Skip to main content

Full text of "Monographie der schweizerischen Echsen"

See other formats


Di 


MUSEUM OF ea z00LoGy 


R. > PAMPHLEN COLLECTIGr 5 
sc R DL, .e epapi der L. 1 wer: ver tischen Sa Ser. Dh 


HERPETOLOGY 


’R ‘ en leue e % c lf Se r 
8374) 2, FA | ne wa 8, 


\ [7 


nn 5 2 


(837 Ar eb ben 


z 


al I 


— 


Neil 
IRA 


N 
OHR N 
Kl 


ER) 


MONOGRAPHIE 
SCHWEIZERISCHEN ECHSEN. 


VON 


J. J. TSCHUDI. 


: MONOGRAPHIE 
DER SCHWEIZERISCHEN ECHSEN. 


Es scheint vielleicht manchem Naturforscher überflüssig, dass hier 
noch einmal schon längst bekannte Thiere aufgezählt und beschrieben 
werden sollen. Diesem Vorwurfe zu begegnen, mögen folgende Gründe, 
die mich bewogen haben diese Arbeit zu unternehmen, hinreichend seyn. 
Ich gehe nämlich vor allen Dingen von der Ansicht aus, dass die zoolo- 
gische Fauna der Schweiz, die mit so vieler Mühe und Aufopferung von 
einigen unserer Naturforscher bearbeitet wurde, um so höheres Interesse 
gewinnt, wenn nach und nach Monographien einzelner Familien der ver- 
schiedenen Thierclassen geliefert werden, und auf diese Weise eine voll- 
ständige schweizerische Zoologie mit der Zeit vollendet wird, welche 
diejenigen Lücken ausfüllt, die nothwendig bei der blossen Aufzählung 


der Thiere hin und wieder entstehen müssen. 


Für die Classe der Reptilien besitzen wir schon einen schönen Anfang 
in dem «Essai sur P’histoire naturelle des serpents de la Suisse, par J. F. 
Wyder, Lausanne 1823,» der, wenn auch nicht tadellos in jeder Be- 


ziehung, seiner getreuen Beschreibungen wegen, von Werth ist. 


‘ 


MONOGRAPHIE 


IN 


Zweitens wünschte ich kritisch genau die schweizerischen Echsen 
zusammenzustellen, um auch vorzüglich auf mehrere Irrthümer, deren 
sich in neuerer Zeit einige Naturforscher, besonders in Beziehung auf 
Synonymik, haben zu Schulden kommen lassen, aufmerksam zu machen , 
und endlich einige Entdeckungen und Beobachtungen dem bereits Be- 


kannten beizufügen. 


Ohne mich lange durch Aufzählung aller Schriften, in denen von 
Echsen gehandelt wird, bei der Litteratur aufzuhalten, mache ich nur 
auf die treffllichen Arbeiten über die Eidechsen von Milne-Edwards und 
Ant. Duges in den Annales des sc. nat. T. 16, aufmerksam. Erstere Ab- 
handlung (Cahier de janvier 1929) ist besonders interessant durch die 
Ansichten des Verfassers über den Werth, den die Kopfschilder der 
Eidechsen bei der Charakteristik der Species haben, während letztere 
sich durch so genaue Beschreibungen der einzelnen Gattungen auszeich- 
net, dass fast nichts davon zu wünschen übrig bleibt. Die Abbildungen 


von Echsen werde ich bei jeder einzelnen Species citiren. 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. > 


I. EINLEITENDE BEMERRUNGEN 


ÜBER DIE ECHSEN. 


Die Echsen (Sauri) haben einen mit Schildern bedeckten Kopf, die 
Zähne sind an der innern Seite des Kiefers angeheftet, theils hohl, theils 
dicht, und mit einer Rinne an der äusseren Seite versehen. Die Zunge 
ist ziemlich schlank, bei einigen mehr plattgedrückt, ausdehnbar und 
an der Basis frei; vollständige Rippen und ein Brustbein sind vorhan- 
den. Der Körper ist bei allen ablang, eylindrisch und mit Schuppen 
bedeckt, die sich bei einigen am Bauche zu Schildern entwickelt haben. 

Dieses sind die wesentlichen Charaktere einer Familie der Rep- 
tilien, die bei uns nie, eine dem Menschen furchtbare Grösse erreichen , 
wie es bei den verwandten Familien in den südlichen Himmelsstrichen 
der Fall ist. Die grössten Exemplare, die wir finden, haben eine Länge 
von 22 — 24 Zoll und höchstens ı '/ Zoll Breite. Die kleinsten Species 
sind ausgewachsen nie kleiner als 3 '/ Zoll. 

Der Kopf dieser Thiere ist gewöhnlich ein wenig zugespitzt, etwas 
breiter als der Hals, der Körper länglicht, rund; der Schwanz, die 
Länge des Körpers oft bedeutend übertreffend, walzig und gegen sein 
Ende zu sich allmälig verdünnend. Der Rumpf ist oben immer mit klei- 
nen Schüppchen bedeckt, die bisweilen ganz dicht an- oder übereinander 
liegen, und eine glänzende platte Fläche bilden. 

Bei den meisten unserer Saurer scheinen die Sinne vortreffllich ent- 
wickelt zu seyn, während dem sie bei andern einen sehr bedeutenden 
Grad von Stumpfheit verrathen. Die Zunge, welche bei den Echsen wie 
bei den Schlangen Tastorgan, mithin vollkommenstes Gefühlorgan ist, 
befindet sich in steten schwingenden Bewegungen. Gesicht und Gehör 


8 MONOGRAPHIE 


sind bei den wahren Eidechsen sehr fein, was durch die Nahrung, die 
sie vorzüglich zu sich nehmen, bestimmt ist. Sie besteht aus Mücken, 
Fliegen, Schlupfwespen, Heuschrecken etc. bei diesen, bei denen mit 
weniger scharfen Sinnen versehenen aus Schnecken, Würmern und 
platten Raupen.. Alle Echsen gebrauchen die Zähne nur zum Festhalten, 
nie zum Kauen; nur selten habe ich bemerkt, dass Eidechsen grössere 
Kerfen entzwei bissen und dann verschluckten. 

Da grösstentheils Thiere ihre Nahrung ausmachen, die nur an heitern 
und warmen Tagen herumschwärmen, so erscheinen die Echsen auch nur 
an solchen Tagen. Bei einem, heranziehenden Gewitter oder bei trübem 
und regnerischem Himmel halten sie sich unter Steinen verbergen. Im 
Herbste aber verkriechen sie sich in Erdlöcher, wo sie den Winter in 
gänzlicher Erstarrung zubringen. Frühe im Frühling, oft schon im März, 
fangen sie an, noch ganz staubig und kothig, sich zu bewegen und träge 
an die Sonne zu kommen. Erst etwa ı0 bis 12 Tage nach ihrem Er- 
wachen fängt ihre frühere Lebhaftigkeit und sömmerliche Lebensweise 
an, wenn nicht etwa ein später Frost sie wieder unter die Erde treibt. 
Am leichtesten sind daher diese Thiere in den ersten Frühlingstagen zu 
fangen, wenn noch gänzliche Erschlaffung sie gebunden hält; nur ist 
es bisweilen hwikrieh sie ihres staubigen, erdfarbigen Aussehens 
wegen zu erkennen. 

Won das psychische Leben dieser Thiere betrifft, so steht dem 
Forscher kein weites Feld zur Bearbeitung offen. Nicht in hoher Potenz 
besitzen sie den, die ganze Natur durchdringenden Geist; er zeigt sich bei 
ihnen wie bei den übrigen Classen der Reptilien auffallend vermindert im 
Vergleich. mit der an sie angränzenden höhern Glasse der Markthiere, 
und deutlich können wir die Annäherung desjenigen Momentes fühlen, 
wo er die mit einem vollständigen Nervensysteme organisirten Geschöpfe 
verlässt, um uns:bei den niedern Thieren als Instinikt mit wlilzlaie 
Bewegung, entgegenzutreten. 

Da das Gehirn der Echsen zu den relativ grössesten der ‚Reptilien- 
gehirne gehört, so finden wir auch bei ihnen am meisten Intelligenz, 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. 7 


die bedeutendste Denkkraft unter den Reptilien; wir finden sogar bei 
einer Abtheilung von ihnen, wie ich weiter unten zeigen werde, Kunst- 
trieb, wenn ich nämlich mit diesem Namen das unvollkommene Resultat 
vielfacher Anstrengungen belegen darf, die einzig dahin zielen , das Leben 
dieser Thiere für eine Zeit zu sichern, während der es ohne diese Für- 
sorge wahrscheinlich unwiederbringlich verloren ginge. \ 

Die ausserordentliche Schnelligkeit, verbunden mit der grossen 
Furchtsamkeit der Echsen erschweren es dem Naturforscher sehr, diese 
Thiere lebendig zu erhalten, denn bei dem geringsten Geräusch ent- 
fliehen sie und verstecken sich in die Erdlöcher. Um sie zu fangen, be- 
dient man sich am besten eines Stockes, an dessen Ende eine Angel 
befestiget ist. An diese Angel steckt man eine lebendige Mücke und 
nähert sie langsam der Echse, die sogleich nach der Lockspeise springt 
und sich fängt. i 

Einige Verschiedenheit bieten uns die Saurer in Beziehung auf die 
Fortpflanzung dar. Die Begattung geht im April oder Mai, an sehr 
schönen und warmen Tagen vor sich, und ist entweder nur ein momenta- 
nes Festhalten oder ein langandaurendes Umschlingen. Die Eier beste- 
hen aus einer zähen, häutigen Schaale, einem trüben Eiweiss und 
schwachgelbem Dotter. Bei den: kleinern Spezies werden sie nur so 
gross wie eine grosse Erbse, da die der grössern Exemplare die Grösse 
der Taubeneier erreichen. Sie werden im Juni 2 bis 3 Zoll tief in weiche 
Erde verscharrt und von der Sonne bis Mitte August ausgebrütet. Um 
diese Zeit ist der Foetus völlig ausgebildet und sprengt die Eihülle, um 
sogleich für seine Nahrung zu sorgen. Man findet daher sehr oft um 
diese Zeit an sonnigen Erdstellen verlassene Eihüllen in bedeutender An- 
zahl umherliegen. Einige Gattungen lassen jedoch die Eier nicht durch 
unmittelbare Einwirkung der Sonne sich entwickeln, sondern die Weib- 
chen behalten sie so lange im Leibe, bis der Embrio reif ist. Dann erst 
legen sie dieselben, und die Jungen, durch äussere Einflüsse geregt, 
fangen an, sich heftig zu bewegen und die sie umschliessende Hülle zu 
zerreissen. Doch lässt sich bei den einzelnen Gattungen dieser Punkt 


R03 “ - MONOGRAPHIE 


besser betrachten, und ich will jetzt noch einen Blick auf das merk- 
würdige Vermögen dieser Thiere, verloren gegangene Körpertheile 
wieder zu ersetzen, werfen, und daran einige Bemerkungen über Krank- 
heiten, denen sie ausgesetzt sind, und über ihre physische Lebens- 
kraft, anschliessen: Rn 

Wir finden nur bei wenigen Ordnungen der Reptilien ein so bedeu- 
tendes Reproductionsvermögen, dass sich verloren gegangene Organe 
wieder vollständig nachbilden, und bei ihnen selbst ist diese Gabe nicht 
einmal in gleich grossem Maase vorhanden. Am bedeutendsten zeigt sie 
sich unstreitig bei den geschwänzten Fröschen, weniger stark bei. den 
Echsen, obschon bei diesen wieder mehr als bei den übrigen Reptilien. 
Sie beschränkt sich bei ihnen bloss auf die Ergänzung des Schwanzes, da 
bei den Tritonen und Salamandern , ausser dem Schwanz, die Glied- 
massen, sogar die Augen wieder nachwachsen. 

Die bedeutende Kürze der Muskeln , die die einzelnen Schwanzwirbel 
unter sich verbinden, der lockere Zusammenhang der Wirbel selbst, und 
der Umstand, dass die Schwanzhaut nicht eine einzige fest zusammen- 
hängende Bedeckung wie bei dem übrigen Körper bildet, sondern nur aus 
Quirlen besteht, die unter sich durch ein dünnes Häutchen zusammen- 
hängen, von denen jeder einzelne aus zart verbundenen Schüppchen be- 
steht, verbunden mit der oft ausgezeichneten Länge des Schwanzes 
selbst, setzt diese Saurer täglich der Gefahr aus, den Schwanz ganz oder 
theilweise zu verlieren. Oft, indem sie sich spielend durch die Dorn- 
gebüsche herumtreiben oder unter Steine sich verkriechen, besonders 
aber, wenn man sie beim Fangen am Schwanze fasst, bricht dieses 
Organ entzwei, wahrscheinlich ohne bedeutenden Schmerz für das Thier. 

