammlung mit einem botanischen 
Garten wird diese erst recht nutzbringend sowohl für den, welcher 
sich des Stadiums der Botanik befleissigt, als für die Pflanzen- 
freunde ete., um so mehr, wenn die Anordnung wie hier trotz des 
beschränkten Raumes eine so zweckentsprechende ist. Zu erwäh- 
nen haben wir noch, dass auch der Besucher, welcher sich haupt- 
sächlich für grosse Bäume seltener Art interessirt, hier eine ziem- 
lich reiche Ausbeute findet; unter anderen einen Gingko biloba 
(Salisburia adiantifolia) von circa 60 Fuss Höhe und einem Stamm- 
durchmesser am Boden von 35—4 Fuss; ferner eine Celtis occidentalis 
circa 50 Fuss hoch und mit einen Stammdurchmesser von 3—3,, Fuss etc. 
Die Bäume stehen so, dass sie ihre Kronen frei ausbreiten und ihren 
natürlichen Wuchs zeigen können; sie sind nicht in Gruppen vereint, 
sondern stehen einzeln. 

Von den Wiener und in dessen Umgegend belegenen Gärten 
dürfen wir den fürstlich Schwarzenberg’schen in Dornbach nicht 
unerwähnt lassen; es ist dies, wenigstens der Blumengarten, der 
schönstgelegene von allen, die wir hier zu sehen Gelegenheit hatten. 
Er deckt einen Ausläufer des Wiener Waldes, welch’ letzterer be- 
kanntlich Wien von Nordost durch Ost nach Südost umspannt. Das 
fürstliche Schloss ist nur unscheinbar und dient den Besitzern zum 
Frühjahrs- und Herbstaufenthalt; um so reicher und ausgedehnter 
ist die Dekoration mit Pflanzen, hauptsächlich blühenden, ja wir möch- 
ten sie geradezu zu reich nennen. Ein grosses Plateau vor dem 


*) Auch der Petersburger botanische Garten besitzt ein solches Museum 
D. Red, 


— 46 — 


Schlosse, Wien zugekehrt, ist volllständig in Gruppen, im Uebrigen 
eine hübsche architektonische Zeichnung darstellend, gelegt und mit 
Blumen und niedrigen Pflanzen, sogenannten Teppichpflanzen, be- 
pflanzt. Man findet wohl alle Gewächse hier verwendet, die sich 
überhaupt für niedrige Gruppen eignen, und hinsichtlich der Farben 
geschmackvoll geordnet. Wenn wir vorher sagten, die Dekoration 
wäre zu reich, so klingt das vielleicht befremdend, und darüber liesse 
sich ja streiten; wir indess finden es schöner, wenn grüner Rasen 
mehr als hier den Grund bildet, von dem sich die Blumeu abheben. 
Das Auge fühlt sich bei Betrachtung eines solchen Arrangements 
wohler, es wird nicht so von den verschiedensten Farben geblendet, 
mit einem Worte, in das Ganze kommt mehr Ruhe. Für uns aus 
dem Norden ist hier eine alte Paulownia mit einem 2 Fuss Durch- 
messer haltenden Stamme mit grosser ansgebreiteter Krone bemer- 
kenswerth. Auf der von Wien abgewendeten Seite des Schlosses ist 
der Blumengarten durch dichte Pflanzungen und ein Gitter von 
dem eigentlichen Parke getrennt; rechts vom Wege zur Gitterpforte 
sich an eine dunkelgrüne, dichte Pflanzung anlehnend, steht eine 
ganze Reihe riesig grosser Datura (Brugmansia) arborea, bedeckt 
mit ihren trichterförmigen, weithin duftenden, weissen Blüthen; die 
einzelnen Büsche sind 8—10 Fuss hoch und haben 6—8 Fuss im Durch- 
messer. Vor diesen Daturen sind, abwechselnd mit einigen Blatt- 
pflanzen, hochstämmige Heliotropien, Fuchsien ete. auf schön grünem 
Rasen vertheilt, und macht diese Zusammenstellung einen sehr ange- 
nehmen Eindruck. Der Chef der Gartenverwaltung hatte die Freund- 
lichkeit, uns ausserdem durch das Schloss und auf den Balkon des- 
selben zu führen, der auf der nach Wien zugekehrten Seite sich be- 
findet. Der Blick, welchen man von hier über das vor uns liegende 
Blumenparterre hinweg und auf das in der Ferne und viel tiefer 
liegende Wien hat, ist unbeschreiblich schön. Von diesem Platze 
aus gesehen erscheinen die vor uns sich ausbreitenden Blumen- - 
gruppen, wie das ja gewöhnlich von einem hohen Stand- 
punkte, in ihrem Totaleindruck ruhiger und wie ein schöner, 
riesiger türkischer Teppich. — Der Park selbst besteht meist aus 
unseren gewöhnlichen Waldbäumen, als Rothbuchen, Eichen u. s. w., 
und ist eigentlich nur ein Wald, der, von Wegen durchzogen, hier 
und da eine Lichtung oder auch eine kleine Nachhülfe durch Neu- 


— 487 — 


pflanzung erhalten hat und ausser seiner Grösse wenig Interessantes 
in gärtnerischer Hinsicht bietet, wenigstens nicht, so weit wir Gele- 
genheit hatten, ihn zu sehen. Anzuerkennen ist, dass die fürstlichen 
Besitzer den Park Jedermann offen halten, und werden seine überaus 
schattenreichen Partien von den Wienern gerne aufgesucht. Der Blu- 
mengarten indess ist nur mit besonderer Erlaubniss zu betreten. 
‘An einem schönen Nachmittage begaben wir uns zur Kaiser 
Franz-Joseph-Bahn und fuhren nach dem hinter dem Kahlenberge 
gelegenen Klosterneuburg, einem Städtchen, dem eine berühmte, 
sehr reiehe Abtei den Namen gegeben hat. Dieser letzteren gehört 
nicht nur die Hälfte der Umgegend von Wien, sondern sie soll auch 
noch riesige Weinländereien bis Ungarn hinein besitzen. Dass sie 
viel Weinländereien besitzt und besessen hat, davon zeugt das reiche 
Weinlager eigener Fechsung, das sich unter dem Kloster in drei Etagenbe- 
findet. Man kann hier Weine zu den verschiedensten Preisen und von ver- 
schiedenstem Alter kaufen, selbst 1811r Kahlenberger. — Aus dem 
Gesagten geht hervor, dass die Stiftsherren guten Grund hatten, zur 
Einrichtung einer Untersuchungsstation von gekelterten Weinen auf 
ihren Gehalt (Privataufträge werden auch bereitwilligst ausgeführt), 
um dann Vorschläge und Rath zu deren Verbesserung zu ertheilen, 
und ebenso zu einer Versuchsstation für Weinkultur, die Hand zu 
bieten. Diese letztere interessirte uns selbstverständlich am meisten, 
wenn auch damit nicht gesagt sein soll, dass wir beim Besuche der 
Lagerkeller die Einladung des Kellermeisters, der uns führte, von 
der Hand wiesen und nicht mehrfach den Inhalt der Fässer zu pro- 
ben. Man findet nämlich in diesen ausgedehnten Weinbergen fast 
sämmtliche bekannten Arten der Keltertrauben und alle Methoden der 
verschiedensten Länder vertreten, den Wein zu ziehen. Da sieht man 
den kurzen Schnitt und die Rebe an einem Pfahle vereint; die Reben 
an mehrere Pfähle vertheilt, auch wohl lang geschnitten und an Draht 
gezogen, auch horizontal über ein Gitter ausgebreitet, die oben ange- 
deutete Hooibrenk’sche Methode, eine andere wieder ähnlich dieser, 
doch die Tragreben nicht mit den Spitzen zum Boden geneigt, 
sondern mehr wagerecht gezogen, ganze Laubengänge von Trauben- 
wein, ebenso einzelne Bäume mit Reben durchzogen, wie es in Italien 
häufig vorkommt ete. Es ist hier nicht unsere Aufgabe, auch halten 
wir uns nicht für kompetent, näher darauf einzugehen oder über 


— 48 — 


die ganze Anlage ein Urtheil zu fällen; so viel steht fest, die ganze 
Anlage interessirte uns sehr, und bedauerten wir nur, dass die Jah- 
reszeit noch zu früh und man wohl den Traubenansatz bei den ver- 
schiedenen Kulturmethoden sehen konnte, nicht aber zu beurtheilen 
war, welchen Einfluss dieselben anf das Reifen der Trauben aus- 
übten. Hoffen wir, dass uns ein Weinbauverständiger ausführliche 
Mit'heilungen über diese Anlagen macht. 

Von der Weinbauschule aus gesehen, lag uns der Leopolds- 
resp. Kahlenberg so nahe, dass wir, obgleich die Sonne es sehr gut 
meinte, den Weg dahin antraten. Der erste Theil unserer Wande- 
rung war bei der grossen Hitze keine leichte Aufgabe Entschädigt 
wurden wir beim Steigen, wenn wir unsere Blicke nach rückwärts 
richteten über das romantisch unter uns liegende Kloster und die 
weite Fernsicht die Donau hinauf und in deren Umgebung, und desto 
angenehmer war es später im Schatten des Waldes und desto schöner 
des Abends. Die Gipfel der genannten Berge sind nämlich ganz 
bewaldet und nur hier und da Aussichten geschaffen und zum Theil 
mit Wegen durchzogen. Wir wendeten, oben angelangt, unsere 
Schritte heute nicht nach dem Leopoldsberge, der näher der Donau liegt, 
sondern nach dem Kahlenberge, besser gesagt, nach der neuausge- 
bauten Restauration und resp. dem nach der Wiener Seite zu gelegenen 
Hotel. Abgesehen von der recht guten Verpflegung, welche man 
hier findet, deren Genuss nach solchem Marsche um so mehr erfreut, 
hat man von hier eine so superbe Aussicht, wie wohl selten an 
einem anderen Punkte. Ganz Wien, Schönbrunn, Hietzing und wie 
die Orte alle heissen, welche um die erstgenannte sich gruppiren, 
liesen tief unter uns und auch so entfernt, dass das Getöse, von 
dem Verkehr einer Grossstadt unzertrennlich, nicht bis hierher dringt; 
man kann sich dem ungestörten Genusse des Schauens dieses 
schönen Panorama’s hingeben. Den Donaustrom kann man meilen- 
weit mit dem Ange verfolgen, mehr rechts über die Donau hinweg 
in weiter Ferne ziehen sich die mährischen Gebirge und daran an- 
schliessend mehr vor uns die Karpathen nach Pressburg zu. Wir 
fühlen uns nicht fähig, auch nur annähernd das zu beschreiben, was 
unserem Auge geboten wurde, und können uns nun auch sehr ‚wohl 
denken, dass dem Dichter und Komponisten der Gedanke zur Ver- 
herrlichung ‚‚der schönen blauen Donau“ hier kam und könnten neidisch 


-— 489° — 


werden, dass unser Berlin nicht auch einen solchen Punkt in seiner 
Umgebung aufzuweisen hat. — Wir verweilten auf dem Kahlenberge 
bis zur Dunkelheit auf Anratlen eines Wiener Freundes und können 
Jedem empfehlen, ein Gleiches zu thun. Mit der eintretenden Nacht 
entschleiert sich vor unserem Auge eine gleichsam riesige Illumina- 
tion durch die Gasbeleuchtung der Strassen und Häuser Wiens und 
der Umgegend. Ja die Welt ist schön, und wohl dem, der sich ihrer 
in Gesundheit erfreuen kann. — 

Wir beschliessen hiermit unsern Bericht über Wien in gärtneri- 
scher Hinsicht (der Kahlenberg gehört freilich nicht hierher); erschö- 
pfend ist er keineswegs, doch konnten wir nur von dem sprechen, 
was uns unsere gemessene Zeit zu sehen gestattete. Von Öesterreichs 
hervorragenden Gärten sahen wir noch den fürstlich Lichtenstein’- 
schen in Eisgrub, unterlassen indess ein Eingehen hierauf, in der 
festen Voraussetzung, dass einer der Herren, die nach uns auch 
diesen Punkt besuchten, es übernehmen wird, darüber zu referiren. 


Gattungen und Arten der Scilleen und Chlorogaleen. 


Im Journal of the Linnean Society, vol. Xlll., Nr. 68, 
Dezember 1872, giebt J. G. Baker eine Revision der Gattungen und 
Arten der Scilleen und Chlorogaleen. 

Diese Arbeit ist als eine Fortsetzung seiner Revision der Gat- 
tungen und Arten der Liliaceen zu betrachten, welche er vor zwei 
Jahren im elften Bande der Proceedings, Seite 349 bis 436 ver- 
öffentlicht hatte. 

Er verfolgt in dieser neuen Arbeit‘ seinen früher aufgestellten 
Eintheilungsplan, dem zufolge die kapselfrüchtigen Liliaceen in 
zwei Reihen angeordnet werden, von denen die erste verwachsen- 
blättriges (gamophylles) Periantbium hat, während bei der andern 
die Blättchen des Perianthiums bis auf den Grund herab frei sind. 

Die Charaktere für die Unterabtheilungen werden zunächst von 
der Natur des Wurzelstocks und von der Art des Bläthenstandes 
abgeleitet, und so stellt sich denn die Klassifikation in folgender 
Weise heraus: 


© 
RD 


— 40 — 


Zwiebelartiger Gamophylles Polyphylles 
Wurzelstock. Perianthium. Perianthium. 
Blüthenstand, Traube | Hyacintheen u.Massonieen Scilleenund Tulipeen. 
E ie Rispe Odontostemoneen. Chlorogaleen. 
24 5 Dolde Mileen. Allieen. 
Knollenartiger 
Wurzelstock oder Sanophyllee Eolphli 
Faserwurzel Perianthium. Perianthium. 
Krautartig. 
Blüthenstand, Traube H en Anthericeen und 
” „oder Rispe UELOCHIEEN: Eriospermeen. 
e 1 Dolde Asapantheen. Aphyllantheen. 
fleischig,strauchart. Aloineen. | Yucecoideen, 


Die Anordnung der in dieser Arbeit abgehandelten Gattungen 


ist folgende: 
Schlüssel zu den Gruppen (tribus) und zu den Gattungen: 


2. Reihe. Das Perianthium aus vollständig freien oder nur am 


Grunde etwas mit einander verwachsenen Blättchen bestehend. 


Tribus 7. Sceilleen. Zwiebelartige Kräuter, mit glatten unbe- 


blätterten Blumenstielen und traubigem Blüthenstand. 


2A. 


28. 


N) 
je) 
‘ 


Staubgefässe mit dem Perianihium verwachsen: 
Urginea. Das Perianthium sechstheilig mit weisslichen, selten 
gelben, mit Längsstreifen versehenen Blättchen. Samen gross, 
scheibenförmig in eine Reihe gestellt. Heimath: Die mittel- 
ländische Region, Ost-Indien, das tropische Afrika, Cap der guten 
Hofinung. Es werden 24 Arten beschrieben. 

Eucomis. Grünes am Grunde verwachsenes Perianthium. Die 
Blüthentraube an ihrer Spitze von einem Blätterschopf überragt. 
Samen klein, aufgedunsen. Heimath: Kap der guten Hoffnung. 
Es werden 4 Arten beschrieben. 

Whiteheadia. Grünes, am Grunde verwachsenes Perianthium. 
Deckblättchen gleichförmig, die Blüthen verbergend. Samen klein, 
anigedunsen. Heimath: Kap der guten Hoffnung. Es wird eine 
Art beschrieben. 

Drimiopsis. Sechstheiliges Perianthium mit weisslichen kapuzen- 
fürmig, kaum gestreiften Blättchen. Blüthentrauben fast ähren- 
förmig. Staubfäden sehr kurz. Samen einzeln, klein, aufge- 
dunsen. Heimath: Kap der guten Hoffnung, tropisches Afrika. 
Es werden 5 Arten beschrieben. 


31. 


38. 


02) 
u . 


37. 


— 491 — 


Sei lla. Sechstheiliges Perianthium, blau, rosen-purpurroth oder 
grünlich-purpurroth, selten weisslich mit am Rücken einnervigen 
Blättehen. Blüthen in Trauben. Staubfäden lang. Samen klein, 
aufgedunsen. Heimath: Europa, der Orient, Kap der guten Hoff- 
nung, tropisches Afrika, Ost-Indien, China, Japan. Es werden 
72 in die Untergattungen: HEuscilla, Ledebouria und Endymion 
eingetheilte Arten beschrieben. 

Staubgefässe unter dem Fruchtlnoten stehend: 


. Camassia. Perianthium blau, selten weisslich, Blättehen weit 


abstehend; Staubgefässe herabgebogen. Heimath: Nord-Amerika. 
Es werden zwei Arten beschrieben. 

Ornithogalum. Weissliches oder gelbes, selten rothgelbes oder 
mennigrothes Perianthium, dessen sämmtliche Blättchen weit ab- 
stehend sind. Staubgefässe aufrecht. Heimath: Europa, Orient, 
Kap der guten Hoffnung, tropisches Afrika, Peru und Chile. Es 
werden 73 Arten beschrieben, welche in die Untergattungen; 
Heliocharmos, Carnelia, Myogalum, Beryllis, Osmyne, Cathissa 
und Ledebouriopsis vertheilt werden. 

Albuea. Weissliches oder gelbes Perianthium mit am Rücken 


breitgrünen Blättchen, von denen die drei innern gegen einander 


geneigt sind. Heimath: Kap der guten Hoffnung, tropisches 
Afrika. Es werden 16 Arten beschrieben, die sich in die Unter- 
Gattnngen: Eualbuca, Falconera und Pallastema vertheilen. 
Tribus 8. Chlorogaleen. Zwiebelartige Kräuter mit wenig 
beblätterten oder nakten Blumenstielen, rispigem Blüthenstand, 


. Bowiea. Blumenstiel nackt. Stengel windend. Kapsel fach- 


spaltig dreiklappig. Heimath: Kap der guten Hoffnung. Es 
wird nur eine Art beschrieben 


. Chlorogalum. Blumenstiel aufrecht, wenig beblättert. Kapsel 


fachspaltig dreiklappig. Heimath: Kalifomien. Es werden zwei 
Arten beschrieben. 

Nolina. Blumenstiel aufrecht, wenig beblättert. Kapsel scheide- 
wandspaltig dreiklappig. Heimath Georgien. Es wird nur eine 
Art beschrieben. 


© 
137 


— 412 1° — 


Die Feinde der Rosenkuliur. 
IV. 

4) Schnabelkerfe. Verschiedene Blattlausarten, von denen ein- 
zelne auch auf andere Pflanzen, z. B. Dipsacus, Spiraea etc. leben, 
stellen sich zum grossen Verdruss des Rosenzüchters konstant ein. 
Man kann bei diesen Rosenfeinden zwei Kategorien unterscheiden, 
nämlich 1. solche, welche der Rosenkultur im Freien und 2. solche, 
die ihr im Treibhause schädlich sind. 

Zu der ersten Kategorie gehört in erster Linie Aphis rosae, 
die Rosenblattlaus. Ihre Gestalt ist eine langgestreckte, d. h. ihr 
grösster Breitendurchmesser verhält sich zum Längendurchmesser 
wie 1: 4. Sie ist grün und auf der Oberseite glatt, ohne jede 
Erhöhung. Die Saftröhren sind schwärzlich gefärbt, während das 
säbelförmige Afterschwänzehen gelb ist. Die Geflügelten sind dureh 
ein glänzend schwarzes Schildehen und die gleichgefärbten Flocken 
aın Hinterleibsrande sehr leicht als zu derselben Art gehöriz kenntlich, 
Diese Blattlaus findet sich vorzugsweise an jungen Sprösslingen und 
wird durch ihre ungemein schnelle Vermehrung schädlich. Sie ge- 
bären nämlich täglich 16-20 Junge, die nach 4-6 Tagen schon 
wieder die Mutterfreuden geniessen. Ihr stellen einige Feinde nach, 
nämlich die Sonnenkäferehen, (Coceinellae) und Schwebfliegen (Nym- 
phidae) mit ihren Larven, welche letzteren leider häufig genug von 
unwissenden Gärtnern für Raupen gehalten und deshalb getödtet 
werden; ferner Aphidius rosarum und Aphidius varinus, kleine 
Schlupfwespen, deren Larven sich in den Blattläusen verpuppen. 
Aus diesem Grunde soll man die entfärbten, todten oder sterbenden 
Blattläuse nicht zerquetsehen, weil sie die allernützlichsten Schmarotzer 
im Puppenstande in sich beherbergen 

Die zweite schädliche Blattlausart ist die Siphonophora rosarum 
Koch. So selten dieses Thier in den meisten Jahren ist, so häufig 
tritt es in anderen auf und kann alsdann sehr schädlich werden. 
Schon im Mai erscheinen nach Kaltenbach die ungepflügelten Weib- 
chen: im Juni zeigen sie sich in vermehrter Anzahl an Blumenstielen 
und Fruchtknoten: vor oder nach dem 10. Juni entwickeln sich die 
gepfiügelten Weibehen. Kaltenbach beobachtete sie nur an glatt- 
blättrigen Rosen. 


—_ 493 — 


Eine dritte, im Freien lebende Art, die mit der genannten zu- 
gleich schädlich wird, ist die, besonders von Apotheker ©. Tollen 
und Professor Kirschbaum beobachtete Typhlocyba rosae. Sie 
kommt am meisten auf R. centifolia und R. varia vor. 

Eine äusserst schädliche Schildlaus ist Aspidiotus rosae Bvuche. 
Die Männchen sind blassroth, fein bestäubt, während die Weibehen 
selb sind, eine eiförmige, flache Gestalt haben und besonders da- 
durch kenntlich sind, dass ihr Rücken eingedrückte Punkte trägt, 
die in drei Reihen stehen. Der kreisförmige Schild ist weiss, und 
häufig genug sieht man Zweige, welche so dieht mit Schildern be- 
deckt sind, dass die grüne Farbe der weissen Platz gemacht hat. 
Nicht selten tritt der Fall ein, dass die Rosensträucher absterben, 
und deshalb muss energisch auf dieses Thier in Rosenpflanzungen Jagd 
gemacht werden. Auch die Rosenschildlaus hat ihren speziellen 
Schmarotzer, nämlich den Xystus erytrocephalus, der aber merk- 
würdiger Weise nur in Weibchen zu leben scheint. 

Wass nun die zweite Kategorie anbetriftt, so sind drei Arten in 
den Treibhäusern schädlich, von denen die eine allerdings auch im 
Freien ihr Zerstörungswerk betreibt. Diese letztere ist Aphis rosarum, 
eine kleine Blattlaus, welche in zahlreicher Gesellschaft auf der 
Unterseite der Blätter der verschiedensten Rosen lebt. Nach 
Bouch& sind Capsus capillaris und Capsus nassatus die 
eigentlichen Treibhausbdewohner, die wohl ein jeder Gärtner durch 
ihre schädlichen Eigenschaften kennen dürfte. Sie schaden besonders 
(natürlich auch im Winter) den jungen Rosentrieben sehr. 

Wenn es sich um die Vertilguug der Blattläuse handelt, so 
muss man sich zunächst iragen: Wann ist der geeignete Zeitpunkt, 
um die kolossale Vermehrung dieses lästigen Ungeziefers zu hemmen ? 
Die richtige Zeit zu ihrer Bekämpfung ist unstreitig der Frühling, 
wenn die ersten ihrer Kolonien sich zeigen. Welche Mittel soll 
man aber gegen sie in Anwendung bringen? Die Beantwortung 
dieser Frage ist eine sehr schwierige. Ich will mich hier darauf 
beschränken, einige Mittel anzuführen, welche ich selbst erprobt und 
wenigstens für theilweise wirksam erkannt habe. Zunächst empfehle 
ich Gartenliebhabern das Bestreuen der angegriftenen Pilanzenstellen 
mit Schwefelblüthe. Dieses Mittel bei feuchter Witterung und 
namentlich vor dem Regen angewendet, ist von ausgezeichneter Wir- 


— 494 — 


kung, aber es gehört auch einige Ausdauer dazu, um es mit partiellem 
Erfolge zu benutzen. Im vorigen Jahre gebrauchte ich es unter 
Anwendung von verdünntem Ammoniak, welches die Blattläuse eben- 
falls tödtet. Mit Tabakslauge machte ich gleichfalls Versuche, er- 
reichte aber nicht viel damit. Besser bewährte sich ein wässeriger 
Auszug von Holzasche, welcher mir gute Dienste leistete. Ich kann 
aber nicht verhehlen, dass ich nebenbei eifrig bemüht war, die Blatt- 
läuse da, wo ich eine Kolonie vorfand, zwischen den Fingern zu 
zerquetschen, und ich glaube damit mehr erreicht zu haben, als mit 
den genannten Mitteln. Und doch musste ich mich schliesslich 
überzeugen, dass alle Arbeit beinahe vergeblich geweser, denn wenn 
ich drei Tage lang die Pflanzen nicht inspizirt hatte, waren viele 
Stellen wieder mit Blattläusen bedeckt. Mir ist die feste Ueber- 
zeugung geworden, dass der Gärtner, der nicht allein Rosen, sondern 
alle mögliche Pflanzen zu überwachen hat, wenig oder gar nichts 
gegen die Rosenblattläuse zu thun im Stande ist. Vielleicht würde 
Räuchern mit feuchtem Holz und ähnlichen, Qualm erzeugenden 
Stoffen bei günstiger Windrichtung einigen Erfolg im Grossen haben. 
Nur der Gartenliebhaber, dessen Zeit sonst wenig in Anspruch ge- 
nommen ist, und der daher täglich seine Pflanzen untersuchen kann, 
vermag der Blattläuse einigermassen Herr zu werden. In Treib- 
häusern aber vollends werden sich stets die genannten Arten ein- 
finden, denn wenn sie nicht einmal das Rosenstöckchen des alten 
Mütterchens, das unter dem Dache wohnt, verschonen, so findet man 
sie sicher da, wo Feuchtigkeit und Wärme, ihre hauptsächlichsten 
Lebensbedingungen, herrschen. i 
Linderhöhe b. Köln. Dr. Kalender. 


Herbstrosen. 
(Nach dem Journal of Hortieulture and Cottage Gardener.) 

Wenn man die Kataloge der Rosenzüc*ter durchblättert, so sollte 
man glauben, dass Herbtsrosen so gemein wie Brombeeren wären. 
Aber die Dinge, und das gilt namentlich von der Rosenwelt, sind 
nieht immer so, wie sie zu sein scheinen. | 


— 495 — 


Nicht zum ersten Male ergreife ich die Gelegenheit, die Bemer- 
kung zu machen, dass die sogenannten fortwährend blühenden Rosen- 
hybriden bezüglich ihrer Ergiebigkeit im fortwährenden Blühen eher 
alles Andere sind, als immerblühende. Das Immerwährendste bei 
der ganzen Geschichte ist die regelmässige und schnelle Folge von 
neuen Varietäten per Stück 25 Fres. Auch die Ausdrücke, welche 
bei ihrer Beschreibuug gebraucht werden, sind fortwährend dieselben, 
d. h. grand, bienfait, extra u. s. w. Nach meiner Ueberzeugnng 
sind viele von ihnen nur Sommerrosen, wie z. B. Chinahybride und 
Damascushybride; erstere hat wenig von der China und letztere ist 
nicht zweimal blühend. Gallica und Damascus, bei denen blut- 
roth vorherrscht, waren für die Ausstellnng im Juni sehr gesucht 
wegen ihrer schönen Form, ihrer starken Füllung und ihrer Grösse. 
Deshalb wählen Rosenzüchter sie am meisten. 

Wenn z. B. Jemand einen Garten und in diesem zweihundert 
Rosenvarietäten besitzt, so möge er an irgend einem Tage nach Ver- 
lauf des Monats August nachzählen, wie viele Sorten ihm von da 
ab noch Blüthen bis zum November liefern. Rosen im Herbst sind 
nun aber nicht allein wünschenswerth, sondern auch werthvoll. Wir 
lieben unsere Rosen und gehen selbst zu aussergewöhnlichen Stunden 
hin, sie zu betrachten; mehr, wir setzen uns ihretwillen der Gefahr 
des Sonnenstiches und anderer Krankheiten aus, indem wir an glühend 
heissen Tagen nach ihnen sehen. (!) Schön wie sie sind, wünschen 
wir uns Rosen im Herbst, wenn. Geranien und Beetpflanzen dahin- 
welken. Wir lieben es, ihre Karmoisin- und Purpurfarben im Zwie- 
licht des Abends zu bewundern und sie durch die Morgennebel 
schimmern zu sehen, wie sie mit diamantenen Thautropfen besäet sind. 

Wenn nun auch nicht so zahlreich, als man auf den ersten Blick 
glauben möchte, so kann man derartige Sorten doch mit Erfolg 
suchen, aber man muss. sich dabei von einer besonderen Ansicht 
leiten lassen. Man darf nicht etwa die Theerose ignoriren, weil die 
Blüthen sehr locker, noch darf man China und Bourbon bei Seite 
lassen, etwa weil sie klein sind, denn diese sind diejenigen Rosen- 
sorten, welche am anhaltendsten blühen. Man versuche nur, sie 
richtig zu züchten, so werden sie auch dankbar blühen. 

Eine Einfassung, welche aus ihnen besteht, die im Frühling 
1872 angelegt wurde, ist jetzt (1. Oktober) mit lieblichen Blüthen 


—_— 496 — 


dicht bedeckt, weiss, gelblich, rosa und roth in den mannichfaltigsten 
Schattirungen. Bei manchen sind diese Farben so prachtvoll ge- 
mischt, dass man ihnen durch wörtliehe Beschreibnng nur wenig 
Gerechtigkeit widerfahren liesse. Es sind dabei anhaltend blühende 
Rosenhybriden, die hier in Folgendem namentlich aufgeführt werden 
sollen. 

a) Weisse: Louise Darzens, Boule de reige, Baronne de Maynard, 
Madame Alfred _ de Rougemont, Madame Bellenden Ker, Madame 
Gustave Bonnet. b) Rosen von verschiedenen Schattirungen: Duchess 
of Sutherland, Baronne Prevost, Jules Margottin, Abel Grand, Elizabeth 
Vizneron, Madame Derreux Douville, Catherine Guillot, La France, 
Princesse Beatrice, Louise Bier, Lyonnais, Madame Georg Schwartz, 
Mlle Eugenie Verdier, Madame de Stella, General Castellane, Madame 
Rival, Madame Alice Dureau. ce) Roth in verschiedenen Schattirungen: 
General Jacquemin, Mlle Annie Wood, Madame Creyton, Madame 
Vietor Verdier, Marie Baumann, Baron Hausmann, Alfred Colomb, 
Auguste Rigotard, President Thiers. d) Carmoisin- und violettfarbige: 
Antoine Ducher, Pierre Notting, Lord Macaulay, Fisher Holmes, 
Dupuy-Jamin, Madame Jacquier, Ferdinand de Lesseps. Fügt man 
noch zu diesem Verzeichniss die immerwährend blühenden Hybriden 
der Thee-, der Bourbon- und Chinarosen, lässt man sie keinen Samen 
ansetzen, so wird man eine unerschöpfliche Quelle zu Zimmer- 
dekorationen haben, bis endlich der "Alles zerstörende Frost des 
Winters auch die härtesten der Gartenblumen, die Rosen, vernichtet. 

Dr. K. 


Der letzte Band von De Candolle’s 
Prodromus systematis naturalis regni vegetabilis. 


In der Sitzung der Akademie der Wissenschaften zu Paris am 
20. Oktober d. J. überreichte Alph. de Candolle den siebenzehnten 
und damit den letzten Band seines Prodromus systematis regni 
vegetabilis, eines Werkes, das von seinem Vater vor 52 Jahren be- 
gonnen und von ihm unter Beihülfe verschieden er Mitarbeiter beendet 
worden ist; da sich unter den letzteren auch ein Sohn von Alph. 
de Candolle, nämlich Casimir de Candolle, befunden hat, so hat 


A 


das Werk drei Generationen von Botanikern aus derselben Familie 
heschäftigt. 

Die Uebergabe begleitete A. de GCandolle mit «folgenden Worten: 

„Die er:te Idee Augustin Priamus de Gandolle’s war, 
eine kurze und gedrängte Uebersicht aller Pflanzenspezies nach dem 
natürlichen Systeme zu liefern. Die ersten beiden Bände sind in der 
That ein Auszug aus dem älteren Werke meines Vaters, das unter 
dem Titel „Systema“ erschienen war, nebst einer gleichfall sehr ge- 
drängten Fortsetzung; aber vom dritten Bande an hielt es der 
Verfasser doch für angemessen, bei den einzelnen Spezies mehr in's 
Einzelne zu gehen, besonders bei neuen Arten, welche damals in 
den Herbarien reichlich vorhanden waren. Auf diese Weise, fast 
allein arbeitend, verfuhr er bis zum siebenten Bande. Seine letzten 
Arbeiten galten der Revision der umfangreichen Familie der Kom- 
positen, welche er nach Ueberstehung einer Krankheit und sehr 
kurze Zeit vor seinem 1841 erfolgten Tode beendete. Vom einfachen 
Mitarbeiter gelangte ich somit zur Leitung des Unternehmens. 
Mehrere Botaniker verpflichteten sich, einzelne Familien speziell zu 
. bearbeiten. Ich vermehrte die Zahl der Mitarbeiter und gab ihnen 
durch meine eigenen Artikel ein Beispiel, wie die Charaktere, die 
Synonymie und die Angaben über das Vorkommen nach den Forde- 
rungen der Wissenschaft darzustellen seien. Auf diese Weise ist 
der Prodromus in seinen letzten zehn Theilen mehr als in den 
früheren eine Reihe wahrer Monographien, die in der Botanik, viel- 
leicht in der Naturgeschichte nicht wieder existirt, denn es sind darin 
214 Familien mit 5,1324 Genus und 58,9 75Arten behandelt worden. 

„Fünfunddreissig Verfasser haben daran gearbeitet, deren 
Namen und Arbeiten am Schluss des 17. Bandes des Prodromus 
angegeben sind. Der Begründer des Prodromus hat selbst ein Drit- 
theil desselben bearbeitet; Bentham, der Präsident der Jinn@’ischen 
Gesellschaft zu London, Prof. Meissner zu Basel, Dunal, ehemals 
Professor zu Montpellier, Müller aus Aargau, Konservator meines 
Herbars und ich selbst, wir haben ein zweites Drittheil des Werkes 
bearbeitet; das letzte Drittheil endlich ist von 29 Botanikern ge- 
liefert, zu dem ich die Ehre habe, drei Mitglieder der Akademie zählen 
zu dürfen: Decaisne, Moquin-Tandon und Duchartre; einzelne 
von ihnen haben einen halben Band, andere nur einige Seiten bearbeitet “ 


— 498 — 


„Wir haben unsere Arbeit fortgeführt bis an das Ende der 
wichtigsten Abtheilung, der Dikotyledonen, anschliessend also an die 
von Kunth bearbeitete Uebersicht der Monokotyledonen. Je weiter 
wir in unserer Arbeit vorschritten, desto mehr steigerten sich die 
Schwierigkeiten; denn von Jahr zu Jahr muss man bei monographischen 
Arbeiten mehr Proben untersuchen, mehr Spezies und mehr Werke 
vergleichen, und insbesondere ist es nöthig, zahlreichere und feinere 
Merkmale festzustellen, woran man früher nieht dachte. Bei Beginn 
unserer langen Arbeit konnte ein thätiger Botaniker, umgeben von 
Büchern und Pflanzen, nach dem Gebrauche jener Zeit im Laufe 
eines Jahres ein Tausend Pflanzen beschreiben, heute würde‘er bei 
gleicher Thätigkeit nur 300 bis 400% beschreiben. Die Redaktion 
eines von mehreren Verfassern bearbeiteten Werkes ist gleichfalls 
schwieriger geworden. Indem ich die Zahl meiner Mitarbeiter ver- 
mehrte, war ich gezwungen, mich an Botaniker zu wenden, deren 
wissenschaftliche Verdienste mir bekannt waren, welche sich aber 
nicht immer in Verhältnissen befanden, wie sie für eine schnelle 
und vollständige Arbeit nothwendig sind. Ich konnte wohl reich- 
liches Material und Notizen, welche mein Vater und ich seit 60 
Jahren aus allen erschienenen Büchern und botanischen Zeitschriften 
gesammelt hatten, zur Verfügung stellen; aber es fehlte unsern 
Mitarbeitern oft die Möglichkeit, die Bücher selbst zu vergleichen. 
Die Zahl der Städte, in denen man ohne zu viel Aufenthalt eine 
botanische Monographie verfassen kann, ist beschränkter, als man 
glaubt. Auf der ganzen Erde giebt es deren vielleicht nur acht 
bis zehn. Dieser und andere Umstände, welche aufzuzählen un- 
nütz erscheint, haben für die Herausgabe des: Prodromus Verwick- 
lungen und Verzögerungen von wachsender Schwere herbeigeführt, 
welche mich schliesslich genöthigt haben, denselben mit den Dikoty- 
ledonen abzuschliessen. 

„Wäre ich alleiniger Herausgeber, so würde ich über den Pro- 
dromus keine Meinung aussprechen; aber wenn ich einen Blick auf 
die von hervorragenden Botanikern bearbeiteten Bände werfe, so 
kann ich es nicht umgehen, die wichtigsten Ergebnisse des Werkes 
hervorzuheben. Dasselbe hat für zahllose andere Arbeiten, besonders 
für Floren, als Grundlage gedient. Es hat mächtig zur Einführung 
des natürlichen Systemes beigetragen, besonders was die Eintheilung 


=. a0 


in Familien betrifft, desgleichen der Genera und Spezies, sowie für 
richtige Grundsätze bei der Nomenklatur und insbesondere für das 
Recht der Priorität. Wir haben die Genera und Spezies bewahrt, 
wie sie Tournefort und Linne geschaffen, dagegen waren wir Neuerer 
in der Einführung zahlreicherer, der Beachtungwerther Details, welche 
den Beschreibungen mehr Sicherheit und Klarheit geben. Die Zahl der 
neuen Genera und Spezies, welehe uns Dank den Entdeckungen der 
Reisenden zu publiziren möglich gewesen ist, ist ausserordentlich 
gross; sie erhebt sich auf 657 Genera und 11,790 Species. Die 
Zahl der in der zweiten Auflage von Linne’s „Species Plantarum“ 
enthaltenen Dikotyledonen beträgt 5,727. Der Prodromus enthält 
zehnmal so viel, und die Zahl unserer neuen Arten ist doppelt so 
sross als diejenigen der zur Zeit Linn&’s bekannten. Jeder unserer 
Bände hat in Mittel 25°, mehr Spezies, als bis dahin bekannt 
waren. Andererseits hat der Prodromus viele leichtsinnig geschaffene 
Genera und besonders Spezies beseitigt, welche nicht genügend un- 
terschieden waren. Es ist dies eine Aufräumungsarbeit, welche nur 
Monographen auf gleichmässige und genügende Weise ausführen 
können, und welche nach meiner Ansicht der Wissenschaft einen 
wichtigen Dienst leistet. 

„Der XVII. Band umfasst mehrere Familien, deren natürliche 
Stellung bisher zweifelhaft war oder es noch ist, und einige solche, 
deren Veröffentlichung auf Wunsch der Verfasser anfgeschoben 
wurde. Abgesehen von einzelnen kleinen Gruppen, die ich am An- 
fange beschrieben habe, führe ich an: Die „Phytoereneen“ von 
Baillou, die „Podestemaceen“ von Weddell, die „Lennoaceen“ 
vom Grafen Solms, die „Nepenthaceen* und „Cytineen“ von 
Dr. Hooker, die „Balanophoreen“ von Dr. Eichler, die „‚Ulmaceen“ 
von Planehon dem Aelteren und die „Moraceen“ von Eduard 
Bureau. 

„Der letzte Band bietet demnach im höchsten Grade einen kos- 
mopolitischen Charakter, auf welchen ich in dem Kapitel über die 
Geschichte des Prodromus aufmerksam gemacht habe. Weil wir in 
einem rein wissenschaftlichen Werke von den Pflanzen aller Länder, 
von den Sammlungen Reisender aus allen Staaten und den in ver- 
schiedenen Hauptstädten zerstreuten Herbarien zu sprechen hatten, 
waren wir natürlicher Weise dahingeführt, das Werk mit keinerlei 


— 50 — 


lokalen oder ausschliessichen Charakter zu bekleiden. Wir haben 
die durch Linne, der beschreibenden Botanik in so wunderbarer 
Weise angepasste lateinische Sprache, angewendet, und unsere 
Mitarbeiter haben wir unter den verschiedensten Verhältnissen ge- 
wählt. Sie gehörten acht verschiedenen Nationen an nnd wohnten- 
von Florenz bis London, von Moutpellier bis Stockholm und Peters- 
burg. Ohno Zweifel brachte dies einige Schwierigkeiten mit sich, 
aber auch ein allgemeines Wohlwollen bei den reisenden und sess- 
haften Botanikern und insbesondere eine vollständige Unparteilich- 
keit, welche für alle Wissenschaften verlangt wird, und deren Werth 
besonders die Naturforscher empfinden.“ 


PROGRAMM 


der vierten grossen Ausstellung des Verbandes 
Rheinischer Gartenbau-Vereine in Mainz. 


Der Mainzer Gartenbauverein wird als Vorort des Verbandes 
rheinischer Gartenbauvereine am 5. April 1874 in der Fruchthalle 
dahier eine grosse Ausstellung von Blumen, Bouquets, Gemüsen, 
Früchten, Garten-Plänen und -Utensilien u. s. w. abhalten, und 
erlaubt sich hiermit sämmtliche Verbandsmitglieder sowie alle Blumen- 
freunde, Kunst- und Handelsgärtner des In- und Auslandes zur Be- 
theiligung an derselben ganz besonders einzuladen. 

Die Ausstellung wird Sonntag den 5. April, Morgens 9 Uhr, 
eröffnet und endet Montag den 14. April, Abends 6 Uhr. 

Anmeldungen zur Aufstellung, die Angabe der betrefienden Gegen- 
stände, sowie jene des vom Aussteller beanspruchten Raumes nebst An- 
gabe deretwaigen Höhe der einzusendenden Pflanzen müssen bis längstens 
den 1. März bei dem unterzeichneten Vorstande eingereicht werden. 

Die Pflanzen müssen bis längstens den 3. April Abends auf- 
gestellt sein; auswärtigen Ausstellern wird die Aufstellung auf Ver- 
langen bestens besorgt. Abgeschnittene Blumen, Bouquets, Gemüse 
u. dgl. können bis zum -s. April Morgens vor 8 Uhr noch Aufnahme 
finden. Später eingesandte Gegenstände können nur dann berück- 
sichtigt werden, wenn es der Raum gestattet, und haben keinen An- 
spruch auf Prämiirung. 


Jeder Aussteller wird ersucht, seiner Einsendung ein doppeltes, 
recht deutlich geschriebenes Verzeichniss der ausgestellten Gegenstände 
beizufügen, das eine mit, das andere ohne Namensunterschrift. 

Die Aussteller haben sich den Anordnungen der Dekorations- 
Kommission zu fügen. 

Von Gesellschaften sowie von Preisrichtern ausgestellte Gruppen 
können um keinen Preis konkurriren. 

Die Pflege der Pflanzen während der Ausstellung wird gewissen- 
haft besorgt. 

Vor Schluss der Ausstellung dürfen ausgestellte Gegenstände 
nicht zurückgenommen werden; bei Pflanzen, welche durch längeres 
Ausstellen leiden würden, kann die Dekorations-Kommission eine 
Ausnahme zulassen. 

Am 15. April haben sämmtliche Aussteller ihre Gegenstände 
abzuholen; auswärtigen Ausstellern werden dieselben auf Verlangen 
bestens znrückbesorgt. 

Die Aussteller haben jederzeit freien Zutritt. 

Zur Vertheilung unter die Preisbewerber bewilligt der Garten- 
bauverein 3000 Mark. Die Vertheilung dieser Summe in Verbindung 
mit etwaigen Ehrenpreisen, welche ev. in einem Zusatzprogramm 
werden bekannt gemacht werden, geschieht auf die preiswürdig er- 
kannten Gruppen in dem von den Preisrichtern zu bestimmenden 
Verhältniss. Die Aussteller werden hiermit ganz besonders darauf 
aufmerksam gemacht, dass demnach eine Bevorzugung einzelner 
Pflanzengattungen auf dieser Ausstellung nieht stattfindet und nur 
auf den Werth der in den Gruppen enthaltenen gärtnerischen Leistungen 
bei der Prämiirung Rücksicht genommen wird, so dass nicht nur jede 
Gruppe, sondern auch mehrere zugleich die höchste Anerkennung 
erlangen können. 

Bei Zusprechung der Preise soll den Preisrichtern als Riehtschnu: 
dienen: Kulturvollkommenheit, Blüthenfülle, Neuheit und blumistischer 
Werth, sowie auch geschmackvolle Au fstellungundriehtige Etiquettirung. 

Mit der Ausstellung ist eine Pflanzenverloosung verbunden, 
worüber das Nähere bekannt gemacht werden wird. 

Mainz, im August 1573. 

Der Vorstand des Gartenbau-Vereins in Mainz. 


—-— 502 — 


PROGRAMM 


eines internationalen botanischen Kongresses nehst 
Ausstellung zu Florenz. 


Die königliche toskanische Gartenbaugesellschaft zu Florenz 
hat für den Mai 1874 einen internationalen botanischen Kongress 
berufen, womit sie eine Gartenban-Ausstellung zu verbinden beab- 
sichtigt. Das uns vorliegende Programm für den Kongress werden 
wir hier ganz, dasjenige für die Ausstellung nur im Auszuge mit- 
theilen. 

A. Der Kongress. 
a. Allgemeine Bestimmungen. 

1. Ein von der königlichen toskanischen Gartenbaugesellschaft ver- 
anstalteter internationaler botanischer Kongress soll im Monat 
Mai 1874 zu Florenz stattfinden und gleichzeitig mit der inter- 
nationalen Gartenbau-Ausstellung drei Tage dauern. 

. Zugelassen wird Jeder, der sich mit der Botanik beschäftist. 

. Botaniker, welche an dem Kongress theilzunehmen wünschen, haben 


nn DD 


sich mit einer auf die Person gültigen Karte zu versehen, die 
auf Verlangen von dem Präsidenten der k. tosk. Gartenbau- 
gesellschaft, unterzeichnet von ihm und dem Direktor der Gesell- 
schaft, ausgehändigt wird. 

4. Die Meldungen um Karten für den Kongress sind vor dem 
1. März 1874 an den Präsidenten oder an die Sekretäre der 
Gesellschaft im k. Museum für Physik und Naturgeschichte 
(Musde Royal de Physique et d’Histoire naturelle) in Florenz zu 
richten. 

5. Die k. toskanische Gartenbaugesellschaft hat schon die nöthigen 
Sehritte gethan, um bei der italienischen Regierung und bei den 
Verwaltungen der Eisenbahnen und Dampfschiffe, fremden sowohl 
wie einheimischen, Fahrpreisermässigungen zu erwirken, und wird 
zu geeigneter Zeit über den Erfolg dieser Anträge und über die 
Förmlichkeiten, welche zur Erlangung der etwa bewilligten Er- 
leichterungen zu erfüllen sind, die nöthigen Veröffentlichungen 


veranlassen. 


— 508 — 


6. Die feierliche Eröffnung des Kongresses wird durch den Präsidenten 
der k. toskanischen Gartenbaugesellschaft erfolgen, welcher gleich- 
zeitig die Namen der von der Gesellschaft ernannten Vicepräsi- 
denten bekannt geben wird. Der Kongress schreitet sofort zur 
Wahl der Sekretäre und der Präsidenten der einzelnen Sitzungen. 
Letztere müssen aus der Zahl der Vizepräsidenten entnommen 
werden; sie leiten die Verhandlungen in denjenigen Sitzungen, 
für welche sie ernannt sind. 

7. Das Italienische bildet die offizielle Sprache des Kongresses; in- 
dessen kann sich jedes Mitglied seiner Muttersprache bedienen 
und zwar sowohl bei den schriftlichen Berichten als in der Diskussion. 

8. Die Dauer des Kongresses ist nothgedrungen eine sehr beschränkte, 
und werden deshalb die Herren Kongressmitglieder dringend ge- 
beten, bei ihren Mittheilungen und in der Debatte sich möglichster 
Kürze zu befleissigen. 

9. Die schriftlichen Berichte sind dem Bureau des Kongressvorstan- 
des einzureichen. In den Versammlungen des Kongresses werden 
Auszüge daraus mitgetheilt. 

10.Bei Gelegenheit des internationalen botanischen Kongresses werden 
Ausflüge in die Umgebungen von Florenz veraustaltet werden; 
man wird die hervorragenden Gärten der Stadt und Umgegend 
besuchen und einen Ausflug nach Pisa unternehmen, um daselbst 
den botanischen Garten und das naturhistorische Museum zu 
besichtigen. 

(Präsident der Gartenbausgesellschaft ist Prof. Fil. Parlatore, 
Sekretäre sind Prof. Cesare d’Aucopa und Cav. Emanuele 
Orazio Fenzi). 

b. Verhandlungs-Gegenstände. 

I. Ueber die Dauer des latenten Lebens in den Pfiianzen und 

über die Bedingungen, dasselbe wieder zu erwecken. 

Il. Ueber die Zellularzirkulation und ihre Ursachen. 

IH. Ueber die Aufgabe der Milchsäfte in den Pflanzen. 
IV. Ueber die Natur und die Funktion der Härchen der Pflanzen. 

V. Ueber die Ursachen der freiwilligen Bewegung der Blätter, 

wie sie sich vorzüglich bei Hedysarum gyrans zeigt. 
VI Ueber die Ursachen, welche die Richtung des Würzelehens 
und des Stengelehens bei der Keimung bestimmen. 


XV. 


XV. 


XVII. 


XIX. 


XX. 
XXI. 


XXU. 


Br 


Ueber die Ursachen, welche die Richtung der Zweige beein- 
tiussen, insbesondere bei den Trauerbäumen (arbres pleureurs). 


. Ueber die Eingewöhnung der mehrjährigen Pflanzen, insbe- 


sondere über das Lebensalter, in welchem jede Art den 
niedrigsten Temperaturen, welche sie ertragen kann, wider- 
stehen kann. 


. Ueber die Aehnlichkeit der Fortpflanzungsorgane bei Phane- 


rogamen und Kryptogamen 


. Ueber die Allgemeinheit (oder nicht) der dichogamen Befruch- 


tung und über die Dauer der Befruchtungsfähigkeit des 
Pollens. 


. Ueber den Zweck der gestreiften Bläschen der Embryonal- 


bläschen uud die Natur der antipoden Bläschen des Embryo- 
sackes. 


. Ueber Natur und Aufgabe der Gonidien bei den Flechten. 
. Ueber die Natur der kryptogamischen Parasiten des Menschen. 
. Ueber Natur und Entstehung der Bakterien. 

. Ueber den Antheil, welchen die Pflanzen haben oder haben 


könnten an der Gährung, an den Miasmen und den An- 
steckungen. 

Ueber die Veränderungen, welche die Blätter in den verschie- 
denen Lebensaltern der Pflanzen bieten. 

Ueber die Symmetrie bei den Staubgefässen. 

Kann man bestimmte Rrgeln aufstellen für eine rationelle 
Abgrenzung der Pflanzenabtheilungen, welche als Spezies, 
Rasse, Varietät bezeichnet werden, insbesondere zu dem 
Zwecke, den Willkürlichkeiten der Botaniker ein Ziel zu 
setzen? 

Ueber den Werth der Bestimmung fossiler Pflanzen, besonders 
über das Kriterium der Blatteigenthümlichkeiten bei diesen 
Bestimmungen. 

Ueber Charakter und Ursprung der Inselfloren 

Ueber Charakter und Ursprung der Alpenfloren, insbesondere 
über die Ursachen, welche ihrer Ausbreitung Schranken 
setzen. 

Ueber die Hülfsmittel zu einer sicheren Schätzung der mwikro- 


skopischen Vergrösserung. 


B. Die Ausstellung. 

1. Die internationale Gartenbauausstellung zu Florenz dauert vom 
11. bis 25. Mai 1875. 

2. Die Anmeldungen müssen dem Komite vor dem 31. Januar 1874 
eingereicht werden. Sie müssen enthalten die Angabe, um welchen 
Preis der Aussteller konkurrirt, ein Verzeichniss der Ausstellungs- 
objekte und eine annähernde Angabe über den beanspruchten Raum. 

3. Die Ausstellungsgegenstände sind vom 2. bis 10. Mai einzuliefern, 
wofern das Spezialkomite nicht anders bestimmt. 

4. Die Transportkosten bis Florenz trägt der Aussteller, doch sollen 
Transportermässigungen erwirkt werden. 

5. Das Komite nimmt auf dem Bahnhofe in Florenz die Sachen in 
Empfang, stellt sie auf und sendet sie nach beendeter Ausstellung 
zurück, :wofern der Aussteller nieht selbst einen Vertreter in 
Florenz hat. Dasselbe muss aber jede Verantwortlichkeit für 
Beschädigungen auf dem Transporte ablehnen. 

6. Jede Pflanze etc. ist mit dem deutlich geschriebenen Namen zu 
bezeichnen. Verkäufliiche Pflanzen ete sollen auch eine Preisangabe 
besitzen. 

T. Kein Gegenstand kann sich um mehr als einen Preis bewerben. 

8. Das Komite behält sich vor, alle weiteren Bestimmungen zu 
treffen, und wird sich beeilen, die Aussteller davon in Kenntniss 
zu setzen. 


An Preisen hat die Gartenbaugesellschaft ausgesetzt 100 goldene, 
221 silberne und 131 'bronzene Medaillen. Ausserdem ist e'ne ent- 
sprechende Anzahl von Medaillen den Preisrichtern zur Verfügung 
gestellt. Den verdientesten Gärtnern und Kultivatoren_werden be- 
sondere Preise zuerkannt. 

Fünf grosse Ehrenpreise, bestehend in grossen goldenen Medaillen, 
sind vom Könige von Italien, vom Ministerium für Ackerbau und 
Handel, von dem Vereine der Patronats-Damen, von der Provinz 
und von der “tadt Florenz ausgesetzt, welche für besondere Leistungen 
bewilligt werden sollen. 

Fürst Paul Demidoff hat dem Komite zwei goldene Medaillen, 
jede 500 Franken werth, zur Verfügung gestellt und beide für Rosen 
bestimmt 


— 506 — 


Prof. Parlatore hat eine goldene Medaille als ersten Preis für 
Nepenthes ausgesetzt. 

Die Konkurrenzen umfassen in 102 Artikeln oder Gruppen 
248 Nummern. Die I. Gruppe z B. betrifft Orchideen mit 6 Konkur- 
renzen, die II. Gruppe Palmen mit 5 Nummern, die II. Gruppe 
Cykadeen in 3 Nummern, die IV. Pandaneen, die V. Farne mit 
8 Konkurrenzen, die VI. Musaceen, die VII. Bromeliaceen, die VII. 
Dracaenen, die IX. Aroideen, die X. Marantaceen, die XI. Nepen- 
theen, die XIV. Gesneriaceen, die folgenden Gruppen verschiedene 
Kalt- und Warmhauspflanzen, die XXVI. Erikaceen, die XXX. Koni- 
feren, die XXXI. Rosen ete. 


15. Sitzung des Schlesischen Centrali-Vereins für 
Gärtner und Gartenfreunde. 


Durch Kunst- und Handelsgärtner R. Schönthier war eine 
neue selbstgezüchtete Form von Abutilon venosum ausgestellt, 
welche sich durch reinweiss berandete Blätter sehr effektvoll aus- 
zeichnete. Im weiteren Verlauf der Sitzung sprach man über Durch- 
winterung der Georginenknollen und die verschiedenen Methoden, 
dieselben vor dem Verderben im Winter zu schützen. Als praktisch 
stellte man auf: Die Stengel bis auf den Wurzelhals abzuschneiden 
und die Knollen je nach den Verhältnissen in einem trocknen, frostfreien 
Raume aufzubewahren und mit trockenem Sande zu bedecken. Durch 
die Erfahrung findet jeder Gärtner gewöhnlich in seinen Gewächshäusern 
einen passenden Platz. 

Obergärtner Streubel spricht hierauf über die verschiedenen 
Vermehrungsarten von Prunus japonica fl. albo pleno, gewöhnlich 
in den Gärten als Pr. chinensis bekannt. Dieser herrliche Strauch 
mit seinen reinweissen, gefüllten Blumen, welche im zeitigen Früh- 
jahr erscheinen, ist immer noch viel zu wenig in den Gärten ver- 
breitet. Die Vermehrung geschieht am leichtesten durch Stecklinge 
von angetriebenen Pflanzen, sowie im Juni aus dem Freien, ferner 
durch Senker und Wurzelstecklinge, sowie durch Veredelung auf 
Pflaumen, wodurch hübsche Bäumchen erzielt werden. 