Der Blutverlust dabei ist sehr gering, oft kaum bemerkbar. Das ab- 
gebrochene Stück bewegt sich, an die Sonne gebracht oder auf eine 
andere Weise heftig afficirt, oft noch ı2 Stunden nach der Trennung. 
Die Wunde an der Echse trocknet zu, die Muskeln schrumpfen zusam- 
men, und die Muskeln der Reihe, vor der der Bruch statt hatte, legen 
sich nach innen, und das Nachwachsen des weggenommenen Stückes 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. 9 


fängt allmälig an, indem sich zuerst eine grauliche,, lederartige Masse 
bildet, von der Form, die das künftige Stück haben wird. Diese ge- 
winnt immer mehr an Consistenz, indem sich im Innern derselben ein 
Knorpel bildet, welcher zuerst ganz innig mit den ihn umgebenden 
Muskeln zusammenhängt. Wohl zu bemerken ist, dass nie die ganze 
Länge des Schwanzes, die er im normalen Zustande hatte, wieder nach- 
erzeugt wird. Je näher der Schwanz am Körper gebrochen wurde, desto 
länger wächst er wieder nach. Nach anhaltenden Beobachtungen habe 
ich gefunden, dass er daselbst sich sogar bis auf zwei Drittel der ehe- 
maligen Länge regenerirt, während er, in der Mitte gebrochen, nur 
zwei Drittel, und am Schwanzende oft nicht einmal die Hälfte der frühe- 
ren Länge erreicht. 

Man kann sogleich einen einmal gebrochenen Schwanz erkennen, da 
er vom Bruch an gegen das Ende schnell dünner wird, und die Schuppen, 
sowohl in Länge als Breite, den früheren bedeutend nachstehen. Ueber- 
haupt ist die Beschuppung der nacherzeugten Schwänze gewöhnlich sehr 
unregelmässig und willkührlich. Die einzelnen Schuppen sind oft in den 
gleichen Ringeln sehr verschieden, und stehen krumm und schief neben 
einander. 

Der Ansicht vieler Naturforscher, ‘die diese Wiedererzeugung für 
höchst unvollkommen halten und die sagen, diese neuen Schwänze be- 
stehen nur aus verlängerten Schnenbüscheln der Muskeln von dem Wirbel 
vor welchem der Bruch statt fand, und der sich also noch am Schwanze 
befindet, kann ich nicht beistimmen. Es ist wahr, die anatomische 
Untersuchung zeigt bei ihnen nicht den vollkommenen Bau, wie beim 
Schwanze im normalen Zustande, doch immerhin keine ganz einfachen. 
An der Stelle der Wirbel entsteht ein knorpliger hohler Oylinder, 
welchen zähe Muskelfasern umhüllen, die der ganzen Länge des neuen 
Schwanzstückes hinreichen, mit sehr feinen Nerven und unbedeutenden 
Blutgefässen durchzogen sind. Wir haben hier also ganz die nämlichen 
Theile, wie beim vollkommenen Schwanze, mit dem einzigen Unter- 
schiede, dass die knorplige Röhre und die Muskelfasern nicht in ein- 


2 


410 MONOCRAPHIE 


zelne Wirbel und Wirbelmuskeln abgetheilt sind, sondern in langen, 
ganzen Strängen auslaufen. Sehr selten verlieren die Echsen einen Theil 
des nachgewachsenen Schwanzes, indem durch den bedeutenden Zu- 
sammenhang der einzelnen Theile dem Ganzen mehr Verbindung gegeben 
ist; es braucht sogar Gewalt, einen solchen completirten Schwanz zu 
zerreissen. | 

Bricht der Schwanz einer Echse, ohne dass ein Stück davon verloren 
seht, so wachsen beide Stücke wieder zusammen, aber es entsteht eine 
wulstige Anschwellung, die sogleich die Stelle des Bruchs erkennen lässt. 
Spaltet man den Schwanz der Länge nach und verhindert das Zusammen- 
wachsen der beiden Theile, so rundet sich jeder von ihnen ab, und es 
bilden sich auf diese Weise zwei Schwänze. Diese Theilung kann auch 
natürlich seyn, und es ist keine Seltenheit, Eidechsen mit einem doppel- 
ten oder dreifachen Schwanze zu sehen. Es sind bis jetzt noch keine ge- 
nügenden Untersuchungen angestellt worden, ob diese neuen Schwanz- 
enden primitiver oder secundärer Bildung seyen. Professor Duges (An. 
.des sc. nat. T. XVI, p. 368) glaubt, sie entstehen durch gleichzeitige 
/Viedererzeugung, indem er annimmt, dass da, wo doppelte Schwänze 
vorkommen, der Rest des Schwanzes bei seiner ersten T'heilung oder bei 
seinem Bruche durch irgend einen Zufall tief in die Länge eingefurcht 
werde. Moquin (An. des sc. nat. ibid. p. 369, note) will bei einem 
nur halb gebrochenen Schwanze schon Spuren eines neuen zweiten 
Schwanzes an der Stelle des Bruches gesehen haben. La Uepede spricht 
auch von, vollständigen Wirbeln in einem der beiden Schwänze. 

Ich glaube, Duges Meinung darf nicht unbedingt angenommen wer- 
den, da es auch Exemplare von Eidechsen gibt, die einen gedoppelten 
Schwanz haben, bei dem offenbar nie ein Bruch statt hatte. Ich erkläre 
mir die verschiedenen Ansichten so: es kann sehr leicht möglich seyn, 
dass durch eine Längenspalte an einem Schwanze und durch verhindertes 
Zusammenwachsen der getrennten Theile, ein doppelter oder dreifacher 
Schwanz entstehen kann, von dem ein Theil secundärer Bildung anzu- 
gehören scheint, und der andere offenbar primitiver Formation ist, oder 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. 14 


auch, dass alle Theile die Struktur der nachgebildeten Schwänze zeigen. 
Es kömmt vorzüglich darauf an, wie die Spaltung statt findet; trennt 
der Schnitt die Wirbelkörper in der Mitte, so verwachsen auf der Seite, 
wo der Schnitt geschah, die Theilungen der einzelnen Wirbel, und bei 
oberflächlicher Untersuchung scheinen sie nur unartieulirte Cylinder zu 
seyn, oder der Schnitt kann die Wirbel ganz wenig oder nicht berühren, 
wodurch das Resultat La Gepede’s zum Vorschein käme, dass nämlich ein 
Schwanzende vollständige Wirbel hat, da das andere spätere Bildung 
zeigt. Wir finden gewöhnlich, dass ein Schwanzende stärker als das 
andere entwickelt ist, was also wieder der Vermuthung, als sei ein 
Stück primitiver Bildung, Raum gibt. Es sind mir noch nie Exemplare 
vorgekommen, bei denen alle Schwanztheile gleichzeitiger Bildung waren, 
ich will damit nicht sagen, dass diese Abnormität nicht möglich sey, wo 
sie aber dann Abnormität im wahren Sinne des Wortes ist, wie wir sie 
ja auch zuweilen bei Säugethieren finden. 

Andere, vollkommenere Organe als der Schwanz, z. B. die Extremi- 
täten etc., regeneriren sich nicht mehr vollständig bei den Eidechsen; 
ein abgeschnittener Fuss wächst nie mehr nach, aber auch nicht ganz 
stumpf zu, sondern verlängert sich in eine Spitze und zeigt auf diese 
Weise wenigstens eine Neigung zur Complettirung des verloren gegange- 
nen Theils. Was die Regeneration einzelner Nerven betrifft, so habe ich 
eine Reihe von Versuchen gemacht, die alle ein günstiges und schnelles 
Resultat zeigten. Im Allgemeinen habe ich gefunden, dass sich die Ver- 
suche über Wiedererzeugung am besten gegen das Ende Juni’s und im Juli 
anstellen lassen, wenn man die Echsen wohl nährt, und ihnen besonders 
das Wasser nicht abgehen lässt, dessen sie in dieser Zeit mehr als die 
- unverwundeten gebrauchen. Bei schlechtem Wetter oder spärlicher Nah- 
rung verzögert sich jedoch die Ergänzung, ganz auffallend aber wo beide 
hindernden Umstände sich vereinigen, und man bemerkt oft nach 3 Mona- 
ten kaum eine Spur vom neuen Organ, während unter günstigen Ver- 
hältnissen sich in 13 — 20 Tagen bedeutende Stücke regeneriren. 


19% MONOGRAPHIE 


Nur zwei Mal hatte ich Gelegenheit, krankhafte Affeetionen, die nicht 
von früheren Verwundungen herrührten, zu beobachten; das eine Mal 
nämlich einen krätzenartigen Ausschlag über den ganzen Körper des 
Thieres, der sehr hartnäckig lange dauerte (bei Podarcis muralis). Das 
andere Mal fand ich einige Eidechsen (Zacert@ agiles), die mit dem 
Rotze behaftet schienen. Es zeigte sich um die Nasenlöcher eine scharfe, 
zähe, kleberige, weisslich-braune Flüssigkeit, die fortwährend in sehr 
geringer Quantität aus der Nase floss. Die Echsen waren träge und 
schlaff, und zogen sich immer in entfernte Ecken des Gefässes zurück , 
wo sie sich mit geschlossenen Augen ganz still verhielten; sie frassen 
nichts, tranken hingegen häufig und starben nach einigen Tagen. Zwei 
andere Eidechsen, die ich im nämlichen Gefässe hatte, und die früher 
ganz munter waren, würden offenbar von den Kranken angesteckt, denn 
sie gingen in kurzer Zeit am nämlichen Uebel leidend drauf. Die leben- 
den, vorzüglich aber die todten Exemplare, verbreiteten einen höchst 
unangenehmen süsslichen Geruch, so dass, bevor mehrfache Reinigung 
mit dem Gefässe, worin sie sich aufgehalten, vorgenommen wurde, sich 
kein Thier mehr in demselben wohl befand. Zu bemerken ist, dass ich 
diese Eidechsen in einer Erdhöhle auf zorfigem Boden fand. 

Hin und wieder findet man Eidechsen mit schorfigen kleinen Aus- 
wüchsen am vordern Theile des Körpers, die von Parasiten herrühren,, 
welche sich auf den Eidechsen aufhalten. Diese Parasiten, die zu dem 
Genus Jxodes Latr. (Cynorhe@tes Herm.) zu gehören scheinen, sitzen 
gewöhnlich am Halse oder unter den Vorderschultern der Eidechsen, 
wahrscheinlich damit sie von der Schnauze dieser Thiere nicht erreicht 
oder weggestossen werden können. Ich habe zwei Species dieser Milben 
in bedeutender Individuenzahl, vorzüglich auf Podarcis muralis gefun- 
den, was auffallend ist, da sich diese Species fast nur an kahlem Gemäuer 
aufhält und sich weit seltener auf Gebüsche oder in’s Gras wagt, als die 
andern Gattungen. 

Es ist bekannt, dass die Echsen ein sehr zähes Leben haben, und 
nach heftigen Verwundungen, nach der Wegnahme sehr wichtiger 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. 15 


Organe, sogar nach gänzlicher Zertheilung oft noch unbegreiflich "lange 
vegeliren, um so merkwürdiger ist es daher, dass sie gegen Hitze, Kälte 
und Gifte so empfindlich sind. Von einer Menge von Versuchen und 
Beobachtungen die ich über diesen Gegenstand angestellt habe, will ich 
gem 
Luftzuge ganz leicht die bedeutendste llitze ertragen können, sterben in 
einem Glase, wo die Luft nur von einer Seite Zutritt hat, bei + 19 — 
2° R. an der Sonne. Schon bei + 17° werden sie schlaff und sitzen mit 
geschlossenen Augen still; steigt die Wärme um einige Grade, so 
scheinen sie ohnmächtig zu werden und in diesem Zustande zu sterben; 


nur einige Resultate herausheben. Die Eidechsen, die bei gehöri 


denn ausser einem Zungenherausstrecken habe ich auch nicht die ge- 
ringste Bewegung wahrnehmen können, die dem Tode vorherging, 
nachdem die Thiere einmal in diesen Zustand der Betäubung gefallen 
waren. 

Von + 7°— »°R. fallen sie in Erstarrung; einer grösseren Kälte 
ausgesetzt, müssen sie unterliegen *). Die Kälte affieirt diese Thiere um 
so mehr, da sie einen so geringen Grad eigenthümlicher Wärme besitzen. 
Es ist eine merkwürdige Erscheinung bei der Classe der Reptilien, dass 
die beiden grossen Abtheilungen, in die sie zerfallen, die Harthäuter auf 
der einen, die Schleimhäuter auf der andern Seite sich gegen Hitze und 
Kälte so auffallend verschieden zeigen. Indem die ersteren immer bei 
— 5° sterben, können die letzteren ohne den mindesten Schaden bei 
9 Monaten im Eise eingefroren bleiben, und nicht nur die erwachsenen 
Individuen, sondern auch ihre Larven in den ersten Stadien der Ent- 
wickelung; :was in der That schwer zu erklären ist, wenn wir nicht 
annehmen, dass bei diesen Thieren beim Eintritt der Kälte eine be- 
deutendere Schleimabsonderung statt habe, als gewöhnlich, welche als 


*) Völlig muss ich hier der Ansicht des Hın. von Charpentier beistimmen, der, als Haupt- 
ursache, warum die grüne Eidechse (Lacerta viridis Daud.) seit einigen Jahren nicht mehr 
so häufig wie sonst zu Bex vorkommt, den strengen Winter von 1829 auf 1830 annimmt, 
während welcher Zeit gewiss eine grosse Anzahl Thiere dieser besonders gegen Kälte empfind- 
lichen Species in ihren Löchern, wenn sie nicht tief genug gegraben waren, erfroren. 


44% MONOGRAPHIE 


eine dichte Schicht das ganze Thier umgibt, und ohne Zweifel ein be- 
deutender Wärmehalter ist. i 

Die Empfindlichkeit gegen die Gifte anbelangend, bieten sich uns 
einige interessante Verhältnisse dar. Blausäure und Arsenik zeigen nicht 
entfernt die nämliche Wirkung, wie bei den höheren Thieren. Eine 
starke Dosis concentrirter Blausäure, wovon '/iztel eine Katze, "/zotel einen 
Adler tödtete, liess längere Zeit keine Einwirkung auf Echsen spüren, 
und erst nach mehreren Stunden erfolgte der Tod. Dasselbe Verhältniss 
findet bei Arsenik etc. statt. Tabakssaft, Schnupftabak, Tollkirschen , 
Schierlingsaufguss, tödtet sie viel schneller, am wirksamsten aber sind 
die thierischen Gifte. Schon Laurenti stellte über diesen Punkt Versuche 
an, die ich wiederholte und grösstentheils bestätiget fand. 

Ein Viperbiss tödtet. Eidechsen fast momentan. Ba Lacert« agıles, 
die ich nöthigte, Zritonen zu beissen, oder denen ich den . 
Schleim der Haut dieser Thiere, oder von Salamandern und Unken in den 
Gaumen brachte, bekamen Schwindel und Lähmungen, und starben 
immer. Andere Eidechsen, denen ıch Milch aus den Parotidendrüsen 
von Bufo cinereus L. einimpfte, wurden sogleich unwohl und starben 
an Zuckungen in Zeit von wenigen Stunden. Wir sehen also das auf- 
fallende Resultat, dass auf diese Thiere die animalischen Gifte den gröss- 
ten Einfluss haben, dann die vegetabilischen, und in dritter Reihe erst 
die mineralischen. Eine vergleichende Berechnung der Wirkungen zeigte 
mir, dass wir die Verhältnisse der Wirksamkeit dieser Gifte ungefähr 
durch die Zahlen ausdrücken kömnen 1 :3:7. 

Ich will hier noch einige Worte über die geographische Verbreitung 
der Echsen und über ihr Verhältniss zu den übrigen Ordnungen der 
schweizerischen Reptilien hinzufügen. 

Die horizontale Verbreitung der Echsen bietet uns wenig Aufl 
des im Allgemeinen dar, und es ist vor der Hand genug, zu wissen, 
dass sie in der ganzen ebenen Schweiz vorkommen. Das Vorherrschen 
oder Zurücktreten der einzelnen Genera nehme ich besser bei der An- 
gabe derselben vor. Sie bilden ungefähr einen Vierttheil der gesammten 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. I5 


Reptilien der Schweiz, und einen Fünftel derjenigen, die in der Ebene 
vorkommen. Wichtiger aber ist ihr verticaler Verbreitungsbezirk ; denn 
sie steigen unter allen Ordnungen dieser Olasse am höchsten in die Alpen 
hinauf. Während die Nattern ungefähr in einer Höhe von 4500 Fuss, 
die Vipern und Kröten bei 6200 F., die Frösche und Molche etwas über 
7000 F. Höhe zurückbleiben, so findet man immer noch Eidechsen auf 
sonnigen Rainen sitzen und sich nach spärlicher Nahrung umsehen. Die 
bedeutendste Höhe, von der wir mit Bestimmtheit wissen dass noch 
Üidechsen vorkommen, ist von Hrn. Profess. Heer ausgemessen worden. 
Er fing nämlich oberhalb Sponda longa, in der Nähe des Umbrells, in 
einer Höhe von 9134 F. ü. M. eine Zootoca pyrrhogastra Wagl. Nicht 
gar selten finden wir die nämliche Species, die sowohl Bewohnerin der 
collinen Region als auch der Hochgebirge ist, in einer Höhe von 7 bis 
Sooo F. Wenn wir bedenken, dass bei 9000 F. Höhe mehr als g Monate 
tiefer Schnee liegt, und dass sich Mücken, Fliegen und Coleoptern, die 
ihre Nahrung ausmachen, nur selten hier herauf verirren, so ist es nicht 
leicht zu begreifen, wie diese Thiere ihr kümmerliches Dasein fristen 
können, da sie in der Ebene mit den ersten warmen Frühlingssonnen- 
strahlen erscheinen und bis im October munter bleiben. Von einer Höhe 
von 3000 F. an bilden die Echsen etwas weniger als einen Drittel, bei 
4000 F. einen Sechstel, in der Höhe von 6000 F. einen Fünftel, in der 
Höhe von 7000 F. die Hälfte aller Reptilien, und von 8000 F. an treten 
sie uns nur einzig noch entgegen. Die Individuenzahl steht mit der Höhe 
in umgekehrtem Verhältnisse, daher finden wir sie in den Hochgebirgen 
nur einzeln und ziemlich selten *). 


*) Bis jetzt gehen uns gänzlich Untersuchungen über die geographische Verbreitung der Rep- 
tilien ab, obgleich wir durch sie zu sehr schönen Resultaten geführt werden, besonders 
wenn wir sie relativ zum geographischen Vorkommen der übrigen Thiere nehmen. 


16 -  MONOGRAPHIE 


EHI. SPECIELLER THEIL. 


BESCHREIBUNGEN DER ECHSEN. 


Die schweizerischen Saurer zerfallen in zwei sehr natürliche Grup- 
pen, die sich wieder durch ihre Körperform auffallend von einander 
unterscheiden; daher leicht mit wenigen Worten charakterisirt werden 
können. 


1. Gruppe. WAHRE EIDECHSEN. (Lacerta.) 


Die Schuppen sind vom Körper abstehend, 'der'Schwanz ist deutlich 
unterschieden. Vier Füsse. 


2. Gruppe. SCHLEICHECHSEN. (Anguis.) 


Schuppen fest am Körper anliegend, sehr platt, Kopf und Schwanz. 
nicht unterschieden. Keine äussern Gliedmaassen. 

Von jeder dieser Gruppen haben wir nur ein Genus, von letzterem 
Genus sogar nur eine Species. 

Das Genus, welches die erste Gruppe bildet, heisst Zacerta; der 
Name ist gewiss allen Naturhistorikern bekannt, da mit demselben Linne 
alle Amphibien, vom Crocodill bis zu den Molchen (Frösche, Schild- 
kröten und Schlangen ausgenommen), bezeichnete, und er überhaupt in 
den meisten Naturgeschichten für Schulen und den ältern Faunen in 
einer ungebührlich weiten Ausdehnung genommen wird. Erst wissen- 
schaftlich strenge wurde dieser Name von Guvier und Daudin den 
wahren Eidechsen beigelegt. Da der Zahnbau bei ihnen ziemlich ver- 
schieden ist, glaubte Wagler (System der Amphibien), dieses Genus in 
mehrere Geschlechter trennen zu müssen, und bildete daher die Genera 
Lacerta, Zootoca, Podarcis. Da jedoch die angegebenen Charaktere 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. 17 


nicht scharf genug sind, um wirkliche Genera festzustellen, so lässt man 
sie, wie es Wiegmann (lerpetologia mexicana,) that, besser unter 
einem Genus Zacerta vereiniget, und macht die Wagler’schen Sippen zu 
Subgenera. 


I. Genus. LACERTA Cuv. 


Der Kopf ist oberhalb mit grossen Schildern bedeckt, an der Seite 
mit kleinen oder mit Schuppen. Der Unterkiefer ebenfalls mit zwei 
Reihen grosser Schilder, die nach vorn convergiren. Die Kehle ist be- 
schuppt, kann aufgeblasen werden, und ist vom Thorax durch eine Haut- 
falte geschieden, die durch 8 bis 10 kleine Schildchen gebildet wird. 
Die Nasenlöcher liegen seitlich weit nach vorn. Der Mund steigt gegen 
das Hinterhaupt zu, stark empor. Das Trommelfell ist sichtbar, der 
Rücken mit nebeneinander liegenden Schuppen bedeckt; der Bauch mit 
6 Reihen Schildern, wovon die beiden innersten und äussersten die 
kleinsten sind. Der Schwanz besteht aus Schuppenquirlen. An jedem 
Fusse sind fünf Zehen, wovon jeder mit einem starken Nagel versehen 
ist. Sie haben Schenkelwarzen *). 


*) Alle früheren Herpetologen , oft jetzt noch die französischen Naturforscher, legten einen sehr 
grossen Werth auf die Anzahl der sogenannten Schenkeldrüsen bei den Eidechsen, und 
gebrauchten sie immer als specifisches Kennzeichen, besonders finden wir diess in Merrem’s 
Classification der Amphibien, der auf ein so veränderliches Kennzeichen sehr grosse Rück- 
sicht nahm, und die Farbe, die, wie ich an einem andern Orte zeigen werde, bei den 
Eidechsen ein Hauptmoment ist, durchaus unbeachtet liess. Da die Zahl dieser Warzen bei 
verschiedenen Individuen einer einzigen Gattung um 6 bis 7 differirt, so ist leicht einzu- 
sehen, dass bei der Diagnosis der Eidechsen kein Werth darauf zu legen sei. Ueber den 
Zweck dieser Organe finden wir schöne Beobachtungen von Hrn. D' Otth in Bern, in Tiede- 
mann’s Zeitschrift für Physiologie, Bd. 5, 101 ff., niedergelegt, .wo er die Ansicht aus- 
spricht, diese Organe, die von vielen Physiologen, vorzüglich von Cuvier, Leg. d’anat. 
comparee, fälschlich für Flüssigkeiten absondernde Drüsen gehalten werden, dienen dem 
Männchen während der Begattung zum Festhalten an der glatten Haut des Weibchens. Er 
weist die Construction dieser Papillen nach, die aus einem gewölbten, in der Mitte durch- 
bohrten Schildchen und einem darunter liegenden kleinen festen Körperchen bestehen. 


3 


18 MONOGRAPHIE 


1. Subgenus. LACERTA Wasgl. 


Die Schläfen sind mit unregelmässigen Schuppen bedeckt, die Bauch- 
schilder rhombisch, fest anliegend. (Vordere Zähne am Zwischenkiefer- 
knochen 9, im Oberkiefer 38, im Unterkiefer 5o Zähne. Im Gaumen 
sind 22— 24 einfache konische Zähnchen. Wagl.) 


1. Species. LACERTA VIRIDIS. Daud. 
Die grüne Eidechse. 


Der Kopf dieser Eidechse ist von mittlerer Grösse, und verhält sich 
‚zum Rumpfe wie > : 5bis ı:3, seine Breite zur Länge wie ı : 2. Die 
Schilder sind stark ausgedrückt, das Stirnschild Bee end entwickelt, 
das Hinterhauptschild klein, ver schwindet oft gänzlich. Die Schuppen 
zwischen den Augen und den Ohren, besonders in der Augengegend, 
wachsen zu Schildern an. Uhnterkieferschilder sind fünf Paare, von 
denen das dritte Paar zu divergiren anfängt. Das Halsband besteht aus 
$ bis 9 rautenförmigen, unbedeutend gezähnelten Schildern, von denen 
das mittelste das grösste ist. 