— 507. — 


Obergärtner Schütze hält hierauf einen Vortrag über seine 
Kultur der Dracaenen, welche er in einem reichen und schönen 
Sortiment besitzt, bespricht die verschiedenen Vermehrungsarten und 
Verwendungen in Hinsicht ihrer Form, besonders hebt er hervor 
die Korbkultur bei Dracaena indivisa und deren Varietäten, um in 
ganz kurzer Zeit für Rasenplätze u. s. w. recht dekorative Pflanzen 
zu haben. Ferner giebt er alle die Arten und Formen an, welche 
sich zur Kultur für den Liebhaber im Zimmer eignen und andere, 
welche zur Dekoration im Freien zu verwenden sind. Von neueren 
Dracaenen empfiehlt er besonders Guylfoylei, Reginae, Dennisonii, 
porphyrophylla, magnifica, gloriosa und Fraseri. Erstere zwei sind 
gute Handelspflanzen. 


Einige Bemerkungen 
über die Erscheinung der Sommerdürre unserer 


Baum- und Strauchblätter. 
Von Prof. 6. Kraus. 


Es ist bekanntlich eine an manchen Orten wiederkehrende Er- 
scheinung, dass die Bäume und Sträucher im Hochsommer, wenn 
derselbe nicht ungewöhnlich feucht ist, allmälig unter Wassermangel 
des Bodens leiden und einer abnormen und verfrühten Blattdürre 
verfallen. Die betreffenden Planzen bekommen im Juli, oft schon 
Ende Juni schlaffe Blätter, werden bei fortdauerndem Regenmangel 
bald fahl, vergilben, ‚werden endlich braun und vertrocknen ohne 
abzufallen am Zweige. Die nähere Untersuchung der Ansatzstelle 
solcher Blätter seigte nun, dass die sonst im Herbste gebildete 
„rundzellige Trennungsschicht‘“, die den Blattfall einleitet, nicht ge- 
bildet war. In der That bleiben die Blätter auch (ähnlich wie nor- 
male Eichen- und Hainbuchenblätter, deren Blattbasis wintergrün 
ist), den ganzen Winter am Zweige hängen. Diese Thatsache zeigte, 
dass der Sommertod dieser Blätter nicht wohl als ein verfrühter 
Blattfall genommen werden dürfe, und es drängte sich bei dieser 
Gelegenheit unwillkürlich die Frage auf, wie sich wohl die in diesen 
Blättern im Sommer vorhandenen wichtigen Stoffe, die unter nor- 
malen Verhältnissen aus dem Blatte fortgeleitet zu werden pflegen, 
verhalten. 


— 508 — 


Es wird allgemein angenommen, dass die werthvolleren Zelibe- 
standtheile, die Eiweisskörper und die Stärke, von den Aschenbe- 
standtheilen das Kali und die Phosphorsäure, aus dem herbstlichen 
Blattte in den Stamm zurückgehen. Für das Protoplasma, die 
Chlorophylikörner und das Amylum ist das Verschwinden aus dem 
Blatte durch Sachs genauer bekannt geworden, für die genannten 
Aschenbestandtheile durch die chemischen Analysen. Bei den Ei- 
weisskörpern und der unverbrennlichen Asche ist das Verschwinden 
gleichbedeutend mit Rückleitung in den Stamm, da an gasförmige 
Entwickelung dieser Stoffe nicht gedacht werden kann: letzteres 
könnte man höchstens für das Stärkemehl (in Form von Kohlen- 
säure) annehmen. Mag immerhin von dem im Herbstblatte befind- 
lichen Material mehr verathmet werden, als im Sommer, für die 
Hauptmasse ist gewiss die Rückleitung in die Zweige u. s. w. die 
richtige Annahme. 

Die Frage, welche sich Verf. hinsichtlich der sommerdürren 
Blätter vorlegte, war demnach näher präzisirt die, ob sich dieselben 
hinsichtlich der in Rede sehenden Materialien den Herbstblättern 
gleich verhalten oder nicht, d. h. ob die in ihnen befindlichen Ei- 
weisskörper und Kohlenhydrate nebst zugehörigen Salzen in den 
Stamm zurückgehen, oder ob diese Stoffe im Blatte verbleiben, mit ° 
demselben verloren gehen. Es ist klar, dass in ersterem Falle der 
direkte Schaden der Sommerdürre darin bestände, dass die Pflanze 
ihrer Assimilations- und Transpirationsorgane für den letzten Theil 
der Vegetation beraubt würde, während im zweiten Falle noch ein 
positiver Verlust sehr werthvoller Materialien in Rechnung zu bringen 
wäre. Die zur Entscheidung dieser Frage vom Verf. angestellten 
mikro-chemischen Untersuchungen wurden an drei verschiedenen, 
zum Theil völlig, zum Theil halb sommerdürren Pflanzen ausgeführt; 
an Syringa, Cornus mascula und Aesculus Hippocastanum 
und zwar Mitte September. - 

Als Resultat dieser vom Verf. ausführlich mitgetheilten Unter- 
suchungen ergab sich nun: 

„Dass in den sommerdürren Blättern die protoplasmatischen 
Substanzen (Eiweisskörper), Protoplasma, Primordialschlauch, Zellkern, 
Grundlage der Chlorophylikörner, dem Ansehen nach zu schliessen, 
alle, wie sie zur Zeit des Eintritts der Trockene vorhanden sind, im 


— 5009 — 


Blatte zurückbleiben, mit vertroecknen und später mit abgeworfen 
werden; dass also durch die Sommerdürre der Pflanze ein beträcht- 
licher Verlust an Eiweisssubstanzen erwächst, wie es scheint, soviel, 
als zur Zeit des Dürreeintritts an diesen Substanzen im Blatte vor- 
handen war. 

„In frappantem Gegensatze dazu steht das Verhalten der Stärke- 
körner. Während die gleichzeitigen grünen Blätter damit massen- 
haft erfüllt sind, sind sie aus den sommerdürren spurlos verschwun- 
den und nur noch in den Organen spurweise zu finden, welche die- 
selben auch in normalen herbstlichen Blättern noch spurweise 
enthalten. 

„Man könnte geneigt sein“, fährt Verf, fort, „aus dem Ver- 
schwinden der Stärke sofort auf eine Rückleitung in die bleibenden 
Organe zu schliessen; allein ein derartiger Schluss wäre nicht ganz 
sicher. Es wäre wenigstens denkbar, dass, während das Blatt im 
‘ welken Zustande lange zwischen Leben und Tod schwebt, ein grosser 
Theil des Materials durch Athmung als Kohlensäure verbraucht 
würde.“ Entscheidend in dieser Hinsicht schien es dem Verf. und 
zugleich zum Beweise für den Verbleib der Eiweiskörper im Blatte 
zu dienen, wenn eine chemische Analyse das Verhalten der Phos- 
phorsäure und des Kali darthäte. Bei der jetzt wohl allgemein an- 
nommenen innigen Beziehung zwischen Eiweisskörpern und Phos- 
phorsäure einerseits, Stärkemehl und Kali andererseits, musste die 
Bestimmung des Phosphorsäuregehalts der Blätter die mikroskopische 
Analyse hinsichtlich der Eiweisskörper bestätigen, und musste be- 
trächtlich mehr Phosphorsäure im sommerdürren als im herbst- 
lichen Blatte vorhanden sein. 

Andererseits sollte man meinen, müsse die Bestimmung des Kali 
über den Verbleib des Stärkemehls Aufschluss geben. Unter der 
Voraussetzung, dass das Kali des Blattes in seiner Wanderung mit 
der des Stärkemehls einigermassen Schritt hält, liesse sich auf eine 
Auswanderung des Stärkemehls in sommerdürren Blättern schliessen, 
wenn dasselbe nur die geringen Mengen Kali enthielte, die im Herbst- 
blatte zurückblieben. 

Prof. Märeker liess nun auf Veranlassung des Verf. Aschen- 
analysen und Stickstoffbestimmungen herbst- und sommerdünrer 
Blätter von Syringa vornehmen. 


— 51 — 


Es dienten dazu Anfang September gesammelte, schon im Juli 
welkgewordene sommerdürre und normale, gelb und mit Trennungs- 
schicht abgefallene Herbstblätter von Mitte Oktober; beide von dem- 
selben Strauche stammend. Nachstehendes sind die Prozentzahlen, 
auf Trockensubstanz bezogen: 

Sommerdürre _Herbstliche Blätter 


SUICKSEOIEr SEE hr 2 eaerser Suelmieen.4 120475, 02456 0)5) 1,370 (14, %) 
Phosphorsanrer) „I AR TEIUR IE FEN 0 52665) 0,373 ( 3,8,) 
Kal 2347. 4321202. BrtcHeISMIERH 4912,98437.3,) 3,831 (39,7 ,) 
ET I De RR ar: 1,216 
Mineralstoffe (kohlensäurefrei) überhaupt: 8,0 s 9,636 


Hieraus leitet Verf. nun die nachstehenden Schlussverfolge- 
rungen ab: 

1) Die Stickstoftbestimmung zeigte in den sommerdürren Blättern 
einen fast doppelt so hohen Gehalt, als in den herbstlichen und 
stimmt demnach bestens mit dem mikroskopischen Befunde. 

2) In analoger Weise zeigt sich der Phosphorsäuregehalt in 
ersteren ebenfalls fast doppelt so hoch als in letzteren. 

Es folgt daraus, dass den Pflanzen durch die Sommerdürre mit 
dem Blattfalle eine fast; doppelt so grosse Menge an Stickstoff und 
Phosphorsäure als durch den Blattfall entzogen wird. 

Hinsichtlich des Kali’s zeigt sich ein sehr merkwürdiges Ver- 
halten: die herbstlichen Blätter enthalten ebensoviel, (ja genau ge- 
nommen etwas mehr) als die sommerdürren. 

Nimmt man an, dass aus dem herbstlichen Blatte hier, wie es 
sonst zu geschehen pflegt, Kali ausgewandert sei, und dass die vor- 
handenen 39 pCt. nur die Reste des früher vorhandenen sind, so 
muss man auch annehmen, dass aus dem sommerdürren eine Aus- 
wanderung stattgehabt hat, und schliessen, dass 

3) in den sommerdürren Blättern sowohl das Kali als das 
Stärkemehl vor dem Vertrocknen auswandere ganz so wie vor dem 
herbstlichen Blattfall. 

Demnach verlöre die Pflanze durch die Sommerdürre das in 
den Blättern vorhandene Kali und Amylum nicht. 

So stellt sich also die merkwürdige Thatsache heraus, dass bei 
der Sommerdürre der Blätter das Kali und das Amylum, nicht aber 


*) Die in Klammern begesetzten Zahlen bedeuten die Prozente auf die 
Aschenbestandtheile — 100 bezogen. 


— 5l — 


Phosphorsäure und Eiweisskörper zurückzuwandern im Stande wären, 
dass Eiweisskörper und Amylum in ihrer Wanderung nieht unmit- 
telbar an einander gebunden, dass unter Umständen Kali und 
Amylum beweglicher sind, als Eiweisskörper und Phosphorsäure.“ 

(Botanische Zeitung 31. Jahrg. 1873. No. 26. u. No. 27. 
durch Agrikulturchem, Zentralblatt.) 


Journalschau und Vermischtes. 


— Das „Journal de la Societe centrale d’Horticulture 
de France“ bringt in seinem August-Hefte den Bericht eines Gärt- 
ners, des Herrn Bryophile Silvestre in Chamarande (Departement 
Seine et Oise) über einen dem Birnbaum sehr schädlich werden- 
den Käfer, den Agrilus viridis Fabr., dessen Larve sich an 
allen Theilen des Birnbaumes, am Stamm sowie an den Aesten und 
Zweigen nnd an der Wurzel befinden soll. Die Apfelbäume werden 
weit seltner von diesem Feinde heimgesucht. ”) 

So lange das Thier an einem Aste bleibt, leidet nur dieser 
durch dasselbe, hält es sich aber am Stamme auf, so leiden alle 
Theile des Baumes. Er hat keine Kraft mehr Aeste zu entwickeln. 
Er ist bedeckt mit Blüthen, die fast immer unfruchtbar sind, und 
geben sie einige Früchte, so sind dieselben klein, verschrumpft und 
von schlechter Qualität. Befinden sich am selben Baum mehrere 
Larven, dann ist das Uebel noch grösser; fünf oder sechs derselben 
genügen, um den Baum zu tödten. 

Die Larve entwickelt sich zuerst an der Oberhaut des Baumes, 
sie dringt später ins Innere bis zum Splint hinein. Dort angelangt, 
dringt sie stetig nach unten vor und gelangt zuletzt bis in die 
Wurzel, wofern der Baum nicht so hoch ist, dass sie vorher ihre vollstän- 
dige Ausbildung erreicht, ehe sie unten angelangt ist. Bei diesem 
Vorrücken nach unten zu beschreibt sie die wunderlichsten Spiralen 
oder Ziekzacklinien. Am verderbliehsten wird sie den Bäumen, wenn 
sie sich von Anfang an etwas über dem Wurzelhalse einnistet, denn 


*) Wäre das Thier vielleicht dasselbe, welches Blanchard unter dem 
Namen Agrilus pyri aufführt? 


— 512 — 


n solchem Falle gelangt sie stets ganz unbemerkt in die Wurzel 
und dann ist das Uebel ganz und gar unheilbar. Allem Anscheine 
nach verbleibt das Insekt zwei Jahre lang im Larvenzustande. 

Da es dem Berichterstatter nicht gelungen war, ein einigermas- 
sen zuverlässiges und nachdrückliches Mittel zur Vertilgung der 
Larven aufzufinden, welche keineswegs blos in der Erde ihre Meta- 
morphose vornimmt, sondern sich, seiner direkten Beobachtung zu- 
folge, eben so gut auf den Zweigen verwandelt, so giebt er den 
Rath, lieber das vollkommene Insekt als die Larve zu verfolgen. 

J. G. 

— In den illustrirten Monatsheften für Obst- und 
Weinbau giebt Dr. E. Lucas eine farbige Abbildung nebst Be- 
schreibung der „Graf Althann’s Reineclaude“. Diese Pflaume, 
welche sich als eine sehr edle, fruchtbare und besonders schöne 
Frucht herausgestellt hat, die vom lieblichsten Hellrosa bis zum 
leuchtenden Rosakarmin abwechselt, wurde laut Angabe des Baron 
von Trauttenberg in Prag in den Gärten des Grafen Michael Joseph 
Althann in Swoyschitz in Böhmen aus dem Samen einer grünen 
Reineclaude erzielt. Sie reift bereits gegen Ende August. 

Auch von einer schwarzen Johannisbeere mit sehr gossen Früchten, 
die unter dem Namen Barg-up-Johannisbeere bekannt gemacht war- 
und für die Lucas den passenden Namen „schwarze Kirsch- 
Johannisbeerein Vorschlag bringt, da die Früchte in der That den 
Kirschen an Grösse fast gleichen, gibt das voriiegende 10. Heft eine 
kurze Beschreibung nebst Holzschnitt-Abbildung. 

Im August-Hefte der Gartenflora finden wir die farbige Ab- 
bildung einer neuen Iris, die Dr. Regel „Iris Korolkowi“ 
nennt, weil ihm von Turkestan aus lebende Wurzelstücke von dieser 
Pflanze durch den Obersten Korolkow eingsandt worden waren. Die 
Pflanze, welche Ende April im Petersburger Garten zur Blüthe kam, 
hat einen 35 bis 38 Zentimeter hohen, unten beblätterten, nur an 
der Spitze blattlosen, stielrunden Stengel, welcher gleich den Blättern 
mit einem feinen Reif überzogen ist. Die aım Grunde reitenden, 
ziemlich geraden Blätter sind etwas kürzer als der Stengel, bandförmig, 
5 bis 12 Millimeter breit. Die Blüthenscheiden enthalten bei den 
Exemplaren des Dr. Regel nur zwei Blumen, es wäre aber 
nicht unmöglich, dass sie im freien Lande mehrblüthig werden könnten. 


— 53 — 


Die sehr kurz gestielten und dieht neben einander stehenden 
Blumen ähneln in ihrer Farbe einigen Arten der Untergattung 
Onocycelus, wie z.B. der Iris iberica, sie sind auf schmutzig weissem 
Grunde schön schwarz-purpurn geadert. Während aber die oben 
erwähnte Untergattung sich dadurch auszeichnet, dass die äusseren 
Perigonblätter auf der ganzen inneren Seite des Sengels behaart 
sind, ist diese neue Art nur längs des Mittelnerves bärtig und findet 
deshalb ihren Platz in der Untergattung Pogoniris, welche der 
Abtheilung barbatae anderer Autoren entspricht. Unter diesen steht 
sie der Iris bohemica, hungarica, variegata u. s. w. am nächsten. 
Da sie in den Baumschulen des Herrn Regel ohne jegliche Bedeckung 
überwintert hat, so hat sie dadurch einen Beweis geliefert, dass sie 
sich unter die härtesten unserer Freilandspflanzen rangirt. Sie ver- 
langt sonnige Lage und einen trocknen, am liebsten sandig-lehmigen 
Untergrund. 

In der ersten Oktober-Nummer (No. 19) der Revue horticole 
fanden wir in der bekannten meisterhaften chromolithographischen 
Ausführung die Abbildung der Iris iberica, einer sehr grossblumigen 
Art, die durch ihre breiten, zurückgeschlagenen inneren Perigonblätter 
an die Trauer-Iris (Iris Susiana) erinnert, während die ebenfalls breiten, 
aufstehenden, nach innen zusammenneigenden inneren Perigonblätter 
rein weiss, nur am Grunde purpurrothstreifig punktirt sind. 

Die folgende Nummer der Revue bringt ein Farbenbild des Cytisus 
Everestianus, eines hübschen, äusserst blüthenreichen Strauches 
mit schönen orange-gelben, dichtgedrängten Blumen. Dieser Strauch, 
über dessen Ursprung Carriere nichts Gewisses anzugeben weiss, 
wurde von Thibeaut und Keteler in Paris in den Handel ge- 
bracht. Die Blumen sind von sehr angenehmem, feinem Geruche, der 
an den der Orange-Blüthe erinnert. Diese Pflanze, welche von März 
bis Mai blüht und dann dermassen von Blumen bedeckt ist, dass 
man kaum etwas Anderes an ihr gewahrt, dürfte eine sehr schätzens- 
werthe Aquisition für die Blumenhandlungen und Blumenmärkte 
sein. Da die Art sich nieht durch Stecklinge vermehren lässt, muss 
man sie entweder durch Aussaat oder durch Propfen vermehren. 
Man kann auf mehr verwandte Arten wie Cytisus racemosus, Rodaphne, 
canariensis u. s. w. pfropfen. Es dürfte rathsam sein, auch den 
Versuch zu machen, auf andere Arten, die im freien Lande wachsen, 


— 54 — 


wie Cytisus capitatus und andere ähnliche Arten zu pfropfen. 
Betreffs der Kultur wird auf den Cytisus racemosus hingewiesen. 
Die jungen Pflanzen erheischen Haideerde, wenn sie etwas stärker 
sind, fügt man lehmigen Sand hinzu, Kalkboden vertragen die Pflanzen 
durchaus nicht. | J. 6. 

— Das Septemberheft der Belgique hortieole bringt eine 
kolorirte Abbildung von Canistrum aurantiacum, eines neuen 
Genus aus der Familie der Bromeliaceen, das von Ed. Morren auf- 
gestellt worden ist. Das neue Geschlecht wird besonders charak- 
terisirt durch die ungewöhnliche Form der Kelchblätter und durch 
die Infloreszenz, welche einem mit Blumen gefüllten Korbe gleicht, 
wodurch der Name „Canistrum“ gerechtfertigt wird. 

Das Genus unterscheidet sich von Nidularium durch die nicht 
verwachsenen, ungleichseitigen Kelchblätter, durch die dreiblättrige 
Korolla ete.; von Hohenbergia und Hoplophytum durch die Form 
der Kelchblätter, den Blüthenstand, durch die Form der Eichen ete.; 
Cryptanthus besitzt einen gamophyllen Kelch, nackte Kelchblätter, 
freie Staubfäden ete. 

Der speziellen Beschreibung fügt Morren folgende Bemer- 
kungen hinzu: 

Ich habe diese Bromliacee bisher nur im botanischen Garten 
der Universität Lüttich gesehen. Ich glaube, ohne es jedoch bestimmt 
behaupten zu können, dass sie aus dem Museum d’histoire naturelle 
von Paris stammt und unter dem Namen Cryptanthus clavatus 
hierhergekommen ist. Wegen des unterständigen Fruchtknotens ge- 
‚hört die Pflanze zu den Bromeliaceen, aber sie ist weder ein 
Nidularium, noch ein Cryptanthus, noch eine Hohenbergia, noch ein 
Hoplophytum. Die Infloreszenz gleieht einem mit Blumen gefüllten 
Korbe, der auf einem geraden, über die Blätter hervorragenden 
Stiele getragen wird. Sie gleicht jenen grossen, flachen und offenen 
Körber, welche die Griechen Kevov, die Römer canistrum nannten, 
was mich veranlasst hat, dem neuen Genus diesen Namen zu geben. 
Die einzige Art, welche das Genus bis jetzt besitzt, ist wahrschein- 
lich eine brasilianische Pflanze. - 

Da die Bromeliaceen zur Zeit zu den Modepflanzen gehören, 
-glaubten wires uns nicht versagen zu sollen, obige Mittheilung hier zu 
.reproduziren, freilich unter Weglassung des nicht zur Sache Gehörigen. 


4 


— 5l5 — 


— In den Comptes rendus, Band 76, Seite 536 veröffentlicht 
G. Cosson eine Mittheilung über die Flora von Marokko, 
von der man bisher kaum 500 Arten kannte, deren Zahl Verfasser 
mit Hülfe verschiedener Sammler auf 1499 erhöht hat. Cosson 
schätzt die Zahl der überhaupt in Marokko vorkommenden Pflanzen 
auf 3600 Arten. Ueber den pflanzengeographischen Charakter des 
Landes äussert sich Verfasser wie folst: 

1) Die Flora von Marokko zeigt eine direkte Verwandtschaft 
mit derjenigen von Europa und des Mittelmeergebietes, im Besonderen 
mit dem westlichen Theile desselben, mit dem Süden Portugal’s 
und dem Südwesten Spaniens. 

2) Grössere Verwandtschaft herrscht noch zwischen der marok- 
kanischen und algerischen Flora, wie es die gegenseitige Lage der 
Länder erwarten lässt. 

3) Dass Arten, welche in Italien und überhaupt in dem östlichen 
Theile des Mittelmeergebietes heimisch sind, so selten auftreten, giebt 
einen Beweis dafür, dass sich in Marokko und in Algier die Ver- 
wandtschaften an den Ufern des Mittelmeeres vorwiegend in der 
Richtung der Längengrade in Rücksicht auf die benachbarten Gebiete 
des Festlandes und die Insel darbieten, eine Thatsache, welche dar- 
zuthun scheint, dass das Mittelmeer seine jetzige Ausdehnung später 
erreicht habe, als die Pflanzen ihre jetzige geographische Verbreitung 
fanden. Ein nicht minder klarer Beweis hierfür ist die Thatsache, 
dass in Marokko 83 Arten portugiesischer und spanischer Pflanzen 
gefunden sind, die man in Algier noch nicht gefunden hat. 

4) Der weiter südlicher gelegene Theil von Marokko am atlan- 
tischen Ozean enthält eine Anzahl Pflanzen der kanarischen Inseln 
und verwandter Arten. 

— Die Obsternte in Würtemberg war in diesem Jahre, 
wie fast in’ganz Deutschland, eine geringe. Nach den Erhebungen 
des statistischen Bureaus betrug der Ertrag an Kernobst 1,142,491 
Simri — 253,097 Hektoliter — 457,176,2s Centner, an Steinobst 
nur 389,570 Simri — 86,301,; Hektoliter — 155,*28 Centner. Die 
Ernte blieb gegen die Durchschnittsernte der Jahre 1852—1861 
beim Kernobste um 73,4 pCt., beim Steinohste um 49,52 pCt. 
zurück, Ausfälle, wie wir sie bei Gemüsen und Feldfrüchten kaum 
kennen, 


— 5l6 — 


— Unter dem Namen „BDalmatinisches Insektenpulver“ 
kommt ein Insektenpulver in den Handel, das die Apotheker mit 
einem Thaler das Pfund verkaufen. Dasselbe besteht wahrschein- 
lieh aus den Röhrenblüthen von Chrysantiemum Leueanthemum L., 
wie das persische Insektenpulver aus den Blüthen von Pyrethrum 
roseum und carneum besteht. Uebrigens wurde bereits bei der Ein- 
führung des persischen Insektenpulvers vor etwa 20 Jahren darauf 
aufmerksam gemacht, dass sich die Dalmatiner der gewöhnlichen 
Wucherblume, Chrys. Leucanthemum, als Insekten vertilgendes Mittel 
bedienten; doch ist uns nicht bekannt geworden, dass man bei uns 
mit dieser als sehr lästiges Unkraut, besonders in Futterfeldern und 
auf schlecht gepflegten trockenen Wiesen, vorkommenden Pflanze Ver- 
suche gemacht hätte. Neuerdings hat Prof. Landerer in Athen in der 
„Oesterr. botanischen Zeitschrift“ wiederum darauf aufmerksam gemacht, 
dass die Blüthen von Chrys. Leucanthemum L. und von Chr. segetum L. 
ein den Insekten widerliches Prinzip enthielten, sie also ein billiges 
Ersatzmittel für das persische Insektenpulver geben würden. Es 
dürfte angemessen erscheinen, wenn mit diesen bei uns weit ver- 
breiteten Wucherblumen Versuche in Betreff ihrer Insekten vertilgen- 
den Eigenschaften gemacht würden. | 

— Eine Transpertmaschine für Bäume in Töpfen. In 
‚Nr. 39 des „Gardeners Chroniele“* wird ein von Garnett in Grange 
bei Bolton konstruirter Wagen für den Transport von Bäumen in 
Töpten abgebildet und beschrieben, der sich ausserordeutlich bewährt 
haben soll und von jedem Grobschmied hergestellt werden kann. 
Wenn in den Häusern getriebene Pfirsiche oder Nektarinen acht 
bis zehn Tage vor ihrer Reife an die freie Luft gebracht werden, 
so wird Geruch und Geschmak ein viel besserer; da aber der Trans- 
port 18zölliger Töpfe mit den Bäumen darin sehr schwierig zu be- 
werkstelligen ist, ohne Zweige und Früchte zu beschädigen, so hat 
Garnett den erwähnten Apparat erdacht. 

Die in Gardener’s Chronicle mitgetheilten Abbildungen sind voll- 
ständig ausreichend, darnach den Karren nachzubauen. 

— Das Etablissement „Flora“ in Köln a. R. beabsichtigt, eine 
höhere Gärtnerlehranstalt (Gartenbauschule) zu gründen. Der 
Kursus soll ein zweijähriger sein, und sollen nur solche junge 
Leute aufgenommen werden, welche das Berechtigungszeugniss zum 


einjährigen freiwilligen Militärdienste besitzen und ein Jahr lang in 
einer Gärtnerei praktisch gearbeitet haben. Ausserdem müssen die 
Schüler ein Gesundheitszeugniss und eine Besckeinigung der Eltern 
oder Vormünder darüber beibringen, dass sie mit dem Eintritte in 
Anstalt einverstanden sind. Der Unterricht soll Kunst- uud Handels- 
gärtnerei, Obstbaumzucht und Gemüsebau, endlich auch Landschafts- 
gärtnerei umfassen, nach Ansicht des Referenten für jungr Leute, 
die sich erst ein Jahr lang mit der Gärtnerei beschäftigt haben, zu 
viel, um Gründliches leisten zu können. Für die in der Anstalt 
wohnenden Zöglinge sind jährlich für freie Station und Unterricht 
250 Thlr, zu zahlen, für auswärts wohnende für den Unterricht allein 
150 Thlr ; auch hier scheint dem Referenten nicht ein richtiges 
Verhältniss obzuwalten. Die Statuten werden durch Direektor 
Niepraschk in Köln in der „Flora“ zugesandt. 

-— Grosse Weiden im Parke zu Laasan. In dem Parke 
zu Laasan in Schlesien, dem Grafen v. Burghauss gehörig, be- 
finden sich einige sehr grosse Laubbäume, die wegen ihrer Grösse 
zu den Seltenheiten gehören dürften. Insbesondere gehören dazu 
mächtige, uralte Stämme der Salix vitellina L., welche als Beweis 
dienen können, welchen hohen Werth diese Weide für die Landschafts- 
gärtnerei besitzt, wenn sie wie hier als Hochstamm herangezogen 
und nicht durch Abästungen verstümmelt wird. 