Beim Weibchen ist dieses Körperchen von Aussen nicht sichtbar, beim Männchen hin- 
gegen ragt es kegelförmig zugespitzt aus der Oeffnung des Schildchens heraus, wächst kurz 
vor der Begattung an, nach welcher es sich wieder allmälig zurückzieht. Während der 
Begattung, selbst klammert sich das Männchen vermittelst dieser Erhabenheiten fester an das 
Weibchen. 

Auffallend ist es jedoch, dass sich bei mehreren Genera von Echsen, die eine viel glattere 
Körperbedeckung als die Eidechsen haben, sich keine Schenkelwarzen vorfinden, bei andern 
keine an den Schenkeln, sondern nur wenige am After oder am Ende des Bauches, wieder 
bei einigen nur einzelne an den Schenkeln und nicht in langen regelmässigen Reihen, wie 
gewöhnlich , was mich alles auf die Ansicht führte, als seien die stärker entwickelten Schenkel- 
warzen bei den männlichen Individuen, als bei den weiblichen, während der Begattungs- 
zeit, weniger positiv nützende Organe als Zeichen der Brunst, wie wir diess bei vielen 
Vögeln in der starken Anschwellung des Kammes oder dem Vorhandenseyn zierlicher Schwanz- 
federn, und bei den männlichen Tritonen in der Gegenwart des Rückenkamms während 
dieser Zeit finden. 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. 19 


Die Schuppen am Rücken sind viereckig, stumpf gekielt über ein- 
ander liegend. Die Brustschilder sind fünfeckig und polygonisch, die 
Bauchschilder, gewöhnlich in sechs Reihen, sind viereckig. Die Schwanz- 
wirbel bestehen an der Schwanzwurzel aus lanzetförmigen, kaum merk- 
lich gekielten Schuppen, die gegen die Mitte und das Ende zu eine regel- 
mässige, länglichte, fünfeckigte Gestalt haben. Die Spitze der vorher- 
gehenden bedeckt immer die Basis der nachfolgenden. Der Schwanz 
übertrifft die ganze Länge des Körpers um mehr als das Doppelte. Die 
grüne Eidechse ist gewöhnlich S— ro Zoll lang, doch err&icht sie eine 
Grösse von 15— 17 Zoll und ist die grösste Form, unter der uns die 
schweizerischen Eidechsen entgegentreten. Ihre Farbe besteht aus einem 
sehr schönen Smaragdgrün über den Rücken und die vordere Hälfte des 
Schwanzes, die hintere geht in’s Grauliche oder Braune, der Bauch 
und die untere Seite der Extremitäten in’s Gelbliche über, Die Färbung 
ist jedoch nicht sehr constant; wir kennen mehrere genau getrennte 
Varietäten. 

ıte Varietät: ist blaulichgrün oder apfelgrün. 

ate Varietät: Bei dieser sind nur die Extremitäten von oben und der 
Seite gelb, der Bauch, überhaupt die ganze untere Seite ist 
grünlich, Kopf und Schwanz braun. Rücken sehr schön grün. 

3te Varietät: Auf schmutzig grünem Grunde über den Rücken und 
den Kopf sind eine grosse Menge kleine perlweisser Punkte. 
Bauch gelblich. 

te Varietät: Oben grün, unten weisslich ; auf dem Rücken sind grosse 
tiefschwarze Flecken, die Querbänder bilden. Der Schwanz ist 
schwärzlich. Diese Varietät ist eben so schön, als selten. 

5te Varietät: Obenher braun, an den Seiten und der innern Seite der 
Extremitäten grünlich; Bauch gelblich. Von jeder Seite des 
Kopfes läuft zum Schwanze hin eine weisse Linie, auf deren 
jeder Seite ein aus grössern oder kleinen schwarzen Punkten 
bestehender Strich läuft, Diese Eidechse wurde fälschlich von 
Schinz (Naturgesch. der Amphibien pag. 100, Tab. 37.) als 


« 


30 MONOGRAPHIE 


eigene Species unter dem Namen Zacerta bistriata aufgeführt. 
Sie ist nur sehr constante Varietät. 
6te Varietät. Blassgrün, oft schwärzlich grün auf dem Rücken, weiss- 
lich grün am Bauche, mit vier weissen Längestreifen längs des 
Bückens und der Seiten, die bis an die Mitte des Schwanzes 
binreichen. Die Zunge ist schwärzlich. Die von Duges ge- 
machte Bemerkung fand ich bestätiget, dass diese Varietät nur 
bei weiblichen Individuen bemerkt werde. Nur glaube ich noch 
beifügen zu müssen, dass ich der Ansicht bin, dass die grossen 
Exemplare , die von dieser Varietät gefunden werden, dennoch 
junge Individuen sind, die unter gewissen günstigen Verhält- 
nissen schnell heranwuchsen; denn die Beschuppung des Kör- 
pers, die Schilder auf dem Kopfe, den Extremitäten und dem 
Bauche zeigen in ihrer Oonsistenz noch die nämliche Weich- 
heit und Halbentwicklung, wie wir diess bei den jungen 
Thieren dieser Familie finden; oder wenn das nicht ist, so 
sind es vielleicht zur Fortpflanzung untüchtige Weibchen. Doch 
möchte ich die Zoologen aufmerksam machen, meine Ansicht 
näher zu prüfen und in ihren Sammlungen , besser aber noch in 
der freien Natur, Untersuchungen darüber anzustellen. Dieses 
sind die in der Schweiz vorkommenden Varietäten der Zacerta 
viridis D. Andere führt noch Duges l!. c. p. 374 seq., an. 

Im Weingeiste werden fast alle durch Häutung bläulich, und bei der 
eigentlichen Zac. viridis kommen nach Wegnahme des Epidermis 
schwarze und weisse Punkten zum Vorschein. 

Nur in der südlichen Schweiz finden wir diese Eidechse, wo sie das 
Maximum der daselbst vorkommenden Lacerten bildet, wie im Tessin, 
Wallis, Waadt ete. Sie lebt aber nicht nur einzig an sonnigen Hügeln, 
wie einige fälschlich glaubten, sondern sie steigt ziemlich hoch in die 
Berge hinauf, bis zu einer Höhe von 4000 Fuss, also beinahe bis in die 
subalpine Region. . 

In der Schweiz ist sie auf der nördlichen Seite der Gotthardt-Gebirgs- 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. 21 


kette noch nie gefunden worden. Ihre Fortpflanzung ist noch nicht ganz 
genau beobachtet, wird jedoch nichts Abweichendes zeigen. 

Die Nahrung der Zacerta viridis besteht vorzüglich aus Fliegen g 
Heuschrecken, Schwebfliegen, Kerfen, sogar Schnecken und Würmern; 
auch frisst sie andere junge Eidechsen. 


- 


Synonima : 

Lacerta viridis. Gessn., Aldrov., Ray, Daud. und die neuern 
Autoren. 

Seps varius, viridis, sericeus. Laurent. 

Seps cerulescens. Seba thes. 

The green Lizard. Gray. 

Lezard a deux raies. L. vert piquete. L. soyeux. Daud. 

Lacerta tiliguerta Cet. Lacerta chloronotus Fitz. Lac. sicula, 
sind alles nicht constante Varietäten. 

Die grüne Eidechse. Sturm. 

Zu den besseren Abbildungen gehören folgende: die in Sturm’s Fauna, 
in Buonaparte’s Fauna italica, in Meissner’s Museum für Natur- 
geschichte N’ 6, Daudin’s hist. nat. des rept. etc. Schlecht sind 
sie hingegen in: Razumofski hist. nat. du Jorat 1. Desmarest 
Fauna francaise (hier ist auch die Zezard soyeux sehr schlecht 
abgebildet). Schinz Naturgesch. der Amphibien Taf. 37. etc. 


2. Species. LACERTA AGILIS. Linn. 


/ 


Die gemeine Eidechse. Götz. 


Der Kopf dieser Echse ist kürzer und gedrängter als bei der vori- 
gen, sein Verhältniss zum Rumpfe wie 2 : 7, das der Breite zur Länge 
5:8. Die Schnauze ist ziemlich rund, von oben schief abgeplattet.: Das 
Stirnschild ist gross, das Hinterhauptschild klein, aber immer vorhan- 
‘den, wenn auch nur rudimentär *). Die Schläfen sind mit Schildchen 


*) Wie wenig durchgreifend constante Charaktere die Kopfschilder darbieten, zeigen Fig. 1. 2. 
der Tafel I. Bei Fig. 1 fehlt das scutum internasale gänzlich, die seuto fronto-nasalia sind 


32 MONOGRAPHIE 


und Schuppen bedeckt und stark hervortretend. Das Ohr liegt weiter 
nach unten als bei den vorhergehenden. Das Halsband besteht aus 
8 — ıo unregelmässigen Schildchen. Fünf Paar Unterkieferschilder, 
deren Convergenz beim dritten beginnt, sind da. Halsfalte oft unmerk- 
lich. Brust und Bauchschilder wie bei der vorigen Species. Die Rücken- 
schuppen sind sehr unregelmässig, ablang, meistens stumpf, oft fünf- 
eckig, schwach gekeilt und neben einander liegend. Seitenschuppen 
regelmässiger, viereckig, in’s Ovale übergehend. Schwanzschuppen völlig 
wie bei Lacerta viridis D. Der Schwanz selbst ist zweimal so lang wie 
der Körper, und rasch sich zuspitzend. 5—6 Zoll ist die gewöhnliche 
Länge dieser Eidechse,: die jedoch bis auf 8 '/ Zoll steigen kann. Die 
Männchen sind immer dieker, stärker und kürzer, da die Weibchen uns 
hingegen mehr die schlanken und zarten Formen darbieten, die die Eid- 
echsen charakterisiren. 

Auch die Farbe ist bei beiden Geschlechtern sehr verschieden. Das 
Männchen ist auf der oberen Seite des Kopfes, gewöhnlich nur bis ein 
wenig vor die Augen, über den Rücken und den Schwanz hin und an 
der obern Seite der hintern Extremitäten graulichbraun, in’s Röthlich- 
braune übergehend, mit zwei hellen Streifen, die diese Farbe begränzen; 
auch ist gewöhnlich das breite Rückenband mit dunkelbraunen oder 
schwarzen Flecken, die in regelmässigen Reihen liegen, bedeckt. Die 
Schnauze, die vordern Extremitäten‘, die vordere innere Seite der Hinter- 
füsse und die Bauchseiten sehr schön grün, vom Gelblichgrünen in’s 
Schwärzlichgrüne spielend, mit vielen schwarzen Punkten. Die Kehle, 
der Unterleib und die untere Seite des Schwanzes, die jedoch immer ein 
wenig bleicher ist, hellgrün, schwarz gefleckt. Das Weibchen ist am 
ganzen obern Körper und an den Seiten röthlichbraun, gegen den Bauch 
hin in’s Graulichblaue übergehend; über die Mitte des Rückens hin läuft 
ein dunkler Streifen, der sich am Schwanze fortsetzt, längs diesem ist 


sehr stark entwickelt, das scut. occipitale wird nur durch drei Schuppen angedeutet. Fig. 2. 
ist das scutum internasale gedoppelt. Das scutum 'occipitale ebenfalls stark entwickelt. Beide 
Exemplare finden sich in der Privatsammlung des. Hrn. D" Otth in Bern. 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. 25 


wieder ein heller Strich, auf den ein dunkler folgt. Alle diese Streifen 
setzen sich am Schwanze fort, sind aber nicht auffallend hervortretend. 
Diese braune Farbe ist mit vielen unregelmässigen kleinern und gerös- 
5 5 
sern dunkelbraunen und schwarzen Flecken untermischt. Bauch und 
Kehle sind grünlichgelb, oft sehr schön schwefelgelb. Das Innere der 
5 hu 5 
Füsse ist. schmutzigbraun. Schon die Jungen der Zacerta agılıs lassen 
ihrer Farbe nach auf ihr Geschlecht schliessen. Die Farbe der männli- 
chen Exemplare ist tiefgrün, der weiblichen gelblichbraun. Beide sind 
aber durch eine grosse Menge runder, heller Flecken, die von einem 
5 > ’ 
dunklen Ringe umgeben werden, über den Rücken’ charakterisirt. Da 
5 ’ 
die Farben dieser Species äusserst mannigfaltig sind und sehr verschie- 
zlaltıs 

dene Abweichungen und Uebergänge zeigen, so ist es schwierig, so be- 
stimmt geschiedene Varietäten, wie bei der vorigen Gattung aufzustellen, 
und ich kann mit Bestimmtheit nur eine einzige mehrmals genau von mir 
beobachtete Varietät angeben. 


Varieteet: Kopf oben braun, über den Rücken läuft ein tiefschwarzes . 
Band, das von zwei weisslichgrauen Streifen eingeschlossen 
wird. Die Seiten sind schwarz, am Bauch in’s Tiefgrüne über- 
gehend, mit einer Reihe weisser Punkte und Ringe. Der 
Schwanz ist mit 8 Längestreifen von abwechselnd dunkler oder 
heller Farbe bedeckt, Kehle und Bauch sind schmutzigweiss. 


Diese sehr schöne Varietät fand ich nicht selten im Canton Glarus, 
aber immer nur an männlichen Individuen. Ob der Seps stellatus 
Schrank, Zacerta erythronota St., wie Carl Buonaparte in der Fauna 
italica annimmt, nur Varietät von Zacerta agilis ist, wage ich nicht zu 
entscheiden, da mir die Gelegenheit fehlte, erstere zu untersuchen. Ist 
sie nur Varietät, so muss man sie jedenfalls unter die constanten Varie- 
täten zählen *). 

Als Abnormität besitze ich von Zacerta agılis ein männliches Exem- 


*) Erst vor Kurzem sah ich in Neuchätel den Seps stellatus, und konnte mich von der richti- 
gen Ansicht Buonaparte’s vollkommen überzeugen. 


04 MONOGRAPHIE 


plar, bei welchem der ganze hintere Theil des Kopfes statt mit Schil- 
dern, mit Schuppen bedeckt ist. Der Weingeist verändert die gemeine 
Eidechse bedeutend, da durch Häutung im Branntwein das Dunkelgrüne 
in’s Gelblichgrüne, das Braun in Grau, das Grün in Blau sich um- - 
wandelt. Ba 

Voigt gibt in seiner Naturgeschichte 3te Abtheil., spec. Zoologie, 
Aeaklihienh p- 38 ff., an, die Zacerta agilis komme in vielen Farben- 
varietäten vor, wesshalb man irrig mehrere Arten (montana, atra, 
crocea,, arenicola etc.) daraus gemacht habe. Ferner sagt der nämliche 
Naturforscher 2. c. p. 39 von der Mauereidechse, sie sei bisweilen 
lebendiggebärend, und setzt p. 56 die gemeine Blindschleiche zu den 
Schlangen. 

Solche Irrthümer und Nachlässigkeiten würden ne Beachtung, 
noch weniger eine Widerlegung verdienen, wenn sie sich nicht in einem 
Werke vorfänden, das in den Händen eines grossen Theils des gebilde- 
ten Publicums ist, und das zur Belehrung und zum Nachschlagen, nicht 
aber bloss zur Belustigung durch Aufzählung von Anekdoten dienen 
soll, so will ich hier nur mit kurzen Worten zeigen, dass der Verfasser 
mit ein wenig mehr Ueberlegung die angeführten Unrichtigkeiten haue 
vermeiden können. 

Die Zacerta montana, atra und crocea bilden zusammen eine Gruppe 
von Eidechsen, die sich ganz auffallend durch die Beschuppung des 
Körpers von der gemeinen Eidechse unterscheiden, vorzüglich aber durch 
die relativen Körperverhältnisse. Erstere drei haben nie Gaumenzähne, 
da Zacerta agilis deren bis auf >24 besitzt; eben so ist auch der Aufent- 
haltsort, so wie ihre geographische Verbreitung, besonders aber die 
Fortpflanzung, wie wir weiter unten sehen werden, bei diesen Eid- 
echsen durchaus verschieden. 

Lacerta muralis gebährt durchaus nie lebendige Junge, sondern legt 
immer Eier. Wahrscheinlich ist hier eine Verwechslung mit der Zacerta 
crocea vorgegangen. 


ns 
DER SCHWEIZ. ECHSEN. 05 


Was noch die Stellung der Blindschleichen bei den Schlangen be- 
trifft, so ist es wirklich unbegreiflich, dass ein Naturforscher in unsern 
Zeiten noch ein Thier, das mit den Schlangen durchaus weiter nichts 
gemein hat, als einen eylinderförmigen Leib, dahin setzen konnte. Mit 
dem nämlichen Rechte kann der Regenwurm bei den Schlangen seinen 
Platz finden und die Walle zu den Fischen gezählt werden. 

Die Zacerta agilis ist nur Bewohnerin. der Ebenen und der collinen 
Region und findet sich vorzüglich in der nördlichen und mittleren 
Schweiz häufig an Hecken und Steinen, wo sie ihrer Nahrung, die aus 
Fliegen und Heischzeoken ete. besteht, nachgeht. In der südlichen 
Schweiz findet sie sich vorzüglich in Wiesen. In Dorngebüschen treiben 
sie sich besonders gern umher, wobei ihnen der lange Schwanz, den sie 
als Balancierstange gebrauchen, vorzügliche Dienste leistet; sie gebrau- 
chen ihn.auch, trotz seiner grossen Gebrechlichkeit, als Wickelschwanz. 

Bei schlechtem Wetter halten sie sich verborgen und verkriechen sich 
im October in etwa > Zoll lange und einen Zoll breite Röhren, die sie 
von Innen mit Gras und Erde verstopfen. Es ist mir nie gelungen, mehr 
als ein Individuum in einer solchen Röhre zu finden, und zwar nur alte 
Thiere; ich kann daher nicht sagen, wie und in was für Höhlen die 
Jungen überwintern. Im Frühling kommen sie frühe zum Vorschein; so 
hat es schon Jahre gegeben, dass ich deren in der ersten Woche des 
März fand; andere musste ich in der nämlichen Zeit ausgraben, die ich 
kreisförmig daliegend, den Kopf bei’'m After, noch halberstarrt sah. Im 
April, gewöhnlich aber erst im Mai, begatten sie sich an sonnigen Tagen. 
Im Juni legt das Weibchen die Eier. Die Zahl derselben fand ich nie 
unter 9, nie über 13. Gewöhnlich sind es 10—ıı ziemlich grosse, 
an beiden Enden abgestumpfte gleichförmige Cylinder. 

Ich glaube das Eierlegen geschieht gewöhnlich während der Nacht 
oder am Morgen früh, wenn die Erde noch stark vom Thau befeuchtet 
ist, da die trächtigen Wieiheken bei mir in der Gefangenschaft sich immer 
während dieser Zeit ihrer Eier entledigten,, und mir von einem genauen 
Beobachter versichert wurde, eine yeibliche Lacerta agılis Babe erst 


4 


26 MONOGRAPHIE 


ihre Eier gelegt, nachdem sie mit dem Munde eine bedeutende Quantität 
"Wasser auf den Boden des Gefässes getragen habe. Zur Entwickelung 
des Eies ist eine mässige Feuchtigkeit durchaus nothwendig, sonst 
schrumpfen sie zusammen und trocknen auf. Die Beobachtung , Kan die 
frischgelegten Eier im Finstern phosphorisziren, fand ich bestätiget. Die 
Bemerkung Septfontaine’s in La Ceped’s Naturgeschichte, dass die Zac: 
agilis lebendige Junge gebäre ‚ findet nicht auf diese Species Anwendung. 
In der Gefangenschaft werden sie oft sehr zutraulich, so dass sie sich 
füttern lassen, und in einem wohleingerichteten Behältnisse ihre Lebens- 
weise wie im Freien fortführen. Sie begatten sich daselbst und legen 
auch Eier. Bei alten Männchen hält die Zähmung schwer, mir ist sie nie 
gelungen; sie bleiben immer scheu, und beissen gern. Dass ihr Biss nicht 
schmerzhaft und ohne Folgen sei, brauche ich hier kaum zu erwähnen. 


Synonima: 


Seps terrestris Laur. $ eps lab var. Laur.: Seps ruber. S. 
Argus pull. Laur. 

ah Laurenti Daud. 

Lacerta agjlis Linn. 

Lacerta sepium, Lac. stün pıum Guy 

Lacerta erythronota St. 

Le Lezard .gris, le Lezard arenicole Daud. 

Le Lezard 7 souches Guv. 

Grüne Eidechse Götz. Kleinaugige Eidechse Sturm. 


Gute Abbildungen sind in Sturm (besonders vom Weibchen), i in Bilonal 
parte Fauna ital. ete. 


3. Subgenus. ZOOT0CA Wagl. 


Die Schläfen sind mit unregelmässigen Schuppen bedeckt, Bauch- 
schilder in sechs Reihen quadratisch neben einander liegend. Zwischen- 
kieferzähne 7, Oberkieferzähne 34, Unterkieferzähne 40 (Wagl.). Die 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. 07 


Gaumenzähne fehlen gänzlich. Die Weibchen dieses Subgenus gebären 
lebendige Junge. 


ik Species. ZOOTOCA PYRRHOGASTRA Wagl. nob. 


Die gedrängte Form des Kopfes der Lacerta agilis L. geht, wie die 
ganze übrige Gestalt des Körpers bei den Zootocis, in zärtere und feinere 
Formen ‚über, und ich möchte sie als Typus unserer Eidechsen betrach- 
ten. Der Kopf ist klein und verhält sich zum Rumpf nur wie 1:4, 
und läuft von den Seiten zu der Schnauze nicht rasch zu, da sich die 
Breite zur Länge 3 : 5 verhält. ‚Die Kopfschilder, wie die Beschuppung 
an den Schläfen stimmt mit der der gemeinen Eidechse überein. Die Ohr- 
öffnung liegt ein wenig weiter vorn, als bei der frühern. Das Halsband 
besteht aus 9 regelmässigen viereckigen Schildchen, die Halsfalte ist 
kaum zu unterscheiden.. Es sind 3 Paar Unterkieferschilder vorhanden, 
bei denen constant das dritte’ Paar noch verwachsen ist und erst unter 
demselben die Divergenz beginnt. Die Beschuppung des Körpers ist sehr 
regelmässig; der Nacken wird von kleinen eirunden, anliegenden Schup- 
pen bedeckt; längs des Rückens laufen einiger Reihen länglichter, schma- 
ler, ebenfalls neben: einander liegender stumpfgekielter, hexagonaler 
Schuppen, die sich zu beiden Seiten in grössere ovale, mehr in die Breite 
gezogene Padden abändern. Die erste Reihe jeder Seite der Bauchschil- 
der besteht.aus rhombischen, die übrigen aus quadratischen Schildern. 
Die Beschuppung des Schwanzes'ist wie bei den frühern Species, nur 
sind die einzelnen: 'Schuppen stumpfer und tiefer gekielt. Der Schwanz 
selbst ist lang, drall und verdünnt sich allmälig gegen die Spitze zu. 

‚Diese Eidechse erreicht die Länge, nicht aber die Breite der Zacerta 
agılis, und erscheint desshalb' viel kleiner als sie in. der That ist; 5 bis 
6 Zoll ist im Durchschnitt das gewöhnliche Mass des ganzen Thieres. 

Auch hier unterscheiden sich die beiden Geschlechter durch die Fär- 
bung, jedoch nicht so auffallend wie bei der vorhergehenden Gattung. 
Das Männchen ist oberhalb nussbraun, holzbraun bis in’s Röthlich- 
braune. Vom Hinterhauptschild an läuft über den ganzen Rücken ein 


98 MONOCRAPHIE 


schwarzer Streif; ıhm parallell auf jeder Seite eine Reihe schwarzer 
Punkte, die oft zu einem Strich zusammenschmelzen, die gewöhnlich 
seitlich an eine graue Linie anstossen. Die Kehle ist blaulich, in’s Rosa- 
farbe schillernd. Der Bauch und die untere Seite der Füsse grünblau, 
mit vielen schwarzen Flecken. Das Weibchen ist auf dem Rücken und 
Scheitel rothbraun; die schwarzen Punkte und Streifen treten mehr in 
den Hintergrund, und die graulichen Linien fallen weg. Die obere Seite 
ist dunkler; der ganze untere Körper ist schön gelb, oft safranfarbig, an 
den Seiten röthlich. Die Unterkieferschilder sind weisslichgrau, die 
Kehle lilafarbig, in’s Gelbe und Rosenrothe spielend. Bei einigen Indi- 
viduen treten die weissen Striche mehr hervor, bei andern die braunen, 
daher finden wir viele Nuancen in der Färbung: dieser Thiere. Die 
Jungen unterscheiden sich nur dadurch, dass bei ihnen die Farbenzeich- 
nungen nicht so deutlich hervortreten. 

Die gewöhnlichste Veränderung, die diese Thiere im Weingeist er- 
leiden, besteht in einem Blanwerden der braunen Farbe; auch die hell- 
blaue Farbe ändert sich in eine bleichweisslichgelbe ab. 