— Dem Berichte über die Verhandiungen der Sektion für 
Obst- und Gartenbau der schlesischen Gesellschaft für vater- 
ländische Kultur im Jahre 1872 entnehmen wir, dass die Sektion 
in diesem Jahre ihr 25jähriges Bestehen feierte. Wenn schon 
die schlesische Gesellschaft für  vaterländische Kultur seit ihrer 
Gründung im Jahre 1204 manchen Schritt für die Hebung und 
Förderung des Gartenbaues und der Obstkultur in Schlesien gethan, 
auch wiederholt versucht hatte, in Breslau einen Verein für diese 
Zwecke ins Leben zu rufen, so gelang es doch erst dem Geh. Medi- 
zinalrath Prof. Dr. R. @oeppert, seit 1846 Vorsitzender der Ge- 
sellschaft, einen solchen Verein zu begründen und zu bleibender 
Wirksamkeit zu führen. Der zuerst im Jahre 1846 gebildete Verein 
führte den Namen „Blumenverein.“ Auf Vorschlag des Prof. 
Dr. Goeppert wurde derselbe zu einer Sektion der schlesischen 
Gesellschaft für vaterländische Kultur umgebildet und dies am 24, 


— 518 — 


März 1847 dem Präsidium genannter Gesellschaft angezeigt, am 
29. Juni desselben Jahres aber die erste ordentliche Versammlung ab- 
gehalten; sie zählte 88 Mitglieder. In demselben Jahre veranstaltete 
sie ihre erste Pflanzenausstellung. Am Schlusse des Jahres 1872 
zählte die Sektion 384 Mitglieder, ein schönes Zeugniss für den 
Gemeinsinn der Bewohner Schlesiens. Seit 1848 besteht ein Lese- 
zivkel gärtnerischer Zeitschriften für die in Breslau wohnenden Mit- 
glieder, wofür dieselben einen besonderen Beitrag entrichten; die 
im Umlauf gewesenen Zeitschriften und Bücher stehen auch den 
auswärtigen Mitgliedern zur Verfügung. Der jetzige Präses der 
schlesischen Gesellschaft und der Sekretär der Sektion für Obst- und 
Gartenbau sind laut Uebereinkommen mit den städtischen Behörden seit 
1848 ständige Mitglieder der städtischen Promenaden Deputation ; ausser- 
dem gehört dazu noch ein anderes Mitglied der Sektion. 1857 pachtete 
die Sektion ein Gartengrundstück und 1867 wurdeihre von den städtischen 
Behörden ein solches von 16 Morgen Grösse unentgeltlich überwiesen. 
Der Jahresbericht des schlesischen Zentralvereins 
für Gärtner und Gartenfreunde für das Jahr 1871 und 1872 
liegt uns vor, und entnehmen wir demselben, dass genannter Verein 
gegenwärtig 13 Ehren-, 1 korrespondirendes Ehren-, 1 korrespon- 
direndes und 99 wirkliche Mitglieder zählt, also bei weitem weniger, 
als die gleiche Zwecke verfolgende bezügliche Sektion der schlesischen 
Gesellschaft für vaterländische Kultur. Wie in Berlin, auch in 
Breslau eine Theilung statt eines Zusammenfassens der Kräfte. 

Im Jahre 1871 hat der Verein 19, im Jahre 1872 aber 20 Ver- 
sammlungen und ausserdem eine grössere Ausstellung veranstaltet. 
Der Bericht enthält ausser den Protokollauszügen dieser Sitzungen 
nachstehende Vorträge und Berichte: Ueber die Kultur der bunt- 
blättrigen Kaladien vom Kunsteärtner Czichas— Breslau; über die 
Ausstellung der Gartenbaugesellschaft Flora in Dresden von Oberg. 
Schütze - Breslau; Beobachtungen über die schädlichen Einflüsse 
des Leuchtgases in einem Glashause von demselben; über den Einfluss 
des Leuchtgases auf die Pflanzenvegetation von Krasche — Neisse, 
über die Berliner Pflanzenausstellung vom 21.- 30. Juni 1872 vom 
Kunst- und Handelsg. Schneider— Pöpelwitz bei Breslau mit 
einigen scharfen Urtheilen; über die Ausstellung des schlesischen 
Zentralvereins für Gärtner und Gartenfreunde ete, 


— Zur Kultur der Blumenkresse. Da man nicht überall 
Gelegenheit hat, die Blumenkresse in fliessendem Wasser zu kulti- 
viren, so hat ein gewisser Mayer zu Jouhe (Frankreich) den Rath 
gegeben, dieselbe unter Glas in einem Mistbeete zu kultiviren, das 
möglichst feucht zu halten und zu lüften sei, und das gegen Norden 
liege. Dieser Rath ist von einem gewissen Eug. Vavin befolgt 
worden, und hat derselbe sehr guten Erfolg gehabt. Am 10. Juni 
gesäet, konnte die Kresse bereits von Anfang August an geerntet 
werden, und zwar soll die so gewonnene Kresse bei weitem zarter 
sein, als die auf gewöhnliche Weise kultivirte. 

— Keimung der Kresse, Lepidium sativum. Professor 
A. Famintzin hat schon früher Beobachtungen angestellt über den 
Einfluss des Lichtes anf das Wachsthum der keimenden Kresse und 
hat dieselben durch eine grosse Anzahl neuer Beobachtungen ver- 
vollständigt, worüber er in Nr. 23 der „Botanischen Zeitung“ von 
1873 berichtet Er säete am 1. September v. J. in 14 Töpfe Kresse- 
samen, von denen die eine Hälfte ans Licht, die andere Hälfte ins 
Dunkle gestellt wurde. Er nahm 7 Tage hinter einander regel- 
mässige Messungen vor und zwar an 40 Lichtpflanzen und an 
40 Pflanzen im Dunklen, in der Weise, dass er Stengeltheil und 
Wurzeltheil besonders mass. Er erhielt folgende Zahlen: 


Oberird. Theil. Wurzel. Summe. 

4. September im Lichte 10 mm. . 35 mm. 48 mm. 
„ Dunkeln Ehe DE, Dan 
15% a. „ Lichte Io HORSE 16%; 
„ Dunkeln- 332% 4 „ 83-0 
6. ? „. Lichte 21», Slam 103 „ 
„ Dunkeln Aa le N 
7, e: A ıchtefan nor 100 „ TORE 
„ Dunkeln SL 2; HD 
8. n „ Lichte DIR 125) 3; 1522, 
„ Dunkeln UL Daar> sp 
9, 35 » Lichte 33, 14545 INES, 
Dunkeln 73 3 560% 


” 


» 3 

Es ne sich hieraus deutlich ein durchaus verschiedenes Ver- 
halten der Wurzel der im Lichte und der im Dunkeln gekeimten 
Kresse, doch lässt sich die Ursache dieser Erscheinung nicht fest- 
stellen. Die Summen der Länge des oberirdischen und unterirdischen 
Theiles sind, wie man sieht, nahezu gleich. Mit dem 8. Tage hört 
das Längenwachsthum der Wurzel der im Dunkeln gekeimten Kresse 


— 520 ° — 


auf, und am 9. Tage steht auch die Vegetation des oberirdischen 
Theiles still. ; 

— Wir.haben in der vorigen Nummer, Seite 464, ein Mittel 
gegen die Blutlaus mitgetheilt und befinden uns heute in der 
Lage, auf ein ähnliches Mittel aufmerksam zu machen, das in 
jungster Zeit empfohlen worden und sich bereits vielfach bewährt 
haben soll. Laut dieser Empfehlung soll man die mit der Blutlaus 
bedeckten Pflanzentheile mit den Blättern des überall als Unkraut 
gefürchteten Solanum nigrum abreiben; der aus den Blättern aus- 
tretende Saft soll die Blutlaus sofort tödten, ohne der Pflanze selbst 
nachtheilig zu werden. Zwar giebt es sichere Mittel für die Tödtung 
der Blutlans genug — Lösung von Schwefelkaleium, Petroleum, 
Karholsäure, schwarze Seife, — aber dieselben sind nicht nur 
theuer, sondern meist auch der Vegetation der betreffenden Pflanze 
nachtheilig. Es würde jedenfalls nützlich sein, mit dem vorgeschlagenen 
Mittel Versuche zu machen und über den Erfolg zu berichten. Viel- 
leicht würde dasselbe Mittel auch gegen anderes Ungeziefer mit 
Vortheil anzuwenden sein, z. B. gegen Schildläuse. 


Tages-Ordnung. 


Geschäftliche Mittheilungen. 

Bericht über Gartenkalender. Referent Insp. Gaerdt. 

Ueber Ausstellungen. Referent Dr. Filly. 

Karbolsäure als Mittel gegen Kohlschmetterlinge. Referent derselbe. 

Was ist für die bessere Ausbildung der Gärtner zu thun. Referent dersaibe. 

Ist die Kultur von Topfobstbäumen zu empfehlen, und wodurch wäre das 
Interesse dafür im Publikum anzuregen ? 

Welche Obstsorten eignen sich vorzugsweise zu Kordonbäumen in Berlin und 
Umgegend? 

Sind in Norddeutschland Versuche gemacht. die amerikanische Cranberry 
zu ziehen und mit welchem Erfolge? 


Preis des Jahrganges 4 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als 
auch franco durch alle Postanstalten des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


nrırnınnnnnne 


Für Beiträge zur Monatsschrift wird Honorar gezahlt. 


Inhalt: Die 556. \ersammlung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues. 
— Programm für die. vom Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den 
Königl Preussischen Staaten am 2., 3 und 4, Mai 1874. zu veranstaltende 
Ausstellung. — Von Berlin über Prag nach Wien Eine Reiseskizze von 
E. Boese. (Schluss) — Gattungen und Arten der Seilleen und Chlorogaleen, 
— Die Feinde der Rosenkultur. — Herbstrosen. — Der letzte Band von 
De Candolle’s Prodomus systematis naturalis regni vegetabilis. — Programm 
der vierten grossen Ausstellung des Verbandes Rheirischer Gartenbau-Vereine 
in Mainz. — Programm eines internationalen Kongresses nebst Ausstellung 
zu Florenz. — 15. Sitzung des Schlesischen Centralvereins für Gärtner und Garten- 
freunde. — Einige Bemerkungen über die Erscheinungen der Sommerdürre unserer 
Baum- und Strauchblätter. Von Prof G. Kraus. — Journalschau und Vermischtes. 


Monatsschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
in den 


Königl. Preussischen Staaten 
für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


ee)? 


Redakteur: 
Dr. Filly, 


General-Secretair des Vereines, 


No. 12. Berlin, den 29. Dezember. 1873. 
Sendungen für den Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den 
Königl. Preussischen Staaten bitten wir an das Generalsekretariat, Ritter- 


strasse 52a in Berlin, S. zu adressiren. 


Die nächste Versammlung des Vereins, findet statt 
am Mittwoch, d.%. Januar 1874, Abends pünktlich 6 Uhr, 
im Restaurant International in der Passage, Eingang in der Behrenstrasse 
bei dem Postamt oder in der Passage 11a. 

Die Tages-Ordnung findet sich am Schluss dieses Heftes. 


Die 557. Versammlung 


des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues 
am 26. November 1873. 


Der Generalsekretair verlas die Protekolle der beiden letzten 
Sitzungen, welche unverändert genehmigt wurden. 

Der Vorsitzende theilte sodann mit, dass er dem Inspektor 
Bouche das Diplom als Ehrenmitglied überreicht und von diesem 
ein Dankschreiben eingegangen sei. 

Als ordentliche Mitglieder wurden sodann vorgeschlagen, und 
zwar: 

34 


— 52 — 


durch Dr. Filly: 

1. Herr Berend, Reserve-Lieutenant im 2. Garde-Ulanenregiment, 
Berlin. 

2. Herr Arthur Prins-Reichenheim, Berlin. 

3. Herr Ascher, Regierungsrath a. D. und Rittergutsbesitzer, 
Stuttgarten bei Storkow. 

durch Herrn Kunst- und Handelsgärtner E. Boese: 

4. Herr Kunst- und Handelsgärtner @. Schmidt, Berlin. 

5. do. W. Harder, Berlin. 

6. „do. Friedr.Schultze, Charlottenburg. 

‚ durch Herrn Brebeck: 

7. Herr Rittergutsbesitzer Graf Kleist-Juchow. 

Der Vorsitzende theilte hierauf ein Schreiben Ihrer Majestät 
der Kaiserin-Königin mit, betreff. die Bewilligung eines Preises für 
die 1874 zu veranstaltende Ausstellung. 

Der langjährige ehemalige Vorsitzende 'Geh. Ober-Reg -Rath 
Dr. Knerk feiert am 1. Dezember er. sein 50jähriges Dienstjubiläum, 
und beschliesst der Verein, denselben durch eine Deputation beglück- 
wünschen zu lassen. 

Inspektor Gaerdt besprach die aus dem Garten des Geh. 
Kommerzienrathes Ravene durch Obergärtner König ausgestellte 
Erica hirtiflora vera, die eine vorzügliche Kultur zeigte. Die vom 
Vorsitzenden ernannte Preisrichter-Kommission erkannte derselben den 
Monatspreis zu. 

Der Generalsekretär machte auf die im nächsten Jahre in Mainz 
und Florenz stattfindenden Ausstellungen aufmerksam. In Betreff der 
ersteren bemerkte er, dass das Programm sich dadurch auszeichne, 
dass für einzelne Leistungen nicht bestimmte Preise ausgesetzt seien, 
es vielmehr den Preisrichtern freigestellt werde, die ausgesetzten 
3000 Mark nach ihrem Ermessen zur Vertheilung zu bringen, was 
jedenfalls nicht ohne Schwierigkeiten sein dürfte. Mit der Florenzer 
Ausstellung, so fuhr Redner fort, sei ein botanischer Kongress ver- 
bunden, dessen Programm eine sehr grosse Anzahl und zwar der 
tiefgreifendsten Fragen enthalte, wie sie unmöglich auf einem drei- 
tägigen Kongresse gelöst werden könnten. Die Eintheilung des 
Ausstellungsprogrammes nach Pflanzenfamilien lasse erkennen, dass 
dasselbe nur von Botanikern verfasst sei (vergl. Novemberheft.) 


— 523 — 


Zum Mainzer Programm wurde von anderer Seite bemerkt, dass 
dasselbe ein Analogon in den Programmen der in den fünfziger 
Jahren auf dem Potsdamer Bahnhofe veranstalteten Pflanzenaus- 
stellungen habe. 

Zu der Frage der Tagesordnung: „Sind in Norddeutsch- 
land Versuche gemacht, die amerikanische Öranberry zu 
ziehen, und mit welchem Erfolge“ war vom Inspektor Bouche 
ein schriftlicher Bericht eingegangen, welcher verlesen wurde und 
zum Abdruck n der Monatsschrift gelangen wird. (Siehe Seite 525). 
Daran schloss sich eine längere Auseinandersetzung des Königl. Hof- 
garten-Direktors Jühlke, welche gleichfalls durch die Monatsschrift 
veröffentlicht werden soll. (Siehe Seite 527.) 

Gegenüber einem der Forstverwalturg gemachten Vorwurfe, dass 
dieselbe sich dieser Kultur nicht annehme, erhob Präsident Oppermann 
Eirsprache. Von anderer Seite wurde hervorgehoben, dass es rathsam 
sein dürfte, die landwirthschaftlichen Vereine auf diese Kultur auf- 
merksam zu machen. 

Der Generalsekretär legte ausser einer grösseren Zahl von 
Katalogen die Darstellung der Kartoffelkrankheit, des Weinpilzes, 
des Rostes und des Mutterkorns von Dr. Ahles auf vier Wandtafeln 
nebst Text vor. Desgleichen legte derselbe vor Prof. Dr. Taschen- 
berg’s „Feinde des Obstbaumes“ und stellte beide Werke dem 
Vereine’ zur Verfügung. Taschenberg’s Arbeit bildet einen Theil eines 
vom deutschen Pomologenverein beschlossenen Werkes; den andern 
Theil, „die Pflanzenkrankheiten“ bearbeitet Prof. Dr. Julius Kühn, 
und soll derselbe im Laufe des Jahres 1874 erscheinen. Das Werk 
wurde dem Ausschusse für Obstbau zur Berichterstattung überwiesen 
und vom Vorsitzenden daran die Aufforderung an alle Ausschüsse 
geknüpft, -in Beantwortung des an dieselben gerichteten Zirkulars 
recht bald Vorschläge zu machen, wie ihre Thätigkeit zu beleben 
und fruchtbar zu machen sei. | 

Inspektor Gaerdt berichtete über Rümpler’s Gartenkalender, 
der manche schätzenswerthe Arbeit, daneben aber manches Wunder- 
bare enthalte, wie es in einem solchen Kalender nicht enthalten 
sein dürfe; auch das Verzeichniss der Jahmärkte sei eine ganz über- 
flüssige Zugabe. 

Von anderer Seite wurde die Herausgabe eines Gartenkalenders 


31* 


—_— 5214 — 


als ein dankenswerthes Unternehmen begrüsst, aber nicht bestritten, 
dass er der Verbesserung bedürftig und fähig sei, wenn man sich 
dieserhalb mit dem Verleger und Herausgeber in Verbindung setze. 

In Betreff der in der Monatsschrift erwähnten Anwendung der 
„Karbolsäure als Mittel zur Vertilgung der Kohlraupe“ 
führte der Generalsekretär aus, dass es wünschenswerth sei, damit 
gründliche Versuche anzustellen, wie denen auch andere Mittel gegen 
Ungeziefer: Schwefelkaleium gegen die Blutlaus, Petroleum gegen 
Blattläuse, Schwefelkohlenstoff etc. einer sachverständigen Prüfung 
bedürften, und wäre dies eine dankenswerthe Aufgabe für den 
betreffenden Ausschuss. Von anderer Seite wurde bemerkt, dass 
derartige Prüfungen so recht Aufgabe des Versuchsgartens seien. 

Ueber die Frage: „Was ist zur besseren Ausbildung der 
Gärtner zu thun?“ referirte der Generalsekretär. Derselbe ging 
von der mangelhaften Ausbildung der Gartengehülfen aus, worüber 
von allen Seiten geklagt werde. Um so verwunderlicher sei es, dass 
von den zunächst Betheiligten, den Gartenbesitzern, bisher noch 
Nichts geschehen sei, Abhülfe zu schaffen. Seines Erachtens sei es 
so recht eine Anfgabe des Vereines, in dieser Hinsicht eine nützliche. 
und praktische Thätigkeit zu entfalten, zumal eine Abhülfe weder 
zu schwierig noch zu kostspielig sein werde. Er schlage die Ernen- 
nung eines besonderen Ausschusses vor, der dem Vereine Vorschläge 
zu machen habe. In ähnlichem Sinne sprachen sich noch die Herren 
L. Mathieu und Lorberg aus, welche die gegebene Anregung 
freudig begrüssten. 

Der Vorsitzende wird den beantragten Ausschuss ernennen. 

Die Frage: „Ist die Kultur von Topfobstbäumen zu 
empfehlen, und wodurch wäre das Interesse dafür im 
Publikum zu erregen?“ wurde in ihrem ersten Theile vom 
Präsidenten Oppermann bejaht, indem er sich auf eigene Beobach: 
tungen bezog. Desgleichen empfahl Inspektor Gaerdt diese Kultur 
auf Grundlage der von ihm selbst erzielten günstigen Erfolge, und 
Direktor Jühlke wies insbesondere auf die Bedeutung derselben für 
die Erforschung der Lebens- und Ernährungsverhältnisse des Obst- 
baumes hin. 

Der Generalsekretär führte aus, dass er die Bedeutung der 
Kultur des Obstes in Töpfen in letzterer Beziehung durchaus nicht 


unterschätze, dass dergleichen Versuche aber mit aller Vorsieht aus- 
zuführen und die daraus gezogenen Schlüsse mit Vorsicht aufzunehmen 
seien, weshalb sie nur in solchen Instituten unternommen werden 
sollten, wie die Königl. Gärtnerlehranstalt es biete. Auch für Liebhaber 
habe die Topfkultur ein Interesse, dagegen müsse er die ihr ange- 
diehtete volkswirthschaftliche Bedeutung bestreiten, was auch für die 
Kordon- ete. Zucht gelte. Es könne nur von Nachtheil sein, wenn 
in den betreffenden Zeitschriften fort und fort von der hohen 
volkswirthschaftlichen Bedeutung dieser Kulturen die Rede sei, 
die sie nicht einmal in Frankreich, der Heimath des künstlichen 
Obstbaues hätten. 

Direktor Jühlke wies noch einmal auf die Wichtigkeit der 
künstlichen Obstzucht als Lehrmittel hin LE 

In Beantwortung der Frage: „Welche Obstsorten eignen 
sich vorzugsweise zu Kordonbäumen in Berlin und Um- 
gegend? machte Inspektor Lauche folgende Sorten namhaft: 

1. Neptel. 

Weisser Winterkalvill, Pariser Rambourreinette, Kaiser Alexander, 

Charlamowsky, Wintergoldparmäne, Reinette von Orleans. 
2. Birnen. 

Bon Chretien William, Diel’s Butterbirne, Herzogin von Angouleme, 
Esperen’s Herrenbirne, Louise von Avranches, holzfarbige Butterbirne. 

Der Generalsekretär ersuchte sodann die Mitglieder, Fragen für 
die Tagesordnung ihm bis zum 15. jeden Monats einzusenden. 

Schliesslich wurden als Ehrenmitglieder proklamirt: 

1. Professor Dr. K. Koch. 
2. Stadtgarten-Direktor E. Meyer. 


Zur Kultur der Cranberry. 
Von Carl Bouche 
In Folge der in dem November-Hefte dieses Jahres des Vereins 
zur Beförderung des Gartenbaues aufgestellten Frage über die Kultur 
der Cranberry theile ich hierdurch Folgendes mit. 
Ende Mai des Jahres 1871 wurden mir 250 Stück fadenförmige, 
8—10 Zoll lange Ranken dieser Pflanze von dem königlichen Mini- 


sterio für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten zum versuchs- 
weisen Anbau übergeben. 

Das Beet zu ihrer Anpflanzung liegt am Saume .einer sumpfigen 
Stelle des botanischen Gartens, wo es gegen Morgen- und Abend- 
sonne geschützt, aber der Mittagssonne vollständig ausgesetzt ist. 
Nachdem die Grasnarbe dieser Stelle in einer Tiefe von 5 Zoll ab- 
gestochen war, um den Wuchs von Unkräutern zu vermindern, liess 
ich eine aus 1 Theil Abgängen von Torfmoorerde und 1 Theil ge- 
wöhnlichem schwarzen Torfgrus oder Torfabfall bestehendes und mit 
etwas Sand gemischtes Erdreich 6—8 Zoll darüber bringen, recht 
fest eintreten und alsdann bepflanzen. 

Obgleich die kanken sehr schwächlich uud wenig versprechend- 
waren, so wuchsen sie doch meistens alle an und haben seit jener 
Zeit eine Fläche von 44 Fuss lang und 5 Fuss breit wie ein dichter 
Rasen vollständig bezogen, so dass es leicht wäre, 1500—2000 junge 
Pflänzlinge abzunehmen. 

Früchte habe ich bisher nicht erzielt, denn bevor dieser kleine, 
niederliegende Strauch blüht, müssen sich erst kurze, fast aufrecht 
stehende, nicht kriechende Zweige bilden; da nun deren jetzt in 
grosser Zahl vorhanden sind, so zweifle ich nicht, dass sich im näch- 
sten Jahre auch eine Menge Blüthen und Früchte bilden werden. 

Das Beet war ursprünglich nur 3 Fuss breit, so dass die Ran- 
ken jetzt um 2 Fuss über die früheren Grenzen hinausgewachsen 
sind und auf den nicht meliorirten Boden, der aus feuchtem Sande 
und weuig Humus vermischt besteht, ebenfalls recht freudig gedeihen 
und allenthalben Wurzeln schlagen. 

Bisher habe ich die Vorsicht gebraucht, das Beet während des 
Winters leicht mit Kiefernreisig zn bedecken, weil ich schon früher 
die Beobachtung gemacht habe, dass die Pflanze bei sehr strenger 
Kälte ohne Schnee leidet, was auch sehr erklärlich ist; denn in Nord- 
amerika stellt sich auch in der Regel mit dem Eintritt des Winters 
eine hohe Schneedecke, ähnlich wie in den torfmoorigen Gegenden 
Russlands, ein, wobei die darunter befindlichen Pflanzen nur mässi- 
gen Kältegraden ausgesetzt und gegen jeden plötzlichen Wechsel der 
Temperatur, der bei uns unter den Pflanzen des freien Landes oft 
ganz ausserordentliche Verheerungen anrichtet, geschützt sind. 


— 5271 0 — 


Ueber die Kultur - Resultate der grossfrüchtigen 
amerikanischen Moosbeere oder Kranbeere (Vacei- 
nium macrocarpum Aiton). 

Vom Königlichen Hofgarten-Direktor Jühlke, 


Die grossfrüchtige amerikanische Moosbeere oder Kranbeere 
wurde durch Hofgärtner Maurer in Jena im Frühjahr 1871 aus 
Amerika bezogen. 

Auf meinen dem königlichen Ministerium für die landwirth- 
schaftlichen Angelegenheiten vorgetragenen Wunsch, mit dieser Pflanze 
in der königlichen Landesbaumschule zu Alt-Geltow und der kö- 
niglichen Gärtner-Lehranstalt zu Sanssouci einen Kulturversuch an- 
zustellen, erhielt ich durch Vermittelung desselben noch im Frühling 
jenes Jahres 200 Stück Original - Pflanzen aus Jena zugeschickt. 

Obgleich die Pflanzen nur schwach waren, so gediehen sie bei 
sorgfältiger Pflege doch vortrefflich. Dieselben hatten bereits im 
ersten Sommer 1—1% Fuss lange Triebe und zum Theil Blüthen 
entwickelt, von denen die ersten Früchte vor dem eintretenden Froste 
geerntet werden konnten. 

In der Herst - Sitzung 1872 des Akklimatisations - Vereins, 
mit der eine kleine Ausstellung von landwirthscaftlichen und gärt- 
nerischen Produkten verbunden war, wurde ein Exemplar mit 1 Meter 
langen zahlreichen Trieben ausgestellt. 

Nachdem sich hieraus ergeben, dass trotz des starken Frostes 
im Dezember 1872 — 21° R. — selbst die nicht eingedeckten Pflan- 
zen gesund geblieben waren, wurden im Januar 1873 die längsten 
Triebe derselben in 1 Zoll lange Stecklinge geschnitten und diese in 
das Vermehrungsbeet des Warmhauses gesteckt. Die Vermehrung 
lieferte so günstige Resultate, dass bereits unterm 22. Februar des- _ 
selben Jahres dem königlichen Ministerium für die landwirthschaft- 
lichen Angelegenheiten die bedeutende Anzahl von 3000 gut bewur- 
zelten Exemplaren zur Verfügung gestellt werden konnten. Diesee 
3000 Stück wurden vom königlichen Ministerium an 20 verschieden 
Mitglieder des landwirthschaftlichen Zentral - Vereins für die Mark 
Brandenburg und Niederlausitz und an verschiedene königliche Ober- 
förstereien zu Anbauversuchen in Forstsründen und Torfmooren un- 
entgeltlich vertheilt. 


— 528 — 


Der Umstand, dass bis jetzt über die gewonnenen Resultate der 
Kulturversuche, welche mit dieser von dem königlichen Ministerium 
angeordneten unentgeltlichen Vertheilung von Pflanzen eingeleitet wur- 
den, nur sehr geringe Erfolge zu verzeichnen waren, dürfte in einer 
gewissen Unkenntniss der Versuchsansteller begründet liegen. Denn 
wer mit Pflanzen überhaupt experimentiren oder Kulturversuche da- 
mit anstellen will, der muss in der Hauptsache wenigstens die Pflanze 
kennen und sich bereits die technischen Fertigkeiten angeeignet 
haben, welche für den wirthschaftlichen Verkehr und den Umgang 
mit ihr als eine Vorbedingung nicht entbehrt werden kann. Nun 
hatte ich zwar den Versendungen einige kurze Kultur-Bemerkungen 
beigefügt, allein es war der Blüthenbildung am älteren Holz nicht 
Erwähnung geschehen. ”) 


”) Kultur-Bemerkungen zu dem vom königlichen Ministerium für die land- 
wirthschaftlichen Angelegenheiten angeordneten Anbauversuch mit der Lokali- 
sation der grossfrüchtigen Glocken- oder Kirsch-Kranbeere — Vaceinium macro- 
carpum. 

1) Behandlung der Pflanzen bei der Ankunft. Die Pflanzen wer- 
den aus der Kiste genommen, in ihren Moosballen mit Wasser durch- 
tränkt und auf einer geschützten Stelle so lange in Erde eingeschla- 
gen erhalten, bis sie auf das vorbereitete Versuchsfeld verpflanzt wer- 
den können. 