Von Varietäten kenne ich nur diejenige, die Individuen einschliesst, 
. die aufdem Rücken graubraun mit gelben Flecken, an den Seiten kupfer- 
roth, am Unterleib blnssgelk sind. 

Sturm bildete diese Varietät in seiner Fauna Deutschlands ziemlich 
gut ab. 

Wir finden die Zootcke pyrrhogastra sowohl in der collinen Region, 
als auch, wie früher bemerkt, auf er höchsten Gebirgen, wo sie sich 
wahrscheinlich fast ausschliesslich von Coleoptern nährt. Ein Exemplar, 
das ich von einer Höhe von 7902 Fuss besass, in die Ebene hinunterge- 
bracht, wollte keine Nahrung zu sich nehmen, die der gemeinen Eid- 
echse, bei der sie im nämlichen Behälter war, sehr behagte, und starb 
daher vor Hunger. \ 

Der eigentliche Verbreitungsbezirk dieser Eidechse ist die montane 
Region, daher sie im Herzen der Schweiz, in den Cantonen Unterwalden, 
Schwyz, einem Theil von Uri, ziemlich häufig vorkommt. In solcher 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. 09 


% 


Anzahl, wie die Zacerta viridis oder agılis wird sie schr selten bemerkt. 
Sie lieben trockene Tannenwälder, wo sie sich unter den abgefallenen 
Tannennadeln Löcher scharren, in welche sie sich bei annähernder Ge- 
fahr flüchten; oft finden sie sich aber auch in dunklem feuchtem Wald- 
grunde. 

Die Begattung geht im Mai vor sich und findet wie bei andern Eid- 
echsen statt. Das Weibchen trägt seine Eier bis Mitte oder Ende Juli im 
Leibe, legt sie dann, und nach einigen Minuten (5— 10) zerreisst das 
vollkommen ausgebildete Junge die Eihülle, in der noch ein wenig gelber 
+ Dotter zurückbleibt. 

Dieses Phänomen hat unter den Naturforschern sowohl Aufsehen als 
auch Streit veranlasst. Wir besitzen über das Lebendiggebären und 
Eierlegen der Eidechsen in besonderer Beziehung auf das Genus Zootoca, 
eine treflliche Abhandlung von D' Th. Cocteau, D. M. P., «Notice sur 
un genre peu connu de Lezard vivipare (Zootoca Wagler) et sur une 
nouvelle espece de ce genre», in der letzten Lieferung des 5ten Jahr- 
ganges von Gucrin’s Magasin de Zoologie; aus dieser hebe ich in weni- 
gen Zeilen das Geschichtliche der Zootoca pyrrhogastra Wagl. heraus, 
und hoffe am Ende, die Verwirrung, aus der uns auch Üocteau’s ge- 
diegene Arbeit nicht ganz erlösen konnte, zu heben. Jacquin war der 
erste der eine Eidechse beobachtete, die seiner Meinung nach lebendige 
Junge gebar, und benannte daher diese Eidechse, die mit Linne’s Zac. 
agilis nicht übereinstimmte, in den Nova Acta Helvet. Vol. I., p. 321, 
Tab. I., Lacerta vivipara. Leuckart machte die nämliche Beobachtung 
an Pidechsbns die er dem Professor Nitzsch in Halle mittheilte, und Be 
nannte die Thiere ebenfalls Zacerta vivipara. Wolf beschrieb vorher 
'in Sturm’s Fauna eine Zacerta crocea, die in der Färbung dieser Zac. 
vivip. entsprach. Schulze (Verzeichniss der Dubletten des Museums zu 
Berlin, p. 33) behauptete, Zacerta crocea lege Eier, und hielt, wie ich 
mich aus seiner Beschreibung überzeuge, höchst unrichtig, wie auch 
spätere Herpetologen diese Eidechse von Jacquin und Leuckart identisch 
mit Zac. mur. L. oder agilis, oder betrachtete eine Varietät der muralis 


50 MONOGRAPHIE 


irrig für Zac. crocea. Guerin fand auf einer Excursion im Walde von Eu 
eine solche Eidechse, die ihm lebendige Junge gebar. D' Cocteau theilte 
diese Beobachtung ühd die Haschheibung des Thieres der Pariser Academie 
mit, und erklärte es für eine neue Species ‚ des Genus Zootoca Wagl. 
Auszugsweise ist diese Mittheilung in Institut 1335 und in Froriepis 
Notizen, November 1835. 

Schon früher beobachtete v. Baer und D' Otih das Lebendiggebären 
. dieser Eidechse genauer. Letzterer hatte die Güte, mir Eihüllen und 
Junge mitzutheilen, und später hatte ich Gelegenheit, die nämliche Be- 
obachtung zu machen an einem Weibchen, das mir emige Wochen früher 
aus Wolfenschiess, Cant: Unterwalden, zugekommen war, nachher noch 
mehrere Mal an Exemplaren, die ich in der Umgegend von Zürich fand. 

Genaue Untersuchungen haben mir gezeigt: r. Die von Jacquin be- 
schriebene Zacerta vivipara ist eine neue, bis auf seine Zeit noch nicht 
gekannte Species von BKidechsen, die den Typus von Wagler’s Genus 
Zootoca bildet. 2. Die von Wolf beschriebene Zacerta crocea in Sturm’s 
Fauna ist die nämliche Species, wie Zacerta vivipara Jacq. 3. Schulze’s 
untersuchte Zacerta crocea war wahrscheinlich Zacerta muralis var. 
4. Leuckart’s Zacerta vivipara ist identisch mit Jacquin’s. ‘5. Merrem’s 
Lacerta pyrrhogastra ist weibliches Exemplar von Zacerta crocea 
(wie oben bemerkt, haben die weiblichen Zootoca pyrrhog. immer eine 
grellere Farbe am Bauch als die männlichen). 6. Die Zootoca de Guerin 
Cocteau ist nur eine Varietät von Zootoca pyrrhogastra*). Da ich Ge- 
legenheit hatte, gegen hundert Exemplare von Zootoca pyrı og. genau 
zu untersuchen, so ist es begreiflich, dass ich die erschien 
Abweichungen dieser Eidechse von der allgemeinen Färbung gefunden 
habe, und nicht selten ‚begegnete ich der aretie) die Eieäin la e. 
unter dem angeführten Namen beschrieb**). Die treue Beschreibung und 


*) Zootoca pyrrhogastra schien mir der passendste Name für diese Gattung des Wagler’schen 
Genus Zootoca, da es die Färbung sehr genau bezeichnet. Zootoca Bar ist Unsinn, se 
beide Namen das Gleiche bedeuten. 

**) Im letzten Hefte des zweiten Jahrgangs von ‚ Wiegmann’s Archiy ist im Tabresheriche von 
1835 vom Ref. die nämliche Ansicht ausgesprochen. 


2 


DER SCHWEIZ ECHSEN. 31 


die Abbildungen lassen sogleich die Zöotoca pyrrhogastra Wagl. er- 
kennen. Das gleiche Färbungszeichen findet sich bei beiden, nur sind 
bei Zootoca de Guerin einige. Linien mit einander verschmolzen, "was 
wir nicht selten finden; im Uebrigen nähert sie sich.der Varietät von 
Lacerta crocea‘W.., die Sturm abbildete. Die Anzahl der Jungen be- 
läuft sich, wahrscheinlich weil vollständige Entwickelung im Mutter- 
leibe statt hat, nie so hoch, wie bei Zacerta agilis. Gucrin’s Exemplar 
legte 7,; die meinigen 6, und Exemplare aus dem Weingeist, die ich 
öffnete, hatten 5 oder 6 Junge. Es lässt sich also die Anzahl von 5 bis 
7 festsetzen, Auch der Vermehrung dieser Species scheinen die BRaub- 
vögel Einhalt zu thun. Wolf (siehe Sturm’s.Fauna) fand im Magen von 
F lad buteo, Falco apivorus und Ardea minuta mehrere beinahe noch 
unversehrte Individuen. 


Synonima: 
Lacerta vipipara Jacquin. Nov. Act. Helv. TT: 
Lacerta crocea Wolf. Leuckart. 
Lacerta pyrrhogastra Merr. 


Lacerta unicolor? Kuhl (nach Wagler ein entlärbtes junges 
Männchen. ??) 2 

Lacerta adura Scheppard. 

Lacerta de Jacquin Cocteau. 

Lacerta Isidore Geoftroy Saint-Hilaire pull.? 

Lacerta Guerin Cocteau. var. 


Zootoca pyrrhogastra. nob. 
Die gelbe Eidechse. Wolf in Stürm, 


2. Species. Z00T0CA MONTANA nob: 


- Die Breite de Kopfes eh sich zu seiner Länge fast wie 3: 
Kopf zum Rumpf, 12:5. Diese auffallenden elatisen 
nisse bei der Zootoca montana unterscheiden sie sogleich ihrem Aeussern 
nach von der vorhergehenden Species. Der Kopf ist sehr klein, stumpf, 


52 MONOGRAPHIE 


und hinten breit, wodurch sich diese Eidechse wieder der Zac. agilis 
nähert. Die Beschuppung am Unterkiefer, an den Schläfen und auf dem 
‚Kopf wie bei der vorhergehenden Gattung. Der Rücken ist sehr unregel- 
mässig beschuppt. Vom Hinterhauptschilde aus streicht eine Reihe dün- 
ner, länglichter Schuppen, die oft mehr hervortritt, oft stück weise fehlt, 
und durch Querreihen grösserer rhombischer Schuppen ersetzt wird, die 
bald sich nähern und einander berühren, bald wie an den Seiten in 
horizontalen Reihen liegen, und oft bedeutende Räume zwischen sich las- 
sen. Am Nacken sind die Schuppen pentagonisch, dicht neben einander 
liegend und ohne Kiel. Die Bauchschilder sind in sechs Reihen und 
wieder mehr rautenförmig. Durch diese Schuppenbildung verbindet die 
Zootoca montana die beiden Subgenera Zootoca und ZLacerta, und zwar 
durch Zac. agilis, da die vorbeschriebene Species sich innig an das 
folgende Subgenus anschliest. Die Extremitäten und der Schwanz sind 
auffallend kurz, letzterer gleich dick bis in die Mitte, dann rasch gegen 
die Spitze zu abnehmend. 

Die Farbe ist grünlich-grau auf dem Rücken, durch schwarze und 
weisse Reihen von Punkten unterbrochen. Die Seiten sind wenig dunkler. 
Der Kopf oberhalb ist hellbraun, Brust und Bauch beim Weibchen gelb- 
lich, beim Männchen grünlich. Der Schwanz und die untere Seite der 
Extremitäten sind mit schwarzen Punkten bedeckt. Diese Eidechsen 
werden im Branntwein fast immer blaulich. 

Als bestimmt geschiedene Varietät kenne ich nur die einzige Lacerta 
nigra Sturm. Da die Abbildung in Sturm’s Fauna von dieser Eidechse nur 
ein Phantasiegemälde nach einer gegebenen Beschreibung zu seyn scheint, 
so habe ich das einzige bis jetzt bestimmt gekannte Original-Exemplar, 
welches Hr. Professor Meissner in Basel mir mitzutheilen die Gefälligkeit 
hatte, zum ersten Male treu abbilden lassen. Zacerta nigra ist weder 
Varietät von Zootoca pyrrhogastra, noch viel weniger eine eigene 
Species; sie unterscheidet sich von Zoot. montana durchaus nur durch 
die Farbe, die bei ihr ganz die nämliche wie bei Yipera prester ist. Sie 


DER SCHWEIZ. ECHSEN, 6) 


ist wahrscheinlich das seltenste schweizerische Reptil, daher sie noch 
nie genauer untersucht werden konnte. 

Wie der Name schon anzeigt, so ist die Zootoca montana eine Ge- 
birgsbewohnerin, aber ich kann nicht bestimmt angeben, bis zu welcher 
Höhe sie hinaufsteigt. Sie ist nicht häufig, wesshalb wir bis jetzt über 
ihre Lebensweise, Nahrung und Fortpflanzung noch nichts Bestimmtes 
wissen; sie wird in diesen Stücken im wesentlichen mit der pyrrhogastra 
übereinstimmen. Ob die Eier durch die Sonne oder im Mutterleibe ausge- 
brütet werden, ist nicht entschieden; in letzterem Falle wäre die Be- 
nennung des Subgenus Zootoca höchst unrichtig, und es müsste ein 
eigenes Subgenus gebildet werden, welches im Zahnbau, Beschuppung 
etc., nur nicht in der Fortpflanzung mit den Zootocis übereinstimmte. 


Synonima; 


Lacerta montana, Mikan in Sturm’s Fauna. 
Lacerta nigra Wolf an eben dem Orte. var. 
Zootoca montana nob. 


Die Bergeidechse Wolf, 


Zu diesen eben beschriebenen beiden Species finden wir in Sturm’s 
Fauna die besten Abbildungen, woraus sie in Schinz’s Reptilienwerk 
schlecht copirt wurden. Einzig ist die Zacerta nigra schlecht colorirt. 
Ich habe von diesem Subgenus nur zwei Species angeführt, obschon 
ich die Ueberzeugung habe, die Schweiz besitze noch eine dritte Species, 


nämlich eine Zootoca alpina. Ich sehe diese Gattung an, als von den 


5 
Formen gebildet, die uns in den Hochgebirgen entgegentreten und die 
ich hier mehrmals unter dem Namen Zootoca pyrrhogastra angeführt 
habe. Bei den wenigen Exemplaren die mir von den beiden beschriebe- 
nen Gattungen bis jetzt zu Gebote standen, habe ich bedeutende Abwei- 
chungen gefunden, wage aber, ehe ich eine bedeutendere Anzahl dieser 
Echsen untersuchen kann, noch nicht fest auszusprechen , ob es wirklich 


eine neue Species, oder nur alpine Form sei. 


54 MONOGRAPHIE 
3. Subgenus. PODARCIS Wagl. 


Die Nasenlöcher liegen an der Spitze der Schnauze über dem ersten 
Lippenschild. Die Schuppen sind klein, körnig, anliegend. Bauch- 
schilder in sechs Reihen. 

Zwischenkieferzähne 6. ask 34.  Unterkieferzähne’ 44 
(Wagl.) Die Gaumenzähne sind ganz klein, stumpfkegelförmig, (Wiegm.) 


1. Species. PODARCIS MURALIS. Wagl. 


Bei den männlichen Exemplaren ist der Rumpf dreimal so lang als 
der Kopf, bei den weiblichen etwas mehr. Die Breite des Kopfes ver- 
hält sich zu seiner Länge fast wie ı : 2. Das Stirnschild des schön 
gebildeten Kopfes dieser Eidechse ist vorn viel breiter als hinten, und 
verlängert. Das Hinterhauptschild ist ziemlich klein. Die Schläfen sind 
stark entwickelt und mit kleinen Schuppen bedeckt, in deren Mitte ein 
grosses Schild (Scutum massaturinum) liegt. Die Halsfalte ist sehr deut- 
lich. Das Halsband aus 8 bis ro ganzrandigen, fünfeckigen Schildern 
gebildet. Das Ohr liest mehr nach Hinten als bei den frühern. Die 
beiden mittleren Reihen der Bauchschilder bestehen aus quadratischen, 
die übrigen aus rautenförmigen Schildern. Die Beschuppung des ganzen 
obern Theils des Körpers ist regelmässiger, als’ bei allen übrigen Eid- 
echsen, und besteht aus Querreihen kleiner, runder, sehr schwach ge- 
‚kielter, aufliegender Schüppchen, die zu den Bauchschildern keine, zu 
den Schwanzschuppen unbedeutende Uebergangsformen zeigen.‘ Die 
Schwanzschuppen selbst sind stumpf, viereckig, lang und seitlich über- 
einanderliegend. Der Schwanz ist lang und Heichmäsäig gegen die Spitze 
dünner werdend. Die Mahgreidechse wird gewönhlich 6— 7 Zoll’lang. 

Wie wir es bei mehreren frühern Eidechsen gesehen haben, so tritt 
auch hier der Fall ein, dass sich die beiden Geschlechter auffallend in der 
Farbe unterscheiden und daher sogleich erkennen lassen. Das Männchen 
ist auf dem Rücken graubraun, an den Seiten schwärzlich und auf dem 
Kopf nussbraun. Vom Hinterhauptsschild an läuft schlangenförmig ein 


-'. 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. I 7 


schwarzer Strich nach dem Schwanze, der jedoch nicht immer deutlich 
ausgedrückt ist, sondern durch mehrere Reihen unregelmässiger Punkte 
ersetzt wird. Die schwarzen Seiten sind von zwei weisslichgrauen Strei- 
fen eingeschlossen, und durch runde, oft unbestimmte weissliche oder 
hellbraune Flecken unterbrochen. Die Schläfen sind dunkel, Kehle, 
Brust und Bauch gelblich, bei alten Exemplaren orangengelb, mit himmel- 
blauen Flecken eingefasst; der Schwanz ist oben grünlichblau, mit weis- 
sen Reihen und Punkten, unten gelblich. 

Das Weibchen ist heller als das Männchen, auf dem Rücken sind 
mehrere halbverwischte Zeichnungen, die weissen Streifen an den Seiten 
sind, am Nacken besonders, stark. Die Seiten selbst einfärbig schwarz 
bis röthlichbraun. Oft sind auch an den äussersten Schilderreihen des 
Bauches schöne azurblaue Flecken. Der Bauch schillert in’s Weisse, 
Gelbliche und Rosafarbe, vorherrschend ist ein schwaches Goldgelb. 
Obgleich die beiden Geschlechter in ihrer Grundfarbe völlig überein- 
stimmen, so bekommen sie doch durch die abweichende Zeichnung ein 
ganz verschiedenes Aussehen, so dass sie von einigen Herpetologen als 
getrennte Species aufgeführt wurden. Ganz iwrig finden wir in Sturm’s 
Fauna das Männchen als Weibchen und umgekehrt bezeichnet. Ich 
muss hier nur bemerken, dass die angeführten Farbenunterschiede auf 
der einen Seite als Geschlechtsverschiedenheiten, auf der andern als 
Varietät betrachtet werden könnten; denn fast durchgehends stimmt in 
unsern Gegenden das Geschlecht mit den von mir beschriebenen Färbun- 
gen überein, und doch haben mir anatomische Untersuchungen dreimal 
Abweichungen davon ‘gezeigt, indem die weiblichen Exemplare die ge- 
wöhnliche Farbe der männlichen zeigten. : Im. ‘Canton. Tessin und der 
nördlichen Lombardie wurden von Hrn. D: Otth häufig Exemplare mit 
dem Colorit der männlichen, keine mit dem der weiblichen Mauereid- 
echse gefunden. Ich glaube daher annehmen zu dürfen, dass an gewis- 
sen Localitäten, vorzüglich in der nördlichen Schweiz, Deutschland und 
Oesterreich, die Färbung constant mit dem Geschlecht übereinstimmt, 
da in südlichen Ländern die ‚Geschlechtsverschiedenheit weniger durch 


36 - MONOGRAPHIE 


die Färbung ausgedrückt ist; wie man auch aus der Angabe der Varie- 
täten, die Duges1. c. aufzählt und die in Frankreich vorkommen , ersieht. 
Ich kenne von dieser Species keine Varietät, die beständig vorkommt, da 
selten zwei Exemplare gefunden worden, die in Farbe und Zeichnung 
vollständig übereinstimmen. 

Merkwürdig ist die geographische horizontale Verbreitung beson Eid- 
echsen in der Schweiz ; sie scheint der ganzen mittlern Schweiz zu fehlen, 
und daselbst von Zootoca pyrrhogastra und montana ergänzt zu werden, 
die da zurücktreten wo Podarcis muralis vorkommt. Nach meinen bis- 
herigen Untersuchungen hat der ganze Canton Zürich, die kleinen Can- 
tone und der südliche Theil von St Gallen keine Mauereidechsen. Wahr- 
scheinlich fehlt sie auch dem grössten Theil des Cantons Graubündten. In 
grosser Anzahl kommt sie dagegen in der südlichen, westlichen und nörd- 
lichen Schweiz vor, in Tessin, Waadt, Bern, Aargau, Basel etc., der Jura 
besitzt. sie in sehr grosser Menge. 

Ueber dieverticale Verbreitung ist zubemerken, ‚dass sie bis zu 3800F. 
vorkömmt. ; 

Die Begattungszeit fällt in Mai. Das Weibchen legt 9—ı3 Eier ; da- 
her ist leicht zu begreifen, dass sie an vielen Orten, z. B. in Weinbergen, 
Steinhaufen und Mauern so häufig vorkömmt. 

Synomina: 
Seps argus, Sepsterrestris, Seps muralıs. Laur. 
Seba thes. 11. 1.4, fig. 4? 
Lacerta taurica, Lacerta pardus. Pall.? 
Lacerta fusca, Lac. agilis, Lac. broginardii? Daud. 
Podarcis muralis Wagl. 
Lacerta muralis Cuv., Mer., Duges et aut. cet. 
. Lezard gris. La Gep. quadr. ovip., p. 298. 
Scaly lizard. Britt. Zool. I1l., p. 13, tab. 1. 
The little brown Lizard. Ed: Glean.1,p. 23, tab: 235. 
Mauereidechse. Sturm’s Fauna. 
Die menschenfreundliche Eidechse. Merr. 
Sturm bildete diese Eidechsen recht gut ab. 


d 
DER SCHWEIZ, ECHSEN. Ar 


2. Gruppe. SCHLEICHEN. (Anguis). 


Bis auf die Zeit, wo man einsah, dass, um eine natürliche Qlassifica- 
tion durchzuführen, die Kenntniss des innern Baues der Thiere durchaus 
nothwendig sei, nahm diese Gruppe immer in den herpetologischen Syste- 
men eine ganz falsche Stelle ein, indem sie zu den Schlangen gezählt 
wurde, denen sie nur die äussere Form, und auch diese nur oberflächlich 
betrachtet beisetzte. Die Anwesenheit des Brustbeins, Rudimente des 
Bekens und der Extremitäten, das CGolumella, vollständige Augenlieder, 
doppelte Lungen etc. weisen ihnen unbestreitbar ihren Platz unter den Eid- 
echsen an, und es ist unbegreiflich, dass es jetzt noch Naturforscher 
giebt, die sie an ihrer alten Stelle stehen lassen. Die Angues sind mit 
den Genera Ophiosaurus Dum. Ophiodes Wagl. Pygodactylus Fitz. etc. 
zu verbinden, mit denen sie nach dem Gutdünken des Systematikers als 
Bindungsglied oder Uebergangsform gebraucht werden. 


I. Genus. ANGUIS: 


Die Nasenlöcher liegen unterhalb der Schnautzenspitze. Die Beschup- 
pung des Körpers ist gleichartig. Das Paukenfell unter der Haut verbor- 
gen. Aeussere Glieder sind keine vorhanden. Zwischenkieferzähne 9, 
Öberkieferzähne 18, Unterkieferzähne 28, Gaumenzähne fehlen. 


1. Species: ANGUIS FRAGILIS. Lin. 


Der Kopf ist klein, stumpf, fast zweimal so lang als breit. Das Zwischen- 
scheitelschild sehr stark entwickelt und bildet gewöhnlich ein gleich- 
schenkliges Dreieck. Das Stirnschild ist ebenfalls sehr gross. Zwischen 
dem Nasen- und dem Stirnschild sitzen zwei schmale, länglichte Schild- 
chen, die die Stelle der vordern Stirnschilder der Nattern vertreten. Die 
Schläfen sind von der nämlichen Beschuppung wie der übrige Körper. 
. Unterkieferschilder sind fünf Paare, deren Divergenz schon beim ersten 
Paare beginnt: Halsfalte und Halsband fehlen gänzlich. Rücken und 


6 MONOGRAPHIE 


Bauch sind mit glatten, glänzenden, fest anliegenden, sechseckigen Schup- 
pen bedeckt, die an de Seite breiter werden, und nach vorne seitlich 
übereinander liegen. Die nämliche Beschuppung zeigt der Schwanz der, 
nur wenig dünner als der Körper, sich in eine harte "Spitze endigt. 

Die se rankne Länge der Blindschleiche beträgt ı2 bis a" ' doch 
soll sie des ' lang und darüber werden. Bei keiner Ahr beschriebenen 
Species ändert die °F arbe so mannigfaltig, wie bei dieser, daher ist es 
schwierig eine eigentliche Färbung. RER Gewöhnlich sind sie 
bleigrau , an den See örhlichbrien und am Bauch bläulichschwarz mit 
gelblich weissen Punkten. Bei andern Individuen sind eine Menge dunk- 
I und gelber Streifen vorhanden, nach andern sind Ge! kupfer- 
roth auf dem Rücken, glänzendschwarz am Bauch u. s. f. Die ganz jungen 
'Thiere sind weiss mit einem schwarzen Längestreich auf dem Rücken und 
tiefschwarzem Bauche. Die Iris ist vöthichögehlgelb‘ Der Weingeist - 
greift diese Thiere ganz unbedeutend an. 