2) Boden und Lage. Die Kranbeere verlangt einen feuchten, frischen 
Moorboden, der nicht an stehender Nässe leidet, jedoch wird das 
Gedeihen derselben wesentlich geför dert, wenn die Lokalität eine Ein- 
richtung zur Anstauung des Wassers in den Zwischenwegen der Beete 
gestattet, besonders vor Eintritt des Winters und in den Frühlings- 
monaten. 

3) Vorbereitung des Bodens. Dieselbe besteht im Graben und Ent- 
fernen des Unkrautes, sowie in der Herstellung zweier Felder von je 
14 Meter Breite mit einem % Meter breiten und }; Meter tiefen Zwi- 
schenwege. 

4) Pflanzung. Nachdem die in Erde eingeschlagenen Pflanzen heraus- 
genommen und das Moos vom Wurzelballen entfernt, wird der letztere 
in seinen feinen Saugwurzeln freigelegt. Auf jedes Beet kommen 3 
Reihen, und werden die Pflanzen mit ihren Ballen in 3 Meter Abstand 
im Verband ausgepflanzt, mit der Hand mässig fest angedrückt und 
mit dem Rohr gegossen. 

5) Nachkultur und weitere Behandlung. Die Pflanzen werden 
von Unkraut rein gehalten und in ihren längeren Trieben im Laufe des 
Sommers mittelst kleiner Haken am Boden befestigt und bei grosser 
Trockenheit gelegentlich bewässert. Die Bedeckung der Beete mit 
Moos oder Nadelstreu erfolgt im Oktober. Im April werden die vom 


— 929 — 


Es ist deshalb eine andere Frage, ob gerade diese Neukultur 
in ihren ersten Anfängen vortheilhaft gerade dem Gebiet der Forst- 
wirthschaft anzuvertrauen sei. Denu da die Kultur der Kranbeere 
immerhin einige Sornfalt erheischt, so dürfte es sich empfehlen, die- 
selbe zunächst auf den Gartenbau zu beschränken oder dieselbe in 
seeigneten Lokalitäten von Forstgründen ete. den Gärtnern zu über- 
weisen. 

Vielleicht hat aber das Todtschweigen der Resultate darin 
seinen Grund, dass die eigentliche Ernte erst im dritten Jahre nach 
der Anpflanzung zu erwarten ist, da die Moosbeere erst an den kur- 
zen, aufrechten, am 2- und 3jährigen Holze erscheinenden Trieben 
blüht und Früchte trägt. Erwarten wir von der Zukunft ausführ- 
liebe Mittheilungen, an denen es der gemeinnützige Sinn derer, 
welche die Versuche austellten, sicher nicht fehlen lassen wird. 

In der königlichen Landes-Baumschule wurden in diesem Herbste 
schon, trotzdem die Pflanzen behufs der Vermehrung stark zurück- 
geschnitten waren, circa 35 Liter Beeren geerntet, welche, ähnlich wie 
unsere Preisselbeeren zubereitet, ein Kompot von ausgezeichnetem 
Wohlgeschmack lieferten. Ganz vorzüglich dürfte sich diese Frucht 
dazu eignen, den Konditoren zur Verzierung von Torten u. dergl. 
die so theueren kandirten und eingemachten Früchte zu ersetzen, 
wenigstens vermöge ihrer prächtig rothen Farbe und der Eigenschaft, 
nach dem Einkochen mit Zucker eine schöne, gallertartige Substanz 
zu geben, die sich leicht zu jeder Form bilden lässt und dabei einen 
sehr angenehmen, würzigen Geschmack hat, eine gute Beihülfe zu 
liefern. 

Es kann hinzugefügt werden, dass in der Sitzung der märkisch- 
ökonomischen Gesellschaft zu Potsdam in diesem Herbste eine Probe 
von mit Zucker eingekochten Früchten allgemeinen Beifall gefun- 
den hat. 


Frost etwas gehobenen Pflanzen, nach voraufgegangener Entfernung 
der Winterdecke, durch ein mässiges Andrücken mit der Hand be- 
festigt. Obgleich von den beifolgenden Pflanzen die stärksten bereits 
noch in diesem Jahre zum Blühen und zum Fruchtansatz gelangen, 
so beginnt die volle Ernte doch erst im dritten Jahre. Die durch 
Niederhaken am Boden befestigten Triebe bewurzeln sich im Laufe 
des Sommers sehr gern. lassen sich im Frühling von der Mutterpflanze 
leicht trennen und zu neuen Anpflanzungen benutzen, 


ae 


Sehr wünschenswerth bleibt es, dass die königlichen Ober- 
förstereien und die Herren Grundbesitzer dieser neuen Kulturpflanze 
grössere Aufmerksamkeit zuwenden, einmal um ihren feuchten, moo- 
rigen Niederungen einen Ertrag abzugewinnen, dann aber vornämlich 
Anderen ein Beispiel zur Nachahmung in Ergreifung der Initiative 
betrefis einer unbedingt nützlichen Neuerung zu geben und durch 
Mittheilung der erzielten Resultate dieser Pflanze auch bei uns grösse- 
ren Eingang zu verschaffen. 

In Nordamerika, der Heimat der Kranbeere, hat man von der- 
selben höchst ausgedehnte Anpflanzungen trotz Häufigkeit des Ge- 
wächses im wilden Zustande gemacht. Der Acker, mit der Kran- 
beere bepflanzt, wird mit 1000 Dollars bezahlt und liefert eirea 150 
bis 200 Bushel Früchte, die a Bushel mit 2 Dollars 50 Cent. be- 
zahlt werden. Die dortigen Märkte werden bereits mit dieser Frucht 
reichlich versorgt, und wurden allein in den letzten Jahren in New- 
York für eirca 200,000 Dollars verkauft, und so berechtigt die Kul- 
tur derselben bei uns zu der Annahme, sie werde eine Quelle nicht 
unerheblichen Gewinnes in gewissen begrenzten Verhältnissen werden 
können. | 

Dem sich dafür interessirenden Publikum möge es gestattet 
sein, hier zugleich die leichteste und billigste Bezugsquelle zu nennen. 
Es stehen Pflanzen dieser Moosbeere in der königlichen Landes- 
Baumschule a 12 Stück zu 1 Thlr. zum Verkauf. *) 

Was nun die Kultur der grossfrüchtigen Moosbeere anbelangt, 
so ist dieselbe einfach und nach der ersten Anlage der Beete fast 
ohne Kosten. 

Die Akten über die beste Kulturmethode sind weit entfernt da- 
von, bereits geschlossen zu sein; es scheint jedoch, dass die Pflanze 
einen feuchten, frischen Moorboden, der nicht an stehender Nässe 
leidet, verlangt. Wesentlich wird das Gedeihen derselben gefördert, 
wenn die Lokalität eine Einrichtung zum Anstauen des Wassers in 
den Zwischenräumen der Beete gestattet, besonders vor Eintritt des 
Winters und in den Frühlingsmonateu. Schwerer und leichter Boden 
scheint die Möglichkeit ihrer Kultur in fast gleichem Masse in sich 


*) Den Mitgliedern des Gart:nbau-Vereins bin ich aber auch zur unentgelt- 
lichen Abgabe von Pflanzen bereit, wenn sie damit einen Versuch beabsichtigen. 


u 


zu schliessen, da in beiden an verschiedenen Orten Deutschlands gün- 
stige Resultate erzielt wurden, der Pflanze mithin eine grosse Bieg- 
samkeit hinsichtlich der Bodenverhältnisse innewohnen dürfte. 

Die Vorbereitung des Bodens zur Aufnahme der Pflänzlinge be- 
steht im Graben und Entfernen des Unkrautes, sowie in der Her- 
stellung mehrerer Felder von je 1’, Meter Breite mit einem *|, Meter 
breiten und '|, Meter tiefen Zwischenwege. Diese Arbeit nehme man 
Ende April vor und bepflanze die Beete Mitte Mai mit 3 Reihen und 
®, Meter Abstand recht sorgfältig. Man sorge dabei für eine recht 
gleichmässige Vertheilung und Auseinanderlegung der Wurzeln. Die 
Nachkultur und weitere Behandlung der Pflanzen besteht darin, dass 
man dieselben von Unkraut rein hält, in ihren längeren Trieben im 
Laufe des Sommers mittelst kleiner Haken am Boden befestigt und 
bei grosser Trockenheit gelegentlich bewässert. Die Bedeckung der 
Beete mit Moos, Nadelstreu oder Farnkrautwedeln erfolgt Ende No- 
vember. Im März werden die etwa vom Frost gehobenen Pflanzen 
nach voraufgegangener Entfernung der Winterdecke durch ein mässi- 
ses Andrücken mit der Hand auf's Neue befestigt. 

Die durch Niederhaken am Boden befestigten Triebe bewurzeln 
sich im Laufe des Sommers sehr leicht, lassen sich im Frühling von 
der Mutterpflanze trennen und in der Folge zu neuen Anpflanzungen 
benutzen. 

Auch in dem Mustergarten der königlichen Gärtner- Lehranstalt 
und im botanischen Garten zu Neu-Schöneberg ist das Vaceinium 
maerocarpum in nicht unbeträchtlicher Menge im üppigsten Gedeihen 
begriffen. Es bedeckt daselbst ziemlich ausgedehnte Moorbeete in 
Form eines dichten Rasens. Derselbe bietet einen so angenehmen 
Anblick dar, dass man, zumal in Erwägung der schön geformten 
und rosenroth prangenden Blüthe, dreist behaupten darf, die Kran- 
beere werde auch als Zierpflanze in jedem wohlgepflegten Garten eine 
Stelle verdienen. Sie dürfte hier besonders zur Deckung des Bodens 
unter Azaleen, Rhododendren u. s. w. in ähnlicher Art zu benutzen 
sein, wie schon jetzt in dem Garten der königlichen Gärtner-Lehr- 
anstalt die Linnaea borealis so erfolgreich verwendet wird. 

Eines negativen Resultats möge hier noch Erwähnung geschehen. 
Es ist bekannt, dass wir ein dem Vaceinium macrocarpum äusserst 
nah verwandtes Sumpfgewächs in der Moosbeere, Vaceinium Oxy- 


— 552 ° — 


coceus, besitzen. Die Beeren dieser Art sind ziemlich gross und 
im eingemachten Zustande ebenfalls geniessbar. Sie werden in-. 
dess bei uns gar nieht. oder doch kaum benutzt, während sie 
in Russland und Sibirien unter dem Namen Klukwa eine her- 
vorragende kulinarische Rolle spielen. Anknüpfend an die nahe 
botanische Verwandtschaft beider Arten pflanzte Dr. Bolle auf seiner 
Insel Scharfenberg im Tegeler See im Herbst 1872 mehrere Pflanzen 
der amerikanischen Kranbeere an eine etwas höhere Stelle eines 
Sumpfes, deren Vegetation aus einem dichtgewebten, doch lockeren 
Filze reinem Torfmooses (Sphagnum) bestand, während sie selbst in 
den Wintermonaten unter Wasser gesetzt wird. Gegen Ende des 
Frühjahrs 1873 war von diesen Pflanzen keine Spur mehr aufzu- 
finden. Sie waren an einer Lokalität zu Grunde gegangen, die den 
Anforderungen des Vaceinium Oxycoccus, welches nicht fern davon 
wild wuchs, vollkommen entsprochen haben würde. Dr. Bolle, be- 
kanntlich ein sehr eifriger Kultivateur, will trotz des vielleicht zu- 
fälligen Nichtgelingens dieses Versuchs denselben wiederholen, weil 
rationell gerade erwartet werden durfte, Sphagnum-Mooren durch den 
Anbau der neu eingeführten Beere wenigstens einen gewissen Grad 
der Ertragsfähigkeit abzugewinnen. 
Sanssouci, im Dezember 1873. 


Ein Beitrag zur Frage der Ausbildung der Garten- 
sehülfen. 


Im Ansehluss an die in der November-Versammlung des Ver- 
eins zur Beförderung des Gartenbaues angeregte Frage, „wie es zu 
ermöglichen sei, dem Mangel an Gärtnern, die ihr Fach verstehen 
und mit Lust und Liebe ihrem Berufe obliegen, abzuhelfen“, welchem 
Mangel man durch Bildung von Vereinen zur gegenseitigen Weiter- 
bildung entgegen zu arbeiten hofft, erlaube ich mir auf Grundlage 
einer seit vielen Jahren fortgesetzten Beobachtung oder, vielleicht 
richtiger gesagt, in Folge einer sich wiederholt aufdrängenden Wahr- 
nehmung zu bemerken, dass die Bildung solcher Vereine, so lobens- 
werth und achtbar ihre Hülfe bei Erreichung des vorgesteckten 
Zieles an sieh ist — nicht als Hauptmittel zur Hebung des Uebel- 


standes einer mangelhaften Ausbildung der Gartengehülfen aufgefasst 
werden kann. Die wesentliche Ursache des Mangels an tüchtigen Gar- 
tengehülfen liegt nicht im Fehlen jener früher nieht vorhanden ge- 
wesenen Vereine, die Gelegenheit zu weiterer Ausbildung boten; denn 
zum Selbststudium, zu selbstthätiger Fortbildung hat es seit Erfin- 
dung der Buchdruckerkunst, vornämlich seit dem Erscheinen einer 
grossen Zahl von Lehrbüchern, wohl selten an Gelegenheit gefehlt, 
dagegen desto häufiger an dem guten Willen, noch häufiger an der 
Fähigkeit hierzu, eine Folge der mangelhaften Vorbildung oder der 
in früherer Jugend gegebenen Vorbilder. Ganz besonders ist aber 
zu betonen der Mangel an Menschenliebe, welche leider gar oft man- 
chem sonst ganz achtbaren Gartenbesitzer im Drange des Lebens ab- 
handen gekommen zu sein scheint. Ich verhehle es mir nicht, dass 
Mancher spöttisch lächeln wird gegenüber dieser meiner Behauptung, 
sie wird ihm als eine Ausgeburt der Sentimentalität erscheinen. Den- 
noch ist sie nichts weniger als dies, sie ist das Ergebniss unbefan- 
gener Beobachtung. Wo ein Uebelstand besteht — die häufigen Kla- 
gen über die Abnahme der Lust und Liebe zur Gärtnerei beweisen 
das Vorhandensein eines solchen — ist es Pflicht, den Ursachen 
nachzuforschen, bevor man daran geht, ihn heben zu wollen. Wäh- 
rend die allgemeine Gesittung unleugbar fortschreitet und mit ihr 
der Sinn für Kunst und Wissenschaft sowie für feinere Sitten sich 
in immer weitere Kreise verbreitet, sollte man meinen, müsste auch 
der Gartenbau ein immer weiteres Feld gewinnen; thatsächlich ist 
dies aber nicht der Fall, wenn man die Städte, die Brennpunkte der 
Industrie, ausnimmt. Man hört allgemein, dass auf den Landgütern 
die Gärten allmälig mehr und mehr zurückgehen oder wohl gar 
gänzlich aufgegeben werden — und als Grund für diese Erscheinung 
wird angegeben, „es habe sich seit Jahren kein passender Gärtner 
finden lassen!“ Die sich meldenden Gärtner, mit den schönsten Zeug- 
nissen und Lehrbriefen ausgestattet, verstanden oft nicht einmal den 
Garten in bisheriger Weise fortzuführen, geschweige denn ihn zu ver- 
bessern; dagegen waren sie von ihrem vermeintlichen Wissen derart 
eingenommen, dass sie es durchaus nicht für nöthig erachteten, die 
Lüeken ihrer Kenntnisse dureh Fortbildung auszufüllen. 

Aber die Schuld trifft nicht allein diese Gärtner und ihre Lehr- 
herren, sie trifft, und zwar in weit höherem Masse, auch die Grund- 


— 534 — 


besitzer, die ihren Gärtnern eine Stellung bieten, wodurch sie, um 
nieht zu verhungern, gezwungen werden, noch rechts und links zu 
auf Nebenverdienste sehen. Sie kommen leicht auf den naheliegen- 
den Ausweg, Knaben als Arbeiter ohne Lohn anzustellen, die ausser- 
dem noch ein sogenanntes Lehrgeld zu zahlen haben und nach 2 bis 
3 Jahren den Lehrbrief als Gartengehülfen erhalten. Ja nicht selten 
werden die Gärtner vom Gutsherrn, der einen Theil des Lohnes für 
Arbeiter sparen will, direkt auf diese Praxis verwiesen. Neben den 
eigentlichen Gartenarbeiten werden dem Gärtner noch allerhand an- 
dere Arbeiten aufgetragen: Beaufsichtigung der Forst oder gar das 
Aufwarten bei Tische, während der Lehrling ausser dem Warten der 
Kinder seines „Lehrherrn“ noch dem Gutsherrn als Jockey auf dem 
Standbrett der Familienkutsche dienstbar sein muss. Dass aber aus 
solcher Lehre hervorgehende Gartengehülfen, da sie während der 
Lehrzeit wenig haben lernen können, oft kaum ein Beet ordentlich 
umzugraben und glatt zu harken verstehen, da sie kaum etwas Or- 
dentliches zu lesen in ihre Hände bekommen, wogegen ihnen aber 
bei ihrem Abschied in der Regel noch eine sehr hohe Meinung von 
ihrem Wissen und ihrer hohen Wichtigkeit beigebracht wird — da 
sie dann sofort eine selbstständige Stellung zu übernehmen trachten, 
von den bisherigen Lehrherren zu solcher auch empfohlen werden, 
um ihrerseits andere Knaben zum Aussaugen anzunehmen — dass 
solehe Gartengehülfen ihre Stelle schlecht ausfüllen, die Gärtnerei 
herunter, den Gärtnerstand selbst in Missachtung bringen, ist selbst- 
verständlich. 

Wenn ich die Schuld des Grundbesitzers an solchen Zuständen 
letzteren weit höher anrechne, so findet dies wohl seine Rechtfer- 
tigung darin, dass derselbe mit einem anderen Masse zu messen ist, 
als sein Gärtner; seine höhere Bildung, seine bevorzugte soziale 
Stellung legen ihm die Pflicht auf, schärfer als sein unter ihm ste- 
hender Gärtner zu beurtheilen, was dem Ganzen nützt, und was ihm 
schadet. 

Glaube ich in Vorstehendem gezeigt zu haben, wie mehr als 
alles Andere Habsucht und Mangel an Menschenliebe die tieferen 
Ursachen sind, welche die Gärtnerei und den Sinn für dieselbe, 
Vielen unbemerkbar, aber desto sicherer untergraben, so möchte ich 
nunmehr auch das Mittel bezeichnen, welches allein eine Abhülfe 


— 5955 — 


schaffen kann und ausführbar erscheint. Da nur aus Unverstand 
und Unkenntniss der Eltern und Vormünder Knaben in so trostlose 
Lehrverbältnisse gebracht werden, so schlage ich vor, „dass die Be- 
sitzer derjenigen Gärtnereien, deren Name und Ruf über die Ring- 
mauern ihres Wohnortes hinausgelangen, ihren Namen unter nach- 
stehende, alljährlich kurz vor Ostern und kurz vor Michaelis durch 
die Kreishblätter zu veröffentlichende Warnung zu setzen.“ 

Warnung. „Wir unterzeichnete Gärtner und Gartenbesitzer 
machen Eltern und Vormünder darauf aufmerksam, dass wir Gehül- 
fen, die aus der Lehre kommen aus einer Gärtnerei, von der wir 
wissen, dass sie nur Lehrlinge oder mehr Lehrlinge als Gehülfen 
hält, nicht engagiren.* — 

Dann mögen die Gartengehülfen - Fabrikanten zusehen, wo sie 
ihre Lehrlinge unterbringen; denn nur zu oft verpflichten sie sich, 
denselben später eine Stelle in einer Gärtnerei zu verschaffen; mögen 
sie sich ihre Lehrlinge gegenseitig als Gehülfen abnehmen. Dass 
die Unterzeichner einer solchen Warnung einer grossen Zahl von 
Gärtnern und Grundbesitzern den Fehdehandschuh hinwerfen, ist 
sicher, und dass ihr geschäftlicher Verkehr darunter leiden wird, 
liegt ebenso auf der Hand. Doch wird der Rückschlag nicht allzu 
lange auf sich warten lassen und um so segensreicher wirken, als 
die Warnung mit Hintenansetzung des eigenen, augenblicklichen Vor- 
theils im Interesse des ganzen Landes und besonders des heran- 
wachsenden Geschlechtes erfolgt. 

Sollte aber Jemand einen besseren, kürzeren Weg wissen, so 
heisse ich ihn herzlich willkommen und will gern zur Erreichung 
des vorgesteckten Zieles Hand in Hand mit ihm gehen. - 


Berlin, im Dezember 1873. E J. L Mathieu. 


Bemerkung der Redaktion. So sehr wir uns im Einver- 
ständniss mit dem geehrten Verfasser befinden, so weit dies seine 
allgemeinen Ausführunges betrifft, so glauben wir doch, dass es noch 
andere Hülfsmittel zur Erzielung eines tüchtigen, brauchbaren Stam- 
mes von Gartengehülfen giebt, und dass es’ insbesondere Pflieht un- 
seres Vereins ist, Nichts unversucht zu lassen, was zur Erreichung 
dieses Zieles beitragen könnte. An die Mitglieder richten wir aber 
die dringende Bitte, ihre Aufmerksamkeit dieser hochwichtigen 


— 56 — 


Angelegenheit zu widmen und in ähnlicher Weise wie Herr Ma- 
thieu ihre Anschauungen zu allgemeiner Kenntnissnahme zu brin- - 
sen; die Monatsschrift kann wahrlich keinem besseren Zwecke dienen. 


Sagan, Breslau und Neudeck. 


Um die Erzeugnisse der Industrie, wie die den verschiedenen 
Ländern eigenthümlichen Produkte kennen zu lernen, um in- und 
ausserhalb des Pallastes der Welt - Ausstellung Belehrungen zu er- 
halten, Belehrungen, die theils zur Befriedigung des blossen Wissens- 
triebes dienen sollten, meist aber in der Absicht gesucht wurden, um 
späterhin im praktischen Leben in irgend einem Fache verwerthet 
zu werden, zogen in diesem Jahre Hunderttausende von Menschen nach 
der Metropole Oesterreichs. 

Da, wo die schönen Künste, die Wissenschaften ihre Hallen auf- 
bauten, wo aus allen Theilen der Erde die Gewerbe ihre Erzeugnisse 
gruppirten, um im friedlichen Kampfe des Wissens, der Intelligenz 
und des Schaffens gebührende Anerkennung zu erhalten, da durfte 
nimmer die Gartenkunst fehlen! Sie einzig und allein ist es, die 
durch ihre anmuthigen, anschmiegenden Formen die den todten, ko- 
lossalen Massen eigene Kälte mildert, ihnen einen äusseren Schmuck 
und ansprechenden Glanz verleiht. Doch nicht allein als Schmuck, 
nicht allein als Verschönerungsgegenstand in der Umgebung der Aus- 
stellungshallen sollte sie dienen, sie war auch berufen, als ein grosses 
würdiges Glied in der Kette der Künste und Gewerbe durch Selbst- 
ständigkeit Zeugniss abzulegen von ihrer Leistungsfähigkeit in allen 
ihreu Fächern, sowohl auf dem Gebiete der Praxis in den temporä- 
ren Gartenbau-Ausstellungen, als auch im Bereiche der Wissenschaf- 
ten und Theorien in den dazu berufenen Kongressen. Und beide, 
die temporären Ausstellungen sowohl wie die Kongresse, zogen Fach- 
männer und Laien aus allen Ländern in grosser Anzahl zur Bethei- 
higung nach Wien herbei. 

Auf verschiedenen Wegen gelangt der Reisende dorthin. Wer 
nicht gebunden war, sich auf der geradesten Linie nach Wien zu be- 
geben, der zog es vor, Ausflüge und Studienreisen mit der Tour in 
Verbindung zu bringen, um auch auf der Fahrt noch zu geniessen 


— 597 — 


und zu lernen; so auch wir, Freund Hoffmann, mein bewährter treuer 
Reisegefährte auf vielen Touren und Wanderungen, und Referent. 
Schon längst hegten wir beide den Wunsch, die hervorleuchtenden 
Gärten Schlesiens kennen zu lernen; die Reise nach Wien bot nun 
die schönste Gelegenheit zur Realisirung unserer Wünsche. 

Schlesien, sowohl durch seine grossen Grundbesitzer wie durch 
seine Industriellen, ist reich an Gärten und ausgedehnten Park- 
anlagen. Alle kennen zu lernen, würde viel Zeit beanspruchen, und 
zwar sehr viel mehr, als wir für diesen Abstecher übrig hatten; wir 
mussten uns daher bescheiden für dies Mal mit Besichtigung der 
Anlagen in Sagan, Breslau und Neudeck begnügen. 

Mit diesem kleinen, in unserer Zeit ja leicht ausführbaren Reise- 
plane verliessen wir an einem heissen Augustmorgen die heimathlichen 
Fluren, um vermittelst der Eisenbahn uns nach den benannten Orten 
zu begeben. Nach wenigen Fahrstunden hatten wir das erste Ziel 
unserer Tour glücklich erreicht. 

Mit gewissen, wohlberechtigten Erwartungen, die auch durchaus 
nicht getäuscht werden sollten, wanderten -wir dem herzoglichen 
Parke in Sagan zu. Lange bevor wir noch die weit ausgedehnten 
Anlagen erreichten, wurden unsere Blicke schon gefesselt von den 
mächtigen Bäumen, von dem weitleuchtenden Blüthenschmucke. Den 
herrlichen Park, die umfangreichen Dekorationen und die reichen 
Pflanzenschätze selbst in Augenschein nehmen zu können, hatten wir 
die schönste Gelegenheit dadurch, dass unser alter Freund, der Garten- 
Direktor Gireoud, sich selbst zu unserer Führung bereit erklärte. 

Der herzogliche Park dürfte vielen der geehrten Leser der Mo- 
natsschrift theils aus eigener Anschauung, tbeils auch aus der unter 
dem Titel „Der herzogliche Park in Sagan“ vor Jahren erschienenen, 
in den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues 
(Neue Reihe. Sechster Jahrgang Seite 276 1858) rezensirten Bro- 
schüre bekannt sein. Allein die Zeit fordert ihre Rechte, gestaltet 
Vieles um, und so hat im Laufe der Zeit auch der herzogliche Park 
manche Veränderung erfahren, so dass die angeführte Broschüre nicht 
mehr ausreichend ist. Die damals noch lebende kunstsinnige Besitzerin, 
die Herzogin von Sagan, gehört schon seit langer Zeit nicht mehr 
zu den Lebenden. Der Erbe, der Herzog von Valancee, ist glück- 
licher Weise in gleich hohem Grade begeistert von der Landes- 

39 


-— 538 — 


verschönerung und Gartenkunst, ein Pfleger und Förderer derselben 
wie seine Vorgängerin, die Schöpferin der Parkanlagen. Er begnügt 
sich nicht blos mit der Erhaltung des Bestehenden, sondern ist eifrig 
bedacht auf eine Weiterentwicklung nach allen Seiten hin. 

Oft vereint sich Glück mit Glück, so auch hier; denn konnte 
wohl die technische Verwaltung des 462 Morgen grossen Parkes in 
bessere Hände gelegt werden als in die Gireoud’s? Unter seiner jetzt 
circa l5jährigen Verwaltung sind nach allen Richtungen hin tech- 
nisch wichtige Umgestaltungen im Parke wie vielseitige Verschö- 
nerungen in dekorativer Beziehung eingetreten. Mannichfaltiger, rei- 
cher und interessanter Stoff liegt hier zu einer neuen, verbesserten 
und vermehrten Auflage der erwähnten Broschüre über den herzog- 
lichen Park vor; allein eine so ausgedehnte Arbeit ist nur von einem 
langjährigen Verwalter des Instituts zu erwarten, nicht von einem im 
Fluge dahineilenden Touristen; letzterer vermag nur in kurzen Um- 
rissen die nach seiner Auffassung hervorragendsten Momente zu 
skizziren, nur die mangelhaften Notizen aus seinem Tagebuche mit 
dürren Worten hier niederzuschreiben. 

Eingetheilt ist die ganze Anlage in 3 Theile: in den Vorder-, 
Fasanen- und Ober-Park, von denen die letzteren beiden zu den ent- 
legeneren Partien gehören. Bewunderungswürdige, prachtvolle, weit- 
hin ihre Laubkronen ausbreitende Eichen mit mächtigen Stämmen, 
Zeugen mehrerer Jahrhunderte, bilden die vorherrschende Zierde 
in den letztgenannten Parktheilen. Diese, sowie die saubere Haltung 
der hunderte von Morgen umfassenden Anlage im Verein mit den 
unvergleichlich gut gebauten Wegen geben dem Ganzen einen ge- 
wissen feinen, aristokratischen Glanz. 