Hin und wieder finden wir Blindschleichen mit schönen, grössern 
oder kleinern hellblauen Flecken. Fälschlich sind diese Thiere für Va- 
rietäten gehalten worden, denn es liegt eine ganz natürliche, einfache 
Ursache dieser Färbung zum Grunde. Da ich solche Exemplare immer 
nur ausgewachsen fand, und nur an Gebüschen, Wegen und unter Stei- 
nen, nie aber auf Wiesen: oder an grasreichen Hügeln, so’ untersuchte 
ich die Beschuppung genauer und fand, dass die Schuppen‘, wo blaue 
Flecken liegen, immer verletzt sind, was leicht geschehen kann, wenn 
sich die lade anon zwischen en oder a hindurch winden 
wollen , wobei eine heftige Reibung statt findet. Die blauen Flecken lie- 
gen gewöhnlich i in Längesreihen uber den Rücken hin ‚selten an den Sei- 
ten, nie aber am Baachk: verlieren sich am Sohlkrade und da, wo der 
Körper dünner wird, also da, wo bei eingeklemmtem Dabchktiechen schon 
die meisten Schwierigkeiten überwunden sind. Ich versuchte an leben- 
den Exemplaren und löste ihnen einzelne Schuppen ab‘, an deren Stelle 
in einigen Tagen, blaue Flecken erschienen. Nach der fünften oder 
sechsten Häutung, je nachdem die Schuppen mehr oder weniger tief ab- 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. 59 


gelöst waren, verschwanden die Flecken. Junge Individuen sind weniger 
diesen Verletzungen ausgesetzt, da sie leichter als die alten einen Zu- 
fluchtsort finden können, *) 

Man kann fast mit Bestimmtheit annehmen, dass das horizontale und 
verticale Verbreitungsbezirk der Anguis fragilis und der Lacerta agilis die 
nämlichen seien, nur möchte in den Ebenen die Blindschleichen an meh- 
reren Orten vorkommen , als die gemeinen KEidechsen, denn man findet 
sie beinahe auf jedem Wege und allen Wiesen, so dass sie während der 
Heuerndte zu Hunderten durch die Sensen ihren Tod finden. Ueberhaupt 
werden sie fast überall mit einer tollen Wuth zu todt geschlagen, da 
man von der falschen Ansicht ausgeht, diese Thierchen , die unsere Fel- 
der von schädlichen Raupen befreien , seien giftig. 

. Von 2000’ an verschwindet die Anguis fragilis, daher wir sie in kei- 
nem der höher gelegenen Schweizerthäler mehr finden. Die Begattung 
geht im Mai und Juni an sonnigen Stellen unter inniger Umschlingung, 
wie bei den Nattern, vor sich und dauert einige Stunden. 

Das Weibchen gebährt zu Anfang Septembers wie die Zootoca pyr- 
rhogastra 10—ı/. Junge , die schon drei Zoll lang aus der Eihülle, in der 
sie spiralförmig gelegen, kriechen. Die Nahrung dieser niedlichen Thier- 
chen besteht, wie ich aus Exemplaren, die ich öffnete fand, aus Fliegen 
und Räupchen. Die Alten fressen in der Gefangenschaft schwierig, die 
Jungen gar nicht, daher sterben erstere nach 3—/4, Monaten , letztere 
schon nach 1—2 Wochen. Sie theilen dem Gefäss, in dem sie gelegen, 
durch ihre Excremente einen sehr wiedrigen Geruch mit. 

Bisher war über die Oeconomie dieser Thiere, besonders wie sie den 
Winter zubringen,, weiter nichts bekannt, als was Friedwaldski (und mit 
ählichen Worten Latreille Hist. nat. des reptiles) in seiner Monographia 
serpentum Hungari& $ 27, p: 30 sagt: Oavitates terre , quas ipse rostro, 
fodias petere solet. Hiemne somno detinetur. 

Voriges Jahr glückte es mir über diesen Punkt einige nähere Auf- 
klärung zu erhalten. ; 

*) Diese Flecken sind zuweilen ganz dunkelblau, sogar schwarz. Es frägt sich, ob die von Bibron 


beschriebene Anguis punctatissimus (Descript. de la Moree Livr. 36) nichteine solche Anguisist. 
Ich habe jene Species nie gesehen. 


40 MONOGRAPHIE 


An einem Hügel, an welehem ich im Sommer und Herbst häufig 
Blindschleichen in Löcher kriechen sah, grub ich im Februar bei war- 
mem Wetter, um den Winteraufenthalt dieser Thiere kennen zu lernen, 
neben einem Loche, in welches ich früher Blindschleichen häufig sich 
verstecken sah, und welches ich nur an einem, im Herbste von mir 
daneben eingesteckten Stück Holz wieder erkennen konnte, eine kleine 
Höhlung, um das Loch selbst genauer untersuchen zu können. Es war 
rund, schlauchförmig und hieng etwa vier Zoll tief schräge in die Erde 
und war von innen mit Gras und Erde zugestopft. Von dieser Röhre lief, 
horizontal mit dem Profil des Hügels ein halber Schuh tief unter der 
Oberfläche der Seite des Hügels ein 2 Zoll hoher, ı 1/o Zoll breiter Stol- 
len, 34 Zoll lang mit mehreren Krümmungen nach oben und unten und 
einer seitlichen Biegung nach aussen über einen grossen Stein hin, in 
eine stumpfe Spitze aus. Die Seitenwände des Stollens waren glatt und 
fest, die Decke mit vielen Findrücken versehen. Im Schlauche, gerade 
beim Eingang lagen mehrere Junge, etwa halb Jahr alte, oder noch jün- 
gere Blindschleichen. Auf diese folgten ein wenig ältere und grössere, 
und so lagen durch den ganzen Stollen fast immer grössere Exemplare, 
als die vorhergehenden. Hinten in der Verengung lag ein altes Weib- 
chen , das die Aeltermutter der ganzen Familie zu seyn schien, und wel- 
ches auf ein blaupunktirtes Männchen folgte. Der Kopf’ und ein Theil des 
Rumpfes des Weibchens waren enge von den Wandungen umschlossen, 
so dass die Erdscholle vollkommen den Abdruck des vordern Theils der 
Blindschleiche zeigte. Die Zahl der hier offenbar in einer absichtlich ge- 
srabenen Wohnung zum Winterschlafe versammelten Individuen belief 
sich auf 23 junge und alte, die theils zusammengerollt, theils in einander 
verschlungen oder gerade gestreckt in tiefer Erstarrung lagen. 

Es scheint im.ersten Augenblicke schwierig zu. erklären, wie Thiere 
ohne einer Spur äusserer Extremitäten solche Stollen graben können, und 
zwar nur mit der stumpfen Schnautze. Betrachten wir aber einmal die 
Gänge und Wohnungen, die der gemeine Regenwurm (Lumbricalis ter- 
restris L.) macht, und das Quantum Erde, das er dabei aufwirft, ver- 
gleichen dann die unterirdischen Gänge die ich bei Anguis fragilis L. fand; 


DER SCHWEIZ. ECHSEN. 41 


ziehen dann die Muskelkraft und äussere Bedeckung beider Thiere in 
Betracht, dortein Weichthier, hier ein Wirbelthier, so fühlen wir leicht, 
dass es möglich ist, dass diese fusslosen Echsen künstliche Wohnungen 
graben. Ich erkläre mir die Sache folgendermassen : 

Im Herbst begiebt sich eine Anzahl Blindschleichen in ein geräumiges 
jedoch nicht allzugrosses Loch. Von diesem aus gräbt die Aelteste und 
Stärkste der Versammlung mit der Schnautze in der Erde vorwärts, was 
mit keiner Schwierigkeit verbunden ist, so lange der Boden feucht und 
weich bleibt. Beim Graben findet das Thier von allen Seiten Wider- 
stand und krümmt sich desshalb um denselben zu überwinden. Gewöhn- 
lich sind aber die Bewegungen der Schleichen, um von einem Orte zum an- 
dern zu gelangen, ein sich krümmen von der rechten zur linken Seite, man 
sollte deshalb glauben , der Stollen hätte in seiner Breite die grösste Aus- 
dehnung, dem ist aber nicht so. Legt man in der Gefangenschaft eine 
Blindschleiche zwischen zwei Bretter, so dass die seitlichen Bewegungen 
gehemmt sind, und legt ihr einen Widerstand vor den Kopf, so dass 
sie daran anstösst, so bewegt sie sich vertical. Solche verticale Bewegun- 
gen haben beim Graben, da der Kopf immer aufgehalten wird, wahr- 
scheinlich* häufiger statt, als horizontale, daher der Stollen höher als 
breit. Wenn der Vorarbeiter eine Strecke weit gekommen ist, so folgen 
ihm die andern nach, und durch ähnliche Bewegungen erhält die Höh- 
lung eine regelmässigere Gestalt und die Wände Festigkeit. Je nachdem 
Kälte eintritt, oder der Boden hart wird, so muss die Arbeit unterlassen 
werden und Erstarrung tritt ein, weshalb wir die Stollen nach vorn 
spitzig’und von der Gestalt der arbeitenden Anguis finden, hört die Ar- 
beit frühe auf, so müssen die Jungen in der Eingangsröhre bleiben, dauert 
sie länger an, so können sie ihre Zuflucht ebenfalls im langen Gange fin- 
den, wo die Wärme unstreitig bedeutender ist. Im Frühling suchen sie 
die verstopfte Oefnung zu lichten und herauszukriechen , was ich in der 
zweiten Woche des Aprils im Canton Glarus zu sehen Gelegenheit hatte, 
als eine solche Colonie sich langsam ans Tageslicht begab. Der Stollen, 
den ich auch da sogleich bloslegte, zeigte mir eine ganz ähnliche Beschaf- 


fenheit, wie die früher untersuchten. 
6 


43 MONOGRAPHIE DER SCWEIZ. ECHSEN. 


Obgleich die Blindschleiche unter allen bekannten Amphibien sehr 
leicht erkannt wird, so hat sie dennoch dem fast allgemeinen Loose der 
Reptilien eine Anzahl Synonima zu haben, nicht entgehen können. 


Synomina : 

Anguis eryx L., junges Individuum. 
Anguis lineatus Gmel. Laur., ganz junges Thier. 
Eryx clivicus Daud., altes Thier. 

Anguis punctatissimus Bibron? 

LDorvet. 

The slow-worm. 

Blindschleiche L., gemeine Bruchschlange. 


E 


ERKLAERUNG DER TAFELN. 


Tar. 1. 

Fig. ı. Kopf von Lacerta agilis Lin., von oben. Das Seut. internasale fehlt, die 
fronto-nasalia sind sehr stark entwickelt, ebenso das interparietale, während 
das Sc. occipitale nur durch 3 Schuppen angezeigt wird. 

Fig. 2. Kopf von Lacerta viridis, von oben. Das Scutum internasale ist gedoppelt ‚' 


die übrigen Schilder sehr regelmässig, aber abweichend gebildet. 

Fig. 3. Zootoca montana nob. Die schwarze Varietät, die Wolf in Sturm’s Fauna 
unter dem Namen Lacerta nigra, abgebildet. 

Fig. 4. Dieselben von unten. 

Fig. 5. Kopf derselben von oben. 


Tır. I. 


Zur Oeconomie der Blindschleichen. 
aa, aa. Durchschnitt des Hügeltheiles, in welchem sich die Wohnung befindet. 
bb. Stollen im Durchschnitt. 
c. Oeffnung der Eingangsrohre. 
d. Eingangsröhre. 
ee. Hintere Wand des Stollens. 
ff. Untere Wandung desselben. 
g. Stein über den der Stollen seinen Weg, nımmt. 
h, Ende des Stollens, in welchem das arbeitende Individuum lag. 
i. Querdurchschnitt des Gangs. 


© \tsellsawb: 
Fans mallen® 


i Va a: 
EURE star 5 Ye 
1; R 

Bl Fi 

AR } I ee a) 

! \ Sr ARESh 
Y K 

Y . ® 
N 
Y 


VG ; 


Hıdı zur 
9) olt. 


r 
D 


Osd 


CHE DIECTELÄTEE 


L 


r 


dee N 


cr 2 


“ 
[z 


je 
al Da EN 
BRENCHUM N eher 
ANDRE 


7° 


rn 


Trekuucde mul nat el 


TZAB.2. 


ala en 


ET