Der Vorder-Park, in dem sich das alte, wenn wir nicht irren, 
von Wallenstein erbaute Schloss befindet, bildet den Blumen-Park 
und ist durch seine sinnigen Schmuckplätze, durch seine dekorativen 
Arrangements und seine Ornamentik,‘ durch seinen Reichthum an 
Blumen eine des herzoglichen Schlosses würdige Umgebung, ein An- 
ziehungsgunkt für Kenner und Verehrer der schönen Gartenkunst. 

Vor dem Schlosse betreten wir ein grosses, mit Blüthensträu- 
chern geschmücktes Plateau. Es erinnerte uns dies lebhaft an den 
Tuilerien - Garten in Paris. Dahlien, Rosen, Malven, Flammen- 
blumen, Rittersporn, Sonnenwende, Ehrenpreis, Eisenkraut, Reseda 


— 539 — 


und Scharlach-Geranien , letztere in grossen Massen, alle in harmo- 
nische .Gruppen geordnet, reich an Farbenglanz und erquickenden 
Duft spendend, bilden ein liebliches Blumengefilde. Hier erscheint 
die Pflanze in ihrer natürlichen Gestalt und Blüthenpracht, kein Zer- 
ren und Knebeln der Individuen verdirbt die malerischen, leicht be- 
weglichen graziösen Formen, kein Gärtner-Barbar übt hier Gewalt- 
streiche an Flora’s Kindern aus. Anmuth und Wohlgefälligkeit um- 
geben das Ganze. 

Man wird annähernd einen Begriff von der Grösse dieses Pla- 
teaus erhalten, wenn man hört, dass allein über 4000 Exemplare 
von Scharlach-Geranien znr Bepflanzung und Ausschmückung der für 
diese Familie bestimmten Gruppen erforderlich sind. Von letzteren 
dominiren hier die von den Züchtern Englands in die Welt geschickten 
hochrothfarbigen Spielarten: Waltham Seedling, Constant, Nivelet. 

Unfern dieses Plateaus, am sogenannten Schlossbrunnen, erfreute 
uns ein anderer eleganter Schmuckplatz. Die vom Professor Troschel 
entworfene, in der Werkstätte von Kahle in Potsdam ausgeführte 
Fontaine treffen wir hier in sehr vortheilhafter Weise aufgestellt. 
‚Alle ir der Nähe vorhandenen Blumen- und Blattpflanzengruppen 
bringen durch geschmackvolle Arrangements eine ganz besondere 
Wirkung hervor. Die Blattpflanzengruppen, bestehend aus Canna- 
und Caladium-Arten, hatten einen eigenen Reiz durch die Umfassung 
mit Pennisetum longistylum. Hübsche Kontraste bildeten die in 
Sternform angelegten Gruppen, theifs bepflanzt mit Coleus Verschaf- 
felti, mit einer Einfassung von Pyrethrum Parthenium var. aureum 
(Golden Feather) umgeben, theils mit Iresine (Achyranthes) Lindeni 
bestellt, begrenzt durch Santoline Chamaecyparissus. Einen ange- 
nehmen Eindruck machte ferner die mit den reiehblüthigen Fuchsien 
(Fuchsia corrallina und Fuchsia coccinea) bekleidete Mantellaube. 
Eine derartige, von leichtem Lattenwerk oder dünnen Eisenstäben er- 
richtete Laube, bepflanzt mit dazu geeigneten Blüthensträuchern oder 
gefälligen Kletterpflanzen, bleibt, an richtiger Stelle im Garten, immer 
eine vortreftliche Zierde. 

Vor dem Komplex der Pflanzenhäuser erhebt sich eine effekt- 
volle Schalen-Fontaine. In ihrer Umgebung befanden sich eine An- 
zahl niedlicher Teppichbeete, ausgestattet mit deu bekannten, dazu 
geeigneten Pflanzen. Vorherrschend waren 2 Varietäten von Lobelia 


30* 


— 540° — 


Erinus, die dunkelblaue, reichblühende Kaiser Wilhelm und Stern von 
Ischl. Ferner waren in entsprechender Anzahl vertreten die ver- 
schiedenen Arten der beliebten Alternantheren, die durch ihren Sil- 
berglanz weithin zu erkennende Centaurea candidissima, die dunkel- 
farbige Irisene Lindeni, das gelbblättrige Pyrethrum Parthenium, 
Festuca glauca, Trifolium tropaeoloides, Santoline Chamaecyparissus, 
Veronica glauca und zwergartige, dankbar blühende Lantanen-Varie- 
täten. Die Einfassungen bestanden aus Echiveria secunda und 
Cerastium tomentosum. Ganz besonders aber präsentirte sich hier 
eine streng symmetrisch geordnete Gruppe, zusammengestellt aus 
folgenden Pflanzen: Den Mittelpunkt bildete ein untadliges Esemplar 
der Agave filamentosa; in entsprechender Entfernung standen im 
Kreise 12 Prachtexemplare von Echeveria metallica; 4 grosse ro- 
settenförmige Sempervivum tahulaeforme in gleichmässiger Entfernung 
von einander zierten als Sterne die äussere Kontur. Der Fond der 
ganzen Gruppe bestand aus dem dunkelfarbigen, das Erdreich be- 
deckenden Trifolium tropaeoloides, während die zarte Echeveria 
seeunda mit ihrer regelmässigen Form die Gruppe als Einfassung 
umschloss. Die Farbenkontraste brachten hier einen eigenthümlichen 
Effekt hervor. 

Ein in sich abgeschlossenes Bild auf dem saftiggrünen Rasen 
erzeugten hochstämmige Exemplare von Erythrina laurifolia, Datura 
arborea, Brugmansia bicolor, Cuphea platycentra, verschiedene Lan- 
tanen, Fuchsien, Heliotropien und gefüllt blühende Scharlach-Geranien. 

Wir gelangen in den holländischen Garten, der einen entschie- 
den andern Charakter hat, als alle bisher durchwanderten Schmuck- 
plätze. Die Blumenbeete, obwohl verschieden an Grösse, bilden 
regelmässige geometrische Figuren, welche mit der Ornamentik im 
Einklange stehen Die Südfront ist von dem grossen Orangeriehause 
begrenzt und schliesst den holländischen Garten gewissermassen 
nördlich ab. Die Wände des Hauses sind bekleidet mit Rankgewäch- 
sen, namentlich Waldrebenarten,' unter denen durch ihre Ueppigkeit 
und durch die Tausende von dunkelblauen Blumen, mit denen sie 
bedeckt war, die Clematis Viticella venosa besonders hervorleuchtete. 
Die Wand mit dem Waldrebenbehange bildet einen angenehmen de- 
korativen Hintergrund für die Blüthensträucher des Parterres. Auf 
den Blumenbeeten prangten in reicher Blüthenfülle bengalische und 


— 541 — 


Theerosen, die mannichfaltigen Spielarten von Heliotropium peruvianum, 
Phlox Drumondii, Ageratum mexicanum, Dianthus Hedwigii, Dian- 
thus Caryophyllus und Petunia nyetoginiflora. 

Von den symmetrisch aufgestellten Vasen enthielten einige die 
für derartige Zwecke sich so vortrefllich qualifizirende luftige Humea 
elegans, andere grossblumige gefüllte Scharlach-Geranien. 

Den Glanzpunkt in dem holländischen Garten bildet unstreitig 
die in der Mitte daselbst stehende Blumenfontaine. Im bunten Ge- 
wühl wetteifern hier Blumenformen und Farbenglanz: Heliotropen, 
Lantanen, Petunien, Fuchsien, Scharlach-Geranien u. a. m. Den 
herabfallenden Wassertropfen gleichend erscheinen überall an den 
Rändern die glänzenden Blätter und rosafarbigen Blumen des Pelar- 
gonium peltatum; bald klimmend, auf- und niedersteigend, dazwischen 
Ranken und dunkelgrüne Blätter der Pylogyne suavis, gemischt mit 
den Blüthen der Lophospermum scandens und in reicher Anzahl 
schöner blauen Blumen von Maurandien. Die Dimensionen der Fon- 
taine im Verein mit dem Blumenschmucke geben ein imposantes 
Bild. Einen würdigen, ebenbürtigen Rivalen dieses Prachtwerkes, 
ebenfalls meisterhaft arrangirt und zwar durch die Hand des Ober- 
gürtners Perring haben wir bisher nur Gelegenheit gehabt zu be- 
wundern in dem an seltenen Pflanzenschätzen, an Pracht- und Muster- 
exemplaren so reichen Garten des Herrn Killisch von Horn in 
Pankow bei Berlin. 

Den holländischen Garten verlassend, gelangten wir nach kurzer 
Wanderung an einen durch hohe Bäume begrenzten Platz, wo die 
d.e Blumen- oder Ludwigs-Eiche umgebende fremdländische Scenerie 
unsern Augen ein neues bezauberndes Bild darbot. Der in der 
Mitte der Gruppirung stehende todte Eichenstamm gewährt einen 
Anblick des tropischen Pflanzenlebens. Orchideen (Stanhopeen), Bro- 
meliaceen, kletternde Aroideen, Farne und Lianengewächse wuchern 
sesellig, wie in ihrer Heimat, neben einander. Eine mächtige Gruppe 
nur tropischer Pflanzen, Latania borbonica, Musa Ensete, Arundinaria 
falcata, Saccharum offieinarum, Theophrasta imperialis, Hedichyum- 
Arten, Philodendron pertusum und Ph cannaefolium, Balantium- und 
Cyathea-Arten sind hier in malerisch schönen Arrangements ver- 
einigt. Der Saum dieser, wir dürfen wohl sagen grossartigen Grup- 
pirung besteht aus Coleus- und Begonien-Arten. Den Rasen bilden 


— 542 ° — 


bier die lieblichen Selaginella-Arten, namentlich S. Apus ? denti- 
eulata. Vor der Rampe des Schlosses liegt unten im Rasen ein 
Arrangement, das herzogliche Wappen darstellend, in allen Theilen 
ziemlich gross; wie uns Freund Gireoud sagte, sind zur Bepflan- 
zung circa 6000 Exemplare erforderlich. 

Bei unserm Hin- und Herwandern hatte schon längst eine oft 
von fern erblickte Gruppe weithin leuchtender blauer Blumen unsere 
Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Was konnte diese Gruppe wohl 
enthalten? Blaue Hortensien! Blaue Hortensien von einer Färbung, 
wie wir sie noch nie zuvor gesehen hatten, nur ähnliche später in 
Schleissheim bei München zu Gesicht bekommen. Man wird sagen: 
„Das ist nichts Neues!“ Und doch ist es etwas Neues! Es ist näm- 
lich nicht die längst bekannte Hydrangea hortensis, sondern die Hy- 
drangea japonica variet. Otaka. Diese Auffälligkeit in der Färbung 
hat ihren Grund theils in der Art, theils in den angewandten Kultur- 
mitteln. In der Flore des Serres, wo Hydrangea Otaka abgebildet ist, 
ist zugleich auch gesagt, dass sie in ihrem Vaterlande Japan nur 
blau blüht. Die rothen Blumen dieser Varietät sind daher auch 
von blasser, schmutziger Färbung, als rothe Blume, mit der alten 
Hortensie niemals in Vergleich zu bringen. Die Blumen erhalten 
eine prächtige blaue Färbung, wenn die Pflanzen, wie ja allgemein 
bekannt, in eisenhaltige Moorerde, die mit einem Zusatze von Alaun 
versehen, gesetzt wird. Es ist bei diesem Verfahren noch zu be- 
achten, dass der Alaun längere Zeit vor dem Gebrauche der Moor- 
erde beigemengt werden muss. Zu rothblühenden Hortensien eignet 
sich vorzugsweise die bekannte Hortensia hortensis, zu blaublühenden 
dagegen die Hydrangea japonica var. Otaka. 

In den ziemlich umfangreichen Reserve- Gärten werden gepflegt 
grosse Sortimente von Florblumen, wie Fuchsien, Rosen, Georginen, 
Phlox und Geranien, wodurch es aber auch allein möglich ist, ent- 
stehende Lücken auf den Schmuckplätzen schnell zu ergänzen. 

Weder den überall angenehmen dekorativen Schmuck, noch den 
enormen Blüthenreichthum in allen Theilen des Vorder-Parkes, noch 
die überall grüne Rasenmatte würden wir hier in ihrer jetzigen Aus- 
dehnung erblicken, am allerwenigsten uns aber erfreuen können an 
den Kuustwerken der Fontainen, deren eine ihre Wasserstrahlen über 
100 Fuss hoch in die Luft sendet, wenn das belebende und Nah- 


—_— 543 — 


rung zuführende Element, das Wasser fehlte. Ohne Wasser in 
erosser Menge und zu jeder Zeit sind Gärten, gleichviel klein oder 
gross, während der heissen Sommermonate gar nicht zu erhalten. 
Wie wirkungslos bleibt der reichste Blumenteppich, die prachtvollste 
Solitairpflanze im Freien, wenn dem einen wie der andern zur Seite 
der grüne Rasen mangelt. Ein Rasenteppieh ohne Schmuckpflanzen 
macht jederzeit einen angenehmen Eindruck. Traurig erscheint jede, | 
selbst auch die werthvollste Schmuckpflanze auf traurigen, sonnver- 
brannten Rasensteppen. Und schliesslich wie beschwerlich, wie mühe- 
voll, in den Ausführungen überall gehemmt ist die Leitung des diri- 
girenden Gärtners, wenn Wasser nicht nur mangelt, sondern in den 
nothwendigen Momenten gänzlich fehlt. Wasserleitungen gehören bei 
den sich täglich steigernden Ansprüchen in den Gartenanlagen und 
bei der Gartenausschmückung zu den nothwendigen Bedürfnissen der 
Verwaltung. 

Von diesem Gedanken war Gireoud bei Uebernahme seines 
Amtes, der Pflege des herzoglichen Parkes in Sagan, durchdrungen. 
Sein erstes, ernstes Bestreben war daher auf die Einrichtung einer 
zweckmässigen Wasserleitung gerichtet. Es kam ihm sehr zu stat- 
ten, dass für ein derartiges Unternehmen die Ortsverhältnisse im 
höchsten Grade güustig liegen. Ohne Dampfkraft, dureh vortheil- 
hafte Mitbenutzung der vorhandenen Verhältnisse und der Terrains 
wird das Wasser gehoben und nach allen Richtungen in reichlicher 
Menge in den Park geleitet. Schon die eifrigen Bestrebungen auf 
diesem Gebiete, das Inslebenrufen der Wasserleitung ist ein ganz 
ausserordentliches Verdienst, welches sich der Dirigent um die Sa- 
ganer Parkanlagen erworben hat. 

Wir haben auch wieder die Ueberzeugung gewonnen, dass nicht 
allein die umfassende Kenntniss von Pflanzen und deren Lebens- 
bedürfnisse, sondern anch ein angeborener Geschmack für Dekora- 
tionen und Farbensinn dem eigen sein müssen, dem die vielseitige Auf- 
sabe geworden ist, effektvolle charakteristische Gruppen und Sce- 
nerien im grossen Parke wie im zierlichen Blumengarten zu schaffen. — 

Der herzogliche Park in Sagan bietet für den Gärtner von Fach 
wie für den Gartenfreund und Laien viel des Schönen, des Inter- 
essanten und Belehrenden. Es dürfte wohl zu empfehlen sein, dass, 
wie früher ja öfter in der Umgegend Berlins und Potsdams, von den 


— 54H — 


verehrlichen Mitgliedern des Vereins zur Beförderung des Garten- 
baues Exkursionen unternommen wurden, auch einmal einer solchen 
eine weitere Ausdehnung gegeben werden möchte, und zwar über 
Branitz, Muskau nach Sagan Alle drei Orte liegen vermittelst der 
Eisenbahn Berlin ja sehr nahe Alle bieten, im Sommer durch 
Blumenschmuck, im Herbst durch Laubkolorit, reiche und mannich- 
fache Genüsse dar, die nur zu oft und von sehr Vielen in weiter, 
weiter Ferne gesucht werden und daher meist grosse Reisen be- 
anspruchen. Hier haben wir’s relativ nahe. Befriedigt, wie wir, 
würde sicherlich von dort Jedermann nach der Heimat zurückkehren 
und mit uns in die schönen Worte unseres Dichters Goethe ein- 
stimmen: 

„Weshalb in die Ferne schweifen? 

Sieh, das Schöne liegt so nah.“ 

Ein Gärtner, der auf seiner Reise durch Schlesien über Breslau 
nach Wien gegangen und versäumte, den botanischen Garten in 
Breslau zu besuchen, hat nicht gut gegen sich selbst gehandelt. Wer 
es irgend bewerkstelligen kann, darf eine solehe Gelegenheit nicht vor- 
übergehen lassen. So dachten wir und denken wir, nachdem wir den 
Besuch unternommen, um so mehr. Trotz der uns nicht allzu reich- 
lich zugemessenen Zeit, trotz der glühenden Strahlen, welche die 
Sonne herabsandte, die um so unangenehmer für uns waren, als der 
Garten in ziemlicher Entfernung vom Mittelpunkte der Stadt liegt, 
machten wir uns auf den Weg nach dem so rühmlichst bekannten 
Institute. 

Seit mehreren Jahrzehnten unter der Direktion des Herrn Geh. 
Medizinal-Raths Professor Dr. Göppert stehend, hat sich der Gar- 
teu einen weit üher die Grenzen Europa’s hinausgehenden Ruf er- 
worben. Als Techniker des Gartenfaches fungirt hier ebenfalls schon 
Jahrzehnte hindurch der Garten - Inspektor Nees van Esenbeck. 
Theorie und Praxis sind hier mit bestem Erfolge bestrebt, im har- 
monischen Vereine für des Emporblühen des Instituts zu wirken. Die 
Resultate eines solehen gemeinsamen, ineinandergreifenden Wirkens 
sind glänzende und geben die sprechendsten Zeugnisse für die Zweck- 
mässigkeit des Handinhandgehens der Praxis mit der Theorie. Weit- 
läufig und eingehend über die Einrichtungen des Breslauer botani- 
schen Gartens zu berichten, würde über das gestellte Ziel hinaus- 


führen; auch glauben wir, dass bereits von kompetenterer Seite aus- 
führlieh darüber referirt worden ist. Wir haben hier lediglich nur 
von unserem rein gärtnerischen Standpunkte aus und als Touristen 
unsere Wahrnehmungen und Beobachtungen aufgezeichnet. 

Der Reichthum an offizinellen und technisch wichtigen Pflanzen 
muss Jeden, der nur einige botanische Kenntnisse besitzt, überraschen. 
In systematischer Aufstellung ist nach jeder Richtung hin den jetzi- 
sen Anforderungen Rechnung getragen, die physiologische Partie 
namentlich ist von höchstem Interesse. 

Hier ist nicht allein und ausschliesslich für die Lehrer der Hoch- 
schule gesorgt, nicht nur Rechnung getragen den Bedürfnissen des 
jungen Akademikers, sondern im gleichen Masse ist Bedacht ge- 
nommen und ‚gesorgt für gründliche Belehrung des Gärtners, für An- 
regung des Laien. Durch diese allgemeine und vielseitige Nützlich- 
machung erfüllt das Institut seinen Beruf, seine Aufgabe in vollstem 
Masse. 

Von unserm rein gärtnerischen Standpunkte aus müssen wir der. 
instruktiven Pfianzen-Aufstellung, wie sie im botanischen Garten in 
Breslau durchgeführt ist, unsere grösste Anerkennung zollen. 

Die lebendige Anschauung einer reichen Anzahl systematisch 
verwandter, nebeneinander vegetirender Individuen, die physiologische 
Aufstellung, die geographischen Gruppirungen, wie wir sie hier sehen, 
sind praktisch und überaus instruktiv für den Gärtner. Gerade der 
Gärtner bedarf dieses lebendigen Unterrichts viel mehr wie jeder 
Andere. So hoch wir auch die Empirie des praktischen Gärtners 
schätzen, so müssen wir dennoch ebenso offen bekennen, dass ohne 
genügende Kenntniss der Pflanzensystematik, der Pflanzenphysiologie 
und der Pflanzengeographie das blosse empirische Wissen nicht aus- 
reicht, dass dabei der Gärtner meist nur ein Tappender im Dun- 
keln bleibt. 

Staats-Institute und botanische Gärten, die sich mit der Aus- 
bildung der jungen Gärtner befassen, sollten dies wohl beherzigen. 
Wir konnten nicht aus dem botanischen Garten in Breslau scheiden, 
ohne dass der Wunsch in uns lebendig wurde, dass die dortigen Ein- 
"riehtungen als Vorbilder anderen ähnlichen Instituten dienen und 
Nachahmung finden möchten. — Nur auf eins möchten wir aufmerk- 
sam wachen. Wir können nicht verschweigen, dass der Total- 


— 546 — 


eindruck des botanischen Gartens in Breslau ein noch viel angeneh- 
merer sein dürfte, wenn auch noch auf die Eleganz mehr Sorgfalt 
verwendet werden würde. — Mehr oder weniger scheinen derartige 
Institute überhaupt gerade kein sehr grosses Gewicht auf die Sauber- 
keit der Gärten zu legen; wir sollten doch glauben, dass diese neben 
den wissenschaftlichen Aufgaben recht gut gepflegt werden könnte. — 


Auf dem Wege von Breslau nach Neudeck begegnen dem Rei- 
senden zu allen Seiten die Stätten des schlesischen Bergbaues. 
Ueberall öffnen sich die Schachte, aus denen Erze und Kohlen aus 
ihren viele hundert Fuss tiefen Lagern entführt und zu Tage geför- 
dert werden; Kohlen, die Tausende von Jahren in der Erde ruhten, 
senden hier, nachdem sie kaum 24 Stunden am Tageslicht waren, 
aus den Hochöfen und anderen Feuerstätten ihre Rauchsäulen empor 
in die Lüfte. Auch ohne-sich weder mit der Plutonischen noch mit 
der Neptunischen Lehre über die jetzige geologische Gestaltung der 
Erde zu befassen, wird dem Wanderer während seines Fluges durch 
das Bergbau treibende Oberschlesien vielfach Stoff zum ernsten-Nach- 
denken gegeben. Und wiederum, welch einen eigenthümlichen, er- 
quiekenden Eindruck macht es, zwischen diesem emsigen Getriebe 
des Bergbaues hie und da das freundliche Bild eines Gartens hervor- 
tauchen zu sehen? Neudeck freilich liegt schon ziemlich über den 
Bereich des Bergbaues hinaus, jedoch zwischen ziemlich bewegtem 
Terrain, dicht an der Grenze Russisch-Polens. Noch führt nach dem 
freundlichen Fleeken kein Schienenweg. Der Tourist ist daher ge- 
nöthigt, sich von Beuthen, Tarnowitz oder Borsigwerk aus zu Fuss, 
Ross oder Wagen dahin zu begeben. 

Neudeck ist der Stammsitz der Familie Graf Henkel von 
Donnersmark-Neudeck. Es überrascht uns zunächst ein grosses, 
noch im Bau begriffenes Schloss, welches lebhaft an das Schloss und 
die Umgebung in Versailles erinnert. Wie dort vor demselben vollendet 
finden wir hier im Entstehen begriffen grosse Plätze, Terrassen, Fon- 
tainen, Kaskaden und Hektaren grosse Seen. Nach Vollendung 
aller dieser Bauten und den damit im Zusammenhange stehenden 
Gartenanlagen wird Neudeck eine der hervorleuchtendsten Zierden 
Oberschlesiens sein. 

Neudeck ist in der Gartengeschichts noch ziemlich neu, hat in- 


—_— 7 — 


dessen seit einigen Jahren unter der Leitung des Garten -Inspektors 
Fox, besonders durch dessen hervorragende Leistungen im Gebiete 
der Weinkultur, sich einen grossen Ruf erworben. Bevor wir auf 
diesen hier, wie nirgend in Deutschland, vertretenen Zweig der Wein- 
kultur näher eingehen, möge es uns gestattet sein, einen Augen- 
blick, wenigstens scheinbar, von unserem Wege abzulenken. 

Allen denjenigen, welche die internationale Gartenban-Ausstel- 
lung in Hamburg im Jahre 1869 besucht haben, werden noch im 
frischen Gedächtniss sein die allgemeine Bewunderung und Sensation 
erregenden Riesentrauben, welche von dem berühmtesten Züchter 
Englands, Joseph Meredith in Garston bei Liverpool, ausgestellt 
waren. Für seine ausserordentliche Leistungen erhielt Meredith da- 
mals den von Ihrer Majestät der Königin Vietoria von Grossbritan- 
nien und Irland ausgesetzten Preis („for the best specimens of 
srapes“), bestehend in einer silbernen Weinkanne. Durch sein durch- 
aus neues Verfahren in der Weinkultur hat er einen ehrenvollen Na- 
men in der Geschichte der Gartenkunst erhalten. 

Wir dürfen wohl annehmen, dass die in England Aufsehen erregen- 
gen Resultate Meredith’s auch in Neudeck den Impuls zu den von 
grossartigen Erfolgen begleiteten Versuchen auf diesem Gebiete ge- 
geben haben. Bereits mehrere Jahre vor der Hamburger Gartenbau- 
Ausstellung berief der Herr Graf Henkel von Donnersmark- 
Neudeck den jetzt an der Spitze seiner Anlagen stehenden talent- 
vollen Fox aus England, in dem wir einen würdigen Rivalen Meister 
Meredith’s gefunden haben. Waren schon die erwähnten Trauben 
Meredith’s durch ihre Grösse und Schönheit dazu angethan, das leb- 
hafteste Interesse bei Gärtnern und Gartenfreunden zu erwecken, so 
findet dies in einem noeh weit höheren Maasse in Neudeck bei den 
noch am Mutterstocke in vollem Glanze prangenden Trauben statt. 
Hier an dem einen Stocke die prachtvolle goldgelbe Traube des 
Muscat of Alexander, dort an dem andern die schwarzblaue, 4—8 
Pfund schwere Traube Barbarossa an den überaus kräftigen Reben 
hängen zu sehen, war uns alten Gärtnern ein höchst überraschender 
Anblick, ein Anblick, der Freude und Bewunderung hervorrief, alle 
Erwartungen übertraf! Man bewundert hier, was die Natur durch 
Hilfe des Menschen doch zu erzeugen vermag. Unwillkürlich dach- 
ten wir, als wir die Neudecker Trauben sahen, an die bekannten 


— 548 — 


Trauben, welche Josua und Kaleb, auf Kundschaft ausgesandt, aus 
dem Lande Kanaan mitbrachten, und es wollte uns scheinen, als ob 
die beiden jene Trauben weniger wegen ihrer Last, als vielmehr 
wegen ihrer Schönheit zur Schau getragen hätten. Auch wir ver- 
setzten uns augenblicklich in die Lage eines Kundschafters, und zwar 
in die eines des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues, hatten 
auch sehr bald das Vergnügen zu erfahren, dass unser Kundschaften 
erfolgreich sein wird. Nebenbei sei bemerkt, dass bei jenen bibli- 
schen Trauben wohl nicht an die Traube Barbarossa gedacht werden 
kann, viel eher, wie Rothschild meint, an die Traube Terre promise. | 

Durch die Freundlichkeit des Garten-Inspektors Fox hatte der 
Vorstand des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues das Vergnü- 
gen, in der 556. Versammlung am 26. Oktober d. J. eine von jenem 
gezogene Traube den verehrliehen Mitgliedern zur Ansicht vorlegen 
zu können. Unzweifelhaft und einstimmig waren auch hier die Ur- 
theile über die Schönheit und Vollkommenheit der Traube. 

Es liefern uns die Früchte in Neudeck andererseits aber auch 
den Beweis, dass nicht nur in England, sondern auch bei uns in 
Deutschland, selbst in den östlichen. Provinzen, in einem unfreund- 
lieheren Klima der Weinstock unter sachkundiger, auf wissenschaft- 
lichen Grundlagen beruhender Pflege und bei Gewährung aller erfor- 
derlichen Hilfsmittel ausserordentliche Erträge zu liefern im Stande ist. 

Der Mensch wird nie des Wünschens müde; so hegen auch wir 
im Stillen den Wunsch, dass derartige Früchte bald nicht nur eine 
Zierde, sondern ein konkurrirender Gegenstand unserer Gartenbau- 
Ausstellungen werden möchten. Wir wissen sehr wohl, dass Ausstel- 
lungen Opfer fordern, allein für gemeinnützige Zwecke sollte Jeder- 
mann nach seineu Kräften und Mitteln Opfer zu bringen sich nicht 
scheuen. 

Wenn auch vorerst in Folge der nöthigen Anlagen nnd aller damit 
in Verbindung stehenden bedeutenden Unkosten die Erziehung der- 
artiger Trauben lediglich Sache des reichen Grundbesitzers sein wird, 
so dürfte doch ein recht häufiges Aufstellen derselben an geeigneter 
Stelle niekt allein zur Freude, sondern im grösseren Masse zur 
Belehrung und Anfmunterung dienen un.! schliesslich dahin führen, 
dass die Traubenkultur unter Glas auch bei uns zu einem gewinn- 
bringenden, gärtnerischen Handelszweige erhoben wird, wie dies in 


ee 


England längst der Fall ist. Die schönsten und grössten Trauben 
in England werden lediglich von den Handelssärtnern gezogen, zu 
hohen Preisen bis zu 7 Thlr. das Pfund verkauft, und Meredith hat 
durch die Traubenzucht nicht nur seinen gärtnerischen Ruf gegründet, 
sondern sich auch ein Vermögen erworben. 

Die Ausstellung solcher Trauben kann aber auch dahin wirken, 
dass der im Allgemeinen in Norddeutschland noch sehr des Auf- 
schwunges bedürftigen Tafeltraubenkultur überhaupt nach und nach 
mehr Aufmerksamkeit zugewendet werden wird. 

Wenn man uns nun fragt: Welcher Art ist die Kultur der Rebe 
in Neudeck, wie sind die für diesen Zweck gebauten Glashäuser 
eingerichtet? so müssen wir offen bekennen, dass wir nicht in der 
Lage sind, diese Fragen genügend zu beantworten. Wir können nur 
im Allgemeinen unsere im raschen Durchzuge gemachten Wahr- 
nehmungen hier in kurzen Umrissen und Andeutungen wiedergeben. 

Die Häuser für die Weinkulturen sind einseitig, mit der Glas- 
fläche nach Süden belegen, ca. 4 Meter im Lichten tief und 5 Meter 
hoch. Die gerundete, tonnendachähnliche Glasfläche erstreckt sich, 
von dem höchsten Punkte der Hinterwand ausgebend, bis ziemlich zur 
Erde an der Vorderfront, letzteres, damit Lieht und Sonnenstrahlen 
den Erdboden überall treffen. Selbstredend sind die Gerippe der 
verschiedenen Abtheilungen aus Eisen konstruirt. Die Länge aller 
Abtheilungen der Weinkultur ins Gesammt dürfte wohl 100 Meter 
betragen. Zur Erwärmung der ziemlich grossen Räume dient eine 
zweekmässig eingerichtete Wasserheizung. ‘Die Erwärmungsfläche in 
den Häusern besteht aus acht, zu je vier übereinanderliegenden, ca. 
10 Zentimeter im Durchmesser haltenden, gusseisernen Röhren, welche 
ca. 1% Meter von der Vorderfront entfernt liegen, so dass die untersten 
dieht über der Erde sich befinden. Die Ventilation ist in zweck- 
mässiger Weise theils unten in der Vorderfront, theils an den höchsten 
Punkten der Glasfläche, nahe der Hinterwand, angebracht. Die Reben 
befinden sich nicht unmittelbar nahe der Glasfläche, sondern sind ca. 
% Meter davon entfernt, an starken Dräthen angebunden. Durch 
diese weitere Entfernung von der Glasfläche sind die Blätter mehr als 
in anderen Häusern gegen das Verbrennen durch die Sonnenstrahlen 
gesichert. 

Alle Weinhäuser liegen frei; kein Baum, kein Gebäude unter- 


=. 


bricht vom frühen Morgen bis zum späten Abend die Einwirkungen 
des Sonnenlichtes. Weder Russflocken aus hohen Schornsteinen 
noch Strassenstaubwolken verunreinigen hier die Luft, wie dies in 
allen Stadtgärten zu geschehen pflegt. Blätter und Früchte bleiben 
befreit von allen derartigen Belästigungen. Diese freie, gesunde Lage 
ist ein wesentlicher Faktor bei der Kultur. 

„ Welche Aufmerksamkeit nach allen Richtungen hin hier auf die 
Pflege der Rebe verwendet wird, dürfte auch noch aus dem Umstande 
zu ersehen sein, dass der Boden vor den Glashäusern auf ca. 10 Meter 
Breite nicht nur frei gehalten, sondern sorgfältig aufgelockert und ge- 
düngt wird, damit die dahin sich erstreckenden Wurzeln sowohl Nah- 
rung wie von den Sonnenstrahlen erwärmten Erdboden finden. Hier er- 
bliekt man kein Hälmehen Unkraut, geschweige denn Runkeln oder 
Mais für ökonomische Zwecke. 

Was nun die Anzucht und weitere Pflege der Rebe betrifft, so 
haben wir auch hier gefunden, was wir schon vor Jahren in England 
bemerkten, nämlich dass auf die Erziehung der jungen Reben grosse 
Sorgfalt verwendet wird. Sie werden unter Glas, zuerst in Töpfe, 
später in Körbe gepflanzt, erzogen und erst, wenn das Holz zu. 
reifen beginnt, einige Zeit ins Freie gestellt. Alle diese Reben sind 
von aussergewöhnlicher Ueppigkeit. In der Anzucht der kräftigen 
Rebe liegt sicherlich mit ein Schwerpunkt der ganzen Kultur. 

Dem im Hause ausgepflanzten Rebstocke vergönnt man kein hohes 
Dienstalter; keiner feiert ein 25jähriges Dienstjubiläum, schon nach 
höchstens 10jähriger Nutzung wird er entfernt und durch neue, 
lebenskräftige Reserve ersetzt. Die grossen Ausstellungstrauben zieht 
man, nach Meredith, nur an 5jährigen Stöcken. Der Schnitt ist 
der in England übliche kurze Zapfenschnitt. Wir fanden auch hier 
in Neudeck, dass auf entsprechende Düngung ein grosses Gewicht 
gelest wird, wozu, wie uns scheint, vorherrschend Guano zur An- 
wendung kommt. 

Auf die Ausbildung der Traube, ja jeder einzelnen Beere wird 
viel Fleiss verwendet. Durchschnittlich waren jedem Rebstocke nur 
8S—10 Trauben gelassen, alle übrige schon in frühester Jugend ent- 
fernt. Das Ausbeeren wird mit aller Vorsicht, jedoch in ziemlich 
reichem Masse vollzogen. Auch werden die einzelnen Theile der 
Traube vorsichtig vermittelst Bastfäden auseinander gebunden, da- 


— 551 — 


mit Licht, Luft, Wärme allen Beeren möglichst gleichmässig zu 
Theil werden kann. 

So weit reichen unsere bei dem kurzen Aufenthalte in Neudeck 
gemachten Beobachtungen über die Weinkultur. Wir geben zu, dass 
dieselben nur abgerissen und unvollständig sind, und werden es daher 
dankbar anerkennen, wenn die Monatsschrift des Vereins recht bald 
in die Lage versetzt würde, nicht nur Berichtigungen und Ergän- 
zungen unserer Notizen, sondern eine bis in die Details eingehende 
Darstellung der Kulturmethode nach Meredith’schen System bringen 
möchte. 

Ausser der, Weinkultur sahen wir in Neudeck auch eine inter- 
essante Gemüsetreiberei, welche allerdings in den Wintermonaten auf 
ihren höchsten Betriebs- und Glanzpunkte steht. Für diesen Zweig 
sind ebenfalls eine Anzahl kleiner, zusammenhängender Abtheilungen, 
je nach der Gemüseart und dem Bedürfnisse, eingerichtet. Wir können 
uns lebhaft vorstellen, welchen erfreulichen Anblick dieser Nutzzweig 
im Winter gewähren muss. 

Nächst allen diesen vielseitigen, für die materiellen Genüsse des 
Lebens sorgenden Anlagen wird auch der Blumenzucht und der 
Pflanzenkultur Rechnug getragen. Die für diese erbauten Glashäuser 
sind äusserst elegant. Sie enthalten aber auch einen Schatz vorzüglicher 
Kulturpflanzen des Warm- wie des Kalthauses. 

Wir sahen hier manch’ erfreuliche Prachtexemplare und Selten- 
heiten, wie Dipladenien, Allamanden, Hoveen u. a. m., Exemplare, 
wie wir sie auf dem Kontinent selten zu sehen pffegen. 

Der herzogliche Park in Sagan, der botanische Garten in Breslau, 
der gräfliche Park in Neudeck, jeder in seiner Art, sind Muster- 
anstalten; alle drei geben uns ein erfreuliches Bild von dem Glanze 
der Gartenkultur in der Provinz Schlesien. G. 


Ein Beitrag zur Naturgeschichte 
der dem Apfelbaum schädlichen Insekten. 
Von Dr. Emil Kalender. 
Der Apfelbaum beherbergt eine grosse Menge Insekten in seinem 
Stamme, an und in seinen Zweigen, seinen Blättern und Blüthen. 
Wie ich früher in einem Artikel, „die Feinde der Rosenkultur“ be- 


—_ 52 — 


müht war, zu zeigen, dass die meisten Angaben über schädliche 
Insekten übertrieben sind, dass der Gärtner immerhin eine Blumen- 
lese in den Verzeichnissen der schädlichen Insekten halten muss, 
um die Böcke von den unschuldigen Schafen zu scheiden, so will 
ich in Folgendem mich darauf beschränken, die dem Apfelbaum 
schädlichen Kerbthiere in gedrängter, aber möglichst übersicht- 
licher Form zu beschreiben. Ich halte hierzu die früher getroffene 
Eintheilung in Käfer, Schmetterlinge etc. bei. 

a) Käfer. Unter den Käfern schaden in erster Linie die Laub- 
Käfer (im vollkommenen und im Larvenzustande) dem Apfelbaume an 
Laub, Blüthen und unzweifelhaft auch an der Wurzel. Es dürfte 
wohl überflüssig sein, hier die so vielfach beschriebene Thätigkeit 
des Maikäfers wiedergeben zu wollen; um so nothwendiger jedoch 
erscheint es mir, den sogenannten Gartenlaubkäfer dem Obstzüch- 
ter vorzuführen. Das schädliche Auftreten dieses Insekts scheint von 
verschiedenen Seiten wohl nicht genügend gewürdigt zu werden. 
Der niedliehe Käfer, dessen wissenschaftliche Bezeichnung Phyllo- 
pertha horticola ist, erreicht eine Länge von 4—5 Linien, hat heller 
oder dunkler gelbbraune Flügeldecken, ein blau oder grün metallisch 
slänzendes Halsschild und ist ziemlich zottig behaart. Wenn man 
ihn anfasst, so streckt er alle Sechse von sich und stellt sich todt. 
Des Morgens findet man ihn wie erstarrt, namentlich in den Blüthen 
der verschiedensten Pflanzen; aber die zehnte Morgenstunde erweckt 
ihn zu neuem Leben, und man sieht ihn häufig im Sonnenschein um- 
herschwirren. Bei kaltem, feuchtem Wetter ruht er unter Blättern 
und in den Blüthen. Die Larve gleicht bis auf die bedeutend geringere 
Grösse den bekannten Engerlingen und nagt an den verschiedensten 
Wurzeln Sie hat schon häufig an jungen Obstpflanzen Schaden an- 
gerichtet und solehe durch Verzehren der Fasernwurzeln getödtet.. 
Der Käfer ersckeint Ende Mai in warmen Jahren, meistens aber zu 
Anfang des Monats Juni. Man muss ihn in den Flugjahren früh Mor- 
gens auf Tücher von Bäumen und Sträuchern abschütteln und die Ge- 
fangenen in ein Gefäss mit roher Salzsäure werfen, welche dieselben 
auf der Stelle tödtet. Dieses Mittel ist auch in den Maikäferjahren 
anzuwenden. Lässt man Maikäfer, die in Salzsäure getödtet sind, 
in grossen Massen (und leider ist ja hierfür reichlich gesorgt) faulen 
und besprengt den ungeheure Mengen von Ammonniak entwickeln- 


den Haufen von Zeit zu Zeit mit verdünnter Schwefelsäure (1 Säure : 
10 Wasser) so erhält man einen ganz vorzüglichen, stiekstoffreichen 
Dünger. Doch kehren wir zu unseren Käfern zurück. 

Weiterhin schaden verschiedene Holz- und Borken-Käfer den 
Apfelbäumen, doch glaube ich hier von vornherein die Bemerkung 
machen zu müssen, dass diese Insekten wohl selten oder nie einen 
gesunden Baum anfallen. Meistens war die angriffene Pflanze schon 
vorher krank, und da schickte die gütige Mutter Natur ihre Pionire, 
welche in kurzer Zeit den unnützen Stamm beseitigen, wie sie ja 
auch ihre Todtengräber aussendet, um dass die Luft verpestende 
Aas kleinerer Wirbelthiere zu verscharren, während für die Weg- 
schaffung der grossen Kadaver die Schmeissfliege und ihre unendlich 
zahlreiche Nachkommenschaft sorgt. 

Einer der berüchtigsten Hylophagen findet sich auch häufig am 
Aptfelbaum ein. Populär bezeichnet man ihn wohl als Trotzkopf, 
welcher Name davon herrührt, dass er, sowie man ihn berührt, die 
kurzen Beinchen anzieht, sich todt stellt und erst dann ein Lebens- 
zeichen von sich giebt, wenn man ihn an eine Nadel spiesst und 
letztere an einer Flamme erhitzt - ein Experiment, dessen wissen- 
schaftlichen Werth ich sehr in Frage zu stellen geneigt bin. Man 
findet ihn und seine Larve im Holz kränkelnder Apfelstämme, wo 
beide ihre Anwesenheit durch das aus den Löchern rieselnde Bohr- 
mehl verrathen (Kaltenbach). Die Larve hat einen hellen Kopf, 
braunen Mund und sechs helle Beine. Ratzeburg beschreibt sechs 
verschiedene Arten - Schlupfwespenarten, welche der Larve unauf- 
hörlich in den Bohrlöchern nachspähen und eine Unmenge der Thiere 
im Larven- oder Puppenzustande tödten. Der Käfer selbst ist 
1% Linien lang, dunkelbraun, führt auf dem Halsschilde einen drei- 
eckigen, erhabenen Kiel und verursacht auch die kreisrunden - Flug- 
löcher im Hausgeräth Entfernen des befallenen Stammes ist das 
zuverlässigste Mittel, gegen die weitere Verbreitung dieses Käfers, 
dessen wissenschaftliche Bezeichnung Anobium striatum ist. Das 
angegebene Mittel gilt auch von folgenden Bohrkäfern. 

An den beschriebenen Trotzkopf schliessen sich zwei Borken- 
käfer, Bostrychus-Arten, würdig an, B. Saxesenii und A. dispar. 
Ersterer ist von schmalem Habitus, schwarz von Farbe. Nördlinger 
fand ihn im Vereine mit vorigem häufig in Aepfelbäumen. Nach 

36 


— 554. — 


Kaltenbach sind seine Gänge anfangs sehr enge, horizontal, im 
Sinne der Jahresringe verlaufend, aber bei der rapiden Vermehrung 
werden sie bald von den Larven zu Familiengängen erweitert. 
Letzterer ist in den verschiedensten Hölzern vorgefunden worden und 
bohrt sich naeh Kaltenbach gewöhnlich in kranke Stämme und 
anbrüchige Stellen, seltener in trockene und erschöpfte Bäume, eine 
Angabe, welcher ich noch. meine eigene Beobachtung zufügen kann, 
dass ich nämlich Bostrychus dispar zu mehreren Malen in Apfel- 
bäumen vorfand, in denen der Weidenbohrer (Cossus ligniperda) 
hauste oder gehaust hatte. Diakonus Schmidberger klagt sehr 
über die Schädlichkeit dieses Insekts und beschreibt eingehend die 
Art der Zersörung Der Käfer gräbt sich nämlich nach den An- 
gaben dieses fleissigen und umsichtigen Beobachters schief in den 
Stamm, steigt dann aufwärts, legt Zweiggänge an und setzt in jeden 
der Zweiggänge sieben bis zehn Eier ab, deren Gesammtzahl unge- 
fähr vierzig betragen mag. Anfangs leben die Larven gesellig, 
später einsam und finden sich häufig mit Eiern und Käfern zusammen 
im Muttergange. Bostrychus dispar hat zwei Generationen. Die 
Frühlingsbrut beobachtete Schmidberger im März, die Sommer- 
brut Nördlinger im Juni. (S. Kaltenbach die Pilanzenfeinde 1. 
pag. 155). Schmidberger wurde sehr schmerzlich durch die 
Zerstörungsgelüste dieses winzigen Wesens berührt, da ihm von 
zweiundvierzig Apfelbäumchen in Töpfen zweiundzwanzig durch 
B. dispar zu Grunde gerichtet wurden. 

Ein zwei Lisien langer, sehr schädlicher Borken-Käfer (Eceop- 
togaster pruni) kommt ebenfalls in Apfelbäumen vor. Hier greift er 
jedoch beinahe nur die kranken Stämme an und führt deren schnelleren 
Tod herbei. Dasselbe gilt von Eccoptogaster rugulosus, welcher nur 
halb so gross ist. Ratzeburg erzog aus den Larven und Puppen 
der letzteren Art nicht weniger als neun Schlupfwespenspezies. 

(Fortsetzung folgt.) 


Ueber den Einfluss verschiedener Mengen von 
Phosphorsäure auf die Haferpflanze. 


Es ist den Lesern bekannt, dass sich die landwirthschaftlichen 
Versuchsstationen seit ihrem Bestehen auch mit der Erforschung der 


| 
on 
nn 
an 
| 


Nahrungsbedingungen der Pflanzen beschäftigen, also zu erforschen 
suchen, welche Stoffe und wie viel von jedem derselben die Pflanzen 
zu ihrer Ernährung bedürfen. In der ersten Zeit glaubte man 
diesen Zweck durch Anbau und Düngungsversuche im freien Felde 
erreichen zu können, erkannte aber bald, dass die Mitwirkung der im 
Boden enthaltenen Nährstoffe nicht zu messen sei, und dass auf 
scheinbar ganz gleichen Bodenarten die verschiedensten Ergebnisse 
erzielt wurden. Man ging deshalb dazu über, die Versuchspflanzen 
in destillirtem Wasser zu erziehen, in welchem man genau bestimmte 
Mengen mineralischer Nährstoffe nebst Stickstoffverbindungen auf- 
gelösst hatte; es sind dies die sogenannten Wasserkulturen, welche 
unter Anderen von den Professoren Nobbe, E. Wolff-Hohenheim, 
Birner-Regenwalde, Knop-Leipzig, Dr. W. Wolf in Angriff ge- 
nommen wurden. Ein etwas anderer Weg wurde z. B. von Prof. 
Hellriegel-Dahme eingeschlagen, welcher möglichst reinem Quarz- 
sand solange mit Säuren auskochte, bis nichts mehr gelöst wurde, 
und in diesem Sande, dem genau abgemessene Mengen Nährstoffe 
hinzugefügt wurden, wurden sodann die Versuchspflanzen erzogen, 
indem man dieselben mit destillirten Wasser begoss. Es ist gelungen, 
auf diese Weise vollkommene Pflanzen zu erziehen, ja zum Theil in 
grösserer Vollkommenheit, als sie je in Feld und Garten getroffen 
werden. Man hat auf diese Weise unwiderleglich festgestellt, welche 
mineralischen Stoffe für das Pflanzenwachsthum unentbehrlich sind, 
wie viel mindestens von den einzelnen Stoffen in der Nährstofflösung 
vorhanden sein muss, wenn die Pflanzen gedeihen sollen, welchen 
Einfluss die Hinzufügung einer grösseren Menge des einen oder des 
anderen Stoffes auf die Entwickelung der ganzen Pflanze oder einzel- 
ner Organe derselben hat. Jedes Jahr bringt uns neue, oft recht über- 
raschende Erfahrungen, und dürfte es nach unserer unmassgeblichen 
Meinung für Gärtner und Gartenfreunde nieht minder wichtig sein, 
von diesen Beobachtungen Kenntniss zu nehmen, als für die Land- 
wirthe, welche durch ihre Initiative die Versuchsstationen ins Leben 
gerufen haben. Wir erlauben uns deshalb, hier Mittheilung zu 
machen über Wasserkulturen und zwar über den Einfluss 
verschiedener Mengen von Phosphorsäure auf die Hafer- 
pflanze, worüber Prof. E. v. Wolff-Hohenheim in der agrikultur- 
chemischen Sektion der Naturforscherversammlung im September d. J. 
36* 


Pr 


— 556 — 


zu Wiesbaden berichtet hat. Es handelt sich hier zwar um eine 
Pflanze des landwirthschaftlichen, nicht des Gartenbaubetriebes; in- 
dessen ist esimmer die Ernährung und das Wachsthum von Pflanzen, 
warum es sich handelt. 

Die Versuche wurden in sogenannten Zuckergläsern von je 
1600 Kubikzentimetern Inhalt in der Weise angestellt, dass in jedem 
Glase 6 Haferpflanzen vom Keime an bis zur Reife wuchsen. Die 
Konzentration der Nährstofflösung war überall '|, pro Mille, d. h. es 
enthielt ein Tausend Gramm Lösung ', Gramm eines Gemisches 
derjenigen Salze, welche die Haferpflanze zu ihrer Ernährung durch- 
aus verlangt. Während der Vegetationszeit wurde die ursprüngliche 
Konzentration, die ja durch Aufnahme von Salzen seitens der Pflanze 
verändert wurde, durch Zusatz der entsprechenden Nährstoffe drei 
mal wieder hergestellt, so dass im Ganzen den Pflanzen in jedem 
Glase 1,6 Gramm Gesammtnährstoff zur Verfügung standen mit 
Einschluss der Stickstoffnahrung und zwar letztere in Form von 
Salpetersäure, welche fast die Hälfte des ganzen Gewichtes der auf- 
gelösten Salze ausmachte. Nur im Gehalte an Phosphorsäure 
waren die Lösungen verschieden, weil eben die zu beantwortende 
Frage dahin lautete, welchen Einfluss verschiedene Mengen von 
Phosphorsäure auf die Entwicklung der Haferpflanze ausüben? Wenn 
die Blätter der jungen Pflanzen eine Neigung zum Gelbwerden 
zeigten, was bei den Wasserkulturen häufiger eintritt, wurde eine 
kleine Menge von schwefelsaurem Eisen hinzugefügt; nach erfolgter 
Halmbildung war ein derartiger Zusatz nicht mehr nöthig. Die 
sämmtlichen Nährstoffllösungen waren frei von Kieselsäure, und auch 
in der Asche der geernteten Haferpflanzen wurde stets nur sehr 
wenig, höchstens 1 bis 2°, Kieselsäure gefunden, während die im 
Felde gewachsenen Haferpflanzen fast 50°, davon enthalten. Es ist 
dies, nebenbei gesagt, ein Beweis, dass die Kieselsäure kein unent- 
behrlicher Nährstoff der Haferpflanze ist. 

Es wurden gleichzeitig 8 verschiedene Versuche angestellt, 
deren Ergebnisse der besseren Uebersicht willen in einer Tabelle zu- 


sammengestellt sind. 


997 


uegjeryyuo AOLIONIEFEH USpuausıp Jeessuny Anz 9Ip oyopom ‘ostuoforp Se uOpueyloA angstoydsoyg 9Tpur oury dem aoıy (, 


_ _ -- 07E:T 6C0°I 1r8'0 R 870% 0 („8 

—_ — _ 061 r10°%8 eF0°T Hol) or cgr'c SH v 

#68 er 2) cl rea T221 260 F76°8 sFr 9 

— = _ ITFT 811 99,1 80 0,F 11 0'88 C 

LLE ıLF 66 | FI FI FE701 rıH%7 ee0 6ec'c] r6r 2 

ae 66 e'zı Lo F°T 160° 2 gc0 80881 626 g 

9°0F 611 29T Gel 18601 198°8 gg0 979°81 P°cc] e 

s’er 681 987 06°T:1 Fco°TI L18‘C | IT 212'07 | 7082 I 
a ee Er u Fr Et EEE A a De | 5 ee 1 rt 9 

| "ULULE.LL) "WILE.IL) "ULUIe.LE) TUWBASITTLU zZ 

uUIWWEBSNZ ge 

uIoJe JOUIOY | urajfe og yong As Run VZzurHd 5 

. r “-. . 7 . [7 

| pun A9uIoy a AS ZIS ALP LBS USD or]; Sp u9zue? 19p an] = 

UPWION UOA 'zoIg ur ones I9p UI 9anes S 

ogaseury d ur zuejsqns -soydsoyg 2 

Jd9p uU9UEZOIT Ur amesıoydoyg De ne SE Se -USNIO-L], 2 Z 

un 


— 558 — 


Die Zahlen für Nr. 5, 7 uud 8 beziehen sich auf Versuche, welche 
nur in einem einzigen Jahrgange ausgeführt wurden, alle übrigen 
sind die Mittel aus den Ergebnissen vier auf einander folgender 
Jahrgänge, in welchen die Versuche in gleicher Weise und mit 
ziemlich gleichem Erfolge wiederholt wurden. In den Versuchen 1—3 
ist die Menge des durchschnittlich erzeugten Strohes % Zoll über 
dem Wurzelknoten abgeschnitten, eine fast absolut gleiche; in Ver- 
such 4 vermindert sich dieselbe ein wenig, in Versuch 5 bis 8 
dagegen sehr bedeutend und ganz entsprechend der geringeren 
Menge der dargebotenen und aufgenommenen Phosphorsäure. Man 
kann daraus entnehmen, dass, wenn wegen Mangels an aufnehmbarer 
Phosphorsäure der Gehalt daran in der Trockensubstanz — die 
Pflanzen bei 110° C. getrocknet — der ganzen Pflanze bis auf 
0,35%, und noch etwas tiefer sinkt, die Pflanze in allen ihren 
Theilen zu einer geringeren Ausbildung gelangt. Es befindet sich 
dies auch im Einklange mit den Untersuchungen des unter nor- 
malen Verhältnissen gewachsenen Feldhafers, welcher bei guter Aus- 
bildung in der Trockensubstanz — Stroh und Körner zusammenge- 
nommen — durchschnittlich 0,44°, Phosphorsäure enthält. 

Sehr bemerkenswerth ist ferner, dass in den Versuchen 1 bis 3, 
wo das Strohgewicht ein fast gleiches war, die Körnerbildung mit 
der Vermehrung der Phosphorsäurenahrung entschieden eine immer 
vollkommenere wurde. Dies war ganz besonders bei Versuch 1 zu 
beobachten; denn in der betreffenden Lösung hatten die Pflanzen 
ohne Ausnahme in jedem Jahre eine reichliche Anzahl von Körnern 
gebildet (jährlich. 140 bis 220, durchschnittlich 186 vollkommene 
Körner, von denen 1000 Stück im lufttrockenen Zustande 33,2 Gramm, 
wasserfrei 32,5 Gramm wogen), während in allen an Phosphorsäure 
ärmeren Lösungen die Körnerbildung, je nach den Witterungs- und 
sonstigen Verhältnissen, eine sehr wechselnde und stets viel ge- 
ringere war. Man kann daher den körnertragenden Pflanzen an 
Phosphorsäure kaum jemals zuviel zur Aufnahme darbieten, während 
dies bezüglich der Stickstoffnahrung und auch des Kali’s unter Um- 
ständen allerdings der Fall ist. Die grössere Menge Phosphorsäure 
wirkt immer wenigstens insofern günstig, als unter ihrem Einflusse 
die reichliche und vollkommene Körnerbildung um so mehr gesichert 
ist, wenn auch die geerntete Körnermenge bei weniger Phosphor- 


— 559 — 


säurenahrung unter besonders günstigen äusseren Umständen eine 
ebenso grosse sein kann. 

In der Reinasche der Körner ist der prozentische Gehalt an 
Phosphorsäure keinen grossen Schwankungen unterworfen, und be- 
trägt derselbe durchschnittlich 40,2°\,, sehr nahe übereinstimmend 
mit dem Gehalte der kieselsäurefreien Reinasche der Körner des 
Feldhafers — 41,3°,; auf die Trockensubstanz der Körner berechnet, 
ist die Differenz eine etwas grössere — bei Wasserhafer — 1,00°|,, 
bei Feldhafer — 0,723°\, —, aher doch bei weitem nicht so 'gross 
und so schwankend, wie für die Trockensubstanz des Strohes sich 
ergiebt — Wasserhafer von 0,189 bis 0,823’, Feldhafer durch- 
schnittlich — 0,220°,. In Prozenten der Reinasche sinkt die Phos- 
phorsäuremenge beim Stroh des Wasserhafers nach den obigen Ver- 
suchen schliesslich auf 4,4°,, während dieselbe in der kieselsäure- 
freien Asche des Strohes vom Feldhafer im Mittel 9,1°, beträgt. 

Es ergiebt sich hieraus, wie viel wichtiger die Phosphorsäure 
für die Samenbildung als für die Krautbildung ist; doch darf nicht 
angenommen werden, sie sei für letztere ganz entbehrlich. 

Aus diesen Untersuchungen scheint in der That hervorzugehen, 
dass die Wasserkulturen recht wohl dazu benutzt werden können, 
um über die geringste Menge der einzelnen Nährstoffe, welehe noch 
zur Ausbildung einer vollkommenen Pflanze erforderlich ist, Auf- 
klärung zu erhalten. GE: 


Ueber die Aufnahme von Ammoniak durch 
die oberirdischen Pflanzentheile. 


Es ist bekanntlich eine noch ungelöste Frage, ob die Pflanzen 
durch die oberirdischen Pflanzentheile, insbesondere durch die Blätter, 
ausser der Kohlensäure aus der Luft noch andere Nahrungsstoffe 
aufnehmen können. Und doch hat die Lösung dieser Frage für die 
Lehre von der Ernährung der Pflanzen, für Landwirthschaft und 
Gärtnerei eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. 

So weit Referenten bekannt, sind bis jetzt nur von einer Seite 
Versuche zur Lösung der Frage angestellt worden und zwar von 
Dr. Julius Sachs, deren Ergebnisse den Versuchsansteller zu der 


— 560 — 


Annahme veranlassten, die Pflanzen könnten durch die Blätter 
Ammoniak, die wichtigste Stickstoffnahrung der Pflanzen, aufnehmen 
und in Pflanzensubstanz verarbeiten. Allein der Versuchsansteller 
zweifelt selbst an der Genauigkeit und Zuverlässigkeit des gefundenen 

Ergebnisses. Dies hat den Dr. Adolf Mayer in Heidelberg veranlasst, 

in Gemeinschaft mit seinem -Schüler L. Koch eine Reihe neuer 

Versuche einzuleiten, über deren Ergebniss Dr. Mayer in der 

agrikultur-chemischen Sektion der Wanderversammlung deutscher 

Naturforscher und Aerzte zu Wiesbaden im September 1873 berichtete. 

Es wurde in Heidelberg nach drei verschiedenen Methoden 
gearbeitet: 

1. mit Glasglocken und Gips- oder Kautschukverschluss, wobei die 
oberen Pflanzentheile annähernd luftdicht eingeschlossen waren 
und ammoniakhaltige Luft durch einen Aspirator durchgesaugt 
wurde. Die Wurzeln der Pflanzen befanden sich in dieser, wie in 
allen anderen Versuchen, in Glasgefässen mit Nährstoftlösung, 
und zu denselben konnte kein Ammoniak gelangen; 

2. in freier Luft. Dabei wurde die Nährstoffauflösung mit den 
Wurzeln von der zunächst an die Pflanze grenzenden Atmosphäre 
durch eigenthümlich konstruirte Kautschukverschlüsse, durch 
welche die Stengel hindurchgingen, abgeschlossen. Die Ammoniak- 
zufuhr zu den einzelnen Versuchspflanzen wurde durch regelmässige 
Bepinselung mit verdünnter Ammoniaklösung bewirkt; | 

3. in Glaskästen von grösseren Dimensionen, die nicht luftdicht 
schlossen. Dabei war der Abschluss wie in 2 durch Kautschuk- 
verschlüsse an dem Halse der Gläser, welche die Wurzeln enthielten, 
hergestellt. 

Nach der ersten Methode wurden folgende Resultate erzielt: 
Kohlpflänzchen (aus dem Lande versetzt.) 


Stickstoff in pCt 
Trockensubstanz. Stickstoff. . der Trockensub- 
stanz. 
0,372 Gramm (0,017 Gramm 
Ursprüngliche Pflanzen (1 na 0,10  „ | 2,7—3,6 
0,357 a5 0,0128 - 
Ohne Ammoniak im Freien 0,13 „, 0,0128 „ 1,8 
Ohne Ammoniak in Glocken DR 2 a 12 
Oasa *},,, 0,198 , 1,7 
Mit Ammoniak in Glocken a » Pr 2,2 
a 555 0,030, 2,4 


Erbsen (aus dem Samen.) 


Trockensubstanz. Stickstoft. 
Ursprünglich 0,235 - 0,216 Gramm 0,011 — 0,012 Gramm 
Ohne Ammoniak 0,241 e 0,0152 N 
Mit Ammoniak 0,560 An 0,0221 = 


Nach der zweiten Methode wurden folgende Resultate erhalten: 
Weizen (aus dem Samen ) 


Trockensubstanz. Stickstoff. 
Ursprünglich 0,03+ Gramm 0,0000 Gramm 
Ohne Ammoniak Oltosl.n; 0,0018 , „ 
19 Tage Ammoniak Ole 0,0032 ® 
40 Tage Ammoniak Osoge 0,000 „, 

Weizen (aus dem Samen.) 

Trockensubstanz. Stickstoff. 
Ursprünglich 0,043 Gramm 0,001ı Gramm 
Ohne Ammoniak 0,160 % 0,018 
Mit Ammoniak 0,324 Be 0,010  „ 


Nach der dritten Methode sind noch keine Versuche abgeschlossen. 

Aus den angedeuteten und weiteren Versuchsresultaten wurde 
geschlossen: 

„Sehr verschiedene in dieser Richtung untersuchte Pflanzen besitzen 
die Befähigung, mittelst ihrer oberirdischen Theile sowohl gasförmiges 
als gelöstes kohlensaures Ammoniak aufzunehmen und für ihre Stoff- 
bildung zu verwenden. Ein normales Gedeihen der Pflanzen scheint 
bei Ausschluss der Stickstoffernährung durch die Wurzel unter den 
beobachteten Umständen unmöglich zu sein. Eine besondere Be- 
fähigung der Leguminosen für die überirdische Ammoniakassimilation 
oder gar für eine hervorragende Verwerthung der minimalen Menge 
von gebundenem atmosphärischen Stickstoff in der Luft geht aus den 
Versuchen bis jetzt keineswegs hervor“. 


Journalschau und Vermischtes. 


— Im Gardener’s Chronicle vom 4. Oktober finden wir die 
Beschreibung einer gelbblumigen Aequilegia, die von Asa Gray den 
Namen Aequilegia chrysantha erhalten hat. Dieselbe wurde 
zuerst im Sommer 1851 von @. Thueber im östlichen Neu-Mexiko 
bei Arizone entdeckt und vor drei Jahren von Parry aus Samen 
gezogen. Sie ist cine 2—4 Fuss hohe, sehr blüthenreiche Pflanze. 
Die Blumen sind gesättigt gelb, haben länglich lanzettliche Kelch- 


blätter, welche etwas länger als die Kronenblätter, aber nicht breiter 


sind. 


Im Uebrigen ist die Pflanze der Aequilegia caerulea ganz 


gleich, und diese grosse Aehnlichkeit veranlasst eben die HH. Back- 
hause, in einer der Mittheilung A. Gray’s beigefügten Anmerkung 
ihr Bedenken auszusprechen, ob es sich hier auch wirklich um eine 
bestimmt unterschiedene Art handle. In der Nummer desselben Jour- 
nals vom 8. November ünden wir die Abbilinng der grossen, unge- 
mein langgespornten Blume dieser schönen Pflanze. 


Be SONS = 


Berichtigung. 


S 5.9 Zeile 1 von oben lies „Brunnenkresse“ statt „Blumenkresse“. 


Tages-Ordnung. 


Geschäftliche Mittheilungen. 

Mittheilungen, betreffend die Ausstellung. 

Beschlussfassung, betreffend die Redaktions-Kommission. 

Vortrag des Oberg. Herrn Perring: „Ueber einige leicht zu kuitivirende, 
schön und dankbar blühende Orchideen. insbesondere über die Kultur der 
Disa grandiflora.“ 

Welche Erfahrungen liegen über die Wirkung der Buchenholzasche für die 
Kultur der Palmen vor? 

Welche neuen Gemüsesorten haben sich in der letzten Saison bewährt? 
Welche Gemüse eignen sich am besten zum landwirthschaftliehen Anbau im 
Grossen und gewähren Aussicht auf die beste Rente? 

In weleher Lage befindet sich die Gemüsezucht in Berlin und dessen Um- 


-gebungen, und wodurch könnte der Verein dieselbe in quantitativer und qua- 


litativer Beziehung fördern? 


Preis des Jahrganges 4 Thir., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als 
auch franco durch alle Postanstalten des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


INN 


Für Beilage zur Merekeeihi wird Honorar gezahlt. 


Die Adresse des Schatzmeisters des Vereins ist: Rentier Sonntag, S. 


Alexandrinenstrasse No. 51. 


Verzeichniss der 


Abies Apollinis 194. | 
„ eephaloniea. 194. | 
„ Nordmanniana. 194. 

Abietaceen. 12. 

Adianthum amabile. 328.. 

# Daphnites. 307. | 
x Farleyense. 401. 

3 Moorei. 328. 

ss veneris crispulum. 307. 


& „  magnificum. 307. 
Agalmyla longistyla. 369. 

5 staminea. 369. 
Agaricus Cantharellus. 279. 
Agave funifera. 220. 

„ mierantha albo-picta. 
Albuca 491. 

Alocasia illustris. 324. | 
Alpinia vittata. 324. 
Alsophila australis. 167. 

e ferox 167. 
Angelica silvestris purpurea. 
Angiopteris erecia. 167 
Anthurium cerystallinum. 307. 401. 
Aquilegia chrysantha. 561. 

© coerulea 562. 
Aralia Guylfoilei. 225. 
Aroideen-Formen. 366. 
Asplenium Triehomanes var. digi- 

tatum 279 


307. 


422. 


Athyrium Filixfemina. 279 
” „ „ var. multifidum. 279. 
PD) ” »» Victoria. 279. 


Aucuba japonica. 465. 
Balantium antareticum. 167. 
Begonia scandens. 368. 
Soundersoni. 429. 

n subpeltata. 429. 
Bignonia reticulata. 325. 
Biota orientalis. 113. 
Boletus edulis. 279. 
Bomaria bogotensis. 
Bowiea. 491. 
Cammassia. 491. 
Campanula calycanthema. 


EL) 


325. 


94. 


Pflanzennamen. 


Campanula Medium. 94. 
Canistrum aurantiacum, 514. 
Cerasus hortensis fl. pl. 194. 
Chamaeeyparis Boursieri. 111. 
IR Keteleerii. 113] 
er Lawsonü. 111. 
i lycopodioides. 
5 nutkatensis. 
ss obtusa. 112. 
a pisifera. 113. 
% plumosa. 113. 
R sphaeroidea. 
8qUAITOSa 
* Standishii. 
Chamaerops Fortunei. 167. 
ne sinensis. 167. 
Chlorogaleen. 489. 
Chlorogalum. 491. 


113. 
11: 


109. 
16. 114. 
113. 


Cibotium princeps. 167. 
n Schiedei. 167. 

Clavaria flava. 279. 

Clematis hybrida Jackmanni. 429. 
& ss splendida. 429. 


Cocos Weddeliana. 369. 401. 
Copernicia (Corypha) cerifera. 325. 
Corypha australis. 166. 
Croton limbatum 325. 
1 sebiferum. 420. 
= Weissmanni. 308. 

Cupressus americana. 111. 

® amoena 63. 110. 

= aromatica. 62. 

„  attenuata. 60. 

: Benthami. 62. 

= brasiliensis. - 63. 
Pregeoni. 59. 
californica 62. 
cashmiriana. 63. 
cereiformis. 59. 
iR Corneyana. 64. 
cornuta 60. 
Coulteri. 61 
Ehrenbergü. 
5 elegaus. 62. 


62. 
63. 


Cupressus excelsa 62. 
5 expansa. 59. 
R fastigiata. 59 
2 funebris. 63. 64. 110. 
" glauca 60. 
55 Goweniana. 59. 
» himalayensis. 64. 


» ° - Huegelii. 62. 
n Kaempferi. 60. 
® Karwinskyana. 62. 


8: Kewensis. 62 

r Knightiana, 62. 

> Lambertiana. 59. 

5 Lawseni. 111. 

e Lindleyi. 62. 

“  Iusitanica. 60. 

J Macnabiana. 60 

7 macrocarpa. 59. 

% majestica. 69 

m mexicana. 63. 

n nepalensis. 64. 

en nivea. 60. 

a nutkaönsis. 111. 

a nutkatensis. 111. 

= obtusa. 112. 

3 oceidentalis. 59. 

2 orientalis. 59. 

u pendula. 60. 62. 64. 

5 pisifera. 113, 

S; pyramidalis. 58. 59 

an Rheinwardtii. 59 

, religiosa. 64. 

en sempervirens. 57. 

= 5 pendula. 

= Skinneri. 62. 

” Smithiana: 64. 

ss squarrosa. 16. 114. 

= tretagona. 62. 

24 Thysides. 109 

= torulosa. 63. 64. 

= Tournefortii. 59. 63. 

an thurifera. 62. 

= Ugeltii. 62. 

24 Uhdsana. 62 - 

= Whitleyana. 59. 
Cureuligo recurvata. 307. 

3: recurvata fol var. 401, 
Qurmeria picturata. 192. 307. 


64. 


401. 


564 


Cyathea dealbata. 167. 
| e funebris. 307. 
medullaris. 167. 
| % Smithii 167. 
Cytinus Hypoeist's. 370. 
Cytisus Everestianus. 513. 
| Dasylirion acrotichon. 213. 
Dicksonia squarrosa. 167. 
| Dieffenbachia imperialis. 306. 
3 latimaculata. 306. 
> nobilis. 306. 325. 
Dioscorea .llustrata. 325. 
Dolichos Tetragonolobus. 46. 
Doryanthes Palmeri. 325. 
Dracaena aureo-lineata. 400. 
G californiea. 213. 
d5 eompacta. 325. 
e2 Ehrenbergii. 213 
| a 


| Mi Fraseri 325. 
| a gloriosa. 307. 

E guatemalensis. 213 
| 3 indivisa vera. 400. 

Lennei. 213. 
ar lutescens striata. 307. 
© nutans. 151. 
| " ornata. 325. 
es yuccoides. 213. 
| Drimiopsis. 490. 
| Escallonia macrantha. 370. 
| = montana 370. 

E Pkilippiana 370. 


Eucomis. 490. 
Festuca glauca. 429. 
Ficus scandens. 14. 
„  stipalaris. 14. 
| Geranium anemonifolium. 370. 
| Glaziova elegantissima. 401. 
> insignis. 369. 
| Glechoma hederaceum 369. 
| Gnetaceen. 12. 
96. 
96. 
96. 


| Gossypium arboreum. 
barbadense. 

| hederaceum. 

| ee Forsteri. 325. 

 „.riffinia Blumenavia. 194. 

ı Hiyophorbe Verschafeltii. 

| Kris iberiea. 513. 


167. 


Iris Korolkowi. 512. 
„ Susiana 513. 
„ tomialopha 326 


Larix americana pendula. 224. 


„  dahurica. 122. 

„ europaea. 121. 

„ Griffith. 123. 

„  japonica. 123. 

„  leptolepis 123. 

„ Lyallü. 124. 

„  microcarpa. 123. 

„ occidentalis. 124, 

„  pendula. 124. 

„  repens. 125. 

„ sibirica. 122. 129. 
Lastrea Filix mas var. cristata. 
Latania borbonica. 167. 
Lepidium sativum. 519.9 
Libertia coerulescens. 368. 
Ligeum Spartum. 238. 
Lilium auratum. 143. 
Livistonia australis. 166. 

En sivensis. 167. 
Lotus Tetragonolobus. 47. 
Loranthus europaeus. 52. 
MHalus frutescens. 159, 
Maranta Chlorostina. 402. 
Macrochloa tenacissima. 237. 
Maxillaria porphyrostyla. 371 
Morchel. 279. 

Neottia Nidus avis. 341. 
Nidularium spectabile. 326. 
Nolina 491. 
Noyer de la Saint-Jean. 371. 
©dontoglossum Insleayi. 368. 


Onecidium taldeviamae. 370. 
= Davsonianum. 371. 
5 leuerochilum 371. 
e plagianthum. 370. 
% rotundatum. 371. 
Tetracopis. 370. 
Des Raffinesquii. 370. 


Ornithogalum. 491. 

Pandanus Veitchei. 401. 
Passiflora capsularis. 326. 
Phajus Berneyssii. 326. 
Phaseolus Tetragonolobus. 46 
Phoenix reclinata. 166. 


279. 


Phoenix reclinata aurea. 166. 
Phormium atropurpureum. 307. 
er tenax fol. var. 308. 
Phyllanthus nivosus. 326. 
Phyllotaenium Lindenii. 152. 306. 401. 
Pinus Larix nigra. 123. 
Pinus Pinaster. 320. 
Pirus Astrachanica. 161. 
» baecata. 161. 
„ dasyphylla 158. 
Pe praecox lat. 
„ -prunitolta. 1562 160; 
„  pumila 156. 157. 
„ zsibiriea. "161: 
„. silvestris. 159. 
„  spectabilis. 156. 160. 161. 
ö B Kaido. 156. 
Platycerium grande. 46. 
Plumbago capensis 426. 
" coerulea. 426. 
Prunus Pseudo-Cerasus. 194. 
Pseudolarix Kaempferi. 124. 
Psophocarpus Tetragonolobus. 46. 
#&etinospora Ellwangeriana. 16. 


” ericoides 16. 

a filiformis. 113. 

” juniperioides. 114. 

> leptoclada. 110. 114. 
>= obtusa 112. 

» pisifera. 113 

» plumosa. 113. 

>> pseudo-sgar.osa. 110 


sgarrosa. 114. 

Riten: flabelliformis 167. 
Rheum offieinale 453 
Rhodanthe Manglesii fi. pl. 465 
Rosen, neue. 368. 
Sabal Blackburyana. 167. 
Sapindus emarginatus. 410, 
Scabiosa atropurpurea grandiflora, 426 
Seilla. 491 
Scilleen. 489. 
Selenipedium caudatum 194, 
Sorghum cernuum. 157. 

5 nigrum. 238. 

„ saccharatum. 238. 
Stipa tenacissima. 238. 
Strelitzia Augusta. 3 


Syringa correlata. 
Babernaemontana Wallichiana. 
Taxaceen. 
Tetragonolobus purpureus. 
Thuja exelsa. 


” 


” 


” 


„ 


Thujopsis borealis. 
Tritonia aurea. 


331. 354. 


12. 

An. 
111: 
flagelliformis. 
flexilis, 113. 
pendula. 113. 


pygmaea. 113. 
sphaeroidalis 


113. 


109. 
111. 
379. 


Tuber aestivum 278. 


2 


”, 


„> 


Urginea. 
Wanda Lowii. 
Vaccinium macrocarpum. 


Vietoriaveilchen. 
Viola ambigua 


2) 
Vigilia lutea. 429. 


hyemale. 279. 
magnum. 278. 
melanospermum. 276 
490. 

3781 


Oxycoceus. 52 
224. 
252. 
arborescens. 253. 
armena. 253. 
Brandyana. 256. 
campestris. 252. 
collina. 252. 
Dehnharti. 257. 
hirta. 252. 253. 
Laucheana. 253. 
Martiana. 252. 
odorata. 247. 
purpureas 253. 
semperflorens. 
suavis. 259. 


253 


246. 


Viscum album. 52. 


> 


Sg hiteheadia. 
Wucea. 


quereinum 52. 

490. 

204. 

acaulis. 213. 
acuminata. 213. 
albo-spica. 216. 221. 
aloifolia. 210. 212. 
angustifolia. 216. 
arcuata. 211. 
aspera. 218. 
Atkinis 212, 


219. 220. 


326. 


525.192: 
9: 


566 


Yucca baccata. 


5 ealifornica. 213. 
5 canaliculata. 218. 
5. concava. 216. 

> conceinna. 219. 

En conspicua. 211. 

hr contorta. 219. 

es cornuta. 219. 

= erenulata. 211. 

2. Desmetiana. 210. 
= Draconis. 210. 


a filamentosa. 


220. 221. 


914. 


210. 215. 216. 


flaceida. 216. 
„ fexilis. 218. 

I funifera. 219. 

R- gigantea. 214. 220. 

n glauca. 217. 


> glaucescens 215. 

E gloriosa. 215 216 
» japonica. 217. 

R laetovirens. 212. 

a obliqua. 220 

= orchiades. 216. 

55 patens. 220. 

5 pendula. 217 


» plicata (plicatilis). 
F puberula. 215 
| » purpurea. 212 
” quadricolor. 212. 
| 5 recurva. 217. 
| 5 recurvifolia. 217. 
| 35 reflexa. 217. 
L= 499 rufocineta. 218. 
» rupicola. 220. 
| 5; serrulata. 211. 
5 Smethiana. 212. 
|: „. spinosa. "213. 


5 stenophylla. 218. 
0 strieta 216, 
Ds superba. 217. 
| 5. tenuifolia. 211. 

„ tortilis. 219. 

» Treculeana. 219 

25 trieolor. 212. 

a undulata. 219. 

, variegata 216. 


| Zamia Roezlii. 307. 


221. 


217. 


Inhalt. 


Vorwort. Von C. Bolle. 1. 

Die neuesten Untersuchungen über Zapfenträger (Koniferen.) Von K. Koch. 7. 

Gärtnerische Plaudereien. Von Carl Lackner. 16. 

Ueber Landesverschönerung Von H. Jäger. 23. 

Die grosse Ausstellung von Pflanzen in Gent. 35. 

Die Einwirkung der schwefeligen Säure auf die Pflanzen. Von Dr. Wittmack. 38. 

Literatur. 40. 91. 181. 

Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 42. 94. 139. 187. 236. 273. 

Die 549. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues. 49, 

Die Cypressen der alten und der neuen Welt 57. 109. 

Hogg’s Bericht über die besseren Erbsen. 6%. 

Pflanzenausstellung in Birmingham im vergangenen Sommer. 72. 

Ueber Wurzelbildung und Saftbewegung. Von Dotzauer. 78. 

Der Obst- und Weinbau in Bozen 82 

Donaueschingen und seine Gärten. Von K. Koch. 97. 

Ueber Lärchenbäume. Von Carl Bolle. 115. 

Die Garten-Anlage des Monte Pincio in Rom. Von Stoll. 135. 

Pflianzen-Ausstellungen in und bei Berlin. 138. 

Die 551. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues. 145. 

Die Apfelbäume, ihr Vaterland und ihre Abstammung. Von K. Koch. 152. 

Der Wintergarten des Grafen Kerchove Dentergham in Gent. 163. 

Der Bamberger Gemüsebau. Von K. Koch. 168. 

Die 552. Versammlung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues. 193. 

An sämmtliche Garten- und Obstbau-Vereine Deutschlands. 199. 

Die Mondblumen oder Yukken. Von K. Koch. 204. 

Ein Besuch bei den alten Kastanienbäumen des Etna. Von Carl Bolle. 222. 

Ueber die Temperatur des berasten und des unberasten Bodens in verschie- 
dener Tiefe. Von Carl Filly. 232. 

Das wohlriechende Treib-, vor Allem das Victoria-Veilchen. Von K. Koch. 242. 

Bericht an das Königl. landw. Ministerium über die Pflanzen- und Blumen-Aus- 
stellung in Gent Von K. Koch. 258 

Der gärtnerische Kongress in Wien mit dem Programme. 286. 

Die 553. Versammlung des Vereins zur Beförderung des “artenbaues. 289. 

Streizüge durch Wien. Von M. Lorberg 291. 

Die alten Oelbäume von Blidah in Algerien. Mai 1872. Von ©. Bolle. 297. 

Der Kartoffelkäfer von Colorado. Von C. Filly. 301. 

Die Ausstellung des Pankow-Schönhausener Gartenbau-Vereins. 305. 

Der grösste Steckling. Von A Heyl. 310. 

Die Wurzellaus des Weinstocks, Phylloxera vastatrix. Von C. Filly. 312. 

Die Wachsthumsbedingungen der Seestrandskiefer, Pinus Pinaster Sol. Von 
C. Filly. 320. 

Journalschau und Vermischtes. 324. 368. 421. 464. 5ll. 561. 

Die 554. Versammlung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues. 329. 

Bemerkungen über das fehlerhafte Tiefpflanzen der Topfgewächse, Bäume und 
Sträucher. Von Jul. Reinieke 332 

Die Feinde der Rosenkultur Von Dr. Kalender. 336. 391. 45°. 492. 

Bewegung der Chlorophylikörner unter dem Einflusse des Lichtes. 338. 

Ueber die Färbung und das Ergrünen von Neottia Nidus avis Rich S4l, 


a 


Dzs 50jährige Jubiläum des kaiserlichen botanischen Gartens in Peters- 
burg. 3 

Von Berlin über Prag nach Wien. Von Ed. Boese. 346. 426. 484, 

Mittheilungen des Herrn Prof. Braun über Syringa correlata A. Braun. 354. 

Einige Bemerkungen über buntblättrige Crotons. 356. 

Die Bildung des Honigthau’s Von Dr Kalender. 357. 462 

Ueber die Einwirkung v’rschiedener Düngemittel auf den Alkaloidgehalt der 
Chinabäume. 360. 

Neue Kartoffeln in den alten. 361. 

Pomologischer Kongress in Wien. 362. 

Programm für den in Wien stattfindenden Kongress deutscher Pomologen und 
Freunde des Obst- und Weinbau’s 1873. 364. 

Aroideenformen durch Kreuzung. 366. 

Agaven-Auktion in Holland 375. 

Die 555. Versammlung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues. 377. 

Die Königliche Gärtnerlehranstalt zu Sanssouci. Von W. Lauche, 380. 

Ueber die Feinde der Obstbäume und deren Vertileung Von C. Bouche. 388, 

Die k. k. Gartenbau-Gesellschaft za Wien und der Kongress deutscher Gärtner 
und Gartenfreunde daselbst. Von C. Filly. 393. 

Die dritte temporäre Ausstellung des Gartenbaues der Wiener Weltausstel- 
lung. Von W. Perring. 397. 

Bedeutung der Ausstellungen für den Gartenbau. Von Dr. Fenzl. 410, 

Der Garten von Hamma in Algier. Von C. Filly 418. 

Die vierte temporäre Ausstellung des Gartenbzuesin Wien. Von Fintelmann. 438 

Neuere Beobachtungen über die Wurzellaus des Rebstock’s, Phylloxera 
vastatrix. Von C. Filly. 445. 

Rheum offieinale Von Prof. Flückinger. 453 

Die springenden Samen aus Mexiko. Von Prof. Dr. F. Bauchenau. 457. 

Die 556. Versammlung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues 473. 

Programm für die vom Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. 

Preussischen Staaten im Mai 1874 zu veranstaltende Ausstellung. 479. 

Gattungen und Arten der Scilleen und Chlorogaleen. 489. 

Herbstrosen. Von Dr. Kalender. 494. 

Der letzte Band von De Candolle’s Prodromus systematis naturalis regni 
vegetabilis. 496. 

Programm der vierten grossen Ausstellung des Verbandes Rheinischer 
Gartenbauvereine in Mainz. 500. 

Programm eines internationalen Kongresses nebst Ausstellung zu Florenz 502. 

15. Sitzung des Schlesischen Zentralvereins für Gärtner und Gartenfreunde. 506. 

Einige Bemerkungen über die Erscheinungen der Sommerdürre unserer 
Baum- und Strauchblätter. Von Prof Kraus. 507. 

Die 557. Versammlung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues. 521. 

Zur Kultur der Cranberry. Von Carl Bouche. 525. 

Ueber die Kulturresultate der grossfrüchtigen amerikanisehen Moosbeere Von 
Jühlke. 527. 

Ein Beitrag zur Frage der Ausbildung der Gartengehülfen. Von J. L. Mathieu. 532. 

Sagan, Breslau und Nendeck. 536. 

Ein Beitrag zur Naturgeschichte der dem Apfelbaum schädlichen Insekten Von 
Dr. Kalender. 551. 

Ueber den Einfluss verschiedener Mengen von Phosphorsäure auf die Hafer- 
pflanze. 554. 

Ueber die Aufnahme von Ammoniak dureh die oberirdischen Pflanzentheile. 559 


7 


tn, 
Bir 
“ 
\ 
an 


| \ 4 Arm ; NR) IAR 'y 
ıF fi Zt ANRF UIRE 
| Ha N: AN Na) ir \\ Yuhıyr 


J 
ARRDA 
STalhm 

, 


ih 


co An IM R 
AN N if 


u